Skip to main content

Full text of "Friderici Ritschelii Opuscula philologica"

See other formats


FRIDERICI 


RITSCHELII 


OPUSCULA 

PHILOLOGICA:  AD 
LITTERAS  LATINAS 


Friedrich  Wilhelm  Ritschl,  Curt 

Wachsmuth 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


FRIEDRICH  MTSCHL'8 

KLEINE 

PIIILOLOGISCHE  SCIIRIFTEN. 


DRITTER  BAND: 

zur  roemischen  litteratur. 


LEIPZIG 

DRUCK  und  vkulag  von  b.  g.  teubner. 

1877. 


Digitized  by 


FRIDERICI  RITSCHELII 


OPVSCVLA  PHILOLOGTCA. 


VOLVMEN  III: 


AI)  LITTERAS  LATINAS  SPECTANTIA. 


LIPSTAK 

IN  AEDIBVS  B.  O.  TEVBNERI. 
MDCCCLXXVII. 


Digitized  by  Godgle 


Digitized  by  Google 


VIRO  •  KXOE LLENTI8SIMO 

IOANNI  PAVLO  DE  FALKENSTEIN 

GRATI^.  AC  •  VENERABVNDI  -  ANIMl 
DOCVMENTVM 
DVM  •  INTER •  VIVOS • ERAT 

EXSTARE  •  VOLVIT 

FRIDERICVS  •  RITSCHELIVS 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


Der  vorliegende  tlritte  Band  der  kleinen  Schriften  von 
Friedrieh  Kitsclil  umfasst  zusammen  mit  dem  zweiten  ire- 
mass  dem  in  der  Vorrede  zu  dem  letzteru  aufgestellten  Pro- 
granini  alle  auf  romische  Litteratur  beziiglichen  Abhand- 
lungen.  Jedoch  erstrecken  sich  die  Plautinischen  Studien, 
denen  schon  der  ganze  zweite  Band  (18G8)  gewidmet  war,  auch 
noch  in  diesen  Band,  da  nicht  weniger  als  sechs  Plautus 
betreflende,  seit  dem  Jahre  1868  neu  geschriebene  Abhand- 
lungen  hier  aufzunehmen  waren,  zu  denen  aus  den  hinter- 
lassenen  Manuscripten  Ritschls  noch  eine  siebente  hinzutrat: 
der  Anfang  der  nun  auch  ihrerseits  ein  Bruchstiick  bleiben- 
den  eingehenden  Behandlung  der  Fragmente  des  Plautus,  die 
er  selbst  iu  den  Acta  soc.  philol.  Lips.  VI  (1876)  p.  365 
bei  Mittheilung  einer  Probe  derselben  mit  den  Worten  er- 
wahnt:  'deperditaruui  1'lauti  fabularum  fragmenta  ante  com- 
plusculos  annos  disponi  emendari  enarrari  coepta.' 

Nur  die  drei  ersten  Aufsatze  fanden  sich  in  abschliessen- 
der  Bearbeitung  fQr  den  VViederabdruck  hergerichtet  vor,  nnd 
zwar  sammtlich  mit  zahlreichen  und  zum  Theil  ausftthrlichen 
Zusatzen  und  Erweiterungen  versehen.  Auch  der  Suetonischen 
Terenz-Vita  und  den  'Quaestiones  onomatologicae  comicae' 
war  bereits  vielfache  Arbeit  zugewandt.  Ueber  den  Zustand, 
in  dem  die  Quaestiones  onomatologicae  sich  befanden,  und 


Digitized  by  GrtOgle 


VIII 

iiber  das  von  rair  bei  der  Redaction  eingeschlagene  Ver- 
fahren  ist  gehorigen  Orts  speciell  berichtet  worden.  Fiir 
die  vita  Terenti  standen  erneute  Collationen  sammtlicher 
Handschriften  des  Donat,  welche  in  der  ersten  Ausgabe  be- 
nutzt  waren,  zur  Verfiigung;  die  betrachtlichen  Ergebnisse  die- 
ser  Collationen  habe  ich  an  Stelle  der  friiheren  irrthumlichen 
Angaben  in  den  kritischen  Apparat  (ohne  irgend  ein  iiusseres 
Zeichen)  kurzer  Hand  eingesetzt,  auch  im  Commentar  ein 
paar  Zusiitze  gemacht,  dio  durch  den  jetzt  genauer  bekannt 
gewordenen  Thatbestand  der  handschriftlichen  Ueberlieferung 
nothig  wurden. 

Alle  andern  Nummern  erscheinen  unveriindert,  abgerech- 
net  ganz  geringfiigige  Zusiitze  oder  Verbesserungen,  wie  sie 
in  RitschTs  Handexemplaren  hinzugeschrieben  waren.  Somit 
fehlen  hier  ganz  'die  nutzlichen  Verbindungsfiiden  zwischen 
dem  iiltern  Stadium  der  Forschung  und  den  spatern  Fort- 
schritten',  welche  aiich  fiir  diese  Aufsiitze  ius  Auge  gefasst, 
aber  iiber  die  ersten  Anfiinge  gelegentlich  beigefiigter  litte- 
rarischer  Hinweisungen  noch  nicht  hinausgediehen  wareu. 
Einer  tiefergreifenden  Hevision,  wie  sie  wiederholt  im  zweiten 
Bande  und  ab  und  zu  auch  in  den  ersten  Aufsiitzen  dieses 
Bandes  erfolgt  ist,  wiirde  sich  Ritschl  hier  iibrigens  ent- 
halten  haben.  Die  allmiihlicheu  Fortschritte  der  Erkenntnisse, 
das  heisst  nothwendig  auch  manigfache  fruhere  Irruugen 
treten  ja  freilich  in  dem  Hauptstttck  dieses  Theiles,  den 
Varronianis,  sehr  deutlich  zu  Tage.  Aber  solches  Wachs- 
thum  der  Forschung  zu  verwischen  war  durchaus  nicht  die 
Aufgabe  dieser  Sammlung  und  lag  am  wenigsten  im  (ieiste 
Ritschls.  Und  gerade  fiir  die  Varroniana  fand  sich  von 
seiner  Hand  folgende  Notiz  vor:  ?Die  Varroniana  bieten  so 
recht  im  Sinne  der  Vorrede  zu  Band  I  eine  successive  Reihe 
von  Actenstiicken  iiber  die  Varronische  Litteratur  dar  und 
haben  das  auch  so  bleiben  sollen.  Daher  sie  auch  in  rein 
chronologischer  Folge  gegeben  wecden,  gerade  wie  die  Ho- 
merico-Alexandrina  in  Band  I.' 

Dieser  Wink  und  einige  iihnliche  sind  beiliiufig  auch 
bei  der  Anordnung  des  ganzen  Stoffes  massgebend  gewesen. 

Bei  den  bereits  friiher  gedruckten  Stiicken  sind  ent- 


Digitized  by 


IX 

sprechend  dem  in  den  beiden  ersten  Biinden  angewandten 
Verfahrcn  alle  jetzt  hinzugekomnienen  Zusiitze  in  eckige 
Klammern  eingeschlossen :  sie  rUhren  fast  silmintlich  von 
Ritschl  selbst  her;  in  den  seltenen  Fallen,  wo  ich  etwas 
hinzugeftigt  habe,  ist  dies  immer  (ausser  bei  einfachen  Citaten) 
durch  ein  hinzugefUgtes  C.  W.  kenatlich  gemacht. 

In  Bezug  auf  Aeusserlichkeiten  des  Drucks,  der  Ortho- 
graphie,  Interpunction,  der  Citir-  und  Abkiirzungsweise  ist 
nach  den  Grundsiitzen,  die  Ritschl  selbst  in  den  letzten  Jahren 
sich  festgestellt  hatte,  eine  gewisse  Gleichmassigkeit  erzielt 
worden,  und  infolge  dessen  sind  namentlich  die  iilteren  Ab- 
handlungen  manigfachen  formellen  Aenderungen  unterzogen 
worden.  Ftir  dieses  ganze  Gebiet  hatte  ich  mich  der  kun- 
digsten  Unterstiitzung  von  Prof.  Fleckeisen  zu  erfreuen, 
der  sich  bei  der  mit  Ritschl  gemeinsam  getragenen  Last 
der  Correctur  der  ersten  beiden  Biinde  dieser  Opuscula  voll- 
kommen  in  seiue  Art  eiugelebt  hatte  und  mir  mit  Rath  und 
Hiilfe  bei  der  Correctur  dieses  Bandes  unermudlich  zur  Seite 
stand,  so  dass  mit  grosser  Sicherheit  die  vorgenommenen 
Aenderungen  als  Ritschrs  Intentionen  entsprechend  bezeichnet 
werden  konnen. 

Die  diesem  Bande  vorgesetzte  Widmung  war  vou  Ritschl 
selbst  seit  liingerer  Zeit  beabsichtigt;  einem  vertrauten  Freunde 
gegenuber  bezeichnete  er  sie  einmal  als  'grosstes  innerliches 
Bcdurfuiss':  es  war  ihra  aber  nicht  mehr  vergonnt,  diesen 
Herzenswunsch  selbst  zu  vollziehen  oder  auch  nur  in  Worte 
zu  kleiden. 

Im  iibrigen  habe  ich  nur  noch  hinzuzufiigen,  dass  der 
Druck  des  vierten  Bandes,  der  die  gesammten  auf  latei- 
nische  Inschriften-  und  Sprachkunde  beztiglichen  Abhand- 
lungen  umfassen  wird,  unmittelbar  bevorsteht  und  ein  ftinfter 
Band,  ftir  den  noch  reiches  Material,  gedrucktes  wie  unge- 
drucktes,  vorliegt,  sich  bereits  in  Vorbereitung  befindet. 

Einem  Wunsche,  der  mir  von  befreundeter  Seite  ausge- 
sprochen  worden  ist,  bei  djeser  Gelegenheit  den  Nachruf  wieder 
abdrucken  zu  lassen,  welchen  ich  unmittelbar  nach  dem  Tode 
Ritsehls  in  der  Beilage  zur  Augsburger  Allgemeinen  Zeitung 
Nr.  335  (30.  November  1876)  verdffentlichte,  habe  ich  nicht 


Digitized  by  Google 


X 

ohne  Zogern  nachgegeben:  denn  er  enthiilt  ja  nichts  als 
eiue  karge  Skizze,  von  vorn  hereiu  auf  bestimmte  Seiten 
der  Betrachtung  beschriinkt.  Da  wir  aber  von  berufenster 
Hand  eine  umfassende  Schilderung  der  ganzen  Personlich- 
keit  RitschVs  und  ilirer  gesauimten  Wirksamkeit  binnen 
kurzem  erwarten  diirfen  und  ich  aus  vielfachen  Aeusserungen 
entnehme,  dass  man  in  dem  wenn  auch  noch  so  flflchtig 
gezeichneten  Bilde  wenigstens  keinen  falsehen  Zug  gefunden 
hat,  so  mag  dieser  schlichte  Kranz  hier  recht  eigentlich  zu 
den  Fiissen  des  theuren  Mannes  niedergelegt  werden. 

Heidelberg,  15.  October  1S77. 

Curt  Wachsmuth. 


cJn  den  frtthen  Morgeiistunden  des  9ten  November  d.  J. 
ist  Friedrich  Kitschl,  70  Jahre  alt,  aus  den  Lebenden  ge- 
schieden,  nachdem  er,  schou  lange  von  schwereu  Leiden  ge- 
peiuigt,  seit  einem  halben  Jahre  in  sichtbar  zuuehmender 
korperlicher  Schwiiche,  geistig  nicht  bloss  rQstig  geblieben 
war  wie  je,  sondern  sich  bis  in  die  letzten  Tage  hinein  eine 
wahrhaft  jugendliche  Elasticitiit  bewahrt  hatte.  Noch  das 
verflossene  Sommersemester  hindurch  hatte  er  mit  gewohnter 
Meisterschaft  und  ohne  Unterbrechung  seine  Vorlesungeu  ge- 
halten,  und  noch  im  September  schrieb  er  eine  langere  Ab- 
handlung  'Philologische  Unverstandlichkeiten',  in  dcr  er 
sich  gegen  wissenschaftliche  Verkehrthciten  unserer  Tage  in 
so  energischer  Klarheit  und  mit  so  treftender  drastischer  Dar- 
stelluug  wendet,  dass  nichts  ferner  liegen  musste  als  der 
Gedanke,  dieser  Hand  komie  die  so  eben  noch  mit  lebens- 
voller  Kraft  gefiihrte  Feder  bald  entsinken.  So  bleibt  mit 
dem  Andenken  Kitschl  s  das  Bild  unverwUstlicher  Jugendfrische 
des  Geistes  und  Herzens  ftir  immer  verbunden. 

Wie  anders  konnte  man  sich  auch  den  Mann  denken,  der 
als  akademischer  Lehrer  nicht  seines  gleichen  hat,  fiir  dessen 
Lebensharmonie  den  von  Anfang  bis  zu  Eude  durchgehenden 
Grundtou  die  akademische  Wirksamkeit  bildet? 


Digitized  by  Google 


XI 


Seine  eiuiuente  Begabung  zuui  Docenten  trat  schon  beira 
Begiun  seiner  akademischen  Laufbahn  in  Halle,  wo  er  selbst 
durch  Keisig  seine  wissenschaftliche  Ausbildung  erhalten 
hatte,  sofort  auf  das  gliinzendste  hervor.  Gleich  im  ersten 
Semester  nach  der  Habilitation  (1829—1830)  fesselte  der 
dreiundzwanzigjiihrige  Jiingling  eine  Schaar  von  180  Zuhoreru 
an  seinen  Vortrag.  Als  Ritschl  dann,  nach  einer  kiirzern, 
auch  durch  eine  wissensehaftliche  Reise  nach  Italien  uuter- 
brochenen  Thiitigkeit  in  Breslau,  zu  Ostern  1839  nach  Bonn 
berufen  war,  griindete  er  hier  alsbald  einen  Hauptsitz  der 
philologischen  Wissenschaft.  Die  von  ihm  hervorgerufene 
Blathe  classischer  Studien  wuchs  wiihrend  der  sechsundzwanzig 
Jahre,  welche  er  den  Bonner  Lehrstuhl  iunehatte,  von  Semester 
zu  Semester  und  verlieh  der  rheinischen  Hochschule  einen 
weit  tiber  die  Grenzen  Deutschiands  hinausleuchtenden  Glanz. 
Nahezu  ein  Sechziger  wurde  Ritschl  durch  amtliche  Kriinkungen, 
deren  Gediichtniss  an  dem  noch  frischen  Grabe  zu  erneuen  die 
Scheu  verbietet,  aus  Bonn  vertrieben,  und  siedelte  1865  nach 
Leipzig  iiber.  Schlagender  konnte  die  Bedeutuug  des  gewaltigen 
Lehrers  gar  nicht  erwiesen  werdeu  als  dadurch,  dass  nun  in 
unmittelbarer  Folge  dieser  Uebersiedelung  Leipzig  fflr  die 
Philologie  das  wurde,  was  Bonn  gewesen  war.  Ja,  die  Frequenz 
der  Philologie-Studierenden  nahrn  hier  jetzt  einen  solchen  Auf- 
schwung,  dass  eine  gleiche  Hohe  der  Zahl  weder  in  der  Gegen- 
wart  noch  fruher  je  auf  einer  Universitiit  Deutschlands  oder 
des  Auslands  erreicht  ward. 

Versucht  man  iiber  die  Ursachen  dieser  ganz  einzigen 
Erscheinung  sich  klar  zu  werden,  so  findet  man  in  Ritschl 
eine  Reihe  verschiedener  Eigeuschaften  und  Begabungen  ver- 
einigt,  welche  in  der  gliicklichsten  Weise  auf  dasselbe  Ziel 
gemeinsam  hinwirkten.  Sein  Vortrag  war  durchaus  originell 
und  von  der  hochsten  Wirkung.  Er  floss  nicht  glatt  und 
gleichmiissig  dahin,  die  geistige  Arbeit  verdeckend,  sondeni 
die  Denkoperation,  deren  Resultat  die  Rede  war,  wurde  gleich- 
sam  vor  den  Horern  erst  vollzogen.  Unter  der  unmittelbaren 
Eiugebuug  des  Mouients  sprechend,  gauz  in  die  Sache  versenkt, 
war  Ritschl  nur  darauf  gerichtet,  den  dera  Gegenstand  ad- 
aquatesten,  pracisesten,  am  meisten  individualisirenden,  kurz 


Digitized  by  Google 


Xli 

den  treffendsten  Ausdruck  zu  iinden,  und  wenn  er  ihn  nicht 
gleich  zur  Hand  hatte,  so  suchte  er  ihn  ehen,  aber  er  fand 
ihn  stets.  So  war  er  in  Kraft,  Frische,  Plastik  der  Sprache 
ein  Meistcr  der  Rede,  der  deutschen  sowohl  als  der  lateinischen. 
Denn  auch  das  Lateinische  sprach  und  schrieb  er  nicht 
wie  eine  angelernte,  classischen  Vorbildern  sorgfaltig  nach- 
geahtute  Sprache;  sondern  mit  souveriiner  Herrschaft  fiber 
die  Sprachraittel  hatte  er  sich  einen  ganz  eigenartigen  Stil 
gebildet,  der  mit  seiner  gesammten  geistigen  Personlichkeit 
in  vollkommenera  Einklang  staud.  Und  das  alles  wurde  ge- 
sprochen  mit  einem  feurigen  Eifer  ffir  die  Sache,  der  jeden 
mitriss;  jedes  Wort  war  durchdrungen  und  belebt  von  der 
hellen  Freude  an  der  wissenschaftlichen  Arbeit,  so  dass  auch 
der  Laue  und  Triiffe  elektrisirt  ward.  Seine  Oedanken  am 
wirksamsten  zura  Ausdruck  zu  bringen,  bot  sich  Ritschl  wie 
von  selbst  ein  Mittel  dar,  das  er  spiiter  rait  Hewusstsein  fest- 
liielt  und  zu  einer  charakteristischen  Eigenthfimlichkeit  seines 
Vortrags  ausbildete.  Er  pflegte  die  Rcsultatc  der  Unter- 
suchungen  nicht  vorweg  zu  bezeichnen,  sondern  ffihrte  lang- 
sam  Schritt  fur  Schritt  rait  sicherer  Hand  dem  Ziele  zu,  das 
der  Zuhorer  in  der  gespanntesten  Erwartung  niiher  uud  niiher 
riicken  sah.  Und  wenn  endlich  das  mit  unentrinnbarer  Logik 
vorbereitete  Facit  gezogen  wurde,  so  war  man  auch  dann  noch 
von  der  Priicision  und  Feinheit  der  Schlussfolgerung  fiber- 
rascht,  wenn  man  bcreits  das  nocli  halbverdeckte  Endergebniss 
gliicklich  errathen  hatte.  Auf  diese  Weise  wurde  jeder  Horer 
in  gesteigerte  Selbstthatigkeit  versetzt  und  jene  Wechsel- 
wirkung  erreicht,  die  das  hijchste  Ziel  alles  akademischen 
Lchrens  ist,  oder  sein  sollte. 

Das  eigentliche  (ieheimniss  der  wunderbaren  Wirkung 
Ritschra  auf  dem  Katheder  lag  aber  doch  in  dem  Zauber 
seiner  genialen  Personlichkeit,  und  diese  gab  sieli  stets  mit 
einer  Unmittelbarkeit  und  Frische,  welche  er  seiner  geliebten 
thuringisehen  Heimat  als  schonste  Mitgift  verdankte. 

So  genussreich  indcss  diese  Vorlesungen  waren,  so  fi>r- 
dernde  Anregung  und  so  sichere  Anleitung  zu  eigenen  Studicn 
sie  gaben:  der  Hohe-  und  Schwerpunkt  von  RitschTs  wie  von 
jeder  vollen  akademischen  Thatigkeit  liegt  erst  in  der  un- 


Digitized  by  Google 


XIII 


mittelbaren  Schulung  der  studierenden  Jugend,  wie  er  sie  im 
Bonner  Seininar  und  zu  Leipzig  namentlich  in  seiner  philo- 
logischeu  Societiit  ausiibte.    Eine  Schulung  im  wahren  Sinne 
des  Wortes  war  es,  die  dem  Studierendeu,  der  so  gliicklich 
war  in  dicse  engeren  Kreise  einzudringen,  geboten  wurde, 
nieht  ein   iiusserliches  Dirigiren,  nicht  einzelne  nutzliche 
Winke  waren  es,  sondern  eine  methodische  Durchbildung 
von  innen  heraus,  durch  die  der  ganze  Mensch  gepackt  und 
fiir  sein  gesammtes  wissenschaftliches  Leben  endgiiltig  ge- 
formt  ward.    Die  Zucht  begann  vor  allein  damit,  jeden  mit 
dem  Gefilhl  seiner  eigenen  Unzulanglichkeit  zu  durchdringen, 
in  ihm  die  Ueberzeugung  zu  erwecken  und  zu  stiirken,  dass 
sich  in  der  Wissenschaft  nichts  im  Flug  erreicheu  lasse,  dass 
die  Gotter  vor  den  Erfolg  den  Schweiss  gesetzt  haben,  dass 
man  in  redlicher  Arbeit  von  dem  Kleinsten  anfangen  miisse, 
weil  in  der  Wissenschaft  eben  nichts  klein  sei,  und  das 
scheinbar  Kleine,  gering  geachtet,  auch  das  Grosse  gefahrde. 
Und  wer  nun  an  die  Arbeit  ging,  wurde  ohne  Gnade  ge- 
zwungen  keiner  Schwierigkeit  auszuweichen,  jede  vielniehr 
scharf  ins  Auge  zu  fassen  und  mindestens  sich  bewusst  zu 
werden,  wie  weit  ihre  Bewtiltigung  ihm  gelungen.    Mit  all- 
gemeinen  Wendungen  oder  mit  bequemer  Berufung  auf  Au- 
toritiiten  durfte  niemand  sich  beruhigen,  iiberall  musste  selbst 
Hand  angelegt  und  gepriift  werden,  bis  alles  zu  voller  oder 
doch  moglichst  erreichbarer  Klarheit  gebraeht  war.  Jeder, 
der  sich  Ritschl  s  Schule  wirklich  hingab  und  nicht  nach 
kaum  begonnenem  Anfang  ihr  sich  wieder  entzog,  wurde  auf 
eigene  Fiisse  gestellt,  und  vermochte  das  Stuck  Arbeit,  das 
er  unternahm,  in  freier  Selbstiindigkeit  durchzufiihren.  Und 
hier  nun  entfaltete  Ritschl  seine  grbssten  Lehrergaben:  denu  . 
unerreicht  ist  die  Meisterschaft,  mit  der  er  es  verstand  die 
eigenthiimlichen,  oft  noch  ganz  schlummernden  Taleute  der 
Einzelnen  zu  entdecken  und  grosszuziehen  und  die  fiir  sie 
passenden  Aufgaben  zu  finden,  so  dass  er  ihre  natiirlichen 
Fiihigkeiten  geradezu  steigerte,  indem  er  dieselben  zur  hoch- 
sten  Vollendung  fQhrte. 

Mit  sicherem  Scharfblick  hatte  Ititschl  von  frtih  an 
auch   die  grosse  padagogische  Wirkung  gegenseitiger  Er- 


Digitized  by  d^jgle^ 
i 


XIV 


ziehung  der  Studierenden  untereinandcr,  besonders  den  unter- 
stiitzenden  Einfluss  der  vorgeschrittenen  auf  noch  unent- 
wickelte  erkannt  und  legte  desshalb  grossen  Werth  darauf, 
immer  einen  Kern  tiichtiger  Krafte  in  seinem  Seminar  als 
anspornende  Vorbilder  zu  halten,  denen  er  mit  besonderer 
Freude  auch  die  jungsten  wirklichen  Talente  zugesellte. 

So  wurde  die  'Ritschl  sche  Schule*  gebildet,  die  miichtig 
eingegriffen  hat  in  die  Cultur  unseres  Vaterlandes.  Mehr  als 
vierzig  akademische  Professoren,  mehr  als  vierzig  Gymnasial- 
directoren  und  Hunderte  von  Gymnasiallehrem  verbreiten  die 
Spuren  seines  Geistes,  die  Methode  seiner  Forschung,  die 
Kraft  und  Wahrhaftigkeit  seiner  Gcdanken  iu  allen  Theilen 
unseres  deutschen  Volkes. 

Was  so  den  Hauptruhm  von  Kitschl  s  akademischer  Thatig- 
keit  ausmachte,  das  bildete  auch  die  Hauptfreude  seines  Lebens. 
Mit  einer  Hingebung  ohne  gleichen  war  er  der  treue  Rath- 
geber  seiner  Schtiler,  mit  liebevoller  Sorge  wachte  er  iiber 
ihr  ganzes  Leben  und  forderte  mit  eben  so  viel  Wiirme  als 
Unparteilichkeit  alle  ihre  Interessen.  Es  ist  flir  das  innige 
Verhiiltniss,  das  sich  hier  entwickelte,  iiberaus  bezeichnend, 
dass  fast  die  letzten  zusammenhangenden  Wrorte,  die  er  unter 
den  schwersten  Leiden  wenige  Stunden  vor  seiner  Auflosung 
sprach,  warme  Worte  der  Freude  waren  Uber  die  eben  er- 
rungenen  Erfolge  eines  jiingsten  Lieblingsschiilers. 

Man  wird  begreifen,  dass  einem  solchen  Lehrer  seine 
Schttler,  die  ihm  das  beste  verdanken,  was  der  Mensch  dem 
Menschen  verdanken  kann,  mit  Begeisterung  anhiingen,  dass 
sie  sich  mit  Stolz  zu  ihm  als  zu  ihrem  Meister  bekennen. 
Aber  in  ihrem  wissenschaftlichen  Urtheil  blieben  sie  ihm 
wie  allen  andern  Gelehrten  gegeniiber  in  voller  Unbefangen- 
heit  stehen,  er  liebte  an  ihnen  dieselbe  stolze  Unabhiingig- 
keit,  die  seinem  eigenen  und  niclit  bloss  dem  wissenschaft- 
lichen  Leben  einen  vornehmen  Stempel  gab.  Und  selbst 
von  dem  geriugsten  seiuer  Schuler  —  auch  dieser  Zug,  der 
zugleich  fiir  dcn  gauzeu  Menschen  charakteristisch  ist,  ge- 
hort  in  das  Bild  des  Lehrers  —  scheute  er  sich  nicht  zu 
lernen,  wobei  er  gem  seinen  Lieblingsspruch  citirte:  Tripd- 
ckuj  b*  alei  tto\X&  bibctCKOutvoc   So  frei  von  Hochmuth,  Kitel- 


Digitized  by 


XV 

keit  oder  Eigensinn  war  der  Mann,  den  die  philologiBche 
Welt  als  einen  ihrer  ersten  Korvphaen  verehrt,  dem  in  seinen 
spateren  Jahren,  wie  einst  seinem  nnvergessliehen  Lehres 
Gottfried  Hermann,  unbestritten  die  Stellung  als  'princeps 
philologorum  Gerinaniae'  zukam,  und  dessen  Namen  eine 
bleihende  Stelle  in  der  vordersten  Reihe  wissenschaftlicher 
Grossen  gesichert  ist. 

Mit  dem  kiihnen  Muth  des  Entdeckers  hat  Ritschl,  ge- 
treu  seinem  Terenzischen  Wahlspruch:  cnil  tam  difficilest, 
quin  quaerendo  investigari  possiet',  zu  weiten  Gebieten  des 
Wissens,  die  noch  niemand  betreten,  oder  von  denen  nur 
wenige  eine  dunkle  Ahnung  hatten,  die  Thore  geoffnet  und 
die  Wege  gewiesen.  Seine  bahnbrechenden  Arbeiten  gingen 
von  Plautus  aus.  Ausgestattet  mit  feinstem  Gefflhl,  nieht  bloss 
fiir  metrischen  Wohlklang,  sondern  auch  fiir  die  rhythmischen 
Motive,  die,  mit  seinen  Worten  zu  reden,  gleich  einem  pul- 
sirenden  Geader  oder  einem  vibrirenden  Nervengeflecht  den 
metrischen  Korper  beleben  und  durchdringen,  erschloss  er 
zuerst  das  Verstandniss  der  Plautinischen  Verskunst  und 
stellte  ihre  Gesetze  so  fest,  dass  nur  noch  berichtigende  Er- 
ganzungen  und  ein  weiterer  Ausbau  im  einzelnen,  aber  keine 
Aenderung  in  den  Grundlagen  mehr  moglich  ist.  Die  Plau- 
tinischen  Komodien  selbst  liegen  in  den  Handschriften  in 
bo  massloser  Verderbniss  vor,  dass  an  vielen  Stellen  eiue  in 
engen  Schranken  sich  bewegende,  mit  den  gewohnlichen 
Mitteln  vorsichtig  operirende  Kritik  an  ihrer  Heilung  ver- 
zweifeln  muss.  Ritsehl,  der  schon  mit  unermiidlicher  Sorg- 
falt  die  altesten  und  relativ  besten  Quellen  der  Ueberliefe- 
rung  ausgebeutet  hatte,  that  nun  den  zweiten  grossern 
Schritt:  mit  freiester  Divination,  vielfach  geradezu  in  con- 
genialer  Nachdichtung,  stellte  er,  nachdem  er  sich  ganz  in 
das  Wesen  des  originellen  Komikers  hineingelebt,  das  was 
Plautus  wahrscheinlich  geschrieben  hatte,  und  wo  das  nicht 
moglich  war  wenigsteus  das  was  er  gesehrieben  haben  konnte, 
so  wieder  her,  dass  erst  —  und  nur  —  in  den  von  Ritschl 
herausgegebenen  StQcken  ein  getreues  Bild  dieses  Dichters 
uns  entgegentritt 

Noch  in  einem  dritteu  Punkte  wurde  Ritschl  s  Thatig- 


Digitized  by  Google 


XVI 

keit  far  Plautus  erfolgreich.  Vieles  was  maii  bisher  und 
anfanglich  er  selbst  noch  als  subjective  Willkiir  oder  als 
Unvollkominenheiten  iu  Metrik  und  Prosodie  angeseheu  hatte, 
vvurde  von  ihm  als.  die  wirkliche,  zu  jener  Zeit  noch  im 
Munde  des  Volkes  lebende  Gestealt  der  Sprache  erkaunt,  als 
er  das  Lateinische  in  seiner  geschichtlichen  Entwicklung 
eingehender  zu  erforschen  begann.  Diese  ganze  Disciplin  der 
lateinischen  Sprachgeschichte  ward  von  ihm  nicht  bloss  mit 
zahlreichen  fruchtbaren  Entdecknngen  bereichert,  sondern  ge- 
radezu  erst  geschaffen,  vorzuglich  indem  er  eine  bis  dahiu  ganz 
unbeachtete  Quelle  der  Erkenntniss  heranzog,  die  Inschriften, 
besonders  der  republicanischeti  Zeit,  welche  iiber  die  Gesetze 
der  Entwicklung  der  Sprache  auf  ihren  verschiedenen  Stufen 
eben  so  sichere  wie  wichtige  Aufschlilsse  gewahren. 

Ueberhaupt  aber  gehorte  Uitschl  zu  den  Auserleseneu, 
die  'konnen  was  sie  wollon';  wo  er  hingriff  —  und  seine 
Arbeiten  bewegten  sich  im  Laufe  der  Zeit  auf  den  verschie- 
densten  Gebieten  der  Alterthuuiswissenschaft,  der  Textkritik, 
der  Metrik,  der  Epigraphik,  der  Literargeschichte,  der  An- 
tiquitiiten  —  iiberall  bereicherte  er  die  Wissenschaft  mit 
neuen  Funden.  Und  wenn  man  erst  die  von  ihm  angeregten 
oder  geforderten  Untersuchungen  iiberblickt,  so  bewundert 
man  immer  aufs  neue,  mit  wie  sicherer  Einsicht  und,  wo 
ihm  eindringende  Kenntniss  selbst  abging,  mit  wie  gross- 
artigem  Instinct  er  die  Probleme  erkannte,  die  wissenschaft- 
lich  fruchtbar  waren. 

Alle  Schriften  Ritschl's  zeichnen  sich  aus  durch  eine 
seltene  Vereinigung  glanzenden  Scharfsinns  und  geistvoller 
Combination  mit  strenger  Methode  und  sauberer  Akribie  bis 
ins  einzelne  und  kleinste  hinein.  Sie  alle  wenden  sich  in 
eindringlicher  Rede  wie  an  einen  Zuhorer,  so  dass  man  an 
das  bekannte  Wort  Platons  erinnert  wird:  die  schriftliche 
Darstellung  sei  nur  ein  Abbild  der  lebendigen  Belehrung, 
bei  welcher  der  Lehrer  in  die  Seele  seiner  Schiiler  ein  wirk- 
liches  Wissen  pflanze;  und  alle  bis  auf  die  kleinsten  gelegent- 
lichen  Bemerkungen  sind  in  einer  Sprache  geschrieben,  die 
mit  dem  oben  geschilderten  Gepriige  seiner  mundlichen  Rede 
die  hochste  stilistische  Vollenduug  verbindet. 


Digitized  by  Google 


XVII 


Aber  auch  das  aussere  Gewand  wurde  nicht  vernach- 
lassigt;  wie  seine  Manuscripte  alle  in  den  festen,  freien, 
wahrhaft  koniglichen  Zugen  seiner  herrlichen  Handschrift 
angefertigt  waren,  so  legte  Ritschl  auch  hohen  Werth  auf 
ansprechende  typographische  Ausstattung  und  insbesondere 
auf  Genauigkeit  der  Correctur,  in  der  ihm  zu  genUgen  kaum 
moglich  war.  Das  glanzendste  Denkmal  seiner  Akribie  und 
Meisterschaft  auch  auf  diesem  Gebiete  hat  er  sich  in  dem 
gewaltigen  Bande  der  'Priscae  latinitatis  monumenta  epigra- 
phica'  errichtet,  der  von  allen  Seiten  als  palaographische 
Musterpublication  anerkannt  ist. 

£s  bedUrfte  grosserer  Sammlung ,  als  sie  so  kurz 
nach  dem  betaubenden  Schlage  des  Verlustes  moglich  ist, 
sollten  wir  versuchen  diesen  Umrissen  des  akademischen 
Wirkens  und  gelehrten  Schaffens  RitschVs  auch  noch  ein 
Bild  hinzuzufugen  von  seiner  ganzen  genialen  und  eindrucks- 
vollen  Personlichkeit,  die  in  ihrer  seltenen  und  seltsamen 
Mischung  scheinbar  einander  widersprechender  Eigenschaften 
unendlich  interessant,  dem  Fernerstehenden  vielleicht  oft  un- 
verstandlich  blieb,  sich  dem  Nahestehenden  aber  stets  in 
ihrer  ganzen  eigenthUmlichen  Warmherzigkeit  und  Natur-  . 
wuchsigkeit  offenbarte.  FUr  jetzt  muss  es  genUgen  mit  ein 
paar  armen  Worten  an  den  unvergleichlichen  Lehrer  und 
Gelehrten  erinnert  zu  haben,  dessen  Andenken  unsterblich 
bleiben  wird,  wo  immer  classische  Studien  getrieben  werden.' 


FR.  RIT8CHKLII   OPV8CVI.A  III. 


Digitized  by  Google 


INHALT. 


Seite 

I.  Canticuni  und  Diverbium  bei  Plautus  (1871  mit  Nachtragen 

von  1872  und  1876)   1 

II.  Zur  Plautinischen  Glossographie  (Placidus)  (1-870  mit  Nach- 

trilgen  von  1876)   65 

III.  Bio-bibliographisches  zu  Camerarius'  Plautusstudien  (1868. 

1871.  1872.  1873  mit  Xachtragen  von  1876)   67 

IV.  Curae  secundae  zu  Heft  I  der  'Neuen  Plautinischen  Ex- 

curse'  (186'.))  120 

V.  Cubi=*ubi  und  Verwandtes  bei  Plautus  (187C)  135 

VI.  Philologische  Unveratandlichkeiten  (1876)   144 

I.  Anapasten  bei  Plautus  144    II.  Die  Plautinische 
Sprache  und  Herr  N.  Madvig  155 

VII.  Deperditarura  Plauti  fabularum  fragmenta  177 

VIII.  C.  Suetoni  Tranquilli  vita  Terenti  emcndata  atque  enar- 
rata  (1860  cum  auctario  a.  1860,  retractata  adnotatione 
critica)  204 

IX.  De  emendatione  fabularum  Terentiauarum  (1838.  1862)..  281 

X.  Quaestiones  onomatologicae  comicae  301 

1.  Onomatologus  comicus  303   2.  Quaestionum  ouo- 
matologicarum  capita  duo.  Caput  I  (1843)  333  Caput 
II  (1856  cum  auctario  a.  1861)  341   3.  Donatus  iiber 
Personennamen  bei  den  Komikern  350 
XI.  De  M.  Terentii  Varronis  discipliuarum  libris  commentarius 

(1845)   352 

XII.  De  M.  Terentii  Varroms  logistoricis  libris  11845)  ....  403 

XIII.  Die  Schriftstellerei  des  M.  Terentius  Varro  (1847).  .  .  .  418 

XIV.  Hieronymi  index  librorum  ab  Origene  Marcoque  Varrone 

compositorum  (1849)   506 

XV.  Ueber  des  M.  Terentius  Varro  Imagiuum  Bive  Hebdoma- 

dum  libri  608 

I.  Disputatio  de  M.  Varrouis  Hebdomadum  sive  lma- 
ginum  libris  (1866)   608 

II.  Ueber  des   Hieronymus  Varronischen  Schriften- 
katalog  (1857)   522 


Digitized  by  Google 


INHALT.  XIX 

Seito 

III.  Ludovici  Mercklini  de  Varronianis  Hebdoma- 
dibus  aniniadversiones  (1857)   630 

IV.  Epiraetrum  disputationis  de  M.  Varronis  Hebdo- 
raadum  sive  Imaginum  libris  (1858  cum  auctario 

a.  1861)   544 

V.  Zu  Varro'8  Imagines  (1858)   664 

VI.  Varronische  Briefe  (1858)    1.  von  L.  Mercklin 
(mit  Zusatz  von  Ritschl)    2.  von  H.  Brunn  .  .  565 

VII.  L.  Urlichs'  Excurs  zu  Plinius  XXXV,  11.    ...  684 
VIII.  Moriz  Schmidfa  Bemerkung  zu  Varro's  Heb- 

domades   691  1 

XVI.  Emendationum  Catullianarnm  trias  (1857  cum  auctario  a. 

1861)   693 

XVTI.  Ueber  Horatius  Carm.  II,  1  (1867)   602 

Erster  Brief  602    Zweiter  Brief  611     Replik  von 
Jacob  Bernays  614 

XVIII.  Ueber  Tibull'8  vierte  Elegie  des  ersten  Buches  (1866)  .  .  616 

XIX.  Cicero  uber  die  Servianische  Centurienverfassung  ....  637 

I.  (1852)   637 

II.  an  und  von  E.  Huschke  (1852)  [mit  Nachtrag 

846]   651 

III.  von  L.  Lange  (1853)   663 

IV.  von  L.  Urlichs  (1859)   670 

V.  (1861)   673 

XX.  Palimpsestblatter  zu  Cicero  de  fato   674 

I.  (1854)  *   674 

II.  (1858)   683 

XXI.  Zur  Beurtheilung  Cicero's   697 

I.  (1856)   697 

II.  (1863)   701 

XXII.  Grammatisches  bei  Quintilism  (1867  mit  Nachtrag  von  1868)  709 

XXIII.  Der  Dichter  Florus  (1841  rait  Nachtrag  von  1841  und  Zu- 

satz)   729 

XXIV.  Die  Vermessung  des  rOmischen  Reichs  unter  Augustus,  die 

Weltkarte  des  Agrippa  nnd  die  Cosmographie  des  so- 
genannten  Aethicus  (Julius  Honorius)  (1841  mit  Nach- 

trag  von  1842)   743 

XXV.  Kritische  Miscellen  zu  lateinischen  Autoren  (1841-1876).  789 


■ 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


Canticum  und  Diverbium  bei  Plautus*). 


YnpacKovT€C  dcl  ttoXXu  oibacK6|U€ea. 
1. 

In  der  praefatio  Trinunimi  p.  lv  ff.  zog  ich  kiirzlich  die  6»9 
Thatsache  ans  Licht,  dass  in  den  meisten  Scenenuberschriften 
dieses  Stuckes  uumittelbar  auf  die  Personennamen  die  Sigle 
C-  oder  C  !)  zu  folgen  pflege,  fast  regelmiissig  im  'Vetus* 
codex  (B),  mehrere  Male  auch  im  'Decurtatus'  (C).  Die 
Annahme,  dass  diese  Nota  die  Initiale  von  Canticum,  oder 
wenn  nicht  dieses,  so  doch  etwa  Cantor  oder  vielleicht 
(p.  163)  noch  lieber  Cantio  sei,  wird  wohl  im  Wesentlichen 
unanfechtbar  bleiben,  so  lange  nicht  —  ich  will  nicht  sagen 
eine  bessere,  sondern  nur  iiberhaupt  eine  andere  Deutung 
gefundem  wird  ,a).  Wenn  der  dortige  Nachweis  sich  zuniichst 
anf  den  Trinummus  beschriinkte,  so  gibt  dieses  Stilck  aller- 

♦)2Rhein.  Mus.  f.  Phil.  XXVI  (1871)  p.  699-  G37,  nebst  Nach- 
tragen  in  XXVII  p.  180  —  192  und  p.  352.  Aus  diesen  Nachtragen 
sind  fur  einige  irrtbiimliche  Angaben  abcr  den  Thatbestand  in  B  und 
C,  die  friiher  eingeschlichen  waren,  jetzt  soglcich  kurzer  Hand  die  Be- 
richtigungen  substituirt  worden,  die  Hinck's  und  Dziatzko's  noch- 
maliger  Revision  der  beiden  Pfalzcr  Handschriften  verdankt  wurden.l 

1)  Meist  mit,  manchmal  ohne  Punkt:  was  ich  als  vollig  gleich- 
gTdtig  unberiicksichtigt  lasse.  —  Ausser  am  Schluss  der  Scenenuber- 
schrift  findet  sich  daa  C  ein  einziges  Mal  auch  noch  vor  dem  Anfang 
(ier  bezuglichen  Scene  selbst  wiederholt:  Trin.  V,  1. 

1*)  [Auf  so  ungesunde,  fast  rnuss  man  sagen  aberwitzige  Traume- 
reien,  wie  trie  im  'Nachtrag'  p.  187  berilhrt  nind,  konnte  man  freilich 
nicht  gefasst  seiu.] 

t»n.  niT8riiKr.ii  opvhcvla  nr.  1 


Digitized  by  Google 


2 


CANTICUM  UNI)  DTVERDTUM  HEI  PLAVTl  S. 


dings  die  zablreichsten  Beispiele  jener  Siglc,  aber  keines- 
weges  die  einzigen.  Recht  haufig  kebrt  sie  iu  drei  andeivn 
Stticken  wieder,  im  Poenulus,  Pseudulus  und  Tru- 
culentus,  wiederholentlich  ini  Mercator  (und  zwar  hier 
ausuahmsweise  blos  in  (7),  sporadisch  auch  in  Cistellaria, 
Epidicus  und  wie  es  scheint  Persa.  Dazu  ist  auch  ihrc 
Auwendung  im  Ganzen  eine  durchaus  gleichartige.  Denn 
entweder  steht  sie  vor  Scenen,  die  wir  bisher  als  eigent- 
liche  Cantica  im  vollen  Sinne  zu  fassen  gewohnt  waren: 
mogen  es  nun  wechselnde  Versmasse  sein,  oder  doch  die 
freiereu  Octonare  und  anapastischer  Rhythmus,  wodureh 
sie  in  Gegensatz  zu  einfachen  Dialogscenen  treten:  —  oder 
6oo  aber  vor  Scenen  aus  regelmassigen  trochaischen  Septenaren, 
die  wir  bisher  nicht  zu  den  Cantica  rechneten.  Fassen  wir 
die  erstere  Klasse,  in  Ermangelung  eines  andern,  nichts 
priijudieirenden  Ausdrucks,  mit  dem  Namen  lyriseher  Par- 
tien  zusammen  und  stellen  die  zweite  als  trochaischen 
Dialog  entgegen,  so  bietet  uns  der  Trinummus  drei  C'  vor 
lyrischen  Scenen,  vier  vor  Septenarscenen;  Pseudulus  zwei 
vor  lyrischen,  vier  vor  Septenarscenen ;  Poenulus  zwei  vor 
lyrischen,  drei  vor  Septenarscenen;  Truculentus  zwei  vor 
lyrischen  und  dcsgleichen  zwei  vor  Scptenarsoenen;  Cistel- 
laria  und  Epidicus  je  eines  vor  lyrischen,  Mercator  zwei, 
Persa  eines  vor  Septenarscenen.  Vollig  vereinzelt  und  oline 
zweites  Beispiel  ist  es,  dass  im  Trinummus  auch  eine  aus 
iambischen  Senaren  bestehende  Dialogscene  (IV,  4)  mit  C* 
bezeichnet  ist. 

Jedenfalls,  wie  man  sieht,  eine  hinliingliche  Zahl  von 
Zeugnissen,  die,  oline  Zweifel  Reste  einer  recht  alten  Ueber- 
lieferung  ,b),  ein  niiheres  Eingehen  auf  ihre  Bedeutung  und 
Anwendung  nicht  nur  rechtfertigen ,  sondern  fordern.  Es 
steht  dies  aber  in  engem  Zusammenhange  mit  einer  andern 

lb)  [Wenn  sie  C.  Steffcn  fde  actorum  in  fabuli»  Terentianis  nu- 
mero  et  distributione'  (in  den  Acta  soc.  phil.  Lip8.  II)  p.  150  ff.  iu  die 
Anfiinge  des  7.  Jahrhunderts  d.  St.  setzt,  so  ist  dies  an  sich  ganz  in 
meincm  Sinue,  nur  dma  man,  um  zu  ihrem  eigentlichcn  Ursprunge  zu 
ilringen,  doch  wohl  wird  in  die  Plautinische  Zeit  sclbst  zuriickgehcn 
niussen.] 


Digitized  by  Google 


CANTICUM  UND  DIVERBICM  BEI  PLAUTU8. 


3 


Erscheinung,  die  zuniichst  ins  Auge  zu  fasseu  ist,  [und  die 
ich  frilher  nur  daruni  mit  vorliiufigem  Stillschweigen  iiberging, 
weil  mir  ihre  Erklarung  noch  nicht  iiber  allen  Zweifel  er- 
hoben  war,  Halbfertiges  aber  zu  geben  mir  widerstrebte  imd 
widerstrebt.] 

2. 

Den  Personennamen  der  Sceneniiberschriften  pflegt  in 
den  Handschriften  mit  ziemlicher  Regelniiissigkeit  der  Cha- 
rakter  der  beziiglichen  Kolle  hinzugefiigt  zu  werden,  wie 
SENEX,  ADVLESCENS,  SERVVS,  LENO,  MVLIER,  ME-  . 
KETRIX  u.  s.  w.  Sind  es  nun  zwei  oder  mehrere  Porsonen 
derselben  Kategorie,  welche  die  Interlocutoren  der  Scene 
bildeu,  so  wird  dies  sehr  oft  durch  eine  hinzutretende  Zahl 
ausgedriickt,  wie  SENESII-,  ADVLESCENTESH-,  SEK- 
VI- II-,  SORORES  II.,  LORARII  III.  und  dgl.  Nichts 
natiirlicher  also,  als  dass  die  jungen  Handschriften  des  15. 
Jahrhunderts  diesen  Zahlzeichen  ihrer  Quellenhandschrift 
(d.  i.  in  den  zwolf  letzten  Stiicken  des  Vaticanus  =  D)  ein 
ausgeschriebenes  duo  oder  duae  substituirten,  wie  es  z.  B. 
im  Trinummus  I,  2.  III,  2.  III,  3.  V,  2  geschehen  ist  und 
in  zahlreichen  sonstigen  Beispielen,  die  hier  vollstandig  zu 
verzeichnen  uimiitz  ware  2).  Ein  und  das  andere  Mal  lindet 
sich  diese  Substituirung  auch  schon  in  Z>,  wie  Most  I,  1. 
Sonat  sind  es  in  unseren  Quellenhandschriften  hauptsachlich 
nur  die  ersten  acht  Stiicke,  welche,  weimgleich  ohne  alle 
Regel  abwechselnd  mit  der  Ziffer  II,  ein  volles  DVO  (oder 
DVAE)  darbieten:  z.  B.  wenn  in  der  Casina  vor  I,  1  steht  «oi 
SERVI  DVO-,  dagegen  II,  8  SERVl  H,  oder  vor  III,  1 
SENES-II.,  dagegen  III,  4  SENES  DVO-3).  Sehr  selten 
hingegen  hndet  sich  in  den  zwolf  letzten  Stiicken  die  Zahl 
ausgesohrieben ,  und  daun  mit  gleichem  Wechsel  entweder 

2)  Man  sehe  u.  a.  Most  IV,  3.    Pers.  I,  1.  V,  1.    Stich.  I,  1.  IV, 
1.  2.  V,  4.    Truc.  IV,  2.    Poen.  IV,  2  und  sonst. 

3)  Ohne  solchen  Wechael  SEHVI  DVO  Asin.  II,  2.  III,  2.  III,  3. 
Epid.  I,  1;  SENES  DVO  Aulul.  II,  2.  III,  5.  IU,  6.  Epid.  II,  2.  Aber 
daneben  in  demelben  Stiicken  TIBICINAE  II  Aulul.  II,  4;  SENES  II 
Epid.  III,  3.  V,  2:  wie  auch  in  Caa.  IV,  4.  V,  1  ANCILLAE  II. 

1* 


Digitized  by  Google 


4  CANTICUM  UND  DIVERBIUM  BEI  PLAUTUS. 

r 

verschiedener  Hdss.,  wie  wenn  es  ADOLESCENTES  DVO 
in  B,  ADOLESCENS  II  (so  4))  in  C  heisst  Merc.  III,  4,  oder  ' 
sogar  in  einer  und  derselben  Seenentiberschrift  desselben 
Codex,  wie  BACHIDES  DVAE-  SENEX  II  (so  *))  in  B 
Bacch.  V,  2. 

Nichts  schien  unter  solchen  Umstiindeu  niiher  zu  liegen, 
als  ein  daneben  vielfach  vorkommendes  DV  ebenfalls  fiir  ein 
nicht  voll  ausgeschriebeues  DVO  zu  nehmen.  Auch  kann  in 
der  That  kaum  ein  Zweifel  sein,  dass,  wenn  das  entschiedene 
Canticura  Epid.  II,  2  die  Uebersehrift  triigt  EPIDICVS 
SERVVS •  APOECIDES  PERIPHANES  SENES  DVO  C-, 
die  unmittelbar  vorhergehende  ebenfalls  lyrische  Scene  II,  1 
aber,  in  welcher  der  Sklav  noch  nicht  anwesend  ist,  diese: 
APOECIDES  PERIPHANES  SENES  DV,  das  letztere  nur 
fflr  ein  abgekiirztes  DVO  zu  gelten  hat.  Wonach  es  wie- 
derum  einleuclitet,  dass  auch  in  der  weiter  vorhergehenden 
Scene  I,  2  die  Ueberschrift 

STRATIPPOCLES   CHERIBOLVS  ADOLESCENTES 
EPIDICVS  SERVVS  DV 

zu  lesen  ist  f  Stratippocles  Chaeribulus  adolescentes  duo. 
Epidicus  servus'4*).  Und  offenbar  so  sah  raan  auch  das 
PVER  DV  des  B  in  Pseud.  III,  1  an,  wenn  daraus  in  D 
PVERI-I'I-  (d.  h.  -II»)  wurde5),  was  die  Cinqueeentisten 
in  Pucri  duo  iibersetzten:  hier  freilich  mit  augenscheinliehem 
Ungliick,  da  es  ja  zweifellos  nur  ein  Puer  ist,  der  den  dor- 
tigen  Monolog  spricht. 

4)  Eine  blos6C  Verschreibung,  die  auch  sonst  wiederkehrt,  z.  H. 
Trin.  III,  3  und  IV,  4  in  C,  [desgl.  Pseud.  II,  4  in  11:  a.  Anm.  30»]. 

4*)  (An  aich  mochte  ja  die  natilrlichere  Lesung  allerdings  diese 
scheinen: 'Stratippocles  Chaeribulus  adolescentes.  Epidicus  servus.  DV. 
so  dass  die  ganzen  Zeilen,  eine  nach  der  andern,  auf  einander  folgton. 
So  noruial  dann  aber  auch  die  Stelluug  des  DV  am  Ende  sein  wurde, 
80  wird  «ich  doch  weiterhin  zeigen,  dass,  um  diese  Auffassung  zuzu- 
laasen,  es  eine  Senar-,  nieht  eine  Septenarscene  sein  mflsste.  —  Nachtr. 
p.  188  f.) 

5)  So  ist  unBtroilig  zu  fassen,  was  in  der  mir  zugekommenen 
Collation  als  PVER  III-  erscheint  und  naturlich  so  in  der  Ausgabe 
wiederholt  ward. 


Digitized  by  Google 


CAKTICUM  UND  DIVKRBIUM  BEI  PLAUTU&  5 

Ganz  abgesehen  von  deni  letztgenannten  Beispiele 
mnssten  sich  indess  docb  einer  nur  einigermassen  weiter 
fortgesetzten  Beobachtung  schon  von  vornherein  die  stiirksten 
Kedenken  gegen  die  Gleiehstellung  eines  solchen  DV  mit 
DVO  aufdrangeu.  Fiir  Zufall,  obwobl  iramerbin  einen  selt- 
samen,  mochte  man  es  allenfalls  nehinen,  dass,  wenn  wir 

*oben  die  Beiscbriften  DVO  und  II  einander  gelegentlich 
substituirt  fanden,  gleichwohl  niemals  in  B  und  C  derselbe 
Wecbsel  zwiscben  DV  und  II  oder  II  und  DV  vorkomnit. 
AufFallender  scbon  musste  die  Wabrnehmung  sein,  dass, 
wahrend  Bezeichnungen  wie  SENES  II  oder  SENES  DVO 
ibren  Platz  begreitiieher  Weise,  je  nach  Umstiinden,  an  be-  002 
liebiger  Stelle  der  bezuglicbeu  Ueberscbrift  finden,  jenes  DV 
immer  und  obne  Ausnabme  nur  am  Ende  derselben  stebt, 
niemals  irgendwo  in  der  Mitte.  Geradezu  unverstandlich 
aber  bliebeu  Fiille  wie  Trin.  III,  3,  wo  DV  und  II  nicht 
etwa  mit  einauder  wechseln,  sondern  beide  vereinigt  nebeu 
einander  stehen:  SENES-II-DV.  Und  doch  siud  das  alles 
noch  untergeordnete  Anstosse  Angesichts  der  durchschlagen- 
den  Thatsache,  die  uns  diesen  ganzeu  Erkliirungsweg  un- 
weigerlicb  versperrt:  der  Thatsache  namlich,  dass  es,  mit 
Ausnabme  der  zwei  Epidicusscenen  I,  2  und  II,  1,  sowie  der 
des  Mercator  III,  3,  in  welcher  die  senes  Lysimachus  und 
Demipho  das  Gesprach  fiihren,  iiberall  sonst  gar  keine  gleicb- 
artigeu  Persouenpaare  sind,  die  das  DV  binter  sich  haben, 

^sondeni  durchgiingig  verschiedenartige,  z.  B.  ein  Herr  uud 
ein  Sklav,  ein  Leno  und  eine  Meretrix  u.  dgl. 

Man  musste  also,  um  die  Auffassung  des  DV  als  duo 
aufrecht  zu  halten,  mindestens  die  Modification  eintreten 
lassen,  dass  die  Angabe  einer  Zweizahl  nur  Uberhaupt  auf 
die  Zahl  der  in  einer  Scene  zusammen  auftreteuden  und  sicb 
unterredenden  gehe:  wozu  allerdings  die  stete  Stellung  des 
DV  am  Ende  der  Ueberschrift  sehr  wohl  stimmen  wUrde. 
Und  so  trafe  es  mit  unzweideutig  ausgeschriebener  Zabl 
wirklicb  zu  in  Asin.  IV,  2,  wo  die  Ueberschrift  in  B  lautet: 
ADOL  •  ARGURIPVS  ■  &  PARASITVS  DVO.  Ist  dies  auch 
der  einzige  Fall  dieser  Art,  so  dUrfte  man  ihn  doch  leicht 
ala  massgebend  ansehen  auch  fiir  die  analogen  Beispiele  mit 


Digitized  by  Google 


6  CANTICUM  UND  DIVKKBUM  UEl  1'LAUTl'S. 

blossem  DV  •).  So  also  wenn  im  Truculentus  nicht  weniger 
als  vier  Scenen,  die  aus  Zwiegespriichen  zwischen  Diniarchus 
und  Astaphium,  Phronesium  und  Diniarchus,  Phronesium 
und  Stratophanes,  Stratophanes  uud  Astaphiuni  bestehen  — 
II,  3.  II,  4.  II,  8.  III,  2  — ,  sammtlich  die  Beischrift  DV 
haben;  ferner  Casina  IV,  2  und  IV,  o  die  Zwiegespriiche 
zwiachen  ANCILLA  •  SENJ5X  und  SERVVS  •  SENEX,  wie 
dort  ohne  die  Nanien.  aber  mit  hinzugefiigtem  DV,  B  gibt; 
603  desgleichen  im  Pseudulus  IV,  6  7)  zwischen  Simo  und  Ballio. 
Widerstreben  wiirden  auch  nicht  Pseud.  IV,  4  und  Merc.  II, 
2  S),  weil,  wenngleich  hier  drei  Personen  zusammen  auf  der 
Biihne  sind  und  auch  in  deu  Ueberschriften  verzeichnet 
stehen,  doch  dort  die  Phoenieium,  hier  der  Lorarius  inu* 
stumme  Figuren  spielen.  Selbst  Pseud.  III,  2  braucht  nicht 
ins  Gewicht  zu  fallen,  da  es  hier  nur  einige  wenige  Worte 


6)  Ein  Ueberscharfsichtiger  ktfnutc  uuter  diencm  GeaichtBpunkte 
sogar  auf  dic  Meinung  verfallen,  die  Abkurzung  DV  sei  absichtlich 
gewahlt  worden,  weil  darin  sowohl  duo  als  duae  liegen  kounte. 

7)  Dass  hier  eine  neue  Scene  nur  in  J57>  beginnt,  wahrend  AC 
richtig  die  bisherige,  aus  dem  Zwiegesprilch  zwischen  Ballio  und  Simo 
bestehende  einfach  fortsetzen,  iet  fflr  uuseru  Zweck  eben  bo  gleich- 
gflltig  wie  die  offenbare  Vermischuug  zweier  an  aich  gleich  richtiger 
Ueberechriften  (entweder  SIMO  SENEX  •  BALLIO  LENO  oder  aber 
EIDEM),  die  in  dem  S  •  SIMO  SENEX  •  E  EIDEM  •  DV  des  B  zu  Tage 
liegt.  Umgekehrt  fehlt  in  B  aus  reiner  Nachlassigkeit  j  e  de  Scenen- 
abtheilung  gleich  vorher  zwischeo  lVr,  4  und  5,  ganz  ahnlich  wic  z.  B. 
Trin.  zwischen  I,  2  und  II,  1.  —  Weder  auf  solche  Irrthflmer,  um 
uicht  Fremdartiges  und  jedenfalls  Irrelevantes  in  das  vorliegende  Thema 
einzumischen,  gehe  ich  hier  ein,  noch  auf  den,  ausserbalb  des  Gebiets 
des  Irrthums  liegenden,  sehr  haufigen  Fall,  wenn  von  mehrern  Per- 
8onen  einer  Sccnc  am  Ende  uur  eine  allein  zuruckbleibt  und  noch 
cinen  Monolog  spricht:  ein  Fall,  ftir  dessen  Behandlung  s?ich  in  den 
Handschriften  geradezu  zwei  entgegengesetzte  Syeteme  oder  Theoricn 
alter  Ucberlieferung  selbst  erkennen  lassen,  wenn  auch  nicht  ohne 
lnaneherlei  Vermischung  und  Inconsequenz,  indem  dann  bald  einc  neue 
Scene  bezeichnet,  bald  nur  die  vorige  obne  besondere  Abtheilung  fort- 
gesetzt  wird.  Kurz  berflhrt,  vorbehaltlich  gelegcntlicher  weiterer  Hc 
sprechung,  ward  dies  in  praef.  Trin.  p.  lviii  f.    Vgl.  Anm.  12.  16. 

8)  Denn  hier  lautet  die  Ueberschrift  in  C,  exacter  als  es  die  Aua- 
gabe  angibt,  also:  DEMIPHO  LISIMACHVS  SENES  •  II  •  LORARIVS  DLf : 
worin  ich  indess  wohl  mit  Recht  ein  DU  erkeunen  durfte.  <- 


Digitized  by  Google 


CANTK  UM  UNl>  DlVKRHIl  M  HKI  l'LAL'TL'8. 


7 


siud,  mit  denen  nach  einem  durch  huudert  Verse  fortge- 
fuhrteu  Zwiegesprach  des  Kupplers  und  des  Kochs  auch  der 
gauz  nebensachliche  Puer  seine  Anwesenheit  bemerklich 
macht  (Ycrs  891). 

Dennoch  erweist  sich  auch  dieser  Weg  bei  naherer  Be- 
trachtung  als  undurchfuhrbar,  und  zwar  aus  dem  sehr  ein- 
facheu  Grunde,  weil  die  doppelt  so  grosse  Zahl  von  Bei- 
spielen  gegenubersteht,  in  denen  die  mit  DV  bezeichnete 
Scene  gar  nicht  von  zwei,  sondern  theils  von  mehr,  theils 
von  weniger  als  zwei  Personen  gebildet  wird.  Zwar  die 
erste  dieser  beiden  Kategorien  mochte  in  den  meisten  Fallen 
leicht  scheinen  noch  ^inen  Ausweg  olfen  zu  lassen,  der  uns 
dennoch  die  Angabe  der  Zweizahl  festzuhalten  gestattete. 
Nicht  wenige  Scenen  der  Komodie  sind  ja  namlich,  wie  man 
weiss,  so  angelegt,  dass  zwar  die  Gesammtzahl  der  darin 
sprechenden  Personen  drei  oder  selbst  mehr  als  drei  ist, 
aber  den  Eingaug  wirklich  nur  ein  Dialog  zweier  Personen 
bildet,  wiihrend  dessen  die  dritte  ungesehen  bei  Seite  steht, 
auch  wohl  einiges  still  fiir  sich  oder  zu  den  Zuschauern  ge- 
wendet  redet,  aber  zu  den  beiden  andern  crst  spiiter  heran- 
tritt,  um  nun  auch  ihrerseits  in  deren  Unterredung  eingrei- 
fend  diese  zu  einem  Dreigespriich  zu  maclien.  So  z.  B.  wenn  61* 
im  Trinummus  II,  4  Philto,  vorher  von  Lesbonicus  und 
Stasimus  unbemerkt,  mit  Vers  34  zu  ihnen  tritt  und  erst 
vou  da  an  sich  au  ihrem  Gespriich  betheiligt.  Genau  so 
verhalt  es  sich,  wenn  Pseud.  I,  5  Pseudulus  erst  mit  Vers 
28—40  zu  Simo  und  Callipho  herantritt,  Cistell.  II,  3  Me- 
laenis  erst  nach  53  Versen  zu  Phanostrata  und  Lampadiscus, 
Poen.  111,3  Collabiscus '•')  nach  65  zu  Lycus  und  den  Advo- 
cati,  ebend.  III,  5  die  Advocati  nach  22  zu  Lycus  und  Ago- 
ra^tocles,  ebeud.  V,  2  Hanno  mit  Vers  15 — 30  zu  Agorastocles 
uud  Milphio  1(>).    Alle  diese  Scenen  haben  ein  DV  an  ihrer 

9)  Warum  ich  ihn  nicht  Collybiscus  nenne,  ist  im  Prooemiuiu  iIch 
[nd.  schol.  aest.  Bonn.  von  1856  p.  V  f.  entwickelt.  —  Die  Kechtfer- 
tigung  der  allein  plautiniachen  Namensform  Pseudulus,  gegenuber  der 
von  Freund  FleckeiBen  nicht  gluckhch  wieder  hervorgezogenen  Fonu 
Paeudolus,  wird  demnuchst  an  einem  andern  Orte  erfolgen. 

10)  Etwaa  anders  geartet  ist  der  Fall  iu  der  Scene  des  Poenulus 


Digitized  by  Google 


8 


CANTICUM  UND  DIYKKHIUM  UEI  PLAUTUS. 


Spitze,  uiid  wer  dies  ebeu  nur  auf  die  Zweizahl  der  den 
Eingangsdialog  fuhrenden  Personen  beziehen  wollte,  wiirde 
sieh  unbestreitbar  auf  etwas  materiell  ganz  richtiges  stiitzen. 
Aber,  fragen  wir  wohl  mit  Reeht,  welchen  Sinn  sollte  es 
haben,  welchein  Zweck  konnte  es  dienen,  die  Namen  samint- 
licher  Mitspieler  vorauszuschicken,  dann  aber  noch  ganz 
ausdriicklich  zu  bemerken,  dass  von  ihnen  im  Aufang  nur 
zwei  spriichenV  Wiirde  etwa  ihre  Gesamnitzahl  mit  TRES 
(oder  manchmal  QVATTVOR)  augegebeu,  so  konnte  man 
sich  dies  noch  allenfalls  als  einen  praktischen  Vermerk  fiir 
den  Regisseur  denken,  um  mit  einem  Blick  zu  iibersehen,  ob 
das  neue  Auftreten  ordnungsgemiiss  erfolge;  aber  von  weui 
uud  fiir  wen  sollte  jenes  DVo  sein  zur  Rezeichnung  eines  Um- 
standes,  der  sich  ja  eben  durch  die  Eroffnung  des  sogleieh 
fiw>  folgenden  Gesprachs  ganz  von  selbst  ergab,  ebensowohl  fiir  die 
Schauspieler  aus  ilireu  geschriebenen  Rollen  wie  fiir  jeden 
Leser  aus  dem  ihm  vorliegenden  Buche?  Und  musste  nian 
nicht  wenigstens  erwarten,  dass,  wo  nuu  der  dritte  Mit- 
spieler  zum  wirklicheu  Mitsprecher  wird,  dies  doch  alsdann 
ebenfalls  durch  einen  hinzugefugten  Vermerk  wie  III  ange- 
deutet  wurde?  wovon  sich  gleichwohl  nicht  die  mindeste 
Spur  findet.  —  Wie  nun  vollends,  wenn  die  in  Rede  stehende 
Erklarung  nicht  einmal  fiir  alle  Scenen  ausreicht?  So  ist 
es  aber  in  der  Scene  V,  3  des  Poenulus,  wo  gleich  von  vorn 
herein  die  Amme,  der  Sklav  und  Hanno  das  Gesprach  bilden, 


III,  4,  welche,  nachdem  am  Schlusa  der  vorigen  (wie  so  ungemein 
haufig  in  B:  b.  zu  Trin.  39)  noch  ag&rastochs  gleichwie  zum  Text  ge- 
hdrig  hinzugesetzt  war,  nun  die  Ueberschrift  fuhrt  ADVLESCENS 
IDEM  DV  •  und  mit  den  IDEM  meint  den  Lycus,  deu  Collabiscus  und 
die  Advocati.  Wenn  hier  von  Aufang  hu  vier  Pereonen  zugleich  auf 
der  Buhno  erscheinen,  so  sind  sie  doch  paarweise  in  zwei  Gruppen  ge- 
trennt,  die  in  keine  gegenseitige  Bfu-uhrung  kommen,  indem  Agora- 
stocles  und  die  Advocati  nur  aus  einiger  Entfernung  zusehen  und  zu- 
hOren,  wie  Collabiscus  und  Lycus  ihr  Geldgeschitft  mit  einander  ab- 
machen,  und  erst  nach  deren  Abgang  mit  Vers  11  ihr  eigenes  Gespriich 
fortsetzen.  —  Kaum  der  Bemerkung  bedarf  es,  dass,  wenn  ea  anch 
raehrerc  Advocati  sind,  die  in  den  sechs  Scenen  des  dritteu  Actes 
spielen,  sie  doch  fvir  den  Diaiog  als  solchen  blos  als  eine  Person 
zahlen,  da  naturlich  immer  nur  einer  das  Wort  fur  alle  fuhri 


Digitized  by  Google 


CANTHTM  UXD  DIVERBIUM  BEI  PLAUTU8. 


0 


sehr  schnell  auch  Agorastocles  au  ihra  theilnimrat,  und  doch 
die  Ueberschrift  in  B  lautet: 

Ciddis         Milphio         Agorastocles  hauuo; 
NVTRIX     SERVOS     ADVLESCENS    POENVS  DV. 

Selbst  aber  weun  das  letztgenannte  Beispiel  nicht  emV 
gegenstunde,  ist  nun  noch  die  endgultig  entscheideude  In- 
stanz  ubrig,  gegen  die  es  keine  weitere  Berufung  gibt:  dass 
uns  das  DV  vor  nicht  weniger  als  neuu  Scenen  begegnet, 
die  gar  keinen  Dialog  enthalteu,  sondern  die  uuzweifelhaf- 
testen  Monologe.  Als  da  sind:  der  Monolog  des  Charmides 
Trin.  IV,  2b  =  Vers  998  ff.;  des  Diniarchus  True.  I,  1  "); 
des  Pseudulus  Pseud.  I,  4  und  noch  einmal  IV,  3;  des  Lysi- 
machus  Merc.  IV,  2;  des  Parasitus  Capt.  III,  1;  der  Aneilla 
Cas.  IV,  1;  des  Lampadiscus  Cist.  II,  2'-):  wozu  noch  die 
punische  Scene  des  Hanno  Poen.  V,  1  koinmt,  iiber  welche 
s.  u.  Anm.  25. 

Unuinstosslich  fest  steht  hiernach  das  negative  Resultat,  <m 
dass  DV  nicht  duo  bedeutet.  Zur  Beantwortung  der  Frage, 
was  es  bedeute,  leitet  uns  die  Erwiigung  zweier  weitern 
Umstaude:  erstens,  dass  uns  die  Beisehrift  DV  mit  einer  ge- 
wissen  Regelmiissigkeit  genau  in  denselben  Stiicken  entgegen- 
fcritt,  welche  uns  auch  das  C  mit  mehr  oder  weniger  Con- 

11)  Hoffentlich  wiiti  niemand,  weil  hier  in  7?  DIMARCVS  •  DV 
in  C  DINARCHVS  DV-,  in  Db  aber  DINARCHVS  ADV  zu  leaen  ist, 
sich  durch  letzteres  in  Versnchung  ffihren  laesen,  DV  etwa  nnr  fur 
einen  Rest  von  ADVlescem  zn  halten! 

12)  Dieaer  Monolog  iat  freilich  in  Ji  iiberschrieben  LAMPADISCVS 
SERVVS  •  MELENIS  LENA  •  DV,  aber  wie  die  jetzigc  Scenenab- 
theilung  einmal  ist  —  eben  ao  falsch  wie  die  ntlchstvorhergehende  nur 
mit  ALCHE9IMARCHVS  ADOLESCENS  •  C  •  ohne  MELAENIS,  die 
allerdinga  erst  mit  Vers  16  zum  Sprechen  kommt.  Ea  geht  dies  eben 
anf  die  in  Anm.  7  berflhrte  principielle  Verschiedenheit  alter  Scencn- 
abtheilnng  selbst  zurQck,  die  mehrfache  Vermischung  und  Verwirrung 
zur  Folge  gehabt  hat.  Der  obige  Zusatz  MELENIS  LENA  iu  II,  2 
gtamint  aus  einer  Abtheilung,  welche  dieue  und  die  folgende  Sccne  in 
eine  zusammenzog,  obwohl  die  letztere,  mit  Wiederholung  desselben 
Namens,  jetzt  in  B  das  vollstandige  Personenverzeichniss  fiberge- 
schrieben  hat:  PHANOSTRATA  MVLIER  •  LAMPADISCVS  SERVVS  • 
MELENIS  LENA  DV. 


10  CANTICUM  UND  DIVEKBIUM  BEl  PLAOTC8. 

sequenz  augewendet  darboten,  d.  i.  ausser  Trinumnius  noeh 
Poenulus,  Pseudulus  und  Truculentus,  anniihernd  auch 
Mercator;  zweitens,  dass  in  diesen  Stiicken  sowohl,  wie 
auch  in  denen,  welche  beide  Zeichen  nur  sporadisch  haben, 
sich  nienials  C  luid  DV  zugleich,  d.  h.  vor  einer  und  dcr- 
selben  Scenc  verbunden  linden.  So  wirken  denn  von  allen 
Seiten  alle  Auzeichen  zusamnien,  uni  die  Ueberzeugung  zu 
begriinden,  dass  wir  iu  dem  DV  ein  Correlat  des  C  vor 
uns  habeu.  Welches  aber  konnte  dies  fiir  jeden,  der  sich 
auch  uur  fluchtig  der  auf  die  Terenzische  Komodie  beziig- 
lichen  Traditionen  des  Alterthums  selbst  erinnert,  anders 
seiu  als  der  Begriff  des  Diverbium  neben  Canticum? 

Man  wird  es,  denke  ich,  nicht  als  eine  Hypothese,  son- 
dern  als  eine  lediglich  durch  schlichte  Combination  von 
Thatsachcn  und  ihren  logischen  Consequenzen  ermitteltc  Ge- 
wissheit  anzusehen  haben,  dass  DV  die  Abkiirzung  vou 
DiVerbium  ist,  Dass  sie  DV  und  nicht  DIV  lautet,  dnrf 
keinen  Austoss  geben;  dieselbe  Abkiirzungsmethodc  haben 
wir  ja,  weim  inschriftlich  P  •  P  fUr  pcrpctuus  steht,  odcr  fiir 
pracpositus,  desgleicheu  fttr  prhnipilus  und  primipilaris.  Und 
wenn  etwa  jemand  auf  den  hier  zwischengesetzten  Punkt 
Gewicht  legte,  der  iibrigens  ein  solches  an  sich  gar  nicht 
liat13),  so  entspricht  vollkommen  die  ganz  gewohnliche  Ab- 
kiirzimg  BF  fiir  bctwfkmrius,  oder  PF  fiir  pracfwtus  bei  Orelli 
u.  1151:  um  von  Fallen,  wie  z.  B.  dem  gelaufigeu  QQ  fiir 
(piinqucnnalis,  ganz  abzusehen  u).  —  Fiir  das  Nichteoinpositum 


13)  Um  sich  davon  auf  cineu  Hlick  zu  iibcrzeugen,  vcrgleiche  luau 
nur  die  in  den  Indices  zu  Pr.  lat  mon.  p.  119  f.  aus  den  Inschriftfn 
zusammengestellten  BeiBpicle:  AD  VERSVS  neben  ADVERSVS,  SVH- 
LEGITO  neben  SVBLEGITO,  PEO  POSITA  und  PROPOSITA,  *elb«t 
1N  PERATOR  neben  INPERATOR  u.  h.  w.  u.  b.  w.:  um  von  dcm  all- 
tilglicheu  Wechsel  zwischen  PRO  •  COS  und  PROCOS  oder  DVO  VIU 
und  DVOVIR  gar  nicht  erst  zu  reden. 

14)  Aus  christlichen  Inachriften  und  anderweitigen  Urkunden  tp&. 
tcrer  Zeiten  laasen  sich  dic  Beispiele  geradezu  hanfen,  und  zwar  ho- 
wohl  fur  Composita,  als  fOr  Nichtcomposita,  deren  verschiedene  SyIlR'n- 
anfange  (wie  bei  Qui nQuennalis)  zu  einer  Nota  zusammengesetzt  wer- 
den.  Dorthin  gchoren  z.  B.  DP  dejmitus,  PF  perfcdt,  DT  duntaxat, 
DD  dcinde,  1P  imperator,  P(v>  postquatn,  NQ  numquam,  QS  quasi,  QM 


Digitized  by  Google 


CANTHTM   rXI)  DIYKKHIUM  liKI  VLAUTUS, 


11 


Canticnm  geniigte  das  einfache  C.    Wenn  sieh  dafiir  ein  wi 

einziges  Mal,  Pseud.  IV,  2,  CA-  findet,  so  ist  darauf  darum 

nichts  zu  geben,  weil  es  nur  in  D,  nicht  in  BC  steht,  D 

aber  uberhaupt  nnr  ganz  dflrftige,  zuui  Thcil  selbst  hochst 

unverlas8liche  Reste  der  in  B,  und  wenigstens  in  einer  Mehr- 

zahl  von  Fallen  auch  in  C,  bewahrten  Ueberlieferung  auf- 

zeigt.  —  <^ar  nichts  aber  mit  unserer  Sigle  C  hat  das  C- 

gemein,  welches  in  demselben  Pseudulus  in  der  Scene  111,2 

B  als  Anfangsbuchstabeu  von  COCVS  zur  Personenbezeich- 

nung  braucht1'):  wofur  CD  (ohne  Zweifel  aus  falscher  Er- 

iuuerung  an  CALVDORVS)  ofter  CA  substituiren  (Vers  798. 

o 

803.  828.  891),  welches  daun  D  richtig  in  CA  corrigirt  hat. 
[Naturlich  wird  auch  der  Name  Caludorus  selbst  mit  C-  be- 
zeichnet,  wie  gleich  vor  der  ersten  Scene  des  Stiicks  P 
PSEVDOLVS  C  CALYDORVS,  und  dem  entsprechend  wei- 
terhin  beim  VVechsel  der  sprechenden  Personen.J 

3. 

Um  nun  die  bisherigen  Ermittelungen  weiter  zu  ver- 
werthen,  ist  zuvorderst  eine  nach  den  Plautinischen  Stucken 
geordnete  vollstiindige  Uebersicht  iiber  das  Vorkommen  von 


quomodo,  QAM  fjuemadmodum;  hieher  KL  kaleiuiae,  LC  lucrum,  MD 
Mediolanum,  MG  magis,  ML  malum,  MS  mensis,  MT  matcr,  NB  uobilis, 
PV  procincia,  SC  sacrum ,  SN  senatus,  auch  sinc,  TH  tibi ,  TM  testa- 
mentum,  TP  tempore,  TT  titulus ,  VG  virgo;  beidea  gcmischt  in  MNF 
manifestum,  MNM  manumissum,  VDL  videlicet  u.  a.  ni. 

16)  In  der  Ueberschrift  selbst:  B  •  BALIIO  LENO  C  •  COCVS  • 
PVEK  DV:  ganz  wie  IV,  4  S  •  SICOPHANTA,  ahnlich  auch  S-  fiir 
Seruus  z.  B.  Bacch.  IV,  8  oder  Sencx  ebend.  II,  3,  oder  M  •  fvir  Mulicr 
oder  Merctrix  in  Most.,  Merc,  Stich.,  oder  L  •  und  P  •  fiir  Leno  und 
Parasitus  im  Persa  u.  dgl.  Dasa  es  bei  derartigen  Bezeichnungen  an 
zufiilligen  Versehen  und  gclegentlichen  Verwechaelungcn  nicht  fchlt, 
i»t  nicht  anderH  zu  erwarten.  Z.  B.  also  wenn  in  dem  Zwiegespruch 
zwi*eben  Ballio  und  Cocus  Pseud.  III,  2  das  C-  auch  cinmal  fiir  den 
Bailio  stcht  V.  880;  (denn  V.  891  i*t  es  insofern  etwas  auderes,  al» 
dort  der  Puer  ak  eine  ganz  neue  Person  Qberhaupt  nicht  erkannt  iat 
in  den  Hdas. :)  wonach  man  sich  denu  iiber  die  einfache  Verschreibuug 
in  der  Scenenuberschrift  Pseud.  IV,  1  P  •  PSEVDOLVS  SER  ■  C  •  SYCO- 
PHANTA  •  C  nicht  weiter  wundern  wird.    Vgl.  u.  Anm.  42. 


Digitized  by  Goigle 


12  CANTHUM  IND  DIVEKKIUM  KEI  KLAUTUS. 

C  und  DV  zu  geben,  und  zwar  filr  die  vier  Stiicke,  in  denen 
sie  niclit  blos  sporadisch  erscheinen,  rait  gleichzeitiger  An- 
gabe  auch  derjenigen  Scenen,  welche  keiue  derartige  Be- 
zeichnung  haben.  Hinzuzufiigeu  ist  sodann  erstens  das  Me- 
truui  jeder  Scene:  wobei  zu  unterscheiden,  ob  es  1)  iam- 
bische  Senare,  ob  2)  trochaische  Septenare,  oder  ob  3)  freiere 
Metra  sind:  sei  es  dass  iui  letztern  Falle  die  beziigliche 
Scene  polymetrisch  (namentlich  auch  mit  Einmischuug  kre- 
tischer  und  baccheischer  Verse)  gestaltet  ist,  sei  es  dass  sie 
608  sich  entweder  in  beliebigen  Versformen  des  anapastisehen 
Rhythnius  bewegt  oder  in  fortgesetzten  Octonaren  (trochai- 
schen  oder  iambischen)  einherschreitet:  welche  beiderlei 
Alien  ich,  wie  sclion  im  Eingauge  bemerkt,  mit  dem  Namen 
'lyrischer  Partien'  zusaunnenfasse.  Iambisclie  Septenare,  die 
man  naturgemiiss  den  trochaischen  Septenaren  zuniichst  zu 
stellen  hat,  kommen  zufallig  mit  einer  selbstandigen,  un- 
zweideutigeu  Bezeichnung  gar  nicht,  secundiir  imd  mittelbar 
nur  einmal  in  Betracht  (Anm.  28).  Zweiteus  hat  die  nach- 
stehende  Tabelle,  aus  bestimmtem  Grunde,  auch  zu  registriren, 
ob  es  Dialog  oder  Monolog  ist,  der  die  Scene  bildet:  ob- 
wohl  dies,  wie  sich  spiiter  zeigen  wird,  ohne  wesentliche 
Bedeutung  bleibt.  —  Uebrigens  gehen  alle  nachstehenden 
Angaben  auf  die  eine  Handschrift  B  zurUck,  wo  nicht  der 
Zutritt  von  C  (nur  ein  paarmal  auch  D)  ausdrilcklich  be- 
zeugt  wird.  —  Dass  der  Ambrosiauische  Palimpsest  auch 
nicht  eine  einzige  Bezeichnung  dieser  Art  aufweist,  steht  iu 
vollem  Einklange  mit  dem  auch  sonst  in  so  mancheu  Puukten 
zu  Tage  liegenden,  rclativ  moderuern  Charakter  dieser  Ke- 
cension.  —  Die  Bedeutung  des  einigen  Angaben  vorgesetzten 
f  wird  spiiter  zur  Sprache  kommen.  —  In  Klammern  schliesse 
icli  diejenigen  Scenen  ein,  welche  in  den  Hdss.  oder  wenig- 
stens  in  B  nur  darum  weder  C  noch  DV  geben,  weil  sie 
uberhaupt  gar  keine  Personeniiberschrift  haben,  daher  auch 
fiir  die  Feststellnng  des  numerischen  Verliiiltuisses  zwischen 
bezeichneten  und  unbezeichneten  Sceuen  nicht  mitziihleu; 
wobei  ich  eiu  paar  in  D  von  jungster  Hand  gemachte  Zu- 
siitze  unberUcksichtigt  lasse. 


Digitized  by  Google 


CANTICITM  I  ND  DIVKRIHUM  HEI  PLAUTU8. 


13 


Trin. 


1,1  —  Senare 

I,  2  —  Senare 

(II,  l  —  Lyrisch 

II,  2  C  Lyrisch 


Monolog 
Dialog 
Monolog  l6)) 
Monolog  n) 
Dialog) 
Monolog) 
Dialog  w) 
Dialog 
Dialog 

Dialog.  Auch  C19) 
Monolog 

Parallele  Doppelmo 


(II,  2b  —  Septenare 


(II,  3  Senare 
II,  4     DV  Senare 


III,  1  C  Septenare 
111,  2     C  Septenare 


III,  3    DV  Senare 

IV,  1     C  Lyrisch 


IV,  2    —  Septenare 


IV,  2b   DV  Senare 
IV,  3     C  Septenare 


nologe20);  Dialog 
Monolog.   ^Vuch  C*1) 
Parallele  Doppelmo- 


flV,  4     C  Senare 


nologe;  Dialog 
Dialog 


1C)  Wenn  hier  das  Fehlen  jeder  Scenenuberschrift  auf  offenbarer, 
dem  B  allein  eigener  Abscbreibernachlassigkeit  beruht,  wie  es  praef. 
Trin.  p.  xxxix  deutlich  vor  Augen  atellt,  so  geht  diescr  Mangel  ander- 
warts  auf  den  principiellen  Gegensatz  verschiedener  Scenenabtbeilung 
zuriick,  von  dem  Anm.  7.  12  die  Rede  war:  wie  wenn  in  den  gleich 
folgenden  Fallen,  Trin.  II,  2b  (d.  h.  von  Vere  301  an)  und  II,  3,  dort 
nnr  CD  (ohne  A),  hier  nur  ACD  eine  neue  Scene  beginnen,  nicht 
aber  B. 

17)  Dass  ich  diese  Scene  kurzweg  als  Monolog  bezeichnet  habe, 
wird  man  nur  in  der  Ordnung  finden,  da  die  zwei  kurzen  Verse,  mit 
denen  sicb  gleich  im  Anfang  Lysiteles  dem  Pbilto  prasentirt,  gegen 
dessen  lange,  nicht  weiter  unterbrochene  Moralpredigt  von  23  Versen 
gar  nicht  in  Betracht  kommen.    Den  umgekehrten  Fall  s.  u.  Anm.  30. 

18)  Vergl.  o.  p.  604  [7]. 

19)  Vergl.  o.  p.  602  [5]. 

20)  In  welchem  Sinne  diese  Bezeichnung  gcmeint  ist,  zeigen  die 
oben  p.  603  [7]  f.  zusammengestellten  analogen  Beispiele.  —  (Ein 
durch  die  Aehnlichkeit  der  Typen  C  und  C  veranlasstes  Versehen  war 
es,  wenn  in  der  zweiten  (nicht  auch  der  ersten)  Bearbeitung  des  Tri- 
nummus  hier  aus  C  ein  angeblich  hinzutretendea  C  vermerkt  wurde.  — 
Xachtr.  p.  188.) 

21)  fiemeint  ist  mit  IV,  2b  der  Schluss  der  Scene  von  Vers  998 
an,  wo  die  Hdss.  eine  neue  Scene  beginnen  lassen. 


Digitized  by  Google 


14 


CANTICUM  UNI)  DIVERMUM  BEl  PLAUTUS 


Poen. 


GIO 


v. 

1 

C 

Lyrisch;  Septen. 

Monolog  *2) 

v, 

2 

C 

Septenare 

Dialog 

I, 

1 

— 

Senare 

Dialog 

I, 

2 

— 

Lyrisch;  Septen. 

Dialog 

I, 

3 

— 

Senare 

Dialog 

II 

— 

Senare 

Monolog;  Dialog 

III, 

1 

c 

Septenare 

Dialog 

III, 

9 

c 

Septenare 

Dialog 

III, 

3 

DV 

Senare 

Dialog  *>) 

lll, 

4 

DV 

Senare 

Dialog 23a) 

m, 

5 

DV 

Senare 

Dialog  *3) 

m, 

6 

Senare 

Dialog 

IV, 

1 

C 

Lyrisch 

Monolog 24) 

IV, 

2 

c 

Septeuare 

Parallele  Doppeliuo- 

nologe;  Dialog 

v, 

1 

DV 

Senare  (puniseh) 

Monolog  **) 

22)  S.  o.  p.  699  [lj  Anra. 

22*)  (Richtig  gaben  hier  schon  beide  Ausgaben  des  Trimumnua 
aus  C  keine  hinzugefugte  Sigle  an.  —  Nachtr.  p.  1$S.) 

23)  Vgl.  o.  p.  604  [7]. 

23»)  Vgl.  p.  004  [7]  Anm.  10. 

24)  Dass  hier  auf  Octonare  noch  zwei  (ianibische)  Septenare  folgt-n,  1 
ist  natiirlich,  wie  iihnliches  anderwarts,  nicht  der  Kede  werth. 

2">)  Nachdem  in  B  die  vorige  Scene  IV,  2  geschlossen  hatte  mtt 
den  (in  einer  Zeile  fortgeschriebenen)  Worten  domi;  hanno  foenice 
(s.  o.  Anm.  10),  beginnt  zwar  V,  1  nur  mit  der  Ueberschrift  POENVS 
LOQVITVlt,  liisst  aber,  nachdem  es  am  Ende  von  Vers  10  wiedermn 
hiess  hisim;  hiannio  punicac,  dann  als  neue  Sceneniiberschrift  folgen 
PHONVS  DV,  worauf  sich  ferner  nach  Vers  16,  ohne  jede  weitere  Ab- 
theilung  oder  Ueberschrift,  die  11  Schlusssenare  Deos  deasque  u.  s.  w. 
aiiBchliessen.  Da  die  beiden  eraten  Stiicke  nur  parallel  stehende  Dop- 
pelganger  sind,  d.  h.  zwei  verschiedeue  puniBche  Uebertragungen  (ein«; 
jiingere  und  eine  altere)  eines  und  desselben  lateinisehen  Textes,  wel- 
cher  nachfolgt,  so  sieht  man  leicht,  dass  das  zufallig  nur  vor  dem  jetzt 
mittlern  Stflck  (11  —  16)  erhaltene  DV  eben  so  gut  auch  fQr  das  erste 
(1—10)  und  dritte  (17—27)  zu  gelten  hat.  —  Es  leuchtet  hiernach  ein, 
wie  verfehlt  es  war,  wenn  Movers  'Phonizische  Texte'  Th.  I  (Brealau 
1846)  p.  42  in  dem  DV  die  Abkilrzung  eines  punischen  duber  =  7o- 
quitur  zu  erkennen  mcinte,  oder  wenn  vor  ihm  Wex  rde  PuniciB  Plau- 
tinis  meletemaUi'  ^Lii»«.  1839)  p.  11  die  AuflOsong  in  Dictione  (!)  Vul- 


Digitized  by  Google 


CANTICTM  UND  DIVEBBIUM  BEI  PLAUTUS.  15 


V,2 

DV 

Senare 

Dialog  *fi) 

V,  6 

r\\i 
UV 

nenare 

l'iaiog  ) 

V,4 

C 

Lyrisch;  Septen. 

Dialog  *8) 

(V,5 

— 

Septen.;  Senare 

Monolog;  Dialog2*»)) 

(V,6 

— 

Senare 

Dialog) 

(V,7 

— 

Senare;  Septen. 

Dialog) 

Pseud.    I,  1 

— 

Senare 

Dialog 

1,2 

c 

Lyrisch 

Monolog  m.  parallelem 

Zwischendialog  **) 

I,  'A 

— 

Lyrisch;  Septen. 

Dialog 

1,4 

ov 

Senare 

Monolog 

1,5 

DV 

Senare 

Dialog*J) 

II,  1 

Lyrisch 

Monolog 

11,2 

Lyrisch;  Septen. 

Dialog  *») 

II,  :t 

c 

Septenare 

Mouolog 

gari  empfahl  geraiiss  seiner  Unterscheiduug  eines  (prosaischen)  Vulgiir- 
punisch  und  einer  (rhythmischen)  punischen  Schriftsprache,  welche  Art 
der  Unterscheidung  von  seinen  Nachfolgern  in  der  Krkliirung  dieser 
Punica  eiDstimroig  zurflckgewiesen  worden  ist.  Die  neueren  Bearbeiter 
derselben  [Ewald,  Schroder]  gehen  sicherer,  indein  sie  iiber  die  Be- 
deutung  jenea  DV  gar  keine  Meinung  aussern. 

2G)  Vgl.  o.  p.  G04  [7J. 

27i  Dic  vollstandige  Ueberschrift  b.  o.  p.  G05  [9]. 

28)  Wenn  wir  hier  Vere  29.  30  iambische,  31-55  trochaische, 
57  —  103  wieder  iambische,  104  —  109  abermals  trochaische  Septenare 
haben,  so  dflrfen  wir  sie  doch  eben  sammtlich  als  'Septenare'  zusam- 
menfaaaen  und  gerade  in  solcher  Abwechselung  einen  Beweis  fflr  ihre 
Uleichartigkeit  erblicken. 

28»)  [Was  flber  diese  Scene  Bergk  p.  235  angibt  und  verrouthet, 
ist  falsch.] 

2Kb)  [Das  flber  das  C  dieeer  Sccne  von  Usener  ira  Ind.  schol. 
aest.  Gryphiswald.  a.  186G  p.  8  Aufgestellte  wird  er  ja  wohl  lelbst 
jetzt  nicht  mehr  festhalten.] 

29)  Vgl.  o.  p.  604  [7]. 

30)  Es  sind  hier  eo  gar  wenige  Verse,  die  zuerst  Harpax,  und 
wiederum  Pseudulus  fflr  sich  sprechen,  dass  es  sicli  nicht  verlohnte, 
'parallele  Doppelraonologe  *  als  dem  'Dialog'  vorausgehend  (Anm.  20) 
zu  verzeichncu.  Was  auch  fflr  etwaige  iihnliehe  Fiille  zu  gelten  hat. 
—  Den  umgekehrten  Fall  s.  o.  Anm  17. 


Digitized  by  Google 


lr, 


CANTICOM  UND  DIVERBIUM  BEI  PLAUTTS. 


n,4 
iii,  i 

III,  2 

IV,  1 


c 

DV 
DV 

C 


Septenarc  Dialog 30") 

Senare  Monolog ,HI) 

Senare  Dialog 3*) 

Lyriseh  Monolog;  Dialog. 


Auch  1)™) 


IV,  2  • 

i  v, 

IV,  4 
IV,  5 
IV,  c, 

IV,  7 
IV.  8 


c 

DV 
DV 


Septen.;  Senare  Dial.  Auch  T)  (CA*)*4) 

Scuare  Monolog 

Scnare  Dialog 3:') 

Senare  Dialog 

Senare  Dialog  **) 

Lyrisch;  Septen.  Monolog;  Dialog  '17) 

Septenarc  Monolog.  Blos  C'37a) 


DV 


c 


30»)  [Uier  luutet  die  (fruher  flbersehene)  Sceneniiberschrift.  in  B 
gcnau  also: 

Calidoruf      o  harinuf      ad  hulifcenf.  II. 
PSKVDOIVS      S  E  H   VOS  C] 

31)  S.  o.  p.  601  [4J  mit  Anm.  5. 

32)  S.  o.  1».  603  [6J  und  607  [11]  mit  Anm.  15. 

33)  S.  o.  p.  607  [11]  Anm.  15. 

34)  S.  o.  p.  607  [11].  —  Der  sonst  bei  Plautus  gar  nicht  flbliche 
Uebergang  von  Septenaren  zu  Senaren  innerhalb  derselben  Scene  ist 
hier  durcb  den  besondern  Umstand  motivirt,  dasa  Vers  0t»8  ff,  ein  — 
naturlich,  wie  immer  in  solchem  Falle,  in  Senaren  abgefaestcr  — 
Hrief  vorgelesen  wird  und  nun  das  daran  sich  ankniipfende  (Jeaprach 
in  dcmselben  Metmm  weitergeht.  —  Dass  andcrseits  solche  Accommo- 
dation  nicht  bindend  war,  zeigen  Beispiele  wie  Pers.  IV,  3. 

35)  Vgl.  o.  p.  603  [6]. 

36)  Vgl.  o.  p.  602  [6]  mit  Anm.  7. 

