FRIDERICI
RITSCHELII
OPUSCULA
PHILOLOGICA: AD
LITTERAS LATINAS
Friedrich Wilhelm Ritschl, Curt
Wachsmuth
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FRIEDRICH MTSCHL'8
KLEINE
PIIILOLOGISCHE SCIIRIFTEN.
DRITTER BAND:
zur roemischen litteratur.
LEIPZIG
DRUCK und vkulag von b. g. teubner.
1877.
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FRIDERICI RITSCHELII
OPVSCVLA PHILOLOGTCA.
VOLVMEN III:
AI) LITTERAS LATINAS SPECTANTIA.
LIPSTAK
IN AEDIBVS B. O. TEVBNERI.
MDCCCLXXVII.
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VIRO • KXOE LLENTI8SIMO
IOANNI PAVLO DE FALKENSTEIN
GRATI^. AC • VENERABVNDI - ANIMl
DOCVMENTVM
DVM • INTER • VIVOS • ERAT
EXSTARE • VOLVIT
FRIDERICVS • RITSCHELIVS
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Der vorliegende tlritte Band der kleinen Schriften von
Friedrieh Kitsclil umfasst zusammen mit dem zweiten ire-
mass dem in der Vorrede zu dem letzteru aufgestellten Pro-
granini alle auf romische Litteratur beziiglichen Abhand-
lungen. Jedoch erstrecken sich die Plautinischen Studien,
denen schon der ganze zweite Band (18G8) gewidmet war, auch
noch in diesen Band, da nicht weniger als sechs Plautus
betreflende, seit dem Jahre 1868 neu geschriebene Abhand-
lungen hier aufzunehmen waren, zu denen aus den hinter-
lassenen Manuscripten Ritschls noch eine siebente hinzutrat:
der Anfang der nun auch ihrerseits ein Bruchstiick bleiben-
den eingehenden Behandlung der Fragmente des Plautus, die
er selbst iu den Acta soc. philol. Lips. VI (1876) p. 365
bei Mittheilung einer Probe derselben mit den Worten er-
wahnt: 'deperditaruui 1'lauti fabularum fragmenta ante com-
plusculos annos disponi emendari enarrari coepta.'
Nur die drei ersten Aufsatze fanden sich in abschliessen-
der Bearbeitung fQr den VViederabdruck hergerichtet vor, nnd
zwar sammtlich mit zahlreichen und zum Theil ausftthrlichen
Zusatzen und Erweiterungen versehen. Auch der Suetonischen
Terenz-Vita und den 'Quaestiones onomatologicae comicae'
war bereits vielfache Arbeit zugewandt. Ueber den Zustand,
in dem die Quaestiones onomatologicae sich befanden, und
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iiber das von rair bei der Redaction eingeschlagene Ver-
fahren ist gehorigen Orts speciell berichtet worden. Fiir
die vita Terenti standen erneute Collationen sammtlicher
Handschriften des Donat, welche in der ersten Ausgabe be-
nutzt waren, zur Verfiigung; die betrachtlichen Ergebnisse die-
ser Collationen habe ich an Stelle der friiheren irrthumlichen
Angaben in den kritischen Apparat (ohne irgend ein iiusseres
Zeichen) kurzer Hand eingesetzt, auch im Commentar ein
paar Zusiitze gemacht, dio durch den jetzt genauer bekannt
gewordenen Thatbestand der handschriftlichen Ueberlieferung
nothig wurden.
Alle andern Nummern erscheinen unveriindert, abgerech-
net ganz geringfiigige Zusiitze oder Verbesserungen, wie sie
in RitschTs Handexemplaren hinzugeschrieben waren. Somit
fehlen hier ganz 'die nutzlichen Verbindungsfiiden zwischen
dem iiltern Stadium der Forschung und den spatern Fort-
schritten', welche aiich fiir diese Aufsiitze ius Auge gefasst,
aber iiber die ersten Anfiinge gelegentlich beigefiigter litte-
rarischer Hinweisungen noch nicht hinausgediehen wareu.
Einer tiefergreifenden Hevision, wie sie wiederholt im zweiten
Bande und ab und zu auch in den ersten Aufsiitzen dieses
Bandes erfolgt ist, wiirde sich Ritschl hier iibrigens ent-
halten haben. Die allmiihlicheu Fortschritte der Erkenntnisse,
das heisst nothwendig auch manigfache fruhere Irruugen
treten ja freilich in dem Hauptstttck dieses Theiles, den
Varronianis, sehr deutlich zu Tage. Aber solches Wachs-
thum der Forschung zu verwischen war durchaus nicht die
Aufgabe dieser Sammlung und lag am wenigsten im (ieiste
Ritschls. Und gerade fiir die Varroniana fand sich von
seiner Hand folgende Notiz vor: ?Die Varroniana bieten so
recht im Sinne der Vorrede zu Band I eine successive Reihe
von Actenstiicken iiber die Varronische Litteratur dar und
haben das auch so bleiben sollen. Daher sie auch in rein
chronologischer Folge gegeben wecden, gerade wie die Ho-
merico-Alexandrina in Band I.'
Dieser Wink und einige iihnliche sind beiliiufig auch
bei der Anordnung des ganzen Stoffes massgebend gewesen.
Bei den bereits friiher gedruckten Stiicken sind ent-
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sprechend dem in den beiden ersten Biinden angewandten
Verfahrcn alle jetzt hinzugekomnienen Zusiitze in eckige
Klammern eingeschlossen : sie rUhren fast silmintlich von
Ritschl selbst her; in den seltenen Fallen, wo ich etwas
hinzugeftigt habe, ist dies immer (ausser bei einfachen Citaten)
durch ein hinzugefUgtes C. W. kenatlich gemacht.
In Bezug auf Aeusserlichkeiten des Drucks, der Ortho-
graphie, Interpunction, der Citir- und Abkiirzungsweise ist
nach den Grundsiitzen, die Ritschl selbst in den letzten Jahren
sich festgestellt hatte, eine gewisse Gleichmassigkeit erzielt
worden, und infolge dessen sind namentlich die iilteren Ab-
handlungen manigfachen formellen Aenderungen unterzogen
worden. Ftir dieses ganze Gebiet hatte ich mich der kun-
digsten Unterstiitzung von Prof. Fleckeisen zu erfreuen,
der sich bei der mit Ritschl gemeinsam getragenen Last
der Correctur der ersten beiden Biinde dieser Opuscula voll-
kommen in seiue Art eiugelebt hatte und mir mit Rath und
Hiilfe bei der Correctur dieses Bandes unermudlich zur Seite
stand, so dass mit grosser Sicherheit die vorgenommenen
Aenderungen als Ritschrs Intentionen entsprechend bezeichnet
werden konnen.
Die diesem Bande vorgesetzte Widmung war vou Ritschl
selbst seit liingerer Zeit beabsichtigt; einem vertrauten Freunde
gegenuber bezeichnete er sie einmal als 'grosstes innerliches
Bcdurfuiss': es war ihra aber nicht mehr vergonnt, diesen
Herzenswunsch selbst zu vollziehen oder auch nur in Worte
zu kleiden.
Im iibrigen habe ich nur noch hinzuzufiigen, dass der
Druck des vierten Bandes, der die gesammten auf latei-
nische Inschriften- und Sprachkunde beztiglichen Abhand-
lungen umfassen wird, unmittelbar bevorsteht und ein ftinfter
Band, ftir den noch reiches Material, gedrucktes wie unge-
drucktes, vorliegt, sich bereits in Vorbereitung befindet.
Einem Wunsche, der mir von befreundeter Seite ausge-
sprochen worden ist, bei djeser Gelegenheit den Nachruf wieder
abdrucken zu lassen, welchen ich unmittelbar nach dem Tode
Ritsehls in der Beilage zur Augsburger Allgemeinen Zeitung
Nr. 335 (30. November 1876) verdffentlichte, habe ich nicht
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ohne Zogern nachgegeben: denn er enthiilt ja nichts als
eiue karge Skizze, von vorn hereiu auf bestimmte Seiten
der Betrachtung beschriinkt. Da wir aber von berufenster
Hand eine umfassende Schilderung der ganzen Personlich-
keit RitschVs und ilirer gesauimten Wirksamkeit binnen
kurzem erwarten diirfen und ich aus vielfachen Aeusserungen
entnehme, dass man in dem wenn auch noch so flflchtig
gezeichneten Bilde wenigstens keinen falsehen Zug gefunden
hat, so mag dieser schlichte Kranz hier recht eigentlich zu
den Fiissen des theuren Mannes niedergelegt werden.
Heidelberg, 15. October 1S77.
Curt Wachsmuth.
cJn den frtthen Morgeiistunden des 9ten November d. J.
ist Friedrich Kitschl, 70 Jahre alt, aus den Lebenden ge-
schieden, nachdem er, schou lange von schwereu Leiden ge-
peiuigt, seit einem halben Jahre in sichtbar zuuehmender
korperlicher Schwiiche, geistig nicht bloss rQstig geblieben
war wie je, sondern sich bis in die letzten Tage hinein eine
wahrhaft jugendliche Elasticitiit bewahrt hatte. Noch das
verflossene Sommersemester hindurch hatte er mit gewohnter
Meisterschaft und ohne Unterbrechung seine Vorlesungeu ge-
halten, und noch im September schrieb er eine langere Ab-
handlung 'Philologische Unverstandlichkeiten', in dcr er
sich gegen wissenschaftliche Verkehrthciten unserer Tage in
so energischer Klarheit und mit so treftender drastischer Dar-
stelluug wendet, dass nichts ferner liegen musste als der
Gedanke, dieser Hand komie die so eben noch mit lebens-
voller Kraft gefiihrte Feder bald entsinken. So bleibt mit
dem Andenken Kitschl s das Bild unverwUstlicher Jugendfrische
des Geistes und Herzens ftir immer verbunden.
Wie anders konnte man sich auch den Mann denken, der
als akademischer Lehrer nicht seines gleichen hat, fiir dessen
Lebensharmonie den von Anfang bis zu Eude durchgehenden
Grundtou die akademische Wirksamkeit bildet?
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XI
Seine eiuiuente Begabung zuui Docenten trat schon beira
Begiun seiner akademischen Laufbahn in Halle, wo er selbst
durch Keisig seine wissenschaftliche Ausbildung erhalten
hatte, sofort auf das gliinzendste hervor. Gleich im ersten
Semester nach der Habilitation (1829—1830) fesselte der
dreiundzwanzigjiihrige Jiingling eine Schaar von 180 Zuhoreru
an seinen Vortrag. Als Ritschl dann, nach einer kiirzern,
auch durch eine wissensehaftliche Reise nach Italien uuter-
brochenen Thiitigkeit in Breslau, zu Ostern 1839 nach Bonn
berufen war, griindete er hier alsbald einen Hauptsitz der
philologischen Wissenschaft. Die von ihm hervorgerufene
Blathe classischer Studien wuchs wiihrend der sechsundzwanzig
Jahre, welche er den Bonner Lehrstuhl iunehatte, von Semester
zu Semester und verlieh der rheinischen Hochschule einen
weit tiber die Grenzen Deutschiands hinausleuchtenden Glanz.
Nahezu ein Sechziger wurde Ritschl durch amtliche Kriinkungen,
deren Gediichtniss an dem noch frischen Grabe zu erneuen die
Scheu verbietet, aus Bonn vertrieben, und siedelte 1865 nach
Leipzig iiber. Schlagender konnte die Bedeutuug des gewaltigen
Lehrers gar nicht erwiesen werdeu als dadurch, dass nun in
unmittelbarer Folge dieser Uebersiedelung Leipzig fflr die
Philologie das wurde, was Bonn gewesen war. Ja, die Frequenz
der Philologie-Studierenden nahrn hier jetzt einen solchen Auf-
schwung, dass eine gleiche Hohe der Zahl weder in der Gegen-
wart noch fruher je auf einer Universitiit Deutschlands oder
des Auslands erreicht ward.
Versucht man iiber die Ursachen dieser ganz einzigen
Erscheinung sich klar zu werden, so findet man in Ritschl
eine Reihe verschiedener Eigeuschaften und Begabungen ver-
einigt, welche in der gliicklichsten Weise auf dasselbe Ziel
gemeinsam hinwirkten. Sein Vortrag war durchaus originell
und von der hochsten Wirkung. Er floss nicht glatt und
gleichmiissig dahin, die geistige Arbeit verdeckend, sondeni
die Denkoperation, deren Resultat die Rede war, wurde gleich-
sam vor den Horern erst vollzogen. Unter der unmittelbaren
Eiugebuug des Mouients sprechend, gauz in die Sache versenkt,
war Ritschl nur darauf gerichtet, den dera Gegenstand ad-
aquatesten, pracisesten, am meisten individualisirenden, kurz
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den treffendsten Ausdruck zu iinden, und wenn er ihn nicht
gleich zur Hand hatte, so suchte er ihn ehen, aber er fand
ihn stets. So war er in Kraft, Frische, Plastik der Sprache
ein Meistcr der Rede, der deutschen sowohl als der lateinischen.
Denn auch das Lateinische sprach und schrieb er nicht
wie eine angelernte, classischen Vorbildern sorgfaltig nach-
geahtute Sprache; sondern mit souveriiner Herrschaft fiber
die Sprachraittel hatte er sich einen ganz eigenartigen Stil
gebildet, der mit seiner gesammten geistigen Personlichkeit
in vollkommenera Einklang staud. Und das alles wurde ge-
sprochen mit einem feurigen Eifer ffir die Sache, der jeden
mitriss; jedes Wort war durchdrungen und belebt von der
hellen Freude an der wissenschaftlichen Arbeit, so dass auch
der Laue und Triiffe elektrisirt ward. Seine Oedanken am
wirksamsten zura Ausdruck zu bringen, bot sich Ritschl wie
von selbst ein Mittel dar, das er spiiter rait Hewusstsein fest-
liielt und zu einer charakteristischen Eigenthfimlichkeit seines
Vortrags ausbildete. Er pflegte die Rcsultatc der Unter-
suchungen nicht vorweg zu bezeichnen, sondern ffihrte lang-
sam Schritt fur Schritt rait sicherer Hand dem Ziele zu, das
der Zuhorer in der gespanntesten Erwartung niiher uud niiher
riicken sah. Und wenn endlich das mit unentrinnbarer Logik
vorbereitete Facit gezogen wurde, so war man auch dann noch
von der Priicision und Feinheit der Schlussfolgerung fiber-
rascht, wenn man bcreits das nocli halbverdeckte Endergebniss
gliicklich errathen hatte. Auf diese Weise wurde jeder Horer
in gesteigerte Selbstthatigkeit versetzt und jene Wechsel-
wirkung erreicht, die das hijchste Ziel alles akademischen
Lchrens ist, oder sein sollte.
Das eigentliche (ieheimniss der wunderbaren Wirkung
Ritschra auf dem Katheder lag aber doch in dem Zauber
seiner genialen Personlichkeit, und diese gab sieli stets mit
einer Unmittelbarkeit und Frische, welche er seiner geliebten
thuringisehen Heimat als schonste Mitgift verdankte.
So genussreich indcss diese Vorlesungen waren, so fi>r-
dernde Anregung und so sichere Anleitung zu eigenen Studicn
sie gaben: der Hohe- und Schwerpunkt von RitschTs wie von
jeder vollen akademischen Thatigkeit liegt erst in der un-
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XIII
mittelbaren Schulung der studierenden Jugend, wie er sie im
Bonner Seininar und zu Leipzig namentlich in seiner philo-
logischeu Societiit ausiibte. Eine Schulung im wahren Sinne
des Wortes war es, die dem Studierendeu, der so gliicklich
war in dicse engeren Kreise einzudringen, geboten wurde,
nieht ein iiusserliches Dirigiren, nicht einzelne nutzliche
Winke waren es, sondern eine methodische Durchbildung
von innen heraus, durch die der ganze Mensch gepackt und
fiir sein gesammtes wissenschaftliches Leben endgiiltig ge-
formt ward. Die Zucht begann vor allein damit, jeden mit
dem Gefilhl seiner eigenen Unzulanglichkeit zu durchdringen,
in ihm die Ueberzeugung zu erwecken und zu stiirken, dass
sich in der Wissenschaft nichts im Flug erreicheu lasse, dass
die Gotter vor den Erfolg den Schweiss gesetzt haben, dass
man in redlicher Arbeit von dem Kleinsten anfangen miisse,
weil in der Wissenschaft eben nichts klein sei, und das
scheinbar Kleine, gering geachtet, auch das Grosse gefahrde.
Und wer nun an die Arbeit ging, wurde ohne Gnade ge-
zwungen keiner Schwierigkeit auszuweichen, jede vielniehr
scharf ins Auge zu fassen und mindestens sich bewusst zu
werden, wie weit ihre Bewtiltigung ihm gelungen. Mit all-
gemeinen Wendungen oder mit bequemer Berufung auf Au-
toritiiten durfte niemand sich beruhigen, iiberall musste selbst
Hand angelegt und gepriift werden, bis alles zu voller oder
doch moglichst erreichbarer Klarheit gebraeht war. Jeder,
der sich Ritschl s Schule wirklich hingab und nicht nach
kaum begonnenem Anfang ihr sich wieder entzog, wurde auf
eigene Fiisse gestellt, und vermochte das Stuck Arbeit, das
er unternahm, in freier Selbstiindigkeit durchzufiihren. Und
hier nun entfaltete Ritschl seine grbssten Lehrergaben: denu .
unerreicht ist die Meisterschaft, mit der er es verstand die
eigenthiimlichen, oft noch ganz schlummernden Taleute der
Einzelnen zu entdecken und grosszuziehen und die fiir sie
passenden Aufgaben zu finden, so dass er ihre natiirlichen
Fiihigkeiten geradezu steigerte, indem er dieselben zur hoch-
sten Vollendung fQhrte.
Mit sicherem Scharfblick hatte Ititschl von frtih an
auch die grosse padagogische Wirkung gegenseitiger Er-
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i
XIV
ziehung der Studierenden untereinandcr, besonders den unter-
stiitzenden Einfluss der vorgeschrittenen auf noch unent-
wickelte erkannt und legte desshalb grossen Werth darauf,
immer einen Kern tiichtiger Krafte in seinem Seminar als
anspornende Vorbilder zu halten, denen er mit besonderer
Freude auch die jungsten wirklichen Talente zugesellte.
So wurde die 'Ritschl sche Schule* gebildet, die miichtig
eingegriffen hat in die Cultur unseres Vaterlandes. Mehr als
vierzig akademische Professoren, mehr als vierzig Gymnasial-
directoren und Hunderte von Gymnasiallehrem verbreiten die
Spuren seines Geistes, die Methode seiner Forschung, die
Kraft und Wahrhaftigkeit seiner Gcdanken iu allen Theilen
unseres deutschen Volkes.
Was so den Hauptruhm von Kitschl s akademischer Thatig-
keit ausmachte, das bildete auch die Hauptfreude seines Lebens.
Mit einer Hingebung ohne gleichen war er der treue Rath-
geber seiner Schtiler, mit liebevoller Sorge wachte er iiber
ihr ganzes Leben und forderte mit eben so viel Wiirme als
Unparteilichkeit alle ihre Interessen. Es ist flir das innige
Verhiiltniss, das sich hier entwickelte, iiberaus bezeichnend,
dass fast die letzten zusammenhangenden Wrorte, die er unter
den schwersten Leiden wenige Stunden vor seiner Auflosung
sprach, warme Worte der Freude waren Uber die eben er-
rungenen Erfolge eines jiingsten Lieblingsschiilers.
Man wird begreifen, dass einem solchen Lehrer seine
Schttler, die ihm das beste verdanken, was der Mensch dem
Menschen verdanken kann, mit Begeisterung anhiingen, dass
sie sich mit Stolz zu ihm als zu ihrem Meister bekennen.
Aber in ihrem wissenschaftlichen Urtheil blieben sie ihm
wie allen andern Gelehrten gegeniiber in voller Unbefangen-
heit stehen, er liebte an ihnen dieselbe stolze Unabhiingig-
keit, die seinem eigenen und niclit bloss dem wissenschaft-
lichen Leben einen vornehmen Stempel gab. Und selbst
von dem geriugsten seiuer Schuler — auch dieser Zug, der
zugleich fiir dcn gauzeu Menschen charakteristisch ist, ge-
hort in das Bild des Lehrers — scheute er sich nicht zu
lernen, wobei er gem seinen Lieblingsspruch citirte: Tripd-
ckuj b* alei tto\X& bibctCKOutvoc So frei von Hochmuth, Kitel-
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keit oder Eigensinn war der Mann, den die philologiBche
Welt als einen ihrer ersten Korvphaen verehrt, dem in seinen
spateren Jahren, wie einst seinem nnvergessliehen Lehres
Gottfried Hermann, unbestritten die Stellung als 'princeps
philologorum Gerinaniae' zukam, und dessen Namen eine
bleihende Stelle in der vordersten Reihe wissenschaftlicher
Grossen gesichert ist.
Mit dem kiihnen Muth des Entdeckers hat Ritschl, ge-
treu seinem Terenzischen Wahlspruch: cnil tam difficilest,
quin quaerendo investigari possiet', zu weiten Gebieten des
Wissens, die noch niemand betreten, oder von denen nur
wenige eine dunkle Ahnung hatten, die Thore geoffnet und
die Wege gewiesen. Seine bahnbrechenden Arbeiten gingen
von Plautus aus. Ausgestattet mit feinstem Gefflhl, nieht bloss
fiir metrischen Wohlklang, sondern auch fiir die rhythmischen
Motive, die, mit seinen Worten zu reden, gleich einem pul-
sirenden Geader oder einem vibrirenden Nervengeflecht den
metrischen Korper beleben und durchdringen, erschloss er
zuerst das Verstandniss der Plautinischen Verskunst und
stellte ihre Gesetze so fest, dass nur noch berichtigende Er-
ganzungen und ein weiterer Ausbau im einzelnen, aber keine
Aenderung in den Grundlagen mehr moglich ist. Die Plau-
tinischen Komodien selbst liegen in den Handschriften in
bo massloser Verderbniss vor, dass an vielen Stellen eiue in
engen Schranken sich bewegende, mit den gewohnlichen
Mitteln vorsichtig operirende Kritik an ihrer Heilung ver-
zweifeln muss. Ritsehl, der schon mit unermiidlicher Sorg-
falt die altesten und relativ besten Quellen der Ueberliefe-
rung ausgebeutet hatte, that nun den zweiten grossern
Schritt: mit freiester Divination, vielfach geradezu in con-
genialer Nachdichtung, stellte er, nachdem er sich ganz in
das Wesen des originellen Komikers hineingelebt, das was
Plautus wahrscheinlich geschrieben hatte, und wo das nicht
moglich war wenigsteus das was er gesehrieben haben konnte,
so wieder her, dass erst — und nur — in den von Ritschl
herausgegebenen StQcken ein getreues Bild dieses Dichters
uns entgegentritt
Noch in einem dritteu Punkte wurde Ritschl s Thatig-
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XVI
keit far Plautus erfolgreich. Vieles was maii bisher und
anfanglich er selbst noch als subjective Willkiir oder als
Unvollkominenheiten iu Metrik und Prosodie angeseheu hatte,
vvurde von ihm als. die wirkliche, zu jener Zeit noch im
Munde des Volkes lebende Gestealt der Sprache erkaunt, als
er das Lateinische in seiner geschichtlichen Entwicklung
eingehender zu erforschen begann. Diese ganze Disciplin der
lateinischen Sprachgeschichte ward von ihm nicht bloss mit
zahlreichen fruchtbaren Entdecknngen bereichert, sondern ge-
radezu erst geschaffen, vorzuglich indem er eine bis dahiu ganz
unbeachtete Quelle der Erkenntniss heranzog, die Inschriften,
besonders der republicanischeti Zeit, welche iiber die Gesetze
der Entwicklung der Sprache auf ihren verschiedenen Stufen
eben so sichere wie wichtige Aufschlilsse gewahren.
Ueberhaupt aber gehorte Uitschl zu den Auserleseneu,
die 'konnen was sie wollon'; wo er hingriff — und seine
Arbeiten bewegten sich im Laufe der Zeit auf den verschie-
densten Gebieten der Alterthuuiswissenschaft, der Textkritik,
der Metrik, der Epigraphik, der Literargeschichte, der An-
tiquitiiten — iiberall bereicherte er die Wissenschaft mit
neuen Funden. Und wenn man erst die von ihm angeregten
oder geforderten Untersuchungen iiberblickt, so bewundert
man immer aufs neue, mit wie sicherer Einsicht und, wo
ihm eindringende Kenntniss selbst abging, mit wie gross-
artigem Instinct er die Probleme erkannte, die wissenschaft-
lich fruchtbar waren.
Alle Schriften Ritschl's zeichnen sich aus durch eine
seltene Vereinigung glanzenden Scharfsinns und geistvoller
Combination mit strenger Methode und sauberer Akribie bis
ins einzelne und kleinste hinein. Sie alle wenden sich in
eindringlicher Rede wie an einen Zuhorer, so dass man an
das bekannte Wort Platons erinnert wird: die schriftliche
Darstellung sei nur ein Abbild der lebendigen Belehrung,
bei welcher der Lehrer in die Seele seiner Schiiler ein wirk-
liches Wissen pflanze; und alle bis auf die kleinsten gelegent-
lichen Bemerkungen sind in einer Sprache geschrieben, die
mit dem oben geschilderten Gepriige seiner mundlichen Rede
die hochste stilistische Vollenduug verbindet.
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XVII
Aber auch das aussere Gewand wurde nicht vernach-
lassigt; wie seine Manuscripte alle in den festen, freien,
wahrhaft koniglichen Zugen seiner herrlichen Handschrift
angefertigt waren, so legte Ritschl auch hohen Werth auf
ansprechende typographische Ausstattung und insbesondere
auf Genauigkeit der Correctur, in der ihm zu genUgen kaum
moglich war. Das glanzendste Denkmal seiner Akribie und
Meisterschaft auch auf diesem Gebiete hat er sich in dem
gewaltigen Bande der 'Priscae latinitatis monumenta epigra-
phica' errichtet, der von allen Seiten als palaographische
Musterpublication anerkannt ist.
£s bedUrfte grosserer Sammlung , als sie so kurz
nach dem betaubenden Schlage des Verlustes moglich ist,
sollten wir versuchen diesen Umrissen des akademischen
Wirkens und gelehrten Schaffens RitschVs auch noch ein
Bild hinzuzufugen von seiner ganzen genialen und eindrucks-
vollen Personlichkeit, die in ihrer seltenen und seltsamen
Mischung scheinbar einander widersprechender Eigenschaften
unendlich interessant, dem Fernerstehenden vielleicht oft un-
verstandlich blieb, sich dem Nahestehenden aber stets in
ihrer ganzen eigenthUmlichen Warmherzigkeit und Natur- .
wuchsigkeit offenbarte. FUr jetzt muss es genUgen mit ein
paar armen Worten an den unvergleichlichen Lehrer und
Gelehrten erinnert zu haben, dessen Andenken unsterblich
bleiben wird, wo immer classische Studien getrieben werden.'
FR. RIT8CHKLII OPV8CVI.A III.
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INHALT.
Seite
I. Canticuni und Diverbium bei Plautus (1871 mit Nachtragen
von 1872 und 1876) 1
II. Zur Plautinischen Glossographie (Placidus) (1-870 mit Nach-
trilgen von 1876) 65
III. Bio-bibliographisches zu Camerarius' Plautusstudien (1868.
1871. 1872. 1873 mit Xachtragen von 1876) 67
IV. Curae secundae zu Heft I der 'Neuen Plautinischen Ex-
curse' (186'.)) 120
V. Cubi=*ubi und Verwandtes bei Plautus (187C) 135
VI. Philologische Unveratandlichkeiten (1876) 144
I. Anapasten bei Plautus 144 II. Die Plautinische
Sprache und Herr N. Madvig 155
VII. Deperditarura Plauti fabularum fragmenta 177
VIII. C. Suetoni Tranquilli vita Terenti emcndata atque enar-
rata (1860 cum auctario a. 1860, retractata adnotatione
critica) 204
IX. De emendatione fabularum Terentiauarum (1838. 1862).. 281
X. Quaestiones onomatologicae comicae 301
1. Onomatologus comicus 303 2. Quaestionum ouo-
matologicarum capita duo. Caput I (1843) 333 Caput
II (1856 cum auctario a. 1861) 341 3. Donatus iiber
Personennamen bei den Komikern 350
XI. De M. Terentii Varronis discipliuarum libris commentarius
(1845) 352
XII. De M. Terentii Varroms logistoricis libris 11845) .... 403
XIII. Die Schriftstellerei des M. Terentius Varro (1847). . . . 418
XIV. Hieronymi index librorum ab Origene Marcoque Varrone
compositorum (1849) 506
XV. Ueber des M. Terentius Varro Imagiuum Bive Hebdoma-
dum libri 608
I. Disputatio de M. Varrouis Hebdomadum sive lma-
ginum libris (1866) 608
II. Ueber des Hieronymus Varronischen Schriften-
katalog (1857) 522
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INHALT. XIX
Seito
III. Ludovici Mercklini de Varronianis Hebdoma-
dibus aniniadversiones (1857) 630
IV. Epiraetrum disputationis de M. Varronis Hebdo-
raadum sive Imaginum libris (1858 cum auctario
a. 1861) 544
V. Zu Varro'8 Imagines (1858) 664
VI. Varronische Briefe (1858) 1. von L. Mercklin
(mit Zusatz von Ritschl) 2. von H. Brunn . . 565
VII. L. Urlichs' Excurs zu Plinius XXXV, 11. ... 684
VIII. Moriz Schmidfa Bemerkung zu Varro's Heb-
domades 691 1
XVI. Emendationum Catullianarnm trias (1857 cum auctario a.
1861) 693
XVTI. Ueber Horatius Carm. II, 1 (1867) 602
Erster Brief 602 Zweiter Brief 611 Replik von
Jacob Bernays 614
XVIII. Ueber Tibull'8 vierte Elegie des ersten Buches (1866) . . 616
XIX. Cicero uber die Servianische Centurienverfassung .... 637
I. (1852) 637
II. an und von E. Huschke (1852) [mit Nachtrag
846] 651
III. von L. Lange (1853) 663
IV. von L. Urlichs (1859) 670
V. (1861) 673
XX. Palimpsestblatter zu Cicero de fato 674
I. (1854) * 674
II. (1858) 683
XXI. Zur Beurtheilung Cicero's 697
I. (1856) 697
II. (1863) 701
XXII. Grammatisches bei Quintilism (1867 mit Nachtrag von 1868) 709
XXIII. Der Dichter Florus (1841 rait Nachtrag von 1841 und Zu-
satz) 729
XXIV. Die Vermessung des rOmischen Reichs unter Augustus, die
Weltkarte des Agrippa nnd die Cosmographie des so-
genannten Aethicus (Julius Honorius) (1841 mit Nach-
trag von 1842) 743
XXV. Kritische Miscellen zu lateinischen Autoren (1841-1876). 789
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Canticum und Diverbium bei Plautus*).
YnpacKovT€C dcl ttoXXu oibacK6|U€ea.
1.
In der praefatio Trinunimi p. lv ff. zog ich kiirzlich die 6»9
Thatsache ans Licht, dass in den meisten Scenenuberschriften
dieses Stuckes uumittelbar auf die Personennamen die Sigle
C- oder C !) zu folgen pflege, fast regelmiissig im 'Vetus*
codex (B), mehrere Male auch im 'Decurtatus' (C). Die
Annahme, dass diese Nota die Initiale von Canticum, oder
wenn nicht dieses, so doch etwa Cantor oder vielleicht
(p. 163) noch lieber Cantio sei, wird wohl im Wesentlichen
unanfechtbar bleiben, so lange nicht — ich will nicht sagen
eine bessere, sondern nur iiberhaupt eine andere Deutung
gefundem wird ,a). Wenn der dortige Nachweis sich zuniichst
anf den Trinummus beschriinkte, so gibt dieses Stilck aller-
♦)2Rhein. Mus. f. Phil. XXVI (1871) p. 699- G37, nebst Nach-
tragen in XXVII p. 180 — 192 und p. 352. Aus diesen Nachtragen
sind fur einige irrtbiimliche Angaben abcr den Thatbestand in B und
C, die friiher eingeschlichen waren, jetzt soglcich kurzer Hand die Be-
richtigungen substituirt worden, die Hinck's und Dziatzko's noch-
maliger Revision der beiden Pfalzcr Handschriften verdankt wurden.l
1) Meist mit, manchmal ohne Punkt: was ich als vollig gleich-
gTdtig unberiicksichtigt lasse. — Ausser am Schluss der Scenenuber-
schrift findet sich daa C ein einziges Mal auch noch vor dem Anfang
(ier bezuglichen Scene selbst wiederholt: Trin. V, 1.
1*) [Auf so ungesunde, fast rnuss man sagen aberwitzige Traume-
reien, wie trie im 'Nachtrag' p. 187 berilhrt nind, konnte man freilich
nicht gefasst seiu.]
t»n. niT8riiKr.ii opvhcvla nr. 1
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2
CANTICUM UNI) DTVERDTUM HEI PLAVTl S.
dings die zablreichsten Beispiele jener Siglc, aber keines-
weges die einzigen. Recht haufig kebrt sie iu drei andeivn
Stticken wieder, im Poenulus, Pseudulus und Tru-
culentus, wiederholentlich ini Mercator (und zwar hier
ausuahmsweise blos in (7), sporadisch auch in Cistellaria,
Epidicus und wie es scheint Persa. Dazu ist auch ihrc
Auwendung im Ganzen eine durchaus gleichartige. Denn
entweder steht sie vor Scenen, die wir bisher als eigent-
liche Cantica im vollen Sinne zu fassen gewohnt waren:
mogen es nun wechselnde Versmasse sein, oder doch die
freiereu Octonare und anapastischer Rhythmus, wodureh
sie in Gegensatz zu einfachen Dialogscenen treten: — oder
6oo aber vor Scenen aus regelmassigen trochaischen Septenaren,
die wir bisher nicht zu den Cantica rechneten. Fassen wir
die erstere Klasse, in Ermangelung eines andern, nichts
priijudieirenden Ausdrucks, mit dem Namen lyriseher Par-
tien zusammen und stellen die zweite als trochaischen
Dialog entgegen, so bietet uns der Trinummus drei C' vor
lyrischen Scenen, vier vor Septenarscenen; Pseudulus zwei
vor lyrischen, vier vor Septenarscenen ; Poenulus zwei vor
lyrischen, drei vor Septenarscenen; Truculentus zwei vor
lyrischen und dcsgleichen zwei vor Scptenarsoenen; Cistel-
laria und Epidicus je eines vor lyrischen, Mercator zwei,
Persa eines vor Septenarscenen. Vollig vereinzelt und oline
zweites Beispiel ist es, dass im Trinummus auch eine aus
iambischen Senaren bestehende Dialogscene (IV, 4) mit C*
bezeichnet ist.
Jedenfalls, wie man sieht, eine hinliingliche Zahl von
Zeugnissen, die, oline Zweifel Reste einer recht alten Ueber-
lieferung ,b), ein niiheres Eingehen auf ihre Bedeutung und
Anwendung nicht nur rechtfertigen , sondern fordern. Es
steht dies aber in engem Zusammenhange mit einer andern
lb) [Wenn sie C. Steffcn fde actorum in fabuli» Terentianis nu-
mero et distributione' (in den Acta soc. phil. Lip8. II) p. 150 ff. iu die
Anfiinge des 7. Jahrhunderts d. St. setzt, so ist dies an sich ganz in
meincm Sinue, nur dma man, um zu ihrem eigentlichcn Ursprunge zu
ilringen, doch wohl wird in die Plautinische Zeit sclbst zuriickgehcn
niussen.]
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CANTICUM UND DIVERBICM BEI PLAUTU8.
3
Erscheinung, die zuniichst ins Auge zu fasseu ist, [und die
ich frilher nur daruni mit vorliiufigem Stillschweigen iiberging,
weil mir ihre Erklarung noch nicht iiber allen Zweifel er-
hoben war, Halbfertiges aber zu geben mir widerstrebte imd
widerstrebt.]
2.
Den Personennamen der Sceneniiberschriften pflegt in
den Handschriften mit ziemlicher Regelniiissigkeit der Cha-
rakter der beziiglichen Kolle hinzugefiigt zu werden, wie
SENEX, ADVLESCENS, SERVVS, LENO, MVLIER, ME- .
KETRIX u. s. w. Sind es nun zwei oder mehrere Porsonen
derselben Kategorie, welche die Interlocutoren der Scene
bildeu, so wird dies sehr oft durch eine hinzutretende Zahl
ausgedriickt, wie SENESII-, ADVLESCENTESH-, SEK-
VI- II-, SORORES II., LORARII III. und dgl. Nichts
natiirlicher also, als dass die jungen Handschriften des 15.
Jahrhunderts diesen Zahlzeichen ihrer Quellenhandschrift
(d. i. in den zwolf letzten Stiicken des Vaticanus = D) ein
ausgeschriebenes duo oder duae substituirten, wie es z. B.
im Trinummus I, 2. III, 2. III, 3. V, 2 geschehen ist und
in zahlreichen sonstigen Beispielen, die hier vollstandig zu
verzeichnen uimiitz ware 2). Ein und das andere Mal lindet
sich diese Substituirung auch schon in Z>, wie Most I, 1.
Sonat sind es in unseren Quellenhandschriften hauptsachlich
nur die ersten acht Stiicke, welche, weimgleich ohne alle
Regel abwechselnd mit der Ziffer II, ein volles DVO (oder
DVAE) darbieten: z. B. wenn in der Casina vor I, 1 steht «oi
SERVI DVO-, dagegen II, 8 SERVl H, oder vor III, 1
SENES-II., dagegen III, 4 SENES DVO-3). Sehr selten
hingegen hndet sich in den zwolf letzten Stiicken die Zahl
ausgesohrieben , und daun mit gleichem Wechsel entweder
2) Man sehe u. a. Most IV, 3. Pers. I, 1. V, 1. Stich. I, 1. IV,
1. 2. V, 4. Truc. IV, 2. Poen. IV, 2 und sonst.
3) Ohne solchen Wechael SEHVI DVO Asin. II, 2. III, 2. III, 3.
Epid. I, 1; SENES DVO Aulul. II, 2. III, 5. IU, 6. Epid. II, 2. Aber
daneben in demelben Stiicken TIBICINAE II Aulul. II, 4; SENES II
Epid. III, 3. V, 2: wie auch in Caa. IV, 4. V, 1 ANCILLAE II.
1*
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4 CANTICUM UND DIVERBIUM BEI PLAUTUS.
r
verschiedener Hdss., wie wenn es ADOLESCENTES DVO
in B, ADOLESCENS II (so 4)) in C heisst Merc. III, 4, oder '
sogar in einer und derselben Seenentiberschrift desselben
Codex, wie BACHIDES DVAE- SENEX II (so *)) in B
Bacch. V, 2.
Nichts schien unter solchen Umstiindeu niiher zu liegen,
als ein daneben vielfach vorkommendes DV ebenfalls fiir ein
nicht voll ausgeschriebeues DVO zu nehmen. Auch kann in
der That kaum ein Zweifel sein, dass, wenn das entschiedene
Canticura Epid. II, 2 die Uebersehrift triigt EPIDICVS
SERVVS • APOECIDES PERIPHANES SENES DVO C-,
die unmittelbar vorhergehende ebenfalls lyrische Scene II, 1
aber, in welcher der Sklav noch nicht anwesend ist, diese:
APOECIDES PERIPHANES SENES DV, das letztere nur
fflr ein abgekiirztes DVO zu gelten hat. Wonach es wie-
derum einleuclitet, dass auch in der weiter vorhergehenden
Scene I, 2 die Ueberschrift
STRATIPPOCLES CHERIBOLVS ADOLESCENTES
EPIDICVS SERVVS DV
zu lesen ist f Stratippocles Chaeribulus adolescentes duo.
Epidicus servus'4*). Und offenbar so sah raan auch das
PVER DV des B in Pseud. III, 1 an, wenn daraus in D
PVERI-I'I- (d. h. -II») wurde5), was die Cinqueeentisten
in Pucri duo iibersetzten: hier freilich mit augenscheinliehem
Ungliick, da es ja zweifellos nur ein Puer ist, der den dor-
tigen Monolog spricht.
4) Eine blos6C Verschreibung, die auch sonst wiederkehrt, z. H.
Trin. III, 3 und IV, 4 in C, [desgl. Pseud. II, 4 in 11: a. Anm. 30»].
4*) (An aich mochte ja die natilrlichere Lesung allerdings diese
scheinen: 'Stratippocles Chaeribulus adolescentes. Epidicus servus. DV.
so dass die ganzen Zeilen, eine nach der andern, auf einander folgton.
So noruial dann aber auch die Stelluug des DV am Ende sein wurde,
80 wird «ich doch weiterhin zeigen, dass, um diese Auffassung zuzu-
laasen, es eine Senar-, nieht eine Septenarscene sein mflsste. — Nachtr.
p. 188 f.)
5) So ist unBtroilig zu fassen, was in der mir zugekommenen
Collation als PVER III- erscheint und naturlich so in der Ausgabe
wiederholt ward.
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CAKTICUM UND DIVKRBIUM BEI PLAUTU& 5
Ganz abgesehen von deni letztgenannten Beispiele
mnssten sich indess docb einer nur einigermassen weiter
fortgesetzten Beobachtung schon von vornherein die stiirksten
Kedenken gegen die Gleiehstellung eines solchen DV mit
DVO aufdrangeu. Fiir Zufall, obwobl iramerbin einen selt-
samen, mochte man es allenfalls nehinen, dass, wenn wir
*oben die Beiscbriften DVO und II einander gelegentlich
substituirt fanden, gleichwohl niemals in B und C derselbe
Wecbsel zwiscben DV und II oder II und DV vorkomnit.
AufFallender scbon musste die Wabrnehmung sein, dass,
wahrend Bezeichnungen wie SENES II oder SENES DVO
ibren Platz begreitiieher Weise, je nach Umstiinden, an be- 002
liebiger Stelle der bezuglicbeu Ueberscbrift finden, jenes DV
immer und obne Ausnabme nur am Ende derselben stebt,
niemals irgendwo in der Mitte. Geradezu unverstandlich
aber bliebeu Fiille wie Trin. III, 3, wo DV und II nicht
etwa mit einauder wechseln, sondern beide vereinigt nebeu
einander stehen: SENES-II-DV. Und doch siud das alles
noch untergeordnete Anstosse Angesichts der durchschlagen-
den Thatsache, die uns diesen ganzeu Erkliirungsweg un-
weigerlicb versperrt: der Thatsache namlich, dass es, mit
Ausnabme der zwei Epidicusscenen I, 2 und II, 1, sowie der
des Mercator III, 3, in welcher die senes Lysimachus und
Demipho das Gesprach fiihren, iiberall sonst gar keine gleicb-
artigeu Persouenpaare sind, die das DV binter sich haben,
^sondeni durchgiingig verschiedenartige, z. B. ein Herr uud
ein Sklav, ein Leno und eine Meretrix u. dgl.
Man musste also, um die Auffassung des DV als duo
aufrecht zu halten, mindestens die Modification eintreten
lassen, dass die Angabe einer Zweizahl nur Uberhaupt auf
die Zahl der in einer Scene zusammen auftreteuden und sicb
unterredenden gehe: wozu allerdings die stete Stellung des
DV am Ende der Ueberschrift sehr wohl stimmen wUrde.
Und so trafe es mit unzweideutig ausgeschriebener Zabl
wirklicb zu in Asin. IV, 2, wo die Ueberschrift in B lautet:
ADOL • ARGURIPVS ■ & PARASITVS DVO. Ist dies auch
der einzige Fall dieser Art, so dUrfte man ihn doch leicht
ala massgebend ansehen auch fiir die analogen Beispiele mit
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6 CANTICUM UND DIVKKBUM UEl 1'LAUTl'S.
blossem DV •). So also wenn im Truculentus nicht weniger
als vier Scenen, die aus Zwiegespriichen zwischen Diniarchus
und Astaphium, Phronesium und Diniarchus, Phronesium
und Stratophanes, Stratophanes uud Astaphiuni bestehen —
II, 3. II, 4. II, 8. III, 2 — , sammtlich die Beischrift DV
haben; ferner Casina IV, 2 und IV, o die Zwiegespriiche
zwiachen ANCILLA • SENJ5X und SERVVS • SENEX, wie
dort ohne die Nanien. aber mit hinzugefiigtem DV, B gibt;
603 desgleichen im Pseudulus IV, 6 7) zwischen Simo und Ballio.
Widerstreben wiirden auch nicht Pseud. IV, 4 und Merc. II,
2 S), weil, wenngleich hier drei Personen zusammen auf der
Biihne sind und auch in deu Ueberschriften verzeichnet
stehen, doch dort die Phoenieium, hier der Lorarius inu*
stumme Figuren spielen. Selbst Pseud. III, 2 braucht nicht
ins Gewicht zu fallen, da es hier nur einige wenige Worte
6) Ein Ueberscharfsichtiger ktfnutc uuter diencm GeaichtBpunkte
sogar auf dic Meinung verfallen, die Abkurzung DV sei absichtlich
gewahlt worden, weil darin sowohl duo als duae liegen kounte.
7) Dass hier eine neue Scene nur in J57> beginnt, wahrend AC
richtig die bisherige, aus dem Zwiegesprilch zwischen Ballio und Simo
bestehende einfach fortsetzen, iet fflr uuseru Zweck eben bo gleich-
gflltig wie die offenbare Vermischuug zweier an aich gleich richtiger
Ueberechriften (entweder SIMO SENEX • BALLIO LENO oder aber
EIDEM), die in dem S • SIMO SENEX • E EIDEM • DV des B zu Tage
liegt. Umgekehrt fehlt in B aus reiner Nachlassigkeit j e de Scenen-
abtheilung gleich vorher zwischeo lVr, 4 und 5, ganz ahnlich wic z. B.
Trin. zwischen I, 2 und II, 1. — Weder auf solche Irrthflmer, um
uicht Fremdartiges und jedenfalls Irrelevantes in das vorliegende Thema
einzumischen, gehe ich hier ein, noch auf den, ausserbalb des Gebiets
des Irrthums liegenden, sehr haufigen Fall, wenn von mehrern Per-
8onen einer Sccnc am Ende uur eine allein zuruckbleibt und noch
cinen Monolog spricht: ein Fall, ftir dessen Behandlung s?ich in den
Handschriften geradezu zwei entgegengesetzte Syeteme oder Theoricn
alter Ucberlieferung selbst erkennen lassen, wenn auch nicht ohne
lnaneherlei Vermischung und Inconsequenz, indem dann bald einc neue
Scene bezeichnet, bald nur die vorige obne besondere Abtheilung fort-
gesetzt wird. Kurz berflhrt, vorbehaltlich gelegcntlicher weiterer Hc
sprechung, ward dies in praef. Trin. p. lviii f. Vgl. Anm. 12. 16.
8) Denn hier lautet die Ueberschrift in C, exacter als es die Aua-
gabe angibt, also: DEMIPHO LISIMACHVS SENES • II • LORARIVS DLf :
worin ich indess wohl mit Recht ein DU erkeunen durfte. <-
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CANTK UM UNl> DlVKRHIl M HKI l'LAL'TL'8.
7
siud, mit denen nach einem durch huudert Verse fortge-
fuhrteu Zwiegesprach des Kupplers und des Kochs auch der
gauz nebensachliche Puer seine Anwesenheit bemerklich
macht (Ycrs 891).
Dennoch erweist sich auch dieser Weg bei naherer Be-
trachtung als undurchfuhrbar, und zwar aus dem sehr ein-
facheu Grunde, weil die doppelt so grosse Zahl von Bei-
spielen gegenubersteht, in denen die mit DV bezeichnete
Scene gar nicht von zwei, sondern theils von mehr, theils
von weniger als zwei Personen gebildet wird. Zwar die
erste dieser beiden Kategorien mochte in den meisten Fallen
leicht scheinen noch ^inen Ausweg olfen zu lassen, der uns
dennoch die Angabe der Zweizahl festzuhalten gestattete.
Nicht wenige Scenen der Komodie sind ja namlich, wie man
weiss, so angelegt, dass zwar die Gesammtzahl der darin
sprechenden Personen drei oder selbst mehr als drei ist,
aber den Eingaug wirklich nur ein Dialog zweier Personen
bildet, wiihrend dessen die dritte ungesehen bei Seite steht,
auch wohl einiges still fiir sich oder zu den Zuschauern ge-
wendet redet, aber zu den beiden andern crst spiiter heran-
tritt, um nun auch ihrerseits in deren Unterredung eingrei-
fend diese zu einem Dreigespriich zu maclien. So z. B. wenn 61*
im Trinummus II, 4 Philto, vorher von Lesbonicus und
Stasimus unbemerkt, mit Vers 34 zu ihnen tritt und erst
vou da an sich au ihrem Gespriich betheiligt. Genau so
verhalt es sich, wenn Pseud. I, 5 Pseudulus erst mit Vers
28—40 zu Simo und Callipho herantritt, Cistell. II, 3 Me-
laenis erst nach 53 Versen zu Phanostrata und Lampadiscus,
Poen. 111,3 Collabiscus '•') nach 65 zu Lycus und den Advo-
cati, ebend. III, 5 die Advocati nach 22 zu Lycus und Ago-
ra^tocles, ebeud. V, 2 Hanno mit Vers 15 — 30 zu Agorastocles
uud Milphio 1(>). Alle diese Scenen haben ein DV an ihrer
9) Warum ich ihn nicht Collybiscus nenne, ist im Prooemiuiu iIch
[nd. schol. aest. Bonn. von 1856 p. V f. entwickelt. — Die Kechtfer-
tigung der allein plautiniachen Namensform Pseudulus, gegenuber der
von Freund FleckeiBen nicht gluckhch wieder hervorgezogenen Fonu
Paeudolus, wird demnuchst an einem andern Orte erfolgen.
10) Etwaa anders geartet ist der Fall iu der Scene des Poenulus
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8
CANTICUM UND DIYKKHIUM UEI PLAUTUS.
Spitze, uiid wer dies ebeu nur auf die Zweizahl der den
Eingangsdialog fuhrenden Personen beziehen wollte, wiirde
sieh unbestreitbar auf etwas materiell ganz richtiges stiitzen.
Aber, fragen wir wohl mit Reeht, welchen Sinn sollte es
haben, welchein Zweck konnte es dienen, die Namen samint-
licher Mitspieler vorauszuschicken, dann aber noch ganz
ausdriicklich zu bemerken, dass von ihnen im Aufang nur
zwei spriichenV Wiirde etwa ihre Gesamnitzahl mit TRES
(oder manchmal QVATTVOR) augegebeu, so konnte man
sich dies noch allenfalls als einen praktischen Vermerk fiir
den Regisseur denken, um mit einem Blick zu iibersehen, ob
das neue Auftreten ordnungsgemiiss erfolge; aber von weui
uud fiir wen sollte jenes DVo sein zur Rezeichnung eines Um-
standes, der sich ja eben durch die Eroffnung des sogleieh
fiw> folgenden Gesprachs ganz von selbst ergab, ebensowohl fiir die
Schauspieler aus ilireu geschriebenen Rollen wie fiir jeden
Leser aus dem ihm vorliegenden Buche? Und musste nian
nicht wenigstens erwarten, dass, wo nuu der dritte Mit-
spieler zum wirklicheu Mitsprecher wird, dies doch alsdann
ebenfalls durch einen hinzugefugten Vermerk wie III ange-
deutet wurde? wovon sich gleichwohl nicht die mindeste
Spur findet. — Wie nun vollends, wenn die in Rede stehende
Erklarung nicht einmal fiir alle Scenen ausreicht? So ist
es aber in der Scene V, 3 des Poenulus, wo gleich von vorn
herein die Amme, der Sklav und Hanno das Gesprach bilden,
III, 4, welche, nachdem am Schlusa der vorigen (wie so ungemein
haufig in B: b. zu Trin. 39) noch ag&rastochs gleichwie zum Text ge-
hdrig hinzugesetzt war, nun die Ueberschrift fuhrt ADVLESCENS
IDEM DV • und mit den IDEM meint den Lycus, deu Collabiscus und
die Advocati. Wenn hier von Aufang hu vier Pereonen zugleich auf
der Buhno erscheinen, so sind sie doch paarweise in zwei Gruppen ge-
trennt, die in keine gegenseitige Bfu-uhrung kommen, indem Agora-
stocles und die Advocati nur aus einiger Entfernung zusehen und zu-
hOren, wie Collabiscus und Lycus ihr Geldgeschitft mit einander ab-
machen, und erst nach deren Abgang mit Vers 11 ihr eigenes Gespriich
fortsetzen. — Kaum der Bemerkung bedarf es, dass, wenn ea anch
raehrerc Advocati sind, die in den sechs Scenen des dritteu Actes
spielen, sie doch fvir den Diaiog als solchen blos als eine Person
zahlen, da naturlich immer nur einer das Wort fur alle fuhri
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CANTHTM UXD DIVERBIUM BEI PLAUTU8.
0
sehr schnell auch Agorastocles au ihra theilnimrat, und doch
die Ueberschrift in B lautet:
Ciddis Milphio Agorastocles hauuo;
NVTRIX SERVOS ADVLESCENS POENVS DV.
Selbst aber weun das letztgenannte Beispiel nicht emV
gegenstunde, ist nun noch die endgultig entscheideude In-
stanz ubrig, gegen die es keine weitere Berufung gibt: dass
uns das DV vor nicht weniger als neuu Scenen begegnet,
die gar keinen Dialog enthalteu, sondern die uuzweifelhaf-
testen Monologe. Als da sind: der Monolog des Charmides
Trin. IV, 2b = Vers 998 ff.; des Diniarchus True. I, 1 ");
des Pseudulus Pseud. I, 4 und noch einmal IV, 3; des Lysi-
machus Merc. IV, 2; des Parasitus Capt. III, 1; der Aneilla
Cas. IV, 1; des Lampadiscus Cist. II, 2'-): wozu noch die
punische Scene des Hanno Poen. V, 1 koinmt, iiber welche
s. u. Anm. 25.
Unuinstosslich fest steht hiernach das negative Resultat, <m
dass DV nicht duo bedeutet. Zur Beantwortung der Frage,
was es bedeute, leitet uns die Erwiigung zweier weitern
Umstaude: erstens, dass uns die Beisehrift DV mit einer ge-
wissen Regelmiissigkeit genau in denselben Stiicken entgegen-
fcritt, welche uns auch das C mit mehr oder weniger Con-
11) Hoffentlich wiiti niemand, weil hier in 7? DIMARCVS • DV
in C DINARCHVS DV-, in Db aber DINARCHVS ADV zu leaen ist,
sich durch letzteres in Versnchung ffihren laesen, DV etwa nnr fur
einen Rest von ADVlescem zn halten!
12) Dieaer Monolog iat freilich in Ji iiberschrieben LAMPADISCVS
SERVVS • MELENIS LENA • DV, aber wie die jetzigc Scenenab-
theilung einmal ist — eben ao falsch wie die ntlchstvorhergehende nur
mit ALCHE9IMARCHVS ADOLESCENS • C • ohne MELAENIS, die
allerdinga erst mit Vers 16 zum Sprechen kommt. Ea geht dies eben
anf die in Anm. 7 berflhrte principielle Verschiedenheit alter Scencn-
abtheilnng selbst zurQck, die mehrfache Vermischung und Verwirrung
zur Folge gehabt hat. Der obige Zusatz MELENIS LENA iu II, 2
gtamint aus einer Abtheilung, welche dieue und die folgende Sccne in
eine zusammenzog, obwohl die letztere, mit Wiederholung desselben
Namens, jetzt in B das vollstandige Personenverzeichniss fiberge-
schrieben hat: PHANOSTRATA MVLIER • LAMPADISCVS SERVVS •
MELENIS LENA DV.
10 CANTICUM UND DIVEKBIUM BEl PLAOTC8.
sequenz augewendet darboten, d. i. ausser Trinumnius noeh
Poenulus, Pseudulus und Truculentus, anniihernd auch
Mercator; zweitens, dass in diesen Stiicken sowohl, wie
auch in denen, welche beide Zeichen nur sporadisch haben,
sich nienials C luid DV zugleich, d. h. vor einer und dcr-
selben Scenc verbunden linden. So wirken denn von allen
Seiten alle Auzeichen zusamnien, uni die Ueberzeugung zu
begriinden, dass wir iu dem DV ein Correlat des C vor
uns habeu. Welches aber konnte dies fiir jeden, der sich
auch uur fluchtig der auf die Terenzische Komodie beziig-
lichen Traditionen des Alterthums selbst erinnert, anders
seiu als der Begriff des Diverbium neben Canticum?
Man wird es, denke ich, nicht als eine Hypothese, son-
dern als eine lediglich durch schlichte Combination von
Thatsachcn und ihren logischen Consequenzen ermitteltc Ge-
wissheit anzusehen haben, dass DV die Abkiirzung vou
DiVerbium ist, Dass sie DV und nicht DIV lautet, dnrf
keinen Austoss geben; dieselbe Abkiirzungsmethodc haben
wir ja, weim inschriftlich P • P fUr pcrpctuus steht, odcr fiir
pracpositus, desgleicheu fttr prhnipilus und primipilaris. Und
wenn etwa jemand auf den hier zwischengesetzten Punkt
Gewicht legte, der iibrigens ein solches an sich gar nicht
liat13), so entspricht vollkommen die ganz gewohnliche Ab-
kiirzimg BF fiir bctwfkmrius, oder PF fiir pracfwtus bei Orelli
u. 1151: um von Fallen, wie z. B. dem gelaufigeu QQ fiir
(piinqucnnalis, ganz abzusehen u). — Fiir das Nichteoinpositum
13) Um sich davon auf cineu Hlick zu iibcrzeugen, vcrgleiche luau
nur die in den Indices zu Pr. lat mon. p. 119 f. aus den Inschriftfn
zusammengestellten BeiBpicle: AD VERSVS neben ADVERSVS, SVH-
LEGITO neben SVBLEGITO, PEO POSITA und PROPOSITA, *elb«t
1N PERATOR neben INPERATOR u. h. w. u. b. w.: um von dcm all-
tilglicheu Wechsel zwischen PRO • COS und PROCOS oder DVO VIU
und DVOVIR gar nicht erst zu reden.
14) Aus christlichen Inachriften und anderweitigen Urkunden tp&.
tcrer Zeiten laasen sich dic Beispiele geradezu hanfen, und zwar ho-
wohl fur Composita, als fOr Nichtcomposita, deren verschiedene SyIlR'n-
anfange (wie bei Qui nQuennalis) zu einer Nota zusammengesetzt wer-
den. Dorthin gchoren z. B. DP dejmitus, PF perfcdt, DT duntaxat,
DD dcinde, 1P imperator, P(v> postquatn, NQ numquam, QS quasi, QM
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CANTHTM rXI) DIYKKHIUM liKI VLAUTUS,
11
Canticnm geniigte das einfache C. Wenn sieh dafiir ein wi
einziges Mal, Pseud. IV, 2, CA- findet, so ist darauf darum
nichts zu geben, weil es nur in D, nicht in BC steht, D
aber uberhaupt nnr ganz dflrftige, zuui Thcil selbst hochst
unverlas8liche Reste der in B, und wenigstens in einer Mehr-
zahl von Fallen auch in C, bewahrten Ueberlieferung auf-
zeigt. — <^ar nichts aber mit unserer Sigle C hat das C-
gemein, welches in demselben Pseudulus in der Scene 111,2
B als Anfangsbuchstabeu von COCVS zur Personenbezeich-
nung braucht1'): wofur CD (ohne Zweifel aus falscher Er-
iuuerung an CALVDORVS) ofter CA substituiren (Vers 798.
o
803. 828. 891), welches daun D richtig in CA corrigirt hat.
[Naturlich wird auch der Name Caludorus selbst mit C- be-
zeichnet, wie gleich vor der ersten Scene des Stiicks P
PSEVDOLVS C CALYDORVS, und dem entsprechend wei-
terhin beim VVechsel der sprechenden Personen.J
3.
Um nun die bisherigen Ermittelungen weiter zu ver-
werthen, ist zuvorderst eine nach den Plautinischen Stucken
geordnete vollstiindige Uebersicht iiber das Vorkommen von
quomodo, QAM fjuemadmodum; hieher KL kaleiuiae, LC lucrum, MD
Mediolanum, MG magis, ML malum, MS mensis, MT matcr, NB uobilis,
PV procincia, SC sacrum , SN senatus, auch sinc, TH tibi , TM testa-
mentum, TP tempore, TT titulus , VG virgo; beidea gcmischt in MNF
manifestum, MNM manumissum, VDL videlicet u. a. ni.
16) In der Ueberschrift selbst: B • BALIIO LENO C • COCVS •
PVEK DV: ganz wie IV, 4 S • SICOPHANTA, ahnlich auch S- fiir
Seruus z. B. Bacch. IV, 8 oder Sencx ebend. II, 3, oder M • fvir Mulicr
oder Merctrix in Most., Merc, Stich., oder L • und P • fiir Leno und
Parasitus im Persa u. dgl. Dasa es bei derartigen Bezeichnungen an
zufiilligen Versehen und gclegentlichen Verwechaelungcn nicht fchlt,
i»t nicht anderH zu erwarten. Z. B. also wenn in dem Zwiegespruch
zwi*eben Ballio und Cocus Pseud. III, 2 das C- auch cinmal fiir den
Bailio stcht V. 880; (denn V. 891 i*t es insofern etwas auderes, al»
dort der Puer ak eine ganz neue Person Qberhaupt nicht erkannt iat
in den Hdas. :) wonach man sich denu iiber die einfache Verschreibuug
in der Scenenuberschrift Pseud. IV, 1 P • PSEVDOLVS SER ■ C • SYCO-
PHANTA • C nicht weiter wundern wird. Vgl. u. Anm. 42.
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12 CANTHUM IND DIVEKKIUM KEI KLAUTUS.
C und DV zu geben, und zwar filr die vier Stiicke, in denen
sie niclit blos sporadisch erscheinen, rait gleichzeitiger An-
gabe auch derjenigen Scenen, welche keiue derartige Be-
zeichnung haben. Hinzuzufiigeu ist sodann erstens das Me-
truui jeder Scene: wobei zu unterscheiden, ob es 1) iam-
bische Senare, ob 2) trochaische Septenare, oder ob 3) freiere
Metra sind: sei es dass iui letztern Falle die beziigliche
Scene polymetrisch (namentlich auch mit Einmischuug kre-
tischer und baccheischer Verse) gestaltet ist, sei es dass sie
608 sich entweder in beliebigen Versformen des anapastisehen
Rhythnius bewegt oder in fortgesetzten Octonaren (trochai-
schen oder iambischen) einherschreitet: welche beiderlei
Alien ich, wie sclion im Eingauge bemerkt, mit dem Namen
'lyrischer Partien' zusaunnenfasse. Iambisclie Septenare, die
man naturgemiiss den trochaischen Septenaren zuniichst zu
stellen hat, kommen zufallig mit einer selbstandigen, un-
zweideutigeu Bezeichnung gar nicht, secundiir imd mittelbar
nur einmal in Betracht (Anm. 28). Zweiteus hat die nach-
stehende Tabelle, aus bestimmtem Grunde, auch zu registriren,
ob es Dialog oder Monolog ist, der die Scene bildet: ob-
wohl dies, wie sich spiiter zeigen wird, ohne wesentliche
Bedeutung bleibt. — Uebrigens gehen alle nachstehenden
Angaben auf die eine Handschrift B zurUck, wo nicht der
Zutritt von C (nur ein paarmal auch D) ausdrilcklich be-
zeugt wird. — Dass der Ambrosiauische Palimpsest auch
nicht eine einzige Bezeichnung dieser Art aufweist, steht iu
vollem Einklange mit dem auch sonst in so mancheu Puukten
zu Tage liegenden, rclativ moderuern Charakter dieser Ke-
cension. — Die Bedeutung des einigen Angaben vorgesetzten
f wird spiiter zur Sprache kommen. — In Klammern schliesse
icli diejenigen Scenen ein, welche in den Hdss. oder wenig-
stens in B nur darum weder C noch DV geben, weil sie
uberhaupt gar keine Personeniiberschrift haben, daher auch
fiir die Feststellnng des numerischen Verliiiltuisses zwischen
bezeichneten und unbezeichneten Sceuen nicht mitziihleu;
wobei ich eiu paar in D von jungster Hand gemachte Zu-
siitze unberUcksichtigt lasse.
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CANTICITM I ND DIVKRIHUM HEI PLAUTU8.
13
Trin.
1,1 — Senare
I, 2 — Senare
(II, l — Lyrisch
II, 2 C Lyrisch
Monolog
Dialog
Monolog l6))
Monolog n)
Dialog)
Monolog)
Dialog w)
Dialog
Dialog
Dialog. Auch C19)
Monolog
Parallele Doppelmo
(II, 2b — Septenare
(II, 3 Senare
II, 4 DV Senare
III, 1 C Septenare
111, 2 C Septenare
III, 3 DV Senare
IV, 1 C Lyrisch
IV, 2 — Septenare
IV, 2b DV Senare
IV, 3 C Septenare
nologe20); Dialog
Monolog. ^Vuch C*1)
Parallele Doppelmo-
flV, 4 C Senare
nologe; Dialog
Dialog
1C) Wenn hier das Fehlen jeder Scenenuberschrift auf offenbarer,
dem B allein eigener Abscbreibernachlassigkeit beruht, wie es praef.
Trin. p. xxxix deutlich vor Augen atellt, so geht diescr Mangel ander-
warts auf den principiellen Gegensatz verschiedener Scenenabtbeilung
zuriick, von dem Anm. 7. 12 die Rede war: wie wenn in den gleich
folgenden Fallen, Trin. II, 2b (d. h. von Vere 301 an) und II, 3, dort
nnr CD (ohne A), hier nur ACD eine neue Scene beginnen, nicht
aber B.
17) Dass ich diese Scene kurzweg als Monolog bezeichnet habe,
wird man nur in der Ordnung finden, da die zwei kurzen Verse, mit
denen sicb gleich im Anfang Lysiteles dem Pbilto prasentirt, gegen
dessen lange, nicht weiter unterbrochene Moralpredigt von 23 Versen
gar nicht in Betracht kommen. Den umgekehrten Fall s. u. Anm. 30.
18) Vergl. o. p. 604 [7].
19) Vergl. o. p. 602 [5].
20) In welchem Sinne diese Bezeichnung gcmeint ist, zeigen die
oben p. 603 [7] f. zusammengestellten analogen Beispiele. — (Ein
durch die Aehnlichkeit der Typen C und C veranlasstes Versehen war
es, wenn in der zweiten (nicht auch der ersten) Bearbeitung des Tri-
nummus hier aus C ein angeblich hinzutretendea C vermerkt wurde. —
Xachtr. p. 188.)
21) fiemeint ist mit IV, 2b der Schluss der Scene von Vers 998
an, wo die Hdss. eine neue Scene beginnen lassen.
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14
CANTICUM UNI) DIVERMUM BEl PLAUTUS
Poen.
GIO
v.
1
C
Lyrisch; Septen.
Monolog *2)
v,
2
C
Septenare
Dialog
I,
1
—
Senare
Dialog
I,
2
—
Lyrisch; Septen.
Dialog
I,
3
—
Senare
Dialog
II
—
Senare
Monolog; Dialog
III,
1
c
Septenare
Dialog
III,
9
c
Septenare
Dialog
III,
3
DV
Senare
Dialog *>)
lll,
4
DV
Senare
Dialog 23a)
m,
5
DV
Senare
Dialog *3)
m,
6
Senare
Dialog
IV,
1
C
Lyrisch
Monolog 24)
IV,
2
c
Septeuare
Parallele Doppeliuo-
nologe; Dialog
v,
1
DV
Senare (puniseh)
Monolog **)
22) S. o. p. 699 [lj Anra.
22*) (Richtig gaben hier schon beide Ausgaben des Trimumnua
aus C keine hinzugefugte Sigle an. — Nachtr. p. 1$S.)
23) Vgl. o. p. 604 [7].
23») Vgl. p. 004 [7] Anm. 10.
24) Dass hier auf Octonare noch zwei (ianibische) Septenare folgt-n, 1
ist natiirlich, wie iihnliches anderwarts, nicht der Kede werth.
2">) Nachdem in B die vorige Scene IV, 2 geschlossen hatte mtt
den (in einer Zeile fortgeschriebenen) Worten domi; hanno foenice
(s. o. Anm. 10), beginnt zwar V, 1 nur mit der Ueberschrift POENVS
LOQVITVlt, liisst aber, nachdem es am Ende von Vers 10 wiedermn
hiess hisim; hiannio punicac, dann als neue Sceneniiberschrift folgen
PHONVS DV, worauf sich ferner nach Vers 16, ohne jede weitere Ab-
theilung oder Ueberschrift, die 11 Schlusssenare Deos deasque u. s. w.
aiiBchliessen. Da die beiden eraten Stiicke nur parallel stehende Dop-
pelganger sind, d. h. zwei verschiedeue puniBche Uebertragungen (ein«;
jiingere und eine altere) eines und desselben lateinisehen Textes, wel-
cher nachfolgt, so sieht man leicht, dass das zufallig nur vor dem jetzt
mittlern Stflck (11 — 16) erhaltene DV eben so gut auch fQr das erste
(1—10) und dritte (17—27) zu gelten hat. — Es leuchtet hiernach ein,
wie verfehlt es war, wenn Movers 'Phonizische Texte' Th. I (Brealau
1846) p. 42 in dem DV die Abkilrzung eines punischen duber = 7o-
quitur zu erkennen mcinte, oder wenn vor ihm Wex rde PuniciB Plau-
tinis meletemaUi' ^Lii»«. 1839) p. 11 die AuflOsong in Dictione (!) Vul-
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CANTICTM UND DIVEBBIUM BEI PLAUTUS. 15
V,2
DV
Senare
Dialog *fi)
V, 6
r\\i
UV
nenare
l'iaiog )
V,4
C
Lyrisch; Septen.
Dialog *8)
(V,5
—
Septen.; Senare
Monolog; Dialog2*»))
(V,6
—
Senare
Dialog)
(V,7
—
Senare; Septen.
Dialog)
Pseud. I, 1
—
Senare
Dialog
1,2
c
Lyrisch
Monolog m. parallelem
Zwischendialog **)
I, 'A
—
Lyrisch; Septen.
Dialog
1,4
ov
Senare
Monolog
1,5
DV
Senare
Dialog*J)
II, 1
Lyrisch
Monolog
11,2
Lyrisch; Septen.
Dialog *»)
II, :t
c
Septenare
Mouolog
gari empfahl geraiiss seiner Unterscheiduug eines (prosaischen) Vulgiir-
punisch und einer (rhythmischen) punischen Schriftsprache, welche Art
der Unterscheidung von seinen Nachfolgern in der Krkliirung dieser
Punica eiDstimroig zurflckgewiesen worden ist. Die neueren Bearbeiter
derselben [Ewald, Schroder] gehen sicherer, indein sie iiber die Be-
deutung jenea DV gar keine Meinung aussern.
2G) Vgl. o. p. G04 [7J.
27i Dic vollstandige Ueberschrift b. o. p. G05 [9].
28) Wenn wir hier Vere 29. 30 iambische, 31-55 trochaische,
57 — 103 wieder iambische, 104 — 109 abermals trochaische Septenare
haben, so dflrfen wir sie doch eben sammtlich als 'Septenare' zusam-
menfaaaen und gerade in solcher Abwechselung einen Beweis fflr ihre
Uleichartigkeit erblicken.
28») [Was flber diese Scene Bergk p. 235 angibt und verrouthet,
ist falsch.]
2Kb) [Das flber das C dieeer Sccne von Usener ira Ind. schol.
aest. Gryphiswald. a. 186G p. 8 Aufgestellte wird er ja wohl lelbst
jetzt nicht mehr festhalten.]
29) Vgl. o. p. 604 [7].
30) Es sind hier eo gar wenige Verse, die zuerst Harpax, und
wiederum Pseudulus fflr sich sprechen, dass es sicli nicht verlohnte,
'parallele Doppelraonologe * als dem 'Dialog' vorausgehend (Anm. 20)
zu verzeichncu. Was auch fflr etwaige iihnliehe Fiille zu gelten hat.
— Den umgekehrten Fall s. o. Anm 17.
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lr,
CANTICOM UND DIVERBIUM BEI PLAUTTS.
n,4
iii, i
III, 2
IV, 1
c
DV
DV
C
Septenarc Dialog 30")
Senare Monolog ,HI)
Senare Dialog 3*)
Lyriseh Monolog; Dialog.
Auch 1)™)
IV, 2 •
i v,
IV, 4
IV, 5
IV, c,
IV, 7
IV. 8
c
DV
DV
Septen.; Senare Dial. Auch T) (CA*)*4)
Scuare Monolog
Scnare Dialog 3:')
Senare Dialog
Senare Dialog **)
Lyrisch; Septen. Monolog; Dialog '17)
Septenarc Monolog. Blos C'37a)
DV
c
30») [Uier luutet die (fruher flbersehene) Sceneniiberschrift. in B
gcnau also:
Calidoruf o harinuf ad hulifcenf. II.
PSKVDOIVS S E H VOS C]
31) S. o. p. 601 [4J mit Anm. 5.
32) S. o. 1». 603 [6J und 607 [11] mit Anm. 15.
33) S. o. p. 607 [11] Anm. 15.
34) S. o. p. 607 [11]. — Der sonst bei Plautus gar nicht flbliche
Uebergang von Septenaren zu Senaren innerhalb derselben Scene ist
hier durcb den besondern Umstand motivirt, dasa Vers 0t»8 ff, ein —
naturlich, wie immer in solchem Falle, in Senaren abgefaestcr —
Hrief vorgelesen wird und nun das daran sich ankniipfende (Jeaprach
in dcmselben Metmm weitergeht. — Dass andcrseits solche Accommo-
dation nicht bindend war, zeigen Beispiele wie Pers. IV, 3.
35) Vgl. o. p. 603 [6].
36) Vgl. o. p. 602 [6] mit Anm. 7.
37) Ausdriicklich ist schon hier hervorzuheben, dass Hezeichnungeu
wie diese keinesweges den Sinn haben, als wenn dcr Uebergang von
'Lyrisch' zu fSeptenaren' — ein bei Plautus ungemein hiiu&gcr —
nnd der von Monolog zu Dialog nothwendig gleichzeitig eintrilten. Im
Gegentheil: beides trifft in der Regel nicht zusammen. Geschieht es
zufiillig einmal, wie Cist. II, 1, bo Gberwiegt doch bei Weitem die
/ahl der Stellen, in denen der Diulog schon innerhalb der lyrischen
Partie beginnt, wie Pseud. IV, 7. Truc. I, 2. IV, 2. Pers. IV, 3. Men.
37a) (Es ist ein reiner Irrthum bei Zumpt-Geppert, dasa hier in II
stehe SIMO SENEX EIDEM DV, wonnch dieser Fall als vierter zu
deu drei p. 616 [22] besprochonen hinzukame, in denen geradezu feh-
lerhafte Bezeichnungen vorliegen. Die Handschrifl gibt uur SIMO
SENEX uud nichts weiter. — XadUr. p. 188.)
IV, 2.
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CAKTICUM UKD DIVERBIIM BEI PLAUTU8. 17
V, 1
Lvrisch
Monolog
V,2
Lyrisch
Dialog
Truc.
I, 1
DV
Senare
Mouolog. Auch C38)
—
Lyrisch; Septen.
Monolog; Dialog
n,i
C
Lyrisch
Monolog 39)
n, 2
—
Septenare
Dialog
n, 3
DV
Senare » .
Dialog; Monolog
11,4
DV
Senare
Dialog; Monolog
n, 5
—
Lyrisch; Septen.
Monolog
II, 6
—
Septenare
Monolog; Dialog
n,7
C
Lyrisch
Monolog; Dialog.
Auch C")
II, 8
DV
Senare
Dialog. BlosC
rn, i
—
Senare
Mouolog; Dialog
III, 2
DV
Senare
Dialog. Auch C
IV 1
c
Monoloff Auch 0
IV, 2
Lyrisch; Septen.
Dialog; Monolog
IV, 3
c
Septenare
Dialog
(IV, 4
Septenare
Dialog)
(V
Septenare
Dialog)
Merc.
n, 2
DV
Senare
Dialog. BIos Cu)
11,4
c
Septenare
Dialog. Blos 6T«)
38) Vgl. o. p. 605 [9] Anm. 11.
39) Die vorangehende Sceue schliesst hier in B mit apuduosap-
peribor ZASTRAPHIVC worin ein ASTAPHIVM C- niemand ver-
kennen wird, in nachstcr Analogie mit dem gleich folgenden Beispiel.
Daa desscn anderweitigea Vorkommen mir iibrigens aus den Plau-
tiniachen Hdas. nicht erinnerlich, ist vielleicht nur Trennungszeichen,
(wahrscheinlicher indees eiu vereinzelter Reat eheinaliger Bezeichnuug
der Personennanien durch griechische Buchstaben, wofiir vgl. praef.
Trin. p. LVI f. — Kachtr. p. 1{>9.)
40) Vollstandig ausgeachriuben ist die Ueberschrift in C: GETA •
PHRO NESIUM - ASTAPHIUM C abgekflrzt und, wie im vorigen
Falle, miaverstanden in li: GKTA PRHONESIVM ASTARC •
41) S. o. p. 603 [6] Anra. 8.
42) Wenn hier die Ueber«chria in C lautet CHARINVS • E VT Y-
CHV8 ADVLECENTES • B • II • C • , «o i«t nur der Zusatz den Buch-
staben B ein alinlieher, in seinem Anlass hier nicht weiter nachzuwei-
KB. KITSCHKLII OPVSCVLA III. 2
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18 CANTICUM UND DIVEKHICM HEl PLAUTTS.
III, 3
DV
Senare
Dialog. Blos C 42*)
IV, 2
DV
Senare
Monolog. Blos C
V,4
C
Septenare
Dialog. Blos C
Casin. IV, 1
DV
Senare
Monolog
IV, 2
DV
Senare
Dialog •*)
f IV, 3
DV
Septenare
Dialog48)
Cist. II, 1
C
Lyrisch; Septen.
Monolog; Dialog;
Monolog
11,2
DV
Senare
Monolog 44)
II, 3
DV
Senare
Dialog ")
ci3 Asin.IV, 2
DV
Senare
Dialog 4G)
f Capt.HI, 1
DV
Septenare
Monolog
Epid. 11,2
C
Lyrisch; Septen.
Dialog 47)
? Pers. IV, 3
c
Lyrisch; Septen.
Monolog; Dialog. Blos
Z>47*)
fj-Men. IV, 2
DV
Lyrisch; Septen.
Monolog; Dial. Blos I)
sender Irrthura wie die oben in Anm. 15 beruhrten Abschreiberver-
sehen. [Uebrigens hat hier B zwar kein C, aber nach CHARINVS
EVTICVS ADOLESCENTES noch ein II, welches in der An^gabe aus-
gefallen iat.]
42») (Diese, »owie die beiden folgenden Notirungen haben sich
aus Dziatzko's Superrevision deB Decurtatua ergeben. — Gerade fur
den Mercator war ich auf fremdes Zeugniss angewiesen, weil mir die
Collation dieses und noch ein paar anderer Stucke, als ich den Codex
1834 in Breslau benutzen durfte, aber in der bewilligten Frist nicht
mit ihm fertig zu werden vermochte, von meinem Collegen K. E. Ch.
Schneider freundlich abgenommen wurde, dem ich dafiir die Publication
des Truculentus iiberliess. Schneider war einer der accurateaten Hand-
schriftenvergleicher, die ich kennen gelerut habe: und doch — ! Demus
petamu8que vicissim. — Nachtr. p. 352.)
43) Vgl. o. p. 602 |6J.
44) S. o. p. 605 [9] Anm. 12.
45) Vgl. o. p. 604 [7j.
46) S. o. p. 602 [6] (DVO falschlich gemacht aus ursprunglichem
DV).
47) S. o. p. 601 [4].
47») (C hat hier so wenig ein C, wie vor der folgenden Menaech-
menscene irgend eine Sigle, weil an beiden Stellen, wie auch sonst
meistentheils, uberhaupt gar keine Scenenaberechrift, was zufallig in
der Ausgabe nicht ausdriicklich vermerkt ward. — Nachtr. p. 18S.)
Digitized by Google
CANTICUM UND DIVERBIUM BEI PLAUTUS.
10
Die beiden letzten Falle sind ans Ende gestellt, weil
sie von allen am wenigsten aussere Gewahr haben. Wenn,
Ton ihnen abgesehen, der Vaticanus uberhaupt nur zweimal
eine derartige Notiz mit B theilt (Pseud. IV, 1 und IV, 2,
hier obendrein mit dem ganz singularen CA-), so gibt es
sonst gar kein Beispiel, in dem B durch ihn ergiinzt
wiirde, wie doch durch C nicht weniger als (mit Ein-
schluss sammtlieher Mercatorfalle) siebenmal. Wahrend nun
ini Persa B nur DORDALVS TOXILVS hat, gibt D aller-
dings vollstandiger DORDALVS LENO TOXIL' SERV C:
zwar nicht von junger, aber doch immer von zweiter Hand,
von der in diesem Codex die (in C grosstentheils ganz feh-
lenden ) Personenbezeichnungen in rother Schrift nachgetragen
sind. Diese kann der Miniator aus demselben Archetypus,
aus dem der Text selbst in D (und C) abgeschrieben war,
entnommen haben. Aber es bleibt doch immer seltsam, dass
das gerade nur in zwei Stiicken geschehen sei, in denen
ubrigens weder B noch C etwas derartiges erhalten haben,
und noch dazu das eine Mal so handgreiflich falsch, dass
dadurch auch das andere Zeugniss verdiichtig werdeu muss.
Denn wenn ea in den Menaechmen IV, 2 in B einfach heisst
MENECHMVS • MVLIER • PARA8ITVS, in D dagegen ME-
NECHMVS ADOLESCENS • DV • , so ist hier einerseits die
Bezeichnung einer ausgemacht lyrischen Scene mit DV so
durchaus widersinnig, wie sonst keine andere, weder in B
noch selbst in C, und ist anderseits die etwaige Auffassung
des DV als DVO durch Zahl und Art der auftretenden Per-
sonen ausgeschlossen. — Dass dagegen gerade diese Auf-
fassung fttr Epid. I, 2 und II, 1 nicht nur an sich moglich,
sondern dass und warum dort ein DV als blosse Verschrei-
bung ftir DVO sogar durchaus wahrscheinlich (gerade um-
gekehrt wie bei Asin. IV, 2), wurde schon p. 601 [4] ge-
zeigt: und deshalb haben diese Stellen in die obige Tabelle
gar keine Aufnahme gefunden.
4.
Schou ein rascher Ueberblick Uber die vorstehende Ta- cu
belle lehrt, dass die Zahl der Beispiele fflr die beiden Siglen
2*
20 CANTICUM UND DIVERHIUM BEI PLAUTUS.
C und DV ungeilihr die gleiche ist: jener begegnen wir
28mal, dieser etwas iiber 30mal. Die gleichzeitige Anweu-
dung beider theilen mit den vier Stucken, welche allein
eine ziemlich durchgehende Tradition bewahren, nur noch
Mercator und Cistellaria; blos C hat sich in Epidicus und (?)
Persa gerettet, blos DV in Casina, Asinaria. Captivi. Selbst-
verstandlich treten indess die Stiicke, die nur ein sporadisches
Vorkommen aufweisen, ganz zuriick gegen die obigen vier,
sofern es sich um das Verhiiltniss der unter unserm Ge-
sichtspunkte iiberhaupt bezeichneten oder unbezeichneten
Scenen handelt. Es haben hiernach, wenn wir, wie natiir-
lich, die uberhaupt jeder Ueberschrift, d. h. auch vorgesetzter
Personennamen, entbehrenden Scenen ausser Rechnung lassen,
bezeichnete unbezeichnete Scenen
der Trinummus 11 3
Poenulus 11 5
Pseudulus 13 8
Truculentus 9 6
44 22
Keiner besondern Beweisftihrung wird es nun hier bedurfen,
dass dieses Verhiiltniss auf keinerlei Absicht oder iniienn
Grunde beruht; die einfachste vergleichende Ueberlegung
lehrt, dass dasselbe lediglich auf lttckenhafte Ueberlieferung
zuriickgeht, und dass die jetzt unbezeichneten Scenen ehedeui
ebenfalk ihr entweder C oder DV vorgesetzt batten, da sich
zwischen iluien und den bezeichneten nicht der mindeste
Unterschied, der auf irgend ein Gesetz schliessen liesse, zu
erkennen gibt. Es haben demnach in obigeu vier StQcken
zusammengenommen imsere Handschriften die alte Tradition
gerade in zwei Dritteln solcher Falle bewahrt: wiihrend sieh
von nur 7 (oder mit Einrechnung von Poen. V, 7 acht)
Scenen nicht wissen liisst, ob, weun deren Ueberschriften
nicht ganz ausgefallen wiiren, wir vor ihnen ein C oder ein
DV oder keines von beiden finden wiirden.
Viel wichtiger ist nun aber natiirlich das Verhiiltniss,
wie sich die beiden Bezeichnungsarten auf die einzelnen
Scenen nach der Verschiedenheit ilirer metrischen und dra-
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CANTICUM UND DIVERBIUM HEI PLAUTUS. 21
rnatischen Gestalt vertheilen. Unter diesem Gesichtspunkte «15
habeu wir
1) mit C:
lyriache
Septenar-
Senar-Sceneu
iui Trinummus
3
4
1
Poenulus
2
3
Pseudulus
2
4
Truculentus
2
2
Mercator
2
Cistellaria
1
Epidicus
1
V Persa
1
12
15
T
2) mit DV (um selbst den gar verdachtigen Fall Men
IV, 2 mitzuziihlen):
lyria^he Septenar- Seuar-Scenen
im Trinummus — — 3
Poenulus — — 6
Pseudulus — — 7
Truculentus — — 5
Mercator — — 3
Cistellaria — 2
Asinaria — 1
Casina — 1 2
Captivi — 1 —
??Menaechmi 1 —
12 ~29
Rechnen wir somit das Gleichartige nach den drei Scenen-
kategorien zusamnien, so Hnden wir unter 13 lyrischen
Scenen 12 als Cantica, nur 1 (in der Menaechmenstelle) als
Diverbium bezeichnet; unter 17 Septenarscenen 15 als Can-
tica, nur 2 als Diverbia; unter 30 Senarscenen 20 als I)i-
verbia, nur 1 als Canticum.
Dieses Zahlenverhaltniss ist, wie jeder sieht, von so
flberwaltigender Beweiskraft, dass dadurch nicht nur die be-
wusate und gewollte Regel ausser allen Zweifel gestellt wird,
Digitized by Google
22 CANTICUM t'Nl> PIVERBIUM BEI PLAUTUJ5.
sondern auch die ganz verschwindende Minderheit der Aus-
nahmen jede Glaubwiirdigkeit verliert. Und dies um so
lnehr, als dieselben erstens unter sich vollig ungleichartig
sind, so dass jede von ihnen ohne Analogon ganz fur sich
steht; und als zweitens fiir keine der bezUglichen (in der
Tabelle mit f ausgezeichneten) Scenen sich der geringste
innere oder iiussere Unterschied von denen entdecken liisst,
welche die gegenuberstehende, fast einstimmige Mehrheit
bilden; wozu noch drittens koinmt, dass sie mit Ausnahme
r,i6 der Trinummusscene aus solchen Stiicken sind, die keine
auch nur annahernde Continuitat der Tradition, sondern nur
versprengte Reste eiirtr solchen enthalten, die eine noch dazu
nur in J). Wie in Casina IV, 3 der Abschreiber zu seinem
DV kam, begreift sich iibrigens leicht: es war nur gedanken-
lo8e Wiederholung aus beiden zunachst vorhergehenden
Scenen; hatte er hier, uud zwar in recht kurzen Zwischen-
riiumen, zweimal hinter einander ANCILLA-DV- und AN-
OILLA • SENEX • DV- geschrieben, so kam ihm nun dasselbe
auch das dritte Mal nach SERVVS-SENEX in die Feder,
wohin es nicht gehorte. Ob man einen iihnlichen Anlass
fQr das aus aller Analogie herausfallende C vor der reineu
Senarscene IV, 4 des Trinummus gelten lassen will, moge
dahinstehen; inoglich an sich wiire es immer, dass auch hicr
dem Schreiber aus der niichst vorhergehenden Scene, zumal
nach schon fiinfmaligem friihern Vorkommen im Stiick, das
C in der Erinnerung und Schreibgewohnheit haftete und
nun auch am unrechten Orte absichtslos eutfuhr. Wiewohl,
wohin kainen wir iiberhaupt, wenn wir keine Vcrschreibung,
keine Verwirmng oder Verschiebung mehr annehmen sollten,
fiir die wir nicht noch heutzutage die ganz bestimmte Ver-
anlassung nachzuweiseu vermochtenV Und damit werden
wir uns denn wohl auch iiber das irrthiimiiche DV vor der
Septenarscene Capt. III, 1 beruhigen diirfen.
5.
Als gesichertes, unabweislich in die Augen springendes
Ergebniss der bisherigen Erorterungen darf also gelten, dass
nach dem System, welches unserer Plautinischen Ueberliefe-
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CANTICCM CND DIVERBICM BEI PLACTCS.
23
rung zu Grunde liegt, 1) alle iambischen Senarscenen Di-
verbia d. h. einfach recitirend, ohne jede musikalische Be-
gleitung waren; 2) alle lyrischen, aus freiern oder ge-
mischten Metren bestehenden Scenen Cantica waren d. h.
mnsikalische Begleitung hatten; 3) alle troehaischen Sep-
tenarscenen nicht unter jene erste, sondern ausschliesslich
niter diese zweite Kategorie fallen d. h. also ebenfalls Can-
tica, mindestens in weiterm Sinne, waren und einer musika-
lisehen Begleitung nicht entbehrten.
Undenkbar ist es nun freilich, dass die Beschaffenheit
dieses musikalischen Elements in beiden Klassen eine gleich-
artige, dass sie nicht vielmehr eine erheblich verschiedene
war. Brachte das, neben dem durchschlagenden Unterschiede
wechselnden und einheitlichen Metrums, selbst der ethische
Charakter beider Scenenarten nothweudig mit sich, so wird
uns dieselbe Ueberzeugung noch sicherer durch die That- <
sache aufgedrangt, dass die Septenarscenen in der ganzen
Hehandlung des prosodischen Elements zu den lyrischen
geradezu einen (Jegensatz bilden, indem sie darin ganz und
gar nicht die den letztern eigenthumlichen Licenzen theilen,
*ondern vielmehr die ganze Strenge der Senarscenen aufrecht
halten: und zwar eben so wohl die iambischen wie die tro-
chaischen Septenare.
Worin konnte nun jene musikalische Verschiedenheit
beatehen? Die Antwort ergibt sich aus der einfachen Er-
wiigung dessen, was nach der Natur der Dinge iiberhaupt
moglich ist. Aller Vortrag poetischer Stttcke ist in einer
nerfachen Stufenfolge denkbar. Er ist, wenn wir vom Nie-
<Ieru zum Hohern aufsteigen, entweder 1) rein recitirende
Declaniation; oder 2) recitirende Declamation mit musika-
lischer Begleitung d. i. also nach moderner Bezeichnungs-
weise melodramatischer Vortrag; oder 3) gesungene Decla-
mation mit Musikbegleitung d. i. unser Recitativ; oder end-
lich 4) Uber die Declamation liinausgehender, reiner Gesang
i. das heutige Arioso. Diese letzte Stufe, den arienmiis-
^igen Ge8ang, wird ja wohl niemand im Ernst der romischen
Komodie, insbesondere also ihren als Cantica im strengern
Sinne bezeichneten Partien, zutrauen: obwohl freilich gele-
24 CANTICUM I ND DIVKKUICM BEI PLAUTUS.
gentlich auch dies in traditioneller Gedankenlosigkeit so
• obenhin gesagt worden ist. Was bleibt also iibrig, als dass
den drei anderh Vortragsarten entsprachen die ebenfalls in
der Dreizahl vorhandenen Scenenarten? d. h. sonach dass,
wahrend der iambische Dialog recitirend oder declama-
torisch war, zwar die lyrischen Partien recitativiscli
durchcoinponirt, dagegen die trochaischen Septenarscenen nur
raelodramatisch waren.
Zu dieser Auffassung stimmt auch aufs beste die An-
wendung, welche von dem BegrifF 'cauticum' ofter gemacht
wird zur Charakteristik des rednerischen Vortrags. Wenn
es bei Cicero im Orator 18, 57 heisst: *est autem etiam in
dicendo quidam cantus obscurior, non hic e Phrygia et Caria
rhetorum epilogus paene canticum, sed ille' u. s. w., was
Quintilian XI, 3, 58 mit frhetoras paene cantare in epilogis'
wiedergibt; oder wcnn letzterer selbst ebend. § 167 von be-
sonders gehobenen Stellen der Reden pro Milone uud pro
Archia sagt 'cantici quiddam habent': so wollen sie doch
damit gewiss nicht nachste Verwandtschaft mit Ariengesang
bezeichnen; vielmehr, so wenig wir heutzutage an diesen
denken, wenn wir von fsingendem Vortrage' sprechen, son-
dern darunter uur eine Anniiherung an Recitativvortrag
verstehen, so vollkommen geniigt dieser letztere Begriff auch
zum Verstiindniss jener Vergleichungen. Sehr deutlich geht
6i8 dies auch aus Ciisar s artigem Wort bei Quintilian I, 8, 2 her-
vor: *si cantas, male cantas, si legis, cantas'48).
48) Wcnn aUo, wio z. H. bei Quintilian I, 10, 23, f carinina ct
cantica' vcrbunden wcrdcn, «o fallcu xwar gcwiss den carmiua allc
blos declamatorischen , den cantica allc recitativischen Poesien zu; ob
man aber unter jenen oder unter diesen dic 'mclodramatischen' mit-
begriff, hing ganz von dem Gesichtspunkte ab, den man vorwalten
Hess. — — Man sieht, wie weit sich die oben entwickelte Auffjissung
von dcu Aufstellungen eutfernt, die kurzlich in dicsem Muscumsbaude
[XXVI | p. 102 f. Dziatzko gcltend zu maehen stichte: wonach die
Cantica der Komddie ganz unsern cigentlichcn fArien' entsprochen
hiitten, Deverbia unsere 'Recitative' gewesen wuren, fur die blos reci-
tirten Partien aber ein besonderer lateinischer Xame aberhaupt nicht
existirte. Ganz abgesehen von der vfllligen Unwahrscheinlichkeit,
welche die letztere Behauptung an sich hat, stent und fdllt das Ganze
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CANTICTM UND DIVEKHIUM HEI PLAUTUS. 25
Aber, worauf es fiir unsere Untersuchung ankommt,
obiger Unterscheidung eines zwiefachen musikalischen Ele-
ments hat die uns tiberkommene Semeiosis keine Rechnung
getragen, sondern sich an dem einfachen Gegensatze musi-
kalischer und musikloser Partien geniigen lassen, beide
Unterarten der erstern Gattung aber gleichmiissig mit Can-
ticum bezeichnet. Hat sie sich doch im Gebiet der rein re-
citirenden Scenen eben so wenig auf die Unterscheidung von
Monolog und wirklichem Dialog eingelassen, sondern fiir
beide Arten denselben technischen Ausdruck DiVcrbium ge-
braucht, der doch, genau genommen, nur auf die letztere passt.
niit der Annahrae der neugemOnzten Wortforin deverbium atatt diver-
bium , an welche nicht zu glauben mich diewelben Griinde bestimmen,
die bald darauf 80 biindig wie uberzeugend von Biicheler in Fleck-
eisens Jahrbiichern Bd. 103 (1871) p. 273f. dargelegt wurden. [Dziatzko's
scharfsinnige Vertheidigung seines deverbium, die er spater iu Fleck-
eisens Jahrb. f. Phil. Bd. 103 (1871) p. 819 ff. folgen liess, hat mich
nicht davon zu iiberzeugen vermocht, dass jene Form ein alter, gutor
Zeit eigener Termiuus gewesen sei. Auch Bergk's (p. 231) Ableitung
dea diverbium von einem duiverbium scheint mir beachtenswerther, als
Dziatzko zuzugeben geneigt ist. Die Uebertragung des urspriinglichen
BegrifFs 'Zwiegespriich', als dea potius, auf den des 'Gespriichs' uber-
haupt, unter welchen Gattungsbegriff dann auch 'Selbstgespriiche' (so
gut wie Drei- oder Viergeaprache) um so leichter subsumirt werden
konnten, in je engerer Verknupfung, im Grunde nur als gelegentlieh
eintretende, secundiire Moditicationen , oft schnell genug prolog- oder
epilogartig voriibergeheude Unterbrechungen, Monologc iiberall zwisehen
wirklichen Zwiegesprachen steheu , und je entschiedener alle diese
Unterarten den wesentlichen und durchschlagenden Gegensatz zu nicht
einfach Gesprocheneni theileu — : dieser ganze Wandel der Bedeutungen
in ihren leisen Uebergiiugeu hat fiir mich gar nichts Bodenkliches.] —
Was das Uebrige betrifft, so gestehe ich mir nicht die entferntestc
Wstelluug davon machen zu kSnnen, wie etwa ein baccheisches Can-
ticum, z. B. ' Multas res simitu iu meo corde vorso' habe konnen als
Arie (mit oder ohne Coloraturen) componirt uud gesungen werden,
oder ein trochaischer Dialog von 90 Versen, wie 'Semper ego usque
ad hanc aetatem', in ltecitativen. Fiillt es uns doch, nach unserer
heutigen Gewdhnung, schon schwcr genug, fiir ein so ungemein sedat
gehaltenes Zwiegespriich wie das letztgenannte , welches doch ira
Grunde nnr versificirte Prosa ist und keine Spur von lyrischer Erhe-
bung oder irgendwie gesteigertem Affect aufweist, uns einen melodra-
matischen Vortrag vorzustellen.
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26 CANTICUM UKD DIVERBIUM BEI PLAUTU8.
Neu fflr uns und von nicht unerheblicher Tragweite ist
nun vor alleni, was wir in Betreff der trochaischen Dia-
logscenen lernen. Trotz des lebendigern Schwungs, den diese
vor den iambischen so fiihlbar voraus haben, hatten wir
6i9 uns doch gewohnt, sie im Wesentlichen als auf derselben
Linie mit diesen stehend auzusehen, nicht am wenigsten eben
wegen der erwiihnten rhythmisch-prosodischen Gleichartigkeit.
Jetzt wissen wir, dass sie sich anderseits verinoge der musi-
kalischen Begleitung, die sie ohne Ausnahme hatten, in einen
eben so entschiedenen Gegensatz zu den Senarsceneu steilen,
und vielmehr den lyrischen Partieu — wenn nicht schlecht-
hin zufallen, doch als eine Mittelstufe nahe zunejgen. Und
insofern wiire selbst Cicero's Ausdruck in der Stelle der
Tusculanen I, 44, 107 fcum tam bonos septenarios fundat
ad tibiam' an sich vollkommen sachgemass, wenn nur
nicht die dortigen Verse des Pacuvius mit uberwiegender
Wahr8cheinlichkeit vielmehr ftir iambische Octonare zu neh-
men wiiren; wobei vielleicht fiir manchen die Moglichkeit
bleibt, dass sich Cicero in der Bezeichnung des Metrums in
der Eile selbst versehen habe4;>).
Nicht die mindeste Schwierigkeit kann es nunmehr
haben, in den vier Plautinischen Stiicken, in denen C und
DV nicht blos sporadisch erscheinen, nach Massgabe des er-
kannten Gesetzes die liickenhafte Ueberlieferung mit Sicher-
heit zu ergiinzen. Denn es kann keine Frage sein, dass iur
49) Die zwei aus einem 'canticum' des Turpilius angefQhrten Vers-
anfange bci Cicero ad famil. IX, 22 konnen naturlich eUen so gut
einem Octonar wie einem Septenar angehSren. — [In Betreff der Tus-
culanenverse hat mich wiederholte Erwagung doch schliesslich zu der
Bentley'Hchen Annahme wirklichcr Septenare zuruckgcfiihrt, die auch
Bergk p. 240 f. anerkennt: nur dass ich die von beiden beliebte Zcr-
theilung von prius |j (^uam zwiachen zwei Verse fur unstatthaft halte.
Mit Benutzung der hier und bei Ribbeck Trag. ed. 2 p. 100 f. ge-
machten Vorschlage mochte ich die Verse am einfachsten so herstelten:
Mater, te appello, quae curam s6mno suspensam leuns
Neque mei te miseret, surge age 6t sepeli natum tuom,
Prius quam me ferae uolucresque
Nevi reliquias nieas sic siris d^nudatis ossibus
Taetra sanie ddlibutas foede diuexarier.]
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CANTKTM CNI> DIVKRBIUM BEI PLAUTUS. 27
Diverbia zu nehmen sind: ira Trinuminus auch die unbe-
zeichneten Scenen 1, 1. I, 2. II, 3; im Poenulus I, 1. 1,3.
II. III, 6. V, 6. V, 7; im Pseudulus I, 1. IV, 5; im Trucu-
lentus III, l 4i>*); — dagegen als Cantica anzusehen nicht
nurTrin. II, 1. Poen. I, 2. Pseud. I, 3. II, 1. II, 2. IV, 7.
V. 1. V, 2. Truc. I, 2. II, 5. IV, 2, sondern auch die Septe-
narscenen Trin. II, 2b. IV, 2. Poen. V, 5. Truc. II, 2. 0,6.
IV, 4. V, 1. Nach welchem Vorbilde sich denn jeder, der
dazu Lust und Zeit hat, auch in den ilbrigen sechzehn
Stiicken alle einzelnen Scenen unter ihre drei Klassen ver-
theilen kann: wobei er allerdings zu einem sehr verschiedenen
Rcsultat gelangen wird, als es die unsicher tastenden Ver-
suche G. A. B. Wolffs 'de canticis in Romanorum fabulis
scenicis ' (Halae 1824) zu gewinnen vermochten, indem sie
sich fiberwiegend auf die vagste subjective Reflexion statzten.
Die geringfiigigen Einwendungen, die dagegen von Grysar
in der Abhandlung 'ttber das Canticum und den Chor in der
romischen Tragodie' (Sitzungsberichte der phil.-hist. CI. dor
Wiener Akademie 1855, Bd. 15) p. 370 erhobeu wurden,
bringen uns nicht weiter und treffen nattirlich, da auch er
von der Fulle unseres urkundlichen Materials keine Ahnung
hatte, den Kern der Sache eben so wenig wie Wolff s herum- eao
rathende Vermuthungen. Es wird auf beide am Schluss des
letzten Abschnitts zuriickzukommen sein.
G.
Vergegenwartigt inan sich nach allem Erorterten das
W*) [Hinzuzufiigen sind die aus Senaren be.stehenden zweiten
Halffen der mit Septenaren beginnenden Scenen Poen. V, 6 und Pseud.
I»i 2 (w&hrend die umgekehrte Folge in der einzigeu doppelgange-
ricchen Schlussscene des Poenulus V, 7 vorkSmmt). Kh kann keinem
Zweifel unterliegen, dass bei solchem, inraitten der Scene eintretenden
•Vecheel auch die entsprechende neue Nota in den alten Exemplaren
wigeachrieben war und sich in unsern Hdss. nur nicht erhalten hat,
wcil keine neue Personennberschrift «tattfand, an die sie sich ange-
scLloasen hatte. — Bei dem Uebergange aus lyrischer Composition in
^eptenare war zu einer neuen Beischrift kein Anlass, da das — iu
dicscr Beriehung unvollkoramene — Bezeichnungsavstem fiir beiderlei
Partien nur eine und dieselbe Nota C hatte.J
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28
CANTICUM UNT> DIVERBIUM BEI PLAUTU8.
Gesainmtbild, in dem eine Plautinische Palliata dem schau-
lustigen romischen Publicum von der Buhne entgegentrat,
so gab offenbar eine solche AuffQhrung einen viel bewegtern,
farbenreichern Eindruck, als wir uns wohl vorzustellen pfleg-
ten, wenn wir an eine lange, einfdrinige Kette trockener
Gespriichsscenen dachten, die nu* hie und da einmal von
einem lyrischen Stttck wie von einem Wiirzkorne unterbrochen
wiirden. Sehr im Gegentheil, wie wir nun sehen: Decla-
mation, Melodram, Kecitativ losten sich in so bunter
Reihe ab, dass dadurch der pikanteste Wechsel erreicht
ward. Um die zur Verauschaulichung herangezogenen Be-
zeichnungen moderner Kunst fortzubrauchen — die, wenn
man selbst ihre Berechtigung bestritte, doch jedenfalls den
Vortheil deutlichster Scheidung unbestreitbarer Unterschiede
gewahren — , so waren (nach der der obigen Tabelle zu
Grunde liegenden Scenenabtheilung)
declaraatorisch raclodramat. rccitAtivisch
im Trinummus von 17 Scenen 7 6 4
- Truculentus - 17 - 6 6 5
- Pseudulus - 21 - 9 4 8
- Poenulus - 1850) - 11 4 3
Liegt schon hiernach, wenn wir einstweilen vom Poe-
nulus absehen, eiu entsehiedencs Uebergewicht der musika-
lischen iiber die nichtmusikalischen Partien in den Propor-
tionen 10:7; 11:6; 12:0 klar zu Tage, so tritt solches
noch stiirker hervor, wenn wir, wie doch nur rationell, zu
den ganz selbstiindigen Septenarscenen auch die je zweiten
Hiilften derjenigen Scenen hinzuziihlen, welche mit lyrischen
Massen beginnend, erst im weitern Verlauf zu regelmassigen
Septenaren iibergehen, [natiirlicher Weise dann aber auch
mit Doppeltziihlung der von Septeuaren zu Senaren iiber-
gehenden beidcn Scenen Poen. V, 5 und Pseud. IV, 2J. Denn
dann stellt sich folgendes Verhaltniss heraus:
50) Natiirlich zahlt hk-r die Soeno V, 7 nicht mit, da lie nicht tn
einer und dcraelben Aufffihrung mit V, G gehOrt hat.
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CANTIGTM UND DIVERBIl M BEI PLAITTUS.
29
declamatorisch melodramatisch recitativisch
Trinuminus: 18 Stucke 7 7 4
Truculentus: 20 - 6 9 5
Pseudulus: 25-10 7 8
Poenulus: 21-12 6 3
d. h. also 11:7; 14 : G; 15 : 10; (9 : 12). Dasselbe Ueber-
gewicht behauptet sich auch in allen flbrigen 16 Plautini-
schen Kouiodien, wenngleich in sehr verschiedenen Mischungs-
graden. Den verhaltnissiniissig geringsten Bruchtheil bilden
die Senarscenen in Epidicus, Captivi, Asinaria, Amphitruo;
uur ungefuhr ein Drittel der Gesammtzahl (naturlich mit
Schwankungen herQber und hinUber) betragen sie in Casina,
Cistellaria , Menaechmi, Miles, Mostellaria, Rudens, Stichus,
Curculio; auniihernd, aber doch nicht ganz, halten sich bei-
derlei Scenen die Wage nur im Mercator, Aulularia, Persa,
Bacchides 50a). Ganz vereinzelt mit seinem gcradezu umge-
kehrten Verhiiltniss steht allein der Poenulus da. — Eine
andere Ausnahmestellung eignet dem Miles: insofern niim-
lich, als zwar seine 7 declamatorischen Senarscenen, gegen-
Qber 12 musikalischen Scenen, der eben nachgewiesenen
Norm im Allgemeinen durchaus entsprechen, dagegen aber
die letztern ausschliesslich aus Septenaren bestehen und jeder
lyrisehen Partie gauzlich entbehren M). Dcnn wenn aueh,
50*) [Einigermaasen modificireu wQrde sich dieae Statistik, wenn
wir, statt Scenen zu z&hlen, ihre Verszahlen summiren: wie dies, aber
alles in allem nur fiir drei Stucke, Bergk p. 239 f. that. )
51) Bemerken.swerth ist, wie diener Mangel an Mannigfaltigkeit
hier auf undere Weiae mdglichst ausgeglichen wird. Es geschieht dies
erutcns durch die Abwechselung von trochai«chen mit iambischen Sep-
tenarscenen, welche letztern uns im Miles 4mal (gegeu 9 trochaische)
begegnen, wahreud sie sonst nur noch in der Asinaria (ebenfalls 4mal)
und im Rudens (sogar 6mal) vorkommen [in derAsinaria mit 320, im
Miles mit 210, im Rudens mit ungefabr 200 Versen], in allen iibrigen
Stucken hochBtens 1 bis 2mal oder gar nicht. Zweitens: durch die
Verwendung auch des anapilstischen Septenars zu einer gauzen Dialog-
scene: IV, 2, 20—101, wofur es kein zweites Beispiel bei Plautus gibt.
Denn wenn auch ubrigcns der ana]>astische lihythmus in allen seinen
wechsemden Versformen durchaus den lyrischen Partien anheimfdllt,
»o ware es doch gewiss nicht gerathen, bloa der allgemeinen Gleieh-
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30 CANTICCM UND DIVEBBIUM BKI PLAUTU8.
mit Ausnahme der Casina, der sich darin Pseudulus, Persa
und Bacchides zuniichst anschliessen, die Septenarscenen sonst
fast iiberall die Ueberzahl flber die lyrischen bilden 52), so
artigkeit des Rhythmus zu Liebe eben dahin auch die ohne jeden
Wechsel, in ununterbrochener Continuitat durch eine lange, mit tro-
chaischen Septenaren beginnende, reine Gesprachsscene durchgeffihrten
anapaatiachen Septenare von regelmiiasigstem Bau zu rechnen. Sollte
jemand doch anderer Meinung sein, nun so bleibt ihm unverwehrt,
immerhin eine gr5ssere Annaherung an die lyrische Gattung, eine Art
von Zwischenstufe zwischen Melodram und Kecitativ, somit ein gewisses
Aequivalent fflr ein lyrisches Canticum in der Scene zu seben: obwohl
eine dem entsprechende Unterart von Musikbegleitung sich fflr uns
kaum durfte auf einen klaren Begriff zurflckfflhren lassen.
52) In der Casina ist das Verhaltniss der Septenarscenen zu den
lyrischen nur das von 7 : 9, im Paeudulus 7:8, im Persa 7:7, in deu
Bacchides [freilich ohne Einrechnung der verlorenen Eingangsscenen,
flber die aich nicht sicher genug urtheilen liisst] schon 7 : 6. Den
diametralsten Gegensatz bietet Curculio mit 9:1, woran sich succes-
sive anschliessen Mercator mit 9:2, Asinaria mit 10:2, Menaechnii
mit 13:5, Captivi mit 13:8, Stichus und Rudens mit 8:3 und 16:6,
Cistellaria mit 7 : 3, Mostellaria mit 7:4, und so weiter mit mehr oder
weniger Annaherung an die Hiilftc Amphitruo, Epidicus, Truculentus,
Aulularia, genau mit der Halfte Trinummus und Poenulus. — (Wenn
in aammtlichen vorstehend angestellten Verhaltnissrechnungen auch
CiBtellaria, Araphitruo und Aulularia mit in die Gemeinschaft der
flbrigen Stflcke gezogen sind, so ist das nur der Vollstandigkeit wegen
geschehen, aber mit dem selbstverstandlichen Vorbehalt, dass in ihnen
die Scenenzahluug eine exacte darnm gar nicht sein kann, weil sie so
lfickenhaft auf uns gekommen sind, dass nicht zu ermessen ist, wie
sich durch den Zutritt der verloreu gegangenen Scenen das Verhaltniss
der drei Klassen verilndem wflrde. Von Erheblichkeit wflrde indess
die Differenz keinenfalla sein. — Zusatz von p. 637. Dazu aus Nachtr.
p. Zu den als lflckenhaft bezeichneten Stficken Cistellaria, Am-
phitruo und Aulularia (denn der verlorene Eingang der Bacchides
kOmrat hier wenig in Betracht) waren auch Casina und Stichus inso-
fern hinzuzufugen , als wir beide zwar nicht durch Schuld unserer
Handschriften lfickenhaft, aber in Folge einer weit altern, aus Umar-
beitung hervorgegangenen Zertrfimmerung augenscheinlich nicht mehr
in der ursprfinglichen Gestalt und Vollstandigkeit der Plantinischen
Dichtung besitzen: wie dies in Beziehung auf die Casina (fiber den
Stichus konnte nie ein Zweifel obwalten) nach Ladewig und Teuffel
erst kfirzlich wieder Fleckeisen in seinen Jahrbfichern Bd. 103
(1871) p. 637 f. Anni. mit Recbt hervorhob.)
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CANTICUM UND DIVERBIUM BKI 1'LAUTUS. 31
koinmt doch das giinzliche Fehlen der letztem in allen zwanzig 622
Komodien nicht zum zweiten Male vorM).
Man begreift nun, wie in erster Linie das Uebergewicht
musikalischer Scenen iiber blos reeitirende, daneben aber
auch der Wechsel melodramatisch-musikalischer und recita-
tivisch-niusikalischer Partien der Gesammtwirkung einer Pal-
liata zu Gute kam. Wenn man mit Recht hervorgehoben
hatM); die Eigenart dieser Wirkung beruhe iiberhaupt darauf,
dass sich der hausbackene romische Burger fiir einige Stun-
den ganz habe aus der Gewohnheit des eigenen Lebens her-
ausheben und in eine fremde Welt versetzen lassen, so
musste es der Absicht einer solchen Illusion, der Erregung
einer doch immer iu gewissem Grade idealen Stimmung, der
Schaft ung einer mehr oder weniger poetischen Atiuosphiire uber-
aus gunstig zu statten kommen, dass auch das musikalische
Element das seinige dazu that, um iiber die Prosa der All-
tagswirklichkeit hinwegzutragen. Ist es doch ein gauz Ana-
loges, was, wenn auch in sehr gesteigertem Masse, die mo-
derae Oper (in unserm Falle die Opera buffa) in gewollter
und berechneter Ueberbietung des recitirenden Schauspiels
oder Lustspiels zu erreichen strebt: freilich mit Mitteln die, «»
selbst wo es sich um phantastische, halb tniirchenhafte Stoffe
53) Wer die obige Scenenstatistik, die ich hier absicbtlich auf das
fiir uuser eigentliches Thema Nothwendigste beschrilnke, noch weiter
fortaeteen will, kann den fernern Gesichtspunkt verfolgen, wie sich die
den streng lyrischen Partien gemeinschaftlich gegenflberstehendeu Sep-
tenar- und Senarscenen unter einander selbst numerisch verhalten. Er
wird dann finden, dass in 13 Stflcken die Septenarscenen das Ueber-
gewicht haben uber die SenarBcenen, diese dagegen iiber jene — natiir-
lich in beiden Fallen mit mancherlei Abstufungen — in den 7 Stiicken
Poenulus, Pseudulua, Bacchides, Perea, Aulularia, Casina, Mercator. —
Wer derartige Berechnungen fur musaige Spielerei halten wollte, wiirde
ganzlich ubersehen, welch lebendigen Einblick in die ungemeine Mannig-
faltigkeit der Compotjitionsweise der einzelnen Komodien uns die Be-
achtung jener sich so vielfach combinirenden und durchkreuzenden
Unterschiede gewahrt. Eb wird das alles noch irgend einmal zum
Gegenstande einer erschopfenden Zusammenstellung und eingehenden
Betrachtung zu machen sein.
&4) K. U. Miiller, Geach. d. griech. Lit. II p. 272.
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32
CAKTICUM l*ND DIVERBIUM BEI PLAUTUS
handelt, dem antiken Standpunkte gewiss als unnaturlich
forcirte gelten mussten.
Noch einen nicht uninteressanten Gesichtspunkt bietet
die ermittelte Begriffsbestimmung des Canticum dar: indem
sie namlich einen neueu Beleg dafiir gibt, wie iiberwiegend
sich in antiker Kunstabung und Kunsttheorie die Herrschaft
des formalen Princips geltend macht. Ihrem durch den
lnhalt bedingten ethischen Charakter naeh stehen die Sep-
tenarscenen zwischen den iambischen Dialogscenen und den
freimetrischen oder polymetrischen Partien in der Mitte, indeni
sie bald mit jenen den schlichten Gesprachston, bald mit
diesen den erregten Affect theilen. Wer sollte nicht erwarten,
dass sie im erstern Falle auch mit jenen, im andern mit
diesen die Vortragsart theilten, zwar hier Musikbegleitung
hatten, aber dort nicht hatten? Aber nein! Wie das Alter-
thum alles in Hexametern gedichtete zur epischen Gattung
rechnete, wie ihm alles in hexametrisch-pentametrischen Di-
stichen abgefasste, mochte der Inhalt gnomisch oder threne-
tisch, machetisch oder politisch, erotisch oder sympotisch seiu,
Elegie warw): so fragte auch hier die antike Klassificiruug
nicht sowohl nach den innerlichen Verschiedenheiten, als sie
sich vielmehr an die poetische Form hielt, und schlug dem-
nach alle in trochaischen Septenaren geschriebenen Scenen
durchgreifend und einheitlich zum Gebiete des Musikalischeu,
wenn sie auch innerhalb des letztern noch Nuancen eintreten
liess. — Lasst sich doch dasselbe Princip noch weiter ver-
folgen auch innerhalb jeder der beiden andern Klassen. Nicht
alle iambischen Scenen verlaufen ja in ruhigem Gespriichs-
ton, sondern gar manche steigern sich zu ziemlich bewegter
Stimmung, sogar recht heftiger Rede und Gegeurede; und
ebenso geben auf der andern Seite keineswegs alle frei- oder
55) Im Vorbeigehen: sowcit im Griechischen bei Epos und Elegie
Mnnikbegleitung iiberhaupt in Betracht kOmmt, tlort kithariHtische, hier
auletische, werden wir nicht irren, wenn wir auch hier die oben uiit
iiiodernem Auadruck als melodramatisch be/.eichnete Vortragsweise
zur Anwendung bringeu: beim Epos, wo gar nichta anderea denkbiir,
gan/. gewiss, wuhrend die Klegie noeli modificirte Vor»*tellungen /nl;i-~i .
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CAXTICUM UND DIVERMUM REI PLAUTUS.
88
polymetrischen Scenen den Ausdruck leidenschaftlicher Er-
regtheit, sondern nicht wenige, namentlich kretische und noch
niehr baccheische, spiegeln da^s ruhige Gleichmass iiberleg-
samer Reflexion wider: aber dennoch sind die erstern siimmt-
lidi rausiklos, die letztern sihnmtlich niusikalisch, indem eben
als entscheidend und massgebend lediglich die metrische
Form galt. — Auch ob es Selbstgespriich oder Zwiegespriich
war, bildet fUr die Vortragsweise so wenig ein wesentlich
unterscheidendes Moment, wie ein solches sich heutzutage in
oler dem Alterthum fremden Region zwischen (Solo-)Arie und
Duett oder Terzett u. s. w. bemerkbar macht. Doch daruber
weiterhin noch ein Mehreres.
7.
Die erhaltenen Reste Plautinischer Semeiosis gestatteten
vermoge ihrer Zahl sowohl als ihrer Unzweideutigkeit, die
l ntersuchung iiber das Wesen des Plautinischen Canticum
und Diverbium durchans uuabhiingig von anderweitigeu, in
dasselbe Gebiet einschlagenden Ueberlieferungen zu fahren,
und mittels festgeschlossener Beweisftthrung zu Ergebnissen
zu gelangen, die durch sonstige Angaben nicht mehr beein-
triiehtigt werden konnen, selbst wenn diese widersprechen
oder zu widersprechen scheinen. Sie geben aber zum Theil
sogar die vollgultigste Bestatigung. Es sind das, wie man
weiss, die auf Sueton (bei Heifferscheid p. 11 f.) zurttck-
gehenden Berichte des Diomedes III p. 491 f. K., und des
Donatus Einleitungen zu Terenz und den einzelnen Teren-
zischen Komodien, auf die wir hier angewiesen sind.
Die erste und weitreichendste Bestatigung der oben ge-
wonnenen Satze liegt nun darin, dass uns die durchgreifeude
Classification , wonach die roraische Komodie zu ihren Be-
standtheilen Cantica und Diverbia, und nichts weiter hatte,
so ausdrQcklich bezeugt wird bei Diomedes, dass einem Zweifel
\&r kein Raum gelassen ist. Deun nachdem dort p. 491, 20
zuerst im Allgemeinen gesagt war fmembra comoediarum56)
W) Offenbar wird hier mit 'comoediaruni' grieehische und rdmitsche
Komddie -uBamraengefasst ., »o daas kein genugender Grund vorliegt,
FR. *ITS< HKLII OPVBC VLA III. 3
34
CANTICTM VND DIVKRBICM BEI PLACTCS.
sunt tria: diverbium, canticuru, chorus', wird Z. 29 in unver-
kennbarsten Gegensatze zu den Griechen fortgefahren : *la-
o«&tinae igitur57) conioediae chorum non habent, sed duobus
membris tantum constant, diverbio et cantico*. Ganz
dasselbe bestatigt aber, nur ohne die ausdriickliche Zahl-
bestimmung, eben so unzweideutig auch Donatus, wenn er
von einzelnen Terenzischen Komodien liervorhebt, dass sie
aus einer gefalligen Mischung von Diverbia und Cantica be-
stehen. So von der Andria: 'diverbiis autem et canticis le-
pide distincta est'58); vom Phormio: ctota diverbiis facetis-
mit Grysar p. 385 Anm. an ein Verderbniss zu denken und etwa
fdraraatum' oder ffabularum' als das erforderliche anzusehen.
57) Diesea figitur' zeigt deutlich, dass uns bei Diomedes nicht der
unverkOrzte Wortlaut des Suetonischen Berichtes vorliegt; ein fautem'
wQrden wir veratehen, aber fur figitur' findet sich in alleni Vorher-
gehenden, wo ja von einem Gegensatze der Griechen und ROinSr oder
von einer verschiedenen Zahl der fmembra comoediarum' nirgends die
Hede war, keinerlei Beziehung.
58) (Was man hier jetzt gedruckt liest: diucrbiis et canticis lepule
distincta est, iat nur Correctur von Muretus ; da aber der Parisinus deiib
autenticis, die Princeps mit ihren niichsten Nachfolgerinnen de uerbis
auctenticis, Lindenbmch'8 fomneB scripti libri' (schwerlich ganz genau)
diuerbiis authenticis geben, so steckt darin vielmehr — zwar nicht das
von Lindenbruch (wenn auch in der Hauptsache richtig) vermuthete
d. aut canticis, wo ein aut unveratiindlich , auch noch nicht ganz zu-
treftend Bergk'8 (p. 238) d. atque canticis, sondern ohne Zweifel das
langst von Schopen hergestellte diuerbiis autein et canticis. — Aachtr.
p. 189 f.) — Durchaua unberechtigt ist Dziatzko's Interpretation,
wenn er p. 105 hier 'deverbia' (gemass seiner Substitution dieser nn-
haltbaren Wortform fvir fdiverbia') und fcantica' als einen 'besoudern
Schmuck', der zu dem (also in seinem eigentlichen Kern aua etwas
auderm bestehenden) StOcke hinzutrete, gefasst wissen will, mit eut-
schiedener Verkennung dcs 1'Qr 'diatinctus' geltenden SpraehgebrauehK.
Weun beispielsweise Quintilian IV, 2, 3G von einer fnarratio distincta
n-bus, peraoms, temporibus, locis, causis' spricht, so meint er doch ge-
wisa nicht eine (man weiss nicht aua waa sonst bestchende) narratio,
zu welcher die fros, personae' u. s. w. eine besondere Zugabe bildeteu,
sondern zahlt eben die Bestandtheile der narratio selbst auf. Und im
Weaentlichen ebenso verhalt ea sich mit dem fornata' beim Phormio:
nicht einmal fornata diverbiis et canticis' schlechthin, sondern fdiver-
biia facetissimis et suaviasimin canticis', und noch dazu ftota', was jede
audere Erkliirung geradezu ausschliesst.
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CA^TICVM IJil) DIVEKHH M HEI PLAVTUS.
36
liuiis . . . . et suavissiinis ornata canticis fuit\ Nie und
nirgends findet sich die geringste Andeutung eines dritten
Bestandtheiles, einer dritten Scenenart': wie wenn es von der
Hecyra heisst 'cautica et diverbia sumuio in hac favore
suscepta sunt'; oder wenn in der Einleitung zum Eunuchus
mit Miverbia multa saeper>i') pronuntiata et cantica saepe
mutatis modis exhibita sunt', und noch ausfiihrlicher in der
zu den Adelphen, auf die Beschaffenheit der cantica und der 6*6
diverbia naher eingegangen wird ohne jede Erwiihnung eines
(Iritten; und ganz eben so auch in dem Tractat fde comoedia'
IgegenEnde): fdiverbia histriones pronuntiabant, cantica vero
temperabantur modis non a poeta, sed a perito artis musicae
factis\ In volliger Uebereinstimmung damit steht es, wenn
schon Livius VII, 2, 4 in seiner pragmatisirten Urgeschichte
o9) Dasa diese Worte verdcrbt huuI, ist einleuchtend. fdiverbia
iuulta pronuntiata' oder 'aiverbia saepe pronuntiata' konnte Donatus,
aueh sonst ein /.ierolich ungeschickter Stilist, allenfalls sagen , in dem
Sinne numlich: fes koramen in dein Stiick viele Diverbia vor', fes hat
eine reichliche Zahl von Diverbien': wie er sich ja mit ahnlicher Un-
behulflichkeit zu den Adelphen ausdriickt 'diverbia ab histriouibus
crebro pronuntiata sunt'; aber rmulta saepe' wiire zweimal dasselbe.
Entweder ist fsaepe', als aus dem gleich folgenden eingedrungen, ein-
fach zu streichen, oder es steckt darin — schwerlich etwa ein fsedate',
soudern etwas wie ffacete' (entsprechend den fdiverbiis facetissimis'
im Phormio), wenn uicht gar fmulta suavitate', oder selbst vielleicht
'multo sale' oder fmulto lepore'. Dass man damit verbuuden eher ein
'facta' als fpronuntiata' erwarten miichte, fallt bei Donatus nicht ins
Qewichi — Das sinnlose fprouerbia' der jungen Hdss. (die alte reicht
ja leider nicht so weit) und der Ausgg. hat (nicht Hermann Opuac. I
p. 297 gtillachweigend, sondern ausdriicklich) zuerst Lindenbruch p. «27
(M8 ed. II) in 'diuerbia' verbessert. — (Wenn ich iu den obigen Wor-
Vu der Einleitung zu den Adelphen das Crcbro, als stilistisches Un-
R'l«chick des Donatus meinte vertheidigen zu durfen, so schlug Bergk
1>. 238 vielmehr vermuthungsweise crebro gcstu dafiir vor, zu desseu
Etnpf«-hlung sich das diverbius /acetissimis et gestum desiderantibus
tcentcunt zum Phormio vergleichen lasst. Hleibe dies dahingestellt:
dariu atimmen wir iiberein, dass in dem multa saepe der Eunuchus-
Einleitung eine Corruptel stetkt, und dass wir beide (ich unter andern
Mdglichkeiten) eiu facete in dem verschriebenen saepe vermutheten.
Da*s crebro oder saepe uicht etwa auf ein fda capo' {revocare) gehen
kunne, verstaud sich fiir mich von selbst. - Aachtr. p. 190.)
3*
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36 CANTILTM l'Nl> PIVERimM BKI PLACTUS.
•
des romischen Drama nur cantica und diverbia unterscheidet;
desgleicLen Flavius Caper in dem lehrreichen, obgleich von
mehrfachen Bedenken nicht freien Excerpt bei Rufinus de
metr. com. p. 2708 P. (381 G.) und Marius Victorinus II,
3, 38 p. 2524 (106 G. [79 KJ); rquod vero ad clausulas, id
est minuscula cola pertinet, quot genera versuum sunt,
totidem eorum membra pro clausulis poni possunt, et solent
iu canticis magis quam diverbiis, quac ex trimetro niagis
subsistunt, collocari, ct praecipue apud Plautum et Naevium
et Afranium'60).
60) Gewiss ist, dass die drei Dicht»*rnanien sich keinesweges auf
die nacbstvorbergehenden diverbia bezieheu , soudem auf den vorzugs-
weise die cantica betonenden Hauptsatz, wie das auch dic unmittelbar
folgendeu Worte zweifellos erkennen lassen: 'nam hi inaxime ex omni-
buB membris vnrsuum colis ab his separatis licenter usi reperiuntur in
clausulis'. Aber danu siud sie auch wenigstens insofern etwas will-
kurlich herausgegriffen, als unter diesem Gttsichtspunkte Plautus durch-
aua keinen Gegensatz zu Terenz bildet, di«-s«T vielmehr, als mit jeneni
auf ganz gleicher Linie stehend. dens.-lben Auspruch mit ihm hatte
genannt zu werden. Wenn es weiter heisst 'diverbiis, quae ex trimetro
inagis Bubsistunt' (wo wohl jedenfalls fex' in fin' zu verwandehi ist
[s. u.]), so sieht das allerdings go aus, als wenn ausser den Senarscenen
auch noch andcrweitige zu den Diverbia gezahit wflrden: was doch
alleu unsern obigen Ermittelungen widerspricbt. Nun liegt es freilich
sehr nabe, das hier stchende rmagis' fiir nur irrthflmlich aus dem Vor-
angehenden wiederholt zu nehmen und einfach fquae in trimetro sub-
sistunt' zu schreiben. Aber auch danu i-t wiederum das frflhere rmagi«'
noch nicht gerechtfertigt , und mflsste es dafflr wenigstens fiu canticis
potius quam diverbiis' heissen, oder noch scharfer und unzweideutigt r
fin canticis tantura, non in diverbnV: denn es gibt im ganzen Plautus
und Tcrentius keine dialogische Senarscene, die durch einzelne kflrzere
iambische (oder auch sonstige) Verse als fclausulae' unterbrochen wflrde.
Zu einer festen Entscheidiipg wird schwerlich zu gelangen sein.
Uebrigens hatte auch aua dieser Stelle Dziatzko fflr scin verraeintlichts
fdeverbium' die Scheinbelege entnehmen konnen, dass im Victorinus
bei Putschius [wie in Keil'8 Palatinus und Parisinus] wirklich fde-
verbiis' gedruckt steht, im Rufinus dieselbe Form Gaisford aus der
Veneta anfflhrt. — (Wenn im Obigen auch Bergk p. 233 die Prapo
sition ex mit in, und zwar stillschweigend , vertauschte, so hatten wir
damit beide Unrecht. Vielmehr ist in der .Verbinduug des ex mit sub-
sistere ein individueller Sprachgebrauch des Grammatikers anzuerkenntu,
wie die von 0. Ribbeck zur Vergleichung herangezogenen Beispiele
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CANTKXM UNI) DIVERBIUM BBl PLAUTUS. 37
Hieruaeh muss auch der letzte Zweifel schwinden an 627
der Erklarung der Sigle C als Canticum, und zugleich der
Gedanke an eine etwaige Unterscheidung von canticum und
mntio oder cantor, wie er mir fruher in den Sinn kani, ganz-
lick aufgegeben werden. Aber auch fiir die Auffassung der
correlaten Sigle DV fehlt es uns nicht an urkundlicher Be-
statigung. Sie liegt namlich ganz offen zu Tage in des Do-
natus Einleitung zu den Adelphen, sobald die bezflglichen
Worte nach Anleitung der massgebenden Pariser Handschrift
(n. 71>20) richtig also gelesen werden: 'modulata est autem
(fabula) tibiis dextris . . . ., saepe tamen mutatis per scenam
mqdis cantata, quod significat titulus scenae habens sub-
iectas personis litteras M • M • 0. Item diverbia ab histrio-
nibus crebro pronuntiata sunt, quae significantur D- et U-
litteris secundum personarum nomina praescriptis in eo loco
ubi incipit scena'. Nichts kann hiernach gewisser sein, als
dass uns Donatus genau dieselbe Sigle zur Bezeichnung des
fdiverbium' bezeugt, die wir als DV nahe an 30mal in den
Plautinischen Handschriften fanden. Denn wenn sie dort in
der graphischen Gestalt DU erscheint, so ist ja das durch-
aus nichts anderes, als wemi auch bei Plautus oft genug im
Decurtatus U steht, wo im Vetus V, nicht nur iiberhaupt,
sondern gerade auch in jenem DU, wie z. B. aus Anm. H
(vgl. 40) ersichtlich61). — Auch was von der Stelle be-
beweisen: p. 107 § 9 [p. 80, 5 K.J iambica metra ex iambo et spondeo
et eorum solutione subsistere; p. 110 § 24 fp. 82, 34 ] iambicum autctn,
quod e.r omnibus iambis nullo admixto subsistit; p. 111 § 31 [p. 83, 4]
mctrum autem ex duobus colis subsistere. — Nachtr. p. 191.)
61) [In allen drei Stellen des Mercator hat C nicht DV, gondern
DC. Desgleichen im Truculentus II, 8 und 111, 2 nach Schneider's
Abdruck. Wo im TrinummuB nach praef. Trin. p.*au.ti tf. in K
ADULESC Bteht, gibt C ADULESCNS u. a. w. u. a. w. Dergleichen
als Variante zu regiatriren hat sich begreif licher Weise auch die ge-
wieaenhafteete Collation nicht verpflichtet gefflhlt.] — In der Behand-
long der Donatusstelle ist Dziatzko p. 106 ff. (vgl. p. 98), zum Theil
ohne seine Schuld , nicht glficklich gewesen. Seine, von einem Nicht-
philologen gemachte, Collation des Pariser Codex gab ihm als Lesart
desselben an rque aignificat D • "1 • V • litteris'. Mit den unstichhaltigsten
'irunden die Deutung dcts mittlern Zeichens — nicht nur als ET, was
r
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38 CANTICUM U N D DIVERBIUM BEI PLAUTCS.
M8 richtet wird, au welcher die derartigen Beischriften angebracht
wurden — zum Ueberfiuss sogar zweimal: 'titulus sceuae
freilich nicht wohl denkbar, sondern auch als et zuriickweisend, will er
darin eine Verschreibung fiir KI sehen d. h. I mit dem Spiritus asper
als Zeichen fiir h (was iibrigens vielmehr so KI aussehen wurde) , nnd
erkliirt mittels unwahrscheinlichster Kiinsteleien die ganze Sigle als
Deverbium Histrionis Voce. Musste das mittlere Zeichen ein zur For-
mel selbst gehoriges sein, so wvirde ich unbedingt mit Biicbeler
(Anm. 48) nur ein in gar nicht uugewdhnlicher Art etwas verziertes I
annehmen, die hinzugcfugten Ptuikte als irrthiimliche Assimilation an
das vorausgegangene M • M • C • ansehen, und daa Ganze hochst einfach
als Abkiirzung DIV- fur diverbium auffassen. Aber meine Collation,
angefertigt (wie ich schon praef. Trin. p. lvii Anm. angab) von ein$m
geschulten Philologen Dr. Patzig, der seine philologische Akribie satt-
sam bewahrt hat in der 'Dissertatio de Musaei grannnatici emendatione'
(Lipsiae 1870), der auch von den iibrigen kleinen und kleinsteu Va-
rianten des Codex, die Dziatzko p. 98 verzeichnet, keine einzige un-
bemerkt gelassen hat, — diese Collation gibt als Abweichung von der
Vulgate fD. et M. litteris' nichta an als eben U- (nicht V •) fur M.
Ihr Anfertiger las also das mittlere Zeichen einfach als die ganz all-
tiigliche Abkiirzung eines et durch t, die er verstandiger Weise eben
so wenig nothig fand ausdrucklich anzumerken wie que fiir quae. Von
einem nachfolgenden Punkt sagt er zwar nichtB; aber wie es sich damit
auch verhalte (noch vor Jahresfrist wiirde eine briefliche Anfrage in
Paris binnen acht Tagen daruber Gewissheit gegeben habeu), jcdenfalls
kann cs bei der ganzen Sachlage keinen irrelevantern Punkt als diesen
angeblichen Ponkt geben. (Dass dic Schreibung der alten Pariser Ilds.
fignificatur D • c U- Jitteris, die Dziatzko'n in seiner (Bergk un-
bekannt gebliebencn) Abhandlung so viel vergeblichea Kopfbrechcn ^e-
kostet hat, wirklich nichts anderes besag«-n will als D- et U, ist auch
daraus ersichtlich, dass das mittlere Zeichen vou jeher nicht anders
gelesen ward. Denn ^n Lindenbruch 's [Fhii>, Lim>k.\ukvc.hivs nennt
er sich auf dem Titel der Pariser Terenz Ausgabe von 1602, erst in der
Frankfurter von 1623 LiNDKxnnor.ivs] f.Ob8ervationes in Donati coin-
nientarium' p. 628 (640 ed. IP, die Dziatzko nicht einsah, heisst ea
ausdrucklich: fD. &M.] Danielis cod. D. A: V.', wo nur V. ungenau fur
U« subatituirt ist: der rCod. Dan.' ist ja aber eben der alte Parisinus
7920. — Xachtr. p. JSO.) — Ueber die Erkliiiung des fD • et M ■' als
Diverbin Mutata bei Lange fVindiciac tragocdiae Rom.' (Lips. 1822)
p. 44 Anm., dem Wolff de canticis p. 7 und so ziemlich auch Grysar
p. 371 f. beitraten, ist jetzt kein Wort mehr zu verlieren; lie konnte
viberhaupt einen Sinn nur haben, so lange man glaubte die trochaischeu
Septenarscenen (ja nach Wolff noch gar viele andere) zu den Diverbien
zahlen zu diirfen. — Im Uebrigen haltc auch ich mit Dziatzko die Cou-
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CANTICUM UND DIVERBIUM BEI PLAUTUS
30
habens subiectas personis litteras' und 'litteris secundum per-
sonarum nomina praescriptis ' u. s. w. — , steht in der wtin-
schenswerthesten, ausnahmlosen Uebereinstimmung mit den
1'lautinischen Thatsachen,!2).
Gegenuber diesen zwei gewichtigen Bestatigungen der
1'lautinischen durcH ausserplautinische Ueberlieferung sind
nun aber auch zwei hauptsiichliche Abweichungen ins Auge
zu fassen.
Die erste liegt in demjenigen Theile der zuletzt be-
sprochenen Donatusstelle, der die Bezeichnungsweise der
Cantica betrifft. Bei Plautus fanden wir ohne Ausuahme
nur C •, Donatus gibt diese Beischrift gar nicht an, dagegen
M-M-C mit Beziehung auf die 'inutati inodi', in denen sie ex*
vorgetragen -worden seien: ISiglen die, wenn sie richtig tiber-
liefert sind, kaum anders aufgelost werden konnen, als wie
es vor bereits 60 Jahren (vgl. Dziatzko p. 99) G. Hermann
that in der schunen, fur ihre Zeit sehr notliwendigen Ab-
handlung rde cantico in Romanorum fabulis scenicis' (Opusc. I
atruction Tabula modulata est . . . . , saepe tamen .... cantata' fiir hin-
langlich gerechtfertigt, und die Annahme eines Ausfalles von ein paar
Worten nicht fur nftthig, so mflglich, selbst logisch achiirfer auch an
sich eine Satzgestaltung wie diese ware: 'modulata est autem tibiis
dextris id est Lydiis, ob seriam gravitatem qua fere in omnibus comoe-
diis utitur hic poeta. Saepe tamen mutatis per'scenam modia cantica
cantata sunt, quae significantur' u. b. w. (so doch wohl mit natiirlicberer
Wortstellung als 'cantata sunt canticd*). — (Der Vulgate saepe tamen
mutatis per scenam modis cantiva mutauit hielt ich nicht der Mflhe werth
nur Erwahnung zu thun, da sie ja durch die Ueberlieferuog des Pari-
sinus s. /. m. p. 8. modis cantata, die ich schon praef. Trin. p. lvii zur
Geltung brachte, grundlich beseitigt war. Vielleicht war es uur die
<twas uudeutliche Fassung der Variantenangabe bei Lindenbruch:
'cantica mutauit} Cod. Pith. mutatis per scenam modis cantauit. Dan.
cantata.', wodurch sich Bergk p. 131 verleiten liess, ohne die geringste
Nothigung ein temperavit fflr vmtavit zu empfehlen. — Nachtr. p. 100.)
62) Gryuar scheint uiemals eine Terenzische oder Plautinische
KaudKchrift geseheu zu haben, wenn er p. 372 Anm. schreiben konnte:
fda die einzelnen Scenen nicht wie in dem Texte unserer Dramen durch
Abtheilungen und besondere Ueberschriften von einander abgegrenzt
wurden' u. s. w., oder aber er machte sich von der Urschrift des Dich-
ters selbst eine sonderbare Vorstellung.
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40
CANTKUM LM) DIVKKIilUM HEl PLAUTUS,
p. 295), ja vor nunmehr drittehalb Jahrhunderten schon Sal-
masius zu den Script. hist. Aug. II p. 827 (ed. Lugd. B.
1671): rmutantur modi cantici', wofiir ich als gleich moglich
'niutatis modis cantatur' bezeichnete63). Wie ist es nun zu
. erkliiren, dass die Plautinische Ueberlieferung nur DV und
C, Donatus nur DV und M-M-C kenntV Hat dieser etwa
die trochaischen Dialogscenen zu den Diverbia gereciinet?
Man konnte sich versucht fuhlen das zu glauben, weil er ja
wirklich nur von Scenen mit fsaepe mutati modi' spricht,
also solchen, die wir oben unter dem Namen 'lyrischer'
Partien begriffen. Aber dann gentigte ja eben das einfache
C zur Unterscheidung von den mit DV bezeichneten Senar-
und Septenarscenen. Ausserdem aber: wer konnte glauben,
dass die in Plautinischer Zeit mit musikalischer Begleitung
ausgestatteten Partien iu einer weiter vorgeschrittenen, feinerer
Bildung theilhaft gewordenen Periode, wie es die Terenzische
unleugbar war, jenes Reizes wieder seien entkleidet und auf
ein niedrigeres Mass herabgedriickt worden? Es widerspricht
dies der Natur der Dinge und dem Gange aller Kunstent-
wickelung, die, so lange noch nicht Verfall eingetreten ist,
nicht vom Keichern, Complicirtern zum Einfachern, Aermern
fortgeht, sondern in steter Steigerung gerade den umgekehrteu
Weg einschliigt. — Es bleibt nichts iibrig als zu erkennen
und anzuerkennen, dass der Bericht des Donatus sachlich
unvollstiindig ist, dass wir in ihm ein nachlassig gemachtes
63) Denn 'mutatia modis cantici', was von Dziatzko gebilligt wird,
ware die am wenigsten glaubhafte Auedrucksweiee; mindestens ver-
langte doch die Formel als solche 'mutati modi cantici*. — Warum
mir aber auch 'mutantur modi cantici' oder 'mutatis modis cantatur'
noch einiges Bedenken laast, beruht darauf, daas doch canticum im
Gegensatz zu den diverbia immer der Hauptbegriff bleibt, die mutatio
modorum nur eine Modification desselben ist, man also rationeller Weise
vielmehr erwarten sollte 'canticum mutatis modis' zum Unterschiede
von fcanticum' Bchlechtweg, d. i. also C-M M. Wenn zwischen dem
1 1 ten und 15ten Jahrhundert ein M • M • C ■ in das D • M • E • S • der
Princeps und der jiingeren Handschriften, aus deren einer sie geflossen,
ubergehen konnte, so doch gewiss auch zwischen dem 4ten und llten
ein C • M • M • iu M • M • C. Zur Gewissheit liiast aich naturlich diese
Vermuthung nicht bringeu.
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CANTKTM UND DIVKKBIIM UYA 1'LAITUS.
41
Excerpt vor uns haben. Er geht rait einera Sprunge von «30
den 'cantica saepe mutatis modis' = M-M-C zu den fdi-
verbia' = DV uber, und lasst die dazwischen liegende Stufe,
die rcantica non mutatis' oder wenigstens 'non saepe mutatis
modis' = C ganz aus. So tritt also die Terenzische Semeiosis
i denn so durfen wir sie ja wohl kurzweg nennen) nicht in
Widerspruch mit der Plautinischen , sondern erscheint nur
weiter ausgebildet durch eine neue Unterabtheilung. Wahrend
die Plautinische sich begniigte, nur musikalischen und nicht-
musikalischen Vortrag gegenOber zu stellen, fand es jene
augemessen, innerhalb des musikalischen die zwei Arten zu
uuterscheiden, die wir oben melodramatisch und recitativisch
benennen durften, und die so fllhlbare Ungleichartigkeit der
Septenarscenen und der wirklich lyrischen Scenen auch durch
zwei gesonderte Zeichen zu markiren.
Aber flber diese Donatischen Angaben noch weiter hin-
ausgehend ist, was fiber denselben Gegenstand in dem
Tractat 'de comoedia' (der zwar unter dem Namen desselben
Donatus geht, ihn aber im Pariser Codex keineswegs tragt)
berichtet wird. Da liest man namlich (p. LIX bei Wester-
hov), unter Zugrundelegung des Parisinus, vollstandig also:
'Diverbia histriones pronuntiabant: cantica vero tempera-
bantur modis non a poeta, sed a perito artis musicae factis.
Neque enim omnia isdem modis in uno cantico agebantur,
sed saepe mutatis: ut significant, qui tres numeros in co-
moediis ponunt, qui tres continent mutatos modos canticia).
64) Die Varianten des Codex findet man bei Dziatzko p. 99
genau verzeicbnet, die Construction der Worto aber nicht richtig gf-
fasst. Uniuoglich kann 'cantica' daa grammatische Subject zu 'ageban-
tur' sein: eine Rede wie fnon omnia cantica isdem modis in uno cantico
agebantur" ware selbst fflr einen Donatus oder seines gleichen zu stam-
melnd. Auch zu 'saepe' ist mit nichten 'agebantur' zu suppliren,
sondern 'saepe mutatis' geh5rt zubammen: genau wie zum Eunuchus
'cantica «aepe mutatis modis exhibita sunt', und zu den Adelphen
'aaepe mutatis per scenam modis cantata'. Ware dem anders, so hatten
wir allerdings an Aussagen, wie rsaepe exbibita sunt m. m.\ 'saepe
cantata m. p. s. m.', 'saepe agebantur m. m.' sein wtfrden, eine gauz
.rwunschte Best&tigung des oben auf anderm Wege festgestollten Ver-
haltnisses, wonach Cantica zwar oft haufigen VVechsel der Melodie
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42 CANTICTM CNI) DIVEKBICM BEI PLACTCS.
wi Eius, qui modos faciebat, nomen in principio fabulae, ut et
scriptoris et aetoris, superponebatur'65). Was es mit diesen
hatten, aber nicht imrner, d. h. dass es fiberhaupt zwei Arteu von
Cantica gab. Wie wir indeaa dafur einer weitern Bestatigung gar nicht
bedurfen, »o thut gegen diese vermeintliche sehr eutschiedenen Ein-
spruch die constante Wortstellung, die alle drei Male fsaepe' mit rmu-
tatis' eng verbindet. Also: das Subject des ganzen Satzes ist und bleibt
'omnia\ wie et eine auf KiinstHchkeiten verzichtende Interpretation
verlangt: = 'nicht alles iunerhalb eines Cauticum wurde auf gleiche
Weise vorgetragen', oder scharfer: fdie sammtlicben Theile eines und
desselben Canticum wurden nicht nach eincr und derselben Melodie
vorgetragen, sondern nach vielfach wechselnder'. Wie leicht eraichtlich,
haben auch hier, wie in der Einleitung zu deu Adelphen, dem Schreibcr
die eigentlich lyrischen Cantica vorgeschwebt, wahrend von den Sep-
tenarscenen, wie dort, nicht besonders die Rede ist. Denn wenn man
einen Seitenblick auf sie in dem Zusatz fsaepe\ statt dea einfachen
'mutatis' finden wollte, ao ware das wohl flberfein.
65) Der Schlusssatz lautet nach der, auf der Princeps fussenden
Vulgate: .... fmutatos modos cantici illius. Qui huiuEmodi modos
faciebant, nomen in principio fabulae et ecriptoris * et actoris super-
ponebant'. Nach den ganz verfehlten Versuchen von Vossius Instit.
poet. II, 18, 9 und Wolff fde actibus et scenis apud Pl. et Ter.' 1
(Gubenac 1813) p. 19 erkannte zuerst Lange in den Vind. trag. Rom.
p. 45 sowohl das Nichtssagende eines zu fcantici' hinzugefugten fillius',
als das Fehlen eines Genitivs beim folgenden fnomen', und schrieb
daher mit vcraudertcr Interpunction: fcantici. Illius, qui . . . . faciebat,
nomen' u. s. w., was dann Wolflf fde canticis' p. 6, zugleich mit Ver-
anderung dea fet scriptoris' in fut scriptoris', annahm, wie sputer
Hermann p. 274. Hingegen nahm Schopen das fillius' fur ein Ver-
derbniss von funius' und empfahl als Schreibung des Ganzen : fqui tres
numeroa in acenis ponunt, quae trea continent mutatoa modos cantici
unius. Qui huiusmpdi modos faciebat, nomen iu principio fabulae
ut et acriptoris et actoris superponebant ' : im Uebrigen feinsinnig
genug, wenn auch vielleicht zum Theil den Schreiber selbst, nicht die
Abschreiber verbessernd, jedenfalls aber sehr hart ohne pronomiualen
Genitiv zu 'nomen' (weshalb ich ebedem fcantici unius. Qui . . . fa-
ciebat, eius nomen' ... schreiben zu sollen glaubte). Der alte Pariser
Codex bringt, da zu fcantici' keinerlei Zusatz n5thig, mit dem foiiw'
alles auf das einfachate in Ordnung, wenn man nur sein fcontinet'
mit fcontinent\ dagegen f superpouebantur ' mit f superponebat u r '
vertauscht, sein ffaciebat' festhillt, sein fmutatis modos' als reinen
Schreibfehler ansieht, fhuiusmodi' mit ihm ganz tilgt: worauf dann
nur noch fut et' von Schopen zu adoptiren ist. Sclbstverstandlich
sind mit dem Ganzeu die Notizeu der vorangestellten Didaskalie ge-
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CANTKTM USD DIVEBBIUM BEI PLAUTUS.
43
ftres nunieri* fiir eine Bewandtniss habe, nieirite zuerst Sal-
masius a. a. 0. p. 828 durch Herbeiziehung der verschie-63*
denen Flotenarten aufzukliiren, je nachdem miinlich die mu-
sikalische Begleitung entweder 'duabus dextris' oder fduabus
sinistris' oder aber 'tibiis imparibus' d. i. 'dextra et sinistra*
bewirkt worden sei. Wir konnen tiber diesen abenteuer-
lichen Erkliirungsversuch, der dem Wortlaut Gewalt anthut,
mit den •allgemeinen Angaben der Didaskalien unvereinbar
ist, auch im Einzelnen gar keine durchfiihrbare Anwendung
zulasst, fiiglich zur Tagesordnung iibergehen. Hermann
p. 295, dem sowohl Lauge™) Vind. trag. Ilom. p. 44 als
spater Grysar p. 373 ff. zuversichtlich beistimmten, nahm,
anscheinend hochst einfach, an, dass (ipsi cantico suis locis
addebantur numeri I. II. III. ut, ubi fieret ista mutatio, in-
telligeretur', oder nochmals mit etwas andern Worten: 'ut
iis cantici versibus, in quibus mutabantur modi, adscriptos
putemus numeros I. II. IIF. Schwerlich ist er sich selbst
recht klar dariiber geworden, worin denn eigentlich eine
solche mutatio modorum bestehen sollte, oder wenn, so hat
er ganz Unglaubliehes vorausgesetzt. Ist namlich nur die
melodische Begleitung, d. h. also kurzweg die Melodie, ge-
meint, so versteht sich von selbst, dass sie wechselnd war,
aber zugleich, dass nicht nur ein dreifacher, sondern, je nach
Umstundeu, eiu zehn- und zwanzigfacher Wechsel stattfand.
Wer kann sich denn vorstellen, dass selbst die allerregel-
massigsten baccheischen oder kretischen Tetrameter, wenn
ihrer — was doch das relativ seltnere ist — auch nur etwa
sechs oder acht auf einander folgten, mittels einer und der-
selben musikalischen Phrase in unertriiglicher Monotonie
V- — ■
ineint; 'acriptor' iwt, was Uermaun seltsamer Weiso beanstanckte,
naturlich der Dichter, 'actor' der 'actor prhnaruni', wie Pollio odcr
Ambivius Turpio.
66) Musik war wohl seine Sache nicht: sonst wiirde er nicht auf
den wundersamen Einfall gerathen sein, eine Bestatigung und ErklSxung
der ftres numeri mutatorum modorum' in einer Stelle des Aristides
Quintilianus zu finden, worin die ueXoirouai uach den — nicht etwa
drei, sondern funf Kategorien Ytvei, cucrr|uaTi, t6vcu, Tp6my, n6€i unter-
Bchieden werden, deren jede allerdings drei Glieder hat! Dennoch hat
Wolff 'de canticis' p. 0 viel Gefallen an dieser Auiklarung gefunden.
44 CANTICUM OND DIVEBBI0M BKl PLAUTU8.
componirt gewesen wiiren67)? Geschweige denn die nnend-
633 liche ^Tannigfaltigkeit der, zum Theil zugleich mit bacche-
ischen und kretiscben Rhythmen, im buntesten Wechsel
durch eiuander gehenden iambischen und trochaischen und
anapastischen Octonare und Septenare und allerhand kQr-
zern Versformen — wie ist denn deren musikalische Com-
position nur iiberhaupt anders denkbar als mit eben so viel-
fach wechselnden Melodien oder melodischen Figffren, die •
sich dem gleichen Wechsel von Rhythtnen und Metren, so-
wie von Empfindungen und Gemiithsbewegungen der spre-
chenden (d. h. recitativisch vortragenden) Personen, fort und
fort anzuschmiegen hatten, und fttr deren Unterscheidung
blos drei Ziffern auch nicbt entfernt ausreichen konnten?
Selbst die melodramatische Begleitung der trochaischen Sep-
teriare, die sich ja oft genug hundert und mehr Verse fort-
setzen, wiirde, wenn — nicht nur blos mit einem, sondern
selbst mit drei melodischen Motiven durchgefQhrt, eine tddt-
liche Langeweile bewirkt haben: so sehr ja auch anderseiis
ein geringeres Mass von Abwechselung durch die Einheit-
lichkeit des Metruras selbst bedingt sein musste.
Es liesse sich nun allerdiugs denken, dass nicht sowohl
67) Grysar scheiut das freilich gcglaubt zu haben, wenu er p. 374 f.
den praktischen Versuch macht, den Eingang der Andriascene IV, 1
nach den ' drei verschiedenen Melodien' abzutheilen, indem er den
daktylischen Anfangsvers mit .den 9 folgenden kretischen unter r I '
zusammenfaflst , daun die paar, obwohl doch unter sich ganz ver-
«chiedenen trochaischen, iambischen, baccheischen Versformen als 'III*
(nicht II) bezeichnet, eudlich unter fIP (nicht III) die folgenden theilx
trochaischen theils iambischen Tetrameter ansetzt. Aber was wird
denn nun aus dem weitern Verlauf der Scene, welche in mehrfachem
Wechsel trochaische Septenare, iarabische Octouare, iambische Senare,
und wiederum iambische Octonare auf einander folgen lasst? Fallen
die alle zusammen noch unter die eine Melodie 'II'? Oder fing die
Numerirung mit l. II. 111 wieder von vorn an? — Es ist eine unglaub-
liche Unklarheit der Begriffe, die in dem ganzen Spiel mit dem Namen
'Melodie* fast flberall zu Tage tritt. Ich mOchte wohl wissen, wie —
von der obigen Scene ganz abgesehen — man es anfangen wollte,
z. B. einen baccheischen Tetrameter mit einem iambischen oder tro-
chaischen Septenar oder Octonar, geschweige denn etwa Dimeter, auf
eine und dieselbe 'Melodie' zu setzen!
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CANTICTM IND DIVERDIUM DEI PLAUTUS.
45
eine mit den einzelneu Versen eintretende Verilnderung der
lnodi gemeint sei, sondern dass man grossere rhythmisch-
metrische Gruppen, in die ein Canticum zerfiele, im Auge
gehabt hatte. Aber dann miisste es doch Cantica, ja es
mfisste eine Mehrzahl von Cantica geben, in denen eine
Dreisabl von deutlich unterscheidbaren derartigen Verscom-
plexen zu Tage liige: ich kenne aber kein einziges, weder
bei Plautus noch Terenz, in dem ciner schlichten und unbe-
fangenen, von KUnstlichkeiten absehenden Betrachtung eine
solche dreifache Gliederung entgegentrate. — Nur ein sehr
uneigentliches Analogon gibt es, welches man moglicher
Weise liieherziehen konnte. Wie iiberhaupt die ganze me-
triscbe und scenarische Technik, mit der sich eine Terenzische
Komodie aufbaut, eine vom Plautinischen Muster wesentlich
versehiedene ist — auch ein Gegenstand [vgl. Anm. 53], der
eine eingehende, zusammenhiingende Darlegung gar sehr ver- «a*
lohnte r'"'m) — , so unterscheidet sie sich von der Plautinischeu
insbesondere auch dadurch, dass sich in bewegte Scenen von
tkeils wechselnden lyrischen Metren theils auch Septenaren
vielfach auch iambische Senare eingemischt finden, nicht nur
einzeln oder paarweise, sondern in so fortgesetzter Folge,
dass sie geradezu eigene zusammenhangcnde Senarpartien
bilden: eine Anordnung, welche dem Plautus fremd ist.
Komnit nun eine solche Partie gerade in die Mitte zwischeu
die anderartigen zu stehen, so ergeben sich allerdings drei
sehr deutlich in die Augen fallende Abschnitte, die als solche
mit I. II. III bezeichnet werden konnten: z. B. wenn in der
Andria die Scene II, 3 mit 9 trochaischen Septenaren be-
ginnt, mit 10 Senaren fortfahrt und mit 10 iambischen Octo-
naren schliesst; oder III, 3 auf 4 iambische Octonare nebst
1 Dimeter folgen lasst 37 Senare und auf diese 6 iambische
Septenare. Aber abgesehen davon, dass dann doch in der
67*) [Ein beachtenswerther, w^nn auoh noch nicht hinlanglich
Qbereichtlicher Anfang ist dazu gemacht in dem Magdeburger Pro-
^ramm von B. Born fde diverbii apud Terentium versibuh' (1808). Im
Uebrigen wird hier der Name 'diverbium' bo sehr nur im allgemein-
iten Sinne von Dialog fiberhaupt genoramen, dass fflr unsern Zweck
und Gesichbpunkt kein Gewinn daraus erwacbsen kann.J
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46
CANTKTM rxn niVERBUM BEI PLACTT8-
Mitte nicht sowohl eine rmutatio', als vielmehr, da die Se-
nare gar keine Musikbegleitung hatten, nur eine 'cessatio
modorum' eintrate: wie gering ist doch die Zahl der gerade
in dieser foder selbst ahnlicher) Weise angelegten Scenen
gegen die uugemeine L eberzahl derjenigeu, fur deren bunte
Mannigfaltigkeit blus drei Abtheilungszeichen eine uberaus
kiimmerliche, schlechterdings unzulangliche Signatur wiiren!
Wie wollte man, um nur ein paar Beispielc aus derselben
Andria anzufuhren, damit ausreichen fur die Scene I, 2, die
sich aus 3 Senaren, 2 iauibisehen Octonaren mit einem da-
zwischengestellten Dimeter. 2 trochaischen Septenaren. 10
iambischen Octonaren, 3 Senaren und wiederum 7 iambischen
Octonaren zusammensetztV wie fur die wechselvollen Mi-
schungen in T. 5. (II, 1.) III, 2. IV, 1. V, 2? lauter Scenen,
die auch den etwaigen Versuch, durch massgebende Unter-
scheidung von melodramatischen Septenarscenen und recita-
tivischen lyrischen Scenen weiter zu kommen, scheitern lassen.
Man wird es mir erlassen, noch naher dasjenige im Einzelnen
nachzuweisen, wovon sich jeder durch eigene Untersuchung
iiberzeugen kaim; denn rich bin des trocknen Tous nun satt'
und sehne mich nach dem Ende. Genug, dass auch dieser
Wreg nicht zu dem Ziele fuhrt, eine vernunftige Erkliirung
der ftres numeri, zu finden, und dass die Hiilfe anderswoher
gesucht werden muss.
In meiuem Handexcmplar der Hermannschen Opuscuhi
fiude ich p. 294 zu 'numeros' am llande von meiner Hand
— ich weiss nicht aus welcher Zeit — beigeschrieben fnotas':
und darin wird in der That der Schlussel des RSithsels liegen.
Beide Worter erscheinen so hiiufig in Abbreviatur geschrie-
ben, dass man auch hier nur falsche Lesuug iiir *tres notas'
anzmiehmen hat, um jeder Schwierigkeit ledig zu werden:
denn dann sind eben dieselben drei notae M • M • C • gemeint,
die in des Douatus Einleituug zu den Adelphen fQr die
'cantica mutatis modis' angegeben werden. Eine unverwerf-
liche Bestiitigung dafUr wurde darin liegen, dass die Prin-
ceps mit fquae tres continent m. m. c' fortfiihrt: wenn nur
nicht der alte Parisinus allerdings cqui' giibe, was seit
Lindenbrueh zur Vulgate geworden. Dieser ganze Zusatz
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CANTItTM I ND DIVERBIUM BEI PLAITTS.
47
ubrigens mit seineni ungeschiekten 'continent' ist entweder
ein verungliicktes Autoschediasma des Excerptors, oder aber
es ist mit Benutzung von Schopens 07 b) ansprechender
Emendation (s. Anm. 65), zugleich mit Tilgung des wieder-
holten (tres', der tadelloseste Sinn durch diese Schreibung
herzustellen: rut significant, qui tres notas in scenis po-
nunt, quae eontinent mutatos modos cantici \ **)
Nur noch eine, zweite Disharmonie zwischen der Plau-
tinischen Semeiosis und anderweitigen Berichten bleibt jetzt
zu erledigen, durch die wir wiederum auf Diomedes zurilck-
gefiihrt werden. Bei ihm heisst es namlich p. 491, 24: lin
canticis autem una tantum debet esse persona, aut, si duae
fuerint, ita esse debent ut ex occulto una audiat nec con-
loquatur, sed secum, si orrus fuerit, verba faciat'. War uns
bisher ein conciliatorisches Verfahren gestattet, so ist uns
hier dieser Weg giinzlich verschlossen ; wir stehen einer An-
gabe gegeniiber, die, wenn sie sich auf unsere romische
67b) (Auf die mehrfach an niich gerichtete Frage, wo denn Scho-
pen diesea und anderes dergleichen mitgetheilt habe, dieue zu wissen,
dass derselbe bereita in den Jahren 1834 bis 1837 eine kritische Aus-
gabe des Donatus in Angriff genommen hatte, und zwar nicht nur
handechriftlieh , sondern dass bereits die ersten vier Dogen derselben,
die nach siunmtlichen Einleitungsstiicken (Vita, Euanthius de fabula,
Donatus de comoedia) den Commentar selbst bis zu Andr. I, 2, 34
fuhren, im Verlag von Ed. Weber in Bonn gedruckt waren, als das
Unternehmen ins Stocken gerieth, bald ganzlich abbrach, und leider
nie wieder aufgenommen wurde. Jene yier Druckbogeu, die in wenigen
Handen sein werden, besitze ich als Geschenk meines alten Freundes,
das er mir in der That *kujv d^Kovxi, oder wenn man will, d^KUJv
^k6vti Tt 8u|uuj vergOnnte. ~ Nachtr. p. 190.)
6«) Im Wesentlichen zu demselben Resultat ist Dziat/ko p. 100
gekommen, wenn auch mit Modificationen imd auf etwas anderm Wege,
indem er namentlich das rnumeros' auf Misverstiindniss der drei, zu-
gleich als Zahlzeichen giiltigen Buchstaben M-M-C- zurvickfiihrt :
was auch mdglich ist, so grob auch der Misgriff ware. — (Wie wenig
ich in Betreff der tres numeri mit Bergk p. 231 Anm. 4 zusammen-
gehe, und warum, ist im Obigen so ausfuhrlich dargelegt, dass ich jetzt
nichts hinzuzusetzen finde. Auch Schopens ut et scriptoris et actf/ris
glaube ich gegen das Bergk'Bche ut scr. et act. festhalten zu musaen,
so unwesentlich auch der Unterschied ist. — Nachtr. p. 190 f.)
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48 CANTICUM UND DIVERBIUM BEI PLAUTUS.
Komodie bezieheu soll, einfaeh niedergeschlagen und riick-
sichtslos aus dem Wege geriiumt werden muss, weil sie
ihrerseits den verbUrgtesten Thatsachen ins Gesicht schliigt
Sowohl Wolff als Grysar haben sie mit Gewicht in den
Vordergrund gestellt und zum Theil zum Ausgangspunkte
ihrer Begriftsbestiinmung des Canticum gemacht, aber es
mit der Nachweisung sehr leicht genommen. Der letztere
begnUgt sich p. 309 f. einige wenige Beispiele beizubringen.
auf welche die Angabe gerade passt, ohne sich diejenigen,
auf die sie nicht passt, weiter kiimmern zu lassen. Wolff
erkannte wenigstens p. 11 die Nichtigkeit der Behauptung,
G36 dass, wenn eine zweite Person zugleich rait auftrete, sie niu*
fex occulto audire nec conloqui, sed secura verba facere*
diirfe, da es der Falle allzu viele gebe, in denen eine, selbst
zwei Personen, vom Hauptsprecher unbemerkt, nicht nur
'secuni', sondem auch fiuter se aut interdum ad spectatores'
• spriichen; er trostete sich indess iibcr diesen Widerspruch
der Thatsachen mit einem 'Diomedes ipse oblitus est''. —
Wir miissen weiter gehen und viel stiirker auftreten: der
ganze Bericht bei Diomedes, mag er nun so von Sueton her-
rtihren oder nicht, ist in der Ausschliesslichkeit, mit der er
auftritt, grundfalsch. Er ist es erstlich darum, weil er
auf die Septenarscenen , die doch, wie wir gesehen haben,
sUmintlich zu den Cantica ziihlen, ganz und gar keine An-
wendung erleidet: wofur ich einzelnerNachweisungen durch die
p. 608 [13] ff. aufgestellte Tabelle Uberhoben bin. Er bleibt
es aber auch, wenn wir ihn in favorem dahin interpretiren,
dass nur die Cantica im strengem Sinne, die in lyrischen
Metren 'saepe mutatis raodis' gedichteten Scenen gemeint .
seien. Treten nicht z. B. im Poenulus V, 4 Adelphasium und
Anterastylis gleich von vorn hereiu in lyrischera Zwiege-
spriich zusamraen auf? nicht gleichfalls im Pseudulus IV, 1
Pseudulus und Simmia? nicht im Epidicus II, 2 sogar die
drei Personen Epidicus, Apoecides und Periphanes? und
ebenso im Truculentus II, 7, wenn auch nach einera voran-
gehenden Monolog, doch dann Phronesiura rait dem Sklaven
und dem Miles? Wenn uns diese Scenen als Cantica durch
das urkundliche C ausdrUcklich beglaubigt sind, so lassen
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CANTICUM UND DIVERBIUM BEI PLAUTUS. 49
sich, nachdern einmal die Kriterien zur Unterscheidung vou
Cantica und Diverbia gefunden sind, zahlreiche andere, die
zufallig kein solehes C vor sich haben, mit gleicher Beweis-
kraft ohne Mtthe hinzufilgen.
Hiiufig genug freilich und bei Plautus besonders beliebt
ist, wie die Tabelle zeigt, die Anordnung diese, dass die
Seeue mit einem lyrischeu Mouolog beginnt, von dem dann
zu eineni Dialog in Septenareu iibergegaugeu wird. Und
gerade diese Wahrnehmung mag es gewesen sein, die den-
jenigen, die einmal die lyrischen Cantica und die Septenar-
partien, als mit jenen nicht eigentlich homogen (was sie ja
auch nicht sind), von einander ganzlich trennten, den Anlass
gab zu der bei Diomedea vorliegenden Bestimmung. Man
machte eben das Resultat einer Beobachtung des factisch
uberwiegenden in kurzem Ausdruck zur Regel, stellte unge-
nau als bindendes Gesetz auf, was in Wahrheit nur der vou
der Mehrheit der Beispiele abstrahirte Usus war. — Sehr
moglich sogar, dass ein viel stiirkerer Nachdruck, als bisher
gescheheu, auf das zweimalige rdebet' fdebent' bei Dio- 6S7
medes zu legen ist, d. h. dass nicht sowohl der factische
Thatbestand historisch berichtet werden soll, als vielmehr
die theoretische Vorschrift einer Poetik des Drama (oder
speciell der Komodie) cut esse oportet', in Form eines Lehr-
satzes mitgetheilt wird: ungefahr in dem Sinne wie die Ho-
razischen Regeln fneve minor neu sit quinto productior actu
fabula' und Jnec quarta loqui persona laboret', welche nicht
nur nicht hindern, souderu vielmehr nothigen, auf das Vor-
kommen auch des Gegentheils zu schliessen. — Auf das
Bedenkliche, gar nicht sehr Verliissliche , wahrscheinlich
ziemlich Fragmentarische der ganzen Fassung des Diome-
dischen Excerpts, in welchein nirgends mit Sicherheit zu
erkennen, wo von griechischen, wo von romischen Einrich-
tungen die Rede ist, will ich hier nicht weiter eingehen;
gewiss ist, dass es an Klarheit, Ordnung, Vollstiindigkeit
viel zu wunschen iibrig liisst .*)
*) Zusatz. Indem mir daa Voratehende jetzt im Druck wieder
vor Augen tiitt, finde ich, datss uiau vielleicht eiue ausdruckliche Er-
klarung dariiber vermiasen wird, wie in Absicht auf die Vortragsweise
»*. VttWCBMLU OPVHCVLA iu. •*
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50
CANTICTM rXD DIVERKirM BEI PLAITIS.
diejenigen trochaiscben (aach iambiseften) Septenare anzaaehen seien,
welche nicht in fortgeaetzter Folge ganze Scenen bilden und den obigen
Entwickelungen zufolge melodramatisch waren, sonden einzeln oder
paarweiae oder uberhaupt in ganz geringer Anzahl unter lyrische Verse,
also recitativiach vorgetragene, namentlich Octonare, gemischt erschei-
nen. Ich habe aie aammtlich um der Gesellachaft willen ebenfalU als
lyrisch, also recitativisch angesehen, kann aber nichta Zwingendea
entgegenstellen, wenn Bich etwa jemand lieber die Vorstellung bildet,
aie hatten auch in ihrer recitativischen Umgebung doch ihren melo-
dramatiachen Cbarakter bewahrt und durch solche Mischung beider
musikalischen Vortragsarten den bezuglichen Scenen einen desto gros-
sern Reiz verliehen: — obwohl mich daa doch als eiue etwas kQust-
liche Annahme anmuthet. Man musa eben nicht allea wisaen wollen,
weil man nicht alles wisaen kann: denn fest etiam nesciendi ars quae-
dam\ (Daaa iambische Trimeter, einzein oder in ganz geringer Zahl,
entschieden lyriachen Metren — wie so haufig bei Terenz — eingereiht,
mit den letztern den recitativischen Charakter durchaus theilten, dar-
uber iat mir doch im Grunde gar kein Zweifel; um wie viel mehr also
eingemischte trochaiache Septenare!]
Nachtrag*).
Auf lnehrfache Anfragen, warum ich in obiger Abhand-
lung die Aeusserungen C. E. Gepperts fflber vereinzelte
187 Buchstaben in den plautinischen Handschriften' (in desseu
'Plautinischen Studien' Heft I p. 1—15) ganz unberiick-
sichtigt gelassen, ist meine einfache Antwort, dass ich .die-
selben damals gar nicht kannte**). Ist das eine Schuld, so
muss ich sie eben auf mich nehmen. Zu bereuen habe icb,
*) [Rhein. Museum f. Phil. XXVII p. 186 ff. Die Einzelnheiteii
dieaea Nachtrags sind alle schon oben betr. Orts eingereiht worden.]
•*) Indem ich auf dieaen Anlass auch das zweite Hefl jener rStu-
dien' kennen leme, finde ich daselbst im Vorwort p. V eiue Beschwerde
daruber, daas ich zu Trinummus 295 bemerkt habe 'moribus (ohne et)
Geppertus sive tacite sive caau: quod verum puto', wahrend dbch in
G. 'a Commentar die Streichung dea et auadriicklich motivirt sei. Herr
G. hat vollkommen Recht, und ich bedauere dies flberaehen zu
haben. — Wenn er aber ffast wunschen mOchte, dass mir auch aeine
Ausgabe des Trinummu8, bei der geringen Riicksicht, die ich darauf
nehme, uubekannt geblieben ware\ ao habe ich darauf zu erwidern,
daas ea gegen meine Grundsatze geht, Gutes oder Brauchbarea n issent-
lich zu ignoriren, in welcheu Umgebungen es sich auch finde.
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CANTICUM UND DIVERBIUM BEI PLAUTUS. 51
wie ich nun sehe, jene Nichtkenntniss weiter nicht, da so-
wohl die Behandlungsart desselben Stofts als auch die ge-
wonnenen Resultate auf beiden Seiten so grundverschieden
sind, dass keiner dem andern irgend etwas weggenommen
hat, und dass es kaum ein schlagenderes Beispiel fiir die
Wahrheit des Satzes fduo cum faciunt idem, non est idem'
geben kann. — —
Kaum waren diese Worte niedergeschrieben, als sich —
soll ich sageu eine neue Bestiitigung (wenn auch in sehr
verschiedenem Sinne) oder mehr eine Widerlegung (denn
beides passt hier) des eben angeftthrten Satzes darbietet in
deni Bergk'schen Aufsatze fttber einige Zeichen der Plauti-
nischen Handschriften \ welchen uns das 2te Heft 31sten
Bandes des Philologus p. 229—246 bringt. Von einem Manne
wie Bergk liisst sich natttrlich erwarten, dass er nicht die
imild ausgedrttckt) so schwachen wie abenteuerlichen Vor-
stellungen des f scharfsinnigen Gelehrten* theile, nach denen
DV«, in seinem Ursprunge vollig unerklart, viererlei ganz
V erschiedenes bedeutc, C- aber (wo es es nicht etwa, weil
der dritte Buchstab im Alphabet, fttr die Zahl III stehe!)
identisch sei mit der oittXti ^Etu veveuKuia < und zur Bezeich-
nung eines Wechsels des Versmasses diene. Vielmehr hat \
B., gesttttzt auf die von G. mitgetheilte, ausschliesslich auf
die gedachten Zeichen gerichtete Zumptsche Collation des
Vetus, die mir unbekannt war, in der Hauptsache dasselbe
gefunden, wovon ich p. 606 [10] sagte, 'man werde es nicht
als eine Hypothese, sondern als eine lediglich durch schlichte
Couibination von Thatsachen und ihren logischen Conse-
quenzen ermittelte Gewissheit anzusehen haben'. Und eine
derartige Uebereinstimmung kann ja im Interesse der wissen-
schaftliehen Erkenntniss nur hochst erfreulich sein.
Briefliche Aeusserungen haben auch in meiner Abhand- m
lung vermisst, dass das fttr die romische Komodie Ermittelte
nicht zu RQckschlttssen auf die musikalischen Kunstmittel
und Vortragsweisen des griechischen Drama verwendet
und verwerthet worden sei, da ja hier, wie in andern Ge-
bieteu alles Analoge, die romische Erscheinung nur eine Art
von 'Abklatsch' des griechischen Vorbildes gewesen seiu
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52 CANTICIM UND DIVKKHICM BEI PLAUTTS.
werde. Wie hatte mir doch die Moglichkeit solcher Riick-
schltisse verborgen sein konnen! Aber uian kann, und man
will, und man muss doch nicht, wenn man tiber Eines
schreibt, zugleich und sogleich tiber Alles schreiben, was
damit zusammenhangt, und tiberliisst ja gern, eben so bil-
liger wie verstiindiger Weise, manches der weitern Ent-
wickelung wissenschaftlicher Forschung und Erkenntniss.
Habe ich doch, sehr absichtlich, nicht einmal die romische
Tragodie in den Kreis der Untersuchung gezogen, ja sclbst
die Terenzische Komodie*) neben der Plautinischen nur
in Seitenblicken berfihrt, weil wir hier ausschliesslich auf
subjective, wenn auch immerhin an sich vielleicht ganz pro-
bable, ratiocinatio angewiesen wiiren.. Zunuchst kam es doch
darauf an, nur eiumal erst das urkundlich Beweisbaro
festzustellen: und wie sehr wir in dieser Beziehung ftir das
griechische Drama von ausreichenden Zeugnissen verlassen
*) [Ueber sie handelt sehr ausfahrlieh und eingehend das Kapitel
rde canticis et tibiis fabularum Terentii' in Kduardi a Bruner 'Quae-
stiones Terentianae* (rex Actorum soc. scient. Fennicae t. IX' ), Hel-
singforsiae 1868. 4., p. 3- 79. Der griindliche Fleiss und die umsich-
lige Sorgfalt dieser Untersuchung kann, trotz uiaucher feinen Bemer-
kung, doch den Mangel nicht ausgleichen. dass sie, neben den an Zah!
wie Verwendbarkoit so unzureichendeu ansdriicklichen Angaben der
Alten allein auf WahrscheinlichkeitAerwilgungen uud subjective Com-
binationen angewiesen, des festen Bodens einer autheutischen Ueber-
lieferung von Thatsachen entbchrt, wie uns solche in der jetzt aus
Licht gezogenen Plautinischeu Seraeiosis vorliegt. Erst auf dieser
Grundlage wird eine, ganz von vorn beginnende, Untersuchung auch
far Terenz zu befriedigendern nud, weil die Sache bei Terenz aller-
dinga complicirter liegt aln bei PlautuH, wenigKtens annSherud ab-
schliesseuden Resultaten fahren. — Wie viel mehr werth Zcugnisne
sind als Conjecturen , bestiltigte sich ja auch an den Siglcn D • et U
und M-M-C», deren obige Behandlung es mir als uberflOssig erscheiuen
liisst, Bruners (p. 31 ff.) entgegenstehende Ausfahrungeu im Einzelnen
zu beleuchten d. h. ausdracklich zu widerlegen. — — Manche ander-
weitige Aens8crungen aber Terenzische, gelegentlich auch wohl Plau-
ttnische MelopOie habe ich mit consequentem Stillschweigen entweder
aus dem gleichen Grunde abergaugen, oder weil sie, nur wie im Vor-
abergehen, manchmal recht gedankenlos hingeworfen und jeder Be-
gnindung ermaugelnd, unserer Erkenntnisa keinerlei FOrdemng ge-
wahrten.]
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CANTICUM UND DIVERBIUM BEI PLAUTUS
53
sind, weiss ja jeder. Auch Bergks beiliiutige Bemerkungen
gebeu dafiir nur Anfange, iiber die scbon Erorterungen, wie
z. B. die von Westphal 'Gesch. der alten und mittelalt.
Musik' (1864) p. 132 ff. und 'Prolegoinena zu Aeschylus'
Tragodien' (1869) p. 198 — 206, hinausfiihrten [auch Griech.
Metrik (2. Aufl.) II p. 480 f.: wozu neuerdings hinzugekommen
Chr. Muff fi1ber den Vortrag der chorischen Partieen bei
Aristophanes' (Halle 1872) p. 33 ff. Dass die hier fur das
griechische Drama aufgestellten Behauptungen gar nicht in
so durchgangiger Uebereinstimmung mit den Plautinischen
Ermittelungen stehen, um sich ohne Weiteres mit ihnen zu
decken, ist leicht ersichtlich. Woraus folgt, dass entweder
jene Behauptungen (uamentlich gewisse Westpharsche, die
Trinieterpartieen betreffende) zu modificiren sind, oder diese
Ermittelungen keinen unbedingten Rttckschluss auf grie-
chische Kunstiibung gestatten, vielmehr uns nur ein abge-
schwachtes, feinere Nuancen fallen lassendes Nachbild des
griechischen Typus vorfUhren. Am gesichertsten ist ohne
Zweifel melodramatischer Vortrag der katalektischen tro-
chaischen Tetrameter, uber den sich Bockh Ges. kl. Schr.
VII p. 591 f. schwerlich so schwankend ausgesprochen hiitte,
wenn ihm die Plautinische Semeiosis bekannt gewesen ware:
so dass mir in dieser Beziehung Bergk s (p. 241- — 244) Be-
touung des Archilochischen auroc eEdpxujv np6c auXov
Accpiov 7rair|ova, noch viel mehr aber die Interpretation der
wichtigen Xenophontischen Stelle Sympos. 6, 3 als durchaus
berechtigt erschcint. — Zum Abschluss kann dieser ganze
Gegeustand nur durch die vollstiindigste Zusammenfassung
und Abwiigung all^r in Betracht kommenden Momente ge-
langen:] meinerseits liebe ich, derartige Fragen entweder
nach Moglichkeit erschopfend oder gar nicht zu behandeln.*)
*) Ich benutze diese Gelegenheit, um einen Druckfehler und einen
Schreibfebler der zweiten Bearbeitung des Trinummus zu berichtigen.
Jener i*t, da»8 zu Vers 1123 die Angabe au»gefallen ist, waa denn
eigentlich in den Handachriften steht. Die Note muss (wie achon au»
der Proecdoais zu ersehen) lauten: ' eo ego 32 Prohg. p. t.xxiit.
eo libri. ego eo Lindemannus' u. s. w. — Der leidige Schreibfehler,
auf den mich eine lebhafte Interpellatiou Leonh. SpengeTs aufmerk- i:*
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54
OANTICUM UND DIVERBIUM BEI PLAUTUN.
sam gemacht hat, ist, dass man p. vm der ' Praemonita' vom Decur-
tatus liest 'aliquando inter copias Corbeienses fuit'. Das llichtige war
aehr genau schon in den Prolegomena der Ausgabe von 1848 p. xxx f.
angegeben : f oiim bibliothecae S. Corbiniani Frisingemis, id quod haec
in principio inscriptio testatur: lib. iflc e fcc maric. «( fcl corhi friftg.:
unde per quas vicissitudines ad Camerarium pervenerit, neseitur'; ja
ebenBO bereits im J. 1835 in Welcker'» und Nake's Rhein. Mus. IV
p. 515 (= Opusc. phil. II p. 104), wo zugleich auf Docen's Andeu-
tungen uber die Verschleppung und Zerstreuung von Freieinger Hand-
schriften im 14. und 15. Jhdt. verwiesen ward. Ersiohtlicher Weise
hat nur die Klangahnlichkeit von 'Corbiniani' in momentaner dirpoceEia
die Verachreibung ' Corbeienses * statt f Frisingenses 1 veranlasst: ein
ntitzlicher Fingerzeig fur gleiche auapTquaTa der alten librarii.
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II.
Zur Plautinisehen Glossographie (Placidus)*).
Die so sorgfaltigen wie gelehrten Mittheilungen, welche 45«
flber fPlacidus, Papias und andere lateinische Glossare' im
24. Bde des Rh. Mus. p. 362 ff. 382 ff. von A. Wilmanns
und H. Usener gebracht wurden**), Mittheilungen die uns
zugleich zum erstenmal Ziel und Wege einer methodischen
Bearbeitung der lateinischen Glossenschatze klar vor Augen
legen, vielleicht auch eine solche (hoffen wir es!) in nicht
allzuferne Aussicht stellen, schloss Usener p. 391 mit der
nacbtraglichen Anmerkung: 'Wiihrend des Drucks weist mir
ein antiquarischer Katalog einen auch Wilmanns entgange-
nen Beitrag des Placidus nach, der in den Schriften der
Akademie zu Pisa vom J. 1846 versteckt ist: Corsi, le ylosse
latine di Placido grammatico accresc. et cmendate per un nuovo
cod. del secolo XI V\
Vergeblich war alles Suchen nach 'Pisaner Akademie-
scbriften' gewesen, als mich mein gleich liebenswiirdiger wie
gelehrter College Moritz Voigt durch Zusendung eines ita-
lienischen Druckheftchens von 13 Grossoctavbliittern iiber-
raschte, welches, einen Ausschnitt aus einem Sammelwerke
bildend, in der That jene Corsische Abhandlung darbot,
wahrend auf der ersten Seite ein mit Tisa, Acad., 1846' be-
•) [Rhein. Muaeum f. Phil. XXV (1870) p. 456-463 ]
**) [Hinzugekoramen aind seitdem Herm. Kettner'8 reicbliche und
exacte glowographiBche Notizen theils im Hermea VI (1871) p. 166 ff.,
theils in der Druckachrift f Zur Kritik der Glossae Placidi* (Berlin 1872. 4.).
Einen Beitrag gab auch Deuerling in den 'Blittern f. d. Bayerische
GymnaaiaUchulwesen' Bd. 8 (Miinchen 1872) p. 160 ff.]
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■
56 ZUR PLAUTINISCHEN OLOSSOURAPHIE (PLACIDU8).
drucktes Papierstreifchen aufgeklebt erscliien. Daher also
obige ungenaue Katalogangabe; denn erst Curt Wachsmuth
gelang es, auf der nie versagenden Gottinger Bibliothek die
wirkliche Bewandtniss zu ennitteln. Es sind die fAnnali
delle Universita Toscane', deren Tomo I, erschienen fPisa,
dalla tipografia Nistri, 1846' in seiner Parte 1 (= fSeienze
noologiche') in dem die Universitat Pisa betreffenden Ab-
schnitte von p. 149 bis 174 das Gesuchte unter nachstehen-
dem Titel enthiilt: fLE olosse latine di lcttazio placido
URAMMATICO ACCRESCIITE ED IN 1ARTE EMENDATE PBR CH
NUOVO CODICE DEL SECOLO XIV PER CURA DEL DOTT. OII -
8EPPE corsi\ Eine Anmerkung gibt dazu die Notiz fpre-
sentato dal Prof. P. Capei\ Letzterer wird in dem vorge-
druckten Verzeichniss der Universitatsmitglieder Pisa s p. VI
als fprofessore di Pandette Pietro Capei, dispensato, auf-
geftihrt; wer und wo Corsi war, wird weder gesagt noch
hat es sich bis jetzt ermitteln lassen.
Voll von Bewunderung ftir Angelo Mai und dessen im
dritten Bande der fClassici auctores' aus vier Vaticanischen
Handschriften gezogene, im sechsten nQch anderweitig ver-
raehite Publication der Placidus-Glossen, berichtet nun Corsi
iiber seine eigene p. 151 folgendermassen: fMi gode pertanto
Tanimo oltre ogni dire quando mi avvenni, senza cercarlo,
in un Codice che queste Gloase contiene, simiglianti nel to-
tale a quelle che si conservano nei primi quattro della Va-
ticana, ma in varii luoghi differenti molto e piu esatte. E
questo un volume in pergamena in 4°. di carte scritte 12:^,
colla prima pagina adorna di ricche ed eleganti miniature, dan
neggiato moltissimo, perche stato fin qui mal custodito, e chc,
divenuto adesso di mia proprieta, da me si conserva diligen-
4*7 temente. Esso contiene due opere: una Grammatica in latino
della lingua latina, di che non e qui luogo a parlare, e le
Glosse di Placido Grammatico. Volendo far congettura circa
la antichita del mio Codice, diro parermi che le due opere
sieno state scritte in due tempi diversi, ed unite poscia in
un corpo per 1'attinenza che hanno tra loro. Io penserei
che la Grammatica non eccedesse il secolo XV, benche cer-
tamente debba riporsi verso il principio di quello, e che le
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ZtR PLAUTINISCHEN OLOSSOfiRAIMUK (l»LACIDU8). 57
Glosse fossero scritte intorno al secolo XIV. Fan chiara
fede della maggiore antichita delle Glosse i nessi e la forma
dei caratteri, piu antichi molto che non quelli della Gram-
matica, e per la eta in parecchi luoghi sbiaditi e pressoche
spenti: dal che deriva che alcune pagine di tal Glossario
sono leggibili con grave pena, e che moltc parole non si
discernono affatto, raentre che facile e sicurissima e la let-
tura della Grammatica'.
Von p. 153 an lasst der Verfasser sodann in zwei gegen-
fiberstehenden Columnen, deren erste den Mai'schcn Text, die
zweite (das erstemal mit der leidigen Ueberschrift fNovum
Codex') die Lesarten seiner Handschrift gibt, alle Varianten
beider folgen, und zwar, so weit sich nach dem allgemeinen
Eindruck urtheilen llisst, mit recht loblicher Genauigkeit.
Nur leider mit einer erheblichen Ausnahme. Auf p. 152
beraerkt er selbst: rSono mancanti al mio Codice diverse voci
conmni ai quattro della Vaticana, e di queste era inutile
che si parlasse*. Das ist nun freilich schlimm; denn man
erHihrt auf diese Weise nicht, ob die unter der Rubrik fNov.
Cod.' fehlenden Artikel nur darum iibergangen sind, weil sie
keine Variante boten, oder ob sie in seinem Codex tiberhaupt
nicht stehen. Im letztern Falle hatten wir in dieseni gar
nicht den vollstiindigen Placidus, sondeni nur Excerpte aus
ihni, wenn auch ziemlich reichhaltige und im Einzelnen niclit
verkurzte, etwa nach Art des Vaticanus 2741, iiber den Wil-
manns p. 363 Auskunft gab. Jetzt ist das uns vorliegende
Verhaltniss dieses, dass unter A von 159 Mai'schen Artikeln
bei Corsi nur 60 vorkommen, unter B von 36 nur 13, unter
C von 112 uur 73, unter 1) von 73 nur 32 u. s. w.1). Nichts
1) AU Probe diene der Buchstabe B, aus dem ich die Corsi'8chen
Glossen curbiv hersetze, w&hrend die bei Corsi nicht vorkommenden
Mai schen Artikel der Vergleichung halber nicht-cursiv daneben stehen ;
die Varianten in den Corsi^chen Lemmata sind eben Lesart seines Co-
dex. Boni — Blactit — Bactioca — Binare — Baba («»» Boa) —
Baburra — Babinator — Baxae — Buteonem — Bolono Batoe —
Ha»cas — Bulga — Bibino — Bubum — Burrae — Bardum — Bcllica
- Bnmbinari — Boni conaultum — Byssus — Babilonia — Babilona
- Benivolentia — Boa — Balineum Beli — Bitumen — Blaterare
- Bipateutia — Barrire Bipennem — Benedicentum — Balbutire —
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58 ZUR PLAUTINISCHEN «LO88OGRAPHIE (PLACIDUS).
45» will anderseits besagen, was bei Corsi auf die zuletzt ange-
fuhrten Worte folgt: fma alcune in esso s'incontrano che
sono a quelli ignote del tutto, e queste si pongono, insieme
accolte, dopo il confronto di tutto il Glossario'. Denn nach
p. 174 sind es nur 9 diirftige Glossen, die sein Codex mehr
haben soll: Aristophanes — Accuratc — Agunne — Babdonia
— Damium — Eritio — Facetns — Subsistentia — Thos.
Und von diesen sind noch dazu mehrere gar nicht einmal
neue Glossen, sondern nur kleine Zusatze zu, oder Varianten
oder Dittographien von langst edirten, wie Agunne (— Agi-
nam), Babitonia, Damium, Eritio, verglichen mit Mai p. 434.
437. 451. 460; vollends vou dem Artikel Subsistentia hat
Corsi ganz und gar iibersehen, dass er in aller Breite schon
bei Mai p. 501 f. zu lesen war; desgleichen, dass die paar
Worte Babilonia civitas et provincia bereits in Mai's eigenen
Nachtriigen Bd. VI p. 556 stehen. — Dttrften wir hiernach
mit dem Ausdruck ralcune', den er fiir die (vermeintlichen)
Zuthaten seines Codex braucht, parallel stellen die fdi-
verse voci', welche derselbe weniger habe als der MaPsche
Text, so spriiche das allerdings far einen im Wesentlichen
vollstiindigen Placidus. Aber wer kann wissen, wie weit
kleiner Ehrgeiz den Besitzer verftihrt habe, von den Aus-
lassungen absichtlich mit mdglichst verkleinerndem Euphe-
mismus zu sprechen? Alles in Allem genommen: da die
Gesammtzahl der in Corsis fconfronto' erscheinenden Glossen
noch nicht die Halfte der Mai schen erreicht, und da es
wenig innere Wahrscheinlichkeit hat, dass in einer so grossen
Anzahl von Artikeln ein sonst vielfach recht fehlerhaft ge-
schriebener Codex gar keine Variante gebe, wiihrend doch
zugleich dessen Herausgeber als ein iibrigens sehr beflissener
Variantenverzeichner erscheint, so werden wir diesem wohl
Biremis — Bilo — . Die etwaige Vermuthung, ea konne die geringere
Glossenzahl bei Corsi auf einen reinern Kern deuten, der nur spater
durch fremdartige Zuthaten ange&chwellt worden, fande in verschie-
dener Beechaftenheit der erscheinenden und der fehlenden Glossen selbst
vorlaufig keinen Anhalt; weiter zn verfolgen w&re sie ohnehin nicht
eher, als die Reihenfolge der Artikel des CorBischen Codex vollstandig
vorlage.
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ZIR PLAUTINISCHEN OLOSSOGRAPHIE ' PLAOIDUS). 59
keine unverdiente Krankung anthun, wenn wir seinen Schatz
iiberwiegend geneigt sind fiir eine blosse Epitorae des voll-
stiindigen Placidus zu halten. Geschieht dem Codex darait
dennoch Unrecht, nun so hat es der Besitzer durch seine
unzeitige Schweigsamkeit selbst verschuldet.
Im Uebrigeu wollen wir, was das Einzelne betrifft, das
dem Codex gespendete Lob, dass rda molte sue parti si rileva
una piu corretta lezione', weiter nicht beeintriichtigen, so
zahlreich auch daneben seine Corruptelen und Schreibfehler
sind, zumal wir ja auch von Mai nicht erfahren, was in jedem
einzelnen seiner Vaticani eigentlich steht. Er wird eben im
Ganzen nicht besser uud nicht schlechter sein, als alle die
ohne Ausnahrae jungeu Handschriften, aus denen wir jetzt
den Placidus kennen: die (wie viele?) Pariser mit eingerechnet,
obgleich unter ihnen Diibner (in Welcker^s und Nake s Rhein.
Museum III p. 473) fduo optirai' unterscheidet*). Die Haupt-
sache fiir Reinigung und Herstellung des Textes wird eben
scharfsinnige Conjectur des Bearbeiters thun mtissen, dem
von handschriftlicher Seite weit mehr, als die Codices des
Placidus selbst, die grossen encyklopiidischen Glossensamm-
lungen sehr viel hohern Alters, in denen nur unter andern
auch Glossen des Placidus, und zwar mit dessen Nameu
enthalten sind, zu Hiilfe kommen, wie die des Parisinus aus
dem 8., des Bernensis aus dem 0., des Palatinus n. 1773 aus 4:»:»
dem 10. Jahrhundert u. a. m.
Bei diesem Stande der Dinge wird man nun billig fragen,
ob es denn tiberhaupt der Mtihe werth war, tiber eine so
untergeordnete Handschrift, wie die Corsi sche, hier so viel
Worte zu machen. Ich wiire gewiss der erste, mit Nein zu
antworten, wenn nicht ein Hauptumstand, wichtiger als alles
bisher Beigebrachte, noch riickstandig wiire.
Dass zu der Glossenmasse des Placidus das beste Con-
tingent die achteste archaische Latinitat geliefert habe,
■ •
*) [Dass die von Pfibner benutzten Pariser Hdss. nicht mit den von
A. Mai gebraachten Vaticani und dem Corsischen Codex in dieselbe
Kategorie fallen, sondern vielmehr mit den 'Glosaae Salomonis', dereu
altester Vertreter der Sangermanensis des 8. Jhdte ist, znsammen-
gehOren, bemerkte Kettner im Hermes p. 168.]
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6*0 ZUR PLAUTINISCHEN GLOSSOGRAPUIE (PLACIDUS).
und dass gerade diese Bestandtheile bei Placidus, trotz aller
spiitern Beimischungen und Erweiterungen, in dichtgedrang-
terer Folge erscheinen als in jedeni andern auf uns gekoni-
uienen Glossar, das konnte von Anfang an niemand verborgen
bleiben, und war auch die gerechte Ursache, warum eben
dieses Glossar in Deutschland gleich wieder abgedjuckt ward.
Warum es gerade die 'Atellanen' und 'Varros Satiren' ge-
wesen sein sollen, die als hauptsiichliche Quelle gedient hatten
(nach Bernhardy Grundr. d. roni. Litt Anm. 227. 590 p. 322.
879 der 4 Bearb.), wflsste ich nicht zu sagen. Thatsache
dagegen ist es, dass die Praxis der Texteskritik in wachsen-
der Anzahl Plautinische Glossen nachgewiesen hat: wie
denn deren Vorherrschen in der That jedem mit Plautus
Vertrauten selbst bei fliichtiger Lecture sich aufdriingl Welch'
iiberraschende Bestiitigung dieser liingst gemachten und be-
reits vielfach verwertheten Beobachtung also, als in Corsi's
Publication p. 153 folgende Ueberschrift des Ganzen vor
Augen trat:
Incipiunt Glossae
LUCTATII PLACIDI GRAMMATICl
IN PLAUTI COMEDIAS
Per A Utteram.
Nicht als wenn nun gleich die Placidus-Glosseu, wie sie uns
vorliegen, mit Haut und Haar als Plautinisch in Anspruch
zu nehmen waren, was ja Angesichts so vieler eingedrungener
Spatlinge — offenbarster, zum Theil recht barbarischer Er-
zeugnisse des Mittelalters — behaupten zu wollen reine Thor-
heit wiire. Aber darum kann doch eiu urspriinglicher
Kern Plautinischer Glossen der jetzigen Sammlung, als
einer nur durch Ueberarbeitung mehr und mehr interpolirten,
zur Grundlage gedient haben. Dass Corsi selbst, was er
drucken liess, wirklich in seinem Codex so geschrieben fand,
ist bei seiner Qberall hervortretenden Ehrlichkeit nicht zu
bezweifeln. Diese Eigenschaft, sowie die Genauigkeit, mit
der er in den beiden Bestandtheilen des ganzen Codex eine
kltere und eine jiingere Schrift unterscheidet, burgt uns wohl
auch dafur, dass wir es nicht etwa mit einem spatern Zu-
satz zu thun haben, sondern dass die Worte in Plauti corne-
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ZPR PLAUTINISCHEN OLOSSOORAPHIE (PLACIDU8). 01
dias Yon einer und derselben Hand niit dem iibrigen Titel
waren. Ein gegentheiliges Verhaltniss absichtlich zu ver-
schweigen hatte er nicht einmal hinliinglichen Anreiz gehabt;
denn weit entfernt, den eigenlichen Werth und die Trag-
weite des neuen Zeugnisses zu ahnen oder gcbiihrend zu
wurdigen, beschriinkt er sich in dieser Beziehung auf die
kahle Aeusserung p. 151: 'Per questo infatti si e conosciuto
lautore intorno a cui furono esse (le glosse) composte, cosa
dagli altri codici non riferita, dichiarandoci il titolo che sono
dirette a illustrare le Comraedie di Plauto': das ist alles-
Wenn es allerdings auffiillt, dass sich die Plautinische Ur-
sprungsnotiz gerade nur in dieser einen Handschrift gerettet
habe (dass sie auch in keiner Pariser steht, ist aus DUbner s
Stillschweigen mit Sicherheit zu schliessen), so ist doch bei
solchen Ueberliefungen das Gliicksspiel des Zufalls unbe-
rechenbar. Allzuviel werden wir zwar auf Corsi'8 Alters-
bestunmung nicht geben; gehort sie aber wirklich dem 14.
Jahrhundert an, so wiire sie vermuthlich die relativ iilteste
der bis jetzt bekannten, da die Vaticanischen nach Wilmanns
samnitlich aus dem 15., auch die Pariser schwerlich iilter
sind? und so konnte immerhin die uns so •fiberraschend ent-
gegentretende Angabe erst in den allerjungsten Abschriften
allmahlich weggeblieben sein.
Wie dem allen nun in Wahrheit sei, wird sich freilich
erst nach Wiederauftindung des Corsi'schen ('odex mit einiger
Zuverlassigkeit ermitteln lassen. Leider sind die iu dieser
Richtung angestellten Nachforschungen bisher erfolglos ge-
wesen; gibt deren Fortsetzung ein besseres Resultat, so wird
dieses nicht vorenthalten bleiben*). Fiir jetzt liegt offenbar
die Sache so, dass einem urkundlichen Zeugniss keinerlei
Beweis der Unglaubwiirdigkeit, ja kein irgendwie durch-
schlagendes Bedenken entgegensteht; wer sie dennoch be-
haupten wollte, fur den wiirde das ^affirmanti incumbit pro-
batio' gelten. Dadurch ist aber der Standpunkt gewonnen,
dass, wie mancher Zweifel auch im einzeluen Falle Platz
*) [Auch seit 1870 baben namentlich Coraparetti'8 eifrige Be-
JBiihungeu nichte zu ermitteln vermocht.j
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62 ZUR PLAUTINISCBEN GLOSSOGKAPHIK (PLACIBUS).
greifen mag, doch im Ganzen und Grossen; wo irgend andere
begiinstigende Momente hinzutreten, die Priisumtion fUr
Plautinische Quelle spricht. Also z. B. wenn im Tri-
nummus V. 652 die handschriftliche Ueberlieferung mit eineiu
.wenig glaublichen Hiatus in der Diiiresis lautet:
Atque istum ego agrum tibi relinqui ob eam rem euixe
expeto,
Bergk aber in Ztschr. fUr Alterthumswiss. 1848 p. 1140 au
eine Vrerwendung der Placidusglosse p. 452 *denixe, enice9
dachte: und dieses zwar mit um so grosserm Rechte, je ffihl-
barer der Gedanke die rhvthmische Accentuation des eam
verlangt. Aber wiihrend es bisher vollig in der Luft schwebte,
auf welchen Autor oder welche Gattung der Litteratur denn
der Gebrauch eines uns sonst unbekannten dcnixe zuruckgehen
moge: wer wollte jetzt noch zweifeln1), dass wir eine Plau-
tinische Glosse vor uns haben und der Trinummusvers mit
grosster Wahrscheinlichkeit ursprunglich dieser war:
4tii Atque istum ego agrum tibi relinqui ob eani rem denixe
expeto — ?
Kaum bedarf es der Bemerkung, dass enixe und denixe eben
so rechtlich neben einander bestehen, wie eludere und delu-
dere, evincere und devincere, evitare und dcviiare u. d. m., oder
umgekehrt demirari und emirari.
Nichts kann ftir diese Auffassung bestiitigender sein, als
wenn Placidusglossen, die regelmiissig ohne testimonium sind,
anderwarts mit ausdrucklichein Plautinischen Citat wieder-
kehren. So p. 446 caculae, lixae aut servi militum: aber
bei Festus p. 45, 16 und in dem (oft Uberschatzten) *The-
saurus novus latinitatis' bei Mai VIII p. 89 in etwas ver-
iinderter Fassung mit dem Citat aus Trinummus 721 video
caculam militarcm. Oder p. 476 inmoene, improbum, cul-
1) Fiir mich wenigstens Bchwindet jetzt die Bedeutung, die ich
ehedem der Ueberlieferung deg Vetus rem menixe beilegte, in der ich
einen lieBt von rein [ia]m enure zu erkennen meinte, wahrend wohl
noch anaprechender Koch rem tam enire vorschlug. Wir werden eben
nur einen leichten Schreibfehler vor uus haben. — Sonat wiire auch an
vb edm rem enixed e.rpeto zu denken gestattet gewesen.
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ZUR PLAUTINISCHEN OLOSSOfJRAPHIE (PLACIDU8). 63
pandum, vel interdnm munere tiberatum: aber bei Festus p.
109, 23 immunis, ebenfalls uiiter Beibringung beider Er-
klarungen (vacans munere, aliquotiens pro improbo dicitur) zu-
gleich mit dem Citat aus Trinummus 24 immune est facinus.
Xicht anders p. 434 ad incitas, ad summam remm pertur-
batiotwtn desperationemque1): aber bei Nonius p. 123, 20 {in-
citas dicitur etjesUis) wiederum mit eiuem Citat aus Plautus,
und zwar aus demselben Trinummus 537 ut ad incitas re-
dactus est*). Wie denn iiberhaupt — was weiter verfolgt zu
werden verdient — gerade der Trinummus in den Placidus-
glossen vor andern Stiicken berQcksichtigt erscheint*). Mog-
lich. dass Bergk a. a. 0. Recht hat auch Plac. p. 492 of-
ficio migravi, ab officio recessi auf Trin. b'39 zu bezieheu,
wo der Palimpsest neque mens ofjicio migrat gibt: obwohl
sich hier das Bedenken geltend macht, dass man, wenn ge-
rade diese Stelle gemeint ware, vielmehr migrat oder migrarc
als Lemma erwarten sollte.
Ich ubergehe ftir jetzt andere Belege, um noch einen
weitern Gesichtspunkt zu beriihren. Ganz klarlich liegt es
namlich vor Augen, dass wir auch in unsern relativ voll-
1) Die verwandte Glosse p. 432 ad incitam [inatam cod.], a<l
rstrmam fortunam ubergehe ich hier absichtlich.
2j Ea war ein Fehlgriff, wenn hier frflher, den Spureu des Palim-
p8e8t'g zu Liebe, Vt ad incitast redactus aufgenommen wurde, atatt die
Ton den ubrigen Hdas. und Nonius bezeugte Wortfolge Vt ad incitas
redactust foetzuhalten. Wiire das erstere daa beglaubigte, ao wurde
allerdings Bergk a. a. 0. p. 1128 Recht haben, daas alsdann incitast
nicht als incitas est , sondern als incita est aufzufassen ware; aber im
Irrthum war er , wenn er ad incita lenonem rediget von Nonius filr
Poen. IV, 2, 85 bezeugt glaubte. 'incita' ist hier so gut blosser Schreib-
fehler fur incitas, was bei PlautUs alle Uandschriften mit dem Palim-
psest geben und das Metrum ausser Zweifel stellt, wie leonem fur leno-
nem. Das Neutrum incita wird bei Noniue, ohne dass dafQr ein be-
sonderes Lemma vorhergeht, erst mit den zwei nachfolgenden Beispielen
des Lucilius belegt.
*) [Wie richtig dieser Eindruck war, den ich nur damals ins Ein-
relne zu verfolgen keinen Anlass fand, konnen die Nachweisungen
u-igen, die spater H A. Koch im Rhein. Musmim XXVI (1871) p.
o49 f. gab.]
0 4 ZIR PLAVTINISCHKN GLOSSOGRAPHIK (PLACTDUS).
standigen Handschriften des Placidus mit nichten das eigent-
liche Originalwerk, sondern nur einen Auszug aus einer ur-
spriinglich sehr viel reichhaltigern Sammlung vor uns haben:
einen Auszug, in dem nicht nur die anderwarts noch er-
scheinenden Citate weggeschnitten, sondern auch eine grosse
4»J2 Anzahl von Glossen selbst giinzlich fortgefallen ist. Dafur
spricht schon das augenfallige Misverhiiltniss zwischen dem
Schluss des Alphabets und den fruhern Theilen: wahrend
der Buchstabe S doch noch 36 Artikel hat, sind es in T
nur noch 12, in V gar nur 5: ohne dass doch dieser Ab-
minderung etwa der Umfang des einschlagenden Sprach-
schatzes irgend entsprache. Aber den unwidersprechlicheu,
urkundlichen Beweis liefern ja die init dem ausdrQcklicheu
Lemma Placidi versehenen Artikel grosserer Glossencorpora,
die in unserm heutigeu Tlacidus' fehlen: dergleichen es eben
waren, die A. Mai den Stoff zu seinen in Band VI p. 554—
574 abgedruckten Ergiinzungen des Placidus boten, womit
jetzt zu vergleichen die genauen und instructiven Mitthei-
lungen, die Wilmanns p. 364 tf. 368 ff. gibt. Was Wunder
also, wenn sich ganz iihnliehe Erganzungen auch ohne hin-
zugefugten Namen des Placidus, vermoge ihrer speciell Plau-
tinischen Verwandtschaft, aus andern Glossaren ergeben? Die
Glosse des Thiloxenus' cacnla, boOXoc CTpanuJTOu bei Vul-
cauius p. 32, oder ctKoAouOoc, cacula in dessen Onomasticon
p. 20 (beide iu Eins gezogen bei Labb. p. 23) hatte man
auf Plautus zuriickfilhren diirfen, auch weun uns nicht iu den
' oben erwiihnten Zeugnissen anderer Glossare die Plautinische
Quelle ausdrilcklich bestatigt wurde. Es ist nur geringere
Gunst des Zufalls, wenn solche iiussere Bestiitigung ander-
wiirts z. Z. fehlt, ohne dass doch darunter die iunere Glaub-
wiirdigkeit litte. So z. B. wenn Usener im Rhein. Mus. XVII
p. 469 und XXIV p. 331 mit gliicklichem Scharfblick er-
kannte, dass die Philoxenus-Glossen p. 187 Vulc, 162 Labb.:
rulhts, miidicus, dYupTnc (d. i. dYp^Tnc) und ruUam (1. ndla),
XUjpiKri, dtpoiKOC, beide auf Plautusstellen gehen, in denen
nur gleichmiissig die Erkliirung rusticus, rustica in den Text
gedrungen ist und beidemal den Vers ruinirt hat: Mostell.
40 und Persa 169:
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ZUR PLAUTIXISCHKX GLOSSOGRAPHIE (PLACIDUS). 65
Gerniana inluvies, rullus, hircus, hara suis:
Nimis tandeni me quidera pro barda et rulld reor habitam
esse aps te.
Und zwar so friihzeitig eingedrungen, dass im ersten Verse
schon Donatus zu Phorra. IV, 4, 29 rusticus las, ira zweiten
Nonius p. 10, 10 (oder vielraehr sein viel iilterer Gewiihrs-
mann) et pro rttstica las und ebenso der Palimpsest schrieb.
Diese Glossen also staramen sicherlich aus dera noch unver-
kurzten Placidus.
Ein anderes Beispiel bietet eine Glosse, die am vollstiin-
digsten erhalten ist in dem Miinchener Glossar Cod. lat. G210,
welches von Thomas in den Sitzungsberichten der bayer.
Akademie 1868, II p. 369 ff. publicirt, -von Halm und Hof-
mann ebend. 1869, II p. 1 ff. vielfach verbessert ward. Sie
lautet dort p. 386: exesum, amcstum (d. i. comestum), con-
smnptum, war in verstiimmelter Gestalt schon von Mai Bd. VI
p. 523 (aus dem fGlossarium vetus ex membranis bibl. Va-
ticanae', uber welches ich bei Wilmanns keine Auskunft
finde) also mitgetheilt: exesum, excomcstum, kehrt auch in
Hildebrand s Pariser Glossariura p. 132 noch gektirzter als
exesum, consumptum wieder. Ohne Zweifel geht auch diese
Glosse wiederum auf den Trinummus zuriick, wo es Vers 407 4G3
in den Handschriften, mit Einschluss des Palimpsests, heisst:
Comessum, expotum, exutum (d. i. cxunctum), clutum in balincis,
aber doch das grosste Befremden erregt, dass der Dichter
der so nahe liegenden Lockung zu durchgefiihrter Allitte-
ration absichtlich sollte aus dem Wege gegangen sein. Kaum
«lenke ich einem Widerspruch zu begegnen, wenn ich als
Plautinische Schreibung herstelle
Exessum, expotum, exdnctura, elutum in balineis,
auf diesen Vers obige Glosse, diese aber auf einen vollstiin-
digern Placidus zurackfiihre.
leh beschriinke mich ftir diesmal auf die vorstehenden
Andeutimgen, die ich wenigstens fiir geeignet halte, zu wei-
tern Forschungen in solcher Richtung anzuregen. Meiner
leberzeugung nach hat es aus verlialtnissmiissig alter und
guter Zeit eine urafangliche Plautinische Glossensarara-
lung, mit Belegstellen und Erkliirungen, gegeben, aus der
FB. BITSCUKLIl OPVSCVLA III. 5
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66 ZUR PLAUTINISCIIEN GLOSSOGRAPHIE (PLACIDUS).
unser heutiger Placidus nur ein magerer, sehr viele Artikel
ganz uberspringender Auszug ist, versprengte Reste aber sich
in niancherlei andere Glossare gerettet haben. Und dafiir
bietet nun eben die Ueberschrift des Corsi'schen Codex auch
einen iiussern Anhalt unveriichtlicher Art. — Die geliiufige
Vorstellung, Placidus habe den Festus oder Paulus ausge-
schrieben, ist nicht zu halten; Festus (oder sagen wir lieber
gleich Verrius Flaccus) und die alte Grundlage des Placidus
bestehen unabhiingig neben einander, wie sich auch im Ein-
zelnen einleuchtend darthun lasst. Ein engeres Verhaltniss
zwischen diesem Grundstamm und den von Sehottmuller in
Symb. philol. Bonn. p. 823 ff. glaubhaft nachgewiesenen Plau-
tu8-Commentaren, welche im Nonius benutzt sind, ist
ebenfalls nicht erkennbar; dass Einiges auf beiden Seiten zu-
flillig zusammentrifft, liegt in der Natur der Sache und ist,
so viel ich sehen kann, nicht von der Art, um zur Annahme
eines niihern und weitergreifenden Zusammenhangs zu be-
rechtigen. — [Weiterer Forschung und Ermittelung wird
es anheimfallen, ob etwa doch das fin Plauti comoedias' nur
eine Benennung a potiore ist: sei es dass wir in dem Corsi'-
schen Codex nur eine abgekiirzte Ueberschrift vor uns hiitten,
oder dass an einen ursprunglich wirklich nur Plautinischen
Glossenstamm spiiter auch nichtplautinische, andern Gebieten
der archaischen Latinittit angehorige Glossen angesetzt und
eingereiht worden wiiren. Eine oder die andere Annahme wird
nothig, wenn sich die von Koch a. a. 0. p. 551 f. gegebenen
Hinweisungen auf Terenz, Pacuvius, Ennius in weiterer
Ausdehnung bestiitigten: wiihrend freilich Kettner fZur Kritik'
u. s. w. p. 2ff. sehr scharf fur ausschliesslich Plautinische Quelle
eintritt. In ein entscheidendes Stadium wiirde die Frage treten,
wenn sich die Beobachtung eines strebsamen jungen Philo-
logen bewahren sollte, dass eine erhebliche Anzahl von Pla-
cidusglossen auf keinen andem als Lucilius zurilckgehe. —
Auch die kiirzlich von Biicheler in Fleckeisens Jahrbachern
f.Phil.Bd. 105(1872) p.567 besprochenen topographischen
Glossen wird man wohl nicht allzu geneigt sein gerade nur
aus Plautinischen Komodien herzujeiten.j
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III.
Bio - bibl iographisches zu Camerarins' Plantus-
stndien.
!•*)
Zu demjenigen, was sich bisher (Opusc. phil. II p. 113f.) gco
uber das Verhaltniss des Joachira Camerarius und des
Oeorg Fabricius in Beziehung auf ihre Plautusarbeiten
sagen liess, ist jetzt ein vervollstandigcnder und berichtigen-
der Nachtrag vergonnt. Ich entnehme ihn einer gleichzei-
tigen Druckschrift, deren Kenntniss ich der Marburger Uni-
versitatsbibliothek verdanke, wo sie von C. Wachsmuth
aufgefunden und mir mitgetheilt ward. In Dresden, Got-
tingen, Wolfenbiittel ist sie, nach Eberts und Schweigers
Stillschweigen zu schliessen, nicht vorhanden; in Breslau
war sie es wenigstens friiher nicht; auch beide Leipziger
Bibliotheken besitzen kein Exemplar. Sie besteht aus 24
unpaginirten Blattern in Kleinoctav nnd hat folgenden Titel:
INDICATIHiONES MVLTORVMI!
QVAE AD LECTIONEM FA;| bvlarvm plavti nonniiiil;
momenti afferre possint, Quae || collegit Georgius Fabriciusj;
Chemnicensis. || EMENDATIONES editi exempli
plavtixi a Ioachimo Camerario, de recognitionc ipius.'1
LIPSIAE II » OFFICINA VALENTINI |j PAPAE ] Anno ||
M. D LIII.
Ueber Veranlassung und Zweck dieser Publication gibt
des Camerarius briefliche Vorrede an seinen Verleger Jo-
*) [Rhein. Museum f. Phil. XXIII (1868) p. 660 f.]
6*
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G8 BIO-BIBLIOORAPHISCHKS
hannes Hervagius in Basel (datirt Lipsiae Cal. Quintil.) alle
wunschenswerthe Auskunft. Er beschwert sich bei dieseui
ttber den vielfaltig incorrecten Druck seiner Plautusausgabe
(von 1552), gibt auf den letzten 12 Seiten ein eng gedrucktes
Verzeichniss aller in satuintlichen 20 Plautinischen Stiickeu
vorzunehmenden Verbesserungen, und legt • deren Berucksich-
tigmig fiir eine etwaige neue Auflage dem Buchhiindler
dringend ans Herz. cNe tanien', fiihrt er dann fort, 'nimis
exilis et paruus esset hic libellus si nihil nisi correctides
erratorum in officina complecteretur, addidimus et Georgii
Fabricii eruditiss. uiri summi nostri, incredibilis diligentiae
66i praeclariss. studio conquisita quaedam, habitura momenti et
adiumenti allatura plurimum ad Plautinarum fabularum fru-
ctuosam lectionem.' Auch diese Fabriciusschen Beitrage,
welche nach Titel und Vorrede die ersten 29 Seiten des
Buchleins fallen, an Camerarius aber laut des vorgedruckten
Briefes des Fabricius (Misenae 4. Cal. Iulij) schon 1550
iibersendet waren, bittet er den Hervagius in die etwa be-
vorstehende neue Ausgabe seines Plautus aufnehmen zu
wollen.
Beiden Wunschen ist in der Hervagischen Ausgabe von
1558 entsprochen worden. Die Mittheilungen des Fabricius
sind genau so,*wie sie das Schriftchen von 1553 gab, wie-
derholt: zuerst die (sehr diirftigen) 'Testiinonia veterum de
Plauto', dann die (als erster nennenswerther Versuch nicht
verdienstlose) Fragmentensammlung. Desgleichen haben die
Textesberichtigungen des Camerarius selbst, der Absicht
nach, sammtlich Aufnahme im neuen Text finden sollen, nur
dass dies leider mit neuen Druckversehen und Fliichtigkeits-
fehlern geschehen ist, dergleichcn ich schon friiher notirte.
Wer also ganz genau des Camerarius wirkliche eigene
Meinung und Absicht kennen lernen will, kann des hier iu
Rede stehenden Druckschriftchens nicht entbehren.
Ferner aber stellt sich heraus, dass des Fabricius Ver-
haltniss zu der* zweiten Camerarischen Textesausgabe vou
1558 ein iiber das bisher Gcsagte hinausreichendes in keiner
Weise war. Weder Fabricius noch Camerarius selbst haben
an diesem Wiederdruck einen unmittelbaren Antheil genom-
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4
ZU CAMERARIU8' PLAUTUSSTUDIEN. 69
men, sondern nur der Buchdrucker Hervagius hat ihm deren
Beitrage mittels eigener Veranstaltung zu gute koinmen
lassen. Von einem personlichen Eingreifen des Fabricius
findet sich nirgends die geringste Spur: wonach also von
einer f Fabricius^schen' Ausgabe Qberhaupt nicht mehr zu
reden ist — Was aber den Camerarius betrifft, so erkliirt
dieser in der Vorrede an Hervagius (1553) ausdriicklich:
enani omnino decrevimus hoc quasi cuinulo studij nostri ex-
tremam manum imponere ei labori que huic autori impen-
diinus': und das hat er, so viel wir wissen, bis zu seinem
doch erst 1574 erfolgten Tode gehalten. War er doch sogar
Bchoo frtiher nicht ganz frei von Gewissensscrupeln geblieben,
ob er sich denn diese Beschtiftigung mit Plautus tiberhaupt
vergeben dilrfe. Ich setze hier zum Schluss die betreftende
Stelle, weil sie ein gewisses psychologisches Interesse hat,
aus dem Briefe an Hervagius wortlich her: *Cum enim
multum tempori8 et cogitationum mearum in illius autoris
scriptis recognoscendis posuissem, et non modo taediu iam
quoddam in labore diuturniore, sed nonnunquam etiam dubi-
tationes oborirentur, nunquid talis occupationis et profani-
fatem offensuram esse diuinum numen, et tenuitatem con-
temtum iri a doctis, uideretur esse pertimescendum, operaui
tu dedimus ut illud quasi pensum quod mihi mea uoluntas
dedisset quamprimum absolueretur, et mihi a molestia cum
operae tu curae acquiescere liceret'
2.*)
In Bd. 23 p. 660 f. [oben p. 67 ff.] theilte ich aus einer 4«s
seltenen Druckschrift des Jahres 1553 (/Indicationes' u. s.w.')
*) [Rhein. Muxeum f. Phil. XXVI (1871) p. 483-488.]
1) Sie fehlt nicht in dem Verzeichniss der Schriften des Camera-
ruK, welches Fabricius im 13. Bde der Bibliotheca Graeca gegeben
hat, p. 517. [ Vgl. u. p. 78 ] Seltsani dagegen ist es, dass Fabricius
die ente Ausgabe des Plautus von 1552 selbst, auf die aich doch jenc
' Indicationes ' allein beziehcn, gar nicht kennt, sondern nur (p. 519 f.)
&e zwei Sammlungen mehrercr einzelnen Stiicke aus den Jahreu 1545
nnd 1549, flber die das Nahere zu ersehen aus Opusc. phil. II p. 97 ff.,
um die es aidwaber in den ■ Indicationes ' gar nicht handelt.
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70
BIO-BIBLIOORAPHISCHES
Aeus8eruiigen des Joachim Camcrarius iiber seine Plau-
tinischen Arbeiten mit, aus denen hervorging, dass er, schon
frtther in seinem Gewissen nicht ganz beruhigt iiber die Be-
schaftigung mit so weltlichem Stoff, diesen Studien im Jahre
1553 formlich absagte fur alle Zukunft. Ich fiigte hinzu:
'und das hat er, so viel wir wissen, bis zu seinem doch erst
1574 erfolgten Tode gehalten*.
Letzteres verhiilt sich aber doch nicht also, wie ich jetzt
aus spatern brief lichen Mittheilungen des Caraerarius ersehe,
auf die raich mein verehrter College Georg Voigt freund-
lich aufmerksam macht. Sie finden sich in der 1595 'Fran-
cofurti ex officina Paltheniana, impensis Petri FischerT
herausgekommenen Briefsamralung: 'Ioachimi Camerarii Pa-
bepergensis epistolaruni libri quinquc posteriores: nunc pri-
nium a filiis in hoc secundo volumine studiose collectae'
etc.2) und stellen uns folgendes Sach- und zugleich Personen-
verhaltniss vor Augcn.
Der alte Drucker und Verleger des Camerarius, Jo-
hannes Hervagius (Herwagen) in Basel, aus dessen Officin
sowohl die erste (1552) als auch die zweite (1558) Ausgabc
des Plauttrs hervorgegangen, war schon vor 1560 gestorben3);
2) Die frQhcrc Sammlung: 'Ioachimi Camcrarii Bapenbergensis
(sic) epistolarum familiarium libri VI: nunc primum post ipsius obitum
singulari studio a filiis editi. Francofurti apud haeredcs Andr. Wechcli
M. D. LXXXIIP, cnthalt nichta auf unsern Gegenatand Bezugliches.
(Uebrigens macht Ebert I p. 266, wie auch Krebs 1 p. 654, beido
Sammlungen zu einem einheitlicheu Wcrke, was Bie gar nicht sind.)
3) Als verstorben wird er namlich in der Orabschrift aeiner Gattin
Gertrud erwahnt, welche selbst vom J. 1560 iet, bei Tonjola in der
'Basilca sepulU» (Bas. 1661) p. 119. Der Wortlaut der Grabschrtft
liiast eher vermuthen, dass der Mann liingero Zeit vor ihr gestorbon,
als das8 dies erst fum 1560' geschehen eei, wie man bei Stockraeyer
und Reber 'Beitrilge zur Basler Buchdruckergeachichte ' (Baaol 1840)
p. 85. 117 angenommcn findet. Einen bcstimmtern Anhalt wird wcnig*
stena dcr Umstand kaum geben, daas, wilhrend die erste Plautusaus-
galio de8 Camerarius rper Ioannem Heruagium> erschien, cs auf dem
Titel der zweiten heisst rper Ioannem Heruagium et Bcrnhardum
Brand', da der letztere, des alten Herwagen Schwiegersohn , ja schon*
bci dessen Lebzciten Theilnehmer des Geschafts werdcn konnte (woruber
etwas Sichercs nicht zu ermitteln war). Genau dasselbe Verhaltniss
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ZU CAMERARIUS' PLAUTUSSTUDIEN. 71
in dein Pestjahre 1564 folgte ihm auch seiii Sohn Johannes is*
der jungere (geh. 1530). Dessen hinterlassene Wittwe nahm
zu seiner dritten Frau Johaunes Oporinus, der nach Auf-
gabe seiner nur zwei Jahre hekleideten Professur des Grie-
chischen, in Verbindung mit einigen Andern eiu Drucker-
geschaft gegrtiudet (oder vielmehr die alte Cratander sche
Druckerei iihernommeu) hatte, durch das er schon um 1540
mit Camerarius iu Verbindung kam 4). Diese buchhiindle-
rische Verbindung setzte sich fort durch fernere Publicationen
des Camerarius in den Jahren 1545. 1550. 1551. 1555. 1561.
15b'4, wahrend zwischendurch (schon seit 1535) dessen
anderweitiger Verleger immer auch Ilervagius blieb oder
doch die Herwageusehe Firma, wenigstens bis 1558 6). So
bildete sich zwischen beiden allmiihlich ein naheres Verhiilt-
niss, dessen vollsten Ausdruck ein Brief des Camerarius vom
1. Miirz 1566 gibt, der in der obigen Sanimlung p. 520—542
stebt. Im Eingang trostet er den Oporinus in Kiirze iiber
den Verlust seiner Frau, die ihm 1565 nach kaum viermonat-
licher Ehe gestorben war, und geht daun naher ein auf einen
Antrag desselben, den er mit den Worten bezeichnet: 'cuin
raihi . . . signiticasses Te Plautina exemplaria denuo esse ex-
pressurum\ In hochst ausliihrlicher Auseinandersetzung legt
er seine Ansichten dar, ob und in welcheu Greuzen sich mit
christlicher Frommigkeit und einer wesentlich der Betrach-
tung uud Erforschung gottlicher Dinge zu widmenden Lebens-
findet flbrigens schon etwas friiher statt, da auch der Herodot des
Camerariu8, 1641 riu officina Heruagiana' erschieneu, im J. 1557 'per
loannem Heruagium et Bernardum Brand' wiederholt wurde.
4) Denn in diesem Jahre (nach Fabricii Bibl. Gr. XIII p. 512)
oder wohl richtiger 1541 (nach Hofimarin'8 Lex. bibliograph. III p. 707)
erschien bei Oporinus des Camerarius Ausgabe von Theonis sophistae
ProgymnaBmata. (Es ist schon hiernach ganz falsch, wenn Falkenstein
in eeioer unzuverliissigen 'Geschichte der Buchdruckerkunst' p. 270
den Bestand der Druckerei des Oporinus von 1549 bin 1566 datirt.)
5) Die Belege sammtlich aus Fabricius p. 495— 523 zu entnehmen.
Xach 1558 finde ich keine Camerarische Schrift mehr aus der Her-
wagenschen Officin hervorgegaugen, die letzte blos mit des Hervagius
alleinigem Namen versehene sogar schon von 1551, worauf dann zu-
nachst die in Anm. 3 erwahnte Doppelfirma 'Herwagen und Brand'
von 1557 folgt.
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72 BIO-BIBLIOGRAPHISCHES
thatigkeit die Besehaftigung mit weltlicher 'Philosophie'
und den heiduiseheu Quellen derselben, also mit dem Stu-
dium der 'Humaniora' vertrage: wofur der Ennianischen
Weisheit 'philosophandum est paucis, nam omnino haud
placet' ein entsclieidendes Gewicht zugesprochen wird. Auf
seine Plautinisclien Arbeiten Ubergehend spricht er sich so-
dann (p. 537 ff.) mit eben so bescheidener wie klar bewusster
Selbstsehatzung aus iiber das was er leisten gewollt und
was er geleistet zu haben glaube; iiber billige und freund-
485 liche Beurtheiler und boswillige Gegner 6) u. dgl. m., bis er
6) P. 637 f. : rPlautina, quae tu curandum ut denuo exprimantur,
putas, ita sunt diligentia industriaquc studii mei elaborata, ut ante
mcam huius auctoris cditionem nullam uspiam emendatiorem esso con-
8poctam affirmare, et hunc conatnm ita benc processiesc, ut cum non-
nullorum inuidia laudis aliquid meruerit, arbitrari posse vidcamur.
Nactus fueram exemplaria duo antiqua ab iudoctis librariis exarata,
Ka nequens et adhibens cogitationcs accuratas, et adiumenta undique
eolligcns, ita concinnaui fabulas Plautinas, ut non quidem integras
perfectasque omni bonitatc eaa cssc crederem; sed ut ista exposita a
nobis pcrscriptione utilem lectionem studiosis Latini Bermonis con-
ciliatuni iri statuerem. Atquc plus impendi temporis his lucubratio-
nibus, occupatiorque fui iu isto operc, quam fortasse debuerim, ut non
tam gloriandum ob haec eftecta, quam propter interniissa omissaquc
alia poenitendum csse videatur. Quod si de nostris laboribus etiam
tcstimonia, quibus illi celebrcntur ornenturque , proferri necessc est:
Etsi alii quoquc doctrina crudita cxcellentes viri in suis scriptis meac
industriae lau^abiliter meminerunt, unum tamcn solummodo non sine
ingcnti dolore nupcr adeo amissum et morte sublatum, Adrianum
Turncbum nominandum putauimus.' Hierauf cin ausgefiihrtes, warmes
Lob des Turncbus (den er in ahnlicher Weise in einem Bricfe an
hambin vom J. 1567 (p. 299) feiert, dem er auch direct scine aner-
kennendste Hochachtung bezeugt hatte in dem undatirten Briefe
p. 300 ff.), und dann : ' Adrianus igitur Turnebus et probauit multis iu
locis cditionem nostram Plautinam, et quae mutauit ipse iudicio suo,
illis asscrendis nunquam dixit mihi (quemadmodum hic noster auctor
loquitur) inclementer. Alii quidam petiuerunt me et sunt inaectati
vehcmcntiua atque insolentius, cum quibus ego non contendere, et ac-
ceptas plagas potius perpeti, quam repugnando ipsis ctiam aliquas
impingere volo: Ne rixa oriatur (id quod fieri solere nostrati prouerbio
dicitur) referiendo'. Woran sich die Reehtfertigung einer einzelncn
von ihm aufgestellten , abcr stark angefochtenen (!) Behauptung an-
echlicsst: nilmlich dass der iambischc Vers kcinen Creticus statt des
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ZU CAMERARIUS' PLAUTUSSTUDIEN. 73
schliesslich seine eigentliche Willensnieinung (p. 542) nur
in folgenden, nicht allzu deutlichen Worten zu erkennen
gibt: 'Te autem, nii Oporine, oro, ut et ea quae prioribus
adiecimus, et caetera omnia emendate exprimi studeas, ipse
admini8trationem tuani ad operarum prouincias adiungens,
ut quam fieri poterit incorruptissimus liber ex officina tua
prodeat, et ne errata etiam expressionis causam dent ob-
trectandi, id quod accidisse comperi, curiosae maleuolentiae.
Haec igitur studii industriaeque tuae cura erit Est autem
uiihi nota vis iugenii tui et grauitas iudicii, et doctrinae
eruditio, multoque maiora tuae considerationi tuoque arbitrio
committi recte tutoque posse scio.'
Was eigentlich Camerarius au Oporinus geschickt, wiirde
uian hieraus kaum errathen, wenn uns nicht spatere Briefe,
iu Verbindung mit einem weiterhin zur Sprache zu bringen-
den Umstande, zieiulich zweifellos ersehen liessen, dass es
theils ein fiir den neuen Druck durchgesehenes und — viel
oder wenig — verbessertes Exemplar des Plautinischen
Textes war, theils aber auch mehr oder weniger zahlreiche
oder ausgefuhrte Anmerkungen. Geringen Aufschluss zwar
gewahrt, was er ihm zunachst, fCal. VII br.' desselben Jahres
1566, schreibt7). Klarer dagegen spricht sich ein folgender 486
lambus znlasse. [Heutzutago sollto es uicht Wunder nehmcn, wenn
auch der von des Camerarius gcsundem Sinn zuriickgewieseno Creticus
gelegentlich wieder aufgenommen wfirde, nachdem wir das schier Un-
glaubliche — noch dazu von sonst so verstandiger Seito — erlebt
haben, daes auch statt des Anapast ein Baccheus als legitimster Stell-
vertreter aufgestellt worden.] — Ueber einen nicht genannten Wider-
tacher (fN. illius quisquia is est'), der sich uber Camerarius' Plautus,
wic es achcint bald nach desuen Erscheinen, in ziemlich gehaasigem,
wenigstens sehr unfreundlichem Tono geaussort, beklagt sich C. in
seiner maaavoll-reservirten und doch kernhaften Weise in einem Briefe
an Petrus Victorius aus dem Marz 1561: in unaerer Sammlung p. 466 f.
7) P. 542 f. : rDe Plautina editione res est in tua manu: facies de
ea, quod tuis rationibus maxime congruere putabis. Quo minus qui-
dem ex tua officina liber prodeat, cur inuidiam illam, quae abs to
commemoratur, metuas, causa esse mihi non videtur. (Kann sich wohl
nur auf das Verhaltniss zur Herwagen^schen Firma und die dieserhalb
zu uebmende Rflcksicht beziehen.) Sed, qucmadroodum dixi, id facies,
quod tnis rationibus ccnBueris esse aptissimum, tibique maxime oppor-
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74
BIO-BIBLIOGRAPHISCHES
Brief vom 13. Juni 1568 aus, uberhaupt der letzte unserer
ganzen Sammlung, p. 545. Er beginnt mit einem Gliick-
wunsch zu der Geburt eines Sohnleins (deun Oporinus (geb.
1507) hatte an irei Frauen keineswegs genug gehabt, son-
deru 1567 als vierte Honifacius Amerbach's Tochter Faustina
geheirathet), und fahrt dann also fort: fSed heus tu de
Plauto nostro, quem aliquando cum epistola ad te misi, quid
h'tV aut vbi ille delitcscit? Non pudet te vt spero compel-
lationis nostrae. Nequc me operae datae piget, quantumuis
aliae aliorum praeclarae quasi curationes vulnerum in illo
auctore exstent, et accessurae etiam deinceps esse videantur.
Est enim campus iste, in quem excurrere possit studium
diligentiae infinitum, Quod si forte tibi neque vacat neque
libet nieas lucubrationes exprimendas typis curare, fac, mi
Oporine (facile enim ct libenter istam tibi veniam damus,)
vt liber ad me redeat, qui meas notationes dpxeTUTrouc habet:
vt saltem intuendo hunc ego interdum me delectem, vel mea
industria laetans, vel quid alii fecerint diuersum considerans.
Sed exprimi nostra sane iatic velim. Totani autem rem
permitto tuo arbitrio. Modo liber mihi non pereat.'
Man sieht aus allem, Camerarius hat es, trotz theolo-
gisch-frommer Vorsatze, doch nicht ttber sich vermocht,.
seiner alten heiduischen Plautusliebe ganz untreu zu werden,
sondern hat in dem Zeitraum zwischen 1553 und 1566 in
tunum. Plautinae operae sunt praeclarae (?), et audio ab intelligenti-
bus artificium istud valde eas laudari. Sane erant adhuc permulta,
quac notare, indioare, exponere in illo opere potuissem, aed ita quoque
nimium studii impendisse mo arbitrari, antea quoque tibi scripsi. Et
relinquendum quoque est aliquid, quod tractantes hoc genua littcrarum
ampliufl cxplicent, cmcndcnt, concinnent, atque adeo in nostris carpant
et configant. Primum enim grammatici cst quaedam ignorare, et iu
aliquibuH falli. Deinde iata diligentia vcterura scripta reiuirgandi, at-
que addo ctiam inqnirendi in aliorum commentationes recentea, semper
aliquid profert, quod liberalem cognitionem instruat et adiuuet. Neque
me unquam quiuquam offendit rcpraehensor laborum mcorum. si enim
vere repraehendit et humaniter, gratiam scilicet deberi illi confitendum :
»in falao, maledice, contumcliose, meam Bcilicet vicem hac ipsa turpi-
tudine se ipsum ultus ij)8c est.' (Hcutzutage uoch cben so wahr wie
vor dreihundcrt Jahren.)
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* ZU CAMERAKIUS' PLAUTUSSTUDIEN.
75
aller Stille diese Studien, wenn auch uur als subsiciva, imuier
fortgesetzt, auch von den dahin einschlagenden Arbeiten
anderer fleissig Kenntniss genommen. Mit den calii% deren
'curationes vulnerum', noch dazu 'praeclarae', er so aner-
kennend bervorhebt, kann ubrigens ein eigentlicher Heraus-
geber nicht wohl gemeint sein; denn wie wenig die einzige
seit der Camerarischen Textesrecension uberhaupt erschienene
Ausgabe, der Plautinische Druck des Ioannes Sambucus
vora J. 1566, Anspruch hat auf ein so auszeichnendes Prii-
dicat, ist aus dein, was iiber diese Ausgabe in Opusc. phil. II
p. 114 ff. berichtet worden, leicht ersichtlich 8). Vielmehr 4*7
zielen des Camerarius Worte ohne Zweifel ganz hauptsiich-
lich auf des vou ihm (s. Anm. 6) so hochgestellten Adrianus
Turnebus Adversaria, deren zwei erste Theile schon 1564
und 1565 (der letztere kurz vor des Turnebus Tode) heraus-
gekommen waren9), imd in denen uns, ausser zahlreichen
gelegentlichen Erklarungeu, auch wohl kritischen Versuchen
zu einzelnen Plautusstellen, vor allem die Beuutzung einer
alten, leider seitdem vollig verschollenen Handschrift ersten
Kanges entgegentritt, iiber welche a. a. O. p. 121 ff. des
Nahern gehandelt ward.
Was an dem Briefe von 1568 befremdet, ist dies, dass
Oporinus noch ganz und gar als activer Typograph ange-
sprochen wird, wahrend er doch nach dem Bericht seiner
8) Dass ubrigens Camerariua rait Sambucus im besten Vernehmen
stand, zeigt nicht nur dcr Brief an Ioanncs Crato vom 6. Nov. 1566
(in unserer Sammlung p. 378), worin es am Schluss heisst: 'Sambucum
rogo officiosc saluteB verbis meis, a quo iampridem nihil accepi lite-
ranim', sondern noch dcutlicher die an Sanibucus selbst seit dem
Januar 1567 adressirten Briefe p. 408 ff., in welchen indcss (allerdings
doch auffallend) des Plautus mit keincr Sylbe Erwahnung geschieht.
9) So mit schatzenswcrthcr (ienauigkeit allein Brunct: wahreud
die deutechen Bibliographen (Georgi, Krebs, Ebert, Schwciger) hSchst
un?oll«tandig und unzulanghch nur von Drucken aus den Jahren 1580
(oder?) 1581. 1599. 1604, ausser den 'Opera' 1600, zu berichten wissen.
— (Der erst lange nach Turnebus' Tode von seinem Sohnc heraus-
gegebene dritte Theil dieser Adversaria, Buch 25 bis 30 enthaltend,
tragt ubrigens wirklich, wie Brunet angibt, die Jahreszahl 1573, obwohl
die Vorrede mit '12. Cal. Ian. 1572' datirt ist.)
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76
BIO- BIBLIOGKA PHI8CHES
Biographen die Druckerei auf Andringen seiuer vierten Frau,
tlie ihn von den Muhen und Sorgen des aufreibenden und
nienials eigeutlicli lucrativ gewordenen Geschaftslebeus erlost
wi.ssen wollte, schon im Jahre 1567 verkauft hatte 10). Ob
das Camerarius gar nicht erfahren hatte? oder ob Oporinus
doch noch einen personlichen Einfluss auf das verkaufte Ge-
schaft ausiibte, vielleicht sich sogar vorbehalten hatte? —
Wie dem auch sei: warum des Camerarius freundschaftliches
Drangen auf Publication seiner Plautina keinerlei thatsach-
lichen Erfolg gehabt, liegt klar genug vor Augen: deun
wahrend sein letzter Brief vom 13. Juni war, musste Opo-
rinus schon am 6. Juli desselben Jahres das Zeitliche segnen.
Sein Manuscript hatte indess Camerarius vorher nicht zurQck-
erhalten: denn noeh am 18. September 1568 schreibt er an
den Baseler Professor Theodor Zwinger (p. 441 der hier
immer zu Grunde gelegten Briefsammlung): 'peto abs tua
humanitate, videas quid fiat de Chronologia Nicephori u) et
488 Plauto meo. Nam hos libros ad Oporinum missos perire
sane nolim. Ipsum etiam Oporinum, ad quem praeposui
10) S. rAndr. Iocisci Silesii oratio de ortu, vita et obitu Joh. Opo-
rini Basilieusis ', Argentorati 1569, wiedergedruckt in r Vitae selectae
quomndam eruditissimoruni ac illustrium virorum' etc., Vratislaviae
1711, p. 631. Der populare Abriss in 'XVIII. Neujahrs-Blatt far Basels
Jugend', Basel 1840. 4, gibt Ncues, QuellenmiUBigeg gar nicbt.
11) (Jemeint i»t 'Cbronologia secundum Graecorum rationem tem-
poribus expositi!} autore Nicephoro archiepiacopo ConBtantinopohV etc.
War zueret Basel 1561 ex officina Io. Oporini erschienen; aber dem
Camerarius lag es, wie wiederholte Aeusserungen seiner Briefe zeigen,
in denen er immer wieder auf die r Chronologia ' zurflckkommt, sehr
am Herzen, eine neue und verbesserte Ausgabe davon zu besoigen.
DeH Oporinus Tod verhinderte das Jahre lang, bis sie endlich 1573
in Leipzig rprocurante Ernesto Voegelioo' herauskam: s. Hoffmann's
Lex. bibliogr. III p. 132. (Nicht exact genug Fabricius p. 520. Ganz
fehlt die Chronologia in dem Tatalogus librorum per Ioa. Oporinum
cxcusorum*, welcher beiden Drucken von Iocisci oratio (dem Breslauer
p. 637 - 693) angehftngt ist: eiu Verzeichniss von nicht weniger als
aehthalbhundert Druckschriften, aber weder chronologisch angeordnot,
8ondern alphabetiscb , noch auch nur die Jahreszahlen hinznfugend,
aUo wie rccht absicbtlich unbrauchbar. Auch Theonis progymuasmata
(8. o. Anm. 4) sucht man vergebens darin.)
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ZU CAMERARHS 1'LAl'TrSSTl'DIEN. 77
Epistolam Plautinis comoediis, celebrari velim. Non enim
tam male sentio de meis scriptis, ut non existimem ab his
alicui aliquid bonae opinionis conciliari posse'. — Verloren
gegangen siud darum die in Rede stehenden curae secundae
danials doch nicht, sondern ohne Zweifel noch in Canierarius'
Hunde zuriickgelangt, da sie sich Jahrzehnte spiiter als im
Besitz seiner Familie befindlich nachweisen lasscn.
Dieser Verbleib geht niimlich hervor aus einer Anfiih-
rung Gruters zu dem (in den Hdss. um eine Sylbe zu
kurzen) Verse der Menachmen V, 9, 73 (1133): 'Frater.
ME. et tu quem ego multis miseris laboribus 9 . . . , zu wel-
chem die Grutersche Amerkung also lautet: ?Si repetitum
interponeretur verbum Salve, esset et oratio perfectior, et
numeri pleniores; qui absque hoc bicupececi sunt explicandi.
Camer. in curis secundis ad Plautum, qui [sof] servantur a
nepote eius V. C. Ludovico Camerario, consiliario Palatmo'.
Ob dieser 'Cantzler, Hof- und geheimder Rath bei dem
ChurfUrsten von der Pfaltz Friderico V, wie es bei Joeher
heisst, des Grossvaters Curae secundae Grutei^n tiberlassen
oder ihm nur Einsicht in dieselben verstattet hatte, wird
nicht ersichtlich; anderer Erwtihnungen in Gruter's Noten
eriimere ich mich aber nicht. Was weiter aus ihnen ge-
worden, ist unbekannt. Ihr Verlust ist iibrigens zu ver-
schmerzen, wenn ihr sonstiger Inhalt nicht werthvoller war
als der obige Vorschlag, in dem Menachmenverse das voraus-
gegangene saluc zu wiederholen (wo?), wiihrend vielmelir
dem Metrum vollkommen aufgeholfen ist, wenn mit Bothe
miseriis, laboriibus geschrieben wird, asyudetisch wie dies,
noctes oder imperiis, praeeeptis im Trinummus 287. 302 und
Analoges bei Laclimann zu Lucrez p. 80. — » Bei welcher
Gelegenheit ich zugleich nicht versaumen will die irrthiim-
liche Angabe meiner adnotatio, dass cgo im Decurtatus fehle,
zu berichtigen; nur der Vaticanus, nicht B und C, hut es
zufallig ausgelassen, und darum fehlt es ira Lipsiensis und
der Princeps.
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78
BIO-BIBLIOGRAFHI8CHB8
3*)
333 Als ich in Bd. 2G p. 483 ff. [oben p. 69 ff.] l) von den
beiden nach Camerarius' Tode herausgekonimenen Brief-
sammlungen — 'Epistolarum familiarium libri VI', Franco-
furti 1583, und 'Epistolarum libri quinque posteriores',
Francofurti 1595 — die letztere fOr die Plautuslitteratur zu
verwerthen unternahm (denn die erstere enthalt gar nichts
hiehergehoriges) , Qberging ich absichtlich einen eben dahin
einschlagenden Brief des Camerarius, weil mir die Be-
wandtniss, die es mit einigen darin vorkommenden Notizen
33-4 hatte, nicht hinlanglich klar werden wollte und ich dieselbe
durch weitere Nachforschung noch zu ermitteln hoffite. Das
ist nun zwar in wiinschenswerthester Weise auch seither
nicht gelungen; um so mehr mogen aber nunmehr diese,
wenn auch fflr den Plautus selbst sehr untergeordneten,
Probleme fflr Liebhaber der Gelehrtengeschichte zu etwaiger
*) [Rhcin. Museum f. PhiL XXVII (1872) p. 333—342.]
1) Fiir das dort erwiihntc Verzeichniss der Schriftcn dcs Camera-
riufl in Fabricii Bibliotheca gr. Bd. XIII ist ubrigens von letztcrm
schon bcnutzt worden eine Druckschrift, dic heutzutage eben so
selten oder noch seltener geworden scheint als die in Bd. 23 p. 660 f.
[obcn p. 67ff.] wiedcr ans Licht gczogenen 'Indicationes' etc. : namlich
eines 'Georgius Summerus' (der sich jedoch nicht auf dem Titel,
8ondern nur unter dcr Dedicationsepistel an des Joach. Camerarius
Knkel Ludovicus nennt) 'Catalogus continens enumerationem omnium
librorum et scriptorum tam editomm quam edendorum viri incompa-
rabilis, Domini Ioachimi Camerarii, professoris quondam in academia
Lipsica celeberrimi. Dantisci, praelo Hfinefeldiano. Anno M.DC.XLVl'.
(40 unimginirte Bliitter kL 8.) Wenigstens in Dcutechland hat sie sich
auf nahe au zwanzig flffentlichen Bibliotheken nicht vorgefunden, bis
sie endlich in nachster Niihe, in der an Camerarianis aller Art reichcn
Leipziger Universitatsbibliothek in einem Miscellan-Couvolut durch
unseres Georg Voigt verdienstliche Bemilhungen ghlcklich eutdeckt
ward, zugleich mit einem handschriftlichen Bronillon fiir die Druck-
schrift, welches aber noch unvollst&ndiger ist ais die letztere selbst.
Neues war aus dieser nach keiner Seitc hin zu lernen. Auch in ihr
fehlt wundersamer Weise die Gesammtausgabe dca Plantus von 1552,
wie spater bei Fabricius, und wie auch bei Jiicher: obgleich doch ohne
Zweifel gerade sie die beueutcndste LeiHtung von allen strenger philo-
logischen Arbeiten des Camerarius uberhaupt iat.
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ZU CAMERARIUS' PLAUTUSSTI DIEN
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glucklicherer Losung signalisirt werden. Und da es inson-
derheit Leipziger Gelehrtengeschichte ist, die hier wesent-
lich mit in Betracht kommt, so niag man ja wohl einem
Leipziger Professor einen derartigen Excurs eben so nacli-
sichtig zu gute halten, wie specifisch bibliographische Studien
dein ehemaligen, vieljiihrigen Bibliothekar.
Es handelt sich um einen in der gedachten zweiten
Sammlung p. 303 — 305 gedruckten Brief, den Camerarius
%'lariss. Viro D. Vito Werlero Franco' schrieb, der aber
leider ohne alles Datum ist. Derselbe lautet nach jener
Ueberschrift vollstiindig wie folgt:
»S. D. Magno me gaudio affecerunt literae tuae, simul-
que tabellarii oratio, qui de te mihi percontanti diligenter
ad ea respondit, quae volebam maxime. Ego quidem de
te et saepe cogitare et multum loqui soleo. Recordor
enim et doctrinae tuae, quae mihi quondam puero, et in-
irameris aliis profuit, et intelligo quam operam bonis literis
atque artibus illis temporibus nauaueris. Laetatus igitur
sum, nuntio primum valetudinis tuae, deinde etiam pro-
sperae fortunae, et fuit inter haec mihi periucundum, quod
te vicinum esse nobis intellexissem. Sperabam enim futu-
rum aliquando, ut coram colloqui etiam concederetur, quod
quidem esset eiusmodi, ut tuae humanitati nihil, mihi vo-
luptatem afferret summam. Nunc vero de libris tuis quod
requiris, id ut debeo et tu vis, significabo tibi. Atque
feci idem ante quoque, meminisse enim videor, longo sane
interuallo, adhuc viuente amico nostro opt. et honestiss.
i
viro Iohanne Sailero, literas me ad te dedisse, quibus te
redderem certiorem, de tua bibliotheca relicta in patria
mea, exemisse me Plautianum \so\ Codicem, scripturae
veteris, de quo mihi Apellus suauiss. compater meus, qui
nuper est cum ciuitatis suae et amicorum sumrao dolore
raortuus, dixerat. Hunc igitur librum de plurimis tuis
excepi vnum, quod incredibili iam tamen [so, offenbar tum]
cupiditate tenerer, si non possem restituere auctori illi
pristinum nitorem, manifestam saltem et pudendam defor-
mitatem detergendi. In quo proposito atque studio, quam-
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80
BIO-BIBLIOfSRAPniSCHES
uis sit ab indiligente ac nou adnioduin erudito scriba ex-
aratus liber ille, meam tamen assiduitatem atque atten-
tionem saepe non parum adiuuit. Atque ego Norimbergae,
cum vna essemus, Eobauum Hessum, (quem tu ante multos
annos Lipsiae reuersum e Prussia et dilexisti vnice et fe-
cisti maximi) hunc igitur habui et socium laboris istius,
et meae industriae approbatorem, et admiratorem quoque
in hoc genere solertiae. Operam autem huic emendationi
impensam, ducerem, ut verum fatear, nimiam, nisi mihi
persuasum esset, neglectam hactenus lectionem accuratam
huiusmodi auctorum, discentum [so] studia impediisse, quo
minus proprietatem linguae Latinae possent cognoscere.
s35 Est autem spes mihi facta alterius insuper exempli Coj
moediarum Plauti, qui [so] e Britannia afferatur, quod hoc
si forte accideret, ne [so, statt ut] liceret coniungere cum
tuo, fortasse spectandum et praeclarum istum librum edituri
simus. Hanc operam tua quaeso humanitas, repetitione
codicis tui, quem tibi magno usui esse non posse scio, im-
pedire vel perturbare nolit, tibique persuadeas, si Deus fortu-
net conatus meos, pro illo tuo vnico mediocri libro, me esse
curaturum, ut complures optimi ad studiosos bonarum li-
terarum atque artium perueniant, vt tu cum luculento foe-
nore commodatum tuum recepturus esse videare. Vale.«
Der grosste Theil dieses Briefes bezieht sich, wic man
sieht, auf den sog. 'Vetus codex' des Plautus. Etwas
wesentlich Neues tiber dessen Herkunft und die Art, wie
Camerarius zu ihm gelangte, erfahren wir indess hier nicht,
sondern nur eine weitere Bestiitigung des bereits aus ander-
weitigen Bcrichten Bekannten, die man theils aus des Came-
rarius 'Epistola nuncupatoria' des J. 1545 (wiederholt vor der
Ausgabe von 1552), theils aus den ergiinzenden Angaben in
Pareus' Vorreden vollstiindig zusammengestellt findet iu Opusc.
phil. II p. 100 ff. Das Niihere, was in dem Briefe hinzu-
kommt, ware nur dann vollig klar zu stellen, wenn wir Dber
den Lebenslauf und namentlich die spiitern Schicksale des
VitusWerlerus besser unterrichtet wiiren-). Aber zunachst
2) Fast nur auf dic flQchtige Erwikhnung in Camerarius' 'Narratio de
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' ZU CAMERARIUS PLAUTUSSTUL>IEN. 81
die Leipziger Uoiversituts-Acten3), von denen man Auskunft
erwarten mochte, lehren uns nichts weiter, als dass er gleich 33«
im Anfang des Jahrhunderts daselbst inscribirt, schon 1501
zum Baccalaureus, erst 1507 zum Magister bonarum artium
promovirt wurde: worauf er aber in jenen Acten so voll-
Eobano Hesso' gehen die ganz dflrftigen bibliographischen Notizen zu-
rflck, die in 'Menckenii Dissertationes academicae' VI, 18 (p. 250 ed.
Lips 1734) stehen, woraus sie lediglich ins Deutsche flbersetzt sind in
J. A. Weber'8 'Einleitung in die Historie der lat. Sprache' (Chemnitz
1736) p. 424.
3) Aus ihnen hat mir namlich mein verehrter Freund Geh. Hof-
rath Gersdorf mit bewilhrter Gefalligkeit die uachBtehend wSrtlich
wiederholten Mittheilungen gemacht: «W. wurde im Winterseinester
1500 1 'rectore Nic. Fabri Grunbergcnse' inscribirt als 'Vittus Wirle
<le Sultzfeldt (nat. Bavar.)', zahlte auch die volle Gebuhr ('dedit 6 gr.,
totam'). Jedenfalls hatte er schon eine andere Universitat (wie z. 13.
Ingolatadt, Erfurt, COln etc.) besucht: denn er wurde bereits zu Fast-
nacht 1501 f decano Mart. Mcendorn de Hirschberck Siles.', als 'Vitus
Werle de Sultzfeldt' zum 'Baccalaureus bonarum artium' promovirt mit
der Bemerkung 'determinavit sub Virgilio' (d. i. Virg. Wellendarfler
Saliaburg. nat. Bavar.). Erst sechs Jahre nachher zu Faatnacht 1507
warde er 'decano Petro Schorman Glogoviense' als 'Vitus Werler Sultz-
fcldenau* bonarum artium magister ('incepit sub Georgio Meiningense'
=» Geo. Dottanio t. t. procancellario). W. ist aber rperacto biennio'
nicbt rin gremium s. concilium facultatis artium' aufgenommen wordeu
die philos. Facultat bestand damals aus 24 stimmfflbrenden Mitgliedern,
je 6 aus jeder Nation), folglich nie 'magister actu regens' oder mit der
Function eines 'executor, claviger, examinator, collegiatus, procancella-
rius, decauus' betraut, noch weuiger 'rector universitatis' gewesen.
Seine Wirksamkt-it kann nnr darin bestandeu haben, dasa er junge, noch
nieht genugsam vorbereitete Studiosen unterrichtete , wie man heutzu-
tage sagt 'einpaukte' ; aber kein einziger unter den mehrern Himderten,
«lie von 1509 28 hier promovirt wurden, 'determinavit s. incepit sub
M. Vito'. Hoflentlich ist dies nicht aus Mialiebigkeit dor 'Seniores'
gegcheben, sondern vermuthlich weil er es wegen allzu frflhzeitigen
Todes uicht erlebte.* — Dass mit der letztern Vermuthung doch nicht
das Richtige getroften ist, ergibt sich aua deu Ausfflhrungen unserea
Ttxtea. Aber so viel lassen die vorstehenden Notizen wohl sicher er-
kennen, dass es gar keiu genauer Ausdruck ist, wenn es bei Pareus
heust: fVito Verlero bonarum artium iu Academia Lipsiensi profes-
lOri*. — Wenn flbrigens in den actenmassigen Angaben die Namens-
formeu Wirle , Werle, Werler wechseln, so tritt als vierte hinzu, dass
ihn Camerarius in der Narratio de Eob. Hesso Vitus Berlerm echreibt.
fB. mSCHELII «.PVHCVI.A III. 0
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BIO • BIBLIOGRAPHI8CHE8
standig verschwindet, dass nian wohl sieht, er habe wenig-
stens ausserlich eine hervortretende Rolle an der Universitat
niemals gespielt. Mehr in der Stille kann er demohngeachtet
eine nicht unverdienstliche Wirksamkeit geiibt haben. Und
in der That, nicht nur nennt ihn Camerarius in der *Nar-
ratio de H. Eobano Hesso' (§11 des Kreyssigschen Abdrucks)
unter denen, die damals in Leipzig Vruditionis et humani-
tatis principes' gewesen seien, neben Io. Sturnus und Georgius
A.ubanus, sondern bekennt auch sich selbst ausdrOcklich als
seinen Schiiler, theils in unserm Briefe, theils in der Epistola
nuncupatoria, wo er bezeugt ihn 'explicantem comoedias Plau-
tinas' gehort zu haben. Das war also zwischen 1513 und
1518, in welchen Jahren Camerarius in Leipzig studirte ob-
gleich damals noch rpuer' (bekanntlich geboren 1500), aber
nach damaliger Sitte. Glaubhaft genug, dass sich von dieser
ersten Anregung seine spatere so energische Plautusliebe her-
schreibt. Sehr wohl passt deim auch zu diesen Daten, dass
nach Pareus' bestimmter Angabe es das Jahr 1512 war, in
welchem Werler den in Kede stehenden Plautuscodex von
dem, ihm doch vermuthlich befreundeten, Martinus Polichius,
dem ersten Rector der Universittit Wittenberg, zum Geschenk
erhielt. Dass er den hohen Werth dieses Besitzes erkannte,
liisst sich allerdings bezweifeln4); dass Camerarius selbst da-
mals noch keine Kenntniss von der Existenz einer solcheit
Handschrift erhielt, zeigt sicli spiiter (vgl. Anm. 7). — Naeh
diesem Zeitpunkte scheint es aber uusern Werler nicht lange
337 mchr in Leipzig gelitten zu haben. Wenigstens finden wir
ihn bereits 1521 inVenedig, wie dies hervorgeht aus einem
4) Dass ihm wenigstens Caracrarius nicht die Fahigkeit zutraute,
otwas Erkleckliches rait dem Oodex anfangen zu konnen, zeigt die un-
verhohlene Aeusaening seines J3riefes fquem tibi magno usui ease non
posse scio'. — Ueberhaupt wird man nicht irren, wenn man ihm unter
den Leipziger Lehrem des Camerarius doch nur einen secnnd&ren Hang
anweist, im Vergleioh mit Mannern wie Georg Helt, Richard Crocus,
Johannes Metzler und Petrus Mosellanus (Schade): wie denu diese auch
allein, nicht neben ihnen auch Werler, genannt werden in des Andreas
Fr<»yhub fOratio in funere loachimi Camerarii' (Lipaiae 1574), dea-
gleichen in Joh. Fr. Fischer's fOratio de Ioachimo Camerario' (Lipsiae
1762) p. xii.
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ZU CAMERARIUS PLAUTUSSTUDIEN.
83
in diesem Jahre von dort an Camerarius geschriebenen, mit
Ter tuum Georgiuni Sturciadem Operc.,f') unterzeichneten
Briefe, welcher in der von Camerarius selbst 1568 heraus-
gegebenen Briefsammlung ('Libellus novus' etc.) stehtfi). Denn
daselbst liest man gegen Ende des Quaternio 1): fNunc id
uiitim rogo, teque libenter facturum esse certo scio: Eoba-
num Hessum meo nomine et D. Viti Werleri, qui Venetiis
me allocutus est, saluta'. Ob dieser Aufenthalt in Venedig
ein dauernder war oder nur ein voriibergehender, wird nicht
ersichtlich. Sollte es aber damals auch nur ein Reisebesuch
von Leipzig aus gewesen sein, was keine besondere Wahr-
sehcinlichkeit hat, so ist doch sicher, dass W. sehr bald
darauf Leipzig als Wohnsitz wirklich ganz aufgegeben hatte,
uud zwar noch vor 1525. Denn in diesem Jahre, wie die
Epist nuncup. von 1545 (fanni iam sunt XX') genau angibt,
war es ja, dass Camerarius, nach den dazwischen liegenden
•Jahren seines Erfurter und Wittenberger Aufenthaltes wieder
in seine frankische Heimath zuruckgekehrt , hier aus Wer-
lers daselbst zuruckgelassener Bibliothek (Me tua
bibliotheca relicta iu patria mea') den Plautuscodex zur Be-
i») d. i. Georg Sturtz, genannt Opercus, der humanistisch gebil-
dete und gesinntc Freund von Camerarius, Melanchthon, Eoban Hessus
Euriciug Cordus und Genossen, spliter, nach lilngerm Aufenthalt in Ita-,
hen, Erfurter Professor der Medicin. [Zahlreiche Briefe an ihn von
hobanus Hegsu*, zum Theil auch au diesen von ihm, stehen in der zu
Marburg 1543 (in fol.) erschienenen Sammlung 'Helii Kobani Hessi . . .
et amicorum ipsius Epistolarum familiarium libri XII'.]
6) Um leicht mogliche Verwechselnng zu verhiiten , sei hier be-
ffierkt, dass es ausser den zwei erst nach Camerarius' Tode heraus-
P^ommenen Briefsammlnngen vier schou bei dessen Lehzeiten er-
schienene, von ihm selbst zum Druck beforderte gibt. Die erste bildet
den Anbang zu der 'Narratio de H. Eobano Hesso', Norimbergae 1553:
ohne die 'Narratio' 21% unpaginirte Quaternionen in kl. 8. Mit ttuck-
"cht uuf gie ward die folgende betitelt 'Libellus alter, epistolas com-
plecteoi Eobani et aliorum' etc, Lipsiue 1557: 10 unpaginirte Quater-
niooeu in kl. 8. Weiter folgte 'Tertius libellus epi&tolarum H. Eobani
Hes»i et aliorum' etc., Lipsiae 1661: 19 unpag. Quat. in kl. 8. Endlich
▼iertens der oben angezogeue 'Libellus nouus, epistolas et alia quae.
dam monumentii doetorum .... coniplectens' etc, Lipsiae 1568: 21
■W Qoat in kl. 8.
C*
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84
1U0-BINLI0GRAPIHSCHE.S
338 nutzung erhielt7). Dies tritt in verstandlichen Zusammen-
hang durch die sich von selbst ergebende Coinbination, dass
W. Leipzig und die ganze dortige Stellung verlassen, natUr-
lich seine Bibliothek mitgenommen, sich (mit ihr) zunachst
in seine ebenfalls frankische tieimath (vermuthlich nach
NGrnberg: vgl. Anm. 7) begeben, hier jedoch sich damals
nicht dauernd niedergelassen, sondern wiederum anderwarts
hin gewendet hatte, aber jetzt unter Zurucklassung der Biblio-
thek. Dass es Ttalien war, wohin er seine Richtung nahm,
wird durch die oben beigebrachte Briefnotiz wahrscheinlich
genug. Wie lange er — sei es dort blieb oder sich etwa
noch anderweitig herumtrieb, daruber fehlt uns (wenigstens
mjr) jede niihere Kunde. Ein gutes Jahrzehnt ist jedenfalls
hingegangon, vielleicht auch anderthalb, bis wir ihm zuerst
wieder begegnen: eben in dem obeu an die Spitze gestellten
Briefe des Camerarius.
Wir finden ihn hier in Deutschland, und zwar irgendwo
in der Niihe des Camerarius ('vicinum nobis'), und in 'pro-
spera fortuna', iiber welche C, wie iiber die Nachbarschaft,
7) Dasa die8 durch die Vermittelung des Michael Rotingus ge-
schah, gibt die Epist. nuncup. an, indem aie diesen als rpropinquus'
Werlers bezeichnet. Da Roeting ebenfalla wie Werler (s. Anm. 3) aua
Sultzfeld in Franken war nach Jocbcr, so verstebt man, wie gerade ihm
Werler die Anfsicht iiber seine zuriickgclassene Bibliothek anvertrante.
Da wir aber ferner Roeting von 1526 au als Professor am Gymnasiuni
Aegidianum in Ntirnberg finden, ao wird es nicht unwahrscheinlich,
dass ea eben Niirnberg war, wohin sich Werler nach Aufgebung Leip-
ziga zuniichst zunickzog und wo er, selbst in weitere Fernen schweifend,
einstweilen seine Bibliothek zuriicklieas. - Wenn Camerarius in unserni
Briefe seinen (rnuper cum civitatis suae et amicorum summo dolore
mortuus') ^suavissimus compater Apellus' als denjenigen nennt, der
ihm zuerst Kenntniss gegeben von der Existenz des Plautinischen Codex
iu Werler's Bibliothek, so liegt die Verrauthung uahe, dass dies wahrend
des Camerarius Aufenthalt in Witteuberg geschah, da es ja WTittenbergs
erster Rector Polichius war, dem Werler den koatbareu Schatz als Ge-
schenk verdankte und von dem das dort Apellus erfahren baben konnte.
Denn Wittenberg als des rApe]lus' Wohnsitz geht hervor aua einem
vom 23. Dec. 1626 datirten Briefe des Breslauer 'SeDator primarius'
Johannes Metzlerns au Melanchthon in dem Anm. 6 erwahitten 'Tertiii!1
libellus', worin e« Quat. /f, 2 heinwt rsalu(a Maitinum Theologum et
Apellum lurisconsultuni'.
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7X OAMERAKirS 1'LAl'TUSSTUDIEK.
85
seiiie Freude ausdrttckt. Beides macht den Eindruck, als sei
es noch ein ziemlich neuer Wechsel der Geschicke, der ftir
Werler eingetreten war: wenn wir uns auch hescheiden miissen
nicht zu errathen, ob die 'prospera fortuna' in einer er-
wunschten Anstellung oder glucklichen Erbschaft oder reichen
Heirath oder worin sonst bestand. Erst kiirzlich, wie mau
glauben mochte, aus der Fremde zuriickgekehrt, faud er sich
nunniehr veranlasst an Camerarius zu schreiben und sich von
ihm die seit 1525 in dessen Hiinden gebliebene Handschrift
zuriickzuerbitten. Was und wie ihm dieser antwortete, liegt
uus in seinem Briefe vor Augen. — Wann und von wo also
ward dieser Brief geschrieben? Erstens nothwendig nach
1533, weil nur bis in dieses Jahr Eoban Hessus mit Came-
rarius zusammen in Niirnberg lebte, wo sie beide gemein-
sckaftlich den Plautus tractirten. Aber auch spilter als 1535,
in welchem Jahre C. Niirnberg verliess, wilhrend er doch
sckreibt fNorimbergae cum una essemus', wofiir er ja sonst
unfehlbar fin hac urbe' gesagt hatte. Folglich ist der Brief
entweder zwischen 1535, wo C. nach Tiibiugen iibersiedelte,
und 1541, wo er es mit Leipzig vertauschte, oder aber nach
1541 von Leipzig aus geschrieben. Die Wahl kann nicht
zweifelhaft sein, wenn man dio Art, wie C. von seinen Plau-
tinischen Studien spricht, aufmerksam ins Auge fasst. Zwar
schon seit 1525 bekennt er von dem Wunsche beseelt ge-
wesen zu sein, den trefflichen Autor einmal in gereinigter
Gestalt lesbar und nutzbar zu machen; aber in welcher Ferne
ihra die Verwirklichung dieses Gedankens noch vorschwebte,
zeigt doch schon das ffortasse', mit dera er von der Mog- 330
lichkeit einer kiinftigen Ausgabe spricht. Nun aber liess er
ja nicht nur schon im J. 1545 fiinf von ihm bearbeitete
Stucke (s. Opusc. II p. 97 N. 29) mit seinem Namen er-
scheinen, sondern ohne seinen Namen, wenn auch allem
Anschein nach mit seiner Bewilligung. waren deren drei
andere nach seiner Recension sogar schon zelm Jahre friiher
in der Hervagiana vou 1535 ans Licht getreten (ebenda p.
95 f. N. 27), ohne sein Wissen und Willen aber das Jahr
darauf noch drei weitere in dem Magdeburger Druck des
(ieorgius Maior von 1536 (ebend. p. 97 f. N. 31). Diesen
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8G BIO-BIBLIOGRAPHISCHE8
Thatsachen gegeniiber hatte sich Camerarius nach 1541 iiber
seine Plautusabsichten unmoglich so unbestimmt ausdriicken
konnen, wie er in dem Briefe an Werler thut. Und daruui
ist dieser Brief nicht nur gewiss nicht erst von Leipzig aus
geschrieben, sondern wir werden auch der Wahrheit um so
niiher kommen, je naher wir ihn an den Anfang des Tiibinger
Aufenthalts riicken, also bald nach 1535 selbst ansetzen.
Nicht lange vorher war es demnach, dass Vitus Werler, ein
ziemlich imruhiger Geist wie es scheint, in der Nahe von
Tiibingen, also irgendwo in Siiddeutschland , wioder Ruhe
und ein festes Domicil gefunden hatte.
Soweit hatten die vorstehenden Combinationen und Wahr-
scheinlichkeitssehlusse gefiihrt, als ich erst des in Anm. 6
niiher bezeichneten 'Libellus alter' etc. von 1557 habhaft
wurde und darin uberraschender Weise der authentischen
Bestiitigung des Hauptpunktes begegnete. Daselbst findet
sich namlich Quai Ey 8 der ganze, spater in der Sammlung
von 1595 nur wiederholte Brief, wie er oben mitgetheilt
wurde, bereits zum erstenraal gedruckt, im Uebrigen wortlicb
tibereinstimmend und nur in. Ueberschrift und Unterschrift
etwas vollstandiger: dort Tlariss. Viro virtute et sa-
pientia praestanti, D. Vito Werlero Franco. S. D.', am Schluss
aber fVale. Tubingae. loach. Camerar. T.' Und wiederum
stimmt vortretflich dazu, dass in einem unmittelbar vorher-
gehenden, fTubingae Idib. Sextilis. a. 1536' datirten Briefe
au Eob. Hessus (wiederholt in den Epist. famil. libri VI vou
1583, p. 393) Camerarius schreibt fvel tu cogita quae nuper
sint impactae secures, nunciata morte Christophori Coleri et
paulo post Apelli' etc: vgl. Anm. 7.
Geantwortet muss wohl Werler zustimmend haben, da
Camerarius in der Epist. nuncup. sagt cet ipse dominus libri
postea ut uterer benigne perniisit\ Spiiter mag dieser danu
die Handschrift wohl durch Kauf oder Tauschs) als volles
8) Auf Tau8ch ficheineu die Schlussworte des Briofes zu deutcn:
fpro illo tuo unico mediocri (!) libro me cbhc curaturum ut complurea
optimi* (man orwartet fad te'; aber nein, er fUhrt fort) fad stu-
diosos bonarum litterarum atque artium perveniant', schliesBt abcr mit
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ZU CAMERAKirs' PLATJTUS8TUDIEN.
87
£igenthum erworben haben, weil sie ja doch aus den Handen :uo
seiner Erben in den Besitz der churpfalzischen Bibliothek
uberging und in dieser bis zu dem schmachvollen, noch
immer ungesiihnten Kaube Tillys und des mitschuldigen
Papstes verblieb.
So viel von Veit Werler und seinem fCodex vetus', unsenu
B: oder vielmehr so wenig. — Dieses Wenige wird man sich
aber wohl hOten etwa durch noch einige andere Erwiihnungen
der oben benutzten Briefsammlungen vermehren zu wollen,
welche zwar alle einen Vitus betreffen, der aber unser Vitus
Werler unmoglich sein kann. So, wenn in dem 'Tertius
libellus* Quat. J} 8 der Strassburger Professor Jacobus Be-
drotus an Camerarius schreibt: fKogo te mi suauiss. Ioach.
tuas (vielmehr wohl 'meas') inclusas ad Vitum Noriber-
gensem mittere uelis, quamprimum id tu commode potes
facere, quo is Vuitebergam illinc perferendas curet ad Mili-
chiura nostrutn', und weiterhin noch einmal: eTu quaeso meas
eura, ut ad Vitum perferantur\ Denn da dieser Brief schliesst:
Tide igitur, ut optimo, id est Tubingensi uino nos recrees',
also nach Tiibingen geschrieben ist, so konnte man auf den
ersten Blick wohl meinen, Niirnberg sei es gewesen, wo sich
Werler nach seiner Riickkehr ins Vaterland niedergelassen
habe: wenn nicht doch die Entfernung Niirnbergs von Tii-
bingen viel zu gross scheinen miisste, als dass ihn Camera-
rius dort als 'vicinum' begriissen und auf solche Nachbar-
'nt tu cum luculento foenore commodatum tuum recepturus esse vi
deare'. Das sieht ganz so aus, als wenn Camcrarius Werler's Person
und etwa eine unter ihm gtehende Anstalt als solidarisch betrachte und
ruckeichtlich der in Aussicht gcstellten Gcgenleistung identificire. Auf
dif eine, von C. beabsichtigt*» Plautusausgabe , und ihren Wcrth fiir
die gflrhrte Welt uberhaupt, kOnnen doch di»* 'coinplures optimi libri'
unmoglich gehen. — An Kauf mussten wir denkeu , wenn Pareus in
seinen Worten 'e cuius [Verleri] locularaentis librariis depromptum
htinc codicem Micaelus Rotingius mancupio illum (?) dederat . . . Ca-
merario' das 'mancupio' im wahren Sinne alter Latinitat gebraucht
niitte; da aber Roeting den Codex an C. nur lieh und nur leihen konnte
(l. Anni. 7), bo muss sich Pareus eingebildet haben, dies lasse sich
durch fmancupio dare' lateinisch ausdriicken.
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88 BIO - BEBLIOORAPH1BCHE8
schaft die Hoffnung eines baldigen personlichen Wiedersehens
griinden konnte. — Aehnlich verhalt es sich mit einem Briefe
des Camerarius selbst an Henricus Urbanus (d. i. Euricius
Cordus), der in derselben Sammlung Quat. T, 2 steht und
diesen Anfang hat: 'Literas ad Vitum nostrum scriptas a
te nescio quis attulit, eas pro beneuolentia nostra, qua ipsum
complector, resignaui ac legi, statimque nactus tabellarium,
curaui ad ipsum perferendas. Abest enim iam menses totos
tres, quod apparet te ignorare, profectus me quoque hortante
in Francos, ad gerendum munus scholasticum. Nam cum
eum meeum libentcr haberem, quod homo adolescens diligen-
tiss. operam discendis literis bonis tribuerit, uiderem autem
non sine detrimento apud me illum tamdiu delitescere, ipsius
utilitati non meis rationib. consulendum duxi, et ad munus
illud, quod dixi, obeundum eum dimisi, ita tamen, ut ei po-
testatem fecerim, si minus conditio bona ferretur, ad nos
quandocunque uellet, reuertendi. Quam ob rem et tuas literas
libentius et citius ad eum peruenire studui, ut si in Francis
maneret inuitus, gemina ei uia pateret decedendi. Haec ut
341 scires, quid de tuis literis factum esset, putaui tibi a nobis
scribi oportere'. Man konnte es sich ja allenfalls einiger-
massen zurechtlegen, dass im J. 1535 (dem Todesjahre des
Euricius) Werler, nach Deutschland zuriickkehrend, zuerst bei
Camerarius in Tubingen Zuflucht und Aufnahme gefunden
htitte und dann von ihm in eine frankische Schulstelle diri-
girt worden ware. Aber was solche Moglichkeit sogleich
vollig abschneidet, ist ja schon der Ausdruck fhomo adole-
scens', mit dem C. den so viel altern Lehrer in keiner Weise
bezeichnen konnte: abgesehen davon, dass er mit diesem
offenbar auch gar nicht in einem so fast ziirtlichen Verhalt-
niss stand, wie es dieser Brief ausdrUckt, — Ich habe diese
Stellen auch nur darum hier in extenso wiederholt, um jeman-
dem, der in diesen Gelchrtengeschichten besser bewandert ist
als ich, Anhaltpunkte zu geben zu der Ermittelung, wer denn
eigentlich der hier gemeinte fVritus' war. Und zu diesem
Zwecke seien denn auch noch aus einem von Micyllus aus
Heidelberg an Camerarius in Niimberg geschriebeuen Briefe,
der sich in dem 'Libellus novus' Quat. M, 6 Hndet, die wenig
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7X CAMKKARIUS' 1'LAUTUSSTU DIKN.
«igniticanten Worte mitgetheilt: fDe reliquo negotio, puto D.
Vitnm iam olim tibi rescripsisse'..
Noch interessanter, als das den fVetus' betreffende, ist
die zweite Hauptnot-iz, die der Brief des Camerarius in Be-
ziehung auf den Plautus enthalt, wenn auch noch weniger
sicher aufzukliiren. Er spricht am Schluss von der Aussicht
die sich ihm eroffnet habe, noch eine zweite Plautushand-
schrift zu erhalten, mit deren Beihiilfe er sich wohl ent-
schliessen konne den Dichter in neuer Bearbeitung erscheinen
zu lassen. Naturlich meint er eine alte; denn um neue,
erst aus dem loten Jhdt stammende, dergleichen ja dutzend-
weise vorhanden waren, war er verstiindig genug sich gar
nicht zu bekiimmem. Nun hat er ja aber, wie wir alle
wissen, spater neben dem fVetus' noch eine zweite alte Hand-
pcbrift nicht nur fiir seine Textesrecension wirklich benutzt,
sondern auch selbst besessen: den von Pareus so getauften
'Oecurtatus'!r); und von der, sei es gewussten oder auch
nur vermutheten Existenz einer dritten ist bei ihm oder bei
Taubmann, Pareus, Gruter nirgends die geringste Spur vor-
handen10). Wer mochte es also nicht als wahrscheinlich an-
sehen, dass die von Camerarius fruher erhotfte, spiiter wirklich
zum Besitz erlangte Handschrift eine und dieselbe sei? —
Aber was uns in gleichem Grade stutzig machen muss, ist
doch, dass er sie fe Britannia' erwartet! Wie soll der
rDecu^tatus, nach England gekommen sein? Denn etwa gar
die franzosische Bretagne hiitte Camerarius doch gewiss nicht 342
mit dem simpeln fBritannia' bezeichnet. Und durch wen,
auf welchem Wege sollte er sie aus England erhalten haben?
Moglich, dass er durch irgend ein falsches GerOcht, welches
sich nicht bestatigte, getauscht wurde, und es ein von diesem
Geriicht ganz unabhangiger GHicksfall war, durch den er
9) Hcutzutage wiirden wir ganz einfach eine 'Folio-' und eine
'Qaarthandschrift' unterscheidf n.
10) Denn die schon 1429 in Deutschland entdeckte, nach Kom ge-
brachte und dor dortigen Vaticana rinverleibte (D) war in jonen Zeiten
keinem Menuchen in Deutschland bekannt.
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mO-HIHLIOGRAPHISCHF.S
spater im deutschen Vaterlande selbst doch in den Besitz
einer zweiteu Handschrift (unseres ^Decurtatus') gelangte.
Aber anderseits: oube'v ecr' cittujuotov. Dass der 'Decurtatus'
ursprunglich der Freisinger Stiftsbibliothek angehorte, con-
statirte ich erst ktirzlich wieder oben p. 192 [54], wo zu-
gleich daran erinnert ward, dass nach Docen s Andeutungen
viele der Freisinger Handschriften iui 14ten und 15ten Jahr-
hundert liederlich zerstreut und verschleppt wurden. .Tene
Andeutungen sind viel zu kurz und allgemein, um einen
nahern, einigermassen verlasslichen Anhalt ftir den uns vor-
liegenden Fall zu gewiihren; aber ftir unmoglich kann es
doch bei solcher Sachlage nicht erkliirt werden, dass ein
Sttick der Freisinger Schiitze auf irgend einem Wege nach
England verschlagen wurde und von da, freilich wiederum
durch irgend eine nicht im gewohnlichen Laufe der Dinge
liegende Verkettung von Unistanden, nach Deutschland zuriick-
gelangte. — Wer dartiber mehr Licht zu geben vermag, wird
sehr willkommen sein.
4.*)
( Veit Werler.)
i6i Das trostliche 2?iTtiT€ xa\ eupr|C€T€ hat sich wieder ein-
mal bewahrt: genauer noch im vorliegenden Falle ^pujTctTe
Kai 6ibax6r|cec8€. Und zwar ist der tiberaus freundliche Be-
lehrer Herr Studienrector H. W. Heerwagen in Ntirnberg,
dem daftir der beste Dank gosagt sei. Seine Vertrautheit
mit der Specialgeschichte des Reformations- und Huraanisteu-
zeitalters vermochte die ctTropiai, welche oben p. 333 — 342
[78 ff.] unerledigt bleiben mussten, in wesentlichen Partien
einer befriedigenden Losung zuzuftihren, und zwar vornehm-
lich durch die Nachweisung zweier vorher nicht benutzten
Quellen von allerdings ungleichem Wertlie: 1) Ge. Andr.
WilTs ('Kais. Hof- und Pfalzgrafeu') Ntiruberger Gelehrten-
Lexicon, Ntirnberg u. Altdorf 1755— 5«. 4 Bde 4; 2) Ioh.