37)  Ausdriicklich  ist  schon  hier  hervorzuheben,  dass  Hezeichnungeu 
wie  diese  keinesweges  den  Sinn  haben,  als  wenn  dcr  Uebergang  von 
'Lyrisch'  zu  fSeptenaren'  —  ein  bei  Plautus  ungemein  hiiu&gcr  — 
nnd  der  von  Monolog  zu  Dialog  nothwendig  gleichzeitig  eintrilten.  Im 
Gegentheil:  beides  trifft  in  der  Regel  nicht  zusammen.  Geschieht  es 
zufiillig  einmal,  wie  Cist.  II,  1,  bo  Gberwiegt  doch  bei  Weitem  die 
/ahl  der  Stellen,  in  denen  der  Diulog  schon  innerhalb  der  lyrischen 
Partie  beginnt,  wie  Pseud.  IV,  7.  Truc.  I,  2.  IV,  2.  Pers.  IV,  3.  Men. 


37a)  (Es  ist  ein  reiner  Irrthum  bei  Zumpt-Geppert,  dasa  hier  in  II 
stehe  SIMO  SENEX  EIDEM  DV,  wonnch  dieser  Fall  als  vierter  zu 
deu  drei  p.  616  [22]  besprochonen  hinzukame,  in  denen  geradezu  feh- 
lerhafte  Bezeichnungen  vorliegen.  Die  Handschrifl  gibt  uur  SIMO 
SENEX  uud  nichts  weiter.  —  XadUr.  p.  188.) 


IV,  2. 


Digitized  by  Google 


CAKTICUM  UKD  DIVERBIIM  BEI  PLAUTU8.  17 


V,  1 



Lvrisch 

Monolog 

V,2 



Lyrisch 

Dialog 

Truc. 

I,  1 

DV 

Senare 

Mouolog.  Auch  C38) 

— 

Lyrisch;  Septen. 

Monolog;  Dialog 

n,i 

C 

Lyrisch 

Monolog 39) 

n,  2 

— 

Septenare 

Dialog 

n,  3 

DV 

Senare    »  . 

Dialog;  Monolog 

11,4 

DV 

Senare 

Dialog;  Monolog 

n,  5 

— 

Lyrisch;  Septen. 

Monolog 

II,  6 

— 

Septenare 

Monolog;  Dialog 

n,7 

C 

Lyrisch 

Monolog;  Dialog. 

Auch  C") 

II,  8 

DV 

Senare 

Dialog.  BlosC 

rn,  i 

— 

Senare 

Mouolog;  Dialog 

III,  2 

DV 

Senare 

Dialog.   Auch  C 

IV  1 

c 

Monoloff    Auch  0 

IV,  2 

Lyrisch;  Septen. 

Dialog;  Monolog 

IV,  3 

c 

Septenare 

Dialog 

(IV,  4 

Septenare 

Dialog) 

(V 

Septenare 

Dialog) 

Merc. 

n,  2 

DV 

Senare 

Dialog.  BIos  Cu) 

11,4 

c 

Septenare 

Dialog.  Blos  6T«) 

38)  Vgl.  o.  p.  605  [9]  Anm.  11. 

39)  Die  vorangehende  Sceue  schliesst  hier  in  B  mit  apuduosap- 
peribor  ZASTRAPHIVC  worin  ein  ASTAPHIVM  C-  niemand  ver- 
kennen  wird,  in  nachstcr  Analogie  mit  dem  gleich  folgenden  Beispiel. 
Daa  desscn  anderweitigea  Vorkommen  mir  iibrigens  aus  den  Plau- 
tiniachen  Hdas.  nicht  erinnerlich,  ist  vielleicht  nur  Trennungszeichen, 
(wahrscheinlicher  indees  eiu  vereinzelter  Reat  eheinaliger  Bezeichnuug 
der  Personennanien  durch  griechische  Buchstaben,  wofiir  vgl.  praef. 
Trin.  p.  LVI  f.  —  Kachtr.  p.  1{>9.) 

40)  Vollstandig  ausgeachriuben  ist  die  Ueberschrift  in  C:  GETA  • 
PHRO  NESIUM  - ASTAPHIUM  C abgekflrzt  und,  wie  im  vorigen 
Falle,  miaverstanden  in  li:  GKTA  PRHONESIVM  ASTARC  • 

41)  S.  o.  p.  603  [6]  Anra.  8. 

42)  Wenn  hier  die  Ueber«chria  in  C  lautet  CHARINVS  •  E VT Y- 
CHV8  ADVLECENTES  •  B  •  II  •  C  • ,  «o  i«t  nur  der  Zusatz  den  Buch- 
staben  B  ein  alinlieher,  in  seinem  Anlass  hier  nicht  weiter  nachzuwei- 

KB.  KITSCHKLII  OPVSCVLA  III.  2 


Digitized  by  Google 


18  CANTICUM  UND  DIVEKHICM  HEl  PLAUTTS. 


III,  3 

DV 

Senare 

Dialog.  Blos  C 42*) 

IV,  2 

DV 

Senare 

Monolog.  Blos  C 

V,4 

C 

Septenare 

Dialog.  Blos  C 

Casin.  IV,  1 

DV 

Senare 

Monolog 

IV,  2 

DV 

Senare 

Dialog  •*) 

f  IV,  3 

DV 

Septenare 

Dialog48) 

Cist.      II,  1 

C 

Lyrisch;  Septen. 

Monolog;  Dialog; 

Monolog 

11,2 

DV 

Senare 

Monolog  44) 

II,  3 

DV 

Senare 

Dialog  ") 

ci3     Asin.IV,  2 

DV 

Senare 

Dialog 4G) 

f  Capt.HI,  1 

DV 

Septenare 

Monolog 

Epid.  11,2 

C 

Lyrisch;  Septen. 

Dialog 47) 

?  Pers.  IV,  3 

c 

Lyrisch;  Septen. 

Monolog;  Dialog.  Blos 

Z>47*) 

fj-Men.  IV,  2 

DV 

Lyrisch;  Septen. 

Monolog;  Dial.  Blos  I) 

sender  Irrthura  wie  die  oben  in  Anm.  15  beruhrten  Abschreiberver- 
sehen.  [Uebrigens  hat  hier  B  zwar  kein  C,  aber  nach  CHARINVS 
EVTICVS  ADOLESCENTES  noch  ein  II,  welches  in  der  An^gabe  aus- 
gefallen  iat.] 

42»)  (Diese,  »owie  die  beiden  folgenden  Notirungen  haben  sich 
aus  Dziatzko's  Superrevision  deB  Decurtatua  ergeben.  —  Gerade  fur 
den  Mercator  war  ich  auf  fremdes  Zeugniss  angewiesen,  weil  mir  die 
Collation  dieses  und  noch  ein  paar  anderer  Stucke,  als  ich  den  Codex 
1834  in  Breslau  benutzen  durfte,  aber  in  der  bewilligten  Frist  nicht 
mit  ihm  fertig  zu  werden  vermochte,  von  meinem  Collegen  K.  E.  Ch. 
Schneider  freundlich  abgenommen  wurde,  dem  ich  dafiir  die  Publication 
des  Truculentus  iiberliess.  Schneider  war  einer  der  accurateaten  Hand- 
schriftenvergleicher,  die  ich  kennen  gelerut  habe:  und  doch — !  Demus 
petamu8que  vicissim.  —  Nachtr.  p.  352.) 

43)  Vgl.  o.  p.  602  |6J. 

44)  S.  o.  p.  605  [9]  Anm.  12. 

45)  Vgl.  o.  p.  604  [7j. 

46)  S.  o.  p.  602  [6]  (DVO  falschlich  gemacht  aus  ursprunglichem 
DV). 

47)  S.  o.  p.  601  [4]. 

47»)  (C  hat  hier  so  wenig  ein  C,  wie  vor  der  folgenden  Menaech- 
menscene  irgend  eine  Sigle,  weil  an  beiden  Stellen,  wie  auch  sonst 
meistentheils,  uberhaupt  gar  keine  Scenenaberechrift,  was  zufallig  in 
der  Ausgabe  nicht  ausdriicklich  vermerkt  ward.  —  Nachtr.  p.  18S.) 


Digitized  by  Google 


CANTICUM  UND  DIVERBIUM  BEI  PLAUTUS. 


10 


Die  beiden  letzten  Falle  sind  ans  Ende  gestellt,  weil 
sie  von  allen  am  wenigsten  aussere  Gewahr  haben.  Wenn, 
Ton  ihnen  abgesehen,  der  Vaticanus  uberhaupt  nur  zweimal 
eine  derartige  Notiz  mit  B  theilt  (Pseud.  IV,  1  und  IV,  2, 
hier  obendrein  mit  dem  ganz  singularen  CA-),  so  gibt  es 
sonst  gar  kein  Beispiel,  in  dem  B  durch  ihn  ergiinzt 
wiirde,  wie  doch  durch  C  nicht  weniger  als  (mit  Ein- 
schluss  sammtlieher  Mercatorfalle)  siebenmal.  Wahrend  nun 
ini  Persa  B  nur  DORDALVS  TOXILVS  hat,  gibt  D  aller- 
dings  vollstandiger  DORDALVS  LENO  TOXIL'  SERV  C: 
zwar  nicht  von  junger,  aber  doch  immer  von  zweiter  Hand, 
von  der  in  diesem  Codex  die  (in  C  grosstentheils  ganz  feh- 
lenden )  Personenbezeichnungen  in  rother  Schrift  nachgetragen 
sind.  Diese  kann  der  Miniator  aus  demselben  Archetypus, 
aus  dem  der  Text  selbst  in  D  (und  C)  abgeschrieben  war, 
entnommen  haben.  Aber  es  bleibt  doch  immer  seltsam,  dass 
das  gerade  nur  in  zwei  Stiicken  geschehen  sei,  in  denen 
ubrigens  weder  B  noch  C  etwas  derartiges  erhalten  haben, 
und  noch  dazu  das  eine  Mal  so  handgreiflich  falsch,  dass 
dadurch  auch  das  andere  Zeugniss  verdiichtig  werdeu  muss. 
Denn  wenn  ea  in  den  Menaechmen  IV,  2  in  B  einfach  heisst 
MENECHMVS  •  MVLIER  •  PARA8ITVS,  in  D  dagegen  ME- 
NECHMVS  ADOLESCENS  •  DV  • ,  so  ist  hier  einerseits  die 
Bezeichnung  einer  ausgemacht  lyrischen  Scene  mit  DV  so 
durchaus  widersinnig,  wie  sonst  keine  andere,  weder  in  B 
noch  selbst  in  C,  und  ist  anderseits  die  etwaige  Auffassung 
des  DV  als  DVO  durch  Zahl  und  Art  der  auftretenden  Per- 
sonen  ausgeschlossen.  —  Dass  dagegen  gerade  diese  Auf- 
fassung  fttr  Epid.  I,  2  und  II,  1  nicht  nur  an  sich  moglich, 
sondern  dass  und  warum  dort  ein  DV  als  blosse  Verschrei- 
bung  ftir  DVO  sogar  durchaus  wahrscheinlich  (gerade  um- 
gekehrt  wie  bei  Asin.  IV,  2),  wurde  schon  p.  601  [4]  ge- 
zeigt:  und  deshalb  haben  diese  Stellen  in  die  obige  Tabelle 
gar  keine  Aufnahme  gefunden. 

4. 

Schou  ein  rascher  Ueberblick  Uber  die  vorstehende  Ta-  cu 
belle  lehrt,  dass  die  Zahl  der  Beispiele  fflr  die  beiden  Siglen 

2* 


20  CANTICUM  UND  DIVERHIUM  BEI  PLAUTUS. 

C  und  DV  ungeilihr  die  gleiche  ist:  jener  begegnen  wir 
28mal,  dieser  etwas  iiber  30mal.  Die  gleichzeitige  Anweu- 
dung  beider  theilen  mit  den  vier  Stucken,  welche  allein 
eine  ziemlich  durchgehende  Tradition  bewahren,  nur  noch 
Mercator  und  Cistellaria;  blos  C  hat  sich  in  Epidicus  und  (?) 
Persa  gerettet,  blos  DV  in  Casina,  Asinaria.  Captivi.  Selbst- 
verstandlich  treten  indess  die  Stiicke,  die  nur  ein  sporadisches 
Vorkommen  aufweisen,  ganz  zuriick  gegen  die  obigen  vier, 
sofern  es  sich  um  das  Verhiiltniss  der  unter  unserm  Ge- 
sichtspunkte  iiberhaupt  bezeichneten  oder  unbezeichneten 
Scenen  handelt.  Es  haben  hiernach,  wenn  wir,  wie  natiir- 
lich,  die  uberhaupt  jeder  Ueberschrift,  d.  h.  auch  vorgesetzter 
Personennamen,  entbehrenden  Scenen  ausser  Rechnung  lassen, 

bezeichnete  unbezeichnete  Scenen 
der  Trinummus        11  3 
Poenulus           11  5 
Pseudulus          13  8 
Truculentus        9  6 

44  22 

Keiner  besondern  Beweisftihrung  wird  es  nun  hier  bedurfen, 
dass  dieses  Verhiiltniss  auf  keinerlei  Absicht  oder  iniienn 
Grunde  beruht;  die  einfachste  vergleichende  Ueberlegung 
lehrt,  dass  dasselbe  lediglich  auf  lttckenhafte  Ueberlieferung 
zuriickgeht,  und  dass  die  jetzt  unbezeichneten  Scenen  ehedeui 
ebenfalk  ihr  entweder  C  oder  DV  vorgesetzt  batten,  da  sich 
zwischen  iluien  und  den  bezeichneten  nicht  der  mindeste 
Unterschied,  der  auf  irgend  ein  Gesetz  schliessen  liesse,  zu 
erkennen  gibt.  Es  haben  demnach  in  obigeu  vier  StQcken 
zusammengenommen  imsere  Handschriften  die  alte  Tradition 
gerade  in  zwei  Dritteln  solcher  Falle  bewahrt:  wiihrend  sieh 
von  nur  7  (oder  mit  Einrechnung  von  Poen.  V,  7  acht) 
Scenen  nicht  wissen  liisst,  ob,  weun  deren  Ueberschriften 
nicht  ganz  ausgefallen  wiiren,  wir  vor  ihnen  ein  C  oder  ein 
DV  oder  keines  von  beiden  finden  wiirden. 

Viel  wichtiger  ist  nun  aber  natiirlich  das  Verhiiltniss, 
wie  sich  die  beiden  Bezeichnungsarten  auf  die  einzelnen 
Scenen  nach  der  Verschiedenheit  ilirer  metrischen  und  dra- 


Digitized  by  Google 


CANTICUM  UND  DIVERBIUM  HEI  PLAUTUS.  21 

rnatischen  Gestalt  vertheilen.    Unter  diesem  Gesichtspunkte  «15 
habeu  wir 
1)  mit  C: 


lyriache 

Septenar- 

Senar-Sceneu 

iui  Trinummus 

3 

4 

1 

Poenulus 

2 

3 

Pseudulus 

2 

4 

Truculentus 

2 

2 

Mercator 

2 

Cistellaria 

1 

Epidicus 

1 

V  Persa 

1 

12 

15 

T 

2)  mit  DV  (um  selbst  den  gar  verdachtigen  Fall  Men 
IV,  2  mitzuziihlen): 

lyria^he  Septenar-  Seuar-Scenen 

im  Trinummus  —  —  3 

Poenulus  —  —  6 

Pseudulus  —  —  7 

Truculentus  —  —  5 

Mercator  —  —  3 

Cistellaria  —  2 

Asinaria  —  1 

Casina  —  1  2 

Captivi  —  1  — 

??Menaechmi      1  — 

12  ~29 

Rechnen  wir  somit  das  Gleichartige  nach  den  drei  Scenen- 
kategorien  zusamnien,  so  Hnden  wir  unter  13  lyrischen 
Scenen  12  als  Cantica,  nur  1  (in  der  Menaechmenstelle)  als 
Diverbium  bezeichnet;  unter  17  Septenarscenen  15  als  Can- 
tica,  nur  2  als  Diverbia;  unter  30  Senarscenen  20  als  I)i- 
verbia,  nur  1  als  Canticum. 

Dieses  Zahlenverhaltniss  ist,  wie  jeder  sieht,  von  so 
flberwaltigender  Beweiskraft,  dass  dadurch  nicht  nur  die  be- 
wusate  und  gewollte  Regel  ausser  allen  Zweifel  gestellt  wird, 


Digitized  by  Google 


22  CANTICUM  t'Nl>  PIVERBIUM  BEI  PLAUTUJ5. 

sondern  auch  die  ganz  verschwindende  Minderheit  der  Aus- 
nahmen  jede  Glaubwiirdigkeit  verliert.  Und  dies  um  so 
lnehr,  als  dieselben  erstens  unter  sich  vollig  ungleichartig 
sind,  so  dass  jede  von  ihnen  ohne  Analogon  ganz  fur  sich 
steht;  und  als  zweitens  fiir  keine  der  bezUglichen  (in  der 
Tabelle  mit  f  ausgezeichneten)  Scenen  sich  der  geringste 
innere  oder  iiussere  Unterschied  von  denen  entdecken  liisst, 
welche  die  gegenuberstehende,  fast  einstimmige  Mehrheit 
bilden;  wozu  noch  drittens  koinmt,  dass  sie  mit  Ausnahme 
r,i6  der  Trinummusscene  aus  solchen  Stiicken  sind,  die  keine 
auch  nur  annahernde  Continuitat  der  Tradition,  sondern  nur 
versprengte  Reste  eiirtr  solchen  enthalten,  die  eine  noch  dazu 
nur  in  J).  Wie  in  Casina  IV,  3  der  Abschreiber  zu  seinem 
DV  kam,  begreift  sich  iibrigens  leicht:  es  war  nur  gedanken- 
lo8e  Wiederholung  aus  beiden  zunachst  vorhergehenden 
Scenen;  hatte  er  hier,  uud  zwar  in  recht  kurzen  Zwischen- 
riiumen,  zweimal  hinter  einander  ANCILLA-DV-  und  AN- 
OILLA  •  SENEX  •  DV-  geschrieben,  so  kam  ihm  nun  dasselbe 
auch  das  dritte  Mal  nach  SERVVS-SENEX  in  die  Feder, 
wohin  es  nicht  gehorte.  Ob  man  einen  iihnlichen  Anlass 
fQr  das  aus  aller  Analogie  herausfallende  C  vor  der  reineu 
Senarscene  IV,  4  des  Trinummus  gelten  lassen  will,  moge 
dahinstehen;  inoglich  an  sich  wiire  es  immer,  dass  auch  hicr 
dem  Schreiber  aus  der  niichst  vorhergehenden  Scene,  zumal 
nach  schon  fiinfmaligem  friihern  Vorkommen  im  Stiick,  das 
C  in  der  Erinnerung  und  Schreibgewohnheit  haftete  und 
nun  auch  am  unrechten  Orte  absichtslos  eutfuhr.  Wiewohl, 
wohin  kainen  wir  iiberhaupt,  wenn  wir  keine  Vcrschreibung, 
keine  Verwirmng  oder  Verschiebung  mehr  annehmen  sollten, 
fiir  die  wir  nicht  noch  heutzutage  die  ganz  bestimmte  Ver- 
anlassung  nachzuweiseu  vermochtenV  Und  damit  werden 
wir  uns  denn  wohl  auch  iiber  das  irrthiimiiche  DV  vor  der 
Septenarscene  Capt.  III,  1  beruhigen  diirfen. 

5. 

Als  gesichertes,  unabweislich  in  die  Augen  springendes 
Ergebniss  der  bisherigen  Erorterungen  darf  also  gelten,  dass 
nach  dem  System,  welches  unserer  Plautinischen  Ueberliefe- 


Digitized  by  Google 


CANTICCM  CND  DIVERBICM  BEI  PLACTCS. 


23 


rung  zu  Grunde  liegt,  1)  alle  iambischen  Senarscenen  Di- 
verbia  d.  h.  einfach  recitirend,  ohne  jede  musikalische  Be- 
gleitung  waren;  2)  alle  lyrischen,  aus  freiern  oder  ge- 
mischten  Metren  bestehenden  Scenen  Cantica  waren  d.  h. 
mnsikalische  Begleitung  hatten;  3)  alle  troehaischen  Sep- 
tenarscenen  nicht  unter  jene  erste,  sondern  ausschliesslich 
niter  diese  zweite  Kategorie  fallen  d.  h.  also  ebenfalls  Can- 
tica,  mindestens  in  weiterm  Sinne,  waren  und  einer  musika- 
lisehen  Begleitung  nicht  entbehrten. 

Undenkbar  ist  es  nun  freilich,  dass  die  Beschaffenheit 
dieses  musikalischen  Elements  in  beiden  Klassen  eine  gleich- 
artige,  dass  sie  nicht  vielmehr  eine  erheblich  verschiedene 
war.  Brachte  das,  neben  dem  durchschlagenden  Unterschiede 
wechselnden  und  einheitlichen  Metrums,  selbst  der  ethische 
Charakter  beider  Scenenarten  nothweudig  mit  sich,  so  wird 
uns  dieselbe  Ueberzeugung  noch  sicherer  durch  die  That-  < 
sache  aufgedrangt,  dass  die  Septenarscenen  in  der  ganzen 
Hehandlung  des  prosodischen  Elements  zu  den  lyrischen 
geradezu  einen  (Jegensatz  bilden,  indem  sie  darin  ganz  und 
gar  nicht  die  den  letztern  eigenthumlichen  Licenzen  theilen, 
*ondern  vielmehr  die  ganze  Strenge  der  Senarscenen  aufrecht 
halten:  und  zwar  eben  so  wohl  die  iambischen  wie  die  tro- 
chaischen  Septenare. 

Worin  konnte  nun  jene  musikalische  Verschiedenheit 
beatehen?  Die  Antwort  ergibt  sich  aus  der  einfachen  Er- 
wiigung  dessen,  was  nach  der  Natur  der  Dinge  iiberhaupt 
moglich  ist.  Aller  Vortrag  poetischer  Stttcke  ist  in  einer 
nerfachen  Stufenfolge  denkbar.  Er  ist,  wenn  wir  vom  Nie- 
<Ieru  zum  Hohern  aufsteigen,  entweder  1)  rein  recitirende 
Declaniation;  oder  2)  recitirende  Declamation  mit  musika- 
lischer  Begleitung  d.  i.  also  nach  moderner  Bezeichnungs- 
weise  melodramatischer  Vortrag;  oder  3)  gesungene  Decla- 
mation  mit  Musikbegleitung  d.  i.  unser  Recitativ;  oder  end- 
lich  4)  Uber  die  Declamation  liinausgehender,  reiner  Gesang 
i.  das  heutige  Arioso.  Diese  letzte  Stufe,  den  arienmiis- 
^igen  Ge8ang,  wird  ja  wohl  niemand  im  Ernst  der  romischen 
Komodie,  insbesondere  also  ihren  als  Cantica  im  strengern 
Sinne  bezeichneten  Partien,  zutrauen:  obwohl  freilich  gele- 


24  CANTICUM  I  ND  DIVKKUICM  BEI  PLAUTUS. 

gentlich  auch  dies  in  traditioneller  Gedankenlosigkeit  so 
•  obenhin  gesagt  worden  ist.  Was  bleibt  also  iibrig,  als  dass 
den  drei  anderh  Vortragsarten  entsprachen  die  ebenfalls  in 
der  Dreizahl  vorhandenen  Scenenarten?  d.  h.  sonach  dass, 
wahrend  der  iambische  Dialog  recitirend  oder  declama- 
torisch  war,  zwar  die  lyrischen  Partien  recitativiscli 
durchcoinponirt,  dagegen  die  trochaischen  Septenarscenen  nur 
raelodramatisch  waren. 

Zu  dieser  Auffassung  stimmt  auch  aufs  beste  die  An- 
wendung,  welche  von  dem  BegrifF  'cauticum'  ofter  gemacht 
wird  zur  Charakteristik  des  rednerischen  Vortrags.  Wenn 
es  bei  Cicero  im  Orator  18,  57  heisst:  *est  autem  etiam  in 
dicendo  quidam  cantus  obscurior,  non  hic  e  Phrygia  et  Caria 
rhetorum  epilogus  paene  canticum,  sed  ille'  u.  s.  w.,  was 
Quintilian  XI,  3,  58  mit  frhetoras  paene  cantare  in  epilogis' 
wiedergibt;  oder  wcnn  letzterer  selbst  ebend.  §  167  von  be- 
sonders  gehobenen  Stellen  der  Reden  pro  Milone  uud  pro 
Archia  sagt  'cantici  quiddam  habent':  so  wollen  sie  doch 
damit  gewiss  nicht  nachste  Verwandtschaft  mit  Ariengesang 
bezeichnen;  vielmehr,  so  wenig  wir  heutzutage  an  diesen 
denken,  wenn  wir  von  fsingendem  Vortrage'  sprechen,  son- 
dern  darunter  uur  eine  Anniiherung  an  Recitativvortrag 
verstehen,  so  vollkommen  geniigt  dieser  letztere  Begriff  auch 
zum  Verstiindniss  jener  Vergleichungen.  Sehr  deutlich  geht 
6i8  dies  auch  aus  Ciisar  s  artigem  Wort  bei  Quintilian  I,  8,  2  her- 
vor:  *si  cantas,  male  cantas,  si  legis,  cantas'48). 


48)  Wcnn  aUo,  wio  z.  H.  bei  Quintilian  I,  10,  23,  f  carinina  ct 
cantica'  vcrbunden  wcrdcn,  «o  fallcu  xwar  gcwiss  den  carmiua  allc 
blos  declamatorischen ,  den  cantica  allc  recitativischen  Poesien  zu;  ob 
man  aber  unter  jenen  oder  unter  diesen  dic  'mclodramatischen'  mit- 
begriff,  hing  ganz  von  dem  Gesichtspunkte  ab,  den  man  vorwalten 
Hess.  —  —  Man  sieht,  wie  weit  sich  die  oben  entwickelte  Auffjissung 
von  dcu  Aufstellungen  eutfernt,  die  kurzlich  in  dicsem  Muscumsbaude 
[XXVI  |  p.  102  f.  Dziatzko  gcltend  zu  maehen  stichte:  wonach  die 
Cantica  der  Komddie  ganz  unsern  cigentlichcn  fArien'  entsprochen 
hiitten,  Deverbia  unsere  'Recitative'  gewesen  wuren,  fur  die  blos  reci- 
tirten  Partien  aber  ein  besonderer  lateinischer  Xame  aberhaupt  nicht 
existirte.  Ganz  abgesehen  von  der  vfllligen  Unwahrscheinlichkeit, 
welche  die  letztere  Behauptung  an  sich  hat,  stent  und  fdllt  das  Ganze 


Digitized  by  Google 


CANTICTM  UND  DIVEKHIUM  HEI  PLAUTUS.  25 

Aber,  worauf  es  fiir  unsere  Untersuchung  ankommt, 
obiger  Unterscheidung  eines  zwiefachen  musikalischen  Ele- 
ments  hat  die  uns  tiberkommene  Semeiosis  keine  Rechnung 
getragen,  sondern  sich  an  dem  einfachen  Gegensatze  musi- 
kalischer  und  musikloser  Partien  geniigen  lassen,  beide 
Unterarten  der  erstern  Gattung  aber  gleichmiissig  mit  Can- 
ticum  bezeichnet.  Hat  sie  sich  doch  im  Gebiet  der  rein  re- 
citirenden  Scenen  eben  so  wenig  auf  die  Unterscheidung  von 
Monolog  und  wirklichem  Dialog  eingelassen,  sondern  fiir 
beide  Arten  denselben  technischen  Ausdruck  DiVcrbium  ge- 
braucht,  der  doch,  genau  genommen,  nur  auf  die  letztere  passt. 

niit  der  Annahrae  der  neugemOnzten  Wortforin  deverbium  atatt  diver- 
bium ,  an  welche  nicht  zu  glauben  mich  diewelben  Griinde  bestimmen, 
die  bald  darauf  80  biindig  wie  uberzeugend  von  Biicheler  in  Fleck- 
eisens  Jahrbiichern  Bd.  103  (1871)  p.  273f.  dargelegt  wurden.  [Dziatzko's 
scharfsinnige  Vertheidigung  seines  deverbium,  die  er  spater  iu  Fleck- 
eisens  Jahrb.  f.  Phil.  Bd.  103  (1871)  p.  819  ff.  folgen  liess,  hat  mich 
nicht  davon  zu  iiberzeugen  vermocht,  dass  jene  Form  ein  alter,  gutor 
Zeit  eigener  Termiuus  gewesen  sei.    Auch  Bergk's  (p.  231)  Ableitung 
dea  diverbium  von  einem  duiverbium  scheint  mir  beachtenswerther,  als 
Dziatzko  zuzugeben  geneigt  ist.   Die  Uebertragung  des  urspriinglichen 
BegrifFs  'Zwiegespriich',  als  dea  potius,  auf  den  des  'Gespriichs'  uber- 
haupt,  unter  welchen  Gattungsbegriff  dann  auch  'Selbstgespriiche'  (so 
gut  wie  Drei-  oder  Viergeaprache)  um  so  leichter  subsumirt  werden 
konnten,  in  je  engerer  Verknupfung,  im  Grunde  nur  als  gelegentlieh 
eintretende,  secundiire  Moditicationen ,  oft  schnell  genug  prolog-  oder 
epilogartig  voriibergeheude  Unterbrechungen,  Monologc  iiberall  zwisehen 
wirklichen  Zwiegesprachen  steheu ,  und  je  entschiedener  alle  diese 
Unterarten  den  wesentlichen  und  durchschlagenden  Gegensatz  zu  nicht 
einfach  Gesprocheneni  theileu  — :  dieser  ganze  Wandel  der  Bedeutungen 
in  ihren  leisen  Uebergiiugeu  hat  fiir  mich  gar  nichts  Bodenkliches.]  — 
Was  das  Uebrige  betrifft,  so  gestehe  ich  mir  nicht  die  entferntestc 
Wstelluug  davon  machen  zu  kSnnen,  wie  etwa  ein  baccheisches  Can- 
ticum,  z.  B.  '  Multas  res  simitu  iu  meo  corde  vorso'  habe  konnen  als 
Arie  (mit  oder  ohne  Coloraturen)  componirt  uud  gesungen  werden, 
oder  ein  trochaischer  Dialog  von  90  Versen,  wie  'Semper  ego  usque 
ad  hanc  aetatem',  in  ltecitativen.    Fiillt  es  uns  doch,  nach  unserer 
heutigen  Gewdhnung,  schon  schwcr  genug,  fiir  ein  so  ungemein  sedat 
gehaltenes  Zwiegespriich   wie  das  letztgenannte ,   welches   doch  ira 
Grunde  nnr  versificirte  Prosa  ist  und  keine  Spur  von  lyrischer  Erhe- 
bung  oder  irgendwie  gesteigertem  Affect  aufweist,  uns  einen  melodra- 
matischen  Vortrag  vorzustellen. 


Digitized  by  Google 


26  CANTICUM  UKD  DIVERBIUM  BEI  PLAUTU8. 

Neu  fflr  uns  und  von  nicht  unerheblicher  Tragweite  ist 
nun  vor  alleni,  was  wir  in  Betreff  der  trochaischen  Dia- 
logscenen  lernen.  Trotz  des  lebendigern  Schwungs,  den  diese 
vor  den  iambischen  so  fiihlbar  voraus  haben,  hatten  wir 
6i9  uns  doch  gewohnt,  sie  im  Wesentlichen  als  auf  derselben 
Linie  mit  diesen  stehend  auzusehen,  nicht  am  wenigsten  eben 
wegen  der  erwiihnten  rhythmisch-prosodischen  Gleichartigkeit. 
Jetzt  wissen  wir,  dass  sie  sich  anderseits  verinoge  der  musi- 
kalischen  Begleitung,  die  sie  ohne  Ausnahme  hatten,  in  einen 
eben  so  entschiedenen  Gegensatz  zu  den  Senarsceneu  steilen, 
und  vielmehr  den  lyrischen  Partieu  —  wenn  nicht  schlecht- 
hin  zufallen,  doch  als  eine  Mittelstufe  nahe  zunejgen.  Und 
insofern  wiire  selbst  Cicero's  Ausdruck  in  der  Stelle  der 
Tusculanen  I,  44,  107  fcum  tam  bonos  septenarios  fundat 
ad  tibiam'  an  sich  vollkommen  sachgemass,  wenn  nur 
nicht  die  dortigen  Verse  des  Pacuvius  mit  uberwiegender 
Wahr8cheinlichkeit  vielmehr  ftir  iambische  Octonare  zu  neh- 
men  wiiren;  wobei  vielleicht  fiir  manchen  die  Moglichkeit 
bleibt,  dass  sich  Cicero  in  der  Bezeichnung  des  Metrums  in 
der  Eile  selbst  versehen  habe4;>). 

Nicht  die  mindeste  Schwierigkeit  kann  es  nunmehr 
haben,  in  den  vier  Plautinischen  Stiicken,  in  denen  C  und 
DV  nicht  blos  sporadisch  erscheinen,  nach  Massgabe  des  er- 
kannten  Gesetzes  die  liickenhafte  Ueberlieferung  mit  Sicher- 
heit  zu  ergiinzen.  Denn  es  kann  keine  Frage  sein,  dass  iur 


49)  Die  zwei  aus  einem  'canticum'  des  Turpilius  angefQhrten  Vers- 
anfange  bci  Cicero  ad  famil.  IX,  22  konnen  naturlich  eUen  so  gut 
einem  Octonar  wie  einem  Septenar  angehSren.  —  [In  Betreff  der  Tus- 
culanenverse  hat  mich  wiederholte  Erwagung  doch  schliesslich  zu  der 
Bentley'Hchen  Annahme  wirklichcr  Septenare  zuruckgcfiihrt,  die  auch 
Bergk  p.  240  f.  anerkennt:  nur  dass  ich  die  von  beiden  beliebte  Zcr- 
theilung  von  prius  |j  (^uam  zwiachen  zwei  Verse  fur  unstatthaft  halte. 
Mit  Benutzung  der  hier  und  bei  Ribbeck  Trag.  ed.  2  p.  100  f.  ge- 
machten  Vorschlage  mochte  ich  die  Verse  am  einfachsten  so  herstelten: 

Mater,  te  appello,  quae  curam  s6mno  suspensam  leuns 
Neque  mei  te  miseret,  surge  age  6t  sepeli  natum  tuom, 

Prius  quam  me  ferae  uolucresque  

Nevi  reliquias  nieas  sic  siris  d^nudatis  ossibus 
Taetra  sanie  ddlibutas  foede  diuexarier.] 


Digitized  by  Google 


CANTKTM  CNI>  DIVKRBIUM  BEI  PLAUTUS.  27 


Diverbia  zu  nehmen  sind:  ira  Trinuminus  auch  die  unbe- 
zeichneten  Scenen  1,  1.  I,  2.  II,  3;  im  Poenulus  I,  1.  1,3. 
II.  III,  6.  V,  6.  V,  7;  im  Pseudulus  I,  1.  IV,  5;  im  Trucu- 
lentus  III,  l 4i>*);  —  dagegen  als  Cantica  anzusehen  nicht 
nurTrin.  II,  1.  Poen.  I,  2.  Pseud.  I,  3.  II,  1.  II,  2.  IV,  7. 
V.  1.  V,  2.  Truc.  I,  2.  II,  5.  IV,  2,  sondern  auch  die  Septe- 
narscenen  Trin.  II,  2b.  IV,  2.  Poen.  V,  5.  Truc.  II,  2.  0,6. 
IV,  4.  V,  1.  Nach  welchem  Vorbilde  sich  denn  jeder,  der 
dazu  Lust  und  Zeit  hat,  auch  in  den  ilbrigen  sechzehn 
Stiicken  alle  einzelnen  Scenen  unter  ihre  drei  Klassen  ver- 
theilen  kann:  wobei  er  allerdings  zu  einem  sehr  verschiedenen 
Rcsultat  gelangen  wird,  als  es  die  unsicher  tastenden  Ver- 
suche  G.  A.  B.  Wolffs  'de  canticis  in  Romanorum  fabulis 
scenicis '  (Halae  1824)  zu  gewinnen  vermochten,  indem  sie 
sich  fiberwiegend  auf  die  vagste  subjective  Reflexion  statzten. 
Die  geringfiigigen  Einwendungen,  die  dagegen  von  Grysar 
in  der  Abhandlung  'ttber  das  Canticum  und  den  Chor  in  der 
romischen  Tragodie'  (Sitzungsberichte  der  phil.-hist.  CI.  dor 
Wiener  Akademie  1855,  Bd.  15)  p.  370  erhobeu  wurden, 
bringen  uns  nicht  weiter  und  treffen  nattirlich,  da  auch  er 
von  der  Fulle  unseres  urkundlichen  Materials  keine  Ahnung 
hatte,  den  Kern  der  Sache  eben  so  wenig  wie  Wolff  s  herum-  eao 
rathende  Vermuthungen.  Es  wird  auf  beide  am  Schluss  des 
letzten  Abschnitts  zuriickzukommen  sein. 

G. 

Vergegenwartigt  inan  sich  nach  allem  Erorterten  das 

W*)  [Hinzuzufiigen  sind  die  aus  Senaren  be.stehenden  zweiten 
Halffen  der  mit  Septenaren  beginnenden  Scenen  Poen.  V,  6  und  Pseud. 
I»i  2  (w&hrend  die  umgekehrte  Folge  in  der  einzigeu  doppelgange- 
ricchen  Schlussscene  des  Poenulus  V,  7  vorkSmmt).  Kh  kann  keinem 
Zweifel  unterliegen,  dass  bei  solchem,  inraitten  der  Scene  eintretenden 
•Vecheel  auch  die  entsprechende  neue  Nota  in  den  alten  Exemplaren 
wigeachrieben  war  und  sich  in  unsern  Hdss.  nur  nicht  erhalten  hat, 
wcil  keine  neue  Personennberschrift  «tattfand,  an  die  sie  sich  ange- 
scLloasen  hatte.  —  Bei  dem  Uebergange  aus  lyrischer  Composition  in 
^eptenare  war  zu  einer  neuen  Beischrift  kein  Anlass,  da  das  —  iu 
dicscr  Beriehung  unvollkoramene  —  Bezeichnungsavstem  fiir  beiderlei 
Partien  nur  eine  und  dieselbe  Nota  C  hatte.J 


Digitized  by  Google 


28 


CANTICUM  UNT>  DIVERBIUM  BEI  PLAUTU8. 


Gesainmtbild,  in  dem  eine  Plautinische  Palliata  dem  schau- 
lustigen  romischen  Publicum  von  der  Buhne  entgegentrat, 
so  gab  offenbar  eine  solche  AuffQhrung  einen  viel  bewegtern, 
farbenreichern  Eindruck,  als  wir  uns  wohl  vorzustellen  pfleg- 
ten,  wenn  wir  an  eine  lange,  einfdrinige  Kette  trockener 
Gespriichsscenen  dachten,  die  nu*  hie  und  da  einmal  von 
einem  lyrischen  Stttck  wie  von  einem  Wiirzkorne  unterbrochen 
wiirden.  Sehr  im  Gegentheil,  wie  wir  nun  sehen:  Decla- 
mation,  Melodram,  Kecitativ  losten  sich  in  so  bunter 
Reihe  ab,  dass  dadurch  der  pikanteste  Wechsel  erreicht 
ward.  Um  die  zur  Verauschaulichung  herangezogenen  Be- 
zeichnungen  moderner  Kunst  fortzubrauchen  —  die,  wenn 
man  selbst  ihre  Berechtigung  bestritte,  doch  jedenfalls  den 
Vortheil  deutlichster  Scheidung  unbestreitbarer  Unterschiede 
gewahren  — ,  so  waren  (nach  der  der  obigen  Tabelle  zu 
Grunde  liegenden  Scenenabtheilung) 

declaraatorisch  raclodramat.  rccitAtivisch 
im  Trinummus  von  17  Scenen    7  6  4 

-  Truculentus  -    17     -        6  6  5 

-  Pseudulus      -   21     -        9  4  8 

-  Poenulus       -    1850)  -      11  4  3 

Liegt  schon  hiernach,  wenn  wir  einstweilen  vom  Poe- 
nulus  absehen,  eiu  entsehiedencs  Uebergewicht  der  musika- 
lischen  iiber  die  nichtmusikalischen  Partien  in  den  Propor- 
tionen  10:7;  11:6;  12:0  klar  zu  Tage,  so  tritt  solches 
noch  stiirker  hervor,  wenn  wir,  wie  doch  nur  rationell,  zu 
den  ganz  selbstiindigen  Septenarscenen  auch  die  je  zweiten 
Hiilften  derjenigen  Scenen  hinzuziihlen,  welche  mit  lyrischen 
Massen  beginnend,  erst  im  weitern  Verlauf  zu  regelmassigen 
Septenaren  iibergehen,  [natiirlicher  Weise  dann  aber  auch 
mit  Doppeltziihlung  der  von  Septeuaren  zu  Senaren  iiber- 
gehenden  beidcn  Scenen  Poen.  V,  5  und  Pseud.  IV,  2J.  Denn 
dann  stellt  sich  folgendes  Verhaltniss  heraus: 


50)  Natiirlich  zahlt  hk-r  die  Soeno  V,  7  nicht  mit,  da  lie  nicht  tn 
einer  und  dcraelben  Aufffihrung  mit  V,  G  gehOrt  hat. 


Digitized  by  Google 


CANTIGTM  UND  DIVERBIl  M  BEI  PLAITTUS. 


29 


declamatorisch  melodramatisch  recitativisch 
Trinuminus:    18  Stucke    7  7  4 

Truculentus:  20      -        6  9  5 

Pseudulus:      25-10  7  8 

Poenulus:       21-12  6  3 

d.  h.  also  11:7;  14  :  G;  15  :  10;  (9  :  12).  Dasselbe  Ueber- 
gewicht  behauptet  sich  auch  in  allen  flbrigen  16  Plautini- 
schen  Kouiodien,  wenngleich  in  sehr  verschiedenen  Mischungs- 
graden.  Den  verhaltnissiniissig  geringsten  Bruchtheil  bilden 
die  Senarscenen  in  Epidicus,  Captivi,  Asinaria,  Amphitruo; 
uur  ungefuhr  ein  Drittel  der  Gesammtzahl  (naturlich  mit 
Schwankungen  herQber  und  hinUber)  betragen  sie  in  Casina, 
Cistellaria ,  Menaechmi,  Miles,  Mostellaria,  Rudens,  Stichus, 
Curculio;  auniihernd,  aber  doch  nicht  ganz,  halten  sich  bei- 
derlei  Scenen  die  Wage  nur  im  Mercator,  Aulularia,  Persa, 
Bacchides 50a).  Ganz  vereinzelt  mit  seinem  gcradezu  umge- 
kehrten  Verhiiltniss  steht  allein  der  Poenulus  da.  —  Eine 
andere  Ausnahmestellung  eignet  dem  Miles:  insofern  niim- 
lich,  als  zwar  seine  7  declamatorischen  Senarscenen,  gegen- 
Qber  12  musikalischen  Scenen,  der  eben  nachgewiesenen 
Norm  im  Allgemeinen  durchaus  entsprechen,  dagegen  aber 
die  letztern  ausschliesslich  aus  Septenaren  bestehen  und  jeder 
lyrisehen  Partie  gauzlich   entbehren M).    Dcnn  wenn  aueh, 

50*)  [Einigermaasen  modificireu  wQrde  sich  dieae  Statistik,  wenn 
wir,  statt  Scenen  zu  z&hlen,  ihre  Verszahlen  summiren:  wie  dies,  aber 
alles  in  allem  nur  fiir  drei  Stucke,  Bergk  p.  239  f.  that. ) 

51)  Bemerken.swerth  ist,  wie  diener  Mangel  an  Mannigfaltigkeit 
hier  auf  undere  Weiae  mdglichst  ausgeglichen  wird.  Es  geschieht  dies 
erutcns  durch  die  Abwechselung  von  trochai«chen  mit  iambischen  Sep- 
tenarscenen,  welche  letztern  uns  im  Miles  4mal  (gegeu  9  trochaische) 
begegnen,  wahreud  sie  sonst  nur  noch  in  der  Asinaria  (ebenfalls  4mal) 
und  im  Rudens  (sogar  6mal)  vorkommen  [in  derAsinaria  mit  320,  im 
Miles  mit  210,  im  Rudens  mit  ungefabr  200  Versen],  in  allen  iibrigen 
Stucken  hochBtens  1  bis  2mal  oder  gar  nicht.  Zweitens:  durch  die 
Verwendung  auch  des  anapilstischen  Septenars  zu  einer  gauzen  Dialog- 
scene:  IV,  2,  20—101,  wofur  es  kein  zweites  Beispiel  bei  Plautus  gibt. 
Denn  wenn  auch  ubrigcns  der  ana]>astische  lihythmus  in  allen  seinen 
wechsemden  Versformen  durchaus  den  lyrischen  Partien  anheimfdllt, 
»o  ware  es  doch  gewiss  nicht  gerathen,  bloa  der  allgemeinen  Gleieh- 


Digitized  by  Google 


30  CANTICCM  UND  DIVEBBIUM  BKI  PLAUTU8. 


mit  Ausnahme  der  Casina,  der  sich  darin  Pseudulus,  Persa 
und  Bacchides  zuniichst  anschliessen,  die  Septenarscenen  sonst 
fast  iiberall  die  Ueberzahl  flber  die  lyrischen  bilden 52),  so 


artigkeit  des  Rhythmus  zu  Liebe  eben  dahin  auch  die  ohne  jeden 
Wechsel,  in  ununterbrochener  Continuitat  durch  eine  lange,  mit  tro- 
chaischen  Septenaren  beginnende,  reine  Gesprachsscene  durchgeffihrten 
anapaatiachen  Septenare  von  regelmiiasigstem  Bau  zu  rechnen.  Sollte 
jemand  doch  anderer  Meinung  sein,  nun  so  bleibt  ihm  unverwehrt, 
immerhin  eine  gr5ssere  Annaherung  an  die  lyrische  Gattung,  eine  Art 
von  Zwischenstufe  zwischen  Melodram  und  Kecitativ,  somit  ein  gewisses 
Aequivalent  fflr  ein  lyrisches  Canticum  in  der  Scene  zu  seben:  obwohl 
eine  dem  entsprechende  Unterart  von  Musikbegleitung  sich  fflr  uns 
kaum  durfte  auf  einen  klaren  Begriff  zurflckfflhren  lassen. 

52)  In  der  Casina  ist  das  Verhaltniss  der  Septenarscenen  zu  den 
lyrischen  nur  das  von  7  :  9,  im  Paeudulus  7:8,  im  Persa  7:7,  in  deu 
Bacchides  [freilich  ohne  Einrechnung  der  verlorenen  Eingangsscenen, 
flber  die  aich  nicht  sicher  genug  urtheilen  liisst]  schon  7  :  6.  Den 
diametralsten  Gegensatz  bietet  Curculio  mit  9:1,  woran  sich  succes- 
sive  anschliessen  Mercator  mit  9:2,  Asinaria  mit  10:2,  Menaechnii 
mit  13:5,  Captivi  mit  13:8,  Stichus  und  Rudens  mit  8:3  und  16:6, 
Cistellaria  mit  7  : 3,  Mostellaria  mit  7:4,  und  so  weiter  mit  mehr  oder 
weniger  Annaherung  an  die  Hiilftc  Amphitruo,  Epidicus,  Truculentus, 
Aulularia,  genau  mit  der  Halfte  Trinummus  und  Poenulus.  —  (Wenn 
in  aammtlichen  vorstehend  angestellten  Verhaltnissrechnungen  auch 
CiBtellaria,  Araphitruo  und  Aulularia  mit  in  die  Gemeinschaft  der 
flbrigen  Stflcke  gezogen  sind,  so  ist  das  nur  der  Vollstandigkeit  wegen 
geschehen,  aber  mit  dem  selbstverstandlichen  Vorbehalt,  dass  in  ihnen 
die  Scenenzahluug  eine  exacte  darnm  gar  nicht  sein  kann,  weil  sie  so 
lfickenhaft  auf  uns  gekommen  sind,  dass  nicht  zu  ermessen  ist,  wie 
sich  durch  den  Zutritt  der  verloreu  gegangenen  Scenen  das  Verhaltniss 
der  drei  Klassen  verilndem  wflrde.  Von  Erheblichkeit  wflrde  indess 
die  Differenz  keinenfalla  sein.  —  Zusatz  von  p.  637.  Dazu  aus  Nachtr. 
p.  Zu  den  als  lflckenhaft  bezeichneten  Stficken  Cistellaria,  Am- 

phitruo  und  Aulularia  (denn  der  verlorene  Eingang  der  Bacchides 
kOmrat  hier  wenig  in  Betracht)  waren  auch  Casina  und  Stichus  inso- 
fern  hinzuzufugen ,  als  wir  beide  zwar  nicht  durch  Schuld  unserer 
Handschriften  lfickenhaft,  aber  in  Folge  einer  weit  altern,  aus  Umar- 
beitung  hervorgegangenen  Zertrfimmerung  augenscheinlich  nicht  mehr 
in  der  ursprfinglichen  Gestalt  und  Vollstandigkeit  der  Plantinischen 
Dichtung  besitzen:  wie  dies  in  Beziehung  auf  die  Casina  (fiber  den 
Stichus  konnte  nie  ein  Zweifel  obwalten)  nach  Ladewig  und  Teuffel 
erst  kfirzlich  wieder  Fleckeisen  in  seinen  Jahrbfichern  Bd.  103 
(1871)  p.  637  f.  Anni.  mit  Recbt  hervorhob.) 


Digitized  by  Google 


CANTICUM  UND  DIVERBIUM  BKI  1'LAUTUS.  31 

koinmt  doch  das  giinzliche  Fehlen  der  letztem  in  allen  zwanzig  622 
Komodien  nicht  zum  zweiten  Male  vorM). 

Man  begreift  nun,  wie  in  erster  Linie  das  Uebergewicht 
musikalischer  Scenen  iiber  blos  reeitirende,  daneben  aber 
auch  der  Wechsel  melodramatisch-musikalischer  und  recita- 
tivisch-niusikalischer  Partien  der  Gesammtwirkung  einer  Pal- 
liata  zu  Gute  kam.  Wenn  man  mit  Recht  hervorgehoben 
hatM);  die  Eigenart  dieser  Wirkung  beruhe  iiberhaupt  darauf, 
dass  sich  der  hausbackene  romische  Burger  fiir  einige  Stun- 
den  ganz  habe  aus  der  Gewohnheit  des  eigenen  Lebens  her- 
ausheben  und  in  eine  fremde  Welt  versetzen  lassen,  so 
musste  es  der  Absicht  einer  solchen  Illusion,  der  Erregung 
einer  doch  immer  iu  gewissem  Grade  idealen  Stimmung,  der 
Schaft  ung  einer  mehr  oder  weniger  poetischen  Atiuosphiire  uber- 
aus  gunstig  zu  statten  kommen,  dass  auch  das  musikalische 
Element  das  seinige  dazu  that,  um  iiber  die  Prosa  der  All- 
tagswirklichkeit  hinwegzutragen.  Ist  es  doch  ein  gauz  Ana- 
loges,  was,  wenn  auch  in  sehr  gesteigertem  Masse,  die  mo- 
derae  Oper  (in  unserm  Falle  die  Opera  buffa)  in  gewollter 
und  berechneter  Ueberbietung  des  recitirenden  Schauspiels 
oder  Lustspiels  zu  erreichen  strebt:  freilich  mit  Mitteln  die,  «» 
selbst  wo  es  sich  um  phantastische,  halb  tniirchenhafte  Stoffe 


53)  Wer  die  obige  Scenenstatistik,  die  ich  hier  absicbtlich  auf  das 
fiir  uuser  eigentliches  Thema  Nothwendigste  beschrilnke,  noch  weiter 
fortaeteen  will,  kann  den  fernern  Gesichtspunkt  verfolgen,  wie  sich  die 
den  streng  lyrischen  Partien  gemeinschaftlich  gegenflberstehendeu  Sep- 
tenar-  und  Senarscenen  unter  einander  selbst  numerisch  verhalten.  Er 
wird  dann  finden,  dass  in  13  Stflcken  die  Septenarscenen  das  Ueber- 
gewicht  haben  uber  die  SenarBcenen,  diese  dagegen  iiber  jene  —  natiir- 
lich  in  beiden  Fallen  mit  mancherlei  Abstufungen  —  in  den  7  Stiicken 
Poenulus,  Pseudulua,  Bacchides,  Perea,  Aulularia,  Casina,  Mercator.  — 
Wer  derartige  Berechnungen  fur  musaige  Spielerei  halten  wollte,  wiirde 
ganzlich  ubersehen,  welch  lebendigen  Einblick  in  die  ungemeine  Mannig- 
faltigkeit  der  Compotjitionsweise  der  einzelnen  Komodien  uns  die  Be- 
achtung  jener  sich  so  vielfach  combinirenden  und  durchkreuzenden 
Unterschiede  gewahrt.  Eb  wird  das  alles  noch  irgend  einmal  zum 
Gegenstande  einer  erschopfenden  Zusammenstellung  und  eingehenden 
Betrachtung  zu  machen  sein. 

&4)  K.  U.  Miiller,  Geach.  d.  griech.  Lit.  II  p.  272. 


Digitized  by  Google 


32 


CAKTICUM  l*ND  DIVERBIUM  BEI  PLAUTUS 


handelt,  dem  antiken  Standpunkte  gewiss  als  unnaturlich 
forcirte  gelten  mussten. 

Noch  einen  nicht  uninteressanten  Gesichtspunkt  bietet 
die  ermittelte  Begriffsbestimmung  des  Canticum  dar:  indem 
sie  namlich  einen  neueu  Beleg  dafiir  gibt,  wie  iiberwiegend 
sich  in  antiker  Kunstabung  und  Kunsttheorie  die  Herrschaft 
des  formalen  Princips  geltend  macht.  Ihrem  durch  den 
lnhalt  bedingten  ethischen  Charakter  naeh  stehen  die  Sep- 
tenarscenen  zwischen  den  iambischen  Dialogscenen  und  den 
freimetrischen  oder  polymetrischen  Partien  in  der  Mitte,  indeni 
sie  bald  mit  jenen  den  schlichten  Gesprachston,  bald  mit 
diesen  den  erregten  Affect  theilen.  Wer  sollte  nicht  erwarten, 
dass  sie  im  erstern  Falle  auch  mit  jenen,  im  andern  mit 
diesen  die  Vortragsart  theilten,  zwar  hier  Musikbegleitung 
hatten,  aber  dort  nicht  hatten?  Aber  nein!  Wie  das  Alter- 
thum  alles  in  Hexametern  gedichtete  zur  epischen  Gattung 
rechnete,  wie  ihm  alles  in  hexametrisch-pentametrischen  Di- 
stichen  abgefasste,  mochte  der  Inhalt  gnomisch  oder  threne- 
tisch,  machetisch  oder  politisch,  erotisch  oder  sympotisch  seiu, 
Elegie  warw):  so  fragte  auch  hier  die  antike  Klassificiruug 
nicht  sowohl  nach  den  innerlichen  Verschiedenheiten,  als  sie 
sich  vielmehr  an  die  poetische  Form  hielt,  und  schlug  dem- 
nach  alle  in  trochaischen  Septenaren  geschriebenen  Scenen 
durchgreifend  und  einheitlich  zum  Gebiete  des  Musikalischeu, 
wenn  sie  auch  innerhalb  des  letztern  noch  Nuancen  eintreten 
liess.  —  Lasst  sich  doch  dasselbe  Princip  noch  weiter  ver- 
folgen  auch  innerhalb  jeder  der  beiden  andern  Klassen.  Nicht 
alle  iambischen  Scenen  verlaufen  ja  in  ruhigem  Gespriichs- 
ton,  sondern  gar  manche  steigern  sich  zu  ziemlich  bewegter 
Stimmung,  sogar  recht  heftiger  Rede  und  Gegeurede;  und 
ebenso  geben  auf  der  andern  Seite  keineswegs  alle  frei-  oder 


55)  Im  Vorbeigehen:  sowcit  im  Griechischen  bei  Epos  und  Elegie 
Mnnikbegleitung  iiberhaupt  in  Betracht  kOmmt,  tlort  kithariHtische,  hier 
auletische,  werden  wir  nicht  irren,  wenn  wir  auch  hier  die  oben  uiit 
iiiodernem  Auadruck  als  melodramatisch  be/.eichnete  Vortragsweise 
zur  Anwendung  bringeu:  beim  Epos,  wo  gar  nichta  anderea  denkbiir, 
gan/.  gewiss,  wuhrend  die  Klegie  noeli  modificirte  Vor»*tellungen  /nl;i-~i . 


Digitized  by  Google 


CAXTICUM  UND  DIVERMUM  REI  PLAUTUS. 


88 


polymetrischen  Scenen  den  Ausdruck  leidenschaftlicher  Er- 
regtheit,  sondern  nicht  wenige,  namentlich  kretische  und  noch 
niehr  baccheische,  spiegeln  da^s  ruhige  Gleichmass  iiberleg- 
samer  Reflexion  wider:  aber  dennoch  sind  die  erstern  siimmt- 
lidi  rausiklos,  die  letztern  sihnmtlich  niusikalisch,  indem  eben 
als  entscheidend  und  massgebend  lediglich  die  metrische 
Form  galt.  —  Auch  ob  es  Selbstgespriich  oder  Zwiegespriich 
war,  bildet  fUr  die  Vortragsweise  so  wenig  ein  wesentlich 
unterscheidendes  Moment,  wie  ein  solches  sich  heutzutage  in 
oler  dem  Alterthum  fremden  Region  zwischen  (Solo-)Arie  und 
Duett  oder  Terzett  u.  s.  w.  bemerkbar  macht.  Doch  daruber 
weiterhin  noch  ein  Mehreres. 

7. 

Die  erhaltenen  Reste  Plautinischer  Semeiosis  gestatteten 
vermoge  ihrer  Zahl  sowohl  als  ihrer  Unzweideutigkeit,  die 
l  ntersuchung  iiber  das  Wesen  des  Plautinischen  Canticum 
und  Diverbium  durchans  uuabhiingig  von  anderweitigeu,  in 
dasselbe  Gebiet  einschlagenden  Ueberlieferungen  zu  fahren, 
und  mittels  festgeschlossener  Beweisftthrung  zu  Ergebnissen 
zu  gelangen,  die  durch  sonstige  Angaben  nicht  mehr  beein- 
triiehtigt  werden  konnen,  selbst  wenn  diese  widersprechen 
oder  zu  widersprechen  scheinen.  Sie  geben  aber  zum  Theil 
sogar  die  vollgultigste  Bestatigung.  Es  sind  das,  wie  man 
weiss,  die  auf  Sueton  (bei  Heifferscheid  p.  11  f.)  zurttck- 
gehenden  Berichte  des  Diomedes  III  p.  491  f.  K.,  und  des 
Donatus  Einleitungen  zu  Terenz  und  den  einzelnen  Teren- 
zischen  Komodien,  auf  die  wir  hier  angewiesen  sind. 

Die  erste  und  weitreichendste  Bestatigung  der  oben  ge- 
wonnenen  Satze  liegt  nun  darin,  dass  uns  die  durchgreifeude 
Classification ,  wonach  die  roraische  Komodie  zu  ihren  Be- 
standtheilen  Cantica  und  Diverbia,  und  nichts  weiter  hatte, 
so  ausdrQcklich  bezeugt  wird  bei  Diomedes,  dass  einem  Zweifel 
\&r  kein  Raum  gelassen  ist.  Deun  nachdem  dort  p.  491,  20 
zuerst  im  Allgemeinen  gesagt  war  fmembra  comoediarum56) 


W)  Offenbar  wird  hier  mit  'comoediaruni'  grieehische  und  rdmitsche 
Komddie  -uBamraengefasst .,  »o  daas  kein  genugender  Grund  vorliegt, 

FR.  *ITS<  HKLII  OPVBC  VLA  III.  3 


34 


CANTICTM  VND  DIVKRBICM  BEI  PLACTCS. 


sunt  tria:  diverbium,  canticuru,  chorus',  wird  Z.  29  in  unver- 
kennbarsten  Gegensatze  zu  den  Griechen  fortgefahren :  *la- 
o«&tinae  igitur57)  conioediae  chorum  non  habent,  sed  duobus 
membris  tantum  constant,  diverbio  et  cantico*.  Ganz 
dasselbe  bestatigt  aber,  nur  ohne  die  ausdriickliche  Zahl- 
bestimmung,  eben  so  unzweideutig  auch  Donatus,  wenn  er 
von  einzelnen  Terenzischen  Komodien  liervorhebt,  dass  sie 
aus  einer  gefalligen  Mischung  von  Diverbia  und  Cantica  be- 
stehen.  So  von  der  Andria:  'diverbiis  autem  et  canticis  le- 
pide  distincta  est'58);  vom  Phormio:  ctota  diverbiis  facetis- 


mit  Grysar  p.  385  Anm.  an  ein  Verderbniss  zu  denken  und  etwa 
fdraraatum'  oder  ffabularum'  als  das  erforderliche  anzusehen. 

57)  Diesea  figitur'  zeigt  deutlich,  dass  uns  bei  Diomedes  nicht  der 
unverkOrzte  Wortlaut  des  Suetonischen  Berichtes  vorliegt;  ein  fautem' 
wQrden  wir  veratehen,  aber  fur  figitur'  findet  sich  in  alleni  Vorher- 
gehenden,  wo  ja  von  einem  Gegensatze  der  Griechen  und  ROinSr  oder 
von  einer  verschiedenen  Zahl  der  fmembra  comoediarum'  nirgends  die 
Hede  war,  keinerlei  Beziehung. 

58)  (Was  man  hier  jetzt  gedruckt  liest:  diucrbiis  et  canticis  lepule 
distincta  est,  iat  nur  Correctur  von  Muretus ;  da  aber  der  Parisinus  deiib 
autenticis,  die  Princeps  mit  ihren  niichsten  Nachfolgerinnen  de  uerbis 
auctenticis,  Lindenbmch'8  fomneB  scripti  libri'  (schwerlich  ganz  genau) 
diuerbiis  authenticis  geben,  so  steckt  darin  vielmehr  —  zwar  nicht  das 
von  Lindenbruch  (wenn  auch  in  der  Hauptsache  richtig)  vermuthete 
d.  aut  canticis,  wo  ein  aut  unveratiindlich ,  auch  noch  nicht  ganz  zu- 
treftend  Bergk'8  (p.  238)  d.  atque  canticis,  sondern  ohne  Zweifel  das 
langst  von  Schopen  hergestellte  diuerbiis  autein  et  canticis.  —  Aachtr. 
p.  189  f.)  —  Durchaua  unberechtigt  ist  Dziatzko's  Interpretation, 
wenn  er  p.  105  hier  'deverbia'  (gemass  seiner  Substitution  dieser  nn- 
haltbaren  Wortform  fvir  fdiverbia')  und  fcantica'  als  einen  'besoudern 
Schmuck',  der  zu  dem  (also  in  seinem  eigentlichen  Kern  aua  etwas 
auderm  bestehenden)  StOcke  hinzutrete,  gefasst  wissen  will,  mit  eut- 
schiedener  Verkennung  dcs  1'Qr  'diatinctus'  geltenden  SpraehgebrauehK. 
Weun  beispielsweise  Quintilian  IV,  2,  3G  von  einer  fnarratio  distincta 
n-bus,  peraoms,  temporibus,  locis,  causis'  spricht,  so  meint  er  doch  ge- 
wisa  nicht  eine  (man  weiss  nicht  aua  waa  sonst  bestchende)  narratio, 
zu  welcher  die  fros,  personae'  u.  s.  w.  eine  besondere  Zugabe  bildeteu, 
sondern  zahlt  eben  die  Bestandtheile  der  narratio  selbst  auf.  Und  im 
Weaentlichen  ebenso  verhalt  ea  sich  mit  dem  fornata'  beim  Phormio: 
nicht  einmal  fornata  diverbiis  et  canticis'  schlechthin,  sondern  fdiver- 
biia  facetissimis  et  suaviasimin  canticis',  und  noch  dazu  ftota',  was  jede 
audere  Erkliirung  geradezu  ausschliesst. 


Digitized  by  Google 


CA^TICVM  IJil)  DIVEKHH  M  HEI  PLAVTUS. 


36 


liuiis  .  .  .  .  et  suavissiinis  ornata  canticis  fuit\  Nie  und 
nirgends  findet  sich  die  geringste  Andeutung  eines  dritten 
Bestandtheiles,  einer  dritten  Scenenart':  wie  wenn  es  von  der 
Hecyra  heisst  'cautica  et  diverbia  sumuio  in  hac  favore 
suscepta  sunt';  oder  wenn  in  der  Einleitung  zum  Eunuchus 
mit  Miverbia  multa  saeper>i')  pronuntiata  et  cantica  saepe 
mutatis  modis  exhibita  sunt',  und  noch  ausfiihrlicher  in  der 
zu  den  Adelphen,  auf  die  Beschaffenheit  der  cantica  und  der  6*6 
diverbia  naher  eingegangen  wird  ohne  jede  Erwiihnung  eines 
(Iritten;  und  ganz  eben  so  auch  in  dem  Tractat  fde  comoedia' 
IgegenEnde):  fdiverbia  histriones  pronuntiabant,  cantica  vero 
temperabantur  modis  non  a  poeta,  sed  a  perito  artis  musicae 
factis\  In  volliger  Uebereinstimmung  damit  steht  es,  wenn 
schon  Livius  VII,  2,  4  in  seiner  pragmatisirten  Urgeschichte 


o9)  Dasa  diese  Worte  verdcrbt  huuI,  ist  einleuchtend.  fdiverbia 
iuulta  pronuntiata'  oder  'aiverbia  saepe  pronuntiata'  konnte  Donatus, 
aueh  sonst  ein  /.ierolich  ungeschickter  Stilist,  allenfalls  sagen ,  in  dem 
Sinne  numlich:  fes  koramen  in  dein  Stiick  viele  Diverbia  vor',  fes  hat 
eine  reichliche  Zahl  von  Diverbien':  wie  er  sich  ja  mit  ahnlicher  Un- 
behulflichkeit  zu  den  Adelphen  ausdriickt  'diverbia  ab  histriouibus 
crebro  pronuntiata  sunt';  aber  rmulta  saepe'  wiire  zweimal  dasselbe. 
Entweder  ist  fsaepe',  als  aus  dem  gleich  folgenden  eingedrungen,  ein- 
fach  zu  streichen,  oder  es  steckt  darin  —  schwerlich  etwa  ein  fsedate', 
soudern  etwas  wie  ffacete'  (entsprechend  den  fdiverbiis  facetissimis' 
im  Phormio),  wenn  uicht  gar  fmulta  suavitate',  oder  selbst  vielleicht 
'multo  sale'  oder  fmulto  lepore'.  Dass  man  damit  verbuuden  eher  ein 
'facta'  als  fpronuntiata'  erwarten  miichte,  fallt  bei  Donatus  nicht  ins 
Qewichi  —  Das  sinnlose  fprouerbia'  der  jungen  Hdss.  (die  alte  reicht 
ja  leider  nicht  so  weit)  und  der  Ausgg.  hat  (nicht  Hermann  Opuac.  I 
p.  297  gtillachweigend,  sondern  ausdriicklich)  zuerst  Lindenbruch  p.  «27 
(M8  ed.  II)  in  'diuerbia'  verbessert.  —  (Wenn  ich  iu  den  obigen  Wor- 
Vu  der  Einleitung  zu  den  Adelphen  das  Crcbro,  als  stilistisches  Un- 
R'l«chick  des  Donatus  meinte  vertheidigen  zu  durfen,  so  schlug  Bergk 
1>.  238  vielmehr  vermuthungsweise  crebro  gcstu  dafiir  vor,  zu  desseu 
Etnpf«-hlung  sich  das  diverbius  /acetissimis  et  gestum  desiderantibus 
tcentcunt  zum  Phormio  vergleichen  lasst.  Hleibe  dies  dahingestellt: 
dariu  atimmen  wir  iiberein,  dass  in  dem  multa  saepe  der  Eunuchus- 
Einleitung  eine  Corruptel  stetkt,  und  dass  wir  beide  (ich  unter  andern 
Mdglichkeiten)  eiu  facete  in  dem  verschriebenen  saepe  vermutheten. 
Da*s  crebro  oder  saepe  uicht  etwa  auf  ein  fda  capo'  {revocare)  gehen 
kunne,  verstaud  sich  fiir  mich  von  selbst.  -    Aachtr.  p.  190.) 

3* 


Digitized  by  Google 


36  CANTILTM  l'Nl>  PIVERimM  BKI  PLACTUS. 

• 

des  romischen  Drama  nur  cantica  und  diverbia  unterscheidet; 
desgleicLen  Flavius  Caper  in  dem  lehrreichen,  obgleich  von 
mehrfachen  Bedenken  nicht  freien  Excerpt  bei  Rufinus  de 
metr.  com.  p.  2708  P.  (381  G.)  und  Marius  Victorinus  II, 
3,  38  p.  2524  (106  G.  [79  KJ);  rquod  vero  ad  clausulas,  id 
est  minuscula  cola  pertinet,  quot  genera  versuum  sunt, 
totidem  eorum  membra  pro  clausulis  poni  possunt,  et  solent 
iu  canticis  magis  quam  diverbiis,  quac  ex  trimetro  niagis 
subsistunt,  collocari,  ct  praecipue  apud  Plautum  et  Naevium 
et  Afranium'60). 


60)  Gewiss  ist,  dass  die  drei  Dicht»*rnanien  sich  keinesweges  auf 
die  nacbstvorbergehenden  diverbia  bezieheu ,  soudem  auf  den  vorzugs- 
weise  die  cantica  betonenden  Hauptsatz,  wie  das  auch  dic  unmittelbar 
folgendeu  Worte  zweifellos  erkennen  lassen:  'nam  hi  inaxime  ex  omni- 
buB  membris  vnrsuum  colis  ab  his  separatis  licenter  usi  reperiuntur  in 
clausulis'.  Aber  danu  siud  sie  auch  wenigstens  insofern  etwas  will- 
kurlich  herausgegriffen,  als  unter  diesem  Gttsichtspunkte  Plautus  durch- 
aua  keinen  Gegensatz  zu  Terenz  bildet,  di«-s«T  vielmehr,  als  mit  jeneni 
auf  ganz  gleicher  Linie  stehend.  dens.-lben  Auspruch  mit  ihm  hatte 
genannt  zu  werden.  Wenn  es  weiter  heisst  'diverbiis,  quae  ex  trimetro 
inagis  Bubsistunt'  (wo  wohl  jedenfalls  fex'  in  fin'  zu  verwandehi  ist 
[s.  u.]),  so  sieht  das  allerdings  go  aus,  als  wenn  ausser  den  Senarscenen 
auch  noch  andcrweitige  zu  den  Diverbia  gezahit  wflrden:  was  doch 
alleu  unsern  obigen  Ermittelungen  widerspricbt.  Nun  liegt  es  freilich 
sehr  nabe,  das  hier  stchende  rmagis'  fiir  nur  irrthflmlich  aus  dem  Vor- 
angehenden  wiederholt  zu  nehmen  und  einfach  fquae  in  trimetro  sub- 
sistunt'  zu  schreiben.  Aber  auch  danu  i-t  wiederum  das  frflhere  rmagi«' 
noch  nicht  gerechtfertigt ,  und  mflsste  es  dafflr  wenigstens  fiu  canticis 
potius  quam  diverbiis'  heissen,  oder  noch  scharfer  und  unzweideutigt r 
fin  canticis  tantura,  non  in  diverbnV:  denn  es  gibt  im  ganzen  Plautus 
und  Tcrentius  keine  dialogische  Senarscene,  die  durch  einzelne  kflrzere 
iambische  (oder  auch  sonstige)  Verse  als  fclausulae'  unterbrochen  wflrde. 
Zu  einer  festen  Entscheidiipg  wird  schwerlich  zu  gelangen  sein. 
Uebrigens  hatte  auch  aua  dieser  Stelle  Dziatzko  fflr  scin  verraeintlichts 
fdeverbium'  die  Scheinbelege  entnehmen  konnen,  dass  im  Victorinus 
bei  Putschius  [wie  in  Keil'8  Palatinus  und  Parisinus]  wirklich  fde- 
verbiis'  gedruckt  steht,  im  Rufinus  dieselbe  Form  Gaisford  aus  der 
Veneta  anfflhrt.  —  (Wenn  im  Obigen  auch  Bergk  p.  233  die  Prapo 
sition  ex  mit  in,  und  zwar  stillschweigend ,  vertauschte,  so  hatten  wir 
damit  beide  Unrecht.  Vielmehr  ist  in  der  .Verbinduug  des  ex  mit  sub- 
sistere  ein  individueller  Sprachgebrauch  des  Grammatikers  anzuerkenntu, 
wie  die  von  0.  Ribbeck  zur  Vergleichung  herangezogenen  Beispiele 


Digitized  by  Google 


CANTKXM  UNI)  DIVERBIUM  BBl  PLAUTUS.  37 

Hieruaeh  muss  auch  der  letzte  Zweifel  schwinden  an  627 
der  Erklarung  der  Sigle  C  als  Canticum,  und  zugleich  der 
Gedanke  an  eine  etwaige  Unterscheidung  von  canticum  und 
mntio  oder  cantor,  wie  er  mir  fruher  in  den  Sinn  kani,  ganz- 
lick  aufgegeben  werden.  Aber  auch  fiir  die  Auffassung  der 
correlaten  Sigle  DV  fehlt  es  uns  nicht  an  urkundlicher  Be- 
statigung.  Sie  liegt  namlich  ganz  offen  zu  Tage  in  des  Do- 
natus  Einleitung  zu  den  Adelphen,  sobald  die  bezflglichen 
Worte  nach  Anleitung  der  massgebenden  Pariser  Handschrift 
(n.  71>20)  richtig  also  gelesen  werden:  'modulata  est  autem 
(fabula)  tibiis  dextris  .  .  . .,  saepe  tamen  mutatis  per  scenam 
mqdis  cantata,  quod  significat  titulus  scenae  habens  sub- 
iectas  personis  litteras  M  •  M  •  0.  Item  diverbia  ab  histrio- 
nibus  crebro  pronuntiata  sunt,  quae  significantur  D-  et  U- 
litteris  secundum  personarum  nomina  praescriptis  in  eo  loco 
ubi  incipit  scena'.  Nichts  kann  hiernach  gewisser  sein,  als 
dass  uns  Donatus  genau  dieselbe  Sigle  zur  Bezeichnung  des 
fdiverbium'  bezeugt,  die  wir  als  DV  nahe  an  30mal  in  den 
Plautinischen  Handschriften  fanden.  Denn  wenn  sie  dort  in 
der  graphischen  Gestalt  DU  erscheint,  so  ist  ja  das  durch- 
aus  nichts  anderes,  als  wemi  auch  bei  Plautus  oft  genug  im 
Decurtatus  U  steht,  wo  im  Vetus  V,  nicht  nur  iiberhaupt, 
sondern  gerade  auch  in  jenem  DU,  wie  z.  B.  aus  Anm.  H 
(vgl.  40)  ersichtlich61).  —  Auch  was  von  der  Stelle  be- 

beweisen:  p.  107  §  9  [p.  80,  5  K.J  iambica  metra  ex  iambo  et  spondeo 
et  eorum  solutione  subsistere;  p.  110  §  24  fp.  82,  34  ]  iambicum  autctn, 
quod  e.r  omnibus  iambis  nullo  admixto  subsistit;  p.  111  §  31  [p.  83,  4] 
mctrum  autem  ex  duobus  colis  subsistere.  —  Nachtr.  p.  191.) 

61)  [In  allen  drei  Stellen  des  Mercator  hat  C  nicht  DV,  gondern 
DC.  Desgleichen  im  Truculentus  II,  8  und  111,  2  nach  Schneider's 
Abdruck.  Wo  im  TrinummuB  nach  praef.  Trin.  p.*au.ti  tf.  in  K 
ADULESC  Bteht,  gibt  C  ADULESCNS  u.  a.  w.  u.  a.  w.  Dergleichen 
als  Variante  zu  regiatriren  hat  sich  begreif  licher  Weise  auch  die  ge- 
wieaenhafteete  Collation  nicht  verpflichtet  gefflhlt.]  —  In  der  Behand- 
long  der  Donatusstelle  ist  Dziatzko  p.  106  ff.  (vgl.  p.  98),  zum  Theil 
ohne  seine  Schuld ,  nicht  glficklich  gewesen.  Seine,  von  einem  Nicht- 
philologen  gemachte,  Collation  des  Pariser  Codex  gab  ihm  als  Lesart 
desselben  an  rque  aignificat  D  •  "1  •  V  •  litteris'.  Mit  den  unstichhaltigsten 
'irunden  die  Deutung  dcts  mittlern  Zeichens  —  nicht  nur  als  ET,  was 


r 

Digitized  by  Google 


38  CANTICUM  U  N  D  DIVERBIUM  BEI  PLAUTCS. 

M8  richtet  wird,  au  welcher  die  derartigen  Beischriften  angebracht 
wurden  —  zum  Ueberfiuss  sogar  zweimal:  'titulus  sceuae 

freilich  nicht  wohl  denkbar,  sondern  auch  als  et  zuriickweisend,  will  er 
darin  eine  Verschreibung  fiir  KI  sehen  d.  h.  I  mit  dem  Spiritus  asper 
als  Zeichen  fiir  h  (was  iibrigens  vielmehr  so  KI  aussehen  wurde) ,  nnd 
erkliirt  mittels  unwahrscheinlichster  Kiinsteleien  die  ganze  Sigle  als 
Deverbium  Histrionis  Voce.  Musste  das  mittlere  Zeichen  ein  zur  For- 
mel  selbst  gehoriges  sein,  so  wvirde  ich  unbedingt  mit  Biicbeler 
(Anm.  48)  nur  ein  in  gar  nicht  uugewdhnlicher  Art  etwas  verziertes  I 
annehmen,  die  hinzugcfugten  Ptuikte  als  irrthiimliche  Assimilation  an 
das  vorausgegangene  M  •  M  •  C  •  ansehen,  und  daa  Ganze  hochst  einfach 
als  Abkiirzung  DIV-  fur  diverbium  auffassen.  Aber  meine  Collation, 
angefertigt  (wie  ich  schon  praef.  Trin.  p.  lvii  Anm.  angab)  von  ein$m 
geschulten  Philologen  Dr.  Patzig,  der  seine  philologische  Akribie  satt- 
sam  bewahrt  hat  in  der  'Dissertatio  de  Musaei  grannnatici  emendatione' 
(Lipsiae  1870),  der  auch  von  den  iibrigen  kleinen  und  kleinsteu  Va- 
rianten  des  Codex,  die  Dziatzko  p.  98  verzeichnet,  keine  einzige  un- 
bemerkt  gelassen  hat,  —  diese  Collation  gibt  als  Abweichung  von  der 
Vulgate  fD.  et  M.  litteris'  nichta  an  als  eben  U-  (nicht  V  •)  fur  M. 
Ihr  Anfertiger  las  also  das  mittlere  Zeichen  einfach  als  die  ganz  all- 
tiigliche  Abkiirzung  eines  et  durch  t,  die  er  verstandiger  Weise  eben 
so  wenig  nothig  fand  ausdrucklich  anzumerken  wie  que  fiir  quae.  Von 
einem  nachfolgenden  Punkt  sagt  er  zwar  nichtB;  aber  wie  es  sich  damit 
auch  verhalte  (noch  vor  Jahresfrist  wiirde  eine  briefliche  Anfrage  in 
Paris  binnen  acht  Tagen  daruber  Gewissheit  gegeben  habeu),  jcdenfalls 
kann  cs  bei  der  ganzen  Sachlage  keinen  irrelevantern  Punkt  als  diesen 
angeblichen  Ponkt  geben.  (Dass  dic  Schreibung  der  alten  Pariser  Ilds. 
fignificatur  D  •  c  U-  Jitteris,  die  Dziatzko'n  in  seiner  (Bergk  un- 
bekannt  gebliebencn)  Abhandlung  so  viel  vergeblichea  Kopfbrechcn  ^e- 
kostet  hat,  wirklich  nichts  anderes  besag«-n  will  als  D-  et  U,  ist  auch 
daraus  ersichtlich,  dass  das  mittlere  Zeichen  vou  jeher  nicht  anders 
gelesen  ward.  Denn  ^n  Lindenbruch 's  [Fhii>,  Lim>k.\ukvc.hivs  nennt 
er  sich  auf  dem  Titel  der  Pariser  Terenz  Ausgabe  von  1602,  erst  in  der 
Frankfurter  von  1623  LiNDKxnnor.ivs]  f.Ob8ervationes  in  Donati  coin- 
nientarium'  p.  628  (640  ed.  IP,  die  Dziatzko  nicht  einsah,  heisst  ea 
ausdrucklich:  fD.  &M.]  Danielis  cod.  D.  A:  V.',  wo  nur  V.  ungenau  fur 
U«  subatituirt  ist:  der  rCod.  Dan.'  ist  ja  aber  eben  der  alte  Parisinus 
7920.  —  Xachtr.  p.  JSO.)  —  Ueber  die  Erkliiiung  des  fD  •  et  M  ■'  als 
Diverbin  Mutata  bei  Lange  fVindiciac  tragocdiae  Rom.'  (Lips.  1822) 
p.  44  Anm.,  dem  Wolff  de  canticis  p.  7  und  so  ziemlich  auch  Grysar 
p.  371  f.  beitraten,  ist  jetzt  kein  Wort  mehr  zu  verlieren;  lie  konnte 
viberhaupt  einen  Sinn  nur  haben,  so  lange  man  glaubte  die  trochaischeu 
Septenarscenen  (ja  nach  Wolff  noch  gar  viele  andere)  zu  den  Diverbien 
zahlen  zu  diirfen.  —  Im  Uebrigen  haltc  auch  ich  mit  Dziatzko  die  Cou- 


Digitized  by  Google 


CANTICUM  UND  DIVERBIUM  BEI  PLAUTUS 


30 


habens  subiectas  personis  litteras'  und  'litteris  secundum  per- 
sonarum  nomina  praescriptis '  u.  s.  w.  — ,  steht  in  der  wtin- 
schenswerthesten,  ausnahmlosen  Uebereinstimmung  mit  den 
1'lautinischen  Thatsachen,!2). 

Gegenuber  diesen  zwei  gewichtigen  Bestatigungen  der 
1'lautinischen  durcH  ausserplautinische  Ueberlieferung  sind 
nun  aber  auch  zwei  hauptsiichliche  Abweichungen  ins  Auge 
zu  fassen. 

Die  erste  liegt  in  demjenigen  Theile  der  zuletzt  be- 
sprochenen  Donatusstelle,  der  die  Bezeichnungsweise  der 
Cantica  betrifft.  Bei  Plautus  fanden  wir  ohne  Ausuahme 
nur  C  •,  Donatus  gibt  diese  Beischrift  gar  nicht  an,  dagegen 
M-M-C  mit  Beziehung  auf  die  'inutati  inodi',  in  denen  sie  ex* 
vorgetragen -worden  seien:  ISiglen  die,  wenn  sie  richtig  tiber- 
liefert  sind,  kaum  anders  aufgelost  werden  konnen,  als  wie 
es  vor  bereits  60  Jahren  (vgl.  Dziatzko  p.  99)  G.  Hermann 
that  in  der  schunen,  fur  ihre  Zeit  sehr  notliwendigen  Ab- 
handlung  rde  cantico  in  Romanorum  fabulis  scenicis'  (Opusc.  I 

atruction  Tabula  modulata  est  .  .  .  . ,  saepe  tamen  ....  cantata'  fiir  hin- 
langlich  gerechtfertigt,  und  die  Annahme  eines  Ausfalles  von  ein  paar 
Worten  nicht  fur  nftthig,  so  mflglich,  selbst  logisch  achiirfer  auch  an 
sich  eine  Satzgestaltung  wie  diese  ware:  'modulata  est  autem  tibiis 
dextris  id  est  Lydiis,  ob  seriam  gravitatem  qua  fere  in  omnibus  comoe- 
diis  utitur  hic  poeta.  Saepe  tamen  mutatis  per'scenam  modia  cantica 
cantata  sunt,  quae  significantur'  u.  b.  w.  (so  doch  wohl  mit  natiirlicberer 
Wortstellung  als  'cantata  sunt  canticd*).  —  (Der  Vulgate  saepe  tamen 
mutatis  per  scenam  modis  cantiva  mutauit  hielt  ich  nicht  der  Mflhe  werth 
nur  Erwahnung  zu  thun,  da  sie  ja  durch  die  Ueberlieferuog  des  Pari- 
sinus  s.  /.  m.  p.  8.  modis  cantata,  die  ich  schon  praef.  Trin.  p.  lvii  zur 
Geltung  brachte,  grundlich  beseitigt  war.  Vielleicht  war  es  uur  die 
<twas  uudeutliche  Fassung  der  Variantenangabe  bei  Lindenbruch: 
'cantica  mutauit}  Cod.  Pith.  mutatis  per  scenam  modis  cantauit.  Dan. 
cantata.',  wodurch  sich  Bergk  p.  131  verleiten  liess,  ohne  die  geringste 
Nothigung  ein  temperavit  fflr  vmtavit  zu  empfehlen.  —  Nachtr.  p.  100.) 

62)  Gryuar  scheint  uiemals  eine  Terenzische  oder  Plautinische 
KaudKchrift  geseheu  zu  haben,  wenn  er  p.  372  Anm.  schreiben  konnte: 
fda  die  einzelnen  Scenen  nicht  wie  in  dem  Texte  unserer  Dramen  durch 
Abtheilungen  und  besondere  Ueberschriften  von  einander  abgegrenzt 
wurden'  u.  s.  w.,  oder  aber  er  machte  sich  von  der  Urschrift  des  Dich- 
ters  selbst  eine  sonderbare  Vorstellung. 


Digitized  by  Google 


40 


CANTKUM  LM)  DIVKKIilUM  HEl  PLAUTUS, 


p.  295),  ja  vor  nunmehr  drittehalb  Jahrhunderten  schon  Sal- 
masius  zu  den  Script.  hist.  Aug.  II  p.  827  (ed.  Lugd.  B. 
1671):  rmutantur  modi  cantici',  wofiir  ich  als  gleich  moglich 
'niutatis  modis  cantatur'  bezeichnete63).  Wie  ist  es  nun  zu 
.  erkliiren,  dass  die  Plautinische  Ueberlieferung  nur  DV  und 
C,  Donatus  nur  DV  und  M-M-C  kenntV  Hat  dieser  etwa 
die  trochaischen  Dialogscenen  zu  den  Diverbia  gereciinet? 
Man  konnte  sich  versucht  fuhlen  das  zu  glauben,  weil  er  ja 
wirklich  nur  von  Scenen  mit  fsaepe  mutati  modi'  spricht, 
also  solchen,  die  wir  oben  unter  dem  Namen  'lyrischer' 
Partien  begriffen.  Aber  dann  gentigte  ja  eben  das  einfache 
C  zur  Unterscheidung  von  den  mit  DV  bezeichneten  Senar- 
und  Septenarscenen.  Ausserdem  aber:  wer  konnte  glauben, 
dass  die  in  Plautinischer  Zeit  mit  musikalischer  Begleitung 
ausgestatteten  Partien  iu  einer  weiter  vorgeschrittenen,  feinerer 
Bildung  theilhaft  gewordenen  Periode,  wie  es  die  Terenzische 
unleugbar  war,  jenes  Reizes  wieder  seien  entkleidet  und  auf 
ein  niedrigeres  Mass  herabgedriickt  worden?  Es  widerspricht 
dies  der  Natur  der  Dinge  und  dem  Gange  aller  Kunstent- 
wickelung,  die,  so  lange  noch  nicht  Verfall  eingetreten  ist, 
nicht  vom  Keichern,  Complicirtern  zum  Einfachern,  Aermern 
fortgeht,  sondern  in  steter  Steigerung  gerade  den  umgekehrteu 
Weg  einschliigt.  —  Es  bleibt  nichts  iibrig  als  zu  erkennen 
und  anzuerkennen,  dass  der  Bericht  des  Donatus  sachlich 
unvollstiindig  ist,  dass  wir  in  ihm  ein  nachlassig  gemachtes 


63)  Denn  'mutatia  modis  cantici',  was  von  Dziatzko  gebilligt  wird, 
ware  die  am  wenigsten  glaubhafte  Auedrucksweiee;  mindestens  ver- 
langte  doch  die  Formel  als  solche  'mutati  modi  cantici*.  —  Warum 
mir  aber  auch  'mutantur  modi  cantici'  oder  'mutatis  modis  cantatur' 
noch  einiges  Bedenken  laast,  beruht  darauf,  daas  doch  canticum  im 
Gegensatz  zu  den  diverbia  immer  der  Hauptbegriff  bleibt,  die  mutatio 
modorum  nur  eine  Modification  desselben  ist,  man  also  rationeller  Weise 
vielmehr  erwarten  sollte  'canticum  mutatis  modis'  zum  Unterschiede 
von  fcanticum'  Bchlechtweg,  d.  i.  also  C-M  M.  Wenn  zwischen  dem 
1 1  ten  und  15ten  Jahrhundert  ein  M  •  M  •  C  ■  in  das  D  •  M  •  E  •  S  •  der 
Princeps  und  der  jiingeren  Handschriften,  aus  deren  einer  sie  geflossen, 
ubergehen  konnte,  so  doch  gewiss  auch  zwischen  dem  4ten  und  llten 
ein  C  •  M  •  M  •  iu  M  •  M  •  C.  Zur  Gewissheit  liiast  aich  naturlich  diese 
Vermuthung  nicht  bringeu. 


Digitized  by  Google 


CANTKTM  UND  DIVKKBIIM   UYA  1'LAITUS. 


41 


Excerpt  vor  uns  haben.  Er  geht  rait  einera  Sprunge  von  «30 
den  'cantica  saepe  mutatis  modis'  =  M-M-C  zu  den  fdi- 
verbia'  =  DV  uber,  und  lasst  die  dazwischen  liegende  Stufe, 
die  rcantica  non  mutatis'  oder  wenigstens  'non  saepe  mutatis 
modis'  =  C  ganz  aus.  So  tritt  also  die  Terenzische  Semeiosis 
i  denn  so  durfen  wir  sie  ja  wohl  kurzweg  nennen)  nicht  in 
Widerspruch  mit  der  Plautinischen ,  sondern  erscheint  nur 
weiter  ausgebildet  durch  eine  neue  Unterabtheilung.  Wahrend 
die  Plautinische  sich  begniigte,  nur  musikalischen  und  nicht- 
musikalischen  Vortrag  gegenOber  zu  stellen,  fand  es  jene 
augemessen,  innerhalb  des  musikalischen  die  zwei  Arten  zu 
uuterscheiden,  die  wir  oben  melodramatisch  und  recitativisch 
benennen  durften,  und  die  so  fllhlbare  Ungleichartigkeit  der 
Septenarscenen  und  der  wirklich  lyrischen  Scenen  auch  durch 
zwei  gesonderte  Zeichen  zu  markiren. 

Aber  flber  diese  Donatischen  Angaben  noch  weiter  hin- 
ausgehend  ist,  was  fiber  denselben  Gegenstand  in  dem 
Tractat  'de  comoedia'  (der  zwar  unter  dem  Namen  desselben 
Donatus  geht,  ihn  aber  im  Pariser  Codex  keineswegs  tragt) 
berichtet  wird.  Da  liest  man  namlich  (p.  LIX  bei  Wester- 
hov),  unter  Zugrundelegung  des  Parisinus,  vollstandig  also: 
'Diverbia  histriones  pronuntiabant:  cantica  vero  tempera- 
bantur  modis  non  a  poeta,  sed  a  perito  artis  musicae  factis. 
Neque  enim  omnia  isdem  modis  in  uno  cantico  agebantur, 
sed  saepe  mutatis:  ut  significant,  qui  tres  numeros  in  co- 
moediis  ponunt,  qui  tres  continent  mutatos  modos  canticia). 


64)  Die  Varianten  des  Codex  findet  man  bei  Dziatzko  p.  99 
genau  verzeicbnet,  die  Construction  der  Worto  aber  nicht  richtig  gf- 
fasst.  Uniuoglich  kann  'cantica'  daa  grammatische  Subject  zu  'ageban- 
tur'  sein:  eine  Rede  wie  fnon  omnia  cantica  isdem  modis  in  uno  cantico 
agebantur"  ware  selbst  fflr  einen  Donatus  oder  seines  gleichen  zu  stam- 
melnd.  Auch  zu  'saepe'  ist  mit  nichten  'agebantur'  zu  suppliren, 
sondern  'saepe  mutatis'  geh5rt  zubammen:  genau  wie  zum  Eunuchus 
'cantica  «aepe  mutatis  modis  exhibita  sunt',  und  zu  den  Adelphen 
'aaepe  mutatis  per  scenam  modis  cantata'.  Ware  dem  anders,  so  hatten 
wir  allerdings  an  Aussagen,  wie  rsaepe  exbibita  sunt  m.  m.\  'saepe 
cantata  m.  p.  s.  m.',  'saepe  agebantur  m.  m.'  sein  wtfrden,  eine  gauz 
.rwunschte  Best&tigung  des  oben  auf  anderm  Wege  festgestollten  Ver- 
haltnisses,  wonach  Cantica  zwar  oft  haufigen  VVechsel  der  Melodie 


Digitized  by  Google 


42  CANTICTM  CNI)  DIVEKBICM  BEI  PLACTCS. 

wi  Eius,  qui  modos  faciebat,  nomen  in  principio  fabulae,  ut  et 
scriptoris  et  aetoris,  superponebatur'65).   Was  es  mit  diesen 

hatten,  aber  nicht  imrner,  d.  h.  dass  es  fiberhaupt  zwei  Arteu  von 
Cantica  gab.  Wie  wir  indeaa  dafur  einer  weitern  Bestatigung  gar  nicht 
bedurfen,  »o  thut  gegen  diese  vermeintliche  sehr  eutschiedenen  Ein- 
spruch  die  constante  Wortstellung,  die  alle  drei  Male  fsaepe'  mit  rmu- 
tatis'  eng  verbindet.  Also:  das  Subject  des  ganzen  Satzes  ist  und  bleibt 
'omnia\  wie  et  eine  auf  KiinstHchkeiten  verzichtende  Interpretation 
verlangt:  =  'nicht  alles  iunerhalb  eines  Cauticum  wurde  auf  gleiche 
Weise  vorgetragen',  oder  scharfer:  fdie  sammtlicben  Theile  eines  und 
desselben  Canticum  wurden  nicht  nach  eincr  und  derselben  Melodie 
vorgetragen,  sondern  nach  vielfach  wechselnder'.  Wie  leicht  eraichtlich, 
haben  auch  hier,  wie  in  der  Einleitung  zu  deu  Adelphen,  dem  Schreibcr 
die  eigentlich  lyrischen  Cantica  vorgeschwebt,  wahrend  von  den  Sep- 
tenarscenen,  wie  dort,  nicht  besonders  die  Rede  ist.  Denn  wenn  man 
einen  Seitenblick  auf  sie  in  dem  Zusatz  fsaepe\  statt  dea  einfachen 
'mutatis'  finden  wollte,  ao  ware  das  wohl  flberfein. 

65)  Der  Schlusssatz  lautet  nach  der,  auf  der  Princeps  fussenden 
Vulgate:  ....  fmutatos  modos  cantici  illius.  Qui  huiuEmodi  modos 
faciebant,  nomen  in  principio  fabulae  et  ecriptoris  *  et  actoris  super- 
ponebant'.  Nach  den  ganz  verfehlten  Versuchen  von  Vossius  Instit. 
poet.  II,  18,  9  und  Wolff  fde  actibus  et  scenis  apud  Pl.  et  Ter.'  1 
(Gubenac  1813)  p.  19  erkannte  zuerst  Lange  in  den  Vind.  trag.  Rom. 
p.  45  sowohl  das  Nichtssagende  eines  zu  fcantici'  hinzugefugten  fillius', 
als  das  Fehlen  eines  Genitivs  beim  folgenden  fnomen',  und  schrieb 
daher  mit  vcraudertcr  Interpunction:  fcantici.  Illius,  qui  .  . . .  faciebat, 
nomen'  u.  s.  w.,  was  dann  Wolflf  fde  canticis'  p.  6,  zugleich  mit  Ver- 
anderung  dea  fet  scriptoris'  in  fut  scriptoris',  annahm,  wie  sputer 
Hermann  p.  274.  Hingegen  nahm  Schopen  das  fillius'  fur  ein  Ver- 
derbniss  von  funius'  und  empfahl  als  Schreibung  des  Ganzen  :  fqui  tres 
numeroa  in  acenis  ponunt,  quae  trea  continent  mutatoa  modos  cantici 
unius.  Qui  huiusmpdi  modos  faciebat,  nomen  iu  principio  fabulae 
ut  et  acriptoris  et  actoris  superponebant ' :  im  Uebrigen  feinsinnig 
genug,  wenn  auch  vielleicht  zum  Theil  den  Schreiber  selbst,  nicht  die 
Abschreiber  verbessernd,  jedenfalls  aber  sehr  hart  ohne  pronomiualen 
Genitiv  zu  'nomen'  (weshalb  ich  ebedem  fcantici  unius.  Qui  .  .  .  fa- 
ciebat,  eius  nomen'  ...  schreiben  zu  sollen  glaubte).  Der  alte  Pariser 
Codex  bringt,  da  zu  fcantici'  keinerlei  Zusatz  n5thig,  mit  dem  foiiw' 
alles  auf  das  einfachate  in  Ordnung,  wenn  man  nur  sein  fcontinet' 
mit  fcontinent\  dagegen  f superpouebantur '  mit  f superponebat  u  r ' 
vertauscht,  sein  ffaciebat'  festhillt,  sein  fmutatis  modos'  als  reinen 
Schreibfehler  ansieht,  fhuiusmodi'  mit  ihm  ganz  tilgt:  worauf  dann 
nur  noch  fut  et'  von  Schopen  zu  adoptiren  ist.  Sclbstverstandlich 
sind  mit  dem  Ganzeu  die  Notizeu  der  vorangestellten  Didaskalie  ge- 


Digitized  by  Google 


CANTKTM  USD  DIVEBBIUM  BEI  PLAUTUS. 


43 


ftres  nunieri*  fiir  eine  Bewandtniss  habe,  nieirite  zuerst  Sal- 
masius  a.  a.  0.  p.  828  durch  Herbeiziehung  der  verschie-63* 
denen  Flotenarten  aufzukliiren,  je  nachdem  miinlich  die  mu- 
sikalische  Begleitung  entweder  'duabus  dextris'  oder  fduabus 
sinistris'  oder  aber  'tibiis  imparibus'  d.  i.  'dextra  et  sinistra* 
bewirkt  worden  sei.  Wir  konnen  tiber  diesen  abenteuer- 
lichen  Erkliirungsversuch,  der  dem  Wortlaut  Gewalt  anthut, 
mit  den  •allgemeinen  Angaben  der  Didaskalien  unvereinbar 
ist,  auch  im  Einzelnen  gar  keine  durchfiihrbare  Anwendung 
zulasst,  fiiglich  zur  Tagesordnung  iibergehen.  Hermann 
p.  295,  dem  sowohl  Lauge™)  Vind.  trag.  Ilom.  p.  44  als 
spater  Grysar  p.  373  ff.  zuversichtlich  beistimmten,  nahm, 
anscheinend  hochst  einfach,  an,  dass  (ipsi  cantico  suis  locis 
addebantur  numeri  I.  II.  III.  ut,  ubi  fieret  ista  mutatio,  in- 
telligeretur',  oder  nochmals  mit  etwas  andern  Worten:  'ut 
iis  cantici  versibus,  in  quibus  mutabantur  modi,  adscriptos 
putemus  numeros  I.  II.  IIF.  Schwerlich  ist  er  sich  selbst 
recht  klar  dariiber  geworden,  worin  denn  eigentlich  eine 
solche  mutatio  modorum  bestehen  sollte,  oder  wenn,  so  hat 
er  ganz  Unglaubliehes  vorausgesetzt.  Ist  namlich  nur  die 
melodische  Begleitung,  d.  h.  also  kurzweg  die  Melodie,  ge- 
meint,  so  versteht  sich  von  selbst,  dass  sie  wechselnd  war, 
aber  zugleich,  dass  nicht  nur  ein  dreifacher,  sondern,  je  nach 
Umstundeu,  eiu  zehn-  und  zwanzigfacher  Wechsel  stattfand. 
Wer  kann  sich  denn  vorstellen,  dass  selbst  die  allerregel- 
massigsten  baccheischen  oder  kretischen  Tetrameter,  wenn 
ihrer  —  was  doch  das  relativ  seltnere  ist  —  auch  nur  etwa 
sechs  oder  acht  auf  einander  folgten,  mittels  einer  und  der- 
selben   musikalischen  Phrase   in   unertriiglicher  Monotonie 

 V-  —  ■ 

ineint;  'acriptor'  iwt,  was  Uermaun  seltsamer  Weiso  beanstanckte, 
naturlich  der  Dichter,  'actor'  der  'actor  prhnaruni',  wie  Pollio  odcr 
Ambivius  Turpio. 

66)  Musik  war  wohl  seine  Sache  nicht:  sonst  wiirde  er  nicht  auf 
den  wundersamen  Einfall  gerathen  sein,  eine  Bestatigung  und  ErklSxung 
der  ftres  numeri  mutatorum  modorum'  in  einer  Stelle  des  Aristides 
Quintilianus  zu  finden,  worin  die  ueXoirouai  uach  den  —  nicht  etwa 
drei,  sondern  funf  Kategorien  Ytvei,  cucrr|uaTi,  t6vcu,  Tp6my,  n6€i  unter- 
Bchieden  werden,  deren  jede  allerdings  drei  Glieder  hat!  Dennoch  hat 
Wolff  'de  canticis'  p.  0  viel  Gefallen  an  dieser  Auiklarung  gefunden. 


44  CANTICUM  OND  DIVEBBI0M  BKl  PLAUTU8. 

componirt  gewesen  wiiren67)?  Geschweige  denn  die  nnend- 
633  liche  ^Tannigfaltigkeit  der,  zum  Theil  zugleich  mit  bacche- 
ischen  und  kretiscben  Rhythmen,  im  buntesten  Wechsel 
durch  eiuander  gehenden  iambischen  und  trochaischen  und 
anapastischen  Octonare  und  Septenare  und  allerhand  kQr- 
zern  Versformen  —  wie  ist  denn  deren  musikalische  Com- 
position  nur  iiberhaupt  anders  denkbar  als  mit  eben  so  viel- 
fach  wechselnden  Melodien  oder  melodischen  Figffren,  die  • 
sich  dem  gleichen  Wechsel  von  Rhythtnen  und  Metren,  so- 
wie  von  Empfindungen  und  Gemiithsbewegungen  der  spre- 
chenden  (d.  h.  recitativisch  vortragenden)  Personen,  fort  und 
fort  anzuschmiegen  hatten,  und  fttr  deren  Unterscheidung 
blos  drei  Ziffern  auch  nicbt  entfernt  ausreichen  konnten? 
Selbst  die  melodramatische  Begleitung  der  trochaischen  Sep- 
teriare,  die  sich  ja  oft  genug  hundert  und  mehr  Verse  fort- 
setzen,  wiirde,  wenn  —  nicht  nur  blos  mit  einem,  sondern 
selbst  mit  drei  melodischen  Motiven  durchgefQhrt,  eine  tddt- 
liche  Langeweile  bewirkt  haben:  so  sehr  ja  auch  anderseiis 
ein  geringeres  Mass  von  Abwechselung  durch  die  Einheit- 
lichkeit  des  Metruras  selbst  bedingt  sein  musste. 

Es  liesse  sich  nun  allerdiugs  denken,  dass  nicht  sowohl 

67)  Grysar  scheiut  das  freilich  gcglaubt  zu  haben,  wenu  er  p.  374  f. 
den  praktischen  Versuch  macht,  den  Eingang  der  Andriascene  IV,  1 
nach  den  '  drei  verschiedenen  Melodien'  abzutheilen,  indem  er  den 
daktylischen  Anfangsvers  mit  .den  9  folgenden  kretischen  unter  r  I ' 
zusammenfaflst ,  daun  die  paar,  obwohl  doch  unter  sich  ganz  ver- 
«chiedenen  trochaischen,  iambischen,  baccheischen  Versformen  als  'III* 
(nicht  II)  bezeichnet,  eudlich  unter  fIP  (nicht  III)  die  folgenden  theilx 
trochaischen  theils  iambischen  Tetrameter  ansetzt.  Aber  was  wird 
denn  nun  aus  dem  weitern  Verlauf  der  Scene,  welche  in  mehrfachem 
Wechsel  trochaische  Septenare,  iarabische  Octouare,  iambische  Senare, 
und  wiederum  iambische  Octonare  auf  einander  folgen  lasst?  Fallen 
die  alle  zusammen  noch  unter  die  eine  Melodie  'II'?  Oder  fing  die 
Numerirung  mit  l.  II.  111  wieder  von  vorn  an?  —  Es  ist  eine  unglaub- 
liche  Unklarheit  der  Begriffe,  die  in  dem  ganzen  Spiel  mit  dem  Namen 
'Melodie*  fast  flberall  zu  Tage  tritt.  Ich  mOchte  wohl  wissen,  wie  — 
von  der  obigen  Scene  ganz  abgesehen  —  man  es  anfangen  wollte, 
z.  B.  einen  baccheischen  Tetrameter  mit  einem  iambischen  oder  tro- 
chaischen  Septenar  oder  Octonar,  geschweige  denn  etwa  Dimeter,  auf 
eine  und  dieselbe  'Melodie'  zu  setzen! 


Digitized  by  Google 


CANTICTM  IND  DIVERDIUM  DEI  PLAUTUS. 


45 


eine  mit  den  einzelneu  Versen  eintretende  Verilnderung  der 
lnodi  gemeint  sei,  sondern  dass  man  grossere  rhythmisch- 
metrische  Gruppen,  in  die  ein  Canticum  zerfiele,  im  Auge 
gehabt  hatte.    Aber  dann  miisste  es  doch  Cantica,  ja  es 
mfisste  eine  Mehrzahl  von  Cantica  geben,  in  denen  eine 
Dreisabl  von  deutlich  unterscheidbaren  derartigen  Verscom- 
plexen  zu  Tage  liige:  ich  kenne  aber  kein  einziges,  weder 
bei  Plautus  noch  Terenz,  in  dem  ciner  schlichten  und  unbe- 
fangenen,  von  KUnstlichkeiten  absehenden  Betrachtung  eine 
solche  dreifache  Gliederung  entgegentrate.  —  Nur  ein  sehr 
uneigentliches  Analogon  gibt  es,   welches  man  moglicher 
Weise  liieherziehen  konnte.    Wie  iiberhaupt  die  ganze  me- 
triscbe  und  scenarische  Technik,  mit  der  sich  eine  Terenzische 
Komodie  aufbaut,  eine  vom  Plautinischen  Muster  wesentlich 
versehiedene  ist  —  auch  ein  Gegenstand  [vgl.  Anm.  53],  der 
eine  eingehende,  zusammenhiingende  Darlegung  gar  sehr  ver-  «a* 
lohnte  r'"'m)  — ,  so  unterscheidet  sie  sich  von  der  Plautinischeu 
insbesondere  auch  dadurch,  dass  sich  in  bewegte  Scenen  von 
tkeils  wechselnden  lyrischen  Metren  theils  auch  Septenaren 
vielfach  auch  iambische  Senare  eingemischt  finden,  nicht  nur 
einzeln  oder  paarweise,  sondern  in  so  fortgesetzter  Folge, 
dass  sie  geradezu  eigene  zusammenhangcnde  Senarpartien 
bilden:  eine  Anordnung,  welche  dem  Plautus   fremd  ist. 
Komnit  nun  eine  solche  Partie  gerade  in  die  Mitte  zwischeu 
die  anderartigen  zu  stehen,  so  ergeben  sich  allerdings  drei 
sehr  deutlich  in  die  Augen  fallende  Abschnitte,  die  als  solche 
mit  I.  II.  III  bezeichnet  werden  konnten:  z.  B.  wenn  in  der 
Andria  die  Scene  II,  3  mit  9  trochaischen  Septenaren  be- 
ginnt,  mit  10  Senaren  fortfahrt  und  mit  10  iambischen  Octo- 
naren  schliesst;  oder  III,  3  auf  4  iambische  Octonare  nebst 
1  Dimeter  folgen  lasst  37  Senare  und  auf  diese  6  iambische 
Septenare.    Aber  abgesehen  davon,  dass  dann  doch  in  der 

67*)  [Ein  beachtenswerther,  w^nn  auoh  noch  nicht  hinlanglich 
Qbereichtlicher  Anfang  ist  dazu  gemacht  in  dem  Magdeburger  Pro- 
^ramm  von  B.  Born  fde  diverbii  apud  Terentium  versibuh'  (1808).  Im 
Uebrigen  wird  hier  der  Name  'diverbium'  bo  sehr  nur  im  allgemein- 
iten  Sinne  von  Dialog  fiberhaupt  genoramen,  dass  fflr  unsern  Zweck 
und  Gesichbpunkt  kein  Gewinn  daraus  erwacbsen  kann.J 


Digitized  by  Google 


46 


CANTKTM   rxn  niVERBUM  BEI  PLACTT8- 


Mitte  nicht  sowohl  eine  rmutatio',  als  vielmehr,  da  die  Se- 
nare  gar  keine  Musikbegleitung  hatten,  nur  eine  'cessatio 
modorum' eintrate:  wie  gering  ist  doch  die  Zahl  der  gerade 
in  dieser  foder  selbst  ahnlicher)  Weise  angelegten  Scenen 
gegen  die  uugemeine  L  eberzahl  derjenigeu,  fur  deren  bunte 
Mannigfaltigkeit  blus  drei  Abtheilungszeichen  eine  uberaus 
kiimmerliche,  schlechterdings  unzulangliche  Signatur  wiiren! 
Wie  wollte  man,  um  nur  ein  paar  Beispielc  aus  derselben 
Andria  anzufuhren,  damit  ausreichen  fur  die  Scene  I,  2,  die 
sich  aus  3  Senaren,  2  iauibisehen  Octonaren  mit  einem  da- 
zwischengestellten  Dimeter.  2  trochaischen  Septenaren.  10 
iambischen  Octonaren,  3  Senaren  und  wiederum  7  iambischen 
Octonaren  zusammensetztV  wie  fur  die  wechselvollen  Mi- 
schungen  in  T.  5.  (II,  1.)  III,  2.  IV,  1.  V,  2?  lauter  Scenen, 
die  auch  den  etwaigen  Versuch,  durch  massgebende  Unter- 
scheidung  von  melodramatischen  Septenarscenen  und  recita- 
tivischen  lyrischen  Scenen  weiter  zu  kommen,  scheitern  lassen. 
Man  wird  es  mir  erlassen,  noch  naher  dasjenige  im  Einzelnen 
nachzuweisen,  wovon  sich  jeder  durch  eigene  Untersuchung 
iiberzeugen  kaim;  denn  rich  bin  des  trocknen  Tous  nun  satt' 
und  sehne  mich  nach  dem  Ende.  Genug,  dass  auch  dieser 
Wreg  nicht  zu  dem  Ziele  fuhrt,  eine  vernunftige  Erkliirung 
der  ftres  numeri,  zu  finden,  und  dass  die  Hiilfe  anderswoher 
gesucht  werden  muss. 

In  meiuem  Handexcmplar  der  Hermannschen  Opuscuhi 
fiude  ich  p.  294  zu  'numeros'  am  llande  von  meiner  Hand 
—  ich  weiss  nicht  aus  welcher  Zeit  —  beigeschrieben  fnotas': 
und  darin  wird  in  der  That  der  Schlussel  des  RSithsels  liegen. 
Beide  Worter  erscheinen  so  hiiufig  in  Abbreviatur  geschrie- 
ben,  dass  man  auch  hier  nur  falsche  Lesuug  iiir  *tres  notas' 
anzmiehmen  hat,  um  jeder  Schwierigkeit  ledig  zu  werden: 
denn  dann  sind  eben  dieselben  drei  notae  M  •  M  •  C  •  gemeint, 
die  in  des  Douatus  Einleituug  zu  den  Adelphen  fQr  die 
'cantica  mutatis  modis'  angegeben  werden.  Eine  unverwerf- 
liche  Bestiitigung  dafUr  wurde  darin  liegen,  dass  die  Prin- 
ceps  mit  fquae  tres  continent  m.  m.  c'  fortfiihrt:  wenn  nur 
nicht  der  alte  Parisinus  allerdings  cqui'  giibe,  was  seit 
Lindenbrueh  zur  Vulgate  geworden.    Dieser  ganze  Zusatz 


Digitized  by  Google 


CANTItTM  I  ND  DIVERBIUM  BEI  PLAITTS. 


47 


ubrigens  mit  seineni  ungeschiekten  'continent'  ist  entweder 
ein  verungliicktes  Autoschediasma  des  Excerptors,  oder  aber 
es  ist  mit  Benutzung  von  Schopens 07 b)  ansprechender 
Emendation  (s.  Anm.  65),  zugleich  mit  Tilgung  des  wieder- 
holten  (tres',  der  tadelloseste  Sinn  durch  diese  Schreibung 
herzustellen:  rut  significant,  qui  tres  notas  in  scenis  po- 
nunt,  quae  eontinent  mutatos  modos  cantici \ **) 

Nur  noch  eine,  zweite  Disharmonie  zwischen  der  Plau- 
tinischen  Semeiosis  und  anderweitigen  Berichten  bleibt  jetzt 
zu  erledigen,  durch  die  wir  wiederum  auf  Diomedes  zurilck- 
gefiihrt  werden.  Bei  ihm  heisst  es  namlich  p.  491,  24:  lin 
canticis  autem  una  tantum  debet  esse  persona,  aut,  si  duae 
fuerint,  ita  esse  debent  ut  ex  occulto  una  audiat  nec  con- 
loquatur,  sed  secum,  si  orrus  fuerit,  verba  faciat'.  War  uns 
bisher  ein  conciliatorisches  Verfahren  gestattet,  so  ist  uns 
hier  dieser  Weg  giinzlich  verschlossen ;  wir  stehen  einer  An- 
gabe  gegeniiber,  die,  wenn  sie  sich  auf  unsere  romische 

67b)  (Auf  die  mehrfach  an  niich  gerichtete  Frage,  wo  denn  Scho- 
pen  diesea  und  anderes  dergleichen  mitgetheilt  habe,  dieue  zu  wissen, 
dass  derselbe  bereita  in  den  Jahren  1834  bis  1837  eine  kritische  Aus- 
gabe  des  Donatus  in  Angriff  genommen  hatte,  und  zwar  nicht  nur 
handechriftlieh ,  sondern  dass  bereits  die  ersten  vier  Dogen  derselben, 
die  nach  siunmtlichen  Einleitungsstiicken  (Vita,  Euanthius  de  fabula, 
Donatus  de  comoedia)  den  Commentar  selbst  bis  zu  Andr.  I,  2,  34 
fuhren,  im  Verlag  von  Ed.  Weber  in  Bonn  gedruckt  waren,  als  das 
Unternehmen  ins  Stocken  gerieth,  bald  ganzlich  abbrach,  und  leider 
nie  wieder  aufgenommen  wurde.  Jene  yier  Druckbogeu,  die  in  wenigen 
Handen  sein  werden,  besitze  ich  als  Geschenk  meines  alten  Freundes, 
das  er  mir  in  der  That  *kujv  d^Kovxi,  oder  wenn  man  will,  d^KUJv 
^k6vti  Tt  8u|uuj  vergOnnte.  ~  Nachtr.  p.  190.) 

6«)  Im  Wesentlichen  zu  demselben  Resultat  ist  Dziat/ko  p.  100 
gekommen,  wenn  auch  mit  Modificationen  imd  auf  etwas  anderm  Wege, 
indem  er  namentlich  das  rnumeros'  auf  Misverstiindniss  der  drei,  zu- 
gleich  als  Zahlzeichen  giiltigen  Buchstaben  M-M-C-  zurvickfiihrt : 
was  auch  mdglich  ist,  so  grob  auch  der  Misgriff  ware.  —  (Wie  wenig 
ich  in  Betreff  der  tres  numeri  mit  Bergk  p.  231  Anm.  4  zusammen- 
gehe,  und  warum,  ist  im  Obigen  so  ausfuhrlich  dargelegt,  dass  ich  jetzt 
nichts  hinzuzusetzen  finde.  Auch  Schopens  ut  et  scriptoris  et  actf/ris 
glaube  ich  gegen  das  Bergk'Bche  ut  scr.  et  act.  festhalten  zu  musaen, 
so  unwesentlich  auch  der  Unterschied  ist.  —  Nachtr.  p.  190  f.) 


Digitized  by  Google 


48  CANTICUM  UND  DIVERBIUM  BEI  PLAUTUS. 

Komodie  bezieheu  soll,  einfaeh  niedergeschlagen  und  riick- 
sichtslos  aus  dem  Wege  geriiumt  werden  muss,  weil  sie 
ihrerseits  den  verbUrgtesten  Thatsachen  ins  Gesicht  schliigt 
Sowohl  Wolff  als  Grysar  haben  sie  mit  Gewicht  in  den 
Vordergrund  gestellt  und  zum  Theil  zum  Ausgangspunkte 
ihrer  Begriftsbestiinmung  des  Canticum  gemacht,  aber  es 
mit  der  Nachweisung  sehr  leicht  genommen.  Der  letztere 
begnUgt  sich  p.  309  f.  einige  wenige  Beispiele  beizubringen. 
auf  welche  die  Angabe  gerade  passt,  ohne  sich  diejenigen, 
auf  die  sie  nicht  passt,  weiter  kiimmern  zu  lassen.  Wolff 
erkannte  wenigstens  p.  11  die  Nichtigkeit  der  Behauptung, 
G36  dass,  wenn  eine  zweite  Person  zugleich  rait  auftrete,  sie  niu* 
fex  occulto  audire  nec  conloqui,  sed  secura  verba  facere* 
diirfe,  da  es  der  Falle  allzu  viele  gebe,  in  denen  eine,  selbst 
zwei  Personen,  vom  Hauptsprecher  unbemerkt,  nicht  nur 
'secuni',  sondem  auch  fiuter  se  aut  interdum  ad  spectatores' 
•  spriichen;  er  trostete  sich  indess  iibcr  diesen  Widerspruch 
der  Thatsachen  mit  einem  'Diomedes  ipse  oblitus  est''.  — 
Wir  miissen  weiter  gehen  und  viel  stiirker  auftreten:  der 
ganze  Bericht  bei  Diomedes,  mag  er  nun  so  von  Sueton  her- 
rtihren  oder  nicht,  ist  in  der  Ausschliesslichkeit,  mit  der  er 
auftritt,  grundfalsch.  Er  ist  es  erstlich  darum,  weil  er 
auf  die  Septenarscenen ,  die  doch,  wie  wir  gesehen  haben, 
sUmintlich  zu  den  Cantica  ziihlen,  ganz  und  gar  keine  An- 
wendung  erleidet:  wofur  ich  einzelnerNachweisungen  durch  die 
p.  608  [13]  ff.  aufgestellte  Tabelle  Uberhoben  bin.  Er  bleibt 
es  aber  auch,  wenn  wir  ihn  in  favorem  dahin  interpretiren, 
dass  nur  die  Cantica  im  strengem  Sinne,  die  in  lyrischen 
Metren  'saepe  mutatis  raodis'  gedichteten  Scenen  gemeint  . 
seien.  Treten  nicht  z.  B.  im  Poenulus  V,  4  Adelphasium  und 
Anterastylis  gleich  von  vorn  hereiu  in  lyrischera  Zwiege- 
spriich  zusamraen  auf?  nicht  gleichfalls  im  Pseudulus  IV,  1 
Pseudulus  und  Simmia?  nicht  im  Epidicus  II,  2  sogar  die 
drei  Personen  Epidicus,  Apoecides  und  Periphanes?  und 
ebenso  im  Truculentus  II,  7,  wenn  auch  nach  einera  voran- 
gehenden  Monolog,  doch  dann  Phronesiura  rait  dem  Sklaven 
und  dem  Miles?  Wenn  uns  diese  Scenen  als  Cantica  durch 
das  urkundliche  C  ausdrUcklich  beglaubigt  sind,  so  lassen 


Digitized  by  Google 


CANTICUM  UND  DIVERBIUM  BEI  PLAUTUS.  49 


sich,  nachdern  einmal  die  Kriterien  zur  Unterscheidung  vou 
Cantica  und  Diverbia  gefunden  sind,  zahlreiche  andere,  die 
zufallig  kein  solehes  C  vor  sich  haben,  mit  gleicher  Beweis- 
kraft  ohne  Mtthe  hinzufilgen. 

Hiiufig  genug  freilich  und  bei  Plautus  besonders  beliebt 
ist,  wie  die  Tabelle  zeigt,  die  Anordnung  diese,  dass  die 
Seeue  mit  einem  lyrischeu  Mouolog  beginnt,  von  dem  dann 
zu  eineni  Dialog  in  Septenareu  iibergegaugeu  wird.  Und 
gerade  diese  Wahrnehmung  mag  es  gewesen  sein,  die  den- 
jenigen,  die  einmal  die  lyrischen  Cantica  und  die  Septenar- 
partien,  als  mit  jenen  nicht  eigentlich  homogen  (was  sie  ja 
auch  nicht  sind),  von  einander  ganzlich  trennten,  den  Anlass 
gab  zu  der  bei  Diomedea  vorliegenden  Bestimmung.  Man 
machte  eben  das  Resultat  einer  Beobachtung  des  factisch 
uberwiegenden  in  kurzem  Ausdruck  zur  Regel,  stellte  unge- 
nau  als  bindendes  Gesetz  auf,  was  in  Wahrheit  nur  der  vou 
der  Mehrheit  der  Beispiele  abstrahirte  Usus  war.  —  Sehr 
moglich  sogar,  dass  ein  viel  stiirkerer  Nachdruck,  als  bisher 
gescheheu,  auf  das  zweimalige  rdebet'  fdebent'  bei  Dio- 6S7 
medes  zu  legen  ist,  d.  h.  dass  nicht  sowohl  der  factische 
Thatbestand  historisch  berichtet  werden  soll,  als  vielmehr 
die  theoretische  Vorschrift  einer  Poetik  des  Drama  (oder 
speciell  der  Komodie)  cut  esse  oportet',  in  Form  eines  Lehr- 
satzes  mitgetheilt  wird:  ungefahr  in  dem  Sinne  wie  die  Ho- 
razischen  Regeln  fneve  minor  neu  sit  quinto  productior  actu 
fabula'  und  Jnec  quarta  loqui  persona  laboret',  welche  nicht 
nur  nicht  hindern,  souderu  vielmehr  nothigen,  auf  das  Vor- 
kommen  auch  des  Gegentheils  zu  schliessen.  —  Auf  das 
Bedenkliche,  gar  nicht  sehr  Verliissliche ,  wahrscheinlich 
ziemlich  Fragmentarische  der  ganzen  Fassung  des  Diome- 
dischen  Excerpts,  in  welchein  nirgends  mit  Sicherheit  zu 
erkennen,  wo  von  griechischen,  wo  von  romischen  Einrich- 
tungen  die  Rede  ist,  will  ich  hier  nicht  weiter  eingehen; 
gewiss  ist,  dass  es  an  Klarheit,  Ordnung,  Vollstiindigkeit 
viel  zu  wunschen  iibrig  liisst .*) 

*)   Zusatz.    Indem  mir  daa  Voratehende  jetzt  im  Druck  wieder 
vor  Augen  tiitt,  finde  ich,  datss  uiau  vielleicht  eiue  ausdruckliche  Er- 
klarung  dariiber  vermiasen  wird,  wie  in  Absicht  auf  die  Vortragsweise 
»*.  VttWCBMLU  OPVHCVLA  iu.  •* 


Digitized  by  Google 


50 


CANTICTM  rXD  DIVERKirM  BEI  PLAITIS. 


diejenigen  trochaiscben  (aach  iambiseften)  Septenare  anzaaehen  seien, 
welche  nicht  in  fortgeaetzter  Folge  ganze  Scenen  bilden  und  den  obigen 
Entwickelungen  zufolge  melodramatisch  waren,  sonden  einzeln  oder 
paarweiae  oder  uberhaupt  in  ganz  geringer  Anzahl  unter  lyrische  Verse, 
also  recitativiach  vorgetragene,  namentlich  Octonare,  gemischt  erschei- 
nen.  Ich  habe  aie  aammtlich  um  der  Gesellachaft  willen  ebenfalU  als 
lyrisch,  also  recitativisch  angesehen,  kann  aber  nichta  Zwingendea 
entgegenstellen,  wenn  Bich  etwa  jemand  lieber  die  Vorstellung  bildet, 
aie  hatten  auch  in  ihrer  recitativischen  Umgebung  doch  ihren  melo- 
dramatiachen  Cbarakter  bewahrt  und  durch  solche  Mischung  beider 
musikalischen  Vortragsarten  den  bezuglichen  Scenen  einen  desto  gros- 
sern  Reiz  verliehen:  —  obwohl  mich  daa  doch  als  eiue  etwas  kQust- 
liche  Annahme  anmuthet.  Man  musa  eben  nicht  allea  wisaen  wollen, 
weil  man  nicht  alles  wisaen  kann:  denn  fest  etiam  nesciendi  ars  quae- 
dam\  (Daaa  iambische  Trimeter,  einzein  oder  in  ganz  geringer  Zahl, 
entschieden  lyriachen  Metren  —  wie  so  haufig  bei  Terenz  —  eingereiht, 
mit  den  letztern  den  recitativischen  Charakter  durchaus  theilten,  dar- 
uber  iat  mir  doch  im  Grunde  gar  kein  Zweifel;  um  wie  viel  mehr  also 
eingemischte  trochaiache  Septenare!] 


Nachtrag*). 

Auf  lnehrfache  Anfragen,  warum  ich  in  obiger  Abhand- 
lung  die  Aeusserungen  C.  E.  Gepperts  fflber  vereinzelte 
187  Buchstaben  in  den  plautinischen  Handschriften'  (in  desseu 
'Plautinischen  Studien'  Heft  I  p.  1—15)  ganz  unberiick- 
sichtigt  gelassen,  ist  meine  einfache  Antwort,  dass  ich  .die- 
selben  damals  gar  nicht  kannte**).  Ist  das  eine  Schuld,  so 
muss  ich  sie  eben  auf  mich  nehmen.    Zu  bereuen  habe  icb, 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Phil.  XXVII  p.  186  ff.  Die  Einzelnheiteii 
dieaea  Nachtrags  sind  alle  schon  oben  betr.  Orts  eingereiht  worden.] 
•*)  Indem  ich  auf  dieaen  Anlass  auch  das  zweite  Hefl  jener  rStu- 
dien'  kennen  leme,  finde  ich  daselbst  im  Vorwort  p.  V  eiue  Beschwerde 
daruber,  daas  ich  zu  Trinummus  295  bemerkt  habe  'moribus  (ohne  et) 
Geppertus  sive  tacite  sive  caau:  quod  verum  puto',  wahrend  dbch  in 
G.  'a  Commentar  die  Streichung  dea  et  auadriicklich  motivirt  sei.  Herr 
G.  hat  vollkommen  Recht,  und  ich  bedauere  dies  flberaehen  zu 
haben.  —  Wenn  er  aber  ffast  wunschen  mOchte,  dass  mir  auch  aeine 
Ausgabe  des  Trinummu8,  bei  der  geringen  Riicksicht,  die  ich  darauf 
nehme,  uubekannt  geblieben  ware\  ao  habe  ich  darauf  zu  erwidern, 
daas  ea  gegen  meine  Grundsatze  geht,  Gutes  oder  Brauchbarea  n  issent- 
lich  zu  ignoriren,  in  welcheu  Umgebungen  es  sich  auch  finde. 


Digitized  by  Google 


CANTICUM  UND  DIVERBIUM  BEI  PLAUTUS.  51 

wie  ich  nun  sehe,  jene  Nichtkenntniss  weiter  nicht,  da  so- 
wohl  die  Behandlungsart  desselben  Stofts  als  auch  die  ge- 
wonnenen  Resultate  auf  beiden  Seiten  so  grundverschieden 
sind,  dass  keiner  dem  andern  irgend  etwas  weggenommen 
hat,  und  dass  es  kaum  ein  schlagenderes  Beispiel  fiir  die 
Wahrheit  des  Satzes  fduo  cum  faciunt  idem,  non  est  idem' 
geben  kann.  —  — 

Kaum  waren  diese  Worte  niedergeschrieben,  als  sich  — 
soll  ich  sageu  eine  neue  Bestiitigung  (wenn  auch  in  sehr 
verschiedenem  Sinne)  oder  mehr  eine  Widerlegung  (denn 
beides  passt  hier)  des  eben  angeftthrten  Satzes  darbietet  in 
deni  Bergk'schen  Aufsatze  fttber  einige  Zeichen  der  Plauti- 
nischen  Handschriften  \  welchen  uns  das  2te  Heft  31sten 
Bandes  des  Philologus  p.  229—246  bringt.  Von  einem  Manne 
wie  Bergk  liisst  sich  natttrlich  erwarten,  dass  er  nicht  die 
imild  ausgedrttckt)  so  schwachen  wie  abenteuerlichen  Vor- 
stellungen  des  f  scharfsinnigen  Gelehrten*  theile,  nach  denen 
DV«,  in  seinem  Ursprunge  vollig  unerklart,  viererlei  ganz 
V  erschiedenes  bedeutc,  C-  aber  (wo  es  es  nicht  etwa,  weil 
der  dritte  Buchstab  im  Alphabet,  fttr  die  Zahl  III  stehe!) 
identisch  sei  mit  der  oittXti  ^Etu  veveuKuia  <  und  zur  Bezeich- 
nung  eines  Wechsels  des  Versmasses  diene.  Vielmehr  hat  \ 
B.,  gesttttzt  auf  die  von  G.  mitgetheilte,  ausschliesslich  auf 
die  gedachten  Zeichen  gerichtete  Zumptsche  Collation  des 
Vetus,  die  mir  unbekannt  war,  in  der  Hauptsache  dasselbe 
gefunden,  wovon  ich  p.  606  [10]  sagte,  'man  werde  es  nicht 
als  eine  Hypothese,  sondern  als  eine  lediglich  durch  schlichte 
Couibination  von  Thatsachen  und  ihren  logischen  Conse- 
quenzen  ermittelte  Gewissheit  anzusehen  haben'.  Und  eine 
derartige  Uebereinstimmung  kann  ja  im  Interesse  der  wissen- 
schaftliehen  Erkenntniss  nur  hochst  erfreulich  sein. 

Briefliche  Aeusserungen  haben  auch  in  meiner  Abhand-  m 
lung  vermisst,  dass  das  fttr  die  romische  Komodie  Ermittelte 
nicht  zu  RQckschlttssen  auf  die  musikalischen  Kunstmittel 
und  Vortragsweisen  des  griechischen  Drama  verwendet 
und  verwerthet  worden  sei,  da  ja  hier,  wie  in  andern  Ge- 
bieteu  alles  Analoge,  die  romische  Erscheinung  nur  eine  Art 
von  'Abklatsch'   des  griechischen  Vorbildes  gewesen  seiu 


Digitized  by  Google 


52  CANTICIM  UND  DIVKKHICM  BEI  PLAUTTS. 

werde.  Wie  hatte  mir  doch  die  Moglichkeit  solcher  Riick- 
schltisse  verborgen  sein  konnen!  Aber  uian  kann,  und  man 
will,  und  man  muss  doch  nicht,  wenn  man  tiber  Eines 
schreibt,  zugleich  und  sogleich  tiber  Alles  schreiben,  was 
damit  zusammenhangt,  und  tiberliisst  ja  gern,  eben  so  bil- 
liger  wie  verstiindiger  Weise,  manches  der  weitern  Ent- 
wickelung  wissenschaftlicher  Forschung  und  Erkenntniss. 
Habe  ich  doch,  sehr  absichtlich,  nicht  einmal  die  romische 
Tragodie  in  den  Kreis  der  Untersuchung  gezogen,  ja  sclbst 
die  Terenzische  Komodie*)  neben  der  Plautinischen  nur 
in  Seitenblicken  berfihrt,  weil  wir  hier  ausschliesslich  auf 
subjective,  wenn  auch  immerhin  an  sich  vielleicht  ganz  pro- 
bable,  ratiocinatio  angewiesen  wiiren..  Zunuchst  kam  es  doch 
darauf  an,  nur  eiumal  erst  das  urkundlich  Beweisbaro 
festzustellen:  und  wie  sehr  wir  in  dieser  Beziehung  ftir  das 
griechische  Drama  von  ausreichenden  Zeugnissen  verlassen 


*)  [Ueber  sie  handelt  sehr  ausfahrlieh  und  eingehend  das  Kapitel 
rde  canticis  et  tibiis  fabularum  Terentii'  in  Kduardi  a  Bruner  'Quae- 
stiones  Terentianae*  (rex  Actorum  soc.  scient.  Fennicae  t.  IX' ),  Hel- 
singforsiae  1868.  4.,  p.  3-  79.  Der  griindliche  Fleiss  und  die  umsich- 
lige  Sorgfalt  dieser  Untersuchung  kann,  trotz  uiaucher  feinen  Bemer- 
kung,  doch  den  Mangel  nicht  ausgleichen.  dass  sie,  neben  den  an  Zah! 
wie  Verwendbarkoit  so  unzureichendeu  ansdriicklichen  Angaben  der 
Alten  allein  auf  WahrscheinlichkeitAerwilgungen  uud  subjective  Com- 
binationen  angewiesen,  des  festen  Bodens  einer  autheutischen  Ueber- 
lieferung  von  Thatsachen  entbchrt,  wie  uns  solche  in  der  jetzt  aus 
Licht  gezogenen  Plautinischeu  Seraeiosis  vorliegt.  Erst  auf  dieser 
Grundlage  wird  eine,  ganz  von  vorn  beginnende,  Untersuchung  auch 
far  Terenz  zu  befriedigendern  nud,  weil  die  Sache  bei  Terenz  aller- 
dinga  complicirter  liegt  aln  bei  PlautuH,  wenigKtens  annSherud  ab- 
schliesseuden  Resultaten  fahren.  —  Wie  viel  mehr  werth  Zcugnisne 
sind  als  Conjecturen ,  bestiltigte  sich  ja  auch  an  den  Siglcn  D  •  et  U 
und  M-M-C»,  deren  obige  Behandlung  es  mir  als  uberflOssig  erscheiuen 
liisst,  Bruners  (p.  31  ff.)  entgegenstehende  Ausfahrungeu  im  Einzelnen 
zu  beleuchten  d.  h.  ausdracklich  zu  widerlegen.  —  —  Manche  ander- 
weitige  Aens8crungen  aber  Terenzische,  gelegentlich  auch  wohl  Plau- 
ttnische  MelopOie  habe  ich  mit  consequentem  Stillschweigen  entweder 
aus  dem  gleichen  Grunde  abergaugen,  oder  weil  sie,  nur  wie  im  Vor- 
abergehen,  manchmal  recht  gedankenlos  hingeworfen  und  jeder  Be- 
gnindung  ermaugelnd,  unserer  Erkenntnisa  keinerlei  FOrdemng  ge- 
wahrten.] 


Digitized  by  Google 


CANTICUM  UND  DIVERBIUM  BEI  PLAUTUS 


53 


sind,  weiss  ja  jeder.  Auch  Bergks  beiliiutige  Bemerkungen 
gebeu  dafiir  nur  Anfange,  iiber  die  scbon  Erorterungen,  wie 
z.  B.  die  von  Westphal  'Gesch.  der  alten  und  mittelalt. 
Musik'  (1864)  p.  132  ff.  und  'Prolegoinena  zu  Aeschylus' 
Tragodien'  (1869)  p.  198  —  206,  hinausfiihrten  [auch  Griech. 
Metrik  (2.  Aufl.)  II  p.  480  f.:  wozu  neuerdings  hinzugekommen 
Chr.  Muff  fi1ber  den  Vortrag  der  chorischen  Partieen  bei 
Aristophanes'  (Halle  1872)  p.  33  ff.  Dass  die  hier  fur  das 
griechische  Drama  aufgestellten  Behauptungen  gar  nicht  in 
so  durchgangiger  Uebereinstimmung  mit  den  Plautinischen 
Ermittelungen  stehen,  um  sich  ohne  Weiteres  mit  ihnen  zu 
decken,  ist  leicht  ersichtlich.  Woraus  folgt,  dass  entweder 
jene  Behauptungen  (uamentlich  gewisse  Westpharsche,  die 
Trinieterpartieen  betreffende)  zu  modificiren  sind,  oder  diese 
Ermittelungen  keinen  unbedingten  Rttckschluss  auf  grie- 
chische  Kunstiibung  gestatten,  vielmehr  uns  nur  ein  abge- 
schwachtes,  feinere  Nuancen  fallen  lassendes  Nachbild  des 
griechischen  Typus  vorfUhren.  Am  gesichertsten  ist  ohne 
Zweifel  melodramatischer  Vortrag  der  katalektischen  tro- 
chaischen  Tetrameter,  uber  den  sich  Bockh  Ges.  kl.  Schr. 
VII  p.  591  f.  schwerlich  so  schwankend  ausgesprochen  hiitte, 
wenn  ihm  die  Plautinische  Semeiosis  bekannt  gewesen  ware: 
so  dass  mir  in  dieser  Beziehung  Bergk  s  (p.  241- — 244)  Be- 
touung  des  Archilochischen  auroc  eEdpxujv  np6c  auXov 
Accpiov  7rair|ova,  noch  viel  mehr  aber  die  Interpretation  der 
wichtigen  Xenophontischen  Stelle  Sympos.  6,  3  als  durchaus 
berechtigt  erschcint.  —  Zum  Abschluss  kann  dieser  ganze 
Gegeustand  nur  durch  die  vollstiindigste  Zusammenfassung 
und  Abwiigung  all^r  in  Betracht  kommenden  Momente  ge- 
langen:]  meinerseits  liebe  ich,  derartige  Fragen  entweder 
nach  Moglichkeit  erschopfend  oder  gar  nicht  zu  behandeln.*) 


*)  Ich  benutze  diese  Gelegenheit,  um  einen  Druckfehler  und  einen 
Schreibfebler  der  zweiten  Bearbeitung  des  Trinummus  zu  berichtigen. 
Jener  i*t,  da»8  zu  Vers  1123  die  Angabe  au»gefallen  ist,  waa  denn 
eigentlich  in  den  Handachriften  steht.  Die  Note  muss  (wie  achon  au» 
der  Proecdoais  zu  ersehen)  lauten:  '  eo  ego  32  Prohg.  p.  t.xxiit. 
eo  libri.  ego  eo  Lindemannus'  u.  s.  w.  —  Der  leidige  Schreibfehler, 
auf  den  mich  eine  lebhafte  Interpellatiou  Leonh.  SpengeTs  aufmerk-  i:* 


Digitized  by  Google 


54 


OANTICUM  UND  DIVERBIUM  BEI  PLAUTUN. 


sam  gemacht  hat,  ist,  dass  man  p.  vm  der  '  Praemonita'  vom  Decur- 
tatus  liest  'aliquando  inter  copias  Corbeienses  fuit'.  Das  llichtige  war 
aehr  genau  schon  in  den  Prolegomena  der  Ausgabe  von  1848  p.  xxx  f. 
angegeben :  f oiim  bibliothecae  S.  Corbiniani  Frisingemis,  id  quod  haec 
in  principio  inscriptio  testatur:  lib.  iflc  e  fcc  maric.  «(  fcl  corhi  friftg.: 
unde  per  quas  vicissitudines  ad  Camerarium  pervenerit,  neseitur';  ja 
ebenBO  bereits  im  J.  1835  in  Welcker'»  und  Nake's  Rhein.  Mus.  IV 
p.  515  (=  Opusc.  phil.  II  p.  104),  wo  zugleich  auf  Docen's  Andeu- 
tungen  uber  die  Verschleppung  und  Zerstreuung  von  Freieinger  Hand- 
schriften  im  14.  und  15.  Jhdt.  verwiesen  ward.  Ersiohtlicher  Weise 
hat  nur  die  Klangahnlichkeit  von  'Corbiniani'  in  momentaner  dirpoceEia 
die  Verachreibung  '  Corbeienses  *  statt  f  Frisingenses 1  veranlasst:  ein 
ntitzlicher  Fingerzeig  fur  gleiche  auapTquaTa  der  alten  librarii. 


Digitized  by  Google 


II. 

Zur  Plautinisehen  Glossographie  (Placidus)*). 


Die  so  sorgfaltigen  wie  gelehrten  Mittheilungen,  welche  45« 
flber  fPlacidus,  Papias  und  andere  lateinische  Glossare'  im 
24.  Bde  des  Rh.  Mus.  p.  362  ff.  382  ff.  von  A.  Wilmanns 
und  H.  Usener  gebracht  wurden**),  Mittheilungen  die  uns 
zugleich  zum  erstenmal  Ziel  und  Wege  einer  methodischen 
Bearbeitung  der  lateinischen  Glossenschatze  klar  vor  Augen 
legen,  vielleicht  auch  eine  solche  (hoffen  wir  es!)  in  nicht 
allzuferne  Aussicht  stellen,  schloss  Usener  p.  391  mit  der 
nacbtraglichen  Anmerkung:  'Wiihrend  des  Drucks  weist  mir 
ein  antiquarischer  Katalog  einen  auch  Wilmanns  entgange- 
nen  Beitrag  des  Placidus  nach,  der  in  den  Schriften  der 
Akademie  zu  Pisa  vom  J.  1846  versteckt  ist:  Corsi,  le  ylosse 
latine  di  Placido  grammatico  accresc.  et  cmendate  per  un  nuovo 
cod.  del  secolo  XI  V\ 

Vergeblich  war  alles  Suchen  nach  'Pisaner  Akademie- 
scbriften'  gewesen,  als  mich  mein  gleich  liebenswiirdiger  wie 
gelehrter  College  Moritz  Voigt  durch  Zusendung  eines  ita- 
lienischen  Druckheftchens  von  13  Grossoctavbliittern  iiber- 
raschte,  welches,  einen  Ausschnitt  aus  einem  Sammelwerke 
bildend,  in  der  That  jene  Corsische  Abhandlung  darbot, 
wahrend  auf  der  ersten  Seite  ein  mit  Tisa,  Acad.,  1846'  be- 

•)  [Rhein.  Muaeum  f.  Phil.  XXV  (1870)  p.  456-463  ] 
**)  [Hinzugekoramen  aind  seitdem  Herm.  Kettner'8  reicbliche  und 
exacte  glowographiBche  Notizen  theils  im  Hermea  VI  (1871)  p.  166  ff., 
theils  in  der  Druckachrift f  Zur  Kritik  der  Glossae  Placidi*  (Berlin  1872.  4.). 
Einen  Beitrag  gab  auch  Deuerling  in  den  'Blittern  f.  d.  Bayerische 
GymnaaiaUchulwesen'  Bd.  8  (Miinchen  1872)  p.  160  ff.] 


Digitized  by  Google 


■ 

56       ZUR  PLAUTINISCHEN  OLOSSOURAPHIE  (PLACIDU8). 

drucktes  Papierstreifchen  aufgeklebt  erscliien.  Daher  also 
obige  ungenaue  Katalogangabe;  denn  erst  Curt  Wachsmuth 
gelang  es,  auf  der  nie  versagenden  Gottinger  Bibliothek  die 
wirkliche  Bewandtniss  zu  ennitteln.  Es  sind  die  fAnnali 
delle  Universita  Toscane',  deren  Tomo  I,  erschienen  fPisa, 
dalla  tipografia  Nistri,  1846'  in  seiner  Parte  1  (=  fSeienze 
noologiche')  in  dem  die  Universitat  Pisa  betreffenden  Ab- 
schnitte  von  p.  149  bis  174  das  Gesuchte  unter  nachstehen- 
dem  Titel  enthiilt:  fLE  olosse  latine  di  lcttazio  placido 

URAMMATICO  ACCRESCIITE  ED  IN  1ARTE  EMENDATE  PBR  CH 
NUOVO  CODICE  DEL  SECOLO  XIV  PER  CURA  DEL  DOTT.    OII  - 

8EPPE  corsi\  Eine  Anmerkung  gibt  dazu  die  Notiz  fpre- 
sentato  dal  Prof.  P.  Capei\  Letzterer  wird  in  dem  vorge- 
druckten  Verzeichniss  der  Universitatsmitglieder  Pisa  s  p.  VI 
als  fprofessore  di  Pandette  Pietro  Capei,  dispensato,  auf- 
geftihrt;  wer  und  wo  Corsi  war,  wird  weder  gesagt  noch 
hat  es  sich  bis  jetzt  ermitteln  lassen. 

Voll  von  Bewunderung  ftir  Angelo  Mai  und  dessen  im 
dritten  Bande  der  fClassici  auctores'  aus  vier  Vaticanischen 
Handschriften  gezogene,  im  sechsten  nQch  anderweitig  ver- 
raehite  Publication  der  Placidus-Glossen,  berichtet  nun  Corsi 
iiber  seine  eigene  p.  151  folgendermassen:  fMi  gode  pertanto 
Tanimo  oltre  ogni  dire  quando  mi  avvenni,  senza  cercarlo, 
in  un  Codice  che  queste  Gloase  contiene,  simiglianti  nel  to- 
tale  a  quelle  che  si  conservano  nei  primi  quattro  della  Va- 
ticana,  ma  in  varii  luoghi  differenti  molto  e  piu  esatte.  E 
questo  un  volume  in  pergamena  in  4°.  di  carte  scritte  12:^, 
colla  prima  pagina  adorna  di  ricche  ed  eleganti  miniature,  dan 
neggiato  moltissimo,  perche  stato  fin  qui  mal  custodito,  e  chc, 
divenuto  adesso  di  mia  proprieta,  da  me  si  conserva  diligen- 
4*7  temente.  Esso  contiene  due  opere:  una  Grammatica  in  latino 
della  lingua  latina,  di  che  non  e  qui  luogo  a  parlare,  e  le 
Glosse  di  Placido  Grammatico.  Volendo  far  congettura  circa 
la  antichita  del  mio  Codice,  diro  parermi  che  le  due  opere 
sieno  state  scritte  in  due  tempi  diversi,  ed  unite  poscia  in 
un  corpo  per  1'attinenza  che  hanno  tra  loro.  Io  penserei 
che  la  Grammatica  non  eccedesse  il  secolo  XV,  benche  cer- 
tamente  debba  riporsi  verso  il  principio  di  quello,  e  che  le 


Digitized  by  Google 


ZtR  PLAUTINISCHEN  OLOSSOfiRAIMUK  (l»LACIDU8).  57 

Glosse  fossero  scritte  intorno  al  secolo  XIV.  Fan  chiara 
fede  della  maggiore  antichita  delle  Glosse  i  nessi  e  la  forma 
dei  caratteri,  piu  antichi  molto  che  non  quelli  della  Gram- 
matica,  e  per  la  eta  in  parecchi  luoghi  sbiaditi  e  pressoche 
spenti:  dal  che  deriva  che  alcune  pagine  di  tal  Glossario 
sono  leggibili  con  grave  pena,  e  che  moltc  parole  non  si 
discernono  affatto,  raentre  che  facile  e  sicurissima  e  la  let- 
tura  della  Grammatica'. 

Von  p.  153  an  lasst  der  Verfasser  sodann  in  zwei  gegen- 
fiberstehenden  Columnen,  deren  erste  den  Mai'schcn  Text,  die 
zweite  (das  erstemal  mit  der  leidigen  Ueberschrift  fNovum 
Codex')  die  Lesarten  seiner  Handschrift  gibt,  alle  Varianten 
beider  folgen,  und  zwar,  so  weit  sich  nach  dem  allgemeinen 
Eindruck  urtheilen  llisst,  mit  recht  loblicher  Genauigkeit. 
Nur  leider  mit  einer  erheblichen  Ausnahme.  Auf  p.  152 
beraerkt  er  selbst:  rSono  mancanti  al  mio  Codice  diverse  voci 
conmni  ai  quattro  della  Vaticana,  e  di  queste  era  inutile 
che  si  parlasse*.  Das  ist  nun  freilich  schlimm;  denn  man 
erHihrt  auf  diese  Weise  nicht,  ob  die  unter  der  Rubrik  fNov. 
Cod.'  fehlenden  Artikel  nur  darum  iibergangen  sind,  weil  sie 
keine  Variante  boten,  oder  ob  sie  in  seinem  Codex  tiberhaupt 
nicht  stehen.  Im  letztern  Falle  hatten  wir  in  dieseni  gar 
nicht  den  vollstiindigen  Placidus,  sondeni  nur  Excerpte  aus 
ihni,  wenn  auch  ziemlich  reichhaltige  und  im  Einzelnen  niclit 
verkurzte,  etwa  nach  Art  des  Vaticanus  2741,  iiber  den  Wil- 
manns  p.  363  Auskunft  gab.  Jetzt  ist  das  uns  vorliegende 
Verhaltniss  dieses,  dass  unter  A  von  159  Mai'schen  Artikeln 
bei  Corsi  nur  60  vorkommen,  unter  B  von  36  nur  13,  unter 
C  von  112  uur  73,  unter  1)  von  73  nur  32  u.  s.  w.1).  Nichts 

1)  AU  Probe  diene  der  Buchstabe  B,  aus  dem  ich  die  Corsi'8chen 
Glossen  curbiv  hersetze,  w&hrend  die  bei  Corsi  nicht  vorkommenden 
Mai  schen  Artikel  der  Vergleichung  halber  nicht-cursiv  daneben  stehen ; 
die  Varianten  in  den  Corsi^chen  Lemmata  sind  eben  Lesart  seines  Co- 
dex.  Boni  —  Blactit  —  Bactioca  —  Binare  —  Baba  («»»  Boa)  — 
Baburra  —  Babinator  —  Baxae  —  Buteonem  —  Bolono  Batoe  — 
Ha»cas  —  Bulga  —  Bibino  —  Bubum  —  Burrae  —  Bardum  —  Bcllica 

-  Bnmbinari  —  Boni  conaultum  —  Byssus  —  Babilonia  —  Babilona 

-  Benivolentia  —  Boa  —  Balineum       Beli  —  Bitumen  —  Blaterare 

-  Bipateutia  —  Barrire      Bipennem  —  Benedicentum  —  Balbutire  — 


Digitized  by  Google 


58       ZUR  PLAUTINISCHEN  «LO88OGRAPHIE  (PLACIDUS). 

45»  will  anderseits  besagen,  was  bei  Corsi  auf  die  zuletzt  ange- 
fuhrten  Worte  folgt:  fma  alcune  in  esso  s'incontrano  che 
sono  a  quelli  ignote  del  tutto,  e  queste  si  pongono,  insieme 
accolte,  dopo  il  confronto  di  tutto  il  Glossario'.  Denn  nach 
p.  174  sind  es  nur  9  diirftige  Glossen,  die  sein  Codex  mehr 
haben  soll:  Aristophanes  —  Accuratc  —  Agunne  —  Babdonia 
—  Damium  —  Eritio  —  Facetns  —  Subsistentia  —  Thos. 
Und  von  diesen  sind  noch  dazu  mehrere  gar  nicht  einmal 
neue  Glossen,  sondern  nur  kleine  Zusatze  zu,  oder  Varianten 
oder  Dittographien  von  langst  edirten,  wie  Agunne  (—  Agi- 
nam),  Babitonia,  Damium,  Eritio,  verglichen  mit  Mai  p.  434. 
437.  451.  460;  vollends  vou  dem  Artikel  Subsistentia  hat 
Corsi  ganz  und  gar  iibersehen,  dass  er  in  aller  Breite  schon 
bei  Mai  p.  501  f.  zu  lesen  war;  desgleichen,  dass  die  paar 
Worte  Babilonia  civitas  et  provincia  bereits  in  Mai's  eigenen 
Nachtriigen  Bd.  VI  p.  556  stehen.  —  Dttrften  wir  hiernach 
mit  dem  Ausdruck  ralcune',  den  er  fiir  die  (vermeintlichen) 
Zuthaten  seines  Codex  braucht,  parallel  stellen  die  fdi- 
verse  voci',  welche  derselbe  weniger  habe  als  der  MaPsche 
Text,  so  spriiche  das  allerdings  far  einen  im  Wesentlichen 
vollstiindigen  Placidus.  Aber  wer  kann  wissen,  wie  weit 
kleiner  Ehrgeiz  den  Besitzer  verftihrt  habe,  von  den  Aus- 
lassungen  absichtlich  mit  mdglichst  verkleinerndem  Euphe- 
mismus  zu  sprechen?  Alles  in  Allem  genommen:  da  die 
Gesammtzahl  der  in  Corsis  fconfronto'  erscheinenden  Glossen 
noch  nicht  die  Halfte  der  Mai  schen  erreicht,  und  da  es 
wenig  innere  Wahrscheinlichkeit  hat,  dass  in  einer  so  grossen 
Anzahl  von  Artikeln  ein  sonst  vielfach  recht  fehlerhaft  ge- 
schriebener  Codex  gar  keine  Variante  gebe,  wiihrend  doch 
zugleich  dessen  Herausgeber  als  ein  iibrigens  sehr  beflissener 
Variantenverzeichner  erscheint,  so  werden  wir  diesem  wohl 


Biremis  —  Bilo  — .  Die  etwaige  Vermuthung,  ea  konne  die  geringere 
Glossenzahl  bei  Corsi  auf  einen  reinern  Kern  deuten,  der  nur  spater 
durch  fremdartige  Zuthaten  ange&chwellt  worden,  fande  in  verschie- 
dener  Beechaftenheit  der  erscheinenden  und  der  fehlenden  Glossen  selbst 
vorlaufig  keinen  Anhalt;  weiter  zn  verfolgen  w&re  sie  ohnehin  nicht 
eher,  als  die  Reihenfolge  der  Artikel  des  CorBischen  Codex  vollstandig 
vorlage. 


Digitized  by  Google 


ZIR  PLAUTINISCHEN  OLOSSOGRAPHIE  '  PLAOIDUS).  59 

keine  unverdiente  Krankung  anthun,  wenn  wir  seinen  Schatz 
iiberwiegend  geneigt  sind  fiir  eine  blosse  Epitorae  des  voll- 
stiindigen  Placidus  zu  halten.  Geschieht  dem  Codex  darait 
dennoch  Unrecht,  nun  so  hat  es  der  Besitzer  durch  seine 
unzeitige  Schweigsamkeit  selbst  verschuldet. 

Im  Uebrigeu  wollen  wir,  was  das  Einzelne  betrifft,  das 
dem  Codex  gespendete  Lob,  dass  rda  molte  sue  parti  si  rileva 
una  piu  corretta  lezione',  weiter  nicht  beeintriichtigen,  so 
zahlreich  auch  daneben  seine  Corruptelen  und  Schreibfehler 
sind,  zumal  wir  ja  auch  von  Mai  nicht  erfahren,  was  in  jedem 
einzelnen  seiner  Vaticani  eigentlich  steht.  Er  wird  eben  im 
Ganzen  nicht  besser  uud  nicht  schlechter  sein,  als  alle  die 
ohne  Ausnahrae  jungeu  Handschriften,  aus  denen  wir  jetzt 
den  Placidus  kennen:  die  (wie  viele?)  Pariser  mit  eingerechnet, 
obgleich  unter  ihnen  Diibner  (in  Welcker^s  und  Nake  s  Rhein. 
Museum  III  p.  473)  fduo  optirai'  unterscheidet*).  Die  Haupt- 
sache  fiir  Reinigung  und  Herstellung  des  Textes  wird  eben 
scharfsinnige  Conjectur  des  Bearbeiters  thun  mtissen,  dem 
von  handschriftlicher  Seite  weit  mehr,  als  die  Codices  des 
Placidus  selbst,  die  grossen  encyklopiidischen  Glossensamm- 
lungen  sehr  viel  hohern  Alters,  in  denen  nur  unter  andern 
auch  Glossen  des  Placidus,  und  zwar  mit  dessen  Nameu 
enthalten  sind,  zu  Hiilfe  kommen,  wie  die  des  Parisinus  aus 
dem  8.,  des  Bernensis  aus  dem  0.,  des  Palatinus  n.  1773  aus  4:»:» 
dem  10.  Jahrhundert  u.  a.  m. 

Bei  diesem  Stande  der  Dinge  wird  man  nun  billig  fragen, 
ob  es  denn  tiberhaupt  der  Mtihe  werth  war,  tiber  eine  so 
untergeordnete  Handschrift,  wie  die  Corsi  sche,  hier  so  viel 
Worte  zu  machen.  Ich  wiire  gewiss  der  erste,  mit  Nein  zu 
antworten,  wenn  nicht  ein  Hauptumstand,  wichtiger  als  alles 
bisher  Beigebrachte,  noch  riickstandig  wiire. 

Dass  zu  der  Glossenmasse  des  Placidus  das  beste  Con- 
tingent  die  achteste  archaische  Latinitat  geliefert  habe, 

■  • 

*)  [Dass  die  von  Pfibner  benutzten  Pariser  Hdss.  nicht  mit  den  von 
A.  Mai  gebraachten  Vaticani  und  dem  Corsischen  Codex  in  dieselbe 
Kategorie  fallen,  sondern  vielmehr  mit  den  'Glosaae  Salomonis',  dereu 
altester  Vertreter  der  Sangermanensis  des  8.  Jhdte  ist,  znsammen- 
gehOren,  bemerkte  Kettner  im  Hermes  p.  168.] 


Digitized  by  Google 


6*0       ZUR  PLAUTINISCHEN  GLOSSOGRAPUIE  (PLACIDUS). 

und  dass  gerade  diese  Bestandtheile  bei  Placidus,  trotz  aller 
spiitern  Beimischungen  und  Erweiterungen,  in  dichtgedrang- 
terer  Folge  erscheinen  als  in  jedeni  andern  auf  uns  gekoni- 
uienen  Glossar,  das  konnte  von  Anfang  an  niemand  verborgen 
bleiben,  und  war  auch  die  gerechte  Ursache,  warum  eben 
dieses  Glossar  in  Deutschland  gleich  wieder  abgedjuckt  ward. 
Warum  es  gerade  die  'Atellanen'  und  'Varros  Satiren'  ge- 
wesen  sein  sollen,  die  als  hauptsiichliche  Quelle  gedient  hatten 
(nach  Bernhardy  Grundr.  d.  roni.  Litt  Anm.  227.  590  p.  322. 
879  der  4  Bearb.),  wflsste  ich  nicht  zu  sagen.  Thatsache 
dagegen  ist  es,  dass  die  Praxis  der  Texteskritik  in  wachsen- 
der  Anzahl  Plautinische  Glossen  nachgewiesen  hat:  wie 
denn  deren  Vorherrschen  in  der  That  jedem  mit  Plautus 
Vertrauten  selbst  bei  fliichtiger  Lecture  sich  aufdriingl  Welch' 
iiberraschende  Bestiitigung  dieser  liingst  gemachten  und  be- 
reits  vielfach  verwertheten  Beobachtung  also,  als  in  Corsi's 
Publication  p.  153  folgende  Ueberschrift  des  Ganzen  vor 
Augen  trat: 

Incipiunt  Glossae 

LUCTATII  PLACIDI  GRAMMATICl 
IN  PLAUTI  COMEDIAS 

Per  A  Utteram. 

Nicht  als  wenn  nun  gleich  die  Placidus-Glosseu,  wie  sie  uns 
vorliegen,  mit  Haut  und  Haar  als  Plautinisch  in  Anspruch 
zu  nehmen  waren,  was  ja  Angesichts  so  vieler  eingedrungener 
Spatlinge  —  offenbarster,  zum  Theil  recht  barbarischer  Er- 
zeugnisse  des  Mittelalters  —  behaupten  zu  wollen  reine  Thor- 
heit  wiire.  Aber  darum  kann  doch  eiu  urspriinglicher 
Kern  Plautinischer  Glossen  der  jetzigen  Sammlung,  als 
einer  nur  durch  Ueberarbeitung  mehr  und  mehr  interpolirten, 
zur  Grundlage  gedient  haben.  Dass  Corsi  selbst,  was  er 
drucken  liess,  wirklich  in  seinem  Codex  so  geschrieben  fand, 
ist  bei  seiner  Qberall  hervortretenden  Ehrlichkeit  nicht  zu 
bezweifeln.  Diese  Eigenschaft,  sowie  die  Genauigkeit,  mit 
der  er  in  den  beiden  Bestandtheilen  des  ganzen  Codex  eine 
kltere  und  eine  jiingere  Schrift  unterscheidet,  burgt  uns  wohl 
auch  dafur,  dass  wir  es  nicht  etwa  mit  einem  spatern  Zu- 
satz  zu  thun  haben,  sondern  dass  die  Worte  in  Plauti  corne- 


Digitized  by  Google 


ZPR  PLAUTINISCHEN  OLOSSOORAPHIE  (PLACIDU8).  01 


dias  Yon  einer  und  derselben  Hand  niit  dem  iibrigen  Titel 
waren.  Ein  gegentheiliges  Verhaltniss  absichtlich  zu  ver- 
schweigen  hatte  er  nicht  einmal  hinliinglichen  Anreiz  gehabt; 
denn  weit  entfernt,  den  eigenlichen  Werth  und  die  Trag- 
weite  des  neuen  Zeugnisses  zu  ahnen  oder  gcbiihrend  zu 
wurdigen,  beschriinkt  er  sich  in  dieser  Beziehung  auf  die 
kahle  Aeusserung  p.  151:  'Per  questo  infatti  si  e  conosciuto 
lautore  intorno  a  cui  furono  esse  (le  glosse)  composte,  cosa 
dagli  altri  codici  non  riferita,  dichiarandoci  il  titolo  che  sono 
dirette  a  illustrare  le  Comraedie  di  Plauto':  das  ist  alles- 
Wenn  es  allerdings  auffiillt,  dass  sich  die  Plautinische  Ur- 
sprungsnotiz  gerade  nur  in  dieser  einen  Handschrift  gerettet 
habe  (dass  sie  auch  in  keiner  Pariser  steht,  ist  aus  DUbner  s 
Stillschweigen  mit  Sicherheit  zu  schliessen),  so  ist  doch  bei 
solchen  Ueberliefungen  das  Gliicksspiel  des  Zufalls  unbe- 
rechenbar.  Allzuviel  werden  wir  zwar  auf  Corsi'8  Alters- 
bestunmung  nicht  geben;  gehort  sie  aber  wirklich  dem  14. 
Jahrhundert  an,  so  wiire  sie  vermuthlich  die  relativ  iilteste 
der  bis  jetzt  bekannten,  da  die  Vaticanischen  nach  Wilmanns 
samnitlich  aus  dem  15.,  auch  die  Pariser  schwerlich  iilter 
sind?  und  so  konnte  immerhin  die  uns  so  •fiberraschend  ent- 
gegentretende  Angabe  erst  in  den  allerjungsten  Abschriften 
allmahlich  weggeblieben  sein. 

Wie  dem  allen  nun  in  Wahrheit  sei,  wird  sich  freilich 
erst  nach  Wiederauftindung  des  Corsi'schen  ('odex  mit  einiger 
Zuverlassigkeit  ermitteln  lassen.  Leider  sind  die  iu  dieser 
Richtung  angestellten  Nachforschungen  bisher  erfolglos  ge- 
wesen;  gibt  deren  Fortsetzung  ein  besseres  Resultat,  so  wird 
dieses  nicht  vorenthalten  bleiben*).  Fiir  jetzt  liegt  offenbar 
die  Sache  so,  dass  einem  urkundlichen  Zeugniss  keinerlei 
Beweis  der  Unglaubwiirdigkeit,  ja  kein  irgendwie  durch- 
schlagendes  Bedenken  entgegensteht;  wer  sie  dennoch  be- 
haupten  wollte,  fur  den  wiirde  das  ^affirmanti  incumbit  pro- 
batio'  gelten.  Dadurch  ist  aber  der  Standpunkt  gewonnen, 
dass,  wie  mancher  Zweifel  auch  im  einzeluen  Falle  Platz 


*)  [Auch  seit  1870  baben  namentlich  Coraparetti'8  eifrige  Be- 
JBiihungeu  nichte  zu  ermitteln  vermocht.j 


Digitized  by  Google 


62       ZUR  PLAUTINISCBEN  GLOSSOGKAPHIK  (PLACIBUS). 

greifen  mag,  doch  im  Ganzen  und  Grossen;  wo  irgend  andere 
begiinstigende  Momente  hinzutreten,  die  Priisumtion  fUr 
Plautinische  Quelle  spricht.  Also  z.  B.  wenn  im  Tri- 
nummus  V.  652  die  handschriftliche  Ueberlieferung  mit  eineiu 
.wenig  glaublichen  Hiatus  in  der  Diiiresis  lautet: 

Atque  istum  ego  agrum  tibi  relinqui  ob  eam  rem  euixe 

expeto, 

Bergk  aber  in  Ztschr.  fUr  Alterthumswiss.  1848  p.  1140  au 
eine  Vrerwendung  der  Placidusglosse  p.  452  *denixe,  enice9 
dachte:  und  dieses  zwar  mit  um  so  grosserm  Rechte,  je  ffihl- 
barer  der  Gedanke  die  rhvthmische  Accentuation  des  eam 
verlangt.  Aber  wiihrend  es  bisher  vollig  in  der  Luft  schwebte, 
auf  welchen  Autor  oder  welche  Gattung  der  Litteratur  denn 
der  Gebrauch  eines  uns  sonst  unbekannten  dcnixe  zuruckgehen 
moge:  wer  wollte  jetzt  noch  zweifeln1),  dass  wir  eine  Plau- 
tinische  Glosse  vor  uns  haben  und  der  Trinummusvers  mit 
grosster  Wahrscheinlichkeit  ursprunglich  dieser  war: 

4tii       Atque  istum  ego  agrum  tibi  relinqui  ob  eani  rem  denixe 

expeto  — ? 

Kaum  bedarf  es  der  Bemerkung,  dass  enixe  und  denixe  eben 
so  rechtlich  neben  einander  bestehen,  wie  eludere  und  delu- 
dere,  evincere  und  devincere,  evitare  und  dcviiare  u.  d.  m.,  oder 
umgekehrt  demirari  und  emirari. 

Nichts  kann  ftir  diese  Auffassung  bestiitigender  sein,  als 
wenn  Placidusglossen,  die  regelmiissig  ohne  testimonium  sind, 
anderwarts  mit  ausdrucklichein  Plautinischen  Citat  wieder- 
kehren.  So  p.  446  caculae,  lixae  aut  servi  militum:  aber 
bei  Festus  p.  45,  16  und  in  dem  (oft  Uberschatzten)  *The- 
saurus  novus  latinitatis'  bei  Mai  VIII  p.  89  in  etwas  ver- 
iinderter  Fassung  mit  dem  Citat  aus  Trinummus  721  video 
caculam  militarcm.    Oder  p.  476  inmoene,  improbum,  cul- 


1)  Fiir  mich  wenigstens  Bchwindet  jetzt  die  Bedeutung,  die  ich 
ehedem  der  Ueberlieferung  deg  Vetus  rem  menixe  beilegte,  in  der  ich 
einen  lieBt  von  rein  [ia]m  enure  zu  erkennen  meinte,  wahrend  wohl 
noch  anaprechender  Koch  rem  tam  enire  vorschlug.  Wir  werden  eben 
nur  einen  leichten  Schreibfehler  vor  uus  haben.  —  Sonat  wiire  auch  an 
vb  edm  rem  enixed  e.rpeto  zu  denken  gestattet  gewesen. 


Digitized  by  Google 


ZUR   PLAUTINISCHEN  OLOSSOfJRAPHIE  (PLACIDU8).  63 


pandum,  vel  interdnm  munere  tiberatum:  aber  bei  Festus  p. 
109,  23  immunis,  ebenfalls  uiiter  Beibringung  beider  Er- 
klarungen  (vacans  munere,  aliquotiens  pro  improbo  dicitur)  zu- 
gleich  mit  dem  Citat  aus  Trinummus  24  immune  est  facinus. 
Xicht  anders  p.  434  ad  incitas,  ad  summam  remm  pertur- 
batiotwtn  desperationemque1):  aber  bei  Nonius  p.  123,  20  {in- 
citas  dicitur  etjesUis)  wiederum  mit  eiuem  Citat  aus  Plautus, 
und  zwar  aus  demselben  Trinummus  537  ut  ad  incitas  re- 
dactus  est*).  Wie  denn  iiberhaupt  —  was  weiter  verfolgt  zu 
werden  verdient  —  gerade  der  Trinummus  in  den  Placidus- 
glossen  vor  andern  Stiicken  berQcksichtigt  erscheint*).  Mog- 
lich.  dass  Bergk  a.  a.  0.  Recht  hat  auch  Plac.  p.  492  of- 
ficio  migravi,  ab  officio  recessi  auf  Trin.  b'39  zu  bezieheu, 
wo  der  Palimpsest  neque  mens  ofjicio  migrat  gibt:  obwohl 
sich  hier  das  Bedenken  geltend  macht,  dass  man,  wenn  ge- 
rade  diese  Stelle  gemeint  ware,  vielmehr  migrat  oder  migrarc 
als  Lemma  erwarten  sollte. 

Ich  ubergehe  ftir  jetzt  andere  Belege,  um  noch  einen 
weitern  Gesichtspunkt  zu  beriihren.  Ganz  klarlich  liegt  es 
namlich  vor  Augen,  dass  wir  auch  in  unsern  relativ  voll- 


1)  Die  verwandte  Glosse  p.  432  ad  incitam  [inatam  cod.],  a<l 
rstrmam  fortunam  ubergehe  ich  hier  absichtlich. 

2j  Ea  war  ein  Fehlgriff,  wenn  hier  frflher,  den  Spureu  des  Palim- 
p8e8t'g  zu  Liebe,  Vt  ad  incitast  redactus  aufgenommen  wurde,  atatt  die 
Ton  den  ubrigen  Hdas.  und  Nonius  bezeugte  Wortfolge  Vt  ad  incitas 
redactust  foetzuhalten.  Wiire  das  erstere  daa  beglaubigte,  ao  wurde 
allerdings  Bergk  a.  a.  0.  p.  1128  Recht  haben,  daas  alsdann  incitast 
nicht  als  incitas  est ,  sondern  als  incita  est  aufzufassen  ware;  aber  im 
Irrthum  war  er ,  wenn  er  ad  incita  lenonem  rediget  von  Nonius  filr 
Poen.  IV,  2,  85  bezeugt  glaubte.  'incita'  ist  hier  so  gut  blosser  Schreib- 
fehler  fur  incitas,  was  bei  PlautUs  alle  Uandschriften  mit  dem  Palim- 
psest  geben  und  das  Metrum  ausser  Zweifel  stellt,  wie  leonem  fur  leno- 
nem.  Das  Neutrum  incita  wird  bei  Noniue,  ohne  dass  dafQr  ein  be- 
sonderes  Lemma  vorhergeht,  erst  mit  den  zwei  nachfolgenden  Beispielen 
des  Lucilius  belegt. 

*)  [Wie  richtig  dieser  Eindruck  war,  den  ich  nur  damals  ins  Ein- 
relne  zu  verfolgen  keinen  Anlass  fand,  konnen  die  Nachweisungen 
u-igen,  die  spater  H  A.  Koch  im  Rhein.  Musmim  XXVI  (1871)  p. 
o49  f.  gab.] 


0  4        ZIR  PLAVTINISCHKN  GLOSSOGRAPHIK  (PLACTDUS). 


standigen  Handschriften  des  Placidus  mit  nichten  das  eigent- 
liche  Originalwerk,  sondern  nur  einen  Auszug  aus  einer  ur- 
spriinglich  sehr  viel  reichhaltigern  Sammlung  vor  uns  haben: 
einen  Auszug,  in  dem  nicht  nur  die  anderwarts  noch  er- 
scheinenden  Citate  weggeschnitten,  sondern  auch  eine  grosse 
4»J2  Anzahl  von  Glossen  selbst  giinzlich  fortgefallen  ist.  Dafur 
spricht  schon  das  augenfallige  Misverhiiltniss  zwischen  dem 
Schluss  des  Alphabets  und  den  fruhern  Theilen:  wahrend 
der  Buchstabe  S  doch  noch  36  Artikel  hat,  sind  es  in  T 
nur  noch  12,  in  V  gar  nur  5:  ohne  dass  doch  dieser  Ab- 
minderung  etwa  der  Umfang  des  einschlagenden  Sprach- 
schatzes  irgend  entsprache.  Aber  den  unwidersprechlicheu, 
urkundlichen  Beweis  liefern  ja  die  init  dem  ausdrQcklicheu 
Lemma  Placidi  versehenen  Artikel  grosserer  Glossencorpora, 
die  in  unserm  heutigeu  Tlacidus'  fehlen:  dergleichen  es  eben 
waren,  die  A.  Mai  den  Stoff  zu  seinen  in  Band  VI  p.  554— 
574  abgedruckten  Ergiinzungen  des  Placidus  boten,  womit 
jetzt  zu  vergleichen  die  genauen  und  instructiven  Mitthei- 
lungen,  die  Wilmanns  p.  364  tf.  368  ff.  gibt.  Was  Wunder 
also,  wenn  sich  ganz  iihnliehe  Erganzungen  auch  ohne  hin- 
zugefugten  Namen  des  Placidus,  vermoge  ihrer  speciell  Plau- 
tinischen  Verwandtschaft,  aus  andern  Glossaren  ergeben?  Die 
Glosse  des  Thiloxenus'  cacnla,  boOXoc  CTpanuJTOu  bei  Vul- 
cauius  p.  32,  oder  ctKoAouOoc,  cacula  in  dessen  Onomasticon 
p.  20  (beide  iu  Eins  gezogen  bei  Labb.  p.  23)  hatte  man 
auf  Plautus  zuriickfilhren  diirfen,  auch  weun  uns  nicht  iu  den 
'  oben  erwiihnten  Zeugnissen  anderer  Glossare  die  Plautinische 
Quelle  ausdrilcklich  bestatigt  wurde.  Es  ist  nur  geringere 
Gunst  des  Zufalls,  wenn  solche  iiussere  Bestiitigung  ander- 
wiirts  z.  Z.  fehlt,  ohne  dass  doch  darunter  die  iunere  Glaub- 
wiirdigkeit  litte.  So  z.  B.  wenn  Usener  im  Rhein.  Mus.  XVII 
p.  469  und  XXIV  p.  331  mit  gliicklichem  Scharfblick  er- 
kannte,  dass  die  Philoxenus-Glossen  p.  187  Vulc,  162  Labb.: 
rulhts,  miidicus,  dYupTnc  (d.  i.  dYp^Tnc)  und  ruUam  (1.  ndla), 
XUjpiKri,  dtpoiKOC,  beide  auf  Plautusstellen  gehen,  in  denen 
nur  gleichmiissig  die  Erkliirung  rusticus,  rustica  in  den  Text 
gedrungen  ist  und  beidemal  den  Vers  ruinirt  hat:  Mostell. 
40  und  Persa  169: 


Digitized  by  Google 


ZUR  PLAUTIXISCHKX  GLOSSOGRAPHIE  (PLACIDUS).  65 

Gerniana  inluvies,  rullus,  hircus,  hara  suis: 
Nimis  tandeni  me  quidera  pro  barda  et  rulld  reor  habitam 

esse  aps  te. 

Und  zwar  so  friihzeitig  eingedrungen,  dass  im  ersten  Verse 
schon  Donatus  zu  Phorra.  IV,  4,  29  rusticus  las,  ira  zweiten 
Nonius  p.  10,  10  (oder  vielraehr  sein  viel  iilterer  Gewiihrs- 
mann)  et  pro  rttstica  las  und  ebenso  der  Palimpsest  schrieb. 
Diese  Glossen  also  staramen  sicherlich  aus  dera  noch  unver- 
kurzten  Placidus. 

Ein  anderes  Beispiel  bietet  eine  Glosse,  die  am  vollstiin- 
digsten  erhalten  ist  in  dem  Miinchener  Glossar  Cod.  lat.  G210, 
welches  von  Thomas  in  den  Sitzungsberichten  der  bayer. 
Akademie  1868,  II  p.  369  ff.  publicirt,  -von  Halm  und  Hof- 
mann  ebend.  1869,  II  p.  1  ff.  vielfach  verbessert  ward.  Sie 
lautet  dort  p.  386:  exesum,  amcstum  (d.  i.  comestum),  con- 
smnptum,  war  in  verstiimmelter  Gestalt  schon  von  Mai  Bd.  VI 
p.  523  (aus  dem  fGlossarium  vetus  ex  membranis  bibl.  Va- 
ticanae',  uber  welches  ich  bei  Wilmanns  keine  Auskunft 
finde)  also  mitgetheilt:  exesum,  excomcstum,  kehrt  auch  in 
Hildebrand  s  Pariser  Glossariura  p.  132  noch  gektirzter  als 
exesum,  consumptum  wieder.  Ohne  Zweifel  geht  auch  diese 
Glosse  wiederum  auf  den  Trinummus  zuriick,  wo  es  Vers  407  4G3 
in  den  Handschriften,  mit  Einschluss  des  Palimpsests,  heisst: 
Comessum,  expotum,  exutum  (d.  i.  cxunctum),  clutum  in  balincis, 
aber  doch  das  grosste  Befremden  erregt,  dass  der  Dichter 
der  so  nahe  liegenden  Lockung  zu  durchgefiihrter  Allitte- 
ration  absichtlich  sollte  aus  dem  Wege  gegangen  sein.  Kaum 
«lenke  ich  einem  Widerspruch  zu  begegnen,  wenn  ich  als 
Plautinische  Schreibung  herstelle 

Exessum,  expotum,  exdnctura,  elutum  in  balineis, 
auf  diesen  Vers  obige  Glosse,  diese  aber  auf  einen  vollstiin- 
digern  Placidus  zurackfiihre. 

leh  beschriinke  mich  ftir  diesmal  auf  die  vorstehenden 
Andeutimgen,  die  ich  wenigstens  fiir  geeignet  halte,  zu  wei- 
tern  Forschungen  in  solcher  Richtung  anzuregen.  Meiner 
leberzeugung  nach  hat  es  aus  verlialtnissmiissig  alter  und 
guter  Zeit  eine  urafangliche  Plautinische  Glossensarara- 
lung,  mit  Belegstellen  und  Erkliirungen,  gegeben,  aus  der 

FB.  BITSCUKLIl  OPVSCVLA  III.  5 


Digitized  by  Google 


66        ZUR  PLAUTINISCIIEN  GLOSSOGRAPHIE  (PLACIDUS). 

unser  heutiger  Placidus  nur  ein  magerer,  sehr  viele  Artikel 
ganz  uberspringender  Auszug  ist,  versprengte  Reste  aber  sich 
in  niancherlei  andere  Glossare  gerettet  haben.  Und  dafiir 
bietet  nun  eben  die  Ueberschrift  des  Corsi'schen  Codex  auch 
einen  iiussern  Anhalt  unveriichtlicher  Art.  —  Die  geliiufige 
Vorstellung,  Placidus  habe  den  Festus  oder  Paulus  ausge- 
schrieben,  ist  nicht  zu  halten;  Festus  (oder  sagen  wir  lieber 
gleich  Verrius  Flaccus)  und  die  alte  Grundlage  des  Placidus 
bestehen  unabhiingig  neben  einander,  wie  sich  auch  im  Ein- 
zelnen  einleuchtend  darthun  lasst.  Ein  engeres  Verhaltniss 
zwischen  diesem  Grundstamm  und  den  von  Sehottmuller  in 
Symb.  philol.  Bonn.  p.  823  ff.  glaubhaft  nachgewiesenen  Plau- 
tu8-Commentaren,  welche  im  Nonius  benutzt  sind,  ist 
ebenfalls  nicht  erkennbar;  dass  Einiges  auf  beiden  Seiten  zu- 
flillig  zusammentrifft,  liegt  in  der  Natur  der  Sache  und  ist, 
so  viel  ich  sehen  kann,  nicht  von  der  Art,  um  zur  Annahme 
eines  niihern  und  weitergreifenden  Zusammenhangs  zu  be- 
rechtigen.  —  [Weiterer  Forschung  und  Ermittelung  wird 
es  anheimfallen,  ob  etwa  doch  das  fin  Plauti  comoedias'  nur 
eine  Benennung  a  potiore  ist:  sei  es  dass  wir  in  dem  Corsi'- 
schen  Codex  nur  eine  abgekiirzte  Ueberschrift  vor  uns  hiitten, 
oder  dass  an  einen  ursprunglich  wirklich  nur  Plautinischen 
Glossenstamm  spiiter  auch  nichtplautinische,  andern  Gebieten 
der  archaischen  Latinittit  angehorige  Glossen  angesetzt  und 
eingereiht  worden  wiiren.  Eine  oder  die  andere  Annahme  wird 
nothig,  wenn  sich  die  von  Koch  a.  a.  0.  p.  551  f.  gegebenen 
Hinweisungen  auf  Terenz,  Pacuvius,  Ennius  in  weiterer 
Ausdehnung  bestiitigten:  wiihrend  freilich  Kettner  fZur  Kritik' 
u.  s.  w.  p.  2ff.  sehr  scharf  fur  ausschliesslich  Plautinische  Quelle 
eintritt.  In  ein  entscheidendes  Stadium  wiirde  die  Frage  treten, 
wenn  sich  die  Beobachtung  eines  strebsamen  jungen  Philo- 
logen  bewahren  sollte,  dass  eine  erhebliche  Anzahl  von  Pla- 
cidusglossen  auf  keinen  andem  als  Lucilius  zurilckgehe.  — 
Auch  die  kiirzlich  von  Biicheler  in  Fleckeisens  Jahrbachern 
f.Phil.Bd.  105(1872)  p.567  besprochenen  topographischen 
Glossen  wird  man  wohl  nicht  allzu  geneigt  sein  gerade  nur 
aus  Plautinischen  Komodien  herzujeiten.j 


Digitized  by  Google 


III. 

Bio  - bibl iographisches  zu  Camerarins'  Plantus- 

stndien. 

!•*) 

Zu  demjenigen,  was  sich  bisher  (Opusc.  phil.  II  p.  113f.)  gco 
uber  das  Verhaltniss  des  Joachira  Camerarius  und  des 
Oeorg  Fabricius  in  Beziehung  auf  ihre  Plautusarbeiten 
sagen  liess,  ist  jetzt  ein  vervollstandigcnder  und  berichtigen- 
der  Nachtrag  vergonnt.  Ich  entnehme  ihn  einer  gleichzei- 
tigen  Druckschrift,  deren  Kenntniss  ich  der  Marburger  Uni- 
versitatsbibliothek  verdanke,  wo  sie  von  C.  Wachsmuth 
aufgefunden  und  mir  mitgetheilt  ward.  In  Dresden,  Got- 
tingen,  Wolfenbiittel  ist  sie,  nach  Eberts  und  Schweigers 
Stillschweigen  zu  schliessen,  nicht  vorhanden;  in  Breslau 
war  sie  es  wenigstens  friiher  nicht;  auch  beide  Leipziger 
Bibliotheken  besitzen  kein  Exemplar.  Sie  besteht  aus  24 
unpaginirten  Blattern  in  Kleinoctav  nnd  hat  folgenden  Titel: 

INDICATIHiONES  MVLTORVMI! 

QVAE  AD  LECTIONEM  FA;|  bvlarvm  plavti  nonniiiil; 
momenti  afferre  possint,  Quae  ||  collegit  Georgius  Fabriciusj; 
Chemnicensis.  ||  EMENDATIONES  editi  exempli 
plavtixi   a  Ioachimo  Camerario,  de   recognitionc  ipius.'1 

LIPSIAE  II  »  OFFICINA  VALENTINI  |j  PAPAE  ]  Anno  || 
M.  D  LIII. 

Ueber  Veranlassung  und  Zweck  dieser  Publication  gibt 
des  Camerarius  briefliche  Vorrede  an  seinen  Verleger  Jo- 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Phil.  XXIII  (1868)  p.  660  f.] 

6* 


Digitized  by  Google 


G8  BIO-BIBLIOORAPHISCHKS 

hannes  Hervagius  in  Basel  (datirt  Lipsiae  Cal.  Quintil.)  alle 
wunschenswerthe  Auskunft.  Er  beschwert  sich  bei  dieseui 
ttber  den  vielfaltig  incorrecten  Druck  seiner  Plautusausgabe 
(von  1552),  gibt  auf  den  letzten  12  Seiten  ein  eng  gedrucktes 
Verzeichniss  aller  in  satuintlichen  20  Plautinischen  Stiickeu 
vorzunehmenden  Verbesserungen,  und  legt  •  deren  Berucksich- 
tigmig  fiir  eine  etwaige  neue  Auflage  dem  Buchhiindler 
dringend  ans  Herz.  cNe  tanien',  fiihrt  er  dann  fort,  'nimis 
exilis  et  paruus  esset  hic  libellus  si  nihil  nisi  correctides 
erratorum  in  officina  complecteretur,  addidimus  et  Georgii 
Fabricii  eruditiss.  uiri  summi  nostri,  incredibilis  diligentiae 
66i  praeclariss.  studio  conquisita  quaedam,  habitura  momenti  et 
adiumenti  allatura  plurimum  ad  Plautinarum  fabularum  fru- 
ctuosam  lectionem.'  Auch  diese  Fabriciusschen  Beitrage, 
welche  nach  Titel  und  Vorrede  die  ersten  29  Seiten  des 
Buchleins  fallen,  an  Camerarius  aber  laut  des  vorgedruckten 
Briefes  des  Fabricius  (Misenae  4.  Cal.  Iulij)  schon  1550 
iibersendet  waren,  bittet  er  den  Hervagius  in  die  etwa  be- 
vorstehende  neue  Ausgabe  seines  Plautus  aufnehmen  zu 
wollen. 

Beiden  Wunschen  ist  in  der  Hervagischen  Ausgabe  von 
1558  entsprochen  worden.  Die  Mittheilungen  des  Fabricius 
sind  genau  so,*wie  sie  das  Schriftchen  von  1553  gab,  wie- 
derholt:  zuerst  die  (sehr  diirftigen)  'Testiinonia  veterum  de 
Plauto',  dann  die  (als  erster  nennenswerther  Versuch  nicht 
verdienstlose)  Fragmentensammlung.  Desgleichen  haben  die 
Textesberichtigungen  des  Camerarius  selbst,  der  Absicht 
nach,  sammtlich  Aufnahme  im  neuen  Text  finden  sollen,  nur 
dass  dies  leider  mit  neuen  Druckversehen  und  Fliichtigkeits- 
fehlern  geschehen  ist,  dergleichcn  ich  schon  friiher  notirte. 
Wer  also  ganz  genau  des  Camerarius  wirkliche  eigene 
Meinung  und  Absicht  kennen  lernen  will,  kann  des  hier  iu 
Rede  stehenden  Druckschriftchens  nicht  entbehren. 

Ferner  aber  stellt  sich  heraus,  dass  des  Fabricius  Ver- 
haltniss  zu  der*  zweiten  Camerarischen  Textesausgabe  vou 
1558  ein  iiber  das  bisher  Gcsagte  hinausreichendes  in  keiner 
Weise  war.  Weder  Fabricius  noch  Camerarius  selbst  haben 
an  diesem  Wiederdruck  einen  unmittelbaren  Antheil  genom- 


Digitized  by  Google 


4 


ZU  CAMERARIU8'  PLAUTUSSTUDIEN.  69 

men,  sondern  nur  der  Buchdrucker  Hervagius  hat  ihm  deren 
Beitrage  mittels  eigener  Veranstaltung  zu  gute  koinmen 
lassen.  Von  einem  personlichen  Eingreifen  des  Fabricius 
findet  sich  nirgends  die  geringste  Spur:  wonach  also  von 
einer  f  Fabricius^schen'  Ausgabe  Qberhaupt  nicht  mehr  zu 
reden  ist  —  Was  aber  den  Camerarius  betrifft,  so  erkliirt 
dieser  in  der  Vorrede  an  Hervagius  (1553)  ausdriicklich: 
enani  omnino  decrevimus  hoc  quasi  cuinulo  studij  nostri  ex- 
tremam  manum  imponere  ei  labori  que  huic  autori  impen- 
diinus':  und  das  hat  er,  so  viel  wir  wissen,  bis  zu  seinem 
doch  erst  1574  erfolgten  Tode  gehalten.  War  er  doch  sogar 
Bchoo  frtiher  nicht  ganz  frei  von  Gewissensscrupeln  geblieben, 
ob  er  sich  denn  diese  Beschtiftigung  mit  Plautus  tiberhaupt 
vergeben  dilrfe.  Ich  setze  hier  zum  Schluss  die  betreftende 
Stelle,  weil  sie  ein  gewisses  psychologisches  Interesse  hat, 
aus  dem  Briefe  an  Hervagius  wortlich  her:  *Cum  enim 
multum  tempori8  et  cogitationum  mearum  in  illius  autoris 
scriptis  recognoscendis  posuissem,  et  non  modo  taediu  iam 
quoddam  in  labore  diuturniore,  sed  nonnunquam  etiam  dubi- 
tationes  oborirentur,  nunquid  talis  occupationis  et  profani- 
fatem  offensuram  esse  diuinum  numen,  et  tenuitatem  con- 
temtum  iri  a  doctis,  uideretur  esse  pertimescendum,  operaui 
tu  dedimus  ut  illud  quasi  pensum  quod  mihi  mea  uoluntas 
dedisset  quamprimum  absolueretur,  et  mihi  a  molestia  cum 
operae  tu  curae  acquiescere  liceret' 


2.*) 

In  Bd.  23  p.  660  f.  [oben  p.  67  ff.]  theilte  ich  aus  einer  4«s 
seltenen  Druckschrift  des  Jahres  1553  (/Indicationes'  u.  s.w.') 

*)  [Rhein.  Muxeum  f.  Phil.  XXVI  (1871)  p.  483-488.] 
1)  Sie  fehlt  nicht  in  dem  Verzeichniss  der  Schriften  des  Camera- 
ruK,  welches  Fabricius  im  13.  Bde  der  Bibliotheca  Graeca  gegeben 
hat,  p.  517.  [  Vgl.  u.  p.  78  ]  Seltsani  dagegen  ist  es,  dass  Fabricius 
die  ente  Ausgabe  des  Plautus  von  1552  selbst,  auf  die  aich  doch  jenc 
'  Indicationes '  allein  beziehcn,  gar  nicht  kennt,  sondern  nur  (p.  519  f.) 
&e  zwei  Sammlungen  mehrercr  einzelnen  Stiicke  aus  den  Jahreu  1545 
nnd  1549,  flber  die  das  Nahere  zu  ersehen  aus  Opusc.  phil.  II  p.  97  ff., 
um  die  es  aidwaber  in  den  ■  Indicationes '  gar  nicht  handelt. 