Heumanni Docuiueuta literaria varii argumenti, Altortii 1758.
*) [Hhein. Muscum f. Phil. XXVIII (1873) p. 151-170.J
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ZU CAMERARIlTg' PLAUTITSSTITDIEN.
91
8. Wenn uns die in ihnen enthaltenen Notizen in erwiinschter
Weise iiber die Lehensschicksale des Vitus Werlerus auf-
klaren, so ist zwar damit, wie schon frtther nicht verhehlt
ward, fttr die Plautusstudien selbst nichts Weseutliches ge-
wonnen: desto mehr haben sich aber seine Manen bei die-
sen dafur zu bedanken, dass sie der Anlass geworden, das
sehier verschollene Gediichtniss eines dunkeln Ehrenmannes
— deun das war er ersichtlich — wieder aufzufrischen.
Schon der genannte Heumann (in der den Documenta vor-
ausgehenden Commentatio isagogica p. 106) sagt von ihm:
Me Vito Berlero siue Verlero, uiro egregie docto, immerito
tacent biographi literarii\ — Jedenfalls ist man es sich und
Andern schuldig, einmal Angefangenes nach besteui Verniogen
auch zu Ende zu ftthren: wenngleich ich zugeben muss, dass,
an sich betrachtet, die nachstehenden Erorterungen ihrem
grossern Theile nach sich fast eher fttr eine specialhistorische
oder litterargeschichtliche, als fttr eine specifisch philologische
Zeitschrift eigneten. Aber oft genug sieht man ja eben gar 152
nicht voraus, wohin ein einmal eingeschlagener Weg schliess-
lich fuhren wird.
Wir wussten von Werler, dass er, aus Sulzfeld in
Franken gebttrtig, gerade im Anfang des Jahrhunderts in
Leipzig immatriculirt, 1501 daselbst zum Baccalaureus, 1507
zum Magister bonarum artium promovirt ward; dass er 1512
von Martin Pollich, dem ersten Rector der Universitat Wit-
tenberg, den 'Vetus codex' des Plautus zum Geschenk erhielt;
dass Camerarius, als er von 1513 bis 1518 in Leipzig stu-
dirte, ihn daselbst den Plautus interpretiren horte; wir fanden
ihn 1521 in Venedig, endlich um 1535/36 in des Camerarius
Nachbarschaft, irgendwo in der Umgegend von Tubingen,
sesshaft geworden: — das war alles. Die Lucken zwischen
diesen Stationen werden uns nun, wenn nicht vollstandig,
80 doch in den Hauptpunkten ausgefullt durch Will und
Heumanu, deren Angaben zunachst mit ihren eigenen Worten
vorzuftthren sind.
Bei Will heisst es in dem Artikel ttber clioting oder
eigentlich Roting, auch Rotinger (Michael)' in Bd. 3 p. 410
also: — rein gelehrter Philologe, ist im Jahre 1494 zu Sulz-
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WO- 1UULIOORAP11ISCHKS
feld in Franken gebohren worden, als woselbst sein Vatter
ein Winzer war. . . . Um 1515 begab er sich zu seiner Mutter
Bruder, Veit Worler1), der der Kechten Doctor und der
Grafen von Hohenstein Hofnieister war, nach Ingolstadt, und
sodann mit demselben weiter zur Beforderung seiner Studien
nach Leipzig*. — Dass indess hier Richtiges und Unrichtiges
mit grosser Ungenauigkeit durch einander gemischt ist, wird
sich weiterhin zeigen.
Weit wichtiger und zuverlassiger sind uns Heumanns
Documenta dadurch, dass sie p. 287 — 298 zwei eigenhiindige
'Epistolac Viti Berleri' an Wilibald Pirckhcimer *) mit-
theilen, die uns den Mann uuter mehrfachem Gesichtspunkte
im besten Lichte erscheinen lassen. Wir finden ihn hier iui
Verhiiltniss warmer Verehruug und freundschaftlichen Ver-
i5s trauens zu Wilibald Pirckheiraer 3); der doch, wie wir
z. B. aus Eoban Hesses Beispiel wissen, sich sehr sprode
und vornehm ablehnend verhalten konnte; voll lebendiger
Theilnahme an den die damalige Zeit erfilllenden liumanisti-
schen Interessen und Bestrebungen, fnicht ohne sympathisehes
Verstandniss fiir das reformatorische Werk Luthers 3ft)]; voll
1) Das ist also die funfte Namensform, untcr welcher der Manti
erscheint: s. o. p. 336 [81] Anm. 3. Er 6elbst schreibt sich in den Brie-
fen an Pirckheimer einmal Verlerus, das andere Mal Berlerui: s. u.
Anm. 5 und 9.
2) r Wahrscheinlich in der Niimberger StadtVnbliothek nnter Pirck-
heimer'8 schriftlichem Nachlass noch im Original vorhanden' nach
Heerwagens Aeusserung. In die durch Melch. Goldast besorgte Gc-
sammtausgabe von f Pirckheimeri Opera* (Francofurti 1610. foL) sind
sie nicht mit aufgenommen, obwohl darin viele andere Briefe nicht
nur von, sondern auch an Pirckheimer stehen. [Erklart sich nach
Heerwagen^s nachtraglicher Mittheilung daraus, dass sie, mit vieleu
andern Pirckheimer'schen Papieren in einer Nische des Imhofscheu
Hauses eingemauert, erst um 1757 bci Gelegenheit cines Umbaues
entdeckt wurden. Darauf bezioht sich auch eine AeusBerung iu Heu-
mann's Dedication vor deu Documenta literaria.]
3) Dieses Vertrauensverhaltnise wird auch bezeugt durch den Eni-
pfehlungsbrief Werler's fiir Tranquillus Parthenius, von dem s. u.
p. 163 [107 £].
3*) [Weuigstens bis zum J. 1522. Denu in diesem Jahre ist es,
dass er flich in dem BOgleich auezugsweise mitzutheilenden Wiesen-
♦
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ZU CAMERARIIS' PLAUTUSSTUDIEN.
93
Trauer Uber den Hingang Reuchlins und den vermeintlichen
Tod des fihm von der Leipziger Studiengemeinschaft her be-
freundeten] Ulrich von Hutteu4); vom melancholischsten
Schmerz ergriffen iiber die Zerrissenheit des kampfdurch-
wflhlten deutschen Vaterlandes und die truben Aussichten
auf endliche Besiegung der 'barbaries': und allen diesen
Empfindungen und Gesinnungen gibt er, [eine ersichtlich
milde und weiche Natur von iiberwiegend friedfertiger Ge-
muthsart,] beredten Ausdruck als lateinischer Stilist von einer
selbst fur jene Zeiten und Kreise nicht gewohnlichen Ge-
wandtheit und Frische. — Der erste jener Briefe6) nun ist
datirt fTicini XVI Septembr. anno XVIIir, enthiilt indess
fiir unsern Zweck nur folgende Aeusserungen p. 287 f.:
'Peregrinatus sum iis (soll sein his) iam aestiuis studiorum
uacationibus paulo liberius, mores hominum et urbes propius
inspecturus grammaticos plerosque salutaui, audiui non parum
steiger Briefe p. 297 also ausspricht: fDe negotio Lutheri uix ausim
scribere, quae sentio; ita nunc uides a plerisque ad calnmniam trahi
ea, quae Hiueerissimo etiam animo sunt aut scripta aut dicta, inter-
pretanturqne iu eam, quam ipBi uelint, partem, cum quo tamen homi-
num genere non pugno, sint per me unicuique libera, modo recta,
iudicia. Perlegi nuper illius libellum in HenricumVIII, Angliae regem,
editum. Si cui iste scribendi modus placet, placeat; nihil improbo
aliorum eententias, mihi certe tam acerba insectatio cum in omnibus
boneatifi studiis, tum praecipue in sacris probari neque potest, neqne
debet. Faueo Luthero plurimum, Euangelica lux adeo mihi cordi est,
ut mihi nullo tempore unquam aliquid fuerit in uotis magis, quam ut
negotium hoc, qualitercunque sit coeptum, in Iesu Christi ac euange-
licae ueritatis gloriam cedat.']
4) Ueber das Verhaltniss zu Hutten s. Naheres weiter unten. —
Wenn in dera eben genannten Wieeensteiger Briefe vom October 1522
p. 293 des 'Geruchtes' von Hutten'» Tode Erwahnung geschieht, so
war das eben eiu falsches, da Hutten bekanntlich erst im August 1523
starb. Anch in Betreff ReuchhVs ist es nicht genau, wenn es von ihm
heiast fhoc proximo iam mense uitam cum morte feliciter cuimnutauit
da Reuchlin's Tod schon in den Juni fiel. Dass und warum Werler
gar nicht in der Lage war, uber dergleichen Ereignisse aus der Fremde
exacte Kunde zu erhalten, wird unten p. 1G7 [113] ersichtlich.
5) Dieser Brief iat es, in dem er sich selbst ftuus Verlerus* schreibt,
wahreud der folgende von ihm unterzeichnet ist ' Vitus Berlerus ex
animo ac toto pectore tuus'. Vgl. Anm. 1.
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94 BIO-BIBLIOGRAPHISCHES
multos. Sed quid tuui? en (quod pace aliorum dixerim)
solus Baptista Egnatius in Venetorum florentissima urbe in-
uentus est, qui graeci latinique sermonis mira facundia reli-
quis omnibus praestabat'. Wir kommen unten darauf zu-
ruck. — Wohl viermal unifangreicher ist der zweite Brief,
der das Datum triigt cEx Wiesensteiga VIII die Octobr. a.
1522', und p. 291 S. so charakteristische Data ttber Werlers
Leben enthiilt, dass ich es mir nicht erlassen darf, dieselben
hier wortlich wiederzugeben, indem ich zugleich bequemer
Uebersicht halber die belangreichern Stellen gesperrt drucken
lasse, was sie naturlich im Original nicht sind.
« Ego, si scire cupis, alterum ferme mensem
uenationi ita strenue fui deditus, ita in opere alioqui uon
154 iniucnndo detritus, ut quum singulas res diligentius conteni-
plor manumque operi nonnumquam adhibeo, factum est (so)
ut uenator sim iam prope modum bonus et eques non
omnino pessimus. Rides tu fortasse, dum ea legis, at rideres,
sat scio, multo etiam magis, si me equo impigre terram
pedibus concutienti insidentem, ceruumque pleno cursu per
inuia quaeque insequentem uideres. Quo animi aestu reue-
rendissimi Bambergensis ecclesiae olim praesulis
mortem pertulerim, tute me etiam tacente consequi potes.
Eram tuncViennae, nulli minus, quain huic rei intentus,
ecce! nuncius adest, illius mortem et eam quidem ex inci-
sione nobis signilicauit. Quo alii animo fuerint, nihil mo-
ueor ego, sit per me suum cuique pulchrum; me certe tanto
dolore afFecit, ut consolationem fere nullam essem aliquaui
diu admissurus. Et quid ni dolerem, Bilibalde mi? onera-
uerat ille me quondam immodicis promissis, ut Carolo,
illius ex sororc nepoti, quocunque proficisceretur
. studiorum gratia uel comitem uel ducem potius me
ipsum exhiberem. Et Carolus calcaria, ut id agerem, in-
cessanter admouebai Reuocabar ex Lipsensi Acadeinia,
parebam non sine maximo mco incommodo, interim
uero non aliter, quam Aeneas alter Virgilianus terra iacta-
tus et alto. Quid aliud supererat, quam ut tantorum labo-
rum fructum et eum quidem mihi promissum demeterem ali-
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ZlT CAMERARIUS' PLAUTUSSTUDIEN.
95
quando? tam amplae spes mihi perbelle placebant, satrapam
me esse putabam aliquem et aurei montes animo concepti
iam me propemodum ferocem reddiderant. Sed (o fallaces
hominum spes!) eam cristam mihi depressit unius capitis
iactura et est haec fortunae non mediocris inuidia. Quid
de Carolo mihi sperandum sit, ne te multis morer, audi,
per Musas et gratias te oro. Erant sacerdotia illi mi-
nuscula duo, egi cum eo per literas, quantum id fieri
potuit, diligentius, fecerunt hoc, me etiam nesciente, amiculi
cumplures, ut aetati meae paulatim iam ingrauescenti
consuleret, post tot exantlatos labores, post tam diligentem
sibi plerisque annis nauatam operam par esse, ut iam
missio mihi concedatur, quo liceret per otium posthac
studiis frui. Respondit illico: se habere iam, quibus sit
eo beneficiorum genere gratificaturus. 0 gratum discipuli
pectus! o dubiam, imo~nullam potius inter mortales fidem!
ita adsunt isthic uultures, qui multis etiam ante mensibus
«adauer aliquod futurum praesentiant. Vtinam hoc alieno
ac non mei ipsius exemplo diligentius praeuidissem.»
Zu diesem Briefe gibt Heumaims H!ommentatio isago-
gica' p. 107 nachstehende Erlauterung: 'Episcopus Bamberg.
cuius fatum luget Verler. erat Georg. Pincerna, Baro de i&r»
Limpurg, d. 31. Maii 1522 e vita digressus. Soror ipsius
Elisabetha nupta primum Ludouico Com. ab Helfenstein,
deinde Georg, Com. ab Helfeiistein' (so). — Hiernach muss
jedermann glauben (und Will glaubte dasselbe), ein Sohn
der Elisabeth, aus erster oder aus zweiter Ehe, also ein
junger Graf von Helfenstein, sei es gewesen, dem Elisabeths
Bruder, der Bischof von Bamberg, unsern Veit Werler als
Studienleiter und Reisebegleiter ausersehen habe. Und dieses
um so mehr, als ja Werler selbst seinen Zogling Carl als
einen rex sorore nepos' des Bischofs bezeichnet. Und den-
noch ist das alles grundfalsch, wie mich eine genaue, so
niOnsame wie zeitraubende Untersuchung gelehrt hat, fiir
welche mich meines verehrten* Freundes, Geh. Hofraths
Gersdorf, dankenswertheste Bereitwilligkeit durch die Nach-
weisung einiger, mir selbst nicht geliiufiger litterarischer
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BIO-BIBLIOGRAPHISCHE.S
Hulfsniittel auf das Erwiinschteste unterstiitzt hat. Aus ihnen
geht mit unwidersprechlicher Gewissheit hervor, dass — so
unglaublich das auf den ersten Anblick scheinen uiag —
Werler selbst, der doch ohne Frage iiber Nanien, Abstani-
mung und Verwandtschaftsverhaltniss seines Zoglings auf
das Unfehlbarste unterrichtet war, dennoch in seinem Briefe
sich in augenblicklicher Zerstreutheit irrtbunilich ausgedruckt
hat. Ich kann es meinen Lesern nicht ersparen, sie nach-
stehend in das Labyrinth der dynastischen Geschlechts-
register, die fur unseni Zweck in Betracht kommen, in mog-
lichster Kiirze einzufiihren, indem ich fiir die Begriindung
der einzelnen Thatsachen summarisch auf folgende Haupt-
quellen verweise: 1) H. Preschers 'Geschichte und Be-
schreibung der Reichsgrafschaft Linipurg', Stuttgart 1789.
1790, 2 Bde., von denen insbesondere 1 p. 200 und die
Stammtafel zu II p. 432 hier einschliigt; 2) H. F. Kerler's
'Geschichte der Grafen von Helfenstein ', Ulm 1840 (p.94ff.
103 f. 106 ff. 126 ff.), nebst den dazu gehorigen 'Urkunden
zur Gesch. der Gr. v. H.', Ulm 1840, mit angehiingter Stanim-
tafel; 3) Ch. F. von Stiilin?s 'Wirteinbergische Geschichte',
Th. 3 (Stuttgart 1856) p. 661 ff. 666; 4) K. Hopf fHisto-
risch-genealogischer Atlas', Th. I (Gotha 1858) p. 58 f. 69.
In den Zeiten, um die es sich fiir uns handelt, bestan-
den (schon seit 1356) zwei Linien der Helfensteiner: die
Wiesensteiger und die Blaubeurer (zuletzt Wellenheimer)
Linie. Das Haupt dcr erstern, Graf Ludwig, war der Erb-
schenkin Elisabeth von Limpurg erster Gemahl, und hinter-
im liess bei seinem 1493 6) erfolgten Tode als Erstgeborneu
6) Nicht H94, wie Kerler angibt: featgestellt von Stalin. - Hin-
gegen bin ich Kerler gefolgt in Bezug auf Ludwigs Sohne, welehe
Hopf ganz umgekehrt in dieser Heihenfolge aufziihlt: 1) Ludwig Helf-
rich (schon 1522 f nach Hopf ), 2) Ludwig (f 1488), 3) Ulrich: wonach
also nicht Ulrich, sondern Ludwig Helferich der Erstgebonie geweaen
ware. Bei Stalin habe ich vergeblich nach einer Kntscheidung gtsucht.
Mein Entscheidungsgrund ist die unten p. 1G4 f. [110] zu bespre-
cheude Tiibinger Vertragsurkun^e von 1495, in welcher Elisabeth ala
Vertreterin ihres niinderjahrigen Sohnen Ulrich, als erbberechtigten
Herrn von Wiesenateig, auftritt, wie folgende Eiugangsworte bezeugen :
„Wir Eberhart Graue zu Wirtemberg nnd zu Mumpelgart etc. der
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ZU CAMKKAUITs' PLAUTUSSTODIBN. 97
einen noch unmiindigen Sohn Ulrich, geb. 1486; daneben
einen jiingern Ludwig Helfrich, welcher — beilaufig gesagt
— derjenige ist, den 1525 im Bauernkriege die Bauem so
grausam fdurch die Spiesse jagten\ Ein mittlerer, Ludwig,
geb. 1488, war schon 1489 gestorben; einen Carl hatte er
uberhaupt nicht. Bereits im J. 1495 verheirathete sich Eli-
sabeth zum zweiten Male, und zwar mit dem damaligen
Haupt der andern Linie, Georg von Helfenstein ^), der zwar
aus dieser und einer fruhern Ehe unter acht Kindern zwei
Sohne hatte, beide Namens Wilhelm, von denen aber keiner
den Vater tiberlebte (Kerler p. 103 f.): wiederum keinen
Carl, wie denn dieser Taufname im ganzen Helfenstein'schen
Gesehlecht nicht vorkommt. Nach Georgs Tode gingen also
dessen Besitzungen an die Wiesensteiger Linie und deren
nunmehriges Haupt Ulrich iiber, der bis 1548 lebte und re-
gierte. Vgl. Kerler p. 105. 132 und Vorrede p. VI.
Angesichts dieser urkundlich beglaubigten Thatsachen
erscheint es also durchaus unmoglich, dass Carl von Helfen-
stein ein *ex sorore nepos' des Bamberger Bischofs Schenk
von Limpurg gewesen sei. Vielmehr(ex fratre nepos' musste
es heissen7*). Denn Bischof Georg (1470 — 1522, Bischof
seit 1505) und Elisabeth hatten noch zwei Briider: Friedrich,
der 1521 starb, und Gottfried (1474—1530), der nach Frie-
drichs Tode der regierende Herr wurde und seinerseits
(ausser einem dritten Sohne Philipp, der 1545 als Domherr
Klter Ton wegen des wolgebornnen vn^ers lieben Oheim Graue Vlrichen
von HelfFenstains der noch vnder sinen Jaren vnd in vunserm schutz
vnd schirm ist Vnd wir Elisabethen Grauyn zu Helffenstain gebornn
^chenkin von Lympurg witwe des vorgenanten von Helffenstains mutter
^kennen offenlich fQr vns vnser nachkomen vnd erben und thue kunt
allermenglich " u. s. w.
7) Ganz falsch macht Prescher Georg und Ludwig zu Briidern.
Lndwig war eines Friedrich Sohn, der 1483 starb, Georg der Sohn des
Courad, der Blaubeuren vcrausserte und Wellenheim erwarb (Kerler).
7*) [Dass hier nicht etwa ein Lesefehler Heumann's vorliegt, be-
zeugt mir Heerwagen ausdriicklich, indem er nach Einsicht dea in der
Xiirnberger Stadtbibliothek vorhandenen Originals constatirt, dass zwar
Werler'* Schrift sehr schwer zu entziffern sei, aber doch iiber sorore
nicht der geringste Zweifel bestehe.]
FR. R1TM« HFXII 01'VSCVLA III. 7
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BIO-BIBLIOGKAPIIISCHKS
in Bamberg starb) die Sohne Carl (1498—1558) und Eras-
157 lnus (1502—1553) hinterliess, die sich in das vaterliche Erbe
dergestalt theilten, dass Carl die fruher von Friedrich be-
sessene Herrschaft Speckfeld, Erasmus dagegen Liuipurg
nebst Zubehor erhielt, welche beiden Herrschaften erst Gott-
fricd, von Haus aus Herr von Linipurg, wieder vereinigt
hatte. Seit seiner Geburt bis zuni J. 1530 war demnach
Carl im engsten und formellsten Sinne /Erbschenk von Lim-
purg*. Wir brauchen jetzt gar kein Gewicht darauf zu legen,
dass es einen zweiten fCarl' (einfach so benannt) im ganzen
Limpurg'schen Geschlecht nicht gegeben hat, um die unzwei-
felhafte Ueberzeugung zu gewinnen, dass kein anderer als
dieser Carl der Zogling Werler's war, welchen Will mit
letzterm als seinem 'Hofmeister' in Ingolstadt zusammen
sein laast. Leicht moglich, dass sich ihres Neffen Carl die
(freilich erst im J. 1517 verwittwete) Elisabeth von Helfen-
stein mit besonderer Fiirsorge aunahm und daraus die unab-
sichtliche Verwechselung bei Werler hervorging.
Zur unumstosslichen Gewissheit wird uns das nun durch
die ausdriicklichsten Angaben der Ingolstadter Universi-
tats-Acten, wie sie theils in Mederer^s fAnnales Ingolsta-
diensis academiae' (Ingolst. 1782) gedruckt, theils mir aus
den handschriftlichen Originalen von meinem Freunde Halui
auf meinen Wunsch verilicirt und vervollstiindigt sind. Es
ist das Jahr 1516, unter welchem wir bei Mederer Th. I
p. 96 immatriculirt finden 'Carol. Schenk de Limpurg, Baro
Imperii, Can. Bamberg. et Herbipol.' 8), im Original mit deui
8) In Betreff dieser Canonicate gibt niir Gersdorfs Sachknnde
folgende schatzbare Erlauterung: — 'Dergleichen Cauonicate sind da-
mals haufig nur uoiuinelle Pradicate, ohuc dans die Betreffenden die
kirchliche Weihe erhalten hatten oder Ilenten bezogen. Diese jungen
Herren hatten durch Verwandte, im vorliegendeu Falle wohl durch
den Oheim Georg von Baniberg, AnwartBchaften (Exspeet&nzen) er-
halten, wonach aie, zu Jahren und an die Reihe gekommen, in die
Domcapitel einriicken konuten uud die erforderlichen Weihen em-
pfingen'. — Carl aber trat gar nicht in den geistlichen Stand, ver-
niahlte aich vielmehr und wurde in zwei Ehen Vater von nicht wenigcr
als 15 Kindern. Dennoch erlosch mit seinem Sohne Gottfried II seine
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ZU CAMEKAKIUS 1'LAUTUSSTUD1EN.
99
Datum des 4ten Deceinber; uud daa Jahr 1517, welches uus
p. 104 denselbeu Carolvs a Limbvru Baro et Rouiani liu-
perii Pincerna haereditarius also den neunzelinjahrigen Stu-
diosus, sogar als 82sten Rector der Universitiit aufweist:
wie denn solche einer vornehmen Personlichkeit ertheilte
Ehrenrectorate, woneben immer zur eigentlichen Geschiifts-
leitung ein Prorector fungirte, in jenen Zeiten nichts Unge-
wohnliches waren. Um aber jedem etwa rtickstiindigen
Zweifel ein Ende zu machen: unter dem lOten Januar 1517
liest man in dem handschriftlichen Matrikelbuche, aus dem
bei Mederer nur die Principes und Nobiles herausgehoben
zu werden pflegen, als neu inscribirt 'Magister Vitus Werleus")
Sultzfeldensis, etc. (iiber welches 'etc.' s. u. p. 160 [101 tf.J).
Ich weiss nicht, in welchem Rufe bei den sachkundigen
Litterarhistorikem Will s Gelehrten-Lexicon steht: nach dem
Artikel aber Roting zu urtheilen kame ihm eine sehr be-
dingte Glaubwiirdigkeit zu Denn wenn schon aus dem
Bisherigen seine Unzuverlassigkeit erhellt, so ergeben vollends
die unfehlbarsten, weil durchweg urkundlichen Zeugnisse
Qber des Werlerschen NefTen Roting Studienjahre , dass
jener Artikel von Irrthiimern wimmelt. Aus dem Leipziger
Inscriptions-Album erfahren wir (nach Gersdorfs gefiilliger
Mittheilung), dass 'Michael Roting de sultzfelt* rectore Io-
hanne Kogge Brunopolitauo kurz vor Johannis 1515 in
Xachkominenachaft im Mannesstamnie 1581: was uns flbrigens hier
weiter nichts angeht,
9) Also dieselbe Namensforni Werle, die wir oben p. 335 f. [81] zur
Abwechselung sehon in den Leipziger Universitiits - Acten fanden.
9») ['Waa Sie uber Wffl'i Unzuverlasaigkeit bemerken/ sckreibt
iuir lieerwagen, 'ist vollkommen begriindet. Der Vorwurf der Kritik-
loeigkeit trifft flbrigenB nicht bloss Will, sondera mit weuig Ausnahmen
»Ue Scbriftsteller, welche iiber Nflrnbergische Geschichte geachriebeu
baben. Kiner schreibt dem Andern nach, und man muss daher bei
der Benutzung derselben mit grosser Vorsicht zu Werke gehen. Ich
faabe diese Erfahrung bei einigen Nachforschungen fiber die Geschichte
unseres Gyninasiums gemacht.' — Belege dafiir geben Iiecrwagen's
vier Programme 'Zur Geschichte der Nflrnberger Gelehrtenschulen '
aua den Jahren 1860. 1863. 1867. 1868, deren Keuntuias ich des Ver-
fasnere gefdlliger Mittheilung verdanke,]
7*
100 BIO - BIBLIOGRAPH18CHES
Leipzig iuiDiatriculiri wurde; aus dem Ingolstadter hand-
schriftlichen Albuui, dass dasselbe mit 'Michael Roting de
Sultzfeld' am 2ten December 1517 in Ingolstadt der Fall
war; endlich in dem von C. E. Forstemann publicirten
fAlbum academiae Vitebergensis ' (Lipsiae 1841) p. 98 er-
scheint uns im J. 1520 als immatriculirt 'Michael Roeting
de Sultzfeldt Herbipo: dio: 4 oct:'. Man vergleiche hiermit
WiH's Aussagen. Abgesehen davon, dass Werler nicht 'der
Grafen von Hohenstein', sondern (die irrthiimliche Ge-
schleehtsverwechsclung einmal bei Seite gelassen) wenigstens
fdes Grafen von Helfenstein Hofmeister' zu nennen war,
so konnte sich Roting nicht 1515 zu seinem Oheim nach
Ingolstadt begeben, weil erstens er selbst in diesem Jahre
vielmehr nach Leipzig ging, und zweitens Werler erst gegen
Ende 1516 nach Ingolstadt kam. Eben so wenig konnte er
sich 'sodann' mit Werler nach Leipzig begeben, weil nicht
nur er selbst schou langst dort war, sondern auch Werler
seit 1510 gar nicht wieder dahin kam. Allerdings ging
Rdting auch zu seinem Oheim nach Ingolstadt, aber erst
1517, wie wir sahen.
Solche Kleinkritik an Will zu uben fande ich begreif-
licher Weise nicht der MUhe werth, wenn ich nicht aus ihr
die Berechtigung herleiten wollte, eine letzte Angabe Will s,
die ich nicht gleich zwingend widerlegen kann, ebenfalls zu
bezweifeln: niimlich dass Werler rder Rechten Doctor'
159 gewesen sei. An sich wiire ja das nichts weniger als un-
moglich, da in jenen Zeiten der Uebergang von einer Facul-
tiit, namentlich der philosophischen oder nach damaliger
Benennung Artisten-Facultat, zu einer andern nichts Unge-
wohnliches war und, um niit Th. Muthers Wrorten (fAus
dem Universitats- und Gelehrtenleben im Zeitalter der Re-
formation', Erlangen 1866, p. 234) zu sprechen, es besonders
haufig vorkam, dass f lesende Magistri artium erst nach liin-
gerer Lehrthiitigkeit anfingen, die Auditorien der Juristen zu
besuchen'. Aber wann und wo soll denn dieser Studien-
wechsel bei unserm Werler stattgefunden haben, wann ins-
besondere der Sprung vom juristischen Studiosus zum Doctor
iuris utriusque eingetreten sein? Namentlich was den letz-
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ZU CAHERARirs' PLAUTUSSTUDIEN. 101
tern Punkt betrifft, so ist zuniichst Leipzig von vorn herein
dadurch ausgeschlossen, dass nicht nur dessen Universitats-
Acten tiber ein Verhaltniss dieser Art vollig schweigen,
sondern dass auch die Ingolstadter Imniatriculation wider-
spricht , bei der er sich ja ausdriicklich nur als 'Magistcr*
inscribiren lfisst, nicht, wie doch sonst ohne Zweifel ge-
schehen ware, als fiuris utriusque doctor'. Zu dieser Witrde
konnte er also jedenfalls erst in Ingolstadt zwischen 1517
und 1519 (in welchem letztern Jahre er bereits in Italien
war) gelangt sein: wodurch schon die Hiilfte der Will'schen
Aussage hinfallig wird. Um so verdiichtiger wird uns also
auch die andere Hiilfte so lange bleiben, als iiberhaupt kei-
nerlei Beweis daftir beigebracht wird. Einen solchen aber,
fur oder wider, geben die Ingolstadter Universitats- Acten
darum nicht, weil sich Promotionslisten der dortigen juristi-
schen Facultat leider erst von 1585 an im Mtinchener Uni-
▼ereitats-Archiv vorfinden.
Es kommt aber ein Anderes hinzu. Allerdings niimlich
zeigt sich die Annahme als unabweislich, dass Werler neben
oder nach dem humanistischen noch einem andern Studium
oblag: welches aber das theologische war. Nun fohlt es
zwar bei der damaligen Mischung der Studien- und Bildungs-
gebiete nicht an Beispielen, dass in einer und derselben
Pereon sogar drei Facultaten vertreten waren: wie denn, um
ein unserm Werler nahe stehendes Beispiel hervorzuheben,
dessen Landsmann, der fruher Leipziger, spiiter Wittenberger
Professor Martin Pollich zugleich Doctor der Theologie, der
Rechte und der Medicin war und abwechselnd die erstc und
die letzte lehrte. Aber das warcn doch Ausnahmen, und
nichts berechtigt uns, solchen bevorzugten Geistern ohne
bestimmten Beweis gerade auch Veit Werler beizuziihlen. —
Dessen Theologiestudium beruht aber nicht sowohl auf einem
scheinbar ausdrucklichen, vermuthlich aber dennoch triige-
rischen Zeugniss, als vielmehr auf zwei feststehenden That- ieo
sachen. Das scheinbare Zeugniss ist, dass im lngolstadter
Matrikelbuche auf die bereits oben mitgetheilten Namen
Magister Vitus Werleus Sultzfeldensis' noch-zwei WTorte
folgen, von denen das letzte therbipolcnsis\ das vorangehende
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102 BIO - BIBLIOOUAPHISCIIES
%
•
aber in hohem Grade undeutlich, ja nahezu unleserlich ist
Bei allerdings nur fluchtiger Ansicht schien sich dem geiibten
Auge Halin'8 'clericus hcrbipolensis' zu ergeben. Eine ganz
ungewohnliche Bezeichnung! und zwar aus sehr nahe liegen-
den Grflnden. Bedeutete 'clericus* eiu Amt oder einen Titel,
dessen Erlangung oder Ertheilung sich an einen bestimmten
Ort kniipfte, wie z. B. 'canonicus', so wiire die Bezeichuung
wenigstens an sich verstandlich: obwohl doch auch dann
immer noch unverstandlich das bliebe, wieso denn Werler
zwischen seinem Abgange von Leipzig und seiner Ankunft
in Ingolstadt plotzlich zu solcher Ehrenerhohung gekommen
ware, und wieso gerade in Wiirzburg, da es doch dann ge-
wiss naher lage, vielmehr eine Gunst des Bischofs von Bam-
berg vorauszusetzen, der wiederum seinerseits Wiirzburger
Priibenden gar nicht zu vergeben hatte. Aber 'clericus' gibt
ja auch nur einen ganz allgemeinen Standesbegriff ohne alle
locale Beschrankung, so dass ein hinzugefiigter Ortsname
nur entweder auf die Geburtsstiitte oder den Wohnsitz gehen
kann: wovon weder das eine noch das andere bei Werler
zutrifft. Durchaus bestiitigend ist das von Forstemann pu-
blicirte Wittenberger Album. So unzahlige Kleriker sich
auch unter den gegen 20000 Studiosen befanden, die in dcn
ersten 58 Jahren in Wittenberg inscribirt wurden und bei
Forstemann auf 372 Doppelcolumnen verzeichnet stehen; so
hiiufig hier auch ein Zusatz wie f licentiatus 'baccalaureus',
f magister', 'doctor' wiederkehrt oder auch die Zugehbrigkeit
zu einem bestimmten geistlichen Orden, Convent, Collegium
angegeben wird (wie z. B. eben mit 'canonicus'): so gut wie
niemals l0) findet sich doch 'clericus' beigefiigt. Kurz, in
jedem Betracht erscheint es unglaublich, dass Werler sich
als tKleriker,, und vor allem als (Wiirzburger Kleriker*
eingeschrieben habe oder habe einschreiben lassen, und bleibt
10) d. h , wohlgezahlt, ein einoges Mal, p.25» nnter dem .1. 1508:
' Dns. georgins perndorffer de nouoforo artium et philosophie magister
decretorum Licentiatus clericus Saltzburgon dioc.' Hiermit ist also
der Wohnsitz bezeichnet, und soll nur ausdrflcklich hei vorgehoWn
werden, dass die Person des Immatriculirten die drei Qualitaten des
Artwten, dea Juristen und des Geistlichen in sich vereinigte.
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7X CAMERAKIUS' PLAUTUSSTUIHEN.
103'
mir sonach kaum ein Zweifel, dass in den rathselhaften
Schriftziigen etwas anderes stecke11). — Ist es nun aber auch iei
niit dieseni Scheinzeugniss nichts, so muss doch der geist-
liche Stand Werler s durch zwei Thatsachen hinliinglich ver-
l»urgt erscheinen : erstens durch die Bewerbung um ein va-
cantes 'minusculum sacerdotium', iiber welches Carl von
Limpurg zu verfUgen hatte; sodann durch seinen schliess-
licheu Ruhesitz in Wiesensteig, der nach einleuchtendster
Wahrscheinlichkeit in nichts anderm als einer geistlicheu
Stiftapritbende bestand. Darauf ist noch zuruckzukommen.
11) Soll ich Bagen, was mir verrauthungswcise ala das probabelste
erseheint, eo ist das: dioces. [So namlich, nicht in correcter Forni
diotces., weil jene Corruption als die allgemein (ibliche durch das
ganze Mittelalter durchgeht und so auch im Wittenberger Album aus-
* schliesslich erscheint; s. dafiir Belege bei Schuchardt rVokalismuB des
Vulg&rlateins ' II p. 299, desgleichen die urkundlichen Abkiirzungen
i. B. in Baringii 'Clavis diplomatdca' (Hanov. 1754) tab. 8, oder in
Chaasanfs 'Dictionnaire des abbrejviations' (Fari8l862) p. 22. 26.] In
Hnnderten von Beispielen wiederholt sich im Wittenberger Album der
Fall, dass auf Vor- und Znnamen nebst Hcimathsangabe unmittelbar
folgt ein dio. oder dioc. mit einer dazu gehQrigen Ortsbezeichnung,
d. i. ohne Zweifel dioceseos, sei es dasa (verschieden nach verschiedenen
Jahrgangen) das damit verbundene Ethnikon vorangeht oder nachsteht:
wie, um nur ein paar Beispiele herauszugreifen, p. 48b f GeorgiuB Stael de
Sultzfeldt dioc. Herbipolen.'; p. 70* 'Valentinus Gotfridus de Sultzfeldt
dioc. Herbi:' (wo 'Saltzfeldt' offenbar Druck- oder Lesefehler); aberp.98*
fMichael Roeting de Sultzfeldt Herbip: dio:': zugleich drei Zeugnisse dafiir,
dassSuhfeld in derThat zurWurzburger Diflcese gehorte. Vorstehende
Zeilen wnren kaum geschrieben, als wie gerufen Freund Halra in Person
bei mir in Leipzig eiotrat, zwar fiber meine Conjectur bedenklich den
Kopf schattelte, aber zugleich nochmalige Einsicht des Ingolstadter Acten-
«tucks tusagte , deren Ergebnifs nicht vorenthalten bleiben boII. [E.s
ist doch gegen die obige Vermuthung ausgefallen. Denn Halm schreibt
mir jetzt: 'Die Lesung clericits im Matrikelbuch ist ganz uber alleu
Zweifel tmd durch drei testes locupletissimi von neuem verificirt worden'.
Eb bleibt al»o nichts ubrig als anzunehmen, dass Werler auf seiner
Beise zom Bischof von Bamberg und seinem kiinftigen Zogling ver-
muthlich zuerst seine engere Heimath besuchte und sich hier, in sei-
nem heimathlichen Wiirzburger Bischofssprengel, bewogen
fand die geistlichen Weihen zu nehmen, ehe er seine neue Mission an-
trat, und dass er Grfinde hatte, sich nlsbald in Ingolstadt (ja vielleicht
«cbon vorher beim jungeu Reichsbaron von Limpurg selV)st) iu seiner
Wfirde als neugebackener 'tlericus Herbipolensis' zu introduciren.]
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•104 HIO-BIBLIOOKAPHISCHES
■
Nach allen bisherigen Feststellungen lasst sich nun des
Leipziger Magisters Veit Werler weiterer Lebenslauf ab-
schliessend zusammenfassen, wenn uns nur vorher noch epi-
sodisch einige nachtragliche Erganzungen bezuglich des Leip-
ziger Aufenthalts selbst gestattet sind. [Und zwar ersteus:
— Wahrend uns iiber Werlers friihern Bildungsgang etwas
Ausdruckliches gar nicht berichtet wird, nennt ihn Mencke-
nius in den rDissertationes academicae' p. 250 (ed. Lips.
1734) ganz kurz einen 'auditor et discipulus' des Her-
mannus Buschius, welchen letztern, wie es schon p. 247
hiess, wegen seiuer Gelehrsamkeit 'multi consectati sunt,
praecipuc Lipsiae Uitufl UUerlerus et Georgius Heltus'. Die
lange gesuchte Quelle fiir diese Angabe sind die eigenen
Verse Werler's, welche vor fHermanni Buschii Pasiphili in
artem Donati de octo partibus orationis Coinmentarius ' etc.
(Lips. 1511. 4) gedruckt stehen mit diesem Anfang: 'Viti
Vuerleri Sultzuelten. Dactylicii Asclepiadeu in Her. Buschij
Pasiphili praeceptoris sui undecuque doctissimi cometariu,
que in Donati artem de octo partibus oratois studiose pubi
nuper ediderat . . . : Qui mc composuit Buschius, affatim Miris
commemorat scripta nitoribus, Pulchris et dccorat scnsa labori-
bus, Artis Grammaticac prima docmma Kt Unguae latialis
])enetralia, u. s. w.: im Ganzen 2f> Verse. Hermann von dem
Busche kam 1503 nach Leipzig und lehrte daselbst bis 1507
(s. H. J. Liessem cde Herm. Buschii vita et scriptis', Bonnae
1826, p. 31 ff. 48 f.): in welchem Jahre ihn also Werler,
selbst schon Baccalaureus, in humanioribus horte, fdr deren
Pflege und Vertheidigung Busch mit so mannhaftem, ja hef-
tigem Feuereifer einstand. Und zwar vermuthlich auch iiber
Plautus, den W. spiiter, als schon Camerarius in Leipzig
studirte, selbst interpretirte. Wenigstens mochte darauf
frthren, dass ja von Busch c Decimationum Plautinarum pem-
ptades s. quinariae' herausgegeben sind: eine Schrift dbri-
geus, die fiir heutiges Plautusstudium nicht den mindesten
Werth hat. Und wenn diese Publication auch erst viel
spater (1518 meines Wissens) erfolgte, so wird doch Busch s
warme Plautusliebe und Bewunderung schon fiir das J. 1504
bezeugt durch zwei seiner eigenen Gedichte fin comedias
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ZU CAMERARIUS' I'LAUTU88T0D1EN.
105
Plautinas', welche der in jenem Jahre zu Leipzig herausge-
kommene f Epigrarumatum liber tercius' (4°) fol. C II Ib ent-
halt — Zweitens. Wie an Busch einen Lehrer, so hatte
Werler in Leipzig einen Altersgenossen an Eoban Hesse
(geb. 1488, also wohl nur wenig jttnger), mit dem er 1513
freundschaftlichen Verkehr pflog. Denn einen solchen bezeugt
uns ein an Werler gerichtetes Gedicht desselben im sog.
pythiambischen Metrum, welches im 4. Buche seiner 'Sylvae'
steht, fol. 243 der mir vorliegenden Ausgabe von 'Operum
Helii Eobaui Hessi Farragines duae etc, Halae Suevorum a.
XXXIX', mit diesem Anfang: *Dutcis amicitiae nostrae comes,
unica vcrac Fidelitatis gloria, Optima pars vitae mclioris, deni-
qttc vita Bcate Vitc candida: Quem ncmo bonus odit, amant,
venerantur, honorant Quivunque nan sunt pessimi\ Leider
gebeu die Verse keinerlei positive Daten, sondern enthalten
lediglich philosophische Trostungen Uber Misgunst und in-
vidia, von denen selbst ein so trefflicher Mann wie Werler
nicht verschont bleibe und sich gekrankt fOhle. f Vidit et in-
doluit', heisst es da, *summis dc Imtdibus mauctum Ilte ille
cunqttc quisquis cst. Doctus cs ct facilis, floret tibi gratia lin-
(juac: Quis tivor hoc tantus ferat? Comis et urbanus cum sis
ronstansciuc piusque, Vcnas miscr depascitur. Pcr fora, per
tfateas, per compita, tcmpla viasque Lattdaris: hoc livor dolet.
Deniqtte cuncta tibi ad votttm succedere spertans Faene eviratus
amcidiV u. 8. w. Immerhin ein; wenn auch vielleicht etwas
freundschaftlich oder poetisch gefarbtes, Zeugniss ftir die
Schiitzung, deren sich Magister Werler in Leipzig zu erfreuen
hatte. — Drittens.] Mag auch Werler^s Leipziger Aufent-
halt im Ganzen noch so continuirlich gewesen sein, einmal
wenigstens ist er aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen
1507 und 1513 kurzer oder liinger unterbrochen gewesen,
obwohl das niemaud berichtet. Darauf fuhrt eine schr ein-
fache Ueberlegung: die nahere Erwagung niimlich der That-
sache, dass es ja nach bestimmtester Angabe das Jahr 1512
war, in welchem Werler von Martin Pollich die weiterhin
*o wichtig und beruhmt gewordene Plautushandschrift ge-
schenkt bekam "•). Pollich, aus Mellrichstadt (oder Meller-
11') iWoher Pareu» (denn auf ihn geht sie ja zuriick) die so ge-
106
MO-1iIHLIO<;]{Al*I!I.S('llKS
162 stadt) gebiirtig, war Werlers frankischer Landsmann, und
ihm, dem damaligen Leipziger Professor, wurde W. ohne
Zweifel schon von seiner ersten Ankunft in Leipzig an per-
sonlich bekannt, vermuthlich auch wohl eben um dieser
Landsmannschaft willen von ihm begiinstigt. Ein naheres
Verhaltniss zwischen dem jungen Studiosus und dem hoch-
angesehenen Professor konnte sich indess damals um so we-
niger bilden, als letzterer schon 1502 nach der, wesentlich
durch seinen einflussreichen Betrieb gegrundeten Universitat
Wittenberg abging, wo er bis zu seinem 1513 erfolgten
Tode verblieb. Zum Besuch konnte er ja freilich in dieser
Zeit wieder nach Leipzig koinmen, und somit, wenn nian
will, namentlich im J. 1512 vorQbergehend daselbst anwesend
sein; aber wiirde er bei solcher Gelegenheit die kostbare
Handschrift dahin mitgeschleppt haben, nur um sie hier an
den ihm von 1501 her bekannten Baccalaureus, jetzt Magister
Werler zu schenken? Alles spricht vielmehr dafftr, dass
Werler seinerseits um 1512 einmal zum Besuch in Witten-
berg gewesen sein wird, hier dem alten Landsmann Pollich
naher trat, und endlich von diesem als besonderes Freund-
schaftszeichen oder Andenken den werthvollen Plautuscodex
empfing. Wenn nicht friiher, kehrte er sicher nach Pollich s
schon 1513 erfolgtem Tode nach Leipzig zuriick, wo mittler-
naue Kenntnisa dieses Jahres hatte? Nun, aus der aichersten Quelle:
aus dem Codex selbst. In diesem schlieest der Truculentns auf fol. 211\
fol. 212 ist leer, auf fol. 213r aber lieBt man in ziemlich ungeschlach-
ten, zum Theil schwer und unsicher lesbaren Zugen die zwei Zeilen:
D. Doctor Martinus Mellerstat
Vito Warlero dono dedit. Anno DXIl
Zwigchen 'Martinua' und 'Mellerstat' ist von spaterer Uand uberge-
Echrieben 'Polichius', unter die Jahrszahl von einer andern spatem
Hand gesetzt '1512'. (In f WiirU ro' haben wir al80 hier eine sechste
Schreibung des Namens: s. o. p. 152 [02] Anm. 1.) — Obiger Inschrift
gehen fibrigen* fiinf auaradirte und nicht mehr entzifferbare Zeilen
voraus, an deren SchlusBe ntu" noch 'XDVIl' zu erkennen ist : also zn
erganzen f(M)XDVII' d. i. 1497. Hdchst wahrscheinlich hatten wir
darin, wenn die Schrift lesbar ware, eiue recht erwunschte Angabe
uber die Quelle, ans der die Handschrift in I'ollich's Bet*itz gekommen,
also uber ihrc eigentliche Herknnft.J
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ZU CAMEBABIUS' PLAUTU88TUD1KN
107
weile der junge Camerarius eingetroffen war oder gleichzeitig
eiutraf und nun bei Werler iiber Plautus horte. Es ware
naturlich genug, dass dieser zu solchen Vortriigen gerade
erst durch den jungen Besitz einer so trefflichen Textesquello
angeregt worden wiire. — Nur dass niemand etwa an einen
eigentlichen Studienaufenthalt Werler's in Wittenberg denke.
Denn dass er niemals daselbst immatriculirt war, beweist
das gedruckte Album. Wer vollends etwa seine vermeint-
liche juristische Doctorpromotion vermuthungsweise nach
Wittenberg verlegen wollte, wflrde — ganz abgesehen vom
Wortlaute der Ingolstadter Inscription — urkundlich wider-
legt durch das namentliche Verzeichniss der Wittenberger
Doctores iuris, welches sich in Gottfridi Suevi 'Acadeniia
W^ittebergeusis' (Witteb. 1654. 4) Sign. Fff 3 f. findet, und
in welchem imser Werler nicht erscheint.
Also im J. 1516 war es, dass der Bamberger Bischof
Georg von Limpurg, fur seinen Neffen Carl einen Studien-
leiter und weiterhin Reisebegleiter suchend, sein Vertrauen
auf Werler warf und diesen durch 'immodica promissa',
d. h. unstreitig durch das Versprechen einer spiitern guten
Versorgung, bewog, seine Stellung an der Leipziger Univer-
sitat (non sine maximo incommodo' aufzugeben und dem
bischoflichen, vom jungen Grafen selbst lebhaft unterstiitzten i6s
Wunsche Folge zu leisten. Wie griindlich er bei dieser Ge-
legenheit mit Leipzig fiir immer abschloss, geht daraus her-
vor, dass er seine Bibliothek mit in seine Heimath fortnahm,
wo er sie natiirlich, zu seinem Zogling und mit diesem weiter
wandernd, vorltiufig zurUckliess. — Ihren ersten Studienauf-
enthalt nahmen nun beide in Ingolstadt, wo sie, wie wir
sahen, Ende 1516 und Anfang 1517 immatriculirt wurden.
Dass sie daselbst, wie an sich glaublich, noch 1518 weilten,
lasst sich auf einem besondern Umwege beweisen. Bei Me-
derer p. 105 findet sich unter dem J. 1517 die Notiz: fInter
inscriptos erat Trauquillus Parthenius Dalmata Poeta'. Von
diesem aber steht in Heumanns ^Documenta' p. 321 ein an
Pirckheimer geschriebener Brief, der folgenden Anfang hat:
Trebro meraoria mihi repetenti tuara singularem bene-
108
niO-BIHLlOOilAVHISCIHES
uolentiara, qua me nuper es complexus, quum istac iter
facerem, testimonio atque commendatione dumtaxat Viti Ver-
leri, uiri optimi meique amantissimi et tui obseruantissimi'
u. s. w. Nun ist aber dieses Schreiben datirt rex Lypsia, III
Nonas Ianuarii MDXIX': folglich wird Werlers Empfehlungs-
brief an Pirckheimer gegen Ende 1518 von Ingolstadt aus
geschrieben sein, wo, wie wir sehen, Werler und Parthenius
befreundet gewordeu waren 12). [Dazu stimmt aufs Genaueste,
wenn es in (Io. Henr. Leichii) *de origine et incrementis
typographiae Lipsiensis liber singularis' (Lips. 1740. 4) p. 39
heisst: fSic affluebat liberalissimis studiis Lipsia, cum an.
MDXVIll. eruditissimus iuvenis, Tranquillus Parthenius An-
dronicus, Dalmata, peragratis Italiae et Germaniae nobiliori-
bus oppidis ad illam accederct' l2a).]
Nach zweijahrigem Ingolstadter Aufenthalte begibt sich
uuser Paar nach dem altberuhmteu Studiensitze Pav ia. Von
hier aus schreibt Werler den ersten, oben auszugsweise mit-
getheilten Brief an Pirckheimer, in dem er berichtet, wie er
schon die Sommermonate zu Ferienexcursionen benutzt habe,
die ihn unter anderm nach Venedig fiihrten und daselbst
mit Joh. Bapt. Egnatius bekannt werden liessen. Abermals
in Venedig begegnete ihm 1521 Georg Sturtz (Sturciades,
auch Opercus genannt), wie oben p. 337 [83] aus einem
Briete desselben an Camerarius nachgewiesen ward. — Als
12) Dass PartheniuB durch irgend ein Misgeschick aus seinein
Vaterlande fliichtig geworden war, bezcugcn die Worte seines Briefes:
fKrro procul a patria in extremiB terrarum partibus, nonnumquam inter
inhumanas gentes; «ine spe, sine auxilio, adeo pertinaciter insequente
fortuna, ut saepenumero uitae odium mihi suboriatur'. Hoffentlich eind
in die 'inhumanae gentes* die Leipziger nicht mit eingeBchlossen. —
Auf den Brief folgt bei Ileumann anch ein elegischea Lobgedicht des
Parthenius auf Pirckheirner: ganz geschickt fibrigens, nnr dass sich der
Dichter mit den Nominibus propriis etwae uber den Fuss gespannt
zeigt, wenn er Hcxametcr macht wie rTaenariis redeat si Titus Caesar
ab oria* und Thocion, et iusto cantatus Aristides ore\
12») [Naheres iiber diesen Parthenius (was uns indess hier zn fern
liegt um darauf einzugehen) gebcn die von Leich citirteu 'Euricii Cordi
poemata', Tetri Mosellani cpist. ad Erasmum', rErasmi epist. ad Par-
theninm'.]
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ZU CAMKHAUirs' PLAUTLSSTIDIEN. 109
Schlusspunkt der ganzen peregrinatio ergibt sich Wien18).
Welche Aufenthalte oder Reisen zwischen Oberitalien und im
Wien etwa mitten inne lagen, daruber fehlt uns jede An-
deutung. Hatten sie sich aber auch nicht sehr weit erstreckt,
auch in raumlicher Beschrankung konnen sie immerhin zieni-
lich wechselnd gewesen sein, worauf doch in Werler's zweitem
Briefe an Pirckheimer die Worte hinweisen: fnon aliter quam
Aeneas alter Virgilianus terra iactatus et alto\
In Wien nun, wohin den vornehmen jungen Reichsbaron
und Erbschenken das kaiserliche Hof lager ziehen mochte (ob-
gleich freilich der Kaiser selbst damals nicht anwesend war),
traf unsere Reisenden die Nachricht von dem im Mai 1522 er-
folgten plotzlichen Tode des Bischofs Georg von Bamberg, in
Folge dessen beide die unmittelbare Riickkehr in die Heimath
antraten. Denn dass nicht etwa Werler die' letzten Touren
auf seine eigene Hand unternahm, sondern immer noch als
Begleiter seines jungen Herrn, verrath uns ein einziges un-
scheinbares Wortlein seines Briefes: 'nuncius adest, illius
mortem nobis significauit* : denn von sich selbst spricht
er weder vorher noch nachher noch uberhaupt jemals iiu
Plural, sondern immer im Singular. — In den Sommer des
Jahres 1522 miissen die Bemilhungen Werlers fallen, zu
einigem Ersatz fiir die durch den unerwarteten Tod des
bischoflichen Oheims zu Schanden gewordenen Aussichten,
von dessen Neffen Carl, dem nunmehr regierenden Herrn von
Limpurg, eines von zwei gerade vacanten 'minuscula sacer-
dotia' zu erhalten, die derselbe zu besetzen hatte. Diese
Bewerbung scheiterte an der Undankbarkeit des gewesenen
Zoglings, uber die sich Werler so bitter beklagt. Bald genug
muss indess die Ungerechtigkeit gut gemacht worden sein,
da wir schon im October desselben Jahres unsern Werler
in ersichtlich befriedigender Lage in Wiesensteig finden:
sei es dass ihm Carls eigene Verwendung, oder etwa Elisa-
beth s FUrsprache von ihrem Sohne Ulrich, Carl s Vetter, die
13j Denn nicht leicht wird ja wohl jemand bei 'Viennae' etwa an
daa franzOsiscbe Vienne denken, waa doch Werler miodeatens wdrde
mit fViennae Allobrogum' bezeichnet haben.
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110
V
BIO-BIBLIOGKAPHISCHES
Stelle erwirkte: denn Wiesensteig gehorte allerdings, wie
wir oben sahen, nieht zu den Liinpurg'schen, sondern zu den
Helfenstein'schen Besitzungeu. Welcher Art aber die Wiesen-
steiger Versorgung war, kann kaum zweifelhaft sein, wenn
wir dort ein geistliches Stift etablirt finden. Vermuthlich
ist das fiir Specialhistoriker noch anderweitig hinlanglich
constatirt: mir geniigt dafiir die Kenntniss einer schon iu
Anm. 6 erwiihnten Tiibinger Vertragsurkunde vom 28. Marz
165 1495, deren Wortlaut in den Monumenta Boica Bd. XXXIV
(Collect. nov. vol. VII pars 2, Monach. 184f>) p. 301 f. ab-
gedruckt ist mit dieser Inhaltsangabe: 'Vertrag des Grafen
Eberhart zu Wirtemberg Namens des Grafen Ulrich vou
Helfenstein, mit dem Bischof [ von Augsburgl Friedrich, wel-
cher desselben zu Folge einen seiner Domherrn zur Prob-
stey des Stiftes zu Wiesensteig zu nominireu berechtigt
seyn soll'.
Dieses ist denn nun ohne jeden Zweifel die fprospera
fortuna', zu der Camerarius in seinem Tiibinger Briefe voui
J. 1536") Werlern theilnehmend begluckwGnscbt, ihn zu
gleich als 'uicinum nobis' begrUssend: denn zwischen Reut-
lingen und Geisslingen gelegen, ist Wiesensteig nicht gar
entfernt von Tiibingen. Nur muss nun die friihere Inter-
pretation der Worte des Camerarius dahin modificirt werden,
dass nicht Werler damals in die Nahe des Camerarius ge-
kommen war, sondern dieser durch seine Uebersiedelung nach
Tiibingen in Werlers Niihe, von der er jedoch, oflenbar lange
Jahre hindureh ohne Verbindung mit ihm, erst Kunde er-
hielt durch Werler s Mahnung an die Riickgabe der Plautus-
handschrift. Seinerseits mag Werler, bei der Durftigkeit
und Schwierigkeit der danialigen Verkehrsmittel, in seiner
14) Denn dass dieser Brief, wie schon oben p. 338 f . 1 86 f . J annilhernd
bestimmt wurde, wirklich aus dem J. 1536 ist, nnd zwar aus dessen
zweiter Hillfte, geht unzweideutig daraus hervor, dass der darin er-
wiihnte, 'nuper' erfolgte Tod dea r Apellus', d. i. Johannes Apel, in den
April desselben Jahres fiel. S. Mnther a. a. 0. p. 296 f. — Chrietoph
Coler'8 und Apel's bald nach einander eingetretener Tod findet sich
auch in einem Briefe Melanchthons von diesem Jahrc erwtthnt, der im
Corpus reformatorum III p. 65 f. n. 1417 steht.
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7X CAMKKAKIUS' PLAl TLSSTCDIKN.
111
Wiesensteiger Abgeschiedenheit (s. u. p. 167 [1 13]), jene RQck-
forderung so lange haben auf sich beruhen lassen, bis ihui
eben die nunuiehr grosse Nahe des Camerarius die Anregung
gab, sie geltend zu niachen.
Indem wir so auf Werlers Bibliothek und ihr unstreitig
werthvollstes Besitzstiick, den Plautuscodex, zuriiekkonimen,
ist zuvorderst nachzutragen, dass keine Berechtigung vorliegt
m der oben p. 338 [84] geausserten Vermuthung, er habe sie
beim Aufgeben seiner Leipziger Verhaltnisse gerade naeh
Nflrnberg gebracht, wo ja allerdings sein Neffe Roting
Gymnasialprofessor14*) war, aber doch erst seit 1526.
Vielmehr, wenn Camerarius 1536 schreibt ede tua biblio-
theca relicta in patria mca' (ebenso *in patria mea'
aueh in der Epistola nuncupatoria), so wird das nicht von
der weitern Heimath Franken, sondern im engsten Sinne
von Oamerarius' Geburtsort Bamberg um so mehr zu ver-
stehen sein, als er ja sonst gewiss "in patria nostra' gesagt i6G
hatte. Heerwagen glaubt sogar den speciellen Anlass nach-
weisen zu konnen, der Camerarius und Roting in Bamberg
zusammenfQhrte: in Folge welches Zusammentreffens sich
hier jener vou diesem aus der unter dessen Verwahrung
betindlichen Werler'schen Bibliothek den Plautuscodex habe
aushandigen lassen. Bei Will heisst es namlich S. 411 von
Roting also: fZur Zeit der damaligen Bauern-Aufruhr hat er
sich zu Bambe,rg eines entzQndeten Schenkels halber eine
Zeitlang aufgehalten; und da ihm derselbe hat sollen ab-
geschnitten werden, auch schon deswegen gebunden geweseu
ist, kam ungefahr Joach. Camerarius dazu und sagte: «Nicht
also, raein Freund Michael, es ist besser zween als einen
Schenkel haben, ich will dir mit Hillf und Rath nach Mog-
lichkeit beispringen>. Wie er ihn denn auch hernach mit
der Kur ligni Guaiaci glflcklich wieder herstellen lassen'.
Die chronologischen Momente passen allerdings aufs Beste.
Denn wenn man bei fder Bauern-Aufruhr' doch am natttr-
lichsten an das Jahr 1525 denken wird, so stimmt dazu aufs
14») [NichtfGymnasialrector\ was er uiemals war. 8. Heerwagens
Nilrnberger Schulprogramm von 18G0 rZur Geschichte der Nurnberger
Oelehrtenechnlen in dem Zeitraume von 14^5 bis 1526'.]
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112
BIO - BIBLIOORAPHISCHES
Haar, dass Camerarius in <ler Epistola nuncupatoria voui J.
1545 ausdriicklich schreibt, es seien zwanzig Jahre, dass er
'exemplum Plautinum 80^^^^' erhalten habe, welches finter
libros clarissimi et uirtute ac sapientia praestantis uiri
Viti Verleri FrancP befindlich gewesen, 'unde exemtum pro-
pinquus ipsius, amicitiae sanctissimae uinculo et maximae
familiaritatis usu mihi coniunctus Micaelus Rotingus, uir
optimus atque doctissimus, qui tum forte nobiscum es-
set' (d. i. nach Heerwagen: bei der damaligen Erkrankung
und bevorstehenden Operation), 'mihi utendum dedit'. Ich
wiederhole diese Worte mit Absicht, um sie in Verbindung
mit denen des Tttbinger Briefes — 'recordor et doctrinae
tuae, quae mihi quondam puero et innumeris aliis profuit,
et intelligo quam operam bonis literis atque artibus illis
temporibus nauaueris' — Zeugniss dafur ablegen zu lassen,
wie hoch doch im Grunde Camerarius den Mann stellte,
wenn dieser auch durch litterarische Leistungen nicht weiter
hervortrat. — Wenn zu Obigem in dem Tiibinger Briefe
noch die weitere Notiz hinzutritt, dass dem Camerarius die
Kunde vom Werler schen Codex durch seinen suauissimus
ig7 compater1'') Apel geworden war, so konnte diese Mitthei-
lung sehr bequem 1521/22 geschehen, wo beide in Witten-
berg zusammenlebten , obwohl sie auch schon nach 1513
gleichzeitig in Leipzig waren. Dariiber, wie seinerseits Apel
15) Er war der Pathe des 1535 geborenen Sohnes des Camerarius,
der des Vaters Namen Joachim erhielt. — Uebrigens bedurfle es obeu
p. 338 [84] Anm. nicht eines vereinzelten Beleges fur ApeTs Anwesen-
heit in Wittenberg, da uns dessen ganzes vielbewegtes Leben, und so
namentlich sein wiederholter, zuletzt mit hervorragender Stellung
und Wirksamkeit verknupfter Wittenberger Aufenthalt in wiinschens-
werthester Klarheit und Vollstandigkeit in der ausfiihrlichen Biographie
vorliegt , welche Muther in dem mehrerwahnten Buche p. 230—328
und p. 455 — 487 von Apel gegeben hat. — Dass Apel in Leipzig in
denselben Jahren, in welchen dort Camerarius studirte, daselbst bei
Petrus Mosellanus und Richard Crocus hOrte, trotzdem da98 er doch
schon 1502 in Wittenberg als Student (einer der ersten der UnivereitSt)
war immatricuiirt worden (und zwar von seinem frSnkischen Landsmano,
dem Rector Pollich), das darf bei den Studienverhitltnissen jener Zeit
in keiner Weise Wunder nehmeu.
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ZU CAMERABIU8 PLAUTUSSTUDIEN. 113
zur Kenntniss des Codex kam, lassen sich der Moglichkeiten
zu viele denken, als dass es sich verlohnte, bei dem an sicli
unerheblichen Pnnkte zu verweilen.
Seine 1516 beim Antritt der Limpurgschen Informator-
stelle in Bamberg zuruckgelassene Bibliothek wird sich
Werler, seit er 1522 in Wiesensteig sesshaft geworden, seiner
Zeit unstreitig dahin haben nachkommen lassen, wenngleich
das, wie wir sehen, 1525 noch nicht geschehen war. Denn
mit so viel Behagen er auch von seinen Reit- und Jagd-
vergnflgungen zu Pirckheimer spricht: dass er die gemtithliche
Musse der Wiesensteiger Sinecur (denn das blieb sie doch
trotz der Verpflichtung zu einigem Beten und Messelesen)
zwischen munterm Lebensgenuss und stillen Studien theilte,
ist daraus abzunehmen, dass er die letztern ausdriicklich als
Ziel seiner Sehnsucht bezeichnet: fquo liceret per otium
posthac studiis fruf. Dass er als Schriftsteller aufgetreten,
daruber verlautet allerdings gar nichts. Oder doch fast gar
nichts: denn bei Heumann heisst es p. 107: fViti Berleri
exstant epigrammata': iiber die ich meinerseits nichts zu
sagen weiss. — fJetzt weiss ich es doch. Von einer eigenen
Sammlung, die als solche publicirt worden wiire, kann aller-
dings nicht die Rede sein; aber gelegentlich verfasster und
einzeln gedruckter Epigramme sind mir wenigstens drei be-
kannt geworden, die den Titel alter Textausgaben schmiicken.
Davon lernten wir das eine schon oben S. 104 kennen in
den auf Herm. Busch gedichteten Versen, die auf der Riick-
seite des Titels von fH. B. in artem Douati . . . commenta-
rius' stehen, dessen Vorderseite das Datum tragt 'Impressit
Liptzk Melchiar Lotter. Anno salutifero M.D.XI.' — Das
zweite Epigramm besteht aus vier Distichen, die dem Druck
Tlauti lepidissimi poete Aulularia ab Antonio Codro Vrceo
...pristine forme diligenter restituta: illius enim finis antea
desyderabatur' (Lips. 1513. fol.) vorgesetzt sind und so lauten:
'Vitus Vuerlerus Plautum alloquitur. Anie erat informis tota
fwc tua, Plaute, fabella, Non sectis ac miris corpora sccta modis.
Xam capiti finem cariosa absumpscrat aetas, Neu (so) possct
longa posteritate frui. Uaud tulit hoc Codrus. Codrus doctissimus
itir Mox faeili amissas carminc rcddit opes, Ac laeerata boni
n. R1T9CHELH OPVSCVLA III. 8
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•
114 * BIO-BIBLIOGRAPHISCHES
passim monimenta podae Cogit**") et cffigiem iussit habere smuri ':
(in welchen Versen er sich freilich mit der fabella etwas
besser hiitte vorsehen sollen, ebenso wie in denen auf Busch
uiit den dommenta). — Ein drittes Epigramm endlich findet
sich vor 'Valerii Maximi Ciuis Rouiaui de factis ac dictis
meniorabilibus Exemploruni Libri nouem' etc. (Lips. 1514.
fol.), und besteht aus 30 Hendekasyllaben mit dem Anfang
^Vitus Vuerlerus Sultzuelteri. Si VtS Candidule absoluta Lcet^
Ileus scripta Acneadnm tot et Pelasgum Vrudcns noscere* etc.
und dem Schluss *Id quod rex Maecdum dedit superbus Chartis
Iliacae saeris ruinae,: vollstandig abgedruckt in F. G. Frey-
tags *Adparatus litterarius' t. III (Lips. 1755. 8.) p. C43 f.
(wo iibrigens auch Werler s Aulularia-Verse in t. II (1753)
p. 1334 wiederholt sind, wie nicht minder in den 'Matana-
siana ou Memoires litteraires, historiques et critiques du
15») [Cogit hat das Original ^in dem niir vorliegeuden Exeinplar
der Miinchener Bibliothek), nicht Legit, was auffallender Weise nowohl
Freytag als die Matanasiana substituiren. — Wer flbrigens eine Ein-
wirkung Werler's auch auf die Textesgestaltung der Aulularia ver-
rauthen wollte, wozn ihn ja der Besitz des alten Codex allenfalls in
den Staud gesetzt hatte, wflrde sich einer Tiiuschung hingeben. Lotter
wiederholte einfach, wie fflr den Plautustext selbst, so fflr des Codrus
Ergilnzungen einen der altern Drucke, iu denen jene chon seit des
Bcroaldus Bologneser Ausgabc von 1500 standen: wofflr 8. die Nach-
weisungen in Opusc. philol. II p. 61. 94. — Dass diese Snpplemente,
von denen ehedem u. A. auch in (Quirini's) Specimen variae littera-
turae s. de Brixiana litteratura t, I (Brix. 1739) p. 45 ff. viel zu viel,
fast lucherlich viel Aufhebens gemacht wurde, weder nach Iutention
noch nach Ausfflhrung irgend einen Werth zu beanspruchen haben,
braucht heutzutage niemandem mehr gesagt zu werden. — Eine sehr
RelUame, auch von Haase mit keinem Wort berichtigte Aeussemng
fiber Codrus Urceus findet sich in Keisig'8 'Vorleaungen flb. latein.
Sprachwissensehaft' p. 52. Und doch sind nicht nur aeine 'Orationes,
epistolae, ailvae, satyrae, eglogae et epigrammata' seit 1502 aogar vier-
mal gedruckt erschicnen (wahrend z. B. J. Scaliger'» Opuacula bis zum
heutigen Tage noch nicht gesammelt sind!), sondern existirt auch eine
(den Opera vorgedruckte) Biographie desselben von Bartolommeo Bian-
chini, sowie eine sehr ausfflhrliche Analyse seiner Schriften in der
mehrerwahnten Matanasiana t. II p. 259—330. In die Sammlung der
Schriften sind fibrigens die hinzugedichteteu Aulularia- S«enen nicht
rait aufgenommen , wie ich aus der mir angenblicklich allein zugilng-
lichen Bologneser Ausgnhe von 1502 ersehe.]
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ZU CAMERARIUS' PLAUTUSSTUDIEN.
115
docteur Matanasius' t. II (La Haye 1740. 8) p. 331). —
Nun siiid aber, wie schon der Donat-Commcntar, so auch
sowohl die Aulularia als der Valerius rper Melchiarem Lot-
terum in regione foeni* erschienen, den damals namhaften
Leipziger Drucker und Verleger imter dessen Drucken ttbrigens
Leich's 'Typographia Lipsiensis' p. 93 f. gerade die Plauti-
nische Aulularia ausgelassen hat). Auf ein personliches Ver-
haltniss zu diesem Melchior Lotter geht es also ersichtlich
zuriick, dass Werler, in den sptitern Jahren seines Leipziger
Aufenthaltes, sich veranlasst sah fiir ein paar Lotter^sche
Verlagsartikel einige einftthrende und empfehlende Verse zu
spenden. Und auf eine solche Verbindung deutet auch offen-
bar Leich p. 30 hin, wenn er, eben von Melchior Lotter
handelnd, hinzufugt: 'Redierant tum Lipsienses in gratiam
cum Poetis, et Eobanus Hessus, Vitus Werlerus, Sebast
Miricius, et Hermannus Tulichius Academiam ingenii gloria
non parum illustrabant\ — Uebrigens hatte auch Menckenius
in den Diss. acad. p. 250 f. Kenntniss von Werlerscheu fcar-
niina': ob gerade von den drei obigen, ob etwa noch von
andern15b), steht dahin. Er spricht dort von den zwei da-
mals in Leipzig hervorragenden Gelehrten, beide 'oriundi e
Franconia', Berlerus und Aubanus, und fahrt fort: Tterque
iugenio et doctrina abundavit deque Lipsia, quod instaura-
tiouem literarum attinet, optime meruit .... Nihil caetero-
quin, quod ediderint, uidi, praeter carmina quaedam, delicata
sane et nunquam satis laudanda': ein allerdings etwas ttber-
schwanglicher Enthusiasmus! obwohl, wie das folgende zeigt,
mehr noch auf Aubanus als auf Werler bezuglich.|
In Wiesensteig, woliin wir uns schliesslich nochmals
zuruckzuwenden hal>en, lebte Werler im Uebrigen in grosser
Abgeschiedenheit vom Weltverkehr, wie er selbst p. 290
klagt: fEt sunt tam alta montium cacumina, quibus medius
circumdor, ut annus interim praetereat, quo nullus conce-
~ ■
16 b) [Ob bb dergleichen ilberhaupt sonet noch gibt, wflrde viel-
leicht ain eraten ermitteln, wer in der Lage wilre, «aninitliche aue der
Utterschen Officin hervorgegangenen alten Drucke darauf durchzu-
ieben.]
8*
. 116
BIO- BIBLIOGRAPHISCHES
datur ad tani eximios amicos ac patronos literis meis exitus. . .
Vnde uel hoc solo nomine locum istum male odi, quod per-
raro occurrant, qui aut hinc ad uos aut isthinc ad nos eoiii-
meent'.16) Trotz dieser Unzufriedenheit wird er doch ver-
muthlich in seiner Wiesensteiger Pfriinde haben aushalten
ic8 nriissen bis zu seinem, wir wissen nicht wann erfolgten Totle.
Diirfte man einem Geftihlseindruck trauen, so mochte man
ihn 1545, als Camerarius die Epistola nuncupatoria sehrieb.
noch am Leben glauben, da hier die Erwahnungen untl
Lobespradicate Roting s und Werler's in ganz gleichartiger
Weise neben einander stehen, ohne die geringste Andeutung,
dass W. nicht mehr unter den Lebenden sei. Roting war
das aber sogar noch bis 1588, wo er als Vierundneunziger
starb. Das Reiten und Jagen in Wiesensteig, bei einer ohne
Zweifel sonst sorglosen Existenz, mag Werler'n gut genug
bekommen sein. Dass er schon 1522 von seiner 'aetas pau-
latim iam ingrauescens ' spricht, thut natiirlich keinen Ein-
spruch.
Seinen Plautuscodex, den er von 1512 an besessen, sah
er seit 1516 nicht wieder17). Nachdem derselbe von 151G
bis 1525 in Bamberg gelegen, blieb er von 1525 an niit
Einwilligung Werler^s in Camerarius' Hfmden, kam nacli
dessen 1574 erfolgtem Tode an seine Sohne, wurde von
diesen (Joachim und Philipp) um 1595 an Janus Gruter
verliehen, auf dessen Betrieb dann 1602 fiir die kurpfalzische
Bibliothek in Heidelberg erworben, hier von Gruter und Pa-
reus benutzt, 1622 durch Tillys Pliinderung mit den Obrigen
Talatini' nach Rom geschleppt und der Vaticana einverleibt,
1797 durch den Unverstand der franzosischen Raubcommis-
sare daselbst belassen, wiihrend sie den Decurtatus niitnah-
men, daher 1815 nicht, wie dieser, nach Heidelberg zurflck-
1G) Dahcr alao die mangelhafte Kunde von dem, wae sich aus-
warts begab: b. o. Anm. 4.
17) Wobei selbstverst&ndlich die Moglichkeit auf sich beruhen
bleibt, daan Werler etwa den Camerarius zwischen 1636 und 1541 ein-
raal in Tdbingen besucht haben konnte, wie denn dieser ein solcbes
pergdnlichea Wiederaehen als ihra erwunscht bezeichnet hatte.
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ZU CAMERARIUS' PLAUTUSSTUDIEN
117
erstattet, leider auch heutzutage noch nicht unter koniglich
italische Verwaltung gekommen.
Als ziemlich iiberflussig erweist sich der oben p. 340
|87] f. beiliiufig gegebene Nachweis, dass und warum ein iu
der damaligen Humanistencorrespondenz mehrfach wieder-
kehrender, schlechthin Vitus ('Vitus noster') genannter Mann
unser Vitus Werler nicht sein konne. Von theologischer
Seite ward mir alsbald die Gewissheit, die nur einem mit
diesem Litteraturgebiete weniger vertrauten entgehen konnte,
dass kein anderer gemeint sei als der so bekannte wie ge-
ehrte Vitus Theodorus oder Veit Dietrich, naher Freund
der Reformatoren Luther, Melanchthon, des Camerarius u. s. w.,
1549 als Pastor an der Sebalduskirche zu Niirnberg gestorben,
an den zahlreiche Briefe Melanchthons im Corpus reforma-
torum, desgleichen von Eoban Hessus in der Sammlung
'Helii Eobani Hessi . . . et amicorum ipsius Epistolarum
familiarium libri XII' (Marpurgi 1543. fol.) stehen, an beiden
Orten auch einige von ihm an jene, eine Anzahl anderer bei
Hummel gedruckt ist1*).
Schliesslich hat auch in Betreff der alten Plautus-
handschrift, welche Camerarius aus England zu erhalten
18) Namlich in B. F. Hummers fEpistolarnni historico-ccclesiasti-
carom seculo XVI. et XVII. a celeberrimis viris scriptarum semicentu-
riae' I et II: Halae 1778. 1780. 8. — Obgleich uns sonach dieser Vitus
fur unsera Zweck gar nichta angeht, so sei doch den auf ihn bezflg-
lichen Bemerkungen Heerwagen's, da sie mir einmal vorliegen, hier
anmerkungsweise darum ein Platz verg5nnt, weil man nie wissen kann,
wem etwa damit gelegentlich ein nfltzlicher Dienst geschieht. <^Was den
in dem 'Tertins libellus' gedruckten Brief des Camerarius an Henricus
Crbanus betrirTt, so lasst mich sein Inhalt schliessen, dass er 1527 ge-
schrieben ist, in welchem Jahre Camerarius' iiltester Bruder Hieronymus
auf Befehl des Bischofs Weigand in Bamberg in das Gefangniss gesetzt
wurde: dies scheint mir wenigstens das Privat-Misgeschick zu sein,
auf welches der Brief hindeutet. VeitDietrich war 1527 gerade 20Jahre
alt, konnte also allerdingB damals probeweise eine Lehrsteile in Franken
angetreten haben; und der Ausdruck 'Vitus 0 08^6^' lasst vorzugsweiBe
118
BIO - BIBLIOORAPH18CHB8
sich HofTnuug gemacht hatte, eine einzige Verweisung auf
das Corpus reformatorum genilgt, um jeden Gedanken an
eine Identitat derselben mit dem sog. Decurtatus zu besei-
tigen. Daselbst namlich heisst es Bd. III n. 1086 p. 540
in einem Briefe Melanchthons an Camerarius vom 10. Juni
1538 wie folgt: fDe Plauto accurate scripsi ad Episcopum
quendam Anglicum, et ad Franciscum nostrum, qui cum tuo
vetere amico Bammelbergio in Britanniam missus est, ut au-
diant Regis voluntatem de religione\ Den Commentar hierzu
wiisste ich in nichts besser zu geben als mit Heerwagen s
nachstehenden, alles aufklarenden Worten. «'Franciscus noster'
170 ist Franz Burchard, Kanzler des KurfQrsten; der 'vetus ainicus'
der Edle von Boineburg. Der 'Episcopus quidam' konnte etwa
Thomas Cranmer sein, denn mit diesem stand Melanchthon in
Correspondenz. Ueber den Erfolg, den des letztern Bemuhungen
bezflglich des Plautus hatten, verlautet in seinen Briefen nichts
weiter. Die Gesandten kamen Anfang Octobers aus England
zuriick, und am 6. November besuchte Camerarius Melanch-
thon in Wittenberg. Dort wird er ohne Zweifel miindlich
von Melanchthon erfahren haben, ob in dieser Angelegenheit
etwas zu erreichen war. Es ist zu vermuthen, dass seiiie
Erwartungen getauscht wurden. Hatte er die Handschrift
wirklich erhalten, so wiirde er es sicherlich mit dem Aus-
druck des Dankes gegen die Miinner, die ihm dazu verholfen
hatten, in seiner Epistola nuncupatoria kurz erwiihnt haben.
Den 'codez decurtatus' hat er ohne .Zweifel auf einem Wege
erlangt, der ihn der Muhe, sich Uber seine Provenienz weiter
auszulassen, iiberhob, obgleich es immerhin seltsam bleibt,
an Veit Dietrich denkeu, der iiberall gemeint ist, wo fVitus Norimber-
gensia' steht. Die Briefe im Corpus reform. I n. 621 und 522 konnen
mit diener Annahme in Einklang genctzt werden. Darnach hatte Veit
die flbertragene Lehrstelle bald wieder aufgegeben und w&rc nach
Wittenberg gegangen, von wo aus er durch Melanchthon flir Ertheilung
eincs Niirnberger Stipendiums empfohlen wird. — Dass an einen dritten
Vitus jener Zeit, der zum Unterschied von seinem Geburtsort Wins-
hoim [oder Windsheim, nicht 'Weinsheim'] in Franken fVitus Vinse-
mius' heisst, nicht zu denken sei, geht schon daraus hervor, dass dieser
um 1527 bereits eine Privatechule in Wittenberg hatte und sich dort
bald habilitirte.»
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ZU CAMKRARIUs' PLAUTUSSTUDIEN.
110
dass er ihn ganz und gnr mit Stillschweigen iibergeht» —
Vielleicht war jener englische Codex der die ersten acht
Stiicke enthaltende des Britischen Museums mit der Signatur
~} von dem ich in den Prolegomena p. XLI sprach. Wenig-
stens scheint er der einzige in England vorhandene zu sein,
der iiber das 15te Jahrhundert hinaufreicht: obgleich sich
die gute Meinung, die ich ehedeni von ihm hatte, keineswegs
bevvahrte, seit er mir durch Collationen meines Freundes
Einil Braun und weiterhin durch mehrfache sonstige Mitthei-
lungen niiher bekannt geworden war. Er wUrde also auch
dem Camerarius neben dem Vetus wenig geuiitzt haben.
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IV.
Curae secundae
zu lieft I der 'Neuen Plautinischen Excurse'.*)
Was sich dem Verfasser einer Druckschrift untersuchen-
den Charakters zucrst aufzudrangen pflegt, oft schon nach
Wochen, irnnier nach Monaten, das liiuft meist auf Vervoll-
standigung, Bestatigung, Erweiterung des Gesagten hinaus.
In einem spiitern Stadium treten, gewohnlich durch Wider-
spruch anders urtheilender hervorgerufeu , Berichtigungen
oder aber Rechtfertigungen hinzu. Sei es mir gestattet>
hier zunachst unter dem ersten Gesichtspunkte einige Nach-
triige zu geben. Ich denke denjenigen, die sich flberhaupt
fUr diese Fragen interessiren, wird es am bequemsten sein,
wenn ich einfach die Reihenfolge der in der Druckschrift
selbst behandelten Gegenstande festhalte.
G. Hermann's Abneigung gegen das auslautende d in
med ted, die ich p. 8 hervorhob, konnte noch ausdrucklicher
belegt werden durch seine eigenen Worte in der Vorrede zu
den Bacchides p. VI f.: fEgo quidem id egi, ut verba poetae
ita exhiberem, quemadmodum ab eo vel scripta esse vel po-
tuisse scribi videbantur: quae si tibi et paucis illis, qui lia-
rum rerum aliquem sensum habent, non displicuerint, non
quaeram quid illi sentiant, qui aut devoratas cum omni
squallore sacras membrana,s aut procusos ab sese confragosos
numeros omnipotentemque d litteram sine cruditate
concoquunt\ —
*) [Rhein. Mufleum f. Thil. XXIV (1869) p. 482-492.]
CVRAE 8ECVNDAE.
121
Nach GrotefencTs schoner Entdeckung vom eigentlichen
Wesen des auslautenden d, die ich p. 9 f. besprach, hatten
zwar auch ablehnende Auffassungen erwahnt werden konnen,
wie namentlich die von Osann in seiner 'Commentatio de
pronominis tertiae personae formis' (Gottingae 1845), in der
er sich mit lebhafter Polemik ftlr eiu vollig zweck- und be-
deutungslos angehangtes d ereiferte. Ich kannte diese Ab-
handlung sehr wohl, iiberging sie aber mit Stillschweigen,
weil ich erstens den darin verfochtenen Standpunkt fur vollig
antiquirt hielt, und zweitens Osanns in der Regel so stumpfe
und verschwommene Erorterungen uberhaupt nicht ohne *m
Noth citire. Dass ich jetzt docli darauf zuriickkomme, ge-
schieht einzig um darauf aufmerksam zu machen, wie schla-
gend jene Flachheiten schon damals von G. Curtius in
einer Recension, die mir allerdings entgangen war, zuriick-
gewiesen wurden in Zeitschrift f. d. Alterthumswiss. 1846
p. 754 ff. —
Neben F. Bilcheler musste p. 19 auch W. Christ
genannt werden, der, grossentheils mit schon von Bucheler
beigebrachten Beispielen, diesem wesentlich beistimmte im
Rhein. Mus. f. Phil. XXIII p. 564. Meinerseits habe ich
leider diesen Aufsatz nicht nur erst nach Abfassung, sondern
selbst erst nach der Drucklegung raeiner Schrift gelesen,
darum weder auf angebliche Belege, wie Curc. III, 59 und
Cas. II, 3, 20, die meines Erachtens nicht hieher gehoren,
noch auf die Anmerkung 2 zu p. 564 Riicksicht nehmen
konnen, der ich bedauere in jedem ihrer Satze von meinem
Standpunkte aus widersprechen zu inilssen. —
In dem Ennianischen Verse p. 33 hatte sich des med
cgo esse mit Recht schon Vahlen im Rhein. Mus. XVI
(1861) p. 582 angenommen gegen Ernesti's flache Aenderung
memet esse. —
Zu den p. 35 ff. aufgefiihrten Beispielen eines herzu-
stellenden med oder ted lasst sich — vorbehaltlich anderer,
die ohne Zweifel nachfolgen werden — fttr jetzt hinzufiigen
Capi II, 3, 9 (369):
Ad ted atque illum: pr6 rota me uti licet:
wo Ad te dtque ad illutn eben so wenig nothig ist wie z. B.
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122 CVRAK 6ECVNDAE
Truc. I, 1, 26 db rc atque ab animo statt db rcd atque
animv, oder in ahnlichen Stellen mehr die ncuerdings ein-
pfohlene und selbst aufgenommene Wiederholung der Pra-
position in doppelten Satzgliederu dieser Art.
Der ebenda beigebrachte Vers Curc. V, 2, 21 (619)
blieb hier besser fort, da er, mit Hiatus in der Diaresis
also gemessen:
Quam ego pecuniam quadruplicem abs te et lenone auferam,
allerdings keiu ted erforderlich macht. Seine Stelle konnte
er nur allenfalls in § 13 finden, wo die grossere Wahrschein-
lichkeit erwogen ward, dass auch in jener Diaresis der Dichter
den Hiatus lieber vermieden als gesucht oder zugelassen
habe. Unbedingt wird wenigstens diese Auffassung zu gelten
haben fiir den p. 36 mit aufgeztihlten Vers Aul. II, 2, 55:
fit te utar iniquiore et meus med ordo inndeat,
wo ein etwaiges iniquiore ct metis me ordo doppelt verwerf-
lich ware: erstlich weil in dieser beliebten pronominalen
Zusammenstellung die Betonung mcus mc u. dgl. die gewohn-
heitsmiissige ist (wie gleich Aul. III, 4, 6 meus tned intus)\
zweitens weil, wenn man auch in der Zulassung jenes Hiatus
noch so liberal gesinnt sein mag, doch ?der hassliche Zu-
saminensto8s zweier kurzer e an dieser Stelle jedes feinere
Ohr verletzen niuss', gerade wie in supretne et Capt. V, 2,
23 (976), wovon p. 41 gehandelt wurde (vergl. auch p. 47.
484 88). Der erste Grund allein ist es, der auch ein (an sich
sehr wohl mogliches) iniquiored ct mcus tne ordo abweist.
Etwas unsicherer ist ein anderes ted in Capt. n, 1, 43
(240), wo ich aber doch, im engsten Anschluss an die Ueber-
lieferung, glaube zwei iambische Septenare anerkennen zu
mUssen:
Audio:: Et propterea saepius ted dt memineris moneo:
Non ego erus tibi, sed servos sum. nunc opsecro te hoc
tfnum.
In fortlaufenden iambischen Septeuaren ganzer Scenen wure
zwar eine Synizese wie audio sicher unstatthaft; aber ein
anderes ist es mit solchen, die in einem Canticum inmitten
nijiiwi mij ^ +pk
ZU DEN fNEUEN PLAUTINISCEN EXCURSEN'.
123
anderweitiger Metra eingestreut werden und dann auch die
freiere Prosodie der Octonare u. s. w. ganz anstandslos
theilen. —
P. 40 war in dem Verse Most. III, 2, 126 (813) nicht
sowohl ein ausgefallenes Jms, als vielmehr liascc zu ver-
niuthen:
Noli facere mentionem te hdscc emisse:: Intellego:
gemass der iiberzeugenden Beobachtung Fleckeisen's in Jahrb.
f. Phil. u. Pad. Bd. 60 (1850) p. 245, wonach es fast immer
haec(e) aedes, illaec aedes, nicht hae oder illae heisst. —
P. 41 war mit einem Worte zu bemerken, dass in dem
Trinummusverse II, 4, 181 (582) die Tilgung der Worte
Quin tu schon von Hermann in der Vorrede zu seinem Tri-
nummus p. XIX vorgeschlagen war, wenn man auch im
Uebrigen mit der dortigen Behandlung des Verses nicht ein-
verstanden sein kann. —
P. 49 Anm. habe ich versaurat den sehr moglichen Fall
zu erwiihnen, dass der ganze Vers Aul. II, 4, 26, den ich
mit Hinzufiigung eines Ibi so schrieb: Ibi nequid animac
fortc amiitat dormiens, nur die irrthumliche Wiederholung
von Vers 24 sei, da auch ohne ihn die Weehselreden des
Strobilus und des Congrio vollkommen verstiindlich fort-
schreiten. Wiewohl anderseits auch die absichtliche Wieder-
bolung derselben Worte dem Humor der Stelle gut genug
entspricht —
Zu den p. 52 erwahnten Beispielen eines fur sc in die
Hss. eingedrungenen falschen sese liess sich weiter anftihren
Trin. arg. 7 ferre se[se] d patrc. Auch Terenz Adelph. II,
3, 10 (263) wird mit Fleckeisen hieherzuziehen sein. —
Das p. 54 neben profiteri anerkannte prbfiteri hatte
ebenfalls schon Vahlen a. a. O. p. 482 in Schutz genom-
meu. —
Derselbe fiigt ebenda den p. 55 f. zusammengestellten,
ausserplautinischen handschriftlichen Spuren eincs alten d
den bei Appulejus erhaltenen Vers der Ennianischen Hcdy-
phagetica fp. 166 V. 6 seiner Ausgabe) hinzu, in welcheni
der Florentiner Archetypus mit seinem surrcnH telopcm
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124
CVRAE SECVNDAE
allerdings so deutlich wie nioglich auf ein Surrentid clopem
hinweist. An sich konnte man zwar sehr zweifelhaft sein,
ob nicht schon sehr friihzeitig das verirrte Sprachgefuhl eine
ursprfingliche Locativform wie Surrenti fiir einen reinen
Genitiv nahm und demgcmass mit einem angehangten d n i c h t
erweiterte; aber das Gegentheil ist doch gerade eben so gut
moglich und erhalt durch Formen wie rurid lucid einc Art
von Beglaubigung, die, wenn auch nicht alles, doch mehr
als nichts beweist. Liisst man aber Surrcntid mit localer
Bedeutung gelten, so ist naturlich auch gegen das ohne
handschriftlichen Anhalt in Vers 2 von Vahlen gesetzte
Acnid aspra uichts Stichhaltiges mchr einzuwenden. —
Wichtiger noch . fiir den Plautus sind zwei mir von
0. Ribbeck brieflich in Erinnerung gebrachte Stellen des
Titinius, in denen gleichfalls die handschriftliche Ueber-
lieferung selbst ein ablativisches d klarlich gerettet hat.
Erstens in Vers 165 R.:
Obstrudulenti [da] aliquid, quorf pectam sedens,
wie ihn (abgesehen von dem zugesetzten da) Festus p. 193,
17 gibt. Denn dass hier in quod kein Accusativ zu sehen
sei, entging weder Scaligern, noch Neukirch Fab. tog. p. 144,
noch Hermann Opusc. V p. 276. — Die andere Stelle ist
V. 46 R.:
Desuevi ne quod ad cenani iret extra consilidm meum:
wo quod statt quo die massgebende Autoritiit der Leidener,
irct statt exirct die der Bamberger imd der Wolfenbiitteler
Handschrift des Nonius p. 94, 3, letzteres zugleich den
Sprachgebrauch fdr sich hat, iambisches Metrum aber sehr
rait Recht von Lachmann zu Lucr. p. 277 behauptet wurde.
Verhalt sich das aber mit diesem Verse also, so leistet
er uns ferner den schatzbaren Dienst, dem p. 57 aus Most.
1, 4, 20 (334) beigebrachten Zeugniss fiir adverbiales quod
= quo einen zweiten Beleg hinzuzufiigen, so dass die hier-
von p. 79 ff. auf die gleichartigen Adverbialbildungen ge-
machten Anwendungen jetzt auf eincm doppelten Grunde
ruhen.
ZU DEN 'neuen plautinischen excursen*. 125
Zugleich gewinnt durch diese beiden Titiniusverse, wenn
sie voratehend richtig aufgefasst worden sind, die schon
fruher (Parerga p. 194, vgl. Momrasen R5m. Gesch. I3 p.906,
I4 p. 920) aufgestellte annahernde Zeitbestiraraung, wonach
der genannte Dichter alter als Terenz zu denken, eine er-
wunscbte Bestsitigung. —
Unter den p. 57 f. aufgestellten Zeugnissen fur die
Schreibung nequiquam statt nequicquam war der Vers Persa
IV, 3, 40 (515) besser zu streichen, da ftir ihn die einleuch-
tende Wahrscheinlichkeit, dass er mit dem Palimpseat so
zu schreiben sei:
Neque quam tibi Forttfna faculam ltfcrifica adlucere volt,
schon von Biicheler in Fleckeisens Jahrb. Bd. 87 (1863)
p. 783 empfunden wurde, wenn auch mit unnothiger Ver-
anderung des im vorangehenden Vorso stehenden instct in
instat, da der Moduswechsel von quid insict und quam volt
von Haupt im Hennes III p. 337 mit Recht in Schutz ge-
nommen ist. —
Das hier zur Sprache gekommene ncquidquam ladet
aber zugleich zur Erorterung einer anderweitigen Formel der
Umgangssprache der Komodie ein: einer Erorterung, die
auch in dem Falle, dass sie nur ein negatives Resultat er- ,
glibe, nicht unniitzlich sein wird. Ich meine die so hiiufige
Verbindung quid iam? welche in dem Sinne von fwie so',
also = qui = quamodo, somit als Ablativ aufzufassen, nicht
aber als fwas nun', rwas denn' in nominativer oder accusa-
tiver Bedeutung zu erklaren, die Mehrzahl der Beispiele sebr
verfQhrerisch sein kann. Ftir diesmal wurde mich indess
dieses Thema — bei zufallig beschranktem Kaum — zu weit
fiihren, als dass ich seine Ausfiihrung nicht lieber fiir die
Fortsetzung dieser Curae secundae aufsparte, fiir die schon
jetzt mancherlei Stoff vorhanden ist. — *
Den p. 62 gesammelten Beispielen eines im nominalen
Gebiet herzustellenden ablativischen d wolle man zuvorderst
die nachstehenden hinzufiigen:
Amph. I, 2, 36 (498): Cum Alcumenad Uxore usuraria
oder aber: Cum Alcumena uxored usuraria:
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126
CVRAE 8ECVNDAE
zwischen welchen beiden Moglicbkeiten die Entscheidung,
wie in so manchem ahnlichen Falle, frei gegeben ist, wah-
rend der Hiatus nach Cum einer ganz besondern Unter-
suchung vorbehalten bleibt. Ferner
Amph. I, 3, 47 (545): Pnus tuarf opmione hic adero: habe
animdm bonum:
wo die Umstellung des iiberlieferten bonum animum ltabe
unter allen Umstanden keinen Einfluss auf die erste Vers-
hiilfte hat. Desgleichen
Iiud. III, 5, 38 (818): Et tfbi ille servos ciim erorf huc
advenerit.
Zweifelhafter Auffassung konnen zwei andere ebenda
mit aufgefiihrte Verse scheinen, obwohl sie jedenfalls an
einer von zwei moglichen Stellen ein d unweigerlich erfor-
dern: namlich Amph. prol. 149 und Curc. II, 3, 61 (340),
wenn sie nicht so, wie dort geschehen und wie es mir auch
noch jetzt das wahrscheinlichere ist, gemessen wilrden, son-
dern vielmehr in dieser Weise:
A pdrtud illic ndnc cum lanterna advenit1).
Dico rae illo venisse animi cailsa: ibi med interrogat:
der letztere ganz ahnlich wie sich auch der p. 63 Anm. *)
erwiihnte Vers Poen. V, 2, 98 so lesen lasst:
Surniptus sum illiw: hic med Antidama hospes tuos. —
In der Penthemimeres des iambischen Senars
konnte man p. 72 die Messung des Verses Asin. IV, 2, 16
(825) Cum suo sibi f/ndtod unam ad amicam de die anfochten,
wenu man Cum suo sffrt ynato unam vorziehen wollte: aber
rait eiuem so in der Thesis verschwindendeu gnato und zu-
gleich einem so wenig fl&ssigen Rhythmus, dass hoffentlich
niemand diesen Weg ernstlich einschlagen wird.
Einen Zuwachs wOrden die hiesigen Beispiele des durch
d aufgehobenen Hiatus in der Penthemimeres erhalten durch
Casina prol. 73:
1) CleraUe wie auch Bacch. 11, 3, 70 (304) p. 73 zwischen exttrnplo
a portud ire und extemplod a portu ire die Wahl frei blieb.
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ZU DEN fNKUEN PLAUTIN4SCHEN EXCURSEN'. 127
Maioreque opererf fbi serviles niiptiae2) 487
Quam liberales etiam curari solent,
wenn das nicht so gewiss wie moglich ein nachplautinischer
1'rolog wiire. Und doch hilufen sich allmahlich die aus sol-
chen Prologen entnommenen Beispiele eines durch einfache
Hmzufiigung des d verschwindenden Hiatus dergestalt, dass
man sich mehr und mehr zu der Annahme versucht fiihlt,
es nioge im Anfange des siebenten Jahrhunderts d. St., als
jeues d im lebendigen Gebrauch bereits nicht mehr existirte,
dasselbe doch noch nicht so ganz aus der Erinnerung und
dem Plautustexte selbst geschwunden sein, dass nicht Plau-
tinische Nachahmung es gelegentlich zur Anwendung brin-
gen konnte. Ueberlassen wir die Entscheidung dariiber der
reifern Erkenntniss der Zukunft, und zwar in diesem Falle
uni so mehr, als ja doch auch als beabsichtigte Messung
ein (wenn auch fUr Plautus selbst nicht eben wahrschein-
liches) Maioreqiie opere tbi s. n. denkbar wiire, ganz ent-
sprechend der in den Gesetzesurkunden des 7. Jhdts so ge-
wohnlichen Schreibung ibei. —
Will man die Adverbialverbindungen, in denen eine
spliter nur mit dem Accusativ construirte Praposition sich
noch mit dem Ablativ verband, ganz vollstiindig haben, so
fDge man den p. 82 zusammengestellten Formen noch hinzu
erstlich postillac, sodann aber neben (piapropter liacproptcr
und propterea das dort zufallig vergessene eapropter, wenn
es auch meines Wissens nur ein einziges Mal erhalten ist
in dem Citat des Servius zu VirgiVs Ecl. VII, 31 aus Terenz
Andr. V, 5, 3, wo es Bentley mit seiner gewohnten Einsicht
zu Ehren gebracht hat. —
Das hieher gehorige praeterea mit d (p. 83) wird auch
noch Trucul. II, 4, 91 herzustellen sein:
Praeteread opsomiri dumtaxat mina;
das gleichartige proptcrca vielleicht (s. o.) selbst in dem
Prologverse der Casina 59:
Propteread una consentit cum filia. —
2) oPERis atatt opera der Paliuipsest.
128 CVRA^ SECVNDAE
Das in der Anra. zu .p. 85 f. uur kurz berflhrte quae
res? ohne est (also den Opusc. phil. II p. 609 besproehenen
Fallen beizuzahlen) wird wohl in dieser Gestalt als aus-
• schliesslich ubliche Forrael anzuerkennen sein. Haudschrift-
lich beglaubigt haben wir es zunachst in den schon beige-
brachten vier Beispieleu:
Foen. V, 4, 29: Quae r»\s? iara diud edepdl tuara sapien-
tiara haec quidem abtisast
Asin. 11, 4, 7 1 (477): Pergin precari pessumo? : : Quae rea?
tun libero hdmini — .
Cas. III, G, 8: Quae res? : : Haec res : : Etiamne adstas?
Eniinve*ro TrpotYuaTd uoi Tfap^x^tc3).
<«* Mil. IV, 8, 34 (1343): Quora abs te abeam : : Fer aequorf
anirao : : Sed quid hoc? quae res? quid est?4)
Zu ihnen gesellen sich aber noch folgende neue:
Aulul. III, 2, 9: Sed quid tibi, raendice homo, nos tactiost?
quae res?:')
Oas. II, 8, 18: vix reprirad labra,
Ob istanc rera quin te deosculer, voluptas mea.
: : Quid? deosculerc? quae res? quae voluptas tua?c)
Nichts anderes als qunti rrs gebcn auch Casina IV, 4, 7 die
Hss. mit dem Palirapsest, was demnach festzuhalten ist, wie
man auch sonst fiber die Herstellung dieser ziemlich ver-
8) Die Verae aind anapiiatiache Dhnetri, wenn raan aie nicht etwa
lieber zu einem Octonar verbinden will. Das haec res als Antwort ist
geradc so geaagt wio bei una 'Warum?' 'Daruni'.
4) So glaube ich auch jetzt noch die schlimmen handscbriftlichen
Wirreale der Stelle am wahrecheinlichsten zu bcaeitigen; aber auch
wer darflber anderer Meinung iat, wird wenigatena in dem zweiten
Halbveree (wie auch derselbe durch andere Pereonenabtheilung mog-
licher Weiae noch zu verbessern sein mag) daa in dem haudachrift-
lichen queris unverkennbar liegende quae res unangefochten lassen
mflaaen.
6) Mit einziger Umatellung des nos nach Iteiz bei Hermann de
metri8 p. 172.
6) So iat der Vers durch Hinzufugung einea einzigen e hergeatellt,
wahrend die Has. rait dera Vetus nur deosculer geben. Aua dera letz-
tern iat istanc (dr istam.
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ZU DEN 'NECEN PLAUTINISCHEN EXCUKSEN'. 129
derbten Verse denke: vgl. Brix in Fleckeisen's Jahrb. Bd. 91
(1865) p. 65. — Wenn wir nun, allen diesen sichern Bei-
spielen gegeniiber, in den Hss. des Persa III, 1, 32 (360)
einen Senar lesen, der gar kein Vers ist: Ne fiat : : Quae hae
res (oder hcrcs, oder im Palimpsest -eaeres) sunt? : : Cogita
hoc verbum pater, und wenn hier keinem Verstandigen ver-
borgen bleiben kann, dass sunt aus Interpolation stammt:
wird sich derselbe dann wohl noch strauben, auf dieselbe
Interpolation auch das hae (oder eae) zurflckzufubren und
den Vers in dieser Gestalt als Plautinisch anzuerkennen :
Ne fiat : : Quae res? : : Cogita hoc verbiSm, pater — ?
So gut wie einmal, konnte aber auch noch ein ander Mal
das der Folgezeit fremd gewordene quae res durch quae liaec
res est erklart werden, wie es gescheheu sein wird im Persa
V, 2, 6f> (846), wo zwar das Metrum in dem trochaischen
Octonar Hicinest, qui fuit qumulam fortis? : : Quae liaec res
estf ei, colapho me icit nichts vermissen liisst, aber doch mit
grosser Wahrscheinlichkeit der Dichter vielmehr geschrie-
beu hat
Hicinest, qui fuit quondam fortisV : : Quae res? ei ei} c6-
laphum mi icit.
Ho ist deun, wenn mir nichts entgangen, nur noch eine
Sudle ubrig, in der man heutigen Tages quae ttacc res liest:
im Truculentus II, 7, 50, aber wohl zu merken nur aus Con-
jectur fiir eiu Uberliefertes, jedoch unbrauchbares quae (oder
que) ttercles. Darin wird nun zwar in der That nichts an-
ileres stecken als eben jenes schon von den Cinquecentisten
veriuuthete quae haec res [vergl. Trin. 507 J, aber iicht
braucht darum natiirlich das haec ganz und gar nicht zu
sein, lasst sich vielmelir oben so wie in den beiden Versen
des Persa als nachplautinischer Zusatz ansehen. — Fiir
7) Da dem haodscbriftlicben colaphum icit ein colaphum mi icit
noch etwas niiber liegt al» colapho me icit, wird man jene Con-
struction viclleicbt wagen durfen im Hinblick auf da« Terenzische
colaphos infregit mitii in den Adelphen N, 1, 45 (199): wie ja auch
bei unu im gemeineu Leben Redensarten vorkommen wie fer haut ibm
eiue Ohrfeige'.
FK. KIT8CHELII OPV8CVLA III. 9
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130
CVRAE 8ECVNDAE
wen ein Inductionsbeweis dieser Art keine Ueberzcugungs-
kraft hat, nun der muss sich eben d&init begnflgen, neben
achtmaligem quoe res auch ein einmaliges quae Jiaec res
und ein ebenfalls eimnaliges quae haec res est anzunehmen:
«o wenig das auch einleuchtender Massen dem Wesen der in
fonnelhaften Wendungen so zahen Uingangssprache ent-
spricht. —
Mit den p. 89 erwahnten (localen) Ablativen ruri, per-
eqri steht ganz auf einer Linie auch luei, dem sein altes
d zurflckzugeben ist in Casina V, 2, 7:
Tandem u*t veniamus lucir/: ego cras luc ero. —
Fflr ein nothwendiges sed = sine habe ich zwar
auch jetzt noch eben so wenig, wie frflher p. 99, einen Be-
leg; aber wenigstens fflr die Form se bietet sich eine Stelle
dar, die wohl kaum einem Zweifel Raum liisst: im Pseudulus
I, 3, 144 (378):
Sed se argento frn"stra's qui me tui misereri postulas:
wo die Handschriften (mit A) sine argento gebeu, die Ver-
kflrzung der Sylbe arg- zwar nicht schlechthin undenkbar,
aber doch jedenfalls so aussergewohnlich wiire, dass dann
immer uoch grossere Wahrscheinlichkeit eine Vertauschung
von argento und numnw hatte, wie sie II, 2, 49 (644) that-
sachlich stattgefunden hat. — Sonst kenne ich im Plautus
keinen Vers, in welchem die Form sine das Metrum storte,
ausser weun man die von mir Proleg. p. CXXXII ff. nach-
gewiesene Verkflrzungsfahigkeit der ersten Sylbe von omnis
leugnet, wie daa ohne weitere Begrflndung *) Bergk gethan
8) Dass ich das von ihm iui Vorflbergehen Beigebrachte nicht fur
eine 'Begriindung' ansehe, nimmt er gewia» selbst nicht flbel. Es be-
steht n&mlich nur in den an 'Waaii senarius' erinnernden Behaup-
tungen, dass quod omnes, quid omnes als quo omnes, qui omnes, ita
omnis als ta omnis, per aU pr, desgleichen quia, sibi, eao einBylbig
ge«prochen worden, also z. B. die Verse Quid hoc negdtist, qwnl omnes
homines u. s. w., oder Ita omnis de Ucto u. s. w. *u lesen aeien:
Qui' hoc negotut, quo' 6mnes homines fabulantur per viam:
'ta omms de tecto de"turbavit tegulas.
Wobei man sich nur flber den unntitzen Umweg wundert, und sich
ZU DEN rNEUEN PLAUTINISCHEN EXCUUSEN'. 131
hat im Index schol. aest. Hal. a. 186G p. VI. Denn in <ao
diesem Falle traten noch zwei neue Belege eines mit se zu
vertauschenden sine hinzu, die ich als an sieh sehr wohl
moglich keineswegs hestreiten will, ohne doch die Nothwen-
digkeit ohne weiteres zugeben zu konnen:
Aul. IV, 1, 20: Nunc se onini suspitione iu ara hic ad-
sidam sacra.
Trin. III, 1,20 (G21): Quoi* tuam quom rem credideris, se
omni cura d<5rmias. —
Wie p. 99 ein dreisylbiges mehcrcle geleugnet wurde,
genau so urtheilte (gegen Lachmann zu Lucr. p. 162) flber
ein vermeintlich viersvlbiges meherndr oder mehercides Luc.
Muller in der Vorrede zu seinera Phaedrus p. XI, und cor-
rigirte danach niit Recht den Vers fab. Perott. 12, 3. —
Wenn in Fiillen, wie in den p. 103 f. kurz zusaramen-
gefassten, ein altes Schluss-r/ zufallig einmal auch vor fol-
gendem Consonanten urkundlich erhalten ist, so ist es selbst-
verstandlich ganz rationell, dass wir solche einzelne Reste
der vollstandigen Form schQtzen und sorgsam bewahren, so
sfhr auch in der grossen Masse der analogen Falle der Ab-
fall des d das iiberwiegende geworden ist, und dass wir in
solcher Beziehung jedem Streben nach absoluter Gleichfor-
migkeit entsagen. Von diesem Verfahren wird aber conse-
quenter Weise auch auf eine Wortfonn Anwendung zu
machen aein, die man sich nachgerade gewohnt hat anders
zu behandeln: das ist haud (erst in jiingerer 8chreibung
haut). Seit dafUr die abgestumpfte Nebenform hatt ans
Licht gezogen und namentlich aus den Plautinischen Hand-
schriften in zahlreichen Belegen nachgewiesen ist (vgl.
Opusc. phil. II p. 591 f.), ist man immer geneigter geworden,
iiberall vor consonantischem Anlaut hau zu schreiben. Aber
fragt warum nicht lieber gleich das omnes selbst fflr einsylbig crklart
wird, um entweder als mnes oder nach Befinden anch etwa als omn
gesprochen zo werden? — Den Werth der Neuheit hat flbrigens solche
Auffaaaung nicht, da (nach Waae) schon der Quedlinburger Weise
gar manchea gleichartige Vorbiid geliefert hat (man erinnere sich z. B.
de» fein8ylbigen, Philippis u. b. w.).
9*
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132
CVKAE SECVNDAE
dass dieses Juxu in spiiterer Zeit das seltnere geworden,
dagegen das urspriingliche Jiaud wieder zur Herrschaft ge-
langt ist, ist doch offenbar kein Grund, um ftir Plautinische
Zeit dem erstern schlechthin den Vorzug zu geben. Ver-
stiindiger Weise werden wir also nicht umhin konnen vor
Consonanten haud oder hau zu schreiben, ganz je nachdem
das eine oder das andere das handschriftlich iiberlieferte ist:
wiihrend natUrlich vor Vocal haud eben so nothwendig wird,
wie (wenn nicht der Fall der Elision eintritt) mcd und ted
und alles iihnliche. Uebrigens kenne ich auch kein Beispiel,
dass vor Vocal in den Hss. Jiau geschrieben wiire. —
Was ich p. 107 f. iiber die zur Vergleichung herange-
zogenen Lutherschen Bibeliibersetzungen gesagt, habe
ich mir niuhsani genug alles selbst zusammensuchen miissen.
Ich hiitte das nicht nothig gehabt, wenn mir fruher ein
paar Schriften bekannt gewesen waren, die erst seitdem in
ineine Hiinde gekommen sind: fE. Opitz, Uber die Sprache
Luthers' (Halle 18G9), und fG. W. Hopf, Wiirdigung der
491 Lutherscben Bibelverdeutschung' (Niirnberg 1847). Beide,
nainentlich aber die erstgenaimte, geben massenhafte Belege,
die in treftendster Analogie mit den Wandelungen des alten
Latein es iiberaus anschaulich maclieu, wie sich — um hier
gerade diesen einen Gesichtspunkt besonders liervorzuheben
— die vollern Sprachformen des G. Jhdts d. St. mehr und
mehr abschwiichten, kurzten, verdUnnteu. — Wenn ich aber
p. 107 a. E. den unverhiiltnissmiissig grossen Abstand be-
tonte, durch welchen die iiltern Bibeldrucke vom J. 1524
(genauer schon von 1522) an von der Gesammtausgabe
letzter Hand des J. 1545 sich entfemen, so habe ich von
Opitz gelernt, dass diese Wandelung doch nicht blos durch
die successiven Wandeluugen der Sprache selbst bedingt
war, sondern durch die bestimmte Absicht Luther's, inund-
artliche Verschiedenheiteu, die im damaligen Deutsch mit
und neben einander bestanden, durch Tilgung oder Auf-
nahine paralleler Formen auszugleichen, um dem Verstand-
niss und Gebrauch seiner Uebersetzung moglichst weite
Kreise zu offnen. —
Uon p. 108 hervorgehobenen Wandeluugcn fumbe umb
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ZU DEN fNEUEN PLAUTINI8CHEN EXCUR8EN*
133
um' liessen sich passend, neben prode prod pro, auch postcd
(postid) poste post (nicht pos) zur Seite stellen. —
Die p. 114 nachgewiesenen Beispiele des auf.is aus-
gehenden Pluralnominativs der zweiten Declination
kann ich durch ein ueues verinehren aus Rudens V, 2, 2(>
(1313):
Nummi octingentis adrei in lnarsrfppio infuerunt. —
Desgleichen die flir den Genitiv auf as (p. 115) durch
Amphitruo III, 1, 12 (872) nach Lachmann's (zu Lucrez
p. 161) Herstellung, Qber die ich ehedem nichts weniger als
riehtig urtheilte:
ganz abgesehen von den in den Hss. selbst, und zwar vor
einem consonantisch anlautenden Worte, erhaltenen Alcu-
mcnas im acrostichischen Argumentum des Stiicks, ohne
Zweifel aus bewusster und gewollter Nachahmung des Dicli-
ters. Aber auch in dem von Lachmann durch Umstellung
gebeilten Verse Mil. gior. IV, 5, 12 (1211) wird das ein-
fachste sein ohne Umstellung zu schreiben:
Saltem id volup est quom ex virtute formas evenft tibi:
wo id nicht mit volup est, sondern mit evenit zu construiren
ist, ein (von Guyetus empfohlenesj doppeltes id aber sogar
sehr lastig ware. —
Selbst der Pluralnominativ erster Declination
auf as (p. 118) erhiilt einen Nachtrag, wenn nicht aus
Plautus selbst, so doch aus seiuem Zeitgenossen Niivius,
der gewiss nicht, f ut versum faccrct', hochst unnothiger
Weise einen Hiatus wie oncrdriac amistne zugelassen hat iu
seinem Bellum Punicum (V. fi2 bei Vahlen), wenu er schrei-
ben konnte, wie er ohne Zweifel gethan hat,
(oder immerhin zugleich onustas). —
Die p. 128 besprochene romische Iuschrift mit ambracia-
cepit ist seitdem facsimilirt erschienen im Bullettino des 4.02
Si id Alcumenas innocentiac expetat:
Onerarias onustae stabant m flustris:
arehaologischen Instituts, Jan. u. Febr. 1869 p. 8. Nach
134
CVRAE SECVNDAE
diesem Faesimile, wenn es, wie doch vorauszusetzen, treu
ist, stehe ich keinen Augenblick an auf Mommsens Seite
gegen de Rossi zu treten, indem ich in den Schriftzugen
deu reinsten Typus der besten Zeit, d. h. mindestens der
Sullanischen, zu erkennen glaube, keinesweges den Charakter
des sechsten Jahrhunderts 9).
9) Von Druckfehlern wolle man noch verbesaern p. 9 Z. 2 v. u.
covkntionld (wie ea p. 102 richtig steht) statt convkntionid; —
p. 74 Anm. senectad statt senectad.
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V.
cubi ubi und Verwandtes bei Plautus*).
Das in der Ueberschrift bezeichnete Thema soll zwar s<*
einen Theil des zweiten Heftes der 'Neuen Plautinischen Ex-
curse' bilden und kann erst dort seine vollstandigere Aus-
und Durchfiihrung finden. Immerhin scheint es mir aber
niitzlich, wenigstens Umrisse des leitenden Gedankens und
seiner Begriindung schon hier im Voraus zu geben, um die
Aufmerksamkeit mitstrebcnder Forscher auf den, wie ich
meine, nicht uninteressanten Gegenstand zu lenken und niog-
lieher Weise forderliche Beitrage hervorzurufen, wie sie mir
schon in Folge meiner brieflichen Mittheilungen mehrfach
geworden sind. Dieses namentlich von A. Fleckeisen, 0.
Ribbcck, vor allen aber von H. A. Koch, der mir itir
diesen, wie fiir andere wichtige Punkte der f Plautinischen
Grammatik' mit der liebenswttrdigsten LiberalitSt schatzbarste
8tellensammlungen zu freier Benutzung iiberlassen hat.
Dass die lateinischen Interrogativ- und lielativbildungen
pronominalen Stammes (natttrlich auch in der Anwendung
als IndefinitaJ urspriinglich alle das anlautende q oder c
hatten, welches die meisten fiir immer festhielten, und wel-
ches uns auch im Griechischen in den dialektischen Formen
kococ koioc KOTepoc KUJC k60€V u. s. w. entgegentritt, ist wohl
heutzutage eine langst feststehende Erkenntniss. So einfach
wie bestimmt sprach es Bopp Vergl. Gramm. H § 389
(p. 208 3. Ausg.) aus, dass nicht nur cubi cunck als die
*) [Khein. Muaeum f. Phil. Bd. XXV (1870) p. 306-312.]
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13fi CVBI = VBI UND VF.RWANDTES BEI PLAUTUS.
ursprunglichen Formen ffir spateres ubi utule auzunehnien
seien, sondern eben so auch umquatn usquam uspiam usquc
ihren ehemaligen Gaumenlaut nur in der jilngern Sprach-
entwickelung verloren haben; dass darum auch alicubi ali-
cumle nicht etwa aus aliqu- und ubit aliqu- und unde zu-
samraengesetzt, sondern als ali-cubi ali-cutidc aufzufassen seien
in vollkommenster Analogie mit ali-quis ali-quando u. s. w.1).
307 Wollte aber selbst daran jemand zweifeln, so schlagen doch
die vou Bopp nicht berucksichtigten Composita sicubi sicutuk
jeden Widersprucb nieder, da diese doch kein Mensch von
sic und ubi, sic und utidc ableiten kann. Dass unter dieselbe
Analogie auch die hinlanglich beglaubigten Bildungen nccubi
nccunde necuter fallen, 'begnuge ich mich hier nur anzudeuten,
wie ich auch das Verhaltniss von nccidlus zu ihnen ffir jetzt
unerortert lasse.
Altes Latein und Plautinisches Latein fallen nun aller-
dings nicht nothwendig und ohnc Weiteres zusammen; aber
ob sie es thun und wie weit, ist doch in jedem gegebenen
Falle eine gebotene Frage, deren Losung mit don zu Gebote
stehenden methodischen Mitteln versucht werden muss. Die
Inschriften Plautinischer Zeit geben uns diesmal keinen Au-
halt, da sie nichts hieher gehoriges bieten als im SC. de
Bacchanalibus cin zweimaliges vbei, allerdings nicht CVBEL
Aber von einer ausschliesslichen Existenz archaischer
Sprachformen kann ja ffir das Plautinische Zeitalter in zalil-
reichen Fiillen auch gar nicht die Rede sein, sondern nur
von einem Nebeueinander alter und jfingerer Formen, die
eben in jener Periode mit einander in einem Kampfe lagen,
der sich erst allniahlich, frfiher oder spiiter, zum Siege der
jiingern Form entschied: so dass demnach Iteste der iiltern
mit nichten zu beanstanden sind, wenn auch selbst nur ver-
einzelte, schou im Absterben begriffene. Somit sind wir auf
etwaige Zeugnissc der handschriftlichen Textestradition im
Plautus selbst angewiesen. Wie also, weun hier der treff-
1) Dasa dabei nicht vou einer 'Veretuaimelung de« ali ans alio\
wie Bopp sagt, aubzugehen sei, sondcru von der altlateinischeu Decli-
nation alis =- alius, wisacn wir jetzt wohl allc.
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CVBI = VBI UND VEKWANDTES BEl I>LAUTU8. 137
liche Tetus* B, der so vieles Aechte, insbesondere so vieles
Alterthiiniliche allein bewahrt hat, in dem Trinummusverse
IV, 2, 89 (934), wo in den ubrigen Handschriften non illa
ubi tus steht, cubitus gibt fflr ubi tus, den ganzen Vers dem-
nach unzweideutig also iiberliefert:
An etiam Arabiast in Ponto? : : Est: ndn illa, cubi tus
gignitur — ?
Noch dazu ohne dass hier diese Form fur den Vers irgend
nothwendig war, da es ja eben so gut, ohne VerkQrzung des
illa, auch non illa ubi heissen durfte: ein Verhaltniss, wodurch
die Glaubwurdigkeit des Zeugnisses nur gesteigert wird. —
Von einer weitern Spur eines alten cubi in Truc. II, 4, 9 s. u.
Wer etwa im Trinummus nur eineu zufalligen Schreib-
fehler erblicken wollte, der wird sich — selbst abgesehen
davon, dass gerade diese Verschreibung gar nicht im Kreise
des Gewohnheitsmassigen lage — bald bekehren, wenn er
erstens weiter unten beizubringende, sehr analoge Spuren
der handschriftlichen Ueberlieferung nicht unbeachtet liisst,
welche nicht ubi selbst, aber mit ubi nachstverwandte Formen
hetreffen, und weim er, was die Hauptsache, zweitens hndet,
dass eine Reihe Plautinischer Verse von ihrer metrisch in-
correcten oder mindestens sehr verdiichtigen Beschaffenheit
durch die ZurQcktiihrung des anlauteuden c mit einem Schlage
hefreit werden. Als eines der kriiftigsten Beweisstucke mag
vorlaufig der Vers Bacch. I, 2, 26 (134) gelten:
Ibidem ego meam operam perdidi, cubi tu tuam:
wenigstens fur jeden, der an Lachmann's Verthcidigung dieses
Hiatus (zu Lucret. p. 387) nicht glaubt, die ich von jeher 3os
fQr verfehlt gehalten habe und noch halte. — Auch die Pause
nach einer Frage mitten im Verse hat fQr mich (und Andere)
nicht die Kraft, einen Hiatus zu rechtfertigon wie Cas. II,
3, 29 in ntkili? ubi: und wie einfach werden wir ihn doch
los, wenn wir mit Anwendung des im Trinummusversc be-
zeugten cubi als die Plautinische Gestalt des Verses diese
anerkennen:
Vnde is, nihili? aibi fuisti? u. s. w.
Es wird freilich nicht an solchen fehlen die hier nihili? ubt
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138 CVBI = VBI UND VERWAKDTES BEI PLAUTUS.
»
fuisti messcn zu diirfen meinen. Aber auch wer es gelten
lasst, dass ubi unter Umstanden als Iambus gebraucht wurde,
wie namentlich in kretischem, auch in anapastischem Metrum,
wird sich doch vor dem argen Fehlgriff zu haten haben,
diese Prosodie ohne Unterscheidung iiberall anzunehmen, wo
sie nach blosser Sylbenzahlung moglich ware. Wer, der
irgend ein an Plautinischen Versrhythmus gewohntes Ohr
besitzt, wird nicht z. B. den Bau der folgenden Senare als
einen ilberaus lahmen und darum unplautinischen empfinden:
Aul. IV, 7, 20: Ibo fntro, ubi de eapite meo sunt
comitia.
Pseud. I, 5, 75 (490): Memim : : Quor haec tu ubi re-
sciuisti flico.
Poen. III, 3, 89: Quid multa uerba? faciam, ubi tu
laueris.
Hud. IV, 7, 10 (1236): Fiiint transennae, ubi decipiuntur
dolis.
VVie anders klingen diese Verse, wenn sie mit Beseitigung
des schwerfalligen ubl in geschmeidigen Fluss kommen durch
die Aufnahme des paroxytonirten Pyrrhichius:
Ibo intro, a\bi de capite meo sunt comitia.
Memini : : Quor haec tu calbi resciuisti llico.
(^uid mitlta uerba? faciam, ciibi tu laueris1).
Fiiint transennae, cdbi decipiuntiir dolis.
Eben so auch Mil. glor. 1107, wovon s. u. Nur dass es in
Betreff des ersten und des vierten Verses durchaus fraglich
bleibt, ob der falsche Hiatus gerade durch die Form cubi,
oder aber uort durch introd ubi, hier durch transennas ubi
vom Dichter vermieden ward (vgl. N. E. I p. 118); das eine
ist in der That gerade so moglich wie das andere2). —
Nicht anders, als in Senaren, verhiilt es sich mit ubi auch
1) lm folgenden Verae ist nur ut zu tilgen:
Ibi b&lneator faciat unguentarium.
2) Dass Biicheler'8 Einwendungcn gegen dic Annahme cinos introd
nicht stichhaltig sind, davon hoffe ich ihn demnachst in dcr Fortaetzung
der 'Curae Becundae' unschwer zu uberzeugen.
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CVBI = VBI UND VERWANDTES BEI PLAUTUS. 139
in Septenaren, so dass sich also aus rhythinischein Grunde
entschieden empfehlen Schreibungen wie
Capt. V, 2, 2 (955): Quid me oportet facere, cubi tu talis
uir falsum aiitumas.
Poen. IV, 2, 33: Vt enim, cubi mi uapulandum sit,
tu corium srifferas1).
Aehnliche Beispiele, die aber zugleich noch unter einen andem
Gesichtspunkt fallen (Bacch. 431. Poen. IV, 2, 31. Pers. 630.3«»
Truc V, 22), kommen weiterhin noch zur Sprache.
Wenn es zu den noch immer streitigen Fragen der Plau-
tinischen Prosodik gehort, ob oder in welchen Grenzen die
Lange des dativischen und ablativischen -bus anzunehmen
sei, so werden ftir dieselbe wenigstens nicht mehr Stellen
ins Feld zu fuhren sein wie Amph. II, 2, 68 (700), wo die
Hinzufiigung eines einzigen c alles normal macht:
Hic in aedibus cubi tu habitas : : Numquam factumst : : Non
taces:
wonach sich auch wohl der Vers V, 1, 28 (1080) zu richten hat:
In aedibus, cubi tu habitas, nimia mira uidi : : Vae mihi,
obwohl hier BD die Wortfolge tu ubi haben.
Wem es durch das Bisherige glaublich geworden ist,
dass PJautus die Form cubi auch ausserhalb der Composition
nocb kannte und nach Bedurfniss oder Belieben anwendete,
fur den ist es nur ein kleiner Schritt, den Gebrauch derselben
Form dem Dichter auch in den Fiillen zuzutrauen, in denen
dadurch der (jedenfalls doch unnothige) Hiatus in der Dia-
resis, sei es trochaischer oder auch iambischer Tetrameter,
sowie bei Personenwechsel verschwand. Diesen kleinen Schritt
zu thun ist er aber auch berechtigt, wenn er die nicht wohl
anfechtbare Argumentation gebiihrend wflrdigt, mittels deren
sich N. E. I p. 44 (vgl. p. 59 ff.) ein auslautendes d fiir die-
selben Falle feststellen liess; wenn gerade fur sie in den
bezeugten Beispielen nicht eberi so, wie dort d, so hier
anlautendes c noch vorliegt, so ist das Sache des Zufalls,
1) sit fiir est nach Noniua. est iat zu halten, wenn im PaUmpeest
vrirklich TUTK steht; ich las nur TU.
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140 CVBI = VBI UND VERWANDTES BEI PLAUTU8.
Forderung der logisehen Consequenz aber, jene Analogie auch
auf unser Gebiet zu ubertragen. Demnach also beispiels-
weise:
Capt. III, 2, 9 (510): Eo prdtinus ad fratrem, mei cubi
sunt alii captfui1).
Bacch. IV, 4, 105 (757): Niimquid aliud? : : Hdc, atque
etiam, ctfbi erit accubitiini
semel — .
Most. II, 1, 33 (380): fgitur demum fddere puteum, aibi
sitis fauces tenet.
Pers. IV, 4, 78 (630): Nfliil adhuc peccauit etiam : : Cttbi
tu natas : : Vt mihi — .
MiL IV, 3, 14 (1107): Vis dptinere : : C&bi matrem esse
aibat soror?
zu welchen Stellen unten noch Bacch. 431, Truc. II, 4 9 und
V, 22 kommen werden. Denn wer ware so von allem rhyth-
misclien Gefuhl verlassen, um in den zwei vorletzten Versen
etwa ptttcum ubt und ctiam : ubt zu scandiren, vollends aber
aus dem letzten das Monstrum Vis optinerc : : ubi ntatrem cssc
aibdt soror zu machen? Wenn nun gar in eiuem Athem
erst xuit ublj dann mit ubi gefragt wQrde, welchen aller Con-
sio cinnitat baaren Vers wflrde das geben? Und so ware es in
dem bereits oben beigebrachten Verse Cas. II, 3, 29, wenn
man ihn lase
Vnde is, nihili? ubi fuisti? ubi lustratu's? libi bibisti?
Ist hier schon ciibi fuisti als nothwendig erkaunt worden, so
tritt nun aber ferner als abennalige Forderung der Concin-
nitat die hinzu, dass nicht in so unmittelbarer Nachbarschaft,
bei so ganz gleichartigen Fragen, das einemal cubi, das an-
deremal ubi stehe: wonach sich denn als die Plautinische
Gestalt des Verses mit aller Wahrscheinlichkeit herausstellt
9
Vnde is, nihili? cubi fuisti? aibi lustratu's? cubi bibisti?
und zugleich ein indirecter Beweis dafllr gewonnen wird,
1) Wofern numlich dieeer Vcre, dessen Ucberlieferunp in den Hdsp.
Hchr getrubt ist, uach Acidalius1, theilweiae auch Hermauu^a Vorgjmge,
dcneu im WeBentlichcu Flcckeiscn folgt, alao herzuatellen iat.
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CVBI = VBI UND VERWANDTE8 BEI PLAUTUS. 141
dass der Dicbter, wo ihm die Sprachformen selbst die Ver-
meidung des Diaresis - Hiatus bequem an die Hand gaben,
lieber ohne als mit Hiatus schrieb. — Ganz dieselbe Argu-
nientation ist auf Trucul. II, 4, 9 anwendbar, wo ein zwei-
maliges cubi statt ubi vermuthet werden darf:
Pronnsi : : Oubi cenabis? : : Cubi tu irisseris:
in keinem Falle wenigstens Promtsi : ubt zu messen ist Und
zwar hat es fUr diese Stelle ganz den Anschein, als wenn
selbst die handschriftliche Ucberlieferung noch einen Rest
des alten cubi gerettet habe. Ich meine damit nicht, dass
dem ersten ubi, wo ich im Palimpsest nur den gewohnlichen
kleinen Zwischenraum fur das Personenzeichen zu erkennen
meinte, Studemund (bei Spengel) als mogliche Lesung PRO-
misitubi angibt, was doch allzu zweifelhaft erscheinen
niuss. Aber dass darauf (wo der Palimpsest mit zufalliger
Auslassung zweier Buchstaben nur CENAS gibt) in den Pa-
latini cenabist ubi erscheint, das sieht doch ganz so aus wie
ein urspriingliches, nur unverstandenes und gelind verschrie-
benes cenabis cubi. — Hiernach wird man auch iiber Poen.
IV, 2, 31 leicht urtheilen.
Uebrigens fehlt es auch hier nicht an C/oncurrenzen des
cubi mit andern Hiatustilgern, namentlich dem ablativiachen
</, die fur uns schlechthiu unentscheidbar bleiben. Z. B. wenn
man fur Bacch. III, 3, 27 (431) nicht jxtlacstrad ubi, fiir
Truc, V, 22 nicht introd : ubif sondern fur beide Verse diese
Schreibung annimmt:
Lnde de hippodromo et palaestra nibi reuenisses domum.
Accipe hoc atque auferto intro : : Ciibi mi amicast gentium:
Qber welchen Vers s. N. E. I p. 81.
Doch verlassen wir das Gebiet eiues — vom Stand-
punkte des conservativen Skeptikers aus — nur facultativen
cubi und wenden uns zu der Frage, ob denn Plautus nicht,
wie neben alicubi sicubi ein cubif so auch neben altcunde und
sicundc noch ein cunde gekannt liaben sollte? und im ntich-
sten Anschluss daran die verwandten Bildungen cusquc cus-
quam cumquam?
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142 CVBI — VBI ITND VERWANDTE8 BEI PLAUTU8.
Ein so klaren handschriftliches Zeugniss, wie fur cubi
in dem Trinummusverse, steht uns allerdings hier nicht zu
Gebote. Aber schwerlich werden wir uns doch tausehen,
wenu wir in dem Pseudulusverse I, 3, 73 (307), dessen An-
fang ein, vom Gedanken gefordertes, aut kaum entbehren
kann (wie denn auch der Palimpsest hier noch eine Sylbe
3i» bezeugt), in dem detque usque der Palatini ein det quusque
erkennen (d. h. natiirlich nach correcter alter Schreibung
quosque, nach jiingerer cusque), da doch mit einem que fiir
Construction und Sinn hier gar nichts anzufaugen ist: dem
ganzen Verse demnach seine urspriingliehe Gestalt so zurOck-
geben:
Au*t det eusque aut, quando nil sit, simul amare desinat
Also, was dahei von besonderer Wichtigkeit ist, ein cttsque
selbst ohno metrische Nothigung vor folgendem Consonanten.
— Vielleicht ist auch noch eine Spur aus dem Palimpsest
zu gewinnen, wenn ich anders richtig notirt habe, dass der-
selbe in Most. III, 2, 82 (709) zwischen necmikiumbra und
USQUAMST noch 'einen oder zwei* Buchstaben hatte, welche
sehr wohl QU oder Q- (oder auch c) sein konnten, so dass
der Vers — mit Aufgebung des friiher von mir vermutheten
ihi — also lautete:
Nec mi rimbra nisquamst, nisi si in puteo quaepiamst
Indessen lassen wir diese uusichern Reste immerhin auf
sich beruhen; wir bedurfen urkundlicher Indicien, meine ich,
gar nicht, um auf Grund des doch einmal festgestellten cubi
dieselbe Bildung auch auf die verwandten Partikeln zu iiber-
tragen, wofern diese nur einen Iliickhalt an solchen Versen
haben, die ohne Annahme des anlautenden c des gesetz-
miissigen BaUs entbehren. Und solche gibt es nicht nur,
sondern sie sind darum desto unverfanglicher, weil hier nicht
die Moglichkeit einer doppelten Prosodie, wie bei ubt und
ubi, dazwischentritt. So also mit besonderer Deutlichkeit
Most III, 1, 155 (685): Ita mea consilia ciindique oppugnas
mala.
Mil. III, 1, 58 (649): Neque ego cumquam alienum scor-
tum siibigito in conuiuio.
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CVBI = VBI l'ND VERWANDTES BEI PLAUTUS. 143
Amph. prol. 143: Ego has habebo rusque iji petaao pi-
nulas:
wenn man anders diesen Prolog, was den Versbau betriflft,
uiit Plautinischeni Massstabe messeu darf, wie es N. E. I
p. 62. 72 geschah, woruit vgl. Cur. sec. in Bd. XXIV p. 487
foben p. 127]. — Einer der oben p. 306 [135] genannten
Freunde mochte eben dahin ziehen
Fseud. I, 1, 104 (106): Atqui ld futurum ciinde dicam
nescio:
wo seltsamer Weise in CD das unde dreimal wiederholt ist,
in B wenigstens zweimal steht: welches letztere sich indess,
so viel ich sehen kann, ganz wohl vertheidigen liisst. —
Moglich auch, aber freilich nur moglich, dass Most. III, 2,
170 (857) in dem Jiauusqmm des B nicht sowohl Jiand us-
(fwim} als vielmehr ebenfalls han ntsquam steckt:
Sequere hac me igitur : : fiquidem hau aisquam a pedibus
apscedam tuis.
Desto zuversichtlicher lassen sich als durchaus wahr-
scheinliche Beispiele auch in der Diiiresis und bei Personen-
wechsel hinzufQgen ,
Merc. V, 2, 21 ( 862): Non concedara neque quiescam nis-
quam noctu neque dius.
Pers. IV, 3, 13 (482): Quid agis? : : Credo : :g Citnde agis
te, Dordale? : : Credo tibi.
Haben wir es bisher lediglich mit Partikeln zu thun
gehabt, so tritt nun schliesslich noch ein ganz gleichartiger
Nominalbegriff hinzu. Denn wie sollte nicht neben neruter si*
und KOT€poc ein altes cuter bestanden haben? und wie sollten
wir nicht dies, so gut wie cubi cunde u. s. w., auch dem
Plautus noch zutrauen, wofern sich namlich Stellen finden,
die ein solches nothwendig machen d. h. den metrischeu
Fehler, ohne jede weitere Veriinderung, durch ein zugesetztes
c auf das Einfachste heben? Und eine solche ist
Most. V, 2, 57 (1179): fbi oitrumque, et hoc et illud, pd-
teris ulcisci probe.
Miigen andere mehr herzubringen.
VI.
PMlologische Unverstandliclikeiten *).
An * . . . . in *
530 Ist es Marasmus oder Hypochondrie des Alters, dass
wir, wie mir Ihre gelegentlichen Mittheilungen au mich und
die meinigen an Sie immer aufs Neue zeigen, beide mit so
vielem, was jetzt in der philologischen Welt um uns herum
vorgeht — ich will nicht sagen nicht einverstanden sind
(das kann ja der Natur der Sache uach nicht anders sein),
sondern gar kein Verstiindniss dafflr habenV Gilt auch von
uns: 'Und weil mein Fasschen trflbe lauft, so geht die Welt
auch auf die Neige'? PrUfen wir uns einmal darauf, indem
wir uns uber Themata, filr deren heutige Behandluug wir
so zu sageii gar kein Organ haben, gegenseitig fragen, ob,
was dem Eincn unverstiiudlich, nicht etwa doch dem Andern
eine verstandlichere Seite darbietet. Sthuuit das ablehuende
Urtheil zusammen, so liegt darin immer eiu beruhigender
Trost; im entgegengesetzten Falle erhiilt wenigstens jeder
einen erneuten Antrieb, in sich zu gehen und die Sache
nochmals in Ueberlegung zu nehmen.
L
Anapasten bei Plautus.
Unter anderm gehort zu den grossten Unverstiindlich-
keiten fiir mich die wachsende Mauie, im Plautus iiberall
*) [Rhein. Museum f. Phil. Bd. XXXI (1876) p. MO 557 ]
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PHILOLOGI8CHE UNVERSTANDLICHKEITEN.
145
anapastische Verse finden zu wollen. Es ist das geradezu
eine epidemische Krankheit geworden, von der auch Beson-
nenere sich mehr und mehr anstecken lassen. Dass die
anapastischen Verse des Plautus durch ihre prosodischen
und Accentuations-Licenzen in einen unverkennbaren Gegen-
satz treten zu den einfachen Dialogversrnaassen, dem iam-
bisehen Trimeter und trochaischen Septenar (ich nenne diese
gern die 'zahmen' gegenUber den 'wilden' Rhythmen), wis-
sen wir ja jetzt alle, seit dieses Verhiiltniss, nach den kurzen
Andeutungen der Prolegomena p. clix ff. und sonst, wieder-
holt mit allem Nachdruck festgestellt worden z. B. Opusc.
phil. II p. 190. 584. 595 ff. 610. Aber es kommt doch auf
Grad und Maass der zugelassenen Freiheiten an, und davon
konnen uns nur die unzweifelhaft anapastisehen Scenen ein
annjihernd richtiges Bild geben, wie die Septenare im Miles
glor. 1011 — 1093 und in den Bacchides 1087 — 1103, die
Octonare ebend. 1076—1086, die Dimetri im Stichus 18-33.
Welche Kluft aber zwischen den hier im Ganzen doch immer
in bescheidenen Grenzen auftretenden Harten und den maass-
losen Haufungen des Abnormen in solchen Stiicken, die zu
anapastischen erst von unsern Kritikern gepresst und ge-
stempelt werden! Und dies zwar, was das Unbegreiflichste
ist, ohne alle Noth, wenn doch die Wahl frei stand, bei
dem mildern Versbau zahmerer Rhythmen, welche dieselben
Verse sehr wohl zulassen, stehen zu bleiben. Aber da ist
keine noch so grelle Vocalverkiirzung, keine noch so haar-
straubende Accentuation, keine noch so unnatiirliche Glieder-
verrenkung in der Aufeinanderfolge von Vers- und Wort-
ffisaen (die unbewussten Prosodieschnitzer ungerechnet), die
nicht formlich mit einer Art von fanatischer Wollust aus-
driicklieh gesucht, hageldicht gehiiuft und zu dem unerquick-
lichsten Ganzen zusammengebraut wiirden: einem Ganzen,
dessen beabsichtigtes Metrura ohne die daruber gesetzten
Ictus schlechterdings unerrathbar bliebe und selbst mit ihnen
oft genug kaum fassbar wird. Der fliichtigste Blick, den ein
nur einigermaassen feinftihliger Kenner auf die Mishandlung
werfen mag, die das erste Oanticum in der jiingsten Ausgabe
des Trinummus erfahren hat, wird bestiitigen, dass ich nicht
FB. RITBCHKT.II OPV8CVLA III. 10
146 ' PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN.
zu viel gesagt; jedes weitere Wort dariiber ware verlorene
Miihe. Indessen so geradezu ungeheuerliche Zucht- und
Ziigellosigkeiten, die ein wahres Grauen einflossen und nur
aus einer ganz ungewohnlichen Verirrung des Urtheils und
des Geschmacks hervorgehen konnten, sind es auch nicht,
iiber die ich hier eigentlich sprechen wollte; vielmehr soll
mich eine allerdings einigermaassen bescheidenere Kritik be-
schaftigen, ilber die sich doch wenigstens reden lasst, wenn
sie auch schliesslich nicht mehr Zustimmung finden kann.
Ich denke dabei augenblicklich an den Monolog des aus der
Fremde heimkehrenden Charmides am Anfang des 4. Acts
desselben Trinummus V. 820 — 841, und wahle gerade
dieses Canticum, weil sich hier ausnahmsweise einmal der
stricte Beweis fiihren liisst ftir die Verfehltheit anapastischer
Messung.
532 Die Scene wurde seit G. Hermann erkannt als aus
trochaischen Octonaren bcstehend, die ganz sauber, glatt
und anstosslos fliessen. Nichts desto weniger ist auch sie
neuerdings von dem pruritus anapaesticus nicht verschont
geblieben. Aber um welchen Preis wurde dicse Transfor-
mation iiberhaupt nur moglich! Ich miisste ermiidend weit-
laufig werden, wollte ich die unzabligen widerhaarigen Ac-
cente, harten und hartesten Vocal- und Consonanten - Ver-
kiirzungen u. s. w. der Reihe nach vorfuhren; sie iiberragen
in diesen 22 Versen an Zahl weitaus die strenger gearteten
Messungen, wie sie uns Senare und Septenare, Cretici u. s. w.
als das Normale darbieten; kaum ein Vers ist ohne eine,
oft bis zum Unleidlichen gesteigerte Cumulation solcher
wilden Licenzen, deren jeder einzelnen, vereinzelt zugelassen,
ihre Berechtigung ja immerhin zugestanden wird. Gleich
V. 2 lau\dcs dgo et gratis gratidsque bis zum Schluss flucttbus
salsis, V. 3 potestds *) bbtiis mts, V. 4 ex locts, urbem || usquc
in — mit bedenklichstem Hiatus wie V. 8 co | usquc, V. 5
*) Haben denn unsere heutigen Metriker gar kein Ohr fur Rhyth-
muB mehr , wenn sie nicht fiihlen, welch wesentlichen Unterschied es
macht, ob in potestdtem oder pbtestatcm, voluptdtis oder voluptatis die
zweite Sylbe verkiirzt wird, oder aber ob pbtestds voluptds einen wuj
oder auch ^u. bildet?
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PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN. 147
deos (jrdtis ago dtquet V. 6 saevomque sevcntm u. 8. f., weiter-
hin V. 8 usus sum in altot V. 9 gloriam iam dnte auribus
acayeram et nobttis dpud homincst (wo homincst nach Form
wie Gedanken ein entschiedener Misgriff), V. 10 atquc do-
mare mit unmoglichem Versschluss -maret wie V. 18 veld
u. s. w. bis an's Ende. Moge jeder selbst vergleichen und
zahlen: er wird ein erschreckendes Verhaltniss finden.
Aber selbst einmal zugegeben, dass sich alle diese Mes-
snngen vertheidigen oder beschonigen lassen: was in aller
Welt ist denn das eigentliche Motiv, dass man sie, mit raf-
finirter Lust an dem Absonderlichen, denjenigen vorzieht,
die einer Vertheidigung oder Beschonigung gar nicht be-
diirfen? Von C. F. W. Maller (einera dvanaiCTOcpdrfoc von
stSrkster Verdauungskrafk, dem z. B., neben hundert Aehn-
lichem, ein so harter Bissen wie modestus nicht das geringste
Magendrucken verursacht) erfahrt man darflber gar nichts,
indem er (Pl. Pros. p. 1 1 2 f .) iiber ein c tel est notre plaisir'
mit keinem Worte hinausgeht. Nothgedrungen mQssen wir
uns daher an seinen Interpreten Brix halten, der sich friiher
strengstens gegen Anaplisten verwahrte, jetzt aber als Neu-
bekehrter zwei GrOnde ftir sie vorfQhrt, von dencn indess
einer nicht stichhaltiger ist als der andere. Erstens : dass 533
so *die zahlreichen, nur des Metrums halber von R. vorge-
nommenen Aenderungen fast siimmtlich vermieden wtirden*.
Das ist aber, mit Verlaub zu sagen, einfach nicht wahr, oder
parlamentarischer zu reden, nicht an dem. Es sind ttber-
haupt gar nicht viele, im Gegentheil, mit andern lyrischen
Scenen verglichen, eher auffallend wenige und zugleich ge-
ringfugige Abweichungen von der handschriftlichen Ueber-
lieferung, auch keinesweges nur des Metrums wegen einge-
fiihrte, die sich zur Reinigung des Stiicks nothig machten;
was aber in Betreff jenes Arguments die Hauptsache, sie
vertheilen sich auf meinen und Brix's Text zu so ziemlich
gleichen Theilen, dass sie sich u^gefiihr die Wage halten.
Wer sich uberzeugen will, vergleiche nur abermals und sum-
mire. Ich habe den Ausfall einiger Wortchen angenommen,
Brix ebenfalls V. 3. 7. 15. 17; ich habe ein paar andere
Wortchen gestrichen, wie atque nach saevomquc severumqm
10*
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148 rniLOLOGisciiE unverstandlichkeiten.
V. 6, oder gleich im Anfang et zwischen salipotenti und
mulHpotenti (was Plautus so gewiss nicht gesetzt hat wie
Homer KCtXnv kcu xpuceinv), V. 14 das cntbehrliche me, V. 18
twt] ein paar ganz unerhebliche Umstellungen vorgenommen,
wie sie sich in den Handschriften selbst fast auf allen Seiten
vorfinden, z. B., und zwar aus logischem Grunde, tibi ego
Neptune fQr ego Neptune fibi V. 5, oder item omnia fiir omnia
item V. 15 — : das sind ja, bei der Gesammtbeschatfenheit
des Plautinischen Textes, nicht der Rede werthe Kleinig-
keiten, von denen gar kein Aufheben zu machen ist. Hoch-
stens bleibt V. 9 iibrig in Verbindung mit 12, als nach
Hermann's Vorgang etwas freier, jedoch wiederum gar nicht
blos des Metrums wegen, behandelt; aber was hier Brix
gesetzt, ist sicher nicht empfehlenswerther*).
*) Was iat hier nicht alles in Vers 9 (828) zusainmengepackt:
Atque hanc tuam gloriam iam ante auribtis acccperam, et mbilis apud
homine8t (wamm nicht wcnigatens nobilist apud homines?), mit wie
matt nachbinkendem, gar nichts Noues briugendem, mit steifem et uud
uugefiigatem Wechscl der Construction angehangtem et nobilis apud
homin€8 estl — Beachtenswerth genug hingegen iat Muller'8 (p. 244)
Verdacht gegen die Worte V. 12 (831) ttemper mendicis modesti sint
n\& ein in dcn Tcxt gedrungenes erkliirendes Glossem. Nur dass der
Verdacht, wie ich glaube, sicb noch weiter erstrecken und, wie jene
Worte die spielende Umschrcibnng von pauperibus te parcere solitum
waron, sich auf deren Gegensatz ditis damnare atque domare ausdehnen
muss. Von dereu Erkliirung ist das nobilis apml homines in V. 831
nur ein liest; dem Sinne nach kam Hermann^s an sich sehr feines
secus n. a. h. ohne Zweifel auf das Wahrc hinaus, wenn auch gerade
oin sccus der Glossator nicht so gesetzt habeu wird; aber die Tauto-
logie des Gedankens in V. 828 uud 831 liegt doch offen zu Tage. Das
(marginalo oder interlinoare) Glossem zersplitterte sich und wurde iu
seiner zweiten Hillfte zu V. 828 verschlagen, wo es durch das gleich-
lautende apud homines Verwirrung stiftete und selbst Wortverstellung
veranlassto. Tlautinisch sind m. E. nur folgcnde, knapp und buudig
fortschreitende Verse:
Atque tuam hanc apud homines gloriam auribns iam acct{perain
• ante:
Puuperibu8 tc parcere solitura, ditis damnare atque domare.
Abi, laudo: scis ordine, ut aequomst, tractare homines: h6c dis
dignumst.
Fulus fuiRti u. s. w.
Von vorn herein don erxten Vers «0 zti bohandeln, um ihn zu einom
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PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICUKEITEN. 149
Wo inoglich noch hinfalliger ist der zweite Grund, der
daraus entnoniinen ist, dass der Palimpsest, nachdem er
noch die Verse 836—839 (das Vorhergehende ist nicht er-
lialten) als Tetrameter geschrieben, nuu auf einmal die zwei
letzten Verse 840. 841 in 4 Diinetri abtheilt, die offenbar
anapastische sein sollen und es an sich auch sein kdnnen.
Aber gesetzt, das sei richtig, wie folgt denn daraus nur das
Allermindeste dafiir, dass auch die vorangehenden Tetrameter
der ganzen Scene anapiistisch seien oder nach der Auffassung
des Schreibers oder Kritikers sein sollten? Wenn Charmides
nach V. 839 in seinen Selbstbetrachtungen plotzlich dadurch
unterbrochen wird, dass die auffallende Erscheinung eines
Fremden in seinen Gesicht^kreis tritt, was ist denn da mehr
angebracht, was tiblicher, als dass mit dem Wechsel der
Situation und der Stimmung ein Wechsel des Metrums Hand
in Uand geheV — Schliesse man deshalb immerhin die Scene
mit 4 anapastischen Dimetern oder meinetwegen auch mit
2 Tetrametern desselben Rhythmus; warum ich es nicht
gethan, sondern die trochaischen Tetrameter mit U bis ans
Ende fortgefuhrt habe, gehort zwar nicht eigentlich hierher,
da es mit Brixs Argumeutation nichts weiter zu thun hat;
indessen hatte man doch meinen Beweggrund nicht so oben-
hin bei Seite scKieben sollen. Er beruhte darauf, dass ana-
piistische Messung nur inoglich wird, wenn raan cum n&vo
ornatu specicque simul zusaminenconstruirt, damit aber eine
gar nicht verstiindliche Begriffsunterscheidung zwischen or-
iuittu; und specics macht. Denn eine sprachliche, genauer i
stilistische Unmoglichkeit ist es doch einleuchtender Maassen,
wenn iu dem Satze quis hic cst qui in plateam inyreditur c.
n. o. s. q. simul Brix das simul mit inarediturt die Worte cum
novo omatu uumittelbar mit hic oder qui verbunden wissen
will. Ganz abgesehen davon, dass Charmides schon lange
trocbaiBchcn zu machen, miisste allerdings bedenklich erscheinen.
Aber wenn einmal alles Uebrige die Ueberzeugung von der nicbt-
anap&stischeu Messung der Scene schon befestfgt hat, ist ch mit nichten
mehr Willkur, tiondern mcthodiBches Zwangsgebot, die einzige sich
nicht 8ofort fiigende Stelle nach dem gewonnenen allgemeinen GeBichts-
punkte zu gestalten.
*
150 PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN.
auf seinem Platze ist und keineswegs, wie Brix sagt, erst
jetzt niit dem Sykophanten czugleich' die Gasse betritt
Wohin dagegen, wie schon Hermann sah, simid vortrefflich
passt, das ist: opperiar (et) simul animum advortam quid agat
(oder gerat). Und wie dieses simul an das Ende des vorigen
Verses verschlagen wurde, macht ja die Gestalt dieser Verse
im B so augenfallig wie moglich. Daraus aber, dass ein
Wechsel des Metrums hier ganz passend ware, folgt doch
anderseits mit nichten ein Muss: wie z. B. V. 1174 unseres
Stiicks zeigen kann. — Ohne Zweifel haben wir hier die
subjective Bearbeituug und Zurechtstellung des metrischen
Correctors vor uns, dessen Spuren ja auch sonst im Palim-
psest so haufig zu Tage liegen, und mehr als einmal in
offenbar verungliickten Versuchen.
Alles Bisherige beruhte nur auf ratiocinatio : aber ich
hatte ja einen positiven Beweis versprochen. Nun wohl:
er liegt — ein so nicht leicht zum zweiteu Mal wiederkeh-
render Fall — in einem einzigen Worte, und zwar gleich
dem Anfangsworte, welches ilber das Metrum der ganzeu
Scene unweigerlich entscheidet. Was soll denn das hand-
schriftliche salsipotenti Neptuno (genauer ncptuni mit offen-
barer Verschreibung) eigentlich heissen? Man wird ant-
worten: dem cBeherrscher der Salzfluth' d. h. dem cMeeres-
herrscher*. Aber nie und nirgeuds ist ja im Lateinischen
das Meer mit salsa (oder gar salsttm'?) bezeichnet worden.
Mit Einem Worte: salsa heisst nichts anderes und kann
nichts anderes heissen als 'Gesalzenes', cEingesalzenes', ins-
besondere 'Salzfisch', wie im Poenulus I, 2,32 salsa muria-
tica: dasselbe was in ausgepriigterer Forra salsamenta, wovon
salsanwntarius , der damit handelt, so dass ein solcher mit
ganz artiger humoristischer Bezeichnung sehr wohl salsipotcns
heissen konnte, wiihrend sich der niiichtige Bruder des
acthcrius Iuppiter die Rolle eines Oberherrn des cMarinirten,
hochlich verbitten wttrde. Gegen diese Instanz des Sprach-
gebrauchs ist nun einmal nicht aufzukommen: oder es bringe
einer Beispiele. Etwas ganz anderes ist es naturlich, wenn
das Adjectivum salsus als Priidicat verbunden wird mit fluctns,
wie sogleich im folgenden Verse, oder salsis locis im Rudens
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PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN. 151
V. 907, und sonst bei Dichtern salsa vada, aequora, undae,
frettts, gurges u. dgl. Auch sal fiir Meer kennen wir ja, wie 536
dXc im Griechischen: aber hier bricht eben der speeifische
Sprachgebrauch des Lateinischen mit scharfcm Kiss ab, und
keine der beliebten vagen Phrasen: les konnte ja aber doch
einmal', res liesse sich ja doch denken' u. s. w., kann den
sahijwtens Neptunus retten*). Das aber war es, was der
Einsicht des Johannes Brantz nicht entging, wenn er als
das Plautinische salipotenti erkannte, ob man nun das zu
Grunde liegende salum (salus bei Ennius) von salire ableite
oder mit dem Etymon cdXoc (cctXn, caXeutu) in Verbindung
setze. Und weim Brantz etwa gar nicht an salum dachte,
Bondern kurzweg von sal = mare ausging, so musste es ja
erst recht salipotens heissen**). — Uebrigens konnte schon
jeden das — keinesweges untergeordnete — Bedenken stutzig
machen, ob denn die Plautinische Sprache so armlich sei,
um sich in zwei auf einander folgenden Versen mit salsi-
potenti und salsis fluctibus zu wiederholen.
Das also ist mein zwingender Grund ftir trochaischen
Rhythmus, da zwar salsipotenti dem trochaischen nicht wider-
strebt, aber mit salipotenti die Moglichkeit anapastischer
Messung in sich selbst zusammenbricht. Namlich zwingend
ffir jeden. Fur mich ist es kaum weniger noch ein metri-
scher: dass ich einen anapiistischen Versschluss wie atgue'
do-mare ftir schlechthin unzuliissig halte (gleichwie auch
veld in der Diiiresis V. 837). Indessen bei der weitherzigen
*) Wenn ein spiiter Dichterling (in Riese'» Anthologie I p. 71)
die Wortbildung sctisipotis (d. i. Neptuni) Umina wagte, so hat dies
natorlich fur gute alte Zeit gar keine Bedeutnng: wie das auch Haupt
ansah iin Rhein. Mus. VII p. 478. Sehr mOglich, ja ich mdchte sagen
wahrscheinlich, dass es nur Reminiscenz eben aus unserer (damals
schon verderbt vorliegenden) PlautussteUe ist.
**) In der Uerliner Zeitschrift fur Gymnasialweaen 1874 p. 808
theilt jemand den kindlichen Einfall mit, dass Virgil Aen. I, 126 in
eineni gewissen Falle statt alto Prospiciens mit wuchtigerm Epitheton
(nach Analogie des ignipotens \ ulcanus VIII, 628) 'gewiss zu dem
riautinischen salsipotens oder multipotens ('Trin. 820 ed. Ritschl')
gegriffen haben wurde* (buchstiiblich so!). Ist das auch eine Art zu
citiren?
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152 PUILOLOGISCIIE UNVERSTANDLICHKEITEN.
T oleranz, die jetzt in metrischen Dingen zu herrschen pflegt,
fehlt es gewiss nicht an solchen, die jenem domare sogar
noch eine besondere Lieblichkeit abzugewinnen wissen. *Ha-
beant sibi' ist alles, was ein Mann von der stricten Obser-
vanz diesen Latitudinariern zu antworten hat*).
M7 Und nun, bitte, auf eine einfache Frage eine einfache
Antwort: Ist Ihncn die vorstehend gekennzeichnete Ana-
piistenreiterei (die ich ttbrigens nicht sowohl fiir eine prin-
cipielle, als vielmehr fiir eine aus halb unbewusstem Nach-
ahmungstriebe angewohnte halten niochte) verstandlicher
als mir?
Eine untergeordnete Einzelnheit will ich doch zuin
Schluss nicht unerwahnt lassen. Wie konnte man (Brix zu
seinem Vortheil, uachdem er sich von Bergks Uniiberlegt-
heiten **) emancipirt, neuerdings nicht mehr) im ersten Verse
■
*) Sind es doch dieselben, welcbe die ubcrraschende Entdeckung
machten, zucrst, dass die zweite Sylbe, sodann, dass dic erste Sylbe
dcs Anapitsten eine Lange sein kfinnc. Ee fehlt nur noch , dass eincr
sowohl die erste wio die zweite zugleich zur Litnge macht, wodurch
wir das schone Schema erhalten:
\j u _
_< _ _
- \j _
Und komrat nun noch ara Endc der rhythmisehcn Rcihc die kurze
Scblusssylbe wie in domare hinzu, s<> gcwinnen wir die 4 neuen Formen
_» _> _• oder _ _<
U _ v$
_ u
t
_ w
Wa» mit dcn normalen Fiissen __, - o _», w* u u nicht wenigcr
10 Variationen von c ^ s gibt. Warura raan dann nur nicht kurzwrg
sagt: fiir dcn aogenannten Anapiist kann jeder dreiHylbigo Fuss stehen,
und ausserdem noch zwei 2- und ein 4sylbigerV Man sieht, die Metrik
geht einer hflchst schiitzbaren Vercinfachung cntgegen.
**) Neuerdings hat sie Bergk, wie ich eben finde, allerdings still-
schweigcnd aufgegeben, aber nur um sie durch cine neue Gedanken-
losigkeit zu ersetzen. Auf Grund einer alten Glossc des sog. Philo-
xcnus (p. 143 bei Vulcanius) rNcries, cSouda eaAdccnc', die er sogar
als aus unserm Vers selbst geschopft ansieht, empfiehlt cr Philol. Bd.
32 (1873) p. 566 Iovis fratri ct Nerici foder Nerie oder Neriae') Nep-
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riIILOLO<iISCIIE UN VEKSTAN ULICHKEITBN. 153
Scaligers so einfache wie schlagende Verhesserung actJicrei ^
Neptuno*) wieder aufgeben, indem nian, sich an das etncrei
der Hdss. haltend, den Nereus wieder hervor- und herein-
zog, dem Bergk noch den Portunus zum Genossen gab?
Dem lag zunachst die verkehrteste Vorstellung von dem
We8en dieses Meergottes zu Grunde; denn in Gemeinschaft
mit dem heitern Tochterschwarm sein seliges Dasein in
harmlosem Behageu fast idyllisch fur sich dahinlebend, wird
er zu den Schicksalen der seefahrenden Menschenkinder iiber-
htupt so gut wie in keine niihere Beziehung gesetzt, weder
als gefahrdende und schiidigende, noch als schiitzende und
tuni: was docb in seinem Sinne vielmebr tierie zu 6cbreiben war. Da
nuo der lovis frater kein andcrer als Neptun ist . so besagt folglich
der ganze Satz: Neptuno et Neptuni potestati maritimae gratias agoll
Welche potestas hatte er denn noch? Und waa ffir ein Verhtiltniss
uberhaupt zwischen den zwei durch et bo wundersam coordinirtcn
Miichten Bergk sich eigentlich vorstellen mochte? — Aber vor allem
durfte cr die Glosse selbst nicht so vertrauen.sselig aufnebmen und so
haatig znfahrend fur seinen augenblicklichen Einfall verwenden, da sie
in der fiberlieferten Geetalt weder nach Form noch Bedeutung irgend
einen Anknfipfnngspunkt fiir die Erklarung darbietet. Auszugehen ist
von der (in Gustav L0we's demniichst erscheinendem 'Prodromus'
comtatirten) Thatsache, dasa viele Glossen des sog. Philoxenus-Glossars
ursprunglich gar nicht lateinisch-griechisch, sondern latcinisch-lateinisch
waren und ins Lateinisch - griechische erst fibersetzt wurden, dieses
aber mehrfach nicht ohne Misverstandniss und nachweisbare Ueber-
setznngafehler. Nach L5we's feiner Combination hiess es, mit Ver-
setzung eines einzigen Buchstaben, ursprunglich : Nereis i numen
maris, ganz ahnlich wie in einer Sangallener Glosse (cod. 912 p. 179),
die auch sonst wiederkehrt: Nympha l virgo caekstis, numen aquac.
Der Uebersetzer fasste das numen nicht in der Bedeutung rGottheit\
eondern in der von 'potestas', und gab es danach durch *Eouda wioder.
*) Ich erinnere mich wohl einmal das Bedenken gehSrt zu haben,
ob denn aethereus auch fur ein Plautinisches Wort gelten kfinne. Nun,
in der gewohnlichen Umgangssprache natiirlich nicht, aber warum
nicht in dem sehr fuhlbar gehobenen Tone eines schwungvollen Can-
ticums? Das Substantiv aether gebraucht Pacuvius, und der Zeuc ai-
(tfptoc, Iuppiter oder pater aetherius war Griechen wie Rflmern kein
ungelaufiger Begriff. — Was die Form betrifft, so wird die correcte
der classischen Zeit allerdings aetherius sein; fiir die Plautinische Pc-
riode und Sprache genflgt indess schon die allgcmeine Prioritat des e
vor t zur Rechtfertigung von aethereus.
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154 PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN.
rettende Macht; kaum dass ihn seine Weissagungsgabe zu
eineni gelegentlichen indirecten Eingreifen veranlasst. Hatte
Charmides noch andere Gottheiten nainentlich im Sinne, so
konnten es die freundlich gesinnten Helfer Kastor und Poly-
deukes, Leukothea und Palaemon sein; des Nereus Mission
war das ganz und gar nicht, und in Gesellschaft des erbar-
mungslosen Wutherichs Poseidon wurde der milde Meergreis
geradezu eine komische Rolle*) spielen. — Wiederum uu-
539 begreif lich aber war die frfihere Behauptung, es hatten iin
erstcn Verse mehr als eine Gottheit genannt sein miissen,
wenn 1) Charmides V. 824 sollte sagen konnen tUn, Ncptune,
ante alios deos gratis ego, und wenn 2) V. 822 der Plural
quos penes mci fuit potestas seine verstandliche Beziehung
haben solle. Ist das erstere gar keiner Antwort werth, so
ist ja das quos so kliirlich wie moglich zu Ncptuno et flucti-
bus salsis construirt. — Endlich zu guter (richtiger boser)
Letzt, wie konnte man nur einen Dativ Nerei mit dem Orpliei
eines Augusteischen Dichters wie Virgil rechtfertigen wollen?
Dafflr kannte ja die alte Sprache des Drama s nur Nereo.
Tantae molis erat — !
*) Und nun vollends C. F. W. Miiller, der den Vers bo Bchreibt:
SaJsipotenti et multipotenti Iovis frdtri Nereo et 2*6riuno. Da ist Nereus
plStzlich sogar zum allmaohtigen Beherrscher des MeereB ayancirt!
und zugleich zum Bruder des Juppiter, wovon das ganze Alterthum
nichta weiss! 80 dasa daa unachuldvolle kleine Inokind sich fast spase-
haft neben ihm auBnimmt Und nachdem im Eingang allea Verdienst
und allea Dankgefuhl auf Nereua und Portunua concentrirt worden,
ohne den Neptunus auch nur mitzuerwahnen, eoll ea dann weiter heissen:
'Und zwar dir, Neptunua, vor allen andern GOttern bin ich den grfos-
ten Dank Bchuldig» ? Welche Logik in Verbindung und Fortachritt der
Gedanken! Ein wenig Nachdcnken Bollte man doch von jedem Kri-
tikcr und Exegeten fordern diirfen! — Uebrigcns weiss ich durchaus
nicht, was die Worte p. 113: 'V. 826 iat atque bei K. in den Noten
durch Druckfehler ausgefallen' irgend sagen wollen. Ee ist allea in
vollkonimenster Ordnung, und nur ein Fluchtigkeitsfehler (wie auch
aonst oft) auf Seiten Maller'8 zu constatiren.
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PHJLOLOGISCHE UNVER5TANDLICHKEITEN. 155
n.
Die Plautinische Sprache und Herr N. Madvig.
Ueber die Sprache des Plautus liest man nicht ohne
Erstaunen in Madvigs Adversarien II p. 4 folgenden Aus-
spruch: * respondebo me . . . . intelligere, Plauti co-
inoediis ne plane nativum quidem sermonem Latinum et
suopte ingenio sese moventem contineri, sed non raro Graeca
vertendo, imitando, novam versus formam sequendo et ei
obediendo inflexum*. So also steht dem modernen Skandi-
navier das Bild des Autors vor dem geistigen Auge, dessen
sprachlicbe Virtuositat und acht lateinische Farbe seiner
eigenen Nation zu allen Zeiten Gegenstand der einstimmigen
Bewunderung und des uneingeschranktesten Lobes war. Mag
es eine poetisirende Hyperbel sein, wenn Aelius Stilo (laut
seines Schttlers Varro Zeugniss bei Quiutilian X, 1, 99) sich
zu dem enthusiastischen Worte erhob: fMusas Plautino
sermone locuturas fuisse, si latine loqui vellent'; eine sehr
ernsthaft nQchterne Ueberzeugung lag dem doch zu Grunde.
Schlichter bekanntlich Gellius VI, 17, 4: Tlautus, homo
linguae atque elegantiae in verbis latinae princeps', und in mo
ein alles sagendes Wort zusammengefasst XIX, 8, 6: fPlau-
tu8 linguae latinae decus\ Es lasst sich voraussehen,
dass Herr Madvig diese Zeugnisse nicht gelten lassen, viel-
mehr erwidern wird, dass die archaische Periode iiberhaupt
noch keinen Maassstab der Vergleichung hatte, die archa-
istische aber in einer einseitigen Geschmacksrichtung be-
fangen war. Aber wie? kannte denn Madvig keinen weitern
Zeugen, der aber die Plautinische Sprache ein Urtheil ab-
gegebenV vergass er, oder wollte er vergessen den grossten
Sprach- und Stilmeister, den Kom gehabt hat, den Cicero,
seinen Cicero, und dessen beriihmte Schilderung, in der er
de orat IH, 12, 45 den Redner Crassus die Sprache seiner
Schwiegermutter Laelia mit Pradicaten, die nicht ehrender
gedacht werden konnen, charakterisiren, zum Schluss aber
hinzufagen lasst: feam sic audio, ut Plautum mihi aut
Naevium videar audire'? so dass alles, was an ihr lobend
hervorgehoben wird, unmittelbar auch auf Plautus seine An-
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1 56 VI 1 1 LOLOG ISCH E LT N VERSTAN DLICl 1 KEITEN.
wendung findet. Und was sind das fttr PradicateV Solche,
mit denen die Madvigschen in dem denkbar schreiendsten
Contrast stehen. Denn was kann widersprechender sein, als
der *ne plane nativus quidem sermo latinus et suopte ingenio
sese movens', der angeblich aus Uebersetzungszwang und
Versnoth (beides geradezu lacherlich fttr einen Plautus*))
sich vom Natttrlichen und Aechten eutfernt, und anderseits
die fcerta vox Komani generis urbisque propria, in qua nihil
offendi, nihil displicere, nihil animadverti possit, nihil sonare
aut olere peregrinura', wie sie der Laelia beigelegt wird,
rait dem Zusatz: 'facilius enim mulieres incorruptam an-
tiquitatem conservant' u. s. w. Welch priignanten Begriff das
incomtpta in sich schliesst, bedarf keiner Erorterung. Aller-
dings aber auch antiquitas: denn Plautus schreibt nicht wie
Cicero. Wer indess darin eine Bemiingelung sahe, thate
doch nichts anderes, als wer der Luther'schen Bibelttbersetzung
und 8einen Liedern mangelhaftes Deutsch vorwurfe, weil
Luther nicht schreibt wie Goethe und Schiller. Und welches
Gewicht erhiilt Cicero's Urtheil noch weiter durch den strengen
Richterspruch, den er gegen den jttngern Kunstgenossen des
Plautus, Caecilius, fallt, den er zwar de opt. gen. or. 1
'summum fortasse comicura ^06^8™' nennt, aber dennoch ad
mi Att. VII, 3, 10 als fmalus auctor latinitatis' bezeichnet,
wie auch Brut 74, 258 fCaecilium et Pacuvium male locutos
videmus*. — Selbst Horaz aber, dem doch Plautus im Ganzen
ersichtlicher Weise sehr wenig sympathisch war, dient, wenn
man schiirfer zusieht, der Ciceronischen Werthschiitzung in-
direct zur nicht veriichtlichen Sttttze. Denn was ist es eigent-
lich, was er am Pl. auszusetzen hat? Erstlich (ad Pis. 270 ff.)
die numcri: und darin ist er von seinem Standpunkte,
dem der ars graecanica aus, ganz in seiuem Rechte. Dann
die salcs, an deren drastischer Naturwttchsigkeit die welt-
mannische Urbanitat des Horaz wenig Geschmack fand.
Endlich (Ep. II, 1, 170 ff.) die Lockerheit der Composition %
*) Wenn ich Opusc. II p. 190 dcn PlautuB nicht nur als cincn cnt-
schicdcn gcnialern, aondern selbst btrengern Verskiiustler als Tercn-
tius bezcichnete, so hat mir darin spater G. Uermann ausdrucklich
Recht gegeben.
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;
PMLOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKKITEN. 157
(vgl. das properarc V. 58) und die sorglose Durchfiihrung der
Charaktere: woran ja auch viel Wahres. Von einem Tadel
der Sprache dagegen nirgends nur die leiseste Andeutung.
Denn die 'nimis antique, dure, ignave dicta' (V. 66 f.) hat
man, naraentlich was die beiden letzten betrifft, nicht nur
kein Recht gerade auch auf Plautus zu beziehen, sondern
bei einiger Ueberlegung vielmehr das Recht, sie auf ihn spe-
ciell nicht zu beziehen. — Ich iibergehe die LobsprQche der
ioci Plautini, so wie der ihn von allen andern Kunstgenossen
scharf unterscheidenden Individualitiit, da sich zwar daraus
aueh fiir die Gtite seiner Sprache etwas entnehmen liisst,
aber doch nur erst durch Schlussfolgerungen.
Das also ist die Stellung, die Madvig, ohne alle weitere
Motivirung, in der Wiirdigung der Plautinischen Sprache dem
ganzen Alterthum gegeniiber einnimmt. Gewiss eine an sich
sehr unverstiindliche Stellung. Und das wird sie, objectiv
genommen, auch bleiben. Aber wenigstens ein subjectives
Verstandniss wird sich, bis zu einem gewissen Grade, erzielen
lassen: wahrend wir bei der Besprechung des Anapiisten-
Thenia's bei der absoluten Unverstiindlichkeit als odem Re-
sultat stehen bleiben mussten. Es kommt hier das ganze
personliche Verhiiltniss Madvigs zu den Plautusstudien in
Betracht; dies erst wird uns den psychologischen Schliissel
auch fiir jenes so selbstgewiss absprechende Urtheil des
Mannes geben, wenn auch in keiner fiir ihn erfreulichen
Weise. Reichlichen Stoff zu solcher Betrachtung bietet er
ons selbst zuniichst im Eingang des zweiten Bandes seiner
Adversaria.
Als 'adolescens', erzahlt er uns hier, habe er den Plautus
fnon indiligenter' gelesen, d. h. natiirlich, wie einstens Gesner
seinen Terentium (und wer nicht ehedem?), als Prosa. Aber
da er weder 'subsidiis instnictus' noch 'metrorum proso-
diaeque observatione praeparatus' gewesen, habe er sich lieber m»
andern Gebieten der alten Litteratur zugewendet; denn iiber-
haupt, heisst es an einer weitern Stelle, 'animus nec scientia
nec consuetudine satis sc ad Plautinam formam ^10^6^^^.
Nun, das stand ihm ja vollkomraen frei, und war sogar ein
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158 PHILOLOGISCIIE UNVER8TANDLICHKEITEN.
glacklicher Entschluss, wie die schonen Frflchte, die daraus
erwachsen smd, zur Genuge zeigen. Wiire er nur der ent-
sprechenden Mahnung, die er Adv. I p. 96 an Andere richtet:
fne quis fines transiliat et ad ea, quibus non sufficiat, pro-
grediatur' — ganz ira Einklange rait dem alten Spruch: epooi
tic fiv ^Kacfoc eibeirj Texvnv — in seiner eigenen Praxis tren
geblieben! er hiitte dann wirklich einen Beweis von Weisheit
gegeben, deren Zuerkennung er jetzt griindlich verscherzt hat
— Aber nun kamen die in Deutschland dem so lange ver-
nachliissigten Plautus* zugewendeten Bestrebungen, von denen
er doch £kujv &€kovti Y€ Guuui einige nahere Kenntniss zu
nehmen sich gedrungen fiihlte. (Dass er meinen Namen
dabei nennt, ist fBr die Sache gleichgflltig; vor mir hatte
Hermann die Wege gewiesen, der seinerseits Bentley zum
Vorbild hatte, und die nach mir, unter voller,Wahrung ihrer
Selbstandigkeit, meinen Spuren folgten, sind zum Theil glfick-
licher gewesen als ich.) Was that Madvig also? Er ent-
schloss sich (fpaucos annos' vor 1873) von den 20 Stucken
des Plautus, unter Zuziehung der neuern Bearbeitungen, ihrer
5, sage funf, cpaulo lentius' durchzulesen, um, wie er sagt,
ein annaherndes Bild von der neuern Plautinischen Bewegung
zu gewinnen. Das mochte fur diesen Zweck, zu seiner
eigenen Belehrung, allenfails geniigen. Aber welcher salto
mortale (denn todtlich ist er seinem Ruhme, d. h. einem Theil
desselben, in der That geworden) von so bescheidenen Vor-
siitzen und Absichten bis zu dem obersten Richteramte, das
er sich nun auf derselben Seite in dreistestem Selbstver-
trauen auf einmal anmaasst! vermoge dessen er iiber die
ganzen deutschen Plautusstudien , sofern sie sich an den
Namen F. R. kniipfen, ein Verdammungsurtheil proclamirt,
welches nicht schneidender und vernichtender gedacht werden
kann. Zwar weiss er daran auch allerhand autrichtig zu
loben: Fleiss, Sorgfalt, selbst Gelehrsamkeit, manches Ge-
lungene im Einzelnen u. d. m.; aber worin schliesslich doch
alles gipfelt, das ist die allgemeine vage Anklage des Mannes,
der iiberhaupt nur den vierten Theil des betr. Autors genauer
5*3 gelesen zu haben bekennt*), dass die hier gefibte Kritik,
*) Was wohl Herr Madvig fur Augen machen wuTde, wenn Einer
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■
PinLOLOGISCHE UNVERSTANDLICIIKEITEN. 159
weil sie sich von den 'certissimis indiciis* der Hdss. kOhn-
lich entferne, weil sie raittels subjectiver Conjecturen Un-
sicheres an die Stelle des Sichern in den Text setze, weil
sie Falsches*" und Wahres, Probables und Improbables mische,
dadurch zur betrObendsten 'temeritas' werde, allen ein-
fachen Wahrheitssinn untergrabe und zum ganzlichen Ver-
derben aller gesunden wissenschaftlichen Methode fQhre, und
wie das dort auf p. 4 a. E. und p. 5 z. A. mit warmer Be-
redsamkeit weiter variirt wird. FQrwahr, viel iible Nachrede
auf einmal, muss man gestehen. Und Herr Madvig hatte in
der That die Genugthuung, zu erleben wie 'volgus redamp-
truat illi\ Denn da war sogleich Herr Leonhard Spen-
gel zur Stelle, der mit beiden Handeu Beifall klatschte (ich
denke, es war in v. Leutsch's 'Anzeiger') zu der zwar gar
fnicht schmeichelhaften und nicht galanten, aber nur zu
wahren' Charakteristik, da fdie Folgen leider offen zu Tage
lagen': worin sie bestehen, verschweigt des Siingers Hoflich-
keit, Als Privatvergnflgen konnte man ihm ja seinen kp6toc
xeipu/v recht gern gonnen; aber fUr ein so maassgebend auf-
tretendes offentliches Urtheil fragte man doch billig nach
der Legitimation (wie er sie fflr andere Gebiete, in Folge
anerkannt verdienstvoller Leistungen, allerdings nicht erst
bedarf). Denn die vierthalb Seiten, auf denen er im Philo-
logus XVII (1861) p. 562 einige Stellen des Amphitruo be-
spricht — und anderes Plautinische ist von ihm nicht be-
kannt geworden — wird er uns selbst kaum zumuthen als
Bolche gelten zu lassen. Uebrigens miissen zwischen 1861
und 1873 seine Anschauungen und Grundsatze iiber Textes-
kritik eine merkwiirdige Wandelung durchgemacht haben:
denn die dort im Amphitruo angewendeten Heilmittel (Um-
steilungen, Streichungen, Lflckenausfiillungen u. dgl.) haben
mit den jetzt, nach Madvigs Vorgang, von ihm so ent-
rfl8tungsvoll perhorrescirten eine iiberraschende Familien-
ahnlichkeit. — Eine etwas andere Tonart, wenngleich er-
nur 9 Bucher dea Liviua ordentlich gelesen hatte und sich nun ala
competenten Richter flber die 'Emendationea Livianae' aufspielte? TJnd
da« w^re noch lange nicht eimnal 80 Bchlimm.
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160 PniLOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN.
sichtlich mit derselben Tendenz, stiininte eine unserer Gym-
nasialzeitschriften an (ich brauche nicht erst zu sagen, welche).
Nachdem sie die Erkliirung vorausgeschickt, dass sie selbst
von der Sache gar nichts verstiinde, druckte sle mit sicht-
barem Behagen den ganzen Madvigschen Passus in extenso
wieder ab, fweil es doch ftir weitere Kreise interessant sei
zu erfahren, welche Stellung der grosse danische Philolog,
dessen Verdienste in Deutschland so rflckhaltlos anerkannt
wiirden, zu den in Rede stehenden Plautusstudien einnehine'.
Noch interessanter 'fflr weitere Kreise* (denn an sich wiire
ja der kleine Zwischenfall ganz irrelevant und gar nicht der
544 Erwahnung werth) diirfte diese Auslassung dadurch sein,
dass sie einen so sprechenden neuen Beleg fiir unsere, aucli
1871 iiberdauernde deutsche Nationalschwache, das ttpockuv€iv
des Auslandes, abgibt.
Aber kommen wir auf den obigen rsalto 1^0^16* selbst
zurtick und suchen ihn theils in seiner Genesis, theils in
seiner etwaigen, wcnn auch nur relativen Berechtigung zu
verstehen. Dafiir werden zwei Hauptgesichtspunkte ins
Auge zu fassen sein. Erstens tritt uns hier abermals das
80 sehr iiber den Fuss gespannte, loidige Verhaltuiss Mad-
vigs zur Metrik uud insbesondere Prosodie entgegen, wie er
es p. 3 im Tone der Klage selbst bezeichnet: fin eius ego
operac partem ob studia alio collata venire non potui, nec
animi inclinatione trahebar, ut me in minutam illam proso-
diae maxime observationem in instabili fundamento trepi-
dantem immergerem,, im Tone der Anklage aber p. 4: *dum
R. praescriptam versuum formam legemque explere studeret
omniaque ad sua praecepta non ubique certa aut vera ex-
igeret' . . . u. s. w. Nun, wie man das anders machen soll,
als dass man zuerst aus der Ueberlieferung Gesetz und Kegel
zu ermitteln, nach den ermittelten Normen aber dann die
Ueberlieferung, wo sie getrUbt erscheint, zu reinigen sucht,
das hat uns Madvig zu verrathen vergessen; er selbst hat
es, wo ihm etwas gelungen ist, niemals anders gemacht, wie
es denn, trotz der anscheinenden Kreisbewegung, einleuchten-
der und anerkannter Maassen in Wahrheit Fundamentalgesetz
aller verniinftigen und gesunden Methode selbst ist. Mit
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PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN. 161
welchem Rechte verbietet er das also Andern? Und was
gebietet er denn nun eigentlich? Sollen wir Gesetze nur
zum Spass aufsuchen, um sie hinterher zu ignoriren? oder
sollen wir, um hinterher durch die entsprechenden 'praecepta'
nicht genirt zu sein, erst gar keine suchen? Eines doch so
widersinnig wie das andere. Dass bei ihrer Erforschung
menschlicher Irrthum nicht ausgeschlossen ist, versteht sich
von selbst; sogar Herr M. wird das in Beziehung auf sich
in thesi zugeben, so schwer es ihm auch in praxi anzukom-
men scheint; ein Anderer kommt eben und macht es besser,
indem er auf die Schultern des Vorgangers tritt: denn ek
dvfip oti Trdv9* 6pqt. Aber freilich, die Auffindung jener Nor-
men hat, je nach der Art des Autors und der Beschaffenheit
seiner Ueberlieferung, sehr verschiedene Grade der Leichtig-
keit oder Schwierigkeit, der Sicherheit oder Unsicherheit;
leichter und sicherer ohne Zweifel ist iiber Sprache und Stil
des Cicero oder Livius ins Reine zu kommen, als flber den
Versbau des Plautus und seiner Kunstgenossen. Sind die
hier zu erforschenden Dinge zum Theil allerdings etwas
^minutioser, Art, die ja aber eben ihr Wesen ausmacht,
gegen die einer indess — sei es in Folge luckenhafter Vor-
bildung oder mangelnder Naturanlage eine specifische
Antipathie hat, nun so iiberwinde er im letztern Falle diese
mit tapferm Entschluss, und im erstern setze er sich hin
und lerne rechtschaffen was er nicht weiss, weil zur rechten
Zeit nicht gelernt hat: — oder aber er lasse seine Hiinde
von einem Gebiete, fiir das er weder natus noch factus ist
nnd zu dem ihn ja niemand zwingt.
Wie aber Herr Madvig? Er schaut nicht rechts, er
schaut nicht links, fragt nicht was lang ist oder kurz, nicht
ob ein Iambus oder Trochiius oder Anapiist am Platze ist,
sondern verfahrt lediglich nach dem Recept: *Und wenn es
uns glflckt, und wenn es sich schickt, so wird es' — ein
Vers. Ein denkwtirdiges Beispiel solcher Unbektimmertheit
gab er Adv. I p. 152, indem er vermeintliche Senare des
Turpilius also emendirt gab:
forte eo die
Meretrices ad me de vicinitate aliquae
FB. RITfKHKI.il O^VSCVLA III. 11
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162 rniLOLOGISCHE unverstandlichkeiten.
Convenerant condixerantque caenam apud me
Thais atque Erotium, Antiphila, Pythias.
Vielleicht noch niemals in der ganzen philologischen Litte-
ratur standen drei Textzeilen neben einander, die sich mit
grosserer Verwunderuug gegenseitig darauf ansahen, dass
ihnen zugemuthet werde sich fiir Verse zu halten. Aufmerk-
sam gemaeht (im Rhein. Mus. Bd. 27 p. 350 f.) auf die hier
entgegenstarrenden Prosodie- und Metrumsschnitzer, mit dem
guten Rathe, sich doch wenigstens die Gestaltung dieser
Verse in RibbeckTs Comici anzusehen, holte er dies nach in
einer Selbstberichtigung in Bd. II der Adv. p. 652, unter
der unerwarteten Entschuldigung, das Geschaft der Emen-
dation nur vergessen zu haben (aber den ersten Vers gab er
doch eben corrigirt!). So machte er denn jetzt mit Ribbeck
(den er indess als Urheber zu nennen nicht iiber sich ge-
wiunen kann) iambische Octonare aus den Worten, jedooh
um sich den Schein der Selbstandigkeit zu wahren, mit zwei
Abweichungen von Ribbeck, deren jede an einer neuen Fehler-
mc haftigkeit leidet*). Und hier handelte es sich doch gewiss
nicht (wie zum Ueberfluss die Anmerkung specificiren mag)
um eminutam illam prosodiae observationem in instabili
fundamento trepidantem'. Ueberhaupt aber, ist einmal ein
'Fundament' seiner eigensten Natur nach 'instabile' auf irgend
cinem Gebiete, so ist ja doch das Schwanken niemals ein
absolutes, sondern hat seine Grenzen und innerhalb derselben
scine Abstufungen: diese aber mit Hingebung, Gewissenhaf-
*) Der erete Vers fMeretrices ad me de* vicinitate aliquae con-
venerant' hat keine Casur, und der letzte, von den Anfangsworten
• f Antiphila, PythnW fortgesetzt gedacht, bekOmmt keine. Von raliquae\
wa« schwerlich lateinisch ist, gar nicht zu reden. — Ueberaus charak-
teristisch iat ubrigens, mit wie iibereifriger Beflissenheit die metrischen
uud proaodischen Fehler der frilhern Versgestaltung jetzt im Einzelnen
nachgewieaen werden. Mit Bolchen, allerdings unanfechtbaren Beleb-
rungen, dass fapud me' nicht den 6. Fma eines Senar bilden kdnne,
daas fThais' die vorletzte Sylbe nicht kurz, sondern lang, fAntiphila'
die Kcinige uicht lang, sondern kurz habe, wiirdcn wir glauben uusere
Lescr zu beleidigen; ihm lag indess daran, zu zeigen was er von diesen
Elcinentarkenntnissen sich inzwischen angeeignet habe. Eben dahin
gehoreu Bemerkungen wie p. 9: 'tuis pro una syllaba est'.
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PHILOLOOISCHE INVERSTANDLICHKEITEN
163
tigkeit und aufrichtigem Wahrheitssinn nach Moglichkeit zu
erforschen und festzustellen, vollig gleichgiiltig ob es sich
um grosse oder kleine Punkte handelt, das ist, wie auch hier
wiederholt werden muss, eben die Pflicht desjenigen, der auf
jenem Gebiete arbeiten will. Nichts der Art hat sich Herr
Madvig zugemuthet, wie sich iiberall zeigt, In Bd. II gibt
er von p. 5 bis 22 eine Reihe von 'Verbesserungen* zu Plau-
tus und Terenz*), und zwar mit der Vorrede, er wiihle nur
'probabilia aut prope certa' aus fin locis nihil a versu dubi-
tationis habentibus'. Diese Selbstbeschriinkuug war ja aber
von vorn herein ein thorichter Vorsatz vou M., da es ihm
doch eben an den Kriterien dafflr, ob eine Schreibung von
Seiten des Verses Bedenken hat oder nicht, so giinzlich fehlt.
Der Erfolg hat es gelehrt. Ich will gar nicht davon reden,
dass er z. B. Capt. 279 ein durch Synizesis zweisylbiges
Aleis fur moglich hiilt p. 5; dass er ebenda mit rumpitur,
Eun. 312 (p. 13) mit suadeo (!) eine dactylische Wortform
fur den Trochaus einfiihrt**): (denn wenn er nicht den Vers,
obgleich mitten zwischen iambischen Octonaren, fiir einen
trochaischen Septenar genommen, versteht man ihn vollends
gar nicht); — das sind Dinge, die iiber M. s Horizont ganz
binaus liegen. Hingegen aus eigner Machtvollkommenheit
Adelph. 313 folgenden Mustervers 'herzustellen' p. 21:
Satis mi id habeam solati, dum fllos ulciscar modo,
schlagt das etwa auch, ganz abgesehen von dem greulichen
*) Sebr weniges davon erweist sich bei naberer Priifung als ge-
lungen oder annehmbar, und dies ist zum Theil langst von Andern
vorweggenommen (denn um die neuere Litteratur pflegt sich M., sei
es grundsatzlich oder RewohnheiUmasgig, wenig zu kummem); einigea
immerhin beachtenswerth, obwobl von ihm fast stets als Vertum' hin-
gestellt; das meiste verfehlt und unbrauchbar, und zwar keineswegs
blofl oder auch nur uberwiegend aus metrisch-prosodischen Orilnden.
Was naber auszufflhren hier natiirlich nicht der Orl ist.
**) Wollte man Vertrautheit mit solchen rhythraiachen Feinheiten
»on M. fordern, so ware auch zu fragen, wie er denn dem Seneca
(p. 118. 124) solche Senare zuzutrauen wage:
Dimissus odit. B. omne quod pium est, eat.
Titana tantis Aetna ferbuit minis —V
11*
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1G4 PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN.
Hiatus*), in die fniinutam illam prosodiae observationem in
instabili fundamento trepidantem' ein? — Je fadenscheiniger
aber selbst fOr die scenische Poesie die von jener 'Instabili-
titt' hergenommene Entschuldigung sich erweist, ein desto
sichereres Auftreten sollte man nuu doch auf dem Gebiete er-
warten, welches mit seiner prosodischen Stabilitat den scharf-
sten Gegensatz zu jenem bildet: dem der daktylischen Poesie.
Weit gefehlt! Man traut zwar seinen Augen kaum, muss
es doch aber schliesslich glauben, dass in Madvigs Augen
folgende, NB erst von ihm (p. 82. 93. 98. 6f>) so zurecht-
gemachten Verse Ovidische und Properzische Hexameter**)
sein sollen:
Stagna Palaestini credunt ndtassc tigura:
Materiam vatum falsi tcrrlcula mundi:
648 Si iam deficiam suppressaque vena pahtur:
Si hoc spectas, par eamne tuam regina sub aulam
(*Luderc par impar'1): eingefuhrt zum Theil mit Versiche-
*) Dass M. richtige oder auch nur fcste Ansichten Qber den Hiatus
habe, wird niemand erwarten, aich also auch nicht wundern, wenn er
zwar p. 652 Anm. einen 'immanis hiatus' hdchlich misbilligt (den er
ubrigens erat gewinnt, wenn er die erste Sylbe von lenitate fflr eine
Kflrze nimmt!}, gleichwohl aber folgende mit ganz gleichartigen Hiaten
behafteten Verse als Terenzische bez. Plautinische empfiehlt:
Indidem esso oriuntfum id, quod est consimile m^ribus:
(^wofern er nicht etwa 'IndWem esse 6riundum id quod e"st' masa);
Vostrae; haec, sat scio, quamquam me habe^t male
(wonn doch dies ohne Zweifel Cretici sein sollen). Aber flber allen
Olauben geht doch diese Weitherzigkeit , wenn sogar p. 87 fflr einen
Hexameter der Metamorphosen als richtige Schreibung behauptet wird
Neve necem Binat esse diu ultoris inultam,
mit einer bo denkwflrdigen Vertheidigung, dass aie wfirtlich wiederholt
zu werden verdient: 'invectum id (nilmlich victoris) est manifesta inter-
polatione ad occultandum hiatum tolerabilem in arsi' (eine auch somt
bei ihm beliebte Rechtfertigung,l fet in eiusdem longae vocalis
concursu' !
**) Auch evocare muss er p. 131 Anm. paonisch gemessen haben,
wenn er, obschon nur conditionell, bei Lucan V, 375 fflr raOglich hielt
Et cunctos evocare rates, quas avius Hydrus — .
Wo man hinsieht, flberall dasselbe trflgorischc Spiel kurzer und langer
Irrlichter, die auf unsolidem Boden harmlos durch einander flattern.
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PHILOLOGISCHE UXVKRSTANDLICHKEITEN. 165
rungen wie 'Ovidius scripserat', fscripsit sine dubio Ovidius',
wie anderwarts iiberaus hiiufig fsine dubio veruru est', oder
am resolutesten 'scribendum est' u. d. m., ln inerkwttrdigeni
Gegensatz zu dem harten Tadel der Plautiuischen Kritiker,
die 'Unsicheres statt Sicheres' in den Text setzen! — Und
ist es etwa im Griechischen auders? Welche Begriffe von
Metrik hier zur Auwendung kommen, zeigen z. B. (ich greife
nur heraus, was mir gerade iu den Wurf kommt) die So-
phokleischeu und Euripideischen Verse Adv. I p. 200. 271. 261:
Koubeic emcTaTcu uoi cuXXapeiv tottoc.
BctKXOu Tfpoqpr|Ttic ujc, 6c TTaTTaiou TreTpav,
und als Krone von alleni
ui Kpeiccov f| Xotoiciv euTuxouvT* ^pTiw!
Ob er das etwa als Verbinduug von muta cum liquida ansah
nach Art von dTpui? Alles moglich bei ihm.
Auch wir haben zwar unter uns ab und zu ahnliche
Misgeburten erlebt, wie die bertichtigten Trimeterexemplare:
q)poupdc eTeiac urjKOC bf\ TKOtjnujfievoc.
Kai tov cov auOic Trpoc MoTpav KaciTvriTOV,
oder den Pentameter
KfjToc* Kacci6Trac d XdXoc ecr' airia.
Iudessen das waren einzelne Eruptionen unreifer juuger Can-
didaten, die auf der Universitiit nichts Solides gelernt, da-
gegen eine ungebtthrliche Nachsicht Seitens der, ihre Tiro-
nenspecimina censirenden gelehrten Corporationen erfahren
hatten. Aber mit solchen Pumilionen wird sich docli ein
Mann von Madvig^s Stellung und Bedeutung nicht wollen
vergleichen lassen? er, def rait seiner maassgebenden Auto-
ritiit das ganze philologische Studium seines Landes be-
herrscht, naturgemass also auch insbesondere den klassischen
Unterricht der hohern Schule beeinflusst, der allerdings durch
solches Vorbild nach der hier besprochenen Seite hin nicht
anders als verflachen und verwildern kann. Denn hier muss
nun wirklich alle Courtoisie aufhoren, muss es mit nackten
Worten herausgesagt werden, dass die vorstehend gegebene
Beispielsammlung ein Register von so groben Unwissenheits-
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166 PHILOLOGISCIIE UNVERSTANDLICHKEITEN
siinden in dem Elementaren, welches die unerbittliche Vor-
aussetzung aller poetischen Litteratur ist, in sich schliesst,
wie sie bei uns"jeder ordentliche Secundaner eines ordent-
lichen Gymnasiums sich zur Schmach rechnen, wer sie aber
Ma als fertiger Gelehrter auf sich lQde, sich fttr immer um alle
und jede Reputation im Kreise der wissenschaftlichen Fach-
genossen bringen wttrde. Und dem zugleich gramlichen und
hochfahrenden Machtspruche eines solchen Mannes sollten
wir uns respectvoll fiigen, um ohne Weiteres an die Ver-
werflichkeit unseres Beginnens und Verfahrens zu glauben?
Uns fehlt e8 wahrlich nicht an Selbsterkenntniss oder doch
dem ernsten Streben nach ihr, um gern zuzulernen und
fremder Belehrung zugiinglich zu bleiben; Herr Madvig kennt
ohne Zweifel die alte Mahnung des yvwOi ccxutov ebensogut,
aber ihn trifft hier das Wort: Mie Botschaft hort' ich wohl,
allein mir fehlt' — zwar gewiss nicht der Glaube an uud
fiir sich, wohl ab*er der Glaube, dass sie auch fttr ihn gelte.
Aber ich deutete oben noch einen zweiten Gesichts-
punkt an, der fttr Herrn Madvigs Wttrdigung iii Betraeht
komme. Derselbe hat namlich, zeigt wenigstens gar keinen
Begriff, oder doch keine lebendige Anschauung, jedenfalls
fttr den gegebenen Fall kein gegenwartiges Bewusstsein von
den immensen Gradunterschieden in der Ueberlieferung ver-
schiedener Texte, dem entsprechend also auch nicht von dem
Maasse und der Eigenart der, wie einerseits gebotenen, so
anderseits gestatteten kritischen Behandlung des einzelnen
Textes. Ihm steht offenbar immer das Bild vor Augen,
welches sich ihm aus der Ueberlieferung des Cicero und des
Livius eingepriigt hat. Auch diese bietet ja der Anstosse,
der Entstellungen des Urspriinglichen genug dar, namentlieh
die des Livius, wie wir das zu einem so grossen Theil gerade
durch Madvig's Verdienst erst recht einsehen gelernt haben.
Aber welch colossaler Abstand zwischen diesem doch immer
mittlern Maasse und dem fast diametralen Gegensatz, den
dazu die, besonders in gewissen Stttcken fast beispiellos ver-
derbte Gestalt bildet, die wir in den Plautinischen Hand-
schriften vor uns haben! Schon der Miles gloriosus, den er
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PIIIL0L0G18CHK UNVKBSTANDLICIIKEITEN. 167
doch genauer geleseu hat, musste ihm dies klar macheu mit
seinen zahlreichen Versen, die, wie sie in den Hdss. stehen,
kaum lateinische Worte aufzeigen; vollends aber ein Stiick
wie der Truculentus, den er nicht gelesen, in dem dasselbe
fflr ganze Seiten gilt, die dem Auge nur eine sinnlose, weder
zu verstehende noch zu ttbersetzende Folge der abenteuer-
lichsten Conglomerate von Buchstaben, Sylben, Wortfrag-
menten darbieten. Glaubt Herr M. hier mit so nahe liegen-
den Hausmittelchen durchzukommen, wie sie — zwar keines-
wegs iinmer, aber doch weit uberwiegend fiir Cicero und
Livius ausreichen? Wenn aber nicht, wie gedenkt er sich
solchcu grausigen Ungethiimen gegeuiiber verhalten zu sollen? 550
Durch eigenes Beispiel verriith er uns das nicht, indem er
sich uberhaupt nicht in die Fahrlichkeit ihrer "Biindigung
einlasst, vielmehr eingedenk des Spruches, dass Vorsicht der
bessere Theil der Tapferkeit ist, sie ganz unberttlirt und
unbesprochen liisst. Das war ihm auch an sich nicht weiter
zu verdenken; indess auch nur als eklektischer Noten- und
Adversarienschreiber konnte er das. Was aber wird er als
Editor thun? als Editor, der nicht nach freieni Belieben
Einzelnheiten herausgreifen darf, sondern Schritt vor Schritt
in ununterbrochener Reihenfolge, ohne Spriinge seinen Text
zu begleiten hat, der die Probleme, die dessen Ueberlieferung
in den Weg legt, nicht durch subjectives Heriiber- und Hin-
uberreden zu discutiren, sondern durch irgend ein Positives
nach Vermogen zu losen hat, um der obersten Aufgabe»
seinen Autor lesbar zu machen, gerecht zu werden. Viel-
leicht, sollte man denken, giiben uns seine Plautinischen
Schfiler Antwort: wenn sie nur nicht selbst auf den extrem-
sten Wegen diametral aus einauder gingen. Denn da ist
auf der einen Seite Herr J. L. Ussing in Kopenhagen, der
die Plautinische Litteratur kurzlich mit einer recht kind-
lichen — oder sagt man, vom Standpunkte heutiger Forde-
rungen aus, nicht wirklich richtiger kindischen? — Ausgabe
des Amphitruo und der Asinaria bereichert, wenigstens ver-
mehrt hat. Welche Stellung dieser, als Editor, zu der
Ueberlieferung nimmt, kennzeichnet sich hinlanglich dadurch,
dass er z. B. Amph. arg. II, 9. Asin. 329 einmal einen sieben-
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168 PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN
fussigen 'Scnar', das anderemal einen sechsfiissigen 'Septe-
nar', weil sie so in den Hdss. stehen, in grosster Seelenruhe
auch in seiner Textesausgabe drucken lasst:
Omnera rem noscunt: geminos Alcumena enititur.
Mitto; istuc quod adfers aures exspectant meae:
beidemale, wie es den Anschein hat, nicht ohne einen ver-
schamten Zweifel, ob nicht gar etwa diese defecten Verse so
von den Verfassern selbst herrflhren mochten*). Nun, der
551 Warnung seines Meisters, ja nichts 'Unsichercs' in den Text
zu setzen, ist so allerdings grUndlich entsprochen; aber nennt
man das die Bearbeitung eines Autors? Ein Abdruck
der handschriftlichen Quelle genugt ja alsdann und thut
bcssere Dienste: wie eine solche z. B. vorliegt in Schneiders
musterhaftem Druckschrift-Facsimile des Truculentus. — Das
entgegengesetzte Extrem vertritt Herr Sophus Bugge in
Christiania: den ich flbrigens, als einen Mann von Geist und
wirklicher Gelehrsamkeit, durchaus nicht gemeint bin mit
Herrn Ussings stumpfem und trivialem Dilettantismus auf
eine Linie zu stellen. Er verfahrt frischweg nach dera Hip-
pokratischen Satze: 'quod medicamenta non sanant, ferrura
sanat; quod ferrum non sanat, ignis sanat\**) Mit heroischer
Entschlossenheit und unentwegter Zuversichtlichkeit macht
er von Eisen und Feuer den kiihnsten Gebrauch; in welchem
Maasse, kann z. B. die Behandlung des Truculentusverses II,
*) \Venig8ten8 wenn da8 Tacilius omitteretur voc. geminos'
(p. 233) correctea Latein ist, weil ja dann zu suppliren, fwenn uber-
haupt etwas zu omittiren waro\ — Noch unzweideutiger ist der Zwei-
fel in BetrefF des andern Versea (p. 383): 'veraus pede brevior, ut ex-
cidisae aliquid veriaimile (!) sit'. — Bei einem dritten Verec, As. 125:
Atque ibi manebo apud argentarium
klopft ihm doch das Ilerz und er wagt nicht ihn eo wiedcrzugeben:
aber dans er sich zu dem Muthe ermannte, ihn durch einc Liickenaus-
fiillung herzustellen — weit gefehlt! Vielmehr rfiori potest' sagt
er, rut totus versuB spurius ait' und klammert ihn eiu.
**) Ein letztes Satzglied, welches im Original hinzutritt (Aphor.
VII, 87. t. I p. 459 Erm.): ukoco qpdpuaKa ouk ifjTat, c(6r|POC If^Tar
ika c{6rtP°c ouk tfjTa», irOp Ifyrar 6ca bi frOp ouk \r\xai, Taura XP^I v<>-
\iiZk\v dvirjTa — Bchcint filr Hcrrn B. nicht zu existiren.
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PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN. 169
7, 38 zeigen, wo er (Jahrb. f. Phil. Bd. 107 p. 414) die Uber-
lieferten Worte oder Wortbrocken
usque adiectaculem (-um) iussit alii mansi
zu
hodie huc attulit tus et pallulam
umgestaltet (was doch noch iiber Markland s verrufenes cau-
sidicus vafer hic fur perfidus hic caupo geht); oder prol. 21,
wo er aus
cum anima ad eum habenti erce teritur*)
gliicklich ein
unam dum habent niinani, eam ameicae deferunt
herauscurirt. Ich verfolge hier nicht weiter die Frage, welche
Wahrscheinlichkeitsempfehlung solchen verwogeneji Meta-
morphosen zur Seite stehe: denn ich habe es nicht mit Herrn 55*
Bugge, sondern mit Herrn Madvig zu thun. Dieser aber
moge doch Antwort auf die Frage geben, wo wohl die
ganze, von ihm so hart angelassene deutsche Plautuskritik
eiii einziges Beispiel gleich halsbrechender Hinwegsetzung
uber die Westigia codicum certissimaque indicia' gegeben
habe, wodurch romnia versa, quaedam ficta' seien? Es wird
ihm nicht gelingen. Nach diesen seinen Worten mtisste
man durchaus geneigt sein, ihn fiir einen Conservativen vom
reinsteu Wasser, nach wenigstens annaherndem Ussing^schen
Typus, zu nehmen, und nichts kann dieser Annahme mehr
Vorschub leisten, als die Schilderung, mit der er (Adv. I
p. 124), ttbrigens einseitig genug, sein Ideal eines Kritikers
*) (oder ertetcritur oder erceteritur). Ich finde diese 'Herstellung'
(der allerdingt» die vorher angefuhrte weitaus den Rang ablauft) so
eben in einem mir zufallig zu Gesicht kommenden Ausscbnitt aus
'Opuecula philol. ad J. N. Madvigium a diacipulis ^^88^' p. 186. —
M6chte doch — man musa es im Interease unserer Wisaenschaft auf-
Vichtigst wunschen — Herr fiugge, ein bo begabter Mann, einem sehr
ehrlich gemeinten Rathe, wenn er auch nicht von Kopenhagen kommt,
noch zuganglich sein: dem Rathe, abzulassen von dem in neuerer Zeit
«ngeschlagenen Wege, der ihn auf schiefer Ebene immer weiter gleiten
laaat in solchen Schrankenlosigkeiten , und wieder zuriickzukehren zu
der Maaaahaltung, die ihn im Anfange seiner Plautinischen Studien so
•chdne Erfolge erzielen liesa und noch achSnere versprach.
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170
PHILOLOGI8CHE UNVEKSTANPLICHKEITEN.
malt: fEa vero est praeter ceteras palmaris appellanda emen-
datio, quae una duabusve litteris mutatis aut trans-
positis novum sententiae lumen, novam orationis formam
profert et ex dissolutis et perturbatis apta et recta efficit'.*)
auf Seiten Bugges zu sein, wenn er ihn II p. 5 mit den
Worten: 'non adspirans ad Buggii mei sollertissimae simul
et cautae' (klingt das nicht wie reiner Spott?) fin Plauto
inventionis laudem' ziemlich unzweideutig als den eigentlichen
Plautuskritiker nach seinem Herzen bezeichnet. Der Wider-
spruch bleibt unerkliirt (wofern man ihn nicbt auf Ver-
mischung sachlicher und personlicher Motive zurtickfiihren
will); desto klarer ist, dass M. gar sehr mit zweierlei
Maas8 misst.
Dass man mit dem conservativen Standpunkte, deu
Madvig selbst thatsuchlich einnimmt, bei Plautus nicht
durchkomme, betonte auf das nachdriicklichste schon Gott-
fried Hermann, indem er es wicderholt aussprach, dass
man bei einer so maasslos verwahrlosten und verwilderten
Textesiiberlieferung vielfaltig darauf verzichten uiflsse, zu er-
mitteln was der Dichter geschrieben habe, vielmehr sich zu
begniigen habe mit dem, was er probabler Weise geschrieben
haben konne. Aber das ist freilich eine Autoritat, mit der
man bei Madvig wenig Gliick haben wird. Die Art, wie
dieser iiber Hermann urtheilt, gibt iiberhaupt eine vortreff-
liche lllustration des Contrastes zwischen unserer stets be-
reiten Anerkennung der Grossen des Auslandes und — zum
wohlverdienten Dank — der Stimmung des letzteru (im vor-
liegenden Falle wenigstens des danischen) gegen unsere
*) Wie in aller Welt, wiire man sehr begierig zu erfahren, mSgen
sieh wohl Meister und Jfinger in Betreff der r una dnaeve litterae '
gegenseitig mit einander abfinden? — Wenn iibrigens Madvig seinen
Standpunkt durch den Gegensatz von Porson und Bentley illustrirt, so
thut er, was zu allen Zeiten diejenigen thaten und thun, denen pru-
dentia flber ingenium geht, fur dessen Wiirdigung ihnen das Organ
fehlt. Waa fiir kleine Punkte und Piinkkhen sind eB doch, die Porson
im Euripidea (abgesehen natflrlich von der Vorrede') rait seiner pru-
dcntia gef^rdert hat, verglichen mit den nach ihm durch ganz andere
Eigenschaften gewonnenen Einsichten. Talent und — Geniel
wiederum mehr
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PHILOLOGISCHE UNVEKSTANDLICHKEITEN. 171
Grdssen. Eine solche in Heruiann zu sehen ist M. allerdings
so weit entfernt, dass er von ihin a. a, 0. nichts anderes zu
sagen weiss, als: derselbe sei der ars emendandi in dem
Grade bar gewesen ('prorsus ea caruit'), dass er fnon maxi-
uium numerum bonarum emendationum obruit innumerabili
inanium et leviuni opinionum festinanter iactarum multitu-
diue, ruraus non raro, ubi libido aut obtrectatio abripuerat,
strenuus pravorum defensor'. Nun wissen wir doch, was
Deutschland, was die neuere Philologie mehr als ein halbes
Jahrhundert hindurch fur eine blind bewunderte und gedan-
kenlos hochgehaltene Scheingrosse an G. Hermann eigentlich
gehabt hat! Und hurtig macht sich der gliiubige Jttnger
Ussing (p. 153) das Madvi^sche Zerrbild in compendiosester
Weise zu Nutze, indem er seiu eigenes Urtheil iiber den
deutschen Kritiker F. R. in das vielsagende Pradicat *Her-
manni discipulus' zusammendrangt: ohne dass ihu das ttbri-
gens abhielte, zum Ueberfluss seines Meisters ausgeftihrtere
Charakteristik dieses Hermaun-Schfllers als getreues Echo,
oder sagen wir lieber als reiner Papagei zu wiederholen *).
— Madvig aber, als er jeue Worte Uber Hermann nieder-
schrieb, hat ihm da gar nicht das Gewissen geschlagen, wenn
er an sich selbst dachte? Selbst wenn alles wahr wtire,
was er mit so feindseliger, in Wahrheit bornirter Gehassig-
keit von Hermann aussagt, wiegt er sich in der ahnungs-
losen Selbsttiiuschung, dass es mit ihm um ein Haar auders
bestellt ware? denkt er gar nicht daran, dass auf keinem
Gebiete mehr, als auf dem der divinatorischen Texteskritik
ein unberechenbarer Wechsel von gliicklichen Eingebungen,
die niemand commaudiren kann, und uuvermeidlichen Fehl-
griffen das Allen gemeinsame Menschenloos ist? Niemand,
der die f Adversarien ' (um hier bei diesen stehen zu bleiben)
•) Nur mit einigen Varianten, von denen geradezu spasshaft die-
j<?nige iat, wo er das Non-plus-ultra der Vermeusenheit des deutschen
Kribker8 stgnalisirt. Denn nicht nur dieses und jenes Andere habe
dereelbe peccirt, sondern sogar, fquod maxime vituperandum,
non verborum solum sed etiam versuum ordinem (natiirlich
'iumma licentia') mutavit'. Man denke! Ist das nicht wirklich das
reine Kind? schier mttchtc raan sagen 'Saugling'!
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172 PlilLOLOGISCHK UNVEKSTANPLICHKEITEN
mit einiger Aufnierksamkeit uud Sachkenntniss durchgegangen
ist, hat sich noch dem Eindruck entziehen konnen, dass
nehen vielen sicher bewirkten, manchen uberraschend gelun-
genen, einigen genial gefundenen Heilungen, denen auch so-
gleich die neidloseste, ja freudigste Anerkenuung entgegen-
gebracht wurde, eine zahlreiche Meuge (c innumerabilis multi-
tudo') leerer und hohler, unfiberlegter uud leichtfertiger fin-
anium et levium opinionum festinanter iactaruni'), metrisch
oder sprachlich falscher (was man von Ilermann nicht
sagen kann), ofter recht ungeschickter, nicht selten giinzlich
verungluckter Vermuthungen einhergehen. Wie es denn iiber-
haupt, wenn man im Ganzen und Grossen rechnet und der
Wahrheit unbefangen die Ehre geben will, nicht der speci-
lisclie Begriff der eucxoxia iat — durch die ein anderer
(ebenfalls auslandischer) Zeitgenosse als so gliiuzendes Muster
leuehtet — , welcher unter Madvigs kritischen Gaben im
Vordergrundc stiiude, seiner Kritik ihre eigentliche Signatur
aufdrttckte. In der That ist die Zahl der Fehlgriffe, bei
denen sich immcrhin Kenntniss und Scharfsinn zeigen kann,
aber nicht *der Nagel auf den Kopf getroffen' wird, gross
genug bei M., um einer 'Vannus critica in inanes . . . . pa-
leas' iiberreichen Stoff zu bieten. Es wiire unstreitig sehr
weise gewesen, wenn Madvig eine solche Wurfschaufel selbst
in die Hand genommen, seinen Conjecturenvorrath mit ihr
recht tuchtig durchgeschuttelt und gesichtet und alle Spreu
mitleidlos zur Seite geworfen hatte; er hat das nicht tiber
sich gewinnen konnen, so dass jetzt gar sehr das Lessing-
sche (wennschon etwas anders gemeinte) Wort auf ihn An-
wendung findet: fhiittest du weniger gesagt, so hattest du
mehr gesagt'. Gleichwohl hiitten wir ja auch die tauben
Korner um der guten Frucht willen in schonendcr Nachsicht
wohlwollend mit in den Kauf genommen, wenn sie uns nur
in etwas bescheidenerer Weise geboten worden wiiren und
nicht in so gebieterischen Formen wie 'scribendum est',
'sine dubio scripsit' u. dgl., auch nicht zugleich fn Verbin-
dung mit so hochmuthiger Geringschiitzung fremder Lei-
stungen. Denn Hochmuth ist es, was uns aus allen vor-
stehenden Mitthcilungen, in denen wir inoglichst Herrn M.
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PHILOLOGISCHE UNVER8TANDLICHKEITEN. 173
selbst sprechen liessen, als bezeichnendster Zug entgegentritt,
Und zwar nicht nur eiufacher Hochmuth, sondern in Abstu-
fungen gesteigerter. Dass einer Qber Dinge schreibt, von
denen er nichts versteht, erleben wir alle Tage. Dass er
aber weiss nichts davon zu verstehen, dies auch selbst sagt,
und doch daruber schreibt, das ist frivoler Hochmuth und
zeugt vou iiusserster Misachtung seines Publikums. Aber
gegen einen ehrenwerthen Mitforscher, der ihm noch dazu 555
eine solche Fiille von fast rilhrenden Bescheidenheiten und
verehrungsvollen Huldigungen entgegentriigt wie Martin
Hertz, sich so — nicht nur auszusprechen, sondern trotz
der dringendsten moralischen Aufforderung auszuschwei-
gen, wie Herr M. bis zu dieser Stunde gethan, das wird
emporender Hochmuth*).
*) In dieser an Gellius ankntipfenden Polemik, die sich von
Madvig'8 Seite (Adv. II p. 583 — 613) in der reinen Offengive, von der
HertzBchen (Vindiciae Geliianae alterae: Jbb. f. cl. Phil. Snppl. Bd.VII.
1873;' dazn Beriehtigungen u. Zusatze in den Jbb. selbst 1875 p. 505 f.)
in der reinen Defensive halt, iat es ein neuer Factor, der auf den
Schauplatz tritt: nicht mehr der metrisch-prosodische, sondern der
grammatische, genauer der sprachgeschichtliche. Man weiss seit
Jahren, wie verdriesslich ablehnend sich M. gegen ihn verhalt. Er
spricht 8ich jetzt Adv. II p. 3 f. folgender Maassen darfiber aus: fAc
ri quis me, quod memini fieri' (es war ihm allerdings so laut und
deatlich gesagt worden, dass das Vergessen schwer war) 'putabit
^rammaticum parum curiosum fuisse novorum grammaticae Latinae
condendae initiorum, quae hic' (auf Grund der Plantusstndien in
Dentschland) 'nascerentur, ei ego primum respondebo, me diligenter
attendentem, si quid, quod paulo latius pateret, certa prudentique ob-
servatione repertum videretur, adscivisse, non pauca minora' (immer
wieder die in der Wissenschaft so unberechtigte Unterscheidung von
Kleinem und Grossem!) fa communi arte arcenda putasse, nonnuila
proreug nt incerta aut falsa sprevisse' Das freie Urtheil musste
ihm «elbrtvers^ndlich unbenommen sein; aber sieht man nSlher zu, so
besagen so kahle Versicherungen gar nichts, wenn denn doch thatsilch-
Uch das AUermeiste unserer bezuglichen Ermittelungen entweder igno-
rirt oder geradezn negirt wird. Die ganze Kritik des Hertz'schen
ftellius gibt dafflr die Belege: und nicht ohne einige Heiterkeit wird
man sicb erinnem, wie in der, durch iiberaus zahlreiche Beispiele
«ichergestellten Endung des Nominativus pluralis der 2. Declination
auf « (}i'6erM, magifstris), die freilich im Cicero und Livius nicht vor-
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174 PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN.
Es iBt keiu erquickliches Bild, in detu uns Herr Madvig
erscheint Ein Mann von so hervorragenden Verdiensten —
neben den kritischen Arbeiten im engern Sinne erinnern wir
uns nur so schoner, methodisch hochst lehrreicher Leistungen,
wie beispielsweise die Abhandlungen iiber die romischen
Colonien, iiber die ararischen Tribunen, flber den Didaska-
liker Accius u. a. m. — weiss sich gegen die Verlockungen
des unheimlich schleichenden Damonenpaares Philautia
und Authadeia so wenig aus eigener moralischer Kraft zo
schfltzen, lasst sie dergestalt sich bei ihm einnisten und so
lange fortwuchern, bis er endlich der Macht einer der bos-
artigsten Feindinnen des Menschengeschlechts, der Hybris,
ganz und gar verfallen isi Denn von ihr gilt in Beziehung
auf Madvig in der That, was von der Aphrodite und deni
Euripides Aristophanes den Aeschylus sagen lasst:
dXX' im coi toi xai toic coiciv TToXXf) ttoXXoO 'TrucaOriTO,
ujct€ KauTOv ce koit' ouv ipaXev.
Sollte ihn jetzt etwa eine leise Empfindung beschleichen,
dass auch heute noch, wie vor Alters, als pedisequa der
kdmmt, Madvig in dem anlautenden 8 nichts als ein in Folge "einor
zufalligen und nachlassigcn Abweiehung' als Zierrath angehangtes
Schwanzchen sah: woriiber das Nahere Opusc. phil. II p. 510 f. (vgl.
zur Sache selbat ebend. p. 646 ff., Neue Plaut. Exc. I p. 113 f.). Wir
haben kein Anzeichen dafiir, dase die alte eigensinnige Verblendung
nicht auch heute noch fortdauere. — Wenn M. dann fortfahrt:
r. . . deinde autem me de toto grammaticae, quae scholarum et ipso-
rum philologorum causa ad scriptorum intelligentiain componatur, fun-
damento in sermonig exculti et confirmati usu constituendo paulo
aliter sentire*, so tritt hier wieder die eines Mannes der Wiasenschaft
nicht wilrdige Engherzigkeit dcr Auffassung zu Tage, die zwischen
dem in seiner Begrenztheit wohlberechtigten praktischen Bedurfniua
und den unbegrenzten Rcchten der nur sich Belbst gehorchenden Wis-
senschaft nicht zu unterscheiden vermag oder den guten Willen hat.
Auch bei uns ist es keinem Verstandigen eingefallen, die in Rede ste-
henden Erweiterungen unserer Erkenntniss kurzer Hand in die SchuV
granimatik einzufuhren. Das Alles ist Herrn M. schon vor fast zwan-
zig Jahren eindringlichBt gesagt worden; es hat aber, wie man siebt,
nichts geholfen. Seiner Natur fehlt eben aller historische Sinn auf
sprachlichem Gebiete.
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PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN. 175
Hvbris die Nemesis — zwar mitunter eine Zeit lang, aber
nicht fQr immer auf sich warten lasst, so vergegenwartige
er sich nur, durch welche Provocationen er sie auf sein
Haupt herab beschworen. — Hatte man in Attica Altare
sowohl der Nemesis, als auch der Hybris, jedes in seinem
eigenen Sinne, so mache er mit sich aus, welche von beiden
Opferstatten die fur seine Lage geeiguetste gewesen ware
und, symboli8ch gesprochen, noch wiire.
Und nun, um nach so langen und weiten Umwegen auf
die Eingangsfrage zuriickzukommen, haben wir jetzt wohl
den Schlus9el gefunden zu Madvig^s so abfalligem und ma-
kelndem Urtheil Uber die Sprache des Plautus? diese zugleich
lautere und naturliche, markige und geschmeidige, durch-
sichtige und in sich gerundete Sprache? eine Sprache von
kerngesunder Reife und doch frisehester Jugendlichkeit, voll 557
schopferisch kecker Wortbildungskraft: Tugenden, denen der
Edelrost des Alterthflmlichen nur noch einen Reiz mehr
verleiht. — Was meinen Sie, v. Fr., gleicht M. nicht ganz
dem unwirschen Knaben, der, weil er eine Aufgabe seines
lTebungsbuches nicht zu bewaltigen vermag, seinen Unmuth
an dem 'dummen' Buche auslasst und auf dieses losschlagt,
statt sich an den Ohren zu zausen?
Leipzig, im September 1876.
Nachschrifl
VielleLcht habe ich Herrn C. F. W. Muller (0 wenn man doch den
einen Hufnaraen des unbeqnemen Polyonymos wusste!) oben p. 638 f.
Anra. ** [154 Anm. •] Unrecht gethan, wenn ich ihn ""aalsipotenti et
moltipotenti Iovis fratri Nereo' zusammenconBtruiren liess. Aber dann
iat er selbat schuld an dem Misverstundniss, weil er vor 'Nereo' kein
Komma gesetzt hat. Wiewohl auch dann doch die Inconvenienz bliebt^
daaa, mit wenig Concinnitat, von drei Gottheiten die eine nur mit
Pradicaten, ohne Namen, die beiden andern nur mit Namen, ohne
Priidicate bezeichnet waren. — JedenfalU halte una M. uicht etwa
entgegen, dasa man ihm eine solche Abenteuerlichkeit, sich nicht rait
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I
176 PHILOLOGISCHE UNVERSTANDLICHKEITEN.
den zwei weltregierenden Zeusbrfldern zu begniigeu, 6ondern ihnen
einen (ans der Trinitat ganz herausfaUenden) dritten beizufugen,
schon von vorn herein gar nicht hatte zutrauen dQrfen. Lasst doch
selbst Welcker Griech. Gotterl. I p. 620 den Nereu* ala Bruder des
Poseidon ganz unbefangen gelten — nur auf die verderbte Vulgate der
Plantnsstelle hin! — Sei dem nun wie ihm wolle: habe ich wirklich
Herrn M., weun auch nicht ohnc seine Mitachuld, Unrecht gethan, so
habe ich ihm auch billig Abbittc zu leisten und thue das event. hiermit.
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VII.
Deperditarum Plauti fabularum fragmenta.
L ACHARISTIO.
I.
Nonius p. 157, 0: 'pauperauit, id est pauperem facit
(jsic). Plautus .... Idem (item coild.) Acharistione:
Quam ego tanta paiiperaui per dolum pecunia.' 1
eAcharistione', e codicum scriptura acaristione ab Hadr.
lunio restitutum, recte atque ordine ab dxdpicroc ductum
servi nomen esse, ut 'Apicriujv KaXXicriwv et fortasse Kccki-
ctiujv ab apiCTOC KdXXiCTOC KdKiCTOc, monebam Parerg. p. 105:
quo adde p. 143 dicta. In uno Leidensi proditum acaristudio
ausam dedit longe ineptissimp fabulae nomini fingendo
e*Axapi studium', quod nimirum placuit Bothio.
L
Plinius Nat. hist. XIV § 92: Mautissima apud priscos
uina erant myrrhae odore condita, ut apparet in Plauti
fabula quae Persa inscribitur, quamquam in ea ct calamum
addi iubet. ideo quidam aromatite delectatos maxime credunt.
sed Fabius Dossennus his uersibus decernit: «mittebam uiuum
pulcbrum, murrinam», et in Acharistione:
^ panem et polentam, uinum, miirrinam. 2
Scaenolam quoque et L. Aelium et Ateium Capitonem in
eadem sententia fuisse uideo, quoniam in Pseudulo (r.TJOsq.)
sit: *quod si opus est ut dulce promat indidem, ecquid ha-
bet? : : rogas? murrinam, passum, defrutum, mella». quibus
FR. HITSCHELIl OPV8CVLA III. 12
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178
FRAGMENTA PLAVTINA.
apparet non inter uina modo murrinam, sed inter dulcia
quoque nominatum'. — Ibi npn alicuius poetae Dossenni
verba proferri a Plinio, sed sive grammaticum aut antiqua-
rium sive iuris consultum *) Fabium Dossennum (vel 'Dorsen-
mnn ', ut est in Vaticano a pr. m.) dici, qui versuum illorum
testimonio murrinae h. e. vini murra conditi apud antiquos
usum probaverit, significavi in praefatione Parergon p. XIII,
amice (ut pro illis temporibus) monitus a Bergkio. Nam ne
quid erres, sed particulae non alia vis est nisi ut, quod alii
tantum credere, idem Dossennus dicatur argumentis deceraere.
— Suppresso autem fabulae nomine interpositum inter Per-
sae Plautinae mentionem et item Plautinam fabulam Acha-
ristionem (*et in A.9) testimonium non videtur dubitari posse
quin ad eundem poetam referendum sit: quare inter incertae
sedis fragmenta recepi. — Pristinum autem murrinae
istius usum cum Plinius ait alios Pseuduli versu probasse,
his accedere Varronem e saturae verbis apparet quae sunt
apud Nonium p. 551, 7: cmurrina, potio confecta. Varro
'AvOpumOTToXei: «non modo uinum dare, sed etiam, ut Plautus
ait, murrinam, passum, defrutum».2) — Rursus ex eiusdem
Varronis alio testimonio probabilis de L. Aelio coniectura
fiet: quando haec nomina e codicum memoria laelius (pror-
sus ut apud Gellium IIT, 3, 12) recto iudicio Van-Heusdius
efiecit 'de L. Aelio Stilone' p. .'37. Nam cum apud Festum
p. 158, 22 haec legantur: 'niurrata potione usos antiquos
indicio est, quod feamj etiam nunc aediles per supplicationes
dis addunt ad puluinaria, et quod XII tabulis cauetur ne
mortuo indatur, ut ait Varro in Antiquitatum libro V9 in
promptu est .de Aelii Stilonis in XII tabulas commentariis
1) Ad iuris consultum potius ipsum quo Plinius utitur 'decernendi'
vcrbum, ut proprium iuris, spectare visum est doctisaimo conlegae
Mauricio Voigtio.
2) NumeriB adstringens aicca Varronis vcrba Roepcrus *do Ennii
Scipione' (ed. 'Gedaui a. 18C8) p. 14 fidem vix inveniet. — Ceterum
eodem Pseuduli versu eundcm Varronem etiam fde uita populi liomani
liUro 1' usum esse ex eodem Nonio p. 551, 19 intellogitur: cuiua capi-
iin turb;us componere liuechelerua studuit Musei Ithen. XI\T p. 44Hnq.,
ignoratus a Kottnero in fVarroni« de vita p. R.' fraginentiH (ed. Halae
a. 1803) p. 20.
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FRAC.MENTA PLAVTINA.
179
cogitare. Itaque in huius societatem qui iurisconsulti Scae-
vola et Ateius Capito veniant^ non minus apertum est. Quippe
in testamentis siquando 'uina' legabantur, saepc subtiliter
enucleateque et quaerendum erat et quaesitum est, quae tan-
dem potionis genera euini appellatione continerentur' vel
non continerentur: cuius rei luculento documento est Vlpiani
fragmentum 9 in Digestorum XXXIII tit. 6. Vbi non tan-
tum 'passuni' respicitur et 'defrutuni', sed etiam vinum
'conditum': in quo genere et ipsum 'murratum' (cui certe
persimilis, si non par fuit 'murrina' testibus grammaticis)
numerabatur et 'nardinum' cum aliis quae composita habes
in Beckeri Reiniique Gallo t. III p. 310 ed. tert. — Ceterum
de Persa Plauti Plinius aut memoria lapsus est, aut quem
auctorem sequebatur, oscitanter exscripsit vel perperam in-
tellexit. Nec enim eius fabulae v. 87 sq. ulla mentio vel
niurrinae vel murrae fit, sed 'mulsum' iubetur 'strutheis, co-
luteis, calaino' commisceri: quamquam liaec ipsa emendatorem
etiamnum exspectant.3)
U. ADDICTVS.
Vere Plautinam fabulam esse, quamquam non in omni-
bus 'indicibus' inter Plautinas relatam, auctor Varro est
rcum plerisque aliis' apud Gellium III, 3, 14: \Sed enim
Saturionem et Addictum et tertiam quandam, cuius nunc
mihi nomen non suppetit, in pistrino eum scripsisse Varro
et plerique alii memoriae prodiderunt, cum pecunia omni,
quam in operis artificum scaenicorum pepererat, in mercati-
bua perdita inops Romam redisset et ob quaerendum uictum
ad circumagendas molas, quae trusatiles appellantur, operam
pistori locasset,' — Conferenda sunt quae de hac fabula in
Parergis disputavi p. 119. 128 sq. 143. 166. — 'Addictum'
quem esse voluerit, ipse nos poeta doceat. Qui cum in Poe-
3) f Audaciorera, sed eundem inprimis sagacem nuper nacta sunt
Mauricium Voigtium, sic Bcriptum esse a Plauto conicientem Muaei
Hhen. t. XXVIII p. 02: 'Commisce mulsum, st4ctea eluta adpara':
quando 'stactam' vel 'fltacten' comitat ipsius myrrhae oleosum liquorem
a»e. Ibidem, qnid inter murrinam et murratam affinesque potiones
diecriininis intercesserit, singulari diligentia (iuaeritur.|
12*
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180
FRAGMENTA PLAVTINA.
nulo III, 1, 18 ene tuo nos amori seruos esse addictos censeas'*)
dixit, et in eadem 111,4, 10 (= III, 3, 94) cquin sequere nie
ergo : : abduce intro : addictum tenes', item in Bacchidibus v.1205
"sequimini : : ducite nos quo lubet tamquam quidem addictos':
hic quidem eius vocis usus dubium non est quin e prisco iure
civili manaverit, quod repetita e XII tabulis memoria Gellius
quale fuerit declarat XX, 1, 42 sqq. conl. XV, 13, 11, e re-
centioribus autem iuris Romani enarratoribus praeter alios
niultos, quorum nomina Reinius cde iure privato et processu
civili Romanorum' p. 935 sqq. congessit, uberius explicat
Puchta Institutionum § 179 (t II p. 252 sqq. ed. quintae).
Ad hanc igitur legem fabulae inscriptionem referens Forcel-
linius aliquem in illa *ob aes alienum creditori addictuin'
a poeta esse inductum coniciebat. Potuerat etiam de ea ad-
dictione cogitare, quae non fex aeris ac debiti confessione',
sed e 'furto manifesto' consequens erat testibus Gellio XI,
18, 8 Gaioque Instit. III, 189, interpretibus cum aliis tum
Reinio libri s. s. p. 555 et cde iure criminali Rom.' p. 296 sqq.:
quo Plautinus versus pertinet Poenuli IV, 2, 11 'fureni ac
fugitiuom inuenis, uerberatum, uinctum, addictum' conlatus
cum III, 1, Gl *id duplicabit omne furtum: leno addicetur
tibi'. Sed haec sane furti poena in Graeciae quidem civita-
tibus, quod sciamus, sui siinile institutum non habuit: ut
hinc depromptum nomen vix potuerit in fabulam palliataiu
cudere. Contra debitores, qui aeri solvendo non essent, etiaiu
post Solonis aetatem apud Graecos in servitutem addictos
esse sat certis exemplis probatur a novae comoediae tempo-
ribus non nimio intervallo distantibus, quae habes in C.F.Her-
manni Antiquitatibus Gr. privatis § 57 p. 46G adn. 20 coul.
p. 4G4 ed. Starkianae. Huc igitur spectare potuit Menandri
fabula TTujXouuevoi, e qua Caecilii 'Poluinenos' expressaui
esse conieci Parerg. p. 160 adn. Quamquam etiam simplicior
interpretatio in promptu haec est, ut aeris alieni notio omnino
4) Supervacaneura videri potest additum seruos, atque adeo praeter
veritateni additum, si audiamus Quintilianum V, 10, 60 et VII, 3, 27:
nisi tamen, 'utrum seruus efficeretur ex addictione' necne, iam a vete-
ribus dnbitatum esse Gaiua doeeat III, 181). Cf. Reinium Iuris privati
p. 054.
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FKAGMENTA PLAVTINA.
181
procul habeatur nec alius fAddictus' cogitetur nisi venditionis
lege emptori addictus, praesertim cum cuenditum' dici ipsa
latinitas vetet: sive ille servus fuit in alius domini pote-
statem transiens, sive, quod magis placet, homo liber velut
a piratis captus et venum datus in servitium, argumento in
iioya comoedia non infrequenti. Neque enim alia ratio est
Plautini versus Merc. 610 fquoii est empta? : : nescio : iam
addicta atque abducta erat', item Noviani 115Kibb. fquanti
addictust? : : mille nummuni', aliorumque exemplorum quae
Maur. Voigtius cougessit fde iure naturali Rom.' III, 1 p. 101
adn. 245.
Servius in Vergili Georg. I, 124: 'ueterno: pigritia,
otio: quia plerumque otiosos solet hic morbus incessere.
Plautus in Addicto:
Opus facere nimio quain dormire mauolo: 3
Veternum metuo.
ueternus autem dicitur morbus intercus i. e. ubpuuiu, qui ho-
miue8 efficit pigros'. — * ueternum ' habes etiam in Menaecb-
mis v. 891: fnum eum ueternus aut aqua intefcus tenet?'
IIL AGROECVS.
"Afpoixov e novae comoediae poetis Philemo scripserat,
'YttoPoXiucuov f\ "AtpoiKOV Menander. Graecam autem pal-
liatae appellationem fAgroecus', vel etiam rectius ut puto
'Agroecos', a Plautinae quidem artis consuetudine alienam
fuisse ostendi Parergon p. 142 sqq. : ille enim aut f Agricolam'
inscripsisset ut Novius, aut fRusticum' ut Pomponius. Ab-
iudicabatque hanc ipsam a Plauto Ii. Accius apud Gellium
III, 3, 9 his verbis: fM. tamen Varro in libro de comoediis
Plautinis primo Accii uerba haec ponit: «nam nec Geminei
lenones nec Condalium nec Anus Plauti nec Bis compressa
nec Boeotia umquam fuit, neque adeo Agroecus neque Com-
morientes Macci Titi»'. — Vbi lcnones pro lcones unus tan-
tum codex servavit, in interpolatorum autem parte scriptum
est gemini ncc lcones-, — in fine Macci Titi (i. e. PlautiJ e
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182 FRAGMENTA PLAVTINA.
librorum memoria M. accii titi, M. accutici, M. actUitii, 31.
hatrutici, M. actii, quibus nominibus interpolati scd particulam
praemittunt, eflfeci Parergon p. 14 conl. p. 10 et 86: strenuus-
que idemque intellegentissimus vindex eius emendationis ex-
stitit Martinus Hertzius cum Berolini a. 1854 publicato de
Plauti nominibus libello, tum eius disputationis 'epimetro'
quod est in prooemio academico Vratislaviensi anni 1867. —
Ipsis autem Accii verbis constat praeclaris commentationibus
duabus novam lucem adlatam esse. Postquam enim illa e
'Didascalicon* libris Accianis petita esse Madvigius docuit
Opusc. acad. I p. 94, eadem non esse prosa oratione scripta,
sed numeris conclusa pervidit God. Hermanni acumen edita
a. 1842 'de L. Attii libris Didascalicon' dissertationc p. 5.
Cuius ego exemplo in paucis derelicto trochaicos septenarios
tales partim olim commendavi 1. s. s. partim nunc commendo :
Namque nec Geminei lenones nec Condalium, ndn Anus
Plaiiti, nec Bis ctfmpressa aut Boeotia eius umquam fuit,
Neque Agroecus neque Commorientes adeo fuit Macci Titi.
Quorum ultimo adco particula transponenda fuit, ne aut ne-
cessaria caesura desideraretur aut in Agroccus antepaenultima
praeter legem produceretur. Nam quod Sotadeos potius ex
Accianis verbis elicere persubtili disputatione Lachmannus
instituit iu prooemio Indicis lect. hib. Berol. a. 1849 p. 6,
quem est Gellii editor Hertzius secutus, id etsi olim non
improbabile visum est, tamen quo diutius iterum atque ite-
rum pensitavi, eo mihi aegrius persuasi. Longum est et
ab hoc loco alienum, genus illud universum disceptare; in
ipsis Accii versibus, quales Lachmannus constituit, duo po-
tissimum sunt quae meo sensu placere nequeant: primuiu
parum exaequatorum emmtiatorum versuumque inconcinnitas,
praeter cetera autem cum gravi oftensione in exitu versus
positum ncc: *Nam nec Geminei leones nec Condaliiim nec
Plaiiti Anus, nec' e.q. s., nihil ut de moleste conlocato Plauti
uomine dicam; — alterum, quod Meones' praetulit 'lenoni-
bus', quos nimirum respueret Mex carminis': de quo suo loco
dicetur sub 'Lenonibvs geminis'.
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FRAfiMENTA PLAVTINA.
Nonius p. 196, 31: 'clunes feminino Horatius . . .
masculino Plautus Abroico: «quasi lupus ab armis ualeo,
clunes desertos gero»': ubi 'Agroico' restitutum est ab luuio
Animadversionum VI, 10, 'Aypoikuj a Vossio de analogia 1, 29
p. 499. — Festi epitome p. 61, 17: 'clunes masculine Plau-
tus: «quasi lupus ab armis ualeo, clunes infractos fero»:'
ubi codex Barthii Advers. XLI,8 cum veteribus edd. inflalos.
— His inter se iunctis testimoniis Plautinum versum haud
cunctanter sic reconcinnabis :
i quasi lupus ab armis ualeo, clunes infractds 4
gero:
ut ab initio v. c. Pol vel Nam fuerit, vel etiam probabilius
aliqua conloquentis personae exclamatio 5). Nihili est eilim
et dupliciter falsum ab Osanno Analect. p. 152 propositum
Quam si lepus, non profecto felicius pro lupo substituto le-
pore quam in Persae v. 436 pro lepore lupo p. 203. — f in-
fractus' autem cum per se possit aut idem esse atque cfra-
ctus' ab infringendo (ut est in Horatii Epodonll,22 flum-
bos et infregi latus'), aut cnon fractus' ut apud Symmachum,
illuc tamen, non huc, Iunii interpretatio valet, quamquam
ignorantis Festi testimonium et unius Nonii memoriam dc-
sertos explicantis. Sic enim ille 1. s. s.: cspectat ad vulgare
dictum, quo lupum armos validos habere, sed impotentem
atque imbecillum clunibus praedicamus.' Id autem ubi gen-
tium vel quo tandem tempore in *vulgare dictum' abierit, cum
non minus quam memet etiam- eruditissimos in hoc genere
conlegas Rudolphum Lcuckartum et Victorem Carum fugiat
(nihil saltem eius modi vel Aristoteles vel Aelianus Pliniusve
prodidere), tamen in naturam quidem lupi re vera cadere
clunium imbecillitatem illam eidem affatim me docueruut
6) Nempe ne commeuiorarcm quidem hoc ut_ nimis exile, niai
latius patere sentirem et ad talia poetarum fragmenta aat multa per-
tinere, quibus in ipso principio jmululum deest ad veraua mensuram
compiendam. In talibua enim cum minime probabile sit integrum
cnuntiatum sine ulla causa esee truncatum a grammaticiH, in promptu
e«t dc alteriue pereonae sive exclamatione sive interrogatione cogitarc
velut Quidr vel Tmh'? Tune? vel Tace vel Quid ais? et quae alia
multa facili negotio fingaa.
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184
FRAGMENTA 1'LAVTINA.
testesque eius rei cum alios zoologos citarunt ut Buffouem,
Giebelium, tum Schreberum, cuius haec verba sunt in de-
scriptione 'Mammalium' vol. III p. 350: 'im Laufe ist dcr
Wolf sehr flflchtig; im Gehen schreitet er weniger als der
Hund, und sein Gang giebt ihm das Ansehen, als ob er -
kreuzlahm wiire\ fi) Quod cum ita sit, Plautino versiculo
mihi dubium non est quin cinaedi alicuius (hominis 'fracti
atque elumbis' ut cum Tacito loquar), languor et inertia
notetur. Eoque fortasse ipsius 'lupus* vocabuli ambiguita*
quaedam spectat. Quippe Xukov dictum esse pedicatorem
exempla ostendunt ab Iacobsio Animadv. in Anthol. gr. t.II,
3 p. 123 exprompta, quam significationem, sive comparatio-
nem dices, nihil profecto irapedit quominus etiam ad latinum
'lupus' vocabulum pertinuisse credamus7); pedicatores autem
satis constat quam usitata nequitia etiam pathicomm partes
mutuas sustiuuerint. Pathici igitur notionem subesse recte
intellegens vetus aliquis interpres Plauti cum 'infractos clu-
nes' explicasset 'distortos', haec ipsa interpretatio transiit
in copias a Nonio expilatas. Nam ut huc potius corruptum
in Nonianis libris dcsertos, quod intellegi posse nego, revocem
quam ad districtos vel distcntos vel distritos vel dctritos aut
dcfrictos (nihil ut de Bothiano dcfectos dicam vel vitioso di-
sertos Osanni), praeter alia suadent 'extorti clunes' Petronii
c. 21. — Ceterum de ambiguo genere grammatico clunis cluncs
vocabuli cum Nonii Festique testimoniis Charisium (in cuius
verbis p. 101, 10 ipsum versum Plautinum intercidisse suspi-
cor duce Keilio) atque Servium composuit Vossius 1. s.
Horatii scholiastas, Phocam, Caprum cum recentis memoriae
6) Addere licebit ipsiuB Leuckarti verba: fder Wolf gilt mit Kecht
fur lendenschwach ; sein Becken ist schwacher, die Hinterbeinc aind
zierlicher, dio Laufe dflnner als bcim Hunde, wie dcnn iiberhaupt der
ganze Hinterk5rper an Entwickelung und Kraftleistung hinter dem
Vorderleibe zurt^ckbleibt.,
7) Ac fortaasc non propter solam rapacitatem Lyci nomen lenoni
inipositum est in Poenulo. — Lenoni autem haud ecio an ipsa Plautina
verba non incommode tribuantur. Quem amicus monet serio potuissc
et armos et clunea validos (h. c. non fractos) praedicaro, sed ut pcr
quaesitam ambiguitatem ipae poeta voluerit fractoB intellegi a 8j>ecta-
toribus: argutius puto quam simplicius.
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FUAKMKNTA PLAVTINA.
185
grdmmaticis addidit Foertschius p. 376, addere potuit Pris-
cianum^V p. 160, 11 et 169, 11 Htz.
IV. ANVS.
Vnius Accii apud Gellium testimouio, quod modo sub
Agkoeco ponebam, innotuit. Cf. Parerg. p. 138. 147.
V. ARTEMO.
A servi nomine appellatam fabulam esse, prorsus ut
'Epidicum', 'Pseudulum', 'Stichum', dixi Parerg. p. 143.
Nec infrequens id nomen Graecis fuit, ac ne Latinis quidem
inusitatum, ut Inscr. Neap. 4164. Pro quo cur 'Artamon'
(sic) placuerit editoribus, sana ratio nulla in promptu est.
Nam quod unum 'Artamo' formae exemplum exstat in Bac-
chidum versu 799, ex eo nihil profecto consequitur nisi po-
tuisse hanc quoque recte fingi, sive eam cum dpidun voca-
bulo compones, sive e Doriensium dialecto repetes, quibus
"ApTauic fuit pro "Apieutc cum aliis similibus apud Ahrentem
de Dor. dial. p. 113 sqq. Atque etiam 'Artemonam' habes
Demaeneti uxorem in Asinaria, non 'Artanionam': item fAr-
tema' Inscr. Neap. 4115. Cf. Parerg. p. 153 sq.
L
Festus p. 305, 27: *superstites testes praesentes signi-
ficat. cuius rei testimonium est, quod superstitibus praesen-
tibus i, inter quos controuersia est, uindicias sumcre iuben-
tur. Plautus in Artimone (sic):
Nunc mihi licet quidufs loqui: nemo hi"c adest 5
superstes.'
Adde Servium in Aen. III, 339: "superstes praesentem
significat', adiecta praetoris formula quae est apud Ciceronem
pro Murena 12, 26.
n.
Festi epitome p. 164, 12: fnautea herba granis nigris,
quo coriarii utuntur. a naue ductum nomen, quia nauseam
facit, permutatione T et s.' Haec e quibus Festi verbis ex-
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186
FRAOMENTA PLAVTINA.
cerpta sunt, eoruiu in dimidiata pagina 165, 27 haec reli-
quiae supersunt, quas cum supplementis Vrsinianis adscripsi:
Nautcam ait Opi~
lius Aurelius herbac gcnus csse granis nigris}
qua coriari utuntur, cuius uideri a naue duc-
tum nomen quia nauseam isicit , permutatiotie T ct
S litterarum intermediarum antiquis cotisucta.
Plautus in artemone: ungucntum quod naribus mu-
lionum nauteam fecisset
Apparet Plautinorum verborum, quae ad exenipluni Curcu-
lionis v. 99 suppleta sunt ab Vrsino, nihii certum esse praeter
6 [mu]lionum nauteam fecisset.
Ex Opilii Aurelii mentione fortasse conici posse, in eius rin-
dicibus* ipsam Artemonem ut Plautinam numeratam fuisse,
significavi Parergon p. 243 adn.
III.
Festi epitome p. 275, 4: 'rauim dicebant pro raucitate,
unde et uerbum rauio, rauias.' Ipsius Festi servata haec
sunt p. 274, 29:
Rauim anti-
qui diccbant pro raucitatc. Plautus: ubi siquid pos-
camusq;adrauimposcumprius. item: experiuraui her-
7 cle omnia ad raucam rauim. et in artemoni: et
Caccilius in Hypoboliniaeo: prius
ad rauim ntam feceris
artcmoni scriptuiu esse in codice, ut supra fr. 5 artimone,
testatus est Keilius Mus. lihen. n. VI (a. 1848) p. 624 et
625. — De altero exemplo Plautino, quod est Cistellariae,
dixi nuper Nov. excurs. p. 53.
VI. ASTRABA.
Nomen unde inditum sit fabulae, docet Probus initio
commentarii iu Vergilii Bucolica p. 2, 23 ed. Keil.: fsunt
autem astrabae uehicula dicta 7rapct to \it\ CTpe'qp€c6ai: quo
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FRAO.MENTA PLAVTINA. 187
titulo et Plautus fabulam inscripsit, in qua mulieres in eius
modi uehiculis inducit/ — Probum igitur si sequiniur, ut est
consentaneum , descivit aliquantum latinus usus a graecae
dapdjJnc significatione i. e. toO eVi tujv ittttujv EuXou, 6 Kpa-
toOciv 01 KaGeEouevoi interpretibus Hesychio et Etymologico.
£t quale quidem EuXov illud cogitandum sit, glossaria latina
aperiunt communi consensu sic interpretantia fastraba: tabella,
ubi pedes requiescunt': id quod vitiose scripta glossa Vul-
canii p. 21, 31 etiam magis confirmat: 'astraina, cavic, utto-
TTobiov'. Verum tamen iam apud Graecos eam vocem etiani
ud vehiculorum notionem traductam esse cum Eustathius et
scholiasta Luciani ostendere videntur a Piersono ad Moer.
Att. p. 140 commemorati, qui ceXXav interpretantur, tum
multo evidentius Tzetzes declarat Histor. IX, 847 sq.: 'AcTpdprj
EuXov opdiov toTc biqppoic tujv dpudTUJV, €ic 6 e*TTiK€Ku<paciv
nvioxoi ^Xujvrec cum v. 854 sqq.: *AXXoi be pappaptuTepov ^k
tujv cocpuiv dvepujTrujv €Iboc TUTXaveiv dpuaToc Xe^touci Treqpu-
Ktvar Cu be tou biqppou to 6pe6v HuXov dcTpdpnv Xe^te. Vt
non sit dubium quin Plautino saeculo ad idem fere vehicu-
loruni genus 'astrabae' quo posteriore aetate 'sellae' atque
Mecticae' pertinuerint: de quibus conferri potest Beckerus
Galli t. III p. 5 sqq. ed. teri (quamquam is ipsius astrabae
non magis mentionem faciens quam Marquardtus Antiqu.
priv. II p. 310 sqq. 328 sqq.). Verbosius qnam planius et
distinctius de astraba Schefferus egifde re vehiculari' lib.II
cap. 2 conl. I, 10. — A, f clitellarum ' autem notione profectus
longe infelicissima coniectura magnus Scaliger aliqliam 'Cli-
tellariam' fabulam finxit, quam alio nomine eandem esse
cum Astraba sibi persuasit, plurimis autem versibus e fCi-
stellaria' prolatis in grammaticorum libris ditavit mira in-
temperantia: non cogitans, quam sit haec ipsa Cistellaria iii
todicibus nostris mutila. Parumque prudenter illum cum
ceteris omnibus vel Muellerus secutus est adn. ad Varronem
p. 145. Quem locum omnem tam plene videor in Parergis
Plautinis p. 159 sqq. tractasse, ut verbum non amplius ad-
«lam praeter laudem Ladewigio debitam ob rectissime per-
spectam veritatem in Musei Khem novi t. III (a. 1845)
p. 525 sqq. (conl. p. 540 adn.). — Ipsius Plauti necne fuerit
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188 FRAGMENTA PLAVTINA.
■
Astraba etsi Gellius cum Nonio (v. fragm. v) esse incertum
dixit, tamen non nimis incerta ratiocinatione Parergon p. 131
conl. p. 76. 129. 149. 152 inf. probasse videor a Varrone in
eis fabulis habitam esse, quae cum non ab omnibus in Plau-
tinis numerarentur, tamen tribuendae Plauto essent. Eoque
spectare in fragm. i fAstraba Plautina' videri potest, si raodo
ea scriptura non improbabitur. Fortasse in Servii Claudii
'indicibus' Astrabam fuisse significavi ibidem p. 243 adn.
I.*)
Varro de lingua lat. VI, 73: eetiam spes a spontc
potest esse declinata, quod quis tum sperat, quom quod uolt
fieri putat; nam quod non uolt si putat, metuit, non sperat.
Itaque hic quoque qui dicunt in Astraba Plautina
8 A. Sequere adsecue, Pdlybadisce: nieam spem cu-
pio consequi.
B. Sequor hercle equidem: nam lubenter meam
speratam c<5nsequor:
quod sine sponte dicunt, uere neque ille sperat qui dicit
adulescens, neque illa sperata est.' — In Varronis verbis
quod quis tum scripsi pro quod tum, mox autem quom quod
UOiU pro quod cum (quom) uolt cum Muellero, non cum Spen-
gelio et Lachmanno in Welckeri Naekiique Mus. Rhen. VI
p. 117 quod uolt quom; contra cum eodem Lachmanno p. 110
hic servavi ut adverbium, non cum Muellero ut nominativum
pluralem (qui casus quod sciamus numquam hic fuit pro hice vel
hiscc), nec hi substitui cum Spengelio. Proxima autem cum
in Florentino codice sic scripta sint: cin astraba plauti n(
(plautine Goth., plautinae Havn.) sequere adseque polyba disce
meam spem cupio consequi. sequor haeredem (herclem, her-
cle, hercule cet.) quidem nam libenter mea sperata conse-
quor' — , ne illud in nunc mutabat Spengelius, servatum
autem reliquis sic a se conformatis aptabat Lachmannus
1. s. s. p. 120 et ad Lucrct p. 304: *A. Ne sequere adsccue,
- m
*) [Hanc particulam iam edidit R. in Act. socict. philol. Lips.
tom. VI p. 365 — 368 inscriptam 'Varronianum idemque Plautinum'.
c w.j
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FRAGMENTA PLAVTINA.
189
Polybadisce. B. meam spem cupio consequi: Sequor hercle
eam quidem: nam libenter mea sperata consequor.' Et egregie
quidem vindicatum adsecue merito probavit Muellerus praef.
Festi p. xliv, ususque eo ipse sum ad Trinummi versum
1118 instaurandum. Verum de reliquis adsensum cohibet
primum metri genus: nec enim valde credibile est octonariis
tam tranquillam sermocinationem inclusam fuisse. Deinde
autem quod ad sententiarum rationem attinet, etsi, quae
Scaliger, Spengelius, Muellerus posuerunt, commodum intel-
lectuin habere cum Lachmanno nego, tamen idem nego ab
hoc ipso non mediocres sane illarum difficultates satis ex-
peditas esse. Qui cum prima verba fNe .... Polybadisce*
mulieri tribuit, reliqua adulescenti, huius quidem et argutis-
*imum responsum fingit, et in quo eadem prorsus sententia
cum in principio tum in fine redeat, et praeterea cum ad-
versativa particula etiam sanus ordo desideretur. Is enim
talis potius futurus erat: fimmo sequor, nam meam spem
cupio consequi', aut fimmo sequor, nam libenter niea spe-
rata eonsequor'. Porro haec ipsa 'sperata' non levi offen-
sioni sunt; nam etsi, quae spero, possum 'sperata' dicere,
tamen fmea sperata' vereor ut latinum sit aut cottidiani
saltem sermonis latini, cum *sperata' non item ut fdicta*
facta' et similia substantivi naturam induerint. Et ipse
Varro quae in fine verba subicit eneque illa sperata est', si
simplicitatem interpretandi sequimur, profecto non tam 'spe-
^ato^lm, notionem spectare videbuntur quam alicuius cspe-
ratae* mentionem ex ipsis Astrabae versibus repetere. Huc
accedit quod in iscus exeuntia hypocoristica servorum nomina
sunt ut * Collabiscus ' 'Lyciscus' fPhaniscus' ^Syri8Cus,
(Xampadiscus* 'Milphidiscus' t01ympiscus,), aeque ac muliebria
'Ampelisca' 'Halisca' fPardalisca' f Sophoclidisca', nec us-
quam in comoedia tali nomine, quale est f Polybadiscus', in-
genuus adulescens appellatur. — Ex his omnibus consequens
est ut non mulier et amator conloqui credantur, sed erus i. e.
erilis filius cum servo. Amicam vel quam amabat mulierem
conventurus erus Polybadiscum sequi se iubet, non vetat: is
autem, qui ancillam illius amicae amare putandus est, eo se
libentius sequi respondet, quod erum sequendo simul suae
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190 FEAOMENTA PLAVTINA.
'speratae' consequendae occasionem sibi paratatu sentit. Scrip-
tum igitur fuisse in fonte Florentini mca sperata credendum.
Ita esperatam non odi tuam ' et c mecum meam speratam ad-
ducere' dixit Afranius Nonii v. 174. 176 R., atque adeo
c uxorem salutat speratam suam ' Amphitruo Plautinus v. G7G.
Prorsusque eandem ad notionem in Astrabae versibus 'meaui
spem' et ?meam speratam' revocanda esse etiam e Sticki verbis
intellegere licet v. 583 fo sperate Pamphilippe, o spes mea'
e.q.s., quamquam eis non sic ab ipso Plauto profectis. Nec
fugit ea significatio Scaligerum, eo tantum errantem quod
servata rmea sperata' verba pro vocativis esse voluit, totum
versum priorem tribuens mulieri. — Ita igitur e negativa in
affirmativam speciem primis verbis conversis cum trochaici
septenarii duo prodeant tamquam nativa facilitate quadam
in aures sua sponte se insinuantes, praesertim si aliquanto
numerosius hercle equidem pro liercle quidem mecum scripseris,
unum hoc restat expediendum, quid praemisso in libris nc
illo fiat. Quod ne prorsus perire paterer, ausus sum leniter
rautatum cum Plauti nomine sic sociare: in Astraba Hautina.
Non nescio in his paucis qui supersunt libris de 1. lai
Varronem non alibi sic loqui: verum idem non intellego cur
id semel ei non licuerit, ut ab aliis addubitatam aut reiectam
fabulam a semet vindicari Plauto tamquam in transcursu
significaret. — Ceterum cPolybadiscus' nomen, rectius resti-
tutum a Scaligero quam cum ' Lanipadiseus ' 8) comparatum
(quando non exstitit 'Polybadio' ut 'Lampadio'), scrupulum
autem gravissimum iniciens Lachmanno p. 121, memini
Fleckeiseni suasu cum de his nugis forte sermo incidisset
8) E Cistellaria petiti nominis singularis ratio haec est, quod, cum
in ipsa fabula Demiphonis servo nomen sit 'Lampadio' (II, 3, 60. IV,
1, 6. IV, 2, 102. V, 2), is non uno aliquo loco blandiendi causa Ono-
KopicTiKOJC rLam]jadi8CU8, audit (II, 3, 2), ut 'Olympio' semel 'Olym-
piscus' in Casina, 'Syrus' semel ,Syri8CU8, in Adelphis, item fStepha-
niunr semel fStephaniscidium' in Sticho, atque adeo fMilphio' in Poe-
nulo semel 'Milphidiscus', sed scaenarum omnium (etiam act. V) prin-
cipiis constanter praescribitur Lampadiscvs, nusquam Lampadio. Quod
quaui vim habeat, ex illis iudicandum erit quae significavi haud dis-
aimilia in Kleckeiseui Annal. philol t. CIII (a. 1871) p. 639 sq. de
LY8IDAMVS et (si dis placet) STALINO nominibus Casinae.
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FRAGMENTA PLAVTINA.
191
ita expediri, nullus ut dubitationi locus iani esse relictus vi-
deatur. Vt enim a TToXu0ioc fit TToXuPidbnc, pariter atque
ab 6upupioc *AXkiPioc 'AXe&Pioc 'Apxeflioc fiunt GupuPidbnc
'AAKipidbnc 'AXeSipidbnc 'Apxepidbnc, ita, quoniam TToXufhoc
comitem habet TT6Xu($oc formain, hinc recte atque ordine duci
TToXupdbrjc potuit ut Xapivdbnc AioXdbac <t>Xudbr|c CaKdbac
TnpuTdbnc ab eis, quae sunt Xapivoc AToXoc <J>Xuoc cokoc
•ppuTOC, id autem uiTOKoptCTiKUJC transire in TToXupabkKOC.
It
Varro de lingua lat. VII, G6 (post alia exempla ab uno
Plauto petita): *in Astraba:
Axitiosae annonam caram e utli concinnant uiris.' 9
In Florentino scriptum est astriba et ac sitiosey unde aritiosae
AMus. — Redit 'axitiosa' in Sitellitergo.
III.
Festus p. 274, 25: 'reciprocare pro ultro citroque
poscere usi sunt antiqui, quia procare est posccre. Pacuuius
in Teucro .... Plautus in Astraba:
Quasi tolleno aut pilum graecum reciprocas plana 10
uia.'
Vbi toUeno Scaligero Coniect. in Varr. (V, 127) p. 58 ed.
■Steph., reciprocas Muellero debetur pro codicis memoria tollc-
nijtio et reciproceis, uia pro uta sive Scaligero sive Turnebo
Advers. VI, 18 et XVII, 8: quod contra eisdem probatum
redproces nec veri simile est in singulari reciproceis scriptura
Iatere, nec sat commodum ad sententiam videbitur. Longius
autem a vero Muellerus aberrat plagas ita efficiens e plana
vta: nec enim in fine enuntiati sic postpositum ita veniam
habet, nec plagas potius quam altercantium convitia ultro
citroque iactata intellegi crediderim. Quae 'reciprocatio' si
cum alternorum motuum Uollenonis' crebritate comparatur,
tenendum est duplicem talis machinae notionem esse, ut aut
ad pacis artes aut ad usus bellicos spectet. Illuc pertinet
Feati interpretatio p. 35G, 8: 'tolleno (tolenno cod.) est genus
machinae quo trahitur aqua, alteram partem praegravante
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192
FHAGMENTA PLAVTINA.
pondere, dictus a tollendo', conlata cum Plinii verbis Nat
hist. XIX, 60 'hortos uillae . . . tollenonum haustu rigatos':
eodemque referendae sunt glossae veteres apud Vulcanium
p. 214, 14 et 515, 1: 'tolleno KriXiwviov' (immo KnAu>v€iov)
et ' KnXumov ciconia 9), tolleno \ Felicique ut videtur acumine
eam vocem I. F. Gronovius ad Livii XXIV, 34, 10 duce
Ptolemaeo Flavio etiam Columellae X, 25 reddidit sic: 'Ne
grauis hausturis tolleno tibi ilia uellat': feliciore certe quam
qua eandem Senecae Nat. quaest. II, 9 olim Erasmus incul-
cabat. Hoc igitur instrumentum, cuius figuram accurate de-
scribunt Dacierius ad Festum, Forcellinius, Henr. Stephanus
s. v. ktiXujv Thesauri t. IV p. 1516 Par., cogitari a Plauto
existimans Scaliger cum sic commentatur Castig. in Festum:
fin Plautino versu « reciprocare » nihil aliud quam susque
deque, gremio erecto aut depresso, gestuni ita compo-
nere, ut tolleno aut pilum graecum [?] videatur', quam tan-
dem rerum condicionem menti informaverit aut naturae veri-
tati aut rationibus et consuetudini comoediae consentaueam,
vix ac ne vix quidem divinando adsequare. Quo magis eum
mirari licet alteram Uollenonis' significationem prorsus ueg-
lexisse, qua id nomen constat etiam ad tormentorum appa-
ratum traductum esse oppugnandis oppidorum castellorum-
ve munimentis inservientium: quod genus machinamentorum
cum Livius commemorat 1. s. s. et XXXVIII, 5, 4, in enar-
randa obsidione Syracusarum atque Ambraciae, tum quale
fuerit. ex arte describit Vegetius de re milit. IV, 21, deli-
9) 'ciconia' unde huc veniat, Isidorus docet Orig. XX, 15, 3, ubi
nunc sic editur parura emendate: 'telouera hortulani vocant lignum
longura, quo hauriunt aquas. et dictum telonem (sic) a longitudiuf:
t^Xoc (TnXu al) enim iuxta Graecos quicquid lougum est. hoc mstru-
raentum Hispani ciconiam dicunt' e. q. s. Credibile est pristinuin
ftollenonem, mutata vocali ' tellenonera * evasisso postera actate,
(luam quidem formam Grouovius L s. s. simpliciter dixit barbaram.
[Cetemm de tollenone quae supra commentatus sum, pridera acrinta
erant omnia, cum Sophi Buggei in Fleckeiseui Annal. t. CV (a. 1872)
p. 106 sq. disputationem vidi, qua is veram nominis formam non
toUeno, sed tollenno (vel etiara autiquius tolhndo) et documeutis et ar-
gumentis probare studuit satis ad persuadendum adpositis. Cuius scri-
pturae vestigium ipsius Festi codex servavit p. 356, « tolenno prodeus.J
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FRAtiMENTA PLAVTINA
103
neando ante oculos posuerunt Lipsius Poliorceticon 1. 1 cap. G,
Marquardtus Enchiridii antiquit, Beckeriani t. III, 2 p. 478.
De hoc autem, non de priore illo tollenone Plautum cogi-
tasse duo faciunt ut credam. Primum, quod cum tollenonis
mentione sociatum 'pilum graecum' item ad rem militarem
atque adeo obsidionalem spectat. Non potest sane illud
'pilum* telum intellegi quod iacitur, quale est in Curculione
v. G89 rfacio ex te hodie pilum catapultarium, Atque ita
te neruo torquebo, itidem ut catapultae solent'; immo ne-
cesse est tela iacientem machinam cogitari similem tollenoni,
quamquam, qualis illa fuerit et a tollenone quo modo dif-
ferat, testatum non habemus. Vt enim et 'catapulta' et
'scorpio' sive 'seorpius' et 'balLista' non tantum mittentium
sagittas vel saxa tormentorum nomina sunt, sed certissimis
exemplis, quae praeter lexica habes apud Marquardtum 1. s. s.
p. 466 et 467, etiam missorum ab illis iaculorum 10): ita ad
utrumque genus fpili' quoque appellationem pertinuisse cre-
dendum est 'graecum' igitur dicitur, ne de pilo romano
i. e. dKOVTiuj cogitetur, ducto haud dubie nomine a machina-
rum Archimediarum inventione, de quibus Livius libro XXIV.
Similiter 'graecus trochus' Horatio dicitur Carm. 111,24,57,
ut originis graecae. — Vides, haec si probabiliter disputavi-
mus, quantum a vero aberrarint, si qui aut 'pilum' quo
pinsebatur interpretati sunt ut Tuniebus Adversar. 1. s. s.,
10) Quamquam non omnibus, quibus vel Nonius p. 552 vel recen-
tiores utuntur, exemplis aut probatur aut sat certo probatur quod
Nonius dicit: 'catapulta, iaculum celer vel sagitta'. Velut machi-
nam ipsam spectare baec possunt: Persae v. 28 'ulmeae catapultae
tuom ne tranBfigant latus', Curculionis 394 'catapulta hoc ictumst
mibi', Varronis apud Nonium fcum ipse catapulta ictua esaet'; non
posaunt autem non spectare Curculionis v. 689 sq. verba supra posita,
itein Captivorum 796 rnam meus est balliata pugnua, cubitua catapul-
tast mihi, umerus aries'. Contra certa sunt Curc. 398 rnam illaec ca-
tapultas ad me crebro commeant'; item ut videtur Titinii v. 126 R.
'qooniam catapulta auolat'. Kt de ballista Poenuli I, 1, 73 quoi
iam infortuni intenta ballistast probe, quam cgo haud multo post mit-
tam e ballistario'; Lucilii apud Nonium p. 255, 25 'ballistas iactans
centenaria8' ; item de scorpione Sisennae apud Nonium p. 563, 25
scorpioa catapulta concitOB' (non item Sallustii quae praecedunt), nec
aliter belli Africani c. 29 'scorpione accuratius misso'.
FB. RITSCHELII OPV8CVLA III. 13
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194
FRAOMENTA PLAVTINA
aut adeo 'pilam graccam' i. e. pilain lusoriam reddendam esse
Astrabae versui somniarunt ut Nic. Heinsius Adversar. III,
11 p. 478, quamvis praeter mensuram vocis ipso accusativo
a totius vi sententiae alieno. — His autem sic expeditis al-
teri quoque, quod supra significabani, argumento via parata
est. Nam quod in versus exitu adiectum est 'plana uia',
facilem nunc explicatum hunc habet, ut in ipso plano, ubi
munimentorum obstacula nulla superanda sint, tamen ope-
rosae machinamentorum contentioni locus dari dicatur. —
Postremo vide mihi, quani commode in propositam interpre-
tationem illud conveniat, quod 'reciprocandi' notio, si non
prorsus pariter, at similiter item ad telorum iactum refertur
in Accianis versibus Philoctetae 545 sq. llibb.: 'reciproea
tendens neruo equino concita tela\
IV.
Festus p. 30G, 31 sq. sat certo suppletus ex epitoma:
'[subscudes apjpellantur cuneatae (cuntfratae cod.^corr. ScaL)
ta|bellae quibusj tabulae inter se con[figuntur, qui]a, quo
eae immittuntur, [succuditur. Pacjuuius in Niptris: mec ulla
subscus coliibet compagem aluei». Plautus in Astraba:
U Terebratus multum sit: subscudes addite'.
•
sit, subscudes scripsi: sit et subscudes codex: sict ct subscudetn
Bothius, ubi debebat saltem sit servare, quamquam singula-
rem numerum habe*s sane in Pacuviano versu. — Verba
haud dubie de servo dicuntur ad supplicium dedendo. Et
'terebras' quidem apparet cogitandos esse flagrorum scor-
pionumve stimulos: unde ipsas fterebras stimuleas' Mostel-
lariae versui 57 restitui Parerg. p. 483. ^subscudes* autem
haud scio an ad 'robustum codicem' illum Plautinum (Poenuli
V, 3, 34) spectent, cui pedes, bracchia, collum adstringeban-
tur, *de quo parum ad rem apposite Turuebus egit Adversar.
XXIII, 21, Bentleianum de se iudicium (ad Hor. Serm. II,
2, 123) hoc quoque exemplo comprobans. — Aliam in par-
tem valent ab Arnobio VI, 16 iunctae rsubscudes, catenae,
unci atque ansulae'. — Ceterum nihil huic fragmeuto com-
mune ost cum VI.
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FliAC! MENTA PLAVTINA.
195
V.
Gellius XI, 7, 4: 'Veluti Roinae nobis praesentibus uetus
celebratusque homo in causis, sed repentina et quasi tuuiul-
tuaria doctrina praeditus, cuui apud praefectum urbis uerba
faceret et dicere uellet inopi quendam miseroque uictu uiuere
et furfureum panem esitare uinuraque eructum et fetidum
potare, «hio inquit «eques Komanus apludam edit et flocces
bibit». Aspexerunt omnes qui aderant alius alium, primo
tristiores turbato et requirente uoltu, quidnam illud utriusque
uerbi foret: post deinde, quasi nescio quid tusce aut gallice
dixisset, uniuersi riserunt. Legerat autem ille < ■ apluda m> 12
ueteres rusticos frumenti furfurem dixisse idque a Plauto in
eomoedia, si ea Plauti est quae «Astraba» inscripta est, po-
situm esse. Item «flocces»' e. q. s: — Nonius p. G9, 31 sq.:
'apludas frumenti furfures dicunt rustici ueteres. hoc in
antiquis inuenitur, quorum in dubio est auctoritas. quamquam
et Plautus in Astraba fabula ita dixerit, cuius incertum est
an sit ea comoedia: atque ideo uersus eos ponere supersedi-
mus'. Vbi nunc eos scripsi pro cosdeni, ea pru eius iam
Parerg. p. 131 restitueram. Versus autem Plautinos ponere
nebulo Nonius scilicet f supersedebat', quod apud Gellium
nullos positos invenisset. — Ad Plautum haud dubie spectant
Plaeidi glossae quamvis vitiose scriptae p. 433, 14 et 433, 3:
'apluda, furfurina, alii panici* et 'abludam, paleam\ Quos-
dam enim non tam furfurem quam paleam potius interpre-
tatos esse, cum e Festi epitoma p. 10, 14 intellegitur:
'apluda est genus minutissimae paleae frumenti sive panici,
de qua Naeuius: «non bercle apluda est hodie quam tu ne-
quior»', tum Plinii testimoi>io firmatur Nat. hist. XVIII, 99:
fmili et panici et sesimae purgamenta apludam (adpludam
ai) uocant et alibi aliis nomiuibus'. Q uippe ipse natura sua
I»roximo utramque notionem cognationis vinculo contineri
rectissime monuit Muellerus adn. ad Festum. Itaque in Vul-
canii Onomastico p. 12 est eappluda, KUpriPiov': sic enim
emendandum Kn,po(Jiov, quod vel in Thesaurum Parisinum
transiit; graeca autem vocabula haec componit Erotianus
lexici Hippucr. p. 90, G ed. Klein.: KUpriPtuJV, tujv dxupiuv
13*
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19G
FHAGMENTA PLAYTINA.
kcu TUTupwv. — Nihil ad Plautum pertinet, quod etiam fsor-
bitionia liquidissimum genus' a quibusdam fapludam' haberi
Festi epitome addit, fquod flatu deiciatur et quasi adploda-
tur': pro quo fsorbitiuncula ex paleis facta' (suavis mehercule
potio!) substituitur in A. Maii Novo nimirum Hhesauro' la-
tinitatis p. 54.
VI.
Nonius p. 62, 32 sq.: fexterebrare est ui aliquid ex-
torquere. [Plautus Persa: mumquam herclc istuc extcrebrabis,
tu ut sis pcior quam ego sicm». itcm tercbrare. idem Bacchi-
dibus: «lianc ucniam illis sine tc exorcm : : ut tcrebrat*. est]
et scrutari aut curiosius quaerere. Plautus in Astraba, cum
in curiosum iocaretur: «terebratum quidem pertundis».' —
Disputandi operam ut compendi facerem, grammatici verba
manifesto mutila statim talia posui expleta lacuna, qualia
fere olim exstitisse arbitror. 'exterebrare* verbum, translata
quidem significatione, omnino nusquam exstat hodie praeter
Persae v. 237, et habet ibi revera cxtorquendi vim: ad ean-
demque vim proxime accedit in Bacchidibus v. 1198 ftere-
brare* cui parum rectc comparant 'expalpare', rectius pote-
rant 'exsculpere* Plautinum. Porro autem cum apud auctorem
suum Nonius legeret etiam ad 'scrutantem et curiose quae-
rentem' terebrandi notionem translatam esse, simulque levi
calami lapsu tcrebratum scriptum videret, hoc consueta so-
cordia homo stolidus pro participio habens exemplo esse
ipsius Hcrebrare' verbi putavit. Plauto enim dubitari pror-
sus nequit quin suum Turnebus sic reddiderit Adversar.
XXIX, 19:
13 Terebra tu quidem pertundis
Illa quae sunt ccum in curiosum iocaretur' (ubi locaretur codd.)
grammatici verba esse, non poetae, primus perspexit Lipsius
Antiqu. lect, IV, 17.
VII.
Nonius p. 37G, 3: *et quoniam nonnulli ueterum pro eo,
quod protinus est, protinam vel protenis conuerterunt,
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FRAGMENTA PLAVTINA.
107
eiempla de his necessaria decerpenda sunt. Afranius
Plautus in Astraba:
Dare pedibus protinara sese ab his regidnibus.'11) u
Vbi astraua vel astrauada quidam codices. — De triplici
forma adverbii explicatius dixi Opusc. phil. II p. 244 sqq.
VII. BACARIA.
Maerobius Saturn. III, 16 ab initio: fNec acipenser,
quem maria prodigis nutriunt, illius sacculi delicias euasit,
et ut liqueat secundo Punico bello celebre nomen huius piscis
fuisse, accipite ut meminerit eius Plautus in fabula quae in-
scribitur baccharia, ex persona parasiti: «quis est mortalis
tanta fortuna adfectus umquam qua ego nunc sum, cuius
haec uentri portatur pompa? uel nunc, qui mihi in mari
acipenser latuit antehac, cuius ego latus in latebras reddam
meis dentibus et manibus».' — Non leviter corrupta verba
poetae, in septenarios iambicos iam olim a me redacta in
Ludovici lani praefatione ad Macrobii vol. II p. VIII, paulo
etiam confidentius nunc sic reconcinno:
Quis est mortalis tam bona fortU"na adfectus um- 15
quam,
Quam ego uunc sum, quoius haec [dapsilis] uen-
tri portatur pompa!
Vel nunc hic, qui mihi fn marid acipenser latuit
antehac,
Quoius latus in latebras reddam ego meis denti-
bus et malis.
Nec enim opus est cuius in eius mutato, id quod vel
minus commodum fuerit ad sententiarum enuntiationumque
sese excipientium rationem atque conformationem universam.
Atque adeo fieri potest ut continuatam a poeta cum senten-
tia constructionem non persecutus sit Macrobius. — Producta
autem ultima positum dentibus si quis amplecti vereatur,
11) Soa spontt» intellegitur talia eodem iure posse pro septenario
haberi cui deeit principium : quode seniel monuisae natis esto.
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198
FHAGMKNTA PLAVTINA
quamvis praeter exemplorura non adeo paucorum vim etiam
nobis uobis formarum similitudine munitum Opusc. phil. II p.
636, non poterit non longius progredi mutando et aliquid huius
modi temptare: fQuoius latus in latebras dentibus ego meis
et malis reddam', vel \ . . dentibus meis reddam ego et meis
nialis'. Nam Matus in latebras' inter se divelli non patitur
lex adnominationis.
Ipsura autem uomen fabulae non posse 'Baccharia' fuisse,
id quod libri produnt, dixi Parerg. p. 155 sq. Nec enim pallia-
tae argumentura potuit ab Italis Bacchabus peti, neque Graeco-
rum nova quidem comoedia similem umquam fabulam peperit,
sed antiqua tantum BdKxac Lysippi, Dioclis, media Antiphanis.
Igitur dubitare noli, quin adspiratio consueto librariorum vitio
accesserit. Iani vero tenendum est in aria exeimtia fabularum
nomina aut numquara aut vix uraquam ad mulieres spectare tali
terminatione appellatas, sed a rebus duci in ipsis fabulis com-
raemoratis: quod genus omne dedita opera tractavi Parerg. p.
139 sqq. Ambigi sane potest, num forte Corollaria Naevii inde
vocata sit, quod in ea corollariae i. e. cre^avoTTUjXiboc vel ae-
qpavr|TT\6KOu partes essent: quando fCorneliam A. 1. Acten co-
rollariam' habes in titulo Pisaurensi Orellii 4173 quae sine
hypocorismo 'coronaria' est in Florentino ibid. 4172 (*Kem-
niae Priraigeniae coronariae'), itera apud Pliniura Nal hist,
XXI, 4. Verura ne hoc quidem uno exemplo, etiamsi non
suapte natura ambiguum esset, recte utare; 'baccariain' enim
quam tandem tibi informabis? Noviraus XaxavoTTiuXibac, no-
vimus ^TTUJpOTTUjXibac tamquara ^pomarias'; sed solas baccas
exclusis pomis venditantes mulieres usu venisse non magis
credibile est quam aliquas scilicet KOKKOTriuXibac ipsa liugua
novit. Consequens est igitur, ut a 'bacca* vel 'baccis' ipsis
fabula nomen traxerit: quod vocabulum cum non Plautino
tantum saeculo, sed locupletium testium fide (velut codicum
Vergilianorum) etiam posterae aetatis usu non geminatara c
litteram tamquara legitimara servaverit, Bacariah malui
quara Baccariam inscribere. — Qualis tamen baca qualesve
bacae ansam dederint sic appellandae fabulae, haud sane fa-
cile dictu est. Nulli usui myrteas, laureas, oleagineas esse
posse vel id genus alias, nemo non concedet. Vnum in
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FKAOMENTA PLAVTINA.
199
proniptu esse video, ut margaritae iutellegantur ad orna-
tum muliebrem pertinentesr quam quidem fbaca', item fba-
catus' vocum significationem per multa saecula satis usita-
tam multis persecuti sunt interpretes Petronii Sai cap. 55.
Fatendum est sane antiquiora Horatio Vergilio Ovidio ex-
einpla eius appellationis non exstare: quamquam altera ex
parte responderi potest ne 'niargarita' (vel 'margaritum')
quidem vocabulum antiquiorem Varrone auctorem habere.
Gravius est, quod ipse margaritarum usus a Plautina aetate
esse alienus videtur. Non satis quidem hac in causa Plinii
testimonia valent, qui cum lib. XXXVII, 12 'Ponipei (de
Mithridate) victoriam primum ad margaritas gemmasque
mores inclinasse' perhibet, id in quam partem interpretan-
duni sit, planius e lib. IX, 123 intellegitur, ubi margaritas
fKomae in promiscuum ac frequentem usum venisse
. Alexandrea in dicionem redacta' narrat auctore Fenestella,
quem tamen manifesti in eo erroris arguit, quod 'primum
coepisse circa Sullana tempora minutas et viles tradiderit,
cum Aelius Stilo Iugurthino bello unionum nomen inpositum
maxime grandibus margaritis prodat'.1*) Vnde consequitur
sane iam ante illud bellum minutarum et vilium aliquem
saltem, quamquam nondum promiscuum ac frequentem, Ro-
mae usum fuisse. At quanto intervallo ab hoc tempore
1'lautina aetas distat! Hac autem aetate margaritis (perinde
ac gemmis) nullum in mundo muliebri locum fuisse cum ex
eo facile colligas, quod in eius mundi descriptionibus Plau-
tinis, ut saepe auri et purpurae, ita margaritarum nusquam
uila mentio fit, tum sat certo inde concludes, quod de eodem
luxuriae genere non minus tacetur in lege Oppia13), qua con-
12) Permiro artificio Fenestellam contm Plinium dofendit Poethius
di?s. de Fenestella (ed. Bonnae a. 1849) p. 38, immixta duce Salmasio
Kxerc. Plin. fp. 748' (immo p. 822) ca runio' vocis signiticatione qna
aequat caepae notionem. — Mercklini de Feneatella commentationem
nnmquara vidi.
13) Monet me tamen Mauricius Voigtius non pertinuisse hanc lc-
getn ad jieregrinas Romae degentes, quando apud ipsum Livium cap.
7, 5 'sociorum latini nominis uxoribus eadem, quae Romanis adeinptn,
ornamenta cshc concessa' dicuntur.
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200
FRAGMENTA PLAVTINA.
stat ab anno 539 ad 559 vetituni fuisse, rne qua mulier plus
semunciam auri haberet nec vestiniento versicolori uteretur'
teste Livio XXXIV cap. 1 iuxtaque eum Valerio Maximo
et Orosio. — Verum enim vero quid est oninino, cur in
Romanorum moribus legibusve moremur, cum in fabula pal-
liata versemur graeca instituta repraesentanteV In Graecia
autem Asiaque minore margaritarum usum constat inde ab
Alexaudri expeditione Indica magis magisque percrebruisse:
cuius rei documenta praestat Lasseni 'Indische Alterthums-
kunde' t. I p. 649 adn. 2 (p. 797 sq. ed. alt.). II p. 680 adn. 1.
III p. 19 sq. 305 8q.14). Quid igitur impedit, quominus inar-
garitae vel margaritarum in novae comoediae aliqua fabula
mentio fieret, et ita quideni fieret ut inde suae fabulae nomen
latinus, qui illain verteret, poeta imponere posset? Velut in
promptu est de creberrima illa in veterum fabulis dvcrfvujpkci
eiusque cn,U€ioic cogitare, quode multus est Aristoteles Poet. cap. .