Digitized  by  Google 


70 


BIO-BIBLIOORAPHISCHES 


Aeus8eruiigen  des  Joachim  Camcrarius  iiber  seine  Plau- 
tinischen  Arbeiten  mit,  aus  denen  hervorging,  dass  er,  schon 
frtther  in  seinem  Gewissen  nicht  ganz  beruhigt  iiber  die  Be- 
schaftigung  mit  so  weltlichem  Stoff,  diesen  Studien  im  Jahre 
1553  formlich  absagte  fur  alle  Zukunft.  Ich  fiigte  hinzu: 
'und  das  hat  er,  so  viel  wir  wissen,  bis  zu  seinem  doch  erst 
1574  erfolgten  Tode  gehalten*. 

Letzteres  verhiilt  sich  aber  doch  nicht  also,  wie  ich  jetzt 
aus  spatern  brief  lichen  Mittheilungen  des  Caraerarius  ersehe, 
auf  die  raich  mein  verehrter  College  Georg  Voigt  freund- 
lich  aufmerksam  macht.  Sie  finden  sich  in  der  1595  'Fran- 
cofurti  ex  officina  Paltheniana,  impensis  Petri  FischerT 
herausgekommenen  Briefsamralung:  'Ioachimi  Camerarii  Pa- 
bepergensis  epistolaruni  libri  quinquc  posteriores:  nunc  pri- 
nium  a  filiis  in  hoc  secundo  volumine  studiose  collectae' 
etc.2)  und  stellen  uns  folgendes  Sach-  und  zugleich  Personen- 
verhaltniss  vor  Augcn. 

Der  alte  Drucker  und  Verleger  des  Camerarius,  Jo- 
hannes  Hervagius  (Herwagen)  in  Basel,  aus  dessen  Officin 
sowohl  die  erste  (1552)  als  auch  die  zweite  (1558)  Ausgabc 
des  Plauttrs  hervorgegangen,  war  schon  vor  1560  gestorben3); 

2)  Die  frQhcrc  Sammlung:  'Ioachimi  Camcrarii  Bapenbergensis 
(sic)  epistolarum  familiarium  libri  VI:  nunc  primum  post  ipsius  obitum 
singulari  studio  a  filiis  editi.  Francofurti  apud  haeredcs  Andr.  Wechcli 
M.  D.  LXXXIIP,  cnthalt  nichta  auf  unsern  Gegenatand  Bezugliches. 
(Uebrigens  macht  Ebert  I  p.  266,  wie  auch  Krebs  1  p.  654,  beido 
Sammlungen  zu  einem  einheitlicheu  Wcrke,  was  Bie  gar  nicht  sind.) 

3)  Als  verstorben  wird  er  namlich  in  der  Orabschrift  aeiner  Gattin 
Gertrud  erwahnt,  welche  selbst  vom  J.  1560  iet,  bei  Tonjola  in  der 
'Basilca  sepulU»  (Bas.  1661)  p.  119.  Der  Wortlaut  der  Grabschrtft 
liiast  eher  vermuthen,  dass  der  Mann  liingero  Zeit  vor  ihr  gestorbon, 
als  das8  dies  erst  fum  1560'  geschehen  eei,  wie  man  bei  Stockraeyer 
und  Reber  'Beitrilge  zur  Basler  Buchdruckergeachichte '  (Baaol  1840) 
p.  85. 117  angenommcn  findet.  Einen  bcstimmtern  Anhalt  wird  wcnig* 
stena  dcr  Umstand  kaum  geben,  daas,  wilhrend  die  erste  Plautusaus- 
galio  de8  Camerarius  rper  Ioannem  Heruagium>  erschien,  cs  auf  dem 
Titel  der  zweiten  heisst  rper  Ioannem  Heruagium  et  Bcrnhardum 
Brand',  da  der  letztere,  des  alten  Herwagen  Schwiegersohn ,  ja  schon* 
bci  dessen  Lebzciten  Theilnehmer  des  Geschafts  werdcn  konnte  (woruber 
etwas  Sichercs  nicht  zu  ermitteln  war).    Genau  dasselbe  Verhaltniss 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERARIUS'  PLAUTUSSTUDIEN.  71 

in  dein  Pestjahre  1564  folgte  ihm  auch  seiii  Sohn  Johannes  is* 
der  jungere  (geh.  1530).  Dessen  hinterlassene  Wittwe  nahm 
zu  seiner  dritten  Frau  Johaunes  Oporinus,  der  nach  Auf- 
gabe  seiner  nur  zwei  Jahre  hekleideten  Professur  des  Grie- 
chischen,  in  Verbindung  mit  einigen  Andern  eiu  Drucker- 
geschaft  gegrtiudet  (oder  vielmehr  die  alte  Cratander  sche 
Druckerei  iihernommeu)  hatte,  durch  das  er  schon  um  1540 
mit  Camerarius  iu  Verbindung  kam 4).  Diese  buchhiindle- 
rische  Verbindung  setzte  sich  fort  durch  fernere  Publicationen 
des  Camerarius  in  den  Jahren  1545.  1550.  1551.  1555.  1561. 
15b'4,  wahrend  zwischendurch  (schon  seit  1535)  dessen 
anderweitiger  Verleger  immer  auch  Ilervagius  blieb  oder 
doch  die  Herwageusehe  Firma,  wenigstens  bis  1558  6).  So 
bildete  sich  zwischen  beiden  allmiihlich  ein  naheres  Verhiilt- 
niss,  dessen  vollsten  Ausdruck  ein  Brief  des  Camerarius  vom 
1.  Miirz  1566  gibt,  der  in  der  obigen  Sanimlung  p.  520—542 
stebt.  Im  Eingang  trostet  er  den  Oporinus  in  Kiirze  iiber 
den  Verlust  seiner  Frau,  die  ihm  1565  nach  kaum  viermonat- 
licher  Ehe  gestorben  war,  und  geht  daun  naher  ein  auf  einen 
Antrag  desselben,  den  er  mit  den  Worten  bezeichnet:  'cuin 
raihi . . .  signiticasses  Te  Plautina  exemplaria  denuo  esse  ex- 
pressurum\  In  hochst  ausliihrlicher  Auseinandersetzung  legt 
er  seine  Ansichten  dar,  ob  und  in  welcheu  Greuzen  sich  mit 
christlicher  Frommigkeit  und  einer  wesentlich  der  Betrach- 
tung  uud  Erforschung  gottlicher  Dinge  zu  widmenden  Lebens- 

findet  flbrigens  schon  etwas  friiher  statt,  da  auch  der  Herodot  des 
Camerariu8,  1641  riu  officina  Heruagiana'  erschieneu,  im  J.  1557  'per 
loannem  Heruagium  et  Bernardum  Brand'  wiederholt  wurde. 

4)  Denn  in  diesem  Jahre  (nach  Fabricii  Bibl.  Gr.  XIII  p.  512) 
oder  wohl  richtiger  1541  (nach  Hofimarin'8  Lex.  bibliograph.  III  p.  707) 
erschien  bei  Oporinus  des  Camerarius  Ausgabe  von  Theonis  sophistae 
ProgymnaBmata.  (Es  ist  schon  hiernach  ganz  falsch,  wenn  Falkenstein 
in  eeioer  unzuverliissigen  'Geschichte  der  Buchdruckerkunst'  p.  270 
den  Bestand  der  Druckerei  des  Oporinus  von  1549  bin  1566  datirt.) 

5)  Die  Belege  sammtlich  aus  Fabricius  p.  495— 523  zu  entnehmen. 
Xach  1558  finde  ich  keine  Camerarische  Schrift  mehr  aus  der  Her- 
wagenschen  Officin  hervorgegaugen,  die  letzte  blos  mit  des  Hervagius 
alleinigem  Namen  versehene  sogar  schon  von  1551,  worauf  dann  zu- 
nachst  die  in  Anm.  3  erwahnte  Doppelfirma  'Herwagen  und  Brand' 
von  1557  folgt. 


Digitized  by  Google 


72  BIO-BIBLIOGRAPHISCHES 

thatigkeit  die  Besehaftigung  mit  weltlicher  'Philosophie' 
und  den  heiduiseheu  Quellen  derselben,  also  mit  dem  Stu- 
dium  der  'Humaniora'  vertrage:  wofur  der  Ennianischen 
Weisheit  'philosophandum  est  paucis,  nam  omnino  haud 
placet'  ein  entsclieidendes  Gewicht  zugesprochen  wird.  Auf 
seine  Plautinisclien  Arbeiten  Ubergehend  spricht  er  sich  so- 
dann  (p.  537  ff.)  mit  eben  so  bescheidener  wie  klar  bewusster 
Selbstsehatzung  aus  iiber  das  was  er  leisten  gewollt  und 
was  er  geleistet  zu  haben  glaube;  iiber  billige  und  freund- 
485  liche  Beurtheiler  und  boswillige  Gegner 6)  u.  dgl.  m.,  bis  er 


6)  P.  637  f. :  rPlautina,  quae  tu  curandum  ut  denuo  exprimantur, 
putas,  ita  sunt  diligentia  industriaquc  studii  mei  elaborata,  ut  ante 
mcam  huius  auctoris  cditionem  nullam  uspiam  emendatiorem  esso  con- 
8poctam  affirmare,  et  hunc  conatnm  ita  benc  processiesc,  ut  cum  non- 
nullorum  inuidia  laudis  aliquid  meruerit,  arbitrari  posse  vidcamur. 
Nactus  fueram  exemplaria  duo  antiqua  ab  iudoctis  librariis  exarata, 
Ka  nequens  et  adhibens  cogitationcs  accuratas,  et  adiumenta  undique 
eolligcns,  ita  concinnaui  fabulas  Plautinas,  ut  non  quidem  integras 
perfectasque  omni  bonitatc  eaa  cssc  crederem;  sed  ut  ista  exposita  a 
nobis  pcrscriptione  utilem  lectionem  studiosis  Latini  Bermonis  con- 
ciliatuni  iri  statuerem.  Atquc  plus  impendi  temporis  his  lucubratio- 
nibus,  occupatiorque  fui  iu  isto  operc,  quam  fortasse  debuerim,  ut  non 
tam  gloriandum  ob  haec  eftecta,  quam  propter  interniissa  omissaquc 
alia  poenitendum  csse  videatur.  Quod  si  de  nostris  laboribus  etiam 
tcstimonia,  quibus  illi  celebrcntur  ornenturque ,  proferri  necessc  est: 
Etsi  alii  quoquc  doctrina  crudita  cxcellentes  viri  in  suis  scriptis  meac 
industriae  lau^abiliter  meminerunt,  unum  tamcn  solummodo  non  sine 
ingcnti  dolore  nupcr  adeo  amissum  et  morte  sublatum,  Adrianum 
Turncbum  nominandum  putauimus.'  Hierauf  cin  ausgefiihrtes,  warmes 
Lob  des  Turncbus  (den  er  in  ahnlicher  Weise  in  einem  Bricfe  an 
hambin  vom  J.  1567  (p.  299)  feiert,  dem  er  auch  direct  scine  aner- 
kennendste  Hochachtung  bezeugt  hatte  in  dem  undatirten  Briefe 
p.  300  ff.),  und  dann :  ' Adrianus  igitur  Turnebus  et  probauit  multis  iu 
locis  cditionem  nostram  Plautinam,  et  quae  mutauit  ipse  iudicio  suo, 
illis  asscrendis  nunquam  dixit  mihi  (quemadmodum  hic  noster  auctor 
loquitur)  inclementer.  Alii  quidam  petiuerunt  me  et  sunt  inaectati 
vehcmcntiua  atque  insolentius,  cum  quibus  ego  non  contendere,  et  ac- 
ceptas  plagas  potius  perpeti,  quam  repugnando  ipsis  ctiam  aliquas 
impingere  volo:  Ne  rixa  oriatur  (id  quod  fieri  solere  nostrati  prouerbio 
dicitur)  referiendo'.  Woran  sich  die  Reehtfertigung  einer  einzelncn 
von  ihm  aufgestellten ,  abcr  stark  angefochtenen  (!)  Behauptung  an- 
echlicsst:  nilmlich  dass  der  iambischc  Vers  kcinen  Creticus  statt  des 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERARIUS'  PLAUTUSSTUDIEN.  73 

schliesslich  seine  eigentliche  Willensnieinung  (p.  542)  nur 
in  folgenden,  nicht  allzu  deutlichen  Worten  zu  erkennen 
gibt:  'Te  autem,  nii  Oporine,  oro,  ut  et  ea  quae  prioribus 
adiecimus,  et  caetera  omnia  emendate  exprimi  studeas,  ipse 
admini8trationem  tuani  ad  operarum  prouincias  adiungens, 
ut  quam  fieri  poterit  incorruptissimus  liber  ex  officina  tua 
prodeat,  et  ne  errata  etiam  expressionis  causam  dent  ob- 
trectandi,  id  quod  accidisse  comperi,  curiosae  maleuolentiae. 
Haec  igitur  studii  industriaeque  tuae  cura  erit  Est  autem 
uiihi  nota  vis  iugenii  tui  et  grauitas  iudicii,  et  doctrinae 
eruditio,  multoque  maiora  tuae  considerationi  tuoque  arbitrio 
committi  recte  tutoque  posse  scio.' 

Was  eigentlich  Camerarius  au  Oporinus  geschickt,  wiirde 
uian  hieraus  kaum  errathen,  wenn  uns  nicht  spatere  Briefe, 
iu  Verbindung  mit  einem  weiterhin  zur  Sprache  zu  bringen- 
den  Umstande,  zieiulich  zweifellos  ersehen  liessen,  dass  es 
theils  ein  fiir  den  neuen  Druck  durchgesehenes  und  —  viel 
oder  wenig  —  verbessertes  Exemplar  des  Plautinischen 
Textes  war,  theils  aber  auch  mehr  oder  weniger  zahlreiche 
oder  ausgefuhrte  Anmerkungen.  Geringen  Aufschluss  zwar 
gewahrt,  was  er  ihm  zunachst,  fCal.  VII  br.'  desselben  Jahres 
1566,  schreibt7).  Klarer  dagegen  spricht  sich  ein  folgender  486 

lambus  znlasse.  [Heutzutago  sollto  es  uicht  Wunder  nehmcn,  wenn 
auch  der  von  des  Camerarius  gcsundem  Sinn  zuriickgewieseno  Creticus 
gelegentlich  wieder  aufgenommen  wfirde,  nachdem  wir  das  schier  Un- 
glaubliche  —  noch  dazu  von  sonst  so  verstandiger  Seito  —  erlebt 
haben,  daes  auch  statt  des  Anapast  ein  Baccheus  als  legitimster  Stell- 
vertreter  aufgestellt  worden.]  —  Ueber  einen  nicht  genannten  Wider- 
tacher  (fN.  illius  quisquia  is  est'),  der  sich  uber  Camerarius'  Plautus, 
wic  es  achcint  bald  nach  desuen  Erscheinen,  in  ziemlich  gehaasigem, 
wenigstens  sehr  unfreundlichem  Tono  geaussort,  beklagt  sich  C.  in 
seiner  maaavoll-reservirten  und  doch  kernhaften  Weise  in  einem  Briefe 
an  Petrus  Victorius  aus  dem  Marz  1561:  in  unaerer  Sammlung  p.  466  f. 

7)  P.  542  f. :  rDe  Plautina  editione  res  est  in  tua  manu:  facies  de 
ea,  quod  tuis  rationibus  maxime  congruere  putabis.  Quo  minus  qui- 
dem  ex  tua  officina  liber  prodeat,  cur  inuidiam  illam,  quae  abs  to 
commemoratur,  metuas,  causa  esse  mihi  non  videtur.  (Kann  sich  wohl 
nur  auf  das  Verhaltniss  zur  Herwagen^schen  Firma  und  die  dieserhalb 
zu  uebmende  Rflcksicht  beziehen.)  Sed,  qucmadroodum  dixi,  id  facies, 
quod  tnis  rationibus  ccnBueris  esse  aptissimum,  tibique  maxime  oppor- 


Digitized  by  Google 


74 


BIO-BIBLIOGRAPHISCHES 


Brief  vom  13.  Juni  1568  aus,  uberhaupt  der  letzte  unserer 
ganzen  Sammlung,  p.  545.  Er  beginnt  mit  einem  Gliick- 
wunsch  zu  der  Geburt  eines  Sohnleins  (deun  Oporinus  (geb. 
1507)  hatte  an  irei  Frauen  keineswegs  genug  gehabt,  son- 
deru  1567  als  vierte  Honifacius  Amerbach's  Tochter  Faustina 
geheirathet),  und  fahrt  dann  also  fort:  fSed  heus  tu  de 
Plauto  nostro,  quem  aliquando  cum  epistola  ad  te  misi,  quid 
h'tV  aut  vbi  ille  delitcscit?  Non  pudet  te  vt  spero  compel- 
lationis  nostrae.  Nequc  me  operae  datae  piget,  quantumuis 
aliae  aliorum  praeclarae  quasi  curationes  vulnerum  in  illo 
auctore  exstent,  et  accessurae  etiam  deinceps  esse  videantur. 
Est  enim  campus  iste,  in  quem  excurrere  possit  studium 
diligentiae  infinitum,  Quod  si  forte  tibi  neque  vacat  neque 
libet  nieas  lucubrationes  exprimendas  typis  curare,  fac,  mi 
Oporine  (facile  enim  ct  libenter  istam  tibi  veniam  damus,) 
vt  liber  ad  me  redeat,  qui  meas  notationes  dpxeTUTrouc  habet: 
vt  saltem  intuendo  hunc  ego  interdum  me  delectem,  vel  mea 
industria  laetans,  vel  quid  alii  fecerint  diuersum  considerans. 
Sed  exprimi  nostra  sane  iatic  velim.  Totani  autem  rem 
permitto  tuo  arbitrio.    Modo  liber  mihi  non  pereat.' 

Man  sieht  aus  allem,  Camerarius  hat  es,  trotz  theolo- 
gisch-frommer  Vorsatze,  doch  nicht  ttber  sich  vermocht,. 
seiner  alten  heiduischen  Plautusliebe  ganz  untreu  zu  werden, 
sondern  hat  in  dem  Zeitraum  zwischen  1553  und  1566  in 


tunum.  Plautinae  operae  sunt  praeclarae  (?),  et  audio  ab  intelligenti- 
bus  artificium  istud  valde  eas  laudari.  Sane  erant  adhuc  permulta, 
quac  notare,  indioare,  exponere  in  illo  opere  potuissem,  aed  ita  quoque 
nimium  studii  impendisse  mo  arbitrari,  antea  quoque  tibi  scripsi.  Et 
relinquendum  quoque  est  aliquid,  quod  tractantes  hoc  genua  littcrarum 
ampliufl  cxplicent,  cmcndcnt,  concinnent,  atque  adeo  in  nostris  carpant 
et  configant.  Primum  enim  grammatici  cst  quaedam  ignorare,  et  iu 
aliquibuH  falli.  Deinde  iata  diligentia  vcterura  scripta  reiuirgandi,  at- 
que  addo  ctiam  inqnirendi  in  aliorum  commentationes  recentea,  semper 
aliquid  profert,  quod  liberalem  cognitionem  instruat  et  adiuuet.  Neque 
me  unquam  quiuquam  offendit  rcpraehensor  laborum  mcorum.  si  enim 
vere  repraehendit  et  humaniter,  gratiam  scilicet  deberi  illi  confitendum : 
»in  falao,  maledice,  contumcliose,  meam  Bcilicet  vicem  hac  ipsa  turpi- 
tudine  se  ipsum  ultus  ij)8c  est.'  (Hcutzutage  uoch  cben  so  wahr  wie 
vor  dreihundcrt  Jahren.) 


Digitized  by  Google 


*  ZU  CAMERAKIUS'  PLAUTUSSTUDIEN. 


75 


aller  Stille  diese  Studien,  wenn  auch  uur  als  subsiciva,  imuier 
fortgesetzt,  auch  von  den  dahin  einschlagenden  Arbeiten 
anderer  fleissig  Kenntniss  genommen.  Mit  den  calii%  deren 
'curationes  vulnerum',  noch  dazu  'praeclarae',  er  so  aner- 
kennend  bervorhebt,  kann  ubrigens  ein  eigentlicher  Heraus- 
geber  nicht  wohl  gemeint  sein;  denn  wie  wenig  die  einzige 
seit  der  Camerarischen  Textesrecension  uberhaupt  erschienene 
Ausgabe,  der  Plautinische  Druck  des  Ioannes  Sambucus 
vora  J.  1566,  Anspruch  hat  auf  ein  so  auszeichnendes  Prii- 
dicat,  ist  aus  dein,  was  iiber  diese  Ausgabe  in  Opusc.  phil.  II 
p.  114  ff.  berichtet  worden,  leicht  ersichtlich 8).  Vielmehr  4*7 
zielen  des  Camerarius  Worte  ohne  Zweifel  ganz  hauptsiich- 
lich  auf  des  vou  ihm  (s.  Anm.  6)  so  hochgestellten  Adrianus 
Turnebus  Adversaria,  deren  zwei  erste  Theile  schon  1564 
und  1565  (der  letztere  kurz  vor  des  Turnebus  Tode)  heraus- 
gekommen  waren9),  imd  in  denen  uns,  ausser  zahlreichen 
gelegentlichen  Erklarungeu,  auch  wohl  kritischen  Versuchen 
zu  einzelnen  Plautusstellen,  vor  allem  die  Beuutzung  einer 
alten,  leider  seitdem  vollig  verschollenen  Handschrift  ersten 
Kanges  entgegentritt,  iiber  welche  a.  a.  O.  p.  121  ff.  des 
Nahern  gehandelt  ward. 

Was  an  dem  Briefe  von  1568  befremdet,  ist  dies,  dass 
Oporinus  noch  ganz  und  gar  als  activer  Typograph  ange- 
sprochen  wird,  wahrend  er  doch  nach  dem  Bericht  seiner 


8)  Dass  ubrigens  Camerariua  rait  Sambucus  im  besten  Vernehmen 
stand,  zeigt  nicht  nur  dcr  Brief  an  Ioanncs  Crato  vom  6.  Nov.  1566 
(in  unserer  Sammlung  p.  378),  worin  es  am  Schluss  heisst:  'Sambucum 
rogo  officiosc  saluteB  verbis  meis,  a  quo  iampridem  nihil  accepi  lite- 
ranim',  sondern  noch  dcutlicher  die  an  Sanibucus  selbst  seit  dem 
Januar  1567  adressirten  Briefe  p.  408  ff.,  in  welchen  indcss  (allerdings 
doch  auffallend)  des  Plautus  mit  keincr  Sylbe  Erwahnung  geschieht. 

9)  So  mit  schatzenswcrthcr  (ienauigkeit  allein  Brunct:  wahreud 
die  deutechen  Bibliographen  (Georgi,  Krebs,  Ebert,  Schwciger)  hSchst 
un?oll«tandig  und  unzulanghch  nur  von  Drucken  aus  den  Jahren  1580 
(oder?)  1581.  1599.  1604,  ausser  den  'Opera'  1600,  zu  berichten  wissen. 
—  (Der  erst  lange  nach  Turnebus'  Tode  von  seinem  Sohnc  heraus- 
gegebene  dritte  Theil  dieser  Adversaria,  Buch  25  bis  30  enthaltend, 
tragt  ubrigens  wirklich,  wie  Brunet  angibt,  die  Jahreszahl  1573,  obwohl 
die  Vorrede  mit  '12.  Cal.  Ian.  1572'  datirt  ist.) 


Digitized  by  Google 


76 


BIO-  BIBLIOGKA  PHI8CHES 


Biographen  die  Druckerei  auf  Andringen  seiuer  vierten  Frau, 
tlie  ihn  von  den  Muhen  und  Sorgen  des  aufreibenden  und 
nienials  eigeutlicli  lucrativ  gewordenen  Geschaftslebeus  erlost 
wi.ssen  wollte,  schon  im  Jahre  1567  verkauft  hatte  10).  Ob 
das  Camerarius  gar  nicht  erfahren  hatte?  oder  ob  Oporinus 
doch  noch  einen  personlichen  Einfluss  auf  das  verkaufte  Ge- 
schaft  ausiibte,  vielleicht  sich  sogar  vorbehalten  hatte?  — 
Wie  dem  auch  sei:  warum  des  Camerarius  freundschaftliches 
Drangen  auf  Publication  seiner  Plautina  keinerlei  thatsach- 
lichen  Erfolg  gehabt,  liegt  klar  genug  vor  Augen:  deun 
wahrend  sein  letzter  Brief  vom  13.  Juni  war,  musste  Opo- 
rinus  schon  am  6.  Juli  desselben  Jahres  das  Zeitliche  segnen. 
Sein  Manuscript  hatte  indess  Camerarius  vorher  nicht  zurQck- 
erhalten:  denn  noeh  am  18.  September  1568  schreibt  er  an 
den  Baseler  Professor  Theodor  Zwinger  (p.  441  der  hier 
immer  zu  Grunde  gelegten  Briefsammlung):  'peto  abs  tua 
humanitate,  videas  quid  fiat  de  Chronologia  Nicephori  u)  et 
488  Plauto  meo.  Nam  hos  libros  ad  Oporinum  missos  perire 
sane  nolim.    Ipsum  etiam  Oporinum,  ad  quem  praeposui 


10)  S.  rAndr.  Iocisci  Silesii  oratio  de  ortu,  vita  et  obitu  Joh.  Opo- 
rini  Basilieusis ',  Argentorati  1569,  wiedergedruckt  in  r  Vitae  selectae 
quomndam  eruditissimoruni  ac  illustrium  virorum'  etc.,  Vratislaviae 
1711,  p.  631.  Der  populare  Abriss  in  'XVIII.  Neujahrs-Blatt  far  Basels 
Jugend',  Basel  1840.  4,  gibt  Ncues,  QuellenmiUBigeg  gar  nicbt. 

11)  (Jemeint  i»t  'Cbronologia  secundum  Graecorum  rationem  tem- 
poribus  expositi!}  autore  Nicephoro  archiepiacopo  ConBtantinopohV  etc. 
War  zueret  Basel  1561  ex  officina  Io.  Oporini  erschienen;  aber  dem 
Camerarius  lag  es,  wie  wiederholte  Aeusserungen  seiner  Briefe  zeigen, 
in  denen  er  immer  wieder  auf  die  r  Chronologia '  zurflckkommt,  sehr 
am  Herzen,  eine  neue  und  verbesserte  Ausgabe  davon  zu  besoigen. 
DeH  Oporinus  Tod  verhinderte  das  Jahre  lang,  bis  sie  endlich  1573 
in  Leipzig  rprocurante  Ernesto  Voegelioo'  herauskam:  s.  Hoffmann's 
Lex.  bibliogr.  III  p.  132.  (Nicht  exact  genug  Fabricius  p.  520.  Ganz 
fehlt  die  Chronologia  in  dem  Tatalogus  librorum  per  Ioa.  Oporinum 
cxcusorum*,  welcher  beiden  Drucken  von  Iocisci  oratio  (dem  Breslauer 
p.  637  -  693)  angehftngt  ist:  eiu  Verzeichniss  von  nicht  weniger  als 
aehthalbhundert  Druckschriften,  aber  weder  chronologisch  angeordnot, 
8ondern  alphabetiscb ,  noch  auch  nur  die  Jahreszahlen  hinznfugend, 
aUo  wie  rccht  absicbtlich  unbrauchbar.  Auch  Theonis  progymuasmata 
(8.  o.  Anm.  4)  sucht  man  vergebens  darin.) 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERARHS    1'LAl'TrSSTl'DIEN.  77 


Epistolam  Plautinis  comoediis,  celebrari  velim.  Non  enim 
tam  male  sentio  de  meis  scriptis,  ut  non  existimem  ab  his 
alicui  aliquid  bonae  opinionis  conciliari  posse'.  —  Verloren 
gegangen  siud  darum  die  in  Rede  stehenden  curae  secundae 
danials  doch  nicht,  sondern  ohne  Zweifel  noch  in  Canierarius' 
Hunde  zuriickgelangt,  da  sie  sich  Jahrzehnte  spiiter  als  im 
Besitz  seiner  Familie  befindlich  nachweisen  lasscn. 

Dieser  Verbleib  geht  niimlich  hervor  aus  einer  Anfiih- 
rung  Gruters  zu  dem  (in  den  Hdss.  um  eine  Sylbe  zu 
kurzen)  Verse  der  Menachmen  V,  9,  73  (1133):  'Frater. 
ME.  et  tu  quem  ego  multis  miseris  laboribus 9  . . . ,  zu  wel- 
chem  die  Grutersche  Amerkung  also  lautet:  ?Si  repetitum 
interponeretur  verbum  Salve,  esset  et  oratio  perfectior,  et 
numeri  pleniores;  qui  absque  hoc  bicupececi  sunt  explicandi. 
Camer.  in  curis  secundis  ad  Plautum,  qui  [sof]  servantur  a 
nepote  eius  V.  C.  Ludovico  Camerario,  consiliario  Palatmo'. 
Ob  dieser  'Cantzler,  Hof-  und  geheimder  Rath  bei  dem 
ChurfUrsten  von  der  Pfaltz  Friderico  V,  wie  es  bei  Joeher 
heisst,  des  Grossvaters  Curae  secundae  Grutei^n  tiberlassen 
oder  ihm  nur  Einsicht  in  dieselben  verstattet  hatte,  wird 
nicht  ersichtlich;  anderer  Erwtihnungen  in  Gruter's  Noten 
eriimere  ich  mich  aber  nicht.  Was  weiter  aus  ihnen  ge- 
worden,  ist  unbekannt.  Ihr  Verlust  ist  iibrigens  zu  ver- 
schmerzen,  wenn  ihr  sonstiger  Inhalt  nicht  werthvoller  war 
als  der  obige  Vorschlag,  in  dem  Menachmenverse  das  voraus- 
gegangene  saluc  zu  wiederholen  (wo?),  wiihrend  vielmelir 
dem  Metrum  vollkommen  aufgeholfen  ist,  wenn  mit  Bothe 
miseriis,  laboriibus  geschrieben  wird,  asyudetisch  wie  dies, 
noctes  oder  imperiis,  praeeeptis  im  Trinummus  287.  302  und 
Analoges  bei  Laclimann  zu  Lucrez  p.  80.  — »  Bei  welcher 
Gelegenheit  ich  zugleich  nicht  versaumen  will  die  irrthiim- 
liche  Angabe  meiner  adnotatio,  dass  cgo  im  Decurtatus  fehle, 
zu  berichtigen;  nur  der  Vaticanus,  nicht  B  und  C,  hut  es 
zufallig  ausgelassen,  und  darum  fehlt  es  ira  Lipsiensis  und 
der  Princeps. 


Digitized  by  LjOOQle 


78 


BIO-BIBLIOGRAFHI8CHB8 


3*) 

333  Als  ich  in  Bd.  2G  p.  483  ff.  [oben  p.  69  ff.] l)  von  den 
beiden  nach  Camerarius'  Tode  herausgekonimenen  Brief- 
sammlungen  —  'Epistolarum  familiarium  libri  VI',  Franco- 
furti  1583,  und  'Epistolarum  libri  quinque  posteriores', 
Francofurti  1595  —  die  letztere  fOr  die  Plautuslitteratur  zu 
verwerthen  unternahm  (denn  die  erstere  enthalt  gar  nichts 
hiehergehoriges) ,  Qberging  ich  absichtlich  einen  eben  dahin 
einschlagenden  Brief  des  Camerarius,  weil  mir  die  Be- 
wandtniss,  die  es  mit  einigen  darin  vorkommenden  Notizen 

33-4  hatte,  nicht  hinlanglich  klar  werden  wollte  und  ich  dieselbe 
durch  weitere  Nachforschung  noch  zu  ermitteln  hoffite.  Das 
ist  nun  zwar  in  wiinschenswerthester  Weise  auch  seither 
nicht  gelungen;  um  so  mehr  mogen  aber  nunmehr  diese, 
wenn  auch  fflr  den  Plautus  selbst  sehr  untergeordneten, 
Probleme  fflr  Liebhaber  der  Gelehrtengeschichte  zu  etwaiger 

*)  [Rhcin.  Museum  f.  PhiL  XXVII  (1872)  p.  333—342.] 

1)  Fiir  das  dort  erwiihntc  Verzeichniss  der  Schriftcn  dcs  Camera- 
riufl  in  Fabricii  Bibliotheca  gr.  Bd.  XIII  ist  ubrigens  von  letztcrm 
schon  bcnutzt  worden  eine  Druckschrift,  dic  heutzutage  eben  so 
selten  oder  noch  seltener  geworden  scheint  als  die  in  Bd.  23  p.  660  f. 
[obcn  p.  67ff.]  wiedcr  ans  Licht  gczogenen  'Indicationes'  etc. :  namlich 
eines  'Georgius  Summerus'  (der  sich  jedoch  nicht  auf  dem  Titel, 
8ondern  nur  unter  dcr  Dedicationsepistel  an  des  Joach.  Camerarius 
Knkel  Ludovicus  nennt)  'Catalogus  continens  enumerationem  omnium 
librorum  et  scriptorum  tam  editomm  quam  edendorum  viri  incompa- 
rabilis,  Domini  Ioachimi  Camerarii,  professoris  quondam  in  academia 
Lipsica  celeberrimi.  Dantisci,  praelo  Hfinefeldiano.  Anno  M.DC.XLVl'. 
(40  unimginirte  Bliitter  kL  8.)  Wenigstens  in  Dcutechland  hat  sie  sich 
auf  nahe  au  zwanzig  flffentlichen  Bibliotheken  nicht  vorgefunden,  bis 
sie  endlich  in  nachster  Niihe,  in  der  an  Camerarianis  aller  Art  reichcn 
Leipziger  Universitatsbibliothek  in  einem  Miscellan-Couvolut  durch 
unseres  Georg  Voigt  verdienstliche  Bemilhungen  ghlcklich  eutdeckt 
ward,  zugleich  mit  einem  handschriftlichen  Bronillon  fiir  die  Druck- 
schrift,  welches  aber  noch  unvollst&ndiger  ist  ais  die  letztere  selbst. 
Neues  war  aus  dieser  nach  keiner  Seitc  hin  zu  lernen.  Auch  in  ihr 
fehlt  wundersamer  Weise  die  Gesammtausgabe  dca  Plantus  von  1552, 
wie  spater  bei  Fabricius,  und  wie  auch  bei  Jiicher:  obgleich  doch  ohne 
Zweifel  gerade  sie  die  beueutcndste  LeiHtung  von  allen  strenger  philo- 
logischen  Arbeiten  des  Camerarius  uberhaupt  iat. 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERARIUS'  PLAUTUSSTI  DIEN 


79 


glucklicherer  Losung  signalisirt  werden.  Und  da  es  inson- 
derheit  Leipziger  Gelehrtengeschichte  ist,  die  hier  wesent- 
lich  mit  in  Betracht  kommt,  so  niag  man  ja  wohl  einem 
Leipziger  Professor  einen  derartigen  Excurs  eben  so  nacli- 
sichtig  zu  gute  halten,  wie  specifisch  bibliographische  Studien 
dein  ehemaligen,  vieljiihrigen  Bibliothekar. 

Es  handelt  sich  um  einen  in  der  gedachten  zweiten 
Sammlung  p.  303 — 305  gedruckten  Brief,  den  Camerarius 
%'lariss.  Viro  D.  Vito  Werlero  Franco'  schrieb,  der  aber 
leider  ohne  alles  Datum  ist.  Derselbe  lautet  nach  jener 
Ueberschrift  vollstiindig  wie  folgt: 

»S.  D.  Magno  me  gaudio  affecerunt  literae  tuae,  simul- 
que  tabellarii  oratio,  qui  de  te  mihi  percontanti  diligenter 
ad  ea  respondit,  quae  volebam  maxime.  Ego  quidem  de 
te  et  saepe  cogitare  et  multum  loqui  soleo.  Recordor 
enim  et  doctrinae  tuae,  quae  mihi  quondam  puero,  et  in- 
irameris  aliis  profuit,  et  intelligo  quam  operam  bonis  literis 
atque  artibus  illis  temporibus  nauaueris.  Laetatus  igitur 
sum,  nuntio  primum  valetudinis  tuae,  deinde  etiam  pro- 
sperae  fortunae,  et  fuit  inter  haec  mihi  periucundum,  quod 
te  vicinum  esse  nobis  intellexissem.  Sperabam  enim  futu- 
rum  aliquando,  ut  coram  colloqui  etiam  concederetur,  quod 
quidem  esset  eiusmodi,  ut  tuae  humanitati  nihil,  mihi  vo- 
luptatem  afferret  summam.  Nunc  vero  de  libris  tuis  quod 
requiris,  id  ut  debeo  et  tu  vis,  significabo  tibi.  Atque 
feci  idem  ante  quoque,  meminisse  enim  videor,  longo  sane 
interuallo,  adhuc  viuente  amico  nostro  opt.  et  honestiss. 

i 

viro  Iohanne  Sailero,  literas  me  ad  te  dedisse,  quibus  te 
redderem  certiorem,  de  tua  bibliotheca  relicta  in  patria 
mea,  exemisse  me  Plautianum  \so\  Codicem,  scripturae 
veteris,  de  quo  mihi  Apellus  suauiss.  compater  meus,  qui 
nuper  est  cum  ciuitatis  suae  et  amicorum  sumrao  dolore 
raortuus,  dixerat.  Hunc  igitur  librum  de  plurimis  tuis 
excepi  vnum,  quod  incredibili  iam  tamen  [so,  offenbar  tum] 
cupiditate  tenerer,  si  non  possem  restituere  auctori  illi 
pristinum  nitorem,  manifestam  saltem  et  pudendam  defor- 
mitatem  detergendi.   In  quo  proposito  atque  studio,  quam- 


Digitized  by  Google 


80 


BIO-BIBLIOfSRAPniSCHES 


uis  sit  ab  indiligente  ac  nou  adnioduin  erudito  scriba  ex- 
aratus  liber  ille,  meam  tamen  assiduitatem  atque  atten- 
tionem  saepe  non  parum  adiuuit.  Atque  ego  Norimbergae, 
cum  vna  essemus,  Eobauum  Hessum,  (quem  tu  ante  multos 
annos  Lipsiae  reuersum  e  Prussia  et  dilexisti  vnice  et  fe- 
cisti  maximi)  hunc  igitur  habui  et  socium  laboris  istius, 
et  meae  industriae  approbatorem,  et  admiratorem  quoque 
in  hoc  genere  solertiae.  Operam  autem  huic  emendationi 
impensam,  ducerem,  ut  verum  fatear,  nimiam,  nisi  mihi 
persuasum  esset,  neglectam  hactenus  lectionem  accuratam 
huiusmodi  auctorum,  discentum  [so]  studia  impediisse,  quo 
minus  proprietatem  linguae  Latinae  possent  cognoscere. 
s35  Est  autem  spes  mihi  facta  alterius  insuper  exempli  Coj 
moediarum  Plauti,  qui  [so]  e  Britannia  afferatur,  quod  hoc 
si  forte  accideret,  ne  [so,  statt  ut]  liceret  coniungere  cum 
tuo,  fortasse  spectandum  et  praeclarum  istum  librum  edituri 
simus.  Hanc  operam  tua  quaeso  humanitas,  repetitione 
codicis  tui,  quem  tibi  magno  usui  esse  non  posse  scio,  im- 
pedire  vel  perturbare  nolit,  tibique  persuadeas,  si  Deus  fortu- 
net  conatus  meos,  pro  illo  tuo  vnico  mediocri  libro,  me  esse 
curaturum,  ut  complures  optimi  ad  studiosos  bonarum  li- 
terarum  atque  artium  perueniant,  vt  tu  cum  luculento  foe- 
nore  commodatum  tuum  recepturus  esse  videare.  Vale.« 

Der  grosste  Theil  dieses  Briefes  bezieht  sich,  wic  man 
sieht,  auf  den  sog.  'Vetus  codex'  des  Plautus.  Etwas 
wesentlich  Neues  tiber  dessen  Herkunft  und  die  Art,  wie 
Camerarius  zu  ihm  gelangte,  erfahren  wir  indess  hier  nicht, 
sondern  nur  eine  weitere  Bestiitigung  des  bereits  aus  ander- 
weitigen  Bcrichten  Bekannten,  die  man  theils  aus  des  Came- 
rarius  'Epistola  nuncupatoria'  des  J.  1545  (wiederholt  vor  der 
Ausgabe  von  1552),  theils  aus  den  ergiinzenden  Angaben  in 
Pareus'  Vorreden  vollstiindig  zusammengestellt  findet  iu  Opusc. 
phil.  II  p.  100  ff.  Das  Niihere,  was  in  dem  Briefe  hinzu- 
kommt,  ware  nur  dann  vollig  klar  zu  stellen,  wenn  wir  Dber 
den  Lebenslauf  und  namentlich  die  spiitern  Schicksale  des 
VitusWerlerus  besser  unterrichtet  wiiren-).  Aber  zunachst 

2)  Fast  nur  auf  dic  flQchtige  Erwikhnung  in  Camerarius'  'Narratio  de 


Digitized  by  Google 


'  ZU  CAMERARIUS    PLAUTUSSTUL>IEN.  81 

die  Leipziger  Uoiversituts-Acten3),  von  denen  man  Auskunft 
erwarten  mochte,  lehren  uns  nichts  weiter,  als  dass  er  gleich  33« 
im  Anfang  des  Jahrhunderts  daselbst  inscribirt,  schon  1501 
zum  Baccalaureus,  erst  1507  zum  Magister  bonarum  artium 
promovirt  wurde:  worauf  er  aber  in  jenen  Acten  so  voll- 


Eobano  Hesso'  gehen  die  ganz  dflrftigen  bibliographischen  Notizen  zu- 
rflck,  die  in  'Menckenii  Dissertationes  academicae'  VI,  18  (p.  250  ed. 
Lips  1734)  stehen,  woraus  sie  lediglich  ins  Deutsche  flbersetzt  sind  in 
J.  A.  Weber'8  'Einleitung  in  die  Historie  der  lat.  Sprache'  (Chemnitz 
1736)  p.  424. 

3)  Aus  ihnen  hat  mir  namlich  mein  verehrter  Freund  Geh.  Hof- 
rath  Gersdorf  mit  bewilhrter  Gefalligkeit  die  uachBtehend  wSrtlich 
wiederholten  Mittheilungen  gemacht:  «W.  wurde  im  Winterseinester 
1500  1  'rectore  Nic.  Fabri  Grunbergcnse'  inscribirt  als  'Vittus  Wirle 
<le  Sultzfeldt  (nat.  Bavar.)',  zahlte  auch  die  volle  Gebuhr  ('dedit  6  gr., 
totam').  Jedenfalls  hatte  er  schon  eine  andere  Universitat  (wie  z.  13. 
Ingolatadt,  Erfurt,  COln  etc.)  besucht:  denn  er  wurde  bereits  zu  Fast- 
nacht  1501  f decano  Mart.  Mcendorn  de  Hirschberck  Siles.',  als  'Vitus 
Werle  de  Sultzfeldt'  zum  'Baccalaureus  bonarum  artium'  promovirt  mit 
der  Bemerkung  'determinavit  sub  Virgilio'  (d.  i.  Virg.  Wellendarfler 
Saliaburg.  nat.  Bavar.).  Erst  sechs  Jahre  nachher  zu  Faatnacht  1507 
warde  er  'decano  Petro  Schorman  Glogoviense'  als  'Vitus  Werler  Sultz- 
fcldenau*  bonarum  artium  magister  ('incepit  sub  Georgio  Meiningense' 
=»  Geo.  Dottanio  t.  t.  procancellario).  W.  ist  aber  rperacto  biennio' 
nicbt  rin  gremium  s.  concilium  facultatis  artium'  aufgenommen  wordeu 
die  philos.  Facultat  bestand  damals  aus  24  stimmfflbrenden  Mitgliedern, 
je  6  aus  jeder  Nation),  folglich  nie  'magister  actu  regens'  oder  mit  der 
Function  eines  'executor,  claviger,  examinator,  collegiatus,  procancella- 
rius,  decauus'  betraut,  noch  weuiger  'rector  universitatis'  gewesen. 
Seine  Wirksamkt-it  kann  nnr  darin  bestandeu  haben,  dasa  er  junge,  noch 
nieht  genugsam  vorbereitete  Studiosen  unterrichtete ,  wie  man  heutzu- 
tage  sagt  'einpaukte' ;  aber  kein  einziger  unter  den  mehrern  Himderten, 
«lie  von  1509  28  hier  promovirt  wurden,  'determinavit  s.  incepit  sub 
M.  Vito'.  Hoflentlich  ist  dies  nicht  aus  Mialiebigkeit  dor  'Seniores' 
gegcheben,  sondern  vermuthlich  weil  er  es  wegen  allzu  frflhzeitigen 
Todes  uicht  erlebte.*  —  Dass  mit  der  letztern  Vermuthung  doch  nicht 
das  Richtige  getroften  ist,  ergibt  sich  aua  deu  Ausfflhrungen  unserea 
Ttxtea.  Aber  so  viel  lassen  die  vorstehenden  Notizen  wohl  sicher  er- 
kennen,  dass  es  gar  keiu  genauer  Ausdruck  ist,  wenn  es  bei  Pareus 
heust:  fVito  Verlero  bonarum  artium  iu  Academia  Lipsiensi  profes- 
lOri*.  —  Wenn  flbrigens  in  den  actenmassigen  Angaben  die  Namens- 
formeu  Wirle ,  Werle,  Werler  wechseln,  so  tritt  als  vierte  hinzu,  dass 
ihn  Camerarius  in  der  Narratio  de  Eob.  Hesso  Vitus  Berlerm  echreibt. 

fB.  mSCHELII  «.PVHCVI.A  III.  0 


Digitized  by  Google 


82 


BIO  •  BIBLIOGRAPHI8CHE8 


standig  verschwindet,  dass  nian  wohl  sieht,  er  habe  wenig- 
stens  ausserlich  eine  hervortretende  Rolle  an  der  Universitat 
niemals  gespielt.  Mehr  in  der  Stille  kann  er  demohngeachtet 
eine  nicht  unverdienstliche  Wirksamkeit  geiibt  haben.  Und 
in  der  That,  nicht  nur  nennt  ihn  Camerarius  in  der  *Nar- 
ratio  de  H.  Eobano  Hesso'  (§11  des  Kreyssigschen  Abdrucks) 
unter  denen,  die  damals  in  Leipzig  Vruditionis  et  humani- 
tatis  principes'  gewesen  seien,  neben  Io.  Sturnus  und  Georgius 
A.ubanus,  sondern  bekennt  auch  sich  selbst  ausdrOcklich  als 
seinen  Schiiler,  theils  in  unserm  Briefe,  theils  in  der  Epistola 
nuncupatoria,  wo  er  bezeugt  ihn  'explicantem  comoedias  Plau- 
tinas'  gehort  zu  haben.  Das  war  also  zwischen  1513  und 
1518,  in  welchen  Jahren  Camerarius  in  Leipzig  studirte  ob- 
gleich  damals  noch  rpuer'  (bekanntlich  geboren  1500),  aber 
nach  damaliger  Sitte.  Glaubhaft  genug,  dass  sich  von  dieser 
ersten  Anregung  seine  spatere  so  energische  Plautusliebe  her- 
schreibt.  Sehr  wohl  passt  deim  auch  zu  diesen  Daten,  dass 
nach  Pareus'  bestimmter  Angabe  es  das  Jahr  1512  war,  in 
welchem  Werler  den  in  Kede  stehenden  Plautuscodex  von 
dem,  ihm  doch  vermuthlich  befreundeten,  Martinus  Polichius, 
dem  ersten  Rector  der  Universittit  Wittenberg,  zum  Geschenk 
erhielt.  Dass  er  den  hohen  Werth  dieses  Besitzes  erkannte, 
liisst  sich  allerdings  bezweifeln4);  dass  Camerarius  selbst  da- 
mals  noch  keine  Kenntniss  von  der  Existenz  einer  solcheit 
Handschrift  erhielt,  zeigt  sicli  spiiter  (vgl.  Anm.  7).  —  Naeh 
diesem  Zeitpunkte  scheint  es  aber  uusern  Werler  nicht  lange 
337  mchr  in  Leipzig  gelitten  zu  haben.  Wenigstens  finden  wir 
ihn  bereits  1521  inVenedig,  wie  dies  hervorgeht  aus  einem 

4)  Dass  ihm  wenigstens  Caracrarius  nicht  die  Fahigkeit  zutraute, 
otwas  Erkleckliches  rait  dem  Oodex  anfangen  zu  konnen,  zeigt  die  un- 
verhohlene  Aeusaening  seines  J3riefes  fquem  tibi  magno  usui  ease  non 
posse  scio'.  —  Ueberhaupt  wird  man  nicht  irren,  wenn  man  ihm  unter 
den  Leipziger  Lehrem  des  Camerarius  doch  nur  einen  secnnd&ren  Hang 
anweist,  im  Vergleioh  mit  Mannern  wie  Georg  Helt,  Richard  Crocus, 
Johannes  Metzler  und  Petrus  Mosellanus  (Schade):  wie  denu  diese  auch 
allein,  nicht  neben  ihnen  auch  Werler,  genannt  werden  in  des  Andreas 

Fr<»yhub  fOratio  in  funere  loachimi  Camerarii'  (Lipaiae  1574),  dea- 

gleichen  in  Joh.  Fr.  Fischer's  fOratio  de  Ioachimo  Camerario'  (Lipsiae 
1762)  p.  xii. 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERARIUS  PLAUTUSSTUDIEN. 


83 


in  diesem  Jahre  von  dort  an  Camerarius  geschriebenen,  mit 
Ter  tuum  Georgiuni  Sturciadem  Operc.,f')  unterzeichneten 
Briefe,  welcher  in  der  von  Camerarius  selbst  1568  heraus- 
gegebenen  Briefsammlung  ('Libellus  novus'  etc.)  stehtfi).  Denn 
daselbst  liest  man  gegen  Ende  des  Quaternio  1):  fNunc  id 
uiitim  rogo,  teque  libenter  facturum  esse  certo  scio:  Eoba- 
num  Hessum  meo  nomine  et  D.  Viti  Werleri,  qui  Venetiis 
me  allocutus  est,  saluta'.  Ob  dieser  Aufenthalt  in  Venedig 
ein  dauernder  war  oder  nur  ein  voriibergehender,  wird  nicht 
ersichtlich.  Sollte  es  aber  damals  auch  nur  ein  Reisebesuch 
von  Leipzig  aus  gewesen  sein,  was  keine  besondere  Wahr- 
sehcinlichkeit  hat,  so  ist  doch  sicher,  dass  W.  sehr  bald 
darauf  Leipzig  als  Wohnsitz  wirklich  ganz  aufgegeben  hatte, 
uud  zwar  noch  vor  1525.  Denn  in  diesem  Jahre,  wie  die 
Epist  nuncup.  von  1545  (fanni  iam  sunt  XX')  genau  angibt, 
war  es  ja,  dass  Camerarius,  nach  den  dazwischen  liegenden 
•Jahren  seines  Erfurter  und  Wittenberger  Aufenthaltes  wieder 
in  seine  frankische  Heimath  zuruckgekehrt ,  hier  aus  Wer- 
lers  daselbst  zuruckgelassener  Bibliothek  (Me  tua 
bibliotheca  relicta  iu  patria  mea')  den  Plautuscodex  zur  Be- 


i»)  d.  i.  Georg  Sturtz,  genannt  Opercus,  der  humanistisch  gebil- 
dete  und  gesinntc  Freund  von  Camerarius,  Melanchthon,  Eoban  Hessus 
Euriciug  Cordus  und  Genossen,  spliter,  nach  lilngerm  Aufenthalt  in  Ita-, 
hen,  Erfurter  Professor  der  Medicin.  [Zahlreiche  Briefe  an  ihn  von 
hobanus  Hegsu*,  zum  Theil  auch  au  diesen  von  ihm,  stehen  in  der  zu 
Marburg  1543  (in  fol.)  erschienenen  Sammlung  'Helii  Kobani  Hessi . . . 
et  amicorum  ipsius  Epistolarum  familiarium  libri  XII'.] 

6)  Um  leicht  mogliche  Verwechselnng  zu  verhiiten ,  sei  hier  be- 
ffierkt,  dass  es  ausser  den  zwei  erst  nach  Camerarius'  Tode  heraus- 
P^ommenen  Briefsammlnngen  vier  schou  bei  dessen  Lehzeiten  er- 
schienene,  von  ihm  selbst  zum  Druck  beforderte  gibt.  Die  erste  bildet 
den  Anbang  zu  der  'Narratio  de  H.  Eobano  Hesso',  Norimbergae  1553: 
ohne  die 'Narratio'  21%  unpaginirte  Quaternionen  in  kl.  8.  Mit  ttuck- 
"cht  uuf  gie  ward  die  folgende  betitelt  'Libellus  alter,  epistolas  com- 
plecteoi  Eobani  et  aliorum'  etc,  Lipsiue  1557:  10  unpaginirte  Quater- 
niooeu  in  kl.  8.  Weiter  folgte  'Tertius  libellus  epi&tolarum  H.  Eobani 
Hes»i  et  aliorum'  etc.,  Lipsiae  1661:  19  unpag.  Quat.  in  kl.  8.  Endlich 
▼iertens  der  oben  angezogeue  'Libellus  nouus,  epistolas  et  alia  quae. 
dam  monumentii  doetorum  ....  coniplectens'  etc,  Lipsiae  1568:  21 
■W  Qoat  in  kl.  8. 

C* 


Digitized  by  Google 


84 


1U0-BINLI0GRAPIHSCHE.S 


338  nutzung  erhielt7).  Dies  tritt  in  verstandlichen  Zusammen- 
hang  durch  die  sich  von  selbst  ergebende  Coinbination,  dass 
W.  Leipzig  und  die  ganze  dortige  Stellung  verlassen,  natUr- 
lich  seine  Bibliothek  mitgenommen,  sich  (mit  ihr)  zunachst 
in  seine  ebenfalls  frankische  tieimath  (vermuthlich  nach 
NGrnberg:  vgl.  Anm.  7)  begeben,  hier  jedoch  sich  damals 
nicht  dauernd  niedergelassen,  sondern  wiederum  anderwarts 
hin  gewendet  hatte,  aber  jetzt  unter  Zurucklassung  der  Biblio- 
thek.  Dass  es  Ttalien  war,  wohin  er  seine  Richtung  nahm, 
wird  durch  die  oben  beigebrachte  Briefnotiz  wahrscheinlich 
genug.  Wie  lange  er  —  sei  es  dort  blieb  oder  sich  etwa 
noch  anderweitig  herumtrieb,  daruber  fehlt  uns  (wenigstens 
mjr)  jede  niihere  Kunde.  Ein  gutes  Jahrzehnt  ist  jedenfalls 
hingegangon,  vielleicht  auch  anderthalb,  bis  wir  ihm  zuerst 
wieder  begegnen:  eben  in  dem  obeu  an  die  Spitze  gestellten 
Briefe  des  Camerarius. 

Wir  finden  ihn  hier  in  Deutschland,  und  zwar  irgendwo 
in  der  Niihe  des  Camerarius  ('vicinum  nobis'),  und  in  'pro- 
spera  fortuna',  iiber  welche  C,  wie  iiber  die  Nachbarschaft, 

7)  Dasa  die8  durch  die  Vermittelung  des  Michael  Rotingus  ge- 
schah,  gibt  die  Epist.  nuncup.  an,  indem  aie  diesen  als  rpropinquus' 
Werlers  bezeichnet.  Da  Roeting  ebenfalla  wie  Werler  (s.  Anm.  3)  aua 
Sultzfeld  in  Franken  war  nach  Jocbcr,  so  verstebt  man,  wie  gerade  ihm 
Werler  die  Anfsicht  iiber  seine  zuriickgclassene  Bibliothek  anvertrante. 
Da  wir  aber  ferner  Roeting  von  1526  au  als  Professor  am  Gymnasiuni 
Aegidianum  in  Ntirnberg  finden,  ao  wird  es  nicht  unwahrscheinlich, 
dass  ea  eben  Niirnberg  war,  wohin  sich  Werler  nach  Aufgebung  Leip- 
ziga  zuniichst  zunickzog  und  wo  er,  selbst  in  weitere  Fernen  schweifend, 
einstweilen  seine  Bibliothek  zuriicklieas.  -  Wenn  Camerarius  in  unserni 
Briefe  seinen  (rnuper  cum  civitatis  suae  et  amicorum  summo  dolore 
mortuus')  ^suavissimus  compater  Apellus'  als  denjenigen  nennt,  der 
ihm  zuerst  Kenntniss  gegeben  von  der  Existenz  des  Plautinischen  Codex 
iu  Werler's  Bibliothek,  so  liegt  die  Verrauthung  uahe,  dass  dies  wahrend 
des  Camerarius  Aufenthalt  in  Witteuberg  geschah,  da  es  ja  WTittenbergs 
erster  Rector  Polichius  war,  dem  Werler  den  koatbareu  Schatz  als  Ge- 
schenk  verdankte  und  von  dem  das  dort  Apellus  erfahren  baben  konnte. 
Denn  Wittenberg  als  des  rApe]lus'  Wohnsitz  geht  hervor  aua  einem 
vom  23.  Dec.  1626  datirten  Briefe  des  Breslauer  'SeDator  primarius' 
Johannes  Metzlerns  au  Melanchthon  in  dem  Anm.  6  erwahitten  'Tertiii!1 
libellus',  worin  e«  Quat.  /f,  2  heinwt  rsalu(a  Maitinum  Theologum  et 
Apellum  lurisconsultuni'. 


Digitized  by  Google 


7X  OAMERAKirS  1'LAl'TUSSTUDIEK. 


85 


seiiie  Freude  ausdrttckt.  Beides  macht  den  Eindruck,  als  sei 
es  noch  ein  ziemlich  neuer  Wechsel  der  Geschicke,  der  ftir 
Werler  eingetreten  war:  wenn  wir  uns  auch  hescheiden  miissen 
nicht  zu  errathen,  ob  die  'prospera  fortuna'  in  einer  er- 
wunschten  Anstellung  oder  glucklichen  Erbschaft  oder  reichen 
Heirath  oder  worin  sonst  bestand.  Erst  kiirzlich,  wie  mau 
glauben  mochte,  aus  der  Fremde  zuriickgekehrt,  faud  er  sich 
nunniehr  veranlasst  an  Camerarius  zu  schreiben  und  sich  von 
ihm  die  seit  1525  in  dessen  Hiinden  gebliebene  Handschrift 
zuriickzuerbitten.  Was  und  wie  ihm  dieser  antwortete,  liegt 
uus  in  seinem  Briefe  vor  Augen.  —  Wann  und  von  wo  also 
ward  dieser  Brief  geschrieben?  Erstens  nothwendig  nach 
1533,  weil  nur  bis  in  dieses  Jahr  Eoban  Hessus  mit  Came- 
rarius  zusammen  in  Niirnberg  lebte,  wo  sie  beide  gemein- 
sckaftlich  den  Plautus  tractirten.  Aber  auch  spilter  als  1535, 
in  welchem  Jahre  C.  Niirnberg  verliess,  wilhrend  er  doch 
sckreibt  fNorimbergae  cum  una  essemus',  wofiir  er  ja  sonst 
unfehlbar  fin  hac  urbe'  gesagt  hatte.  Folglich  ist  der  Brief 
entweder  zwischen  1535,  wo  C.  nach  Tiibiugen  iibersiedelte, 
und  1541,  wo  er  es  mit  Leipzig  vertauschte,  oder  aber  nach 
1541  von  Leipzig  aus  geschrieben.  Die  Wahl  kann  nicht 
zweifelhaft  sein,  wenn  man  dio  Art,  wie  C.  von  seinen  Plau- 
tinischen  Studien  spricht,  aufmerksam  ins  Auge  fasst.  Zwar 
schon  seit  1525  bekennt  er  von  dem  Wunsche  beseelt  ge- 
wesen  zu  sein,  den  trefflichen  Autor  einmal  in  gereinigter 
Gestalt  lesbar  und  nutzbar  zu  machen;  aber  in  welcher  Ferne 
ihra  die  Verwirklichung  dieses  Gedankens  noch  vorschwebte, 
zeigt  doch  schon  das  ffortasse',  mit  dera  er  von  der  Mog-  330 
lichkeit  einer  kiinftigen  Ausgabe  spricht.  Nun  aber  liess  er 
ja  nicht  nur  schon  im  J.  1545  fiinf  von  ihm  bearbeitete 
Stucke  (s.  Opusc.  II  p.  97  N.  29)  mit  seinem  Namen  er- 
scheinen,  sondern  ohne  seinen  Namen,  wenn  auch  allem 
Anschein  nach  mit  seiner  Bewilligung.  waren  deren  drei 
andere  nach  seiner  Recension  sogar  schon  zelm  Jahre  friiher 
in  der  Hervagiana  vou  1535  ans  Licht  getreten  (ebenda  p. 
95  f.  N.  27),  ohne  sein  Wissen  und  Willen  aber  das  Jahr 
darauf  noch  drei  weitere  in  dem  Magdeburger  Druck  des 
(ieorgius  Maior  von  1536  (ebend.  p.  97  f.  N.  31).  Diesen 


Digitized  by  Google 


8G  BIO-BIBLIOGRAPHISCHE8 

Thatsachen  gegeniiber  hatte  sich  Camerarius  nach  1541  iiber 
seine  Plautusabsichten  unmoglich  so  unbestimmt  ausdriicken 
konnen,  wie  er  in  dem  Briefe  an  Werler  thut.  Und  daruui 
ist  dieser  Brief  nicht  nur  gewiss  nicht  erst  von  Leipzig  aus 
geschrieben,  sondern  wir  werden  auch  der  Wahrheit  um  so 
niiher  kommen,  je  naher  wir  ihn  an  den  Anfang  des  Tiibinger 
Aufenthalts  riicken,  also  bald  nach  1535  selbst  ansetzen. 
Nicht  lange  vorher  war  es  demnach,  dass  Vitus  Werler,  ein 
ziemlich  imruhiger  Geist  wie  es  scheint,  in  der  Nahe  von 
Tiibingen,  also  irgendwo  in  Siiddeutschland ,  wioder  Ruhe 
und  ein  festes  Domicil  gefunden  hatte. 

Soweit  hatten  die  vorstehenden  Combinationen  und  Wahr- 
scheinlichkeitssehlusse  gefiihrt,  als  ich  erst  des  in  Anm.  6 
niiher  bezeichneten  'Libellus  alter'  etc.  von  1557  habhaft 
wurde  und  darin  uberraschender  Weise  der  authentischen 
Bestiitigung  des  Hauptpunktes  begegnete.  Daselbst  findet 
sich  namlich  Quai  Ey  8  der  ganze,  spater  in  der  Sammlung 
von  1595  nur  wiederholte  Brief,  wie  er  oben  mitgetheilt 
wurde,  bereits  zum  erstenraal  gedruckt,  im  Uebrigen  wortlicb 
tibereinstimmend  und  nur  in.  Ueberschrift  und  Unterschrift 
etwas  vollstandiger:  dort  Tlariss.  Viro  virtute  et  sa- 
pientia  praestanti,  D.  Vito  Werlero  Franco.  S.  D.',  am  Schluss 
aber  fVale.  Tubingae.  loach.  Camerar.  T.'  Und  wiederum 
stimmt  vortretflich  dazu,  dass  in  einem  unmittelbar  vorher- 
gehenden,  fTubingae  Idib.  Sextilis.  a.  1536'  datirten  Briefe 
au  Eob.  Hessus  (wiederholt  in  den  Epist.  famil.  libri  VI  vou 
1583,  p.  393)  Camerarius  schreibt  fvel  tu  cogita  quae  nuper 
sint  impactae  secures,  nunciata  morte  Christophori  Coleri  et 
paulo  post  Apelli'  etc:  vgl.  Anm.  7. 

Geantwortet  muss  wohl  Werler  zustimmend  haben,  da 
Camerarius  in  der  Epist.  nuncup.  sagt  cet  ipse  dominus  libri 
postea  ut  uterer  benigne  perniisit\  Spiiter  mag  dieser  danu 
die  Handschrift  wohl  durch  Kauf  oder  Tauschs)  als  volles 


8)  Auf  Tau8ch  ficheineu  die  Schlussworte  des  Briofes  zu  deutcn: 
fpro  illo  tuo  unico  mediocri  (!)  libro  me  cbhc  curaturum  ut  complurea 
optimi*  (man  orwartet  fad  te';  aber  nein,  er  fUhrt  fort)  fad  stu- 
diosos  bonarum  litterarum  atque  artium  perveniant',  schliesBt  abcr  mit 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERAKirs'  PLATJTUS8TUDIEN. 


87 


£igenthum  erworben  haben,  weil  sie  ja  doch  aus  den  Handen  :uo 
seiner  Erben  in  den  Besitz  der  churpfalzischen  Bibliothek 
uberging  und  in  dieser  bis  zu  dem  schmachvollen,  noch 
immer  ungesiihnten  Kaube  Tillys   und  des  mitschuldigen 
Papstes  verblieb. 

So  viel  von  Veit  Werler  und  seinem  fCodex  vetus',  unsenu 
B:  oder  vielmehr  so  wenig.  —  Dieses  Wenige  wird  man  sich 
aber  wohl  hOten  etwa  durch  noch  einige  andere  Erwiihnungen 
der  oben  benutzten  Briefsammlungen  vermehren  zu  wollen, 
welche  zwar  alle  einen  Vitus  betreffen,  der  aber  unser  Vitus 
Werler  unmoglich  sein  kann.  So,  wenn  in  dem  'Tertius 
libellus*  Quat.  J}  8  der  Strassburger  Professor  Jacobus  Be- 
drotus  an  Camerarius  schreibt:  fKogo  te  mi  suauiss.  Ioach. 
tuas  (vielmehr  wohl  'meas')  inclusas  ad  Vitum  Noriber- 
gensem  mittere  uelis,  quamprimum  id  tu  commode  potes 
facere,  quo  is  Vuitebergam  illinc  perferendas  curet  ad  Mili- 
chiura  nostrutn',  und  weiterhin  noch  einmal:  eTu  quaeso  meas 
eura,  ut  ad  Vitum  perferantur\  Denn  da  dieser  Brief  schliesst: 
Tide  igitur,  ut  optimo,  id  est  Tubingensi  uino  nos  recrees', 
also  nach  Tiibingen  geschrieben  ist,  so  konnte  man  auf  den 
ersten  Blick  wohl  meinen,  Niirnberg  sei  es  gewesen,  wo  sich 
Werler  nach  seiner  Riickkehr  ins  Vaterland  niedergelassen 
habe:  wenn  nicht  doch  die  Entfernung  Niirnbergs  von  Tii- 
bingen  viel  zu  gross  scheinen  miisste,  als  dass  ihn  Camera- 
rius  dort  als  'vicinum'  begriissen  und  auf  solche  Nachbar- 


'nt  tu  cum  luculento  foenore  commodatum  tuum  recepturus  esse  vi 
deare'.  Das  sieht  ganz  so  aus,  als  wenn  Camcrarius  Werler's  Person 
und  etwa  eine  unter  ihm  gtehende  Anstalt  als  solidarisch  betrachte  und 
ruckeichtlich  der  in  Aussicht  gcstellten  Gcgenleistung  identificire.  Auf 
dif  eine,  von  C.  beabsichtigt*»  Plautusausgabe ,  und  ihren  Wcrth  fiir 
die  gflrhrte  Welt  uberhaupt,  kOnnen  doch  di»*  'coinplures  optimi  libri' 
unmoglich  gehen.  —  An  Kauf  mussten  wir  denkeu ,  wenn  Pareus  in 
seinen  Worten  'e  cuius  [Verleri]  locularaentis  librariis  depromptum 
htinc  codicem  Micaelus  Rotingius  mancupio  illum  (?)  dederat  .  .  .  Ca- 
merario'  das  'mancupio'  im  wahren  Sinne  alter  Latinitat  gebraucht 
niitte;  da  aber  Roeting  den  Codex  an  C.  nur  lieh  und  nur  leihen  konnte 
(l.  Anni.  7),  bo  muss  sich  Pareus  eingebildet  haben,  dies  lasse  sich 
durch  fmancupio  dare'  lateinisch  ausdriicken. 


Digitized  by  Google 


88  BIO  -  BEBLIOORAPH1BCHE8 

schaft  die  Hoffnung  eines  baldigen  personlichen  Wiedersehens 
griinden  konnte.  —  Aehnlich  verhalt  es  sich  mit  einem  Briefe 
des  Camerarius  selbst  an  Henricus  Urbanus  (d.  i.  Euricius 
Cordus),  der  in  derselben  Sammlung  Quat.  T,  2  steht  und 
diesen  Anfang  hat:  'Literas  ad  Vitum  nostrum  scriptas  a 
te  nescio  quis  attulit,  eas  pro  beneuolentia  nostra,  qua  ipsum 
complector,  resignaui  ac  legi,  statimque  nactus  tabellarium, 
curaui  ad  ipsum  perferendas.  Abest  enim  iam  menses  totos 
tres,  quod  apparet  te  ignorare,  profectus  me  quoque  hortante 
in  Francos,  ad  gerendum  munus  scholasticum.  Nam  cum 
eum  meeum  libentcr  haberem,  quod  homo  adolescens  diligen- 
tiss.  operam  discendis  literis  bonis  tribuerit,  uiderem  autem 
non  sine  detrimento  apud  me  illum  tamdiu  delitescere,  ipsius 
utilitati  non  meis  rationib.  consulendum  duxi,  et  ad  munus 
illud,  quod  dixi,  obeundum  eum  dimisi,  ita  tamen,  ut  ei  po- 
testatem  fecerim,  si  minus  conditio  bona  ferretur,  ad  nos 
quandocunque  uellet,  reuertendi.  Quam  ob  rem  et  tuas  literas 
libentius  et  citius  ad  eum  peruenire  studui,  ut  si  in  Francis 
maneret  inuitus,  gemina  ei  uia  pateret  decedendi.  Haec  ut 
341  scires,  quid  de  tuis  literis  factum  esset,  putaui  tibi  a  nobis 
scribi  oportere'.  Man  konnte  es  sich  ja  allenfalls  einiger- 
massen  zurechtlegen,  dass  im  J.  1535  (dem  Todesjahre  des 
Euricius)  Werler,  nach  Deutschland  zuriickkehrend,  zuerst  bei 
Camerarius  in  Tubingen  Zuflucht  und  Aufnahme  gefunden 
htitte  und  dann  von  ihm  in  eine  frankische  Schulstelle  diri- 
girt  worden  ware.  Aber  was  solche  Moglichkeit  sogleich 
vollig  abschneidet,  ist  ja  schon  der  Ausdruck  fhomo  adole- 
scens',  mit  dem  C.  den  so  viel  altern  Lehrer  in  keiner  Weise 
bezeichnen  konnte:  abgesehen  davon,  dass  er  mit  diesem 
offenbar  auch  gar  nicht  in  einem  so  fast  ziirtlichen  Verhalt- 
niss  stand,  wie  es  dieser  Brief  ausdrUckt,  —  Ich  habe  diese 
Stellen  auch  nur  darum  hier  in  extenso  wiederholt,  um  jeman- 
dem,  der  in  diesen  Gelchrtengeschichten  besser  bewandert  ist 
als  ich,  Anhaltpunkte  zu  geben  zu  der  Ermittelung,  wer  denn 
eigentlich  der  hier  gemeinte  fVritus'  war.  Und  zu  diesem 
Zwecke  seien  denn  auch  noch  aus  einem  von  Micyllus  aus 
Heidelberg  an  Camerarius  in  Niimberg  geschriebeuen  Briefe, 
der  sich  in  dem  'Libellus  novus'  Quat.  M,  6  Hndet,  die  wenig 


Digitized  by  Google 


7X  CAMKKARIUS'  1'LAUTUSSTU DIKN. 


«igniticanten  Worte  mitgetheilt:  fDe  reliquo  negotio,  puto  D. 
Vitnm  iam  olim  tibi  rescripsisse'.. 


Noch  interessanter,  als  das  den  fVetus'  betreffende,  ist 
die  zweite  Hauptnot-iz,  die  der  Brief  des  Camerarius  in  Be- 
ziehung  auf  den  Plautus  enthalt,  wenn  auch  noch  weniger 
sicher  aufzukliiren.  Er  spricht  am  Schluss  von  der  Aussicht 
die  sich  ihm  eroffnet  habe,  noch  eine  zweite  Plautushand- 
schrift  zu  erhalten,  mit  deren  Beihiilfe  er  sich  wohl  ent- 
schliessen  konne  den  Dichter  in  neuer  Bearbeitung  erscheinen 
zu  lassen.  Naturlich  meint  er  eine  alte;  denn  um  neue, 
erst  aus  dem  loten  Jhdt  stammende,  dergleichen  ja  dutzend- 
weise  vorhanden  waren,  war  er  verstiindig  genug  sich  gar 
nicht  zu  bekiimmem.  Nun  hat  er  ja  aber,  wie  wir  alle 
wissen,  spater  neben  dem  fVetus'  noch  eine  zweite  alte  Hand- 
pcbrift  nicht  nur  fiir  seine  Textesrecension  wirklich  benutzt, 
sondern  auch  selbst  besessen:  den  von  Pareus  so  getauften 
'Oecurtatus'!r);  und  von  der,  sei  es  gewussten  oder  auch 
nur  vermutheten  Existenz  einer  dritten  ist  bei  ihm  oder  bei 
Taubmann,  Pareus,  Gruter  nirgends  die  geringste  Spur  vor- 
handen10).  Wer  mochte  es  also  nicht  als  wahrscheinlich  an- 
sehen,  dass  die  von  Camerarius  fruher  erhotfte,  spiiter  wirklich 
zum  Besitz  erlangte  Handschrift  eine  und  dieselbe  sei?  — 
Aber  was  uns  in  gleichem  Grade  stutzig  machen  muss,  ist 
doch,  dass  er  sie  fe  Britannia'  erwartet!  Wie  soll  der 
rDecu^tatus,  nach  England  gekommen  sein?  Denn  etwa  gar 
die  franzosische  Bretagne  hiitte  Camerarius  doch  gewiss  nicht  342 
mit  dem  simpeln  fBritannia'  bezeichnet.  Und  durch  wen, 
auf  welchem  Wege  sollte  er  sie  aus  England  erhalten  haben? 
Moglich,  dass  er  durch  irgend  ein  falsches  GerOcht,  welches 
sich  nicht  bestatigte,  getauscht  wurde,  und  es  ein  von  diesem 
Geriicht  ganz  unabhangiger  GHicksfall  war,  durch  den  er 


9)  Hcutzutage  wiirden  wir  ganz  einfach  eine  'Folio-'  und  eine 
'Qaarthandschrift'  unterscheidf n. 

10)  Denn  die  schon  1429  in  Deutschland  entdeckte,  nach  Kom  ge- 
brachte  und  dor  dortigen  Vaticana  rinverleibte  (D)  war  in  jonen  Zeiten 
keinem  Menuchen  in  Deutschland  bekannt. 


Digitized  by  Google 


00 


mO-HIHLIOGRAPHISCHF.S 


spater  im  deutschen  Vaterlande  selbst  doch  in  den  Besitz 
einer  zweiteu  Handschrift  (unseres  ^Decurtatus')  gelangte. 
Aber  anderseits:  oube'v  ecr'  cittujuotov.  Dass  der  'Decurtatus' 
ursprunglich  der  Freisinger  Stiftsbibliothek  angehorte,  con- 
statirte  ich  erst  ktirzlich  wieder  oben  p.  192  [54],  wo  zu- 
gleich  daran  erinnert  ward,  dass  nach  Docen  s  Andeutungen 
viele  der  Freisinger  Handschriften  iui  14ten  und  15ten  Jahr- 
hundert  liederlich  zerstreut  und  verschleppt  wurden.  .Tene 
Andeutungen  sind  viel  zu  kurz  und  allgemein,  um  einen 
nahern,  einigermassen  verlasslichen  Anhalt  ftir  den  uns  vor- 
liegenden  Fall  zu  gewiihren;  aber  ftir  unmoglich  kann  es 
doch  bei  solcher  Sachlage  nicht  erkliirt  werden,  dass  ein 
Sttick  der  Freisinger  Schiitze  auf  irgend  einem  Wege  nach 
England  verschlagen  wurde  und  von  da,  freilich  wiederum 
durch  irgend  eine  nicht  im  gewohnlichen  Laufe  der  Dinge 
liegende  Verkettung  von  Unistanden,  nach  Deutschland  zuriick- 
gelangte.  —  Wer  dartiber  mehr  Licht  zu  geben  vermag,  wird 
sehr  willkommen  sein. 

4.*) 

(  Veit  Werler.) 

i6i  Das  trostliche  2?iTtiT€  xa\  eupr|C€T€  hat  sich  wieder  ein- 
mal  bewahrt:  genauer  noch  im  vorliegenden  Falle  ^pujTctTe 
Kai  6ibax6r|cec8€.  Und  zwar  ist  der  tiberaus  freundliche  Be- 
lehrer  Herr  Studienrector  H.  W.  Heerwagen  in  Ntirnberg, 
dem  daftir  der  beste  Dank  gosagt  sei.  Seine  Vertrautheit 
mit  der  Specialgeschichte  des  Reformations-  und  Huraanisteu- 
zeitalters  vermochte  die  ctTropiai,  welche  oben  p.  333 — 342 
[78  ff.]  unerledigt  bleiben  mussten,  in  wesentlichen  Partien 
einer  befriedigenden  Losung  zuzuftihren,  und  zwar  vornehm- 
lich  durch  die  Nachweisung  zweier  vorher  nicht  benutzten 
Quellen  von  allerdings  ungleichem  Wertlie:  1)  Ge.  Andr. 
WilTs  ('Kais.  Hof-  und  Pfalzgrafeu')  Ntiruberger  Gelehrten- 
Lexicon,  Ntirnberg  u.  Altdorf  1755— 5«.  4  Bde  4;  2)  Ioh. 
Heumanni  Docuiueuta  literaria  varii  argumenti,  Altortii  1758. 

*)  [Hhein.  Muscum  f.  Phil.  XXVIII  (1873)  p.  151-170.J 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERARIlTg'  PLAUTITSSTITDIEN. 


91 


8.  Wenn  uns  die  in  ihnen  enthaltenen  Notizen  in  erwiinschter 
Weise  iiber  die  Lehensschicksale  des  Vitus  Werlerus  auf- 
klaren,  so  ist  zwar  damit,  wie  schon  frtther  nicht  verhehlt 
ward,  fttr  die  Plautusstudien  selbst  nichts  Weseutliches  ge- 
wonnen:  desto  mehr  haben  sich  aber  seine  Manen  bei  die- 
sen  dafur  zu  bedanken,  dass  sie  der  Anlass  geworden,  das 
sehier  verschollene  Gediichtniss  eines  dunkeln  Ehrenmannes 
—  deun  das  war  er  ersichtlich  —  wieder  aufzufrischen. 
Schon  der  genannte  Heumann  (in  der  den  Documenta  vor- 
ausgehenden  Commentatio  isagogica  p.  106)  sagt  von  ihm: 
Me  Vito  Berlero  siue  Verlero,  uiro  egregie  docto,  immerito 
tacent  biographi  literarii\  —  Jedenfalls  ist  man  es  sich  und 
Andern  schuldig,  einmal  Angefangenes  nach  besteui  Verniogen 
auch  zu  Ende  zu  ftthren:  wenngleich  ich  zugeben  muss,  dass, 
an  sich  betrachtet,  die  nachstehenden  Erorterungen  ihrem 
grossern  Theile  nach  sich  fast  eher  fttr  eine  specialhistorische 
oder  litterargeschichtliche,  als  fttr  eine  specifisch  philologische 
Zeitschrift  eigneten.  Aber  oft  genug  sieht  man  ja  eben  gar  152 
nicht  voraus,  wohin  ein  einmal  eingeschlagener  Weg  schliess- 
lich  fuhren  wird. 

Wir  wussten  von  Werler,  dass  er,  aus  Sulzfeld  in 
Franken  gebttrtig,  gerade  im  Anfang  des  Jahrhunderts  in 
Leipzig  immatriculirt,  1501  daselbst  zum  Baccalaureus,  1507 
zum  Magister  bonarum  artium  promovirt  ward;  dass  er  1512 
von  Martin  Pollich,  dem  ersten  Rector  der  Universitat  Wit- 
tenberg,  den  'Vetus  codex'  des  Plautus  zum  Geschenk  erhielt; 
dass  Camerarius,  als  er  von  1513  bis  1518  in  Leipzig  stu- 
dirte,  ihn  daselbst  den  Plautus  interpretiren  horte;  wir  fanden 
ihn  1521  in  Venedig,  endlich  um  1535/36  in  des  Camerarius 
Nachbarschaft,  irgendwo  in  der  Umgegend  von  Tubingen, 
sesshaft  geworden:  —  das  war  alles.  Die  Lucken  zwischen 
diesen  Stationen  werden  uns  nun,  wenn  nicht  vollstandig, 
80  doch  in  den  Hauptpunkten  ausgefullt  durch  Will  und 
Heumanu,  deren  Angaben  zunachst  mit  ihren  eigenen  Worten 
vorzuftthren  sind. 

Bei  Will  heisst  es  in  dem  Artikel  ttber  clioting  oder 
eigentlich  Roting,  auch  Rotinger  (Michael)'  in  Bd.  3  p.  410 
also:  —  rein  gelehrter  Philologe,  ist  im  Jahre  1494  zu  Sulz- 


Digitized  by  Google 


02 


WO-  1UULIOORAP11ISCHKS 


feld  in  Franken  gebohren  worden,  als  woselbst  sein  Vatter 
ein  Winzer  war.  . .  .  Um  1515  begab  er  sich  zu  seiner  Mutter 
Bruder,  Veit  Worler1),  der  der  Kechten  Doctor  und  der 
Grafen  von  Hohenstein  Hofnieister  war,  nach  Ingolstadt,  und 
sodann  mit  demselben  weiter  zur  Beforderung  seiner  Studien 
nach  Leipzig*.  —  Dass  indess  hier  Richtiges  und  Unrichtiges 
mit  grosser  Ungenauigkeit  durch  einander  gemischt  ist,  wird 
sich  weiterhin  zeigen. 

Weit  wichtiger  und  zuverlassiger  sind  uns  Heumanns 
Documenta  dadurch,  dass  sie  p.  287  —  298  zwei  eigenhiindige 
'Epistolac  Viti  Berleri'  an  Wilibald  Pirckhcimer  *)  mit- 
theilen,  die  uns  den  Mann  uuter  mehrfachem  Gesichtspunkte 
im  besten  Lichte  erscheinen  lassen.  Wir  finden  ihn  hier  iui 
Verhiiltniss  warmer  Verehruug  und  freundschaftlichen  Ver- 
i5s  trauens  zu  Wilibald  Pirckheiraer  3);  der  doch,  wie  wir 
z.  B.  aus  Eoban  Hesses  Beispiel  wissen,  sich  sehr  sprode 
und  vornehm  ablehnend  verhalten  konnte;  voll  lebendiger 
Theilnahme  an  den  die  damalige  Zeit  erfilllenden  liumanisti- 
schen  Interessen  und  Bestrebungen,  fnicht  ohne  sympathisehes 
Verstandniss  fiir  das  reformatorische  Werk  Luthers  3ft)];  voll 


1)  Das  ist  also  die  funfte  Namensform,  untcr  welcher  der  Manti 
erscheint:  s.  o.  p.  336  [81]  Anm.  3.  Er  6elbst  schreibt  sich  in  den  Brie- 
fen  an  Pirckheimer  einmal  Verlerus,  das  andere  Mal  Berlerui:  s.  u. 
Anm.  5  und  9. 

2)  r  Wahrscheinlich  in  der  Niimberger  StadtVnbliothek  nnter  Pirck- 
heimer'8  schriftlichem  Nachlass  noch  im  Original  vorhanden'  nach 
Heerwagens  Aeusserung.  In  die  durch  Melch.  Goldast  besorgte  Gc- 
sammtausgabe  von  f  Pirckheimeri  Opera*  (Francofurti  1610.  foL)  sind 
sie  nicht  mit  aufgenommen,  obwohl  darin  viele  andere  Briefe  nicht 
nur  von,  sondern  auch  an  Pirckheimer  stehen.  [Erklart  sich  nach 
Heerwagen^s  nachtraglicher  Mittheilung  daraus,  dass  sie,  mit  vieleu 
andern  Pirckheimer'schen  Papieren  in  einer  Nische  des  Imhofscheu 
Hauses  eingemauert,  erst  um  1757  bci  Gelegenheit  cines  Umbaues 
entdeckt  wurden.  Darauf  bezioht  sich  auch  eine  AeusBerung  iu  Heu- 
mann's  Dedication  vor  deu  Documenta  literaria.] 

3)  Dieses  Vertrauensverhaltnise  wird  auch  bezeugt  durch  den  Eni- 
pfehlungsbrief  Werler's  fiir  Tranquillus  Parthenius,  von  dem  s.  u. 
p.  163  [107  £]. 

3*)  [Weuigstens  bis  zum  J.  1522.  Denu  in  diesem  Jahre  ist  es, 
dass  er  flich  in  dem  BOgleich  auezugsweise  mitzutheilenden  Wiesen- 


♦ 

Digitized  by  Google 


ZU  CAMERARIIS'  PLAUTUSSTUDIEN. 


93 


Trauer  Uber  den  Hingang  Reuchlins  und  den  vermeintlichen 
Tod  des  fihm  von  der  Leipziger  Studiengemeinschaft  her  be- 
freundeten]  Ulrich  von  Hutteu4);  vom  melancholischsten 
Schmerz  ergriffen  iiber  die  Zerrissenheit  des  kampfdurch- 
wflhlten  deutschen  Vaterlandes  und  die  truben  Aussichten 
auf  endliche  Besiegung  der  'barbaries':  und  allen  diesen 
Empfindungen  und  Gesinnungen  gibt  er,  [eine  ersichtlich 
milde  und  weiche  Natur  von  iiberwiegend  friedfertiger  Ge- 
muthsart,]  beredten  Ausdruck  als  lateinischer  Stilist  von  einer 
selbst  fur  jene  Zeiten  und  Kreise  nicht  gewohnlichen  Ge- 
wandtheit  und  Frische.  —  Der  erste  jener  Briefe6)  nun  ist 
datirt  fTicini  XVI  Septembr.  anno  XVIIir,  enthiilt  indess 
fiir  unsern  Zweck  nur  folgende  Aeusserungen  p.  287  f.: 
'Peregrinatus  sum  iis  (soll  sein  his)  iam  aestiuis  studiorum 
uacationibus  paulo  liberius,  mores  hominum  et  urbes  propius 
inspecturus  grammaticos  plerosque  salutaui,  audiui  non  parum 


steiger  Briefe  p.  297  also  ausspricht:  fDe  negotio  Lutheri  uix  ausim 
scribere,  quae  sentio;  ita  nunc  uides  a  plerisque  ad  calnmniam  trahi 
ea,  quae  Hiueerissimo  etiam  animo  sunt  aut  scripta  aut  dicta,  inter- 
pretanturqne  iu  eam,  quam  ipBi  uelint,  partem,  cum  quo  tamen  homi- 
num  genere  non  pugno,  sint  per  me  unicuique  libera,  modo  recta, 
iudicia.  Perlegi  nuper  illius  libellum  in  HenricumVIII,  Angliae  regem, 
editum.  Si  cui  iste  scribendi  modus  placet,  placeat;  nihil  improbo 
aliorum  eententias,  mihi  certe  tam  acerba  insectatio  cum  in  omnibus 
boneatifi  studiis,  tum  praecipue  in  sacris  probari  neque  potest,  neqne 
debet.  Faueo  Luthero  plurimum,  Euangelica  lux  adeo  mihi  cordi  est, 
ut  mihi  nullo  tempore  unquam  aliquid  fuerit  in  uotis  magis,  quam  ut 
negotium  hoc,  qualitercunque  sit  coeptum,  in  Iesu  Christi  ac  euange- 
licae  ueritatis  gloriam  cedat.'] 

4)  Ueber  das  Verhaltniss  zu  Hutten  s.  Naheres  weiter  unten.  — 
Wenn  in  dera  eben  genannten  Wieeensteiger  Briefe  vom  October  1522 
p.  293  des  'Geruchtes'  von  Hutten'»  Tode  Erwahnung  geschieht,  so 
war  das  eben  eiu  falsches,  da  Hutten  bekanntlich  erst  im  August  1523 
starb.  Anch  in  Betreff  ReuchhVs  ist  es  nicht  genau,  wenn  es  von  ihm 
heiast  fhoc  proximo  iam  mense  uitam  cum  morte  feliciter  cuimnutauit 
da  Reuchlin's  Tod  schon  in  den  Juni  fiel.  Dass  und  warum  Werler 
gar  nicht  in  der  Lage  war,  uber  dergleichen  Ereignisse  aus  der  Fremde 
exacte  Kunde  zu  erhalten,  wird  unten  p.  1G7  [113]  ersichtlich. 

5)  Dieser  Brief  iat  es,  in  dem  er  sich  selbst  ftuus  Verlerus*  schreibt, 
wahreud  der  folgende  von  ihm  unterzeichnet  ist  '  Vitus  Berlerus  ex 
animo  ac  toto  pectore  tuus'.    Vgl.  Anm.  1. 


Digitized  by  VjOOQle 


94  BIO-BIBLIOGRAPHISCHES 

multos.  Sed  quid  tuui?  en  (quod  pace  aliorum  dixerim) 
solus  Baptista  Egnatius  in  Venetorum  florentissima  urbe  in- 
uentus  est,  qui  graeci  latinique  sermonis  mira  facundia  reli- 
quis  omnibus  praestabat'.  Wir  kommen  unten  darauf  zu- 
ruck.  —  Wohl  viermal  unifangreicher  ist  der  zweite  Brief, 
der  das  Datum  triigt  cEx  Wiesensteiga  VIII  die  Octobr.  a. 
1522',  und  p.  291  S.  so  charakteristische  Data  ttber  Werlers 
Leben  enthiilt,  dass  ich  es  mir  nicht  erlassen  darf,  dieselben 
hier  wortlich  wiederzugeben,  indem  ich  zugleich  bequemer 
Uebersicht  halber  die  belangreichern  Stellen  gesperrt  drucken 
lasse,  was  sie  naturlich  im  Original  nicht  sind. 

«  Ego,  si  scire  cupis,  alterum  ferme  mensem 

uenationi  ita  strenue  fui  deditus,  ita  in  opere  alioqui  uon 
154  iniucnndo  detritus,  ut  quum  singulas  res  diligentius  conteni- 
plor  manumque  operi  nonnumquam  adhibeo,  factum  est  (so) 
ut  uenator  sim  iam  prope  modum  bonus  et  eques  non 
omnino  pessimus.  Rides  tu  fortasse,  dum  ea  legis,  at  rideres, 
sat  scio,  multo  etiam  magis,  si  me  equo  impigre  terram 
pedibus  concutienti  insidentem,  ceruumque  pleno  cursu  per 
inuia  quaeque  insequentem  uideres.  Quo  animi  aestu  reue- 
rendissimi  Bambergensis  ecclesiae  olim  praesulis 
mortem  pertulerim,  tute  me  etiam  tacente  consequi  potes. 
Eram  tuncViennae,  nulli  minus,  quain  huic  rei  intentus, 
ecce!  nuncius  adest,  illius  mortem  et  eam  quidem  ex  inci- 
sione  nobis  signilicauit.  Quo  alii  animo  fuerint,  nihil  mo- 
ueor  ego,  sit  per  me  suum  cuique  pulchrum;  me  certe  tanto 
dolore  afFecit,  ut  consolationem  fere  nullam  essem  aliquaui 
diu  admissurus.  Et  quid  ni  dolerem,  Bilibalde  mi?  onera- 
uerat  ille  me  quondam  immodicis  promissis,  ut  Carolo, 
illius  ex  sororc  nepoti,  quocunque  proficisceretur 
.  studiorum  gratia  uel  comitem  uel  ducem  potius  me 
ipsum  exhiberem.  Et  Carolus  calcaria,  ut  id  agerem,  in- 
cessanter  admouebai  Reuocabar  ex  Lipsensi  Acadeinia, 
parebam  non  sine  maximo  mco  incommodo,  interim 
uero  non  aliter,  quam  Aeneas  alter  Virgilianus  terra  iacta- 
tus  et  alto.  Quid  aliud  supererat,  quam  ut  tantorum  labo- 
rum  fructum  et  eum  quidem  mihi  promissum  demeterem  ali- 


Digitized  by  Google 


ZlT  CAMERARIUS'  PLAUTUSSTUDIEN. 


95 


quando?  tam  amplae  spes  mihi  perbelle  placebant,  satrapam 
me  esse  putabam  aliquem  et  aurei  montes  animo  concepti 
iam  me  propemodum  ferocem  reddiderant.  Sed  (o  fallaces 
hominum  spes!)  eam  cristam  mihi  depressit  unius  capitis 
iactura  et  est  haec  fortunae  non  mediocris  inuidia.  Quid 
de  Carolo  mihi  sperandum  sit,  ne  te  multis  morer,  audi, 
per  Musas  et  gratias  te  oro.  Erant  sacerdotia  illi  mi- 
nuscula  duo,  egi  cum  eo  per  literas,  quantum  id  fieri 
potuit,  diligentius,  fecerunt  hoc,  me  etiam  nesciente,  amiculi 
cumplures,  ut  aetati  meae  paulatim  iam  ingrauescenti 
consuleret,  post  tot  exantlatos  labores,  post  tam  diligentem 
sibi  plerisque  annis  nauatam  operam  par  esse,  ut  iam 
missio  mihi  concedatur,  quo  liceret  per  otium  posthac 
studiis  frui.  Respondit  illico:  se  habere  iam,  quibus  sit 
eo  beneficiorum  genere  gratificaturus.  0  gratum  discipuli 
pectus!  o  dubiam,  imo~nullam  potius  inter  mortales  fidem! 
ita  adsunt  isthic  uultures,  qui  multis  etiam  ante  mensibus 
«adauer  aliquod  futurum  praesentiant.  Vtinam  hoc  alieno 
ac  non  mei  ipsius  exemplo  diligentius  praeuidissem.» 

Zu  diesem  Briefe  gibt  Heumaims  H!ommentatio  isago- 
gica'  p.  107  nachstehende  Erlauterung:  'Episcopus  Bamberg. 
cuius  fatum  luget  Verler.  erat  Georg.  Pincerna,  Baro  de  i&r» 
Limpurg,  d.  31.  Maii  1522  e  vita  digressus.  Soror  ipsius 
Elisabetha  nupta  primum  Ludouico  Com.  ab  Helfenstein, 
deinde  Georg,  Com.  ab  Helfeiistein'  (so).  —  Hiernach  muss 
jedermann  glauben  (und  Will  glaubte  dasselbe),  ein  Sohn 
der  Elisabeth,  aus  erster  oder  aus  zweiter  Ehe,  also  ein 
junger  Graf  von  Helfenstein,  sei  es  gewesen,  dem  Elisabeths 
Bruder,  der  Bischof  von  Bamberg,  unsern  Veit  Werler  als 
Studienleiter  und  Reisebegleiter  ausersehen  habe.  Und  dieses 
um  so  mehr,  als  ja  Werler  selbst  seinen  Zogling  Carl  als 
einen  rex  sorore  nepos'  des  Bischofs  bezeichnet.  Und  den- 
noch  ist  das  alles  grundfalsch,  wie  mich  eine  genaue,  so 
niOnsame  wie  zeitraubende  Untersuchung  gelehrt  hat,  fiir 
welche  mich  meines  verehrten*  Freundes,  Geh.  Hofraths 
Gersdorf,  dankenswertheste  Bereitwilligkeit  durch  die  Nach- 
weisung  einiger,  mir  selbst  nicht  geliiufiger  litterarischer 


Digitized  by  Google 


96 


BIO-BIBLIOGRAPHISCHE.S 


Hulfsniittel  auf  das  Erwiinschteste  unterstiitzt  hat.  Aus  ihnen 
geht  mit  unwidersprechlicher  Gewissheit  hervor,  dass  —  so 
unglaublich  das  auf  den  ersten  Anblick  scheinen  uiag  — 
Werler  selbst,  der  doch  ohne  Frage  iiber  Nanien,  Abstani- 
mung  und  Verwandtschaftsverhaltniss  seines  Zoglings  auf 
das  Unfehlbarste  unterrichtet  war,  dennoch  in  seinem  Briefe 
sich  in  augenblicklicher  Zerstreutheit  irrtbunilich  ausgedruckt 
hat.  Ich  kann  es  meinen  Lesern  nicht  ersparen,  sie  nach- 
stehend  in  das  Labyrinth  der  dynastischen  Geschlechts- 
register,  die  fur  unseni  Zweck  in  Betracht  kommen,  in  mog- 
lichster  Kiirze  einzufiihren,  indem  ich  fiir  die  Begriindung 
der  einzelnen  Thatsachen  summarisch  auf  folgende  Haupt- 
quellen  verweise:  1)  H.  Preschers  'Geschichte  und  Be- 
schreibung  der  Reichsgrafschaft  Linipurg',  Stuttgart  1789. 
1790,  2  Bde.,  von  denen  insbesondere  1  p.  200  und  die 
Stammtafel  zu  II  p.  432  hier  einschliigt;  2)  H.  F.  Kerler's 
'Geschichte  der  Grafen  von  Helfenstein ',  Ulm  1840  (p.94ff. 
103  f.  106  ff.  126  ff.),  nebst  den  dazu  gehorigen  'Urkunden 
zur  Gesch.  der  Gr.  v.  H.',  Ulm  1840,  mit  angehiingter  Stanim- 
tafel;  3)  Ch.  F.  von  Stiilin?s  'Wirteinbergische  Geschichte', 
Th.  3  (Stuttgart  1856)  p.  661  ff.  666;  4)  K.  Hopf  fHisto- 
risch-genealogischer  Atlas',  Th.  I  (Gotha  1858)  p.  58  f.  69. 

In  den  Zeiten,  um  die  es  sich  fiir  uns  handelt,  bestan- 
den  (schon  seit  1356)  zwei  Linien  der  Helfensteiner:  die 
Wiesensteiger  und  die  Blaubeurer  (zuletzt  Wellenheimer) 
Linie.  Das  Haupt  dcr  erstern,  Graf  Ludwig,  war  der  Erb- 
schenkin  Elisabeth  von  Limpurg  erster  Gemahl,  und  hinter- 
im  liess  bei  seinem   1493 6)  erfolgten  Tode  als  Erstgeborneu 

6)  Nicht  H94,  wie  Kerler  angibt:  featgestellt  von  Stalin.  -  Hin- 
gegen  bin  ich  Kerler  gefolgt  in  Bezug  auf  Ludwigs  Sohne,  welehe 
Hopf  ganz  umgekehrt  in  dieser  Heihenfolge  aufziihlt:  1)  Ludwig  Helf- 
rich  (schon  1522  f  nach  Hopf  ),  2)  Ludwig  (f  1488),  3)  Ulrich:  wonach 
also  nicht  Ulrich,  sondern  Ludwig  Helferich  der  Erstgebonie  geweaen 
ware.  Bei  Stalin  habe  ich  vergeblich  nach  einer  Kntscheidung  gtsucht. 
Mein  Entscheidungsgrund  ist  die  unten  p.  1G4  f.  [110]  zu  bespre- 
cheude  Tiibinger  Vertragsurkun^e  von  1495,  in  welcher  Elisabeth  ala 
Vertreterin  ihres  niinderjahrigen  Sohnen  Ulrich,  als  erbberechtigten 
Herrn  von  Wiesenateig,  auftritt,  wie  folgende  Eiugangsworte  bezeugen : 
„Wir  Eberhart  Graue  zu  Wirtemberg  nnd  zu  Mumpelgart  etc.  der 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMKKAUITs'  PLAUTUSSTODIBN.  97 

einen  noch  unmiindigen  Sohn  Ulrich,  geb.  1486;  daneben 
einen  jiingern  Ludwig  Helfrich,  welcher  —  beilaufig  gesagt 
—  derjenige  ist,  den  1525  im  Bauernkriege  die  Bauem  so 
grausam  fdurch  die  Spiesse  jagten\  Ein  mittlerer,  Ludwig, 
geb.  1488,  war  schon  1489  gestorben;  einen  Carl  hatte  er 
uberhaupt  nicht.  Bereits  im  J.  1495  verheirathete  sich  Eli- 
sabeth  zum  zweiten  Male,  und  zwar  mit  dem  damaligen 
Haupt  der  andern  Linie,  Georg  von  Helfenstein  ^),  der  zwar 
aus  dieser  und  einer  fruhern  Ehe  unter  acht  Kindern  zwei 
Sohne  hatte,  beide  Namens  Wilhelm,  von  denen  aber  keiner 
den  Vater  tiberlebte  (Kerler  p.  103  f.):  wiederum  keinen 
Carl,  wie  denn  dieser  Taufname  im  ganzen  Helfenstein'schen 
Gesehlecht  nicht  vorkommt.  Nach  Georgs  Tode  gingen  also 
dessen  Besitzungen  an  die  Wiesensteiger  Linie  und  deren 
nunmehriges  Haupt  Ulrich  iiber,  der  bis  1548  lebte  und  re- 
gierte.    Vgl.  Kerler  p.  105.  132  und  Vorrede  p.  VI. 

Angesichts  dieser  urkundlich  beglaubigten  Thatsachen 
erscheint  es  also  durchaus  unmoglich,  dass  Carl  von  Helfen- 
stein  ein  *ex  sorore  nepos'  des  Bamberger  Bischofs  Schenk 
von  Limpurg  gewesen  sei.  Vielmehr(ex  fratre  nepos'  musste 
es  heissen7*).  Denn  Bischof  Georg  (1470  —  1522,  Bischof 
seit  1505)  und  Elisabeth  hatten  noch  zwei  Briider:  Friedrich, 
der  1521  starb,  und  Gottfried  (1474—1530),  der  nach  Frie- 
drichs  Tode  der  regierende  Herr  wurde  und  seinerseits 
(ausser  einem  dritten  Sohne  Philipp,  der  1545  als  Domherr 


Klter  Ton  wegen  des  wolgebornnen  vn^ers  lieben  Oheim  Graue  Vlrichen 
von  HelfFenstains  der  noch  vnder  sinen  Jaren  vnd  in  vunserm  schutz 
vnd  schirm  ist  Vnd  wir  Elisabethen  Grauyn  zu  Helffenstain  gebornn 
^chenkin  von  Lympurg  witwe  des  vorgenanten  von  Helffenstains  mutter 
^kennen  offenlich  fQr  vns  vnser  nachkomen  vnd  erben  und  thue  kunt 
allermenglich "  u.  s.  w. 

7)  Ganz  falsch  macht  Prescher  Georg  und  Ludwig  zu  Briidern. 
Lndwig  war  eines  Friedrich  Sohn,  der  1483  starb,  Georg  der  Sohn  des 
Courad,  der  Blaubeuren  vcrausserte  und  Wellenheim  erwarb  (Kerler). 

7*)  [Dass  hier  nicht  etwa  ein  Lesefehler  Heumann's  vorliegt,  be- 
zeugt  mir  Heerwagen  ausdriicklich,  indem  er  nach  Einsicht  dea  in  der 
Xiirnberger  Stadtbibliothek  vorhandenen  Originals  constatirt,  dass  zwar 
Werler'*  Schrift  sehr  schwer  zu  entziffern  sei,  aber  doch  iiber  sorore 
nicht  der  geringste  Zweifel  bestehe.] 

FR.  R1TM«  HFXII   01'VSCVLA   III.  7 


Digitized  by  Google 


98 


BIO-BIBLIOGKAPIIISCHKS 


in  Bamberg  starb)  die  Sohne  Carl  (1498—1558)  und  Eras- 
157  lnus  (1502—1553)  hinterliess,  die  sich  in  das  vaterliche  Erbe 
dergestalt  theilten,  dass  Carl  die  fruher  von  Friedrich  be- 
sessene  Herrschaft  Speckfeld,  Erasmus  dagegen  Liuipurg 
nebst  Zubehor  erhielt,  welche  beiden  Herrschaften  erst  Gott- 
fricd,  von  Haus  aus  Herr  von  Linipurg,  wieder  vereinigt 
hatte.  Seit  seiner  Geburt  bis  zuni  J.  1530  war  demnach 
Carl  im  engsten  und  formellsten  Sinne /Erbschenk  von  Lim- 
purg*.  Wir  brauchen  jetzt  gar  kein  Gewicht  darauf  zu  legen, 
dass  es  einen  zweiten  fCarl'  (einfach  so  benannt)  im  ganzen 
Limpurg'schen  Geschlecht  nicht  gegeben  hat,  um  die  unzwei- 
felhafte  Ueberzeugung  zu  gewinnen,  dass  kein  anderer  als 
dieser  Carl  der  Zogling  Werler's  war,  welchen  Will  mit 
letzterm  als  seinem  'Hofmeister'  in  Ingolstadt  zusammen 
sein  laast.  Leicht  moglich,  dass  sich  ihres  Neffen  Carl  die 
(freilich  erst  im  J.  1517  verwittwete)  Elisabeth  von  Helfen- 
stein  mit  besonderer  Fiirsorge  aunahm  und  daraus  die  unab- 
sichtliche  Verwechselung  bei  Werler  hervorging. 

Zur  unumstosslichen  Gewissheit  wird  uns  das  nun  durch 
die  ausdriicklichsten  Angaben  der  Ingolstadter  Universi- 
tats-Acten,  wie  sie  theils  in  Mederer^s  fAnnales  Ingolsta- 
diensis  academiae'  (Ingolst.  1782)  gedruckt,  theils  mir  aus 
den  handschriftlichen  Originalen  von  meinem  Freunde  Halui 
auf  meinen  Wunsch  verilicirt  und  vervollstiindigt  sind.  Es 
ist  das  Jahr  1516,  unter  welchem  wir  bei  Mederer  Th.  I 
p.  96  immatriculirt  finden  'Carol.  Schenk  de  Limpurg,  Baro 
Imperii,  Can.  Bamberg.  et  Herbipol.' 8),  im  Original  mit  deui 


8)  In  Betreff  dieser  Canonicate  gibt  niir  Gersdorfs  Sachknnde 
folgende  schatzbare  Erlauterung:  —  'Dergleichen  Cauonicate  sind  da- 
mals  haufig  nur  uoiuinelle  Pradicate,  ohuc  dans  die  Betreffenden  die 
kirchliche  Weihe  erhalten  hatten  oder  Ilenten  bezogen.  Diese  jungen 
Herren  hatten  durch  Verwandte,  im  vorliegendeu  Falle  wohl  durch 
den  Oheim  Georg  von  Baniberg,  AnwartBchaften  (Exspeet&nzen)  er- 
halten,  wonach  aie,  zu  Jahren  und  an  die  Reihe  gekommen,  in  die 
Domcapitel  einriicken  konuten  uud  die  erforderlichen  Weihen  em- 
pfingen'.  —  Carl  aber  trat  gar  nicht  in  den  geistlichen  Stand,  ver- 
niahlte  aich  vielmehr  und  wurde  in  zwei  Ehen  Vater  von  nicht  wenigcr 
als  15  Kindern.  Dennoch  erlosch  mit  seinem  Sohne  Gottfried  II  seine 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMEKAKIUS  1'LAUTUSSTUD1EN. 


99 


Datum  des  4ten  Deceinber;  uud  daa  Jahr  1517,  welches  uus 
p.  104  denselbeu  Carolvs  a  Limbvru  Baro  et  Rouiani  liu- 
perii  Pincerna  haereditarius also  den  neunzelinjahrigen  Stu- 
diosus,  sogar  als  82sten  Rector  der  Universitiit  aufweist: 
wie  denn  solche  einer  vornehmen  Personlichkeit  ertheilte 
Ehrenrectorate,  woneben  immer  zur  eigentlichen  Geschiifts- 
leitung  ein  Prorector  fungirte,  in  jenen  Zeiten  nichts  Unge- 
wohnliches  waren.  Um  aber  jedem  etwa  rtickstiindigen 
Zweifel  ein  Ende  zu  machen:  unter  dem  lOten  Januar  1517 
liest  man  in  dem  handschriftlichen  Matrikelbuche,  aus  dem 
bei  Mederer  nur  die  Principes  und  Nobiles  herausgehoben 
zu  werden  pflegen,  als  neu  inscribirt  'Magister  Vitus  Werleus") 
Sultzfeldensis,  etc.  (iiber  welches  'etc.'  s.  u.  p.  160  [101  tf.J). 

Ich  weiss  nicht,  in  welchem  Rufe  bei  den  sachkundigen 
Litterarhistorikem  Will  s  Gelehrten-Lexicon  steht:  nach  dem 
Artikel  aber  Roting  zu  urtheilen  kame  ihm  eine  sehr  be- 
dingte  Glaubwiirdigkeit  zu  Denn  wenn  schon  aus  dem 
Bisherigen  seine  Unzuverlassigkeit  erhellt,  so  ergeben  vollends 
die  unfehlbarsten,  weil  durchweg  urkundlichen  Zeugnisse 
Qber  des  Werlerschen  NefTen  Roting  Studienjahre ,  dass 
jener  Artikel  von  Irrthiimern  wimmelt.  Aus  dem  Leipziger 
Inscriptions-Album  erfahren  wir  (nach  Gersdorfs  gefiilliger 
Mittheilung),  dass  'Michael  Roting  de  sultzfelt*  rectore  Io- 
hanne  Kogge  Brunopolitauo   kurz   vor  Johannis   1515  in 


Xachkominenachaft  im  Mannesstamnie  1581:  was  uns  flbrigens  hier 
weiter  nichts  angeht, 

9)  Also  dieselbe  Namensforni  Werle,  die  wir  oben  p.  335 f.  [81]  zur 
Abwechselung  sehon  in  den  Leipziger  Universitiits  -  Acten  fanden. 

9»)  ['Waa  Sie  uber  Wffl'i  Unzuverlasaigkeit  bemerken/  sckreibt 
iuir  lieerwagen,  'ist  vollkommen  begriindet.  Der  Vorwurf  der  Kritik- 
loeigkeit  trifft  flbrigenB  nicht  bloss  Will,  sondera  mit  weuig  Ausnahmen 
»Ue  Scbriftsteller,  welche  iiber  Nflrnbergische  Geschichte  geachriebeu 
baben.  Kiner  schreibt  dem  Andern  nach,  und  man  muss  daher  bei 
der  Benutzung  derselben  mit  grosser  Vorsicht  zu  Werke  gehen.  Ich 
faabe  diese  Erfahrung  bei  einigen  Nachforschungen  fiber  die  Geschichte 
unseres  Gyninasiums  gemacht.'  —  Belege  dafiir  geben  Iiecrwagen's 
vier  Programme  'Zur  Geschichte  der  Nflrnberger  Gelehrtenschulen ' 
aua  den  Jahren  1860.  1863.  1867.  1868,  deren  Keuntuias  ich  des  Ver- 
fasnere  gefdlliger  Mittheilung  verdanke,] 

7* 


100  BIO  -  BIBLIOGRAPH18CHES 


Leipzig  iuiDiatriculiri  wurde;  aus  dem  Ingolstadter  hand- 
schriftlichen  Albuui,  dass  dasselbe  mit  'Michael  Roting  de 
Sultzfeld'  am  2ten  December  1517  in  Ingolstadt  der  Fall 
war;  endlich  in  dem  von  C.  E.  Forstemann  publicirten 
fAlbum  academiae  Vitebergensis '  (Lipsiae  1841)  p.  98  er- 
scheint  uns  im  J.  1520  als  immatriculirt  'Michael  Roeting 
de  Sultzfeldt  Herbipo:  dio:  4  oct:'.  Man  vergleiche  hiermit 
WiH's  Aussagen.  Abgesehen  davon,  dass  Werler  nicht  'der 
Grafen  von  Hohenstein',  sondern  (die  irrthiimliche  Ge- 
schleehtsverwechsclung  einmal  bei  Seite  gelassen)  wenigstens 
fdes  Grafen  von  Helfenstein  Hofmeister'  zu  nennen  war, 
so  konnte  sich  Roting  nicht  1515  zu  seinem  Oheim  nach 
Ingolstadt  begeben,  weil  erstens  er  selbst  in  diesem  Jahre 
vielmehr  nach  Leipzig  ging,  und  zweitens  Werler  erst  gegen 
Ende  1516  nach  Ingolstadt  kam.  Eben  so  wenig  konnte  er 
sich  'sodann'  mit  Werler  nach  Leipzig  begeben,  weil  nicht 
nur  er  selbst  schou  langst  dort  war,  sondern  auch  Werler 
seit  1510  gar  nicht  wieder  dahin  kam.  Allerdings  ging 
Rdting  auch  zu  seinem  Oheim  nach  Ingolstadt,  aber  erst 
1517,  wie  wir  sahen. 

Solche  Kleinkritik  an  Will  zu  uben  fande  ich  begreif- 
licher  Weise  nicht  der  MUhe  werth,  wenn  ich  nicht  aus  ihr 
die  Berechtigung  herleiten  wollte,  eine  letzte  Angabe  Will  s, 
die  ich  nicht  gleich  zwingend  widerlegen  kann,  ebenfalls  zu 
bezweifeln:  niimlich  dass  Werler  rder  Rechten  Doctor' 
159  gewesen  sei.  An  sich  wiire  ja  das  nichts  weniger  als  un- 
moglich,  da  in  jenen  Zeiten  der  Uebergang  von  einer  Facul- 
tiit,  namentlich  der  philosophischen  oder  nach  damaliger 
Benennung  Artisten-Facultat,  zu  einer  andern  nichts  Unge- 
wohnliches  war  und,  um  niit  Th.  Muthers  Wrorten  (fAus 
dem  Universitats-  und  Gelehrtenleben  im  Zeitalter  der  Re- 
formation',  Erlangen  1866,  p.  234)  zu  sprechen,  es  besonders 
haufig  vorkam,  dass  f  lesende  Magistri  artium  erst  nach  liin- 
gerer  Lehrthiitigkeit  anfingen,  die  Auditorien  der  Juristen  zu 
besuchen'.  Aber  wann  und  wo  soll  denn  dieser  Studien- 
wechsel  bei  unserm  Werler  stattgefunden  haben,  wann  ins- 
besondere  der  Sprung  vom  juristischen  Studiosus  zum  Doctor 
iuris  utriusque  eingetreten  sein?    Namentlich  was  den  letz- 


Digitized  by  Google 


ZU   CAHERARirs'  PLAUTUSSTUDIEN.  101 

tern  Punkt  betrifft,  so  ist  zuniichst  Leipzig  von  vorn  herein 
dadurch  ausgeschlossen,  dass  nicht  nur  dessen  Universitats- 
Acten  tiber  ein  Verhaltniss  dieser  Art  vollig  schweigen, 
sondern  dass  auch  die  Ingolstadter  Imniatriculation  wider- 
spricht ,  bei  der  er  sich  ja  ausdriicklich  nur  als  'Magistcr* 
inscribiren  lfisst,  nicht,  wie  doch  sonst  ohne  Zweifel  ge- 
schehen  ware,  als  fiuris  utriusque  doctor'.  Zu  dieser  Witrde 
konnte  er  also  jedenfalls  erst  in  Ingolstadt  zwischen  1517 
und  1519  (in  welchem  letztern  Jahre  er  bereits  in  Italien 
war)  gelangt  sein:  wodurch  schon  die  Hiilfte  der  Will'schen 
Aussage  hinfallig  wird.  Um  so  verdiichtiger  wird  uns  also 
auch  die  andere  Hiilfte  so  lange  bleiben,  als  iiberhaupt  kei- 
nerlei  Beweis  daftir  beigebracht  wird.  Einen  solchen  aber, 
fur  oder  wider,  geben  die  Ingolstadter  Universitats- Acten 
darum  nicht,  weil  sich  Promotionslisten  der  dortigen  juristi- 
schen  Facultat  leider  erst  von  1585  an  im  Mtinchener  Uni- 
▼ereitats-Archiv  vorfinden. 

Es  kommt  aber  ein  Anderes  hinzu.  Allerdings  niimlich 
zeigt  sich  die  Annahme  als  unabweislich,  dass  Werler  neben 
oder  nach  dem  humanistischen  noch  einem  andern  Studium 
oblag:  welches  aber  das  theologische  war.  Nun  fohlt  es 
zwar  bei  der  damaligen  Mischung  der  Studien-  und  Bildungs- 
gebiete  nicht  an  Beispielen,  dass  in  einer  und  derselben 
Pereon  sogar  drei  Facultaten  vertreten  waren:  wie  denn,  um 
ein  unserm  Werler  nahe  stehendes  Beispiel  hervorzuheben, 
dessen  Landsmann,  der  fruher  Leipziger,  spiiter  Wittenberger 
Professor  Martin  Pollich  zugleich  Doctor  der  Theologie,  der 
Rechte  und  der  Medicin  war  und  abwechselnd  die  erstc  und 
die  letzte  lehrte.  Aber  das  warcn  doch  Ausnahmen,  und 
nichts  berechtigt  uns,  solchen  bevorzugten  Geistern  ohne 
bestimmten  Beweis  gerade  auch  Veit  Werler  beizuziihlen.  — 
Dessen  Theologiestudium  beruht  aber  nicht  sowohl  auf  einem 
scheinbar  ausdrucklichen,  vermuthlich  aber  dennoch  triige- 
rischen  Zeugniss,  als  vielmehr  auf  zwei  feststehenden  That-  ieo 
sachen.  Das  scheinbare  Zeugniss  ist,  dass  im  lngolstadter 
Matrikelbuche   auf  die   bereits  oben  mitgetheilten  Namen 

Magister  Vitus  Werleus  Sultzfeldensis'  noch-zwei  WTorte 
folgen,  von  denen  das  letzte  therbipolcnsis\  das  vorangehende 


Digitized  by  Google 


102  BIO  -  BIBLIOOUAPHISCIIES 

% 

• 

aber  in  hohem  Grade  undeutlich,  ja  nahezu  unleserlich  ist 
Bei  allerdings  nur  fluchtiger  Ansicht  schien  sich  dem  geiibten 
Auge  Halin'8  'clericus  hcrbipolensis'  zu  ergeben.  Eine  ganz 
ungewohnliche  Bezeichnung!  und  zwar  aus  sehr  nahe  liegen- 
den  Grflnden.  Bedeutete  'clericus*  eiu  Amt  oder  einen  Titel, 
dessen  Erlangung  oder  Ertheilung  sich  an  einen  bestimmten 
Ort  kniipfte,  wie  z.  B.  'canonicus',  so  wiire  die  Bezeichuung 
wenigstens  an  sich  verstandlich:  obwohl  doch  auch  dann 
immer  noch  unverstandlich  das  bliebe,  wieso  denn  Werler 
zwischen  seinem  Abgange  von  Leipzig  und  seiner  Ankunft 
in  Ingolstadt  plotzlich  zu  solcher  Ehrenerhohung  gekommen 
ware,  und  wieso  gerade  in  Wiirzburg,  da  es  doch  dann  ge- 
wiss  naher  lage,  vielmehr  eine  Gunst  des  Bischofs  von  Bam- 
berg  vorauszusetzen,  der  wiederum  seinerseits  Wiirzburger 
Priibenden  gar  nicht  zu  vergeben  hatte.  Aber  'clericus'  gibt 
ja  auch  nur  einen  ganz  allgemeinen  Standesbegriff  ohne  alle 
locale  Beschrankung,  so  dass  ein  hinzugefiigter  Ortsname 
nur  entweder  auf  die  Geburtsstiitte  oder  den  Wohnsitz  gehen 
kann:  wovon  weder  das  eine  noch  das  andere  bei  Werler 
zutrifft.  Durchaus  bestiitigend  ist  das  von  Forstemann  pu- 
blicirte  Wittenberger  Album.  So  unzahlige  Kleriker  sich 
auch  unter  den  gegen  20000  Studiosen  befanden,  die  in  dcn 
ersten  58  Jahren  in  Wittenberg  inscribirt  wurden  und  bei 
Forstemann  auf  372  Doppelcolumnen  verzeichnet  stehen;  so 
hiiufig  hier  auch  ein  Zusatz  wie  f  licentiatus 'baccalaureus', 
f  magister',  'doctor'  wiederkehrt  oder  auch  die  Zugehbrigkeit 
zu  einem  bestimmten  geistlichen  Orden,  Convent,  Collegium 
angegeben  wird  (wie  z.  B.  eben  mit  'canonicus'):  so  gut  wie 
niemals l0)  findet  sich  doch  'clericus'  beigefiigt.  Kurz,  in 
jedem  Betracht  erscheint  es  unglaublich,  dass  Werler  sich 
als  tKleriker,,  und  vor  allem  als  (Wiirzburger  Kleriker* 
eingeschrieben  habe  oder  habe  einschreiben  lassen,  und  bleibt 

10)  d.  h  ,  wohlgezahlt,  ein  einoges  Mal,  p.25»  nnter  dem  .1.  1508: 
'  Dns.  georgins  perndorffer  de  nouoforo  artium  et  philosophie  magister 
decretorum  Licentiatus  clericus  Saltzburgon  dioc.'  Hiermit  ist  also 
der  Wohnsitz  bezeichnet,  und  soll  nur  ausdrflcklich  hei  vorgehoWn 
werden,  dass  die  Person  des  Immatriculirten  die  drei  Qualitaten  des 
Artwten,  dea  Juristen  und  des  Geistlichen  in  sich  vereinigte. 


Digitized  by  Google 


7X  CAMERAKIUS'  PLAUTUSSTUIHEN. 


103' 


mir  sonach  kaum  ein  Zweifel,  dass  in  den  rathselhaften 
Schriftziigen  etwas  anderes  stecke11).  —  Ist  es  nun  aber  auch  iei 
niit  dieseni  Scheinzeugniss  nichts,  so  muss  doch  der  geist- 
liche  Stand  Werler  s  durch  zwei  Thatsachen  hinliinglich  ver- 
l»urgt  erscheinen :  erstens  durch  die  Bewerbung  um  ein  va- 
cantes  'minusculum  sacerdotium',  iiber  welches  Carl  von 
Limpurg  zu  verfUgen  hatte;  sodann  durch  seinen  schliess- 
licheu  Ruhesitz  in  Wiesensteig,  der  nach  einleuchtendster 
Wahrscheinlichkeit  in  nichts  anderm  als  einer  geistlicheu 
Stiftapritbende  bestand.    Darauf  ist  noch  zuruckzukommen. 

11)  Soll  ich  Bagen,  was  mir  verrauthungswcise  ala  das  probabelste 
erseheint,  eo  ist  das:  dioces.  [So  namlich,  nicht  in  correcter  Forni 
diotces.,  weil  jene  Corruption  als  die  allgemein  (ibliche  durch  das 
ganze  Mittelalter  durchgeht  und  so  auch  im  Wittenberger  Album  aus- 
*  schliesslich  erscheint;  s.  dafiir  Belege  bei  Schuchardt  rVokalismuB  des 
Vulg&rlateins '  II  p.  299,  desgleichen  die  urkundlichen  Abkiirzungen 
i.  B.  in  Baringii  'Clavis  diplomatdca'  (Hanov.  1754)  tab.  8,  oder  in 
Chaasanfs  'Dictionnaire  des  abbrejviations'  (Fari8l862)  p.  22.  26.]  In 
Hnnderten  von  Beispielen  wiederholt  sich  im  Wittenberger  Album  der 
Fall,  dass  auf  Vor-  und  Znnamen  nebst  Hcimathsangabe  unmittelbar 
folgt  ein  dio.  oder  dioc.  mit  einer  dazu  gehQrigen  Ortsbezeichnung, 
d.  i.  ohne  Zweifel  dioceseos,  sei  es  dasa  (verschieden  nach  verschiedenen 
Jahrgangen)  das  damit  verbundene  Ethnikon  vorangeht  oder  nachsteht: 
wie,  um  nur  ein  paar  Beispiele  herauszugreifen,  p.  48b  f  GeorgiuB  Stael  de 
Sultzfeldt  dioc.  Herbipolen.';  p.  70*  'Valentinus  Gotfridus  de  Sultzfeldt 
dioc.  Herbi:'  (wo  'Saltzfeldt'  offenbar  Druck-  oder  Lesefehler);  aberp.98* 
fMichael  Roeting  de  Sultzfeldt  Herbip:  dio:':  zugleich  drei  Zeugnisse  dafiir, 

dassSuhfeld  in  derThat  zurWurzburger  Diflcese  gehorte.  Vorstehende 

Zeilen  wnren  kaum  geschrieben,  als  wie  gerufen  Freund  Halra  in  Person 
bei  mir  in  Leipzig  eiotrat,  zwar  fiber  meine  Conjectur  bedenklich  den 
Kopf  schattelte,  aber  zugleich  nochmalige  Einsicht  des  Ingolstadter  Acten- 
«tucks  tusagte ,  deren  Ergebnifs  nicht  vorenthalten  bleiben  boII.  [E.s 
ist  doch  gegen  die  obige  Vermuthung  ausgefallen.  Denn  Halm  schreibt 
mir  jetzt:  'Die  Lesung  clericits  im  Matrikelbuch  ist  ganz  uber  alleu 
Zweifel  tmd  durch  drei  testes  locupletissimi  von  neuem  verificirt  worden'. 
Eb  bleibt  al»o  nichts  ubrig  als  anzunehmen,  dass  Werler  auf  seiner 
Beise  zom  Bischof  von  Bamberg  und  seinem  kiinftigen  Zogling  ver- 
muthlich  zuerst  seine  engere  Heimath  besuchte  und  sich  hier,  in  sei- 
nem  heimathlichen  Wiirzburger  Bischofssprengel,  bewogen 
fand  die  geistlichen  Weihen  zu  nehmen,  ehe  er  seine  neue  Mission  an- 
trat,  und  dass  er  Grfinde  hatte,  sich  nlsbald  in  Ingolstadt  (ja  vielleicht 
«cbon  vorher  beim  jungeu  Reichsbaron  von  Limpurg  selV)st)  iu  seiner 
Wfirde  als  neugebackener  'tlericus  Herbipolensis'  zu  introduciren.] 


Digitized  by  Google 


•104  HIO-BIBLIOOKAPHISCHES 

■ 

Nach  allen  bisherigen  Feststellungen  lasst  sich  nun  des 
Leipziger  Magisters  Veit  Werler  weiterer  Lebenslauf  ab- 
schliessend  zusammenfassen,  wenn  uns  nur  vorher  noch  epi- 
sodisch  einige  nachtragliche  Erganzungen  bezuglich  des  Leip- 
ziger  Aufenthalts  selbst  gestattet  sind.  [Und  zwar  ersteus: 
—  Wahrend  uns  iiber  Werlers  friihern  Bildungsgang  etwas 
Ausdruckliches  gar  nicht  berichtet  wird,  nennt  ihn  Mencke- 
nius  in  den  rDissertationes  academicae'  p.  250  (ed.  Lips. 
1734)  ganz  kurz  einen  'auditor  et  discipulus'  des  Her- 
mannus  Buschius,  welchen  letztern,  wie  es  schon  p.  247 
hiess,  wegen  seiuer  Gelehrsamkeit  'multi  consectati  sunt, 
praecipuc  Lipsiae  Uitufl  UUerlerus  et  Georgius  Heltus'.  Die 
lange  gesuchte  Quelle  fiir  diese  Angabe  sind  die  eigenen 
Verse  Werler's,  welche  vor  fHermanni  Buschii  Pasiphili  in 
artem  Donati  de  octo  partibus  orationis  Coinmentarius '  etc. 
(Lips.  1511.  4)  gedruckt  stehen  mit  diesem  Anfang:  'Viti 
Vuerleri  Sultzuelten.  Dactylicii  Asclepiadeu  in  Her.  Buschij 
Pasiphili  praeceptoris  sui  undecuque  doctissimi  cometariu, 
que  in  Donati  artem  de  octo  partibus  oratois  studiose  pubi 
nuper  ediderat .  . . :  Qui  mc  composuit  Buschius,  affatim  Miris 
commemorat  scripta  nitoribus,  Pulchris  et  dccorat  scnsa  labori- 
bus,  Artis  Grammaticac  prima  docmma  Kt  Unguae  latialis 
])enetralia,  u.  s.  w.:  im  Ganzen  2f>  Verse.  Hermann  von  dem 
Busche  kam  1503  nach  Leipzig  und  lehrte  daselbst  bis  1507 
(s.  H.  J.  Liessem  cde  Herm.  Buschii  vita  et  scriptis',  Bonnae 
1826,  p.  31  ff.  48  f.):  in  welchem  Jahre  ihn  also  Werler, 
selbst  schon  Baccalaureus,  in  humanioribus  horte,  fdr  deren 
Pflege  und  Vertheidigung  Busch  mit  so  mannhaftem,  ja  hef- 
tigem  Feuereifer  einstand.  Und  zwar  vermuthlich  auch  iiber 
Plautus,  den  W.  spiiter,  als  schon  Camerarius  in  Leipzig 
studirte,  selbst  interpretirte.  Wenigstens  mochte  darauf 
frthren,  dass  ja  von  Busch  c  Decimationum  Plautinarum  pem- 
ptades  s.  quinariae'  herausgegeben  sind:  eine  Schrift  dbri- 
geus,  die  fiir  heutiges  Plautusstudium  nicht  den  mindesten 
Werth  hat.  Und  wenn  diese  Publication  auch  erst  viel 
spater  (1518  meines  Wissens)  erfolgte,  so  wird  doch  Busch  s 
warme  Plautusliebe  und  Bewunderung  schon  fiir  das  J.  1504 
bezeugt  durch  zwei  seiner  eigenen  Gedichte  fin  comedias 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERARIUS'  I'LAUTU88T0D1EN. 


105 


Plautinas',  welche  der  in  jenem  Jahre  zu  Leipzig  herausge- 
kommene  f  Epigrarumatum  liber  tercius'  (4°)  fol.  C  II Ib  ent- 
halt  —  Zweitens.  Wie  an  Busch  einen  Lehrer,  so  hatte 
Werler  in  Leipzig  einen  Altersgenossen  an  Eoban  Hesse 
(geb.  1488,  also  wohl  nur  wenig  jttnger),  mit  dem  er  1513 
freundschaftlichen  Verkehr  pflog.  Denn  einen  solchen  bezeugt 
uns  ein  an  Werler  gerichtetes  Gedicht  desselben  im  sog. 
pythiambischen  Metrum,  welches  im  4.  Buche  seiner  'Sylvae' 
steht,  fol.  243  der  mir  vorliegenden  Ausgabe  von  'Operum 
Helii  Eobaui  Hessi  Farragines  duae  etc,  Halae  Suevorum  a. 
XXXIX',  mit  diesem  Anfang:  *Dutcis  amicitiae  nostrae  comes, 
unica  vcrac  Fidelitatis  gloria,  Optima  pars  vitae  mclioris,  deni- 
qttc  vita  Bcate  Vitc  candida:  Quem  ncmo  bonus  odit,  amant, 
venerantur,  honorant  Quivunque  nan  sunt  pessimi\  Leider 
gebeu  die  Verse  keinerlei  positive  Daten,  sondern  enthalten 
lediglich  philosophische  Trostungen  Uber  Misgunst  und  in- 
vidia,  von  denen  selbst  ein  so  trefflicher  Mann  wie  Werler 
nicht  verschont  bleibe  und  sich  gekrankt  fOhle.  f  Vidit  et  in- 
doluit',  heisst  es  da,  *summis  dc  Imtdibus  mauctum  Ilte  ille 
cunqttc  quisquis  cst.  Doctus  cs  ct  facilis,  floret  tibi  gratia  lin- 
(juac:  Quis  tivor  hoc  tantus  ferat?  Comis  et  urbanus  cum  sis 
ronstansciuc  piusque,  Vcnas  miscr  depascitur.  Pcr  fora,  per 
tfateas,  per  compita,  tcmpla  viasque  Lattdaris:  hoc  livor  dolet. 
Deniqtte  cuncta  tibi  ad  votttm  succedere  spertans  Faene  eviratus 
amcidiV  u.  8.  w.  Immerhin  ein;  wenn  auch  vielleicht  etwas 
freundschaftlich  oder  poetisch  gefarbtes,  Zeugniss  ftir  die 
Schiitzung,  deren  sich  Magister  Werler  in  Leipzig  zu  erfreuen 
hatte.  —  Drittens.]  Mag  auch  Werler^s  Leipziger  Aufent- 
halt  im  Ganzen  noch  so  continuirlich  gewesen  sein,  einmal 
wenigstens  ist  er  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  zwischen 
1507  und  1513  kurzer  oder  liinger  unterbrochen  gewesen, 
obwohl  das  niemaud  berichtet.  Darauf  fuhrt  eine  schr  ein- 
fache  Ueberlegung:  die  nahere  Erwagung  niimlich  der  That- 
sache,  dass  es  ja  nach  bestimmtester  Angabe  das  Jahr  1512 
war,  in  welchem  Werler  von  Martin  Pollich  die  weiterhin 
*o  wichtig  und  beruhmt  gewordene  Plautushandschrift  ge- 
schenkt  bekam  "•).    Pollich,  aus  Mellrichstadt  (oder  Meller- 

11')  iWoher  Pareu»  (denn  auf  ihn  geht  sie  ja  zuriick)  die  so  ge- 


106 


MO-1iIHLIO<;]{Al*I!I.S('llKS 


162  stadt)  gebiirtig,  war  Werlers  frankischer  Landsmann,  und 
ihm,  dem  damaligen  Leipziger  Professor,  wurde  W.  ohne 
Zweifel  schon  von  seiner  ersten  Ankunft  in  Leipzig  an  per- 
sonlich  bekannt,  vermuthlich  auch  wohl  eben  um  dieser 
Landsmannschaft  willen  von  ihm  begiinstigt.  Ein  naheres 
Verhaltniss  zwischen  dem  jungen  Studiosus  und  dem  hoch- 
angesehenen  Professor  konnte  sich  indess  damals  um  so  we- 
niger  bilden,  als  letzterer  schon  1502  nach  der,  wesentlich 
durch  seinen  einflussreichen  Betrieb  gegrundeten  Universitat 
Wittenberg  abging,  wo  er  bis  zu  seinem  1513  erfolgten 
Tode  verblieb.  Zum  Besuch  konnte  er  ja  freilich  in  dieser 
Zeit  wieder  nach  Leipzig  koinmen,  und  somit,  wenn  nian 
will,  namentlich  im  J.  1512  vorQbergehend  daselbst  anwesend 
sein;  aber  wiirde  er  bei  solcher  Gelegenheit  die  kostbare 
Handschrift  dahin  mitgeschleppt  haben,  nur  um  sie  hier  an 
den  ihm  von  1501  her  bekannten  Baccalaureus,  jetzt  Magister 
Werler  zu  schenken?  Alles  spricht  vielmehr  dafftr,  dass 
Werler  seinerseits  um  1512  einmal  zum  Besuch  in  Witten- 
berg  gewesen  sein  wird,  hier  dem  alten  Landsmann  Pollich 
naher  trat,  und  endlich  von  diesem  als  besonderes  Freund- 
schaftszeichen  oder  Andenken  den  werthvollen  Plautuscodex 
empfing.  Wenn  nicht  friiher,  kehrte  er  sicher  nach  Pollich  s 
schon  1513  erfolgtem  Tode  nach  Leipzig  zuriick,  wo  mittler- 

naue  Kenntnisa  dieses  Jahres  hatte?  Nun,  aus  der  aichersten  Quelle: 
aus  dem  Codex  selbst.  In  diesem  schlieest  der  Truculentns  auf  fol.  211\ 
fol.  212  ist  leer,  auf  fol.  213r  aber  lieBt  man  in  ziemlich  ungeschlach- 
ten,  zum  Theil  schwer  und  unsicher  lesbaren  Zugen  die  zwei  Zeilen: 

D.  Doctor  Martinus  Mellerstat 
Vito  Warlero  dono  dedit.    Anno  DXIl 

Zwigchen  'Martinua'  und  'Mellerstat'  ist  von  spaterer  Uand  uberge- 
Echrieben  'Polichius',  unter  die  Jahrszahl  von  einer  andern  spatem 
Hand  gesetzt  '1512'.  (In  f  WiirU ro'  haben  wir  al80  hier  eine  sechste 
Schreibung  des  Namens:  s.  o.  p.  152  [02]  Anm.  1.)  —  Obiger  Inschrift 
gehen  fibrigen*  fiinf  auaradirte  und  nicht  mehr  entzifferbare  Zeilen 
voraus,  an  deren  SchlusBe  ntu"  noch  'XDVIl'  zu  erkennen  ist :  also  zn 
erganzen  f(M)XDVII'  d.  i.  1497.  Hdchst  wahrscheinlich  hatten  wir 
darin,  wenn  die  Schrift  lesbar  ware,  eiue  recht  erwunschte  Angabe 
uber  die  Quelle,  ans  der  die  Handschrift  in  I'ollich's  Bet*itz  gekommen, 
also  uber  ihrc  eigentliche  Herknnft.J 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMEBABIUS'  PLAUTU88TUD1KN 


107 


weile  der  junge  Camerarius  eingetroffen  war  oder  gleichzeitig 
eiutraf  und  nun  bei  Werler  iiber  Plautus  horte.  Es  ware 
naturlich  genug,  dass  dieser  zu  solchen  Vortriigen  gerade 
erst  durch  den  jungen  Besitz  einer  so  trefflichen  Textesquello 
angeregt  worden  wiire.  —  Nur  dass  niemand  etwa  an  einen 
eigentlichen  Studienaufenthalt  Werler's  in  Wittenberg  denke. 
Denn  dass  er  niemals  daselbst  immatriculirt  war,  beweist 
das  gedruckte  Album.  Wer  vollends  etwa  seine  vermeint- 
liche  juristische  Doctorpromotion  vermuthungsweise  nach 
Wittenberg  verlegen  wollte,  wflrde  —  ganz  abgesehen  vom 
Wortlaute  der  Ingolstadter  Inscription  —  urkundlich  wider- 
legt  durch  das  namentliche  Verzeichniss  der  Wittenberger 
Doctores  iuris,  welches  sich  in  Gottfridi  Suevi  'Acadeniia 
W^ittebergeusis'  (Witteb.  1654.  4)  Sign.  Fff  3  f.  findet,  und 
in  welchem  imser  Werler  nicht  erscheint. 

Also  im  J.  1516  war  es,  dass  der  Bamberger  Bischof 
Georg  von  Limpurg,  fur  seinen  Neffen  Carl  einen  Studien- 
leiter  und  weiterhin  Reisebegleiter  suchend,  sein  Vertrauen 
auf  Werler  warf  und  diesen  durch  'immodica  promissa', 
d.  h.  unstreitig  durch  das  Versprechen  einer  spiitern  guten 
Versorgung,  bewog,  seine  Stellung  an  der  Leipziger  Univer- 
sitat  (non  sine  maximo  incommodo'  aufzugeben  und  dem 
bischoflichen,  vom  jungen  Grafen  selbst  lebhaft  unterstiitzten  i6s 
Wunsche  Folge  zu  leisten.  Wie  griindlich  er  bei  dieser  Ge- 
legenheit  mit  Leipzig  fiir  immer  abschloss,  geht  daraus  her- 
vor,  dass  er  seine  Bibliothek  mit  in  seine  Heimath  fortnahm, 
wo  er  sie  natiirlich,  zu  seinem  Zogling  und  mit  diesem  weiter 
wandernd,  vorltiufig  zurUckliess.  —  Ihren  ersten  Studienauf- 
enthalt  nahmen  nun  beide  in  Ingolstadt,  wo  sie,  wie  wir 
sahen,  Ende  1516  und  Anfang  1517  immatriculirt  wurden. 
Dass  sie  daselbst,  wie  an  sich  glaublich,  noch  1518  weilten, 
lasst  sich  auf  einem  besondern  Umwege  beweisen.  Bei  Me- 
derer  p.  105  findet  sich  unter  dem  J.  1517  die  Notiz:  fInter 
inscriptos  erat  Trauquillus  Parthenius  Dalmata  Poeta'.  Von 
diesem  aber  steht  in  Heumanns  ^Documenta'  p.  321  ein  an 
Pirckheimer  geschriebener  Brief,  der  folgenden  Anfang  hat: 
Trebro  meraoria   mihi   repetenti   tuara   singularem  bene- 


108 


niO-BIHLlOOilAVHISCIHES 


uolentiara,  qua  me  nuper  es  complexus,  quum  istac  iter 
facerem,  testimonio  atque  commendatione  dumtaxat  Viti  Ver- 
leri,  uiri  optimi  meique  amantissimi  et  tui  obseruantissimi' 
u.  s.  w.  Nun  ist  aber  dieses  Schreiben  datirt  rex  Lypsia,  III 
Nonas  Ianuarii  MDXIX':  folglich  wird  Werlers  Empfehlungs- 
brief  an  Pirckheimer  gegen  Ende  1518  von  Ingolstadt  aus 
geschrieben  sein,  wo,  wie  wir  sehen,  Werler  und  Parthenius 
befreundet  gewordeu  waren 12).  [Dazu  stimmt  aufs  Genaueste, 
wenn  es  in  (Io.  Henr.  Leichii)  *de  origine  et  incrementis 
typographiae  Lipsiensis  liber  singularis'  (Lips.  1740.  4)  p.  39 
heisst:  fSic  affluebat  liberalissimis  studiis  Lipsia,  cum  an. 
MDXVIll.  eruditissimus  iuvenis,  Tranquillus  Parthenius  An- 
dronicus,  Dalmata,  peragratis  Italiae  et  Germaniae  nobiliori- 
bus  oppidis  ad  illam  accederct' l2a).] 

Nach  zweijahrigem  Ingolstadter  Aufenthalte  begibt  sich 
uuser  Paar  nach  dem  altberuhmteu  Studiensitze  Pav  ia.  Von 
hier  aus  schreibt  Werler  den  ersten,  oben  auszugsweise  mit- 
getheilten  Brief  an  Pirckheimer,  in  dem  er  berichtet,  wie  er 
schon  die  Sommermonate  zu  Ferienexcursionen  benutzt  habe, 
die  ihn  unter  anderm  nach  Venedig  fiihrten  und  daselbst 
mit  Joh.  Bapt.  Egnatius  bekannt  werden  liessen.  Abermals 
in  Venedig  begegnete  ihm  1521  Georg  Sturtz  (Sturciades, 
auch  Opercus  genannt),  wie  oben  p.  337  [83]  aus  einem 
Briete  desselben  an  Camerarius  nachgewiesen  ward.  —  Als 


12)  Dass  PartheniuB  durch  irgend  ein  Misgeschick  aus  seinein 
Vaterlande  fliichtig  geworden  war,  bezcugcn  die  Worte  seines  Briefes: 
fKrro  procul  a  patria  in  extremiB  terrarum  partibus,  nonnumquam  inter 
inhumanas  gentes;  «ine  spe,  sine  auxilio,  adeo  pertinaciter  insequente 
fortuna,  ut  saepenumero  uitae  odium  mihi  suboriatur'.  Hoffentlich  eind 
in  die  'inhumanae  gentes*  die  Leipziger  nicht  mit  eingeBchlossen.  — 
Auf  den  Brief  folgt  bei  Ileumann  anch  ein  elegischea  Lobgedicht  des 
Parthenius  auf  Pirckheirner:  ganz  geschickt  fibrigens,  nnr  dass  sich  der 
Dichter  mit  den  Nominibus  propriis  etwae  uber  den  Fuss  gespannt 
zeigt,  wenn  er  Hcxametcr  macht  wie  rTaenariis  redeat  si  Titus  Caesar 
ab  oria*  und  Thocion,  et  iusto  cantatus  Aristides  ore\ 

12»)  [Naheres  iiber  diesen  Parthenius  (was  uns  indess  hier  zn  fern 
liegt  um  darauf  einzugehen)  gebcn  die  von  Leich  citirteu  'Euricii  Cordi 
poemata',  Tetri  Mosellani  cpist.  ad  Erasmum',  rErasmi  epist.  ad  Par- 
theninm'.] 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMKHAUirs'  PLAUTLSSTIDIEN.  109 


Schlusspunkt  der  ganzen  peregrinatio  ergibt  sich  Wien18). 
Welche  Aufenthalte  oder  Reisen  zwischen  Oberitalien  und  im 
Wien  etwa  mitten  inne  lagen,  daruber  fehlt  uns  jede  An- 
deutung.  Hatten  sie  sich  aber  auch  nicht  sehr  weit  erstreckt, 
auch  in  raumlicher  Beschrankung  konnen  sie  immerhin  zieni- 
lich  wechselnd  gewesen  sein,  worauf  doch  in  Werler's  zweitem 
Briefe  an  Pirckheimer  die  Worte  hinweisen:  fnon  aliter  quam 
Aeneas  alter  Virgilianus  terra  iactatus  et  alto\ 

In  Wien  nun,  wohin  den  vornehmen  jungen  Reichsbaron 
und  Erbschenken  das  kaiserliche  Hof  lager  ziehen  mochte  (ob- 
gleich  freilich  der  Kaiser  selbst  damals  nicht  anwesend  war), 
traf  unsere  Reisenden  die  Nachricht  von  dem  im  Mai  1522  er- 
folgten  plotzlichen  Tode  des  Bischofs  Georg  von  Bamberg,  in 
Folge  dessen  beide  die  unmittelbare  Riickkehr  in  die  Heimath 
antraten.  Denn  dass  nicht  etwa  Werler  die'  letzten  Touren 
auf  seine  eigene  Hand  unternahm,  sondern  immer  noch  als 
Begleiter  seines  jungen  Herrn,  verrath  uns  ein  einziges  un- 
scheinbares  Wortlein  seines  Briefes:  'nuncius  adest,  illius 

mortem  nobis  significauit* :  denn  von  sich  selbst  spricht 

er  weder  vorher  noch  nachher  noch  uberhaupt  jemals  iiu 
Plural,  sondern  immer  im  Singular.  —  In  den  Sommer  des 
Jahres  1522  miissen  die  Bemilhungen  Werlers  fallen,  zu 
einigem  Ersatz  fiir  die  durch  den  unerwarteten  Tod  des 
bischoflichen  Oheims  zu  Schanden  gewordenen  Aussichten, 
von  dessen  Neffen  Carl,  dem  nunmehr  regierenden  Herrn  von 
Limpurg,  eines  von  zwei  gerade  vacanten  'minuscula  sacer- 
dotia'  zu  erhalten,  die  derselbe  zu  besetzen  hatte.  Diese 
Bewerbung  scheiterte  an  der  Undankbarkeit  des  gewesenen 
Zoglings,  uber  die  sich  Werler  so  bitter  beklagt.  Bald  genug 
muss  indess  die  Ungerechtigkeit  gut  gemacht  worden  sein, 
da  wir  schon  im  October  desselben  Jahres  unsern  Werler 
in  ersichtlich  befriedigender  Lage  in  Wiesensteig  finden: 
sei  es  dass  ihm  Carls  eigene  Verwendung,  oder  etwa  Elisa- 
beth  s  FUrsprache  von  ihrem  Sohne  Ulrich,  Carl  s  Vetter,  die 


13j  Denn  nicht  leicht  wird  ja  wohl  jemand  bei  'Viennae'  etwa  an 
daa  franzOsiscbe  Vienne  denken,  waa  doch  Werler  miodeatens  wdrde 
mit  fViennae  Allobrogum'  bezeichnet  haben. 


Digitized  by  VjOOQle 


110 


V 

BIO-BIBLIOGKAPHISCHES 


Stelle  erwirkte:  denn  Wiesensteig  gehorte  allerdings,  wie 
wir  oben  sahen,  nieht  zu  den  Liinpurg'schen,  sondern  zu  den 
Helfenstein'schen  Besitzungeu.  Welcher  Art  aber  die  Wiesen- 
steiger  Versorgung  war,  kann  kaum  zweifelhaft  sein,  wenn 
wir  dort  ein  geistliches  Stift  etablirt  finden.  Vermuthlich 
ist  das  fiir  Specialhistoriker  noch  anderweitig  hinlanglich 
constatirt:  mir  geniigt  dafiir  die  Kenntniss  einer  schon  iu 
Anm.  6  erwiihnten  Tiibinger  Vertragsurkunde  vom  28.  Marz 
165  1495,  deren  Wortlaut  in  den  Monumenta  Boica  Bd.  XXXIV 
(Collect.  nov.  vol.  VII  pars  2,  Monach.  184f>)  p.  301  f.  ab- 
gedruckt  ist  mit  dieser  Inhaltsangabe:  'Vertrag  des  Grafen 
Eberhart  zu  Wirtemberg  Namens  des  Grafen  Ulrich  vou 
Helfenstein,  mit  dem  Bischof  [  von  Augsburgl  Friedrich,  wel- 
cher  desselben  zu  Folge  einen  seiner  Domherrn  zur  Prob- 
stey  des  Stiftes  zu  Wiesensteig  zu  nominireu  berechtigt 
seyn  soll'. 

Dieses  ist  denn  nun  ohne  jeden  Zweifel  die  fprospera 
fortuna',  zu  der  Camerarius  in  seinem  Tiibinger  Briefe  voui 
J.  1536")  Werlern  theilnehmend  begluckwGnscbt,  ihn  zu 
gleich  als  'uicinum  nobis'  begrUssend:  denn  zwischen  Reut- 
lingen  und  Geisslingen  gelegen,  ist  Wiesensteig  nicht  gar 
entfernt  von  Tiibingen.  Nur  muss  nun  die  friihere  Inter- 
pretation  der  Worte  des  Camerarius  dahin  modificirt  werden, 
dass  nicht  Werler  damals  in  die  Nahe  des  Camerarius  ge- 
kommen  war,  sondern  dieser  durch  seine  Uebersiedelung  nach 
Tiibingen  in  Werlers  Niihe,  von  der  er  jedoch,  oflenbar  lange 
Jahre  hindureh  ohne  Verbindung  mit  ihm,  erst  Kunde  er- 
hielt  durch  Werler  s  Mahnung  an  die  Riickgabe  der  Plautus- 
handschrift.  Seinerseits  mag  Werler,  bei  der  Durftigkeit 
und  Schwierigkeit  der  danialigen  Verkehrsmittel,  in  seiner 

14)  Denn  dass  dieser  Brief,  wie  schon  oben  p.  338  f .  1 86  f . J  annilhernd 
bestimmt  wurde,  wirklich  aus  dem  J.  1536  ist,  nnd  zwar  aus  dessen 
zweiter  Hillfte,  geht  unzweideutig  daraus  hervor,  dass  der  darin  er- 
wiihnte,  'nuper'  erfolgte  Tod  dea  r Apellus',  d.  i.  Johannes  Apel,  in  den 
April  desselben  Jahres  fiel.  S.  Mnther  a.  a.  0.  p.  296  f.  —  Chrietoph 
Coler'8  und  Apel's  bald  nach  einander  eingetretener  Tod  findet  sich 
auch  in  einem  Briefe  Melanchthons  von  diesem  Jahrc  erwtthnt,  der  im 
Corpus  reformatorum  III  p.  65  f.  n.  1417  steht. 


Digitized  by  Google 


7X  CAMKKAKIUS'  PLAl  TLSSTCDIKN. 


111 


Wiesensteiger  Abgeschiedenheit  (s.  u.  p.  167  [1 13]),  jene  RQck- 
forderung  so  lange  haben  auf  sich  beruhen  lassen,  bis  ihui 
eben  die  nunuiehr  grosse  Nahe  des  Camerarius  die  Anregung 
gab,  sie  geltend  zu  niachen. 

Indem  wir  so  auf  Werlers  Bibliothek  und  ihr  unstreitig 
werthvollstes  Besitzstiick,  den  Plautuscodex,  zuriiekkonimen, 
ist  zuvorderst  nachzutragen,  dass  keine  Berechtigung  vorliegt 
m  der  oben  p.  338  [84]  geausserten  Vermuthung,  er  habe  sie 
beim  Aufgeben  seiner  Leipziger  Verhaltnisse  gerade  naeh 
Nflrnberg  gebracht,  wo  ja  allerdings  sein  Neffe  Roting 
Gymnasialprofessor14*)  war,  aber  doch  erst  seit  1526. 
Vielmehr,  wenn  Camerarius  1536  schreibt  ede  tua  biblio- 
theca  relicta  in  patria  mca'  (ebenso  *in  patria  mea' 
aueh  in  der  Epistola  nuncupatoria),  so  wird  das  nicht  von 
der  weitern  Heimath  Franken,  sondern  im  engsten  Sinne 
von  Oamerarius'  Geburtsort  Bamberg  um  so  mehr  zu  ver- 
stehen  sein,  als  er  ja  sonst  gewiss  "in  patria  nostra'  gesagt  i6G 
hatte.  Heerwagen  glaubt  sogar  den  speciellen  Anlass  nach- 
weisen  zu  konnen,  der  Camerarius  und  Roting  in  Bamberg 
zusammenfQhrte:  in  Folge  welches  Zusammentreffens  sich 
hier  jener  vou  diesem  aus  der  unter  dessen  Verwahrung 
betindlichen  Werler'schen  Bibliothek  den  Plautuscodex  habe 
aushandigen  lassen.  Bei  Will  heisst  es  namlich  S.  411  von 
Roting  also:  fZur  Zeit  der  damaligen  Bauern-Aufruhr  hat  er 
sich  zu  Bambe,rg  eines  entzQndeten  Schenkels  halber  eine 
Zeitlang  aufgehalten;  und  da  ihm  derselbe  hat  sollen  ab- 
geschnitten  werden,  auch  schon  deswegen  gebunden  geweseu 
ist,  kam  ungefahr  Joach.  Camerarius  dazu  und  sagte:  «Nicht 
also,  raein  Freund  Michael,  es  ist  besser  zween  als  einen 
Schenkel  haben,  ich  will  dir  mit  Hillf  und  Rath  nach  Mog- 
lichkeit  beispringen>.  Wie  er  ihn  denn  auch  hernach  mit 
der  Kur  ligni  Guaiaci  glflcklich  wieder  herstellen  lassen'. 
Die  chronologischen  Momente  passen  allerdings  aufs  Beste. 
Denn  wenn  man  bei  fder  Bauern-Aufruhr'  doch  am  natttr- 
lichsten  an  das  Jahr  1525  denken  wird,  so  stimmt  dazu  aufs 

14»)  [NichtfGymnasialrector\  was  er  uiemals  war.  8.  Heerwagens 
Nilrnberger  Schulprogramm  von  18G0  rZur  Geschichte  der  Nurnberger 
Oelehrtenechnlen  in  dem  Zeitraume  von  14^5  bis  1526'.] 


Digitized  by  Google 


112 


BIO  -  BIBLIOORAPHISCHES 


Haar,  dass  Camerarius  in  <ler  Epistola  nuncupatoria  voui  J. 
1545  ausdriicklich  schreibt,  es  seien  zwanzig  Jahre,  dass  er 
'exemplum  Plautinum  80^^^^'  erhalten  habe,  welches  finter 
libros  clarissimi  et  uirtute  ac  sapientia  praestantis  uiri 
Viti  Verleri  FrancP  befindlich  gewesen,  'unde  exemtum  pro- 
pinquus  ipsius,  amicitiae  sanctissimae  uinculo  et  maximae 
familiaritatis  usu  mihi  coniunctus  Micaelus  Rotingus,  uir 
optimus  atque  doctissimus,  qui  tum  forte  nobiscum  es- 
set'  (d.  i.  nach  Heerwagen:  bei  der  damaligen  Erkrankung 
und  bevorstehenden  Operation),  'mihi  utendum  dedit'.  Ich 
wiederhole  diese  Worte  mit  Absicht,  um  sie  in  Verbindung 
mit  denen  des  Tttbinger  Briefes  —  'recordor  et  doctrinae 
tuae,  quae  mihi  quondam  puero  et  innumeris  aliis  profuit, 
et  intelligo  quam  operam  bonis  literis  atque  artibus  illis 
temporibus  nauaueris'  —  Zeugniss  dafur  ablegen  zu  lassen, 
wie  hoch  doch  im  Grunde  Camerarius  den  Mann  stellte, 
wenn  dieser  auch  durch  litterarische  Leistungen  nicht  weiter 
hervortrat.  —  Wenn  zu  Obigem  in  dem  Tiibinger  Briefe 
noch  die  weitere  Notiz  hinzutritt,  dass  dem  Camerarius  die 
Kunde  vom  Werler  schen  Codex  durch  seinen  suauissimus 
ig7  compater1'')  Apel  geworden  war,  so  konnte  diese  Mitthei- 
lung  sehr  bequem  1521/22  geschehen,  wo  beide  in  Witten- 
berg  zusammenlebten ,  obwohl  sie  auch  schon  nach  1513 
gleichzeitig  in  Leipzig  waren.  Dariiber,  wie  seinerseits  Apel 


15)  Er  war  der  Pathe  des  1535  geborenen  Sohnes  des  Camerarius, 
der  des  Vaters  Namen  Joachim  erhielt.  —  Uebrigens  bedurfle  es  obeu 
p.  338  [84]  Anm.  nicht  eines  vereinzelten  Beleges  fur  ApeTs  Anwesen- 
heit  in  Wittenberg,  da  uns  dessen  ganzes  vielbewegtes  Leben,  und  so 
namentlich  sein  wiederholter,  zuletzt  mit  hervorragender  Stellung 
und  Wirksamkeit  verknupfter  Wittenberger  Aufenthalt  in  wiinschens- 
werthester  Klarheit  und  Vollstandigkeit  in  der  ausfiihrlichen  Biographie 
vorliegt ,  welche  Muther  in  dem  mehrerwahnten  Buche  p.  230—328 
und  p.  455 — 487  von  Apel  gegeben  hat.  —  Dass  Apel  in  Leipzig  in 
denselben  Jahren,  in  welchen  dort  Camerarius  studirte,  daselbst  bei 
Petrus  Mosellanus  und  Richard  Crocus  hOrte,  trotzdem  da98  er  doch 
schon  1502  in  Wittenberg  als  Student  (einer  der  ersten  der  UnivereitSt) 
war  immatricuiirt  worden  (und  zwar  von  seinem  frSnkischen  Landsmano, 
dem  Rector  Pollich),  das  darf  bei  den  Studienverhitltnissen  jener  Zeit 
in  keiner  Weise  Wunder  nehmeu. 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERABIU8    PLAUTUSSTUDIEN.  113 

zur  Kenntniss  des  Codex  kam,  lassen  sich  der  Moglichkeiten 
zu  viele  denken,  als  dass  es  sich  verlohnte,  bei  dem  an  sicli 
unerheblichen  Pnnkte  zu  verweilen. 

Seine  1516  beim  Antritt  der  Limpurgschen  Informator- 
stelle  in  Bamberg  zuruckgelassene  Bibliothek  wird  sich 
Werler,  seit  er  1522  in  Wiesensteig  sesshaft  geworden,  seiner 
Zeit  unstreitig  dahin  haben  nachkommen  lassen,  wenngleich 
das,  wie  wir  sehen,  1525  noch  nicht  geschehen  war.  Denn 
mit  so  viel  Behagen  er  auch  von  seinen  Reit-  und  Jagd- 
vergnflgungen  zu  Pirckheimer  spricht:  dass  er  die  gemtithliche 
Musse  der  Wiesensteiger  Sinecur  (denn  das  blieb  sie  doch 
trotz  der  Verpflichtung  zu  einigem  Beten  und  Messelesen) 
zwischen  munterm  Lebensgenuss  und  stillen  Studien  theilte, 
ist  daraus  abzunehmen,  dass  er  die  letztern  ausdriicklich  als 
Ziel  seiner  Sehnsucht  bezeichnet:   fquo  liceret  per  otium 
posthac  studiis  fruf.    Dass  er  als  Schriftsteller  aufgetreten, 
daruber  verlautet  allerdings  gar  nichts.    Oder  doch  fast  gar 
nichts:  denn  bei  Heumann  heisst  es  p.  107:  fViti  Berleri 
exstant  epigrammata':  iiber  die  ich  meinerseits  nichts  zu 
sagen  weiss.  —  fJetzt  weiss  ich  es  doch.  Von  einer  eigenen 
Sammlung,  die  als  solche  publicirt  worden  wiire,  kann  aller- 
dings  nicht  die  Rede  sein;  aber  gelegentlich  verfasster  und 
einzeln  gedruckter  Epigramme  sind  mir  wenigstens  drei  be- 
kannt  geworden,  die  den  Titel  alter  Textausgaben  schmiicken. 
Davon  lernten  wir  das  eine  schon  oben  S.  104  kennen  in 
den  auf  Herm.  Busch  gedichteten  Versen,  die  auf  der  Riick- 
seite  des  Titels  von  fH.  B.  in  artem  Douati  .  .  .  commenta- 
rius'  stehen,  dessen  Vorderseite  das  Datum  tragt  'Impressit 
Liptzk  Melchiar  Lotter.    Anno  salutifero  M.D.XI.'  —  Das 
zweite  Epigramm  besteht  aus  vier  Distichen,  die  dem  Druck 
Tlauti  lepidissimi  poete  Aulularia  ab  Antonio  Codro  Vrceo 
...pristine  forme  diligenter  restituta:  illius  enim  finis  antea 
desyderabatur'  (Lips.  1513.  fol.)  vorgesetzt  sind  und  so  lauten: 
'Vitus  Vuerlerus  Plautum  alloquitur.  Anie  erat  informis  tota 
fwc  tua,  Plaute,  fabella,  Non  sectis  ac  miris  corpora  sccta  modis. 
Xam  capiti  finem  cariosa  absumpscrat  aetas,  Neu  (so)  possct 
longa  posteritate  frui.  Uaud  tulit  hoc  Codrus.  Codrus  doctissimus 
itir  Mox  faeili  amissas  carminc  rcddit  opes,  Ac  laeerata  boni 

n.  R1T9CHELH  OPVSCVLA  III.  8 


Digitized  by  VjOOQle 


• 

114  *  BIO-BIBLIOGRAPHISCHES 


passim  monimenta  podae  Cogit**")  et  cffigiem  iussit  habere  smuri ': 
(in  welchen  Versen  er  sich  freilich  mit  der  fabella  etwas 
besser  hiitte  vorsehen  sollen,  ebenso  wie  in  denen  auf  Busch 
uiit  den  dommenta).  —  Ein  drittes  Epigramm  endlich  findet 
sich  vor  'Valerii  Maximi  Ciuis  Rouiaui  de  factis  ac  dictis 
meniorabilibus  Exemploruni  Libri  nouem'  etc.  (Lips.  1514. 
fol.),  und  besteht  aus  30  Hendekasyllaben  mit  dem  Anfang 
^Vitus  Vuerlerus  Sultzuelteri.  Si  VtS  Candidule  absoluta  Lcet^ 
Ileus  scripta  Acneadnm  tot  et  Pelasgum  Vrudcns  noscere*  etc. 
und  dem  Schluss  *Id  quod  rex  Maecdum  dedit  superbus  Chartis 
Iliacae  saeris  ruinae,:  vollstandig  abgedruckt  in  F.  G.  Frey- 
tags  *Adparatus  litterarius'  t.  III  (Lips.  1755.  8.)  p.  C43  f. 
(wo  iibrigens  auch  Werler  s  Aulularia-Verse  in  t.  II  (1753) 
p.  1334  wiederholt  sind,  wie  nicht  minder  in  den  'Matana- 
siana  ou  Memoires   litteraires,  historiques  et  critiques  du 

15»)  [Cogit  hat  das  Original  ^in  dem  niir  vorliegeuden  Exeinplar 
der  Miinchener  Bibliothek),  nicht  Legit,  was  auffallender  Weise  nowohl 
Freytag  als  die  Matanasiana  substituiren.  —  Wer  flbrigens  eine  Ein- 
wirkung  Werler's  auch  auf  die  Textesgestaltung  der  Aulularia  ver- 
rauthen  wollte,  wozn  ihn  ja  der  Besitz  des  alten  Codex  allenfalls  in 
den  Staud  gesetzt  hatte,  wflrde  sich  einer  Tiiuschung  hingeben.  Lotter 
wiederholte  einfach,  wie  fflr  den  Plautustext  selbst,  so  fflr  des  Codrus 
Ergilnzungen  einen  der  altern  Drucke,  iu  denen  jene  chon  seit  des 
Bcroaldus  Bologneser  Ausgabc  von  1500  standen:  wofflr  8.  die  Nach- 
weisungen  in  Opusc.  philol.  II  p.  61.  94.  —  Dass  diese  Snpplemente, 
von  denen  ehedem  u.  A.  auch  in  (Quirini's)  Specimen  variae  littera- 
turae  s.  de  Brixiana  litteratura  t,  I  (Brix.  1739)  p.  45  ff.  viel  zu  viel, 
fast  lucherlich  viel  Aufhebens  gemacht  wurde,  weder  nach  Iutention 
noch  nach  Ausfflhrung  irgend  einen  Werth  zu  beanspruchen  haben, 
braucht  heutzutage  niemandem  mehr  gesagt  zu  werden.  —  Eine  sehr 
RelUame,  auch  von  Haase  mit  keinem  Wort  berichtigte  Aeussemng 
fiber  Codrus  Urceus  findet  sich  in  Keisig'8  'Vorleaungen  flb.  latein. 
Sprachwissensehaft'  p.  52.  Und  doch  sind  nicht  nur  aeine  'Orationes, 
epistolae,  ailvae,  satyrae,  eglogae  et  epigrammata'  seit  1502  aogar  vier- 
mal  gedruckt  erschicnen  (wahrend  z.  B.  J.  Scaliger'»  Opuacula  bis  zum 
heutigen  Tage  noch  nicht  gesammelt  sind!),  sondern  existirt  auch  eine 
(den  Opera  vorgedruckte)  Biographie  desselben  von  Bartolommeo  Bian- 
chini,  sowie  eine  sehr  ausfflhrliche  Analyse  seiner  Schriften  in  der 
mehrerwahnten  Matanasiana  t.  II  p.  259—330.  In  die  Sammlung  der 
Schriften  sind  fibrigens  die  hinzugedichteteu  Aulularia-  S«enen  nicht 
rait  aufgenommen ,  wie  ich  aus  der  mir  angenblicklich  allein  zugilng- 
lichen  Bologneser  Ausgnhe  von  1502  ersehe.] 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERARIUS'  PLAUTUSSTUDIEN. 


115 


docteur  Matanasius'  t.  II  (La  Haye  1740.  8)  p.  331).  — 
Nun  siiid  aber,  wie  schon  der  Donat-Commcntar,  so  auch 
sowohl  die  Aulularia  als  der  Valerius  rper  Melchiarem  Lot- 
terum  in  regione  foeni*  erschienen,  den  damals  namhaften 
Leipziger  Drucker  und  Verleger  imter  dessen  Drucken  ttbrigens 
Leich's  'Typographia  Lipsiensis'  p.  93  f.  gerade  die  Plauti- 
nische  Aulularia  ausgelassen  hat).  Auf  ein  personliches  Ver- 
haltniss  zu  diesem  Melchior  Lotter  geht  es  also  ersichtlich 
zuriick,  dass  Werler,  in  den  sptitern  Jahren  seines  Leipziger 
Aufenthaltes,  sich  veranlasst  sah  fiir  ein  paar  Lotter^sche 
Verlagsartikel  einige  einftthrende  und  empfehlende  Verse  zu 
spenden.  Und  auf  eine  solche  Verbindung  deutet  auch  offen- 
bar  Leich  p.  30  hin,  wenn  er,  eben  von  Melchior  Lotter 
handelnd,  hinzufugt:  'Redierant  tum  Lipsienses  in  gratiam 
cum  Poetis,  et  Eobanus  Hessus,  Vitus  Werlerus,  Sebast 
Miricius,  et  Hermannus  Tulichius  Academiam  ingenii  gloria 
non  parum  illustrabant\  —  Uebrigens  hatte  auch  Menckenius 
in  den  Diss.  acad.  p.  250  f.  Kenntniss  von  Werlerscheu  fcar- 
niina':  ob  gerade  von  den  drei  obigen,  ob  etwa  noch  von 
andern15b),  steht  dahin.  Er  spricht  dort  von  den  zwei  da- 
mals  in  Leipzig  hervorragenden  Gelehrten,  beide  'oriundi  e 
Franconia',  Berlerus  und  Aubanus,  und  fahrt  fort:  Tterque 
iugenio  et  doctrina  abundavit  deque  Lipsia,  quod  instaura- 
tiouem  literarum  attinet,  optime  meruit  ....  Nihil  caetero- 
quin,  quod  ediderint,  uidi,  praeter  carmina  quaedam,  delicata 
sane  et  nunquam  satis  laudanda':  ein  allerdings  etwas  ttber- 
schwanglicher  Enthusiasmus!  obwohl,  wie  das  folgende  zeigt, 
mehr  noch  auf  Aubanus  als  auf  Werler  bezuglich.| 

In  Wiesensteig,  woliin  wir  uns  schliesslich  nochmals 
zuruckzuwenden  hal>en,  lebte  Werler  im  Uebrigen  in  grosser 
Abgeschiedenheit  vom  Weltverkehr,  wie  er  selbst  p.  290 
klagt:  fEt  sunt  tam  alta  montium  cacumina,  quibus  medius 
circumdor,  ut  annus  interim  praetereat,  quo  nullus  conce- 
~  ■ 

16 b)  [Ob  bb  dergleichen  ilberhaupt  sonet  noch  gibt,  wflrde  viel- 
leicht  ain  eraten  ermitteln,  wer  in  der  Lage  wilre,  «aninitliche  aue  der 
Utterschen  Officin  hervorgegangenen  alten  Drucke  darauf  durchzu- 
ieben.] 

8* 


.  116 


BIO-  BIBLIOGRAPHISCHES 


datur  ad  tani  eximios  amicos  ac  patronos  literis  meis  exitus. . . 
Vnde  uel  hoc  solo  nomine  locum  istum  male  odi,  quod  per- 
raro  occurrant,  qui  aut  hinc  ad  uos  aut  isthinc  ad  nos  eoiii- 
meent'.16)  Trotz  dieser  Unzufriedenheit  wird  er  doch  ver- 
muthlich  in  seiner  Wiesensteiger  Pfriinde  haben  aushalten 
ic8  nriissen  bis  zu  seinem,  wir  wissen  nicht  wann  erfolgten  Totle. 
Diirfte  man  einem  Geftihlseindruck  trauen,  so  mochte  man 
ihn  1545,  als  Camerarius  die  Epistola  nuncupatoria  sehrieb. 
noch  am  Leben  glauben,  da  hier  die  Erwahnungen  untl 
Lobespradicate  Roting  s  und  Werler's  in  ganz  gleichartiger 
Weise  neben  einander  stehen,  ohne  die  geringste  Andeutung, 
dass  W.  nicht  mehr  unter  den  Lebenden  sei.  Roting  war 
das  aber  sogar  noch  bis  1588,  wo  er  als  Vierundneunziger 
starb.  Das  Reiten  und  Jagen  in  Wiesensteig,  bei  einer  ohne 
Zweifel  sonst  sorglosen  Existenz,  mag  Werler'n  gut  genug 
bekommen  sein.  Dass  er  schon  1522  von  seiner  'aetas  pau- 
latim  iam  ingrauescens '  spricht,  thut  natiirlich  keinen  Ein- 
spruch. 

Seinen  Plautuscodex,  den  er  von  1512  an  besessen,  sah 
er  seit  1516  nicht  wieder17).  Nachdem  derselbe  von  151G 
bis  1525  in  Bamberg  gelegen,  blieb  er  von  1525  an  niit 
Einwilligung  Werler^s  in  Camerarius'  Hfmden,  kam  nacli 
dessen  1574  erfolgtem  Tode  an  seine  Sohne,  wurde  von 
diesen  (Joachim  und  Philipp)  um  1595  an  Janus  Gruter 
verliehen,  auf  dessen  Betrieb  dann  1602  fiir  die  kurpfalzische 
Bibliothek  in  Heidelberg  erworben,  hier  von  Gruter  und  Pa- 
reus  benutzt,  1622  durch  Tillys  Pliinderung  mit  den  Obrigen 
Talatini'  nach  Rom  geschleppt  und  der  Vaticana  einverleibt, 
1797  durch  den  Unverstand  der  franzosischen  Raubcommis- 
sare  daselbst  belassen,  wiihrend  sie  den  Decurtatus  niitnah- 
men,  daher  1815  nicht,  wie  dieser,  nach  Heidelberg  zurflck- 


1G)  Dahcr  alao  die  mangelhafte  Kunde  von  dem,  wae  sich  aus- 
warts  begab:  b.  o.  Anm.  4. 

17)  Wobei  selbstverst&ndlich  die  Moglichkeit  auf  sich  beruhen 
bleibt,  daan  Werler  etwa  den  Camerarius  zwischen  1636  und  1541  ein- 
raal  in  Tdbingen  besucht  haben  konnte,  wie  denn  dieser  ein  solcbes 
pergdnlichea  Wiederaehen  als  ihra  erwunscht  bezeichnet  hatte. 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMERARIUS'  PLAUTUSSTUDIEN 


117 


erstattet,  leider  auch  heutzutage  noch  nicht  unter  koniglich 
italische  Verwaltung  gekommen. 


Als  ziemlich  iiberflussig  erweist  sich  der  oben  p.  340 
|87]  f.  beiliiufig  gegebene  Nachweis,  dass  und  warum  ein  iu 
der  damaligen  Humanistencorrespondenz  mehrfach  wieder- 
kehrender,  schlechthin  Vitus  ('Vitus  noster')  genannter  Mann 
unser  Vitus  Werler  nicht  sein  konne.  Von  theologischer 
Seite  ward  mir  alsbald  die  Gewissheit,  die  nur  einem  mit 
diesem  Litteraturgebiete  weniger  vertrauten  entgehen  konnte, 
dass  kein  anderer  gemeint  sei  als  der  so  bekannte  wie  ge- 
ehrte  Vitus  Theodorus  oder  Veit  Dietrich,  naher  Freund 
der  Reformatoren  Luther,  Melanchthon,  des  Camerarius  u.  s.  w., 
1549  als  Pastor  an  der  Sebalduskirche  zu  Niirnberg  gestorben, 
an  den  zahlreiche  Briefe  Melanchthons  im  Corpus  reforma- 
torum,  desgleichen  von  Eoban  Hessus  in  der  Sammlung 
'Helii  Eobani  Hessi  .  .  .  et  amicorum  ipsius  Epistolarum 
familiarium  libri  XII'  (Marpurgi  1543.  fol.)  stehen,  an  beiden 
Orten  auch  einige  von  ihm  an  jene,  eine  Anzahl  anderer  bei 
Hummel  gedruckt  ist1*). 

Schliesslich  hat  auch  in  Betreff  der  alten  Plautus- 
handschrift,  welche  Camerarius  aus  England  zu  erhalten 


18)  Namlich  in  B.  F.  Hummers  fEpistolarnni  historico-ccclesiasti- 
carom  seculo  XVI.  et  XVII.  a  celeberrimis  viris  scriptarum  semicentu- 
riae'  I  et  II:  Halae  1778.  1780.  8.  —  Obgleich  uns  sonach  dieser  Vitus 
fur  unsera  Zweck  gar  nichta  angeht,  so  sei  doch  den  auf  ihn  bezflg- 
lichen  Bemerkungen  Heerwagen's,  da  sie  mir  einmal  vorliegen,  hier 
anmerkungsweise  darum  ein  Platz  verg5nnt,  weil  man  nie  wissen  kann, 
wem  etwa  damit  gelegentlich  ein  nfltzlicher  Dienst  geschieht.  <^Was  den 
in  dem  'Tertins  libellus'  gedruckten  Brief  des  Camerarius  an  Henricus 
Crbanus  betrirTt,  so  lasst  mich  sein  Inhalt  schliessen,  dass  er  1527  ge- 
schrieben  ist,  in  welchem  Jahre  Camerarius'  iiltester  Bruder  Hieronymus 
auf  Befehl  des  Bischofs  Weigand  in  Bamberg  in  das  Gefangniss  gesetzt 
wurde:  dies  scheint  mir  wenigstens  das  Privat-Misgeschick  zu  sein, 
auf  welches  der  Brief  hindeutet.  VeitDietrich  war  1527  gerade  20Jahre 
alt,  konnte  also  allerdingB  damals  probeweise  eine  Lehrsteile  in  Franken 
angetreten  haben;  und  der  Ausdruck  'Vitus  0  08^6^'  lasst  vorzugsweiBe 


118 


BIO  -  BIBLIOORAPH18CHB8 


sich  HofTnuug  gemacht  hatte,  eine  einzige  Verweisung  auf 
das  Corpus  reformatorum  genilgt,  um  jeden  Gedanken  an 
eine  Identitat  derselben  mit  dem  sog.  Decurtatus  zu  besei- 
tigen.  Daselbst  namlich  heisst  es  Bd.  III  n.  1086  p.  540 
in  einem  Briefe  Melanchthons  an  Camerarius  vom  10.  Juni 
1538  wie  folgt:  fDe  Plauto  accurate  scripsi  ad  Episcopum 
quendam  Anglicum,  et  ad  Franciscum  nostrum,  qui  cum  tuo 
vetere  amico  Bammelbergio  in  Britanniam  missus  est,  ut  au- 
diant  Regis  voluntatem  de  religione\  Den  Commentar  hierzu 
wiisste  ich  in  nichts  besser  zu  geben  als  mit  Heerwagen  s 
nachstehenden,  alles  aufklarenden  Worten.  «'Franciscus  noster' 
170  ist  Franz  Burchard,  Kanzler  des  KurfQrsten;  der  'vetus  ainicus' 
der  Edle  von  Boineburg.  Der  'Episcopus  quidam'  konnte  etwa 
Thomas  Cranmer  sein,  denn  mit  diesem  stand  Melanchthon  in 
Correspondenz.  Ueber  den  Erfolg,  den  des  letztern  Bemuhungen 
bezflglich  des  Plautus  hatten,  verlautet  in  seinen  Briefen  nichts 
weiter.  Die  Gesandten  kamen  Anfang  Octobers  aus  England 
zuriick,  und  am  6.  November  besuchte  Camerarius  Melanch- 
thon  in  Wittenberg.  Dort  wird  er  ohne  Zweifel  miindlich 
von  Melanchthon  erfahren  haben,  ob  in  dieser  Angelegenheit 
etwas  zu  erreichen  war.  Es  ist  zu  vermuthen,  dass  seiiie 
Erwartungen  getauscht  wurden.  Hatte  er  die  Handschrift 
wirklich  erhalten,  so  wiirde  er  es  sicherlich  mit  dem  Aus- 
druck  des  Dankes  gegen  die  Miinner,  die  ihm  dazu  verholfen 
hatten,  in  seiner  Epistola  nuncupatoria  kurz  erwiihnt  haben. 
Den  'codez  decurtatus'  hat  er  ohne  .Zweifel  auf  einem  Wege 
erlangt,  der  ihn  der  Muhe,  sich  Uber  seine  Provenienz  weiter 
auszulassen,  iiberhob,  obgleich  es  immerhin  seltsam  bleibt, 

an  Veit  Dietrich  denkeu,  der  iiberall  gemeint  ist,  wo  fVitus  Norimber- 
gensia'  steht.  Die  Briefe  im  Corpus  reform.  I  n.  621  und  522  konnen 
mit  diener  Annahme  in  Einklang  genctzt  werden.  Darnach  hatte  Veit 
die  flbertragene  Lehrstelle  bald  wieder  aufgegeben  und  w&rc  nach 
Wittenberg  gegangen,  von  wo  aus  er  durch  Melanchthon  flir  Ertheilung 
eincs  Niirnberger  Stipendiums  empfohlen  wird.  —  Dass  an  einen  dritten 
Vitus  jener  Zeit,  der  zum  Unterschied  von  seinem  Geburtsort  Wins- 
hoim  [oder  Windsheim,  nicht  'Weinsheim']  in  Franken  fVitus  Vinse- 
mius'  heisst,  nicht  zu  denken  sei,  geht  schon  daraus  hervor,  dass  dieser 
um  1527  bereits  eine  Privatechule  in  Wittenberg  hatte  und  sich  dort 
bald  habilitirte.» 


Digitized  by  Google 


ZU  CAMKRARIUs'  PLAUTUSSTUDIEN. 


110 


dass  er  ihn  ganz  und  gnr  mit  Stillschweigen  iibergeht»  — 
Vielleicht  war  jener  englische  Codex  der  die  ersten  acht 
Stiicke  enthaltende  des  Britischen  Museums  mit  der  Signatur 

~}  von  dem  ich  in  den  Prolegomena  p.  XLI  sprach.  Wenig- 

stens  scheint  er  der  einzige  in  England  vorhandene  zu  sein, 
der  iiber  das  15te  Jahrhundert  hinaufreicht:  obgleich  sich 
die  gute  Meinung,  die  ich  ehedeni  von  ihm  hatte,  keineswegs 
bevvahrte,  seit  er  mir  durch  Collationen  meines  Freundes 
Einil  Braun  und  weiterhin  durch  mehrfache  sonstige  Mitthei- 
lungen  niiher  bekannt  geworden  war.  Er  wUrde  also  auch 
dem  Camerarius  neben  dem  Vetus  wenig  geuiitzt  haben. 


Digitized  by  Google 


IV. 

Curae  secundae 

zu  lieft  I  der  'Neuen  Plautinischen  Excurse'.*) 

Was  sich  dem  Verfasser  einer  Druckschrift  untersuchen- 
den  Charakters  zucrst  aufzudrangen  pflegt,  oft  schon  nach 
Wochen,  irnnier  nach  Monaten,  das  liiuft  meist  auf  Vervoll- 
standigung,  Bestatigung,  Erweiterung  des  Gesagten  hinaus. 
In  einem  spiitern  Stadium  treten,  gewohnlich  durch  Wider- 
spruch  anders  urtheilender  hervorgerufeu ,  Berichtigungen 
oder  aber  Rechtfertigungen  hinzu.  Sei  es  mir  gestattet> 
hier  zunachst  unter  dem  ersten  Gesichtspunkte  einige  Nach- 
triige  zu  geben.  Ich  denke  denjenigen,  die  sich  flberhaupt 
fUr  diese  Fragen  interessiren,  wird  es  am  bequemsten  sein, 
wenn  ich  einfach  die  Reihenfolge  der  in  der  Druckschrift 
selbst  behandelten  Gegenstande  festhalte. 

G.  Hermann's  Abneigung  gegen  das  auslautende  d  in 
med  ted,  die  ich  p.  8  hervorhob,  konnte  noch  ausdrucklicher 
belegt  werden  durch  seine  eigenen  Worte  in  der  Vorrede  zu 
den  Bacchides  p.  VI  f.:  fEgo  quidem  id  egi,  ut  verba  poetae 
ita  exhiberem,  quemadmodum  ab  eo  vel  scripta  esse  vel  po- 
tuisse  scribi  videbantur:  quae  si  tibi  et  paucis  illis,  qui  lia- 
rum  rerum  aliquem  sensum  habent,  non  displicuerint,  non 
quaeram  quid  illi  sentiant,  qui  aut  devoratas  cum  omni 
squallore  sacras  membrana,s  aut  procusos  ab  sese  confragosos 
numeros  omnipotentemque  d  litteram  sine  cruditate 
concoquunt\  — 

*)  [Rhein.  Mufleum  f.  Thil.  XXIV  (1869)  p.  482-492.] 


CVRAE  8ECVNDAE. 


121 


Nach  GrotefencTs  schoner  Entdeckung  vom  eigentlichen 
Wesen  des  auslautenden  d,  die  ich  p.  9  f.  besprach,  hatten 
zwar  auch  ablehnende  Auffassungen  erwahnt  werden  konnen, 
wie  namentlich  die  von  Osann  in  seiner  'Commentatio  de 
pronominis  tertiae  personae  formis'  (Gottingae  1845),  in  der 
er  sich  mit  lebhafter  Polemik  ftlr  eiu  vollig  zweck-  und  be- 
deutungslos  angehangtes  d  ereiferte.  Ich  kannte  diese  Ab- 
handlung  sehr  wohl,  iiberging  sie  aber  mit  Stillschweigen, 
weil  ich  erstens  den  darin  verfochtenen  Standpunkt  fur  vollig 
antiquirt  hielt,  und  zweitens  Osanns  in  der  Regel  so  stumpfe 
und  verschwommene  Erorterungen  uberhaupt  nicht  ohne  *m 
Noth  citire.  Dass  ich  jetzt  docli  darauf  zuriickkomme,  ge- 
schieht  einzig  um  darauf  aufmerksam  zu  machen,  wie  schla- 
gend  jene  Flachheiten  schon  damals  von  G.  Curtius  in 
einer  Recension,  die  mir  allerdings  entgangen  war,  zuriick- 
gewiesen  wurden  in  Zeitschrift  f.  d.  Alterthumswiss.  1846 
p.  754  ff.  — 

Neben  F.  Bilcheler  musste  p.  19  auch  W.  Christ 
genannt  werden,  der,  grossentheils  mit  schon  von  Bucheler 
beigebrachten  Beispielen,  diesem  wesentlich  beistimmte  im 
Rhein.  Mus.  f.  Phil.  XXIII  p.  564.  Meinerseits  habe  ich 
leider  diesen  Aufsatz  nicht  nur  erst  nach  Abfassung,  sondern 
selbst  erst  nach  der  Drucklegung  raeiner  Schrift  gelesen, 
darum  weder  auf  angebliche  Belege,  wie  Curc.  III,  59  und 
Cas.  II,  3,  20,  die  meines  Erachtens  nicht  hieher  gehoren, 
noch  auf  die  Anmerkung  2  zu  p.  564  Riicksicht  nehmen 
konnen,  der  ich  bedauere  in  jedem  ihrer  Satze  von  meinem 
Standpunkte  aus  widersprechen  zu  inilssen.  — 

In  dem  Ennianischen  Verse  p.  33  hatte  sich  des  med 
cgo  esse  mit  Recht  schon  Vahlen  im  Rhein.  Mus.  XVI 
(1861)  p.  582  angenommen  gegen  Ernesti's  flache  Aenderung 
memet  esse.  — 

Zu  den  p.  35  ff.  aufgefiihrten  Beispielen  eines  herzu- 
stellenden  med  oder  ted  lasst  sich  —  vorbehaltlich  anderer, 
die  ohne  Zweifel  nachfolgen  werden  —  fttr  jetzt  hinzufiigen 
Capi  II,  3,  9  (369): 

Ad  ted  atque  illum:  pr6  rota  me  uti  licet: 
wo  Ad  te  dtque  ad  illutn  eben  so  wenig  nothig  ist  wie  z.  B. 


Digitized  by  Google 


122  CVRAK  6ECVNDAE 

Truc.  I,  1,  26  db  rc  atque  ab  animo  statt  db  rcd  atque 
animv,  oder  in  ahnlichen  Stellen  mehr  die  ncuerdings  ein- 
pfohlene  und  selbst  aufgenommene  Wiederholung  der  Pra- 
position  in  doppelten  Satzgliederu  dieser  Art. 

Der  ebenda  beigebrachte  Vers  Curc.  V,  2,  21  (619) 
blieb  hier  besser  fort,  da  er,  mit  Hiatus  in  der  Diaresis 
also  gemessen: 

Quam  ego  pecuniam  quadruplicem  abs  te  et  lenone  auferam, 

allerdings  keiu  ted  erforderlich  macht.  Seine  Stelle  konnte 
er  nur  allenfalls  in  §  13  finden,  wo  die  grossere  Wahrschein- 
lichkeit  erwogen  ward,  dass  auch  in  jener  Diaresis  der  Dichter 
den  Hiatus  lieber  vermieden  als  gesucht  oder  zugelassen 
habe.  Unbedingt  wird  wenigstens  diese  Auffassung  zu  gelten 
haben  fiir  den  p.  36  mit  aufgeztihlten  Vers  Aul.  II,  2,  55: 

fit  te  utar  iniquiore  et  meus  med  ordo  inndeat, 

wo  ein  etwaiges  iniquiore  ct  metis  me  ordo  doppelt  verwerf- 
lich  ware:  erstlich  weil  in  dieser  beliebten  pronominalen 
Zusammenstellung  die  Betonung  mcus  mc  u.  dgl.  die  gewohn- 
heitsmiissige  ist  (wie  gleich  Aul.  III,  4,  6  meus  tned  intus)\ 
zweitens  weil,  wenn  man  auch  in  der  Zulassung  jenes  Hiatus 
noch  so  liberal  gesinnt  sein  mag,  doch  ?der  hassliche  Zu- 
saminensto8s  zweier  kurzer  e  an  dieser  Stelle  jedes  feinere 
Ohr  verletzen  niuss',  gerade  wie  in  supretne  et  Capt.  V,  2, 
23  (976),  wovon  p.  41  gehandelt  wurde  (vergl.  auch  p.  47. 
484  88).  Der  erste  Grund  allein  ist  es,  der  auch  ein  (an  sich 
sehr  wohl  mogliches)  iniquiored  ct  mcus  tne  ordo  abweist. 

Etwas  unsicherer  ist  ein  anderes  ted  in  Capt.  n,  1,  43 
(240),  wo  ich  aber  doch,  im  engsten  Anschluss  an  die  Ueber- 
lieferung,  glaube  zwei  iambische  Septenare  anerkennen  zu 
mUssen: 

Audio::  Et  propterea  saepius  ted  dt  memineris  moneo: 
Non  ego  erus  tibi,  sed  servos  sum.  nunc  opsecro  te  hoc 

tfnum. 

In  fortlaufenden  iambischen  Septeuaren  ganzer  Scenen  wure 
zwar  eine  Synizese  wie  audio  sicher  unstatthaft;  aber  ein 
anderes  ist  es  mit  solchen,  die  in  einem  Canticum  inmitten 


nijiiwi  mij  ^  +pk 


ZU  DEN  fNEUEN  PLAUTINISCEN  EXCURSEN'. 