11 et 16: cuius quidem luculenta exempla in ipsa latina co-
moedia exstant. Anulum habes agnitionis indicem atque instru-
mentum in Curculione, in Hecyra; cistellam cum crepundiis
in Cistellaria; item in Rudente, ubi inde a v. 1156 singillatim
enumerantur 'ensiculus aureus litteratus, ancipes securicula
N aurea, sicilicula argenteola, duae conexae maniculae, sucula,
bulla aurea'. Ecquis igitur negabit potuisse in simili causa
etiam margaritae vel margaritis i. e. bacis locum esse, rei
14) Vnuni est quod non possit Lasseno concedi: quod 'unionis'
nomcn ab unitate i. e. aequabilitate margaritarum duxissc Romanos
Bibi persuasit t. III p. 19 sq. Nec enim ipso Plinio duce (IX, 123)
dubitandum est, quin insigniores tantum magnitudine sua margaritas
ut ruuiones' opposuerint minoribus vilioribusque, simili prorsus ratione
atqne quae in gemmarum gencre iu bodicrnum rsolitaire' nomen cadit:
eiusque appellationis planissimis verbis adeo causam idem PHnius § 112
explicat. — Ceterum Theodorua Hesslingius in libro, quem rDie Perl«
muscheln und ihre Perlen' inscriptum Lipsiae edidit anno 1859, cum
iam inde a bellis Persicis ipsas Athenas affluxiBse margaritarum fre-
quentia adseverat p. 11, id quo auctore dicat, ipse viderit. A Persis
Medisve si ad Graecos illarum notitia pervenisset, Persico eas vocabulo
appellassent: ab Indico autem ductum esse uapYctpmic nomen cum
Pottio et Lassenus docuit et Schwanbeckius fdo Megasthenis Indicis'
(ed. Bonnae a. 1846) p. 40, quamquam de ipsa stirpe paululum intcr
se dissidentes.
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FRAGMENTA PLAVTINA.
201
potissimum tum rarae ac pretiosae obque id ipsum ad re-
cognoscendam, quae periisset, Palaestram vel Silenium ali-
quam imprimis commodae? inde autem Bacariae nomen ipsi
fabulae item indi ut a cistella Cistellariae? Quamquam
licet profecto etiam alia comminisci, velut aliquod 'nionile
bacatum* vel 'inaures' bacatas15), quali ornamento vel ama-
siam amator vel semet aliquis fur beaverit et siqua sunt si-
milia: quando talem margaritaruni usum iam antiquissimi
testes confirmant adlegati ab Athenaeo III p. 93 B et cy Theo-
phrastus Trepi XiOojv (§ 36) et Chares Mytilenaeus iv epbourj
Tiiuv Trepi 'AAeEctvbpov icropiiuv, ille quidem his verbis: ttoioOci
b' 11 auToO touc TToXuTeXeic opuouc, his autem alter: KOTa-
aceuaZoua b* e£ auTujv dpuicKouc tc kcu ipiXia Trepi rdtc x^ipac
xa\ touc Trobac. — Haec igitur si probabiliter disputavimus,
restat ut *baca' vocabuli usus Plautinus in quantum poterit
defendatur. Itaque Horatium Vergiliumque quoniam nemo
profecto sibi persuadebit de suo finxisse eam de qua agimus
signiticationem, prorsus credibile est Romanos, ubi prima ad
eos margaritarum notitia, fortasse per Punicos institores,
pervenit, a figurae similitudine illis bacarum nomen fccisse,
post demum successisse a Graecis receptam margaritarum
appellationem , quae quidem, ut nunc res est, antiquissimos
auctores Varronem et Ciceronem habet. Pristinum autem
Yocabulum, haud dubie propagatum consuetudine vulgi, non
est mirum servasse dactylicos poetas, ut quorum numeris
refragaretur graecum nomen: huius enim antepaenultimam
praeter rationem producere posteriores demum quidam ausi
8imt, quorum exempla habes apud Vngerum de Valgio Rufo
p. 221 sq.
Ceterum vix esse cavendum puto, ne quis ad explican-
dum 'Bacariae' veriioquium Festi glossa abutatur epitomae
16) Non ineptiat me iudice, si quis in Menaechmoruru verbis v.
541 sq. 'inauris da mihi, faeiunda pondo nummum duom gtalapmia*
ipsum 'stalagmia* nomen de margaritis interpretetur, quippe figura Bua
tam gimilibu8 guttarum ut nihil gupra. Quamquam necessitatem tamen
fatendum est id non habere, cum in parilem figuram non lapides tau-
tum (i. e. gemmae), aed aurum quoque fabricando pcrfacile redigi el
potuerit ct hodie solcat.
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202
FKAfJMKNTA FLAVTINA.
p. 31, 2: 'bacar, uas uinarium simile bacrioui' (quam liaec
praecedit: 'bacrionem dicebant genus vasis longioris manubrii'):
quicum aliorum glossariorum voces 'baccariuni, vas aqua-
riuni', 'bacario, urceoli genus', iam Scaliger composuit. Inde
enim ductum fabulae nomen nemo non videt debuisse fBa-
cararia' esse, non 'Bacaria'.
VIII. BIS COMPRESSA.
Vnum haec fabula testem habet L. Accium, a Plauto
illam abiudicantem: cuius verba posui sub AoROECO. Confer
de ea Parerg. p. 138. 147 dicta.
IX. BOEOTIA.
L
Ad hanc fabulam Gelliani capitis III, 3 principium in-
tegrum spectat, quod est tale secundum eam, quam Parerg.
p. 81 sqq. commendavi, scripturam:
*Verum esse comperior, quod quosdam bene littcratos
homines dicere audiui, qui plerasque Plauti comoedias curiose
atque contente lectitarint, non indicibus Aelii nec Sedigiti
nec Claudii nec Aurelii nec Accii nec Manilii super his fabulis,
quae dicuntur ambiguae, crediturum, sed ipsi Plauto moribus-
que ingenii atque linguae eius. hac enim iudicii norma Var-
ronem quoque usum videmus. nam praeter illas uuam et
uiginti, quae «Varronianae» uocantur: quas idcirco a ccteris
segregauit, quoniam dubiosae non erant, sed consensu om-
nium Plauti esse censebantur: quasdam item alias probauit
adductus filo atque facetia sermonis Plauto congruentis, eas-
que iam nominibus aliorum occupatas Plauto uindicauit: sic-
uti istam, quam nuperrime legebamus, cui est nomen Boeo-
tia. nam cum in illis una et uiginti non sit et esse Aquilii
dicatur, nihil tamen Varro dubitauit quin Plauti foret neque
alius quisquam non infrequens Plauti lector dubitauerit, si
uel hos solos ex ea fabula uersus coguouerit, qui quoniam
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FRAGMENTA 1'LAVTINA.
203
sunt, ut de illius niore' dicain, Flautinissimi, propterea et
ineminimus eos et ascripsimus. parasitus ibi esuriens liaec
dicit :
Vt illum di perdant, primus qui horas repperit 16
Quique adeo primus statuit hic solariuin:
Qui inilii comminuit misero articulatim diem.
Nam ("olimj me puero uenter erat solarium,
Multo omnium istorum optumum et uerissuiuum,
Vbiiibi monebat esse, nisi quom nil erat.
Nunc etiam quom est, non estur, nisi soH lubet.
Itaque adeo iam oppletum oppidumst solariis,
Maior pars populi ut «iridi reptent faine.'
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VIII.
C. Suctoni Tranquilli vita Terenti
cinendata atque enarrata.*)
pvblivs terentivs afer, Karthaginc natus, seruiit Ro-
mae Terentio Lucano senatori, a quo ob ingenium et for-
raam non institutus modo liberaliter, sed et mature manu
1; p. 206, 7. p. 205, 3; p. 211, 12. Hieronymus 01. 155, 3 («. 596):
Tublius Terentius Carthaginiensis (Carthaginicnscs B) comoediaruiu
scribtor, ob ingenium ct forniam libertatc donutus, in Arcadia (Archa-
dia B) moritur. qui primam Andriam antequam aedilibus uenderct,
Caecilio (Caelio P) multum se miranti legit.* — 'Metachronismus unius
anni' Scal.
Vitae Tcrentianae hi codiccs pracsto fuerunt: A =- Parisinus mcmbr.
7920 sacc. XI, olim Petri Danielis. B = Parisinus chart. 7921 saec.
X V. C = Ijcitlcnsis membr. Voss. 186 saec. X V. D = Dresdensis tncmbr.-
chart. Elect. 539», licg. I). 101 sacc. XV. E = Vrbinas membr. 354
saec. XV. F = Beginensis mcmbr. 1492 saec. XV. G = Neapolitanus
mcmbr. mus. Borbon. 411 sacc. XV. Z = cditio princeps Donati Ro~
mana anni 1472. Praetcrca Ald. nobis est Franc. Asulani anni 1517,
St. Bob. Stephani Parisina anni 1529, Vet. Aldo aliqua vctustior,
principe posterior. a et b notis manus pr. et scc. signatur 1 affer A
karthagine G. kartagine BCD. cartagine A. cartaginense Ea, eartha-
ginense Eb. carthagine cctcri seruiit Bothius. seruit A. seruiuit cc-
teri romc BCDZ 2 terencio B. V. Terentio e *suo manuscripto''
Pighius Annal. II p. 347, Osannus Anal. p. 21 senatore A. om.
BCD 3 et] ctiam F mature A. n§ G. om. Ea manumis-
8UB DF
*) [Aus fC. Suetoni Tranquilli praeter Caesarum libros reliquiac
edidit Augustus Reiffcrscheid ; inest vita Terenti a Friderico Ritschelio
emendata atque cnarrata. Lipsiae sumpt. B. G. Teubncri 18G0' p. -Jfiff
und p. 481 ff.J
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C. SVETONI TRANQVILLI VITA TERENTI. 205
raissus est. quidam captum esse existimant: quod fieri nullo
modo potuisse Fenestella docet, cum inter finem secundi
Punici belli et initium tertii et natus sit et mortuus. nec si
a Numidis aut Gaetulis captus sit, ad dominum Romanum
5 peruenire potuisse, nullo commercio inter Italicos et Afros w
nisi post deletam Karthaginem coepto. hic cum multis nobi-
libus familiariter uixit, sed maxime cum Scipione Africano
et C. Laelio, quibus etiam corporis gratia conciliatus existi-
matur. quod et ipsum Fenestella arguit, contendens utroque
lomaiorem natu fuisse. quamuis et Nepos aequales omnes
fuisse tradat et Porcius suspitionem de consuetudine per haec
faciat:
Dum lasciuiani nobilium et laudes fucosas petit,
6; p. 206, 1. 8; p. 208, 8 Donatus in Adelph. prol. 15: 'homines
1 est om. EZ quidG A ullo BaCD 2 potuisse om. C
inter finem A. in fine ccteri 3 belli punici EG, Vet. belli Z. punici
belli natua sit F initio BF. ante initium EZ tercii A et na-
taa sit et Bitschelius: natus sit et Ald. natus est et Hbri, nisi quod
natus est G, prorsus om. F mortuua om. G ne BCG si ani-
midig A 4 aut EF, Vet. et ceteri geturis A. gentulis (ead. tn. n
dd.) F. getulia ceteri sit om. G. ad doiuinum Jac. Gronorius. ad
ducem BEFG. adducem ACD. Graviora mohtus adduci Romam ibique
uenire pereleganicr Schopenus, adductura Romam uenire Mommsenus
5 peruenisaere G potuisset G St commertio E. comertio BCDGZ
italiquoa A. ytalicos CD. italos FG G karthaginem G. karta-
ginem BCD. cartaginem A. carthaginem eetcri cepto ABFG. capto
C'7). caepto E nominibuB (ead. man. corr. in nobilibug) A 7 affri-
cano BCD. aphricano EZ 8 C. A. om. D. cum ceteri lelio
BCDGZ etiam] et BCD gratia om. CD. pulchritudine B
conciliana E 9 et (h. e. etiam) JD(?). ex A arguitj docet B 10
maiorem natus Aa. natu maiorem F. maiorem nam E et FaG. ex
A. cor. BCD. corneliua EZ. et cor. Fb, St eqnaleB AGZ 11 tra-
uat A. tradit ceteri et] Sed G Porcius St. portiua Hbri, nisi quod
potiufl G Buspitionem AEZ. suspicionem F. suspectionem G. om.
BCD hec G 12 fecit G 13— p. 207, 3 Non satis felicem in
hit restitucndis opcram Scaliger consumpsit Animadv. in Euseb. p. 144 sq.
ed. aU., infeliciorem Bothius in Beckii Comm. soc. phil. Lips. I p. 34 sq.,
infcliassimam Walchius Emend. Livian. p. 143 sqq. Nec multum pro-
fecit Rothius 13 lasciua A. lasciuiaa BCD laude8 fucosaa A, Wol-
fius. fucoaaa laudea BCDG. fnscosas laudea EZ, etiam, nisi quod prius
• M fuscoBaa ead. man. del., F
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20G
C. SVETONI TRANQVILLI
Dum Africani uocem diuinam inhiat auidis auribus,
Dum ad Philum se cenitare et Laolium pulchrum putat,
Dum in Albanum crebro rapitur ob florem aetatis suae:
Suis postlatis rebus ad summam inopiam redactus est.
Itaque ex conspectu omnium abit in Graeciam terrams
ultumam.
Mortuos Stymphalist Arcadiae oppido. nil Publio
Scipio profuit, nil illi Laelius, nil Furius,
nobilks: Scipionem Africanum significat et Laelium Sapientera et Fu-
rium Philum.' Item in v. 17: fiN bello: Scipionis. IN OTIO: Furii
Phili. in NEGOTIO: Laelii Sapientis.'
1 uffricam CD uocem diuinam iuhiat Muretus. uoce dum et
inhuius et A. uoce diuina inhiat ceteri, nisi quod iniat By inihat CD
auribus auidis F 2 Philum Bothius. fixum A. furium ceteri
se om. F coenitare EFy Vet. coemitare Z. centare A. cantare G.
coemptare BCD. coenare Wolfius se ad Furium transponens leliura
ABCDZ pulchrum putat Ay Ahl. putat pulchrum ceteri 3 Dum
in Albanum crebro rapitur cxpuJso fjlossemate Iiitschelius. dum se amari
ab his credat crebro in albanum rapit (h. e. rapitur) A. dum se amari
ab his credit crebro (craebro l,y) in albanum rapi ccttri (nisi quod ra-
pido pro rapi ob G): ubi hisce Ald. Alia olim ria inita est Parerg.
Phiut. I p. G37 sq. (Mus. fihen. n. J p. 148 sq.) ob A, St. ad
ceteri praeter G etatis BZ "sue BEZ 4 Suia postlatis Bit-
scheUus. post sublatis A. ipsus sublatis FaG, St. ipsis sublatis ceteri.
Suis Bpoliatus Bezzenbergerus teste Fleckeiseno. ipsus . . . Suis ablatis
(cum lacuna) Wolfius 6 ex A. e ccteri omi B abit in Grae-
ciam terrara Scaliger. abit greciara in terrara A: (undc fadle abiit
Graeciam in terram efficias). abiit in grcciam in terram EGZ et nisi
quod graeciam F. abit (ead. man. corr. ifl abijt) in greciam B. abiit
in greciam CD. abiit Graeciae in terram Bothius: pro quo potuerat
etiam abit in Graeciae terram G ultimam hbri. fortasse intumam
fuit 7 Mortuoa Stymphalist Bitschelius: cf. ad p. 211, 11. mor-
tuus est infalo A. mortuus est in phalo BDF et nisi quod inphalo
C. Mortuns est in pholo G. mortuus cst in atimphalo EZ. Mortuust
Stymphalo Bothius, in inseretis jwst Arcadiae arcadiae E. Ar-
cadie Z. archaide B. archadiao ceteri opido AB nichil A.
nil G. nihil ceteri: ct sic propc constantcr Publio Bitschelius:
quod post repcriuni est in E. Publius AJd. P. A (et pr. quidem manu,
scd pracmissum initio vcrsus), CDFZ. p. B. ei. p. G 8 Scipio
seruulus infra iterant libri p. 212, 0 Scipioni E. Sc. G profuit
BCDEZ, sup. scr. Gb, mrg. Fb. om. GaFa. ci profuit A illi A.
ei ccteri lelius ACDZ. lucius B. L. G nil sic E FuriuaJ F. G
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t
. VITA TERENTI. 207
Tres per id tempus qui agitabant nobiles facillume.
Eoruni ille opera ne domum quidem habuit conducticiam,
Saltem ut esset, quo referret obitum domini seruolus.
Scripsit comoedias sex. ex quibus primam Andriam cum
^aodilibus daret, iussus ante Caecilio recitare ad cenantem
cum uenisset, dicitur initium quidem fabulae, quod erat con-
temptiore uestitu, subsellio iuxta lectulum residens legisse,
po8t paucos uero uersus inuitatus ut accumberet cenasse
una, dein cetera percucurrisse non sine magna Caecilii ad-
10 miratione. et hanc autem et quinque reliquas aequaliter
populo probauit: quamuis Volcatius in dinumeratione omnium
ita scribat:
Furius tres] siministros (an sinnnistros?) A, sed furius tres mrg.
m. rec. Pitfioei('t) 1 id Wolfius. idem libri, item infra qui om. BCD
agebant CD facillime A. facilllemc, tertia 1 littera deleta et
priore e in u mutata, B. -facillime ceteri 2 ille sup. scr. Gb. om.
Oa opcra AEZ. operam ceteri habuit] si abuit A. ille habuit G
conduccicia A. conductitiam ccteri 3 referet G seruulo A.
Seruulus C. seruulus ceteri 4 comedias ABCDGZ 5 edili-
bus BCDZ Caecilio ex Hieronymo post Crinitum de poet. lat.
I c. 8 Lilius Gyraldus de poet. hist. dialogo VIII p. 890 ed. Bas. a.
I "j45t Muretus, ScaJiger. caerio A. cerio B. cerrio CD. cenam G. cerio
EF. Acilio Pighius Annal. II, p. 389, Vossius de poet. lat. p. 10 ed.
Amst. a. 1G54 recitare .... contempti om. A, nihil praeter ore
serrans ricitare B. recitaase G at G cenatum G. ceuantem
EV 6 dicitur Th. Mommsenus. dictum est FG. dictus est ceteri
initium E, Vet. initio ceteri quidam B fabule CDZ. fabula
BC quod om. BCD contentiore BCD 7 sub sellio E lec-
u
tum F redien B 8 uero paucos G uersus incitauit
A cum quinque circiter litterarum laeuna: ut ab illo intercidisse con-
icias cenassae E. coenasse F 9 dein A. deinde ceteri caetera
CDEF percucurri88e A. percurrisse ceteri Caecilii item ut antea
p. 28, 9. caerii A cerrii B. cerii EFZ. cerei CD. eorum G 10 et
hanc] ex hac G autem] utinam CD et om. BG qu'q% B
alias reliquas D equaliter ABCDGZ 1 1 probant D Volcatius
Z. uolcatius EF. uulcatius ceteri, nisi quod ualerius G in dinume-
ratione Schopenus. denumeratione A. de enuacone B. de enumeratione
ceteri. de remuneratione Mommsetius omnium AF, St. om. BCDEZ.
operum Bothius 12 ita scribit om. Fa, add. in marg. Fyb. scribat
A% St. scribit ceteri
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208 C. SVETONII TRANQVILLI
Simitur Hecura sexta exclusast fabula.
Eunuchus quidem bis dei[nceps] acta est meruitque pretium
quantum nulla antea cuiusquam comoedia, octo milia num-
mum. propterea summa quoque titulo ascribitur. * * *
*******************5
30 nam Adelphorum principium Varro etiam praefert principio
Menandri. Non obscura fama est adiutum Terentium in
scriptis a Laelio et Scipione: eamque ipse auxit, numquam
. nisi leuiter se tutari conatus, ut in prologo Acfelphoruin:
1 Donatus epimetro vitae Ter. v. 11: 'Hecyra saepc exclusa, uix
acta est.' Idem praef. Hec. p. 337 Lindenbr.: 'saepe exclusa haec co-
moedia.' Addo comm. in Hec. prolog. I, 4. II, 3. 7. 13. 26. 29.
2 Donatus praef. Eun. p. 9G: facta est tanto successu ac plausu
atqne suffragio, ut rursus esset uendita et ageretur iterum pro noua,
proque ea pretium , quod nulli ante ipsam fabulae contigit, octo milia
seatertium numerarent poetae'. Idem epimetro vitae Ter. v. 10: 'magno
succesau et pretio stetit Eunuchus fabula.'
1 Simitur BitscheJius. sumetur A, St. sumetur F. sumeretur EGZ.
re
submet B. submeret CD post hir litteras deJetas hecyra B. hec
ira A. hecyra CD. aecyra E. echira F. hechira G. Ecyra Z ex-
clusast duce Donato Iiitsclielius. ex his libri, ante Hecyra conlocata a
Bothio. ex hisce Ilarius fabulis G 2 eunucus CD. enunccus Ba.
enuccus Bb. Enuchus Z dei[nceps] BitscJiclius. die ABCDFG. om.
KZ. de i[ntegro] fuit cum placeret maeruitque E preciu A. precium
F. praetium CD 3 niilla B antoa] alia EZ cuiusque ABD
comedia ABCD octo Ritschelius. V1IIB et in rasura qui dem B. Ide
octo A. id est octo F, St. ~ octo G. uidelicet octo EZ. l. vm CD
milia numum EZ. milia nummorum AF, et, nisi quod numorum, G. nu-
morum numorum sed prius vocabuJam in rasura B. numornm C . numeruni
D 4 aumma quoque AF, St. sumo quoque B. summo quoque DEGZ.
summoqj C asscribitur B Lacunam signavit Wolfius. intercidissc
videntur qualia de fabulis ab Apollodoro et Menandro translatis Donatus
prodidit in epimetro huius vitae 6 eciam B prefert AZ. profert FG.
profer B 7 menandro (o ead. man. corr. in i) A 8 lelio BCDZ.
■
L. G cipione A. scipione (nisi quod Sci. G) Jibri ceteri: Scipione,
quibus cum familiariter uixit E, Vet. (iam a 1477) e p. 205, 7 eam-
que Schopenus. namque A. candemque F. eundemque G. eandem ce-
teri hauxit CD. haxit Ba% axit Bb (fortasse ead. man. corr.). uixit
E numquam AG. nunquam F. numquam enim ccteri, nisi quod nun-
quam CDE, aenim E 9 lcniter EZ N tutari] refutare A. se
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VITA TERENTII.
209
Nara quod isti dicunt raaleuoli, homines nobiles
Hunc adiutare assidueque una scribere,
Quod illi maledictum uehemens esse existumant:
Eam laudem hic ducit maxumam, quom illis placet
s Qui uobis uniuorsis et populo placent,
Quorum opera in bello, in otio, in negotio
Suo quisque tempore usust sine superbia.
uidetur autem leuius se defendisse, quia sciebat Laelio et
Scipioni non ingratam esse hanc opinionem. quae tum magis
io et usque ad posteriora tempora ualuit. C. Memmius in ora-
tione pro se 'P. Africanus' inquit ca Terentio personam
mutuatus, quae domi luserat ipse, nomine illius in scaenam 3i
detulit'. Nepos auctore certo comperisse se ait C. Laelium
ditari F conat' (h. e. conatus) A. conatur cetcri et G pro-
logo] r 15 1 quid B. om. D ipsi ABDG. ipi C maleuoli A.
male?oli (e ead. man. corr. in i) V. maliuoli ceteri 2 Hunc] Eum
libri Terentiani assidue una G 3 uehemena esse F. uene niens
(ead. man. corr. in uehemena) esse A. uehementer BCD. uehemens EZ
existimant libri 4 Eam] Esse G duxit G maximam
Ubri quora] cum Ahl. (e Terentio). Qrt A. qd B. qd' D. q F
i •
quod ceteri placeat EGZ 5 qd A. q (h. e. qui) F uobis
. t.ia
om. BCDGZ tmiatu A. univenus ead. m. G. uniuersia ceteri et
om. BCD placeat />(?) 6 operam G ocio in negocio CDEFG.
otio. inegotio B 7 buo] X G quasque A tempore uaua est (e
Tcrentio) EZ. U8ua est teinpore F. usus est ceteri 8 autem leuius
se RitschcJius. autem laelius autem A. autem se leuius BCD et, nisi
quod se leu in ras., F, item Ald. autem Be leniua / autem lenius E.
autem leuius G Laelio et Scipioni E , Vet. ex laeliio ex scipionis
A. ut lelii et «cipionis BCD. et laelii et ecipionis F. p lelii et Scipio-
nis G. et Leliorum Seipioni Z. et Laelio et Scipioni Flcckeisenm 9 in
griuh B. igratam G quc AZ. qui G tum Bitschelius: quod post
repertum est in G. tamen ceUri 10 superiora CD C. Memmius
Ellendtius Proleg. in Cic. Brut. p. LXT ed. pr. C. memius A. Q. me-
mius BCD. Q. memmius EFGZ 11 se A. se ait ceteri atfricanus
CD inquit a Bitschelius cum Schopeno. quia A. qi B. qui a ceteri
pereonam om. E 12 que Z domi luxerat BCD. demulus
erat A. domui lnserat Bothius incenara A. in scenam E. in coenam
Fa. in acoenam Fb. in scenam ceteri 13 a neorecerio G. a reore
(Reore C) cerio CD. a reore cer . . rio cum duarum Utterarum rasura B.
auctore cerio (io m rasura alt. man.) F Q. Fa C Fb lelium BCDZ
VU. K1TSCHK1.II orvsevLA III. 14
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210 C. SVETONII TKANQVILLI
<
quondani in Puteolano kalendis martiis admonituni ab uxore,
temperius ut discumberet, petisse ab ea ne se interpellaret,
seroque tandem ingressura triclinium dixisse non saepe in
scribendo magis sibi successisse: deinde rogatum ut scripta
illa proferret, pronuntiasse uersuVqui sunt in Heauton timo-s
rumeno:
Satis pol proterue me Syri promissa huc induxerunt.
Santra Terentium existimat, si modo in scribendo adiutori-
bus indiguerit, non tam Scipione et Laelio uti potuisse, qui
tunc adulescentuli fuerint, quam C. Sulpicio Gallo, homineio
docto, quo consule |Megalens|ibus ludis initium fabularum
32 dandarum fecerit, uel Q. Fabio Labeone et M. Popillio, con-
sulari utroque ac poeta. ideo ipsum non iuuenes designare
qui se adiuuare dicantur, sed uiros quorum operam et in
1 quadam B. quodam E inputet lauo A Kalendis martis A.
Kal. (kt F) martiia F, Vet. -k-t mart B. kl'. mart. CJ). kl. martii EZ
monitnm G 2 temparius sed a ead. man. corr. in e B. temporius
sed o ead. man. corr. in e F. temparius CD petisse AB. petiiase
ceteri ne se Ritschelius. ne libri interpellaret A. interpoliarttur
F. interpellaretur ceteri 3 seroque A. seruius B. seruis Cl). serius
ceteri tamen E. tum G ingressum A, Ald. ingressus ceteri tri-
diuium Ji sepe ABZ 4 magis om. D uibi successisse A. suc-
cessisse sibi ceteri, nisi quod succexse Fa deinde rogatus BG. de
ifirogatna C. de interrogatus D 6 ine autonti monumeno A. in eu-
tantum B. in heautontimerumeno E. in e*autontumerumeno Gtf). iu
eautentumerumenos F. in eutantumerumeno CD. Versus sunt 723 (J V, 4,
1) 7 poll B Biri BCD hic BCJ). hunc EGa 8 Santra Erarnus
in Frobeniana Bas. a. 1532. satra BEFZ. satra -r A. sacra CDG.
Satras St. modo in ras. Fb 9 lelio BCJ)Z qui . . . . fuere om.
Fa, sup. scr. Fb. adulescentuli AG. adolescentuli ceteri fuerint
RitscJtelim. fuef A. fuere ceteri 10 quam om. Z C. A. Q. BCJ)FGZ.
om. E, Ald. sulpicio (ead. man. littera c in t corrccta) A. sulpitio
ceteri 1 1 quo consule Megalensibua RitscJteUus J^arcrg. PJ. 7 p. 300.
et cuius consularibus A, liothius. et qui conBularibus ceteii, nisi quod
qui in ras. ead. man. et consularibus corr. aJtera man. F. et qui Con-
sualibus Muretus. et qui Cerealibus Tan. Fabcr. et qui Floralibus
Momms. fabularum dandarum fecerit AF. feeerit fabularuxn danda-
rum ceteri 12 quinto A labiene A 1'opillio Muretus. popillo A.
popilio BCDG, St. pompilio EFZ 13 ae] et F deo A de-
signare om. Fa, inter Uneam add. Fb. deaignasse EZ 14 adinuari B.
adiuuaKse E. adiuuifw»' Z duantur Jfothr:*. dicuntur A. diceret C.
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VITA TEKENTII.
211
bello et in otio et in negotio populus sit expertus. Post
editas comoetlias, nondum quintura atque uicesiraum ingressus
annuin, causa uitandae opinionis qua uidebatur aliena pro
suis edere, seu percipiendi Graecorura instituta moresque
squos non perinde exprimeret in scriptis, egressus urbe est
neque amplius rediit. de morte eius Volcatius sic tradit:
Sed ut Afer populo sex dedit comoedias,
Iter hinc in Asiam fecit. ut nauem semel
Conscendit, uisus numquam est: sic uita uacat.
10 Q. Cosconius redeuntera e Graecia perisse in mari dicit cum
fabulis conuersis a Menandro: ceteri mortuuin esse in Arcadia
siue Leucadiae tradunt, Cn. Cornelio Dolabella M. Fuluio «
_ m
dicerent D. dicerentur ceteri, in ras. Fb 1 ocio et in negocio
CDEF negocio B 2 aeditas F comedias ABCDZ non-
dam A, St. om. ceteri quartum ead. man. corr. in quantum B ac
G uicesimum Bothius. incesiniura A. trigeBsimutu CD. trigesiinum
xxx ceteri ingressus Ritschelius. egressus libri 8 annum] an-
nam. animi A causa' uitandae A. ca^euitande B. causa euitandae
EFG. causa euitande ceteri qua Vet. qui AB. quia ceteri 4 ae-
<lm» F percipiendi BCDEGZ. percipienda A. ad percipienda F
grecorum ABCDZ 5 non A, Bothius. om. cetcri ira scriptis B,
(%d inecripti8 mrg. urbe Muretus: urbem St. om. libi-i 6 redite
A Volcatius EZ. uolcatius F. uulcatius ceteri sic om. KGZ
7 9ex populo EZ dedit comedias BCDG et, nisi quod comoed., F. edi-
dit comoedias E et, nisi quod comedias, Z. comodias de d A 8
ite hinc A. iter li B. int«?r hinc Z. inter hinc inter hinc D faecit
.A ut uaucm BuccJielerus. nauem ut AG. nauim ut BCDF. nauim
cnm EZ. nauem autera ut Bitschelius. et nauem ut Bothius 9 in-
«cendit B nunquam BCE. nuaq F 10 Quintus A cosconius
AG. conscotius B. constotius CD. conserius E. consecius Z. cossentius
E e] de G. a LindenbrucJiii ed. Francofurtensis , non Parisina:
quod Hothium fefellit grecia BCDEGZ. gcia A perisse AB. per-
iiaso ceteri dicit om. A cum fabulis RitscheUus. cu. c. & uui fa-
bulis.-l. cum c. et viii. fabulis F. cum c. et octo fabulis B. cum centum
octo (otto CD) fabulis ceteri. 1 1 e menandro F. a menandro ceten,
Madvigius in Cic. de fin. I, 3, 7 caeteri ACDF. coeteri E Ar-
cadia Bttschelius: utque ita llieromjmu*. archadia stimphali libri, iti-
ttrpolati e p. 2()C, 7: nisi quod arcadia EZ, stymphali AC, in stym-
I»hali b\ Arcadiac Stymphalo Erasmus 12 siue leucadie A. sinu
leucadiae ecteri, nisi quod leucadie DZ , leuchadie B. siue Leucadia
EtwtHus Cn.| c. n. A.Qm. Ba. Gn. BbCJ). Cri G cornelio AFG.
cor. cetrri dolobella BCDEGZ marco E. iu A. et M Fa. et Q Fb
14*
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212 C. 8VET0NII TRANQVILLI
Nobiliore consulibus, morbo implicitum ex dolore ac taedio
amissarum sarcinarum quas in naue praemisefat, ac simul
fabularum quas nouas fecerat. fuisse dicitur mediocri sta-
tura, gracili corpore, colore fusco. reliquit filiam, quae post
equiti^ Komano nupsit: item hortulos XX iugerum uia Appias
ad Martis. quo magis miror Porcium scribere: 'Scipio nihil
ei profuit, nihil Laelius, nihil Furius: eorum ille opera ne
domum quidem habuit conducticiam'. Hunc Afranius quidem
omnibus comicis praefert, scribens in Compitalibus:
Terenti non consimilem dicas quempiam. 10
34 Volcatius autem non solum Naeuio et Plauto et Caecilio, sed
1 consulibua DEZ. conaunta A. con9 B. con*' C. cofis. F im-
plicitum ex Bothius. iniplicita ac ex A. implicitum acri ceteri. impli-
catum ex ttitsclielius ac] et G tedio libri praetcr B% in quo
trdio et post r spatium duarum Htterarum in rasura, sed r eadem manu
corr. in e 2 ammiasarum E sarcinarum A, Vet. (a. 1512). ea-
tyrarum Fy St. fabularum ceteri naue JiitscJielius. naue A. nauim
F. naui ceteri premiaerat DGZ. premisserat C 3 medio criatatura
A 4 colere B reliquid A filiam om. BCD, add B mrg.
que GZ poat A. om. ceteri 5 Ro. Z. r. F ortulos BCDF.
horto8 G uia, non in uia, libri 6 Martia Schopenus. martia uil-
lara libri, nisi quod matis C Porcium St. portum BCD. portium
ceteri Scipio conducticiam sic Ritschclius. Quae in librit
sic interpolata sunt e p. 206, 7sqq.: scipio nihil profuit nihil lelius nihil
furiua, trea per idem tempua qui agitabant nobilea facillime. eorum
Ule opera ne domum quidem habuit conducticiam, aaltem ut easet quo
referrct obitum domini aeruulua. Vbi singulorum discrepantia haec est:
acipio nichil proruit A. acipio fil profuit B. acipio nil profuit EFGZ.
nihil Publiua Scipio profuit Ald. 7 nihil lelius fil furins B. nil Lcliua
nil furius F. nichil lediua. furiua A. nihil ei leliua nihil furiua ctteri
operam BCDF 8 quidera domum CDG. "domum "quidem F.
quid domum B conducticia A. conclutitiam B. conductitiam ceteri
referet B obitum .... acribeua om. G aframua A quid B
9 prefert Z. praeferri CF. pferi B. prefcrri. D acriberes B
Compitalibua] v. 29 p. 144 Ribb. 10 Terenti non conaimilem Bit-
scMius. terentii non aimilem A. terentio non similem ceteri, nisi quod
sirailem non G. terentio "aimilem F, sed altera man. marg. add. "no
dicaa RitscheJius. dicena Hbri. dicea Ahl. que pia A. II Volca-
tiua F: apud GelHum XV, 24. uulcatina BCDEGZ. Vulcanua A
neuio ABCDEFZ ex plauto excelio A. et plauto et caecilio ceteri,
mri quod cecilio BCDEZ
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VITA TERENTII.
213
Licinio quoque et Atilio postponit. Cicero in Linione hac-
tenus laudat:
Tu quoque, qui solus lecto sermone, Terenti,
Conuersuni expressumque latina uoce Menandruni
5 In mediuni nobis scdatis motibus effers,
Quiddara come loquens atque omnia dulcia miscens.
item C. Caesar:
Tu quoque, tu in summis, o dimidiate Menander,
Poneris, et nierito, puri sermonis amator.
10 Lenibus atque utinam scriptis adiuncta foret uis,
Comica ut aequato uirtus polleret honore
Cum Graecis, neue liac despectus parte iaceres.
Vnum hoc maceror aureolo tibi desse, Terenti.
3 Ausonius Protrept. 58: rTu quoque, qui Latium lecto sermone
Tereoti Comis' -.
1 licinio A, Ald. liuio ceteri et atilio A. et astilio BCl). ct ac-
cilio F. et actilio G. et Attilio Vet. om. EZ post poni B Ci. G.
apud Orell. IV, 2 p. 566 lunone G. milone />(?) Lino Vngerus
Subsicicorum a. 1654 etlitorum p. 3 3 terenti post i crasa una littera
F. terentii BCD 4 expressumque] expressuni BCI) menadium
B 5 medium nobis A. medium populi BCDG. medio populi EZ.
medium certe F motibus Barthius Advers. XXXIV, 7: nisi mori-
bus males. uocibus libri affers B 6 Quiddam Pithoeus Epigramm.
(l
et poem. vet. p. 12 ed. Lugd. a. 1506. quida A. qdqd B. quidquid Vet.
qdquod CD. quidq F. quid quod ceteri rome loqueris B atque A. ac
ceteri dubia dicenB dulcia dicens G niiscenB Bitsclielius. dicens libri.
• • *•* ••••••
linquens Ciceronis edd. vett. in fragmentis. promens Scaliger Catalect.
p. 221 ed. Lindenbr. a. 1617 7 item Ay St. om. ceteri cesar ABZ.
Cae. G. p. 7S3 Nipperd. 8 tu in summis o St. tu in summisso t
A. tam submisso EZ. non tam sumraisBO BFG, etiam CD, nisi quotl
8umi880 C, sumiso D dinudiate A. dimidietate FG 9 ponderis A
puris BCD 10 laenibus F ntinam] ut BE scriptis] uer-
bis Scaliger 1. 8. s. adiuncta Ba, incta Bb nutrg. uia. comica ut
A. uis comica aut E. uis comica ut ceteri, Z. uia, Comica ut
Bentleius in Ilor. art. poet. 26 , Wolfius MiscelL p. 452 sqq. uia Co-
mica, ut vulgo 11 equato ABZ palleret B 12 grecis BCDZ
neue hac Bothius. neque hac ABCDFG. neque iu hac EZ de-
•pectuB E, Ald. despecta ex AG. despecta ex F. despecta ceteri ia-
ceret Z 13 doleo et maceror G maceroy A aureolo Ritsche-
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214 C. 8VET0MI TRANQVILLI VITA TEREKTll
Uus. audoleo A. ac doleo F, liothius. ct doleo cdcri desse Ritschc-
Uus. derc A. deesse ceteri
Suetoniana quae supra posita sunt ab lioc cxcipiuntur DOKATI
cpimctro;
35 Haec Suetonius Tranquillus. naiu duos Terentios poetas
fuissc scribit Maecius, quoruru alter Fregellanus fuerit Te-
rentius Libo, alter libertinus Terentius Afer patria, de quo
nuuc loquiumr. Scipionis fabulas edidisse Terentiuui Vagel-
lius 10 actione ait: .s
Tuae, Terenti, quae uocantur fabulae
Cuiae suntV non has, iura qui populis dabat,
Suuimo ille honore affectus, fecit fabulasV
duae ab Apollodoro translatao esse dicuntur couiico, Phormio
et Heeyra: quatuor reliquae a Menandro. ex quibus raagno io
suecessu et prctio stetit Eunuchus fabula: Hoeyra saepc ex-
clusa, uix acta est.
Subiccimus discrcpatUiam scripturac: 1 Hec BGA Tran. G
terentias A. terentios B 2 Maccius Flcckcmnns conl. Bcnthio in
Hor. art. poet. 387 9 Wcicherto Poct. lat. rcl />. 334 sqq. maetius A.
mctius ceteri frcgellanus FZ. fragellanus BCJ). fiagellianus G(?).
flagellanus A. flegellanus F fucrat BCl) tcrentius libo AF, St.
T. libo G. tercntius libertus cetcri 3 T. afer G 4 fabulani EZ.
fabulas cctcri, sed .- in ras. F aedidisse F tcrcutium A, AU.
T. G. terentius cetcri Vagellius Bucchclvrus ct Hibbtckius. uallegius
AaF. uallfgius Ab. ualegius cetcri , itcm codcx f vetustissimus ' Itnhis
Barthii Ativcrs. VI, 20; sed valgius G. Valgius Frasmus. Valerius
dubitantcr Ilcnr. Keilius Fphcm. Utt. Htd. a. 1S49 m. Mart. p. 470
5 in actionc St., Barthius, ct aut sic aut in tranislatione Vngvius de Val-
gii pocm. p. 100. 443. inactioue A. natione F. uatione cctcri cum Italo.
in Acteonc Frastnus. in Auctione Scaligcr 6 - H Non satis horum
emcndatio vel Scaligcro succcssit vel Butgtrsio Var. hct. 1 , 7 vcl iam-
bicos tetramctros comminisccnti Barthio vcl Vngcro /». loS rel Kcilio
6 Tuae Windischmannua in Wclckcri Naekiiquc Mus. Bhcn. /, p. 113,
itetn Kcilius. hae Ubri cutn It., nisi qutxl be BZ [Terenti add.
Fleckcisenus Misc. crit. p. 02 sq.] que BZ fabule BCDZ 7 cuiae
sunt AFG, It. cuiuae euut F. cuic sunt cctcri. cuhi8 sunt St. cuiacnc
sunt Bothius \ct olim Bitschclius}. cuius sunt, cedo coni. Frasmusy dic
cuius sunt Oudcndorpius Terenti? non has, iura qtii populis dabat
[o/t«i] BitscheUus. non has qui iura populis (populis *-!//) retentibus dabat
A, scd tcrentins Ab mrg. non has qui iura populis reccnseutibus dabat
cttcri, nisi quod uuxn //., populi FZ, recentionibus It. Non has qui iura
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IN VITAM TEKENTII COMMENTAKIVS. 215
IN VITAM TERENTII COMMENTARI V S.
In vita Terentii eniendanda atque adnotauda quibus Do- 4*1
nati codicibus usus sim, dixi p. 26 libri Reiflerscheidiani
|supra p. 204]. De singulis sic habeto.
A antiquissinius, de quo quidem constet, Parisinus
7920 est, saeculo XI in meinbranis scriptus, olim nisi con-
iectura fallit lodoci Badii Ascensii, ab hoc genero suo do-
natus Roberto Stephano, post a Petro Daniele possessus.
Non exiguo is usui cum editioni Stephanianae ftiit tum Lin-
denbruchianae. Praeterea fieri potest ut iam saeculo xv a
Terentii editore uno et item altero inspectus sit. — E ceteris
codicibus, quos saeculo xv scriptos uoviciorum vel deterio-
rum nomine complector,
li item Parisinus est 7921, chartaceus. Vtrumque
magna cum cura Ludovici Rothii caussa lacobus Hunzikerus
Helvetius contulit: unde discrepantiam scripturae omuem
Rothius in Museo philol. Rhenano exhibuit vol. xn (a. 1857)
p. 174 sqq., selectam in praefatioue Suetonii Lipsiae apud
B. G. Teubnerum a. 1858 a se editi p. lxxix sq. Eosdem
autem codices cum aliquot aunis ante Ludovicus Schopenus
noster, dum Parisiis degit, suos in usus solita diligentia ex-
cussisset eiusque conlationis, qua est et liberalitate et comi-
Poblius gentibu8 dabat Scaligcr et Popliua dabat gentibus transponens
Fleckciiicnws. leges gentibus vel reges gentibus in monstro scripturae latei'e
Iiutgersio visum , regna nationibun Barthio, regibu» (ac populis)
Keilio. nonne ctttn Iiutgcrsio espetentcs rcdargucbat Naekius Valcr. Cat.
p. 210 8 Summo ille honor»' Tiitschelius. Hiimmo honore lihri cum
It., nisi quod 8umo B. Ilonore Bummo Eratinus 9 due BCDZ
appollodoro BCDE. appolodoro Z. Apollodoro Caricio (h. e. Carystio)
YUa Ter. Ambrosiana (add. Hothiana in Mus. Bhen. n. XI T p. LsS):
■ quotle cf. Varerg. VI. I p. 325 translate ABCDZ comice BCT)
formio BCD 10 et om. A ekyra A. hecira BCD. aecyra h.
Ecyra Z. echira V. hechicaCr relique ACDZ 11 succensu et Ka.
nweenit et BI) precio ABF eunucus BCD aecyra E.
Ecyra Z. hechira G. haec ira A. haec echira F sepe AB 12
uixata A
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216
IN VITAM TERENTII
*
tate prorsus amabili, copiani mihi faceret exoptatissiniaui:
etsi de rebus plerisque satis inter Schopenum Hunzikerumque
conveuire cognovi, tamen quaedam offendebam molesto testi-
moniorum discidio tain ambigua ut non mediocriter haesi-
tarein. Hos igitur scrupulos ut de medio omnes tollereni,
482 de singulis discrepantiis quid tandem rei esset quaesivi e
viro praestantissimo Carolo Benedicto Hasio: cuius incompa-
rabili humanitate tam et prompte et plcne responsuui est,
ut iam tamquam cum pulvisculo exhaustus esse cum the-
saurus ille bonitatis Parisinus A tum longo ab illo inter-
vallo distans B videri debeat. [Cum nihilo setius aliquot
locis erratum esse in afferendis codicum A et B scripturis
Froehnenis in Philol. xvn p. 357 sq. contendisset, a Ritsehelio
rogatus Gustavus Meynckius utrumque codicem egregia cum
industria descripsit siue depinxit atque longe aecuratissime
ubicunque scrupulus etiam resedit iterum iteruiuque ad Rit-
schelium rettulit, ita ut nunc sane magna cum confidcntia
affirmari possit omnia ad amussim esse exacta. C. W.]
C Leidensis membraneus, in Vossianis 186: qui dubi-
tatur num forte saeculi xiv sit. In Italia scriptum esse otto
scriptura pro octo p. 211, 10 indicio est Hunc habui cum
mihi conlatum ab Eugenio Mehlero tum a Schopeuo sibi.
[Deuuo eum ipse Ritschelius excussit. C. W.]
D Dresdensis 'Elect. 539b, Reg. D. 132', partim in
inembranis partim in chartis scriptus. Schopeuo loannes
Vahlenus contulit [Ritschelio multo accuratius Aemilius lung-
mannus et Ludovicus leepius. C. WJ.
E et F Vaticanis membraneis, illo Vrbinati 354, hoc
Reginae 1492, uti potui ab Ottone Ribbeckio [iterum dili-
gentissime ab Augusto Wilmannsio C. W.j conlatis.
G Neapolitanum musei Rorbonici 411 item membra-
neum rogatus a me Georgius Thilo excerpsit [nupcr Henri-
cus Motzius contulit. C. W.].
Accedit, sed tantuni in Donati auctario (p. 214) inspectus
a Caspare Barthio Advcrsariorum lib. iv cap. 26 codex
Italus ille, quem tametsi Barthius * vetustissimum, dicit,
tameu non dubitabis in ceterorum nuraero noviciorum habere.
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COMMENTAKIVS.
217
— De Lindenbruchii copiis ras. quantum satis infra
dicetur.
In his codicibus quantuni fide et auctoritate ceteris vetus
Parisfnus A praestet, longum est singillatini persequi. A
quo sive auctore sive duce proficisci emendatio omnis ut a
certissimo fundamento debuit, quam autem diu aut profecta
non est aut non satis constanter pependit, editorum operam
multifariam elusit Eam praestantiam raris exemplis singuli
e ceteris libri communicant: insigniore memoria Dresdensis
in uigessimum p. 211, 2, leviore in scribat 207, 12 [quorum
neutrum in Dresdensi legi nunc constat, C.WJ; itera aliquo-
tiens vel Neapolitanus ut p. 206, 3 ob, 211, 10 cosconius,
vel Reginensis ut p. 208, 1 sumctur, 205, 8 C. pro cum
(quod tamen ipsum in Ileginensi legi testatur Wilmannsius.
C. W.J, 200, 3 uchcmens essc, 210, 11 fabularum dandarum
fcccrit, 214, 3 libo, 4 uallegius, vel sociati Reginensis et
Dresdensis ut p. 207, 11 omnium, 208,4 samma quoque fne
hic quidem Dresdeusem a vulgari scriptura recedere nupera
collatione effectum est. C. W.], vel cum Reginensi Lei-
densis et Parisinus B p. 205, 3 punki belli. Generatim
enim iudicanti reliqui omnes communi vilitatis notione cen-
sebuntur, ut qui vel transcribendi neglegentia vel mala corri- 483
gendi sedulitate plurimum vitiorum traxerint. Quos non est
mirandum, sicubi apertissimis mendis quibusdam atque adeo
monstris scripturae ipse vetus Parisinus (ut fere fit in hoc
genere) inquinatus est praeter solitum, tali corruptela liberos
mansisse: quae non propria virtus est potius quam fortuita
vacuitas erroris. Velut in illo si peccatum est dum ct inhuius
ct p. 206, 1, siministros 206, 8, comcdias dedit 211, 7, et si
quae alia sunt utut per se vitiosa, at levidensia prae multi-
tudine praeclararum lectionum ab eodem A solo servatarum.
Non autem ipsum fontem ceterorum Parisinum esse certis-
simo intellegitur hoc documento, quod gravis lacuna illa, qua
in A hausta sunt verba p. 207, 5 sqq. recitare ad muzntem
cnm uenisset dicitur initium quidem fabulae quod erat contempti,
ad ceteros omnes non pertinuit. Ad temporum autem iniuriam
et incuriam hominum quod accessisse etiam hominum iniuriam
significavi, eius rei certus testis codex Vrbinas exstat, gram-
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218
1N VITAM TERENTII
uiatici alicuius haud indocti et curas et interpolationem ex-
pertus. Vnde non est mirum alia in hoc libro vere correcta
esse ut p. 207, 2 opera, 207, 6 initium, 208, 3 numuni,
p. 209,8 laelio et scipioni, 213, 12 despectus, 214, 4 fSbulam:
turpiter foedata alia, quo praeter cetera (in his deletuui die
vocabulum p. 208, 2) gravior interpolatio illa pertinet qua
p. 208, 8 verba quae sunt quibuscum familiariter uixit iterantur
e p. 205, 7. Quamquam ne a ceteris quidem libris corrigendi
studium alienum fuisse talia ostendunt qualia sunt in Vrbi-
nati Reginensique e Terentio petitum isti p. 209, 1, vel
iudidem insertum tcmporc in Vrbinati, Leidensi [in quo
tamen tempore non legi nunc compertum habemus. C. W.j,
Reginensi p. 209, 7, vel praeter Vrbinatem aut in solo
Reginensi p. 205, 4: illa ut prorsus taceam in quibus
omnes consentiunt contra A.
Z editionem principem eam dixi quae Romae anuo
1472 prodiit apud Conradum Sweynheyui et Arnolduni l*an-
nartz. Nam hanc principem esse reapse, insecutam demum
proximo anno 1473 quam sine loci annive notatione Vin-
delinus Spirensis foras dedit, huius demum traducem eam
esse quae item sine loco et anno emissa ad Mentelium Ar-
gentoratensem refertur, uon paucis eam vitiis inquinatam,
certis mihi argumentis Schopenus persuasit. Vt fallatur cum
aliis bibliographis Ebertus n. 6333 sqq. Illa igitur vere
princeps, a qua tamen non nisi perleviter Vindelini exemplum
discrepat, quin e codice Vrbinatis simillimo ducta sit, du-
bium esse nequit: id quod singulae fere paginae testantur
sociatis EZ notis nostris.
484 Inde ab anno 1472 ad 1517 in lueeni prodita exerapla
Donati cum Terentio sociati, quae non distincta inter se
Veterum nomine comprehendi, etsi pauca correxerunt, tamen
non correxerunt sine libris. Repositum p. 211, 3 qua nou
est sane e nostris petitum: sed punici p. 205, 3 inseruerunt
cum omnibus, cum Reginensi [et Vrbinatij restituerunt aut
p. 205,4, cum uno Vrbinati initium p.207, 6, laelio ct scipioni
209, 8, cum eodemque etiam interpolata p. 208, 8 verba com-
munia habent. Verum cum ipso adeo Parisino A eoque solo
eadem sarcinarum participant p. 212, 2 (quaraquam id peti
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COMMENTAKIVS.
219
ctiani e vita Anibrosiana potuit), et quod gravius est, ab
eodem A servata ct Attilio verba p. 213, 1: quae verba sin-
gulari vel casu vel neglegentiae exemplo factum est ut post
rursum praetermissa nec in Aldina nec in Stephaniana in-
staurarentur, sed ab Oudendorpio demum revocarentur *).
Aliquanto longius progressus in emendando Aldinae
a. 1517 editor Franciscus Asulanus (quem alii esse Andream
Naugerium malunt) ne ipse quidem copiis ms. destitutus fuit.
Qui etsi pauca quaedam suam secutus coniecturam reposuit,
ut p. 205, 3 tiatus sit, vel praeter verum dices p. 212, 10,
tameu pleraque quae novavit aliunde hausit, fonte usus modo 485
raediocri et Vrbinatis simili ut p. 213, 12 dcspcctus , modo
proxime accedente ad Parisini A praestantiam ut p. 20G, 2
pttkhrum putat, 210, 3 ingrcssum, 213, 1 licinio, 214, 4 tercn-
twm. Nam sua sponte intellegitur unum codicem esse potuisse,
qui Asulano praesto fuerit, bona malis miscentem.
Simillima atque inter Veteres et Aldinam ratio condicio-
que inter Aldinam et Parisinam editionem intercedit a Ko-
berto Stephano paratam anuo 1529. Pauca fortasse e de-
*) Absunt ea verba praeter tres editioneB 'principes' a Tarvisina
a. 1477 et Argentina (Ioannis Priiss) a. 1503: accesserunt in Veneta
(Andreae <le Asula Bartholomeique de Alexandria) a. 1483, Brixiana a.
1485, Venetis a. 1487, 1490, 1491 (Bernardini de Choris), 1493, 1497
(lacobini de Pentiis de Leucho), 1504, 1512. In quibus quod etiam
Venetaa a. 1493 et 1512 numeravi, qnarum illa num cxstaret omnino
uubitabant cum Panzero t. III p. 342 Schweigerus p. 1052, hanc idem
prorsu8 ignorat, feci quod exemplaria Bonnensia tractare licuit quorum
indices in Epimetro posui. Ceterarum, quas bibKotheca academica
nostra possidet, propterea nullus usus fnit quod Donati (h. e. Suetonii)
vita omnino carent: in quo numero haec sunt: Argentinae a. 1496 et
1499, Parisina a. 1503, Lugdunenses a. 1506 et 1511, Veneta a. 1511,
Lipsieum8 a. 1512, TubingenBis a. 1514, Argentinae a. 1514 et 1516.
C^uarum etsi quaedam habent sane vitam Terentii, tamen non habent
a Donato profectam, sed duce tantum Donato factam ab Ascensio;
ipuius Ascenuii Parisina a. 1504, qnam aliquotiens Rothius commemo-
ravit, in promptu non fuit. De Veneta autem a. 1492 ('per Bonetum
Locatellum*) et Mediolanensi a. 1501 propterea mihi non liquet quod
earutn «'xemplaria Bonnensia in ipso prineipio mutila sunt. Ceterum
de Mediolancnsi dequc Parisina a. 1503, quarum nullam bibliographi
notitiam habent, item dixi in Epimetro.
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220
IN VITAM TERENTII
teriore libro deprompta sunt ut p. 205, 10 ct cornclius, 206, 4
ipSUS sublaiis: multo plura non e perbono tantum, sed e tam
siinili veteris Parisini ut non possit non pro eodem haberi.
Documento haee sunto: p. 200, 3 ob, 207, 11 omnium, 12 scri-
bat, 208, 1 sumetur, 3 id est, 4 summa quoque, 211,2 nondum,
213, 7 Ucm, 8 tu in summis[s]o, 214,3 Libo, 5 in actione. Quo
rainus dubito ad ipsum Parisinum A referre quae de vetusto
quodam exemplari suo Stephanus in praefatione prodidit. Ibi
enim postquam Donati commentarios tum primum instauratos,
discretos distinctosque, in ordinem suum redactos, a corrup-
telis liberatos, suppletos gloriatus est, pergit in hunc modum:
fPostreni6 reposita graeca prope omnia, pro quibus antehac
excusi codices lacunis fere scatebant. Haec euim laboris
pars operosissima fuit: cum in vetusto exemplari manu
scripto (quod nobis erat ex dono Iodoci Badij optimi soceri
nostri, deque optimis studijs in omni vita bene meriti) ob-
scura tantum restarent vestigia graecarum literarum: quae,
nisi ab homiue perito, diuinari non poterant. Quae omnia
in fauorem et subsidium studiosorum praestitit quidam noster,
imo communis optimi cuiusque amicus, graece ac latine du-
ctissimus: qui hanc suscepit emendationem antiquo illo, quem
dixi, potissimum fretus archetypo. Cuius fidem etsi in plae-
risque secutus est: in plurimis tamen est usus coniectura
sua: caeterura non sine acerrimo, quo in primis praeditus
est, iudicio.' Vbi fQuac omnia* cum dicit, non ad Graeca
tantum illa Stephanum respicere, sed simul ad ceteras emen-
dationis partes antea commemoratas, res ipsa loquitur. Ce-
terum illum *qufcndam nostrum, imo optimi cuiusque amicum
graece ac latine doctissimum' lacobus Bernaysius suspicatur
non alium nisi Guilelmum Budaeum esse.
Post Stephanum ad emendandam hanc vitam perpauca
vel Desiderius Erasmus in Basileensi Frobeniana anni 1532,
i»« vel in Veneta Aldina anni 1555 Antonius Muretus contulit.
Huius cnim dumtaxat duae fuerunt probabiles emendationes,
p. 206, 1 uocem diuinam, 211,5 urbc: illius una sola Santra
p. 210, 8 inter pravas vel inutiles complures p. 211,12. 214,
4. 5. 6, quo etiam propositum in margine p. 214, 7 qui iura
populis consultus dabat pertinet Has autem ne quis forte in
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COMMENTARIVS.
221
Erasmianam transisse ex ea Stephaniana suspicetur quam
uno anno ante Parisfis emissam prodidere bibliographorum
filii inde ab Almeloveeno de vitis Stephanorum (Amst. a.
1683) append. p. 5 ad Renouardum in 'Annales de 1'impri-
merie des Estienne' (Par. a. 1843) t. i p. 35: sciendum est
illius anni 1531 Terentium Stephanianum nullum umquam
exstitisse videri, ut quem consultae a me bibliothecae lautis-
siniae prorsus ignorent, nec Germanae tantum Vindobonenses
Monacensis Berolinensis Goettingensis Dresdensis Heidelber-
gensis Vratislaviensis et si quae aliae sunt Borussicae, sed
etiain Leidensis atque adeo ipsae Parisinae.
De Friderici Lindenbruchii curis Rothius dixit Musei
Khen. 1. s. s. p. 175, ipsos codices illi nullos praesto fuisse
ad adornandam editionem Parisinam anni 1602 (iteratam
Francofurti a. 1623) disputans, sed excerptas tantum e variis
codieibus lectiones, quas ei vel conlectanea quaedam biblio-
thecae Regiae, vel typis expressa exemplaria Pithoeorum
Francisci Petrique, conlata ea cum ms. codicibus Antonii
Contii et Iacobi Cuiacii antecessorum Bituricensium, vel
schedae Petri Danielis Aureliani praebuissent. £t has qui-
dem schedas ad ipsum Parisinum A spectasse satis confirmat
consensus testimoniorum. Hinc igitur est quod vitam Te-
rentii quibusdam in locis, verum eis tamen non multis, emen-
datiorem edidit, velut receptis quae Stephani amicus negle-
xerat p. 205, 2 inter finem, 8 et C. Laelio, 208, 2 bis die,
210, 10 C. Sulpicio, 21 1, 10 Cosconius, 212, 2 sarcinanim, 4 post.
De qualibus quae ipse perpauca adscripsit codicum testimonia,
quoniam et valde ambigua sunt nec omni ex parte vera,
quo certius aliorum errores quosdam caveas, ipsius verba
infra posui*).
*) Manarunt enim tales errores ex eo potissimum, quod tefltimonia
illa vel alia vel auctiora in FranoofurtenBi p. 631 sq. quam in Parisina
p. 621 sq. exstant: quemadmodnm etiam Contii Cuiaciique mentio in
alteriu» demum editionia praefatione accessit. Itaque Francofurtensis
qoaecunque vel addidit (+) vel mutavit (=) uncis aaepsi. — P. 210, 11
Et yvi CONSVLARIBV8) Mss. Cuius consularib. [= ms. r. Cuius cmisu-
Itriftnt]. — 211, 8 Narim cum semeT) ms. DanieliB. Narim ut semel -
211, 10 Qv. oosconivs) Tta ex mss. edidinms. vulg liactcnua fuit Con-
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222
IN VITAM TEKENTII
48? Paullalum est quod vitae Terentii Suetonii editores
praestiterint Ioannes Schildius (qui ilhini primus vitis Cae-
sarum iunxit) in Leidensi a. 1647, Ioa. Georgius Graevius
in Traiectinis a. 1672. 1703, Samuel Pitiscus verbosissimis
commentariis res explanans planissimas in Leovardiensibus
a. 1690. 1715, Iacobus Gronovius in Leidensi a. 1698, Petrus
Burmannus in Amstelaedamensi a. 1736, Io. Aug. Ernestius
in Lipsiensi a. 1748. 1775, instaurata a Frid. Aug. Woltio
a. 1802, his autem omnibus aliquanto praestantior Franciscus
Oudendorpius in Leidensi a. 1751.
In perscrutando autem atque penitus exhauriendo the-
sauro Parisino laudabiliter pergens Rothius num quid nobis
reliquerit, viderint qui, quid a nobis ipsis relictum sit, doce-
bunt. Modo manus suas ab his Musarum deliciis tales abs-
tineant qualis nuper prodiit in Philologo Leutschiano vol.xv
p. 507: qui non tantum sui ministros (sive siios ministros
voluit) hoc est *ministros libidinis' Scipionem Laelium Fu-
rium fecit, sed idem turpi flagitio stupri innocentissimo-
rum par poetarum planeque mellitos versiculos conspurcavit
ac prope dixerim constupravit.
Pag. 205, 3 Ihmici belli, quem ordinem servarunt cuiu
Parisinis Leidensis Keginensisque, prorsus de more Suetouii
conlocata sunt, qui inter secundum ac tertium Punicum hellum
dixit de gramm. c. 2 ibidemque Nacuii Punicum bcllum,
itera sceundo Punico bello d. Aug. 2, Punicis ac Gallicis bdlis
sentius. — 212, 2 Amissarum sarcinarum). Nibil rectius hac lectione,
quam omnes scripti codd. praeferunt. in editis libris est satyrarum.
| = praeferunt, excepto uno in quo fabularum erat. Vulgo hacteuus
legitur sutijrarum.] — 212,11 [+ Sed Licinio) ms. sed Livio.] — 213,5
Jn mcdio populi) ms. Dan. In medium nobis sedatis etc. — 213, G Quid-
quid come) ms. Quiddam come. [+ al. Quidquod.] — 213,12 Despectus
parte) MS. Dan. despecta parte. — 214,6 Cuiae suntf) Sic Hb. Dan. al.
atius snnf'' — Quo illud accedit ceteriB gravius quod adnotationi ad
p. 214, 7 Hubieci [infra p. 272]. — Ad Parisinum B apectare pote^t
quod in uno solo proditum p. 212, 2 fabularum teatatur: non potest,
cum in rMS. R.' legi cuius dicit p. 210, 11, quod in uno A repcrtum
c«t. Quarc, si modo K. notam recte interpretor Hegium, de 'collectaneii*
bibliotbecae Regiae' illis cogitandum videtur.
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COMMENTAHIVS. 223
-
Ner. 38. Oinninoque in plus viginti exemplis non repperi 488
nisi quinque ordinis contrarii, si modo ab unorum ciuilium
bellorum (vel ciuilis bclli) mentione recesseris, in quo genere
solo totiens fere, quotiens praecedit adiectivum, idem post-
ponitur*).
Pag. 205, 3 ct natus sit et mortuus, pro eo quod inde ab
Aldina vulgatur natus sit et mortuus, dubium vix est quin
recte eruatur e librorum scriptura natus est et mortuus: ubi
elapsae ab initio et particulae, quam geminatam requirit ar-
gumentandi evidentia, ipse vitiosus cst indicativus indicio est.
V. 4, ubi prorsus necessaria aut particula, qui tueri
Numulis et Gaetulis Rothius p. 177 potuerit, aegre intellegas.
Ibidem prodita in libris verba ad duccm romanum pcr-
ucnire potuisse, in quibus ineptum est ducem potissimum
commemorari, etsi ad sanam eandemque satis eleganter ela-
tam sententiam Schopenus apud Fleckeisenum praef. Ter. p. v
sic revocavit: adduci Romam ibique uacnire potuisse, tamen
cur haud paullo leniorem Iacobi Gronovii emendationem
speruamus diium h. e. dominum pro duccm reponentis, caus-
sam non video. Esto ut proprium sit fde servis vaenalibus*
adduci verbum: at nec uiinus proprie vel hereditate vel
eniptione res quaelibet ad aliquem perucnire dicitur, nec
omnino proprietate verborum opus est ubi nihil nisi hoc
agitur, ut non intellegi declaretur quomodo ab Afris captus
poeta servus fieri Romani hominis potuerit. Ceterum duccm
vere Rothius dixit iam ab eo lectum qui epigrammatis apud
Burmannum n, 220, apud Meyerum 845, hunc versum fecit
*) Quinque quae exemi exeinpla haec sunt: belluin Siculutn Aug. 10,
SiciJiense 70, PhiUppense Aug. 29. Tib. 5, Vitettianum Doni. 1. Contra
quae magna multitudo talium valet: Gallici ciuilisque betti et Gallici
belli lul. 56, Gallicis bettis 69, Philippense bettum Aug. 13, Philippense
et Siculum b. ib. 22, Cimbrico Marsicoquc b. ib. 23, Mutitiensi b. ib. 84.
de rhet 1, Cantabrico b. Aug. 85, Akxandrino b. Tib. 4, liaeticum
Vimlelicumque b. 9,' Mithridaiico b. 37, Germanico b. Ner. 4, Viriathini
b. Galb. 3, Samnitici b. Vit 1. - Ciuilia betta vel ciuile bettum habes
llll. 36. 42. 68. 83. 86, Aug. 83, Claud. 13, Ner. 2, Vesp. 7, Dom 10,
de rhet. 1 : bettum ciuile vel betta ciuilia Iul. 27. 50. 64. 75, Aug. 9.
25. 32. 40, Claud. 13, Vesp. 1. 12, Dom. 6. — Ceterum finitimum genus
tetigi ad p. 210, 11.
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224 IN VITAM TERENTII
>
Tiomanis dncibus beUica praeda fui. Vnde rursum vita Pe-
trarcae profecta a Bomanis ducibus captum dicit. Contra
Schopeni coniecturae favere vita Sicconis Polentoni (Parerg.
Plaut. p. 635) videretur, in qua est puer captus bello et Romam
<«> ductus, nisi illa ex ipso Petrarca ducta esset. — Speciosior
autem quam verior eiusdem Rothii disputatio haec est: fErst
dann wird ein Vorschlag befriedigen, wenn dadurch Fene-
stella'8 Argumentation klarer wird; wie die Worte jetzt
lauten, wili er gegen die Kriegsgefangenschaft des Dichters
sprechen, widerlegt aber dessen africanische Herkunft.' Ni-
mirum sic apparet Rothium ratiocinari: si nec bello captus
sit a Romanis, nec commercium inter Italiam et Africam
ante deletam Karthaginem ullum fuerit, non potuisse illum
omnino Karthagine Romam ullo modo pervenire. Verum ne
inter ipsam Karthaginem quidem et Ttaliam ullum commer-
cium intercessisse quis vel contendat vel contendi a Fene-
stella sibi persuadeat? Quem apertissimum est de Numi-
darum Gaetulorumque, non de Karthaginiensium cum Italicis
commercio cogitare. In quam ^artem verba Suetoniana
Rothius nullo negotio sic potuit deflectere ut scriptum fuisse
inter Italicos ct [cetcros] Afros coniceret: ita enim omnis
Fenestellae ratiocinatio firma et perspicua et sibi constans
prodit. Sed ne hoc quidem adminiculo opus est: nam Afros
cum dicit Suetonius, non alios nisi ceteros praeter Karthagi-
nienses populos cogitat. Planissime ita Livius xxvm, 44
' Karthaginiensi nihil ciuilis roboris est: mercede paratos mi-
lites habent Afros Numidasque': eandemque in partem eius-
dem haec valent xxix, 3 'mercede parari auxilia ex Afris\
c. 4 'ad conducenda Afrorum auxilia': quae item opposita
sunt Karthaginiensium notioni. His pridera scriptis suam
nobiscum coniecturam Mommsenus communicat, qua pergens
in Schopeni via, sed ad librorum iidem aliqua ex parte pro-
pius accedens adductum Bonmm uenire potuisse proponit.
Pag. 205, 11 tradat . . . faciat coniunctivos constans lo-
quendi consuetudo Suetonii (cuius plus viginti exempla nu-
meravi) cum hic postulabat tum infra p. 207, 11 quamuis Vol-
catius . . . scribat. Simillimo exemplo quamuis ipse in histo-
riis suis jyrodat dixit in vita d. Claudii c. 21. Indicativum ei
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COMMENTARIVS.
225
particulae semol iunctum d. Aug. 42 quamuis destinarat non
debebat cum aliis Oudendorpius defendere.
Pag. 205, 13 sqq. positos Porcii Licini septenarios etsi
aliijua ex parte olim tractavi Musei Rhenani t. n p. 648 sq.
vel Parergon Plautinorum t. i p. (337 sq., tamen non est
uiiruni novae viae ducem veterem codicem Parisinum extitisse
tum parum cognitum. Cuius virtus in primis statim versi-
culis enitescit, quos ille tales exhibet: dum lasciuiam nobiiium <yo
et iaudes fucosas petit, dum africani uoccm dum et inhuius ci
auulis auribus, dum ad ftrum [ftxum] sc ccntarc ct ttlium
pnlchrum putai. Vbi numeros duriusculos fucosas lattdrs petit,
quos subtili aurium iudicio F. A. Wolfius repudiabat, ceteri
libri omues tuentur non minus vitiose quam in fine tertii
versus putat ptdchrum, quem ordinem ^rborum primus Asu-
lanus emendabat in exemplo Aldino.
Item versu proximo quamvis portentosa corruptela uocc
tlum et inltuins ct scriptum sit pro eo quod ccteri servarunt
uoce dtnina inluat, tamen vel hic vestigium veri in uoccm
scriptura relictum est: quando accusativos requiri uoccm di-
uinam iam Muretus perspexit. Ne quis enim uocei diuinc
h. e. uoci diuinae potius, quod probabat Daniel Heinsius, de-
litescere in uoce dum ct suspicetur, reputandum est posterio-
ribus demum scriptoribus, poetis potissimum, dativuin pla-
cuisse, ipsum accusativum hoc quidem appetendi significatu
autiquiores probasse, velut cum hercditatem vel aurum vel
bona inhiare Plautus dixit Stich. G05. Aul. n, 2, 17. 81). Mil.
715 (1199). Truc. n, 3, 18, mortem alicuius Caecilius v. 147
Kibb.: nain uberibus lupinis inhiantcm liomulum cum dicit
Cicero in Catil. in, 8, 19, propria verbi notio servata est.
Insequenti versu cum e noviciorum codicum memoria
dum ad furium sc coenitarc (coemitare, cocmptare), mensurae
ut consuleret, dum se ad Furium coenare Wolfius eftecisset,
et proditi verborum ordinis et formae frequentativae tutandae
viam rursum solus Parisinus monstravit: in cuius scriptura
firit liiuuio fixu C. W.] non Furium latere, quod ex inferiore
versu p. 2(Mi, S huc adscitum est, sed ipsius Furii illius
j^uomeu Vhilum telici aeumine Kothius adsecutus est.
\a mts< m i.ii <>v\ >« \ la iii. 15
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220
IN VITAM TEKENTII
Gravioribus turbis proxiina aftecta sunt. Quorum cuui
haec esset in libris noviciis species: dum se amari ab his
crcdit rrcbro in albanum rapi ad florem actatis suac ijisis (vel
ipsus) sublatis rcbus ad summam inopiam redactus cst, quae
verba duorum versuum ambitum superant, nou satis suut ad
tres complendos, et Woltio et nuper Rothio et nobis olim
ipsis haec via ineunda visa est ut intercidisse quaedaui pu-
taremus. Quali tamen lacuuae supplendae quae vel a Wolfio
vel a Kothio temptata sunt (in cuius arguuieutationibus
p. 178 sq. perscriptis nihil quod probari posset inveni), eo-
rum plurimis de caussis eisque satis nianifcstis nullus prorsus
491 usus est. Quod contra, si modo de lacuua cogitandum, ne
nunc quidem valde displicitura sint a nobis olim commen-
data supplementa, <|iia^ * ssc talia volebamus: I>um sc ab his
anuiri credit db /lorcm aetatis suac, || Dum [sc eorum rcdis gc-
stit J crvbro in Allxmum rapi, \\ Suis sublatis rcbus ad summam
inopiam rcddctus cst. Verum tamen in hac versuum confor-
matione ut hodie non acquiescamus, non leves rationes
praesto sunt. Quarum gravissima haec est, quod et mirum
in modum languent quae scripta sunt dum se ab his amari
creditf quod saltem (jloriatur dicendum erat vel similiter, et
eadem amoris notionem multo certiorem atque apertiorem
produnt, quam quae in praemissa a Suetonio vcrba quadret
quibus is Porcium suspitionem de consuctudinc faccre signi-
ficabat. Vnde fit ut illa ipsa verba in suspitionem incurrant
nec de lacuna potius quam de interpolatione cogitandum
videatur. Nam ut, quo Porcii versiculi spectarent quamque
vim illa potissimum haberent quae sunt ad Philum sc cenitarc
ct Ladmm pulckrum putat, doceretur, sat profecto proclive
erat adscribi ab interprete, quae post in verba poetae inre-
pserunt, se amari ab his crcdit. Huc auteni accedit quod a
ceterorum codicum memoria non leviter veteris Parisini fides
discrepat: in quo, praeter crcdat pro crcdit positum, proxima
in hunc modum scripta sunt: crebro in albanum mpitur olt
jlorem actotis suae jx>st sublatis rcbus e. q. s. Ergo, ne moras
nectam, a dum particula incipiens quartum enuntiatum se-
quebatur, integrum id septenarium aequans eumque una
rrcbro voce transposita tam concinnum quam quod maxime:
*
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COMMENTARIVS.
227
Dum in Albanum crebro rapitur 6b florcm aetatis suac, in
quadruplici auteni protasi constructio omnis substitit nec
oninino ad quintupliceni progressa est. — At vero protasiin
dum coniunctione factam quid esse dicamus quod in apodosi
post particula excipit? id quod nemo non videt prorsus de-
stitui ratione. - Porro autem quas tandem res sublatas inter-
pretabere, sive cum Wolfio cdtlatas substitueris? Quos enim
esse putabimus qui res quaslibet Terentio vel sustulerint vel
abstulerint? ut rcs esse bona possessa a poeta largiamur.
An Scipionem, Furium, Laelium? Perversa haec sunt omnia
aut abhorrentia a latinitate: sanum nihil, quamdiu quidem
in hac via persistimus, nisi ut rc potius, non rebusf h. e.
re familiari 'perdita' vel 'pessumdata' diceretur. Prorsus
diversam notionem pluralis numerus fiagitat, quae vix alia
esse potuit nisi ut, qui alienam gratiam cupidius sectaretur
luxuriaeque studia cum nobilibus participaret, suis ipsius 492
rrbus 'neglectis* vel f postpositis, posthabitis' ad inopiam
esse redactus diceretur. Eamque ipsam iu viara vetus nos
Parisinus ducit, e cuius scriptura aetatis suae post subkitis
lenissima transpositione eruitur, quod a Porcio scriptum
esse pro certo affirmamus , aetatis suae, \\ Suis postiatis rebus
e. q. s. Ipsum postlatus vocabulum quotiens vel usurpatum
a scriptoribus vel a librariis obscuratum sit, idoneis exem-
plis Oudendorpius in Suetonii vit. d. Aug. c. 77 docuit. —
Ceterum ad nobilium inlecebras illas ut paucis redeamus,
Albanum cuius fuerit incompertum nobis. Fortasse ipsius
Scipionis: cui coniecturae salteni illud non obstat quod Sci-
pionis iam ante mentio facta est. Satis enim commode post
Scipionem, Furium, Laelium singillatim commemoratos, ut
quos in urbe poeta singulos coleret, quarto loco inferri cuius-
libet villa potuit tamquam commune amicorum illorum
omnium conciliabulum voluptatis deliciarumque. Quae si
ratio inter v. 2. 3 et v. 4 intercedit (nam primo versu gene-
ratim, quae per partes explicantur deinceps, comprehendun-
tur), etiam planius intellegitur quam a veritate abhorreat
Itothiana ratio, qui ipso quarto versu apodosim fieri prae-
missarum protasium sibi persuasit prorsus mirabiliter.
Pag. 206, 5 qui insequitur versus, in Parisino talis est: ita-
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228
IN VITAM TERENTn
que ex conspcctu omnium abit greciam in terram ultimam. Vbi
sic discrepaut ceteri, ut (praeter e forniani pro ex substitu-
taiu) vel abiit in graeciam tcrram prodaut vel abiit in grcciam
in terram vel abit (abiit) in greeiam omissa terram voce: ut
incerta sede fluctuare in praepositionem appareat. Nuuieris
auteni quo satis fiat, duae solae corrigendi viae patent: aut
ut dbiit Gracciam tn terram probetur aut ut dbit in Graecidm
terram: nullus est enim quem Rothius versum finxit. Vtruui
praestet, non est difficile iudicatu: perinde vel abit praesenti
tempore vel perfecto abiit dicebatur, non perinde in prae-
positio vel praemittebatur vel media inserebatur. Nam poe-
tico tantum artificio, quale ab hoc genere litterarum alienis-
simum est, sic loqui Graeeiam in terram licuit, quem ad
modum Celtiberia in tcrra Catullus 39, 17 dixit: in Graeciam
terram (vel etiam usitatius in terram Graeciam) prosae ora-
tionis siraplicitatem servans castitas sermonis antiqui postu-
labat, sicut iu Trinummo aduecti ad Arabiam terram sumus
Plautus dixit v. 933, Arabiam ad krram non magis potuit
quam, qui poetam non ageret, JUienum in fluuium vel Ale-
xandrum ad fdinm. Nec aliter, qui Catonis Varronisque ex-
493 emplo valde delectatur hac societate nominum, Gellius: in
terra Graccia I, 1. XVII, 3. XVII, 21 § 10 et 23, tff tcrra Vmbria
ni,2, in terra Africa iv, 18. xvi, 11, in tcrra Italia, in ter-
ram Laeonicam xvi, 19, ex tetra Hispania xvn, 3, c terra
Asia xix, 9. Contra poetico colore tinctus Taciti sermo
uou refugiebat Capreas se in insulum abdidit Ann. iv, 67, et
si quae sunt similiter dicta inverso ordine ut oppido a Ca-
nopo ii, 00, montetn apud Erycum iv, 43. Ceterum uno verbo
repellendi sunt qui Gracciae in terram commendarunt non
perspecta vi appositionis quam sanissimo iudicio Carolus
Nipperdeius nuper explicavit Spicileg. crit. iu Cornel. Nep.
p. 35 sq. — Vnum restat, quod etsi dubitationi esse ob-
noxium sentio, tamen silentio praetermittere religioni duxi.
Etenim numquam non oflensioni fuisse fateor quod, quo se
receperit Terentius, Graecia ultima dicitur: cuius quidem
definitionis vereor ut ullani certam notionem menti suae in-
formare veteres ipsi potuerint: tam illa et ab usu recedit et,
situm Graeciae si qualis sit reputaveris, suapte natura miruni
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COMMENTARIVS
229
in moduin vagatur. Reniotissiniae ab urbe Koma (vel etiam
Brundisio) partes Graeciae navigantibus quidem non fuerunt
aliae nisi Attica, Euboea, Thessalia: quarura illas duas, qui
delitescere vellet, non profecto petiturus erat praeter alias,
rursus autem haec, Thessalia, per Epirum iter facientibus
raulto quam ipsa Attica vel Euboea propinquior erat. Ergo
quocumque te verteris, cum semper aliquid insoliti multum-
qne ambigui habeat Graeciae ultumae appellatio, non levis
suspitio nascitur in Graeeiam terram intumam potius, quo
e conspectu omnium se subduceret, Terentium recessisse
auctore Porcio h. e. eam in terram in qua etiam mortem
obiit, quae fuit Arcadia. Nam nihil huc pertinet, quod illum
alii omnino non in Graeciam, sed in Asiam profectum tra-
didere, ut Volcatius Sedi«j;itus infra commemoratus a Suetonio.
Pag. 206, 7 sic Parisinus A: mortuus cst infalo archadiac
opido e. q. s. Vbi in phalo libri novicii plerique, in stim-
phalo cum Vrbinati editio princeps, turpi ut apparet soloc-
cismo. Quod intellegens Rothius soloecismum tamen ne ipse
quidem cavit cum Porcio haec verba tribuit: Mortuust Stym-
phalo Arcadiac in oppido. Tolerari potest, quam ille neces-
sariam dixit praeter veritatem, ttt praepositio: non potest in
bono scriptore Stymphalo forma pro ea quam antiquitas solam
probavit Stymphali: quod genus accurata ut solet doctrina
idem ille Nipperdeius 1. s. s. tractavit j>. 15 sq. Et certis- 494
simo indicio veri ipsa haec vita Terentiana est inferiore in
loco p. 211, 11, ubi 'ccteri mortuum esse in Arcadia Stymphali
siuc Leucadiae tradunt9 scriptum est in libris, ex interpola-
tione autem inrepsisse Stymphali nomen infra apparebit. Ibi
igitur in interpretamento fortuito servatam legitimam Stym-
phali formam ubi huic in quo versamur loco reddiderimus,
simul autem, quas turbas in antiquorum poetarum codicibus
cst verbi aphaeresis, sive synaloepham dices, tamquam de
raore creaverit, meminerimus, dubitari nequit quin ipsam
Porcii manum hac demum emendatione recuperemus: Mortuos
Stumplialist Arcadiac oppido. Nam ne quis hiatui patrocine-
tur in medio septenario: Mortuost StympJuUi Arcddiae oppido,
reputandum est praeter alia, artiore . constructionis vinculo,
quam ita ut divelli possint, Arcadiac oppido verba contineri.
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230
IN VITAM TERKNTI!
Nec offensioni esse dactylus in quarto pede debet, ut qui
satis veniae cum a nomine proprio tum ab ipsa elisione
habeat. Prorsus autem simplicitati conlocandorum verborum,
qua hoc genus versuum regitur, inludat si qui Mdrtuos Stym-
pliali Arcddiaest dppido commendare animum induxerit*).
Pag. 206, 8 — 207, 3 cum exitu septimi bene factum quod
non semel scriptos habemus, sed circa finem huius vitae p.
212, 6 iteratos in libris post illa quae sunt quo magis miror
Porcium scribere. Itaque quo expeditior conlatio esset, utrius-
495 que loci versiculos, quales in vetere Parisino exstant, ex
adverso posui, simul subiecta scripturae discrcpantia notabi-
liore noviciorum librorum.
p. 206 sq.
nichil P.scipio eiprofuii niliil
illi lelius nihil siministros per
idem tcmpus qui agitabant 3
nobilcs facillimae eorum ille
opcra ne domum quidem
si abuit conducciciam saltem 6
ut esset quo referret obitum
domini seruulo.
1 P. vel p. vel Publio (Vrb.)
vel ei p. (Neap ) scipio pro-
fuit 8ine ei 2 illi] ei si-
ministros] furius tres 6 si
abuit] habuit 8 seruulus
*) Ceterum non fore lectu iniucunda arbitror qtiac de his versibus
per prooemii academici opportunitatem proximo anno a me tractatis
F. Th. Welckerus ad me peracribebat ex itineris Graeci memoria rcpc-
tita: fDas Gedicht des Porcius Lic. ist hochst interessant durch die
tief gehenden Andeutungen die es nach zwei Seiten hin, wie von eincm
hohen Stande der Bildung, in milder und fast elegischer Satire aua-
driickt. Wenn es nicht aus anderen Griinden unwahrBcheinlich iat,
dass der genial anziehende Liebling der Grossen sich in Zcrwfirfniss
und Verdru88 wirklich in das poetisch und politisch den Rflmern echSn
klingende Arkadien zurflckgezogen hat, so war Stym])halos ein ange-
nehm gelegener und kein kleiner Ort. An der aehr gelinden und raiU-
sigen AnhShe, wo die weit verstreuten Ruinen den Umfang dcr Stadt
zeigcn, fiihrt eiu ehmaU vortrefflicher Steinweg, in Stufen wovon noch
p. 212
scipio nichit profuit. nichil
ledius furius. trcs per
idcm tcmptts qui agitabant
nobiles facillimc eorum illc
opera ne domum quidem
habuit conducticiam saltcm
ut esset quo rcferct. obitum
domini seruulus.
2 lcdius. furius\ ei lelius nihil
furius (sine ei Par. alt., Reg.)
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COMMENTARIVS.
231
Et iiiitium quideiu horum versuum longo ex terapore tale.
vulgatur loco priore: nil Publius \\ Scipio profuit, nil ci Lae-
lius, nil Furius: a qua specie ita tantura Rothianum exem-
plum differt ut illi pro ei substituerit duce Parisino, id quod
iam commcudaverat Guyetus. Talis tamen constructio non
miuus ab usu quam ab elegantia reiectanea est: nec enim
fieri potest ut e tribus membris orationis eisque eiusdem nil
vocis anaphora aequabiliter formatis dativus solum medium
occupet, qui aut soli primo conveniens erat hoc pacto: nil
ei (vel illi) Scijrio profuit, nil Laelius, nil Furius, aut et
primo et secundo. Quo tamen non ita utere ut simul et ci
et HU pronomine suscepto e Parisino hoc genus probes: nil
PtibUus || Scipio ei profuit, nil illi Laclius, nil Furius: quando
absonura est diversis prouominibus eandem personam declarari.
His autem incommodis qui nos expediamus, via parata est
certissima. Quis enim, qui aliquem sensum elegantiae ha-
beat, patienter ferat duorum versuum confiniis divulsa Publius
Scipio nomina? Et ut ultra progrediar ratiocinando, quis
omnino additum Publius praenomen probet, cum de alio uisi
Fublio Scipione omnino cogitari nequeat? Vno verbo quid
rei sit aperiam: non est P. vel p. nota Publius interpretanda,
sed Publio, sic: nil Publio || Sciirio profuit, nil illi Laelius, nil
Furius, h. e. Publio Terentio. Quod quidem pridem perspe-
xeram, cura ipsum illud Publio exstare in Vrbinati codice *oa
comperi. Non nisi simplici nomine aut Africanum aut Sci~
pionem, aut Philum aut Furium Porcius dixit: item, ut I*u-
hlium ille, ita Afrum simpliciter Volcatius infra p. 211, 7.—
Quodsi, qui tandem ei pronomen huc inrepserit, quaesieris,
responderi poterit prorsus apposite ad persuasionem. Nec
enim ullo modo credibile est inferiore loco Suetonium, post-
quam hortulos XX iugerum a Terentio relictos commemoravit,
mirationem de contrario Porcii testimonio suam ita prodi-
viel erhalten ist, sanft binauf; und unten am Rand sind in die niedrige
zum Theil einigermassen behauene Felswand oder aus ihr heraus
Kxedren auagehauen, von denen aus man das weite Thal mit dem See
und dem miigsigen Bergzug gcgenuber ganz gemuthlich plaudernd be-
quem uberschauen konnte., Cf. Rossii fRei«en und Reiserouten' p. 54 sq.,
Curtii Peloponn. I p. 204 «q.
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232
IN VITAM TERENTII
tlisse ul huius versiculos, quales paullo ante integros pcr-
scripserat, putida tliligentia ouines iteraret: imnio consenta-
neum est in eis illum substitisse quae ad ipsam rem per-
tinerent, nec tam numeros versuum quam vim seutentiae
curasse. Satis igitur erat haec apposuisse: qtio magis miror
Forcium scriberc 'Scijrio nihil profuit, nihil Laclius, nihil Fu-
rius: eorum ille Ojtcra ne domum quidcm habuit conducticiani'',
nain Scipio nomen nihil praecessisse conseutieus vox codicum
evincit, e quibus unus Keginensis nihil Publitts addidit e loco
priore, quod post Aldinae auctoritate haesit etiam in editio-
nibus fne in Reginensi quidem hoc additamentum legi nuue
testatur VVilmannsius. C. WJ. Sed aliquid tainen in eo quod
proposui exeuiplo desiderari senties: personae indicium, cui
nihti vel summi patroni profuerint. Eoque ipsum illud ci
spectat, lioc loco temere omissum, in priorem ex hoc in-
latum et aut post scipio repositum ut iu vetere Parisino, aut
antc p. scipio ut in Neapolitano. Quod contra e priore loco
posterior interpolatus est non tantuin supervacaneis versibus
(luobus adscitis, sed rursus ci pronomine inferto iu proximis
nihil ci Mius nihil furius, a qua interpolatione soli liberi
manserunt uterque Parisinus cum Reginensi. — Consequens
igitur est ex his, ut inferiore loco sic scripserit Suetonius:
Scipio nihil ci }>rofuit, nihil IawUus, nihil Furius. Qnamquam,
absque fide librorum esset, nescio an etiam magis placiturum
esset nihii ci Scipio profuit e. q. s.
Pag. 207, 1 cum per id tempus edidit Wolfius pro eo quod
in libris est per idem tcmpun, non fecit hoc nietri caussa
quod dicit Rothius p. 170 (nihil enim in mctro otfensionis\
sed ipsas cogitandi leges secutus. Neque enim id agitur, ut
inter se aequales aetate fuisse Scipionem, Laelium, Furium
doceatur, sed ut aequales Terentii: unde illud sua sponte
consectarium. — Quae insequuntur qui agitabant faciUumc ne
cui morae sint, unus cavere personatus Asconius poterit in
Cic. divinationem § 8 p. 102 Or. sic commentatus: Uiifficul-
4y7 tatem enim paupertatem significat. Terentius c contrario:
tptam uos faciUime agitis\ quae verba sunt Adelph. v. 501:
recteque hoc genus loquendi iam Adrianus Turnebus expli-
cavit Adversar. xx, 33.
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COMMEXTAKIVS.
233
Versu 3 mimui est planissiinam sententiam negotium
facessere Scaligero Guyeto Heinsio Burmanno potuisse, in-
utilissimis coniecturis librorum scripturam sollicitantibus.
Iosephi autem Scaligeri, qui Porcii versus a se ut ait casti-
gatos animadversionibus in Eusebii Cbronologica suis inseruit
p. 144 ed. alt,, quod omnino nullam in hac tota disputatione
mentionem feci: fatendum est praeter unum versum sextum,
tibi abit in Graeciam recto iudicio edidit, in reliquis quae
sua usus coniectura proposuit omnibus ne unam quidem
quae probari possit litteram esse. Quod cum libere profiteor,
non esse verendum puto ne de magni viri plane divina vir-
tute quicquam detrahere inreverentius videar.
Pag. 207, 5 quin recte Caccilio nomen (item ut versu 9
Caccilii) Petrus Crinitus Liliusque Gyraldus restituerint, quos
praeter Pighium et Vbssium omnes secuti sunt, dubitari non
patitur Hieronymi auctoritas. Verum idem cum Caecilium
'mortuum c$sc anno post mortcm Ennii ct iuxta Ianiculum
scpnltnm9 tradat, gravis longo ex tempore controversia orta
est, Caecilius qui audire Andriam praelegentem Terentium
potuerit: quando Andriam non minus certum est anno 588
actam quam Ennium mortuum anno 585. Aut igitur duplex
fuit de morte Caecilii memoria, aut corniptela latet in verbis
Hieronymi. Nec enim vel de priore aliqua actione Andriae
recte cogitatur, nec de annorum intervallo quod inter prae-
lectiouem eius fabulae et actionem intercesserit: de quo
praelegendi consilio pluribus disputatum est Parerg. p. 329.
Itaque cum aliqua lacuna laborare etiam proxima Hieronymi
verba C. F. Hermannus coniecerit commentatione de scripto-
ribus illustribus apud Hieronymum memoratis Goettingensi
anni 1848 p. 4 sq., haud scio an in eadem via paullo sit
longius progrediendum librariorumque manus ad tale fere
exemplum emendanda: MORTVVS EST ANNO POST MORTEM
ENNH /// ET IVXTA EVM 1N IANICVLO SEPVLTVS: quando
annus post mortem Ennii tertius ipse 588 fuit. Nihil enim
quo temporum discrepantiam illam expediret, disputando
Hermannus profecit, cum de mortis anno Ennianae levitcr
taxaus Ciceronis testimonium idque duplex Bruti c. 20, 78
et Caton. 5, 14, vel adeo triplex conl. Brut. 18, 72, tum de
234 IN VITAM TERENTII
aedilibus, qui praelectae Andriae interfuerint, valde impro-
4<j8 babiliter statuens. — Ceterum alio modo idem Caccilius
nomen infra p. 212, 11 corruptum est.
Pag. 207, 6 etsi mirum est in dictus est converti potuisse
a librariis dicitur, tamen Suetonio hoc, non illud tribui ipsam
sanam rationem iubere Mommsenus sensit verissime.
Pag. 207, 7 in praepositionem addebam ut proxima ucstitu
voce haustam, quia subsellio residens sentiebam poetarum,
non 8criptorum esse. Sed Suetonii tamen aetatem a talibus
non abhorruisse ipse nunc testis certissimus prodeat, qui
Calig. c.50 toro residcns dixit, Ner. 13 curtdi residcns, Claud.7
ut aquila dexteriore utnero consideret, Aug. 43 lectica cubans,
73 cubuisse toro. Non imitabitur igitur nostrum exemplum
qui posthac hanc edere vitam instituerit. Diversi generis
sunt m ea parte consedit Aug. 43, in orcliestra considere 44,
cum in acde Vcstae resedissct Ner. 19, in donw Maecetiatis
cubabat Aug. 72, in peristylio cubabat ib. 82.
Versu 9 pcrcucurrisse] Reduplicationem cum codices Suc-
touiani octiens praeter hoc exemplum tueantur in accucurrc-
runt CaL 58, concucurrisse Iul. 15, decucurrit Ner. 11, discu-
currit Cal. 32, excucurrisset Galb. 18, percucurrit Ner. 3, pro-
cucurrissent Claud. 29, transcucurrisset Cal. 24, haud scio an
ea hic scriptor sit constanter usus. Quaraquam fatendum
est item octiens eandem libros ignorare in accurrisse Ner. 21.
34, coticurrerunt Claud. 21. Oth. 12, coticurrissent Iul. 32, oc-
currisset Aug. 96. Claud. 8, procurrit Ner. 47.
Pag. 207, 11 sqq. a veteris libri Parisini memoria quae
haec est: quamuis uulcatius denumeratione omnium ita scribat
'sumetur hec ira sexta ex his fahda% ita libri novicii discre-
pant ut de enumeratione et scribit exhibeant, maiore ex parte
otnninm omittant, pro sumetur autem vel sumerctur substituant
vel submct vel sitmetur vel subtneret. Et numeris quidem quo
satis fieret, aut ex hisce propositum est aut ex his trans-
posita ante Hecyra: utrumque satis exiliter et ut ad rei
summara animus ne adverteretur quidem. Nam quid taudem
sibi velle illud ipsum sutnetur, sive sumatur substitueruut
alii, putabimus? Quod cuni Kothius p. 180 sic iuterpretatur
cmag hingenoraraen werdeu', et sanam sententiam et latini-
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COMMKNTARIVS.
235
tateiu desideramus. Nec plus profecenmt si qui pro cximetur
acceperunt: nec enim hanc vim sumcrc verbum habet oranino,
nec unde eximenda fabula sit quave caussa quemve ad finem
eximenda, intellegitur. Quod autem nexus sententiarum fla-
gitat certissime, hoc est ut, cum Terentii fabulaa bnraes 499
populo placuisse narratum esset, unam solam Volcatio qui-
dem teste non placuisse adiceretur planis verbis et simpli-
cibus, non per aenigmatis artificium: ad eiusmodi enim op-
positionem contrariorum ipsa quamuis particula manifesto
spectat. Itaque talis quali opus est notio cum e sumeiur
scriptura vix posse erui videatur, nec ab initio versus metrum
claudicet, sed circa ipsas cx his voces quas per se aegre in-
tellegi antea significavimus, consequens est ut hoc potius in
loco sedes corruptelae quaeratur. Igitur quoniam, quae non
fplacuisset' vel fstetisset' fabula, vel fexacta' vel fexplosa'
dicebatur, facile quispiam ipsius explosast vocabuli reliquias
cxhis litteras interpretetur. Verum aliud in promptu est,
multo etiam graviorem vim persuadendi habens. Quotiens
enim fnon placitae' Hecyrae mentionem Donatus inicit, to-
tiens fere uno certo vocabulo utitur, quod cum alia exempla
non habeat, vix mihi tempero quin ex ipso Volcatiano versu
vitae Suetonianae petitum dicam. Quippe constanter ille cx-
clusam fabulam vel cxclusum poetam dixit: cuius rei testi-
monia infra scripsi. In auctario suo vitae Suetonianae quod
subiectum est p. 214: fHecyra saepe cxclusa, uix acta est\
Idem praef. Hec. p. 337 Lindenbr.: fsaepe cxclusa haec co-
moedia'. Idem ipsis commentariis in Hec. prol. 1 v.4: fnon
quia mala, exclusa est, sed quia populus funambuli admira-
tione obstupuit'; in prol. 11 v. 3: fturpe non esse Terentio
exclusam esse unam illius fabulam'; in v. 7: fcum una He-
cyra cxclusa sit'; in v. 13: fquia remotum et cxclusum (poe-
tara) dixit'; in v. 26: fduplex caussa ad unam cxclusionem
adhibetur', item fnarratio cur cxclusa sit: hoc est, non poe-
tae culpa deiecta est nec iudicio populi'; in v. 29: fquia
numquam alias exclustis est'. A qua ille consuetudine lo-
quendi paucis exemplis recessit, paullo fortiore vocabulo in
bis usus: in prol. n, 1: ftotiens expulsa fabula'; item fde
Terentio, quod cxpulsus est'; item fne expettatur, non se pro-
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236
IN VITAM TERENTII
logum, sed oratoreni nominat'; in v.4: 'exactasJ exjndsaf.
lllam igitur loquendi consuetudinem Donati caussam habeo
cur in Tacobi Bernaysii partes non cedam, cecidit latere in
exhis conicientis conl. Hor. Epist. n, 1, 176 'securus cadat
an recto stet fabula tato'. — Sequitur ut, quid in sitmefur
voce delitescat, quaeratur. Ne rnulta, scriptum est a Sedi-
gito: Simitur Hecura sexta exclusast fdbtda. Et reconditior
quidem simitur forma (etiam antiquior illa quam frequentata
wo Plauto simitu)} cuius paene intermortuam memoriam in An-
thologiae lat. corollario epigraphico, quo indici scholarum
aestivarum anni 1853 proludebam, resuscitavi p. XI sq., certa
autem ratiocinatione etiam Plautinis versibus Most 792.
Amph. 631 redintegrandis adhibui, a Volcatio eo minus aliena
videbitur, quo certius est posterioris aetatis duos illos titulos
(Orell. 2863. Inscr. Neap. 423) esse quorum testimoniis fides
ciufl formae omnis continetur *). Ipsa autem 'simul' notio
*) In epistulis Ciceronis quot vestigia sermonia vulgaris, qui idem
esse priscus solet, scrvata sint, nuper demum accurata obscrvalionc
Franciscus Buechelems persecutus est Mua. Rhcn. XI p. 500 sqq. Eo
igitur ille etiam hoc refert, quod ad Att. VII, 9, 2 scriptum est $i
multo, ubi sententui requirit sitnul notdonem: quippe conflatam esse
simiilto scripturam e vetustiore, qua hoc loco luserit Cicero, suiitu
particula et eius interpretatione sjmul. Quam autem diu simitu for-
mae usus manserit, etiam ex cpigrammate Anthologiae V, 1, 10 Borm.
(1024 apud Meyerum) intellegi: Hinc homincs, armcnta simitu, et se-
mina rerum: ita enim (sed hoc praeter alia) emaculandum videri quod
vulgatur simul et. Verum etiam antiqnioris simiiur formae, in quani
supra incidit disputatio, fallitur nostra sententia qui vestigium suspi-
catus est in Hostii versibus relictum apud Macrobium Saturn.VI, 5, 8:
Dia Minerua, simul autem inuictus Apollo \\ Arquitcnens Latonius. Ibi
enim etsi prosodiae quidem videri potest sic satis fieri simitur autem
i. A.: quando producta ultima pronnntiatum esse simitur iam olim dixi
probabile essc: tamen a numerorum ratione vix poterunt duo versus
contigui placere neglecta caesura aequaliter inconcinni. Ergo sic potius
statuendum videtur, una eademque lacuna utriusque versus communi
aliquid in utroque intercidisse. Velut, aliquo ut exemplo utar, in hunc
modum:
JHa Minerua fruit], simtU autcm inuictus Apollo
Arquitencns [instatj Jatonius.
In promptu est enim e pugnae dcscriptione bclli Histrici haec rcpdtere,
cui pugnac Homcrico exemplo ipsi dei interfuerint.
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COMMENTARIVS. 237
quo spectet, nirsus planum fit e didascaliis. Quippe unis
eisdemque ludis funebribus Aeinilii Paulli, quos fecere Q.
Fabius Maximus P. Cornelius Africanus, L. Anicio Gallo M.
Cornelio Cethego cos. h. e. anno urbis 594, et Adelphi acta
est quae placuit, et iteruni data Hecyra, quae cur ne tum
quidem peragi posset (nam 'exclusa' iani a. 589 erat, cuui
r in scaenam primum deferretur T. Manlio Torquato Cn. Octa-
vio cos.), ipse actor primarum idemque dominus gregis
Ambivius Turpio exposuit prologi alterius v. 29 ad 33. Ergo
brevem enumerationem fabularum Terentianarum omnium
percommode Volcatius potuit velut tali exeuiplo terminare:
Qttinto loco acta Adelphoe idauaum Uidcm tttlit: wi
Simitur Hecura sexta exclusast fabula.
Mirari sane licet secundam potius Hecyrae actionem a Vol-
catio menioratani quam tertiam qua placita est fabula teste
didascalia, cum ludis (Romanis nt videtur) a Q. Fulvio No-
biliore L. Marcio Censorino aedilibus curulibus factis denuo
relata est eodem anno 594. Verum non est tamen nimis
uiirandum quaedam in lioc genere veteres illos pinacogra-
phos saeculi vn fugisse (nam illud de ter acta Hec.yra nisi
fugisset Volcatium, non profecto sic uti fecit seripsisset):
quam enim nec certa nec sibi constans memoria illa omnis
didascalica fuerit, cum aliis documentis apparet, tum ex eis
cognoscitur quae de earundem fabularum duanim temporibus
(in his ut nunc subsistam) in didascaliis libri Bembini pro-
dita sunt. Levius videri potest quod ibi, prorsus ut apud
Donatum, inverso ordine quinta fabula Hecyra numeratur,
Adelphoe sexta: quae si eodem anno eisdemque ludis fune-
bribus docebantur, liberum sane erat utra prior numeraretur,
utra posterior. Quamquam vel sic tamen rursus mirere quid
sit cur potius non peracta fabula respiciatur quam peracta
quae sextum locum tuebatur citra controversiam. Verum
longe gravius est quod omnino aliam prorsus rationem nu-
merandi Bembinus codex sequitur, quippe qui non actas fa-
bulas ut Volcatius, sed 'factas' numeret: quode pluribus ex-
positum est Parerg. p. 263 sqq. Quodsi plerumque sane non
diversa fuerunt factarum actarumque fabularuni teinpora, at
singularis fuit ipsius Hecyrae condicio: quae si iam anno
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IN YITAM TKKKNTII
589 acta est vel saltein agi coepta, profecto non est quinta
a poeta facta, sed secunda. Consentaneum est igitur nihil
de actione illa prima ei quisquis fuit innotuisse, qui facta-
rum ordinem in Bembino proditum instituit. Similique con-
dicione Volcatius usus et primam et tertiam ignorabat.
Quam autem concinna brevitate in libro *de poetis' suo
(nec euim de alio cogitandum) Volcatius Sedigitus inateriam
illam omnem, quae ad poetarum et vitas et scripta specta-
bat, complexus sit, cum ipsa de Hecyra memoria illa indicio
est, tum ei qui de morte Terentii tres senarii infra positi
sunt a Suetonio, tum longe luculentissimo documento trede-
cim senarii illi exstant a Gellio proditi capite 24 libri xv,
quibus comocdiae palliatae poetis suum singulis pretium sta-
tuitur. Vnde prorsus probabile fit in tractando argumento
Sedigitum id consilii secutum esse ut omissis ratiocinandi
602 disceptandique ambagibus omnibus ipsam rei summam, qua-
lem animo suo informasset*), brevissimo m cqnspectu po-
neret. Hinc igitur recte existimari de illis poterit quae in
libris sic scripta sunt: quamuis VolcaUus de enumeratione
omnium ita scribat, nisi quod denumeratione vetus PaHsinus
exhibet. Quae verba omnino intellegi aliter non possunt
nisi ut aliquo capite libri sui Sedigitus putetur dedita opera
illud disceptasse, quo ordine singulae Terentii fabulae nu-
merandae vel enumerandae essent h. e. quo se ordine sive
actae siv^ factae excepissent. Id autem neminem fugit quam
ab eo consilio Sedigiti, quale antea descripsimus, abhorreat.
Enumeravit is ipse, non egit de enumeratione: nani de
numeratione vel propterea reiectaneum est quod 'nunteratio-
nem9 non novimus aliam dictam nisi solutionem pecuniae.
Ergo quod requirimus non est de enumeratione, sed in enu-
meratione potius. Quo tamen etsi satis fit sententiae, non
*) Quaedam autem satis illum mirabiliter sibi informaase ipsa illa
censura poetarum docet, in qua expedienda defendendaque operam per-
didisse Ladewigium puto. — Ceternm versuum illorum septimum vehe-
menter suadeo ut desinant talem exbibere Dein Naeuitis, qui feruct,
pretio Mt tertiost: quo etiam peius alii qui ferret pretium t-ertium. Vna
me iudice probanda haec versus forma: Dein Naeuitu, qui seruet pre-
tium, tertiust.
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COMMENTARIVS.
239
est fidei librorura satis factum qui de praepositionem om-
nes teuent Hinc igitur profectus Schopenus subtili ut so-
let iudicio Suetonii manum sic est adsecutus: Volmtius in
dinumeratione omnium h. e. rubi ordine suo omnes sex
recenset'. Nam quod omissa praepositione potuisse etiam
(linumeratione dici simpliciter Rothius sibi persuasit p. 180,
de eo fefellit eum opinio: nec quicquam alienius quam qui-
bus utitur exemplis Hibello', * praefatione9 et quae sunt si-
milia, quando nec liber nec certa pars libri vel iunctis *<it-
nunieratio omnium' verbis vel simplici ^dinumeratw9 vocabulo
appellari potuit. — Ceterum quem veri dissimillimum est
de enumeratione fabularum commentatum esse, is profecto
longe etiam diflicilius credetur de rcmuneratione earundem
dedita opera exposuisse: quam Mommseni coniecturam 1. s. s.
Rothius commemoravit. Nec praeter unam Eimuchum pro-
babile est omnino proditum esse memoriae et ad posteros
propagatum, quodnam a ludorum curatoribus pretium sin-
gulae fabulae Terentianae meruissent.
Pag. 208, 2 quod in libris et optimis et plurimis prodi-
tum est eunuehus quidem bis die acta cstf rectissimo iudicio
Burmannus Oudendorpiusque perspexerunt nihil aliud esse
nisi fbis singulis diebus' vel 'cottidie bis': id quod satis cum
aliorum tum ipsius Suetonii exemplis probatur ab eodem
Oudendorpio compositis in vit. Galbae c. 4 et d. Augusti c. 31,
velut cum 'liberti seruique bis die frequentes adesse' dicun-
tur, vel 'compitales Lares bis anno 0^311* et quae sunt ce-
tera prorsus parilia. Id autem cum absurdum esset de acta
Eunucho dici, mirum non est de eicienda die voce post alios
me quoque Parerg. p. 333 tum cogitasse cum eam non potui
non novicio interpolatori tribuere, quippe quam typis ex-
pressa exempla inde a principe omnia ignorarent: contra atque
reapse esse nunc scitur. Et sententia quidem quid retjuireret,
sat certo indicio Donati verba exstitere *ut iterum agcrctur
pro noua\ quibus ille, quidquid legit apud Suetonium, inter-
pretatus est verissime: quod ego genus universum 1. s. s.
dedita opera persecutus sum. Itaque cum olim ipsa pro noua
verba intercidisse post bis coniecissem, post facile intellexi
potius tale quiddam scriptum fuisse qualia sunt bis [eodcm\
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240
IN VITAM TKRENTII
die vel bis de i\ntegro\ vel bis de\nuo] vel bis dci\nceps\.
Quorum illa quae media posui esse TauToXova apparet: quod
autem primo loco, eo displicet quod profecto, ut singularem
gratiam fuisse Eunuchi probaretur, non opus erat eodem die
iterata fabula, sed satis erat per eorundem ludorum eorum-
que novas fabulas poscentium occasionem denuo efflagitatani
prodiisse. Hae igitur me caussae moverunt ut praeferrem
quod raaxime simplex visum, bis deinceps h. e. 'zweimal naeh
einander\
Versu 3 etsi id est voculae ne a codice A quidem, sed
ab uno B absunt, tamen a Suetonio scriptas esse cura Do
nati auctoritas tum loquendi et ratio et consuetudo negaut.
Nihil enim eiusmodi in Donati his verbis: proquc ca pretium,
quod nulli ante ipsam fabulac contigit, octo tnilia sestertium
numerarcnt poetae: ubi perperani et fabulam et milibus vul-
gatur, Ratio autera et usus etsi id est vel hoc cst particulas
nec raro nec uno modo admisit: quae genera identidem Mad-
vigius explicavit in Cic. de fin. p. 72. 139. 144. 264: tamen
ab eis, quae simplici appositionis grammaticae vinculo con-
tinentur, segregavit constantissime. Quas ubique ita usur-
patas reperies ut, quara quid vim habeat, quam vel notioneui
vel sententiam aequet, declaretur: quo tit ut cura singulis
r,(>4 nomiuibus et vocabulis tum ipsis rerum condicionibus expli-
candis adhibeantur. Velut, in ipso Suetonio ut me conti-
neam, in vita d. lul. c. 56 fper notas scripsit, id est sic structo
litterarum ordine ut nulluin uerbum effici posset'; Aug. c. 88
^orthoyraphiam, id cst formulara rationemque scribendi a
grammaticis institutain'; Galb. c. 3 'quod in diuturna ualitu-
dine galbeo, id cst remediis lana inuolutis assidue uteretur'.
Rursus Galbae c. 8 'nec defuerunt qui interpretarentur signi-
ficari rerum mutationem successurumque iuueni senem, hoe
est ipsuin Neroni'; Tiberii c. 24 'statione militura, hoc est ui
et specie dorainationis assumpta'. Ad horum igitur, quae
ultima posui, siinilitudinem ut largiar potuisse fortasse sic
scribi: 'meruitque octo milia nummura, id cst pretiura quau-
tura nulla antea cuiusquam comoedia', tamen eadem inverso
ordine dici fuerat putidissimum. Non est igitur dubitandum
quin hoc exemplum illis accedat, quibus aut solae id cst vo-
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COMMENTARIVS. 241
culae aut haruni adininiculo adnexae integrae enuntiationes
interpretamentuni nianifestum prodant: qualia cum Burman-
nus Oudendorpiusque in Aug. c. 32, Vespas. c 11, Domit
c. 17, tum Madvigius 1. s. s. p. 145 designarunt.
Pag. 208, 3 nummorum, quod debuit esse nummum, vix
recte Rothius talibus exemplis quibusdam tutatus est quibus
brevior forma nostro sensu item reddenda est, a male sedulis
demum sive magistellis sive librariis obscurata: Aug. 4G
singula nummorum milia, 101 singula milia nummorum. Nam
etiain iu talibus forma disyllaba* servata est ib. 40 singula
milia nummum. Certo autem accedente numero etsi semel
proditum cvngiarium numtnorum trccenorum Dom. 4 reperio,
tanien in ceteris exemplis onmibus alteri formae pepercerunt
librarii: quaterna milia nummum et bina milia nummum Iul.
38, ternis milibus nummum ib. 54, tre$entis milibus nummum
Aug. 68, uiginti milia nummum ib. 71, triginta milibus num-
mum Tib. 34, DCC milibus nummum gramm. 3, XVI milibus
nummum ib. 8, nisi quae forte me fugerunt alia.
Versu 4 inter ascribitur et nam Adelphorum principium
gravem lacunam esse tam recto Wolfius iudicio adsecutus
est, ut contrariae sententiae defendendae negemus viam re-
lictam esse. Alienissima enim sunt quae feruntur nam par-
ticulac exempla soli transitui sermonis servire: qualia in
bonis scriptoribus certum est alium explicatum habere, pro-
pria autem nam vocis vi destituta labentis demum la,tinitatis
barbaries admisit, velut in Douati auctario huius vitae p. 214, 1.
Nec pluris iam est apud Rothium p. 180 propositum. —
Quid intercideret cum suspicatus sum e Donati 1. s. s. verbis
intellegi, ubi fduae ab Apollodoro translatae esse dicuntur
coniico, Phormio et Hecyra, quattuor reliquae a Menandro',
non cogitavi de eadem prorsus memoria: quam si iam rela-
tam in Suetouii vita vidisset, non iterasset Donatus in
auctario eius vitae: sed de simili, quando ad Graecorum ex-
emplarium imitationem spectant quae insequuntur. — Cete-
rmn quod in lacunac suspitionem Wolfius etiam illa vocavit
quae simt et hanc autetn ct quinquc reliquas p. 207, 10, prave
sagax fuit: quibus nihil sanius.
Pag. 208, 8 sq. cum et conatus et camquc (id enim latere
LFk. RtTSCIIELII OPV8CVLA III. 10
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242
IN VITAM TERENTII
in codicis scriptura namque Schopenus pervidit) Parisinus A
suppeditarit sat eleganter, tamen ab eodem pro sc tutari
proditum refutare non potest non oculorum errori tribui.
Nihil enim ut de omisso, quo aegre careamus, cam accusa-
tivo dicam, nec verum est ullo modo vel refntare istam fa-
mam Terentium vel velle refutare, qui largiatur potius alie-
num auxilium idque excuset tantum, nec omnino coeunt inter
se pugnantes leuiter et longe fortissima rcfutarc notiones.
Pag. 209, 2 solus Suetonius servavit Hunc pronomcn, pro
quo in Terentianis libris omnibus Ad. proL 1C prodituui
Eum certissimis de caussis posthabendum est. Nam primum
prorsus constans est in his prologis, ut non alio nisi ipso
hic pronomine poeta declaretur: cuius rei documenta habes
in prologo Adelphon v. 10 hic, 18 hic, Andriae 18 hunc, 19
hic, Eunuehi 35 /m?V?*(nam paullum differt ibid. v. 3 poda
hio), Heauton timorumcnu 18 hic, 23 hunc, Phormionis 18
hunc, 19 hic. Accedit autem quod in eis qui proxime prae-
cedunt versibus ne mentio quidem fit poetae, ad cuius per-
sonam eum pronomen referatur*).
Versu 8 quoniam sc pronomen a vetere Parisino pror-
*) Versus integros subieci, ut hac opportunitate praetcrmissum ab
editoribu8 uaevum abatergam:
In Graeca adulescens est, qui lenoni eripit
Merctricefti in prima fabula. eum Plauius locum
Heliquit integrum. eum hic locum sumpsit sibi 10
In Addphos, uerbum de uerbo expressum extulit.
Eam nos acturi sumus nouam: pernoscite,
Furtumne factum existumetis an locum
lieprenmm qui praeteritus neclegentiast.
Nam quod isti dicunt maleuoU, Jiomines nobilea 15
Eum adiutare e. q. s.
Id his enim, praeter Eum illud, aut permolesta est et expers elegan-
tiae iteratio verborum quae sunt eum locum v. 9 et 10, itut (de quo
facile (luispiam eogitet) dedita opera aacita est hoc consilio ut eum
ipsum locum solum, nec quicquam praeterea ahud, ex Diphili comoc-
dia sumpsisse sibi in Adelphos poeta significaretur. At tali couailio
aprrte illud repugnat quod, in quo vocabulo ipsa vis sententiae insit
opoi-teat, h. e. eum, id in pronuntiando versu adeo delitescit ut non
modo ictum non habeat aed ne syllabam quidem efficiat. Ergo saltem
tmu.sponendum erat: eiim locum hic sumpsit sibi. Quamquam vcl sic
tamen ab elegautia quidem parum commendationis habet siue ulla ne-
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COMMKNTARIVS.
243
8us abest, non est illutl cum libris interpolatis ante leuius
inserendum, sed intercidisse ante defendissc credenduui, eadem
ut hic conlocandi elegantia leuius $e defendissc atque paullo
ante leuiter se tutari dicatur.
Ibidem in scriptura quidem librorum nihil aliud nisi ct
Laelio et Scipiani latere Fleckeisenus vidit rectissime. Sed
ipsi tamen id Suetonio minime tribuet qui tam pari in hac
caiusa condicione Laelium Scipionemque esse reputaverit, ut
non distinguendi inter se, sed communi notione comprehen-
dendi sint.
Versu 9 tamen particulae ita tantum locus erat, si fal-
saui esse de adiutoribus Laelio et Scipione famam illam vel
Terentius vel Suetonius signiticaret, contra atque faclum vi-
demus. Quare tum restituendum erat necessario.
Versu 10 non mirer si quis C. enim Mcmmius potius
expetat, itemque versu 13 Nejws autem auctore — : nec enim
de consuetudine in continuandis enuntiatis parcum particu-
larum Suetonium reperio. Sed tamen haec qui probet, cum
eodem fere iure Santra tamen Terentium requirere p. 210, 8
possit, item Quintus quidem Cosconius p. 211, 10, aut fidem
librorum sollicitari audacius aut acquiescendum in asyndetis
intelleget.
Versu 11 quod vulgatur in orationc pro se ait *P. Afri-
canus qui a Terentio personam mutuatus dctulif, vel eo
esse suspectum debuit quod, si ab uno duntaxat exemplo
discesseris vit. Tib. c. 07 (uel cum ait 'similem se scmper . . wi
<?. q. s.), nusquam Suetonius ait vel inquit vocabula eis quae
adscripta sunt alius cuiuspiam verbis praemisit, quinquiens
(Aug. 87. CaL 30. Ner. 22. 34. Vit. 10) postposuit in fine
enuntiati, ceteris in locis omnibus post aliquot ab initio
verba inseruit de communi consuetudine. Uursus autem
longe maior apud eundem inquit quam ait vocabuli frequen-
tia est. Et huic quidem ibi potissimum locum concessit, ubi
c«-i«itate iteratum Jocutn nomen. Vnde snspitio nascitur interpreti de-
teri Hcriptnmqne a poeta aic esse:
eum Plautus locum
Reliquit inUgrum. eiim nunc hic sumpsit sibi
In Adelphos.
16*
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IN VITAM TEREXTII
aut paullo ante praecesserat aut sequebatur paullo post in
eodem genere posituni inquit: id quod apparet variaudae
tantuni orationis caussa ita institutuni esse. Velut inquit...
ait habes Aug. 86 et 87. Claud. 42, ait . . . inquit Tib. G7. Cal.
29. Galb. 4. Vesp. 23 : a quibus prope abest aiebat . . . inquit
Oth. 10 et 11. Praeter haec igitur ipso ait verbo omnino non
est saepius quam sexiens usus: Aug. 18. 65. 71. Vesp. 24.
Tit. 8. de granim. 4: contra inquit verbo, si modo recte nu-
meravi, triciens*). Hinc autem etiam maior fides accedit
emendationi in vita Terentii factae. Vbi cum ait vocabu-
lum a Parisino A prorsus abesse videreni, libemm igitur
esse post P. Africanus illud reponi, tamen eo ipso iu loco
scriptum in libris qui quoniam aliquid miri et incommodi habet
ut et ad vim testimonii prorsus supervacaneum et e pleno enun-
tiato grammatico efficiens imperfectum, probabiliter has ipsas
qui litteras Schopenus interpretatus est ex inquit verbo relictas.
Versu 12 levi scribendi errore, quo dorni luserat transiit
in detnulus erat in vetere Parisino, abusus Rothius domui kh
serat posuit. Ego, a quo vel quando domui dictum sit pro
locativo dotni, fateor me prorsus ignorare.
Pag. 210, 2 in deterioribus libris prodita firamo in Re-
ginensi solo et eadem manu correcta C. W.J temporius forma
quin vitiosa sit et ab ipsa antiquitate prorsus aliena, iam
non dubitari putamus: communique consensu tenipeiws boui
codices tuentur apud Ciceronem epist. ad. fam. ix, 16, 8,
Ovidium Metam. iv, 198, Columellam II, 18, 2 et viu, 4, 3
(ubi ante excussuui Sangerraanensera item legebatur temjXh
rius)f Appuleium Metam. ix, 26, Palladium m, 21, 2 et iv, 4.
De positivo autem cum vel hinc satis probabilis fieri con-
508 iectura possit, tamen quoniam quosdara video praeter tem-
peri etiam alteram tempori formara probare, quid huius rei
sit paucis declarabo. Et a ratione quidem etsi non est saue
cur necessario improbetur tempori, ut quod similium non pau-
corura exemplo etiam antiquius esse altero potuerit, tamen
*) Locos cum semel in numtirato habeam, si qui volet inspiciai
vit. d. Iul. 31. 32. 49. 50. 59. G6. 74. d. Aug. 51. Tib. 28. 29. Cal. 32.
4C. 49. Claud. 15. 16. 40. Ner. 10. 33. 35. 47. 48. Vit. 8. Veap. 20. 22.
Tit. 6. Dom. 11. 16. 20. de gramm. 22. 23.
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COMMENTARIVS.
245
aliud suadet fides memoriae. Quam si cousulimus, tam cito
quam certo intellegimus inde ab antiquissiiua de qua quidem
constet linguae aetate, cum suo tempore, non sero, fieri
quippiam dicendum esset, aut tempcri placuisse, quod et ve-
tustioris et humilioris sermonis proprium mansit, aut quod
paullo leetius atque cultius, in tcmporc. Velut hoc Tereutius
in sex comoediis usus est quinquiens, bis tantum (Amph.
877. Capt. 836) in viginti Plautus: (ne in hoc genere nu-
merem sociata tn ipso tcmpore vel tn temporc ipso, ter qui-
dem a Terentio, item bis a Plauto Cist, iv, 1, 18. Poen.
v, 3, 19:) contra temperi Plautus dixit saepissime; ne semel
quidem Terentius. Et Plautina quidem exempla cum sint
• undeviginti, in his tcmperi formam optinii libri aut aperte
aut non dubiis vestigiis servarunt quindeciens: Aul. m, 3, 6,
ubi Yetus a m. pr. Uem pcriij sed Temperi e correctura;
Capt. 101; Cas. n, 6, 60, ubi item pr. m. Temperi, secunda
demum Tempori; Most. 314; Men. 445. 464. 467, tribus locis
o
unus Varticanus a rec. m. tcmpcri; Merc. 989, ubi tempcr cum
eodem Decurtatus, Temperarc Vetus; Pseud. 387, ubi etsi in
eisdem tribus temjx)ri est, tamen verum cum Ambrosiano
vetus glossarium testatur; ibid. 1182, ubi in tcmperi omnes
quattuor consentiunt, nisi quod in Vaticano a pr. m. tempere
fuit, tcmpori autem princeps demum editio invexit; Pers. 229,
ubi ad Palatinos Vaticanumque rursus idem illud glossarium
Plautinum accedit, tempori solus Vaticanus habet a m. rec.
prorsus ut ibid. 768, ubi temperi bis est in eodem versu;
Kud. 921; Stich. 654, unde temperi transiit in glossarium;
Trin. 911. Haec igitur cum horum ratio et condicio sit;
ecquis in uno Captivorum versu 183 tutari, quod est sane
in Vctere, tempori animum inducet nec ad ceterorum potius
et multitudinem et similitudinem hoc quoque accommoda-
bitV praesertim cum octo post versibus in eodem serraone
eademque seutentia ipsum insequatur tempcri. Nam quae
praeterea tria exempla restant, in eis ne prodita quidem
tcmpori forma est, sed ab editoribus demum effecta, prodita
autem temporc: semel cum vitio numerorum qui creticum
flagitant Epid. m, 3, 25 Edcpol nc istance tcmpcri gnato iuo
Sumus praemercati (nisi nc istam nos males, quando in Ve-
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246
IN VITAM TERENTII
509 tere lacuna est e rasura inter istam et tempore): semel autem
cum eius notionis consociatione, quacum ipsam tempcri for-
mam poeta praeterea sexiens iunxit (bis in Menaechmis, sin-
gulis in Captivis, Mostellaria, Sticho, Trinummo locis), quae
est ucnicndi, adueniendi, aduorsum ueniendi, anteueniendi notio:
unde consequens fuit ut Men. 1020 Edepol, ere, ne tibi sup-
petias temperi aducni modo scriberemus. Quodsi quis in imo
qui nunc relictus est Asinariae Yersu 733 servare ut tcmpore
opportuneque attultstis voluerit, ne ille viderit quo iure Plau-
tum poetis aequiperet, qui soli simplicem tempore ablativum,
sed raris exemplis nec nisi cogente metro dactylico, sic ad-
miserunt ut idem valeret atque 'suo tempore': velut cum
Ovidius Her. iv, 100 tcmpore abest aberitquc diu Ncptunius
lieros dixit. Nam de Cicerone dubitari noli quin is epist ad
famil. vii, 18, 1 aut ego cnim renouaho commcndationem , scd
in kmpore scripserit aut, quod in hoc quidem genere licebat,
scd tempcri, nullo modo scd tempore. — Contra nihili auteni
formam tcmpori similiter atque e Plautinorum librorum me-
moria licet etiam e Catonis de re rustica commentario ar-
gumentari. Vbi cum in libris vulgaribus cap. 2, 1 scriptum
exstet satisne tetnpori opera sient confccta, item 3, 5 si tempori
facies, hoc autem loco de archetypi scriptura tempcri certo
Politiani testimonio constet, numqui priore loco variandae
scilicet orationis caussa praetulisse Catonem tetnpori tibi per-
suadebis an aliquid sive a Politiano sive ab ipso librario
neglectum? Ergo Nonii p. 369, 20 librariis, non Titiuio
tribues quod in hoc senario da pensam lanam: qui non red-
dct tcmpcri — nunc vulgatur tcmpori, contra atque in simili
sententia lcpideque coneinnatam rcferam temperi factum est iu
Menaechmorum versu 467. Nec magis cum Vahleno Eun.
p. 160 Ribbeckioque Musei Hhen. X p. 291 ut adsint cras tempori
ad mctendum feres in Aesopi apologo Enniano, quamquam
consentientibus ut videtur Gellii n, 29, 12 libris omnibus.
Pag. 210, 2 ut a Parisini A scriptura ne interpcllarct pro-
fectus se potius absorptum esse proximis ne litteris censerem
quam cum noviciis libris ne interpcllaretur servarem, ipsa
sentcntia suadebat. Nec enim, ut ab aliis ne interpellaretur,
intercedente uxore opus habebat, quod et iubere ipse posset
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COMMENTARIVS.
247
et profecto nou erat petiturus tantum. Ab uxore autem pe-
tendi potius quaui postulandi eo plus caussae Laelio fuit —
si modo fcerti auctoris' fabula vera — quod Matronalioruui
die (eo enira spectare Jcalcndas Martias pridem intellectura 510
est) penes matronas sive potestas et auetoritas sive gratia
et libertas erat.
Versu 3 ex A repositum seroque ipsa loquendi con-
suetudo Suetonii commendat, qui sero tandein etiam Aug. 04
inii Galb. 20 iunxit, scrius tandeni nusquani, nisi quid me fugit.
Versu 10 fuerint} quod vulgo corruptum in fucre, eodem
Parisino duce, in quo fuer est, restitui eadem rationis neces-
sitate qua p. 210, 14 e dieuntur Rothius dicantur eftecit, ubi
soloece libri deteriores dicerentur.
Versu 11 diligenter pensitatis quae prolata sunt omnibus
noii potoi non viam olim institutam Parerg. p. 300 tenere.
Quod enim a Momm^eno propositum est apud Rotbiura p. 182
et qui Floralibus ludisf id quidem quo tandem modo tibi per-
suadebis depravari in et qui consularibus ludis potuisse? Et
quis tandem datas esse fabulas ludis Floralibus tradidit?
Quibus actos esse mimos scimus: fabulas autem umquam
dictos mimos simpliciter ignoramus. Et si forte mimis fa-
bulae posteriore aetate successerint: at posteriore aetate fa-
bulae etiam Cerealibus ludis spectatae sunt, ut, qui hiuc con-
iecturara capere de simili iustituto liberae rei publicae velit,
profecto etiam probabilius Ccrcalibus latere iu comuktribus
sibi persuaderi a Tan. Fabro patiatur. Itaque cum uec co-
moedias datas ludis Floralibus, nec in his quicquara vel illa
aetate vel a Sulpicio Gallo novatum ullo testiraouio constet,
contra testimonio certissimo idem Sulpicius cum arte Teren-
tiana societur, ut quo consule primara eius poetae fabulara
Andriam actam esse ludis Megale"nsibus e deperditti nunc
didascalia Donatus prodiderit, non videmur egisse inconsi-
deratius cum q wmularibtis natum esse e q consxd\c mega-
his]ibus contendimus veri esse simillimum. Neve quis forte
ludos Meyaletises expetat pro Mcgalensibus ludis, Suetonium
scito hoc ipso verborura ordine tantum nou semper usum
(prorsus ad similitudinem eorum quae ad p. 205, 3 tracta-
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248
IN VITAM TERENTII
hara): asticis ludis Tib. 6. Cal. 20, castrcnsibtis l. Tib. 72, circen-
sibus l. Ner. 7, honorariis l. Aug. 32, iuucnalcs circenscs scacnicos
l. Ner. 11, magnos l. Aug. 2%, palatinis l. Cal. 56, pontifkalibus l
Aug. 44, sacctdaribus l. Aug. 31. Vit. 2, scaenicos l. Cal. 18. 26.
Dom. 4: qua relicta consuetudine raris exemplis ludos saccularcs
dixit Dom. 4, ludorum Floralium Galb. 6: Zw7<?s sacctdarcs d
compitalicios Aug. 31, ubi aliis rebus opponitur ludorum notio
5ii similiter atque in his cap. 18 urbcm Nicopolim condidit ludos-
quc illic quinqucnnalcs constituit: ludos cxtraordinarios Vesp. 2
non tinito certo genere: singulariter Ittdum gladiatorium Iul.
31: nam ludis Martialibus Claud. 4 non Suetonius sed d.
Augustus scripsit. — Mommsenus autem cum aliquid requiri
dicit quod ad ipsius artis scaenicae studia Sulpiciana spectet,
in eo mmium esse recte iam Rothius iudicavit. Nihil agitur
nisi ut, quibus Terentius adiutoribus uti potuerit ct aetate
satis provectis et a doctrinae studiis satis valentibus, aptis
exemplis ostendatur. In hanc igitur partem spectat quod
homo doctus dicitur Sulpicius, poetae Fabius Labeo et Popil-
lius: contra illuc valet quod, ut hi consularcs (quippe cos.
a. 571. 581), ita consul eo ipso tempore, quo animum ad
scribendum appulit poeta, Sulpicius fuit. Nec ea de via nos
Parisini codicis memoria quamvis singularis demovet: ct cuius
consularibus ludis, quando non profecto aegrius in quoi' quam
in qui transire pristina quo scriptura potuit. Ipsi autem co-
dicis memoriae cum Rothius ita patrocinatur ut 'quo consule
editis' interpretetur, vereor ne et exemplis et ratione destitutani
breviloquentiam probarit. Minime enim par est quod con-
tulit loquendi genus tale cuius constdari anno: 'consularis enim
annus SulpiciP ut aequat cannum consulis Sulpicii', ita fcon-
sulares ludi Sulpicii' non possunt alii esse nisi fludi consulis
Sulpicii' hoc est Sulpicio consule facti: non fuerunt autem
illi ludi consulum, sed aedilium. Largimur igitur commode
potuisSe velut sic scribi de Sulpicio: fcuius praetoriis ludis
Thyestam fabulam Ennius docuit' (auctore quidem Ciccrone
Bruti c. 20, 78) i. e. Apollinaribus qui a praetore tiebant:
Rothianam rationem de unis fortasse ludis magnis concessuri
simus. Nec aptius conferri apparet ludos funcbres L. Acmilii
Paulli, quos fecerc Q. Fabius Maximus F. Corndius Africanus'
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COMMENTARIVS.
240
h. e. in funere Aeinilii editos. Quamquam ne certuin quidem
est in didascaliis Hecyrae et Adelphon utrum illud scriptum
fuerit an hoc potius: lvdis fvnebribvs qvos l. AEMILIO
PAVLLO FECERE Q. FABIVS MAXIMVS P. CORNELIVS AFRICANVS,
quando dativum in utraque didascalia tuetur quamvis tur-
batis ceteris Bembinus liber eiusdemque vestigium etiam
vettis Vaticanus servavit in Hecyra. — Ceterum ct particu-
laui ante quo consule positam, quamvis non ineptam a logica
ratione, nescio quomodo sensus meus, quotienscumque haec
legi ac relegi, semper respuit ut inconcinnam ac prope dixe-
rim hiulcam.
Pag. 210, 12 Popillio scripsi, quamquam quod A exhibet
popillo ambiguum est utrum ad illam an ad Popilio seriptu- »«
ram spectet. Modum enim prorsus excessisse Lachmannum,
geminationeni liquidae in talibus damnantem ut 'vitiosam'
Lucretii p. 33, non uno argumento perspicitur suoque tem-
pore et loco disceptabitur explicatius. In praesenti satis erit
tria monumenta epigraphica antestari vetustioris aetatis (nam
inferioris multitudinem exemplorum Mommseni I. R. N. sup-
peditant): miliarium Hadrianum anni 622, tractatum Musei
Rhen. t. x p. 141 sqq. XIV p. 298 sqq., in quo est P-PO-
PILLIVS.C-F-COS scriptum: duoque titulos POLLIO POL-
L10NIS nomina exhibentes, Vaticanum P. L. M. tab. xciv 7>,
Sinuessanum I. R. N. 4021. Et tamen vix expiando piaculo
dici scribive 'insigne maestis praesidium reis et consulenti
PolUo curiae' hodie creditur.
Ibidem si recte se habet ideo, hac vi esse dictum opor-
tet: ideo quod tales, quales Sulpicius Labeo Popillius fuerunf,
minime vero Scipionem Laeliumque adiutores habuerit, sic
locutum esse ipsum ut viros virtute atque auctoritate pol-
lentes, non iuvenes significari manifestum sit. Fuit enim
qui, cum in A scriptum esse poeta deo ipsum videret, hinc
efficiendum poeta. adco ipsum putaret, non id per se ineptc.
Venim tamen ut dicam quod sentio; nec idco nec adco Sue-
tonius scripsit simpliciter, sed si quid in hoc genere con-
.suetudinis observatio certissimae valet, idcoquc potius. Nam
si a tritissimis illis discesseris cum idco vocabulum insequenti
vel ut vel quod particulae refertur, item adeo vel sociata
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250
IN VITAM TKRENTII
usque adeo insequenti vel ut (quod genus in deliciis habet
Suetonius) vel donec (Tib. 63) vel quoad (de gramm. 22),
rursus autem ea segregaveris in quibus simplex adco fere
aequat ita particulam (non adeo custodiit Aug. 88, nec adco
yrauis Galb. 7, nec adco multi Oth. 5): ligandis quidem in-
tegris enuntiatis adeo nusquam inservit nisi secundum locuin
teuens, ut Iul. 14 obtinuissetquc adeo — , Claud. 25 totnmqtic
adco — , ib. 37 nulla adeo suspitio — , Ner. 35 nuUum adeo
— , Galb. 14 tnmore adco — , quorum exemplo ipsum adeo
vel ipsumque adco dicendum fuerat: contra in principio po-
sitae ideoque particulae orationem nectunt saepissime: Iul.
45. 86. Aug. 01. Tib. 67. Cal. 50. Ner. 29. 55. Vit. 4. Vesp.
5. 7, quo etiam ncc idco pertiuet Aug. 54, sola idco particula
ne uno quidem exemplo.
Pag. 211, 2 uicesimum, quod servavit vetus Parisinus, firmat
Dresdensis rectissime tutatus est Rothius p. 183 sq., non
513 ille cuni aliqua couiidentia coutendeus revera tani brevi vita
fuisse tamque mature ad scribendum se applicavisse, sed
duplicera extitisse apud ipsos veteres meinoriam disserens.
quarum in alteram ille numerus apprime quadraret. In qua
disputatione cum nec probem omnia et quaedam desiderein,
paucis quid mihi videatur complectar. Vna autem fuit et
prorsus consentiens vox antiquitatis, familiariter usum Te-
rentium Laelio et Scipione: prope consentiens memoria, ab
eisdcm adiutum in scribendo: obscurior fama, 'corporis gra-
tia eis conciliatum' fuisse. Hoc ultimura testabatur vel signi-
ficabat saltem Porcius: negabat Fenestella, hoc usus argu-
mento quod utroque maior natu fuisset. In hoc qui cum
Fenestella senserit, novimus neminem: aetate aequales fuisse
certo testimonio prodebat Nepos, non negat ipse Laelius
apud Ciceronem Lael. c. 24, 89 ffarailiarem suuni' dicens,
non negant quicumque illorum opera in scribendis fabulis
usum poetam tradidere: in qua caussa unum Scipionem C.
Memmius p. 209, 10, Quinctilianus x, 1, 99 et Vagellius in
auctario Donati p. 214 memorant, Laelium solum Cicero in
epistula ad Atticum vn, 3, 10 et Nepos p. 209, 13, utrumque
8uos auctores secutus Suetonius. Nec ullo modo Santra p.
210, 8 negat, verum aliud negat, hoc, a Scipione Laelioque
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COMMENTARIVS
251
adiutuui esse: non profecto propterea quod non aequales
aetate fuerint, id quod huc nihil omnino pertinet, sed ad
unani consuetudinem amatoriam valere potuit: veruni hac
caussa quod, quotcumque annorum Terentius fuit, eis tamen
quibus huius fabulae actae sunt temporibus, i. e. ab anno
588 ad 594, ipsi Laelius et Scipio nimis adulescentuli fuerint
quain qui vel talem operam praestitisse vel signiheati esse
verbis Terentianis credi possint. Et horum quidem illud
Santra inconsultius, hoc autem idem non profecto sine ra-
tione. Nam Scipio si est anno 569 natus, annum undevicesi-
mum agebat quo tempore scribere Terentius coepit, quintum
et vicesimum quo desiit: nec multo maior natu Laelius fuit;
ab hac autem aetate cum caussa non sit cur facultatem poe-
ticam abiudicemus, praesertim in tam bene ingeniatis tam-
que liberaliter institutis adulescentibus, tamen in eandem
aegre sane intellegas qui illa sat commode conveniant *qui
uobis tmiuorsis et populo placcnt, quorum opera in bello, in otio,
in ncgotio suo quisque tempore usust sinc snperbia9. Tlacere' qui-
dem populo universo Scipio iam inde ab anno 586 dici po-
tait rectissime, quo ille aetatis annum septimum et decimum
agens non solitae fortitudinis bellicae specimen in pugna 514
Pydnaea ediderat, paucis verbis a Livio xliv, 44 memora-
tum, splendidioribus a Plutarcho descriptum in vita Aemilii
Paulli c. 22, e quibus haec adposui imprimis huc facientia:
irdct tap dTacToc fjv eu6uc & dpxfjc rcpoc frteM-ovtav xai tto-
Xnetav ujc dXXoc oubeic tujv cutT€Vujv Kexpauevoc to fjeoc.
Eundem largimur (quando factum ignoramus) potuisse iam
ante annum 594 semel vel iterum in publicum prodire oratorem
vel caussae patronum; largiamur similem similibus rebus
gratiam inire a populo potuisse atque ludis funebribus illis
quos patri Aemilio Paullo fecit, fabularum actione Terentia-
narum inlustres; item largiamur a Terentio non tam Lae-
lium et Scipionem, quam unum Scipionem respici in prologo
Adelphon: verum haec tamen omnia non profecto satis va-
lent quominus nimis magnifice illa dicta sint fquorum opera
in bello, in otio, in negotio suo quisque tempore usus
est', quae et ad multitudinem annorum et ad magistratuum
virtutem spectant manifesto. Haec igitur cum scripsit Te-
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252
IN VITAM TERENTII
rentius, non potuit nisi de talibus potissimum cogitare, sal-
tem praeter Laelium Scipionemque, quales exempli caussa
Santra designavit Sulpicium, Labeonem, Popillium*): et tan-
tum 'maximc cum Scipione Afrkano et C. Laclio9, sed eun-
dem *cum multis nobilibus famUiaritcr uixissc' ipse Suetonius
dixit p. 205, 7. Vt in hoc meliorem se Terentii interpretein
Santra quam vel Suetonius vel hunc secutus Donatus ges-
serit: quorum hic Un bclW verba spectare ad Scipionem, rm
oUo9 ad Furium Philum, fm ncgotio' ad Laelium Sapienteni
argutatus est. Quamquam rem ipsain non intercedam si quis
menti suae sic informet, ut 'non obscura fama' ista revera
ad Laelium Scipionemque potissimum spectasse nec ut videtur
sine ratione spectasse putetur, ab his autem, dissimulans animi
sententiam, suspitionem Terentius consulto ad alios deflectere
credatur, tales quidem a quorum auctoritate et gratia publica
promptior ipsi venia et gratia suppeteret. Et fortasse ita sen-
tienB Suetonius supersedere se posse refutandi Santrae opera
putavit. — Rursus autem haec omnia quid tandem ad aetatem
Terentii definiendam? Quem cum natu maiorem quam Lae-
M« lium et Scipionem fuisse imus ex omnibus Fenestella rcon-
tenderit', quid est quaeso cur lidem testimonio certissimo
abrogemu*, quod est codicis antiquissimi eiusdemque optimi
Parisini, jmt cditas comocdias, nondum quintum atquc ui-
ccsimum annum cgressum, poetam excessisse urbe testantis?
Novissimas is comoedias docuerat anno 594: mortuus est
uno post anno, Cn. Cornelio Dolabella M. Fulvio Nobiliore
cos., quorum nomina Suetonius p. 211, 12 posuit: natus est
igitur eodem ferme quo Scipio tempore, vitae annos circiter
sex et viginti sive explevit sive attigit, ad scribendum autem
accessit annos fcre undeviginti natus. Quod cur niinis inira-
bimur in eo, quem fob ingenium et formam non institutuui
modo liberaliter, sed et mature manu missum' a Terentio
Lucano senatore narrat Suetonius? Non habebunt igitnr in
*) Exclusam igitur etiam L. Furium Philum esse apparct, anno dc-
mum 618 cos., quem cum Scipioni Laelioquc Donatus sociat, a solis ut
facile intellegitur versibus Porcianis profectus est; item exelusum, de
quo facilc quispiam cogitet, 8p. Mummium fratrem Achaici, legatum a.
608, do cuius atudiis poeticis identidem teste Ciceronc constat.
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COMMENTARIVS. 253
postenim litteratores nostri, quo 'annos xxxvi' vitae Teren-
tianae tueantur, nisi dcpravatam seripturam interpolatorum
librorum: quae si a Suetonio profecta esset, faceret is quod
non fecit h. e. in Feuestellae partes discederet.
Pag. 211, 2 quod uicesimum ingressus scripsi, non aliam
eaussam habui nisi quod concinnitatis varietatisque in dilectu
verborum multo studiosiorem nosse Suetonium videor quam
cui recte talis loquendi neglegentia tribuatur: notxdum quin-
tum aUpie uicesimum egressus annum .... egressus urbc est.
Couferri illud variandae orationis studium poterit quod supra
cognovimus ad p. 200, 11. In temporum rationibus paullum
est nec ullius momenti quod mutatur hac mutatione.
Versu 3 canssa praepositum suo nomini cum unum solum
praeterea exemplum habeat apud Suetonium Aug. 24 caussa
detreetatuii sacrammti, quae potest certa locutio esse antiqui-
tus tradita (quem ad modum senati consultum de Bacchana-
libus enarrans Livius xxxix, 14 antiquitatem servavit in
caussa sacrorum), haud scio an illud ipsum indicio sit ver-
borum a vetustiore auctore, Varrone puto, sumptorum.
Ibidem uitandae pro euitandac Suetonio reddens Rothius
etsi uon debebat verbum compositum ab illo omnino abiudi-
care, quod exstat Tib. 35 ad cuitandas lcgum poenas, tamen
et frequentari ab eodem uitare vere dixit et percommode
constnictionis exemplum simillimum e vita d. Aug. 45 pro-
tulit: seu uitandi rumoris caussa quo patrem Caesarem nulgo
reprdumsum commetnorabat . . . seu studio spectandi ac uoluptate
qua teneri 8€ . . . professus est. Quod ipsum exemplum facit
ut propemodum suspicer similiter in vita Terentii Suetonium 5ie
locutum oinissumque a librariis vocabulum sic revocandum
esse: scu studio percipiendi Grraecorum instituta tnoresque.
Naui et durior est quam qui satis placeat simplex percipiendi
genetivus e praegresso caussa aptus, et aliquid languidi habet
quod e prodita in A memoria percipienda codex lteginensis
eSecit : ad percipienda. Casu factum est ut in sua vita Te-
rentii studia cum dcclinandi odii tutn Graeci ingenii perscrn-
famU Folentonus poneret.
Pag. 211, 5 item probandus Rothius quod non perinde ex
A recepit, hac sententia: 'utpote quos uondum satis ad veri-
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254
IN VITAM TERENTII
tatem exprimeret.' Siinplicem eniui, quae vulgatur sine ue-
gatione, pcrinde particulam etsi ratio quidem non prohibet
quominus sic interpretere cut eos prorsus ad veritatem ex-
primeret', tamen aliud suadet usus Suetonianus. Vbicumque
enini, cui quid comparetur, non subsequenti ac vel atque
(semel quam Dom. 15) particula plane edicitur, hic scriptor
pcrindc vocabulo ita tantum locum dedit ut, quo illud spec-
taret, ex ipsis praegressis verbis intellegeretur. Velutlul.56
quartom clemetttorum litteram, id est T) pro A, ct pcritidc [h. e.
fperinde atque D pro a'] rcliquas comtnutct; vel Claud. 14
nec setnpcr praescripta Jegum sccutus duritiam lcniiatetnque tnul-
twum, ex acquo ct bono pcrinde ['atque ex iusto' intellege]
ut afftccretur, modcratus est. Contra cum negatione sociatum
jxrinde idem etiam sic admisit, ut rei comparatae notio non
significata verbis esset, sed extrinsecus adsciscenda: cuius
generis sat singularia exempla exstant. In vita Aug. 80
coxendicc ct fcmore et crurc sinistro non pcrindc ualebat facili
sane cogitatione additur 'atque dextro': sed quae Tib. 52
posita sunt itaquc nc mortuo quidetn perindc affectus esty item
Galb. 13 quarc aducntus eius non peritule gratus fuit, non
possunt aliam vim habere nisi 'perinde atque debebat, atque
consentaneum erat, atque exspectari poterat'. In eandemque
partem de Terentio verba illa interpretanda sunt.
Ibidem egredi simpliciter etsi satis usitate dicuntur qui
vel castra vel navem vel portuni relinquunt, tamen r 110^36*
vel 'urbis' notio non magis omitti potuit quam cuius-
libet alius loci, cuius quidem non esset in eis quae praece-
dunt mentio facta ut Tib. 21. Cal. 58, alibi. Quod cum
sanissimo iudicio Stephani quisquis fuit amicus sensisset,
tamen interpositum ab illo urbctn vocabulum rectius etiam
in ablativum Muretus mutavit, id quod non Suetonii tantum,
sed communis loquendi consuetudo exigit, nisi ubi fines rei
cuiuslibet transiri dicuntiu*. De quo breviter, sed adposite
5n ad rem Oudendorpius egit in vit. Aug. cap. 91, simillimis
exemplis usus Tib. 40 nrbc egrediens, Aug. 53 urbc oppidottc
cyrcssus: quo adde Vit. 14 urbc Italiaquc mathcmatici excedcrent*)
*) lleliqua qui cognoscerc cupiet, hacc hubcto, si forte non orani;u
at pleraquc. egredi tahertuicujo Aug. 91, domo Tib. 50, uilla ib. 65,
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COMMENTARIVS.
255
Pag. 211, 6 sqq. positos Volcatii senarios tales vetus
Parisiuus prodidit: sed ut Afer populo sex comocdias dcdit, iter
hinc in Asiam fccit, nauem ut semcl conscetulit, uisus numquam
est. sic uita uacat. Quorum versuuin prinio soli casui tri-
buendum est quod ille inverso ordine comocdias dedit exhibet
pro eo quod ceteri libri omnes servarunt dedit comocdias.
Qnod cum prae illo sprevit Rothius p. 184, non cogitavit
vetereui atque antiquum poetam nullum tam elumbem exitunj
iambicum probaturnm fuisse, quem tam facile vitare posset.
Praeterea vix dignum inentione, in Vrbinate codice et edi-
tione principe transponi scx jwjmlo, in sola principe edidit
exstare. Contra tieri potest ut ab initio versus aut Scd Afer
jtopido nt sex d. c. aut, quod etiam gratius ad aures accidit,
Sed pojmlo ut Afer scx d. c. dederit poeta: quoruni tamen
neutrum necessitatem habere concedendum est.
Altero versu ut hiatus tolleretur, praeter artem correctum
est nauem cum scmel, quod rursus cum Vrbinate libro editio
princeps participat. Multo lenius fccit ct nauem nt scmd
Kothius proponebat, sed refragante latinitate, quae in talibus
non patitur et particulam, sed autem postulat. Quid multa?
finitimo nauem vocabulo absorptum est autem, sic ut poeta
scripserit: nauem autcm nt semcl. Nec enim recte in ipsis
ut litteris mutilam autem particulam quaeres salutemque
corrupto versui hanc comminiscere : nancm auteni scmul || Con-
scendit h. e. 'simul atque*. Etsi enim pristina scmul forma
quotiens non intellecta librariis in senwl transierit, satis ea
exempla docent quae Prolegomenon Plautinorum p. xcvn sq.
composui, tamen hoc loco eam vix patitur sententia, quae,
cum insequatur uisus numquamsty non ^simul atque* potius
quam epostquam' notionem postulat. — Ceterum quoniam
necessaria sane non est vel autem vel ulla particula, etiam
transponendo sanari versum posse Buechelerus monuit: fecit.
^ ■ .11. !■ ■ «
tridimo Cal. 36. Veap. G, spectactdo Cal. 56, theatro Claud. 13. Vit. 4:
item excedere theatro Ner. 23, excedere sacrario Dom. 15. Accedit prac-
poaitio Tib. 72 e conuiuio egrediens, quia convivium non habet loci
aignificationem propriam, qua caussa etiam de potcstatc patris cxire
dictnm c«t Vit. 6. Diversa ratione regi apparet quod cst Claud. 23 ut
uUra Inpideni tertium uetaret egredi ab urbe.
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250
IN VITAM TERKNTII
ut nauem semel vel paullo longius a libris fecit. ubi nauem
semeL
Pag. 211, 10 meuioratus Cosconius vou videtur alius esse
nisi bis a Varrone de 1. lat. prolatus, in quaestione granmia-
tica ad analogiam spectante lib. VI, 36, de accensus verbi
signiticatione VI, 89. Et posteriore quidem loco cum 'Cosco-
nius in actionibus' dicatur, fuerunt qui de Icto potius vel de
oratore cogitarent: iininerito. Nam cde actionibus' scribere
grammaticus Cosconius potuit eodem atque ipse Varro insti-
tuto, cuius 'de actionibus scaenicis* libros fuisse cum satis
constat tum pluribus a nobis disputatum est Musei Rhen.
t. vi p. 516 sqq.: de actione autem Boeotiae, cuius fabulae
controversa origo esset, ita idem commentari potuit, nt per
aliquam occasioneui eum versum, quem ex illa Varro profert
fubi primum accensus clamarat meridiem', interpretaretur (c£
Parerg. p. 208). Ad eosdem igitur 'actionum' libros haud
scio an non incommode etiam Suetonii memoriam referas,
quae est de fabulis Tereutii uon actis deque morte poetae
cuius actae fabulae sat largam disputandi materiam prae-
buerunt; cur enim a necessariis ad cognata liberius exspa-
tiatum negemus? — Ceterum Cosconiura, Porcium, Sedigituui,
Memmium utrura Suetonius itera ut Nepotem, Fenestellam
ipsos manibus tractarit an eorum testimonia aliis accepta
referat, valde posse dubitari video. Varroni potissiuium
(cuius modo mentionera faciebara ad p. 211, 2) non pauca
eum debere iam olim suspicatus suin Parerg. p. 244. 621 sqq.:
cuius fde poetis' libros permirum sit si eiusdem argumenti
commentariis suis non adhibuerit. Quamquam potuerunt ei
etiam Imaginura libri alicui usui esse. Quo tamen uuo loco
Varronis nomen i]>se posuit p. 208, 6, ibi quouiam virtus
puetica Terentii iudicatur, fortasse nec ab illis nec ab bis est
profectus, sed talibus potius usus quales fuerunt *de poema-
tis' libri vel fde descriptionibus' iuscripti: de quibus Mus.
Rh. 1. s. s. dictum est. Nam ultra coniecturas easque satis
ancipites non licet sane in hoc genere progredi.
Ibidem omisso cum A verbo finito orationem nostro
sensu Hothius aspcram et hiulcara fecit ac vix dignam Sue-
tonio. Fieri potest sane ut, cum ab hoc aliud verbura posi-
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COMMENTARIVS. 257
tuin fuisset, velut scribit, siniili interpolatoris correcturae dicit
debeatur atque p. 209, 11 ait: at nihilo tamen hoc certius
quam casu in A omissani vocem ceteros libros servasse ut
p. 207, 5 sq. Nec ab usu Suetoniano abhorrere in hoc genere 519
dicit perspicitur e vita d. Iul. 55 extr.
Pag. 211, 10 mirum est tam diu concoqui potuisse quod
vulgatur cum centum ct octo fabulis conuersis a Mcnandro:
quo nihil narrari absurdius, nihil niagis ridiculum potuit
Quid enim? cuius fortasse non plures quam quinque et cen-
tum fabulae exstiterunt omnino, id quod Apollodorus testatus
est apud Gellium xvn, 4, eiusdemne Menandri ut octo supra
centum Latinus poeta verterit? et si vel cviii vel cix fue-
rint secundum alios auctores ab eodem Gellio memoratos,
quibuscum Suidas facit, eas ut unius ferme anni spatio (ab
a, 594 ad 595) onines transtulerit h. e. singulis mensibus
circiter novenas? nihil ut de quattuor vel quinque illis dicam
quas ex eodem numero Latinas iam Romae fecerat. Tam
igitur prodigiosam memoriam proditam a vetere scriptore
Cosconio putabimus? et si modo prodita fuerit, mentione
dignam Suetonio visam? et si digna visa, sine ullo dubita-
tionis indicio relatam? Apage tam incredibilia: praesertim
cum fons erroris sit in propatulo. Quis enim semel monitus
diftitebitur temere iteratae cum praepositioni numerum illum
omnem cum deberi? Eiusque originis ipsi adeo libri ms.
obscuriora vestigia servarunt. *)
*) Contrariura exemplnm in vocabulum mutati numeri habes in
Soa*oriarum libro Seneeae p. 11, 24 ed. Burs., ubi Lnconibus haec
verba tribuuntur: ideo (h. e. ut cum Spartae dedecore*fugiamus) Jutnc
Eurotas amnis circumfluit, qui pueritiam indurat ad futurae militiac
patientiam? ideo Taygeti nemoris difficilia nisi Ijoconibus iuga? ideo
Hercuk gloriamur de operibus caelum merito? ideo muri nostri arma
sunt? Vbi nihili esse et a latinitate prorsus abhorrens de operibus
ctulum merito neminem fugit. Fuit igitur cui deo operibiis caelum me-
rt/o in mentem veniret At inter deos non est profecto deus receptus,
*fd bomo mortalis: operibus autem tam nude positum mirifice friget.
Woid molta? natum est illud D€ ex nc, scriptumque a Seneca sexcen-
operibus caelum merito. — Aliud hac occasione einsdem scriptoris
mendum corrigere libet, unum ex incredibili multitudine eorum quae
Bursianus aliiB sananda reliquit prope nimia liberalitate. In Contro-
FR. RITSCHELII OPVHCVIJi III. 17
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258
IN VITAM TEKENTII
Pag. 211, 11 in archadia stympliali siue lcucadie unus vetus
Parisinus servavit: ubi quod libros novicios occupat sinu pro
Stue, nulli usui est. Prorsus et soloecam orationem et ab-
surdam sententiam Erasmus invehebat: in Arcadiae Styniphah
siuc Ijcucadia, sed idem tamen in tralaticia scriptura nou
posse acquiesci recte sensit. Non equidem negabo in Arca-
dia Stymphali dici potuisse, ut reapse Plinius dixit N. H. II,
227 fin eo (fluvio) ut in Arcadia Stymphali enascuntur aqua
tiles musculi', vel xxxn, 17 in Lycia Myris (ubi disparia
miscuit Silligius): quamquam usitatius esse aut Stymphali in
Arcadia sentio (quemadmodum vita Ambrosiana loquitur ab
A. Maio edita Stymjihali deccssit in Arcadia) aut StympluiU
Arcadiac oppido aut saltem in Arcadiac oppido Stympluilo.
Verum in Arcadia Stympliali siuc Lcucadiac nonne prorsus
ita posita sunt ut Leucadiam quoque urbem dici Arcadiae
credas? Apage igitur molestum Stymphali nomen, quod nou
cst aliunde nisi e carminis Porciani p. 206 versu 7 huc ab
interprete inlatum, Suetoniumque confidenter crede sic scrip-
sisse: ceteri mortuum cssc in Arcadia siue Lcueadiac tradumt
Vbi insulae, vel antiquitus paeninsulae nonicn Leucadiac
notissimorum normam exemplorum sequitur quae sunt Cyjtri
Corcyrac Chcrsonem. Nec siuc particula, pro qua facile quis-
piam ucl exspectet vel autt ratione sua caret; nam cum haec
praecedant Q. Cosconius rcdcuntcm c (hraecia pcrissc in tnari
dicit, ipsi mari iam opponi terram apparet, sive ea Arcadia
fuit sive Leucadia. Neve quis in Arcadia verba pro insiti-
ciis habeat Suetonioque haec potius tribuat ccteii mortuum
essc Stymphcdi siuc Lcucadiac tradunt: ne quid dc paruni cou-
cinna urbis cum insula consociatione dicam, praesto est, cuius
versiarum enim 1. vii p. 184, 12: ubi spes? in aubernaculo? nullum
C8t. in remigio? ne hoc quidem est. in comite? nemo repertus est nau-
fragi conves. in uelo? in arte? omnia paene instrumenta circumcisa
sunt , quid sihi vclle in arte dices, ubi de instrumentis senuoV
Scripscrat Seneca tn uelo? in artemone? omnia — . Nam differre a
velo artemonem conBtat. Et in arte in omnia habere codex Bruxel
leubiH videtur. Eadem opera leviora corrige tiuitima, paullo ante v. 8
quid accusas quod inpunitatcm fratri dcdcrim, quom fato emmlkm
meum uictum sit: item paullo poat v. 20 pocnarum cius pars est, non
est nequitiae opus. Sed talia corrigentem dies deficiat.
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COMMKNTAKIVS
259
testimonio haec quaestio omnis absolvitur, Hieronyinus, qui
ipsa Suetonii verba exprimens TcrenHus iuquit in Arcadia
moritur, non dixit Stymphali moritur. Nam ex Ausonii sane
verbis Epist. xviii, 16 Arcadiae incdio qui iacct in gremio
nihil consectarium.
Pag. 212, 1 implicatum formae, quam testatur Parisini A
uienioria, non erat cur implicitum praeferret Rothius fsed in A
item mpUeUam legi nunc Meynckii testimonio constat C. W.|.
Recte autem idem ex dolore ac taedio: in quibus perscribendis
cum librarius imprudenter anticipatam ac particulam bis
posuisset ac cx dolore ac taedio, hinc profectus corrector,
e cuius recensione libri novicii manarunt, effinxit nihili scri- 521
pturani acri dolore ac tacdio. Nam nihil ut dicam de ambi-
gua conlocatione acri adiectivi, quod inter morbum et dolo-
rem incerta constructione vagatur, ipsara cx praepositionem
haec quidem sententia postulat necessario. Non sane usquam
Suetonius, cum quempiam quippiam facere dolore, taedio,
metu declarare vult simpliciter, id adiecta cx notione dicit
(velut cum Servium pudore ac tacdio secessisse ab urbe narrat
degramm. 3): sed morbum cum vellet e dolore ortura dicere,
debebat profecto 'morbum cx dolore9, nisi addito participio
'dolore eflfectum' mallet vel similiter. Quod quidem sentiens
Hothius cum utroque sociato vocabulo sic scripsit morbo im-
plicitinn acri cx dolorc ac taedio, non magis placet. Sive
enim cum nwrbo sive cum dolore struitur acri adiectivum,
p^rinde inepto pondere senteutiani onerat postpositum parti-
cipio ac praepositioni antepositum. Nolo enim in eo haerere
quod (jrauem potius morbum solet Suetonius dicere ut Tib. 72.
Vesp. 2, non acrem ut Plautus Menaechmis v. 872. Quodsi quis
aliud eruere e Parisini memoria animum induxerit, unum hoc
relictuin est ut mot bo implicatum prae dolore probet (utOth.12):
quod num sit probabile in ac ex corruptum esse, ipsc viderit.
Pag. 212, 2 sarcinarum etiam scriptor vitae Ambrosianae
legit sarcinas fabulasque in navem impositas mcmorans: ubi
sarcinulas Petrarca cum Polentono habent. Nec aliud voluisse
Stephanum suspicor, calami tantum vel typotlietae errore nisi
fallor satyrarum exprimentem.
Ibidem tn nancm quod Rothius recepit ex A, factum
17*
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260
IN VITAM TERKNTII
nolleiu. Nain in navem praemisisse sarcinas is tantum recte
dicitur qui, in litore restans parumper, eam navem ipse coii-
scensurus est: quae quomodo perire, nondum egressa porto,
potuit? Rectius rem menti suae scriptor vitae Ambrosianae
informabat, quantumvis is commentorum ferax. — Ceterum
nauc potius quam naui ex nauc efficias, ut Iul. 52. Aug. 17.
Tib. 14. Tit. 5 et fortasse, de quo auceps iudicium, Iul. Gu\
Semel tantum in Memmiano codice prodituin naui reperio
Aug. 98, praeterea de rhet. 1 extr.
Versu 5 in uia Appia pravissimo instituto Burmannus,
quod etiam magis mirum Oudendorpium servasse. Numquam
non omissa praepositione locutus Suetonius: uia Ajntia
Claud. 1, vit. Persii (cuius recentior demum interpres a|>ud
5»2 Iahuium p. 239 in addidit), item in vita Ennii apud Hiero-
nymum, vel Appia simpliciter Tib. 72, uia Pracncstina in vita
Attae, vel iuverso ordine Aurclia uia Galb. 20, Salaria uia
Vesp. 12, Latina uia Dom. 17: quae exempla prope oumia
adposuit Rothius. Quamquam in sacra uia ideiu Suetonius
bis d. Iul. 4G et 80. Item in uia Laurcntina Oellius x, 2,
si integra scriptura.
Pag. 212, 6 ad Martis uillam libri. Nec fuisse ullam via
Appia uillam Martis nec cogitari posse Schopenus vidit, uil-
lam probabiliter conicieus explicandac hortulos voci adscrip-
tum esse. Cuius ipsa verba habes in Fleckeiseui praefat
p. vn. Quo magis miramur rursus patronum illi si dia
placet villae Rothium p. 186 extitisse, Suetonii testimonio
usum quod est in vita Tiberii cap. 05: pcr noucm proximos
menscs non cgrcssus est nilla quae nocatur Iouis. Et tameu
conlato Tacito Annal. iv, G7 pridein intcllectum est non
aliam huius nominis rationem esse nisi quod duodecim in
Capreis insula villis suis privatis Tiberius arbitratu suo duo-
decim deorum nomina indiderat: id quod unus quisque videt
ad publicum nomen aedis publicae nihil prorsus pertinere.
Nec hiuc non aliena uilla Martis in Apcnnino illa, in qua
Pertinacem Imj». natum Iulius Capitolinus c. 1 perhibere rre-
ditur: ubi niUa matris est in Palatino codice.
Versus 7 — 9 in quem ambitum pinguissima interjiolationo
creverint, satis supra disputatum est ad p. 20<i, 8 — 207, 3.
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COMMENTARIVS.
2G1
Versu 10 Afranii senariuin niultitudo librorum taleui
prodidit: Terentio non similem dicens qucmpiam. In his tamen
iuiln nec dicens, nec quod pro eo iaui veteres editores sub-
stituerunt dices, sat coinraode posse expediri visum est. Et
tautum quidem dubitationem vix habet, quin in eodem pro-
logo fabulae et illi versui locus fuerit et his quos Macrobius
servavit Satum. vi, 1, 4 (apud llibbeckium p. 144): fateor,
sumpsi non ab illo modo, Scd ut quisquc habuit cot\ucnirct quod
mihi, Quod me non jnssc mclius facere credidi, Etiam a Latino.
Ju prologo autein, quo ipsi compellantur spectatores, quorsum
pertinere potuisse numerum verbi siugularem diccs putabis?
Quod intellegeus Rothius cum in primae personae formas
'fatcor'* (sumpsi9 'credidi9 egregie quadrare dicens participium
ratiociuatur p. 185, non magis persuadet. Nec enim ita
diccns potius exspectatur, quod }>arum facundiae habiturum
sit, quam ^existimans' f intellegens' 'sentiens' vel aliquid si-
uiile: nec, illud si toleremus, ullo modo perspicitur quo tan-
dem eonstruendi vinculo cum primae personae verbis illis
coire huius in quo versamur versus sententia potuerit. Ita-
que quoniam enuntiatorum talis conformatio, quae dicctis 5
participium apte admitteret, omnino in promptu non erat,
satius duxi ex ea scriptura efficere, quod longe commodissi-
uium explicatum haberet, dicas, praesertim cum caussam
erroris satis apertam exiguo iutervallo praecedens scribens
participium monstrare videretur. — Verum hoc levius: multo
graviori pftensioni cum dativo constructuin similem vocabulum
fuit. Nec enim alium nisi genetivum casum in hoc genere
antiquiores probasse, dedita opera olim demonstravi Musei
uo.stri philologici vol. vn p. 584 sqq. et viii p. 159 sqq.
Vbi congestis e Plauto et Terentio exemplis adde e Rib-
beckianis copiis parasitorum simil est Naevii v. GO, pucri simU
es Novii v. 62, sepidcri similis Laberii v. 124, veri similc Pa-
cuvii v. 374, nUiil Jiorum similcst tragici incerti v. 206. Eam-
que construendi legem Afranium quoque servasse certissimo
documento vetus Parisinus est, in quo ipse quem expetimus
genetivus exstat terentii. Quem quoniam Afranius uon potuit
uisi tribus syllabis efferre, unius quae iam desideratur syl-
labae iactura curandum erat ut probabili coniectura resarci-
262
IN VITAM TERENTII
retur. De noenu forma non inepte cogitaretur, si cum Plauto
nobis res esset vel cum antiquitatis sectatoribus Lucilio,
Varrone: tersissimo togatarum poetae illam tribuere vix quis-
quam ausit. Sed non litteris cura facile hauriretur con syl-
laba, nihil esse simplicius visum est quam Afranii manum
sic restitui: Terenti non consimilem dieas quempiam. Nec
enim profecto alia construendi ratione consimilis atque similis
et dissimilU reguntur. Itaque in Vopisco idem Afranius
apud Charisium p. 193 v. 398 Ribb.: Vbique repentino huius
consimile dccidit. Item Plautus Capt. 116 Libvr captiuos duis
est consimilis ferae. Et v. 14 Auis me ferae consimUem faeiam
tit praedicas. Nec yerentius aliter Heauton timor. 393 Quoius
mos maxumest consimilis udstrum. Ibidem v. 382 cum vul-
garetur isti formae ut mores consimilcs forentf errore tantuni
iteratis isti syllabis versum Fleckeisenus sic liberavit: Id tu
quom studuisti, formae ut m. c. f. Construere nesciunt qui
dativum Plauto tribuunt Poen. iv, 2 init.: Sdtis spceiatumst
dcds atque homines eius neclcgere grdtiamt Quoi hominist cnis
consimilis uelut cgo habco hunc hiiius modi: ubi praeter lexi-
cographos nostros nemo non videt ad est pertinere dativos,
cum uelut sociari consimilis. Primus quod sciamus Accius,
sed in rebus comparandis, non in personis, dativum admisit
Medeae v. 405: Siluant melo \\ Consimilem ad auris cdnium d
auditum rcfert. Apud Lucretium quidem, qui cur in con-
struendo similis vocabulo dativum frequentet significatum est
Mus. Rh. 1. 8. s. p. 159* consimilis tamen servavit genetivura
in sueum consimilem lactis v, 813, lunam pilai consimilcm ib.
714. — Atque sic olim ratiocinatus tamen oinnes mihi scru-
pulos ne tum quidem exemptos sensi. Nam primum quidcra
haud scio an ad vim sententiae aliquanto efficacior ipsa sim-
plicitas similis notionis quain compositum consimilis vocabn-
lura fuerit, quod dubitari potest utrum illo fortius sit an
exilius. Plus etiam offensionis quempiam pronomen peperit
cum negatione sociatum: quam societatem etsi nemo nescit
suam suo loco veniara haberc, tamen in hac ipsa sententia
intellegere visus'sum locum vix tueri posse, sed cedere quem-
quam formae debuisse. Nec placere non particulae conlocatio
poterat, quae hanc pOtius sibi posituram postulabat: Tercnti
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COMMENTAKTVS.
2G3
non dicctis qucmpiam (id quod suadebat Buechelerus):
quae enim insolentioris sane conlocationis exempla Naekius
tractayit in Valer. Cat. p. 295 sq., aliena vel propterea sunt
quod talis licentia poetarum non cadit in hoc genus scaeni-
cum. Denique e diccns scriptura non minus commode quam
dkas eroi dicent Ribbeekius inonuit verissime, id autem acute
vidit spectare ad adversarios et obtrectatores posse, quibus
io prologo isto Afranius respoudisse videretur similiter atque
Luscio Lanuvino Terentius. Harum igitur couiuncta vis co-
«ntationum non potuit me non movere quin probabilius quam
olim factuni est poetae manum hoc exemplo restitui con-
tiderem:
Tcrcnti numnc similcm diccnt qucmpiam?
Vbi si qui numnam praetulerint, optare suo arbitratu poterunt.
Pag. 213, 1 pro in Limonc aegre perspicitur quid moverit
Hobertum Vngerum ut rin Lino9 suaderet Subsicivorum
Brandenburgi Novi a. 1854 editorum p. 3: coniectandi vel
potius hariolandi genere, ut nobis videtur, valde infructuoso.
^uam enim veteribus illa i]>sa inscriptio miscellorum libro-
rum placuerit quae vel Aeiuuuv fuit vel Aeimlivec vel 'Pratum'
vel *Prata9f sat certis testimoniis cum Gellii tum Flinii iu
praefationibus, Suidae v. TTducpiXoc, ipsiusque exemplo Sue-
tonii constat: nec e Plinianis Gellianisve verbis id quod
Vngeras argutatur ullo modo consequitur. Contra f Linus'
ille quid sibi velit, vix ac ne vix quidem intellegimus. Nec
magis Andream Schottum moramur in Ltbonc comminiscen-
tem Nodor. Cicer. III c. 10.
Versu 5 scdatis motibus] Poetae quidem Ciceroni quam-
vis multa condoncmus quae in oratorem nullo modo cadant, 525
tamen tam ille expers elegantiae ne in carminibus quidem
fuit ut vel haec scriberet: tu quoque, qui . . . expressum latina
nocc Menandrum in mcdium nobia scdatis uocibus effcrs, vel
non minus frigide proximum versura talem faceret: qukldam
cotnc Joquens atquc omnia dulcia dicens. Et illic quidem
etsi nihil vitii vel Valckenarius in Theocriti Adoniaz. p. 830
vel Meinekius praefat. Menandri p. xxxvn suspicati sunt,
verum raro cxemplo Barthius vidit Adversariorum xxxiv, 7
scdatis motibus substituens pro sedatis uocibus, quod ne per
264
IN VITAM TERENTII
se quidem sat commodum iutellectum habet. Motus enim
animi h. e. concitatiores atque adeo sublimiores affectus cum
gravitate descriptos satis constat a Terentio iam veteres cri-
ticos abiudicasse, r\Qr\ potius illi quam 7rd6rt tribuentes: de
quo et luculenta sunt et nota omnibus Varronis testimouia
apud Charisium p. 215 et Nonium p. 374. Eodemque pri-
dem intellectum est Horatium spectare, cum grauitatem lau-
dari in Caecilio, in Terentio artem exclusa gravitate signifi-
cavit His igitur Terentius TrdGeci, quae a Menandro quidem
minime aliena fuerunt, non esse nisi sedatis h. e. attenuatis
et ad aliquam humilitatem depressis usus dicitur. Contra
scdatis moribitSy quod fuit cui in mentem veniret, ratioue
oinnino caret, cum to nOtKdv suapte natura lene sit et seda-
tum. Itaque in eandem partem illani interpretandum est
quod dimidiatum Mcnandrum C. Caesar Terentium dixit eis
qui subsequuntur versibus, h. e. Menandriae artis in duplici
genere, et ethico et pathetico, conspicuae dimidiam tantuni
partem adsecutum: aliter atque Meinekio visum est p. xxxvi
in adnotatione. Ceterum quod apud Schottura 1. s. s. posi-
tum reperio sedatis auribus, nec capio nec unde ascitum sit
comperi.
[Ibidem cffcrs corruptum esse postea iudicavit Ritschelius,
qui in n. Mus. llhen. XV p. 628 haec scripsit: 'ln den Ci-
ceronischen Versen
Tu quoque, qui solus lecto sermone, Tereuti,
Conversum expressumque latina voce Menandrum
In medium nobis sedatis motibus effers,
Quiddam come loquens atque omnia dulcia miscens
steckt noch ein Fehler. Mit Ilecht nimmt Fr. Biicheler
Anstoss an dem 'effers'. Latina voce expressum effers liess sich
sagen wie vcrbum de verbo expressum cxtulit bei Terenz: aber
dann ohne tff medium (nobis), und auch so mit mattem Ge-
danken. An die Bedeutung aber zu denken, in der vocem in
vulgus efferre} clandestina consilia cffcrre und Aehnliches ge-
sagt wird, verbietet das Sachverhiiltniss; die Meuandrischen
Komodien, seit einem halben Jahrhundert den Romeni oft
genug vorgefuhrt durch Plautus und Caecilius, waren doch
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COMMENTARIVS
265
eben darum zu Terentius Zeit nichts so Verborgenes mehr,
dass von diesem gesagt werden konnte «du bringst sie uns
in die Oeffentlichkeit heraus». Aber wohl nicht dcfcrs, wie
B. vermuthete, wird Cicero geschrieben haben, sondern af-
fers. Natiirlich nicht, weil zufallig so in der jilngem Pariser
Hds. (nicht in der alten) wirklich steht, sondern weil er
anch anderwarts ahnlich geschrieben hat, wie de offic. I, 7,
22 communcs utilitatis in medium affcrrc. Das hatten zwar
auch die Vorgiinger schon gethan, aber nicht scdatis motibus}
und in Ciceros Sinne auch wohl nicht latina voce.9 C. W.J
Pag. 213, 6 quiddam, pro quo quod in ceteris praeter
veterem Parisinum libris exstat quid quod vel quidquid ne
intellegi quidem potest, rectissimo iudicio iani Pithoeus
suscepit Epigrammatum et poematum veterum p. 42 ed. Lugd.
a. 1506, probavit post Nicolaum Heinsium in Ovid. Trist. v,
1, 18 Burmannus Anthologiae vol. I p. 410, miro consilio
ut tot alia ante se recte inventa sprevit Meyerus Anthol.
epigr. 64. — atque pro ac reponendum iam Burmannus
viderat.
Ibidem post hquens vocem misere languens diccns par-
ticipium iam Ciceronis editoribus quibusdam antiquioribus
offensioni fuit, a quibus linquens scriptum invenio: quod unde
petitum sit vel quid sibi velit, ignoro iuxta cum ignarissumis. 5M
Nec Scaligero dicens tolerabile visum, ut qui omnia dulcia
promens tacite ediderit in Catalectis p. 221 ed. Lindenbr. a.
Ifil7. Quod cum a similitudine litterarum parum commen-
datioms habeat, vide num e dulciadiccns litteris rectius effe-
cerim dulciaisccns h. e. dulcia miscens. Nam quod comc Cicero
dicit, cum suis qui infra positi sunt versibus C. Caesar lcne
mterpretetur, lenitas autein etiam arida esse et iciuna possit,
iure 8uo Cicero videbitur omni suavitate mistam lenitatem
in poeta praedicare, ut qui intra lenitatis quidem vel comi-
tatis fines (eo enim spectat quod praemisit Suetonius 'Cicero
hactenus laudat9) nihil dulcedinis omiserit, vim autem et
gravitatem, quae opposita est lenitati, destituerit.
Pag. 213, 8 de praeclara emendatione, qua in Caesaris
carmine a Stephani amico tu in summis o effectum est e
Parisini memoria tu ifl summisso, non est quod dicatur pluribus.
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26(3 IN VITAM TEKENTII
Versu 10 quod ucrbis Scaliger expetebat pro scriptis,
opinatae elegantiae fallaci specie deceptus est. Satis nota
sunt apud Horatium Lucili scripta Serm. i, 10, 56, spissis in-
digna thmtris scripta Epist. I, 19, 42, Graecorum antiquissima
scripta II, 1, 21, mm scripta Serm. i, 4, 23: ut in poetae
testimoniis me contineam ad poetas spectantibus. De ipso
autem Terentio non Suetonius tantum supra p. 208, 7 'non
obscura fama est adiutum in scriptis a Laelio et Scipione',
item p. 211, 5 'mores quos non perinde exprimeret in scri}>tis\
sed Quinctilianus quoque x, 1, 99 Micet Terentii scripta ad
Scipionem Africanum referantur'. Quamquam alibi aecidit
sane ut in scripta verterentur quae poeta ucrba dixisset, ut
in Ovidii epist. ex Ponto I, 5, 2. — In exitu versus notabile
est veram interpunctionem a Bentleio Wolfioque restitutam
veterem adeo Parisinum servasse.
Yersu 12 ncquc hac dcsjwcfa ex partc iaccrcs idem Pari-
sinus: ubi ex a noviciis libris plerisque abest, a vetere autem
correctore illo, cuius vestigia codex Vrbinas servat, sic est
mutatum: ncque in hac dcspcctus partc iaccrcs. Est illud qui-
dem, ncquc in hac} praeter rationem, qua ncuc liac potius
commendari Rothius intellexit: suuima autem cum evideutia
veritatis dcspectus pro despccta cx, cuius scripturae defendeudae
via nulla patet. Quamvis enim facili constructione, si modo
iaccrct recipiatur ex editione principe, superioribus haec con-
tinuentur: ncuc hac dcspccta ex partc iacerct, tamen ipsa ratio
527 sententiae obstat. Quippe nihil offensionis essct, si praece-
deret comica poesis vel eiusmodi quiddam: absonum est autem
despectam iacere uirtuteni dici.
Pag. 213, 13 ac dolcoy quod etiam codex Ileginensis prae-
buit, e Parisini scriptura audolco Rothius eruebat pro eo
quod vulgatur et dolco. Sed acquiescere profecto ne in illo
quidem poterit qui, quantopere langueant sic et coniuncta et
conlocata maccror ac dolco vocabula uni notioni inservientia,
secum reputaverit. Aliquanto plus gravitatis habiturum esse
unum hoc maccror} hoc dolco concedimus, quod Buechelerus
proponebat: sed vel sic tamen inverso potius ordine hoc dolco.
hoc maccror ad fortius progrediendum fuisse intellegimus, ad
aliquam similitudinem eorum quae sunt in Captivis v. 928
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COMMKNTARIVS
207
satis iam dolui ex animo et cura satis me et lacrumis maceraui
(cum quo genere miscere noli quod prorsus dispari fconfor-
matione sententiarum dictum est Cistell. i, 1, 61 male mihi
cst} male maceror: dolco ab animo, doleo ab octdis, dolco ab
aegritudine). Recte idem Plautus et convenienter rationi ego-
met me coquo et macero et defetigo Trinummi v. 225: item
recte lwc me facinus miserum macerat meumque cor corpusquc
cruciat Gloriosi v. 616, vel etiam simplicius et contrario or-
dine Terentius in Andria v. 886 quor me excrucio? quor tne
maccro?: nam has quidem notiones ut dispari origine, ita
pari inter se gravitate esse omnium optime Casinae versus
docet II, 8, 9 illorum mc alter cruciat, alter macerat. Vt non
mirer si quis apud Suetonium secundo loco positum multo
exilius doleo verbum ex interpretamento repetere Caesarique
m\um hoc maceror, hoc crucior tribuere animum inducat. Ve-
rum is tamen vix habebit cur illum tanto animi affectu tam-
que concitato genere loquendi usum esse in tam leni et sim-
plici caussa dicat. Nam ut ad perfectae artis et praestantiae
exemplar aliquid deesse Terentio iudicaretur, vel unum hoc
doleo dici satis erat: potuit haud dubie aliquanto fortius
etiam unum hoc maccror vel unum hoc chtcior dici: sed nimium
erat profecto et prope putidum vel hoc doloo, hoc maceror vel
adeo hoc maceror, hoc crucior. Ergo eo ducimur ut fallere
verbi h. e. prjucrroc speciem persentiscamus atque aliud quid-
dam latere in memoria librorum suspicemur. Quodsi quis
de talibus cogitet, qualia futura sint MfftlfM hoc maceror, Jwc
docto tibi — , vel hoc lccto} vel lioc dulci, et si quae sunt si-
milia, haec tamen omnia suis singula incommodis eisque sat
gravibus laborare facile perspicitur. Nec obliviscendum ad
hoc pronomen nos delapsos ab eo prorsus aberrasse unde
proficiscendum: audoleo vel audoleo. In quo aut fallor ssa
aut nihil aliud nisi AUREOLO delituit:
Vnum hoc maccror aureolo tibi dcsse Tcrcnti.
aurcolum enim et ad verbum ediscendum libcllum Crantoris si
potuit Cicero dicere Acad. n, 44, 135, item aureolam oratiun-
culam C. Laelii de nai deor. iii, 17, 43, quidni aurcolum
poetam quem in deliciis haberet CaesarV
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268 IN VITAM TERKNTII
In eodem versu levius est quod Parisini memoriam derc
non ad dccsse potius, quod ceteri prodidere, quam ad recon-
ditiorem dcssc formam spectare putavi, quam Lachniaunus
tetigit in Lucret. p. 20 et 134. Vnde profectus dest scriptu-
ram in Bruxellensi codice servatam apud Senecam Controv.
vn, 18 p. 206, 14 recte nuper Bursianus P. Syri versui 486
Ribb. reddidit: Tam dcst auaro quod habct quam quod nm
habct. m Apud Vergilium pristiuam scripturam vetustissimos
codices puto ubique servare: proditum est derunt Georg.
ii, 200. 233, derit e Vaticano Aen. vn, 262: proditum iri
a Ribbeckio dest e Palatino suspicor x, 378. Constanter
apud Horatium dest Epist. i, 12, 24 Blandiuius antiquissi-
mus, dcro et dcrit Gothanus Serm. i, 0, 56. II, 1, 17. n, 2, 08.
In Tcrentii Phorm. 298 libri sane omnes dccrant: in Adelph.
881 correctum saltem derit ex deerit in Bembino libro.
Nihil eiusmodi enotatum e codicibus Manilii miror, qui tali-
bus formis sexiens usus.
Pag. 214, 2 in auctario Donati recte a Fleckeiseno re-
positum Maccius nomen, spectans id ad Sp. Maeciura Tar-
pam, firmavit veteris Parisini auctoritas. De nam particula
quae praecedit significavi ad p. 208, 6.
Versu 4 nihili esse vel Vallcgius nomen vel, quod libri
novieii praeter Reginensem exhibent, Valcgius neminem fugit.
Ergo illiuc Valgius effectum est, quod inde ab Erasmo haesit
in editionibus: eodemque spectat quod in vetere Parisino k
litteras induxit manus recentior vel fortasse recentissima. m
actione autem, pro quo natione est in Vrbinati, nationc in
ceteris, cum nulli usui esse videretur, Valgius in Actacone
Erasmo placuit, Scaligero Valgius in Auctiottc Et ille qui-
dcm num de aliqua tragoedia cogitaverit satis sane mirabi-
liter, incertum: comoediae vel fortasse Atellanae nomen Auc-
tioni fuisse haud dubie alter opinabatur. Qualem fabulam
ut potuisse locuin talibus versibus in prologo praebere lar-
giamur, at scaenici poetae Valgii in tota antiquitate nec vola
nec vestigium. Igitur novam viam Robertus Vngerus in-
529 gressus comment. de Valgii Rufi poematis p. 158 sqq. ad
C. Valgium Rufum poetam eundemque rhetorem et granmia-
ticum memoriam illam omnem referebat, ita quidem ut in
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COMMKNTARIVS.
269
Arte rhetorica Valgii, qua is Apollodori Pergaineni praecep-
toris Texvriv latine enarravit teste Quinctiliano m, 1, 18,
suam versibus illis sedem fuisse coniceret, sive eis ab ipso
Valgio factis sive ab antiquiore poeta aliquo suniptis: haud
dubie enim ultra aridos magistri commentarios liberalius ex-
spatiatum multa de suo addidisse discipulum. Et talem qui-
dem coniecturam poterat ille fortasse alia coniectura aliquanto
saltem probabiliorem reddere: nisi enim fallit opinio, non
prosa oratione Valgius, sed didactico carmine graecam Artem
exsecutus est. Non desunt certe vestigia numerorunrpartim
manifesta partim non spernenda in illis quae ex Valgii inter-
pretatione latina Quinctilianus cap. 5 § 17 excerpsit: 'caus-
sam Hnit Apollodorus, ut interpretatione Valgii discipuli eius
utar, ita: caussa cst negotium omnibus suis partHyus sjrcctans
ad quaestionem, aut caussa cst negotinm, cuius finis cst contro-
uersia. ipsum deinde negotium sic finit: negotium cst congrc-
gatio jmsonarum, locorum, tcmporum, canssarum, modorum,
casuum, factornm, instrumcntorum , scrmonum, scriptorum et
non scrijitorum.9 Integros ab initio senarios nulla littera
mutata hos habes:
Caussa cst ncgotium amnilms snis pdrtibns
Spectdns ad quaestidncm — :
item Negotium, cuius finis controucrsia cst.
Nec rainus commodi e proximis prodeunt, si modo Quincti-
lianum concesseris praeterire potuisse, quae non necessaria
ad vim sententiae vel numeris tantum sustentandis vel nec-
tendae orationi inservirent:
Ncgotium autem quaedam congregdtio
Et pcrsonarum est et locorum et temporum
Caussdmmqne et moddrum, porro c/tsuum,
Factdrum, instrumcntdrumf scrmonum quoque,
Scriptdrum ct non saiptdrum.
Verum hoc quidem quocumque modo se habet, illud nunc
quaerendum restat, quid fieri libri indice in actione Vngerus
voluerit De quo ille sic ratiocinatur: certnm fuisse locuin
artis rhetoricae quo de ea figura ageretur quae Latinis est
Hrauslatio', jncTdcracic Graecis: eam translationem alio no-
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270
IN VITAM TERENTII
niine etiam f quaestionem actionis' dici: id igitur caput Artis
Valgianae aliqua breviloquentia sive Donati sive eius quem
530 ille auctorem secutus sit *in actionc' verbis indicari: nisi forte
in ea verba pristinam etw translationc' scripturam librarii
corruperint. Haec autem omnia quam miro argutandi arti-
ficio excogitata sint, nec quemquam fugiat qui aliquem seu-
sum simplicitatis habcat, nec Henricum Keilium fugit Vngeri
coniecturas sanissimo iudicio impuguantem in Ephem. litt.
Halens. a. 1849 m. Mart. p. 470. Ipse autem Keilius cum
de substituendo Valerius nomine suspicatur, sed suspicatur
modestissime, dubito num fidei satis inventurus sit. Scriptum
est sane uno in loco vitae Suetonianae p. 29, 5 Valcrius pro
Vulcatius in Neapolitano codice: sed altera ex parte tam
vulgare nomen quale est VaileHus in tam absconditam Val-
lcyius formam transisse non est saltem valde simile vcri. Et
vel sic indagandum restet, quo in libro illos versiculos Va-
lerius Soranus (hunc enim suum Keilius Valerium interpre-
tatur) posuisse videatur, cuius aliquam 'actionem' fuisse nec
testimonio nec indicio ullo constet. Nec magis de 'satirki'
constat, quas ei suo periculo Meyerus in Cic. Brut 46, 1G9
tribuit p.145: quamquam fatendum est item ad cavillanduni
veterem poetam versum illum, et hexametrum quidem, spec-
tare quem e ^Valerio' Varro prodidit de 1. lat. x, 70: Accins
Ilcctorcni nolct facerc} Ilcctora nuilct. — Superest ut cum Scho-
peno sentiamus, de illis quae sunt in actionc satis et sinipli-
citer et ad persuadendum apposite sic ratiocinante. Fieri
enim posse ut sive Valgii sive alius cuiuslibet liber (sive
finitius Mibellum' dixeris) extiterit *Actiof inscriptus, quo ille
veterum poetarum furta vel nescio quas alias culpas exagi-
taverit hac forma usus, ut tamquam accusator prodiret actio-
nemque reis intenderet: censuram saltem poetarum etiam
Ciceronem egisse videri in Limone itemque respondentem illi
(*/m quoquc9) Caesarem. Sed etiam quo nomine fuerit qui
talem librum ediderit, non sine probabilitate e librorum ve-
stigiis Vallegius prodentium posse erui videtur. Qoippe uno
eodemque tempore Vofjdlius nominis ad illa vestigia proxime
accedentis et Ribbeckius et Buechelerus admonuerunt: cuius
memoriam illi Tuvenalis suggesserat Sat. xm, 119 et xvi, 23,
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COMMKNTARIVS.
271
huic Seneca Natur. quaest. vi, 2, 8. Et nomen quidem ipsum
etiam lapides quidam Bruttii hrinant in Mommseni L R. N.
15 et 53: a quo non differt VACELLIVS forma ibid. 11.
' DecJamatoris* tamen Vagellii ab Iuvenale commemorati ve-
reor ut ullus in hac caussa usus sit: contra Senecae Vagel-
lium sat commode huc convenire prorsus adsentior Buechelero.
Sunt autem Senecae verba haec: egregic VagclJins meus in Ulo 6si
inclito carminc 'si cadendum cst9 inquit 'mihi, e caelo ceeidisse
ucJim.9 Quorum extrema e caclo cccidissc ucJim qui ad liexa-
metri principium referat, non posse non haerere in eis quae
praecedunt numero dactylico aperte refragantia. Liberius
igitur poetae verbis Senecam usum talem potius in mente
habuisse seuarium videri:
Si mthi cadcndum csty cecidissc c cacJo ucJim.
Senarios autem cum etiam Donati versiculos habeamus, nihil
obstare quorainus et unum eundemque utriusque scriptoris
Vagellium credamus et fortasse etiam 'inclitum carnien' illud
non aliud esse nisi 'Actionem' suspicemur. Quae si certa
non sunt, at veris propiuqua haberi poterunt. Sed de car-
mine quocumque modo iudicabitur, Vagellii quidem nomen
coniectura repertum esse felicissima confido, quamquam non
ignarus ad omnia alia et (ut solet) aliena de Senecae verbis
coniectando eundem illum Vngerum nuper delapsum esse in
ea commentatione quam de Lucani Heliacis a. 1858 edidit.
Nimirum blandis verborum lenociniis summam nobis lenita-
tem talis permutationis litterarum persuadere studet qua e
uagellius fiat uero annaeus lucamts.
Pag. 214 versuum 6—8 haec est in vetere Parisino spe-
cies: hae quac uocantur fabulac cuiac sunt, non Jujs qui iura
poimJis retentibus dabat summo Jionore affectus fecit fabuJas.
Nec multum ceteri libri discrepant, nisi quod pro rctentibus
in plerisque recensentibus exstat, rccentionibus ex Italo quodam
codice 'vetustissimo' affertur a Barthio Adversar. VI, 20. In
his autem expediendis dici nequit quantum se longo ex tem-
pore docti homines torserint: Iosephus Scaliger Animadv. in
Eusebii Clironol. p. 144 ed. alt., Ianus Rutgersius Var. lect
I, 7, ipse Barthius 1. s. s., nostra autem memoria Carolus
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IN VITAM TEKKNTII
Beierus in Cic. Lael. p. 141 *), Vngerus de Valgii Rufi poe-
532 uiatis p. 154 sqq. conl. excursuum p. 443, Keilius L s. sT
postremo in nitidissima Terentii editione Alfredus Fleck-
eisenus. Quorum tamen nullum id quod verum liaberi possit
adsecutum putamus: quod cum longum sit singillatim perse-
qui, in paucis nobis subsistendum intellegimus. Ac primuni
quidem eum versum qui est medius non vidimus a quoquam
ita conformatum, quin aut nimis asperis aut nimis debilibus
numeris incedat aut ab utroque genere laboret. Nervos non
babet queni Scaligero duce plerique exitum probarunt gaiti-
bus dabat; durus est et inelegans dactylico vocabulo compre-
heusus dactylus Poblius, quod nomen e pqpulis idem ille
Scaliger efficiebat, vel cum rcgibns ct popuUs dabat fuit qui
*) Beieri verba, quibus disputatiunculam suam conclusit, animi
caussa ;i dscripsi : 'fragmentum enim corruptnm ease atque emendatione
adhuc egere, sobria ingenii sollertia iudicat longe peritissimus arbiter
Aug. Wcichertus in pcrerudita cominentatione de C. Valgio llufo poeta
(Grimae ex offic. Goeschenia 1827. 4.) fragm. xvn.' Niminuu plane
sui similis Weichertus extitit Poet. lat. reliq. p. 239 sq., remm inuti-
lium strue molestus, hebes iudicio. — Ceterum ne quid desideraretnr,
infnictnosa emendandi conanima duorum versuum priorum iufra scripai.
Hae quae uocantur fabulae Terentii, Non lias qui iura Poblius gentibus
dabat Scaliger. Hae quae uocantur fabulae huius, nonn' eas Qui iura
populis, leges gentibus dabat Rutgersiu9. Terentianae quae uocantur
fdbulae cuiae' sient? Non hds qui iura pdpulis, regna ndtionibus dabat
Barthius. Hae quac uocantur (uorantur nuper) fabuJae cuiaene sunt?
Non has qui iura poputis end' hibus (endo hibtis nnper) dabat Bothiua.
Cum Rutgeraio facientes in primo versu Qui iura populis implorantibus
(vel etuloperantibus) dabat BeieruB, Qui iura populis, reges gentibus da-
bat Vngerna. Tuae quae uocantur fabulae, non sunt tuae. Nonne has,
qui iura regibus et populis dabat Keilius. Tuae quae uocantur fabtdae
cuiaene sunt? Non has , qui iura Poplius dabat gpitibus Fleckeisenos.
— Nimirum Bothio Beieroqne fraudi fuit Lindenbruchii p. 622 ed. Far.
haec adnotatio: 'Terentius dabat] Ita ex mss. restitutum est, quorura
alter sic habet end'ibus dabat.' Quae in editionc Francofur-
tensi sic mutata sunt p. 632: 'Populis end'ibus dabat] Ita mss. Da-
nielis. vulg. petentibus dabat. al. recensentibus: Nulli fuerunt 'mss.'
Danielia, sed unua ms. Ex eius margine (non fex mss.') adsciverat in
Parisinam Terentius nomen. Quem 'alterum 1 dicit, non fuit alter Pa-
risinus noster 7921, sed aut Contianus ut puto aut Cuiacianus. Prae-
terea qui petentibus ediderit non magis novi quam qui uolentibus, quod
in «uarum editionum novissima testatur Bothius.
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COMMENTARIVS. 273
suaderet; nihil profecto gratiae tales quales nuper placuerunt
ictus habent Popliu dabat gmtibus. Praeterea nemo fuit
quin cum in hoc versu tum in primo aut addendo *aut re-
secando aut transponendo tines modestiae licentius migrarit
tidemque librorum nimis magno intervallo reliquerit. Porro
autem, Terentium esse ad quem hi versus spectent, quo tan-
dem iudicio intellegi dices? quod merito offendens Scaliger
cum poetae nomen sic inferret: Hac quae uocantur fdbulae
Tmntii, e conflatis terentii et gentibus vocibus portentuin
scripturae recensentibus repetens, aliquid vidit, rem ipeam non
pervidit. Nec cum perbona coniectura Fridericus Windisch-
uiannus in Welckeri Naekiique Museo Rhen. i p. 113 prin-
cipium versus primi sic sanavit: Tuae quae uocantur e. q.s.,
illud effecit, ipsius ut significationem poetae ne desideremus. 533
Et tamen ab illa emendatione perfacilis ad veritatem aditus
erat Nam nihil sane aliud in monstro scripturae retentibus
(hinc enim projQciscendum, non a noviciorum codicum me-
moria reccnsentibus) nisi Terentii nomen delituit: id quod
iam is quisquis fuit sensit, cuius manu recenti adscriptum
est in margine Parisini terentius. Nisi quod illud non e versu
primo huc est aliquo casu delatum, quae Scaligeri mens fuit,
sed sedem suam in alterius principio occupabat. Sic enim,
nisi omnia fallunt, antiquitus scriptum fuit : Tuae quae uo-
cantur fabulae, cuiaene sunt, \\ Terenti? non has, iura qui po-
pnfts dabat, e. q. s. Nihil in hoc exemplo ultra mutatum
praeter libros, nisi quod modestissima duarum litterarum
accessione cuiaenc cum Bothio factum est e cuiae, modestiore
profecto quam qua vel cuius sunt cedo Erasmus suadebat vel
dic cuiu* sunt Oudendorpius: praeterea longe lenissima trans-
positdone iura qui repositum pro qui iura. — At ita nulla
fit Scipionis mentio, a quo factas fabulas edidisse Terentium
hic poeta testatus erat auctore Donato. Fatemur non nomi-
nari: non potuisse intellegi negamus. An nominari contendes
si Scaligerum secuti Poblius amplectamur pro pojmlis, in
tanta quidem Publiorum frequentia? Recordandum est autem
duos esse omnino a quibus adiutum in scribendo Terentium
fama ferebat, C. Laelium et P. Scipionem: e quibus cum ille
iura populis nulla ullis dedisset, nihil relictum erat nisi ut
FB. UIT8CUEL1I OPV8CVLA III. 18
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IN VITAM TKKKNTII
de uno Scipione cogitaretur. Eiusque ipsius cogitationeni
]>aullo etiam promptioreni proximo versu fieri putamus. Ibi
enim traod ab initio proditum est sttmmo honorc etsi ad le-
gitimam meusuram Erasmus transponendo revocavit, cuius
exemplo Honorc sttrnmo vulgatur, tamen quid impedit quo-
minus servato ordine verborum intercidisse potius aliquid
existimemus; hiatus ut sic removeatur: Sttmmo illc honore
affccttts — ? His igitur argumentis moveri me passus siun
ut Vagellii versiculos tales quales edidi conforniarein, nou
sine spe indagatae veritatis. [Ipse tamen liitschelius postea
Fleckeiseno est obsecutus ita emendanti:
Tuae, Terenti, quae uocantur fabulae,
Cuiae sunt? non has cct. C. W.|
Pag. 214, 9 quod Parerg. p. 325 ratiocinatus suni Apol-
lodoro Carystio a Donato scriptum esse, hinc ut duplex uo-
men in vitara Ambrosianam transierit, eius me coniecturae
ne nunc quideni paenitet. Nam unde tandem nisi ex Donato
hausisse medii aevi seriptorern istum tam exquisitam menio-
riam putabiinus, qualis haec est, Carystium esse, non Geloum.
poetam cui suas fabulas acceptas referret Terentius? Quam
si quis ex ipsis commentariis Donati repetat in Hecyram et
534 Phormionem scriptis, quorum in prooemiis, ubi nunc Apol-
lodorus legitur simpliciter, potuerit aliquo loco pleniore no-
mine ApoUodoms Carystitts dictus esse: etsi eis comnientariis
est sane hic scriptor usus, velut in illis quae de Luscio La-
nuvino rettulit, tamen quid est quaeso, cur probabilius hic
statuatur quam in auctario vitae nomen gentile intercidisse?
praesertim cum ex eo auctario finitima deprompta sint omnia.
Vita autem Ambrosiana illa (quam post liothii curas
eodcm iure Parisinam dicas) etsi referta est sane additamen-
tis non e Donati vel vita vel commentario petitis, tamen
haec omnia ita coinparata sunt, ut suo ingenio fretus tingere
scriptor potuerit quanturavis temerariae explanaudi exornandi-
que libidini indulgens, ' doctrinae fontes alios habuerit uul-
los: praesertini ubi illa reputaveris ad unura hoc consiliuui
redire, ut itinerura rationes a poeta factorum clariore in luee
conlocarentur. De quo ut certius iudicare liceret, ipsam
vitain illam, inter iv saeculum et xi scriptam, scd illi nm
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COMMENTAKIVS.
275
fallor quam huic propiorem, hic subicere placuit et emenda-
tam aliquotiens et ex arte adnotatam. Itaque pro funda-
mento esse codicem Parisinum membraneum 7002 (^4) volui,
saeculi ut fertur xi, possessum olim a Petro Daniele: lacu-
nosum sane et ut usu venire in tali genere solet mendosum,
sed ex antiquiore ut videtur fonte ductum. Cui saeculi xv
Basileensis F. III, 2 (B) et Parisinus 1441 (P) accedunt:
quorum hic insigni exemplo, quomodo serpserit interpolandi
licentia monstrat. Praeter hos tres, e quibus excerptam ab
Hunzikero discrepantiam scripturae Rothius Musei Rhenani
t. XII p. 186 sqq. proposuit, M dixi e tribus eodicibus Am-
brosianis, nusquam inter se distinctis, proditam ab Angelo
Maio vitain, quae est in eo libro quem ille Mediolani a. 1815
sic inscriptum edidit: *M. Acci Plauti fragmenta inedita.
Item ad P. Terentium commentationes et picturae ineditae'.
Vbi de libris illis sic testatus est p. 37: ?Haec Terentii Vita,
nondum ut puto vulgata, extat in Ambrosianis codicibus D.
79 et 0. 109 part. sup., in quibus et dicitur excerpta e ve-
tustissimo codice. Extat item iu codice F. 92 part. sup.,
ubi inscribitur Prohoemium uerum, ut nimirum distinguatur
a Terentii Vita studio Petrarchae descripta (et edita) quae
in eodem ms. proxime praeponitur.' — Ceterum interpun-
ctionem tacite correxi.
VITA TERENTII
Terentius, Afer genere Kartaginensis, puer captus est et
a quodam Terentio Lucano emptus. litteris graecis latinis-
que instructus cum liberatus esset, mox propter elegantium
1 Incipit uita Terentii A 2 afer natione, genere B. genere qui-
dem extitit Afer, ciuis uero vita (Jxon. Carthagiuensis M ent
etj et libri 4 liberarius B. Hbrarius M. rmox hunc librarium asciuit'
P, prorima exhibens talia: qui cum familiaritate [voluit cum in faini-
liaritatemj p. scipionis ac lelii perductus postea e»set e libertina tribu,
in urbanis honestum ordinem tenuit. causas \ immo comoediasj egit non-
Qunquam, in quibus quidem locum primum haud dubie tenuisset, mti
eioa obtrectatores , cum ctiam publice eius comedius quas ediderat
uituperarent, ad huiusmodi studia ardentius impulissent \immo obtrec-
1R*
276
IN VITAM TERENTII
8tudiorum morumque in amicitiam perductus est P. Scipionis, s
Laelii Sapientis, Furii Phili. quorum fabulas in scena dare
illum inimici diffamabant: maxime autem Luscius Lanuuinus,
qui aemulus eius erat, lianc opinionem diuulgabat. et cum
criminarentur quidam Terentium, non uere eum Graeeorum
mores exprimere, set pleraque latina facere consuetudine, ut i»
instituta Graecorum moresque coguosceret Athenas profectus
est ibique aliquamdiu commoratus Menandrum in latinum
sermonem transtulisse dicitur. set cum Romam repetiturus
esset, sarcinas fabulasque quas ibi conscripserat in nauem
imposuit quae Malean circuitura erat. ipse terrestri itinere u
536 Patras profectus est, ubi nauem expectare constituerat, au-
ditoque naufragio, aegre ferens amissas fabulas, Stymphalim
decessit in Arcadia, [ubi et mortwis] publiceque sepultus est,
Cn. Dolabella Fuluio Nobiliore consulibus. fabulae eius ex-
tant quatuor ex Menandro translatae, Andria, Eunuchus,»
tatores etiam publice . . . uituperarent: quo tauien eum ad huiusmodi
. . . impulerunt vel similiter] 6 est om. AB P. om. BM § et
Laelii sapientis et M furi puli A. rupilii BM. Furii Publii ritae
codex quidam a Lindenbruchio commemoratus ad Donatum in AdeJph.
proJ. 15. Apud ipsum Donatum furium pilum est in cod. DanieJis et
ed. princ, furium pium tn veteribus, Furium Publium post rulgatum
Bceno A 7 illum om. libri autem lusiua A. autem luciua B. tur-
tullius M lauiuius BM 8 eiuB aemulns M diuulgabat om. A
etj sed libri 9 non uere eum] non uere M. rdgauere A. non
ueros B 10 exprimere set] exprimeret A. exprimere BM (de P ta-
cetur) latina facere] in latina ferre A. in latina fore BM (de R
tacetur) 11 moresriue Graecorum M 12 ibique A (B?). ibi MP
aliquamdiuj compluris annos P menandrum et demophilum iu P
13 setj et libri repetituruBj petiturus libri 14 nauim A. naui P
15 coraposuit P maleon BP. maricon A. maliacum sinum dicit
Polentonus, sinuni Illyricum Petrarca ipse .... conatituerat om. A
16 ubi et nauem M 17 amisisse AB. amissorum scriniorum P
Btimphalim AB, Petrarca. StjTnphali MP. Aut obvcrsata est menti
scriptoris Stymphalis (palus) forma, aut corrigendum Stymphalum
decessitj an secessit.^ 18 archadia A ubi et mortuus veJ aliquid si-
mile intercidisse puto publiceque ibi sepultus MP 19 Cn. Dola-
bella .... consulibus om. A Gn. delobella B. C. Dolabella MP
Fuluio NobilioreJ et fuluio honore B. Fuluio Flacco M. et fuluio
P 20 quatuor ex his que rome ex menandro tranKlatae sunt P
translata A andria et A
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C0MMKNTABIV8.
277
Adelphoe et Heautontiinoruinenos: duae ex Apollodoro Ca-
rystio, Hecyra et Phorniio. hic Eunuchuiu uendidisse dicitur
octo niilibus nuinoruin, quod pretium ante eum neuio ac-
ceperat.
21 adelphe M. adelphos A (e BP nihil notatum) autontiraoru-
menoD A (e BP nihil notatum) duaa A pollodore A caritio A
fet P?). caricio BM. Corinthium (pel Carinthium) Petrarca dixit 22
rcchira (hecyra) et phormio* BP. et formos A hic eunuchu* A
[B??). Eunuchum M 23 octo AM. XII B. XIII P. uiginfci Petrarca.
in octo Polentonus milibus M. milia -1. 'milia vel ^1^^118' BP.
raillibus Petr., Pol. qui etiam nummiun numorum pretio quod pre-
tium A ame tum A accipiebat A 24 Sequuntur in P Reliquit
et epitaphion sunm tale Natus in excelsis cei. (h. e. epigramma Antho-
logiat illud 11, 220 Burm., S45 Mexjer.)
Non novit hanc vitani qui de Terentio futile comnienta-
rioluni conscribillavit ex Oxoniensi codice ab Abrahamo Gro-
novio publicatum apud Westerhoviuui praef. Ter. p. xxxn sq.,
ex Halensi a. 1811 a Terentii (vel potius Terentiani codicis
illius) editore Brunsio p. 3 sqq. Qui scriptor praeter ipsuin
Terentiuni Orosio usus, Prisciano, Rufino, Horatio, non Do-
nato: ex Orosii enini lib. IV, 19 stolida confusio illa poetae
Terentii atque Q. Terentii Culleonis fluxit. Vtraque vita
Frauci8co Petrarcae iu prouiptu fuit, Oxonienses ineptias
graviter impugnanti, nimium confiso commentis Ambrosianis:
ipsum Donatum (i. e. Suetonium) ne Petrarca quidem legerat.
E Petrarca autem totus pendet Sicco Polentonus, cuius
vitaui ineunte saeculo XV scriptam e Florentino codice edidi
Parerg. Plaut. p. 635 sq. Ccterum Petrarcanam non habui
nisi ex Westerhovii praefatione p. xxxiv sq.: cuius sat scio 537
emendatiora exstare manu scripta exemplaria.
EPIMETRVM BIBLIOGRAPHICVM
ad pag. 219 adnot.
Typis expressa Terentii exempla illa quattuor, de quibus
bibliographos dixi praeter rationem aut tacere aut dubitare,
haec sunt quorum indiccs infra posui.
278
JLN VITAM TEKKNTII
Terentius cuin Donato. || In finc Finis Coniraenturiorum Aelii Donati
super .P. Terentii Afri Comoediis. |j nec non Ioannis Calphurnii
super Heautontimorumenon foeliciter. f| Venetiis per Philippum pin-
zium Mantuami Anno dni .M. CCCC. XCIII. pridie nonas Iulias.
Impante Augu stino barbadico serenissimo Venetoij, principe.
Laus deo. || Sequitur Registruni. fol
(Initium deest in exemplari Bonnensi) In finc Hoc opus impressum
est Mediolani per loanem Angelum Scinzenzeler. Anno doroini
.M. ccccci. die || xix. Octobris. |j tiequitur Kegistrum. fol.
P. Terentii aphri Comici poetae disertissi mi Elegatissime sex come-
die: cu succinetis || admodum copendiosisqi : non minus tarae fl di-
lucidi8: Jodoci Badii ascesii explanatio nibus. |j — Uenundatur Par-
rhi8ii8 in vico Maturinorum || a M. Durando gerlier A lestrille
faulxveaul. || In finc Finis elegantissimarii coinediaru Tcrentii cii
auotatdnib" Jo doci Badii ascensij: ab code impensis. M. durandi
gcrlier. impressioi ma datis atq: absolutis ad calendas Februa. Anni
iuxta Parisien. calculos || Millesimiquingetesimitertij. 4.
Terentius cum | quinq2 comentis: vi Donati: Guidonis: Cal phur.
Ascensii i Seruii. U Cum gratia ob figuras: || ut ps in ei° puilegijs.
Tn ftne Impressum Ve netiis per Lazarum de Soardis die .XXIII.
Febmarii .M. D. XII. Qui a Senatu Venetorum obtinuit q. nullus
imprimcrc seu imprimi facere audeat eorum in territorio 8ub raul-
cta: ut suis in gratiis patet. |] Sequitur Ad Lcctorem lndex comen-
tariorum distidia quattuor — Ad eundem. Excusatio Lazari dittidut
tria — Regi8tmm. foi
llis autem quae supra posui iam typis expressis iu ma-
nus meas quintum exemplum pervenit comiter transniissuni
a Fleckeiseno, quod item ignorant bibliographi. Est id Lug-
dunense anni 1502, persimile aliis quae circa illud tenipus
prodierunt Lugduncnsibus, indice quidem hoce:
P. Terentij aphri comico2j. elegantissimi Coiuedie: a Guidone Juue-
nale viro pcrq lit terato familiariter explanate : i ab Jo doco Ba-
M8 dio Ascesio vnacui explana|ti6ibus rursum annotate atqi recognito:
ciiqi eiusde Ascesii preno tamcntis atqi anuotametis Q suis loci» ad-
hibitis qj ac curatissimc se venun dant impres se. |) In fine Publij
Terentij e. q. s. ut supra . . . explanationibus suis locis adhibi tis
rursum annotute atq2 recognitii : solerti cura castigate : impensaq:
no leui per egregios viros Clau dium Many i Stephanvi Balan ca-
racteribus mandate. Anno ab incarnatione domini .M.cccccil. I die
vero decimaoctaua decembris Finiunt feliciter. 4.
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(OMMKNTAKIV8
270
Haec quoque editio ex eis est quae vitaiu poetae habeut
non a Donato factani, sed illo duce scriptam ab Asceusio.
Ab eodem autem amico suavissimo sero admonitus vi-
tam 'Ambrosianani' illam aute A. Maium pridem e codice
Ebneriano saeculi X a Chr. Theophilo de Mnrr editam ha-
beri in rMemorabilibus bibliothecaruni Norimbergensium et
universitatis Altdorlinae' (Norimb. a. 178B sqq.), part. II p.
135, non committendum putavi quin illinc excerptam scrip-
turae discrepantiam hic subicerem.
1 incipit vita tkrextii 2 cartaginiensia capt et a 4 li-
Warius eiua esset 5 perductus scipioui leli aapieutia furijiili 6 dare
inimici 7 autem] tamen 8 diuulgabat om. et] sed 9 eum
om. 10 exprimere pleraque inlatina ferre 13 set om. petiturus
16 que malleon circumitura lfi ubi et nauem 17 amiBigse
stimphalim 18 inarchadia pupliceque 19 (»N fuluio honorio
20 quattuor emenandro 21 et eunuchus. Adclphos Kautoutime-
rumeuou 22 duas exappollodoro caricio. Echira et phormios. Eunu-
chum 23 nummomm accipiebat
Est autem hic idem codex ille, qui servavit alterum ex-
itum Andriae Terentianae, vindicatum a me et tractatum
iam ante plurimos annos in Parerg. Plaut. p. 583 sqq. | Rec-
tiora docuit Henricus Keilius, qui haec ad Ritschelium scrip-
sit: «Die codiccs Ebncriani, friiher im Besitz der Nttrnberger
Familie Ebner, sind in den zwanziger Jahren in Nurnberg
verkauft (wahrscheinlich otfentlich versteigert). Der grosste
Theil derselben soll von einem Engliinder gekauft sein und
wird sich also vermuthlich jetzt in einer englischen Privat-
bibliothek befinden. Einige Handschriften sind freilich auch
in andere Hiinde gekommen, wie der codex des Persius, den
Jalin fiir die kleine Ausgabe des P. benutzt hat, und der
sich im Besitz des vor Kurzeni verstorbenen Gymnasialpro-
fessors Joachim Meyer befand. Wohin der gesuchte codex
des Terentius gekommen ist, weiss ich nicht zu sagen. Am
wahrscheinlichsteu ist, dass er nach England gekonimen;
sicher, dass er nicht nach Erlangeu gekommen ist. Die
Hand8chriften der Erlanger Bibliotliek stammen aus Ansbach,
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280 1N VITAM TERENTIl COMMEXTARIVS.
Altorf und Heilsbruiui. Eine Ebnersche Handschrift hatte
nur durch Kauf erworben werden konnen, und fur solche
Dinge hat die Bibliothek nie Geld gehabt.
Von den beiden codices Erlangenscs (Parerg. Plaut. p.
XXX) ist der eine n. 67 (jetzt 299), wie richtig angegebeu.
ein Altorfinus. Er enthalt die dort besprochene Scene aiu
Schluss der Andria. Gesehrieben saec. XI oder XII. Daraus
giebt Murr a. a. 0. die scena Terentiana. Der andere n. 236
(jetzt 300) staninit aus Heilsbrunn und ist in deui gedruckteu
Katalog der Heilsbmnner Bibliothek von Hocker p. 67 mit
dieser Nuinmer (236) beschrieben. Geschrieben theils saec.
XI theils saec XII; denn die ersten Quinternionen scheinen
iilter als die folgenden. Am Schluss die gewohnliche Signa-
tur fmonasterii in hailsbrunn'. Schon deswegen kann der
codex init einem Ebnerianus uumoglich identisch sein.
Vor der Andria stehn auf eineni Blatt von spaterer Hand
(^wohl derselben, die den letzten Theil der Handschrift ge-
schrieben hat) einige kurze Scholien und hinter diesen die
f ultiina scena in andr/. Eine vita Terentii steht in der Haud-
schrift nicht. Wohl aber stehen auf den letzten 3 Seiteu
allerhand Scholien, welche am Schluss des letzten Blattes
schliessen: 'secundum seruiumVI titulus operis qualitas car-
niinis intentio scribentis numerus librorum ordo librorum
vita poetae'. Deninach wiire denu wohl moglicb, dass noch
eine vita gefolgt wiire, da am Schluss recht wohl einige
Bliitter fehlen konnen. Aber das miisste ein alter Defect
sein, da die oben angegebene Signatur auf dem letzten Blatt
steht. Also sicherlich nicht der von Murr benutzte codex
Ebnerianus.» C.W.]
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IX.
De emendatione fabularnm Terentianarum *).
Etsi quae praefari scholarum indicibus in hac litterarum 2
universitate habendarum vetere et antiquo instituto solemus,
pertiuere ad vos universos volunius, tamen eadem non mirum
est propiore etiam vinculo ciun vestris rationibus contineri,
qui cum graeeis latinisque, in quibus fere versaniur, litteris
ipsi studetis, tum in seminario regio philologico exercemini.
Vobis igitur posteaquam in Dionysii Antiquitatibus per ali-
quod tempus elaboratiun est, ut ad Terentii fabulas trans-
itum ipsi pararemus, ea nunc in medium afferre haud abs
re putavimus, quae nec colligi sine ampla librorum supel-
lectile posse, nec satis ex omni parte iudicari nisi ab artis
criticae paullo peritiore viderentur. Ac speraveramus sane
fore ut eius rei is nobis otium faceret, cuius curis ornatio-
reni elegantissimum poetam proditurum rumor ex aliquo
tempore percrebruerat, Reinholdus Klotzius. Veruni eam ex-
spectationem dici nequit quam ille, laudatus alioqui vir, fe-
fellerit. Nam cum omnis eius opera, quam emisso his ipsis
diebus primo volumine publico iudicio proposuit, in eo con-
sistat, ut collatis duabus vetustis editionibus, quae ex Ro-
mano codice manarunt nobis probe noto, rectius aliqua ex
parte Donati disiecta membra constituerit, tum ad ipsa Te-
rentii verba emendanda novi propemodum nihil attulit. Nisi
•) [Proocroium indicis scholarum hibernarum Vratislaviensium
anni CIDIOCCCXXXVllI.]
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282 DE EMENDATIONE
quidem illud novum est, quod seinel bisve singulis paghris
in marginein reiecta Bentlei scriptura eam revocavit, quae fere
legebatur ante Bentleium. Id autem cum per se nihil babeat
ctur iinprobetur, tamen ab Lipsiensi editore ita institutum
est, ut non profecisse Terentianae fabulae, sed aliquantuui
detrimeuti cepisse merito existimentur. Quam enim spem
fas est de eo concipi, qui sanas et necessarias easque explo-
ratissimas prosodiae et metrorum rationes adeo perverterit,
ut Andriae versum prologi 11 sic potuisse a poetae manu
prodire sibi persuaserit: Non ita dissimili sunt drgnmcnto, set
tamen: vel sc. I, 25 hunc probaverit: Libcrins vivcndi fnit
jyotestas e. q. s., vel GO. 85. 127 hos: Diccbant aut Niccratum,
nam hi tres tum simul: Quul si ipse amasset? qnid hic mihi
faciet patri: Quis igitur relictus est obinrgandi locus. Quan-
quam fatendum est sane non mediocriter istiusmodi elegantiis
nostros nimc homines delectari, qui vel Horatio dignum hunc
versiculum pronuntiarint: Bamisqnc obliquo laborat, et mox
non dubito quin tales etiam numeros admiraturi sint gratia-
rum dulcedine mirifice conditos et nectaream suavitatem
spirantes:
s Vided, patres conscnpti, in me orunium
Vestrum ora atque oculos esse couverscis: video
Vos n<5n soluiu de vestro ac rei piiblicae,
Verum etiam, si id depulsum sit, de meo
Periculo solhcitos esse. Est mibi — :
vel Plautinum robur in talibus deprehensuri :
m Faeturusne operae pretium slm, si a primordio
Vrbis res populi R<5mani perscnpserim,
Nec satis scio, nec si sciam ausim dicere:
Quippe qui cum veterem tiim vulgatam e^sse rem
Videam, dum novi semper scriptores e. q. s.
nisi quidem v. mcdio, ne ab inviolabili auctoritate codicum
usquam recedatur, prouuutiandum potius dimre ausim. Quid?
quod ab beroico versu exordiri visus reruiu scriptor raani-
festos senarios posuit continuos, scaenicis quibusdam (juos
nuper procusos vidimus haud ullo pacto indignos:
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>
FABVLARVM TKRKNTIANARVM.
283
Vrbem Koiuam a principio reges habuSre.
Libertatem et consulatuin Brutus mstituit.
Dictaturae ad tempils sumebanttlr: neque
Deceniviralis potestas ultra biennium,
Neque tribunorum nuTtuin consulare ius.
Videlicet tam facile Romanis fuit versus facere, vel potius
non facere difficile.
Sed istam codices nunquam non antestautium religionem
saltem coniunctam esse putes cum accurata eorundein, in
quorum fidem iuratur, codicum cognitione. Verum in Terentio
quidem Klotziano res longe aliter cecidit. Tametsi enim ma-
luisse se libros vctustissumos pracstantissumosque a G. Faertw
et K Bentlcio cxcussos quam doctorum hominum coniecturas
sequi editor testatus est, tamen qui qualesque illi essent,
quomodo inter se differreut, quo argumento de eorum prae-
stantia constaret, qua tide viderentur collati esse, haec igitur
omnia quaerere adeo omisit, ut ne uno quidem versiculo at-
tigerit. Ac pertinet hoc, quod nunc dicturi sumus, etiam ad
alios. Neque enim satis possumus mirari, cum tot tantisque
laudibus cum aliorum Faerni codicum tum omnium vetustis-
simi Bembini excellentia longo ex tempore efferatur, ut nunc
fere tralaticia sit, tamen per tria ferme saecula neminem ex-
stitisse, qui iisdem libris post Faerni curas denuo inspectis
bene de his litteris meruerit: nec enim vel G. Fabricii vel
Cocquelini (a. 1767) eo in genere opera memorabilis. Quo
negotio facile intellectum esset, quod vel divinari ab uno-
quoque poterat, non aliter in conferendis libris mss. Faernum
atque aequales philologos cunctos versatum esse, hoc est
discrepantis scripturae largam eamque bonae frugis plenam
poeteris lnessem reliquisse. Ac praeterquam quod ex ipso
Bernbino praeclarae, quae adhuc latuerunt, emendationes peti
possunt, e sola comparatione penitus excussi Bembini certius
potest de reliquorum codicum indole iudicium prodire, ac sic
demum, quae sit condicio fabularum Terentianarum, quas
videantur vicissitudines expertae esse, qua sit via ac ratione
ad earum emendationem accedendum, aliquanto et rectius et
plenius, quam adhuc factum est, definiri. Et medio quidem
aevo cum pauci scriptores latini saepius quam Terentius et
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284
DE EMENDATIONE
lectitati et descripti siiit, evenit ut codicum niss. paene in-
4 fiuita multitudo hodieque exstet. Praeter eos auteni, quonim
e solis bibliothecarum indicibus notitia petitur, nos quidem
nunc illos quoque praetermittimus, si qui a veteribus edito-
ribus usurpati nec descripti aecuratius, ac ne singillatiin
memorati quidem sint. Nam omnino totus hic locus, qui
est de fontibus et successionibus mutuisque rationibus et usu
antiquarum Terentii editiouum, patet adhuc curioso studio,
ac vix tenuissimis quibusdam Fr. Harii et Westerhovii initiis
tractari coeptus est. Cf. Harii Addend. p. 95 sqq. eiusdem-
que et Westerhovii praeff. et adde Nov. Annal. philoL et
paedag. Suppl. IV p. 325 sqq. Sed quorum ab ipsis criticis
mentio fit, eorum quam paucissimis verbis hunc iudicem
accipite.
Quattuor Io. Rivius in Castigatiouibus (Lugd. 1538)
usurpavit, Bunaviannm antiquissimum , Hassensteinianum
membr. Bononiae emptum, Huteri codicem a Muslero mis-
sum, D. Nicolai Friberijcnseni. Vid. Rivii praef. in editione
Bergiana a. 1574 p. 106 sqq. Iteni quattuor Mureto (Venet
1555) praesto fuerunt (SchoL Eun. prol. 5. V, 8, 57), unus
suus (Phorm. III, 2, G), duo bibliothecae Antonianae Venetae,
olim Dominici Germani Cardinalis (Heaut. III, 1, 101), quar-
tus Bernardi Ijaurctani (Eun. IV, 7, 19): nam quem praeterea
memorat Vcnctnm, impressus fuit (Andr. I, 5, 3). Exstitit
nunc Faernus (Flor. 1565), a quo nominatim afferuntur Ikin-
bmu8 ille nunc bibliothecae Vaticanae, quarto, ut nobis vide-
tur, saeculo litteris quadratis scriptus, sine ulla controversia
antiquior Medicco Vergiliano: Vatieanus haud fere minore
celebritate propter appictas singulis scaenis personarum ima-
gines (utrumque enim confudit Bernhardyus Hist. litt. Roin.
p. 196): praeterea Basilieanus, Victorianus, Decurtatus*. Quan-
quam non exiguum videtur etiam aliorum numerum habuisse,
illis aliquanto inferiorum. Post Faernum codices suis in
Terentium Castigationibus Ge. Fabricius (Lips. 1574) ad-
hibuit, Palatinum h. e. Vaticanum, et pervetustum Wcrteria-
num (ed. Berg. p. 8 sqq.). Item Rcraiae inspexit Bembinum,
ex eoque pauca adscripsit impresso exemplo, quo deinde
Franc. Fabricius in Annotationibus usus est praeter alios tres
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FABVLARVM TERENTIANARVM.
285
libros sed ue eos quidein scriptos (ed. Berg. p. 381). Ex
eodem illo G. Fabricii exemplo postea quaedam excerpta sunt
in Walchii Act. soc. lat, Ien. II p. 186 sqq. Deinde cum
, ex aliis tum e Begio codice Parisino (de quo cf. praef. p.
XXV West., et Leng. p. 475) Pithoconwiquc notationibus,
quae deberi codicibus videntur duabusque editionibus ad-
scriptae fuerunt, Lindenbruchius (Paris. 1602) profecit, quan-
quam plus profecit ad Donatuni quam ad Terentium emen-
dandum, omnium autem minime ita, ut ipsius Parisini libri
hdem repraesentarit: quae mira fuit Ritteri opinio praef. in
Andriam. Secutus est Pareus (Neap. Nem. 161-9) collatis quat-
tuor antiquis, ut ait, membranis Palatinis h. e. Ueidelbergen-
sibus: quibus e Parisino libro ms. sumpta testimonia acce-
dunt. Trium librorum mss., inter quos unius Argcntoratcnsis
acadeniici, scripturas Boeclerus (Argentor. 1657) memorat,
duorumque Mediolancnsium in commentariis ab eodem Boe-
clero editis acerrimi vir iudicii Fr. Guyetus: quas nobis co-
pias dolemus aliorum tantum fide cognitas. Anglicorum co-
dicum multitudo in promptu fuit Lengio Praesuli Norvicensi,
e quibus ille ingentem discrepantis scripturae supellectilem
congestam bihliothecae D. Catharinae legavit, unde postea
utendam Harius (Lond. 1724) accepit: cuius vide praef.
p. XXIV. Fuerunt autem illi codices, e quorum uberrimis
copiis in ipsa editione Cantabrigiae vulgata a. 1701 pauca
tantum Lengius proposuit p.475 sqq., nihil prorsus exprompsit
Harius, hi quos infra posuimus. Cantabrigienses tres, collegii
Corporis Christi, collegii D. Petri, et academicus; Begius biblio-
thecae D. Iaeobi, cuius quidem excerpendi veniam a R. Bent-
leio impetraverat; Dunelmensis longe omnium pulcherrimus; s
Shipimii pervetustus; Bodlciani quinque a Laudio donati, cum
aliis Oxoniensibus: quibus duo accesserunt impressi libri, alter
Casauboni, alter Tan. Fabri notationibus instructi, ductis ut
videtur e codicibus (Na, Np). E quibus omnibus optimos
Harius iudicat quintum, primum, secundum, sextum, quartum
et ultimum. Biennio post exortus Bentleius (Cant. 1726)
praestitit quod annot. in Hor. Serm. 11,5, 79 sperari iusserat.
Is nisi apparatum illum Lengianum ipsum usurpavit, magna
certe ex parte eosdem Lengianos codices perpoliendo Terentio
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286
DE EMENDATIONE
adhibuit, et adhibere eo commodius potuit, quod publici eo-
rum plerique erant. Quanquam quosdam accessisse Lengia-
norum numero non comprehensos facile ex iis annotationibus
perspicitur, quibus velut Iiegios et Academicos antestatur: ut
taceamus Mcadianos aliosque ipso nomine diversos. Attamen
hunc locum, qui est de Bentleianis libris, par est intactuui
hic relinqui, cum hoc ipsum quale sit quaerere a Philoso-
phorum Ordine nuper iussi sitis. Kestat exterorum unus,
Westerhovius (Hag. Com. 1726) codicum a semet usurpato-
rum longe Bentleio diligentior testis. Vsus est enim scriptis
exemplis tredecim his: quinque Leidcnsibus, quorum quartum
XV saeculo tribuit, quintum antiquum vocat; duobus Iusti
Lipsii, quorum alter itein migravit in Leidensem bibliothecain;
Traiectino academico chart. saec. XV, Oxoniensi academico e
libris Iiodlei, Markiano XIII saeculi, denique Graeviano, Wf-
tiano, Boetulcrmakeriano membrr. Inter nostrates autem hoc
quidem saeculo codices primus circnmspexit Bothius, utrique
editioni (BeroL 1806 et Halb. 1822) adhibitis tribus Berolinen-
sibus, tribusque Gtielferbytanis, quorum unus fuit olim Helm-
stadiensis et peculiari Facii opera collatus esse in Harlesii
Opusculis fertur: quibus libris in annotatione critica poste-
rioris editionis accessit omissus in praefatione Friburgensis.
Halensis autem codicis fidem constat Brunsii editionem (Hal.
1811) religiosissime imitari. Tres Guelferbytanos (quartus
enim scholia tantum quaedam vel glossas complectitur) habes
in Perleti editione (Lips. 1821) excerptos, qui praeterea Go-
thanos duos inspexit, et ex Iencnsi quaedam attulit accuratius
ab I. G. Muellero in Walchii Act soc. Ien. 1. c. collato.
Vtroque Gothano et Helmstadiensi etiam Boettigerus usus in
Spec. nov. ed. Ter. Denique nostratium trium Behdigeranorum
specimina Pinzgerus exhibuit in Seebodi Horreo phil. a, 1824
p. 816 sqq. unumque Giyphicnsetn Reinholdus Adnot. cjit in
Ter. (Priinisl. 1830) habuit. Consulto autem praetermisimus,
si qui semel bisve commemorantur a criticis aliud agentibus,
ut in Novis Lectl Canteri codex, in Quaest Plaut. codices
Gtdiclmi, alii alibi. Singulorum autem, quos euumeravimus,
accuratior descriptio ex editorum sive praefationibus sive an-
notationibus petatur: neque enim vel ea in re vel in corri-
FABV LARVM TE KE NTI A N A R V M.
287
gendis, qui in Perleti maxime et Reinhardti narratione errores
haud pauci commissi sunt, diutius immorari per angustis-
simos huius prooemii fines licuit. Sequitur nunc, ut unius
alicuius particulae Terentianae plena et integra, quantum
(juidem fieri possit, scripturae diversitas proponatur: quod
quantumvis molestum non unam ob caussam accidat, tamen
oraitti eo minus potest, quo certius hac una via librorum
iuter se similitudines dissimilitudinesque recte perspici per-
suasum habemus et usu comprobatum. Eam ad rem elegi-
raus Adelphon initium, et litteris quidem A, B, C brevitatis
caussa signavimus a nobismet ipsis post Faernum denuo ex-
cussos Bembinum, Basilicanum, Vaticanum: nec tamen Faerni
ipsius testimonia omisimus, ut quam ille se diligentem prae-
stiterit cognoscatur. His accedit Ambrosianus (D) ab A. Maio
repertus unaque cum Plauti fragmentis ineditis Mediolani
vulgato a. 1815 libello aliquatenus descriptus: postremo Vin- g
dobonensis fragmeutum satis antiquum (F), in Endlieheri
Catal. MSS. Viud. I p. 2 nuper recensitum. Quoruin omnium
curabimus ut accuratior descriptio olim foras detur. Praeterea
F littera notavimus Halensem: rcliquos autem cum dicimus,
nostros significamus quinque cum Halensi. De his sex codi-
cibus sive universis sive singulis ubi tacemus, sciendum est
cum Bentlei scriptura eos consentire, Guelferbytanos autem
et Palatinos nullius nomine distinctos Perletianos et Parea-
nos esse.
G. Sulpici Apollinarig Periocha A. Argumentum vel Incipit Argu-
mentam reliqui h. e. BCDEF 1 adolescentulos F 2 aesci-
num BK 3 sed et tesiphonem secum retinet, omisso hunc, E
cythariatriae DEF 6 celebat D. caelabat F eschinua
K, etium r. 8 famam quoque] famam rei A. famamque reliqui
6 sese A. se reliqui et Bothiani transferabat D
7 phidicinam A erlpit lenoni A. lenoni eripui m. pr. C. lenoui
eripuit rell. uiciauerat E 8 Eidem A ciue A
Attioam sed paup. 1) 10 iurgare ABCFy Bothii Guelf. 1. 2.
iurgare et D, Bothii Berol. 1. 3. Helmst. iurgare ac Berol. 2. iurga-
bat et E ferre] ferebat E 11 VtJ Et A 12 uitiatam
A. a se uitiatam ciuem atticam uirginem uxorem BCDF, Lindenhru-
chii litgius et Pith., et fxic fere1 Bothiani. a sae uiciatam ciue uirgi-
nem atticam nxorem E tesipho I) citharistriam A. citha-
ristria (cylh. CDE) exorato suo patre duro demea BCDEF, Reg. et
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288
DE EMENDATIONE
Pith. Lind., et rsic ferey Bothiani, e quorum Berol. 2 praeterea affertur
citharistria
PBOLOGUS totus abest ab E 3 sumus paenultima Jittera
correcta C 4 Ipse de se indicio retus editio ap. Westerh.
erit BCF. eripit A. erit et D, cothl. quidam Westerhovii, Bothii HeJmst.
et Frib., PerJeti Guelf. 2 iudices eritis B. iudices C, in mrg. posito
eritis 6 an om. A duci it factuin A. duci factum id Bemb.
et Vict. teste Faerno, duoque Regii BentJ. dnci factum BCDF et Bo-
thiani « praeter GueJferbytanum'. id om. codd. quidam West.
G 8ynapothes...contes tribus litteris erasis C. sinapothnes contes F.
sinapotheacontes diffili sup. scr. Gothanus 1 difili BCD co-
moediast A. coraoedia est BD. coniedia est C. comedia est F
7 plaustus C ante rasuram 8 adolescens F eripit nostri cnm
F, 'omnes fercy Faerni, duo ex retustissimis Bentl, Pcdatinus Fabricii,
IHtnehnensis et N§ Lengii. eripuit I*ngii Shijip., Corp. Chr., Petr.,
N(l et omncs Bodlciani, ac plurimi West. 9 eum om. Mark. et pr.
m. Boendermak., Guelf. 2, Ilelmst. et Friburg. plaustus C
10 reliquid D hinc C, cod. Lind. sumait F 11 adelfos
BCD 13 existimetis nostri cum F: item v. 17 14 preteritus
B neclegentia est A. neglegentia est rell. 15 maledici A.
malcuoli BCDF nobilis A. nobiles BCDF 16 adsiduaeque 1).
assidueque F 17 Quid A esse nostri cum F, omnes Faerni
et Bentl. Omittebatur olim 18 hic om. Mark. maximam no&tri
cum F 19 nobis quidam retustissimi West. 20 ocio D
in negotio in otio F 21 usus est nostri cum F 22 exspectetis
A. expectetis C. expectetis BF. expectatis D 23 primum Guelf. 1
ii partem A. hi partem B, raliiy codd. West. hii partem CF et
e corr. D. eam partem codd. plurimi et ed. vet. West. 24 partem
no8tri cum F aequaniinit&s tiostri, F. ut aequanimitas duo Boe-
cleri, Guelf. 2. ut uestra aequanimitas Boend., ed. vet. West. uestra
om. omnes Leng., nisi quod sup. scr. est in Shipp.
SCAEN. I. Personarum nomina consulto praetermittimus 1
Astorax A redit A 2 seruolorum C. seruulorum BE
uulgo
aduerBum A 3 dicunt Goth. 1 apsis A 4 ubi quattuor
7 Bentl., Berol 1. 2. ibi nostri, F, omnes Faemi Cesse se uenire C.
ea] aea E. tibi Ilelmst., ed. vet. West. sacius E e»t
om. Berol. 3 6 que E te uxor] texor A dixit E
quae sup. scr. Ien. Wlch. que AE 6 que E propicii E. propitii
dcclarant Ien. Perl et WJch. 7 tae E 8 tete ABCF et m. pr. IK
Bemb. et Bas. Faerni, nonnuJJi BentJ. te D post ras. de te E, Vid. certc
BeroJ. 2 atque nostri, F, riidem* Faerni (anie rjuem Jegebatur aut;.
omnes BentJ., pJerique Leng., BeroJ. 3 in animo F 9 totum
om. A Et BDEF, omnes Faerni, pJerique BentJ. omittit GueJf. 2.
ut C sibi cum D. cum sibi reiJ., GueJf. 3 10 redit A
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FABVLARVM TERENTIANARVM. ' 289
qae E 11 Et nostri, F, omnes Faerni. om. tres Bentl, Frib.,
Guelf. 2 sollictor C aut om. len. Wlcli 12 praefregerit
ACDF, omnes fere Faerni, Bentleiani , Berol. 1. 2 et m. pr. Argent.
praefregeret E. perfregerit B 13 aliquit vab A. aliquid vah
BCDF. aliquid vaha E animo ADEF, tres BoecL, cod. Lips. et
tet. ed. West., Berol. 1. 2, Guelf.2.3. animum BC (sed hic u e corrJ,
Pal. Fabr. instituerc ante in animo collocat D. instiiere C. in-
stituere dignum B 14 parere F ipse est ADEF. ipse sit
BC, Guetf. 3 16 Atque nostri, F, Bemb. ret alii' Faerni, plerique
Bentl, Pal. Fabr. atqui quidam West. natus non est nostri , F,
omnes Faerni: ante quem vulgabatur non natus est sed BCDEF
ex fratre meo A. ex fratre. is adeo rell. 16 Is dissimili A.
digsimilis ante ras. C, tres Bentl. (unus IX saec), Berol. 1. dissimili
BDEF iam om. len. Perl. Wlch. adolescentia F. adolescencia
urbanam
E 17 ocium E. otium Goth. 1 18 sectatus sum Hassenst.
quo Guelf. 3 19 hec E 20—26 D habet in mrg., sed
m. pr. 20 agere uitam seraper vet. ed. West. 22 duo sunt
(iutlf. 2 magiorem E 23 paruulo BCDEF 24 id estj
idem E 25 item ABCEF, cod. Bivii. idem D. itidem 'pluscuh'
H re*t. idem alii West., GueJf. 1. 2 ' sedulo] ad se dulo A
26 omnia A a m. sec. om. E 28 patre Guelf. 1, codd. quidam et
bui
tet. ed. West., rvetusta quaedam exemplaria' Biv. patres E que E
adulescencia /-.'. adulescia F 29 caelet D consue.feci.
cum rasura C. ultima httera t erat 30 fallare D insueuerit
A, raliiy Bentl., Goth. 1. insuerit BCD. insueuit EF patrem aut
aadebit ABCDF. patre aut audebit /'.'. aut audebit om. quidam West.
31 caeteros F. cetaeros D 32 et] aut E liberitate
D. libertate E 33 sacius E 34 hec E coueniunt C
35 ad me saepe clamitans nostri (nisi quod E sepe,), F, Bemb.
Bas. Vict. *et multi alii ' Faerni, Bentleiani, omnes Lengii. clamitans
affertur etiam e Guelf. 1. 2. 3. saepe ad me clamitans antc Faernum
36 adolescens E 37 putat A sumptum A, aliqui
Fatrm, inter quos Bemb. sumptus BCDEF, omnes Bentl., quidam West.
38 uestitui cod. Boecl. uestitum Guelf. 2 nimium Mediol.
1. 2, Guelf. 2. nimis Berol. 2 indulgis A, Bemb. Fabr. 39
ipse sup. scr. E est durus AE, Berol. 2, Bemb. Faemi. durus
egt BCDF, omnes Bentl. aequomque et A. aequumque et BCDF.
aequm et E. aequum et Guelf. 2, cod. Bodl. et vet. ed. West, tres Boecl.
40 longe] multum Beroh 3 equidem BC sentencia E
frat
et errat quidem mea longe sententia Guelf. 1 41 qui impe-
rium /.' 42 amicicia E adiugitur C 43 sic est nostri,
F, omnes Faerni, Bentl. est sic ante Faem. racio E. cet post ratio'
>B. KITSCUCLII OPV8CVXA III. 19
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290 * DE EMENDATIONE
•
Guelf. 2. Perl. anim C, m. sec. uddito u 44 coactus qui Buum
ABEF. coactus qui C. coactu Htiura I) 45 pauet A. cauet rell
46 rursum BCDEF et pr. m. A, fere omnes Bentl. rursu3 sup.
scr. Af cod. Bodl. West. rAntiqui Ubri praeter Bas. et omnes fere alii
rursus. Jmmo Bemb. prius habebat rursum: ut et habet Bas.' FAEKN.
47 llle quem nostri, F, plerique Leng., pro quo olim Quem ede-
batur 48 par pari referre Guelf. 3, Perl., Guelf. 1, Both. ab
8 sensqne ABDEF. absensquae C. absens Berol. 3, Frib., quidam We*t.
49 patrum E, Frib., Mark., unus l*id. et ed. vei. West.
est pocius E. potius est Traiect. 50 recte sup. scr. m. rec. A. recta
Goth. 1 51 nequit] nescivit pr. m. Trai. 52 nescire pr. m.
A, cod. Biv. nescire m. sec. A. nescire se E, llelmst. se nescire BCBF,
codd. West. 53 Set E. Sed rell. ipse A. ipsus rell. aiebam
Frib., m. pr. Bodl. West. 54 iamj id Guelf. 3 ut assolet F
55 saluom AD. saluum reU. saluo ed. vet. West. adneiuflHe
E. adueniente ead. vet. ed.
SCAEN. II. 1 Ehem ABCDF, aliqui Faerni, inter quos Bemh.
Bas., omnes Bentl. He em E opportune A. oportune reliqui
querito E 2 rogas me A, *Bcmh. Vict. et multi alii' Faerni, sex
Bentl. rogitas me BCDF, Graev. rogasne E. rogitasne unus Leid.
3 quid] nescis quid Gudf. 3 ego tristis F snra E,
tres Leid. dixin . . . hoc cum aliquot litterarum rasura B
hoc om. Guelf. 2 fore] fore ego D 4 quid ACD, Bemb. et
Bas. Faemi, veterrimus Bentl. quid is BEF, ceteri Bentl, multi West.
5 nec nostri, F, omnes fere Faerni, plerique Bentl. neque erai
olim 6 que E 7 dimitto Guelf. 3 designauit A. dis-
signauit reU. 8 aedis ABC. aedes DF. edes E inruit A.
irruit rell. 10 mulcauit ABCD, omnes Faerni, duo veterrimi Bentl..
Pal. Fabr. et ante familiam positum E. multauit F, Goth. 1. mnlctauit
tres Pal. Par. 11 indignissime AE 12 hoc Werter., nostri.
F quod mihi ABCDF. mihi quod E 13 orest -4. ore est
rell. omni om. Bodl. West. denique] denique ad extremum K
14 fratrem] patrem quidam West. uidit E 15 dare
operam nostri, F. operam dare ' vetustiores nostri magno numcro'
BENTL. 1G simile factum A. factum simile BCDF, omnes BenU.
fatum simile E. facti affertur ex Guelf. 1 hec E Micio] raio
um
A 17 corrumpis C. corripi E 18 nunquam nostri, F. nihil
Boend. Bodl. Lips. et vet. ed. West. iniustius A. iniuatius est BCDEF,
Beg. Lind., omnes Bcntl, et iidem UU West. 19 qui] quia Bodl.
West. nisi] sini A facit Bodl. West., Guelf. 1 nihil
nostri, F 20 quorsumnam istuc E hec E 21 credere
Guelf. 2 22 potari E non est om. E, Mark. 23 efTrigerc f
haec] hec E. id GueJf. 2 ueqtie ego| ego E neque
tu neque ego fecimus Boend., duae vet. edd. West. neque tu feciraua
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FARVLARVM TERENTIANARVM. 291
neque ego Guetf. 2 24 friid A. siit Bemh. Faem. siuit BCDEF,
omnes BentJ. sinit Pritt. Par. 25 ducis nostri, F. ducea unus ex
Rtgiis Bentl. tum] tu E, Guelf. 2 26 iniuriumst A. iniurium
est reJJ. id nostri, F, Guelf. 2. 3. om. alii 27 tu illum nostri,
F homo rec. m. add. A 28 facere nunc E etatem E
licet m. pr. A, BCF, otnnes BentJ., onmes Palat. Par. decet
m. sec. A, DE, duo Iani Guliclmi antiquissimi 29 pocius E
din
expectatum ABCDF. expectatum E 30 alieniore nostri, F,Faer-
niani, plerique BentJ. alieniori erat oJim fAl. aet» post.' GueJf. 1
etate E 'post fac. tam.' GueJf. 2 31 adigis AE, Bemb.
Yict. Decurt. Faerni, *pro varia Jectione cod. e vcterrimis1 BentJei. adiges
W West. rediges BCDF, Bas. Vat. Faerni, DuneJm. Corp. Chr. et Petr.
Leng., pars BentJeianorum, Beg. Lind., *aJiiy West. redigis SJiipp. lacob.
NmQ Leng., pars BentJ., TaJiif West., Graev. 32 flagicium E facere
hec E. haec facere D 33 ausculta nostri, F. ah ausculta oJim edd.
optundas AE. obtundas reXJ. sepius DE 34 adoptatnra
quidam West. 36 maximam BCF fero A. feram BCDEF.
inferam PaJ. 3 37 opsonat D. obsonat reJJ. meo] meo est
MedioJ. 1. 2. meo facit Goth. 1 38 dabitur a me argentum nostri.
dabitur ei argentum /''. dabitur argentum IleJmst., Frib. dum nostri,
F. ubi olim 39 excluditur E 40 rescidit Ien. Wkh,
41 et est ADE. est BCF dis AE. diis reJJ. gracia E
42 et undej unde quidam West. non m. rec. sup. scr. A 9
modesta f». pr. A 44 te'] et te F hac re nostri, F, omnes
l*ng., pJerique West. hanc rem nostri, F, quidam West. ei ABCDEF
45 patrem PaJ. 3 illis ABCDF, et fantiqui Jibri et muJti
alt»' Faern., omnes BentJ., Mss. Biv., quidam West., Graev. aliis aJii
West., oJim edd. eis E. his Pal. 3 uere] uiuere vet. cod. lind.
esse Pal. 3 sciunt] sunt Trai. 47 tun consiliis A, Wert.
Bemb. Fabr., Argent. tune consulis BCDEF. consulis affertur etiam e
c
PaJ. Fabr. quiquam C a A. ah BCDF. ha E. at Pal. 3
abiero] abiero domura meara B 48 ais PaJ. 4, tres BoecJ.,
Mark. totiens ABCD, Graei ., Goth. 1 et post de eadem re coJJo-
catum F. tociens E re] re te len. PerJ. WJcJi. 49 cure —
cure E. cura — cura Graev. 50 itein] autem E 51 ambos
curare nostri, F. ambos GueJf. 1. ambostecurare Bodl. West.
52 illum est AE. est illum reJl. atnicio A, Bemb. Faerni. ah
nucio BentJeiani. amicio D. aruicio C. ahamicio BEF, Vict. Bas. Faemi.
hamicio Decurt. ah ah micio Boend., 2 edd. rct. West. 53 quid
iatic A, Bemb. Vict. Faerni, meJiores BentJ. quid istic C. quid istuc
BDEF, GueJf. 2 tibi istuc nostri, F, omnes Faerni, pJerique Leng.
iatuc tibi unus e Begiis BentJ. 54 perfundat PaJ. 4 perdat
om. A. potat E. pereat C pen«at] pereat,p8° E. 'pereat tn fine
19*
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292 DE EMENDATIONE
versus' Guelf. 1. 2 55 iam] iam peream unus Boecl. unum
AE. ullum BGDF, fet veteres nostri et multo plures' Bentl, Reg. Lind.,
quidam West., Berol. 1 post hec E 56 an non] ah non
Pal. 2 repeto A. repeton BDEF. reppeton C. repeton filium
Bodl. West. 67 aegrest A. aegre est reU. em A. hem E
et mrg. D. iam PaJ. 2. 4, Boend., Guelf. 2. otn. CDF, Graev. Bodl. et
ed. vet. West., Guelf. 3 68 dis AE. diis rett. gratia] gratia
habenda quidam West. 69 et iste Guelf. 2 iste] ipse E
n
ipsesesentiet A s senciet E 60 grauis C. grauias quicquam
E, Guelf. 7. 2, quidam West. 61 nil D. nihil rell. haec D
m. rec. in mrg. hec E que E 62 nihil nostri, F
molestia D sed nostri, F 63 egere E itast A. ita est
rell. 64 quod A. cum rell. et rec. m. sup. scr. A placeo
'optimi' West. praef. p. II II aduorsor AE. aduereor rett.
incentor
augeam iram Aut Pal. 2 66 iam adiutor Guelf. 2 adiutor
Goth. 1 iracundie E 67 aescinus E G8 nobis sup. scr. C
faciat Guelf. 1 71 taedabat D. tedebat BCE uelle]
■ •M
uellem C. uelle se Guelf. 1.2 72 deferuisse ACDF. deseruisse
BE. deferbuisse Pal. 4, quidam West. deferunisse (ruelf. 2. deseruire
Pal. 3. desatmisse fa/a, West. adolescentiam F. adolescenciam
E 73 gaudebam] credebam PaJ. 2 autem m. sec. Bodl. West.
nisi] ni Pal. 3. sed Pal. 4, Guelf.'2 74 aput A. apud rell
forumst A. forum est rell.
Viden Faernum quam recte suorum librorum scripturas
in Terentii editionem aut recepisse aut annotatione indicasse
Ritterus praef. Andr. dicat? Nara ut paucis complectamur,
praeter unum Halensem nullusdum Terentii Hber ms. ita a
quoquam est collatus, ut certum et plenum, pauci, ut aliquod
de eorum indole iudicium fieri possit. Insigne istius incuriae
documentura e. c. lioc exstat, quod terni Guelferbytani a
Bothio et Perleto usurpati iidemne an non sint, ex allata
quidem scripturae discrepantia nullo modo apparet: cum ne
illud quidem, cum quibus exemplis impressis contulerint,
testatum habeamus. Et tamen plus prodesse unus mediocris
solet diligenter excussus quaui leviter et promiscue inspecti
boni decem. Itaque nihil potest imperitius esse, quam quod
quisque suorum potissimum codicum, quos non ratio dederit
io sed fors obiecerit, praestantiam iactat, minime reliqnoa per-
scrutatus; nihil magis ridiculum quam quod istius nimiruui
praestantiae laudem eo fere probatum eunt, ut saepe consen-
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FABVLARVM TERENTIANAKVM.
293
tirc cum Bentleianis dictitent: quasi non bonae scripturae
cum in pessimos interdum codices fortuito irrepant, tum
magno sane numero necessario communes pessiraorum sint
cum bptimis: quasi vero non ipsorum diversissima ratio sit
Bentleianorum librorum: quasi denique eorum ullus vel di-
stinctius descriptus vel religiosius sit pervestigatus. Quodsi
forte inter libros mss. quos supra recensuimus circiter octo-
ginta unus et item alter exstet vel antiquitate vel bonitate
ceteros plerosque superans (quanquam hoc ipsum qua ratione
quove iure ex binis ternisve vel etiam nullis scripturae ex-
emplis per CLXVI versus allatis colligas?), tamen quid tan-
dem celati prosunt thesauri sive ad ipsum poetam emendan-
dum sive ad mss. testes in genera et classes quasdam dis-
pertiendos? Quod cum firmissimum esse criticae artis facti-
tandae fundamentum soleat, in nulla tamen re magis fluc-
tuare et hariolando vagari Terentii editores videas. Nobis
igitur, quo nunc res loco est, quid putatis aliud faciendum,
nisi ut praetermissis priorum editorum copiis omnibus in
nostria, de quibus solis plene constet, subsistamus? Atque
in mentem venit Boettigeranae disputationis, qua duas esse
codicum Terentianorum familias eorumque capita et dpxnTouc
Bembinum atque Bentlei Canfabrigiensem academicum pro-
nuntiavit Opusc. p. 242. Cuius sententia pars altera vera
est, falsa altera. Quid est enim, cur vel inter ipsos Bentle-
ianos adeo eminere unus ilfe Academicus credatur? quod
quale sit speramus fore ut Vestrum quispiam explicatius
persequatur. Rursum autem quid est, cur ne reliquorum
quidem ullus ab aliis usurpatorum accedere ad Cantabri-
giensis illius praestantiam visus sit? Breviter dicam quod
res est. Duo sunt sane codicum genera, aut ante Calliopii
recensionem scriptorum aut ex ea ipsa ductorum. Ulius
generis longe omnium antiquissimus Bembinus est, cui satis
confidenter Victorianum, dubitanter iungimus Decurtatum: huc
pertinent circa IX saeculum scripti Basilicanm, Vaticanus,
Ambrosianus, Calliopii operam ipsa subscriptione testati.
Praeterea autem ex eadem Calliopii recensione tanquam e
communi fonte omnis propemodum reliquorum codicum mul-
titudo vulgarium repetenda est, quorum quo minor aetas, eo
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294
DE EMENDATIONE
maior solet gliscente labe pravitas esse, ut aequiperandi
tribus illis vetustis pauci videantur, infra eorum bonitatem,
quam ipsam rectius mediocritatem dixeris, longe plurimi sub-
sistant. Qui autem ex quibus per quas propinquitatis "vicis-
situdines manarint, id quidem nunc accuratius sciri et sin-
gillatim enucleari nequit, sed facillime indagari ascitis vel
solis nostratibus aliquot codicibus poterit, velut Guelferbytanis
octo (cf. Eberti Bibl. Guelf. p. 1G0 sqq.) vel Berolinensibus
Rehdigeranisve, Gothanis, Vindobonensibus, Lipsiensi, aliis.
Nec mirum est in quibusdam libris, ut vel ex proposita
scripturae diversitate Adelphorum intellegitur, utramque re-
censionem vario temperamento mixtam apparere, e. c. in
Vinddbonensi: quale librorum genus cum saepe accidat ut
merito sat magni aestimetur, tamen minoris vel nullius in
Terentio momenti est, cuius binas recensiones liceat inter se
discretas ex ipsis principibus fontibus petere. Omninoque
verissime a Boettigero illud esse dictum putamus, Bembinum
et alterius familiae fontes qui recte norit iisque Donati frag-
menta adiunxerit, in centum fere codicibus reliquis vix quin-
quaginta, quarum aliquis esse usus possit, scripturae discre-
pantias inventurum: ac fortasse vel hic numerus nimius.
Itaque cum critices Terentianffe, quatenus e scriptorum libro-
rum memoria apta est, summa contineatur in probe perspecta
Calliopii opera, de hac paucis disserendum est. Instituit autem
ille (de quo copiosa exstat Barthii disputatio Advers. VI, 20)
11 non Terentii tantum, sed Plauti quoque recensionem, quo dc
monuimus in Zimmermanni Diar. phil. a. 1837 p. 738. 746
[OpuscII p. 167. 179], similemque illis poetis operam atque
Horatio Vettius Agorius Basilius Mavortius cum Magistro Felice,
Vergilio et Sedulio Turcius Rufius Apronianus Asterius, Valerio
Maximo Helvidius Domnulus, Caesari Iulius Celsus Constantinus
et Flavius Licerius Firminus Lupicinus navavit: vid. Bentl.
praef. Hor. p. X, Heyn. in Verg. vol. IV p. 607 sqq. ed. noviss.,
doctissimumque collegam Schneiderum de bell. Hisp. scr. p. 6.
Ex quibus invicem inter se collatis, quae vis sit eiusmodi re-
censionis, perspicietis, iidemque instituta Bembini Calliopiano-
rumque librorum comparatione, quantum et cur et quomodo
his ille praestet, certissimis argumentis indagabitis. Quod
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FAHVLARVM TERKNTIANAKVM.
205
ut ante quam ad ipsam accedatis interpretationem faciatis,
suademus eo valdius, quo brevius ea uobis opera propter
chartarum huic prooemio concessarum paucitatem defungen-
dura est, quoque maior e tali diligentia fructus ad idoneam
in hoc universo genere facultatem comparandam percipitur.
Sic raris quibusdam exemplis veram scripturam sola Calliopii
recensione proditam reperietis, ut I, 4, aliquoties ex utrius-
que coniuncta memoria concinnandam, ut Per. 7. Prol. 4,
alicubi inter se ipsos ita discrepantes Calliopianos, ut con-
veniat parti, parti disconveniat cum Bembino, atque adeo ab
uno solo verum sit servatum, ut I, 9. Item compluries nulla
vel propemodum nulla auctoritate intellegetis receptam nunc
et per plurimas editiones propagatam scripturam niti, ut
Per. 5. II, 25. Simul autem haec et similia omnia, quae hic
persequi longum est, leviora esse sentietis prae duabus rebus,
in quibus ipsa natura Bembini codicis cum Calliopii recen-
sione comparati cernitur: ut in singulis non haerenti, sed
universe et generatim iudicanti longius ctiam a Bembini in-
tegritate Calliopii recensio distare, quam illa abesse a pri-
stina fabularum Terentianarum specie videatur, h. e. ut sim-
plicius dicamus, longo intervallo optimum codicem Bembinum
esse, ac longe plurimis Calliopianorum naevis abstergendis
sufficere, sed vel sic restare, quae cum tolli Bembini ope
nequeant, ultra huius fidem progrediendi et salntis e con-
iectura petendae necessitatem monstrent. £a autem et maior
et minor pro re comparata Bembini libri integritas etsi ad
alia plura spectat, tamen praeter reliqua in uno eoque omnium
gravissimo corruptionis genere cernitur, hoc est in interpolationc
ex interpretamentis orta. Quemadmodum enim depravatorum
in codd. scriptorum aliae aliorum caussae sunt praecipuae,
nec, ut hoc utar, Plautinarum corruptelarum primo in loco
glossemata habenda esse monuimus 1. c. p.748 [Opusc. p. 182]:
ita in Terentii fabuiis nullum est hoc depravationis genere fre-
quentius. Quod et ita esse et propemodum dixerim non posse
non ita esse neminem facile fugiat, qui non prorsus hodie
fugitivis oculis Basilicani, Vaticani, Ambrosiani speciem et
condicionem externam intueatur: quorum singulae paginae
non tantum repletae sunt et tanquam obsitae adscriptis,
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296
DE EMENDATIONE
superscriptis, subscriptis infinito numero explicationibus, sed
ea8dem saepe ab ipsis poetae verbis adeo sive litteraruui
forma sive locorum opportunitate non distinctas tenent, ut
non raro, interpretarine aliquid librarii voluerint an ipsi
fabulae, quod in verborum continuitate forte omissum esset,
adicere, minime liqueat. Ac licet nonnumquam tam evi-
denter talium originem glossematum ostendere, ut hercle in-
currat in oculos, velut ex duplici scriptura ipsius Bembini
I, 52. II, 28, ex interpretamentis Halensis libri (neque enim
ex Italicis illis vetustissimis ingentem banc glossematum
segetem descripsimus) Per. 5. II, 47 alibi. Quam immania
autem hoc modo scripturae monstra exsistant luculento ex-
emplo extremus versus periocbae docet. Quae cum ita sint,
12 quid est tandem, cur inde a quarto saeculo corrumpi et
interpolari Terentianas fabulas potuisse, non potuisse ante
quartum saeculum opinemur?
Nunc autem, tametsi vobis emendandi materiam prae-
ripere nolumus, aliquot saltem exemplis, qua ratione eo in
negotio versandum sit, significabimus, promiscue iis e quovis
genere petitis. Periochae v. 5 apparet atnoris interpretamen-
tum esse rei vocis, et Apollinarem huiusmodi quiddam scrip-
tum reliquisse: famam rei Ex fratrc in sese transferebai, nisi
niavis Ex illo, vel In sese tr. otnnetn: nam sese pro se scr-
vandum necessario. Prologi v.4 quoniam crit correpta ultima
usurpatum demonstrari nullo modo potest, in D autem aliis-
que est erit ct, quo spectare etiam eripit videtur, deleto erit
simpliciter cum Bothio ct scribendum: cuius opera etiam
v. 53 et II, 41 vere restituti sunt. Alios succurrere versui
sublato eritis voluisse BC ostendunt V. 5 vix est quod
moneamus duci id factum oportcat scribendum esse: id quod
diu factum oportuit quanquam contra Faerni testimonium,
quod ipsum nunc falsum esse comperimus. Scaenae 1, 15
pridem dubitari debuerat de versus exitu, tam illo inconcinno
ut nihil supra. Pristinam scripturam a Bembino sic instau-
ramus: set fratre cx meo. Dissimili is stndio cst — : qua ra-
tione simul origo perspicitur dissimilis scripturae. Contra non
est dubitandum, quin v. 30 rectissime se habeat insuerit,
corruptelae autem sedes illa sit, quam nunc occupavit im-
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FAHVLARVM TKRKNTIANARVM. 297
portune inculcatum Audebit verbum. V. 48 eiciendum jxir
glossema Guyetus pervidit II, 38 etiam sine libris sic col-
locandum: Amat? d me an/entum ddbitur, dum erit cdmmodum.
Qui versus dici nequit quam sit misere a Guyeto et Bothio
deturpatus: Amdt? dabitur argentum e. q. s. Graviora quae-
dam decerpsimus, pauca ex multis: de ceteris disputandi olim
erit opportunitas.
[Anhangsweise mag hier mitgetheilt werden, was in dem
Rheinischen Museum fur Philologie N. F. Bd. VIII (1852)
p. 289—292 unter der Ueberschrift fzur Kritik des Terenz*
erschien. C. W.]
Von Terenz sagt Bernhardy in der neuen Ausgabe m
seiner r5mischen Litteraturgeschichte S.395: rdass wir noch
keinen vollstandigen handschriftlichen Apparat besitzen, noch
viel weniger eine kritische Geschichte des Textes und, was
hiemit zusammenhangt, eine Charakteristik der Klassen und
Abstufungen in den Mss/, sei deutlich dargethan, mit dem
Zusatze:
fViele sehr alte wie die Pariser kennt man kaum
dem Namen nach.'
Es wiire kein Wunder, wenn sich, durch diesen Wink gelockt,
ein Liebhaber des Terenz, der den Beruf in sich fiihlte sich
um seinen Dichter verdient zu machen, nach Paris aufmachte
um den ungeahnten Schatz zu heben. Um einem solchen
die Reisekosten zu sparen, sei hier mitgetheilt, was mir Qber
den fsejir alten' Pariser Codex seit langer Zeit Erinnerung
war wie sie mir geniigte, seit kurzer Gewissheit ist wie sie
auch andern zur Ueberzeugung zu bringen: dass weder eine
Collation desselben noch dic Bekanntmachung einer solchen
die darauf gewendete MUhe lohnen wiirde.
Terenz gehort zu den Autoren, die in einer erheblichen
Zahl alter Handschriften auf uns gekommen sind, so alter
namlich, wie wir deren von gar manchem Texte eine einzige
ubrig zu haben froh wiiren: aus dem lOten und llten Jahr-
hundert. Keines der europiiischen Culturlander ist ohne eine
oder mehrere solcher Terenzhandschriften, die auf den ersten
Blick ungewohnliche Erwartungen zu erregen pflegen. Ich
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208
ZUK KRITIK DES TERENZ
glaube die in Deutschland, Italien, Frankreich, Holland, Bel-
gien vorhandenen wohl alle gesehen, und tiber die englischen
anf anderra Wege ein sicheres Urtheil zu haben: sie stam-
men sammtlich aus einer und derselben Quelle*), gehoren
290 zu der Familie, der die schon von Faerni benutzten 'Vati-
canus' und 'Basilicanus* angehoreh, und werden namentlich
durch den gedachten Vaticanus n. 3868, den iiltesten dieser
Klasse, geschrieben laut der subscriptio von Hrodogarius
(denselben der die vielberufenen Miniaturen enthalt), voll-
kommen iiberfliissig gemacht.
Diese Wahrnehmung war auch fiir die Pariser Hds. oder
Hdss. leicht zu machen, als ich sie bereits im J. 1842 selbst
durchmusterte, und sie war so unzweifelhaft, dass ich nicht
einmal Belege zu notiren fiir meinen Zweck nothig fand.
Um indess nach Bernhardys Hinweisung mich und andere
zu beruhigen, nahm ich von Freund Keils jtingster Anwe-
senheit in Paris Veranlassung, mich tiber den Sachverhalt
durch urkundliche Mittheilung vergewissern zu lassen, und
ihr verdanke ich die nachstehende Probe der zwei altesten
d. h. allein alten Pariser Handschriften, die das obige Ur-
theil lediglich bestiitigt. Von ihnen ist die eine der allbe-
kannte, schon von der Dacier und von den verschiedenen
Herausgeberu der komischen Maskenbilder (die eben in ihra
auch stehen) benutzte *Cod. Reg. 7809 (olim 200. 5572)
membr. saec. X', mit der f. 41 eingetragenen Ur^prungs-
angabe 'Iste liber est ex Sancto dyonisio in francia'. Zwar
M. A. Champollion in seiner 1839 zu Paris erscjiieuenen
f Paleographie des Classiques latins d apres les plus beaux
manu8crits de la bibliotheque royal de Paris' setzt ihn in
das 9te Jahrhundert; dazu ist aber, gerade nach dem von
ihm gegebenen Facsimile, so wenig Grund ersichtlich, wie
zu A. Mais Altersbestimmung des Ambrosianus, der eben-
falls dem 10., nicht dem 9. Jahrhundert angehort. Die andere
Handschrift ist fCod. Paris. Sorbon. 507 membr. saec. X ex.
*) Das8 es sich so mit den Bentley'8chen Handschriften, und wic
iin Einzelnen, verhalte, ist geniigend naehgewiesen von Job. Krauss
in seinen sorgfiiltigen 'Quaestiones Terentianae criticae' (Bounae 1850)
p. 17.
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Zi:U KRITIK DE8 TERENZ.
299
vel XI' nach Keil. Je mehr wir dieser Schatzung unseres
handschriftenkundigen Freundes zu vertrauen Ursache haben,
uin 80 verwunderlicher ist die Uebertreibung folgender, dem
Uodex eingeschriebener Bemerkung, die am Ende gar das
Gerucht von der 'sehr alten, kaum dem Namen nach ge-
kannten' Terenzhandschrift veranlasst hat: fle raanuscrit
peutetre aussi ancien que celui qui a ete brule lors de l in-
cendie de bibliotheque de s. Remi -de Rheims le 17
est actuellement le plus ancien du Royaume de France'.
Jedermann, der sich darum bekumniert, weiss doch welches 291
die notorisch altern, noch iiber das 9te Jhdt. hinaufreichenden
lateinischen Handschriften zu Paris sind. Uebrigens haben
beide Handschriften, wie ftberhaupt alle ausser dem Bembi-
qus, die Subscription Calliopitis recenmi. An dem Gegensatz
des Bembinus (A) einerseits, und der Uebereinstimmung des
• Yaticanus (B), des Basilicanus (C) und des Ambrosianus (D)
anderseits ist das VerhSltniss und der Werth der beiden
Pariser (P und S) leicht zu messen. Mit a und b bezeichne
ich erste und zweite Hand. Ganz vereinzelte Varianten
einer der drei Hdss. BCD iibergehe ich, als unwesentlich
zur Charakteristik von PS.
Adelph. prol. 4 ekipit A. erit BCDPS eritisiudices A,Dl'S.
iudicef B, eritif mrg. B. iudicef eritif C 5 an BCDPS. om. A
b irf
itfactum A. factum BBDPaS. factum Pb 6 diphili A. difili
BCDPS comoediast A. comoedia ell CDS. comedia eft B. comodia
efl P 10 hiu A,CDPbS. hinc BPa 11 adelfhos A. adelfof
hCDPS 14 neclegentiast A. neglegentia elt BCDPS 15 ma-
leiuci A. maleuoli BCDPS nobilis A. nobiief BCDPS 10 ad-
siDLK<iUE A,B. adfiduaeque DP. aflldueque 08 17 quid A. Quod
BCDPS \S duxit S 20 otio A,BCP. ocio DS 21 ufirf eft
omnes 22 exsfectetis A$b. expectetif BaCPS. expectatif D
23 11 A,PS. hii B, e corr. D. hi C Act. I. Sc. I, 1 astorax A.
Storax BCDPS redit A. rediit BCDPS 2 seruolorum A,DPS.
feruolorum B. feruulorum C aduersum A. aduorfum BCDPS
3 apsib A. abrif BCDPS 5 texor A. te uxor BCDPS que A.
qoae BCDPS 7 aut te] aute Sa 9 totum versum om. A, habent
BCDPS 10 redit A. rediit BCDPS 11 Et quibuf omnes
12 aliqutt A. aliquid BCDPS 13 inantmoinstituere A. in
animum inftituere BbP (inftuere Ba). in animum inftituere dignum C.
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300
ZUR KKITIK DES TEKENZ.
»2 inftitucre in aniino DS 14 parere S ipseest A,DPS. ipfe fit BC
15 set A. fed BCDPS kratremeo A. fratre. if adeo BCDPS
16 isdissimili A. Diffimili BbCDPS. Diffimilif Ba ab om. Sa
h
23 faruolo A. paruulo BCDPS 25 abeat P adseihtlo A.
fedulo BCDPS 26 _p . . . . mitto cum rasura S omnia
AbfBCDPS. om. Aa 30 insueuerit .4. infuerit BCDPS patrem
aut audebit omncs 36 clamitanf omnes 36 amant Pa 37 Nobif
cur Pa putat A. potat BCDPS sumptum J. fumptuf BCDPS
fugerif S 38 INDULGIS A. indulgef BCDPS 39 estdurus
A. dumf eft BCDPS aequomq- A. aequumque BCDPS 40 qui-
dem A,DPS. equidem BC 42 amiticia .S' 44 qui om. Pa
offitium S 45 iri credit] incredit Pa pauet A. cauet BCDPS
n
* 47 benefitio S 62 nescire yla. nesctre Ab} fe nefcire BCDPS
53 ipse ipfuf BCDPS 55 saluom ^4,2). faluum JJCP.S
Ich denke es ist ttberfltissig in einer Zusammenstellung
weiter fortzufahren, die schon so ihren Zweck, eine trQgerische
Hoffnuug abzuschneiden, vollstiindig erfiillen wird: es musste
denn jemandem die Uebereinstimmung beider Pariser mit
dem Bembinus in gegenuber dem hi oder hii der iibrigen,
und anderes dergleichen einen bedeutungsvollen Eindruck
machen.
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X.
Quaestiones onomatologicae comicae.
[ Unter obigeni Gesanimttitel ist zusainniengestellt, was sich
au Vorarbeiten zu einer uuifassenden und eingehenden Be-
haudlung dieses wichtigen Zweiges der Onoinatologie vorfand.
An erster Stelle steht der Onomatologus comicus. der mifc
Ausschluss aller mythischen, historisclien uud geographischeu,
sowie der punischen Namen nur die dem gewohnlichen Leben
angehorigen Nanien, welche bei sammtlichen romischen Ko-
niikern vorkommen, vereinigen sollte, und zwar zuniichst nur
die aus dem Griechischen entnommeneu; (iiber die sehr
weuigen und z. Th. zweifelhaften rein lateinischen, die sich in
den plautinischen Komodien finden, war eine besondere Be-
sprechung vorbehalten, von der leider ausser dem in dem tilteren
Programtu Gegebenen, jetzt manigfacher Modihcation Unter-
liegenden, nichts Fertiges vorliegt, nur fliichtigste Notizen,
die sich zum Abdruck nicht eignen.) Dieser Onomatologus war
ursprttnglich als Plautino-coniicus intendirt und fiir den ersten
Band der Opuscula bestimmt, aus diesem fortgelassen (s. Bd. I
p. 841), aber auch in dem zweiten, den Plautinis gewidme-
ten Bande nicht erscliienen, weil er unter der Hand sich zu
einem allgemeinen Onomatologus comicus erweiterte (s. Vor-
rede zu Bd. II p. XXI). In alphabetischer Ordnung ange-
legt, wurde er im Jahre 1808 in druckfertiger Gestalt fort-
gefiihrt bis zu TTuppiac, iudem den aTraE eiprmeva ein Stern-
chen vorgesetzt und die archaische Schreibung in Klammern
beigefflgt war; der Schluss blieb damals liegen. Da aber
Kitschl diese Untersuchungen unausgesetzt im Auge behielt, so
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302
QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE.
war eine Reihe von Nachtriigen erwachsen, die er nur in
knappsten Citaten am Rande des Manuscripts oder auf tiie-
genden Zetteln notirte. Ich habe diese Zusatze durch eckige
Klammern ausgezeichnet. Erst durch das von Ritschl hinzu-
gefttgte Urtheil wiirden sie ja ihren Hauptwerth erhalten
haben; aber sie ganz wegzulassen konnte ich mich doch eben
so wenig entschliessen, als ich es fiir richtig hielt, den Re.st
des Onomatologus zu unterdriicken oder in auderer Gestalt
zu geben, denn wie er vorlag, namlich lediglich in Form eines
kahlen Verzeichnisses der lateinischen Namen mit wenigen
Verweisungen. Auch so wird dieser letzte Theil nicht unnfltz-
lich sein, und eigene Arbeit in irgend einer Form hinzuzu
thun hielt ich mich nicht fiir befugt.
Leider gar nicht begonnen ist die Ausarbeitung des
systematiBchen Theils, bei dem tiefergreifende Untersuchungen
nach verschiedenartigsten Gesichtspunkten beabsichtigt waren.
Nur selten ist das, was hier gegeben werden sollte, schon in
Satze gefasst, wie f Wenn die lateinischen Komiker andere
Personennamen wahlten als ihre griechischen auctores, warum
nicht auch (unteritalisch-sicilische) Namensformen, die mit
der neuen Komodie gar nichts zu thun haben, sondern ihnen
fremd wareu, wie Aristophontes, CallidamatesV Folgt also
gar nichts aus Plautus fiir die griechische Komodie', oder
fnec fere plus in hoc genere praestiterunt thesauri editores
Lipsienses' oder fpermiram eamque ratione prorsus carentem
nominum scripturam in Aululariam invexit Wagnerus'. Meist
sind es ganz kurze Notizen, wie: fKaT* dvricppaciv, immo
eipuuviKUJC: Misargyrides, Ergasilus, Cleareta', oder nur Zu-
sammenstellungen von Beispielen fiir bestiminte Bildungs-
gesetze u. dgl.
Es musste also geniigen, an zweiter Stelle dic beiden
Bonner Prooemien, die quaestiones onomatologicae be-
handelten, unverandert wieder abdrucken zu lassen. Angehangt
habe ich noch die zwei Donat-Stellen, die sich im All-
gemeinen iiber die Namen der Komodie verbreiten, da Ritschl
fttr sie den handschriftlichen Apparat zusammengebracht
hatte. C. W.]
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QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE. 303
1.
ONOMATOLOGVS COMICVS.
Appoiovov Abrotonura: mulier, e coraicis cotnmeraorata
Prisciano V p. 644 P. (148 H.), VI p. G88 (215). Non
minus certa forma 'AppOTOviov Abrotoniuin apud eun-
dem (qui fertur) de accentibus p. 1292 (523 K.), item locis
ante scriptis in parte codicum, collato Menandro apud
Meinekium Com. t. IV p. 300.
"'AtopcictokXtic Agorastocles: adulescens Poenuli Plau-
tinae.
*'AbeXcp&ciov Adelphasium (Adelpasivm): meretrix Poe-
nuli. Cf. Lobeckii Pathol. proleg. p. 435. [Cf. KOpdciov,
Philocomasium].
AicxiVTic Aeschinus (Aescinvs): adulescens Adelphon Te-
rentianae; — trapezita, Pseuduli II, 4, G7 (757); 'Hypo-
bolimaeus Aeschinus' fabula Caecilii [cf. praef. Parergon
p. XV]. Mutatam terminationem tetigit post alios C. Keilius
Anal. epigr. et onom. p. 22G adn. 3. Nec enim de aliqua
Aicxivoc (ut 6utuxoc) forma quidquam constat Non in-
frequens nomen etiam in lapidibus latinis.
*Akxpobujpa Aeschrodora (Aescrodora): meretrix, Pseu-
duli I, 2, G2 (196).
•'AKaveiujv Acanthio (Acantio): servus Mercatoris. Cf.
'AkovOoc.
^'AkpottoXictic Acropolistis: fidicina, Epidici III, 4, 43.
67, quibus locis cropolistidcm scriptum in Vetere; — filia
Periphanis ibid. IV, 1, 41, ubi Telcstidcm Cainerarius, Huc
Telestidem (pro Acropolistideni) Tacobus.
*'Akpot€Xcutiov Acroteleutium: meretrix Militis gloriosi.
*'AXicxfi Halisca: ancilla Cistellariae.
*'AXKTiciuapxoc Alcesimarchus ( Alcesimarcvs j: adu-
lescens Cistellariae, ubi in Vetere constanter est akhesi-
marchus. [Cf. KaXXtuapxoc.]
'AXKn,ctuoc Alcesiinus: senex Casinae.
*'AuireXtCKr| Ampelisca: mulier Uudentis. Cf. 'AjjttcXic,
meretrix apud Lucianum.
**Av8paE Anthrax (Antrax): cocus Aululariae.
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304 QVAE8TIONES ONOMATOLOGICAE.
""AvTauuvtbric Antamoenides (Antamvnides): miles Poe-
.nuli. Vide infra caput II § 0 [et Fleckeisenum in Annal.
philol. tom. XCIII (18G6) p. 12 sq. J.
*'AvT€pacTuXic Anterastylis (Anterastvlis): meretrix
Poenuli. [Falso scribitur Anterastilis.]
*'AvTtbduac Antidamas: hospes, Poenuli V, 1, 22. V, 2,
82. 87. 91. 95. Quibus locis quo certior nominis forma
illa, eo magis miro errore uno versu 85 Palatinos libros
invasit Antidamarchi scriptura*). Quare iam Acidalius in-
serto tu pronomine sic illum conformabat: Siquidcni tu
Antidamac quaeris adopMicium, simplicius Bothius Siqui-
dem Antidamai q. a. suadebat. Verum aliud in Ambrosiano
apparuit: ANTIDAMAII, quod non poteris non Antidamati
interpretari : eamque formam licuerit fortasse collato Cal-
lidamates nomine tutari. Sed gravissimus taraen scrupulus
hic restat, quod vix ac ne vix quidem perspicitur, quid
tandem movere poetam potuerit, ut inter tot exeinpla usi-
tatae Antidamas formae, in eadem scaena atque adeo brevis-
sirao ab utraque parte intervallo redeuntia, sine ulla nume-
rorum vel gratia vel necessitate semel alteram illam adsei-
sceret prorsus solitariam. [Of. C. F. W. Miiller in Berol.
ephem. gymn. a. 1807 p. 559.]
'AvTtuaxoc Antimachus (Antimacvs): pater, Aululariae
IV, 10, 49.
'AvTiqnXn. Antiphila (AntipilaV mulier Hautontimoru-
menu; — meretrix apud Turpilium v. 188 Ribb. [Gf. Opusc.
II p. 484.]
'AvTt(pujv Antipho (Antii*o): senex Stichi; — adulesceus
cura Eunuchi tum Phormionis; — item apud Caecilium
v. 30 atque Anonymura p. 97 Ribb.
^AireXXdc Apella (Ai*ela): fabula Naevii (a servi nomine):
ubi Kibbeckius codicum memoriam AjnwlUi servandam
duxit Coin. p. 7. Frequentant nomen tituli latini.
^ATTOtKibrjc Apoecides: senex Epidici.
♦'AptnpiTTTTOC Argyrippus (ArgvMPVS): adulescens Asi-
nariae.
*) Singulari artificio caussam eius erroris aperire Wexius studuit
Musei Hheu. novi t. II (a. 1842) p. 135.
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QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE.