123 


anderweitiger  Metra  eingestreut  werden  und  dann  auch  die 
freiere  Prosodie  der  Octonare  u.  s.  w.  ganz  anstandslos 
theilen.  — 

P.  40  war  in  dem  Verse  Most.  III,  2,  126  (813)  nicht 
sowohl  ein  ausgefallenes  Jms,  als  vielmehr  liascc  zu  ver- 
niuthen: 

Noli  facere  mentionem  te  hdscc  emisse::  Intellego: 

gemass  der  iiberzeugenden  Beobachtung  Fleckeisen's  in  Jahrb. 
f.  Phil.  u.  Pad.  Bd.  60  (1850)  p.  245,  wonach  es  fast  immer 
haec(e)  aedes,  illaec  aedes,  nicht  hae  oder  illae  heisst.  — 

P.  41  war  mit  einem  Worte  zu  bemerken,  dass  in  dem 
Trinummusverse  II,  4,  181  (582)  die  Tilgung  der  Worte 
Quin  tu  schon  von  Hermann  in  der  Vorrede  zu  seinem  Tri- 
nummus  p.  XIX  vorgeschlagen  war,  wenn  man  auch  im 
Uebrigen  mit  der  dortigen  Behandlung  des  Verses  nicht  ein- 
verstanden  sein  kann.  — 

P.  49  Anm.  habe  ich  versaurat  den  sehr  moglichen  Fall 
zu  erwiihnen,  dass  der  ganze  Vers  Aul.  II,  4,  26,  den  ich 
mit  Hinzufiigung  eines  Ibi  so  schrieb:  Ibi  nequid  animac 
fortc  amiitat  dormiens,  nur  die  irrthumliche  Wiederholung 
von  Vers  24  sei,  da  auch  ohne  ihn  die  Weehselreden  des 
Strobilus  und  des  Congrio  vollkommen  verstiindlich  fort- 
schreiten.  Wiewohl  anderseits  auch  die  absichtliche  Wieder- 
bolung  derselben  Worte  dem  Humor  der  Stelle  gut  genug 
entspricht  — 

Zu  den  p.  52  erwahnten  Beispielen  eines  fur  sc  in  die 
Hss.  eingedrungenen  falschen  sese  liess  sich  weiter  anftihren 
Trin.  arg.  7  ferre  se[se]  d  patrc.  Auch  Terenz  Adelph.  II, 
3,  10  (263)  wird  mit  Fleckeisen  hieherzuziehen  sein.  — 

Das  p.  54  neben  profiteri  anerkannte  prbfiteri  hatte 
ebenfalls  schon  Vahlen  a.  a.  O.  p.  482  in  Schutz  genom- 
meu.  — 

Derselbe  fiigt  ebenda  den  p.  55  f.  zusammengestellten, 
ausserplautinischen  handschriftlichen  Spuren  eincs  alten  d 
den  bei  Appulejus  erhaltenen  Vers  der  Ennianischen  Hcdy- 
phagetica  fp.  166  V.  6  seiner  Ausgabe)  hinzu,  in  welcheni 
der  Florentiner   Archetypus    mit   seinem    surrcnH  telopcm 


Digitized  by  Google 


124 


CVRAE  SECVNDAE 


allerdings  so  deutlich  wie  nioglich  auf  ein  Surrentid  clopem 
hinweist.  An  sich  konnte  man  zwar  sehr  zweifelhaft  sein, 
ob  nicht  schon  sehr  friihzeitig  das  verirrte  Sprachgefuhl  eine 
ursprfingliche  Locativform  wie  Surrenti  fiir  einen  reinen 
Genitiv  nahm  und  demgcmass  mit  einem  angehangten  d  n  i  c  h  t 
erweiterte;  aber  das  Gegentheil  ist  doch  gerade  eben  so  gut 
moglich  und  erhalt  durch  Formen  wie  rurid  lucid  einc  Art 
von  Beglaubigung,  die,  wenn  auch  nicht  alles,  doch  mehr 
als  nichts  beweist.  Liisst  man  aber  Surrcntid  mit  localer 
Bedeutung  gelten,  so  ist  naturlich  auch  gegen  das  ohne 
handschriftlichen  Anhalt  in  Vers  2  von  Vahlen  gesetzte 
Acnid  aspra  uichts  Stichhaltiges  mchr  einzuwenden.  — 

Wichtiger  noch  .  fiir  den  Plautus  sind  zwei  mir  von 

0.  Ribbeck  brieflich  in  Erinnerung  gebrachte  Stellen  des 
Titinius,  in  denen  gleichfalls  die  handschriftliche  Ueber- 
lieferung  selbst  ein  ablativisches  d  klarlich  gerettet  hat. 
Erstens  in  Vers  165  R.: 

Obstrudulenti  [da]  aliquid,  quorf  pectam  sedens, 

wie  ihn  (abgesehen  von  dem  zugesetzten  da)  Festus  p.  193, 
17  gibt.  Denn  dass  hier  in  quod  kein  Accusativ  zu  sehen 
sei,  entging  weder  Scaligern,  noch  Neukirch  Fab.  tog.  p.  144, 
noch  Hermann  Opusc.  V  p.  276.  —  Die  andere  Stelle  ist 
V.  46  R.: 

Desuevi  ne  quod  ad  cenani  iret  extra  consilidm  meum: 

wo  quod  statt  quo  die  massgebende  Autoritiit  der  Leidener, 
irct  statt  exirct  die  der  Bamberger  imd  der  Wolfenbiitteler 
Handschrift  des  Nonius  p.  94,  3,  letzteres  zugleich  den 
Sprachgebrauch  fdr  sich  hat,  iambisches  Metrum  aber  sehr 
rait  Recht  von  Lachmann  zu  Lucr.  p.  277  behauptet  wurde. 

Verhalt  sich  das  aber  mit  diesem  Verse  also,  so  leistet 
er  uns  ferner  den  schatzbaren  Dienst,  dem  p.  57  aus  Most. 

1,  4,  20  (334)  beigebrachten  Zeugniss  fiir  adverbiales  quod 
=  quo  einen  zweiten  Beleg  hinzuzufiigen,  so  dass  die  hier- 
von  p.  79  ff.  auf  die  gleichartigen  Adverbialbildungen  ge- 
machten  Anwendungen  jetzt  auf  eincm  doppelten  Grunde 
ruhen. 


ZU  DEN  'neuen  plautinischen  excursen*.  125 

Zugleich  gewinnt  durch  diese  beiden  Titiniusverse,  wenn 
sie  voratehend  richtig  aufgefasst  worden  sind,  die  schon 
fruher  (Parerga  p.  194,  vgl.  Momrasen  R5m.  Gesch.  I3  p.906, 
I4  p.  920)  aufgestellte  annahernde  Zeitbestiraraung,  wonach 
der  genannte  Dichter  alter  als  Terenz  zu  denken,  eine  er- 
wunscbte  Bestsitigung.  — 

Unter  den  p.  57  f.  aufgestellten  Zeugnissen  fur  die 
Schreibung  nequiquam  statt  nequicquam  war  der  Vers  Persa 
IV,  3,  40  (515)  besser  zu  streichen,  da  ftir  ihn  die  einleuch- 
tende  Wahrscheinlichkeit,  dass  er  mit  dem  Palimpseat  so 
zu  schreiben  sei: 

Neque  quam  tibi  Forttfna  faculam  ltfcrifica  adlucere  volt, 

schon  von  Biicheler  in  Fleckeisens  Jahrb.  Bd.  87  (1863) 
p.  783  empfunden  wurde,  wenn  auch  mit  unnothiger  Ver- 
anderung  des  im  vorangehenden  Vorso  stehenden  instct  in 
instat,  da  der  Moduswechsel  von  quid  insict  und  quam  volt 
von  Haupt  im  Hennes  III  p.  337  mit  Recht  in  Schutz  ge- 
nommen  ist.  — 

Das  hier  zur  Sprache  gekommene  ncquidquam  ladet 
aber  zugleich  zur  Erorterung  einer  anderweitigen  Formel  der 
Umgangssprache  der  Komodie  ein:  einer  Erorterung,  die 
auch  in  dem  Falle,  dass  sie  nur  ein  negatives  Resultat  er-  , 
glibe,  nicht  unniitzlich  sein  wird.  Ich  meine  die  so  hiiufige 
Verbindung  quid  iam?  welche  in  dem  Sinne  von  fwie  so', 
also  =  qui  =  quamodo,  somit  als  Ablativ  aufzufassen,  nicht 
aber  als  fwas  nun',  rwas  denn'  in  nominativer  oder  accusa- 
tiver  Bedeutung  zu  erklaren,  die  Mehrzahl  der  Beispiele  sebr 
verfQhrerisch  sein  kann.  Ftir  diesmal  wurde  mich  indess 
dieses  Thema  —  bei  zufallig  beschranktem  Kaum  —  zu  weit 
fiihren,  als  dass  ich  seine  Ausfiihrung  nicht  lieber  fiir  die 
Fortsetzung  dieser  Curae  secundae  aufsparte,  fiir  die  schon 
jetzt  mancherlei  Stoff  vorhanden  ist.  —  * 

Den  p.  62  gesammelten  Beispielen  eines  im  nominalen 
Gebiet  herzustellenden  ablativischen  d  wolle  man  zuvorderst 
die  nachstehenden  hinzufiigen: 

Amph.  I,  2,  36  (498):  Cum  Alcumenad  Uxore  usuraria 
oder  aber:  Cum  Alcumena  uxored  usuraria: 


Digitized  by  Google 


126 


CVRAE  8ECVNDAE 


zwischen  welchen  beiden  Moglicbkeiten  die  Entscheidung, 
wie  in  so  manchem  ahnlichen  Falle,  frei  gegeben  ist,  wah- 
rend  der  Hiatus  nach  Cum  einer  ganz  besondern  Unter- 
suchung  vorbehalten  bleibt.  Ferner 

Amph.  I,  3,  47  (545):  Pnus  tuarf  opmione  hic  adero:  habe 

animdm  bonum: 

wo  die  Umstellung  des  iiberlieferten  bonum  animum  ltabe 
unter  allen  Umstanden  keinen  Einfluss  auf  die  erste  Vers- 
hiilfte  hat.  Desgleichen 

Iiud.  III,  5,  38  (818):  Et  tfbi  ille  servos  ciim  erorf  huc 

advenerit. 

Zweifelhafter  Auffassung  konnen  zwei  andere  ebenda 
mit  aufgefiihrte  Verse  scheinen,  obwohl  sie  jedenfalls  an 
einer  von  zwei  moglichen  Stellen  ein  d  unweigerlich  erfor- 
dern:  namlich  Amph.  prol.  149  und  Curc.  II,  3,  61  (340), 
wenn  sie  nicht  so,  wie  dort  geschehen  und  wie  es  mir  auch 
noch  jetzt  das  wahrscheinlichere  ist,  gemessen  wilrden,  son- 
dern  vielmehr  in  dieser  Weise: 

A  pdrtud  illic  ndnc  cum  lanterna  advenit1). 

Dico  rae  illo  venisse  animi  cailsa:  ibi  med  interrogat: 

der  letztere  ganz  ahnlich  wie  sich  auch  der  p.  63  Anm.  *) 
erwiihnte  Vers  Poen.  V,  2,  98  so  lesen  lasst: 

Surniptus  sum  illiw:  hic  med  Antidama  hospes  tuos.  — 

In  der  Penthemimeres  des  iambischen  Senars 
konnte  man  p.  72  die  Messung  des  Verses  Asin.  IV,  2,  16 
(825)  Cum  suo  sibi  f/ndtod  unam  ad  amicam  de  die  anfochten, 
wenu  man  Cum  suo  sffrt  ynato  unam  vorziehen  wollte:  aber 
rait  eiuem  so  in  der  Thesis  verschwindendeu  gnato  und  zu- 
gleich  einem  so  wenig  fl&ssigen  Rhythmus,  dass  hoffentlich 
niemand  diesen  Weg  ernstlich  einschlagen  wird. 

Einen  Zuwachs  wOrden  die  hiesigen  Beispiele  des  durch 
d  aufgehobenen  Hiatus  in  der  Penthemimeres  erhalten  durch 
Casina  prol.  73: 

1)  CleraUe  wie  auch  Bacch.  11,  3,  70  (304)  p.  73  zwischen  exttrnplo 
a  portud  ire  und  extemplod  a  portu  ire  die  Wahl  frei  blieb. 


Digitized  by  Google 


ZU  DEN  fNKUEN  PLAUTIN4SCHEN  EXCURSEN'.  127 

Maioreque  opererf  fbi  serviles  niiptiae2)  487 
Quam  liberales  etiam  curari  solent, 

wenn  das  nicht  so  gewiss  wie  moglich  ein  nachplautinischer 
1'rolog  wiire.  Und  doch  hilufen  sich  allmahlich  die  aus  sol- 
chen  Prologen  entnommenen  Beispiele  eines  durch  einfache 
Hmzufiigung  des  d  verschwindenden  Hiatus  dergestalt,  dass 
man  sich  mehr  und  mehr  zu  der  Annahme  versucht  fiihlt, 
es  nioge  im  Anfange  des  siebenten  Jahrhunderts  d.  St.,  als 
jeues  d  im  lebendigen  Gebrauch  bereits  nicht  mehr  existirte, 
dasselbe  doch  noch  nicht  so  ganz  aus  der  Erinnerung  und 
dem  Plautustexte  selbst  geschwunden  sein,  dass  nicht  Plau- 
tinische  Nachahmung  es  gelegentlich  zur  Anwendung  brin- 
gen  konnte.  Ueberlassen  wir  die  Entscheidung  dariiber  der 
reifern  Erkenntniss  der  Zukunft,  und  zwar  in  diesem  Falle 
uni  so  mehr,  als  ja  doch  auch  als  beabsichtigte  Messung 
ein  (wenn  auch  fUr  Plautus  selbst  nicht  eben  wahrschein- 
liches)  Maioreqiie  opere  tbi  s.  n.  denkbar  wiire,  ganz  ent- 
sprechend  der  in  den  Gesetzesurkunden  des  7.  Jhdts  so  ge- 
wohnlichen  Schreibung  ibei.  — 

Will  man  die  Adverbialverbindungen,  in  denen  eine 
spliter  nur  mit  dem  Accusativ  construirte  Praposition  sich 
noch  mit  dem  Ablativ  verband,  ganz  vollstiindig  haben,  so 
fDge  man  den  p.  82  zusammengestellten  Formen  noch  hinzu 
erstlich  postillac,  sodann  aber  neben  (piapropter  liacproptcr 
und  propterea  das  dort  zufallig  vergessene  eapropter,  wenn 
es  auch  meines  Wissens  nur  ein  einziges  Mal  erhalten  ist 
in  dem  Citat  des  Servius  zu  VirgiVs  Ecl.  VII,  31  aus  Terenz 
Andr.  V,  5,  3,  wo  es  Bentley  mit  seiner  gewohnten  Einsicht 
zu  Ehren  gebracht  hat.  — 

Das  hieher  gehorige  praeterea  mit  d  (p.  83)  wird  auch 
noch  Trucul.  II,  4,  91  herzustellen  sein: 

Praeteread  opsomiri  dumtaxat  mina; 

das  gleichartige  proptcrca  vielleicht  (s.  o.)  selbst  in  dem 
Prologverse  der  Casina  59: 

Propteread  una  consentit  cum  filia.  — 


2)  oPERis  atatt  opera  der  Paliuipsest. 


128  CVRA^  SECVNDAE 

Das  in  der  Anra.  zu  .p.  85  f.  uur  kurz  berflhrte  quae 
res?  ohne  est  (also  den  Opusc.  phil.  II  p.  609  besproehenen 
Fallen  beizuzahlen)  wird  wohl  in  dieser  Gestalt  als  aus- 
•  schliesslich  ubliche  Forrael  anzuerkennen  sein.  Haudschrift- 
lich  beglaubigt  haben  wir  es  zunachst  in  den  schon  beige- 
brachten  vier  Beispieleu: 

Foen.  V,  4,  29:  Quae  r»\s?  iara  diud  edepdl  tuara  sapien- 

tiara  haec  quidem  abtisast 
Asin.  11,  4,  7 1  (477):  Pergin  precari  pessumo?  : :  Quae  rea? 

tun  libero  hdmini  — . 
Cas.  III,  G,  8:  Quae  res?  : :  Haec  res  : :  Etiamne  adstas? 

Eniinve*ro  TrpotYuaTd  uoi  Tfap^x^tc3). 
<«*     Mil.  IV,  8,  34  (1343):  Quora  abs  te  abeam  : :  Fer  aequorf 

anirao  : :  Sed  quid  hoc?  quae  res?  quid  est?4) 

Zu  ihnen  gesellen  sich  aber  noch  folgende  neue: 

Aulul.  III,  2,  9:  Sed  quid  tibi,  raendice  homo,  nos  tactiost? 

quae  res?:') 

Oas.  II,  8,  18:  vix  reprirad  labra, 

Ob  istanc  rera  quin  te  deosculer,  voluptas  mea. 
: :  Quid?  deosculerc?  quae  res?  quae  voluptas  tua?c) 

Nichts  anderes  als  qunti  rrs  gebcn  auch  Casina  IV,  4,  7  die 
Hss.  mit  dem  Palirapsest,  was  demnach  festzuhalten  ist,  wie 
man  auch  sonst  fiber  die  Herstellung  dieser  ziemlich  ver- 


8)  Die  Verae  aind  anapiiatiache  Dhnetri,  wenn  raan  aie  nicht  etwa 
lieber  zu  einem  Octonar  verbinden  will.  Das  haec  res  als  Antwort  ist 
geradc  so  geaagt  wio  bei  una  'Warum?'  'Daruni'. 

4)  So  glaube  ich  auch  jetzt  noch  die  schlimmen  handscbriftlichen 
Wirreale  der  Stelle  am  wahrecheinlichsten  zu  bcaeitigen;  aber  auch 
wer  darflber  anderer  Meinung  iat,  wird  wenigatena  in  dem  zweiten 
Halbveree  (wie  auch  derselbe  durch  andere  Pereonenabtheilung  mog- 
licher  Weiae  noch  zu  verbessern  sein  mag)  daa  in  dem  haudachrift- 
lichen  queris  unverkennbar  liegende  quae  res  unangefochten  lassen 
mflaaen. 

6)  Mit  einziger  Umatellung  des  nos  nach  Iteiz  bei  Hermann  de 
metri8  p.  172. 

6)  So  iat  der  Vers  durch  Hinzufugung  einea  einzigen  e  hergeatellt, 
wahrend  die  Has.  rait  dera  Vetus  nur  deosculer  geben.  Aua  dera  letz- 
tern  iat  istanc  (dr  istam. 


Digitized  by  Google 


ZU  DEN  'NECEN  PLAUTINISCHEN  EXCUKSEN'.  129 


derbten  Verse  denke:  vgl.  Brix  in  Fleckeisen's  Jahrb.  Bd.  91 
(1865)  p.  65.  —  Wenn  wir  nun,  allen  diesen  sichern  Bei- 
spielen  gegeniiber,  in  den  Hss.  des  Persa  III,  1,  32  (360) 
einen  Senar  lesen,  der  gar  kein  Vers  ist:  Ne  fiat : :  Quae  hae 
res  (oder  hcrcs,  oder  im  Palimpsest  -eaeres)  sunt?  : :  Cogita 
hoc  verbum  pater,  und  wenn  hier  keinem  Verstandigen  ver- 
borgen  bleiben  kann,  dass  sunt  aus  Interpolation  stammt: 
wird  sich  derselbe  dann  wohl  noch  strauben,  auf  dieselbe 
Interpolation  auch  das  hae  (oder  eae)  zurflckzufubren  und 
den  Vers  in  dieser  Gestalt  als  Plautinisch  anzuerkennen : 

Ne  fiat : :  Quae  res?  : :  Cogita  hoc  verbiSm,  pater  — ? 

So  gut  wie  einmal,  konnte  aber  auch  noch  ein  ander  Mal 
das  der  Folgezeit  fremd  gewordene  quae  res  durch  quae  liaec 
res  est  erklart  werden,  wie  es  gescheheu  sein  wird  im  Persa 
V,  2,  6f>  (846),  wo  zwar  das  Metrum  in  dem  trochaischen 
Octonar  Hicinest,  qui  fuit  qumulam  fortis?  :  :  Quae  liaec  res 
estf  ei,  colapho  me  icit  nichts  vermissen  liisst,  aber  doch  mit 
grosser  Wahrscheinlichkeit  der  Dichter  vielmehr  geschrie- 
beu  hat 

Hicinest,  qui  fuit  quondam  fortisV  :  :  Quae  res?  ei  ei}  c6- 

laphum  mi  icit. 

Ho  ist  deun,  wenn  mir  nichts  entgangen,  nur  noch  eine 
Sudle  ubrig,  in  der  man  heutigen  Tages  quae  ttacc  res  liest: 
im  Truculentus  II,  7,  50,  aber  wohl  zu  merken  nur  aus  Con- 
jectur  fiir  eiu  Uberliefertes,  jedoch  unbrauchbares  quae  (oder 
que)  ttercles.  Darin  wird  nun  zwar  in  der  That  nichts  an- 
ileres  stecken  als  eben  jenes  schon  von  den  Cinquecentisten 
veriuuthete  quae  haec  res  [vergl.  Trin.  507 J,  aber  iicht 
braucht  darum  natiirlich  das  haec  ganz  und  gar  nicht  zu 
sein,  lasst  sich  vielmelir  oben  so  wie  in  den  beiden  Versen 
des  Persa   als  nachplautinischer  Zusatz  ansehen.   —  Fiir 

7)  Da  dem  haodscbriftlicben  colaphum  icit  ein  colaphum  mi  icit 
noch  etwas  niiber  liegt  al»  colapho  me  icit,  wird  man  jene  Con- 
struction  viclleicbt  wagen  durfen  im  Hinblick  auf  da«  Terenzische 
colaphos  infregit  mitii  in  den  Adelphen  N,  1,  45  (199):  wie  ja  auch 
bei  unu  im  gemeineu  Leben  Redensarten  vorkommen  wie  fer  haut  ibm 
eiue  Ohrfeige'. 

FK.  KIT8CHELII  OPV8CVLA  III.  9 


Digitized  by  Google 


130 


CVRAE  8ECVNDAE 


wen  ein  Inductionsbeweis  dieser  Art  keine  Ueberzcugungs- 
kraft  hat,  nun  der  muss  sich  eben  d&init  begnflgen,  neben 
achtmaligem  quoe  res  auch  ein  einmaliges  quae  Jiaec  res 
und  ein  ebenfalls  eimnaliges  quae  haec  res  est  anzunehmen: 
«o  wenig  das  auch  einleuchtender  Massen  dem  Wesen  der  in 
fonnelhaften  Wendungen  so  zahen  Uingangssprache  ent- 
spricht.  — 

Mit  den  p.  89  erwahnten  (localen)  Ablativen  ruri,  per- 
eqri  steht  ganz  auf  einer  Linie  auch  luei,  dem  sein  altes 
d  zurflckzugeben  ist  in  Casina  V,  2,  7: 

Tandem  u*t  veniamus  lucir/:  ego  cras  luc  ero.  — 

Fflr  ein  nothwendiges  sed  =  sine  habe  ich  zwar 
auch  jetzt  noch  eben  so  wenig,  wie  frflher  p.  99,  einen  Be- 
leg;  aber  wenigstens  fflr  die  Form  se  bietet  sich  eine  Stelle 
dar,  die  wohl  kaum  einem  Zweifel  Raum  liisst:  im  Pseudulus 
I,  3,  144  (378): 

Sed  se  argento  frn"stra's  qui  me  tui  misereri  postulas: 

wo  die  Handschriften  (mit  A)  sine  argento  gebeu,  die  Ver- 
kflrzung  der  Sylbe  arg-  zwar  nicht  schlechthin  undenkbar, 
aber  doch  jedenfalls  so  aussergewohnlich  wiire,  dass  dann 
immer  uoch  grossere  Wahrscheinlichkeit  eine  Vertauschung 
von  argento  und  numnw  hatte,  wie  sie  II,  2,  49  (644)  that- 
sachlich  stattgefunden  hat.  —  Sonst  kenne  ich  im  Plautus 
keinen  Vers,  in  welchem  die  Form  sine  das  Metrum  storte, 
ausser  weun  man  die  von  mir  Proleg.  p.  CXXXII  ff.  nach- 
gewiesene  Verkflrzungsfahigkeit  der  ersten  Sylbe  von  omnis 
leugnet,  wie  daa  ohne  weitere  Begrflndung  *)  Bergk  gethan 

8)  Dass  ich  das  von  ihm  iui  Vorflbergehen  Beigebrachte  nicht  fur 
eine  'Begriindung'  ansehe,  nimmt  er  gewia»  selbst  nicht  flbel.  Es  be- 
steht  n&mlich  nur  in  den  an  'Waaii  senarius'  erinnernden  Behaup- 
tungen,  dass  quod  omnes,  quid  omnes  als  quo  omnes,  qui  omnes,  ita 
omnis  als  ta  omnis,  per  aU  pr,  desgleichen  quia,  sibi,  eao  einBylbig 
ge«prochen  worden,  also  z.  B.  die  Verse  Quid  hoc  negdtist,  qwnl  omnes 
homines  u.  s.  w.,  oder  Ita  omnis  de  Ucto  u.  s.  w.  *u  lesen  aeien: 

Qui'  hoc  negotut,  quo'  6mnes  homines  fabulantur  per  viam: 
'ta  omms  de  tecto  de"turbavit  tegulas. 

Wobei  man  sich  nur  flber  den  unntitzen  Umweg  wundert,  und  sich 


ZU  DEN  rNEUEN  PLAUTINISCHEN  EXCUUSEN'.  131 


hat  im  Index  schol.  aest.  Hal.  a.  186G  p.  VI.    Denn  in  <ao 
diesem  Falle  traten  noch  zwei  neue  Belege  eines  mit  se  zu 
vertauschenden  sine  hinzu,  die  ich  als  an  sieh  sehr  wohl 
moglich  keineswegs  hestreiten  will,  ohne  doch  die  Nothwen- 
digkeit  ohne  weiteres  zugeben  zu  konnen: 

Aul.  IV,  1,  20:   Nunc  se  onini  suspitione  iu  ara  hic  ad- 

sidam  sacra. 

Trin.  III,  1,20  (G21):  Quoi*  tuam  quom  rem  credideris,  se 

omni  cura  d<5rmias.  — 

Wie  p.  99  ein  dreisylbiges  mehcrcle  geleugnet  wurde, 
genau  so  urtheilte  (gegen  Lachmann  zu  Lucr.  p.  162)  flber 
ein  vermeintlich  viersvlbiges  meherndr  oder  mehercides  Luc. 
Muller  in  der  Vorrede  zu  seinera  Phaedrus  p.  XI,  und  cor- 
rigirte  danach  niit  Recht  den  Vers  fab.  Perott.  12,  3.  — 

Wenn  in  Fiillen,  wie  in  den  p.  103  f.  kurz  zusaramen- 
gefassten,  ein  altes  Schluss-r/  zufallig  einmal  auch  vor  fol- 
gendem  Consonanten  urkundlich  erhalten  ist,  so  ist  es  selbst- 
verstandlich  ganz  rationell,  dass  wir  solche  einzelne  Reste 
der  vollstandigen  Form  schQtzen  und  sorgsam  bewahren,  so 
sfhr  auch  in  der  grossen  Masse  der  analogen  Falle  der  Ab- 
fall  des  d  das  iiberwiegende  geworden  ist,  und  dass  wir  in 
solcher  Beziehung  jedem  Streben  nach  absoluter  Gleichfor- 
migkeit  entsagen.  Von  diesem  Verfahren  wird  aber  conse- 
quenter  Weise  auch  auf  eine  Wortfonn  Anwendung  zu 
machen  aein,  die  man  sich  nachgerade  gewohnt  hat  anders 
zu  behandeln:  das  ist  haud  (erst  in  jiingerer  8chreibung 
haut).  Seit  dafUr  die  abgestumpfte  Nebenform  hatt  ans 
Licht  gezogen  und  namentlich  aus  den  Plautinischen  Hand- 
schriften  in  zahlreichen  Belegen  nachgewiesen  ist  (vgl. 
Opusc.  phil.  II  p.  591  f.),  ist  man  immer  geneigter  geworden, 
iiberall  vor  consonantischem  Anlaut  hau  zu  schreiben.  Aber 


fragt  warum  nicht  lieber  gleich  das  omnes  selbst  fflr  einsylbig  crklart 
wird,  um  entweder  als  mnes  oder  nach  Befinden  anch  etwa  als  omn 
gesprochen  zo  werden?  —  Den  Werth  der  Neuheit  hat  flbrigens  solche 
Auffaaaung  nicht,  da  (nach  Waae)  schon  der  Quedlinburger  Weise 
gar  manchea  gleichartige  Vorbiid  geliefert  hat  (man  erinnere  sich  z.  B. 
de»  fein8ylbigen,  Philippis  u.  b.  w.). 

9* 


Digitized  by  Google 


132 


CVKAE  SECVNDAE 


dass  dieses  Juxu  in  spiiterer  Zeit  das  seltnere  geworden, 
dagegen  das  urspriingliche  Jiaud  wieder  zur  Herrschaft  ge- 
langt  ist,  ist  doch  offenbar  kein  Grund,  um  ftir  Plautinische 
Zeit  dem  erstern  schlechthin  den  Vorzug  zu  geben.  Ver- 
stiindiger  Weise  werden  wir  also  nicht  umhin  konnen  vor 
Consonanten  haud  oder  hau  zu  schreiben,  ganz  je  nachdem 
das  eine  oder  das  andere  das  handschriftlich  iiberlieferte  ist: 
wiihrend  natUrlich  vor  Vocal  haud  eben  so  nothwendig  wird, 
wie  (wenn  nicht  der  Fall  der  Elision  eintritt)  mcd  und  ted 
und  alles  iihnliche.  Uebrigens  kenne  ich  auch  kein  Beispiel, 
dass  vor  Vocal  in  den  Hss.  Jiau  geschrieben  wiire.  — 

Was  ich  p.  107  f.  iiber  die  zur  Vergleichung  herange- 
zogenen  Lutherschen  Bibeliibersetzungen  gesagt,  habe 
ich  mir  niuhsani  genug  alles  selbst  zusammensuchen  miissen. 
Ich  hiitte  das  nicht  nothig  gehabt,  wenn  mir  fruher  ein 
paar  Schriften  bekannt  gewesen  waren,  die  erst  seitdem  in 
ineine  Hiinde  gekommen  sind:  fE.  Opitz,  Uber  die  Sprache 
Luthers'  (Halle  18G9),  und  fG.  W.  Hopf,  Wiirdigung  der 
491  Lutherscben  Bibelverdeutschung'  (Niirnberg  1847).  Beide, 
nainentlich  aber  die  erstgenaimte,  geben  massenhafte  Belege, 
die  in  treftendster  Analogie  mit  den  Wandelungen  des  alten 
Latein  es  iiberaus  anschaulich  maclieu,  wie  sich  —  um  hier 
gerade  diesen  einen  Gesichtspunkt  besonders  liervorzuheben 
—  die  vollern  Sprachformen  des  G.  Jhdts  d.  St.  mehr  und 
mehr  abschwiichten,  kurzten,  verdUnnteu.  —  Wenn  ich  aber 
p.  107  a.  E.  den  unverhiiltnissmiissig  grossen  Abstand  be- 
tonte,  durch  welchen  die  iiltern  Bibeldrucke  vom  J.  1524 
(genauer  schon  von  1522)  an  von  der  Gesammtausgabe 
letzter  Hand  des  J.  1545  sich  entfemen,  so  habe  ich  von 
Opitz  gelernt,  dass  diese  Wandelung  doch  nicht  blos  durch 
die  successiven  Wandeluugen  der  Sprache  selbst  bedingt 
war,  sondern  durch  die  bestimmte  Absicht  Luther's,  inund- 
artliche  Verschiedenheiteu,  die  im  damaligen  Deutsch  mit 
und  neben  einander  bestanden,  durch  Tilgung  oder  Auf- 
nahine  paralleler  Formen  auszugleichen,  um  dem  Verstand- 
niss  und  Gebrauch  seiner  Uebersetzung  moglichst  weite 
Kreise  zu  offnen.  — 

Uon  p.  108  hervorgehobenen  Wandeluugcn  fumbe  umb 


Digitized  by  Google 


ZU  DEN  fNEUEN  PLAUTINI8CHEN  EXCUR8EN* 


133 


um'  liessen  sich  passend,  neben  prode  prod  pro,  auch  postcd 
(postid)  poste  post  (nicht  pos)  zur  Seite  stellen.  — 

Die  p.  114  nachgewiesenen  Beispiele  des  auf.is  aus- 
gehenden  Pluralnominativs  der  zweiten  Declination 
kann  ich  durch  ein  ueues  verinehren  aus  Rudens  V,  2,  2(> 
(1313): 

Nummi  octingentis  adrei  in  lnarsrfppio  infuerunt.  — 

Desgleichen  die  flir  den  Genitiv  auf  as  (p.  115)  durch 
Amphitruo  III,  1,  12  (872)  nach  Lachmann's  (zu  Lucrez 
p.  161)  Herstellung,  Qber  die  ich  ehedem  nichts  weniger  als 
riehtig  urtheilte: 


ganz  abgesehen  von  den  in  den  Hss.  selbst,  und  zwar  vor 
einem  consonantisch  anlautenden  Worte,  erhaltenen  Alcu- 
mcnas  im  acrostichischen  Argumentum  des  Stiicks,  ohne 
Zweifel  aus  bewusster  und  gewollter  Nachahmung  des  Dicli- 
ters.  Aber  auch  in  dem  von  Lachmann  durch  Umstellung 
gebeilten  Verse  Mil.  gior.  IV,  5,  12  (1211)  wird  das  ein- 
fachste  sein  ohne  Umstellung  zu  schreiben: 

Saltem  id  volup  est  quom  ex  virtute  formas  evenft  tibi: 

wo  id  nicht  mit  volup  est,  sondern  mit  evenit  zu  construiren 
ist,  ein  (von  Guyetus  empfohlenesj  doppeltes  id  aber  sogar 
sehr  lastig  ware.  — 

Selbst  der  Pluralnominativ  erster  Declination 
auf  as  (p.  118)  erhiilt  einen  Nachtrag,  wenn  nicht  aus 
Plautus  selbst,  so  doch  aus  seiuem  Zeitgenossen  Niivius, 
der  gewiss  nicht,  f  ut  versum  faccrct',  hochst  unnothiger 
Weise  einen  Hiatus  wie  oncrdriac  amistne  zugelassen  hat  iu 
seinem  Bellum  Punicum  (V.  fi2  bei  Vahlen),  wenu  er  schrei- 
ben  konnte,  wie  er  ohne  Zweifel  gethan  hat, 


(oder  immerhin  zugleich  onustas).  — 

Die  p.  128  besprochene  romische  Iuschrift  mit  ambracia- 
cepit  ist  seitdem  facsimilirt  erschienen  im  Bullettino  des  4.02 


Si  id  Alcumenas  innocentiac  expetat: 


Onerarias  onustae  stabant  m  flustris: 


arehaologischen  Instituts,  Jan.  u.  Febr.  1869  p.  8.  Nach 


134 


CVRAE  SECVNDAE 


diesem  Faesimile,  wenn  es,  wie  doch  vorauszusetzen,  treu 
ist,  stehe  ich  keinen  Augenblick  an  auf  Mommsens  Seite 
gegen  de  Rossi  zu  treten,  indem  ich  in  den  Schriftzugen 
deu  reinsten  Typus  der  besten  Zeit,  d.  h.  mindestens  der 
Sullanischen,  zu  erkennen  glaube,  keinesweges  den  Charakter 
des  sechsten  Jahrhunderts  9). 


9)  Von  Druckfehlern  wolle  man  noch  verbesaern  p.  9  Z.  2  v.  u. 
covkntionld  (wie  ea  p.  102  richtig  steht)  statt  convkntionid;  — 
p.  74  Anm.  senectad  statt  senectad. 


Digitized  by  Google 


V. 

cubi     ubi  und  Verwandtes  bei  Plautus*). 


Das  in  der  Ueberschrift  bezeichnete  Thema  soll  zwar  s<* 
einen  Theil  des  zweiten  Heftes  der  'Neuen  Plautinischen  Ex- 
curse'  bilden  und  kann  erst  dort  seine  vollstandigere  Aus- 
und  Durchfiihrung  finden.  Immerhin  scheint  es  mir  aber 
niitzlich,  wenigstens  Umrisse  des  leitenden  Gedankens  und 
seiner  Begriindung  schon  hier  im  Voraus  zu  geben,  um  die 
Aufmerksamkeit  mitstrebcnder  Forscher  auf  den,  wie  ich 
meine,  nicht  uninteressanten  Gegenstand  zu  lenken  und  niog- 
lieher  Weise  forderliche  Beitrage  hervorzurufen,  wie  sie  mir 
schon  in  Folge  meiner  brieflichen  Mittheilungen  mehrfach 
geworden  sind.  Dieses  namentlich  von  A.  Fleckeisen,  0. 
Ribbcck,  vor  allen  aber  von  H.  A.  Koch,  der  mir  itir 
diesen,  wie  fiir  andere  wichtige  Punkte  der  f  Plautinischen 
Grammatik'  mit  der  liebenswttrdigsten  LiberalitSt  schatzbarste 
8tellensammlungen  zu  freier  Benutzung  iiberlassen  hat. 

Dass  die  lateinischen  Interrogativ-  und  lielativbildungen 
pronominalen  Stammes  (natttrlich  auch  in  der  Anwendung 
als  IndefinitaJ  urspriinglich  alle  das  anlautende  q  oder  c 
hatten,  welches  die  meisten  fiir  immer  festhielten,  und  wel- 
ches  uns  auch  im  Griechischen  in  den  dialektischen  Formen 
kococ  koioc  KOTepoc  KUJC  k60€V  u.  s.  w.  entgegentritt,  ist  wohl 
heutzutage  eine  langst  feststehende  Erkenntniss.  So  einfach 
wie  bestimmt  sprach  es  Bopp  Vergl.  Gramm.  H  §  389 
(p.  208  3.  Ausg.)  aus,  dass  nicht  nur  cubi  cunck  als  die 

*)  [Khein.  Muaeum  f.  Phil.  Bd.  XXV  (1870)  p.  306-312.] 


Digitized  by  Google 


13fi        CVBI  =  VBI  UND  VF.RWANDTES  BEI  PLAUTUS. 


ursprunglichen  Formen  ffir  spateres  ubi  utule  auzunehnien 
seien,  sondern  eben  so  auch  umquatn  usquam  uspiam  usquc 
ihren  ehemaligen  Gaumenlaut  nur  in  der  jilngern  Sprach- 
entwickelung  verloren  haben;  dass  darum  auch  alicubi  ali- 
cumle  nicht  etwa  aus  aliqu-  und  ubit  aliqu-  und  unde  zu- 
samraengesetzt,  sondern  als  ali-cubi  ali-cutidc  aufzufassen  seien 
in  vollkommenster  Analogie  mit  ali-quis  ali-quando  u.  s.  w.1). 
307  Wollte  aber  selbst  daran  jemand  zweifeln,  so  schlagen  doch 
die  vou  Bopp  nicht  berucksichtigten  Composita  sicubi  sicutuk 
jeden  Widersprucb  nieder,  da  diese  doch  kein  Mensch  von 
sic  und  ubi,  sic  und  utidc  ableiten  kann.  Dass  unter  dieselbe 
Analogie  auch  die  hinlanglich  beglaubigten  Bildungen  nccubi 
nccunde  necuter  fallen, 'begnuge  ich  mich  hier  nur  anzudeuten, 
wie  ich  auch  das  Verhaltniss  von  nccidlus  zu  ihnen  ffir  jetzt 
unerortert  lasse. 

Altes  Latein  und  Plautinisches  Latein  fallen  nun  aller- 
dings  nicht  nothwendig  und  ohnc  Weiteres  zusammen;  aber 
ob  sie  es  thun  und  wie  weit,  ist  doch  in  jedem  gegebenen 
Falle  eine  gebotene  Frage,  deren  Losung  mit  don  zu  Gebote 
stehenden  methodischen  Mitteln  versucht  werden  muss.  Die 
Inschriften  Plautinischer  Zeit  geben  uns  diesmal  keinen  Au- 
halt,  da  sie  nichts  hieher  gehoriges  bieten  als  im  SC.  de 
Bacchanalibus  cin  zweimaliges  vbei,  allerdings  nicht  CVBEL 
Aber  von  einer  ausschliesslichen  Existenz  archaischer 
Sprachformen  kann  ja  ffir  das  Plautinische  Zeitalter  in  zalil- 
reichen  Fiillen  auch  gar  nicht  die  Rede  sein,  sondern  nur 
von  einem  Nebeueinander  alter  und  jfingerer  Formen,  die 
eben  in  jener  Periode  mit  einander  in  einem  Kampfe  lagen, 
der  sich  erst  allniahlich,  frfiher  oder  spiiter,  zum  Siege  der 
jiingern  Form  entschied:  so  dass  demnach  Iteste  der  iiltern 
mit  nichten  zu  beanstanden  sind,  wenn  auch  selbst  nur  ver- 
einzelte,  schou  im  Absterben  begriffene.  Somit  sind  wir  auf 
etwaige  Zeugnissc  der  handschriftlichen  Textestradition  im 
Plautus  selbst  angewiesen.    Wie  also,  weun  hier  der  treff- 


1)  Dasa  dabei  nicht  vou  einer  'Veretuaimelung  de«  ali  ans  alio\ 
wie  Bopp  sagt,  aubzugehen  sei,  sondcru  von  der  altlateinischeu  Decli- 
nation  alis  =-  alius,  wisacn  wir  jetzt  wohl  allc. 


Digitized  by  Google 


CVBI  =  VBI  UND  VEKWANDTES  BEl  I>LAUTU8.  137 


liche  Tetus*  B,  der  so  vieles  Aechte,  insbesondere  so  vieles 
Alterthiiniliche  allein  bewahrt  hat,  in  dem  Trinummusverse 
IV,  2,  89  (934),  wo  in  den  ubrigen  Handschriften  non  illa 
ubi  tus  steht,  cubitus  gibt  fflr  ubi  tus,  den  ganzen  Vers  dem- 
nach  unzweideutig  also  iiberliefert: 

An  etiam  Arabiast  in  Ponto?  : :  Est:  ndn  illa,  cubi  tus 

gignitur  — ? 

Noch  dazu  ohne  dass  hier  diese  Form  fur  den  Vers  irgend 
nothwendig  war,  da  es  ja  eben  so  gut,  ohne  VerkQrzung  des 
illa,  auch  non  illa  ubi  heissen  durfte:  ein  Verhaltniss,  wodurch 
die  Glaubwurdigkeit  des  Zeugnisses  nur  gesteigert  wird.  — 
Von  einer  weitern  Spur  eines  alten  cubi  in  Truc.  II,  4,  9  s.  u. 

Wer  etwa  im  Trinummus  nur  eineu  zufalligen  Schreib- 
fehler  erblicken  wollte,  der  wird  sich  —  selbst  abgesehen 
davon,  dass  gerade  diese  Verschreibung  gar  nicht  im  Kreise 
des  Gewohnheitsmassigen  lage  —  bald  bekehren,  wenn  er 
erstens  weiter  unten  beizubringende,  sehr  analoge  Spuren 
der  handschriftlichen  Ueberlieferung  nicht  unbeachtet  liisst, 
welche  nicht  ubi  selbst,  aber  mit  ubi  nachstverwandte  Formen 
hetreffen,  und  weim  er,  was  die  Hauptsache,  zweitens  hndet, 
dass  eine  Reihe  Plautinischer  Verse  von  ihrer  metrisch  in- 
correcten  oder  mindestens  sehr  verdiichtigen  Beschaffenheit 
durch  die  ZurQcktiihrung  des  anlauteuden  c  mit  einem  Schlage 
hefreit  werden.  Als  eines  der  kriiftigsten  Beweisstucke  mag 
vorlaufig  der  Vers  Bacch.  I,  2,  26  (134)  gelten: 

Ibidem  ego  meam  operam  perdidi,  cubi  tu  tuam: 

wenigstens  fur  jeden,  der  an  Lachmann's  Verthcidigung  dieses 
Hiatus  (zu  Lucret.  p.  387)  nicht  glaubt,  die  ich  von  jeher  3os 
fQr  verfehlt  gehalten  habe  und  noch  halte.  —  Auch  die  Pause 
nach  einer  Frage  mitten  im  Verse  hat  fQr  mich  (und  Andere) 
nicht  die  Kraft,  einen  Hiatus  zu  rechtfertigon  wie  Cas.  II, 
3,  29  in  ntkili?  ubi:  und  wie  einfach  werden  wir  ihn  doch 
los,  wenn  wir  mit  Anwendung  des  im  Trinummusversc  be- 
zeugten  cubi  als  die  Plautinische  Gestalt  des  Verses  diese 
anerkennen: 

Vnde  is,  nihili?  aibi  fuisti?  u.  s.  w. 
Es  wird  freilich  nicht  an  solchen  fehlen  die  hier  nihili?  ubt 


Digitized  by  Google 


138        CVBI  =  VBI  UND  VERWAKDTES  BEI  PLAUTUS. 

» 

fuisti  messcn  zu  diirfen  meinen.  Aber  auch  wer  es  gelten 
lasst,  dass  ubi  unter  Umstanden  als  Iambus  gebraucht  wurde, 
wie  namentlich  in  kretischem,  auch  in  anapastischem  Metrum, 
wird  sich  doch  vor  dem  argen  Fehlgriff  zu  haten  haben, 
diese  Prosodie  ohne  Unterscheidung  iiberall  anzunehmen,  wo 
sie  nach  blosser  Sylbenzahlung  moglich  ware.  Wer,  der 
irgend  ein  an  Plautinischen  Versrhythmus  gewohntes  Ohr 
besitzt,  wird  nicht  z.  B.  den  Bau  der  folgenden  Senare  als 
einen  ilberaus  lahmen  und  darum  unplautinischen  empfinden: 

Aul.  IV,  7,  20:  Ibo  fntro,  ubi  de  eapite  meo  sunt 

comitia. 

Pseud.  I,  5,  75  (490):   Memim  :  :  Quor  haec  tu  ubi  re- 

sciuisti  flico. 

Poen.  III,  3,  89:  Quid  multa  uerba?  faciam,  ubi  tu 

laueris. 

Hud.  IV,  7,  10  (1236):  Fiiint  transennae,  ubi  decipiuntur 

dolis. 

VVie  anders  klingen  diese  Verse,  wenn  sie  mit  Beseitigung 
des  schwerfalligen  ubl  in  geschmeidigen  Fluss  kommen  durch 
die  Aufnahme  des  paroxytonirten  Pyrrhichius: 

Ibo  intro,  a\bi  de  capite  meo  sunt  comitia. 
Memini  : :  Quor  haec  tu  calbi  resciuisti  llico. 
(^uid  mitlta  uerba?  faciam,  ciibi  tu  laueris1). 
Fiiint  transennae,  cdbi  decipiuntiir  dolis. 

Eben  so  auch  Mil.  glor.  1107,  wovon  s.  u.  Nur  dass  es  in 
Betreff  des  ersten  und  des  vierten  Verses  durchaus  fraglich 
bleibt,  ob  der  falsche  Hiatus  gerade  durch  die  Form  cubi, 
oder  aber  uort  durch  introd  ubi,  hier  durch  transennas  ubi 
vom  Dichter  vermieden  ward  (vgl.  N.  E.  I  p.  118);  das  eine 
ist  in  der  That  gerade  so  moglich  wie  das  andere2).  — 
Nicht  anders,  als  in  Senaren,  verhiilt  es  sich  mit  ubi  auch 


1)  lm  folgenden  Verae  ist  nur  ut  zu  tilgen: 

Ibi  b&lneator  faciat  unguentarium. 

2)  Dass  Biicheler'8  Einwendungcn  gegen  dic  Annahme  cinos  introd 
nicht  stichhaltig  sind,  davon  hoffe  ich  ihn  demnachst  in  dcr  Fortaetzung 
der  'Curae  Becundae'  unschwer  zu  uberzeugen. 


Digitized  by  Google 


CVBI  =  VBI  UND  VERWANDTES  BEI  PLAUTUS.  139 

in  Septenaren,  so  dass  sich  also  aus  rhythinischein  Grunde 
entschieden  empfehlen  Schreibungen  wie 

Capt.  V,  2,  2  (955):  Quid  me  oportet  facere,  cubi  tu  talis 

uir  falsum  aiitumas. 

Poen.  IV,  2,  33:        Vt  enim,  cubi  mi  uapulandum  sit, 

tu  corium  srifferas1). 

Aehnliche  Beispiele,  die  aber  zugleich  noch  unter  einen  andem 
Gesichtspunkt  fallen  (Bacch.  431.  Poen.  IV,  2,  31.  Pers.  630.3«» 
Truc  V,  22),  kommen  weiterhin  noch  zur  Sprache. 

Wenn  es  zu  den  noch  immer  streitigen  Fragen  der  Plau- 
tinischen  Prosodik  gehort,  ob  oder  in  welchen  Grenzen  die 
Lange  des  dativischen  und  ablativischen  -bus  anzunehmen 
sei,  so  werden  ftir  dieselbe  wenigstens  nicht  mehr  Stellen 
ins  Feld  zu  fuhren  sein  wie  Amph.  II,  2,  68  (700),  wo  die 
Hinzufiigung  eines  einzigen  c  alles  normal  macht: 

Hic  in  aedibus  cubi  tu  habitas  : :  Numquam  factumst : :  Non 

taces: 

wonach  sich  auch  wohl  der  Vers  V,  1,  28  (1080)  zu  richten  hat: 

In  aedibus,  cubi  tu  habitas,  nimia  mira  uidi : :  Vae  mihi, 

obwohl  hier  BD  die  Wortfolge  tu  ubi  haben. 

Wem  es  durch  das  Bisherige  glaublich  geworden  ist, 
dass  PJautus  die  Form  cubi  auch  ausserhalb  der  Composition 
nocb  kannte  und  nach  Bedurfniss  oder  Belieben  anwendete, 
fur  den  ist  es  nur  ein  kleiner  Schritt,  den  Gebrauch  derselben 
Form  dem  Dichter  auch  in  den  Fiillen  zuzutrauen,  in  denen 
dadurch  der  (jedenfalls  doch  unnothige)  Hiatus  in  der  Dia- 
resis,  sei  es  trochaischer  oder  auch  iambischer  Tetrameter, 
sowie  bei  Personenwechsel  verschwand.  Diesen  kleinen  Schritt 
zu  thun  ist  er  aber  auch  berechtigt,  wenn  er  die  nicht  wohl 
anfechtbare  Argumentation  gebiihrend  wflrdigt,  mittels  deren 
sich  N.  E.  I  p.  44  (vgl.  p.  59  ff.)  ein  auslautendes  d  fiir  die- 
selben  Falle  feststellen  liess;  wenn  gerade  fur  sie  in  den 
bezeugten  Beispielen  nicht  eberi  so,  wie  dort  d,  so  hier 
anlautendes  c  noch  vorliegt,  so  ist  das  Sache  des  Zufalls, 

1)  sit  fiir  est  nach  Noniua.    est  iat  zu  halten,  wenn  im  PaUmpeest 
vrirklich  TUTK  steht;  ich  las  nur  TU. 


Digitized  by  Google 


140        CVBI  =  VBI  UND  VERWANDTES  BEI  PLAUTU8. 


Forderung  der  logisehen  Consequenz  aber,  jene  Analogie  auch 
auf  unser  Gebiet  zu  ubertragen.  Demnach  also  beispiels- 
weise: 

Capt.  III,  2,  9  (510):       Eo  prdtinus  ad  fratrem,  mei  cubi 

sunt  alii  captfui1). 

Bacch.  IV,  4,  105  (757):  Niimquid  aliud?  :  :  Hdc,  atque 

etiam,  ctfbi  erit  accubitiini 
semel  — . 

Most.  II,  1,  33  (380):       fgitur  demum  fddere  puteum,  aibi 

sitis  fauces  tenet. 

Pers.  IV,  4,  78  (630):      Nfliil  adhuc  peccauit  etiam : :  Cttbi 

tu  natas  : :  Vt  mihi  — . 

MiL  IV,  3,  14  (1107):      Vis  dptinere  : :  C&bi  matrem  esse 

aibat  soror? 

zu  welchen  Stellen  unten  noch  Bacch.  431,  Truc.  II,  4  9  und 
V,  22  kommen  werden.  Denn  wer  ware  so  von  allem  rhyth- 
misclien  Gefuhl  verlassen,  um  in  den  zwei  vorletzten  Versen 
etwa  ptttcum  ubt  und  ctiam  :  ubt  zu  scandiren,  vollends  aber 
aus  dem  letzten  das  Monstrum  Vis  optinerc : :  ubi  ntatrem  cssc 
aibdt  soror  zu  machen?  Wenn  nun  gar  in  eiuem  Athem 
erst  xuit  ublj  dann  mit  ubi  gefragt  wQrde,  welchen  aller  Con- 
sio  cinnitat  baaren  Vers  wflrde  das  geben?  Und  so  ware  es  in 
dem  bereits  oben  beigebrachten  Verse  Cas.  II,  3,  29,  wenn 
man  ihn  lase 

Vnde  is,  nihili?  ubi  fuisti?  ubi  lustratu's?  libi  bibisti? 

Ist  hier  schon  ciibi  fuisti  als  nothwendig  erkaunt  worden,  so 
tritt  nun  aber  ferner  als  abennalige  Forderung  der  Concin- 
nitat  die  hinzu,  dass  nicht  in  so  unmittelbarer  Nachbarschaft, 
bei  so  ganz  gleichartigen  Fragen,  das  einemal  cubi,  das  an- 
deremal  ubi  stehe:  wonach  sich  denn  als  die  Plautinische 
Gestalt  des  Verses  mit  aller  Wahrscheinlichkeit  herausstellt 

9 

Vnde  is,  nihili?  cubi  fuisti?  aibi  lustratu's?  cubi  bibisti? 
und  zugleich  ein  indirecter  Beweis  dafllr  gewonnen  wird, 

1)  Wofern  numlich  dieeer  Vcre,  dessen  Ucberlieferunp  in  den  Hdsp. 
Hchr  getrubt  ist,  uach  Acidalius1,  theilweiae  auch  Hermauu^a  Vorgjmge, 
dcneu  im  WeBentlichcu  Flcckeiscn  folgt,  alao  herzuatellen  iat. 


Digitized  by  Google 


CVBI  =  VBI  UND  VERWANDTE8  BEI  PLAUTUS.  141 


dass  der  Dicbter,  wo  ihm  die  Sprachformen  selbst  die  Ver- 
meidung  des  Diaresis  -  Hiatus  bequem  an  die  Hand  gaben, 
lieber  ohne  als  mit  Hiatus  schrieb.  —  Ganz  dieselbe  Argu- 
nientation  ist  auf  Trucul.  II,  4,  9  anwendbar,  wo  ein  zwei- 
maliges  cubi  statt  ubi  vermuthet  werden  darf: 

Pronnsi  : :  Oubi  cenabis?  : :  Cubi  tu  irisseris: 

in  keinem  Falle  wenigstens  Promtsi  :  ubt  zu  messen  ist  Und 
zwar  hat  es  fUr  diese  Stelle  ganz  den  Anschein,  als  wenn 
selbst  die  handschriftliche  Ucberlieferung  noch  einen  Rest 
des  alten  cubi  gerettet  habe.  Ich  meine  damit  nicht,  dass 
dem  ersten  ubi,  wo  ich  im  Palimpsest  nur  den  gewohnlichen 
kleinen  Zwischenraum  fur  das  Personenzeichen  zu  erkennen 
meinte,  Studemund  (bei  Spengel)  als  mogliche  Lesung  PRO- 
misitubi  angibt,  was  doch  allzu  zweifelhaft  erscheinen 
niuss.  Aber  dass  darauf  (wo  der  Palimpsest  mit  zufalliger 
Auslassung  zweier  Buchstaben  nur  CENAS  gibt)  in  den  Pa- 
latini  cenabist  ubi  erscheint,  das  sieht  doch  ganz  so  aus  wie 
ein  urspriingliches,  nur  unverstandenes  und  gelind  verschrie- 
benes  cenabis  cubi.  —  Hiernach  wird  man  auch  iiber  Poen. 
IV,  2,  31  leicht  urtheilen. 

Uebrigens  fehlt  es  auch  hier  nicht  an  C/oncurrenzen  des 
cubi  mit  andern  Hiatustilgern,  namentlich  dem  ablativiachen 
</,  die  fur  uns  schlechthiu  unentscheidbar  bleiben.  Z.  B.  wenn 
man  fur  Bacch.  III,  3,  27  (431)  nicht  jxtlacstrad  ubi,  fiir 
Truc,  V,  22  nicht  introd :  ubif  sondern  fur  beide  Verse  diese 
Schreibung  annimmt: 

Lnde  de  hippodromo  et  palaestra  nibi  reuenisses  domum. 
Accipe  hoc  atque  auferto  intro  :  :  Ciibi  mi  amicast  gentium: 

Qber  welchen  Vers  s.  N.  E.  I  p.  81. 

Doch  verlassen  wir  das  Gebiet  eiues  —  vom  Stand- 
punkte  des  conservativen  Skeptikers  aus  —  nur  facultativen 
cubi  und  wenden  uns  zu  der  Frage,  ob  denn  Plautus  nicht, 
wie  neben  alicubi  sicubi  ein  cubif  so  auch  neben  altcunde  und 
sicundc  noch  ein  cunde  gekannt  liaben  sollte?  und  im  ntich- 
sten  Anschluss  daran  die  verwandten  Bildungen  cusquc  cus- 
quam  cumquam? 


Digitized  by  Google 


142        CVBI  —  VBI  ITND  VERWANDTE8  BEI  PLAUTU8. 

Ein  so  klaren  handschriftliches  Zeugniss,  wie  fur  cubi 
in  dem  Trinummusverse,  steht  uns  allerdings  hier  nicht  zu 
Gebote.  Aber  schwerlich  werden  wir  uns  doch  tausehen, 
wenu  wir  in  dem  Pseudulusverse  I,  3,  73  (307),  dessen  An- 
fang  ein,  vom  Gedanken  gefordertes,  aut  kaum  entbehren 
kann  (wie  denn  auch  der  Palimpsest  hier  noch  eine  Sylbe 
3i»  bezeugt),  in  dem  detque  usque  der  Palatini  ein  det  quusque 
erkennen  (d.  h.  natiirlich  nach  correcter  alter  Schreibung 
quosque,  nach  jiingerer  cusque),  da  doch  mit  einem  que  fiir 
Construction  und  Sinn  hier  gar  nichts  anzufaugen  ist:  dem 
ganzen  Verse  demnach  seine  urspriingliehe  Gestalt  so  zurOck- 
geben: 

Au*t  det  eusque  aut,  quando  nil  sit,  simul  amare  desinat 

Also,  was  dahei  von  besonderer  Wichtigkeit  ist,  ein  cttsque 
selbst  ohno  metrische  Nothigung  vor  folgendem  Consonanten. 
—  Vielleicht  ist  auch  noch  eine  Spur  aus  dem  Palimpsest 
zu  gewinnen,  wenn  ich  anders  richtig  notirt  habe,  dass  der- 
selbe  in  Most.  III,  2,  82  (709)  zwischen  necmikiumbra  und 
USQUAMST  noch  'einen  oder  zwei*  Buchstaben  hatte,  welche 
sehr  wohl  QU  oder  Q-  (oder  auch  c)  sein  konnten,  so  dass 
der  Vers  —  mit  Aufgebung  des  friiher  von  mir  vermutheten 
ihi  —  also  lautete: 

Nec  mi  rimbra  nisquamst,  nisi  si  in  puteo  quaepiamst 

Indessen  lassen  wir  diese  uusichern  Reste  immerhin  auf 
sich  beruhen;  wir  bedurfen  urkundlicher  Indicien,  meine  ich, 
gar  nicht,  um  auf  Grund  des  doch  einmal  festgestellten  cubi 
dieselbe  Bildung  auch  auf  die  verwandten  Partikeln  zu  iiber- 
tragen,  wofern  diese  nur  einen  Iliickhalt  an  solchen  Versen 
haben,  die  ohne  Annahme  des  anlautenden  c  des  gesetz- 
miissigen  BaUs  entbehren.  Und  solche  gibt  es  nicht  nur, 
sondern  sie  sind  darum  desto  unverfanglicher,  weil  hier  nicht 
die  Moglichkeit  einer  doppelten  Prosodie,  wie  bei  ubt  und 
ubi,  dazwischentritt.    So  also  mit  besonderer  Deutlichkeit 

Most  III,  1,  155  (685):  Ita  mea  consilia  ciindique  oppugnas 

mala. 

Mil.  III,  1,  58  (649):  Neque  ego  cumquam  alienum  scor- 

tum  siibigito  in  conuiuio. 


Digitized  by  Google 


CVBI  =  VBI  l'ND  VERWANDTES  BEI  PLAUTUS.  143 


Amph.  prol.  143:  Ego  has  habebo  rusque  iji  petaao  pi- 

nulas: 

wenn  man  anders  diesen  Prolog,  was  den  Versbau  betriflft, 
uiit  Plautinischeni  Massstabe  messeu  darf,  wie  es  N.  E.  I 
p.  62.  72  geschah,  woruit  vgl.  Cur.  sec.  in  Bd.  XXIV  p.  487 
foben  p.  127].  —  Einer  der  oben  p.  306  [135]  genannten 
Freunde  mochte  eben  dahin  ziehen 

Fseud.  I,  1,  104  (106):  Atqui  ld  futurum  ciinde  dicam 

nescio: 

wo  seltsamer  Weise  in  CD  das  unde  dreimal  wiederholt  ist, 
in  B  wenigstens  zweimal  steht:  welches  letztere  sich  indess, 
so  viel  ich  sehen  kann,  ganz  wohl  vertheidigen  liisst.  — 
Moglich  auch,  aber  freilich  nur  moglich,  dass  Most.  III,  2, 
170  (857)  in  dem  Jiauusqmm  des  B  nicht  sowohl  Jiand  us- 
(fwim}  als  vielmehr  ebenfalls  han  ntsquam  steckt: 

Sequere  hac  me  igitur : :  fiquidem  hau  aisquam  a  pedibus 

apscedam  tuis. 

Desto  zuversichtlicher  lassen  sich  als  durchaus  wahr- 
scheinliche  Beispiele  auch  in  der  Diiiresis  und  bei  Personen- 
wechsel  hinzufQgen  , 

Merc.  V,  2,  21  (  862):  Non  concedara  neque  quiescam  nis- 

quam  noctu  neque  dius. 

Pers.  IV,  3,  13  (482):  Quid  agis?  : :  Credo  :  :g  Citnde  agis 

te,  Dordale?  : :  Credo  tibi. 

Haben  wir  es  bisher  lediglich  mit  Partikeln  zu  thun 
gehabt,  so  tritt  nun  schliesslich  noch  ein  ganz  gleichartiger 
Nominalbegriff  hinzu.  Denn  wie  sollte  nicht  neben  neruter  si* 
und  KOT€poc  ein  altes  cuter  bestanden  haben?  und  wie  sollten 
wir  nicht  dies,  so  gut  wie  cubi  cunde  u.  s.  w.,  auch  dem 
Plautus  noch  zutrauen,  wofern  sich  namlich  Stellen  finden, 
die  ein  solches  nothwendig  machen  d.  h.  den  metrischeu 
Fehler,  ohne  jede  weitere  Veriinderung,  durch  ein  zugesetztes 
c  auf  das  Einfachste  heben?    Und  eine  solche  ist 

Most.  V,  2,  57  (1179):  fbi  oitrumque,  et  hoc  et  illud,  pd- 

teris  ulcisci  probe. 

Miigen  andere  mehr  herzubringen. 


VI. 

PMlologische  Unverstandliclikeiten  *). 


An  *  .  .  .  .  in  *  

530  Ist  es  Marasmus  oder  Hypochondrie  des  Alters,  dass 
wir,  wie  mir  Ihre  gelegentlichen  Mittheilungen  au  mich  und 
die  meinigen  an  Sie  immer  aufs  Neue  zeigen,  beide  mit  so 
vielem,  was  jetzt  in  der  philologischen  Welt  um  uns  herum 
vorgeht  —  ich  will  nicht  sagen  nicht  einverstanden  sind 
(das  kann  ja  der  Natur  der  Sache  uach  nicht  anders  sein), 
sondern  gar  kein  Verstiindniss  dafflr  habenV  Gilt  auch  von 
uns:  'Und  weil  mein  Fasschen  trflbe  lauft,  so  geht  die  Welt 
auch  auf  die  Neige'?  PrUfen  wir  uns  einmal  darauf,  indem 
wir  uns  uber  Themata,  filr  deren  heutige  Behandluug  wir 
so  zu  sageii  gar  kein  Organ  haben,  gegenseitig  fragen,  ob, 
was  dem  Eincn  unverstiiudlich,  nicht  etwa  doch  dem  Andern 
eine  verstandlichere  Seite  darbietet.  Sthuuit  das  ablehuende 
Urtheil  zusammen,  so  liegt  darin  immer  eiu  beruhigender 
Trost;  im  entgegengesetzten  Falle  erhiilt  wenigstens  jeder 
einen  erneuten  Antrieb,  in  sich  zu  gehen  und  die  Sache 
nochmals  in  Ueberlegung  zu  nehmen. 

L 

Anapasten  bei  Plautus. 

Unter  anderm  gehort  zu  den  grossten  Unverstiindlich- 
keiten  fiir  mich  die  wachsende  Mauie,  im  Plautus  iiberall 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Phil.  Bd.  XXXI  (1876)  p.  MO    557  ] 


Digitized  by  Google 


PHILOLOGI8CHE  UNVERSTANDLICHKEITEN. 


145 


anapastische  Verse  finden  zu  wollen.  Es  ist  das  geradezu 
eine  epidemische  Krankheit  geworden,  von  der  auch  Beson- 
nenere  sich  mehr  und  mehr  anstecken  lassen.  Dass  die 
anapastischen  Verse  des  Plautus  durch  ihre  prosodischen 
und  Accentuations-Licenzen  in  einen  unverkennbaren  Gegen- 
satz  treten  zu  den  einfachen  Dialogversrnaassen,  dem  iam- 
bisehen  Trimeter  und  trochaischen  Septenar  (ich  nenne  diese 
gern  die  'zahmen'  gegenUber  den  'wilden'  Rhythmen),  wis- 
sen  wir  ja  jetzt  alle,  seit  dieses  Verhiiltniss,  nach  den  kurzen 
Andeutungen  der  Prolegomena  p.  clix  ff.  und  sonst,  wieder- 
holt  mit  allem  Nachdruck  festgestellt  worden  z.  B.  Opusc. 
phil.  II  p.  190.  584.  595  ff.  610.  Aber  es  kommt  doch  auf 
Grad  und  Maass  der  zugelassenen  Freiheiten  an,  und  davon 
konnen  uns  nur  die  unzweifelhaft  anapastisehen  Scenen  ein 
annjihernd  richtiges  Bild  geben,  wie  die  Septenare  im  Miles 
glor.  1011  —  1093  und  in  den  Bacchides  1087  —  1103,  die 
Octonare  ebend.  1076—1086,  die  Dimetri  im  Stichus  18-33. 
Welche  Kluft  aber  zwischen  den  hier  im  Ganzen  doch  immer 
in  bescheidenen  Grenzen  auftretenden  Harten  und  den  maass- 
losen  Haufungen  des  Abnormen  in  solchen  Stiicken,  die  zu 
anapastischen  erst  von  unsern  Kritikern  gepresst  und  ge- 
stempelt  werden!  Und  dies  zwar,  was  das  Unbegreiflichste 
ist,  ohne  alle  Noth,  wenn  doch  die  Wahl  frei  stand,  bei 
dem  mildern  Versbau  zahmerer  Rhythmen,  welche  dieselben 
Verse  sehr  wohl  zulassen,  stehen  zu  bleiben.  Aber  da  ist 
keine  noch  so  grelle  Vocalverkiirzung,  keine  noch  so  haar- 
straubende  Accentuation,  keine  noch  so  unnatiirliche  Glieder- 
verrenkung  in  der  Aufeinanderfolge  von  Vers-  und  Wort- 
ffisaen  (die  unbewussten  Prosodieschnitzer  ungerechnet),  die 
nicht  formlich  mit  einer  Art  von  fanatischer  Wollust  aus- 
driicklieh  gesucht,  hageldicht  gehiiuft  und  zu  dem  unerquick- 
lichsten  Ganzen  zusammengebraut  wiirden:  einem  Ganzen, 
dessen  beabsichtigtes  Metrura  ohne  die  daruber  gesetzten 
Ictus  schlechterdings  unerrathbar  bliebe  und  selbst  mit  ihnen 
oft  genug  kaum  fassbar  wird.  Der  fliichtigste  Blick,  den  ein 
nur  einigermaassen  feinftihliger  Kenner  auf  die  Mishandlung 
werfen  mag,  die  das  erste  Oanticum  in  der  jiingsten  Ausgabe 
des  Trinummus  erfahren  hat,  wird  bestiitigen,  dass  ich  nicht 

FB.  RITBCHKT.II  OPV8CVLA  III.  10 


146       '    PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN. 

zu  viel  gesagt;  jedes  weitere  Wort  dariiber  ware  verlorene 
Miihe.  Indessen  so  geradezu  ungeheuerliche  Zucht-  und 
Ziigellosigkeiten,  die  ein  wahres  Grauen  einflossen  und  nur 
aus  einer  ganz  ungewohnlichen  Verirrung  des  Urtheils  und 
des  Geschmacks  hervorgehen  konnten,  sind  es  auch  nicht, 
iiber  die  ich  hier  eigentlich  sprechen  wollte;  vielmehr  soll 
mich  eine  allerdings  einigermaassen  bescheidenere  Kritik  be- 
schaftigen,  ilber  die  sich  doch  wenigstens  reden  lasst,  wenn 
sie  auch  schliesslich  nicht  mehr  Zustimmung  finden  kann. 
Ich  denke  dabei  augenblicklich  an  den  Monolog  des  aus  der 
Fremde  heimkehrenden  Charmides  am  Anfang  des  4.  Acts 
desselben  Trinummus  V.  820  —  841,  und  wahle  gerade 
dieses  Canticum,  weil  sich  hier  ausnahmsweise  einmal  der 
stricte  Beweis  fiihren  liisst  ftir  die  Verfehltheit  anapastischer 
Messung. 

532  Die  Scene  wurde  seit  G.  Hermann  erkannt  als  aus 
trochaischen  Octonaren  bcstehend,  die  ganz  sauber,  glatt 
und  anstosslos  fliessen.  Nichts  desto  weniger  ist  auch  sie 
neuerdings  von  dem  pruritus  anapaesticus  nicht  verschont 
geblieben.  Aber  um  welchen  Preis  wurde  dicse  Transfor- 
mation  iiberhaupt  nur  moglich!  Ich  miisste  ermiidend  weit- 
laufig  werden,  wollte  ich  die  unzabligen  widerhaarigen  Ac- 
cente,  harten  und  hartesten  Vocal-  und  Consonanten  -  Ver- 
kiirzungen  u.  s.  w.  der  Reihe  nach  vorfuhren;  sie  iiberragen 
in  diesen  22  Versen  an  Zahl  weitaus  die  strenger  gearteten 
Messungen,  wie  sie  uns  Senare  und  Septenare,  Cretici  u.  s.  w. 
als  das  Normale  darbieten;  kaum  ein  Vers  ist  ohne  eine, 
oft  bis  zum  Unleidlichen  gesteigerte  Cumulation  solcher 
wilden  Licenzen,  deren  jeder  einzelnen,  vereinzelt  zugelassen, 
ihre  Berechtigung  ja  immerhin  zugestanden  wird.  Gleich 
V.  2  lau\dcs  dgo  et  gratis  gratidsque  bis  zum  Schluss  flucttbus 
salsis,  V.  3  potestds  *)  bbtiis  mts,  V.  4  ex  locts,  urbem  ||  usquc 
in  —  mit  bedenklichstem  Hiatus  wie  V.  8  co  |  usquc,  V.  5 

*)  Haben  denn  unsere  heutigen  Metriker  gar  kein  Ohr  fur  Rhyth- 
muB  mehr ,  wenn  sie  nicht  fiihlen,  welch  wesentlichen  Unterschied  es 
macht,  ob  in  potestdtem  oder  pbtestatcm,  voluptdtis  oder  voluptatis  die 
zweite  Sylbe  verkiirzt  wird,  oder  aber  ob  pbtestds  voluptds  einen  wuj 
oder  auch  ^u.  bildet? 


Digitized  by  Google 


PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN.  147 

deos  (jrdtis  ago  dtquet  V.  6  saevomque  sevcntm  u.  8.  f.,  weiter- 
hin  V.  8  usus  sum  in  altot  V.  9  gloriam  iam  dnte  auribus 
acayeram  et  nobttis  dpud  homincst  (wo  homincst  nach  Form 
wie  Gedanken  ein  entschiedener  Misgriff),  V.  10  atquc  do- 
mare  mit  unmoglichem  Versschluss  -maret  wie  V.  18  veld 
u.  s.  w.  bis  an's  Ende.  Moge  jeder  selbst  vergleichen  und 
zahlen:  er  wird  ein  erschreckendes  Verhaltniss  finden. 

Aber  selbst  einmal  zugegeben,  dass  sich  alle  diese  Mes- 
snngen  vertheidigen  oder  beschonigen  lassen:  was  in  aller 
Welt  ist  denn  das  eigentliche  Motiv,  dass  man  sie,  mit  raf- 
finirter  Lust  an  dem  Absonderlichen,  denjenigen  vorzieht, 
die  einer  Vertheidigung  oder  Beschonigung  gar  nicht  be- 
diirfen?  Von  C.  F.  W.  Maller  (einera  dvanaiCTOcpdrfoc  von 
stSrkster  Verdauungskrafk,  dem  z.  B.,  neben  hundert  Aehn- 
lichem,  ein  so  harter  Bissen  wie  modestus  nicht  das  geringste 
Magendrucken  verursacht)  erfahrt  man  darflber  gar  nichts, 
indem  er  (Pl.  Pros.  p.  1 1 2  f .)  iiber  ein  c tel  est  notre  plaisir' 
mit  keinem  Worte  hinausgeht.  Nothgedrungen  mQssen  wir 
uns  daher  an  seinen  Interpreten  Brix  halten,  der  sich  friiher 
strengstens  gegen  Anaplisten  verwahrte,  jetzt  aber  als  Neu- 
bekehrter  zwei  GrOnde  ftir  sie  vorfQhrt,  von  dencn  indess 
einer  nicht  stichhaltiger  ist  als  der  andere.  Erstens :  dass  533 
so  *die  zahlreichen,  nur  des  Metrums  halber  von  R.  vorge- 
nommenen  Aenderungen  fast  siimmtlich  vermieden  wtirden*. 
Das  ist  aber,  mit  Verlaub  zu  sagen,  einfach  nicht  wahr,  oder 
parlamentarischer  zu  reden,  nicht  an  dem.  Es  sind  ttber- 
haupt  gar  nicht  viele,  im  Gegentheil,  mit  andern  lyrischen 
Scenen  verglichen,  eher  auffallend  wenige  und  zugleich  ge- 
ringfugige  Abweichungen  von  der  handschriftlichen  Ueber- 
lieferung,  auch  keinesweges  nur  des  Metrums  wegen  einge- 
fiihrte,  die  sich  zur  Reinigung  des  Stiicks  nothig  machten; 
was  aber  in  Betreff  jenes  Arguments  die  Hauptsache,  sie 
vertheilen  sich  auf  meinen  und  Brix's  Text  zu  so  ziemlich 
gleichen  Theilen,  dass  sie  sich  u^gefiihr  die  Wage  halten. 
Wer  sich  uberzeugen  will,  vergleiche  nur  abermals  und  sum- 
mire.  Ich  habe  den  Ausfall  einiger  Wortchen  angenommen, 
Brix  ebenfalls  V.  3.  7.  15.  17;  ich  habe  ein  paar  andere 
Wortchen  gestrichen,  wie  atque  nach  saevomquc  severumqm 

10* 


Digitized  by  Google 


148        rniLOLOGisciiE  unverstandlichkeiten. 

V.  6,  oder  gleich  im  Anfang  et  zwischen  salipotenti  und 
mulHpotenti  (was  Plautus  so  gewiss  nicht  gesetzt  hat  wie 
Homer  KCtXnv  kcu  xpuceinv),  V.  14  das  cntbehrliche  me,  V.  18 
twt]  ein  paar  ganz  unerhebliche  Umstellungen  vorgenommen, 
wie  sie  sich  in  den  Handschriften  selbst  fast  auf  allen  Seiten 
vorfinden,  z.  B.,  und  zwar  aus  logischem  Grunde,  tibi  ego 
Neptune  fQr  ego  Neptune  fibi  V.  5,  oder  item  omnia  fiir  omnia 
item  V.  15  — :  das  sind  ja,  bei  der  Gesammtbeschatfenheit 
des  Plautinischen  Textes,  nicht  der  Rede  werthe  Kleinig- 
keiten,  von  denen  gar  kein  Aufheben  zu  machen  ist.  Hoch- 
stens  bleibt  V.  9  iibrig  in  Verbindung  mit  12,  als  nach 
Hermann's  Vorgang  etwas  freier,  jedoch  wiederum  gar  nicht 
blos  des  Metrums  wegen,  behandelt;  aber  was  hier  Brix 
gesetzt,  ist  sicher  nicht  empfehlenswerther*). 

*)  Was  iat  hier  nicht  alles  in  Vers  9  (828)  zusainmengepackt: 
Atque  hanc  tuam  gloriam  iam  ante  auribtis  acccperam,  et  mbilis  apud 
homine8t  (wamm  nicht  wcnigatens  nobilist  apud  homines?),  mit  wie 
matt  nachbinkendem,  gar  nichts  Noues  briugendem,  mit  steifem  et  uud 
uugefiigatem  Wechscl  der  Construction  angehangtem  et  nobilis  apud 
homin€8  estl  —  Beachtenswerth  genug  hingegen  iat  Muller'8  (p.  244) 
Verdacht  gegen  die  Worte  V.  12  (831)  ttemper  mendicis  modesti  sint 
n\&  ein  in  dcn  Tcxt  gedrungenes  erkliirendes  Glossem.  Nur  dass  der 
Verdacht,  wie  ich  glaube,  sicb  noch  weiter  erstrecken  und,  wie  jene 
Worte  die  spielende  Umschrcibnng  von  pauperibus  te  parcere  solitum 
waron,  sich  auf  deren  Gegensatz  ditis  damnare  atque  domare  ausdehnen 
muss.  Von  dereu  Erkliirung  ist  das  nobilis  apml  homines  in  V.  831 
nur  ein  liest;  dem  Sinne  nach  kam  Hermann^s  an  sich  sehr  feines 
secus  n.  a.  h.  ohne  Zweifel  auf  das  Wahrc  hinaus,  wenn  auch  gerade 
oin  sccus  der  Glossator  nicht  so  gesetzt  habeu  wird;  aber  die  Tauto- 
logie  des  Gedankens  in  V.  828  uud  831  liegt  doch  offen  zu  Tage.  Das 
(marginalo  oder  interlinoare)  Glossem  zersplitterte  sich  und  wurde  iu 
seiner  zweiten  Hillfte  zu  V.  828  verschlagen,  wo  es  durch  das  gleich- 
lautende  apud  homines  Verwirrung  stiftete  und  selbst  Wortverstellung 
veranlassto.  Tlautinisch  sind  m.  E.  nur  folgcnde,  knapp  und  buudig 
fortschreitende  Verse: 

Atque  tuam  hanc  apud  homines  gloriam  auribns  iam  acct{perain 

•  ante: 
Puuperibu8  tc  parcere  solitura,  ditis  damnare  atque  domare. 
Abi,  laudo:  scis  ordine,  ut  aequomst,  tractare  homines:  h6c  dis 

dignumst. 

Fulus  fuiRti  u.  s.  w. 
Von  vorn  herein  don  erxten  Vers  «0  zti  bohandeln,  um  ihn  zu  einom 


Digitized  by  Google 


PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICUKEITEN.  149 


Wo  inoglich  noch  hinfalliger  ist  der  zweite  Grund,  der 
daraus  entnoniinen  ist,  dass  der  Palimpsest,  nachdem  er 
noch  die  Verse  836—839  (das  Vorhergehende  ist  nicht  er- 
lialten)  als  Tetrameter  geschrieben,  nuu  auf  einmal  die  zwei 
letzten  Verse  840.  841  in  4  Diinetri  abtheilt,  die  offenbar 
anapastische  sein  sollen  und  es  an  sich  auch  sein  kdnnen. 
Aber  gesetzt,  das  sei  richtig,  wie  folgt  denn  daraus  nur  das 
Allermindeste  dafiir,  dass  auch  die  vorangehenden  Tetrameter 
der  ganzen  Scene  anapiistisch  seien  oder  nach  der  Auffassung 
des  Schreibers  oder  Kritikers  sein  sollten?  Wenn  Charmides 
nach  V.  839  in  seinen  Selbstbetrachtungen  plotzlich  dadurch 
unterbrochen  wird,  dass  die  auffallende  Erscheinung  eines 
Fremden  in  seinen  Gesicht^kreis  tritt,  was  ist  denn  da  mehr 
angebracht,  was  tiblicher,  als  dass  mit  dem  Wechsel  der 
Situation  und  der  Stimmung  ein  Wechsel  des  Metrums  Hand 
in  Uand  geheV  —  Schliesse  man  deshalb  immerhin  die  Scene 
mit  4  anapastischen  Dimetern  oder  meinetwegen  auch  mit 
2  Tetrametern  desselben  Rhythmus;   warum  ich  es  nicht 
gethan,  sondern  die  trochaischen  Tetrameter  mit  U  bis  ans 
Ende  fortgefuhrt  habe,  gehort  zwar  nicht  eigentlich  hierher, 
da  es  mit  Brixs  Argumeutation  nichts  weiter  zu  thun  hat; 
indessen  hatte  man  doch  meinen  Beweggrund  nicht  so  oben- 
hin  bei  Seite  scKieben  sollen.  Er  beruhte  darauf,  dass  ana- 
piistische  Messung  nur  inoglich  wird,  wenn  raan  cum  n&vo 
ornatu  specicque  simul  zusaminenconstruirt,  damit  aber  eine 
gar  nicht  verstiindliche  Begriffsunterscheidung  zwischen  or- 
iuittu;  und  specics  macht.    Denn  eine  sprachliche,  genauer  i 
stilistische  Unmoglichkeit  ist  es  doch  einleuchtender  Maassen, 
wenn  iu  dem  Satze  quis  hic  cst  qui  in  plateam  inyreditur  c. 
n.  o.  s.  q.  simul  Brix  das  simul  mit  inarediturt  die  Worte  cum 
novo  omatu  uumittelbar  mit  hic  oder  qui  verbunden  wissen 
will.    Ganz  abgesehen  davon,  dass  Charmides  schon  lange 

trocbaiBchcn  zu  machen,  miisste  allerdings  bedenklich  erscheinen. 
Aber  wenn  einmal  alles  Uebrige  die  Ueberzeugung  von  der  nicbt- 
anap&stischeu  Messung  der  Scene  schon  befestfgt  hat,  ist  ch  mit  nichten 
mehr  Willkur,  tiondern  mcthodiBches  Zwangsgebot,  die  einzige  sich 
nicht  8ofort  fiigende  Stelle  nach  dem  gewonnenen  allgemeinen  GeBichts- 
punkte  zu  gestalten. 


* 


150  PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN. 

auf  seinem  Platze  ist  und  keineswegs,  wie  Brix  sagt,  erst 
jetzt  niit  dem  Sykophanten  czugleich'  die  Gasse  betritt 
Wohin  dagegen,  wie  schon  Hermann  sah,  simid  vortrefflich 
passt,  das  ist:  opperiar  (et)  simul  animum  advortam  quid  agat 
(oder  gerat).  Und  wie  dieses  simul  an  das  Ende  des  vorigen 
Verses  verschlagen  wurde,  macht  ja  die  Gestalt  dieser  Verse 
im  B  so  augenfallig  wie  moglich.  Daraus  aber,  dass  ein 
Wechsel  des  Metrums  hier  ganz  passend  ware,  folgt  doch 
anderseits  mit  nichten  ein  Muss:  wie  z.  B.  V.  1174  unseres 
Stiicks  zeigen  kann.  —  Ohne  Zweifel  haben  wir  hier  die 
subjective  Bearbeituug  und  Zurechtstellung  des  metrischen 
Correctors  vor  uns,  dessen  Spuren  ja  auch  sonst  im  Palim- 
psest  so  haufig  zu  Tage  liegen,  und  mehr  als  einmal  in 
offenbar  verungliickten  Versuchen. 

Alles  Bisherige  beruhte  nur  auf  ratiocinatio :  aber  ich 
hatte  ja  einen  positiven  Beweis  versprochen.  Nun  wohl: 
er  liegt  —  ein  so  nicht  leicht  zum  zweiteu  Mal  wiederkeh- 
render  Fall  —  in  einem  einzigen  Worte,  und  zwar  gleich 
dem  Anfangsworte,  welches  ilber  das  Metrum  der  ganzeu 
Scene  unweigerlich  entscheidet.  Was  soll  denn  das  hand- 
schriftliche  salsipotenti  Neptuno  (genauer  ncptuni  mit  offen- 
barer  Verschreibung)  eigentlich  heissen?  Man  wird  ant- 
worten:  dem  cBeherrscher  der  Salzfluth'  d.  h.  dem  cMeeres- 
herrscher*.  Aber  nie  und  nirgeuds  ist  ja  im  Lateinischen 
das  Meer  mit  salsa  (oder  gar  salsttm'?)  bezeichnet  worden. 
Mit  Einem  Worte:  salsa  heisst  nichts  anderes  und  kann 
nichts  anderes  heissen  als  'Gesalzenes',  cEingesalzenes',  ins- 
besondere  'Salzfisch',  wie  im  Poenulus  I,  2,32  salsa  muria- 
tica:  dasselbe  was  in  ausgepriigterer  Forra  salsamenta,  wovon 
salsanwntarius ,  der  damit  handelt,  so  dass  ein  solcher  mit 
ganz  artiger  humoristischer  Bezeichnung  sehr  wohl  salsipotcns 
heissen  konnte,  wiihrend  sich  der  niiichtige  Bruder  des 
acthcrius  Iuppiter  die  Rolle  eines  Oberherrn  des  cMarinirten, 
hochlich  verbitten  wttrde.  Gegen  diese  Instanz  des  Sprach- 
gebrauchs  ist  nun  einmal  nicht  aufzukommen:  oder  es  bringe 
einer  Beispiele.  Etwas  ganz  anderes  ist  es  naturlich,  wenn 
das  Adjectivum  salsus  als  Priidicat  verbunden  wird  mit  fluctns, 
wie  sogleich  im  folgenden  Verse,  oder  salsis  locis  im  Rudens 


Digitized  by  Google 


PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN.  151 

V.  907,  und  sonst  bei  Dichtern  salsa  vada,  aequora,  undae, 
frettts,  gurges  u.  dgl.  Auch  sal  fiir  Meer  kennen  wir  ja,  wie  536 
dXc  im  Griechischen:  aber  hier  bricht  eben  der  speeifische 
Sprachgebrauch  des  Lateinischen  mit  scharfcm  Kiss  ab,  und 
keine  der  beliebten  vagen  Phrasen:  les  konnte  ja  aber  doch 
einmal',  res  liesse  sich  ja  doch  denken'  u.  s.  w.,  kann  den 
sahijwtens  Neptunus  retten*).  Das  aber  war  es,  was  der 
Einsicht  des  Johannes  Brantz  nicht  entging,  wenn  er  als 
das  Plautinische  salipotenti  erkannte,  ob  man  nun  das  zu 
Grunde  liegende  salum  (salus  bei  Ennius)  von  salire  ableite 
oder  mit  dem  Etymon  cdXoc  (cctXn,  caXeutu)  in  Verbindung 
setze.  Und  weim  Brantz  etwa  gar  nicht  an  salum  dachte, 
Bondern  kurzweg  von  sal  =  mare  ausging,  so  musste  es  ja 
erst  recht  salipotens  heissen**). —  Uebrigens  konnte  schon 
jeden  das  —  keinesweges  untergeordnete  —  Bedenken  stutzig 
machen,  ob  denn  die  Plautinische  Sprache  so  armlich  sei, 
um  sich  in  zwei  auf  einander  folgenden  Versen  mit  salsi- 
potenti  und  salsis  fluctibus  zu  wiederholen. 

Das  also  ist  mein  zwingender  Grund  ftir  trochaischen 
Rhythmus,  da  zwar  salsipotenti  dem  trochaischen  nicht  wider- 
strebt,  aber  mit  salipotenti  die  Moglichkeit  anapastischer 
Messung  in  sich  selbst  zusammenbricht.  Namlich  zwingend 
ffir  jeden.  Fur  mich  ist  es  kaum  weniger  noch  ein  metri- 
scher:  dass  ich  einen  anapiistischen  Versschluss  wie  atgue' 
do-mare  ftir  schlechthin  unzuliissig  halte  (gleichwie  auch 
veld  in  der  Diiiresis  V.  837).    Indessen  bei  der  weitherzigen 


*)  Wenn  ein  spiiter  Dichterling  (in  Riese'»  Anthologie  I  p.  71) 
die  Wortbildung  sctisipotis  (d.  i.  Neptuni)  Umina  wagte,  so  hat  dies 
natorlich  fur  gute  alte  Zeit  gar  keine  Bedeutnng:  wie  das  auch  Haupt 
ansah  iin  Rhein.  Mus.  VII  p.  478.  Sehr  mOglich,  ja  ich  mdchte  sagen 
wahrscheinlich,  dass  es  nur  Reminiscenz  eben  aus  unserer  (damals 
schon  verderbt  vorliegenden)  PlautussteUe  ist. 

**)  In  der  Uerliner  Zeitschrift  fur  Gymnasialweaen  1874  p.  808 
theilt  jemand  den  kindlichen  Einfall  mit,  dass  Virgil  Aen.  I,  126  in 
eineni  gewissen  Falle  statt  alto  Prospiciens  mit  wuchtigerm  Epitheton 
(nach  Analogie  des  ignipotens  \  ulcanus  VIII,  628)  'gewiss  zu  dem 
riautinischen  salsipotens  oder  multipotens  ('Trin.  820  ed.  Ritschl') 
gegriffen  haben  wurde*  (buchstiiblich  so!).  Ist  das  auch  eine  Art  zu 
citiren? 


Digitized  by  Google 


152  PUILOLOGISCIIE  UNVERSTANDLICHKEITEN. 


T  oleranz,  die  jetzt  in  metrischen  Dingen  zu  herrschen  pflegt, 
fehlt  es  gewiss  nicht  an  solchen,  die  jenem  domare  sogar 
noch  eine  besondere  Lieblichkeit  abzugewinnen  wissen.  *Ha- 
beant  sibi'  ist  alles,  was  ein  Mann  von  der  stricten  Obser- 
vanz  diesen  Latitudinariern  zu  antworten  hat*). 
M7  Und  nun,  bitte,  auf  eine  einfache  Frage  eine  einfache 
Antwort:  Ist  Ihncn  die  vorstehend  gekennzeichnete  Ana- 
piistenreiterei  (die  ich  ttbrigens  nicht  sowohl  fiir  eine  prin- 
cipielle,  als  vielmehr  fiir  eine  aus  halb  unbewusstem  Nach- 
ahmungstriebe  angewohnte  halten  niochte)  verstandlicher 
als  mir? 

Eine  untergeordnete  Einzelnheit  will  ich  doch  zuin 
Schluss  nicht  unerwahnt  lassen.  Wie  konnte  man  (Brix  zu 
seinem  Vortheil,  uachdem  er  sich  von  Bergks  Uniiberlegt- 

heiten  **)  emancipirt,  neuerdings  nicht  mehr)  im  ersten  Verse 

■  

*)  Sind  es  doch  dieselben,  welcbe  die  ubcrraschende  Entdeckung 
machten,  zucrst,  dass  die  zweite  Sylbe,  sodann,  dass  dic  erste  Sylbe 
dcs  Anapitsten  eine  Lange  sein  kfinnc.  Ee  fehlt  nur  noch ,  dass  eincr 
sowohl  die  erste  wio  die  zweite  zugleich  zur  Litnge  macht,  wodurch 
wir  das  schone  Schema  erhalten: 

\j  u  _ 

_<  _  _ 

-  \j  _ 

Und  komrat  nun  noch  ara  Endc  der  rhythmisehcn  Rcihc  die  kurze 
Scblusssylbe  wie  in  domare  hinzu,  s<>  gcwinnen  wir  die  4  neuen  Formen 

_»  _>  _•  oder  _  _< 

U  _  v$ 
_  u 

t 

_  w 

Wa»  mit  dcn  normalen  Fiissen  __,  -  o  _»,  w*  u    u  nicht  wenigcr 
10  Variationen  von  c  ^  s  gibt.    Warura  raan  dann  nur  nicht  kurzwrg 
sagt:  fiir  dcn  aogenannten  Anapiist  kann  jeder  dreiHylbigo  Fuss  stehen, 
und  ausserdem  noch  zwei  2-  und  ein  4sylbigerV   Man  sieht,  die  Metrik 
geht  einer  hflchst  schiitzbaren  Vercinfachung  cntgegen. 

**)  Neuerdings  hat  sie  Bergk,  wie  ich  eben  finde,  allerdings  still- 
schweigcnd  aufgegeben,  aber  nur  um  sie  durch  cine  neue  Gedanken- 
losigkeit  zu  ersetzen.  Auf  Grund  einer  alten  Glossc  des  sog.  Philo- 
xcnus  (p.  143  bei  Vulcanius)  rNcries,  cSouda  eaAdccnc',  die  er  sogar 
als  aus  unserm  Vers  selbst  geschopft  ansieht,  empfiehlt  cr  Philol.  Bd. 
32  (1873)  p.  566  Iovis  fratri  ct  Nerici  foder  Nerie  oder  Neriae')  Nep- 


Digitized  by  Google 


riIILOLO<iISCIIE  UN VEKSTAN ULICHKEITBN.  153 


Scaligers  so  einfache  wie  schlagende  Verhesserung  actJicrei  ^ 
Neptuno*)  wieder  aufgeben,  indem  nian,  sich  an  das  etncrei 
der  Hdss.  haltend,  den  Nereus  wieder  hervor-  und  herein- 
zog,  dem  Bergk  noch  den  Portunus  zum  Genossen  gab? 
Dem  lag  zunachst  die  verkehrteste  Vorstellung  von  dem 
We8en  dieses  Meergottes  zu  Grunde;  denn  in  Gemeinschaft 
mit  dem  heitern  Tochterschwarm  sein  seliges  Dasein  in 
harmlosem  Behageu  fast  idyllisch  fur  sich  dahinlebend,  wird 
er  zu  den  Schicksalen  der  seefahrenden  Menschenkinder  iiber- 
htupt  so  gut  wie  in  keine  niihere  Beziehung  gesetzt,  weder 
als  gefahrdende  und  schiidigende,  noch  als  schiitzende  und 


tuni:  was  docb  in  seinem  Sinne  vielmebr  tierie  zu  6cbreiben  war.  Da 
nuo  der  lovis  frater  kein  andcrer  als  Neptun  ist .  so  besagt  folglich 
der  ganze  Satz:  Neptuno  et  Neptuni  potestati  maritimae  gratias  agoll 
Welche  potestas  hatte  er  denn  noch?  Und  waa  ffir  ein  Verhtiltniss 
uberhaupt  zwischen  den  zwei  durch  et  bo  wundersam  coordinirtcn 
Miichten  Bergk  sich  eigentlich  vorstellen  mochte?  —  Aber  vor  allem 
durfte  cr  die  Glosse  selbst  nicht  so  vertrauen.sselig  aufnebmen  und  so 
haatig  znfahrend  fur  seinen  augenblicklichen  Einfall  verwenden,  da  sie 
in  der  fiberlieferten  Geetalt  weder  nach  Form  noch  Bedeutung  irgend 
einen  Anknfipfnngspunkt  fiir  die  Erklarung  darbietet.  Auszugehen  ist 
von  der  (in  Gustav  L0we's  demniichst  erscheinendem  'Prodromus' 
comtatirten)  Thatsache,  dasa  viele  Glossen  des  sog.  Philoxenus-Glossars 
ursprunglich  gar  nicht  lateinisch-griechisch,  sondern  latcinisch-lateinisch 
waren  und  ins  Lateinisch  -  griechische  erst  fibersetzt  wurden,  dieses 
aber  mehrfach  nicht  ohne  Misverstandniss  und  nachweisbare  Ueber- 
setznngafehler.  Nach  L5we's  feiner  Combination  hiess  es,  mit  Ver- 
setzung  eines  einzigen  Buchstaben,  ursprunglich :  Nereis  i  numen 
maris,  ganz  ahnlich  wie  in  einer  Sangallener  Glosse  (cod.  912  p.  179), 
die  auch  sonst  wiederkehrt:  Nympha  l  virgo  caekstis,  numen  aquac. 
Der  Uebersetzer  fasste  das  numen  nicht  in  der  Bedeutung  rGottheit\ 
eondern  in  der  von  'potestas',  und  gab  es  danach  durch  *Eouda  wioder. 

*)  Ich  erinnere  mich  wohl  einmal  das  Bedenken  gehSrt  zu  haben, 
ob  denn  aethereus  auch  fur  ein  Plautinisches  Wort  gelten  kfinne.  Nun, 
in  der  gewohnlichen  Umgangssprache  natiirlich  nicht,  aber  warum 
nicht  in  dem  sehr  fuhlbar  gehobenen  Tone  eines  schwungvollen  Can- 
ticums?  Das  Substantiv  aether  gebraucht  Pacuvius,  und  der  Zeuc  ai- 
(tfptoc,  Iuppiter  oder  pater  aetherius  war  Griechen  wie  Rflmern  kein 
ungelaufiger  Begriff.  —  Was  die  Form  betrifft,  so  wird  die  correcte 
der  classischen  Zeit  allerdings  aetherius  sein;  fiir  die  Plautinische  Pc- 
riode  und  Sprache  genflgt  indess  schon  die  allgcmeine  Prioritat  des  e 
vor  t  zur  Rechtfertigung  von  aethereus. 


Digitized  by  Google 


154  PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN. 

rettende  Macht;  kaum  dass  ihn  seine  Weissagungsgabe  zu 
eineni  gelegentlichen  indirecten  Eingreifen  veranlasst.  Hatte 
Charmides  noch  andere  Gottheiten  nainentlich  im  Sinne,  so 
konnten  es  die  freundlich  gesinnten  Helfer  Kastor  und  Poly- 
deukes,  Leukothea  und  Palaemon  sein;  des  Nereus  Mission 
war  das  ganz  und  gar  nicht,  und  in  Gesellschaft  des  erbar- 
mungslosen  Wutherichs  Poseidon  wurde  der  milde  Meergreis 
geradezu  eine  komische  Rolle*)  spielen.  —  Wiederum  uu- 
539  begreif  lich  aber  war  die  frfihere  Behauptung,  es  hatten  iin 
erstcn  Verse  mehr  als  eine  Gottheit  genannt  sein  miissen, 
wenn  1)  Charmides  V.  824  sollte  sagen  konnen  tUn,  Ncptune, 
ante  alios  deos  gratis  ego,  und  wenn  2)  V.  822  der  Plural 
quos  penes  mci  fuit  potestas  seine  verstandliche  Beziehung 
haben  solle.  Ist  das  erstere  gar  keiner  Antwort  werth,  so 
ist  ja  das  quos  so  kliirlich  wie  moglich  zu  Ncptuno  et  flucti- 
bus  salsis  construirt.  —  Endlich  zu  guter  (richtiger  boser) 
Letzt,  wie  konnte  man  nur  einen  Dativ  Nerei  mit  dem  Orpliei 
eines  Augusteischen  Dichters  wie  Virgil  rechtfertigen  wollen? 
Dafflr  kannte  ja  die  alte  Sprache  des  Drama  s  nur  Nereo. 
Tantae  molis  erat  — ! 


*)  Und  nun  vollends  C.  F.  W.  Miiller,  der  den  Vers  bo  Bchreibt: 
SaJsipotenti  et  multipotenti  Iovis  frdtri  Nereo  et  2*6riuno.  Da  ist  Nereus 
plStzlich  sogar  zum  allmaohtigen  Beherrscher  des  MeereB  ayancirt! 
und  zugleich  zum  Bruder  des  Juppiter,  wovon  das  ganze  Alterthum 
nichta  weiss!  80  dasa  daa  unachuldvolle  kleine  Inokind  sich  fast  spase- 
haft  neben  ihm  auBnimmt  Und  nachdem  im  Eingang  allea  Verdienst 
und  allea  Dankgefuhl  auf  Nereua  und  Portunua  concentrirt  worden, 
ohne  den  Neptunus  auch  nur  mitzuerwahnen,  eoll  ea  dann  weiter  heissen: 
'Und  zwar  dir,  Neptunua,  vor  allen  andern  GOttern  bin  ich  den  grfos- 
ten  Dank  Bchuldig»  ?  Welche  Logik  in  Verbindung  und  Fortachritt  der 
Gedanken!  Ein  wenig  Nachdcnken  Bollte  man  doch  von  jedem  Kri- 
tikcr  und  Exegeten  fordern  diirfen!  —  Uebrigcns  weiss  ich  durchaus 
nicht,  was  die  Worte  p.  113:  'V.  826  iat  atque  bei  K.  in  den  Noten 
durch  Druckfehler  ausgefallen'  irgend  sagen  wollen.  Ee  ist  allea  in 
vollkonimenster  Ordnung,  und  nur  ein  Fluchtigkeitsfehler  (wie  auch 
aonst  oft)  auf  Seiten  Maller'8  zu  constatiren. 


Digitized  by  Google 


PHJLOLOGISCHE  UNVER5TANDLICHKEITEN.  155 


n. 

Die  Plautinische  Sprache  und  Herr  N.  Madvig. 

Ueber  die  Sprache  des  Plautus  liest  man  nicht  ohne 
Erstaunen  in  Madvigs  Adversarien  II  p.  4  folgenden  Aus- 

spruch:  *  respondebo  me  .  .  .  .  intelligere,  Plauti  co- 

inoediis  ne  plane  nativum  quidem  sermonem  Latinum  et 
suopte  ingenio  sese  moventem  contineri,  sed  non  raro  Graeca 
vertendo,  imitando,  novam  versus  formam  sequendo  et  ei 
obediendo  inflexum*.  So  also  steht  dem  modernen  Skandi- 
navier  das  Bild  des  Autors  vor  dem  geistigen  Auge,  dessen 
sprachlicbe  Virtuositat  und  acht  lateinische  Farbe  seiner 
eigenen  Nation  zu  allen  Zeiten  Gegenstand  der  einstimmigen 
Bewunderung  und  des  uneingeschranktesten  Lobes  war.  Mag 
es  eine  poetisirende  Hyperbel  sein,  wenn  Aelius  Stilo  (laut 
seines  Schttlers  Varro  Zeugniss  bei  Quiutilian  X,  1,  99)  sich 
zu  dem  enthusiastischen  Worte  erhob:  fMusas  Plautino 
sermone  locuturas  fuisse,  si  latine  loqui  vellent';  eine  sehr 
ernsthaft  nQchterne  Ueberzeugung  lag  dem  doch  zu  Grunde. 
Schlichter  bekanntlich  Gellius  VI,  17,  4:  Tlautus,  homo 
linguae  atque  elegantiae  in  verbis  latinae  princeps',  und  in  mo 
ein  alles  sagendes  Wort  zusammengefasst  XIX,  8,  6:  fPlau- 
tu8  linguae  latinae  decus\  Es  lasst  sich  voraussehen, 
dass  Herr  Madvig  diese  Zeugnisse  nicht  gelten  lassen,  viel- 
mehr  erwidern  wird,  dass  die  archaische  Periode  iiberhaupt 
noch  keinen  Maassstab  der  Vergleichung  hatte,  die  archa- 
istische  aber  in  einer  einseitigen  Geschmacksrichtung  be- 
fangen  war.  Aber  wie?  kannte  denn  Madvig  keinen  weitern 
Zeugen,  der  aber  die  Plautinische  Sprache  ein  Urtheil  ab- 
gegebenV  vergass  er,  oder  wollte  er  vergessen  den  grossten 
Sprach-  und  Stilmeister,  den  Kom  gehabt  hat,  den  Cicero, 
seinen  Cicero,  und  dessen  beriihmte  Schilderung,  in  der  er 
de  orat  IH,  12,  45  den  Redner  Crassus  die  Sprache  seiner 
Schwiegermutter  Laelia  mit  Pradicaten,  die  nicht  ehrender 
gedacht  werden  konnen,  charakterisiren,  zum  Schluss  aber 
hinzufagen  lasst:  feam  sic  audio,  ut  Plautum  mihi  aut 
Naevium  videar  audire'?  so  dass  alles,  was  an  ihr  lobend 
hervorgehoben  wird,  unmittelbar  auch  auf  Plautus  seine  An- 


Digitized  by  Google 


1 56  VI 1 1 LOLOG ISCH E  LT N VERSTAN DLICl  1 KEITEN. 

wendung  findet.  Und  was  sind  das  fttr  PradicateV  Solche, 
mit  denen  die  Madvigschen  in  dem  denkbar  schreiendsten 
Contrast  stehen.  Denn  was  kann  widersprechender  sein,  als 
der  *ne  plane  nativus  quidem  sermo  latinus  et  suopte  ingenio 
sese  movens',  der  angeblich  aus  Uebersetzungszwang  und 
Versnoth  (beides  geradezu  lacherlich  fttr  einen  Plautus*)) 
sich  vom  Natttrlichen  und  Aechten  eutfernt,  und  anderseits 
die  fcerta  vox  Komani  generis  urbisque  propria,  in  qua  nihil 
offendi,  nihil  displicere,  nihil  animadverti  possit,  nihil  sonare 
aut  olere  peregrinura',  wie  sie  der  Laelia  beigelegt  wird, 
rait  dem  Zusatz:  'facilius  enim  mulieres  incorruptam  an- 
tiquitatem  conservant'  u.  s.  w.  Welch  priignanten  Begriff  das 
incomtpta  in  sich  schliesst,  bedarf  keiner  Erorterung.  Aller- 
dings  aber  auch  antiquitas:  denn  Plautus  schreibt  nicht  wie 
Cicero.  Wer  indess  darin  eine  Bemiingelung  sahe,  thate 
doch  nichts  anderes,  als  wer  der  Luther'schen  Bibelttbersetzung 
und  8einen  Liedern  mangelhaftes  Deutsch  vorwurfe,  weil 
Luther  nicht  schreibt  wie  Goethe  und  Schiller.  Und  welches 
Gewicht  erhiilt  Cicero's  Urtheil  noch  weiter  durch  den  strengen 
Richterspruch,  den  er  gegen  den  jttngern  Kunstgenossen  des 
Plautus,  Caecilius,  fallt,  den  er  zwar  de  opt.  gen.  or.  1 
'summum  fortasse  comicura  ^06^8™'  nennt,  aber  dennoch  ad 
mi  Att.  VII,  3,  10  als  fmalus  auctor  latinitatis'  bezeichnet, 
wie  auch  Brut  74,  258  fCaecilium  et  Pacuvium  male  locutos 
videmus*.  —  Selbst  Horaz  aber,  dem  doch  Plautus  im  Ganzen 
ersichtlicher  Weise  sehr  wenig  sympathisch  war,  dient,  wenn 
man  schiirfer  zusieht,  der  Ciceronischen  Werthschiitzung  in- 
direct  zur  nicht  veriichtlichen  Sttttze.  Denn  was  ist  es  eigent- 
lich,  was  er  am  Pl.  auszusetzen  hat?  Erstlich  (ad  Pis.  270  ff.) 
die  numcri:  und  darin  ist  er  von  seinem  Standpunkte, 
dem  der  ars  graecanica  aus,  ganz  in  seiuem  Rechte.  Dann 
die  salcs,  an  deren  drastischer  Naturwttchsigkeit  die  welt- 
mannische  Urbanitat  des  Horaz  wenig  Geschmack  fand. 
Endlich  (Ep.  II,  1,  170  ff.)  die  Lockerheit  der  Composition  % 

*)  Wenn  ich  Opusc.  II  p.  190  dcn  PlautuB  nicht  nur  als  cincn  cnt- 
schicdcn  gcnialern,  aondern  selbst  btrengern  Verskiiustler  als  Tercn- 
tius  bezcichnete,  so  hat  mir  darin  spater  G.  Uermann  ausdrucklich 
Recht  gegeben. 


Digitized  by  Google 

; 


PMLOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKKITEN.  157 


(vgl.  das  properarc  V.  58)  und  die  sorglose  Durchfiihrung  der 
Charaktere:  woran  ja  auch  viel  Wahres.  Von  einem  Tadel 
der  Sprache  dagegen  nirgends  nur  die  leiseste  Andeutung. 
Denn  die  'nimis  antique,  dure,  ignave  dicta'  (V.  66  f.)  hat 
man,  naraentlich  was  die  beiden  letzten  betrifft,  nicht  nur 
kein  Recht  gerade  auch  auf  Plautus  zu  beziehen,  sondern 
bei  einiger  Ueberlegung  vielmehr  das  Recht,  sie  auf  ihn  spe- 
ciell  nicht  zu  beziehen.  —  Ich  iibergehe  die  LobsprQche  der 
ioci  Plautini,  so  wie  der  ihn  von  allen  andern  Kunstgenossen 
scharf  unterscheidenden  Individualitiit,  da  sich  zwar  daraus 
aueh  fiir  die  Gtite  seiner  Sprache  etwas  entnehmen  liisst, 
aber  doch  nur  erst  durch  Schlussfolgerungen. 

Das  also  ist  die  Stellung,  die  Madvig,  ohne  alle  weitere 
Motivirung,  in  der  Wiirdigung  der  Plautinischen  Sprache  dem 
ganzen  Alterthum  gegeniiber  einnimmt.  Gewiss  eine  an  sich 
sehr  unverstiindliche  Stellung.  Und  das  wird  sie,  objectiv 
genommen,  auch  bleiben.  Aber  wenigstens  ein  subjectives 
Verstandniss  wird  sich,  bis  zu  einem  gewissen  Grade,  erzielen 
lassen:  wahrend  wir  bei  der  Besprechung  des  Anapiisten- 
Thenia's  bei  der  absoluten  Unverstiindlichkeit  als  odem  Re- 
sultat  stehen  bleiben  mussten.  Es  kommt  hier  das  ganze 
personliche  Verhiiltniss  Madvigs  zu  den  Plautusstudien  in 
Betracht;  dies  erst  wird  uns  den  psychologischen  Schliissel 
auch  fiir  jenes  so  selbstgewiss  absprechende  Urtheil  des 
Mannes  geben,  wenn  auch  in  keiner  fiir  ihn  erfreulichen 
Weise.  Reichlichen  Stoff  zu  solcher  Betrachtung  bietet  er 
ons  selbst  zuniichst  im  Eingang  des  zweiten  Bandes  seiner 
Adversaria. 

Als  'adolescens',  erzahlt  er  uns  hier,  habe  er  den  Plautus 
fnon  indiligenter'  gelesen,  d.  h.  natiirlich,  wie  einstens  Gesner 
seinen  Terentium  (und  wer  nicht  ehedem?),  als  Prosa.  Aber 
da  er  weder  'subsidiis  instnictus'  noch  'metrorum  proso- 
diaeque  observatione  praeparatus'  gewesen,  habe  er  sich  lieber  m» 
andern  Gebieten  der  alten  Litteratur  zugewendet;  denn  iiber- 
haupt,  heisst  es  an  einer  weitern  Stelle,  'animus  nec  scientia 
nec  consuetudine  satis  sc  ad  Plautinam  formam  ^10^6^^^. 
Nun,  das  stand  ihm  ja  vollkomraen  frei,  und  war  sogar  ein 


Digitized  by  Google 


158  PHILOLOGISCIIE  UNVER8TANDLICHKEITEN. 

glacklicher  Entschluss,  wie  die  schonen  Frflchte,  die  daraus 
erwachsen  smd,  zur  Genuge  zeigen.  Wiire  er  nur  der  ent- 
sprechenden  Mahnung,  die  er  Adv.  I  p.  96  an  Andere  richtet: 
fne  quis  fines  transiliat  et  ad  ea,  quibus  non  sufficiat,  pro- 
grediatur'  —  ganz  ira  Einklange  rait  dem  alten  Spruch:  epooi 
tic  fiv  ^Kacfoc  eibeirj  Texvnv  —  in  seiner  eigenen  Praxis  tren 
geblieben!  er  hiitte  dann  wirklich  einen  Beweis  von  Weisheit 
gegeben,  deren  Zuerkennung  er  jetzt  griindlich  verscherzt  hat 
—  Aber  nun  kamen  die  in  Deutschland  dem  so  lange  ver- 
nachliissigten  Plautus*  zugewendeten  Bestrebungen,  von  denen 
er  doch  £kujv  &€kovti  Y€  Guuui  einige  nahere  Kenntniss  zu 
nehmen  sich  gedrungen  fiihlte.  (Dass  er  meinen  Namen 
dabei  nennt,  ist  fBr  die  Sache  gleichgflltig;  vor  mir  hatte 
Hermann  die  Wege  gewiesen,  der  seinerseits  Bentley  zum 
Vorbild  hatte,  und  die  nach  mir,  unter  voller,Wahrung  ihrer 
Selbstandigkeit,  meinen  Spuren  folgten,  sind  zum  Theil  glfick- 
licher  gewesen  als  ich.)  Was  that  Madvig  also?  Er  ent- 
schloss  sich  (fpaucos  annos'  vor  1873)  von  den  20  Stucken 
des  Plautus,  unter  Zuziehung  der  neuern  Bearbeitungen,  ihrer 
5,  sage  funf,  cpaulo  lentius'  durchzulesen,  um,  wie  er  sagt, 
ein  annaherndes  Bild  von  der  neuern  Plautinischen  Bewegung 
zu  gewinnen.  Das  mochte  fur  diesen  Zweck,  zu  seiner 
eigenen  Belehrung,  allenfails  geniigen.  Aber  welcher  salto 
mortale  (denn  todtlich  ist  er  seinem  Ruhme,  d.  h.  einem  Theil 
desselben,  in  der  That  geworden)  von  so  bescheidenen  Vor- 
siitzen  und  Absichten  bis  zu  dem  obersten  Richteramte,  das 
er  sich  nun  auf  derselben  Seite  in  dreistestem  Selbstver- 
trauen  auf  einmal  anmaasst!  vermoge  dessen  er  iiber  die 
ganzen  deutschen  Plautusstudien ,  sofern  sie  sich  an  den 
Namen  F.  R.  kniipfen,  ein  Verdammungsurtheil  proclamirt, 
welches  nicht  schneidender  und  vernichtender  gedacht  werden 
kann.  Zwar  weiss  er  daran  auch  allerhand  autrichtig  zu 
loben:  Fleiss,  Sorgfalt,  selbst  Gelehrsamkeit,  manches  Ge- 
lungene  im  Einzelnen  u.  d.  m.;  aber  worin  schliesslich  doch 
alles  gipfelt,  das  ist  die  allgemeine  vage  Anklage  des  Mannes, 
der  iiberhaupt  nur  den  vierten  Theil  des  betr.  Autors  genauer 
5*3  gelesen  zu  haben  bekennt*),  dass  die  hier  gefibte  Kritik, 

*)  Was  wohl  Herr  Madvig  fur  Augen  machen  wuTde,  wenn  Einer 


Digitized  by  Google 


■ 


PinLOLOGISCHE  UNVERSTANDLICIIKEITEN.  159 

weil  sie  sich  von  den  'certissimis  indiciis*  der  Hdss.  kOhn- 
lich  entferne,  weil  sie  raittels  subjectiver  Conjecturen  Un- 
sicheres  an  die  Stelle  des  Sichern  in  den  Text  setze,  weil 
sie  Falsches*"  und  Wahres,  Probables  und  Improbables  mische, 
dadurch  zur  betrObendsten  'temeritas'  werde,  allen  ein- 
fachen  Wahrheitssinn  untergrabe  und  zum  ganzlichen  Ver- 
derben  aller  gesunden  wissenschaftlichen  Methode  fQhre,  und 
wie  das  dort  auf  p.  4  a.  E.  und  p.  5  z.  A.  mit  warmer  Be- 
redsamkeit  weiter  variirt  wird.  FQrwahr,  viel  iible  Nachrede 
auf  einmal,  muss  man  gestehen.  Und  Herr  Madvig  hatte  in 
der  That  die  Genugthuung,  zu  erleben  wie  'volgus  redamp- 
truat  illi\  Denn  da  war  sogleich  Herr  Leonhard  Spen- 
gel  zur  Stelle,  der  mit  beiden  Handeu  Beifall  klatschte  (ich 
denke,  es  war  in  v.  Leutsch's  'Anzeiger')  zu  der  zwar  gar 
fnicht  schmeichelhaften  und  nicht  galanten,  aber  nur  zu 
wahren'  Charakteristik,  da  fdie  Folgen  leider  offen  zu  Tage 
lagen':  worin  sie  bestehen,  verschweigt  des  Siingers  Hoflich- 
keit,  Als  Privatvergnflgen  konnte  man  ihm  ja  seinen  kp6toc 
xeipu/v  recht  gern  gonnen;  aber  fUr  ein  so  maassgebend  auf- 
tretendes  offentliches  Urtheil  fragte  man  doch  billig  nach 
der  Legitimation  (wie  er  sie  fflr  andere  Gebiete,  in  Folge 
anerkannt  verdienstvoller  Leistungen,  allerdings  nicht  erst 
bedarf).  Denn  die  vierthalb  Seiten,  auf  denen  er  im  Philo- 
logus  XVII  (1861)  p.  562  einige  Stellen  des  Amphitruo  be- 
spricht  —  und  anderes  Plautinische  ist  von  ihm  nicht  be- 
kannt  geworden  —  wird  er  uns  selbst  kaum  zumuthen  als 
Bolche  gelten  zu  lassen.  Uebrigens  miissen  zwischen  1861 
und  1873  seine  Anschauungen  und  Grundsatze  iiber  Textes- 
kritik  eine  merkwiirdige  Wandelung  durchgemacht  haben: 
denn  die  dort  im  Amphitruo  angewendeten  Heilmittel  (Um- 
steilungen,  Streichungen,  Lflckenausfiillungen  u.  dgl.)  haben 
mit  den  jetzt,  nach  Madvigs  Vorgang,  von  ihm  so  ent- 
rfl8tungsvoll  perhorrescirten  eine  iiberraschende  Familien- 
ahnlichkeit.  —  Eine  etwas  andere  Tonart,  wenngleich  er- 


nur  9  Bucher  dea  Liviua  ordentlich  gelesen  hatte  und  sich  nun  ala 
competenten  Richter  flber  die  'Emendationea  Livianae'  aufspielte?  TJnd 
da«  w^re  noch  lange  nicht  eimnal  80  Bchlimm. 


Digitized  by  Google 


160  PniLOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN. 

sichtlich  mit  derselben  Tendenz,  stiininte  eine  unserer  Gym- 
nasialzeitschriften  an  (ich  brauche  nicht  erst  zu  sagen,  welche). 
Nachdem  sie  die  Erkliirung  vorausgeschickt,  dass  sie  selbst 
von  der  Sache  gar  nichts  verstiinde,  druckte  sle  mit  sicht- 
barem  Behagen  den  ganzen  Madvigschen  Passus  in  extenso 
wieder  ab,  fweil  es  doch  ftir  weitere  Kreise  interessant  sei 
zu  erfahren,  welche  Stellung  der  grosse  danische  Philolog, 
dessen  Verdienste  in  Deutschland  so  rflckhaltlos  anerkannt 
wiirden,  zu  den  in  Rede  stehenden  Plautusstudien  einnehine'. 
Noch  interessanter  'fflr  weitere  Kreise*  (denn  an  sich  wiire 
ja  der  kleine  Zwischenfall  ganz  irrelevant  und  gar  nicht  der 
544  Erwahnung  werth)  diirfte  diese  Auslassung  dadurch  sein, 
dass  sie  einen  so  sprechenden  neuen  Beleg  fiir  unsere,  aucli 
1871  iiberdauernde  deutsche  Nationalschwache,  das  ttpockuv€iv 
des  Auslandes,  abgibt. 

Aber  kommen  wir  auf  den  obigen  rsalto  1^0^16*  selbst 
zurtick  und  suchen  ihn  theils  in  seiner  Genesis,  theils  in 
seiner  etwaigen,  wcnn  auch  nur  relativen  Berechtigung  zu 
verstehen.  Dafiir  werden  zwei  Hauptgesichtspunkte  ins 
Auge  zu  fassen  sein.  Erstens  tritt  uns  hier  abermals  das 
80  sehr  iiber  den  Fuss  gespannte,  loidige  Verhaltuiss  Mad- 
vigs  zur  Metrik  uud  insbesondere  Prosodie  entgegen,  wie  er 
es  p.  3  im  Tone  der  Klage  selbst  bezeichnet:  fin  eius  ego 
operac  partem  ob  studia  alio  collata  venire  non  potui,  nec 
animi  inclinatione  trahebar,  ut  me  in  minutam  illam  proso- 
diae  maxime  observationem  in  instabili  fundamento  trepi- 
dantem  immergerem,,  im  Tone  der  Anklage  aber  p.  4:  *dum 
R.  praescriptam  versuum  formam  legemque  explere  studeret 
omniaque  ad  sua  praecepta  non  ubique  certa  aut  vera  ex- 
igeret'  .  .  .  u.  s.  w.  Nun,  wie  man  das  anders  machen  soll, 
als  dass  man  zuerst  aus  der  Ueberlieferung  Gesetz  und  Kegel 
zu  ermitteln,  nach  den  ermittelten  Normen  aber  dann  die 
Ueberlieferung,  wo  sie  getrUbt  erscheint,  zu  reinigen  sucht, 
das  hat  uns  Madvig  zu  verrathen  vergessen;  er  selbst  hat 
es,  wo  ihm  etwas  gelungen  ist,  niemals  anders  gemacht,  wie 
es  denn,  trotz  der  anscheinenden  Kreisbewegung,  einleuchten- 
der  und  anerkannter  Maassen  in  Wahrheit  Fundamentalgesetz 
aller  verniinftigen  und  gesunden  Methode  selbst  ist.  Mit 


Digitized  by  Google 


PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN.  161 

welchem  Rechte  verbietet  er  das  also  Andern?  Und  was 
gebietet  er  denn  nun  eigentlich?  Sollen  wir  Gesetze  nur 
zum  Spass  aufsuchen,  um  sie  hinterher  zu  ignoriren?  oder 
sollen  wir,  um  hinterher  durch  die  entsprechenden  'praecepta' 
nicht  genirt  zu  sein,  erst  gar  keine  suchen?  Eines  doch  so 
widersinnig  wie  das  andere.  Dass  bei  ihrer  Erforschung 
menschlicher  Irrthum  nicht  ausgeschlossen  ist,  versteht  sich 
von  selbst;  sogar  Herr  M.  wird  das  in  Beziehung  auf  sich 
in  thesi  zugeben,  so  schwer  es  ihm  auch  in  praxi  anzukom- 
men  scheint;  ein  Anderer  kommt  eben  und  macht  es  besser, 
indem  er  auf  die  Schultern  des  Vorgangers  tritt:  denn  ek 
dvfip  oti  Trdv9*  6pqt.  Aber  freilich,  die  Auffindung  jener  Nor- 
men  hat,  je  nach  der  Art  des  Autors  und  der  Beschaffenheit 
seiner  Ueberlieferung,  sehr  verschiedene  Grade  der  Leichtig- 
keit  oder  Schwierigkeit,  der  Sicherheit  oder  Unsicherheit; 
leichter  und  sicherer  ohne  Zweifel  ist  iiber  Sprache  und  Stil 
des  Cicero  oder  Livius  ins  Reine  zu  kommen,  als  flber  den 
Versbau  des  Plautus  und  seiner  Kunstgenossen.  Sind  die 
hier  zu  erforschenden  Dinge  zum  Theil  allerdings  etwas 
^minutioser,  Art,  die  ja  aber  eben  ihr  Wesen  ausmacht, 
gegen  die  einer  indess  —  sei  es  in  Folge  luckenhafter  Vor- 
bildung  oder  mangelnder  Naturanlage  eine  specifische 
Antipathie  hat,  nun  so  iiberwinde  er  im  letztern  Falle  diese 
mit  tapferm  Entschluss,  und  im  erstern  setze  er  sich  hin 
und  lerne  rechtschaffen  was  er  nicht  weiss,  weil  zur  rechten 
Zeit  nicht  gelernt  hat:  —  oder  aber  er  lasse  seine  Hiinde 
von  einem  Gebiete,  fiir  das  er  weder  natus  noch  factus  ist 
nnd  zu  dem  ihn  ja  niemand  zwingt. 

Wie  aber  Herr  Madvig?  Er  schaut  nicht  rechts,  er 
schaut  nicht  links,  fragt  nicht  was  lang  ist  oder  kurz,  nicht 
ob  ein  Iambus  oder  Trochiius  oder  Anapiist  am  Platze  ist, 
sondern  verfahrt  lediglich  nach  dem  Recept:  *Und  wenn  es 
uns  glflckt,  und  wenn  es  sich  schickt,  so  wird  es'  —  ein 
Vers.  Ein  denkwtirdiges  Beispiel  solcher  Unbektimmertheit 
gab  er  Adv.  I  p.  152,  indem  er  vermeintliche  Senare  des 
Turpilius  also  emendirt  gab: 

forte  eo  die 
Meretrices  ad  me  de  vicinitate  aliquae 

FB.  RITfKHKI.il  O^VSCVLA  III.  11 


Digitized  by  Google 


162  rniLOLOGISCHE  unverstandlichkeiten. 


Convenerant  condixerantque  caenam  apud  me 
Thais  atque  Erotium,  Antiphila,  Pythias. 

Vielleicht  noch  niemals  in  der  ganzen  philologischen  Litte- 
ratur  standen  drei  Textzeilen  neben  einander,  die  sich  mit 
grosserer  Verwunderuug  gegenseitig  darauf  ansahen,  dass 
ihnen  zugemuthet  werde  sich  fiir  Verse  zu  halten.  Aufmerk- 
sam  gemaeht  (im  Rhein.  Mus.  Bd.  27  p.  350  f.)  auf  die  hier 
entgegenstarrenden  Prosodie-  und  Metrumsschnitzer,  mit  dem 
guten  Rathe,  sich  doch  wenigstens  die  Gestaltung  dieser 
Verse  in  RibbeckTs  Comici  anzusehen,  holte  er  dies  nach  in 
einer  Selbstberichtigung  in  Bd.  II  der  Adv.  p.  652,  unter 
der  unerwarteten  Entschuldigung,  das  Geschaft  der  Emen- 
dation  nur  vergessen  zu  haben  (aber  den  ersten  Vers  gab  er 
doch  eben  corrigirt!).  So  machte  er  denn  jetzt  mit  Ribbeck 
(den  er  indess  als  Urheber  zu  nennen  nicht  iiber  sich  ge- 
wiunen  kann)  iambische  Octonare  aus  den  Worten,  jedooh 
um  sich  den  Schein  der  Selbstandigkeit  zu  wahren,  mit  zwei 
Abweichungen  von  Ribbeck,  deren  jede  an  einer  neuen  Fehler- 
mc  haftigkeit  leidet*).  Und  hier  handelte  es  sich  doch  gewiss 
nicht  (wie  zum  Ueberfluss  die  Anmerkung  specificiren  mag) 
um  eminutam  illam  prosodiae  observationem  in  instabili 
fundamento  trepidantem'.  Ueberhaupt  aber,  ist  einmal  ein 
'Fundament'  seiner  eigensten  Natur  nach  'instabile'  auf  irgend 
cinem  Gebiete,  so  ist  ja  doch  das  Schwanken  niemals  ein 
absolutes,  sondern  hat  seine  Grenzen  und  innerhalb  derselben 
scine  Abstufungen:  diese  aber  mit  Hingebung,  Gewissenhaf- 

*)  Der  erete  Vers  fMeretrices  ad  me  de*  vicinitate  aliquae  con- 
venerant'  hat  keine  Casur,  und  der  letzte,  von  den  Anfangsworten 
•  f  Antiphila,  PythnW  fortgesetzt  gedacht,  bekOmmt  keine.  Von  raliquae\ 
wa«  schwerlich  lateinisch  ist,  gar  nicht  zu  reden.  —  Ueberaus  charak- 
teristisch  iat  ubrigens,  mit  wie  iibereifriger  Beflissenheit  die  metrischen 
uud  proaodischen  Fehler  der  frilhern  Versgestaltung  jetzt  im  Einzelnen 
nachgewieaen  werden.  Mit  Bolchen,  allerdings  unanfechtbaren  Beleb- 
rungen,  dass  fapud  me'  nicht  den  6.  Fma  eines  Senar  bilden  kdnne, 
daas  fThais'  die  vorletzte  Sylbe  nicht  kurz,  sondern  lang,  fAntiphila' 
die  Kcinige  uicht  lang,  sondern  kurz  habe,  wiirdcn  wir  glauben  uusere 
Lescr  zu  beleidigen;  ihm  lag  indess  daran,  zu  zeigen  was  er  von  diesen 
Elcinentarkenntnissen  sich  inzwischen  angeeignet  habe.  Eben  dahin 
gehoreu  Bemerkungen  wie  p.  9:  'tuis  pro  una  syllaba  est'. 


Digitized  by  Google 


PHILOLOOISCHE  INVERSTANDLICHKEITEN 


163 


tigkeit  und  aufrichtigem  Wahrheitssinn  nach  Moglichkeit  zu 
erforschen  und  festzustellen,  vollig  gleichgiiltig  ob  es  sich 
um  grosse  oder  kleine  Punkte  handelt,  das  ist,  wie  auch  hier 
wiederholt  werden  muss,  eben  die  Pflicht  desjenigen,  der  auf 
jenem  Gebiete  arbeiten  will.  Nichts  der  Art  hat  sich  Herr 
Madvig  zugemuthet,  wie  sich  iiberall  zeigt,  In  Bd.  II  gibt 
er  von  p.  5  bis  22  eine  Reihe  von  'Verbesserungen*  zu  Plau- 
tus  und  Terenz*),  und  zwar  mit  der  Vorrede,  er  wiihle  nur 
'probabilia  aut  prope  certa'  aus  fin  locis  nihil  a  versu  dubi- 
tationis  habentibus'.  Diese  Selbstbeschriinkuug  war  ja  aber 
von  vorn  herein  ein  thorichter  Vorsatz  vou  M.,  da  es  ihm 
doch  eben  an  den  Kriterien  dafflr,  ob  eine  Schreibung  von 
Seiten  des  Verses  Bedenken  hat  oder  nicht,  so  giinzlich  fehlt. 
Der  Erfolg  hat  es  gelehrt.  Ich  will  gar  nicht  davon  reden, 
dass  er  z.  B.  Capt.  279  ein  durch  Synizesis  zweisylbiges 
Aleis  fur  moglich  hiilt  p.  5;  dass  er  ebenda  mit  rumpitur, 
Eun.  312  (p.  13)  mit  suadeo  (!)  eine  dactylische  Wortform 
fur  den  Trochaus  einfiihrt**):  (denn  wenn  er  nicht  den  Vers, 
obgleich  mitten  zwischen  iambischen  Octonaren,  fiir  einen 
trochaischen  Septenar  genommen,  versteht  man  ihn  vollends 
gar  nicht);  —  das  sind  Dinge,  die  iiber  M.  s  Horizont  ganz 
binaus  liegen.  Hingegen  aus  eigner  Machtvollkommenheit 
Adelph.  313  folgenden  Mustervers  'herzustellen'  p.  21: 

Satis  mi  id  habeam  solati,  dum  fllos  ulciscar  modo, 

schlagt  das  etwa  auch,  ganz  abgesehen  von  dem  greulichen 


*)  Sebr  weniges  davon  erweist  sich  bei  naberer  Priifung  als  ge- 
lungen  oder  annehmbar,  und  dies  ist  zum  Theil  langst  von  Andern 
vorweggenommen  (denn  um  die  neuere  Litteratur  pflegt  sich  M.,  sei 
es  grundsatzlich  oder  RewohnheiUmasgig,  wenig  zu  kummem);  einigea 
immerhin  beachtenswerth,  obwobl  von  ihm  fast  stets  als  Vertum'  hin- 
gestellt;  das  meiste  verfehlt  und  unbrauchbar,  und  zwar  keineswegs 
blofl  oder  auch  nur  uberwiegend  aus  metrisch-prosodischen  Orilnden. 
Was  naber  auszufflhren  hier  natiirlich  nicht  der  Orl  ist. 

**)  Wollte  man  Vertrautheit  mit  solchen  rhythraiachen  Feinheiten 
»on  M.  fordern,  so  ware  auch  zu  fragen,  wie  er  denn  dem  Seneca 
(p.  118.  124)  solche  Senare  zuzutrauen  wage: 

Dimissus  odit.  B.  omne  quod  pium  est,  eat. 
Titana  tantis  Aetna  ferbuit  minis  —V 

11* 


Digitized  by  Google 


1G4  PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN. 


Hiatus*),  in  die  fniinutam  illam  prosodiae  observationem  in 
instabili  fundamento  trepidantem'  ein?  —  Je  fadenscheiniger 
aber  selbst  fOr  die  scenische  Poesie  die  von  jener  'Instabili- 
titt'  hergenommene  Entschuldigung  sich  erweist,  ein  desto 
sichereres  Auftreten  sollte  man  nuu  doch  auf  dem  Gebiete  er- 
warten,  welches  mit  seiner  prosodischen  Stabilitat  den  scharf- 
sten  Gegensatz  zu  jenem  bildet:  dem  der  daktylischen  Poesie. 
Weit  gefehlt!  Man  traut  zwar  seinen  Augen  kaum,  muss 
es  doch  aber  schliesslich  glauben,  dass  in  Madvigs  Augen 
folgende,  NB  erst  von  ihm  (p.  82.  93.  98.  6f>)  so  zurecht- 
gemachten  Verse  Ovidische  und  Properzische  Hexameter**) 
sein  sollen: 

Stagna  Palaestini  credunt  ndtassc  tigura: 
Materiam  vatum  falsi  tcrrlcula  mundi: 
648        Si  iam  deficiam  suppressaque  vena  pahtur: 

Si  hoc  spectas,  par  eamne  tuam  regina  sub  aulam 

(*Luderc  par  impar'1):  eingefuhrt  zum  Theil  mit  Versiche- 

*)  Dass  M.  richtige  oder  auch  nur  fcste  Ansichten  Qber  den  Hiatus 
habe,  wird  niemand  erwarten,  aich  also  auch  nicht  wundern,  wenn  er 
zwar  p.  652  Anm.  einen  'immanis  hiatus'  hdchlich  misbilligt  (den  er 
ubrigens  erat  gewinnt,  wenn  er  die  erste  Sylbe  von  lenitate  fflr  eine 
Kflrze  nimmt!},  gleichwohl  aber  folgende  mit  ganz  gleichartigen  Hiaten 
behafteten  Verse  als  Terenzische  bez.  Plautinische  empfiehlt: 

Indidem  esso  oriuntfum  id,  quod  est  consimile  m^ribus: 
(^wofern  er  nicht  etwa  'IndWem  esse  6riundum  id  quod  e"st'  masa); 

Vostrae;  haec,  sat  scio,  quamquam  me  habe^t  male 
(wonn  doch  dies  ohne  Zweifel  Cretici  sein  sollen).    Aber  flber  allen 
Olauben  geht  doch  diese  Weitherzigkeit ,  wenn  sogar  p.  87  fflr  einen 
Hexameter  der  Metamorphosen  als  richtige  Schreibung  behauptet  wird 

Neve  necem  Binat  esse  diu  ultoris  inultam, 
mit  einer  bo  denkwflrdigen  Vertheidigung,  dass  aie  wfirtlich  wiederholt 
zu  werden  verdient:  'invectum  id  (nilmlich  victoris)  est  manifesta  inter- 
polatione  ad  occultandum  hiatum  tolerabilem  in  arsi'  (eine  auch  somt 
bei  ihm  beliebte  Rechtfertigung,l  fet  in  eiusdem  longae  vocalis 
concursu' ! 

**)  Auch  evocare  muss  er  p.  131  Anm.  paonisch  gemessen  haben, 
wenn  er,  obschon  nur  conditionell,  bei  Lucan  V,  375  fflr  raOglich  hielt 

Et  cunctos  evocare  rates,  quas  avius  Hydrus  — . 
Wo  man  hinsieht,  flberall  dasselbe  trflgorischc  Spiel  kurzer  und  langer 
Irrlichter,  die  auf  unsolidem  Boden  harmlos  durch  einander  flattern. 


Digitized  by  Google 


PHILOLOGISCHE  UXVKRSTANDLICHKEITEN.  165 


rungen  wie  'Ovidius  scripserat',  fscripsit  sine  dubio  Ovidius', 
wie  anderwarts  iiberaus  hiiufig  fsine  dubio  veruru  est',  oder 
am  resolutesten  'scribendum  est'  u.  d.  m.,  ln  inerkwttrdigeni 
Gegensatz  zu  dem  harten  Tadel  der  Plautiuischen  Kritiker, 
die  'Unsicheres  statt  Sicheres'  in  den  Text  setzen!  —  Und 
ist  es  etwa  im  Griechischen  auders?  Welche  Begriffe  von 
Metrik  hier  zur  Auwendung  kommen,  zeigen  z.  B.  (ich  greife 
nur  heraus,  was  mir  gerade  iu  den  Wurf  kommt)  die  So- 
phokleischeu  und  Euripideischen  Verse  Adv.  I  p.  200.  271.  261: 

Koubeic  emcTaTcu  uoi  cuXXapeiv  tottoc. 
BctKXOu  Tfpoqpr|Ttic  ujc,  6c  TTaTTaiou  TreTpav, 

und  als  Krone  von  alleni 

ui  Kpeiccov  f|  Xotoiciv  euTuxouvT*  ^pTiw! 

Ob  er  das  etwa  als  Verbinduug  von  muta  cum  liquida  ansah 
nach  Art  von  dTpui?   Alles  moglich  bei  ihm. 

Auch  wir  haben  zwar  unter  uns  ab  und  zu  ahnliche 
Misgeburten  erlebt,  wie  die  bertichtigten  Trimeterexemplare: 

q)poupdc  eTeiac  urjKOC  bf\  TKOtjnujfievoc. 

Kai  tov  cov  auOic  Trpoc  MoTpav  KaciTvriTOV, 

oder  den  Pentameter 

KfjToc*  Kacci6Trac  d  XdXoc  ecr'  airia. 

Iudessen  das  waren  einzelne  Eruptionen  unreifer  juuger  Can- 
didaten,  die  auf  der  Universitiit  nichts  Solides  gelernt,  da- 
gegen  eine  ungebtthrliche  Nachsicht  Seitens  der,  ihre  Tiro- 
nenspecimina  censirenden  gelehrten  Corporationen  erfahren 
hatten.  Aber  mit  solchen  Pumilionen  wird  sich  docli  ein 
Mann  von  Madvig^s  Stellung  und  Bedeutung  nicht  wollen 
vergleichen  lassen?  er,  def  rait  seiner  maassgebenden  Auto- 
ritiit  das  ganze  philologische  Studium  seines  Landes  be- 
herrscht,  naturgemass  also  auch  insbesondere  den  klassischen 
Unterricht  der  hohern  Schule  beeinflusst,  der  allerdings  durch 
solches  Vorbild  nach  der  hier  besprochenen  Seite  hin  nicht 
anders  als  verflachen  und  verwildern  kann.  Denn  hier  muss 
nun  wirklich  alle  Courtoisie  aufhoren,  muss  es  mit  nackten 
Worten  herausgesagt  werden,  dass  die  vorstehend  gegebene 
Beispielsammlung  ein  Register  von  so  groben  Unwissenheits- 


Digitized  by  Google 


166  PHILOLOGISCIIE  UNVERSTANDLICHKEITEN 


siinden  in  dem  Elementaren,  welches  die  unerbittliche  Vor- 
aussetzung  aller  poetischen  Litteratur  ist,  in  sich  schliesst, 
wie  sie  bei  uns"jeder  ordentliche  Secundaner  eines  ordent- 
lichen  Gymnasiums  sich  zur  Schmach  rechnen,  wer  sie  aber 
Ma  als  fertiger  Gelehrter  auf  sich  lQde,  sich  fttr  immer  um  alle 
und  jede  Reputation  im  Kreise  der  wissenschaftlichen  Fach- 
genossen  bringen  wttrde.  Und  dem  zugleich  gramlichen  und 
hochfahrenden  Machtspruche  eines  solchen  Mannes  sollten 
wir  uns  respectvoll  fiigen,  um  ohne  Weiteres  an  die  Ver- 
werflichkeit  unseres  Beginnens  und  Verfahrens  zu  glauben? 
Uns  fehlt  e8  wahrlich  nicht  an  Selbsterkenntniss  oder  doch 
dem  ernsten  Streben  nach  ihr,   um  gern  zuzulernen  und 
fremder  Belehrung  zugiinglich  zu  bleiben;  Herr  Madvig  kennt 
ohne  Zweifel  die  alte  Mahnung  des  yvwOi  ccxutov  ebensogut, 
aber  ihn  trifft  hier  das  Wort:  Mie  Botschaft  hort'  ich  wohl, 
allein  mir  fehlt'  —  zwar  gewiss  nicht  der  Glaube  an  uud 
fiir  sich,  wohl  ab*er  der  Glaube,  dass  sie  auch  fttr  ihn  gelte. 

Aber  ich  deutete  oben  noch  einen  zweiten  Gesichts- 
punkt  an,  der  fttr  Herrn  Madvigs  Wttrdigung  iii  Betraeht 
komme.    Derselbe  hat  namlich,  zeigt  wenigstens  gar  keinen 
Begriff,  oder  doch  keine  lebendige  Anschauung,  jedenfalls 
fttr  den  gegebenen  Fall  kein  gegenwartiges  Bewusstsein  von 
den  immensen  Gradunterschieden  in  der  Ueberlieferung  ver- 
schiedener  Texte,  dem  entsprechend  also  auch  nicht  von  dem 
Maasse  und  der  Eigenart  der,  wie  einerseits  gebotenen,  so 
anderseits  gestatteten  kritischen  Behandlung  des  einzelnen 
Textes.    Ihm  steht  offenbar  immer  das  Bild  vor  Augen, 
welches  sich  ihm  aus  der  Ueberlieferung  des  Cicero  und  des 
Livius  eingepriigt  hat.    Auch  diese  bietet  ja  der  Anstosse, 
der  Entstellungen  des  Urspriinglichen  genug  dar,  namentlieh 
die  des  Livius,  wie  wir  das  zu  einem  so  grossen  Theil  gerade 
durch  Madvig's  Verdienst  erst  recht  einsehen  gelernt  haben. 
Aber  welch  colossaler  Abstand  zwischen  diesem  doch  immer 
mittlern  Maasse  und  dem  fast  diametralen  Gegensatz,  den 
dazu  die,  besonders  in  gewissen  Stttcken  fast  beispiellos  ver- 
derbte  Gestalt  bildet,  die  wir  in  den  Plautinischen  Hand- 
schriften  vor  uns  haben!   Schon  der  Miles  gloriosus,  den  er 


Digitized  by  Google 


PIIIL0L0G18CHK  UNVKBSTANDLICIIKEITEN.  167 


doch  genauer  geleseu  hat,  musste  ihm  dies  klar  macheu  mit 
seinen  zahlreichen  Versen,  die,  wie  sie  in  den  Hdss.  stehen, 
kaum  lateinische  Worte  aufzeigen;  vollends  aber  ein  Stiick 
wie  der  Truculentus,  den  er  nicht  gelesen,  in  dem  dasselbe 
fflr  ganze  Seiten  gilt,  die  dem  Auge  nur  eine  sinnlose,  weder 
zu  verstehende  noch  zu  ttbersetzende  Folge  der  abenteuer- 
lichsten  Conglomerate  von  Buchstaben,  Sylben,  Wortfrag- 
menten  darbieten.   Glaubt  Herr  M.  hier  mit  so  nahe  liegen- 
den  Hausmittelchen  durchzukommen,  wie  sie  —  zwar  keines- 
wegs  iinmer,  aber  doch  weit  uberwiegend  fiir  Cicero  und 
Livius  ausreichen?    Wenn  aber  nicht,  wie  gedenkt  er  sich 
solchcu  grausigen  Ungethiimen  gegeuiiber  verhalten  zu  sollen?  550 
Durch  eigenes  Beispiel  verriith  er  uns  das  nicht,  indem  er 
sich  uberhaupt  nicht  in  die  Fahrlichkeit  ihrer  "Biindigung 
einlasst,  vielmehr  eingedenk  des  Spruches,  dass  Vorsicht  der 
bessere  Theil  der  Tapferkeit  ist,  sie  ganz  unberttlirt  und 
unbesprochen  liisst.   Das  war  ihm  auch  an  sich  nicht  weiter 
zu  verdenken;  indess  auch  nur  als  eklektischer  Noten-  und 
Adversarienschreiber  konnte  er  das.   Was  aber  wird  er  als 
Editor  thun?   als  Editor,  der  nicht  nach  freieni  Belieben 
Einzelnheiten  herausgreifen  darf,  sondern  Schritt  vor  Schritt 
in  ununterbrochener  Reihenfolge,  ohne  Spriinge  seinen  Text 
zu  begleiten  hat,  der  die  Probleme,  die  dessen  Ueberlieferung 
in  den  Weg  legt,  nicht  durch  subjectives  Heriiber-  und  Hin- 
uberreden  zu  discutiren,  sondern  durch  irgend  ein  Positives 
nach  Vermogen  zu  losen  hat,  um  der  obersten  Aufgabe» 
seinen  Autor  lesbar  zu  machen,  gerecht  zu  werden.  Viel- 
leicht,  sollte  man  denken,  giiben  uns  seine  Plautinischen 
Schfiler  Antwort:  wenn  sie  nur  nicht  selbst  auf  den  extrem- 
sten  Wegen  diametral  aus  einauder  gingen.    Denn  da  ist 
auf  der  einen  Seite  Herr  J.  L.  Ussing  in  Kopenhagen,  der 
die  Plautinische  Litteratur  kurzlich  mit  einer  recht  kind- 
lichen  —  oder  sagt  man,  vom  Standpunkte  heutiger  Forde- 
rungen  aus,  nicht  wirklich  richtiger  kindischen?  —  Ausgabe 
des  Amphitruo  und  der  Asinaria  bereichert,  wenigstens  ver- 
mehrt  hat.    Welche  Stellung  dieser,  als  Editor,  zu  der 
Ueberlieferung  nimmt,  kennzeichnet  sich  hinlanglich  dadurch, 
dass  er  z.  B.  Amph.  arg.  II,  9.  Asin.  329  einmal  einen  sieben- 


Digitized  by  Google 


168  PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN 


fussigen  'Scnar',  das  anderemal  einen  sechsfiissigen  'Septe- 
nar',  weil  sie  so  in  den  Hdss.  stehen,  in  grosster  Seelenruhe 
auch  in  seiner  Textesausgabe  drucken  lasst: 

Omnera  rem  noscunt:  geminos  Alcumena  enititur. 
Mitto;  istuc  quod  adfers  aures  exspectant  meae: 

beidemale,  wie  es  den  Anschein  hat,  nicht  ohne  einen  ver- 
schamten  Zweifel,  ob  nicht  gar  etwa  diese  defecten  Verse  so 
von  den  Verfassern  selbst  herrflhren  mochten*).  Nun,  der 
551  Warnung  seines  Meisters,  ja  nichts  'Unsichercs'  in  den  Text 
zu  setzen,  ist  so  allerdings  grUndlich  entsprochen;  aber  nennt 
man  das  die  Bearbeitung  eines  Autors?  Ein  Abdruck 
der  handschriftlichen  Quelle  genugt  ja  alsdann  und  thut 
bcssere  Dienste:  wie  eine  solche  z.  B.  vorliegt  in  Schneiders 
musterhaftem  Druckschrift-Facsimile  des  Truculentus.  —  Das 
entgegengesetzte  Extrem  vertritt  Herr  Sophus  Bugge  in 
Christiania:  den  ich  flbrigens,  als  einen  Mann  von  Geist  und 
wirklicher  Gelehrsamkeit,  durchaus  nicht  gemeint  bin  mit 
Herrn  Ussings  stumpfem  und  trivialem  Dilettantismus  auf 
eine  Linie  zu  stellen.  Er  verfahrt  frischweg  nach  dera  Hip- 
pokratischen  Satze:  'quod  medicamenta  non  sanant,  ferrura 
sanat;  quod  ferrum  non  sanat,  ignis  sanat\**)  Mit  heroischer 
Entschlossenheit  und  unentwegter  Zuversichtlichkeit  macht 
er  von  Eisen  und  Feuer  den  kiihnsten  Gebrauch;  in  welchem 
Maasse,  kann  z.  B.  die  Behandlung  des  Truculentusverses  II, 


*)  \Venig8ten8  wenn  da8  Tacilius  omitteretur  voc.  geminos' 
(p.  233)  correctea  Latein  ist,  weil  ja  dann  zu  suppliren,  fwenn  uber- 
haupt  etwas  zu  omittiren  waro\  —  Noch  unzweideutiger  ist  der  Zwei- 
fel  in  BetrefF  des  andern  Versea  (p.  383):  'veraus  pede  brevior,  ut  ex- 
cidisae  aliquid  veriaimile  (!)  sit'.  —  Bei  einem  dritten  Verec,  As.  125: 

Atque  ibi  manebo  apud  argentarium 

klopft  ihm  doch  das  Ilerz  und  er  wagt  nicht  ihn  eo  wiedcrzugeben: 
aber  dans  er  sich  zu  dem  Muthe  ermannte,  ihn  durch  einc  Liickenaus- 
fiillung  herzustellen  —  weit  gefehlt!  Vielmehr  rfiori  potest'  sagt 
er,  rut  totus  versuB  spurius  ait'  und  klammert  ihn  eiu. 

**)  Ein  letztes  Satzglied,  welches  im  Original  hinzutritt  (Aphor. 
VII,  87.  t.  I  p.  459  Erm.):  ukoco  qpdpuaKa  ouk  ifjTat,  c(6r|POC  If^Tar 
ika  c{6rtP°c  ouk  tfjTa»,  irOp  Ifyrar  6ca  bi  frOp  ouk  \r\xai,  Taura  XP^I  v<>- 
\iiZk\v  dvirjTa  —  Bchcint  filr  Hcrrn  B.  nicht  zu  existiren. 


Digitized  by  Google 


PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN.  169 

7,  38  zeigen,  wo  er  (Jahrb.  f.  Phil.  Bd.  107  p.  414)  die  Uber- 
lieferten  Worte  oder  Wortbrocken 

usque  adiectaculem  (-um)  iussit  alii  mansi 

zu 

hodie  huc  attulit  tus  et  pallulam 

umgestaltet  (was  doch  noch  iiber  Markland  s  verrufenes  cau- 
sidicus  vafer  hic  fur  perfidus  hic  caupo  geht);  oder  prol.  21, 
wo  er  aus 

cum  anima  ad  eum  habenti  erce  teritur*) 
gliicklich  ein 

unam  dum  habent  niinani,  eam  ameicae  deferunt 

herauscurirt.  Ich  verfolge  hier  nicht  weiter  die  Frage,  welche 
Wahrscheinlichkeitsempfehlung  solchen  verwogeneji  Meta- 
morphosen  zur  Seite  stehe:  denn  ich  habe  es  nicht  mit  Herrn  55* 
Bugge,  sondern  mit  Herrn  Madvig  zu  thun.  Dieser  aber 
moge  doch  Antwort  auf  die  Frage  geben,  wo  wohl  die 
ganze,  von  ihm  so  hart  angelassene  deutsche  Plautuskritik 
eiii  einziges  Beispiel  gleich  halsbrechender  Hinwegsetzung 
uber  die  Westigia  codicum  certissimaque  indicia'  gegeben 
habe,  wodurch  romnia  versa,  quaedam  ficta'  seien?  Es  wird 
ihm  nicht  gelingen.  Nach  diesen  seinen  Worten  mtisste 
man  durchaus  geneigt  sein,  ihn  fiir  einen  Conservativen  vom 
reinsteu  Wasser,  nach  wenigstens  annaherndem  Ussing^schen 
Typus,  zu  nehmen,  und  nichts  kann  dieser  Annahme  mehr 
Vorschub  leisten,  als  die  Schilderung,  mit  der  er  (Adv.  I 
p.  124),  ttbrigens  einseitig  genug,  sein  Ideal  eines  Kritikers 

*)  (oder  ertetcritur  oder  erceteritur).  Ich  finde  diese  'Herstellung' 
(der  allerdingt»  die  vorher  angefuhrte  weitaus  den  Rang  ablauft)  so 
eben  in  einem  mir  zufallig  zu  Gesicht  kommenden  Ausscbnitt  aus 
'Opuecula  philol.  ad  J.  N.  Madvigium  a  diacipulis  ^^88^'  p.  186.  — 
M6chte  doch  —  man  musa  es  im  Interease  unserer  Wisaenschaft  auf- 
Vichtigst  wunschen  —  Herr  fiugge,  ein  bo  begabter  Mann,  einem  sehr 
ehrlich  gemeinten  Rathe,  wenn  er  auch  nicht  von  Kopenhagen  kommt, 
noch  zuganglich  sein:  dem  Rathe,  abzulassen  von  dem  in  neuerer  Zeit 
«ngeschlagenen  Wege,  der  ihn  auf  schiefer  Ebene  immer  weiter  gleiten 
laaat  in  solchen  Schrankenlosigkeiten ,  und  wieder  zuriickzukehren  zu 
der  Maaaahaltung,  die  ihn  im  Anfange  seiner  Plautinischen  Studien  so 
•chdne  Erfolge  erzielen  liesa  und  noch  achSnere  versprach. 


Digitized  by  Google 


170 


PHILOLOGI8CHE  UNVEKSTANPLICHKEITEN. 


malt:  fEa  vero  est  praeter  ceteras  palmaris  appellanda  emen- 
datio,  quae  una  duabusve  litteris  mutatis  aut  trans- 
positis  novum  sententiae  lumen,  novam  orationis  formam 
profert  et  ex  dissolutis  et  perturbatis  apta  et  recta  efficit'.*) 


auf  Seiten  Bugges  zu  sein,  wenn  er  ihn  II  p.  5  mit  den 
Worten:  'non  adspirans  ad  Buggii  mei  sollertissimae  simul 
et  cautae'  (klingt  das  nicht  wie  reiner  Spott?)  fin  Plauto 
inventionis  laudem'  ziemlich  unzweideutig  als  den  eigentlichen 
Plautuskritiker  nach  seinem  Herzen  bezeichnet.  Der  Wider- 
spruch  bleibt  unerkliirt  (wofern  man  ihn  nicbt  auf  Ver- 
mischung  sachlicher  und  personlicher  Motive  zurtickfiihren 
will);  desto  klarer  ist,  dass  M.  gar  sehr  mit  zweierlei 
Maas8  misst. 

Dass  man  mit  dem  conservativen  Standpunkte,  deu 
Madvig  selbst  thatsuchlich  einnimmt,  bei  Plautus  nicht 
durchkomme,  betonte  auf  das  nachdriicklichste  schon  Gott- 
fried  Hermann,  indem  er  es  wicderholt  aussprach,  dass 
man  bei  einer  so  maasslos  verwahrlosten  und  verwilderten 
Textesiiberlieferung  vielfaltig  darauf  verzichten  uiflsse,  zu  er- 
mitteln  was  der  Dichter  geschrieben  habe,  vielmehr  sich  zu 
begniigen  habe  mit  dem,  was  er  probabler  Weise  geschrieben 
haben  konne.  Aber  das  ist  freilich  eine  Autoritat,  mit  der 
man  bei  Madvig  wenig  Gliick  haben  wird.  Die  Art,  wie 
dieser  iiber  Hermann  urtheilt,  gibt  iiberhaupt  eine  vortreff- 
liche  lllustration  des  Contrastes  zwischen  unserer  stets  be- 
reiten  Anerkennung  der  Grossen  des  Auslandes  und  —  zum 
wohlverdienten  Dank  —  der  Stimmung  des  letzteru  (im  vor- 
liegenden  Falle  wenigstens  des  danischen)  gegen  unsere 

*)  Wie  in  aller  Welt,  wiire  man  sehr  begierig  zu  erfahren,  mSgen 
sieh  wohl  Meister  und  Jfinger  in  Betreff  der  r  una  dnaeve  litterae ' 
gegenseitig  mit  einander  abfinden?  —  Wenn  iibrigens  Madvig  seinen 
Standpunkt  durch  den  Gegensatz  von  Porson  und  Bentley  illustrirt,  so 
thut  er,  was  zu  allen  Zeiten  diejenigen  thaten  und  thun,  denen  pru- 
dentia  flber  ingenium  geht,  fur  dessen  Wiirdigung  ihnen  das  Organ 
fehlt.  Waa  fiir  kleine  Punkte  und  Piinkkhen  sind  eB  doch,  die  Porson 
im  Euripidea  (abgesehen  natflrlich  von  der  Vorrede')  rait  seiner  pru- 
dcntia  gef^rdert  hat,  verglichen  mit  den  nach  ihm  durch  ganz  andere 
Eigenschaften  gewonnenen  Einsichten.    Talent  und  —  Geniel 


wiederum  mehr 


Digitized  by  Google 


PHILOLOGISCHE  UNVEKSTANDLICHKEITEN.  171 


Grdssen.  Eine  solche  in  Heruiann  zu  sehen  ist  M.  allerdings 
so  weit  entfernt,  dass  er  von  ihin  a.  a,  0.  nichts  anderes  zu 
sagen  weiss,  als:  derselbe  sei  der  ars  emendandi  in  dem 
Grade  bar  gewesen  ('prorsus  ea  caruit'),  dass  er  fnon  maxi- 
uium  numerum  bonarum  emendationum  obruit  innumerabili 
inanium  et  leviuni  opinionum  festinanter  iactarum  multitu- 
diue,  ruraus  non  raro,  ubi  libido  aut  obtrectatio  abripuerat, 
strenuus  pravorum  defensor'.  Nun  wissen  wir  doch,  was 
Deutschland,  was  die  neuere  Philologie  mehr  als  ein  halbes 
Jahrhundert  hindurch  fur  eine  blind  bewunderte  und  gedan- 
kenlos  hochgehaltene  Scheingrosse  an  G.  Hermann  eigentlich 
gehabt  hat!  Und  hurtig  macht  sich  der  gliiubige  Jttnger 
Ussing  (p.  153)  das  Madvi^sche  Zerrbild  in  compendiosester 
Weise  zu  Nutze,  indem  er  seiu  eigenes  Urtheil  iiber  den 
deutschen  Kritiker  F.  R.  in  das  vielsagende  Pradicat  *Her- 
manni  discipulus'  zusammendrangt:  ohne  dass  ihu  das  ttbri- 
gens  abhielte,  zum  Ueberfluss  seines  Meisters  ausgeftihrtere 
Charakteristik  dieses  Hermaun-Schfllers  als  getreues  Echo, 
oder  sagen  wir  lieber  als  reiner  Papagei  zu  wiederholen  *). 
—  Madvig  aber,  als  er  jeue  Worte  Uber  Hermann  nieder- 
schrieb,  hat  ihm  da  gar  nicht  das  Gewissen  geschlagen,  wenn 
er  an  sich  selbst  dachte?  Selbst  wenn  alles  wahr  wtire, 
was  er  mit  so  feindseliger,  in  Wahrheit  bornirter  Gehassig- 
keit  von  Hermann  aussagt,  wiegt  er  sich  in  der  ahnungs- 
losen  Selbsttiiuschung,  dass  es  mit  ihm  um  ein  Haar  auders 
bestellt  ware?  denkt  er  gar  nicht  daran,  dass  auf  keinem 
Gebiete  mehr,  als  auf  dem  der  divinatorischen  Texteskritik 
ein  unberechenbarer  Wechsel  von  gliicklichen  Eingebungen, 
die  niemand  commaudiren  kann,  und  uuvermeidlichen  Fehl- 
griffen  das  Allen  gemeinsame  Menschenloos  ist?  Niemand, 
der  die  f  Adversarien '  (um  hier  bei  diesen  stehen  zu  bleiben) 


•)  Nur  mit  einigen  Varianten,  von  denen  geradezu  spasshaft  die- 
j<?nige  iat,  wo  er  das  Non-plus-ultra  der  Vermeusenheit  des  deutschen 
Kribker8  stgnalisirt.  Denn  nicht  nur  dieses  und  jenes  Andere  habe 
dereelbe  peccirt,  sondern  sogar,  fquod  maxime  vituperandum, 
non  verborum  solum  sed  etiam  versuum  ordinem  (natiirlich 
'iumma  licentia')  mutavit'.  Man  denke!  Ist  das  nicht  wirklich  das 
reine  Kind?  schier  mttchtc  raan  sagen  'Saugling'! 


Digitized  by  Google 


172  PlilLOLOGISCHK  UNVEKSTANPLICHKEITEN 


mit  einiger  Aufnierksamkeit  uud  Sachkenntniss  durchgegangen 
ist,  hat  sich  noch  dem  Eindruck  entziehen  konnen,  dass 
nehen  vielen  sicher  bewirkten,  manchen  uberraschend  gelun- 
genen,  einigen  genial  gefundenen  Heilungen,  denen  auch  so- 
gleich  die  neidloseste,  ja  freudigste  Anerkenuung  entgegen- 
gebracht  wurde,  eine  zahlreiche  Meuge  (c  innumerabilis  multi- 
tudo')  leerer  und  hohler,  unfiberlegter  uud  leichtfertiger  fin- 
anium  et  levium  opinionum  festinanter  iactaruni'),  metrisch 
oder  sprachlich  falscher  (was  man  von  Ilermann  nicht 
sagen  kann),  ofter  recht  ungeschickter,  nicht  selten  giinzlich 
verungluckter  Vermuthungen  einhergehen.  Wie  es  denn  iiber- 
haupt,  wenn  man  im  Ganzen  und  Grossen  rechnet  und  der 
Wahrheit  unbefangen  die  Ehre  geben  will,  nicht  der  speci- 
lisclie  Begriff  der  eucxoxia  iat  —  durch  die  ein  anderer 
(ebenfalls  auslandischer)  Zeitgenosse  als  so  gliiuzendes  Muster 
leuehtet  — ,  welcher  unter  Madvigs  kritischen  Gaben  im 
Vordergrundc  stiiude,  seiner  Kritik  ihre  eigentliche  Signatur 
aufdrttckte.  In  der  That  ist  die  Zahl  der  Fehlgriffe,  bei 
denen  sich  immcrhin  Kenntniss  und  Scharfsinn  zeigen  kann, 
aber  nicht  *der  Nagel  auf  den  Kopf  getroffen'  wird,  gross 
genug  bei  M.,  um  einer  'Vannus  critica  in  inanes  .  .  .  .  pa- 
leas'  iiberreichen  Stoff  zu  bieten.  Es  wiire  unstreitig  sehr 
weise  gewesen,  wenn  Madvig  eine  solche  Wurfschaufel  selbst 
in  die  Hand  genommen,  seinen  Conjecturenvorrath  mit  ihr 
recht  tuchtig  durchgeschuttelt  und  gesichtet  und  alle  Spreu 
mitleidlos  zur  Seite  geworfen  hatte;  er  hat  das  nicht  tiber 
sich  gewinnen  konnen,  so  dass  jetzt  gar  sehr  das  Lessing- 
sche  (wennschon  etwas  anders  gemeinte)  Wort  auf  ihn  An- 
wendung  findet:  fhiittest  du  weniger  gesagt,  so  hattest  du 
mehr  gesagt'.  Gleichwohl  hiitten  wir  ja  auch  die  tauben 
Korner  um  der  guten  Frucht  willen  in  schonendcr  Nachsicht 
wohlwollend  mit  in  den  Kauf  genommen,  wenn  sie  uns  nur 
in  etwas  bescheidenerer  Weise  geboten  worden  wiiren  und 
nicht  in  so  gebieterischen  Formen  wie  'scribendum  est', 
'sine  dubio  scripsit'  u.  dgl.,  auch  nicht  zugleich  fn  Verbin- 
dung  mit  so  hochmuthiger  Geringschiitzung  fremder  Lei- 
stungen.  Denn  Hochmuth  ist  es,  was  uns  aus  allen  vor- 
stehenden  Mitthcilungen,  in  denen  wir  inoglichst  Herrn  M. 


Digitized  by  Google 


PHILOLOGISCHE  UNVER8TANDLICHKEITEN.  173 


selbst  sprechen  liessen,  als  bezeichnendster  Zug  entgegentritt, 
Und  zwar  nicht  nur  eiufacher  Hochmuth,  sondern  in  Abstu- 
fungen  gesteigerter.  Dass  einer  Qber  Dinge  schreibt,  von 
denen  er  nichts  versteht,  erleben  wir  alle  Tage.  Dass  er 
aber  weiss  nichts  davon  zu  verstehen,  dies  auch  selbst  sagt, 
und  doch  daruber  schreibt,  das  ist  frivoler  Hochmuth  und 
zeugt  vou  iiusserster  Misachtung  seines  Publikums.  Aber 
gegen  einen  ehrenwerthen  Mitforscher,  der  ihm  noch  dazu  555 
eine  solche  Fiille  von  fast  rilhrenden  Bescheidenheiten  und 
verehrungsvollen  Huldigungen  entgegentriigt  wie  Martin 
Hertz,  sich  so  —  nicht  nur  auszusprechen,  sondern  trotz 
der  dringendsten  moralischen  Aufforderung  auszuschwei- 
gen,  wie  Herr  M.  bis  zu  dieser  Stunde  gethan,  das  wird 
emporender  Hochmuth*). 

*)  In  dieser  an  Gellius  ankntipfenden  Polemik,  die  sich  von 
Madvig'8  Seite  (Adv.  II  p.  583  —  613)  in  der  reinen  Offengive,  von  der 
HertzBchen  (Vindiciae  Geliianae  alterae:  Jbb.  f.  cl.  Phil.  Snppl.  Bd.VII. 
1873;' dazn  Beriehtigungen  u.  Zusatze  in  den  Jbb.  selbst  1875  p.  505  f.) 
in  der  reinen  Defensive  halt,  iat  es  ein  neuer  Factor,  der  auf  den 
Schauplatz  tritt:  nicht  mehr  der  metrisch-prosodische,  sondern  der 
grammatische,  genauer  der  sprachgeschichtliche.  Man  weiss  seit 
Jahren,  wie  verdriesslich  ablehnend  sich  M.  gegen  ihn  verhalt.  Er 
spricht  8ich  jetzt  Adv.  II  p.  3  f.  folgender  Maassen  darfiber  aus:  fAc 
ri  quis  me,  quod  memini  fieri'  (es  war  ihm  allerdings  so  laut  und 
deatlich  gesagt  worden,  dass  das  Vergessen  schwer  war)  'putabit 
^rammaticum  parum  curiosum  fuisse  novorum  grammaticae  Latinae 
condendae  initiorum,  quae  hic'  (auf  Grund  der  Plantusstndien  in 
Dentschland)  'nascerentur,  ei  ego  primum  respondebo,  me  diligenter 
attendentem,  si  quid,  quod  paulo  latius  pateret,  certa  prudentique  ob- 
servatione  repertum  videretur,  adscivisse,  non  pauca  minora'  (immer 
wieder  die  in  der  Wissenschaft  so  unberechtigte  Unterscheidung  von 
Kleinem  und  Grossem!)  fa  communi  arte  arcenda  putasse,  nonnuila 

proreug  nt  incerta  aut  falsa  sprevisse'  Das  freie  Urtheil  musste 

ihm  «elbrtvers^ndlich  unbenommen  sein;  aber  sieht  man  nSlher  zu,  so 
besagen  so  kahle  Versicherungen  gar  nichts,  wenn  denn  doch  thatsilch- 
Uch  das  AUermeiste  unserer  bezuglichen  Ermittelungen  entweder  igno- 
rirt  oder  geradezn  negirt  wird.  Die  ganze  Kritik  des  Hertz'schen 
ftellius  gibt  dafflr  die  Belege:  und  nicht  ohne  einige  Heiterkeit  wird 
man  sicb  erinnem,  wie  in  der,  durch  iiberaus  zahlreiche  Beispiele 
«ichergestellten  Endung  des  Nominativus  pluralis  der  2.  Declination 
auf  «  (}i'6erM,  magifstris),  die  freilich  im  Cicero  und  Livius  nicht  vor- 


Digitized  by  Google 


174  PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN. 

Es  iBt  keiu  erquickliches  Bild,  in  detu  uns  Herr  Madvig 
erscheint  Ein  Mann  von  so  hervorragenden  Verdiensten  — 
neben  den  kritischen  Arbeiten  im  engern  Sinne  erinnern  wir 
uns  nur  so  schoner,  methodisch  hochst  lehrreicher  Leistungen, 
wie  beispielsweise  die  Abhandlungen  iiber  die  romischen 
Colonien,  iiber  die  ararischen  Tribunen,  flber  den  Didaska- 
liker  Accius  u.  a.  m.  —  weiss  sich  gegen  die  Verlockungen 
des  unheimlich  schleichenden  Damonenpaares  Philautia 
und  Authadeia  so  wenig  aus  eigener  moralischer  Kraft  zo 
schfltzen,  lasst  sie  dergestalt  sich  bei  ihm  einnisten  und  so 
lange  fortwuchern,  bis  er  endlich  der  Macht  einer  der  bos- 
artigsten  Feindinnen  des  Menschengeschlechts,  der  Hybris, 
ganz  und  gar  verfallen  isi  Denn  von  ihr  gilt  in  Beziehung 
auf  Madvig  in  der  That,  was  von  der  Aphrodite  und  deni 
Euripides  Aristophanes  den  Aeschylus  sagen  lasst: 

dXX'  im  coi  toi  xai  toic  coiciv  TToXXf)  ttoXXoO  'TrucaOriTO, 
ujct€      KauTOv  ce  koit'  ouv  ipaXev. 

Sollte  ihn  jetzt  etwa  eine  leise  Empfindung  beschleichen, 
dass  auch  heute  noch,  wie  vor  Alters,  als  pedisequa  der 


kdmmt,  Madvig  in  dem  anlautenden  8  nichts  als  ein  in  Folge  "einor 
zufalligen  und  nachlassigcn  Abweiehung'  als  Zierrath  angehangtes 
Schwanzchen  sah:  woriiber  das  Nahere  Opusc.  phil.  II  p.  510  f.  (vgl. 
zur  Sache  selbat  ebend.  p.  646  ff.,  Neue  Plaut.  Exc.  I  p.  113  f.).  Wir 
haben  kein  Anzeichen  dafiir,  dase  die  alte  eigensinnige  Verblendung 
nicht  auch  heute  noch  fortdauere.  —  Wenn  M.  dann  fortfahrt: 
r.  .  .  deinde  autem  me  de  toto  grammaticae,  quae  scholarum  et  ipso- 
rum  philologorum  causa  ad  scriptorum  intelligentiain  componatur,  fun- 
damento  in  sermonig  exculti  et  confirmati  usu  constituendo  paulo 
aliter  sentire*,  so  tritt  hier  wieder  die  eines  Mannes  der  Wiasenschaft 
nicht  wilrdige  Engherzigkeit  dcr  Auffassung  zu  Tage,  die  zwischen 
dem  in  seiner  Begrenztheit  wohlberechtigten  praktischen  Bedurfniua 
und  den  unbegrenzten  Rcchten  der  nur  sich  Belbst  gehorchenden  Wis- 
senschaft  nicht  zu  unterscheiden  vermag  oder  den  guten  Willen  hat. 
Auch  bei  uns  ist  es  keinem  Verstandigen  eingefallen,  die  in  Rede  ste- 
henden  Erweiterungen  unserer  Erkenntniss  kurzer  Hand  in  die  SchuV 
granimatik  einzufuhren.  Das  Alles  ist  Herrn  M.  schon  vor  fast  zwan- 
zig  Jahren  eindringlichBt  gesagt  worden;  es  hat  aber,  wie  man  siebt, 
nichts  geholfen.  Seiner  Natur  fehlt  eben  aller  historische  Sinn  auf 
sprachlichem  Gebiete. 


Digitized  by  Google 


PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN.  175 

Hvbris  die  Nemesis  —  zwar  mitunter  eine  Zeit  lang,  aber 
nicht  fQr  immer  auf  sich  warten  lasst,  so  vergegenwartige 
er  sich  nur,  durch  welche  Provocationen  er  sie  auf  sein 
Haupt  herab  beschworen.  —  Hatte  man  in  Attica  Altare 
sowohl  der  Nemesis,  als  auch  der  Hybris,  jedes  in  seinem 
eigenen  Sinne,  so  mache  er  mit  sich  aus,  welche  von  beiden 
Opferstatten  die  fur  seine  Lage  geeiguetste  gewesen  ware 
und,  symboli8ch  gesprochen,  noch  wiire. 

Und  nun,  um  nach  so  langen  und  weiten  Umwegen  auf 
die  Eingangsfrage  zuriickzukommen,  haben  wir  jetzt  wohl 
den  Schlus9el  gefunden  zu  Madvig^s  so  abfalligem  und  ma- 
kelndem  Urtheil  Uber  die  Sprache  des  Plautus?  diese  zugleich 
lautere  und  naturliche,  markige  und  geschmeidige,  durch- 
sichtige  und  in  sich  gerundete  Sprache?  eine  Sprache  von 
kerngesunder  Reife  und  doch  frisehester  Jugendlichkeit,  voll  557 
schopferisch  kecker  Wortbildungskraft:  Tugenden,  denen  der 
Edelrost  des  Alterthflmlichen  nur  noch  einen  Reiz  mehr 
verleiht.  —  Was  meinen  Sie,  v.  Fr.,  gleicht  M.  nicht  ganz 
dem  unwirschen  Knaben,  der,  weil  er  eine  Aufgabe  seines 
lTebungsbuches  nicht  zu  bewaltigen  vermag,  seinen  Unmuth 
an  dem  'dummen'  Buche  auslasst  und  auf  dieses  losschlagt, 
statt  sich  an  den  Ohren  zu  zausen? 

Leipzig,  im  September  1876. 


Nachschrifl 

VielleLcht  habe  ich  Herrn  C.  F.  W.  Muller  (0  wenn  man  doch  den 
einen  Hufnaraen  des  unbeqnemen  Polyonymos  wusste!)  oben  p.  638  f. 
Anra.  **  [154  Anm.  •]  Unrecht  gethan,  wenn  ich  ihn  ""aalsipotenti  et 
moltipotenti  Iovis  fratri  Nereo'  zusammenconBtruiren  liess.  Aber  dann 
iat  er  selbat  schuld  an  dem  Misverstundniss,  weil  er  vor  'Nereo'  kein 
Komma  gesetzt  hat.  Wiewohl  auch  dann  doch  die  Inconvenienz  bliebt^ 
daaa,  mit  wenig  Concinnitat,  von  drei  Gottheiten  die  eine  nur  mit 
Pradicaten,  ohne  Namen,  die  beiden  andern  nur  mit  Namen,  ohne 
Priidicate  bezeichnet  waren.  —  JedenfalU  halte  una  M.  uicht  etwa 
entgegen,  dasa  man  ihm  eine  solche  Abenteuerlichkeit,  sich  nicht  rait 


Digitized  by  Google 


I 

176  PHILOLOGISCHE  UNVERSTANDLICHKEITEN. 

den  zwei  weltregierenden  Zeusbrfldern  zu  begniigeu,  6ondern  ihnen 
einen  (ans  der  Trinitat  ganz  herausfaUenden)  dritten  beizufugen, 
schon  von  vorn  herein  gar  nicht  hatte  zutrauen  dQrfen.  Lasst  doch 
selbst  Welcker  Griech.  Gotterl.  I  p.  620  den  Nereu*  ala  Bruder  des 
Poseidon  ganz  unbefangen  gelten  —  nur  auf  die  verderbte  Vulgate  der 
Plantnsstelle  hin!  —  Sei  dem  nun  wie  ihm  wolle:  habe  ich  wirklich 
Herrn  M.,  weun  auch  nicht  ohnc  seine  Mitachuld,  Unrecht  gethan,  so 
habe  ich  ihm  auch  billig  Abbittc  zu  leisten  und  thue  das  event.  hiermit. 


Digitized  by  Google 


VII. 

Deperditarum  Plauti  fabularum  fragmenta. 

L  ACHARISTIO. 
I. 

Nonius  p.  157,  0:  'pauperauit,  id  est  pauperem  facit 
(jsic).    Plautus  ....  Idem  (item  coild.)  Acharistione: 

Quam  ego  tanta  paiiperaui  per  dolum  pecunia.'  1 

eAcharistione',  e  codicum  scriptura  acaristione  ab  Hadr. 
lunio  restitutum,  recte  atque  ordine  ab  dxdpicroc  ductum 
servi  nomen  esse,  ut  'Apicriujv  KaXXicriwv  et  fortasse  Kccki- 
ctiujv  ab  apiCTOC  KdXXiCTOC  KdKiCTOc,  monebam  Parerg.  p.  105: 
quo  adde  p.  143  dicta.  In  uno  Leidensi  proditum  acaristudio 
ausam  dedit  longe  ineptissimp  fabulae  nomini  fingendo 
e*Axapi  studium',  quod  nimirum  placuit  Bothio. 

L 

Plinius  Nat.  hist.  XIV  §  92:  Mautissima  apud  priscos 
uina  erant  myrrhae  odore  condita,  ut  apparet  in  Plauti 
fabula  quae  Persa  inscribitur,  quamquam  in  ea  ct  calamum 
addi  iubet.  ideo  quidam  aromatite  delectatos  maxime  credunt. 
sed  Fabius  Dossennus  his  uersibus  decernit:  «mittebam  uiuum 
pulcbrum,  murrinam»,  et  in  Acharistione: 

^  panem  et  polentam,  uinum,  miirrinam.  2 

Scaenolam  quoque  et  L.  Aelium  et  Ateium  Capitonem  in 
eadem  sententia  fuisse  uideo,  quoniam  in  Pseudulo  (r.TJOsq.) 
sit:  *quod  si  opus  est  ut  dulce  promat  indidem,  ecquid  ha- 
bet?  : :  rogas?  murrinam,  passum,  defrutum,  mella».  quibus 

FR.  HITSCHELIl  OPV8CVLA  III.  12 


Digitized  by  Google 


178 


FRAGMENTA  PLAVTINA. 


apparet  non  inter  uina  modo  murrinam,  sed  inter  dulcia 
quoque  nominatum'.  —  Ibi  npn  alicuius  poetae  Dossenni 
verba  proferri  a  Plinio,  sed  sive  grammaticum  aut  antiqua- 
rium  sive  iuris  consultum  *)  Fabium  Dossennum  (vel  'Dorsen- 
mnn ',  ut  est  in  Vaticano  a  pr.  m.)  dici,  qui  versuum  illorum 
testimonio  murrinae  h.  e.  vini  murra  conditi  apud  antiquos 
usum  probaverit,  significavi  in  praefatione  Parergon  p.  XIII, 
amice  (ut  pro  illis  temporibus)  monitus  a  Bergkio.  Nam  ne 
quid  erres,  sed  particulae  non  alia  vis  est  nisi  ut,  quod  alii 
tantum  credere,  idem  Dossennus  dicatur  argumentis  deceraere. 
—  Suppresso  autem  fabulae  nomine  interpositum  inter  Per- 
sae  Plautinae  mentionem  et  item  Plautinam  fabulam  Acha- 
ristionem  (*et  in  A.9)  testimonium  non  videtur  dubitari  posse 
quin  ad  eundem  poetam  referendum  sit:  quare  inter  incertae 
sedis  fragmenta  recepi.  —  Pristinum  autem  murrinae 
istius  usum  cum  Plinius  ait  alios  Pseuduli  versu  probasse, 
his  accedere  Varronem  e  saturae  verbis  apparet  quae  sunt 
apud  Nonium  p.  551,  7:  cmurrina,  potio  confecta.  Varro 
'AvOpumOTToXei:  «non  modo  uinum  dare,  sed  etiam,  ut  Plautus 
ait,  murrinam,  passum,  defrutum».2)  —  Rursus  ex  eiusdem 
Varronis  alio  testimonio  probabilis  de  L.  Aelio  coniectura 
fiet:  quando  haec  nomina  e  codicum  memoria  laelius  (pror- 
sus  ut  apud  Gellium  IIT,  3,  12)  recto  iudicio  Van-Heusdius 
efiecit  'de  L.  Aelio  Stilone'  p.  .'37.  Nam  cum  apud  Festum 
p.  158,  22  haec  legantur:  'niurrata  potione  usos  antiquos 
indicio  est,  quod  feamj  etiam  nunc  aediles  per  supplicationes 
dis  addunt  ad  puluinaria,  et  quod  XII  tabulis  cauetur  ne 
mortuo  indatur,  ut  ait  Varro  in  Antiquitatum  libro  V9  in 
promptu  est  .de  Aelii  Stilonis  in  XII  tabulas  commentariis 

1)  Ad  iuris  consultum  potius  ipsum  quo  Plinius  utitur  'decernendi' 
vcrbum,  ut  proprium  iuris,  spectare  visum  est  doctisaimo  conlegae 
Mauricio  Voigtio. 

2)  NumeriB  adstringens  aicca  Varronis  vcrba  Roepcrus  *do  Ennii 
Scipione'  (ed. 'Gedaui  a.  18C8)  p.  14  fidem  vix  inveniet.  —  Ceterum 
eodem  Pseuduli  versu  eundcm  Varronem  etiam  fde  uita  populi  liomani 
liUro  1'  usum  esse  ex  eodem  Nonio  p.  551,  19  intellogitur:  cuiua  capi- 
iin  turb;us  componere  liuechelerua  studuit  Musei  Ithen.  XI\T  p.  44Hnq., 
ignoratus  a  Kottnero  in  fVarroni«  de  vita  p.  R.'  fraginentiH  (ed.  Halae 
a.  1803)  p.  20. 


Digitized  by  Google 


FRAC.MENTA  PLAVTINA. 


179 


cogitare.  Itaque  in  huius  societatem  qui  iurisconsulti  Scae- 
vola  et  Ateius  Capito  veniant^  non  minus  apertum  est.  Quippe 
in  testamentis  siquando  'uina'  legabantur,  saepc  subtiliter 
enucleateque  et  quaerendum  erat  et  quaesitum  est,  quae  tan- 
dem  potionis  genera  euini  appellatione  continerentur'  vel 
non  continerentur:  cuius  rei  luculento  documento  est  Vlpiani 
fragmentum  9  in  Digestorum  XXXIII  tit.  6.  Vbi  non  tan- 
tum  'passuni'  respicitur  et  'defrutuni',  sed  etiam  vinum 
'conditum':  in  quo  genere  et  ipsum  'murratum'  (cui  certe 
persimilis,  si  non  par  fuit  'murrina'  testibus  grammaticis) 
numerabatur  et  'nardinum'  cum  aliis  quae  composita  habes 
in  Beckeri  Reiniique  Gallo  t.  III  p.  310  ed.  tert.  —  Ceterum 
de  Persa  Plauti  Plinius  aut  memoria  lapsus  est,  aut  quem 
auctorem  sequebatur,  oscitanter  exscripsit  vel  perperam  in- 
tellexit.  Nec  enim  eius  fabulae  v.  87  sq.  ulla  mentio  vel 
niurrinae  vel  murrae  fit,  sed  'mulsum'  iubetur  'strutheis,  co- 
luteis,  calaino'  commisceri:  quamquam  liaec  ipsa  emendatorem 
etiamnum  exspectant.3) 

U.  ADDICTVS. 

Vere  Plautinam  fabulam  esse,  quamquam  non  in  omni- 
bus  'indicibus'  inter  Plautinas  relatam,  auctor  Varro  est 
rcum  plerisque  aliis'  apud  Gellium  III,  3,  14:  \Sed  enim 
Saturionem  et  Addictum  et  tertiam  quandam,  cuius  nunc 
mihi  nomen  non  suppetit,  in  pistrino  eum  scripsisse  Varro 
et  plerique  alii  memoriae  prodiderunt,  cum  pecunia  omni, 
quam  in  operis  artificum  scaenicorum  pepererat,  in  mercati- 
bua  perdita  inops  Romam  redisset  et  ob  quaerendum  uictum 
ad  circumagendas  molas,  quae  trusatiles  appellantur,  operam 
pistori  locasset,'  —  Conferenda  sunt  quae  de  hac  fabula  in 
Parergis  disputavi  p.  119.  128  sq.  143.  166.  —  'Addictum' 
quem  esse  voluerit,  ipse  nos  poeta  doceat.  Qui  cum  in  Poe- 

3)  f  Audaciorera,  sed  eundem  inprimis  sagacem  nuper  nacta  sunt 
Mauricium  Voigtium,  sic  Bcriptum  esse  a  Plauto  conicientem  Muaei 
Hhen.  t.  XXVIII  p.  02:  'Commisce  mulsum,  st4ctea  eluta  adpara': 
quando  'stactam'  vel  'fltacten'  comitat  ipsius  myrrhae  oleosum  liquorem 
a»e.  Ibidem,  qnid  inter  murrinam  et  murratam  affinesque  potiones 
diecriininis  intercesserit,  singulari  diligentia  (iuaeritur.| 

12* 


Digitized  by  Google 


180 


FRAGMENTA  PLAVTINA. 


nulo  III,  1,  18  ene  tuo  nos  amori  seruos  esse  addictos  censeas'*) 
dixit,  et  in  eadem  111,4,  10  (=  III,  3,  94)  cquin  sequere  nie 
ergo : :  abduce  intro :  addictum  tenes',  item  in  Bacchidibus  v.1205 
"sequimini  : :  ducite  nos  quo  lubet  tamquam  quidem  addictos': 
hic  quidem  eius  vocis  usus  dubium  non  est  quin  e  prisco  iure 
civili  manaverit,  quod  repetita  e  XII  tabulis  memoria  Gellius 
quale  fuerit  declarat  XX,  1,  42  sqq.  conl.  XV,  13,  11,  e  re- 
centioribus  autem  iuris  Romani  enarratoribus  praeter  alios 
niultos,  quorum  nomina  Reinius  cde  iure  privato  et  processu 
civili  Romanorum'  p.  935  sqq.  congessit,  uberius  explicat 
Puchta  Institutionum  §  179  (t  II  p.  252  sqq.  ed.  quintae). 
Ad  hanc  igitur  legem  fabulae  inscriptionem  referens  Forcel- 
linius  aliquem  in  illa  *ob  aes  alienum  creditori  addictuin' 
a  poeta  esse  inductum  coniciebat.  Potuerat  etiam  de  ea  ad- 
dictione  cogitare,  quae  non  fex  aeris  ac  debiti  confessione', 
sed  e  'furto  manifesto'  consequens  erat  testibus  Gellio  XI, 
18,  8  Gaioque  Instit.  III,  189,  interpretibus  cum  aliis  tum 
Reinio  libri  s.  s.  p.  555  et  cde  iure  criminali  Rom.'  p.  296  sqq.: 
quo  Plautinus  versus  pertinet  Poenuli  IV,  2,  11  'fureni  ac 
fugitiuom  inuenis,  uerberatum,  uinctum,  addictum'  conlatus 
cum  III,  1,  Gl  *id  duplicabit  omne  furtum:  leno  addicetur 
tibi'.  Sed  haec  sane  furti  poena  in  Graeciae  quidem  civita- 
tibus,  quod  sciamus,  sui  siinile  institutum  non  habuit:  ut 
hinc  depromptum  nomen  vix  potuerit  in  fabulam  palliataiu 
cudere.  Contra  debitores,  qui  aeri  solvendo  non  essent,  etiaiu 
post  Solonis  aetatem  apud  Graecos  in  servitutem  addictos 
esse  sat  certis  exemplis  probatur  a  novae  comoediae  tempo- 
ribus  non  nimio  intervallo  distantibus,  quae  habes  in  C.F.Her- 
manni  Antiquitatibus  Gr.  privatis  §  57  p.  46G  adn.  20  coul. 
p.  4G4  ed.  Starkianae.  Huc  igitur  spectare  potuit  Menandri 
fabula  TTujXouuevoi,  e  qua  Caecilii  'Poluinenos'  expressaui 
esse  conieci  Parerg.  p.  160  adn.  Quamquam  etiam  simplicior 
interpretatio  in  promptu  haec  est,  ut  aeris  alieni  notio  omnino 

4)  Supervacaneura  videri  potest  additum  seruos,  atque  adeo  praeter 
veritateni  additum,  si  audiamus  Quintilianum  V,  10,  60  et  VII,  3,  27: 
nisi  tamen,  'utrum  seruus  efficeretur  ex  addictione'  necne,  iam  a  vete- 
ribus  dnbitatum  esse  Gaiua  doeeat  III,  181).  Cf.  Reinium  Iuris  privati 
p.  054. 


Digitized  by  Google 


FKAGMENTA  PLAVTINA. 


181 


procul  habeatur  nec  alius  fAddictus'  cogitetur  nisi  venditionis 
lege  emptori  addictus,  praesertim  cum  cuenditum'  dici  ipsa 
latinitas  vetet:  sive  ille  servus  fuit  in  alius  domini  pote- 
statem  transiens,  sive,  quod  magis  placet,  homo  liber  velut 
a  piratis  captus  et  venum  datus  in  servitium,  argumento  in 
iioya  comoedia  non  infrequenti.  Neque  enim  alia  ratio  est 
Plautini  versus  Merc.  610  fquoii  est  empta?  : :  nescio  :  iam 
addicta  atque  abducta  erat',  item  Noviani  115Kibb.  fquanti 
addictust?  : :  mille  nummuni',  aliorumque  exemplorum  quae 
Maur.  Voigtius  cougessit  fde  iure  naturali  Rom.' III,  1  p.  101 
adn.  245. 

Servius  in  Vergili  Georg.  I,  124:  'ueterno:  pigritia, 
otio:  quia  plerumque  otiosos  solet  hic  morbus  incessere. 
Plautus  in  Addicto: 

Opus  facere  nimio  quain  dormire  mauolo:  3 
Veternum  metuo. 

ueternus  autem  dicitur  morbus  intercus  i.  e.  ubpuuiu,  qui  ho- 
miue8  efficit  pigros'.  —  *  ueternum '  habes  etiam  in  Menaecb- 
mis  v.  891:  fnum  eum  ueternus  aut  aqua  intefcus  tenet?' 

IIL  AGROECVS. 

"Afpoixov  e  novae  comoediae  poetis  Philemo  scripserat, 
'YttoPoXiucuov  f\  "AtpoiKOV  Menander.  Graecam  autem  pal- 
liatae  appellationem  fAgroecus',  vel  etiam  rectius  ut  puto 
'Agroecos',  a  Plautinae  quidem  artis  consuetudine  alienam 
fuisse  ostendi  Parergon  p.  142  sqq. :  ille  enim  aut f  Agricolam' 
inscripsisset  ut  Novius,  aut  fRusticum'  ut  Pomponius.  Ab- 
iudicabatque  hanc  ipsam  a  Plauto  Ii.  Accius  apud  Gellium 
III,  3,  9  his  verbis:  fM.  tamen  Varro  in  libro  de  comoediis 
Plautinis  primo  Accii  uerba  haec  ponit:  «nam  nec  Geminei 
lenones  nec  Condalium  nec  Anus  Plauti  nec  Bis  compressa 
nec  Boeotia  umquam  fuit,  neque  adeo  Agroecus  neque  Com- 
morientes  Macci  Titi»'.  —  Vbi  lcnones  pro  lcones  unus  tan- 
tum  codex  servavit,  in  interpolatorum  autem  parte  scriptum 
est  gemini  ncc  lcones-,  —  in  fine  Macci  Titi  (i.  e.  PlautiJ  e 


Digitized  by  Google 


182  FRAGMENTA  PLAVTINA. 

librorum  memoria  M.  accii  titi,  M.  accutici,  M.  actUitii,  31. 
hatrutici,  M.  actii,  quibus  nominibus  interpolati  scd  particulam 
praemittunt,  eflfeci  Parergon  p.  14  conl.  p.  10  et  86:  strenuus- 
que  idemque  intellegentissimus  vindex  eius  emendationis  ex- 
stitit  Martinus  Hertzius  cum  Berolini  a.  1854  publicato  de 
Plauti  nominibus  libello,  tum  eius  disputationis  'epimetro' 
quod  est  in  prooemio  academico  Vratislaviensi  anni  1867.  — 
Ipsis  autem  Accii  verbis  constat  praeclaris  commentationibus 
duabus  novam  lucem  adlatam  esse.  Postquam  enim  illa  e 
'Didascalicon*  libris  Accianis  petita  esse  Madvigius  docuit 
Opusc.  acad.  I  p.  94,  eadem  non  esse  prosa  oratione  scripta, 
sed  numeris  conclusa  pervidit  God.  Hermanni  acumen  edita 
a.  1842  'de  L.  Attii  libris  Didascalicon'  dissertationc  p.  5. 
Cuius  ego  exemplo  in  paucis  derelicto  trochaicos  septenarios 
tales  partim  olim  commendavi  1.  s.  s.  partim  nunc  commendo : 

Namque  nec  Geminei  lenones  nec  Condalium,  ndn  Anus 
Plaiiti,  nec  Bis  ctfmpressa  aut  Boeotia  eius  umquam  fuit, 
Neque  Agroecus  neque  Commorientes  adeo  fuit  Macci  Titi. 