305
''ApiCToqpovTric Aristophontes (Aristopontes): captivus
Captivorum. Factum nomen ut 'ApTeicpovrnc BeXXepotpcWTric
KXcocpovTrjc TToXucpovTric: quibus gemellae 'Apicrocpujv BeXXe- t
pocpwv KXeotpujv formae.
"Aprrcrfoc Ilarpagus: uno loco Pseuduli II, 2, 70 (665), et
vocativo quidem Harpage, dicitur qui per reliquam fabu-
lam est
*'Ap7raE Harpax, cacula. Vide Lobeckium Paralip. gr. gr. 1
p. 135 adn., Buechelerum Mus. Rhen. XV p. 436.
^ApTduujv Artamo: lorarius Bacchidum. Cf. Parergon I
p. 154.
'ApT€uujv Artemo: fabula Plauti Ca servi nomine), de qua
ibidem dictum p. 153 sq. Idem nomen in titulis latinis
est ut L R. N. 4164 (Artema vel Artemas in aliis).
*'ApT€uujvr| Artemona: uxor Asinariae. [Cf. 'HXeKTpuwvr).]
^ApTOTpujfoc Artotrogus: parasitus Militis gloriosi.
[Cf. KuauoTpujH apud Aristoph. Equit. 41; Miccotrogus.\
*ApX€CTpdTr| Archestrata (Arcestrata) : nutrix, Curcu-
lionis V, 2, 44 (643), ubi Vetus codex exhibet arthcstrata.
'ApxipouXoc Archibulus (Arctbvlvs): argentarius, Asina-
riae I, 1, 103 (116). Perinde hoc atcjue 'ApxtPouXoc lingua
probavit, ut 'Apxcpioc et 'Apxipioc, 'ApxebriMOC et 'Apxibriuoc,
ApxcbrmibrjC et 'Apxibauibctc aliaque id genus non pauca.
Quibus conferenda XatpeuevrjC Xcupiu€'vr|C cum similibus,
ipsumque infra Chaeribulus. In titulis latinis et Archelaus
habes et aliquando Archilaus ut L R. N. 2559.
'ApXi&rmibrjc Archidemides (ARCJDEMIDES): hospes, Bac-
chiduin II, 3, 16 (250) et saepe deinceps; — item Eunuchi
H 3, 36 (327).
'Apxibnuoc Archidemus (Arctdemvs): amicus senis, Asi-
nariae V, 2, 15 (865).
rApxuXivri Archulina (Arcvlina): meretrix Truculenti I,
% 28. Falso Archilincn scribitur.]
* ApxuXic Archylis (Arcvlis): ancilla, Truculenti II, 5, 26;
-item Andriael, 4, 1. III, 2, 1 (228. 481). Cf. 'ApxuXoc.
[Cf. Buechelerum in Fleckeiseni Ann. philol. t. CV p. 570.]
'Apxujvibric Archonides (Arconides): pater, Hautonti-
moruraenu V, 5, 21 (1065).
FB. BIT8CIILLII OPVSCVLA llf. 20
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300
Q V A KSTI O N K S O N OM ATOLOG ICAK
*'AcTd(piov Astaphium (Astapivm): ancilla Truculenti.
f dcraqric = CTaopic.]
^AxaptCTiuJV Acharistio (Acaristio): fabula Plauti (a ser-
vi noniine), si fides Nonio p. 157, 6 (idem Acaristione.% ubi
Leidensis codex acaristudio exhibet. Certius idem nomen
apud Plinium Nat. hist. XIV, 92, ubi versiculus profertur
ex Acharistionc fFabii Dossenni'. De Plautina fabula non
dubitabam Parergon I p. 143. 154; nomen tetigi ibideiu
p. 105 adnot.
BapuXwv Babylo (Babvlo): dispensator vel arcariua (aut
argentarius) ut videtur, Adelphon V, 7, 17 (915). Cf. Sal-
masium Exerc. Plin. p. 130 T).
Bokxic Bacchis (Bacis): meretrix Bacchidum, Hautontimo-
rumenu, Hecyrae.
BaWiujv Ballio (Balio): leno Pseuduli. Memorat Ballionis
partes Cicero Philipp. II, G, 15, actas a Q. Koscio in or.
pro Koscio com. 7, 20.
*B\eq)dpuJv Blepharo (Blkparo); gubernator Amphitruonk
f BoujJouaxi bn.c Bumbomachides (Bvmbomacides): fictum
uomen ducis bellici, Militis gloriosi v. 14, ubi vide adno-
tationem criticarn.
BpouJa Bromia: ancilla Ainphitruonis.
*re\dciuoc Gelasimus: parasitus Stichi.
re*Tac Geta: servus Truculenti, Adelphon, Phormionis. (.'f.
Donatum ad Adelphon I, 1, 1.
rXaGKOC Glaucus: pater, Asinariae IV, 1 (5 (751).
rXuKepaGlycera (Glvcera): mulier, Militis gloriosi H,5,2G.
m, 1, 213 (436. 808). Certissimam Camerarii, Parei,
Lipsii emendationem nemo, qui sano ac simplici iudicio
utatur, eis labelactari credet, quae A. Spengelius (?T. Maccius
Plautus ' p. 30 sq.) opposuit: tam illa quidem admirabilia,
ut suspitio oriatur hidificandis lectoribus scripta esse.
TXuKepiov Glycerium (Glvcerivm): mulier Andriae; —
e comicis allatum a Prisciano V p. G44 P. (148 H.), VI
p. (388 (215), VIII p. 789 (376).
rvdeujv Gnatho (Gnato): parasitus Eunuchi. Ciceroni
commemoratus Philipp. II, 6, 15, item Laelii 25, 03.
*roTTpiuJV Congrio: cocus Aululariae.
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QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE. 307
roptuj Gorgo: mulier, in Vidulariae versu codicis Ambro-
siani, mutilo apud Angelum Maium, integriore apud nos
Opusc. II p. 174: Vbi hdbitas : : Hic apiid [sorjorem Gor-
ymem. Vbi corrigendum esse Gorgonem non praeteriit
Maium, qui minime debebat de uirginem cogitare.
*rpi7roc Gripus: piscator Rudentis.
*[~puuiujv Grumio: servus Mostellariae. Quod ne quis a
gruma ducat, memento graecae Ypuue^a vel Ypuuaia vocis,
de qua Meinekius videndus Com. t. III p. 586 et IV p. 428.
In promptu est praeterea fpuuaia meretrix apud Athenaeum
XIII p. 583 E.
ruuvdciov Gymnasium (Gvmnasivm): meretrix Cistellariae.
[Cf. Opusc. II p. 484 sq. 500.]
♦AaibaAtc Daedalis: mater, Rudentis IV, 4, 120. 130
(1164. 1 174;.
*Aaiu6vr|C Daemones: senex Rudentis. Quamquam licet
etiam aAatuoveuc proficisci latiuamque Daemones formam
ad eam normam revocare qua AchiUes factum est ab
'AxiXXeiic, Amvces ab 'Auukcuc cum similibus. Atque adeo
geminas formas ut vAv0nc et 'AvOeuc, Mevec8r|c et Meve-
cSeuc lingua probavit. Aaifioveujc genetivum ex Antholo-
giae Palatinae VI, 259 protulit L. Dindorfius Thesauri
t. II p. 856: ubi tamen non ignoro AaTue'veuc (a Aaifie'vr(c)
commendari a Meinekio. [Cf. Buecheleri lat. Dcclin. p. 2.]
Adoc Davos: servus Andriae, Phormionis; — item Amphi-
truonis I, 1, 200. II, 1, 67 (365. 614); — apud Plautum .
Gellii XVIII, 12: — apud Anonymura in Ribbeckii Com.
p. 105; — item fabula Caecilii: cf. Parergon I p. 143 adn.
Adpbavoc Dardanus: fabula Caecilii, haud dubie a servi
noinine, quod habes in I. R. N. 6582.
*Aeiviapxoc Diniarchus (Diniarcvs): adulescens Trucu-
lenti: de quo vide quaest. caput II § 3.
Aeiviac Dinia: amicus senis, Asinariae V, 2, 16 (866); —
item senex (aut fortasse adulescens) Vidulariae, in scaenae
inscriptionc quae haec est in pagina 247 codicis Ambro-
siani: DINIAS NICODEMVS CACISTVS. Vbi mirum est
THnias scriptum esse pro eo quod exspectatur Diniu ad si-
militudinem eorum quae sunt Clinia, Demea, Hegea} Leo-
20*
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308 QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE.
nida. Conferri tamen Callias potest, de quo v. infra p. 314.
In Asinariae versu positus accusativus Diniam de nomina-
tivo nihil docet.
t AeKiwv Decio: servi nomen fertur Menaechmoruni V, 1,
36 (731). J, DJcio, guaere meutn patrem e. q. s. Qaod
cum tam graecam originationem quam latinam respuat ac
ne proditum quidein sit in libris, de mendo scripturae du-
bitari nequit. Scriptum est autem in Palatinis atque Ya-
ticano Ei deceo quarc (quaere) i. e. EIDECEOQVAERE: iu
quibus litteris latet, nisi fallor animi, EPIDICEQVAERE
i. e. Epidice, quaere. — Haec scripseram, cum suam quan-
dam coniecturam Fleckeisenus mecum communicavit, qua
Decco litteras ad Decso i. e. Dexo nomen revoeat, Plautus
ut ei (h. e. i) Dexo, quaerc scripserit: nec enim AcEuuv
tantum et AeEw, sed etiam Ae^Hujv exstare in graecis
titulis a Papio commemoratis, prorsus ad similitudinem
illorum quae sunt KXrjcujv Kti^cujv Aucujv Mvrjcujv TTekujv
Cttcucujv cum ceteris. Fatendum est propius id a librorum
memoria abesse quam quod ego proposui: quamquam idem
non diffiteor paullo ininus reconditam servi appellationem
raagis placituram esse.
♦AeXqnovDelphium (Delpivm): meretrix Mostellariao. Cf.
AeXcpic, meretrix Luciani. |Errat Lorenzius p. 9.]
An.uaiv€TOC Demaenetus: senex Asinariae.
Anuapxoc Deraarchus (Demarcvs): senex, Poenuli V,2,1M.
Armedc Demea: senex Adelphon; — item apud Caeeilium
v. 21G, Afranium v. 413, Anonymum p. 99 Ribb., iteui ut
videtur apud Naevium v. 6 p. f>. [Cf. Opusc. II p. 343 sq.|
ArjMnTpioc Demetrius: servus (ut videtur), Bacchidum IV,
8, 71 (912), quamquam ibi de patre potius Ed. Meienis
cogitat commentarioli sub Amdpujv commemorati p. V
[Opusc. acad. II p. 335J. — Fabula cum Naevii tum Turpilii.
Frequens sive servorum sive libertorum nomen etiam in
inscriptionibus latinis.
Ariuoce^vric Demosthenes (Demostenes): amicus senis,
Asinariae V, 2, 10 (8Gfi). Etiam in titulis latinis aliquo-
tiens, ut I. 11. N. 147. 814.
Ariuoqpujv Demipho (DEMIPo): senex Cistellar., Mercatoris,
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QVAJSSTIONES ONOMATOLOGICAK.
Phorniionis; — itein Mostellariae V, 2, 28 (1149). Nullo
testimonio constat de aliqua Ar)ui(pujv foruia: nam Hygi-
nus Astron. II, 40 (p. 413 sq. Munck.) cuni Phylarchuni
exscribens Demipho posuit identidem, dubiuin non est quin
ipsam latinam substituerit. Ergo in ea analogia acquie-
scendum, de qua Fleckeisenus exposuit Musei Rhenani t.
VHI p. 228. [Cf. Opusc. II p. 488.|
*Aid(3oXoc Diabolus: adulescens Asinariae. Aliud agenti
Diabulus sibi excidisse in editione Fleckeisenus mihi
significat.
*Aia7T6vnoc Diapontius: f transmarinus hospes', Mostel-
lariae II, 2, 66 (497).
*[Aivukiov Dinacium: pueri olim vulgatum nomen Stichi,
sed id et per se ratione destitutum et ipsis libris antiquis-
siuiis auctoribus nunc cum Pinaciiim mutatum: de quo vide
praefationem Stichi p. X.]
Atobwpoc Diodorus: saltator, Persae V, 2, 43 (824). Non
rarum in titulis latinis.
■Aickoc Discus: libertus, Eunuchi III, 5, 60 (608).
A6va5 Donax: servus, Eunuchi IV, 7, 2. 4 (772. 774». Alia
exempla inscriptiones latinae praebent.
*A6pbaXoc Dordalus: leno Persae. Nisi ille fuit potius
*A6prraXoc Dorpalus, quam formam argumentum acro-
stichum servat: quando Dordahts nominis veriloquium pror-
sus nullum in promptu esse dixi iam in praefatione Persae
p. XI. Argutam Schneidewini coniecturam, cui *TT6pba-
Xoc Pordalus non male olebat, commemoravi cap. II § 1:
quam tamen nunc video Camerarii acumine occupatam esse.
AopKtov Dorcium: mulier, Phormionis I, 2, 102 (152); —
item apud Turpilium v. 126 R.; ~- e comicis quater com-
memoratum Prisciano 1. s. s. sub 'AppOTOVov et rXuKeptov.
Cf. AopKOtc meretrix Luciani et (in titulis) Dorcas.
Apo^ujv Dromo: servus Andriae, Adelphon, Hautontimoru-
menu; item Asinariae II, 4, 35 (441), Aululariae II, 9, 1.
Aujptdc Dorias: ancilla Eunuchi.
AwpiTTTrn. Dorippa (DOBIPA): mulier Mercatoris.
Aujpiujv Dorio: leno Phormionis.
Avupoc Dorus: eunuchus Eunuchi. Etiam in titulis latinis
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310
QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE.
'CXeuciov Eleusium: tibicina Aululariae II, 5, 7. fDerivatur
a vocabulo eXeucic, ut a TrXavncic fit TTXavrjciov, a cppovncic
<t>povr]ciov. J
fCHaipaupoc Exaerainbus: vinarius, Asinariae II, 4, 30.
32 (436. 438). Quo speetans Casaubonus in Atbenaei 111
p. 112 E fego' inquit fnon meniini eam viri appellationeni
usquam apud Graecos legere: ac fortasse Sarambo scrip-
serant et Plautus et graecus ille comicus, quem poeta lati-
nus sequitur auctorem.' Graecum enim cauponis nomen
Cdpaupoc, in quotl vereor ne Meinekius Com. t. IV p, 525
calidius animadverterit, satis vindieasse L. Dindortiuni The-
sauri t. VII p. 71 putamus, quicum cf. Lobeckiura Pathol.
gr. proleg. p. 298. Ac fatendum est commodissimum illud
versibus Plautinis esse: Scd vina quac heri vendidi vindrio
Sardmbo: — Nam vidi huc ipsum addncerc IrapzHam Sa-
rdmbum. Ipsam diphtbongum nisi Vetns codex servet, non
fortasse inepte quispiam de Crjpaiupoc Scrambus cogitet.
cuius nominis exempla Lobeckius suppeditat.
:>€tuyvujuoc Epignomus: iuvenis maritus Sticbi. Servant
hoc nomen per totam fabulam non Palatini tantum, sed ipse
Ambrosianus. Hic autcm liber cuni et pro sororuin quae
ferebantur nominibus Pancgyris et Pinacinm, et pro inepto
pueri nomine Dinacium, et vero pro fratris nomine Pam-
philippus prorsus diversa haec substituat Philumena, Pam-
phila, Pinacium, Pamphilus: de quo dictum est in prae-
fatione Stichi p. X sq.: eiusdem condicionis societatem
Fleckeisenus (editionis suae p. 233) suspicatus cst etiaui
ad alterum fratrem pertinuisse pro eoque quod hodie fertur
Epignomus nomine aliud ipsum poetam posuisse, idque
men8uram paeonis secondi aequans velut Epistrophus. Satis
id quidem per se probabiliter: quamquam altera ex partt-
illud tamen parum commodum explicatum habet, quam
miro casu in Ambrosianum, qui in ceteris ipsam veterem
recensionem repraeseotet, unum nomen solum inrepserit e
recentiore: quod contra minime mirum ex antiquiore unum
pueri uomen Pinacium relictum esse in Vetere codice.
Verum est unum fabulae versuni, cui aliquid deest ad le-
gitimam mensuram, recepto paeonico vocabulo coramode
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OVAESTIOXES ONOMATOLOGICAE. 311
reconcinnari, qui est IV, 2, 4 (582) S4& uideon ego Pdm-
philum cum frdtrc Epistropho? dtque is est (hoc ut noniine
tamquam vicario tralaticii utar cum Fleckeiseno): ubi pa-
rum sane nunc placet quod in editione scripsi cum frdtre
suo Epignomo, pro quo aliquanto probabilius potui Se'd ui-
deon' eyo Pdmphilum eccum cum fratrc E. Contra non mi-
nus verum est paeonicae mensurae item unum versum re-
pugnare, II, 2, 48 (371) Interibi Epignomum conspicio e. q. s.,
si modo ibi interibi illud iure est glossarii fide Plautini (Opusc.
II p. 266) receptum. Sed etiamsi interim servaveris, conceden-
dum est parum ab arte commendationis dactylicos numeros
vel hoc versu habere Interim Epistrophum conspicio, vel
insequenti Hem quid? Epistrophum elocidus, vel III, 2, 11
(464) Epistrophus hic quidenist qui dstat: prae quibus nemo
non sentit quanto et lenius et usitatius hi fluant trochaici
Interim Epujnomum et Hem, quid? Epignomum et Epigno-
mus hic quidemst. Leviculum est profecto, quod I, 3, 81
(238) mihi transponenduui fuit Epignomi anciltast haec qui-
dem, ubi nulla mutatione Fleckeiseno opus est Ejustrophi
anciUa haec quidemst commendanti; verum compensatur hoc
quicquid est commodi eo exemplo quod est II, 1, 9 (283)
Quae nmera in exspectdtionest Epujnomi aduentus uiri, qui
ordo verborum, contestatus etiam Ambrosiani fide, inver-
tendus Fleckeiseno sic fuit Q. m. in exspcdationc Epistrophi
aduentus uirist. Porro v. III, 2, 12 (465) unam sane mi
syllabam ego addidi Epignome mt, ut ego nunc tc conspicid
lubens; verum ad simplicem vocativum aliquid ab ipso
sensu desiderari ne Fleckeisenum quidem fugit o addentem
0 Epistrophe, ut ego e. q. s. Kestat versus IV, 1, 23 (528)
Quid agitur, Epigndmc? : : Qnid tu?\ . ., mihi sanus salvus-
que, Fleckeiseno sic supplendus rursus admisso parum con-
cinno dactylo Quid agitur, mi Epistrophe? Quid tu? —
Haec igitur omnia cum ita se habeant, apparet cur non
mihi persuaserit amicus. Concedo non iraprobabile esse
etiam pro Epignomus noraine aliud olim lectum esse: sed
id aut eiusdem cum illo raensurae aut proceleusmaticum
potius aequans, quale est Epigonus vel fortasse *Epi-
nomus: tale enim quam leniter quamve leni vel propemo-
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312
QVAESTIONES ONOMATOLOQICAE.
dum nulla uiutatione in fabulac versus omncs intret, iam
unus quisque poterit pro se ipse experiri. [Cf. C. F. W.
MUller Tlaut, ProsouV p. 330 aunot. 'Nachtrag' p. 42.]
'€ tti b i k o c Epidicus: servus Epidici; — item apud Anony-
mum p. 100 Ribb. Tertium exemplum e coniectura addidi
supra sub fAeKUJJV.
^^pTOtciXoc Ergasilus: parasitus Captivorum. Non Er-
gasikm, quod sciam, sed * Ergasimum norunt tituli latini,
ut L R. N. 752. 1756.
'EpMtiuv Hermio: servus Plautinus apud Festum epitomae
p. 62, 4. Rcdit in 1. R, N. 4262.
J€pujTiov Erotium: meretrix Menaechmoruin; item apud
Turpilium v. 187 R, Adde titulos latinos. Gf. '€pujTic.
€u6uvikoc Eutbynicus (Bvtvnicvs): adulescens, Casinae
gregis v. 3. | Vido Benselerum.|
CukXc^ujv Euclio: senex Aululariae. — | Vide Benselerum.]
Cf. €uKXc'a et consimile in titulis latinis nomen Euclia
I. R. N. 5833.
€uvouia Eunomia: mulier Aululariae. Redit I. R. N. 5258.
€utuxoc Eutycbus (Evtvcvs): adulesccns Mercatoris; —
item apud Caeeiliuiu teste Cicerone or. pro Roscio Ara.
16, 46, quod testimonium cxstat apud Ribbeckium Coui.
p. 47. Cf. Parergon Plaut. 1 p. 135. Non minus frequens
nominis baec forma quam €uTuxnc Eutychcs, cum apud
Graecos tum in titulis latinis. EuUjchc vocativus sexieus
rediens in Mercator^ cur ne possit quidem ad Eutychcs
notninativum referri, dixi Proleg. Plaut. p. lxxxviii: atque
ipsum Eutychus habes 111, 4, 8 (505) praeter inscriptiones
8caenarum.
'Hrtac Hegea: saltator, Persae V, 2, 43 (824).
'HfiuJV Hegio: senex Captivorum, Adelpbon; — advocatus
Pbormionis. Non rara apud Graecos 'Atiujv forma.
'HouXiov Hedylium (Hedvlivm): meretrix, Pseuduli I, 2,
54 (188); - iteiu Corniculae versu apud Nonium p. 147.
Cf. 'HbuXoc 'HbuXn.
0atc Tbais (Tais): meretrix Eunuchi; — item apud Tuo--
pilium v. 187 R; — item fabula Afranii: cf. Parergon I
p. 142. Non infrequens in titulis latinis nomen.
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QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE. 313
0c6boioc Theodotus (TEODOTV8): pictor ut videtur, in
Naevii Tunicularia v. 99 K.
*0€oowpour|br|c Theodoromedes (Teodoromedes): pater
Elidensis, Captivorum II, 2, 38. III, 4, 103. V, 2, 20 (288.
635. 973).
0€OTTpoTnbn.c Theopropides (Teopropides): senex Mo-
stellariae. Vide quaest. cap. 11 § 4 jet Lorenzium ad
Mostell. p. 233 sq.].
Ocotiuoc Theotimus (Teotimvs): sacerdos Ephesius, Bac-
chidum II, 3, 72 (30(5) et deinceps saepius.
*0€paTTOVTitovoc Therapontigonus (Terapontigonvs):
miles Curculionis.
*0ecTTpiujv Thesprio: (Tesprio): servus Epidici.
0€ccdXn Thessala (Tesala): ancilla Amphitruonis.
|*0rpouxoc Theruchus: nihili nomen hominis, nequam Ca-
inerarii coniectura effectum Trinummi IV, 3, 14 (1021) e
lihrorum meraoria truthus vel truchus, a nobis mutatum
in Chiruchus, quod vide.J
*0r)caupoxpocoviKOXpoci brjc T hensauroehry sonico-
chrysides (TensavkocrvsoniKOCRVSIDBS): fietus pater,
Captivorum II, 2, 35. III, 4, 100 (285. 633). De The-
saurocrypsonychochrysides oogitabat Heraldus, sine caussa
et cum vitio numerorum, [de 0ncuupoxpucov€iKOKpuunbr|C
Fleckeisenus|.
©pacuXewv Thrasyleo (Trasvleo): fabula Turpilii, a mi-
litis gloriosi nomine.
©pdcujv Thraso (Traso): miles Euuuehi. Cf. Donatum in
Adelphon I, 1, 1.
*0uXaKOC Thylacus (Tvlacvs): servi nomen e comicis
commemoratur a Donato in Andriae I, 3, 21 ut inditum
fex qualitate corporis'. Vbi Chitacus ed. princeps \chi-
Incus Parisinus cod. A, thiUdus B, tytocus Dresdcnsis|, Thy-
lacus repositum a Lindenbruchio.
Ioikxujv Iaccho Poenuli V, 2, 105. 112.
l€pOKXn.c Hierocles: adulescens, apud Caecilium in Trium-
pho v. 228 R.
'IttttoXutoc Hippolytus (Hipolvtvs): -faber, Captivorum
III, 5, 7G (733).
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314
QYABSTIONKS ONOMATOLOGICAE.
*KaKiCTiuuv Cacistio: Plauti fabula, a servi noniiue. Si
modo recte illud restitui Parergon I p. 151 pro eo quod
est in cesistionc apud Varroneru de 1. lat. VII, 67. Prorsus
factum nomen ut 'Apicriurv, KoXXictiujv.
*Ko:kictoc Cacistus: servus Vidulariae, servatum in scae
nae inscriptione codicis Ambrosiani: vide sub Aeiviac. Ad
eamque Vidulariae personam rettuli Parergon 1. 1 p. 162 sq.
Fulgentii quamvis suspitiosi scriptoris memoriam Plautnm
in Cacisto commemorantem. — Ceterum similia habes
vApiCToc KdXXicroc propria. [Vide Benselerura.]
KaXXiac Callias (Calias): senex, Trinummi IV, 2, 71 (916)
e Guyeti emendatione proditae in libris scripturae callicias:
unde a Camerario efFecto Callictes nomini locus esse non
potest propter v. 899.
KaXXibduac Callidamates (Calidamates): adulescens
Mostellariae. Mira ac prorsus singulari transfonuandi
specie factum nomen latinum: quando de KaXXibaudTnc
nemo facile cogitabit. Vnura par esset Antidamatcs, nisi
ei formae fidem supra subtraxissemus.
KaXXibrmibrjc Callidemides (Calidemides): senex, Tri-
nummi IV, 2, 71 (916); - hospes, Hecyrae III, 4, 18.
V, 3, 3. 6 (432. 801. 804).
KaXXiKXfjc Callicles (Calicles): senex Trinummi, Tru-
culenti.
*KaXXi^apxoc Callimarchus (Calimakcvs): senex Tri-
nummi IV, 2, 72 (917), si libros sequimur. Graecum ta-
men vocabulum a xdXXiuoc compositum cum omnino nul-
luin exstare viderent, alii Callimachum (addita quidern aut
an aut -ne particula ad supplenduin versum) substituebant,
aut Calliarchum commendabant ut Ed. Meierus faut Calti-
morphum]. Verum satis tamen iirmant codicum memoriam
et 'AXKnriuapxoc factum ab (dXKr|ciMoc) *AXKr|Ci)uoc, et Tcu-
ti^dpxn, a tcuEiuoc ductum. [Cf. Diar. antiq. stud. a 1850
p. 335.]
KaXXiviKOC Callinicus (Calinicvs): senex, Trinummi versu
eodem.
KdXXiTTTToc Callippus (Calipvs): senex, ibidem.
KaXXi^ujv Callipho (Calipo): senex Pseuduli.
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QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE
315
*KaX6bujpoc Calidorus: adulescens Pseuduli. Non miuus
recte quam a KdXXoc ducuntur KaXXiviKOC *KaXXibujpoc cum
similium prope infinita multitudine, ad kciXoc pauciora ex-
empla redeunt qualia sunt KaXoviKrj (idque Aristophanis)
KaXoKXeibac KaXoStvoc KaXoTrobioc KaXoTuxoc: adsciverunt-
que eam formationem etiam Ilomani, velut KaXoKaipoc fac-
tum est Calocaerus I. R. N. 6803. 0844. Kursus autem
quem ad modum Ar|uoq>ujv KXcitoojujv transierunt in Jk-
miplto Clitip/io, ita prorsus dvaXoTUJC e KaXobwpoc fit Ca-
lidorus. Atque sic scriptum nomen per Pseudulum fabu-
lam septiens exstat in Vetere codice, item septiens in
Decurtato, noviens in Vaticano (nisi quod semel et hic et
Decurtatus immemorabili lapsu Callidorum dicunt), bis (ut
quidem visum est) Ambrosianus. Contra quater in Vetere,
ter in Decurtato, semel in Vaticano Calydorus legitur, idem-
que Ambrosianus et IV, 1, 2 ('906) exhibet et Argumenti
alia mauu scripti versu 15. Quo cum accederet semel ex
eodem Ambrosiano I, 3, 140 (38tf) proditum Caludorc, hinc
profectus Fleckeisenus Musei Khen. t. VIII p. 228 non
alia nisi illa ipsa Caludorus forma usum esse Plautum sibi
persuasit. Non obstinatius negabo tieri potuisse ut in u
transiret graeca o vocalis: sed exeinpla tamen, quae qui-
(lem paria sint, desidero, nec dubitare prius desinam quam
tale prodierit quale Demupho vel Clituplto vel Lemnusclenis
futumra sit, vel Dionysudorus thermupolium triujucomocdia
composita a Fleckeiseno Musei Rhen. 1. s. s., vel Xicubulus
Xieudemus cum affinibus ceteris*). Nam de graeco aliquo
KaXubujpoc noraine, quo communem cum KaXubwv stirpem
habuerit, ipsum Fleckeisenum non amplius cogitaturuni
crediderim, quia ita aliqua ujpoc terminatione opus sit,
quae nulla fuit in nominibus propriis.
*Kav6dpa Canthara (Cantara): nutrix Adelphon; — an-
cilla, Epidici IV, 1, 40; - item Andriae IV, 4, 30 (769).
*) Vnum memini, quod huc quispiam referat, proditum Militia
gloriosi v. 14 in libris clut umistaridisarchidis , unde facile ratiocinere
®utume*toridysarchides potius efficiendum esse quam, quod ego posui,
Clvtomcstoridysarchides. Sed in tantis loci illius corruptelia apparet
non esse uuius litterulae fidei nimium tribuendum.
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316
QVAESTIONES ONOHATOLOOICAE.
*Ka7TTrdboE Cappadox (CAPADOX): leno Curculionis.
Kapiujv Cario: cocus Militis gloriosi. [Cf. Buechelerum ad
Petron. p. 83, 24. |
*Kadvrj Casina. Vide Fleckeisenuni in Annal. philol. tom.
CIII (1871) p. 638. (Ritschelius ipse ibid. p. 639 ad Fleck-
eisenum scripsit: *Zu der gliicklichen Erledigung des die
Casina betreffendcn alien Problenis brauche ich dir und
uns nur einfach zu gratuliren.' C. W.|
*KaTaYeXdciuoc Catagelasimus: ioculari acumine fictum
nomen parasiti, Stichi IV, 2, 50 (631).
*|KepKoftoXoc Cercobolus: vide KpiKoXd(tocl
*KepK6viKOC Cerconicus: famelicus nequam, Trinummi IV,
3, 14 (1021).
KepKoupoc Cercurus: navis, Stichi II, 2, 44 (368). Cf.
KepKOupiov.
KecpaXiwv Cephalio (Cepalio): adulescens, Frivolariae versu
apud Priscianum (e Capro) V p. 673 (189 11.).
KiXiH Cilix: servus, versu Plautino apud Acronem ad Horatii
Serm. II, 5, 11: Cilix, Lycisce, Sosia, SticJic, Pdrmcno,
Exitc ct ferte ftistis privos hi manu.
*KipKOC Circus: pueri nomeu in comoedia, fa ludo et [a]
gesticulatione', teste Donato in Adelphon I, 1, 1. Vbi n-
ricus est in ed. principe, Circus editum a Lindenbruchio
\cirtus in Parisino optimoj, Corycus argutius excogitatum
a R. Klotzio.
*KX6aipeTn. Cleaereta: lena Asinariae.
KXeiviac Clinia: adulescens Hautontimorumenu; — item
Bacchidum IV, 8, 71 (912); Andriae I, 1, 59 (86); -
• apud Anonyinuin p. 100 Ribb.; - amicus senis, Asinariae
V, 2, 16 (866).
KXeiToqpujv Clitipho (CLITIPO): adulescens Hautontimom-
menu. De i pro o vide ad An.MO<puJV, KaXobwpoc.
KXtopouXn. Cleobula: mater, Curculionis V, 2, 44 (643).
KXeouaxoc Cleomachus (Cleomacvs): miles Bacchiduui.
KXeocTpctTn. Cleostrata: uxor Casinae.
* KXuTOun.CTopibucapxibnc Cly tomestoridy sarchides
(Clvtomestoridvsarcides): tictum nomcn ducis bellici,
in parte priore ad similitudincm TToXuurjCTUJp nominis, e
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QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE.
317
codicum vix dubiis vestigiis restitutum a me Militis gla-
riosi v. 14. Vbi quod A. Riesio nuper placuit Musei Rhen.
t. XXI p. 478 genetivus Bumbomactiides Clutumcstoridys-
archidis . . . Neptuni nepos, minime probo; nec enim fdius vocis
omissio moris Plautini est (velut Diaholus GJauci filius dici-
tur Asinariae v. 751, non Diabolus Glauci siinpliciter), nec pa-
tris nomen ullo modo aut necessarium aut opportunum, ubi
avi vel aviae mentione facta ad stirpem divinam adscen-
ditur (velut Veneris ncpotem semet Pyrgopolinices dicit
v. 1265 tacito patre), nec binorum nominum coniunctio
aliena a Plauto (velut Thcrapontigonus Platagidorus est in
Curculione, Polyplusium TJieodor&medem Captivorum ut mit-
tam). Ceterum de vocali secundae syllabae cf. ad Kct-
Xobujpoc p. 315 adnotata.
*K6\acpoc Colaphus (Colapvs): servus, Captivorum III,
4, 124 (657).
*KoXXapicKOC Collabiscus (Colabiscvs) : vilicus Poenuli.
Vide quaest. cap. II § 5.
*K6\\apoc Collabus (Colabvs): famelicus nequam, Tri-
nummi IV, 3, 14 (1021): de quo rectius cap. II quam olim
Proleg. p. lxxxii iudicavi.
KopaH Corax: servus, Captivorum III, 4, 124 (657).
*Kopbu\iujv Cordalio: servus, Captivorum III, 4, 124(657):
quocum conteudendum
*K6pbu\oc Cordalus: libertus, eiusdem fabulae* III, 5, 77
(735). Vtrumque enim nomen hoc dubitationis habet, quod
nec graeca origo praesto est nec a corde perveniri ad alus
terminationem potuit. Quo factum est ut, quoniam in
Vetere codice nihil discrepantiae est, aliquamdiu de in-
veterato mendo suspicarer Plautumque scripsisse Cordvlvs
et Cokdvlio conicerem h. e. *Kopbu\oc et KopbuMiuv
[quod nomen a Kopbu\n. derivandum|. Nunc tamen haud
scio an etiam propius ad probabilitatem a xop°n profectus
aliquem X6pba\ov (-hordalum l e. Cobdalvm com-
raendem: de quo penes alios iudicium esto. fNum Kov-
bii\oc Condalus ut KOvbu\iov condaliunrt]
KpaTivoc Cratinus: advocatus Phormionis; — amicus se-
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318
OVAESTIOXES ONOMATOLOGICAE.
nex, Asinariae V, 2, 16 (8GG); dives, Adelphon IV, 2,
42 (581).
*KpixoXd(Joc Cricolabus: fanielicus nequam, Trinummi IV,
3, 14 (1021) coniectura nostra repositum. Qui versus cum
in libris talis sit: Truthus (vel truehus) fuit cerconicus erin-
nus cercobulus collabus, etsi in *Cercobolus mutatum
mendosum Cercobulus numeris hac condicione non repu-
gnat, simul ut nihili nomen Crinnus tiat Cinnns, sic qui-
dem: Chiruchus fuit, Cfrconieus, Crinus, Cercobolus, Colla-
bus: tamen non posse non displicere bina nomina eodem
Cerco- initio facta significavi Proleg. p. lxxxii. Contra
81 in crinnus latet potius Crimnus, id quod multo proba-
bilius esse puto (nam sic - w|w dispestus dactylus facile
veniam a propriis nominibus habet), ne ferunt quidem uu-
meri Cercobolus syllabas. Hinc igitur est quod non esse
a K^pKiu, sed a KipKiu vel, quod eodem redit, KpiKiu pro-
ficiscendum existimavi, simul autem, ut commodam furis
notionem nancisceremur, a pdXXeiv verbo ad Xapeiv trans-
eundum. Nisi quis forte longius relicta fide memoriae
*Cricoclopum praeferet.
*Kpi|nvoc Crimnus: vide modo exposita et caput II § 5..
KpiTUJV Crito: senex hospes Andriae; — vicinus senex,
Hautontimorumenu III, 1, 80(498); — advocatus Phormionis.
*KpoKUJTtov Crocotium: ancilla Stichi.
KTnci(pujv Ctesipho (Ctksipo): adulescens Adelphou.
*Kua|iOC Cyamus (Cvamvs): cocus Truculenti II, 7, 28. GC.
IV, 1, 4. [Cf. Philol. XXVII p. 463.]
*KuXivbpoc Cylindrus (Cvlixokvs): cocus Menaechmorum.
*AdppaH Labrax: leno Rudentis. [Vide Benselerum.]
| AauTrabiCKOC Larapadiscus: Cistell. II, 3, 2 hypocoristi-
cura nominis quod insequitur|
Aa|iTrabiujv Lampadio: servus Cistellariae; — item apud
Anonymum v. 97 p. 111 R.; item fabula Naevii. Notus
Lampadio graminaticus apud Suetonium. [Cf. LamjxuiiuM
apud Lucret. IV, iy55, Lampadion apud Varron. sat p.
97 R.|
Adxnc Laches (Laces): senex Eunuchi, Hecyrae; — item
apud Caecilium v. 127 R.; — bis apud Anonymos ib. p. 99
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QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE. 310
v. 10 et 17. Adde commenioratum a Ribbeckio Ammia-
num Marcellinum XXVIII, 4, 27: cumque muhium illi quid
petunt, socmtos ut Miconas videbis et IxicJietas: ita enim
corrigenda videntur quae vulgantur soccos et M.: quando
illis cothurnatos ct turtjidos ut Heraclidas Cresphontem ct Te-
menum scriptor opponit. Cf. infra Mikujv.
Acaiva Leaena: anus Curculionis. Inepte scribebatur in in-
dice personarum Jjcna anus: nec minus inepte I, 1, 77
edebatur Anus hic solet cubitare custos ianitrix: Nonwn ei
• est lenae. Quod cum dudum corrigi oportuisset, praesertim
cum Vetus scriptum exhiberet Xomeni est leenc, tamen a
Fleckeiseno demum reapse est correctum, sic quidem 1. s. s.:
Xomm Lcaenaest, pariterque I, 2, 20 (113) Ecspire ad mc\
Leaena : : inpcratthr quis csty ubi sane lcna est in Vetere
ceterisque libris omnibus. — Redit muliercula Jjcaena apud
Varronem de 1. lat. V, 100: cf. Muelleri ad Festum prae-
fationem p. xuv.
Aeovtiov Leontium: mulier (meretrix), e comicis comme-
moratum nomen a Prisciano VI p. G88 P. (215, 21 H.), e
Caecilio a Charisio p. 80 P. (104, 2 K.).
Accpia Lesbia: obstetrix Andriae. Cf. Donatum ad An-
driae I, 3, 21.
*A€c(36viKoc Lesbonicus: adulescens Trinummi.
Aeuuvibac Leonida: servus Asinariae. fCf. Linge de hiatu
p. 67. j
*An.uvoc€Xn.vic Lemniselenis: meretrix Persae, cui suum
nomen i pro eo quod ferebatur Lemniselene) restitui in prae-
fatione eius fabulae p. x: declinatum illud a Plauto Lem-
niseleni casu tertio, I^emniselenem quarto, quode non dis-
sentientem video Buechelerum Musei Rhen. t. XV p. 438.
Dubitari potest utrum a Afjuvoc ductum nomen sit ut a
A€c(Joc factum est AecfJoviKOC*), an (((iiod praestare puto)
a \n.uvoc, quod etsi nunc auctorem non habet, tamen e se
procreavit deminutivam Xn.uviCKOC formam. De /' pro o
vide ad Armocpujv, KX^iToqpujv, KaX6bu»poC. |Cf. Opusc. II
p. 488J.
— — — m •
*) Nisi forte huc adscisceB An^vov t^v MCfdXnv \tio\\i\r\v 9c6v
teste Stephano Byzantio p. 413, 10 Mein.
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.'120 QVAESTIONES ONOM ATOLOGICAE.
Aipavoc Libanus: servus Asinariae.
*Ai7Tdpiuv Liparo: Hctuui nomen regis aut ioculariter le-
viterve in regem translatuin, Menaechmorum II, 3, 59 (411):
de quo post alios Ed. Meierus disputavit commentarioli
fde Lycurgo in Plauti Bacchidibus' (Ind. schol. hib. Ha-
lens. a. 1852) p. VI fnunc Opusc. acad. II p. 336].
Auboc Lydus (Lvdvs): servus paedagogus Bacchidum; —
item Atilii versu p. 27 R. Incertissimum est utrum a
Lydo an a ludo dicta sit Naeviana fabula Ludns inseripta*):
dubitari, num forte ad Aubioc nomen Livii Andronici Lu-
dius revocanda sit, propterea potest, quod y littera servata
in lydio scriptum exstat apud Festum p. 330, 3. Nam ne
quid erres, etiam Aubioc proprium certi hominis nomen
fuisse Benselerus docet e Zosimi I, G9.
Aukickoc Lyciscus (LvciSCVS): servus in Plautino versu
ad KiXiH commemorato.
Aukoc Lycus (Lvcvs): leno Poenuli.
Aukujv Lyco (Lvco): trapezita Curculionis.
AuKUJvibr|C Lyconides (Lvconides): adulescens Aululariae.
^AupKiuJv Lurcio: puer Militis gloriosi. Semel tantum per
totam fabulam lectum nomen, in inscriptione scaenae se-
cundae actus tertii, sed ibi LvCRIO scriptum. Id autem
ipsum, ut nusquam in ipsius fabulae verbis proprium pueri
nomen apparuisse credatur, tam absonum M. Hauptio vi-
sum est, ut in prooemio aestivo Beroliuensi a. 1858 p. b*
Oronovii coniecturam commendaret, qua is pro corrupto
in III, 2, 29 (843) vocabulo uotio (uocio in uno Vaticano)
pueri nomen substituit: Si fdlsa diccs, Lucrio, cjccrucidbcrt.
Rectissimo id quidem iudicio, nisi quod prosodiae nulla
est ratio habita. Nam Lucrio cum graecam stirpem non
habeat, necesse sit a luero dici (ut in Persa Lucridis no-
men): cuius paenultimam satis constat produci non posse
apud Plautum. Ergo rationi ut omni ex parte satis fieret.
*) Eius fabulae fragmento apud Ribbeckium Com. p. 14 [ed. pr.
= Trag. lat. ed. alt. p.278] alteri suos numeros sic restitue: J*rouevir-
bant oratores ndui, stuiti adulescentuli ; in primo autem leniter trans-
pone Cedo udstram qui rem publicam tantam dmisistis tdm cito.
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QVAESTIOKES ONOMATOLOOICAE.
321
evidentissimo invonto Fleckeisonus o libromm momoria in-
tellexit duarum litterarum transpositiono Lurcio nomen
efficiendum esse: quo cum fortasse ad Inrronis notionem
allndi vellet poeta, simul tamen graecum fontem pracstant
AupKOC et AupKiac nomina quae habes apud Papium et
Benselerum. (Conferas nunc Fleckeisenum ipsum in Annal.
philol. tom. CI (1870) p. 84C> sq.l
Audbauoc Lysidamus (Lvsidamvs): senex Casinae. Senis
enim in hac fabula quod fertur nomen Statino, id nondum
inventus est qui, cuius tandem prosapiae cuiusve farinae
esse videretur, aliqua cum probabilitate coniectando ape-
riret, Nam mera somnia esse, cum de CTCtXr) Hcsychiano et
inde facto cxaXnvoc, hinc autem ducto CraXnvuJV h. e. Sta-
Ymo Salmasius cogitabat, non fugit profecto vel graccao vel
latinae grammaticae mediocriter peritos. Quo multo con-
sultius Oamerarius *Stalino qui sit* inquit *aut unde factus,
tuteor me ignorare; est verbum ctcXXuj, est aliquid CTaXic:
wA illr CtoXivujv quis? quaeramus igitur.' Quaerentibus
autem primum omnium sciendum est bis tantum per to-
tam fabulam senis nomen relictum esse iu Vetere codice
idque in inscriptionibus scaenarum II, 3 et III, 3: illic
quidem 8TALITK) SENEX, hic STALICIO SENEX: ceterae
enim inscriptiones omnes nihil nisi SENEX servant. Huius
autem nominis originem ipse Vetus codex monstrat versum
V, 3, lfi, ut Opusc. II p. 244 dixi, talem exhibens: Etsi matum
wen» Jiac dabo protinam rt fwjiam. heus staticio amator.
Dinc enim nec ullo alio e fonte, quisquis fuit, senis nomen
haustum singulis, in quibus illius partes sunt, scaenis prae-
scripsit, nihil de manifesta corruptela suspicatus quam
Ambrosiani codicis scriptura hcus sta ilico amator prodit.
Recentiore8 autem octo fabularum priorum codices prole-
tarios cum certum sit ex archetypo fluxisse Veteris simil-
limo, proclivi errore velut e STALITIO scriptura oriri
^TALINO potuit, id quod transiit iu editiones typis ex-
pressas. Intellegitur hiuc codices Palatinos ex archetypo
aliquo ductos esse, qui personarum indicibus, quales prae-
mitti singulis scaenis soliti sunt, aut omnino aut quibusdam
m locis careret, sive ea vacuitas per omues fabuhis sive
aiTScEKLU OI'V8CVLA III. 21
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322
QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE
per aliquot pertinebat: plane ut iu Decurtato essc faetum
videmus, ox parte etiaiu iu Ambrosiani cis locis, ubi bi-
noruni in scaenarum principiis versuum spatia, destinata
ea actorum nominibus, vacua relicta sunt, ut suis locis
diligenter aduotaviinus. Tali igitur codice utenti nec in-
tegrius exemplar in promptu habenti, cjui iacturam illain
quoad posset resarcire vellet, nihil reliquum erat nisi ut
ex ipsius verbis poetae singula testimonia conquireret atl
deperdita in scaenarum inscriptione nomina aliquo lnodo
recuperanda: id(pie fecit qui e Casinac versu V, ,3, 16 senis
nomen STALICIO postliniinio restituere sibi visus est. Eius-
dom autem et condicionis ct consilii vis haud scio an
etiam ad Stichi memorabilem illam personarum trausmn-
tationem aliqua ex parte pertinuerit, quam supra tetigi
sub ^Trirvujuoc : quamquam aliquantum inter utraque ex-
empla interesse minime me fugit. - - Haec autem omnia
si eui ariolantis potius esse, et quae fieri potuerint, non
quae facta sint reapse, proponentis videantur, en, locuple-
tissimus iam testis spousorque ftagitans fidem codex Am-
brosianus prodeat, ipsum Plautinum senis nomen prodens
a 'Stalino9 illo diversissimum. In eo enim codice duanim
scaenarum inscriptiones haec ante hos XXX annos niihi
apparuerunt: TII, 4 ALCESIMUS L-SDDAMUS, III, 5
PAUDALISCA L- -IDAMUS: unde certo certius intellegitur
seni suo poetam nomen imposuisse Lysidamo. Cuius no-
minis formam doricam satis firmat Vhilodamus Asinariae.*)
*) [Quae supra de Lysidamo scripta sunt, ea Kitschelius auno 1871
iam ad Alfredum Fleckeisenum miserat, cum ille dissertatiunculani
8uam r zur Plautinischcn oiunnatotogic* inscriptara et postea in AnnaL
philol. tom. CIII p. 637 sqq. editam cum ipso communicasset. Ibi
enim cum narratum esset, eadem fere de Lysidamo a Studemundo in
nuperrimo prograinmate exposita esse, Ritschelius ad Fleckeigenum
haec scripsit: fDeine handschriftliehe mitteilung des vorstehenden ono-
'matologicums, lieber freund, erwidere ich mit zusendung der denseltwn
Lysidamus betretfenden handschriftlichen bliitter, die, bereits im jahre
1808 druckfertig, einen teil der «quaestiones ouoinatologicae» bilden,
welehe schon dem ersten bande meiner opuacula einverleibt werdei)
8ollt««n , aber aus den hier s. 841 und in der vorrede zu bd. II s. XXI
angedeuteten giunden zuriickgehalten wurden und nuu erst demuachst
\
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QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE.
323
Auduaxoc Lysimachus (Lvsimacvs): senex Mercatoris.
*Aucit6\tic Lysiteles (Lvsiteles): adulescens Trinummi.
Maxaipiujv Machaerio (Macaerio): servus, Aululariae II,
9, 1. [C£ III, 2, 1—3.]
*Mtf«otupoc Megadorus: senex Aululariae.
MeraXopuZoc Megalobyzus (Megalohvsvs): pater sacer-
dotis Dianae Ephesiae, Bacchidum II, 3, 74 (309): pro quo
etsi in libris est Megalobnli, tanien quod praescripsi no-
men, probatum iam Meursio Hemsterhusioque, satis vindi-
casse ea disputatione videor quam Parergon t. I p. 40G sqq.
pertexui.
*M€Tapujvibn.c Megaronides: senex Trinummi.
MeXaivic Melaenis: lena Cistellariae.
*McXeHiac Melexia: servus, Turpilii v. 1 p. 73 Ribb.
IMcXrjcia Melesia: apud Turpilium p. 85 K. ed. II. J
MevaiXMOC Menaechmus (Menaecmvs): adulescentes Me-
naechmorum.
MevebriMOC Menedemus: senex Hautontimorumenu.
*Meccn.viujv Messenio (Mesenio): servus Menaechmorum.
*Mr|vapxoc Menarchus (Menarcvs): medicus, Captivorum
prol. 2G et II, 2, 85 (335). Aptius, opinor, medico nomen
quam *Mevapxoc: quamquam hoc qui praetulerit, non
poterit certo argumento revinci.
Mibac Mida: puer, Phormionis V, G, 22 (8G2).
Mikiujv Micio: senex Adelphon.
*Mikk6tpujyoc Miccotrogus (Micotrogvs): parasiti no-
men ioculare Stichi I, 3, 88 (242).
Mikujv Mico: apud Ammianum Marcellinum supra comme-
moratum sub Adxnc, ubi Miconas ctLaclietas e codicum scrip-
im dritten erscheinen werden. das hauptresultat habe ich zwar schon
ebd. II s. 381 (vgl. s. 484 anm.) in einer zeile ausgesprochen , und es
leidet ja auch nach deiner erOrterung gar keinen zweifel (Studemunds
von dir erwahntes prooemium kenne ich noch nicht); indeasen da es
doch immer eine erwiinschte bekritftigung eines neuen ist, wenn das-
selbe unabhangig von verschiedenen seiten gefunden worden, so stelle
ich dir anheim, ob du etwa auch meine beifolgende ausfiihrung der
sache des abdrucks unter deiner miscelle wert 6^^681.' Haec igitur
epistula et quae supra p. 321 sq. leguntur ibidem p. 639 sq. in publi-
cum emissa sunt. C. W.J
21*
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324
QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE.
tura micaunas ct l. restituit Valesius. Qui tainen eum
servos dici, nou senes comoediae putat, veheraenter vereor
ut verum viderit. Redit nomen I. R. N. 0196.
*MiXq>ibiTr7Tr) Milphidippa (Milpidipa): ancilla Militis
gloriosi. Compositum nomen tamquam a *Mt\cptc, iboc.
*MtX<pibtCKoc Milphidiscus (Milpidiscvs): Poenuli I, 3,
12, hypocoristicum eius quod sequitur nominis.
*MiXqnujv Milphio (Milpio): servus Poenuli [ = GJabrio]. *
*Micapruptbn.c Misargyrides (Misakgvkides): danista
Mostellariac. Cf. Donatum in Adelphon I, 1, 1.
MvrictXoxoc Mnesilochus (Mnesilocvs): adulescens Bac-
chidum.
*Mocxtc Moschis (Moscis): nieretrix apud Afranium v. 136.
Mocxoc Moschus (Moscvs): pater, Menaechmorura 111, 3,
76 (406). V, 9, 19. 39. 49 (1078. 1098. 1108).
Muppivn, Myrrhina Murrina (Mvrina): matrona Casinae,
Hecyrae. Cf. Donatum ad Adelphon I, 1, 1.
Muctc Mysis (Mvsis): ancilla Andriae. Cf. Donatum ad
Andriae I, 3, 21.
*tNaYibiujv Nagidio, aut NaYtbuj Nagido: incertissimae
memoriae fabula Naevii, ab hominis vel mulieris nomine
inscripta dc Ribbeckii coniectura Com. p. 14: cuius tamen
nominis prorsus non habeo quam esse stir})em dicam.
NauKpctTr)C Naucrates: cognatus Alcumenae, Amphitruonis
II, 2, 219 (849) et deinceps saepius.
*NauciCTpdTn. Nausistrata: matrona Phormionis. Cf.
NauctCTpaToc.
Neatpa Neaera: fabula Licinii p. 29 Ribb.; — item iu
fragmento eius fabulae.
NtKaciuJV Nicasio: fabula Caecilii Nothus Nicasio in-
scripta haud dubie ab adulescentis nomine: de qua dixi
Parergon t. I prjief. p. XV.
NtKripaToc Niceratus: adulescens, Andriae versu I, 1, 60
(87) sic prodito in libris una cum verbis contiguis: Fhne-
drttm aut CUniam Dkebant aut Nicnatum: nam hi tres
tum simul Amdbant. Turpem in his numerorum labem
cum Rentleius infelicissimo conatu tollere studuisset, leni-
orem eamque per se satis comraodara viara Fleckeisenus
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QVAKSTIONKS ONOMATOLOGICAK.
325
iugressus Nicarctum substituit pro Nicerato. Probarein, si
uiodo caussa perspiceretur, cur usitatissimis Vhacdrius et
Clinia nominibus taui reiuotum a communi consuetudine
tertium, quam est Nicaretus, poeta sociandum putaret, cui
tot alia et usitata et apta metro in promptu essent. Qua-
propter haud scio an servata tralaticiorum nominum cou-
gruentia ista alio modo succurrendum sit labanti versui,
velut aut eiecta tum particula aut fortasse sic trausposita:
Diccbant aut Niccratum: nam hi trvs simul Tum amdbant.
Nik6(3ouAoc Nicobulus: senex Bacchidum.
Nncobnuoc Nicodemus: adulesceus Vidulariae, nisi forte
senis potius nomen est. Vide sub Aeivictc dicta.
*ZuctuXic Xystylis (Xvstvlis): meretrix, Pseuduli I, 2,
70 (210). Vbi libri xittilis: Xistilis iain editio princeps,
Xystylis Camerarius demum.
'OXuuttikoc Olynipicus, vel 'OXuutuxoc Olympichus
(Olvmpicvs utrumque): trapezitae nomen Trinummi II, 4,
23 (425) iam in Baptistae Pii 'codicibus antiquis' restitu-
tum pro (drachumamm) Olympicum, firmatum a Bergkio
Diar. antiq. stud. a. 1848 p. 1146.
*'OXuutuckoc Olympiscus (Olvmpiscvs): Casiuae III, 6,
1 14 Olympisce rni, mi patcr, mi patrdnc*): hypocoristicum
eius quod insequitur nominis
'OXujjtuwv Olympio (Olvmpio): vilicus Casinae.
TTaifviov Paegnium: puer Persae; item Captivorum V,
3, 7 (084).
TTaXaicTpa Palaestra: mulier Rudentis.
*TTaXaiCTpiujv Palaestrio: servus Militis gloriosi.
*TTaXivoupoc Palinurus: servus Curculionis.
TTuuqnXn. Pamphila (Pampila): mulier marita Stichi teste
Ambrosiano, quae miro errore Vinacium est in Palatiuis:
cf. supra dicta sub 'eTriYvwuoc | cf. praef. Stichi p. X,
ad Stich. I, 1 init.J; — item virgo Adelphou; - item
Eunuchi III, 1, 50 (440) et saepe deinceps; meretrix,
Phormionis II, 1, 80. III, 2, 25. 32 (310. 510. 517).
*) Integriora enim haec Vctus servavit quara Ambrosianus, in quo
est Ulympice mi patcr mi patronc.
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326
QVAKSTIONKS ONOMATOLOGICAK.
*TTau(piXiTTTTOC Pamphilippus (Pampilipvs): iuvenis ma-
ritus Stichi iu Palatinis, qui in Ambrosiano dicitur
nriuqnXoc Pamphilus (Pampilvs): praeter Stichuni adu-
lescens Andriae, Hecyrae. Cf. Donatum ad Adelphou I,
I, 1 [praef. Stichi p. XII].
*TTaviT,Yupic Pauegyris (Paxkgvris): mulier marita Stichi
in libris Palatinis, quae est Phihwwtui in Ambrosiano.
TTav9r|pic Pantheris (Pantkris): muliercula, apud Varro-
nem supra commemoratum sub Aeaiva.
jTTavTaXewv Pantaleo: nihili nomen fabulae Afranii, H.
lunii coniectura natum. Vide Ribbeckium Comicorum p.
165, H. Keilium ad Charisium p. 119.]
*TTapbaXicKn, Pardalisca: ancilla Casinae.
TTapuevwv Parmeno: servus Eunuchi, Hecyrae; — item
versu Plautino ad KiXiH commemorato; — itera Adelphon
II, 1, 14 (108); — Parmenoncs, Syri sociati Bacchidum
IV, 4, 7 (649): cf. Donatum ad Adelphon I, 1, 1.
*TTacipouXr| Pasibula: adulescentula, Andriae V, 4, 42
(946). Sed ei versui ut numeri constent, quando a Bent-
leio positum Pasibula sine est repudiat sermo comicus, aut
aliud nomen cum Fleckeiseno substituendum lioc exemplo:
Non pdtiar. heus, Chreincs, quod quaeris, Pasiphilast. : :
ipsdst. : : east (quod Pasipila scriptum antique sat com-
mode intellegitur quomodo transire in Pasibvla potucrit):
aut tieus in hem vel rectius em i. e. en mutandum: Non
pdtiar. em, Chrcmcs, quod quacris: Pdsibula. : : ipsdst. : : east.
Et fatendum est ipsi hcus voculae parum aptum locuni
esse, cum per totam iam scaenam Chremes et Pamphilus
prope adstiterint.
♦TTaciKOUHir) Pasicompsa: meretrix Mercatoris.
TTauciuaxoc Pausimachus (Pavsimacvs): fabula Caecilii
p. 48 R.
TTeXctTUJV Pelago: senex Bacchidum II, 3, 28 (262).
♦TTepiTrXcKOuevoc Periplecomeuus: senex Militis gloriosi.
Cui verum nomen certa emendatione pro vitioso Pcriplc-
ctomcnes restitui Prolegomenon p. lxxxviii.
*rTtpi(pdvnc Periphanes (Pkripanes): senex Epidici; —
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. QVAE8TI0NES ON0MATOLO«ICAE.
327
uiercator, Asibariae II, 4, 92 (499); — paier, Curculionis
V, 2, 37 (636).
*TTi0rKiov Pitheciuni (Pitecivm): serva, Truculenti II, 5,
24. [Cf. Mil. glor. 989.]
*TTivctKiov Pinacium: puer Stichi, cui vulgo nihili nomen
Dimtium, quod vide supra. fEx specie forniae' dictum
Donatus in Andriam I, 3, 21 docet. — Memorabili auteni
perturbatione, de qua in praefatione Stichi p. x sq. et
supra sub 'Gttiyvujuoc exposui, in Palatinis idcin nomen
in eam est sororem translatuni, quae in Ambrosiano ha-
betur Pamphda.
*niCTOKXn.poc Pistoclerus: adulescens Bacchidum.
*TT\avTjciov Planesium: virgo Curculionis.
*TT\aTaTibujpoc Platagidorus: miles, Curculionis III, 38.
eO, IV, 4, 5 (408. 430. 561). De TT\aTaT6biupoc cave
cogites.
*TTXeuctKXtic Pleusicles: adulescens Militis gloriosi. Ke-
stitutum a me nomen pro mendoso Pleusides: de quo vide
ad fabulae v. 596 adnotata.
*nXn.cibiTf7T0C Plesidippus (Plesidipvs): adulescens Hu-
dentis. Sic enim scriptum nomen et Ambrosiauus seiuel
testatur II, 6, 70 (554) et noviens Vetus prodidit et sexiens
Decurtatus; contra Pleusuiijqms semel tantum Vetus habet
iu inscriptione scaenae IV, 8, constanter autem inde a
ver.su III, 6, 33 (871) Decurtatus h. e. quater in verbis
poetae, quo accedit per totam scaenam IV, 8 personae nota,
Pleu. A Decurtato leviter discrepat Vaticanus, undc Plcu-
sidiflms ad Italos atque editores mauavit. Kecte igitur
auctoritati bonitatique vetustatis Fleckeisenus obsecundavit
revocata Plesklipims forma. Sed quid id nominis esse
dicamus, haeremus non mediocriter. Nam etsi facile quis-
piam de aliquo *TTXr|ac, -iboc nomine cogitet, lacto ut
Aucic, Mvricic sive Mvacic (quem ad modum ad MiXqpk,
-iboc supra revocavimus Milphidippam) , tamen mirum sit
a muliebri nomine componi virile. Minus etiam placiturum
puto, qui ab aliquo * TTXncibTic nomine, facto ut KXn.cibTic,
proticiscatur. C^uamquam fatendum est non ullo modo
expeditiorem explicatum Pleusidippus formam habere.
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328
QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE
TToXeuwv Polemo: miles comoediae teste Douato ad Adel-
phon I, 1, 1.
*TTo\TOcpaYUJvibr|c Pultiphagonides (Pvltipagonides):
septimo demum saeculo u. c. ioculariter fictum nomen in
prologo Poenuli v. 54: quode dixi Parergon t. I p. 205.
Quo noniine etsi credibile est ad latinum pultis vocabulum
respici, tamen, cum in promptu sit graecum ttoXtoc, non
est hibridae vocis ulla necessitas. Prima syllaba u pro o
recepit ut in Bumbomachides, secunda i ut in Demipho ce-
terisque exemplis supra compositis sub KaXooujpoc.
TToXupabkKOC Polybadiscus (Polvbadiscvs): Astrabae
Plautinae versu apud Varronem de 1. lat. VI, 73 restitu-
tum a Scaligero. Cuius nominis rationem non habere se
qui satis expediret, Lachmannus fassus est Musei Khenani
ab Welckero Naekioque editi t. VI p. 120. Tu videas
quae in Act. soc. philol. Lips. tom. VI p. 368 [supra p.
190 sq.) exposita sunt.
*TToXurcXoucioc Polyplusius (Polvplvsivs): pater Eli-
densis Polyplusius Thcodoromedcsy Captivorum V, 2, 20 (973);
cf. II, 2, 27 (277) Polyplusium gcnus. Imitatus est poeta
nominis cognominisque societatem moris Romani.
TTToXeuoxpdTeia Ptolemocratia: sacerdos, Rudentis II, 5,
24 (481). [De correpta paenultima cf. Lachmannus ad Lu-
cret. p. 159 et G. Curtius in relat. soc. Saxon. 1864 p. 5.]
TToXcuoKpaTia idem nomen scriptum est apud Appianuni
b. civ. IV, 75.
*TTupY07ToXiviKr|c Pyrgopolinices (Pvrgopolinices): mi-
les Militis gloriosi. Exspectatur Pyrgopolinieus potius, ut
in ceteris prope oninibus quae a viKrj vel vikov ducuntur.
Facile igitur putes ad similitudinem adiectivorum, quae
sunt 'OXuuruoviKric TTu0ioviKr|c NeueoviKric lceuiovuoic, fac-
tum nomen esse, nisi tamen etiam certorum inter Graecos
hominum proprium TTu9ioviKr|C exstaret locis a Benselero
allatis: quem ad modum altera cx parte 'OXuuttiovikoc TTu-
0i6vikoc etiam pro adiectivis fuisse constat. Quo accedit
ut facile credatur poeta ad celebris TToXuveiKTic nominis
sonum alludere voluisse.
TTu0idc Pythias (Pvtias): ancilla Eunuchi; — meretrix
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CJVAE8TI0NKS ONOMATOLOOICAK.
329
apud Turpiliuin v. 188; — faudax' apud Caeciliuin (non
'Lucilium') testibus Horatio epist. ad Pisones v. 238 eius-
que interpretibus in Ribbeckii Com. p. 69. [Cf. Meinekii
frg. com. gr. IV p. 511 et Anthol. Palat. I p. 128. 146 ]
TTi/e6otKoc Pythodicus (Pvtodicvs): servus Aululariae.
[TTuppia Pyrrhia: nihili nomen ancillae apud Titinium inc.
fab. XXI, de quo vide Lachmannum ad Lucret. p. 408.]
TTuppictc Byrrhia Burria (Bvhia): servus Andriae. [Cf.
Asconii argum. Milonianae p. 28 Kiessl. et Sch.]
Cafdpioc Sagarius: servus Stichi. Cf. Bergkius in Diar.
antiq. stud. a. 1850 p. 337.
Sagaristio: servus Persae.
Sagario: Trinummi IV 4, 13 (1105).
Sanga: servus Eunuchi.
Sannio: leno Adelphon (Eunuchi 780).
CaTupiuJV, Saturio: parasitus Persae. Cf. Parergon p. 128.
143; Fleckeisenus in Annal. philol. t. CI (1870) p. 847.
Saurea: in Asinaria saepe.
Selenium: meretrix Cistellariae, non ut in editionibus est
Silenium.
Simalio: Eunuchi 772. 775.
Simia, Simmia: sucophanta Pseuduli. Cf. Studemundus in
'Wiirzburg. Festschrift' p. 56.
Simus: Hautontimorumenu 498.
Simulus: Adelphon 352. 465.
Simo: senex Mostellariae, Pseuduli, Andriae; item apud Cae-
cilium inc. fabul. XXXVII et palliatae inc. iuc. 2.
Scapha: ancilla Mostellariae.
Sceledrus: servus Militis gloriosi. Cf. Asinariae 882. Fal-
litur Lorenzius p. 6.
Sceparnio: servus Rudentis.
Scirtus: Hecyrae 78. Donatus ad I, 2, 3.
Sophoclidisca: ancilla Persae: num Coq)OKXtibkKtiV
Sparax: Rudentis III 2, 43. 5, 27: deest apud Benselerum.
Stalagmus: servus Captivorum; item fabula Naevii (olim
de Ribbeckii coniectura Stalagmonissa inscripta). Cf. Par-
ergon p. 142 not. Cf. stalagmitim.
[Stalino: senex Casinae: vide supra ad Lysidamus adnotata.]
»
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330
QVAESTIONES OXOMATOLOGICAE.
Stasinius: servus Trinuiumi. Cf. Inscr. Ncapol.
CiacpuXn. Staphula (Stapbila): auus Aululariae.
Stephauiuiu: aneilla Stiehi.
Stephaniscidium: Stichi V7, 54: a CrecpavicKr) ut 'AuTreXicKn.
Stephanio: Adelphon 380; iteni servus apud Turpiliuiu 51.
Cf. Inscr. Neapol.
Stilpo: iu Phormione saepius. StitpJto in codicibus, etiani
apud Ciceroueui orat. 47, 157.
Stichus: servus Stiebi; itein Asin. II 4, 27. 31; iteiu in
fragm. Plauti 3. 61.
Strabax: adulescens Truculenti. Cf. G. Hirschfeldi r Tituli
statuar.' p. 81 (u. 34); p. 115 (u. 113).
Stratippocles: adulesceus Epidici.
Stratopliaues: miles Truculeuti.
Stratullax, Stratillax: servus Truculenti; vide infra quaest.
cap. II § 2. Cf. Bergkius iu Diar. antiq. stud. a. 1848 p.
1126, Lobeckii Pathol. proleg. p. 128, Fleckeisenus Auual.
philol. t, Cl (1870) p. 848 sq.
Strato: Asin. II 2, 77; Eunuchi 414.
Strobilus: servus Aululariae. Cf. Inscr. Neapol.
CiupaE Storax: Adelphon 26. Cf. Fleckeisenus Annal. philol.
t. XCIII (1866) p. 10, Corsseui tVocalismus, II p. 81.
Synceraste: fragm. Plauti 1. 117.
Syucerastus: servus Poenuli; vide IV 2, 64. Cf. Opusc. II
p. 728.
Syra: anus aucilla Memitoris (413), anus Hecyrae; item apiul
Caecilium 223 (Sura tvnslrix in Trucul. II 4, 51; 6, 40).
Syriscus: Eunuchi 772. 775. Adelphon 763.
Syrus: servus Ilautontimorumenu; item servus Adelphon; iteni
scrvus Cistellariae. Cf. Parergon p. 163. 164. 344. 554. 621.
Sphaerio: Mostell. 419. Cf. Philol. vol. XXIX p. 395.
Cujciac Sosia: servus Amphitruonis (305); item servus He-
cyrae, item libertus Andriae, item in Plauti fragm. 2. 45.
Sosicles: Menaechmorum V 9, 6. 41. 66.
Sostrata: matrona Hautontimorumenu, item matrona He-
cyrae, item matrona Adelphon.
Soteris: vide n. Mus. Rhen. t. XV p. 438.
Sophrona: uutrix Eunuchi, item uutrix Phormionis.
QVAESTIONKS ONOMATOLOGICAE
331
Telestis: Epidici V 1, 30.
Teuximarcha: Menaechmoruui V, 9, 71.
Timarchides: mercator Persae 501.
Toxilus: servus Persae. . Cf. tt^vOoc — TTtvGiXoc, Giiuov —
OuutXoc.
Tranio: servus Mostellariae: derivatur a xpavoc, Tpavnc i. e.
perspicax, callidus. Cf. Parergon p. 466, Brixius ad Capt.
081, Buechelerus iu n. Mus. Uhen. XV p. 436, Loreuzius
ad Most. p. 9; p. 10 not. 11.
TpaxaXiiuv Trachalio: servus Kudentis. Cf. Inscr. Neapol.
Tyudarus: adulescens Captivonun. Cf. Lobcckii Pathol. prol.
p. 2SO.
Turbalio: Rud. III 2, 43; 5, 19.
Hymnis: fabula Caecilii. Cf. Parergon p. 142 not.
Phago: fabula Plauti? Cf. Parergou p. 151 et Opusc. II
p. 731. Num Paphlago cum Hertzio in progr. Vratisl.
fKament. Gell. mant.' (1868) p. 20?
Phaedria: virgo Aulul. IV, 7, 10.
Phaedria: adulescens Eunuchi, item adulesceus Phormionis;
itera apud Turpil. 93. 170. Cf. Meinekii hist. crit. com. gr.
p. 385.
Phaedromus: adulescens Curculionis.
Phaedrus: Andriae 86.
Phania: Andr. 934. Hec. 458. Hautont. 169. 1)29.
Phanium: in Phormione saepe. Cf. Menaudri fabula <t>dvtov.
Phauiscus: puer Mostellariae (= Lamimlio).
Phanocrates: Hautont. 1061.
Phanostrata: uxor Cistellariae.
Phidippus: senex Hecyrae.
Philaenium: meretrix Asinariae. Cf. <t>iXaiviov in AnthoL
Palat. Vide C. Keilium iu n. Mus. Khen. XX p. 563.
Philematium: meretrix Mostellariae.
Philippa: mulier Epidici.
Philodamus: Asinariae II 4, 38.
Philocrates: adulescens Captivorum.
Philocomasium: mulier Militis gloriosi.
Philolaches: adulescens Mostellariae.
OiXoTtdTUip, Philopater (-trus): fabula Turpilii.
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332 QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE.
Philoxenus: seuex Bacehidum.
Philopoleinus: adulescens Captivoruni.
Philuuiena: soror Stichi, item fabula Caecilii (cf. Parergon
p. 142), item iu Hecyra saepe, in Andria bis. Cf. praef.
Stichi p. XI.
Philtera: Hautont. 662.
Philto: senex Trinummi.
Philotis, Philotium: meretrix Hecyrae (Philotis 82. 84;
Philotium 81. 89. 107).
Phoenicium: mulier Pseuduli.
Phormio: parasitus Phormionis; item apud Valerium p. 72 R.
Phronesium: meretrix Truculenti (I, 1, 58 — 60).
Phrygia: ancilla Ilautontiuiorumeuu; iteui tibicina Aululariae
(II 5, 7); item Andriae II, 5, 7. Adelphon 973.
Phrygis: apud Turpilium 102.
Chaerea: adulescens Eunuchi, item in Asin. V, 2, 15.
Chaerestratus: fabula Caecilii (cf. Parergon p. 135 et praef.
Parergon p. XV), item in Asiuaria V, 2, 15.
Chaeribulus: adulescens Epidici.
Chalinus: servus Casinae.
Chares: Trinummi 922.
Charicles(?): Trinummi 922.
Chariuus: adulescens Pseuduli (cf. 736. 712), item adulescens
Mercatoris. Cf. Parergon p. 142 et Opusc. II p. 728.
Charmadas(V): Trinummi 922.
Charmides: senex ltudentis, item senex Trinummi.
Charmylus(?): Trinummi 922.
Chirurchus: Trinummi 1021. Cf. supra ad Or|pouxoc ad-
notata.
Chremes: adulescens Eunuchi, senex Phormiouis, item seuex
Andriae, item senex Hautontimorumeuu.
Chrysalus: servus Bacchidum.
Chrysion: fabula Caecilii. Cf. Parergon p. 142.
Chrysis: anus Pseuduli II, 2, 64, item in Andria saepe,
item in Trabcae 3.
Pseudulus, Pseudolus: servus Pseuduli. Cf. Proleg. Plaut.
p. cccxvm, praef. Menaechm. p. XV, praef. Pseud. p. VIII;
Opusc. 11 p. 499 sq- [Mus. Rhen. XXVI p. 604 Opusc.
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QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE
333
III p. 7 adn. 9]; et L. Meyeri fvergl. Gramm.' II p. B92,
Fleckeisenus in Annal. philol. t, XCIII (18(56) p. 9, Vsr~
nerus de Pseudulo p. 8, Buechelerus in Fleckeiseni Annal.
philol. t. XOIII p. 242, Seyffertus in Philol. vol. XXV p.
448; XXI p. 677; XXIII p. 480.
2.
QVAESTIONVM ONOMATOLOGICARVM PLAVTINARVM
CAPITA DVO.
Caput I.*)
Meministis quanta nuper industria, id quod pridem fac- iii
tum oportuerat, propria nomina graecae linguae colligi
coepta sint quamque laudabile eo in genere diligentiae spe-
cimen G. Papius Berolinas ediderit utilissimo parato non
historiae magis quam ipsius linguae accuratius cognoscendae
instrumento. Qui quamvis longo post se intervallo tcnuia
G. Ch. Crusii initia reliquerit, tamen ad eam quam vclles
perfectionem ne suam quidem operam adduxit. Quod nolo
de singulis quibusdam nominibus forte praetermissis dictum
esse: qualia cum promiscue latent tum singulis propemodum
diebus ex epigraphicorum potissimum monumentorum inex-
hausto fonte prodeunt. Verum quod aegrius ferimus hoc
est, quod ille genera quaedam universa novorum exemplorum iv
feracissima aut levius tractavit aut ne attigit quidem. Et
levius quidem tractata esse facile apparet nomina Romano-
rum hominum graece facta a graecis scriptoribus : quod ge-
nus, recte ab ipso Papio et definitum et aestimatum praef.
p. VIII, hic non licet diligentius persequi. Contrarium huic
illud est, quod graecorum nominum exemplis continetur e
latinis litteris petendorum; atque hanc ille proviuciae
suae partem neglexit profecto praeter exspectationem. Sed
quoniam ne huius quidem argumenti ubertatem praefatiuncu-
lae angustiae capiunt^ nolo ad inscriptionum latiuarum intini-
tas copias exspatiari, e quibus non sanc mediocris multitudo
*) [Prooemium Indicis scholarura hibernarum Bonnensium ann.
CIDIDCCCXLIII et XLIV.J
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334 QVAK8TI0KES ONOMATOLOGICAE
graecorum noniinnm lexico Papiano accedere poterit: sed in
eis nunc me contineo, quae propiore cum nostris studiis vin-
culo coniuncta sunt. Mirum est enim nullum Papio scaeni-
cae poesis latinae usum fuisse, Plautinae potissimum et
Terentianae, quam e graecis esse exemplis expressam nemo
ne.scit. Personarum enim nomina etsi Plautus Terentinsque
non constanter eadem servarunt, quae in translatis a se fa-
bulis rcppererant: quode breviter dictum Musei phil. I p. 48
[Parergon p. 278]: tamen quin ex eo genere universo petierint,
tjnod Menandri, Philemonis, Diphili ceterorumque comicorum
exemplo et auctoritate continetur, vix est quod dubitemus. Et
ut quaedam illi nec hinc sumpserint nec e suae aetatis con-
suetudine asciverint, sed ipsi finxerint vel etiam ioculariter
luserint, quid refert? modo recte et rationi convenienter
finxerint. Ac Papius cum ficticia nomina comoediae graecae,
Alciphronis, Aristaeneti, Lucillii, alioruni*) rectissime et in
lexicon susceperit et cur ex appellativorum numero exeniis-
set, praef. p. VII exposuerit, quid est tandem cur, quid om-
nino in hoc genere licuerit, non etiam Plautino Terentianoque
*) Nec tamen sibi ipse constitit prorsus neglecta Myobatracho-
inachia. Eodem enim iure, quo velut equorum (praetermisso tamen
BouK€cpdXio) aut naviuin ccrta nomina non in appellativorum, sed in
propriorum lexico recensuit, buc ranae muresquc pertinent qui alicui
poetae pro hominibua fuerunt. lllinc igitur his exemplis Onomatologn»
PapianuB suppleudus eat: 'ApTeTdjSouXoc. 'ApTocpdTOC. Boppopo-
KotTrjc. '€|npac(xvJTpoc. KaXa jit vGioc. KvicobiujKTrjc. Koito-
(pdyoc (vid. librorum discrepantiam ap. Matth. ad v. 210 sqq.). Kpau-
pocpdtoc. [Kpauj3oj3dTrjc v. 230 fide caret.] KpauTadorjc. A(i-
Xnvujp. ActxopuXn- (AetxoTTtvaE ex Alciphrone allatum.) Aiu.vn.ctoc.
Atpv6xapic. [Fide caret AtTpatoc v. 225.] MeptbdpTtaE. (OptYa-
viujv v. 255 ex Autonino innotuit.) TTrjXopdTrjc. (Nec TTrjXetuJV v.
200 prorsus praetermittendum , ut quod ad tttjX6c simul et heroicum
nomen spectet.) TToXu^ujvoc. TTpaccaioc. TTpaccocpdToc. TTTtp-
voTXu<poc. TTTepvoTpuj KTtic TTT€pvoq>dToc. CeuTXaioc. Cito-
<pdToc. TpujTXobUTtic. TpujEdpTrjc. TupoTXucpoc (Tupo<pdtoc
scr. discr. v. 222). Tbpoudbouca. T6p6xapic. TnMj36ac. <I>iX-
TpuToc (vid. Matth. ad v. 226). <DuctTvaeoc. YtxdpiraS. 'QKtpibnc
(cf. "Qkiuov 'QKfuwv). Quac nomina etsi dubitari ncquit quin non
univcrsa locum stiunt in una eadcmque carminis illitiB recensionc ha-
buerint, tamen id ipsum huc quidem nihil pertinet.
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QVAE8TIONES ONOMATOLOGICAE. 335
exemplo aliquanto plenius perspicere studeamus? Scieiulum
est enim Plautinarum quidem personarum longe adeo maxi-
mam partem. frustra apud Papium quaeri, Tereutianarum
autem idcirco tantum multo minorem, quod is poeta nec
usitatissimorum nominum cousuetudinem excessit nec eorun-
dem in diversis fabulis repetitionem ullo modo fugit.*) Qui-
bus poetis ubi pauca aliorum fragmenta iunxeris, omissis
quidem nirais vel incertis vel corruptis testimoniis, novorum
nominura circiter CL raultitudineni prodire non sino aliqua
miratione intelleges. Eoque nuraero illa non coraprehendi-
iuus, quae cum adhuc singulari testimonio aliquo innotuis-
sent, non sane supervacaneum e comoedia latina firmamen-
tum obtinent. Qualia tfhnt e singulis inscriptionibus prolata
ruuvctciov Cistellariae, '€puJTtOV Menaechm. et Turpilii ap.
Non. 281, NiKaciujv Afranii ap. Non. 268 Caeciliique ibid.
97 et 325, 2. 11: vel e singulis nummis petita XuXtvoc
Casinae. A6va£ Eun. 4, 7, 2, 0avoKpdir|C Heaut. 5, 5, 17:
vel e siugulis epigrammatis AopKtov Phorm. 1, 2, 102,
'HbuXiov Pseud. 1, 2, 54 et Cornicul. ap. Non. 147, CictpToc
Hecyr. 1, 3, Odviov Phorm. 1, 4, 24. 41 et Caecilii ap.
Charis. 80: vel ex uno Antiphane Aujpidc Eun., ex uno
Diodoro 'Apxibriutbric Bacch. 2, 3. 4, 4, ex uno Pausania
Maxaipiujv Aulul. 2, 9, 1: et quae id genus alia non exiguo
numero in promptu sunt. Vt nihil de eis dicam, quorum
bina vel terna exempla extant. — Deinde etsi non prorsus
exclusimus, tamen cum delectu nec sine dubitationis signi-
Hcatione recepimus, quorunt a tralaticia paullum discrepans
fonna non e graeco exemplo ducenda, sed licentiae latinae
linguae tribuenda videretur. Nec igitur in indicem rettuli-
mus 'ApxipouXoc, XatpipouXoc forraas propter latina exerapla
('haeribulus, Archibulus Asin. I, 1, 103: nec Anuimujv
[•ropter Demipho Cist. Merc. Phorni., nec AriMViceXrivr) prop-
*) Quater in sex fabularum Terentiauarum personiH Chremes redit,
ter Parmeno, Dromo, Sostrata, bis Laches, Hegio, Crito, An-
tipho, Pamphilua, Phaedria, Geta, Syrus, Davus, Sosia,
Bacchis. Apud Plautum quattuor tantum nomina iterantnr: Calli-
cles Trin. Truc, Charinus Merc. Pseud., Charmides Rud. Trin.,
I>emipho Cist. Merc.
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330
OVAESTIONES ONOMATOLOGICAE.
ter Loniniselenc, quamvis aliquo modo opitulantibus Aio-
vuciKXnc, Atovudbujpoc apud C Keilium Anal. epigr. et ono-
matol. p. 1G9: nec Calidorus a KaXibujpoc*) potiua quara
vi a KaXobwpoc (ut KaXovtKn.) duximus: nam de KaXXibwpoc
quidem fieri Calidorus vix potuit. Vnde progredi longius
licebit et de Euclio forma dubitare num graecuni exemplum
€ukXiujv an GukXcujv potius, ut TTaYKXc^uJV, habuerit. His
exemplis quemadmodum i in c transiit, ita videndum ne con-
trarium acciderit in Saurea nomine, de cuius graeca forraa
Caupiac constat, de Caupcac non item: quamquam nihil
est sane cur potuisse utramque usu vcnire negemus ut Xa-
ppiac et Xappeac, KaXXiac et KaXXcac et quae huius generis
plurima Keilius composuit 1. c. p. 71 sq. 74 sq. 152. 246* sq.
Mirum autem sit, si u littera in o potius quam in u trans-
ierit in Pseudolus nomine, quod nescio an 1'seudulus poeta
dixerit a YeubuXoc (ut <l>€ibuXoc). Praeterea cum de Byrria**)
Andr. satis constet, prorsus singularis est Stilpho forma c
CtiXttujv facta Phorm. 2, 3, 42. 43, non discrepantibus codi-
cibus. Certior etiam in mutanda terininationc latinorum
poetarum licentia. Ineptus sit profecto, qui de Atcxivoc,
Gutuxoc nominibus cogitet propter latina Aeschinus Adelpb.,
Eutychus Merc, quantumvis contestatam habeamus ]»r;ieter
CuTuxrjc otiain Eutuxoc formam; nec Dacmones Rud. non
a Aatuoveuc factum putabis, quod semel est in Anthologia.
Vt autem de Aatuovnc, ita valde dubito de Tuvbapoc, etsi
Tyndarus est latine. Sed exquisitius illud est quod, si qnid
video, iu Captivis Aristophontes nomen non est ad 'Apt-
CToq>6vTr)c formam revocaudum, quae sui similem praeter
'ApYCKpovTqc nullam habeat, sed ad 'ApicToqpuiv, -q>wvTa:
quando inauditum 'ApiCTocpuJVTnc. Cui aliqua ex parte com-
*) Soli vel errori vel neglegentiae scribentium tribm-nda sunt quae
perpauca oflendimus a KaXi- incipientia, qualia e vasculis Keilins 1. c.
commeuioravit. Quod quidem ita esse vel latinae inscriptiones docu-
mento suut, in quibua Caliope, Calippua, Calisto, Caliatua et
id genua alia non sunt rara.
**) Vel potius aut Hirria aut Uurria: qucmadmodum Sura forma
in optimis libris servata est Trucul. 2, 4, 61. 6, 4'J et CO (Suria), et
tenuilniB quibusdam ve8tigii8 etiam alibi.
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QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE. 337
poni Callidaiuates*) poterit, quod vix duhito quin Plau-
ins non pro KaXXie.audTnc, Bed pro KaXXibduac posuerii
Oavendum autein, ne cum graecis vere latina mjsceantur,
qualia numero pauca suis quihusdaui fabulis Plautus, nulla
adhibuit Terentius. Certa sunt Peniculus, Curculio, Sa-
turio parasitorum in Men. Curc. Persa, Congrio, Grumio
coquomm in Aul. Most., Liicrio servi in MiL, Liicris (gen.
Lucridis) puellae in Persa 4, 4, 72.75: ambigua facile quis-
piam Sanga, Turbalio et Storax (CTupa£) dixerit: ob-
scurissima omnium Cuslna et Stallno, de quibus valde
fluctuat iudicium nec nisi incertae coniecturae praesto sunt. vn
— Ceterum vix est quod moneam nullam fidera esse Pacu-
vianorum, si dis placet, nominum Pseudo et Sceparnus,
quae Fulgentius Expos. serm. p. 501 commentus est: mul-
ttuuque dubitationis de Phaedria muliebri nomine Aul. 4, 7
rosidet, pro quo nuuc Phaedra substitutum. Alia quaedani
Plantina aperte corrupta haud scio an vere restituerim. —
Postreino consentaneum fuit nec hypocoristicas fonnas prac-
termitti, quamvis Philotium Hecyrae non diversa sit a
Philotide vel Olympiscus Casinae ab Olympione vel ;i
Stephanio Stephaniscidium Stichi: nec cognominos de-
onuu. gentium, montium naviumve hoinines hinc segrogari
ut Guvouia, McXaivic, Auboc, Mucic, AeXqnov, TTaXivoupoc,
TTavrifupic.
Atqne his praemonitis iam ipsum indicem haheie infra
positum.
'AtopuctokXuc adulescens 'AXki^ciuoc senex Cas.
Poen. 'AvBeuujvibric miles Poen,
'AKavftiuiv servus Merc. "AvOpaS cocus Aul.
'AXKrjciMapxoc adulescens [fAvTibduapxoc: v. supra.J
Cist. 'AvTibdjuac Poen.: v. supra.
•) Ad hanc Rimilitudincm putabam aliqnando Poen. 5, 2, 85 corvi-
gendnm e8*e, ubi non potest non p<'rmirum esse quod, qni 5, 1, 22
5,2, 82. 87. 91. 98 constanter cat Antidamas, fmbito factns <-st et
eemel Antidamarchus:
siquidcm Antidamarchi quacris fidoptaticium.
Kt habet ibi AmbroKianua ANTIPAMAII, quod interpn-tabar Anlida
mak h. c. Antidamatac. Nunc uescio an prae«tct Antidamai.
VH. MTSCBKLIl UPVSCVLA 1U. 22
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338
QVAESTIONES ONOMATOLOGICAE.
'ATTOiKibric senex Epid. GeobuupOMnbnc pater Capt
^ApTopiTTTTOC adulescens Asin. 2, 2, 38. 3, 4, 103. 5,2, 20.
(A ristophontes Capt.) 0€paTTOVTitovoc uiiles Curc.
"ApTraE cacula Pseud. 0ecTTpiu)v servus Epid.
'Apiduujv servus Bacch. 4, 7, 0n.caupoxpucoviKOXpuci-
1. 34 (cf. ^ApTeuwv: "Ap- bnc pater Capi 2, 2, 35. (V)
T(micX KctKiCTOc servns Vidul. cod.
^ApTOTpuiToc parasitus Mil. Aml)r (cf *ApiCT0Cj mh.
'AxapiCTiwv sorvus (ut vide- CT0C)
tur) Plin. XIV, 13, 15 (92), (CallidamStes adul. Most)
Non* li)7> r>' KaXXiMapxoc senex Trin. 4,
BapuXwv servus Adelph. 5, 2, 72.
7, 15. (cf. Salniasii Bxerc KaXobwpoc (add. KaXXibujpoc)
Plin. 130 b. D.) adulescens Pseud.: v. supra.
BXecpdpwv ^mbernator Amph. KaTTTrdboH leno Curc.
BoMpoMaxibnc miles Mil. 1, KepK60oXoc nequam Trin. 4.
h 14. 3? 13.
TeXdciMOC parasitus Htich. KepKOViKoc nequam ibid.
rpiTTOC piscator Kud. KXutom bucapxibnc vnl
AidpoXoc miles Asin. miles Mil. 1, 1, 14.*)
AivdKiov puer Stich. KoXXapoc nequam Trin. 4.
AopbaXoc leno Pers. 3, 13.
'eTTiTVUJMOc vir Stich. KoXXuPickoc vilicus Poen.
'epfdciXoc parasitus Capt. Kpivoc nequam Trin. 4, 3. 13.
6u0uviKoc adulescens Cas. KuXivbpoc cocus Men.
greg. 3. AdppaH leno Rud.
euKXeiuv (euKXtuJv) senex Aul. AaMTrabtwv sorvusCist., Naov.
'Ht»ujv senex Capt. Phorm. Varr. 1. 1. p. 385 Sp.
Adelph. (cf. 'Ayuuv). AecpoviKOC adulescens Trin.
*) Vulgatur liibrida vox Cluninstaridysarchidos, quac debe-
tur Camerario. In Palatinis est clutumistaridisarchidM, nisi quod non
continuantur syllabae: nec fere doteriores libri diserepant, nisi quod
instar pro istar exhibout. Et ab initio quidem vix dubitandum quin
KXuTO- fuerit; iu reliquas litteras eonvenire eoraplut a powont:
(KXuTomceapvoi^ucapxi^nc, KXuTouucTUKi&ucapxioqct) KXu
TouqcTOpihucapxionc, ut do KXuToun.CTUjp eogitctur, quemadiuotlum
fuit TToXuMncTUjp.
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QVAESTIONES ONOMATOLOOICAE.
330
AifJavoc servus Asin.
AtTrdpujv rex Men. 2, 3, 59.
Auboc paedagogus Bacch.
[fAtil. Varr. 1. 1. p. 367 Sp.j
AuKUJvibric adulescens Aul.
Aucit^Xtic adulescens Trin.
M€Tdbujpoc senex Aul.
NUrapwvibric senex Trin.
Mevapxoc medicus Capt. proL
20. 2, 2, 85. (An Mn.vap-
Xoc?)
Meccriviujv servus Men.
MiKKOTpujfoc parasitus Stich.
1, 3, 88.
MiXqpibiTTTrri serva Mil.
MtXqnujv servus Poen.
MicapYupibric danista Most.
3, 1, 41.
'OXuutuckoc Cas. 3, 0, 14.
OXuuttiujv vilieus Cas.
TTaiYViov puer Pers.; Capt.
5, 3, 7.
TTaXaicTpiujv servus Mil.
TTaXivoupoc servus Curc.
TTauqnX ittttoc vir Stich.
rTcpiTrXeKTOuevric senex Mil.
TTepiqpdvric senex Epid.
TTictokXtipoc adulescens
Bacch.
TTXaTaf ibujpoc iniles Curc.
3, 38. 00. 4, 4, 5.
TTAeucibric adulescens Mil.
TTXeucibiTTTTOc adulescens
Kud.
TToXToqpaf ujvibrjc railes
Poen. prol. 54.
IToXupabiCKOC Plaut. Varr.
1. 1. p. 249 Sp.
TToXuuaxaipOTrXatibric nii-
les Pseud. 4, 2, 31 sqq.*)
TTu66biKOC servus Aul.
TTupTOTroXiviKr|C railes Mil.
CaYapivoc servus Stich.
CaTapiCTiuJV servus Pers.
CaTTapiuJV servus Trin. 4,
4, 13.
CdTTnc> Sanga Hxa Eun.
(Caupe"ac servus Asin. 1, 1,
72 sqq.: v. supra.)
CKcXebpoc servus Mil.
CKCTrapviuJV servus Kud.
|CK€Trapvoc: v. supraj
CrrdpaH servus Kud. 3, 2, 43.
CTdXaTUOC servus Capt., Nao v.
Don. in Phorm. 1, 2, 24.
Stalino senex Cas. ix
CTdciuoc servus Trin.
CTecpaviuJV servus Turpil.
Prisc. nietr. coni. 1320.
Ctixoc servus cotfnominis fa-
bulae.
CTpaTtXa£ servus Truc.
CTpaTiTTTTOKXfjc adulesceiis
Epid.
CTpaToqpdvrjc miles Trnc.
CTpopiXoc servus AuL
CTupaS, Storax servus Ad.
i, i, i.
*) Vulgatur Pol ym.achacroplacidcs, quod non cxpcdio; I'o-
lymacJmrroplc<li<li'8 vol.d.at Salmasius : und»' profccti TrAufu fonnani
asciviuius.
22*
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340
QVAKSTIONES ONOMATOLOGICAE.
CufKepacioc servus Poen.
CupiCKOC servus Eun. 7, 4, 2.
TouXoc servus Pers.
Tpaviujv servus Most.
TpaxaXiujv servus llud.
( T u v b a p o c , T y ndar n s sor-
vus Capt.)
TuppaXtuJV, Turbalio ser-
vus Rud. 3, 2, 43. 5, 19.
Oatbpouoc aduleseens Curc.
OavicKOC puer Most.
OiXoXdxn^ aduleseons Most.
OiXoTToXeuoc adulesc. Capt.
<J>iXtujv senex Trin.
XaipepouXoc(Chaerihulus)
adulescens Epid.
XpucaXoc servus Bacch.
VeuouXoc servus cognominis
fabulae.
(Veubujv: v. supra.]
'AbeXqpdctov meretrix Poen.
'AkpottoXictic tidicina Epid.
3, 4, 67. 4, 1, 41.
'AKpoTeXeuTiov meretrix Mil.
'AXickti serva Cist.
'AuTreXtCKrj puella Rud.
'AvTepacTuXic meretrix Pocn.
'AvTKpiXn, nieretrix Ileaut.,
TurpU. Non. 281.
'ApTeuuJvn, uxor Asin.
'ApxoXic serva Truc. 2,5,20.
Andr. 1, 4, 1.
'AcTdqpiov serva Truc.
Bpouia serva Amph.
AeXqpiov meretrix Most.
AopiTTTrn uxor Merc.
'CXeuctov serva Aul. 2, 5, 7.
Cuvouta soror Aul.
OeTTaXrj serva Amph.
KavGdpa nutrix Eun., Epid.
4, 1, 41.
Casina.
*) Vt dnbitari de Menarchus
Belena nominis: quod lieet aut a
Afjuvoc, quod etsi dutjc auctorera
Xn.uv(cKo( formam.
KXeaipeTn. lena Asin.
KpoKUJTiov serva Stich.
An,uvoceXr|vr|iLemniseIene
meretrix Pers.*)
MeXatvtc lena Cist
M iXcpiCHTTTTr) serva Mil.
Mocxic meretrix Afran. Non.
318.
Muctc serva Andr.
NauciCTpdTri m atrona Ph onn.
ZuctuXic meretrix Pseud. 1.
2, 70.
TTavriTopic uxor Stich.
TTapoaXiCKri serva Cas.
T7 a c i p o u X rj v i r A nd r . f>, 4 . 4 2.
TTaciKouuni meretrix Merc.
TTivdKtov uxor .Stich.
TTXavn.ciov meretrix Cttrc.
TTToXeuoKpaTeta sacerdos
Uud.
CetXrivtov (CtXriviov) meretrix
Cist.
potest, ita do veriloquio Lemni
An,uvoc dncere, ut Accpo-, aut a
non babet, tamen o so procreaut
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QVAESTIONKS ON*>MATOLOUICAE. 341
CKdqpn serva Most. 0tXr>,udTiov nieretrix Most.
Co(poK\ibiCKr) serva Pers. OiXrjvtov nieretrix Asin.
CiacpuXn serva Aul. (piXoKWuctciov meretrix Mil.
Ci€(pdviov serva Stich. ^tXicpa anus Heaut. 4, 1,41).
CTcqpavtCKibtov Stich.5,4,57. OiXujtiov lneretrix Hec. 1,
Cujqppovti nutrix Eun. 2, 6. 7.
TeXecTtc filia Epid. 5, 1,30. Ooivikiov meretrix Pseud.
TcuEtudpxn mater Men. 5, (J>povr|Ciov meretrix Truc.
9, 71.*) Xpuciov meretrix Caecil. j>. 6
[Oatbpta filia Aul. 4, 7.J Speng.
Horutu (juae enuuieravimus nominuiu etsi (juacdam sunt,
de quurunt vel notatione vel accentu non inutiliter posse
quaeri intellegamus, tamen hic desistendutu esse existimamus,
quud alio nunc muneris officium nos vocat.
Caput II.**)
1. Miuimedum exhaustus discijdiuae onoinatologieae m
tons Plautinus (juid eum arte reelusus conferre ad entendandatu
suj»jdendamve graininaticain possit, libet uno notabili exemjdo
osteudere. (v>uod quouiam longiorem disjmtationeui nec poscit
nec patitur, ne in nimiae brevitatis crimen j>rogrammatarius
iucurrat, caussae j>rincipali quasdam secundarias soeiabimus
eiusdeiu geueris affinitate comprehensas. Certis autem atque
indubitatis ut aliquid e dubiosis et coniectariis j>raeludatur,
j»ritnum cum recenti dolore coniuncta recordatio facit ut le-
uouis uomen recolamus quod nuuc DORDALVS scribitur in
Persa. Quod cum uos potttisse DOUPALVS esse dubitanter
coniecissemus, de POiiDALO potius festive cogitabat, qui-
cuiu de his nugis nuper sermo incidebat per commoratio-
*) Vulgatur Theusimarche: sed teuxinarce Pall., theabinarcac
deteriores libri, thtii&imarce cd. princ. Ergo acriljendum Teuxiraar-
chac. Factum nomcn a xeuEiuoc, ut ab dXKn.ciuoc et KdXXiuoc AXk>i
ciMupxoc, KaXXiLiapxoc.
**) [Prooemium Indicis ncholarum aestivaruiu lionnenwium a.
C1313CCCLVI iterum in jrahlicuin emissuni iu Trooemioruni Uonneu-
*ium decade' (Beroiini a. CI310CCCLX1) n. V.]
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342 QVAE8TI0NKS QNOMATOLOOICAK.
nis Gaxtunensis opportunitatem longe aiuoeuissimam, F. G.
Schneidewinus noster tide suavitateui aequans, bumanitate
fidem, litteris humanitatein : quem quo minus praesagiebat
auimus mox et familiaribus atque amicis et optimis studiia
tam immaturo fato ereptum iri, eo nunc acerbiore luctu ca-
rissimum caput prosequimur. havk • pia • atq • candida •
ANIMA • SIT • TIUI • TKRRA • LKVIS.
2. Paullo confidentius de servi nomine iudicamus, uude
Trucnletiti nomen Plautina fabula traxit, Quod nemo facile
credat STRATILAX fuisse, uti in antiquis libris uno solo loco
exaratum est, in inscriptione scaenae primae actus tertii: uani
et in insequentis scaenae et in actus secundi primae inserip-
tione tantum TRVCVLENTVS Vetus codex exhibet, ceteri
ne lioc quidem servarunt. Et prorsus convenienter Veteri
codiei scaenae II actua II etiam Ambrosianus liber sola TKV-
CVLENTVS ASTAPIIIVM nomina praemittit. Itaque cuin
in promptu sit aut CrpdTuXXoc aut CrpaTuXoc, unde eouiico
hyjiocorismo aut CrpaTuXXa£ fieret aut CrpaTuXa£: (juod genus
uuiversum admirabili ut solet doctrina vir iucomparabilis Au-
gustus Lobeckius complexus est Paralipomenon p. 125 sqq. et
Pathologiue jirolegomenon p. 446 sqq.: tamen Strutullax au
Stratulax nomine Truculentum suum esse poeta voluerit, ex
ipsa fabula non upparet, ut in qua j)roj>rium servoli uomen
nusquain hodie legatur. Sed tamen ut bacchiacae fonuae
aliquauto j>lus tribuumus, comparatio epistulae Tullianae tacit
quae est ad Atticum lib. XVI, 15, ubi nunc haec leguntur
,v § 3: fLcj»tae litterarum exemjilum tibi niisi: ex quo inibi
videtur CTparuXXaS ille deiectus de gradu'. Ibi quidem euui
niugnis eonatibus graecuin vocabulum Lambiuus cum Mala-
spiua voluerit cTpaTrjXdTn,c scribi, crpaTr|Xa£ Fischerus Ani-
madv. ad Welleri gramm. II p. 25, crpaTO(puXa£ in lexico
grueco Schneidenis 8axo, hodie autem illum nimiruin apa-
TuXXaKa fere interjireteutur inqieratomtlum, nec uotio ipsa apa-
TiyfoO (uam is imjieratur est usitate locpientibus, poetis apa-
TnXdTnc) quomodo huc quadret persj)ieimus, nec qui ad eam
notionem crpaTOC vocabuli stirjis traducatur satis liquet.
Itaque quod Dindorfius in Stejihani Thesauro t. VII j>. 855
fnec quicquanr inquit fhue jiertinet uomen servi Stratilax
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Q V A ESTION KS ONOM ATOLOO I CAE.
343
in Plauti Truculento', td vereor ne contra se habeat. Nam
nisi multum fallimur, ipsain Plautinam personam in mente
habuit Cicero eandemque Attico suo revocare in mentem
voluit, tamquain vivo et tralaticio exeinplo usus sive homiuis
truculenti simpliciter, sive eius qui e truculento et feroce in
placidum atque coramodum mutatus esset: eam enim recor-
dandum est condicionem esse servoli Plautini. Et ipsam cum
Pseudulo Truculentum in deliciis sibi habitam ipse Cicero
iu Catone maiore testatus est. Haec igitur si non carent
probabilitate, non graeea vox, sed latinum Stratyllax no-
mcn latet vel potius iam non latet in Medicei codicis scrip»
tura stratillax, quae in eandem, quaiu 1'lauti Vetus codex
exhibet, stratdax ibrniam transiit in priucipe exemplo Ko-
mauo. Nam a Ciceronis quidem vel aetate vel usu nou est
cur y litteram cuni aliqua necessitate abiudicemus iu eo no-
inine quod saue 1'lautum aliter atque Stratullax scrij^sisse
uegandam est.
3. Fossum alia addere vel ambigua vel obscura, velut
rp d in eadem fabula adulescentis nomen, quod vulgo DI-
NARCHVS scribitur, et nunieri constantissime respuunt et
ipsorum tides libronun extra controversiaiu ponit DINIAK-
CHV8 potius scribendum esse Beptem quideni exeuiplis hisce
I, 2, 56. 92. 104. II, 4, 5. 7, 32. IV, 3, f)l. 4, 4:
Quae in nos illosque, ea omnia tibi dicis, Diniarche.
IVpensse eam audiui. Obsecro tace, Diuiarche. Quid iaillV
Nam tii quidem edepol uoster es etiam nunc, Diniarehe.
Non des amicae, Diniarche, sauium.
Dic amabo, ubi DiniarclpistV Doiui. Dic, quae ad nie
mfserit,
()l> ea dona me illum amare omnium hoiiiinum pluruuium.
Ihcin' an nonV Diniarchust, quoi illam prius desponderas.
Ea dixit eum Dmiarchi puerum inuentum filium.
De qua forma, cuius }»aruni sane e.\pe<lita ratio, alio l(»co
dicaui quid sit statuendum kot' €mt'iv ibtav, ut loquar cum
Vranio.
4. Ad certa atque plana ut transeain, primum diu est
cuni intellexi verum uomen Theodori Bergkii acumiue Mo-
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344 QVAESTIONES ONOM A T OLOG I C A E .
stellariae seui reddituiu esse THEOPROPIDI, qui THEVRO-
PIDES per aliquot saecula ferebatur. Nam et niinis suspeeta
v est 0eujpuj7Tibr|C forina de qua Lacbuiauuus eogitnverat, ct
nimis apcrta quae ad akeram illaiu spectant librorum ve-
stigia, coiuposita a nobis in praefatione Mostellariae p. XVI:
nou uimis auteui refractaria baecbiaca niensura versus 78,4.
Quem etsi aegre credani taleni fuisse qualeni nuper Bergkiu.s
counuendavit: fHeus beus, Tbeupropides. TH. beui, quis bu
nominat rue': concitatior est eniin geminata inclauiatio quain
pro baesitabuudi Traniouis condicioue: tauien uou luinore
profecto leuitate, acceutuuui auteiu suavitate aliquanto maiore
ad numeroruni legem sic revoces uua cum proximo versiculo,
queiu nou satis commode videmur olim tractasse:
Heus Tbeupropides. Tll. bem, ecquis bic nominat meV
Tk. Ero seruos multimodis qui fidus unust.
Nec vel insolens latinum THEOPROPVS uomen, vel sine
exemplo patronymica forma apud Graecos. lllud cuni in
titulo musei Borbonici babes apud Mommsenuin luscr. Neap.
6997: DM || FELICI • FRATIM || OPTIMO || THEOPUO-
PVS || FEC1T, tum in tessera Florentina aiini ab u. c. 700,
vitio.se publicata in Cardinalis Diploin. imper. p. 121 n. 178,
emcndato (praesto est enim Iulii Friedlaenderi beneficio }mru-
tum exempluin stanueum) in Gorii Inscr. ant. Etr. 1 p. 2tfy.
TEOPUOPV FABI " SP • A • D • VII • K • OC L-DOM AP
claud. Ipsum autem OeuTTpoTnbn.c nomen e titulo Sinyr-
naeo (ut videtur) Corp. inscr. gr. 3140 v. 28 petitum euiu
similibus iaiu Car. Keilius coinposuit Spee. onomat, gr. p, 62.
5. Nibil ofTensionis iu Poenulo COLLYBISCVS uouieu
vel potius COLLVBISCVS babiturum erat, ut a KoAAuftoc
factum quod esse Actttov ti vouicuotiov vel ciboc cuTtAoOc
vou.tcuctTOC veterum testimoniis grammaticoruni conskt, nisi
aliorsum nos librorum mss. indicia vocarent. Et fatemluui
est aliquanto aptius in danistaiu vel tarpezitam, boc est koX-
AupicTr|v (in quo sat egerunt Attieistae), quaiu iu vibcuui
istud cognomenti conventurum esse. Nam idem KoAAujJoc
sive KoAAujtov vocabuluiu quod etiam ad eduliorum siguifiea-
tionem traductum esse traditur Hesycbio auctore ct scboliasta
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(JVA KST I O N ES ( >NOM ATOLOGICA E
B45
Aristopbauis in Pluti v. 7b"8, id ad vitiosam consuetudinem
aevi iuferioris referendum esse manifestum est: quando ve-
teres in hoc genere solam KoXXapoi formam probarunt. Quos
uncpouc dpTicKouc vel etboc dprou jaiKpou scholia in Pacis v.
1200 et Ranarum v. 507 interpretantur: ut mittamus ibidein
coniiueinoratas interpretationes dprouc touc eotKOTac Tnv TrXd-
civ toic KoXXdfJoic Tfjc KiOdpac et etboc TrXaKoGvToc TeTpaYUJVou
et dpToi veoi €K TTupujv. Nam eosdem cpiod vetat ipujuiCKOuc in-
tellegi et ucrdXouc potius kcu puTrapouc kcu* cpaiouc dprouc dicit
Eustathius in Odyss. XVII, 222 p. 1817 et a KiXikioic non
diversos, eius erroris fontem magna cum probabilitate Ca-
saubonus aperuit iu Athenaei III p. 110 D} doctissimum
archiepiscopum docens corrupto eodice epitomae deeeptum,
in quo kiXikiujv scriptum esset pro koXXikiujv: id cjuod neg-
lexerunt Thesauri Parisini editores t. IV p. 1747. Ab hac vi
igitur KoXXaftoc voce COLLABVS servus dictus est Trinumnii
v. 1021 consociatus cum CIMMNO: quae nomina apparet
consimili lusu ad famelicos spectare panicellis contentos et
micis frustulisve intentos: quando Kpijnva vocata sunt Td toic
uAcpiToic €Mcp€p6|ieva Trjc TrecppuYMevnc KpiGnc M^rdXa,
biaTrtcpeu-fOTa bnXovoTt rnv ev Trj muXu, KaTepfactav aKpipn
Oaleuo iuterprete. 8i modo rectius Crimmis nomen e co-
dicuui scriptura crinnus a 8ealigero et Guyeto eHectum ent
({iiaiu ab Godofredo Hermanno Crinus: quod illum dubito
utruui a Kpivov repetiisse dicam, vocabulo ad tttujxoO signi-
fieationein accummodato testibus Polluce VI, 107, Hcsychio,
Suida, an a Md£nc specie <|uadam Kpivov voeata secundum
eundem Hesychiuin et Athenaeuiu II l p. 114 7*1 Verum hoc
cuicuimodi est, a KoXXapoc recte atcpie ordine ductum KoX-
^apicKoc nomen, nou KoXXupiacoc, vilico suo Plautuni fecisse
in Poenulo, id vero librorum memoria fide dignoruui facile
persuadet. Nam collubiscus vel colubiscus etsi est saue I, l,
42 proditum, et collijbiscum vel collibiscum ibid. v. 00: unde
profectus COLLYBISCVM priinus invexit Taubmannus: ta-
nien non tantum I, 3, G et III, 1, 55 collabisco vel colabisco
servatum est, sed etiam in scaeuarum inscriptionibus actus III
constauter COLLABI8CV8 apparet.
0. Per Trdpepya pergimus ad eprov, quod in eadem fa-
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346
QVAKSTK >NKS ONOMATOLOOICAE.
bula Plautina versari voluimus. Ibi eniin qui niiles habetur
ANTHEiMONI DES, unde tandem dictus putabitur? cum nec
ab dv6€u.ov qui sana ratione 'AvGeuujvibnc fiat perspiciatur,
nec ea ipsa notione quicquam excogitari ineptius possit ad
trucem iudolem militis gloriosi significandam. Illud igitur
sive Aldi sive ut suspicor Angelii inventum, propagatum
a Cainerario, quo conlidentius missum facimus, eo certior
spes est fore ut veram nominis formam, obscuratam in-
curia librarioruiu/ non obrutam, probabili coniectura recupe-
remus. Et iu editionibus quidem veteribus noviciisque coili-
eibus cum plerumque Antamenidcs scriptum sit, uuo illu
quo in ipsa fabula nomen legitur loco, qui est V, 5, 43,
ANTAMONIDES Ambrosianae membranae uua cum Veteri
codice praestaut, antomencdcs Decurtatus, anthomoncdcs Va-
ticanus: praeterea autem in personarum indice actus II
ANTAMOINIDES Ambrosianus exhibet, ANTAMONEDES
uterque Palatinus cum Vaticano: postremo in inscriptione
scaeuae V actus V ANTAM .... superstes est in Auibro-
siano, ANTAMOENIDES servatum in Veteri. Namque ut
uno verbo dicam quod res est, non aliud iu vestigiis illis
latuit nisi A n t a m o e n i d e s nomen, aequatque ea scrip-
tura graecum nomen 'Avia^uvibric, quo mirifiee ad veritatem
militis imago dvTau.uvojuevou designatur. Quodsi qui illud
liat quaeritis, cari adulescentes, ut in oc diphthongum u vo-
calis transeat, nolite ulla in hanc partem vi esse ea putare,
quae affiuia specie, reapse alienissima sunt: velut quod Boeo-
toruni ilialecto aliquotiens oi est iu u mutatum, quode dili-
geus imprimis grainmaticus H. L. Ahrens noster dixit de
dial. Aeol. p. 11)1: vel quod pervulgari non librariorum tan-
tuiu sed lapidariorum quoque errore cuiu eaedem litterae illae
tum oc et y pcrinutatae sunt, cuius rei reconditiora exempla
vuquaedain exprompsit Valesius in Harpocrat. v. TTTOidbujpoc:
vel quod paucorum quorundam nominum fortasse dupliccm
fonuam iani autiquitas novit ut 'AvbpoiTac 'Avbpurac, quotl
genus Oar. Keilius jierstrinxit Anal. ej^igr. et onoinat. p. H33,
quamquaiu certam fidem nec alia habeut et omnium miui-
mam I7oi6ioi pro TTuGioi expulsumque nuper a Meinekio e
Stephano p. 302 Kdpoia pro Kapua: vel quod cognuto cuni
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QVAE8TIOXK8 OXOMATOLOGICAK. 347
hoc genere iibusu postera Latinorura consuetudo iu graeco
'Afpoinoc noniine (quocura 'Aypoitcic conferendum) probavit
Aynjtius scripturani, teste ipso Agroetio apud 1'utsehium
p. 2265: vel denique quod a pristina oc vel oi diphthon*£>
ad u vocaleni ipsa latinitas descendit in locdus mocrus mocnus
cocra poenio ocnus et similibus. Eteniiu quod huc solura per-
tinet et tanquain ad aiuussira quadrat praeter cetera, illud est,
quod dedita opera et certae doctrinae lege sciinus u vocalem,
quo propriara ipsorum Graecorum pronuntiationem imitaren-
tur, latinos magistros non u vel i littera, sed oc diphtliougo
expriiui 'iussisse: hoc est eam vocaleui, cuius iucunditateiu
Quinctilianus XII, 10, 27 negabat ulla littera latina ex- •
aequari. Testis eius doctrinae Maxiiuus Victorinus p. 1D45:
'litterae peregrinae suut z et yy quae |peregrinae| pro])ter
graeca quaedaiu assuraptae sunt ut llylas zcphyrns: quae si
iion essent, Hoclas et sdcphocrus dicerunius': ubi sdcphocrus
pro eo quod vulgatur dcphcrus multo coniidentius ampleeten-
dum quani a Conr. Leop. Schneidero gramm. I, 1 p. 377 sq.
factuiu est. Et in ipsis quidem Ilylas zcphyrus vocibus
reapse usitataiu illara per oc scripturara unquara fuisse aut
puto non voluit dicere grararaaticus aut certe uon debuit:
quod contra ad longam u vocalein revera accoiuraodatara
esse paucis, sed eis non dubiis exemplia credeudum. Nani
priiuum vix dubium ipsum illud Antaraoenides habendum.
Quo etiam gravius praesto est non in seholae umbra deli-
tescens, sed publico commuuique usu iulustre Moesia no-
iueu, quo coustat Tfjv ev Trj GupujTrn Muciav dictam: quoruui
nouiiuura rautuara ratioueui illara sua spoute intellegitur non
iufringi eo quod et Mysia haud raro a latiuis vel scriptori-
ous vel librariis provincia Europaea dicta est et ad Asiae
regioneiu Mocsia scriptura saltera a librariis translata talibus
exemplis qualia Munckerus congessit in Uygini fab. Oi) et
Dukerus in Flori IV, 12, 13: quibus Perizonius addi potest
Aniiuadv. hist. p. 447 ed. Harl. Quae cuin ita sint, iam
licebit a mendosae scripturae suspitione Grouoviaua (Observ.
IV, 15 p. 701 sq. Platn. ) tertiuiu exeinphiui vindicare, quod
est Siculae urbis noraen MuXai, producta vocali versui ira-
missuni a Silio XIV, 202 (^Subsidiuin infidura fugieutibus
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1
348 QVAESTIONES ONOMATOLOOICAE.
aequora Mylae'), ad illani autem analogiaui tbruiatum apud
Servium Danielis in Aeu. VIII, 682: fnain (Agrippa) et Sex.
Pompeium apuil Moelas ipse devicit'.
7. Reeuperatam et ratiociuandi probabilitate satis ut
opiuor iirmatam Antamoenides Formam non est taineu cur
continuo ab ipsa Plauti manu repetamus. Nam hunc non
brevein tantum u vocalem ut in Surus suinbolo, sed in suco-
phanta Lusitilcs et parilibus etiam longain constauter u lit-
viii tera extulisse euin librorum memoria suadet ut crcdamus, e
quibus ne tenuissimum quidem vestigium meinini quod non
aut ad u aut ad \j vel i scripturam spectet, tum de aliquot
• vocabulis, in his de Musia Donatus in Hceyrae I, 2, -8, ipsi
veteres grammatici testautur, tuin fortiore etiaui argumeuto
ea rrapovouaciac exeiupla persuadeut quae alibi insignivimus
in Bacchiduni v. 120. 362:
Nou omnis aetas, Lude, ludo conuenit.
Facietque extemplo Crucisalum me ex Crusalo.
Nee epigraphica monumenta saeculi ab u. c. septimi aliam iu
partem ulli iudicio suut. Itaque prorsus non haberemus,
utrum ad Accii aut Lucilii auctoritatem an ad Sullauam ae-
tatem an ad iinperatoruiu tempora illam oc scripturam cuiu
aliqua probabilitate referreiuus, nisi tamen aliquid iu eam
quaestiouein lucis e Moexorum mentione redundaret. Quos
qui hac nomiuis forma priinus quod nunc sciamus dixerit,
nec Strabu est nec libro CXXXIV Livius, scd a Strabone
coinineLuuratus Pusidouius Khodius, quem constat sub ipsuiu
initium saeculi uctavi Romam venisse. Nam etsi a Strabouis
usu et notitia Moicoi formain prorsus esse abiudicaudam Bern-
hardyus in Diunysii Pericg. v. 322 censuit, rationem tameu
aegre perspicias, cur uon potuerit ille suae aetatis consuetu-
dinem Uoinanain, ubi res ferret, cum Craeca componere: iu
qua sententia video etiam Meinekium es.se Vindic. Strab. p. 84.
Itaque cum a lib. VII p. 205 verbis interpolationis suspitio
umuis prucul habenda sit, modo recte distinguatur oratio in
hunc modum: o\ toivuv '€XXnv€C touc tc TtTac 0paKac urrc-
Xdupavov (ujkouv b* l(p* CKaTtpa tou "lcTpou kou outoi kgu oi
Mucoi, GpcjKtc 6vTtc kcu auToi) kcu oOc vOv Moicouc KaXoO-
QVAE8TIONE8 ONOMATOLOGICAE.
840
civ: tum ne carero quidem Moicujv appellationc vel iii his
possumus VII p. koi vOv oikoOciv auToOi 01 Moicoi Ka-
Xouucvoi, njoi Kai tujv rrpoTepov outuu KaXouuevwv, tv be tt)
'Ariq Mucujv u€Tovofjac0evTUJV, f| . . . . tujv ev Trj OpaKr) Mucujv
KaAouuevuJV TipOTepov, vel in illis lib. XII p. f>42 init.: eipn,-
Tai b' oti Kai auTOi 01 Mucoi Opoocujv dTtoiKOi eici tujv vOv
XeYopevujv Moicujv. Quae si ita sunt, nihil est cur de veritate
eius emendatiouis dubitetur, quam verbis lib. VII p. 296
Coraes atlhibuit: beiv oe (XeYet 6 TToceibujvioc) ev tuj Tpiocai-
beKOTUJ YP«cpeiv dvTi toO «Mucujv t' dYX^MaxuJV» «Moicujv t'
orfXtuaxujv>: nisi qui forte Ktictujv t' drfXCMttXwv in Hiatlis
XIII versu 5 probare cum Heynio animum induxerit. Ergo
Moesia forraam iam Fosidonius novit: unde intellegitur id
genus iam septimo ab u. c. saeculo invaluisso, eodeinque
probabiliter eonicitur cum aliis multis, quae ab ij>so poeta
profecta non sunt, etiam Antamocnidcs scripturam in IMauti
exemplaria intrasse.
Verum satis est nugarum, quaniquain in gonere non in-
fructuoso nugarum.
[E praefatione Decadis: 'Quae p. III [342) sq. de
Stratulhx vel (quod haud scio an praestet) Stratntax nomine
disserui eorum summam Fleckeisenus me monuit a Hergkio
occupatam esse in Diar. antiq. stud. a. 1848 j). 112G: id quod
oblitus eram. — P, VI [340 1 sqq. exjdicatam 0 iuiXoO et
latinae oc diphthongi congruentiaiu exemi>loruin multitudine
e codicum mss. memoria j>etitorum Ribbeckius in Fleek-
eiseni Annal. t. LXXVI (1857) j>. 316 sqq. confirniavit: qui-
bus adde ab Iahnio commemorata Act. soc. Sax. a. 1857 p.
204 sq., item a Vahleno Anal. Non. j>. 37 adn.'J
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QVAKSTIONES ONOMATOLOOICAE
3.
DONATUS
QEBER PERSONENNAMEN BEl DEN KOMIKEUN.
I Donatus ad Adelphon I, 1, 1.
Nomina personarum, in comoediis duntaxat, habere de-
bent rationem et etyniologiam. etenim absurdum est comi-
cum aperte argumenta confiugere: uel nomen personae in-
congruum dare, uel officium quod sit a nomine diuersum.
r. hinc scruus fidelis Parmeno: infidelis uel Syrus uel Geta:
miles Traso uel Polemon: iuuenis Pamphilus: matrona Myr-
rina: et puer uel ab odore Storax uel a lutlo et a gesticu-
latione Circus: et item similia, in quibus summum poetae
uitium est, si quid e contrario repugnans diuersumque pro-
io tulerit, uisi per dvritppaciv ioculariter nomen inponit, ut Mi-
sargyrides in Plauto dicitur trapezita. et fere hoc modo apud
alios a poetis nomina coniponuntur describenda per dvTitppa-
civ, quod designat Storax.
v. 1 comediia A (i. e. cod. 1'aris. lat. 7020 m&nhran. sacc. XI) J)
(i. c. codex Drcsdcnsis, mcmhr.-clwrtac. Elector. 539 h , Reg. J). 101
sacc. XV). comedia Ji (i. c. cod. Paris. lat. 7021 chartac. sacc. XV)
C (i. e. codcx Lcidcnsis Voss. 186 mcmhr. sacc. XV) dum taxant
C 2 ra|rationem A ekoeraologian A. ethymologijft Ji. ethi-
mologiam CJ) H confringat; NOm A. confringe ut noiu B. confrin-
i
gere uel nomen CD persone B. psene C 4 qd A a otn.
A noe A diusum A 6 uel Syrus uel] rursus A sinw
0 post Gcta add. uel CD 6 traso AJiCD polemS A.
pahmton JiCD post Pamphilus add. uel D mirrena A. mir-
rina JiCI) 7 et ab odore B. et abdore C. abedone D nel a
ludo] ut aliqud A. et a ludo CD a ante gosticulatione om. Cl)
8 cirtus A. cirus B. cirieus C. cyricus J) item om. C 9 in-
itium A post repugnans add. contrarium BCD diuerstini pcr-
tulerit D 10 antifrasim D. antiphrasim C. antrifasim B. antioti-
pation A ioculariter usque ad per dvdcppaciv (u. 12) om. B
nomen inponit (imponit D) ioculariter Cl) misar gyrides A. mi-
sargirides C. insargiridcs J) 11 rapezita AD. rapesita C fere
o
apud alios hoc m A 12 describenda transponit post dvrJ^poctv A
ii
anthiphrasim C. antiphrasim D 13 qd designat A [num per
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QVAESTIONES OXOMATOLOGICAE.
351
II Donatus ad Antlriae I, 3, 21.
Semper nomina comicorum seruorum aut a nationibus
sunt indita, ut Mysis, Syrus, aut ex accidentibus, ut Lesbia
uelut ebriosa, a Lesbo iusula, quae ferax est suauissimi can-
didissiniiquc uini, aut a moribus et uernilitate, ut Pseudulufl,
aut ex negotio, ut Cbrysalus, aut ex qualitate corporis, ut
Thylacus, aut ex spccie formae, ut Pinacium.
dvruppactv deseribcndo quod dcsignat rcstituendum et hacc vcrba post
trsL\H%zit& transponenda, sed Storax male iteratum lemma delendum? C. \Y.\
1 autcni oxld. post semper cdit. 2 misis BCI) sirus C. synis
u
D utilcs. ina A 3 uelit A. nclut om. 1) quae est ferax cdit.
4 aut amoribus AC. aut moribus B. aut ab amoribus J) pae-
dulus B. pscendulus I) 5 negocio CJ) chrisalns A. tusasalu.s
li. crisis salus C. crisalus J) cx om. J) 0 chilacus A. thilatus
JiC. tylacus I) cxpecie fome B pinatd) 7/. pinatium CI)
ex pene add. D.
XI
De M. Terentii Varronis disciplinarnm libris
comnientarius.*)
Capvt i.
§ l.
i Emditionem prope omncm et ad humanitatem iniorma-
tionem nemo nescit iis Baeculis, quae consnevimus medii
aevi nomine coruprebemlere, septem libcralium artiuin
orbe coartatam esse. De quibus potissiiua testimonia baec
*) [EdituH programmatc aoademico Bonnensi a. 1845 t*ic inscripto:
' Natalicia Augustissimi Regis Friderici Guilelmi IIII .... d. XV Oct.
a. CIOIOCCCXXXXV concclebranda indicit F. K. Insunt Quae^tiones
Varronianae'. tfibliopolae traditns prodiit in publicum, inscriptioue sic
mutata: fDe M. Terentii Varronis disciplinaruni libris commentarius F. KV
et praemissa hac epistula: rFridericus Uitscheliua inclutac litterarnni
academiac Borussicae 6ociis claasi historicae et philologicao ascripti* s.
Quod ad Vos, viri gravissimi, hanc quam nubieci opellam mlbi, id po*t-
quam licere mihi Vcstra auctoritas iussit, cum opportune facere tuni
debere et Vestrae gratiae et meo officio visus Bum. Nam cum nupei
aniplisHimae societati Vestrae me esse cpistularum commercio iunctnni
voluissetis, et si quid huberem quo augeri optimae litterae viderentur,
id ut Vobiscum communicarem auctorea mihi exstitisseti»: quid migia
esse const ntaneum potuit quam et Vos exHpectare tam honoritico indi<io
nt saltem voluntatis prompta significatione non indiguuiu me prae-
Btarem, ct me grati pro tam luculenta benevoleutia animi testificandi
imputienter occaaionem captare? Igitur aequi bonique quaeso consulite
quod Vobis, viri praestantissimi, levidense muuusculum obtuli: quod ?i
nulla alia virtute commendabitur, haud scio an aliquam a Vobis gra-
tiam ipea sit argumenti opportunitate initurum: qnando non iniucnn-
dum tuerit tamquam incunabula earum artiuin respicere, quae iam
adultao cuiu tanta litteratae Kuropae laudc Vcstra pracclara operi
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■
DE M. VARRONIS DI8CIPLINARVM LIBRIS. 353
sunt, quae infra posuimus quod eorum cortuin volumus in
disputatione nostra usum esse. Exordimur ab Isidoro Orig.
I c. 2: Disciplinae libcralium artium scptcm sunt. prima
grammatica i. c. loquendi pcritia. sccunda rlictorica . . . tertia
(Uakctica cognomento togica . . . quarta arithmetica quae continct
numerorum caussas ct divisiones. quinta musica quac in car-
minibus cantibusquc consistit. scxta geomctrica quac mcnsuras
tlimcnsioncsque eomplectitnr. septima astronomia quae continet
kgem astrorum. Ab Isidoro aliqua ex parte discrepat uno
eirciter saeculo maior Cassiodorus eo libro quem dc artibus
et disciptinis liberalium titterarum scripsit; sic eniui ille
vol. II p. 258 b ed. Garett. in praefatione: dicendumque prins
est (k arte grammatica, quae est videlicet origo et fundamentum
liberalium litterarum sccundo de artc rhetarica . . .
krtio de logica quae dialcctica nuncupatur . . . quarto dc ma-
thematica quae quattuor eomplcctitur disciplinas, id cst arith-
mtticam, geometrieam, musicam ct astronomicam. Eundem
autem hanc quadripartitam descriptionem nec Isidorus igno- *
rat, immo sequitur in libro III, ubi ad ipsam explicationem
disciplinarum mathematicarum accedit: matliemaiiea . . . cuius
sitecies sunt quattuor, id est arithmctiea, musica, gcomefriea,
astronomia: quocum congruit ipsis Originum libris praemissa
ad Braulionem episcopum epistula VI. Nisi quod priore loco
illo in quibusdam libris inverso ordine ante musicam geome-
trica et commemoratur et tractatur, prorsus id quidem Cas-
siodori exemplo. Vulgarem tamen ordinem servat etiam
Boetius initio librorum de arithmetica. — Rursum autem
paullo ante Cassiodorum in novem Marciani Capellae libris
easdem artes hoc ordine pertractatas reperimus a lib. III ad
IX: grammaticam, diateeticam, rhetorieam, geomctriam , arith-
mcticam, astronomiam, musicam. Postremo commernorandus
utroque prior Augustinus, his ille verbis de suis studiis ex-
ponens Retractat. I c. 6: Per idem tempus quo Mcdiolani fui
liberalique cura illustrantur, coniunctis autcm Veitris illustriumquo
collegarum VeBtrorum academicorum conailiis etiam eonsoci;ttionein
illarn tuentnr ipHiua antiquitatis exemplo nobilitatam, qua v<lut uniu.H
membra corporis pridem copulari sunt solitae. Vub te. Scribebam
Bonnae vi. Kal. Quiutil. a. cioucccxxxxv.' C. W.J
n. UTBCUBI.II OPVHCVLA III. 23
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354
DE M. VARRONIS
baptismum (a. 387) pcrccptimis, ctiam disciplinarum libros
conatus sum scribcrc .... pcr corporalia cupicns ad incorfKh
ralia quibusdam qttasi passibus ccrtis vcl pcrtenirc vcl dnccrc.
sed carum solum de grammatica librum absolvere potui, qum
postca de armario nostro perdidi, et dc musica sex vciumma:
.... inchoaveram quippc tantummodo istam apud Mediolanum
disciplinam. de aliis vcro quinquc discijdinis illic similitw hi~
choatis, dc dialcctica, de rhctorica, dc gconwtrica, de arithmctica,
de philosophia, sola princijiia rcmanscrunt, quae tanicn ctiani
ipsa pcrdidimus: scd liabcri ab atiquibus cxistimo. Vides astro-
uomiae loco prodire philosophiam: sive id Augustinus fecit
arbitratu suo eique consilio convenienter quo ad incorporalw
]>crvcnirc pcr corporalia vellet, sive illius aetate nondum om-
nino invaluerat certis finibus circumscriptae dtKUKXiou irm-
beiac consuetudo. Idque ita esse magis etiam apparere ex
eiusdem Augustini lib. II de ordine cap. 35 sqq. videtur, ubi
disciplinarum (vel studiorum libcraliorum et disciplinarum c. 38)
omnium inventricem et rectricem esse rationem demonstra-
turus proficiscitur a grammatica, cui disciplinae accedere hi-
s storiam (c. 37), pergit deinde ad dialccticam et rhctoricam,
his iungit musicam simul orationis versuumque numcros com-
plexani, desinit in gcomctrica et astrotogia: in eis autem disci-
plinis omnibus regnare numcros dicit.
§ 2-
1. Vltra autem Augustini tempora nerao quod scianius
progressus est anquirendo, si forte vestigia indagari posseut
artium illarum liberalium communi societatis vinculo iaui
vetustioribus saeculis coniunctarum. Nara Quintilianum con-
stat sane institutionis oratoriae lib. I c. 10 strictim persefjiii
orbcm illum doctrinae, qudm Graeci iyxvxhov naidfiav vocanl,
idque ita instituere ut grammaticam, quae complectitur etiam
cmtrrationem histariarum (1, 9, 18), excipiat musicc et gcotnctrid
liaec auteni priraum divisa esse in nnmcros ct formas (I, 10,
35), paullo autem post (§ 4G) se totkrc ad rationcm usqm
mundi dicatur: quorum apparet hanc vim esse, ut unius «lis-
ciplinae et nomine et ambitu comprehendantur aritlmieticd.
geometria et astronomia (sive ut ipse ait II, 18, 1 astrohjia):
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DISCIPUNARVM LIBRIS.
355
quemadmoduru etiam Cassiodorus Variar. II 1, 52 de gcomctria
loquitur qnac tantum dc caelcstlbus dispiitct. Sed tameu his
fatendum est et dialecticam practermissani esse (nam in rhe-
torica quidem explicanda totus est scriptor), nec vel singil-
latim discretas vel certo numero definitas reliquas. Idemque
in Graecorum eos philosophos cadit, qui de artibus libera-
libus, utiles an inutiles essent et a philosophia segregandae,
magna saepe cum contentione quaesierunt: e quorum dispu-
tationibus quaenam cognoscantur dYKOKXia ua9n.uaTa vcl ttoi-
beuuaTa, hic exponere longum est: neque enim id agiinus ut
litterarum apud veteres historiam pertexamus, et satis in
hoc genere Wowerius, Vossius, Meinersius, alii elaborarunt.
E Homanis autom hominibus aliquanto diligentius quam
Quintilianus singulas attigit Seneca epistula 88, qua de IHhi-
ralilms studiis disserens (unde factum ut in quibusdam codd.
ot seorsum collocata et de scptem libcralibus artibus inscripta
sit) grammaticam , (jcomctriam, musicam, arithmcticam et eam *
artem perstringit quae caclestium notitia continetur. Vides et
plene et distincte (promiscuo enim disputandi ordine in sin-
gulis percensendis utitur) ne hunc quidem liberales discipli-
nas, quales insecutis saeculis communi consensu tractari so-
litae sunt, descripsisse in certumque orbem coegisse. Et
tamen id ipsum magno ante Quintilianum Scnecamque inter-
vallo pridem factum erat longe luculentissimo eius viri ex-
emplo, cuius praeclara industria et prorsus incomparabilis
eruditio nihil vel humanarum vel divinarum rerum non atti-
git, immo ingenii sui lumine non collustravit: M. Terentii
Varronis. Cuius rei memoriam temporum iniquitate haud
paullum obscuratam, hodie autem propemodum intermortuam,
eo nunc studiosius operam dabimus ut quantum fieri possit
redintegremus, quo persuasius habemus eis, quoruni supra
testimonia composuimus, scriptoribus ipsum Varronem non
exigua ex parte auctorem et exemplum exstitisse suarum de
liberalibus artibus disputationum.
2. Praestitit autem illud M. Varro editis novem dis-
riplinarum libris, quorum ne coniectura quidem a quo-
quam significari argumentum meminimus. De quibus cora-
muni testimonio Cassiodorus c. 3 p. 53G b et Isidorus II
23*
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356
DE M. VARRONIS
c. 23 sic: diatccticatn ct rhehrieam Varro in novem discipli-
narutn libris tali similitudinc definivit : didlcetica cf rhctorica
cxt quod in manu hominis pugnus astrietus ct palma distcnsa:
itla vcrba contrahcns, ista distendens, Ipsuin autem libri in-
dicem ne quis ita interpretetur, ut item septenario uumero
deiinitas disciplinas Varronem putet novem libris explicasse,
quorum uno potuerit communitcr dc omnibus loqui, quemad-
modura fecit praemisso antiquitatibus rerum humanarum libro
teste Augustino de civ. dei VI, 3: statim subicimus Vitrimi
vorba, e quibus certissime intellegitur singulas singulis libris
disciplinas distributas osse, lib. VII praef. 14: Fufidius enhu
mirmn dc his rcbus prhnus instituit cdcrc volumcti: tiem Ternt-
tius Varro dc novcm disciplinis, unum dc architectura: V.
5 Septimius duo. Vt in ipsius primi libri prooeinio coniplexus
esse, quae ad genus universum spectarent, videatur. Quale
illud est apud Cassiodoruni p. 528 b: scirc autetn debcmus.
sieut Varro dicit, ntilitatis aticuius caussa omniutn artium tX-
stitissc prineipia: et haud dubie alia complura non norainato
auctore vel a Cassiodoro vel ab Isidoro atque etiam a Mar-
ciano Capella exposita, qualia tamen ut in coniectura posita
in praesenti praetermittimus omnia.
§ 3.
1. Singulorum autem librorum arguinenta, indaganttbon
praesto haec sunt partim aperta testimonia }>artim non am-
bigua vestigia, per eadem illa potissimum scripta haud parvo
numero sparsa. Ac de dialectica et rhetorica iam vidimus
antea. Et dialeeticae quidem auctorem Varronem aperto
opertorum Verborum artiticio etiam Marcianus IV p. % ed.
Grot. prodidit, illani ipsam prodeuntem faciens et sic exor-
dientem: Ni Varronis mci intcr Ixitialrs alorias cetebtaU miht
eruditio industriaqnc suppcUrct, posscm fctnina Doricac tiatiow*
apud Tiomulcae vocis cxamina aut admodum rudis aut satis
barbara rcpcriri. quippc post Ptatonis aurcum ftumcn atquf
ArishUlicam facuttatcm M. Terentii prima tnc in tatinam tY/-
cetn pcllexit industria ac fandi possibititatctn pcr scliotas Auso
nias comjtaravit. Ad eum de dialectica librum pertinet for-
tasse Gellii quaedam raemoria XVI, 8: cum in discijMnas
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DI8CIPLIM*ARVM LIHRIS. 357
dialccticas induci atquc imbui vcllemus, 7tcccssus fuit adirc atquc
coijnoscere quas vocant dialcctici eiaaycoyag. tum, quia in primo
ji£Qt rfj-tofmrcai/ disccndum, quac 31. Varro alias profata, alias
proloquia appcllat e. q. s. Proloquia ubi appellaverit, ipse
paullo post nos certiores fecit Gellius, in libro de lingua
latina ad Ciceronem quarto et vicesiino; unde in promptu
est ex ipso dialecticae libro alterum nomen profata repetere.
2. Ad rhetoricam autem dubitari potest num Priscia-
nus spectet lib. IX p. 872 P. (408 Kr.): Varro tamcn ctiam
udolui protulU in III IUietoricorum: 'postquam adolucrit haec
iuvcntus9. Nam Khetoricorum libri Varronifl si exstiterunt g
unquam, quod esse veri simile negainus, diversi fuerunt a
compeudiaria illa expositione. Ac proclivis est de librario-
rum vitio suspitio: quando in Nonii codicibus non modo dc rc
publica et de rc p. r. et de rcrum natura libri sola scriben-
tium vel legentium oscitantia positi sunt pro rei rusticae
libris, sed manifesto errore ipsorum adeo Rhctoricorum lib. XX
ter (p. 59, 2. 92, 10. 14) commemoratus pro Ilcrum huma-
narum lib. XX, id quod a Scaligero Popmaque eo certius
intellectum est, quo probabilius ad eundem Iler. hum. librum
consimili errore orti et rei publicac lib. XX (p. 101, 7) et dc
re rustica lib. XX (p. 519, 22) referuntur. Quamquam ut
libere quod sentimus fateamur, licet profecto illud /// Rhe~
toricorum ita tutari, ut male Priscianus in hanc partem inter-
pretatus esse credatur Bisciplinarum libnirn III dc rhetorica,
qua citandi forma percommode uti vetustior aliquis gram-
maticus potuerat, si modo ante rhetoricam, non post eam ut
Ciissiodorus Isidorusque, dialecticam Varro tractaverat. Id
autem ipsum prorsus credibile est non tantum propter Au-
«nistini Marciauique, antiquiorum et locupletiorum testium,
exemplum secundo loco dialecticam collocautiiim, sed magis
etiam idcirco quod a contrarii ordinis auctoribus Cassiodoro
et Isidoro ipsius Varronis de utraque arte verba, quae supra
Iiosuimus, ita produntur ut rhetoricam praecedat dialectica.
Ceteruni percommode cum Prisciani extunplo comparari illud
potest, quod de lingua latina libri sat multis grammaticorum
locis ita commemorantur, ut afteratur Varro dc Utujua latina
(i<l Ciceronem (vel simplicius etiam Varro ad Ciccronem) ad-
358
DK M. VARliONIS
iecto eo libri numero qui ad opus universuui xxiv libris
eomprehensuin spectat, tametsi quattuor ab initio libri minime
Bunt ad Ciceronem scripti.
§4.
Primum autem locum res ipsa loquitur grammaticae
Varronem cum reliquis auctoribus omnibus tribuisse. Quo
7 libro facile perspicitur illum tamquam quibustlam lineameutis
eam artem aduinbrasse, quam uberius cum in xxiv de lingua
latina libris, tum eis libris persecutus est quos de lingua la-
tina vel potius de sewwne latino ad Marcellum scripsit Xec
desunt Varronianae doctrinae certae apud posteriores disci-
plinarum scriptores notae. Isidorus enim I c. 3 primordia
ait (jrammaticae artis litterae communes existunt, quas librarii
ct calculatorcs scquuntur. quarum disciplina velut quacdam
grammaticae artis infantia cst, unde ct cam Varro litterationtm
vocat. Quocum conferendi Augustinus de ord. II, 35: nata
est illa librariorum ct calcuhnum professio velut quacdam gram-
maiicae infantia, quam Varro litterationeni vocat: graecc autem
quomodo appeUeturt non satis in praesentia recolo; Marcianus
III p. 50, ubi verba faciens Grammatica hinc inquit milti
Romulus litteraturae nomen adscripsit, quamvis infantcm m
Utterationcm volucrit nuncuparc, sicut apud Graecos ypaajwm-
otixri primitus vocitabar;. Asper Putscbii p. 1725: quam (graui-
maticam) Tercntius ctiam Varro primum ut adhue rudcm ai>-
pcllatam cssc dicit lUtcraturam ; Marius Victorinus eiusdeui
p. 2451 (Gaisf. Metr. p. 2): ut Varroni placet, ars gramma-
tica, quae a nobis litteratura dicitur, scientiu cst corum quae a
poctis, historicis oratoribusque dicuntur cx partc maiorc. citis
praccipua officia sunt quattuor, ut ipsi placet, scribcre, lcgere,
intcllcgere, probare.*) Atque haec omnia etsi suapte uatura
talia sunt, qualia potuerint etiam in alterutris dc lingua la-
tina libris tractari, tamen omnis de singulari conmientario
dubitatio planissimo testimonio removetur, quod e Gn. Cor-
*) Iii alio igitur libro haec posita fuit eiusdem Varronis partitio
ad graccorum exemplum magiatrorum couformata: grammntici offkia,
ut asscrit Varro, comtant in partibus quaituor, lcctionc, ettarratione,
cmcndatione, iudicio. Testatur Diomedea II p. 421.
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DISCIPMNARVM LIBRIS
359
nuto Cassiodorus excerpsit cap. 1 de orthographia p. 576 b
(p. 2286, 3 P.): Praeterea in libro quetn de gramtnatica
Varro scripsit, cum de litteris dissercrct, itetn [vulgo ita\ h
inter Utteras tton esse disputavit, quod multo minus tnirutn, »
quam quod x quoque litteram essc negat: in quo quid viderit
nondum deprchendi. ipsius verba suhiciam: Uitterarum partim
snnt ct dicuntur, ut a ct h: partim dicuntur ct tuyn sunt, ut h
et x. partim sunt neque dicuntur, ut qp
§ 5.
Non minus certis, sed longe pluribus testimoniis de geo-
metria constat. Primum Cassiodori de art. et disc. c. 6
p. 560 b: mundi quoque fujuratn curiosissimus Varro longae
rotunditati in geometriae volumine comparaeit, formatn ipsius
dd ovi sitnilitudinetn trahens, quod in latitudine quidan rotun-
dum, scd in longitudine prohatur oblotigutn. Deinde Marciani
VI p. 190: deniquc si Marcum Terentium paucosquc Itomulcos
tmpias constdares, nullus prorsus erit, cuius ista (geometria)
Umen intrarit. Praeterea Schneiderus in Vitruv. VII praef.
(k (jeomctria ait lihrum ad M. Coclium Bufum scriptum laudat
Iul. FrotUinus de limitihus agrorum; in commentatione autera
de Varr. vita et scr. p. 234 adeo lihros IX Disciplinarum ad
M. Coelium Rufum scrij)tos memorare cum aliis Vitruvium 1. ss.
dicit, quod ei Fabricius praeierat Bibl. lat, I p. 125 Eru.*)
Horum omnium nihil verum est. Nam apud Frontinum qui-
dem p. 38 ed. Goes. haec tantum exstant: txam ager arcifinius,
sicut ait Varro, ah arccndis hostihus est appellatus. Sed inde
l |>. 235 per aliquot paginas perscriptum est caput groma-
ticum de casis litterarum hoc praemisso indice: INCIPIT
LIBER MAIiCI BARONIS DE GEOMETRIA AD liVFVM
YELICITER, additis in margine his: al. SILBIVM. itcm al.
HVFVM SILVIVM. Eoque spectat Ausonii Popmae anno-
tatio p. 298 ed. Bip.: Huius (de geometria) lihri fragmcntum
vetustissimum Latigohardicis (i. e. quadratis de certa loquendi 9
consuetudine illius aetatis) exaratutn nohis communicavit vir
*) Tcrtio modo fallit libros IX Disciphnarum ad M. CocUum
Rufum scriptos memorarc Gelliwn X, 1 dicens ann. in Vitr. 1. s. b.
•)(><) DE M. VAKIIOXIS
doctus summaque humanitatc pracditus Ioanncs Arcerius, «rf
ita mutilum et corruptum ut nihil, sane non multum inUrsit
aut omnino jwriissc aut ita lacerum superfuisse. sic autem iw-
scribitur: M. BABIWNIS LIBELLVS 1)E GEOMETHIA AD
BVFVM SILVIVM. tum sequitur: . . . sequitur initiuin uon
leviter diserepans a Goesiano exemplo. Suiuma autem dili-
gentia neutro loco Arceriani codicis inscriptionem exhiberi
nunc intellectam est F. Bluinii nostri in Mus. llhen. iur. VII
p. 191 sq. narratione, qui hunc indicem testatur: Incipit liber
Marci Barronis de gcomctria ad rufum fcliciter silbium. Aj>-
paret igitur soli sive Popmae sive alius coniecturae eique
satis incertae deberi M. Caelii Kufi nomen, clarissimi viri,
de cuius rebus praeter alios Meyerus Orat. Kom. fragui.
p. 458 sqq. ed. nov. et Orellius Onom. Tull. II p. 113 wjq.
exjjosuerunt. Vt ad eum Kufum parum caute Meyerus qo<f
que iu Cic. Brut. 79, 273 et Ellendtius hist eloqu. p. 127
ed. nov. Varronianum librum rettulerint sine ulla dubitationis
significatione, corruat autem etiam temporum computatio
Schneideri, quam his Disciplinarum libris adhibuit. Silvium
sane Komanum hominem novimus nullum, e SiUis autem
nullum Kufum. Contra P. Suillius (quod nomen non raro
in codd. scribitur Suilius) Kufus praesto est consul a. u. 797,
de quo Pliuius N. II. VII c. 4 et Tacitus Ann. lib. XI. XII.
XIII: cuius quidni avus potuit aequalis essc VarronisV Quain-
quain tali quidem coniecturae non habemus qui maiorem
prubabilitatem aliunde conciliemus. Ille tamen Kufus qui-
cunque fuit, huic inscriptum de geometria librum Varrouis
etiam in re gromatica versatum esse non minus certum &t>
quam non esse Varrouis quae ei tribuuutur in illa agriuien-
sorum congerie. Immo casu intcrcidisse, quae e Varroue
excerpta essent, procsus credibile est, relictaiu autem iuscrip-
tionem cum alienis coaluisse. Idque cum ipsius Arccriani
codicis rationes persuadent, in quo inscriptio illa ultiuiuni
locuiu integri quaternionis (XI) tenet, de casis autem exjn»
io sitio in summo quaternionc XII incipit, tum confirmat apo-
graphum lenense, quod eandeni inscriptionem longc alio loco
eoque item ineptissimo, inter medias Frontini de wloniis uV
putationes (j). 117 G.) exhibet. Quo accedit, quod ne in Va-
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msnrMNAKVM libris.
361
ticiino quidcm apograpbo ea de qua agimus inscriptio et de
easis expositio coniunctae sunt. Quaruui rerum testis Blu-
uiius p. 191 sq. 193 et 195.
Non aliura nisi de georaetria librura Boetius qui fertur
significat eo comraentariolo qui inscribitur de gcomctria: cuins
quae vera ratio sit, eiysdem demum Bluraii diligentia pate-
factuin est p. 228 sqq. 235 sqq. En verba personati Boetii
p. 1234 ed. Bas. a. 1546: Xos tamcn, qitae dc numcris a Ni-
comacho diffusius disputata sunt, vcl a Varronc dc mcnsuris
ostensa sunt, modcrata brcvitatc collegimus. Vnde profectus
nescio an eodeni recte baec referain Priseiani VIII p. 818l\
(403 Kr.): infit, cuius Varro in mcnsuralibus primam })onit per-
sonam iufio. Et liabent bic quidam codices Varro in mcn-
snris. Multum fallitur Oeblerus Varr. Sat. p. 66 logistoricum
fuisse dc mensuris iuscriptum coniciens.
§ 6.
1. De astrologia quoque aperte testatur Cassiodorus
c. 6 p. 560 a: stotus stcllantm cst quod Gracci ornQty^ov
vocant: qnin, dum stclla scmpcr moveatur, attamcn in aliquibus
locis starc videtur. nam et Varro libro qucm dc astrotogia con-
scripsit, stcllam commcnwrat ab stando dictam. Eam autem
Yocabuli notationem et Isidorus suscepit III c. 59 et 60, et
vero Marcianus quoque VIII p. 275 ima, et is quidem qucn-
dam JUnnanorum antestans non pcr omnia ignarum sibi: quem
nemo non videt ipsum Varronera dici. Quo Marciani de se
ijrao testiraonio profecto non mediocris fidcs ei coniecturae
additur, qua illuui Varrone aliqua ex parte usum esse iam
supra significabamus. Ceterum ignants mei, quod editur, vix
scripsit Marcianus, sed mihi: caussa erroris compendiura
scriptiouis fuit m.
2. De musica testimouiura quidera non exstat, sed
aperta satis siguiticatio fit eiusdem verbis Cassiodori c. 5 u
p. 557 b: quoniam hgpcrtgdius tonus omnium acutissimus scjrtcm
tonis pracccdit hyperdorium omnium gravissimum. in quibus, ut
Varro mcminit, tantac utilitalis virtus ostcnsa cst, ttt c.rcitatos
animos scdaret. ijisas quoque 1/cstias ncc non ct scrpentcs, voitt-
- aiquc dctphinas ad audttum snae modntationis attrahcret.
362
DE M. VARRONIS
Ivursum autem in Musica quoque Varrone Marcianus utitur
IX p. 314, ubi inter plurinia alia lniranda, quibus victrix vis
niusicae artis apparuerit fama hominum, hoc memorat: nonne
ipsws vctustatis persuasione compertiim, m Lydia nympliarum
(vulgo lympharum) insidas dici, quas etiam rcccntior asserentmm
Varro se vidisse tcstatur: quae in mcdium stagnum a contincnti
proccdcntcs cantu tibiarum primo in circulum motac, dchinc ad
Utora rcvcrtuntur.. Quibus sane per se spectatis uon ineptus
etiam in geographicis locus. Sed cf. praeterea § 10 et 14.
§ 7.
Paullo impeditior de arithmetica quaestio est: tametsi
de novem disciplinarum libris agens Fabricius 1. s. s. cx his
iuquit librum dc arithmctica adhuc mpcrstitcm sc vidissc Bomae
apud Laurentium Strozzium Cardinalem tcstatus cst Vcrtranm
Maurus in Varronis vita*) De quo unusquisque existimet
12 arbitratu suo: nobis incomperta res. Nec multum tribuerini
Agrimensorum eis codicibus, quos tertia classe a se compre-
hensos Blumius p. 210 testatur Varroncm de arithtmtica, non
de geometria coinmemorare. Sed de numeris librum Varronis
Fabricius scribit a Censorino (de d. nat.) c. 2 allegari. Xihil
est sane, cur. hoc indice commentarium de arithmetica nege-
mus similiter posse denotari atque liber geometriae breviter
dictus est dc mcnsuris. Verum in Censorini verba id cadit
minime: ibi enim quod Varro commemoratur in eo libro ati
titulus est Atticus et cst de numeris, is quidem fuit unus e libris
lo^istoricis, et ut videtur ne vere quidem dc numcris inscriptus,
sed dc muncribus potius: de quo alibi [infra p. 405J dictuiu.
Item hinc segregandus Rufinus p. 2720 P. 398 Gaisf. in eis
*) De vita Varronis a Mauro ecripta nec nota res nec crodibili»- :
ut aliquid tcmere mit>cuiB8C Fabriciuin suspicor [sed videas Mus. Khen.
n. 8. vol. VI p. 505 adn. *J. A quo aliquantum discrepat Ausoniu*
Popma in Bibliotheca Varroniana p, 497 ed. Lugd. B. a. 1601: de
arithmctica lib. I, quem manu descriptum hodie quoque superatitcm
et Jiomac in bibhothccis adservatum vidissc testatur M. Vcrtranius [J
Alciatus hoc amjrtius sc editurum pollicctur, quod tamen cralo iuris
vilis professione, in qua maxime excelluit, et graviorum discipUtuirum
studiis impcditus non pracstitit. E quibus verbis indiligenter conflatis-
aliquem M. Vertranium Alciatum finxit Ochlerus Satir. p. 10.
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DISCIPLINARVM L1BRI8.
3G3
scriptoribus, qui de numcris latine scripserint, referens etiam
Varronera: quem locum § 13 tractabimus. Contra imprimis
huc facit Incertus de grammatica, quem Augustinum ferunt,
p. 2008 P., ubi adverbiorum nunleralium in uih et in o ex-
euutium discrimen sic explicatur: secundo autem ad ordincm
perthtet, secundum ad numerum: ut puta cum dicof sccundo
facttts est consul, pertinet ut dixi ad ordincm, quod prhno alter
facttis sit ct sic altcr secundo. cum autcm dicimus secundum
cohsuI vel tertium vel quartum vcl quintum vcl scxtum, ad nth
merum pcrtinct, quod sexies fuerit constd. . . . Hoc Varro
distinxit in libris numerorum. Erratum est Jibris pro libro:
Disciplinaruni autem certum librum cogitari, quo de numeris
Varro egisset, luculenter demonstrare licet collato Gellio X,
1, cui sua debet Nonius p. 435: Vcrba M. Varronis ex libro
Disciplinarum quinto haec sunt: aliud cst quarto practorem ficri
ct quartumf quod quarto locum adsignificat ac trcs antc factos,
qmrtum tcmpus adsignificat et tcr antc factum. igitur Ennius
recte quod scrijisit 'Quintus patcr quartum ftt consuV, ct Pam-
peius timide quod in theatro, nc adscriberct 'consul tcrtium9 aut
Uertio', extrcmas littcras non scrijmt. Quodsi haec ab ipsius
artis arithmeticae vel notione vel usu satis aliena dixeris,
scire veliin, in quain aliam artem disciplinanive (si ab ipsa
grainraatica recesseris) eadem aptius et cum maiore necessi- 13
tatis specie conveniant? Iieputandum est enim eum esse
Varronem, qui in quovis genere grammaticum agat praeter
cetera. Itaque variis numerorum notionibus quae indita es-
sent vocabula, non incuriose eum in libro de arithmetica
docuisse, alio quoque exernplo probari conicimus, quod est
apud Priscianum de fig. nuin. p. 1356 P. 401 Kr.: duo asscs,
(Itussis, dujxmdius, trcssis} quadrassis, dectissis, viccssis, triccssis,
qttadragessis , quinquagessis , scxeigcssis, sc^Uuagcssis , octogcssis,
notiagcssis, ccntussis, post qucm numcrum tcste Varrone non
componuntur cum asse numcri. Ne illa quidem a tali tracta-
tione arithmeticae abhorrere videntur, quae e Varrone Gel-
Ims III, 14 excerpsit de discrimine dimidius et dimidiatus
vocabulorum. Nam ab ipso Gellio tractatos esse Discipli-
narum librps aliis quoque docuiuentis infra patetiet. Falsum
est autem, quod placuit Barthio Adversar. VI, G, ex arith-
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304
DE M. VARRONIS
nietica Varronis hausta e.sse haec Favonii Eulogii in Soran.
Scip. p. 407 Orell.: ad hunc numerum cubicum, ut Varroui
placct, lunaris cursus congruit rcvolutio, quac in XXVII dicbus
omnc tanti sidcris lumcn exltaurit. Quae unusquisque sua
sponte intellegit locum etiam in astrologia habere potuisse,
habuisse autem in geometria intelleget qui §17 a nobis dis-
putata perlegerit. Krahnero igitur cave assentiare ad Heb-
doinadum librum primum illa referenti comm. de Varr. anti-
quit. p. 9. Quo libro, tamquam prooemio ipsis Imaginibus
breviculisque earum explauationibus praeinisso, etsi de nu-
ineris multa et cxquisite et frigidiuscule congesta esse e Gellii
III, 10 apparet, tamen ad unum haec omnia septenarium
numerum spectabant: cuius etsi aliquotiens apud Eulogium
paullo ante mentio tit, tamen ipsa illa, quibus Varronis
auctoritatem adhibuit, verba ad septenarium numerum nullo
modo pertinent. — Ceterum de arithmetica cf. etiam § 11. 13.
§ 8.
u 1. Septein disciplinarum indicia persecuti sumus: restaut
duae quae in septem artium orbem novicia consuetudine tini-
tarum uon sunt rece])tae. Earum unam fuisse architectu-
ram (quae Quintiliano II, 21, 8 est architcctonicc) Vitruvius
testatur. Cuius scriptoris quod muliis locis impressa Varro-
niani sermouis et ingenii vestigia agnovisse sibi visus est
Schueiderus ann. in VII praef., id etsi non potuimus dedita
opera quale sit inquirere, tamen multum veremur ne leviore
similitudine et quae longe alias caussas aliamque vim habeat,
quam vera aftinitate nitatur.
2. Nonam autem disciplinaiii quatu putabimus esseV
Non mirer si quis de ipsa phihsophia cogitet motus Au#i
stini exemplo (§ 1), apud quem magnam fuisse Varronis
auctoritatem constat. Et scripsisse sane Varronem librum
dc p1iiloso2)hia extra dubitationem positum est: e quo ampllUD
idque satis memorabile fragmentum exstat lib. XIX de civit.
dei c. 1. 2 et 3. Inter quem librum eiusdemque Varronis
dc forma philosophiac sccumlum, e quo Charisiua 1 p, 79 cop
jyarim fcminino gcncrc aftert, perobscuium est quae ratio
iutercesserit. Schueideri enim comm. de vita et scr. p. 232
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DISdPLTKARYM LTHRI8.
305
sententiae, de foruia philosopbiae fuisse secundum librorum
de philosophia, diligentis in hoc geuere obstat Augustini
auctoritas, qui de libro, non de libris loquitur. Cf. infra§ll.
Prorsus autem hinc alienum csse apparet a Nonio p. 171.
192. 316 proditum titulum Varro Periplu lib. II tcsqI tpiko-
Co(ptccg (sic enim ubique scribendura): quam satiram esse
cum e duplici iuseriptionc tum e graeco indice tum ex im-
mistis versiculis perspectum est.*) Potuit autem Periplus
ille, ut exemplo utar, ita bipertitus esse ut, quemadmodum ifi
altera pars Ttepi qpiXocoqpiac, ita prior esset sive ncpi icropiac
sive Trepi TToXiTeiac vcl ttoXitiktic. [n tale certe argumentum
duo libri I fragmcnta quadrant Nonii p. . 192 et 316: in
hac civitatc agros colunt harenosos; praeter hos fluit amnis quam
olim Albulam dicunt vocitatam: — et: in hac civitate tum re-
gnabat Dionysius, honio ganulus ct accr. Nisi forte vcra per
*) Vide Oehlerum Varr. Sat. p. 61, versnuni tameu fictorem non
victorem. Scribe :
Ac multa ainbrosia ac nectar, non alia, sardae,
Pauis, rre iiuii. lueuns, cibu' qui purissimu' multo est. —
Ceterum unua est graecus index libri Varroniani, quo quid fiat difticile
dictu est. Nam nec ad satiram videtur apectare posse quod exstat
apud Charisium II p. 170: Varro in tcrtio ntpl ja(>axr//p<ov, nisi qui-
dem de tripertita adeo 8atira cogites, nec de doctrinae studiis disputa-
tiones suas Varro unquam graeco indice appellavit, ne ita quidem ut
oum latino sociaret. Id si semel factum esse coucedatur, sat commode
hnc conveniat Varroniani libri index de proprietate scriptorum apud
Nonium p. 334: quo non inepte refrras e Gellii VII, 14 haec: vera autem
tt propria huiusce modi formarum txtmpla in latina lingua M. Varro
me dicit ubertatis Pacuvium, gracilitatis Lucilium, mediocritatis Teren-
tium: idque eo sane probabilius, quod ipso capitia initio de tribus di-
cendi generibus verba faciens Gellius graeco xaPaKTnP€C nomine usus
erat. (^uamquam talium proforendorum quam varia potuerit esse op-
portunitas, gravi documento sunt valde afiinia exempla haec: ijjtfi? nulhs
aiiin servare convenit quam Titinio, Tcrentio, Attae, na&i] vero Trabea,
Atilius, Caecilius facih moverant (de quo vid. Parerg. Plaut. I p. 194):
— in argumentis Caccilius poscit pahnam, in ethesin Terentius, in ser-
monibus Plautus:^ — quorum illud e Ub. V de latino sermone (ad Mar-
cellum) affert Charisius II p. 215, hoc e satira quae inseribitur Par-
nteno Nonius p. 374. — Permire autem Popma p.496 tu|>i x"lHlKTMPU)v
libros eosdem tsse conicit cum illis de formulin rerborum, quos se
scripturum Varro polliceatur libro nono ad Cicer m li <■
p. 563 Sp.
366
DE M. VARRONIS
varias tcrras peregrinatio, pcriplus dicta simplicitor, et oppo-
nebatur et coniparabatur tamquam itineri cuidam per philo-
sophiam eiusque varias regiones facto. Praeterea locos
pbilosophicos tractatos esse in Antiquitatium prooemiis ipse
Varro testatur apud Ciceronem Academ. I, 2: de qua re sub-
tiliter disputavit Krahnerus 1. s. s. p. 14 sq. — Sed praeterhos
ic sive tres sive quattuor locos de philosophia Varronem, hac
quidem inscriptione usum, etiam in Disciplinarum libris dedita
opera exposuisse, non tantum probari nequit, sed confidentis-
sime neganduin est.
§ 0.
Circumspicientibus enim nobis, quae potuerit in reliqua-
rum artium societatem ascita esse disciplina, et tanquam sua
sponte se offert et hunc locum firmitcr tuetur medicina.
Eam non semel reperimus in ipsis liberalibus artibus ha-
bitam, ut Senecae epist. 95, 9: adiec nune, qitod artes quoijuc
pteracquc, immo ex omnibus libcralissimae , habent decreta $ua,
non tantum praccqrta, sicut medicina. QuidV quod iam C.
Iulius Caesar una coniunxit omncs nmlicinam Jlomac profcs*)*
ct libcralium artium doetorcs, quos civitate donaret teste Sue-
tonio c. 42. Nolo enim ad posteriora saecula descenderc,
quibus mcdicos vel archiatros cum (/rammaticis, oratoribus, pkif
losophiae praecq)toribns , magistris vel professoribus litterarum,
artium libcralium jyrofessoribus iunxerunt Theodosiani codicis
leges XIII, 3, 1. 3. 16sq.: de quibus temporibus dixerunt Gaup-
pius noster comm. dc professoribus et medicis eorumque privi-
legiis Vratislaviae a. 1827 cdita et Baehrius diss. de litterarum
universitate Constantinopoli V p. Chr. n. saec. condita (Heidel-
bergae a. 1835) p, 8 sq. Cum ipsa autem architectura nie-
dicinam Cicero composuit de offic. I, 42: quilnus autcm artibus
aut prudeutia maior incst aut non medioeris utilitas quacritur,
ut mcdicina, ut arehitcctura e. q. s.: itcm Cassiodorus Variar.
III, 52: gcomctriam . . . CJialdaei primum invenissc memorantur,
qui rationem ipsius diseiplinae aencraliter colligentcs ct in astro-
nomichi rebus ct in musieis ct in mcehanicis et in arehifcet\on\icis
et ad mcdicinam ct ad artem logisticam . . . aptgm essc docnc-
runt. Sed his tamen lcvioribus sane indiciis noli nostram
de tractata a Varrone medicina sententiam superstructaui
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DISCIPLINARVM LTP.RIS.
307
putare. Quam quidem gemina argumentatione hac commu-
niinus. Primum enim si reputaveris quae ratio inter Varro- n
nem et Mareianum Capellam intcrcedat, ut qui dialecticae
auctorem Varronem commemoret in suo de dialectica libro,
item geometriae in suo de geonietria, praeterea eundem de
stclla vocis origine sequatur in astronomia: facilis erit de
Mareiani IX p. 302 verbis coniectura, quibus. plurimum in
hac caussa tribuimus. Postquam enim coram Iove deorum-
que coetu sex Artes prodierunt, prius quam suas partes sep-
tima agit, superutn patcr, qui probandarum numcrus supercssct,
cjquirit. cui Delius (verba sunt Marciani) Medicinam suggerit
Architectonicamquc in praeparatis assistcrc. scd quoniam his
mortalium rentm cura tcrrenonimquc sollertia cst, ncc cum
netherc quicquam habcnt sujyerisquc confinc: non incowjruc. ac
si fastidio respuantur, in senatu caclico rcticebunt, ab ipsa dc-
inccps virgine explorandae discussius. una vcro, quae potissima
caeli siderumquc diicctior est, cxaminis huius tam favorc quam
voiuptatc disquiretur tuisquc conspcctibus non jwterit sine scclcrc
ridttari (h. e. Musica). Horum igitur cum haec vis sit, ut
excludi a Marciano duae artes cum reliquis septem alias
comprehensae dicantur: quando illarum alteram ab ipso
Varrone comprehensam in confesso est, ad eundem Var-
ronem medicinae spectare meutionem haud profecto obscura
significatio fit. Absque quo esset, cur illas ipsas disciplinas
Marcianus praeter ceteras commemoraretV cur non agricul-
turara, quam suis Artium libris novimus Celsum complexum
esse? cur non pingendi sculpendive artesV Firmatur autem
sententia nostra altero argumento, quod petimus e gemina
Nonii memoria, p. 135: luscitiosi, qni ad lucernam non rident
tt uvaiteg vocantur a Graccis. Varro Disciplinarum tib. VIII:
vesperi non viderc, quos appcllant luscitiosos*); — et p. 551: >»
portulaca. Varro Disciplinarum (Disciplinac codd.) Ub. VIII:
*) Pergitur apud Nonium sic: Idem Andabatis: edcpol idcm caccus,
non luscitiosus cst. Mirer si prope eadem verba Varronis Plautique
communia sint. Quapronter nescio an haec lacunosa int et sic inRtau-
randa: Idem Andabatis: [* * • 1'lautus Militc alorioso:] cdcpol \tu qu\idcm
caccus, non luscitiosus cs. Habeutur enim baec Mil. II, 3, 61. Ceterum
Imciosus formam tacite sustuli.
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308
DE M. VARRONIS
mandueala portulaca cito tottit, ubi aliquid exeidit eorum qnae
manducata porcilaca sanari Plinius tradidit N. H. XX, 20, 81,
velut ulcera (oris), tumorcm (gingivaruni), dolorcs (dentiuni)
et quae sunt reliqua: sitim Lipsius et Popma inseruerunl
Non esse casu factum apparet, quod ex uno eodemque libro
ad morbos et medicamenta spectantia fragmenta duo profe-
runtur: immo eo ipso libro tractatani esse medicinani vix
potest dubitari. Eamque rem gravius etiam similium multi-
tudo fragmentorum persuadet, quae composita habes § 21.
Et usus est Varronianis etiam Isidorus in ea parte Originum,
quae continuo excipiens mathematicas disciplinas est de me-
dicina, IV, 8, 13: auruginem vcro Varro appeUari ait a colore
auri; et 11, 4: cst cnim pila vas coneavum et medicorum
aptum usui, in quo proprie ptisanae fieri ct pigmenta confici
(vulgo concidi) solent. Varro autctn rcfert ct Pilumnum qum-
dam in Italia fuisse, qui pinscndi praebuit artcin: nndc d Pi-
lumni cxdtorcs pistores*) ab hoc igitur pilum ct pila inmiia
(vulg. inventam), quibwt far pinsitur, ct cx cius nominc ita ap-
petlata. Quamquam haec non intercedemus saue si quis ali-
unde derivare malet, velut ex libris de vita populi Romani
collatis Nonio p. 528 et Servio in Aen. X, 76.
§ 10.
1. Sequitur ut, quo ordine novem quas explorasse vi-
demur disciplinas Varro disposuerit, quaeratur: quae res noo
paucas habet dubitationes. Ac duo certa sunt quiuto loco
19 tractatam esse arithineticam, octavo medicinam; vix minus
certum tertium hoc, ut primus, secundus, tertius liber dicati
esse grammaticae, dialecticae, rhetoricae credendi siut: de
quo ordine cf. § 3. Nam quod (iellii X, 1 in quibusdam
exemplaribus legitur cs libro Disci2)1inarum quarto pro quinto,
id a solo Stephano invectum esse contra codices mss. Gro-
novius testatur. Quodsi ad reliquas transgressus id agas, ut
*) Sic correxiniua haec: unde et pilumni et pistores. collato Servio
in Aen. IX, 4: Pilumnus vero pinsendi frumenti (usum invenit), undt
et a pistoribus colitur. ab ipso etiam pilum ilictum est. — Paullo ante
pinsetuli pracbuit nrtem e cotld. recepimua pro pinsendis jtraefuit ams.
quod a Popnia in hordcis mutatnm est.
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DISCIPLINARVH LIBRIS
369
cum quattuor matheniaticis, quadrivii nouiine postea conexis,
tamquam cognatam iungas architecturani, frustra elaboraveris:
quando quattuor tantum artibus locus datus est inter tertium
et oetavum librum. Mathematicas autem illas quattuor ut
iam a Varrone continuatas existimemus, non potest non sua-
dere Isidori, Boetii, Cassiodori, Marciani ipsiusque ut videtur
Quintiliani consensus. Vt cum hac de caussa tum propter
Marciani de se ipso testimonium architecturam veri sit simile
ultimum locum obtinuisse: nam et magis profecto consenta-
neum est ab eo, qui intueretur Varronis exemplum, resectas
esse extremas quam medias quasdam, et eodem adeo ordine
Marcianus a se praetermissas commemorat medicinam et
architecturam, non architecturam et medicinam. Nec certe,
si paenultimus locus tributus erat medicinae, hanc contendi
potest aptius vel a musica vel ab astrologia quam ab archi-
tectura excipi. Quod autem ad ipsarum mathematicarum
inter sese ordinera attinet, sine certa sede omnium maxime
vagari musicam videmus. Quam reliquis postposuit Marcia-
nus, praemiserunt Quintilianus ct Augustinus, mediam inter
geometriam et arithmeticam posuit Seneca, inter arithmeti-
cam et geometriam Boethius et Isidorus, utrique subiecerunt
idem Isidorus altero loco cum Cassiodoro. Ex his rationibus
minimam fidem habent mediae, quibus divelluntur geometria
et arithmetica. Quibus etsi haudquaquam incommode prae-
ponitur musica utpote grammaticae et humanae linguae no-
tioni valde affinis, tamen in Varronem quidem is ordo ita
tantum cadere possit, ut simul geometriam praecedat arith-
wetica quippe quinto libro tractata. ld autem ipsum non
sine confidentia pronuntiamus carere probabilitate. Nain quan-
tumvis in hoc genere inter se discrepent artium auctores, in 20
uua re non promiscue discedunt, sed saeculorum ordinem
ipso dissensu servant constantissime. Posterioris vel infimae
aetatis sunt, qui priorem esse arithmeticam voluerunt, Cas-
siodorus, Boetius, Isidorus: a geometria ordiuntur, qui ad
aieliora saecula propius accedunt, Marcianus, Augustinus,
Seneca.*) Ergo post rhetoricam geometria et arithmetica
*) De bac differentia aic Cassiodorus c. 4 p. 553 a : ticriptorcs sae-
cularium Htterarum inter disciplinas mathematicas primam omnium
*"k UlTiMHKLII OI-VSCVLA III. 24
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370
DE M. VAHRONIS
collocatis unum coutroversuin hoc restat, quo has ordine
musica et astrologia exceperint. Quae res etsi est sane an-
cipitis ratiocinationis, tauien quoniam praeter reliquos serip
tores unus e Varrone Marcianus pependit, ex huius quam ex
aliorum exemplo tutior poterit etiam de harum disciplinarum
sedibus coniectura fieri. — Nullam autem rationem vel ha-
buimus vel habendam concedimus unius testinionii, quo vi-
detur sane omnis quem proposuimus disciplinarum ordo everti.
Est id Acronis in Horatii Art. poet. 203 haec annotantis:
Varro ait in tertio Disciplinarum et ad Marcrllum dc lingua
latina quatiuor foraminum fuisse tibias apud antiquos, ct se
ipsum ait in tcmplo Marsyac vidissc tibias quattuor forammum.
Non posse his in alia disciplina nisi in musica locum fuisse,
haud gravate unusquisque concesserit, iis praesertira collatis
quae § 14 afferentur: nemo autem, qui ei disciplinae tertius
dicari liber potuerit, ulla puto ratione expediet: quando nec
quomodo divellere rhetoricam et dialecticam, nec quem locum
2i divulsae alterutri tribuere qui saperet potuerit> vel perspici-
mus vel aliqua coniectura assequimur. Aut igitur mendum
est in numero, aut pertinet qui scriptus est numerus ad al-
terum testimonium: tcrtio ad Marccllum dc lingua latina: ex-
trusit autem libro vel libris. Certe non alienius a tertio ad
Marcellum illud est quod de tibiis traditur quam quod apud
Nonium p. 318 de epicroco communi viris cum mulieribus
vestimento.
2. Quodsi id sequimur quod, licet demonstrari nequeat
argumentandi necessitate, tamen a probabilitate proximo
intervallo absit, nescio an universa Varroniani operis dispo-
sitio haec fuerit, ut ageretur
arithmdicam esse voluerunt proptcrca quod musica et gcometria et astro-
nomia, quae sequuntur, indujent arithmetica: arithmetica vero
ut sit, neque musica neque geometria neque astranomia egere cognoscitur.
VeriBaimum hoc, sed ut tamen nec uno nec tribuB ante saeculis intel-
lectum vel intellectia obtemperatum esso exempla clament: pertinax
enim humani errroriB natura et vis diutina. Quare quid est tandem,
cur in illis scriptoribus saecularibus non posse non fuisse ipsum Var-
ronem contendas? Quem suo qnodam modo multum diverso de mutua
disciplinarum affinitate ratiocinari potuisse facile ex iis conicias, qui-
bus quam late voluerit geometriae vim patere intellegitur.
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DISCIPLINARVM LIHRIS.
371
libro I
de grammatica
II
JII
IV
de dialectica
de rhetorica
de geometria
V de arithmetica
VI de astrologia
VII de musica
VIIT de medicina
IX de architectura.
Satis nunc existimari de Ausonii Popmae iudicio poterit,
qui Bibliothecae Varronianae p. 497 Disciplinarum inquit
libri VIII, in quibus fuit varia et cx omni disciplinarum gcncre
delibata doctrina; nam hac quae appellantur artcs sive disciplinae
liberales seorsim ab hoc opere libros singulares habuerunt. De
quo prorsus fefellit Popmam opinio. Qui quae ( praeterea
commode affert e Claudiani Mamerti episcopi ad Sidonium
Apollinarem libro II de statu animae verba, ea non dubito
potiore ex parte ad ipsos Disciplinarum libros referre. Sunt
autem haec cap. 8 p. 440 ed. Galland. Ven.: M. Varro sui
saectdi peritissimus ct teste Tullio omnium sine dubitatione doc-
tissimus, quid in musicis, quid in arithmeticis , quid in geome-
trieis, quid in q>iloao(pov^(v(ov libris divina quadam disputa- a
tione contcndit , nisi ut a visibilibus ad invisibUia, a localibus
ad illocalia, a corporcis ad incorporea miris aeternae artis modis
abstrahat animum e. q. s. Gratum nobis fecit Claudianus,
quod de musica deque arithmetica libros Varronianos, testi-
moniorum fide magis quam reliquos destitutos, sibi cognitos
non ambigue significat. qnXococpouuevo: autem fortasse librum
de dialectica dixit, ita ut libris ad priora omnia pertineat:
nam Isidorus quoque ipsi de dialectica disputationi integrum
caput inseruit de definitione philosophiae II, 24, ad quod adi-
tum his verbis parat: solent autem philosophi} antcquam ad
isagogen veniant cxponendam, definitionem philosophiae ostcndere,
quo facilius ea quae ad eam pertincnt demonstrcntur. Nisi forte
post musiea, arithmetica, geometrica, genere neutro elata,
transiit Claudianus ad qnXococpouucvujv libros argumenti pro-
24*
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372
DE M. VAKRONIS
pinquitate finitiinos, voluminibus prorsus ab illis discretos,
cogitavitque sive de philosophicis disputationibus quibuslibet
per plurini08 commentarios Varronis sparsis, sive, quod lu-
bentius ainplector, de iis libris quorum secundus erat de
forma philosophiac y vel de his unaque de libro singulari illo
quem inscripserat dc philosophia. Cf. § 8. Vides quam multi-
plicem explicatum episcopi Viennensis ea verba habeant, e
quibus, qui inconsultius agat, facile alterum argumentuui
petat (alterum quidem ex Augustini exeinplo), quo ut nonaiu
octo aliis discipliuis philosophiam a Varrone iunctam esse
probet.
Capvt II.
§ 12.
23 1. Circumspiciendum nunc est, si forte ex aliis frag-
nientis, quae ad Discipliuarum libros sola coniectura pruba-
biliter referantur, etiam certiorem speciem singularum artiuiu
a M. Terentio pertractatarum menti nostrae informare liceat.
Ac de grammatica diro^aTiKr) omnis disputatio nostra,
non KOTacpaTiKn, er^. Nam cum de grammatica librum Var-
rouis in Cornuti verbis indagaverimus apud Cassiodorum de
orthographia p. 2286 P., tamen quae praeterea ex eodeni
Cornuto Cassiodorus afifert Varronis dicta sine certi libri
indicio, ea cave ad eundem de grammatica commentariuui
ilico referas. Ab illis enim quae supra perscripsimus haec
excij)iuntur Cornuti verba p. 2285, 35: h sicut in quacstume
cst littcra sit necnc, sic mmquam dubitandum cst secundo loco
a quacunquc consonante poni dcbcrc. quod solus Yarro dubitot:
imlt enim auetoritate sua cfficcrc, ut h prius ponatur ea littcra
quae aspirationem conferat, ct eo magis hoc tentat persuadere,
quod vocalibus quoque dicat anteponi ut hcrcs, hircus. scd Yar-
ronem pradcrit consonantem ideo sceundo loco h recipcrcy qiiod
non possit aspirationem nisi ante vocales habere (vulgo q. n. p.
ante aspirationem nisi vocales habere). itaque ct ante et post, si
h tittcra cuicunque tali non adiungatur (vulgo tali adiungatur),
non sonabit. haec cnim natura vocalium cst ut, sive ante sive
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DISCIPLINARVM LIBRIS
373
past sc haltcant h, quoquo gcixerc cnuntiationcm non impediant.
His igitur si illa continuantur: practcrca in Uhro qucm de
grammatica Varro scrijisit c. q. s., ipsa profecto recte cogi-
tandi ratio evincit, ut ex alio, non ex eodera Varronis libro
haec atque superiora expromi credantur. Quodsi quis de
Iibri8 linguae latinae cogitet, quorum primo tractari talia
potuerint: etsi hoc demonstrari nequit non factum csse, u
tamen non levibus indiciis quibusdam in longe aliam viam
duci videmur.
2. Spectant enim et illa et alia complura testimonia
Varroniana, et ea qnidem ab orthographiae potissimum auc-
toribus prodita, nd eam partem grammaticae quae est de
litteris deque recte scribendorum verborum ratione. Eaque
caussa fuisse videtur, cur lihros dc orthographia Varroni
Meyerus in Cic. Brut. 28, 107 tribueret: nullo id quidem
idoneo argumento, sed pedisequo Ellendtio p. 369 ed. nov.
Quos vix credi potest a vitiosa apud Priscianum III p. 122 Kr.
scriptura Varro in orthographia profectos esse, quam iam
Putschius p. 609 mutaverat in chorographia , rectius etiam
Wuellnerus dc Varr. Atac. p. 24, cui Merkelius assentitur
prolus. ad Ovidii Ibin p. 361, videtur in cosmographia mutasse.
Cf. Krehlii annot. vol. I p. 276. Sed ad illud genus haec per-
tinent eiusdem Prisciani I p. 556 P. 37 Kr,, ex antiquissimis
codicibus redintegrata a Spengelio praef. Varr. p. 7: quod
ostcndit Varro in primo dc originc linguae latinae his verbis:
*ut Im scribit, quinta ct viccsima cst (qu. vic. est Sp.) littcra
quam agma vocant, cuius forma nulla et vox communis cst
Graecis ct iMtinis, ut his verhis: aggulus, aggcns, agguilla, ig-
gerunt. in huiusctmodi Gracci ct Accius nostcr hina gg scrihunt,
alii n et g.9 Ergo, Priscianum si sequimur, de litteris Varro
exposuit libris de origino linguae latinae. Non igno-
raraus a Varronianis criticis Priscianum existimari ipsum
de lingua latina librum primum, qui esset de origine 1. lat.,
denotare voluisse: simili brevitate dicendi atque tcrtio Bhcto-
ricorum dixisse nobis visus est supra. Verum eam quidera
coniecturam multum labefactat, immo evertit Apuleius de
diphthongis p. 125 Os.: hacdus scribit Tcrcntius Varro in libris
de origine latinac linguac quibusdam placuissc pcr ae diphthon-
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DE M. VARROXIS
gum notari, ut a verbo edo in quibusdam suis casibus discre-
paret. aliis vero visum esse ait, ut aspirationis nota hanc diffc-
rentiam faceret, et maxime propterea quia Sabini, a quibus Bo-
mani hoc nomen habuere, fedus dicebant certumque est Ronuinos
25 f Sabinorum in h solitos convertere. Sabini enim fircus, Bct-
mani hircus, illi vefere, Bomani veherc protulerunt. Quibus
adde ab eodera Apuleio de nota aspir. p. 94 (cf. p. 104) bre-
vius significata: Marcus Terentius scribit hedum lingua Sabi-
norum fcdum vocatum Bomanosque corrupte liedus pro eo quod
est fedus habuisse, sieut hircus pro fircus ct trahere pro trafere.
Quae fallitur Muellerus cum e libro V de 1. lat. § 97 his
verbis satis profecto diversis hausta putat: ircus, qttod Sabini
fircus; quod illic fedus, in Latio rure edus; qui in urbe, ut in
multis a addito, aedus. Mirabilius etiam Muellerus Varrouis
exili hac notatione § 106: hordeum ab horrido, neglegenter
usum esse Apuleium p. 107 dicit: Marcus tamen Varro in
libro de origine Jatinae linguae ab hardeo horreum derivatum
aspirat, hordeum vero ab horrore tractum dicitur. Quo exemplo
nihil nisi hoc intellegitur, quod etiam aliunde constat, vel
similiter in diversis commentariis, vel adeo in aliis aliter de
eodem vocabulo Varronem statuisse .*) Velut de 1. 1. V, 160
cum aedem ducat ab aditu, quod plano pede adibant, longe di-
versum quiddam testatur Apuleius p. 127: aedes, quod ab
edcndo seeundum Varroncm derivatum est. Hoc igitur non
dubitamus ad libros de origine 1. 1. referre: quanquam plu-
rimae sane Apuleii originationes Varronis noraini ascriptae
(p. 129. 135. 139. 141. 142. 143) e nostris de 1. 1. libris
fluxeruut: non omnes, ut p. 145 proposita, nec generaliter
praeceptum p. 132. — Quod autem pro libris de orig. 1. 1.
uno Apuleii loco s. s. (p. 107) liber prodit singulariter, eo
noli ita abuti, ut rursum ad primum de 1. 1. librum relabare
coniectando. Nam libros fuisse, non librum, quibus de litte-
rarum ratiouibus Varro exposuit, alius quoque grammatici
testimoniis arguitur, Pompeii in commento artis Donati p.9:
*) Hoc Varroui commune est cum aliie grammaticia noXuYp&poic
ut Apollonio Herodianoque, de quibus intellegenter ut aasolet Lehrsius
noster in Mus. philol. II p. 119 sq.
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DISCIl'LINARVM LIBRIS
375
. . . olim XVI fuisse, postea ex superfluo additas alias litteras
ct favtas XXIII. Jiabemus hoc in libris ad Accium apud Var~
ronem, et cur tot sint ct quare eo ordine positac ct quarc isdem
nominibus voccntur. Item p. 27: Varro docet in aliis Ubris,i6
quos ad Accium scripsit, (littcras)XVI fuisse, postca tamen crevisse
et factas csse XXIII. (Aliunde tauien manasse videntur de
generibus e Varrone excerpta p. 143.) Hiscine aptior exco-
gitari locus potest quam de origine latinae linguae libri?
quando nec dc grammatica plures Varro libros, sed unum
singularem coniposuit, nec in commentariis de lingua latina
nostris ea disputatio, quae institui de litteris potuit, ultra
ipsum primum librum potest producta esse. Vides quam
omnia apte inter se coeant, ut Varronem de originc linguae
latinae libros ad Accium scripsisse nobis persuadeamus, quibus
ea pars grammaticae, quae est de litteris', praecipua cura
pertractaretur. Quocirca coniunctis Diomedis, Prisciani ipsius-
que Apuleii testimoniis non poterit non cedere semel tantum
singulari numero commemoratus apud eundem Apuleium
Uber.*) Nec vel aetas L. Accii poetae repugnat vel ingenium
dis8uadet: seni enim, quein constat a doctrinae studiis mi-
nime alienum fuisse, mittere Varro adulescens potuit, quem
mature scribere coepisse satis est consentaneum. Quid? quod
vel Ciceronem Varrone aliquanto minorem scimus cum Accio
adulescentem collocutum esse. Nec illud iustae offensioni est,
quod in eisdem commentariis ipsius Accii, ut e Prisciani
verbis^discitur, mentio facta erat. Ex his autem magis etiam
'perspicitur, quam semet indignam coniecturam Rubnkenius "
proposuerit apud Heusingerum Mallii Theodori de metr. p. 64
(Gaisf. Metr. p. 563) de Varronis ad Atticum libris cogitans,
utpote cui (mirum dictu) Varronis de vita populi Romani
libri inscripti fuissent. Quam coniecturam merito cum Schnei-
*) Similia Bunt exempla Ubcr epliemcridos (navalis) in Itinerario
Alex. M. c. 6, a quo non diversi libri navalcs Vegetii V, 1 1 ; item apud
Chariaium p. 113 'inscribit Varro librum suum dc poematia', collatis
p. 82. 105. 114, ubi Varronis liber secundus et tertina de poetnotis
commemorantur. Aliud exemplum recordabere e § 7. In Macrobii
quoque Sat. I, 16 errore nituntur augurum Ubri: de auguribua enim
ano tantum Ubro Rerum divinarum Varro commentatus est.
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376
DE M. VARR0MI8
derus de vita et scriptis Varr. p. 230 tura Muellerus in Varr.
27 p. 264 exploserunt. Nec magis Osannus audiendus, suura
illum Ateium huc quoque intrudens Anal. p. 67. Inconsi-
deratius etiam Ruhnkenium secutus Krahnerus de Varr. an-
tiquit. p. 20 primura de lingua latina librum coniecit ad
Atticum scriptum fuisse, eundemque a Prisciano (Apuleiuui
ignoravit) vocari de origine linguae latime, a Laurentio autem
Lydo de magistr. I, 5 sic significari: tujv rrpoc TTomttujviov
T6TpotMMevujv: ita enini, iterum mutato nomine, scripsit pro
eo quod proditum est npoc TToMrrr|iov.
3. Ad hos igitur de origine linguae latinae libros certe
maiore iure, quam ad eommontariura de grammatica, praeter
Cornuti illa, quae hinc ne posse quidem sumpta esse supra
ostendimus, haec quoque referas ex eodem scriptore excerpta.
P. 2282, 32: hanc litteram (digamma) Terentius Varro dum
vult demonstrarc, ita perscribit VA V • P. 2286, 31: Varroni
placet r litteram, si primo loco ponatur , non aspirari. Jector
enim ipse, inquit, intcUegcrc debet liodum, tamctsi h non hobct,
Rhodum essc, retorem rhetorcm. Nam hoc quidem Varronis
placitum cum eis, quae de anteponenda h littera in eisdem
libris disputavit, facile intellegitur sat commode conciliari
nec ullo modo pugnare. Nec magis dubitamus de his p.
2284, 17, quac transierunt in Isidori Orig. I, 26, 15: hcru-
mae an laerimae, maxumus an maximus, ct si quae similia
sunt, scribi debcant, quaesitum es/. Tercntius Varro Iradidit
Caesarem per i cinsmodi vcrba solitum csse enuntiare et scri-
bere: indc jn optcr auctoritatem tanti viri consuetudinetn factaw.
Omnino enim Cornutum prorsus credibile est, quoniam in
medio demum disputandi cursu suo, Varronis iam saepius
antea mentioue simpliciter facta, semel certum eius librum
antestatur et ita quidem antestatur ut prius prolatis Varro-
nianis opponat, non ex hoc libro reliqua Varroniana vel
ante vel post commeraorata petisse. — Vix magis anceps
est de Prisciani verbis T p. 544 P. 19 Kr. iudicium: aucto-
ritas quoque tam Varronis quam Macri teste Censorino nec h
nec q neque h in numero adhibet litterarum: quae libro I oV
1. 1. sine ulla certa caussa tribuerunt. Propius haec sane
ss accedunt ad eorum similitudinem, quae in libro de gramma-
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DISCIPLINAKVM LIliKlS.
377
tica exposita esse Cornutus dicit: sed alteram tamen in par-
tem non levem vim hoc habet, quod eius commentarii nulla
apud Priscianum alibi mentio fit, tle origine autem 1. 1. libros
sibi cognitos ipse testatur. Ceterum e Varroniana doctrina
totuni pependisse Nigidium Figulum auctor est Marius Victo-
rinus de orthogr. p. 2456 P. 8 G.: Nigidius Figutus in com-
mentariis sttis nec k posttit nec q ncc x. idem h non cssc litteram
sed notatn aspirationis tradidit. Cf. p. 2466 (22). Similiterque
cum ille tum alii in aliis: quod nimc persequi longum est.
4. Imprimis diligenter et copiose de h littera deque
aspiratione Varronem disputasse etsi satis documento sunt
Cornuti Apuleiique quae perscripsimus testimonia, tamen ple-
nius etiam idem ex aliorum scriptis grammaticorum cogno-
scittir. Coniunctis8imum cum Apuleianis hoc est apud Ve-
lium Longum de orthogr. p. 2230: ut testis cst Varro, a
Sabinis fasena dicitur, ct sicut s famUiariter in r transit, ita
f in vicinam aspirationem mutatur. Cui rursum proxime ac-
cedit Servianum illud in Aen. I, 172: arena} quacritur habcat
necne nomen hoc aspirationem. et Varro sic dcfmit: si ab ari-
ititate dicitur, non habet, si ab haerendo, ut in fabricis ridc-
mtts. habet. Ad eundem de aspiratione locum haec pertinent
Charisii I p. 56: pulchrttm Varro aspirari debere negat, ne
(habts consonantibus media interccdat aspiratio, quod minimc
rectum antiquis videbatur. unde et seputcrttm hodieqtte manet,
quod sit scorsum a pttlcro, propter recordationem doloris: nam
liaec quoque postrema Varronianam sapere doctrinam viden-
tur. Denique adde Charisii I p. 62: Gracctts et orttts sine
aspirationc dici debere Varro ait, ct ortttm qttidetn quod in eo
omnia oriantur, Graccnm atttcm a gcrendo, qttod mater citts
duodccim menstbtts utero ctttn gestaverit. Quod testatur etiaui
Scaurus de orthogr. p. 2256: negat Vatro etiam Gracchus
asfnrandum, qttoniam a gerendo sit cognominattts: matrem enim
citts, qtti primus Graectts sit dictns, dttodccim mcnsibus tttero
cum (vulgo ttterum) gessissc.
5. Et haec quidem de aspiratione supersunt Varronianae 29
doctrinae frustula, magna certe ex parte, nisi fallit coniec-
tura, ex libris de origine linguae latinae petita. Indidem
fortasse alia quaedam sumpta sunt ad alios locos orthogra-
(
378
DE M. VARRONIS
phicos spectantia ab ipsisque orthograpbiae auctoribus tra-
dita. Ex Papiriano Cassiodorus de orthogr. haec excerpsit,
quae infra scripsimus. P. 2200: nararc per unum r scribi-
tur, ut Varroni placct. sccutus est cnim ctymologiam nominis
eius, qua gnarus dicitur qui scit ct accipit quod loqui debeat.
dcniquc compositio verbi ita scribitur, ignorarc} quaejfron per
duo r, sed per unum scribitur. P. 2291: traps, ab co quod
dicitur trdbis, et urjys pcr p dcbent scribi, licct Varro per h
scriltcndum putct, quod in reliquis casibus b habcant. quode ple-
nius Varronis rationes Scaurus de orthogr. p. 2261 explicavit:
non carct quacstionc etiam plebs et urbs, ct Pelops. quac Varro ita
distinguity ut pcr b et s ea nominativo casu putct csse scribenda,
quae eandem littcram genetivo rcddant ut plebs plebis} urbs ur-
bis, ea vcro pcr p et s, quae similiter genctivo eiusdem nutneri
in pis excurrunt ut Pctops Pelopis. Praeterea Velius Longus
de orthogr. p. 2233: sic etiam dclirus plaeet Varroni, non de-
lcrus. non cnim, ut quidam cxistimanty a graeco tracta vox (sl
iraQcc xb kriQeiv, scd est latina (insere a lira i. c.) stdco. ita-
que sieuti boves, cum se a rccto actu opcris detorserint, dclirare
dietintur, sie qui a recta via vitae ad pravam dcclinanty per
similitudincm translationis item dclirare cxistimaniur. Naui
praeter haec extrema verba non potest non ipsa quoque ex-
plicatio Varronis esse. Postremo idem Velius p. 2236: nam-
quc mium et commircium quoque pcr i antiquis rclinquamus,
apud quos aeque et Mircurius pcr i diccbatur, quod miranda-
rum cssct rerum invcntor, ut Varro dicit. nostris iam auribus
[sccus placct,] scilicct per c ut ct Mercurius et commercia di-
cantur. Sic enim redintegranda videntur, quae sic vulgantur:
. . . inventor. et Varro dicit nostris iam auribus scilicct per
c, ct lU M. c. c. d. — Ceterum nihil voluimus eorum prae-
termittere, quae aliquo modo possent in orthograpbicorum
so societatem venire: nam talia, qualia sunt de delirus et Mir-
curius disputata, sua sponte intellegitur per multarum quae-
stionum occasionem tractari potuisse.
§ 13.
Numerorum tam varia iu artibus notio tamque multi-
plex usus est, ut non sit mirandum in quinque minimum
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DISCIPLINAKVM LIBRIS. 370
disciplinis illis enucleandis elaboratum esse, in arithmetica,
geometrica, musica, grammatiea, rhetorica. Quocirca
iam Augustinus (§ 1) in omnibus regnare numeros dixerat.
Quae siugularum artium mutua inter se cognatio in unam
potissimum parteni valuit. Nam cum e mathematicis nu-
meris suspensae sint rationes musicae, ex his autem apti
numeri poetarum carminibus adhibiti, rursum autem hi nu- I
meri cum aliquo temperamento ad orationem versibus non
astrictam translati: consequitur eam artem, cui nomen im-
positum metricae, certo societatis vinculo et cum musica
et cum grammatica et cum rhetorica contineri. Velut in
arithmetica locus fuit numeris liemiolio et cpitrito explicandis,
de quibus Gellius XVIII, 14 disseruit ipsum fortasse Varro-
nem respiciens: commemorat enim eos qui de numcris la-
ttne scripserunt ', et insequenti capite alia e Varronis Disci-
plinarum libris metrica expromit. Rursus autem geometriae
cum arithmetica affinitas, de qua multus est Marcianus VI p.
227 sq., effecit, ut etiam cum geometricis et musicae et me-
tricae rationes compararentur. Id planissime intellegitur e
valde memorabili Gellii capite 18 libri XVI, ubi pars quaedam
ait geometricae oitxixr\ appellatur, quae ad octdos pertinet: ^xirs
altera, quae ad aurisf xavovixr) vocatur, qua mu$ici ut funda-
mcnto artis suae utuntur. utraque harum spatiis et intervallis
linearum et ratione numerorum constat. Et interposita 6tttiktic
descriptione sic pergit: xavovixr\ autem longitudines et altitudi-
nes vocis emetitur. longior mensura vocis Qv&pbg dieitur, altior
\Ukoq. est et alia speeies*) quae appellatur fisrQixr], pcr quam syl-
Jabarum longarum et brcvium et mediocrium iunctura ct modus si
congruens cutn principiis gcometriae aurium mensura examinatur.
Haec autem omnia ex Varrone sumpta esse iis arguitur quae
illis Gellius continuat: sed haec, inquU M. Varro, aut omnino
non discimus, aut prius desistimus quam intellegamus cur di-
*) KavoviKfjc vulgo additum abest ab optimo codice qui est Regius,
recte autem cogitatione additur: dicitur enim mctrica tertia accedere
rhythmicae et ei arti quae ad uAoc Bpectat i. e. harmonicae. geome-
triae addiderat Stephanus: cui fraudi fuerat perversa in titulo capitis
partitio: de parte geometriae quae onttnri appellatur, et itein alia quae
xavonxij, et tertia itidem quae dicitur ftfrptx^.
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380 DE M. VARRONIS
sccnda sint. voluptas autem, inquit, vcl utilitas talium discijiii-
narum in postprincipiis cxsistit, cum pcrfcctac absolutacquc sunt:
in principiis vero ipsis ineptae ct insuavcs videntur. Quo autem
morlo geometricas et metricas rationes copulaverit, uno notabili
exemplo docetur ab eodem Gellio XVIII, 15 prodito: Marcns
ctiam Varro in libris DiscipUnarum scripsit obscn;assc scsc in
vcrsu Jwxametro, quod omnimodo quintus semipcs verbum fim-
rct, ct quod priorcs quinque semqmks aequc magnam vim hafc
rent in cfficicndo vcrsu aique alii posteriorcs scptem: idquc ip-
sum rationc quadam gcomctrica fieri disserit. Id igitur nescio
an in ipso de geometria libro fecerit potius quam eo loco
quo carminum numeros dedita opera explicavit.
§ 14.
Deinde autem fieri non potuit quin communi veterum
consuetudine etiam in musicis metricam artem Varro at-
tingeret. Et attigit etiam Isidorus III c. 22, quod caput,
dc musicis numeris inscriptum, his verbis terminavit: ciusdmi
musicae perfcctione etiam mctra consistunt in arsi et thesi, id csi
clcvationc et positione, coll. c. 17, 2; aliquanto autem explicatius
Marcianus IX p. 327 sqq. de temporibus, pcdibus, rhytJtmicis
32 ffcncribus metrisfjue egit, non praetermissa geometricae arith-
meticaeque comparatione (p. 327 ima). Augustinus quoque e
musica voluit poetanim numeros nexos esse de ord. II, 40:
nam in ipsis musicae libris VI ad metricae artis pertracta
tionera non penetravit. Quam autem musicae partitionem
Cassiodorns c. 5 et Isidorus III, 17 (alios sciens taceo) pro-
posuere, illa ut tribus partibus constaret harmonica, rhylh-
mica, metrica: ea etsi videtur primo aspectu, tamen reapse
non pugnat cum Varronis illa divisione, qua easdem esse
partes KavoviKfjc statuit. Nam haec si necessario pugnarent,
indidem etiam illud consequeretur, ipsam rausicam non pe-
culiarem Disciplinarum librum occupasse, sed tractatam esse
in geometria, cuius pars est KavoviKn.. Atqui in georaetria
consentaneum est genus universum definitum esse, enarratam
autem e compluribus eius generis forniis eani tantum for-
raam sive speciera, quara ]u*oprio nomine dictam georaeiriam
interpretamur consueta hodieque notione: eadem autem ra-
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DISCIPLLNAKVM LIBRIS. 381
tione etiam ceteras formas, quae singularibus artibus mate-
riam praebuerunt, singulis libris separatim explanatas. Quales
sunt astronomia et inusica, eo quidem haec magis seorsum
tractanda, quod, quos e geometria locos ascivit, ei ne con-
suinniant quidem notionem niusicae, »ed dimidiam partem
reliquam faciunt: nam eeuupnriKai sunt "rhythmica, harmonica,
metrica, quibus accedere TrpctKTiKrjv oportet quae est organica.
Eanique una complexum esse Varronem cum res ipsa arguit
tuui tibiarum exempla docent ex Marciano scholiastaque Ho-
ratiano supra prolata § 6 et § 10. Quibus iam tertium
adde Servii in Aen. LX, 618: ut enim Varro ait, tibia Phry-
gia dextra unum foramen habet, sinistra duo, quorum unum
aatium sonum habct, alterum gravem. Quibuscum nescio an
apud ipsum Varronem coniuncta fuerint quae praecedunt:
tibiae aitt sarranae dicuntur, quae sunt parcs et acquales ha-
hmt cavernas, aut Phrygiae, quac ct imjtares sunt et inaequales
habent cavernas. Nequc organicam Isidorus in musicae enarra-
tione praetermisit: quamquam miro sane consilio tripertitae
divisioni illi eam expositionem subicit c. 19 sqq., qua in me-
tricae locum organica tacite substituitur.
§ 15.
Tertia, in qua numerorum aliquis usus fiebat, discipliua
est rhetorica: in qua quanto studio quamque subtili dili-
gentia syllabarum mensuras veteres magistri exegeriut pe-
dumque rationes et multiplices complexiones pensitarint, in
vulgus constat. ltaque de hoc genere in rhetorica breviter
praecepit Marcianus V p. 1G8 sqq. Idemque Varronem fe-
cisse ex Rufini de metris oratorum commentariolo p. 2720
H. 398 G. intellegitur: latine de numeris hi (scripserunt): Ci-
ccro, Victorinus, Hieronymus, Terentianus, Varro, Probus, Cha-
rkius, Diomcdes, Quintilianus , Donatus, Servius. In quibus
Hieronymum de Graecomm qui praecedunt societate sublatum
reposuimus in Eusebii locum. De numeris autem prosae
orationis loqui Rufinum luculentissime cum latinorum, quibus
Varronem iunxit, tum graecorum (Thrasymachi, Gorgiae, Iso-
cmtis, Theodectae, Theophrasti cet.) nomina scriptorum do-
cent, oinnisque ouinino illorum multitudo exemplorum e plu-
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382 DE M. VARRONIS
rimis rhetoricae auctoribus excerptorum, quibus s. s. testimo-
nia Rufinus media interposuit. Contra ad poetarum numeros
spectat quae Varronis in eiusdem Rufini altero commentario,
qui est de metris comicis, mentio fit p. 2713 P. 387 G.:
mensuram esse in fabnlis dicunt hi: Cicero, Scaurus,
Firmianus, Varro e. q. s.: in quae verba vide quae coinmen-
tati sumus Parergon Plaut. I p. 358 sqq.
§ 16.
Plene autem et accurate si quaeris ubi Varro poeta-
rum metra explicaverit deditaque opera enarraverit: nec e
geometrica nec e musica nec e rhetorica has disputationes
nexuit, sed metricam esse partem grammaticae diaci-
plinae voluit cum plerisque qui post eum in eodem siint ge-
nere versati*): e quorum tamen numero et Augustinus et
34 Marcianus eximendi: nam de Cassiodoro incomperta res, quod
eius de grammatica caput mutilum in fine. Sed Isidorus
sane de metris integrum caput I, 38, quamquam parum id
fructuosum, commentariis de grammatica suis inseruit. lllud
autem Varro nec in Disciplinarum libris praestitit nec, quan-
tum iudicare e grammaticorum silentio licet, in libris de lin-
yua latina ad Ciceronem, verum in eis quos ad MarceUum
scripsit. Planissime enim hoc e Rufini priore commentario
cognoscitur, quo doctrinae Varronianae praeclara frustula
haec servavit. P. 379 sq. § 6. 7 Gaisf.: Varro in VI 1: clau-
sulas quoque primum appellatas dicunt, quod clauderent senten-
*) Nolo exempla congerere iu re confessa: coucinna autem praeter
reliquos brevitate Seneca epist. 88 init.: grammatieus cirea curam *tr-
monia versatur, et si latius evagari vult, circa historias; iam ut longit-
sime fines suos proferat, circa cannina. Quae mox sic interpretatur:
syllabarum enarratio et verborum diligentia , ct fabularum memoria, et
versuum lex et modificatio. Nec aliud Quintilianus spectat, recte loquentii
scientiae et poetarum enarrationi musicen iungens I c. 4, citra quam
non posse perfectam esse grammaticen, cum ei de metris rhythmisqw
dicentlum sit. Quibus addeoda sunt quae de gramraatica musicac sive
consociata sive subiecta persequitur 1, 10, 17 sq. Contra M u ianu*
quam voluerit a grammatica diremptam esse metricam, his verbis te-
stantem facit Minervam III p. 93: tiam si rhythmicum quid nteiricum-
que . . . assump8cris, profecto 3Iusiccs impetu, cuius praevertis officium,
discerpseris (Grammatica).
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DISCIPLINARVM LIBRIS.
383
tiam, ut apud Accium: *an luiec iam obliti sunt Phryges9 (imiuo
Bruges). nonnumquam ab his initium fit, ut apud Caecilium:
fdi boni quid hoc9; apud Tercntium: \liscrucior animi9. Idem
Varro in eodem lib. VII de tingna latina ad Marcellum sic
dicit: aut in extrcmum senarium totidem semij)edibus adiectis
fiat comirus quadratus, ut hic: rheri aliquot adulescentidi coii-
mus in Piraco7. Eidem igitur septimo ad Marcellum libro
etiam haec non haesitanter tribues p. 378 sq. § 2. 3: Dio-
mcdes sic: septcnarium versum Varro fieri dicit hoc modo:
cum ad iambum trisyllabus pes additur et fit tate: *quid im-
merentibus noccs, quid invides amicis\ simititer in Terentio ver-
sus cst: rnam si remittant quippiam Vhilumenae dolorcs\ ct in
Plauto saepc talcs rcpcriuntur. Varro de lingua latina ad Mar- 35
cellum sic: quarc tfl huiusmodi locis poni oportet notam in
transrcrsum inter syliabas, frcqucntius ad extremum vcrsum
senarium ct similcs, si pro longa brcvcm habchunt, ut ttf hoc:
'amictis summus mcus ct pvpularis Geta*. Charisius sic: scpte-
narium vcrsum fieri dicit Varro hoc modo, cum ad iambum
trisyllabns pes additur: ut praefatum cst. Vix videtur dubitari
posse, quin ex eodem Varronis libro, cui nominatim comme-
morato sua Rufinus debet, etiam Diomedea et Charisiana
petita sint, quibus propter ipsam argumenti propinquitatem
sua excerpta ille interposuit, sive ipse Varronis libros trac-
tavit sive ab alio, qui tractarat, item mutuatus est. Sed
quo vinculo Diomedis cum Uufini testimonio continebatur,
id ipsum recisum est. Non potest enim non hic esse utrius-
que nexus, ut a modo, quo septenarius fieret e senario,
transiretur ad talium septenariorum commemorationem, quo-
rum media syllaba brevis haberetur: qualium constat non
minorem esse multitudinem quam quorum media syllaba ad-
misit hiatum. In huiusmodi igitur tocis h. e. cum in raediis
septenariis tum ubicunque brevis est pro longa syllaba, ut
in extremis versibus arsi terminatis, Varro poni iussit ean-
dem notam metricam, qua in mediis quidem versibus (quando
in extremis inutile) ad notandum hiatum reperimus etiam
Godofredum Hermannum usum. Quam notam non memini
a criueiujv interpretibus explicari. Ab illo autem Diomedia
testimonio, quod est p. 514 P. 499 § 51 G., proficisci licet,
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384
DE M. VARRONIS
ut ad eundem Varronis libruni ea quae illis continuantnr
referamus: quibus quae ab ipso Diomede admisceantur, fatile
unusquisque dignoscet. Sic igitur ille pergit § 52: Octona-
rius cst, ut Varro dicit, cum duo iambi pcdes iambico metro
praeponuntur ct fit versus talis: 'pater meus dicens docendo qui
docet dicit docens \ tolle hinc primos duos iambos , et erit tak
quale illud est: ribis Liburnis inter alta navium\ § 53: Tri-
metcr herous cx superiore hexamctro*) fit ut dutimus: sed hoc
sc Varro ab Archilocho**) auctum dicit adiuncta syllaba et factum
tale: 'omnipotente parentc meo\ huic si auferas ultimam sylla-
bam, crunt tales tres pedes, quos prior pars hcxametri recipere
consuevit. § 54: ArchilocJiium Varro illud dicit quod est tale:
*ex litoribus properantes navibus recedunt\ hic superius cotnma
quod est talc *ex litoi ibus propcrantcs9 simite cst illi 'Troiue
qui primus ab oi isJ; inferius comma quod est tale 'navibus re-
ccdunt9 simile est illi quod est talc 'machinac carinae\ — Et-
haec quidem exempla Varronem auctoiem aperte testantur:
habent haud dubie sine testimonio alia; quae persimilia vel
praecedunt vel sequuntur. In quorum tamen numerum vix
venit hoc quod subicitur § 55: Dimetrum quoque, quod est
ex superiore partc hexamctri, Archilochiutn una syllaba auxit
et fecit tale: Kvult tibi Timocles\ Nam etsi sic scriptum in
suis codicibus invenit Gaisfordius, tamen nec Archilochium
illud ipsum dimetrum supra dictum est p. 494 § 32 (ubi
duo exempla sunt, non unum: scribenti mihi || praanomtni
dca), et ofFendit collocatio verborum: quare nescio an prae-
stet editorum scriptura exemplorum ArcJiiloclius , praesertim
cum insequantur haec § 56: dimctrum et illud, quod cst ex
infenore parte hcxamctri, ArchilocJius auxit e. q. s. Alia tameu
ratio horum § G5: Iambico novum carmen refert Varro, cuws
exemplnm est tale: 'pedem rhythmumque finit\ Hic facile quis-
piam cogitet de metri genere quo ipse Varro usus sit iu
*) Vnlgatur ex superiorc iambico, qui error boIo casu irrepMt.
Dixerat enim p. 494 § 33: sic et trimetrum ex superiore parte hexa-
metri tale: rMusae Pierides novem*.
**) At vero cum veraum cuni minime tribuerit Archilocho, ne hic
quidem una syllaba auctiorem potuit ab Archilochio auctum dicere,
id quod editur, sed auctum ab Archilocho potuit.
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PISCIPLINARVM LIBRIS.
385
satiris, modo eflert scribatur pro referi: et in eo sane est
Diomedes, ut novas versuuni fornias a quibusdaiu poetis ex-
cogitatas percenseat; verumtamen cum praetcr hoc exemplum
Sereni et Arbitri poetarum mentione se contineat, teneat
autem in reliquis omnibus hoc loquendi genus fecit taie, tu-
tissimuni fuerit illa in hanc potius partem interpretari, ut »7
ad iambicum genus (iambico) rursus alium versum (novum
carmen, nondum commemoratura) referre Varro dicatur. Sine
controversia autem ad Varronis de metris commeutarium
illa pertinent p. 49G § 40: Varro dicit inter rhijthmnm, qni
latine numcrus voeatur, ct metrum hor inteirssc, quod inter ma-
teriam et reaidam. Quocum componenda Marii Victorini me-
raoria item ad generis descriptionem pertinens p. 2498 P.
72 G.: veistis estf ut Vaironi plaeetf verborum iunctura, quae
per articulos et commata ac rhifthmos modtdatnr in pcdcs. Nara
etsi haec quidera potuerunt sane etiam in Disciplinarum
libro I , quo grammatica tractabatur, locuni habere, tamen,
si modo liber VII (idem ut videtur ultimus) ad Marcellum
destinatus erat metrorum doctrinae enarrandae, et facile per-
spicitur non potuiBse eum notionum detinitionibus carere, et
magnam profecto vim illud habet quod hunc librum tot
testimoniis novimus, alterum nescimus a metricis scriptoribus
usurpatura Dioinede et Rutino: nam Victorini sane paullo
alia condicio, cf. § 3, 2. Postremo, quoniam cum metroruin
disciplina cognata est de TTpoctubiaic doctrina, fortasse hanc
quoque in illis ad Marcellum libris Varro attigit, quando id
in libris ad Ciceronem factum esse ne levissimo quidem in-
dicio colligitur. Quod si ita se habuit, non iinraerito huc
rettuleris Gellii XVIII, 12 verba: Varro in libris quos ad
Marcclium de limjua latina fccii: in priore verbo yraves jyro-
sodiae, quac fuerunt, manent, reliquae mutant.
§ 17.
Transeundum est ad geometriam, de qua scitu per-
digna quaedam restant. Eam discipLinam divisam esse ott-
tikt) et KavoviKf] supra vidimus $ L3, abi <juas partes kuvo-
viktj habuerit, ex allatis Gelliani capitia \ \ I, 18 verbis in-
tellectum est. Opticam autem, quu locus ille geometriuc
»'K. RJTBCHKLll OPVSCVI \ III
38G
DE M. VAKKONIS
universus comprehenditur qui non ad aures, sed ad oculos
pcrtinet, ibidem non item per partes suas descriptam reperi-
uius, sed potius lepida quacdam mcmoratu ct cognitti (ut est
38 in praeuiisso arguuiento capitis) ex ea delibata. Sunt autem,
ex Varrone ut apparet excerpta, haec: 07Ctixrj facit multa de-
miranda id gcnus, nt in spcexdo uno imagines umus rei plurts
appareant: item ut speculum in loco certo positum nihil ima-
ginet, aliorsum translatum faciat imagines: itemy si rcetus spe-
ctdum spectes, imago fiat tna huinsmodi, ut caput deorsum vi-
dcatury pedes sursum. rcddit ctiam caussas ca diseiplina, cur
istae quoque irisiones fallanty ut, qnae in aqua conspiciuntnr,
maiora ad oculos fianty quae proctd ab oculis sunt, minom.
Et haec quidem ad eam opticam pertinent, quam hac appel-
latione nos quoque hodie vocitamus. A Varroniana autem
6tttuoic notione non alieniora ea sunt, quae proprio nomine
dictae geometriae a nobis tribuuntur ad lineas et figuras
spectantia. Eius rei luculento documento est Gellii caput 20
libri I, cuius multo plura ex Varrone petita esse persuasum
habemus, quam quae ad eum nominatim referuntur. Quod
quidem ipsa ratio planum facit, qua Varronis testimonium
cum reliqua disputatione ita conectitur, ut ne posse quidem
utraque pars certis finibus dirimi videatur: quo accedit, quod
Gellium satis iam comperimus Disciplinarum libros suis ocu-
lis usurpasse ex iisque non pauca alia vel tacito vel nomi-
natim deprompsisse. Simul autem ex illo capite commode
cum hoc perspicitur, qua partitione 6tttikt| sit in eTrmebo-
ueTpiav (vel ixvotpctq)iav) et CTcpeojneTpiav divisa, quam par-
titionem etiam Marcianus novit VI p. 228, tum qua ratione
geometricae cum arithmeticis rationibus copulari sint solitae.
En igitur integrum caput. Figurarum quae cp^axa gnme-
trac ap}Manty gcnera sunt duo, planum ct solidum. hacc ipsi vo-
cant fjtfatdov xal atsQeov. planum est eiuod in duas pmrtis sohnn
lincas hal>cty qua latum cst ct qua longum: qualia sunt triquetra
et quadratei quae in arca flunt sme altitudine. solidnm cst,
quando non longitudims modo ci latitudines planas numtri
linearnm efficiunty scd ctiam cxtollunt altitudines: qnales suiit
fermc metae triangulae quas pgramidas appel\a%dy vcl qnalia
sunt quadrata undieptc quae xv(iov$ illi, nos quadrantedia tliei-
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DISCIPLINARVM LIBRIS. 387
mus. xvfiog enim est figura ex omni latere quadrata, qualcs
sunt, inquit M. Varro, tcsserac quibus in alvcolo luditur, cx
quo ipsac quoque apjwllatac xvfioi. in numeris etiam similiter
xvfiog dicitur, eum otnne tatus eiusdem numeri aequabiliter in
sese soIviturt sicuti fit eum ter terna ducuntur atque idcm ipse
numerus triplieatur. huius numeri cubum Pythagoras vim ha-
berc hmaris cimdi dixit, quod ct luna orltem suum lustrct scjt-
tem et viginti dicbusy qui numcrus ternio, qui gracce dieitur
TQiug, tantundem efficiat in cubo. tinea autem a nostris dirifur,
quam ypauuijv Graeci nominant. cam M. Varro ita drfinit:
linea est, inquit, longitudo quaedam sine tatitudinc et altitudinr.
Euctides autem brevius praetermissa altitudine yoauuT}, inquit,
est nrjxog dirAartg e. q. s. Euclidem, qui tamen ab ipso
potest Varrone commemoratus esse, sequitur Marcianus p. 228.
§ 18.
Sed his omnibus tantum abest ut vis et notio geome-
triae Varronianae consumnietur, iis ut tantum praecepta artis
h. e. caussae et principia e mathematicis rationibus repetita
contineantur, quibus accessit pars TTpaKTiKn. ad vitae usum
spectans, eaque rursum bifariam divisa. Ab ipsa enim vo-
cabidi origine profectus geometriam Varro detiniit terrae
metiendoe disciplinam: qua notione agris sive privatis sive
publicis dimetiendis adhibita fit agrimensorum ars groma-
tica (quam cum formis geometricis etiam Cassiodorus Var.
III, f>2 sociat), ad terras universas orbemque adeo terramm
traducta nascitur geographia. Ad utramque disciplinam
Varronem voluisse suam geometriam pertinere primum per-
Hpicitur e communi Cassiodori c. 6 p. 558 a et Pseudo-Boe-
tii p. 1229 hoc testimonio: sed Varro jmitissimns Latinorum
huius tuyminis caussatn sic exstitissc commcmorat, diccns prius
quiilem dimetisiones (homincs dim. Cass.) terrarum terminis po-
sitis, vagantibus ac discordantibus populis [vag. pop. Cass.) paeis
utilia praestitisse: deinde totius anni circidum menstruali (ntcn-
suali Boet.) numero fuisse partitutn (partitos Cass.*)), unde n>
*) Voluiane Cassiodorus videtur: priwt quidem per dimensiones ho-
mines terrarum terminis ponitis .... praestitisse , deinde .... fuisse
partilnm
25*
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.388
I)E M. VABR0NI8
(tunc Bo.) et ipsi menscs, quod annum metiantur (metinntur
Bo.), dicti sunt. vcrum postquam ista rcperta sunt, provocati
studiosi ad illa invisibilia cognosccnda cocjtcrunt quaercre, qtuinto
spatio a terra luna, a luna sol ipsc distaret, et usque ad ver-
ticem caeli quanta se mensura distendcret: qttod pcritissimts
geometras assecutos essc commcmorat (verum — connncmorat
om. Bo.). tunc ct dimensioncm orbis terrae (dim. universae ter-
rac Cass.) prolxibili rcfcrt rationc collcctam : ideoque (idco Bo.)
factuni cst ut disciplina ipsa yeometriae nomcn acciperet, quod
per saectda hnga custodit (constaret Bo.). Varrouis igitur ex-
cmpluui Marciauus iuiitatus uon tantum haec pronuntiauteiu
facit Geometriam VI p. 192: Geomctria dicor, quotl permcatam
crebro admcnsamque tcUnrcm ciusfjuc ftguram, magnitttdincin,
locumf partes ct stadia jwssim cum suis rationibus caplicare,
ncquc uUa sit in totius tcrrae divcrsitate partitio, quam non
mcmoris cursti descrqytionis absohant: sed in ipsa geometriac
enarratione ita versatur, ut a p. 192 ad 227 geographicas
rationes universi orbis terrarum persequatur, ac tum demuui,
exposUa tcrrae acquorutnquc mensttra, ad artis praeccpta veniat,
ut ipse ait p. 227 (coll. p. 192: ac dentttm cetera astrttcndae
pracccpta artis apcrire), h. e. ad linearum figurarumque de-
finitiones. Quamquam quod in priore parte bis ipsius meu-
tiouem Varronis fecit p. 205. 214, id nullam huc vim habet
propterea quod et haec duo testimouia et geographica sua
tantum non omnia Plinio maiori (vel Solino) debet, cuius
vide III, 5, (G), 45 et IV, 12, (24), 77. Alia Isidoro cum
Varroue ratio intercedit. Is enim et geographiam sane et
gromaticam, quam non attigit Marcianus, complexus, utrani-
que tameu ab ipsius geometriae euarratione longo intervallo
diremptam libris demum XIV et XV (ubi a cap. 13 agitur
de agris, dc finibus agrorum, dc mcnsuris agrorum) Originuui
41 porsecutus est. Itaque quaerere licet num forte in Varronis
gromaticis locus etiam his fuerit Orig. XV, 13, G, quae e
Servianis in Georg. I init. emendata ascripsimus: omnis autctn
agtr, ut Varro docct, quadrifariam dividitttr. aut cnim airtts
cst agcr id est sationalis, aut consitivtts id cst apttts arboribtta.
% aut jxiscutts qtti Itcrbis tantttm ct animalibtts vacat, aui flori-
dus in quo sttnt horti (immo orti secundum Varronem) apilw
DISCIFLIXAUVM LIBRIS
389
congruentcs. Quae sane ad libros de re rustica sine ulla du-
bitatione referremus, nisi lii superstites essent. Sed hoc
(juoniodocunque se habet, certo e groniatiea parte geometriae
illud caput Varronianum petitum erat, cuius nunc inscrip-
tionem tantum in agrimensomm collectione superstitem esse
§ 5 vidimus. Frontiniano autem testimonio ibidem allato
addere altenuu licet e p. 215 CJoes.: limitum prima origo,
skut Varro dcscripsit, ad disciplinam aruspicam (codd. rusti-
ram; an aruspicinam?) noscitur pertinere, quod aruspiccs orbcm
ierrarum in duas partes diviscrunt . . . et quae sequuntur
magua fortasse ex parte ail ipsius Varronis exemplum dis-
putata.
§ 19.
1. Quod autem universam terrarum descriptionem (b. e.
Y€uiU€Tpiav Tfic oiKOU|nevr|C*)) Varronis dc gcomctria libro com-
prehensam esse intelleximus, inde nova lux obscurae admo-
duni quaestioni atlulget. Etenim cum nbn mediocris multi-
tudo esset fragmentonim Varroniauorum ad geographiae
explicationem pertinentium, identidem quaesitum est, quibus
tandem hanc libris tractasset. Nam Bcrum humanarum etsi
sex integri libri, ab VIII ad XTIT, fuerunt dc Jocisf tamen
hos non ad exteras terras quaslibet patuisse Augustino cre-
denduiu est de civ. dei VI,4: Itcrum quippe humanamm libros
mn quantum ad orbcm tcrrarum, scd quantum ad solam Rn-
mam pcrtincnt, scrijisit (non quantum ad solam Italiam, quod u
Krahnerus 1. s. s. p. 23 posuit). Exstiterunt praeterea Epluz-
meridos navalis ad Tompcium libri Varronis: de quibus non
levia quaedam enucleanda restaut etiam post doctas curas
Krahneri p. 18 sqq. et Bergkii in Mus. philol. Rhen. nov. I
p. 367 sqq., quem ne noverat quidem eosdem nuper commen-
tarios leviter tangens Oehlerus Sat. Varr. p. 64. Ab his
autem libris alieuissimam totius orbis terrarum descriptio-
nem fuisse, satis ex ipso scriptoris consilio apparet, quippe
quem sciamus librum illum Cn. Pompeio per Hispanias mi-
*) Sic enim Protagorae geographi liber inBCriptus erat teste Fhotio
Bibl. c. 188 coll. B. Fabricio in Mus. philol. II p. 372.
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390
DE M. VARRONIS
litaturo scripsisse teste Itiuerario Alex. M. c. 6. Quae cuni
ita essent, nescire se fassus est Krahnerus p. 23, ubi tandem
posita fuissent fragmenta a Plinio potissinium servata, quae
ad externarum urbium, gentium, regionum, viarum cognitio-
nem pertinerent. Eis nunc locus inventus est in geome-
tria. Vnde primum non dubitamus Gellianam memoriam
repetere X, 7: Varro autem cum dc parte orbis, quac Europa
dicitur, disscrcrct, in tribus primis eius terrae fluminibus Mo-
danum esse ponit. Quo tamen minime pertinent Varronis w
Europa verba a Festo p. 381 M. allata tutum sub sede fm*
sent, quae extrema sunt hexametri, petita autem e P. Var-
ronis Atacini Chorographia sive Cosmographia, ut post
Ruhnkeuium Epist. crit. II p. 200 perspexit Wuellnerus
p. 23. Cf. Hertzium de Cinciis p. 37. Memorabile est enhn,
triplici exemplo Reatini imitationem apparere in Atacino:
Co8mographiae, Ephemeridos, de qua dixit Bergkius 1. s. s.,
et Satirarum, si modo fides Horatiano scholiastae in Serm.
I, 10, 46.
2. Omnium autem maxime Varrouis geographicis Pli-
nius iisu8 est in Naturali historia, iis quidem libris quibus
contineri voluit situs, gentes, maria , oppida, portus, tnontes,
flumina, mensuras, popidos qui sunt aut fuerunt, h. e. a tertio
ad sextum. Eorum igitur ordinem librorum in excerpendis
Varronianis testimoniis nos quoque sequimur, ascriptis prae-
ter librorum capitumque numeros paragraphis Silligianis.
Plin. III, 1 § 8: In universam Hispaniam M. Varro per-
venisse Iberos et Persas et PJioenicas Celtasque et Poenos tra-
43 dit: lusum enim (ctiam?) Liberi patris aut kvoeav cum co
bacchantium nomcn dedisse Lusitaniae, ct Pana pracfectum ms
universae: de quorum scriptura cf. Silligium. — III, 5, 45
(cf. Marcian. p. 205): Abest (Italia) a circumdatis tcrris Istria
ac Libumia quibusdam locis centena M pass., ab Epiro d 11-
lyrico quinquaginta, ab Africa minus CC ut auctor est M. Varro,
ab Sardinia CXX M, ab Sicilia M CCCCC, a Corsica mkm
LXXX, ab Issa quinquaginta. — III, 10, 95: Patct (Magna
Graecia) octoginta scx M pass., ut auctor cst Varro; pteriqHe
LXXV M fecerc. — III, 12, 109 (cf. Solin. c. 2 nied.): h
agro licatino CutUiac lacum, in quo fluctuct insula (cf. de 1.
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DISCirLINARVM LIBRIS.
391
lat. V § 71), Italiac umbilicum essc M. Varro tradit. — III,
22, 142: Narona cotonia tertii conventus . . . .: M. Varro
LXXXIX civitatcs eo ventitassc auctor cst. — IV, 12, 62 (cf.
Solhi. c. 7 uied., Isid. XIV, 6, 18): Ex hac (Co) profectatn
ikiicatiorem feminis vcstem auctor cst Varro. — IV, 12, 66:
(Deluin insulam) ad M. Varronis aetatcm Mucianus prodidit
bis concussam. Legorat igitur hoc apud Varronem Licinius
Mucianus: casu auteni factuin, ut ex lioc, uon ex ipso Var-
rone excerptuin Laberet Plinius. — IV, 12, 77 (cf. Marcian.
p. 214): Intcr duos Bosporos Thracium ct Cimmerium dircrtv
cursu, ut auctor cst Folybitts, D M pass. intcrsunt; circuitu
vm totius Vonii vicics scmcl ccntena quinquaginia M ut auctor
est Varro ct fcrc vetcrcs. Ibideni: M. Varro ad hunc modum
mditur: ab ostio Ponti Apolloniam CLXXXVII M I) pass^
Calatin tantundem, ad ostium Istri CXXVf ad Borystlienem
CCL, Cherroncsum Heracleotarum oppidum CCCLXX V M pass.,
ad Panticajxieum, quod alibi Bosporum vocant, cxtrcmum in Eu-
rojKtc ora} CCXXII M D: quae summa efficit trcdccies cen-
tcna d triginta septem M D. — IV, 21, 1 15: Ab Minio qucm
supra diximus, CC M jxiss., ut attctor est Varro, abcst Acmi-
nius. — lbidem: Ab eo (Tago) CLX M pass. promunturium
Sacntm e media propc Hispaniae frante prosilit, XIV cmlcna
millia pass. inde ad Pyrcnaeum mcdium colligi Varro tradit.
— VI, 13, 38: At ubi coepit (Caspium mare) in latitudinem
pandi, lunatis obliquatur comibus velut ad Macotium lacum ab u
ore descendens, silieis ut auctor est M. Varro similitudine.
VI, 17, 51 (cf. Solin. c. 19): Hatistum ipeim maris (Scythici)
dukern esse et Alexander Magnus j/rodidit, ct M. Varro talem
perlatum Pompeio iuxta res gercnti Mithridatico belto, magni-
tudine haud dubic influentium amnium vieto salc. adicit idcm
Fompeii ductu exploratum, in Bactros septcm diebus ex India
perveniri ad Icarum flttmen quod in Oxum influat, et ex eo
per Caspium in Cyrum sttbvectas qttinque non amplius dicrttm
tcrreno itinere ad Phasin in Pontum Indicas posse devchi mer-
ccs. — Vno in conspectu posuimus omnia: quorum alia aliis
esse incertiora apparet. Certa sunt, quibus mensurae tra-
dimtur; dubia longe pauciora haec: III, 12. III, 22. IV, 12,
62 et 66. Quae mox signiticabitur quam multiplices sedes
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392 DE M. VARKONIS
potueriut in Varroniauoruin varietate scriptoruni habere. E
quo genere etiaui hoc est, quod de vestibus Cois percommode
dici iu libris de vita popidi Romani potuit. — Ceteruni uu-
merorum quoriuidam emendatiouem aperte corruptoruui iu
Pliuiauis testimoniis sciens nunc praeterniisi.
3. Pliiiianorum multitudinem facile putet quispiam e So -
liui Polyhistore augeri posse, iu quo Varrouis meutioneiu
his locis habes. Cap. 11 fiii.: Vttlt Varro Icarum Crctem ibi
(ad Icarum insulam) naufrayio interissc et de exitu hominis
impositum nomen loco; c. 27 init.: auctor est Varro per-
/labitem ibi (ad Africae oram) terram ventis penctratUibus su-
bita vi (vulgo subitam vim) spiritus citissime aut rcvomere ma-
ria aut resorberc; c. 33 init.: . . . rubrum nuirc, quod
Erythraeum ab Erythra reye Persci et Andromcdae filio, M*
soium a cotore appeUatum Varro dicit, qui affirmat in litore
maris istius fontem csscf quem si ovcs biberint, mutait vclkrum
quatitatem ct antea candidae amittant qucm Imbuerint \amituwt
quod fecerint vulgoj usquc ad haustum ac furvo posttiwdum
niyrescant colore. Ac dc primo horum testimoniorum non
intercedo, de altero ct tertio valde anceps csse iudicium
sentio. Naui quae de ventis maribusque orae Africae tra-
« duutur, ea haud scio au de iitoralibus potius sive libro sive
libris Varronis debere Solinus eo probabilius credatur, quod
euni libruui alibi ipse eoinineinoravit, c. 11: Varro in o;m,
guod de litoraiibus cstf ctiam suis tcmjHiribus afftrtnat sepulcrum
Iovis ibi visitatum. Quae cur iii litoralibus locuin inveneriiit,
colligi ex iis quae praecedunt potest: albct (Creta) iuyis mon-
tium Dictynnaei ct Cadisti, qui ita cxcandescunt ut etninus m-
viyantes mayis putciU nubila. practer ceteros Ida cstf qui atUe
sotis ortutn sotem vidct. Quod autem libros de lihralibus, de,
ora maritima, de aestuariis Krahnerus p. 18, quocuui couveiiit
Merkolio prolus. ad Ovidii lbin p.361, couiecit singulas parks
fuisse unius operis Varroniani, quod esse Ephancridem nava-
iem ad Potnpeium voluit: id credibile non est. Nec enim
illa, quae sunt de Ida Cretensi, cominode perspicitur quo-
modo ad Pompeii rationos pertinuerint iu Hispania milita-
turi: et hoc ut concedam potuisse fieri, repugnant profecto
vel certe prorsus dissuadeut illa ipsa Solini verba in operc
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DISCIPLINAKVM I.IBKIS. 393
quod de titoralibtts est. Sed nuii diversus esse de titoralibus
et de ora maritima lihrus (de ora mar. librum 1 affert Ser-
vius in Aen. I, 111), id veru res ipsa suadet ut credainus.
— Tertiuin autem Solini testiinoniuin Varronianum etsi po-
test e geonietria deproniptum esse, tamen dubitare licet umu
ibi tam singularibus rebus meiuurandis lueum eoncesserit,
qualia sunt de x>vium velleribus funtis liaustu mutatis. Ac
fortasse haec quoque ex Lituralibus repetat, qui funtem istum
in litore maris esse dici reputaverit. Verum etiam alia
ratio in prumptu est, de qua paullu explicatius dicendum.
Afferuutur euim cum a Solino tum a Plinio iis libris, qui
dicati sunt medicinae explieundae, non pauca Varruniana
commuui viuculo hoc eognata, quod in mirabili vi pernicio-
>aque plerunique efficacia locoruin, fontium potissimum et
aquarum versantur. Ea cum non saue abhorreant ab ipsius
notioue usuque medicinae, tanien, nisi mea me couiectura
fallit, pusita fuerimt umnia in eu logistorico qui inscribitur
GaUus Fundanitts dc admirandis, Aristutelis exemplu cetero-
rumque TrapaboEoYpaq)UJV, qui rctpi Oauuatujv vel Gauuaaujv vel
9auua£ou€VUJV scripserunt. Huius enim argumentum logistorici 46
ad utramque quam dixi partem pertinuisse, coniunctis inter
se duobus apud Nonium p. 216 et 71 exemplis planissiiue ef-
ficitur: secundo de stativis aquis, ut sunt lacus ct stayna et putci
d maria: — vinum, quod ibi natwn sit in quodam toco, si prae-
gmms bibcrit, ficri ut aboriatur. Cum his igitur liaec com-
>one tam herclc finitima ut nihil supra. Plinii XXXI, 2,
15: in Cilicia apud oppidum Ccscum rivus flttit Nus, ex gm
bihentium subtiliorvs scnstts fieri M. Varro tradit; at in Ceo
instda fontetn esse quo hebetes fiant, Zamae in Africa quo ca-
norae voees. — Ibid. § 21: Caclius apud nos in Averno ait
etiam folia snbsidcrc, Varro aves qttac advolavcrint emori. —
lbid. § 27: Varro ad Soracten in fonte, ettitts sit latUudo quattttor
l*dttm; sole cjcorientc ettm cxundarc fervcnti similcm; aves quae
denttstavcrint ittxta mortuas iaeerc. Quo nescio an addenda
shit, quae utique potuerunt in ipsa medicina memorari, ex
§ 0 haec: idem (ut ealculosis aqua medeatur) eontimjit in
Yetmo lacu jwtantibtts; ifem in Syriae fonte ittxta Taurum
montcm [utj auctor cst M. Varro. Sed confidenter adde ex
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DE M. VARRONI8
Solini, ad queui iam revertitur disputatio, cap. 7 haec: Varro
perhibet fontem in Arcadia csse cuius interimat haustus: et in-
ferius: Varro opinatur duo in Boeotia esse flumina (c£ Plin.
II, 103, 230) natura licet dispari, miraculo tamen uou tUs-
crepantc, quorum altcrum si ovillum pecus dcbibat, pullum fieri
coloretn quem luibucrit [coloris quod inducrit vulgoj, altcrius
haustu, quaccunque vellerum fusca sunt, in .candidum verti.
addit vidcri ibi puteum pcstilentem, euius liquor mors est hau-
rientibus. Vbi ad libruui dc admirandis (vel de miris) non
ambigue ipsum videtur miraculum vocabulum spectare.
Ceterum cum in Admirandis praeter aquas etiam bestiarum
mentio facta sit, ut glirium apud Charisium p. 69. 106, jier-
dicum apud Nonium p. 218, muraenarum Macrobii Saturn.
II, 11: indidem Plinius videri potest haec sumpsisse VIII,
29, 104: M. Varro auctor cst a cunicidis su/fossum in His}ia-
nia oppidum, a talpis in Thcssalia, ab ranis civitatcm in Gailia
pulsam, ab locustis in Africa, cx Gyaro Cycladum instda in-
47 colas a muribus fugatos, in Italia Amyclas a scqjattibus dc-
lctas. — Alia fortasse suppeditat Valerii Maximi dc miractdis
caput I, 8.
4. Magis obnoxia dubitationi, quam quae ad reliquas
terras pertinent, ea sunt Varronis fragmenta geographica
quae ad ipsam Italiam spectant: e quorum numero fuit
etiam Pliuii illud e III, 12, 109.*) Nam etsi in Rcrum hu-
manarum libris de locis eatenus tantum dictum esse, qua-
tenus ad Komam, Augustinus testatur, tameu recte hoc
Krahnerus 1. s. s. videtur in eam partem interpretari, ut etiam
ad Italiam patere existimetur. Docent enim hoc ea quae ex
Her. hum. libris VIII ad XIII forte servata sunt: velut non
ad Romam profecto, sed ad Italiam pertinent quae de scfitetH
iuxta Begium fluviis ex lib. X Probus profert in Bucolic.
init., vel quac ex XI Macrobius Sat. II, 12: ad victum ofttima
*) Vmbilicum Italiae lacum CutilienBeni apparet non minu» com
mode in Italiac descriptione (h. c. in Herum hum. libris) quam in
G«'0inetria dioi potuisse; dt* lacu , in quo fluctuet ituuhi, non minus
commode, quam de alii» lacubus, iu Admirandis. — Coutra quac Bupr»
exprompaimus Pliniana III, 5, 45 et III, 10, 95, ea quippe in interral-
lorum dimenflionibus versantia geometriae imprimia apta sunt.
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DI.SCIPMNARVM LIBKIS
395
fert ager Canqxtnus frunwntum, Falemus vinumy Cassinas oleum,
Tusculanus fwum, ntcl Tarentinus, pisccm Tiberis. Haec igitur
si uon aliena fueruiit a Reruui humanaruui libris, niulto
etiani miuus alieua talia putabimus quae ad eos locos po-
pulosve Italiae spectant, qui ipsius historiae vinculo cum
Rouiae Latinaeque gentis antiquitatibus continentur. Qualia
siuit de Latio deque Oenotria prodita apud Servium iu Aen.
VIII, 322. 1,532; vel de Sabinis apud Festuin p. 343: atque
persuadet imprimis, quod, quemadmoduui ad etymologiam
quae sunt de Latio et Sabinis spectant, ita ipsius Italiae
uouiinis stirpem in antiquitatibus rerum humanarum Varro
explicasse dicitur a Gellio XI, 1. Nec quae idem ille Servius
habet in Aen. I, 246 et Georg. II, 201. Aen. VII, 712 de
Timavo fluvio deque lacu Velino, geometriae ausim cum ali-
qua confidentia tribuere: nec haec, in Aen. VII, 5(53: scien- ta
dum sane Varroncm enutnerare quot loca in Italia sitU huius-
modi: nec quae de Baiis in IX, 710, de Caere Schol. Verou.
iu X, 183: et si quae suiit id genus alia. Paullo probabilior
res, sed paullo, de Circeio et Erycc nwntibus apud euudem in
Aen. III, 386. V, 411. Praeterea non est neglegendum, de
locis non potuisse omnino taceri in eis Rer. hum. libris, qui
erant dc /wtninibus h. e. lib. II ad VII: quo non incommode
illud ipsum Servii de Oemtro rege testimonium Krahnerus
p. 17 rettulit, minus autem probabiliter quae de Massilictt-
sibus trilingnibus Isidorus XV, 1, 63 cum schol. Lucani III,
339 excerpsit. Contra pertinet huc praeclarum Macrobii Sat.
I, 7 (colL Lactantii Div. inst. 1,21) fragmentum de Pelasgis
m Latium advectis; pertinent fortasse etiam quae de Phoco
Corsicae et Sardiniae rege Servius iu Aen. V, 824, de Aeolo
rege idem in I, 52 (coll. Isidoro XIV, 6, 36) e Varrone tradit,
nisi Aeolias insulas maluisse eum in locis commemorare
putabimus. Denique ne dc tetnporibus quidem disputaus, id
quod fecit a XIV ad XIX librum, nec in quattuor de gente
poptdi Eotnani libris non potuit similia quaedam attingere. —
His igitur omnibus ut vel alienis vel ambiguis hinc seclusis
perpauca restant geographica, quae Plinianis supra compo-
sitis aliquo iure addi videantur: velut quod Lactantius posuit
Div. inst. I, 17: insulatn Satnutn scribit Varro i>rius Parttw-
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396
1>E M. VAKKOXIS
niatn nominatatn, qttod ibi Iutio adoleverit ibique ctiam lovi
nupserit. Aliquanto incertior res de Libtja kunovatj rov vhv
apud Servium in Aeu. I, 22. Sed de his satis.
§ 20.
Geoinetriae uotio queuiadmodum una ex parte iu terrae
ratioues geographicas patuii , ita eadem ad mundum, eaeluni,
• sidera tralata genuit ex se astronomiain vel ut Varroui ap-
pellata est astrologiam. Cuius siniilis cum musica cou-
dicio, quod, quamquam pars geometriae, tamen seorsum est
49 ut peculiaris discipliua pertractata. Astronomiae autem ex
geometria, cuius germanam dixit Marcianus VI p. 190, ori-
gincm lion Quintilianus tantum profitetur cum Cassiodoro § 2
conimemoratus, sed uberius ipse Varro explicavit iis verbis
quae e Boetio Cassiodoroque § 18 perscripsimus. Quae si
sequiuiur, nec anni metieudi ratioues a sua geometria Varro
exclusit, sed de temporibus in astronomia quoque, ut in Re-
rum humauarum libris, commentatus est: quamquam id genus
potuit strictim percurrere. Nec iuveuio quod e fragmentis
ad auni, mensium, dierum vel naturales vel civiles ratioues
spectantibus (cf. Censorini c. 22) Disciplinarum potius quam
Antiquitatium libris cum aliqua probabilitate tribuam, praeter
unum fortasse hoc: Ait cnim (Varro) apud Aegyptios pro annis
menses haberi, ut non solis j>cr XII signa circuitus faeiat
annum, scd luna quac orbcm illum siynifcrttm XXX dicrttm
spatio illustrat: quae habes Lactautii Div. inst. II, 12. Quam-
quam his si reputaveris Varronem aryuntentari nitum esse
enr putarentur antiqui millc annos victitassc, nescio an non
minus comiuode ad eas quaestiones illa referautur, quas de
vitac aetatibtts Jtumanac instituisse Varroneui vere Krahnerus
p. 26 disputat. Non uno in loco, sat commode autem in
astronomia caelum potuit a caclato ducere, id quod eum fe-
cisse Plinius eo libro testatur quo dc mundo ct elcmcntis ipse
cxposuit, h. e. II, 4, 9. Itaque eodem pertinet fortasse Isi-
dori memoria item eo libro prodita queni fccit de mundo,
elctnentis, caelo similibusque rebus, XIII, 1, 2: utulc ct ani-
malia Varrtmi videntur clemcnta, qnoniam per scttwt ipsa, ittqnit,
moventur. Dubia magis res de eiusdem testimonio VIII, 6,21:
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DISCIPLINARVM LIRRIS. 397
muie et Yarro igncm mundi animum dicit, proindc qnod in
muttdo ignis omnia gubernei sicut animus in nobis: . . . qui
cum cst, inquit, in nobis, ipsi sumtis, cum cxiit, emorimur*)
2. Nec plus habeo de architectura quod dicam. Nisi 5«
forte hinc depromptuni est quod exstat apud Servium in
Aen. VI, 273: vcstibuhtm, ut Varro dicit, etymologiac non habct
proprictatcm, sed fit pro captu ingcnii. Nec certior de Flinianis
testinioniis coniectura, quibus de dispari lapidum natura sic
praecepit XXXVI, 18, 135: Vatro nigros cx Africa firmiores
csse tradit quam in Italia: c diverso albos tornis duriorcs quam
htrios. idcm Luncnsem silicem scrra secari, at Tusctdanum
dissilire igni: Sabinum fttscum addito olco etiam luccrc. Et
XXXVI, 5, 14: qucm lapidem (Parium) coepere hjchnitcn apjwl-
larc, quoniam ad lucernam in cunicttlis caederctur, ut auctor cst
Varro. Varroni num quid lsidorus acceptum referat in ca-
pite 2 libri XV, quod est dc aedificiis publicis, incoinpertuni.
§ 21.
1. Superest ut medicinae paucula frusta ex Plinii
eis libris colligamus, quibus materiam medicam complexus
est vel ex herbis (lib. XX — XXVII) vel ex animalibus
(XXVIII— XXXII) quaesitam. Et ad historiam quidem me-
dicae artis duo spectant testimonia, XXIX, 1, 4: Is (Hippo-
crates) cum fuisset mos tiberatos morbis scriberc in tcmplo cius
dei f Aesculapii) quid auxiliatum esset, ut postea similitudo pro-
ficerct, exscripsisse ea traditur, atque, ut Varro apttd nos credit.
tmplo crcmato instituisse medicinam hanc quae clinice vocatur.
Altemm XXVI, 3, 14: Trahebat praeterea (Asclepiades Pru-
sensis) mentcs artificio mirabili, vinttm promittendo acgris dan-
doque tempestive, tttm frigidam aqttam. ct quoniam caussas mor-
hortm scrutari pritts Ilerophilus instituerat, vini raiioncm ilhts-
*) Sed mutuli figuram cum lotigae rotunditati comparavit m g*o-
netriac rolumine teate Caaaiodoro (§ 5), mumlum solam est tellun-m
interpretatus. In oadenique geometria, non in astrologia, lunarem esse
circuiturn xxvu diernm apatio detinituni supra vidimua § 7 et § 17:
coius rei caussa, quod ibi a cubi notiotie geometrici exorsus ad cubicnm
numerum xxvn Varro perveuit.
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398 DE M. VARRONIS
traverat ClcopJuintus apud priscos, ipse cognominari se a (a
vulg. om.) frigida danda pracfercns \d auctor est Varro, alia
quoque blandimcnta excogitabai, ium suspcndcndo lectutos, r/iio-
rum iactatu ant morbos extenuaret aut soninos aUiccret, iam
batincas avidissinui Imninnm cupidinc instituendo, ct alia midta
5i dictu grata atque itwunda. In quibus verbis, quorum ca tan-
tum quae ad iudituui Asclepiadi cognomentum spectant Var-
• ronis auctoritate poni arbitramur, perineptum illud ajml
priscos esse, non est diftieile demonstratu: tametsi ex eo ad
aetatem adeo hominis detiniendam aliquid argunientatus est
Heckerus Hist. medic. I p. 366. Nam ut taceam per se mire
nec usitate apud priscos dici : si nihil aliud voluit Plinius nisi
ante Asclepiadem et morborum caussas ab Herophilo et a
Cleophanto vini rationem illustratas dicere, quid opus erat
omnino post prius illud, iam Herophili mentioni insertum,
alteram quandam temporis notationem denuo inferre? Eani-
que qualem tandem? Qua profecto Herophili aetati ut maior
etiam Cleophantia opponatur: id quod nec in veritatem hi-
storiae nec in Plinii consilium convenire ipsum suspicor
Heckerum concessurum. Nam Celsus III, 14 cum Cleophan-
tum dicit qucndam ex antiquioribus medicis, non aliud tempus
significat nisi tale cui et Herodicus et Cleophantus tribnendi
sint. Quae cum ita sint, non hercle ine]>te coniectatum est
in latinis apud priscos verbis ipsum cognomen latere Ascle-
piadis a Plinio significatum. Id si ' quaerimus quale fuerit,
praesto est Heckerus p. 387 u)uxpoXouTnc ponens, testimoniis
subscriptis Plinii 1. s. s. et Caelii Aureliani Acnt. I, 14. Sed
Caelii quidem nullus in hac caussa usus est, apud quem nihil
praeter haec exstent: (Asclepiades) vchenumtcr utile dkU
\aquam biberc] ct frigida lavari, quam iw%Qolov(SCav apjKllant,
ct frigidam biberc: in quibus verbis dubitari nequit quiu in-
siticia sint quae cancellis saepsimus. Praeterea neglexit
Heckerus de danda frigida h. e. ab aegrotis bibeuda loqui
Plinium, non de balneorum lavationumque usu. Ergo hac
quidem ex parte multo sane et consideratius et felicius Cor-
narius in apud priscos (APUTPRISCOS) latere couiecit buxi-
ipuxpoc (AOCIYYXPOC, DOSIPSICROS). In quo fortasse
acquievissem, nisi consultus a me amicissimus collega ideui-
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DISCIPLINARVM LTBRIS. 399
que imprimis doctus medicus Naumannus exstare a simili
caussa medico impositum cognomen apud Alexandrum Tral-
lianum respondisset. Ab hoc enim cum XI p.645 ed. Guinter.
quidaui 'IdKUJpoc 6 u/uxptCTOC commememoratur, tum eius no-
minis ratio redditur V p. 249: CKaXeiTO be unjxpncroc (sic),
oti uYpcuvoucr) rpocprj e^xpnTO e. q. s. Et Iacobus quidem
ille qui potuerit satis barbare uwxptCTOC dici pro umxptCTrj,
quaerere supersedeo: in Asclepiadem a umxpt£fiv factum co-
gnomen percoramode convenit, ut quod notione sua utrumque
complectatur, et potionem et lavationftm frigidam: der Ab-
kiihkr. Vide igitur num in latinis apud prtSCOS verbis vel
dTToiyuxpiCTric vel fortasse etiam simplicius (XTroipuKTrjc
cognomen lateat. Haec ut sit Plinianorum constructio: quo-
niam . . . vini rationein illustraverat Cleopiuintus, 'ATCo^rvxrng
ijise (Asclepiades) cognominari se a frigida danda praeferens
ut aucior est Varro e. q. s.
2. Quae reliqua sunt, ad singula medicamenta pertinent
counnendata a Varrone. A quibus tamen exclusimus iam
§ 19, 2 disceptata. Plinius igitur XX, 5, 43: Varro, quac
mle ct aceto pjsto est arefactoquc (cafpa), vermiadis non in-
fcstari auctor est. XX, 14, 152: qua de caussa dignior c pu-
tegio corona Varroni quam e rosis eubieulis nostris pronuntiata
est: nam et capitis dolorcm imposita dicitur levarc. XX, 20,
218: Mareus Varro coriandro subtrito cum aceto carnem incor-
ruptam aestate servari putat. XXII, 24, 114: Varro regium
cogtiominatum morbum arquatum tradit, qnoniam mtdso curetur.
XXII, 25, 141: voci cam (fabam) prodesse auctor est M. Varro.
XXV, 3, 24: tradatque M. Varro Scrvium Clodmm cquitem
ttomanum magnitudine doloris in podagra coactum vencno crura
perunxisse et postea cancisse sensu omni aeque quam dolorc in
ea parte eorporis. XXVIII, 2, 21: Cato prodidit luaatis membris
furmen auxiliare, M. Varro ptxlagris. XXVIII, 5, 57 : ob hoc
Varro suadet palmam altcma man it scalpere (contra sternuta-
menta). Ibid. 60: capitaautem aperiri aspectu magistratuum
non venerationis caussa iusserc, sed ut Varro auctor est vafctu
dinis, (juoniam firmiora consuetudine ea fierent. XXIX, 4, 05:
cnnctarer in proferendo ex his remedio, nisi M. Varronem sci-
rem LXXXVIII vitae anno prodidisse aspidum ictus efficaris-
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400
DE M. VARROXIS
simc sanari hausta a pereussis ipsorum urina. XXXIII, 4, 85:
53 auro twrrucas curari M. Varro atictor est. XXXVI, 27, 202:
ad eonvulsa viscera aut contusa, ut M. Varro: ipsis enim verbis
cius utar: *lix cinis est, inquit, foci; indc cnim cinis lucivius
])otus medetur, ut licct videre aladiatores, cum deluscrunt, hae
iuvari iwtionc' - His adderc fortasse licebit XXXI, 2, 11:
Varro auctor est Titium qucndam praetura functum marmoret
siani facicm habuisse propter id vitium (vitiligines): confiden-
tius autem Serviana in Georg. 1,151: nam proprie rdmjo est,
ut Varro dicit, vitinm obseenae lihidinis quod tdcus vocatur.
Non miuus autem confidenter a medicina segregamus non
raodo Plinii XXII, 25, 151, ubi vitio scripturae Varronis olim
nomen legebatur, sed etiam Apicii geminam memoriam, idem
nomen III, 2 et VII, 12 cum edulium Q>etaccorttm et bulborttm)
conficiendorum praeceptis sociantis, et ita sociantis ut, quid
Varronis, quid ipsius sit Apieii, aegre dignoscas: de quo ut-
cunque statues, rectius profecto quain de raedicina cogitabis
de ea satira quae inscripta erat rrepi dbecuaTUJV.
§ 22.
Postquain permensi sumus fragmentorum inultitndinem
proraiscue proditorum, non inutiliter quaeri de tempore vi-
detur quo haec Disciplinarum volumina Varro coinposuerit.
Et Schneiderus quidera quod comm. de Varronis vita et scr.
p. 234 inter a. 099 et 700 scriptos dixit, sola confisus est
Caelii Rufi memoria, quae quam sit dubiae fidei, § 5 disse-
ruimus. Primum autem tantum certura est, non esse a iuvene
conditos: nam et Asclepiades ille Bithynus, de quo § 21, 1
dictniu, Poiupeii aetate clarus fuit teste Plinio, et eiusdem
Porapeii res Mithridatico bello h. e. anuis 689 sqq. gestas a
Varrone commemoratas esse vidinius § 19, 2. Sed gravissi-
mum illud est, quod Varronem de aspidum ictu sanando
Plinius XXIX, 4, 05 praecepisse dicit vitae anno octavo et
octogesimo. Quod si recte creditur fecisse in libro medicinae,
M hunc consequitur ipso anno ab u. c. 720 esse composituui.
Vnde intellegitur ex amj)lioribus quidem commentariis Var-
rouis omnibus hos de disciplinis ultimos fuisse quibus ope-
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PISCIPLINARVM LIHRIS.
401
ram navaret suam, quippe quos probabile sit octo novemve
annis post libros de re rustica esse absolutos, de quibus
ipsius exstat in praefatione testimonium. Hinc autem fieri
coniectura potest, quam maturae et tamquam consummatae
eniditionis thesauris hi potissimura libri referti fuerint.
Sero Koppianam editionem Marciani CapelJae nactus
vidi Varronianae doctrinae vestigia iu Marciano C. F. Her-
niannum quoque agnovisse praef. p. XX, ipsum autem Kop-
pium pariter ac nos § G, lymplutrum insulas in nympharum
convertisse p. 722.
Praeterea permemorabile quiddam addendum est § 12
disputatiouibus nostris. Forte enim fortuna in Walchii Emen-
dationes Livianas incidens p. 172 sq. ea posita repperi, quae
niihi non teuipero quin ascribam. Sunt autem haec: Insigne
est (lacunae) cxetnplum Prisciani lib. I p. 546 Putsch. rAccidit
igitur Utterae nomcn, potcstas, fhjura. Nomen , vcluti a. b. c.
Et sunt ituleclinabilia elemenhrum nomina tam apud Graecos
quam apxul Latinos: sive quod a Ixirbaris invcnta dicuntur
(quod et ostendit VARRO in secundo de antiquitate literarum
dfjcens lingua Chaldaeorum singularum nomina literarum ad
eanun formas essc factas; ct cx his ccrtum fkri cos esse primos
auctores litterarum:) sivc quod simplicia hacc ct stabilia esse
dehmV etc. Varronis locum, quo omnes carcnt Prisciani cdi-
tiones, addit MS. Gruterianum nunc Lugduno-Batavum, quod
habuit quidem Putschius, sed quo (propter scripturae difficulta-
tetuj negligentissimc usus est. Locum iam protulit Bondam
Var. Iject. II, 13 p. 290, scd adeo corrupte, ut emcndatius cum
posuisse minimc jyocniteat. Gravissimo igitur planissimoque
doeumento iam utrumque confirraatur, et peculiarem operam &5
Varronem in litterarum rationibus explicandis posuisse, et
eam non uno, sed pluribus libris contentam. Vtrumque autem
tum prorsus in simillima testimonia illa cadat, quibus Var-
ronis de origine linguac latinac libros Apuleius, ad Accium
Ubros Poiupeius comraeraorarunt, quid quaeso ad probabili-
tatem propius potest accedere quam eosdera libros, quos Varro
FH. RU8CHKMI OPYACVLA III. 26
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402 DE M. VARRONIS DISCIPLINARVM LIBRIS.
de origine linguae latinae inscripsisset, ab argumento ducto
nomine Priscianum de antiquitatc litterarum libros dixisso?
Et cum Poinpeiaua memoria Prisciani testimonium Walchii
quoque coniectura nectebat: tam evidens est utrobique pro-
ditorum fragmentorum propinquitas: nisi quod inconsiderate
liuhnkenio assensus de libris ad Atticum potius quatn ad
Accium 8criptis cogitavit.
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XII.
De M. Terentii Varronis logistoricis libris*).
Inter praeclara ingenii et eruditionis Varronianae nio- m
numenta, quae temporuni iniuria nobis invidit, re quadam sin-
gulari duoruui genera librorum emineut: eorum quibus non
siniplicia, sed gemina nomina pro indicibus indita sunt h. e.
satirarum et logistoricorum librorum. Rursuin inter
utrosque indices magna consilii constantia hoc intercedit
discriminis, quod binorum satirae cuiusque nominum alterum
esse graecum solet, latinum alteruui, siuguli autem libri lo-
gistorici biuis nomiuibus latinis appellati sunt. Et de satiris
quidein nunc disputare nihil attinet, nec paucas haoc dispu-
tatio vel cautiones vel dubitationes habet: tantum facile ap-
paret, nullos illarum indices ad vivos homines pertinere.
Quod contra logistoricorum unum nomen ductum est a re,
alterum a persona, et eius quidem persona, cui liber quisque
dedicatus est: in quo genere tenendum, nou gentilicium no-
inen, sed propemodum constanter cognomeu idque solum in-
scribi. Dedicavit autem scriptor tali homini, cum cuius in-
dole factisque aliquo societatis vinculo rei tractatae argu-
uientum contineretur. Praeterea consentaneum est aliquo vel
amicitiae vel familiaritatis vel revereutiae vinculo ipsuni Var-
ronem et illos coniunctos fuisse, quibus honorifica nominis
inscriptione gratificaretur vel studium testifiearetur suum.
*) [Prooemium Iudicis scholarum hibernarum BonneiiBium a.
CI0I3CCCXXXXV et XXXXVI.j
26*
404 DE M. VARKONIS
Quodsi Varronis horum aequalium et familiarium tempora
inquisierimus, effici videtur eirca finem septiini saeculi octavi
que initio scriptos esse libros logistoricos: nec enim intrai
paucorum annorum spatium scriptos esse omnes oportet.
Argumenta autem partim de ethico genere, partim de histo--
rico petita sunt. Sermonesne colloquentium esse Varro vo-
iv luerit an suas ipsius continuas disputationes, non satis liquet.
Sed unum logistoricum pluribus potuisse libris distribui, UDO
vix ambiguo exemplo intellegitur.
Paucis rei summam universae complexi sumus Nam
quae posuimus omnia nou tam certis planisque testiuioniis
declarantur, quam e promiscuis ac saepe tenuibus vestigii*
invicem inter se collatis colliguntur, sed ut tamen, quod ali-
quot exemplis plene et evidenter apparet, non iuiuria etiam
ad ea traduci videatur, de quibus memoriae fide ex parte
tantum constat. Ac geminae inscriptionis consilium ipsum-
que logistoricorum nomen haec testantur, quae infra scripsi-
mus cum iis testimoniis composita, quibus pleni tituli quibus-
que compendifacti prodeunt.
I. (iellius IV, 10: M. Varro in togistorico qui inscriptns
est Catus aut dc liberis educandis. Idem XX, 11:
in logistorico M. Varronis qui inscribitur Catus. Nonius
septies et tricies: Varro Cato vcl dc liberis ctlueatuhs.
Hinc emendandus Macrobius Sat. III, G: mcminit huius
arae et Cato de liberis educandis: cuius libri prorsus
solitaria memoria. Scribendum esse et Varro Cato
de I. e. vidit Krahnerus de Varr. antiq. p. 11.
II. Probus in Verg. Bucol. VI, 31 p. 354 Lion.: Varro
in loyistorico quem inscripsit McssaUa dc valct utlinc.
III. Idem ibidem: Varro tfff logistorico qui inscribifnr Tn-
bcro de originc humana. Censorinus de die nat.
c. 9: Varroni . . . in lihro qui vocatur Tubero ct intus
inscribitur dc origine humana.
IV. Idem a Duebnero nuper editus in diariis Parisinis
* Revue de philologie, de litterature et d'histoire au-
ciennes' fasc. I p. 23: Varro in togistorico qui inscrt-
bitur Curio de deornm cultn. Augustinus de civ.
dei VII, 9: Varro in eo libro qucm scorsmn ab istis
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L0GIST0UICI8. 405
fh. e. Reruui divinarumj de culttt deorum scripsit.
Ibid. c. 34: aptui eundem Vatronem in libro de cultu
deorum.
V. Macrobius Sat. IIT, 14: Varro in logistorico qui in-
scribitur Marius de fortuna. Schol. Veron. in Verg.
Aen. VII, 681: Varro . . . libro qui inscribitur Marius
ant de fortuna.
Ex his exeniplis sat certa videtur coniectura de iis fieri,
•juibus suppresso logistoricorum nomine libri tuntum binonii-
nes commemorantur, plane ut a Ceusorino faetuni in Log. 111,
et a Vergiliano interprete in V. Quibus statim illa iungimus,
ium etiam brevius nec logtstoricus nec liber dicitur, sed ipsa
g^iuina inscriptio pouitur ad similitudinem Xonii in Log. 1.
VI. Ceusorinus de die nat. cap. 2: Varro in co libro cui
titulus cst Atticus ct est [i\ ct intus coll. Log. III]
dc numcris. Quamquam de hoc argumento ut valde
dubiteiuus taciunt quae sequuutur: id moris instituti- v
quc maiorcs nostri tcnuerunty ut, cum dic natali munus
annale genio solvercnt, manum a caede ac sanguinc
abstinercnt e. q. 8. Quibus verbis multo couvenien-
tiorem esse apparet Aldinae scripturam dc mnne-
ribus, sive ea e codicibus petita est sive coniectura
inventa. Sed Ausouius Popma quod voluit articulus
pro Atticus, eo niliil perversius. — Non autem huc
pertinet Augustini qui falso fertur testimonium, de
grammatica p. 2008, 47 I\: Varro in libris numerorum:
ubi etsi corrigendum esse libro putamus, tamen non
logistoricum dici, sed unuiu e Disciplinarum libris
Varronianis, alibi deinonstrabimus [v. supra p. 3(J2J.
VII. (tellius XIII, 4: in libro Varronis qui inscriirttts est
Orcstes vel de insania.
VIII. Idem XVII, 18: M. Varro in libro quetn inseripsit
Pius aut dc pace.
IX. Idem XVI, 0: M. Varro in Siscnna vel de historia.
X. Nonius p. 12,22: Varro Pappo aut [de\ indigc[ntia\.
Sic enim librorum mss. vestigia haud paullo proba-
bilius supplere videmur quam cum Ausonio Popiua
dc indigiUtmrnlis.
406
DE M. VAKKONIS
XI. Servius in Georg. I, 19: Varro de scacnicis origi-
nibus vcl in Scauro. — Charisius |>. 67, 20: Varro
de bibliothccis diccns gtutinc . . . : sed ct ghUinum in
Scauro. Idem p. 106,10: Varro in Scauro 'glutinum'
inquit 'fcrunt Daedalum invcnisse*. Ideui p. 82, 30:
Varro autcm in Scauro palumbi dicit. — Charisius
p. 61,13: Varro dc scacnicis originibus. Idem p. 83, 25:
Varro dc scacnicis originibus I ct III. Idem p. 103,
27 et Censorinus c. 17: Varro dc scacnicis originibus
lib. I. Charisius p. 96, 32: Varro dc originibus scae-
nicis sccnndo. Nonius p. 196, 8: Varro de scacnicis
originibus lib. III.
XII. Macrobius Sat. III, 11: Varro in libro qui inscribitur
Gallus de admi randis. Nonius p. 71, 26: Varro
Gallo vcl Fundanio dc admirandis rcbus. Ideui
p. 217, 1: Varro Gallo vd Fundanio dc tniris. —
Nouius p. 205, 30: Varro Gatlo aut Fundanio*).
Priscianus VII p. 759, 7 Putsch.: Varro in Fundanio.
— Servius Burui. et Philargyrius in Gcorg. III, 113:
Varro in tibro qui Admirabdium (Mirabitium) instri-
bitur. Nouius p. 218, 18 (220, 11) et Charisius p.oo,
34. 64, 13. 69, 37. 106, 15 cuni Incerto de orthogr.
p. 2791,47 Putsch., iteui Arnobius adv. gent. VI, 2:
Varro in Admirandis. — Vnus igitur Nouius, de
cuius in afferendis titulis neglegentia aliis quoque
i exemplis constat (cf. Parergon Plaut. I p. XIV sq.l.
perverso loco disiunctiva particula intrusa gemina
nomina imperite divulsit.
Ab his exeniplis (XI. Xll),-quibus alterutra pars gemini
indicis oinittitur, sive a sola persona facta appellatio relicta
est sive a re ducta (ut etiani Log. IV), rursum proficisci
licet, ut ad logistoricos item simplicia librorum nomina haei"
reicrauius.
• XIII. Priscianus X p. S87, 34 P. et Diomcdes p. 365, 9:
Varro in Latcrcnsi.
*) Vides nullo prorsn^ disrriminr et rrl rt nut ]i,irHculac locnm
dari in hoc penere: ut nimmni • i rri frilnnr.-.' vi<l- ainur 1'art'r^on I
p. 167.
LOfJISTOUiriS.
407
XIV. Charisius p. 44, 7: Varro in Nepote.
XV. Servius in Aen. IX, 53: Varro in Caleno.
XVI. Macrobius de diff. et soc. verbi p. 2763, 15 Putsch.:
Varro m Scaevola. Vulgatur in Scacvolam: accusa-
tivo, ut apparet, e proximis orto Ciccro in Vcrrcm.
— Nec tamen audemus ad eandein noruiam revocare
Incerti de gener. nomin. p. 99, 16 verba: simjmlutn
ijeneris ncutri, ui Varro in Ncronem. Pro hoe enim
rectius ad Ncroncm Hauptium suasisse, ex his intel-
legitur quae subiecimus testimonia. Charisii p. 105,
14: Varro ad Ncroncm. Nonii p. 26, 14 et 167, 24:
Varro epistula ad Varronem, quoruin priore Vcrroncm
est in quibusdam libris, utroque Neroncm scribi ius-
sum a Popma. Etiam apud Donatum in Eun. IV, 3, 7
peccatum est Varro in Marccllum pro ad MarccUum:
quo tamen non epistula, sed libri dc scrmonc latino (sive
de lingua latina) ad Marccllum signiticantur. Eadem
enim brevitate cum alii tum Servius in Aen. I, 43
et Georg. I, 11, Diomedes I p. 377, Lactantius de
opif. dei c. 5 Varro inquiunt ad Ciceronem i. e, de
lingna latina ad Ciccroncm: ut mittam plurima eius-
dem generis exempla addito libri numero magis
etiam manifesta. Similisque ratio illius est tituli,
quem ex Favorino Macrobius Sat. II, 14 memorat:
Varro ad Libonem primo (h. e. ad L. Scribonium
Libouem socerum Sexti Pompeii, ut recte Schnoiderus
de Varr. vita et scr. p. 228): qui liber nescimus in
quo arguraento versatus sit.
XVII. Macrobius Sat. III, 8: Varro dc moribus: si modo
in ea scriptura codices consentiunt nec moribus er-
ratum est pro mumribus.
XVIII. Servius in Aen. IV^ 45: Varro dc pudicitia. Nisi
forte vel hic vcl praecedens titulus cum eorum ali-
quo nominum iunctus fuit, quibus Log. XIII — XVI
inscripti sunt.
Nam de talibus argumentis (XVII. XVIII), quac petita
sunt e rlisciplina inorum, nec probari potest nec veri est
simile libris singularibus Varronem, praeter hos ipsos logi-
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DK M. VARKONIS
storicos, exposuisse. Contra fieri faciie potest, ut eoruni
quidam, qui cuui iu aliis locis coiumuuibus (etiaui iu ge-
uere historico) verseutur, fere pro peculiaribus habentur,
fuerint in logistoricoruui numero. Velut queui ex Augustiui
vn de civ. dei XIX init. uovimus Varronis de philosophia librum,
ab illorum similitudine profecto non magis abhorrct quaui
qui fuit dc historia, ab Augustiuo autem omissa altera in-
seriptionis parte pariter commemorari potuit atque de cultu
deorum ille. Scd dc rcrum natura quod logistoricum es.se
cum Popma Fabricius Bibl. lat. I p. 130 voluit, fraudi ei fuit
Nonii mendum p. 477, ubi de rc rustica lib. I recte Lipsius
restituit. De mcnsuris autem, ne quid de hoc simile suspicere,
non magis fuit logistoricus inscriptus quam de numeris: quod
item alio loco quale sit explauabitur [v. supra p.3Gl j. Omuiuo-
que nimius fuit Mercerus in Nonium sic commentatus p. 770:
Varronis libri omncs logistorici aul Mcnippeac, ejcccjrtis illis
operibus iustis ct maynis, Antiquifatum, de re rustica, de litujna
latina, et si quae ciusmodi (ut Disciplinarum, de sermone la-
tino). Praeter cetera autem illud in hoc genere tenendum
est, ampliorum commeiitarioruin, h. e. TroXupipXiuv, non raro
singulos libros siugulari iudice notari: cuius rei exeiuplis
iaiu ab aliis propositis nova quaedam addi posse putamus.
(^uae omnia diligenter reputata faciunt ut in enumeratis
supra logistoricis subsistamus ac ne coniectura quidem ultra
illorum fines evagemur. Harthiaua enim commenta Advers.
VI, 6 ne digna quidem hodie quae explicatius refellantur.
Sequitur ut de iuscriptis honiinum nominibus breviter
disputetur: sed breviter ut in re aperta, quam siu> quisque
labore pcrsequi accuratius poterit. Apparet autem coguo-
minibus Homauis Varronem magna consilii coustantia usum
esse: ut nec de Atellanarum persona Vappo (cum Popma)
nec de furiis agitato Oreste cogitandum sit. Immo Orestes
est ille aut Cn. Aufidius Orestes Aundiauus cos. a 682, aut
fortasse unus e gente L. Aurelii Orestae cos. a. G.r)0. Pappi
autem etsi Varronis aetate nulli meiuorantur, tamen V et
VI ab u. c. saeculo nec pauei nec ignobiles in gi-ute Aemilia
exstitere, de quibus cum alii tum Livius prodiderunt: quorum
e posteris quid est cur uon potuerit familiaris esse V arrouisV
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LOGISTORKIS.
4W
ut mittamus Sosium Pappum Hadriani Imp. amicuni. Soli a
reliquorum sirailitudiue reeeduut Marius et Gallus Fun-
danius logistorici. Quoruni illud exeniplura tantum abest
ut propositam normam labefactet, ut confirraet potius: quaudo
homo novus de plebe C. Marius carebat cognoiuine. Gallus
autem cognoraini cur gentiliciura Varro iunxerit, non est dif-
ficile ad divinandum. Tot enira gentiura Itomauarura Galli
fuerunt et ex parte clarissimi illis teinporibus, velut Aeliae,
Aquiliae, Asiniae, Caniniae, Corneliac, Fadiae, Plotiae, Iloseiae,
Se*tiae, ut ad quemvis horum potius, quam ad obscuriorem
aliquera Fuudaniura visa esset logistorici inscriptio speetare,
nisi errorem ipse scriptor cavisset. Idque eum honoris caussa
fecisse eo esse credibilius putamus, quo probabilius Funda-
nium illum videmur cum Schneidero de Yarr. vita et scr.
p. 217 sq. ipsius socerum Varronis interpretari: de cuius
eognomine nihil prodituin est meraoriae. Huic igitur, nisi
falliniur, gratificari gener voluit, librum oi inscribens quo
etiam indoctior senex et ab humauitatis studiis fortasse alie- vm
nior facile delectaretur, de rairabili uatura stagnorura, fon-
tiiun, locorum, aliarumque rerum admirandis: id quod e
fragmentis recte collegit Krahnerus de Varr. antiq. p. 15.
Sibi tameu ut quantum posset constaret, non Fundankun
GalUim, sed Gailutn Fundanium Varro inscripsit: quem veruin
esse nominura ordineiu vel corrupta Nonii testimonia mon-
straut. Nostram autem sententiara qui sequetur, uon opus
habebit de duobus logistoricis suspicari duoruin noiuinibus
Galloruin inscriptis: qui ut coramode inter se disceruerentur,
facile quispiam putet ipsis ascriptis cognominibus prospec-
tum esse.
Vel hoc exeraplo intellegitur, aliquo vinculo arguraentuni
cuiusque logistorici cura inscripti homiuis persona, indole,
moribus factisve contineri: idem autem per alia quoque ex-
empla persequi licebit. Et Marii quidera nomine quam apte
de fortuna liber sit inscriptus, res ipsa loquitur. Quaraquam
minime necesse est ad ipsum C. Marium septies consulem
scriptus sit, id quod apertis de caussis adeo abhorret a veri
similitudine; ne ad filiuni quidem illius Marii scriptum credide-
rim, qui iam a. 671 raortem obiit; sed quicunque fuit ex illius
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DE M. VARKOXIS
propinquis natu aliquanto rainoribus (fortasse ipse ille Pseu-
domarius C. F. C. N. de quo saepe Cicero), non potuit ei
non grata atque lionoritica ea inscriptio esse, cuius sane
propria vis ad raaiorum gloriam potius quam ad ipsius res
pertinerct. — Non magis caussa latet, cur Sisennae libmm
de historia Varro dicaverit: nec enim dubitandum quin ille
clarus rerum scriptor cogitandus sit L. Cornelius Sisenna,
doctus vir et studiis optimis deditus, raortuus a. 686: de quo
breviter dictura Parergon I p. 376 sq. — Itera ad Pium
quam apte logistoricuni dc pace rettulerit, commodc intelleges
ubi Q. Caecilium Metellura Piura filium Numidici, cos. a. 673,
memineris hominetn satwtissimum tnodestissitnutnquc omnium
Ciceroni diei pro Arcbia c.4, vel virum sanctissimum ct smnma
religionc ac modestia pro Balbo c. 22, ut mittaraus alia. Ex
hoc logistorieo quae excerpsit Gellius XVII, 18: M. Vtirro,
in littcris atquc vita ftde homo multa et yravisy in libro quem
scripsit Pius aut dc pace C. SaUustium scriptorcm scriae Utm
ct seccrac orationis, in cuius historia notationes ccnsorias fieri
[atquc cjcerceri] vidcmus, in adultcrio deprensum ab Annio Mt-
lonc loris bene caesum dicit et} cum dcdisset pccuniam, dimissum:
haec igitur valdc subtili sed eadem non improbabili coniec-
tura Ausonius Popma coniunxit cura eo fragraento Sallustiano
apud Macrobium Sat. 11,9, quo is scriptor effusissimae luxuriae
superbiam ipsi Metello Pio exprobravit. Vt ab ea liunc
criminatione Varro defendisse in Pio logistorico videatur.
Quod si ita se habuit, quoniam aliquantum temporis inter
niortem Metelli et historiarum editiouem Sallustii interposi-
tum est, hunc quoque librum Varro non ad eum scripsit,
ad quem maxirae spectare argumentum voluit, sed ad ali-
ix quem e propinquis, filiura fortasse adoptatura Q. Caeciliura
Metellura Scipionem cos. a. 701, cui item cognomen fuit Pio.
— Sed graviter idera ille Popma fallitur de Messalla, quem
esse M. Valerium Messallam coniecit, qui omni tempore aetatis
iirma usus valetudine ad centesimum annum vitam produxerit
testibus Plinio N. H. VII, 49 et Valerio Maximo VIII, 15.
Verum hi quidem de Valerio Corvo loquuntur: logistoricum
suum Varro aut M. Valerio Messallae Nigro cos. a. 692 in-
scripsit, aut ei M. Valerio Messallae qui ad consulatum a.
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LOGISTORICI&
411
700 pervenit. Queiu etsi suspieari licet, non tamen seitur
hriuitate valetudiuis excelluisse. — Longe autem planissinio
docuniento id quod volumus eo logistorico probatur qui fuit
de s<rtcnieus originUms. Eum enim dubitari ncquit quin Scauro
Varro inscripserit propter insignem ludoruin, in his scaenico-
mm, magniiicentiam ab M. Aemilio Scauro acdile a. 605
editoruin: de qua ludorum opulentia vide scriptorum testi-
monia a Sehuberto congesta de Roin. aedil. p. 4t9. Mirum
in modum a vero Popuia aberravit, egisse Varronem in
Scauro, cuius alteram inscriptionem ignorabat, de aedificiis
coniciens. Hunc autem logistoricum praeter reliquorum si-
militudinem non uno fuisse, sed pluribus libris comprehen-
sum (tribus ut videtur), non possunt profecto non persuadere
supra composita Servii, Charisii, Censorini testimonia, pror-
sus ea ita comparata ut, si quid in hoc genere similium
coraparatio valet, uno exemplo servatum plenum iudicem
appareat aliis locis per partes suas discerptum articulatim
commemorari, promiscue modo a nomine modo a re facta
appellatioue. Quae inconstantia quod hoc exemplo in unuiu
eundemque scriptoreui cadit Charisium, id levioris esse mo-
menti in eo grammatico apparet, qui non suae lectioni pro-
lata testimonia debeat, sed ab antiquioribus magistris ac-
cepta qualia repperisset servarit. Tantum facile concedi pu-
tamus, multo longius a probabilitate illud recedere, ut et
8iugularem librum de scaenicis originibus fecisse et iterum
de scaenicis originibus ne indice quidem variato tribus libris
exposuisse Varro existiinetur *). Nec mediocriter iroXupipXou
*) Ceterum quod de scaenicis originibus libros Varronero nescio quis
nuj>er dixit a<l AifcacKaXiKiuv graecorum similitudinem compoBuisuc, id
non magis conaiderate dictnm est quam quod Sehneiderus comm. de
Varr. vita et script. p. 238 eiuHdem librum (immo libros) tic poctis ad
AibacKaAiiuv imitatiouem factum putabat. Cum hoc euim tiraceorum
inetitnto recte confcrri illi tantum libri posuunt, qui fuerunt de actio-
nibus scaenicis: de quibus dictum Parergon I p. 179 aq. 320 sq. Horum
autem paucis fragmentie e Charisio Priscianoque pridera collectis novum
accessit ex Hauptii gratnmatico de gener. nom. p. 98: ScabiVum gcneris
neutri, sicut scamnum, ut Varro in actionibus scatnicis. Aliud fortaese
a Probo p. 1476 P. addendum: sinciput, sincipitis, Yarro posuit in
Actia: quas litteraw qui nobiscum ex integro actio[nibus] vocabulo
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DK M. VARRONIS
x logistorici offensio lenitur .unius satirae comparatione, quae
item sola in longe adeo maiore uovopipXujv satiraruin multi-
tudine duobus fuit libris divisa, ter quidem illa ab Nonio
sic coinmemorata Varro Pcripln lib. II p. 171. 192. 316.
Ac fbrtasse (quamquam hoc modeste proferendum) etiam lo-
gistorici bipertiti alterum quoddam exemplum in eiusdeiu
Nonii p. 105 verbis latet: Varro Caci lib. II. E quo satirae
titulum 'Aei AifJun, Scaliger effecit ingeniosissima sed audacula
coniectura: lenius videmur una littera mutata Cati lib. II
eruere h. e. Cati vcl dc libcris cducandis. Nisi quod dubita-
relietas credet, non habebit certe cur nupcro cditori suum illud in
Aetia invideat. Sed de iisdeui libris nisi fallimur C. Lachmannus co-
gitavit, praef. in Terent. Mauruiu p. XV Atilii Fortunatiani p. 2676 P.
319 G. haec verba ponens a semet quidem corrccta: ex quo non at
mirandum quod Varro in scenodidascalico PJialaecion mctrum Io-
nicum trimetrum appcllat, quidam lonicum minorem. Nam singularera
librum sic inscriptum edidisse Varroneni, id vero probabile nec suapte
natura est nec fit ullo indicio. Quod enim fuisBe argumcntum puta-
biinus, diver8um quidem illud ab actionum scaenicarum libria? Hob
autem si quis mirctur uon graeco more didascalicos simplieitcr, sed
insolentcr facto nominc scenodidascalicos dictoB: ci quidem mirationi
facilc quispiam ita, occurrat, ut opponi alionim, velut Accii IKdascaticis
coniciat, quibus cum promiscue de omni generc poesis poetarumque
actum esset, ad unam scaenicam suos voluisse libroa Varronem pertinere.
Esto: sed ita quomodo usui convenienter singulari numero dici in sce-
nodidascaUco de quinquc minimum libris potuerit, non magis assequi-
mur si pro neutro quam si pro masculino habueris. At vero absurdam
Lachmannus dixit Putschii (h. e. codicum) Kcripturam in cynodulasca-
lico. Hac quidem forma, recte. Verum exigua admissa mutatione sat
probabilis prodibit satirae index: in cynodidascalo, commode ille con-
ferendus cum gcrontodidascalo vicies a Nonio commemorata: nisi quod
graecis potins litteris Kuvooic-ticKaAoc et rcpovTobibdcKaAoc scribendum.
In satira autem tractari quidvis potuit: ut no mctrica quidem quicquam
caussae sit cur tangi potuisee ueges. Quae multo difficilius intellegimus
quomodo locum habere vel in actionibus scaenicis potuerint vel in di-
verso ab illiw scenodidascalico aliquo. Ceterum a kuujv nomine alius
quoque satirae index compositus est Kuvopnruip, cuius unus Diomedes
I p. 364 memoriam servavit. Contra nihili est qnod apud Philargyriura
in Georg. II, 477 nomen exBtat Varro in Cynistore , pro quo in gati-
rarum titulis Popma rettulit *SynistorJ. Vemm quae e scriptiB libris
aflferuntur in cynistro re et in cyni/lore, ea vix falli videmur cum in
banc potius partem interpretamur: Varro in Ciniflone.
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LOGISTORICIS
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tionem illud movet, quod in allatis ex eo libro vcrbis vestigia
apparerc nunierorura videntur h. e. unius et diraidii hexa-
raetri. Quamquam hoc ipsum satis esse incertum sentimus.
Quod tam plane et evidenter aliquot exemplis apparuit,
id dubitari vix potest quin latius pateat et ad ea quoque
pertinuerit, quorum nunc latet ratio. Nam quid necessitu-
dinis intercesserit inter Catum et liberorum educationem,
Tuberonem et originis liumanae diseeptationem, Curionem
et deorum cultum, Atticum et munerum notionem, Pappom
et indigentiae, Orestem et iusaniae, eo profecto incertius,
qnod ne qui fuerint quidem de omnibus constat. Non sane
inepte suspiceris egennni fuisse Pappum, pietate erga deos
insignem Curionem: sed tamen nec laus raagna talium con-
iecturarum nec fides. Et Oresti quis sibi persuadeat de in-
sania librum dicatum esse honorifica voluntatis testificatione,
quod in illius indolem aliquo modo notio insaniae caderet?
De quo quidem exemplo sic potius statuendum videtur, ali
qua saue in caussa, cur ad ltonianuni Orestem de tali argu-
uiento Varro scriberet, cognominis cogitationem herois fuisse.
Praeterea adventicia esse leviorum rerura varia occasio potuit:
id quod adeo monstrare certo exemplo lieet. Namque eum
logistoricum, e quo uberior quam e reliquis superest frag-
raentorum copia, qui est de liberis educandis, ad Catum Varro xi
scripsit propterea, quod de eo ipso argumento Varronis ille
seutentiam exquisiverat sibique ut consiliorum adiutor esset
rogaverat. Intellegitur enim hoc ex iis verbis a Nonio pro-
tlitis p. 77, quibus Catum apparet in ipso libri exordio a
Varrone compellatura esse: Varro Cato vel de Idteris educandis:
quod petisti ut eius educationis ficrem tibi socius, quoad \totui
adminiadavi tuam voluntatcni scribendo. Sed is quidem Catus
quis fuerit, incompertum nobis. Nisi quod praeter Aeliam
gentem Catos nullos exstitisse novimus, prisci autem Sex.
Aelii Paeti Cati genus tum uon exstinctum fuisse hinc disci-
mus, quod anni 756 consulem fasti produnt Sex. Aeliura Q.
F. Catuin. Ceterura inveteratura eorum errorem, qui perpe-
ram interpretati hauc testimoniorum formara 'Cata rel de Uh.
educ.9 ad aliquem Catonem, immo ad ipsum Censorium hunc
logistoricura rettulerunt, satis est hodie leviter perstrinxisse.
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I)E M. VARRONIS
Qui error (geinimis ille eius quo Catonis de liberis educandis
liber prodiit apud Macrobium) ad Gellii quoque librarios
(IV, 19) pertiuuit, quo uno loco etiam bonos codices Cato
nominativus occupavit. — Curio autem Varronianus aut est
C. Scribonius pater cos. 677, mortuus a. 700, aut C. »Scri-
bonius filius tribunus a. 704, a Iuba rege interfectus: de
quorum rebus recte distinguens scboliasta Bobiensis dixit ad
orat. in Clod. p. 330 Or. Ad patrem ut logistoricum de
cultu deorum lubentius referamus, viruni bonum et oratorera
sed parum a doctrina instructum, cum alia nos movent, tum
illud quod pontificem maximum fuisse cognoscitur ex orat
de harusp. resp. c. 6. — De Tuberone controversia esse
nequit, quin is sit L. Aelius Tubero, quem novimus M. Ci-
ceronis et condiscipulum et contuberualem et affinem et fa-
miliarcm, Q. Ciceronis in Asia a. 693 legatuin: homincm cuin
ingcnio tum doctrina cxcellentem, ut est pro Ligario c. 4, cui
etiam Aenesidemus Xofouc TTuppwviouc suos inscripsit teste
Photio Bibl. cod. 212. — Atticum unusquisque sua spoute
intellegit communem esse Varronis Ciceronisque amicum T.
Pomponium, ad quem etiain de vita populi Bomani libros
scriptos esse constat. — Kursum et Attici et Ciceronis ami-
cum Cornelium Nepotem historicum sat confidenter illum
Nepotem interpretamur, cui inscriptus logistoricus ignora-
mus quod argumentum tractarit. — Eiusdem generis quae
restant nomina, eorum Calenus quoque ipsa vitae consue-
tudiue officiorumque coniunctione, nisi fallimur, cum Varrone
continebatur. Quem facile quispiam couiciat Q. Fulium Ca-
lenum esse, tribunum a. G92, cuius frequens apud Ciceroneui
mentio: propterea quidem quod ad Fufium cpistula Varronis
xnmemoratur Nonio ]>. 117*). 144. 425. Sed tamen magis
etiam in promptu est de C. Subernio Caleno cogitare, quem
una cuui Varrone, Pompeianas partes secuto, in Hispaniam
(a. 704) profectum esse Cicero scribit ad famil. IX, 13. Ad
*) Commemorato8 ibi Quintipor Clodiunus malus poeta, de qvio
dictum Parergon praef. p. XII, qui potuerit post Fopmam Orellio Odoiii.
Tull. II p. 504 et Meyero iu Cic. Brut. p. 193 videri Cu. Cornelius
Lentulus Clodianus ease, non expedimus. Sed aequalem Varronis luisse
veri sane est similc.
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LOOISTORICI8.
415
eundemque Calenuin recte, ut arbitraniur, Schneiderus 1. s. s.
p. 235 rettulit Appiani de b. civ. IV, 47 verba, quibus Varro,
a triumviris a. 710 proscriptus, narratur a Caleno servatus
esse, in cuius villa delituisset. — Laterensis etsi fieri potest
ut M. Iuventius cogitetur Caesarianus, tamen rectius puta-
bitur longe illo notior M. Iuventius Laterensis praetor a. 702,
ile quo multus Cicero in Planciana. — Postremo Scaevola
vix est in illustrioribus illis Muciis Scaevolis quaerendus natu
aliquanto maioribus, sed si quid video Q. Mucius Q. F. Q. N.
accipiendus, tribunus a. 699, Q. Ciceronis in Asia provincia
comes a. 694, postea augur factus a. 704.
Quodsi in horura quos recensuimus hominum vitas ali-
quanto diligentius inquisieris quam nobis nunc est concessuin
pro consilii .nostri ratione ipsaque hac scribendi occasione,
niemorabili documentorum et multitudine et varietate intel-
legea, quam diversas ipsoque partium studio discretas ami-
citias per diuturnum vitae cursum Varro coluerit: praesertim
ubi eorum nomina addideris, quibus vel ampliores commen-
tarios inscripsit, ut Ciceroni, Pompeio, Caesari, P. Septimio,
Marcello, Liboni, Accio (de quo alibi dicetur), vel epistulas
misit ut (C. Epidio) Marullo, (Claudio) Neroni, Ser. Sulpicio
^ (Galbae an Rufo?), Fabio (Sangae an Maximo an VergilianoV).
Quod omne quale sit et quam vim habeat ad recte iudican-
dos Varronis mores et ingenium, non sine fructu quaerere
posse videmini, si qui naviter voletis in hanc disputationem
incumbere. — Praeterea unum exstat in librorum indicibus
Varroniauorum nomen Romani hominis, idque adeo cognomen:
Serramis, quo non dubitandum quin C. Atilius Serranus signi-
ficetur. Sed id tamen et a logistoricorum societate seiun-
gendum esse et de satira potius interpretandum, cum gemina
inscriptio graeca argumento est trepi dpxctipeciujv, tum nume-
rorum in duobus fragmentis vestigia, apud Nonium p. 259:
et petere tmperium populi et contenderc Iwnores: ibideinque
p. 455: rostmm protrudendo incesserent (sic enim cum Iunio
scribendum videtur), quibus exitus fit sive senarii sive tro-
chaici septenarii.
Tempora si lustramus eorum horainum, quibus logisto-
ncos inscriptos deprehendimus, proximo in utrainque -partein
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DE M. VARRONIS
intervallo ab ipso anno 7<X) pluriuias illoruni vitas abesse
intelleginius: ita tainen ut reliquis logistoricis recentior vi-
deatur Pins esse, antiquior reliquis Sisemia, nisi quidem etiam
priori aetati Gallus Fundanius tribuendus est propter eam
temporuin rationem quae intercedere inter soceri et generi
vitas solet.
Quod ad formam attinet commentandi, sermonis i. e.
dialogi leve indicium quoddam exstat in Cati fragmento apnd
Nonium p. 494: velim mehereules, inquit, ipse usu magno
puerUitatis formam audire. Nimis enim ambigua. quam qui-
xiii bus aliquid in hoc genere tribuas, haec sunt ex eodem logi-
8torico a Nonio excerpta p. 520: otnnia, inquam, in doccmlis
ptteris, quae dempta non prohibent verum bonum fieri, mediocria
sunto (ita enim haec scribenda videntur); et p. 108: mihi
puero modica una fuit tunica et toga, sine fasciis cahvanuwta,
equus sine ephipirio, halneum non cottidianum, alveus rarus; et
e Pappo p. 12: nasturtium nonne vides ah eo diei quod nasum
torqueat, vcstisjncam quod vestcm spiciat? si haec recte ita
scripta sunt a Mercero. — — —
Haec quidem pridem scripta a nobis, ut in praef. Parergon
p. xxvin promissis staremus, per aliquot menses in scriniis ^
pernoctaverant, cum nobis allatae sunt Francisci Oehleri
cura et cum cura collectae Saturarum Menippearum Varronis
reliquiae. Collectae et pro virili parte explanatae: emendatac
quidem satis modica ex parte, tam profecto modica, ut ope-
rae pretium facturus videatur qui eara provinciam non denuo
tantum, sed de integro suscipiat. Nara ut alia silentio
praetermittamus, satirarum Varronianarum cum praecipua
laus quaedam et singularis gratia in eo consistat, quod mi-
rum iu modum eumque valde memorabilem distinctae sunt
versuum immistorum varietate: in hoc ipso genere tam se
et rudem et neglegentem novissimus editor praestitit, ut uon
modo sescentis exemplis aperta et indubitata carminum ve-
stigia, quae tamquam sua sponte incurrunt in oculos, ipse
non deprehenderit, sed aliorum quoque (ut G. Hermanni)
felicissiinis eisderaque certissirais inventis uti prorsus nescierit,
et aurium iudicio hebetissimo et mentis pravissimo. Setl de
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LOOISTORICIS.
417
hoc dicetur alio loco: in praemissa autem commentatione
quae p. 58 sqq. de logistoricis Varronis disputavit, iis etsi
satis probabiliter ipsam rei materiam congessit (ut pauca
sint quae eius diligentiam fugerint), tamen digerendi acre
iudicium hic quoque non uno loco desideramus. Et quod
summum erat, ut cognominibus Romanorum hominum
singulos libros inscriptos esse perspiceretur, id ille quoque
noa perspexit, sed ab Agamemnonida Oreste appellatum esse
de insania logistoricum sibi persuasit, Pappum autem aut
ImUgenam (sic enim scribendum putat) de Atellanarum per-
sona Pappo interpretatus satiram esse statuit p. 61 et 184.
— Ad Atticum de nnmeris (nihil enim ei scrupuli haec in-
scriptio iniecit) non Augustini tantum locum supra comme-
moratum rettulit, sed alterum praeterea quendam Kufini,
quem illuc non magis pertinere nunc demonstratum est comm.
de Varr. Disc. libris p.33 coll.p. 12 et30 [supra p. 381. 302. 379 J.
Eadeui ratio Varroniani indicis de mensuris apud personatum
Boetium: quo nequaquam logistoricum notari, ut illi visum
p. 66, ibidem docuimus p. 10[361J. — A Scauro dc scaenicis origi-
nibus discrevit ut plane diversos libros dc scaenicis oriyinibuSj
nihiJ reputans eorum quae in hac caussa respicienda esse
supra signiticavimus. Corruptam Nonii memoriani Caei lib. II
respexit p. 65, temerariae confidentiae laude mactans divinum xiv
Scaligeri ingenium, in similemque adeo nostrae coniecturam
incidit, haud paullo tamen operosius Cati (immo Cato) de
liberis cducandis e proditis litteris efficiens, siraul autem al-
terain emendandi viam quandam comitfendans, qua ex Varro
caei lib. II erui Varro Prometheo libero iussit: e quibus ne
hoc quidem ei credimus, non PrometJteum liberatum, sed libe-
nan illam fuisse satiram inscriptam (p. 195 scj.). In satiras
quoniam forte sumus delati, illud quoque mirari liceat, nec
KuvicTojp nec KuvobibacxaXiK^v satirarum videlicet titulos
quicquam dubitationis Oehlero movisse p. 55. 62. 145 coll.
p. 12. Non minus mirabilis est quem p. 55 et 194 sq. tinxit
satirae indicem TTXouTOpivoc vel adeo TTXouTopivoc (sic enim
priore loco scriptum exstat), factum scilicet a pivoc: cui uos
satirae nomen TTXouTOTopuvr] fuisse coniecimus Parergon I p.
178. Iiectiore idem iudicio statuit deSerrano p. 46sq. 203; item
IK. KIT9CHKLI1 OPV8CVLA IU. 27
I
418 DE M. VARRONIS LOOISTORICIS.
de satira cui noinen Tanaquil, quod nomen cum a logistoricis
libris segregandum dicit p. 63, magis placet quam ibidem
laudibus cumulata Nonii nescio qua diligentia. Proximas
pagellas parum eleganter scripti libelli cum oculis lustranius,
p. 64 miramur de ephemcride navali ita disseri, ut ne Berg-
kianae quidem disputationis, quae inserta est Musei nostri
philologi volumini I, ulla ratio habeatur. Sed p. 66 quod
apud Diomedem 1 p. 372 exstans Praetoriana titulus ad eam
satiram refertur quae inscripta erat Flaxtabulac, 7T€pi ^Trap-
Xiujv, id non incommode excogitatum est: siquidem ea satira
ab ipso argumento (rrepi eTrapxiwv, i. e. praeturis) ducto no-
mine sic vocari a grammaticis potuit ad earum fabulamm
similitudiuem de quibus exposuimus Parergon 1 p. 142. Quam-
quam non unam ob caussam perdubia res est.
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XIII.
Die Schriftstellerei des M. Terentins Varro.*)
•
Qui yid' io nostra gento avrr p«r duce
Vnrrone, il terzo gran lume romano,
Cbe, «juanto '1 miro pift, tanto pirt luce.
Petrarca, trionfo della fama, III, 37.
Untersuchungen iiber Zahl, Inhalt und gegenseitiges Ver- 48i
hfiltniss der Varronischen Schriften gehorten bisher zu den
missliehsten. Eine so werthvolle wie unverhotfte Entdeckung,
die ich mich beeile nachstehend zu allgemeinerer Kunde zu
bringen, fuhrt sie zwar nicht zum Abschluss, bietet ihnen
jedoch fiir wesentliche Punkte zum erstenmale einen festen
Anhalt, den man bis jetzt ganz entbehren musste.
Bekanntlich hatte Hieronymus einmal eiu Verzeichniss
der Schriften des Varro entworfen, uin zu zeigen; wie weit
die Fruchtbarkeit dieses grossten romischen Polygraphen
denrioch zuruckstehe hinter der des Origenes. Er bezieht
sich selbst darauf in dem Buche de viris illustribus (= dc
SCriptorihuS ecclesiasticis) Cap. 54, wo er vom Origenes han-
delnd sagt: 'et quia indicem operum eius in voluminibus
epistolaruni, quas ad Paulam scripsimus, in quadam epistola
contra Varronis opera conferens posui, nunc omitto'. Bei
dem Verluste dieser Briefsammlung wiirde man von der un-
*) jRhein. Muaeum f. Phil. tf. F. Bd. VI (1848) p. 481 -560. Diese
Abhantlluug erschien auch besonders unter dem Titel: fI)ie Schrift-
stellerei des M. Terentius Varro uud die des Origenea. Nach dem un-
g*?druckten Kataloge des Hieronymns. Bonn 1847. Den verehrteu
Freunden und geduldigen Zuhoreru, Herren F. Argelander, G. Bischof,
F. Blume, H. v. Decheu, M. Naumaun, J. Noggerath, F. (i. Welcker
zum Danke gewidmet.' (83 S.)J
27*
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420
DIE SCHRIFTSTELLEREI
gefahren BeschafFenheit jenes Verzeichnisses gar nichts gc-
wusst haben, wenn nicht durch einen besondern Zufall Stiicke
des gedachten Briefes wortlich wiiren von Rufinus in seine
gegpn Hieronymus gerichtete Apologia (= Invectivac) Buch 1 1
Cap. 20 aufgenoniinen worden: Stiicke, aus denen die Her-
ausgeber des Hieronymus einen luckenhaften Brief ad Vau-
lam zusamniengesetzt und niit vieler Willkiir den in Haud-
schriften erhaltenen Briefen des Hieronymus einverleibt haben
(bei Vallarsi ep. 33). Und zwar lautet die Stelle des Ku-
finus im Zusamraenhange also:
Libellum quendam scribens comprehendere quau indi-
culo quodam voluit, quanta apud Latinos Varro scripserit,
et quanta apud nostros Origenes in Graecis, in quo ita ait:
M. Tercntium Varroncm miratur antiquitas, qtuxi aptul Latinos
tam innumcrabites libros scripserit. Graeci Cftalccnterum miris
efferunt Jaudibus, quod tantos libros composuerit, quantos quivis
nostrum alicnos sua manu dcscribcrc non jnssit. Et quia non]
otiosum est apud Latinos Graecomm voluminum indiccm texcn,
de eo qui latine scripsit aliqua commemorabo, ut intcUigamus
nos Epimcnidis dormire somnum, et studium, quod illi }>osuerunt
in cntditione saecularium litterarum2), nos in congregandis opi-
bus ponere. Scripsit itaquc Varro quadraginta quinquc libros
Antiquitatum, quattuor de vita poptdi Ilomani. Et cum enu-
lnerasset per singula omnia quae Varro scripsit, addidit post
haec: Quorsnm Vaironis et Chaiccntcri mcntio facta sit} quac-
ritis? Videlicet ut ad Adamantium nostrum*) nostrttmqnc Chal-
centcrum veniamusf qui Umto in sanctarum scripturarum commcn-
tariis sudore laboravit*), ut iustc Adamantii nomen accepcrit.
Vutiis noscere, quanta ingenii sui reliquerit monimenta? Sc-
qucns titulus ostendit. Scripsit in Gcnesim libros tredecim, Mtr
sticarum homiliarum iibros duosy in Exodo exceipta, in Levitkv
excerpta. Et post multa item inquit numobiblia, 5Tfp? uqiqv
libros qttattuor, dc resurrcctionc Hibros duos, ct atios dc rcsnr-
1) non t'(ir das nunc der Drucke habe ich hicr anticipirt.
2) So cod. Garn. fur scripturarum.
3) tiostrum aus demselbcn cod. hinzugefQgt.
4) Anticipirte Lesurt. tanto studio in sanctarum scripturarum Ja
bore 8udavit die Vulgate, und ohue studio cod. Garn.
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DES M. TERENTIUS VARRO. 421
nctione dialogos duos. Et cuin enuiuerasset ouiuia eius opus-
eula, secunduui iudiculi fidem addidit et dicit: Videtisne Grae-
m pariter ct Latinos unius labore superatos? (Juis enim un-
pam tanta legere potuit, quanta ipse conscrij)sit? Pro lioc su-
dore quid acecpit praemii? u. s. w.
Wer, der sich fUr Varronische Studien iuteressirte, hat
nicht das ungluckliche Abbrecheu des Rufinus, oder wie 4*8
Manehe sich auszudriicken vorzieheu (z. B. Mai Vorrede zu
Cie. de rep. p. XX), die Unvollstandigkeit des Briefes des
Hierouyuius beklagt? Wer durfte hoffen, dass . er sich
irgendwo in seiner Vollstandigkeit erhalten hatte? Aber
Tdx' dv tic etKOC auio toOt* ewai Xexoi, ppoToici TroXXd tut-
X<iveiv ouk eiKOTa. Diessmal theilen sich eine frauzosische
Bibliothek, ein englischer Liebhaber und ein deutscher Ge-
lehrter iu eiuen Fund, der zu den interessantesten auf die-
sem Gebiete gehort. Als meiu vortrefflicher Freuud, Pro-
fessor Urlichs (dessen Vortrefflichkeit leider deu lvheinlanden
uicht langer gegonnt sein sollte), in diesem Sommer Englaud
besuchte, lockte ihn die unter *uns durch HaneTs Manu-
scripten-Kataloge bekannt gewordene Haudschriften-Samm-
lung nach Middlehill: eine Sammlung, deren hospitaler
Besitzer Sir Thomas Phillipps durch eine hingebende Liebe
zu den handschriftlichen Scliiitzeu der classischeu Litteratur,
die heutzutage schwerlich ihres Gleichen findet, den gross-
artigen Sammeleifer der hochherzigen Italiiiner des fuufzehn-
ten Jahrhunderts wiederzuerwecken scheint. Durch diesen
kaxn ihm ein gedrucktes Doppelblatt, Folioformat, in die
Hande, gedruckt in des Baronets eigener Druckerei, welchcs
auf seiuen drei ersten Seiten nichts anderes enthalt als, voll-
stiindig und unverstiimmelt, des Hieronymus Verzeichuiss und
Vergleichung der Schriften des Varro und des Origenes, die
sich in eine fVorrede zu Origenes Uber die Genesis' ge-
rettet haben. Obgleich es das letzte von wenigen ul)erhaupt
gedruckten Exemplaren war, gelang es dennoch den Bitten
meines Freundes, sich mit demselben beschenken zu lassen:
und seiner liberalen Mittheilung an mich verdankt das philo-
logische Publicum die gegenwiirtige Veroftentlichung. Ob Sir
T. Phillipps das Stttck selbst aufgefunden und abgeschrieben,
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422 1>1E SCHRIFT8TKLLERE1
oder die Abschrift von einem andern erhalten hat, habe ich
entweder nicht erfahren oder wieder vergessen; geuommeu
ist sie aber aus eincr Handschrift in Arras. Das gedruckte
Blatt bezeichnet sie, wie man unten sieht, nur als Nr. 849
MSS. S. Vast. Ganz ahnlich heisst es in der Ueberschrift
eines zweiten als ungedruckt publicirten Stuckes*), welches
das Ende der dritten Seite fallt: PREFACE TO THE WORK
OF SENECA 1N No. 689 MSS. S. VAST. Dagegeu liest
mau auf der vierten Seite ein drittes uud letztes Stfick**) unter
der Aufschrift: EX FRAGMENTO CODICIS, IN BIBLIO-
TIIECA S. VEDASTI APVD ARRAS. 1828. Aus Hiinel
p. 30 ersieht inan, dass die jetzigc 'Bibliotheque de la ville'
in Arras zu einein ihrer Bestandtheile hat die 'Bibliotheque
des ci-devant religieux de S. Vaast (= S. Vedastiisy: hier-
mit ist also eiuem gelehrten Reisenden, der sich das Ver-
*) Es lautet *o: *'LUCIUS ENNIUS SKNECA dc Graecis fuit.
Locns ejus do regione Neronis; scripsit hunc libellum et continentissi-
mae vitae fuit; qui Paulo cpistolas misit, et Paulus similiter illi. Et
in tempore Ncronis potentissimus fuit, et Magister illius.
Et hic ante biennium antequam Petrus et Paulus, periit incisione
venarum et veneui hausto. Magisti, tilius Mantuae discipulus Neptuni,
aliimniiK Senccae quid eflicit scriptio hujus libri, et ob quam caunam
stripsit id aperitur et osteuditur, libcrtaH arbitrii testatur libenim ar-
bitrium cssc ad opus omne, sive bonum, sive malnm.'
♦The followinp oxtract aeemi to hc eopied incorrectly from a very ancirat
MH. of »ome ceritury prior to tho yc«r 600 or 700.
Der Hauptsacrn' nach ist das sehr corruptc Stiick aus dem Artikel uber
Seneca genommcn, der das 12tc Capitcl dcs Hieronymus dc viris illn-
stribus bihlet.
*♦) Es ffillt die ganze Seite, ist aber nicht* als ein Stiick lateinischer
Uebirsetzung des Commentars zur Nikomachischen Ethik III, 8, wor-
aus daa dreifache Citat des Kephisodorus, Anaximcncs und Epho-
rus iiber die Einnahmo von Korouea durch Onomarchus stammt, wel-
ches bei Zell p. 103 odcr in den Fragm. Histor. (ir. der Gebriider
Muller p. 274 steht. Die Corruptel i* tou U€t6: toixou ist ganz naiv
zweimal mit cx j>ost muro flbersetzt, statt Cpuaiov *v Koptuvda heisst
es Ifcrincon in Kiro . . . ; dagegen ist Onomarchus bewahrt ftir 6 uo-
vapxoc, nnd mit comprchendit richtig KUTlAafte ubersetzt statt KnTfXu-
(Jov. Das Citat sclbst lautet: 'Historizant dc bclio hoc Kisissodorus in
duodccimo de sacro bello, et Anaximcnes in quarto de Philippo, et Eu-
forus in tricesimo.*
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DES M. TERENTIUS VARRO.
423
dienst einer, gewiss nicht flberfliissigen, wioderholten Ver-
gleichung erwerben will, der nothige Anhalt gegeben.
Ich lasse jetzt das ganze erste Sttick in einem bis aui
die geringsteu Kleinigkeiten, auch Druckfehler, treuen und
geuauen Abdruck des Originals folgen, indem ich die Aus-
schliessung des den Origenes Betreffenden, so wenig ich mich
darauf einzulassen gedenke, doch den Theologen gegeniiber
uicht meine verantworten zu konnen. Ohne Erinnerung wird
man sehen, dass nicht alles so in der Haudschrift stehen *»b
kann, was entweder die genommene Abschrift oder der eng-
lische Druck gesetzt hat, uamentlich die arabischen Ziffern
und das merkantile Do.: eine Aufforderung mehr, wie zu
biuhstablicher Wiederholung, so zu einer nochmaligen Ein-
richt der Handschrift.
COLLECTANEA INEDITA,
PER T. PUILLIPPS, BART.
PREFACE TO ORIGEN ON GENESiS.
No. 849. MSS. S Va«t. Vtllum, saxuli xii.
CONTAINING A CATALOGUE OF THE WORKS OF VARRO.
Jf~ Those marked* arc mentioned by Fabricius in his ' Bibliotheca
Latina1.
'Marcum Terentium Varronem miratur antiquitas quod
apud Latinos innumerabiles libros scripserit. Greci Ebalte-
rum* miris efferunt laudibus quod tantos libros coniposuerit,
quantos quivis nostrum alienos sua manu describere non po-
test. Et quia non otiosum est apud Latinos Graecorum vo-
luminuni indicem texere; de eo qui Latine scripsit aliqua
commemorabo, ut intelligamus nos Epimenidis dormire som-
num, et studium quod illi posuerunt in eruditione secularium
literarum in congregandis opibus ponere. Scripsit igitur
Varro, —
*45 Libros Antiquitatum.
*4 Do. de Vita Populi Romani.
51 Do. Imaginum.
♦ bic in MS.
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424
DIE SCHRIFTSTELLEREI
*76
Libros Aotioc Tottikov.
*25
Do.
de Lingua Latina.
*9
Do.
Disciplinaruni.
*5
Do.
de Sermone Latino.
*5
Do.
Questionum Plautinanarum.
*3
Do.
Annalium.
3
Do.
de Origine Linguae Latina?.
*3
Do.
de Poematis.
3
Do.
de Originibus Saeculi.
*3
Do.
de Scenicis Actionibus.
3
Do.
de Actis Sccnicis.
3
Do.
de Descriptionibus.
*3
Do.
de Proprietate Scriptorum.
*3
Do.
de Bibliothecis.
3
Do.
de Lectionibus.
3
Do.
de Similitudiue Verborum.
3
Do.
Legatiouum.
3
Do.
Suasionum.
3
Do.
de Pompeio.
10
Do.
Singulares.
*3
Do.
de Personis.
15
Do.
de Jurc Civili.
9
Ettitoutiv ex libris 45 Antiquitatum.
9
Epitomen ex libris 15 de Lingua Latina.
9
Libros de Pincipiis Nuineroruni.
*3
Do.
Rerum Rusticorum.
1
Do.
de Valetudine tuenda.
3
Do.
de Suavitate.
*3
Do.
de Forma Philosophite.
3
Do.
Rerum Urbanarum.
150
Do.
Satyraruni Menypparum.
10
Do.
Poematum.
22
Do.
Orationum.
6
Do.
Tragrediaruin.
4
Do.
Satyrarum.
et alia plura
qure enuuierare longum est. Vix medium
scripsi invicem et legentibus fastidium est. At e contrario
nostra secula habent homines eruditos, sciuntque pisces in
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DES M. TERENTU'S VAUKO
425
quo gurgite nati sunt, qua? concha in quo littore creverit.
De turbaruni salivis nou ambigimus, Paxauius et Apicius
8emper in mauibus, oculi in hereditatcs, sensus ad patinas,
et si quis de Philosophis vel de Christianis, qui vere Pliilo-
sophi sunt, trito pallio et sordida tunica lectioni vacaverit, *m
quasi vesanus exploditur. Quorsum Varronis et Calcenteri
uientio facta sit queritis? Ut ad nostrum f Adamantiuni
nostrumque Calceuterium venianius, qui tanto in sacrarura
scripturaruin commentariis sudore laboravit ut juste Adaman-
tis uomen acceperit. Vultis nosse quanta ingenii sui reli-
querit monimeutaV Sequens titulus ostendit. Scripsit, —
Libros
14 In Genesin
Libros 1 Exeerpta in Psalm. 4.
-
2 Localium Omelia-
- 1 - 5.
rum in Exodum
- 1 - - 6.
excerpta.
- 1 - - 7.
-
10 In Leviticum ex-
- 1 - - 8.
cerpta Stromatuin.
- 1 - - 9.
-
36 In Isaiam.
- 1 - - 10.
(qu.)
36 Do. excerpta.
- 1 - - - 11.
-
t Osee de Effraim.
- 1 - 12.
Do. Commeut,
- 1 - - - 13.
2 Johel.
- 1 - 14.
6 Amos.
- 1 - 15.
1 Jonas.
- 1 - - 16.
3 Michea.
- 1 - - 20.
2 Naum.
- 1 - - 24.
3 Abacuc.
- 1 - - 29.
2 Sophonias.
- 1 - - 38.
1 Aggeum.
- 1 - - 40.
2 Zacharia? Principio.
- 2 - - - 43.
2 Malachiam.
- 3 - - 44.
29 Jezechiel.
- 1 - - 45.
Excerpta in Psal-
- 1 - - 46.
mos a 1 ad 15.
- 2 - - 50.
1 ExcerptainPsalm. 1.
- 1 - - 51.
—
1 ... 2.
- 1 - - 52.
1 - - 3.
- 1 - - 53.
t Origenes.
Digitized by
426 DIE SCHRIFTSTELLEREl
Libros 1 Excerpta in Psalm. 57. 1 Libros 15 In Lucam.
- - 18*
- - 59.
- - 62.
- - 63.
- *- 64.
65.
- - 68.
- - 70.
- - 71.
- - 72.
principio.
- 2 - - 103.
3 Proverbia.
Ecclesiast. Excerpta.
- 10 Cantica.
2 Do. quos superscri-
psit in adolescentia.
5 Jeremire Lamentatio-
nes.
4 Periarcon.f
2 I)e Resurrectione.
2 Dialogi de Resurre-
ctione.
1 Quppstiones qua?dam
Proverbiorum.
Dialogus adversusCan-
didum Valentinia-
num de Martyrio.
De Novo Testamento.
Libros 25 In Matlueum.
32 In Johannem.
1 In partea quaedam
Johannis excerpto-
rum.
* Sic in MSS. pro 68, ut credo.
15 In Pauli Epistolam
ad Romanos.
15 In Epistolam ad Ga-
latbas.
3 In Epistolam ad
Ephcsios.
1 InEpistolamadPhi-
lippenses.
2 In Epistolam ad Co-
losenses.
3 In Epistolam ad
Tliessalonicenses.
1 In Epistolam ad Ti-
tum.
1 Philemon.
Omelia in Vetxis Testamcntvm.
17 Omelia?inGenesin.f
- 13 Do. in Exod.f
1 1 Omelia? in Levitic.f
28 Do. in Numeris.f
13 Do.
26 Do.
9 Do.
8 Do.
4 Do.
22 Do.
7 Do.
8 Do.
2 Do.
32 Do.
24 Do.
12 Do.
in Deuteron.
in Jesu Naue.f
in Judicum.f
in Pascha?.§
in Regum
libr. 1 mum.f
in Job.f
in Paraemias.t
in Ecclesia-
sten.§
in Cantica.f
in Isaiah.4
in Jereniiah.t
in Ezechiel.f
0melia3 1 In Psalmum 3.
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1>ES M. TERENTirS VARRO
427
«9 Oruelia^ 1
In Psalmum 4.
Omelia? 1
In Psalmum
110.
1
Psalmiun 8.
3
Psalmum
118.
1
Psalmum 12.
2
Psalmum
120.
1
Psalmum 13.
2
Psalmum
122.
3
Psalmum 15.
2
Psalmum
123.
1
Psalmum 16.
2
Psalmum
124.
1
Psalmum 18.
1
Psalmum
125.
1
Psalmum 22.
1
Psalmum
127.
Psalmum 23.
1
Psalmum
128.
1
Psalmum 24.
1
Psalmum
129.
1
Psalmum 25.
1
Psalmum
131.
Psalmum 26.
2
Psalmum
1 32.
1
Psalmum 27.
2
Psalmum
133.
5
Psalmum 36. f
2
Psalmum
134.
2
Psalmum 37.f
4
Psalmum
135.
2
Psalmum 38.f
2
Psalmum
137.
2
Psalmum 30.
4
P8almum
138.
1
Psalmum 49.
2
P8almum
139.
1
Psalmum 51.
3
Psalmum
144.
2
Psalmum 52.
1
Psalmum
145.
1
Psalmum 54.
1
Psalmum
146.
7
Psalmum 67.
1
Psalmum
147.
1
Psalmum 71.
1
Psalmuin
149.
3
Psalnmm 72.
Excerpta in totum Psalterium.
3
Psalmum 73.
1
Psalmum 74.
1
Psalmum 75.
Omelue m Aavum lestamentum.
3
Psalmum 76.
Omelise 25
i In Matheum.f
9
Psalmum 77.
39 In Lucam.f
4
Psalmum 79.
17 In Actus.
2
Psalmum 80.
11 In2(lamEpistolain
1
Psalmum 81.
ad Corintl
lios.
3
Psalmum 82.
2 In Epistolaiu ad
1
Psalmum 83.
Thessaloniccnses.
2
Psalmum 84.
7 In Epistolani ad
1
Psalmum 85.
Galathas.
1
Psalmum 87.
1 In Epistolam Ti-
1
Psalmum 108.
tum.
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428 PIE NCHRIFTSTELLEREI
Omeliae 18 In Epistolain ad
Ilebra?os.
1 Do Pace.
2 Exhortatoria ad
Pionam, de jeju-
nio, de Monoga-
ruis, et Trigaiuis.
2 In Tarso.
Origenis Frumiani
et Gregorii.
Libros 2 Excerpta Origenis et
diversaruni ad eum
Epistolaruiu.
2 EsifodoriEpistola su-
per causa Origeuis.
9 Epistolarum ejus ad
varios.
2 Do. aliarum.
2 Epistola pro apolo-
gia operuinsuornm.
Videtisne et Gnecos pariter et Latiuos unius labore superatos.
99"* Thote markcd thus f, cjcist complctc; thus + , P»rt only; atul
thus §, mt at atL
So hatten wir denn an diesem Anekdoton einen ueuen
Beleg, wie tropfenweise ims eiu giinstiges Geschick seine
Gaben zumisst. Also auch die unverstiiminelte Aufzahlung
des Hieronymus, von dercn glQcklicher AufHndung man sich
die Befriedigung jedes Wunsches versprach, noch nicht voll-
standig, und damit jede Hoffhung auf ein erschopfendes Ver-
zeichniss verschwunden! Wie manche Frage bleibt auch
jetzt noch schwebend, deren abschliessende Losung uns vor-
liige, wenn der Bewunderer des Origenes iiber das fastidium
seiner Leser, das er vorschiitzt, sich hatte hinwegsetzen
wollen. Wir werden uns mit den Auslassungen, um derent-
willen wir alle Ursache haben ihni gram zu sein, spater
besouders beschiiftigen, und vorerst den aus dem Gegebenen
zu schopfenden Gewinn ins Auge fassen, der allerdings auch
so noch gross genug ist. Er ist es unter vierfachem Ge-
sichtspunkte: durch die neuen Titel, die uns das Verzeichniss
kennen lehrt; durch die Bestiitigung schon bekannter, aber
angezweifelter, sowie durch Scheidung solcher, dic man iden-
tificirt hatte; durch neue oder richtigere Bestimmuug der
BUcherzahl einzelner Werke; durch die jetzt erst gegebene
4oi Moglichkeit, eine annahernde Berechnung des Gesammtum-
fangs der Varronischen Schriftstellerei zu imternehmen.
Unter den ersten Gesichtsjuinkt fallt, wenn nicht die
fnichtbarste, doch leicht die interessanteste Ausbeute des
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I
DES M. TERENTHTS VAHliO. 429
Oanzen: die neugewonneno Einsicht, dass die weiteste Vor-
stellung, die man von der Vielseitigkeit des Varronischen
Talentes haben mochte, noch nicht umfassend genug war.
Und zwar nicht nur innerhalb der Grenzen wissenschaftlicher
Forscbung, sondern flber diese Grenzen hinaus aucli im
Gebiete freier Darstellung und eigener Composition, in Prosa
wie in Poesie. Schon iiberhaupt den Gebrauch raetrischer
Form getraute man sich fiir Varro bisher nur in dem eugsten
Kreise kurzer Epigramine zu den iMujines, so wie sparlich
eingestreuter Verse in den Satirac anzuerkennen, oft auch
diess kaum recht zuversichtlich: obgleich doch selbst aus
diesen Resten, die ungleich erheblicher und lehrreicher sind
als man gemeint, die Erkenntniss zu schopfen war, dass
Varro sogar eine sehr wesentliche Stufe in der Entwickelung
und Durchbildung der gesamniten lateinischeu Metrik ein-
nimmt. Weder diese Reste indess, reich unter Anderm an
besten Hexametern, und elegischer Distichen nicht entbehrend,
noch die auf dem Wege einer hinlanglich strengen Herme-
neutik zu erlangende Gewissheit, dass von Varro selbst ein
ausfflhrliches Lelirgedicht verfasst seiu niiisse, konnten eiue
iibereilte Skepsis von Ausspruchen zuriickhalten, wie wir sie
z, B. bei Wiilluer tindeu de Varr. Atac. p. 7: fM. Varro-
neni hexametris vel distichis quidquam conscripsisse omnino
non constat'; p. 23: CM. Terentius Varro vel omnino nullos
Tel tales certe hexametros scribere non potuit'; p. 25: 'donec
erroris convincar, hoc ego statuo, M. Terentium Varronem
hexametros fecisse nullos'. Im Gegensatze zu solchen Zweifeln
leruen wir jetzt den Varro als formlichen und vollzilhligen
Dichter in zwei, ja in drei verschiedenen Gattungen kennen.
Erstlich, was niemand ahuen mochte, als Tragiker: wenn
fs auch nur sechs Tragodien gewesen sein werden, die er
als eben so viele Biicher (gerade wie bei den 150 Satirae)
zu einer Sammlung Trayoediarum vereinigte, und wenn
sie auch zur Auffiihrung weder gekommen noch bestimmt
gewesen sein mogen.
Sogar zu 10 Biichern Poematum, oder vielmehr wohl 492
l*oemator um- nach Charisius p. 114, gaben den Stoff kleinere
Poesien her: lyrische, epigrainmatische, elegische, dergleichen
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430
DIE SCHRIFTSTKLLEREI
unter einer Sammlung von poemata allein verstanden werden
konnen, wenn sich auch der Singular poema von einem zu-
sauimenhiingendeu grossern Gedicht brauchen liess; zumal
ja selbst fur ihn Lucilius in deu Versen des 9ten Buchs
(bei Nonius p. 428) den Begriff des Kurzen und Kleinen als
den eigentlichen festhalt: 'Pars est parva poema' u. s. w.,
in volliger Uebereinstimmung mit Varro's ebenda erhaltener
eigener Definition. Auf beide Arten fUhrt heutzutage nicht
die miiideste Spur mehr; denn dass das in den Scholien zu
Persius II, 36 stehende Epigramm auf Licittus, das sich
allerdings zu einer subscriptio der Iniagines nicht fuglich
eignet, keinem Varro mit einiger Wahrscheinlichkeit beizu-
legen ist, kann nach dem, was zuletzt Madvig Opusc. acad.
alt. p. 203 f. darnber gesagt hat, nicht zweifelhaft sein.
Moglich indess, dass die wirklichen Elogien der Imagines in
die Sammlung der Poctnata wieder aufgenommen waren.
Aber noch eine dritte poetische Art werden wir in den
4 Buchern Saturarutn suchen mUssen. Denn weun die^e
neben 150 Buchern der Saturac Menippeac als eine be-
sondere Sammlung bestanden, so mussen es eben von diesen
verschiedene gewesen sein, folglich keine Metiippeac, die von
Varro selbst geschaffene Gattung. An die alte scenische
Satura wird kein Besonnener denkeu; kaum konnen wir da-
her irren, wenn wir uns den Varro, der Alles versuchte,
durch das Beispiel sei es des Ennius, sei es des Lucilius
angelockt denken, sich auch iu derjeuigen Satira zu ver-
suchen, die nicht Prosa und Vers mischte, sondern worin
entweder wechselndes oder gleichformiges Metrum durch-
ging. Einen reinern Gegensatz, eine eiuleuchtendere Er-
ganzung der Menippeischen bot allerdings das Vorbild des
Lucilius dar, wiihrend sie mit dem des Ennius, trotz aller
Verschiedenheit, doch schon mehrfache BerUhnrngspunkte
gemein hatte, jedenfalls mehr als mit der Lucilischen. Nun
erst ver8tehen wir auch den Grund, warum selbst in Citaten,
wo es sonst gar nicht nothig war, nicht Satirae des Varru
Bchlechthin genaunt, sondern mit dem Zusatz Menippeae oder
i»3 cgnicac (oder Varro ctjnicits, Mewppeus) bezeichuet werden.
Nicht minder leuchtet jetzt ein, wie Varro, selbst zwei so
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DES M. TERENTIUS VARHO. 431
verschiedene Gattungen von Satire praktisch cultivirend, sich
zu einer theoretischen Erorterung de comjiositionc satura-
rum veranlasst fand, wie uns das einzige Citat des Nonius
p. G7 lehrt: eine Erorterung, welche unstreitig die uns jetzt
so dunkle Geschichte der Satira in ihren Stufen und Wan-
delungen in das hellste Licht setzte. — Gewiss ist hiernach,
dass mit der Angabe des Porphyrio zu Horaz Epist. I, 3
init: fhic Florus fuit satirarum scriptor, cuius sunt electae
ex Ennio, Lucilio, Varrone* (mag man dieses electae mit
Weichert Poet. 4at. rel. p. 3GG und van Heusde Studia
crit. in Lucil. p. 124 schiltzeu, oder rait Casaubonus de
sat poesi p. 230 in sublectae, oder etwa in eineu Buchtitel
Electa verandern), wenn anders unser Varro, dann nicht die
Menippeischen, sondeni die schlechthin so genanuteu Satirac
gemeint sind, die uns Hieronyinus kennen lehrt. Aber irei-
lieh hindert auch nichts, an den Ataciner Varro zu denken,
der als Satiriker durch Horaz hinlanglich bezeugt ist.*)
Ausser den durch Hieronyraus sichor gestellten Poesien
aber noch ein grosseres zusainmenhangendes Gedicht des
Varro anzuerkennen nothigen unabweislich die an Varro
*) Warum nennt ibn allein, nnd mit 80 scharfer Unterscheidung
'Varrone Atacino* , Horaz Serm. I, 10, 4G als seinen wenig gluck-
lichen Vorganger in der Luciliachen Satire, wenn doch anch der
Keatinus, wie wir nun sehen, in dernelben Oattung thiltig gewenen
war? Ich denke, der Omnd ist in einer gewiBsen schonungHvolleu
i?cheu zu nuchen, mit der Uoraz den Hauptvertreter denjenigen Stand-
punktes behandelt, der eben durch die principiell verschiedeneu Be-
strebungen einer siegesgewisaen Neuzeit iiberwunden wurde. Dieae
Scheu war natiirlich genug einer PersSnlichkeit gegenQber, auf die
sich als einen Koloss von Gelehrsamkeit und ein Wunder von Winsen-
schaft und Bildung unstreitig eine Verehning der Zeitgenonsen con-
centrirte, die dem Nationalgefiihl um bo mehr Befriedigung gewiihrte,
j« wurdiger sich nicht nur Varro'8 litterariHche Thatigkeit den gronaeu
Vorbildern griechischer Polyraathie anHchlosH und diesen deu Ruhm
«ler Unerreichtheit nahm, soudern je mehr sie auch von der Idee des
Rdroerthums getragen und *von acht vatcrlandischer Oesinnuug beseelt
wurde. Daas es Varro nebst den Anhaugern seiner Richtung ist, gegen
den deH Horaz Polemik stillHchweigend gerichtet zu denken, hat mir
tiergk Comm. de rel. com. Att. ant. p. 146 f. zu voUkommener Ueber-
zt-ugung gebracht.
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432 DIE SCHRIFTSTELLEREI
gerichteten Worte Cicero's in den Academica post. 3, 9:
fatque ipse varium et elegans omni fere numero poeuia
fecisti', die mit den Erklarern von den Menippeischen Satirae
zu verstehen sprachlich wie sachlich gleich unmoglich ist
Freilich bleibt so omni numero singular gesagt fiir omnilmt
numeris] indess scheint Cicero absichtlich eine etwas schwachere
Niiance des BegritFes gesucht zu haben, wie er sich deun
auch nicht entschliessen kann, die Hoflichkeit bis zur Weg-
lassung des fere zu steigern; gewiss ist, dass zu der Bedeutung
eines carmen polymetrum auch nicht einmal eine in bunter
Mischung gedichtete vor-lucilische Gattimg von Satira passt,
da mehrere Biicher solcher Satirae nimmermehr wurden ein
pocma heissen konneu. Dass aber das von Cicero gemeiute
Gedicht de rerum natura uberschrieben gewesen sei oder
doch gehandelt habe, liisst sich aus Quinctilian I, 4, 4 und
Lactantius Div. Inst. II, 12, 4 bei weitem nicht mit der
Sicherheit folgern, mit der das erstere von Oehler Varr.
Sat. p. 84 gefolgert ist. Allerdings werden dort Empedokles,
Varro und Lucretius als solche zusammengestellt, qui prae-
cepta sapientiae versibus tradidemnt, nachdem unmittelhar
vorher von quaestiones naturales die Iiede war; und noch
imzweideutiger heisst es bei Lactanz: 'Empedocles, quem
nescias utrumne iuter poetas au inter philosophos numeres,
quod de rerum natura versibus scripsit, ut apud Homanos
Lucretius et Varro': womit offenbar als ganz gleichartig die
Verbindung auctores carminum Varronem ac Lucrctium bei
Vellejus II, 36 zu fassen ist. Stande durch Cicero mehr als
iiberhaupt ein grosseres Gedicht fest, ware mit irgend etwas
auf einen Inhalt wie de rerum natura hingedeutet, so lage
die Moglichkeit vor, dass Quinctilian und besonders Lactanz
deu Reatiner gemeint hiitten; die Nothwendigkeit immer
noch nicht, da mit mindestens gleichem Rechte auch daun
an den Ataciner zu denken ware*).
*) Unter dem Titel de rerum natura hatte der Ataciner freilicb
nichts gedichtet; wohl aber war solchen Inhalts ein Theil de» Stoffe*
seiner Cosmographia, fQr die eben daruni der mit Recht bezweifeltf
Titel Oiorographia zu eng gewesen ware. Von den Fragmeuten {xm
vollstandigsten in Meyers Anthologie n. 78) haudelt eines (bei Marioa
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DES M. TERENTIUS VARRO.
433
Den# dichterischen Erzengnissen Varro's reihen sich 495
seine rednerischen an; von denen wir eben so wenig
Victorinus p. 2503 P. 79 Gaisf.) von den musikalischen Harraonien der
Himmelskorper, ein zweites (bei Isidorus de mundo oder de natura
rerum c. 10 und bei Beda) von den funf Zonen des aetJterius orbis:
beide ohne nahere Bezeichnung aus 'Varro' citirt. Nur das letztere
konute an sich dem Vcrsbau nach allenfalls von Marcus sein, die
Eleganz des erstern eignet sich nur fur den Publius, dem ja die, eben-
falls ohne alle Unterecheidung nur aus 1 Farro' angefiihrten, Bruchstiicke
rein geographischen Inhalta unzweifelhaft zukommen. (Keinem von
beiden gehort das uber die Winde an, was Meyer nicht als Varronisch
wiederholen durfte, wenngleich der wahre Verfasser aus dem Ver-
derbniRs iUum paconia bei Diomedes, was auch Gaisford p. 471 als
handschriftlich bezeugt, noch nicht ermittelt ist.) Folglich wird schon
darum auch die Spharenmusik aus dem Ataciner genommen sein. Und
diess um bo mehr, wenn dessen Vorbild nach Bernhardy's Ver-
muthimg zu Dionys. Perieg. 1 der *€pufjc des Eratosthenes war, dessen
auf Himmelsverhaltnisse, Zonen, Gestirne und Sphiirenharmonie beziig-
lichen Inhalt derselbe Eiatosth. p. 111 tt". nachgcwiesen hat, mag auch
immerhin nach Meineke's Erinnerung Anal. Alex. p. 354 diess nicht
den einzigen, selbst nicht den Hauptinhalt gebildet haben. - Auch
das Gedicht dea Licentius an den h. Augustinus bei Wernsdorf
Poet min. IV, 516 ff. kann man nicht etwa geltend machen als Zeug-
niss fur ein de rerum natura handelndes poema drs R<*atiners, obwohl
die Unmoglichkeit nicht zu beweisen ist. Mit uberwiegender Wahr-
scheinlichkeit werden wir vielmehr gerade durch die astrorum causas
clarosque meatus , obscuros quorum ille situs monstrat und durch die
sacros sensus, quis numerum dedit ille tonis mundumque Tonanti disseruit
canere et pariles agitare choreas wieder auf die astronomischen Partien
der Cosmographia gefuhrt, wie schon Wemsdorf bemerkte. Freilich
passt die.Schwierigkeit des Verstilnduisses, iiber die Licentius jammert,
an sich mehr auf die Schwerfalligkeit unseres Marcus, als auf die in
des Publius Bruchstucken hervorstechende Durchsichtigkeit; aber fiir
den Begritf des Schwierigeu gibt die Filhigkeit des Licentins einen
sehr unsichern Massstab. Dass aber gar des M. Varro Disciplinarum
libri gemeint sein kftnnten, woran Fabricius dachte, ist ganz un-
begrundet. Der Schein, dass zuerst V. 7 die Musica, dann V. 11 die
Geomctria, zuletzt V. 13 die Astronomia bezeichnet sei, verschwindet
schon dadurch, dass die Worte Jndc figurarum positas in pidrere formas
posco amens aliasquc graves offendo tenebras unstreitig nichts weiter
besagen als: auch mit Htilfe veranschaulichender Zeichnung vermag
ich nicht in das Verstandniss einzudringen. Ueberdiess sind offenbar
die beiden Verse 13. 14 Ad summam — Obscuros — verstellt und nach
V 8 zu setzen. — Endlich wird wohl niemand mehr die Anfflhrung
FR. RITSCIIEMI OPVSCVI.A III. 28
•
434 DIE SCHRIFTSTELLEREI
wussten, abgesehen etwa davon, dass die laudatioPorciae
(Schwester des M. Cato und Gemahlin des Domitius Aheno-
barbus), die Varro nach Cicero ad Att. XIII, 48 verfasste,
die Form einer Rede gehabt haben werde. So wenig wie
diese, so wenig brauchen die tibrigen Orationcs, deren
22 Bileher wiederum an nicht mehr als eben 22 einzelue
Reden zu denken nothigen, jemajs gehalten worden zn sein;
es konnten reine Uebungsstucke litterarischer Privatlieb-
Haberei sein, wie denn auch Varro als wirklicher Reduer
weder sonst jemals vorkommt, noch in Cicero's Brutus auch
nur die fliichtigste Erwiihnung findet. Indessen sind wir
doch anderseits iiber das offentliche Leben des Varro auch
viel zu wenig unterrichtet, als dass sein jeweiliges Auftreten
als Redner schlechthin geleugnet werden diirfte; sein getws
dicendi konnte ftir Cicero ein noch triftigerer Grund zn
schonender Uebergehung sein, als in einer dafur viel gleich-
gultigern Zeit fiir seinen Bewunderer Augustinus zu einer
Einschriinkung des begeistertsten Lobes mit den Worten
'tametsi minus est suavis eloquio' (de civ. dei VI, 2), ahn-
lich wie schon bei Quinctilian X, 1, 95: fplus tamcn scientiae
collaturus quam eloqueutiae'. Niiinlich der Unterschied ge-
haltcuer und bloss geschriebener Reden will sicli uns fast als
die einzige zureichende Erkliirung fiir den auffallendeu Um-
stand darbieten, dass der Katalog des Hieronymus ausser
den 22 Buchern Orationes auch noch Suasionum libros 111
auffiihrt: so zwar, dass wir unter dieser geringem Auzahl
die durch wirkliche Anliisse des offentlichen Lebens hervor-
gerufenen Reden des gcnus deliberativum zu verstehen hatten,
unter orationes die, hauptsachlich wohl dem denumstrativum
de8 Nonius p. 477 geltend machen: Mdem (Varro) de rerum natura
lib. 1: ne familiae rixentur cum vicinis*, was zwar ilcht varroniscb,
aber gute Prosa aus de re rust. I, 16 ist, daher scbon Lipsiun di«>
Verschreibung fiir de re rustica erkannte. — Dagegen will irh eine
Moglichkeit offen lassen : dass namlich eine Andeutung fflr Lucrexischrn
Stoff des von M. Varro verfassteu Gedichtes in Varro^s Worten bei
Cicero 2 § 6 liege: ' Nostra tu physica nosti' u. s. w. , so dass hier-
auf in Cicero's CSegenrede die Erwahnuug des rpoeinay sich beioge.
Wo kann Varro sonst eine Theorie der Physik entwickelt haben?
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DES M. TERENTIUS VARRO. 435
angehorigen, bloss schriftstellerisch verfassten Reden begreifen.
Zu letzterer Classe wiirde dann nicht nur die erwiihnte lau-
(laiio Porciac gehoren, sondern ohne Zweifel noch manche
andere Imtdatio. Denn gerade laudationes sind es, die Cicero
in der leider lQckenhaften*) Stelle der Academica post. 2
extr. den Varro hervorheben lasst als einen der Theile seiner
Schriftstellerei, worin er philosophische (d. i. wohl vornehm- 4»7
lich ethische) Gegenstiinde behandelt habe: und passend fiir
uns hat hier Davies an Seneca Epist. 102 erinnert: rnemo
dicit laudem funebrem, sed laudationem: cuius oflicium oratione
constat'. Leicht mag daher selbst die Mehrzahl der Varro-
uischen orationes eben nur aus laudationcs bestanden haben:
wofern nicht gar jemand vorzieht, neben Suasioncs und
Orationcs noch getrennt als einen bei Hieronymus fehlenden
Titel Lauilationcs anzunehmen, was sich allerdings so wenig
widerlegen wie beweisen liesse. Uebrigens wird die Vor-
stellung eines wenig fruchtbaren Stoffes von diesen lauda-
tioncs fem halten, wer sich nach Niebuhr's (E. G. II
p. 5 f.) Andeutung erinnert, wie der Inhalt und das Interesse
solcher Gedachtuissreden eng verwachsen war mit den uiten
Familientraditionen, und zugleich die gelehrten Studien damit
verkniipft, die, wie wir sehen werden, Varro selbst auf die
romischen Familiengeschichten gericlitet hatte. — Hiitten wir
es mit nachvarronischen Zeiten zu thun, so wiirden wir uns
durch suasiones an suasoriae erinnern, uud vielmehr durch
diese, als durch orationesy auf den Begritf* von rhetorischen
Uebungsreden filhren lassen; fiir Varro konuen suasiones
schwerlich eine andere Bedeutung haben, als in der Cicero
von einer suasio legis Serviliae spricht. ln den paar Jahr-
zehnten, in denen wir den Varro als eifrigen Anhiinger des
*) So mit viel richtigenn Blick Casaubonus de sat. poeai p. 202,
ala alle die Luckenhaftigkeit leugneuden Neuern. Ganz unhaltbar iat
8chneider'a Meinung (de vita et scr. Varr. p. 232), dass mit in Jau-
dationibHS philosophiae , wie Ernesti umstellen wollte, Varro'8 Schrift
de phtlosophia oder de forma philosophiae bezeichnet sei. — So ver-
schrobeu hat aber den Cicero niemaud reden lassen, wie der neueste
Erklarungsversuch der f laudationes ' (und der ' prooemia antiquitatum ')
yotx Oehler Varr. Sat. p. 74 f.
28*
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430 DIE SCHRIFTSTELLEREI
Ponipejus in Staatsgeschiiften antreffen, werden sich leicht
ein paar Gelegenheiten zur Anempfehlung von Gesetzes-
yorschlagen gefunden hahen; und dreimal kann Varro, ohno
sich zur Tribune zu driingen, leicht deni Drange der Umstiinde
nacligegehen haben, dreimal immerhin redend aufgetreten 9ein,
ohne darum auf den Namen eines Redners Anspruch zu
machen oder ihn zu erhalten. Auch ist es vielleicht nicht zu-
fiillig, dass der Katalog die Snasiones gerade zwischen zwei
Titel stellt, die obenfalls mit der staatsmiinnischen Laufbahn
des Varro in niichstem Zusammenhange stohen; denn wenn
es auch in andern Partien des Katalogs jetzt etwas bunt
durcheinander geht, so spricht doch dafiir, dass ursprunglicb
eine planmiissigere Ordnung stattfand, in der das Gleich-
artige zusammengestellt war, namentlich der Schluss, worin
wir die eigentlich kiinstlerischen Productionen vereinigt finden.
498 Jene zwei verwandten Titel sind Leaationum libri III
und ebenfalls libri III dc Pompcio. Varros Interesse so-
wohl als seine Befahigung iiber den Mami zu schreiben,
dessen Partei er mit ausharrender Treue festgehalten, dessen
Vertrauen er genossen, dessen Pliine er im einzeluen gekannt
nnd thiitig gcfordert, dessen Erfolge und Unterliegen er
getheilt hatte, diess begreift sich um so mehr, je ungiinstiger
oder unsicherer das Urtheil der Zeitgenossen iiber Pompejus
nach dem Siege dcs Caesar werden mochte, und je mehr dem
Varro an der eigenen Rechtfertigung liegen musste. In diesem
Sinne wird er denn auch keine Veranlassung gefiihlt haben,
des Pompejus vollstandige Lebensgeschichte zu schreiben,
wofiir nicht de Vompeio, sondern de tnta Pompei der rechte
Titel wiire; vielmehr auf die Jahre wird er sich iu seiner
politischen Schutzschrift beschriinkt haben, in denen sich die
Geschicke Roms und die Zukunft der Republik an die Person
des Pompejus kniipften: Jahre, iiber deren Ereignisse er als
Augenzeuge oder doch den Handelnden zuuiichst stehender
sprechen konnte. Zweimal ist es, dass unsere Ueberlieferungeu
deu Varro eine Rolle in den Porapejanischen Zeiten spielen
lassen, und zwar beidemale ausdriicklich als hyatns Pompeii'.
zuerst im Piratenkriege G87, sodann im Hispanischen Kriege
gegen Caesar 705. Von letzterm ist es aus Caesar allbekannt,
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DB8 M. TERKNTIUS VAURO.
437
von ersterm clureh Appian Mithr. 94 und Florus III, (5 direct,
durch Plutareh Pomp. 25. 26 indirect bezeugt. Schon diess
ist vollkouinien ausreichend, um einen Buchtitel Lcgatianum
(nauilich suarttm) zu rechtfertigen, uuter deui er von seinem
Antheil an jenen Untemehiuungen Bericht erstattete. Wer
sagt uus aber, dass diess die beiden einzigeu lcgationcs waren,
vou deuen Varro zu berichten hatte? Ich will die Moglich-
keit ganz aus dem Spiel lassen, dass der wissbegierige Mann,
der die genaueste Kunde aller Liinder und Volker zu uiu-
fassen strebte, und von solcher Unifassung noch in zahl-
reiehen Bruehstucken Zeugniss gibt, das nicht inimer auf
blosse Lectiire, sondera offenbar aueh auf Autopsie zuriiek-
geht — dass dieser als Senator sich zum Bereisen der Pro-
viuzen und Grenzliinder mit Ubcrac lcgationcs konnte bekleiden
lassen, die unter dem gemeinsamen Namen lcgationcs mit zu
begreifen niclits hinderte; auch fiir den Begriff der eigent- 499
lichon lcgationcs fiihrt uns glaubhafte Muthmassung iiber die
zwei bezeugten Beispiele hinaus. An den Piratenkrieg sehloss
sich iu so unmittelbarer Folge der Mithridatische Krieg an,
dass es gar nichts Wahrscheinliches hat, Pompejus werde
nach der Beendigung des erstern seine siimmtliehen 24 (nach
(Plutarch) oder 25 (nach Appian) Legaten, mit denen er ja
gut gefahren war, plotzlich gewechselt, am wenigsteu aber
gerade den Varro eutlassen haben, der, uud zwar allein,
sich sogar die seltene Auszeichnung der corona navalis
(rostrata) erworben hatte, wie wir aus Festus s. v. uud Pli-
nius N. H. VII, 30 § 115. XVI, 4 § 7 wissen. Auch scheint
auf personliehe Theilnahme an diesem Feldzuge die ebenda
VI, 17 § 51 erhaltene Notiz zu deuten: 'Haustum ipsius
niaris (Caspii) duleem esse et Alexauder Maguus prodidit,
ct M. Varro talem perlatum Pompeio iuxta res gefenti
Mithridatieo bello, magnitudine haud dubie inrluentium am-
niuin victo sale. Adicit idem Pompeii ductu exploratum, iu
Hactros septem diebus ex India perveniri ad Iearum flumen
qudd in Oxum iufluat, et ex eo per Caspium in Cyruiu sub-
vectas quinque non amplius diemm terreno itinere ad Phasin
ui Pontum Indicas posse devehi merces'. Vielleicht irren
wir also nieht, wenn wir uns den Stoff der drei Biicher
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438
DIE SGHBIFTSTELLEBEl
durch die drei Legationeu: im Piratenkriege, im Mithrida-
tischen, im Hispanischen, gegliedert denken, da die beiden
ersten, wenngleich factisch an einander grenzend, doch unter
staatlichem Gesichtspunkte als durchaus getrennte Unter-
nehmungen erscheinen, zu denen auch zwei verschiedene
Beschltlsse (lex Gabinia und lex Manilia) erinachtigten. Denn
seit dem Triumph des Pompejus, den dieser nach Beendiguug
der Asiatischeu Kriegsziige 694 feierte, bis zum Ausbruche
des Biirgerkrieges 705 kami sich dem Varro, wenn man die
Zeitgeschichte darauf ansieht, kaum Gelegenheit zu einer
Legation geboten haben; unmittelbar nach der Hispanisclien
Legation aber, die mit Uebergabe der Legion an Caesar endete,
finden wir ihn zwar dem Pompejus nach Griechenland gefolgt,
jetzt in Dyrrhachium (Cic. de divin. I, 32), jetzt auf Corcyra
(Rer. rust. I, 4): aber weder war diess eine besondere
Legation, noch bot der kurze Zeitraum bis zu der ungliiek-
soo lichen Entscheidung bei Pharsalus (706) einen an Umfang
den friiheren Legationen vergleichbaren StofF dar. — Uebrigeus
bildete den Inhalt dieser Schrift wohl keinesweges bloss die
Erziihlung von Kriegsthaten, sondern zugleich die Mittheilung
der wissenschaftlichen Beobachtungen, zu denen Varro, wie
schon Schneider de vita et scr. Varr. p. 220 angedeutet,
gerade durch seine Legationen Anlass und Gelegenheit fand.
Es gehoren dahin insbesondere geographische Bestiinmungen,
fur die ich fruher de Discipl. libris § 19 [oben p. 390] nur
das Buch de gcometria anzufilhren wusste. So ausser den
vorhin vom Caspischen Meere angefiihrten die der schmalsten
Breite zwischen dem Adriatischen und lonischen Meere bei
Plinius III, 11 § 101: 'hoc intervallum pedestri continuare
transitu pontibus iactis primum Pyrrhus Epiri rex cogitavit,
post* eum Mv Varro, cum classibus Pompeii piratieo bello
{•raeesset-, utrumque aliae impedivere curae'. Denn gerade
das Adriatische Meer (Adriatieton Varro Tcrcntius obscdit,
Florus) und das Ionische (ZiKeXtav bi xai tov *l6vtov eqpuXaccov
auTui TTXujtioc tc Ouapoc xat Tcpc^VTioc Oudppujv MfcXPlc Axap-
vaviac, Appian) bildeten die dem Varro im Piratenkriege
angewiesene Station, die wohl am genauesten von ihm selbst
so bestimmt wird Rer. rust. II praef. 9: fsermonibus nostris
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PKS M. TKHKNTIUS VAHKO.
439
collatis cum iis, qui peeuarias habuenuit in Epiro uiagnas,
tuui cuui piratico bello inter Dclum ct Siciliam Graeciae
elassibus praeesseni'. Auf die Anwesenheit iu Akaruanien
geht offenbar auch die Angabe bei Plinius XYIII, 30 § 307
zurflck: fIdem (Varro auctor est) fabam a Pyrrhi regis aetate
in quodam specu Ambraciae usque ad piraticum Pompeii
Magni belluin durasse'; auf die in Epirus, was Servius zu
Aen. III, 340 hat: fVarro Epiri se fuisse dicit et omnia
loca iisdem dici (dicta?) nominibus quae poeta commemorat
se vidisse'. Nicht minder liisst sich auf den Piratenkrieg,
in dem des Pompejus Hauptstation in Cilicien war, beziehen,
was Varro Ker. rust. III, 17, 6 von eiuem Erlebniss erziihlt,
das er in Ljdien hatte. Dagegen zum Mithridatischen Kriege,
auch an sich uatilrlicher in die Sehrift dc Pompeio als in die
Legationum libri, gehort die mit keiner Sicherheit aus Autopsie
abzuleitende Angabe bei Pliuius XXXIIT, 10 § 136: fquem soi
(Ptolemaeum) Varro tradit Pompeio res gerente circa Iudaeam
octona milia equitum sua pecunia toleravisse, mille convivas
totidem aureis potoriis mutantem vasa cum ferculis saginasse'.
Namentlich aber geographische Messungen, sowolil in Griechen-
land und im Orient wie in Hispanien (zusammengestellt de
Discipl. libris § 19, 2 [oben p. 390 f.J), konnen sehr wohl mit
den Legationen in Verbindung gestanden haben. Freilich
luuss man jeden solchen Vertheilungsversuch, wo es sich
um Vrarronische Bruchstiicke handelt, mit einer Verwahrung
schliessen, dass es sich auch alienfalls anders verhalten konne.
Wer wiirde z. B. nicht gern und mit ziemlicher Zuversicht
auf die Hispanische Legation das Bruchstiick bei Nonius
p. 245 beziehen: 'Caesar revorsionem fecit, ne post occi-
pitium in Hispania exercitus qui erant - reliuqueret: quo se
eoniceret Pompeius, ut ancipiti urgeretur bello\ Und doch
ist es, wo man es am wenigsten suchte, aus dem vierten
Buch dc vita poptdi Jlomani.
7a\ dieser Gruppe von Schriften, die sich auf die Zeit-
geschichte beziehen, gehort aber noch ein Buchtitel, der
uns bei Hieronyinus als ein neuer entgegentritt, ohne es zu
sein. Bc stiaintatc drei Biicher hat Varro ganz gewiss nicht
geschrieben. fLoci communes, dieser Art hat er nirgend
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440
DIE SCHRIFTSTELLEREI
behandelt als in deu Logistorki, und inimer nur in einera
einzigen Buche. Es ist mir kein Zweifel, dass in dem Schreib-
fehler steckt dc sua vita. Von der Schrift wussteu wir aus
Charisius p. 69 (dc vita sua), ohue ihreu Umfang zu kennen;
vennuthlich war sie eino sciner allerspiitesten.
Zwischeu den poetischen uud oratorisehen Schijpfun-
gen und den wissenschaftlichen Arbeiten nehmen als
ebeufalls freie Compositionen eine mittlere Stellung die
Logistorici eiu. Dass in dem Aotioc Tottikov des Katalogs
nichts anderes als AoYicropiKUJV liegt, sieht jeder. Musste
aber schon eiue Anzahl von 150 Satirae Mcnippeae, von
denen die jiingst erschienene Sammlung nur 96 Titel zu-
sammengebracht hat, Verwuuderung erregen, so setzeu uns
76 Logistorici in Erstauneu. Denn nicht nur ergebeu die im
Prooemium zum Ind. schol. hib. Bonn. 1845 [oben p. 404 ff.j
502 zusammengestellten Spuren, Sicheres uud Unsicheres durch-
eiuander gerechnet, nicht mehr als 18 Titel, sondeni es
befremdet auch auf den ersten Blick, wie Varro sich vcr-
sucht fiihlen konnte, sechs und siebzig fiir positives Wissen
scheinbar so wenig ergiebige Stoffe, wie dc fortuna, dc jxwr,
dc pudicUia, dc moribus (freilich auch de historia, de origine
hitmana, de dcorum ctdtu, dc admirandis) monographisch zu
behandeln, und wie er Anlass fand, sechs und siebzig ein-
zelnen Zeitgenossen eine Aufmerksamkeit durch Dedication
einer populiiren Abhandlung zu erweisen, deren Gegenstand
zu der Person des Empfangers in ciner nahern Beziehung
stand: — denn diess ist es, was a. a. 0. als Merkmal der
Logistorici festgestellt worden. Daruni indessen ein Verderb-
niss der Zahl 76 auzunehmen musste gleichwohl fiir eine
sehr niuBsige Vermuthung gelten, da wir uns bei der Schrift-
stellerei des Varro schon gewohnen miissen, den herkomm-
lichen Massstab fiir wahrscheiulich und unwahrscheiulich in
allen Beziehungen zu vergessen. — Uebrigens wird der Titel
des Katalogs dc valetudine tucnda, in einem Buche,
achwerlich verschieden sein von dem durch Probus zu Virgil
Buc. VI, 31 bezeugten Logistoricus Mcssalla, dc valctudhte;
es beruht gewiss auf irgend einem Versehen oder Zufall, sei
es des Hieronyiuus oder schon seiner Quelle, dass der eine
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DES M. TERENTirs VARRO.
441
Titel von der Gemeiiischaft seiner ubrigen Genossen ver-
schlagen und nun tur ein eigeues Buch genommen wurde.
Sein apartes Erseheinen in deui Katalog des Hieronyuius
ist um so auffallender, als es gegen die offenbare Absieht
des letztem, die libri monobibli nicht besouders aufzuziihlen,
als eiuzige Ausnahnie verstosst. Denn das kann, denk' ich,
keineni Zweifel unterliegen, dass niit den ini Katalog auf-
gefiihrten zehn*//6r* sinyularcs uicht ein wirklicher Titel
eines eigenen und einigen Werkes in so viel Abtheilungen
gegeben ist — eine solche Ueberschrift wiire voiu Stand-
punkte der Gewohuheit des Alterthuins reiner Unsinn —
sondern nur eine willkurliche Zusaiumeufassuug vou zehn
getrennten Mouographien, die einzeln aufzuziihlen dem Hiero-
nynius zu weitliiufig war. Daraus folgt aber fiir uns, dass
Hieronymus in seiner Quelle wirklich nur zehu Monobiblia
des Varro ziihlte, diese Form also eine sehr untergeordiiete
Rolle in der Schriftstellerei des Varro spielte: keiu unwich- soa
tiges Moment fiir Entscheidungen im einzelnen und Berech-
nungeu im ganzen, wie solchc weiterhin anzustellen sein
werden.
Indem wir, Uber die Logutorki Weiteres uns vorbehal-
tend, zu den eigentlich wissenschaf tlichen Studien Varro s
fortgehen, begegnen wir ausser den geretteten Rcrum rusti-
carum libri tres und den nicht unbekaunten Bisciplinarum
libri novcm, der ersten encyclopadischen Zusammenfassung
der artes Uberaks bei den Romeru, zuniichst drei Biichern
dc forma philosophiae, wahrend wir bisher nur von einem
zweiten Buche wussten aus Charisius p. 70. Dass dc forma
philosophiac nur eine Abtheilung (eben das zweite Buch) eines
umfassendern Werkes dc philosophia sei, wie Schneider de
vita et scr. Varr. p. 232 vermuthete, wurde schou de Discipl.
libris § 8 [oben p. 364 f.J geleugnet, mit Recht, wie jetzt er-
siehtlich ist. Augustiuus de civ. dei XIX, 1 spricht zweimal
so bestimmt im Singular: M. Varro in libro dc phihsophia
uud hacc dc Varronis libro, dass ausser dem obigen Wrerk
in drei Bilchern nothwendig ein liber singularis dc philosophia
existirt haben muss. Aber freilich ist es ebeu so gut mog-
lich, dafis diess ein Logistoricus war, wie es gewiss ist, dass
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442 DIE SCHRIFTSTKLLEREI
der vo» demselben Augustinus VII, 9 und 34 auch mir
einfach citirte liber de ctdtu deorum einer war (Cttfio, de
dcorum cultu nach dem Pariser Probus zu Virgil); wogegen
eiue Satira, niimlich 'Periplu liber II irepi (DiXocoqnac 1 (flber
die Niiheres a. a. 0.), schwerlich so zusanimenhaugende Sach-
erorterungen enthalten haben wird, wie aus dem Buche dc
phihsophia Augustinus mittheilt. Den wuuderlicheu uud un-
fruchtbaren Formalismus dieser Erorterungeh hat Madvig
zu Cic. de fin. p. 838 mit nicht ungerechter Strenge beur-
theilt; fast uiochte man iihnliche Spielereieu unter der Auf-
schrift dc forma phdosophiac vermuthen, dennoch aber wohl
annehmen diirfen, dass drei ganze Biicher Varros uber
Philosophie in den Acadcmica ad Varronctn, wo Cicero oline
Widerspruch zu erfahren philosophische Schriftstellerei des
Varro geradezu negirt, nicht ignorirt werden kounten, sondern
damals noch nicht geschrieben waren.
504 Auf neuen Gebieten zeigen uns den Varro zwei wissen-
schaftliche Werke von nicht geringem Umfange. Zuvorderst
neun Biicher dc principiis numcrorum, in denen wohl
kaum jemaud eine Darstellung der Zahlenlehre im Sinne
der Pythagoreer verkennen wird, der sich der Aufnahme
erinnert, die Pytbagoreische Philosophie iiberbaupt in Rom
fand, und der sichern Spuren, die auf Varro's Beschaftigung
mit ihr und seine Vorliebe fiir sie hindeuten: worflber es voll-
kommen geniigt auf Hertz de Nigidio Figulo p. 24 zu ver-
weisen. In zusammengedrangter Fassung wird der wesent-
lichste Inhalt der neun Biicher, oder ein Theil desselben, in
demjenigen der Disciplinarum libri wiedergekehrt sein,
welches dc arithmctica handelte, also im fiinften; Manches,
was in der ofter citirten Abhandlung §. 7. 11. 13. 17 hier-
auf bezogen wurde, mag mit gleichem oder grosserm Rechte
jetzt dera ausfiihrliehen Werke zuzutheilen scin. Moglich.
dass sich so s«lbst das Citat Varro in libris numerorum bei
Pseudo-Augustinus de gramm. p. 2008 P. rechtfertigt; nicht
unwahrscheinlich, dass Gellius XVIII, 14 bei der Erorterung
des Jwmiolios und epitritos mit den Worten qui de mmeris
latine scripserunt auch unsere Bttcher im Sinne hatte; kaum
zu bezweifeln, dass das von ihm I, 20 aus Vairo mitgetheilte:
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DES M. TERENTUS VAKRO. 443
rhuius numeri (novenarii) ciibwn Pythagoras vini habere
lunaris circnli dixit, quod et luna orbem suum lustret septem
et viginti diebns' u. s. w. (ohne des Pythagoras Erwiihnung
auch bei Eulogius z. Somnium Scip. p. 407 Or.) irr den Btt-
chern de princi^nis nutnerorum vorkam, wenngleich es Gellius
aus den Disciplinarum libri schoplen konnte, Bewiese ein
bestimmtes Citat, dass Gellius die erstern eben so gekannt
und in Hiinden gehabt wie die letztern, so mochte man au
jene auch bei der Eintheiluug der gcomctrica in 6TrriKn. und
Kavovucn, und den angekniipften Begriflfsbestimmungen um so
mehr denken, als daselbst (XVI, 18) der principia wiederholt
Erwiihnung geschieht; denn dass von einer Behandlung der
numeri in dem Umfange von 0 Biichern die Besprechuug
nicht nur der Geometrie, sondern auch der Musik (Harmonik,
Rhythmik, Metrik) und der Astronomie nicht ausgeschlossen
sein konnte, lehrt die oberfliichlichste Kenntniss der Pytha-
0
goreischen Zahlenlehre. Hauptsiichlich aber wtirde es jetzt
zweifelhaft werden, ob dic merkwiirdige Notiz von einer
noch im sechszehnten Jahrhundert in Rom vorhandenen Hand-
schrift des Varro de arithmctica nicht vielmehr auf das Werk
de principiis nunurorum oder eiiu?n Theil desselben, als auf
ein mitten herausgegriffenes Buch der IHseiplinae zu beziehen
sei, wenn ihr nicht sehr wahrscheinlicher Weise ein reiner
Irrthum zu Grunde lage.*)
*) Sie berubt auf dem Zeugniss des Vertranius Maurus in der
'vita Varronis' an seiner Ausgabo der Biichcr dc 1. 1. (Lugd. 1563),
<he mir weder zuganglich war (dahcr der Irrthuni de Disc libri» p. 11
[oben p. 362]) noch ist. SpengcTs gefalliger Mittbcilung vcrdanke
ich die nachstehendc wbrtlicbe Anfiihrung: f Item DE ARITHMETICA
libellus eiusdera est hodie quoque superstes, divinitus a M. Varrone
•criptus, uti sunt omuia ab illo profecta: euin nos Romae cum P. Fabro
Augerioque Ferrario viris doctis amicieque nostris ex bibliotheca Rudolphi
Cardinalis asservatum apnd Laurentem Strossium Cardiualem vidimus'
(p. 205). Von Ausonius Popma wird der Znsatz gemacht: fAlciatus
hoc amplius se editunim pollicetur, quod tamen credo iuris civilis
professione, in qua maxime excelluit, et graviorum disciplinarum stu-
diis impeditua non praestitit'. Sehr wahrscheiulich ist VVeber'» Ver-
muthung r Boethii Fragmentum de arithm. im Kasaeler Prograram 1847
p. 36), dass Alciatus (und, lasnt sich hinzufugen, Maurus mit seincn
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444 DIE NCIJRIFTSTKLLEREI
Am unerwartetsteu kommen wohl die funfzehu Biicher
de iure eivili, wovon unsere gelehrten Juristeu nicht die
kleinste directe oder iudirecte Spur nachzuweisen wissen.
Ob ius eivile als roinisches Kecht oder als roinisches Privat-
recht zu fassen sei, steht dahin; fast scheint das Letztere,
da das iua publicum sowohl als das ius sacrum Varro ander-
wiirts, wenn aucli nicht in systematischer Erschopfuug, zu
beriihren vielfache Gelegeuheit hatte, jenes in den hurna-
narum, dieses in den divinarum rcrum antiquitates:
wogegen die zu beiden in dem Verhiiltniss von 'hausliehen'
oder f Privat-Alterthuinern' zu c offentlichen' oder (Staats-'
und rgottesdienstlichcn' oder fCultus-Alterthflmern' stehendeu
Bucher de vita populi Eomani der Natur der Sache nach
keinesweges in gleicher Weise den iiberreichen Stoff des
ius privatum iu sich fassten. Wir sind hierniit schon uiitteii
606 in eine neue Classe Varronischer Schriften gefuhrt. die «ler
historischen, deren Kenntniss durch den Katalog des
Hierouymus ebenfalls mehrfache Bereicherung erfahrt.
Eine triigerische ist es zuniichst, dass uns 45 Bucher
Antiquitatum statt der traditionellen 41 geboten werden,
und zwar in zwei Stellen ,des Katalogs. Ein blosser Ab-
schreiberfehler kann es nicht sein, da dieselbe Zahl auch
Kufinus gibt; aber ein Fehler, also des Hieronymus selbst,
bleibt es mchts desto weniger: so unfehlbar sind wir uber
den Umfaug von nur 41 Biichern durch ein so unantastbares
Zeugniss vergewissert, wie das des Augustinus de civ. dei
VI, 3 ist, wo uns Plan, Eintheilung imd Gliederung des
luhalts auf das vollstiindigste und unzwcideutigste vor Augen
gelegt wird. AVenn hiernach die erste Hiilfte des bewunderns-
wiirdigen Werkcs aus "vier Thcilen von je sechs BOchern,
und die zweite Ilalfte aus funf Theilen von je drei Biichern,
ausser je einem Einleitungsbuche, bestand, so wiirde selbst
mit dieser aussern Symmetrie der Anordnung eine Vernielirung
Frcuudcn) sich durch eine der Bchlechtern AgrimensorenhandflchrilVn
tiiUHchen licssen, in denen, wie de Disc. libr. § 7 [oben p. 3621 nac^
Blunic bcmcrkt worden, statt der Ueberschrift 'VarroniB libellos de
geomctria1 gelcsen wird fde arithmetica '. Selbst der Ausdruck tiMtf
stimmt.
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DES M. TERENTIITS VARKO.
445
um vier Biicher im Widerspruch stehen, und wenigstens eine
Summc von entweder 44 oder 47 Biichern erfordert werden.
Es entspricht aber auch die Biicherzahl der Epitome ex
lihris Antiquitatum, von deren Existenz wir hier die erste
Kunde erhalten, auf das einleuchtendste der Darstellung des
Augustinus, indem wir die 4 + 5 Theile in 9 Biichern wieder-
finden.
Als Ergiinzungen des grossen Hauptwerkes, und zwar
der ersten die weltlichen Dinge umfassenden Ilalfte, ist
eine lleihe historischer und antiquarischer Specialschriften
zu betrachten, die entweder in solcher Absicht von Varro
nach der Vollendung der Antiquitatea verfasst wurden, wie
diess von den Biichern de inta und denen de gnde poptdt
liomani durch Zeitbestimmuugen bei Schneider a. a. O.
p. 234 f. feststeht, oder auch zum Theil als Vorbereitungen
dazu fruher geschrieben sein kimnen. Und zwar lassen sicli
diese Schriften in ein bestimmtes Verhiiltniss zu der <rlie-
deruug der Antiquitates humanae nach den vier Haupt-
abschnitten setzen, in denen Varro die Gesichtspunkte ver-
folgte: qui agant, ubi agant , quando agant, qukl agant. Als
Ergiinzung des ersten Abschnittes, de hominibus, erscheinen
die von Servius zu Virg. Aen. V, 704 citirten libri quos de w>7
familiis Troianis scripsit, sowie die ebenfalls bei Hiero-
nymus fehlenden libri de gente populi Romani, vier Biicher
wie Arnobius V, 8 lehrt; als Ergiinzung des zwreiten, de locis,
erstlich der von Varro. selbst de ling. lat. V, 56 genannte
tribnum tiber (nach Spengel statt des ehemaligen libri),
den mit Miiller in den Antiquitates selbst zu suchen der
Umstand widerrath, dass anderwiirts (yi, 13. 18) Varro bei
ganz gleichartiger specieller Veranlassung dennoch den General-
titel in Antiquitatum libris nicht vermeidet ; sodann, wie man
sich leicht uberzeugt, noch die Jlerum urbanarum libri
tres; — als Erganzung des dritten Abschnittes, de temporilms,
nach glaubhafter Annahme die Annalinm libri tres\ — des
vierten endlich, de rebus, die libri IV de vita popuJi
Romani, und vielleicht in niichster Verwandtschaft mit ihnen
die Aetia.
Der Titel de familiis Troianis empfangt sein Licht
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446 DIE 8CHRIFT8TELLEBEI
*
diirch das historische Interesse der romischen Patricierfaniilieu,
die auf iilteste Abstammung Anspruch machten, und steht
i 111 Zusammenhange mit den Untcrsuchungen iiber romische
Familiengeschichten iiberhaupt, die, wie man deutlich erkennt,
sicli inRom zu einem besondernZweige antiquarischerForschung
ausgebildet hatten. Hauptbelege dafiir sind des Atticus Arbeiten,
geschildert bei Nepos Att, 18; des Messalla Corvinus Scbrift
dc Romanis famiVtis, von der Absicht kritischer Sichtung
ausgegangen nach 1'linius N. H. XXXV, 2 § ft; des Uyginus
mit dem Varronischen gleichnamiges Buch de familiis Troia-
nia bei Servius zu Virg. Aen. V, 389. Wie die gens Xautia,
fiir welche Servius Varros Schrift citirt, bei Paulus p. 1G7
(a Troianis dicitur oriunda) wiederkehrt, so lassen sicli viel-
leicht die bei Paulus als Trojanisch bezeichneten Acntilii
(p. 23: fquod ab Ascanio descendat, qui dnos habuerit filios
Tulium et Aemylon') und Caecilii (p. 44: cappellatos eos di-
cunt a Caecade Troiano Aeneae comite') auf Varro zurfick-
ftthren.*) Moglicher Weise auch was bei Servius zu Aen.
508 V, 117 vom Trojanischen Ursprung der gentes MmmUh
Sergia, Cluentia steht.
Die Biicher dc gentc populi liomani mit Krahner
de Varr. Antiq. p. 23 f. fttr weseutlich ehronologiseheu In-
halts zu erkliiren finde ich gar keinen uberzeugenden Grond.
Von alten Zeiten und Zeitperioden war allerdiugs dariu die
llede, aber nur weil Varro darin und zwar sehr weit aus-
holend (vom diluvium Ogggis nach Augustin de civ. dei XVM,
2. 8) die illteste Sagen- und Volkergeschichte tiberhaupt be-
handelte, niimlich um die origines der Uomer bis zu den
letzten Wurzeln zu yerfolgen**), nicht aber nach Servius
*) Damit steht uicbt iui Widerepruch, was in Betreff de»?eH»en
Caeculus, des Griinders Praeneste'8, von deui nach Paulus Andere die
Caecilier ableiteten, die Veroneser Seholien zu Aen. VII, 681 aua
VaiTo'8 Logistoricus Marius aut dc fortuna anfuhren.
**) Dasa er in dem Abschnitt der Kerum humanarum (1. II— VII).
der de hominibus handclte, nicht so weit ausgriff, sondern sich auf die
Urg«'8cbichte des romischen Volks bescbriinkt» , iat ausdriicklich bei
Augustinus zu leseu de civ. dei VI, 4: ' Ueruni quip)»e hunianarani
libros non quantum ad orbem terrarum, sed quautum ad solam Romam
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DES M. TEKENTIITS VARRO
447
zu Aen. VTT, 176 um nachzuweisen quid a quaqtic traxerint
gente per imitationem: eine Angabe, der, wie Krahner p. 10
vollkoininen richtig gesehen, eine Verwechselung mit den
Buchern dc vita P. 11. zu Grunde liegt. Das besonders bc-
lehrende Zeugniss des Augustinus c. 13: rhae fabellae ad
bellum usque Troianum, ubi secundum librum M. Varro de
gente populi Romani finivit', beweist nichts, als dass die
Anordnung des Stoffs die chronologische war, gorade wie
ilasselbe von den Bilchern dc vita popidi Romani walirschein-
lich geniacht werden kami, s. die Andeutungen im Prooemium
des Index schol. aest. Bonn. 1845 (de tabemis) p. V f.
[= Opusc. II p. 388 f.].
Dagegen von vorherrschend chronologischera Gesiehts-
punkte gingen, wie angenommen werden darf, Varros
Annales aus, bisher nur einmal vorkommend bei Charisius
p. 81 (Idem in Annali nach der Handschrift), und darum
weit weggeworfen von Krahner p. 12: fnam quis vel fando
aliquid accepit de Varrone Annalium scriptore? neque tanti
viri Annales deposuisset Dionysius aliique historiarum aucto-
res\ Solche Argumentationen wird raan sich bei Varro ab-
gewuhnen niQssen.*) Fiir einen chronologisclien Abriss
aber, in der Art etwa der Annatium libri des Corneliua m
Nepos, oder des Annalis des Atticus, in welchen beiden
Werken Niebuhr Vortr. iib. rom. Gesch.I p. 35 (BerLAusg.)
gewiss mit Kecht ihrer wesentlichen Beschaffenheit nach
chronologische Tabellen erkannt hat, — und nicht im Sinne
pertinent, «cripsif. Wie sich mit dieaer Begrenzung die Krwiihnuug
des Konigs Erechtheua und seines Stammes f Hbro humanarum secundo 1
(Schol. Cic. Seat. II, 299 Or.) vereinigte, mussen wir uns bescheiden
nicht zu wissen.
*) Auch dieae Warnnng hat freilich ihre Grenzen. So hatte gewiss
Hertz in Ztschr. f. Alt.wiss. 1846 p. 394 ganz Recht, dem Varro uicht
eine kritische amwtatio zu den Texten alter Dichter zuzutrauen, wozn
das 'Anecdoton Parisinum de notis' verleiten konnte. Gegen die An-
nahme einer Plantinischeu Textesrecension habe ich den Varro Parerga
p. 80. 367 verwahrt. Glossematische Samralungen Varro's iiber
Plautua, Naevius, Ennius, Lucilius sind ebend. p. 180 zugegeben, aber
lhre Verarbeitung nnd Herausgabe nur fiir den ersteu Dichter: s. u.
[p- 456] bei deu Quaestiones Plautinae.
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448
DIE SOHRIFTSTELLKUEI
altroinischer Auualisteu oder gar eiues Livius und Tacitus
wird mau unstreitig Varro's Annalen sehon ura deswillen
nehmen, weil eine formliche Geschichte, eine auf das
Detail der Thatsachen an sich gerichtete Darstellung von
Varro ganz gewiss nicht in nur 3 Biichern bestanden hiitte:
auch abgesehen davon, dass ja das ganze Material tler
romischen Geschichte mit planniiissiger Vollstiindigkeit eben
in den Humanaruni libri von ihm ausgebreitet wurde, nur
nicht in synchronistischer Zusammcnfassung aller Seiten,
sondern niehr in statistischer Form unter Uubriken vertheilt,
gerade wie wir jetzt ' Alterthiimer' von 'Geschichte' unter-
scheiden. Auffallend und verdachtig wiire bei Charisius die
(wie man jetzt weiss, nur von Putschius interpolirte) Cita-
tion des dritten Buches gewesen fOr das Bruchstiick: fNum-
inum argenteum flatum primum a Servio Tullio dicunt; is
quattuor scripulis maior fuit quam uunc est' (woriiber Boeckh
metrol. Unt. p. 347 f.). Diess staud notliwendig schou ira
ersten oder zweiten: gewiss im zweiten, wenn sich das Werk
nicht auf romische Geschichte beschriinkte, sondern vornV
mische in seinen Kreis zog; darum also I oder II nach Annali
ausgefallen ist, da der Singular ohne Zahl fur ein Werk
von mehrern Biichern keine Rechtfertigung zuliisst.*) Anch
6io das ist nicht wohl moglich, dass die Geschichten von Aeneas
bei der Eiunahme Biums, wofiir Schol. Veron. zu Aen. II,
717 den Varro sccundo historiarum anfiihren, im zweiten
Buche der AnnaJes vorgekommen seien, an die zu denken
Mai sichr wohl durch den gleich darauf fur dieselben (ie-
•) JJias Honieri et Annalis (statt Annales) Ennix hat in dem
Varronischen Brachstuck bci Nonius p. 428 nur die Leidener Hand-
schrift. Die einzige Vertheidigung wiire, dass anch Uber fur ein aus
mehreren Biichern best«*hendes Werk, in dem Sinne von f SchrifV, bei
nachlaBsig redenden Grammatikern ein paar mal vorkOmmt: b. u. jp. 454]
bei Gelegenheit der Varronischen Biicher de poemaiis. Bei Gelliu» VI, 9
bezieht sich ex Pisonis annali auf das unmittelbar vorhergebende
L. Piso in tertio annali zuruck. — Des Atticus Annalis, bestand nach
den bestimmtestcn ZeugniBsen (Nepos Att. 18. Cicero Orat. 34, Tgl
Brui. 3) nur aua einem Buche: die Annales des Nepoa nach Catuirs
'onine aevum tribus explicasse cliartis'' aus drei Biichern.
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DES M. TERENTIUS VARRO.
449
schichten eitirten Atticus und 1 L. Cassius Cmsoritts'*) ver-
leiten liess. Dafilr war der Platz gerade im zweiten Buche
der llumanarum, wie Niebuhr Ilom. Gesch. I p. 213 sah,
mag dafiir historiarutn verschrieben oder; wie Krahner
p. 1 1 meint, nur ungenauer Ausdruck sein. Noch weniger
kann das in jenen Scholien dann folgende Itetn (?) histo-
rianim libro I auf die Annales, ja uicht einmal auf das
erate Buch der Hnmanarum, also (wenn kein Fehler in der
Zahl steckt) vielleiclit gar nicht auf Varro gehen, da es
ebenjalls von Ilium, Aeneas , Ascanius und Eurybates
handelt.**)
Nicht unzweideutig ist der Titel lierum urbanarum,
haltbar aber kaum eine anderc Auffassung, als dass es eigent-
liehe Stadtgeschichte war: Geschichte der Entstehung lloms
als Stadt, ihrer allmiihlichen Erweiterung, Eintheilung, Ver- 511
inderungen, ihrer Schicksale durch Belagerung, Einnahme,
Brand u. dgl. namentlich mit Rilcksicht auf das Capitol, also
mit uberwiegend topographischem Gesichtspunkte: sei es dass
die Anordnung nach Art griechischer Periegesen war, worauf
*) Freilicb ist L. Cassius Hemina gemeint, wie Mai sah; aber
CeQgorius hiess nicht dieser, sondern L. Calpurniua Piso, dessen Name
offeubar ausgcfallen ist.
**) Da (Jellius die synchronistische Uebersicht, die er XVII, 21
gibt, so einlcitet: 'ut conspectum quendam aetatum antiquissimarum,
iteni virorum illustrium, qui in iis aetatibus nati fuissent, haberemus,
excerpebainus ex libris qui chronici appellaniur, quibus tempo-
ribus tloruissent Graeci simul atque Romaui viri, qui vcl iugenio vel
imperio nobiles insignesque post conditam Romam fuissent ante secun-
dum hellum Carthaginiensium , easque nunc excerptiones nostras variis
diversisque in locia factas cursim digessirous' ; da er im Folgenden
erst (§ 3) den Cornelius Nepos in primo Chronico (= Annuli) citirt,
dann (§24) fiir das supjtlicittm des M. Manlius die Angabe des schlecht-
hin geuannten M. Varro und desselben Nepos gegeniiberstellt, schliesn-
lich aber (§ 43) fur eine andere Mittheilung aus Varro ausdriicklich
desseu erstes Buch dc poetis nennt, und dieses Citat nur zwei Para-
grapben weiter ffir eine iihnliche Thatsache sogar vollstilndig wieder-
uolt: so ist wohl die Combination nicht zu gewagt, dass neben des
Nepo« und Anderer Annalen dem (iellius auch die Annales des Varro
fur seiue Excerpte zur Hand wareu, und dass aus ihnen der Bericht
uber dea Manlius Verriitherei genommen war.
FR. RITSCHELII OPVSCVI.A III. 29
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450
DIE SCHRIFTSTELLEREl
der Titel nieht eben hinweist, oder vielmehr nach der Zeit-
folge, womit sich die Erwahnung des Spartacus im dritten
Buche (bei Charisius p. 108, bisher das einzige Zeugniss fTir
diese Varronische Schrift)- sehr wohl vertragt, wenngleieh
sich nicht sagen liisst, in welche Beziehung gerade Sparta-
cus zur Stadtgeschichte gesetzt sein mochte. Weder der
sonst vorkommende Gegensatz von res urbanae zu den aus-
sern Angelegenheiten, wie bci Caesar de b. Gall. VII, 6, noeh
speciell der zur militia wie bei Gellius XTV, 7, noch der
haufigsto zu den rcs rustkac, wie ja auch vita urbana und
vita rustica stehende Gegensiitze bilden, bietet eine Einheit
gleichartiger Dinge dar, die wir als Stoff einer, und zwar
aus drei Biichern bestehenden, Schrift zu denken vermochteu;
und am gewissesten wiire es eine Tiiuschung, wenn man in
der Symmetrie von je drei Buchem rcrum rusticarum und
rcrum urbanarum mehr als ein Spiel des Zufalls sehen wollte.
Auf das erste Buch dc rcbus wbmis konnten sich hiernach,
wie man sieht, Quinctilians Worte I, 6, 12: 'Varro in eo
libro, quo initia urbis Romae enarrat', sehr wohl betaehen,
wenn es nicht weit wahrscheinlicher wiire, dass Quinctilian
das einschlagende Buch der unstreitig viel gelesenern Anti-
quitates rerum humanarum meinte; eine eigene Schrift tfc
initiis urbis daraus zu machen, wie noch Krahner p. 17
that, liegt nicht die mindeste Nothigung vor.
Wemi sich die speciellen Ausfiihrungen der bis hieher
genaunten Ergiinzungsschriftcn (um sie so zu bezeichnen)
mit der Behandluug derselben Gegenstiinde in den entspre-
chenden Biichern der Antiquitates vielfach deckt^n*): (wie
fm B. der von Lydus de mag. III, 74 p. 269 B. aus den
512 dvGpuiTTiva TrpdfMCtTa angeftihrte Einfall der Gallier unter
Brennus nothwendig auch in den Ilerum urlxmarum libri
vorkommen musste:) so war diess dagegen moglichst wenig
der Fall mit den Biichern de vita populi liomani, weil
das Privatleben als solches, wie es scheint, in den Bmim
*
*) Nichta i«t geeigneter, dicses Verhultniss zu verdeutlicheu, al*
wor Nep08 Att. 18 von des Atticue Monographien iibor einaelnc rC>
miache Familirn und ihrer Zusaminenfasaung zn einer bflndigen Oe-
sannutdaratellnng berichtet.
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DES M. TERENTIUS VARRO. 451
hunmmrum liltri keine abgesonderte Behandlung fand. We-
nigstens wird aus diesen eine auf Sitten und Gebriiuche des
ronrischen Volks bezugliche Angabe nieiuals gemacht, wiih-
rend die Menge derartiger Bruchstiicke aus jenen vier Bfl-
chern (nur Biihr kennt sieben mehr als Hieronymus bei
Rufinus) auffallend gross ist. Eben so wenig wird man es
aber fur Zufall zu halten geneigt sein, dass alle Bruchstiicke,
die aus dem nach alexandrinischem Vorbild Actia benann-
ten Werke Varros erhalten sind, gleichfalls in das Privat-
leben einschlagen, insbesondere aber keines etwa mytholo-
gischen Inhalts ist. Auf Nuptialgebriiuche geht, was Servius
zu Bucol. VIIT, 29 und 30, auf die BegrQssungssitte, was er
zu Aen. I, 408 anfuhrt ('cuius rei to ctrnov i. e. caussam
Varro Callimachum secutus exposuit' u. s. w.); die Erkliirung
eines provcrbium wird zu Aen. VIII, 128 mitgetheilt. Nichts
kann ahnlicher sein als die Form der Einkleidung in diesen
Stellen der Actia: idco faccs jvracirc, quod oder sjmr-
(jcfuiarum nucum lianc cssc rationcm, ut , und in den
uhne Buchtitel bei demselben Servius vorkommenden Varro-
nischen Erkliirungen von Leichencaremonien: muliercs in cx-
scquiis ct luctu ideo solitas ora laccrarc, ut zu Aen.IIT,
G7; pijras idco cupresso circumdari, jrroptcr zu VI, 216.
Hierniichst zu XII, 603: 'Varro ait Bnspendiosis, quibus insta
tieri ius non sit, suspensis oscillis veluti per imitationem
mortis parentandum esse'; vielleicht selbst bei Plinius N. H.
XVIII, 12 § 119: fqua de caussa parentando utique assu-
mitur (faba). Varro et ob haec flaminem ea non vesci
tradit et quoniam in flore eius litterae lugubres reperiantur.'
Mit Vorsicht indessen alle diese Angaben auf die Actia zu
beziehen mahnt Servius zu Aen. XI, 97 (vgl. zu V, 80):
fVarro in libris logistoricis dicit idco mortuis Salve et Vale
dici, nou quod' u. s. w.
Einen besonders reichen Beitrag zur Varronischen Poly
graphie haben, wie sich erwarten liisst, seine litterarhisto- f»u
rischen Studien geliefert, zu deren Betreibung er neben
glQcklichster Musse neueu Anreiz und wiinschenswerthcste
Hulfsmittel finden musste, seit er, von Caesar mit der Eiu
richtung einer otfentlichen Hibliothek beauftragt (Sueton
29*
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452 DIE SCHRIFTSTELLEREI
Caes. c. 44), doch wahrscheinlich auch deren erster Vorsteher
wurde. In dieser Thiitigkeit den niichsten Anlass zu den
drei Buchem de bibliothccis zu suchen wird wohl nicht zu
gewagt sein; wir kannten davon nur ein zweites Buch dureh
Charisius p. 11J). Vielleicht war daraus, was iiber Schreib-
niateriale, Erfindung der mcmbranac Pergamcnae und die
actmdatio circa bibliothccas rcgum Ptolctnaci ct Etnncnis Pliuius
. N. H. XIII, 11 § 68—70 aus Varro Bchopfte.
Zwar keinesweges auf die Personlichkeiten der Litteratur
beschriinkt, aber doch in der Forui an Vorgiingo des litte-
rarischen Kreises und selbst bibliothekarischer Gewohniing
ankniipfend (s. Creuzer Ztschr. f. d. Alt.wiss. 1843 p. 1059 ft)
waren die Itnaginnm lihi oder Hcbdomadcs: wouiit nicht
streitet, dass anderseits der Aristotelische Peplos (dah«*r
mitloyQatpCa Varronis bf»i Cicero ad Att XVI, 11) in einem
vorbildlichen Verhiiltniss zu dem Werke stand: s. Schnei-
dewin Philol. I p. 22 f. Durch Plinius XXXV, 2 § 11
wussten wir, dass diese interessante uud vielbesprochene
Gallerie von Portriit-Bildnissen sowohl griechischer als ri>
mischer Dichter, Sehriftsteller, Gelehrten, Kiinstler, Fehl-
herren und Staatsm;inner aus 700 imagincs bestand; durch
Hieronymus erfahren wir, dass sie nicht, wie man allgeuieiu
angenommen, in 100, sondern in 51 Bucher vertheilt waren,
d. h. in 50 Abschuitte von je 14 Portriits, deneu, gauz wie
den Hmnanartmi und den Dirinarmn so wie den Buchern de
lingtia Jatina, ein Buch als Einleitung voranging mit allge-
meinen Erorterungen iiber Bedeutung und Beziige der Sieben-
zahl, woraus uns Gellius III, 10 ausfuhrlichere Mittheiluug«*n
macht. Was sich aus dieser Eintheilung, in Verbindung mit
den geringen sonstigen Notizen, fiir die Oekonomie und Ten-
denz des Werkes folgem liisst, ziehe ich vor an einem andem
Orte darzulegen funt. Nr. XIV J. Was die litterarischen Zugal>en
betritft, so hatte jedes Bildniss als Unterschrift ein metrisches
5u Epigramm, und ausserdem einen erliiuternden Text zur B<w
gleitung. rScis Terentium,, heisst es bei Symruaehus E]>isL
1,2, cnon coraicum, sed Reatinum illum Romanae eruditionis
]>atrem, Hebdoraadon libros epigrararaatuin adiectione con-
disse': woraus nicht folgt, dass die Bilder keine andere /u-
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DES M. TEKENTIUS VAKKO.
453
tliat gehabt hUtten. Von den zwei erhalteneu Epigrainmen
ist das auf Iloiuer (bei Gellius III, II) iu Seuareu, das auf
den Phalereer Demetrius (bei Nonius p. 528, nach Scaligers
glinzender Herstellung) in Hendekasyllaben: also wechaelte
die Forui beliebig, und diess uin so niehr, als nach Syni-
niachus I, 2 extr. auch von Andern verfasste Elogien Auf-
nahuie fanden. Der begleitende Text schein^ das Mass einer
popularen Erlautenuig nicht iiberschritten zu habeu. Zuni
Hildt' des Aeneas gab er eine Rechtfertigung des Kostihus,
in deiu, und die Nachweisung des Originals, wonacli er ihn
dargestellt, wie bei Lydus de uiag. I, 12 p. 130 B. zu sehen;
beim Bilde Iloiuers las man nach Gellius a. a. 0. eiue Er-
ortenmg iiber die Zeitalter llomers und Hesiods; viel niehr
uacb Prosa, als nach einem Epigrainrue, seheu auch die aus
<leni neunten Buch vou Charisius p. 119 angefuhrten Worte
<i vnlgu condemtutrctttr aus; uirgend andersher als aus deu
Imagines uiag auch das Bruchstilck bei Gellius XVII, 4
stammen: 'Euripidem M. Varro ait, cuui quinque et septua-
ijiiita tragoedias scripserit, iu quinque solis vicissc, cum euin
nepe vincerent aliquot poetae ignavissiiui da keine Schrift
dwVarro bekauut ist, in der die griechische Poetengeschichte
ex professo abgehandelt worden wiire.*) Bei dieser Beschaf- »u
lenheit des erlauternden Textes wird denn auefa nicht zu
*) Gewiss iat, dass eine solche Notiz in die crluuternde Zugabe
"inea Kuripidesbildes sehr wohl passte. Wer steht uns aber dafiir,
•la*s tfie nicht z. 13. anB den Antuths genommen ist? Und was kounte
nicbt iilles in 76 Logistorici vorkouiinen? Wer hiitte in einer Satira
geneht, was de Discipl. libris § 8 [oben p. 365 J benproeheu, so cin-
bdend wie moglich auf cine gana auderc Schrift [de proprictatc scrip-
tonm) hinzudeuten schieu? Wer wurde nicht auf die Bueher poc-
malis das aus dersclben Satire genoiumene Bruchstiick bei Nonius
1».428 beziehen: Toema e.>t MZic {vpuOuoc, id cst vcrba plura inodice
in quaudani couiecta formam: itaque bicnxov cuiYpuuudTiov vocant
1'Otina. Pocsis eet perpetuum arguiuentuin cvpuBuov ut Ilias Ilomeri
Ct Annalcs Ennii. 1'oetice est ars earuni rerum.' Iu der That, bei
4o ?i<>lgestaltigeu Mdglichkeitcu, und bei der (Jewissheit, dass Varro
dfeaelben Dinge zwei und dreimal an verschiedenen Orten wiederholend,
verbessernd, widersprecheiid behandelte, mochte mau schier verzwei-
Wn, eine eiuigermaeaen durcbgefuhrte Vertheilung der ohne Buchtitel
ntirten Fragiuente gclingen zu ttehen.
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4f>4
\HE SCIIRIFTSTELLKKEI
zweifeln sein, dass Hieronymus iiu Vurwort zu seiueui Kata-
log der scriptorcs ecctcsiastici, wenu er uuter denen, die iu
cnumcrandis littcrarum viris illustribus beschiiftigt waren,
nebeu Ilermippus, Antigonus, Satyrus, Aristoxeuus und den
Lateinern Santra, Nepos, Hyginus, Suetonius auch den Varro
nennt, an die Hebdonutdcs noch angeiuesseuer denken konnte,
als an die Parcrga Pl. I p. (521 dafiir substituirte Schrift de
poetis. Diese, von der uus nur das erste Bucb einigemal
genannt ward, wird zwar weit ausfiihrlichere Biograpbieu
entbaltcu, muss sicb aber auf die lateinischeu Diehter be-
sehrankt habeu: denn diess folgt doch daraus, dass die von
GeUiua 1,24 uud XVII, 21 §43.45 aus dem primo dc poetis
libro angefiihrteu Notizen deu Plautus, Eunius uud Naevius
betreffen. (Dagegen was iiber das Todesjahr des Naevius
aus cVarro' Cicero Brut. 15 beibringt, kanu ebeu so gut aus
den Amudes seiu.) Wie gelehrt und ausfiihrlich die Darstel-
lung seiu uiochte, liisst sich an der Suetonischen VUa Tt-
rentii abnehruen, wenn diese, wie Parerga p. 622 wabrschein-
lich gemacht worden, ihr Bestes ebeu aus Varro hat. Auch
die Ueschichte von Pacuvius und dem juugeu Accius bei
Gellius XIII, 2 kann daher sein, da sie mit deu Worten
eingeleitct wird: cQuibus otium et studium fuit, vitas aujw
actates doctorum hominum (juaerere ac memoriae tradere, de
historiaiu scripscruut huiuscemodi'; sowohl fiir die
Itnagines als fiir die Annahs wfire sie zu laug uud zu speciell.
Von den Dichtern zu den Gedichten selbst wandte
sich Varro in den schon bekannteu drei Biichern de poe'
matis, worin ohue ZweitVl von den Eintheilungeu, Gattungen
und Arteu der Poesie gehaudelt, also eine Art von Poetik
gegeben war: naturlieh diese nicht obne Ilereiuziehung der
griecbiscben Litteratur, worauf das Bruchstuck von ubrigens
dunkler Beziehung bei Charisius p. 7G deutet: 'Olympiam
5i6 nou accessit'. *) Von allen Dichtungsarteu war es aber,
*) BeraetkenBwerth i»t dcr Singular ebend. p. 113: 'Poematis.
qoamvifl ratio poeraatibus faciat. nam sic inseribit Varro libro suo de
poematis': iihnlich wie, sogar in cinem speeiellen Citat, z. U. «Servius
zu Aeu. I, 368: 'Cornelius Nepoa in eo libro qui Vita[eJ illu»trium in
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DKS M. TEKENTIU5S VAUKO.
455
dem Zustande der dainaligen ruinischeu Litteratur geiniiss,
vorzugsweise die drauiatiHche, in die sich Varrus gelehrte
Studien mit Liebhaberei vertieften: sowie wiederum iuner-
halb dieses Kreises die Plautinische Komodie als der Ge-
genstand seines speeiellsten Interesses erscheint. Mindestens
tirnf, wahrseheinlieh sechs, ja vielleicht sieben Schrifteu
geben davun Zeuguiss, darunter drei uus erst durch Hiero-
nynius bekanut werdende. Und zwar liisst desseu Katalog
auch au dieser Partie uoch die Spuren einer urspriiuglich
uach Rubriken geordneten Aufziihluug erkeunen. Denu wenn
wir am Anfang zwei vor dc poenuUis eingedrungene Titel
entfemen, und am Ende den versprengten Titel dc personis
wieder heranziehen, su ergibt sich eine ununterbrochene
Keihe vun zehn Sehriften, die sammtlich litterarhisturischer
Natur sind, und uuter ihnen wieder eiue eng verbundene
Gruppe der auf Dramatik beziiglicheu. Wir urdnen die letz-
tern, die nuthigen Verbesserungen vun Schreib- uder Lese-
fehlern vurwegnehmend, in dieser Fulge: dc originihus scae-
nicis: de scaenicis actionibus: de actibus scacnicis: de
personis: de dcscriptionibus : quacstiones Plautinae.
Wie sich diese Schriften, vun weiteru zu engeru Kreisen
tortschreitend, gegenseitig ergiinzteu, liegt auf der Ilaud und
ist zum Theil anderwiirts nachgewiesen: s. Parerga Plaut. I
p. 178 ff. .'520 f. praef. p. XXVII f. uud das uben erwiihnte
Prooemium fde Legisturicis' p. IX f. [uben p. 411 f.J. Die
Zahl der Biicher de originibus scaenicis, wufiir unser Ka-
talog mit uuzweifelhaftem Verderbniss sacculi hat, stimmt
mit dem, was wir aus Charisius p. 83 und Nunius p. 196
wussten. Dagegen erscheiuen nicht nur die Quacstioncs
Ploutinae, vuu denen sunst nur ein tibcr II geuannt wird,
zu der auffalleud huhen Zahl vuu fiinf Biichern gesteigert,
sondern zugleich das didaskalische Werk vuu gewiss uuschiitz-
barem Werth iiber die dramatischen Auffiihrungen, de actio-
nibus scaenicis, auf drei Biiclier herabgesetzt, wiilirend ein
tiinftes uuzweideutig bei Charisius p. 74 vurkummt. Sehr tti
scribitur.' So noch 'Varro in libro de origine linguae latinae* bei
Ajmlejus, und fliber ephemeridos': wovon a. u.
456
1HE SCHRIFTSTELLBREI
m5glich daher, dass die Zahlen geradezu verwechselt gind,
oder dass doch die fttnf Bttcher der Quaestioncs Ptautinac aus
der Fiiufzahl des iiu Katalog uninittelbar voransteheudeu
Titels durch Versehen wiederholt sind. Die frtther vorhau-
deneu Notizen berechtigten zu der Vorstellung, dass ein erstes
Buch der Quacstioncs Plautinac allgeuieinern litterarhisto-
rischen Frageu, ein zweites der Erkliirung einzelner dunkler
Ausdrttcke gewidniet war. Verliert die so gefasste Auuahuie
jetzt ihr Fuudanient, so liisst sich doch vielleicht in auderer
Wenduug dieselbe Scheidimg uud Vertheiluug des Stottes fest-
halten. Ich gestehe niimlich jetzt, da so viele uud uner-
wartete Thatsacheu das Scaligersche Princip des Contrahireus
vou Titeln als irrig darthun, bei weiteni uicht mehr so fest
wie frtther von der Identitat der Quaestiones Plautinae und
derjeuigen Varronischeu Schrift uberzeugt zu sein, aus der
Gellius III, 3 die uns so wichtige Mittheilung ttber die Var-
rouischen Kriterien fttr Aechtheit oder Unachtheit Plautiui-
scher Komodien macht: Kriterien, deren Anweudung wir die
Erhaltung unserer fabulae Varronianae verdanken. Des Gel-
lius f M. tameu Varro in libro de comoediis Plautinis priino'
liisst es bei seiner sonstigen Genauigkeit im Citiren gar
wolil als moglich erscheinen, dass eine eigene Sclirift dc
comoediis Plautinis ausschliesslich jeue litterarische Kritik
zum Gegeustaude hatte, und dass sich mit glossographischen
Einzeluhciten (wie die Bedeutung vou amussis bei Nonius
p. 9 und von satura bei Diomedes III p. 483, beide c libro II )
alle drei oder fiiuf Bttcher der Quaestioncs Plauthuie beschai-
tigteiu Zu bestimmterer Eutscheidung fehlen die Mittel.
Auch iu Betreff der riithselhafteu Anftthrung bei Servius
zu Georg. 1, 19: f Varro de scaenicis originibus vel in Scauro'
erhalten wir kein ueues Licht. Eutwcder steckt darin irgend
ein Fehler oder nicht. Wenn uicht, so weist diese Forui
eines Titels nach aller Analogie auf einen Logistoricus hin,
ond mau hat alsdann nur die Wahl, entweder gegen alle
Analogie eineu aus drei Buchern bestehenden Logistoricus
anzunehmeu, oder es sich als nicht unwahrscheiulich gefallen
zu lassen, dass von Varro neben einem drei Bttcher umfas-
senden Werk de scaenicis orujinibus noch eiu liber singularis
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1>KS M. TERENTIUS VAKKO.
457
de scaenicis originibus cel Scaurus existirte. Steckt dagegen m»
eiii Pehler iu der Anfiihrung, der uiiher nicht errathbar ist,
so bleibt neben jeneni grosseren Werk ein Logistoricus
Scauras vou unbekannteui Luhalt und Nebentitel freigegeben.
Weiter weiss ich mit dieseui EnTr|ua uicht zu komuien.
Dass der uninittelbar auf de scaenicis actionibus folgende
Titel dc actis scacnicis libri III auf einem blosseu Wieder-
holuagsfehler beruhe, ist moglich; gerade eben so moglith
aber, uud durch Verknupfung sonstiger Spuren aunehmlich
zu machen, ist das obeu vorausgesetzte leichte Verderbuiss
aiu de actibus scacnicis. Ich habe in der Abhandlung
fuber die ursprungliche Gestalt der Bacchides* im Rh. Mus.
i Ph. N. F. IV p. 608 [— Opusc. II p. 366] aufmerksam
darauf gemacht, dass, und auf Grund welcher Verhiiltuisse,
die Anfaugszeiten des romischen Dramas keine schriftliche
Ueberlieferung, oder doch durchaus keine sichere uud voll-
standige, tiber die Acteintheilungen der Schauspiele hatten,
sondern dass diese letztern, als sie zuerst litterarisch fixirt
wurden, grossentheils aus den zum Gebrauch der Schauspieler
dieneuden Einzelrolleu zusammengeschrieben werden mussten.
Da nun diese StOcke durch alle Zeiten der Ilepublik noch
auf die Biihne kamen, so hatte es nicht nur ein gelehrtes
Interesse (obwohl auch dieses geniigen wiirde), sondern ein
sehr entschiedeu praktisches, iiber die angemessenen und vom
Dichter beabsichtigten Abschnitte im Klaren zu sein, welehe
iu Betreff des Aufziehens uud Niederlasseus des Auliiums fiir
die offeutliche AufTiihmng massgebend seiu mussten. Von
der Un.sicherheit, die in dieser Beziehung herrschte, und der
Verschiedenheit der Meiiiungen, die sich fiir einzelue schwie-
riger zu beurtheilende Ftille eutgegenstandeii, geben uns die
dahin einschlagenden Verhandlungen des Donatus zu Terenz
eine hinreichende Vorstellung, mit dem Ausspruch an ihrer
Spitze Arg. Andr. : edivisionem actuum in latinis fabulis
internoscere difficile est.' An diesen Uutersucliuugen und
Entscheiduugen aber insbesondere den Varro zu betheiligen,
erhalten wir ein naheres Recht dtirch die nameutliche Zu-
rilckffihnmg eines Hauptprincips auf die Autoritiit des Varro,
bei Donat im Argumentum der Hecyra: 'Docet autem Varro
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m
DIK NCIIKIPTSTKLLEKKI
m» neque iu hae fabula neque iu aliis esse iniranduiu, quod
actus iinpares scenaruui pagiuaruiuque siut nuuieru, cum
haec distributio in reruui descriptione, non in nuinero ver-
suuin eonstituta sit, non apud Latinos uiodo, veruiu etiam
apud Graecos ipsos'; vgl. Arg. Ad. extr.: *In divideudis ac-
tibus fabulae identidem nieuiirferiinus, priiuo paginarum di-
nuuierationeni neque Graecos neque Latinoa servasse.' Hier-
aus eriuisst man leicht, wer es hauptsachlich ist, auf deu
folgende Zeugnisse zuruekfuhren: Arg. Andr. extr.: fNihi)
ergo secus factum est ab antiquis, qui ad hutic modutn Teren-
tianas fabulas diviserunt,' mul Arg. Ad.: fquos (actus) et&i
minime distiuguunt latiui comici, tamen a doctis vek-
ribus discreti atquc disiuncti sunt.9 Nur eiue DurchfQhruiig
ubrigeii8 der richtigen Abtheilung au allen oder eiiier grosseu
Zalil vou iiltern, uoch der Biihne dieuenden Stiickeu uiacht
uus die Ausdehnung einer derartigen Varronischeu Schrift
zu drei Biichern begreiflich. Wie schwierige Problenie dabei
vorkommeu kounten, wie complicirte Erwiigungen die Auf-
fiudung, wie gar nicht kurze Begriindungen die Feststelluug
des Uichtigen liiiufig erforderu musste, lehrt gar manche der
erhaltenen Komodien; als anschauliches Beispiel kami der
a. a. 0. fur die Bacchides gemachte Abtheilungsversuch
dicnen. — Trotz dieser Nachweisungen soll indess keines-
weges verkannt werden, dass es nur eine Moglichkeit ist,
die hier der andern Moglichkeit eines blossen Schreibfehlers
gegenQber niiher begrtindet wordeu; und ebeu so weuig wfll
ich verhehleu, dass ich als Titel einer so beschafleueu Schrift
lieber dc distributiotic fabularum oder dergleichen als de adi-
bus scacnicis sehen wiirde.
Einen desto einleuchtendern Stoff finden wir in den drei
Biicheru dc personis} die sogleich an des Aristophaues von
Byzauz Schrift irept Trpocumujv (woriiber Schneidewin Con-
iect. crit p. 122 f.) eriuuern, auf die, vielleicht aus Varru
selbst, Verrius Flaccus bei Festus p. 134 M. Bezug uinunt:
fMaeson persona comica appellatur aut coci aut nautae aut
eius generis. dici ab inventore eius Maesone comoedo, ut
ait Aristophanes grainmaticus.' Ohne Zweifel zog hier Varm
namentlich die bekannten stehenden Atellanenrollen in den
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DEti M. TERENTIUS VARRO.
459
Bereich seiner Darstellung, und was soust vou eiuheiinischen
italischen Foruien im Gebiete heiterer Miniik uud volks- 520
thiinilicheu Lustspiels charakteristisch ausgepriigt war; doch
wird in einer sich auf die Maskeu erstreckendeu Schrift
auch die Tragodie nicht leer ausgegangen sein. Historische
Belchrungen iiber diejenigen auf Erfinduug, Einfuhrung, Ge-
brauch der Theatermasken bezuglichen 1'uukte, dio wenig-
steus fflr uus iu so uiancherlei Dunkel gehfdlt und in Wider-
spruch verstrickt siud (woriiber u. A. Wolff de cauticis iu
Roui. fab. p. 22 ff.), werden auch nicht gefehlt habeu.
Dass ich endlich noch die drei Biicher de descriptio-
nibtts hieher gestellt habe, beruht auf folgeudeu Ueber-
legungeu. Dcscriptio ohue eiueu bestiuinienden Genitiv *)
ist nur entweder rhetorische Schilderung zum Zweck der ex-
orttatio, wie ad Herenn. IV, 39, oder Charakterschilderuug^
Charakterbild. So ungeeignet dcscrijrtiones iui ersten Sinue
als Stoff eines Buches sind, so fester techuischer Ausdruck
ist es in der zweiten Bedeutuug, wofiir vor alleiu an Cic.
Top. 22 zu erinnern: descriptio, quam Graeci xagaxtriQa vo-
cant, uud weiterhin: dcscriptio, tjualis sit avarus, qualis asseij-
tator, ceteraquc cinsdctn gcncris, in quibus natura et vita descrir
bitur. Diesen Begriff fiir Varro festzuhalten nothigt uiui fast
gebieterisch die Anfuhrung des Charisius p. 170: rVarro in
tertio Tt€pl x<*paKTrjpujv\ Das de Discipl. libris § 8 [oben
p. 365J hervorgehobene Bedenken, dass ausserhalb der Me-
nippeischen Satiren sich kein griechischer Titel ira ganzen
Umfange der Varronischen Schriftstellerei finde, erledigt sich
schon dadurch, dass dcscriptio, wie selbst Ciceros Verde'utli-
chung durch seiuen Zusatz quam Gracci xa9axr^lQK vovant
lehrt, noch nicht so eingebiirgert war, um des erkliireuden
*) Zwar bei Ciccro Tusc. I, 17 sind dcscriptiones Zeichnungen,
abcr ln einem Zusaninienhange, der die Zweideutigkeit ausschliesst.
Und wa« batte Varro in drei Buchern uber Zcichnungen zu sagcn ge-
habt? Was dariiber zu sagen war, hatte in cin Buch de pictura (oder
allenfalls auch dc pictoribus) gehflrt. Einen solchen Titel, oder viel-
mehr eincn weitern, auch die bildende Kuust umfaesenden Titel ver-
mi?g«n wir allerdings gar sehr, um einc Reihe auf K unstgcschichte
beiuglicher Varronischer Bruchstiicke bei Plinius unterzubringen.
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460
I >1 K SC 1 1 K I KTSTK LLKlf K I
Nebentitels nept xapGKTHPWv bequem entbehren zu kounen,
wenn es sogleich richtig verstanden werden sollte. Uud ein
zweites sicheres Beispiel lmben wir au deui €icaYUJYU<6c, von
521 dem Gellius XIV, 8 bezeugt: 'sic enim Varro ipse appellat,'
wiihrend AoYtCTOptKOt, AiTia, 'G^riM^P^ als griechisch ge-
schriebeue Titel fiir Varro zweifelhaft sind. — Also Cha-
raktergemalde hatte Varro entworfen, und wenn wir dabei
an Theophrastisches Vorbild denken, hatte diese Schrift ihrr
Stelle unter den freien, mit kiinstlerisclier Absicht verfasstcu
Compositionen einzuuehmen. Allein dann wiirdeu wir Dc-
scriptionum libri trcs, wie Orationum, Sua^ionum u. s. w. lesen,
und nicht ik (lcacriptionibus. Wenn er iiber Charakterschil-
derungen schrieb, so mussten das schon anderweitig in der
Litteratur vorliegende sein VVo aber in den ganzen weiteu
Haumen der Litteratur hiitten wir diese auders zu suchen
als in derjenigen Gattung, deren wesentlichcr Keru in einer
Ftille von typisch ausgepriigten Charakterbildern bestaud,
wie fleno periurus et amator fervidus et servolus callidus et
amica illudens et uxor inhibens et mater indulgens et patruus
obiurgator et sodalis opitulator et miles proeliator, sed et
panisiti edaces et parentes tenaces et meretrices procace.</
um mit Apulejus Flor. III, 16 zu reden. Die Komodie war
es oflenbar, und zwar wohl dio gesammte romische neben
der neuen attischen, deren stehcnde uud mit den fciusten
Abstufungen wiederkehrende Charakterrolleu den Stoff hcr«
gaben zu einer Art von ethischer Prosopographie, die viel-
leicht manche gemeiuschaftliche Beriihrungspunkte hatte mit
der Schrift de jMjraonis, jedenfalls manchen Anlass zur Ver-
gleichmig der Griechen und Roiner darbot.
Aber noch ein Buchtitel findet nach glaubhafter Au-
nahme nirgeud anders als unter den litterarischen Schriften
seiucn Platz: de lectionibus libri tres. Wer etwa au Photii
bibliotheca und nach dieser Analogie an Tagebiicher Varro s
iil)er seiue Lectiire diichte, hiitte iu Erwiigung bloss dreicr
Biicher fiir Aufzeichnungen einer unermesslichen Lecture
jenen Gedanken ebeu so schnell wieder fahrcn zu lassen.
Auch erwartete inan danu vielmehr dc lectione sua oder noch
passender Lectionis suac, einen der in des Gellius Vorrede
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DKS M. TKKENTIITS VAKRO
40 1
zusammengestellten Titel. Um cs kurz zu sagen, die Schrift
dr tcctionibus handelte, wcnn nicht alles tiiuscht, von der so
bekannten wie eigenthiimlichen romischen Sitte dcr rccita-
timm, sei es dass die Lesung in engerm Kreise oder vor
einem grossern Publicum stattfand. Dagegeu wird sogleich
eingewendet werden, dass diese Vorlesungen eben mit tecli-
nischem Ansdruck rccitationcs und nicht lcctioncs hiesseu, und
/weitens dass die Sitte selbst nicht so hoch hinaufreiche,
um schon dem Varro fiir drei Biicher Stotf geben zu konnen,
Eomal sie ja in irgendwie erweitertem Masse erst durch
Asinius Pollio in Aufnahme gekommen sein solle. Allerdings
tinde ich auch in der mir jetzt zugiiuglichen Litteratur iiber
den Gegeustand (Lipsius Epist. ad Belg. II, 48, Thorbecke
de Asinio Pollione p. 103 f.; Gierig Exc. 1 zu Pliu. Epist.,
Plum zu Pers. I, 15 u. A.) weder fiir das einc noch daa
andere Belege zum Erweis des Gegentheils: denn die Privat
vorlesung des Accius unter vier Augeu bei Gell. XIII, 2 ge-
hort doch so wenig liieher wie die Probevorlesung des Te-
renz vor Oaecilius in der Suetonischen Vita (vgl. Par. Pl. I
p. 329): und das fcarmina cum populo iuvenilia hyV des
Ovid Trist. IV, 10, f>7 hat als Dichterstidle nur halbe Be-
weiskraft. Nichtsdestoweniger ist das Alter der Sitte so
sicher wie moglich nachzuweisen, und der Gebrauch des
legcrc in diesem Sinne, ehe sich rccitarc festgesetzt hatte, auf
dem Wege des Analogisirens durchaus wahrscheiulich zu
rnachen. Beides aus Sueton s Bericht de gramm. 2: f('rates
nostris exemplo fuit ad imitandum. liactenus tamen imitati,
ut carmina parum adhuc divulgata vel defuuctorum aiuico-
rum vel si quorum aliorum probassent, diligentius retracta-
reut ac legendo commentaudoque et ceteris nota facerent: ut
C. Octavius Lampadio Naevii Punicum bellum . . . .: ut postea
Q. Vargunteius Annales Ennii, quos certis diebus in magna
frequentia pmimitiabat: ut Laelius Archelaus Vectiusque
Philocomus*) Lucilii Satiras familiaribus suis, quas legisse
*) Den in Parerga PI. I p. 195. .'178. praof. p. XVII boseitipten
^uintwt Philocomm, ^egfii di*ii mit Andern IJeigk in Zeitmhr. f.
Altwi**. 1845 i>. 114 zu nailiHichtig war, hat auch Hertz ebenda
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402
DIK SCIIRIFTSTELLEREI
se apud Archelauui Pompeius Lenaeus, apud Philocomuui
Valerius Cato praedicant': worauf zu den Zeiten des Aeliu*
r»23 Stilo und seines Schwiegersohnes Ser. Clodius fortgegangen
wird. Oh die Icctio eigene oder fremde Arbeiten hetrifft,
darauf kommt nichts an; genug, rccitarc erscheint hier noch
so wenig als stehende Bezeichnung, dass diesem Ausdrucke
gerade da, wo man ihn am bestimmtesten erwartete, pro-
nuntiare substituirt ist. Und eben so wenig heisst es recitarc,
8ondern — wenn nicht Ugere% doch praclcgcre im vorhor-
gehenden Capitel: rsi quid ipsi latine composuissent, prae-
Icgebant (Livius et Ennius).' Und abermals c. 16: 'primus
dicitur (Q. Caecilius Epirota) . . . Vergilium et alios poetas
novos praelcgerc coepisse.' Denn das lcgendo der ersten Stelle
ist allerdings mit ausschliesslicher Nothwendigkeit nicht
ebendahin zu beziehen; legere, wie es vom Schiiler gesagt
wird, der einen Autor bei seinem Lehrer liest, so auch vom
Lehrer, der 'ilber ihn liest' oder ihn mit seinen Zuhorern
liest In der ersten Bedeutung ist das 'quas lcgisse se apud
Archelaum' u. s. w. gesagt, desgleichen cap. 24 vom Vale-
rius Probus ^tegerat in provincia quosdam veteres lihellos
apud grammatistam'; in der zweiten ebenda 'uiagisque op-
probrio tegentibus quam gloriae et fructui esse,' und funum
vel alterum vel, cum plurimos, tres aut quattuor postnieri-
dianis horis admittere solebat cubansque inter longos ac
vulgares sermoues legere quaedara.' Aber ausschlie9sen kann
doch den Begriflf des recitirenden Vorlesens auf der andern
Seite der Ausdruck lcgcrc auch nicht. Selbst wenn man
nicht zugeben will, dass bei Sueton quas .... pronuntiahat
und familiaribus suis sich auf lcgcndo conmmtandoquc zurtick-
beziehe, indem diess als genereller Begriff zusammenfasse,
was sodanu von einzelnen Belegen unter ihn subsumirt
werde, so muss man doch einraumen, dass vor und mit
Schiilern lesen, in geschlossenem Freundeskreise lesen, und
vor einera grossern Publicum lesen, uur Stufen eines der
Hauptsache nach gleichartigen Acts sind, wobei die Unter-
p. 393 richtig zurfickgewiesen. — Van Heusde'* familiaribus sui* ist
mir noch iinuior wahrscheinlichor al8 das uberlieferte familiaris sut.
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DES M. TERENTWS VARRO.
403
schiede daa Zufallige, nur in der Vi-rschiedenheit der zuho-
rcnden Subjecte Liegende sind. Und was bindert denn an-
zunehmen, dass Varro eben niclit nnr die eigenen Recita-
tionen von Verfassern, sondern anch die, nicht bloss anf
iisthetischen Genuss berechneten, zugleich erkliirenden Vor-
lesungen gelehrter Litteratoren in seiner Darstellung ins
Auge fasste? woraus nur auf die Verbreitung dieser doppelten M4
Sitte und auf den Einfluss zu scbliessen wiire, den ihr Varro
auf die Entwickelung litterarischer Bildung beilegte.
Einen Uebergang von den kritisch- litterarhistorischen
Arbeiten Varros zu seinen grammatischen ist die Schrift
de proprit tatr scriptoritm, in ebenfalls drei Biichero, zu
machen geeignet, wofeni angenommen werden darf, dass
darin stilistische Vergleichung von Autoren und (rattungen
ein hervortretender Gesichtspunkt war. Das einzige Frag-
ment bei Nonius p. 334 lehrt nichts. Ich habe de Disc. § 8
foben p. 365 1 vermuthungsweise darauf bezogen, was bei
0elliu8 VII, 14 stebt: fvera autem et propria huiuscpinodi
formarum exempla in latina lingua M. Varro esse dicit uber-
tatis Pacuvium, gracilitatis Lucilium, niediocritatis Terentium/
aber zugleich eine eutgegenstehende Moglicbkeit nicht ver-
schwiegen, die sich durch (•harisius p. 215: ?n©n> »t ait
Varro de tatino sermone lib. V, nullis aliis servare convenit
quam Titinio, Terentio, Attae: 7rd8r| vero Trabea, Atilius,
Caecilius facile moverant' (vgl. Parerga I p. 194) mit um so
mehr Schein begriiuden lasst, als es hier nicht einmal sti-
listische Eigenschaften sind, sondern viel tiefer greifende
Unter8chiede der ganzen Individualitiit, die dennoch in einem
Werk (iber Sprache Platz gefunden haben. Und zwar in
einem Sprachwerk, welches sich allerdings mit den fibcr die
eigentliche Grammatik hinaus liegenden Gegenstiinden be-
fasste. Denn so liisst sich im allgemeinen wohl das Ver-
haltniss zwischen den zwei bedeutendsten gramuiatischen
Werken Varros, de lingua latina (ad Vieeroneni) und de
sermone latino ad MareeUum fassen, so manche Dunkel-
heiten auch sonst gerade hier noch aufzuhellen siud. Der
Hauptbeweis liegt darin, dass es das letztere Werk war,
worin von Varro die Metrik abgehandelt ward: wofiir die
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404
DIE SCTIRTFTSTELLEREI
Thatsachen de Diseipl. § 1C> [oben p. 3821F.] conibinirt sind.
Freilich iiach zweiinaligem, aehr unverdachtig aussehenden
Zeugniss des Rufinus p. 2707 P. 371) Gaisf. in lib. VII ffe
liiujua latina ad Marceltumy wahrend der Katalog des Hiero-
nymus im ganzen nur fiinf Biicher angibt: wobei der Fehler
doch wohl auf Seiten unseres Katalogs sein raag.
Desto glaubhafter ist dessen Bestimmung der Bucher-
r.25 zahl de lingua latina. VVenn deren Umfang fast fiberall
frischweg auf 24 Biicher angegeben wird, so hat man den
rein iiusserlichen Zufall, dass das 24ste Buch das hoehste in
Citaten vorkommende ist, als einen entscheidenden Gniud
behandelt. Und doch war dafiir, dass gerade diess nicht die
wahre Zahl sein konne, der triftigste innere Grund ent-
scheidend. Mit welcher gleichsam architektonischen Syni-
metrie Varro )>ei der Vertheilung und Anordnung seines
Stotfes in den Jimtm humanantm und divinarum libri zu
Werke ging, liegt uns in Augustinus Mittheilungen deutlich
vor Augen. Dieselbe strenge Uegelmassigkeit finden wir in
den iibriggebliebenen Bilcheru dc linyua latina wieder, und
zwar vom Verfasser selbst wiederholt eingeschiirft und ge-
flis8entlich hervorgehoben: V init., VI extr., VII extr., VIII,
24. Nach einem Einleitungsbuche (genau wie bei beiderlei
Antiqnitatum libri) liess er als Abschnitt / folgen sechs
Biieher (2—7) qnomodo vocabnla imposita cssent rcbns, und
zwar als Iliilfte A drei Biicher de disciplina verhmtm
orujinis, und wiederura in dieser ersten Iliilfte als Theil a)
qtuw contra camf als Theil b) qitac pro ea, als Theil c) qttae
de ca dicantur} so dass Buch und Theil sich decken; des-
gleichen als Hiilfte B drei Biicher dr verbontm orunnibus
selbst, und darin ebenso als Theil a) de vooMUs focontm,
b) de vocabulis Umpornm, c) dc vocalmlis poctanm. Im voll-
stiindigsten Parallelismus hiermit behandelte Abschnitt II
in G Hiichern (8 — 13) den Stotl qncmadmodum vocalmla in
casus declinarentur7 und zwar als Halfte A in drei Biichern
dc dcctinationnm disciplina, und hier wiederura in Theil a)
quac contra eamt b) quae pro ca, c) qnar dc ca dicantur; des-
gleichen als Ilalfte B in drei Biichern de dcelintdiombtts
selbst, nach drei Theilen, ilher die wir nicht niiher uuter-
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DES M. TERENTIUS YAKHO.
465
richtet sind. Wer konnte nun zweifeln, dass eine bis hieher
so gewissenhaft eingehaltene Gleichformigkeit durch das
Ganze durchgefiihrt war? wer mit Miiller glauben, dass der
Rest einen dritten Abschnitt, quomodo vocabtda coniungerentur,
in elf zusammengehorigen Btichern gebildet habe? Vielmehr
ist klar, dass, wenn noch ein Abschnitt folgte, das Ganze
aus 19, wenn noch zwei Abschnitte, aus 25 Biichern bestand,
und nicht aus 24. Und die 25 Biicher werden noch besta- 5«c
tigt durch die 'Epitome cx libris 15 de lingua latina9 des
Katalogs, worin die V wiederkehrt und nur X fiir XX eine
Irrung ist. — Die 24 ware hiermit unweigerlich beseitigt,
aber darum noch ganz und gar nicht die 25 zur Befriedigung
erklart und gegen die starksten Bedenken geschiitzt. Solche
erheben sich namlich in drohendster Gestalt aus Varros
eigener Erklarung VII extr.: fQuocirca quoniam omnis operis
de lingua latina tris feci partes, primo quemadmodum voca-
bula imposita essent rebus, secundo quemadmodum ea in
casus declinarentur, tertio quemadmodum coniungerentur'
.... Sollen wir glauben, der dritte Abschnitt habe 12 Bu-
cher gefiilltV Das muss vielmehr fiir schlechthin unglaublicli
gelten, einmal weil damit das ganze Princip der aussem
Symmetrie iiber den Haufen geworfen wiire, und zweitens
weil man, wie Milller p. L nicht entgangen ist, fiir eine
Varronische Behandlung gerade des syntaktischeu Theils, ini
Gegensatz zu Etyniologie und Formenlehre, zwar sehr gern
sich ein armeres Material und einen geringern Umfang wiirde
gefallen lassen, gewiss aber keine grossere Fiille und Aus-
dehnung denken kann. Man darf hiernach mit Zuversicht an-
nehmen, dass die Syntax nur von Buch 14-19 reichte. Was
also stand in Buch 20—25? Miiller meinte: 'nescio an scrip-
tor in inferioribus libris ad usum vocabulorum et orationis or-
natum et similia argumenta tran.sgressus sit/ Ich glaube das
auch, weil nichts anderes iibrig bleibt; nur dass dergleichen
nicht dem Abschnitt quomodo vocabnla coniungerentur ahgehorte,
sondern nothwendig einen vierten Abschnitt bildete. Aber
gegen Varro's eigene Erklarung von den tres jtartes omnis
opem? Gegen Varro's eigene Erkliirung! Denn ich zweifle
nicht — oder es zeige einer einen bessern, ja nur eiuen
¥H. RlTSCHELtl OPV8CVLA III. 30
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406
DIE SCHRIFTSTELLEREI
andern Ausweg — dass wir hieran einen neuen, und zwar
den allerschlagendsten Beweis dafQr haben, dass die Bucher
de lingua latina nicht vollig zur Herausgabe vollendet wor-
den, sondern ohne den letzten Abschluss herausgekommeu
sind. Varro muss, urspriinglich von der Absicht einer Drei-
theilung des Ganzen ausgehend, erst im Verlauf des Werks
auf den Gedanken gekommen sein, diesen Plan durch Hin-
68? zufQgung eines vierten Theiles zu erweitern. Die Ankfin-
digung der Dreitheilung ist aus der ersten Anlage stehen
geblieben, wie er ja nach Lachmann s Bemerkung (Rhein.
Mus. f. Phil. VI (1839) p. 108) auch nicht dazu kam, die
Privatnotiz hic intermisimvs lierum rust. II, 1 in seiner
Handschrift zu tilgen*). Eine Epitome konnte er immerhin.
sei es zuniichst zu eigenem Gebrauch oder zu spaterer Ver-
offentlichung, auch aus dem nicht zur letzten Durcharbeitung
gekommenen Manuscripte machen. Das Verhaltniss ihrer 9
BQcher zu den 25 kann dieses gewesen sein, dass die je
zwei Halften der vier Hauptabschnitte in acht einzelne Bfl-
cher zusammengefasst waren, also immer ein Buch der Epi-
tome (denn sie heisst ja ausdrucklich ex Kbris [X]XY df
linyua latina, bezog sich also nicht etwa bloss auf die friiher
fertige, anfangliche Anlage von 19 Buchern) drei BQchern
des grossen Werks entsprach, einleitenden Erorterungen aber
auch im Auszugc ein besonderes Buch ge*widmet war.
Was aber wird nun aus dem Inhalte der BQcher de ser-
mone latino ad MarceUnm, wenn sowohl sie als die letzten
6 Bucher de linyua latina sich mit den iiber die Grenzen der
*) Die letzten sechs Biicher etwa ganz einfach fiir eineu Auhang
zu dem eigentlichen Hauptwerk von 19 Bflchern erkliiren zu woilen,
des8en Glicderung durch eine solche Zugabe gar nicht berflhrt worden
sei, wflrde una nichta helfen. Diess kann der ganz richtige Ansdruck
sein fflr die Entstehungsgeschichtc ; aber es ware eben nicht im Sinne
der Alten, die zufallige atissere Entstehung als massgebend fflr die
Geatalt des fertigen Werks hervortreten zn lassen, statt sie im Gegen-
theil mit der einfachBten Miihe von der Welt durch eine zusammen-
fassende Eintheilung zu verwischen. Allermindeatens aber hatte docb
Varro einee so umfanglichen Anhangs, wenn er ihn ala solclien an-
erkannt wisscn wollte, da Erwahnung thun mflssen, wo er sagte: 'ooi-
iiw operis tris feci partes'.
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DES M. TERENTRTS VARRO.
407
Svntax hinausgreifenden sprachlichen Partien beschaftigtenV
Ausonius Popma*) Bibl. Varr. p. 499 wollte die vermeint-
lichen 24 Biicher de lingua latina ad Ciceroneni mit den 7
ad Marcellum, in welchen letztern *de poematis* gehandelt
worden sei, zu einem Gesammtwerke von 31 Btichern ver-
binden. Hiernach konnte die Vennuthung einen Augenblick
ansprechen, dass das, nur freilich zuerst selbstandig existi-
rende, Werk ad Marcellum spiiter ware der Verwandtschaft r»28
der Materien halber mit dem ad Ciceronem verbunden worden.
Das Bedenken dagegen, dass der Katalog des Hieronynius
beide Werke, und zwar de lingua latina in 25, und nicht
etwa in 19 Btichern, nebeu einander gibt, ware noch nicht
entscheidend ; kaum hinwegzukommen schon tiber das stiirkere,
dass nicht etwa nur Acro, Nonius und Kufinus, die zufiillig aus
den letzten 6 Buchern ad Ciceronem nichts anftihren, sondern
auch Gellius und Charisius, bei denen liber XXII und XXIV
ad Ciceronem vorkommt**), in ihren Citaten aus dem Werk
ad Marcellum dessen Biicher besouders ziihlen; entscheidend
aber ist, dass wir ja, um die 19 zu 25 zu erganzen, sechs
Bflcher ad Marcellum brauchen wtirden, wiihrend uns die ob-
gleich schwankende Ueberlieferung doch nur den Anhalt von
entweder fiinf oder aber sieben Btichern gibt. Demnach werden
wir auch hier, wie im Kreise der historisch-antiquarischen
•Schriftstellerei Varro s, wieder auf das Verhiiltniss von Spe-
cialschriften geftihrt, deren Inhalt sich mit den entsprechen-
den Theilen eines Generalwerks deckte, indem die Special-
arbeiten entweder friihere Vorbereitungen oder auch wohl
spatere Ausftihrungen waren. Und dieses Verhiiltniss findet
volle Bestatigung durch andere 13elege im Gebiete der gram-
inatischeu Varro-Litteratur.
*) BeiJaufig auch der erste, der gegen die jetzt beseitigte Bezeich-
nong der erhalteneu Bucher de /. lat. als lib. IV— IX die gegrundetsten
Bedenken erhob (Bibl. Varr. p. 500 f.) und auf deni besten Wege war
die richtige Ziihlung zu erkenuen.
**) Denn diese Benenniuig, statt lib. XXII und XXIV deUngua
latiiia, kiinnte so gut a potiore sein, wie die atl Septimium geschrie-
l»en.'u Bucher von Servius, Philargyrius und Diomedes doch als lib. II,
111, IV ad Ciceronem gezahlt werden.
30*
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468
DIE SCHRIFTSTELLERKI
Zunachst durch die drei Biicher de simil itudine ver-
borum, dieseu Haupttuninielplatz der graraiuatischen Betrieb-
samkeit aller Zeiten bei Griechen und Romern. Als selb-
standige Schrift neben der Hexas des Werks de lingua latina,
die eben ganz dem locus de similitudine gewidmet ist, stellt
jetzt diese Bficher unser Katalog sicher, wiihrend Spengel
p. 594 das Citat des Charisius p. 71 fe secundo de sioiili-
tudine verborum, dem 9ten Buche de lingua laiina zuwies,
woran Miiller p. 209 zu zweifeln alles Recht hatte*), wie
529 sich nun zeigt, — Aber die similitudo7 den Begriff scharf ge-
fasst, begreift nur die eine Seite der gesammten Declinations-
und Conjugationslehre, eben die der analafia im Gegensatze
zur anomalia; wie Varro uberwiegend deu Gesichtspunkt der
Aualogie verfolgte in den Btichern dc similitudine , so war
der correlative der Anomalie in den Vordergrund gestellt
in den ergiinzenden Buchern de utilitate sermonis, von
denen wir ohne das einzige Citat eines einzigen Wortes bei
Charisius p. 98, wo das vierte Buch nngefuhrt wird, die
letzte Kunde verloren hiitten. Der gegebene Begriff der «/<-
litas wird zugleich bezeugt und motivirt durch Varro selbst
de 1. 1. IX § 48: fCum, inquiunt, idilitatis caussa iutrodutta
sit oratio, sequendum non quae habebit similitudineni, sed
quae idilitatem' u. s. w., vergl. mit VIII § 20—31, woraus
hervorzuheben. die Worte: ecum utititatis caussa verba ideo
sint imposita rebus, ut eafsj significent, si id consequiniur
una consuetudine, nihil prodest analogia'. In den Buchern
dc lingua latina geht Varro darauf aus, die Gegensiitze aus-
zugleichen und in ihr rechtes Verhaltniss zu stellen, die er
in den beiden genaimten Werken, wie es scheint, mit ab-
sichtlicher Einseitigkeit durchfuhrte.
Ueber den lnhalt des ersten Buchs de I. tat. sind wir
nicht unterrichtet: darum liisst sich nicht sagen, ob zwei
grammatische Schriften Varro s, die noch iibrig sind, in deni
Verhaltniss einer weitern Ausfuhrung des dort .behandelten
*) Nur die Aciia durfte er, wenn das oben flber sie (iesajjrte Pro-
babilitiit hat, nicht unter den Schriften nennen, in deneu Varro scheiue
vorzugBweiae grammatische Dinge behandelt zu haben.
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DES M. TERENTIUS VARRO.
469
Stoffes, oder in dem einer Ergiinzung des ganzen Werkes
standen. Beide Titel verdanken wir dem Priscian, den einen
Jer luckenhaften, erst von Spengel Praef. zu Varro p. 7
vervollstandigten Stelle I, 7 p. 37 Kr.: fVarro in primo de
origine linguae latinae', den andem der scbon vou Bon-
tlam Var. Lect. II, 13 ans Licht gezogenen, von Walch
Emend. Liv. p. 172 f. berichtigten aus I, 4: fVarro in se-
ciuido de antiquitate litterarum'. Darin, den Titel dc
originc l. I. mit dem ersten Buch dc 1. tat. zu identificiren,
hiitte Mtiller p. 204, auch abgesehen von der jetzt durch
unsern Katalog bezeugten Selbstaudigkeit der aus 3 Buchern
bestebenden Schrift, Spengel nicht folgen sollen; aber s.jo
auch mein Identiticiren der beiden Priseianischen Titel (de
Discipl. p. 54 f. [oben p. 401 f.J) nehme ich, m Betracht son-
4iger Genauigkeit dieses Grammatikers beim Citireu der
Varronischen Schriften und in Folge des erweiterten Blicks
uber die Varronische Polygraphie, zurdck. Beide Bruchstucke
betreffen die Lehre vou den Buchstaben; das erste: cut Ion
scribit, qiunta et vicesima est littera (quinta viccsima ct tit-
(rra Sp.) quam agma vocant, cuius forma nulla sed vox
coramunis est Graecis et Latinis, ut his verbis: aggulus, ag-
gens, agguilla, iggerunt. in huiuscemodi Graeci et Accius no-
der bina gg scribunt, alii n et g'; das zweite: flingua Chal-
daeoruni singularum nomina litterarum ad earum formas
osse factas, et ex his certum fieri eos esse primos auctores
littprarura.' Ganz verwandte Erorterungen itber die Buch-
staben fuhrt nun aus Varros zweimal genannten libris ad
Acchm Pompejus Comm. Don. p. 9, 27 an: folim XVI fuisse,
postea ex superfluo additas alias litteras et factas XXIII.
habemus hoc in libris ad Accium apud Varronem, et cur
tot sint et quare eo ordine positae et quare isdem nomini-
bus vocentur': wo ehedem Ruhnken bei Heusinger zu Mall.
Theod. p. 64 sehr unglucklich ad Atticum substituiren, Osann
Anal. p. 67 seinen Liebling Ateius einfiihren wollte. Hier-
nach drangt sich so unabweisbar wie moglich die Combi-
nation auf, dass eine der beiden in Rede stehenden Schriften
dem L. Accius gewidmet war. Die Wahl bleibt nicht zweifel-
haft, wenn zugegeben wird, dass der; an den ein Buch ge-
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470
DIK SCH K I FTST KLL K K KI
richtet ist, nach antiker Auffassung nicht in der dritten
Person darin vorkommen kann. Wir nehmen deuinach dt
antiquitate Utterarum ad Accium libros (etwa trcs) als eine
sich speciell mit den Buchstaben beschaftigende Einzelsehriit
in Anspruch, wiihrend von der Schrift de origine linyttae
latinae derselbe Stoff nur einen Theil biidete, ein grosserer
Theil entweder weiter ausgreifenden geschichtlichen Unter-
suchungen oder auch etymologischen Forschungen Rauni er-
offnete. Ob Apulejus de diphthoiigis p. 125 Os. iind de
nota aspirat. p. 107, wo er Orthographisch-etymologisches
aus Varros libris (das zwcitemal libro) dc origine linguae la~
Mi tinae anfuhrt, wirklich nur aus uusern de vcrborum originc
handelnden Buchern dc l. lat. schopfte, indem er, wie Spen-
gel s mir brieflich mitgetheilte Meinung ist, Varros kurze
Augaben auf eigene Hand erweiterte, will ich dahingestellt
sein lassen, dagegen aber die Moglichkeit nieht iibergeheDt
dass hier von einer Notiz des Lydus de magistr. I, 5 p. 125 B.
Anwendung zu machen sei: oube Yotp cVrvoncac 6 'PujuuXoc rj
o\ kcit' aurov beiKVUTai kot' ckuvo KaipoO Tf)v €\Xdba (ptuvriv,
Tr]v AioXiba Xcyuj, ujc qpaciv 6 Tt KaTiuv tv tuj Trepi TujuaiKric
dpxaioTnroc Bdppujv Te 6 TroXuuaeecTaToc ev TTpootuiotc
tujv TTpoc fTouTTriiov auTUj y eYpauuevujv, Gudvbpou kcu
tujv dXXujv 'ApKdbujv eic iTaXtav eX96vTUJV ttotc koi ttiv Aio-
Xtba Tok fkxppdpotc evcTreipdvTUJV <pujvr|V. Wie gut diese
Arguraentation in eiue Urgeschichte der lateinischen Sprache
passt, ist klar, und so wiire vielleicht in der Annahme vou
libri trcs de originc linguae latinae ad Potnjmum die Losuug
eines Probleins gefunden, das Krahner p. 20 nicht ohne
das Wagestiick, TTourruJvtov fiir rTouTrrjtov zu schreiben und
das erste Buch dc l. lat. dem Atticus gewidmet zu deu-
ken*), losbar schien. War hierbei ganz iibersehcn, dass es
*) Ausdrilcklich bc/.eichnet zwar Varro V init. , VII extr. uur die
Biieher II — IV, nicht l IV, als dem Septimins zuge»'ignet iqui tnihi
fuit quacstor d. i. wie 1'opma Bibl. Varr. p. 49S hinzurietzt, in Ctlt-
cia; warum aber nicbt eben so gttt in HtBpama?). Aber eollte Varro
mit der Dedication eiuer blossen Einleituug uberhaupt irgendwem eine
besondere Khre zu erweisen gemeint, volleud» gerade deu Pompejus
damit abgcspeiet haben, wie dieses Spengel und Muller anuahmen?
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DES M. TERENTIIS VARKO.
471
ja daim bei Lydus heissen lntisste ev toic (oder tuj) TTpoc
TTouTrr,iov feYpauuevoic (YtYpauue^uj), da doeh wahrlich nie-
niand eine Vorrede zu einer Vorrede (denn was ist ein Ein-
leitungsbuch anders?) .citiren wird, so fallt dieser Anstoss
bei unserer Verkuiipfung allerdings weg; aber dennoch bleibt
iuiuier moglich, dass Varro dem Pompejus irgend eine andere,
gar nicht nothwendig grammatische Schrift zugeeignet hatte,
iu deren Einleitung er sich iiber die Verwandtschaft italischer
lTrsprache mit dem Aeolischen beilaufig ausliess. Wenn in 532
einem solchen Verhiiltniss zugleich die auffallend umstiind-
liche Ausdrucksweise der Citation ihre einleuchtendste Er-
kliirung finden wiirde*), so lassen sich auch zwei derartige
Schriften nenneu, die in der That an Pompejus gerichtet und
fur ihn eigens geschrieben waren: erstlich der Gicciyujyikoc,
ex quo, wie Gellius XIV, 7 sagt, discerct Pompcius, quid fa-
cere dkercque dcbcrct, cttm senatum consnlerct, der indess fiir
Lydus nicht in Betracht kommen kann, da er uach Varro s
eigenem Zeugniss bei Gellius verloren gegangen war; zwei-
tens die Ephcmcris navalis, welehe Varro nach Mai s
Itinerarium Alexandri M. c. 6 fCn. Poinpeio olim per Hispa-
niam militaturo .... elaboravit, ut inhabiles res eidem ge-
sturo scire esset ex facili inclinationem Oceani atque omnes
reliquos motus aerios praescientiae fide petere ut decli-
Nur wus dagegen Krahner vorbringt: 'etiamsi temporum ratio banc
seotentiam non refutaret, vix cogitari liceret Varronem ad Cn. Pom-
peium aliquid de lingua latina scripsiBse', halt nicht Stich.
*) War es nicht das Diaparate des Stoffes in den Trpootniotc und
im Buche selbst, waa die einfachste Form des Citata tv toic irpdc
TTounritov jtfpawivoxc umgehen liess, so vriisste ich nur noch die Mo-
tivirung, dass mit upootutoic ein ganzes Einleitungsbuch zu einem
grossern Werke gemeiut sei, das (nebat dem Einleitungsbuche) dem
1'ompejas zugeeignet war, wie mSglicher Weiae z. B. dc iure civiliy
oder selbst Iitrum humanarum antiquitates, uber deren Empfanger wir
nicht unterrichtet aind; die Chronologie wenigstens thate keinen Ein-
spmch, da gerade zwischen die Herausgabe der Humanarum und der
dem Caesar gewidmeten Divinarum rerum Ubri der politische Wende-
punkt (706) fallen konnte. Pie letzteren dvirfen wir, da wir den Varro
708 und 709 mit den Bilchem de Ungua latina besch&ftigt wisien,
uicht lange uach Varro's VersOhnung mit Caesar ansetzen.
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472
DIE SCHRIFTSTELLEREI
naret'*). Freilich miissen wir uns den Varro sehr schwer-
fallig denken, um ihm zuzutrauen, dass er so praktische
Zwecke mit so unpraktischer Gelehrsamkeit einleitete. —
Wie dem auch sei, etyrnologische Erorterungen konnten,
nach dem Standpunkte der Alten und des Varro insbesondere,
von drei Bttchern dc originc linguac latinae nicht wohl aus-
geschlossen sein, und so diirfen wir uns berechtigt lialten,
das Verhaltniss sammtlicher grammatischer Schriften Varro s
so zu bestimmen, dass mit dem umfassendsten Werke de
533 Ungua latina parallel liefen vier Specialschriften, narnlich
mit dem ersten Viertel die Biicher de origine linguae latinm,
mit dem zweiten Viertel die de simiUtudine verborum uud die
de utilitatc sertnonis, (mit dem dritten Viertel, dem syntakti-
schen, keine bekaunte Einzelbearbeitung,) mit dem letzten
Viertel, weim auch nicht nothwendig deren Inhalt gaiu
deckend, die Bticher de sermone latino: wahrend dem Inhalte
des ersten Viertels noch vorausrag die Schrift de antiquiUitc
liitcrarum, dem Ganzen aber zur Seite stand erstlich die
Epitome und zweitens der Abriss dc grammatica in den
Disciplinarum libris.
Wir sind mit den einzelnen Titeln unseres Katalogs zu
Ende und haben jetzt noch einen Blick auf das Ganze zu
werfen, zu diesem Behufe aber zunachst das Mass seiner
Vollstiindigkeit zu priifen. Obgleich er 38, oder wenn wir
de vaktudine tuenda und einstweiien einmal die libri shujit-
larcs X abrechnen, 36 Nummern enthalt, so fehlen doch
. nicht wenige imd nicht unwichtige Varronische Biicher. Von
solchen sind schon beilaufig vorgekommen 1. ein 'poema' (de
rerum natura?): 2. de compositione satirarum: 3. de
philosojyhia Jiber (wenu nicht logistoricus) : 4. dc gtntt
populi Bomani libri IV: 5. de familiis Troianis libri:
6. tribuum Uber: 7. Actia: 8. de poetis libri: 9. de uti-
litate sermonis libri (IV): 10. de antiquitate littcra-
rum libri ad Accium: 11. Eiaayayixog ad Pompcium,
*) Oder wie Schncicler p, 226 aus Muratori abdrucken lassen:
'laboravit ut res externaB eidem gesturo aperiret, ne is Oceani peri-
cula peteret atque ouines reliquos motus aerios praescientiae fide de-
clinaret.'
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DES M. TERENTIUS VARRO.
473
geschrieben 683, als Pompejus mit Crassus zum Cousulat
designirt war, wie Gellius angibt: 12. Ephemcris navalis
ad Pompcium, von Vegetius V, 11 kiirzer genannt libri
navales, d. i. Schiffahrts- Prognostika, verfasst 677 oder
kurz vorher.
Hieran reiht sich sogleich 13. die zweite Ephemcris
yrustica oder agrestis) in dem Sinne eines Laudwirthschafts-
Kalenders, jedenfalls nach Caesars Verbesserung des ronii-
schen Kalenders (708) abgefasst und als eine Ergiinzung
(Vorarbeit?) der Biicher Jfermn rusticarum anzusehen. Dcnn
so durfen wir Aufschrift und Inhalt dieser beiden Ephemcridcs
durch Bergk s Untersuchung im Khein. Mus. f. Phil. N. F. I,
}». 367 ff. als festgestellt betrachten und alle fruheren Irr-
thuiner mit Stillschweigen iibergehen. Ohne alle Ueber-
zeugungskraft, ja, wie schon de Discipl. § 19, 3 [oben
p. 302] bemerkt wurde, entschieden widerlegbar ist Krali- &s*
ner's (p. 18) und MerkeTs (Prolusio ad Ovidii Ibin p. 361)
Versuch, mit der Ephcmeris navalis, und zwar als Theile
derselben, zu identificiren 14. dc ora maritima libri, kaum
verschieden von 'opere quod de litoralibus est9 bei Soli-
nus: und 15. de aestuariis liber, von Varro selbst citirt
de L lat. IX, 26 fin libro quem de aestuariis feci': zwei
Schriften, fiber deren eigentlichen Zweck und Anlass sich
nichts Naheres sagen lasst.
Wenig klarer sind 16. de yradibus libri, woraus
Servius zu Aen. V, 412 * ycrmamis est dc eadcm fjcnctrice
manans*, non ut multi dicunt} dc eodem ycrminc, quos ille
tantum 1 fratres9 vocat anfiihrt, also = dc yradibus nccessitu-
dinum, wie man wohl mit Recht supplirt hat. Ob es etwa
auch der privatrechtliche Gesichtspunkt war, unter den hier
eine Erorterung der Verwandtschaftsgrade gestellt war, die
mehr als ein Buch fiillte?
Ferner fallt aber jetzt, bei so wesentlich erweitertem
Uesiehtskreise iiber Ausdehnung und Manigfaltigkeit Varro-
nischer Schriftstellerei, auch jeder Grund weg, 17. liheto-
ricorum libros eines Autors zu bezweifeln, den wir selbst
als Verfasser von 22 Buchern Orationcs und 3 Biichern
Suasioncs keunen gelernt haben, obgleich derselbe ausserdem
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474
DIE SC HR IFTSTEL LE K K I
auch einen Abriss der Rhetorik als Theil dcr Di-ciplinarum
libri (de rhctorica) geschrieben hat. Freilich beruht die
ausfiihrlichere Darstellung auf dem einzigen Zeuguiss des
Priscian IX p. 872 P. 468 Kr.: 'Varro in III Rhetoricorunf ;
aber wie viele nur eiu einziges Mal, namentlich auch von
Charisius, erwahute Varrouische Buchertitel sind uus oben
begegnet, die durch den Katalog des Hieronymus eine zum
Theil ungeahnte Bestatigung empfangen haben! Wenu bei
Sichtung der Fragmente anderer Schriftsteller vor alleni der
Verdacht wach sein muss, ob nicht unter scheinbarer Ver-
schiedenheit das in Wirklichkeit Gleiche sich verstecke, so
ist bei Varro die entgegengesetzte Weitherzigkeit in ihreui
principmassigen Vorrechte. Liicherliche Akrisie dagegen wiire
es, auf das dreimal bei Nonius vorkommende Varro Iikto-
ricorum lib. XX etwas zu geben, da diess so gut wie das
bei demselben Nonius sich findende Bci publicac lib. XX und
535 Eei rusticac lib. XX reiner Schreibfehler ist fiir Iicrum huma-
narum lib. XX , woselbst dic, zum Theil durch den Inhalt
selbst entscheidenden , Fragmente Popma langst unter-
gebracht hat; — oder wie auch fur dc rc mstica thcils dc
rcrum natura (s. o.), theils de re publka oder de rc R R. in
andern Stellen von den Abschreibern des Nonius gepfuscht
ist: vgl. de Discipl. § 3 [oben p. 357].
Von wie ungleicher Gewiihr die Ueberlieferung ver-
schiedener Texte ist, das ist gerade der Gegensatz zwischen
Nonius und Priscian zu lehren sehr geeignet. Den Priscian
haben wir ohne Ausnahme von bewiihrter Zuverliissigkeit
im Citiren Varronischer Schriften gefunden; was im eut-
gegengesetzten Sinne Oehlei Varr. Sat. p. 67 geltend machen
wollte, ist ohne allen Belang. Um so zuversichtlicher dilrfeu
wir der Sache nach einen achten Titel in Varro's 18. Mcn-
. suralibus bei Priscian VIII, p. 818 P. 403 Kr. erkennen,
wenn auch gern zugeben, dass der Form nach Pseudo-Boetius
de geometria p. 1234 (ed. Basil. 1546) genaucr Varro dc
mcnsuris haben mag, was indess auch Priscianische Hand-
schriften geben. Ich hatte de Discipl. libris § 5. 7 und 18
[oben p. 350 ff. 362. 387.] nachgewiesen, wie sich dem Varro
aus dem Begriff der gcometria im engsten Zusammenhange
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DES M. TERENT1U8 VABRO
475
damit der der gromatica ableitete; dass auf eine Varronische
Behandlung groinatischer Gegenstiinde verschiedene Bruch-
stiicke hinweisen; dass ein Abschnitt aus r Varro de geome-
tria' iu iiltern Agrimensorenhandschriften gestanden habe,
wovon in unserer tiltesten noch die Ueberschrift erhalteu ist:
'Incipit liber Marci Barronis de geometria ad rufum feliciter
silbium'; dass Isidorus, auf den sich noch sehr erkeunbare
Auslaufer der Varronischen Gelehrsamkeit hiu erstrecken
uud Varronische Autoritat einen wenn auch mittelbareu
Eintiuss ausgeiibt hat, eigene Capitel dc agris, de finibus
agrorum, dc mcnsuris agrorum, in seinen Origincs hat. Un-
streitig also, wie Weber p. 35 des kurzlich von ihm heraus-
gebeuen Fragmentum Bocthii dc arithmetica erkaunt hat, war
es die Schrift de mensuris, woriu Varro dieselbe Agrimen-
sorenkunst und -lehre eigens in vollstandigeui Zusamuien-
hange abhandelte, die er im vierten, dc gcomctria iiber-
schriebenen Buche der novcm disciplinac nur in Grundlinien
beriihrt haben wird: in iihnlichem Verhiiltniss wie das erste, kw
dritte und fUnfte Buch (dc grammatica, dc rhctorica, dc arith-
metica) ihre weitere Ausfiihrung ebenfalls in selbstandigen
Werken empfingen. Und dieses wiire auch der Gesichtspunkt,
uuter dem die in Hieronymus' Katalog erscheinende Schrift
de valetudine tucnda aufzufasseu wiire, wenn sie doch
selbstiindig bestanden und keinen Logistoricus gebildet hiitte:
namlich als specielle Ausfiihrung des dc mcdicina handeluden,
muthmasslich achten Buchs der BiscipUnac. — ()b iibrigens
das in die Agrimensorensammlung aufgenommene Varronische
Stuck eben dieses Disciplinenbuch, wenigstens die auf Gro-
matik speciell beziigliche Partie desselben war, oder aber
die gromatische Schrift de mcnsuris selbst, ist nicht zur
Evidenz zu bringen. Im ersten Falle musste jedes einzelne
Buch der Disciplinae eine besondere Dedication gehabt haben,
sehon diess nicht sehr wahrscheinlich ; noch weniger wahr-
scheinlich aber, dass um eines einschlagigen Theiles willen
das ganze Buch aufgenommen worden wiire, und doch bliebe
wiederum fttr einen herausgenommenen Theil die Hinzufiigung
des Namens, dem das Ganze zugeeignet war, unverstandlich.
Im zweiten Falle mttsste die Schrift dc mcnsuris ein libcr
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476
DIE SCHRIFTSTELLEKEI
singularis gewesen sein, uni mit libellus bezeichnet werdeu
zu konnen; waruui aber finden wir alsdaun neben so diplo-
matisch genauer Angabe des Dedicationsnamens nicht eben
80 genau den Titel de mensuris statt de geomctria? War
etwa gerade dieses letztere der aehte von Varro herrBhrende
Titel, 80 dass die Schrift zur Unterscheidung von dem gleich-
namigen Disciplinenbuche den Zusatz ad Rufum ' Silbium'
(Suilium?) erhielt, ahnlich wie de lingua latina ad Ciccroncm
und ad Marccllnm, weiterhin aber noch grosserer Deutlich-
keit halber dc mensuris nach dem Inhalt genannt wurde?
Endlich miissen von nicht unerheblichem Unifaug ge-
wesen sein Varnys 19. Epistulac und 20. Epistolicarum
quacstionum libri: welche letztere Aufschrift Gellius praef.
§ 9 unter den Beispielen pikanter BQchertitel hafc. Das
Verhaltniss beider Titel ist nichts weniger als klar, auch
die beiderseitigen Bruchstiicke in den bisherigen Sammlungen
noch gar nicht in Ordnung. Eine wenigstens bis zu eineni
537 gewissen Grade planmtissige, in sachlichem Interesse ge-
machte Zusammenstellung von Briefen haben wir zuniichst
iu den Epistolicae quaestiones anzuerkennen, sei es dass
Varro wirkliche Briefe, in denen er zufallig wissenschaft-
liche Gegenstande besprochen hatte, spater aus seiner ge-
saramten Correspondenz auswahlte und zu einer eigenen
Sammlung vereinigte*), oder dass er erst zum Behuf eiuer
solchen Sammlung wissenschaftliche Erorterungen in Brief-
form niederschrieb**) (womit gar nicht ausgeschlossen ist,
dass auch diese Briefe wirklich an ibre Adressen gelangt^n).
Als flberwiegenden Stoff solcher brieflichen Verhandlung
finden wir in den freilich sehr geringen Bruchstuckeu bei
Festus, Gellius, Servius antiquarische und staafejrechtliche
Fragen, Punkte'aus dem Gebiet de verborum significationc,
auch rein Grammatisches wie bei Charisius p. 84, 30 fiber
quo loco und quo toci} oder p. 55 iiber quintus triccnsimits
und quintus et tricensimus] (auch p. 81: s. u.) Das letzte
*) Auf AnlR8s einer wirkliehen brieflichen Fragc schricb Varro
an Ser. Sulpicius, was Gellius II, 10 erbalten hat.
**) Vergl. C. Valgius JRufm de rebus pcr epistulam quaesitis bei
Gellius XII, 3 und Charisius.
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DES M. TERENTIUS VARRO. 477
Buch, welches vorkoriiint, ist nieht das von Charisius p. 97
und Diomedes p. 371 citirte sechste, sondern mindestens^
das siebente, da sich das Citat Epistolicarum VII bei
Charisius p. 55 (wo fruher Epistolarum gelesen wurde) eben
so unzweideutig als Abkiirzung kundgibt wie p. 84, 30
Epistolicarum libro VI, der vollstandig ausgeschriebene Titel
auch uberhaupt nur zweimal bei diesem Grammatiker sich
findet p. 97 und 111. Eben darum liegt es aber auch uber-
aus nahe, auf der andern Seite die zwei Citate Epistularum
tertio p. 81 und Epistularum VIII p. 84, 5 fiir Verschreibung
statt Epistolimrum zu nehmen und hieraus einen Umfang der
Sammlung von (wenigstens) 8 Biichern zu erschliessen, da,
wenn Epistularum libri daneben existirten, diese darum doch
nicht in den Hiinden des Charisius oder seiner Gewiihrs-
manner gewesen sein iniissen. Dass sie aber existirten, lasst
sich aus den Stellen des Nonius, in denen einzelne Briefe
ad Caesarem, ad Fabium, ad Fufium, ad Marullum, ad
Keromm (vgl. de Logistor. p. VI [oben p. 407 1) angeftthrt
werden, mit Sicherheit keinesweges folgern; denn was hindert
zu glauben, dass diess eben lauter Briefe der f Epistolicac ms
quaestioncs' betitelten Sammlung waren, da namlich dieser
letztere Titel bei Nonius niemals vorkommt? Ja in dieser
Vorstellung zu bestiirken kann eine Vergleichung mit Gellius
sehr geeignet scheinen. Gellius hatte die Epistolicac quae-
stioncs*) und kennt keine Epistularum libros. Aus jenen fiihrt
er das grosste Bruchstiick, das wir haben, zugleich mit An-
gabe des einzelnen Briefes, dem es entnommen, XIV, 7 so
an: Varro ait in litteris quas ad Oppianum dcdit, quac sunt
in Itbro Epistolicarum quaestionum quarto, und nochmals §11:
Haec et alia quacdam id genus (es waren die von Varro aus
dem verloren gegangenen Etaayayixbg ad Pomjmum wieder-
holten Erorterungen) m libro quo snpra dioci, M. Varro
cpistula ad Oppianum scripta cxseeidus est. Folglich wird aus
derselben Sammlung geschopft sein, was II, 10 aus einer
*) Da«3 VII, 10: 'Verba Catonis sunt ex primo Epistolicarum
quaeationum ' Catonis irrthumlich steht statt Varronis, hat Lipsius
Var, Lect. III, 21 langst beinorkt.
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«
478 DIE SCHKIFTSTELLEREI
epishda des Varro ad Servium Sidjncium mitgetheilt wird*):
. und doch nennt hier (iellius die Epistolicac quacstiones nicht
ausdriicklich. Wenn es demnach auch fur Nonius uuent-
schieden bleiben muss, ob sich nicht auf diese Samnihmg
alle jene Brief-Citate beziehen (obwohl allerdings in ihnen
keine Spur einer wissenschaftlichen Erorterung vorkommt),
so haben wir bis jetzt ein unzweideutiges, positives Zeug-
niss fiir das Vorhandensein einer zweiten Briefsammlung,
Epistularuni, noch gar nicht. Die Frage aber, ob ein solches
in vier Citaten des Nonius, die noch iibrig sind, gegeben
sei, wird sich mit ziemlicher Zuversicht bejahen lassen, anch
ohne dass fur die befremdliche Form des Titels, der mit
geringer Abweichung in jenen Citaten wiederkehrt, eine ein-
leuchtende Erklarung gelingt. Namlich p. 141 Varro cpistula
latina, p. 419 Idem cpistolis latiniact p. 121 Varro cpisttda
latina libro I p. 473 Varro epistula latina lib. II, iiberall,
&39 wie es scheint, ohne Variante. Was hierin steckt, daruber
wiinsche ich von Andern Belehrung. Den Begriff' von Briefen
fcstzuhalten und nicht eine in cpistula liegende Corruptel zu
vermuthen gebietet Inhalt und Form der Bruchstiicke selbst,
z. B. si venisses Capuam , si tc vindicare in libertatm
non ^wt™ . . . ., tuum opus . . . .; denn den Gedanken an
einen Satirentitel, wozu die zwejte Person allein noch passte,
schliesst Jib. I und i/ aus**). Am leichtesten liesse sich,
*) Diese Stelle hat Nonius p. 1 12 ausgeschrieben, und darum heiset
es hier so sehwerfallig: Hl epistula quam adversus Marcum [ad Scrriw*
verbessert Vahlen in 5sterr. Gymn.-Zeitrichr. XII p. 5] Sulpicium dedil
wahrend die iibrigen Citate einzelner Briefe aua den von ihm benutxten
iilteren grammatischen Vorrathen stammen.
**) Man fuhre nicht den Periplus oder TTcpinXouc dagegen an,
den Oehler p. Gi allerdings richtig als Satira crkannt hat, mid dessen
Uber II (mit dem Nebentitel nepl (piXocoqpiac) neben einem liber I
(wofflr ein Nebentitel wie ir€pi icTOpiac oder irepl troXiTCiac verinothet
worden ist de Discipl. § 8 [oben p. 365]) durch die sichersten An-
fiihrungen fcststeht. Denn es wird gestattet sein, sich hierunter mcht
aowohl eine zweitheilige Satira, als vielmehr eine Dilogie von iwei
in enge Beziehung zu einander geeetzten und sich nur gegenseitig er-
giinzenden Satirae vorzustellen : gerade wie ja auch die su einer Tri-
logie verbundenen Tragddien nicht aufhoren drei einzelne Stucke
zu sein.
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DES M. TERENTIUS VARRO. 479
iudeni raan von Jatiniae ausginge, auf einen Frauennamen
rathen, z. B. epistula Atiniae, und dieses mit Varro in
epistola luli Caesaris bei Nonius p. 263 zusammenstellen,
woraus erhellt, dass auch Briefe von Correspondenten unter
den Yarronischen sich fanden; wenn es nur besonders glaub-
lich zu finden wiire, dass Varro gerade mit einer Frau mehrere
Bueher von Briefen gewechselt, und auch die Bruchstticke
selbst mehr danach aussiihen an eine Frau gerichtet zu sein.
Hatte also etwa Varro viel in griechischer Sprache*) cor-
respondirt, dass seine Epistulue in zwei Hauptabtheilungen,
Graecae und Latinae, gesondert waren? Indessen hatten auf
eine solche Scheidung Riicksieht zu nehmen allerdings latei-
nische Grammatiker am wenigsten Anlass, wo es sich um
Beibringuug von sprachlichen Belegen handelte. Oder ist
das latinae local zu fassen und ordnete Varro bei der Her-
ausgabe seine Briefe nach seinen Aufenthaltsorten , von wo
sie datirt waren? so dass Latinae die von seinen in Latium
gelegenen Villen, der Tusculanischen und Casinatischen, und
etwa Campanae die von seinem Cumanum erlassenen Briefe
. gewesen waren. Aber welch «eltsame und ungewohnliche
Zusamraenfassung alsdann mit Latinae, anstatt der ein- r»4o
fachsten Unterscheidung von Epistulae Tusculanae, Casinates,
Cnmanac, die jeder erwarten wiirde. Und etwa gar Latinac
aus Casin d. i. Casinates entstanden zu denken, wird bei
viermaliger Wiederkehr auch niemand rathlich finden. Man
sieht, ohne eine neue Notiz, die nach einer von diesen Seiten
hin mit so viel iimerer Probabilitat den Ausschlag gebe, um
das entsprechende Bedenken in den Hintergrund treten zu
lassen, ist in diesem Gewoge von gleich berechtigten odef
unberechtigten Moglichkeiten kein fester Fuss zu fassen**).
*) Griechiac^ soll nach Preller Hist. philos. Gr. R. p. 411
Vano auch Qber Philosophie geschrieben haben; aber bei Cicero und
Aogustin, die dafiir angefuhrt werden, steht keiu Wort davon.
**) Erst jetzt bemerke ich, dass in 'Epist. Latinis* schon Ausonius
Popma, iihnlich wie oben geschehen, * Epist. L. Atinii1 zu finden
meinte, ohne jedoch diese Vermuthung durch eine bestimmte histo-
ri»che Nachweisung naher begrflnden zu kounen. Man vermisst eben,
dass sie mehr als palaographisch einlenchte. Denn da«8 auf die vier-
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480
DIE SCHRIFTSTELLERKI
Wenn zu diescr Reihe Varronischer, von Hieronvmus
iibergangener Schriften noch ein Titel niit deni Anspruch
auf eine eigene Nummer binzukonimen darf, so sind es alleiii
21. de comoediis Plautinis libri, aus den oben augedeu-
teten Griinden.
Um vieles zweifelhafter miissen Augurum Ubri er-
seheinen, deren Begriindung durch einen so wenig selbstan-
digen und zuverlassigen Autor, wie Macrobius Sat. I, 1G ist,
in hohem Grade misslich bleibt. Aus Varro s eigenem Zeug-
niss durfte ein Tribuum liber als besoudere Schrift anerkannt
werden, obgleich' derselbe Gegenstaud iu den Humanarum
vorkommen musste. Von den Dwinarum war es, wie wir
durch Augustinus bestimmt wissen, das dritte Buch, welche>
ganz de auguribus handelte: wie leicht kann also den Plural
libris statt libro die Unkritik des Schriftstellers oder auch
seines Vulgartextes verschulden! Denselben Zweifel deutet
Merkel Proleg. in Ovidii Fastos p. CXV an. Wozu noch
kommt, dass sonst kein einziger Theil der in den Divinanm
behandelten Gegenstande noch ausserdem in einer Special-
schrift ausgefUhrt erscheint, in beraerkenswerthem Gegen-
satze zu den Humanarum: es miisste denn jemand dem
r.4i liber II de pontificibus wollen das Varro in Pontificalibus
des Fulgentius p. 561 zur Seite stellen.
Jedenfalls nicht unter eiuer eigenen Nummer lasst sich
aus Favorinus bei demselben Macrobius Sat. II, 14 das
Vano ad Libonem primo aufzahlen, da mit Ausnahme der
orhaltenen Biicher, der Logistorici und der wenigeu Werke,
dcren Empfanger wir kennen (de vita P. 11. } de scrnwnc
Jatino, de antiquitate litterarumy de geonwtria, Ephemeris naralis,
Eioayayixog, Iierum divinarum), es so ziemlich von jeder der
bisher aufgeziihlten Schriften moglich ist, dass sie Varros
Freunde L. Scribonius Libo gewidmet war, die Form des
Citats aber nicht auffallender ist als Vafoo ad Ciccronem.
ad Marccllum, ad Accium.
malige Wiederkehr einer und derselben Corruptel bci Nonius aoder
seits auch kein zu grosses Gewicht zu legen ware, lehrt z. B. der
auch dreimal wiederholte Fehler Varro Gallo vel (aut) Fundanio, wo
vou de Logist. p. V [oben p. 40CJ.
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DES M. TERENTIUS VARRO.
481
Mehrdeutig, aber keine eigene Schrift begrundend ist
die Anfiihrung des Servius zu Aen. X, 894: ut etiam Varro
in ludis theatralibus docet. So wenig es unmoglich ist,
dass damit de originibus scaenicis oder de scaenicis actionibus
gemeint sei, so kann man sich doch auf die Frage, was das
zunachst liegende sei, nur mit Merkel (s. Parerga Pl. I
praef. p. XXVII) fiir dasjeuige Buch entscheiden, welches
de ludis scacnicis ausdriicklieh handelte und iiberschrieben war,
d. i. das zehnte der Rerum divinarum.
Dass nichts anderes als diese Divinarum libri mit des
Arnobius VI, 6 bildlichem Ausdruck Polyandria bezeichnet
siud, scheint mir gegen Popnia und Creuzer von Merkel
Proleg. zu Ovid s Fasten p. CLXXXIX und Oehler Varr. Sat.
p. 68 ff. sattsam erwiesen, wie auch Schneidewin Philol. I
p. 23 urtheilt.
An Historiarum libri nebeu den Annales, den Huma-
narum und den Vrbanarum rerum zu glauben wollen wir
deneu iiberlassen, die auch de rc publica liber XX fUr mog-
lich halten, die Varronische Schriftenzahl mit einem BeUum
Punicum secundum aus dem Fiilscher Apulejus bereichern,
elf Biicher de vita P. R. kennen, die Biicher de lingua latina
und de sermone latino fur einerlei erklaren, auch Sisenna vcl
de historia und Catus sive de liberis educandis zu Satiren
machen — oder, wie Lion, in Gellius' Worten I, 18 Ve
ratione vocabidorum9 eiuen Varronischen Buchtitel finden.
Andere Titel sind zum Theil im Fruhern, zura Theil ander-
warts als falsch beseitigt (z. B. de orthoyraphia oder Sceno-
didascalico) , manche mit Ilecht auf Satiren zuruckgefiihrt
(wie ' in Plautorino\ * in poetico libro\ practorianay de numis-
matis, Trepi aipectujv nicht zu parallelisiren mit Tiepi XaPa"
KTr|pujv), oder als Theile der Humanarum erkannt worden
(wie in prodigiosa virium rclationet s. Krahner p. 14). Wie
de bello et pacef de diebus zu fassen ist, so vielleicht de
saeculis bei Servius zu Aen. VIII, 526, da in der That de
saeadis Varro Antiquitatum duodcciccsimo gehandelt hatte nach
Censorinus de die nat. 17 extr.: obwohl mir die Beziehung
jenes Varronischen Citats durchaus nicht klar ist. Ein
grober Irrthum ist der auch neuerlich (Oehler Sat. p. 3)
n. KITSCIIELII OPV8CVLA III. 31
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482
DIE SCHRIFTSTELLEREI ,
noch festgehaltene Complexionum liber VI, womit wohl nie-
inand einen yerndnftigen Begriff zu verbinden, wofiir auch
niemand die Quelle nachzuweisen gewusst hat; so stand
niimlich nur vor Putsehius bei Diomedes I p. 371 als
falsche Lesart fiir Epistolicarum quaestionum. — Die soge-
nannten Sententiae Varronis sind es nicht werth, ein Wort
iiber sie zu verlieren.
Endlich was das 'HpctKXcibeiov war, von dem in
Cicero's Briefen an Atticus wiederholt die Rede ist (Varro-
nis dialoyov XV, 13,3. 'HQaxksidetov ilhid XVI, 11, 3) und
welches, nachdem Varro lange hatte darauf warten lassen,
dem Cicero so gefiel (XVI, 12), wird niemand errathen
wollen. Doch zweifle ich kaum dass, wo von Dialogen
Varro s die Rede ist, an die Logistorici zu denken sei, fur
welche die Dialogform nach freilich schwachen Spuren als
wahrscheinlich bezeichnet worden de Logist. p. XII f. [oben
p. 416]. Wie Varro in Wahl, Plan, Form und Namen seiner
Biicher und Buchertitel sich an griechische Vorbilder
anschloss, liisst sich zwar jetzt mehr nach einzeluen Belegen
ahnen als mit einiger Vollstsindigkeit iibersehen, dennoch
aber wohl nicht ohne Gliick weiter verfolgen, namentlich
im Gebiet der Satire. Neben Heraklides Ponticus durfen
wir muthmasslich den Peripatetiker Ariston als Vorbild fflr
Varms Tithonus ntol yrjQag betrachten (s. Rhein. Mus. I
p. 194 f. f = Opusc. I ]). 553 J) uud nach diesen Beispielen vielleicht
selbst inythische Einkleidung nicht abweisen*). Wie ware
*) Namlich far die Logistorici: denn fur die Satirac beweisen es
eine Menge von Titeln, so wie die von Oehler p. 78 f. au» den Frag-
menten selbst zusammeugestellten Spuren Unter dem Sialoyot
Varronis bei Cicero lasst sich aber eine Satire nicht versfehen, o»d
dass jener 6tdXoYoc mit dem HpaKXciociov desselbeu Varro (dcnn <las*
auch Cicero selbst die Abtucht hat ein 'HpctKAeibciov zu schreiben, gebt
uua hier nichts an) cinerlei iBt, lehrt der Znsainroenhang nnd die Ver-
gleichung der Briefe leicht. Heraklideg aber und Ariston s>tandcn
riicksichtlich der mythischen Einkleidung philosophiacher Stoffe auf
einer Linie, nnd es werden gerade in dieser Beziehung des ersteru
"Apapic und de.s zweiten Aukwv, worin, wie es scheint, Tithonus eiu-
gefiihrt war, zu9ammengc&tellt von Plutarch de aud. poet. 1, sowie
Herakliiles als p.uGtuonc Ka* irXacuaTiac bezeichnet in der vita Camilli 22.
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DES M. TERENTITS VARRO.
483
es ferner nur als moglich zu denken, dass fttr eine politische 543
Satire auf das erste Triumvirat der pikaute Titel Tpixdpavoc
•
Hiervon kann man sich versucht fuhlen auf den Begriff der Aufschrift
Aot»CToptKO ( selbst eine Anwendung zu machen: worin doch, 80 viel
sich absehen liisBt, nur eine eigenthumliche Verkniipfung entweder von
Mythus und Geachichte oder von Philoaophie und Geachichte
angedeutet sein kann. Indessen ist freilich allea zu wetten, dasa im
eratern Sinne vielmehr MueicxoptKot gebildet worden ware. Nichta
scheint mir willkurlicher nnd woniger erklarend ala Oehler'8 (Sat.
p. 57) Definition: rin quibus, ni quid ex fragmentis eorura (?) et ex
ip«o vocabulo (?) colligi licet, viroruni gravissimorum dicta factaque.
Varro retulisse videtur optimisque exemplis propositis illud potissimum
studuiwe, ut aequalium mores in quodvis vitium indies raagis pronoa
antiquitatia probac ct simplicia memoriae ope emendaret ac retineret (?) 1
Praktiache und patriotische Tendenzen, im ethischen, im religiOsen,
im politiachen Gebiete, hat allerdinga Varro uberall, wo nicht hervor-
treten lassen, doch im Hintergi unde gehabt: aber zu einem begrenzten
Bilde von irgend einer seiner Schriften kann una dieae Beobachtung
nicht verhelfeu, und in Betreff der Logistorici dOrfte die allgemeine
Vorstellung von ph ilosophischen, namentlich ethischen, jedoch
miteinem reichhaltigen Beiwerk hiatorischer Belege durch-
wirkten, und mehr populiir als systematisch gehaltenen Diacursen
dem Wahren immer noch am niichaten komraen. Heraklideische Dia-
loge (weil wir auf Heraklidea gerade bcstimmt hingcwiesen werden)
n€pi btKaiocuvnc, ncpi cujqjpocuvrjc, Trcpl eucefciac, trcpi dvbpciac, 7i€pi
€ubaiuoviac, w€pl nbovfjc u. a. w. umschreiben einen ganz ahnlichen
Kreis von Themen, wie Varro'8 Logistorici de foriuna, de pudicitia,
dt moribus, de pace, de insania, de deorum cultu; selbst locis physicis
wie Tr€pi v6cujv u. dgl. treten zur Seite dea KOmera de vahtudine , de
mgine humana, auch de admirandis; im musiachen Kreise liegen die
Beruhrungapunkte von selbat zu Tage. Es fehlt in Ermangelung von
Zeugnisaen oder niihern Indicien an Berechtigung, apcciell den einen
Heraklidea als Vorbild oder hauptsachliches Vorbild fiir die ganze
iogistoriache Gattuug anzuaehen; anderseits aber, daaa auch er es
unter Andern war, ist das Wenigste, was aua Cicero geschlosaen werden
darf, dessen Ausdruck 'HpaK\€ib€tov auf r praeclarum aliquid de re
publica ' zu beschrauken jedenfalls kein Grund vorliegt. Wenigaten8
die Kegion im allgeraeinen zu bezeichnen , in der diese Varronischen
Compoaitionen wurzelten, kann der Gattungsbegriff f Herakleidiachen
Dialogs' als Beispiel und Auhaltpunkt dienen. Und geltend machen
darf man gerade fur Heraklides seine ganze der Varronischen Indivi-
dualitat, wenn nicht alles tiiuscht, in gewissem Betracht sehr homogeue
Bildung und schriftstelleriache Tonart, wie aie aua der Charakteristik
des Alterthums erkannt wird: das Vielseitige und Bunte seiner gleich-
31*
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484
DIE 8CHRIFT8TELLERE1
gewtihlt worden, ohne dass dabei der berufene Tpucdpctvoc
des — Theopompus oder Anaximenes (s. Passow Opusc.
p. 166 ff.) vorgeschwebt hiitte? An alexandrinische Pleiaden
und Aristoteles' Peplos erinnerten die Imaginum hebdomadcs:
die reine Uebertragung von AibactcaXiai haben wir in den
Actioncs scaenicae, von ZnTncetc oder ZnTrjuaTa in Quaestiones
(Plautinac), woftir die Belege bei Lehrs de Arist. stud.
Hoin. p. 219 f.; griechische Vorbilder fiir die Dcscriptiones
boten "Dieophrasts, Heraklides', Satyrus' u. A. XapaKTTjp€c:
dass sich die Aetia an Kallimachus anschlossen, wird aus
driicklich bezeugt; das Werk de principiis numerorum konuto
nur aus griechischen Quellen geschopft werden; in manig
faltiger Form lagen die Stoffe de poetis, dc poematis, de ori-
ginibus scacnicis in griechischen Bearbeitungen vor; ohue
Kenntni8s des Aristophanes rrepi Tfpocumwv waren gewiss
die Biicher de personis nicht geschrieben; mit dem Titel dc
vita populi Itomani ist der griechische Bioc '€XXdboc liingst
miissig von der Akademie und dem Lyceum befruchteteu Studien, die
der systematischen Strenge sich entschlagende u€c6tt)C dutXnrticri seinea
Vortrags, und doch daneben eine poctischen Schmuck, heitere F&rbung
und die Wurze des Phantastischen nicht verschmahende Darstellung:
Eigenschaften, die der sympathisirende Rdmcr allerdings in noch
reicherem Maase in seinen Menippei&chen Satiren als in den Logisto-
rici zu bewilhren Gelegenheit fand. Von Varro's Bekanntechaft mit
Heraklides geben Qbrigens selbst noch Erwahnungen in den Fraginenten
Zeugniss, bei Nonius p. 230. 260 und Lactanz 1,6. — So weuig aber
wie unsere Geschichten der Philosophie dem Heraklides eine Stelle
eiuriiumen, die ihm in einer Geschichte der Philosophen nicht zu ver-
sagen ist, so wenig brauchte Cicero, wenn er Acad. post. I, 1 extr.
dem Varro seine Verwunderung ausserte: fquid sit cur, cum tnnlta
scribaa, genus hoc (namlich philosophiam veterem illam a Socrate
ortam) praetermittas' , von den Ijogistorici Notiz zu nehmen: er ur-
theilte eben von ihnen auch, waa er c. 3 § 9 ausspricht: ' philosophiam
multis locis inchoasti, ad impellendum satis, ad edocendum parum',
und hatte dabei die mangelnde Strenge systematischer Entwickelnnj?
im Sinne, auf die Varro nirgend ausgegangen war. Aber die«er aelb*t
konnte cap. 2 extr. neben den Menippeischeu Satiren, als worin 'multa
admixta ex intima philosophia, mnlta dicta dialectice' eeieu, unnifig-
lich die Logistorici tlbergehen, von denen doch nothwendig mindest^ni
dasselbc galt; ihre Erwiihnung ist ebeu in der luckenhaften Stelle (*•
o. p. 496 [435J) attsgefallen.
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DE8 M. TKRKNTIUS VARBO
485
vergliehen, zuletzt von Niike iiber Diciiarch im Rh. Mus. I
p. 46: und es sollte mich wundern, wenn nicht auch fiir
Disciplinarum libri IX irgend ein naherer Ankniipfungspunkt 5«
vorhanden gewesen ware, als sich bis jetzt hat wollen auf-
spiiren lassen. Doch diess nur iv irapobuj.
Auf den jetzt gewonnenen Grundlagen wird sich nun
aunaherungsweise eine arithmetische Schiitzung des Gesammt-
umfangs der Varronischen Schriftstellerei anstellen lassen.
*Vix mcdium dcscripsi indiccm9 sagt Hieronymus. Sein
Katalog enthiilt unter 38 Titeln 522 einzelne Biicher, oder
wenn wir die 45 libros Antiquitatum auf 41 reduciren und
die de sermonc latino auf 7 erhohen, 520. Natiirlich ist
nicht an eine Verdoppelung dieser Bucherzahl zu denken,
sondern Hieronymus kami nur die Zahl der Titel im Sinne
gehabt haben. Hierbei ist aber nicht zu Ubersehen, dass er
doch die bei ihm zu einer Nummer zusammeugefassten
10 libri sinyulares in seinem Original einzeln verzeichnet
fand, aho genau genommen 47 oder (mit Abrechuung der
wohl irrthumlich besonders erscheinenden Schrift dc valctu-
dine) 46 Titel als die Hiilfte der Gesammtsumme bezeichnet.
Manobiblia durfen wir unter den nicht mit a*bgeschriebenen
nicht suchen; auf der audern Seite springt es in die Augen,
dass alle grossen, umfangreicheu und bedeutenden Werkc
sich unter den abgeschriebenen befinden. Obgleich wir unter
den ausgelassenen eines (Epistoliaie Quaestioncs oder aber
Epistulac) von 8, und zwei (de gente P. li. imd de utilitate
senmnis) von 4 Biichern gefunden haben, so werden wir
doch am sichersten gehen, wenn wir fiir die meisten einen
Umfang von nicht mehr als drei Biichern annehmen, die
Lieblingseintheilung des Varro, wahrend eine Zweizahl von
Buchern in keinem einzigen Beispiel vorliegt. Niihmen wir
ako als durch8chnjttliche Biicherzahl fiir 46 fehlende Titel
etwa 4 an, so erhielten wir als Gesamuitbiicherzahl fiir das
Ausgelassene 184, und dieser Betrag zu den 520 der ver-
zeichneten Masse hinzugerechnet ergabe eine Summe von
704 Varronischen Biichern. Nun wissen wir durch ein sehr
schatzbares Zeugniss des Gellius III, 10 extr., wie viele
Biicher von Varro geschrieben waren, als er das 77ste Jahr
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486
DIK 8CHHIFT8TELLEREI
zurtickgelegt hatte. In der Vorrede zu seinen Imagmes gab
er an: fse quoque iani duodeeimam annorum hebdoniadam
ingressum esse et ad eum diem septuaginta hebdomadas li-
»16 brorum conscripsisse: ex quibus aliquarainultos, cum pro-
scriptus esset, direptis bibliothecis suis non comparuisse.'
Hatte er hiernach bis zum Jahre 715 eine Masse von 490
BQchern verfasst, und 727, wo er nach Hieronymus als
Neunundachtziger starb (prape nonagenarius, wogegen das
rhetorische saectdi tempus aequavit des Valerius Max. VIII, 7, 3
nicht in Betracht kommt), es bis zu ungefiihr 700 gebracht,
so wiirde auf die letzten 11 bis 12 Lebensjahre ein Betrag
von 210 fallen, d. h. auf jedes dieser Jahre die Abfassung
von durchschnittlich etwa 18 Buchern, und auf den sechsten
Theil des schriftstellerisch thiitigen Lebensalters (etwa voni
20sten Jahre an gerechnet) der dritte bis vierte Theil der Ge-
8ammtschriftstellerei. Ob jemand an ein solches Verhaltniss
zu glauben Lust hat, sei ihm lediglich anheimgestellt; fflr
uns bitten wir aber um Erlaubniss einer derartigen Ver-
theilung die innere Wahrscheinlichkeit abzusprechen, trotz-
dem dass allerdings Varro's letzte Lebensjahre, im Gegensatz
zu friihern Pefiodeu eines (doch nur voriibergehenden) Ge-
schiiftslebens durch eine ununterbrochene Musse begunstigt
waren, dass er ferner gegen sein Lebensende nur zusamnien-
zustellen oder zur Herausgabe fertig zu machen brauchte,
was ltingst gesammelt und vorbereitet war, dass endlich
Varro mit so manchem uciKpopioc das GlUck theilte, vou den
Schwiichen einer decrepita sencetus nicht erheblich beriihrt
zu werden: denn noch im 88sten Jalire finden wir ihn nach
Plinius N. H. XXIX, 4 § 65 (vgl. Valerius Max. a. a. 0.) in
schriftstellerischer Thatigkeit. Trotz allem diesen halte ich
die aufgestellte llechnung um so mehr fiir triigerisch, als es
keine geringe Zumuthung ist, an den spurlosen Verlust von
etwa einem Viertelhundert verschiedener — nicht Schriften,
sondcrn Schriftentitel eines Varro glauben zu sollen. Der
Wahrscheinlichkeit werden wir uns durch eine Verhaltniss-
rechnung ganz anderer Art unstreitig mehr nahern, wenn
wir uns anders zu der wohl nicht schweren Annahme ver-
stehen, dass des llieronynius Aussage vix medium descrqm m-
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DES M. TERENTIUS VARKO.
487
dicctn nicht auf die Goldwage zu legen sei, sondern dass er
den Mund etwas voll nahm, um seinen Origenes* desto mehr
zu heben, der eine so grosse Schriftenmasse doch noch hinter
sich zuriicklasse. Und es fragt sich sehr, ob er nicht mehr r>*7
zu Gunsten dieser verzeihliehen Ucbertreibung, dainit man
nicht nachrechuen konnte, als aus der sthouenden Rucksieht
auf das fastidium seiner Leser, auf die vollstiindige Mitthei-
lung des Katalogs verzichtet habe.
Von den 10 libri singulares, die Hieronyinus uicht ein-
zeln namhaft macht, mogen wir etwa die Hiilfte untcr den
nur aus Citaten bekannten 20 bis 21 Titelu aufgefunden
haben: unzweifelhaft de acstuariis, tribuum libcr, und Giccrfuj-
TIkoc; desgleichen de philosophia, wenn diess kein Logistori-
cus war; ausserdem vielleicht dcmcnsuris, moglicher Weise
auch etwa die Schrift de compositionc satirarum. Die Stofle
der 4^<« und der Ephcmeris rustfca sehen nicht eben danach
aus, nur in je einem Buche behandelt worden zu sein, und
fur die iibrigen den Katalog dcs Hieronymus ergiinzcnden
Titel, die oben ermittelt worden, sind libri im Plural bezeugt.
So diirfen wir denn wohl von den 10 Monobiblia des Varro
die Hiilfte als unbekannte bezeichnen. Ueberblicken wir
deninacbst den ganzen Bestand der von Hieronymus ver-
zeiehneten Werke mit Bttcksicht darauf was uns vorher un-
bekanut, was schon bekannt war, so stellt sich nach jener
Vertheilung der monographischen Biicher das Verhliltniss
heraus, dass auf 2G anderweitig bekannte Titel 20 nicht
bekannte kommen. Dieses Verhiiltniss haben wir ein Recht
im ganzen und grossen (so weit iiberhaupt Wahrscheiulich-
keitsrechnung berechtigt ist) iiberzutragen auf die von Hie-
ronymus iibergangenen Werke. Zu den nachgewiesenen 15
bis 16 Titeln dieser Art (nach Abrechnung namlich 5 raono-
biblischer von den 20 bis 21) darf nach jenem Massstabe
ein Betrag von etwa 12 unbekannten hinzugerechnet werden,
von denen keine Spur mehr iibrig ist: wonach sich die Ge-
sammtzahl der von Varro uberhaupt verfassten Werke
nicht tiber 74 feststellen wiirde. Hiernach ware es doch
die bedeutend kleinere Hiilfte von uoch nicht 30 Titeln, dic
Hieronymus iibergangen. Ihr Umfang ist aber keinesweges
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488 DIE SCHRIFTSTELLEREI
nach Massgabe der Bticherzahl der von Hieronymus ver-
zeichneten Werke zu beurtheilen, weil eben unter diesen
sich alle grossten und bedeutendsten befinden; vielmehr kanu
fiir die 12 spurlos verschwundenen nur die Analogie der 15
518 bis 16 in Citaten erhaltenen zur Anwendung kommen. Die
letztern, ftir die wir durchschnittlich je 3 Bticher annahinen,
eine grossere Bticherzahl nur in drei Fallen bezeugt fandeu,
diirfen wir in runder Zahl gegen 60 Bticher anschlageu, auf
nicht viel mehr als 40 also die unbekannten, so dass wir
mit dem Ansatz der Gesammtzahl aller bei Hieronymus feh-
lenden zu ungefahr 100 Btichern nicht viel fehlgehen werden.
Hierzu die 520 des Hieronymus gezahlt, gibt als sumuia
summarum anniiherungsweise 620 Bticher der ganzen
Varronischen Schriftstellerei. Davon kommt also auf
die letzten 11 — 12 Lebensjahre allein die noch immer recht
ansehnliche Anzahl von 130 Btichern, von denen iu jedeui
Jahre durchschnittlich gegen ein Dutzend fertig werden
musste.
Es ist bisher zwischen verfassten und herausgege-
benen Werken Varro's nicht geschieden worden. Gleiehwohl
sagte Varro (bei Gellius III, 10) selbst aus, dass eine nicht
unerhebliche Zahl von ihm verfasster Bticher (aliqnammultos)
niemals erschienen, weil bei der Pltinderung seiner Biblio-
theken verschleppt und abhanden gekommen seien: und als
Beispiel daftir dttrfen wir den, wie Varro anderwarts bezeugt
hat (bei Gellius XIV, 7), verloren gegangenen Eiaayooytxbg (kl
Pompeium betrachten. Wie nun also, wcnn Alles was von
Varronischen Schriften entweder bei Hieronymus steht oder
in Citaten von Autoren vorkommt, nur von den zur wirk-
lichen Herausgabe gekommenen Werken zu verstehen, von
diesen aber noch getrennt solclie zu denken wiiren, die, weil
eben aus Varros Schreibpult nie ans Licht getreten, auch
von keinem Litterator registrirt und von keinem Gramma-
tiker citirt werden konnten? Daim hiitten wir freilich zwei
sehr ungleichartige Massen mit einander verglichen, als wir
das arithmetische Verhiiltniss zwischen den 490 von Varro
bis zum 78sten Lebensjahre geschriebenen und (mit Ausnahme
der einen Schrift ftir Pompejus) den uns namentlich bekann-
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DES M. TERENTIUS VAHRO. 489
teii Werken zu erinitteln und in gegenseitige Beziehung zu
setzen unternahmen, und die Vorstellung von der Schriften-
nienge des Varro hiitte sich zu ganz unbestimrabaren Gren-
zen zu erweitern. Aber glQcklicher Weise wird dieses Be-
denken mehr Schein als Wahrheit haben, und zwar darum,
weil der Originalkatalog Qber die Varronischen Schriften, wa
der dem Hieronynius vorlag, wenn nicht alles tiiuseht, nicht
durch eine Zusammenzahlung der zu irgend einer bestimmten
Zeit wirklich gelesenen, sondern in der That der von Varro
nur iiberhaupt geschriebenen Werke entstauden ist, mit
andern Worten, weil er weder von Hieronymus, noch eiuem
nachvarronischen Litterator, sondem von Varro selbst her-
ruhrte. Es bedarf nur eines vergleichenden Bliekes auf die
einzelnen Theile unseres Katalogs einerseits und die diirf-
tigen Reminiscenzen in den weiten Raumen der spatern Lit-
teratur anderseits, um sich leicht zu iiberzeugen, dass im
vierten Jahrhundert bei weitem nicht mehr die vollstiindige
Zahl so vieler Specialschriften von wenig allgemeinem Inter-
esse erhalten war. Wichtigere, namentlich praktisch an-
wendbare oder interessantere Schriften haben sich ein paur
Jahrhunderte liinger, die grossen Hauptwerke noch weiterhin
iin litterarischen Verkehr behauptet: vor allen die Antiquitates,
die umfassendern Sprachwerke, Rcrum rusticarum, die Disci-
plinarum libri, die Imagines, die Menippeischen Satireu (wkh-
rend die Logistorici viel friiher ausser Umlauf kamen), auch
heide Ephemeridcs, seine Gromatik u. a. m.: woriiber niihere
Xachweisungen eben so interessant als hier zu weit ftihrend
waren; — aber nicht minder gewiss scheint, dass so manche
Detailerorterung z. B. im Bereiche der Dramatik, dass die
partiellen Behandlungen, die sich mit den entsprechenden
Theilen umfassenderer Darstellungen deckten (die friiher als
'Erganzungsschriften' bezeichneten), dass Tragodien, Satiren
schlechthin, Gedichte und Reden, dass namentlich auch
15 Bucher dc iure civili im vierten Jahrhundert nicht mehr
gelesen wurden, und zum Theil niemals gelesen worden
waren, wenn sie etwa zu den bei Pliinderung der Bibliotheken
zu Grunde gegangenen Schriften gehorten. Woher also nuhni
diese Hieronymus? Von erscbopfenden litterarhistorischen
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490 DIE SCHRIFTSTELLEKEI
Kegistern, mvaKec, die sich zuuial auf Autoren von der Art
eines Varro hiitten erstrecken konnen, wissen wir aus der
freilich sehr ktirglich iiberlieferten Geschichte der rouiischen
Gelehrsanikeit gar uichts, und diejenige Quelle, von der wir
als der reichhaltigsten ftir dieses Gebiet wissen, ist vou der
Absicht genauer und vollstsindiger Mittheilungen uber die
550 litterarischen Productionen der einzelnen Autoren weit ent-
fernt. Ich meine die von Hieronynius selbst anderwarts als
Autoritat behandelten Suetonischen Bticher de viris illus-
tribus: wenu anders in ihnen auch Varro eine Stelle ein-
nahni. Denn da er in der Abtheilung de grammaticis, wo
man ihn doch aui ersten suchte, nicht vorkorunit, so lnusste
er (um ihn nicht ganz unwahrscheiulich unter den oratores
zu vermuthen) den poeHs eingereiht gewesen sein: obgleieh
doch weder Poesie seine charakteristische Seite war, noch
das Chronikon des Hieronyuius, welches in dieser Partie
ganz auf Sueton fusst (s. Parerga Pl. I p. 617*)), ihn ab
poeta, bezeichnet, sondern rM. Terentius Varro philosophus'
hat. Indessen sei es dass Sueton s Schrift, wofiir es ail aus-
*) Dass die dortigen fdecreta\ wie Herr Gerlach Lucilii Sat. re-
liq. proleg. p. III sagt, rveritatem obscurare non debcant', daruber
bin icb mit ihm bo sehr einverstauden , dass ich glaube, sie kdnnen
das nicht einuial, weil sie im Gegentheil sehr geeignet sind die Wahr-
heit ins Licht zu setzen. Weiter heisst es mit einem, wie man sieht,
unwiderleglichen Beweise fQr den erstcn Satz: fnon enim, quae iile
satis contidenter affirmavit, omnibus credo probabuntur.' Wenn das
Herr Gerlach von seinen Prolegomenen zum Lucilius gewunscht hat,
so ist er bescheideuer als ich. Nicht so bescheiden wurde ich seino
Hoffnung nennen, fQr die Behauptung, dass Sueton's libellus nur im
Auszuge anf uns gekommeu sei, den Beifall Weniger zu finden. Un-
widerleglich ist freilich auch dafiir der Beweis, weil gar keiner bei-
gebracht ist. Umgekehrt bin ich beschciden genug, das Lob, dem
'chronographus' in vielen Punkten 'inconsiderantiam' nachgewiesen m
haben, sclbst fur eine ' iuconsiderantia* des&en zu halten, dem meine
'decreta' uber des Chionographen Abhangigkeit von Sueton eine '©b*
scnratio veritatis' siud: denn so sehr beruht ausschliesslich auf dieser
Abhllngigkeit jede in jener Absicht versuchte Nachweisuog, dass ohnc
ihre Voraussetzung das gedachte Lob allen Sinn verliert. — Dass doch
mancher 'homo doctus' zwischen Meinen und Beweisen uicht unter-
scheiden lerut, und fflr einen Beweis nur halt was wie zweimal zwei
tm vier ist.
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DES M. TERENTIUS VAKRO. 491
reichendeu Indicien fehlt, auch eine Abtheilung dc jyhilosojriiis
und in dieser eine vita Varronis enthalten liabe: wo boten
denu die erhaltenen kurzen Abrisse dc grammaticis und de
rhdoribus auch nur eine entfernte Analogie dar, nach der in
einer vita Vamonis ein so vollzahliger, von den Forderungen
gelehrter Wissenschaft ausgegangener Katalog seiner sanimt-
lichen Schriften erwartet werden diirfteV lch weiss nur
Einen, dem in diesem Masse ein Interesse filr solche Voll-
standigkeit zuzutrauen ware: Varro selbst. Nichts liegt
naher als die Annahine, dass derjenige, der in seinem 78sten55i
Jahre so genau anzugeben wusste, wie viel Biicher er bis
dahin geschrieben, ein Verzeichniss dieser Biieher entworfen
hatte, sei es in einem liber singtdaris oder vielleicht in der
Schrift dc vita stta, und dieses Verzeichniss in den Handen
des Hieronynius zu denken kanu keiu denkbarer Grund wider-
rathen. Wie sorgfaltig und reichhaltig, im Sinue und nach
den Gesichtspuukteu griechischer Pinakographen, dieses Ver-
zeichniss eingerichtet sein uiochte, davon kaun uns freilich
Jas durre Schema eines mit Ungeduld gemachten Auszuges
keinen Begriff geben. Als Anhaltpuukt fiir eine griindliche
Bearbeituug der Varronischen Fragmente, die ent-
schiedenes Bediirfniss ist, wird es dennoch vou unschatzbarem
Werthe sein: weitere Audeutungen fiir die Vertheilung der
einzelnen Bruchstiicke zu geben, als die im Verlauf der vor-
stehenden Besprechung nothwendig herbeigefuhrten oder ge-
legentlich angeknUpften, habe ich absichtlich unterlassen.
Zur Erleichterung der Uebersicht wird eiu nach Mog-
lichkeit geordneter Katalog siimmtlicher bekannter Schriften
Varros, mit Verweisung auf die vorstehenden Erorterungen,
nicht iiberfliissig sein. Die von Hieronymus aufgenommenen
sind mit Sterachen, und wenu sie uns erst durch ihn bekannt
geworden sind, ausserdem durch Kreuze bezeichnet.
P-
t * 1. Libri VI Tragoediarum . . . 491 [420]
2. Lib. .. Carminis (de rerum na-
tura?) 494 [432]
f * 3. Libri X Poematorum1) . . . 492 [429]
1) Mit demselben Nnmeu finden wir die ahnlichcn Gedichteamm-
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402
DIE SCHRIFTSTKLLEREI
f * 4. Libri IV Saturarurn*) .... 492 [430]
* 5. Libri CL Saturarum Menippea-
rum 492 [430]
f * 6. Libri XXII Orationum 495 [434]
t * 7. Libri III Suasiouum3) .... 496 [434 1
lungen anderer rOmischcr Dichter der iiliem Zeit bczeiebnot: dea Cal-
vu8 bci Gclliu8 IX, 12, des Cinna ebenda und XIX, 13, des Furius
XVIll, 11: zum Theil auch bei Nonius. Noeh unzweideutigcr prugte
sicb epiiter der Sprachgebrauch aus, nach Plinins Epist. IV, 14: r]>ro-
indc sive cpigrammata sive idyllia sive eclogas sive ut muJti poetnatia
seu quod aliud vocare malueris licebit vocea: ego tantum heudecasyl-
labos ^^68^0.'
2) Dass dem Horatiua diese Varronischen Satiren nicht uubekannt
warcn, dass sie nicht etwa zu den gar nicht ins Publicum gekommenen
Sehriften Varro's gchOrten, scheint mir gerade durch den Zneatc f Ata-
cino' in Serra. 1,10,46 bestimmt genug angedeutet. — Ffir die p. 493
[431] behauptete Schatzung Varros Seitens der Zeitgenossen gibt einen
sicbera Maasstab die eine Thatsache, dass nach Plinius N. H. VII, 30
§ 115 Varro der ciuzige Lebende war, dessen Bildniss in des schwer
gcnug zu bcfriedigenden Pollio Bibliothek Aufnahme gefunden hatte:
fhaud minore, ut cquidcm reor, gloria principc oratore ct cive cx iJJa
ingcniorum quae tunc fuit multitudine uni hanc corouam dante quam
cum eidem Maguus Pompeius piratico ex bello uavalem dedit.'
3) Dass unter Suasioncs nichta andercs als hgum suasiones, ora-
tioncs quibus Icges suadentur zu verstehen sind, lchrt der const&nte
Sprachgcbrauch der iiltern Zeit. Was bei Festus p. 282 suasio Icgi»
Voconiac (des Gato) heisst, nennt Gellius VII, 13 Catonis oratio qua
Voconiam legem suasit, womit vgl. XVII, 6 Cato Voconiam lcgem suadens.
In eiufachster Fassung ebenso Priscian XII, 943 Cato in lcgis Maetiat
suasione, oder was auf dasselbe binauskOmmt, Gellius VI, 16 Cicero in
dissuasione legis agrariae; umstandlichcr derbelbe XIII, 3 in orationc
C. Cacsaris qua riautiam rogationcm suasit, und XI, 10 C. Graccliu*
in oratione qua legcm Saufeiam dissuasit; was in gleicher Weise bei
Fcstus p. 242 heisst M. Cato in ea qua legem (hrchiam dissuadct (ob-
wohl sachlich falsch^ driickt er p. 201 breiter uud harter aus in sua-
sionc nc dt kgc (JrcJiia dcrogardur, ahnlich wie p. 282 in dissu<isio*u
tte lcu- Baebia derogarctur (wofur abgekiirzt Nonius Cato legc Bcubvr:
vgl. Nonin8 j>. 87 Cato suasionc in legcm populi; — noch andcrs, mit dc
nnd Angabe des Inhalts, Festua p. 234 in dissuasionc dc rege Attalo ct
rcctigaJibus Asiae. und Nonius p. 6 1 Cato in dissuasiottc dc faeneratione,
woftir wieder Festus p. 234 Cato dc faenerationc legis Iuniae. Aber
nicht bloss an Iteden ad populum zu denken erinnert selbst in dor
Form das Citat des Priacian VII, 762: Catojn orationc qua suasit in
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DES M. TERENTIUS VARRO. 493
* 8. Libri LXXVI Logistoricon (Aoyicto-
piKtuv)4) . 501. 542 [440. 482]
* 9. Libri LI Iniaginuin 513 [452J 553
*10. Libri III de vita sua .... 501 [440J
senatu. Wenn daher einerseits aus 'Suasionum libri III' allerdings
nicht folgt, da*»s Varro iiberhaupt jemals als Volksredner aufgetreten
sei, indem alle seine suasiones kftnnen Senatsreden gewesen sein; und
wenn es anderseits dem Begritfe nach mtfglich bleibt, dass gehalteue
Reden auch unter den 'Orationes' in 22 Buchern sich befanden, wo-
fern es nur keine suasioties waren, sondern z. B. gerichtliche Reden
oder 5ffentliche laudationes: so gabe doch eine bloss nach aolchera Ge-
sichtspunkte gemachte Unterscheidung ein zu wunderlichea Einthei-
lungsprincip fur zwei verschiedene Sammlungen, als dass wir nicht
dennoch den so viel einfachern und zugleich durchgreifendern Gegen-
satz von gehaltenen und nur geschriebenen Reden fur Varro
festzuhalten hatten.
4) Den uber die Natur und die Vorbilder der Logistorici ent-
wickelten Vermuthungen wird die berichtigte Vorstellung uber ihre
Doppeltitel entsprechen, wonach die Personennamen , die regelmassig
mit sachlichen Aufschriften verbunden waren, nicht auf die Empfanger
im Sinne einer Zueignung hinweisen (was auch nicht durch den Nomi-
nativ, sondern rait ad ausgedriickt sein wurdc , sondern ganz einfach
den Hauptunterredner des Dialogs bezeichnen, nicht andera als Laelius,
de amicitia ; Cato, de senectute. Ob dafur das Beispiel der Platonischen
•Dialoge bestimmend sein konnte, bleibt bo lange zweifelhaft, als nicht
erwiesen ist, dass die sachlichen Nebentitel derselben schon vor Thra-
syllus vorhanden waren: vgl. Hermann Gesch. u. Syst. d. Plat Phil.
p. 660; aber darin folgteVarro dem Platonischen Gebrauche jedenfalls
uicht, dass er seine Gesprache nur nach gleichzeitigen Personen (s.
ebenda p. 656) benannt hatte. Auf Zeitgenossen (wie bei Cicero's 'Bru-
tus') weisen zwar manche logistorische Titel hin, wie Atticus, Nepos,
Tubero, Scaurus, aber eben so bestimmt andere (wie bei Cicero fLae-
lius' und fCato') auf Personen wo nicht einer hdhern Vorzeit, doch
schon gestorbene, z. B. wenn nicht alles triigt, Scaevola, Sisennat Ma-
rius. Und auch in dieser Beziehung fflhren uns Spuren und Zeugnisse
wieder auf Heraklides zuruck. Zwar ob dessen Dialoge Doppeltitel
zur Aufschrift hatten, ist aus dem Verzeichniss des Diogenes nicht er-
sichtlich, es miisste denn in dem «'Akougoc epujriKdc Kal (^?) KX€iviac->
t-in solcher stecken ; aber dass er Personen der Vorzeit haufig einge-
ffihrt hatte, sagt Cicero ad Att. XIII, 19: fSi Cottam et Varronem fe-
cis9em inter 86 disputantes, ut a te proximis Htteris admoneor, meum
Kuxpdv 7Tp6cumov esset. hoc in antiquis personis suaviter fit, ut et Hc-
raclides in multis et nos sex de re publica libris ^60^^118.'
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494
DIK SCHBIFT8TBLLEBEI
t *11. Libri III Legationum .... 498 [436]
t *12. Libri III de Pompeio .... 498 [436]
13. Libri II... (VIII?) Epistularum5) . 536 [476]
14. Libri VIII (VII?) Epistolicarum
quaestionum6) . 536 [476]
*15. Libri IX Disciplinarum7) 503.535 [441.475]
f.M 16. Libri III... Rhetoricorum .... 534 [473]
17. Lib. (I?) de mensuris (agrorum?)
[de geometria ad Ru-
fum?]8) 535 [474]
t *18. Libri IX de principiis numero-
rum 504 [442]
[t]*(19?) Liber I de valetudine tuenda
502. 536 [440. 475]
5) FCir eine Scheidung der Varronischen Epistulae in Graecat
nnd Latinae (s. o.) liesse sich das Beispiel des M. Junius Brutug an-
fuhren, von dem eine Sammlung griechisch, und eine andere lateinisch
verfasster Briefe existirte: s. die Beweisstellen bei Meyer zu Cicero
Brut. p. 11.
6) Ein einziges Mal citirt auch Charisius nicht eine Briefsamm-
lung, sondern einen einzelnen Brief, p. 105: Varro ad Keronem. Ge-
rade darin liegt vielleicht eine Bestatigung fQr die ebenda p. 81 und
84, 5 vermuthete Verwechselung von Epistolicarum mit Epistuiarum,
indem sich daim Charisius in der Art des Citirens gleich bliebe. Aucb*
wiire es in der That ein sehr natflrliehes Verfahren/ was sich hiernacb
ergiibe: dass niimlich Citate aus den Epistolicae quaestiones nur nnter
diesem Sammlungstitel gemacht zu werdeu pflegten, Briefe dagegeo,
die nur als solche und ohne allen einheitlicheu Gesichtspunkt zu Epi-
stularum Ubri vereinigt waren, auch als einzelne angefuhrt wunkn.
Letzteres giilte dann auch von den bei Nonius citirten Einzelbriefen
um so mehr, als unter diesen sich zweimal ebenfalls Varro ad A>ro-
netn befindet p. 26 und 167.
7) Nach n. 15 liess sich auch, als parallel stehend mit dem ersten
Bnche der JJisciplinae (de grammaticaj sogleich einschalten die Gruppe
n. 53 — 69, und im Anschlnss an n. 59 mit n. 42 und 44 zur Khetorik
(n. 16) flbergehen.
8) Den Anlass zu dieser Schrift darf raan vielleicht darin sucheo,
dass Va*n-o zu der Commission der XXviri gehOrte, welche im J. 695
in Folge der (nach Vellejus II, 44 von Pompejus empfohlenen) flex
Iulia agraria* die Landvertheilung des ager Campanus und Stellos »us-
zufuhren hatte, wie er selbst bezeugt Itust. I, 2 und bei Plinius X. H
VII, 52 § 176.
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DES M. TtKENTIUS VARRO
495
*20.% Libri III de forma philosophiae. . 503 [441]
(21?) Liber I de philosophia 503 [441]
f *22. Libri XV de iure civili 505 [444]
*23. Libri III Rerum rusticarum 9). . . 503 [441]
24. Liber I de aestuariis ,u) 534 [473]
25. Lib. . . Ephemeridis (rusticae) ") . 533 [473]
9) Dieses, und nicht de re rustica, ist die alte und achte Aufschrift.
— An n. 22 liessen sich auch n. 28 ff. sogleich anschliessen; ich zog
es vor, die nur in einer Schrift behandelten Disciplinen nicht zu
trennen, und auf die geistigern die materiellern folgen zu lassen.
10) Hierher geatellt, weil ich jetzt kanm zweifle, dass diese Schrift
landwirthschaftlicher Natur war, alao mit dem Stoff der Ephemeris
navalis allerdings gar nichts gemein hatte. Aus Varro selbst namlieh
Rer. rust. III, 17 (vgl. Valerius Max. IX, 1, 1) ist ersichtlich, dass aestn-
aria ein sehr wesentliches Erfordemiss waren, um diejenigen Fisch-
teiche, welche salsae oder maritimae hiessen im Gegensatz zu piscinae
dulces, fortwahrend mit frischem Fluthwasser zu speisen. Von der
knnstlicben Anlegung solcher rstagna, per quae mare vicissim tum ac-
cedit tum recedit' (wie aestuaria in dem von Langensiepen imllh.
Mus. f. Phil. N. F. V p. 247 bearbeiteten Suetonischen Fragmente de-
finirt werden) wird Varro'8 Schrift gehandelt haben: so sehr ihm auch
dergleichen piscinae von finanzieller Seite nur als kostspieliger Luxus
erschienen. (Denn an acstuaria im Sinne von f Wetternchachten ' zu
denkeu, die nach Plinius N. H. XXXI, 8 § 49 beim Brunnongraben
vorkamen, liegt doch fiir ein ganzes Buch gar zu fern.) Ist die vor-
getragene Vermuthung richtig, so haben wir an der Schrift, in Folge
des Citats in dc l. lat., ein Beispiel, wie sich Varro in demselben Stoff
viel friiher monographisch versuchte, als er ihn in umfassender Be-
bandlung darstellte.
11) War dieser Wirthschafts-Kalender keiue Vorarbeit, sondern ein
erganzender Nachtrag zu den Jierum rusticarum libri , so fallt seine
Abfassung nach 718. — Ueberhaupt kann es niemand eutgehen, da*s
die wichtig^ten und umfaugreich*ten Werke Varros — wie eine chro-
nologische Ueborsicht der naher bestimmbaren leicht darthun kounte,
wenn Bie nicht hier zu viel Raum in Anspruch nahme — fast alle in
die letzten zwei Jahrzehnte seines Lebens fallen, die er offenbar in
ginzlicher Zuruckgez^bgenheit von offentlichen Geschaften nnr der Aus-
arbeitung des manigfaltig^ten , wahrscheinlich lilngst gesammelten
und vorbereiteten Stoffes widmete. Auch die Imayines hatte er erst
zwei Jahre zuvor (716) herausgegeben. In friihere Lebensperioden
wird alles Poetische gehoren, desgleichen die suasiones, zumeist auch
wohl die orationes (obwohl die laudatio Porciae erst 709 geschrieben
*ar), vor allem aber die uberwiegende Mehrzahl der Meuippeischeu
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496 DIE SCHRIFTSTELLEREI
26. Libri . . Ephemeridis ('€<pfp€pftoc)
navalis ad Ponipeium . 532 [471]
27. Libri . . de ora maritima (Lito-
raliuni)12) 534 [473]
*28. Libri XLI Antiquitatuni, und zwar . 505 [444]
a) XXV Reruni humanarum . . . 541 [481]
b) XVI Rerum divinarum ad Cae-
. sarem 541 [481]
t *29. Libri IX Epitomes ex Antiquitati-
bus 506 [445]
30. Libri IV de gente populi Romani . 508 [446]
31. Libri . . de familiis Troianis . . 507 [445]
32. Liber I tribuum 507 [445]
*33. Libri 111 Rerum urbanarum ... 510 [449J
*34. Libri III Annalium 508 [447]
35. Liber 1 €ico:yujyik6c ad Pompeium13)
532. 538 [471. 477]
556 *36. Libri IV de vita populi Romani ad
Atticum 512 [450]
Satiren und der Logistorici: kurz Alles, worin aich Talent und Neignng
dieser wunderbar organisirteu Natur mit mehr oder weniger scbOpfe-
rischerFreiheit erging. Was an ihr eine eiugehendere Cbarakteristik
als vorzugsweise interessant hervorznheben hatte, das ist neben dein
ernstesten Forschungseifer eines wahren Chalkenteros die liebenswur-
dige Behaglichkeit eines so harmlosen wie beweglichen Humors, die
er trotz Ciceros «0€iv6c dvfjp- rdxa kcv kqI dvatnov aiTi6urro* (ad Attic
XIV/ 26) besessen und namentlich in den Menippeis bewahrt haben
muss.
12) Die Nummern 26. 27 liessen sich auch allenfalls unter deni
geographischen Gesichtspunkte zusammenfassen, und als parallel mit
dem vierten Buch der THsciplinac, de geometria, betrachten, somit nach
n. 17 stellen. Uebrigens sollte es mich nicht wundern, wenn trott der
Besprechung geographischer Gegensttinde an so viclen Orten wie
n. 11. 16d. 26. 27 und 28 a doch noch eine cigene gr8ssere Schrift
Varro's bloss der (namentlich ausseritalischen) Landerkunde gewidnn-t
gewesen ware.
13) Hierher gestellt, weil Pompejus dorans lernen sollte, quid
facere dicereque deberct, cum senatum consuleret, wonach der Inhalt in
den Kreis der vierten Abtheilung der Jies humanae, von den Instituteu
(de rcbus), fUlt
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DES M. TERENTIITS VARRO.
497
37.
Lib. . .
Aetion (Airiwv) ,4). . . .
512 [451]
38.
Libri . .
mr a j m» m mm a fc ■■»
534 [473]
[39.
Libri . .
540 [480]
*40.
Libri III
de bibliothecrs ....
ol3 [4o2]
f *41.
Libri III
de lectionibus u) . . .
o21 [460 1
*42.
Libri III
de proprietate scripto-
524 (463]
43.
Libri . .
ol5 [454]
*44.
Libri III
mr . m* mm . mmt M
ol5 L4o4]
*4o.
Libri III
de originibus scaenicis
[ad Scauruin?] n) . . .
516 [455]
*46.
Libri V (III V) de actionibus scaeni-
516 [455]
14) Da Kallimachus nicht der einzige iet, der Ama schrieb (Ama
(purixd des Theophrast kennt Athenaus, Aina schrieb spater Butas,
Ama 'PuJuaixd Plutarch: s. VoBsius Hist. gr. III p. 410 W.), so wurde
das Disparate des Stoffes wie der Form eher ab- als anrathen, in ihm
das Vorbild fttr Varro zu Buchen, wenn es nicht bei Servius zu Aen.
I, 408 ausdrucklich hiesse: 'cuius rei t6 afriov i. e. caussam Varro
CaUimachwn secutus exposuit.'
15) Stehen hier, weil ich sie nirgend besser unterzubringen weiss.
Meinetwegen mdge man sie auch nach n. 27 stellen.
16) An Dichterstellen fur legere im Sinne von recitare, von
eigenen Productionen gesagt, fehlt es ausser Ovid Trist. IV, 10, 57
und ex Ponto IV, 2,34 (neben recitare Trist. III, 14, 39) nicht: 8. Iloraz
Epist. II, 2, 105. ad Pisones 475. Als Vorlesungen fremder Schriften
sind ' lectiones* nicht nur durch das in demselben Sinne von Cicero,
Quinctilian, Plinius wiederholt gebrauchte legere, sondern auch durch
das Sklavenamt dea *lectory hinlanglich gesichert. (fUeber einen Dich-
ter lesen' heisst legere auch bei Suetou de gramm. 11: fqui solus legit
ac facit poetas'.) — Die Sitte des Recitirens selbst aber sich nicht von
zu jungem Datum vorzustellen kann auch das mahnen, dass das ver-
wandte Institut eines collegium poetarum von Valerius Max. III, 7, 11
schon fttr die Zeiten des Accius bezeugt wird.
17) Nur als noch eine Moglichkeit (mir keinesweges die plausi-
belste) 8oll es bezeichnet werden, dass die6es daa Verbaltniss des Na-
mens Scaurus zu der Varronischen Schrift war, welches in dem riith-
selbaften Citat des Servius versteckt liegt.
18) Wenn in diesem Werk die draraatischen Vorrathe der
romischen Litteratur registrirt waren, so darf — Angesichts der That-
sache, daas uoch eine Reihe Varronischer Schriften existirte, von deren
Aufschrift und Inhalt keine Spur auf uns gekommen ist — wohl dio
FB. HIT8CUELII 01'VSCVLA III. 32
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498 DIE SCHRIFTSTELLERRI
55- f *47. Libri III de actibus (?) scaenicis 518 [451]
f *48. Libri III de personis 519 [458]
t *49. Libri III de dcscriptionibus, ncpi
XapaKTnpujv VJ) .... 520 [459J
50(?) Libri . . de comoediis Plautinis 517 [456]
*51. Libri V (V) Quaestiouum Plautina-
rum*°) 510 [455]
52. Lib. . . de compositione satu-
rarum 493 [431]
*53. Libri XXV de lingua latina ad (Sep-
timium et) Oiceronem . 525 [404]
t *54. Libri IX Epitomes e libris de
lingua latina . . . 527 [466]
55. Libri . . de antiquitate littera-
rum (ad Accium)21). . 529 [4C9]
*56. Libri III de origine linguae lati-
nae (ad Pompeium?) . 529 |469J
Frage ffir befugt geltcn, ob nicht ilhnliche litterarische Verzeicb-
nisse von Varro auch fur die flbrigeu Gattungen, mindestcns der Poe-
sie, miigen entworfen worden sein? Gewiss i»t dass, wenn uberhanpt
irgend einmal iin Bereiche der rttmischen Litteratur eine umfasseude
p inakographische Leistung unternommen worden ist, es keine
durch Studien und Neigung geeignetere PersOnlichkeit als die des
Varro geben kann, der sich die Herst^llung eincs so unentbehrliehen
Hvilfaraittels der Gelehrsamkeit mittels ansprechender Vermuthnng zu-
trauen liesse. An illtern Vereuchcu und Vorarbeiten fehlt** es uicht,
wie die Zuaammenstellung in Parerga Pl. I p. 90 f. zeigt. — Diess
ware also eine dritte Region (vgl. oben p. 520[459] uud n. 12), in der
sich verlorene und selbst bis auf den Titel untergegangene Schriften
Varro'fl muthmasslich snchen liessen.
19) Nicht verglcichen liisst sich der Titel Xa.paKTn.pcc f\ <thXo-
kujuwooi bei Suida8 v. Aiovucidorjc, wegen des Zusatzes *v d> toi-c
XapaKTfjpac dnaYYtXXci tujv noin.TU)v. Eher noch der Titel Kumui-
6ou,u€va, wenu es nicht vielmehr nur historische Punkte der Ko-
modic zu sein schienen, mit denen solche Schriften sich beschiiftigten.
20) Vergleichbar beispielsweise die Auccic duopn.udTUJv kiuuikwv,
bei Suidas v. 'HqjaicTunv 'AXtEavopeuc.
21) Wenn, wie doch wahrscheinlich , dieser Acciua der Tragiker
ist, dessen Lebenszeit nur bia gegen 670 auBgedehnt werden kann, M
muss die Abfasflung diescr Biicher sehr friih falleu, als Varro etwa
ein Dreissiger war.
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DES M. TERENTIUS VAKRO. 499
*57. Libri III de similitudine verbo-
rum 528 [468]
58. Libri IV . . . de utilitate sermonis . 529 [4G8J
•59. Libri VII (V?) desermonelatinoad sss
Marcellum 524 [463J
Auf Origenes und den Katalog seiner Schriften mich
einzulassen habe ich keinen Beruf. Aus Redepenning?s
Monographie ersehe ich indess, dass sich auch seine Aus-
beutung fQr die gelehrte Theologie genugsum lohnen und in
gar manchen Punkten die Kenntniss erweitern, das Urtheil
berichtigen, den Zweifel heben wird. Aber das ausserlich
am meisten in die Augeu springende Neue, was wir aus
unsenn Anekdoton lernen, will ich doch lieber selbst vor-
bringen. Das ist die Gewissheit, dass die herkommliche An-
gabe von der alles Gbertreffenden Schriftenzahl des Origenes
selbst auf einer unubertroffenen Uebertreibung beruht, wenn-
gleich keiner absichtlichen. Bekanntlich stammt jene, von
Suidas wiederholte Angabe aus Cedrenu9 p. 252 B (I p. 444
Bonn.): Xd-reTcn bi 6ti cUaKicxiXiac (tfpXouc cuvcraEc. Nun
ist aber die Summe der von Hieronymus verzeichneten Bucher
des Origenes so weit von 6000 entfernt, dass sie noch nicht
einmal neuntehalbhundert erreicht. Dass des Hieronymus
Aufzahlung vollstiindig sein sollte, wird so wenig jemand
bezweifeln, als dass sie es sein konnte. Ist sie es dennoch
in unserm Anekdoton nicht, so wird die Schuld an der
getriibten Ueberlieferung liegen, das Fehlende aber keinen
sehr erheblichen Unterschied begrunden*). Das Zahlzeichen
*) Vor allem fehlen die libri VIII contra Cehum. Der Titel
ist, glaube ich, an der Stelle ausgefallen, an der aich auch ein anderer
Augfall urkundlich beweisen lasst. Vor den Hbri IV ntgi ctQi<av las
ja Rufinus, wie wir im Eiugange aahen, den Titel Monobiblia: die
von Hieronymus ohne Zweifel dazu gesetzte Zahl fehlt bei Rufinus.
Hieronymus verstand darunter die Ubri singulares, so weit es keine
blosa exegetischen waren: denn von diesen beabsichtigte er allerdings
eine vollstfiudige Aufziihlung im einzelnen. Also wundere man sich
nicht z. B. die in Fabriciua Bibl. gr. VII p. 222ff. aufgefvihrten Schriften
ncpl cuxnc, irpoTp€7rTiK6c clc uapTuptov, und etwaige andere nicht bei
Hieronymus zu finden: sie waren unter den Monobiblia begriffen. Ich
hebe diess hervor, weil es ganz dasselbe Verfahren iat wie bei den X
32*
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500
DIE SCHRIFTSTELLEREI
r.59 fiir 6000 ,q hat auch bci Suidas Wirren erzeugt uud fruher
die heitere Meinung bewirkt, dass Origenes alle seine Bucher
Jibri singulares des Varro: und iiberaus bestiitigend fur die gemachte
Annahme, dass die besondere Erwiihnung eines liber de raJeiudine
tuenda nur eine Inconsequenz und ein Zeichen von Fluehtigkeit sei, ist
der durchaus analoge Fall, dass trotz jener Zusanimenfassung unter
dem Collectivtitel * Monobiblia ' doch noch der Dialogus adrersus
Caiulidum Valentinianum einzeln nachfolgt. — Dag^gen die S tromata
(OrpiuuaTeic) fehlen bei Hieronymus keincswegs ; der Anfang des Kata-
logs iat nur in unserm Codex durch mehrfache Verwirrung • nutellt,
und ungefahr so herzustellen:
XIII In Genesin
II Localium (Mysticarum?) horailiarum
. . In Exodum
. . (In Exodum) excerpta
.. In Leviticum excerpta
[ . . In Numeros excerptaj
X Stromatum
XXXVI In' Iesaiam
. . In Ie8aiam excerpta u. s. w.
In dieser Ergiinzung bin ich Redepennings Aufziihlung II p. 194
gefolgt, obne mich darauf einzulassen, dass nach den Angaben in
Fabricius Bibl. gr. p. 208 ff. auch Commentare (nicht bloss Scholien =
Excerpta) zu Josua und Hiob, so wie Scholien zum ganzen Pentatouch,
zu Josua, den Richtorn, Ruth, Samuel, den Konigen und zu Daniel hier
ihre Stelle finden mussten. Aber so gut wie die Scholien zum Daniel
keine selbstiindige Schrift waren, sondern (gleichwie die zura Galator-
briefe) einen Theil des zehnten Buches der Stromata bildeten (s. Redep
I, 377. II, 71): so gut konnen ebenda selbst die Excerpta in Kumerm,
und vielleicht zu noch anderu alttestamentlichen Buchern Platz ge-
funden haben: und eben daraus erklart sich auch die ausserdem ganz
befremdliche Stellung dieses Titels mitten zwischen exegetischen Ar-
beiten. Wenn uns der Katalog des Hieronymus aberhaupt etwaa lehren
poII und kaun, so hat eben eigene Scholieu zu rallen biblisehon
Bacheru' (Redep. II, 193) Origenes nicht geschrieben d. h. herausge
geben. Denn dass dieses beides identisch ist, dass nicht nur die ausfiihr-
liehern Commentare, sondern in der That auch die kurzern Scholien (das
genus commaticum des Hieronymus) von Origenes behufs der Veroffent-
lichung abgefasst wurden, und nicht bloss beilaufige Privatnotizen wa-
ren (Redep. I, 376), das ist wohl eine durch unsern Katalog jetzt un-
zweifelhaft gewordene Einsicht. Nach Anleitung dessolben mSgen es
ira fibrigen die Theologen ausraachen, wenn es ihnen wichtig genug
ist, welche einzelne BCicher des alten und nouen Testamentos von Ori-
gones entwodor in einer, oder in zweien, oder in allen drei von ihin
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PES M. TERENTIUS VAKKO. 501
stehend (gdc) geschrieben habe. Wie mit demselben Zahl- 56o
zeichen anderwarts gar leicht Koppa (in die Sylbe ci tlber-
gegangeu bei Bast Comm. palaeogr. p. 82. 853), so ist bei
oder von Cedrenus ohne Zweifel das Sampi damit verwech-
selt worden. Neunhundert Biicher in runder Zahl konnten
demjenigen fuglich beigelegt werden, der es bis in die Mitte
des neunten Hunderts gebracht hatte. Machte er aber auch
die DOO wirklich voll — und darauf kann eine Berechnung,
die etwa die Hexapla als ein halbes Hundert einzelner
gehandhabten ErklitningBformen (Cr|U€iujC€ic, *€Er|Ync€ic, OjniXiai) cora-
raentirt habe. Ara bedenklichaten scheint in dieser Beziehung daa Ur-
theil uber die Psaliuen, da davun, dass diese ausser Scholien und Ho-
railien auch Commentare gehabt (liedcp. I, 388), der Katalog giinz-
lich schweigt. Da derselbe indess erstlich Excerpta zu den 15 ersten
Psalmen. zweitens 46 Bficher Excerpta zu 41 ausgewahltcn P«almen,
und drittena (nach den Homilien) noch einmal Excerpta in totum l'sal-
terium (womit daa 'Enchiridiura' bei Redep. I, 377 Anm.*3 gemeint sein
wird) auffuhrt, 80 liegt die Vermuthung nahe, dass an einer der beiden
SfeUeo das Wort 'Excerpta' zu streichen sei, wodurch denu Commen-
tare statt Scholien entatehen. Freilich inimer noch nicht zu den 25
ersten Psalmen, wie Eusebius Hist. eccl. VI, 24 angibt: allein eben
wegeu der Priicision, mit wclcher der Katalog die einzelnen Psalmen,
die ?on Origenea coinmentirt wordcn, namhaft macht, zweifle ich auch
kaum, dass bei Euaebiua i€' mit K€' verwechselt wordeu. Die Genauig-
keit des Katalogs erkennt man unter anderm auch an der Unterschei-
dtiog eines Commentars in 10 Buchern zum Hohenliede von eincni in
% Bucheru, quos insuper scripsit in adolescentia (ao ist zu verbessorn):
vgl. Fabricius p.221. ltedep. 1,390; de*gleichen an der Untersehei-
dung des Commentars zum Hosea (wobei die Buchcrzahl ausgefallcn)
und der Monographie uber eine einzelne Stelle desselben: s. Redep.
II, 191. — Noch zwei Lucken finde ich ausser den schon besprochenen
in uuserm Katalogc nachzuwcisen: unter den Commentaren zu den
kleinen Propheten ist nach Amos otfenbar Obadja ausgefallen, und unter
den Homilien iibcr das A. T. wird cs urspriinglich geheissen haben:
Lib. IV in llogum lib. 1
— I in Kegum lib. II
— I in Chronica
— II in Esdram
— XXII, in lobum.
Was in 'Paschae' steckt, das die Reihc ganz fremdartig unterbricht,
*eisa ich nicht; der Folge der Biicher nach wiirde man hicr Ruth er-
^arten. — Gegen das Ende des Katalogs ist fiir Pionam und Esifodori
*ahrscheiiilieh zu emeudiren Pionium, Cephisodori.
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502
DIE SCIIUIFTSTELLEKKl
Biicher hinzuziihlte, uiit Fug hinauskoramen — : imraer bleibt
es eine Unwahrheit, wenn Hieronymus mit dem Trumpfe
schliesst: 'Videtisne et Graecos pariter et Latinos unius la-
bore superatos?', und der Ruhra des grossten Vielschreibers
verbleibt dem profanen D i d y m u s mit seinen 3500 Buchern,
an denen das Zeugniss des Atheniius IV p. 139(7 wenigstens
bis jetzt nicht hat zweifeln lassen. Aber die zweite Stelle
behauptete jedenfalls Origenes in der Stufenfolge der An-
gaben des Alterthums (zusammengestellt im Prooemium schol.
hib. Bonn. 1840 p. VIII [= Opusc. I p. 184 f.j), wonaci
man von Kallimachus iiber 800, von Aristarch 800, von
Chrysippus iiber 700, von Epikur gegen 600, von Ari-
stoteles gegen 500, von Aristoxenus 453, von Klito-
machus und dem Epikureer Apollodor iiber 400, von
Theophrast etwa 376, von Xenokrates um 215 Biicher
zahlte. Zwischen Epikur und Chrysippus nimmt Varro
seine Stelle ein.
*
si *)Dem Beispiele Varro's folgend, diirfen wir im Sinne
seiner Ernst und Heiterkeit mischenden Laune nach so viel
Ernsthaftigkeiten eine Geraiithsergotzung suchen und unserm
trilogischen Versuche iiber Zahl, Inhalt und Urafang der
Varronischen Schriften als Satyrspiel eine vor nunmehr bei-
nahe 120 Jahren in unserm lieben Vaterlande niedergeschrie-
bene Charakteristik des Schriftstellers selbst**) nachfolgen
*) [Dieser Anhang findet sich nur in der oben erwahnten Separat-
ausgabe p. 81—83. C. W.]
**) [Sie steht in folgendem (von G.Ventzky herau8gegebenen)Werke:
'Marci Terentii Varronis libri tres de re rustica, wegen ihrer Vortreflflich-
keit, Nutzbarkeit und Seltenheit von neuem mit Fleiaa ubersehen, be-
dachtlich ausgebessert, in Paragraphos abgetheilet, mit lateinbchen und
teutschen Summarien wie auch teutschen Noten vereehen, zum allge-
meinen, insonderheit aber der Schul-Jugend gewidmeten Gebrauch he-
rausgegeben und mit einer Vorredc von des Auctoris Leben, von seinem
und seiner Schriften Character, ingleichen mit einem doppelten Re-
gister begleitet. Halle im Magdeburgischen, zu finden bei Johann
Ernst Fritschen. Anno 1730'. Hier findet sich die ausgehobene
Stcllc in der Vorrede anderer Abtheilung § 2 und 3 (c. 7 ff.). C. W.J
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DES M. TBKENTIUS VAKKO.
lassen, die uian iiicht obne einiges Vergniigeu lesen wird.
Hier ist sie:
cVarronis eigentlichen Charakter zu bestiminen, ist so
leicbte nicht, als man nieynen solte. Denn 1. hat nian
wenig data von ihm in den Historien und seinen Schriften.
2. Ist dieses sein Buch [de re rusticaj nicht nur Gesprachs-
weise geschrieben, darauf raan sich nicht sicher verlassen
kan; sondern immer befurchten muss, es habe Varro nach
eines andern Passion geredet, und sie vorgestellet: sondern
es ist auch ein Buch seines hohen Alters, da der stilus
kQrtzer, und judicioser; das Temperament zur Melancholie
geneiget wird. 3. Scheinen bey dem ersten Anblick die
Passionen ziemlich nahe zusammen zu treten, wobey es
schwerer wird zu urtheilen. Doch wollen wir es versuchen,
die gefundene Data hersetzen: ist unser Urtheil nicht griind-
lich; sind vielleicht andere darinnen scharfsinniger. Seinen
Ehrgeitz verrathen folgende Dinge. 1. Er hat viele Biicher
geschrieben, und das darum, wie er sich selber verrathen,
ut vitam producat. Vid. Gellium. 2. Eine heftige Aemula-
tfon schon in der Jugend gehabt im Kriege, in den Studiis
und Ackerbau. 3. Verwarf genus vitae otiosum et laborio-
sum, und erwehlete mistura, Augustin. 4. Die behutsarae
Dienstfertigkeit, insonderheit in Spanien wieder Caesar und
die Treue bis auf s ausserste. 5. Submittirte sich nicht jeder-
mann, drum wolte er nicht kommen als ihn Porcius ruffen
liess. Gell. 1. 13. c. 12. 6. Simulirte und dissimulirte.
7. Contradicirte gerne und will Recht haben. 8. Plauderte
nicht viel, redete auch nicht zu wenig. 9. War hertzhaft,
sonderlich in bello piratico. 10. Grossiniithig und gedultig
in UnglUck, dass er studiren konte, als es Ciceroni zu
schwehr fiel. 11. Verzweiffelte nicht, 12. War behutsam,
bedachtsam und sorgfaltig in Schriften, Aemtern und in der
Oeconomie. 13. Bedachtsam und splendide in Verschwen- 82
dung, 9. g. sein Vogel-Haus 1. 3. c. 5. Karg insgeheim, deim
er redet immer vom Proht, 14. Retire in der Gesellschaft.
15. Beweisete ein mannliches Decorum. 16. Ist reinlich,
schon, ansehnlich, ohne leichtsinnige Eitelkeit. 17. Ordent-
lich in allen Sachen. 18. Gravitatisch und ernsthaftig, dass
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504
I ) I K SC H KIF TSTKLLK K K I
sich Cic. auch fUr ihui scheuete, und nennet ihn virum gra-
vein & etiam insontem accusaturum. 19. Schertzet saty-
risch und judieios, das Melanch. nicht konnen. 20. Schreibt
Satyras wieder die Eitelkeit und den Geitz, und Irrthumer.
21. Hegt Kaltsinnigkeit in der Religion und politische Schein-
heiligkeit. 22. Hat ein ziemliches Ingenium und gutes Ju-
dicium. 23. Liebt Studia, die in disputiren und raisoniren
des Verstandes bestehen, als die Philosophie. 24. Er lobt
sich e. g. TTOiu^va Xaiuv L 2. c. 5. Sein Geitz und die
Melancholie verrathen sich in folgenden Stucken. 1. Redet
er durchgchends von Sparsanikeit, von vielen Einbringen,
will gerne was schones haben, aber es soll auch profitable
seyn. 2. Eyfert wieder der Jiingeren kostbare Eitelkeiten,
und vertheidigt der Alten simple Frugalitat. 3. Hat viel
Giiter gekauft, und ist da gerne gewesen. 4. War ein guter
Oeconomus der alles genau gelernet, beobachtet und beschrei-
bet. 5. Hassete die Neuerungen, hielt steif auf alte Gebriiuche,
dass er auch viele Irrthumer aus Liebe zum Alterthum in
Worten, Wercken und Schriften gedultet und begangen.
6. Censiret die Wollflste der Welt. 7. Ist in seinem Vor-
trag kurtz und nachdencklich. SeineWollust blicket heraus
1. Aus 8einem plaisanten Vogel-Hause. 2. Dass er auch
das liebt so schon aussiehet: 3. Von delicaten Essen und
eingemachten Sachen redet: 4. Sich leicht insinuiren konte.
5. Schertzet lustig: 6. Den Geitz in den Satyren censiret:
7. Ergotzende Studia treibt: 8. Allerley lustige Sachen mit
einmischet: 9. Keinen melancholischen Gram hat. Hieraus
kan man schliessen, dass er ein Cholerico - Melancholicus
gewesen, und ohngefehr solche Vermischung der Passionen
gehabt: den Hochmuth im 60. den Geitz im 40. die Wollust
im 20. Grad. Wie denn das Clima Italiens so beschaflen,
83 dass es den Leuten ein Temperament giebt, so zur hertz-
haftigen Scharfsinnigkeit und Klugheit fahig ist. Conf. Letre
de N — sur le Charactere des Italiens.'
'Hieraus ist nun der Character seines Ingenii, Judicii
und der Memorie zu erkennen. Er hatte einen guten Ver-
stand, schones Ingenium, excellentissimum & acutissimum,
wie Augustinus sagt: ein treffliches Judicium, wiewol es
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DES M. TERENTITS VARRO.
505
durch die Melancholie an der Geschwindigkeit gehindert wor-
deu, auch ist das Ingenium besser als das Judicium gewesen,
daher es koninit, dass er zuweilen in urtheilen fehlet. Die
Memorie ist ziemlich treu gewesen, iudem er das was er
gesehen und gelesen, wol behalten konnen. Alles dieses kan
man schliessen, 1. aus seinen Reden und Schriften, die sind
kurtz, ordentlich, lustig, curios, ohne Tautologien, weil er
Materie genung gehabt; schreibt grundlich; behauptet alles
aus der Erfalirung und den Eigenschaften der Sache. 2. Aus
denen Geschaften und Affaireu, worinnen er grosse Geschick-
lichkeit bewiesen. Also hatte er TEsprit des letres, de la
conversation & des Affaires. Mehr von dieser weitliiufigen
Sache zu handeln, leidet der enge Kauin nicht/
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XIV.
Hieronymi index librorum ab Origcne Marcoque
Varrone coinpositoruni*).
s Quos olim Hieronymus Stridonensis librorum ab
Origene Marcoque Varrone compositorum indices con-
fecerat, cum diu in summis doctorum hominum desideriis
fuissent, singulari fortunae beneficio nuper contigit ut e
tenebris in quibus latuisseut ad dias luminis oras redireut.
Quos cum e codicis cuiusdam Atrebatensis exemplo litterati
Angli cura parato, quod propensae in nos voluntati nostri
nuper collegae Lvdovici Urlichsii debebamus, in Musei nostri
pbilologi tomo VI [supra p. 423 sqq.] vulgabamus atque enarra-
bainus, non nos fugiebat quam esset optandura ut ille codex
deuuo inspiceretur et secundis curis qua fieri diligentia posset
excuteretur. Ei voto citius quam speraveramus satisfactum
est, et ita ut huius quoque beneficii laus ad hanc universi-
tatem redeat Nam cum, qui apud nos nunc et Sanscriticas
litteras tradit et linguas comparare docet, Avgvstvs
SCHLEICHERVS noster per Francogallorum terras peregri-
nando Atrebatas venisset, precum nostrarum memor haud
est cunctatus bibliothecam S. Vedasti adire ibique facile
indagatum codicem membraneum numero 849 signatum
tanto studio tractare, ut vix quicquam, quod ad quantivis
pretii indices illos plene accurateque cognoscendos pertineret,
*) [Prooemium IndicU scholarum hiberoarum Bonuensium annoruni
C1010CCCXXXXIX et L.J
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II (L
In. LXim. lib. L In LXV. lib.I. In. LXVI
LXX. lib. I. In. LXXI. lib. L In pncipio
I. In. €111. lib. II. In ^puerbia. lib. III. I
excerpta. In canticu cantico*. lib. X. & a
o mof. II. quof fupfcripJit in adolefcentia.
mentationef Iheremie. thomof. V. Rurfui
Periarcon. lib. UII. de resurrectione. lib
of de resurrectione dialogof. II. de -;pul
b;dam queftionib; lib. I. dialogu aduerfi
10 candidu ualentinianu de martyrio. lib
de nouo teftamento in mathm. lib. XX
iohanne. lib. XXXII. In partef quafdan
nif excerpto^ lib I. In lucam. lib. XV.
pauli apH ad romanof. lib. XV. In epl
u galathas. lib. XV. In epl"am ad ephefios
III. In epFam ad philippenfef. lib. 1. \
ad colofenfef. lib. II. In epl~a ad theflft
fef. lib. III. In epl'a ad titu. lib. I. In <
lemone. lib. I. Rurfuf bmeliaru in uetu
20 mentii. In genefy. omel\ XVII. Ir^
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XIV. p. 507.
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1
507
reliquum fecerii Apparuit autem codicem illuin, quem sae-
culo XII catalogorum in ipsa bibliotheca exstantium alter
tribuit, alter ineunti XIII, omnes dum integer est Origenis
in Genesim, Exodum, Leviticum, Numeros homilias latine
conversas a Rufino complexum esse, deperditis vero per-
multis membranis ita mutilum evasisse ut non plures quam
CV membranae nunc superstites sint. Atque homiliis quidem
ipsis immorari hic nihil attinet: prologum autem Hieronymi 4
in duabus paginis bipertitis perscriptum laetamur quod Schlei-
cheri virtute, litteratorum autem hominum non mediocri ut
putamus commodo, integrum nunc iterare licet ad ipsius
fidem codicis expressum, et ita quidem expressum ut, quae
ad Origenem pertinent, nisi ubi ambigua esset memoria,
simpliciter transcripta sint, contra in prioris paginae parte
priore, quae omnem Varronis 7ToXirfpa(piav complectitur,
laudabili consilio ipsae litterarum formae, quales sunt in
codice, imitando repraesentatae. Itaque nos coniuncta cum
typographi lithographi arte exemplum codicis infra posuimus,
quod qui intueantur sat certum meditationum suarum funda-
mentum habituri esse videantur. Neque enim de singulis-
hoc loco disputare vel aniinus nobis vel otium fuit: qui
materiam comraentandi vobis tradere quam commentationera
exhibere ipsi maluerimus. Quodsi utriusque exempli nunc
comparatione instituta Imaginum non LI sed XV libros
Hieronymum testari cognoveritis, hoc facile intellegetis tale
esse ut et ingenii utiliter exercendi et caussae ipsius fructuose
disceptandae argumentum aptissimum inventum sit.*)
*) [Vide quao infra p. 526 ex Chappuisii libro dc duobus rarisinis
codicibuH eundem catalogum Hieronymianum exhibentibus relata sunt.
C. W.]
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XV.
Ueber des Marcus Terentius Varro Imaginum
sive Hebdomadum libri.
[fWenn von irgend einer Frage gilt, dass sie gleichsam
unter den Augen des Publicums herangewachsen und durch
die vereinten Kriifte vieler einem (relativen) Abschluss zu-
gefuhrt worden ist, so sicher von dieser iiber die Beschaflen-
heit der Varronischen Imagines. Desto erwiinschter wird es
sein, hier die ganze Reihe der Actenstttcke in chronologischer
Reihenfolge iiberblicken zu konnen.' Dieser Anweisung
Ritschls folgend habe ich seinen eigenen Arbeiten die in
engstem Zusammenhang mit ihncn stehenden Abhandlungen
von L. Mcrcklin, H. Brunn, L. Urlichs, M. Schmidt unter
freundlicher Zustimmung der Verfasser (soweit sie noch am
Leben sind) angeschlossen. C. W.J
I. DISPVTATIO DE M. VARRONIS HEBDOMADVM
SIVE 1MAGINVM LIBRIS.*)
M. Varronis libri qui inscribuntur hebdomades
vel de imaginibus (verba sunt CJellii III, 10) quid dotis
litteratae habuisscnt, breviter disputatum est Musei nostri
philol.VI p. 513 sq. [supra p.452], quo autem ordine viderentur
dispositi fuisse, futurae quaestioni reservatum. Idque bene
*) [Prooemium lndicis scholarum hibornarum Bonuenaium annorum
CIOIOCCCLVI et LVII; itemm in publicum emissum in rProcmionnu
Bonncnaiuni dccado' (Berolini a. CIOIOCCCLXI) n. VI.J
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UEBER VARROS IMAGINVM SIVE HEBDOMADVM LIBRI. 500
factum: nam cum, ut tum res erat, Imaginibus Hieronymus
non posset non credi unum et quinquaginta libros tribuere,
fallacissimo fundamento omnis superstruenda disputatio fuerat.
Soli enim calami errori Thomae Phillipps, cui Catalogi Hiero-
nymiani exemplum acceptum referebatur, illum numerum
deberi paullo post intellectum est, cum Augusti Schleicheri
nostri beneficio investigatus in bibliotheca Atrebatensi codex
Origenis non LI, sed XV libros Varronianos monstravit: id
quod non sumus cunctati publice narrare in prooemio scho-
larum per hiemem a. 1849 in hac univcrsitate habitarunifsupra
p.507]. Fidem Sehleicheri non egentem firmamento confirmavit
nupermn testimonium I. B. Pitrae, ordinis S. Benedicti e
congregatione Gallica monachi: qui prorsus ignarus nostrae
industriae Hieronymi indices ex Atrebatensi libro denuo
vulgavit in Spicilegii Solesmensis tomo III proximo anno
Parisiis prodito, a p. 311, simul adnotatione adiecta, e qua
nos quidem in Germania nihil discamus t nisi quam multa
non didicerint qui easdem nobiscum litteras trans Rhenum
tractant.
De ordine autem librorum Varronis ut ordine quaeratur,
a Plinianis verbis quamvis decantatis ordiendum est quae
sunt in Naturae historiarnm lib. XXXV § 11 (paragraphos
Silligianas sequimur): non qualia vulgus librorum exhibet
ab interpolatore nimimm adomata incredibilium longo ex
tempore turbarum errommque parente, sed qualia solus fide
diguus Bambergensis a Ludovico Iano excerptus: 'Imaginum
amorem flagrasse quondam testes sunt Atticus ille Ciceronis
edito de iis volumine, M. Varro benignissimo invento in-
sertis voluminum suorum fecunditatium septingentorum
illustrium aliquo modo imaginibus, non passus intercidere
figuras aut vetustatem aevi contra homines valere: inventoriv
muneris etiam dis invidiosi, quando immortalitatem non
solum dedit, verum etiam in omnis terras misit, ut prae-
sentes esse ubique cludi possent.' In quibus verbis primum
haud scio an post vohimine non et potius addendum sit e
libris deterioribus quam M. autem Varro scribendum: quando
libro singulari simplicique enarrationi Attici et multitudo
voluminum Varronianorum et singulare artiticium quaesito
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510
ITEBER VARRO'8 IMAGINYM.
acumine opponitur. In proximis autem etsi vel sic aliqiio
modo verba apparet ad inlustnum pertinere, non ad imagi-
nibus quo olim solita sunt referri, tamen insolens ceteroqui
durumque genus dicendi ad simplicem planamque consuetu-
dinem haud dubitanter sic revocamus: inscrtis voluminm
suorum fccunditati septingentorum inlustrium aliquo modo
hominum imaginibus. Postremo, id quod longe gravius est,
cludi vocabulum cum nec recte defendi posse nec recte
emendatum a quoquam esse pridem intellexissemus ipsaque
vi ratiocinationis Plinianae ad sententiae quidem tatis ne-
cessitatem ducti essemus: ut praesentes essc ubiquc nt diui
possent, verba ipsa scriptoris paullo post vidimus palmari
emendatione a Martino Hertzio recuperata: ubique ceu di
possent, in Gerhardi Diariis archaeologicis vol. VIII p. 144.
Cuius emendationis tam manifesta veritas est ut, qui spernat,
ad criticam factitandam factum esse negemus. Quodsi sprerit
Silligius, non valebit hoc contra: qui quidem, ut utamur
exemplo uno e multis, etiam lib. XXVI, § 14 tam patiens
fuerit ineptissimorum apud priscos verborum, ut propositam
in commentario de Varronis Disciplinarum libris p. 52 [supra
p. 399] coniecturam, qua illinc arroipuxpiCTric vel fortasse
dtTrouiUKTric cognomen Asclepiadis medici eruebamus, non
modo contemneret, sed ne commemoraret quidem. Sed haec
in transcursu tantum.
Ipsum Hebdomadum nomen nemo unquani dubitavit
quin hi libri inde traxerint, quod inlustrium hominum iuia-
gines non promiscue proponerent, sed per capita dispositas
quae septenas imagines compleeterentur. Atqui septingentae
imagines vel centum hebdomades quindecim libris cum aliqua
aequabilitate dispertiri nequeunt. Ergo primum praesto est
liber eicaYurriKOC ceteris libris quattuordecim pari consitio
praemissus, quo compertum habemus et Rerum humanarum
et Rerum divinarum et de lingua latina voluminibus singu-
los libros Varronem praemisisse, quibus 'communiter de
omnibus' ageret. E quo prooemio iam in Musei philol. 1.
s. s. ea repetebamus, quae de cseptenarii numeri vi et facul-
tate in multis naturae rebus animadversa ' partim 'admodum
conquisite', partim tfrigidiuscule, disputata ex primo libro
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SIVE HKBDOMADVM LIBRI.
511
Gellius III c. 10 excerpsit. Eodemque 0. Iahnius in Aetis
Societ. Saxon. a. 1850 p. 140 adn. 72 illa referebat, quae
de imaginibus generatini exposita Plinius a § 4 ad § 1G
perscripsit: quorum tamen partem eis potius scriptoribus
tribueris, qui in auctorum indice libri XXXV praecedunt
M. Varronis nomen: Messalae utrique, Fenestellae, Attico.
Ergone quattuordecim qui restant librorum numerus satis
aptus videbitur centum hebdomadibus capiendis? Qualem v
distributionem apparet non alia ratione institui potuisse, nisi
ut aut septenas hebdomadas tredecim libri complecterentur,
novem extreraus, aut septenas libri duodecim, duo octonas,
aut denique septenas singuli libri quattuordecim, duas ipse
primus cum disputationibus isagogicis conglutinatas. At vero
horum nihil est quod ulla probabilitatis specie commendetur.
An aequabilitatis concinnitatisque in disponendis argumentis
longe studiosissimum Varronem tani sui dissimilem quisquam
sibi persuadebit in his potissimum libris extitisse, quibus vel
nomen a numerorum cuuueTpia inderet? cuius mirificum dis-
tribuendae materiae artificium cum Antiquitatium volumina
XLI*) testentur tum ipsi de lingua latina libri XXV: quorum
partitionem Musei phil. p. 50G et 525 sqq. [supra p. 444. 464]
videraur sat clara in luce posuisse. Nam his, quos ultimo loco
diximus, etsi nondum desiit Bernhardyus Hist. litt. p. GG2 ed.
sec. tantum XXIV libros tribuere, tamen aut, quid inter certa
ac dubia, vera ac falsa intersit, nosmet ne didicimus quidem,
aut de XXV libris pertexta argumentatio nostra non coniecturae
probabilitatem habet, sed demonstrationis necessitatem. Ita-
que de Imaginum libris nisi falluut omnia, singulis libris
Varro septenas hebdomadas dedit h. e. undequinquaginta
imagines singulas, omnibus auteni libris quattuordecim non
plures quam DCLXXXVI imagines congessit: quem numerum
non finite loquens Plinius, quippe in solam multitudinis
notionem intentus, facillime potuit ad plenam septingen-
tarum summam augere, a qua ille satis prope afuit.
*) Hic numerus cum vel contra duplex Catalogi testimonium XLV
Hbros prodentis tutandus fuerit, nunc unum saltem <«vanuit, postquam
in codice scriptum esae ^mTOMViv f antiquitatum ex librig XL^^, coni-
pertam est: qni numerus ad veritatem proxime accedit.
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512
UEBER VARROS IMAGINVM
Non promiscue distributas hebdomadas multo minus
eredibile est promiscuo argumento fuisse. Et primum quidem
unius eiusdemque generis horaines singulis hebdomadibus
compositos esse cuin res ipsa suadet ut credamus tum uno
certo exemplo eoque longe evidentissimo prorsus persuadetur.
Magnificentia enim villarum, atriorum, balneorum in Mosellae
ripis couspicuorum ubi Mosellae laudatorem Ausonium Grae-
corum operum, quorum illa splendorem aemularentur, ad-
monuit, exempli caussa quattuor artifices Graecos ex una
hebdomade Varroniana nominatim commemorat v. 305 sqq.:
Forsan et insignes hominumque operumque labores
Hic habuit decimo eelebrata volumine Marcei
Hebdomas. hic clari viguere Meuecratis artes,
Atque Ephesi spectata nianus, vel in arce Minervae
Ictinus, magico cui noctua perlita fuco
Allicit omne genus volucres perimitque tuendo.
vi Conditor hic forsan fuerit Ptolemaidos aulae
Dinochares, cui quadrato in fastigia cono
Surgit et ipsa suas consumit pyramis umbras —
e. q. s. Nec enim Scaligeruin audiendum esse, non solitis
argutiis haec longe aliam in partein intcrpretantem, sauissimo
iudicio pridem Salmasius, Reinesius Var. lect II, 1 extr.,
alii perspexerunt. Itaque de quattuor illis architectis cum
longo ex tempore nulla dubitatio fuisset, nuper demum ab
eadem caussa eos quos illi excipiunt versus segregandos esse
Iacobus Bernaysius noster negabat admonitione utilissima.
Qui hi sunt inde a 298:
Quis potis innumeros cultusque habitusque retexeus
Pandere tectonicas per singula praedia formas?
Non hoc spernat opus Gortynius aliger aedis
Conditor Euboicae, casus quem fingere in auro
Couantem Icarios patrii pepulere dolores:
Non Philo Cecropius, nou qui laudatus ab hoste
Clara Syracosii traxit certamina belli.
Vides quid hinc consequatur. An casu factum putabis quod,
utrosque versus ubi sociaveris, ut suut ab Ausonio sociati.
nec plures prodeunt nec pauciores quam una hebdomade
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SIVE HEBDOMADVM LIBBI. 513
Varroniana conclusi septeni architecti Daedalus, Philo,
Archimedes, Menecrates, Chersiphro, Ictinus, Dino-
chares? E quihus quattuor etiam Plinius ut clarissimos
onmium cum quinto Ctesibio, sed qui mechanicam potius
inlustraverit , insignivit lib. Vll § 12f>: fgrande et Archi-
medi geometricae ac machinalis scientiae testinioniuin M.
Marcelli contigit . . . .; laudatus est et Chersiphron Cnosius
aede Ephesi Dianae admirabili fabricata, Philon Athenis
annamentario mille navium, Ctesibius pneumatica ratione et
hydraulicis organis repertis, Dinochares metatus Alexandro
condent/' in Aegypto Alexandriam.'
Verum ne sic quidem concinnitatis studio satis factum.
Nam ut illi Graeci sunt omnes, ita etiam alibi non miscuisse,
sed discrevisse Graecos Romanosque homines Varro videbitur.
Nam patriae quidem virtutis laus ac gloria quam longe in
Iinaginibus patuerit, luculento testimonio Symniachus ea
epistula docet, quae in lucem protracta a Ludovico Carrione
Emendat. II, 14, a Gaspare autem Scioppio e libro ms.
correcta Verisimil. I, 7, nunc quarta legitur libri primi.
Vbi ad patrem (non ad Ausonium Burdigalensem, quae
Merceri coniectura fuit in Nonium p. 775) haec scribit quae
infra posuimus: 'Studium quidem Menippei Varronis imitaris,
sed vincis ingenium. nam quae in nostrates viros nunc nuper
condis epigrammata, puto hebdomadon elogiis praenitere,
quod aeque sobria, nec tamen casca sunt. illa bono raetallo
cusa torno exigi nescierunt: haec duriorem nisi fallor ma-
tenem admittent.*) ille Pythagoram qui animas in aeterni-vn
tatem primus asseruit, ille Platonem qui deos esse persuasit,
ille Aristotelem qui naturam bene loquendi in artem redegit,
*) Vulgatur fquod haec aeque sobria, nec tamen casca sunt. illa
bono metallo cuaa torno ezigi nescierunt et duriorem nisi fallor mate-
riem adniteris1. Quod sic Baltem dicendum fuerat: rilla .... neBcierunt:
(u duriorem nisi fallor materiem adniteris ' : quamquam vel hoc non
una de caussa digplicet. Noa ab eo profecti sumus quod ante Scioppium
edebatur: fet duriorem nisi fallor materiem admittere'. Hoc enira
«ibi vult scriptor modesto nimirum acumine: splendori Varronianae
aetatia non parem esse rudiorem artem Varronis, maiore elegantia
Symmachianorum elogiorum compensari temporum suorum humilitatem.
*'B. R1T8CHELII OPV8CVLA III. 33
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514 UEBEK VAKKO\s IMAOJXVM
ille pauperem Curium, sed divitibus iuiperanteni, ille severos
Catones, gentem Fabiam, decora Scipionum totumque
illum triumphalem senatum parca laude perstrinxit: tu
ruinam proximac aetatis illuminas. difficile factu est ut honor
angustis rebus addatur.' Tot igitur Romanae praestantiae
exempla cum vix dubium sit quin constanter Varro integris
hebdomadibus comprehenderit, iam illud quaeritur, quam
rationem volnerit, vcl ut etiam distinctius dicamus, quaui
proportionem inter Graecas et Romanas hebdomadas inter-
cedere: quando nullam omnino proportionem curasse nullo
modo credi curiosissimus alioqui disponendi artifex et tani-
quam architectus potest. Itaque cum facile quispiam conieiat
ex Imaginum libris quattuordecim septem priores Graecis
hominibus destinatos fuisse, Romanis totidem posteriores,
hunc tamen ordinem continuo excludit Ausonii testimouiuin,
qui e decimo libro Graecorum nomina architectorum petebat
Et tamen ut par fuisse numerus Romanarum hebdomadum
atque Graecarum credatur, ipsa aemulatio monet qua seuiet
aequiperare Graecis Romani contenderunt, deditissimumque
patriae studium Varronis, tot aliis documentis elucens, suadet
inprimis. Qui si, ut exemplo utamur, iu eo libro quo honoris
poetici exempla inlustrabat, quattuor pleiadas e Graecis
poetis composuisset, tres e Romanis, parum profecto vel
popularium suorum ambitioni vel suo sensui satis fecisset
Quae cum ita sint, vix aliam viam relictam videinus, nisi ut
quattuordecim imaginum libros animo nostro informemus
septem dyadibus divisos, quarum unaquaeque uno libro tota*
Graecas hebdomadas praemitteret, altero his totas Romauas
subiungeret ex eisdem vel maxime finitimis geueribus
petitas: eam quidem in speciem ut ad Graecos homines iu-
tegri libri II. IV. VI. VIII. X. XII. XIV spectarent, ad Ro-
manos integri III. V. VII. IX. XI. XIII. XV. Quamquam
pro Graecis haud scio an rectius exteros potius dicamus,
cum credibile non sit Haunibalum, Mithradatum similiumque
clarissima nomina a Varrone praetermissa esse: quemad-
modum altera ex parte Romanos non dubitabimus liberalius
interpretari Italos, quorum coniuncta virtute facile perspicias
opus illi fuisse ad Graecorum laudes non bellicas exaequandas.
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SIVE HEBDOMADVM LIBKI
515
Vt fortasse non fallat coniectura, a Varronis potissimum
auctoritate profectum Romanoruni exteroruinque exempla
dedita opera Valerium Maximuni composuisse. In istiusmodi
autem dispositionem vide quam egregie congruat de Graecis vm
architectis decimum librum occupantibus memoria. Paris
igitur, non imparis numeri librum Nonius adposuerat p. 528:
flucis numero plurali, quod sunt dies. Varro ebdomadum
♦ sub imagine Demetri: hic Demetrius est catus quod lucis
habet annus absolutus': sive cbdotnadum VIII, sive (quod
aniplectiinur libentius) VI vel Illl scriptum fuit. Ceterum
quam praeclara emendatione elogium illud Demetrii Pha-
lerei Iosephus Scaliger in Catalectis p. 220 ed. a. 1G17
instauraverit, satis inter omnes constare putamus:
Hic Demetrius aeneas tot aptust,
Quot lucis habet annus absolutus:
nisi quod rectius Schraderus aereas substituisse recte iudi-
catur. — Contra ad Romanum hominem, si modo de ordine
Varroniano probabiliter statuimus, non ad Graecum illa
pertinebant quae e nono libro Charisius servavit p. 121:
'Varro hebdomadon nono: a uulgu condemnaretur.9
At vero huic disponendi specie aperte repugnare Gellii
te8tiinonium videtur quod est in capite 11 libri III ad
Homennn pertinens: fM. autem Varro in primo de imagi-
nibus, uter prior sit natus, parum constare dicit, sed non
esse dubium quin aliquo tempore eodem vixerint, idque ex
[immo et] epigrammate ostendi quod in tripode scriptum
est, qui in monte Helicone ab Hesiodo positus traditur.'
Et in fine capitis: *De patria quoque Homeri niulto maxime
dissensum est. alii Colophonium, alii Sinyrnaeuin, sunt qui
Atheniensem, sunt etiam qui Aegyptium fuisse dicant. Aristo-
teles tradidit ex insula Io. M. Varro [immo Io. ideo M. Varro]
in libro de imaginibus primo Homeri imagini epigramma
hoc apposuit:
Capella Homeri candida haec tumulum indicat,
Quod hac Ietae mortuo faciunt sacra.'
Verum enim vero hoc argumento quia nimium probatur,
probatur nihil. Quod si eo valeret, ut Graecae hebdomadi
Wus fuisse in imparis numeri libro credendus esset, siniul
83 *
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516
UEBER VARKO'S IMAOINVM
hanc vim haberet ut ipse priinus liber non posset praefationi
totus tribui, sed aliquid ipsarum iniaginuni aceiperet: id
autem quam abhorreat a veri siinilitudine, supra declaratum
est. Quocirca non dubitabimus liberiore quae in promptu
est interpretatione uti GeJliique verba in eam partem vertere
ut ille, ubi subiectum Homeri imagini epigramma ad-
iectamque de illius atque Hesiodi aetate disputationem ex-
cerpebat, non curasse praemissam universo operi praefa-
tionem existimetur, sed primum librum dixisse qui reap^
primus esset imagiues ipsas repraeseutans. Ergo in secundo
potius, si ad amussim fit numeratio, Homerus et, ut con-
sentaneum est credere, Hesiodus locum invenerant: unde
conscquens est, ut latinos poetas tertius perscqueretur.
Integrae hebdomadis praeter eam quam Ausouius testa-
tus est nullius nomina comperta habemus. Nisi quod aliquis
ix fortasse in hoc genere coniecturae locus est. Et priraum
quidem cum medicorum inlustrium duplex apud Plinium
recensio exstet, altera lib. XXVI a § 10 ad 12, altera lib.
XXIX § 4 sqq., non inepte profecto suspicere alterutro loco
Varronis illum imagines ante oculos habuisse. Posteriore
autcm quoniam ct minus finito numero et hebdomadem ex-
cedente enumerantur Hippocrates, Prodicus Selymbriauus,
Chrysippus, Erasistratus, Acro, Herophilus, Asclepiades,
Themiso, Antonius Musa cum aliis qui illos excepere, non
potest non eo inclinarc animus, ut ipsum septenarium
numerum explentia nomina illa, quae prioris loci satis con-
cisa mentione sociantur, ad Varronem auctorem referantur:
Hippocratis rqui primus medendi praecepta clarissime con-
didit % Diocli Carystii fqui secundus aetate famaque exstitit',
Praxagorae, Chrysippi, Erasistrati, Herophili,
Asclepiadis. Quod cui non improbabile videbitur (et nomi-
natim CM. Varronem auctorem' Plinius in eo ipso argumento
hiudat § 14), simul habebit cur in componendis hebdomadis
non ueglexisse Varronem temporum rationes sibi persuadeat.
Nam poetam quidem Ausonium non est mirum suo arbitratu
architectos Varronianos enumerare, qui e temporum ordine
sic potius se excipiebant: Daedalus, Chersiphro, Ictinus,
Philo, Dinochares, Archimedes: quando de septimo Meuecrate
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SIVK HEHDOMADVM LIHKI.
517
prorsus inconiperta res est. Cetemm altero loco illo Pliniano
quoniam Varronis item mentio tit §4, in promptu est de
Disciplinarum libris cogitare, quorum octavus, qui fiiit fde
raedicina', illic explicatam materiam suppoditare potuit.
Paullo etiam plus fidei, nisi fallimur, statuariorum
hebdomas habet Henriei Brunnii nostri acumine iudagata in
XXXIV libro Pliuii. Cuius de arte illa clarisque in ea arti-
ficibus (non de operibus) iudicia bonae frugis plena cum
non alii nisi Varroni deberi satis ea disputatio persuaserit
quam in Actis soc. Sax. anni 1850 a pag. 127 ad 13(5 Iah-
nius pertexuit, tamen illa quod e libris ?de proprietate scrip-
torura ' a Varrone factis repetuntur, id .suapte natura ita
eoniparatura est ut, etiamsi redargui certa demonstratione
nequeat, tamen ne certae commendationis quidem quicquam
habeat, in tanta praesertim argumenti, quo eos libros fuisse
suspiceris, obscuritate. Ergo ab ipsius Iahnii expositione
profectus Brunnius talein fere, qualem nostris verbis expli-
catam subiecimus, ratiocinationem nobiscum communicavit.
Etenim tres tenendum esse omnis disputationis Plinianae
partes esse, discretas inter se utpote e diversis fontibua hau-
stas: primam quidem chronologicam: alteram, quae a § 54
incipiens in designandis artis principibus tota consumitur:
tertiam, cuius initium fit a § 72, alphabeticam. Harum par-
tium media, quam non immerito paradigmaticam dicas, a
§ 54 ad 67 quinque statuarios recenseri iudicarique Phidiam,
Polyclitum, Myronein, Pythagoram, Lysippum. Ad Varrouem
haec quinque iudicia recte referri: indidem igitur consentaneum
esse etiam eas quae reliquae sunt paragraphos 68 — 71 re-
peti. Quae quattuor paragraphi cum in Telephanis et Pra-
xitelis, statuariorum item, laudibus versentur, septem prodire
unius generis artifices, quibus partem paradigmaticam Plinii x
omnem concludi. Quo sat grave indicium fieri eis libris
Varronis in illa parte conscribenda Plinium usum esse, in
quibus ipse septenarius numerus regnabat. Fatendum est
sane ignobiliorem reliquis Telephanein exstitisse, et fassus
est Plinius ipse non sine mirationis quadam significatione,
in parte autem chronologica ne commemoraverat quidem: at
eundem tamen idem Plinius addit eorum suffragiis, qui com-
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518
UKIIKK VAKRO\s IMAGINVM
positis voluniinibus arteni complexi sint (quorum in numero
iam intellegimus Varronem fuisse), et miris laudibus cele-
brari et Polyclito Myroni Pythagorae aequari. Praeterea nec
profecto inter architectos clarior Menecrates fuit, nec illud
praetermittendum, non liberam Varroni optionem fuisse, sed
necessitatem potius eorum deligendorum, quorum alicunde
petitas imagines in promptu haberet. Quae venia etiam ad
Pytbagoram pertinet, vix inlustriorem Alcamene, Agoracrito.
Ctesilao, aliis. Verum eo tamen inaior Telephanis, si cum
ceteris confertur, ignobilitas valuit, ut multum aetate ante-
cedens Lysippum huic tamen postponeretur a Plinio: nam a
Varrone quidem dubitari nequit quin ille cum Phidia Poly-
clito Myrone Pythagora consociatus sit, quos prorsus eodem
ordine collocatos habes in parte chronologica Plinii § 49.
At vero qui item praemittendus Lysippo fuit, Praxiteles cur
et ultimum locum occupare et sine ullo artis iudicio dimis-
sus esse putabitur? Permiri sane primo aspectu et or-
dinis et silentii caussam felici acumine aperuit Brunnius.
Quippe 'marmore felicior, ideo et clarior fuit' ipso iudice
Plinio § 69: quo proprium ei locum in sculptoribus attri-
buens satis significat cur a reliquorum statuariorum socie-
tate Varroniana ut alieniorem seiunxerit. Ergo iudicium
quoque de eius arte a Varrone factum posteriori de sculpto-
ribus disputationi reservasse, eo autem loco immemor con-
silii imprudenter omisisse videtur. Quae autem ratio contra
Praxitelem apud Plinium, eadem apud ipsum Varronem, nisi
coniectura fallit, contra Scopam valuit. Cui suus locus recte
in sculptorum hebdomade fuit, siquidem uno tandem aeneo
opere statuarius vel innotuit vel inclaruit: quode in Historia
artificum vol. I p. 325 dixit Brunnius. - His igitur sic
disputatis nihil iam impedit, quominus statuariae artis pro-
ceres Varro hoc ordine et descripsisse et delineasse credatur:
Phidiam, Polyclituin, Myronem, Pythagoram, Tele-
• phanem, Praxitelem, Lysippum.
Haec sunt quae de argumento et dispositione Hebdoma-
dum vel sciri vel cum aliqua probabilitate conici possunt:
cetera vel obscura vel ambigua omnia. Inter librum secun-
dum, quo poetae, et ut putamus soli poetae comprehende-
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SIVE UEBDOHADVH LIBRI. 519
bantur (quando ab Orphei Musaei Olenis et similiuui nonii-
nibus ordiri, desinere in pleiadibus Alexandrinorum potuit)
et decimuni, quo architeeti, sed certo non soli, apertum est
medium aliquem locum philosoplios obtinuisse, e quorum
hebdomade Graeca Pythagoram Platonem Aristotelem
Symmachus commemoravit: quem locum obtinuerint, nullo
indicio patet. Quodsi poetas exceptos esse a prosae orationis
scriptoribus statueris, historicis, philosophis, oratoribus (et xi
in oratoribus nisi fallimur Demetrius fuit), est hoc quidem
satis simile veri, sed profecto non est satis ad ter septem
hebdomadas librorum IV. VI. VIII coraplendas: ut in Grae-
cis nunc subsistamus Komanorumque in hoc genere penuriam
ne curemus quidem. Nec satis prosuut artifices: sculptores,
scalptore8, caelatores, plastae h. e. fictores (si modo tam mi-
nutatim distinctum est), pictores, musici, saltatores, actores:
qui sive sociati cum architectis sive non sociati unius
libri h. e. septeui hebdomadum ambitum vix excedebant
Nec plus quam unius hebdomadis spatium medici posce-
bant. Quos omnes tametsi facile credimus non post librum
decimum (sive adnumeratis Romanis undecimum) locuni
invenisse suum, sed illum praecessisse potius: — nec
enim arehitectis commode praeinitti reges, imperatores, rei
publicae gerendae principes potuerunt, uec horum ubertati
splendidissimae concessum post librum undecimum quattuor
librorum spatium etiam in artius contrahere animum in-
duces: — tamen ad tot hebdomadum capacitatera ut satis
materiae conquiratur, omnino non est in litterarum artium-
que luminibus subsistendum, sed aliquid copiarum, vel ut
verius dicamus, aliquamniultum longe aliis e recessibus asci-
scendum. Eoque illud ipsum spectat quod Varronem Pliuius
dixit septingentorum aliquo modo inlustrium homiuum
imagines composuisse. Quae notio quantam generum varie-
tatem admittat ut in aperto est, ita licebit fortasse paullo
distinctius ipso duce Plinio delinire. Hunc enim cuni iara
supra viderimus quattuor ex septem Varronianis architectos
libro suo septimo nominare, hoc est eo libro quo tamquam
florem generis humani libavit (ipsius verba § 123 imitamur)
et quicquid aliquo modo memorabile in fingendis hominibus
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520 UKKER VARROS IMAOINVM
natura praestitisset, dedita opera designavit, fieri potuit pro-
fecto ut ex Hebdomadum recordatione aliquid etiani in ce-
teris partibus proficeret. Non de talibus potius nunc cogi-
tamus quale est quod post factam Apellis mentiouem quattuor
pictores § 126 sociavit Aristidem, Timomachum, Bularcbum,
Protogenem a praestantia et caritate tabularum notabiles:
quam de illa capitum diversitate rerumque dissimillimarum
congerie, cuius initium fit § 33. Vnde praesto sunt (ut or-
dinem Plinianum servemus) non consueto partu editi, insolita
torporis vel figura vel mensura vel tirmitate aut intirmitate
vel patientia insignes, cursores, oculorum auditusve acie va-
lentes, non usitata vi memoriae praediti: praesto sunt exempla
fortitudinis, probitatis, pudicitiae, pietatis, item variae iu de-
genda aetate felicitatis, longaevitatis, geuerum mortis: praesto
est denique in dcliciis habitum caput longe uberriraum quod
est de inventoribus. Praeterea locorum communium multi-
tudinem Hebdomadis aptorum facili negotio e Valerio Maximo
coacerves, praesertim si in moriim disciplinam Varronem
longius exspatiatura credideris. Adde vitae condiciones sin-
gulares, quae nec nullo nec proximo cum ipsis artibus et
litteris vinculo coniunctae sunt: nec enim magis et vatibus,
xiichresmologis cum Sibyllis, sacerdotibus, legum latoribus, id
genus aliis erat cur locus denegaretur, nec magis credibile
est septem sapientes Uraecorum quam septem reges Romanos
praetennissos esse.
Non mehercule ullo modo contendimus illa genera om-
nia Imaginum voluminibus suis Varronem persecutum esse':
sed exemplo esse tantam celebritatis copiam et varietatem
volumus, quam multiplex inlustrata a Varrone materia esse
potuerit: sed argumento, quam nihil in hac certorum testi-
moniorum paucitate cum aliqua confidentia divinari de illo-
rum librorum partitione possit. Nisi quod ita etiam inagis
perspicitur, quomodo illud Varro instituere potuerit ut ex-
terae et domesticae virtutis laudes aliquo modo exaequarentur.
Nain si in quibusdam partibus vix habebat sane Romanorum
inopia quod cum Graecorum praestantia contenderet* ), tamen
*) Dum in eo eat typograph»)s ut prelum exerceat, novas quasdam
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SIVK HKHDOMAIAM LIHKl.
521
satis videri potuit aliquando siinili generi siniile substitui,
modo haec lex observaretur ut in singulis librorum dyadi-
bus septemplici honori peregrino septemplex Romanus re-
sponderet.
Novo exemplo iutellegitis, commilitones carissimi, quam xm
vere dicatur esse etiam nesciendi artem quandam, qua neglecta
ne 8ciri quidem recte et cum ratioue possit. Quamquam ununi
est in hac quae ad Imaginum Hbros pertinet quaestione, quo
nieditatioues suas nobiscuni Henricus Brunnius communicat, nnde forsitan
aliquid lucis in eam quam supra tetigimus quaestioncm redundet. Apud
eundem enim Plininm, cui memoriam hebdomadis Varronianae antiquos
statuarios eomplexae deberi, in eodem libro XXXIV, in fine partis
chronologicae, ad eandem artem pertinentia Beptem nomina haec com-
poni § 68: 'Cessavit deindc' (post olynip. CXXI) rars ac rursus olym-
piade CLVI revixit, cum fuere longe quidem infra praedictos, probati
tamen Antaeus, Callistratus, Polycles Athenaeus, Callixenus,
Pythocles, Pythias, Timoeles.' Nec enim de artifiee Athenaeo
cogitandum videri, sed de Atheniensi Polycle. Non igitur dissimile
veri esse ez Imaginibus Varronis hanc quoque hebdomadam statuario-
rum manasse, de quibus in Historia artificum dictum vol. I p. 535 sqq.
Vna vero eadcmque aetate tllos comprehendi, quae fuit ciica tempora
expugnatae Corinthi. Ksse autem hanc eam aetatem, qua Komam ars
(Jraeca migrarit novumqne ibi et proprium domicilium statuerit: ut,
quam artem quosque artifices tamquam nova mater in sinu suo urbs
Koma foveret, participes quodam modo ipsius civitatis Romanae tierent.
Itaque nVri potuisse ut in tanta penuria statuariorum, qui Italica stirpe
oriundi aliquam famam nacti essent, veterum Graecorum hebdomadi
Varro in proximo libro hebdomadem posteriorum opponeret, qui, quam-
quam peregrina origine, tamen velut adoptaticiorum in loco a Roma-
nis haberentur, ut et nobilitantes novam sedem et ab eadem nobilitati
ipsi. Atque ita etiam magis intellegi quam vim illud habeat, quod
tnm revixisae artem scribit Plinius: item, cur ab CXXI ad CLVI
olympiadcm tanto temporis hiatu subito transiliat. — De qua coniec-
tura omni penes alios iudicium esto. Vnum hoc addimus, magna cum
probabilitate similem ratiocinationem ad Acneae personam transferri,
cui locum in €Ik6ci Varronis Ioannis Lydi testimonium tribuit de ma-
gistr. I, 30. Nam hunc ut suum sibi vindicarc consueverunt Romani,
ita, Varronem potissimum a Graccis heroibus segTegasse eo credibiliu»
est, quo aegriua in hoc ipso genere ad abundantiam Graecorum Italicae
antiquitatia inopia appropinquabat. — Ceterum in perlustrandis classi-
bus hominum inlustrium, quae Varroni suppetereut, supra potuit etiam
athletis locu» tribui atque gladiatoribus , potuit aliia ludorum publico-
rum victoribus, potuit claris mulieribua.
522
UEBKR VARR0\S IMAGINVM
illam nesciendi commendationeni minime valere volumus.
Enimvero mirari vos suspicamur quid sit cur ne uno qui-
dem verbo illud quaesierimus, quo tandem et quali artificio
usus M. Varro cum posteros benignissiino invento demeruerit
tum munere etiam dis invidioso maiorum famae consuluerit: de
quo eonstat longo ex tempore summara dissensionem esse
et doctorum hominum disceptationem acerrimam. Id autem
quale sit etsi sane sciri potest et ita sciri ut, qui se tpau-
ucrnicdv haberi velit, dubitationi locum nullum relictum in-
veniat, tamen cum non nostrum sit et benignissimum et
longe simplicissimura inventum (nam dTTXoGc 6 uGGoc rfjc aXr\-
06iac &pu), sed alienis studiis debeatur, ne lineas inodestiae
transilire videamur, tacere nunc quam alieua anteverten?
praestabit.
II. UEBER DES HIERONYMUS VARRONISCHEN
SCHRIFTENK AT ALOG *).
147 Eben war dieses [erste] Heft dem Abschluss nahe, als
mir durch die Giite des Herrn VerfaSfcers**) die nachstehende
Schrift zuging:
Sentences de M. Terentius Varron et liste de ses ou-
vrages d'apres difterents manuscrits par Charles
Chappuis, ancien eleve de 1'ecole normale, docteur
es-lettres, professeur de philosophie. Paris, Aug. Du-
rand. 1856. 8. 124 p.
Auf den ersten, bei weitem grossern Theil des Buches, der
sich mit den vielberedeten, aber trotz aller Lobredner wenig
beredten Smtcntiae Varronis beschaftigt (bis p. 116), beab-
sichtige ich nicht mich hier niiher einzulassen. Schwerlieh
ist es dem Verfasser inehr als seinen Vorgiingern gelungen,
die hochst probleraatische Beziehung dieser Spruche zu der
Person des Varro in ein Stadium einleuchtenderer Wahrscbein-
lichkeit zu versetzen, mit so zuversichtlicher Glaubigkeit er
*) [Rhein. Museum f. Philol. Bd. XII (1857) p. 147—154.1
**) Der Umachlag obengenannter Schrift nennt ihn noch als Ver-
fasser zweier anderer: fDe Antiochi Ascalonitae vita et doctrina'. Pans
1854, und 'Autisthone, sa vie et ees ouvrages'. Paria 1854.
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SIVE HEBDOMAPVM LIBRI.
523
sich auch p. 55 dahin ausspricht: fDu reste nous pouvons
etablir directement que ces sentences sont extraites de di-
vers ouvrages de Varron'. Gewiss ist dass wir, auch weun
er Recht hatte, wenig damit gewannen, da von einer auch
nur anniihernden Bewahrung urspriinglicher Fassung und
Redefarbung gar nicht die Rede sein kann. Aber anzuer-
kenuen ist die erhebliche Vennehrung und< theilweise wirk-
liche Bereicherung des kritischen Materials, das durch des
Herausgebers fleissige Bemiihungen iiber den durch Devit
< 1843), Quicherat in der Biblioth. de 1'eeole des chartes I
und Pitra im Spicilegium Solesmense III gegebenen Stand-
punkt betrachtlich hinausfiihrt. Nicht nur die directen Quel-
len der f Varronischen' Spruchsammlung selbst haben einen
Zuwachs erhalten durch Aufiindung neuer Handschriften der
unerschopflichen Pariser Bibliothek, sondern auch die mittel-
baren sind in weit grosserer Vollstandigkeit herangezogen
als bisher. Ich meine damit die mit Benutzung der Senten-
tiac Varronianae verfassten encykloptidischen Schriften des
Mittelalters, von denen den alleinigen Vincentius Bellovacensis
zuerst Schneider Saxo hervorhob, ein bereits ziemlich um-
fangliches Verzeichniss aber jetzt Herr Chappuis p. 29 auf-
stellen konnte. welches hier, nach seinen eigenen zerstreuten
Angaben erganzt, zu Nutz und Frommen der zahlreichen
Gonner dieser fFlores sententiarum', fFlosculi morales'
u. s. w.*) wiederholt sei. Es sind: 1. des Vincentius Bello-
vacensis 'Speculuin historiale'; — 2. desselben *Speculura
doctrinale'; — 3. fHartmanni Schedel (Norimbergensis) Chro-
nicon mundi' oder fChronicon chronicorum,; ~ 4. fIac. Phil.
Foresti Supplementum chronicorum'; — 5. fCompendium chro-
nicarum', Mst. von Besancon; — 6. fIoannis Colonnae Mare
*) Als andere Titel der Varronischen Spriiche weist der Verf.
einschliesslich der schon bekannten nach: 'Sententiae Varronis ad Pa-
pirianura Athenis aadientem'; — Troverbia Varronis ad Paxianum';
— 'Scntentiae Varronis ad Atheniensem auditorem morales atqne no-
tabilea'; 'Varro ad Atheniensem auditorem' ; - fLiber moralis quem
Varro 6cripsit ad Atheniensem auditorem'; — rVarro in Moralibus'
oder rin libro Moraliura,J aus welchcn letztgenannten Titeln beneidens-
werth viel geachlossen wird.
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524
UEBER VAKKOS IMAfllNVM
historiarum'; — 7. c Antonini de Forciglioni Historiaruni opus
seu chronica'; — 8. f Iacobi de Cessolis de moribus hominum
et de officiis nobilium super ludo scaccorum'; — 9. 'Iaeobi
Magni Sophologium '; — 10. fDe vita et moribus veterum
philosophorum et poetarum', handschriftlich; — 11. cAraoldi
de Hollandia Liber Vaticani'. Und nicht nur mit den alten
Drucken dieser abgelegenen Weisheitsquellen begnfigte sich
unser Herausgeber, sondern ging auch fur sie grossentheils
wieder auf die Handschriften zurQck, deren cr z. B. p. 34
148 ftir das Speculum historiale vier, fflr das doctrinale zwei,
desgleichen zwei fflr das Sophologium aufziihlt. Freilich gibt
mancher jener weitschichtigen Eneyklopadiker nur eiu paar
Sentenzen von der ganzen Masse; auch siud sie naturlieh
nichts weniger als unabhangige Zeugen neben einander, son-
dern einer schreibt den andern aus, was auch der Heraus-
geber nicht verkennt. Gleichwohl, weun einmal der Respect
vor dem Varronischen Aushiingeschilde diesen apokryphischen
Resten das Interesse eines alten Autors verleiht, werden
ihrem kunftigen deutschen Editor — und an einem solchen
wird es wohl nicht fehlen die urkundlichen Mittheilungen
des franzosischen Vorgiingers, oder wenigstens seine Nach-
weisungen, die zu autoptischer Vergleichung in den Stand
setzen, dankenswerth genug erscheinen durfen.
Uns interessirt liier wesentlich uur der Schluss des Buchs.
der es mit des Hieronymus Varronischem Schriften-
katalog zu thun hat. Des Zusammenhangs wegen muss daran
erinnert werden, dass derselbe zuerst bekannt gemacht wurde
in diesem Museum Bd.G [obenp. 423 J naeh einer von Sir Tho-
mas Phillipps genommenen, dann in seiner eigenen Drucke-
rei auf einem fiiegenden Blatt gedruckten Abschrift aus einem
fcodex S. Vedasti n. 849' der Bibliothek zu Arras; dass zwei
Jahre spiiter Professor Schleicher (jetzt in Prag) an Ort und
Stelle ein Facsimile des Codex anfertigte, welches im Pro-
oemium zum Bonner Lectionsverzeichniss fflr 1840—50 litlio-
graphirt mitgetheilt wurde [oben zu p. 507]; dass endlich im
vorigen Jahre der Benedictiner J. B. Pitra, der von diesen
Publicationen keinerlei Kenutruss hatte, dasselbe Stuck aus
derselben Haudschritt im 3ten Bande seines r Spicilegiuni
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SIVE HEBDOMADVM LIBRI. 525
•
Solesmense' abernials veroffentlichte. Herr Chappuis ist
nun so glucklich gewesen, zwei neue Quellen des in Rede
stehenden Katalogs zu entdecken, niimlich die Handschriften
n. 1628 und 1629 der grossen Pariser Bibliothek, beide
Homiliac in Genesim enthaltend, wie er angibt Ist auch
nicht zu erwarten, dass die aus ihnen gewonnene Ausbeute
sehr gross sein werde, so kommen doch ein paar interessante
Einzelheiten ans Licht, und wird ausserdem die urkundliche
Ueberlieferung als solche sicherer gestellt. Um indess ge-
rade diesen Vortheil nicht zu verlieren, ziehe ich eiuer zer-
splitternden Variantenbesprechung den zusammenhiingenden iso
Abdruck des ganzen Stiickes vor, zumal da das oben erwiihnte
lithographirte Facsimile in Weniger Handen sein wird. Die
Handsehrift von Arras neune ich A, die Pariser 1028 II, die
1029 C, den Text von Chappuis, wo dieser von seinen Bii-
chern schweigt, P. Nur darin erlaube ich mir die Haud-
schriften zu verlasseu, dass ich grosserer Uebersichtliehkeit
halber die einzelnen Biichertitel absetze.
Marcum terentium uarronem miratur antiquitas, quod
• apud latinos innumerabiles libros scripserit. Graeci Chalcen-
teruin miris efferunt laudibus, quod tantos libros conposuerit
quantos quiuis nostrum alienos sua manu describere non po-
test. Et quia non otiosum est apud latinos graecorum uo- 5
luminum indicem texere, de eo qui latine scripsit aliqua
commemorabo, ut intelligamus nos ejjimenidis dormire som-
num et studium, quod illi posuerunt in eruditione secula-
rium litterarum, in congregandis opibus ponere. Hcripsit igi-
tur uarro 10
XLV. libros antiquitatum.
IIII. de uita populi romani.
imaginum XV.
XoficTopiKUJV LXXVI.
2 latinos tam innum. Ilufinus Greci A. Graeci P Chal-
centerum Buf. Ebalterum ABG 3 conpos. A. compos. P 6 non
AP. nunc Huf. grecorum A. Graecomm P. 9 litterarum nos
in Ruf. 11 quadragiota quinque Ruf. 12 IIlior AB. IIII C
{Daas Herr Ch. stet» IV. statt II II. schreibt, ist zweifelsohne nur sein
Pri?atgeachmack.) 13 XV. ABC 14 aoxioc Topicon ABC
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526 UEBER VAKKO'S IMAGINVM
1& de lingua latina XXV.
disciplinarum VIITI.
de 8ermone latino V.
quaestionum plautinarum V.
annalium III.
20 de origine linguae latinae III.
de poeniatis III.
de originibus scenicis III.
de scenicis actionibus III.
151 de acti[bu]s scenicis III.
25 de descriptionibus III.
de proprietate sciptorum III.
de bibliothecis III.
de lectionibus III.
de similitudine uerborum III.
30 legationum III.
suasionum III.
de pompeio III.
singulares X.
de personis III. *
35 de iure ciuili XV.
^mTOunv antiquitatum ex libris XLII. libros Vllll.
tmTouriv ex imaginum libris XV. libros 1 1 1 1 .
tmTounv de lingua latina ex libris XV. libros VIII I-
de principiis numerorum libros VIIII.
40 rerum rusticarum libros III.
de ualitudine tuenda librum 1.
de sua uita libros III.
de forma philosophiae libros 111.
rerum urbanaruiu libros III.
46 satirarum menippearum libros CL.
18 queBtionum A. quaestionuin P plautiuauaruui A nach Phil
lipp8 und Chappuia, wilhrcnd Schleichers Facsimile 'plautinarum' bat
22 sccnicia] acli A. eaeculi *A'BC 24 acti» AP 36 <inT0-
unv P. e//itoroim A • XLII A. XLIIbus P 37 fehlt gani in A
38 {iriToufiv P. epitomeu A XV ABC 41 ualitudiue. A.
ualetudine. P 42 tmauitate ABC 45 satyrarum AP menip-
parum BC. menypparum A
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SIVE HEBDOMADVM LIBKI.
527
poeniatum libros X.
orationum libros XXII.
pseudotragoediaruni libros VI.
satirarum libros IIII.
et alia plurima quae enunierare longum est. uix medium 60
descripsi indieem et legentibus fastidium est.
48 pseudo tragocdiaruni BC. tragoediarum A 49 satirarum B.
satyrarum AC 51 inuicem ABC
Das Wichtigste, was uns die Pariser Handschriften leh-
ren, ist dass Varro nicht Tragoediarum , sondern Pseudo-
tragoediarum libros VI schrieb. Denn so driicke ich es
sogleich aus, was sich mir als nothwendige Entscheidung zu im
ergeben scheint gegenuber der andern Moglichkeit, dass un-
iichte, dein Varro untergeschobene Tragodien gemeint wiiren.
Das wiiren doch aber ebe» Pscudouarronianac tragoediae, nicht
Pseudotragoediac Vatronis, eine Ausdrucksweise, fiir die in
jenem erstern Siune das ganze Alterthum meines Wissens kein
Analogon darbote. Und dazu kommt nun noch die in Bd. 6
p. 549 ff. [oben p. 489 ff.] nachgewiesene hohe Wahrschein-
lichkeit, dass wir an dem Katalog des Hieronymus rait nith-
0
ten eine litterarhistorische Zusamrnenstellung von fremder
Hand, sondern eine von Varro selbst entworfene Liste seiner
VVerke vor uns haben, worin doch also keine ihm unter-
geschobene Sehriften vorkommen konnten.*) Also ein Gat-
tungsbegriff wird unabweislich anzunehmen sein fflr Pseudo-
tragoedia, und zwar einer von Varros eigener Erfindung. Der
Name erinnert au die Tragicomocdia des Plautus, an die
KuJuipboTpaYiyoia des Alriius; den niichsten Vergleichungs-
punkt bietet vielleicht die unteritalische 'IXapOTpaYUJbia
dar. Ob und wie weit ein solches Vorbild einwirkte, steht
ganz dahiir, frei genug wird auch dann die Nachbildung des
*) [Hier liess aich noch bemerken, dasa Pseudotragoediae im Sinne
von untergeachobenen TragSdien (woran natiirlich der franzOsische
Herausgeber allein denkt) nicht einmal von Hieronymus genannt
werden konnten in einer Biicherli-te, mit der die beispiellose Frucht-
barkeit des Varro bewiesen werden sollte. Zusatz auaRhein. Muh.
a. a. 0. p. 160.J
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528
UEBER VABROS IMAfilNVM
in wunderlich phantastischer, barock humoristischer Erfind-
samkeit unerschopflichen Mannes gewesen sein. Selbsterfun-
den war ja auch die (Jrattuug der Logistorici, wie ihr com-
ponirter Name. Die Pseudotragoediae mogen frilh ausser
Curs gekominen sein, da aus ihnen kein (xrammatiker citirt.
Es miisste denn sein, dass eine oder die andere unter den
jetzt den Satirae beigezahlten Titeln steckte. An allerhand
mythischen Stoffen (wenigstens Namen) fehlt es hier nicht,
z. B. Ocdipothyestcs, Endymioncs, Eumenides, Meleagri, Pro-
metheus liber, Armorum iudicium, die alle ausdriicklich ata
satirac nicht bezeichnet werden; nur miisste man, um auch
nur einen Schritt weiter zu gehen in der Vermuthung. vor
alleu Dingen wissen, ob man sich die Pseudotragocdiae in
Versen und nur in Versen zu denken hatte. Am nachsten
liigen vielleicht Titel wie Pseudacncas (Pseudulus Apollo
wegen des griechischen Nebentitels schon weniger), vergleich-
bar mit den Stiicken der neuen Komodie VeubripaKXtic Vcu-
baiac, von denen sich der letztere wieder mit dcm Aiax
163 stramenticius des Varro zusammenstellen liesse. Aber uber
Moglichkeiten und Hariolationen ist da schwerlich liinaus-
zukommen, fiir jetzt wenigstens.
Das zweite, was wir aus den Pariser Handschriften
lernen, ist dass Varro, wie aus den Antiquitatum libri und
denen de lingua latina, so auch aus den Imaginum libriXV
eine Epitomc gemacht hatte, und zwar angeblich in vier
Bttchern. Vermuthlich waren diesem Auszug keine Portrats
mit beigegeben, und vielleicht kannten Spiitere, >vie Sym-
machus, der in seiner lobpreisenden Erwiihnung der Hebdo-
madcs keine Andeutung von bildlichem Schmuck hat, nur
solche Exemplare. Selbstverstiindlich wiire dann auch im
Text namentlich alles das weggelassen worden, was sich nur
auf die Bildnisse bezog, wie wenn beim Bildniss des Aeneas
dessen ganze Bewaffnung mit Erzhelm, Ringelpanzer, kurzeru
Breitschwert an der Linken, doppeltem breitspitzigem Wurf-
spiess rechts, schwarzen gewebten Beinschienen, Halbschuhen
(also ganze Figur, nicht Brustbild) als historisches Costfiiu
nachgewiesen und als sein Musterbild eine alte Marmorstatue
von einer Quelle in Alba angefQhrt war nach Lydus de mag.
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SIVE HEBDOMADVM LIBRI.
520
I, 12 p. 130 Bonn. Aber in welchein Verhiiltniss man sich
zu funfzehn, oder mit Abrechnung des Einleitungsbuches
vierzehn Biichern des grossen Werkes eine Zahl von vier
Biicbern des Auszugs denken soll, ist weder zu errathen noch
zu verstehen, mag man nun an die im Prooemium des letz-
ten Bonner Winterkatalogs [oben p. 510 ff.J ausgefUhrte Ver-
theilung glauben, wonach sich sieben BUcher griechischer
und sieben Bucher roniischer Bilduisse paarweise entsprachen,
oder eine beliebige andere Anordnung annehmen. Entweder
hat also Varro, gegen seine Art, alle Proportion fallen lassen
und vielieicht nur sporadisch das Wichtigste ausgehoben
und neu zusammengereiht, oder die Zahl IIII ist verderbt*).
Da sich darUber nichts bestimmen liisst, benutze ich lieber
diese Gelegenheit noch zu einem Nachtrag zu dem eben er-
wahuten Prooemium Uber die Varronischen Imagines.
Es ist dort der Bericht des Plinius N. H. XXXV § 11 von
den septingentorum inlustrium aliquo modo hominum imaginibus
dahin aufgefasst worden, dass nicht eine arithmetisch genaue
Zablung darin liegen solle, sondern nur eine anniihernde all-
gemeine Angabe in runder Zahl; dass es in Wahrheit nur 154
686 Bildnisse gewesen seien, welche sich auf zweimal sieben
Bflcher so vertheilten, dass jedes siebenmal sieben Bildnisse
enthielt. Da nun aber das Plus bei Plinius gerade 14 be-
tragt, so haben befreundete Rechner und Pliniusfreunde darin
mehr als Zufall sehen wollen und die Vermuthuug aufge-
stellt, dass ausser den das eigentliche Innere der Biicher
fUllendeu 686 Bildnissen Varro noch moge jedem Buche ein
einzelnes besonders hcrvorragendes Bildniss gleichsam als
Vignette vorausgeschickt haben, wie z. B. den Homer, den
Hippokrates: wodurch die Zahl von 700 genau geftillt wiire.
Ich gestehe, dass mir dieser Gedanke, der so artig klingt,
auch durch den Kopf gegangen ist, als ich mein Prooemium
*) [Libros Ull, statt der uberUeferten ////, wird wobl die Epi-
tome der Imagines gehabt baben. Bei sieben Biichern, deren jedes
zwei des grossen Werks ziiHammenfasste , und am wahrscheinlichsten
nur dessen metrische Elogia wiederholte (von ihnen allein spricht
Symruachua), verblieb auch dem Nebentitel Hebdomades sein Recht.
Zusatz au8 Khein. Mus. a. a. 0. p. 160.]
FK. KITSCUKI.II OPVSCVLA III. 34
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530
UKBKR VAKKOS IMAGINVM
sehrieb; ich wusste aber doch nichts Rechtes damit anzu-
fangen und liess ihn daher wieder fallen. Zwei Bedenken
sehe ich niimlich auch jetzt noch dagegen. Erstens. Mit
Homer liisst sich das ganz wohl deuken, und ebenso bei allen
Biichern', die mit Miinnem einer imd derselbeu Gattung ge-
fullt waren. Aber wie viele solcher Bucher werden gewesen
sein ausser dem ersten, worin gerade die Poeteu standen,
und etwa den letzten mit Konigen, Feldherren und Staats-
mannern? Denn z. B. gleich die Aerzte bildeten doch nur
eine Hebdomas eiues Buches; wie kamen also ebeu sie dazu,
einen Reprasentanten fiir das ganze Buch zu stellen, und die
anderen sechs Hebdomaden gar keinen, obgleich diese doch
ebeuso gut ihre Koryphaen aufzuweisen hatteuV Ohue pure
Willkiir war doch da nicht durchzukommeu. — Zweitens.
Wenn gerade die Koryphiien nicht im Werke standen, sondern
als Titelvignetten ausserhalb der Biicher, was wurde dann
mit der erlauternden Texteszugabe? Sollten gerade sie den
dis minortwi gentium darin nachstehen, dass sie eine solche
nicht erhielteu? Doch gewiss uicht; und Homer hatte sie
ja, wie wir wissen. Oder stand der Text bei seiner Vignette?
Ein Bild ausserhalb des Buches selbst lassen wir uns allen-
talls gefallen; aber Text ausserhalb des Textes will mir
noch nicht in den Sinn. Finden Sie, lieber UjrlichsJ und lieber
Hfertzj, andere Mittel und Wrege, um Ihre Elite von vierzelin
Hauptmatadors zu retten, so soll mir's sehr recht sein. •
III. LVDOVICI MERCKLINI DE VARRONIANIS HEBDO-
MADIBVS ANIM ADVERSIONES. *)
3 Duobus nuper incrementis auctus est litteramm Varro-
nianarum ambitus, librorum a M. Varrone scriptorum cata-
logo Hieronymiauo, duorum codicum Parisiensium ope a
Carolo Chappuis edito**) ('Sentences de M. Terentius Varron
*) [Prooemium Indicis scholamm Dorpateneium a. MDCCCLVII.]
**) Quo codicis Atrebatensia (Ind. achol. univ. Bonn. hib. a. 1849)
lectiones aliae confirmutae aliae emendatae suut duorumque Varronis
operum tituli primum iunotueruut.
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SIVE HEBDOMADVM LIBRI.
531
et liste des ses ouvrages dapres differents manuscrits ' Paris
1856) et Friderici Ritschelii de Varronis Hebdomadibus vel
Imaginum libris commentatione indicibus scholarum in uni-
versitate Bonnensi habendarum a. 1850 et 1857 praemissa,
cuius epimetrum legitur in Musei Rhenani a. 1857 fasc. 1
p. 153 sq. 160. Quo libello v. d. ordini restituendo intentus,
quo olim f curiosissimus disponendi artifex et tamquam archi-
tectus' Varro eos libros disposuerat, ex paucis antiquitatis
testimoniis insigni qua pollet sagacitate totius operis sibi
informavit eam fuisse speciem, ut XV librorum (tot enim
fuisse, non LI, codicis Atrebatensis a Schleichero dxligenter
collati rursUsque ab L B. Pitra excussi testimonio acce-
dente codicum Parisiensium consensu utique credendum est)
primus isagogicam disputationem contineret, unde sua hausit
de septenario numero Gellius III, 10, qualem Antiquitatium
partibus Varro praeposuerat, quattuordecim reliqui singuli
septenas imaginum hebdomades sive 49 imagines complecte-
rentur, quarum summam confici 686. Singulos autem libros
ita fuisse distributos, ut ad Graecos homines septem integri
II, IV, VI, VIII, X, XII, XIV spectarent, quos alternatim
totidem Romanorum III, V, VII, IX, XI, XIII, XV excipe- *
rent, ipsas vero hebdomades secundum genera poetarum,
historicorum, oratorum al. fuisse dispositas ita ut in his
quoque Graecis Romani quoad fieri posset responderent,
septenas denique singularum hebdomadum imagines secundum
temporum rationes fuisse compositas. Cuius disputationis
quum pauca antiquitatis testimonio nitantur, plurima con-
iectura licet probabili reperta sint, fieri non potest, quin et
dissentiendi materiam praebeant et amplius quaerendi animum
excitent. Itaque Ritschelii libellus, auctoris beueficio acPnos
delatus quum in eo essemus, ut dote aliqua litteraria pro
rnore instructum hunc scholarum indicem emitteremus, nobis
et grati animi erga v. d. testificandi occasionem dedit et
operae nostrae Varroni deditae proferendi specimen. Qua in
re ita versabimur, ut antiquitatis memoriam quo exiliorem
super illis libris nacti sumus eo religiosius tutemur, con-
iiciendique potestatem quam artissimis finibus circumscribamus.
Nostram quoque disputationem non aliunde nisi a loco
34*
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UEBER VARROS IMAOINVM
Pliniano illo, qui criticorum ingenia etiamnuni exercet*), at
vix persanatus esse videatur, consentaueum erit auspicari,
N. H. XXXV §11: f Imaginum amore flagrasse quosdam testes
sunt Atticus ille Ciceronis edito de iis volumine, M. autcm
(Ritschl) Varro benignissimo invento insertis volumiuuni
suorum fecunditati septingentorum illustrium aliquo niodo
Jwminum (Ritschl) imaginibus, non passua? intercidere figuras
aut vetustatem aevi contra homines valere: inventor muneris
etiam dis invidiosi, quando immortalitatem non solum dedit,
verum etiam in omnis terras misit, ut praesentes esse ubique
ceu di (Hertz) possent.' Libenter enim Hertzii invento sub-
8cribimus, neque tamen fateri pudet nobis ante illud cogui-
tum 'praesentes esse ubique ct ccnii9 placuisse. Fecundi-
tatis autem notionem ad librorum de imaginibus numerum,
quamdiu is secundum cod. Atrebatensem LI ferebatur, refe-
5 rebamus, nunc quindecim librorum ambitui minus aptum
vocabulum de librorum illorum argumento i. e. de hebdo-
madum sive ipsarum imaginum ubertate accipere malumus.
Quem locum gravissimum ubi cum Ritschelii distributione
conferimus, statim ofFendiinur eo, quod septingentarum ima-
ginum numerum non finite loquentis Plinii, sed in solam
multitudinis notionem intenti fuisse ratus cum eo numero
permutavit, qui ex septein hebdomadibus quaternis denis
libris tributis necessario efficitur. Quamquam quae ad eam
rationem amplectendam Ritschelium permoverunt non carent
probabilitate atque ex parte vera sunt. Septingentas enim
imagines vel centum hebdomades quindecim libris cum aliqua
aequabilitate dispertiri nequire. Vnde primum librum isa-
gogicum fuisse, eoque de septenarii numeri vi et facultate
Varr^nem disputasse, quae excerpsit Gellius III, 10, summo
iure suo statuit Ritschelius. Itaque quattuordecim qui restant
libris non plus minus septenas hebdomades propter aequa-
bilitatem tribuendas esse, indeque imaginum summam sex-
centarum octoginta sex existere. Sed, puto, ipse v. d. non
diffitebitur, aequabilitatis et coucinnitatis legi, quam cum
*) Cf. 0. lahniua in Gerhardi diar. archaeol. vol. XIV p. 220 et
VrlichBiua ibid. p. 256.
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SIVE HKHI»OMAL)VM LIItKl.
533
ubivis tum in his inaxime libris, quibus a numerorum cuii-
ueTptqt nomen inditum, Varronem observasse monuit, ita de-
mum satisfactum fuisse, si non tantum septenae imagines
septies compositae singulos libros constituerent, sed si omnium
imaginum numerus non 686, sed septingeutarum summam
referret. Itaque Plinianuni numerum ad amussim intelle-
gendum nobis eripi non patiemur, sed potius anquiramus
oportet quo is modo cum XV librorum numero atque ceteris
distributionis factae iudiciis possit conciliari.
Obstat autem Ritschelianae computationi gravissimum
Gellii III, 11 testimonium, quod nisi 'liberiore interpreta-
tione' usus in partes suas vertere v. d. non valuit. Gellius
enim postquam 1. III c. 10 ex ' pritno librorum, qui inscri-
buntur hebdoinades vel de imaginibus' quae de septenario
numero M. Varro admodum conquisite protulerat excerpsit,
capite eiusdem libri sequenti (11) ita pergit: 'Super aetate
Homeri atque Hesiodi non consentitur. Alii Homerum quam
Hesiodum maiorem natu fuisse scripserunt M. autem Varro
in primo de imaginibus uter prior sit natus parum constare
dicit.' Et capite extremo: 'M. Varro in libro de imaginibus 6
primo Homeri imagini epigramma hoc apposuit: Capella
Homeri candida haec tumulum indicat, Quod hac Tetae mor-
tuo faciunt sacra.V Quae quum aperte Graecae hebdomadi
locum fuisse in imparis numeri libro declarent, non ferre
potuit RitHchelius, sed ita sibi conciliavit, ut existimaret
'Gellium ubi subiectum Homeri imagini epigramma adiectam-
que de illius atque Hesiodi aetate disputationem excerpebat,
non curasse praemissam universo operi praefationem, sed
primum librum dixisse qui reapse primus esset imagines
ipsas repraesentans. Ergo in sccimdo potius, si ad amussim
fit numeratio, Honierus et, ut consentaneum est credere, He-
fiiwlus locum invenerant: unde consetpiens est, ut latinos
poetas tertius persequeretur.' Acutam quidem, sed tamen
fallacem interpretationem! Qua probata a nobis impetre-
mus oportet, ut credamus Gellium in adhibendis auctorum
libris minime negligentem duobus capitibus scse excipienti-
bus primum hebdomadum librum verbis quidem iisdem, sed
alia utrobique mente appellasse, quae non ferenda est incon-
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UKHKR VARRO\s IMA<iINVM
stantia. Deinde alterum Gellii exemplum praesto est, quo
euni libros Varronianos non omissa disputatione isagogica
solitum esse numerare confirniatur. Libri nimirum X capite
15 § 32 haec habes: fVerba M. Varronis ex secundo rerum
divinarum super flamine Diali haec sunt: Is solum albuni
habet galcrum, vel quod maximus vel quod Iovi immolata
hostia alba id fieri oporteat.' Ea perperam Ambroschius
(►Studien p. 49 annot. 45) ex eorum librorum secundo qui
de sacerdotibus scripti erant, i. e. ex tertio, quem de augu-
ribus fuisse Augustinus prodit (de civ. dei VI, 3), autumavit.
Sed quum Marquardti nuper industria satis probatum sit
(Hdb. d. roin. Alt. Bd. IV p. 168. 187 sq.) flaminibus inti-
mam quidem cum pontificibus necessitudinem intercessisse,
nullam vero cum auguribus, mihi quidem persuasi Gellium
secundum Varronis librum eum dicere, qui ad amussim se-
cundus fuit non omisso isagogico, quique de pontiticibus age-
bat testc Augustino. Habemus ergo Gellium sibi constantem
in numerandis libris Varronianis, unde priore loco necessario
efficitur, re vera primo hebdomadum libro i. e. isagogico de
7 Homeri aetate Varronem disputasse et imagini Homeri epi-
gramma apposuisse.*) Retento igitur simul Plinii septingen-
tarum imaginum numero vides nos non temere ad eam operis
Varroniani speciem amplectendam duci, quam Ritschelius
tamquam omni probabilitatis commendatione destitutam re-
iecerat, ut fseptenas hebdomadas singuli libri quattuordeciiu,
duas ipse primus cum disputationibus isagogicis conglutina-
tas complecterentur, nosque quadamtenus facere cum com-
putatoribus illis Ritschelio familiaribus Plinioque patroci-
nantibus (Mus. Rhen. p. 154), qui quoniam quattuordecim
imagines summae Fiitschelianae (686) deesse seutirent, id
ipsum non fortuitum rati, singulis quattuordecim libris sin-
gulos principes sive antesignanos in froute extrinsecus prae-
positos contenderunt, e. c. Homerura, Hippocratcm, quo iustus
septingentarum imaginum orbis expleretur. Quorum volun-
*) Manet nihilominua obscuritas quaedam in Gellii loco, quum
imagini Ilomeri epigramma appoaitum dicat, quo tamen non imago,
sed capella tumuli insigne commerooretur, quam rem attigit EUterus
in Jahnii Annal. Suppl. XIX p. 51.
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SIVK HEBDOMADVM LIHRI.
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tati Ritschelius quum ita demum morera se gesturum esse
significaverit, si non extra libros coryphaeorum illorum ima-
gines sine dubio litteraria dote instructae versarentur, iam
nobis eam viam reperisse videmur, in librum primum isago-
gicum iis receptis*). Ab eorundera sententia tamen ita re-
cedimus, ut Homerum quidem in illa cohorte fuisse Gellio
teste affirmemus, neque vero Hesiodum atque Hippocratem
admittamus, quum duo eiusdem generis lumina septenarii
numeri fines excludere videantur, Hippocrates vero in Grae-
corum medicorura hebdomade, quam ex Plinio N. H. XXVI
§ 10 sq. eruit Ritschelius, locum suura habeat, atque eandem
imaginem bis propositara fuisse ab omni aequabilitatis no-
tione prorsus abhorreat. Quodsi praeter Homerum nomen
aliquod e Romanorura grege selectura huic loco requiris,
praesto est Aeneas, quem a Graecis heroibus segregasse
Varronem probabili argumento Ritschelius censuit p. XH
annot. Duas autem has hebdoraadas, Graecorura unam, Ro- 8
manorura alteram eo consilio Varro in primura librum rece- .
pisse et cum disputatione isagogica couiunxisse videtur, ut
septenarii numeri virtute enarrata tamquam in fronte operis
ipsum librorum conspectum proponeret, quattuordecim ima-
ginibus qui singulis libris respouderent ad id delectis. Neque
in hac re morem solitum ille violasse credendus, si antiqui-
tatium rerum humanarum et divinarum secuudum libros re-
censum, quem Augustini beneficio deberaus, in isagogicis
illius operis libris duobus propositum fuisse concedes, atque
ita deraum de imaginum libro in capite posito idem quod
de antiquitatium exordiis valebit, ut 'coramuniter prius de
omnibus loqueretur.'
Hebdomadum per libros quattuordecim distributionein
Ritschelius coniectura perquam probabili assecutus est eam,
ut paris numeri libri Graecis, iinparis Romanis hominibus
dicati fuerint toti, in qua nobis quoque acquiescendum erit,
licet ipsa res' magis natura commendetur quam argumentis
demonstrari possit. Nam omuiura, quae ex his libris servata
*) Cui rationi quae ex mente Rit*chelii praeterea obstare videan-
tur, infra discutiemus.
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IEHER VARROS IMAGIMVll
sunt, ununi tantum exemplura ita comparatura est, ut diserte
cum genere et nominibus libri Varroniani numerum suppe-
ditet: Ausouii Mosellae v. 306 sq. architectorum septem com-
meraoratio, 'decimo celebrata volumine Marci hebdomas',
quae poetae verba eam quoque interpretationem admittunt,
ut non librum decimum, sed decimam hebdomadem signi-
ficent*), si quidem singulae hebdomades totidein voluminibus
et continerentur et numerarentur (cui dispertitioni nihil est
quod obstet, contra favent ea quae de vetemm libroruin
ambitu ipse Ritschelius docuit: die Alexandrin. Bibl. p. 01.
123). Quo facto non decimo libro architectorum hebdomas,
sed ex nostra computatione tertio tribuenda foret. Sed missa
hac cautione Ritschelii tamen distributio propter fragmento-
rum tenuitatem neque confirmatur altero exemplo neque re-
fellitur. Demetrii enim Phalerei epigramma libri significa-
o catione destitutum est, quaeque ex nono libro Charisius verba
profert 'a vulgu condemnaretur', ad Graecura hoiuinem non
rainus quam ad Ronianum referri possunt. Accedit autem
ad Ritschelii rationem tutandam, si nostram sententiam se-
queris, aliquid firmamenti. Nam si quattuordecim illos prin-
cipes Varro eo consilio libro primo incluserat, ut ordineni
indicaret, quo singulis libris illustres homines prolaturus erat,
patet Homerum, quem agmen duxisse nihil est cur dubite-
mus, secundi libri poetis Graecis dicati esse testimoniuni,
unde quo ordine reliqui se exceperint, si Ausonii verba de
libro decimo accipis, non est obscurum, sed tamen vel sic
incertum, quem intra illius libri hebdomades ordinem septem
architecti obtinuerint.
Plurimum vero Ritschelius horum librorum notitiae con-
tulit eo, quod praeter Ausonii architectorura hebdomadara
alteram medicorum ex Plinio N. H. XXVI § 10 sq. revocavit
cumque ea copulavit duas Henrici Bnmnii industriae debitas,
statuariorum antiquorum (p. IX) et circa expugnatae Corinthi
sive olympiadis CLVI tempora probatorum ex eodem fonte
*) Et potest adco expressa libri Varrouiaiii appellatio offeodere
in serraone poetico, contra ferenda est poetica decimae hebdomadu;
circumlocutio.
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SIVK HEBDOMADVM L1BRI
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haustas. Quo facto ipsum librorum nomen, quod nemo qui-
dem unquam dubitavit, quin a septenis imaginibus per capita
dispositis derivandum sit, ita illustratum est atque confirma-
tum, ut nemo propter Varronis dictum a Gellio relatum III,
10, 17 fse quoque iam duodecimam annorum hebdomadam
iugressum esse et ad eam diem septuaginta hebdomadas li-
brorum conscripsisse ' de hebdomadum appellatione a numero
horum librorum repetenda cogitare possit. Atque ex medi-
corum hebdomade apud Plininm obvia, qua Hippocrates,
Diocles, Praxagoras, Chrysippus, Erasistratus, Herophilus,
Asclepiades comprehenduntur, non solum perspicitur, quod
data opera annotavit Ritschelius, in horum nominibus com-
ponendis Varronem non neglexisse temporum rationem, sed
etiani apparet eum ab aequalibus recipiendis non abstinuisse,
quum Asclepiadem Plinius § 12 aetate Magni Pompeii ab
orandi magisterio ad artem medicam se convertisse profiteatur.
Paulo impcditior est Brunnii statuariorum hebdomas: Phi-
diam, Polyclitum, Myronera, Pythagoram, Lysippum, Tele-
phaneui, Praxitelem complexa a Plinio XXXI V § 54—71 haud
dubie ex imaginibus Varronianis commemoratos. Neque
tamen in Telephane et Pythagora ignobilioribus illis oflfen- io
dimus, quippe plus uno nomine a Brunnio vel a Ritschelio
defensos. Sed offeudimus in Praxitele. Qui quum extreinum
locum inter septem statuarios apud Plinium nactus sit, neque
ullo artis iudicio ornatus, huius et ordinis et silentii permiri
rationem ita explicuit Brunnius, ut quem Plinius 'marmore
feliciorem ideoque et clariorem' dicat, eum propterea a sta-
tuariorum societate Varroniana seiunxerit reservaverikjue
sculptorum recensui, ubi tamen de eo iudicium a Varroue
priore loco factum imprudenter omiserit naturalis historiae
compositor. Nam utut acute hoc excogitatum est, tamen ne
sic quidem mirari desinemus, a Varrone Praxitelem mar-
more sculpendo clariorem non inter sculptores, sed inter sta-
tuarios receptum esse, quibus suam hebdomadem vel Scopae
nostro loco non comparentis nomen docet datam fuisse. Nam
eundem Praxitelem bis a Varrone propositum fuisse nemo
est qui crediderit. Eum Varronis sive errorem fortuitum
sive animum pertinacem ne admittamus, ipse Plinius suadere
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UEBEK VAUROS IMAGINVM
videtur. Non Praxitelem, sed Pythagoram Samium (Briron.
Hist. artif. Gr. I p. 116), quem post Rheginuui § 60 com-
memorat Plinius, statuariorum hebdomadem explesse censeo,
cui apud Varronem locum fuisse mihi indicant verba addita:
fhic supra dicto facie quoque indiscreta similis fuisse tradi-
tur', quae quidera ad artis historiam a Plinio conscriptam
nihil faciunt, magnopere vero ad Varronis de ima^ine viri
disputationem quadrant. Iudicium autem Varronis de arte
Praxitelis omittere Plinius non propter hanc unam causam
potuit. — Addam denique pictorum hebdomadem Alexandri
Magni aetati supparium, quam cur Brunnius noluerit adicere
tanto minus intelligo, quod in eam incidi ab ipso Brunnio
commemoratam Hist. artif. II p. 249. 252. Ita enim Quin-
ctilianus I. 0. XII, 10, 6: Tloruit autem circa Philippum et
usque ad successores Alexandri pictura praecipue, sed diversis
virtutibus. Nam cura Protoyenes, ratione Pamjrftilus ac Me-
lanthius, facilitate Antiphilus, concipiendis visionibus, quas
©avTaciac vocant, Theon Samius, ingenio et gratia, quam in
se ipse maxime iactat, Apelles est praestantissimus. EuphrQ-
n norem admirandum facit, quod et ceteris optimis studiis inter
praecipuos et pingendi fingendique idem mirus artifex fuit/
— Quorum nomina etsi apud Plinium § 76 — 144 non eodem
ordine referuntur, sed hoc: Pamphilus, Apelles, Melanthius,
Protogenes, Euphranor, iVntiphilus, Theon, tamen id non
potest obstare, quominus concedas ea iustae hebdoraadis
Varronis , ambitum complevisse, qui quum duas statuariorum
hebdomadas constituisset, profecto non est cur negetur, eun-
dem totidem pictorum composuisse ita ut in altera Zeuxis,
Parrhasius, alii essent his vetustiores. lllam utrum ex ipso
Varrone hauserit Quinctilianus dictu est difticile, sed etiam
si eam sponte constituerit, quidni in eosdem Varro septenos
illustres homines undecunque circumspiciens incidere potuerit?
— Coniecturae autem nostrae probabilitas augebitur, si alibi
quoque Quinctilianum hebdomades Varronis respexisse appa-
ruerit, cuius rei vestigia quaedam licet tenuia mihi deprehen-
disse videor. Continentur ea recensu illo scriptorum, quos
cum utilitate futuro oratori legendos commendat. Apud
Quinctilianum 1. X c. 1 a § 46, ubi aliud prorsus atque Varro
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SIVK IIKHDOMADVM UUKI.
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vel Plinius consilium secutus est, si nihilominus notitiae Var-
ronianae species quaedam residet, id tanto certius librorum
eius advocatorum testimonium tenebimus. Atque primum
ipsius Varronis (cuius memoriam frequentat aliis locis, cf.
ind. (iesner.) mentionem habemus dicto eius notissimo allato
§ 90: fMusas Plautino sermone locuturas fuisse, si latine
loqui vellent.' Deinde nomina eadeui, quae in Varronianis
hebdomadibus illustrata fuisse aliunde cognitum est, apud
Quinctilianum redeuut, quatenus operis natura admittebat,
tantum non omnia*j. Habemus Honieruin, a quo pariter
atque Varro ut a Iove exordium capit § 46, quem statim ex-
cipit § 52 Hesiodus; habemus Demetrium Phalerea, licet
versicolorem eius vestem non beue ad forensem pulverem
facere § 33 monuerit, tamen inter oratores aliis omissis
commemoratuin § 80: rquin etiam Phalerea illuin Demetrium,
quamquam is primus inclinasse eloquentiam dicitur, multum
ingenii habuisse et facundiae fateor, vel ob hoc memoria
dignum, quod ultimus est fere ex Atticis qui dici possit orator; 12
quem tamen in illo medio genere dicendi praefert omnibus
Cicero', habemus denique, ne minus certa praetermittam,
Euripidem § 67, cuius memoriam a (fellio XVII, 4 nomina-
tim ex Varrone proditam Ritschelius (Mus. Hh. VI p. 514)
inprimis hebdomadibus tribui posse pronuntiaverit. Neo^ue
septenarii numeri indicia quaedam in aliquot scriptorum
classibus non apparent. 8ic epicorum i. e. eorum qui hexa-
metro versu usi sunt, praeter Homerum, quem isagogico libro
reservavimus, hebdomas prodit § 52: Hesiodus, Panyasis,
Apollonius, Aratus, Theocritus, Pisander, Nicander, si Eupho-
rionem propter Virgilii imitationem ab ipso Quinctiliano
adiectum putes. Rursus historicorum hebdomadem proponit
hanc § 73: Thucydidem, Herodotum, Theopompum, Philistum,
Ephorum, Clitarchum, Timagenem, in qnibus ne desideres
Xenophontem, de industria ipse addit: 'Xenophon non excidit
mihi, sed inter philosophos reddendus est\ El Romanis
auctoribus § 85 sq. septem epici poetae memorantur: Virgi-
lius cum Homero collatus, Macer, Lucretius, Varro Ataciuus,
*) Deent unua Pythagoras, quem praetermisbum nerao mirabitur.
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UEBER VAKKOS IMAGINVM
Ennius, Ovidius, Cornelius Severus; Serranus enini qui sequi-
tur (e coniectura Sarpii), sive cuius nomen eo loco substi-
tuendum, non magis fortasse quam Valerius Flaccus a Var-
rone commemorari potuit; septera porro enumerantur ora-
tores § 105 sq.: Cicero, Asinius Pollio, Messalla, C. Caesar,
Caelius, Calvus, Servius Sulpicius. Cassius enim Severu.s
qui sequitur \si ceteris virtutibus colorein et gravitatem ad-
iecisset, ponendus inter praecipuos foret.' Verba denique.
quae . iustituendo delectui praefatus est Quinctiliauus § 45:
'Interim summatim quid et a qua lectione petere possint.
qui confirmare facultatem dicendi volent, attingain. Paum
enim, qui sunt emincntisshni , excerpere in animo est. Facile
est autem studiosis, qui sint his simillimi iudicare, ne quis-
quam queratur, omissos forte aliquos, quos ipse valde probet'
et § 57: fNec sane quisquam est tam procul a cognitione
eorum (poetarum) remotus, ut non indicem certe ex biblio-
theca sumptum transferre in libros suos possit' nonne ube-
rioris fontis admonent, quem ante oculos habuerit ille, unde
suam materiam delibaret, quo factum videtur, ut alicubi illius
13 exemplaris vestigia diluceant? Quae si omnia collegeris, hoc
certe efficere videntur, ut non fortuitam esse septem pictoruui
80cietatem credamus.
* Hebdomadum per libros dispositionem a Ritschelio pro-
positam nobis quoque magnopere probari iam signiticatuui
est, sed restant quaedam raoneuda levioris raomeuti. Atque
Graecis et Romanis illustribus totidem libros eosque alter-
nantes Varronem tribuisse utique verum esse apparet. Nam
si intra unius libri hebdomades Uraecos Romanosque voluisset
comprehendere, et hebdomadum et adeo imaginum utrisquo
tributarum numerus inaequalis evasurus esset, quo concinni-
tatis legi religiose observatae detrimentura afferretur gravis-
simum. Itaque nihil superest nisi hoc, ut integros libros
septenos Graecis permiserit totidemque cum his alternantes
Romanis. Graecorum vero et Romanorum appellationem eo
dilatavit Ritschelius p. VII, ut pro illis rectius exteros, pro his
Italos substituere mallet. Cui rei tamen hoc adversari videtur,
quod Pythagoram 'Rheginum ex Italia' (Plin. N. H. XXXIV
§ 59 ) inter Graecorum statuariorum hebdomadem relatuni
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SIVK HKBDOMAPVM LIRRI.
541
habemus. Itaque origiue potius et gente quaiu Italiae fiui-
bus Italorum notia eircumscripta putanda erit. Vsus autem
est Ritvschelius ad eam distributionem confirmandam Valerii
Maxiini ad Varronis auctoritatem sese coiuponentis exemplo,
idque recte; praeiverat quoque Cornelius Nepos, Varroni
aequalis, libris de viris illustribus scriptis (cf. Nipperdey,
Einltg. p. XVII sq.), qui nec Datamen nec Hamilcarem
Hannibalemque inter Graecos memorare omiserit. Sed in eo
Graecos cum ttomanis conferendi studio, quo circa eaui
aetatem magnopere delectati esse videntur utriusque gentis
scriptores, quanta tamen inaequalitatis pericula extiterint
Romanis in litteris artibusque minus pollentibus (qua de re
ingenue confitentem Quinctilianum habemus), id non fugit
Ritschelium, qui propterea concessit, Varronem Graecis heb-
domadibus Romanas ox eisdem vel maxime fhiitimis generibus
petitas subiunxisse. Quamobrein idem v. d., ut inagnus sep-
tingentorum illustrium orbis expleri posset, praeter litterarum
artiumque lumina alia virtutis atque praestantiae genera cir-
cumspexit, quibus illustrandis Varroni materia idonea suf-
ticeret, e. g. ad Plinii 1. VII inde a § 33 multiplicem et co- u
piosam diversitatein Valeriique Maximi exemplorum conge-
riem digitum intendens. Idque iure factum esse vel Plinii
septingentorum aliquo modo illustrium hominum verba pro-
bant. Quae cum ita sint, ea quoque ni fallor aut tolluntur
aut saltem infirmantur, (juae Pliuianae sumniae patronis sui
numeri tenax v. d. opposuit Mus. Rh. p. 154, paucos scilicet
libros fuisse eiusdem generis hominum capaces, sicuti poeta-
rum aut rebus gestis clarorum, medicos quippe vix unius
hebdomadis spatium excessisse, ex quorum genere si cory-
phaeus aliquis toti libro praepositus esset, meraiu licentiam
regnare videri. Nam si ad exaequandas Graecorum laudes
in adsciscendis Romanorum classibus ad finitima maxime
genera Varro se convertere debebat, iam credo hoc etiam
dandum erit, in deligendis illis quattuordecim principibus
aliqua ei libertate utendum fuisse, praesertim quum ipsi sep-
tenarum hebdomadum libri, ut aliquo modo illustres com-
prehenderent, diversitate quadain non possent non laborare.
Et proprie quidem duces illi, si unum Homerum excipis, e. c.
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542
UEBEB VAKRO'S IMAGINVM
in artificum recensu non omnibus eiusdem libri hebdomadi-
bus, sed uni, videlicet primae, respondisse videntur. Veris-
sime autem Valerii Maximi Ritschelius meminit, unde loco-
rum communium Hebdomadibus aptoruin facili negotio ali-
quis multitudinem promat,' qua numerosa illarum arguuienta
restituat. Quem auctorem nonnulla ex Varrone derivata
continere non absimile est vero (cf. Kempf. p. 19 sq.) idque
apertius futurum, si ipsius Varronis libros credi posset evol-
visse, quae quidem ambigua sententia est (cf. Dirksen, d. hist.
Beispielsainnilg. des Val. Max. in Comm. acad. Berol. a. 1845
p. 124). Itaque obscurius illius fontis exerapla apparent,
quorum unum indicasse suftieiat, quod est in 1. V c. 6 § 3
his verbis conceptum: 'Genucio Cipo praetori paludato por-
tam egredienti novi atque inauditi generis prodigium incidit.
Namque iu capite eius subito veluti cornua erepserunt, re-
sponsumque est regem eum fore, si in urbem revertisset.
Quod ne accideret, voluntarium ac perpetuum sibimet indixit
exilium. Dignam pietatem, quae quod ad solidam gloriaiu
attinet septem regibus praeferatur. Cuius testandae gratia
15 capitis effigies aerea portae, qua excesserat, inclusa est dicta-
que Raudusculana, olim aera raudera dicebantur'. — Ea
verba Kempfius p. 20 ad Varronis auctoritatem rettulit reete
quidem, sed nescio quo argumento usus, quod tanto magis
proferre debebat, quoniam idem in annotatione ad h. 1. Va-
lerium Maximum causam appellationis portae Raudusculanae
aliam atque Varronem de L Lat. V, 163 tradere observet.
Eandem rem uberrime narravit Ovidius Met. XV, 565—621,
brevissime attigit Plinius N. H. XI, 123, Actaeonem cum Cipo
fabulosis annumerans eaque ex Varroue petita fidem facit
index auctorum libri XI, qui a M. Varrone exordium habet
(cf. Brunn, de auctorum indicibus Plinianis disp. Bonn. 1856).
Itaque discrepantia illa non obstare videtur, quominus hunc
aut utrumque iu Hebdomadibus posuerit Varro, quem a ia-
bulosa historia non prorsus abstinuisse documento est Aeueas.
Atque vides quam bene ad Aeneae habitum ex opere antiquo
delineatum conveniat Cipi imago aerea portae Raudusculanae
inclusa. Deinde id quoque non fortuitum videtur, quod, ut
apud Valerium Curtii in hiatum terrae desilientis exempluin
A
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SIVE HEBDOMADVM U I U ; i .
543
Cipi laudes praecedit, ita apud Varroneui de 1. L. V, 150
cuiu Curtio M. Geuucii, ut iu consulatu collegaruui, copu-
latur meuioria.
In componendis hebdomadibus Varronem temporum
rationem non neglexisse Ritschelius medicis septem e Pli-
nio propositis verbo monuisse sategit, neque profecto id
lougiore demonstratione eget, quum et per se sit probabile
et alia quoque eius ordinis documenta suppetant. Eo enim
pertinet quam super aetate Homeri atque Hesiodi ex ipso
Varroue haud dubie repetit Gellius disputatio; eodem quod
antiquorum et recentiorum statuariorum hebdomades diremit,
quod duas itidem pictorum discrevisse videtur. Neque Pli-
nius tantum in medicis ordinandis Dioclem Carystium fse-
cundum aetate ^811^116' extitisse scribit, sed Quinctiliauus
in singulis fere scriptorum generibus recensendis data opera
qui secimdum gradum tenuerit exprcssis verbis aimotat
§ 5$ 58. 72. 8G.
Multo plura atque etiaui his incertiora adiicienda essent,
si iustam de Varronianis hebdomadibus commentationem
edere nunc vacaret. Quamobrem una observatione addita
nos continebimus, quam ncque Ilitschelius prorsus praeter- ic
misit. Optime enim ille quo Menecratem inter architectos,
Pythagoram inter statuarios licet nou aeque atque ceteri
illustres receptos explicaret, monuit fnon liberam Varroni
uptionem fuisse, sed necessitatem potius eorum deligendorum,
quorum alicuude petitas imagines in promptu haberet'. Cui
iudicio ita subscribimus, ut tamen vel propter illam necessi-
tatem non temere aliquo imagiuem arripuisse Varronem
putemus, sed in hac quoque re doctrinae atque circum-
spectionis laudes aemulatum esse. Ita euim ut statuamus
efficiunt quae Ioannes Lydus de magistr. I, 12 de Aeneae
imagiue tradit repetita illa ex antiquo opere fontis Albaui.
Eodem, si nostram coniecturam probas, Cipi imago de porta
Kaudusculana sumta pertinet. Pertinebunt eo omnes i 111 non
traditi vultus, quorum Plinius meminit paulo ante eum locuni,
quo hebdomadum Varronis memoria continetur, unde exorsi
sumus. Qui quum ita scribat 1. XXXV § 9 * quin immo etiam
quae non sunt finguntur, pariuntque desideria non traditos
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DEBEB VARROS IMAGINVM
(traditi 0. Miiller enchirid. arcb. § 420. 4) vultus, sicut in
Homero evenit' — fuit quando quattuordecim imagines
isagogico libro complexas ex borum numero fuisse nobis in
mentem veuiret, quod tamen aliter se babere vel propterea
constat, quod iam septem reges Romani et septeui sapientes
liaud dubie eum numerum explerent, neque Homero, quem
illaruni agmcn duxisse nobis persuasinius, locus futurus esset
ln ca vero sententia nobis perseverandum erit, ut neque ab
omnibus, quorum tictae tantum esse poterant imagines, abs-
tinuerit, id quod in Homero factum esse patet, et ad alios
recipiendos propter vultus eorum servatos se duci passus sit
utrobique autem non temere egisse, sed in artis quoque
operibus eligendis critica facultate excelluisse existimetur.
Quo magis illorum librorum iacturam deploremus oportet
qui si integri extarent, non solum litterae Romanae atque
historia antiqua amplissimum iucrementum acciperent, sed
artis quoque veteris, et partis quidem illius, in qua maxime
claudicamus, protomarum dico cognitionem , exoptatissimum
nacti essemus columen.
IV. EPIMETRVM DISPVTATIONIS DE M. VARR0NI8
IIEBDOMADVM SIVE IMAGINVM LIBRIS*).
iii 'Viribus unitis' ut ad alia bona, ita ad summum bonum
quod veritate continetur perveniri, cum plurimis in omni
litterarum genere documentis intellegitur, tum in ea caussa,
quam per antepaenultimam (si modo licet cum gramuiaticis
*) 1 1'rooemium Indicis 8cholarum aestivamm Bounenaium anni
CIDIOCCCLVUI, iterum in publicutn emissum in r Prooemionim Bod-
nensium decade' (Berolini a. CIDIOCCCLXI) n. VII, ubi in pruefetione
haec scripta sunt: rProoemiis VI et VII (de Varronia Imaginum libris)
«lisceptata valde lubrica quaestio, quae est de Imuginum Varronianarum
partitioue atque dispositione , quantum nunc novis eisque stibtilis«iniis
disputationibu8 Mercklini, Brunnii, Vrlichsii debeat, non sine voluptat»'
cognoviase suspicamur qui musei Ilhen. t. XIII p 4G0 sqq., 473 sqq..
XIV p. 60G sqq. Philologique t. XI 11 p. 742 sqq. inspexerint. Nos nec
nunc nec fortasse umquam ingcns iterabimus aequor: cuius via~<
aperuisse ecquid habet praemiV C. W.]
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SIVK IIKHDOMADVM LIBRI.
545
loqui) prooemiandi occasionem tractabamus [supra p. 508 sqq.J,
nuper ipsi experti sumus. Vbi cum de Imaginum sive
Hebdomadum libris M. Varronis quaesivissemus ad quem
qualemve ordinem viderentur dispositi fuisse, ea ipsa disputatio
Lvdovicvm Merckllnvm, doctum virum et acutum, invitavit
ut in eodem argumeuto denuo versaretur: id quod ille fecit
in f Animadversionibus de Varronianis Hebdomadibus', quas
Indici scholarum praemisit per annum MDCCCLVII in uni-
Tersitate Dorpatensi babendarum [v. p. 530 sqqj. Et maximam
quidem partem eorum, quae ratiocinando effecisse nobis vide-
baraur ut similia veri, non sine voluptate vidimus ab illo et
probari et novis argumentis firmari: quaedam nec ea levia vel
addubitari vel improbari. In his autem, quae reiecit, duo sunt
gravia praeter eetera et ad disponendi rationem Varrouis
perspiciendam inprimis utilia: quorum alterum ad ipsarum
imaginum numerum universum spectat, alterum ad eam
sedein quam inter cetera laudis humauae genera architectura
obtinuerit. Ac de illo quod ipse Mercklinus statuit, quo
lubentius fatemur prorsus nobis persuasum esse, eo tenacius
tuenduin alterum et ab illius suspitione vindicandum senti-
mus. Quae res cum qualis sit explicaverimus, aut fallimur
aut simul spes est fore ut ad veram Imagiuura iraaginem,
quantum quidem fieri coniectaudo potest, aliquanto propius
accedamus.
Primum igitur de numero compositarum a Varrone
imaginum cum Plinii verba septingeutas testantis ita
interpretati essenius, ut ad plenam ille sumraara centenariara,
quippe in solam multitudinis notionem intentus, liberalius
auxisse eum nuraerum putaretur, qui, si ad amussim calculi
subducerentur, intra sexcentarum octoginta sex imaginum
fines subsisteret: tot enim efficiuntur, ubi bis septem libris
singulis septiens septenas imagines distributas fuisse nobis- iv
cum credideris: id quideni iam aliis ante Mercklinum displi-
cuisse narratum est Musei philol. XII p. 154 [supra p. 529].
Nam ita quod reliquum est in Plinii computatione, cum
ipsuni septenarium numerum bis septem imaginum servaret
qui per totum opus Varronianum regnaret, vix hoc videri
casui tribui posse Lvdovicvs Vrliciisivs MARTiNVSque
*R. KlTSCHELll OPVStVLA III. 35
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UEBKK YAKKOS IMAGINYM
Hektziys senserunt nun sine magna specie probabilitatis.
Itaque quattuordeciin libris singulis. Varroneui conieceruut
singulas imagines principum quorundam praefixisse tauiquaui
indices .eius generis quod liber quisque complecteretur. Id
autem ilico nos ainplexuros significabamus, uisi gravissiinae
quaedam offensiones obstarent, quae quales essent 1. s. s.
exponebamus. Et tamen tain in promptu via erat, qua
licebat rei summam ab illis excogitatam his incommodis
liberare paulloque aliam in partem versam satis firmiter
tueri, ut subeat animum quod est in proverbio de ovo
Columbi. Idque felici acumine praestitit Mercklinus, tenens
ille bis septem coryphaeoruni iuiagines, sed eas non singulis
libris distributas praepositasque, verum unius libri vinculo
compreheusas h. e. ipsius libri primi qui fuit eicaroJTiKOC.
Iu quo post ea, quae cum de imaginum instituto universo
tum de 'septenarii numeri virtutibus potestatibusque niultis
variisque' generatim disputaverat, percommode Varro potuit
ad integri operis sui dispositionem ita transire, eam ut non
verbis tantum explicaret, sed ipsorum exemplorum evidentia
inlustratam brevi in conspectu ]>oneret. Delecto igitur e
singulis quae subsecutura essent praestantiae humauae capi-
tibus uno homine praecipuo tamquam sui generis duce et
antesignano, duas imaginum hebdomadas constituit, Grae-
carum alteram, alteram Romanarum, quae velut pro indice
essent ceterorum librorum: adiecta, ut est consentaneum,
harum quoque imaginum brevi enarratione simili atque in
reliquis omnibus.
Non potcst autem ad firmandam hanc senteutiaiu quic-
quam esse magis appositum quam Gellianum testimonium
quod est in capite 11 libri III Noctium Atticarum: ubi et
de aetate Homeri disputatio Varronis et illius imagini ad-
iectum epigramma affertur e flibro de imagiuibus primo'.
Id nos coacti eramus item liberiore interpretatione in eaui
partem accipere, ut scriptor, ilhi cum excerperet, non curasse
praemissam universo operi praefationem existimaretur, sed
primum librum dixisse qui reapse primus esset ipsas imagines
repraesentans, quamquam secundus sane librorum omnium.
Cui rationi quod Mercklinus p. 6 [533 sq.J opposuit etai
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SIVE IIEBDOMADVM LIBKI.
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satis valere negainus, tamen de rei summa prorsus nos
assentientes habet. Nam cum ex eo, quod idem Gellius
alibi, quae e secundo rerum divinanun Hbro petierit, item
afferat e secuudo, non e primo, consectarium esse hoc volt,
ut ille more coustanti e rei veritate numerasse libros Varro-
nianos credatur: responderi potest et per se parum certum
esse quo Mercklinus utitur exemplum, et si vel maxime
certum esset, nihil omnino tali argumentatione effici, cum
neglegentiae vel incuriae notio non censeatur moris con-
stantia, sed in eo ipso consistat ut aliquid liat praeter nor- v
mam et consuetudinem. Aliquanto gravius numquam non
sensimus illud esse, quod eo quod proxime praecedit capite 10
idem Gellius ex eisdem quos manibus tractabat Varronis de
imaginibus libris quaedam excerpens ipsum librum primum
rectissime eum dixefat qui revera primus erat: ut tam brevi
intervallo interiecto aegre videatur adeo sibi nou constitisse,
ut proximo capite item primum librum, qui esset secundus,
diceret. Sed gravissimum tamen omnium hoc est, quod
oninino, postquaui Pliniani testimonii simpliciter interpre-
tandi via patefacta est, liberioris in Gellii verbis interpreta-
tionis necessitas omnis evanuit.
Hinc autem cum alia apta sunt tum hoc consequitur ut,
si in principibus Homerus fuit libro primo compositis, nulla
iam relicta caussa sit cur secundo libro poetae potissimum
Graeci tribuantur: quando ipsum primum locuni in libro primo
Homerum occupasse non modo ullo certo argumento persua-
detur, sed ne probabilitatis quidem satis habet: contra atque
Mercklino visum est p. 9. 11. 16 [530. 539. 544]. Quod ut
quale sit plenius perspiciatur, ad alteram quaestionis partem
progrediendum est quae est de architectoruui in imaginibus
Varronianis sede. Haec enini cum fdecimo celebrata volu-
mine Marcei hebdomas' dicatur ab Ausonio Mosellae v. 306 sq.,
id nos quidem ad decimum de imaginibus librum refereba-
uius ratione ut putabamus omuium simplicissima. Verum
longe aliam interpretationem Ausonii verba admittere Merck-
linus p. 8 [536] arguit: non ut liber decimus, sed decima
hebdomas significetur, quando singulae hebdomades totidem
voluminibus et continerentur et numerarentur. Qua admissa
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UEBKK VARKOS IMA(iINVM
interpretatione non decimo libro, sed tertio architectoruin
hebdomadam tribuendam esse, et eius quidem libri initium
fecisse. Id autem aut prorsus caecutimus aut ita se habere
nullo pacto potuit: ut liac in caussa cautissimi alioqui iudieii
virum nostro sensu iudicundi prudentia miris modis desti-
tuerit. Quid enim? secundone libro celebrasse Varronem
poetas credemus, id quod ipse Mercklinus statuit p. 9 [536J,
tertio autem transisse vel polius transiluisse a poetis ad archi-
tectos praetermissis prosae orationis scriptoribus posteriori-
que loco alicui reservatis? An unius libri secundi septem
hebdomadibus illum credamus et poetas et scriptores com-
plexum? Et hoc ut ita potuisse institui largiamur potius
quam concedamus, quid tandem illud esse dicamus, quod
Graeci sunt quorum Ausonius architectorum hebdomadam enu-
merat, alteruatim autem Graecarum Romjftiaruinque imaginum
hebdomadas sese excepisse ipse nobis credidit Mercklinus p.8.
13 [535. 540]: ut, Graecis sive poetis sive poetis et scripto-
ribus si secundum librum Varro tribuebat, non possit non
Latinis destinatus fuisse tertius. Ergo nisi quid nos fugit
(ut fugit sane olim in interpretatione Plinii), omnes prae-
elusae viae sunt aliorsum detorquendi testimonii Ausoniani,
nisi ut pro libro decimo 'decinium volumen' habeatur.
Nam quod potuisse singulas hebdomadas singula voluniina
aequare Mercklinus dicit, id etiamsi per se nullas habeat
vi dubitationes, tamen sua sponte intellegitur non eo valere,
ut excludat alteram rationem, qua quindecim voluminibus
quindecim libri Varroniaui dispertiti fuisse credantur baud
paullo ut opinamur et simplicius et probabilius. In qua re
ne illud quidem praetermittendum quod, qui de tot quot
hebdomades fuerunt voluminibus cogitat, vix poterit quin
etiam prooemio duabus libri primi hebdomadis praeniisso
suum volumen singulare, quo ne concinnitati prorsus inlu-
datur, tribuat: quo fit ut decimum volumen ipsius libri
secundi hebdomas extrema, non prima tertii, occupet
Ergo ad imaginum ordinera Varronianura quadamtenus
finitius describendura si raodo ullus aditus patet, hinc est
proficiscendura citra controversiam, ut in libro decimo archi-
tectorum hebdomas Graecorum conlocetur, Romanoruni in
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SIVK HKHDOM ADVM LIRRI.
540
undecimo. Nunc autem qui volet pro se ipse experiatur,
num quam probabilem rationem comminiscatur qua et poetas
seeundo tertioque libro, et decimo undecimoque architectos
tribuat, nec tamen in reliquis generibus aliquo modo disper-
tiendis aut maxime cognata dirimat aut copulet maxime
disparia. Velut quis ferat a civitatium gubematoribus dispa-
ratos belli duces interpositis artificibus? vel a litteris et
disciplinis miro intervallo seiunctas artes? vel privatae vir-
tuti postpositara laudera publieam? vel miscella exemplorum
varietate intercepta unius praestantiae solida capita atque
aequabilia? Horum autem et similiura incommodorum nullis
machinis efficies quin aliquo laboret quemcumque ordinem
inieris certarum classium ita eonstituendarum ut a poetis
fiat initium. 1'ossumus hoc singillatim persequi et ut opina-
mur ad persuasionem prorsus apposite: nisi raolesti esse in
eo genere nolinius, quod facile unusquisque suapte experien-
tia emetiatur.
Quantumvis autem verendum sit ne scire velle quae
sciri nequeant quibusdam videamur et aeternis tenebris occul-
tata mortalibus superba temeritate velle rccludere, tamen
hoc mininie nos inovet quominus certa certae ratiocinationis
via ad veram speciera dispositionis Varronianae sat prope
posse accedi existimemus. Nam cum saepe accidat ut, ubi
testimoniorura vi destituamur, sola per se sana ratio et
ipsjus rei evidentia vel suadeat vel iubeat quid sit amplecten-
dum, tum haec profecto caussa ita comparata est ut, cum
prima specie longe plurimae coniectandi viae patere videan-
tur, tamen diligenter perpensis singulis una sola relinquatur
libera a dubitationibus omnibus. Sola divinatione utendum
esset eaque inutili, si de viginti capitibus quaestio esset,
quibus generis humani laudem omnem Varro conclusisset:
contra demonstrationis probabilitas in promptu est, ubi id
agitur ut non plures quam septeni classes principales inda-
gentur totius humanae excellentiae capaces. Neque enim,
quamdiu una eademque est natura hominum, rerum huma-
narum vel per decursum saeculorum tauta mutatio fit, ut
non sumraa capita raaneant eadem. Quae autem vel muta-
bilia sunt vel dissensionem iudicandi admittunt, si, qualia e
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550 UEBER VAKRO*S IMAGIXVM
Roinanoruni potissimum ipsiusque Varronis mente fuerint,
vii quaesierimus, vix est verendum ne a veritate longius aber-
remus. Itaque his ut utamur in disputatione nostra, nec
Varro potuit nec Romanorum quisquam non discernere
publicam a privata virtute, publicam autem eis partibus
duabus censere, quarum altera ad bellicam laudeni spectat,
ad sapientiam civilem altera. Non magis difhteri quisquam
potuit duo esse spatia principalia, in quibus praeter rem
publicam vel gerendam vel defendendam enitescere ingenia
humana possent, quorum alterum litteris, artibus alterum
continetur. Rursus autem in litterarum genere satis constat
longe etiam certiore quam nobis discrimine veteribus poetas
distarc a scriptoribus. Vnde quintuplex ordo prodit quinque
libris Varronianis (vel potius librorum paribus) explendis
aptus: quando copulatorum cum poetis scriptorum societatem
excedere unius libri ambitum infra apparebit. Haec autem
quae percensuimua cum suapte natura et primaria sint in
vita hominum et certis inter se finibus discreta, superest
sane 'inlustrium aliquo modo hominum' prope infinita
multitudo et incredibilis varietas, quam communi vinculo
bifariam conexam duobus capitibus vix ullo artifieio coerceas.
Et ut unum in fine caput miscellum dedita opera subiecisse
Varronem satis per se credibile sit, at djas profecto miscel-
lomm capitum ab artis notione mirum quantum abhorruerit.
Ttaque nos quemadmodum ratio ipsa impellit, ut in ista
rerum copia ac varietate locum aliquem communem circura-
spiciamus, quo illarum partem aliquam complectamur, ita
idem studuisse Varronem consentaneum est. Nec sane erat
cur, quo opus habebat, vel diu quaereret vel longius arces-
seret: quippe cui tam id in promptu esset, ut ne posset
quidem praeterire. Quod ut quale sit distinctius percipiatur,
recordandum est o.t flitteras' et fartes' et ^scriptores' cum
veteres dixerint, ea vocabula omnia vel latius patentem vim
habere vel angustioribus finibus circumscriptam. Velut
scriptores etsi sunt sane quicumque aliquid scripserunt,
tamen poetis ubi clari litteris scriptores opponuntur, praeter
ceteros constat de oratoribus, historicis, philosophis cogitari
solitum esse. Item de statuariis, sculptoribus, pictoribus
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SIVE HEBDOHADVU LIBRI.
551
potissimum, ubi latissime patens artis notio in pressiorem
significatum coartaretur. Itaque cum nos hodie consueveri-
mus bipertitam divisionem talem probare, ut altera in parte
litteris consignata ingenii humani monumenta omnia pona-
mus, arti6 nomine non consignata litteris complectamur ex
parte altera, haud paullo diversa via veteres ingressi ex
utroque genere quibusdam elementis ascitis ad vitam inpri-
mis utilibus tertium genus mixtum eonstituerunt, medium
inter illa duo, cui fecerunt f disciplinarum' nomen. Idque
genus omne cum dedita opera rnovem disciplinarum libris'
ipse Varro persecutus sit, huncine nullam eius rationem
habuisse in eis libris condendis putabimus, quos ipsi ingenio
humano per eapita celebrando destinasset? praes* rtim si
brevissimo temporis spatio interiecto utrosque libros com-
poneret? Nam Imagines quidem quando eomposuerit, ipsum
testem habemus locupletissimum apud Gellium capite decimo
extremo Varronis haec afferentem: etum ibi addit se quoque
iam duodecimam annorum hebdomadam ingressum esse': hoc vm
est ultra annum aetatis septimum et septuagesimum progres-
sum, qui fuit urbis conditae 715. De disciplinaruni autem
libris coniecturam in ea coramentatione fecimus quam abhinc
annos tredecim de illis foras dedimus: ubi p. 53 fsupra p.400]
ex eo argumentabamur quod Varronem Pliuius N. II. XXIX,
4, 65 prodidisset de aspidum ictu sanando praecepisse
foctavo et octogesimo vitae anno': nisi quod pro eo numero
nuuc 'LXXXIir receptum est ex optimis libris. Quodsi tale
praeceptum vix alibi nisi in libro qui fde medicina' fuit
tradidisse creditur: nam et satiras et logistoricos, de quibus
facile quispiam cogitet, non a sene sed ab iuvene editos
novimus: consequens est ut de disciplinis coiumentarios anno
fere 721 u. c. pertexuerit, hoc est quinquennio post Imagines.
Nisi quis forte intra hoc ipsum quinquennium demum sub-
natam esse Varroni notionem rationemque omnem discipli-
narum sibi persuadebit.
Nec vero ratio latet qua ad septemplicem partitionem
novenarium disciplinarum numerum \farro sat commode re-
vocare potuerit. Quid enim impediebat quominus prorsus
exemptam e disciplinis vel dialecticam cum philosophia vel
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l*KBKR VARROS 1MAGIXVM
rhetoricaru cum eloquentia sociaret multo adeo nisi fallimur
convenientius? vel unius mathematicae notione geonietriaiu
et arithmeticara comprehenderet? vel ad geometriam etiarn
astrologiam referret: quod quo iure dieamus, in commentatione
s. s. satis declaratum est p. 3 [354 sq.] et p. 39 [387] sq.:
vel 81 quae cogitari similia possunt. E quibus nunc unum hoc
addimus, rhetoricam fortasse nec cum disciplinis ncc cum
eloquentia coaluisse apud Varronem, scd cum ipsa philo-
sophia: quando in hebdomade philosophorum Symmacho
teste epist. I, 4 cum Pythagora cqui auimas in aeterni-
tatem primus asseruit', et Platone rqui deos esse persua-
sit'; Aristoteles componebatur ut ' qui naturam beue
loquendi in artem redegisset': modo Varronis haec sint? non
ipsius Symmachi elogia. Tautum autem . dubitationem vix
liabet, quin eorum quattuor generum, quae continentur
grammaticis, musicis, medicis, architectis; insignis ubertas
iutegras sibi hebdomadas poposcerit: id quod certo testi-
monio de architectis constat; sat evidenti coniectura creditur
de medicis.
Haec igitur si non sumus praeter probabilitatem ratio- .
cinati, consequens primum hoc est ut proprio artis uomine
insignita facultas humana ab architectura, quam nos fere
sociare cum illa consuevimus, prorsus separata fuerit: nec
sociavit Plinius. Alterum est , ut una cum architectura
ceteras disciplinas quintam librorum dyadem Varronis occu-
passe intellegatur. Quod si ita est, tamquam quadam ne-
cessitate ad naturalem onhnera singulorum capitum taiem
ducimur qualcm iufra posuimus. Etenira dyas prima, nisi
mirifice fallit opinio, ipsis rerum humanarum culmimbus
dicata erat7 regibus et imperatoribus: secunda sapientiae
civilis luminibus: tertia poetis: scriptoribus quarta: quinta
inlustribus in disciplinaruni genere exeiuplis: sexta arte
claris: septima promiscuae varietati aliquo modo mernora-
ix bilium liominum relicta. Quam ipsam varietatem facile
apparet tantam superesse, ut non in conquirenda potius
quam in contrahenda materia Varroni elaborandum esset.
Nequc enim alius, si niodo aliquis erat, locus concessus esse
velut magis et sacerdotibus potuit vatibusque et chresmo-
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SIVK HEBDOMADVM LIBRI.
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logis, item athlctis ludorumque publicorum victoribus, arti-
ficibus BCaenicis et saltatoribus, inventoribus opificibusve de
humano genere bene meritis, magnanimitatis honestatis
sanctimoniae in vita privata comprobatae exeiuplis, insolitis
vel in fingendo corpore vel in fortunanda aetate naturae
miraculis atque beneficiis, eminentiae muliebris documentis.
Qualem argumentorum multitudinem si exhaurire cum pul-
visculo Varro voluisset nec in hac potissimum parte cum
deleetu agere, non septenas illc, sed facile septiens septenas
hebdomadas replesset. Verum inter hanc tamen quamvis
suapte natura largam ubertatem et sex classium illarum
principalium nobilitatem gravissimtnn intercedebat hoc dis-
crimen quod, qui ipsum florem generis humani et tamquam
medullam delibare vellet et ad confessani Ctraecorum laudem
Komanam virtutem aequiperare? harum quidem classium, ut
quibus vis et praestantia ingenii liumani praecipue aestima-
retur communi consensu omnium, nihil quod alicuius momenti
esset praetermittere debuit, contra minime excidebat con-
Bilio, si in generum secuudariorum summis tantum capitibus
quibusdaiu decerpendis acquiesceret.
Quam autem apto ordine in proposita a nobis Imagi-
num tabula singulae se classes excipiant, maxime omnium
hinc manifestum est, quod illa ratione sola similia conti-
nuantur similibus. Nam cum in inlustribus sapientia civili
hominibus non pauci fuerint qui etiam ad scribendum ani-
mum adplicarent, id quod cnm in Solonem tum in legum
latores omnes cadit, bene factum quod eos ipsos nullo inter-
vallo, qui in litteris ornandis operam omnem consumpserunt,
insecuntur. Rursus altera ex parte ad scriptores proxime
accedunt, qui cum in certis disciplinis excolendis versarentur,
item litteris consignata sui monumenta reliquerunt. Praeterea
quoniam, quos ab farte' Varro seiunxit, et musici et archi-
tecti propiore tamen cum illa quam cum ullo alio genere
vinculo continentur, commode institutum est ut disciplinas
ipsae artes excipiant. Quae comraoda vide num qua alia
disponendi via consequi posse videare. Atque subtilioris adeo
concinnitatis artificium in eo facile conspicias, quod tria paria
sunt probatarum a nobis classiuin: ad civitatem spectans
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UKHKK VARRO.S IMAOINVM
primum, alterum ad litteras, ad artes disciplinasque tertium.
Cuius rei hanc esse vim volumus ut, si quarto in loco classis
miscella habeatur, bis quattuor partibus simul intellegatur
quomodo ?6TriTOun,c ex imaginum libris XV libri IIIP
rcsponderint, quorum memoriam codices duo Parisini ser-
varunt a Chappuisio nuper excerpti: ut de hoc nuniero
evanescant quas Musei philol. XII p. 153 et 100 [supra
}>. 520] dubitationcs significavimus.
Et haec quidem generatim disputata sunto. Quodsi his
x quaedam subicimus ad classes singulas spectantia, non hoc
eo faciraus quasi qui ad harum rationes finitius deseribendas
multum profici posse in tanta testimoniorum penuria opine-
raur, sed ut a dubitationibus potius quibusdam, quas facile
quispiam illinc orituras putet, propositam disponendi speciem
defendamus. Itaque regiae atque bellicae virtuti destinata
prima classis quam habuerit in isagogico libro praefixam
Graecam imaginem, nescitur: Romanam habuit haud dubie
Aeneae personam ab Ioanne Lydo de mag. I, 30 e Var-
ronis Gikociv commemoratam, quam a (iraecorum heroum
soeietate segregatam fuissc Mercklino quoque p.7 [535] persua-
simus. Cui in Graeca hebdomade isagogica potuit, tantum
ut exemplo utamur, vel Phoroneus vel Deucalio respondere
ut TrpOTTdiTUjp gentis et dpxnjeTnc, vel fortasse Cecrops.
Reliquas autem classes omnes cum Varro posset per capita
persequi ex ipsa generum diversitate apta, primae tanieu et
secundae classis materia vix erat simili distributioni idonea.
hic ut videatur e temporum potissimum ordine pependisse,
simul autem, ut est consentaneum, eas certorum hominum
hebdomadas servasse quas vel fides memoriae vel coinniu-
nis opinio et tralaticia consuetudo pridem sanxisset: velut
in tertio libro septem regum Romanorum, in quarto septem
sapientum (Jraecorum. Quodsi qui in duplici genere exeel-
lerent, ut Numa Pompilius vel Pittacus cum suis socik
liberum profecto crat Varroni, utri classi tribuere mallet.
Id autem ubi ad Romanorum potissimura hominura rationes
transtuleris, commode perspexeris qui tautiie fortium virorum
multitudini capiendae, quanta per septem saeculorum*) con-
*) Hiuc non inepte quiHpiam proficiBcatur, ut e singulis fcriuv
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SIVE HERDOMADVM LIRRI
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tinuitatem Vrbis gloriam inlustraverat, satis tanien pares
Imagmum angustiae fuerint. Nam cum illorum plurirai non
minus consilio quam facinore rem publicam adiuvissent, ali-
quammultos Varro potuit arbitratu suo de tertii libri copiis
demptos in quintum transferre, ubi non minus commoda eis
sedes esset. Eoque pertinent fortasse aut saltem accommo-
dari possunt Symmaehi 1. s. s. verba: fille pauperem Curium
sed divitibus imperantem, ille severos Catones, gentem
Fabiam, decora Scipionum totumque illum triumpbalem
senatum parca laude perstrinxit': ubi una triumphalis
senatus notione et belli et pacis artes comprehenduntur.
Ceterum secundae classis quas Varro voluerit paradigma-
ticas imagines esse in isagogico libro praemissas, nec indicio
ullo nec ratiocinatione docemur. Quaniquam si singulari
fortunae beneficio ex aliquo volumine Herculanensi IVriclis
et C. Caesaris splendidissima nomina prodeant, non simus
mehercule Varronem culpaturi, nec id valde miraturi in eo
qui oppressis partibus Pompeianis ad C. Caesarem ponti-
ficem maximum iam rerum divinarum libros perseripserat.
Nisi quod minime intercedimus, si quis tamen ex antiqui-
oribus potius luculentum praeter cetera sapientiae exemplum
repetiisse studiosissimum antiquitatis hominem sibi per-
suadeat.
Contra tertiae classi poesim complexae nec potuit pro- xi
fecto alia nisi Homeri imago ut paradigiuatica praeligi Jiec
praefixa est. Cui in septimo libro, Varronem si bene novi-
mus, nullum alium nisi Ennium opposuit, quantumvis usi-
tata posterioribus hominibus Vergilii potissimum cum Homero
conlatio fuerii Quoniam autem, ut poetarum et nobilissimus
et antiquissimus Homerus, ita nobilissimum idemque auti-
quissimum genus versuum hexametrus fuit, rectissime sta-
tuitur et epicorum primam fuisse in hac classe hebdomadam,
et e primo classis cuiusque capite desumi coryphaeum soli-
tum, id quod res ipsa suadebat. Nec quibus potissimum e
• poetis illam hebdomadam Varro coraposuerit, latet, si modo
Kttt'euli« «ingulat* fortissimorum ttapientisftiuioruuiquc hebdonmdaH
lectas esse coniciat, artificio haud Bane indigno arguta subtilitate
Varronis.
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UKBER VARRO'8 IMAOINVM
Varroniani in vario litterarum genere delectus vestigia in
reeensu illo florentissimorum ingeniorum, fjuem libro X
Quinctilianus instituit, probabiliter Mercklinus p. 12 [539] inda-
gavit. Quamquam, quania in hac caussa cautione opus sit,
cnm per se intellegitur tum ipsius Mercklini exeniplo com-
probatur. Qui si e Quinctiliani § 52 — 5G verbis septera
praeter Homerum poetas Graecos epicos eruebat Hesiodum.
Panyasin, Apollonium , Aratum , Theocritum , Pisandrum,
Nicandrum, quibus ab ipso Quinctiliano adiectum propter
imitationem Vergilii Euphorionem coniciebat, iinprudenter
Antimachum neglexit inter Hesiodum et Pauyasin inter-
iectum. Item cum Latinorura hebdomadem epicoruui inde
a § 85 enumeratam putat, quae complecteretur Vergilium,
Macrum, Lucretium, Varronem Atacinum, Ennium, Ovidium.
Cornelium Severum, oblitus est unum libro isagogico reser-
vandum fuisse. Sed vel sic concedendum est tamen sat prope
ad numerum septenarium aliquot pinacas Quinctiliani ac-
cedere, ut qui profecto vel addere vel omittere unum et item
alterum nomen potuerit vel etiam aliud in Varrouiani loeum
ut obscurioris substituere. Nec enim obscuriores quosdam a
Varrone exclusos esse vel Menecratis exemplo architecti satis '
constat, — Verura quod haud paullo gravius esse sentimus,
hoc est, ut non posse non unum librum integrum ctim
Graecae tum Latinae poesi destinatum esse arguamus. Quod
ut ita esse perspicias, perlustra quaeso Graecorum iu hoc
genere fertilitatem. Fac unam tantum hebdomadam epicis
concessam fuisse: at multum sane uuius angustias lyricorura
atque elegiacorum et frequentia superabat et certissimis tini-
bus discreta notio. Vt vix immerito unius hebdomadis argu-
nientum credantur Callini, Archilochi, Tyrtaei, Mimnermi,
Philetae, Hermesianactis, Callimachi laudes praebuisse, item-
que unius materia e novem qui ferebantur lyricis Pindari
sociis petita esse. Non magis fieri potuisse videtur, quin ex
Epicharmi, Cratini, Eupolidis, Aristophanis, Menandri, Phile-
monis longe celeberrimis nominibus nullum omitteretur:
quibus quod sociatum esse septimura dicamus, in tanta inulti-
tudine iucertum. Quodsi coinici integram hebdomadem occu-
pabant, non minus spatii sibi poscebant tragici, tametsi ab
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SIVK HKBDOMAOVM LIBRI.
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Aesehyli, Sophoclis, Euripidis splendore maiore sane inter-
vallo ceteri tragici relinquebantur quam ab Aristophanis
Menandrique fama comici ceteri. Ergo si nou pauciores
(juam quinque fuerunt solorum pcetarum hebdomades, non
potuerunt cum poetis etiam scriptcres, quibus profecto uonxn
satis spatii erat iu hebdomadis duabus, unius libri ambitu
eopulari: id quod supra anticipabamus tantum. Quodsi de
sexta septimaque hebdomade libri sexti quaeris, in promptu
est vel de tragicorum pleiade Alexandriuorum cogitare (quando
etiain in aliis classibus binas fuisse unius capitis hebdomadas
infra eognoseetur), vel de poetriarum Graecarum hebdomade,
vel fortasse de capite miscello quo velut iambographi, sillo-
graphi, epigrammatici subicereutur cum similibus. Percom-
mode enim, ut ipsas classes principales septima classis
uriscella, ita eiusdem vel classis vel libri sex principalia
eapita item miscellum septimum excipiebat. Quod si pariter
iustituebatur in Latinis, ad tale caput referri in libro septimo
cuiu aliis Lucilius potuit, cui certa in certo gencre nullo
sedes esset. De reliquis autem capitibus libri septimi noli
ullo modo dubitare quin satis matcriae Varroni litterarum
Latinarum copiae suppeditarint, unde quinque hebdoiuadas
efficeret praeter epicos poetas Quiuctiliano duce supra nomi-
natos: modo duo ne obliviscare quae huc faciunt inprimis.
Nara primum consentaneum est multo illum faciliorem iu
his se poetis aestiraandis iudicera gessisse quam in Graecis,
quoruin honorem dedita opera exaequare Romanorura virtute
vellet. Deinde autera prorsus est credibile ne obscuriorura
•{uideni, ut nobis nunc videntur, hominum Latinorum ima-
gines ad vivum factas umquara defecisse Varronera in tanta .
huius generis apud Roraanos et gratia et frequentia. Atque
adeo nobis hodie perfacile est (experti aflirmamus) ex eorum
poetarum Latinorum nommibus, quorum quamvis tenuem
memoriam non invidit nobis temporum iniquitas, tot quot
opus sunt hebdomadas componere: unam quae altera fuerit
epicorum: unam elegiacorum lyricorunique: tragicorum unam:
fabulae palliatae poetis dicatam unam: unam e fabulae toga-
tae, Atellanae, mimorura poetis constructam, nisi forte horum
quidam ad caput miscellum reiecti sunt Nam aequalem
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UEBER VARROS IMAGINVM
prorsus in Graecorum Romanorumque libris singulorum ca-
pituui distributionem netnineui tam fore ineptum putamus
qui vel requirat vel exspectet.
Quartae autem classis etsi nec coryphaeos nec caput
praerogativum novimus, tamen vel bic licebit ex eis. quae
commode fieri non potuerint, coniecturam de eo capere quod
esse factum veri simile sit. Velut fac a philosopbis exorsuiu
esse Varronem in eoque genere primas satis per se recte
Platoni dedisse. At hunc unius potius hebdomadis societate
cum Pytbagora et Aristotele coinprehensum fuisse Symmachi
quae s. s. s. verba haud profecto levi indicio sunt. Vel in
Platonis locuin Socratem substitue, qui etsi scriptor uon
fuit, tamen ut gravissimus auctor philosophiae praeter soli-
tum priuceps praepoui potuit. At ita quem tandem illi eon-
ferri e Romanis potuisse putabisV Nam ut paucis com-
plectamur, omniuo non est credibile in ulla classe a tali
capite initium factura esse a Varroue, in quo tam manifesta
esset, quam est in philosophicis litteris, Graecoruni prae
Romanis dignitas et praestantia. Ergo ne ab historicis
xui quidem exorsus esse videtur. Quorum etsi hebdomadeni
Graecam in Quinctiliani § 73 — 75 Mercklinus investigayit,
compositam illain e Thucydidis, Herodoti, Theopompi, Pbi-
listi, Ephori, Clitarchi, Timagenis nomiuibus, quoruin e
societate Xenophontem ipse Quinctilianus se dicit eximere
ut inter philosophos reddendum potius: at sive ad Hero-
dotum sive ad Thucydidem palmam detuleris e mente Yar-
ronis, hicine ut cum illo ausus sit vel Fabium Pictorem vel
Sisennam vel «etiani Sallustium committere? Immo aut omnia
. fallunt aut principium a nullis aliis nisi ab oratoribus fiebat.
in quo genere solo potuisse Romanos non sine aliqua con-
fidentia cum Graecis contendere ut nos intellegimus, ita
identidem ipsi professi suut Nec magis, qui in eloquentia
principatum inter Graecos teneret, dubitare e veteribus quis-
quam, quam qui inter Romanos sibi vindicaret, vel deditis-
simus antiquitati animus Varronis haesitare potuit: quem
consentaneum est de summo oratore haud paullo houori-
ficentius sensisse quam nuper sentiri inter nos coeptuui est.
Primae igitur et secundae hebdomadi libri primi Demosthenis
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SIVE IIEBDOMADVM LIBKI.
550
et Ciceronis imaginibus servatis tanta praeterea Ronianorum
copia oratorum et tamquam affluentia suppetebat, ut, quain
difficile esset philosopbis Romanis vel unam hebdoinadaiu
refercire (nisi forte huc asciti rhetores erant), tam facile
non duae, sed tres iu eloquentia hebdomades Romanarum
imagiuum prodirent. E quibus unam servavit fortasse
Quinctilianus, apud quein excipiuut Cicerouem inde a § 113
Asinius Pollio, Messalla, C. Caesar, Caelius, Calvus, Servius
Sulpicius, Cassius Sevems: nisi quod pro C. Caesare, huic
si forte suus alibi locus* concessus fuit, nullo negotio alium
quemlibet e Tulliauis iu Bruto copiis arcesses. Quanta
auteni in Latinis litteris oratorum, tanta philosophoruin
potissinium in Graecis abundantia fuit: ex his ut itein per-
commode non duae tantum, sed tres hebdomades tiereut, sive
tres Varro aetates distinguebat, sive sectarum discrimina
sequebatur, sive e dignitatis aestiinatione (nam haec quoque
ei ratio aliquando placere potuit) triplicem ordinem consti-
tuebat Ac de Graecis quidem cum omuino non laboremus,
quibus fere modis (quando non unus suppetit) pcr septem
hebdomadas distributos scriptores nienti nostrae informemus,
de Romanis ne quid hariolari videamur praeter id quod res
flagitat, satis dictura hoc esto, tres liebdomadas oratorum
excipi ab historicorum duabus potuisse, his philosophorum
unam subiungi, desini in una hebdomade miscella. — Pos-
tremo in hac parte non est praetermittendum Nonii p. 528
testinionium quod est tale: flucis numero plurali, quod sunt
dies. Varro ebdodiaduiu sub imagine Demetri' e. q. s. Vbi
etsi multi cogitari possunt qui interciderint numeri, tamen
nullum tam in propinquo esse apparet quam qui iteratis
litteris extremis prodit: EBDOuiADUm um h. e. hebdomadum
octavo. Quodsi eo in libro Demetrii Phalerei imago
conlocata erat, vides quam id apte in propositam a nobis
et pro virili parte commendatam partitionem quadret, e qua
illum ipsum librum cum ceteris scriptoribus oratores Graeci
occupabant.
In quinta classe facile intellectu est primum locum xiv
nec architectis nec medicis datum esse. Quem enim praeponi
potuisse Ausonianae architectorum hebdomadi existimabimus
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5G0
UBBBB VARRO'8 IMAUINVM
ut vel antiquioreui vel praestabiliorein Daedalo, Chersi-
phrone, Ictino, Philone, Dinochare, Archimede septi-
iuoque Menecrate? Vel quera Hippocrati anteferri, cui
sex in raedico genere socios Diocleni, Praxagoram,
Chry8ippura, Erasistratu ra, Herojjhilura, Asclepia-
dem Plinius iunxit lib. XXVI a § 10 ad 12? Quodsi est
qui huc advocare musicos auimura inducat, habebit is quidein
quera in fronte ponat Graecae hebdoraadis paradigmaticae,
sive is Orpheus est sive Olympus sive horura similis, non
habebit quein huic parera faciat Roinanum. Nec praeter
principem omnium Aeneam eiusque socium Graecum videutur
e mythico genere proceres petiti esse. Ergo vix aliud eaput,
unde principium esse factum credatur, nisi aut mathemati-
cum aut graramaticura superest. Graeci autem vel geouie-
trae vel astronorai cura praeter Archimedem, qui suaiu in
architectis sedem invenerat, non adeo pauci in promptu
essent e quibus princeps disciplinarum conditoribus omnibus
praeficeretur: velut si Eratostheni Nigidius aequiperaretur:
tamen haud scio an ab eo genere Varro exorsus sit, a quo,
quutquot fuerunt qui in enumerandis enarrandisque discipli-
nis versarentur, iuitiura ceperunt omnes: quod quidem con-
tinetur granimatica. Vt, nisi fallit aniraus, decirai libri
iinagines praecedere iu prirao Aristarchus potuerit, undecimi
autera, quoniam non profecto Varro ipse potuit, ut exemplo
utamur iu re suapte natura prorsus ancipiti, praeceptor
Varronis Aelius Stilo Praeconinus. Praeterea quid cousilii
quemve delectuiu in his potissimura libris Varro secutus sit,
obscurum est iuxta cum obscurissumis.
Restat sexta classis artibus dcstinata. E qua primum
novimus statuariorum uon unam, sed duas hebdomadas ab
Henrico Brvnnio nostro probabiliter investigatas in Pli-
nianis coiumentariis: vetustiorum alteram, de qua paullo post
dicctur, alteram circa teinpora expugnatae Corinthi clarorum:
Antaei, Callistrati, Polyclis, Callixeni, Pythoclis,
Pythiae, Timoclis. Quibus item duas hebdomadas picto-
rum Mercklinus p. 10 [538] addidit, alteram Alexandri Magni
aetati supparura quos comrauni memoria Quinctilianus XII,
10, (> comprehendit: Protogenis, Pamphili, Melanthii,
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SIVE HEBDOMADVM LIBRI. 561
Antiphili, Theonis, Apellis, Euphranoris: alteram
antiquiorum in quibus Zeuxis et Parrhasius essent et in-
consulto ut putanius praetermissus a Mercklino Polygnotus.
Quodsi binae fnerunt et statuariorum et pictorum hebdo-
mades, non potest quicquam ab ipsa eoncinnitatc plus coin-
meudationis habere quam etiam sculptoribus binas tributas
esie: quorum multitudo per Plinii librum XXXVI diffusa
vel tribns quattuorve aequandis facile sufticiat. His igitur
sex hebdomadis ubi septimam misccllam subi6ceris e scalpto-
ribus, caelatoribus, fictoribus compositam, tam commode
libri duodecimi spatia expleveris, nihil ut ad perfectae aequa-
bilitatis notionem desideretur. Nec e quo potissimum genere
principem Varro delegerit in libro primo praemissum, valdexv
posse dubitari videtur. Nam et cum e dignitate tria artis
genera principalia spectantur, in maiore etiam quam sculp-
tores et pictores honore fuisse statuarios constat, et eodem
certae argumentationis via ducimur. Statuariorura enim aetate
maiorum cum hanc hebdomadam e Plinii lib. XXXIV §54sqq.
Bnuraio auctore eruissemus: Phidiae, Polycliti, Myronis,
Pythagorae Rhegini, Telephanis, Praxitelis, Lysippi:
etsi rei summam Mercklino probavimus, tamen ille p. 10 [537 1
aegre tulit Pythagoram Samium neglpctum, quem post
ipsum Rheginum his verbis Plinius § 60 commemoravit:
ffuit et alius Pythagoras Samius, initio pictor, cuius ad
aedem Fortunae laudata sunt. liic supra dicto facie
quoque indiscreta similis fuisse traditur'. Haec enira, quae
extrema posuimus, non ut in transitu adiecta esse ex eo
intellegi, quod nec ad artis historiam, in qua sola versaretur
scriptor, quicquam facerent, et ad ipsam imaginum notionem
a Varrone explicatarum spectarent ut quod maxime. Rectis-
8iuie id quidem nostro sensu: modo ne subtilissima admoni-
tione ita usus esset ut a reliquorum societate, ne hebdomas
statuariorum superaretur, Praxitelem segregaret. Cui cum
nos ultimum locum a Plinio propterea esse tributum Brunuio
credidissemus, quod eundem fraarmore feliciorem, ideo et
clariorem' ipse Plinius dixisset § G0: eam ipsam ob caussani
non potuisse inter statuarios, debuisse inter sculptores referri
a Varrone Mercklinus arguit. Verum quid est tandem cur
»R. RIT8CUK1.II OPV8CVLA III. 86
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UEBF.R VARROS IMAOINVM
non potuisse Varronem faeere credamus, quod fecit tamen
Plinius? Nec enini alia defutura putamus quae, si in raani-
bus Varronis volumina essent, aliquam ob caussam mirare-
mur. Velut quis in arcliitectis potius quani geometris Arehi-
medem exspectaverit? Ergo servato Praxitele eam potius in
partem octonarium numerum Plinianum interpretabimur, hic
ut ad ipsain hebdomadem Varronianam libri duodecimi ex
isagogico libro asciverit artis universae primarium viruin,
qui de commnni nisi fallimur antiquitatis consensu fuit
Phidias. Vt haud dubie a statuariis exorsus per sculptores
Varro transierit ad pictores. Iam vero si, quem Phidiae
opposuerit Romanum artificeni, quaesieris, non est miruin
non mediocriter nos laborare: sed tamen non laboramus
magis, quam si, quibus tandem copiis ipsius tertii decimi
libri loculamenta referserit, sciscitere. Quantillum est enim,
quod de artis studiis*) veterum Romanorum ad nostram
memoriam propagatum sit? Quid prosunt ad undequiuqua-
ginta imaginum numerum consummandum pingendi arte
spectati Marcus ille Plautius fAsia lata oriundus' apud Pli-
nium XXXV § 115 (de quo non satis caute Brunnius iudi-
cavit Hist. artif. II p. 303 sq.), Fabiusque et Pacuvius, si
xvi modo hos e scriptoribus et poetis exemptos credideris, vel
rRomae celeber paullo ante divoni Augustum' Arellius Pli-
nii § 119? Quid duo fictores sive plastae prosunt, quoruui
alteri olim Turiano nomen, nunc qufdam Volcanio faciunt
apud eundem Plinium § 157, alteruiu Caleuum Canoleium
novimus? Quid denique in aeneo opere elaborantes, quorum
forte fortuna nomina in quibusdam monumentis inscripta
ad nos pervenerunt, Novios ille Plautios et C. Ovios Oufen-
tina cum C. Pomponio Quiriua? vel anciliorum si dis jdacet
*) Nam quod etiam arcbitectorum fama celebrium magna inter
Romanos paucitas fuit, reputandum est cx illis unam efficiendam faisse,
non soptem hebdomadas. Vui autem vel ea, quorum nobis notitu
superat, noiniua sufficiuut: Cossutii, C. Mutii, Stallii ntrinsque, V itra-
vii, his si JMSCenisM Fufidium et Sept.imium credideris ut non comraen-
tariorum tantum de architectura condit^ires, sed uau quoqne eaiu artim
exercentes. De quibus testimonia veterum liabes apud Orunuium HxAo-
riae artilicum II p. 335 sqq.
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SIVE HKBDOMADVM LIBRI. 563
fabricator Maniurius Veturius apudFesti breviatorem Paulluni?
£t tamen e talibus autiquitatis Latinae, Oscae, Sabinae,
fortasse etiam Etruscae*) latibulis atque recessibus immen-
sae vir doctrinae indefessaeque industriae putandus erit tan-
tum quantum opus esset ambitiosius conrasisse potius quam
severius delegisse, necessitati magis cuidam patienter cedens
quam e rei veritate artificum dignitatem metiens debitaque
verae virtuti praemia dispensans. Atque e Varrone excerpta
esse quae de plastices antiquitatibus a § 154 ad 157 Plinius
perscripsit, identidem ipse testatus est. Quae cum ita sint,
fortasse praesto erit quem Phidiae contulisse Varronem
conicias, Decius ille, cuius soli Plinio mentio debetur lib.
XXXIV § 44 haec prodenti: 'habent in eodem Capitolio
udmirationem et capita duo, quae P. Lentulus consul* (anni
ut videtur 697 u. c.) 'dicavit: alterum a Charete supra dicto
factum: alterum fecit Decius, comparatione in tantum victus,
ut artificum minume [iinjprobabilis videatur'. Vbi etsi in
Uambergensi exemplari fdicus' scriptum est pro 'decius', in
quo mutilum latere Graeci nomen artificis, ut 'Prodicus',
Silligius suspicatus est, tamen e sescentis Graecis unum vix
nobis persuademus tanto cum pondere tamque quaesito
acumine item Graeco artifici Chareti oppositum esse. ( 'ontra
Graecae laudis aeinulus Komanus homo commode perspicitur
quo consilio succubuisse quidem dicatur, sed honeste nec
sine laude succubuisse. Nam ^improbabilis' ut cum Fride-
rico Thierschio de epochis artis Graecae p. 297 scribatur
}>ro eo quod in libris proditum est 'probabilis', ipsa vis
sententiae et acumen oppositionis exigit: coutra at^iue Brun-
nius statuit in Historia artificum vol. 1 p. 602.
*) De biH enim Italiae gentibus, non de Graecis, ut Merckliuo
riaum p. 13 [540 j, cogitaviuiua cum Graecos tliximus paullo Hberalius
interpretantlos esse exteros videri, Romanorum in locum substituendoa
Italos potdus.
30*
564
TEBER VAHKOS IMAGINVM
V. ZU VARROS IMAGINES.*)
sn Bei der durch die Umstande (ut fit) gebotenen Correctur-
eile ist in dem 'Epimetrum disputationis de M. Varroius
Hebdomadum sive Imaginum libris', welches dem ludex
scholarum der Ronner Universitiit fur das Soinmerseinester
1858 vorangescliickt worden, der Ausfall von ein paar Satzeu
unbemerkt geblieben, die p. XVI Z. 27 [oben p, 5G3 Z. 20]
auf die Erwiihnung des romischen Erzbildners Decius folg-
ten: MVaeter Decium autem illum non novimus nisi utuiih
solum quem libro tertio decimo praemittere Varro in priiuo
potuerit ut £Hapxov Kai Trpon.Y€MOva artis Romanae: qui est
Coponius fXlV nationum quae sunt circa Pompei thea-
truin' artifex, ex ipso Varrone commemoratus a Plinio lib.
XXXVI § 41. Nisi quod hic quoquc Ranibergensis liber.
in quo ToromV scriptum est, dubitationem inicit uum forte
Graeci potius nomen artificis subsit. Omninoque cum paollo
etiam maior in pictura quam in statuaria arte propria gentis
3i8 Romanae laus fuisse videatur, non nimis esse refragandum
sentimus, si quis in concinnanda secunda hebdomade non
alii nisi pictori sextum esse locum a Varrone datmn con-
iecerit.' Diess war so gemeint, dass es nicht als unmoglich
zu donken sei, Varro habe, wenngleich als Reprasentanten
der griechischen Kunst den Erzbildner Phidias aufstelleud.
doch die romische durch den Meister eines andern Kunst-
zweiges vcrtrekm lassen: ausnahmsweise allerdiugs und mit
Aufgebung der sonstigen strengern Symmetrie, aber ebeu
aus der Noth eine Tugend machend. Indessen konnte, wer
sich doch von jener Symmetrie nicht trennen mochte, iinuier-
hin auch der Meinung Raum geben, dass Varro, gerade weil
ihm nur ein Maler als TrjXaux^c 6fifia der vaterlandisebeii
Kunsttliiitigkeit passend erschienen wiire, diese Riicksicht nun
auch fiir die Wahl des griechischen (iegenstiicks massgebeiul
sein liess und dafiir nicht den Phidias, sondern etwa den
Polygnot (doch wohl eher als Apollodor, Zeuxis oder Par-
rhasius) bestimmte: damit nicht der Abstand der Romer im
*) [Iihein. Murenm f. Philol. P.d. XIII (1858) p. 317-319]
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SIVE HEBDOMADVM LIBRI
565
Gebiete der Kuust gleich von vorn herein allzu augenftillig
wiinle. Denn was fiir die YVahl des Phidias p.XV (562] beige-
bracht worden, ist doch nicht gauz zwingeud, weil es noch
eiuen andem Au.sweg hisst, Allerdings sind es mit Einrech-
nung des vorangestellten Phidias uud beider Pythagoras
acht Meister ersten Ranges, welche Plinius XXXI V § 54 tf.
hervorhebt, imd unstreitig ciue feine Bemerkung von Merck-
liu ist es, dass gerade der Wortlaut, mit dem unmittelbar
nach dem Itheginer Pythagoras der Samier erwiihnt wird,
auf den Gesichtspuukt der Varrouischen Imagines so deut-
lich wie moglich hinweist: ffuit et alius Pythagoras Samius,
initio pictor hic supra dicto facie quoque indiscreta
similis fuisse traditur'. Die Worte sehen ganz danach aus,
als wiiren sie gerade so aus Varro s Buch heriibergenommen.
Aber daraus folgt doch noch nicht mit Nothwendigkcit, dass
dem Samier auch ein eigenes Bildniss gewidmet war; sehr
bequem konnte ja Varro jene Bemerkung in der Erkliirung
des Portriits des Kheginers beiliiutig anbringen. Dann aber
ware auch der Annahme nichts im VVege, dass Phidias nicht
unter den Prototypen stand7 welche die erste und zweite
Hebdomas des ersten Buches bildeten, sondern seinen Platz sid
erst im zwolften Buche nelien seinen niichsten Kunstver-
wandten fand. — Wie es sich damit, und wie init so man-
chem andern Punkte des Varronischen Bilderwerks verhielt
iiber den eine niihere Auskimft uns von so grosseiu uud
vielseitigem Interesse sein wiirde, werden wir wohl leider
nie erfahren.
Bonn, 3. Marz 1858.
VI. VARRONISCHE BRIEFE.*)
1.
Hochgeehrter Herr Professor. Nachdem sich unsere Ver- 46o
handlungeu iiber Varros Hebdoiuaden in den Fristen aka-
deniischer Programme gefolgt sind, erlaube ich mir fiir die
Fortsetzung derselben- Sie um Ihr Rheinisches Museum anzu-
•) [RUein. Muscum f. Philol. Bd. XIII (1858) p. 460-177.)
566
UEBER VAIIROS IMAGINVM
46i gehen, wo der Wechsel von Billigung und Widerspruch, von
AngrifF und Wehr sich unmittelhar begegnen kann und das
mit vereinigten Kraften zu gewinnende Gut der siegreichen
Wahrheit in grossere Nahe geriickt wird. Denn obwohl das
spiirliche Material unserer subtilen Frage so weit gediehen
scilien, um dem abschliessenden Spruche zu unterliegen,
haben Sie in Ihrem letzten Epimetrum der Untersuchung
ganz neue und so weite- Bahnen eroffnet, dass noch manche
auch fiir die vorhandeuen Fragepunkte fruchtbare Betrach-
tung zu gewiirtigen ist. Darum wird auch meine Aufgabe
diesmal eine doppelte sein, indem ich zuerst zu den zwischen
uns noch bestehenden Differenzen zuriickkehre, um dann dem
von Ilinen entworfenen Plan der Imagincs raich zuzuwenden.
Die von Plinius bezeugte Gesammtzahl von 700 imagines
festgehalten und deren Vertheilung auf die 15 Biicher der
Hebdomaden gefunden zu haben, kann ich kaum als be-
sonderes Verdienst in Anspruch nehmen, nachdera von Ilinen
die Moglichkeiten der Vertheilung vollstandig ausgesprochen
und von den Herren Urlichs und Hertz ein an das Rich-
tige streifender Vorschlag geraacht war, so dass es nur noch
darauf ankam, diesen zu niodificiren, um unter jenen Propo-
sitionen die rechte Wahl zu treffen. Wie aber Columbus
nicht auf sein Ei, sondern auf die Entdeckung des nicht nach
ihm benannten Welttheils wird Gewicht gelegt haben, so
kann auch ich, um Grosses mit Kleinera zu vergleichen, den
Beweis, der mich zu jenem Resultat gefiihrt hat, welches
Sie anerkennen, obgleich Sie diesen Beweis unzulanglich finden,
mir nicht schinalern lassen: denn mit ihm fallt fiir niich
auch die Berechtigung jenes Ergebnisses, und in ineineu
Augen ist es nur ein empfehlender Umstand, dass der von
mir eiugesclilagene Weg der einfachste ist. Den Prufstein
fiir unsre beiderseitige Ansicht bildete das lOte und llteCa-
pitcl im dritten Buclie des Gellius, vou dessen freierer Interjire-
tatiou Sie jetzt abstehen. Dass Gellius hier unter dem ersteu
Buche das Einleitungsbuch, nicht das zweite verstanden.
suchte ich durch die Parallele von X, 15, 32 zu erweisen, wo
eine Notiz iiber den flamcn Dialis aus dera zweiten Buch der
Antiq. rcr. divin. citirt ist, obgleich Augustin de c. d. VI, 3
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SIVK HKBDOMADVM LIBBI.
567
dieses von den ponHfices handelii liisst — nur ein schein-
barer Widerspruch, da Varro, der den drei Priesterschaften
der pontifices, augures, X Vviri die ersten drei Biicher nach deni
Einleitungsbuch bestimmt hatte, die dem Pontifex maximus
mitergebenen Priesterthiimer des Kex, der Flamines imd Vesta-
len nirgend anders als unter den pontifices besprocheu haben
kann — woraus dann folgte, dass Gellius auch au unserer
Stelle das Einleitungsbuch als erstes mitgeziihlt habe. Das
Misverstiindniss von Ambrosch (Studien p. 49 Anm. 45)
(welcheni Ihr Verstiindniss von Gellius ganz iihnlich war)
musste ich anfiihren, damit es mir nicht als Einwand ent-
gegengehalten wiirde, und natiirlich auch die auf Marquardt
(Thl. IV p. 168. 187) sich stiitzende Berichtigung. Dadurch
aber, dass zwei Gelehrte eine und dieselbe Stelle verschieden
auffassen konnten, wird die Sache selbst keineswegs un-
sieher. Schon lange vor Marquardt hat sich Merkel (De ob-
scuris Ovidii Fast. p. CXVI vgl. p. CXlII) iiber Ambrosch
gerechter Massen verwundert, und wenn es dcssen noch be-
diirfte, liisst sich zeigen, dass Varro seine Biicher so ziihlte:
Aug. de c. d. VII, 28 quoniam, ut in primo libro dixi dc locis,
denn mit dem primus libcr kann nur das Einleitungsbuch
gemeint sein, quo prim dc oninibus communiter loqucrctur,
nicht das zweite, welches wie wir ebcn gescheu dc jmitiftci-
bus handelte, und dc locis war erst in Buch V VII die Rede.'
Damit scheint mir die constantia des Gellius in der Citir-
methode Varronischer Biicher hiuliinglich befestigt, ura einen
weiteren Einwand, den Sie durch eine feine Distinction
zwischen den Begriffen der ncglcyentia uud inconstantia zu
gewinnen suchen, abzuschneiden, so dass ich in demselben
weniger eine ernstliche Beeiutriichtigung meines Beweis-
ganges als gleichsam eine Apologie Ihrer fruheren Auffas-
suug erblicken kann.
Wir sind also jetzt darin einig, dass die von Plinius
bezeugten 700 imagines oder 100 hebdoniades auf XV Biicher
dergestalt vertheilt waren, dass das erste oder Einleitungs-
buch ausser den Betrachtungen ttber die Siebenzahl nur 2
Uebdomaden, die folgenden 14 Biicher je 7 enthielten, 14
+ (14 X 40) = 700. Eine weitere gleichmassige Verthei-
568
UEIIKK VAKROS IMAUINVM
luug hatte sicb Ihuen aus Ausouius Mosella 306 f. ergebeu,
wo die Hebdomas griecbiscber Arcbitekten dccimo volutnim-
4«3 cclcbrala beisst, woraus folgte, dass nicbt zuerst in 7 Bflchern
Griechen, in den niiehsteu 7 Ronier Platz batten, sondern
dass Griecben und Roiner uiit den Biicbern alternirten, wo-
nacb die Biicher mit geraden Zablen Griecben, die mit un-
geraden Roiner enthielten: denn nur so kamen im lOten Buch
die griechiscben Architekten zu stehen. Ich hatte dagegen
p. 8 [oben p. 536 j erhmert, es konne moglicherweise unter
dccimum volumcn auch die lOte Ilebdoraade verstanden sein,
wenn jede Hebdomade ein volumcn fiillte, wonach die grie-
chischen Architekten an die Spitze des 3. Bucbes zu stehen
kiimen, obne jedocb diesem Einfall weitere Folge zu geben
(p. 8 [oben p. 536]: fSed missa hac cautione'; p. 0 [oben
p. 530): fsi Ausonii verba de libro decimo accipis'), imd es
wird mir daher gar nicht scbwer, nach Ihren ausfuhrliclieu
Gegenbemerkungen von deniselben ferner abzustehen. Er
wiire nie geiiussert worden, hiitte mir bei der Abfassung
meines Programmes der vou Ihnen jetzt sebr ansprechend
entwickelte Plan des ganzen Varronischen Werkes vorhegen
konnen, zu dessen dankenswerther Mittheilung Ibnen jenes
erst Veranlassung gegeben. Damit setzen Sie eine andere
meiner Annabmen in Verbinduug, welche gegeniiber jeneni
Plane ebenfalls als vorscbnell erscbeinen muss, niimlieh
die, dass die Reibe jener 14 der Aufeinanderfolge und
dem Inbalte der Biicher entsprechenden Repriisentanten
im ersten Bucbe von Homer eroffnet worden sei, was Sie
daun mit jener Stellung der Architekten im 3ten Buch in
schneidenden Widerspruch verwickeln, woraus aber zunachst
docb nur die von rair den Architekten angewiesene Stellung
unstatthaft wird. Denn ganz aus der Luft gegriffen war die
Annahrae iiber Homer nicht. Es lag ihr niimlich die Vor-
aussetzung zu Grunde, dass Gellius seinem anderswo naeh-
weislich beobacbteten Verfahren treu geblieben, das was in
seiner Quelle unmittelbar zusaramenhing in zwei auf eiuander
folgende Capitel zu zerspalten. Danach hiitte sich Honier
gleich uii die Erorterungen Uber die Siebenzabl angeschlossen
und soinit jene Reihe eroffnet. Wenu ich nun zu Gunsten
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SIVK HKKhOMADVM LlBRl
560
Ihres Planes von jener Anuahme gern zuriicktrete, darf ich
wohl auch das ofteue Bekenntniss ablegen, dass ich mich
vormals durch Sie selbst (Winterprogr. von 1856 7 p. X f.
[oben p. 518 1 uud Rhein. Mus. XII p. 154 [oben p. 530J) in ihr
habe bestiirken lassen, freilich mit — grossein Unrecht, da ich
Jhnen gleichzeitig die Priiniisse Ihrer ganz consequenten
Folgerung entzogen hatte. So wenig ich daher gesonnen
sein kann mich deshalb rcchtfertigen zu wollen, glaube ich
doch, dass die Worte, mit welchen Sie p. V [oben p. 548 J
meinen Mangel an Vorsicht strafen, jetzt nur noch zur
Hiilfte von mir verdient sind.
Die bei dem spiiten Ausonius mit ausdrtteklieher Ver-
weisung auf Varro erhaltene Hebdoraade der griechischen
Architekten fordert dringend auf, in der ganzen nachvarro-
nischen Litteratur nach andern Hebdomaden auszuschauen,
von deren Gewinn zunachst der weitere Ausbau des fach-
reichen Werkes abhiingig sein muss. Solche sind von Ilinen
und Brunn aus Plinius, von mir aus Quintilian hervor-
gezogen worden und haben bereits eine gegenseitige PrUfung
zu bestehen gehabt. Dass meine aus Quintilian X, 1 ent-
wickelten Hebdomaden der Litteratur nur dazu dienen soll-
ten, die 7 Maler XII, 10, 6, welche 8ie anerkennen, als von
Varro entlehnt zu bestiitigen, habe ich selbst ausgesprochen
und finde es daher ganz in der Ordnung, dass Sie jene nicht
sofort mit gleicher Bereitwilligkeit zulasseii. Nur glaube ich
konnte sowohl fiir als gegen dicselben mehr gesagt werden,
als von Ihuen geschehen ist. Um mit Ihren Bedenken an-
zufangeu, habe ich unter deu griechischeu Epikern nicht fun-
bedacht', sondern absichtlich*) Autimachus ausgelassen, da
ihu Quintilian, obwohl er sagt: rsed quamvis ei secundas
fere grammaticorum consensus deferat', dennocli nicht an
der zweiten Stelle nennt, woraus mir zu folgen schien, dass
er ihn in seiner Quelle (Varro) nicht vorfand, sondem wegen
des consctistis ijrammaticorum selbst einscliob, und dass der-
gleichen Zusiitze oder Auslassungen oder Substitutionen Quin-
*) 'Unabsichtlich' 8iihe ich auch mein imprudcnter lieber uber-
setzt als 'unbedacht'. F. H.
570
UEBER VAKKOS IMAOINVM
tilian uiit dem ihm vorliegenden Pinax seinem Zwecke ge-
niass mag vorgenoinmen haben, geben Sie ja selbst unbe-
denklich zu. Vielleicht hatte ich aber statt dessen richtiger
Apollonius gestrichen, denn einer aus der Reihe rausste fal-
len, warum aber dieser, davon sogleich. Ebenso habe ich
auch bei den 7 romischen Epikern, welehe Quintilian bis
auf Varro s Zeit gerade darbietet, nicht 'vergessen', dass ein
icb achter fiir das Einleitungsbuch iibrig bleiben musste, um
Homer gegeniibergestellt zu werden. Denn dazu bestimmte
ich den von Quintilian nicht genannten Livius Andronicus,
woriiber unten ein Mchreres. Meiner ganzen Annahme gun-
stig ist, dass, wie ich inzwischen gesehen, schon Bergk de
reliq. com. Att. ant. p. 147 f. in Quintilians Urtheilen einen
Anschluss an Varro, wenn auch nicht gerade in den Heb-
domaden, nachgewiesen hat, und eine Uebereinstimmung bei-
der wird sich wohl noch in manchen andern Punkten zeigen
lassen. Was ist z. B. wahrscheinlicher, als dass bei Gellius
XVII, 4 nicht nur das iiber Euripides gesagte, Ihrem
Urtheile geiniiss, aus Varros Hebdomaden stainnit, sondern
auch der Aufang des Capitels: 'Menauder a Philemone, ne-
quaquam pari scriptore, in certamiuibus comoediarum ainbitu
gratiaque et factionibus saepenumero vincebatur'? Denn
dasselbe klingt bei Quiutilian X, 1, 72 wicder: ^Phileinon,
qui ut pravis sui temporis iudiciis Menandro saepe praelatus
est, ita consensu tamen omnium meruit credi secundua*.
Nicht die schwiichste Unterstiitzung bietct uiir die im Ver-
folg wieder zu beriihrende Walirnehmung dar, dass dem
Quintilian ein chronologisch geordneter Pinax {index ex bt-
bliotlicca sumptus § 57 vgl. § 104) vorgelcgen, den er aller-
dings nach seinem Utilitiitsprincip (§ 22. 37) liiiufig genug
abgeiindert hat, jedoch so, dass er hin und wieder von sei-
nem Verfahren gewissermassen Recheuschaft abzulegen nicbt
unterliisst, z. B. § 74: 'Theopompus his proximus (numlich
aetatc) ut in historia praedictis ininor'. — cPhilistus quoque
meretur, qui turbac quamvis bonorum post cos auctorum ex-
imatur'. — § 75: *Longo j)ost intcrvaUo temporis uatus Tima-
genes'. § 78: *His actatc Lysias maior'. § 88: 'Enniuni —
propiorcs alii atque\ § 103: fQuam paulum actatc praccc-
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SIVE HKHDOMADVM LIBKI.
571
dens euni Bassus Autidius'. Auch die Fassung von § 96
spricht fiir eine ehronologische (irundlage, soll nicht Wider-
spruch entstehen. Dagegen liisst sich einstweilen ein starker
Einwand gegeu mich herleiten aus dem noch nicht auf-
geklarten Verhiiltniss, iu welchem Quintilians Urtheile zu
der unter dem Namen des Dionysius von Halikarnass gehen-
den tujv dpxcuujv Kpicic (Reiske Bd. V p. 415 f.) stehen, in-
deni die Frage nach der Quelle des Quintilian auch auf
diese ausgedehnt werden muss. Und bei der deutlichen 466
Uebereinstimmung beider wiire es von niir richtiger gewesen,
nicht Antiroachus, sondern Apollonius in der Hebdomade
der Epiker auszulassen. Hinsichtlich meines Vorschlags,
unter die von Brunn aus Plinius XXXIV, 54 tF. gezogene Hebdo-
made der statuarii auch Pvthagoras von Samos aufzunehmen.
+> cz> /
erfreue ich mich lhrer Zustimmung, dagegen bestehen Sie
darauf, den Praxiteles, obgleich marmore feliciorcmf idco et
dariorcm, nicht wie ich wollte zu den sculptorcs zu stellen,
soudern bei deu Erzarbeitern zu belassen, deren uun acht
sind, und wollen in diesem Fall dem Varro lieber etwas
Wunderliches, als das sonst iiberall bevorzugte Einfache bei-
messen. Und allerdings miissen Sie darauf bestehen, um
aus jeuer Achtzahl den Phidias als Heros der Kunst in das
Einleituugsbuch versetzen zu konnen, woher ihn Plinius zu
der dann iibrig bleibenden Hebdomade gefiigt haben soll.
Da das vorliegende Material zur Entscheidung dieses Streit-
punktes nicht ausreicht, werden Sie mir vielleicht mit dem
Vorschlage Ilecht geben, ihn otten zu lassen, bis der Grund-
satz gefunden ist, welcher bei Varro die Auswahl jener 14
Korvphiien bestimmte. Denn was berechtigt uns schon sie
Koryphaen zu nennenV Hiemit hoffe ich die nocli zwischen
uns obschwebenden Meinungsverschiedenheiten, 80 weit sie
es verdienten, beriicksichtigt zu haben und kanu mich nun
dem vou Ihnen erweiterten Gesichtskreise unserer Frage hin-
geben.
Es leidet keinen Zweifel, dass, wenn iiber den Plan dcr
Varronischen Tmogincs schon jetzt eine Ansicht ausgesprochen
werden sollte, dies auf keinem andern Wege geschehen durfte,
als auf welchein Sie eine sehr ansprechende Einsicht in die
\
572 UEBEK VARROS IMAGINVM
ganze Oekononiie und Vertheilung des manigfaltigen Stoffes
gewonnen haben. Die Hypothese, welche Sie daruber auf-
stellen, wird uieht nur von der allgemeinen Anschauung des
Alterthuins und allen bctreftenden Indicien Varronischer
Eigenthumlichkeit getragen, sonderu steht auch mit den
sichern bisher gewonncnen Daten iin besten Einklang, so
dass ihr, auch wer iiber diese im einzelnen noch anders
denkt, den Grad von VVahrscheinlichkeit nicht absprecheD
kann, welcher uberhaupt in diesen Dingen mit jetzigen Mit-
teln erreichbar ist. Jeder kilnftige hier einschlagige Fuud
«7 wird zur Bestatigung oder Erganzung Ihres Planes beitragen,
und ich wunsche nichts angelegentlicher, als es nioge bald
ein Datum von gleicher Gcwissheit und Tragweite, wie jenes
Uber den Sitz der griechischen Architekten im lOten Buche
sich aufthim, um, wie zwischen zwei Puukten nur cine gerade
Linie moglich ist, so vorwiirts die ganze von Ihnen vor-
gezeichnete Bahn des Werkes unwiderleglich zu bestimmen.
Bis dahin aber behalt Ihre Aufstellung, was Sie sclbst nicht
verkennen, nur eincn hohen Grad hypothetischer Wahrheit.
Die Festigkeit jeder Hypothese hiingt von dem Verhaltniss
ab, in welchem die vorausgesetzten Glieder zu den gegebenen
stehcn, und ihre Probabilitiit wiichst in dem Grade, wie
diese jene iiberwiegcn. Vergegenwartigen wir uns nuu, dass
unter 10<> Hebdomaden oder geuauer unter 9fl nur die eine
dcr Architckten ihrer Stellc nach im lOten Buch, obgleich
untcr dcn 7 Hebdomaden dessclben noch schwankend, sicher
ist, so erhalten wir ein Verhiiltniss des Unbekannten zuni
Bekannten wie 98 : 1 , und wer einseitig hieran festhalten
wollte, konnte den Wcrth Ihrcr Hypothese gering anschlagen.
weil deren Haltbarkeit- nur an einem Datum zu ermessen
war. Aber er wiirde Unrecht thun die ganze Keihe mehr
oder minder wahrscheinlichcr Hcbdomaden zu iibersehen,
welche sich Ihrer Anordnung so schon fiigen, dass sie da-
durch, was ihnen am vollcn Biirgerrecht noch abgcht, in
meinen Augen wcnigstcns zu erlangen scheinen. Freilicli
Jiesse sich auch dann noeh an Ihrein Plane riitteln. Denn
wollte ich streitsiiehtig sein, so konntc ich wohl an Ihre
Bemerkung iiber Praxiteles p. XV [oben p. 5G1 f.J aukuupfend,
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SIVE IIEBDOMADVM MIIKI.
573
wonach wir uns iiber dergleichen Eigenheiten bei Varro
nicht wundern sollen, mit deniselben Rechte zuriickfragen,
was uns doch nothigt in dem Plane des (tanzen Durchsieh-
tigkeit und Consequenz vorauszusetzen, wahrend im Einzel-
ncn nicht immer das Einfache, um nicht zu sagen das Lo-
tfische, den Sieg davon getragen? und kijnnte weiter auch
meine Annahme iiber Homer an der Spitze der Bilder im
ersten Buch, fiir die sich doch etwas sacen lasst, mit
scheinbaren Stiitzen befestigen. Doch das sei ferne. Viel-
mehr will ich unter Voraussetzung von der Richtigkeit Ihres
Planes mich auf einen Punkt beschranken, der zwar von
dieser weniger abhiingig ist, dessen Erwiigung aber auf die
Disposition des (ranzen nicht ohne Einfluss bleibt. Er be- 4m
tritft abermals die 14 Koryphiien. Auch hier finden wir
uns wieder auf ein sicheres Datum, den von Gellius bezeug-
ten Homer, eingeschriinkt, der sowohl dem Range als der
Zeit nach an der Spitze der Dichter stehen musste. Sodann
habe ich p. 7 [oben p. 535] Aeneas als den Repriisentanten
der romischen Heroen vermuthet, worin Sie mir beistiin-
men, indem Sie ihn als Paradigma des 3ten Buches angesehen
wissen wollen, was wiederum bei mir keinen Widerspruch
findet Wenn Sie aber p. XIV [oben p. 500] aussprechen,
nur Aeneas und dessen griechischen Gegeninaun fiir das
2te Buch habe Varro aus der mythischen Zeit gewiihlt, und
diese Ansicht bei allen iibrigen wenn auch nur beispielsweise
vorgeschlagenen Repriisentanten festlialten, so stehe ich niclit
an dem gegeniiber fiir meine Ueberzeugung zu erklaven,
dass vielmehr alle 14 paradigmatischen Bilder nicht sowohl
dem Range nach als der Zeit nach an die Spitzo ihrer
Gattungen gestellt waren, was natOrlich nicht ausschliosst,
dass sich beide Riicksichten zuweilen, wie bei Homer, ver-
einigen konnten. Fiir die bestimmende aber halte ich die
(hronologische. Homer und Aeneas widersprecluMi dieser
Annahme nicht, es bestatigt dieselbe aber meine ich naliezu
Alles, was wir sonst von diesen Hebdomaden wissen oder
vermuthen. Sie selbst haben sowohl in ihrem ersten Pro-
granuu als in dem Epimetrum (p. X [oben p. 554]) anf das
von Varro nicht vernachliissigte Moment der Zeitfolge in d< r
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574
UEBER VARKO'8 IMAOINVM
Anordnung der einzelnen Hebdomaden hingewiesen. Und ich
stirame Ihnen daher vollstandig bei, dass Sie das lOte Buch
nicht mit den 7 Archifcekten beginnen lassen, weil deren
Keihe mit Diidalos anhebt, so dass kein iilterer als Paradigma
iiber ihn gestellt werden konnte, wahrend ich uber die Heb-
domade der Aerzte schon etwas anders denke. Die beiden
Hebdomaden feruer der statuarii, der Maler (Folygnot habe
ich natiirlich nicht ausgelassen, sondern unter meinen 'alif
(p. 11 foben p. 538J) mitgerechnet), also auch wohl die bei-
den vorausgesetzten der sculptores waren geschieden naeh
der Zeit. Sie halten es weiter fur wahrscheinlich (Epim.
p. X [oben p. 5541), dass aus den 7 Jahrhunderten Roms
Varro eben so viele llebdomaden von Staatsniiinuern und
Feldherreu erlesen habe, ja dass innerhalb der Bflcher 2. 3.
4. 5 die chronologische Anordnung die vorherrschende ge-
*6i> wesen sei. Demnach glaube ich, auf das iiber Quintilian
gesagte zuriickweisend, nicht zu weit zu gehen, wenn ich
das chronologische Princip als das sowohl die Anordnung
ganzer Biicher wie auch die Reihenfolge der itiuigincs
innerhalb der einzelnen llebdomaden beherrschende be-
zeichne, das uns soweit wir sehen konnen theils offen ent-
gegentritt, tlieils wenigstens vorausgesetzt werden darf.
Hat es damit seine Richtigkeit, wie Sie hoffentlich aner-
kennen, so sind wir bei der grossen von Ihnen mit Recbi
betonten Symmetrie des Werkes auch bereclitigt, sehon in
jenen paradigmatischen Namen nicht nur die Classification
des Stoffes, sondern auch das Instorische Princip seiner An-
ordnung ausgesprochen zu finden. Unter dieser Voraussetzung
begreift sich vollkommen die mit Homer verkniipfte Erurte-
rung der Frage nach seinem oder Hesiods hoherem Alter
(Gellius III, 1 1 ), die freilich in jeder Biographie Homers vor-
komraen konnte, in voller Breite aber erst an ihrem Platae
war, wenn es sich bei ihra, wie bei den ubrigen Reprasen-
tanten, um die Begrfindung ihrer historischen Stellung han-
delte. Darum habe ich gegen Deukalion oder Phoroneus
• oder Kekrops dem Aeneas gegenuber nichts einzuweuden,
Ennius aber, von Ihnen dem Homer zur Seite gestellt, er-
scheint rair unzulassig und ich entscheide raich, wie gesagt,
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SIVE IIEHDOMADVM LIHKI.
575
ftlr Livius Andronicus. Ich weiss recht wohl, dass Varro
selbst bei Nonius v. die Ilias Homers neben Ennius An-
nalen setzt als Beispiele fiir seine Definition des Poesie, dass
Horatius Epist. II, 1, 50 den Enuius alier Honwrus nennt;
aber wenn es rait der Hebdoraade der roraischen Epiker bei
Qnintilian seine Kichtigkeit hat, in welcher Ennius sich
bereits befindet, wo anders als uuter den 14 fand Livius
Andronicus seine Stelle, der wie Horaer den Griechen, so
den Roinern antiquissimus pocta war, der sich auch ganz
wohl neben Homer stellen liess, als Uebersetzer der Odyssee,
als lyrischer, als komischer Dichter, ihra weniger ebenbiirtig
allerdings als Eunius, aber zum Keprasentanten aller drei Gat-
tungen der Poesie wie mir scheint nicht weniger geeignet.
Sollen wir Varro zumuthen, er habe den in seiner Gallerie
wahrscheinlich einzigen Vertreter des Saturnischen Verses
ubergangen? Mir kommt iibrigens auch noch der Umstand
zu Statten, dass icli die bei Quintilian 'auftretenden Hebdo-
niaden nicht zu andern brauche, wiihrend Sie mehr als ein- *
mal geneigt sind (p. XIII [oben p. 559 j) an Stelle der aus
ihnen in die 14 erhobenen andere einzuschieben. Aber es
wird meine Ansicht aucli noch von folgeuder nicht unerheb-
lichen Erwiigung unterstiitzt. Sie haben in Ihren beiden
Programmen (I p. 7. 12 (oben p. 514. 520 f.| 1] p. 12. 15
foben p. 557. 5G2]) mit gutem Bedacht die Schwierigkeiten
hervorgehoben, welche Varro aus seiner Aufgabe erwachsen
mussten, den griechischen oder, wie Sie lieber wollen, ausser-
italischen Notabilitiiten eine gleiche Anzahl romischer oder
italischer in denselben Gattungen gegeniiberzustellen, und
sind dadurch zu der Annahme gekomnien, es hiitten sich
nicht imraer ganz genau dieselben Capitel auf beiden Seiten
entsprochen, sondern in manchen Fiillen nur verwandte Gat-
tungen mit einander verglichen werden konnen. Wer mochte
die Kichtigkeit dieser Beobachtung in Abrede stellen? Aber
die Mangelhaftigkeit romischer Cultur verdeckte Varro damit
doch nicht, sondern machte sie doch wohl nur bemerklicher,
wenn er zwar dieselbe Gesammtzahl aufzubringen vermochte,
jedoch nur dadurch, dass er nachgiebig war in den vergliche-
uen Punkten. Diesen Uebelstiiiulen nuu glaube ich wich er
570
UEBKIl VARROS IMAOINYM
aui sichersten aus, wenn er eine mnglichst ehronologische
Anordnung befolgte, ja er erreichte dabei nocli einen be-
trachtlichen Vortheil. Denn es nuisste sofort in die Augeu
springen, wie dic viel jiingere romische Welt iu den 7 Jalir-
hunderten ihrer Entwickeluug dennoch einen der Zahl uach
gleichen Ertrag geliefert, also die griechische Cultnr nicht
nur erreicht, sondern uberHiigelt hatte. Und wo sie ihr an
Qualitiit nachstand, da war durch diesen chronologischen
Gesiehtspunkt die Vergleichung selbst gesehwiicht, Hedenkeu
wir nur, wie ungiinstig bei den 14 Korvphiien die Parallele fur
die Romer ausschlagen uiusste. Neben Homer Ennius oder
Livius Andronicus, neben lMiidias, wie Sie wollen, jener nicht
einmal seinem Namen nach sichere Decius, oder wer aucli
immer, neben Demosthenes Cicero, wenn auch von dem be-
freundeten Varro hoher gestellt als von unseren neuesten
Historikern, kounten sie, mit aller Glorie romischer Nationa-
litiit umgeben, mit jenen sich messen? Dagegen war alle
Gefahr vermieden, wenn jene 14 nicht sowohl dic Gipfel
und Glanzpunkte ihrer (Jattungen als deren Anfaugspnnkte
471 waren, nicht sowohl Heroen der Staatsweisheit, Litteratur.
Wissenschaft und Kunst als die friihesten Vertreter «ler
griechisch - romisehen Ilumanitiit und Cultur uberhaupt.
Musste da nicht in manchen Stiicken dcr Gesichtsj>unkt
der wetteifernden Parallele zum Theil oder» wohl auch ganz
fallen und die der Zahl nach gleiche Leistung italischer
Cultur nur wie eine Fortsetzung und auch wohl Fortbildun^
der iilteren griechischen erscheinen, eine Ansicht, dic den
Itomern jener Zeit, deren Vorfahren sich bereits iiberredet
hatten die Abkominlinge griechischer Ahnen zu sein, nicht
sehr fern lagV
Ich schliesse diese Fortsetzung unserer D«'batte mit dem
VVunsche, es moge dieselbe bei lhnen eine ebenso gcneigte
Aufnahrae Hnden wie mein vorjiihriges Programm, und Ihnen
zu neuen Hereicherungen unserer Kenntniss der Varroniseheu
Hebdomaden ein gleich willkommener Anlass sein, der ich etc.
Dorpat, den 26. Miirz 1858.
L. Mercklin.
SIVE HEBDOMADVM LIBIU. 577
Meinerseits die vorstehende Debatte fortzusetzen finde
ich keinen Anlass. Was ich gegen einzelne Punkte dieses
dankenswerthen und belehrenden Sendschreibens zu erinnern
hatte; betrilft so Untergeordnetes, theilweise selbst nur For-
nielles der Polemik, dass es mir im Interesse der Sache nicht
der Milhe werth scheint dabei zu verweilen, gegeniiber dem
Wesentlichen und Bedeutenden, das meine ganze Zustimmuug
bat Nicht als verkannte ich einen Augenblick (ich sage das
nicht gegen das Sendschreiben, sondern vielmehr zum Schutz
seiner und meiner Combinationen) den hypothetischen, somit
problematischen Charakter der ganzen Untersuchung. Fiir
unfruchtbar oder verdienstlos halte ich sie demungeachtet
darum so wenig wie den Versuch, aus geringen und zer-
stiickelten Resten eines Handschriftentextes oder einer In-
schrift, oder selbst ohne solche Reste nach den blossen An-
haltpunkten innerer Argumentation mittels rein productiver
Conjectur ein Ganzes aufzusteilen, das man als das Aechte
weder verbiirgen kann noch will. Wer es vorzieht sich mit
der einfachen Anerkennung der Liicke zu begniigen (ob einer
Lucke in der Ueberlieferung von Worten oder Thatsachen,
kommt auf eins hinaus), wahlt allerdings das Ungefahrlichere,
muss aber auch auf die Freude verzichten, auf dem Wege
anschaulicher Exemplification gerade durch das Unvollkom- 4
mene seines positiven Versuchs andere zum Ueberbieten des-
selben zu reizen, und so indirect dem Ziele naher zu fiihren,
da8 nun einmal ohne die Umwege des Irrens nicht erreich-
bar zu sein pflegt. Von dem anfanglich weiten Kreise allge-
meiner Moglichkeiten fallt denn doch, zumal wenn neue
Augen mit frischer Schiirfe hinzutreten, durch vergleiehende
Abschatzung allmiihlich eine nach der andern, indem sie ent-
weder als iu sich unwahrscheinlieh erkannt wird oder, wenn
an sich zuliissig, gegen die noch berechtigtere zuritcktritt;
und so bleibt am Ende, wiilirend sich der Kreis immer mehr
und mehr verengt, doch in der lle^el das eiue Wahrschein-
liche selbst iibrig, wenn der Process nur lange genug und
unbefaugen genug fortgefiihrt wird; wenigstens sind Aus-
nahmen voii der Regel (da es ja natiirlich auch absolute
desperanda gibt) weniger hiiuiig als Kinige zu meinen scliei-
t'U. UI I HCUKLII OPV84 \ I A II I. .'17
578 UEBEB VARROS IMAGINVM
nen. Diese, denen der Unterschied einer wissenschaftlich
berechtigten Hypothese und einer willkiirlich phantastischen
auch in Bezug auf die vorliegende Varro-Frage noch nicht
hinlanglich klar geworden zu sein scheint, mogen es denn
auch verantworten, dass wir unsern Leseru von gereifterer
Einsicht die Erwahnung solcher Elementarbegriffe kritischer
Methode nicht ersparen durften. So viel werden sie jeden-
falls zugeben miissen, dass wir etwas mehr von den Varro-
nischen Imagines uach den jiingsten dariiber aufgestellteu
Hypothesen doch wissen als vor ihnen, und sollte es selbst
nicht viel mehr sein als dies, dass die Grenzen dessen, was
daruber iiberhaupt gewusst werden und nicht gewusst werden
kann, annahernd erkannt worden sind. Und so ist denn ein
Schritt vorwarts ohne Zweifel auch dieser wieder, dass mit
der Beseitigung der qualitativen Koryphiien in Staat, Lit-
teratur, Wissenschaft und Kunst, wie sie versuchs- und bei-
spielsweise, ich mochte fast sagen fragweise, in dem Epi-
metrum disp. de Varr. Hebd. vorgeschlagen wurden, aber-
mals eine der allgemeineren Moglichkeiten ausgeschlossen
und an ihre Stelle eine bestimmter berechtigte, d. h. eine
Wahrscheinlichkeit, gesetzt worden ist, die namlich, dass es
nicht das Princip des Ranges, sondern vorwiegend das des
Alters war, welches bei der Auswahl von zweimal sieben
Ileprasentanten menschlicher Beruhmtheit und Bedeutsamkeit
leitete. Den dafiir in dem Sendschreiben geltend gemachten
Motiven musste meinerseits eine um so grossere Enipfang-
lichkeit entgegenkommen, je geneigter inich einer so modi-
ficirten Vorstellung die bereits einige Tage fruher von mei-
nem Freunde Brunn eingegangene briefliche Mittheilnng
gemacht hatte, welche ich, obwohl sie nicht eigentlich ffir
die Veroffentlichung durch den Druck niedergeschrieben war.
doch nachstelu?nd folgen lassen darf. So weit uberhaupt
auf Stimmenzahlung etwas ankommen Jtann, ist es gewiss
nicht ohne Interesse und nicht ohne WTerth, dass zwei uiit
demselben Gegenstande eingehend und sinnig sich beschaf*
tigende Gelehrte gleichzeitig, und von verschiedenen Ans-
gangspunkten aus, auf dieselbe Auffassung gefuhrt werden.
Dem einen wird die von Seitcn der litterarischen Kritik sich
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SIVE HEBDOMADVM LIBRI.
579
ergebende Bestatigung so erwiinscht sein; wie dem anderu
die aus der (iberaus gliicklichen Vergleichung der Dioskori-
des-Hebdomaden gewonnene. Wird uns durch diese Minia-
turen, in Verbindung mit dem iiber die Varronische Archi-
tekten-Hebdomas Bozeugten, der Gesichtskreis mehrfach er-
weitert (so dass wir uns z. B. selbst davor nicht mehr wiir-
den zu scheuen haben, im ersten Buche eine mythische Per-
son, und noch einmal eine mythische Person derselben Kate-
gorie an der Spitze der in einem spatern Buche entsprechen-
den Hebdomas anzunehmen), so bringt freilich der neue
Standpunkt auch neue Schwierigkeiten mit sich. Aber dass
wir jetzt die romischen Gegenbilder der mythischen Grie-
chen, in Ermangelung einer uns irgend vergleichbaren my-
tbischen Tradition der Romer, noch weniger errathen konnen,
begriindet doch keinen richtigen Einwand gegen die an sich
so ansprechende und einleuchtende Auffassung. Ob wir im
einzelnen noch weiter kommen werden, muss die Zukunft
lehren; fiir den Augenblick scheint die Leistungsfahigkeit
der subjectiven Combination wohl erschiipft, und gerathen,
die Fragen eine Zeit lang ruhen zu lassen, deren Beantwor-
tung sich nun einmal nicht erzwingen lasst.
F. Ritschl.
2.*)
Ehe noch das 'viribus unitis* Ihres neuesten
Programms mir unsere Gesprache iiber Varro's Imagines ins
Gedachtniss zuruckrief, hatten sich meine Gedanken diesem
Thema schon mehrfach wieder zugewendet. Was denn nun
eigentlich Varro *lineis praestitit\ zu fragen, musste mir als
Archaologen natiirlich nahe liegen. Die Antwort auf die
Frage zu finden, wenn ich sie gesucht hiitte, wiire mir in-
dessen schwerlich gelungen. Und doch glaube ich sie jetzt
da gefunden zu haben, wo ich sie zunachst hatte suchen
sollen. Freilich nicht eine directe Antwort, sondern nur
*) [Daas Brunn die hier autgestellten Ansichteu uber daa Einzolne
jetzt aufgegeben bat, zeigt sein Auffeatz iiber Corneliua Nepos in den
SitzungBberichten der Bayr. Akad. 1875 I p. 311 E C. W.J
37 •
680
UEBER VARRO S IMAGINVM
eine hypothetische, mit der wir uns aber bei dem ganzen
hypothetischen Wiederaufbau des Varronischen Werkes zu-
nachst wohl begniigen diirfen. Ehe ich meine Quelle nenne,
darf ich an Sie wohl die Frage richten, ob es wahrschein-
lieh, dass zu dem Text der 700 illustrium aliquo modo, der
wohl schwerlich 700 Bliitter fiillte, auch noch eben so viele
Blatter mit Abbildungen gefiigt gewesen seien? Ich glaube,
dass es Ihnen weit erwilnschter sein wird, wenn Sie die Zahl
auf 100 reduciren diirfen — fiir jede Hebdomas ein Blatt
474 Weiter darf ich auch noch auf die Worte bei Plinius hin-
weisen: noti passus interciderc figuras. Ich mochte sagen:
allen Respect vor dem Ungeschick des Plinius! aber sind
nicht hier Portratfiguren*) eben so sehr am Platze ata
Kbpfe, an die wir zu denken nur zu leicht gewohnt sind?
Und nun nehmen Sie Viscontrs griechische Iconographie zur
Hand, um sich auf Tafel 34 und 35 an dem Anblick zweier,
zwar nicht Varronischer, aber, wie mir scheint, im Sinne der
Varronischen zusammengestellter Hebdomaden zu erfreuen. Sie
sind den Miniaturen der Wiener Handschrift des Dioskorides
aus dem ftinften Jahrhundert entnommen; die Erfindung
der Bilder jedoch gehort offenbar einer altern Zeit an. Dar-
gestellt sind Botaniker und Mediciner, auf dem ersten Blatte
in der Mitte der obern Reihe Chiron, links von oben nach
unten Machaon, Pamphilus, Xenokrates, rechts Nigros (Sex-
tius Niger), Heraklides und Mantias; auf dem zweiten in der-
selben Ordnung Galen; Krateuas, Apollonius und Andreas;
Dioskorides, Nikander und Rufus. Dass die Erfindung nach-
varronisch ist, zeigen auf den ersten Blick Galen und Pios-
korides, so wie die Vermischung von Griechen und Romern.
Aber auf die Frage: wie verfiel man auf eine solche, doch
gewiss nicht zufallige Anordnung? ist gewiss die einfachste
Antwort: durch das Beispiel des Varro. Und umgekehrt
weiss ich nicht, was man von den Varronischeu Bildern an-
deres verlangen soll, als uns diese in ihrer sputen Ausfuhrnng
immer noch hinlanglich charaktervollen Figuren bieten.
*) Dass Aeneaa in ganzer Figur, nicht im Brustbild dargestellt
war nach derf "nvAyeidentigen Beischreibuug des Lydus, wurde scJion
Kh. Mua. XII p. lf»3 foben p. f>28j ausdrucklich hervorgthoben. F. R
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SIVE HEBDOMADVM LIBRI. 581
Ich lasse niir also vorliiufig daran geniigen, und wende
oiich f&r jetzt lieber Ihrem neuesten Programni zu, fiir wel-
ches ich meinen Dank nicht durch ein einfaches plaudite,
sondern durch allerlei Bedenken bekunden will, die doch
vielleicht noch zu weiteren Aufklarungen fiihren konnen. Sie
betreffen zunachst die Hebdomas der Bildhauer, in welcher
Sie nach Mercklin's Vorgang dem Pythagoras von Samos
eine Stelle angewiesen haben. *) Die Beziehung der Notiz
des Plinius, dass er dem bekannten Rheginer Pythagoras
facie quoque indiscreta iihnlich gewesen, blendet allerdings,
aber ich ftlrchte — sie verblendet. Ist er nicht gar zu un-
benihmt? Sie werden mir den ganz unbekannten Menekrates
unter den Architekten entgegenhalten. Aber tiber die Bild-
hauer stehen uns denn doch weit reichlichere Quellen zu
Gebote. Fassen Sie den weitverbreiteten Ruhm eines Phi-
dias, Polyklet, Myron, des Itheginer Pythagoras, des Praxi-
teles uud Lysipp ins Auge: wie bestimmt treten sie bei Pli-
nins als die gewaltigsten aus der (ibrigen Masse heraus! Bei
dem uns unbekannten Tclephanes heisst es dann ausdriick-
lioh: 'artifices qui compositis voluminibus condidere haec,
miris laudibus celebrant Telephanem', und der Mangel weit-
verbreiteten Ruhmes wird noch ausserdem scharf motivirt.
Erscheint daneben das fuit ct alius P., cuius signa — laudata
sunt nicht uberaus matt, wahrend doch hier die Gleichnamig-
keit bei beabsichtigter Gleichstellung des Verdienstes einen
Uebergang wie vicit — , gloria certat gerade nach der sonst
bekaunten Manier des Plinius dringend erfordeni wiirde?
Oegen diese Bedenken erscheint mir die Vergleichung der
facies indiscreta von untergeordneter Bedeutung; und ich
glaube, Sie sclbst wQrden sich weniger schnell der Meinung
Mercklin's angeschlossen haben, wiire Ihnen nicht die Erwei-
terung dieser Hebdomas um eineu Namen nach einer andem
Seite hin willkommen gewesen: naralich um wiederum einem
den beriihmtesten Namen, fiir das erste Varronische Buch
*) Bereits von mir eelbet zuriickgenommen Rh. Mua. XIII p. 318
[oben p. 564], wo dem Phidiaa der Ehrenplatz in seiner Kflnstler-Heb-
domas Belbst wieder eingeraumt worden. F. R.
582 • UEBER VARROS IMAGINVM
auszuscheiden. Die Aufnahme von vierzehn Portrats in das-
selbe, den vierzehn folgenden Biichern entsprechend, hat
meinen vollsten Beifall, aber — Phidias hat unter denselben
meiner Ansicht nach schwerlich eine Stelle gefunden. Fur
mich steht allerdings der Ruhm des Phidias erhaben uber
dem aller andern Kunstler: wie wenig sich jedoch selbst in
unsern Tagen diese Ueberzeugung Bahn gebrochen hat, kann
ihnen meine im Rhein. Museum gefiihrte Polemik tiber Pra-
xiteles zeigen. Tm Alterthum scheint dies noch weniger der
Fall gewesen zn sein. Vergleichen Sie dartSber die Drtheile
bei Quintilian (XI, 10), wo es z. B. von Polyklet heisst:
fcui quamquam a plerisque tribuitur palina'; vergleichen Sie
mit dem Ausspruche bei Plinius: cIovem Olympium quem
nemo aemulatur', das Urtheil Strabos (VIII p. £72) iiber
die Te'xvr| des Polyklet; und endlich beachten Sie, wie eng
bei Plinius die Urtheile gerade ttber Phidias, Polyklet, My-
ron u. s. w. zusammengeschlossen sind. Hiernach scheint
Phidias besonders geeignet, den Ehrenplatz unter den Sieben
(nach Analogie der obigen Miniaturen) einzunehmen; aber
loslosen lilsst er sich meinem GefQhl nach von ihnen nicht.
Und nun noch eine Schwierigkeit: gestehen Sie offen*), ob es
476 Ihnen trotz des eartificum minurae i m probabilis ' nicht recht
schwer geworden ist, an eiue Gegeniiberstellung des Phidias
und — Decius gerade im ersten Buche zu denken. Mit
Chares mochte man diesen, aber schliesslich doch nur zu
seinem Nachtheil vergleichen; aber mit Phidias? Ich denke,
ich befreie Sie aus dieser Verlegenheit, indem ich in das
erste Buch statt das Phidias keinen andern setze als —
leider muss ich den Namen des Dadalus und meinen ganzen
Schluss wieder streichen: dcnn Diidalus hat ja seinen festen
Platz im zehnten Buche unter den Architekten. Aber wie
so oft, thut vielleicht der Name nichts zur Sache; und so
*) Ich kann das um so unbefangener, jc wcniger ich verhehlt
habe, wic schwer es mir ward, sei es an diesen fDecius*, sei es an
den a. a. 0. nachtraglich besprochenen vermeintlichen 'Coponius' ernst-
haft zu glauben. Wo sich so gar keine Hiilfe zeigeu will, verechmitt
man es nicht selbst einen Strohhalm zu ergreifen, um ihn — in dem-
selben Augenblicke auch wieder fahren zu lassen. F. K.
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SIVE HEBDOMADVM LIBRI.
583
verzweifle ich nicht, Sie auf einem kleinen Umwege doch
noch zu fast demselben Ziele zu fiihren. Es handelt sich
dabei hauptsiichlich um den Charakter des ersten Buches
der Imagines. Mit voller Sicherheit vermogen wir demselben
nur das Bild des Homer zuzuweisen, auf dem wiederum die
Annahme beruht, dass hier die Koryphiien der sieben (Dop-
pel- ) Abtheilungen vereinigt gewesen. Sehr annehmbar ist
indessen lhre Annahme, dass eben dort Aeneas (und ihm
entsprechend etwa Phoroneus, Deukalion, Kekrops) seine
Stelle gefunden habe — als TrpOTrdTUJp oder dpxnTCTnc des
italischen Geschlechts. Nur wird auf diese Weise das erste
Bach, wenigstens scheinbar, doppelartig: die Einheit liisst
sich jedoch leicht herstellen, sofern wir Homer nicht zunachst
als den grossten Dichter, sondern als den Vater der hel-
lenischen Dichtkunst auffassen, und diesen einheitlichen Be-
grirt" der TTpoTrdTopec und dpxnYtTai alsdann auf das ganze
Buch ttbertragen. Manche Einzelheiten in Ihren Annahmen
mussten dadurch allerdings wesentlich modificirt werden, und
statt der Namen eines Demosthenes und Cicero, Aristarch
und Stilo Praeconinus konnte wohl beispielsweise unter an-
deru Kadmus als Erfinder der Schrift und Tages als der
Grunder etruskischer Satzungen auftauchen. Aber Aeneas
selbst und Homer, dann Diidalus unter den Architekten, und
etwa Chiron und Machaon in den Miniaturen zum Diosko-
rides miissen uns wenigstens den Muth geben, vor ganz oder
halb mjthischen Personlichkeiten nicht zurflckzuschrecken.
Doch diese Gedanken weiter zu verfolgen, wenn Sie es fiir
der Miihe werth erachten, iiberlasse ich am liebsten Ihnen
selbst. Mir liegt zunachst nur noch ob anzudeuten, wen ich
fiir geeignet halte, statt des Diidalus als Urvater der Kunst
im ersten Buche hingestellt zu werden. Ich nenne nicht
ohne eine gewisse Zuversicht: Butades von Sikyon. Die
Nachrichten ilber ihn bei Plinius 35, 151 — 153 sind, wie ich
in der Geschichte der Kiinstler I p. 403 gezeigt habe, durch
zwei Einschiebsel iiber Rhokus und Theodorus und iiber 4tt
Lysistratus in drei StUcke zerrissen. Betrachten wir sie im
Zusammenhange, so muss auffallen, mit welchem Nachdrucke
Plinius gerade diesen KUnstler behandelt: cfingere ex argilla
t
584 UEBER VARRO?S IMAGINVM
similitudines primus iuvenit . . ., Butadis inventum est...,
primusque . . imposuit; propter hunc plastae appellati.' Na-
mentlich der Schluss: fIdem et de signis effigies exprimere
invenit, crevitque res in tantum ut nulla signa statuaeie sine
argilla fierent; quo apparet antiquiorem hanc fuisse srientiam
quam fundendi aeris.' Woher dieser Nachdruck ? Ich glaube
es gentigt folgende Worte herzusetzen: 34, 54 flber Phidias
fprimus artem toreuticen aperuisse atque demonstrasse me-
rito iudicatur'; § 56 tiber Polyklet *hic consummasse haDC
scientiam iudicatur et toreuticen sic erudisse ut Phidias ape-
ruisse': Urtheile, die aus Varro und, wie wir wenigstens
annehmen, aus den Imagines entnommen sind. Konnen Sie
dazu fiir den dcaYurriKOC etwas passenderes verlangen, ak
uns in dem Urtheil ilber Butades dargeboten wird? — Die
Frage, wer von den Romern ihm gegenaberzustellen sei,
weiss ich fur jetzt nicht zu beantworten. Nur warnen
mochte ich vor jenem Turianus oder Volcanius, von dem
bei Plinius 35, 157 die Rede ist; denn die Worte praeterea
elaboratam hanc artem Italiac . . . scheinen mir im engsten
Zusammenhange mit dem Einschiebsel § 152 zu stehen,
welches schliesst: ab iis Italiae traditam plasticen. Doch ich
gerathe auf ein fftr unsere Zwecke zunachst ziemlich fern-
liegendes Thema: die Untersuchungen flber die verschiedenen
Recensionen des Plinianischen Werkes, iiber welches ich
wohl spater einmal mich einigermassen systematisch zu ver-
breiten nicht iibel Lust hatte
Rom, 6. Miirz 1858. H. Brunn.
VU. L. URLICHS' EXCURS ZU PLINIUS XXXV, 11*).
606 Plin. XXXV, 11: Imaginum amorem flagrasse quondam
testes sunt Atticus ille Ciceronis edito de iis volumiue, M.
Varro benignissimo invento insertis voluminum suorum fe-
cunditati septingentorum illustrium aliquo modo imaginibus,
non passus intercidere figuras aut vetustatem aevi contra
*) [Aus dem Rhein. Mus. f. Philol. N. F. Bd. XIV p. 606-612]
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SIVE HEBDOMADVM LIBBI.
585
homines valere, inventor niuneris etiam dis invidiosi, quando 607
immortalitatem non solum dedit verum etiam in omnes ter-
ras misit, ut praesentes esse ubique ceu di possent.
In meiner Chrestom. Plin. p. 337 habe ich ttber Varro's
'Erfindung' folgende Aeusserung gethan: Mie Erfindung be-
stand nicht etwa in einer mechanischen Veryielfaltigung,
sondern in der Beigabe von Zeichnungen, die jedesmal, wenn
das Buch abgeschrieben wurde, nachgebildet werden konnten,
ohne dass man auf das Aufsuchen der Bilder selbst Zeit und
Muhe verwendete/. *) Diese Erklarung nennt Mercklin im
Philol. XIII p. 750 zwar eine fsehr einfache und fttr den
Grammatiker iiberzeugende ', setzt ihr aber folgende zwei
Einwttrfe entgegen r 1 die Anerkennung dieses Ausspruchs wird
davon abhangen, ob man zuzugeben hat, dass dergleichen
ikonische Ausstattung litterarischer Werke bisher unbekannt
war, so dass Varro der Erfinder derselben heissen konnte,
und ob eine solche Ausstattung auf den Namen eines benig-
nissimum inventum und munus etiam dis invidiosum auch in
der hyperbolischen Sprache des Plinius Anspruch hat.'
Was nun zuerst die Hyperbeln betrifft, so kann ich in
dem ersteren Ausdruck gar keine Hyperbel erkennen; denn w-
ventum, ein Wort, das Plinius sehr liebt, bedeutet nicht eine
neue Erfindung, die vieles Kopfbrechen erforderte, sondern
Qberhaupt jeden Einfall, der etwas Neues enthalt und dieses
m den Gebrauch einfiihrt. Ich brauchc nicht darauf zu ver-
weisen, dass 16, 41 der Gebrauch Wein nttchtern zu trinken,
28, 62 die Eunst den Athem anzuhalten, 31, 40 die Ab-
kflhlung des Wassers durch Schnee eine Erfindung genannt
wird, und begnttge mich unsere Stelle selbst anzuftthren.
Wenn die Aufstellung von plastischen Bildnissen in einer
offentlichen Bibliothek eine Erfindung des Asinius Pollio
heisst § 9 und 10, wie unterscheidet sich diese von dem
Gedanken Varro s, solche und andere Portrats seinem Buche
einzuverleiben? Doch nur darin, dass sie gemeinntttziger
imd den Gefeierten wohlthiitiger. Denn wahrend man zu
*) Mit Besch&mung gestehe ich, dass ich die Heraasgabe der
Hebdomad€8 44 atatt 39 v. Ch. angesetzt habe.
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586
UEBER VARRO'8 IMAGIKVM
Plinius' Zeit plastische Werke sunto figurarum discrimine (§4)
6ot> aufstellte, da die Portratinalerei, qua maxime similes in aeeum
propagabantu r figurae, zu Grunde gegangen war, hatte Varro
intercidere figuras verhiltet und dadurch sein inventum als
benignissimum gegen die Abgebildeten erwiesen.
Der zweite Ausdruck ist allerdings hyperbolisch ; er bleibt
es aber gleich sehr, mag man an eine technische Erfindung
denken, welche man wolle. Denn nicht auf den Kupferstich,
Holzschnitt, Wachsabdruck brauchten die Gotter neidisch zu
sein, sondern darauf, dass die Menschen gottahnlich wurdeD.
Wahrend sonst Kunste und Wissenschaften Unsterblichkeit
verliehen (14, 4), insbesondere die Schrift und das Schreib-
material, qua cotistat immortalitas hominum (13, 70), und die
Scliriftsteller (praef. § 25) eben nur immortales animae sich
erhielten, gab Varro leiblichen Menschen, indem er ihre Ziige
nachbildete wie er ihre Verdienste beschrieb, korperliche wie
geistige Unsterblichkeit, und mehr als das, Allgegenwart^ ein
Vorrecht der Gotter. Wie man von diesen glaubte, omnibus
ncgotiis horisque intcresse (28, 27), so glaubte man auch, dass
sie allein iiberall gegenwartig waren, wie 2,22 von Fortuna
und hier von allen Gottern ausgesagt wird. Varro verlieh
also den berilhmten Menschen Gaben, worauf die Gotter nei-
disch werden konnten. Wahrend ihre Gesichtsziige in Erz
oder Marmor vor der Zerstorung oder Verwechselung nicht
sicher waren, gab er ihnen durch die mit der Unterschrift
versehene Abbildung eine Unsterblichkeit, welche den Leben-
den die Gotter selbst nicht gewiihren konnten (2, 27), und
indem er Exemplare seines Buchs in alle Welt ausgehen
liess, eine Allgegenwart, welche sie von nun an mit den
Gottern theilten. Was an diesem Urtheil hyperbolisch ist,
das bleibt so, wie auch die Abbildung beschaffen gewesen
sein moge. Es erhellt also, dass der davon hergenommene
Einwurf Mercklin s nicht meine Auffassung allein, sondern
jede mogliche trifft
Was den zwciten angeht, so ist es nach einer einfachen
logischen Regel des Behauptenden Sache, den Gegeubeweis
zu fiihren: ich kann nur sagen, dass mir eine friihere ahn-
liche Ausstattung mit Portrats unbekaunt isi Offenbar
■
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SIVE HEBDOMADVM LIBKl.
587
spricht Plinius von etwas Neuem: er weiss nicht einnial, ob
mau in den Bibliotheken von Alexandrien und Pergamus die
Bilder von Schriftstellern aufstellte, und versichert, in Rom
habe es Asinius Pollio zuerst gethan. Dass es viele einzelne
Portraits auch in Bibliotheken gab, unterliegt keinem Zweifel
(vgl. z. B. Cicero an Atticus 4, 10); aber es handelt sich
um eine vollstandige plastische Suite, auch der nur aus der
Phantasie herstellbaren Bildnisse. In Griechenland namlich
bestanden die Reihen von Portriits in Gemalden, wie der
sicilischen Konige. In der Litteratur aber war Varro's iko-
nisches Unternehmen nach Plinius' Versicherung neu, offen-
bar war dem Letztern kein fruheres bekannt. Hatte nun
Varro eine technisohe Erfindung gemacht, so wiirde Plinius,
der gerade auf alle Erfindungen sehr aufmerksam ist, sie
gewiss beschrieben oder wenigstens bezeichnet haben. Wenn
sich nun dieses dem Plane nach neue Werk auch in der
Ausfuhrung von allen ahnlichen Arbeiten unterschieden hatte,
so wurde es unbegreiflich erscheinen, dass wir nichts davon
erfahren und dass es nicht nachgeahmt worden ware. Auch
glaube ich, dass alle Versuche ein solches neues Verfahren
zu finden, bloss auf der friiher verdorbenen Lesart beruhen,
wonach aliquo modo zu imaginibus gezogen werden musste.
Dagegen lasst sich nicht behaupten, dass Varro's Unter-
nehmen ohne allen iiussern Anlass und ohne alle kiinstle-
rische Anregung entstanden war. Jenen gab ihm die Biblio-
thek Pollio's, wie ihn denn schon Caesar s Plan und Auftrag
zu ikonographischen Untersuchungen gefuhrt haben mochte.
Da Asinius Pollio seine Bibliothek von der parthinischen
Beute erbaute und tiber die Parthiner im J. 715 triumphirte,
Varro aber seine Hebdomades im 78sten Jahr d. h. ebenfalls im
J. 715 oder wenig spater verfasste, in der Bibliothek aber
von allen Lebenden allein durch ein Bildniss geehrt wurde,
so glauben wir beide Unternehmungen muthmasslich zusam-
menbringen und annehmen zu durfen, Varro habe fiir Pollio
die Bildnisse ausgewahlt und aufgesucht, und bei dieser Ge-
legenheit ein Werk weitem Umfangs ausgefuhrt, wozu er
schon durch seine vielleicht fiir Caesar verfasste TT€7rXoTpaqpia
im J. 710 (Cic. an Atticus 16, 11) vorgearbeitet hatte.
588 UEBER VARROS IMAOINVM
Kilnstlerische Anregung gaben ihra die schon vorher
hekannten illustrirten Werke botanischen Inhalts, die Kruuter-
6io biicher des Krateuas; Dionysios, Metrodoros, welche wahr-
scheinlich samratlich seine altern Zeitgenossen waren. Von
Krateuas wenigstens ist es gewiss, dass er zur Zeit Mithri-
datfs lebte (Plin. 25, 62); der Letztere aber lebte, wenn er
anders, wie es scheint, ein Verehrer des Asklepiades war,
rait Varro gleichzeitig in Rom. Vgl. E. Meyer Gesch. der
Botanik I p. 250 ff. Wenn nun diese zuerst ihren Biichern
Abbildungen von Pflanzen beigaben, und nachher Varro seine
Bilder sammelte, so liegt die Vermuthung sehr nahe, dass
er, indem er die gesaminelten Portrats allgemein bekannt
zu machen sich entschloss, in Bezug auf die Ausfuhrung
ihrem Muster folgte. Wie aber fiihrten sie ihren Plan aus?
Plinius 25, 8 : r pinxere effigies herbarum atque ita subscrip-
sere effectus. Verum et pictura fallax est coloribus tam
nuraerosis, praesertim in aemulatione naturae, multumque
degenerat transcribentium sors varia', d. h. sie raalten die
Pflanzen oder liessen sie malen, und diese Malereien wurden
von den Abschreibern nachgeahmt. Also ganz dasselbe Ver-
fahren, welches wir in der beriihmten alten Handschrift des
Dioskorides, (d Agincourt VI Tafel 31, Lambecius de bibl.
Vindob. II p. 211 ff.) befolgt sehen, und worauf sich Cassio-
dors Rath an seine Mimche (de instit. divin. litt. 31) stutzt,
sie sollten die Malereien und Beschreibungen des Dioskorides
studiren — ein Verfahren, das sich zum Holzschnitt u. s. w.
gerade so verhalt, wie ein Manuscript zu einem gedruckten
Buche.
Wenn also jene Botaniker den Abschreibern eine Arbeit
zumutheten, die sie wirklich geleistet haben, die Abbildimgen
in ihren Sehriften nachzumalen, wie soll es uns Wunder
nehmen, dass Varro iihnliches that, und, um mit 0. Jahn
Arch. Ztg. XIII p. 221 zu reden, 'neben der Menge abschrei-
bender Sklaven fdr den Buchhandel auch zeichnende tind
malende gehalten wnrden, denen die Vervielfaltigung solcher
imagines tibertragen werden konnte, so dass an Holz- oder
Metalldruck zu denken keine niihere Veranlassung gegeben
ist*? Bcsonders da es an Zeugnissen der Litteratur nach
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SIVE HEBDOMADVM LIBRL
589
Varro keineswegs fehlt. Um von den in Bibliotheken auf-
gestellten plastischen Bildnissen zu schweigen, verzeichnet
nicht Seneca de tranquill. animi 9 ista exquisita et cum ima- cn
ginibus suis descripta*) sacrorum opera ingeniorum als noth-
wendige Bestandtheile einer Prunkbibliothek? nennt nicht
Martial 14, 180 einen solchen Codex des Vergilius: rquam
brevis immensum cepit membrana Maronem: ipsius vultus
prima tabella gerit'? haben wir nicht endlich noch jetzt in
den Miniaturen des Vaticans und anderer Bibliotheken solche
Portrats vor uns, welche zum Theil selbst in der Siebenzahl
der dargestellten Figuren an Varro s Vorgang erinnern**)?
Es bleibt nun die Frage nach der ikonischen Fassung
der Hebdomades, welche Mercklin beantwortet wissen will.
Zuvorderst scheint festzustehen, dass die Bilder aus ganzen
Figuren bestanden. Denn nicht allein erscheinen mit Aus-
nahme des Terentius die in der Note angefuhrten Abbil-
*) D. h. abgezeicbnet oder copirt, wie bei Plin. ep. 4, 28 exscri-
bendas pingendasque, Vitruv. 8, 5 exemplar descriptum. Bei Juvenal 9,
145, den Jahn anfuhrt, iat von eigentlichen Gemalden die Rede, wie
die Gegenuberatellung des caelator und die Nichterwahnung des Ab-
schreibere zeigt.
**) Den sitzenden Virgil aus dem 12. oder 13. Jahrh. bei Visconti
icouogr. Rom. tv. XIII uud treuer bei d'Agincourt Tafel LXIII; das
Brustbild des Terentius in dem Mscpt. des Vaticans n. 3668 aus dem
9. Jahrh. (d'Agincourt Tf. XXXV), welches freilich fast ganzlich uber-
mult ist (Visconti ebd. I p. 316); den sitzenden Dioskorides in dem
Wiener Codex bei d'Agincourt Tf. XXVI, weniger treu bei Visconti
icou. Grecque I t. XXXVI; den sitzenden Hippokrates in der Pariser
Bibliothek aus dem 14. Jahrh. bei Visconti icon. Grecque I t. XXXIIa.
Zweifelhaft ist, wie sich Atticus' Arbeit zu der Varronischen ver-
hielt. Wenn man aus Cornelius Nepos Worteu Att. 18 entnehmen
mSchte, dasB Atticus ein Werk herausgab, worin er unter den ver-
schiedenen Portriits Heudekasyllaben (denn aus quaternis quinisque
versious folgt, dass es keine Distichen waren) setzte, so schliesst der
Gegensatz bei Plinius edito de iis volumine und das Asyndeton bei dem
Bilderbuche Varros diese AufTassung aus. Da wir nun aus Cicero an
Att. 1, 16, 15 wissen, dass Atticus in seinem Amaltheion ein Epigramm
zu Cicero'8 Ehren anbrachte, so scheint es am gerathensten mit J. F.
Gronov anzunehmen, dass diese Verse alle unter die im Amaltheiou
befindlichen Bildnisse gesetzt wurden, und dass das Buch de imaginibus
vielleicht diese Verse, sicher aber keine Abbildungen enthielt.
590
UEBER VARRO'8 IMAGINVM
dungen so (vgl. Brunn Rhein. Mus. XIII p. 474 [oben p. 580]),
sondern es wird, wie Ritschl XII p. 153 [oben p. 528] be-
merkt, das Bild des Aeneas bei Laur. Lydus de magistr. 1, 12
ausdriicklich so beschrieben. In BetrefF der Vertheilnng hat
Brumrs Vermuthung, jede Hebdomas habe ein eigenes Titel-
6i2 blatt mit sieben Figuren gehabt, viel Ansprechendes, beson-
ders weil dadurch in Bezug auf den Text Raum gewonnen
wird: im ubrigen versagen unsere Quellen die Antwori
Aus der Erwahnung des Emblems einer weissen Ziege bei
Gellius III, 11 lasst sich wohl auf Anwendung von Farben
schliessen, aber sie konnten sehr einfach (weiss auf dunklem
Grunde) angebracht sein. Die schwarzen Beinschienen des
Aeneas bei Lydus gehoren diesem an, das Costiim bei Varro
war einer Statue entlehnt; und das Relief auf dem Titel-
kupfer zu Sante Bartolis sepolcri antichi ist verschollen, so
dass von seiner Aechtheit sich nicht urtheilen lasst (s. Raoul
Rochette peint. anciennes p. 339). Auch folgt aus der Ge-
genflberstellung der Malerei und Varro's, den sie mit den
Worten FAXIS VARRO ermuntert, nicht nothwendig, dass
er alle ihre Farben entlehnt habe. Auf der andern Seite
ist man geneigt, den Vorgang der Botaniker und das Bei-
spiel der Miniaturen auf sein Werk anznwenden, und ich
selbst neige zu dieser Meinung; aber bis jetzt ist zu einer
bestimmten Behauptung kein ausreichender Grund gegebeu.
Nur so viel steht fest, der Vervielfaltigung des Werkes steht
keine Annahme im Wege. Mochte Varro selbst colorirte
Abbildungea geben, mochte er zwischen Gemiilden und Sta-
tuen als seinen Mustern unterscheiden oder nicht, die Nach-
bildungen werden dennoch verschieden ausgefallen sein: in
einigen bimt, in andern einfarbig nachgezeichnet, in andeni
ganz ausgelassen worden sein, wie ja in unsern Uandschriften
Vitruv's die Zeichnungen fehlen.
Lydus' Stelle lehrt uns, dass Varro seine Quellen sorg-
faltig angab, und dass diese ebensowohl Gemiilde als Statuen
waren. Wir werden daher nicht anstehen, die Erwiihnuugeu
von beiderlei Portriits in Rom, welche wir bei Festus, Pli-
nius u. A. tinden, auf die Hebdomaden zurUckzufUhren, und
dadurch auch auf die dargestellten Personen/sJie Triunipha-
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SIVE nEBDOMADVM LIBRI.
591
toren M. Fulvius Flaccus und L. Papirius Cursor (Festus v.
picta), Phamaces, Mithridates (Plin. 33, 151), Hannibal u.s.w.
zu schliessen. Denn dass Varro eine Hebdoraade Africaner,
eine andere von asiatischen Konigen aufgestellt habe, ist mir
bei dem Versuch einer Herstellung der beiden ersten Hebdo-
maden wahrscheinlich geworden. Aber wer wird in Ritschls
Pro?iuz iibergreifen ?
VUI. MORIZ SCHMIDTS BEMERKUNG ZU VARRO'S
HEBDOMADES. *)
Fiir Varro's Hebdomadcs sind aus Hygin zu gewinnen sdb
die drei Abschnitte CCXXI scptcm sapientcs, CCXXII scptcm
lyrici, CCXXIII septem opcra mirabilia, welche in das erste
Buch gehorten, wie aus Gellius N. A. III, 10 p. 125, 16 Htz.
erhellt: frujidiuscida: vcluti septem opera csse in orbc terrac
miranda et sapientes itcm vctcrcs scptcm fnlssc. Dass fur die
septetn sapientcs Demetrius Phalereus, den auch Didymus be-
nutzte, Varros Quelle war, wie wiederum Varro fiir Apol-
linaris Sidonius carm. XV p. 319 ed. Savar. (Par. 1598), ist
Didym. p. 374 angedeutet Vielleicht haben wir also in den
Versen bfei Hygin 'Optimus induperabit' ein poetisches
Fragment Varros. Gellius ftihrt fort: et currmda iudorum
cxrcensium sollcmnia septem cssc. Hierauf spielt an Theodoricus
ap. Cassiodor. epist. 51 de circo maximo p. 56, ausgeschrieben
von Montfaucon Diar. Ital. p. 181: 'septein metis certamen
omne peragitur in similitudinem hebdomadis reciprocae.'
Ueber die septem orbis terrac miracula ist zuletzt gehandelt
von F. Haase de Gregorii Turonensis episc. libro ,de cursu
stellarum, Vratisl. 1853, p. 29, wo auch auf Montfaucon Diar.
Ital. p. 272 verwiesen werden konnte: aus Hygin lernen wir
wenigstens so viel, dass die dort gegebene Auswahl die Var-
ronische ist, wenn wir gleich dessen Quelle nicht kennen. —
Das erste Buch der Hcbdomadcs schwebte wohl dem Auso-
*) [Rhein. Muaeum f. Philol. Bd. XX (1866) p. 298 f.]
592 UEBER VARRO^S IMAGINVM SIVE HEBDOMADVM LIBRI.
nius Idyll. XI vor und veranlasste ihn zu der poetischen
2J» Tandelei uber die Dreizahl. In diesem Machwerk diirfte
V.20 Tres in Trinacria Siredones : omnia terna durch Glos-
sirung gelitten haben, indem KnXnbovec (s. Pindar fr. 30 Bgk.
Leutsch zur Vita des Sophokles c. 12 p. 151 Ritter) durch
Sirenes umschrieben wurde.
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XVI.
Emendationum Catnllianarum trias.*)
Nuper cum in serainario nostro philologico disputandi ni
materia allata esset e Catullo petita, accidit quod non raro
usu venit, ut in errore indagando sagacior quam felicior in
inveniendo vero appareret qui illuc haud infructuosa sibi
studia contulerat. Quem quibus viis ad id, quod esse proba-
bile videretur, deducendum putavimus, libet nunc disserete
paullo explicatius, praesertim cum aliqua ex parte etiam
emendari vel suppleri posse, quae tum significavimus magis
quam persecuti sumus, videantur.
Itaque in epithalamio Pelei atque Thetidis quod
legitur v. 100 de Ariadna conspecto Theseo expallescente:
Quantos illa tulit languenti corde timores!
Quanto saepe magis fulgore expalluit auri!
recte intellectum est non potuisse sic scribi a Catullo. Nam
qaod saepe fit commodissime, ut pro auro poetae fauri
fulgorem' dicant iuxta cum similibus centenis, id apertum
est ilico absurdum fieri, ubi ei rei auri comparatio adhibetur
uuae fulgoris notioni tam est contraria quam splendori pailor.
Nec profecto de eo auro quod fulget vel Ovidius cogitavit
Metam. XI, 145 arva auro madidis pallentia glaebis dicens et
ibidem v. 110 saxum quoque palluit auro, vel Silius I, 233
redit infelix effosso concolor auro et imitator Silii Statius iv
*) [Prooemium scholaruin hibeniarum Bonnensium a. CI0I0C&CLVII
et LVIII: iterum in publicum emissum in r Prooeraiorum Bonnensium
decade' n. IX.]
rH. RITSCHELII OPV8CVLA III. 38
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594
EMENDATIONVM CATVLMANARVM TRIAS.
Silv. IV, 7, 14 ubi Ditc mso paltidus fossor rcdit erutoqw
concolor auro, vel quicumque inter Graecos xAwpov ubxpov
Xpuciov cum pavoris notione sociarunt, commemorati Hemster-
husii in Lucianum adnotatione vol. I p. 503 sq. quam Bur-
mannus indicavit. Vnde consentaneum est aut aurum simpli-
citer aut wxpov vel x^wpov Catullum quoque dixisse. Quid
multa? subrepsit familiare librariis vocabulum in rarioris
locum quod fuit fulvore. Nam et fulvum aurum est Ver-
gilio Aen. VII, 279 et subtemcn fulrum pro aureo Silio VII,
80: quo adderem Prudentium contra Symm. II, 837 rcgia
gemmato laquearia fulva metallo, nisi hunc fulta potius
scripsis8e persuaderet Statii, Avieni, Claudiani comparatio,
quorum versus inter se contenderunt Gronovius Diatr. in
Stat. cap. 55 p. 357 sq. et Schraderus apud Wernsdorfium
Poet. lat. min. vol. V, 2 p. 976 sq. At, inquit, fuhor nomen
lexica ignorant. Verum enim vero veterum nullus scriptorum,
ut quidem nunc res est, macorem dixit praeter Pacuvium.
nullus pigrorem praeter Lucilium, nullus aegrorem praeter
Lucretium, nigrorem nullus praeter hos tres et paucissimos
alios: similia ne nunc ambitiosius anquiramus. Quodsi haec
existat qui e coguatis verbis repetat maccre pigrerc acgrerc
nigrere, ut e dolere maerere languere torpere pallere (xnidcre
nitere splendere umere striderc tumere verbis ea quae sunt
dolor maeror languor torpor. pallor candor nitor sptendor umor
stridor tumor, simile autem fuJvere verbum desideret: respon-
dendum erit non magis ex his verbis nomina qnam e nomi-
nibus verba nasci, sed e communi stirpe utraque, reliqua
omnia forte et arbitratu linguae regi: nec magis amarorm
Lucretio auctore susceptum a Vergilio quam taborem hmorew
odorem ad verbum ulluni referri: porro non secundae, sed
vel primae vel tertiae declinationis verba esse amarc canere
furere plangere dulcesccre fragescerc, quibus cognata sint aiwr
canor furor ptangor dulcor et unius exemplo Lucretii cogni-
tum fragor: postremo non minus dulcor videri quam albor
ad posteriores scriptores e vetustiore latinitate manasse ta-
lium formarum amantissima. — Nihil igitur de Catulbano
versu iam restare dubitationis videtur nisi ut ab initio ra-
tiouem habere quanto particulam negeraus. Quam non veremur
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EMENDATIONVM CATVLLIANAliVM TRIAS. 595
ne quis sic construere inatituat, quanto mayis auro expalluit,
putidissimo mehercule acumine. Nec vidimus qui vel quanto
saepe, vel quod in eius locum alii substituerunt, quantum
saepe ullo vel exemplo vel argumento tutaretur. Ergo haud
cunctanter in hac parte ascita Faerni emendatione lenissima
suum Catullianis versibus nitorem sic restituere videbimur:
Quantos illa tulit languenti corde timores, v
Quam tum saepe magis fuluore expalluit auri,
Cum saeuum cupiens contra contendere monstrum
Aut mortem oppeteret Theseus aut praemia laudis. ^
Nam sic demum, quomodo haec inter se nexa sint et in-
vicem sibi relatis tum cum particulis deaptata, non sine
aliquo suavitatis incremento sentiri putamus.
Vix minori in eodem carmine offensioni illa sunt quae
habetis a v. 71:
Ah misera, adsiduis quam luctibus externauit
Spinosas Erycina serens in pectore curas
Illa tempestate, ferox quo ex tempore Theseus
Egressus curuis e litoribus Piraei
Attigit iniusti regis Gortynia tecta.
Vbi quid esse dicamus quod defendendo versui medio aut nihil
interpretes aut tam dissimilia attulerunt quam est Lucilii illud
apud Gellium III, 14 tempestaie sua atque eodem uno tempore
et horae dimidio e. q. s., vel a Cicerone (incompertum ubi
[cf. p. G00|) posita verba eius temporis, quo die — ? Non
ignoramus frequentari talem enavd\r)unv, illa tempestate qua
tempestate vel illo tempore quo tempore, a quibusdara scripto-
ribus velut ab Iulio Caesare, cuius plurima exempla Ouden-
uorpius composuit in belli Gallici II cap. 18, item in VII, 19,
ut diem instarc quo die, his rebus quamm rerum caussa, in
ea parte quam in partem: sed praeterquam quod ea tamquam
commoditas quaedam loquendi, nisi ubi intendendae notionis
certa caussa in promptu est, vix recte poetae tribuitur, ab
eodem genere intcllegimus variandi studium omne suapte
natura alienum esse. Vt, quod ista ratione non ingrato cum
acumine dictum esse poasit, continuo inconcinnum fiat et
molestum et ut uno verbo dicam ineptum sic variata oratione:
38*
596 KMENDATIONVM CATVLLfANARVM TRIAS.
illa tempestate quo tetnpore, vel illo tempore qua tempestale.
Nec profecto niinuitur, sed augetur insolentia sermonis, cum
omissa in priore membro praepositione, adiecta in posteriore,
illa tempestate, ex qua tempcstate dicitur pro eo quod esse
debuit ex illa tempestate, qua vel ex qua {tempestate): nedum
ut mutata forma noininis placeat illa tempcstate, quo ts
temporc. Quamquam sensum editorum ne forte interpretemur
invidiosius, dissimulare nolumus fortasse non talem oninino
eonstructionem illos probasse, qua verba quae sunt quo ex
tempore prioribus illis ilta tempestate simpliciter referrentur,
sed hanc potuisse explicandi viam comminisci: cilla tempestate
vi universa, quae duravit inde ab eo temporis momento quo
Cretam insulam primum attigit Theseus'. At vel sic elegan-
tiae quidem nihil pari iterato temporis vocabulo (satis enim
fuit cx quc dici) non minus certum est quam non sine arti-
ficio rationem illam omnem institui. Ipsa autem artificii
notio cum vim sane ambiguara habeat in hac quae ad Alexan-
drinorum exemplum conformata est poesi, ut, quid eo in
genere nimium dicas, quid tolerabile, non usque quaque sat
certis finibus constet: at quod nostro sensui displicere fatea-
mur, id si ne proditum quidem est in genuinis fontibus
scripturae, verum Italorum demum coniectura excogitatum,
nostro profecto iure uti existimabimur, si illorum sensui
nostrum anteponamus. Tenendum est enim pro ferox quo er
in Santeniano codice feroxque et esse, in Datano autem
feroxque in: in quo, nisi multum fallimur, ferox quorn deli-
tuit. Restat importunum illud tempore: in quo emendando
nescio an eorundem illorum Italorum felicissimam saepe
divinandi audaciam non infeliciter sic aemulemur, ut cor-
ruptum e robore putemus. Hi ut tersissimi poetae versicnli
prodeant:
Illa tempestate, ferox quom robore Theseus
Egressus curuis e litoribus Piraei
Attigit iniusti regis Gortynia tecta:
sive ille dXxi 7T€7toi8ujc vel pir|q)i Tre7TOi0ujc sen xdpTd &
Tftcuvoc sive n.<pi p(r|q)iv ataXX6u€VOC vel pirj ^Trataioufvoc
sive KdpT€i xaOpoc sive aliquid simile expressit, quo ferotfw
adversus perieula (ut est apud Tacitum) bellatorem diceret.
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ATIONVM CATVLLIANAliVM TRIAS. 597
Quodsi quis illud ipsuni expetat, ut non 'quaudo' potius,
quam 'ex quo* anioris miserias vifgo passa sit, dicatur,
eoque et adsiduis luciibus et attiyit verbi notionem flectere
instituat, poterit id ille quidem haud difficili negotio sic
consequi ut de elapsa ab initio vocula cogitet: Illa ex
tetnjwstate, quom — : at ut eius tamen rationis nulla prorsus
sit necessitas. Etenim a misera desertae Ariadnae condicione
describenda exorsus poeta nimc primum, quam tandem
caussam ea calamitas omnis habuerit, simpliciter et gene-
ratiin sic significat: cquippe id tum fuit, cum nobilis illa in
('retam insulam accessio facta est duce Theseo'. Quid, quod
ne satis commode quidem, ex quo tempore in amoris furo-
rem virgo incidisset, iam hoc loco diceretur: id enim ipse
poeta paullo post demum exequitur inde a v. 85: Atque ita
nave levi nitens ac lenibus auris Maynanimum ad Minoa venit
sedesque superbas. Hune sitnul ac cupido conspexit lumine virgo
Regia, Non prius ex illo flagrantia declinavit Lnmina,
quam cuncto concepit corpore flammam, Funditus atque imis
exarsit tota medullis. Parique prorsus ratione a primo in
insulam adventu prinium in regia aspectum ipsa Ariadnavn
discriminat v. 172 sqq.: utiuam ne tempore primo Gnosia
Cecropiae tetigissent litora puppes, Indomito nec dira ferens
stipendia tauro Perfldus in Cretam religasset navita funem:
Nec malus hic, celam dulci crudelia forma Consilia, in twstris
rtquiessct sedibus Iwspes. Vides sedibus superbis Minois in
priore loco respondere in hoc nostras sedes: pareni ut con-
cinuitatem eonj»entaneum sane videatur inter Gnosia litora
intercedere et iniusti regis Gortynias non aedes, sed regiones
h. e. non tecta, sed tenipla, id quod et in quibusdam haud
malae notae libris mss. repertum est, et ex tenta, quod
Hantenianus cum Datano prodiderunt, profecto non fit diffi-
cilius quam inde ab editione principe propagari solitum
tecta. Vt ne opus quidem sit permutatorum inter se tecta
et templa nominum excmplis, qualia suppeditant Burmannus
in Poet. lat. min. vol. II p. 189 sq., Wakefieldius in Lucret.
II, 28. Et tutabatur in suo libro repertam templa scripturam
Iosephus Scaliger hac adnotatione: cQuod dpxancujc dictum
ab illo. nam omnia loca templa vocabant veteres. Vide
598 EMENDATIONVM CATVLLIANARVM TRIAS.
Varronem/ Veruin in hoc, quamvis alioqui gnarus prisci
sermonis, modum tamen vir eximius excessit. Nec enim
verum est nec Varro libro septimo de 1. lat. inde a p. 287
Sp. testatur quaelibet loca esse templa appellata: quod voca-
bulum ne in liberiore usu quidem propriam vel sanctitatis
vel saltem religionis notionem prorsus deposuit Ab augu-
randi religione profecta est frequens Lucretio, uon infrequens
Ennio, Terentio, Accio, Manilio locutio, qua vel caclestia
tctnpla, vel caeli templa sive simpliciter dicuntur sive additis
aeterna, summa, alta, fulgentia, lucida, caerula, penetralia
epithetis: atque etiara singulari nuraero templum certam et
tamquam diraetatam regiouera caeli Manilius II, 354. 668
dixit. Vnde facilis ad talia transitus fuit qualia sunt Lucre-
tiana illa magni caelestia mundi tetnpla V, 1204 et suppressa
caeli notione mundi magnum templum V, 1436 atque adeo
mundi mortalia tcmpla VI, 43. Quo proxime accedit Cicero
in Somnio Scipionis cap. 3, 4: homines enim sunt luic lcge
generati, qui tuerentur illum globum quetn in hoc templo medium
vides, quae terra dicitur. Medius inter hoc genus et alterum
locus eis exemplis tribuendus est, quae non seiuncta a spa-
tiorum cogitatione simul iunctam habent numinum divinorum
notiouera, ut magna templa caclitum apud Ennium et singu-
lariter apud Acciura templum cactitum: cui maxime propin-
quura pro caelo positum tetnplum magnum Ions altitonantis
in Annalibus Enuii v. 531. Itaque ad certorum deonun
personas cetera quoque sic referuntur ut sociatis inter se
religionis atque sanctitatis notionibus a vulgari templum
vocis usu minirao intervallo distent. Nec enim, ut caelestia,
vi u ita etiam vel marina vel inferna vel terrestria terapla dicta
sunt simpliciter: quod etsi minime rationem quominus fieret
impedivisse dicam, tamen non probasse consuetudinem re-
perio. Velut non simpliciter templa turbtdenta Plautus aequora
raaris concitati vocavit, sed sic locutus est Militis gloriosi
v. 413: in locis Ncptuniis templisque turbulentis: eundemque
Neptunum ex suis locis templisque cxpedivisse naufragum dixit
Rudentis v. 908. Nec alia ratio illorum est quae sunt
Acherusia tcmpta alta Orci apud Ennium, sctnjxa saxa Bacchi
templa apud Tacuvium, Volcania tcmpla apud Aceiuui. -
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EMENDATIONVM CATVLLIANARVM TRIAS.
599
Haec igitur omiiia cum ita se habeant, simpliciter autem ad
terrarum spatia vel regna regum latosque campos quoslibet
translati templum vocabuli omnino exeinplum non exstet,
etiam de Catullianis si dis placet templis Gortyniis esse
actum putamus satisque stabilitam tecta scripturam. Quae
tamen tecta narrandi concinnitas supra a nobis declarata
suadet ut non ipsam potius regiam interpretemur, sed cuv-
€KboxiKUJC posita accipiamus pro urbe Gortyna universa,
simili prorsus figura atque qua pro urbe etiam tnoenia di-
cuntur. — Ceterum ne quid praetermittamus cum hac caussa
coniunctum, si qui etiam regiam potuisse templa vocari sibi
persuaserunt, ut quod nomen non raro amplis splendidisque
aedificiis quibusvis tribueretur, multo etiam longius a vero
quam illi aberrarunt quos ante refellimus. Qui quidem scire
poterant non propter amplitudinem aut splendorem templi
nomen vel curiae vel rostris vel tribunali inditum esse eis
exemplis quae Dukerus composuit in Livii I, 30, 2 ceterique
interpretes in VIII, 35, 8 et XXIII, 10, 5, sed quod auspi-
ciorum caerimoniis eae aedes inauguratae essent.
Eiusdem carminis versibus 39 sqq. derelictorum ab in-
colis suis Pharsalum corameantibus locorum condicio sic
describitur:
Rura colit nemo, mollescunt colla iuuencis,
Non humilis curuis purgatur uinea rastris, 40
Non glaebam prono conuellit uomere taurus,
Non falx attenuat frondatorum arboris umbram,
Squalida desertis rubigo infertur aratris.
In quibus non potest non permirum videri et ter dici de
aratione, versu primo tertio quinto, et ita ut bis aliorum
generum mentio interponatur quae ad arationem nihil per-
tinent. Desiderabat in his concinnitatem iam Laurentius
Ramiresius de Prato: qui cum iu hypomnematis in Martialem
suis (ad I, 44) de transponendis versibus cogitasset, longe
fortissimo scilicet argumento repulsus est a Mitscherlichio
Lectionum p. 30: csed hoc est poetam in ordinem cogere':
quo non leviter imposuisse Silligio videtur. Fatendum est ix
sane pinguius rem aggressum esse bonum Hispanum, cui sic
600 KMEXDATIONVM CATVLLIANARVM TRIAS.
esse in ordinem cogendi librarii viderentur: Rura colit — ,
Non glaebam — Squalida — , Non humilis — , Non falx — :
in unum quidem cumulata arationis significatione triplici,
sed ut nec frigidissiina TauToAoyia vitaretur et bis iteratae
in versibus continuis Non particulae venustas periret Nec
profecto plus ille profecisset, si eum ordinem commendasset
quem ei parum fide dignus testis idem ille Mitscherliehius
tribuit: Non humilis Non falx — , Rura colit — , Non
glaebam — , Squalida — . Nostro iudicio aut fallunt omnia
aut hoc sese ordine versus suos excipere poeta voluit:
Rura colit nemo: mollescunt Colla iuuencis.
Non humilis curuis purgatur uinea rastris;
Non falx attenuat frondatorum arboris umbram;
Non glaebam prono conuellit uomere taurus:
Squalida desertis rubigo infertur aratris.
Generalis est enim quam primo versu praemisit sententiam:
fnec homines operantur nec bestiae'. Quam sic deinceps
persequitur singillatim, ut altero versu et tertio, quae ad
solos homines pertinent, commemoret, vinearum hortorumque
culturam: quarto, quod ad utrosque, arationem. Cui cum
quintum subicit, et quid consectarium sit ex ea vacatione
dicit: ut rubiginem (iuxta cum rastris et falcibus) aratra
trahant: et id ita dicit ut cum arte transitum ad proxima
quaerat,
lpsius at sedes, quacumque opulenta recessit
Regia, fulgenti splendent auro atque argento.
Huic enim splendori manifestum est situ squalentium instru-
mentorum sordes dedita opera opponi. — Satis autem eum
quem revocavimus ordinem VergiJius tuetur, cui videri
Catullianos versus obversatos esse in Ecloga IV v. 40 inter-
pretes admonuerunt:
Non rastros patietur humus, non uinea falcem;
Robustus quoque iam tauris iuga soluet arator:
ubi item a rastris et falcibus pergitur demum ad aratra.
[E praefatione Becadis: T. V v. 15 (p. 595 v. 25) sine
loci indicio commemorata Ciceronis verba Halmius mibi
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EMENDATIONVM CATVLLIANAUVM TRIAS. 601
commonstravit in divinatione in Caecilium 13,41: cum illius
temporis mihi venit in mentem, quo die citato reo mihi di-
cendum sit. — Ceterum quibus rationibus vulgatam in
Catulli tribus versibus scripturam novissimus editor Ross-
bachius tueatur, speramus fore ut in editione tertia nos
edoceat. Vbi fortasse etiam illam emendationein, quam car-
minis LXVI versui 59 adlubuimus Musei Rhen. t. III p. 618
(Numen ibi vario) — , cuius quidem nondum nos paenituit,
certa ratiocinatione redarguet.']
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XVII.
Ueber Horatius Cann. II, 1.*)
Erster Brief.
An Dr. Jacob Bernays.
[Diese Darlegu^ wurde gegeben als Autwort auf ein
Schreiben von J. Bernays an Ritschl, in deui dieser die
Horazische Ode I, 12 als Rede und Gegenrede zwischen dem
Dichter und Klio zu fassen vorschlug (wodurch auch eiue
Bestiitigung der Unachtheit der zehnten und elften Strophe
gewonnen werde) und bat, es moge Ritschl rEineni, der
gerade nichts Wichtigeres zu thun habe, gelegentlich auf-
tragen, in demjenigen Gelass des Bonner Bibliothekgebliudes,
wo « t& Kdpqpn Wi xd qppurava» Horazischer Commentare und
der epopuioc Horazischer Programmo untergebracht sind, da-
nach zu forschen', ob Jemand das schon habe drucken lassen.
C. WJ
628 Zu meiner Schande rauss ich gestehen in dieser buc-
bieSoboc TroXuuepeia (wobei Sie nicht nothwendig an Galeni-
schen Sprachgebrauch zu denken brauchen) auch nicht so zu
Hause zu sein, um die wichtige Prioritatsfrage zu entscheiden.
Ich denke wir lassen es ruhig darauf ankommen, ob sich
einer um die TrpwTeia meldet, und trosteu uns im ungiinstigsten
Falle mit der Gewissheit, dass der tiefeingefressene Rost des
Schulvorurtheils von der intacten Ueberlieferung Horazischer
Poesien nicht oft und scharf genug mit Feile und Scheide-
*) [Rhein. Museura f. Thilol. Bd. XI (1857) p. 628-636 ]
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UEBER II0RATIU8 CARM. II, 1
603
wasser angegriffen werden kann. Wie mir denn zum Bei-
spiel, um den ersten besten Fall herauszugreifen , bisher
durchaus unverstandlich geblieben ist, mit welchen Be-
schwichtigungen ein Denkender sein Gewissen einzuschlafern 629
vermoge gegeniiber dem Eingange des ersten carmen im
zweiten Buch:
Motum ex Metello consule ciuicum
Bellique causas et uitia et modos
Ludumque Fortunae grauesque
Principum amicitias et arma
Nondum expiatis uncta cruoribus,
Periculosae plenum opus aleae,
Tractas et incedis per ignes
Suppositos cineri doloso.
Paullum seuerae Musa tragoediae
Desit theatris: mox ubi publicas
Res ordinaris, grande munus
Cecropio repetes cothurno,
Insigne maestis praesidium reis
Et consulenti, Pollio, curiae u. s. w.
Ich will nicht zum so und so vielsten Male reden von dem
befremdlichen publicas res ordimris, worin entweder ordinaris
Qberaus prosaisch oder publicas res gegen allen Sprachgebrauch
fQr rem publicam steht; — nicht davon, dass es schief ist
zu den publicae res die theatra in Gegensatz zu stellen, da
die ludi scaenici so weit wie moglich entfernt sind von dem
Begriff einer Privatangelegenheit und so sehr wie etwas zu
den offentlichen Interessen gehdren; — selbst davon nicht,
wie sehr es gegen Schicklichkeit und Sitte ist, dass nach
der zwei Strophen langen Einleitung erst in der vierten
Strophe und rm zweiten Satze die Anrede an den Pollio
nachschleppt:*) obwo.nl mir nicht unbekannt ist, mit welchen
*) Diese Inconvenienz wiegt in meinen Augeu so schwer, daae,
wenn gegen die dritte Strophe keine andern Griinde sprachen, ich sie
unbedenklich umgtellcn und nach der jetzigen viertcn setzen wurde.
Und vielleicht hatte sie eben fur diese Stelle der Interpolator bestimmt.
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604
UEBER HORATIUS CARIf. II, 1.
unpassenden Beispielen man dies vertheidigen kann. Ueber
alles dieses liisst sich herttber und hiniiber streiten und wird
wohl bis an's Ende der Tage gestritten werden. Aber auf
drei Fragen darf man drei Antworten fordern, welche eine
Moglichkeit der Vertheidigung der dritten Strophe flbrig
63o]asseu. Erstens: niit wclchem Rechte traut man dem
Dichter eine so dick aufgetragene, ebeu so unverschamte
wie abgeschmackte Schmeichelei zu, dass mit dem Feiern
des einen Pollio es gleich mit aller Tragodie ttberhaupt ganz
und gar aus sei fiir das Theater? in einer Zeit, in der doch
z. B. Varius seine Triumplie feierte. Oder aber, wenn nicht
die tragische Muse ttberhaupt, sondern eben nur die Pollio-
nische gemeint ist, nach welcher sprachlichen oder logischen
Regel soll Mtisa fur tua Musa stehen? Zweitens: mit
welchem Rechte traut man dem Horaz ein so vollig leerea
und mttssiges Epitheton zu, wie es seucrae darum ist, weil
es eine andere tragocdia gar nicht gibt? Oder aber, wenn
darin eine bestimmte Beziehung liegen soll, welchen Sinn
hat es, die tragoedia als scuera gegentiberzustellen der Ge-
schichtschreibung blutiger Bttrgerkriege, der und denen doch
wohl keine geringere seueritas zukonimt? Drittens: wie
will man grande munus als Pradicat der Polliouischen Tra-
godiendichtung schutzen, ohne daneben eben jene Geschieht-
schreibung als eine minder grosse, wttrdige Aufgabe erscheinen
zu lassen? und wie diese Herabsetzung mit dem Inhalt und
der Absicht des ganzen Gediclits vereinigen? — Ehe nieht
hierauf, statt nichtssagenden allgemeinen Geredes, baudige
und befriedigende Antworten erfolgen und ich mochte
wirklich wissen wo sie herkommen sollten — wird es dabei
bleiben, dass Peerlkamp trotz seiner zum Theil wunder-
lichen und ttber das Ziel hinausschiessenden, auch nicht*
weniger als erschopfenden Argumentationen doch in der
Hauptsache das Richtige herausgeftthlt hat, wenn er als die
Horazische Gedankenfolge diese hinstell$e: rMotum ex Metello
consule ciuicuin tractas et incedis per ignes suppo-
sitos cineri doloso, insigne maestis praesidium reis et con-
sulenti, Pollio, curiae.'
Lassen wir den Streit um die, formeil jedenfalls zusammen'
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UEBER HORATIUS CARM. II, 1. 605
hanglo9 genug eingeschobene siebente Strophe 'Iuno et
deorum quisquis amicior' u. s. w. fur den Augenblick auf
sich beruhen. Die Ausstellungen im Kleinen mogen sich
immerhin beseitigen lassen; die letzte Entscheidung wird
fflr den Einzelnen davon abhangen, welche Vorstellung er
sich von Roniergesinnung und Romerauffassung macht gegen-
Uber einem romerfeindlichen und romerschandenden Barbaren
wie Jugurtha, zu dessen Ehren und glanzvoller Genugthuung 6
hier, als wefin es einem Troerfiirsten Priamus galte, der
halbe Olymp bemiiht wird als Vollstrecker ewiger Gerechtig-
keit und Ziichtiger des durch seinen Sieg iiber eben jenes
Barbarenthum schuldbeladenen Romervolks, fiir das die andere
Hiilfte himmlischer Schutzmachte machtlos oder theilnahm-
los bleibt
Meine Meinung iiber diese Strophe und das in ihr ge-
feierte geniale, wenigstens interessante Scheusal werden Sie
zwar, lieber Bernays, deutlich genug zwischen den Zeilen
lesen; aber ich will in Beziehung auf sie gern jedem seinen
Glauben gonneu und lassen, um nur desto eigensinniger
darauf zu bestehen, dass die vorletzte Strophe desselben
Gedichts mit etwas weuiger als der traditionellen Bewunderung
darauf angesehen und angefiihlt werde, wie sie sich zu dem
Dichterruhme dessen verhalte, auf den wir sein eigenes enil
molitur inepte' anzuwenden gutes Recht haben. Vollkommen
angemessen ist der Gedanke und geschmackvoll seine Aus-
fuhrung in der vorhergehenden Strophe:
Quis non Latino sanguine pinguior
Campus sepulcris inpia proelia
Testatur auditumque Medis
Hesperiae sonitum ruinae?
wo mit der Steigerung auditumque u. s. w. das voran-
geschickte quis non — testatur kraftig abschliesst. Was
soll man aber dazu sagen, wenn nun nochmals zu dem vor
dieser Steigerung ausgedruckten Gedanken zuriickgekehrt,
dieser mit drei, sage drei jedes neuen Inhalts baaren Varia-
tionen wiederholt wird und ohne analogen Abschluss ganz
dflnn also auslauft:
G06
UEBER nORATIUS CARM. II, t
Qui gurges aut quae flumiua lugubris
Ignara belli? quod mare Dauniae
Non decolorauere caedes?
Quae caret ora cruore nostroV
Tn der That: Worte, Worte, nichts als Worte! Oder wo
wiire auch nur die leiseste NUance des Sinnes in diesen
Zuthaten? Ist das nicht auf ein Haar wie in der lnetrischen
Composition eines Primaners (in Pforte uatiirlich oder Witten-
632 berg oder wo man sonst noch diese lobliche Uelrung in Ehren
hiilt), der mehr epitheta, synonyma und phrases als Gedanken
im Kopfe, dabei seinen treuen Gradus ad Parnassum in
Handen hat? Camptts — flumina — mare — ora; inpia
proelia — lugubris belli; non testatur — ignara — caret:
Latino sanguine — Bauniae caedes — cruore nostro. Dnd
wie kahl und mager jedes einzelne Satzglied im Gegensatz
zu der gedrangten Fulle der Originalstrophe! Aber freilich,
in der ersten Strophe sollen es die Kampfe zu Lande, in
der zweiten die zu Wasser sein, die vorgefiihrt werden.
Also zu Wasser. Nun man muss gestehen, dass das eine
sehr scharfsinnige Unterscheidung ist, wonach das Wasser
eingetheilt wird in 1) Strudel, 2) Flusse, 3) Meere und
4) Kiisten, sei es an sich, sei es mit Rttcksicht auf die an
verschiedenen Oertlichkeiten gelieferten Schlachten, und
mochte man nur etwa noch fontes und lacus zur Vervoll-
standigung dieser Schlachtenkategorien hinzugefiigt wiinschen.
Zuvorderst konnte nun ein Zweifelsiichtiger meinen, Schlachten
an Strudeln und an oder auf Fliissen gehorten wohl mehr zu
den Land- als zu den Seeschlachten; ferner aber die der orae
ausschliesslich zu einer von beiden Klassen gar nicht, sondern
mit gleichem Rechte zu beiden. Eben darum, werden ver-
muthlich die Bewunderer des Dichters quand meme sagen,
hat dieser sehr weise die orae ans Ende gestellt, um damit
Land und Wasser in einem gemeinschaftlichen Begriff zu-
sammenzufassen. Und fragt man weiter, warum das Meer
sowohl als die KUste jedes ein apartes Satzglied erhalten
hat, gurgites und flumina trotz des trennenden aut nur eines
zusammen, so wird es vielleicht heissen — wofern so fur-
witzige Fragen Uberhaupt der Beautwortung werth erscheinen
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UERER HORATIUS CARM. II, 1
(507
— vorher sei mit campus nur das Land ohne Wasser ge-
meint, wie z. B. africanische Wtisten, dann komme erst das
bewiisserte, fluss- und strudelreiche Land, und zwar dieses
als vortrefflicher Uebergang zu dem reinen, landlosen Wasser.
Wir erhielten so fiir den Gedankenfortschritt unseres Strophen-
paares ein Begriffschema, das jedem Compendium der Logik
Ehre machen wurde, namlich um es in die kttrzeste Formel
zu fasscn: 1) Landland; 2) Wasserland und Landwasser, und
zwar a) durch Strudel, b) durch Fliisse gebildet; 3) Wasser-
wasser; 4) Land -f- Wasser in freundlicher Grenznachbar-
schaft, in der wohl auch etwa die Inseln, Halbinselu und 633
Landzimgen ein erwttnschtes Unterkommen fiindeu.
Doch — 'relictis, Musa procax, iocis' — ich sehe eben,
dass ich doch die Erfindsamkeit der Interpreten sei es ttber-
sei es unterschatzt habe, wenn ich einen andern Weg der
Erklarung ganz ttbersah. Denn z. B. Orelli sagt es ja ganz
ausdrttcklich: gurges ist das Wasser ttberhaupt, flumina und
maria sind seine Unterabtheilungen. Und womit wird diese
wundersame Begritfsweite des gurges bewiesenV Weil, wo
es auf irgend eine Unterscheidung gar nicht ankam und gar
nicht abgesehen war, Virgil in Carpathio Neptuni gurgitc
sagen konnte und vom Acheron turbidus hic cacno uastaque
uoragine gurges aestuat , darum soll, wo die ausdrttcklichste
Scheidung gemacht wird, die Species zum Genus werden.
konnen und ihre ebenbttrtigen Mitschwestern gewaltthatig
unter ihr Regiment bringenV Das war doch von dem wackern
Manne eine schier allzu revolutioniire Sprachanschauung.
Und was soll ein aut zwischen Genus uud Species, und zwar
nur vor der ersten Species, vor der zweiten wieder nichtV
Bedurfte es dafttr gar nicht der Belege oder wollten aich
keine einstellenV
Selten, dass sich ein Falschmttnzer nicht wenigstens
durch einen schiefstehenden oder zu viel oder zu wenig ge-
setzten Buchstaben verriith. Das pflegt auch von den littera-
rischen zu gelten, wenn sie es auch sine dolo malo und
nur als harmlose Dilettanten sind, und vielleicht um so
mehr. Es ist ja moglich, dass der gliickliche Vater dieser
Strophe Quis gurges schrieb, wie er als altcr Horatius
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608
UEBER HORATIUS CARM. II, 1.
schreiben niusste; aber verdachtig ist es doch, dass sich das
nur in einer einzigen Handschrift gefunden hat. Denn dass
qui gurges nichts sei, hatte man allerdings liingst sehen
sollen, mochte man es nun unter dem Gesichtspunkte, dass
im Unterschiede von quis ein qui = qualis sei, beurtheilen
oder es an dem Sprachgebrauche des hier in Betracht kom-
menden Litteraturkreises messen. Oder wo hatte Horaz
anders als quis gesagt, sei es bei Personen wie quis tmdta
gracilis te puer in rosa perfusus liquidis urget odoribus — ,
quis puer ocius restinguet ardentis Falerni pocida — , quis te
soluere Thessalis magus uenenis, quis poterit deus — , patriae
634 quis extd se quoque fugit — , ganz wie Virgil quis deus hanc
extudit artem — , quis nouus hic nostris successit sedibus hospes
u. s. w., oder auch bei Sachbegriffen , z. B. quis desiderio sit
pudor aut modus — , tu ciuitatem quis deceat modus curas
quis sudor uietis et quam malus undique tnembris crescit
odor — , und gleicherniassen Virgil quis enim modus adsit
amori — , quis est nam ludus in undis — , quis tantus furor
me perdidit —, quis iam locus — , quis casus, quis dolor, quis
sensus, quis globus, quis metus, quis clamor , quis strepitus,
quis plangor — durchaus ohne Ausnahme. Und nun noch
dazu nach dem vorausgegangenen quis campus ein qui
gurges !
Ich bin am Ende mit meinen Negationen. Zur Erholung
von ihnen, die ja, so nothwendig sie sind, als solche nichts
Erquickliches haben, vergonnen Sie mir nun wohl die Genug-
thuung, das positive Ergebniss wie einen rein ausgeschalten
Kern auf Ihre Empfindung wirken zu lassen, so gut er es
vermag:
Motum ex Metello consule ciuicum
bellique causas et uitia et modos
ludumque Fortunae grauisque
principum amicitias et arma
nondum expiatis tincta cruoribus,
periculosae plenum opus aleae,
tractas et incedis per ignis
suppositos cineri doloso,
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JJEBER HORATIUS CARM. II, 1.
609
insigne maestis praesidium reis
et consulenti, Pollio, curiae,
cui laurus aeternos honores
Delinatico peperit triumpho.
Iam nunc minaci murmure cornuum
perstringis auris, iam .litui strepunt,
iam fulgor armorum fugacis
terret equos equitumque uoltus.
Sudare magnos iam uideo duces
non indecoro puluere sordidos,
et cuncta terrarum subacta
praeter atrocem animum Catonis.
Quis non Latino sanguine pinguior 635
campus sepulcris inpia proelia
testatur auditumque Medis
Hesperiae sonitum ruinae?
Sed ne relictis, Musa procax, iocis
Ceae retractes munera neniae:
mecum Dionaeo sub antro
quaere modos leuiore plectro.
#
Was meinen Sie, wird wohl Asinius Pollio etwas vermisst
haben, wenn er als Zeichen personlicher Aufmerksamkeit
und huldigender Achtung diese poetische Widmung des etwa
SGjahrigen Dichters empfing? Ich sollte es kaum glauben,
mochte aber unter den nieht sehr vielen, an deren Zustim- -
mung oder Gegenstimmung mir etwas liegt, namentlich nocli
von Einem gern wissen, was er dazu sagt, niimlich von
Herrn Friedrich Martin, dem denkeuden und sinnvollen
Verfasser des Posener Gymnasialprogramms vom .1. 1844:
rDe aliquot Horatii carminibus conimentatio critica', das
ich mich wundere bei den brennenden Streit- und Zeitfragen
nach der Authentie Horazischer Poesien nicht ofter beriick-
sichtigt zu finden. Schiitteln Sie aber etwa den Kopf
iiber die 'arina /mcta cruoribus' und das * sudare iam uideo
duces', so habe ich darauf fiir jetzt nichts weiter zu sagen,
als dass ich mir nach vielfaltiger, gewissenhaffcer, in jahre-
FR. RITfU HKLII OPV8CVLA III. 31*
GlO UEBER HORATIUS CARM. II, 1
langen Zwischenrauinen wiederholter Ueberlegung eben nicht
anders zu helfen weiss, und dass mir auch kein Anderer —
so weit sich Andere iiberhaupt haben vernehmen lassen —
hat anders helfen konnen. Oder konnen Sie es?
Bonn, 25. Jan. 1857.
N. S. Schon sind mir wider meinen Willen ein paar
andeutende Bemerkimgen, die idi auf Anlass Ihrer Zusehrift
allein beabsichtigtc, zu vorstehender Epistel angewaehsen,
und abermals sehe ich mich durch eine freundliche Zusenduug
mehr genothigt als angeregt auf denselben Gegenstand zu-
Gse rackzukommen. Herrn Gustav Linker's Horaz (Wien 1856)
ist es, der diese moralische Nothigung enthalt Der Heraus-
geber ftihrt bei seiner Textesrevision ein scharfes Messer:
was ich auf die Gefahr des XeucTfjp brjuou uopoc hin bekenne
im allgemeinen sehr viel wohlthatiger und verdienstlieher
zu finden als das glaubensselige Hantieren mit den stumpfen
Werkzeugen, mit denen man aufgesetzte Flicken und vor-
stehende Niihte zu glatten und auszugleichen sucht, ura nnr
ja der siissen, faulen Gewohnheit kein Aergerniss zu geben.
Um so mehr wundere ich mich in dieser Ausgabe die dritte
und die siebente Strophe der obigen Ode ohne allen Ver-
dacht passiren zu sehen: wohingegen gerade dic vorletzte
Strophe, an der selbst Hofman Peerlkamp keinen Anstoss
gefunden hatte, in volliger Uebereinstimmung mit meineui
eigenen Urtheile kurzweg als uniichtes Einschiebsel bezeichnet
worden ist. 'Stropham paenultimam multis nominibus su-
spectam uncis inclusi' sagt der Hgbr. in der Vorrede p. XIX.
Ob unter seinen GrUnden auch die von mir entwickelteu
waren, kann ich weiter nicht wissen; nur so viel weiss ich,
dass der einzigc von ihm rait fcf. ad T, 22, 14' nalier an-
gedeutete nicht unter den meinigen war. Zu der citirteu
Stelle heisst es namfich p. XV: 'Stropham quartara eieeerunt
P[eerlcampu8] MfeinekiusJ. Daunias voc. ferri non posse
iam BfentleiusJ vidit. atque hic statim moueam, oranes eos
locos, in quibus Dauni vel Dauniae raentio fit, manum
interpolatoris prae se ferre Vergilium imitantis. cf. II, 1, 34.
III, 30, 11. IV, 6, 27. 14, 26. unde patet, quo iure Paldamus
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UEBER HORATIUS CARM. II, 1.
611
corruptum limen Apuliae III, 4, G mutaverit in limina
Dauniac.' Dieser Verdiichtigungsgrund und die ihm bei-
gelegte Tragweite scheint mir zwar vorJaufig noch sehr be-
denklich; indessen verlangt er jedenfalls eine Untersuchung,
uiid diese einige Musse, die ich im Augenblick nicht habe.
Bonn, im Marz.
Zweiter Brief.*)
Dass das Peerlkampische sudare bei Horaz II, 1, 21 457
als Verbum keinesweges durch die Beispiele von sudor ge-
schutzt werde, ist sehr wahr, und dass der Ronier ein sudare
im edeln Stil eben so wenig vertragen habe wie der Deutsche
neben dem 'Sehweiss der Edeln' auch 'schwitzende Feld-
herren', konnte sehr wahr sein, miisste es aber nur, wenn
sieli die Sprachen nothwendig deckten. Wenn nun aber
gerade hier lateinisclies und deutsches Sprachgefiihl ausein-
ander gingen? wenn sich sudarc durch Beispiele *iicht von
sudor, sondern von sudarr schUtzen liesse, was wollten wir
mehr? An solchen fehlt es ja aber nicht, und sie stehen
liiugst in den Lexicis. Aus ihnen kann man sich erstens
die Beobachtung zusammenlesen, dass, wo wir fvon Blut
triefen allerdings nicht fschwitzeir, sagen, im Lateinischen
die genau entsprechende uud ganz eigentliche Ausdrucksweise
gerade sudarc samjuinc ist. So tcrra sudat sanyuine Ennius,
Dnrdanium sudarit sanguinc titus Virgil, quantum Ausonio
sudabiHs arma cruore Silius, oder von Personen quidquid ad
hheos Xanthum Simoentaquc nobis sanguinc sudatum (cst)
ebenderselbe, und mit auffallend starkem Ausdruck Lucrez
sine incassum dcfcssi sanguinc sudcntf angustum pcr itcr luctan-
tcs ambitionis: was doch lauter Poeten des hohern Stils
sind. Aber auch in andern Verbindungen ohne sanguinct
nicht nur ad metas sudrt oportct cquus bei Properz, sondcm,
wenn man das etwa nur will vom Pferde gelten lassen, auch
vom Hylas Lernacaquc totlcns arma sub ingndi gaudct sudarc
pharctra bei Statius. Hier allerdiugs nicht vom Kampfes-
schweisse wie in der zweiten Stelle des Silius; dafUr darf
*) [Rhein. Muacum f. Philol. Bd. XII (1867) p. 457—404].
39*
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612
TJEBER HORATIUS CARM. II, 1
aber noch der gar nicht seltene Gebrauch des Participiums
hierher gezogen werden, den die Dichtersprache des Silius,
Statius, Claudian zuliess nicht nur in Redeweisen wie labore
Cyclopum sudatum thoraccm, sudaias vomerc messes, sudato ma-
rito fibula, zona manibus sudata, auch sudafa bella, sonderu
namentlich in sudatus labor: dergleichen unter Andern Dra-
kenborch zu Silius IV, 435 zusammengestellt hat Und ist
denn, wenn es sich darum handelt ob etwas edel oder un-
edel gesagt sei, nicht selbst Cicero der Redner genugender
Zeuge, der keinen Anstand nahm sudandum cst his pro com-
munibus commodis in der Sestiana zu sagen? Auch die Bei-
spiele der Composita werden kaum geringere Beweiskraft be-
haupten : wie bei demselben Cicero in his (exercitationibus in-
Asvgcni) desudans atque claborans, wie das vorzugsweise hieher
gehorige alio dcsudant Martc cohortcs bei Claudian, wie neben
dem sudatus Jal>or die cxsudati laborcs bei Silius, wozu Draken-
borch die treffende Parallelstelle aus einer Hede bei Livius
nachwies ut rursus novus de integro his instituendis cxstuletiir
labor und hier wieder das cxsudare ceriamen desselben Autor.
Das ware wolil allenfalls genug, um ein 'Sudare magnos
iam video duces' als cine des Horaz ganz und gar nicht
unwiirdige' Ausdrucksweise zu rechtfertigen und die Qberzar-
ten Bedenken des Skeptikers zu beschwichtigen von dem Sie
Meldung thun; aber freilich ist es nicht genug, um die Con-
jectur des hollandischen Kritikers gegen eine gleich gute
andere oder eine noch probablere aufrecht zu halten. Ihnen
ist, wie Sie mir in diesem Juni schreiben, der Gedanke an
r Anteire magnos iam video duces' gekommen, in dem Sinne
cdem Heere vorausschreiten': und darum wird es ffir Sie
ein besonderes Interesse haben, zu erfahren, dass niir iui
Mai gauz denselben Gedanken ein lieber alter Freund mit-
theilte, dessen briefliche Ausfuhrung dieser uud einiger an-
dern Horazischen EnTnuotTa*) icn mit seiner Bewilligung hier
folgen lasse.
Bonn, Jnni 1857.
*) [Die Besprechuug dieser andern CnT^MaTa, w{e eje sicti von
p. 401 an findet, i«t hier weggelassen. C. W.]
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CKBKR HORATIUS CARM. II, l.
613
Verstehe ich recht, so hast Du im Rh. Mus.
XI p. 635 [oben p. 600] an dem Hofman-Peerlkampschen
Vorschlage nur einstweilen festhalten zu miissen geglaubt,
Dir aber das Suchen nach eiuem Bessern selbst noch vor-
behalten wollen. Ich weiss nicht ob ich Gewicht darauf
legen 8oll, dass Du in Deinem Abdrucke des Gedichtes nach
tfolius ein Punetum gesetzt hast. Da Du sudare — video an-
genommen hast, kannst Du in deu beiden ersten Versen
dieser Strophe wohl nur ein Gedankenglied erkennen, das
auf das engste mit den beiden Hauptgliedern der voran-
gehenden Strophe zusammenhiingt: denn es sind ja wohl
drei Momente der Schlacht, vielleicht der beginncnden, welche
der Dichter malt. Es ist wohl ein Schwung dichterischer
Phantasie, den man zu bewundern, nicht zu tadeln hat, wenn 460
tler Dichter von diesen einzelnen Momenten der besonderu
Situation, eiuer Schlacht oder der Schlacht, mit einem kraf-
tigen Zuge den Erfolg des siegreichen Helden — inmitten
des trtiben Gemiildes — hinstellt. Ich mochte daher hinter
voUus nur ein Komma haben und, wenn cs gestattet ware
die antiken Worte mit so moderner Umgebung auszustatten,
hinter sordidos den sogenaunten Gedaukenstrich. Jetzt zu
meiner Vermuthung statt des sudare. Durch eine Eigen-
schaft empfiehlt sie sich gewiss, durch ihren eugen Anschluss
an die handscbriftlich iiberlieferten Zeichen. Ob sie schon
da geweseu, kann ich aus meinem kleinen Apparat nicht
entnehnien; ist dem so, so — Musisse putemur'. Mein Auge
sieht also in dem iiberlieferten audirc das sehr ahnliche
anteire. Die dem Funde nachfolgende Priifung hat nur
zwei Bemerkungen hinzuzufiigen. Erstlich die Synaloephe in
auteire bedarf wohl nicht weiter ausdrttcklicher Stiitzung,
aueh wenn man sich auf die Zeile te scmj)er antcit saeva nc-
cessitas nicht berufen darf und auf das dactylische Herai-"
stichion aut strenuus anteis sich nicht berufen will. Zweitens
raag ich gern den besondeni Vortheil aufgeben, den ich
meiner Vermuthung bereiten konntc durch die Anfiihrung
der Zeilen
Ein boser Knecht der still darf stehn,
wenn er den Feldherrn sieht augehn,
G14
UKUElt HOKATIIS CARM. II, 1
beguiige mich vielmehr iriit der Herbeiziehung der ganz pro-
saischen Worte Suetons im Caesar c. 57: in agtnine tum-
nmnquam cquo, sacjmts pcdibus anteibat capite detecto seu sol
seu imber esset. Wiinschenswerth war' es, eine zutreffende
Nachweisung uber das anteire in der Pharsalischen Schlacht
zu haben; denn die besonders lauten Angriffssignale in dieser
Schlacbt werden ausdrucklich von den Schriftstellern er-
wiihnt; auch ist wohl der Angriff und die Flucht der poni-
pejanischen Reiter, das entscheidende Moment der Sehlacht,
mit Sicherheit fUr die Zeilen et fuhjor arnwrum — — her-
beizuziehen, wenn auch Mommsen aus den Erzahluugen der
Schriftsteller einen Lager-Schwauk mit Fug und Recht aus-
scheidet. Ob sich wahrscheinlich machen Hisst, dass die
alterthiimlichen Formen antidit u. s. w. im Volksmunde ver-
blieben, weiter ausgebildet und endlich in das moderne an-
46i dare iibergegaugen seien, vermag ich nicht zu verfolgen*);
wtire das so gegangen, dann fande die Substituierung des
audire eine leichte Erklarung.
Zullichau. R. Hanow.
Replik von Jacob Bernays.**)
['Bernays' weitere Aeusserungen hierauf darf ich, da sie
gegen mich gerichtet sind, der Unparteilichkeit halber nicht
weglassen/ ]
630 Man braucht nicht so zimperlich zu sein wie die englischen
Ladies, welche die Nase riimpfen wenn jemand to transpirc
auch nur im Sinne 'bekannt wcrden' gebraucht, um dennoch
durch Rh. Mus. XII p. 458 [oben p.611 f.] nicht ttberzeugt zu
werden. Denn das Anstossige liegt in dem Verbum sudarc
neben video. Dass einem das Schwitzen so recht eigent-
lich vor Augen gestellt sei, will dem (ieschmack des Unter-
fertigten nicht eingehen, und dass ein so wortwiihlender
*) Hieraber mOchte wohl Diez im EtymologiBchen Wdrterbxich
der romaniBchen Sprachen eines Andern und — Bessern belehren.
F. R.
**) [Rhein. Museum f. Philol. Bd XII (1857) p. 630.]
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DBBEB HOKATIUS CAKM. II, 1
615
Odendichter wie Horaz gesagt habe: 'ich sehe grosse Feld-
herrn schwitzeu' erkliirt er nicht eher zu glauben als bis
— er es sehe. Die Beispiele von sawjuine sudarc treffen
nicht ganz, weil hier durch sanguinc die ganze Phrase eine
nietaphorische Milderung erfahrt. Die Stelle aus Statius Uber
Hylas ist schwerlich beweisend fiir den Odenstil*); sie er-
ziihlt; und wenn man einmal dies erzahlen will, wird man
es auch im Deutschen nicht anders sagen. Laborc Cyclo-
pum sudatum thoracem ist eben kyklopisch. Wenn aber
Claudianus sagt sudatas vomcrc tnesses, so ist dies so unnatiir-
lich schief, oder wenn er gar sudata tnarito fibula sich er-
laubt, so ist dies so unreinlich gesagt, dass man hier, wie
auch sonst, daran erinnert wird, dass er in Alexandria ge-
boren und Latein nicht seine Muttersprache war. Horaz
wilrde dergleichen zusammengestellt haben mit
Furius hibernas cana niue conspuet Alpes.
cDer Skeptiker'.
*) 'Verwesen' ist an sich ja ein unverrangliches Wort. Und doch
wird keiner das Lachen unterdriicken kSnnen, wenn Klopstock in der
bekannten Ode singt:
fWenn von der Itadikin fern, der redliche Cramer verwes^'.
XVIII.
Ueber Tibulls vierte Elegie des ersten Buchs.*)
m Dass die unter Tibull's Namen auf uns gekomniene Ge-
dichtsammlung ein eben so ungleichartiges als zerruttetea
Ganze bilde, bezweifelt heutzutage kein Urtheilsfahiger mehr.
Die Ungleichartigkeit, die sich nicht nur in sehr abstechen-
dem Kunstwerthe der einzelnen Gedichte zeigt und auf ver-
schiedene Entwickelungsstufen eines imd desselben Dichters
hinfiihrt, sondern die, in Verbindung mit unabweislichen In-
dicien directer Art, auch zur Anerkennung verschiedener
Urheber nothigt, lassen wir hier unbesprochen. Die Zer-
riittung des uns Uberlieferten Corpus liegt, mehr noch als
in der Anordnung des Ganzen, in der gestorten Folge der
Theile einzelner Gedichte zu Tage. Dieser Gesichtspunkt
insbesondere war es, den Joseph Scaligers durchdringen-
der Blick ins Auge fasste, als er im Jahre 1575, damals
ein FOnfunddreissiger, zur Erholung von schwerer Krankheit,
wie er selbst sagt, innerhalb eines Zeitraumes von nicht ganz
57 einem Monat**) nicht nur den Tibull, sondern gleichzeitig
*) (Aus den Berichten der phil.-hist. Classe der K5n. Sacheischen
GesellBchaft der Wissenschaften. (Bd. XVIII. 1866) p. 56—74.]
**) Wenn ihnHaase in dem weiterhin zu erwahnenden Prooemiam
p. 5 von demselben Monat uoch zwanzig ganze Tage auf die Ab-
fassung der kritischen Commentare (der fCastigatioues in Cat. Tib.
Prop.') verwenden lasst, wonach fur die Textrecension gar nur zehn
Tage iibrig bheben, so finde ich das durch Scaligers Worte (in der
Dedicationsepistel) nicht bestatigt: r. . . et nisi fallor, feliciter sacces-
sit nobis: quamuis, Deum testera laudo, ne integrum quidem mensem
illis tribus poetis recenscndis impcndimus. Tameu, ne quid dissimulem,
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UEBER TIBULLS 4. ELEGIE DE8 1. BUCHS. 617
auch den ganzen Catull und Properz . einer neuen Textes-
recension unterzog, die seiner wunderbaren Productionskraft
eben so zum Ruhme, wie seiner genialen Verwegenheit zum
Vorwurfe bei der Nachwelt gereicht hat. Es ist wahr, in
geistreichem Spiel hat er das Heilmittel der Umstellung
von Gedichtstheilen in einem Umfange und einer Weise zur
Anwendung gebracht, dass man den Zilgel masshaltender
Bedachtigkeit nur allzusehr vermisst, den er selbst ohne
Zweifel mit ganz anderer Strenge angelegt hatte, wenn er
uicht (in der Dedicationsepistel an Puteanus) diese seine Er-
holungsbeschaftigung in ausdrUcklichen Gegensatz zu den
graviorcs litterae, studia graviora setzte. Dieses Uebermass als
solches zu erkennen war keine Kunst fur die Folgezeit; aber
inan hiitte nicht, um im Sprichwort zu reden, das Kind mit
dem Bade ausschutten, nicht ubersehen sollen, dass Scaliger^s
Starke in der Negation, im Erkennen der Schaden und Un-
zutraglichkeiten Hegt, seine Schwache nur in den positiven
Versuchen zu ihrer Beseitigung. Nicht seine zahlreichen
Unistelluugen von Distichen und Distichengruppen an sich
sind es, welche den Tadel herausfordern, sondern dass es —
abgesehen von ihrer Hiiufung und den durch sie bewirkten
Zerstilckelungen — nicht die rechten sind, dass sie nicht
ruhig und umsichtig genug erwogen, dass sie allzu oft ein-
seitig und ubereilt sind und an die Stelle der alten Uebel-
stande nur neue setzen. Aber dass er an den alten iiber-
haupt zuerst Anstoss nahm, sie constatirte und ihre Hebung
den Spiitern als Aufgabe hinstellte, das bleibt sein unan-
tastbares Verdienst, welches von der Neuzeit wenig gewiir-
digt zu sehen Wunder nehmen muss. Es war an der Zeit
meliorem partem harum Criticarum commentationum vindicat xibi stilus,
< t scriptio. Quum enitn quae in animo habebam, ea chartae commen-
darem, cui rei viginti tantum dies dedimuR, >nh acumen calami, ut »o-
lft, longe plura cadebant, quam inter legendum auctores ipsos com-
mentati fueramus'. Haaise n war iibrigens in jener ungerechtfertigten
Interpretation der Scaligerschen SHtze schon J. H. Vobh vorangegangen
in der an unverstiindigen und unwiirdigen Aeusserungen , namentlich
auch gegen Scaliger, liberreichen Vorrede zu seiner Ausgabe von
1811, p. V.
618 UEBER TIBULL'8 4. BLEGIE I*ES 1. BUCH&
und in der Orduung dass, um nur erst einmal eine sichere
Grundlage zu schaffen, zuvorderst eine Arbeit wie die Lach-
niann'sche eintrat, die von den Itechten subjectiver Kritik
grundsiitzlich absehend, nur die alte Ueberlieferung (leider
im vorliegeuden Falle eiue nur allzu junge) in treuer und
scharfer Wiedergabe vor Augen stellte. Aber aus dieser
absichtlich nur relativen Leistung eine im wesentlicheu ab-
schliessende gemacht zu sehen hiitte ihr Urheber selbst ge-
r»8 wiss am wenigstcn erwartet, er der anderwiirts so glanzende
Beweise einer die Schranken bloss liistorischer Ueberlieferung
Uberspringendeu Selbstthatigkeit gegeben. Und doch hat
seine, unter dem rechten Gesichtspunkte so werthvolle Textes-
recensiou des Tibull (und seiner beiden Genossen) wie mit
einer Art von Bann gewirkt, der Uber die dort gezogenen
Grenzen nicht oder kaum hinauszugehen gestattete. Gegen
diesen vertrauensseligen Conservativismus Einspruch gethan
und dem stillen auf Scaliger lastenden Verdammungsurtheil
gegenuber zuerst in unsern Tageu eine fortschrittliche Re-
action augebahnt zu haben ist ein Verdienst Friedrich
Haases; seinem Versuche, der Anfaugselegie des ersten
Buches auf Scaliger scheui Wege, und doch in freiester Un-
abhiingigkeit vou diesein Vorbilde, ihre ursprUugliche Gestalt
zurUckzugewinuen*), wiire wohl etwas mehr Anerkennung zu
wiinschen gewesen, als ihm in Bcrnhardys romischer Lit-
teraturgeschichte geworden ist. Durch solchen Vorgang er-
muthigt, sind in neuester Zeit mehrfache Versuche ans Licht
getreten, denselben Grundgedanken auch fur andere Gedichte
fruchtbar zu machen: obwohl von Uebereinstimmuug in den
Resultaten vorliiufig noch nicht viel zu rUhiuen ist. Unhe-
ruhrt von ihnen ist aber bis jetzt eine Elegle geblieben, die
durch ihre reizeudeu Einzelheiteu den Sinn der Leser von
jeher so allgemeiu bestocheu hat, dass man in ihr eine
wahre IVrle Tibullisclier Lieblichkeit zu haben glaubte: die
vierte des ersten Buchs, eine der fruhesten uns von Ti-
bull tiberhaupt erhaltenen Poesien, sehr wahrscheinlich die
*) 'Disputatio de tribua Tibtilli locis traiwpositione emeDdandi*'
vor dem Breslauer Index lectionum aeat. von 1855.
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1'EHER TIBULL S 4. ELEUIE DES 1. BUCHS.
619
friiheste aller erotischen. Man hatte und hat auch Recht niit
diesem Glauben: und deunoch ist sie, wenn nicht alles
tiiuscht, ein Uberzeugender Beweis fOr die Destruction Tibul-
lischer Poesien, die in Folge eines mittelalterlichen Mis-
geschicks eingetreten ist.
Ihre von Scaliger vorgenouiniene Uingestaltung als eine
mislungene nachzuweisen diirfen wir uns so lange erlassen,
bis ftir sie ein Vertheidiger auftritt; die Ueberzeugung von
der Unmoglichkeit, dass sie so, wie sie in den Handschriften
uberliefert ist und in den Ausgaben fortgepflanzt wird, aus
der Hand des Dichters hervorgegangen sei, theilen wir mit
Scaliger. Wenn Gruppe in der Vorrede zu seinen fkri-
tischeu Untersuchungen ' Uber die romische Elegie p. V mit 59
Gewicht hervorhob: fes war zur Kritik dieser Dichter nicht
genug, Lateinisch zu verstehen, man musste auch Poetisch
verstehen', so dUrfen wir zur Erganzung hinzufUgen, .dass
man vor alleni Logisch verstehen musste. Wie sehr die
jetzige Gestalt des Gedichts dieses Verstiindniss vermissen
lasse und wie wenig solcher Forderung durch Dissens alles
verwaschende Aesthetik Geniige geschehe, zeige zuniichst die
folgende Zergliederung seines Gedankenganges, fUr die ich
sogleich die Buchstabenbezeichnung anwende, mittels deren
«ich weiterhin die durch einander geworfenen Theilo am
anschaulichsten sondern und ))efriedigender zusammenfUgen
lassen.
/. Der Dichter (V. 1—8).
Aa. Belehre mich, Priapus, durch welche Mittel du
geliebte Knaben zu gewinnen weisst (1 — 6).
//. Priapus (9-72).
Ab. 0 nimm dich vor diesen gefahrlichen Wesen in
Acht, die durch einen oder den anderu Reiz immer
zu fesseln wissen (0 — 14).
B. Aber sei nicht zu ungeduldig, wenu der Gegenstand
deiuer Neigung sich nicht gleich ergibt, sondern
lerae warten; die Zeit Uberwindet und reift alles
(15-20).
C. Auch EidschwUre scheue nicht, denn solcherlei
620
UEBER TIBULLS 4. ELEGIE DES 1. BUCHS.
Schwure bedeuten nichts in den Augen der Gotter
(21-26).
D. Aber warte nicht zu lange, denn die Jugend ver-
geht schnell und das traurige Alter gestattet keine
Liebeslust mehr (27—38).
£. Du suche vor Allem durch Willfahrigkeit, Hin
gebung, gefalliges Entgegenkommen deinen Kna-
ben zu gewinnen: als Begleiter zu Lande und zu
Wasser, als Gefahrte bei Jagd und Waffenspiel
u. s. w.; so erreichst du, dass er deine Liebe erst
duldet, bald sucht (39—56).
F. Wehe iiber das verruchte Zeitalter, in dem Knaben
ihre Gunst um Geld verkaufen; moge den Venus
verderben, der das erste Beispiel dazu gegeben.
Auf Dichter und Dichterlob vielmehr, ihr Knaben,
legt Werth, um im Liede fortzuleben. Wer den
Musen Gold vorzieht, moge das Loos der Idaischen
Priester theilen (57—70).
G. Schmeicheln, Bitten, Klagen — das sind die Mit-
tel, mit denen Venus siegt (71—72).
111. Der Dichter (73-84).
Ha. So Priapus, als Antwort auf meine Frage. Und
nun holt euch Rath bei mir als euerm Lehrnieister,
ihr alle, die ihr Liebesnoth leidet: ilir werdet mir
danken und mkh loben (73 80).
Ilb. (Doch) wehe uber raich selbst, dem ja der grau-
same Marathus alle Liebesmiihen und Verfilhrungs-
kiinste zu Schandeii macht. 0 quiile mich nieht
langer, geliebter Knabe, dass ich nicht mit meineni
Lehrmeisteramte zum Gespott werde (81—84).
Jedem, der diese Gedankenreihe mit Aufmerksamkeit
verfolgt, muss sich eine dreifache Wahrnehmung aufdrnngen:
erstens dass in der Rede des Priapus die schroffsteii, zum
Theil imverstiindlichsten Uebergiinge und Gedankensprunge
storen; zweitens dass, auch davou abgesehen, allgemeine
und besondcre Rathschlage des Gottes ordnungslos dureh
emander gehen; drittens dass eine Partie dieser Rcde sich
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UEBER TIBULL^S 4. ELEOIB DES 1. BUCHS. 621
in den Zusammenbang und die Situation des Ganzen uber-
haupt gar nicbt einfQgt.
Denn was soll, um von dem letzten Punkte auszugehen,
das ganze mit F bezeichnete Stiick an der Stelle, die es
jetzt einninimt? Was bat die VVebklage iiber die Geldgier
iler Knaben mit den Mitteln zu thun, durch die sprode Ge-
muther Oberwunden werden? Sagt man etwa, damit solle
nur die Empfehlung der MusenkUnste, als besonders wirk-
samer Bewerbungsniittel, gegeusiitzlich eingeleitet werden, so
fragen wir, wie passen solche gerade zur Person des Priapus,
dessen realistischer Natur Scbatzung der Poesie so fern wie
inoglich liegt? Und wenn man sie ihm doch zutraut, wie
kommt er denn dazu, diese Ermalinung nicht an den Dichter
zu richten, der sie befolgen und dadurch zu seinem Ziele
gelangen kann, der ihn eben bcfragt hat und zu dessen Be-
lehrung die ganze Rede gehalten wird, sondem anffiilligster
Weise die pueri selbst anzureden, von denen er doch im An-
fange ganz sachgemiiss in der dritten Person gesprochen
hat? Man driickt sich nieht zu stark aus, wenn man be-
hauptet, dass darin nicht Sinn noch Verstand ist, das ganze
Stflck demnach gar nicht in die Rede des Priapus gehoren
kann.
Und was gleich folgt (V. 71. 72): Btanditiis vutt essc ei
locum Yenus ipsa: querellis suppiicibus, miser^is ftetibns itla fa-
vet, steht denn das in irgend einer Verbindung mit dem
Vorigen? Ja, wenn es btanditiae, quereltae, ftctus carminum
wiiren; aber davou stebt ja kein Wort da, und die natiir-
liche Bedeutung der Worte, die wirklich dastehen, hat eben
niit dem Begriff poetischer Form so gar nichts gemein, dass
sich eine solche Beziehung nur mittels der unnatiirlichsten
und willkiirlichsten Interpretation hineintragen liisst.
Hierau haben wir sogleich das erste Beispiel giinzlich
mangelnden Zusammenhangs; aber es gibt andere und stiir-
kere. Starkere namlich, wenn es nicht die Abwesenheit
jeder Verbindung ist, was den Anstoss gibt, sondern die
Anwesenheit von Verbindungspartikeln, die auf unverstiind-
liche oder verkehrte Weise verkniipfen. Im ersten Falle
haben wir ja hinliinglich gelernt, bei einem Elegiker und
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022
UEBER TIBVLLS 4. ELEGIE DES 1. BUCHS.
namentlich bei Tibull einer gewissen Liisslichkeit Raum zu
geben; leicht gestehen wir dem Dichter die Freiheit zu, dass
er uns zumuthe zwei asyndetisch neben einander gestellte
Gedanken durch das vermittelnde Bindeglied zu erganzen,
welches aus der ganzen Situation und den mit Empfiinglieh-
keit aufgefassten Regungen seiner Seele von selbst hervor-
geht. So verhiilt es sich mit V. 81, wo der Dichter von der
Empfehlung seines magistcrium plotzlich mit einem )w\i heti
(oder cheu) zu dem reinen Gegensatz uberspringt, den wir
oben durch ein eingeschobenes einfaches fdoch' verstiindlich
machen durften. Aber nicht ebcnso verhalt es sich mit V. 15
Scd ne te capiant -. Auf die Bitte des Dichters, ihn die
rechten LiebeskQnste zu lehren, antwortet Priapus zunachst
mit einer fluchtigen Warnung, auf ein so missliches Spiel
sich iiberhaupt einzulassen: einer Warnuug, die so leichthin
ausgedriickt ist, dass sie fast nur wie ein Seufzer Gber seine
eigenen Erfahmngen klingt Jetzt konute, in prosaischer
Vollstiindigkeit der logischen Gedankenreihe, der Mittelsatz
folgen: fjedoch wenn du einmal willst, so vernimm folgende
Lehren*. Diesen Mittelsatz durfte der Dichter iiberspringen
und sogleich fortfahren: ?du (der du mir einmal eine solche
Frage stellst) gewohne dich vor allem Geduld zu haben\
Aber nicht konnte er vemiinftiger Weise, mittels der ganz
unpassenden Conjunction sed9 so verbinden: 'nimra dich in
68 Acht vor den beriickenden Knaben; aber lass es dich nicht
verdriessen, wenn du nicht augenblicklichen Erfolg hast\
Kaum weniger anstossig ist V. 21 der Uebergang mit
twr. Was kann unseschickter sein als diese Gedankenfolce:
fAber werde es nicht gleich iiberdriissig, wenn deine Be-
werbung auf Schwierigkeiten stosst; auch spare keine Eid-
schwure' u. s. w.? Als wenn zwei Rathschliige irgendwie
auf gleiche Linie zu stellen wiiren, von denen der einc so
allgemein wie moglich, der andere so speciell wie moglich
ist. Und nun zumal, wenn unmittelbar darauf mit .4/ w
tardncris (V. 27 ff.) die Betrachtung gleich wieder ius All-
gemeine zuruckschliigt.
Dieser schon oben betonte Austoss eines in befremd-
lichster Weise springenden Wechsels zwischen generelleu
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UEBER TIBULL S 4. ELEOIE DES 1. BUCIIS.
G23
iind speciellen Reflexionen geht aber durch die ganze Priapus-
rede, wie sie jetzt vorliegt, durch: B (15—20) generell; 0(21
-26) speciell; D (27—38) generell; E (39—56) speciell. An
sich ist beides gleich denkbar und gleich berechtigt, dass
entweder die allgemeinen Motive vorau-, die besondern nach-
gestellt, oder aber mit den letztern begonnen und von ihnen
zn den allgemeinern aufgestiegen wurde; das Durcheinander
beider kann nicht Absicht eines verstiindigen und sinnigen
Dichters sein*).
Zwei Stiicke unseres Gedichtes sind es, die sich nach
diesen Erwiigungen als unpassend und storend an der Stelle,
die sie jet«t einnehmen, erwiesen haben: F (57— 70) und
(•(21-26). Scheidet man sie an diesen Stellen einfach aus,
so ergibt sich nun weiter die iiberraschendc Wahrnehmung,
dass dann K uud G, und wiederum 1$ und 7) zusammen-
schliessen wie angegossen. Dort wird die Reihe specieller 63
Vorschriften, die siimmtlich die Empfehlung eines eifrigen
obsequium zum Inhalte haben, abgeschlossen mit der Zu-
sammenfassung aller einzelnen Dienstleistungen uud Bewer-
bungen in die Begrifte blandifiac, supjdircs qucrrllae, miscri
fletus. Hier ist es eine noch viel einleuchtendere Ergiinzung
eines Gegensatzes durch den andem, wenn es V. 15 20 und
27- 38 heisst Sed nc tc. capiant, primo si fortc ncrfabit, tacdia
und im Anschluss daran At si tarducris} crrabis u. s. w.,
*) Solcberlei Anstosse sind ea, an deuen eine soust wohlberech-
tigt»* Nachsicht ihre unzweifelhafte Grenze findet, wie die von Bern-
hardy H. L. S. f>82 (4. Ausg.) empfohlene: 'Nur moge inan nicht ver-
gessen, dass die Composition des Pichters in «einen gemtithlichsten
Elegien immer dehnbar ist; venniige der weichen Gliederuug konnen
auch ilic Siitze leicht ihren Platz wechseln; mit gleicher Wahr-
scheinlich k eit darf man daher Umstellungen empfehlen uud
dieuelben bestreiten'. Wir haben das nicht vergessen; aber cine
8 0 hoch gesteigerte Unparteilichkeit und Weitherzigkeit wiirde meines
Erachtens allen Begriff von Methode auflieben. Wie weit auch wir
der 'Dehnbarkeit* eines 'lockern GefflgeB* Reehnung tragen, konneu
in der am Schluss dieses Aufeatzes mitgetheilten liestitution unseres
Gedichtes die Uebergilnge bei V. 15, 67 und 71 beweisen; wenn man
will, auch die Stellung der beiden Gedankengruppen V. 29 — 34 und
35-40 (der neuen Zahlung).
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UEBEK TIBITLLS 4. ELEGIE DE8 1. BUCHS.
d. h. ?sei nicht zu hastig, aber auch nicht zu triige', oder
flerne warten, aber warte auch nicht zu lange'. Dass man
diesen schlagenden gegensatzlichen Zusammenhang verkennen
konnte, darf billig in Verwunderung setzen.
Aber was wird nun mit den beiden an sich feinen und
geschmackvollen, an ihrer jetzigen Stelle unbrauchbaren, weil
allen gesunden Gedankenfortschritt unterbrechenden Ein-
schiebseln C und F? Wenn das letztere Stfick als ganz
ungehorig fttr die Kede des Priapus erkannt wurde, so ist es
nur die einfache Consequenz, dass es dera Dichter selbst in
den Mund gelcgt werde. So aber findet es wiederum keinen
andern, dafiir aber einen um so schicklichern, Platz als aw
Ende der ganzen Elegie. Der Dichter hat hier (V. 81 — 84)
eine schmerzliche Rlage ausgestossen iiber die Sprodigkeit
seines Marathus und die Vergeblichkeit seiner eigeuen Gunst-
bewerbungen. Da steigt ihm der Verdacht auf, dass auch
Marathus von der Pest der Gegenwart, schnoder Geldsucht,
angesteckt sein konne und darin die Ursache seiner Kalte zu
suchen sei; mit tiefem Unwillen geisselt er solche Unwurdig-
keit, hebt in gerechtem Selbstgefuhl den Werth einer Dicli-
terliebe hervor, und gibt mit einer energischen Verwunschung
der habgierigen Musenverachter der Elegie einen kriiftigen
Schluss. — Was in diesem Stadium seiner Liebespein nur
erst erwachender Verdacht und darum sehr angemessen ans
Ende der Elegie gestellt ist, hat sich ihm dann in einer
unmittelbar anschliessenden Elegie, der neunten desselben
Buchs, zur bosesten Gewissheit gesteigert und zieht sich
darum hier mit vollem Gewicht als Tlauptgedanke durch dafl
ganze Gedicht. Denn dass dieser psychologische und chro-
nologische Zusammeuhang diese beiden Elegien verknupfe,
denen dann als Schlussglied die achte folgte, hat Gruppes
Darlegung (I p. 199 ff.) wohl zu allgemeiner Ueberzeugung
erwiesen.
r>4 Von dem Stiicke C dagegen ist es klar, dass es sich,
weil selbst specieller Natur, der Stelle anschliessen muss,
welche die speciellen Rathschlage des Priapus enthalt Tnd
das geschieht so glatt wie moglich, wenn man auf das Di-
stichon G (V. 71. 72) Blamtitiis vull csse locttm Vcnus ipsa:
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UEBER TIBOLL'8 4. ELEOIE DES 1. BUCHS.
625
querellis supplicibus, miseris /letibus illa favet unmittelbar fol-
gen lasst die Verse 21 — 26: Nec iurare time u. s. w., wo-
durch das in sich Gleichartigste — Schmeicheln, Bitten,
Klagen, Schworen — auf das angemessenste verbunden er-
scheint.
Wir haben so fiir die Rede des Priapus zwef Theile,
deren jeder in sich wohl zusanimenhangt: BD und EGC,
und die Frage ist nur noch, welcher von beiden voran-, wel-
cher nachzustellen sei. Oder vielmehr, es ist keine Frage,
dass BD nicht vorausgehen kann wegen seines unverstand-
lichen Sed zu Anfang des V. 15, dass dagegen sehr wohl
an die Einleitungsverse des Gottes (9 — 14) sich mit Tu,
pnero quodcumque tuo tentare libebit, cedas u. s. w. (39 — 56.
71—72. 21- 26) der specielle Theil, an ihn sodann mit Sed
ne te capiant u. s. w. (15 — 20. 27 — 38) der generelle Theil
der Lehren des Priapus anreiht, dessen Rede so auch ihrer-
seits kraftig, namlich mit einer lebhaften Klage uber die
Verganglichkeit irdischer Schonheit (35—38) abschliesst. Das
mit so grossem Gewicht in V. 39 vorangestellte Tu erhalt
erst jetzt sein wahres Verstandniss, indem es in der oben
(p. 61 u. [622] ) erorterten Weise den vom Dichter nicht aus-
drucklich ausgefilhrten Uebergang ersetzt.
Fassen wir die bisherigen Ermittelungen in eine Ueber-
sicht zusammen, so hat sich ergeben, dass durch Umstellung
von Versgruppen
aus A ( 1—14) werden niuss A ( 1—14)
B (15—20) E (39-56)
C (21—26) G (71. 72)
D (27—38) C (21—26)
E (39—56) B (15—20)
F (57-70) 1) (27-38)
G (71. 72) H (73—84)
H (73—84) F (57—70).
Und. wohl zu merken, ist das eine Anordnung, in der alle
Oberlieferten Elemente rein und nett aufgehen, ohne Ueber-
schuss und ohne Deficit, d. h. ohne irgendwo der Annahine
einer Interpolation oder eines Ausfalls zu bedUrfen. Freilich
KB. BITSCIIFXII OPV8CVLA III. 40
026 UEBER TIBULLS 4. ELEGIE DES 1. BUCHS.
G& ist die Versetzung an sich auf den ersten Anbliek eine
starke, und ich zweifle nicht, dass diejenigen, denen das nil
contra codices hochstes Dogma ist, Anathema rufen werden
iiber eine Kiihnheit, die nur auf ihrer innern Berecbtigung
ruht. Das konnen sie; aber was sie nicht konnen, ist
zweierlel: erstens beweisen, dass in dem Gberlieferten Tert
nicht durchgehends Ungleichartiges und Unvertragliches ver-
bunden, Gleichartiges und Zusararaengehoriges auseinander
gerissen sei; zweitens darthun, dass alle diese Uebelstaudp
durch die vorgeschlagene Anordnung nicht vollstandig besei-
tigt seien, ohne neue herbeizufiihren. Und das bleibt die
Hauptsache. Liisst sich daneben der secundiire Wunsch er-
fullen, die Entstehungsweise der Verwirrung anschauiich und
iiber das unberechenbare Spiel des Zufalls hinaus naehge-
wiesen zu sehen, so ist ja das sehr erwunscht; aber uner-
lasslich ist es hier so wenig wie in andern Fallen, in denen
lediglich die ratio durch eingeborene Kraft gesiegt hat uber
alle diplomatische Beglaubigung, auch wo dereu stufenweise
Alteration nicht im einzelnen darlegbar. Denn una ct sim-
plex veritas, sed crroris via multiplex.
Schon Scaliger gestand (zu I, 1, 58), es sei leichter, sich
iiber die auffallenden Verwirrungen der handschriftiichen
Ueberlieferung zu verwundern, als von ihrer Entstehung
llechenschaft zu geben. Wenn Haase Ifcecht hat mit der an-
sprechenden Vermuthung*), dass die auf uns gekomuieuen
'Tibullischen Gedichte' mit nichteu auf eine vom Dichter
selbst veranstaltete uud zur Veroffentlichung bestimmte Re-
daction zuriickgehen, sondern vielmehr ein Convolut ver-
schiedenartiger, im poetischen Kreise {docta cohors) des Mes-
salla entstandener Poesien seien, die dort eine Art von fFa-
milienbuch' (^1^^^* nach heutigem Modeausdruck) bildeten
so wiirde sich Vieles erkliiren. Es wiire so von vorn herein
die Moglichkeit gegeben, nicht nur dass Entwiirfe und Aus-
fiihrungen, Fertiges und Unfertiges, Meisterhaftes imd Dilet-
tantisches, Aelteres und JQngeres neben und durch einander
*) In den f Jahrbiichern fur wissenschaftliche Kritik' 1837, Januar,
p. 40.
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UEBER TIBITLI/S 4. ELEGIE DES 1. BUCHS. C27
bewahrt wurde und bunte Reihe raachte, sondern auch dass
manche Nummern etwa nur aus losen Blattern bestanden,
vielleicht blossen Brouillons, aus denen ein leidliches Uanze
erst stUckweise zusammengesetzt werden musste und so gar
leicht die richtige Anordnung verfehlte. Aber jene Hypo- ae
these, die freilich in ihrer unbegrenzten Weite alles und
noeh einiges mehr erkliiren konnte, bietet uns doch nur eine
allgemeine Moglichkeit, die einer speciellen d. h. augenfallig
und greif bar nachzuweisenden weichen muss, weil damit eben
aus der Moglichkeit eine Wahrscheinlichkeit wird. Und eine
solche ergibt sich, wenn wir nicht bis zum Hause und Kreise
des Messalla zuriickgreifen, sondern die Ursache der Verwir-
ruug in der Beschaffenheit einer mittelalterlichen Urhand-
schrift suchen *).
Einem auch nur fliichtigen Ueberblick iiber die oben
gesonderten Theile der Elegie kann es nicht entgehen, wie
entschieden in ihnen iiberall eine Sechszahl von Versen vor-
herrscht oder, was auf dasselbe hinauskoinmt, eine mit 6
dividirbare Zahl. Dies fiihrt uns auf das Bild eines Codex,
der, von nicht grossem Format, auf jeder Seite 12 Zeilen,
d. h. 6 stets in zwei Zeilen gebrochene Verse ziihlte. Na-
tflrlich hat man an einen Codex aus der Periode von etwa
dem funften bis achten Jahrhundert, und an Uncial- oder
Majuskelschrift zu denken: wofiir es unnothig ist bekannte,
durchaus analoge Beispiele anzufiihren. In diesem Codex
erstreckten sich die 84 Verse unseres Gedichts iiber 14 volle
Seiten (oder bei anderer Vertheilung iiber 15 Seiten, von
denen die erste und die letzte nicht voll waren). Ob diese
sich so ergebenden 7 (oder 8) Bliitter einem und demselben
Quatemio angehorten oder auf zwei fielen, ist fiir unsern
Zweck gleichgultig, obgleich aus gewissen Grunden das erste
mir wahrscheinlicher. Das Wichtige, worauf es uns ankommt,
*) Warum ich eiuem derartigen Versuche von 0. Korn (Rhein.
Mus. f. Phil. XX p. 167 ff.) nicht beitreten kann, wird aus der nach-
folgenden Darlegung von selbst ersichtlicb. Ffir Holche NacliweiBungen
mu88 man viel hoher in daa Mittelalter zuriickgreifen , nicht von der
Geatalt der Handschriften dea 15. Jahrhuuderts, mit ihreu 20—30 Zei-
len auf der Seite, auagehen.
40*
628 DEBER TIBULLS 4. ELEGIE DES 1. BUCIIS.
ist vielmehr, dass die zum Quaternio verbundenen Blatter-
paare, sei es alle oder nur ein Theil derselben, sich in je
zwei Einzelblatter aufgelost hatten und in Folge dessen in
Unordnung geriethen. Und zwar sind es nur zwei solche
Blatter, die, an falsche Stelle gekommen, die ganze Storung
verschuldeten, indem namlich das dritte nach dem funften,
das sechste nach dem siebenten zu stehen kam. Lagen sie
in dieser Keihenfolge dem Abschreiber vor, so brauchte wie-
C7 derum dieser nur zweimal ein sehr naheliegendes Versehen
zu begeheu, und die jetzige Ordnung war geschaffen. Denn
allzu geringfUgig, um einen in allem Uebrigen so einleuch-
tend zu Tage tretenden Hergang zu beeintriichtigen, ist der
kleine Hest, der daraus sich nicht herleiten lasst, sondern
einem nicht naher nachweisbaren Zufall auf Rechnung zu
schreiben ist: die jetzige Stellung des vereinzelten Distichons
V. 71. 72 — Stiick G, welches vermuthlich irgendwo am
Rande nachgetragen, spater zwischen F und H verschlagen
wurde. Zur Veranschaulichung des ganzen Hergangs diene
das folgende Schema der ursprunglichen Vertheilung *), in
welchem ich mit a und b Vorder- und Riickseite bezeiehne:
Ia ...-1.2 (Al) w U 3-8 (A*)
11« 9—14 (A*) ^ 116 39-44 (El)
III a 45—50 (E2) ^ III b 51—56 (E*)
IVa 21-26 (<7) w IV 6 15—20 (B)
Ya 27-32 (Dl) ^ Yb 33-38 (/>*)
Vla 73—78 (H1)^ Ylb 79— 84 (H9)
VII a 57-62 (Fl) ^ VII b 63—70 (F*)
(oder 57- 64) (oder 65-70)
Ob auf Blatt VII eiu, wie hier angenommen, im Texte irr-
*) Wenu, wie ich glaube, aber hier nicht weiter auafuhreu will,
allea in den Umfang eines Quaternio fiel, so wiirden die Hlatter to
zu verbinden sein:
I II III IV V VI VII VIII
wo denn VIII den Anfang von Elegie 5 enthielt Aus ihrem Zusam*
menhange gelfiat waren dann mindestens das zweite, dritte nnd mit-
telste Blatteq»aar gewesen.
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UEBER TIBULLS 4. BLEOIE DES 1. BUCHS.
629
tnOmlich ubersprungenes Distiehon am Rande der Vorder-
oder der Ruckseite nachgetragen wurde, ist nicht zu er-
rathen und komnit auf Eins hinaus. — Diese sieben gelosten
Einzelbliitter hatte nuh oder nahm der Abschreiber in dieser
Folge vor sich: I. II. IV. V. III. VII. VI, fiel aber im Ver-
lauf seiner Arbeit in das zwiefache Versehen, erstens, dass
er, nachdem er die Vorderseite von II copirt, mit dem Blatt
zu Ende zu sein glaubte und erst, als er schon Blatt IV
und V copirt hatte, auf die Auslassung aufmerksam wurde
uiul nun die Riickseite von II nachholte; zweitens, dass er
Blatt IV verkehrt in die Hande nahm und dessen Riickseite gs
der Vorderseite vorangehen liess. Die Folge dieses doppel-
tenFehlgriffs war also gauz nothwendig die jetzige Ordnung:
Ia ...—1.2 (Al) ^ 16 3— 8 (A*)
II a 9—14 (A3) ^ *
IV6 15—20 (B) ^ IVa 21—26 (C)
Ya 27-32 (Z)') ^ Vb 33-38 (D2)
* ^ Ub 39—44 (^1)
Ula 45— 50 (E2) .^ III b 51— 56 (#3)
YUa 57—62 (F1) ^ VII b 63—70 (F2)
(oder 57-64) (oder 65-70)
Vla 73-78 (II1) ^ VI b 79— 84 (H*)
Welche weitere Bestatigung die im Vorstehenden dar-
gelegte Gestalt eines Urcodex aus andern Theilen der Ti-
bullischen Gedichtsammlung empfange, imd welche Anwen-
dung wiederum sich von ihr auf die Reconstruction der letz-
tern machen lasse, bleibt weiterer Betrachtung vorbehalten.
Wenden wir lieber zum Schluss den Blick von der mecha-
nischen Symmetrie der handschriftlichen Ueberlieferung auf
die kiinstlerische Symmetrie der urspriinglichen Dichtung
zuruck. Was dort die Sechszahl von Versen oder die ent-
sprechende Zwolfzahl von Zeilen, das ist hier, nur nicht als
starre Fessel, die Trias von Distichen, die einen mehr oder
weniger geschlossenen Gedankencomplex gibt. Entging das
Vorherrschen dieser Form schon bei der bisherigen Gestalt
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630
UEBER TIBULLS 4. ELEGIE DES 1. BUCH8.
des Gedichts nicht*), so tritt sie an der empfohlenen Neu-
ordnung noch weit einleuchtender und zugleich einschmei-
chelnder zu Tage. Dass man, wo immer bei Tibull, dem
von Alexandrinischer Kiinstelei so weit entfernten Dichter,
eine ahnliche Symmetrie bemerkbar ist, nicht sofort ein
forniliches, bindendes, absolut durehgefuhrtes Compositions-
gesetz aus der an sich richtigen Beobachtung machen dttrfe,
darin stimmt meine Ueberzeugung ganz mit den einsichtigen
und besonnenen Aeusserungen zusammen, mit denen sich
69 neuerlich iiber diese Frage Eberz**) in Fleckeisens Jahr-
bttchern f. Phil. Bd.91 (1865) p. 851 ff. ausgesprochen hat Es
ist nur das nattirliche Geftthl fttr Harmonie, halb unbewusst,
halb ins Bewusstsein getreten, welches den Dichter sich aus
innerm Triebe in symmetrischen Gliedern bewegeu lasst, die
dennoch der Freiheit seines Gedankenganges oder seiner
wechselnden Empfindungen keine Gewalt anthun. Um dicss
an unserer Elegie im einzelnen nachzuweisen und zu an-
schaulicher Einsicht zu bringen, wird es unerlasslich sein,
zuvorderst das ganze Gedicht in der hergestellten urspning-
lichen Gestalt vor Augen zu stellen, um dann nach den
neuen Verszahlen citiren zu konnen.
fSic umbrosa tibi contingant tecta, Priape,
Ne oapiti soles, ne noceantve nives:
Quae tua formosos cepit sollertiaV certe
Non tibi barba nitet, non tibi culta coina est:
5 Nudus et hibernae producis frigora brumae, 5
Nudus et aestivi tempora sicca canis.'
Sic ego. tum Bacchi respondit rustica proles,
Armatus curva sic mihi falce deus:
fO fuge te tenerae puerorum credere turbae:
10 Nam causam iusti semper amoris habent. io
*) Zuletzt betont in H. Bubendey's 'Quaestiones Tibulliaoae'
(Bonn 1864) p. 9 ff. ; auch schon von Dissen hervorgehoben. Der von
Bubendey aufgeatellten Disposition unserer Elegie darf ich mich be-
gniigen die mcinige einfach entgegenzustellen , ohne auf das Einielne
imher eiuzngehen.
**) In Kurze auch W. Wagner im Rhein. Mus. f. Phil. XX p. 315.
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UEBEB TIBULL S 4. ELEGIE DES I. BUCHS
631
Hic placet, angustis quod equum compescit habenis:
Hic placidam niveo pectore pellit aquam.
Hic, quia fortis adest audacia, cepit: at illi
Virgineus teneras stat pudor ante genas.
15 Tu, puero quodcumque tuo tentare libebit, 39
Cedas: obsequio plurima vincit amor. 40
Ne comes ire neges, quamvis via longa paretur
Et canis arenti torreat arva siti ,
Quamvis praetexens picea ferrugine caelum
20 Venturam admittat nimbifer Eurus aquam.
Vel si caeruleas puppi volet ire per undas, 45
Ipse levem remo per freta pelle ratem.
Nec te paeniteat duros subiisse labores
Aut opera insuetas atteruisse manus:
25 Nec, velit insidiis altas si claudere valles, 70
Dum placeas, umeri retia ferre negent. 50
Si volet arma, levi tentabis ludere dextra:
Saepe dabis nudum, vincat ut ille, latus.
Tunc tibi mitis erit, rapias tum cara licebit
30 Oscula: pugnabit, sed tamen apta dabit.
Rapta dabit primo, mox offeret ipse roganti: 55
Post etiam collo se implicuisse volet.
Blanditiis vult esse locum Venus ipsa: querellis 71
Supplicibus, miseris fletibus illa favet.
35 Nec iurare time: Veneris periuria venti 21
Irrita per terras et freta summa ferimt.
Gratia magna Iovi: vetuit pater ipse valere,
Iurasset cupide quidquid iue^tus ainor:
Perque suas impune sinit Dictynna sagittas 25
40 Affirmes, crines perque Minerva suos.
Sed ne te capiant, primo si forte negabit, 15
17 Ne ffir Neu, was das GedankenverbaltniBg zuriickweist.
20 nimbifer mit HciuHius fiir das metriach nnstatthafte imbrifer;
Eurus (fi. Huschke'8 Note) statt arcus, was an sich untadelig,
doch mit caeJum in dieser Verbindung nicht vertraglich.
24 opera ab Ablativ zu insuetas, nicht etwa mit Dissen in ausseret
ungefalligem Conatructionswechsel als Nominativ. Vom Plural opera
lasst sich kaum Gebrauch machen.
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632 UEBER TIBILLS 4. ELEGIE DES 1. BUCH8.
Taedia: paullatim sub iuga colla dabit.
Longa dies homini docuit parere leones:
Longa dies uiolli saxa peredit aqua.
45 Annus in apricis maturat collibus uvas:
Annus agit certa lucida signa vice. 20
At si tardueris, errabis: transiet aetas. 27
Quam cito non segnis stat remeatque dies!
Quam cito purpureos deperdit terra colores,
50 Quam cito formosas populus alba comas! 30
Quam iacet, infirmae venere ubi fata senectae,
Qui prior Eleo est carcere missus equus!
VTidi olim iuvenem, premeret cum serior aetas,
Maerentem stultos praeteriisse dies.
55 Crudeles divi! serpens novus exuit annos: 35
Formae non ullani fata dedere moram.
7i Solis aeterna est Phoebo Bacchoque iuventa:
Hinc decet intonsus crinis utrumque deum.'
Haec mihi, quae canerem Titio, deus edidit ore: 73
60 Sed Titium coniimx haec meminisse vetai
Pareat ille suae: vos me celebrate magistrum, 76
Quos male habet multa callidus arte puer.
Gloria cuique sua est: me, qui spernentur, amantes
Consultent: cunctis ianua nostra patet.
65 Tempus erit, cum me Veneris praecepta ferentem
Deducat iuveuum sedula turba senem. 80
Eheu, quam Marathus lento me torquet amore!
47 Wozu werden so schOne und sichere Emendationen gemacht wie
das Lach maurTsche tarducris statt tardus eris (zu Lucr. p. 207),
wenn sie fflr die Nachfolger gar nicht existiren?
53 olim ('inanchraal') fur das unertraglich matte iam.
58 Hinc fdr ein logisch unverstandliches Nam. Mit feinster Ruckbe-
ziehung auf V. 4 gibt hier, und zwar gerade zum Schluss seiner
ganzen Rede, Priapus die Antwort auf den Spott in der Anrede des
Dichters non tibi culta coma est. Schrader's Quam ist ganz un-
brauchbar.
66 senem] ob nicht domum mit Scaliger und Valckenaer au Calli-
machus p. 204?
67 Eheu statt Heu heu, wegen des in V. 71 gleich folgenden Heu.
Dem He /mtu des Pariser Codex steht Eheu ungefahr eben so nahe
wie Hcu hcu.
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UEBER TIBULL S 4. ELEOIE DES 1. BUCHS. 633
Deficiunt artes deticiuntque doli.
Parce puer quaeso, ne turpis fabula fiam,
70 Cum mea ridebunt vana magisteria.
Heu, male nunc artes miseras haec saecula tractant: 57
Iam tener assuevit munera velle puer.
At tua, qui Venerem docuisti vendere primus,
Quisquis es, infelix urgeat ossa lapis. 60
75 Pieridas, pueri, doctos et amate poetas,
Aurea nec superent munera Pieridas.
Carmine purpurea est Nisi coma: carmina ni sint,
Ex umero Pelopis non nituisset ebur.
Quem referent Musae, vivet, dum robora tellus, 65
80 Dum caelum stellas, dum vehet amnis aquas.
At qui non audit Musas, qui vendit ainorem,
Idaeae currus ille sequatur Opis,
Et ter centeuas erroribus expleat urbis,
Et secet ad Phrygios vilia membra modos. 70
In den drei ersten Distichen (1 — 6) ist des Dichters
Anrede an Priapus enthalten, welche das ganze Gedicht er-
offhet und seinen wesentlichen Inhalt ankiindigt. Von ihm
wird durch ein mesodisches Distichon (7.8) die Briicke ge- 72
schlagen zu der Antwort des Priapus. Diese gibt zunachst
iu drei Distichen (9 — 14) ein Exordium, worauf in dreimal
drei Distichen (15 — 32) der Kern aller Lehreu und Rath-
schlage des Gottes folgt: die Empfehlung des obsequium in
allen seinen Formen und Aeusserungen, als sichersten Mittels
zu dem am Schluss mit lockenden Farben in Aussicht ge-
stellten Erfolge. Alle diese Einzelheiten fasst wiederum
ein mesodisches (dem Gedankeninhalte nach zugleich epo-
disches und proodisches) Distichon (33. 34), zu grossem
Vortheil der Uebersichtlichkeit, abschliessend und vervoll-
standigend (blanditiis, quercllis, fletibus) zusammen, und leitet
dainit einen, ebenfalls in drei Distichen (35—40) gefassten,
gleich8am epodischen Nachtrag zu V. 15 — 32 ein, dessen
Inhalt (jpcriuria) nicht unter den Begriflf des obsequium selbst
fallt, aber den Forderungen desselben ergiinzend zur Seite
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G34
tEBER TIBULLS 4. ELEGIE DES 1. BUCHS
tritt*). Hierniit sind die speciellen Vorschriften erschopft,
und es reihen sich jetzt abermals in dreimal drei Distichen
(41 — 58) die generellen an, in einem Drittel (41 — 46) vor
hastiger Ungeduld, in ^den zwei folgenden (47 — 58) vor
schlaffer Saumniss warnend und die letztere Warnung mit
der Verganglichkeit aller Schonheit und Jugend motiviread.
Und genau wie oben der Keru der speciellen Lehren mit den
Freuden der Erhorung in zwei Distichen (29—32) abschloss,
so hier in zwei Distichen (55 — 58) die generelle Erraahnung
73 mit der Klage iiber die Unvollkommenheit der irdischen Zu-
stande: — womit nicht gesagt sein soll, dass diese Sym-
metrie mehr als eine instinctive, halb zufallige sei.
Wenn in der allgemeinen Disposition des Gedichts die
Eingangsrede des Dichters als Proodos gedacht werden kann,
die den Mittelpunkt des Ganfcen bildende Rede des Priapus,
freilich nur in anniiheruder Weise, ein Analogon von Strophe
und Autistrophe darbietet, so liisst sich nun die Schluss-
partie von V. 59 — 84, in der der Dichter wieder selbst das
Wort niuiuit, gewissermassen als Epodos betrachten, und
konnte sich eben als solche der Forderung einer weiter
durchgefUhrten strengern Syninietrie ganz entziehen. Nahme
*) Statt der oben empfohlenen lasst sich auch eine andere Glie-
derung der Verse 15 — 34 aufstellcn, uber deren Vorzug man streiten
kann. Danach wfirden nicht V. 33. 34, sondern vielmehr V. 15. 16
eiu vereinzeltes, intercalares Distichon bilden, und zwar ein proodische*,
wclches den Grundgedauken vorausschickte, der sodann in dreiuial
drei Distichen (17 — 34) ausgefuhrt wiire. Dieses alsdann so, dass die
letzte Trias (29 — 34) mit der Schilderung des Erfolges (29 — 32) zu-
gleich dessen Zuriickfiihrung auf die kurz zusammengefasste Summe
aller von V. 17 — 28 reicheuden Ausfuhrungen verbande. Auch so
wiirden sich V. 35 -40 gleichwie ein Corollarium, welches unter Um-
standen zweckmiissig hinzutrete, passend genug anschliessen. — Dass
ich die obige Eintheilung vorziehe, beruht lediglich darauf, dass aus
ihr eine grttssere Coticinnitat im Bau dcs ganzen Gedichts hervor-
springt, wie das zum Schluss mitzutheileudc Zahlenschema zeigt. Denn
Btatt der dortigen Figur
3.3.3.3-1-1+3.3.3.3
ergiibe sich so fiir die Rede des Priapus die viel unregelmassigere
3-f-l-f-3.3.3.3-f3". 8.9
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UEBER TIBULl/8 4. ELEOIE DES l. BUCHS.
635
man etwa V. 59. 60 auch hier fttr eiii einzelu stehendes
Uebergangsdistichon, so blieben zwolf d. h. viermal drei
Distichen iibrig; aber erstens schlagt doch jenes Einzeldisti-
chon mit seinem Pentameter schon ganz in die nachste Ge-
dankenreihe tiber, und zweitens ware auch die nachfolgende
Viertheilung eine rein iiusserliche, weil mit der innern Ge-
dankengliederung sich mit nichten deckende. Denn diese
ergibt vielmehr drei Gruppen von 3, 2, 7 Distichen: in
V. 61—66 die Proclamation des Dichters als inagister anioris;
67—70 die plotzliche Erinnerung an den eigenen Miserfolg
dem Marathus gegeniiber; 71—84 die argwohnvolle Klage
uber das Umsichgreifen schnoder Geldsucht bei schonen
Knaben. Da indess Zahlen wie 4, 3, 2, 7 aller Harmonie
geradezu Hohn sprechen, so wird sich vielmehr eine Auf-
fassung empfehlen, die nur statt der bisher vorherrschenden
Trias von Distichen jetzt Dytiden eiutreten liisst, aber theils
triadisch verbundeu, theils durch eine in die Mitte gestellte
Trias unterbrochen. So zerfallt uns die Gesainmtheit der
letzten 13 Disticha in zwei Gruppen, vou denen die erste in
dem Distichenpaare V. 59 — 62 die Priapusrede in Anwendung
auf den Titius, uud ihren Gegenstand, die Knabenliebe, in
Gegensatz zu dessen legitimer Neigung setzt, im zweiten
Distichenpaare V. 63 — 66 den Beruf eines Lehrers der erstern
feiert, im dritten V. 67 — 70 das eigene Verfehlen dieses Be-
rufs beklagt: wahrend die zweite Gruppe ganz dem Verdachte
der Geldsucht, als der Ursache jenes Verfehlens, gewidmet,
zuerst in dem Distichenpaare V. 71 — 74 den Verdachtr aus-
spricht und mit einer Verwiinschung begleitet, hierauf in der
Distichentrias V. 75 — 80 als Gegensatz Dichtkunst und
Musengunst aufstellt, und mit dem Schlusspaare V. 81 — 84 74
die Verachter dieser Gaben zu der entehrendsten Schmach
verurtheilt.
Die ganze hier entwickelte Folgenreihe von Gedanken
und Empfindungen lasst sich jetzt sehr fiiglich durch cin
Zahlenschema veranschaulichen, desseu zusammengehorige
Theile durch die unterhalb angebrachten Verbindungshnieri
hezeichnet sind. Allerdings geben sie nicht die architekto-
nisch abgezirkelte Symmetrie altfranzosischer Taxushecken,
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UEBER TIBULLS 4. ELEGIE DE8 1. BUCHS.
aber gern wird man sich an deren Statt eine all-
gemeiner wirkende Harmonie gefallen lassen, die,
um im Bilde zu bleiben, der anmuthigen Freiheit
englischer Parkanlagen vergleichbar ist.
Und nun wird es zum Schluss erlaubt sein,
uns der Ueberraschung zu freuen, dass, wenn wir
von den Gedankenreihen im kleinen und einzel-
nen und ihrem engern gegenseitigen Verhaltniss
absehen, uns zugleich eine gar nicht gesuchte
symmetrische Proportion im ganzen und grossen
entgegentritt, wie sie durch die oberhalb gezo-
genen Verbindungslinien angedeutet ist: ganz ent-
sprechend den drei grossen Hauptbestandtheilen,
aus denen sich das ganze Gedicht zusammeusetzt:
Prolog des Dichters, Rede des Priapus als ganz
besonders symmetrisch geordnetes Mittelstilck, uud
Epilog des Dichters. Wobei ich nicht verfehle
nochmals hervorzuheben , dass ich weit entfernt
bin, alle diese in einander greifenden Symmetrien
auf eine bewusste ktlnstliche Berechnung des Dich-
ters im einzelnen zuriickzufUhren, wohl aber in
ihnen die stillen Wirkungen einer wahren Kilnst-
lernatur sehe, dereu innerm Sinne die Geheimnisse
der Harmonie aufgegangen sind.
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XIX.
Cicero ttber die Servianische Centurienverfassung.
I-*)
Mit yielem Rechte hat mau vcm der kaum uoch zahl-
baren Reihe derer, die sich iu den Strudel dieser 7roXu0pu-
XnToc kcu Traci uc^Xouca 2r|Tr|cic haben ziehen lassen, gesagt,
jeder Nachfolger sei so glucklich in der Widerlegung seines
Vorgangers, wie ungliicklich in der Aufstellung seines eige-
nen Versuches gewesen. lch muss zugeben, dass nach dieser
Analogie auch mein Nachfolger alle Aussicht auf einen gliick-
lichen Erfolg seiner Widerlegung habe, ohne dass ich des-
halb einzusehen brauche, wie ihm diese gelingen werde.
Verinocbte ich das, so wurde ich eben keine Meinung vor-
zubringen haben. Auf das Verdienst, meinerseits einen ein-
zelnen Vorganger zu widerlegen, muss ich verzichten; der
letzte so viel ich weiss, Mommsen in seiner Schrift 'tiber
die romischen Tribus* (Altona 1844) p. 63, hat seine zwar
sehr kurze, aber filr die Hauptsache geniigende Kritik bereits
gefunden durch Puchta in der zweiten Ausgabe der Insti-
tutionen, Bd. I p. 169 der 3. Ausg. Die Wahrheit selbst
gefunden zu haben, wer wollte das, nach solchen Vorgangen,
von sich zu glauben den Muth haben? Mir geniigt ein Mog-
liches, den Begriff im Sinne der Wissenschaft genommen.
Denn allerdings, darin unterscheidet sich mein Versuch (wenn
ich einen Versuch nennen soll, was gar nicht gesucht wor-
den, weil nicht von der Absicht, eine so unerquickliche
*) [Rhein. Museum f. Philol. Bd. VIII (18f>2) p. 308—320.]
638 CICERO UEBER DIE SERVIANISCHE
Streitfrage aufzunehmen, ausgegangen, sondern auf zufallige
Veranlassung aus einer aufgenothigten Erwagung der bis-
herigen Meinungen von selbst herausgesprungen ist) fur
raeinen Standpunkt von den friihern Versuchen allen, dass
ich den meinigen fiir uioglich, diese fur rein unmoglich
halte, so weit sie mir aus der erdriickenden Litteratur fiber
den Gegenstand bekannt geworden. Ich urtheile damit nicht
anders als schon Becker im Handb. der rora. Alterthumer
II p. 200 that: 'alle mir bekannten Versuche .... muss
ioh nach meiner Ueberzeugung fiir verwerf lich erklaren; nicht
nur weil sie fast durchgiingig an sich gewaltsam sind, son-
dern auch weil sie eine weder beglaubigte noch irgend
glaubhafte Ordnung der Abstimmung einfuhren, wobei Livius
so9 und Dionysius der Unkenntniss beschuldigt werden.' Nur
dass ich noch andere Griinde als Becker habe, und Beckers
iibrige Urtheile darura nicht theile. Am wenigsten das ebenda
ausgesprochene: rHandelt es sich nun darum, die verderbte
Stelle Cicero s (a prima mavu) zu emendiren, so scheint diess
gar nicht in anderer Weise geschehen zu konnen, als es von
der zweiteu Hand geschehen ist.' Die Herstellung der zweiten
Hand ist diese, wobei ich die Abweichungen von der ersten
durch Cursivschrift bezeichne:
Nunc rationem uidetis esse talein, ut equitum centit-
riae cum sex suffragiis et prima classis, addita centu-
ria quae ad summura usum urbis fabris tiguariis est
data, LXXXVUW. centurias habeat: quibus ex cent.
quattor*) centuriis, tot cuim reliquae sunt, octo solae
si aecesserunt, coufecta est uis populi uniuersa: reli-
quaque raulto raaior raultitudo sex et nonaginta ceu-
turiarum neque excluderetur suffragiis, ne superbuiu
esset, nec ualeret nirais, ne esset periculosum.
*) QUATTOR, nicht quattdob oder gar quatuor, hat die Hand-
schrift. Ueber dieae Form urtheilt Oaann zu Cic. de re publ. p. IM
nicht richtig, wenn er sagt: 'ceterum quattor ubus latinua nullo t<?m
pore agnovit'. Wenn einerseits das Vorkommen einer Form quattor
constatirt iet (sie steht auch in einer Inschrift des Bullettino dell' liwt.,
daa mir augenblicklich uicht zur Uaud ist), imd anderseiU Dichter-
stellen ein nothwendig durch Synizese zweisilbigea quatUwr darbieten,
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CENTUBIENVERFAS8UNO.
639
Dass diese Worte entweder, weun die erste Classe 80 Cen-
turien hatte nach des Dionysius und Livius iibereinstimraen-
deni Bericht, einen Rechnungsfebler enthalten, wie er dem
Cicero nicht zuzutrauen, oder aber dass sie ihm den Irrthum
einer nur aus 70 Centurien bestehenden ersten Classe auf-
bdrden, das ist der sachliche Anstoss, von dem alle Ver- 310
besserungsvorschlage ausgegangen sind, auf dessen Beseiti-
gung alle hinauslaufen, indem sie iibrigens den Bau wie den
Wortlaut der ganzen 1'eriode arglos beibehielten und einen
formellen Anstoss kaum irgendwo fanden. Kaum: denn
die einzigen, so flflchtig angeregten wie abgewiesenen Be-
denken betrafen den Singular habeat statt des erwarteten
habeant, und den Tempuswechsel zwischen diesem habcat und
den nachfolgenden Conjunctiven excluderetur . . . uaterct. Das
erste war allerdings keines Verwcilens werth. Nicht als
wenn allenfalls auch der Singular sich vertheidigen liesse
uiit Huschke Verf. des Serv. Tull. p. 13 Anm. 13: vielmehr
ist nach den Subjecten ccnturiac cum sex suffragiis et prima
classis der Plural habeant schon an sich erforderlieh, vollends
aber zum Zweck einer so genauen Zahlenberechnung, wo
alles auf die Summirung bestimmter einzelner Posten an-
kam, ganz unerlasslich: sondern weil es eine der kleinsten
Zumuthungen ist, an einen Schreibfehler habeat fiir habeant
oder iiabeat zu glauben. Tn Betretf des zweiten Bedenkens
sehe ich zunachst von der Interpretation, die in einer und
derselben Satzperiode und Beweisfiihrung eine kiinstlich ver-
schriinkte Doppelbeziehung theils auf die Servianische theils
auf die Ciceronische (oder Scipionische) Zeit und Einrichtung
60 heisst die88 eben niehts auderes, als dass in diesem wie zahlreichen
analogen Fiillen die Schrift der Aunspracbe nachgefolgt ist und die
Einsilbigkeit auch ffir'» Auge dargestellt hat. Solche Dichterstellen
sind die des Plautus Most. III, 1, 102 [630j, det Ennius bei Cicero de
diyiu. I, 48, desselben bei Charisius p. 114, des Seneca Herc. Oet. 1094
(in einem Glyconeua), und dea Ausonius Sept. «ap. Cleob. 6:
Quattor qnadraginta illi debentur miuae.
Cednnt dc caelo ter quattor cor]>ora sancta.
lamque fere quattor partum
Quattor praecipitis deus.
Gradibua i>ropinquis m quattordecim sedes.
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G40
CICERO UEBER DIE SERVIANISCHE
hat finden wollen, giinzlich ab; ich halte sie fiir widerlegt.
Huschkes Auffassung dagegen, der p. 10 mit dem Praesens
luibeat ein Abstractes, uiit den Imperfecten das gescbichtliche
Motiv des Konigs bezeichnet glaubt, hat zwar im allgemeinen
die grammatische Moglichkeit nicht minder fur sich wie so
manche Stelle, in der von der ErzShlung eines Vergangenen
zu einem Urtheile vom Standpunkte der Gegenwart aus flber
gesprungen wird oder umgekehrt: und bei welcber Satzge-
staltung diess auch in unserer Stelle moglich wiire, werde
ich gleich hernach beispielsweise zeigen; auf die vorliegende
Satzbildung muss ich ihr jede Anwendbarkeit absprechen,
und zwar auf Grund des logischen Verhaltnisses der ver-
schiedenen Satzglieder in ihrer jetzigen Stellung und Ver-
kniipfung. Denn dieses Verhaltniss, ich mag es uberlegen
und drehen und wenden wie ich will, erscheint mir als ein
durchaus schiefes und verkehrtes: und darin liegt der Kno-
tenpunkt meiner Erorterung.
sii Wir haben drei Satzglieder vor uns: 1) so und so viel
Abtheilungen gebeu so und so viel Centurien; 2) wenn zu
diesen von den iibrigen Abtheilungen so und so viel Cen-
turien hinzukommen, ist die Majoritiit (von 97 Stimmen) er-
reicht; 3) der Rest (von 96 Stimmen) hat dann weder gar
keinen noch zu viel Einfluss. Nichts hinderte, diese drei
Satze in dieser Folge unverkniipft neben einander zu stellen;
nichts hinderte, den zweiten und dritten (die nur die Kehr-
seite von einander sind) als gleichartig mittels grammatischer
Ffigung zu einer Einheit zusammenzufassen und diese Ein-
heit einfach auf den ersten Satz folgen zu lassen; nichts
endlich, den ersten, nur einleitenden Satz mit dem zweiten
zu verschmelzen und dieser Einheit den dritten entgegen-
zustellen. Aber alle gesunde Logik verbot, den ersten Satz,
der nur die Pramisse zu dem folgenden und damit ein Gan-
zes bildet, von dem zweiten Satze loszureissen und ledigiich
mit dem dritten zusammenzuconstruiren, damit aber zugleich
den zweiten Satz, der den Nerv der ganzen Argumentation
in sich halt, zu eiuem blossen Zwischensatze zu macheu:
eine Ungeschicktheit und Redeunfahigkeit, wie man sie deui
Cicero niemals hittte zutrauen sollen. Untadelig ware bei-
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CENTURIENVERFASSUNG.
G41
spielsweise diese Fassung gewesen: 'Nunc rationem uidetis
esse talem, ut .... centurias habeant (oder haberent):
quibus . . . . si accesserunt, confecta est uis populi uniuersa
reliquaque multo maior multitudo . . . neque excludebatur
. . . nec ualebat nimis'; in welchem Falle der Conjunctiv
nur etwa so einzufahren war: 'confecta est . . . uniuersa:
quo reliqua multitudo neque excluderetur nec ualeret nimis'*).
Oder mit noch biindigerer Zusammendrlingung der Argumen-
tation: 'Nunc rationem uidetis esse talem ut, cum equitum
.... centurias habeant (oder haberent), his si . . . . ac-
cesserunt, confecta esset**) uis populi uniuersa reliquaque
multo maior multitudo . . . neque excluderetur . . . nec ua-
leret nimis/ Diess wilren gute Satze: aber niemand wird
sie fur Emendationen des Textes ausgeben wollen. Ist aber
dieser schlecht und lasst er sich auch nicht durch Emenda-
tion gut machen — und das hat eben noch niemand ge-
konnt — , so kann er auch nicht von dem herriihren, von
dem die zwingende Voraussetzung gilt, dass er nur gut
schreibt, dem (wie Mommsen treffend sagt) *nie das Wort
fehlt um einfache Gedanken klar und durchsichtig auszu-
sprechen.' Und um das Letzte hinzuzufugen, auch das hatte
Cicero schwerlich geschrieben: rut equitum centuriae . . .
et prima classis .... centurias habeant', so unzierlich
und unbehiilflich oder nachlassig als moglich, wo doch z. B.
wenigstens ein cfficiant so nahe lag.
♦) Dass ein Grammaticus wie Zumpt confecta est und excludere-
tur fur parallele Satze nehmen und ubersetzen konnte: f80 war die
Majoritiit entschieden, und sollte die ubrige Masse (nach der Absicht
des Ordners) . . . ausgeschlossen werden', wiirde ich nicht glauben,
wenn ich es nicht aua Peter's Epochen der romischen Verfassungs-
geschichte p. 67 ersahe. Das soll Stil sein? und correcter, und Cice-
ronischer Stil?
**) Diesea cmxfecta esset, als Theil eines Heratellungsversuches der
im ubrigen nicht gebilligt werden konnte, ward in einer Serainar-
arbfit vorgeschlagen , die den im Eingange erwiihnten zufalligeu An-
lass zu diesen Erwagungen gab. Ih»* Verfasser, Herr Konrad Nie-
raeyer aus Greifswald, hat sieh seitdem dem philologischen Publicum
durch seine Abhandlung fde equitibus Romanis* (Gryphiae 1851) em-
pfohlen.
FR. RITSCHKLII 0PT9CTLA III. 41
G42
CICKRO l*KRKR DIK SERVIAKISCIIE
In der Hitze des Wunsches, aus der Ciceronisehen Stelle
eiu brauchbares Zeugniss in der Sache zu gewinneu, fiber-
sah man solche Sprachuninoglichkeiten: wie man aus Yer-
zweiflung, mit der ersten Hand etwas anfangen zu konnen,
sich auf die zweite warf, um ihr um jeden Preis abzuge-
winnen was man wiinschte, nicht genug eingedenk, dass eine
methodische Kritik gebieten kann, mit einem negativen Re-
sultat sich zu bescheiden, oder auf einer Vorstufe der Ent-
scheidung stehen zu bleiben, ohne bis zu abschliessendem End-
urtheil vorzudringen. Es war meines Erachtens die forniale
Behandlung der Streitfrage, die vorlaufig den sachlichen lnhalt
unberiicksichtigt lUsst, viel schiirfer zu trennen von der realen
oder objectiven, die erst einzutreten hatte, wenu durch erstere
die Vorfragen erledigt, gleichsam die Instruction des Processea
gehorig vollbracht war. Auf diesem Wege, scheint mir,
wiire man wenn nicht weiter, doch richtiger vorwarts ge-
kommen, als mit der Voranstellung solcher 'Grundsiitze der
Kritik', die theils gegen hohere Gebote sehr untergeordneter
Natur, theils in ihrer Allgemeinheit von so bedingter Wahr-
heit sind , dass sie fUr die unendliche Manigfaltigkeit der
313 hundertfach abgestuften concreten Fiille wenig Werth behalten
und von einer rationell individualisirenden Kritik gelegent-
lich geradezu in ihr Gegentheil verkehrt werden konnen.
Z. B. wenn Huschke (dessen Urtheile ich am wenigsten
gern unberiicksichtigt lasse) p. 7 die zwei Satzc als mass-
gebend an die Spitze stellt: ein besonnener Kritiker musse
den Itegeln seiner Kunst gemass erstens vor allem die Zablen
unserer Handschrift beibehalten, und zweitens nicht solche
Theile mit Conjectur angi*eifen, in denen beide Hiinde uber-
einstimmten. So lange es geht, reclit gern; aber sich mit
solchen Gesetzen die Hiinde im voraus zu binden, das ist
nicht zu verlangen. Dagegen das war, wie ich glaube, zu
verlangen, dass man mit der Vorfrage, wie sich die zweite
Haud zur ersten und wie zu Cicero's Hand verhalte, weniger
rasch fertig wurde. Mit der Behauptung, die zuletzt noch
Mommsen voranstellt: dass die zweite Hand unbestritten
die Grundlage jeder Behandlung der Stelle bildeu niiisse, hat
man sich den Weg zur Erkenntniss der Wahrheit, so weit
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CKNTURIKNVKRFASSlTNO.
643
diese erkennbar ist, geradezu abgeschnitten. Betrachten wir
die Abweichungen der ersten Hand:
Nunc rationem uidetis esse taleni ut equitum certa-
mine et suffragiis et prima classis addita centuria
quae ad summum usum urbis fabris tignariis est data
•vim- centuria*' tot enim reliquae sunt octo solae si
accesserunt confecta est uis populi uniuersa reliquaque
inulto maior multitudo sex et nonaginta centuriarum
neque excluderetur suffragiis ne superbum esset nec
ualeret nimis ne esset periculosum.
Zugegeben, dass dieser Text so 'heillos verderbt und ver-
stammelt, sei, dass aus ihm allein nichts zu machen, so
konnte damit an sich eben so wohl die Moglichkeit be-
stehen, dass wir nun gar keine brauchbare Grundlage hatten,
80 sehr wir das auch beklagen mochten, wie die, dass uns
die zweite Hand eine solche bote. Warum gilt das letztere
fflr 'unbestritten'? Weil die einleuchtend richtige Ver-
besserung equitum centuriae cwn sex suffragiis ftlr equitum
certamine et suffragiis von dem Qorrector nicht wohl aus
seinem Kopfe, sondern nur aus einem bessern Exemplar
genommen werden konnte, so werden, schliesst man, aus 3u
gleicher Quelle auch die einige Zeilen spiiter folgenden
Aenderungen und Zusiitze stammen. Die Folgerung ist eine
naturliche , aber keine zwingende , sobald Gegengrtinde
schwerer ins Gewicht fallen als bloss einfache Probabilitiit
auf der andern Soite. Es wiire ja doch nicht das erstemal,
dass eiu Corrector, der sich nach Hillfe in eiuem zweiten
Exemplar umsiihe, diese theilweise fiinde, theilweise nieht
fande, fiir den letztern Theil aber sich nach bestem Ver-
mogen selbst zu helfen suchte. Aber selbst die Pramisse ist
nicht zwingend. Allerdings aus seiuem Kopfe wird er das
centuriae cum sex suffragiis schwerlich haben, aber deshalb
nahm er es noch nicht nothwendig aus einem zweiten
Exemplar. Denn warum konnte nicht der Schreiber diese
Verbesserung in demselben Original, das er abschrieb, schon
vorfinden, als Variante ubergeschrieben oder an den Rand
gesetzt? warum nicht hier treulich wiedergeben, was er vor-
I
644 CICERO UEBER DIE SERVIANISCHE
fand, und nur im Folgenden auf eigene Hand nachzubessern
versuchen, was noch fehlte zu einem construirbaren Satze
und richtigen Rechenexempel'? er, der ja auch anderwarts
schlimm genug abgeiindert hat, wo er offenbare Fehler
fand.
Je langer einer Qberbaupt den Schicksalen der Texte
im einzelnen aufmerksam nachgegangen ist, desto uber-
zeugender werden sich ihm als zwar nicht ausschliessliche,
aber weit tiberwiegende Erfahrungssiitze diese zwei heraus-
stellen, erstens: dass im ganzen und grossen die Ueber-
lieferungen von erster Hand bei aller Entstellung mehr
Gewahr der Wahrheit zu geben pflegen als die auf den
ersten Blick noch so verfiihrerischen Besserungen von zwei-
ter, wenngleich alter Hand, und zweitens: dass kaum je ein
Interpolator so geschickt verfahren ist, um sich nicht in
irgend einem, wenn selbst kleinen Nebenpunkte zu verrathen.
Wenn nun gar drei oder vier Anstosse, zum Theil grober
und grobster Art, auf einmal nachgewiesen sind in dem
Satze, der fiir Ciceronisch gelten soll, und wenn diese An-
stosse gerade in den Umkreis des einen Zusatzes fallen, der
von zweiter Hand herriihrt, oder doch durch ihn herbeigefuhrt
werden, dagegen in dem iibrigens noch so corrupten Texte
der ersten Hand nicht liegen: so wird nunmehr die Schluss-
315 folgerung hoffentlich als begriindet erscheinen, dass wir mit
nichten einen aus alter Ueberlieferung gcschopften Zusatz,
sondern eine stiimperhafte Interpolation vor uns baben, wo-
mit denn zugleich die Zahl LXXXVIIII ffir VII II jeden
Anspruch auf Vertrauen verliert.
Mit dieser Gewissheit, die allen aufgestellten Ver-
muthungen den Boden entzieht, wiire genug gewonnen,
wenn wir nun auch den alten Text in all seinem Unstand
mttssten liegen lassen. Das miissen wir indess gar nicht, so
viel ich sehen kann, und wer wie Becker an einen Sach-
irrthum Cicero^s zu glauben sich entschliessen konnte, hatte
am wenigsten Ursache iiber unheilbares Verderbniss zu
wohklagen. Wie viel einfacher hiitte es doch der Corrector
zweiter Hand gehabt , statt seiner willkurlichen und
umstandlichen Erfindungen durch folgende kleine untl
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CENTUBIENVEBFASSUNG.
645
naheliegende Veranderungen Sinn und Construction herzu-
stellen :
Nunc rationera uidetis esse talem, ut equi-
tum centurm cum sex suffragiis et primae
class*, addita*) centuria quae ad summum
usum urbis fabris tignariis est data, octo
centuriae solae si accesserunt, confecta esset
uis populi uniuersa, reliquaque multo maior
multitudo sex et nonaginta centuriarum (tot
enim reliquae sunt) neque excluderetur suf-
fragiis ne superbum esset, nec ualeret nimis
ne esset periculosum.
Hierin sind die Umstcllung des kleinen Satzgliedes tot enim
reliquac sunt und die Streichung der importunen Zahl VI III
(denn das Uebrige ist nicht der Rede werth) nur eine zu-
sammenhangende Veranderung, und die Entstehung des
Verderbnisses auf das einleuchtendste zu veranschaulichen,
sobald man sich die Worte in der sei es unmittelbaren oder si6
mittelbaren Quelle unseres Textes z. B. so geschrieben
denkt :
*) Dieses addita liesse sich zwar auch mit den vorangegangenen
Dativen conetruiren , so daa« »i accesserunt absolut gesetzt wftre, wenn
nicht dadurch auf den Zutritt dcr einen Zubatzcenturie ein unverhalt-
imsmaasiges Gewicht gelegt wiirde, welches vielmehr dem entschei-
denden Zutritt der acht Centurien vorzubehalten iat.
Digi
646
CICERO UEBER DIE SERVIANISCHE
SUMMUMUSUM
UKBISFABRISTIG
NARIISESTDATA
. V l I I I • C E N T U R I A E ^OCTO
SOLAESIACCESSE
RUNTCONFECTAES
SETUISPOPULIUNI
UERSARELIQUAQ.
MULTOMAIORMUL
T I T UDOSEXETNO
N A G I N T A C E N T U R I
A R U M^N EQUEEXCLU
D E R E T U R S U F F R A
GIISNESUPERBUM
ESSETNECUALERET
NIMISNEESSET
PERICULOSUM
^TOTENIM RELIQUAESUNT
Werni ftir das verschriebene vim das richtige vul oder octo,
ho wie Figura zeigt, auf den Seitenrand gesetzt, das aus-
gelassene totenimreliquaesunt aber, wofilr dc»rt nicht Platz
war, auf dem untern Rande nachgetragen ward, so bedurfte
es schlechterdings nichts weiter als des Verloschens oder
Uebersehens des Zeichens bei VIUI, um nun den Zusatz des
uutern Randes fast mit Nothwendigkeit auf das Zeichen vor
octo zu beziehen und so genau die Folge der Worte zu
erhalten, wie sie der Vaticanische Paliinpsest von erster
Handgibt: dataviiiicenturiaetotenimreliquaesuntocto-
solaesi — . Wer Haudschriftcn aus Autopsie keunt (waa
man wirklich kennen nennt), weiss, dass in diesen Annahinen
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CK NTTKIK N VER F ASSU NG.
647
nichts ist, was nicht zu den gewohnlichsten Hergiingen ge-
horte*). Eine solche Versetzung aber zu entdeckeu, war von
tlem Corrector nicht zu verlangen, damit aber auch jede Spur
des Wahren fiir ihn verloren; er konnte jetzt kauni anders
als die Stelle fiir liickenhaft halten, und was ihn noch weiter
vom rechten Wege abftihren musste, das waren die zufiillig
eingeschlichenen Buchstabenverderbnisse cknturias fur ckn-
TURIAE, PRIMACLASSIS fttr PRIMAKCLASSI, KST flir K8SKT, deren
Annahme denn doch das Mass von Fehlerhaftigkeit, die durch
die ganze Handschrift durchgeht, gewiss nicht ubersteigt.
Unserer Zuriickfiihrung der Parenthese tot enim reliquac sunt
zu der Zahl 96 wird es aber auch von Seiten des Gedankens
nicht zur kleinsten Empfehlung gereichen, dass doch wahr-
lich mehr darauf ankam, die fiir das gesamiute Abstimmuugs-
verhiiltniss so bedeutsame Minoritiitszahl durch eiuen solchen
Zusatz hervorzuheben, als nur ein so zufalliges Mittelglied
der Berechnung wie die 104. Ueberhaupt aber kann eine
Vergleichung der beiden Berechnungsweisen, mittels welchcr
die oben hergestellte erste und die (wie auch immer berich-
tigte) zweite Hand zu demselben Ziele der Beweisffihrung
gelangen, nur zum Vortheil der erstern ausfallen. Denn
wenn, wie doch unleugbar, die kurze und biiudige Fassung
dem Zwecke, zu zeigen wie die Entscheidung fast allein iu
den Hiinden der Reichen, niimlich der Kitter und dcr ersten
Classe lag, vollkommen geniigt, was bedurfte es der kiinst-
*) Hier findo ich ea passend OorlacVs Aensserung (HiBtor. Stu-
dien p. 131) zu erwiihnen, dasa allo Vorechlage zur Veranderung der
Ciceronischen Stelle 'schon dadurch aller gesunden Kritik wider-
gprechen, weil sie die leichtuinnige Verfalschung eiuer Urkundo, die
nur in einer einzigen Abschrift vorhanden ist, vorausHetzon \ Mir ist
weder bekannt, wer eine lcichtsinnigc Verfalschung bisher angenommen
hiitte oder anzunehmen nothigte, noch errathbar, wie eine solche An-
nahme durch dio Zahl der vorhandcncn AbBchriften begilnstigt oder
widerrathen werden kSnne. An zufallige Verunetaltuug hat man bis-
her geglaubt; an sie glaube auch ich in Boziehung auf die erstc Hand;
an eine bona fide unternommene, aber m^gliickte Umgestaltung in
Beziehung auf die zweite. Will man diess oino leichtainnigo Ver-
faUchung nenuen, so habe ich nichts dawider und aehe dcm Vorwurfe
einer ungesunden Kritik mit vieler Ruhe entgcgen.
648 CICERO LEBER DIE SERVIANISCHE
lichen Umschweife, niit denen uns die zweite Hand ohne
den geringsten Mehrgewinn ebendahin ftthrt?
Aber, hore ich sagen, so bleiben wir ja auf deni alten
Fleck und sind den Irrthum von 70 Centurien der ersten
3i8 Classe nicht losgeworden. Aber ich habe auch zunachst gar
nicht finden wollen, was Cicero geschrieben, sondern erstens
nur zeigen, was er ganz bestimmt nicht gescbrieben, und
zweitens, was Jahrhunderte nach ihm in nicht gefalschten
Handschriften seines Werkes gestanden haben konne, ja ich
darf wohl sagen mit Wahrscheinlichkeit gestanden habe.
Ob Cicero selbst 80 geschrieben, darauf lautet meine ebr-
liche Antwort: ich weiss es nicht, und sehe auch nicht die
Mittel zu zuversichtlicher Entscheidung. Wollte ich sagen,
ich hielte es mit Becker p. 207 f. und R. von Raumer
de censu Servii Tullii (Erlangen 1840, mir indess nur be-
kannt aus Reins Bericht in Zeitschr. f. Alterth.wiss. 1840
p. 1286 f. und Osanns Excurs XIX zu Cic. de rep. p. 487 f.)
fiir sehr wohl moglich, dass sich Cicero, bei dem antiqua-
rischc Detailkenntniss doch in der That nicht die starke
Seite war, sich, als er die Bttcher vom Staat sicherlich ohne
besondere historische Studien auf seinem Cumanum nieder-
schrieb, wirklich in der ersten Classe der so lange aus dem
Leben verschwundenen Servianischen Verfassung nur 70 Cen-
turien dachte, sei es da-ss ihm dabei aus den Tribuscenturien
seiner Zeit die Siebzigzahl vorschwebte uud vorschweben
konnte oder nicht: so wttrde mau mir, da ich zu einer be-
sondern Begriindung der im allgemeiuen unleugbaren
Moglichkeit nichts beibringen kann, naturlich erwidern, ich
glaubte das eben nur meiner Textesherstellung zu Liebe.
Wollte ich anderseits sagen, Huschke s (p. 3) und Momm-
sen s (p. 60) und anderer nachdrttckliche Ausfiihrung, wie
der Staatsmann Cicero in einem so wichtigen Punkte der
romischen Staatsverfassung nicht irren konnte, erschiene mir
zwingend, so wiirde ich meinerseits nicht minder einem all-
gemeinen Raisonnement mehr Beweiskraft fttr den speciellen
Fall einraumen, als sich mit meiner Ueberzeugung vertragt
Freilich siihe auch ich — und wer nicht? — den Cicero gar
gern in Uebereinstimmung mit Livius und Dionysius; aber
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CENTTRIKNVERFASSING
649
'ultra pOSSe 9 — . Fiir gewiss gebe ich nur das Dileiuma
aus: dass entweder Cicero iiber die Centurienzahl der
ersten Classe sich augenblicklich tauschte, und dann wird
er kauni anders geschrieben haben als oben vorgeschlagen
worden; oder, wenn er sich nicht tiiuschte, dass dann an
eine gar nicht mehr zu ahnende, geschweige zu ermittelnde
Corruptel des Textes so lange zu glauben ist, bis jemand 3i9
das Gegentheil durch einen gelungenen, aber auf die erste
Hand sich stiitzenden Versuch beweist. Es darf ein solcher
Versuch immerhin auch den Weg der zweiten Hand oder
eiuen ahnlichen einschlagen, wenn ihm das ohne Sprach-
und Stilfehler moglieh ist; aber er thut es alsdann auf seine
eigene Gcfahr und nicht auf Grimd des Vorganges der
zweiten Hand, der ein fiir allemal nichts mehr beweist,
sondern vielmehr trotz dieses Vorganges.
Diese zweite Hand selbst aber, um zu ihr noch einmal
zuriickzukehren, muss sie denn nothwendig die Annahme
einer aus 70 Centurien bestehenden Classe haben verbessern
wollen? Sind wir iiberhaupt irgend veranlasst, diesem Cor-
rector eine so genaue Kenntniss des wahren Sachverhalt-
nisses, eine solche Vertrautheit mit unvordenklicher Ver-
fassungsgeschichte zuzuschreiben? Ich verneine diess um so
zuversichtlicher, je weniger nicht nur in den iiberlieferten
Worten der zweiten Hand selbst gerade diese Verbesserungs-
absicht vorliegt, sondern je weniger sie auch trotz der pein-
lichsten Bemiihungen bis jetzt von irgendwem hat plausibel
hineingetragen werden konnen. Lassen wir den Interpolator
aus dem Kreise der ihm iiberliefert vorliegenden Elemente
nicht heraustreten, so ist leicht zu zeigen, wie ihm diese
vollkommen geniigten, um aus ihnen den wesentlichen Ge-
danken der verderbten Worte erster Hand richtig herauszu-
lesen: und diesen Gedanken in eine lesbare und verstand-
liche Form zu bringen war alles was er wollte. Dass 96
die Minoritat war, fand er bei seinem Autor, zum Ueber-
fluss noch an einer zweiten Stelle (am Ende des Kapitels);
also war die Majoritat 97: folglich musste die Zahl, zu der
acht hinzukommen mussten um die Majoritat zu bilden, 89
sein. Majoritat und Minoritat zusammen gaben die Gesamint-
■
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650
CICEBO UEBEK DIE SEKVIANISCHE
zahl 193: folglich war die Zahl der Centurien, aus denen acht
zu den 89 hinzutreten mussten um die Majoritat zu be-
wirken, 104. Das alles konnte er sich, ohne irgend eine
andere Wissenschaft als die der Addition und Subtraction,
gerade eben so gut ausrechnen, wie wir es aus denselben
Datis konnen, aus den zwei einzigen Datis niiiulich, die die
erste Hand wirklich und uuzweideutig gibt: dass 96 die
8*> Minoritat, und dass zu einer gewissen Zahl acht hinzukonimen
mttssen um die Majoritat zu bilden. Die so gefundenen
Zahlen 89 und 104 verwendete er also zu seiner Emenda-
tion und konnte noch dazu fiir sein LXXXVIIII einen
rechten Anhalt, der ihn sicher machte, an dem VIIII zu
haben meinen, das er vorfaud. Wenn er nun das Facit zog
12 + + x + 1 = 89, wonach allerdings x = 70, so
konnte er diess thun sehr unbekummert daruin, ob es flber
die Centurienzahl der ersten Classe eine andere Tradition
gebe odcr nicht. Aber auch das ist nicht einmal zu er-
weisen, dass er so addirte; denn was berechtigt uns ihm
die Gelehrsamkeit zuzutrauen, dass die equitum ccnturiat
zwolf waren? Auf die Zahl 89 konnte er, wie gezeigt,
kommen, ohne einen andern Ansatz machen zu miissen als
x + 6 + y + 1, wobei es ihm ganz gleichgiiltig bleiben
durfte, wie die erforderliche Zahl von 82 Centurieu zwisehen
x und y irgend zu vertheilen sein mochte.
Schliesslich habe ich nichts dagegen eiuzuwendeu, wenn
man findet, dass der positive Ertrag dieser ganzen Aus-
einandersetzung ein sehr geringer, ja ftlr die Kenntniss der
Servianischen Verfassung gar keiner sei, indem nun weder
aus der zweiten Hand irgend ein, noch aus der ersten ein
forderliches Zeugniss in der Sache zu entnehmen sei. Diess
zu beweisen war eben die Absicht dieser Zeilen; sonst kiitte
ich sie nicht unter die Rubrik cZur Kritik und Erklarung',
8ondern unter f Antiquari8ches, gesetzt.*)
*) Eben erst, bei dcr Cofrectur, werde ich aufmerkBam gemacht,
dasa von meinen p. 309 [oben p. 638 f.J zusammengestellten fflnf Belegen
fiir ein zweiHylbiges quatttior drei auch von Lachmanu zu Lucrez
]». 193 angefiihrt aind. Wenn es mit dcm Zusatze ge«chieht 'littera *
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CKN T D R I E N VEBF A SSU NG.
651
[f Aehnlich wie die UntersuchuDg uber die Varronischen
Hehdomaden (s. oben p. 508) ist auch diese schritt- und
stufenweise vorwiirts gekomraen durch die vereinten Krafte
raehrerer: auch hier wird es daher erwiinscht sein, die ganze
Reihe der Actenstiicke in chronologischer Folge zusamraen
zu haben.']
An Herrn Geheimen Justizrath Huschke in Breslau.
Dass Sie mir gestattet haben Ihre epistolica quaestio 404
Qber das in der Ueberschrift bezeichnete Problem im Rh.
Mus. zu veroffentliehen, danke ich Ihnen und wird Ihnen
jeder danken, der mit uns die Ueberzeugung theilt, dass rnil
despe^andura,, oder rait den Worteu eines andern Dichters
'nil tam difficilest quin quaerendo investigari possiet'; nur
dasa freilich daneben das c nil sine magno vita labore dedit
mortalibus' seine voriibergehend fast entmuthigende Wahr-
heit behiilt. Mag auch der naive Mann, der zu warten rieth
bis zur Auffindung einer bessern Handschrift, in seiner Art
nicht so ganz Unrecht haben, bis dahin wollen wir es uns
nicht verdriessen lassen den Stein immer wieder vou neuem
zu walzen; endlich kommt er doch wohl einmal auf die
rechte Kante zu stehen. Der Weg zur Wahrheit pflegt nun
einmal nur in Schlangen- und Zickzack-Linien zu gehen;
auch die Um- und Irrwege sind nicht verloren filr das End-
ziel. Niemals sieht Einer alles, aber immer jeder zum Mit-
sprechen berechtigte etwas, was keiner vor ihm. Ob und
wann die Sache spruchreif sei, werden andere sehen und
sagen; mir erscheint es immer wunschenswerth, dass jede
individuelle Meinung, die eine wohlerwogene ist, sich rund
und rein ausspreche. Daruni mache ich auch weder von
-%
aut praetermisaa aut in conaonantera durata', so gehfirt die letztere
Annahme iu den weiter greifenden Ansichten auf dem tiebiete der
lat4'inischen Prosodik, die ieh uicht zu theilen vermag.
*) [Rhein. Muaeom f. Philol. Bd. VIII (1852) p. 404—415.]
652
CICERO UEBER DIE SERVIANISCHE
Ihrer Erlaubniss Gebraueh, in Zusatzen zu Ihren Erorterungen
anzudeuten, was mir anders scheine, noch gebe ich mir selbst
die ErlaubnisB, zu mildern was Sie mir zum Lobe sagen.
Aber dazu benutze ich dieses Prooemium, um nachzuholen
was wir leider beide Ubersehen haben: den einzigen autopti-
schen Bericht ilber die BeschafFenheit der Handschrift an
der fraglichen Stelle, der seit Angelo Mai gegeben worden:
• gegeben von unserm Th. Mommsen (ich sage 'unsenn',
'weil er Euch «Juristen und uns Philologen gleichmiissig an-
gehort) in der Zeitschrift fur Alterth.wiss. 1845 p. 786.
Durch die freundliche Mittheilung seiner Originalnotizen bin
ich in den Stand gesetzt die Zweifel, die der dortige Ab-
druck noch liess, durch nachstehende Angaben zu heben.
Im Anfange der Stelle ist von erster Hand geschrieben:
EQVITVMCER
TAMINECVM
ETSVFFRAGIIS
Hieraus hat die zweite Hand gemacht:
EQVIT.VMCEN
RI E
TAMINECVM
EXT SVFFRAGIIS
Sodann in der Hauptstelle ist die Schreibung der ersten
Hand diese:
TGNARIISEST
• D AT AVIIIICEN
TVRIASTOTE 9
NIMRELIQV
A E S V N T
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CENTITRIKNVERFASSITNG.
653
die Correcturen der zweiten aber so dazwischengesetzt : *)
T!G N A R 1 I S E S T
A L X X X HABEAT QVIB. EX
DATAVIIIICEN
TVRIASTOTE
CENT. QVATTOR CENT VRIIS TOT
Vl M R E L I Q VAE
A E S V N T
Die iibrigen Berichtigungen der Maischen Angaben gehen 406
uns zunachst nichts an, wie dass statt uis populi die erste
Hand
VI
SPOLI
gibt, woraus erst die zweite
. . . VIS
pv
SPOLI
gelnacht hat; dass es gegen Ende des Kapitels von erster
Hand heisst ET IIS VALEBIT IN SVFFRAGIO PLVRI-
MVM ET IS VALEBIT IN SVFFRAGIO PLVRIMVM, wo
nur das erste VALEBIT von der zweiten in VALEBAT
veriindert ist; bald darauf ANCENSIS, nicht ACCENSIS;
ferner dass ebenda von einer Zerstorung des LITICINIB.
Mommsen so wenig etwas entdecken konnte, wie weiter
*) [' In der letzten der hier nach der Handschrift mitgetheilten
Stellen musa man freilich sehr geneigt sein fur die zweite und dritte
Zeile als Leaart der Hds. vielmehr dieses xn vermuthen:
DATA "v I I I I • C E N
HAtlKAT yviB. ex
T V R I A S f 6 f
und anzunehmen, dass das hahkat quib. kx nur durch ein Versehen
des Mittheilers eine Zeile hoher gesetzt worden. Aber & Y^Tpcnrrai,
f^TPa1ITTal•, NachtragUcher Zusatz auf p. 415.)
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054
CICERO UEBER DIE SERYTANISCHE
oben von eineni aber das CENTVM (vielmehr C) gesetzten
D, wonach Mai quingentum geschrieben. — Von Einfluss
auf die Sache selbst ist freilich auch von den urkundlichen
Mittheilungen iiber die Hauptstelle, so viel ich sehen kann,
nur die neue Gewissheit, dass in der ersten Stelle das CVM
nach CERTAMTNE nicht, wie Mai zu glauben nothigte, erst
durch die zweite Hand hinzugekoramen, sondem schon ur-
spriinglich dastand. Aus CVM ET SVFFRAGIIS aber das
richtige CVM SEX SVFFRAGIIS durch biosse Conjectur
entstanden zu glauben, ist wenigstens nicht so unmoglieh.
wie es bei einem ursprunglichen ET SVFFRAGIIS scheinen
musste; und damit hort vielleicht die unweigerliche Noth-
wendigkeit auf, ein zweites Exemplar als vom Corrector
benutzt vorauszusetzen.
Breslau, 5. Februar 1852.
Ihr Aufsatz uber Cicero\s Stelle von der
Centurienverfassung hat mir einen Ideenkreis wieder ver-
gegenwartigt, der meinem geistigen Auge seit eiuer langen
Reihe von Jahren fern getreten war. Sie wissen aus eigeuer
Erfahrung, wie man dann sich selbst objectiv wird, und
407 werden um so geneigter sein, das Urtheil iiber Ihren Ver-
such nicht von vorn herein in den Verdacht der Partei-
lichkeit zu nehmen, wenn ich zum voraus bemerke, dass
ich nicht bloss den wirklich ausserordentlichen Scharfsinn
bereitwillig anerkenne, von dem Sie hier wieder eine Probe
gegeben, sondern mich auch von der Wahrheit einer der
Hauptgrundlagen Ihrer Behandlung der streitigen Stelle
ilberzeugt habe. Weiter kann ich aber gewissenhaft nicht
gehen, und um auch den Schein zu meiden, als wollte ich
durch den Consensus Ihren Beifall fiir den Dissensus er-
schleichen, fange ich mit dem letztern an. Er betrifft Ihre
Emendation auf p. 315 [oben p. 645].
Alle Conjecturalkritik beruht auf Probabilitat Wer auf
Grund der wahrscheinlichsten Voraussetzungen das wahr-
scheinlichste Resultat erreicht, triigt die Palme davon. Bei
Ihrer Conjectur ist nun schon das allgemeine Resultat miss-
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CENTURIEH V E H FASSU NG .
G55
lich. Ea lost nicht die sachliche Schwierigkeit der Stelle,
ja will sie nicht loseu, will sich nicht fur das ausgeben,
was Cicero geschrieben hat, sondern nur fiir das, was
Jahrhunderte nach ihm in nicht gefiilschten Handschriften
seines Werkes gestanden haben konne (p. 318 fb'48]). Aber
ist eine solche Kritik iiberhaupt zuliissig? Wohl, wenn die
irrige Lesart, die man so herstellt, nur als Mittelglied in
der Geschiehte der Textescorruption behauptet wird, das
man dazu gebraucht, ura die Art, wie die in unsern Hss.
vorliegenden Corruptelen aus der ursprunglichen Lesart ent-
standen sind, zu erkliiren. Aber als fiir sich bestehendes
Resultat scheint es mir unbrauchbar. Es ist unangreifbar;
denn jedes Argument dagegen, z. B. das ab absurdo, kann
sogleich in ein Argument dafiir uragekehrt werden, weil ja
eben eine falsche Lesart auch unbefriedigend sein niiisse
oder doch sein konne.- Es ist aber eben damit auch unhalt-
bar — nichts als eine der unendlich vielen krummen Linien,
die sich nebeh der geraden zwischen zwei Punkten denken
lassen. Doch mit diesem allen sage ich Ihnen eigentlich
nichts, was Sie nicht selbst gesehen hatten. Tn einer ge-
wissen Art behaupten Sie aber auch wenigstens eine Wahr-
scheinlichkeit, dass Cicero selbst so geschrieben habe. Und
nur dagegen will ich — nicht das alte sachliche Argument,
dass ihm die Zahl der 80 Centurien erster Classe nicht un-
bekannt sein konnte, wiederholen (vgl. meine Verfassung
des Serv. Tull. p. 3 und besonders Krit. Jahrb. f. RW. 1845 4us
p. 505), dem Sie selbst wenigstens die Kraft einer hohen
Wahrscheinlichkeit nicht absprechen konnen, zumal da Cicero
selbst in den Worten quae descriptio si essrt ignota vobis, ex-
pliearetur a me auch die zu dieser descriptio gehorige Zahl der
Centurien jeder Classe als jedem Gebildeten bekannt voraus-
setzt und sich auf diesem Punkte um so weniger eine Blosse
geben konnte. Aber das mochte ich Ihnen zu bedenken
geben, ob die Stellung der Parenthese tot enim rcliquae sunt,
welche Ihre Conjectur hinter scx ct nonaginta ccnturiarum
versetzt, Ciceros wiirdig sei, fiir den Sie mit Recht eine
vollkomraen angemessene Schreibart in Anspruch nehmeu.
Nach einer solchen konnte dieser Zusatz nur bezwecken, iu
656 CICERO TTEBER DIE SERVIANI8CHE
der dera Geiat der Horer oder Leser vorgefuhrten Bereeh-
uung (Nunc rationem videtis esse talern) auf dem Punkte der-
8elben, wo sie von dem Uebrigbleiben der voranstehenden
Zahl sich zu iiberzeugen hatten, dieae Ueberzeugung zu er-
leichtern, indem er sie aufforderte sich nach der ihnen be-
kannten descriptio nur die Subtraction zu vergegenwartigen.
Diesen Zweck erreicht auch die altera manus mit ihrer Stellung
des Zusatzes hinter ex centum quattor centuriis. Nicht aber
Ihre Emendation; denn von dem Uebrigbleiben der 96 Cen-
turien nach dem Hinzutritt der 8 zu der Anfangs suinmirten
Zahl mussten sich die Horer schon vorher bei dem confecta
esset vis popidi universa iiberzeugt haben, oder das videtis
war eine Unwahrheit. An der Stelle, die Sie dem Zusatz
geben, hinkt er unmotivirt nach und bildet auch mit dem
reliquaque multo maior muttitudo in Gedanken und Laut eine?
wie mir scheint, nicht Ciceronianische Cumulation.
Aber auch Ihre Voraussetzungen sind mir bedenklich.
Sie bestehen siimintlich in Moglichkeiten: wahrscheiulich
und motivirt ist eigentlich keine. So schon die Annahme,
dass die altera manus wenigstens in ihrem zweiten Zusatz keine
handschriftliche Grundlage gehabt habe. Im Zweifel mussen
wir doch, so gut wie wir unsere Hdss. iiberhaupt fur Ab-
schriften halten, auch annehmen, dass eine zweite Hand
nach einem urkundlichen Texte nachgebessert habe. Der
Gegenbeweis muss aus innern Griinden gefQhrt werden. Ein
solcher scheint mir aber nicht in dem allerdings falsch ge-
*■» beugten habeat zu liegen. penn gesetzt selbst, dass es
iiberhaupt falsch wiire, konnte es nicht auf einem hand-
schriftlichen Fehler beruheu, den der revidirende Librarius
nur mit aufuahmV Hat nicht auch die erste Hand confecta
est? Wiirde nicht ein Corrector von so viel Verstand, dass
er iiberhaupt diesen Zusatz aussinnen kounte, aus seinem
Kopfe vielmehr efficiant oder dgl. gesetzt haben? Im vor-
liegenden Falle waltet aber noch eine besondere Wahr-
scheinlichkeit fiir den handschriftlichen Ursprung des frag-
lichen Zusatzes ob, mochte er nun aus demselben Codex,
aus dem die erste Hand nachliissig abschrieb, oder aus einein
andern herrUhren. Hekanntlich sind namlich Auslassungen
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CENTURIENVERFASSUNG.
657
einer ganzen Keihe von Worten in der llegel dadurch ver-
anlasst, dass zwei Zeilen, die auf einander folgten, mit dem-
selben Wort anfingen oder schlossen, oder auch aus sonstigeni
Anlass ein hastiger Abschreiber, der eben das eine Wort
geschrieben hatte, beim Riickblicken auf die abzuschreibende
Hs. auf ein spiiteres ahnliches vertiel und dieses eben ge-
schrieben zu haben glaubte. Ein solcher Fall liegt hier
offenbar vor, z. B.:
VIIII
CENTVRIAS HABEATQVIBVSEXCENTVMQVATTOR
CENTVRIIS TOTENIMRELIQVAESVNT etc.
Wollen Sie nicht weiter annehmen, dass der Corrector, der
das alberne habeat ersann, doch schon das kritische Gesetz
gekannt und danach verfahren habe, nach welchem wir
solche Auslassungen ergiinzen, so liegt ra. E. hierin ein
dringender Grund, den zweiten Zusatz der zweiten Hand fur
handschriftlich zu halten. Dazu kommt noch die nach Ihrer
Meinung handschriftliche Natur der ersten Correctur der
zweiten Hand und dass das ccnturias doch eine Liicke an
dieser Stelle wahrscheinlich macht. — Unmotivirt nenne ich
Ihre Aenderungen VIIII in OCTO, prima classis in primae
classi, centuriae in centuriis und nachher cst in cssct, insofern
keine Veranlassung, wie die veruieintlichen Corruptelen ent-
standen wiiren, nachgewiesen ist. lhre iibrigen Voraus-
setzungen auf p. 31G [646] sind zwar, wenn man einmal
eine solche Gestalt des friihern Codex annimmt, vou blen-
dender Wahrscheinlichkeit. Aber diese fnihere Gestalt des 410
Codex selbst ist doch nichts als eine willkQrlich angenom-
mene, durch nichts indicirte Muglichkeit,
Doch nun genug von dem Dissensus. Ich komme auf
den Consensus, der dasjenige betrifft, worauf Sie auch eigent-
lich das Hauptgewicht legen, und der zugleich ein Dissensus
mit mir selbst in meinem friiheren Versuche ist, so weit der-
selbe von Ihren Argumenten betroffeu wird. Vollstandig iiber-
zeugte ich mich ntimlich, dass nur eine solche Conjectur An-
spruch auf Wahrheit machen kaun, welche Ihre Ausfuhrung
auf p. 310—312 [oben p. 639—642] zu Grunde legt und
insbesondere anerkennt, dass Cicero fnur gut schreibt' und
FR. HIT8CHEI.II OPV8CVLA III. 42
G58
CICEIIO UEBER I)IE SERVIANISCHE
dass habcat in diesem Zusammenhange, confecta cst und doch
naehher cxcluderetur und valcrct mit einer guten Schreibart
unvereinbar sind.
Erlauben Sie mir nun aber auf diesem Ihrem Grunde
und Boden ein neues Gebiiude zu errichten. Ist es wohnlich,
so gehort es iure naturali et civili Ihnen, nicht mir an.
Taugt es nichts, so haben Sie auch das erste Kecht und
das beste Zeug, es wieder umzuwerfen. Damit Ihnen aber
die Entscheidung erleichtert werde, schreibe ich noch einnial
die ganze Stelle her, wie sie nach der ersten Hand lautet,
die Abweichungen der zweiten Hand an den betreffenden mit
f ' bezeichneten Stellen dariiber setzend.
Deinde equitum magno nnmero ex omni populi suuima
separato, reliquum populum distribuit in quinque elasses,
senioresque a iunioribus divisit, eosque ita disparavit, ut
suffragia non in multitudinis sed in locupletium potestate
essent, curavitque, quod semper in re publica tenendum
est, ne plurimum valeant plurimi: quae descriptio si
esset ignota vobis, explicaretur a me. Nunc rationem
centuriae cum sex ■uffragiii
videtis esse talem, ut equitum 'certaniine et suffragiis,
et prima classis, addita centuria, quae ad summum usum
LXXXVIIII babcat quiboi
urbis fabris tignariis est data, 'VIIH' centurias J ' tot
ex centum quattor centuriii
enim reliquae sunt, octo solae si accesserunt, confecta
est vis populi universa, reliquaque multo maior multi-
4ii tudo sex et nouaginta centuriarum neque excluderetur
suffragiis uc superbum esset, nec valeret nimis ne esset
periculosum. In quo etiam verbis ac nominibus ipsis
fuit diligens etc.
Cicero unterscheidet hier offenbar dcscriptio und ratio, den
objectiven detaillirten Schematismus der Volkseintheilung
nach der Centurienverfassung, und das, worauf der Konig
als weiser Staatsmann sie berechnet hatte. Man kann sagen,
dass im Kiickblick auf die vorausgeschicktc allgemeine Dar-
stellung der Centurienverfassung descriptio auf die ersten
Siitze . . . Deindc cquitum divisit, ratio auf die folgen-
den cosque ita disparavit .... plurimi sich bezieht Die
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CEN T V KI K N VK R FASSUNO.
059
descriptio, welche ihu verhaltnissniUssig zu lange aufgehalten
hatte, iibergeht er mit einer feinen, aber auch wahren Wen-
dung. Die ratio aber, die ihn als Politiker unmittelbar in-
teressirte, uni darin die Staatsweisheit des Konigs seinen
Lesern nachzuweisen, fiihrt er mit der fortschreitenden und
leise adversativen Partikel Nunc dem Geiste seiner Leser vor.
Indeni nun so descriptio Uberwiegend objectiv, ratio aber
die planmassige Berechnung des Konigs iiberwiegend sub-
jectiv ist, muss es schon hieruach auffallen, dass im hand-
schriftlichen Texte der objective Ausdruck rationeni essc steht.
Er wird aber selbst befremdend, zumal fiir Cicero, wenn
man fortliest und in der folgenden Periode so, als ware die
ursprungliche Zurtickfiihrung des Gesagten auf den Konig
als Subject (distribuit, divisit, disparavit, curavit) immittelst
gar nicht unterbrochen, wieder ohne Angabe des Subjects
findet: In quo etiam vcrbis ac noniinibus ipsis fuit diligens.
So schreibt Cicero nicht: auch in unserer Periode musste
der Konig als Subject der Berechnung eingefiihrt werden.
Ich glaube daher, dass hier der erste Fehler der Hs. steckt.
Es war geschrieben IISSE d. h. inisse (rationeni inire der
bekannte Ciceronianische Ausdruck fiir: eine Berechnung
machen) und dieses wurde von einem Abschreiber nach Ana-
logie von descriptio . . . ignota csset, ESSE gedeutet, mochte
er die Sigle nicht kennen oder // fiir die bekaunte Gestalt
des e halten. Dieser Fehler ist aber darum wichtig, weil er
consequent die anderen nach sich zog: habeat und confecta est
(vielleicht auch accesserunt statt accessissent, obgleich ersteres
in einem Condicionalsatz allenfalls geduldet werden kann). us
Offeubar sind dieses absichtliche Aenderungen eines einiger-
massen grammatisch gebildeten Abschreibers, der das iichte
HABERET uud CONFECTA ESSET (oder EET) nach ra-
tionern csse fiir fehlerhaft hielt, docli aber, als des Aenderns
zu viel wurde, wie es denn zu gehen pflegt, stutzte uud
EXCLVDERETVR, ESSET, VALERET und ESSET bei-
behielt.
Nun aber die Hauptschwierigkeit, welche offenbar in der
Summirung der zusammen — nach der ersten Hand VUII,
nach der zweiten LXXXVIIII Centurien ausmachenden Ab-
42*
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G60
CICERO UEBER DIE SERVIANISCIIE
theilungen liegt. Betrachtet man den uberlieferten Text zu-
erst rein formell, so erweckt habcat oder vielraehr habcret
einerseits das Vertrauen der Aechtheit, denn ein Falseher
wiirde das leichtere effieiant gesetzt haben, andererseits passt
dazu entschieden nicht das cquitum ccnturiac cum sex suffra-
giis ct prima classis der zweiten Hand. Von einer classis
kann ich sagen habet tot centurias, wie amjdwra habct tot sex-
tarios u. s. w., hicht aber centuriac ct clwtsis habct (oder auch
habent) tot centurias. Wir werden also cquitum ccnturiae um
80 mehr fiir verdachtig halten miissen, als hier auch die
erste Hand abweichend hat equitum certaminc. Eben so ver-
dachtig und bloss zurecht gemacht erscheint das cum sex
suffragiis, wo die erste Hand mit ihrem ct suffragiis eben-
falls abweicht; denn cum setzen gute Schriftsteller nur von
etwas Accessorischem. Unmoglich konnen aber die sex suf-
fragia, die selbst nur und zwar die alten vornehmen Ritter-
centurien waren, als Accessorium von centnriac cguitum auf-
gefiihrt werden, mag unter diesen ubrigens zu verstehen sein
was da will. Allen diesen Anstossen gegeniiber weist nun
die erste Hand in bloss formeller Hinsicht jedenfalls insofern
auf das Uichtige hin, als sie mit den beiden voraufgehenden
Ablativen cquitum ccrtamine ct suffragiis eine Structur ver-
riith, in welcher bloss classis das Subject von Itabcat {habcrcl),
das Uebrige nur als Zuthat erwahnt war, und wir brauchen
bloss 1) ein cum vor equitum zu setzen — mag dieses nun
C 9 notirt und wegen Aehnlichkeit mit dem folgenden € ganz
ausgefallen oder, wie die zweite Hand wahrscheinlich raacht,
am Rande nachgetragen und dann vor (scx) suffragiis ver-
setzt worden sein — und 2) in snffragiisct einen einzigen
413 Buchstaben in einen obendrein in den Hss. oft kaum ?on
ihm zu unterscheidenden mit Gemination eines andern xu
iindern (snffragiissex), um eine allen bisherigen Bedenken voll-
8tiindig begegnende Lesart zu erhalten:
ut cum equitum certamine et suffragiis sex prima
classis, addita centuria quae LXXXVIIJl cen-
turias habeat.
In der zweiten Hand erweist sich auch das sex suffragiis (in
dieser Voranstellung des scx) als zurechtgemacht Der Li-
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CENTURIENVEKFASSUNG. GGl
brarius, der in seiner Hs. das sex hinter suffragiis auch schon
in et verwandelt fand, wusste, dass nian diese Suffragien scx
suffragia oder sex centuriae nannte (Festus v. Sex suffragia,
Praerogativac [nach meiner Wiederherstellung Krit. Jahrb.
1845 p. 597 1, Liv. 1, 3G). Aber Cicero, der sie einmal (Phil.
2, 33) suffragia schlechthin neunt, setzte hier in einer Be-
rechnung sex absichtlich nach (fdie Suffragien, welche 6 [Cen-
turienj ausniachen'), um die Zahl hervorzuheben.
Nun ist freilich noch das certaminc der ersten Hand
eben so verderbt wie das centuriae der zweiten. Fiir die
Herstellung des Richtigen scheint mir aber ein wichtiger
Fingerzeig darin zu liegen, dass die erste Hand als Summe
der Addenden VIIII hat, eine Zahl, die offenbar falsch und
gemacht ist, die aber dieser Abschreiber oder vielmehr sein
Vorganger nicht aus dem Folgenden, sondern nur aus dem
Vorhergebenden gebildet haben konnte. Und zwar riihrte
sie ohne Zweifel daher, dass der unwissende Mensch das
Ungluck hatte et prima classis addita ccnturia fttr Nomina-
tiven, classis fiir den Genitiv zu nehmen (fund hinzugefugt die
erste Classencenturie'), womit ihm denn gerade die 80 Centu-
rien der ersten Classe fflr seine Summiruug verloren gingen.
Diese Zahl zeigt aber dass, inochte man diese VVorte so falsch
iibersetzen oder sie mit der zweiten Hand, die LXXXVIIII
herstellte, richtig verstehen, die iibrigen zu addirenden Cen-
turien ausser den 80 der ersten Classe selbst, {) betrugen.
So nothigt denn die Uebereinstimmung der beiden Hand-
sehriitenserien in der Zahl 0, verbunden mit der erforder-
lichen Perspicuitat einer vorgefuhrten Berechnung, wonacli
die zu summirenden Zahlen angegeben seiu miisseii, auch
in certaminc eine Zahl und zwar 2 zu suchen, die mit G und m
1 zusammeu 9 gibt. Aller YVahrseheinlichkeit nach schrieb
aber Cicero ccnt *) binis (nicht iluabus, s. Krit. Jahrb. a. a.
0. p. 595). lu einer Hs. wurde dieses mit eiuem gewohn-
lichen Buclistabenwechsel CENTVINIS wiedergegeben, und
in diesem unverstandlichen Worte lag natiirlich ein Aulass
zu Corruptelen. Wer aber zuerst certaminc daraus machte,
*) Vgl. Valerius ProbuB.
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662
CICERO CEBER DIE SERVIANISCHE
wird vorher noch cum, wer VIII J statt LXXXVIIII schrieb,
noch binis gelesen haben.
Lesen Sie nun also vollstandig mit mir:
Nunc rationem videtis wisse talem, ut cum equitum
centuriis binis et suffragiis aex prima classis, addita
centuria quae ad summum usum urbis fabris tignariis
est data, LXXXVIIII centurias haberet, quibu9 ex
centum quattor centuriis (tot enim reliquae sunt) octo
solae si accesserunt (oder access/ssait) confecta e&set
vis populi universa; reliquaque multo maior multi-
tudo sex et nonaginta centuriarum neque excluderetur
suffragiis, ne superbum esset, nec valeret nimis, ne
esset periculosum —
so wird Ihnen schwerlich von sprachlicher Seite irgend
etwas der Ciceronischen Eleganz Unwtirdiges aufstossen. Be-
merken will ich nur noch, dass die Erwahnung der zu dem
Fussvolk zugehorigen Reiterei mit cum stehend ist (wie bei
Livius: 'Decretae duae legiones cum suo iusto equitatu, Binae
legiones cum suo equitatu' u. s. w.), die Voranstelluug der
Ritter aber, weil sie dem Fussvolk wirklich voraugingen und
voranstimmten, eben so angemessen erscheint.
'Aber,' werden Sie freilich sagen, fda bringen Sie ja
sachlich wiederum nichts anderes als Ihre alte Meinung,
die Ihuen durch die Zeugnisse des Livius und Dionysius
iiber die Abstimmung in den Centuriatcomitien liingst wider-
legt worden ist!' Allerdings widersprechen hier Livius und
Dionysius der Ciceronischen Darstellung nach jener Lesart.
Sie widersprechen aber auch mehrfachen andern Zeugnissen
gerade in Beziehung auf die Ritterabstimmung, und hin-
sichtlich der Auffassung des Ritterstandes ohne RQcksicht
auf die Abtheilungen des Volks, wozu jeder Theil desselben
415 gehorte, auch einer andem unbestrittenen Stelle in unserem
Kapitel (cquitum magno numcro cx omni (nicht cuncta oder
nnivcrsa) populi summa scparato) und der noch wirklich mili-
tarischen und iiberwiegend nationalen Einrichtung der alten
Centuriatcomitien, wonach die Rittercenturien in dem ver-
fassungsmassigen Verhaltniss von 2 X 20 zu den entsprechen-
den Centurien des Fussvolks jeder classis (procincta) gehorten.
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CENTURIEN VERFA8SUN0. 663
Mir steht daher die Abstiinmungsweise, welche bei der re-
stituirten Stelle des Cicero vorausgesetzt wird, anderweitig
und ganz unabhangig von dieser fest. Doch hiertiber haben
wir ja jetzt nicht mit einander zu verhandeln. Uns kara es
zunachst nur darauf an, eiue Restitution zu ermitteln, welche
den von Ihnen p. 319 [649 J mit unausweichlicher Wahrheit
festgestellten Anforderungen entspricht. Sollte das Sachliche
meines Versuchs von irgend einer Seite aufs neue bestritteu
werden, so werde ich mich gern auch auf eine neue Priifung
einlassen. Nur muss ich dann wtinschen, dass zuvor meine
letzte vielfach berichtigte Auslassung Qber die Geschichte
der Ceuturieuverfassung in der Ilecension der Mommsen schen
Tribus (Krit. Jahrb. f. Rechtswiss. 1845 p. 581—644) be-
rucksichtigt werde, welche bisher meines Wissens allgemein
iguorirt worden isi
E. Huschke.
III.*)
An Herrn Professor Ritschl.
Durch Thre meisterhafte Behandluug der Stelle Cic. de <
rep. II, 22 haben Sie sich gerechten Anspruch auf alle die
Textesconstitutionen erworben, die das von Ihnen naehgewie-
sene kritische Fundament auerkennen. Daher erlaube ich
mir nachfolgenden Versuch einer Textesconstitution Ihrem
Urtheile vorzulegen, und denselben zur weiteren VerotTent-
lichung durch das Rheinische Museum zu empfehlen**).
Gewiss ist zunacbst, dass von rcliquaquc an Alles richtig
ist, und dass dieser Satz von ut abhiingt. Da die Worte
von reliquaquc an die Kehrseite des Gedankens ausdriicken,
der in den Worten confccta cst vis populi univcrsa ausge-
sprochen ist, und da die Coordination beider Stitze durch
quc bezeichnot ist, so muss auch der erbte von ut abhiingig
sein, also cssct geschrieben werden, wie Sie und Huschke
*) (Rhein. Mus. f. Philol. Bd. VIII (1853) p. G16— 623.]
**) [Hier folgte urspriinglich die Angabe der Lesart eristcr Hand,
die jetzt weggelassen werden konnte. C. W.]
664
CICERO UEBER DIE SERVIANISCHE
auch thun. Von diesem gesicherten Schlusse folgt uber die
Gestalt des Friiheren zweierlei:
Erstens muss das Verbum des regierenden Satzes ein
praeteritum sein. Und zwar billige ich Huschke s Argumen-
tation durchaus, nach welcher Servhis Tultitis Subject des
regierenden Iufinitivs sein muss. Ob inissc selbst die rich-
tige Emendation ftir esse ist, dartiber spater.
6i7 Zweitens muss die vis populi univcrsa aus 07 Centurieu
bestehen, da in dem Schlusssatze (und nachher noch einnial)
96 Centurien als Minoritatszahl genannt wird, was naturlich
nur Sinn hat, wenn es die Zahl der grossten Minoritat ist.
Nun ist eben die Frage, auf welche Weise Cicero die
Majoritiit von 97 Centurien entstehen lasst. Die einfachste
Art, die ratio der Abstimmung nach Servianischen Centurieu
anzugeben, ist es offenbar, wenn man sagt, dass die erste
Classe mit den Rittercenturien schon eine Majoritat von 3
Stimmen besiisse. Dass Cicero diesen einfachsten (von Dio-
nysius gewtihlten) Modus nicht befolgt, ist eben aus der An-
gabe der grossten Minoritat von 96 Centurien klar. Es wird
dem Cicero (oder dem Polybius, dem er folgt), rationeller
erschienen sein, die kleinste Majoritiit der grossten Mi-
noritat entgegenzustellen. An und fiir sich betrachtet kann
nun die geringste Majoritat auf sehr verschiedene Weise
entstehen. Klar aber ist, dass Cicero, da er die ratio der
Servianischen Centurieneiutheilung dariu fand, dass die Stiui-
men der Unbegtiterten factiscli nicht ins Gewicht fielen, in
seiner geringsten Majoritiit die erste Classe als compacte
Masse erscheinen lassen musste. Hieran und ferner daran,
dass Cicero (und Folybius) gewusst habe, dass die erste Classe
aus 80 Centurien bestiinde, ist auf keine Wreise zu rtitteln.
In den corrumpirten Worten tritt uns nun auch die prima
classis sehr bestimmt entgegen, ohne dass vou vorn herein
die Construction des die Rechuung enthaltenden Nebensatzes
klar ware. Von den Worten der corrnmpirten Stelle haben
die Worte octo i>olae si acccsscrmit, am meisten Anspruch, so
wie sie sind, in die Ciceronianische Periode aufgenoinmen
zu werden. Das accesserunt haben Sie stillschweigend, Huschke
ausdriicklich anerkannt. Nur sotac macht wegen des fehlen-
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CENTUKIENVERFASSUNG
605
den centuriae Bedeuken. Setzen wir indess einstweilen die
Ilichtigkeit der Stelle voraus, wobei es uns zunachst nur auf
die Zahl 8 ankommt, so folgt, dass Cicero die Majoritat ent-
stehen lasst durch den entscheidenden Zutritt von 8 Cen-
turien zu 80 + 9 Centurien. Die 80 liegen in den Worten
prima classis; die 9 sind aber gerade die Hiilfte der 18 Ritter-
centurien.
Wenn Cicero die geringste Majoritat angeben wollte,
wenn ferner in derselben die erste Classe in compacter 6is
Masse stimmen musste, so durften die 18 Rittercenturien
nicht eintrachtig sein. Es konnte nun scheinen am nachsten
zu liegen, die Rittercenturien mit 17 gegen 1 stimmen zu
lassen. Ebenso nahe lag es aber ohne Zweifel, den Einfluss,
den sie auf die Entscheidung ausiiben konnten, dadurch ganz
zu paralysiren, dass man 9 gegen 9 stimmen liess. Es mag
in Wirklichkeit weit ofter der Fall gewesen sein, dass die
Stimmen unter den Ritterceuturien fUr und gegen sich die
Wage hielten, als dass sie 17 gegen 1 gestimmt hatten.
Man vergleiche nur z. B. Liv. 43, 16 und bedenke, dass ge-
rade in den Rittercenturien die Manner enthalten waren, die
auch sonst politisch eine Rolle spielten, dass also bei ihnen
die Parteiungen entschiedener sein mussten als etwa unter
den Btirgern erster Classe. Doch wie dem auch sei, es wird
zugegeben werden mussen, dass, wenn Cicero die Majoritat
aus 9 Stimmen der Ritter und 80 der ersten Classe und 8
andern bildete, er damit einen einfacheren Weg einschlug,
als alle die sind, die ihm durch die bisherigen Eiuendationen
und Interpretationen zugemuthet worden siud. Es scheint
inir aber als Grundsatz gelten zu miissen, dass Cicero (Po-
lybius) die kleinste Majoritiit nicht bloss iiberhaupt fehlerfrei,
sondern so einfach als moglich zu bilden wusste.
Nach dieser Betrachtung miissen uns die dem sicher-
gestellten Schlusse der Stelle vorhergehenden Worte VI III
centurias tot enim rcliquae sunt sehr befremden. Das ist ja
gerade die Zahl, die wir zu den 80 und 8 noch brauchen! Aber
sie steht an einer Stelle, wo wir sie nicht brauchen konnen.
Denn dass Cicero von den Rittern vor der jyrirna classis
redet, ist klar — er musste es, wenu er bei Angabe der
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666 CICERO UEBER DIE SERVIANISCIIE
ratio auch die Reihenfolge der Abstimmung befolgen wollte.
Ausserdem wollen die Worte nicht in die Construction der
Periode sich einfiigen. Wird diess hinreichen (oder soll ich
mich auch darauf als auf ein Kriterium der Unachtheit be-
rufen, dass Sie die Worte nur durch Umstellung zu ver-
werthen wussten), um die Worte fiir ein vom Rande des
codex archetypus in den cod. Vaticanus gerathenes Glossem
zu erklaren? Die Annahme wird um so weniger Bedenken
haben, je mehr gerade die Gestalt der ganzen Stelle in unsern
6i9 gedruckten Ausgaben beweist, wie fest reine Glosseme (die
Emendationen zweiter Hand) sich einnisten konnen. Aber
freilich ist jene Annahme eines Glossems nur unter der Vor-
aussetzung begrundet, dass der Interpolator die Stelle im
codex archetypus schon verdorben fand. Das that er aber
allerdings, wenn er im Archetypus fand, was die erstc Hand
daraus abgeschrieben hat cquitutn certamine cum et suffragiis
et prima classis. War das der Fall, so bedurfte der Inter-
polator nur der beiden Posten der 80 Centurien erster Classe
(dic er aus Livius kennen konnte) und der octo solae, die
hinzukamen, um mit Hiilfe des nachher augegebeneu Postens
von 96 Centurien auszurechnen, dass noch 9 Centurien nothig
wiiren, um die Majoritat zu bilden.
Gehen wir von diesen verurtheilten Worten einen Schritt
weiter zurfick, so stossen wir auf eine Centurie, quae ad
snmmum usum urbis fabris tignariis est data. Versteht man
die Worte so, als habe diese Centurie zugleich und nur diese
eine mit der ersten Classe gestimmt, so befindet sich Cicero
im Widerspruch sowohl mit Livius als mit Diouyaius, die
darin wenigstens tibereinstimmen, dass sie die zwei ccnturiae
fabrum nicht von einander trennen. Versteht man die Worte
aber so, als nehme Cicero an, es stimme im gedachten Falle
eben nur eine Centurie fttr die erste Classe, die anderc aber
dagegen, so muthet man Cicero zu, dass er die kleinste
Miijoritat auf eine weitlautige Weise entstehen lasse, die
durch die zu erkliirende ratio keineswegs erfordert wird,
vielmehr nur dazu dienen kann, den eigentlichen Sinn jener
ratio zu verdunkeln. Hierzu kommt, dass der Ausdruck cen-
turia data cst fabris gerechtes Bedenken erregt, da nicht die
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CENTURIENVEUFASSUNG. 667
centuria, sondern das suffragium den fabris gegeben wird,
die centuria aber aus ihnen gebildet wird. Livius 1, 43 sagt
daher conscribere, facere ex. Im allgemeinen mag eine Ver-
tauschung beider Worter als inoglich gedacht werden (wie
ja eben suffragia statt centuriae steht in den bekannten sex
mffragiis', was aber nicht als ein Beweis dafiir angesehen wer-
den darf, dass auch centuria far suffragium stande; und in
centuriam conficerc ist centuria auch nicht als synonym mit
bvffragium gesetzt): hier scheint mir die Voraussetzung un-
zulassig; auf keinen Fall wird man den Ausdruck als Cicero-
nianisch damit erharten diirfen, dass Dionysius allerdings 4, 6*>
16 sagt: beKCi X6xouc dTiobouc toic veurrepoic, ein Ausdruck,
zu dem Dionysius nur deshalb griff, weil er die eigentlichen
Ausdrflcke schon vorher in demselben Kapitel abgenutzt
hatte, eine Entschuldigung, auf die Cicero keinen Anspruch
machen durfte. Endlich sind auch die Worte ad summum
mum urbis entschieden verdiichtig. Denn fasst man ad final,
was jeder auf den ersten Blick thun wird und was die mei-
sten gethan zu haben scheinen, die Ciber unsere Stelle ge-
sprochen haben, so kommt der Unsinn heraus, als ob ein
grosser Nutzen fiir die Stadt in der Verleihung eines Suffra-
gium8 an die fabri tignarii bestanden hatte. Wir mochten
fragen, was fiir ein Nutzen? Oder will man etwa den Nutzen,
den die Stadt von dieser Verleihung des Stimmrechts an die
fabri tignarii gehabt habe, dadurch erhohen, dass man mit
Kobbe (Rom. Gesch. I, 89) die centuria fabrum mit der cen-
turia ni quis scivit identihcirt? Fasst man aber ad causal,
also *in Riicksicht auf den grossen Nutzen, den die fabri
der Stadt leisteten, so kommt zwar eiu historisch-richtiger
Gedanke heraus; ich muss indess bezweifeln, dass Cicero
diesen Gedanken so ausgedriickt haben wOrde, da ihm gewiss
bewusst gewesen sein wiirde, dass er einen zweideutigen
Auadruck anwende, dessen nicht beabsichtigte Deutung naher
gelegen 'haben wiirde als die beabsichtigte. Ohnehin lag ja
propter so nahe. Kurz ich erkljire auch die Worte quae ad
summum usum urbis fabris tignariis est data fiir ein Glossem
im Archetypus. Bei den unmittelbar vorhergehenden Worten
addita ccnturia mochte der Interpolator, dem wir es gewiss
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6G8
CICEUO DEBEB DIK 8EKVIANISCHE
zutrauen diirfen, dass er die ihni corrupt vorliegende Stelle mit
Hiilfe des Livius zu verstehen suchte, an Livius 1, 43 additac
huic dassi duae fabrum centuriae einen Halt zum Verstand-
niss gefunden zu haben glaubeu. Als er aber nach ange-
stellter Berechnung sich ttberzeugte, dass er mit dieser Cen-
turie auch nicht zum Ziele (d. i. zu der Majoritatszahl 97)
kame, schrieb er in seiner Verzweif lung die oben besprochenen
Worte VIIIJ ccnturias tot enim rcliquae sunt hinzu, auf die
hierdurch ein neues, unsere obige Vermuthung besttitigendes
Licht fallt. Beide Glosseme, wie sie im Zusammenhange nach
62i einander entstanden, sind zusammen, unverstanden, wie die
Stelle iiberhaupt, von der ersten Hand aufgenommen.
Nach dieser Sauberung des Textes der ersten Haiid
finden wir als urkundlichen Text des codex archetypus Fol-
gendes:
Nunc rationem videtis esse talem, ut equitum ceriamine
cum ct suffragiis et prima classis addita centuria octo
solae si accesserunt, confecta esset vis populi universa.
Je sinnloser in diesem corrupten Texte das Wort ceriaminc
erscheint, desto mehr wird sich eine Verbesserung empfehlen,
die mit Beibehaltung dieses Wortes der Stelle Sinn abzu-
gewinnen weiss, zumal da die selbst von Ihuen fQr feinleuch-
tend richtig' gchaltene Verbesserung zweiter Hand in cnt-
turiae bis jetzt nicht zu einem befriedigenden Ilesultate ge-
fiihrt hat. Den Sinn aber, den die corrupten Worte naeh
der oben vorgetragenen Argumentation haben mttssen, ge-
winnen wir, wenn wir schreiben:
ut, aequato equitum certamine, cum esset suffragiis
IX prima classis addita, centuriae octo solae si acees-
serunt, confecta esset vis pbpuli universa.
So beseitigt sich das oben unerledigt gebliebene BedeiuVn
wegen solae von selbst. Die von mir angenommeuen Cor-
ruptelen iiberschreiten gewiss nicht das Mass der sonst ini
cod. Vat. sich kundgebenden Verderbnisse. War iu der Quelle
des Archetypus geschrieben acquato aequitum oder equato equi-
tum, so konnte der Schreiber des Archetypus das erste Wort
sei es absichtlich oder unabsichtlich auslassen. Ausserdem
braucht nur die Corruptel von csset in et, von IX in ET,
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CENT17RIENVERFASSUNG. 669
und der Wegfall des e von centuriae angenoinmen zu werden.
Wie, wenn nun equitum nicht bloss den Wegfall von aequato,
sondern auch den Wegfall eines Particips vor esse verursacht
hatte, durch dessen Restitution wir Huschke's Bedenken wegen
essc besser als durch die Conjectur inisse beseitigten? Ich
verhehle mir nicht, dass eine solclie doppelte Verwendung
eines und desselben kritischen Reagens ihr Bedenkliches hat;
finden Sie das auch, so mag es immerhin bei inisse sein Be-
wenden behalten. Aber die Moglichkeit eines Ausfalls zweier
Worter ist vorhanden, wenn man sich die Quelle des Arche-
typus so geschrieben denkt:
Nunc rationem videtis sequtum e**
esse talem ut equato equitum
certamine cum esset suffragiis
IX prima classis addita centuriae
octo solae si accesserunt, confecta
esset vis populi universa.
Was nun endlich den Ausdruck im einzekien betrifft,
80 ist aequato certaminc gewiss echt lateinisch. Livius 29, 34
sagt: fmox plures simul conferti porta effusi aequaverant
certamen'. Noch passender zum Beweise des hier anzuneh-
menden Gebrauchs ist Livius 1,25 Maraque aequato Marte
singuli supererant, sed nec spe nec viribus pares\ (Vgl.
noch Livius 2, 3. 2, 20. 3, 63. 22, 25.) Aequato certamine ist
prosaischer Ausdruck fur das poetische aequaio Marte. Beide
Ausdrucke verhalten sich zu einander wie aequo Marte zu
aequo certamine, welches letztere z. B. Lucr. 2, 573 bietet:
sic aequo geritur certamine principiorum
ex intinito contractum tempore bellum.
Man konute bei Cicero auch schreiben aequo equitum certa-
mine. Die Latinitiit des Gebrauchs von certamen werden Sie
mir gewiss auch ohne Belegstellen zugeben. Der Wechsel
im Satzbau cum esset addita, si accesserunt, ist nicht allein
nicht anstossig, sondern einzig richtig. Die Stimmenzahl der
ersten Classe bildet die Grundlage, die erst gegeben sein
muss, ehe es sich um den Zutritt der den Ausschlag geben-
den Centurien handelt. Darum erscheint dort cum esset ad-
dita zum Ausdruck eines vorher vollendeten, fur die Ent-
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670
CICERO UEBER DIE SERVIANISCUE
scheidung an sich unprajudicirlichen Factunis ; dagegen spater
si zum Ausdruck der zwar leicht erfullten, aber eben auch
unumganglich nothwendigen Bedingung, unter welcher die
compacte Menge erster Classe zur vis populi universa wird.
Die Abstimmung erster Classe ist in abstracto fur das End-
resultat eben so wenig entscheidend wie die Abstimniung
der Ritter aequato certamine; die Abstimmung der ersten
Classe hatte daher in entsprechender Form gegeben werdeu
konnen: et suffragiis IX prima classe addita (vgl. de rep. 2, 20
G23 priaribus equitum partibus secundis additis)-, und so wurde icb
corrigirt haben, wenn nicht cum von der ersten Hand stamnite.
Dass aber die erste Classe zu den /X suffragiis addirt wird,
und nicht umgekehrt diese zu jener, ist dadurch gerecht-
fertigt, dass der Sprechende sich genau au die ihm vor-
schwebende Reihenfolge der Abstimmung hieli
Zum Schlusse brauche ich kaum hinzuzufQgen, dass die
vorgeschlagene Textesconstitution keinen Widersprucli mit
Livius und Dionysius enthtilt, was ihr gewiss nicht zum
Nachtheil gereicht.
Mit dem Wunsche, dass mein Versuch Ihren Beifall ge-
winnen moge, spreche ich Ihnen zugleich von neuem die
Hochachtung aus, mit der ich verharre ganz ergebenst
L. Lange.
Gottingen 11. Dec. 1852.
IV*)
325 Darf man denn tiber die fatale Stelle noch eine neue
Vermuthung iiusseni? Tch wage es auf RitschTs Wunsch,
rdass jede individuelle Meinung, die eine wohlerwogene ist,
sich rund und rein ausspreche', und auf das Bewusstsein hin,
dass meine Meinung wenigstens auf ofterer Erwagung be-
ruht, tmd ttberlasse vor Allein dem Manne, der uus den
richtigen Weg gezeigt hat, das Urtheil dariiber, ob sie wohl
oder (ibel erwogen ist.
Ich kann Cicero zwar den Fehler nicht zutrauen, dass
*) [Rhein. Museum f. Philol. Bd. XIV (1869) p. 325-3*7.]
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CEXTURIEXVERFASSUNG.
671
er der Servianischen Verfassung eine Zahl von Centurien in
der ersten Classe beiniesse, die ihr fremd war, wohl aber
den, dass er die Abstimniungsordnung seiner und der alten
Zeit verwechsle. Nun glaube ich mit Niebuhr, Mommsen*)
u. A., dass seit der Reform die 12 plebejischen Rittercen-
turien zuerst, die 6 suffragia aber nach der ersten Classe
stimmten, weil ich die beiden Stellen Cic. Phil. 2, 33 und
Livius 43, 16 zusammen nicht anders erkliiren kann und
insbesondere meine, dass Livius einen so auffallenden Gegen- 326
satz, wie der zwischen den lossprechenden sechs und den
verurtheilenden zwolf gewesen ware, nicht mit Stillschweigen
fibergangen hatte. Stellte sich nun Cicero vor, dass die 18
Rittercenturien getheilt stimmten, 12 vor der ersten Classe
und 6 nachher, so ist seine Rechnung mit geringen Aende-
rungen aus RitschTs Verbesserung (Rhein. Mus. VIII p. 315
—16 [oben p. 645 f.]) der ersten Hand als eine richtige
herzu8tellen. In den Zeilen
EQVITVM CER
TAMINE CVM
steckt die Zahl duodecim, mag man nun, was ich dahin ge-
stellt sein lasse, lesen
EQVITVM CEN
T. DVODECIM
oder
EQVITVM CEN
TVRIS . . . ECIM.
DATA VIIII ist ein Schreibfehler des Librarius, den er nach
RitschTs einleuchtender Muthmassung in OCTO am Rande
verbessert hat. Es stand also allerdings in seiner Quelle DATA
VIII. Dies ist aber ein Fehler, der aus der Nachbarschaft
des A leicht entstanden war. Das Richtige ist DATA IIII.
Endlich sind PRIMA CLASSIS statt PRIMAE CLAS-
SIS, die Wiederholung des ET nach SVFFRAGIIS, CEN-
*) Zu der Erklamng der Aerartribunen in den Labbeiachen Glossen
durch diroWKTai, die Momm«en (die rfim. Tribus p. 46) anfuhrt, la.sat
sich die Uebersetzung der bujpwv diro&CKTf^pcc des persiachen KOnigs
bei Paeudo-Aristoteles ir. k6cuou p. 898 a Bekk. durch tribunos aera-
rios bei Apulejua hinzufiigen.
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G72
CICERO UEHKR DIE SKRVIANISCHE
TVRIAS SOLAE statt CEJNTVRIAE SOLAE und EST statt
ESSET Versehen des Schreibers, die, wie Ritschl bemerkt,
das Mass der Fehlerhaftigkeit, die durch die ganze Hand-
schrift geht, gewiss nicht iibersteigen. Die beiden letzten
hat Ritschl schon berichtigt
Danach ist die Schreibung der ersten Hand folgender-
massen zu verbessern:
Nunc rationem videtis esse talem, ut equitum centuriis
duodecim et suffragiis primae classis, addita centuria quae
ad summum usum urbis fabris tignariis est data, II II cen-
turiae solae si accesserunt, confecta esset vis populi universa,
reliquaque multo maior multitudo sex et nonaginta centuria-
rum (tot enim reliquae sunt) neque excluderetur suflPragiis
ne superbum esset, nec valeret nimis ne esset periculosum —
d. h. wemi zu den 12 Rittercenturien, welche die Ab-
327 stimmung eroffneten, und zu den Centurien der ersten Classe
(suffragiis — centuriis der Abwechselung wegen), nebst der
einen Centurie der Zimmerleute, noch 4 Centurien hinzuge-
kommen sind (von den 6 suffragia freilich zuniichst, ohne
dass daran besonders gedacht wird, da die gauze ubrige
Masse den namhaft gemachten Centurien entgegengesetzt
wird), 80 ist die Majoritat entschieden, indem nur 90 Cen-
turien ubrig bleiben. Die einfache Majoritiit besteht aus 97
Centurien, d. h. 12 + 80 + 1 + 4 = 97.
Ich fiirchte nicht, dass man dieser Vermuthung andere
Systeme, welche ebenfalls auf Vermuthimg beruhen, entgegen-
setzen wird, muss aber zugeben, dass ein Widerspruch in
Cicero's eigenen Worten sie vernichten wUrde. Dieser liegt
indessen nicht, wie es scheinen dUrfte, in dem Eingang des
22sten Kapitels. Denn dieser liisst sich zwar nicht mit Sicber-
heit erganzen, mag aber ungefahr so gelautet haben (vgl.
Livius I, 43): fequitum ex primoribus civitatis duodecim
scripsit centurias, ita ut in universum essent duodeviginti
censu maximo'. Das folgende 'Deinde equitum magno nu-
mero ex omni populi summa separato' bezieht sich nieht
auf die iiltern sechs, sondern auf die neu eingerichteten zwolf
Centurien, vgl. Mommsen Tribus p. 97 und 217.
L. Urlichs.
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CENTURIENVERFASSUNG.
673
Was in diesem Museum VIII p. 415 (vgl. p. 405) [oben soo
p. 653] vermuthet wurde ilber die wirkliche Schreibung des
vaticanischen Palimpsests in der nun zu einer vierzigjahrigen
crux interpretum gewordenen Stelle uber die Servianischen
Centurien, das hat sich, wie mir Freund Halm raittheilt,
durch die von D. Detlefsen tur den sehnsiichtig erwarteten
neuen Band des Orellischen Cicero veranstaltete Collation
vollstandig bestatigt. Die urkundliche Gestalt, in der dort
erste und zweite Hand durcheinandergehen ist wirklich diese:
LXXX
D<\T<\ • UIIII • C£
bdB€o.TQUID
TURI<\ S T 0 T 6
€CENT. qUdTTORCENTURIISTOT
6NI00R6LIQUa€
A6SUNT
Ueber der ersten Zeile ist nach Detlefsen nur lxxx ttber- soi
geschrieben, nicht a lxxx. Das ac am Ende der vorletzten
ist spater; auch das Q vorher steht auf Rasur, vermuthlich
fur ein frtiheres C, wie Halm glaubl
*) [Rhein. Museum f. Philol. Bd. XVI (1861) p. 300 f.]
KH. KIT8C-HKI.II OPV8CVI.A III. 43
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XX.
Palimpsestbiatter zu Cicero de fato.
L*)
*«9 Unter der Ueberschrift
NUOVI FRAMMENTI DEL LIBRO DI CICERONE
DEFATO DI RECENTE SCOPERTI IN PERGAMENE
PALIMPSESTE DAL CH.CAVALIERE NOBILE COMO
AVVOCATO LUIGI GRISOSTOMO FERRUCCI
und mit der Notiz am Schluss: (Estratto dal Messagere di
Modena u. 847, 14 ottobre 1853), geht mir so eben ein ge-
drucktes Doppelblatt in 8. zu, das ich nachstehend buch-
stablich, selbst mit Bewahrung der Zeilenabtheilung, wieder
holen lasse.
II lodato egregio mio amico e compagno di studj, un
35 anni addietro nella dotta Bologna, addi 1 8 del prossimo
passato giugno, in data di Firenze, mi dava la seguente
consolante notizia:
„La Divina Provvidenza mi ha voluto tanto bene, che
in due o tre pagine di palimpsesto in pergamena, poste a
riguardo nella legatura di un vecchio volume, m' ha fatto
trovare il principio smarrito del libro di Cicerone de Fato.
con alcuni altri Frammenti di non piccola importanza. Vi
trascrivo qui appresso quanto ho potuto leggere, e quasi
direi indovinare, in pagine malissimo acconcie. Mi riserbo di
fare in appresso qualche erudita awertenza intorno alla col-
*) [Rhein. Museura f. Philol. Bd. IX (1854) p. 469—477.]
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PALIMPSESTBLATTER ZU CICERO DE FATO. 675
locazione e all' indole di questi Frammenti. Frattanto, per
affrettare a me e a voi la consolazione della scoperta, ag-
gradite di leggere e gustare tra' primi quanto vi offre il
vostro sempre affezionatissimo L. C. Ferrucci".
DE FATO DISPVTACIO.
Fatvm esse nvtvm Iovis 0. M. placitvmqve Deo-
RVM IMMORTALIVM , FIDE8 EST PHILOSOPHORVM ET
VVLGI COMMVNIS. SED QVIA PHILOSOPIIVS NEMO
VEL HABERI, VEL DICI SOLET, NISI PARVMPER A VVLGO
(p.2)DESCISCAT; ICCIRCO VISVM EST NONNVLLIS, FATI NE-
CESSITATEM AVT ANTECESSIONE CAVSARVM NATVRA-
LIVM QVODAMMODO CIRCVMSCRIBERE, AVT RATIONE
VOLVNTATVM ATQVE APPETITIONVM VARIA, QVASI FVL-
men, e CJiLO dedvcere. Qiiia pertinet ad mores, quos
r|6oc illi vocant, nos eam partem philosopiiiae DE MORIB VS
appellare solemus etc.
Questo con qualche altra linea (dove e notabile la
variante: possit, aut non ^nssit — possit aut non possit esse)
e tutto quello che si contiene in una pagina della priina
delle pergamene.
La seconda, alquanto piil mal concia, presenta nella
prima faeciata un seguito del frammento che ci ha con-
servato Macrobio (Saturnal. I. II, cap.
VIDEQVID AGAS! ACTPENSER LSTE PAVCORVM HOMINVM E8T.4+
QWESO: QVOD EXCLVSI TRICLINIO PLVRES ACIPENSERIS DE-
LICIIS CARVERE, AN VIS IMMVTATvE VOLVNTATIS (QV^E
plaga democritoest) effecit,ex eoqvod in avrem scn»io-
NIS IN8TILLAVIT PONTIVS5 AN ACIPENSERCAPIENDVS, ETSCIPI0,
ET PONTIVS, ET COENATVRI SIMVL ET NON * VNA CON-
NEXIONE AB IMMVTABILI jETERNITATE CONTINEBANTVR?
MlHI QVIDEM EXPENDENTI ATQVE JSSTIMANTI QVID QVIS-
QVE HABEAT PROPRII, QVID EXP
Qui esiste una lacuna di oltre 20 linee, che si estende
altresi alla pagina verso, in fondo a cui ho raccapezzato
il seguente tratto:
***** SATIS ERAT DICI: BYR8A FVNDABITVR.
Id enim in fatis, vt aivnt, fvisset: qwe fata, En-
43*
676
PALIMPSESTBLATTER
nivs inqvit, Devm Rex nvtv partitvr svo. Qvod
vero, mvtato nomine , evertenda fvisset ♦
id fieri debuisse facile putabitur ex cohjerex-
tia cavsarvm, queis KartJtago AD OCCASVM INTE-
ritvmqve redigeretvr, mox etiam ad ipsum
exitww ct eversionem pertinacia popvlorvm
ET BELLI. * * *
471 Dieci giorni dopo, 1' egregio amico mi soggiungea quantou-
segue:
„Anche lo schienale della legatura del voluine, che vi
indicai, fu fecondo di un altro Frammento per vero dire stu-
pendo, se ho supplito bene. Leggete di grazia, e fateue
parte agli amici, coi miei saluti cordialissimi a tutti, ripu-
tandomi io, come vi ho detto piu volte, collega nato di
tutti i letterati Estensi. Se anche vi piace far pubblicare
tutti insieme que' Frammenti, fatelo; ad onore ed incorag-
giamcnto di codeste povere e vilipese lettere Latine. Quon-
dam etiam victis redit in pracordia virtusf"
„Nella pergamena traforata e bucherata, che involgeva
lo schienale della legatura:
pag. retto in fondo, REQ (Reytdum o llcgulus) * * * *
******** deVOTOS OMNES NOSTROS * ♦
♦ CVR&tfm in PRimis, qvem ivre ac meriTo vel UEHadem
vel THEsewm APPELlabimus nostrvm. Is enim pro sALtife
patriae FVTtira inferos
pag. verso in testa:
attigit: IDQVE FACINVS, QVOD VIX amp/tYVDINE FATI CONC-
ipcretur, svpremo clarissimoqve liberae VOLVWTcrfw
ARaVc cowsvmmavit. iiaque (vel ITa)
Da ultimo, il fortunato scopritore di questi Frammenti,
che fino dai primi dello scorso luglio ne aveva affidata la
pubblicazione al Monitore Toscano, veggendo che non se ne
fece nulla nel decorso di oltre due mesi, in data di Lugo,
15 settembre, mi scrive quanto segue:
„Pertanto, se in addietro lasciava in vostro arbitrio
di costi propagarli, o no; oggi vi prego di consegnarli
al Mcssaggere, perche, se gli piace, ne faccia la pubblica-
zione, come di cosa da me indagata e scoperta in pa-
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ZU CICERO DE FATO. 677
limpsesti di tre perganiene, che servivano di legatura al
volume stanipato di un Velmazio Bagnacavalli, credo di
Argenta, essendo Argentana la famiglio de' Bagnacavalli".
(p « Nella prima sua lettera il Ferrucci mi fece inchiesta 472
del parer mio intonio a' suoi supplinienti, confessando in-
genuaniente, che quel mox etiam ad ipsum non finiva di
soddisfargli, soggiungendo poi: „Se mal non mi appongo,
il concetto di Cicerone e di dimezzare la catastrofe di
Cartagine fra le cagioni prestabilite e la liberta delle
azioni umane; attribuendo a quelle lo scioglimento pro-
gressivo della potenza Cartaginese, a queste 1' acerbita dei
mezzi onde fu finalmente spiantata".
Io non seppi, ne saprei anche ora, per difetto di tempo
e di studj opportuni, interporre il parer mio intorno ai
suddetti suoi supplimenti; ma parmi ben certo, ch' egli
con questa insigne scoperta si e reso grandemente bene-
nierito delle antiche lettere classiche e degli studiosi di
quelle. Per dovere essergli grati di tanto, bastar potrebbe
1'averne egli ridonato quello splendido esordio, che rein-
tegra il pria mutilato libro del Roniano Filosofo, insieme
col titulo suo genuino; tanto piu, che disputavasi persino,
se uno o piu fossero i libci di Cicerone DK FATO.
Dird solo, che le belle prime parole di Cicerone:
FATVM ESSE NVTVM IOVIS 0 • M, mi tornano alla
mente 1' insigne specchio Etrusco del R. Museo di Berlino
(Gcrhard, Etr.Spkgd, taf.CCXXXVIll) con graffito rap-
presentante Oreste sospinto al matricidio da una figura
orrenda tenente due serpi, uno per mano, col suo nome
Etrusco NA0VM (Nathum), che gia mi parve derivato da
NATVS, NATVRA (Bull arch. 1842, p. 47), e che ora
dubito possa rispondere al latino NVTVS in significato di
Fato dipendente dal NVTVS IOVIS 0 • M, tanto piu,
che in Etrusco TA talora si sostituisce all' V, ed il 0 di
sovente al T (Lanzi, Saggio T. 1, p. 244, 267).
D. Celestino Cavedonl
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678
PALIMPSESTBLATTER
Die Nutzanwendung, die der beruhmte Modeneser Heraus-
geber zum Schlusse macht, werden sich die Liebhaber dea-
jenigen Zweiges der Grammatik, den wir mit dem Namen
der archaol ogischen Etymologie bezeichnen dQrfen, nicht
entgehen lassen; wir halten uns bei ihr um so weniger auf,
je dringender wir uns verpflichtet fQhlen an unserm Theile
diesseits der Alpen durch Eile gut zu machen, was jenseits
der Monitore Toscano in unbegreif licher Gleichgiiltigkeit ver-
schulden konnte. Eine solche Entdeckung, Palimpsestblatter
aus einer Schrift des Cicero, iiberraschendste Ausfullung
ihrer Lficken, ein so unverhoffter Zuwachs zum litterarisehen
Ruhme Italiens — und dariiber einen Bericht langer als
zwei Monate im Redactionspulte liegen zu lassen! Herr
Ferrucci hatte wohl Ursache emptindlich zu sein. Aber
noch mehr Ursache hat er unstreitig, die Gnade der gott-
lichen Vorsehung, wie er thut, zu preisen fur das Gluck
eines Fundes, der an Umfang manchem friihern nachstehen
mag, an seltenem Zusammentreffen ungewohnlicher UmstSnde
seines Gleichen sucht. Je ntiher man diese ins Auge fasst,
desto mehr muss uns der Entdecker wie ein pradestinirtes
Gliickskind erscheinen, fiir den die gottliche Vorsehung recht
geflissentlich das scheinbar Unvertragliche eigens aussuchte
und zusammenfiihrte, um an einem Auserwiihlten wieder ein-
mal Zeichen und Wunder zu thun in dieser wunderarraen
Zeit. Schon dass auf drei Seiten — denn 'due o tre pagine'
schreibt Herr F. am 18. Juni, wo er doch schon drei hatte,
offenbar aus reiner Bescheidenheit — zwei seither verlorene
Stiicke der Ciceronischen Schrift fallen, die sich gerade an
die Liicken zweier erhaltenen Stiicke anschliessen: welch
ausgesucht giinstige Fiigung, um von vorn herein das un-
triiglichste Erkennungsraittel und die erwiinsehteste Gewahr
zu geben! Und dass auch gerade das eine der verlorenen
Stiicke das schmerzlich vermisste Exordium ist, das eine der
erhaltenen aber, das uns durch die Ciceronischen Hand-
schriften nicht vergonnt worden, sich in einem Citat des
Macrobius hat zu uns retten miissen! Dann auf dem dritten
Pergamentblatt, das Herr F. erst spiiter auf dem Riicken des
unschatzbaren Einbandes entdeckte, der gluckliche 'Zufall'
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ZU CICEKO DE FATO. 679
•
(wenn der profane Begriff erlaubt ware), der mitten in einem
Gewimmel kleiner Liicken doch von drei Eigennamen mit 474
inerkwiirdiger Gleichmassigkeit gerade so viele Anfangsbuch-
staben erhalten musste, dass sich daraus die pikante, dem
Patriotismus des Cicero zu entschiedener Ehre gereichende
Parallele des romischen CVRtius mit den griechischen He-
roen HERcules und THESeus dem Scharfsinne des Erganzers
ergeben konnte; den vierten im Bunde, HEGulus, nicht ein-
mal mitzurechnen. Vor allem aber die wunderbare Beschaf-
fenheit der Pergamentblatter selbst, was das Verhiiltniss
ihrer lesbaren und unlesbaren Theile betrifft. Denn wunder-
bar darf man es gewiss nennen, dass das zerlocherte
('traforata e bucherata') Blatt, das zum Rticken des Ein-
bandes verwendet worden (oder etwa nur ein Streifen da-
vonV), auf seiner Vorderseite weder oben noch in der Mitte,
sondern nur unten lesbar war, dagegen auf der Riickseite
wetler unten noch in der Mitte, sondern eben uur obeu, der-
gestalt dass sich Ende der Vorder- und Anfang der RUck-
seite auf das schonste zusammenschliesst in fortlaufender
Construction und Gedankenverbindung. Aber nicht genug:
das ganz analoge Verhaltniss wiederholt sich, iu noch gros-
serm Massstabe, bei dem zweiten Pergamentblatt, nur hier
in umgekehrter Folge und darum mit entgegengesetzter
Wirkung. Die Vorderseite bietet uns hier erst die Reflexion
ilber den Scipionischen Acipenser und dann eine LUcke von
mehr als zwanzig Zeilen. Diese LUcke, berichtet Herr F.,
hat dieselbe Ausdehnung auch auf der RUckseite (fsi estende
altresi alla pagina verso'). Man sollte also denken, sie er-
strecke sich da ebenfalls uber die untere Halfte des Blattes*
Weit gefehlt: gerade hier (ein fondo') fand der glUckliche
Entzifferer dieses singular beschaffenen Palimpsests die zer-
trummerte Erorterung Uber das Verhangniss Carthagos,
deren Umfang dem Mass jener Acipenser-reflexion entspricht.
Man sieht, das cEines schickt sich nicht ftir alle' findet auch
bei Palimpsesten seiue Anwendung; und man sieht das auch
noch anderweitig. Wenn die acht bis neun Zeilen, die jedes
dieser beiden Bruchstticke im Druck ftillt, auch nur als eben
so viel Schriftzeilen gerechnet werden — wiihrend sie nach
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680 PALIMP8ESTBLATTER
der Analogie anderer Palimpsesten niindestens fur das Dop-
pelte zu gelten hatten — , so gibt das mit den mehr als
20 Zeilen der LQcke die nicht eben iibliche Gesammtzahl
«75 von iiber 30 Zeilen auf die Palimpsestseite. Es niuss also
wohl ein recht stattlicher Foliant des Velmazio Bagnacavalli
sein, dem wir dieses {-pucuov verdanken: oder die Schrift des
Palimpsesten muss ungemein klein sein. Was es damit und
mit den sonstigen Bedenken, die einen Aengstlichen leicht
stutzig machen konnten, f&r eine Bewandtniss habe, werden
wir ja zu rechter Zeit durch Herrn Ferrucci selbst erfahren,
der sich bereits am 18. Juni 'qualche erudita avvertenza in-
torno alla collocazione e all' indole di questi frammenti'
vorbehielt, und daran unstreitig sehr klug that. Scheint es,
dass er noch weiser gethan hatte, nicht bis zum 15. Sep-
tember darauf warten zu lassen, so kann man doch gar nicht
wissen, ob er nicht absichtlich hat den Scharfsinn der Ge-
lehrten auf die Probe stellen wollen — Advocaten sind oft
schelmisch — , wie weit sie denn wohl auf ihre eigene Hand
mit der verfanglichen 'collocazione de' frammenti' kommen
mochten. Wenn er deutsche Journale liest, lacht er sich
vielleicht ins Faustchen, dass sie ihm sein Geheimniss so
wenig abrathen konnen. Und wer kann sagen, was die rechte
f collocazione ' der Bruchstficke auch auf ihre 'indole' fOr ein
unerwartetes Licht werfen moge? Vielleicht stellt sich z. B.
in Beziehung auf den Anfang heraus, dass es gar nicht der
Anfang ist. Wie iiberraschend konnten sich dann die An-
stosse beseitigen, die jetzt ein skeptisches Gemiith beunruhigen
mogen, als da sind: dass Cicero sonst uiemals so mit der
ThUr ins Haus gefallen ist wie hier; item dass er nicht
langer drin bleibt, sondern gleich wieder heraus und auf
andere Dinge kommt; item dass er mit gar zu wenig Ke-
spect von seines Gleichen, den Philosophen, redet; item dass
er auf die so kurz und biindig gefasste Definition des fatnm
nirgends im Buche selbst zuriickkommt, vielmehr hier und
anderwarts, wie de divin. I, 55. de nat. deor. I, 20, Vor-
stellungen vom fatum verrath, zu denen weder der Wink des
allmachtigen und allgiitigen Juppiter, noch das Belieben der
unsterblichen Gotter bemQht wird. Wer verwohnt ist un-
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ZU CICERO DE FATO
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billige Anforderungen zu machen, konnte sogar den weitern
Wunsch hegen, dass zwischen dem Ende des neuen und dem
Anfang des alten Anfangs noch ein und der andere Satz
mehr mochte aufgefunden wordeu sein, damit die Gedanken-
verbindung noch etwas fliessender, der sachliche Zusammen- 476
hang um ein Weniges deutlicher geworden ware. Vielleicht
steckt etwas dergleichen noch zwischen Seiteneinband und
Riicken verborgen: Buchbinder machen ja manchmal wunder-
liche Streiche; wir rathen Herrn Ferrucci genau nachzusehen,
und bei der Gelegenheit auch zu constatiren, ob nicht etwa
Graeci statt illi im Palimpsest steht, und ob dieser wirklich
quos r)&os statt quod rj&og hat in stiller Sympathie mit der
Vulgate alterer Drucke.
Aber wir sind ganz abgekommen von dem Walten der
'divina prowidenza', deren Spuren doch auch sonst noch
weithin sichtbar sind und sich mit Interesse bis ins Einzelste
verfolgen lassen. Oder was anders als eine ganz individuelle
Begnadung konnte es sein, die Herrn Ferrucci in nur einigen
und dreissig, noch dazu grossentheils lackenhaften Zeilen
mehr Bereicherungen der Grammatik und des Lexikons, oder
doch der Ciceronischen Grammatik und des Ciceronischen
Lexikons hat finden lassen, als sonst leicht eben so viel
Seiten darbieten oder auch nicht darbieten wiirden? Gleich
vorn das placitum deorum immortalium, zum Beweis, wel-
cher richtige Instinct die modernen Ciceronianer zu ihrem
de placitis philosophorum geleitet hat. Und unmittelbar da-
neben die noch viel ausgesuchtere fides philosoplwrnm et
vtdyi communis; wonach wir uns gar nicht wundern wGrden,
niichstens auch ein credo philosophorum commune aus einem
neuen Palimpsest ans Licht gezogen zu sehen. Auch das
parumper fiir aliquatenus, quodammodo etc. kannten wir
noch nicht. Aus dem zweiten Bruchstiick (von dem man
flbrigens gestehen muss, dass es seinem Verfasser trotz einiger
Unverstandlichkeit weit besser gerathen ist als das erste)
werden imsere Grammatiker nicht ermangeln den eigenthflm-
lichen Gebrauch des an und insbesondere des doppelten an
— an anzumerken, wie nicht minder des Participiums ca-
piendus) die Lexikographen das bisher nur aus individueller
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682
PALIMPSESTBLATTER
Horaziscker Anwendung bekannte instillare in aurem, niim-
lich nicht wie im Hamlet vom Gifte, sondern im einfachen
Sinne des Emniisterns, ins Ohr Raunens; desgleichen connexio
als Ciceronisch, und wiederum die Grammatiker CONNEXIO
statt CONEXIO in einem so alten Palimpsest; — denn mit
477 einem jungen Palimpsest wird uns doch Herr Ferrucci nicht
iiberraschen? Freilich hat derselbe in solchen Kleinigkeiten
auch sonst Eigenheiten, die man kaum erwartete, z. B. GOE-
NATVRI statt CENATVRI, oder die seltsame PLAGA des
Demokrit, wahrend doch das r|8oc im Eingange griechisch
geschrieben ist, wie es scheint. Im dritten BruchstQck ver-
dient Auszeichnung das Byrsa fundabitur, wofur wohl jeder
andere als der herzhafte Sprachneuerer Cicero condeiur ge
sagt hatte; ferner in dem gut genug gebauten Verse des
Ennius, den Ribbeck bedauern wird seiner Sammlung nicht
noch haben einverleiben zu konnen, das partitur im Sinne
von distribuit, wie es doch wohl gemeint sein wird. Weiter
— doch nein, ich will lieber den kunftigen Herausgebern des
Buches de fato nicht weiter vorgreifen, die es sich schon
nicht nehmen lassen werden, den Gewinn der 'insigne sco-
perta' unseres 'grandemente bene merito delle antiche lettere
clas8iche' abzuklaren, in ihr gebuhrendes Licht zu setzen
und utiliter zu verwenden. Sollte dem einen oder dem an-
dern wider Vermuthen doch etwas unheimlich werden bei so
gehauften Neuigkeiten, wie sie oben angedeutet worden, nun,
80 wird er unstreitig jeden aufkeimenden Verdacht eben so
schnell wieder beschwichtigen durch die naheliegende Erwa-
gung, dass ja ein Erfinder alles nach den herrschenden Be-
griflen Unciceroniscbe gerade recht geflissentlich wiirde ver-
mieden haben: wodurch denn alle vermeintlichen Unwahr-
scheinlichkeiten zu eben so vielen unwidersprechlichen Wahr-
scheinlichkeitsgrunden werden. Und das moge sich auch der
PVeund gesagt sein lassen, der schalkhaft genug war, mich
bei Uebersendung des Modeneser Blattes durch die lakonische
Einfliisterung (in aurem instillatio wttrde Cicero sagen) in
Versuchung fiihren zu wollen: ces wird ja doch wohl Schwin-
del sein\
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ZU CICERO DE FATO.
683
II.*)
Vermoge einer sehr natUrlichen Gedankenverbindung 163
bringen mir diese carbones pro thesauro [die vermeintliehen
Erganzungen zu Herodians Kaisergeschichte : . s. Opusc. I
p. 540 ff. C. WJ die langst vergessenen Supplemente wieder
ins Gedachtniss, mit denen einst Herr Aloysius Chryso-
stomus Ferrucci den lttckenhaften Tcxt des Ciceronischen
Buches de fato bereicherte. Es ware dariiber nach dem im
9. Bande dieses Museums p. 469 ff. [oben p. 674 ff.) Be- ir,4
merkten nichts weiter zu sagen, wenn sich nicht der gliick-
liche Entdecker seitdem sehr viel Miihe gegeben hatte, neben
der fides seiner Bruchstiicke auch seine eigene zu retten.
Und da ihm das letztere in der That ein klein wenig besser
gelungen zu sein scheint als das erste, so sind wir ihm,
glaub' ich, die Genugthuung schuldig, es ausdriicklich anzu-
erkennen. Aber freilich mit dem eben so ausdriicklichen
Vorbehalt, dass er es durch seine eitle Ruhmredigkeit und
ungewissenhafte Berichterstattung ganz allein selbst ver-
schuldet hat, wenn ihm personlich zu viel geschehen sein
sollte.
Dreimal hat er seine Cicerofragmente neuerdings wieder
besprochen: in den zu Modena erscheinenden 'Memorie di
Religione di Morale et di Letteratura' Ser. III tom. 15 p. 156,
wo nur die erste Mittheilung des Messaggere di Modena
wiederholt scheint; zweitens ebenda tom. 16 in einer 'Lettera
in difesa dei nuovi frammenti della disputa di Cicerone de
fato9 an seinen Freund Prof. Rambelli, 16 Seiten 8.; drittens
ebenda tom. 17 in einer 'Giunta ai nuovi frammenti della
. disputa di Cicerone de fato\ 3 Seiten 8.: von welchen letz-
tera beiden Aufsatzen mir besonders paginirte SeparatabdrQcke
vorliegen. Man sieht, der frorame Autor hat es vortheilhaft
gefunden, seine Angelegenheit aus dem profanen Mcssaggere
in das Gebiet der Religion und Moral zu spielen, vor wel-
chem Tribunal er sich, wie es scheint, sicherer fiihlt als vor
dem der tiber die Massen von ihm perhorrescirten Kritik
*) [Rhein. Museum f. Philol. Bd. XIII (1858) p. 163-174.]
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PALIMPSESTBLATTER
und Graininatik. Das ist nichts weniger als etwa eine bos-
hafte UntersteLlung von uns; denn in einer einleitenden Note
der 'Lettera* heisst es ausdriicklich, das Urtheil der * filologi
latinisti di Germania' iiber die neuen Bruchstucke sei ganz-
lich in die Irre gefiihrt 'dall' intemperante spirito del razio-
nalismo anche (man denke!) nelle ricerche puramente filolo-
giche'; und p. 6 sagt Herr F. selbst, gegenwartig hatten
nach Niebuhrs Beispiel (also ganz wie einst Micali in
seinen plumpen Ausbriichen eines bornirten Nationalhoch-
muths) die Rationalisten das Feld inne und sahen auf Lit-
teratur und Kunst mit Verachtung herab (es steht wirklich
so da: 'guardando d'alto in basso la letteratura e le arti');
aber es werde schon wieder besser werden, wenn wir uns
willig herbeilassen wtirden aufs neue cden ZQgel aus den
Handen der Grazien' zu empfangen auf italischeni Boden,
unter italischem Himmel, zu unserm Heil und zum Ruhme
der 'Divina Provvidenza', die sich an den privilegirten Be-
wohnern dieses Landes so herrlich manifestire; dann werde
man, wie 'alla sana critica biblica', so auch zur gesunden
'critica filologica' zurtickkehren , Dank dem 'esemplannente
ragionevole modo della miglior parte de' Letterati in Ger-
mania'. Wer wohl diese Musterbilder sein mogen? — Aehn-
liche Declamationen von gleicher Hohlheit schlangeln sich
165 durch ganze 15 Seiten des zweiten Aufsatzes hindurch, bi«
ihn auf p; 16 eine lateinische Dank-Elegie ad Schneidetcinum
V. CL. kront: eine Elegie, die nicht nur durch die Erinne-
rung an eine schwache Stunde unseres frtih geschiedenen
Freundes, sondern auch durch Verse wie UtUe philosophus ad
vitae litns honestae wirklich einen elegischen Eindruck raacht.
Das Wesentlichste der ganzen fLettera' versteckt sich in
eine Note auf p. 4, womit aber der Inhalt der 'Giunta' so
sehr zusammenhangt, dass von ihm vorher die Rede sein
muss.
Wie man sich erinnert, waren es drei Blatter, denen
Herr F. seine Entdeckungen entnommen hatte. Von dem
ersten gab er, ohne die beiden Seiten zu unterscheiden, das
zusammenhangende StQck, welches den verlorenen Anfang
der Ciceronischen Schrift enthielt; — vom zweiten theilte
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ZU CICERO DE FATO.
085
er neuntehalb Zeilen mit, die auf der Vorderseite oben,
und neuntehalb entsprechende Zeilen, die auf der Rttckseite
unten stehen sollten, wahrend auf jenes lesbare Stiick der
Vorderseite angeblich noch ttber 20 unlesbare Zeilen folgten,
denen genau eben so viele unlesbare auf der Riickseite ent-
sprachen; — endlich von einem dritten Blatt oder durch-
locherten Blattfragment ftinftehalb Zeilen vom Ende der
Vorderseite, und drei daran sich anschliessende vom
Anfang der Ruckseite. Diese beispiellose Beschaffenheit von
durchlocherten und moglichst iibel erhaltenen ('uialissimo
acconcie') Palimpsestbliittern, deren lesbare und unlesbare
Theile auf Vorder- und Rttckseite gar nicht coincidiren, son-
dern zweimal total entgegengesetzt sein sollten, konnte na-
tiirlich nicht umhin den starksten Verdacht gegen die Wahr-
haftigkeit des Berichts zu erregen. Diesen Verdachtsgrund
wehrt nun zwar auch keine sptitere Erkliirung ausdrttcklich
ab ; ja Herr F. hat ihn offenbar gar nicht einmal verstanden
oder richtiger wohl gar nicht erfahren, indem ihm nach
p. 5 der 'Lettera' ein des Deutschen wie des Italianischen
gleich kundiger 'dotto oltramontano', den er um einen Aus-
zug aus den 'censure' des Rheinischen Museums*) gebeten,
diesen Gefallen nicht gethan. Vielmehr kommt Herr F. auf
sein drittcs Palimpsestblatt ttberhaupt nirgends wieder zu
sprechen, auf das zweite aber in einer Weise, dass sich der
obige Verdacht eigentlich noch steigern mttsste. Indessen
geschieht diess doch zugleich mit so kindlicher Naivetat,
dass man sich bei einiger Gutmttthigkeit und einigermassen
psyehologischer Beurtheilung aufs starkste versucht ftthlen
mag zu der Annahme, er sei wirklich von jeder Absicht zu
tauschen fern gewesen, und habe nur durch die grosste Un-
geschicktheit zugleich und Gedankenlosigkeit seiner Darstel-
lung jenen bosen Schein auf sich geladen. In der 'Giunta'
namlich wird uns erziihlt, nachdem anfanglich auf den bei- m
*) So wenig ist Herr Ferrucci orientirt, dass er wiederholt (p. 4.
15) 1 Archaologifiche Anzeige del Gerhard n. 55, 1853' citirt als den
Ort, wo der f formidabile giudice in Latinita dal suo tribunale di
Bonna' seine rationaliatische Kritik ausgelasaen habe.
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686 PALIMPSESTBLATTER
deu fraglichen Stellen des zweiten Blattes gar nichts zu lesen
gewesen, habe Herr F. cheniische lleagentien angewendet;
mit deren Httlfe sei es gelungen ein Facsimile zu machen
cche peraltro gli parve in parte arbit^ario,, und auf Grund
dieses Facsimiles einen Erganzungsversuch, der sodann auf
p. 2 und 3 so vor Augen gestellt wird, wie wir ilin hier
auf unserer p. 168. 169 [unten p. 688. 689] mit buchstablicher
Treue wiederholen. Da diese Erganzungen sich nicht eben
selbst loben, so ist es biilig, dass es ihr zufriedener Yater
fttr sie thut, was in einer kleinen Epistel an seinen Freund
circumspecta, ideoque perplexa minerva supplevi.' Wir lassen
Werth oder Unwerth dieses neu ans Licht gezogenen Ge-
redes nach Inhalt und Form mit Vergniigen auf sich beruhen.
Aber was ist denn das, dass uns Herr F. frtther gemeldet
hatte, die in Rede stehenden Seiten enthielten jede mehr als
29 Zeilen, und dass jetzt die erste zu dem neunzeiligen StQck,
das mit vide qvid aoas anfing und mit qve habeat pbo-
prii qvid exp schloss, nur 15 neue Zeilen hinzubringt, und
die zweite zu dem ebenfalls neunzeiligen Stiick, das mit SATis
erat dici byrsa fvndabitvr begann und mit ET BELLI
8chloss, nur 18 neue Zeilen? Also erstens nicht nur auf
beiden Seiten ganz verschiedene Zeilenzahlen, sondern auch
zweitens auf keiner von beiden 29, geschweige denn mehr
als 29 Zeilen, soudern das erstemal 24, das zweitemal 27.
Aber nicht genug; in der genannten Epistel kttndigt er anf
er wolle raittheilen, was er fin den 36' frtther unlesbaren
Zeilen herausgebracht, die zwischen den beiden schon edirten
Stttcken standen; aber 15+18 sind ja erstens wieder nicht
36, sondern nur 33, und wenn man auch die beiden jetzt
vollstiindiger gelesenen Zeilen qve uabeat und satis erat
mitzahlte, wttrden es immer erst 35; zweitens aber gehen
doch auch 36 nicht zweimal fmehr als 20 Zeilen', wie es
fruher hiess. Kurz, das ist ein Wirrsal, aus dem ein anderer
klug werde. Indessen wir wollen Herrn F. nicht weiter da-
fttr verantwortlich machen, sondern ihn ein fttr allemal in
Sachen der vier Species einfach fttr unzurechnungsfahig an-
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ZU CICERO DE FATO.
687
sehen. So viele Blossen er auch durch seine liederlichen
Angaben gibt, wir lassen sie alle grossmiithig unbenutzt,
und gestehen ehrhch, wir glauben, dass er bona fide verfuhr
und sich wirklich die undankbare Milhe gab, so taubes Stroh
aus seinem Palimpsest herauszuklauben ; wir glauben es aus
dem Hauptgrunde, weil wir selbst Herrn P. kaum zutrauen,
dass er nicht, wenn er erfinden wollte, ein klein wenig ge-
niessbarere Erfindungen gemacht hatte. Freilich bleibt es
auffallend, dass er seinen Fund keinem einzigen Menschen
im Original gezeigt hat, den er nun als Zeugen vorfiihren
konnte (denn dass er sich Lett. p. 14 auf ein geschriebenes
Blatt beruft, das er am 13. Januar 1854 an Herrn von i67
Reumont, ' versatissimo in ogni genere di letteratura', ge-
schickt und das dieser ohne Verzug fal Gerhard direttore
dell' Archaologische Anzeige* weiter spedirt habe, will doch
nichts heissen); und noch auffallender ist, dass jetzt, wo
doch Autopsie jeden Zweifel an der verdachtigten Wahrhaf-
tigkeit augenblicklich niederschlagen wflrde, das Original auf
eiumal, ohne dass uns gesagt wird wie und wohin, aus Ita-
lien verschwunden ist: ftrovandosi codesti oggetti gia fuori
d' Italia\ Aber, wie gesagt, wir begeben uns jedes Vortheils,
der uns selbst aus so seltsamen Umstanden erwachsen konnte,
und begehren nur noch darauf eine erkliirende Antwort, wie
es zuging, dass rechte und verkehrte Seite eines zerlocherten
Palimpsestblattes nicht gleichmiissig lesbar oder unlesbar
war. Und diese Antwort ist es, die uns, iiberraschend genug,
die schon erwiihnte Note auf p. 4 der fLettera' wirklich
gibt. Denn was erfahren wir hier? Erstlich dass 'eigent-
lich palimpsest' (f rigorosamente palimpsesta ') nur das erste
Pergamentblatt sei, wo die vereinzelten Worte cognscendo . .
. . locis .... utero lehren, dass der primitive Text eiu ftrat-
tato di medicina* war: wahrend auf den iibrigen vielmehr
nur eine fcontra impressione di lettere* erscheine, bewirkt
durch den Leim, welcher die Pergamentbliitter zusammen-
klebte fad altri fogli pure di antico carattere' (?). Ferner,
dass die mit so pomphafter Uebertreibung angekiindigten
Bruchstiicke nichts weniger als in der Uncialschrift geschrie-
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PALIMP8ESTBLATTER
L
168 que habeat prope quid exploratum longe iudicalione (')
signoruin rerumque praesensione palam fit totiw
naturae artificem Deum * virorum inter viros
quorumdam insevisse (*) animis particulam sui qua velut
acumiue aut clavo uterentur et quem portum vitae
multiplicatis hominum uaufragiis prospexere eundem infraFatum
sese gerentes tenerent Quid est enim mente aliquos
valere ingenio excelere magna movere * arbi-
trio sui nisi sapientia et virtute minime oscitantes
potiri proposito? A quo qui declinant iidem sublata
libera voluntate Eyicurcas atomos vel DemocnYcas
persequi videntur. ^Tempe ut nemo sibi aut (s) suis utilis fieret
medicus quamvis medicorum optimus habeatur si quod
remedio in morbis aut alevationi esse potest obsigna-
tis n&rtJieciis efc/tgentius aservatum ostentet et e-
rit quidem instituti sui doctrina prudens usu
(1) iudicio aliquo?
(2) iuseruisse?
(3) civibua?
[Dieaer leere Raum sei zu der Bemerkung benutit, dass zu dem
nachfolgenden Byrsa-Fragment in der 'Giunta* die Berichtigung ixqvit
ennivs fur ennivs inqvit nachgetragen, und Lett. p. 11 in dem Verse
des Ennius das Vorbild fur Virgil Aen. 3, 375 sic fata detm rex Sor-
titur gefunden wird.]
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ZU CICERO DE FATO.
680
II.
auteni ignarus (4) sic fictus ad ornatum sapiens
et fortis vir videri ipsc potest nisi ad effectum
fjravis et constantis disciplinae nervos adhibcat \o\untatis idemque
officits habilis virtutum singularum quasi scintillam
expectet otiosus (*)
coligati. Qwos nisi Ispei cuiuspiam educat
manus aut aliqua necessitate succumbentium e-
ducat (5) \abor inanibus exusti studttS intra
praesertpta (6) stabunt equi troiani * parfoftteiam (**)
militum (J) machinam cunctando imitati.
eveuiat semel sat erat dici Byrsa fundabitur etc.
(4) ignavus?
(5) egerat? efferat?
(6) 8epta?
(7) malorum?
(*) Hic ab industria supplendi me dedita opera abstineo.
(**) De hoc Maium card. amplissimum, eundemque fama celebratis-
simum constduimus, cui mors, harum rerum studiosis perpetuo deflenda,
invidit, ne opportune responderet.
(***) Venanti sententiam facile occurrunt verba 'mterclusa yotestas,
praeeunte impulsione ' : sed quaenam alia antecedunt, quaenam se-
quuntur?
carceribus
erumpere dubitantes equi fatorum laqueis impliciti et
Jam si . . . .
mferclusa notestas
impulsione . .
donec praeewwte
constitutum sit ut
FR. UITSCHKLII OPV8CVLA III.
44
690 PALIMPSESTBLATTER
ben sind, in der sie der Herausg. drucken liess*), sondern
*in carattere basso semigotico con abbreviature coinuni', und
dass die Majuskel des Drucks nur gewahlt war fper riverenza
dell' Autore', alle Abkiirzungen aber aufgelost, weil der
Herausgeber nur auf das leichte Verstandniss edegli studiosi',
ganz und gar nicht aber auf die 'pretensioni de' curiosi per
pascolo di diverbii filologici' Bedacht nehmen wollte. Und
so horen wir denn zu unserm nicht geringen Erstaunen, dass,
wenn wir uns gewundert hatten uber auffallende Formen
und Schreibweisen wie connexione oder coenaturi, keines-
weges so, sondern cnexide und cnaturi (beilaufig eine.bisher
sehr unbekannte Abkiirzung) im Original stand; item nicht
ESSE, sondern ee, nicht exclvsi, sondern clusi (!), nicht
proprii, sondern prop (woraus jetzt prope gemacht ist), auch
nicht illi, sondern 11 (auch neu), wie uns das alles Lett
p. 4. 9. 10. 13 in der harmlosesten Weise mitgetheilt wird.
Schone Dinge das. Also das war des Pudels Kern? Nicht
mehr und nicht weniger als ein paar zur Verklebung einea
no Einbanddeckels gebrauchte Bliitter mit verklatschter Cursiv-
schrift des 14ten, vielleicht 15ten Jahrhunderts? Fiirwahr,
das heisst viel Geschrei und wenig Wolle. Solche Blatter
aber, wcr will berechnen, welche Beschaffeuheit sie erhalten
kounen, wenn sie durch die Manipulationen erst einer Auf-
klebung, dann der Wiederloslosung hindurchgehen? Wenig-
stens wollen wir zugeben, dass alles sich so, wie uns ver-
sichert wird, finden wiirde, wenn Autopsie noch vergonnt
wiire. Aber allerdings, Herr Ferrucci behiilt doch Recht mit
der andern Hiilfte einer Alternative, die er p. 14 stellt, nui
darzuthun, dass auch Autopsie zu keinem gegenseitigen Ver-
stiindniss fiihren wiirde: 'giacche le pergame, non riconosciuk,
potranno aversi per fattura moderna; riconosciutc, giii si giu-
*) Also ganz dieselbe — dXaJIovcia, wie da Angelo Mai eeine
arraen Bettelexcerpte aus Dionysius in dem erborgten Paradekleide
stolzer Uncialen aufmarecbiren lieBS. MOchte sich doch Uerr Ferrucci
von einem rdotto oltramontano * iibersetzen lasseu, was damals der
treffliche K. L. Struve zu Mafs gerechter Beschamung 5ffentlich
aussprach.
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ZU CICERO I)E FATO
601
dicano una contraffazione dell' alto medio evo.' Denn dabei
bleibt es natiirlich, dass diese Palimpsestfragniente, wenn
auch Herr F. noch so unschuldig an ihnen ist, mit Cicero
nichts gemein haben. Dass Herr F. steif und fest darauf
verharrt, kann man sich denken; schwerlich aber, wie er es
macht, um die ihm entgegengehaltenen Beweise uncicero-
nischer Latinitat zu entkriiften. Wie ein kleines Kind ver-
sehwendet er volle fiinf Seiten daran, um in 50 einzelnen
Artikeln jedes einzelne Wort seiuer Fragraente aufzufiihren
und durch hinzugeschriebene Stellen aus Cicero zu beweisen,
dass es eben auch bei Cicero vorkorarae. Was muss der
Mann fiir Zeit iibrig haben, um uns z. B. aus ad Att. 8, 17
fidcirco ad L. Doraitium litteras inisi' zu beweisen, dass id-
circo, aus ad fara. 13, 7 'quaeso etiamne tu has ineptias',
dass quaeso, aus Parad. 1 'delicias epularum', dass deliciae
Ciceronisch sei, und so fort von quodammodo, circumscribere,
triclinium, carcre, exitium, dcvotus, facinus, appcllarc, infcri,
amplitudo etc. etc. Man wiirde es schlechterdings nicht
glauben, wenn man s nicht mit Augen vor sich siihe. Und
damit meint er ein so grosses Werk vollbracht zu haben,
dass er den grossen Nizolius, aus dessen 'Lexicon Cicero-
nianum ' er eingestandener Massen diese ganze Weisheit aus-
geschrieben hat, in begeisterter Dankbarbeit einer Statue fiir
wflrdig erkliirt, die ihm neben Ludovico Antouio Muratori
errichtet werde! Wahrlich, es wird einem ganz bange um
die Geistesverfassung des grossen Kindes. Dass er von der
eigentlichen Bedeutung der gemachten Ausstellungen gar
keine Ahnung zu haben pflegt, wird man danach nur in der
Ordnung finden. Z. B. wenn er das in reinem Futursinne
gesetzte capiendus rechtfertigt mit fin capiendo adversario
versutus', das fundarc urbcm im einfachen Siime des Er-
bauens rait fillud maxime vestrum fundavit imperiuin', das
parumpcr als f einigerraassen' mit 'discedo parumper a som-
nhV mid 'digredi parumper a caussa', die fdes als das sub-
jective Glauben rait 'fidem . . . omniuni commune praesidium\
Den Hohepunkt erreicht diese Beweisfiihrung in dem Ver-
suche, das cplacitum deorura iminortaliuni' als Cicero- 171
nisch damit zu erweisen, dass 'placita maiorura' und frae-
44*
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G92
PALIMPSESTBLATTER
(licorum' beim — Plinius vorkommt, bei Cicero aber 'dis
immortalibus placet' und fde provinciis placitum est' und
fut populo de rege placeret, de exulibus displiceret \ In
seiner Art eben so interessant ist aucb der Nacbweis fur das
(lediglich des Diphthongs wegen beanstandete) coenatvri,
der mit der Stelle ad Q. fratr. 1, 1 fapud Pompeium . . . .
eram coenatvrvs' gegeben wird; oder in Beziehung auf die
Ueberschrift f De fato disputacio' die Berufung auf ein Schrei-
ben Borghesis, worin dieser ihn belehrt habe, dass in 51-
terer Zeit Sulpicius, patricius, erst in jungerer Sulpitius, pa-
tritius geschrieben worden sei, falso eben so auch dispu-
tacio, condicio etc/ Diesen Misbrauch seines Namens wird
Graf Borghesi unserm Grammaticus scnwerlich danken.
Doch was sage ich f Grammaticus'? Nichts kommt ja
der unaussprechlichen Verachtung gleich, mit der eben Herr
Ferrucci auf dieses Geschlecht der f Grammatici oder wie er
sie mit einem Namen seiner eigenen Erfindung auch nennt,
f Grammaturgi' heruntersieht, dieser fchirurgi letterati', die
nichts thun als die Kviva lingua di Lazio a loro belT agio
notomizzare, scarnificare, sviscerare' und mit ihren ffredde
induzioni dello scetticismo sacrificare il principale agli acces-
sorii ' u. s. w. u. 8. w. Wenn er bei der Gelegenheit von die-
sen bosen Leuten (p. 3) auch sagt, sie bildeten fun ordine
che in Italia oggimai non esiste', so miissen wir es ledig-
lich ihm selber ilberlassen, sich Uber ein so schmeichelhaftes
Compliment mit seinen wackern Landsleuten auseinander zu
setzen; gewiss ist dass, ware dem so wie er sagt, er aller-
dings der letzte wiire, durch den es anders werden konnte.
Indessen ist es nicht die Grammatik allein, gegen die diese
blinde Wuth gerichtet ist; eben so ingrimmig zeigt er sich
— nicht nur gegen die Ungethiime des Rationalismus und
des Skepticismus, wie wir sahen, sondern auch — wunder-
lich bunte Gesellschaft! — gegen die fAe8thetik,, bei welcher
Gelegenheit wir unter anderm einen sublimen Vergleich
zwi8chen Rossini und Meyerbeer als f Pantheon delizioso' und
fColosseo contristante della Musica ^0^6^^' mit in den
Kauf bekommen. Man sieht, er weiss pikante Wfirze an
schale Speise zu thun; aber man sieht immer noch nicht,
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ZU CICERO DE FATO.
693
wo das alles eigentlich hinaus will. Und obwohl diese
eigentliche Intention sich zum Theil niit halb miidchenhafter
Verschamtheit zwischen den Zeilen, in Noten und Epilogen
versteckt, so sind wir doch indiscret genug, sie schliesslich
unsern Lesern zu verrathen. fGrau, grau ist alle Theorie*
steht dem wohl an zu sagen, der des Lebens goldnen Baum
spriessen zu lassen weiss. 'Arte' ist die Losung, nicht ?Dot-
trina' (nun an der hat Herr F. nicht schwer zu tragen);
wahrend die 'analisi' mit kalter Hand decomponirt, die feste-
tica' nichts zu erzeugen weiss als 'maraviglia che e senso 172
ozioso', ist das positive Verdienst allein aufSeiten der fcom-
posizione', winkt der Ruhmeskranz nur der ?imitazione che
e modo operoso'. Mit einem Worte, aus dem vermeintlichen
Grammaticus, den wir in dem Entzifferer eines Palimpsesten
sehen zu miissen glaubten, entpuppt sich zu unserer heitern
Ueberraschung — der Poet; "fQrwahr der Casus macht mich
lacheu'. Und zwar der lateinische Poet, d. h. der Poet in
der Sprache, die, wie sie im heutigen Italien nur einfach
fortlebt, so auch keinen Richter iiber sich erkennt als ita-
liaenische Ohren, und nichts zu schaffen hat mit den cdia-
loghi della grammatica Daco-Rouiana', in deneu sie als eine
cmorta e decapitata' behandelt wird. Obgleich dies deutlich
gesprochen zu sein scheint, erhiilt es doch sein volles Licht*)
erst durch "Aloisii Chrys. Ferruccii Lyristes Christianu8,
(ed. 2. Florentiae 1852, cura impensaque Auctoris) d. h. eine
Collection von lateinischen Versificationen auf 295 Seiten,
denen auf p. 296 'Emendanda' folgen, worin z. B. dreimal
der pyrrhichische Genitiv donms corrigirt wird, zweimal pr<h
fligato mit kurzem i, einraal lorcxdaria mit langem u, des-
jjjleichen die Trochiien audis und base, gar manches andere
aber, das gleicher Auszeichnung eben so werth war, keine
*) Die Frucbtbarkoit unscres Autora erhellt noch durch ein an-
deres Pocm, de8Ben nothige AbfassuDg ihn laut Lett. p. 15 abhielt
nich lilnger beim Cicero aufzuhalten : r Aloisii Chrysostomi Ferruccii
Knchiridiou Historiae Pontificalia poat Libroa Frodoardi Canonici Re-
mcnaia ab seculo vmi. ad xvini. in periodos sex coutractum, 8ervata
versus hexametri ratione. Luci in Aemilia, ex off. Melandriana, A.
MDCCCLUI. 8.'
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694
PALIMPSESTBLATTER
Erwiihnung gefunden hat, z. B. um auf gut Gluck heraus-
zugreifen, propitius, niicrocosmus, pseudotnenon , oder Senare
wie Amptdlanti nwccenas Sarbicvio und Iurc an ininria Sol
sc rcbus pracfcrat*). Zum Verwundern ist nur, dass er doch
in diesen Correcturen sich gar nicht als einen so obstinaten
Veriichter der 'sottili quistioni di quantita, di accenti. di
pronuncia' zeigt, mit denen nach Lett. p. 3 bloss die bar-
i« barischen Chirurgen die im ercrbten Besitz Italiens fort-
lebende iichte Latinitiit zerfleischen und ausweiden. Er hiitte
nur noch cin wenig weiter gehen und als lyristes Christiamis
dem lyristcs payanus vor allem ablernen sollen, was uber-
haupt iambische Verse seien, damit nicht zum Beispiel (es
ist nur eines unter ungezahlten) gleich iu der dritteu Ode,
die er aus dactylischen Hexametern und iambischen Dimetern
componirt, unter vierzehn dieser epodischen Verse acht solche
zu lesen wiiren: Mc rcctc componam tibi — Obtusa stans acie
diu — Vt de tc colliyam nihil — Humanae sortis cst modos
— Ardelio levibus c scholis — Obtutu deiccto semel — Effedu
contentus bono — Quacrcndo curiositas. Soll das aber etwa
eine geschmackvolle Verschmelzung Horazischer und Plauti-
nischer Verskunst sein, nun so bewahre uns der Himmel in
Gnaden vor dem fZiigel, den wir aus den Hiinden dieser
Grazien empfangen' sollen.
*) Sehr protestiren wiirde vermuthlich uu6er Poet, woilten wir
cben dahin die schonen Septenare recbnen, die er gewiss mit sebr
uberlegter Absicht den politischen Vcrskunstlern nachgebildet bat in
Odar. lib. III, 12, wclche Ode ao anfiingt:
Turba canum, fuge terra et iugis et aequore:
Priaca virum monstra fundit dudum effoeta Graecia —
und ao schliesBt:
Sub cruenta tellure posita circa Alutam et Poratam
Germinabunt heroum animas repetentes patriam.
Recht passend konnte auch auf diese Sorte von Versen der Verf. seinc
eigenen Worte anwenden, dass er sie f circumspecta ideoque perplexa
Minerva' gemacht. — Welcher wunderlichen Streiche ubrigens italii-
nische Setzer faliig sind, sieht man auch aus dem artigen Beispiel
avn tov Kpovov, wahrend der Autor, wie die 'Kmendanda' lehren,
KQTd tou xpovou geschriebeu hatte. — Doch freilich, gegen ein profli-
gato Btatt abdicato oder flexiwso ist das nur eine Kleinigkeit.
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ZU CICEKO DE EATO. 695
Schliesslich rathen wir Herrn Ferrucci noch zweierlei.
Erstlich moge er sich in Acht nehnien, dass er nicht gelegent-
lich vor Hochmuth platzt. Zweitens muss er durchaus vor-
sichtiger in der Wahl seiner Spriichworter sein. Wer, wie
er Lett p. 6, den zierlichen Trumpf ausspielt rpurus gram-
maticus purus asinus', dem konnte leicht einmal einer, der
eben so hoflich ware wie er, mit der Consequenz repliciren
'inipurus grammaticus impurus asinus'. Unsauber genug ist
Herrn Ferrucci's Grammatik, wie wir gesehen haben.
Hatte Herr Churchill Babington, als er iiber den
verlerenen Anfang des Buches de fato einen kurzen Artikel
ini 'Journal of classical and sacred philology' N. IV p. 97
drucken liess, die 'Lettera-' und die 'Giunta' schon gekannt,
so wiirde er ihn nicht mit den Worten begonnen haben:
fThe pleasantries of Mr. Ferrucci, who pretended to have
discovered the commencement and other fragments of Ci-
ceros work I)e Fato.9 Die milde Auffassung, dass sich
Herr Ferrucci nur habe einen Scherz mit den Gelehrten
machen wollen, auf die auch die friihere Besprechung in
diesem Museum ausging, hat er durch den bitterbosen Ernst
seiner nachtniglichen Erkliirungen selbst verscherzt. — Fer-
ner aber, hiitte Herr Babington das neue Exordium, das er
zur Entschadigung fiir das Ferrucci'sche aus einem codex
Cantabrigiensis des 15ten Jahrhunderts ans Licht stellt, etwas
scharfer ins Auge gefasst, so wiire auch dariiber sein Urtheil
wohl nicht so mild ausgefallen, wie es nuu lautet: 'whether
liowever the scribe has only conjecturally supplied these
words, I do not pretend to determine; they seem somewhat
abrupt for an opening sentence.' Ein unbefangener Blick
auf das armselige Machwerk: \Quod a Grccis logos, d nobis m
ratio noininatur; logice vcro, ratio disscrcndi.] quia \vero] j>er-
tinet ad morcs — genugt ja zur vollgiiltigsten Erkliirung,
waruni 'Orelli does not notice that ciny MS. contains these
words\ — Hiitte endlich Herr Babington, als er in Cam-
bridge fiir eiu Cambridger Journal einen Artikel iiber Cicero
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696 PALIMPSESTBLATTER ZU CICERO DE FATO.
de fato schrieb, einen Blick gethan in die von dem Cam-
bridger Professor Davies in Cambridge (sogar zweimal)
erschienene Ausgabe dieses Buches, so wttrde er ihn — nicht
geschrieben haben. Denn er hatte dort dasselbe Supplement
aus demselben Codex (und noch einem Pariser dazu) langst
publicirt gefunden.
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XXI.
Zur Beurtheilung Cicero's.
Wider Cicero ist nun wohl nachgerade gesagt, was 477
sich sagen liess. Nicht viel iiber ein Jahrzehend ist es, dass
Drumann's unerbittliche Anatomie mit eisigem Messer ein-
schnitt in den Charakter und die Politik eines Mannes, dem
die Pietat der Philologie als dem Trager des Geschmacks
in lateinischer Rede und Sprachbildung einen durch
Jahrhunderte fortgeerbten Cultus widmete. Damals erwehrte
man sich einer Kritik, die nicht Hass noch Liebe kennt,
nach einigen elegischen Declamationen, welche das Verdienst
hatten unschadlich zu sein, bald genug mit der praktischsten
aller Antikritiken : Vergessen und Schweigen. Aus der kaum
wiedergewonnenen Ruhe sind sie, die Philologen, jetzt aufs
neue und starker aufgeriittelt durch das Todtengericht, das
der uniibertroffene Meister subjectiver Geschichtsschreibung
iiber ihren 'grossen', nach ihm so kleinen Liebling gehalten
hat: ein Gericht, bei dem die ganze iiberwaltigende Gluth
sittlicher Entriistung den Vorsitz ftthrt. Ueberlassen wir
Einiges zur Ausgleichung von Gegensatzen, die in der Ver-
schiedenheit von Naturanlagen, Lebenserfahrungen und Zeit-
anschauungen, in Stimmungen der Seele und Standpunkten
des Urtheils abwechselnd ihre Sachwalter finden, der grossen
Schlichterin aller unversohnlich scheinenden Gegensatze, der
*) [Rhein. Museum f. Philol. Bd. XI (1856) p. 477-480.]
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698
ZUR BEURTHEILUNG CICERO^S. .
Zeit. Inzwischen sei es gestattet, uns mit derjeuigen l n-
befangenheit, die wir uns nicht gleich wollen 'unsittlich'
schelten lassen, das Auge offen und das Herz warm zu halteu
fiir die Lichtseiten einer hochbegabten Menschennatur, die
dadurch nicht aufhoren zu strahlen und ein der Milde zu-
gangliches Gemtith zu erfreuen, dass neben sie auch starke
*78 Schatten fallen. Wenn es eine schwere Kunst ist fur die
Sterblichen, Gerechtigkeit zu ttben, so verdient der unsern
Dank, der sie lehrt; und einen solchen Dank schulden die
Philologen, wolil grossentheils ohne es zu wissen, schon
lange dem beredten Worte eines Koryphaen, das einen
leuchtenden Grundzug des Ciceronischen Wesens in scharfem
Umri8s vor Augen stellt. Der Ehrenrettung eines Viel-
geschmahten darf wohl diese Zeitschrift einmal 'den sonst so
berechtigten Grundsatz zum Opfer bringen, nicht Altes
wiederzudrucken. Und so sei denn die nachstehende Cha-
rakteristik, entnommen aus Bunsen's Aegypten, Bd. I
p. 194 ff., einer empfanglichen Wiirdigung von Seiten solcher
empfohlen, die den Werth eines Menschenlebens nicht aus-
schliesslich in staatliches Martyrthum, und die Pflicht des
historischen Urtheils in die unbarmherzige Brandmarkung
menschlicher Schwachen setzen.
*Das Verhaltniss der Romer zur Forschung und Wissen-
schaft erkliirt sich aus ihrer allgemeinen Stellung
zur Menschheit und zur Wahrheit. Die Romer verstanden
die Welt zu erobern und die besiegten Volker zu regieren.
Sie richteten roniische Rechtspflege und geordnete Ver-
waltung ein an der Stelle iippiger Hofriinke, gewaltsamer
Aristokratien oder zerstorender demokratischer Kampfe. Sie
fQhrten die geraden Linien, wie ihrer Landstrassen, so ihrer
Staatsordnung durch die Lander der Erde, und uber sie her
zog die Legion und die Colonie, der Richter und der Zoll-
einnehmer, die Sprache Cicero^s und noch mehr die Homers
und Platos in die Stadte und Reiche der Barbareu ein.
Ihre Feldherren und Statthalter endlich waren jrebildet und
kunstliebend, ja zuweilen gelehrt. Wie denn geschah es,
dass die Romer, schmiihlich hinter den von ihnen verachteten
und misshandelten Griechen zurttckstehend, nichts tur die
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ZUR BEURTIIEILUNG* CICEROS. 699
Erforschung der Sprachen, Sitten und Geschichten dcr alten
Volker gethan? Wie es scheint, einfach deshalb, weil sie g
iu keinem Volke als dem ihrigen die Menschheit erkannten
und ehrten, und weil ihnen Liebe zur Erkenntniss und
Wahrheit um ihrer selbst willen unverstandliche Worte
waren. Sie verstanden kein Volk, als in seiner Schlechtig-
keit: sie liebten keines und wurden von keinem geliebt, weil
sie Menschliches weder zu ihm brachten noch in ihm auf-
suchten, und Andern selbst Gutes nur thaten, weil es ihr
eigener Vortheil war. Sie waren aus wohlberechnender
Selbstsucht fahig, den Volkern selbst wesentlich alles Gute
zu erzeigen, nur nkht mit Achtung. Die Volker waren
ihnen nicht Persiralichkeit, sondern nur Gegenstand: und das
empfanden diese natiirlich. Die Menschheit war dem romi-
schen Staatsmanne und praktischen Philosophen — und m
andere hatten die Romer nie — eine dienende Magd, rait
welcher zu reden nicht der Muhe lohnte, ja schimpflich war,
wenn sie nicht griechisch oder romisch sprach: in diesen
Volkern allein erkannten sie Gottliches: aber auch im
Griechen liebten und ehrten die Romer nicht das rein
Menschliche, wodurch er, bis in die Zeiten der Erniedrigung
hinab, alle Volker der Welt so weit iiberetrahlt. Das grie-
chische Leben zog sie an, als das ihrem leiblichen und gei-
stigen Schwelgen bequeme und niltzliche: ja der runde Mund
der griechischen Muse gewann, in romiseher Nachahmung,
allmahlich das Ohr der romischeu Versammlungen. Man
wurde machtig und reich durch die von Athen und Rhodus
entlehnte Rednerkunst: es gehorte vom achten Jahrhundert
an im vornehmen Stadttheile Rom's zum guten Tone grie-
chisch zu sprechen; in Briefen bedurfte man griechischer
Floskelu und musste auch bisweilen allbekannte Verse
Homers und der Tragiker oder Komiker anfiiliren: endlich
war das Griechische, selbst den Weltbeherrschern, auf Reisen
sehr niitzlich. Wozu waren aber alle iibrigen Volker da, als
um ihren Beherrschern Geld uud andere Mittel des bequemen
Genusses zu liefern?
Also aus rein menschlicher Theilnahme bekiimmerte
sich kein achter Romer um anderer Volker Geschichten:
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700
ZUB BEUKTHEILUNG CICEBO'S.
aber auch eben so wenig aus Trieb nach Erkenntniss der
Wahrheit. Treu und wahr in hauslichen und bflrgerlichen
Verhaltnissen, war der beste Romer, als solcher, gleichgflltig
gegen die Wahrheit, welche Selbstzweck und das Ziel alles
Wissens isi Der gottliche Durst nach Wissen um des
Wissens willen, nach Wahrheit aus Liebe zur Wahrheit,
plagte ein romisches Gemuth nie. Daher ist es naturlich,
dass Roms achtbare Gelehrte lacherlich unwissend oder min-
destens sehr unbedeutend neben den Griechen erscheinen,
wenn sie das eigentliche Gebiet der Forschung betreten:
gerade wie es begreiflich ist, dass seine, in der Heimath
ehrenwerthen, Grossen und Reichen ubermuthig und gehassig
wurden, wenn sie des Vaterlandes gesetzlichen Boden ?er-
liessen und nicht mehr von romischem Burgersinn und
offentlicher Meinung getragen und gehalten waren. Sie
achteten bei aller Vaterlandsliebe nicht die Menschheit, und
sie liebten, trotz aller Treue uud Redlichkeit, nicht die
Wahrheit, und also auch, trotz alles Verstandes und aller
Bildung, nicht die Wissenschaft. Insofern ist Pilatus ihr
Bild, und seine Frage ihr Sinnspruch. Selbst des eigenen
Vaterlandes Alterthum hatten ihnen erst die Griechen ver-
stiindlich und anziehend machen konnen. Sogar Varro's und
Tacitus' Forschungen iiber fremdes Alterthum leiden an jener
nationalen Verstocktheit, in welcher Rom unterging. Tacitus'
jiidisch-agyptische Forschung ist, trotz der grossen Belesen-
heit, die sie kund giebt, so entschieden schlecht, als sein
Urtheil Ober das Christenthum durch die Weltgeschichte
widerlegt worden: und seine Germania ist gross durch Alles,
nur nicht durch tiefe Forschung flber Alterthum. Es ist
«80 gerade jenes hellenisch Menschliche, was, trotz
aller Schwiichen, uns an Cicero fesselt und seinen
Schriften einen so unvergleichlichen Reiz verleiht,
dass selbst die philosophischen angenehm werden.
Er glaubte an die Wahrheit und liebte sie um ihrer
selbst willen: er ehrte die Menschheit uud suchte
gern Menschliches auf.'
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ZUR BEURTHEILUNQ CICERO^S.
701
Vorstehende Zeilen, wortlich wie sie sind, waren schon
in der Druckerei und trugen keine Unterschrift, lediglich
aus Bescheidenheit, weil sie ja ausser subjectiven Empfin-
dungen nichts Eigenes brachten. Da indess Bescheidenheit
unter Umstanden zu einer verfanglichen Tugend werden oder
doch gemacht werden kann, und da es an gutem Willen und
liebreicher GeschSftigkeit zu ihrer Umtaufung nicht zu fehlen
pflegt, so will ich doch lieber noch mittels eines Post-
scriptums meine apologetische Miscelle gleich an Sie selbst
adressiren, lieber Mommsen, sehr uberzeugt, dass Sie einen
ehrlichen Dissensus, der ja ohnehin nur ein halber ist, als
Jurist, als Historiker und als Freund gleich unbefangen zu
wurdigen und leicht genug zu tragen wissen. Zumal wenn
der Dissentirende so geneigt zu lernen und so bereit ist,
sich, wenn es angeht, auch bekehren zu lassen, wie
Bonn, Nov. 1856.
Ihr
F. R.
2.*)
A M. Frede'ric Ritschl a Bonn.
Ne croyez vous pas, Monsieur, que, sous le titre 291
de Khabent sua fata libelli', il y aurait a ajouter un chapitre
aussi instructif qu^interessant a 1'histoire de la litterature
savante, pourvu qu'on lui donnut a peu pres les developpe-
ments suivants: *Jiabent sua fata libelli, habent placita philo-
sophorum, habent opiniones philologorutn , liabent judicia histo-
riconm?' Ce chapitre enumererait, entre autres faits, les
pressentiments quasi intuitifs qui, transformant certains
auteurs en prophetes, leur ont fait annoncer 1'apparition de
nouvelles connaissances et entrevoir de lumineuses considera-
tions qu'une epoque ulterieure se reservait d emettre dans
toute leur evidence et de faire prevaloir.
*) [Rhein. Maaeura f. Philol. Bd. XVIII (1863) p. 291-296.]
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702
ZUR BEURTHEILUNG CICERO'S.
Cest ainsi que Frederic Auguste Wolf eut, a bod
insu, pour precurseur le profond penseur Giambattista
Vico, et que notre judicieux historien Beaufort fut celui
de votre grand Niebuhr. On sait le joli mot dont Wolf se
»9« servit pour caracte*riser le rapport qui existait entre ses idees
et celles de Vico. A son grand etonnement il aurait de-
couvert, dit il, et cela bien des annees plus tard, que le
resultat de ses recherches me"thodiques sur 1'origine et la
destinee des poemes homeriques avait ete, anterieurement,
comme vu en reve par le savant Italien, si meconnu de son
temps. Niebuhr, lui aussi, lorsqu il mettait en doute, avec
tant d erudition et denergie, lauthenticite' de l histoire des
premiers temps de Rome, navait, ce qui est plus frappant
encore et a peu pres incroyable, aucune connaissance des
idees. si analogues que son predecesseur francais Beaufort
avait emises sur le meme sujet, ide'es dont il restait toute-
fois a tirer les consequences et dont il fallait faire une juste
application.
Permettez moi, Monsieur, d ajouter au Wolfius ante
Wolfium, au Nicbuhrius ante Nicbulirium, un troisieme auteur
probablement moins connu en Allemagne qui leur peut servir
de pendant, bien qu'a vrai dire, Pinteret scientitique qui se
rattache a ce que je vais proposer soit circonscrit dans des
limites beaucoup plus restreintes, et qu il ne puisse assurement
revendiquer la portee des deux iilustres exemples que je ?iens
de citer. Ce troisieme auteur serait un Mommsemis ante
Mommsenum, en ce qui concerne la critique de l historien
contemporain sur le grand orateur romain; critique qui, par
son style acre, tranchant et par trop mordant, a si fort
echaufte la bile des philologues et des maitres d'ecole de
TAllemagne. Censeur plus indulgent et plus humain, et par
cela meme plus juste, ce Mommsenus ante Mommsenum est
un spirituel Italien, Napolitain comme Vico. II avait deja.
il y a pres d'un siecle, exerce sur Ciceron une critique
aussi exempte de tout prejuge traditionnel que celle de
Mommsen. Cest vous citer TAbbe Ferdinand Galiani. et
sa lettre du 20. juillet 1771, a son illustre amie, Madame
d Epinay. Cette lettre fait partie d'un recueil des plus
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ZUR BEI RTHEILUNG CICER0;8.
703
interessants, riche de pensees et petillant d'esprit, intitule:
Correspondancc inedite de VAbbe F. Galiani, conseiller du roi
de Naples edition imprimee sur le manuscrit autmjraplic
de Vauteur . . . (Paris 1818), p. 295 du 1CT volume.
Peut-etre trouverez vous, Monsieur, que le passage en
question n'est pas tout-a-fait indigne de figurer dans les
MisceUances de votre si remarquable journal philologique?
Tout en ne partageant peut-etre pas Topinion et les idees
de lauteur sur la situation politique de Rome, a Tepoque
ou vivait Ciceron, et sur sa position personnelle dans la
republique, vos lecteurs seront certainement fascines par les
fins apercus de Galiani, exprimes avec tant de franchise, et
par la peinture si vivante qu il nous fait du celebre orateur.
Du reste, j'ajouterai simplement que ce portrait fut es- m
quisse a l occasion d'une attaque virulente dirigee contre
Cice'ron par le pamphletaire Linguet, attaque# a laquelle
Voltaire repondit, dans le Dictionnaire philosophique, par
un plaidoyer eloquent, mais outre, et tout a la louange de
Ciceron.
Ci-joint 1'extrait de la lettre de Galiani.
*Vous voulez avoir une lettre de moi, et savoir
a quoi vous en tenir au juste sur le compte de Ciceron. Le
voici donc: on peut regarder Ciceron comme litterateur
comme philosophe et comme un homme d'etat. II a ete un
des plus grands litterateurs qui aient jamais existe. II savait
tout ce qu'on savait de son temps, excepte les geometries
et autres sciences de ce genre. II etait mediocre philosophe,
car il savait tout ce que les Grecs avaient pense', et le
rendait avec une clarte admirable; mais il ne pensait rien,
et n'avait pas la force de rien imaginer. II eut 1'adresse et
le bonheur d'etre le premier a rendre en langue latine les
pens^es des Grecs, et cela le fit lire et admirer par ses
compatriotes. Cest ce qui a fait faire a Voltaire plus de
bruit que Bochart, Bossuet, Huet, le Clerc, Hammond,
Grotius, etc. lls ont dit en latin sur la Bible, tout ce que
Voltaire a explique en francais: on ignore ceux-la; on ne
parle que de lui. Comme homme d'etat, Ciceron, etant d'une
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704
ZUR BEURTHEILUNG CICERC-'S.
basse extraction, et voulant parvenir, aurait du se jeter dans
le parti de Vopposition, ou de la chambre basse, ou du peuple,
si vous voulez. Cela lui etait dautant plus aise, que Marius,
fondateur de ce parti, etait de son pays. II en fut meme
tente, car il debuta par attaquer Sylla et se lier d'amitie
avec les gens du parti de 1'opposition, a la tete desquels,
apres la mort de Marius, etaient Clodius, Catilina, Cesar.
Mais le parti des grands avait besoin d un jurisconsulte et
d'un savant; car les grands seigneurs, en general, ne savent
ni lire ni ecrire. II sentit donc qu'on aurait plus besoiu de
lui dans le parti des grands, et quil y jouerait un r&le plus
brillant. II s'y jeta, et des-lors on vit un nouveau parvenu
mele avec les patriciens. Figurez-vous donc en Angleterre
un avocat dont la cour a besoin pour en faire un chancelier,
et qui suit par consequent le parti du ministere. Ciceron
brilla donc a cote de Pompee, etc, toutes les fois quil etait
question de choses de jurisprudence; mais il lui manquait la
naissance, les richesses; et surtout, netant pas homme de
guerre, il jouait de ce cote-la un role subalterne. D'ailleurs,
par inclination naturelle, il aimait le parti de Cesar, et il
etait fatigue de la morgue des grands, qui lui faisaient
sentir souvent la grandeur des bienfaits dont on 1'avait
294 comble. II n'etait pas pusillanime, il etait incertain. 11 ne
defendait pas des scelerats, il defendait les gens de son parti,
qui ne valaient guere mieux que ceux du parti contraire.
L'affaire de Catilina etait grave, car elle tenait a la chaine
d'un grand parti. Aucune affaire de Whigs n'est jamais
petite en Angleterre; elle est ridicule a Paris. Son eloquence
n'etait point venale, non plus que celle de M. Pitt; elle etait
celle de son parti. Enfin, Dieu ne permit pas qu'un de ses
cliens 1'assassinat; car Dieu ne permet point, il fait, et fait
toujours ce que bon lui semble. Voltaire se moque de nous
quand il parle du gouvernement de Cilicie de Ciceron. II
n'y a rien qui ressemble tant au gouvernement de Sancho-
Panca dans 1'ile de Barataria. Cetait une affaire de cabale
pour le faire parvenir a 1'honneur du triomphe; comme les
exploits de M. de Soubise n'etaient que pour le faire par-
venir au baton de marechal. Cependant Cieeron le manqua,
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ZUR BEUUTIIEILUNG CICERO*S
705
et son ami Caton s'y opposa le premier. II ne voulait pas
prostituer tout-a-fait un homme deja trop avili; et, dailleurs,
Ciccron n etait pas dune naissance a comparer ii la maison
de Rohan. Pour les vertus de Ciceron, on n'en sait rien: il
ne gouverna jamais. Pour ce qui est de son merite d'avoir
ouvert les portes de Rome a la philosophie, il est bon de
dire que le parti de 1'opposition etait un parti d'incredules;
car les eveques (cest-a-dire les augures, les pontifes, etc.)
etaient tous lords et patriciens. Ainsi le parti de ropposition
attaquait la religion, et Lucrece avait ecrit son poeme avant
Ciceron. Le parti des grands soutenait la religion: ainsi
Cieeron, qui dans son cceur penchait du c6te de 1'opposition,
etait incredule en cachette, et n7osait pas le paraitre. Lorsque
le parti de Cesar triompha, il se montra plus a decouvert,
et sans en rougir. Mais ce n'est pas a lui qu'on doit la
fondation de Fincredulite paienne, quJils appelaient sophie,
sagesse, c'est au parti de Cesar. Les applaudissemens que
la posterite a donnes a Ciceron viennent de ce qu il suivit
le parti contraire a celui que la cruaute des empereurs rendit
odieux. En voila assez sur Ciceron'
Veuillez agreer, Monsieur, etc.
A. de S.
An Herrn A. de S.
Wie gern die Redaction Ihrem pikanten Beitrag die
Spalten ihres Blattes geoffnet hat, ersehen Sie aus dem
schnellen Abdruck desselben. Etwaige Einwendungen in der
Sache zu machen kann sie nicht ihres Amtes finden; nur
eine untergeordnete Bemerkung von einigem bibliographischen
Interesse wollen Sie ihr gestatten.
Sie citiren den Galianischen Briefwechsel nach der 1818 295
bei Treuttel und Wurtz in Paris erschienenen Ausgabe und
haben ohne Zweifel die in demselben Jahre ebenda bei
J. G. Dentu herausgekommene absichtlich ignorirt*). Nun
*) Die Titel beider Ausgaben sind vollst&ndig diese:
I. f Correspondance inedite de Tabbe Ferdinand Galiani, conseiller dn
roi, pendant les ann^CR 1766 a 1783, avec Mme d'£pinay, le baron
FB. aiTSCHKUI OPV8CVLA III. 45
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700
ZUR BEURTIIEILUNG CICERO^S.
weiss ich zwar schr wohl, dass die erstere fiir authentischer
gilt, weil ihr die Autographen des Verfassers zu Gmnde
liegen, wahrend die Dentu'sche nur nach einer Copie der-
selben gemacht ist: wie diess in den beiderseitigen Vorreden
ausfiihrlich zu lesen ist, sowie in einer niit ziemlicher Bitter-
keit geschriebenen Zugabe zu dem Dentuschen Druck unter
dem Titel: 'Lettre de Tediteur de la correspondance complete
de labbe Galiani, a Tediteur de cette correspondance in-
complete. Par M. C. de S1. M Paris, J. G. Dentu 1818.'
Indessen, ganz abgesehen von gewissen Verkurzungen, zu
denen sich der Herausgeber des Treuttelschen Drucks aus
Moralitatsriicksichten verpfliohtet hielt, wiire es doch an sieh
nicht undenkbar, dass da oder dort auch einmal ein Ver-
sehen, ein Schreibfehler, eine Unleserliehkeit des Originuls
in einer verstiindig gemachten Copie richtig verbessert ware
und an solchen Stellen demnach die Dentu'sche Ausgabe
wenigstens der Absicht des Autors entschieden niiher staiide:
ganz iihnlich wie ja ein derartiges Verhiiltniss auch in der
dllolbach, le baron de Grimm, Diderot, et autres pcrsonnages ce-
lebres de ce temps; augmentt!e de plusieurs lettr» a M >eigneur
SanBeverino, archeveque de Palerme, a.M. le marquis dc Carrac-
cioli, ambassadeur de Naples pres la cour de Frauce, a Voltaire,
d'Alembert, Raynal, Marmontel, Thomas, le Batteux, Mme du Bo-
cage; precddee d'une notice historique sur 1'abbe (ialiani, par B.
Mercier de Saint-Leger, bibliotln?eaire de Sainte Genevieve. A. la-
quelle il a ite" ajoute diverses particularites inedites concernant la
vie privee, les bous mots, le caractere original de 1'auteur. Par
M. C*** de S*. M*****, membre de plusieurs acade"mies. (Folgt
ein italianisches Motto aus Diodati.] Paris, J. G. Dentu, imprimeur-
libraire, rue des Petits-Augustins (ancien hotel de Persan), n°. 5.
1818.' 2 Bde. 8.
11. r Correspondance inddite de Pabb^ Ferdinand Galiani, conseiller du
roi de Naples, avec Mme d'£pinay, le baron d'flolbach, le baron
de Grimm, et autrca personuages celebres du XVII Ie aiecle. Edi-
tion imprim^e snr le manuscrit autographe de 1'Auteur, revue ct
accompagne*e de notes, par M.***, membre de plusieurs acade^miea.
Pre*ceclle d'une notice historique sur la vie et les ouvrages de
1'Auteur, par feu Ginguene, avec des notes par M. Salfi, et du
Dialogne de 1'abbe' Galiani sur les Femmes. A Paris, chez Treuttel
et Wflrtz, rue de Bourbon, N° 17. A Strasbourg et a Londres, merae
maison de commerce. 1818.* 2 Bde. 8.
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ZUR nKURTHEILl NG CICEROS.
707
Kritik der alten Autoren zwischen Original- und abgeleiteten
Handschriften nicht selten zu Tage tritt. Und dieser Fall
scheint, wenn nicht alles tiiuscht, gerade auch auf die vor-
stehend mitgetheilten Aeusserungen iiber Cicero Anwendung
zu finden. Tch rede nicht von stilistischen Kleinigkeiten, wie
wenn es bei Dentu (p. 242 f.) heisst U debuta par attaqner
SyUa, ct par sc lier . . . statt et se lier bei Treuttel, oder
re qni a fait fairc d Voitaire plus dc bruit qnd Bochart statt
que Bochart, oder gar Vincrcdulitc paienne quils appclaicnt
Sophia, sagcssc statt sophie, sagcssc; auch nicht von il de~
fendait les grands dc son parti statt lcs gcns dc son parti.
Aber, aufrichtig gestanden, kimnen wir es bei einigeni Er-
wagen glaublich finden, dass ira Jahre 1771 ein so welt-
kundiger und urtheilsfiihiger Zeitgenosse wie Galiani sich
uber Eugland so ausgesprochen habe, wie bei Treuttel steht:
f Aucune aliaire de YVhigs n'est jainais petite en Angleterre;
elle est ridicule a Paris* — ? Unmoglich; so Hicherlich
bornirt war man weder in Paris noch in Neapel. Auch fehlt
ja, sowie man niiher zusieht, das eigentliche tertium com-
parationis, da man einen Einzelnen erwartet, der durch
seine Partei bedeutend wird, wie der kurz zuvor genannte
Catilina. Und fuhrt denn nicht eben auf einen Einzelnen
mit iiberzeugonder Nothwendigkeit selbst die f uberlieferte
Lesart' de, da es doch soust ohne Zweifel des Whigs heisseu
niusste? Denn ein ernsthaft gemeintes aucune affaire dc
Whigs (was doch wohl auf ein dun Whig hinauskiime) er-
giibe ja vollends den hellen Blodsinn. Von Ihnen habe ich
nicht zu fiirchten, dass Sie in dieseu Raisonnements nur
"pedantische Silbenstecherei ' des Philologen sehen; Kritik
bleibt Kritik und Logik Logik, ob sichs um den Text
antiker oder modemer Klassiker handelt. Wer also ist der
Einzelne, dessen affaires jamais petitcs en Angleterre, aber
ridictdcs d Paris waren? Der 'abgeleitete Codex', den wir
an dem Dentu schen Druck haben, sagt es uns: fAucune
aflaire de Wilkcs9 — : und wenn das eine Conjectur ist, so
ist es eben eine vortretfliche d. h. unzweifelhaft richtige.
Selbst das will ich, auf die Gefahr eines unphilologischen
Liichelns hin, nicht unerwiihnt lassen, dass bei Treuttel nicht
-15*
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708
ZUR BEURTHEILUNG CICERO'S
Whigs, wie Sie stillschweigend verbessert haben (wie Sie ja
auch mit Recht patriciens fiir praticiens schrieben), sondern
Wiglis gedruckt steht, was fiir Wilkes einleuchtender Weise
noch leichter verlesen werden konnte als Whigs. Sie sehen:
ftout comnie chez nous', niimlich echez nous autres philo-
logues*. — Uebrigens braucht man Ihnen naturlich nicht zu
sagen, wie sehr John Wilkes hieher passt, der seine
Demagogenrolle gerade schon in den sechziger Jahren spielte,
der eben im J. 1770 aus Kings bcncJi entlassen war, das ihn
mit nichten zahmer gemacht hatte, und den in der That
schon Zeitgenossen mit Catilina verglichen, so wenig zu-
treffend auch die Parallele sein mag.
Genehmigen Sie u. s. w. u. s. w.
F. R.
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XXII.
Grammatisches bei Quiiitilian.*)
An Herrn Professor Halm.
Wenn Du, lieber Freund, mich um meine Meinung be- 598
fragst Uber Stellen des Quintilian, die durch ihre unmittel-
bare Beziehung auf lateinische Grammatik und Sprach-
geschichte ein besonderes Interesse in Anspruch nehnien, so
finde ich darin nur einen erwUnsehten Aulass mich iiber
Dinge zu aussern, die mich im Zusammenliange meiner auf
die historisehe Entwickelung des alten Latein gerichteten
Studien liingsfr beschiiftigt haben. Eine einigermassen zuver-
siehtliche Beantwortung solcher Fragen hatte nur bisher ihr
Missliches, so lange es an jedem verliisslichen Anhalt tiber
die Textesquellen des Quintilian mangelte. Nachdem Du
selbst aber durch zwei gliinzende Abhandlungen einen sichern
(irund gelegt, auf dem sich ja hoffentlich bald ein solider
Bau erheben wird, mijgen wohl glaubhafte Entscheidungen
Qber schwierigere Punkte schon eher gelingen. Welches
Verdiensi dabei Deiner eigenen liberalen Mittheilung aller
wissenswerthen Handschriften-Varianten zukomme, brauche
ich eben so wenig besonders hervorzuheben, als ich ander-
seits die Ueberzeugung verhehlen kann, dass die schwersten
(iebrechen des jetzigen Textes Uber die altesten und besteu
erhaltenen Handschriften hinausliegen. Ob mir dieser Nach-
weis leidlieh geglUckt, darUber wird Dein so einsichtiges
wie freundschaftliches Urtheil nicht in Zweifel lassen
Deinen
Leipzig, im Juli 1867. F. Ritschl.
*) [Rhein. Museum f. Philol. Bd. XXIi (1867) p. 598-GU.]
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710
GRAMMATISCHES BEI QUINTILIAN.
L
I, 4, 10: Atque etiam in ipsis vocalibus gramuiatici est
videre, au aliquas pro cousouautibus usus acceperit, quia iam
sicut tam scribitur, et qtws ut cos.
So die Uebcrlieferuug der Berner, der Bamberger, der
Mailiindcr, der Lassbergscheu Haudschrift, uur dass iu der
zweiten cos auf radirter Stelle steht. Auch die Ziiricher
weicht nur mit cos fiir cos ab. Dass die iilteru Ausleger
dieses 'locus difficillimus', wie ihn Spalding nennt, nichts
Gesimdes zur Losung der Schwierigkeiten beigebracht hahen.
bedarf fiir den Denkenden keines Nachweises. Aber uicht
besser ist es den neuern uucl ueuesten ergangeu. Denn wer
wollte an die abenteuerliche vermeintliche Herstellung glauben,
die Fr. Bahlmann ('Quaestiones Quintilianeae', Berol. LB59,
p. 18 — 26) weitliiufig zu begriindeu imternommeu: fquia iam
sicut scribitur, et vos ut fos sonat1? Oder au Jos. Stiu-
der s (f Quaestiones Quintilianeae,, Bounae 1865, p. 19 ff.)
unpraktische und unmogliche Kiinstelei, der dem Quiutiliau
zutraut geschrieben zu haben: fquia iam sicut i-am scribitur
et vos ut v-os'? — Was vor dem Ausfall vou ein paar be-
nachbarten Buchstaben und dem irrigen Zutritt eines andern
sicher geschriebeu staud, ist so ungemein einfach und ein-
leuchtend, dass es meines Erachtens nur gesagt zu werdeu
braucht, ohne eine weitere Ausfiihrung zu fordem:
quia EAM sicut etiam scribitur, et vos ut jvos.
Statt etiam hiitte Quintilian auch qvoniam oder das ehe-
malige nvnciam (Rhein. Mus. VIII p. 546) als Beispiel des
vocalisch gebliebenen t brauchen konnen; aber natiirlich
wiihlte er das gelaufigste und deutlichste1).
1) Beilaufig: nunciam bei den Komikern zu schreiben i^t voll-
kommen uuniitz, da nunciam als Accusativus eine rein barbarische
Form ist statt nuntiam, so wenig man das auch nach dem Beisj*iel
der meisten heutigen Lateinschreiber vermuthen Bollte, die indeai* -
nach allen gemachten Erfahrungen — trotzdem unverbesserlicb bleibcn
werden. Wessen Bich im Griechischen jeder Bchamen wurde, das pfle^t
im Lateinischen noch immer flr Sache des freien Beliebens zu gelteu,
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ORAMMATISCHES BEI QUINTILIAN.
711
2.
I, 5, wo er von dem vitium barbarismi zu handehi be- eoo
gonnen, fahrt Quintilian § 11 fort:
vSed quidaui fere in iactationem eruditionis sumere illa
ex poetis solent et auctores quos praelegunt criminantur.
Scire autem debet puer haec apud scriptores carminum aut
venia digna aut etiam laude duci, potiusque illa docendi
erunt minus vulgata. (§ 12) Nam duos in uno nomine
faciebat barbarismos Tinga (oder 'Tinca') Placentinus, si
reprehendenti Hortensio credimus, preculam pro pergula dicens
et immutatione, cum c pro g uteretur, et transmutatione,
cum r praeponeret e antecedenti. At in eadem vitii gemi-
natione Mettioeo Fufettioeo (so H. Meyer) dicens Ennius
poetico iure defenditur. (§ 13) Sed in prosa quoque est
quaedam iam recepta immutatio: nam Cicero Canopitarum
exercitum dicit, ipsi Canobon vocant, et Trasumennum pro
Tarsumenno raulti auctores, etiamsi est in eo transmutatio,
vindicaverunt.
Niemandem ist es noch gelungen, in dem Ennianischen
Beispiel die cadem vitii geminatio nachzuweisen, die doch in
der Verbindung von immutatio (Buchstabenveriinderung durch
Substitution eines andern) und transmutatio (Buchstabenver-
setzung) bestehen miisste. Wenn Vahlen (Ennianae poesis
reL p. 21) Dative Mettoi Fubcttoi annahm, gemiiss der Ueber-
lieferung des Marius Victorinus von einem alten populoi
Rotnanoi, so ist das wohl eine geminatio, auch allenfalls
(wir wollen es einen Augenblick zugeben) eine immutatio,
aber in keincr VVeise doch eine transmutatio. Nicht annehm-
lieher ist Biicheler s ((irundr. d. lat. Decl. p. 54) Metti
Fufetioeo, worin nicht nur keinerlei transmutatio , sondern *
nicht einmal ein zwiefaches vitium, vielmehr nur eine ein-
fache immutatio zu erkennen ist, oder die Verbindung eines
mit einer Lasslichkeit, die entweder von ertheilter Belehrung gar keine
Notiz nimmt, oder trotz besserer Eiusicht nicht die Energie hat sich
vom gewohnten Schlendrian loszusagen: wofiir das obige 1 nuncius
nunciare' natfirlich nur ein Beleg unter vielen sein eolL
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GKAMMATISCHES BEI (^UINTILIAN.
Normalen mit einem Abnormen. — Eine solche Verbindung
aber (oder auch die von zweierlei Abnormitaten), konnte sie
denn iiberhaupt mit dem Worte geminatio bezeichnet sein?
ist nicht die Verbindung zweier verschiedener Dinge vieluiehr
coniunctio oder cotisociatio oder unter Umstanden copulatio,
geminatio dagegen die Wiederholung eines und desselben oder
wenigstens zweier gleichartigen? (wie das allerdings sowohl
bei Vahlens Mettoi Fubettoi als bei dem hergebrachten Metieo
Fufetieo der Fall sein wiirde). Und Quintilian s eigener Sprach-
gebrauch bestatigt ja das durchaus, wie gleich I, 4, 10 veteres
qui geminatione vocalium velut apice utebantur (vgl. § 14 gemt-
nis vocalibus), und § 11 Ciceroni placuisse aiio MAUAMquc
getninata i scriberc\ VII, 9, 10 accusativi (LacJietcm . . .
Demeam) geminatione facta\ oder mit dem Verbum I, 7, 14
semivocales non geminare diu fuit usitatissimi moris; I, 7, 20
S littera . . . geminabatur ut 'caussae cassus divissiones* \ des-
gleichen geminare und geminatio zusammen IX, 3, 28: um
nicht mehr Stellen zu haufen. Dagegen er * coniunctionetn'
in IX, 3, 64 ausdrucklich mit den Worten quae duas res
diversas colligat definirt. — Aber, drittens, auch das ist
nicht einmal zuzugeben, dass Mettoi fur Mettof oder Fufetioeo
fiir Fufeti (oder selbst Fufctii, wie man damals allerdings
schon liingst zu schreiben angefangen hatte2)), von Quintilian
wilrde als blosse immutatio bezeichnet sein, wie wenn in
precula c fur g} in Canopus p fiir b gesagt ward. Jene Ver-
anderungen waren nach seiner Terminologie vielmehr unter
den Begrifl" der adiectio gefallen, die er ja auf das be-
stimmteste von der immutatio scheidet und neben detractio,
immutatio und transmutatio*) als vierte Species setzt I, 5, 6
2) Unter chronologischem GesichUpunkte nachgcwiesen in dcr
Abh. uber rdie Tesserae gladiatoriae der ROmer* p. 48 ff. (338 ff.).
Wenn daaelbst als altestes inschriftliches Beispiel das BENEFICII der
ara Narbonensis, aus der allerletzten Zeit des Augustus, bezeicbnet
wurde, so fallt dicses weg, seitdem man erkannt, dass wir dort nickt
das urspr^ngliche Original, sondern eine restituirte Copie aus Antoni-
nischer Zeit vor uns haben. Danach beginnt also in epigraphischen
Zeugnissen der zweisylbige Genitiv erst mit der Regierungsxcit des
Tiberiua.
3) Wenn I, 5, 16 nur Utterarum mtUatio, detractio, aditdio zu-
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GttAMMATISCHES BEI QUINTILIAN.
713
und I, 5, 39. 40: wie denn auch ganz analog in rhetorischer
Beziehung adiectio und mutatio geschieden werden XI, 2, 32,
und hier — zwar nicht eine Viertheilung, wohl aber die
Dreitheilung von mtrfatio, adiectio und detractio festgehalten
wird IX, 3, 27. 47. — Hierzu komnit endlich viertens (was
an Bedeutung als ferstens' gelteu kann), dass in eadem vitii
geminatione doch gar kein Latein ist statt des blossen Abla-
tivs ohne w: worau gleichwohl niemand scheint Anstoss
genommen zu haben.
Es ist sonach schlechthin unmoglieh, dass die Worte
unverderbt seien. Ein At eiusdem (oder At cum cittsdem)
vitii gcminatione (d. h. nicht fdesselben wie vorher', sondern
feines und desselben') kimnte man sich dem Siune nach 602
gefallen lassen: aber das wiire doch naturlich keine Emen-
dation der iiberlieferten Schriftziige. In atin steckt vielmehr,
weun nicht alles tauscht, ateni, und iu eadem ein adeo:
At enim adeo vitii geminatione M. F. dicens
Ennius — .
Die Unterscheidung von immutatio und transmutatio ist gar
nicht der massgebende Begriff fiir diesen Satz, sondern der
leitende (iedanke fiir ihn wie fur die ganze Erorterung viel-
mehr der in § 11 vorangeschickte: dass, was in Prosa ver-
pont sei, bei Dichtern zulsissig und selbst wohlgefiillig sein
konne. Ein Redner, wie jener Placentiner, werde mit Recht
getadelt, wenn er j/rcctda statt pergula gesagt und so, wie
zu beiliiufiger Erliiuterung hinzugefOgt wird , gleichzeitig
durch immutatio und transmutatio gefehlt habe. Dahin-
gegen ein Dichter wie Ennius durfte sogar zweimal
hinter einander den (vom Standpuiikte correcten Lateins aus)
fehlerhaften Genitivus oco setzen vermoge des souveriinen .
Kechtes der Poesie. Einzelnes der Art komme freilich auch
in Prosa vor, wie wenn Cicero fiir *Cambus* mittels einer
immutatio 'Canvjms' (oder rCanopitaey) sagte, oder viele Autoren
fiir Tarsumcnnus mittels einer transmutatio ^Trasumennus9.
sammengestcllt sind, so ist daa abgekurzter Ausdruck, indem unter
tnutatio sowohl immutatio als tranamututio begriifen werden. Und so
ist eben auch in der rhetorischen Dreithcilung das mutatio zu faasen.
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714
GRAMMATISCUES BEI QUINTILIAN
Die Genitivform , sei es Metioeo Fufetioeo, oder viel-
leicht auch Mettoeo F. (wie denn M^ttoc, nicht MeTnoc,
die durchgangige Schreibung des Chisianus beim Dionysius
istj, liegt zu deutlich in der Ueberlieferung der Handschriften,
als dass nian sie verkennen konnte. etieo fufetioeo steht im
Bernensis; Srieo fufecio eo (nur das c, wofeni es nicht viel-
mehr ein / sein soll, von ganz junger Hand ubergeschrieben)
im Text des Bambergensis, wahrend die zweite Hand am
Rande mcttioeo. d-fuTetioeo gibt; metti*eo et futtetio eo, mit
Kasur eines Buchstaben nach metti, und das eo beidemale
von zweiter Hand, im Ambrosianus; et tieo fufectio eo im
Turicensis; mettieo suffectieo im Lassbergensis. Dass ein
metrisches Bedenken (wenn man nur nicht mit Meyer die
allein unmoglichen Formen Mcttioco und Fufettioeo annimmt)
nicht entgegenstehe , hat G. Hermann (bei Meyer) sehr
richtig bemerkt. Freilich konnte nicht Metioeo Fufetioeo so
neben einander stehen, mit undenkbarer Verliingerung des o;
aber warum konnte es nicht im Verse des Ennius Metiocoque
Fufetioco heissen? warum nicht, was ebenfalls schon Her-
mann als moglich bezeichnet, Metioeo am Ende des Verses,
603 Fufetioco zu Anfang des folgenden gesetzt sein? warum end-
lich konnte nicht der Dichter die beiden Namen mit eupho-
nischer Wirkung so vertheilen wie in
Koupnc ^QiceavoTo TeXrievToc TTOTa^oio ?
woraus doch auch ohne allen Anstand bloss 'QK€avoio ttoto-
uoTo citirt werden durfte, wenn es nur auf die Nachweisung
jener Genitivendung ankam. — Dass ubrigens diese Ennia-
nische Bildung nicht in der einheimischen Entwickelung der
lateinischen Declination wurzelt, soudern lediglich von dem
roraischen Schopfer der epischen Kunstform auf eigene
Gefahr gewagt worden ist nach Homerischem Vorbilde,
leuchtet wohl ohne Ausfiihrung ein.
Beilaufig noch einige Worte zur Rechtfertigung der
Formen Traaumcnnum pro Tarsumenno. Buchstablich so hat
der Bernensis; trasOenml pro torsumenno der Bambergensis
im Text von erster Hand, ehe eine ganz junge die Linie
Uber dem ersten u durchstrich und mi Uber ue setzte; transu-
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GRAMMATISUHES BEI QUINTILIAN.
715
metium pro thasumcno der Ambrosianus und die zweite Hand
des Bamb. am Rande; trasimcnnum pro tarsimcno eine dritte
(gleichfalls alte) Haud ebendaselbst; trasumiennium pro tarsu-
IHHtttllO der Turicensis; trausumicnnum (mit Tilgung des
ersten u) pro tarsumienno der Lassbergensis. Also erstens
das u der Antepaenultima, und zweiteus das doppelte ntt
hinlanglich gesichert. Und zwar beides in bester Ueberein-
stiramung mit massgebenden Handschriften anderer Autoreu-
texte. Aus Strabo V, 2, 0 (wo nur Tracouutvva verschrieben),
Cicero de div. IT, 8, 24, de deor. nat. II, 3, 8, Brut. 14, 57,
Nepos Hann. 4, Livius XXII, 4 wies das u nach Halm zu
Cicero pro Roscio Am. 32, 8'J und schrieb hier (wie vor
ihm Ellendt in Ciceros Brutus) Trasumenum, vvas sich
auch im Lemma des Gronov'schen Scholiasten erhalten hat.
Das nn aber, welches an dcr Stelle pro Roscio selbst in dem
trahasimcmium des Helnistadiensis, desgleichen in dem tras-
summnum des Heinsianus bei Cic. de div., in dem trasimemnum
eines Lagomarsinianus im Hrutus versteckt ist, offeu vorliegt
aber in der Ueberlieferung bei Strabo, in trhasymeimUm des
Puteaneus, trastjmenuum des Colbertinus und des Mediceus
bei Livius II, 4 § 2, sowie in transymcnnum aller drei
Codices ebend. § 1, ferner in trans sumennum des Vossianus
bei Cic. de div., in thrasymennus des Nazarianus bei Florus
1,22,13 [H,r>|, in thrasymennum (oder fras- oder thrasitn-) des
Bernensis bei Valerius Max. IV, 8, ext. 1. IX, 11, ext. 4. IX,
12,2, — dieses Doppel-w brachte wohl zuerst Alschefski bei
Livius zur Anerkennung, worauf die Schreibung Trasumennus 604
ihren Platz in den Halmschen Texten des Florus sowohl als des
Valerius (auch I, 6, 6. III, 7, 0) gefunden hat. — Dass nun
aber dafur als Ultere Form Tarsumennus bestand, rait der
Metathesis welche ausfiihrlich behandelt worden im Rhein.
Mus.VII p. 5(J5f. VIII p. 150 ff. IX p.478ff., 640 [= Opusc.II
p. 528 ff.J, wird uns erstlich durch die griechische Schreibimg
Tapcmevnv bei Polybius III, 82, i) bestiitigt, und findet einen
weitern Anhalt an unzweideutigen handschriftlichen Spuren
in Cicero s Brutus. Denn hier haben die Form tarsuincnnum
geradezu erhalten drei Lagomarsinische Codices (daruuter die
zwei besten) nebst dem guten Venetus und dem Ottobonianus,
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716
GRAMMATISCIIES BEI QUINTILIAN.
denen sich niit tarsimenujn ein vierter Lagomarsinischer an-
schliesst, der ebenfalls zu den bessern gehort. Darf man
daher hier mit Fug und Recht Tarsumennum in den Teit
setzeu, so ist auch kaum zu zweifeln, dass in andern Cicero-
nischen Stellen, wo uns handschriftliche Gewahr nicht mehr
zur Seite steht, dieselbe Form nur im Laufe der Zeit ver-
wischt worden ist. Denn dass sie dem Quintilian nicht als
eine Seltenheit erschien, geht doch daraus hervor, dass er
nur von 'multi auctores' spricht, welche die andere 'vindi-
caverunt'. Dass die letztere die gewohuliche wurde, die alte
allmahlich verdrangt ward, dazu wird wesentlich der Einfluss
der daktylischen Poesie mitgewirkt haben, welche ein Tarsu-
tnennus (oder auch Tarsumenus) fur den Vers nicht braucben
konnte. Also schon in des Ennius Annalen musste Trasn-
mennus vorkommen; selbst aus cinem bestimmten Fragment
konnten wir sie noch nachweisen, wenn einer Vermuthung
Silligrs zu trauen, der in des Plinius Worten N. H. XV, 76
quod non Trcbia aut Trasimcnus, non Cannae busto insignes
Bomani nominis perfieere potuere Verse des Enuius durchzu-
horen meinte, etwa so:
non Trebia aut Trasumennus,
Non Cannae insignes Komani nomini' busto.
Neben der transmutatio machte sich dann bald der im Latein
in so weitem Umfange eingetretene Uebergang des u in i
geltend, zugleich, wie es wenigstens nach den Handschriften
scheinen kann, mit der Vereinfachung des «, wofern nicht
diese letztere, ebenso wie das hiiufige th zu Anfang und das
605 y iu der zweiten Sylbe4), nur auf mittelalterlichen Abusus
4) Dieses y zwar konnte sich jemand versucht fahlen auf die That-
sache zuriickzufuhren, daes man wirklich schon im Alterthum angefanpen
hat den Mittelton zwiachen u und i, fur den daa vom Kaiser Claudiui
erfnndcne Zeichen ao wenig Bestand hatte, auch in lateinischen \Sorien
durch y auazudriicken, wie weun man gybernator, vyragincm, unityria,
gyla, inclytus und so manches andere schrieb, waa man aich ans der
ungesichteten Masee bei Schuchardt 'Vocalismus de9 Vulgarlateins'
II p. 197 ff. herauszusuchen hat: vgl. Bucheler de Ti. Claudio graro-
matico p. 19. 33. Aber die In8chriftcn, die dergleichen bieten, geben
sich durch 80 untriigliche Kennzeichcn ala spiiter uud BpateBter Zeit
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GRAMMATISCHES BEI QUINTILIAN. 717
zuruckgeht. Daher also das jetzt allgemein gewordene Trnsi-
menus in den Texten der Dichter sowohl, wie Ovid Fast.
VI, 757; Silius IV, 740. V, 8. XI, 172. 347 5); Statius Silv.
I, 4, 86, als bei Prosaikern, wie Seneca de ira II, 5; Pli-
nius N. H. II, 200. 241. VII, 106. XV, 76; Orosius IV, 15.
18. So weit diese Autoren noch vorquintilianische waren,
haben sie — wenigstens theilweise — hochst wahrscheinlich
Trasum- geschrieben. Gewisser ist, dass die vorletzte Sylbe,
auch bei etwaiger Schreibung niit einfachem n, immer lang
war: daher auch Polybius ohne Zweifel nicht Tapctuevnv,
sondern Tapauevvnv setzte wie Strabo. — Eine seltsame
Corruptel, aus der sich nur etwa auf u fiir i schliessen lasst,
angehorig kund, dass daraus hSchstens fur den Text des Orosius etwaa
zu schliessen wiire, mit nichten fur den der altern oben genannten
Autoren.
5) Eben erst, nach dem Abschluss des Manuscripts, geht mir eine
Ton Georg Thilo erbetene dankenswcrthe Auskunft iiber die hand-
scbriftliche Ueberlieferung im Silius Italicus zu. Danach hat der von
Thilo verglichene Vaticanus n. 1652 in V, 8 thrasymenni, XI, 172
trasimenna , XI, 347 transimenna, und nur IV, 740 trasimenus. Also
neae erwunschte Bestatigungen der Schreibung mit nn, welche das
einfache n immer verdiichtiger machen. Muthmasslich ist es nur der
Mangel entweder an guten Handschriften oder an genaueu Ver-
gleicbungen, der die Vulgate Trasimenus bei manchen Autoren zu
schutzen scheint. — [Nachtriiglich finde ich auch noch aus f Laur.'
(doch wohl Laurentianus) des Orosius IV, t5 die Schreibung thransy-
mennum angefuhrt bei Schuchardt 'Vocalismus des Vulg&rlateins * II
p. 200: 80 dasa man immer geneigter werden muss, Tarsumennus (da-
neben wohl auch Tarsimennus), Trasutnennus und Trasimennus als dio
einzigen correcten Formen anzuerkennen. ^[Nach Zangemeister^s
Mittheilung steht im Laurentianus (plut. 65, 1) des Orosius: p. 255, 3
h
(Hav. 1788) transumennum, p. 255, 8 trasymennum, p. 255, 12 trasy-
mi\num {h von erater Hand dariiber, e am Ende der Zeile = en),
p. 265, 16 thrasumcnnus. ]> — Als weitern Nachtrag darf ich die An-
gabe nicht nnterlassen, dass bei Quintilian Trasumennum pro Tarsu-
menno schon in der Bonneirschen Ausgabe (die mir frfiher nicht zur
Hand war) Aufnahme gefunden hat, freilich zugleich neben der ver-
kehrten Schreibung Mettioeo Fufettioeo. — Ob in den Worten cum r
praeponeret e antecedenti das allerdings entbehrliche e im Bernenais
fehlt, habe ich zufallig von Halm nicht erfahren.]
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718
GRAMMATISCIIKS BBI QtUNTILIAX
ist bei Plutarch Fab. Max. 3 tuv KaXouuivnv Gpacuviav
Xiuvnv, was Sintcnis ebenso seltsam bat in seinem Texte
steben lassen.
3.
I, 6, 27: Quid de aliis dicam, cum scnatus senatui
senati an setmtus faciat, incertum sit?
606 So die Beroer Handschrift, die Bamberger von erster
Hand und der Ambrosianus IT; dagegen cum senatus senatus
senatui an senatus senafi senato faciat der Ambrosianus I, die
zweite Hand des Bamb. und ebenfalls die zweite Hand des
Turicensis, welcher letztere von erster hat cum senatus senatui
senatus an scnatus scnati scnato. Die verfehlten Herstellungs-
versuche der bisherigen Herausgeber konnen mit Stillschweigen
iibergangen werden, da es in der That nur einiger Vertraut-
heit mit den Thatsachen des alten Latein bedarf, um mit
Zuversicht als das einzig Richtige zu erkennen:
cum senatus *scnatus senatuV an 'senati scnatu'
faciat, incertum sit
Ueber deu Genitiv senati vgl. Rhein. Mus. VIII p. 404 f.; an
ein Varronisches scnatuis (Mon. epigr. tria p. Vlff.) ist natur-
lich fiir Quintiliau s Zeit nicht zu deuken. — Dass den Dativ
Julius Caesar sogar ausschliesslich scnatu gebildet haben
wollte, wissen wir durch Gellius IV, 16, 9. — Jeder Un-
deutlichkeit htitte der Schriftsteller vorgebeugt, wenn er
geschrieben hiitte cum scnatus scnatusnc scnatui an — faciat;
aber die Handschriften fiihren auf nichts derartiges, und
uneutbehrlich ist ja doch das nc nicht. Quintilian, wenn er
sich bei allen von ihm beriihrten Fragen dieser Art sehr
knapp ausdriickt, rechnet eben auf das Verstandniss ein-
sichtiger Leser.
4.
1,4,8: ut medius est quidam u et # litterae sonus: non
enim sic optimum dicimus ut opimum, et in here ueque c plane
neque i auditur.
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GRAMMATISCIIES BEI OUINTILIAN.
719
Hier war opimum, was aus einer Ausgabe in die andere
flberzugehen pflegt, friiher blosse Conjectur, die als solche
kaum Beifall finden durfte; sie wird aber auch dadurch nicht
probabler, dass wir sie jetzt als Lesart sogar der besten
Bflcher kennen lernen. Denn optimum dicimus ut opimum
geben wirklich der Bernensis und der (aus ihm copirte)
Bambergensis erster Hand; die Mehrzahl der Biicher hat
optimum d. ut optimum, nur der Turicensis von zweiter Hand
optimum d. ut optumum, und umgekehrt die (oft vorzugsweise
berflcksichtigungswerthe) zweite Hand des Bamb. am Rande
optumum d. ut optimum. — Hatjte Quintilian wirklich opimum
geschrieben, so miisste man gestehen, dass er ein unpassen-
deres Beispiel gar nicht hatte wahlen konnen, aus zwei 6u7
(iriinden. Erstens, weil ein kurzes und ein langes i an sich
schlechthin unvergleichbar mit einander sind. Zweitens, weil
opimus, friiher opeimus geschrieben (die Miinzaufschrift opei-
mivs biirgt dafiir), gerade mit dieser Schreibung bezeugt,
dass die Mittelsylbe einen aus urspriinglichem e (wie in
paperivs, und dem abgekiirzten opem- selbst) allmahlich in
i ubergegangenen Laut (die sogenannte i pinguis) hatte, folg-
lich gar keinen reinen Gegensatz zu optimus bildete, vielmehr
mit diesem, abgesehen von dcr Quautitat, in gewissem Sinne
eher analog als heterogen war. Fiir das zweite optimum aber
bei Quintilian irgend ein anderes Wort substituiren zu wollen
«lflrfte verlorene Miihe sein: ich wiisste weder ein den iibrigen
Buchstaben noch der Endung nach iihnliches, das wir hier
brauchen konnten, da alle Endungen auf imus entweder
langes i haben wie patrimus, primus, imus, oder den Mittel-
ton mit optimus theilen, wie srptimus, proximus, finitimus,
kgiiimus. Wie Quintilian geachrieben haben wird, gibt uns
das Niichstfolgende an die Hand: 'et in here neque e plane
neque t auditur' (denn das vor H ausgefallene IN ist gar
nicht zu entbehren). Dem entsprechend also vorher:
non enim sic optimum dicimus ut [aut optumum aut] optimum:
ein Ausfall, der sich durch Abirren des Auges einleuchtend
genug erkliirt. Das heisst also: das Wort optimum (denn als
solches musste es doch in irgend einer Form vorangeschickt
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720 GRAMMATISCHES BEI QI INTILIAN.
werden, natflrlich also, da sich nicht OPT*MVM setzen liess,
in der damals iiblichsten) hat in seiner zweiten Silbe einen
Mittelton, den man weder mit optumum noch mit der Schreibung
optimum selbst genau ausdruckt, weil er weder ganz u noch
ganz i ist (sondern, diirfen wir hinzusetzen, wie das grie-
chische u oder das deutsche ii lautete). — Die pragnante
Kurze, deren sich Quintilian bei seinen grammatischen An-
deutungeii (deun mehr solche als irgend Ausfuhrungen sind
es ja) uberall befleissigt, lasst die empfohlene Fassung passend
genug erscheinen. Das opimum ist offenbar nichts als ein,
schon ziemlich alter, Besserungsversuch , gemacht, als die
Worte out optumum aut schon ausgefallen waren, um in das
nun zurUckgebliebene optimum ut optimum nur irgend einen
Sinn zu bringen.
Was sowohl im Niichstfolgenden wie im unmittelbar
Vorhergehenden sonst noch von Kleinigkeiten zu bessern.
ist bereits alles durch einzelne Emendationen Einzelner vor-
608 weggenommen, nur dass die heutigen Texte bald das eine
bald das andere davon, um nur ja die landlaufigsten Ab-
8chreibersiinden in gebuhrenden Ehren zu halten, wieder
aufgegeben und so ein logisch oder stilistisch unertragliehes
Latein geschaffen haben. Glatt und sauber in der Form und
biindig im Gedanken wird die Rede nur in folgender Gestalt
und Interpunction , wie sie iibrigens grosstentheils schon die
Spalding?sche Ausgabe gibt, gegen welche die neuern ent-
schiedene Riickschritte aufweisen:
An cuiuslibet auris est exigere litterarum sonos? non
hercule magis quam nervorum. At grammatici saltem
omnes in hanc descendent rerum tenuitatem: desintne
aliquae nobis necessariae litterae, non cum graeca scri-
5 bimus (tum enim ab isdem duas mutuamur), sed proprie
in latinis: ut in his, servvs et vvlgvs, aeolicum di-
gammon desidcratur; ut medius est quidam « et t litterae
sonus: non enim sic optimum dicimus ut aut optumum
aut optimuni] et in hcre neque e plane neque • auditur;
10 — an rursus aliae redundent (praeter notam illam ad-
spirationis, quae si neccssaria est, etiam contrariam sibi
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GRAMMATISCIIE8 BEI QUINTILIAN. 721
poscit): ut K, quae et ipsa quoruudani nominum nota
est; et Q, cuius similis eflfectu specieque, nisi quotl
paullum a nostris obliquatur, kopjKi apud Graecos nunc
15 tantum in numero manet; et nostrarum ultiuia, qua tam
earere potuimus quam psi non quaerimus.
Zeile 2 ist mir das Aut der Handschriften so unverstandlich
wie Zumpt s Vertheidigung. — Z. 3 ware desint aliquaene,
was im Bernensis und von erster Hand im Bambergensis
ateht, eine unerhorte Wortstellung; das naturliche und allein
usuelle desintnc aliquae hat die zweite Hand des letztern
richtig corrigirt. — Warum Z. 4 der Schriftsteller Utterarum
gesetzt haben sollte statt des einfachen und normalen litterae,
begriffe man auch nicht; erhalten haben das letztere sowohl
Bern. als die erste Hand des Bamb., wiihrend nur die zweite
das verkehrte litterarum gibt6). — Z. 7 kann es sehr frag-
lich erscheinen, ob statt ut tnedius — nicht vielmehr ct coa
tnedius gestanden habe, so unanstossig auch an sich die
rhetorische Wriederholung des ut ist. Wenigstens wiirde der
im Folgenden gewiihlten Satzgestaltung an rurst(s — : ut
K — ; et Q — ; et nostrarum — , an hiesiger Stelle genau
entsprechen desintne — : ut in his — ; et medius — ; et in
'here' — . Obwohl freilich auch an jener Stelle ut K — ;
ut Q — ; ct nostrarum — moglich wiire. Hiilt man einmal
einen beabsichtigten Parallelismus beider Satzbildungen, der
allerdings logisch nicht absolut nothwendig, fiir wahrschein-
lich, so wiirde sich wohl ut — , et — , ct — immer noch
mehr empfehlen als ut — , ut — , et — , weil man in diesem
Falle der rh^torischen Concinuitat halber doch eher ein
dreiuialiges ut — , ut — , ut — erwarten wiirde. — Wie Z. 9
das in entbehrt werden konne, erklarte ich schon oben fiir
unfindbar. — Z. 10 kann notam, welches vor illam noch
leichter austiel als nach aspirationis, nicht fehlen, weil sonst
im Folgenden das quac ct ipsa — nota est gar nicht zu
6) [Ob Z. 5 propriae statt proprie, wie ich bei Bounell auB dem
Bambergetisis augefubrt tiude, etwa auch iui Bernenaia steht, wei*w
ich nicht; zu vertheidigen scheint ea mir kauni bei logisch scharfer
Interpretation.]
VR. BITStUKLII OPV8CVLA III. 46 •
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722 GRAMMATI8CHES BEI QUINTILIAN
verstehen ware. — Z. 12 ist ut so nothwendig wie Z. 13
vor Q das et, wenn gegliederter Satzbau und deutliche Rede
herauskomnieu soll, obgleich letzteres (nach est) die geringern
Handschriften (nicht die Berner und die Bamberger) ganz
auslassen, fiir das erstere aber alle et geben. — Z. 13 er-
halt Spaldings unweigerlich erforderliches similis effectu
specicque erwiinschteste Bestiitigung durch den Bernensis, der
gerade so hat, sowie den Bambergensis, in dem von erster
Hand effectus (abcr mit wieder ausradirteni s) spccieque steht,
wahrend erst die zweite die vermeintliche Verbesserung
spccicsque anbrachte. — Z. 14 ist es einleuchtendermassen
reine Thorheit, das cappa der Handschriften mit Berufung
auf Buttmann's (gar nichts beweisende) Grammatik verthei-
digen zu wollen; nachdem er eben vom K d. i. xdnTTCi ge-
sprochen, konnte Quintilian, auf das ?' iibergehend, unmog-
lich anders als coppa oder koppa, wo nicht vielmehr griechisch
kottttci sagen. — Z. 16 ist des Petrus Pithoeus treffliche
Emendation qttam psi quacrimus fiir das quam si quaerimus
der besten Biicher so schlagend, dass von den Interpolationen
der schlechtern nicht weiter zu reden ist.
5.
Nach den nun folgenden Worten fAtque etiam in ipsis
vocalibus . . . . et vos ut tvos', wie sie oben unter 1.
eio festgestellt wurden, fahrt sodann Quintilian I, 4, 10 fort:
fAt quae ut vocales iunguntur, aut unam longam faciunt*
ut veteres scripserunt qui geminatione earum velut apice
utebantur, aut duas: nisi quis putat etiam e* tribus voca-
libus syllabam fieri, si non aliquae officio consonantium
fungantur.'
So die guten Handschriften, von denen die geringera
nur dadurch abweichen, dass sie nach fieri entweder, wie
die Lassberg'sche, quod nequit, oder, wie die ZQricher von
zweiter Hand, quod nequit fieri einschieben: eine so augen-
scheinliche Interpolation , dass wir uns dabei nicht aufzu-
halten haben. Desto griindlichere Schwierigkcit macht aber
das aut duasf in Betreff dessen ich Stiinder's Argumentation
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GRAMMATISCHK8 BEI QUINTILTAK
723
a. a. 0. p. 22 ff. im wcseutlichen vollkommen richtig findc.
Auf den ersten Blick kann es scheinen, als wolle der Schrift-
steller nur iiberhaupt von der Verbindung (d. i. dem Neben-
einanderstehen) zweier Vocale sprechen und die verschieden-
artige Geltung einer solchen Verbindung erortern. Ganz
recht wurde er dann als ersten Fall dcn setzen, wenn, wie
iu Accianischer Zeit, AARA LBE6E LWCEM geschrieben wurde
zuin Ausdruck eines langen 'Vocals' (nicht einer langen
'Sylbe'); als zweiten den, wenn dadurch zwei — mit nichten
Vocale, sondern Sylben (was doch nicht cinmal dasteht)
gebildet werden, wie z. B. in duas selbst oder deus filius
o. s. w. Wie? und den dritten Fall, dass beide Vocale zu
einer Sylbe zusammenschmelzen, wie in aut haec ftoena,
d. h. zu einem Diphthong werden, sollte er geradezu mit
Stillschweigen Obersprungen haben? und dennoch gleich
darauf sogar den Fall, dass drei Vocale nur eine Sylbe
bilden, wenigstens als Moglichkeit oder als theoretische An-
sicht erwiihnen? Eine solche Uebergehung ist als Absicht
rein undenkbar. Zugleich aber, wie hier etwas zu wenig, ist
anderseits etwas zu viel. Denn ebensowenig konnte es in
der Absicht des Schriftstellers liegen, den einen der vorher
aufgefiihrten Fiille uberhaupt heranzuziehen : niimlich den
zweiten, der hier gar nicht am Orte ist. Denn mit nichten
will er von jedem Zusammentreffen zweier Vocale handeln,
sondern eben nur von denen *quae ut vocales iunguntur%
welcher Begriff viel schiirfer und enger zu fassen ist als ein
blosses iuxta ponuntur. Dass es vielmehr so viel ist wie
fm unam syllabam coagmentantur' , sah Meyer sehr richtig,
nur dass er eine falsche Anwendung davon machte, und
Stiinder belegt diese Bedeutung mit zutreffenden Beispielen
der Grammatiker. Quintilian selbst meint es nicht anders,
wenn er bald darauf § 11 nach Erwiihnung der Ciceronischen gh
Scbreibung aiio maiiam *geminata i' fortfahrt: quod si cst,
ctiam iungetur ut consonans, d. h. i macht mit dem folgenden
o oder a eine Sylbe (wiihrend das erste i mit dem voran-
gehenden Vocal zusamniengehdrt). Darauf weist ja auch
klarlich der Uebergang mit At quae . . . hin, in diesem
Gegensatze: Svenn zwei Vocalzeicheu nebeneinander stehen,
46*
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724
GRAMMATISCHES BEI QUINTILIAN.
so ist entweder das eine gar kein Vocal, sondern vielmehr
Consonant, wie in iam und tws, oder aber es sind zwei
Sylben, wie in ctiam und tuos\ hingegen wenn es zwei
Vocale sind, die als solche zu einer Einheit werden, so
ist das entweder die alte Schreibweise fiir Vocallange oder
— Diphthong'. Es bleibt gar nichts anderes iibrig. Aber
es gibt aucli keinen andern Ausdruck fur diesen hier uner-
lasslichen Begriff, als eben diphthongum oder sehr mog-
licher Weise griechisch biqpeoYYOV, und so muss Quintilian
da geschrieben haben, wo jetzt duas steht, So befremdlicn *
auch diese Vertauschung beim ersten Anblick erscheinen
mag, es ist unerbittliche Logik, die zu dieser Aunahme
zwingt. Entstanden ist das duas offenbar, und schon iu
recht friiher Zeit, aus der erkliirenden Beischrift eines Lesers,
der sich den Gegensatz suchte zu dem unam in dem voraus-
gegangenen aut unam longam faeiunt, wozu er falschlieh
syllabam supplirte. Und wahrscheinlich geschah diess in
eiuer Handschrift, in der statt des griechischen Wortes
(wie so huurig) eine Liicke gelassen war, welche denn ein
Spiiterer meiuen konnte durch das selbsterdachte duas ganz
schicklich auszufullen.
An die Erwahnung der Diphthonge schliesat sich nun
durchaus ptissend die, unverkennbar misbilligende, Aeussenmg
tiber die etwaige Annahme auch eines Triphthongs an: fman
miisste denn auch aus drei Vocalen, und zwar ohne dass
einer derselben bloss consonantische Kraft habe, eiue Sylbe
wollen entstehen lassen'. Was mit den Worten si non ali-
quae officio consonantium fungantur ausgcschlossen wird. ist
klar: es sind die Falle wie quae quoi seruae Troiac, auch
seruei scrucis oucis nach iilterer Schreibung. Welche aber
w^rden als ihnen entgegengesetzt gedacht ? Die bald darauf
(§ 11) erwahnten Ciceronischen Schreibungen aiio maiia.
oder selbst das von Julius Caesar empfohlene pomfeui
(Priscian I p. 14 Hertz) kann Quintilian nicht gemeiut haben.
da, besonders nach der griindlichen Belehrung vou W.
Schmitz ?Studia orthoepica et orthographica latina? (in
dem Diirener Gvmuasialprogramm von 1800), kein Zweifel
ist, dass dort das eine /' eben als Consonant gefasst wurde:
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«RAMMATI8CHES BEI QCINTILIAN.
725
was nicht minder auch bci dem alten iovs iovrare [iovbeo| 6ia
der Fall. Thorheit wiire es ferner, etwa an die bei den
Dramatikeni durch Synizesis einsylbigen Forraen, wie nicht
nur tuae suae duac fund diei], sondern auch dcae mcac (oder
mceis decis) zu denken, da dergleichen metrische Singulari-
taten, ausser etwa wenn sie daktylische Dichter wie Virgil
betrafen, niemals sind von den Grammatikern als solchen in
den Bereich ihrer rein spraehlichen Betrachtungen gezogen
worden, am fernsten aber dem Quintilian lagen. Es bedarf
durchaus solcher Falle, die mit Nothwendigkeit, nicht bloss
durch individuelles Belieben, drei Vocale zu einer Sylbc
vereinigten. Ausgeschlossen ist also auch der Gedanke z. B.
an ein dreisylbiges praeoptarit bei Catull und dergleichen
(wovon s. L. Muller de re metr. p. 273); ausgeschlossen
auch der an ein zweisylbiges praccsse praccrit: denn so ge-
schriebeu waren diese Worte eben nicht zwei-, sondern drei-
sylbig, uud wenn sie zwei§ylbig sein sollten, wurden sie
nicht mit drei, sondern nur zwei Vocalen praesse praerit
geschrieben, wie in den Gesetzesurkunden des 7ten Jahr-
hunderts (bei Lachmann zu Lucr. p. 135), so gut wie
dcsse dcst (Mttller a. a. 0. p. 247. 253) mit einfachem c. —
lch weiss nur eine Erscheinung der Latinitat, die Quintilian
fuglich im Sinne haben konnte: eine Erschcinung, die wir
zwar in den uns erhaltenen Schriften der alten Grammatiker
nirgends mehr beriihrt tinden, deren sichere Kunde wir aber
den Inschriften verdanken. Es ist die alte Schreibung aei
iiir ae, als deren Beispiele ich schon in 'Monuni. epigr. tria'
p. 8 f. (vgl. p. 21) zusammenstellte caeicilivs auf dem
(trenzsteine der Pataviner und Atestiner aus dem .lahre 613
(P. L. M. L VII, A und LVIII, Ab; C. I. L. Bd. I n. 547 6);
conqvaeisivei7) auf dem Meilensteine der via Popillia aus
dem J. 622 (P. L. M. LI, B-, C. I. L. n. 550); caeicianms
;iiif Denaren der gens Cassia um die Mitte des 7ten Jahr-
hunderts (C. I. L. n. 378): mit welcher Zeit ziemlich coinci-
diren wird die in Sprachformen und Fassung den bekannten
7) Diese Form hiltte spintisirenden Grammatikern sogar Anlas«
geben konnen, von cinem echeinljaren Tetraphthong zu sprechen.
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726
GRAMMATISCllES BEI QUINTILIAN.
Capuanischen Steinen so analoge Inschrifk von Cartagena
(C. I. L. n. 1478), die uns ein caeicims bietet. Hierzu eiii
Tafelcben von der Insel Majorca mit caeicilivs (C. I. L.
n. 1487); ferner noch aus der Regierungszeit des Caracallus
einfc romische (Gruter 44, 2) mit caeilio8). Aus alter Zeit
6i3 aber glaube ich noch das (freilich bezweifelte) praeitor
mit um so grosserer Zuversicht hinzufugen zu diirfen, als
hier jene Schreibung nicht nur durch die etyinologische
Entstehung der Form aus prae-itor begunstigt ward, sondern
sich auch auf einem und demselben Mouunient (dem Popilli-
schen Meilenstein) mit dem unzweifelhaften conqvaeisivei
findet: woruber das Actenmassige aus den 'Observationes in
leges Viselliam Antoniam Corneliam' (1860) p. VI und der
Enarratio der P. L. M. p. 46, sowie anderseits aus Momm-
sen s Commentar zum C. I. L. p. 154 zu entnehmen ists).
Diese Thatsache also war es vermuthlich, die, wie ich
schon Mon. ep. tr. p. 22 Anm. andeutete, Quintilian im Ange
hatte, wenn er sie auch schwerlich aus eigenem Studium
der Inschriften geschopft, vielmehr den Verhandlungen alterer
'magistri artis' entnommen haben wird. Fragen wir nach
dem Grunde solcher Schreibung, so ist zuerst ersichtlich.
dass praeitor ausser Gemeinschaft mit den tibrigen Bei-
spielen steht, da dort der Triphthong aus ae-i hervorgegangen
ist und uns die ursprungliche Bildung praeitor in analoger
Weise vor Augen stellt wie praevides statt des contrahirten
praedes: nur dass es um 622 sicherlich nicht mehr dreisylbig
gesprochen wurde. Dagegen die ubrigen Falle werden wir
vielmehr auf ein a-ei zurttckzufiihren und mit dem allniah-
lichen Ucbergange von e—ei—i in Verbindung zu setzen
8) Das aus mehr als einem Grunde im hdchsten Grade verdach-
tige qvaki bei Orelli 4404 bezeichnete ich schon Enarr. P. L. M. p. 51
als Unform.
9) Mommsen^s Berufung auf den r c&nsensus eorum qui ipsum h-
pidcm t idcrunt1 glaubo ich in der Abhandlung Uber die Tesserae gla
diatoriae p. 33 Anm. (Abh. der I Kl. der k. bayer. Akad. der Wias.
Bd. X Abth. 2 p. 323) hinlanglich erledigt zu haben. Uebrigeus i*t
auch da8 Fac8imile in den Mon. ep. tria n i c h t dasaelbe wie in deu
P. L. M., vielmehr daa letztere ein nach dem Papierabdruck genau
verbeBsertes, demnach fttr die hiesige Streitfrage allein massgebende?.
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GRAMMATISCHES BEI QUINTILIAN.
727
haben, wie solcher z. B. in dem oben beiliiufig erwahnten
opemivs opeimivs opimivs zu Tage liegt, oder an ne nei ni
einmal nachgewiesen wurde im Rhein. Mus. VIII p. 479 ff.
[=Opusc. II p. 622ff.]. Als Acciu8, wie wir wissen, fiir das
lange i die Schreibung Ei zur Geltung zu bringen suchte,
konnte er sehr wohl auch den Diphthong AE oder ai in den
Bereich seiner auf Systematisirung ausgehenden Betrachtung
ziehen und auf dessen zweites Element dieselbe Schreibweise
Ei anwenden, die er fiir den einfachen langen Vocal festsetzte.
Denn was hinderte ihu, dieses i oder E fiir lang zu nehmen? 6u
zumal ja in Albai Longai und dergleichen eine Lijnge deut-
lich vorlag. Zu der Zeit des Accius aber passen die vor-
handenen Beispiele so gut wie moglich. Erhalten freilich
konnte sich eine solche Kiinstelei nicht: und Lucilius hat ge-
wiss das Seinige dazu gethan, sie in Vergessenheit zu bringen.
Auch hat man sich dariiber ganz und gar nicht zu wundern,
dass — wie in so vielen analogen Fallen — nach noch
lange andauerndem Schwanken schliesslich nicht das jiingere
ai sich durchsetzte, sondern das iiltere AE zur entschiedenen
Herrschaft kam.
Nachtrag.*)
Kaum war, was ich Bd. XXII p. 600 ff. [oben p. 711 ff.] 2is
uber das Ennianische Metioeo Fufetioeo bei Quintilian
erortert, im Druck erschienen, als mich Freund Fleckeisen
* auf das bose dudpTn.ua uvnuoviKOV aufmerksam machte, nicht
Bergk's Behandlung derselben Stelle gegenwartig gehabt
zu haben, die bereits 1861 in Fleckeisens Jahrbiichern
Bd. 83 p. 327 ff. veroffentlicht war. Aber wer nicht in
Bibliographie und Adversarienschreiberei untergehen will,
dem ist auch heutzutage nicht mehr zuzumuthen, in sieben
oder acht philologischen Zeitschriften — die gemischten gar
nicht zu rechnen — nichts zu iibersehen oder wieder zu
vergessen. Jedenfalls konnte ich die zehn- und zwanzigfache
Zahl von Beispielen in Gegenrechnung stellen, in denen meine
*) [Bhein. Muaeuni f. Philol. Bd. XXIII (1868) p. 218.]
728 GRAMMATISCHES BEI QUINTILIAN.
eigenen Beitrage zum Rheinischen Museum ungekannt oder
unberucksichtigt geblieben sind, ohne dass ich je ein Wort
dariiber verloren habe. — Was nun Bergk's Resultat anlangt^
so sagt er selbst von ihm p. 329, dass es 'auf streng metho-
dischem Wege' gewonnen sei. Genau dasselbe glaube ich
von dem meinigen sagen zu dttrfen, da ich mir bewusst bin
keine Zeile ohne das reiflichste Nachdenken niedergeschrieben
zu haben. Desto grossern Vortheil fGr die Sache selbst mag
es also bringen, dass zwei ganz unabhangig von einander
versuchte Losungen nun der unbefangenen Entscheidung
Dritter a^heimgegeben sind. Meinerseits bekenne icb, an
Bergk's ziemlich gesuchtes ... Metie 6 Fufettie ... schon
an sich wenig Glauben fassen, hauptsachlich aber dadurch
die xeadem vitii geminatio' in keiner Weise belegt finden zu
konnen.
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XXIII.
Der Dichter Florus *)
*
Der geehrte Reisende [Theodor Oehler], dessen dankens- ™*
werthe Gaben dem ersten Hefte [des Rheinischen Museums
fiir Philologie N. F. Bd. 1] (p. 130 ff.) zu besonderer Zierde
gereichten, begleitet das nachstehende Ineditum mit folgenden
Zeilen.
*In Betreff des fragmentum Flori bemerke ich, dass es
dem Cod. Bruxell. 10677. foL 73. b. saec. XII entnommen
ist, und dass eine wenig jiingere Hand (wahrscheinlich die-
selbe, die den ganzen Codex hindurch Vieles corrigirt hat,
und auch noch in's 12te Jahrh. fallen mag) zu Anfang des
Aufsatzes Einiges am Rande beigekritzelt hat, wovon ein
Theil durch des Buchbinders Beschneidmesser weggenommen
worden ist, was ich aber so lesen zu mtissen glaube: fin
alio quateruione ex integro hanc scripturam habeo.' Sie
konnen Sich denken, dass ich diesen Quaternio aufzufinden
suchte, sowohl in diesem Manuscript, als in andern von der-
selben Grosse und Herkunft. Aber meine Bemtihungen waren
erfolglos. Der merkwiirdige Codex, woraus ich Ihnen dies
Fragment und frtiher die Versus Tranquilli Physm mittheilte,
wird in dem 'Inventaire des Mss. de la Bibl. de Bourgogne*
von 10615 — 10729 sehr mangelhaft beschrieben. Er umfasst
132 Pergamentbliitter kl. PoL und ist in zwei Columnen ge-
schrieben. Um die Mitte des 15ten Jahrhunderts gehorte
er dem St. Nicolaus-Hospital bei Cuss an der Mosel, im soa
*) [Bhein. Museum f. Philol. N. F. Bd. I (1841) p. 302-314.]
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730
PKR DICHTER FLORUS.
17ten Jahrh. den Bollandisten zu Tongerloe, und gegen
Ende des vorigen Jahrh. machte er die Wanderung in die
'Bibliotbeque Nationale' nach Paris, bis er nach 1815 der
hiesigen Bibliothek, mit vielem Andern, was eigentlich
Deutschland angehort hiitte, zugestellt wurde. Es ist dies
dasselbe Manuscript, welches Pertz im Archiv f. alt. d. Gesch.
VII p. 1004 — 7 beschreibt, worin er Guidos von Amiens
Gedicht ttber die Schlacht von Hastings entdeckte und
woraus Jacob Grimm die Ecbasis Captivi hcrausgegeben hat.
Was mir noch vergonnt war darin aufzufinden (z. B. Epi-
gra^mme des Martial, Priapeia, Ciris und einen yoII-
sta>digen Manilius, alles unverglichen; femer einen voll-
standigen Dracontius, der ungefahr 2000 Verse mehr enthalt,
als die letzte Ausgabe von Carpzov), will ich Ihnen spater
noch anzeigen.'
Wir lassen jetzt das interessante Stiick selbst folgen,
indem wir sogleich Interpunction und Orthographie berich-
tigen, von sonstigen Verbesserungen aber nur die zum Ver-
stiindniss des Sinnes unentbehrlichsten in deu Text nehmen,
andere, darunter eine Reihe vorztiglich beachtenswerther, die
wirSchopen's Scharfsinn verdauken, mit der nachtraglichen
Angabe der handschriftlichen Lesarten und den nothigen
Rechtfertigungen verbinden.
P • ANNII • FLORI •
Virgilius Orator an Poeta Incipii
Capienti mihi [quietem] in templo et saucium vigi-
lia caput plurimarum arborum amoenitate, euriporum
frigore, aeris libertate recreanti obviam subito quidam
fuere, quos ab urbis spectaculo Baeticam revertentes
5 sinister Africae ventus in hoc littus excusserat quorum
unus, vir ut postea apparuit litteris pereruditus, subito
ad me convenit et, salve, inquit, hospes: nisi molestum
cst, dic nomen tuum: nam nescio quid oculi mei ad-
monent, et quasi per nubilum recognosco. — Quid istic?
10 inquam, Florum vides, fortasse et audieris, si tamen in
illo orbis terrarum conciliabulo sub Domitiano principe
crimini nostro adfuisti. — Et Baeticus, tune es, inquit,
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DKR DICIITER FLORCS.
731
ex Africa, quem sunimo consensu poposcinius invito 304
quidem Caesare et resistente, non quod tibi puero invi-
15 deret, sed ne Africa coronam magni Iovis attingeret?
— Quae cum me videret verecunde agnoscenteni , in
amplexum effunditur et, ania, inquit, igitur fautorem
tuum. — Quidni amem? — Et manu alterutrum tenen-
tes avidissime nascentem amicitiam foederabamus, cum
20 ille brevi intervallo usus, et quid tu, inquit, tam diu in
hac provincia? nec in nostram Baeticam excurris nec
urbem illani revisis, ubi versus tui a lectoribus conci-
nuntur et in foro omni clarissimus ille de Dacia trium-
phus exultat? potesne cum hoc singulari ingenio tan-
25 taque natura provincialem latebram pati? nihil te caritas
urbis, nihil ille gentium [victor] populus, nihil seuatus
movet? nihil denique lux et fulgor felicis imperii, qui in
se rapit atque convertit omnium oculos hominum ac
deorum? — Atque ego varie perturbatus, quid nunc vis
30 tibi respondeam? o quisquis es, mihi quoque ipsi hoc
idem mirum videri solet, quod non Roinae morer. —
Sed nihil est difficilius quain rationem reddere actus
tui. — Quare desine me in memoriam priorem redu-
cendo vulnus dolorum meorum rescindere. propitia sit
35 illa civitas, et fruantur illa, quibus fortuna permittit.
quod ad me pertinet, ex illo die, cuius tu mihi testis
es, postquara ereptam manibus et capiti coronam meo
vidi, tota mens, totus animus resiliit atque abhorruit ab
illa civitate, adeoque sum percussus et consternatus illo
40 dolore, ut patriae quoque meae oblitus [et] parentium
carissimorum similis furenfl huc et illuc vager per diversa
terrarum. — Et ille, quae tamen loca quasve regiones
peragrasti? — Si ita indulges otio, plane quam breviter
exponam, nec invitus priorum recordabor. primum Sici-
45 liam nobilem vidi domesticam Cereris. secundam deinde
Creten patriam Tonantis, et a laterc vicinas Cycladas
salutavi. inde me Rhodos, et ab regressu Aegyptium
pelagus [allexit], ut ora Nili viderem et populum sem- 305
per in templis otiosum peregrinae deae sistra pulsantem.
50 inde rursus ltaliam redii, et taedio maris cum medi-
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732
DER DICHTER FLORUS.
terraneam [plagam noscere] concupisce[re]m, secutus
[sum] Gallicas Alpes et lustro populos Aquilone pallen-
tes. inde sol occidens placuit: flecto cursum: sed sta-
tim par horrore, par vertice, par ille nivibus Alpinis
55 Pyrenaeus excepit. vides, hospes, quae spatia coeli
peragraverim , quae maris quaeve terrarum. non aliter
mehercules, si conferre parvis magna licet, saeer ille
iuvenis terras pervolitavit, cui Terra mater capaces
oneraverat frugibus amictus, et cum alite serpente cur-
60 rum ipsa iunxisset, nisi toto orbe peragrato vetuit suas
redire serpentes. liceat ergo tandem fatigato hic ali-
quando succumbere. si Scythes essem, iam plaustra
solvissem; si vagus gubernator, iam dicata pelagi deae
prora penderet. quousque vagabimur? an semper hospi-
65 tes erimus? ferae cubile prospiciunt, et aves senescunt
in nido. si fata llomam negant patriam, saltim hic
manere contingat. quid, quod consuetudo res fortis est?
et ecce iam familiaritate continua civitas nobis ipsa
blanditur, quae, si quid credis mihi, qui multa cognovi,
70 omnium rerum, quae ad quietem eliguntur, gratissima
est. populum vides, o hospes et amice, probum, frugi,
quietum, tarde quidem, sed iudicio hospitalem. coelum
peculiariter temperatum miscet vices, et notam veris
totus annus imitatur. terra fertilis campis et magis col-
75 libus: nam Italiae vites atfectat et comparat areas [et]
serotino non erubescit autumno. si quid ad rem perti-
net, civitas ipsa generosissimis auspiciis instituta. nani
praeter Caesaris vexilla, quae portant triumplios, unde
nomen accepit, adcst etiam peregrina nobilitas. quippe
80 si vetera templa respicias, hic ille colitur corniger praedo,
qui Tyriam virginem portans dum per tota maria lasci-
vit, hic amisit et substitit, et eius quam ferebat oblitus
3o« subito nostrum littus adamavit. Hic cum ego respiras-
sem, statim Baeticus, o, inquit, beatam civitatem, quae
85 in te incidit. quemadmodum tamen te prosequitur et
quid hic [a te] agitur? unde subvenit reditus? an pater
ab Africa subministrat? — Vnde [tu putas? a patre
quidein] nequaquam, cum [eum] hac ipsa peregrinatione
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DER DICIITER FLORIS
733
oflenderini. in reditu est mihi possessio litterarum. —
90 0 rem indignissimam! et quam aequo fers illud animo,
sedere in scholis et pueris praecipere? — Ad quam
illius interrogationem in hunc modum respondi. non
miror [te] eius nunc esse persuasionis, qua et ipse
quoque aliquando diu laboravi. totum enim, quod [hic]
95 egimus, quinquennium ita mihi pertaesum erat huius
professionis, ut nusquam vivere putarem hominem mise-
riorem. sed subinde retractanti sortemque meam cum
fortunis et ceteris vitae laboribus conferenti tandem
aliquando pulcritudo suscepti operis apparuit. scire te
100 ergo nunc oportet, nullum maius praedium, nullam pro-
curationem, nullum honorem decerni, quantus hic sit
nostrae professionis. nempe si mihi maximus imperator
mille vel centum homines regendos tradidisset, non
mediocris honos habitus mihi videretur; cedo si prae-
105 fecturam, si tribunatum: nempe idem honos, nisi quod
merces amplior. si ergo non Caesar, sed fortuna hoc
genus stationis iniunxit, uti pueris ingenuis atque hone-
stis praesiderem: nonne tibi [videorj pulcrum atque
magniticuin consecutus officium? quaeso enim propius
110 intuere, utrum praeclarius sit sagulatis an praetextatis
imperare? barbaris efferatisque pectoribus an mitibus et
innoxiis? bone Iupiter, quam imperatorium, quam regium
est sedere a suggestu praecipientem bonos mores et
sacrarum studia litterarum, iam carmina praelegenteni,
115 quibus ora mentesque formantur, iam sententiis variis
sensus excitantem, iam exemplis ro
Die geringfugigern Abweichungen der Handschrift sind
Z. 2 capud und antenitate, 5 affrice, b* literif, 8 — 9 ammoucnt,
11 domiciano, 13 affrica, 14 eefare, 15 affrice, 46 eicladaf, 307
47 effiptium, 55 pireneuf, 81 tirianij 83 lituf, 87 aff?ica, 91
fcclifj 111 inperare, 112 inperatorium. Von starkern Fehlern
ist der Ausfall einzelner Worter das Hiiungste, wie denn alles
Eingeklammerte nicht in der Handschritt steht, sondern ver-
suchte Ausfiillung muthmasslicher LUcken ist: daher gerade
in dieser Beziehung der Verdacht wohl auch noch weiter
gehen darf. - P. ANNIIJ PANNH die Handschrift. — Z. 1
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734
DEK DICHTER FL0RU8.
ist entweder Capienti nicht der Anfang des Satzes, und ein
Begriff wie quietem ging voraus, oder dieses Wort ist nach
mihi ausgefallen, wie Schopen's Meinung ist^ der den Haupt-
fehler der Stelle in tcmplo sucht. Fiir Z. 2 erinnert derselbe
an die bei den Gartenanlagen der Alten ofter vorkommenden
euripi. 3 libertate] salubritate Schopen. 9 per nubilum re-
coijnosco] pcr nebulam te recognosco Schopen. 12 crimini mit
Bitterkeit, namlich im Sinne des Domitian, der es dem Flo-
rus zum Vorwurf machte, dass er Africaner war. certamim
Schopen. 15 affricc corona Cod. Nach Analogie der Appu-
lejischen Sprache wiire auch Africam corona moglich. 18
manum aUcrutrum Cod. 26 victor ist zugesetzt worden nach
Florus III, 9, 3 victor gentium populus; III, 13, 4 populus
gentium victor orbisque possessor; Seneca de benef. V, 15 vidor
pacatorque gentium pcpuktS] Cicero Planc. 4, 4 huius principis
populi et omnium gentium dotnini atque victoris. Vgl. Florus
IV, 2, 1 principi gentium populo. Durch die Beziehung aut
den Zusammenfluss aller Nationen in Rom schien Welckern
gentium populus zu vertheidigen. 31 tnoror? 36 ad] a CoA
Ebend. cuius] ciunf e quo Cod. 41 Besser wohl vagarer: er
hat ja jetzt Ruhe gefunden. 42 tamen] tandem Schopen. 43
si ita] si tu derselbe. 45 domesticam Cereris sedetn. deimie
vermuthet Schopen sehr sinnreich. 47 me ist im Cod. unter-
strichen, darum es Schopen weglassen und ohne aWexit
schreiben mochte indc Bhodon (abhiingig noch von salutavii
62 si Scythes Welcker, an ctuaSofhoi erinnernd. Si cithef GfA
63 vagus] navis Schopen. 72 tarde quidetnt sed iudicio Scho-
308 pen, wofUr man nur lieber cum iudicio wiinschte. tardem qui-
dem /cf* iudicio Cod. Allerdings hier weniger passend ware
tardum quidem iudicio, sed. 75 itaUa Cod. 78 portat Cod.
Freilich auffallend, dass die vexilla triumphos portant: daher
Schopen portendunt vorschliigt. 86 quid hic agitur (ohue o
te) entschuldigt Schopen als eine, nicht zum Besten ange-
brachte Terenzische Reminiscenz. 87 Schopen kUrzer: Vmlc
tu putas, ncquaquam, cum — .-Statt cum eum kqnnte cs auch
quem heissen. 89 jwssessio] professio Schopen, wie allerdings
Z. 96. 102 steht Nacli litterarum niuss wohl der Ausfall
einer ausdrUcklichen Erwahnung des Schulehaltens angeuom-
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DER DICHTER FLORUS.
735
men werden. 94 aliquando diu] aliquamdiu Schopen. Ebend.
totum enim quod [hic] egimus, quinquennium ita Schopen. to-
tum enim quod egimuf quinquennio ifto Cod. Jetzt ist ihui ja
aber seine professio nicht mehr zuwider; also vielleicht toto
enimf quod [ab initio] egimus, qmnquennio. 97 Et fubindc re-
tractant Cod. 100 magif predium Cod., verbessert vom Ent-
decker. 101 deccrni] vielleicht stand noch posse. 102 maxi-
mus imperator mille vel centum] maximuf in putem id e
centum Cod. Mit Beziehung auf das folgende: si praefectu-
ram, si tribunatum (r lauter Stellen in der Armee, nach einem
Klimax geordnet, s. Madvig Opusc. p. 38') mochte Schopen
lesen: maximus imperator centuriatum, id est centum homines
regcndos u. s. w. Nur lnocbte dann der Zusatz mit id est
schwerlich eigene Erklarung des Florus, sondern eher spiiteres
Glossem sein: obwohl Schopen, zumal bei der Doppelsinnig-
keit des Wortes centuriatits, durchaus nichts Anstossiges darin
zu linden erkliirt. 104 honor Cod. 113 a] in Schopen. 110
excitantur Cod. Ebend. ro ] etwa Bo[manae eloquentiae.
Wir fassen die Hauptmomente der Erkliirung, die leicht
zu einer stattlichen Abhaudlung Stoff giibe, in bUndigster
Kurze zusammen. Die Krankung, die das stolze und ehr-
geizige, dabei charaktervolle und willensstarke Gemiith des
jugendlichen Florus von Domitian erfuhr, und in Folge deren
er das Afrische Vaterland gleichwie Rom selbst mied, lange
in deV Welt umherstreifte und endlich in einer Kustenstadt
Hispaniens in der selbstgewahlten Thiitigkeit des Jugendunter-
richtes eine erhebende Befriedigung fand, — diese Kriinkung
wurde ihm, wie die Worte 'corona magni /ot^s' [Z. 15] lehren, jh»
an den von Domitian eiugesetzten ludi Capitolini zu Theil.
Denn nicht nur an den jiihrlich gefeierten Quinquatrien der
Minerva liess dieser oratorum ac poetarum certamina statt-
finden, sondeni nach Sueton c. 4 'instituit et quinquennale
certauien, Capitolino Iovi triplex, musicum equestre gymni-
cum, et aliquanto plurium quam nunc est coronato^um,:
worauf es weiter heisst: fcertabant enim et prosa oratione
graece latineque; ac praeter citharoedos chorocitharistae quo-
que et psilocitharistae' etc. Nicht nur griechische Miinzen
und Inschriften erwiihnen diese Capitolinischen Spiele im
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73G
DER DICHTER FLORL'8.
allgemeinen, sondern eine lateinische bei Orelli n. 2603, an-
gefiihrt schon von Scaliger, gibt uns selbst das auschau-
lichste Bild des speciellen Falles, in welchem Florus wai:
L. VALERIO L. F. PVDENTL HIC CVM ESSET ANKOBVM XIII
ROMAE CERTAMINE SACRO IOVIS CAPITOLINI LVSTRO SEXTO
CLARITATE INGENII CORONATVS EST INTER POETAS LATINOS
omnibvs SENTENTns ivdicvm u. s. w. Eben so hatte Florus,
von der allgemeinen Stimme zum Sieger erklart (quem summo
conscnsu poposcimus), ein inter latinos poeias coronatus (denn
seine versus sind es, die noch spater a lectoribus concinuntHr\
oder mit anderm Ausdruck ein de latinis poctis coronatns
{wie Palfurius Sura bei Suet Dom. 13 de oratoribus corona-
tus heisst) werden sollen; nur die eigensinnige Laune des
Kaisers brachte ihn um den Preis, den jener entweder dem
Provincialen flberhaupt, oder dem Africaner insbesondere,
misgonnte. Das Beispiel des Valerius Pudens benimmt auch
dem *puerof das Auffallende, was diess auf den ersten Blick
hat; in jenen Zeiten mogen solche fingenia praecocia' nichts
gar Seltenes gewesen sein.
Der Ort, wo nach langen Reisen Florus endlich aussere
und innere Ruhe fand, wird kein anderer sein als Tarraco
(Tapp&KUJv) an der Ostkiiste Spaniens, zwischen den Pyrenaen
(daher * Pyrcnaeus cxcepiV [Z. 55]) und dem lberus, die Haupt-
stadt von Hispania Tarraconensis. In jener Gegend, mit der
Hauptstation Caesaraugusta, stand schon uuter Tiberius die
Legio VI Victrix, desgleichen noch in den letzten Regierungs-
jahren Neros, und so ohne Zweifel weiterhiu, bis sie von
aio Hadriau nacli Britannien versetzt wurde: s. C. L. Grote-
fend in Zeitschr. f. d. Alterthumswiss. 1840 p. 658 ff. Damit
sind die "vcxilla Caesaris9 fZ. 78] erklart, Die Stadt Tarraco
selbst, Tyrrhenica bei Ausonius, von den Scipionen aber ver-
grossert, ftthrte als romische Colonie den Ehrennamen Coh-
nia lulia Yictrix: und darauf gehen die Worte *triumplto>.
unde nomcn accepif [ebd.]. Vgl. Ukerfs Geogr. d. Gr. u. K. IU
p. 419 und Eckhel Doctr. num. I p. 57. Den Beinamen
Victrix fiihrten zwar, wie derselbe IV, 472 nachweist, aucli
die hispanischen Stadte Obulco, Norba, Osca, Toletum,
Neu-Carthago; aber die erste liegt in Baetica, die zweite
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DER DICHTER FLORUS
737
gar in Lusitanien; die andern zwar in Tarraconensis, jedot h
nur die letzte an der Kiiste, alle drei aber weit von den
Pyrenaen, was auch von Sagunt, mit dem Ehrentitel Invicta,
gelten wtirde. Auf eine allzusiidliche Lage wiirde auch we-
der das gemassigte Klima noch das Verschlagenwerden durch
Sddwind passen. — Die auf mythischer Sage beruhende pc-
regrina nobilitas[7i.l9], womit *das * generosissimis auspieiis in-
stituta9 ausserdem bewiesen werden soll, lernen wir allein aus
unserm Fragment kennen. Die in der Litteratur uns iiber-
lieferte Sage lilsst die Europa von Zeus nach Kreta gebracht
werden; ganz vereinzelt schon ist die Angabe von ihrem
Verbergen im Bootischen Teumessus bei Antimachus (Steph.
Byz. s. v.) und Pausanias IX, 19, 1. Dass aber ausser Gor-
tyna, Knossus und natiirlich Sidon noch manche andere
Stadt sich einen Antheil an der Europafahrt zugeeignet
hatte, lehren uns Mtinzen mit dem Bilde des Europaraubes;
so Ainphipolis (nicht das syrische, sondern das macedonische:
s. Eckhel II p. 67 f.), Byzanz, Syrakus bei Kasche Lex.
uumism. II, 1 p. 819 f., und in Hispanien selbst Cala-
gurris, der Geburtsort des Quintilian (wiewohl freilich zwei
benachbarte Stadte dieses Namens unterschieden werden,
s. Ukert p. 447), der nicht einmal an der Kiiste, sondern
ziemlich tief im Binnenlande lag. (Auch die Anspielung
auf Triptolemus in unserm Fraginent Z. 57 gibt neue Ziige
zu der bekannten Gestalt des Mythus.) Vortretflich passt
auf Tarraco, was Florus von der Lage und Fruchtbarkeit
seines Wohnsitzes riihmt; aprica heisst sie bei Martial I, 49,
21, und Plinius N. H. XIV, G, Silius III, 3G9. XV, 177,
Martial XIII, 115 sind voll vom Lobe des Tarraconensischen 31
Weines: 'Tarraco Vitifera et Latio tantum cessura Lyaeo';
"hospita Tarraco Baccho'; 'Tarraco Campano tantuin cessura
Lyaeo", 'Haec genuit Tuscis aemula vina cadis'. Vgl. noch
Pinedo s Anmerkung zu Stephanus von Byzanz p. 637.
Darum also: Italiae vites affectat [Z. 75].
Die Zeit, in welche das Zusammentrelfen des Florus mit
dem Biitiker gesetzt wird, ist durch die Erwahnung des
dacischen Triumphes gegeben, der im dritten Hegierungsjahr
des Trajan, also 101 n. Chr., stattfand. S. Scaliger zu
FB. UTfCHKLIl OPV8CVLA III. 47
738 DER DICHTEB FLORUS.
Euseb. ad a. MMCXVII f. Zwischen 86, dein Einsetzungsjahre
des Capitolinischen Agon (berechnet nach Censorinus von
Orelli Inscr. I p.456) und 96, dem Todesjahre Domitians, hatte
Florus Rom verlassen, und zwar als puer [Z. 14J; ein quinquen-
nium hindurch (Z. 95) hatte er dem neuen Berufe rait Wider-
willen obgelegen, wieder einige Zeit also doch nothig, um
eine Umgestaltung seiner Neigung bis zur vollkommensten Be-
friedigung von sich behaupten zu konnen; ebenfalls ein paar
Jahre miissen auf die Reisen gerechnet werden: so wird es
also schwerlich die dritte, sondern vielmehr die zweite Feier
(lustrum primum) des agon Capitolinus, im Jahre 90, gewesen
sein. auf deren Anlass Florus in offentlichen Wettkampf
trat, sein Geburtsjahr also wohl noch unter Vespasian (f 70 >
fallen. Sehr fuglich konnten sonach seine vierziger Jahre
mit dem Regierungsanfang des Hadrian (seit 117) coincidiren.
Nun wird uns aber eben aus dieser Zeit ein mit Hadrian
personlich bekannter und zwar, wie man sieht, ziemlich ver-
traulich bekannter Florus poeta geuannt von Spartianus
Hadr. c. 16, der eine in scherzhafte Verse gefasste kleine
Correspondenz des Kaisers und des Dichters mittheilt. Diese
Verse sind zwar in Burmann s Anthologie II, 97 lulii Ylm
uberschrieben : allein da sie nirgend andersher als aus Spar-
tianus stammen, so ist das als etwas rein Willkiirliches
giinzlich zu ignoriren. Wahrscheinlich dachte man an den
Julius Florus des Horaz. Wiederum kommt nun in Citaten
des Charisius ein Florus ganz in demselben Verhaltuiss als
Briefsteller an Hadrian vor ('Florus a<1 divum Hadriamun).
und zwar zweimal (p. 38. 113 P. [53. 140 K.]) mit dem trotz
3i2 seines kurzen Inhaltes nicht bedeutungsloseu Bruchstuck: pfr
matis ddector\ Die Verkniipfung dieser zwiefachen Notiz und
ihre gemeinsame Beziehung auf einen und denselben Florus
ist so nahe gelegt, dass es unnatiirlich wiire , sie nicht zu
machen: und es haben sie gemacht Salmasius zu den Scr.
H. Aug. a. a. 0. (vgl. s. Vorr. z. Florus), Vossius de histor.
lat. 1, 30, und ihnen nachschreibend Fabricius B. L. II, 439,
Funccius de imra. 1. 1. sen. p. 597, uud Andere mehr. Um
wie viel mehr werden wir also mit diegeni Florus unsern Afri-
caner identiticiren diirfen, da sogar die Centilnamen zutreffeu!
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PER DICHTER FLORr.S. %
739
Denn das PANNII der Ueberschrift ist doch schwerlich etwas
anders als P. Annii. Anntus Florus aber steht bei Charisius
p. 38 [53] im Napoletaner Codex, wahrend sowohl hier wie
p. 113 [140]f wo im Codex nur noch der letzte Buchstab
sichtbar ist, (denn p. 99 [123] heisst es bloss Florus) die
Ausgaben Annaeus oder Anneus haben, welches freilich auch
eben so leicht in das Verderbniss Annius iibergehen, wie aus
diesem als der wahren Form entstehen konnte.
In dem Dichter Florus, Zeitgenossen des Hadrian, haben
aber ferner Salmasius, Vossius, Wernsdorf P. L. M.
III, 452, Bernhardy Grundr. d. rom. Litt. p. 277 wiederum
den Historiker L. Annaeus Florus zu finden geraeint. Dass
dessen Epitomc renim Ttomanarum unter Trajau abgefasst
worden, geht allerdings aus den Schlussworten des Pro-
oemiums unleugbar hervor; dass ihr Stil und Gehalt kein
historischer , sondern der einer nach damaligem Modege-
schuiack poetisirenden Rhetorik ist, musste und muss jedem
einleuchten. (Die thorichte Meinung, die ihren Verfasser in
Horazens Julius Florus suchte, ist keines Wortes werth;
worauf es beruhen mijge, dass ein Theil der Handschriften
sie nicht Annaeiy sondern allerdings Iulii Flori iiberschreibt,
hat am probabelsten der treffliche Vossius nachzuweisen
versucht.) Unraoglich ist es deranach nicht, dass wir an
unserm Fragment ein Stiick aus der Lebensgeschichte des
Historikers Florus hiitten, der dann etwa im Verfolg des
Gesprachs mit dem Batiker von seiner Abneigung gegen
Iiom allmahlich zuriickgekomraen, und durch geschmeichelten
Ehrgeiz, wie durch den neuen Glanz des Reiches unter
Trajans Scepter, zu dem Entschluss gelockt sein konnte,
seine provinciale Abgeschiedenheit aufzugeben und in die 313
ewige Stadt zuriickzukehren: woselbst er dann alsbald zur
Abfassung, oder wofern diese vielleicht doch schon der Tar-
raconensisehen Zuriickgezogenheit angehorte, zur Herausgabe
seines rhetorischen Schaustiickes sich aufgefordert fiihlen
mochte. Das ist moglich, wie gesagt; im Stil unseres
Bruchstiicks ist Uebereinstimmung genug mit dem der Epi- .
torae, und ira allgemeinen die pikante Manier des Zeitalters,
damit aber zugleich das Gepriige der Aechtheit gar nicht
47*
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740 DER DICHTER FLORUS.
zu verkennen. Allein ein Bedenken bleibt sogleich das Prae-
nomen Ptthlius statt Lucius; die kiinstlichen Annahmen, durch
welche der ohnehin schon vorhandene Wechsel der Namen
(auch der angenommene Zusammenhang mit dexFamilie der
Senecae gehort dahin) hat vermittelt werden sollen, niussten
sich noch weiter steigern und verschranken. Unseres Flo-
rus Identitiit aber mit dem Dichter bei Spartianus und Cha-
risius ist so ohne Vergleich begrundeter als die des letzteru
mit dem Historiker, dass sie gegen diese auf keinen Fall
daran gegeben werden kann, sondern fiir sie vielmehr niass-
gebend sein muss. — Wenn iibrigens inMeyers Anthologie
mit den Versen des Florus an Hadrian (n. 212) die acht
Epigranime (213 — 220), welche im alten Codex des Salma-
sius so wie dem des Thuanus in zusammenhangender Folge
stehen und selbst geineinsehaftliche Ueberschrift (dort Flori,
hier Floridi) haben, auch unter sich sehr gleichartig sind,
in dem Sinne verbunden worden sind, um die Einerleiheit
des Verfassers nach Salmasius* Vorgange anzudeuten, so
leuchtet doch in Sprache und Gedanken dieser Epigraimne.
die durch Einfachheit ansprechen, keinerlei Verwandtschaft
weder mit jenen Versen an Hadrian noch mit uuserm Bruch-
stiick ein; und insofern ist es viel mehr nach unserin Sinn,
wenn Wernsdorf (s. Meyer II p. 90) ftir die acht Epi-
gramme an einen Vibius Florus als Verfasser denkt» — Dass
wir auf die zweite Ueberschrift: Viryilius Orator an Pocta
Incipit, weiter kein Gewicht gelegt haben, wird uns nieht
verdenken, wem die gedankenlose Willkur der Abschreiber,
die Wirkung traditioneller Namen, und die oft unerklarlichen
Spiele des Zufalls gerade in Ueberschriften aus zahlreichen
Analogien erinnerlich sind. Schwerlich ist doch fVirgiliut?,
8u wenn man etwa nur den Zusatz orator an pocta auf Al>-
8chreiberweisheit zuruckfiihren wollte, der Titel einer Schrift
des Florus gewesen, in der dieser selbst redend in der ersten
Person eingefuhrt wird: es miisste denn miser Bruchstuck
in eiuem gar nicht zu almenden Zusammenhange eines
grossern Ganzeu gestanden haben. Dagegen liisst sich als
iiberaus gliicklich der Gedauke Schopen?s bezeichnen, dass
einer fiir das Publicum bestimmten Sammlung der Ge-
»
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DER niCHTER PL0KU8.
741
dichte des Florus das prosaische Stiick, dessen Schluss
uns fehlt, als Vorrede oder Einleitung nach dem Beispiel
anderer Dichter der spiitern Zeit vorangestellt war. Eine
versificirte Vorrede haben schon die Catullischen Gedichte;
ganz als eine Art von Vorerinnerung konnen die paar Di-
stichen vor Ovid's Amoren gelten; auch die Prologi des
Phaedrus und Persius lassen sich hierher rechnen. Pro-
saische Briefe schickt Statius den einzelnen Buchern seiner
Silvae voran, desgleichen Avianus seinen Fabulae, Martial
deni ersten, zweiten, achten, zwolften Buch seiner Epigrannup,
das erstemal sogar ganz allgemein Ejristula ad lcctorem, nicht
an eine bestimmte Person. Wie er aber damit vor Buch 6
eine poetische Einleitung abwechseln liisst, so haben auch
die Catonischen Disticha de moribtis vor Buch 1 eine pro-
saischc, vor den drei folgenden versificirte * Pracfationcs*.
Prosaisch ist auch die Praefatio zu Ausonius' Epitaphia, aus
Poesie und Prosa gemischt die zu den Parentalia. So lernte
allmiihlich der Zeitgeschmack die Miscliung von Poesie und
Prosa auch innerhalb der litterarischen Productionen selbst
ertragen, wovon das erste Beispiel bei Martial vor Buch 9,
das starkste in Ausonius' Idyllia und Epistulae.
Nachtrag.*)
Der gefiilligen Mittheilung des Herrn Dr. Lersch ver- 479
danken wir eine zweite, fruher gemachte Abschriit jenes Stiieks,
herriihrend von Herrn Prof. Bock in Brtissel, deren nicht
ganz unerhebliche Abweichungen von der des llerrn Oehler
hier nachzutragen als kritische Ptlicht erscheint. Nach ihr
stehen zuniichst die p. 306 f. [oben p. 733J bemerkten ortho-
graphischen Kleinigkeiten nicht vereinzelt, sondern sind dahin
zu erweitern, dass immer oder fast immer c fiir ac, ci fur
H, f statt tt (in lituf), inquid, fet geschrieben ist, ausserdem
aparuU Z. 6. 99, At fUr Ad Z. 91, ammonent (nicht am-
niouent) Z. 8, fifciliam Z. 44, fubcumbere Z. 62, beaticuf Z. 84,
*) [Uhein. Muacum a. a. 0. p. 479.]
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742
DER DICHTEB FLORUS
rcddilu Z. 89, Nom Z. 108. Die Ueberschrift wird so an-
gegeben:
P. Annii. Flori. virgilius. orator. an.
poeta incipit.
Unrichtig ist Z. 14 numquid fur non quod. Aber Z. 20 heisst
es ille interim brevi — , desgleichen Z. 85 in te fatigatum
incidit; und wie hier neue Worte hinzugekommen sind, so lasst
die Abschrift Z. 24 zwischen potefne und cum, und Z. 20
zwischen ille und gencium Liicken je eines Wortes. Dort
wird tu, hier sicherlich victor einzusetzen sein, wie diess
schon p. 307 [oben p. 734] vermuthet wurde, nur nicht fur
die richtige Stelle. Z. 30 hat die Abschrift ego statt tibi,
Z. 31 richtig moror, Z. 36 die ctnuf quo tu mihi, Z. 40 pa-
rentum, Z. 47 mc ohne Bemerkuug, Z. 51 unstreitig richtig
concupiffem, Z. 90 istud fur illud, endlich Z. 94 so: totum
cnim quod hic egimuf quinqucnnio ifto || ifto mihi pertefum,
d. h. das erste ifto am Ende der Zeile.
[Auch Theodor Mommsen hat eine Nachvergleichung
des Codex angestellt und diese im Rhein. Mus. f. Philol.
Bd. XVI p. 135 mitgetheilt; ausser der Mehrzahl der bereits
durch die Bock sche Collation angegebenen Berichtigungen
bietet sie noch folgende Nachtriige: Z. 12 Micus, Z. 26 ilk
tc gencium, 7a. 27 inperi, Z. 36 cuius quo tu, Z. 50 fur redii
stand zuerst uidi, Z. 51 concupiscem geandert in concupissem,
•
H
Z. 75 uiccs geandert in uites, Z. 80 uera, Z. 90 Ulud geandert
in istud. C. W.]
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« •
XXIV.
Die Vermessung des romischen ReichsunterAngustus,
die Weltkarte des Agrippa
und
die Cosmographie des sogenannten Aethicus
(Julius Honorius).*)
Zu den merkwurdigsten Beispielen von fast giinzlichem *»i
Stillschweigen der alten Historiker uber wichtige und weit-
greifende Thatsachen, besonders des innern Staatslebens, ge-
hort die allgemeine romische Reichsvermessung und
Reichsschatzung unter Augustus. Sehr allniahlich hat eine
iiberaus sparliche uud triimmerhafte Ueberlieferung meist
spater und spiitester Schriftsteller eine hinlanglich umfassende
Vorstellung von jener grossartigen Massregel bewirkt. Von
einer allgemeinen Reichsschatzung (im Gegensatz zu dem auf
einzelne Lander imd Provinzen beschriinkten Census) spricht.
wie allbekannt, die Stelle des Evangelisten Lukas, die Jahr-
hunderte lang eine fcrux theologorum ' gewesen ist, und mit
der niihern Angabe, dass mit der Vollziehung zwanzig er-
lesene Manner beauftragt worden, Suidas v. dTTOTpaqpri; die
Erwahnung derselben Thatsache hat eine haarscharfe Her-
meneutik l) selbst bei Dio Cassius LIV, 35 und in dem
Monumentum Ancyranum aufzuspuren versucht; von einer
allgemeinen Zahlung aller Bewohner des Reichs thut Suidas
*) [Rhein. Museum f. Philol. N. F. Bd. I (1842) p. 481-623.J
1) HuBchke'8 in Uer alfbald zu nennenden Schrift p. 38 ff. 45 ff.
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REICHSVERME8SUNG DES AUGUSTT.S,
v. Atrfouoroc Meldung. Dagegen eine Landesvennessung tles
gesamniten Staates, ausgefiihrt durch den Feldniesser Bal-
bus, berichten Boethius Geometr. II p. 1229 (ed. Bas. 1 546)
und die Agrimensoren Frontinus de colon. p. 109. 141 f.,
482 das anonyme Fragment p. 148, Agenus Urbicus p. 50, sowie
das Excerpt ex lihro Balbi p. 143 der Goes schen Ausgaberj;
eine Vermessung des ganzen romischen orbis terrarum end-
lich, anbefohlen schon von Julius Caesar, zu Stande gebracht
durch 'drei' zu diesem Geschaft verwendete Griechen unter
Augustus, beschreibt mehr vom geographischen als geodii-
tischen Gesichtspuflkte der sogenannte Aethicus. Nur zwei
spate Schriftsteller sprechen die Verbindung beider Dinge.
der Reichsvermessung und des Reichscensus, wortlich aus.
Cassiodorus Var. III, 52 und Isidorus Orig. V, 36, 4 (ersterer
nach einer scharfsinnigen Emendation3) vielleicht aus Hygi-
2) Nur die zwei ersten dicser Agrimensorenstellen und der mit
der zweiten gleicblautendc Boethius erwahnen den Balbus als Leiter
jcncr Vermesaung; und da diejenigen Vermessungen, von denen in den
jetzt noch ubrigen Stiicken des Balbus die Rede ist, sich nur auf Co-
lonien oder doch sonst nacli gewOhnlicher rOmischer Weise verroesaene
Landereien beziehen, so ist Huschkc p. 10 geneigt, nur die zwei letz-
ten Stellen als Zeugnisse fur die allgemeine Reichsverniessung gelten
zu lassen: wodurch dcnn fur diese die Mitwirkung des Balbus ganz
wegfallen wflrdc. Ich weiss nicht, ob dcr Gmnd stark genug ist, da
die Erkliiruug fiir den hervorgehobenen Umstand nicht weit zu suchen
sein wird; auch auf den Unterschied der Ausdrflcke {Balbi mens&rit.
qui temporibus Augusti omnium provinciarum et cicitatum formas (t
mensuras . . . distinxit ct declaravit, nnd: Augustus . . . omnem terram
. . . fecit remensurari oder terram dcnuo metiri praecepit) mOchte kein
unbedingtes Gewicht zu legen sein; vor allem aber scheint zu beachten,
dass ja die zwcite Ausdrucksweise , welche doch in engerm Sinne «u
fassen und bloss auf die von Augustus mit neuen Colonien besetzten
Stadte zu beziehen Huschke selbst nicht wagt, gerade ex libro Balbt
cntnommen iat. Denn wenn dies auch aus den Ausgabcn nicht mit
Sicherheit zu schliessen ist, indem das mit Item beginnende Stuck nur
zufallig an den Schluss eines wirklichcn Excerpts aus Balbus gerathen
sein konntc, so i«t doch seine Autorschaft durch Blumes Angaben hn
Hhein. Museum fflr Jurispr. VII p. 243 bezeugt, und auch nicht etwa
au einen jiingern Balbus zu denken, von dem Blume p. 240.
3) Huschke's p. 6. [Nein, schou des Rigaltius in Agrim. ?et
p. 128.J
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AGRIPPA S WKLTKARTK, AKTHICUS' COSMOGRAPHIK. 745
nus gromaticus schopfend), und lassen den innern und noth-
wendigen Zusauimenhang einer zum Behuf eines allgemeinen
Steuersystems vorgenommenen und mit vollstiindiger Ermit-
telung der Kopfzahl verbundenen Flachenvermessung, sowie
einer darauf gegrfindeten Vernibgensschatzung nach so um-
fassendem Plane errathen, wie ihn uns eine erschbpfende Ge-
lehrsamkeit und gliinzende Combination in Huschkes Schrift
iiber den zur Zeit der Geburt Jesu Christi gehalte-
nen Census (Breslau 1840) vor Augen gestellt hat.
Ueberlieferungen von analogen Bestrebungen oder Er- 483
scheinungen fiigen sich auf das leichteste ein in solchen
Zusammenhang. An das Gauze des Unternehmens schliesst
sich das durchaus verburgte ratkmarium oder brcviarium im-
perii an, die General-Reichsstatistik, welche Augustus hinter-
liess4); an die den Caesar betretfende Notiz des Aethicus5)
dic von Caesar erlassene (freilich wegen der Liickenhaftigkeit
der Stelle etwas probleniatische) Epistula iiber die Feldmess-
kunst, deren Boethius Erwahnung thut, s. Huschke p. 11;
an die Berichte iiber andere namentlich ttngefuhrte Helfer
und Ausfttlirer des grossen Werkes die theils wissenschaft-
liche, theils auch technische und praktische oder, wenn man
will, populiire Fbrderung der Geographie durch Agrippa.
Deun nicht nur bezeugen dessen eindringliche Beschaftigung
mit der Geographie des gesammten orbis terrarum seine von
Plinius so viel benutzten commcntarii, sowie die damit in
Verbindung stehende, von Augustus selbst filr oflfentliche
Kenntnissnahme wiirdig aufgestellte Weltkarte6); sondern
es weist auch Alles darauf hin, dass Agrippa (um auf seine
Verdienste um den Strassenbau mehrerer Provinzen hier
4) Am grttndlichsten hierttber, mit Beibringung manchea Analogen
Hchon aua den Zeiten der Republik, . BOcking 'ttber die Notitia
dignitatum utriuaquc imperii> (Bonn 1834) p. 77 ff.
5) Wobei es allordings dahinsteht, ob etwa den Caesar mehr
^trategische als Verwaltungs- und Finanzriicksichten leiten raochten.
6) Hauptetelle bei Plinius N. H. III c. 2. Ueberhaupt vergl.
Frandsens M. Vipsanius Agrippa (Altona 1836) Kap. 32. 33 p. 184 ff.,
wo jedoch einzelnes Ungenaue oder in den Entecheidungen Unbefrie-
digende mit unterliiuft.
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746 REICHSVERMESSUNG DES AUGUSTUS,
nicht naher einzugehen) bei der allgemeinen Vermessung
selbst betheiligt und thatig gewesen ist, Kaum lasst daraii
der Ausdruck des Martianus Capella VI p. 203 f. ed. Grot
zweifeln: sicuti Agrippa dimensus est Nahm er aber an deni
Vermessungsgeschaft iiberhaupt Antheil, so haben diesen An-
theil diejenigen, die ihn — entsprechend der ganzen person-
lichen Stellung des Agrippa — in die oberste Leitung des
gesammten Unteniehmens setzen, unstreitig am glaubhafte-
4Msten bestimmt 7). Die Nachricht des Suidas, dass zwanzig
tachtige Miinner von erprobtcr Rechtlichkeit zur Ausfahrung
des allgemeinen Census ernannt worden (welche Nachricht
einem inuern Bedenken um so weniger unterliegt, als Huschke
p. 54 ff. die Ueblichkeit solcher Collegia durch treffende
Analogien dargethan hat), ist davon ganz unabhangig zu
fassen; sehr wohl konnte eine Commission zur Vermessung
von Grund und Boden getrennt sein von ciner Commission
ftir den Census, so wesentlich dieser auch eben auf den Ar-
beiten der erstern beruhte. In welchem Verhaltniss dagegen
einerseits Balbus, anderseits die von Aethicus genannten ge-
lehrten Griechen, die raan jedenfalls als Mensoren mit astro-
nomischen Kenntnissen und Fertigkeiten auffassen muss,
zu denken seien, wird freilich nirgends berichtet, und Ver-
muthungen sind Alles, worauf wir hier beschrankt sind;
aber nur einen Widerspruch soll man in diesen verschiedeneu
Angaben nicht finden wollen8). Denn was wilrde — wenn
es nur auf die Nachweisuug eines moglichen Zusammen-
hangs ankame — z. B. hindern, sich die gelehrten Griecheti
als die ausfiihrenden Techniker unter der Autoritiit und Ober-
aufsicht des Agrippa, den Balbus aber etwa als ihren tech-
7) So namenthch Mannert Geogr. der Gr. u. Rflm. I p. 123 f.
(2te Ausg.), Bernhaidy Encycl. d. Philol. p. 281 (wahrend in dem
Grundr. d. rtfm. Litt. p. 102. 282 dicBe Verkniipfung nicht hervortritt),
Biihr Gesch. d. r6m. Litt. p. 676; Frandsen p. 184 vgl. mit p. 187
schwankt; zu wenig wilrdigt den Antheil des Agrippa Huschke p. 9
Anm. 16; gar keinen Zusammenhang zwischen Agrippa'8 geogra-
phischen Bestrebungen und der Augusteischen Weltvermessung deutet
mit Fruhern Ukert Geogr. d. Gr. u. R. I, 1 p. 193 an.
8) Z. B. mit Bernhardy Grundr. p. 282.
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agrippa's weltkarte, aethicus' cosmographie. 747
nischen Specialchef vorzustellen? Wofern nur uberhaupt
Balbus und jene Griechen als gleichzeitig zu denken sind.
Doch daruber spiiter. Jedenfalls sehen die von Aethicus
gegebenen Details, die wir jetzt etwas niiher ins Auge zu
fassen beabsichtigen, nicht nach willkurlicher Erdichtung
aus, und wir gestehen niit Huschke p. 8 Anm. 14 nicht wohl
zu begreifen, wie sie sollten ersonnen sein9).
Wir lassen uns zuniichst nicht ein auf Namen, Zeitalter, 485
Vaterland des Aethicus10), sowie auf den sonstigen Inhalt
seiner, zuerst von Jos. Simler (Bas. 1575), zuletzt von
Abr. Gronov (an der letzten Gronovschen Ausgabe des
Pomponius Mela, Lugd. Bat. 1722) herausgegebenen Cosmo-
graphia, und heben nur den allzu oft ausser Acht gelassenen
Umstand hervor, dass uuter diesem Titel eigentlich zwei
ganz verschiedene Stiicke verbunden sind. Das erste beginnt
mit einer kurzen Einleitung, deren etwas luckenhaften An-
fang wir in der Anmerkung mittheilen. 1 1) In dieser Ein-
leitung steht der Bericht iiber die Vermessung des orbis tcr-
rarum nach den drei Theilen oriens, septentrionalis pars und
9) Hieruber hiitte man eine Aeusserung jedenfalls von dem-
jenigen erwarten durfen, der von dem Bericht des Aethicus mit Holcher
Geringschatzung spricht wie Wesseling Praef. ad Vet. Rom. Itiner.
f. 4b, wo mit zwei Einwurfen (und nicht den gewiihltesten) aller
Glaube daran in grosster Eile iiber den Haufen geworfen werden
soll; b. u. [p. 754].
10) S. im allgemeinen Vossius de histor. lat. III P. 2 p. 692
(Lugd. B. 1651) und Fabricius Bibl. lat. II p. 80 f., I p. 272.
11) fLectionum pervigili cura comperimus senatum populumque
Romanum, totius mundi dominos, domitores orbis et praesules: qui
cura, quicquid subiacet caelo, penetrarent triuraphis, omnem terram
oceani lirabo circumdatam invenerunt, atque eam ne incognitam po-
steris reliquissent, subiugatum virtute sua orbem totum, qua terra
protenditur, proprio limite signaverunt: et ne divinam eorum mentem
omnium rerum magistram aliquid praeteriret, quam vicerant quadri-
partito caeli cardine investigarunt, et intellectu aethereo totum quod
ab oceano cingitur tres partes esse dixerunt, Asiam, Europam et
Africam reputantes. Sed hinc magnum inter doctoB certamen fuit.
Nam plurimi qui reB divinas evidentius agnoverunt, duas tantum partes
uccipiendas suadent, id est Aniam et Europam tantummodo, Africam
vero cenaent Europae finibus deputandam. Et revera hoc ita esse' etc.
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748 REICII8VERMESSUNG DES AUGD8TD8,
meridionaUs pars. Dann folgt eine Ausfahrung, die indess
fast nur aus Namenlisten besteht, indem der Reihe nach
vom Orient, vom Occident, vom Norden und zuletzt vom
Siiden uuter gleichniassig wiederkehrenden Rubriken aufge-
ziihlt werden die einschliigigen maria, insxdae, montcs, pro-
vinciae, oppida, flumina und gentcs; nur uber die Flusse
folgt jedesmal, unmittelbar angekniipft, in zusammenhangen-
der Rede ein ausftihrlicherer Bericht mit genauen Angaben
Ober Lauf und Lange derselben. Dieses erste Stuck reieht
von p. 705 bis 722 bei Gronov. Hieran schliesst sich von
p. 723 bis 733 das zweite Stiick unter der Uebersehrift Alia
486 totitts orbis descriptio lT), welches ebenfalls uach einer kurzen
Vorrede, in zusammenhangender Beschreibung und obne alle
blosse Namenverzeichnisse, in drei Abschnitten behandelt
Asiae prorinciae situs cum limitibus et popxdis suis, desgleichen
Europac — , und ebenso Africac — . Dieses zweite StQck
findet sich mit geringen Varianten wortlich wieder bei Oro-
sius Hist. I, 2, so dass bald dieser, bald Aethicus fur den
Entlehner gehalten worden ist; allem Anschein nach ist es
aber der letztere, indem er den wahren Anfang Maiores
nostri orbem totius tcrrac etc. durch den Zusatz einiger Worte
mit der Expositio in Verbindung setzte. Dass man aber
beide StUcke nicht gehorig unterschied, dass man namentlich
aus einzelnen Angaben des zweiten ungUnstige Schlusse auf
Werth und Zeitalter des ersten machte, das hat den Gesichts-
punkt wesentlich getrUbt.
Betrachten wir nun den Bericht Uber die Vermessung:
Itaque Iulius Caesar, bissextilis ratiouis inventor,
divinis humanisque rebus singulariter instructus, cuui
consulatus sui fasces erigeret, ex senatusconsulto censuit
12) Wir nennen daher weiterhin der Deutlichkeit wegen dieees
zweitc Stnck die Descriptio, daa erste die Expontio. Der Anfang der
Dcscriptio lauM: fHanc quadripnrtitam totins terrae continentiam bi
qui dimensi sunt, longe maiores nostri, tripartitam reputari definiernnt,
investiganteB universum orbem oceani maris limbo circnmdatnm: eas-
que trcs partes Asiam, Europam et Africam reputaverunt. Quamru
non defuernnt, qui duas partes, sicut diximus, perhiberent, Asiam et
Enropam, Africam vero in Europam adiiciendam definiemut: quia' ek.
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AGRIl*I*A'S WELTKARTfi, AETHICUS' COSMOGRAPIIIE. 749
omnem orbem iam Romani nominis admetiri per pru-
dentissimos viros et omni philosophiae munere decora-
tos. Ergo a Iulio Caesare et M. Antonio Coss. orbis
terrarum metiri coepit, id est a consulatu suprascripto
usque ad consulatum Augusti iii et Crassi, annis xxi
mensibus v diebus ix [a] Zenodoxo omnis oriens di-
mensus est, sicut inferius demonstratur. A consulatu
item Ierfii Caesaris et M. Antonii usque in consulatum
Augusti x, annis xxix mensibus vm diebus x a Theo-
doto septentrionalis pars dimeusa [est], ut evidenter
ostenditur. A consulatu similiter Iulii Caesaris usque
in consulatum Saturni[ni] et Cinnae a Polyclifc) meri-
diana pars dimensa est, annis xxxn mense I diebus x, 4*7
sicut definita monstratur. Ac sic omnis orbis terrae
intra annos xxxn a dimensoribus peragratus est et de
omni eius continentia perlatum est ad senatum.
Hochst auffallend ist hier zuerst der durchgiingige Wi-
derstreit der genannten Consulate und der mit Zahlen dazu
gesetzten Jahresbestiinmungen. Das konnte denen, die allein
um die Zurechtstellung dieser Ueberlieferungen sich bemuht
haben, K. Barth Adversar. XLV, 13 und Wesseling Praef.
ad Vet. Rom. Itiner. p. 4 ff., nicht entgehen. Und zwar
haben beide den Weg eingeschlagen, das Verderbniss 13),
welches doch unmoglich in den namentlich angefuhrten Con-
sulaten liegen kann, in den Zahlen zu suchen; nur dass
Barth, von factisch unrichtigen Annahmen iiber mehrere
Consulate ausgehend, das Wahre ganzlich verfehlen musste.
Vom Consulat des Caesar und Antonius = 709 u), sagt da-
gegen Wesseling, bis zum vierten (denn II II statt III muss
es ohne VViderrede heissen) des Augustus = 723 seien nicht
XXI, sondern XlVJahre; bis zu AugusW zehntem = 729
nicht XXIX, sondern XX; bis zu dem des Saturninus = 734
nicht XXXII, sondern XXV; also auch die Zeit der ganzen
13) Nicht f Rechnungafehler ' sind nach Wesseling^s Meinung
passirt, wie Frandsen p. 184 Hagt, sondern Abschreibefehler.
14) Wir Bubstituiren der Varronischen sogleich die Capitolinische
Jahresrechnung nnd befolgen diese auch fernerhin durchgiingig.
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750 REICHSVERMESSUNO DES AUGU8TU8,
Vermessung nicht XXXII, sondern XXV Jahre. Diese rich-
tigern Zahlen will denn auch Wesseling ohne weiteres durch
Emendation eingesetzt wissen. Es fehlt nun zwar im all-
gemeinen keinesweges an Analogien von heillosen Zahlen-
verderbnissen in den Handschriften ; indess niuss eine so
fortgesetzte Unrichtigkeit um so mehr Bedenken erregen, je
weniger einleuchtend bei so gar abweichenden Zugen ein
ausserer Anlass fiir so gehaufte Schreib- oder Lesefehler ist;
wenigstens musste man einige Bestatigung, wo nicht von
Handschriften, die das Richtige selbst gaben, so doch von
anderweitigem Wechsel abweichender Zahlzeichen in ihncn
488 wiinschen. ™) Inzwischen ist von nicht wenigen Handschrif-
ten des Aethicus ausser den zwcien, woraus die gedmck-
ten Texte geflossen sind, bis jetzt keine einzige auch nur
fiir dieses interessanteste StQck des Ganzen eingesehen und
verglichen worden. Ich wiinschte es ware wahr, was Herr
Huschke p. 9 sagt: es sei die Herstellung der verderbten
Zahlen von einer, mir aus Italien mitgetheilten, besseni und
vollstandigern Abschrift der Stelle zu erwarten. Besser ist
die Abschrift eben nur, insofern sie, bei aller Unvollstandig-
keit, vollstiindiger ist; fur die Zahlenverderbmsse bietet sie
unmittelbar nur sehr geringe Hiilfe. Befremdlich ist es aber
allerdings, dass niemand die Liickenhaftigkeit der ganzen
Stelle geahnt liat. Bilden denn oriens, septcntrfa, meridies
15) Die auffalleudsten Varianten in den Zahlou gibt zwar die als-
bald mitzutheilende Vaticaniscke Abschrift dea Anfangs der Rrpofiitio.
iudem darin statt Maria VIII, Insulae VIIII, Montes VII, Prorin-
ciac X, Oppida IX V, Flumina XXII, Gentes II gelesen wird M.
VIII, I. VIII, M. VII, I\ VII, O. LXX, F. XVII, G. X XXXVI.
Aber darauf ist nicht eher zu bauen, als wir wisseu, ob die iui Vati-
canus uat hfolgenden Namenverzeichuisse wirklich mit denen der ge-
druckten Texte iibereinstimmen, oder ob sie nicht vielmehr den Sura-
men jener vorlaufigen Uebersicht entsprechen.
16) S. ausser Vossius, Fabricius tind Wesseling noch Paal
Vinding bei F. Ch. von Scheyb zur Tab. Peutiug. (Wien 17>:
p. 12 und Bdckiug iiber d. Not. dign. p. 20 f., auch Bergier in der
bald anzufiihrendcu Schrift; fernor Vossius (de philolog.), Salmasius
(in Soliu.), Du Frcsno u. A., deren Testimonia Gronov in der let?,-
ten Ausgabo des Pomponius Mola p. 687 ff. zusammengestellt hat.
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AGRIPPA'S WELTKARTE, AETHICIS COSMOGRAPHIE. 751
eine in sich geschlossene Reihe? entsprechen sie der nach-
folgenden Expositio und uuifassen sie, wie ihr Umfang eben
in dieser Expositio genau nach den einzelnen Landern be-
stimmt wird, den romischen orbis terrarum? Mit welchem
Rechte durfte Frandsen p. 184 sagen, es werde von Aethi-
cus die Vermessung rin den drei Hauptrichtungen' ange-
geben? Ueber diese Fragen sind alle leichten Fusses hin-
weggeschliipft, mit Ausnahme von Nicolaus Bergier cde
publ. et milit. Imp. R. viis' III, 6, 5 (p. 226 in Graev. Thes.
A. R. X), der doch ehrlich mit der Sprache herausgeht und
kurzweg oriens fiir Asien, septentrio fiir Europa, meridies fiir
Africa erkliirt; wie entschieden unrichtig, wird sich spater
zeigen. Vielmehr aber, dass eine vierte Hauptrichtung, und
zwar der ganze occidens, ausgefallen sei, das ist es, was
aucli ohne Handschriften hatte sollen errathen werden. Die 489
fiir unsere Untersuchung iiberaus folgenreiche Gewissheit
gewiihrt der Vaticanus 3864, worin unser Text nach der
Mittheilung meines Freundes E. Braun so lautet:
Incipit (Rasur)
Iulio caefare et marco antonino confulibuf omnif orbif pera-
gratuf e per fapientiffimof et electof uirof IIII. Nicodomo
orientif. Didimo occidentalif Theudoto feptemtrionalif. peli-
atuin
clito meridiani a confulibuf ufque in confulibuf augufti. II II.
Et craffo annei XXI. et menfum quinque. diebuf nouem
Orienf dimenfae et a confulibuf fuif ufque in con-
fulibuf augufti. VII. et agrippa annof XXVI. menfum III.
diebuf XVII. Occidui parf dimfa e a confulibuf fuif. ufque
in confolatum augufti. X annof XXVIIII menfibuf feptem-
trionalif parf dimenfa eft a confulibuf fui ufque in confula-
tum faturnini et cinnae annif XXII mfe uno dieb; XX.
Meridiani parf dimenfa eft omnif orbif habet maria XXVIII.
infulaf LXXIIII. montef XXXV. prouintiaf. LXX. oppida.
CCLXIIII. fluuiuf. LII. gentef. CXXVIIII. gentef CXXVIIII.
Incipit expofitio.
Orienf habet maria octo. infulaf VIII. montef feptem. pro-
uintiaf VII. appida feptuaginta. flumina decem et feptegente
quadraginta fex etc. etc.
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752 REICHS VERMESSt' NG DES AIGLSTUS,
Dass wir es hier offenbar nicht bloss mit Varianten,
sondern ausserdem mit einer verschiedenen, bedeutend ins
Kurze ziehenden Redaction (oder aber bei dem Vulgattext
mit einer erweiternden) zu thun haben, ist filr den gegen-
wartigen Zweck eben so untergeordnet, wie die gesteigerte
Corruption des Einzelnen, die man insbesondere in der sinn-
verwirrenden Satzabtheilung, sowie in misverstandenen Ab-
kurzungeu (consulibus, consulatum, suis fiir suprascriptis) er-
kennt. Bestatigt wird zunachst das vierte Consulat des
Augustus statt des dritten; auch kommen die XXII Janre
bis zu dem des Saturninus dem Wahren niiher als. tlie
4yo XXXII der Vulgate; ausserdem ist (ebendaselbst) nur die
Zahl der Tage, XX statt X, ein weiterer Beleg ftir stattge-
habte Zahlencorruption. Seltsam aber, dass auch die neu-
gewonnene Zeitbestimmung wiederum nicht zutrifft, und zwar
iu ganz ahnlichem Verhiiltniss wie die alten; denn, wQrde
Wesseling sagen, bis zum (dritten) Consulat des Agrippa
uud dem siebenten des Augustus = 720 sind nicht XXVI,
sondern XVII Jahre. Er wQrde sich aber damit gerade so
verrechnen, wie er sich mit allen iibrigen Ansatzen um ein
Jahr verreclinet hat. Freilich sind von 709 bis 726 sieb-
zehn Jahre rundweg, wenn nach Monaten und Tagen nicht
gefragt wird; werden aber 3 Monate 17 Tage ausdrQcklich
angegeben, so ist ja das letzte Jahr nicht voll und es sind
natiirlich im ganzen nur sechzehn Jahre 3 Monate 17 Tage,
und so in den iibrigen Fallen. Dadurch stellt sich aber die
Probabilitiit der nothwendigen Zahlenvertauschungeu wesent-
lich anders. Aus XXFIund XXVIII I ist jetzt nicht mehr
XVII und XX zu machen, was fast unbegreifliche Verwech-
selungen wiiren, soudern hochst einfach XVI und XVIIU:
und den factischen Beweis fiir den irrthiimlichen Zusatz einer
X liefert uns ja handgreiflich, sogar mit zwei Beispieleu, der
Vaticanus. Denselben falschen Zusatz fur die beiden anderu
Jahressummen vorausgesetzt, bleibt uns nur X/ in A7//
und XA7/ in XXI III zu veriindern, beidemale also ein und
dasselbe Verbesserungsmittel, die Hinzufilguug zweier I, an-
zuwenden (wiihrend XX/ und XIIII, XXXII und XX V so
disparat wie moglich sind); und zum Ueberfluss sahen wir
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agrippa'8 weltkaktk, aethicus' cosmographib. 753
gerade aueli den Ausfall eines / durcfa den Vaticanus fac-
tisch coustatirt. Ich meine, solche Gleichmiissigkeit des
Heilungsverfahrens gereicht diesem selbst zu nicht geringer
Empfehlung.
Vollkommen bestiitigt werden nun durch die Vaticanische
Abschrift die Namen Theodotus oder Theudotus, und Po-
lyklitus oder Polykletus; zweifelhaft dagegen Zenodoxus,
dem sich jetzt ein Nicodemus gegenUberstellt, wofern man
nicht noch andere Namensformen aus dieser Dittographie
combiniren will. Mochte nur der neu hervorgegangene Ver-
messer des Occidents, Didymus, nachweisbarer als seine
meines Wissens sonst durchaus nicht vorkommenden Collegeu 491
sein. Ich bin weit entfernt, eine Moglichkeit, die nichts
weiter fQr sich hat, als dass sie keine Unmoglichkeit ist,
fur eine eigentliche Vermuthung auszugeben; da mau aber
nie wissen kann, wozu etwas fQhrt, so sei hier erinnert, dass
A. Mai als Anhang zu den Pinellischen Iliasfragmcnten
(Mediol. 1819) die nietrologisch - niechanische Schrift eines
Alexandriners Didymus herausgegeben hat, worin auch die
Feldmesskunst beruhrt wird. Ausserdein dass darin Heron
ausdrucklich citirt wird, hat Bockh (metrol. Untersuchungen
p. 9 f.) die wortliche Uebereinstimmung Heronischer StQcke
mit Didymus gezeigt und diesen als den Entlehner bezeich-
net. Bockh triigt kein Bedeuken, die besten dieser Stucke
'wo nicht fQr alter, doch fur eine Arbeit aus dem zwei-
ten oder ersten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung'
zu erkliiren. Wiire es also gestattet, einen Schritt weiter zu
gehen und diesen Heron geradezu fur den alten Mathema-
tiker, SchQier des Ktesibius, zu nehmen, der um das Jahr
100 v. Ch. gesetzt wird, so konnte dieser ganz wohl von
einem Didymus, der gegen Christi Geburt lebte, be-
nutzt worden sein l7).
Wie dem aber auch sei, so viel leuchtet ein, dass die
17) Uebrigens ist der Didymus, aus dossen Schrift ircpi rf\c irapd
PuJMaioic dvaXotiac PriKcian de fig. numer. c. 3 ein Stuck mittheilt,
nicht, wie Bockh p. I» meint, der Chalkenteros, BOndern nach dem
auadriicklichen Zeugniss des Suidas Claudius Didymus. Vgl. Ind.
achol. univ. Boun. a. 1840—41 p. X [= Opusc. I p. 188].
vk. miseuEMi orvscvLA 11 1. 48
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754
BEICH8VERME88UNG DES AU0U8TUS,
aus der Vaticanischen Handschrift gewonnene Erganzung den
Glauben, den man dem so ausgefuhrt genauen Berichte des
Aethicus zu schenken geneigt sein muss, nur starken und
vervollstiindigen kann. Wesselings Einwurfe wenigstens
wiegen nicht schwer. *Ecquis enim', sagt er erstlich, ?cre-
diderit Plinium scriptorem diligentissimum praeterire Zeno-
doxi, Polyeliti et Theodoti mensorum operam voluisse, si
quae in hac re extitisset l8)?' Aber nennt denu Plinius deu
492 Balbus? wird aus ihm der Antheil des Agrippa klar? erhalt
man aus ihm Uberhaupt einen Begriff von einer so umfas-
senden Massregel, wie die planmiissige allgemeine Reichs-
vermessung war? Wie wenig solches Stillschweigen zu sol-
chen Schliissen berechtigt, hat, nach so manchen lehrreichen
Erfahrungeu, erst Huschke wieder in Beziehung aut den
Keichscensus mit den iiberzeugendsten Belegen nachgewiesen
(p. 36 f.). Und dann waren ja jene Griechen auch gar
nicht die Hauptpersonen bei dem Unternehmen, sondern
eben nur die ausfiihrenden Tecliniker. fEt qui potuit', fragt
aber Wesseling weiter, 'Theodotus homo Graecus in intimam
Germaniam, quam septemtrionalem partem Aethicus appellat,
Roinanorum armis nondura domitam penetrare eamque men-
surare?' Wo steht denn aber ein Wort, davon, dass das
Innere Deutschlands ausgemessen worden? Genugte doch
zur Nennung Germaniens die Aufnahme einiger Grenzstriehe,
dergleichen ja (am linken Eheinufer) schon friih, schon vor
der Augustischen Vermessuugr rait Gallien verbunden (pro-
vincia Belgica) den Romern gehorten. Und daran hiitte wohl
Wesseling selbst gedacht, wenn er sich aus der Expositio
belehrt hiitte, dass Germania mit nichten zur septentrionalis
pors gerechnet wird, wie er ganz irrig angibt, sondern viel-
mehr zura oeeidem. Oder sollte ihm die Zusammengehorig-
keit dcr Expositio rait dera Vermessuugsbericht der Einleitung
iiberhaupt entgangen sein? Jedenfalls werden sicli Bedenken
dieser Art weiter uuten im ausgedehntesten Masse erledigen.
18) Dasselbe Argument nimmt sich noch wunderlicher im Mundo
derer aus, die deu Theodotus als Schrit't«teller, als Verfasser einer Df-
scriptio Heptentrionis behandeln; s. Ch. L. Scheid^s Vorrede zti Kc-
cardi de orig. Germanorum I. II. (G5ttingen 1750) p. XXXXVI Aoro.
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AGRIPPAS WELTKARTE, AETHICUS' COSMOORAPHIE. 755
Dagegen wiirde allerdings der Bericht des Aethicus aller
innern Wahrscheinlichkeit von vorn herein entbehren, wenn
die Interpretation, nach welcher von Wesseling die Zeit-
verhaltnisse der Vermessung aufgefasst worden sind, die
rieHtige ware. Nach seiner Meinung wiire es eine schone
Bemerkuug Bartlfs, von der man zuin Verstandniss der
.Stelle ausgehen miisse, funo eodeinque tempore mensores
eos esse emissos, omnesque adeo annorum summas a consu-
latu Caesaris et Antonii esse inchoandas'. Von dem letzten
Theile dieser Behauptung durfte er sagen fid res ipsa et
tiniti utrimque termini requirunt'; von dem ersten ist es
gerade das Gegentheil, was die Natur der Sache lehrt. Denn 493
wie will man unter dieser Voraussetzung die so gar be-
^trachtlichen Zeitunterschiede erklaren, die zur Vermessung
der verschiedenen Reichstheile nothig gewesen wiiren? Worauf
soll es beruhen, dass man gerade mit dem Orient in 14, mit
dem Occident in 17 Jahren fertig wurde, zum Norden schon
20, zum Suden gar 25 Jahre (fast das Doppelte im Vergleich
mit dem Orient) brauchteV Wrer mochte behaupten, dass in
ahnlicher Progression die Liinderabtheilungen umfangreicher
oder entlegener, die Vermessungen schwieriger geworden
waren? Wie wenig dies der Fall, zeigt der Augenschein
bei Betrachtung der einzelnen yyrovinciac , wie sie die Expo-
sitio unter die vier partes vertheilt. WTir iiberlassen es einem
jeden, sich eine Meinung darUber zu bilden, ob nicht, abge-
sehen von der Vergleichung der vier verschiedenen Ver-
uiessungen unter sich, jene Zeitriiume auch an sich gar zu
gross erscheinen milssen im Verhiiltniss zu der doch nur
massigen topographischen Genauigkeit, auf welche die da-
uialige Zeit Anspruch machte, und behaupten nur unserseits
mit Zuversicht dieses: aus den Worten des Aethicus darf
einzig der Siun entnommen werden, dass von Caesars und
Antonius' Consulat an so und so viele Jahre verflossen, ehe
die von ersterm angeordnete Vermessung der betreffenden
Reichsabtheilung wirklich zu Stande kam, keineswegs aber,
dass das Vermessungsgeschiift selbst eben so viele Jahre
dauerte. Daraus geht uns aber die wesentlich veriinderte
Auffassung hervor, wonach die verschiedenen Vermessungen
48*
«
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756 beichsvermessum; des augustus,
nicht gleichzeitig, sondern eine nach der andern ausgefahrt
wurden. Mochte man iinmerhin gleich nach dem Erscheinen
des von Caesar bewirkten Senatsbeschlusses mit den Arbeiten
beginnen, so ist doch nichts begreiflicher, als dass sie nach
Caesars bald erfolgtem Tode, im Gewirre der wechselvollen
burgerlichen Unruhen, unterbrochen 19) und erst nach herge-
stellter Ordnung unter Octavian wieder aufgenommen und
gliicklich vollbracht wurden. Tndem man also jetzt die
Kriifte nicht zersplitterte, sondern concentrirte, brachte man
494 vou 723, nachdem Octavian erst das Jahr zuvor zur Allein-
herrschaft gelangt war, bis 726 die Vermessung des Westens,
von 720 bis 729 die des Nordens, von 729 bis 734 die des
Siidens zu Stande. Allen voran ging nun aber nach Aethi-
cus die des Ostens; dafiir das eine Jahr 722 bis 723 anzu-
nehmen, stiinde zu den ubrigen in keinem Verhaltniss. Wir
werden indess nicht irren, wenn wir auch ohne Zeugniss die
Wiederaufnahme dieser Vermessung zwischen 717 und 720
setzen. Denn noch vor der Besiegung des Antonius trat fur
den durch endlosen Burgerkrieg erschopften Staat ein erster
lluhepunkt ein mit der Ueberwiiltigung des Pompejus und
Lepidus durch Octavian (717), ein Ruhepunkt, der wieder
eiumal an biirgerliche Einrichtungen und wohlthatige Ver-
waltungsmassregeln zu denken gestattete, und von Octavian,
wie wir durch Appian20) wissen, zu solcheu in der That
benutzt wurde. Ein neues Bedenken macht sich zwar jetzt
in Betretf der vier griechischen Feldmesser geltend. Weun
die Vermessung successiv vor sich ging, warum wurde fur
jede folgende Reichsabtheilung, an welche die Reihe kam,
ein anderer Vermesser bestellt, warum wurden nicht fur jetle
einzelne alle vier zusammen verwendetV Der Moglichkeiten
lassen sich hier viele denken; wie aber, wenn auch diese
lnterpretation der Worte des Aethicus nicht die sachgeroasse
19) Darauf machte schon Manuert aufmerksaru in seiner Einlti-
tung zur Tab. Peuting. (Lips. 1824) p. 4.
20) Belt. civ. V c. 130: KaTnTT*M€* T€ €iprjvnv Kal €u8uu(av, k T€-
Xoc tujv f ucpuXiujv dvrjpnuivujv. c. 132: toOto uev bfj tujv t6t€ crdtfu/v
€o6K€t t«!Xoc €ivai. - Kai TpauuaTcia tfca xf\c CTdccuK cuufaXa **a,f» Ml
tuv ^vT€Xn TToXiT€iav tXcftv dirobujcciv ktX.
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AGRIPPA8 WELTKARTK, AETHICUS' COSMOORAIMIIK. 7f>7
wiire? wenn es zwar Caesar's Plan war, die Messung in
allen vier Abtheilungen zugleich vorzuuehmen, Augustus
aber diesen Plan eben dahin abaiiderte, dass er, jene Ein-
theilung selbst beibehaltend 2l), doch die successive Aus-
ffihrung vorzog? uud wenn demgemiiss zwar von Caesar vier
Vermessuugschefs fiir verschiedene Kegionen ernannt wur-
den, vielleicht auch schon mit Vorarbeiten thiitig waren,
eben diese Griechen aber mit der Wiederaufnahme der gross-
artigcn Massregel unter Augustus gar nichts gemein hatten?-*)
Gchen wir streng zu Werke, so wird von den vier Uriechen
tmd einer Vertheilung von Mensoren nur in Beziehung auf
Caesar berichtet, in Beziehung auf Augustus nur von
dem eineo Balbus, jedenfalls nichts von gleichzeitiger Be-
schaftigung mehrerer. Fand aber Aethicus (oder wer sonst
Tor ihm) die doppelten Angaben vor, 1) dass durch Caesars
Anordnung z. B. Didymus mit der Ausmessung des Occidents
beauftragt worden, und 2) dass diese im siebenten Consulat
des Augustus, also im siebzehnten Jahre darauf vollendet
worden, so war es gewiss das naheliegendste und verzeih-
lichste Misverstiiudniss eines spatern Jahrhunderts, beide No-
tizen in eins zusammenzuziehen and dahin zu wenden, dass
der Occident von Didynius in siebzehn Jahreu sei verinessen
worden.
Den so aufgefassten Zeitangaben tritt nun ein Wider-
8pruch eben so wenig von Seiten des Keichscensus entgegen,
als von der Erwiigung dessen, was damals romisch war, was
nicht. Naturlich musste die Vermessung beendigt sein, ehe
zmn Census geschritten werden konnte. Nun erliess aber
die Anordnung zu diesem, wie Huschke (p. 45. 33 ff.) mit
grosser Wahrscheinlichkeit gezeigt hat, Augustus im Jahre
742; folglich reichten die acht Jahre seit 734 zu den
21) Warum er U6 beibehiclt und nicht ftllea neu einricht^-te? Nun,
*. B., weil er rioh die seit Caeuar schon ausgefuhrten Arbeitcn, die
cininal nach jener Eintheilung augelegt waren, nicht wollte verloren
gehen lassen.
22) Auch Mannert a. a. 0. p. 4 f . iat, wie ich eben sehe, der
Meiouug, sie m5chten unterdess litngst geatorben eein, ohne dasa doch
die Fruchte ihrer Thiitigkeit verloren waren.
758 KEICH8VEKMESSU29G DES AUGUSTUS,
ctwaigen Vorarbeiten reichlich aus. Eher diirfte man sich
wundern, dass nian einen so langen Zwischenraum verstrei-
chen liess, wahrend doch im ganzen genommen Rom sieh
innerer und ausserer Ruhe erfreute. Auf die Kampfe mit
den Germanen (737 ff.) mochte ich hier kein Gewicht legen.
Wohl aber ist zu erwagen, dass die ganze Massregel eines
allgemeinen Reichscensus , dessen tiefere Bedeutung yon
Huschke trefflich entwickelt worden, von der Art war. dass
das umsichtigste Zogern als grosste Weisheit erscheinen
muss; die Romer mussten viel vergessen haben, Augustus
sich vollkommen sicher fiihlen, wenn das ungewohnte Ver-
fahren ohne Anstoss gelingen sollte ; nicht frtther mochte er
496 die Zeit fiir reif halten, als da er auch der Pax einen Altar
zu weihen (740) und den Janustcmpel zu schliessen (742)
befahl. Vgl. Huschke p. 30 f. 31. 35.
Werfen wir anderseits einen Blick auf den Lander-
umfang der romischen Monarchie in dem Zeitraum tod
717—734 (um selbst pedantisch an dieser Grenzbestimmung
festzuhalten), so erscheint auch in dieser Beziehung, sobald
man einige wichtige Gesichtspunkte zu fassen weiss, der
Bericht des Aethicus mit den geschichtlichen Thatsachen
sehr wohl vertriiglich. Ehe dies indess naher gezeigt wer-
den kann, gilt es, durch Beseitigung" eines Ausspruches von
Manncrt reines Feld zu machen. Zur Peutingerschen Tafel
p. 8 versucht er die (weder erweisliche noch wahrschein-
liche23)) Vermuthung zu begrunden, dass die Cosmographie
des Aethicus eigentlich nichts Anderes als eine Einleitung
oder Vorrede zu dem Itinerarium 'Anfonini', und Aethicus
^ 23) Den gewicbtigsten Gegenbeweis fiihrt er selbst au, nanilich die
Schlussworte der Descriptio : ' nunc ad maiorem deinonbtrationis strnc-
tionem, in quantum vigilantia no.stra iuvestigari potuit, properabo (t,
demonstrabo) , ex aeterna urbe Roma initium sumens, quae caput e?t
orbis et domina senatus.' Da8 Itinerarium fdngt aber nicbt mit Rooi,
gonderu mit Africa an. Dass sich beide in denselben Handschrifteo
beisammen finden, und dass die Namen und Titel beider rnit mehr-
fachem Wechsel der Lesart in einander uberapielen, berechtigt noch
keinesweges zu jenem schon von Simler und Barth gemachten
Schluse, den auch Wesseling und Bergier de viis III, f> darans ru
ziehen weit entfernt waren. — Vgl. Btfcking a, a. 0. p. 84.
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AGRII'1'A's WKLTKABTE, AETIUCUS' COSMOGRAPHIE. 759
dessen Herausgeber ira vierteii Jahrhundert gewesen sei.
Von dem lichten Aethicus, womit die Descriptio geraeint ist,
sei aber giinzlicn zu scheiden ein anderes Stiick eines chomo
insulsus' des achten Jahrhunderts, d. i. die Expositio, welche
eine f insipidissima enarratio niarium, fluminum, urbiuui' ge-
nannt wird; dieses Stiick haJbe der Falsarius zwischen die
(iichte) Einleitung und die Descriptio (summa confusione at-
que ignorantia' eingeschoben, cvera falsis, vetusta recentio-
ribus miscens.' Dieses ganze Urtheil muss ich fiir vollig
verfehlt erkliiren. In der Eiuleitung wird auf eine nach-
lolgende Ausfuhrung auf das deutliohste hingewiesen mit
den Ausdrucken sicut infcrius demonstratur**), ut ecidcntcr
ostcnditur, sicut definita monstratur; ein vierter Ausdruck 497
dieser Art ist natiirlich mit der ganzen Erwiihnung des Oc-
cidents ausgefallen und nur gerade aus der abgekiirzten Re-
cension des Vaticanus nicht zu entnehmen. Nun entspricht
aber der in der Einleitung aufgestellten Eintheiluug dic der
Descriptio schlechterdings gar nicht, die der Expositio so
vollkommen wie moglich; denn der wesentliche Unterschied
beider ist eben dieser, dass dort die Dreitheilung von Asien,
Europa und Africa, hier die Viertheilung von Osten, Westen,
Norden und Siiden zu Grunde gelegt ist2&a). Die Expositio
24) Merkwurdig wi#d auch diescr Ausdruck vou Mauuert missver-
«tanden, als wenn spiiter nachgewiescn werdcn sollte, wie Zenodoxus
Uen Orient vcrmessen habe. Da nun abcr die Descriptio nichts
dieser Art enthtilt, so gilt ihm dies wiederum als Beweis, dass der
FalRarius, nicht zufrieden mit der Einflickung seines Machwerks, auch
dic Uescriptio castrirt habe. Das liesse sich schon im allgemeinen nur
etwa in dem Falle deoken, dass diesc enthielt, was mit seinen eigenen
Augaben im Widerspruche stand; fiir die Weglassung jener Notiz aber
ware gar keiu Grund zu errathen. Das Wahre hiitte Mannerten schon
die Vergleichung dcr Phrase sicut defimta motistratur, namlich meri-
diana par*, lehren kflnnen. Die nahere Bestimmung der in der Ein-
leitung nur kurzweg genannten Reichsabtheilungen soll spater gegeben
werdeu. Ostenditur und momtralur ist uachlassige Rede eines unge-
bildeten Autors oder Zeitalters und steht statt des Futurums.
25*) Wenn Mannert nach der Vulgate allerdings nur Osten, Nor-
den und Suden in der Einleitung erwahnt fand, so musste ihm doch
das deuthche Schema der Expositio selbst, sowie der von ihm eelbst
angefuhrte Anfang der darauf folgendcn Descriptio rHanc quadriparti-
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7G0 KEICHSVERMESSUNG I>ES AUfiUSTUS,
also, nicht die Ikscriptio ist die zu dera Vennessungsberieht
gehorige Ausfiihnrag. Worin besteht nun das Insipide, Con-
fuse, Falsche oder Widersprechende derselben? Keines von
diesen Pradicaten passt doch auf den freilich befremdlichen
Urastand, dass allein die Fliisse ausfuhrlicher beschrieben
werden, wiihrend die iibrigen Kubriken aus blossen Namen-
verzeichnissen bestehen (denn freilich dttrfte weder die An-
nahme individueller Laune, noch die einer zufalligen Ver-
sttimmelung der iibrigen Theile daffir eine abschliesseude
Erklarung bieten). Allerdings aber findet sich auch in der
4i»8 sonstigen Anordnung manches Storende; die Aufziihlungeii
sind weder planmiissig vollstiindig noch ohne Wiederholung
(wie z. B. Cypern und Rhodus sowohl beim Orient als beim
Norden vorkommen, ebenso Corsiea beim Westen und beim
Silden); das Ganze und seine Theile stehen mehrmals coor-
dinirt; fiir die Reihenfolge der einzelnen Namen ist gar nicht
immer ein ausreichender Grund ersichtlich, einigc stehen an
absolut falscher Stelle; manche Namen gehoren unbestreitbar
spiitern Jahrhunderten an; manche sind vollige Cnnamen.
Allein nichts von alleni diesen berechtigt zu einem so weg-
werfenden Urtheil iiber das Ganze, oder man werfe wenig-
stens eben so entschlossen auch den Vermessungsbericht der
Einleitung weg; schfitzt man diesen, wie man in Erwagung
der detaillirten Angaben und des anderweitigen Zusaramen-
stimmens aller Verhiiltnisse muss, und baut man auf ihn so
viel wie Mannert selbst thut, so muss nian auch zugeben,
dass, wenn darin von einer alsbald nachfolgenden Ausfiihrung
die Rede ist, die im Folgenden sich factisch vorfindende
auch wirklich die gemeinte Ausfiihrung sei, so lange nicht
die Unmoglichkeit davon dargethan oder ein Gegentheil be-
tam totius terrae continentiam' die Gewissheit der befolgten Vierthei-
lung gcben. Neben dieser wird zwar anch die Dreitheilung in der-
sclben Einleitung crwilhnt, aber nur nicht da, wo es heisst fticut infe-
rius demonstratur u. 8. w., d. h. nicbt bei dem Vermesaungabericht,
gondcrn lediglich zum Behuf einer allgcmeinen vergleichenden Zusam-
menatellung der drei verschiedenen Erdeintheilungen, gerade wie auch
in der Vorrede zur Descriptio, welche eich rait den Worten sicut disi-
mus auf die erstc Einleitung zuriickbezieht. S. Anm. 11. 12.
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AGRIPPA'8 WELTKARTE, AETHICUS' C08MOGRAPHIE. 7fi 1
wiesen ist. Nicht also mit der Behauptung giinzlicher Werth-
losigkeit hat ein methodisches Verfahren anzufangen, son-
clern mit Beseitigung der entgegenstehenden Bedenken, mit
Erkliirung der eigenthuiulichen Beschaffenheit jener Ex-
jwsitio.
Anlangend nun zunachst die Unformeri von Namen: —
wo gabe es denn eine geographische Schrift ohne zahlreiche
Namenverderbnisse und soustige zufiillige Irrungen in den
Handschriften, zumal wcnn der letztern weder mehrere noch
gpite benutzt sind? Diese Fehler lassen sich mit leidlich
j^uten Hiilfsmitteln fast ohne Ausuahme heben*,b). Nicht
auffallender ist, dass bei so gedriingt wechselnden Rubriken
von meist kleinem Umfange, zumal wenn der Text in Doppel-
columnen geschrieben war, Einzelheiten aus einer Rubrik
in die andere verschlagen wurden: wovon Beispiele Noricum
unter den Inseln, Arabia unter den Stiidten, und einige an- 499
<lere in Anm. 29. Ferner aber, bei welcher Art von Schriften
lag wohl die Versuchung zu ergiinzendeiL^Einschiebseln naher,
als bei einem geographischen Abriss, den man begreiflicher
Wei8e mit den jedcsmaligen politischen Veriinderungen der
Kolgezeit in Uebereinstimmung zu setzen wiinschte250)? Der-
gleichen Interpolationen hat mit besonderm Fleisse Barth
lierausgesucht, daneben jedoch zugleich auf die deutlichen
Spuren einer in gute alte Zeit fallenden Abfassmig hinge-
wiesen, z. B. (p. 71P>) fluviorum rex Tiberis, cui pritmtum
nrbis Tiomae singularis tribuit magnitudo, oder (p. 717) se-
natum jtoimlumquc liomanum gentemque togatam. Aber Barth
hat dabei die Expositio und die Descriptio nicht auseinander-
gehalten. Wenn iu dieser steht civitntem Constatdini, quac
Byzantium prius dicta est, so kennt die erstere Constantino-
25 b) Manches dieser Art hat hie und da in den Exercitationes Plinia-
xiae Salmasius mit Gluck verbessert.
25 c) Auch hierauf lassen sich die, eigentlich in aoderer Beziehimg
gcsagten Worte BScking1» a. a. 0. p. 84 anwenden: fSo erklart os *
«ich, wie in solchen Schriften Einrichtungen, die nicht zugleich neben
cinander bestanden haben, als zugleich bestehendc aufgeruhrt werden
kOnnen: man trug das Neue nach, ohne daa Veraltete zu tilgen, oder
man tilgte auch wohl einraal dieses in einem Punkte und liess es in
einem andern stchen u. dgl.'
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762 REICHSVERMESSUNG DES AUOUSTUS,
jyolis gar uicht, sondern bloss Byzantium (p. 707). Freilieh
nennt sie anderseits nicht nur in der Flussebeschreibung die
Thore Roms nach den Aposteln und Martyrn, sondern auch
in den Namenlisten kommen Einzelheiten vor, die entschieden
nachaugustisch sind, vor allem unter den gentes iler pars
occidentalis deutsche Stamme (p. 716 f.), die dem Tacitus
durchaus unbekannt sind. Aber keineswegs ist dieses Fremd-
artigen so viel, dass dadurch der Verdacht blosser Iuter-
polation einer alten Grundlage selbst verdachtig wiirde, keinen
ausreichenden Gesichtspunkt der Erklarung zu gewShren.
Schon die Vergleichung der Vaticanischen2fi) Abschrift dcr
mx) Einleitung mit dem Vulgattexte lehrt augenscheinlich, dass wir
es mit einem jener zahlreichen Stucke zu thun haben, welche,
indem sie dem praktischen Bediirfniss dienten und durch
viele Hande- gingen, mit argloser, bisweilen sehr gedanken-
loser Willkur je nach Laune, Zweck oder Fahigkeit des
Individuums verandert, erweitert, verkiirzt, zerstQckt, umge-
stellt, kurz manigfach umgearbeitet wurden, und im Laufe
der Jahrhunderte die abweichendsten Gestaltungen annah-
men.*7) Zugegeben also, dass uusere Expositio gleichem
26) Dass auch andere Handschriften die wesentlichsten Abweichun-
gen darbieten, bezeugen mehrere der in Anm. 16 angefuhrteu Gewiihr?-
mauner. So Scheyb: 'Paulus Vindingus de Cosmographia subAetiiici
nomine omnibus nota monet, auctorem huic cognomiuem, sed planc
aliura, in M. S. Bibliothecae Bodleianae a se inventura esse, et vulgato
louge antiquiorem'. — Ebenda Ryckius: fAethicum a vulgato longe
dissimilem promisit olim Salmasiua in notis ad Hist. Aug. p. 140 ei
Thuaneac Bibliothecae , ni fallor, et Danielis schedis (vgl. Vow. Hi*t.
lat.\ Memini etiam me vidisse Codicem Aethici MS. in bibliotheca
Vossiana a publicato diversum.' — Abr. Ortel Thes. geogr. (bei Gro-
nov in den vorangesehickten Testimonia): fut refert Aethicus Sophista
MS. alius ab illo quem Simlerus edidit' — u. a. Doch ist die Frage,
ob nicht 8olchen Angaben iiber ganzliche Verschiedenheit zuweilen
eine Vermischung der Expositio und der Descriptio% vielleicht auch
• gar des in einigen Mss. dem Aethicus beigelegten Jtbierarium (AtUon.<
/.ii Grunde liegt. Vgl. aueh Aum. 42. — Neuerdings bcabsichtigt einen
rganz neuen Aethicus' aus Pariser Mss. ans Licht zu tellen der Her-
ausgeber mehrerer von den Geogr. Gr. min., Herr d'Avesac, noch eim-r
Notiz Fr. Haases in d. Allg. Z. 1839 Juni p. 212.
27) Lehrreich ist dafiir dic Vergleichung der bald volUtandigern,
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agrippa's wkltkartk, akthicus' c osmographik. 70:J
Wechsel der Forui in vollem Masse unterworfen gewesen
ist: nirgends erkennen wir doch die Nothigung, fUr ihren
Inhalt, fiir den Inbegriff der Hauptthatsachen, mehr als
eiuen sehr miissigen Antheil an solcben Schicksalen gelten
zu lassen. Um wie viel mebr diirfen wir also fordern, dass
tiber einigen Schlacken der achte Kern nicht iibersehen
werde! Klage Mannert iiber die angebliche Verwirrung 28)
der Expositio wie er wolle: so viel Deutlichkeit ist vollauf
vorhanden, um den Umfang und die Grenzen der vier
Theile des romischen Reichs, von denen die Einleitung
spricht, im ganzen und grossen mit Bestimmtheit erkemien 501
zu lassen. Mogen die Verzeichuisse der Meere, Berge, Stiidte,
Flflsse und Volker fiir jetzt iibergangen werden, da ihre
erschopfende Beriicksichtigung theils allzu weit flihren, theils
handschriftlichen Apparat erfordeni, die nicht erschopfende
aber dennoch der Beglaubigung ermangeln wUrde; ohnehin
konnen gerade die Einzelheiten dieser Rubriken am wenig-
sten einen sichern Massstab abgeben; der Natur der Sache
nach muss die einzige Rubrik * Provinciac', mit Hinzu-
nahme etwa noch des Wichtigsten aus der Rubrik 'Insidac9,
wenn eine Schte Ueberlieferung vorliegen soll, vollkommen
ausreichen, um uns das wohlgegliederte Bild der vierfachen
Reichseintheilung zu gewahren. Und sie ist dazu ausreichend,
bald nnvollstandigern Fasaung der Notitia IHgnitatum, worflber Bdcking
p. 85 ff. — Fflr nnsere Krpositio aber haben wir einen Beleg «olcher
Ueberarbeitnng nogar ganz in der Nahe. Der Coxmographie dea Aethi-
cus iat bei Gronov vorangeschickt ein geographisches Schriflchen untvr
dem Titel Iulii Honorii Oratoris Excerpta quae ad Cosmographiam
spectant. Man vergleiche nur mit einiger Aufmerksamkeit, nnd man
wird die Beobachtung gar nicht abzuweisen vermogen, dass diess nichts
weniger als eine verschiedene Schrift, sondem in allem Wesent-
Hchen ganz identisch mit der Expositio des Aethicu* ist; darum &ie
uns denn, in Ermangelung anderweitiger handschriftlicher Mittel, als
vortreffliche Krganzung derselben dienen kann. Ein naherea hierflber
s. am Schluss dieses Aufsatzes [p. 784].
28) Auf einzelne Belege lasst er sich nicht ein. Gewiss aber hat
cr, wie schon Wesseling, vorzflglich flber die fVerwirrung' nicht hin-
wegkommen kflnnen, wonach z. B. Germanien zum Wi.-eten, Griechen-
land zum Norden gerechnet wird: was doch, wie «ich ergeben wird,
seinen guten Zusammenhang hat.
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764
RElCHSVERMESSrXG DES AIJGUSTUS,
indem sich nach ihren Angaben die vier Landermassen fol-
gendermassen ordnen. Den Orient bilden Indien, Persien.
Medien, Assyrien, Mesopotamien, Paliistina, Phonicien, Syrien
(Kommagene, Apamene), Isaurien, Kreta, (Rhodus, Cypern?).
Zum Occident gehoren Italien, Hispanien, Britannicn, Oal-
lien, Germanien, Cartris, Ratien, Noricum, Pannonien, Mo-
sien, die Ostkiiste des adriatischen Meeres, (Corsica). Zum
Norden werden Kleinasien, Criechenland, (Cypern, Rhodus?\
Macedonien, Thracien, Armenien gerechnet. Der Sflden be-
steht aus Aegypten, Aethiopien, Arabien, der africanisehen
Nordkuste, Sicilien, Sardinien, (Corsica).29) Leicht wird sich
nun zeigen lassen, 1) mit wie verhiiltnissmassig geringen
20) Damit man Helber urtheilen mdge, setze ich die Verzeicbnisse
der Expositio im Original her: fI. Persis, India, Isauria, Adonis, Phoe-
nice, Mesopotamia Syria (al. Syriae), Palaestina, Commagena, Syria
Apamaea, Media Syria. — II. Italiaui, Hispaniam, Baeticam, Lusita-
niara, Galliciam, Aquitaniam, Hritanniam, Germaniam, Galliam Belgi-
cam, Galliam Braeatam, Galliam Comatam, Galliam Togatam, flalliam
Cisalpinam, Galliam Transalpinam, Pannoniam, Raetiam, Ciatres, Etra-
riam, Vmbriam, Picenum, Liburniam, Dalmatiam (al. Dalmatias), lllj-
ricum, Noricum, Venetias, Aemileam, Seinigallias, Sabinas, Satnniura,
Campaniam, Brutios, Lucaniam , Apuliam, Calabriam, Hadriae. — Nl.
Macedoniam, Achaiam, Asiam, Lyciam, Galatiam, Paphlagoniam, Lj-
diam, Pamphyliam, Cappadociara , Thracias, Armeniam minorcm.
IVr. Aegyptum, Aethiopiara, Africam, Gactuliam, Zeugi (al. Leugi), Nn-
raidiam, Libyam, Pentapolim, Tripolim, Mauritaniam Caesareaiu, Mau-
ritaniara Sitifensem.' — Die Accusativi in II. III. IV hangen von ha-
bet ab. In 1 hat sich Adonis hieher aus dem FlQsaeverzeichniss m-
irrt; ebenso bei Honorius. Fiir Apamaea (Appamia Honor.) KtApamoK
zu schreiben, fur Media Syria aus Honorius Media, Assyria, bei uVm
ubrigens Persis fehlt. — In II steckt in Gallicia (Callccia Hou.) da*
Land der Gallaeci oder Callacci (Gallaccia); in Ciatrcs, was bei Hon.
fehlt, unstreitig Cartris = paeninsula promunturii Cimbrici, s. Phn. N-
H. IV, 13. Fremdartige Zusatze sind das Meer Hadria, die Via (*M
es scheint) Aemilia, die Stadt SenogaHIia (verderbt in Semig): und alle
drei stehen nicht bei Honorius. Auch von den zum Theil synonvnien
Benmnungen Galliens sind sichcrlich cinige spaterer Zusatz; Honorius
hat nur liclgica, Galliae duae. Dagegen ist Vcnetia die bei Livm»
nnd Plinius so genaimte rcgio\ der Plural, wenn er nicht versehrieben
ist, soll vielleicht das Gallische und das Italische Venetien zusammen-
fassen. Moesia fehlt bci Aethicus, steht aber bei Honorius. — In W
fugt der lctztere Epirus, Phrygia, Cilicia, Armcnia maior hinzu; des-
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agrippa's weltkartk, akthicus' cosmographik. 765
Ausnahinen dieser Liinderbestand dem damaligen Reichsuin- w»
fange in Beziehung auf die Moglichkeit von Vermessungs-
augaben wirklich entspricht, 2) wie auch fiir diese schein-
baren Ausnahmen kaum eiue Herleitung aus Interpolation
nothig, sondern eine anderweitige Erklarung mittels einer
sehr nahe liegenden Combiuation moglich ist, 3) wie diese
Erklarung durch die ausdriieklichsten Zeugnisse, durch den
natiirlichen Zusammenhang der Dinge, durch eine iiber-
raschende Uebereinstimmung gegenseitig verkniipfter That-
sachen und sich durchkreuzender Beziehuugen die wiinschens-
wertheste Empfehlung erhalt.
Versuchen wir zunachst, wie weit wir mit blosser ratiocina-
tio kommen. Zuvorderst ist natiirlich von dem strengen Be-
griff des Ausdrucks provinciae zu abstrahiren, den Aethicus
im weitesten Sinne fiir terrae gebraucht. Sodann aber ist klar,
dass die aufgefiihrten Liinder den Roniern damals noch nicht
brauchen in ihrem ganzen Umfange unterworfen gewesen zu
sein. So waren es nur stUckweise (seit 718) Noricum, Ratien,
Pannonien, deren Nennimg doch deshalb nicht unterbleiben
durfte, weil sie noch nicht ganz vermessen werden konnten;
nicht minder verfiigte iiber Theile von Mesopotamien schon
Pompejus, wenngleich von der Provinz Mesopotamien noch
nicht die Rede seiu kann. In Britannien konnte selbst schon
Caesar, so weit er kam, das Laud wenigstens im ganzen und
grossen aufnehmen lassen (denn eine fiir zugiingliche und
entlegene Liinder gleichmlissig genaue Vermessung wird ja
ohnehin niemaud behaupten wollen), und diese Vorarbeit
brauchte fiir Augustus nicht verloren zu sein. Ferner ist
zu erwiigen , dass mehrere Lander, wenn auch nicht unter- sos
worfen, doch, in verschiedenen Abstufungen der Abhiingig-
keit, unter Schutz und Oberhoheit der Romer standen, wie
Galatien, Kommagene, Kappadocien-, selbst auf Thracien und
Armenien erstreckte sich damals schon romischer Einfiuss,
desgleichen auf das Partherland seit den Geschichten mit
Phraates. Und wenn hier die Vermessung nicht iiberall den
gleichen in JV Byzaeium und Arabia, wie cr auch richtig Zeugis
geBchrieben gibt.
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766 BEICH S V E R M E 8 S U N O DES AUdUSTUS,
Zweck der darauf zu griindendeu Besteueruug hatte (ein
Zweck, den uian demungeachtet hie und da ftir die Zuknnft
in Aussicht nehmen mochte), so ist nicht zu vergessen, dass
der Mann, der an der Spitze der Angelegenheit stand, augen-
scheinlich neben dem Verwaltungszweck auch einen wissen-
schaftlich-geographischen verfolgtc und ebendeswegen nicht
bei dem Begriff von omnis orbis iam ftomani nominis (wie
es von Caesar heisst) stehen blieb, sondern den orbis terra-
rtffft tiberhaupt im Auge hatte. Zum Theil zusatnmenfallend,
zum Theil verwandt hiermit ist ein Gesichtspunkt, unter den
zahlreiche Thatsachen fallen. Die Kriegsgeschichte des achten
Jahrhunderts d. St. ist voll von bekampften, besiegten, wieder
aufgegebenen, von neuem geschlagenen , und doch nicht
eigentlich unterworfenen Volkern, deren Beriihrung mit den
Roraern, wenn nicht die Reichsgrenzen, so doch die Grenzen
ihrer Localkenntniss wesentlich erweitern musste und der
Aufnahme einer chorographischen Statistik nicht anders als
forderlich sein konnte. War doch schon 679 C. Curio bis
zum Danuvius, ein paar Jahre spiiter Lucullus nach Arme-
nien gekommen; 723 kiimpft Crassus mit den Daciern und
iiberwindet Mosier und Thracier: — oder wie es vollstan-
diger bei Florus III, 4 heisst: fDidius vagos et libera po-
pulatione ditfusos intra suam reppulit Thraciam: Drusus
ulterius egit et vetuit transire Danuvium: Minucius toto
vastavit Hebro . . .: Piso Rhodopen Caucasumque penetra-
vit: Curio Dacia tenus venit, sed tenebras saltuum expavit:
Appius in Sarmatas usque pervenit, Lucullus ad terminum
gentium Tanaim lacumque Maeotim.' Im J. 729 zieht Gallus
nach Aegypten, Arabien, Aethiopieu; und statt anderer Einzel-
heiten mogen die Triumphtitel des Pompejus bei Plinius N. H.
&oiVH c. 26 dienen: 'terris a Maeotis lacu ad Rubrum mare
subactis; .... cum . . imperium maris populo Romano re-
stituisset, ex Asia, Ponto, Armenia, Paphlagonia, Cappadocia.
Cilicia, Syria, Scythis, ludaeis, Albanis, Iberia, insula Creta.
Basternis, et super haec de regibus Mithridate atque Tigrane
triumphavit', nebst dem rednerischen Selbstlob: rAsiam ulti-
niam provinciarum accepisse eandemque mediam patriae reddi-
disse', mid die Rede des Caesar aus dem J. 695, bei Dio
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AGRIPPAS WELTKARTE, AETHICTS COSMOORAPHIE. 70>7
Cassius XXXVIII, 38, worin er als uberwunden aufzfihlt jt\v
Capbuj, ttjv CuceXiav, touc Maxebovac, touc 'IXXupiouc, ttiv
'CXXaba, ttiv 'Adav Tfiv Trepi ttiv 'lumav, BiGuvouc, *iPnpac,
VA(ppOUC . . . TTIV Kpr|TT|V, TOV TTOVTOV, TTIV KuTTpOV, TTJV *\$T\-
ptav Tfiv 'Aciavfjv, ttiv 'AXpaviav tt^v €»cei, Cupouc duqpoTepouc,
'Apapiouc, TTaXaiCTivouc. 8olche Beriihrungen und Verhiilt-
nisse, mit germanischen und andern Stiimmen, setzen sich
unter Augustus fort, selbst wenn wir uns innerhalb der
Grenze von 734 halten. Darum ist auch eben kein Gewicht
darauf zu legen, dass erst in der spatern Kaiserzeit erwor-
bene Provinzen7 wie Dacien und Alpes Cottiae, auch in der
Ezpositio nicht verzeichnet stehen. Denn anderseits stehen
ja hier, um selbst von Arabien, Aethiopien, Medien, Assyrien,
Miisien einmal abzusehen, noch Indien und Cartris. Eben
so nahe liige nun.hier allerdings die Berechtigung, uns mit
der Annahme von Interpolationen zu helfen, als romischeu
Lesern und Schreibern, die sich, die Beziehung auf die Ver-
raessung ganz aus den Augen lassend, an BegrifF uud Form
eines geographischen Abrisses hielten, die Versuchung nahe
lag, erst das unter Augustus Hiuzugekommene (wie Mosien),
dann das von spatern Kaisern Erworbene, endlich auch uber-
haupt das Benachbarte, unterdess immer bekannter Gewor-
dene, seines Ortes nachzutragen. Und diesen Verdacht der
Interpolation konnte man gerade durch den Umstand zu
stutzen und zu steigern suchen, dass z. B. Mosien und Ara-
bien nur bei Honorius (s. Anm. 27), nicht bei Aethicus
anderseits Cartris nur bei Aethicus, nicht bei Honorius stehen.
Aber wir begeben uns dieser bequemen Aushiilfe freiwillig,
halten es vielmehr nur fur Zufall, dass, in keiner der beiden
Recensiouen, nicht auch Dacien und sonst noch ein und der &c&
andere Name erscheint, und behaupten, dass die Erwiihnung
aller jener Liinder in einer Combination Schutz finde, wo-
durch die ganze Frage nach dem, was damals den Uomern
gehorte, was nicht, fast Uberfliissig wird.
Gewiss ist, dass dip Expositio sich auf die Vermessung
bezieht; aber diese Beziehung muss nicht eine unmittelbare,
sie kann eine vermittelte sein. Was sollen wir uns als
eigentliche Quelle fiir das Schriftchen des Aethicus denkenV
768 REICHSVERMESSUNG DE8 AU0U8TUS,
Im allgemeimm ist die Moglichkeit nicht ubzuleugnen, dass,
wie andere statistische Uebersichten™), so aucli uusere Cos-
mographie kurzweg geschopft sei aus oificiellen Listcn urnl
Verzeichnissen, aus Archivacten, zu denen einzelne sich Zu-
gang zu verschaffen wussten. Aber wahrend wir diesen AVeg
mit Mannert (z. Tab. Peut. p. 4) festhalten fur den eigent-
lichen Vermessungsbericht der Einleitung, ist doch fur die
Ausfiihrung der Exjx>sitio nicht nur eben so moglich, son-
dern mit Kucksicht auf spilter zu entwickelnde GrQnde bei
weitem einleuchtender eine folgendermassen niiher bestimnite
Vorstellung. Man gehe aus von der Viertheilung des orbts
tetrarum nach oriens, occidem, septentrio und nieridies. Eine
politische Eintheilung ist das nie gewesen; eben so wenig
eine wissenschaftlich iibliche31); es ist eine zufallige, wie sie
der praktischen Bequemlichkeit halber zu dem speciellen
Zweck von Messungen stattgefunden hat. Auf denselben
Messungen beruhen die geographischen Commentarii des
Agrippa, aus denen uns Plinius zahlreiche Massbestim-
mungen erhalten hat, oder genauer wohl, die Resultate
jener Messungen bildeten eben den Inhalt dieser
Commentarii. Auf der Grundlage dieser Conimcntarii aber
wiederum, wie die Worte des Plinius III, 2 ganz ausdruek-
lich besagen, beruhte die grosse Weltkarte des Agrippa.
mittels deren er in einer, von Augustus vollendeten, Saulen-
hallc nach dem Ausdruck des Plinius orbeni terrarum orbi
&oc spectandum propositurus <cra/.3-) Dieser Orbis pictus nun, be-
30) Vgl. Bocking p. 83 f.
31) S. u. [p. 782 J. — Schon dies hatte Mannert u. a. abhalten
miissen, in der Kxpositio ein von der voranstehenden kinleitung iniab-
hilngiges Machwerk zu sehen, welches rein geographische Uelehrung
b<*zweckt hiltte.
32) Ganz sachgemass im allgemeinen erscheint Maunert's Vor-
stellung von der Beschaffenheit der Agrippa'8chen Karte, der man mcIi
hiiten wird, eine zu grosse Genanigkeit zuzutrau<n. S. die Einleitung zur
Tab. 1'eut. p. 6 f. : fXec tamen Orbis Pictus ex Agrippae connnentari:'1
in muros portieus translatus cuncta minutiora exhibuisse creuYwioN
eorum enim cognitionem Augustus eiuftque sucecssores sibi reservaUnt,
ad publica negotia ordinanda; et quem usum populi quotidmnus con-
tiuxus ex immenBO cepisset vicorum uumero, quorum ne noiuina qui-
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>
AGRIPPA'S WKLTKAUTE, AKTHIcrs' C08M00RAPHIE. 7G9
liaapten wir, ist es, auf den sich die Cosmographie des
Aethicus, d. i. die Expositio nebst der vorangeschickten Eiu-
leitung, bezieht. Nicht, als miissten wir eine in der Zeit
<3es Augustus verfasste Beschreibung der Weltkarte des
Agrippa selbst vor uns haben; die Abstammung ist nur
eine abgeleitete, aber die Mittelglieder fehlen uns nicht. Die
oflfentliche Aufstellung jener Karte geschah, wie Mannert
a. a. 0. p. 6 mit Recht bemerkt, nicht bloss 'gloriae caussa',
sondern wirklich auch um der Belehrung willen, und ist als
Anfang und Grundlage aller genauern geographischen Kennt-
niss nicht sowohl bei den Romem als im romischen Volke
anzusehen. Nach dem Originale wurden kleinere Copien
angefertigt und verbreitet, erkliirende Compendien dazu gc-
schrieben, und beides zum Zweck des Schulunterrichts ge-
braucht. Darauf fiihrt schon das Propertische (V, 3, 37)
corjor et e tabula pictos cdiscerc mmulos deutlich hin; noch
unzweideutiger spricht der von Mannert angofiihrte Rhetor
iles vierten Jahrhunderts, Eumenius, in einer Rede 'pro re-
staurandis scholis* Kap. 20 f. von porticus} in denen die Jugend
den orbis dcpictus schaue und aller terrae, maria, urbcs, gen-
tes, nationes locorum situs, spatia, intervalla, so wie der Fliisse, 507
Kiisten, Meerbusen Gestalt kennen lerne. Sobald wir nun
einen zu einer solchen Abbildung gehorigen erliiutern-
ilen Text in unserer Expositio anerkennen, so erkliirt sich
1
ileiu unquain auribus acceperat? Montes, maiores liuvii, niaria, Ocea-
uus omnia cingens, coloribus depingebautur, cum urbibus notatu diguis,
additis distantiarum nunieris. C.uae cuucta oculis imperii magnitudi-
neni mirautiuni, coloribus congruis exornata, eo . . putem ordine
collocata fuisse . . . ut geogniphieae regionum formae atque extensionis
ratione minus babita distantia locorum viarumque directio tantum de-
scriberentur.' Waa hierin irrig erscheint, wird spater zur Sprache kom-
nien. Was insbesondere die colores betrifft, so wird frcilich nicht mit
Mannert au eiu eigentliches Gem&Lde zu deuken sein; eher noch niit
Hirt an Eingrabung auf marinorne oder eherne Tafelu ; das oei weitem
wahrscheinlichste ist indess Mosaik. Hirfs Meinung ubrigens, dass
tinter den ' commentarii ' des Agrippa uichts anderes als kurze, auf
denselben Tafeln eingegrabene Erlauterungeu uud Notizen zu verstehen
nei, brauchen wir uns um so weniger kummern zu lassen, als sie
achon Frandsen in seinem Huche iiber Agrippa p. 188 tt". mit vieler
Weitliiufigkeit zu widerlegeu uuternommeu hat.
m. «rrstnKLii oi«vscvla 111. 49
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770
REICHSVEKMESSINO DES AUGUSTU8,
einerseits (und erkliirt sich nur auf diesem Wege) so man-
ches Auffallende in der Zahl und Anordnung der Liinder-
verzeichnisse des Aethicus, ohne dass wir anderseits das
Recht verlieren, aus diesen wiederum Ruckschlflsse zu niaehen
auf die Art und Theilung der Messungen, die jeneu Ver-
zeichnissen ursprunglich zu Grunde liegen, und flber welcbe
ebendeshalb ein kurzer Bericht als ganz zweckmSssige Ein-
leitung zu den letztern gelten durfte. Schon was sich etwa
von einer gewissen Willkiir oder Planlosigkeit in der Aus-
wahl und Aufeinanderfolge der geographischen Details be-
merken liisst, werden wir leicht verstehen und zu vergeben
weniger schwierig sein unter dem Gesichtspunkte, dass alles
von der Beschreibung einer Landkarte ausging, auf einer
solchcn aber die verschiedenen Namen ohne hervorstechende
Unterscheidung einfach neben einander standeu, so dass sich
weder ein < Janzes und seine Theile uberall als solehe zu
erkennen gaben, noch ein zwingendes Princip fflr eine be-
stimmte Reihenfolge der Aufziihlung in der Sache selbst
gegeben war. Wichtiger ist, dass fflr den Zweck einer Land-
karte, wie sie Agrippa projectirte und Augustus ins Werk
setzen liess, nichts natilrlicher war, als da, wo die wirklich
vermessenen Liinder aufhorten, von den anstossenden Greuz-
liiudern, die den Romern weder gehorig noch fflr Messung
zuganglich waren, doch noch die Namen hinzusetzen, uw
wenigstens eine allgemeine Bezeichnung und ein migefahres
Bild ihrer Lage zu gewiihren. Und das giibe uns einen
ganz ausreichenden Aufschluss iiber die Nennung so luanches
von Aethicus verzeichneten (Irenzlandes, dessen formliche
Ausmessung unter Augustus anzuuehmen man, trotz der
obigen Nachweisung frflhzeitigeu politischen Einflnsses
der Ronier in solchen Liindem, Bedenken tragen inag.
Ich sage, es giibe uns eine ausreichende Erkliirung
wenn wir namlich einer solclien uberhnupt bediirftig waren.
Denn — nicht ohne Absicht haben wir dem geneigten Leser
w)s diese Ueberrasehung aufgespart so erstauuenswerth es ist.
so unzweifelhaft ist es doch, dass von fast alleu jeuen
entlegenen «Liindern, und von noch entlegenereu.
Agrippa in der That mehr oder weniger genaue Mass-
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AGBIPPA'S weltkarte, aetiikts' (OSMOCiRAPHIE. 771
bestinimungen zu Stande gcbracht hatte. Und der
Beweis? Er licgt so nahe wie moglich: die zahlreiehen
Citate des Plinius aus den Commentarii des Agrippa
geben ihn. Durchgesctzt mag es Agrippa haben wie er
wolle: genug, die durch das dritte, vierte, fiinfte und sechste
Buch der Naturalis Historia zerstreutcn Zeugnisse33) sagen
auf das unzweideutigste aus, dass in jenen Commeutarien
verzeichnet standen die Namen und Masse Indiens bis zum
Iudus, des persischen und des arabischen Meerbusens, des
rothen Meeres (naturlich immer mit den zugehorigen Kiisten);
Mediens, Parthiens, Persiens, Mesopotamiens; weiter des Kas-
pischen Meeres und der Liinderstriche von da nordlich und
ostlich bis zum Oceanus Scythicus und Sericus, so wie sikl-
westlicb bis zum Taurus und westlich bis zum Kaukasus;
nicht minder des ganzen Pontus Euxiuus mit Chersonesus
Taurica, ja selbst der darflber liegenden Nordlilnder Scythien,
Sarmatien bis zur Vistula (Weichsel) und dem Occanus
(Sarmaticus oder Suevicus = Sinus Codanus); ferner Kiitiens,
Noricums, Germaniens, Britannieus, Hiberniens - um dic-
jenigen Lander nicht erst zu nennen, deren genaue Kcnnt-
niss sich von selbst versteht. Die Schlussfolge ist unaus-
weichlich: alle diese Liinder uud Meere standen, und grossen-
theils nicht bloss iu unbpstimmtesten Andeutunjren, auf der
Karte des Agrippa, die ja eben aus seinen Commentarien
gearbeitet war, und wir haben somit ihr ganzes Netz nach
den Grenzumrissen anschaulich vor Augen. Sehr wohl stiramt
auch mit dem aus solcher I3etrachtung hcrvorgehenden Um-
fange nach einer Seite hin die Aufziihluug dt»r Meere in der
£x[>ositio: marc Caspium , marc Pcrsicum, marc Tiberiadis,
mare asphaUites, marc rubrum, marc Arabicum, mare Car-
pathium, mare Myrtonm: nur dass es zu der schon oben be- mo
inerkten, durch das Kelative aller Abgreuzung von Himmels-
gegenden begiinstigten Verstellung gehurt, wenn nacli dcm
jctzigen vcrunstalteten Texte jene Meere alle unter dem
oricns verzoichuet stelieu. Und auf stattgehabte Umstellung
33) S. die, jedoeh nicht gan/. vollatiindigt» Znwuninoustellung bei
Frauda«-n im 33teu Kap. p. 190 200
49*
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772
KEICHSVEKMESSUNG DES AUOUSTUS,
weist deutlich der Umstand hin, dass unter meridies wie-
derum das mare Carpathium vorkonimt, zugleich mit dem
Tyrrhenum, welches sich abermals beim occidens findet
Wie viel von dieser ganzen grossen Landermasse Agrippa
wirklich vermessen liess, steht freilich dahin, und nicht
nur die Moglichkeit muss zugestanden, sondern auch die
VVrahrscheinlichkeit behauptet werden, dass manche Bestim-
mung nur auf allgemeiner Schiitzuug beruhte. Gewisse
Massangaben, besonders fur das innere Asien, mochten tra-
ditionell sein, Agrippa sich uberhaupt die Benutzung alter
griechischer Messungen, Karten, Geographen nicht entgehen
lassen. Handelsberichte und Kriegserfahrungen , nach Tage-
reisen und Heeresmiirschen rechnend, traten gewiss ergan-
zend ein, wo eigentliche geometrische Ausmessung versagt
war; Erkundigungen bei Nachbarvolkern im Frieden, wie
durch ausgeschickte Spione im Kriege, setzteu manche Notiz
in Uinlauf; kuhne Seefahrten einzelner, zufallige Verschlagung
von Schiften konnten aucli Entferntes zur Kunde bringeu.
Solche VVege der Erforschung werden fiir keine Strecke mebr
gelten miiasen als fiir die Liinder zwischen Pontus Euxinus
und Ister bis zur Ostsee: wie denn die Unsicherheit aller
Massbestimmungen in diesen Gegenden auch dem Plinius
einleuchtete. Denu nachdem er IV c. 12, 25 (81 Sill.) gesagt:
'Agrippa totum eum tractum ab Istro ad Oceanum bis ad
decies centena M pass. in longitudinem, quattuor millibus et
quadringentis iu latitudinem, ad flumen Vistulam a desertis
Sarmatiae prodidit', fiibrt er § 91 fort: 'Sarmatiae, Scythiae,
Tauricae omnisque a Borysthene amne tractus lougitudo
DCCCCLXXX M, latitudo DCCXVII M a M. Agrippa tra-
dita est. Ego incertam in Jutc terrarum parte mensuram arbi-
tror' Denu obwohl sich auf dem Wege astronomischer Trian-
guliruug auch entferntes und nicht personlich zugangliehes
Land ausmessen lasst, wenn von bekaunten und messbaren
6io Linien ausgegangen wird, so diirfte es doch sehr gewagt
sein, ein Verfahren dieser Art in so grossem Massstabe ?or-
auszusetzen. Vielmehr werden es alle die vorhin bezeichneten
Mittel und die weiter oben nachgewiesenen geschichtlichen
Gelegenheiten indirecter Erkundigung gewesen sein, die hier
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agbippa's weltkabte, abthicus' COSMOGBAPHIE. 773
dem Agrippa zu statten jiamen. Und wie viel wird man sich
gerade ftir diesen Norden von der Genauigkeit seiner Karte
vorstellen wollen? Damit wird es sicherlich eine ahnliche
Bewandtniss gehabt haben, wie mit der Beschaffenhcit der
Karten, von denen Plutareh Thes. 1 spricht: tv TaTc Y*WYpa-
«ptcuc . . . o\ tcTOpiKOi tci biaqpeuYOVTa tt)v yvujciv auTUJV toic
^cxaToic jLt^peci tujv TTtvdxujv me£oOvT€C amac TTapaYpdqpou-
ctv OTt Td b' £TT£K€tva 0tV£C dvubpot xat Snptwbetc, f| TTr)X6c
aibvrjc, f) CkuOikov Kpuoc, f\ TTeXcrroc TreTTrjYOC. [Vgl. Osann
Beitriige II p. 67, Creuzer z. Gemmenkunde p. 179.]
Fassen wir nun den gesammten Liinderumkreis der Welfc-
tatel des Agrippa ins Auge, so erscheint derseHbe so weit,
dass wir, die grosste Neigung zu spiitern Zusiitzen, Nach-
triigen und Erweiterungen gern zugegeben, diese doch, weil
im grossen kaum etwas zuzusetzen war, durchaus auf Ein-
zelheiten beschriinken, fiir die abgeleiteten Copien aber und
fiir den Schulgebrauch vielmehr das Verkleinern, das Weg-
schneiden des minder Nothwendigen und Interessanten als
das gelaufige Verfahren behaupten mochten: wie uns denn
davon die Expositio des Aethicus als anschauliches Beispiel
vorliegt. Nicht einmal dem Augustus kann sich zu Nach-
tragen, ausser im einzelnen, sonderliche Gelegenheit geb(»ten
haben84), obgleich sonst zuzugeben, dass er als Vollender
des Agrippa'schen Werkes sQwohl Anlass als Zeit dazu hatte.
Denn genauer bestimmt ist der Hergang der ganzen Sache 511
nach richtiger Interpretation der Hauptstelle, bei Plinius III
c. 2 § 17 Sill., dieser: dass Agrippa, der 741 starb, an sich
34) Sonst inOchtc man wohl dahin die Angabe des Pliniua VI
c. 27 § 141 7.11 beziehen geneigt sein: IIoc in loco (in Charax) geni-
tum esse Dionysium terrarum orbis situs recentissimum auctorem con-
stat, quem ad commmtanda omnia in orientem praemisit divus Augustus,
ituro in Armeniam ad Varthicas Arabicasque res maiore fdio (im Jahre
752). 'Stand diese Abfertigung des nuch sonst bekannten Dionysius'
fragt Huschke p. 9 Anm. 16 fin Verbinduug mit dcm von Aethicus
berichteten allgemeineu Unternehmen? Sollte er vielleicht nach Au-
gustus Siegen uber die Parther ergiinzen, was Zenodoxus fiflr den
fibrigen Orient besorgt hatteV' Far Verwaltungszwecke immerhin;
das Landerbild der Agrippaschen Karte kann dadurch keine wesent-
Hche Modification erhalten haben.
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774 BBICHSVERMKSSUNO DKS AUGUSTUS,
also seit dem Abschluss der allgeineinen ReichsYermessung
(734) wohl hiitte seinen Plan schon ausfuhren kdnnen, doch
nicht dazu kam, sondern nur einen Entwurf zu der Welt-
karte und daneben die chorographischen Commentarien
hinterliess, zugleich jedoch den testamentarischen Auftrag
an seine Schwester (Pola), aus beiden die grosse Welt-
tafel in einer offentlichen Porticus anfertigen zu lassen;
ferner dass die Schwester auch den Anfang damit machte,
Augustus jedoch, entweder weil auch die Schwester starb,
oder weil er fiir das Untemehnien sich interessirte und ura
das Andenken Agrippas zu ehren, eintrat und das Begonneue
zu Ende fiihrte.35*) Jedenfalls fallt hiernach die Anfertigung
des Orbis pictus nach 741; aus Dio Cassius LV, 8 ersehen
wir aber, dass sogar im J. 746 die Porticus der Pola noch
nicht fertig war: r\ be dv tuj Trebiuj (tuj 'AYpiTnreiin) ctou,
fiv r\ TTujXa r\ dbeXqpf) auToO .... eTtoiei, oubeTruj eScip-
yacTO. Weim aber auch noch mehr Jahre an der inhalt-
reichcn Porticus unter Augustus' Auspicien gearbeitet worden,
so muss doch durch die Bezeichnung 'Weltkarte des
Agrippa' dem Verdienste seine Krone gesichert bleiben, da
cr es war, nicht Augustus, von dem die Idee, das wissen-
schaftliche Material und selbst die unmittelbare Vorarbeit
herriihrten. — Ein Umstand aber ist, der zu Augustus in
einer so bestimmten anderweitigen Beziehung zu stehen
scheint, dass seine gebiihrende Hervorhebung nicht ohne den
giinstigsten Einfluss auf die Beurtheilung der ganzen Expo-
sitio bleiben kann. Irren wir namlich nicht, so liegt der
aut" den ersten Blick so willkurlichen Aufziihlung italischer
Provinzen, die wir bei Aethicus finden, die Eintheilung
Kisltaliens zu Grunde, nach welcher es Augustus in elf rc-
35») Plinius Worte sind: fis (Augustus) nanique complexam eum
(orbcm terrarum) porticum ex destinatione et commentariis M. Agrip-
pac a sorore sua inclioatam pcregit'. Hier kann dcstinationc nicht
heissen fnach dcr Anordnung' oder 'Willensbestimmung', weil so die
ungleichartigsten BegrifFc unter cx vereiuigt wiiren; es ist Kntwnrf,
Grundriss, Projection; complcxam cum porticum ist als ein Begriff ru
faasen: 'Halle mit Welttafel', und kommt hier auf dasselbe binans wie
'Wclttafel in der Halle'. Schwerlich faaste es Frandsen p. 162 richtig.
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AKKIITAS WEI.TKAKTK, AF.THHTS CO.SMOCiRAPHIE. 775
giones zerlegte: eine Eintheilung, deren Kenntniss wir meines
Wissens einzig der Erwahnung des Plinius (von III, 5 § 46
an) verdanken. Denn auf sie lassen sich alle in der Exjx>-
sitio erscheinende Naraen zuriickfiihren: Catnpania, Apulia,
Calabria, Lucania, Bruttii, Snbini, Samnium, Piccnum, Vm-
hria, Etruria, und das in solcher Gesellschaft sonst zieralich
verwunderliche Vcnctia, welches die zehnte der Augustischen
Kegioneu war. Fiigen wir hinzu LaHttm und, was vor Li-
burnia so leicht ausfallen konnte, Liguria, sowie GaUia cis-
jxtdana und transpadana, die ohnehin nicht konnen fflglich
gefehlt haben und wohl bei; wo nicht in cisalpina und trans-
alpina zu suchen sind,3ftb) so fehlt uns fiir keine der elf Re-
gioneu eine entsprechende Bezeichnung des Aethicus. Zu
welchem Behuf nahm aber Augustus jene Eintheilung Ita-
liens vor? Wiire es eine stehende Einrichtung zu einem
Verwaltungszweck gewesen, so wiire doch kaum denkbar,
dass in der Folgezeit nirgend auch nicht die geringste Hin-
deutung darauf vorkommen sollte. Es muss also wohl nur
ein voriibergehender Zweck geleitet haben, und was kame
uns dann zur Erkliirung gelcgener, als dass es die Augustische
Vormessung war, zu deren Behuf jene Eintheilung gemacht
wurde?
Es ist jetzt noch ein Punkt zu beleuchten, der wohl
am meisten Schuld gewesen ist an dem ganzlichen Verkennen
des Ursprungs und Werthes der Cosraographie. Das ist die
seltsarae Gestalt, in welcher der orbis tcrrarum nach der von
Aethicus berichteten Verraessungseintheilung in Beziehung
auf die vier Hinimelsgegenden erscheini. Denn Verwunde-
rung musste es allerdings erregen, dass, wahrend die Be-
zeichnungen oricns, occidcns und mcridionalis pars sich als
ganz angemessen darstellen, die scptentrionalis j>ar.s Klein-
asien, Griechenland, Macedonien, Thracien und Armenien
bilden sollten: Liinder, die wir einerseits vielmehr zum Orient
gerechnet erwarteten, und die anderseits viel siidlicher liegen
35 b) Simler bemerkt zu Cisalpinam in scinen Scholien znm Ae-
thicus p. 62: fad marginem MS. notatum erat Transcampanam , vel
potiue Tran«padanam (ialliam hoc loco inscrendam esse.'
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REICH8VEBM ES SU N O DES AUGU8TUS,
als der grosste Theil des Occidents. Zwar der erste An-
513 stoss hob sich leicht; denn dass man die grosse Landerinasse,
die wir unter der einen Benennung 'Orient' zusammenfassen
wiirden, in zwei Theile zerlegte, das geschah eben nur zur
Forderung der Arbeit. Dass aber von diesen beiden Theilen
der obere septentrionalis nicht im Gegensatz zum untern,
sondern im Gegensatz zu Osten, Westen und Siiden genannt
wordeu, dafiir wiire es doch eine gar uubefriedigende Er-
kliirung gewesen, zu meinen, weil einmal die Namen oricns,
occidenSj meridies so gut gepasst hatten, so habe es, um eine
Gleichmassigkeit dcr Bezeichnungen durchzufuhren, nahe
gelegen, die Analogie auch dahin auszudehnen, wohin sie in
Wahrheit nicht passte. Auch konnte es wenig helfen, zu
den von Aethicus genannten Liiudern noch den Pontus
Euxinus bis zu seiner nordlichsten Ausdehnung, und aus
dem Volkerverzeichniss des scptentrio die Scythac hinzuzu-
rechnen; denn dass etwa die Romer das vom Pontus nord-
lich gelegene als ein noch zu eroberndes Land betrachtet,
und in solcher Aussicht fiir die damit zusammengerechncten
Liinder Griechenland, Macedonien u. s. w. den Namen rNordeu'
anticipirt hiitten, solch ein Ausgleichungsversuch wiirde doch
ziemlich in der Luft schweben. Vollig veriindert erscheint
aber die Lage der Dinge, seit wir aus den eigenen Aut-
zeichnungen des Agrippa die Gewissheit geschopft haben,
dass zur sqrtcntrionalis pars alles Land bis zur Ostsee
gehorte; denn nun haben wir als Inhalt dieser jxirs einen
absoluten Nordeu, wiihrend dessen Abgrenzung gegen den
Siiden der Natur der Sache nach nur eine beliebige sein
konnte und eine relative sein kann.:55c)
Wiire dieser Aufschluss nicht vergonnt gewesen, so
hiitte ein anderer Umstand eine unverwerfliche Erkliirung
an die Hand gegeben: ein Umstand, von dem wir es dahin-
gestcllt sein lassen, in wie weit inan es glaublich finden
moge, dass er auch so mitgewirkt habe. Langst schon hat
35 c) Daraua ist e« hcrzuleiten, da.sg z. B. die lnacln Cjpcru,
Rhodus, Coraica, das marc Carpathium u. a. in mclir als einer Ab-
theilung wiederkehrcn.
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AGKIITA 8 WELTKARTE, AETHICUS' COSMOGRAIMIIK. 777
man auf den Orbis pictus des Agrippa und auf die Augustische
Ye/messung zuruckgefiihrt den Ursprung sowohl des Itinera-
rium 'Antonini9 als der Peutingerschen Karte; und in der su
gehorigen Beschrankung aufgefasst, wird auch gegen diesen,
wenngleich auch von Wesseling p. 7. 8 geleugneten Zu-
sammenhang nichts Begriindetes aufzubringen sein.36) In
dieseni, wie in verwandten Fallen ist der allgemeinste zu-
gleich der starkste Ueberzeugungsgrund und eine Reflexion
statt eines Zeugnisses wiegend: keine bedeutende Erscheinung
im culturgeschichtlichen Gebiete steigt fertig gleichsam aus
der Erde empor und ist init einem Male da, sondern sie ist
hedingt durch Vorstufen und erwiichst im Zusammenhange
eiues statigen Fortschrittes; eben so wenig geht aber aucli
ein wesentlicher Fortschriti, eine Leistung, welche die Keime
weiterer Entwickelung in sich triigt, spurlos verloren und
bleibt jemals ohne (Jewinn fiir die Folgezeit. So dass, wenn
spiiter eine Peutingersche Tafel zum Vorschein kommt, eine
Welttafel aber schon von Augustus offentlich aufgestellt
worden und in ihrem Einflusse noch auf die Bildung des
vierten Jahrhunderts nachweisbar ist, es nach den natiir-
lichen (resetzen des Cultarlebens unmoglich ist, diese beiden
Dinge nicht in gegenseitigem Zusammenliange zu denken,
durch wie viele Stufen und Uebergiinge dieser auch ver-
mittelt sein moge. Hierzu kommt, dass eine abermalige
allgemeine Vermessung der romischen Monarchie, auf welche
iihnliche Unteruehmungen, wie auf die Augustische Ver-
messung die Karte des Agrippa, hiittcn selbstandig gegriindet
sein konnen, fiir spiitere Jahrhunderte schlechterdings niebi
nachzuweisen ist.37) Nun fiillt aber an der Peutingerschen
Tafel, aus der wir, dem aufgestellten Gesichtspunkte zufolge,
36) S. B6cking i». 76 gegen Bernhardy'8 Zweifel im Grund-
rm d. r8m. Litt. p. 284. Wesneling'» Orunde sind die Hchon ohen
II ihrer Schwuche nachgewicsenen, hergcnommcn von der Unwahr-
• scheinlichkeit einer Vermeasung den innern Gormaniens u. 8. w. Be-
stimmte Spuren der Uebereinstiramung zwiachen der Agrippa^chen und
der Peutinger'schen Karte sucht Mannert p. 28 nachzuweisen.
37) Hierin uberzeugt Mannerfs ErOrterung p. 9ft. gegen Wesae-
Hng p. 4, Scheyb uud andere.
778 KKICHSVKKMEMKlTXr; DKM AlHiUSTUS,
auf die Agrippa'sche zuriickzuschliessen berechtigt sind, nichts
so befremdlich ins Auge, als die hochst wunderlich zuaam-
mengepresste Form der Liinder, wodurch bei sehr lang-
gezogener westostlicher Dimension die von Norden nach
Siiden einen ganz unverhaltnissmiissig schmalen Streifen
bildet: eine Form, welche sehr umstitndlich, aber anschau-
Hch in Bergiers Schrift de viis III, 7. 8 erortert ist. Hier
ist es nun ein glucklicher <Tedanke Mannerts, dass diese
Art der Abbildung sich herschreibe von einer ahnliebeu
Beschaflenheit der Agrippaschen Karte, fiir diese aber eine
solche Einrichtung bedingt war durch den Zweck der Auf-
stellung oder Aufhangung an den Wanden einer offentlicben
Halle, damit nanilich nicht, wenn die Maasse der natiirlichen
Ausdehnung beibehalteu worden wiircn, die Ciberinassige Rohe
der Bequemlichkeit des Anschauens Eintrag thun solltc.3**)
Um also ein Tableau von miissiger Hohe bei beliebiger
Liinge (Breite) zu gewinuen, was vom romisehen Publicum
gemiichlich zu betrachtcn ware, lialf uian sich durch Zu-
sammeudriickung und Verschiebung der allzu sehr vorstehenden
Liinder, wodurch der Nordtheil des Westens siidlicher herab-
kam, (Triechenland und Kleinasien u. s. w. aber eine relativ
nordlichere Lage erhielteu. Wenigstens konnte so auch ffir
die zum Privatgebraueh gemachten und in den Provinzen
verbreiteten Copien des Augustischeu Originals, auf welcbeu
man, wie es scheint (s. o.), die barbarischen Liinder des
eigentlichen Nordens allmahlich wegzulassen anfing, die Be-
38*) Mannert p. 6: ' Eadcm enim proportione, qua Orbis Pictu»
in longitudinem ab occidente ad orientem excrescobat, exteudondu>
quoquc fuisset iu altitudincni a meridie ad soptentrionem: qua ro por-
ticus nimium quantum assurrexis^ct in altitudinem. Et fac satis altam
fuisse, ut cuncta rite exponercutur, quem usum pictura praebuisset
inspicientium, legentium, figuras mirautium mnltitudini? Ante oeulos
habuiBset Africae deserta: Italiae expOHtio altiore loco iam posita vol
proceri hominis staturam louge superasset, magis septentrionalia in
tantam surrexissent altitudinem, ut non dico legcntiuni scd ct picturas
intuentium aspectui omnino scse eubtraherent, Qua de causa opioor
enndem ob8ervatum esse ordinem, quem nobis exhibet rentingori
Tabula, in magnam longitudiucm, multo minorem altitudincm extonsa.'
Pass und wnrum diese Achnlichkeit ihre Grenzen hat, ist oben erSrtert
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AOKIPPAS WKLTKAUTK, AKTHICUS' C08MOQBAPHIE. 77!)
zeichnung sejptentrionalis pars im Sinne der Expositio ihrc gute
Geltung behaupten. — Welche starke und fur uns (auch ab-
gesehen von unserer Gewohnung an gute Karten) oft kaum
zu begreifende Irrthumer im einzelnen den geographischen
Vorstellungen jener Zeit anhafteten, lehren, um gar nicht
weiter zu gehen, zahlreiche Thatsachen, die Strabo berichtet. 516
War also von solchen Ungenauigkeiten und Unrichtigkeiten
— trotz aller Vermessungen — auch die Agrippa sche Karte
nicht frei, wie liesse sich von ihr richtige Zeichnung im
gauzen und grossen erwarten, da es ja in der Natur der
Sache liegt, dass das Grossenverhaltniss, die gegenseitige
Lage, der Zusammenhang der Lander die letzte Stufe sind,
zu der sich die geographische Kenntniss am spiitesten und
schwierigsten erhebt? Und je grosser fUr einen Siiulengang
die Dimensionen geuommen werden mussten, desto schwerer
war es, das richtige Vcrhaltniss zu bewahren, desto weniger
liel auch die etwaige Disproportion in s Auge. Dass aber
selbst in ciner Zeit, in der sich doch die Vorstellungen
vielfiiltig berichtigt hatten, dieselbe verkehrte Gestalt der
Erde fiir die Peutingersche Karte beibehalten wurde, das
erklart sich schon aus der vis inertiae in allen menschlichen
Dingen, vermoge deren selbst vorgeschrittenc Einsicht von
der Gewohnung an eine zufiillige, von Alters her iiber-
kommene Grundlage, wenn diese zumal sinnlich fixirt ist,
sich so schwer losreisst, dass man sich unbegreiflich lange
mit Ausbesserung und Umbau behilft, ehe ein vorurtheils-
loser Sinn einen herzhaften Neubau wagt.
Daneben war es jedoch auch eine bestimmte Absicht,
welche fiir die Peutinger sche Tafel eine so kolossale Ver-
schiebung und Auseinanderziehung wahlen liess, wie sie auf
Agrippa s Karte gewiss nicht stattfand: so zwar, dass gerade
hierin wiederum ein Hauptunterschied beider Unternehmungen
zu suchen sein wird. Die Peutinger sche Tafel wollte vor-
nelimlich auch die Strassenziige darstellen; um aber deren
Liingen anschaulich vor Augen zu stellen, gab es kein
anderes Mittel, als eben jene, allen iibrigen Verhaltnissen
Hohn sprechende Zeichnung, wie das schon von Bergier aus-
gefuhrt worden, und nach ihm von Mannert p. 23 ff. Dass
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780 REICHSVKRMK8SUNG DKS AUGITSTU8,
dagegen auf der Karte des Agrippa, wie Berge, Flusse,
Stadte u. s. w., so auch die viae verzeichnet gewesen waren.
dafiir findet sich in der Expositio des Aethicus keine Spur
(das einzige Aemilea kommt natiirlich nicht in Betracht, s. o.
| Anm. 29]). Und ich glaube, das hat seinen guten Grund, und
517 Mannert (s. Anm. 32) musste von seiner Vorstellung sowohl die
'viarum directio' als die fdistantiarum numeri' fern halten "*):
denn auch auf die letztern enthiilt die Expositio, mit Aus-
nahme der Flttsse (s.o. [p. 748]), nicht die leiseste Hindeutung.
Natttrlich standen beide, Heerstrassen und Entfernungs
angaben, in den Commentarien (d. i. in den, wenn auch
verarbeiteten, Vermessungsberichten) des Agrippa38*5), und
38 b) Etwae ganz anderes ist es rait dera * Antoninischen' Itine-
rarium, fur welches Mannerfs (p. 7) und vieler Fruhern Herleitung
wohl bcrechtigt erscheint: ' Ex iisdem (Agrippae) commcntariis emanarit
quoquc Itinerarium , in usum publicum (wofern er damit Staatazweckr
meint) inde excerptus index locorum praccipuorum eorumque distantiae\
— Wenn aber mehrerc Chronikenschreiber des Mittelalters (Flodoardu^
Hiat. Rhemens., Baldericus Chron. Camerac.) bestimmte Entfernungs-
ma68e aus f Aethici Cosmographia' anfflhreu, oder die f Cosmograpbia '
aua der von Julius Caesar in Folge eines SC. angeordneten Vermessung
herleiten, so beruht diess eben nur auf der Anm. 23 beruhrten Ver-
miscbung dcr Cosmographia und des Itincrarium in den Handscbriften.
Sehr deutlich wird dicss aua Hugo Flaviniacensis Chron. Virdua..
welcher, die Identitat der VerfaBser annehmend, doch den Inhalt gmau
scheidet: 'Has autem omnes conicctioties Aethicus in Cosmographia ei-
cludens, in Itinerario mundi vocat' .... Weil dem ltinerar die
Cosmographie mit ihrem Einleitungsbericht voranging in den Hdsa.,
konnte auf dae in dem letztern erw&hnte Senatusconsult die Anfertigung
des Itinerars geradezu zuruckgefflhrt werden von dem Chronographus
Fcrrar. bei Muratori, der iibrigens schon die Zahlenverderbnisse der
Vulgate vor Augen hatte, wenn er sagt: 'pcr annos XXX et amplins
decreto Senatus Romani in Europa, Asia et Africa M. Antonii consnlis
Romani studio facta est divisio itinenim de distantiis ' etc. Die Stellen
dieser Chronisten findet man allc bei Wesseling p. 6.
38 c) Das war so gewiss der Fall, als es gcwiss ist, da*s erd das
Vorhandensein liingerer Strassenlinien zum ersten Male zuverllssige
Orta- und Eutfernungsbestimmungen und eine durchgreifende Correctioii
der Lagenverhaltnisse der Liinder der Erde mdglich machte. Daruin
hauptsachlich , weil sie dieses festen Anhaltes entbebrten, waren die
iiltern Messungen, wic sie den Karteu des Dicaarchus, des Erato.4henes
u. s. w. zu Grunde lagen , eo unzulanglich.
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AGRIPPA?S WELTKARTE, AETHICUS' COSMOGRAPniE. 781
nach Massgabe dieser Ansiitze wurde die Zeichnung der
Karte entworfen; aber sie gingen deshalb nicht auf die
Karte selbst mit iiber. Denn wenn der schon angefiihrte
Eumenius sagt: ' illic instruendae pueritiae causa oninium
cum nominibus suis locorum situs, spatia, intervalla descripta
sunt' etc., so sind spatia und intervalla nicht die mit Zahlen
ausgedriickten Distanzen, sondern die durch und mit den
locontm situs fQr das Auge gegebenen natiirlichen Entfernungs-
verhaltnisse. Nichts begreift sich aber leichter, als dass aus
politischen Riicksichten gerade die strategisch wichtigen
Marschrouten und ihre mathematisch genauen Massbestim- ms
mungen der Kenntniss des Kaisers vorbehalten und als
Staatsgeheimniss in den Archiven verwahrt blieben, in den
Orbis pictus aber um so weniger aufgenommen wurden, als
ja die mathematischen Vermessungs-Details fur den grossen
Haufen nicht einmal ein besonderes Interesse haben konnten.
Belege dafiir, wie solche Geheimhaltung weiterhin bis zur
argwohnischsten Bewachung und despotischsten Ahndung
etwaiger Veroffentlichung gesteigert wurde, gibt Mannert
p. 9 (vgl. Bocking p. 82) und nach ihm Frandsen p. 191 ff.,
mit dessen auf dieses Gesammtverhaltniss gegrflndeter Be-
urtheilung der Agrippa schen Commentarii man ganz einver-
standen sein muss. Sie waren kein dem Publicum bestimmtes
geographisches Werk, sondern eine im Staatsarchiv verwahrte
Arbeit. Sehr begriindet ist Frandsen s Wunsch p. 195: fWir
mochten gern ermitteln, ob Plinius ausser da, wo er Agrippa
namentlich anfiihrt, denselben auch sonst noch benutzt'
(diess unstreitig), fwenn nicht gar zur Grundlage der siimmt-
lichen BQcher genommen habe, in welchen * continentur situs,
gentes, maria, oppida, portus, montes, flumina mensurae,
populi, qui sunt aut fuerunt»'.
Die Eintheilung ubrigens des orbis terrarnm, nicht in
Europa, Asien und Africa, sondern nach den vier Himmels-
gegenden, welche Caesar und Augustus fur die allgemeine
Vermessung zu Grunde legen liessen, steht nicht so isolirt,
dass sie, obgleich in keinem geographischen Systein zur
Anwendung gebracht, nicht in einer alten Volksvorstellung
ihren Anknupfungspunkt fande. Darauf niimlich deutet der
7S2 BEICHSVEBMESSUNG DES AUGUSTUS,
lnythische Ausdruck hin, dass Okeanos die vier Tochter
Asia, Libya, Europa und Thrake gezeugt habe: ein Mythus,
den aus Andron deni Halikarnassier die Scholien zu Aesch.
Pers. 183, zu Lykophron 894. 1283 und Eudocia p. 493 aii-
fiihren. Der Htandpunkt fiir diese Eintheilung ist augen-
scheinlich Griechenland, von wo aus die bekanntern Striche
Europas als wahrer Westen, Asien und Libyen als Osten
und Stiden, Thrakien (in weiterer Ausdehnung genommeu,
s. Ukert Geogr. I, 2 p. 282. II, 2 p. 5 f.) als Norden er-
scheint. Auf die praktische Anwendung aber, zu der diese
6i9 einfachste, der sinnlichen Auffassung der Ungelehrten so
nahe liegeude Eintheilung 35 d) durch die romische Reichs-
vermessung kam, gehen gewiss die spiitern Erwahnungeu
einer Viertheilung des Erdkreises zuriick, die sich bei (ieo-
graphen, aber nur ganz im Vorubergehen, finden. So bei
Mela I, 1, bei Agathemerus I, 6; denn dass hier nicht bloss,
wie Berkel meinte, an die vier Himmelsgegeuden als
Kichtungen gedacht wird, sondern der Begriff einer wirk
lichen Eintheilung der Liindermassen selbst zu (irunde liegt,
zeigt eben der Ausdruck riTretpoc des Stephanus von Byz. v.
"HTreipoc oi uev yap eic buo tt\v rfjv, o'i be eic Tpia, oi &
e ic Teccapa (d. i. eic Teccapac riTreipouc) bieuepicav.39)
Auf jedes weitere Eingehen in die Einzelheiten eiuos
StofFes, der noch zu mancher interessanten Betrachtung ein
ladet, muss vorliiufig verzichtet werden, bis die Benutzung
handschriftlicher Mittel sicherere Sehrittc erlaubt40) Eine
38d) Vgl. Polybius III, 30: TrpiuTT| u£v oOv K.al ptfkrr] yvukic,
lr\ bi KOlvf) TTCtCtV dvSpUJTTOlC, ^CtIv 1) TOU TT€plkXOVTOC V|u.dc i>iatp<CK
Kal Tdtic, Ka0' i^v rrdvTtc, iDv Kal u.iKp6v 6a>€Xoc, dvuToXuc, bvcnc,
Lif C)l.U[i|i;.(v , UpKTOV YVlUpiZ0U€V.
31*) Das.s der Ausdruck bei Agathemerus: ttxi toic Ttccapo
tt^c oiKouu£vr|C u(' |im. ftopeiiu X^yuj xai votuu Kal tcTrepiiu xai tiinu,
zweifelhaft sei, geben wir mit Rucksicht auf den von Gronov w
Mela citirten Agatbarrhides zn: rf\c 6Xrjc olKouyivnc €v T^ccapci (uw*
Couivtic uc^pta, dvaToXuc X^yuj, ^Occujc, dpKTOu Kal utcrmPpiac, wo ufpi
wirklich nur die Himmelsgegenden sind.
40) Es ist ein eigenes ZusammeutrerTen, dass mir gerade in die*m
Augenblick ein Freuud aus Breslau Bchreibt: * Meiue spurlichen Mush^
atunden sind jetzt der alten Ueographie gewidmet, und ingbesondere
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AGRIPPAS WBLTKARTE, AETHICUS' COSMOORAPHIE. 783
der altesten, wo nicht die alteste aller Handsehriften ist 5*0
ohne Zweifel die Vaticanische, aus welcher oben die Ver-
messung des Occidentes durch Didymus erganzt worden
ist41), indem sie in's achte oder neunte Jahrhundert gesetzt
wird: s. K. E. Ch. Schneider s Praef. zu seiner Ausg. des
Jul. Caesar I p. XLVI. Sie enthtilt die commentarii dc bcllo
Gallico, und nach ihnen unsern Aethicus unter deui Titel
Cronica Cacsaris: ein Titel, deu auch Vossius de philol.
c. 10 § 17 aus Mss. anfiihrt. Es hat damit unstreitig die-
selbe Bewandtniss, wie mit den, zum Theil zwischen deni
Itincrarimn uud der Cosmographie wechselnden, Ueberschriften
den spatern lat. Ueographen. Zunachst habe ich den sogenaunten
Aethicus vorgenomraen und die in der Rehdiger'achen Bibliothek
befindliche Hamlschrift verglichen. Diese ist in jeder Hinsicht aehr
merkwurdig. Ea werden manche Liieken durch sie ausgefullt und auch
sonst dem gewaltig verunstalteteu Texte nachgeholfen. Besonders merk-
wflrdig ist, dass ein Theil jener Cosmographie sich zweimal in der
Hds. vorfindet, und zwar in so griindlich verschiedener («estalt, dasa
ich die zweite Fassung lieber gauz abgeschrieben habe. Es wird
intereasant sein, das Verhiiltuiss dieser beiden Stiicke festzustellen ;
bis jetzt weiss ich noch nicht, wie die Sache aufzuhellen sein darfte.»
Ohne niihere Kenutnisa litsst sich nichta entscheiden; iiu allgeraeinen
gewahrt die Annahme von Schulcompendien und Privatredactionen, die
den Stoft* nach Bedurfniss nnd Umstanden geatalteten, einen hinlilng-
lich weiten Spielraum der Erklarung. Vgl. Anm. 27. — Von deut-
schen Bibliotheken — ohne dass ich mich jetzt gefliasentlich danach
umthue — bietet auch die Wolfenbfltteler (N. 18 bei Ebert) einen
Aethicus, und eine Munchener (eine Victorianiache , N. 99) ist von
Bucking p. 11 ft". beschrieben Die Reh<liger'sche stebt bei A. Wachler
p. 37 verzeichnet. Keine ist iilter als das 15te Jahrhundert. Auch von
aonst erwabnten, z. B. von der Florentinischen bei Bandini, reicht
bei weitem keine zu dem Alter der Vaticanischen hinauf.
41) Leicht moglich, dass diese Krgiinzung uur der Vaticanus
bietet und dadurch sich als Urcodex zu erkenuen gibt; fast sollte man
es darum glauben, weil doch sonst wohl einer der in Anm. 16. 26
erwahnten Autoren, die von selbstgesehenen und zwar sehr abweichenden
Handschriften, zugleich aber von der Caesar-Augustischen Vermessung
sprechen, gerade jene bo wichtige Vervollstiindigung gegeben und hervor-
gehoben hatte. — Ist aber der Vaticanus wirklich aua dem 8ten Jahr-
hundert, so wird schon darum die Kxporitio schwerlich eret im
8ten Jahrhundert gemacht sein, wie Manuert etwas unerwogen meinte.
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»
784 HBICH8VERMESSUNG DES AUGUSTUS,
Iulii Caesaris, Antmini, Aethici Antonini, Antonii Augusti,
Antonii (Antonini) Augustalis u. dgl. Alle diese Namen riihren,
wie hingst beraerkt worden, aus der Erwahnung der Con-
sulate des Caesar, Antonius und Augustus her, die man
in der Einleitung zur Expositio fand. Nur zwischen Aethi-
cus und Julius Honorius (s. Anm. 27) ware demnach zu
wahlen. Nun ist es zwar moglich, mit Valesius zu Ainruian
XXIX, 5 § 37 beide als zwei Schriftsteller neben einander
bestehen zu lassen, und zwar den Honorius als den altero,
Aethicus (oder, wie Valesiqs schreibt, Ethicus) als seinen
Ausschreiber anzusehen. Es liesse sich darauf aufch allen-
falls der einzige wesentlichc Unterschied beider Schriftchen
beziehen, der in dem Zusatze der einleitenden Vorrede bei
Aethicus besteht, Aber selir sonderbar wiire doch danu,
dass derjenige, der auf der einen Seite als unselbstandigster
mi Plagiarius bezeichnet wird, anderseits wieder die gewahltesten
Nachrichten, wie sie die Einleitung gibt, hinzugefflgt haben
sollte. Auch ist ja gerade das Stiick, dem dicse Einleituni;
fehlt, Exccrpta uberschrieben. Darum diirfte os geratheinT
sein, Vermittelungen dieser Art aufzugeben, in beiden
Stiicken, wie oben geschehen, nur verschiedene Hedactionen
zu sehen, den Namen Aethicus, der an sich jedem vernunf-
tigen Herleitungsversuche widerstrebt, etwa auf ein appella-
tives Ethnicus zurilckzufuhren (denn nebeu Acthicus wml
Aethnicus ausdriicklich angefiihrt vou Hergier) , und als
waliren Verfasser mit S a 1 ra a s i u s , G. .1. V o s s i u s ,
Wesseling (p. 2) den Iulius Honorius Orator gelten zu
lassen, dessen kosiuographische Schrift von Cassiodor de
instit. divin. litt. c. 25 so beschrieben wird, dass die Teber
cinstimmung mit der des Aethicus niclit grosser sein kann:
fsi libellum Iulii Oratoris, quem vobis reliqui, studiose legere
festinetis: (jui maria, insuias, numtes famosos, provincias, civi-
tatcs, ftumina, gcntcs ita quadrifaria distinctione complexus
est, ut paene nihil libro ipsi drsit. quod ad cosniographiae
notitiam cognoscitur pertinere'. Selbst der 'orator* kann auf
Schulgebrauch liinweisen. Der Codex Tliuaueus, der unsere
Cosmographie ausdriicklieh dem lulins Orator beilegen soll,
gibt nach Vossius (de philol.) am Schluss noch folgende Be-
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ac;riita's weltkarte, aethicus' cosmographie. 785
lehrung iiber diesen, die icli aber ganz eben so am Eiide
des bei Gronov gedruekten, von Aethicua unterschiedenen
Honorius finde: rHaec omnia in descriptione recta ortho-
graphiae transtulit, publicae rei consulens, Iulius Houorius,
magister peritus atque sine aliqua dubitatione doctissimus;
illo nolente ac subterfugiente nostra parvitas protulit, divul-
gavit et publicae scieutiae obtulit\ Kast scheint es, als
werde hier Honorius selbst nur als Compilator, der ein
alteres Werk uinschrieb, bezeichnet. Dass er wegen Cassio-
dor s Citat nicht spiiter ist, als die erste Hiilfte des sechsten
Jahrhunderts, ist leider untergeordnet gegen die Frage, vor
welchen Zeitpunkt er nicht falleu kann: zu deren Heant-
wortung indess sich Data ermitteln iassen werden. Die Be-
zeichnung Ethnicus mag iibrigens mit den Beinamen Sophista
und Philosophus zusammenhangen. die sich ebenfalls in Mss.
tinden. Moglicher Weise haben wir es hier mit einer ganzen 5*2
Kett^ von Verderbnissen und Misverstandnissen zu thun:
ein gewohnlicher Weg im Mittelalter, wodurch auch sonst
die seltsamsteu Fictiouen entstanden siud. Auf der ersten
8eite des Thuaneus steht nach Gronov p. GJK): *Eiusdem
Aethici Peripatetici librum alterum de philos. habet 1\ Daniel
Aurel. in codice vetusto, in quo Isidori Astrologia contine-
tur'. Wer weiss, von welcher Abschreiberweisheit auch der
Name Aethiais Ister oder Hister herstammt, den man dann
als Sophista Istriae auffasste. Es klime vor allem darauf an
zu wissen, wie alt die iilteste Handschrift i.st, worin diese
Namen vorkommen. Denn nicht hinliiuglich klar ist ein von
Salniasius Exerc. Plin. p. 541 (770) angedeutetes Verhiilt-
niss: r...ex vetustissimo nostro codice et Thuaneo, qui Cosmo-
graphiam illam non Aethico, sed Iulio Oratori tribuit . . .
Nam Aethicus alius est, Histricus Sophista, quem de Graeco
translatum ab Hieronymo et nondum editum vetus idem
liber habet ex bibliotheca Thuanea'. Vgl. p. 580 (826):
cHac voce usus est vetus auctor, qui Aethicum Histriae
Sophistam compilavit. Membranae Hieronymum Presbyterum
inscribunt/ p. 4ISG: 'Aethicus Philosophus Istricus ab Hiero-
nymo ;n Latiuum translatus, de geographia'. Hiemach existirte
also DOch eine, sowohl von der Expositio als von der I)e-
FH. KlTttCBRI.II OPVSCVLA III. 60
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78G BEICHSVERMESSrXf; DES AUOU8TUS,
523 scriptio verschiedcne geographische Schrift42), und was Sal-
masius daraus mittheilt, findet sich allerdings in jenen beiden
nicht. So erwQnscht es uns nun kanie, auf diese Schrift
allein jene verdachtigen Autornamen beschriinken zu durfen,
so dass dieselben auf die Expositio eben so grundlos iiber-
tragen wiiren, wie an diese selbst die Descriptw des Orosius,
als von einem Verfasser herriihrend, angelothet worden: 90
wiire doch die Erkliirung und Herleitung der Namen dadureh
nur eine Stufe weiter fortgeschoben. Wiewohl bei einer
griechischen Schrift der Name Ethnicus sogar noch begreif-
licher sein wiirde; nur dass eine Uebersetzung aus dem
Griechischen an sich weniger probleinatisch sein miisste.
Gern erfiihre man iibrigens, ob etwa in dem Thuaneus das
Machwerk des Hieronymus nach der Dcscriptio stand, und
ob es etwa mit liom begann; denn dann wiirde sich darauf
das iu Anmerkung 23 besprochene Schlusswort der Dcscriptio
beziehen lassen, und uberhaupt die Annahme sehr bequem
sein, dass die drei urspriinglich ganz unabhiingigen Stueke
des Honorius, Orosius und Hieronynius vOn einem redi-
girenden Compilator (ob Hieronymus selbstV) durch einige
verbindendeZusiitze zu einem Ganzen an einander geschlossen
42) Einiges Niihere ist zu entnehmen aa« Simler'n Epist. dedic.
f. 2: fAudio etiam apud Cl. V. P. Danielem Aurelianensem extare
Acthici librum hac inscriptione : Incipit liber Aethici philosophico edi-
tus oraculo, a Ilieronymo presbytero translatus in Latinum, ex Cosmo-
graphia et mundi scriptura. De eo etiam nic scribitur in praefatione:
Jlic Aethicus Jstria regione Sophista claruit primusquc codices INM
Cosmographiam nuncupavit: alios, quos non minora, sed maiora dixistt
cognovimus , Sophogrammios appeUat. Nobis librum illum videre non
eontigit, 8ed in nostro exemplari hoc de illo iudicium a viro doctc
adnotatum fuit: librum esso barbare BCriptum , nugis et. fabulis re-
fertum , de creatione mnudi, de elernentia, de mirabilibus niundi etc,
omnia indigna llieronymo (namlich />. Hieronymo): ac ne Aethici
quidem, quoniam in eo libro ipse Aethicus Iater philosopbus saepo
citatur.' Diese Schrift ist es, worauf dc9 Hrabanus Maurus Worte
(bei Vosh. de hist. lat.)gehen: 'Litteras enim Aethici philosophi, cosroo
graphi natione Scythica, nobili proaapia, invenimus, quas venerabili-
Hierouymus presbyter ad uos usque cum auia dictis explanando }>er
duxit.'
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AGEIPPA'S WELTKABTK, AKTHICITS' COSMOORAIMHE. 787
worden wiircn. Uns tiefcr auf diese Wirre» einzulassen, liegt
fnr diesuial nieht in unsenn Plane.
Nachtrag.*)
Wenn im ersten Jahrgang dieser Zeitschrift p. 520 itr,
[oben p. 783J*Anm. 41 auf das absolute Stillschweigen
derer, welche Handschriften des Aethicus gesehen und be-
schrieben haben, die Vermuthung gegriindet wurde, es moge
die aus der Vaticanischen entnommene wesentliche Vcrvoll-
stilndigung des Venuessungsberichtes eben nur in dieser
Handschrift sich finden: so war damit der Sorgfalt jencr
altera (ielehrten hochst wahrscheinlich mehr zugetraut, als
sie verdicnt.**^ Denn die ebend. Anin. 40 erwahnte, gur
nicht alte liehdigersche Handschrift, die schwcrlich allc
iibrigen an Werth iibertreffen wird, fiillt ganz iibercin-
stimmend mit dem Inhalt des Vaticanischen Supplements,
nur nicht in epitomirter Gestalt, sondern in zusaiumeu-
hiingender Ausfiihrung, die Liicke des Vulgattcxtcs folgender-
massen aus:
Itaque Iulius Cefar Bifextilis raconis inuentor diuinis ir.s
humanis qi rebus fingulariter inftructus cum confulatus fui
fafces egeret ex fenatuconfulto cenfuit omnem orbcm iam
Romani nominis admetiri per prudentiffimos uiros et omni
phylofophie munere decoratus: —
Ergo a Iulio cefare ct menfe Antonius confulis orbis
terrarum metiri cepit id eft a confulatu fuprafcripti ufque in
Confulatum Augufti tercium et Craffi annis XXI. Menfcs V.
dies VI III. Auatodoxo omnis oriens dimenfus cft ficut in-
ferius demonftratur: —
*) [Rheio. Museum f. Philol. N. F. Bd. II (1842) p. 157 f.]
**) Volle Aufkliirung iiber dicHeii wie uber anderc Zweifel wird
Uie dem Yemehmen nach ihrem Eracheincn demnuclist entgcgcnschcude
Bearbeitung des Aethicua vou Hcrrn d' Avesac in Paria geben.
50*
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788
R E I C II S V E R M E S S U N G DES AUGU8TUS U. 8.W.
A Oonfulatu I. Cefaris et menfe Antonii ufque in con-
fulatum Augufti feptimum Et agrippe a dydimo Occidens ut
pars dimenfa eft Annis numero XXXT. Menfes III. dies III.
ficut aperietur ftilo: —
A Confulatu Iulii Cefaris et menfe Antonii ufque in
confulatum Augufti decimum Annis XXVIIIl. Menfes VDI.
dies X. a Theodoro Septentrionalis dimenfa eft ut euidenter
oftenditur: —
A Confulatu fimiliter Iulii Cefaris ufque^ iu Confulatum
Saturni et Cynne a polyclito meridiana pars dimenfa eft
annis XXXII. menfe I. dies XX. ficut diffinite monftratur.
At fic omnis terre orbis intra annos XXXII. a dimenlbribus
peragratus eft et de omni eius continentia perlatum eft ad
fenatum.
Was die Qbrigen Eigenthumlichkeiten dieser Handschrift
sowie die eigentliche Beschaflenheit des Vaticanischen Bruch-
stUcks (denn mehr ist es nicht) angeht, so freut es mick,
dieses Material jetzt in guten Hiinden zu wisseu, und auf
eine kflnftige Verarbeitung desselben verweisen zu kiiwien,
die es vergonnt sei nachstehend schon jetzt der Aufmerk-
samkeit unserer Leser zu empfehlen.
[Es folgte niimlich im Rheinischen Museum unmittelbar
hierauf der cPlan zu einer Gesanimtausgabe der kleineren
lateinischen Geographen' von Glaser in Breslau, welchcr
bekanntlich nicht zur Ausfiihrung gekommen ist. ('. W.|
Uigitized
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XXV.
Kritische Miscellen zu lateinischen Autoren.
1) Zu Plautus Miles gloriosus.*)
An Professor Fleckeiben.
Deine Frage, I. Fr., was ich iiber M. Haupt' s iui jiing- ui
sten Heft des ' 116^168' f III p. 147 f ] mitgetheilte Emendation
der Plautinischen Verse Miles glor. 23 f. urtheile, kann ich
Dir, 80 wic sie gestellt ist, darum nicht beantworten, weil
mir meine hiesige Sortimentsbuchhandlung jenes Heft noch
gar nicht geliefert hat. Was ich aber kann, das ist, Dir
raeine eigene Emendation jener Verse mittheilen, wie ich
sie seit Jahren nicht nur fiir mich selbst aufgezeichnet, son-
dern auch wiederholt in Vorlesungen iiber den Miles glorio-
sus vorgetragen habe. Nur dass ich sie im Folgenden ein
wenig niiher im einzelnen ausfuhre.
Wir sind bei diesen Versen in der gunstigen Lage, zwei
gleich respectable Ueberlieferungen vor uns zu haben: das
• — wenn auch nicht vollstiindige — Zeugniss des Palimpscsta
nebeu den Palatini einerseits, anderseits das Citat des Varro
de 1. lat. VII, 86. Im Vetus lauten die Verse von erster
Hand also:
Me sibi habeto ego me mancupio dabo
Nisi unum epytir aut apud illa esturiensa nebeue.
Das dem Vetus zieinlich parallel stehende Original, aus dem
sowohl Decurtatus als Vaticanus abgeschrieben sind, hatte
vermuthlich iin ersten Verse — ungewiss wo — ein et iiber-
geschrieben: daher also im Decurtatus habcto et ego me, im
Vaticanus bloss habeto et ego: erst von zweiten Handen ward
*) [Fleckeisens Jahrb. f. Philol. Bd. XCVII (1868) p. 341-343.J
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KKITISCHK MISCKLLKN
sowohl im Vetus als im Vaticanus et cgo mc corrigiert. Im
zweiten Verse stimmen alle drei Handschriften, abgesehen
von etwas verschiedener Sylbenverbindung, bis auf unwesent-
liche Kleinigkeiten {aput statt aptid, csturicns ame bcne) mit
einander uberein. Der Palimpsest gibt im ersten Verse eben-
falls nur habcto cgo mc mcmcupio dabo\ im zweiten war ini
Anfange Nisi unum zu lesen; etwa zehn folgende Buchstaben
blieben mir unlesbar, nach denen ich pud insanum btnc zu
crkennen glaubte, vielleicht aber in Betreff des pud micli
irrte und vielmehr tur lesen musste, da durch cpityrum es j tur
ein Zwischenraum von gerade zehn Buchstabeu genau gefullt
wird. Denn wenn das cstur bei richtiger Sylbenabtheilung schon
iu BCD deutlich vorliegt, so wird es zugleich mit dem epi-
tyrum unverkennbar von Varro bezeugi Varro's VVorte lau-
tcn (wie man mit Genauigkeit zwar nicht aus Miiller s, wohl
aber aus SpengeFs Angaben ersieht) in der Florentiner Hand-
schrift also: apud plautum si unum epytira cstuer insanc
benc. cpytirum uocabulum cst cibi quo frcqucntius sicilia quam
italia usa. id [id cdi Miiller] uehcmenter cum uellet diccrc,
dicit fvielinehr wohl dixit] insane, quod inmni faciunt omnia
uchementer. So befremdlich es auch erscheinen mag, dass
gleichmiissig in der Varronischen wie in der Plautinischen
Ueberlieferung des Plautinisdien Verses auf die Sylben cpy-
tir ein a folgt, so liisst doch Varros nachfolgende Erklarung,
welche ausdriicklich die Form cpityrnm an die Spitze stellt,
842 keinen Zweifel, dass nur ein Spiel des Zufalls jene Ueber-
einstiiumung des Verderbnisses hervorgebracht, das sich ohne-
hin in dem aut bei Plautus nocli weiter fortgesetzt hat.
Ebenso gewiss aber, wie cpytira und cpytiraut nur Corrup-
telen von cpityrum sind, ist auch im Anfang des Verses das
plautumsi des Varro nur durch Ueberspringung des ni nach
m entstanden.
Was aber bei der Vergleichung der beiderseitigen Ueber-
lieferung vor allem in s Auge springt, das ist, dass bei Varro,
und dieses zwar in vollster Uebereinstimmung mit dem Pa-
limpsost, vor cstur keine Spur erscheint von dem apud ilfa der
andern Plautushandschriften: worin iibrigens die italiiinischen
Kritikcr ein apud Ulum mit demselben Rechte erkanuten,
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7A LATEINISCHEN attoren. 791
•
mit dem wir ein cpityrum in dem Varronischen epytira. Jene
Worte sind also Glossem. Niihme man sie aber auch nicht
dafur, so wiirde doch eine sich alsdann etwa so darbietende
Versgestaltung: ni unum fpityrum apud illum cstur insanc benc,
darum durchaus uiistatthaft sein, weil in dem hiesigen Sinne
ein ni statt nisi nicht nur unplautiniseh, sondern selbst un-
lateinisch wiire. Da nun im Palimpsest ebenso deutlich insanum
benc, wie in den iibrigen Plautushandschriften uud bei Varro
insanc bcne geschrieben steht, so verliel ich, um nichts von
der Ueberlieferung verloren gehen zu lassen, ehedem auf den
Gedanken beides zu verbinden, das nisi zum vorangehenden
Verse zu ziehen und diesen, der ein paar Sylben zu wenig
hat, dadurch vollziihlig zu machen, den uusrigen aber zu
schreiben: nisi \ unnm cpityrum cstur insanum insanc bcnc.
Die Conjunction nisi, zumal in der hiesigen freiern Anwen-
dung von fwenn nur nicht', fnur freilich', durfte als Vers-
schluss gerechtfertigt erscheinen durch Captivi 724: ibi quom
dlii octonos iupidcs ccfodiunt, nisi | cottidiano scsiiuiopus con-
fcccris, | Scscrntoptago nomcn indctur tibi, und durch Curculio 51:
tam a mc pudicast, fpidsi soror mca sit, nisi \ $ist dsctdando
quipiam injnulicior. Aber die Verbindung insanum insanc,
obwohl unter andern Uinstanden als besondere Pointe dem
Plautus wohl zuzutrauen, blieb ein grosses Wagestiick bei noch
hinzutretendem bcne: ein Wagestiick, das jedenfalls durch
das insanum valdc der Nervolaria (bei Nonius p. 127, 26)
nicht ausreichend geschutzt war. Ueberhaupt wirkte wohl
dabei eine allzu hohe Werthschiitzung des Ambrosianischen
Palimpsests mit, wiihrend sich doch bei eingehender und un-
befangener IJetrachtung mehr und mehr die Ueberzeugung
Bahn brechen muss, dass zwar in allem, was sich auf den nattir-
lichen Vorzug ciner sechshundertjahrigen Altersprioritat
zurackfiihren liisst, der Palimpsest unbedingt iiber den Pala-
tinischen Handschriften steht, an sich dagegendie den letzteru
zu Grunde liegende Textesgestalt nicht etwa nur den gleichen
Kang mit der des Palimpsests behauptet, sondern vielfaltig
eine entschieden echtere, weil von recensierender, namentlich
abgliittender und das Alterthiimliche verwischender Thatig-
keit freier gebliebene Ueberlieferung darbietet.
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702 KKITISCHE MISCELLEN
Glosseme konnen ja nun allerdings als ganz freie er-
kliirende Zuthaten einem Texte beigefiigt werden; aber die
Regel ist es doch, dass sie statt eines andern stehen. Und
in der That erwarten wir ja auch nicht sowohl den allgc-
meinQn Gedanken, dass ein, sondern den bestinimten, dass
sein (des Pyrgopolinices) epityrum gar zu gut schmeckc
Wofiir kann nun das apud illum gesetzt sein? FQr hk
sehwerlich, weil dies vielmehr mit apud hunc erkliirt sein
wiirdc. Sehr einleuchtend dagegen fur illic oder in alter
Form iUi. Nichts lasst wenigstens an Glatte und Angeniessen-
heit diese, wie ich glaube, ursprungliche Form des Plautini-
schen Verses vermissen:
nisi linum epityrum illi estur insane bene.
Ob sich etwa ein Rest dieses Uli in dcm ut der Plautns-
handschriften verstecke, bleibe dahingestellt; nothig ist eine
solche Aimahme, um die Entstehung des ui zu erklaren, uiit
nichten, da gerade ira Miles gloriosus die Handschriften
Hunderte der crassesten Corruptelen darbieten, die vom
Standpunkte des sonst Ueblichen noch viel unverstSndlicher
sind. — Auffallend bleibt freilich, dass schon in Varros Citat
jenes iUi nicht mehr erscheint; indess fehlt es nicht an Bei-
spielen, welche zeigen, in wie hohe Zeit manche Textver-
derbnisse, namentlich Auslassungen, zuriickgehen: wofflr ich
mir eine lehrreiche Zusammenstellung fiir eine andere Ge-
legenheit vorbehalte.
Die Ausfiillung des vorangehendeu Verses wird jetet
nicht gar schwierig sein. NatQrlich werden unsere jiingstcn
Plautiner eine Ausfullung gar nicht nothig tinden; denn sind
sie auch noch nicht ganz zu der Freihcit des Standpunktes
gelangt, dass der Senar raanchmal auch nur fiinf Fiisse ni
haben brauche, so werden sie sich doch ausserst berechtigt
lialten zur freien Wahl zwischen folgenden gleich anmiiths-
vollen Messungen: me sibi habcto: rgo mc mdncupio dabo, odcr
mc sibi hahHo: cyo m.m.d, oder me sibt haWto: cyotn.m.d.
Fiir die Verblendeten indess, die sich zu dieser Hbhe der
Erkenntniss noch nicht aufgeschwungen haben, sei ziuiiicbst
erinnert, dass vermoge der begrifTlichen Vollstandigkeit, dic
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ZU LATKIXISCIIEN AUTOKEN.
703
der Plautinischen Umgangssprache eigen ist, bei cgo mc man-
cupio dabo ein Dativ ci vermisst wird. Weiter fuhrt sodann
die Vergleichung einer sehr verwandten Stelle desselben
Stiicks V. 565 ff.: cgo nunc si post hunc diem \ muttivero, ctiam
(juod cgomct ccrto sciam, \ dato cxcruciandum mc: cgomct mc
dcdam tibi. Wie hier das nur im Palimpsest erhaltene ego-
mct mc in den Palatini zu cgo mc geworden ist, so werden wir
in dem uns hier beschiiftigenden Verse ein ganz analoges
Ueberspringen des Auges von Aehnlichem zu Aehnlichem
annehmen und als das Plautinische selir getrost cgomc\t ci mc\
maneupio dabo vermuthen dtirfen. Und eine Spur davon wird
sich wohl noch in dem in B und D tibergeschriebenen ct
erhalten haben. Also das Ganze:
me sibi habeto, egomet ei me mancupi(5 dabo:
nisi unum epityrum illi estur insane bene.
Damit hast Du, 1. Fr., meine jetzige Meinung uber jene
Verse. Sieh nun selbst zu, wie weit Haupt und ich iiber-
einstimmen oder von einander abweichen, und lass micli ge-
legentlich Dein Urthcil horen.
2) Zu Plautus Trinummus.*)
Dubitari potest, Plauto [in Trinummi v. 401, ubi litteras in
Ambrosiano scriptas satillum G. Loewe in Act. soc. philol.
Lips. tom. II p. 462 sq. in batillum correxit. C. W.] utrum
batillum an vatUlum forma tribuenda esse videatur. Illam
testantur glossae Maianae VII p. 552 et glossarium Salomo-
nis, legitque apud Horatium Servius in Aen. XI, 788 (praeter
unum cod. Regin.); contra ipsius Horatii codices longe et
plurimi et optimi Holdero teste uatillum scripturam servant
una cum interprete Cruquiano, quibus accedit Angeli Mai
rNovus thesaurus' ille. In tant^i igitur testimoniorum dis-
crepantia cum difficilis optio sit, tamen batillum formae haud
scio an aliquid commendationis a graecis pdnov, pcrria, ^a-
TiaKf), fkmdKiov vocabulis paratum sit: quibus etsi non tra-
*) [Acta 80c. philol. Lips. tom. II praef. p. XI.]
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KRITISCHE MISCELLEN
ditur ipsum turibulum vel omnino foculus significari, tamen
cum latino noinine communis est vasorum notio, quod genus
omne nemo nescit quain vario lateque exspatiaute usu regatur.
Apud Hesyehiuin babes ^aiit), qpictXr). 01 oe efboc TTOTrjpiou:
apud Athenaeura autem XI p. 784 B inter alia TTOTrjpia enu-
merantur fJUTd kcu pdria kcu XuKioupycic, socianturque eis
8uuictTr|pia Kai TpufSXia. Vt autem plenius, quam late haec
affinitas pateat, intellegatur, rursus cum graecis illis com-
ponenda sunt latina batioca et batiola: quorum utrunique
identidem in glossis redit, illud praeterea in. Stichi v. 694
(ubi vide adnotata) libri prodiderunt, hoc Colacis ven>u
Nonius p. 545, 20 tirmat, cui versui leviculum mendum sic
est abstergendum : Bdtiolam auream odo i>ondo habcbam:
acci\>ere noluit.
3) Zu Eunius.*)
6i3 Der Zusatz amorc [den Bucheler in dem 5ten Verse de»
von Gellius XIX, 11, 4 angeftihrten Gedichtes nach acgra
a. a. 0. p. 612 vorschlug C. W.] wurde schou empfohleu
in den der Comm. de Agathone (Halis 1829) angehiingten
Thesen [s. Opusc. I p. 436 1, und zwar auf die Autoritat des
Macrobius, der Saturn. II, 2 das ganze Gedicht aus < iollius
ausgeschrieben hat. Jetzt wissen wir freilich, dass auch bei
Macrobius die Haudschriften das Wort nicht haben, sondern
«13 dass es nur Ergiinzung des Camerarius ist; sie bleibt aber
darum nicht minder beifallswerth.
Dieselben Thescn [s. Opusc. T p. 435 f.J siud auch Vah-
len entgangen bci der Behandlung des Ennianischen Sa-
tirenbruchstiicks p. 158. Was dort insertis matis bedeuten
konne, verstehe ich auch nach ForcellinTs Verdeutlichungs-
versuche (u. d. W. calccatus) noch nicht, und meine fiir das
a. a. 0. vorgeschlagene intcntis malis s. Z. Herinaun 8
Billigung erhalten zu haben. Von dcr Vulgate infcrtis aus
gehend konnte man auch au infcstis denken. — Auch dcr
dritte Vers mit seinem spondeischen Worte im zweiten Fus*
♦) [Rhein. Mueeum f. Thilol. Bd. XI (1857) p. 612-614.]
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Zl LATEINISCIIEN AUTOREN.
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kann nicht richtig sein: Alacer, celsus, lupino cxsjtectans tm-
peht. Vahlens Aldccr ac celsu litpino macht den Rhythmus
kaum besser. Nichts einzuwenden ware an sich gegen Celstts
alacer; doch weiss ich nicht, ob das Verderbniss nicht tiefer
geht. Celstts lasst sich ja wohl dem Begriffe nach allenfalls
vertheidigen ; wenn indess darin etwa ein Objectsaccusativ
zu exspcctans gesucht werden diirfte, wiirde die ganze Rede
an Concinnitiit bedeutend gewinnen. Nur als Beispiel (denn
das Rechte habe ich noch nicht) diene die dreifache Gliede-
rung, die sich so ergiibe: tactus . . . Intentis malis, expcdito
hrdcchio Alacer, lupino pultem exspectans tmpctu. Denn so gut
wie impctu cxsjycctans in den Hdss. des Donatus verkehrt ge-
stellt ist, konnte sich die Versetzung auch nocli weiter cr-
strecken. — Umstellungen hat ebenso schon in den Hdss.
auch der sechste Vers erfahren, wenn im Lugd. llle tristis
dum ciuium seruat steht statt des sonst ilberlieferten llle
tristis cihttm dum scntat, tn ridcns uoras. Dass der Dichter
aber einen so harten Versanfang gebildet habe, mit der un-
schonen Theilung des Anapasten ^ I ist sehr unwahr-
scheinlich. Auf sechserlei Weise liesse sich der Vers gut
machen, wenn entweder iUe ot\exdtim getilgt wiirde; indessen
kann keines von beidem besonders riithlich erscheinen, wenn
man die Terenzischen Worte vergleicht Dtwi tihi fit quod
piaccat, illc rinyitur, tn rideas und auf die Angabe des Do-
natus de sexto Satirarum Ennii translata sunt omnia nicht zu
wenig Gewicht legt. Daher sich denn wohl, alles erwogen,
am meisten empfehlen mochte entweder TrisU' cihum dum
ille seruat, oder vielleicht noch etvvas mehr Tristis dum ille eu
cthum seruat, tu ridcns uoras. — Moge Freund Vahlen
den angedeuteten Moglichkeiten gelegentlich seine curas se-
cundas zuwenden.
4) Zu Tacuvius und Terentius.*)
Zu dem Verse des Prologs der Adelphi (16): u«
fNam quod isti dicunt malevoli, homincs nobilis
Eum adiutare assidueque una scribere:
♦) [Rhein. Mubeum f. Philol. N. F. Bd. I (1841) p. 146-148.J
706
KKITIKCHE MIKCKLLEN
macht Donatus die Anmerkung: eum adiuuare [so die jungen
Handschriften, cod. Parisiuus B, Leidensis und Dresdensis,
in der besten und altesten Handschrift cod. Parisinus A
steht: heu adiutarc]. legitur fvielmehr in allen Handschriften
147 legc] et adiutarc [so die jungen Handschriften ; in A steht:
adiuuarc]. Pacuvius in Chrysc: ^adiuta mihi9 [so im Leidensis
und Dresdensis, im Parisinus A: adiuta m, in B: adiuta »"].
Er kennt also das adiutarc, was alle uns bekannten Biichcr
im Texte haben, nur als verschiedene Lesart. Sollen wir
aber wirklich glauben, dass er den Gebrauch des vollig ge-
laufigen, bei Terenz gerade eben so oft wie adiuvare vorkom-
menden Verbums adiutarc rait einem Beispiel des Pacuvius
belegen zu raussen glaubte? Und mit was fiir einem Bei-
spiel? Mit cinem, das zugleich die seltenste Construction des
Verbums, die aber mit der Terenzischen Stelle gar nichts
gemein hiitte, belegen wUrde. Siihe man sich nicht weiter
um, so miisstc raan unstreitig auf don Schluss kommen, Do-
natus habe geschricben: lcgitur ct ci adiutarc, oder auch
ohne ct: lcgitur ci adiutare', wovon denn die consequente
Folge ware, dass zugleich rait dem bessern adiutarc ftir ad-
iuuarc auch das gewiihltere Ei statt Eum dem Terentius
selbst zurtickgegeben wurde. Allein auf einen andern Stand-
punkt setzt uns die Vergleichuug des Nonius p. 74, 1 aiutamini
pro aiutatc. Pacttvius Chrysc: ' aiutamini ct dcfcuditc\ Dass
entweder Nonius, wie hiiufig, einen Sehreibfehler seines Co-
dex aufnahm, oder die Abschreiber irrten, jedenfalls aber an
eine wirkliche Form aintarc statt adiulare nicht zu denken
sei, ist liingst bemerkt, Da nun abcr der Imperativ durcli
dcfcnditc sicher gestellt ist, so diirfcn wir nicht anstehen.
auch das adiuta mihi des Donatus anf adiutamini zuruckzu-
fiihren. Den Gebrauch der Deponensform beweist Nonius
p. 477, 2fi mit Stellen desselben Pacuvius (Dulorcste), des
Afranius und Lucilius. Aber was uns auf diesem Wege ganz
schwindet , das ist die Construction des Verbums mit dem
Dativus, wofiir die Lexika ausser Douats Zeugniss noch eine
Miinzaufschrift und eine Stelle des Petronius beibringen. Kein
Zeichen von Kritik ist es dabei, dass das Fragraent ans dem
Chryses des Pacuvius sowohl fiir die Deponensform als auch
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ZU LATEINISCHEN AITOKEN.
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fur die Dativconstruction herhalten niuss, als wenn es nur ent-
fernte Wahrscheinlichkeit hiitte, dass Nonius und Donatus ver-
scbiedene Stellen anfiihrten. — Was schrieb nun also D6natus?
Ich glaube allerdings: legitur et adiutari, auf welchem Zufall
oder Versehen auch immer die Entstehung dieser Lesart be-
ruhen mag. Denn zwischen der Erwiihnung der Variante ad-
iutare und deni Citat aus Pacuvius eine Liicke anzunehmen,
durch welche eben das Citat (adiutamini) motivirt wiirde, ist
deswegen unstatthaft, weil es durchaus nicht in der Art dieses
Commentators liegt, gelehrte Beinerkungen anzubringen, zu
denen nicht im Texte selbst der Anlass gegeben ist. Dem
Dichter selbst aber adiutari zuzuerkennen, wiire ein Wage-
stiick, welches sich keine Hottuung auf Beistimmung maclien
diirfte, da das Deponens nicht nur bei Terenz ganz vereinzelt
stiinde, sondern schon bei Plautus in keiner Spur raehr ubrig
ist. — Wie iibrigens die Construction des adiutare mit dem
Dativ, so wird vor scharferer Kritik gar manche ahnliche An-
nahme, die in Lexika und Grammatiken iibergegangen, sich
in nichts auflosen, z. B. die umgekehrte Verbindung des
Verbums nocerc mit dem Accusativ, deren auf Plautus ge-
stfitzte Behauptung vbllig uubegriindet ist.
5) Zu Terentius.*)
Insiticiorum in Terentianis fabulis versiculorum plura ex-
stant quam plerique suspicantur exempla. In prologos Heau-
tontimorumeni et Phormionis illos irrepsisse, qui tanta inter-
pretibus negotia facessivere:
Duplex quae ex argumento facta est simplici
et Quem diceret, nisi haberet, cui malediceret
fiuilelmus Ihnius vidit iu Quaestionibus Terent. Bonnae edi-
tis a. 1843. Ipso initio Adelphon defendi posse nego quae
vulgantur:
Profecto hoc vere dicunt: si absis uspiam
Aut ubi si cesses, evenire ea satius est,
*) [Rhein. Mus. f. Philol. N. F. Bd. VI (1848) p. 446 ala Anmer-
kung zu K. F. Hennann's Behandlung von Terenz Andr. I, 1, 25 ff., in
welchen Versen dieser ein Glossem naehwies. C. W.J
798 KRITISCHK MISCELLEX
Quae in te uxor dicit et quae in animo cogitat
Irata, quam illa quae parentes propitii.
Vxor, si cesses, aut te amare cogitat e. q. s.
Eiectis glosseniatis poetae haec tantum tribues:
Profecto hoc vere dicunt: si absis uspiam,
Quae in te uxor dicit, evenire ea satius est,
Irata, quam illa quae parentes propitii.
Vxor e. q. s.
6) Zu Lucilius.
[Dr. .1. Becker aus Mainz hatte in einem Aufsatz fBei-
triige zur Kritik des Fulgentius' im Rheinischen Museum f.
Philol. N. P. Bd. V (1847) p. 33 ff. uber die beiden Stellen
des Lucilius bei Fulgentius gehandelt und bei dieser (ie-
legenheit Spuren tdramatisch-dialogischer, Fassuug iu eini-
gen andern Fragmenten des Lucilius nachgewiesen, z. B. aueh
in dem BruchstQck bei Nonius v. recipere : Primum vjc flrf-
vorso, si qnod cst coendculum, Quod recipiat tc und dazu (p. 4 1 )
die Anmerkung gemacht: 'Diese Stelle ist mit einem Bruch-
stiicke bei Nonius s. v. cs: conici tc intro ac bono animo <>"
folgendermassen zu verbinden:
Primum ex advorso si quod est coenaculum
Quod recipiat te, conici te intro ac bono animo es/
Er fuhr dann p. 41 folgendermassen fort: ^s lassen sich tla-
nach auch wohl die von Fulgentius bewahrteu Worte des Luci-
lius nach dem dem 29ten Buclie eigenthiimlichen iambischen
Masse folgendermassen ordnen:
nec
Quorsiim, scio, mihi eveniant tua verba tam
Delenifica — —
wobei wir gestehen mussen, dass uns diese Worte ebeuso
gut dem Lucilius angehoren zu konnen scheinen, als Hr. Ritschl
a. a. 0. (Parerga Plaut.) p. 102 f. die vou Fulgentius ang»1-
fiihrten Worte aus der Vidularia als * sprachlich und uie-
trisch sehr gut und unverdachtig» hinstellt.' Zum Schluss
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ZU LATEINISOHEN AITOREN. 799
(p. 42 f.) hatte er auch das grosse Bruchstiick des Lucilius
bei Probus behandelt und in Verbindung mit dem Fragment
bei Nonius v. deferre so constituirt:
A. Qua prdpter certumst facere contra ac persequi
Et nomen deferre hominis. B. Hoc cum feceris,
Cum ceteris reus u"na tradetrfr Lupo.
A. Non aderit. — B. 'ApxaTc hdminem et croixcfoic simul
Privabit. A. Cum igni et aqua interdixent, duo
Habet CTOtxei?: adfuerit anima et corpore
(rfi cdrpus, animast TrveOua). B. Posteridribus
iTOixeiotc si id maluerit, privabit tamen.'
Hierzu machte Ritschl p. 43 f. die untenstehende Redac-
tionsnote. C. W.]
Gegen die p. 41 ausgesprochene Behauptung, dass die «
dort rnach iambischem Masse* constituirten Worte ebenso
gut dem Lucilius angehoren konnten, wie die von Fulgentius
aus der Vidularia angefiihrten als 'sprachlich und metrisch
sehr gut und unverdachtig, seien bezeichnet worden, erlaube
uns Herr B. einen Einspruch. Wie die Worte dort ge-
schrieben worden, sind sie unseres Erachtens nicht einmal
sprachlich zu ertragen, Verse aber kaum darin zu erkennen.
Entweder bilden sie (wcnn iiberhaupt einen Vers) einen ana-
piistischen Tetrameter:
Neswd quorsum tua mi eveniant tam delenifica haec verba,
oder sie sind nach iambischem Mass so abzutheilen:
. . . nescio, qudrsum mi eveniant tua
Tam delenifica verba
Auch der viertletzte Vers des grossen Bruchstiickes aus
Probus ist nicht richtig, und wird es selbst dann kaum, wenn
statt ct vielmehr die erste Sylbe von interdixerit mit dem
Ictus bezeichnet wird, was vielleicht Herr B. eigentlich ge-
wollt hat. Die von Diibner und Schneidewin aus dem Pa-
riser Probus aufgenommene Wortfolge igni mm et aqua inter-
dixerit kann man unmoglich als lateinisch gelten lassen;
ertriiglicher, obwohl durch Einfachheit aueh nicht empfohlen,
wiire wenigstens igni eum vi et aqua interdixerit. Aber dass
aqua so ausserhalb des Ictus gestanden, ist iiberhaupt nicht
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800
KRITISCHE MISCELLEX
wahrscheinlich; kann es nicht selbst den Accent haben, so
muss es (was ein sehr gewohnlicher Ersatz) wenigstens &
aqua heissen. Insoferu wiire igni ei et aqua CUtn intcrdixerti
Duo habt:t . . . ohne Tadel; abgesehen jedoch von der etwas
freien Umstellung gibt auch dies noch nicht die Wort-
stellung, die mau als die natiirlichste erwartet, wonach eiti
tonloses ci ohne welches sich zu einer gefalligen Gestaltuni;
des Verses schwerlich gelangen lasst) entweder zu Aufang
gleich nach cum, oder am Ende unmittelbar vor dem Ver-
bum stehen- muss.
Mit Beibehaltung der Folge cum igni, wie sie die E<i.
princ. gibt, wird sich der Vers durch Aufnahme der alten
Conjunctivforni interdixit herstellen lassen:
Privabit — Cum ei igni et aqua interdixit, duo
Habet croixeict.
Auch so, wie p. 41 Anm. angenommen wird, hat Luci
lius gewiss keinen Senar gebildet: . . . cdnicc te mfro nr
44 bdno animo cs (denn dies beabsichtigte wohl Herr B. statt
cdnici tc intro ac bono dnimo es). Miissten die beiden Brut-V
stiicke zusaminengehoren, so wiirde wohl [?J der Vers so
lautet haben:
Quod recipiat te, conice te intro, animd bono es.
Sonst fiigeu sicli die letzteren Worte, fast ohne alle Al^
weichung von der Anfiihrung des Nonius, sehr gut 4em Au
fang eines Senars:
Comcito te intro ac bono animo es . . . .
7) Zu Catullus LXVI, f>7 ff.*)
Ipsa suum Zephyritis eo famulum legarat,
Graia Canopiis incola litoribus.
ci8 Hi dii uen ibi vario ne solum in lumine caeli
Ex Ariadneis aurea temporibus
Fixa corona foret, sed nos quoque fulgereuius
Devotae flavi verticis exuviae,
*) [Rhein. Museum f. Philol. N. F. III (1844) p. 617 f.]
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ZU LATEINISCIIKN AUTORKN.
801
Vvidulum a fluctu cedentein ad teinpla deum me
Sidus in antiquis diva novum posuit.
Weder niit Haupts Arduci ibi, noch rnit Hermanns Nujri
enim uti diirfte das Riehtige fur Hi (oder Ni) dii urn ibi
(in V. 59) getroffen scin. Mit Unrecht scheint mir Hermanu
ebensowohl das von Haupt sch5n festgestellte ibi zu vcr-
werfen, als mit ihm ein Epitheton zu cacli zu verlangen,
wodurch die Verbindung vario in luminc cacli naeh meinem
GefUhl nicht nur nichts gewinnen, sondern au geschmack-
voller Einfachheit verlieren wiirde. Was zu nackt dasteht,
ist nicht cacli, sondern solnm. Ich zweifle nicht fs. oben
p. 601 J, duss der Dichter schrieb:
Numen ibi vario ne solum in lumine caeli — .
8) Zu Ovidius.*)
Von der durch 1'hoebus Verfolguug gedriingten Daphne 472
heisst es in den Metamorphosen I, 543:
Viribus absumptis expalluit illa: citaeque
Victa labore fugae, spectans Peneidas undas,
Fer pater, inquit, opem, si flumina numen habetis.
Qua nimium placui, tellus, aut hisce, vel istam,
Quae facit ut laedar, mutando perde figuram.
Vix prece finita torpor gravis alligat artus etc.
Das Anstossige der zwei vorletzten Verse ist keinem der
Interpreten entgangen ; auf probable Weise geholfen hat keiner,
wohl aber hat jeder das Mangelhafte in den Versuchen
der Vorgiinger empfunden. Beide Verse fur unilcht zu er-
kliiren, ist selbst handschriftliche Autoritiit nicht gross genug:
(sie fehlen in einem Gronov schen Codex, der zweite auch in
dem alten Palatinus:) dazu ist zum Theil der Ausdruck zu
gewiihlt, hauptstichlich aber der Uebergang von V. 545 zu
548 fur Ovid viel zu schroff und selbst fiir den Gedanken
die fuhlbarste Liicke lasseud. Inwiefern, stellt sich durch
*) [Kheiu. Museum f. Philol. N. F. Bd. I (1842) p. 472 f.J
Flt. RIT8CUKLII OPVSCVLA III. 51
802
KRITISCHE MISCELLEN
Vergleichung des niuthmasslich Ursprunglichen deutlich
heraus. Tauscht uns nicht alles, so ist quae facit ut laedar
nichts als Glossem fttr qtta nimium placui, durch das letztere
aber der achte Anfang von V. 546 verdrangt worden. Auf
glossematischen Ursprung weist sehr deutlich die Lesart von
vier Biichern hin: quac facit ut placeam. Fttr aut ist das
handschriftliche ait aufzunehnien, und das Ganze versuchs-
weise etwa so zu schreiben:
flmpatiensque morae,] Tellus, ait, hisce vel istani,
Qua nimium placui, mutando perde liguram.
Statt Impatiensque morae liesse sich auch Exanimisquc metu
oder Exsanguisque mctu, oder Et iam desperansf Et iam spc
posita , S})eque omni posita, Spesquc ubi nulla datur, und so
noch eine gute Weile fort vermuthen. Den Vater rief die
Geiingstete um Rettung an; erst als diese ausbleibt, fleht
sie zur Tellus um Tod oder eiue diesem gleiche Verwand-
473 lung: darin liegt der Fortschritt und die Steigerung des Ge-
dankens. So erst ist eine doppelte Anrufung, so zugleich
auch in Ovidischer Weise das Eintreten der Verwandlung
selbst motivirt.
9) Zum carmen de figuris.*)
138 Bekanntlich publicirte Herr Quicherat im J. 1839/40
im ersten Bande der 'Bibliotheque de l ecole des chartes*
p. 51 fF. aus einer Pariser Haudschrift (n. 7530) des 8/9ten
Jahrhunderts einen in 182 Hexametern abgefassten, den
Uebergangszeiten aus der Republik in die Augusteisclie Pe
riode angehorigen Tractat 'de figuris vel sehematibus\
den bald darauf gleichzeitig bei uns Schneidewin (Gottingae
1841) undSauppe (Epist. crit. ad God. Hermannum, Lipsiae
1841,^.152^°.) mittels eigener Bearbeitungen inUmlauf setzten,
mit mancher feinen Bemerkung sodann Ahrens (Zeitschrift
i39fttr Alterth.-Wiss. 1843, p. 153 ff.) in neues Licht stellte.
Der Anfang war unvollstandig; eine Lttcke von einem Verse
*) [Rhein. Museum f. Philol. Bd. XVIII (1863) p. 138—141.]
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ZU LATEINISCHEK ACTOREX.
803
war nacli V. 00 ausdriicklich bezeichnet; eine gleiche nach
V. 30 oder 31, obwolil hier keine bezeichnet war, liiitten
die Herausgeber selbst finden miissen (nur Sauppe merkt
es an), weil hier die Figur ctTTOKpicic = rcsjxmsio in nur zwei
Versen abgehandelt war, wiihrend sonst mit ausnahrasloser
Consequenz jeder einzelnen Figur deren drei gewidmet sind.
Alle drei Liickcu gelang es spiiter durch einen besonderu
Gliicksfall auszufiillen. In den von der Pariser Bibliothek
neuerdings erworbenen Papieren Sirmond's (Suppl. lat.
n. 1421) fand sich eine Abschrift des ganzen Gedichts vor,
genommen offenbar aus derselben Handschrift, ais diese noch
unverstummeit war, wahrend sie jetzt durch das Messer des
Buchbinders beschiidigt ist. So berichtete 1857 in derselben
'Bibl. de 1'ecole des chartes', 18e annee, tome 3e, 4e serie,
p. 160 Herr L. Delisle und theilte die aus der Sirmond-
schen Abschrift gewonnenen Ergiinzungen mit, die dann auch
in der Ztschr. f. Alt.-Wiss. 1857 p. 504 ohne weitere Zu-
that wiederholt, seitdem aber meines Wissens nicht mehr
besprochen wurden.
Der Anfang, friiher nur mit dieser Liickenandeutung ge-
geben:
Collibitu est no
pariter placare virorum
bestand dauach e^enfalls, wie zu erwartcn war, aus einer
Trias von Versen, niimlich dieser:
Collibitum est nobis in lexi schemata quae sunt
Trino ad tc, Messi, perseriberc singula versu
Kt prosa et vcrsn pariter placare virorum,
worauf dann unmittelbar in weiteren Terzinen zur Behand-
lung des Stoffes selbst Ubergegangen wird. Aber verstehen
ltisst sich, wie jeder sieht, in dem so geschriebenen dritten
Verse dieses Exordium noch nicht. Nicht nur gibt plamrc
gar keinen Sinu, sondern auch virorum keinen vemiinftigen.
In dem letztern kann wohl kaura etwas anderes stecken, als
priorum, der Vorgiinger. Durch die Endbuchstaben von jxi-
riter wird rc absorbirt sein und replicare gestanden haben:
denn ein etwaiges ptanare fiir explanare wiire doch ohne jedeu
01*
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804
KKITISCHE MISCELLEN
Beleg. Die prosa kann sich nur auf die priores beziehen,
da ja der Mann selbst eben nicht in Prosa schreibt Aber
etwa ct prosam et versum pariter rtplicarc priorum, in dem
Sinne, dass er alles, was die Friiheren in Prosa oder Vers
uber dieselbe Materie geschrieben, zusammenfassen wolle,
gabe doch schwerlich einen geniigenden Gedanken. Denn
wie viele werden es denn gewesen sein, die vor unserm Au-
tor auf den Einfall kamen, die Khetorik in Versen abzu-
handeln? fVel duo vel nemo' — z. B. der Parier Euenus,
dessen Bekanntschaft man doch aber unserm Anonymus ge-
wiss nicht zytrauen wird. Seine Meinung war wohl vielmehr
diese: nicht nur die Materie iiberhaupt wolle er in Versen
behandeln, sondern namentlich auch, was die Vorganger da-
no zu in Prosa beigebracht (d. h. offenbar hauptsachlich die
erliiuternden Beispiele), ebenfalls alles in Vers umsetzen.
Also wohl:
Et prosam versu pariter repltcare priorum.
Deutlicher hiitte er freilich gesagt fEt versu pariter prosara
replicare priorum'.
V. 30 ff. lauten in Sirmonds Abschrift so:
Fit responsio ad haec, quae contra fingimu' dici.
Irascetur speme dabit damnum reparabis
Ccdet me totere m si minor rmorere inquam.
Klar ist zunachst, dass man nicht mit Schneidewin nach
irascctur und dabit damnum mit Fragezeichen interpungiren
darf, als wiiren es die nur im Siune des Andern von dem
Antwortenden wiederholten Oedanken. Vielmelir sind es die
in oratio recta ausgedriiekten Worte des Andern selbst:
'Jrascetur' : rsperne'. cdabit damnum' : ^reparabis'.
XWdet me' : f tolera'. f ' : 'emorere, inquam'.
An der punctirten Stelle gibt die Abschrift, gab also auch
der Codex (wofern er anders hier mit hinltinglicher Deut-
lichkeit zu lesen war) eine sehwere Corruptel. Das cnwrerc
muss die Antwort auf das letzte Glied einer Steigeruug seiu,
die rait den Begriffen irasci, damnum darc, cacdere begonnen
hatte. Ein minitat mortcm oder vollends mortem minat liegt
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ZIT LATEINISCHEN AUTOREN.
805
von den iiberlieferten Ziigen zu weit ab, wenu auch die
Activform dem Verfasser so gut zuzutrauen wiire, wie con-
tenipla V. 45; auch wurde man vielmehr das Futurum er-
warten. Gesucht und doch nicht schlagend wiire ein palao-
graphisch allerdings niiher liegendes pcrimet timor. Befrie-
digenden Sinn giibe *sed si eniect?y (denn die Buchstaben
nor konnten durch falsche Wiederholung des folgenden emor
entstanden sein); nur dass doch die Symmetrie der voran-
gehenden Glieder die Frageform nicht ebeu- empfiehlt. Ge-
nauer als alles dies mochte sich wenigstens an die Ueber-
lieferung anschliessen
nex iminet
nex iminor
so dass der Vers lautete:
'Cwdet ine' : 'tolera'. fnea; imminef : 'emorere, inquam';
obwohl man zugeben muss, dass, wegen des Subjectwechsels,
volle Symmetrie auch so nicht gewahrt ist. fSi quid novisti
rectius istis ' — .
Schlicht und glatt ist die Ausfiillung der dritten Liicke
nach V. 90:
V\t variatio, cum simili re nomina muto.
fRegnavit Libyco gener/, regnavit et Argis
Inachiis, daminatHs item cst apud Ocbaliam arcem '
Durch das vervolistiindigte Exordium ist jetzt ausser
Zweifel gestellt, dass der Verfasser wirklich nur die cxnMCna
XeSeiuc, mit Ausschluss der cxnMafa biavoiac, behandeln wollte,
und dass diejenigen Figuren, welche anscheinend der letztern
Kategorie angehoreu, doch von manchen Rhetoren, denen ui
unser Anonymus folgte (vor allen Gorgias), vermoge sehr
begreiflicher Grenzschwankungen der ersten Classe zugerech-
net waren: wie das schon Ahrens p. 157 iiberzeugend aus-
gefiihrt hat.
Aus der Anrede an Messius geht uns ferner hervor, dass
Schneidewin s Vermuthung, wir hiitten es mit einem Schul-
buch zum Zweck des Auswendiglernens zu thun, das Rich-
tige nicht traf. — Den Namen iibrigens auf eine bestimmte
Person zu beziehen fehlt uns jeder nahere Anhalt. Mog-
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806
KKITISCHE MISCELLEN
lich, aber auch nichts mehr, ist, dass es der C. Messius war.
den wir aus Ciceros Briefen an Atticus und sonst als eif-
rigen Pompejaner, dann Legateu Caesars kennen und bis
zum Jahr 707 verfolgen konnen. Wobei wir als von Ahrecs
bewiesen annehmen, dass der Schluss des Werkchens von
V. 148 an nur ein spater hiuzugefflgter Anhang ist. folglich
die nur in diesem Anhange vorkommende Bezugnahme auf
Horaz und Virgil nicht hindert, die eigentliche Schrift, genias*
ihrem Charakter in Sprache und Vers, alter zu datiren, nahcr,
ihre Abfassung nach 708 anzusetzen, weil vor diesem Jahre
der V. 7 benutzte Catilina Sallusts nicht geschrieben ist*i
Nachtrag**) Uebrigens kann ich es nur bedauern, dass
mir die Besprechung unseres carmen von Mommsen uml
Bergk in Zeitschr. f. Alt.-Wiss. 1845 p. 81 ff., auf die mich
jetzt M. Hertz freundlich aufmerksam macht, vollig aus dem
Gedachtnis8 entschwunden war, als ich obige Zeilen nieder-
schrieb.
10) Zur lateinischen Anthologie.***)
189 Das dem Lactantius (weim auch schwerlich mit Recht)
zugeschriebene Gedicht de ave phoenice (in Burmans
Claudian p. 1035 ff., bei Wernsdorf III p. 208 ff., Riese
n. 731) bietet uns iu der Beschreibung der Proceduren, die
der Phoenix, um durch Selbstvernichtung zur Wiedergeburt
zu gelangen, mit sich selber vornimmt, folgende Verse (07
— 100):
Actherioque procul de lumine concipit ignem:
Flagrat, et ambustum solvitur in cinerem.
Quos velut in massam cineres in morte coactos
Conflat, et effectum seminis instar habet.
*) Ahrens' Argumentation p. 161 fman darf daher die Abf^nng
vor 719 u. c.y in welchem Jahre Sallust starb, ansetzen' ist mir un-
verstandlich, weil doch auf den Tod des Sallust hierbei gar nicbk
ankdmmt.
**^ [Hhein. Muscum f. Philol. a. a. O. p. 320 Aum. 1.]
***) [Rhein. Museum f. Thilol. Bd. XXVIII (1873) p. 189—192]
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ZU LATEIMSrilKN AUTOREN.
807
Hier ist zunachst klar, dass der Begriff cinerem nicht kaim
mit quos cineres wieder aufgenommen werden, soudern dass
entweder zu sagen war in cinerem, quem einerem, oder in ei-
ttcrcs, qnos eineres. Aber auch dies konnte ein so sorgsam
auf formelle Zierlichkeit und Abwechselung bedachter Dich-
ter nicht schreiben, da ein quos (oder quem) vollkommen
ausreichte und die Wiederholung des Begriffs cineres nur eine 190
durchaus lastige mid mattherzige Breite des Ausdrucks be-
wirkt. Was soll aber ferner in morte heissen? oder wie
passt das vou Heinsius dafur vermuthete sinc morte? Nun
ist aber das morte auch nur die schlechte Vulgate, wahrend
die beiden alten Textesquellen, der Vossianus und der Vero-
nensis*), vielmehr more geben. Da bedarf es deun nur der
Tilgung eines einzigen Strichleins, um aus mmorc als das
Urspriingliche ein umorc um so einleuchtender ins Auge
springen zu lassen, je passender dies begrifflich fiir den
Zusammenhang der ganzen Beschreibung ist Einestheils
trockene, anderntheils nasse oder feuchte Ingredienzien sind
es, die der Vogel zusammenbringt, damit eben durch den
Zutritt der letztern zu den erstern sich eine compacte Masse
bilde. sucos ct odores triigt er V. 79 herbei, balsama V. 64;
turis laerimae guttaque jringuis treten hinzu V. 86; nochmals
suci kommen V. 91 zur Erwiihnung. Nichts also naturlicher,
als cineres umorc in massam eoacti. Nnr das Subject fehlt
noch zu dem folgenden con/lat, da ja das von V. 95 an re-
giereude eorpus nur bis V. 98 incl. gelten kann. Es ist
offenbar an der Stelle des iiberflussigen cineres zu suchen,
aber keinesweges in dessen Schriftzugen selbst. Denn wenn
dieses eineres nur durch Unachtsamkeit aus dem Schluss des
vorangehenden Verses hier eiudrang (vielleicht in Folge einer
rtnrr-t
Dittographie einerem), so haben wir Freiheit, jedes beliebige
andere Wort, das sinngemass ist, als durch cinercs verdrangt
anzusehen. Und da tinde ich keinen andern Begriff als den
von natura, den schon Biicheler, aber an Stelle von in more,
*) An's Licbt gezogen von L. Jeep: 8. dessen Aufsatz in der Be-
griis8ung«8chri£l fQr die Leipziger Philologenversammlung Seitens der
Thomaaschule (Lipeiae 1872) p. 46.
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808
KlilTlSCHK MISCKLKKN
vorschlug. Die ZurQstung des Nestes und die Herbeifuhrung
des Verbrennungstodes hing von des Phoenix eigener Thatig-
keit ab, aber nicht mehr, dass die Glutasche des bereits
verbrannten mit den harzigen Bestandtheileri des Nestes sich
zu einer consistenten Masse zusammenballte: dies war ledig-
lich der sich von selbst vollziehende natGrliche Process.
Also:
solvitur in cineres.
Quos velut in massam natura umore coactos
Conflat: et eflectum seminis instar habent.
Wo nun weiterhin beschrieben wird, wie aus diesem
kunstlichen Quasi-Ei der Vogel in verjiingter Farbenpracht
und Gliederfulle aufersteht, und die einzelnen Korpertheile
in malerischen, wenngleicli mchrfach schwQlstigen Bildcrn
durchgegangen werden, da heisst es nach der Schilderung
vou umcri pcctusque, caput, cervuc, tcrga und cauda, von V. 1.33
an nach der Vulgata also:
Claruin inter pennas insigne est desuper, Iris
Pingere ceu nubem desuper alta solet.
Albicat insignis misto viridaute zmaragdo
Et puro cornu gemmea cuspis hiat.
iui Ilier haben sich Fahrlassigkeit der Abschreiber und verun-
glfickte Interpolatorenversuche in verderblichster Weise dic
Hand gereicht. Was soll ein dcsiqvr befindliches clartim hticr
pcmias insigne in aller Welt bedeuten? Wenn die Inter-
preten damit die ?crista' bezeichnet finden, so ist ja das
schon dem Wortlaute (inter pcnuas^) nach baarer Unsinn,
eine um so einleuchtendere Unmoglichkeit aber darum, weil
die Schilderung der crista ausdrucklich in zwei spiitern Ver-
sen (130 f. . . . . capifi radiata corona) nachfolgt. Fenier
aber: diesem, iramerhin doch technisch imd sprachlich ge-
wandten Versbildner, dcm nichts weuiger als Armuth des
Ausdrucks zur Last zu legen, soll mau ein solches Stammeln
zutrauen, dass er in zwei auf eiuander folgenden Versen das-
selbe desupcr wiederholt, und in zwei benachbarten Hexa-
meteru abermals dasselbe Wort, einmal als Substantiv insigne.
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Zr LATEINISCHEN AUTOREN
H09
gloich darauf als Adjectiv insiynis gebraucht habe? — Nun
i.st aber auch die alteste, zwar nichts weniger als unentstellte,
aber wenigstens noch nicht eigenniiichtig interpolirte Ueber-
lieferung im Vossianus und Veronensis eine wesentlich an-
dere, namlich:
Voss.: Harum pennas insigne super aris
Ver.: Harum pinuas insigne desuper irisalis
und im Pentameter in beiden aura statt alta, welches letz-
tere allerdings der Corrcctor, dessen Hand uns in den Codices
des loten Jahrhunderts vorliegt, richtig restituirt hat. Aber
iin Hexameter von seinem thoricht eingeschwarzten intcr
keine Spur! So weit reichte sein Scharfsinn nicht, zu sehen,
dass die-Worte insigne dcsupcr (wovon im Voss. bloss noch
supcr Obrig) ganz kliirlich nur durch achtloses Abirren des
Auges aus den beiden folgenden Versen hieher verschlagen
sind und andere Wortc verdriingt haben, gerade wie es in
kleinerm Umfang oben mit cincrcs der Fall war. Hiitte er
es aber auch gesehen, so konnte ihm das doch zu einem
conjecturalen Ersatz des Verdriingten nichts lielfen, so lange
er sich durch die Einschiebung des intcr den Weg zur Her-
.stellung des Versanfanges giinzlich versperrt hatte. Diege
Herstellung ist aber durch eiue nahe liegende Ueberlegung
mit volliger Sicherheit zu gewinnen. Die unserm Distichon
vorangehenden Schilderungen betrafen die Korpertheile 'umeri,
pectus, caput, cervix, terga, cauda'; in den unmittelbar fol-
genden treten hinzu das frostrum' (denn das ist ohne allen
Zweifel die puro cornu (jcmmca cuspis u. s. w., deren iiber-
ladener Beschreibung das ganze Distichon V. 135. 136 ge-
widmet ist), sodann die oculi, der Kopfbusch (rculiata corona)f
diP crura mit ihren squamae, die ungues. WieV und bei
diesem unverkennbaren Streben nach erschopfender Vollstan-
digkeit sollte ein Hauptthcil, ein durch Ausdehnung und
Farbenschmelz vor allem ins Auge stechender, mit Still-
schweigen ubergangen seiu? Zumal wenn er, durch die
Veranderung eines einzigen Huchstabens zu gewinnen, zu-
gleich dem Metrum ohne alle weitere Zuthat auf die Beine
hilft? Keine Frage, dass der Versanfang lautete:
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810
KHITISCHK MISCKLLKN
Alarum pennaa
Was dann folgte, ist freilieh freier Conjectur anheimgegeben,
192 aber wenigstens an sich wohl nichts einzuwenden gegen eine
Ausfallung wie
Alarum pennas fulgor conluminat, Iris
Pingere ceu nubem desuper alta solet:
oder auch splendor circumtegit oder discriminat u. dgl. — Be-
diirfte es noch eines Beweises, dass wirklich die Fliigel
hier ihre Stelle fanden, so sind wir in dem giiustigen Falle,
selbst durch iiusseres Zeugniss den letzten Zweifel niederzu-
schlagen. Denn woher im Veronensis die fiir den ersteii
Blick so seltsame Lesart irisalis? Ottenbar waren in dem
Original des Veronensis am Rande Lemmata zur Orientirung
beigeschrieben wie de cauda, dc rostro, de oculis, dc crista,
und so unserm Distichon dc atis. Man braucht sich dies nur
so vorzustellen:
Alarum pennas fulgor conluminat iris ^9
um die Verschmelzung zu irisalis gleichsara vor seinen Augen
entstehen zu sehen.
Dafiir, dass Verstheile, durcli Abirren des Auges oder
sonstigen Zufall an falsche Stelle verschlagen, Verwirruug
anrichteten, gibt noch ein Beispiel unseres Gedichts die
schlagende Bestatigung. In V. 131 hiess es
Caudaque porrigitur fulvo distincta metallo
(denn wer wollte hier wohl die Verschreibiuig distenta ver-
theidigen?). Nun ist es zwar erst zeliu Verse spiiter (141).
dass wir lesen
Crura tegunt squamae fulvo distincta metallo:
aber gleichwohl, wem kann der geriugste Zweifel beikommen.
dass ein so ausgesuchter wie gesuchter Eleganz bettisseuer
Dichter sich nicht werde in so armseliger, ja geradezu uu-
ertriiglicher Weise wiederholt haben? Und was den Ent-
stehungsgrund der Wiederholung betrifift, so schwiudet ja
das Bedenken der raumlichen Entfemung sogleich, sobald
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Zr LATEINKSCHEN AUTOKEN. S 1 1
wir an Doppclcolumnen denken, in denen die beiden Verse
sich ungefiihr parallel gegeniiber standen. Es darf fiir ge-
wiss gelten, dass das doppelgangerische Heniistichium seinen
richtigen Platz nur ini friihern Verse hat, im spiitern aber
nicht zu crura, sondern viclmehr zu squamac ein schmucken-
des Pradicat hinzutrat. Errathen zu wollen, welches, wQrde
iu Ermaugelung jedes niihern Anhalts selbstverstandlich reine
Spielerei sein.
Noch andere schwere Sclmden unseres Gedichts sehen
ihrer Heilung entgegen, vor allem V. 139. Nicht als wenn
uicht ein an sich vollkonimen befriedigeuder Sinn z. B. durch
' Aptatur ,nitido capiti radiata corona* oder *Aptata est summo
c. r. c.' erreicht ware, sondern weil hier die beiden mass-
gebenden Handschriften in ihren Verderbnissen eine so eigen-
thOmlich abweichende Ueberlieferung geben, dass nothwendig
etwas anderes darunter verborgen sein muss. Darauf lasst
sich vielleicht ein andermal zuruckkommen.
11) Zu Avianus.*)
In der Vorrede zu seiner dankenswerthen Ausgabe des 474
Avianus will W. Frohner (p.XI) in der Phrase plaustrum
minans einen Gallicismus (menant) erkennen und daraus auf
das Vaterland des betreffenden Autors Schlflsse ziehen. Es
ist ihm also unbekannt geblieben, was in jedem ordentlichen
Lexikon zu finden: dass minarc im Sinne von 'antreiben',
wovon die gewohuliche Bedeutung des minari nur eine ab-
geleitete, ein sehr gutes und altes lateiniscbes Wort ist, von
dessen alterer und demgemass in der Vulgarsprache fort-
erhaltener Form mcnarc sich das franzosische mener nicht
einmal im Vocal unterscheidet.
*) [Rhein. Museum f. Philo). Bd. XVII (1862) p. 474.]
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812 KRITISCHR MISCRLLRN
12) Zu Cicero de re publica.
149 *)Nahe vom Eingange der Fragmente de republica findet
sich der Satz:
Omitto innumerabilis viros, quorum singuli saluti
huic civitati fuerunt: et qui sunt procul ab aetatis huius
150 memoria; commemorare eos dcsino, ne quis se aut suo-
rum aliquem praetermissum queratur.
Vorausgegangen waren Beispiele der Vorzeit; wir erwarten
abo als Gegensatz die Erwiihnung solcher, die der Gegeu-
wart nahe stehen. Gerade dies wollte Mai erreichen, in-
dem er ungeschickter Weisc setzte ct qui sunf [hattd] procul
Denn wenigstens verlangte die Wortstellung haud proctd strnt,
die Sprache selbst aber non, nicht liaud. Alles schien da-
gegcn in bester Ordnung zu sein, wenn procnl an sich in der
Bedeutung vou nahe genommen wtirde. Dass dieser Mei-
nung wirklich Heinrich war, liest man nicht ohne Befrem-
den. Sehr wahr isst, dass proad, als seiner Natur nach re-
lativ und uberbaupt den Begriff irgend einer Entfernung
gebend, uuter Umstiinden auch auf den Sinn von propc hin-
auskommen konne, wie in den Verbindungen der Koniiker
proctd astarc und dergl. Aber nimmermehr kann dies der
Fall sein, wo Niihe uud Ferne in ausdriicklichen Gegensatz
treten, somit eine relative Auffassung des Begriffs von pro-
cid gar nicht freigegeben ist, sondern absolute Bestimmung
gefordert wird. Oder man weise doch ein Beispiel nach, in
dem procul eben so nothwendig und ausschliesslich fur jmrf*
stande, wie es den strengen Sinn einer wirklichen Entfemung
in Stellen wie diese gibt: non iam proctd, scd hic jtracscnt^
sua tcmpta dci dcfcndunt, oder ut jtrocid tela coniciant ncu
propius acccdant. Vergeblich wird man nach einem Gegeu-
satze, wie etwa procnt und e bmginquo suchen. Hierzu tritt
ein zweites Bedenken. Sollte das qxn nicht auf ein voran
gegaugenes Subject, sondern auf das nachfolgende cos bezogen
werden, so musste die Wortstellung sein cos commemorarf
*) [Rhcin. Museum f. Philol. N. F. Bd. I (1841) p. 149ff.{
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ZU LATEIXISCHEN AUTOREN.
813
desino; das naclifolgende Demonstrativum zu eineni voraus-
geschickten Relativum nicht zu Anfang des Satzgliedes zu
stellen, wiire durchaus unlateinisch. Commemorarc eos desino
uiuss vielmehr nothwendig so gesagt sein, dass mit eos ein
schon im Vorigen vollstiindig bestimmtes Subject nur wieder
aufgenommen wird, ohne allen hervbrhebenden Accent, und
im ganzen die einfache Wiederholung des omitto liegt. Hier-
von ausgehend suchen wir fur deu vorangehenden Relativsatz
einen selbstiindigen Abschluss so zu gewinnen: 'quoruni
singuli saluti huic civitati fuerunt, etiam qui sunt procul 151
ab huius aetatis memoria; commemorare eos desino, ne
quis' etc. Gleich indem der Schriftsteller seineu Vorsatz,
keine einzelnen Beispiele mehr anzufuhren, auszusprechen
beginnt, schwebt ihm das Motiv zu solchem Vorsatz, das er
im Vortrage selbst erst nachbringt, vor, niimlich: um keinen
Anstoss durch Uebergehung zu geben. Unter der Herrschaft
' dieses noch nicht ausgesprochenen Motivs steht also die Ge-
dankenfolge : ich iibergehe (aus einer sogleich niiher zu be-
zeichneuden Rucksicht) unziihlige andere, selbst solche,
die der Gegenwart fern stehen, nicht bloss die in die Gegen-
wart hineinreichenden, (auf welche jene Rttcksicht vorzugs-
weise und am unmittelbarsten Anwendung erleidet): ich
ubergehe sie, damit niemand der Zeitgenossen sich selbst
oder einen der Seinigen in meiner Reihe verdienstvoller
Miinncr mit Unmuth vermisse. Unter den fSeinigen' sind
Lebende und Todte begrifien, und um dieser letztern willen
ist der Zusatz etiam qui sunt procul etc. gemacht worden. Die
Erwiihnung aber jener grossen Ahnherren der Duilier, At-
tilier, Cornelier etc, deren Ruhm iiber jeder Misdeutung
stand, konute zu Cicero s Zeit naturlich keiner andern Gens
den geringsten Anlass zur Empfindlichkeit geben.
*) De re publ. I, 20, 41 heisst es: 318
hi coetus igitur hac de qua exposui causa instftuti
sedem primum certo loco domiciliorum causa con-
stituerunt: quani cuin locis manuque saepsissent, eius
*) [Rheiu. Museum f. Philol. LIU. XXV (1870) p. 318 f.J
814 KRITISCHE MISCKLLEN
niodi coniunctioneni tectoruui oppidum vel urbeni
appellaverunt.
Wie durch Menschenhand eine Niederlassung eingefriedigt
werde, versteht jeder; aher wie dieselben Menschen sie Murch
die Oertlichkeit' oder 'rnit Oertlichkeiten', die doch etwas
von der Natur gegebenes sind, einfriedigen sollen, wird keine
Interpretirkunst verstiindlich machen. Wie logisch richtig
3i9 ist dagegen z. B. in Verr. act. II 1. II, 2 § 4 geschieden:
furbem pulcherrimam Syracusas, quae cum manu munitis-
sima esset, tuni loci natura terra ac mari clauderetui '! Dass
es kindisch sei, floca' als faggerem, fossani et vallu^l, zu
erkliiren, begreift sich auch bei miissiger Kenntniss lateini-
schen Sprachgebrauchs : abgesehen davon, dass dainit doch
nichts von 'nianu' irgendwie verschiedenes ausgesagt wiirde.
— Der Fehler, der in den uberlieferten Worten steckt, muss
freilich ein recht alter sein (wofiir es ja auch an sonstigeu
Belegen nicht fehlt, dergleichen einmal methodisch zusam-
nienzustellen sich sehr verlohnen wiirde): denn eben so gibt
sie schon Nonius p. 429. Tiiuscht nicht alles, so ist ein
Wort ausgefallen, und Cicero schrieb:
quam cum locis manuque munitam saepsissent — .
Jedenfalls ist dies einfacher als wenn man, was fflr den Ge-
danken auch moglich warc, an clocis munitam manu quoque
saepsissent' diichte.
13) Zu Cicero de oratore.*)
494 De oratore I, 59, 251 heisst es: fhoc nos si faeere ve-
limus, ante coudemnentur ei quorum causas receperimus,
quam totiens quotiens praescribitur paeaueni aut uiunionem
citarimus'. So die handschriftliche Ueberlieferung, die sich
auch durch die unerheblichen Varianten iw nnionem, muniit
rem, enionem, selbst munitionem, in uichts wesentlicheiu ver-
iiiidert.
*) [Rhein. Museum f. Pbilol, Bd. XXVI (1871) p, 494 496.J
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ZU LATKINI8CHKN AUTORKN.
815
Wenn schon in deni Horazischen fab ovo usque ad mala
citaret «io Baechao' Bentleyn das fcitare' im Sinne von
'recitare' als so unlateinisch anruuthete, dass er es mit sei-
nem Mteraret' vertauschte, so ist es sicherlich dem Cicero
noch viel weniger zuzutrauen: so sehr auch die beiderseitigen
Interpreten in nicht ermiidender Beflissenheit die eine Stclle
mit der andern zu vertheidigen sich gewohnt haben. Wie
freilich LachmauUs Erklarung des 'citare paeanem' als
fceleri dtTUJYrj peragere' (zu Lucrez p. 76) in den Zusammen-
hang bei Cicero passe, ist darum nicht wohl einzusehen,
weil es sich ja hier gar nicht um raschen Vortrag oder
schnelles Tempo handelt, sondern um Tangwierige und mtih-
same Stimm- und Declamiriibungen nach Art der professions-
miissigen Buhnenkunstler bei den Griechen. Also wird die
Vermuthung eines strebsamen jungen Philologen wohl Recht
behalten, dem in deiu Schluss des verderbten munionem die
Sylbe re zu stecken und damit ein recitarimus an die Stelle
von citarimus treten zu mussen schien. Mag auch immerhin
'recitare' nicht vom fauswendig hersagen' gebraucht werden
(was entgegengestellt wurde), so ist doch nicht abzusehen,
warum jene Stimmiibungen nicht eben so gut sollten fde
scripto', nach einem vorliegenden Texte, angestellt werden.
Aber was nun weiterV Etwa faut nomum recitarimus"?
Das hatte allerdings noch den eiuzigen Anspmch auf eine
gewisse Duldung, wenigstens gegenuber so vollkommenen
Ungereimtheiten wie die Conjecturen faut nomium' oder gar
'aut Nomionem* l) sind. Es bedurfte in der That nicht des
Citats aus fPhotii bibliotheca' (d. h. aus Proklus' Chresto-
mathie), um uns zu lehren, dass der Nomos eine zu ihrer 4«»5
1) Man traut seineu Augen kaura, wenn man sieht, welches Glfiek
bei den neuem Herausgebern — Kayser, Bake, Klotz — dieses nomio-
nem oder Nomionem (eine Erfindung von Talaus, wie ich aus 0. M.
Muller und Ellendt ersehe) gemacht hat. Es ernsthaft widerlegeu zu
wollen wiire fast eben so lilcherlich wie 64 aufgestellt zu haben, da es
eben nichts ist, nie etwae war, und nichts sein kann, auch durch
Klotzens Znruckfiihrung auf ein griecbisches Nouuuv (sic: im Lexicon I
p. 889, zum Ueberfluse II p. 517 als Nouiujv wiederholt) nichts wird,
weil damit zu einer reincn Fiction nur eine neue Fiction hinzutritt.
81G
KHITISCHE MISCELLEN
Zeit sehr namhafte altgriechische Dichtungsgattung war.
Aber sie war eben so alt, dass sie in einer jiingern Periode
hochstens vielleicht noch hie und da iui Cultusgebrauch
dauem mochte, in der Ciceronischen jedenfalls nur noch als
eine ziemlich verschollene Antiquitiit in der Kenntniss der
Gelehrten, ganz und gar nicht mehr im allgemeinen Bewusst-
sein oder vollends in irgendwelcher praktischen Uebung tort-
lcbte. Zum Zweck einer jedermann einleuchtenden Exempli-
ficatiou diente aber begreiflicher Weise nur ein moglichst
gelaufiger, auch nicht allzu specieller Begrift'. Die letztere
RUcksicht ist es, die gegen ein etwaiges hyntenaeum spriiche,
was sonst selir wohl* in den handschriftlichen Ziigen liegen
konnte; die Anlilsse zu einem einigermassen feierlichen Hy-
menaus waren doch verhiiltnissmassig zu wenig haufig, auch
zu sehr dem Privatleben angehorig, um eine Gleichstellung
mit dem Piian passend und glaublich erscheinen zu lassen").
Getrost kann man dagegen behaupten, dass es keine, dem
Piian in jeder Beziehung so parallel stehende, niichstver-
wandte Dichtungsform gab als den — Uymnus. Man darf
es meines Erachtens als so gut wie verbGrgt ansehen, dass
Cicero schrieb fpaeanem aut hymnum recitarimus'.
Dass uuvoc zwar einerseits Gattungsbegrift' ist, der Piiane,
Hyporcheme u. s. w. als Species unter sich begreift 3), ander-
seits aber in engerer Bedeutung auch selbst eine solche, mit
dem Piian, dem Hyporchem u. s. w. ganz auf gleicher Linie
stehende Species, wissen wir durch ausdrilcklichstes Zeugnis*'
des Proklus, der Etymologika, des Menander de encomiis,
und finden die zweite Anwendung, auf die es uns bei Oicero
aukommt, nicht nur im allgemeinen bestiitigt z. B. durch die
2) Xun vollcnds eiu 'Hirteulied' d. i. angeblich twmiutn, vas
wundersumer Weiso bei Muller und Ellendt Aufnahme fand! Noch
dazu ist nicht einmal v6uiov als Substantiv das eigentlich gebhiuch-
liche, soudern erst v6y.iov utXoc gibt den Begritt* des (sonst aucb al*
itoiu€vik6v bczeichneten) Liedes, dessen Charakter als 'Volkslied' noch
b«'.stimmter ausgedriickt wird dureh \hbr\: vgl. Athenuus XI V p.619CA
3) Danach kann es nicht Wuuder nehmen, weun im dichtemdien
Sprachgebrauch Ouvoc und waiuv aueb geradezu als Synonyma erschoi-
nen, wie bei Aeachylus Sept. SG7 tov bucKt\ac»ov iifivov 'Gpivuoc dx*»v
Aiba t' IxQpbv Traiav* €mu£Att€iv.
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ZU LATEINISCHEN AUTOREN.
817
Aufziihlung bei Plato de leg. III p. 700 B, wo uuvot, 9pf|-
vot, Traiavec, bi0upaupot, vouoi als eTbn. kcu cxn.uctTa ttic
uoucixfic erscheinen, oder wenn dem Pindar sowohl Traiavcc
als uuvot zugeschrieben werden, sondern in noch naherer
Uebereinstimmung mit Cicero durch Stellen, die gerade auch
nur Hymnus und Piian verbinden. So Plato im Symposion
p. 177^4: fiXXoic uev tici 9eu>v uuvouc Kai Traiavac4) etvat
utto tujv TroiiTTUJV TreTrotriuevouc , tuj be "Gpujn ktX.; des-
gleichen Athenaus XIV p. 626 B: Trapd toOv uovoic 'ApK&ctv
o\ Traibec £k vrjTriujv Ctbetv dG&ovTat KaTa vouov touc uuvouc
Kat Tratavac, ok eKacrot KaTot ra TraTpta touc e^Tnxwpiouc
fipujac Kat Geouc uuvoOci.
Der Uebergang in das munionem der Handschriften wird 496
um 80 verstiindlicher, wenn man sich im Autographon nicht
sowohl hymnum als vielmehr humnum geschrieben denkt.
Denn wenn auch, wie aus Orator48, 160 ersichtlich, Cicero das
y schon sehr wohl kannte, so haben uns doch die Inschriften
hinliinglich gelehrt, dass am Ende des 7ten Jahrhunderts,
als er die Biicher de oratore verfasste, jenes Buchstaben-
zeichen statt des altherkommlichen u noch keinesweges so
durchgedrungen war, dass er es brauchen musste5).
4) So doch wohl (hier wie de leg. a. a. 0., auch im Ion p. 484/)
und sonst) statt Traiujvac oder naauvac, trotz Ruhnken zu Tim. lex.
p. 203 und Andern.
6) [Diese Miscelle war nicht nur geschrieben, soudern Belbst schon
in der Druckerei, als ich Seitens jnnger Freunde auf Piderifs Schul-
ausgabe der Bucher de oratore (3te Aufi., 1868) aufmerksam gemacht
wurde, in der ich nun p. 149 zwar im Texte das unsinnige Paeanein
aut Nomumnn citarimus wiederfand, aber in der Anmerkung dazu die
Aeusserung las: fmit dem letztern Worte, das man statt des corrupten
munionem der Hdss. vorgeschlagen hat, soll neben dem Siegesgesang
ein Hyranus aut Apollo gomeint sein. Danach konnte mau auch ge-
radezu hymnum vermuten.' — Einer eo zaghaft und unmaasgeblich
ausgesprochenen Vermuthung gegeniibcr hielt ich es nicht fur utmutz,
meiue etwas anders gcartete Behandlung der Stelle, so wie oben ge-
schehen, dcnnoch erscheiuen zu lassen.]
FH. HIT8CIIKLII OPVSCVLA III.
52
818
KRITISCHE MISCELLEN
14) Zu Sallustius.*)
si6 1. Wer ein lebendiges Bild vor Augen haben will, was
moderne Interpretirkunst in Aufstellung von Gedankenlosig-
keiten oder Verschrobenheiten, von sprachlichen Ungeheuer-
lichkeiten und logischen Unmoglichkeiten zu leisten im
Stande gewesen, der muss unsere Commentare zum Sallust
lesen. Ein Beispiel unter Dutzenden ist Catil. 53, 5:
Sed postquam luxu atque desidia civitas corrupta
est, rursus res publica magiritudine sua imperatorum
atque magistratuum vitia sustentabat, ac sicuti effeta
parentum multis tempestatibus haud sane quisquam
Romae virtute magnus fuit.
Wen es erquickt, mit der langen Reihe von ungesunden
Spitzfindigkeiten und lahmen Stiitzmitteln, mit denen man
seit Gronov und Korte an dem effeta parentum herum-
corrigirt und heruminterpretirt hat, nahere Bekanntschaft
zu machen, der findet bei Kritz und Andern alles ihm Wfln-
schenswerthe und Dienliche; wer irgend einer der vorge-
brachten Kiinsteleien — mit einer einzigen Ausnahme —
seinen Beifall schenkt, fur den ist diese Miscelle nicht ge-
schrieben. Die Ausnahme bildet (wie in andern Fallen)
Dietsch, der vollkommen richtig erkannte, dass ein zu effeta
gehoriger Substantivbcgriff im tiberlieferten Texte ausgefallen
sei. Nur dass er mit seinem effeta aetate parcntum das Wahre
getroflfen, ist nicht zugegeben. Wenn man es bequem haben
kann, einen Ausfall aus Buchstaben- oder Sylbenahnlichkeit
herzuleiten, so ist ja das an sich ganz erwiinscht; aber die
hohere Instanz bildet doch immer die Angemessenheit des
Gedankens, und ein paar Buchstaben konnten schliesslich
unter allen Umstiinden und ohne jede nachweisbare nahere
Ursache durch reinen Zufall ausfallen. Offenbar ist aber der
eigentliche und einfache Begriflf, auf den es hier ankam,
nicht aetate, sondern sieuti effeta ui parentum. Dieses pa-
rentum natilrlich nicht im Sinne von rErzeuger', sondern als
*) [Rhein. Muaeum f. Philol. Bd. XXI (1866) p. 316-320.]
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ZU LATKINISCIIKN AUTOKEN.
819
'Voraltern' gefasst. Die Aehnlichkeit von m und M» viel-
mehr zu eiuem cffeta parentum ui benutzen zu wollen, wiirde
eine grosse Verkennung der Kraft und Eigenthuinlichkeit
lateinischer Wortstellung beweisen.
2. Erkanuten wir hier eiue Liicke, so fehlt es ander- 3i7
wiirts nicht an interpretirenden Zusiitzen, wie sie, durch
Schulgebrauch oder Privatlectiire hervorgerufen, weiterhin als
Interpolationen in den Text geriethen. In Catil. 22 init.
liest man in def guten Handschriftenclasse:
Fuere ea tenipestate qui dicerent Catilinam oratione
habita cum ad ius iurandum popularis sceleris sui adi-
geret, humani corporis sanguinem vino perinixtum in
pateris circunitulisse, inde cum post execrationem omues
degustavissent, sicuti in sollemnibus sacris fieri consue-
vit, aperuisse consilium suum, atque eo dictitare fe-
cisse, quo inter se magis fidi forent alius alii tanti
facinoris conscii.
Es grenzt an's Unglaubliche, mit welchen nicht nur aben-
teuerlichen, sondern geradezu absurden KunststQcken man
die Worte atque eo dictitare fecisse zu vertheidigen oder ihnen
durch allerhand Flickereien aufzuhelfen unternommen hat.
Aber selbst zugegeben, dass die dabei im einzelnen gemachten
Annahmen von Seiten der Grammatik oder Stilistik so inog-
lich waren, wie sie grosstentheils unmoglich sind: wie hat
man doch rein vergessen konnen, den ganzen Zusatz auf die
allgemeine Angemessenheit des Gedankens zu prOfen und
an der Art des Sallustius zu messen! Die einfache That-
sache, die hier als Gerucht erzahlt wird, dass Catilina seine
Mitverschworenen durch schauerliche Gebriiuche verpflichtet
habe, konnte denn die Oberhaupt in irgend jemandes Augen
eincn andern denkbaren Sinn haben, als die Genossen fester
an sich und seine Pliine zu ketten? Und was so innerlich
und nothwendig zusammenhiingt, das sollte ein so biindiger
Autor so breitspurig in zwei getrennte Gedanken ausein-
ander gelegt haben, dass er zwischen der berichteten Hand-
lung und ihrem Zweck ausdrucklichst unterschieden, das Ge-
52*
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820 KRITISCHE MISCELLEN
rflcht ak damals verbreitet, die Absicht aber als — sei ea
damals, sei es gar erst jetzt in der Gegenwart — untergelegt
bezeichnet hiitte? Und dies noch dazu mit einem empha-
tischen atquc, was um so unpassender, je sprachgebrSuch-
licher, wenn ube/haupt ein Zusatz am Platze ware, zu sagen
war idque eo fecisse, quo — . Aber was sich von selbst ver-
steht, kann ein Autor wie Sallust nicht einmal in dieser
Form gesagt haben: ganz abgesehen von der Vernichtung
aller vernGnftigen Construction zwischen qui dicerent und
dictitare, und von der kleinlichen Begriffsscheidung, die man
zwischen dicerc und dictitare hat finden wollen. Wer Latei-
nisch versteht, wer den Sallust kennt, wer historischen Stil
zu wQrdigen weiss, kann nicht zweifeln, dass wir es hier
mit einem in seinem Ursprung harmlosen, in seiner Nach-
wirkung abscheulichen Einschiebsel zu thun haben und dass
von der Hand des Autors nichts herrflhrt als aj)eruisse con-
silium suum, quo intcr sc magis fidi etc. Nichts anderes
hatte der Urheber der hinzugesehriebenen Erkliirung iui Sinne
al8 bemerklich zu machen, dass man den Finalsatz mit qm
nicht bloss zu dem unmittelbar vorhergehenden Begriff des
apmiissc consilium zu construiren, sondern vielmehr auf den
»18 Inbegriff aller im ganzen Satze enthaltenen Handlungen zo
beziehen habe. Ob er, um diesen Zweck zu erreichen, in
seinem halbbarbarischen Latein atque co dictam rem fccisse
geschrieben, wie in einigen Handschriften geradezu steht,
oder ob, nach Anleitung mehrerer andern, ein dicitur ita
(rem) fecisse in dem dictitare steckt, braucht uns wenig w
ktimmern; genug, dass aus einer solchen Erklarung unter
den Hiinden weiterer Abschreiber der ganze Zusatz in seiner
jetzigen Gestalt hervorging.
3. Catil. 39 inil, wo von der wachsenden potcntia pau-
corum die Rede ist, heisst es:
Ei magistratus, provincias aliaque omnia tenere: ipsi
innoxii florentes sine metu aetatem agere: ceteros iu-
diciis terrere quo plebem in magistratu placidius
tractarent.
Auch hier lassen wir eine wahre Musterkarte von Proben
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ZU LATEINISCHEN AUTOREN
821
des verkehrtesten — Scharfsinns? nein, wahren Schwach-
sinns billig auf sich beruhen; die Spitze davon ist, dass quo
hier 'damit nicht' bedeute. Freilich ist das gerade der
Begriff, dessen wir unweigerlich bedilrfen; und wie leicht
war er doch zu gewinnen, wenn man sich zu dem kiihnen
Wagstuck aufgeschwungen hatte, es fiir moglich zu halten,
dass auch im Sallustischen Texte, wie in jedem andern, ge-
legentlich einmal ein paar Buchstaben ausgefallen seien: quo
ne plebem ttt mag. placidius tractarent, oder auch quo plebem
in magistratu ne plac. tr. Zu tractarent sind naturlich die
cetcri das Subject, imd diese selbst solche Genossen der Ari-
stokraten (der ei und ipsi im Vorigen), die etwas milder ge-
artet und volksfreundlicher gesinnt waren als die grosse
Mehrzahl: obwohl von beidem, wie zu erwarten, die Inter-
preten auch das gerade Gegentheil behauptet haben. — Aber
dennoch wird man sich bei obigem Vorschlage wohl nicht
zu beruhigen, sondern den Fehler tiefer zu suchen haben.
Denn wie kommt es doch, dass die besten Handschriften,
und die meisten der guten, nicht ceteros sondern ceterosque
geben? Dieses zu vertheidigen hat zwar neuerlich Kritz
ubers Herz gebracht; aber selbst Gerlach hatte das rich-
tige Gefiihl, dass die Copulativpartikel hier gegen alle stili-
stische Rhetorik sei. Einen Schritt weiter fiihrt uns die
Erwagung, dass die obige Auffassung der ceteri zwar durch
das Sachverhaltniss durchaus geboten ist, der sprachlichen
Form nach aber doch ccteri allzu vag dasteht, wenn es sein
pracisirtes Verstandniss erst aus dem nachfolgenden Final-
satze quo — tractarent erhalteu soll. Nein, jenes que der
Handschriften ist vielmehr, wie in zahlreichen analogen
Fallen, der zufallig erhaltene Rest einer ursprunglichen Fas-
sung, die nur durch Transposition in Verwirrung gerieth,
und Sallust schrieb wohl ohne Zweifel: 'ceteros, qui ple-
bem in magistratu placidius tractarent, iudiciis
terrere.' Erst als der Mittelsatz durch Zufall iibersprungen,
dann nachgetragen, imd so schliesslich ans Ende gerathen
war, half man durch ein aus dem que hervorgegangenes quo
nach. Fur dieses quo setzte zwar schon Kritz friiher qui
ein, aber mit einer so lahmen Wortstellung oder vielmehr 319
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822 KUITISCUE MISCELLEN
Satzstellung (ceteros iudiciis tcrrcre, qui — tractarent), wie sie
des Sallust durchaus unwiirdig ware.
4. Wie oben Catil. c. 53, so hat auch c. 57 allein
Dietsch den richtigen Weg erkannt, ohne jedoch, wie uns
scheint, das richtige Ziel zu treffen, wenn er als die Hand
des Sallustius dieses hinstellte: 'Neque tamen Antonius pro-
cul aberat, utpote qui magno exercitu locis aequioribus ex-
pcditus impeditos in fuga sequeretur': wo die guten Hand-
schriften nur cxpcditos in fuga geben. Ueber den erforder-
lichen Gedanken und den nothwendigen Gegensatz herrscht
ja im wesentlichen kein Zweifel: nur die Mittel, durch die
man ihn zu gewinnen gemeint hat, verstossen sammt und
sonders gegen gesunde Latinitiit oder Rede ilberhaupt.
Dietsch s Vorschlag wenigstens gegen Sallustische: eine so
pointirte Allitteration wie cxpcditus impcditos, und zwar nur
so im Vorubergehen bei einem sehr untergeordneten Punkte
angebracht, gehort in die Sprache der Komodie, ware auch
einem Autor der raetas argentea' zuzumuthen: mit dem hi-
storischen Stil eines Sallust hat sie, bei all seinem Anti-
thesenreichthum, nichts gemein. Aber allerdings, ein durch
Sylbenahnlichkeit veranlasster Ausfall wird es sein, durch
den der Text alterirt worden, etwa mit diesem Hergange: ut-
pote qui magno cxcrcitu Jocis acquioribus cxpedi[to tarda]tos
in fuga scqueretur. Den Nominativ cxpcditus darum festzu-
halten, weil er in den schlechtern Handschriften steht, ist
reine Unmethode: es ist ja das in diesen eben nur ein con-
jeeturaler Versuch, dem Sinne durch den erforderlichen Gegen-
satz, den cxpeditos einleuchtender Weise nicht gab, irgendwie
aufzuhelfen. Aber ein unzulanglicher darum, weil die drei
Begriffe magno excrcitu und tocis acquioribus und expcditus
viel zu salopp und unverbunden an cinander hangen, um
biindige Rede zu geben. Dass aber auf ein folgendes tos
das Auge des Abschreibers von einem totarda genau eben
80 leicht iiberspringen konnte wie voh tus tarda, wenn nicht
noch leichter, bedarf hoffentlich keiner Erorterung. Und
wenn jenes expcdito wirklich in einem Miinchener Codex
steht, so ist auch dies fur die Probabilitat unserer Annabme
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ZU LATKINISCIIEN autoren.
823
genau so irrelevant, als wenn es nicht darin stiinde. — Pris-
cians Citat aber XVIII p. 1198 (p. 343 H.), was beweist es
denn mehr, als dass auch seine Sallust-Codices schon das-
selbe Verderbniss (expeditos in fuga) hatten, wie die iiltesten
und besten heute vorhandenen, der Ausfall dreier Sylben
also schon von fruherin Datum war? wozu doeh wohl ein
Verlauf von sechs Jahrhunderten Spielraum genug liess.
Und ware denn dies etwa das einzige Beispiel, dass Priscian,
wie anderwiirts andere Grammatiker, durch falsche Lesarten,
die sie in ihren Exemplaren vorfanden, getauscht wurden?
und zwar im Sallust-Texte selbst? — Welchen Sinn er aus
dem expeditos herauslas, kann uns herzlich gleichgiiltig sein;
dass er etwa selbst eiu expeditus, wie ihn Hertz schreiben
liisst, hatte corrigiren sollen, hiesse ein Nachdenken. von ihm
fordern, welches flir die dortigen unverarbeiteten Materialien,
die mit ihren syntaktischen Parallelismen kaum mehr als 320
durre Adversarien geben, am allerwenigsten am Platze war.
Die ganze Nutzanwendung, die Prisciau von der Sallustischen
Stelle gemacht, ist an sich gedankenlos genug; denn was
hatte diese wohl mit der griechischen Doppelconstruction,
zu deren Vergleichung sie dienen soll: 'Attici «Trapeaceud-
Zovro ibc TTOincovTec Tobe» Kai «rroificat Tdbe*' in Wahrheit
gemein? Priscian muss sie, wenn nicht jedes tertium com-
parationis fehlen soll, nothwendig so verkehrt gefasst haben,
dass er die Worte fneque Antonius procul erat', statt rein
local, in dem Sinne nahm fer war nahe daran, schickte sich
an', und f utpote qui — 8equeretur, fOr fzu verfolgen' (= rnon
procul erat quin sequeretur') oder naher, dem ujc 7TOir|COVTec
entsprechend, fur futpote — secuturus'. Eine schone Erkla-
rung das!
15) Zu Livius.*)
In der liebenswUrdigen Rede, die Flamininus in Korinth 479
an die Griechen halt, heisst es bei Livius 34, 49, 8:
libertate modice utantur; temperatam eam salubrem et
**) [Rhein. Museum f. Philol. Bd XVIII (1863) p. 479 f.]
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824
KKITISCHE MISCELLEN
singulis et civitatibus esse, nimiam et aliis gravem et
ipsis qui habeant praecipitem et effrenatam esse.
Das letzte Satzglied, wie man es auch mit ErklarungskQnsten
drehe und wende, behalt eine arge logische Verkehrtheit.
Denn wenn temperatam und nimiam die Subjecte sind, salu-
brcm und gravem die Pradicate, so ist einmal damit alles
Wesentliche in wiinschenswerthester Concinnitat erschopft
und jede Erweiterung erscheint als iiberhiingender Luxus.
Lassen wir uns aber diesen selbst gefallen, wie kommen doch
die Adjcctiva praecipitem et effretiatam dazu, mit gravcm pa-
rallel gestellt zu werden, da ja jene Begriffe einleuchtendcr
Weise eben eine Gattung der libertas bezeichnen, mit nichten
eine Wirkung der also gearteten Freiheit? Es kommt hin-
zu, dass man nicht begreift, wie sie mit einem Dativ con-
struirbar sein sollen. Denn nichts konnte ja unzutreffendcr
sein als ipsis praecipitcm mit einem ipsis periculosam verdeut-
lichen zu wollen, da doch daraus dass z. B. ein praecefis fu-
rorf eine praeccps audacia allemal auch eine Gefahr in sich
birgt, gewiss nicht folgt, dass pracceps 'gefahrlich' bedeute
und jemals ein Lateinschreibender gesagt habe z. B. partium
furor civitatibus pracceps cst\ ganz abgesehen davon, dass
selbst dann immer noch das effrenatam ungerechtfertigt bliebc.
Darum ist es auch nichts mit einer Umstelluug, die jemand
vorschlug: ftemperatam eam salubrem et singulis et civita-
tibus esse, mmiam et effrenatam et aliis gravem et ipsis qui
habeant praecipitem so guten rhythniischen Fall auch an
sich diese Worte hiitten. Das Richtige wird man haben,
wenn man das neben praecipitcm^et effrcnatam matte nimiam
als Glossem erkennt und sich erinnert, welche Vorliebe die
lateinische Rede fur den rhetorischen Effect hat, der dadurch
erreicht wird, dass in Satzpaaren mit doppelter Gliederung
die sich logisch entsprechenden Begriffe in umgekehrter
480 Reihenfolge auftreten: f tcuiperatain eam salubrem et singu-
lis et civitatibus esse: et aliis gravem et ipsis qui habeant
praecipitem et effrenatam.' Ein nochiualiges cssc nach dem
mit vollem Gewicht an's Ende gestellten Subjectsbegriff
praccipitem ct effrcnatam hat J. F. Gronovs feines Latinitats-
gefilhl gewiss richtig als schleppend und unlivianisch erkannt.
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ZU LATEINI8CIIEN AUTOREN.
825
16) Zu Tacitus.")
Hist. III, 5 ist Uberliefert: fTrahuntur in partes Sido 3*>
atque Italicus reges Sueborum, quis vetus obsequium erga
Itomanos et gens fidei commissior patientior/ Es ware
eine so trostlose wie fiir jeden, der denken gelernt hat, iiber-
flttssige Miihe, mittels einer ins einzelne gehenden Beweis-
fiihrung darzuthun, dass alle Versuche ohne Ausnahme, die
vor und in unsern Tagen gemacht worden sind, um mit
kleinerer oder grosserer Buchstabenveriinderung aus fidei com-
missior patientior etwas Verstandliches herzustellen , gegen
Logik, Grammatik, Sprachgebrauch oder gesunden Sinn sind.
Das einzig Brauclibare, was den schlichten Gedanken, der
erforderlich ist, in schlichter und befriedigender Form gibt,
ist das von Halm nach Wurm's Vorschlag aufgenommene
gens fldci jKiticntior mit giinzlicher Streichung des commissior.
Nur dass, um Ueberzeugung zu bewirken, doch der Ursprung
dieses seltsamen commissior, das ja unmoglich Erklarung des
keiner Erklarung bediirftigen Begriffs patimtior sein konnte,
in plausibler Weise nachgewiesen werden muss. Nun gehen
bei Tacitus folgende Siitze unmittelbar voraus: cAc ne in-
ermes provinciae barbaris nationibus exponerentur, principes
Sarmatarum Iazugum, penes quos civitatis regimen, in com-
militium adsciti. ■ plebera quoque et vira equitum, qua sola
valent, offerebant: remissuni id munus, ne inter discordias
externa molirentur aut maiore ex diverso mercede ius fasque
exuerent/ Diese Worte hatte mit Recht im Sinne, wer ira
Folgenden, um die Beziehung des Comparativs gens fidei paticti-
tior deutlich zu machen, hinzuschrieb quam istorum (gens),
niimlich der vorerwahnten principes Sarmatarum Iazugum.
Es sind nur die landlaufigen Vertauschungen, vermoge deren
das in seiner Absicht nicht mehr verstandene quamisto^
in ein vermeintlich Taciteisches comissior
verschlimmbessert wurde, sei es mit oder ohne Mittelstufen.
*) [Rhein. Muaeum f. Philol. Bd. XXI (1866) p. 320.]
826 KKITISCHE MISCELLEN
4t« *) Annal. I, 50 heisst es von Germanicus: 'Inde sal-
tus obscuros permeat consultatque , ex duobus itineribus
breve et solitum sequatur an impeditius et intemptatum
eoque hostibus incautum. Delecta longiore via cetera ac-
celerantur' u. s. w. Schon Eduard Wurm iui Philologus IX
p. 90 ff. hat einleuchtend entwickelt, dass es eine mit nichts
zu rechtfertigende logische Verkehrtheit sein wurde, zu
sagen: 'er durchzieht den Wald und Uberlegfc, ob er den
kilrzern und bequemern, oder den schwierigern, aber vom
Feinde unbeachteten Weg einschlagen solle da ja die
Ueberlegung dem Durchmarsch nothwendig vorausgehen
mu8s. Zumal wenn gleich darauf fortgefahren wird: *Cae-
cina cum expeditis cohortibus praeire et obstantia silvarum
amoliri iubetur: legiones modico1 intervallo sequuntur.' Aber
weder Wurms pcrvenit fiir permcat, woran er selbst nicht
glaubt, noch sein inde ad saltus obscuros permcat, woran er
glaubt, kann genOgen. Nicht darin liegt der wesentliche
Anstoss, dass iiberhaupt der Hauptbegriff, der Durchmarsch,
als das Generelle vorangestellt wird, dann erst die Modali-
taten nachgebracht werden — was ja erlaubt ist — , son-
dern dass ein specieller Theil dieser Modalitaten, der der
Natur der Sache nach vor die DurchfUhrung des Haupt-
begriffs fallt, und er allein, mittels eines zweiten Verbum
finitum dem Hauptbegriff parallel gestellt ' wird. Jeder An-
stoss fiillt weg, sobald man mit Hinzuftigung eines einzigen
Buchstaben schreibt: fInde saltus obscuros permeat, cotisul-
tatoquc ex duobus itineribus breve et solitum sequatur an
impeditius et intemptatum eoque hostibus incautum, delecta
longiore via cetera accelerantur', wo das qtte so viel ist wio
fund zwar'.
*) [Rhein. Maseum f. Philol. Bd. XXI (1866) p. 488.J
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ZU LATEINISCHKN AUTOREN.
827
17) Zu Plinius' Kuns tgeschich te.*)
Nachdem Plinius N. H. XXXV, 9 § 36 vom Maler 475
Apollodorus gesprochen, geht er auf Zeuxis tiber mit diesen
Worten:
Ab hoc artis fores apertas Zeuxis Heracleotes iu-
travit olyfhpiadis nonagesimae quintae anno quarto
. audentemque iam aliquid penicillum . . . . ad magnam
gloriam perduxit, a quibusdam falso in LXXXIX olym-
piade positus, cum fuisse necesse est Demophilum
Himeraeum et Neseam Thasiuin, quoniam, utrius eorum
discipulus fuerit, ambigitur.
Hier nimmt nun Sillig im Catal. artif. p. 459 ff. und
seitdem auch in seiner Ausgabe die Zahl LXXIX fUr LXXXIX
aus Haudschriften auf und rechtfertigt dies am ersten Orte 476
mit den Worten: fEx vulgari scriptura duodetrigiuta tantum
anni prodeunt, quibus sane Zeuxis floruerit oportet, ut reli-
qua de praeceptoribus verba inepte tantum addita videri
possent; nostra vero lectionc opinio chronologoruni vere
refutatur, quoniam ab hac ol. usque ad XCV sexaginta
septem (warum nicht octo?) anui orirentur, quod temporis
.spatium illa quidem aetate, qua et inter Graecos uctKpopioi
rarescebant, Zeuxis arte sua vix explere potuit. Huc accedit
quod Zeuxis non ol. XCV, 4 primum artem exercuit, ut
verba Plinii indicare possent, sed iam ante nobilis factus
est, quod ex pictura, quam Archelao**) donavit, colligere
licet, ut proinde ol. LXXXIX omnino non apta sit. Eo
melius contra omnia procedunt, cum Demophilum et Neseani
ol. LXXIX tioruisse statuimus.' Man sieht, Sillig nimmt den
Satz mit quoniam als Beweis fiir das in falso liegende Urtheil,
oder mit andern Worten, er findet in dem ganzen Zusatze
die von Plinius gegebene Widerlegung derjenigen, die den
Zeuxis nicht in 01. 95 setzten. Dies ist aber sprachlich und
*) [Rhein. Museum f. Philol. N. F. Bd. UI (1845) p. 475 ff.]
**) Von 01. 91, 3 bia 95, 1, nicht, wie Sillig will, von 91, 4
bis 95, 3.
828
KKITISCHE MISCELLEN
sachlich gleich unmoglich. £rstlich muss Sillig offenbar das
cum in dem Sinne von fiu welcher Zeit' gefasst haben;
aber in dieser relativen Anwendung, dass das Object, welches
bestimmt werden soll, schon vorher gegeben sei, sagt man
ja im Lateinischen nicht cum, welches zwar das Deinonstra-
tivum in sich einschliessen und so fQr co tempore, quo (nSm-
lich in der protasis), aber nicht fur quo temporc gesetzt
werden kann. Wer wird, wo es auf wirkliche' Zeitbestimmung
ankomuit, sagen eo anno, cum? Dem ware nun, wenn es
Noth thate, leicht abzuhelfen durch die Veranderung in qua.
Allein welche unbiindige und darum unklare Folge der Ge-
danken hatte dann Plinius gewahlt, wo man vielmehr er-
wartete: quoniam, qui hac ipsa aeteUe (oder olympiade) fuerunl
JJemophilus ct Nescas, corum utritis di-sciptdus fuerity ambigitw.
Denn auch das hier ubergangene necesse est begreift man
nicht recht, da es mit keinem Worte motivirt ist, und doch
477 die Zeit der beiden wenig namhaften Kiinstler nicht als
etwas so Bekanntes, als ein so fester Anhaltpunkt voraus-
gesetzt werden kann, dass daran das Schlagende der Wider-
legung sogleich einleuchtete. Nicht besser steht es mit dem
Inhalte dieser vermeintlichen Widerlegung. Sillig verlangt
einen sehr langen Zwischenraum, um den Plinius so schliessen
zu lassen: wenn Zeuxis 01. 95 (oder in Wahrheit, wegen des
Verhaltnisses zu Archelaus, auch immerbin schon etwas fruher)
gebluht hat, so kann er nicht auch schon 01. 79 gebluht
haben, weil dazwischen 64 Jahre (oder etwas weniger) liegen;
wohl aber, meint er, hatte Plinius einsehen mflssen, dass
28 Jahre (oder gar noch weniger) die Bliithezeit eines
Kunstlere fQglich dauern konne. Wir wollen uns nicht dabei
aufhalten, dass es ja die Meinung der Gegner gewiss nicht
war, den Zeuxis sowohl in 01. 79 als auch in 01. 95 an-
zunehmen, sondern nur in 01. 79, so dass der zur Wider-
legung dieser Annahme gebildete Schluss, der von 01. 95
als festem Punkte ausgeht, eine petitio priucipii enthalten
wtirde; auch das sei nur fliichtig beruhrt, dass ja nach den
Worten des Plinius die Zeit von 01. 79 mit nichteu als die
Blflthezeit des Malers gedacht wird; was aber bei der
obigen Erklarung auf die befremdlichste Weise ausser Acht
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ZU LATEINISCHEN AUTOREN. .
829
gelassen ist, das ist das ganz undenkbare chronologische
Verhaltniss zwischen Lehrer und Schliler, welches dem Pli-
nius als eigene Meinung aufgebiirdet wird. Mit einem nccesse
est wird der Lehrer in 01. 79 gesetzt, und erst 64 Jahre
spater soll der Schiiler gebliiht haben? Sillig hatte ganz
vergessen, dass ja mit der, durch das angebliche Raison-
nemeut des Plinius zurflckgewiesenen, Gleichzeitigkeit der
beiden Kflnstler und des Zeuxis in 01. 79 nicht auch das
Schfllerverhaltniss des letztern zu einem der erstern tiber-
haupt aufgehoben wird. Weit unanstossiger wiire in Silligs
Sinne wenigstens diese einfache Schlussfolge anzunehmen
gewesen: einer der beiden Ktinstler Demophilus und Neseas
war des Zeuxis Lehrer; diese lebten um 01. 89; folglich
kann des Schiilers Bliithezeit nicht auch in diese Zeit ge-
setzt werden, sondern muss spater fallen. Denn so viel ist
klar, dass nach dem individuellen Zusammenhange, je nach-
dem Lehrzeit und Bltithezeit unterschieden werden oder nicht,
je nachdem die Zeitabstiinde kleiner oder grosser sind, je 47»
nachdem es auf genaue Bestimmungen oder nur allgemeine
Schatzungen ankomint, die Lebenszeit des Lehrers sowohl
zum Beweise als zur Widerlegung der Gleichzeitigkeit des
Schiilers angewendet werden kann. Ein Zwischenraum von
einigen zwanzig Jahren konnte nun keineswegs als schlecht-
hin unpassend gelten, um ein natiirliches Verhaltniss zwischen
Lehrzeit und Meisterschaft zu geben; einer von etwa 60 Jahreu
(wenn man LXXIX aufnahme) miisste es unbedingt. Alleiu
die iibrigen, oben vorangestellten Bedenken haben so nichts
von ihrem Gewicht verloren. Auch daran darf nun nicht
gedacht werden, dass in dem fraglichen Satze etwa der
Beweisgrund derjenigen enthalten sei, die den Zeuxis, sei es
in 01. 79 oder 89, ansetzten. Einmal miisste dies statt
cum fuisse necessc est doch heissen qua fuisse necesse sit\ so-
dann diirfte eine anscheinend so gut begrflndete Meinung
nicht ohne ein widerlegendes Wort des Plinius, nicht ohne
eine wenn auch nur andeutende Rechtfertigung des katego-
rischen falso bleiben. Nichts ist iibrig als die auch ganz
unverfangliche Annahme, Plinius habe die widersprechende
Meinung der quidam nur einfach angefiihrt, ohne ihre Griinde,
830
KKITISCHE MISCELLEN
und ebenso einfach ftir falsch erklart, ohne seine Grunde
hinzuzuftigen. Schon das necessc est leitet darauf, in diesem-
Satz nicht sowohl ein Axiom als eine Folgerung zu suehen,
die in deni quoniam ihre Begrttndung finde. Weil entweder
Demophilus oder Neseas fttr den Lehrer des Zeuxis gilt, so
ergibt sich dem Plinius hieraus im Vorbeigehen zugleich
eine allgemeine Zeitbestimmung dieser beiden, sonst sicher-
lich durch keinerlei chronologische Ueberlieferung fixirten
Kttnstler. Plinius schrieb hochst wahrscheinlich: *a quibus-
dam falso in ol. LXXXIX positus. Quocum fuisse necesse est
Demophilum Himeraeum et Neseam Thasium, quoniam, utrius
eorum discipulus fuerit, ambigitur\ Der Gebrauch des esse
fttr vivere ist dem Plinius ganz gelaufig, z. B. XXXVI, 5
§ 4: ccum ii essent, iam fuerant in Chio iusula Malas
sculptor, dein filius eius Micciades* e. q. s., 'Hippouactis
poetae aetate, quem certum est LX olympiade fuisse\ Hier
hat man auch an dem ccrtutn cst ein Beispiel, wie unser
Schriftsteller sich ausdrttckt, wo er eine Angabe als uu-
479 zweifelhafte Thatsache bezeichnen will. Dass nun die Lesart
LXXIX nicht mehr nothwendig ist, ist von selbst klar;
sie hat aber auch nicht einmal an sich die geringste Wahr-
scheinlichkeit, und zwar ganz einfach wegen der allzu grosseu
Handgreiflichkeit des Irrthums. Dagegen wie man auf 01. 89
(die durch die Bamberger sowie die erste Ambrosianische
Hand8chrift Bestiitigung erhalt) fallen konnte, liegt so nah<'.
dass wir in starke Versuchung gerathen, das mit falso aus-
gesprochene Verwerfungsurtheil des Plinius fQr ein nicht
hinlanglich erwogenes zu halten. Dass die Zeitbestimruung
des Plinius ungenau sei, lag jedeufalls zu Tage; denn schon
mehrere Jahre vor 01. 95, 4 starb Archelaus von Macedo-
nien, dem Zeuxis nach Aelian's (V. H. XIV, 7) und des
Plinius eigener Angabe seinen Palast malte und ein (ienialdc
des Pan zum Geschenk machte. Dazu kommt, dass doch rait
den Worten artis fores intravit nicht wohl kann die Zeit
bezeichnet sein, da der Kunstler in der Blttthe seiner Meister-
schaft stand, sondern da er zu malen anfing; wodurch denn
die Ungenauigkeit der Zeitbestimraung schon recht gross
wird, und wir unvermerkt der 89sten Olynipiade iramer naher
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ZU LATEINISCHEN AUTOREN. 831
riicken. Um so wahrscheinlicher, weil in seinen Ursachen
einleuchtend, wird es also, dass eine Meinung, die den Zeuxis
in 01. 89 die Kunstlerbahn betreten (artis fores intrare) liess,
wirklich existirte, und nicht nur dies, sondern selbst die
richtigere war, trotz des Plinius — wir wissen nicht wie
begrttndetem — Widerspruch. lch weiss nicht, ob es ahn-
liche Betrachtungen gewesen sind, die Miiller im Handb.
der Archaol. p. 133 f. zu dem Ansatze von 01. 90 bewogen;
denn das Verhaltniss zu Archelaus alleiu, worauf sich Miiller
beruft, berechtigt noch nicht gerade so weit zurttckzugehen.
Den Namen 'Demophilus' und 'Neseas* wird hiernach in
einer neuen Ausgabe des Catalogus artificum (p. 182. 292)
statt '01. 79* vielmehr c. 01. 95 nach der Meinung des
Plinius, und daneben 01. 89 als anderweitige und wohl
glaubwiirdigere Ueberlieferung beizufttgen sein.
18) Ueber die Glosse 'entoridia* bei Philoxenus.
[G. Loewe hatte in den Acta soc. philol. Lips. Bd. II
p. 469 f. die Glossen des Philoxenus p. 87, 15 und 39
(entoridia und etorida = iv Tiy jueiaHu) besprochen und in
entoridia eine alterthiimliche Form fttr interia vermuthet:
denn wie dem in ein endo, weiter indu, so sei dem inter ein
entor vorausgegangen, und wie dem post ein poste, weiter ein
postid vorausliege, aus dera postidea gebildet wurde, so dem
entor ein entorid, aus dem entoridia ward. Daran schliessen
sich RitschPs Bemerkungen p. 470 f. an. C. W.]
Ist auch der hier eingeschlagene Weg im allgemeinen 470
gewiss der richtige, so wird doch im einzelnen einiges noch
scharfer zu pracisiren und demzufolge zu modificiren, auch
wohl noch ein Schritt weiter (in gewissem Sinne weiter
zurttck) zu thun sein. Zuniichst sollte man doch fttr so alte
Zeit ein e statt des jiingern % erwarten, uicht nur in der
Endung -ea statt -ia, sondern selbst in der vorangehenden
Sylbe -ed- statt -id-} wie ja auch ohne Zweifel vor postid
ein posted (ausgehend von poste) existirte: also -edea. In-
r
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832
KKITI8CUE MISCELLEN
dessen gibt es doch einen Gesichtspunkt fur das Verstand-
niss dieses t.
So gewiss es ist, dass e alter war als », und so gewiss
diejenigen das wahre Verhaltniss geradezu auf den Kopf
stellen, die ebenso gut wie ein iilteres e in jungeres t, so
auch schlechthin ein iilteres t in jtingeres e Qbergehen lassen,
so ist doch dabei Eines nicht ausser Acht zu lassen. Dieser
Vocalwandel (wie andere mehr) lag so sehr in einem ein-
geborenen, ursprunglichen Triebe des alten Latein, dass es
gar nicht zu verwundern ist, wenn ihm schon recht fruh-
zeitig in einzelnen Ansatzen nachgegeben ward, die sich nnr
zunachst nicht behaupteten und zu durchgreifenderer Geltung
brachten, sondern neben dem Altherkominlichen nur spora-
disch auftauchten, sich auch wohl im Wechsel mit jenem
eine Zeit lang erhielten, bis sie erst spater entweder zum
volligen Durchbruch kamen und das Alte ganzlich Ober-
wanden, oder auch diesem gegeniiber folgenlose Versuche
blieben und wieder spurlos verschwanden. Zu dem letzteru
Falle (um hier nur Andeutungen zu geben) gehort es z. R,
wenn in der erst kurzlich an's Licht getretenen merkwur-
digen Inschrift von Luceria (Ephemeris epigraph. II p. 205)
STIRCVS geschrieben ist; von der erstern Kategorie sind
die Beispiele so zahlreich, dass sie jeder weiss oder wisseu
kann. Ich wiisste mioh Qber dieses ganze VerhSltniss nicht
deutlicher und anschaulicher auszudrucken, als es im Rliein.
Museuni XXIV (1869) p. 2 f . in Beziehung auf die Ent
wickelung und die Uebergiinge der Schriftzeicheu geschehen
ist, da ganz dieselben Gesichtspunkte auch fOr die Laut-
sprache gelten.
Hingegen nach der entgegengesetzten Seite hin muss
das o statt e befremden in dem vermeintlichen enfor = inter:
nicht als etwas ausserhalb des allgemeinen Gesetzes der
Vocalabergiinge liegendes*), wohl aber als etwas gerade fflr
*) [Dazu kaoi in der praefatio de» 2ten Bandes der Acta p. XII
folgender Zusatz Kitscbrs: Mbi i|uam leviter tetigimus o tocalis in e
transitionem cum nunc nequaquam animua sit longius pereequi certw-
que finibu» suifl coercere, tameu eo de genere unam modo memonam
valde singularem hic designare potius quam disceptare Hceat. Quippe in
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t
ZV LATKINI.SCHEN AUTOKEN.
833
diesen Fall so hochaltertliamliches, dass wir kaum eine
wirklich zutreffende Analogie zur Hand hiitten. Da nun
fernerweit in so zahlreichen Fiillen dem spatern in ein frttheres 471
cndo (weiterhin indu) vorausging, so mochte es nahe genug
liegen, in der iiberlieferten Glosse den Ausfall einer Sylbe
zu verinuthen, die Hand in Hand ging mit der Versetzung
zwei benachbarter Buchstaben, d. h. cntoridia als aus endote-
ridia verstiimmelt anzusehen (um hier das i = e einmal auf
sich beruhen zu lassen). Ein endoter, auf einer spatern
Sprachstufe ohne Zweifel indutcr, als Vorgiinger von inter,
steht so sehr auf einer Linie mit den in der vorletzten An-
merkung |p. 409 Anm. ** von Loewej zusammengestellten
Compositis [wie endocineti, cndoclusa, endofestabat, endogcnia;
indupcdat, indnpero], dass es fiir seine Glaubwiirdigkeit gar
keiner weitern Empfehlung bedarf. Konnte nun wirklich,
wie nebeu post ein posHd, so neben inter ein interid,
also iilter etiterid und cndoterid bestehen , so steht auch
schlechterdings nichts entgegen, dieselbe Zusammensetzung,
wie wir sie einerseits in postid-m antid-ca, anderseits mit
dem einfachen intcr noch in interea selbst (gleich propterca,
praetcrca) vor uns haben, auch fiir ein iilteres interid-ea,
cntcrid-ca, endotcrid-ca gelten zu lassen. Ob die Zeitstufe,
auf die sich die Glosse bezieht, schon hatte c in t iibergehen
lassen, oder ob in der Glosse c fiir * zu corrigiren ist, bleibe
vetuBtis gloaais felici industria Gustavi Loewii pervestigatis etiam haec
ent, quam cum testium indicio subiecimus:
'consebat, exaoatimabat ' : cod. Leid. saec. VIII f. 65 vc
('exestimabat'); Voss. lat. fol. 11. 82 (f exaestimabat')?
Voss. lat. fol. n. 24 (f existimabat').
'consuistis, statuistis': Voss. 24 et 82; gl. Paris. ap.
Hildebr. p. 75.
fcoii8uerunt, iudicaverunt, arbitrati sunt': cod. Sangerm.
ap. Hildebr.; it*'m Papias (f arbitrati sunt, ordinaverunt,
iudicaverunt').
Et locis et interpretatione diversa tria testimonia in uuam notiouem
conspirantia dubitari nequit quin eam vim babeant, ut revera anti-
quiorem ante ccnstre ex.stitisse consere formam nobis persuadeant.
Cuius formae quae ratio sit et origo quaeque, ut videri potest, cum
similibus affinitas, etsi minirae iu propatulo est, tamen aliquid etiam
futurae meditationi relinquendum putamus.' C. \V.]
fk RiT.scnKUi orvsrvi.A iit. 63
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834
KKITISCHE MISCELLEN
billig dahingestellt. Aber nicht fraglich kann es sein, dass
jene Periode noch das alte ablativische d bewahrte, da uns
ja selbst im SC. de Bacch. noch ARVORSVM EAD vorliegt
Wie also auch die Glosse selbst ursprunglich lautete, jeden-
falls fuhrt sie uns, in Verfolgung reinster Consequenzen aus
lauter thatsiichlichen Analogien, auf einen Standpunkt der
Betrachtung, von dem aus sich uns eine iiberraschende Per-
spective in weit zuriickliegendes Urlatein eroftnet: ein Latein,
welches — mag uns die Form noch so fremdartig, schier
abenteuerlich anmuthen — statt des spatern schlichten interea
ein schwerfalliges endoteredead hatte. Kein Wunder, dass
solches Latein ein Polybius nicht mehr verstand. Erst dem
Aelius Stilo, so viel wir zu urtheilen vermogen, war es vor-
behalten, auf dem Wege gelehrter Forschung, wie durch die
Commentirung der Salischen Liturgien und der zwolf Tafeln,
jene Ursprache der Vergessenheit zu entreissen und ikre
Kenntniss, wenigstens theilweise, fttr die Folgezeit, soweit
diese sich dafur interessirte, zu bewahren: und auf ihn als
letzte Quelle werden denn auch die derartigen spiirlichen
Reste zuriickgehen, die sich in unsere Glossarien gerettet
haben.
*) Cetemui in eis quae de Philoxeni glossa 'cntoridia'
ratiocinati suinus, non nos fugit unum quiddam incertius
esse reliquis: hoc quidem, num ea, quae in postid antid ante
oculos est, terminatio omnino ad alias quoque praepositiones
ipsamque inter umquam pertinuerit. Quod qui neguverit
(quando neutram in partem demonstrandi evidentia iu promptu
est), non poterit non diffidere priscae alicui sive enloridia
sive endoteridia = endoteredead formae. Quo tamen confiden-
tius teneri endoteread poterit utpote ab aualogia nulJi pror-
sus dubitationi obnoxia. —
**) Cum de endo forma deque Philoxeni glossa fentorid\a
disserebamus, non debebat nos fugere quas iu eodem genere
doctrinae copias iam 0. Ribbeckii diligentia eongessi^et
*) [Praef. Act. 1. 1. p. XII.]
**) [Praef Act. soc. phil. Lips. vol V p. III Bq.]
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ZIT LATEINISCHKN AUTOREN.
835
Trag. fragm. coroll. p. XII sq. Nisi quod Vulcanius quidem
voluit fortasse endoteridia emendari, reapse tamen haec potius
scripsit 'Notarum' p. 36, 24: 'Entoridia, et infra lin. 38
Etorida\ Leg. Endoridia pro Interea, ut Postidia pro Postea': iv
calami errure ut putamus aut vitio typothetae. Id quod eo
probabilius fit, quod Vulcanium monstrari potest cum in
adnotando Philoxeno tum in edendis emendandisque 'Isidori*
qui fertur glossis totum pendere e Scaligeri auctoritate: ut
hunc ipsum cogitasse de endoteridia forma veri simile sit.
Hinc aliquid eius rei permanasse ad Meursium videtur, cuius
liaec verba sunt in Exercitationum crit. parte I (edita Lugd.
Bat a. 1599) p. 09, spectantia ea ad Casinae Plautinae
prol. v. 33: \Scribo postidea rursum. Nam dicebant, ut
notum est, Antidea, Postidea, Int/ridea. Et male hodie in
glossis legitur Entoridia, ev tuj ueTaEu. Scribo Endoteridea
pro Interidia? Vbi et notum id esse dicit, de quo ipso
quaeritur , et perversissima Plautinum versum mutatione
pessumdedit. — Ceterum nulla esse dubitatio potest quin,
quae in Kalendario Praenestino ter exstat EN nota, sat
saepe ea etiam in ceteris rediens, non sit aliter nisi endoter-
eisus interpretanda ex ipsius Verrii Flacci sententia.
19) Mittheilungen aus und ttber Handschriften.*)
1. Vtrsus de XH ventis Tranquilli Physici.
Der zuvorkommenden (liite des Herrn Theodor Oehleriso
aus Frankfurt a. M., den bibliographische Studien im wiir-
digsten Sinne des Wortes auf auswiirtigen Bibliotheken be-
schaftigen, verdanken wir eine Keihe von Mittheilungen aus
lateinischen Handschriften, wovon wir, was in niiherer
Beziehung zur classischen Litteratur steht, gern zu weiterer
Kenntniss bringen. Ein Brusseler Codex des zwulften Jabr- 131
hunderts, n. 10721, enthiilt unter obiger Aufschrift, iiber die
*) [Rhein. Maseum f. Philol. N. F. Bd. I (1841) p. 130- 140.]
63*
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I
830 KRITIHCHE MIHCELLEN
ein mihercr Aufschluss nicbt vergonnt ist, ein versiticirtes
Stttck, welches trotz der Leoniuischen Verse ungefahr eben
so gut einen Platz in Wernsdorfs 'Poetae latini minores'
oder Burmans 'Anthologia latiua* verdiente, wie das
dort Bd. V p. 523 ff'., hier II p. 380 abgedruckte Carmen
dc ventis, von dein unsere Verse eine erweiternde Bearbeituug
zu sein scheinen. Sie niogen hier folgen, wie sie aus der
Handschrift copirt sind, nur niit hinzugefiigter Interpunctiou;
die nothigen, nieist kleinern Verbesserungen niag aubringeu,
wer wieder eiunial Poetae minores herausgibt. Fiir die sach-
lichen Beziehungen ist aui aufklarendsten Ukert s Aufsat/.
fflber die VVindscheiben und VViude der Griechen und Ilomer'
in der Zeitschrift f. d. Alterthuniswissenschaft 1841 p. 121 ffv
wegen der dort genommenen Riicksicht auf das gedruckt*?
Gedicht de rentis, welches Genelli in VVrolf s Analekten IV
p. 401 ff. imd K. von Rauiner im lthein. Mus. fur Phil. V
p. 497 tt*. nicht gekannt zu haben scheineu.
Quatuor a quadris uenti flant partibus orbis:
Quisque sibi comites geminos alit inferiores.
Hi, uelut in circo positi snb climate certo,
Sic elementa mouent, ut eisdem non simul instent.
6 Si furerent pariter, sua quippe remitteret aer
Pondera, continui lassatus turbine belli.
Succedunt uicibus nunc hic nunc ille solutus,
Et uertit terras et cogit hebescere nautas.
Primus Cardinalis Septentrio
Laterales eius Cyrcius et Boreas.
Priinus ab axe uenit concretaque frigora ducit
10 Emundans Scythicas Septentrio nubibus oras.
Saeuior hoc alius non est: seu stringere siccus,
Siue Gaetas pluuiis aspergere coeperit albis.
Nomen Aparctias sumit delatus Athenas.
Circius huic dexter, Boreas uolat inde sinister.
15 Quis uti soleant his Graeca uocabula restaut.
Namque prior lingua uocitatur Thrascias illa,
iit Kespuat hexametrum quamuis ea dictio uersum.
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ZU LATKINISCIIKN AUTOBEN. 837
Ipse facit madidos et grandine uerherat agros.
Inde sequens Aquilo dictus consurgit ab alto,
20 Nubila concuticns, sed rarior exit in imbres.
Frigidus ignotas Rhenus exasperat undas,
Et nuper liquidam glaciem facit esse procellam,
Perpetuum montem iam de se parturientem.
Additur Aeolio tam magna potentia monstro:
*:> Hoste sub hoc nudas refugit sua gloria siluas,
Conqueriturque breuem tellus exhausta decorem.
Omnia uincentes isti tres conlaterales
Suspiraut tumidis hyemalia tempora buccis.
Seeundus Cardinalis Subsolanus
Laterales eius Vulturnus et Eurus.
At Subsolanus rutilo tibi, Phoebe, propiuqus
30 Peplum ceruleae tygoni siccat amatae.
Huic aliud nomen quod dicitur Aphelyoteu.
Eructans animam parili moderaniine mixtam,
Nec stringens hebetat, nimio nec igne uaporat.
Dextram Vulturnus, laeuam circumtonat Eurus.
a:> Decoquit Eoas prior, liic humectat arenas.
Calchias est calidus Pelopis regione uocatus.
Tercius Cardinalis Auster
Laterales eius Euro Auster et e Austro Africus.
Vernm per zonam solaribus ignibus ustaui,
Qua recolit fuscus feruentia littora Maurus,
Austcr ab autipodis humili statione rcmotis
40 Mitior in patriam, quam lex iubet, euolat istam.
Xaiuque sinus gelidum pariens antarcticus illum
Aestu mutari dedignaturque relidi,
Dum peragrat mediam terraeque polique plateam.
Hunc quoque Daedaleae Noton expressere Micenae.
45 Quicquid ucr genuit decoris, sibi marcidus haurit,
Interimens flores et obumbrans ruris honores.
Dextro qui famulo desedat nomen et Euro
At latus sensiferum quatiens Austro Affricus udum
Gaudet conpositis gemino cognomine pennis.
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838
KRITISCHE MISCELLEN
Quartus Cardinalis Zephyrus
Laterales eius Africus et Chorus.
50 Mollior occiduos Zephirus lambendo Britannos
Dicitur Italiae, sed et iste Fauonius horae
Arma pharetratae labefactat uitrea brumae.
Nam recreat florem matri prius inmorientem
Alliciendo senes iterum iuuenescere montes.
55 Cui fauet a dextris pluuialibus Africus alis.
Hunc Libin ex patrii dicunt idiomatc uerbi
Hannibalis gentes, cuius uocat Africa manes.
Postremus circo postremum si quid in illo
Emergit Chorus, Argestes hic quoque dictus.
(jn (i/)i sunt bis seni quadro sub cardine uenti,
Perflantes mediae spatiosa uolumina tcrrae.
Nec quenquam moneat, quod plura uocabula restant,
Quorum diuersis uicibus fungantur iu horis.
Der Entdecker hat folgende Bemerkung hinzugefiigt:
cZwei kiirzcre Aufsatze in Prosa, aus einer Handschrift des
llten Jahrh. 'de ventis' und 'ordo ventorum XXVIP erwiihnt
Naumann in seinem Catal. Codd. MSS. Senat. Lips. No. 62.
In dem oben bezeichneten Briisseler Codex liabe ich noch
ein anderes Gedichtchcn gefunden, das ich seines verwandten
Inhaltes wegen gleich hier beiftigen will; es steht im Cod.
10713 fol. 183 b, nach einem liingeren Gedichte Theodrrici
de animalibus ohne Ueberschrift eingeschoben, und ist von
einer andern Hand, als die Vcrsus Tranquillij aber auch im
12ten Jahrh. geschrieben.> Der erstc der zwanzig Verse, aus
denen dieses Stiick besteht, lautet: EffUjics turris constructa
rcfertur Athcnis, der letzte Hos ita Vitruvii docuit sollcrtia
pingi] sie enthalten aber nur die aus Vitruvius I, (i ent-
lehnte Beschreibuug des sogenanntcn und genugsam bekann-
ten Thurmes der Winde in Athen, ohne alle weitere Zuthat.
2. Zur lateinischen Anthologie.
Ucber eine Britische Haudschrift Tod. lleg. Britann. 15.
B. XIX. membr. 4to. saec. IX' berichten dieselben Mitthei-
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ZU LATEINISCIIEN AUTOREN. 839
lungen wic folgt. «Ueber diesen in mehrfacher Beziehung
merkwflrdigen Codex behalte ich mir vor spater Naheres 134
mitzutheileu. Derselbe enthiilt eine ziemliche Anzahl zur
lateinischen Anthologie gehoriger kleiner Gedichte; die grossen-
theils an den Rand beigeschrieben sind, aber noch im 9ten
Jahrhundert geschrieben zu sein scheinen. Darimter sind
auch einige ungedruckte, meist monchischen Ursprungs, zum
Theil aber unverkennbar frfiherer, besserer Zeit angehorend,
z. B. folgende, die im Codex dem Virgil beigelegt werden:
(Bl. 90b.) fDe quodam cum cruribus obliquis
nato' Virgt.
En dat aperturam crurum fluxura recuruani,
Et patet oblicus inter utrumque locus:
Quo pregnantis equae calcaribus urgeat aluum,
Curuato & tutum crure rit intus onus.
(BL 00 b.) eTetra8ticon de quadam anu quae 1 1 1 1
dumtaxat dentes fertur habuisse' Virgilius
de 8iia
Quatuor, ut memiui, fueraut tibi delia dentes: nutrice.
Abstulit una duoa tussis & uua duos.
Iam secura potes cunctis tussire diebus:
Nil iam, quod tollat, tertia tussis habet.
fDe liuagine & Somno' ltem
idem.
Pulchra comis annisque decens & candida uultu
Dulee quiescenti basia blanda dabas.
Si te iam uigilans non unquam cernere possuin,
Somne, precor, iugiter lumina nostra tene.
'De Caluo a Culice obuiato'
Stridula musca uolans caluum conspexit euntem.
Calue, uiator, ait, quo teudisV cede parumper,
Perque tuos iuro, qui restant retro, capillos,
Me gratam liceat rostro dccerpere sedem.
Sic ait & trepidum circumuolat inproba caluum:
At contra ille timens solito caput ornat amictu.
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840
KRITISCHK MISCKLLKX
Letzteres Epigramm habe ich auch im 'Cod. Biblioth. publi-
cae Cantabrig. No. 1552, saec. X/ gesehen (fol. 367 aj, wo
jedoch dasselbe unter der Aufschrift:
Irrisio cuiusdam scolastici contra caluos
und mit diesem abweichcnden Schlussverse
Quid ualet en caluus musce lassatus ab ictu
'Incipit responsio hugbaldi de laude caluoruuT
dern Gcdichte des Hugbaldus vorgesetzt ist. Dass es von letz-
terem Gedichte nicht nur mehrere besondere Ausgaben gibt
(Basil. 1516 u. 1546. 8° und Lovan. 1561), sondern dass es
auch in einigen Samnielwerken abgedruckt steht (wie Dor-
narii Amphith. I, 290, Barthii Advers. p. 2175 ff.), dies ist
Angelo Mai (Auctor. Classic. tom. V p. 460) wohl nur des-
halb entgangen, weil das Vaticanische Bruchstiick ilim keine
Auskunft iiber den Verfasser gab.»
Diirfen wir uns auch nicht der Freude hingeben, an den
obigen Epigrammen eine wirkliche Bereicherung der kleinem
Virgilischen Poesien zu gewinnen — dass das zweite nur
eine Variation des Martialischen I, 20 sei, sah der gefallige
Mittheiler selbst — , so haben doch dergleichen Beitriige
den untergeordneten VVerth, fiir die (von Meyer Praef. zur
Anthol. lat. p. XVI f. in Beziehung auf Virgil nur in fltich-
tigen Andeutungen begonnene) Kritik iiber Aechtheit und
Uniichtheit der Epigrammenlitteratur deu (iesichtskreis zu
erweitern und die Ueberzeugung von weitreichender Will-
kiir mittels durchgreifender Analogien zu bcgriinden.
3. Zu Lucilius' Aetna.
fCod. Bibl. publ. Cantabrig. Kk. 5. 34. n° 2060 membr.
4° mai. saee. IX magna ex parte scriptione continua sine ulla
verborum distinctionc exaratus/ Dieses Mtinuscript kara dein-
selben unerniudlichen Handschriftenuntersucher erst kurz vor
seiner Abreise zu Gesicht, und konnte deshalb uur sehr
Hiichtig von ihm durchgesehen werden. Es beginnt mit
verschicdenen Stiicken des Ausonius; spater folgen Verse,
zum Theil sehr barbarische, von verschiedenem Metrum und
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ZU LATEINISCHEN AUTOREN.
841
ungenaunten christlichen Verfassern (z. B. ein Stiiek mit
dem Anfang: fSi torpens eeleri tigrem superare fugacem
Cursu testudo desideret ac feritate Si lepus atque canem
temptet laniare ferocem' — ; ein anderes: Hiaudia dicto Iure 13«
magistro' — ; ein drittes: rRex sapiens residet specula subli-
mis in alta Providus ac pugnax praepote mente sagax'
u. s. w.); hierauf Rufmi dc jmulcribus ct mcnsuris d. i. Pris-
cian s l)ekanntes Gedicht bis V. 162 Endl.; sodann P. Vir-
yilii Maronis Culex\ endlich zuletzt *P. Viryilii Acthna\ Der
Reisende musste sich fur dieses Gedicht auf ein fluchtiges
Controliren der Anzahl von Versen, die auf je eine Seite
vertheilt sind, beschrankeii, und fand selbst so fik drei
Lucken, darunter zwei bisher gar nicht bemerkte, iiber-
raschende Ausfullungen. Zwar wird erst weitere Kritik diese
zu wahrhaften Erganzungcn umzugestalten liaben; iudess
machen wir hier von dem Vorrecht der Miscellenform, ohne
Verpflichtung zu vollstiindiger Ausfuhrung und Entscheidung
gelegentlich auch nur anzudeuten und anzuregen, um so lie-
ber Gebrauch, als wir dadurch den tretflichen Hearbeiter
des Lucilischen Gedichtes zur weitern Besprechung des Gegen-
standes in diesen Blattern zu locken hotfen. JCrstlich also
lautet der liickenhafte V. 53 in der Handschrift so:
Prouocat admotis quae tertia sidera signis.
Ferner fur V. 60 und 61 gibt die Handschrift:
Atque in bellandum queeunque potentia diuum
In commune uenit iam patri dextera pallas
Et mars saeuus erat ctc.
Endlich nach V. 469 (Prouoluunt — harena) folgen diese:
Ulinc incertae facies hominumque tigurae
*Pars lapidum doniita stanti pars robora pugnae
Nec repit {sic) flammas cic.
Aus den obigen Angaben iiber die Benutzung dieser Hand-
schrift ist iibrigens leicht ersichtlich, wie sich keineswegs
verbiirgen liisst, dass dieselbe nicht noch andcre Bereiche-
rungen des gedruckten Textes enthalte, um von dein Gewinn
fiir verderbte Stellen nichts zu sagen.
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842
KRITISCHE MISCELLEN
Die Mittheilung prosaischer Stucke aus andern Hand-
schriften behalten wir uns fQr kUnftig vor.
in Duodez No. 1, gibt uns zu einer ahnlichen Erganzung,
eines liickenhaften Textes die Veranlassung. Die Handschrift
besteht zur ersten, sehr neuen, Halfte aus Papier, zur andern.
weit altern, aus Pergamen. Dort findet sich auf den 14
ersten Blattern ein elegisches Gedicht *Pampldlns\ eine ganz
ahnlictre Bearbeitung einer alten Komodie wie der von B).
15 bis 25 sogleich folgende KGetd* (des Vitalis Blesensis),
den nach Osann kurzlich K. W. Miiller (Ind. lect. in uniT.
Bern. 1840) herausgegeben hat. Hierauf Ovids Bemedia
amoris, dann wieder ein elegisches Gedicht 'Tobias' auf 40
Blattern, endlich* nach allerlei Excerpten aus Ovid und andern
Dichtern des erstern zwei erste Bucher de arte amandi. Den
grossten Theil der zweiten Halfte fflllen versificirte Stucke
kirchliehen und raonchischen Inhalts; voran aber geht mit
der Ueberschrift INCIPIT LIBER HOMERI auf 27 BlSttern
die in sehr guten Versen verfasste raetrische Epitonie der
Ilias, welche, in andern Handschriften einem rindarus Tk~
banus beigelegt, von VVernsdorf Poet. lat. min. IV, 546 f.
ohne speciell uberzeugende Griinde fur ein Werk des Rufus
Festus Avienus, Uebersetzers des Aratus und Dionysius Pe-
riegetes, gehalten wird. Mit Zuziehuug der letzten Ausgabe
dieser Epikune (e rec. Th. van Kooten ed. H. Weytingh,
Lugd. B. 1809) ergibt sich leicht, dass der Erfurter Codex
unter den handschriftlichen Quellen des Gedichtes im ersten
Range steht, wie er denn auch nicht spiiter als im drei-
zehntcn Jahrhundert geschrieben ist. Er lasst zuvorderst
eine Anzahl einzclner, an sich ofter gar nicht verwerflicher
Verse weg, mit denen die Epitome in lnerkwQrdiger Wewe
an verschiedenen Orten interpolirt ist, und die meist schon
die Hollandische Ausgabe in Klammern geschlossen oder
auch, und zwar stillschweigend, ganz ausgelasseu hat. Von
einigen wenigen dieser Interpolationen ist jedoch auch unsere
4. Zu Tindarus Thebanus'.
137
Eine Handschrift der Bibliotheca Amploniana zu Erfurt
ZU LATEINISCHEN AUTOREN.
843
Handschrift nicht frei, z. B. wenn sie V. 004 f. uach den
Worten:
Quem nisi seruasset magnaruin rector aquaruui,
905 Vt (Nec cod.) profugus Latiis Troiam repararet in aruis,
Augustumque genus claris submitteret astris, iss
Non (Nec cod.) clarae gentis nobis mansisset origo:
folgen lasst den Vers: Ni sc prot^iperct curruque innisus abirct,
der freilich mit curru quotjue inuisus, wie ihn Werusdorf aus
einem Wolfenbiitteler Msc. anfiihrt, gar nicht zu verstehen
ist. Ob der Interpolator etwa zwei verschiedene Condicional-
siitze, jeden mit seinem besondern Nachsatz, haben wollte,
worauf das doppelte Nec fGhren konnte, bleibt dahingestellt;
vielleicht war zugleich diese Folge der Verse beabsichtigt:
'Quem nisi seruasset .... aquarum, Nec clarae .... origo;
Nec profugus .... aruis Augustumque .... astris, Ni se pro-
riperet' u. s. w.; gewiss ist, dass vom Wagen, auf dem sich
Aeneas gerettet, in U. XX, 318 ff. keine Spur ist. Wie
solche Jnterpolationen eutstanden, zeigen deutlichst V. 603 ff.:
Tandem animis armisque furens Telamonius Aiax
Insignem bello petit Hectora, quaque patebat
605 Nuda uiri ceruix, fulgentem dirigit ensem.
Ille ictum celeri praevidit callidus astu,
Tergaque summittit ferrumque umbone repellit.
Hier hat statt V. 606 die Handschrift diesen:
Cedebat iuueni paulum Mauortius heros,
(die Wolfenbiitteler wiederum unverstandlich sedebat). Offen-
bar war der iichte Vers ausgefallen, und ein nicht ungeschick-
ter Erganzer suchte mit einem selbstgemachten den Zusam-
menhang des Gedankens und der Construction herzustellen ;
fast zur Gewissheit wird es dadurch, dass Ille ictum
astu am untern Rande, wenngleich von alter Hand, nach-
getragen ist. Beides zusammen aber hat keinen Sinn, dass
Hektor dem Streiche auswich und ihn zugleich mit dem
Schild auffing, noch dazu indem er sich bUckte (denn terga
kann keineswegs fiir Schild gesagt sein, wie van Kooten
wollte). Aus Homer zwar hat der Interpolator, wie es scheint,
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844
KRITISCHE MISCELLEN
seinen Zusatz genoninien, denn in II. VII, 254 heisst es 6 b*
€KXiv8n Kai dXeuaio Krjpa utXaivav; aber diese Worte ge-
horen noch zum Speerkampfe, uud jetzt ist von dem darauf
folgenden Schwertkampfe die Rede. Dass dessen Beschrei-
bung vou der Homerischen V. 2G0 tf. etwas abweicht, beruht
wohl darauf, dass diese dem Epitomator eine allzu starke Ver-
wnndung zu geben schien, durch deren Milderung er die fer-
nere Unversehrtheit des Hektor glaubtc motiviren zu mussen.
Dagegen eine wirkliche Ergiinzung erhiilt das Gedicht
aus deui Erfurter Codex, und aus diesem allein, in V. 81 f.
Die Vulgate lautet:
Inuocat aequoreae Pelides numina matris,
Ne se plus Thetis contra patiatur inultum.
At Thetis audita nati prece deserit undas,
Castraque Myrmidonum practeruolat: inde per auras
85 Emicat aetherias ct in aurea sidera fertur.
Dafiir gibt der Codex:
Inuocat de.
Abstineat dextrc congressu. Inde per auras
Ne se plus ctc.
At Thctis ctc.
Castraque mirinidonu iuxta petit. et monet armis
Emicat ctc.
Wiihrend wir es in den zwei vorigen Beispielen niit Versen
zu tlyin hatten, die theils in die grammatische Verbindung,
theils in den sachlichen Zusammenhang, theils zu dem grie-
ehischen Originale geradezu nicht passten, enthalt hier das
praeteruolat der Vulgate einen auffallenden Widerspruch
gegen die Homerische Darstellung, der gerade durch Auf-
nahme des neuen Verses vollig ausgeglichen wird. Thetis,
aus den Fluthcn emporgestiegen, eilt ja keineswegs beim
Lager der Achiier vorbei, sondern gonnt, ehe sie zum Olymp
aufsteigt, dem kummervollen Achilles einen langen trosten-
den Besuch, wiihrend dessen sie ihm nur bis auf weiteres
die Mahnung ertheilt: TroXeMOU b* d7TOTraueo TrduTrav, II. I, 422.
Diesen Moment hat der Epitoraator herausgehoben. Ein
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ZU LATKINISCIIKN AUTORKN
845
Vers ist offenbar zugleich verstellt und verderbt; das Ganze
liisst sieh so herstellen:
At Thetis audita nati prece deserit undas,
Castraxjue Myriuidonum iuxta petit, et monet arinis
Abstineat d*'xtram congressuque: inde per auras i«o
Emicat aetherias et iri aurea sidera fertur.
dcxtram congressuquc liat auch ein regsamer Zuhorer gefunden.
Der letzte Buchstabe von dcxtre ist ilberdies e correctura.
Ueber congressu stelit von alter Haud CU atrio {== cum Atruta)-
Qber der zweiten Hiilfte des vorhergehenden Verses von ganz
neuer praeteruolat inde ]ier auras, am Ende des vorletzten
ebenso uacat. — Die Verbesserung des ^re se phts Thetis
contra patiatur inultum ist aus den Ziigen der Burman'schen
llandschrift zu entnehmen, die in der neuesten Ausgabe so
— — 8
angegeben werden: N se pV p cus pccni paciat i vltuni.
Ne se plus Peleusque pater patiautur iuultum.
Ne se Pelea ueve patrem patiatur inultum.
Ne se per superum patrem p. i.
Ne se plus contra Atriden p. i.
Ne se diua Thetis contra p. i.
sind die unzureichenden und untauglichen Versuclie der
Fruheren.
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Nachtrag zu II p. 663.
Zu dem Hinweis auf seine letzte vielfach berichtigte
Auslassung Qber die Geschichte der Ceuturienverfassung in
den Krit. Jahrb. f. Rechtsw. 1845 p. 581 -644 wiinscht*
Herr Geh. Justizrath Huschke einen Zusatz zu machen, den
ich leider erst erhielt, als der betreffeudc Bogen eben ab-
gezogen war. Ich theile ihn deshalb hier nachstehend mit.
0. W.
'Von der Vergiinstigting des Herrn Herausgebers, diesen Wieder-
abdruck meines Schreibens rait Zusatzen versehen zu durfeu, erlaabe
ich mir so weit Gebrauch zu machen, dass ich, um die gewunschte
Berucksichtigung der oben angefuhrten, leider durch viele Druckfebler
entstellten Recension selbst zu erleichtern, ein Verzeichniss der siou
storendsten Fehler hier hinzufuge. Man wolle also lesen Seite 582,
Zeile 12 Romischen Staats; S. 584, Z. 19 gehabt habe; S. 588, Z. C
(v. u.) und S. 621, Z. 21 Argeer; S. 594, Z. 25 hatte; S. 596, Z. 9
Anhange; Z. 23 Berichts; S. 598, Z. 29 geschahen; B. 614, Z. 11
kOnnte; Z. 2 (v. u.) 100,000; S. 617, Z. 3 (v. u.) bestiitigt; S. 622, 1. 8
an die Stelle; S. 623, Z. 11 blos 20; Z. 37 nur; S. 626, Z. 7 ausser
halb Hom; S. 632, Z. 4 Tribulen; S. 633, Z. 19 Gleichberechtigten;
S. 635, Z. 18 wie bisher weniger; S. 637, Z. 30 die (je 2) Centurien;
S. 639, Z. 8 (v. u.) das tributum; Z. 5 (v. u.) berechtigenden; S. 642
Z. 6 eich nur. '
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REGISTER.
0
L Naraen- und
Accius 222
'Actio' als Buchtifcel 220
Aelius Stilo 831
Aethicus 21L 2£8ff. (= Ethnicus
281. 786); 8. Cosmographia 717,
deren Verfasser (Julius Honorius)
784. deren Handschriften , der
Vaticanus 7*il- 783, Rehdigeranus
787, ihre Einleitung 24L 248 f.,
kritisch behandelt 213 ff. , ihre
Expositio 7-18. 2£2 ff. (die />ro-
cinciae I£3 ff), ihre descriptio 718
Agrippa, bei der ReichsvermesBung
thatig 713 f. 772, s. commentarii
xli 2fi8. 780, ihre Reste bei
Plinius 221
Anthologia latina, handschriftliche
Beitrage 83B ff.
Apollodorus Cary^tius 221
Artes liberales, sieben seit Varro
a&2ff.
astraba lMf.
Augustus' Antheil an der Reichs-
vennessnng 15 i f.
Balbus, Feldmesser 211
Budaeus, Guil. 2211
Bugge, Sophus 1£8 f.
C falsch erklart 13 Anm. 28b; siehe
Canticum
Sachregister.*)
Caecilius, Komiker, s. Todesjahr
Calliopius 223
Camerarius, Joachim 32 f . 23 f.
Cantica bei Plautus, recitativisch
oder melodramatiBch ; siehe Sep-
tenarscenen
Canticum in Plautushandschriften
mit C bezeichnet 1 ff . J_a ff.
Cicero, s. Charakter 322 ff. 203 f,
fde fato' (neue Fragmente) 321 ff.
Cosconius fde actionibus' 233
Demophilus, Maler, 8. Lebenszeit
830 f.
Didymus, Techniker bei der Reichs-
vermessung 7'>M
Diverbia recitirend oder declama-
torisch 23 f.; siehe Plautinische
KomOdie
Diverbium in Plautushandschriften
mit DV bezeichnet Iff. 13 ff.;
ebenso bei Tercnz 32
Donatus, Handschriften 213 ff, Aus-
gaben 218 ff. 228
DV Abkflrzung fflr DiVerbium 10,
nicht fflr l)Vo 4^ nicht punisch
11 Anm. 23
Ferrucci, Al. Chr. GS2f.
Floralien, ohne Spiele 212
Floru.s, Dichter 222 ff, Zeitgenosae
*J Nicht aufgenommen sind die in den 'Quaestiones onomatolo-
gicae' behandelten Eigennamen bei Koinikern, da fflr diese der Ono-
matologus bereits einen alphabetisch geordneten Ueberblick gibt.
848
REGISTEK.
Hadrian's 238 f.; 'Vergilius orator
an poeta' 23Qf.
Galiani, Ferdinand, 8. Correspon-
denz 705 f.
Glossen, alte, zu Plautus &L f.
Haase, Friedrich filfl
Hermann, Gottfried Hiif.
Hertz, Martin 23
Iulius Honorius orator 784 f., tx-
cerpta 768 Aniu. 22
HymnuB 8_Lii f.
Inscbrift, lateinische, aus Sullani-
scher Zeit 133 f.
Itinerarium Antonini 777. 780 Anm.
38b
Kunst, antike, beherrscht durch
formalea Princip 32 f.
LaeliusSapiens, Lebenszeit, Frcund-
schaft mit Terenz 2Mff.
Limon als Biichertitel 2ii3
Lucilius 727
ludi Capitolini 235
Madvig, Nicolau8, als Plautuskri-
tiker U& ff., als Metriker lfil ff,
als Kritiker Oberbaupt Ul ff., in
seinen f Adversaria' 111 f, «. Ver-
haltniss zur lateiuischen Sprach-
geschichte 123. Anm. *
Melodram und Recitativ in Teren-
zischer Semeiosis geschieden \\,
nicht in Plautinischer _3f.
Menander mit Terenz verglichen
2fi3f.
M • M • C zur Bezeichnung lyriaeher
Partien bei Tereuz 29 f.
murrinum, murrata 123
Nesca, Maler, ». Lebeuszeit 830 f.
Nicodemus siehe Zenodoxus
Origenes, schriftstellerische Thiltig-
keit 499, Vorzeichniss der Schrif-
teu bei Hieronymus _____ tf. 123 ff.
500
Oroaius' geographischer AbrisB (I,
2) 118.
Peutinger sche Knite 777. 779; ihr
Zusammenhang mit dem Orbis
pictus des Agrippa 777 f_
Placidus, nur Excerpt 61 f., Kerii
plautinischer Glossen GHff. £5f.,
andere archaische Glossen fifi
Plautinische Handschriften: 'Vetun
eodex' 80^ von Pollich an Wer-
ler geschenkt 82. lQfi. f., in Bam-
berg 83 f. 114, von Camerarius
benutzt 81 und acquirirt 8fi_ 116;
zweite alte Handschrift in Came-
rarins' Besitz, 'e Britanmay 83.
118, nicht der 'Decurtatus' 82 f.
lL8f. ; Verhaltniss desPalimpsests
zu den Palatini 121
Plautinische Komttdie; Anapasten
1M ff., iambische Senarscenen =
Diverbia 23 f. , Seuarpartien in
lyrische Scenen nicht eingemischt
4'», Uebergang von Septenareu
zu Senaren innerhalb derselben
Scene lfi Anm. 34_, trochaische
Septenarscenen zu den lyrischen
Partien gehdrig 23 f. 26; Cha-
rakter der Sprache 15J_f.
Polyklitus, Techuiker bei der Reich*-
vermessuug 753
Protagoras yaufjHTpia Trjc oIkoujh^-
vr|C 389. Anm. *
Recitativ bei Terenz, siehe Melo-
dram
Iteichsschatzung u. General-Reichs-
statistik unter Augustus 7_JJi tf.
Scaliger, Joseph _____
Schneidewin, F. W. 312
Scipio Aemiliauus, Lebenszeit und
FretiDdschaft mit Terenz 2Mff.
Spengel, Leonhard lhil
Stymphalus, Lage 23i_ Anm. *
Suetonius, uber s. Sprachgebrauch
siebe das sprachliche Register
unter ait — bellum — cucurri —
egredi — dolore — ludi Afega-
lenses — nave — nummum —
perinde — quamris — sero
Google
RKGISTRR.
849
Suetonius, 'Terentii vita' 2filff., in
ihr Varro benutzt 253. 25fi
Tarraco 2Mf.
Terentii vita von Sueton, siehe
Suetonius; ira Ambrosianus 274 ff.
-.'T*.l, im Oxouiensis 277, von Pe-
trarca 277^ von Polento 222
Terentius, Lebeuszeit 2M ff. ; unter-
stfitzt von Laelius und Scipio
2Mff.; mit Menander verglichen
2£3_ f.; Auffiihrung der Andria
233, der Adelphen 232. 211 ff.,
der Hecyra 23JL 21! ff. Didaaka-
lien 23fi f. 2JH f. Handschriften
281 ff. 232 ff, Senarpartien ein-
gemischt in lyrische oder Septe-
narscenen 46. f. Siehe Diverbium,
Melodram , M • M • C
Theodotus, Techniker b«-i d. Reichs-
vermessung 263.
Titinius, silter ala Terenz 126.
tolleno 191 f.
Tranquillus physicus, fversus de
XII ventis' 836 ff.
Ussing, ,L L. Ifi2
Vagellius, Dichter 22iif.
Valerius Soranus 270.
Valgius Rufus' Rhetorik 2£fl
Varro Atacinus 431. 432. 133. Anm.
Varro, M. Terentius: Charakte-
ristik 5412 ff. ; achriftstellerische
Thatigkeit in verschiedenen Pe-
rioden 49.6 Anm.ll; textkritische
Thiitigkeit 112 Anm. griechi-
sche Vorbilder lS2ff.; benutzt in
Sueton s vita Terentii 253. 25_fi
\arronische Schriften.
Nur theilweise publicirt 488.
Verzeichniss s. Schriften bei Hie-
ronymus 419. ff. 123 ff. 60J> f .
621 ff. , von Varro selbst aufge-
stellt 483 ff. Zahl s Werke 4S5 ff.
Katalog der bekannten 421 ff.
Unachte Schriften: fSententiae'
lfi2f. 622 f.
FB. KITSIIIKI.il OPVHCVl.A III.
irronische Schriften.
Einzelne (alphabetisch ge-
ordnet) :
De actibus (?) scaenicis 465. iil
De actionibus scaenicis 456. 466.
497 Anm. Ifi
Deaestuariis 392 473 125. Anm. liL
Aetia 41iL 4AL Ififi Anm. * 191
Anm. 14
Annales 445. 412 ff.
De antiquitate litterarum ad Ac-
cium 3iaff. iqx ifia iaa
Anm. 21
Antiquitatura XLI libri 111
und zwar :
Antiquitates rerum humanarum
445; ltes Buch 449; 2tes —
7tes 39JL llfi Anm. **; 8tes
— 13tes 38iL 321 f.; 14tes —
19tes aafi. 396j 18tes IfiL
Antiquitates rerum divinarura
480; = Polyandria 481; de-
ren Abfassung und Heraus-
gabe 121 Anm. *; 3tes (de
auguribtts) 480; lOteB (de
ludis scaenicis) 181
Kpitome ex Antiquitatibus 445.
611
fDe arithmetica' : siehe fde men-
suris'
Augurum libri 315 Anm. * IfiQ
(siehe f Antiquitates rerum di-
vinarum').
De bibliothecis 152
Carmen (de rerum natura?) 4:<-J.
434 Anm.
De comoediis Plautinis i." IfiQ
[Complexionum libri 181 f.]
De compositione saturarum 431.
De descriptionibus (irepl xap«Kxrj-
pujv) iifi5 Anm. * 455, 163. 498
Anm. Ifi
Disciplinarum libri IX £55 ff. 441.
126; Zeit der Abfassung luo f.
551; lnhalt der einzelnen Btt«
61
850
BKGI8YE&
Varronische Schriften.
cher 366 ff.; ihre Ordnung 368 f.;
Brucbstficke derselben 312 ff.;
die I ersten Bficher fiber die
sieben artes liberales 356 ff.,
und zwar das lte de tjramma-
tica 3_M f . 312 f. (auch fiber
Metrik 3£2 ff. ; siehe jedoch fde
sermone latino'); das 2te de
dialectica 366 f. ; das 3te de
rhetorica 366. 361 f. 381; das
4te de geometria 352 ff. 38JL
385 ff. (darin anch fiber (iro-
matik und Geographie 38J ff.
aSflff.), vielleicht = fde men-
suris' 125 (s. unten den bes.
Titel); das 6te de arithmetica
362 ff. ; das 6te de a&trologia
36_L 396; das 7te de musica
SJUf. 38Jif.; das 8te fiber Me-
dicin Sfififf. 323. 322 ff. 617j
daa 9te fiber Architektur 364.
397
€lccrruJYiK6c ad Pompeium 471.
477. 496 Anm. 13
Kphemeris navalis ad Pompeium
(libri navales) 382 f. 392, 418.
411 f. 413.
Ephemeris rustica 473. 495 Anm.
11
Epistolicae quaestiones 47G ff. liii
Anm. 6
Epistulae iliiff. 424 Anm. 5.
De familiis Troianis UJjf.
De forma philosophiae 3M f. 411 f.
De formulis verborum 366. Anm.
(nur projectirt?).
De gente populi Komani 444. 445,
41fif.
De gradibus(nece8situdinum?)413
' Hebdomades ' siehe flmagincs'
'HpaKXcibelov 482 (wahrscheinlich
Logistoricus)
[llistoriae 481]
fImaginum libri XV oder fHeb-
Varronische Schriften.
domadee' 431L 462 ff. &GL 508 ff.
522 f . 53Q ff. 644 ff. 5JL4 f 5fi5_ff.
584 ff. 591; ihre Abfassnngszeit
551 ; 'Epitome ex Imaginum
libris' 528. f. 522 Aum. * 554.
De iure civili 444
fLaudatio Porciae' siche fOra-
tiones'
De lectionibus IfiQ ff. 421 Anm. 1 6
Legationes 43ii ff.
Varro ad Libonem (?) ififi
De lingua latina ad (Septiminin
et) Ciceronem libri XXV 4fi4ff.
511; Einthciluug 4fil ff.; De-
' dication 470 Anm. * ; nicht voll -
endet4£5f. ; fEpitome vx librij»
de lingua latina' ^fifl
fDe litoralibus' siehe fDe ora
maritima'
Logibtorici (LXXVI libri) 4Ji3 ff.
440. 482 ff. 423 Anm. 4j und
zwar einzeln (alphabetisch g«--
ordnet) :
Atticus de muueribus 362. 405.
LLL 411
Calenus 40JL 414
Catus de liberia educandis 4JU.
412. 413 f. 416. 411
Curio de deorum cultu <" t
414, 442
GalluH Fundanins de admirau-
dis 40JL 40JL 293 f. ILC
LaterensU 406. 4 1 r>
Marius de fortuna 405. 409 f.
Mes8allade valetudine(tuenda ?)
404. 410. 440. 125 1
De moribus inl
Nepos 4DJL 411
Orestes de inaania 405. 4<)s
Pappus de indigentia (?) 405.
408. 411
De philosopbia 412 (ob Logi-
storicus?)
Pius de pace 40JL UJL llfi
Google
KEOISTKK.
851
Varroniachc Schriften.
Logiatorici.
De pudicitia 401
Scaevola 407. 415
Scaurus de scaenicis originibus
■106. 411. 411. 4M
Sisenna de hietoria 40ft.410.Alft
Tubero de origine humana 404.
411
x Siehe auch unter 'HpaicX€iO€Tov.
(De ludis theatralibus (scaenicis)
481 ; keine Specialschri t*t ., siehe
' Antiquitates rerum divinarum')
De men8uri8 (agrorum?) 3fil. 408.
417. 414 f. 421 Anm. 8j =» fde
geometria ad Rufum' (?) 325. f.
47ft und diea = fde arithme-
tica' 3fi2. 443 Anm. *
De ora maritima (de litoralibus)
322 f. 413
Orationes 434. 423 Anm. 3 (dar-
unter f laudatio Porciae' 4341
De origine linguac latinae (ad
Pomponium?) S7Sff. 40J . 46JL 412
Dc originibus scaenicia 455. 421
Anm. 11
[De orthographia 373 1
De pcrsonis 465. 458 f.
De philosophia 3£4. 212. 441 f.
Poemata 422 f. 421 Anm. 1
De poematis 151
De poetis 454
(Polyandria = Antiquitates rerum
divinarum)
De Pompeio 43fL 432
(Pontificalia 480. keine Special-
Bchrift)
De principiin numerorum 4 42 f.
De proprietate scriptorum 4Q.t.
3li5 Anm. *
Pseudotragoediae 49ft. 522 f.
Quaestiones Plautinae 411 Anm.*
455 f. 428 Anm. 20
Rerum mgticarum libri VII lll.
425 Anm. 2
Varronische Schriften.
Rerum urbanaruni libri III 1 1 :■ ,
442 f.
Rhetorica 351. 413 f.
Saturae 430 f. 422 Anm. 2
Saturae Menippeae (libri CL) 430
528; darunter:Ciniflo412Anm. ;
Cy nodidascalicus 112 Anm. 417;
ircpl i&ccudrujv 42Q. ; Flaxtabulae
-rrcpl inapxiuVv (=»Praetoriana?)
418; 'periplu libri II', das erstc
Buch ircpl iro\tT€iac (?) 325.
478 Anm. *, das zweite irepl
<piXoco<p(ac 365.412.478 Anm. *;
TTXouToropuvq 417; Serranus
Ttcpl tipxaipcciujv 415.417 ; Ta-
naquil lls
De sermone latino ad Marccllum
382 ff. 423 f. (enthielt auch
Metrik und Proaodi»')
De similitudine vcrborum 4fl8
Suasiones 431 ff. 422 Aum. 3
Tribuum liber 1 1 ■">
De utilitate scrmonis 4G8
rDe valetudine tuenda'; ob selb-
standig? siebe den Logistoricu.s
Messalla
Dc vita populi Itomani ad Atti-
cum 444. 445. 441. 452 f.
De vita sua 432 f.
Viclachreiber und ihre Bflcberzahl
522
[vitta 3/ar<i* 260]
VolcatiuH Scdigitus ' de poetia '
231 f.
Werlcr, Veit, aus Sulzfcld : Namcns-
formen 81 Anm. 3» 22 Anm. lj
Aufenthalt in Leipzig ab Student
und Docent 81 f. 124. 105j Ver-
haltniss zu Lotter 115; als Stu-
dienleiter des Erbschenka von
Limpurg (97 f.) in Ingolstadt 08 ff.
in Pavia und Venedig 108. 83,
in Wien 109, Stiftapraebendar in
Wiesensteig 122 f. 116^ Cleriker
54*
852 HEGI8TER.
10-2 f nicht 'doctor iuris' 100 f., nunggzeichen in Plautushandbchr.
B. Uedichte 113 f . 11 Anm. 32
Weltkarte in der porticua Polao Zenodoxus (Nicodemus), Techniker
745. 768 f. bei der Reichsvermessung 153
Z gricchischer Bucbetabe oderTren- Zeuxis, Maler, s. Lebenszeit 827 tf.
Ii. Sprachliches Register.
Ablativ ohne tn, siehe via . Genitiv Sing. dcr 2ten Declination
Ablativ ohne in beisedere u.a. w. 234 auf tt oder « 712 Anm. *
adeo nacbgestellt 2M1 Oraecia terra u. ahnl. 228
aei fiir ae 125 f. haud vor Consonanten 131 f.
Afer im GegenBatz zu Carthaginien- /itc, Bedcntnng bei Terenz 242
sis 224 ideoque, nicht iV/co imSatzanfang250
a#crc, agitare facik 232 tV/ e*/, hoc est 2411
oi'£ und inquit bei Sucton 243 f. in ^rcarfm Stymphdli, Stymphali
apluda 125 tn Arcadia, in Arcadiae oppido
aureolus 261 Stymphalo 2M
Nicht beUum Punicum, Alcxandri- inhiare mit Accussitiv 223
num , Gallicum cet. bei Sneton, inquit, siehe ad
sondern Punicum cet. beUum 222 f. interidea, entoridea, endotcridca, en-
bis die, bis anno 233 doteredeatl 833 f.
cm<s«a im alteren Latcin vorange- t pioguis in opimus Zlii
stellt 253 KoXXaBoc, k6XXuBoc 344 f.
consere = ccnserc 832 Anm. * lcgere = recitare 4£0 f. 41)7 Anm. Lil
cuot = ubi 135 f. , bei Plautun 131 macero rait crucio vcrbunden 2K7
cucurri (mit bewahrter Ueduplica- Nicht ludi Megalenses, ludi castrcn-
tion) in Compositis bei Sueton234. ses cet. bei Sueton , «ondern Mcga-
cusquam = usquam 136, bei Plau- lenses ludi, castrcnses /ut/t cct. 24LI f.
tus 143 minarc £11
cusqttc = usque 136, bei Plautus 142 nwtus => nd8rj 263 f.
cwYer = utcr 136. 143 nave, navi bei Sneton 260
dcst, dessc, derit 2£8 [nowtMw] 815 f.
diverbium, nicht dererbium 24 Anm. «on, Stellung 2£2 f.
4fi HH>inhH,i>, nicht nummorum bei Sue-
o*o/orc (ohnc cr) bei Sueton 2M ton 241
c iilter als t £32 nuntius, nicht nK«eiu,s 7lo Anm. *
e — ei — i 7_2ii f . o statt c 822 Anm. *
eapropter 121 oc fiir u »yiX6v 3411 f. 343
efferre 2fU pcrinde, non pcrinde boi Sneton 2ii3 f.
cgredi, excedcrc mit Ablativ ohne Pollio und Polio, Popiliius nnd Po-
Prapoaition bei Sueton 2M pt/ios 242
endoteread 834 (siehe interidea) postc, postid, postidca 831
?xc/usa fabula, exc/ustts poeta 235 postlatus 221
by Googl
RKGISTKR.
853
praes.se, praerit 225
Praeposition zwischenSubstantivutu
nnd Apposition 228
Pseudulus, nicht Pseudolus 1 Anm. 9
quaeres? (ohne est) bei Plautus 128
quamvis mit Conjunctiv bei Sueton
221
quattor fi38 Anm. *. 65Q Anm. *
quid iam? = rwie so?' 126 f.
quispiam und quisquam bei einer
Kegation 262
quod adverbial =» gtto 121
scripta = 'poetischo Werke' 266
*!<to tandem, nicht serius tandem
bci Sueton 242
similis, cotisimilis, dissimilis mit Ge-
nitiv, Dativ 2jQ1 f.
simitur, simitu 2&fi
tcmperi_j_ temperius, nicht teinpori,
Umporius 241 f.
/ewj>/a 5111 ff.
in tempore und temperi 2Ah
Trasumennus, Trasimennus, Tar-
summnus 115 ff.
tua Appia, via Latina cet. im Ab-
lativ ohne tn 260
t/ und u fttr u nnX6v 318 f. 811
// zur Bezeichnung des Mittellantes
zwischen M und £ Ilfi Anm. *
III. Stellenregister.
Anthol. lat. I p. 11 Riese 151 Anra.*
Apollinaris Periocha Adclph. 5 2flfi
Atilius Fortunatianu8 p.2676 P. 112
Ausonius idyll. XI, 211 592
Carraen do figuris init. 803 f.
33 801
211 f. 805
Cassiodorus dc art. et discipl.
c. 6 p. 558» 381 Anm*
Cato de re mst. 2^ 1 21fi
8_, 5 211i
Catullus epithalam. 30 ff. 5fl9f.
31 ff. 505
1QQ 5fl3 f.
66. 511 601 8QQ
Censorinus c. 2 3fi2. 105
Cicero Acad. post. 2 extr. 136
epi&t. adAttic. VI 1,9, 2 23fi Anm.
XVI , 16^ 3 312
ad famil. VII, 18_, 1 -JAh
de oratore I, 29, 251 814 ff.
de republica I. 1. 1 812 f.
26, 11 ai3 f .
11,22 fi3I ff. fifil ff. fifi3 ff.
Glllff. G13
Cornutus p. 2285, 35 ^12
Diomcdes p. Iflfl § 51 G. 381
51 381
fifi 381 f.
Donatus de comocdia p. LIX
( Westerh.) 11 f. Ifi f.
Donatus zu Adclph.prooera. 37 A.fil
prolog. 1G Iflfi ff.
1, L 1 3M
zu Andr. prooem. 31 A. 58
L, 3, 21 351
Eunuch. prooem. 35 Anm. 5fl
Knnius Uedyph. v. fi p. lfifi
(Vablen) 123 f.
Satur. p. 158 (Vahlen) Ifll
160 21£
Festus p. 61_, H (Muller) 183
164. 12 185 f.
165 . 21 185 f.
274, 25 lfll ff.
274, 2fl lfifi
•J75. 1 18fi
305 , 21 185
306, 31 101
Frontinus grom. p. 215 (Gocs) 3SA
FulgentiusExpositio serm.ant.
p. SflS^ 128
854
KEGISTEK.
(Jellius II, 29, 12.
246
Nonius
p. 69^
21
125
III, 3^ 1 -5
202 f.
TJj
1
796
li
181 f.
120,
20
62 Anm. 2
615
131,
265 Anro.*
fi
5 1
135,
U
367
xi, t_ ±
195
175,
6
122
XV, 24, 1 v. I
23*
195,
i 22
412. 112
XVI, 1__, 5
379
196,
21
182
IIieronynui8 chronicon
259,
21
415
ad a. u.
585 222
289,
21
799 f.
Horatius Cann. II, 1
fi02ff.
•
369,
20
246
h &
609 f.
376,
2
196 f
21 609 f. 611 f.
613. 614 f.
384,
4
798 f.
Hostiue
236 Anm. *
455,
20
415
IsidoruH Orig. IV, Tl_ 4
368
606,
22
798 f.
XX, 15_ 3 122 Anm. a
528,
25
615. 559
Lactantius dc ave phoenice
545,
20
794
IMtt'.
806 ff.
Ovidius
Metamorph. 1 , 54fif. 801 f.
131
810 f.
Pacuvius p. 104 f. (Ribbeck*)
VIZ ff.
80« ff.
26. Anm. 42
139
811
Chry
126.
111
810 f.
rhiloxeDUS p.
87,
15. 22 821 ff.
Livius XXXIV, 49_ 8
822 f .
142
152 Anm. **
Lucilius Satur. lib. XXVI II
Frg. 4 ((Jcrlach) 799 f.
42 I9JL 80JL
XXIX Frg. 1 229 f.
22 128. 800
Luciliii8 Aetna 840 ff.
52 841
60 f. 841
420 ff. fiil
Lydus de niagistr. I_ 5
p. 125 226. 420 f.
Maerobius Saturn. III, lfi 122 ff.
VI, 6j 8 236 Anm*
Martianus Capella VIII p. 215 2fil
IX p. 214 252. 401
Marius: aiehe Victorinus
Naevius, bellum Punicum 62
(Vahlen) 122
Ludus p. 228 (Rib-
beck*) 220 Anm*
Nonius p. 12_, 22 405
62. 22 f . I2li
Piudarua Thebanus
81 fi.
606
905 ff.
Placidus p. _____ 2
14
Plautus
Amphitruo
prol. 143
142
L, 2_ 26 (498)
3_, 42 (645)
H_, 2j 68 [700)
UL 1_ 12 (872)
V, 1_ 28 (1080)
Asinaria
III, 3_ 142 (733)
IV, 2_ Ifi (825)
Aulularia
II, 4_ 26
IV, 1_ 20
7, 20
842 ff.
844 f.
843
842
195
1 95
143
126
125
126
132
122
122
246
L2fi
1 23
121
fjfl
REOISTER.
855
Plautus.
Bacchides
1^2^26 (134)
III, 3, 21 (43 1 }
IV, 4_j U__6 (757;
Captivi
L 2_ 8°- (183)
II, L 42 (240)
3j 9 (369)
III, 2, 9 (510)
V, 2_, 2 (955)
Casiua, Liicken
prol. 59
23
II, ___, 29
IV, 4_ I
V, 2_ 2
3_ 1H
Curculio
II, 3j 61 (340)
V, 2_, 21 (619)
Epidicus
III, 3_, 26
Menaechmi
V, 1_ 36 _____
7_ 3JI (1020)
9_ 23 (1188)
Mercator
V, 2_ 21 (862)
Miles gloriosus
L L u
23 f.
III, L &8 (649)
2_ 29 (843)
IV, 3__ 11 (1107)
5__ 12 (1211)
Mostellaria
H, L 33 (380)
III, L (685)
2_ 82 (769)
91 (784)
126 (813)
12D (857)
V, 2_ 5_7 (1179)
Persa I, 1, 88 (87) f.
Plautus.
I ersa
1 Q7
? T _ . ■_ — . / __ __ __ v
III, L 32 (360)
111
IV, 3__ 1__ (482)
l i • i
4j_ (51'))
4__ 28 (630)
OJ,'
1 \ ■ )
TT _*_. __ __ / __ _ __ _,
v, 2_, fi6 (846)
i_I___.
Poenulus
1-1
III, 8j 89
140
90
1A9
1V> ±1 1 *•
311 Anm fi2
1 1 ' *» 11 iii. _L_l
_ t
43
1 97
1 - i
TT _-» 0 f
V, 2j 8_i
1 • > i ■ 1 4' >
98
1 28 f
Pseudulus
1 .O
_j L '04 [10 6 J
1 > j 1
3_, 23 (307)
141 (378)
1 J 1 >
5, 25 (490)
Rudens
II, 2_. 8 (313)
245
— ^ 1/
111 , __. da. (818;
IV, 7_ lil (1236)
•;n s
oucnus
*>4fi
11, 2, 4_i. (371)
77
IV, 2, 2 (682)
Trinummus
1 1"
Jj 2_, 115 (152)
II, 4, 5 (4o.)
:j,i7
89 (491)
Z89
136 (637)
142
181 (582)
3211 f .
lH, L 2H (621)
Ufl
2_, 2_i (652)
133
IV, L 1
1 1(1
112
112
311
123
143.
113
1711
1-22 (820-41)
9 11 (828—31)
21, 22 (840. 41)
__, 89 (934)
___, 16 (1021)
V, L 7 (H23)
Traculentus
II, 4_ 9
91
1___9
113
126
140
1_29
138
138 Anra. 1
2112
111
139
30_L 332 Anm.*
I 26
113
112
130
138
133
_____
1 :>.s
811
310f.
ff. 17.. f
66
293
63
l_2_i
131
62
160 f.
14C, ft.
148A*
119
1.H7
318
63 Anm.*
141
122
850 KEGISTER.
Plautus. Serviua zu Virg. Georg. I, 124 181
Truculentus
i
Solinus Polyh. c. 7
394
11, 7, 50
129
27 init.
392
V, 22
141
33 init.
392
Fragmeote
177 ff.
Symmachua Epist. 1,4 513 Anm*
Acharistio
177 f.
Syrus: siehe Publilius
Addictus
179 ff.
Tacitus Aunal. I, 50
820
Agroecus
181 ff.
III, 5
H-25
Anua
185
Terentiua
Artemo
185 f.
Adelphoe
Astraba
180 ff.
prol. 4
296
Bacaria
197 ff.
5
296
Bia compressa
202
10 242 Anm.*
Boeotia
202 f.
1G
795
Plioius Nat. hist.
I, 1, 4 (29) f.
797 f.
III § 8 (Sillig)
390
15 (40)
£'Jh
XIV § 92
177 f.
30 (55)
296
XXVI § 14 397 f. 399. 610
48 (63)
297
XXIX § 05
551
2, 38 (115)
297
XXXIV § 44
503
Andria
XXXV § 11
509 f. 584 f.
I, 1, 60 (87)
324 f.
61
827 ff.
V, 4, 42 (446)
320
XXXVI § 41
504
Tibullus I, 4
616 ff.
Probus p. 1476 P.
411 Anm.*
33
032
zu Virg. Eclog. 0, 31
38
632
p. 18 (Keil; 799 f.
40
631
Publilius Syrus V. 480 (Ribbeck) 208
44
631
Quintilianus Instit. orat.
48
031
I, 4, 8 f.
718 ff.
80
032
10
710. 722 ff.
81
632
5, 11 — 13
711 ff. 727
Titinius V. 46 (Ribbeck)
125
G, 27
718
105
125
Sallustius Catilina 22 init. 819
Varro de 1. lat. VI, 73
188
39 init. 820 ff.
VII, 06
191
53,
5 818
86
7*9
57
822 f.
VeliusLongusdeorthogr.p.2233 37H
Scauru8 de ortbogr. p. 2250 377
Victorinus, Marius
Scholia Pers. II, 30
430
II, 3, 38 30 Anm. 60
Seneca
Vulcanii Onoraast. p. 12
195
Suasor. p. 11, 24
257 Anm.*
214,
14 192
Controv. p. 184, 12
258 Antn.
515,
1 192
20
•
258 Anm.
Digitized by Google
/"^ ^ ^ /^N /-s f?\
4. '