Quorum  ultimo  adco  particula  transponenda  fuit,  ne  aut  ne- 
cessaria  caesura  desideraretur  aut  in  Agroccus  antepaenultima 
praeter  legem  produceretur.  Nam  quod  Sotadeos  potius  ex 
Accianis  verbis  elicere  persubtili  disputatione  Lachmannus 
instituit  iu  prooemio  Indicis  lect.  hib.  Berol.  a.  1849  p.  6, 
quem  est  Gellii  editor  Hertzius  secutus,  id  etsi  olim  non 
improbabile  visum  est,  tamen  quo  diutius  iterum  atque  ite- 
rum  pensitavi,  eo  mihi  aegrius  persuasi.  Longum  est  et 
ab  hoc  loco  alienum,  genus  illud  universum  disceptare;  in 
ipsis  Accii  versibus,  quales  Lachmannus  constituit,  duo  po- 
tissimum  sunt  quae  meo  sensu  placere  nequeant:  primuiu 
parum  exaequatorum  emmtiatorum  versuumque  inconcinnitas, 
praeter  cetera  autem  cum  gravi  oftensione  in  exitu  versus 
positum  ncc:  *Nam  nec  Geminei  leones  nec  Condaliiim  nec 
Plaiiti  Anus,  nec'  e.q.  s.,  nihil  ut  de  moleste  conlocato  Plauti 
uomine  dicam;  —  alterum,  quod  Meones'  praetulit  'lenoni- 
bus',  quos  nimirum  respueret  Mex  carminis':  de  quo  suo  loco 
dicetur  sub  'Lenonibvs  geminis'. 


Digitized  by  Google 


FRAfiMENTA  PLAVTINA. 


Nonius  p.  196,  31:  'clunes  feminino  Horatius  .  .  . 
masculino  Plautus  Abroico:  «quasi  lupus  ab  armis  ualeo, 
clunes  desertos  gero»':  ubi 'Agroico' restitutum  est  ab  luuio 
Animadversionum  VI,  10,  'Aypoikuj  a  Vossio  de  analogia  1, 29 
p.  499.  —  Festi  epitome  p.  61,  17:  'clunes  masculine  Plau- 
tus:  «quasi  lupus  ab  armis  ualeo,  clunes  infractos  fero»:' 
ubi  codex  Barthii  Advers. XLI,8  cum  veteribus  edd.  inflalos. 
—  His  inter  se  iunctis  testimoniis  Plautinum  versum  haud 
cunctanter  sic  reconcinnabis : 

i  quasi  lupus  ab  armis  ualeo,  clunes  infractds  4 

gero: 

ut  ab  initio  v.  c.  Pol  vel  Nam  fuerit,  vel  etiam  probabilius 
aliqua  conloquentis  personae  exclamatio 5).  Nihili  est  eilim 
et  dupliciter  falsum  ab  Osanno  Analect.  p.  152  propositum 
Quam  si  lepus,  non  profecto  felicius  pro  lupo  substituto  le- 
pore  quam  in  Persae  v.  436  pro  lepore  lupo  p.  203.  —  f  in- 
fractus'  autem  cum  per  se  possit  aut  idem  esse  atque  cfra- 
ctus'  ab  infringendo  (ut  est  in  Horatii  Epodonll,22  flum- 
bos  et  infregi  latus'),  aut  cnon  fractus'  ut  apud  Symmachum, 
illuc  tamen,  non  huc,  Iunii  interpretatio  valet,  quamquam 
ignorantis  Festi  testimonium  et  unius  Nonii  memoriam  dc- 
sertos  explicantis.  Sic  enim  ille  1.  s.  s.:  cspectat  ad  vulgare 
dictum,  quo  lupum  armos  validos  habere,  sed  impotentem 
atque  imbecillum  clunibus  praedicamus.'  Id  autem  ubi  gen- 
tium  vel  quo  tandem  tempore  in  *vulgare  dictum'  abierit,  cum 
non  minus  quam  memet  etiam-  eruditissimos  in  hoc  genere 
conlegas  Rudolphum  Lcuckartum  et  Victorem  Carum  fugiat 
(nihil  saltem  eius  modi  vel  Aristoteles  vel  Aelianus  Pliniusve 
prodidere),  tamen  in  naturam  quidem  lupi  re  vera  cadere 
clunium  imbecillitatem  illam  eidem  affatim  me  docueruut 

6)  Nempe  ne  commeuiorarcm  quidem  hoc  ut_  nimis  exile,  niai 
latius  patere  sentirem  et  ad  talia  poetarum  fragmenta  aat  multa  per- 
tinere,  quibus  in  ipso  principio  jmululum  deest  ad  veraua  mensuram 
compiendam.  In  talibua  enim  cum  minime  probabile  sit  integrum 
cnuntiatum  sine  ulla  causa  esee  truncatum  a  grammaticiH,  in  promptu 
e«t  dc  alteriue  pereonae  sive  exclamatione  sive  interrogatione  cogitarc 
velut  Quidr  vel  Tmh'?  Tune?  vel  Tace  vel  Quid  ais?  et  quae  alia 
multa  facili  negotio  fingaa. 


Digitized  by  Google 


184 


FRAGMENTA  1'LAVTINA. 


testesque  eius  rei  cum  alios  zoologos  citarunt  ut  Buffouem, 
Giebelium,  tum  Schreberum,  cuius  haec  verba  sunt  in  de- 
scriptione  'Mammalium'  vol.  III  p.  350:  'im  Laufe  ist  dcr 
Wolf  sehr  flflchtig;  im  Gehen  schreitet  er  weniger  als  der 
Hund,  und  sein  Gang  giebt  ihm  das  Ansehen,  als  ob  er  - 
kreuzlahm  wiire\ fi)    Quod  cum  ita  sit,  Plautino  versiculo 
mihi  dubium  non  est  quin  cinaedi  alicuius  (hominis  'fracti 
atque  elumbis'  ut  cum  Tacito  loquar),  languor  et  inertia 
notetur.    Eoque  fortasse  ipsius  'lupus*  vocabuli  ambiguita* 
quaedam  spectat.    Quippe  Xukov  dictum  esse  pedicatorem 
exempla  ostendunt  ab  Iacobsio  Animadv.  in  Anthol.  gr.  t.II, 
3  p.  123  exprompta,  quam  significationem,  sive  comparatio- 
nem  dices,  nihil  profecto  irapedit  quominus  etiam  ad  latinum 
'lupus'  vocabulum  pertinuisse  credamus7);  pedicatores  autem 
satis  constat  quam  usitata  nequitia  etiam  pathicomm  partes 
mutuas  sustiuuerint.    Pathici  igitur  notionem  subesse  recte 
intellegens  vetus  aliquis  interpres  Plauti  cum  'infractos  clu- 
nes'  explicasset  'distortos',  haec  ipsa  interpretatio  transiit 
in  copias  a  Nonio  expilatas.  Nam  ut  huc  potius  corruptum 
in  Nonianis  libris  dcsertos,  quod  intellegi  posse  nego,  revocem 
quam  ad  districtos  vel  distcntos  vel  distritos  vel  dctritos  aut 
dcfrictos  (nihil  ut  de  Bothiano  dcfectos  dicam  vel  vitioso  di- 
sertos  Osanni),  praeter  alia  suadent  'extorti  clunes'  Petronii 
c.  21.  —  Ceterum  de  ambiguo  genere  grammatico  clunis  cluncs 
vocabuli  cum  Nonii  Festique  testimoniis  Charisium  (in  cuius 
verbis  p.  101,  10  ipsum  versum  Plautinum  intercidisse  suspi- 
cor  duce  Keilio)  atque  Servium  composuit  Vossius  1.  s. 
Horatii  scholiastas,  Phocam,  Caprum  cum  recentis  memoriae 


6)  Addere  licebit  ipsiuB  Leuckarti  verba:  fder  Wolf  gilt  mit  Kecht 
fur  lendenschwach ;  sein  Becken  ist  schwacher,  die  Hinterbeinc  aind 
zierlicher,  dio  Laufe  dflnner  als  bcim  Hunde,  wie  dcnn  iiberhaupt  der 
ganze  Hinterk5rper  an  Entwickelung  und  Kraftleistung  hinter  dem 
Vorderleibe  zurt^ckbleibt., 

7)  Ac  fortaasc  non  propter  solam  rapacitatem  Lyci  nomen  lenoni 
inipositum  est  in  Poenulo.  —  Lenoni  autem  haud  ecio  an  ipsa  Plautina 
verba  non  incommode  tribuantur.  Quem  amicus  monet  serio  potuissc 
et  armos  et  clunea  validos  (h.  c.  non  fractos)  praedicaro,  sed  ut  pcr 
quaesitam  ambiguitatem  ipae  poeta  voluerit  fractoB  intellegi  a  8j>ecta- 
toribus:  argutius  puto  quam  simplicius. 


Digitized  by  Google 


FUAKMKNTA  PLAVTINA. 


185 


grdmmaticis  addidit  Foertschius  p.  376,  addere  potuit  Pris- 
cianum^V  p.  160,  11  et  169,  11  Htz. 

IV.  ANVS. 

Vnius  Accii  apud  Gellium  testimouio,  quod  modo  sub 
Agkoeco  ponebam,  innotuit.    Cf.  Parerg.  p.  138.  147. 

V.  ARTEMO. 

A  servi  nomine  appellatam  fabulam  esse,  prorsus  ut 
'Epidicum',  'Pseudulum',  'Stichum',  dixi  Parerg.  p.  143. 
Nec  infrequens  id  nomen  Graecis  fuit,  ac  ne  Latinis  quidem 
inusitatum,  ut  Inscr.  Neap.  4164.  Pro  quo  cur  'Artamon' 
(sic)  placuerit  editoribus,  sana  ratio  nulla  in  promptu  est. 
Nam  quod  unum  'Artamo'  formae  exemplum  exstat  in  Bac- 
chidum  versu  799,  ex  eo  nihil  profecto  consequitur  nisi  po- 
tuisse  hanc  quoque  recte  fingi,  sive  eam  cum  dpidun  voca- 
bulo  compones,  sive  e  Doriensium  dialecto  repetes,  quibus 
"ApTauic  fuit  pro  "Apieutc  cum  aliis  similibus  apud  Ahrentem 
de  Dor.  dial.  p.  113  sqq.  Atque  etiam  'Artemonam'  habes 
Demaeneti  uxorem  in  Asinaria,  non  'Artanionam':  item  fAr- 
tema'  Inscr.  Neap.  4115.    Cf.  Parerg.  p.  153  sq. 

L 

Festus  p.  305,  27:  *superstites  testes  praesentes  signi- 
ficat.  cuius  rei  testimonium  est,  quod  superstitibus  praesen- 
tibus  i,  inter  quos  controuersia  est,  uindicias  sumcre  iuben- 
tur.    Plautus  in  Artimone  (sic): 

Nunc  mihi  licet  quidufs  loqui:   nemo  hi"c  adest  5 

superstes.' 

Adde  Servium  in  Aen.  III,  339:  "superstes  praesentem 
significat',  adiecta  praetoris  formula  quae  est  apud  Ciceronem 
pro  Murena  12,  26. 

n. 

Festi  epitome  p.  164,  12:  fnautea  herba  granis  nigris, 
quo  coriarii  utuntur.  a  naue  ductum  nomen,  quia  nauseam 
facit,  permutatione  T  et  s.'  Haec  e  quibus  Festi  verbis  ex- 


Digitized  by  Google 


186 


FRAOMENTA  PLAVTINA. 


cerpta  sunt,  eoruiu  in  dimidiata  pagina  165,  27  haec  reli- 
quiae  supersunt,  quas  cum  supplementis  Vrsinianis  adscripsi: 

Nautcam  ait  Opi~ 

lius  Aurelius  herbac  gcnus  csse  granis  nigris} 
qua  coriari  utuntur,  cuius  uideri  a  naue  duc- 
tum  nomen  quia  nauseam  isicit ,  permutatiotie  T  ct 
S  litterarum  intermediarum  antiquis  cotisucta. 
Plautus  in  artemone:  ungucntum  quod  naribus  mu- 
lionum  nauteam  fecisset  

Apparet  Plautinorum  verborum,  quae  ad  exenipluni  Curcu- 
lionis  v.  99  suppleta  sunt  ab  Vrsino,  nihii  certum  esse  praeter 

6  [mu]lionum  nauteam  fecisset. 

Ex  Opilii  Aurelii  mentione  fortasse  conici  posse,  in  eius  rin- 
dicibus*  ipsam  Artemonem  ut  Plautinam  numeratam  fuisse, 
significavi  Parergon  p.  243  adn. 

III. 

Festi  epitome  p.  275,  4:  'rauim  dicebant  pro  raucitate, 
unde  et  uerbum  rauio,  rauias.'  Ipsius  Festi  servata  haec 
sunt  p.  274,  29: 

Rauim  anti- 

qui  diccbant  pro  raucitatc.  Plautus:  ubi  siquid  pos- 
camusq;adrauimposcumprius.  item:    experiuraui  her- 

7  cle    omnia   ad  raucam  rauim.    et  in  artemoni:  et 

 Caccilius  in  Hypoboliniaeo:  prius 

ad  rauim  ntam  feceris 

artcmoni  scriptuiu  esse  in  codice,  ut  supra  fr.  5  artimone, 
testatus  est  Keilius  Mus.  lihen.  n.  VI  (a.  1848)  p.  624  et 
625.  —  De  altero  exemplo  Plautino,  quod  est  Cistellariae, 
dixi  nuper  Nov.  excurs.  p.  53. 

VI.  ASTRABA. 

Nomen  unde  inditum  sit  fabulae,  docet  Probus  initio 
commentarii  iu  Vergilii  Bucolica  p.  2,  23  ed.  Keil.:  fsunt 
autem  astrabae  uehicula  dicta  7rapct  to  \it\  CTpe'qp€c6ai:  quo 


Digitized  by  Googl 


FRAO.MENTA  PLAVTINA.  187 

titulo  et  Plautus  fabulam  inscripsit,  in  qua  mulieres  in  eius 
modi  uehiculis  inducit/  —  Probum  igitur  si  sequiniur,  ut  est 
consentaneum ,  descivit  aliquantum  latinus  usus  a  graecae 
dapdjJnc  significatione  i.  e.  toO  eVi  tujv  ittttujv  EuXou,  6  Kpa- 
toOciv  01  KaGeEouevoi  interpretibus  Hesychio  et  Etymologico. 
£t  quale  quidem  EuXov  illud  cogitandum  sit,  glossaria  latina 
aperiunt  communi  consensu  sic  interpretantia  fastraba:  tabella, 
ubi  pedes  requiescunt':  id  quod  vitiose  scripta  glossa  Vul- 
canii  p.  21,  31  etiam  magis  confirmat:  'astraina,  cavic,  utto- 
TTobiov'.  Verum  tamen  iam  apud  Graecos  eam  vocem  etiani 
ud  vehiculorum  notionem  traductam  esse  cum  Eustathius  et 
scholiasta  Luciani  ostendere  videntur  a  Piersono  ad  Moer. 
Att.  p.  140  commemorati,  qui  ceXXav  interpretantur,  tum 
multo  evidentius  Tzetzes  declarat  Histor.  IX,  847  sq.:  'AcTpdprj 
EuXov  opdiov  toTc  biqppoic  tujv  dpudTUJV,  €ic  6  e*TTiK€Ku<paciv 
nvioxoi  ^Xujvrec  cum  v.  854  sqq.:  *AXXoi  be  pappaptuTepov  ^k 
tujv  cocpuiv  dvepujTrujv  €Iboc  TUTXaveiv  dpuaToc  Xe^touci  Treqpu- 
Ktvar  Cu  be  tou  biqppou  to  6pe6v  HuXov  dcTpdpnv  Xe^te.  Vt 
non  sit  dubium  quin  Plautino  saeculo  ad  idem  fere  vehicu- 
loruni  genus  'astrabae'  quo  posteriore  aetate  'sellae'  atque 
Mecticae'  pertinuerint:  de  quibus  conferri  potest  Beckerus 
Galli  t.  III  p.  5  sqq.  ed.  teri  (quamquam  is  ipsius  astrabae 
non  magis  mentionem  faciens  quam  Marquardtus  Antiqu. 
priv.  II  p.  310  sqq.  328  sqq.).  Verbosius  qnam  planius  et 
distinctius  de  astraba  Schefferus  egifde  re  vehiculari' lib.II 
cap.  2  conl.  I,  10.  —  A, f  clitellarum '  autem  notione  profectus 
longe  infelicissima  coniectura  magnus  Scaliger  aliqliam  'Cli- 
tellariam'  fabulam  finxit,  quam  alio  nomine  eandem  esse 
cum  Astraba  sibi  persuasit,  plurimis  autem  versibus  e  fCi- 
stellaria'  prolatis  in  grammaticorum  libris  ditavit  mira  in- 
temperantia:  non  cogitans,  quam  sit  haec  ipsa  Cistellaria  iii 
todicibus  nostris  mutila.  Parumque  prudenter  illum  cum 
ceteris  omnibus  vel  Muellerus  secutus  est  adn.  ad  Varronem 
p.  145.  Quem  locum  omnem  tam  plene  videor  in  Parergis 
Plautinis  p.  159  sqq.  tractasse,  ut  verbum  non  amplius  ad- 
«lam  praeter  laudem  Ladewigio  debitam  ob  rectissime  per- 
spectam  veritatem  in  Musei  Khem  novi  t.  III  (a.  1845) 
p.  525  sqq.  (conl.  p.  540  adn.).  —  Ipsius  Plauti  necne  fuerit 


Digitized  by  Google 


188  FRAGMENTA  PLAVTINA. 

■ 

Astraba  etsi  Gellius  cum  Nonio  (v.  fragm.  v)  esse  incertum 
dixit,  tamen  non  nimis  incerta  ratiocinatione  Parergon  p.  131 
conl.  p.  76.  129.  149.  152  inf.  probasse  videor  a  Varrone  in 
eis  fabulis  habitam  esse,  quae  cum  non  ab  omnibus  in  Plau- 
tinis  numerarentur,  tamen  tribuendae  Plauto  essent.  Eoque 
spectare  in  fragm.  i  fAstraba  Plautina'  videri  potest,  si  raodo 
ea  scriptura  non  improbabitur.  Fortasse  in  Servii  Claudii 
'indicibus'  Astrabam  fuisse  significavi  ibidem  p.  243  adn. 

I.*) 

Varro  de  lingua  lat.  VI,  73:  eetiam  spes  a  spontc 
potest  esse  declinata,  quod  quis  tum  sperat,  quom  quod  uolt 
fieri  putat;  nam  quod  non  uolt  si  putat,  metuit,  non  sperat. 
Itaque  hic  quoque  qui  dicunt  in  Astraba  Plautina 

8     A.  Sequere  adsecue,  Pdlybadisce:  nieam  spem  cu- 

pio  consequi. 
B.  Sequor  hercle  equidem:  nam  lubenter  meam 

speratam  c<5nsequor: 

quod  sine  sponte  dicunt,  uere  neque  ille  sperat  qui  dicit 
adulescens,  neque  illa  sperata  est.'  —  In  Varronis  verbis 
quod  quis  tum  scripsi  pro  quod  tum,  mox  autem  quom  quod 
UOiU  pro  quod  cum  (quom)  uolt  cum  Muellero,  non  cum  Spen- 
gelio  et  Lachmanno  in  Welckeri  Naekiique  Mus.  Rhen.  VI 
p.  117  quod  uolt  quom;  contra  cum  eodem  Lachmanno  p.  110 
hic  servavi  ut  adverbium,  non  cum  Muellero  ut  nominativum 
pluralem  (qui  casus  quod  sciamus  numquam  hic  fuit  pro  hice  vel 
hiscc),  nec  hi  substitui  cum  Spengelio.  Proxima  autem  cum 
in  Florentino  codice  sic  scripta  sint:  cin  astraba  plauti  n( 
(plautine  Goth.,  plautinae  Havn.)  sequere  adseque  polyba  disce 
meam  spem  cupio  consequi.  sequor  haeredem  (herclem,  her- 
cle,  hercule  cet.)  quidem  nam  libenter  mea  sperata  conse- 
quor'  — ,  ne  illud  in  nunc  mutabat  Spengelius,  servatum 
autem  reliquis  sic  a  se  conformatis  aptabat  Lachmannus 
1.  s.  s.  p.  120  et  ad  Lucrct  p.  304:  *A.  Ne  sequere  adsccue, 

-  m 

*)  [Hanc  particulam  iam  edidit  R.  in  Act.  socict.  philol.  Lips. 
tom.  VI  p.  365  —  368  inscriptam  'Varronianum  idemque  Plautinum'. 

c  w.j 


Digitized  by  Google 


FRAGMENTA  PLAVTINA. 


189 


Polybadisce.  B.  meam  spem  cupio  consequi:  Sequor  hercle 
eam  quidem:  nam  libenter  mea  sperata  consequor.'  Et  egregie 
quidem  vindicatum  adsecue  merito  probavit  Muellerus  praef. 
Festi  p.  xliv,  ususque  eo  ipse  sum  ad  Trinummi  versum 
1118  instaurandum.  Verum  de  reliquis  adsensum  cohibet 
primum  metri  genus:  nec  enim  valde  credibile  est  octonariis 
tam  tranquillam  sermocinationem  inclusam  fuisse.  Deinde 
autem  quod  ad  sententiarum  rationem  attinet,  etsi,  quae 
Scaliger,  Spengelius,  Muellerus  posuerunt,  commodum  intel- 
lectuin  habere  cum  Lachmanno  nego,  tamen  idem  nego  ab 
hoc  ipso  non  mediocres  sane  illarum  difficultates  satis  ex- 
peditas  esse.  Qui  cum  prima  verba  fNe  ....  Polybadisce* 
mulieri  tribuit,  reliqua  adulescenti,  huius  quidem  et  argutis- 
*imum  responsum  fingit,  et  in  quo  eadem  prorsus  sententia 
cum  in  principio  tum  in  fine  redeat,  et  praeterea  cum  ad- 
versativa  particula  etiam  sanus  ordo  desideretur.  Is  enim 
talis  potius  futurus  erat:  fimmo  sequor,  nam  meam  spem 
cupio  consequi',  aut  fimmo  sequor,  nam  libenter  niea  spe- 
rata  eonsequor'.  Porro  haec  ipsa  'sperata'  non  levi  offen- 
sioni  sunt;  nam  etsi,  quae  spero,  possum  'sperata'  dicere, 
tamen  fmea  sperata'  vereor  ut  latinum  sit  aut  cottidiani 
saltem  sermonis  latini,  cum  *sperata'  non  item  ut  fdicta* 
facta'  et  similia  substantivi  naturam  induerint.  Et  ipse 
Varro  quae  in  fine  verba  subicit  eneque  illa  sperata  est',  si 
simplicitatem  interpretandi  sequimur,  profecto  non  tam  'spe- 
^ato^lm,  notionem  spectare  videbuntur  quam  alicuius  cspe- 
ratae*  mentionem  ex  ipsis  Astrabae  versibus  repetere.  Huc 
accedit  quod  in  iscus  exeuntia  hypocoristica  servorum  nomina 
sunt  ut  *  Collabiscus '  'Lyciscus'  fPhaniscus'  ^Syri8Cus, 
(Xampadiscus*  'Milphidiscus'  t01ympiscus,),  aeque  ac  muliebria 
'Ampelisca'  'Halisca'  fPardalisca'  f  Sophoclidisca',  nec  us- 
quam  in  comoedia  tali  nomine,  quale  est f  Polybadiscus',  in- 
genuus  adulescens  appellatur.  —  Ex  his  omnibus  consequens 
est  ut  non  mulier  et  amator  conloqui  credantur,  sed  erus  i.  e. 
erilis  filius  cum  servo.  Amicam  vel  quam  amabat  mulierem 
conventurus  erus  Polybadiscum  sequi  se  iubet,  non  vetat:  is 
autem,  qui  ancillam  illius  amicae  amare  putandus  est,  eo  se 
libentius  sequi  respondet,  quod  erum  sequendo  simul  suae 


Digitized  by  Google 


190  FEAOMENTA  PLAVTINA. 

'speratae'  consequendae  occasionem  sibi  paratatu  sentit.  Scrip- 
tum  igitur  fuisse  in  fonte  Florentini  mca  sperata  credendum. 
Ita  esperatam  non  odi  tuam '  et c  mecum  meam  speratam  ad- 
ducere'  dixit  Afranius  Nonii  v.  174.  176  R.,  atque  adeo 
c  uxorem  salutat  speratam  suam '  Amphitruo  Plautinus  v.  G7G. 
Prorsusque  eandem  ad  notionem  in  Astrabae  versibus  'meaui 
spem'  et  ?meam  speratam'  revocanda  esse  etiam  e  Sticki  verbis 
intellegere  licet  v.  583  fo  sperate  Pamphilippe,  o  spes  mea' 
e.q.s.,  quamquam  eis  non  sic  ab  ipso  Plauto  profectis.  Nec 
fugit  ea  significatio  Scaligerum,  eo  tantum  errantem  quod 
servata  rmea  sperata'  verba  pro  vocativis  esse  voluit,  totum 
versum  priorem  tribuens  mulieri.  —  Ita  igitur  e  negativa  in 
affirmativam  speciem  primis  verbis  conversis  cum  trochaici 
septenarii  duo  prodeant  tamquam  nativa  facilitate  quadam 
in  aures  sua  sponte  se  insinuantes,  praesertim  si  aliquanto 
numerosius  hercle  equidem  pro  liercle  quidem  mecum  scripseris, 
unum  hoc  restat  expediendum,  quid  praemisso  in  libris  nc 
illo  fiat.  Quod  ne  prorsus  perire  paterer,  ausus  sum  leniter 
rautatum  cum  Plauti  nomine  sic  sociare:  in  Astraba  Hautina. 
Non  nescio  in  his  paucis  qui  supersunt  libris  de  1.  lai 
Varronem  non  alibi  sic  loqui:  verum  idem  non  intellego  cur 
id  semel  ei  non  licuerit,  ut  ab  aliis  addubitatam  aut  reiectam 
fabulam  a  semet  vindicari  Plauto  tamquam  in  transcursu 
significaret.  —  Ceterum  cPolybadiscus'  nomen,  rectius  resti- 
tutum  a  Scaligero  quam  cum  '  Lanipadiseus ' 8)  comparatum 
(quando  non  exstitit  'Polybadio'  ut  'Lampadio'),  scrupulum 
autem  gravissimum  iniciens  Lachmanno  p.  121,  memini 
Fleckeiseni  suasu  cum  de  his  nugis  forte  sermo  incidisset 

8)  E  Cistellaria  petiti  nominis  singularis  ratio  haec  est,  quod,  cum 
in  ipsa  fabula  Demiphonis  servo  nomen  sit  'Lampadio'  (II,  3,  60.  IV, 
1,  6.  IV,  2,  102.  V,  2),  is  non  uno  aliquo  loco  blandiendi  causa  Ono- 
KopicTiKOJC  rLam]jadi8CU8,  audit  (II,  3,  2),  ut  'Olympio'  semel  'Olym- 
piscus'  in  Casina,  'Syrus'  semel  ,Syri8CU8,  in  Adelphis,  item  fStepha- 
niunr  semel  fStephaniscidium'  in  Sticho,  atque  adeo  fMilphio'  in  Poe- 
nulo  semel  'Milphidiscus',  sed  scaenarum  omnium  (etiam  act.  V)  prin- 
cipiis  constanter  praescribitur  Lampadiscvs,  nusquam  Lampadio.  Quod 
quaui  vim  habeat,  ex  illis  iudicandum  erit  quae  significavi  haud  dis- 
aimilia  in  Kleckeiseui  Annal.  philol  t.  CIII  (a.  1871)  p.  639  sq.  de 
LY8IDAMVS  et  (si  dis  placet)  STALINO  nominibus  Casinae. 


Digitized  by  Google 


FRAGMENTA  PLAVTINA. 


191 


ita  expediri,  nullus  ut  dubitationi  locus  iani  esse  relictus  vi- 
deatur.  Vt  enim  a  TToXu0ioc  fit  TToXuPidbnc,  pariter  atque 
ab  6upupioc  *AXkiPioc  'AXe&Pioc  'Apxeflioc  fiunt  GupuPidbnc 
'AAKipidbnc  'AXeSipidbnc  'Apxepidbnc,  ita,  quoniam  TToXufhoc 
comitem  habet  TT6Xu($oc  formain,  hinc  recte  atque  ordine  duci 
TToXupdbrjc  potuit  ut  Xapivdbnc  AioXdbac  <t>Xudbr|c  CaKdbac 
TnpuTdbnc  ab  eis,  quae  sunt  Xapivoc  AToXoc  <J>Xuoc  cokoc 
•ppuTOC,  id  autem  uiTOKoptCTiKUJC  transire  in  TToXupabkKOC. 

It 

Varro  de  lingua  lat.  VII,  G6  (post  alia  exempla  ab  uno 
Plauto  petita):  *in  Astraba: 

Axitiosae  annonam  caram  e  utli  concinnant  uiris.'  9 

In  Florentino  scriptum  est  astriba  et  ac  sitiosey  unde  aritiosae 
AMus.  —  Redit  'axitiosa'  in  Sitellitergo. 

III. 

Festus  p.  274,  25:  'reciprocare  pro  ultro  citroque 
poscere  usi  sunt  antiqui,  quia  procare  est  posccre.  Pacuuius 
in  Teucro  ....  Plautus  in  Astraba: 

Quasi  tolleno  aut  pilum  graecum  reciprocas  plana  10 

uia.' 

Vbi  toUeno  Scaligero  Coniect.  in  Varr.  (V,  127)  p.  58  ed. 
■Steph.,  reciprocas  Muellero  debetur  pro  codicis  memoria  tollc- 
nijtio  et  reciproceis,  uia  pro  uta  sive  Scaligero  sive  Turnebo 
Advers.  VI,  18  et  XVII,  8:  quod  contra  eisdem  probatum 
redproces  nec  veri  simile  est  in  singulari  reciproceis  scriptura 
Iatere,  nec  sat  commodum  ad  sententiam  videbitur.  Longius 
autem  a  vero  Muellerus  aberrat  plagas  ita  efficiens  e  plana 
vta:  nec  enim  in  fine  enuntiati  sic  postpositum  ita  veniam 
habet,  nec  plagas  potius  quam  altercantium  convitia  ultro 
citroque  iactata  intellegi  crediderim.  Quae  'reciprocatio'  si 
cum  alternorum  motuum  Uollenonis'  crebritate  comparatur, 
tenendum  est  duplicem  talis  machinae  notionem  esse,  ut  aut 
ad  pacis  artes  aut  ad  usus  bellicos  spectet.  Illuc  pertinet 
Feati  interpretatio  p.  35G,  8:  'tolleno  (tolenno  cod.)  est  genus 
machinae  quo  trahitur  aqua,  alteram  partem  praegravante 


Digitized  by  Google 


192 


FHAGMENTA  PLAVTINA. 


pondere,  dictus  a  tollendo',  conlata  cum  Plinii  verbis  Nat 
hist.  XIX,  60  'hortos  uillae  .  .  .  tollenonum  haustu  rigatos': 
eodemque  referendae  sunt  glossae  veteres  apud  Vulcanium 
p.  214,  14  et  515,  1:  'tolleno  KriXiwviov'  (immo  KnAu>v€iov) 
et '  KnXumov  ciconia  9),  tolleno \  Felicique  ut  videtur  acumine 
eam  vocem  I.  F.  Gronovius  ad  Livii  XXIV,  34,  10  duce 
Ptolemaeo  Flavio  etiam  Columellae  X,  25  reddidit  sic:  'Ne 
grauis  hausturis  tolleno  tibi  ilia  uellat':  feliciore  certe  quam 
qua  eandem  Senecae  Nat.  quaest.  II,  9  olim  Erasmus  incul- 
cabat.  Hoc  igitur  instrumentum,  cuius  figuram  accurate  de- 
scribunt  Dacierius  ad  Festum,  Forcellinius,  Henr.  Stephanus 
s.  v.  ktiXujv  Thesauri  t.  IV  p.  1516  Par.,  cogitari  a  Plauto 
existimans  Scaliger  cum  sic  commentatur  Castig.  in  Festum: 
fin  Plautino  versu  « reciprocare »  nihil  aliud  quam  susque 
deque,  gremio  erecto  aut  depresso,  gestuni  ita  compo- 
nere,  ut  tolleno  aut  pilum  graecum  [?]  videatur',  quam  tan- 
dem  rerum  condicionem  menti  informaverit  aut  naturae  veri- 
tati  aut  rationibus  et  consuetudini  comoediae  consentaueam, 
vix  ac  ne  vix  quidem  divinando  adsequare.  Quo  magis  eum 
mirari  licet  alteram  Uollenonis'  significationem  prorsus  ueg- 
lexisse,  qua  id  nomen  constat  etiam  ad  tormentorum  appa- 
ratum  traductum  esse  oppugnandis  oppidorum  castellorum- 
ve  munimentis  inservientium:  quod  genus  machinamentorum 
cum  Livius  commemorat  1.  s.  s.  et  XXXVIII,  5,  4,  in  enar- 
randa  obsidione  Syracusarum  atque  Ambraciae,  tum  quale 
fuerit.  ex  arte  describit  Vegetius  de  re  milit.  IV,  21,  deli- 


9)  'ciconia'  unde  huc  veniat,  Isidorus  docet  Orig.  XX,  15,  3,  ubi 
nunc  sic  editur  parura  emendate:  'telouera  hortulani  vocant  lignum 
longura,  quo  hauriunt  aquas.  et  dictum  telonem  (sic)  a  longitudiuf: 
t^Xoc  (TnXu  al)  enim  iuxta  Graecos  quicquid  lougum  est.  hoc  mstru- 
raentum  Hispani  ciconiam  dicunt'  e.  q.  s.  Credibile  est  pristinuin 
ftollenonem,  mutata  vocali  '  tellenonera  *  evasisso  postera  actate, 
(luam  quidem  formam  Grouovius  L  s.  s.  simpliciter  dixit  barbaram. 
[Cetemm  de  tollenone  quae  supra  commentatus  sum,  pridera  acrinta 
erant  omnia,  cum  Sophi  Buggei  in  Fleckeiseui  Annal.  t.  CV  (a.  1872) 
p.  106  sq.  disputationem  vidi,  qua  is  veram  nominis  formam  non 
toUeno,  sed  tollenno  (vel  etiara  autiquius  tolhndo)  et  documeutis  et  ar- 
gumentis  probare  studuit  satis  ad  persuadendum  adpositis.  Cuius  scri- 
pturae  vestigium  ipsius  Festi  codex  servavit  p.  356, «  tolenno  prodeus.J 


Digitized  by  Google 


FRAtiMENTA  PLAVTINA 


103 


neando  ante  oculos  posuerunt  Lipsius  Poliorceticon  1. 1  cap.  G, 
Marquardtus  Enchiridii  antiquit,  Beckeriani  t.  III,  2  p.  478. 
De  hoc  autem,  non  de  priore  illo  tollenone  Plautum  cogi- 
tasse  duo  faciunt  ut  credam.  Primum,  quod  cum  tollenonis 
mentione  sociatum  'pilum  graecum'  item  ad  rem  militarem 
atque  adeo  obsidionalem  spectat.  Non  potest  sane  illud 
'pilum*  telum  intellegi  quod  iacitur,  quale  est  in  Curculione 
v.  G89  rfacio  ex  te  hodie  pilum  catapultarium,  Atque  ita 
te  neruo  torquebo,  itidem  ut  catapultae  solent';  immo  ne- 
cesse  est  tela  iacientem  machinam  cogitari  similem  tollenoni, 
quamquam,  qualis  illa  fuerit  et  a  tollenone  quo  modo  dif- 
ferat,  testatum  non  habemus.  Vt  enim  et  'catapulta'  et 
'scorpio'  sive  'seorpius'  et  'balLista'  non  tantum  mittentium 
sagittas  vel  saxa  tormentorum  nomina  sunt,  sed  certissimis 
exemplis,  quae  praeter  lexica  habes  apud  Marquardtum  1.  s.  s. 
p.  466  et  467,  etiam  missorum  ab  illis  iaculorum  10):  ita  ad 
utrumque  genus  fpili'  quoque  appellationem  pertinuisse  cre- 
dendum  est  'graecum'  igitur  dicitur,  ne  de  pilo  romano 
i.  e.  dKOVTiuj  cogitetur,  ducto  haud  dubie  nomine  a  machina- 
rum  Archimediarum  inventione,  de  quibus  Livius  libro  XXIV. 
Similiter  'graecus  trochus'  Horatio  dicitur  Carm.  111,24,57, 
ut  originis  graecae.  —  Vides,  haec  si  probabiliter  disputavi- 
mus,  quantum  a  vero  aberrarint,  si  qui  aut  'pilum'  quo 
pinsebatur  interpretati  sunt  ut  Tuniebus  Adversar.  1.  s.  s., 

10)  Quamquam  non  omnibus,  quibus  vel  Nonius  p.  552  vel  recen- 
tiores  utuntur,  exemplis  aut  probatur  aut  sat  certo  probatur  quod 
Nonius  dicit:  'catapulta,  iaculum  celer  vel  sagitta'.  Velut  machi- 
nam  ipsam  spectare  baec  possunt:  Persae  v.  28  'ulmeae  catapultae 
tuom  ne  tranBfigant  latus',  Curculionis  394  'catapulta  hoc  ictumst 
mibi',  Varronis  apud  Nonium  fcum  ipse  catapulta  ictua  esaet';  non 
posaunt  autem  non  spectare  Curculionis  v.  689  sq.  verba  supra  posita, 
itein  Captivorum  796  rnam  meus  est  balliata  pugnua,  cubitua  catapul- 
tast  mihi,  umerus  aries'.  Contra  certa  sunt  Curc.  398  rnam  illaec  ca- 
tapultas  ad  me  crebro  commeant';  item  ut  videtur  Titinii  v.  126  R. 
'qooniam  catapulta  auolat'.  Kt  de  ballista  Poenuli  I,  1,  73  quoi 
iam  infortuni  intenta  ballistast  probe,  quam  cgo  haud  multo  post  mit- 
tam  e  ballistario';  Lucilii  apud  Nonium  p.  255,  25  'ballistas  iactans 
centenaria8' ;  item  de  scorpione  Sisennae  apud  Nonium  p.  563,  25 
scorpioa  catapulta  concitOB'  (non  item  Sallustii  quae  praecedunt),  nec 
aliter  belli  Africani  c.  29  'scorpione  accuratius  misso'. 

FB.  RITSCHELII  OPV8CVLA  III.  13 


Digitized  by  Google 


194 


FRAOMENTA  PLAVTINA 


aut  adeo  'pilam  graccam'  i.  e.  pilain  lusoriam  reddendam  esse 
Astrabae  versui  somniarunt  ut  Nic.  Heinsius  Adversar.  III, 
11  p.  478,  quamvis  praeter  mensuram  vocis  ipso  accusativo 
a  totius  vi  sententiae  alieno.  —  His  autem  sic  expeditis  al- 
teri  quoque,  quod  supra  significabani,  argumento  via  parata 
est.  Nam  quod  in  versus  exitu  adiectum  est  'plana  uia', 
facilem  nunc  explicatum  hunc  habet,  ut  in  ipso  plano,  ubi 
munimentorum  obstacula  nulla  superanda  sint,  tamen  ope- 
rosae  machinamentorum  contentioni  locus  dari  dicatur.  — 
Postremo  vide  mihi,  quani  commode  in  propositam  interpre- 
tationem  illud  conveniat,  quod  'reciprocandi'  notio,  si  non 
prorsus  pariter,  at  similiter  item  ad  telorum  iactum  refertur 
in  Accianis  versibus  Philoctetae  545  sq.  llibb.:  'reciproea 
tendens  neruo  equino  concita  tela\ 

IV. 

Festus  p.  30G,  31  sq.  sat  certo  suppletus  ex  epitoma: 
'[subscudes  apjpellantur  cuneatae  (cuntfratae  cod.^corr.  ScaL) 
ta|bellae  quibusj  tabulae  inter  se  con[figuntur,  qui]a,  quo 
eae  immittuntur,  [succuditur.  Pacjuuius  in  Niptris:  mec  ulla 
subscus  coliibet  compagem  aluei».    Plautus  in  Astraba: 

U  Terebratus  multum  sit:  subscudes  addite'. 

• 

sit,  subscudes  scripsi:  sit  et  subscudes  codex:  sict  ct  subscudetn 
Bothius,  ubi  debebat  saltem  sit  servare,  quamquam  singula- 
rem  numerum  habe*s  sane  in  Pacuviano  versu.  —  Verba 
haud  dubie  de  servo  dicuntur  ad  supplicium  dedendo.  Et 
'terebras'  quidem  apparet  cogitandos  esse  flagrorum  scor- 
pionumve  stimulos:  unde  ipsas  fterebras  stimuleas'  Mostel- 
lariae  versui  57  restitui  Parerg.  p.  483.  ^subscudes*  autem 
haud  scio  an  ad  'robustum  codicem'  illum  Plautinum  (Poenuli 
V,  3,  34)  spectent,  cui  pedes,  bracchia,  collum  adstringeban- 
tur,  *de  quo  parum  ad  rem  apposite  Turuebus  egit  Adversar. 
XXIII,  21,  Bentleianum  de  se  iudicium  (ad  Hor.  Serm.  II, 
2,  123)  hoc  quoque  exemplo  comprobans.  —  Aliam  in  par- 
tem  valent  ab  Arnobio  VI,  16  iunctae  rsubscudes,  catenae, 
unci  atque  ansulae'.  —  Ceterum  nihil  huic  fragmeuto  com- 
mune  ost  cum  VI. 


Digitized  by  Google 


FliAC! MENTA  PLAVTINA. 


195 


V. 

Gellius  XI,  7,  4:  'Veluti  Roinae  nobis  praesentibus  uetus 
celebratusque  homo  in  causis,  sed  repentina  et  quasi  tuuiul- 
tuaria  doctrina  praeditus,  cuui  apud  praefectum  urbis  uerba 
faceret  et  dicere  uellet  inopi  quendam  miseroque  uictu  uiuere 
et  furfureum  panem  esitare  uinuraque  eructum  et  fetidum 
potare,  «hio  inquit  «eques  Komanus  apludam  edit  et  flocces 
bibit».    Aspexerunt  omnes  qui  aderant  alius  alium,  primo 
tristiores  turbato  et  requirente  uoltu,  quidnam  illud  utriusque 
uerbi  foret:  post  deinde,  quasi  nescio  quid  tusce  aut  gallice 
dixisset,  uniuersi  riserunt.    Legerat  autem  ille  < ■  apluda m>  12 
ueteres  rusticos  frumenti  furfurem  dixisse  idque  a  Plauto  in 
eomoedia,  si  ea  Plauti  est  quae  «Astraba»  inscripta  est,  po- 
situm  esse.  Item  «flocces»'  e.  q.  s:  —  Nonius  p.  G9,  31  sq.: 
'apludas  frumenti  furfures  dicunt  rustici  ueteres.    hoc  in 
antiquis  inuenitur,  quorum  in  dubio  est  auctoritas.  quamquam 
et  Plautus  in  Astraba  fabula  ita  dixerit,  cuius  incertum  est 
an  sit  ea  comoedia:  atque  ideo  uersus  eos  ponere  supersedi- 
mus'.    Vbi  nunc  eos  scripsi  pro  cosdeni,  ea  pru  eius  iam 
Parerg.  p.  131  restitueram.    Versus  autem  Plautinos  ponere 
nebulo  Nonius  scilicet  f  supersedebat',  quod  apud  Gellium 
nullos  positos  invenisset.  —  Ad  Plautum  haud  dubie  spectant 
Plaeidi  glossae  quamvis  vitiose  scriptae  p.  433,  14  et  433,  3: 
'apluda,  furfurina,  alii  panici*  et  'abludam,  paleam\  Quos- 
dam  enim  non  tam  furfurem  quam  paleam  potius  interpre- 
tatos  esse,   cum   e  Festi  epitoma  p.  10,  14  intellegitur: 
'apluda  est  genus  minutissimae  paleae  frumenti  sive  panici, 
de  qua  Naeuius:  «non  bercle  apluda  est  hodie  quam  tu  ne- 
quior»',  tum  Plinii  testimoi>io  firmatur  Nat.  hist.  XVIII,  99: 
fmili  et  panici  et  sesimae  purgamenta  apludam  (adpludam 
ai)  uocant  et  alibi  aliis  nomiuibus'.  Q  uippe  ipse  natura  sua 
I»roximo  utramque  notionem  cognationis  vinculo  contineri 
rectissime  monuit  Muellerus  adn.  ad  Festum.  Itaque  in  Vul- 
canii  Onomastico  p.  12  est  eappluda,  KUpriPiov':  sic  enim 
emendandum  Kn,po(Jiov,  quod  vel  in  Thesaurum  Parisinum 
transiit;  graeca  autem  vocabula  haec  componit  Erotianus 
lexici  Hippucr.  p.  90,  G  ed.  Klein.:  KUpriPtuJV,  tujv  dxupiuv 

13* 


Digitized  by  Google 


19G 


FHAGMENTA  PLAYTINA. 


kcu  TUTupwv.  —  Nihil  ad  Plautum  pertinet,  quod  etiam  fsor- 
bitionia  liquidissimum  genus'  a  quibusdam  fapludam'  haberi 
Festi  epitome  addit,  fquod  flatu  deiciatur  et  quasi  adploda- 
tur':  pro  quo  fsorbitiuncula  ex  paleis  facta'  (suavis  mehercule 
potio!)  substituitur  in  A.  Maii  Novo  nimirum  Hhesauro'  la- 
tinitatis  p.  54. 

VI. 

Nonius  p.  62,  32  sq.:  fexterebrare  est  ui  aliquid  ex- 
torquere.  [Plautus  Persa:  mumquam  herclc  istuc  extcrebrabis, 
tu  ut  sis  pcior  quam  ego  sicm».  itcm  tercbrare.  idem  Bacchi- 
dibus:  «lianc  ucniam  illis  sine  tc  exorcm  : :  ut  tcrebrat*.  est] 
et  scrutari  aut  curiosius  quaerere.  Plautus  in  Astraba,  cum 
in  curiosum  iocaretur:  «terebratum  quidem  pertundis».'  — 
Disputandi  operam  ut  compendi  facerem,  grammatici  verba 
manifesto  mutila  statim  talia  posui  expleta  lacuna,  qualia 
fere  olim  exstitisse  arbitror.  'exterebrare*  verbum,  translata 
quidem  significatione,  omnino  nusquam  exstat  hodie  praeter 
Persae  v.  237,  et  habet  ibi  revera  cxtorquendi  vim:  ad  ean- 
demque  vim  proxime  accedit  in  Bacchidibus  v.  1198  ftere- 
brare*  cui  parum  rectc  comparant  'expalpare',  rectius  pote- 
rant  'exsculpere*  Plautinum.  Porro  autem  cum  apud  auctorem 
suum  Nonius  legeret  etiam  ad  'scrutantem  et  curiose  quae- 
rentem'  terebrandi  notionem  translatam  esse,  simulque  levi 
calami  lapsu  tcrebratum  scriptum  videret,  hoc  consueta  so- 
cordia  homo  stolidus  pro  participio  habens  exemplo  esse 
ipsius  Hcrebrare'  verbi  putavit.  Plauto  enim  dubitari  pror- 
sus  nequit  quin  suum  Turnebus  sic  reddiderit  Adversar. 
XXIX,  19: 

13  Terebra  tu  quidem  pertundis  

Illa  quae  sunt  ccum  in  curiosum  iocaretur'  (ubi  locaretur  codd.) 
grammatici  verba  esse,  non  poetae,  primus  perspexit  Lipsius 
Antiqu.  lect,  IV,  17. 

VII. 

Nonius  p.  37G,  3:  *et  quoniam  nonnulli  ueterum  pro  eo, 
quod  protinus  est,  protinam  vel  protenis  conuerterunt, 


Digitized  by  Google 


FRAGMENTA  PLAVTINA. 


107 


eiempla  de  his  necessaria  decerpenda  sunt.  Afranius  

Plautus  in  Astraba: 

Dare  pedibus  protinara  sese  ab  his  regidnibus.'11)  u 

Vbi  astraua  vel  astrauada  quidam  codices.  —  De  triplici 
forma  adverbii  explicatius  dixi  Opusc.  phil.  II  p.  244  sqq. 

VII.  BACARIA. 

Maerobius  Saturn.  III,  16  ab  initio:  fNec  acipenser, 
quem  maria  prodigis  nutriunt,  illius  sacculi  delicias  euasit, 
et  ut  liqueat  secundo  Punico  bello  celebre  nomen  huius  piscis 
fuisse,  accipite  ut  meminerit  eius  Plautus  in  fabula  quae  in- 
scribitur  baccharia,  ex  persona  parasiti:  «quis  est  mortalis 
tanta  fortuna  adfectus  umquam  qua  ego  nunc  sum,  cuius 
haec  uentri  portatur  pompa?  uel  nunc,  qui  mihi  in  mari 
acipenser  latuit  antehac,  cuius  ego  latus  in  latebras  reddam 
meis  dentibus  et  manibus».'  —  Non  leviter  corrupta  verba 
poetae,  in  septenarios  iambicos  iam  olim  a  me  redacta  in 
Ludovici  lani  praefatione  ad  Macrobii  vol.  II  p.  VIII,  paulo 
etiam  confidentius  nunc  sic  reconcinno: 

Quis  est  mortalis  tam  bona  fortU"na  adfectus  um-  15 

quam, 

Quam  ego  uunc  sum,  quoius  haec  [dapsilis]  uen- 

tri  portatur  pompa! 

Vel  nunc  hic,  qui  mihi  fn  marid  acipenser  latuit 

antehac, 

Quoius  latus  in  latebras  reddam  ego  meis  denti- 

bus  et  malis. 

Nec  enim  opus  est  cuius  in  eius  mutato,  id  quod  vel 
minus  commodum  fuerit  ad  sententiarum  enuntiationumque 
sese  excipientium  rationem  atque  conformationem  universam. 
Atque  adeo  fieri  potest  ut  continuatam  a  poeta  cum  senten- 
tia  constructionem  non  persecutus  sit  Macrobius.  —  Producta 
autem   ultima  positum  dentibus  si  quis  amplecti  vereatur, 

11)  Soa  spontt»  intellegitur  talia  eodem  iure  posse  pro  septenario 
haberi  cui  deeit  principium :  quode  seniel  monuisae  natis  esto. 


Digitized  by  Google 


198 


FHAGMKNTA  PLAVTINA 


quamvis  praeter  exemplorura  non  adeo  paucorum  vim  etiam 
nobis  uobis  formarum  similitudine  munitum  Opusc.  phil.  II  p. 
636,  non  poterit  non  longius  progredi  mutando  et  aliquid  huius 
modi  temptare:  fQuoius  latus  in  latebras  dentibus  ego  meis 
et  malis  reddam',  vel  \  . .  dentibus  meis  reddam  ego  et  meis 
nialis'.  Nam  Matus  in  latebras'  inter  se  divelli  non  patitur 
lex  adnominationis. 

Ipsura  autem  uomen  fabulae  non  posse  'Baccharia'  fuisse, 
id  quod  libri  produnt,  dixi  Parerg.  p.  155  sq.  Nec  enim  pallia- 
tae  argumentura  potuit  ab  Italis  Bacchabus  peti,  neque  Graeco- 
rum  nova  quidem  comoedia  similem  umquam  fabulam  peperit, 
sed  antiqua  tantum  BdKxac  Lysippi,  Dioclis,  media  Antiphanis. 
Igitur  dubitare  noli,  quin  adspiratio  consueto  librariorum  vitio 
accesserit.  Iani  vero  tenendum  est  in  aria  exeimtia  fabularum 
nomina  aut  numquara  aut  vix  uraquam  ad  mulieres  spectare  tali 
terminatione  appellatas,  sed  a  rebus  duci  in  ipsis  fabulis  com- 
raemoratis:  quod  genus  omne  dedita  opera  tractavi  Parerg.  p. 
139  sqq.  Ambigi  sane  potest,  num  forte  Corollaria  Naevii  inde 
vocata  sit,  quod  in  ea  corollariae  i.  e.  cre^avoTTUjXiboc  vel  ae- 
qpavr|TT\6KOu  partes  essent:  quando  fCorneliam  A.  1.  Acten  co- 
rollariam'  habes  in  titulo  Pisaurensi  Orellii  4173  quae  sine 
hypocorismo  'coronaria'  est  in  Florentino  ibid.  4172  (*Kem- 
niae  Priraigeniae  coronariae'),  itera  apud  Pliniura  Nal  hist, 
XXI,  4.    Verura  ne  hoc  quidem  uno  exemplo,  etiamsi  non 
suapte  natura  ambiguum  esset,  recte  utare;  'baccariain'  enim 
quam  tandem  tibi  informabis?  Noviraus  XaxavoTTiuXibac,  no- 
vimus  ^TTUJpOTTUjXibac  tamquara  ^pomarias';  sed  solas  baccas 
exclusis  pomis  venditantes  mulieres  usu  venisse  non  magis 
credibile  est  quam  aliquas  scilicet  KOKKOTriuXibac  ipsa  liugua 
novit.    Consequens  est  igitur,  ut  a  'bacca*  vel  'baccis'  ipsis 
fabula  nomen  traxerit:  quod  vocabulum  cum  non  Plautino 
tantum  saeculo,  sed  locupletium  testium  fide  (velut  codicum 
Vergilianorum)  etiam  posterae  aetatis  usu  non  geminatara  c 
litteram  tamquara  legitimara  servaverit,   Bacariah  malui 
quara  Baccariam  inscribere.  —  Qualis  tamen  baca  qualesve 
bacae  ansam  dederint  sic  appellandae  fabulae,  haud  sane  fa- 
cile  dictu  est.    Nulli  usui  myrteas,  laureas,  oleagineas  esse 
posse  vel  id  genus  alias,  nemo  non  concedet.    Vnum  in 


Digitized  by  Google 


FKAOMENTA  PLAVTINA. 


199 


proniptu  esse  video,  ut  margaritae  iutellegantur  ad  orna- 
tum  muliebrem  pertinentesr  quam  quidem  fbaca',  item  fba- 
catus'  vocum  significationem  per  multa  saecula  satis  usita- 
tam  multis  persecuti  sunt  interpretes  Petronii  Sai  cap.  55. 
Fatendum  est  sane  antiquiora  Horatio  Vergilio  Ovidio  ex- 
einpla  eius  appellationis  non  exstare:  quamquam  altera  ex 
parte  responderi  potest  ne  'niargarita'  (vel  'margaritum') 
quidem  vocabulum  antiquiorem  Varrone  auctorem  habere. 
Gravius  est,  quod  ipse  margaritarum  usus  a  Plautina  aetate 
esse  alienus  videtur.  Non  satis  quidem  hac  in  causa  Plinii 
testimonia  valent,  qui  cum  lib.  XXXVII,  12  'Ponipei  (de 
Mithridate)  victoriam  primum  ad  margaritas  gemmasque 
mores  inclinasse'  perhibet,  id  in  quam  partem  interpretan- 
duni  sit,  planius  e  lib.  IX,  123  intellegitur,  ubi  margaritas 
fKomae  in  promiscuum  ac  frequentem  usum  venisse 
.  Alexandrea  in  dicionem  redacta'  narrat  auctore  Fenestella, 
quem  tamen  manifesti  in  eo  erroris  arguit,  quod  'primum 
coepisse  circa  Sullana  tempora  minutas  et  viles  tradiderit, 
cum  Aelius  Stilo  Iugurthino  bello  unionum  nomen  inpositum 
maxime  grandibus  margaritis  prodat'.1*)  Vnde  consequitur 
sane  iam  ante  illud  bellum  minutarum  et  vilium  aliquem 
saltem,  quamquam  nondum  promiscuum  ac  frequentem,  Ro- 
mae  usum  fuisse.  At  quanto  intervallo  ab  hoc  tempore 
1'lautina  aetas  distat!  Hac  autem  aetate  margaritis  (perinde 
ac  gemmis)  nullum  in  mundo  muliebri  locum  fuisse  cum  ex 
eo  facile  colligas,  quod  in  eius  mundi  descriptionibus  Plau- 
tinis,  ut  saepe  auri  et  purpurae,  ita  margaritarum  nusquam 
uila  mentio  fit,  tum  sat  certo  inde  concludes,  quod  de  eodem 
luxuriae  genere  non  minus  tacetur  in  lege  Oppia13),  qua  con- 


12)  Permiro  artificio  Fenestellam  contm  Plinium  dofendit  Poethius 
di?s.  de  Fenestella  (ed.  Bonnae  a.  1849)  p.  38,  immixta  duce  Salmasio 
Kxerc.  Plin.  fp.  748'  (immo  p.  822)  ca  runio'  vocis  signiticatione  qna 
aequat  caepae  notionem.  —  Mercklini  de  Feneatella  commentationem 
nnmquara  vidi. 

13)  Monet  me  tamen  Mauricius  Voigtius  non  pertinuisse  hanc  lc- 
getn  ad  jieregrinas  Romae  degentes,  quando  apud  ipsum  Livium  cap. 
7,  5  'sociorum  latini  nominis  uxoribus  eadem,  quae  Romanis  adeinptn, 
ornamenta  cshc  concessa'  dicuntur. 


Digitized  by  Google 


200 


FRAGMENTA  PLAVTINA. 


stat  ab  anno  539  ad  559  vetituni  fuisse,  rne  qua  mulier  plus 
semunciam  auri  haberet  nec  vestiniento  versicolori  uteretur' 
teste  Livio  XXXIV  cap.  1  iuxtaque  eum  Valerio  Maximo 
et  Orosio.  —  Verum  enim  vero  quid  est  oninino,  cur  in 
Romanorum  moribus  legibusve  moremur,  cum  in  fabula  pal- 
liata  versemur  graeca  instituta  repraesentanteV  In  Graecia 
autem  Asiaque  minore  margaritarum  usum  constat  inde  ab 
Alexaudri  expeditione  Indica  magis  magisque  percrebruisse: 
cuius  rei  documenta  praestat  Lasseni  'Indische  Alterthums- 
kunde'  t.  I  p.  649  adn.  2  (p.  797  sq.  ed.  alt.).  II  p.  680  adn.  1. 
III  p.  19  sq.  305  8q.14).  Quid  igitur  impedit,  quominus  inar- 
garitae  vel  margaritarum  in  novae  comoediae  aliqua  fabula 
mentio  fieret,  et  ita  quideni  fieret  ut  inde  suae  fabulae  nomen 
latinus,  qui  illain  verteret,  poeta  imponere  posset?  Velut  in 
promptu  est  de  creberrima  illa  in  veterum  fabulis  dvcrfvujpkci 
eiusque  cn,U€ioic  cogitare,  quode  multus  est  Aristoteles  Poet.  cap.  . 
11  et  16:  cuius  quidem  luculenta  exempla  in  ipsa  latina  co- 
moedia  exstant.  Anulum  habes  agnitionis  indicem  atque  instru- 
mentum  in  Curculione,  in  Hecyra;  cistellam  cum  crepundiis 
in  Cistellaria;  item  in  Rudente,  ubi  inde  a  v.  1156  singillatim 
enumerantur  'ensiculus  aureus  litteratus,  ancipes  securicula 
N  aurea,  sicilicula  argenteola,  duae  conexae  maniculae,  sucula, 
bulla  aurea'.  Ecquis  igitur  negabit  potuisse  in  simili  causa 
etiam  margaritae  vel  margaritis  i.  e.  bacis  locum  esse,  rei 

14)  Vnuni  est  quod  non  possit  Lasseno  concedi:  quod  'unionis' 
nomcn  ab  unitate  i.  e.  aequabilitate  margaritarum  duxissc  Romanos 
Bibi  persuasit  t.  III  p.  19  sq.  Nec  enim  ipso  Plinio  duce  (IX,  123) 
dubitandum  est,  quin  insigniores  tantum  magnitudine  sua  margaritas 
ut  ruuiones'  opposuerint  minoribus  vilioribusque,  simili  prorsus  ratione 
atqne  quae  in  gemmarum  gencre  iu  bodicrnum  rsolitaire'  nomen  cadit: 
eiusque  appellationis  planissimis  verbis  adeo  causam  idem  PHnius  §  112 
explicat.  —  Ceterum  Theodorua  Hesslingius  in  libro,  quem  rDie  Perl« 
muscheln  und  ihre  Perlen'  inscriptum  Lipsiae  edidit  anno  1859,  cum 
iam  inde  a  bellis  Persicis  ipsas  Athenas  affluxiBse  margaritarum  fre- 
quentia  adseverat  p.  11,  id  quo  auctore  dicat,  ipse  viderit.  A  Persis 
Medisve  si  ad  Graecos  illarum  notitia  pervenisset,  Persico  eas  vocabulo 
appellassent:  ab  Indico  autem  ductum  esse  uapYctpmic  nomen  cum 
Pottio  et  Lassenus  docuit  et  Schwanbeckius  fdo  Megasthenis  Indicis' 
(ed.  Bonnae  a.  1846)  p.  40,  quamquam  de  ipsa  stirpe  paululum  intcr 
se  dissidentes. 


Digitized  by  Google 


FRAGMENTA  PLAVTINA. 


201 


potissimum  tum  rarae  ac  pretiosae  obque  id  ipsum  ad  re- 
cognoscendam,  quae  periisset,  Palaestram  vel  Silenium  ali- 
quam  imprimis  commodae?  inde  autem  Bacariae  nomen  ipsi 
fabulae  item  indi  ut  a  cistella  Cistellariae?  Quamquam 
licet  profecto  etiam  alia  comminisci,  velut  aliquod  'nionile 
bacatum*  vel  'inaures'  bacatas15),  quali  ornamento  vel  ama- 
siam  amator  vel  semet  aliquis  fur  beaverit  et  siqua  sunt  si- 
milia:  quando  talem  margaritaruni  usum  iam  antiquissimi 
testes  confirmant  adlegati  ab  Athenaeo  III  p.  93  B  et  cy  Theo- 
phrastus  Trepi  XiOojv  (§  36)  et  Chares  Mytilenaeus  iv  epbourj 
Tiiuv  Trepi  'AAeEctvbpov  icropiiuv,  ille  quidem  his  verbis:  ttoioOci 
b'  11  auToO  touc  TToXuTeXeic  opuouc,  his  autem  alter:  KOTa- 
aceuaZoua  b*  e£  auTujv  dpuicKouc  tc  kcu  ipiXia  Trepi  rdtc  x^ipac 
xa\  touc  Trobac.  —  Haec  igitur  si  probabiliter  disputavimus, 
restat  ut  *baca'  vocabuli  usus  Plautinus  in  quantum  poterit 
defendatur.  Itaque  Horatium  Vergiliumque  quoniam  nemo 
profecto  sibi  persuadebit  de  suo  finxisse  eam  de  qua  agimus 
signiticationem,  prorsus  credibile  est  Romanos,  ubi  prima  ad 
eos  margaritarum  notitia,  fortasse  per  Punicos  institores, 
pervenit,  a  figurae  similitudine  illis  bacarum  nomen  fccisse, 
post  demum  successisse  a  Graecis  receptam  margaritarum 
appellationem ,  quae  quidem,  ut  nunc  res  est,  antiquissimos 
auctores  Varronem  et  Ciceronem  habet.  Pristinum  autem 
Yocabulum,  haud  dubie  propagatum  consuetudine  vulgi,  non 
est  mirum  servasse  dactylicos  poetas,  ut  quorum  numeris 
refragaretur  graecum  nomen:  huius  enim  antepaenultimam 
praeter  rationem  producere  posteriores  demum  quidam  ausi 
8imt,  quorum  exempla  habes  apud  Vngerum  de  Valgio  Rufo 
p.  221  sq. 

Ceterum  vix  esse  cavendum  puto,  ne  quis  ad  explican- 
dum  'Bacariae'  veriioquium  Festi  glossa  abutatur  epitomae 


16)  Non  ineptiat  me  iudice,  si  quis  in  Menaechmoruru  verbis  v. 
541  sq.  'inauris  da  mihi,  faeiunda  pondo  nummum  duom  gtalapmia* 
ipsum  'stalagmia*  nomen  de  margaritis  interpretetur,  quippe  figura  Bua 
tam  gimilibu8  guttarum  ut  nihil  gupra.  Quamquam  necessitatem  tamen 
fatendum  est  id  non  habere,  cum  in  parilem  figuram  non  lapides  tau- 
tum  (i.  e.  gemmae),  aed  aurum  quoque  fabricando  pcrfacile  redigi  el 
potuerit  ct  hodie  solcat. 


Digitized  by  Google 


202 


FKAfJMKNTA  FLAVTINA. 


p.  31,  2:  'bacar,  uas  uinarium  simile  bacrioui'  (quam  liaec 
praecedit:  'bacrionem  dicebant  genus  vasis  longioris  manubrii'): 
quicum  aliorum  glossariorum  voces  'baccariuni,  vas  aqua- 
riuni',  'bacario,  urceoli  genus',  iam  Scaliger  composuit.  Inde 
enim  ductum  fabulae  nomen  nemo  non  videt  debuisse  fBa- 
cararia'  esse,  non  'Bacaria'. 


VIII.   BIS  COMPRESSA. 

Vnum  haec  fabula  testem  habet  L.  Accium,  a  Plauto 
illam  abiudicantem:  cuius  verba  posui  sub  AoROECO.  Confer 
de  ea  Parerg.  p.  138.  147  dicta. 


IX.  BOEOTIA. 
L 

Ad  hanc  fabulam  Gelliani  capitis  III,  3  principium  in- 
tegrum  spectat,  quod  est  tale  secundum  eam,  quam  Parerg. 
p.  81  sqq.  commendavi,  scripturam: 

*Verum  esse  comperior,  quod  quosdam  bene  littcratos 
homines  dicere  audiui,  qui  plerasque  Plauti  comoedias  curiose 
atque  contente  lectitarint,  non  indicibus  Aelii  nec  Sedigiti 
nec  Claudii  nec  Aurelii  nec  Accii  nec  Manilii  super  his  fabulis, 
quae  dicuntur  ambiguae,  crediturum,  sed  ipsi  Plauto  moribus- 
que  ingenii  atque  linguae  eius.  hac  enim  iudicii  norma  Var- 
ronem  quoque  usum  videmus.  nam  praeter  illas  uuam  et 
uiginti,  quae  «Varronianae»  uocantur:  quas  idcirco  a  ccteris 
segregauit,  quoniam  dubiosae  non  erant,  sed  consensu  om- 
nium  Plauti  esse  censebantur:  quasdam  item  alias  probauit 
adductus  filo  atque  facetia  sermonis  Plauto  congruentis,  eas- 
que  iam  nominibus  aliorum  occupatas  Plauto  uindicauit:  sic- 
uti  istam,  quam  nuperrime  legebamus,  cui  est  nomen  Boeo- 
tia.  nam  cum  in  illis  una  et  uiginti  non  sit  et  esse  Aquilii 
dicatur,  nihil  tamen  Varro  dubitauit  quin  Plauti  foret  neque 
alius  quisquam  non  infrequens  Plauti  lector  dubitauerit,  si 
uel  hos  solos  ex  ea  fabula  uersus  coguouerit,  qui  quoniam 


Digitized  by  Google 


FRAGMENTA  1'LAVTINA. 


203 


sunt,  ut  de  illius  niore' dicain,  Flautinissimi,  propterea  et 
ineminimus  eos  et  ascripsimus.  parasitus  ibi  esuriens  liaec 
dicit : 

Vt  illum  di  perdant,  primus  qui  horas  repperit  16 
Quique  adeo  primus  statuit  hic  solariuin: 
Qui  inilii  comminuit  misero  articulatim  diem. 
Nam  ("olimj  me  puero  uenter  erat  solarium, 
Multo  omnium  istorum  optumum  et  uerissuiuum, 
Vbiiibi  monebat  esse,  nisi  quom  nil  erat. 
Nunc  etiam  quom  est,  non  estur,  nisi  soH  lubet. 
Itaque  adeo  iam  oppletum  oppidumst  solariis, 
Maior  pars  populi  ut  «iridi  reptent  faine.' 


Digitized  by  Google 


VIII. 

C.  Suctoni  Tranquilli  vita  Terenti 

cinendata  atque  enarrata.*) 

pvblivs  terentivs  afer,  Karthaginc  natus,  seruiit  Ro- 
mae  Terentio  Lucano  senatori,  a  quo  ob  ingenium  et  for- 
raam  non  institutus  modo  liberaliter,  sed  et  mature  manu 

1;  p.  206,  7.  p.  205,  3;  p.  211,  12.  Hieronymus  01.  155,  3  («.  596): 
Tublius  Terentius  Carthaginiensis  (Carthaginicnscs  B)  comoediaruiu 
scribtor,  ob  ingenium  ct  forniam  libertatc  donutus,  in  Arcadia  (Archa- 
dia  B)  moritur.  qui  primam  Andriam  antequam  aedilibus  uenderct, 
Caecilio  (Caelio  P)  multum  se  miranti  legit.*  —  'Metachronismus  unius 
anni'  Scal. 

Vitae  Tcrentianae  hi  codiccs  pracsto  fuerunt:  A  =-  Parisinus  mcmbr. 
7920  sacc.  XI,  olim  Petri  Danielis.  B  =  Parisinus  chart.  7921  saec. 
X  V.  C  =  Ijcitlcnsis  membr.  Voss.  186  saec.  X  V.  D  =  Dresdensis  tncmbr.- 
chart.  Elect.  539»,  licg.  I).  101  sacc.  XV.  E  =  Vrbinas  membr.  354 
saec.  XV.  F  =  Beginensis  mcmbr.  1492  saec.  XV.  G  =  Neapolitanus 
mcmbr.  mus.  Borbon.  411  sacc.  XV.  Z  =  cditio  princeps  Donati  Ro~ 
mana  anni  1472.  Praetcrca  Ald.  nobis  est  Franc.  Asulani  anni  1517, 
St.  Bob.  Stephani  Parisina  anni  1529,  Vet.  Aldo  aliqua  vctustior, 
principe  posterior.  a  et  b  notis  manus  pr.  et  scc.  signatur  1  affer  A 
karthagine  G.  kartagine  BCD.  cartagine  A.  cartaginense  Ea,  eartha- 
ginense  Eb.  carthagine  cctcri  seruiit  Bothius.  seruit  A.  seruiuit  cc- 
teri  romc  BCDZ  2  terencio  B.  V.  Terentio  e  *suo  manuscripto'' 
Pighius  Annal.  II  p.  347,  Osannus  Anal.  p.  21  senatore  A.  om. 
BCD  3  et]  ctiam  F  mature  A.  n§  G.  om.  Ea  manumis- 
8UB  DF 

*)  [Aus  fC.  Suetoni  Tranquilli  praeter  Caesarum  libros  reliquiac 
edidit  Augustus  Reiffcrscheid ;  inest  vita  Terenti  a  Friderico  Ritschelio 
emendata  atque  cnarrata.  Lipsiae  sumpt.  B.  G.  Teubncri  18G0'  p.  -Jfiff 
und  p.  481  ff.J 


Digitized  by  Google 


C.  SVETONI  TRANQVILLI  VITA  TERENTI.  205 


raissus  est.  quidam  captum  esse  existimant:  quod  fieri  nullo 
modo  potuisse  Fenestella  docet,  cum  inter  finem  secundi 
Punici  belli  et  initium  tertii  et  natus  sit  et  mortuus.  nec  si 
a  Numidis  aut  Gaetulis  captus  sit,  ad  dominum  Romanum 

5  peruenire  potuisse,  nullo  commercio  inter  Italicos  et  Afros  w 
nisi  post  deletam  Karthaginem  coepto.  hic  cum  multis  nobi- 
libus  familiariter  uixit,  sed  maxime  cum  Scipione  Africano 
et  C.  Laelio,  quibus  etiam  corporis  gratia  conciliatus  existi- 
matur.  quod  et  ipsum  Fenestella  arguit,  contendens  utroque 

lomaiorem  natu  fuisse.  quamuis  et  Nepos  aequales  omnes 
fuisse  tradat  et  Porcius  suspitionem  de  consuetudine  per  haec 
faciat: 

Dum  lasciuiani  nobilium  et  laudes  fucosas  petit, 
6;  p.  206,  1.  8;  p.  208,  8  Donatus  in  Adelph.  prol.  15:  'homines 

1  est  om.  EZ  quidG  A  ullo  BaCD  2  potuisse  om.  C 
inter  finem  A.  in  fine  ccteri  3  belli  punici  EG,  Vet.  belli  Z.  punici 
belli  natua  sit  F  initio  BF.  ante  initium  EZ  tercii  A  et  na- 
taa  sit  et  Bitschelius:  natus  sit  et  Ald.  natus  est  et  Hbri,  nisi  quod 
natus  est  G,  prorsus  om.  F  mortuua  om.  G  ne  BCG  si  ani- 
midig  A  4  aut  EF,  Vet.  et  ceteri  geturis  A.  gentulis  (ead.  tn.  n 
dd.)  F.  getulia  ceteri  sit  om.  G.  ad  doiuinum  Jac.  Gronorius.  ad 
ducem  BEFG.  adducem  ACD.  Graviora  mohtus  adduci  Romam  ibique 
uenire  pereleganicr  Schopenus,  adductura  Romam  uenire  Mommsenus 
5  peruenisaere  G      potuisset  G  St      commertio  E.  comertio  BCDGZ 

italiquoa  A.  ytalicos  CD.  italos  FG  G  karthaginem  G.  karta- 
ginem  BCD.  cartaginem  A.  carthaginem  eetcri  cepto  ABFG.  capto 
C'7).  caepto  E  nominibuB  (ead.  man.  corr.  in  nobilibug)  A  7  affri- 
cano  BCD.  aphricano  EZ  8  C.  A.  om.  D.  cum  ceteri  lelio 
BCDGZ  etiam]  et  BCD  gratia  om.  CD.  pulchritudine  B 
conciliana  E  9  et  (h.  e.  etiam)  JD(?).  ex  A  arguitj  docet  B  10 
maiorem  natus  Aa.  natu  maiorem  F.  maiorem  nam  E  et  FaG.  ex 
A.  cor.  BCD.  corneliua  EZ.  et  cor.  Fb,  St  eqnaleB  AGZ  11  tra- 
uat  A.  tradit  ceteri  et]  Sed  G  Porcius  St.  portiua  Hbri,  nisi  quod 
potiufl  G  Buspitionem  AEZ.  suspicionem  F.  suspectionem  G.  om. 
BCD  hec  G  12  fecit  G  13—  p.  207,  3  Non  satis  felicem  in 
hit  restitucndis  opcram  Scaliger  consumpsit  Animadv.  in  Euseb.  p.  144  sq. 
ed.  aU.,  infeliciorem  Bothius  in  Beckii  Comm.  soc.  phil.  Lips.  I  p.  34  sq., 
infcliassimam  Walchius  Emend.  Livian.  p.  143  sqq.  Nec  multum  pro- 
fecit  Rothius  13  lasciua  A.  lasciuiaa  BCD  laude8  fucosaa  A,  Wol- 
fius.  fucoaaa  laudea  BCDG.  fnscosas  laudea  EZ,  etiam,  nisi  quod  prius 
•  M  fuscoBaa  ead.  man.  del.,  F 


Digitized  by  Google 


20G 


C.  SVETONI  TRANQVILLI 


Dum  Africani  uocem  diuinam  inhiat  auidis  auribus, 
Dum  ad  Philum  se  cenitare  et  Laolium  pulchrum  putat, 
Dum  in  Albanum  crebro  rapitur  ob  florem  aetatis  suae: 
Suis  postlatis  rebus  ad  summam  inopiam  redactus  est. 
Itaque   ex   conspectu  omnium  abit  in  Graeciam  terrams 

ultumam. 

Mortuos  Stymphalist  Arcadiae  oppido.    nil  Publio 
Scipio  profuit,  nil  illi  Laelius,  nil  Furius, 

nobilks:  Scipionem  Africanum  significat  et  Laelium  Sapientera  et  Fu- 
rium  Philum.'  Item  in  v.  17:  fiN  bello:  Scipionis.  IN  OTIO:  Furii 
Phili.  in  NEGOTIO:  Laelii  Sapientis.' 


1  uffricam  CD  uocem  diuinam  iuhiat  Muretus.  uoce  dum  et 
inhuius  et  A.  uoce  diuina  inhiat  ceteri,  nisi  quod  iniat  By  inihat  CD 

auribus  auidis  F      2  Philum  Bothius.  fixum  A.  furium  ceteri 
se  om.  F      coenitare  EFy  Vet.  coemitare  Z.  centare  A.  cantare  G. 
coemptare  BCD.  coenare  Wolfius  se  ad  Furium  transponens  leliura 
ABCDZ       pulchrum  putat  Ay  Ahl.  putat  pulchrum  ceteri       3  Dum 
in  Albanum  crebro  rapitur  cxpuJso  fjlossemate  Iiitschelius.  dum  se  amari 
ab  his  credat  crebro  in  albanum  rapit  (h.  e.  rapitur)  A.  dum  se  amari 
ab  his  credit  crebro  (craebro  l,y)  in  albanum  rapi  ccttri  (nisi  quod  ra- 
pido  pro  rapi  ob  G):  ubi  hisce  Ald.  Alia  olim  ria  inita  est  Parerg. 
Phiut.  I  p.  G37  sq.  (Mus.  fihen.  n.  J  p.  148  sq.)         ob  A,  St.  ad 
ceteri  praeter  G        etatis  BZ       "sue  BEZ       4  Suia  postlatis  Bit- 
scheUus.  post  sublatis  A.  ipsus  sublatis  FaG,  St.  ipsis  sublatis  ceteri. 
Suis  Bpoliatus  Bezzenbergerus  teste  Fleckeiseno.  ipsus  .  .  .  Suis  ablatis 
(cum  lacuna)  Wolfius       6  ex  A.  e  ccteri       omi  B       abit  in  Grae- 
ciam  terrara  Scaliger.   abit  greciara  in  terrara  A:  (undc  fadle  abiit 
Graeciam  in  terram  efficias).  abiit  in  grcciam  in  terram  EGZ  et  nisi 
quod  graeciam  F.  abit  (ead.  man.  corr.  ifl  abijt)  in  greciam  B.  abiit 
in  greciam  CD.    abiit  Graeciae  in  terram  Bothius:  pro  quo  potuerat 
etiam  abit  in  Graeciae  terram        G  ultimam  hbri.    fortasse  intumam 
fuit       7  Mortuoa  Stymphalist  Bitschelius:  cf.  ad  p.  211,  11.  mor- 
tuus  est  infalo  A.    mortuus  est  in  phalo  BDF  et  nisi  quod  inphalo 
C.  Mortuns  est  in  pholo  G.    mortuus  cst  in  atimphalo  EZ.  Mortuust 
Stymphalo  Bothius,  in  inseretis  jwst  Arcadiae         arcadiae  E.  Ar- 
cadie  Z.  archaide  B.  archadiao  ceteri         opido  AB         nichil  A. 
nil  G.    nihil  ceteri:  ct  sic  propc  constantcr         Publio  Bitschelius: 
quod  post  repcriuni  est  in  E.  Publius  AJd.  P.  A  (et  pr.  quidem  manu, 

scd  pracmissum  initio  vcrsus),  CDFZ.  p.  B.  ei.  p.  G       8  Scipio  

seruulus  infra  iterant  libri  p.  212,  0  Scipioni  E.  Sc.  G  profuit 
BCDEZ,  sup.  scr.  Gb,  mrg.  Fb.  om.  GaFa.  ci  profuit  A  illi  A. 
ei  ccteri      lelius  ACDZ.  lucius  B.  L.  G      nil  sic  E      FuriuaJ  F.  G 


Digitized  by  Googl 


t 


.  VITA  TERENTI.  207 

Tres  per  id  tempus  qui  agitabant  nobiles  facillume. 
Eoruni  ille  opera  ne  domum  quidem  habuit  conducticiam, 
Saltem  ut  esset,  quo  referret  obitum  domini  seruolus. 

Scripsit  comoedias  sex.  ex  quibus  primam  Andriam  cum 
^aodilibus  daret,  iussus  ante  Caecilio  recitare  ad  cenantem 
cum  uenisset,  dicitur  initium  quidem  fabulae,  quod  erat  con- 
temptiore  uestitu,  subsellio  iuxta  lectulum  residens  legisse, 
po8t  paucos  uero  uersus  inuitatus  ut  accumberet  cenasse 
una,  dein  cetera  percucurrisse  non  sine  magna  Caecilii  ad- 
10  miratione.  et  hanc  autem  et  quinque  reliquas  aequaliter 
populo  probauit:  quamuis  Volcatius  in  dinumeratione  omnium 
ita  scribat: 


Furius  tres]  siministros  (an  sinnnistros?)  A,  sed  furius  tres  mrg. 
m.  rec.  Pitfioei('t)      1  id  Wolfius.  idem  libri,  item  infra      qui  om.  BCD 

agebant  CD  facillime  A.  facilllemc,  tertia  1  littera  deleta  et 
priore  e  in  u  mutata,  B.  -facillime  ceteri  2  ille  sup.  scr.  Gb.  om. 
Oa      opcra  AEZ.  operam  ceteri      habuit]  si  abuit  A.  ille  habuit  G 

conduccicia  A.  conductitiam  ccteri  3  referet  G  seruulo  A. 
Seruulus  C.    seruulus  ceteri  4  comedias  ABCDGZ  5  edili- 

bus  BCDZ  Caecilio  ex  Hieronymo  post  Crinitum  de  poet.  lat. 
I  c.  8  Lilius  Gyraldus  de  poet.  hist.  dialogo  VIII  p.  890  ed.  Bas.  a. 
I  "j45t  Muretus,  ScaJiger.  caerio  A.  cerio  B.  cerrio  CD.  cenam  G.  cerio 
EF.  Acilio  Pighius  Annal.  II,  p.  389,  Vossius  de  poet.  lat.  p.  10  ed. 
Amst.  a.  1G54  recitare  ....  contempti  om.  A,  nihil  praeter  ore 
serrans  ricitare  B.  recitaase  G  at  G  cenatum  G.  ceuantem 
EV         6  dicitur  Th.  Mommsenus.  dictum  est  FG.  dictus  est  ceteri 

initium  E,  Vet.  initio  ceteri  quidam  B  fabule  CDZ.  fabula 
BC      quod  om.  BCD       contentiore  BCD       7  sub  sellio  E  lec- 

u 

tum  F       redien    B       8  uero  paucos  G       uersus  incitauit 

A  cum  quinque  circiter  litterarum  laeuna:  ut  ab  illo  intercidisse  con- 
icias  cenassae  E.  coenasse  F  9  dein  A.  deinde  ceteri  caetera 
CDEF  percucurri88e  A.  percurrisse  ceteri  Caecilii  item  ut  antea 
p.  28,  9.  caerii  A  cerrii  B.  cerii  EFZ.  cerei  CD.  eorum  G  10  et 
hanc]  ex  hac  G  autem]  utinam  CD  et  om.  BG  qu'q%  B 
alias  reliquas  D  equaliter  ABCDGZ  1 1  probant  D  Volcatius 
Z.  uolcatius  EF.  uulcatius  ceteri,  nisi  quod  ualerius  G  in  dinume- 
ratione  Schopenus.  denumeratione  A.  de  enuacone  B.  de  enumeratione 
ceteri.  de  remuneratione  Mommsetius  omnium  AF,  St.  om.  BCDEZ. 
operum  Bothius  12  ita  scribit  om.  Fa,  add.  in  marg.  Fyb.  scribat 
A%  St.  scribit  ceteri 


Digitized  by  Google 


208  C.  SVETONII  TRANQVILLI 

Simitur  Hecura  sexta  exclusast  fabula. 

Eunuchus  quidem  bis  dei[nceps]  acta  est  meruitque  pretium 
quantum  nulla  antea  cuiusquam  comoedia,  octo  milia  num- 
mum.    propterea  summa  quoque  titulo  ascribitur.    *    *  * 

*******************5 

30  nam  Adelphorum  principium  Varro  etiam  praefert  principio 
Menandri.  Non  obscura  fama  est  adiutum  Terentium  in 
scriptis  a  Laelio  et  Scipione:  eamque  ipse  auxit,  numquam 

.   nisi  leuiter  se  tutari  conatus,  ut  in  prologo  Acfelphoruin: 

1  Donatus  epimetro  vitae  Ter.  v.  11:  'Hecyra  saepc  exclusa,  uix 
acta  est.'  Idem  praef.  Hec.  p.  337  Lindenbr.:  'saepe  exclusa  haec  co- 
moedia.'    Addo  comm.  in  Hec.  prolog.  I,  4.  II,  3.  7.  13.  26.  29. 

2  Donatus  praef.  Eun.  p.  9G:  facta  est  tanto  successu  ac  plausu 
atqne  suffragio,  ut  rursus  esset  uendita  et  ageretur  iterum  pro  noua, 
proque  ea  pretium ,  quod  nulli  ante  ipsam  fabulae  contigit,  octo  milia 
seatertium  numerarent  poetae'.  Idem  epimetro  vitae  Ter.  v.  10:  'magno 
succesau  et  pretio  stetit  Eunuchus  fabula.' 


1  Simitur  BitscheJius.  sumetur  A,  St.  sumetur  F.  sumeretur  EGZ. 

re 

submet  B.  submeret  CD  post  hir  litteras  deJetas  hecyra  B.  hec 
ira  A.  hecyra  CD.  aecyra  E.  echira  F.  hechira  G.  Ecyra  Z  ex- 
clusast  duce  Donato  Iiitsclielius.  ex  his  libri,  ante  Hecyra  conlocata  a 
Bothio.  ex  hisce  Ilarius  fabulis  G  2  eunucus  CD.  enunccus  Ba. 
enuccus  Bb.  Enuchus  Z  dei[nceps]  BitscJiclius.  die  ABCDFG.  om. 
KZ.  de  i[ntegro]  fuit  cum  placeret  maeruitque  E  preciu  A.  precium 
F.  praetium  CD  3  niilla  B  antoa]  alia  EZ  cuiusque  ABD 
comedia  ABCD  octo  Ritschelius.  V1IIB  et  in  rasura  qui  dem  B.  Ide 
octo  A.  id  est  octo  F,  St.  ~  octo  G.  uidelicet  octo  EZ.  l.  vm  CD 
milia  numum  EZ.  milia  nummorum  AF,  et,  nisi  quod  numorum,  G.  nu- 
morum  numorum  sed prius  vocabuJam  in  rasura  B.  numornm  C  .  numeruni 
D  4  aumma  quoque  AF,  St.  sumo  quoque  B.  summo  quoque  DEGZ. 
summoqj  C  asscribitur  B  Lacunam  signavit  Wolfius.  intercidissc 
videntur  qualia  de  fabulis  ab  Apollodoro  et  Menandro  translatis  Donatus 
prodidit  in  epimetro  huius  vitae  6  eciam  B  prefert  AZ.  profert  FG. 
profer  B  7  menandro  (o  ead.  man.  corr.  in  i)  A  8  lelio  BCDZ. 
■ 

L.  G  cipione  A.  scipione  (nisi  quod  Sci.  G)  Jibri  ceteri:  Scipione, 
quibus  cum  familiariter  uixit  E,  Vet.  (iam  a  1477)  e  p.  205, 7  eam- 
que  Schopenus.  namque  A.  candemque  F.  eundemque  G.  eandem  ce- 
teri  hauxit  CD.  haxit  Ba%  axit  Bb  (fortasse  ead.  man.  corr.).  uixit 
E  numquam  AG.  nunquam  F.  numquam  enim  ccteri,  nisi  quod  nun- 
quam  CDE,  aenim  E        9  lcniter  EZ        N  tutari]  refutare  A.  se 


Digitized  by  Google 


VITA  TERENTII. 


209 


Nara  quod  isti  dicunt  raaleuoli,  homines  nobiles 
Hunc  adiutare  assidueque  una  scribere, 
Quod  illi  maledictum  uehemens  esse  existumant: 
Eam  laudem  hic  ducit  maxumam,  quom  illis  placet 
s      Qui  uobis  uniuorsis  et  populo  placent, 

Quorum  opera  in  bello,  in  otio,  in  negotio 
Suo  quisque  tempore  usust  sine  superbia. 
uidetur  autem  leuius  se  defendisse,  quia  sciebat  Laelio  et 
Scipioni  non  ingratam  esse  hanc  opinionem.  quae  tum  magis 
io  et  usque  ad  posteriora  tempora  ualuit.    C.  Memmius  in  ora- 
tione  pro  se  'P.  Africanus'  inquit  ca  Terentio  personam 
mutuatus,  quae  domi  luserat  ipse,  nomine  illius  in  scaenam  3i 
detulit'.    Nepos  auctore  certo  comperisse  se  ait  C.  Laelium 

ditari  F  conat'  (h.  e.  conatus)  A.  conatur  cetcri  et  G  pro- 
logo]  r  15  1  quid  B.  om.  D  ipsi  ABDG.  ipi  C  maleuoli  A. 
male?oli  (e  ead.  man.  corr.  in  i)  V.  maliuoli  ceteri  2  Hunc]  Eum 
libri  Terentiani  assidue  una  G  3  uehemena  esse  F.  uene  niens 
(ead.  man.  corr.  in  uehemena)  esse  A.  uehementer  BCD.  uehemens  EZ 
existimant  libri  4  Eam]  Esse  G        duxit  G  maximam 

Ubri  quora]  cum  Ahl.  (e  Terentio).    Qrt  A.  qd  B.  qd'  D.  q  F 

i  • 
quod  ceteri  placeat  EGZ  5  qd  A.  q  (h.  e.  qui)  F  uobis 

.  t.ia 

om.  BCDGZ  tmiatu  A.  univenus  ead.  m.  G.  uniuersia  ceteri  et 
om.  BCD  placeat  />(?)  6  operam  G  ocio  in  negocio  CDEFG. 
otio.  inegotio  B  7  buo]  X  G  quasque  A  tempore  uaua  est  (e 
Tcrentio)  EZ.  U8ua  est  teinpore  F.  usus  est  ceteri  8  autem  leuius 
se  RitschcJius.  autem  laelius  autem  A.  autem  se  leuius  BCD  et,  nisi 
quod  se  leu  in  ras.,  F,  item  Ald.  autem  Be  leniua  /  autem  lenius  E. 
autem  leuius  G  Laelio  et  Scipioni  E ,  Vet.  ex  laeliio  ex  scipionis 
A.  ut  lelii  et  «cipionis  BCD.  et  laelii  et  ecipionis  F.  p  lelii  et  Scipio- 
nis  G.  et  Leliorum  Seipioni  Z.  et  Laelio  et  Scipioni  Flcckeisenm  9  in 
griuh  B.  igratam  G  quc  AZ.  qui  G  tum  Bitschelius:  quod  post 
repertum  est  in  G.  tamen  ceUri  10  superiora  CD  C.  Memmius 
Ellendtius  Proleg.  in  Cic.  Brut.  p.  LXT  ed.  pr.  C.  memius  A.  Q.  me- 
mius  BCD.  Q.  memmius  EFGZ  11  se  A.  se  ait  ceteri  atfricanus 
CD  inquit  a  Bitschelius  cum  Schopeno.  quia  A.  qi  B.  qui  a  ceteri 
pereonam  om.  E  12  que  Z  domi  luxerat  BCD.  demulus 
erat  A.  domui  lnserat  Bothius  incenara  A.  in  scenam  E.  in  coenam 
Fa.  in  acoenam  Fb.  in  scenam  ceteri  13  a  neorecerio  G.  a  reore 
(Reore  C)  cerio  CD.  a  reore  cer . .  rio  cum  duarum  Utterarum  rasura  B. 
auctore  cerio  (io  m  rasura  alt.  man.)  F    Q.  Fa  C  Fb    lelium  BCDZ 

VU.  K1TSCHK1.II  orvsevLA  III.  14 


Digitized  by  Google 


210  C.  SVETONII  TKANQVILLI 

< 

quondani  in  Puteolano  kalendis  martiis  admonituni  ab  uxore, 
temperius  ut  discumberet,  petisse  ab  ea  ne  se  interpellaret, 
seroque  tandem  ingressura  triclinium  dixisse  non  saepe  in 
scribendo  magis  sibi  successisse:  deinde  rogatum  ut  scripta 
illa  proferret,  pronuntiasse  uersuVqui  sunt  in  Heauton  timo-s 
rumeno: 

Satis  pol  proterue  me  Syri  promissa  huc  induxerunt. 

Santra  Terentium  existimat,  si  modo  in  scribendo  adiutori- 
bus  indiguerit,  non  tam  Scipione  et  Laelio  uti  potuisse,  qui 
tunc  adulescentuli  fuerint,  quam  C.  Sulpicio  Gallo,  homineio 
docto,  quo  consule  |Megalens|ibus  ludis  initium  fabularum 
32  dandarum  fecerit,  uel  Q.  Fabio  Labeone  et  M.  Popillio,  con- 
sulari  utroque  ac  poeta.  ideo  ipsum  non  iuuenes  designare 
qui  se  adiuuare  dicantur,  sed  uiros  quorum  operam  et  in 


1  quadam  B.  quodam  E  inputet  lauo  A  Kalendis  martis  A. 
Kal.  (kt  F)  martiia  F,  Vet.  -k-t  mart  B.  kl'.  mart.  CJ).  kl.  martii  EZ 

monitnm  G  2  temparius  sed  a  ead.  man.  corr.  in  e  B.  temporius 
sed  o  ead.  man.  corr.  in  e  F.  temparius  CD  petisse  AB.  petiiase 
ceteri  ne  se  Ritschelius.  ne  libri  interpellaret  A.  interpoliarttur 
F.  interpellaretur  ceteri  3  seroque  A.  seruius  B.  seruis  Cl).  serius 
ceteri  tamen  E.  tum  G  ingressum  A,  Ald.  ingressus  ceteri  tri- 
diuium  Ji  sepe  ABZ  4  magis  om.  D  uibi  successisse  A.  suc- 
cessisse  sibi  ceteri,  nisi  quod  succexse  Fa  deinde  rogatus  BG.  de 
ifirogatna  C.  de  interrogatus  D  6  ine  autonti  monumeno  A.  in  eu- 
tantum  B.  in  heautontimerumeno  E.  in  e*autontumerumeno  Gtf).  iu 
eautentumerumenos  F.  in  eutantumerumeno  CD.  Versus  sunt  723  (J  V,  4, 
1)  7  poll  B  Biri  BCD  hic  BCJ).  hunc  EGa  8  Santra  Erarnus 
in  Frobeniana  Bas.  a.  1532.  satra  BEFZ.  satra  -r  A.  sacra  CDG. 
Satras  St.  modo  in  ras.  Fb  9  lelio  BCJ)Z  qui .  .  .  .  fuere  om. 
Fa,  sup.  scr.  Fb.  adulescentuli  AG.  adolescentuli  ceteri  fuerint 
RitscJtelim.  fuef  A.  fuere  ceteri  10  quam  om.  Z  C.  A.  Q.  BCJ)FGZ. 
om.  E,  Ald.  sulpicio  (ead.  man.  littera  c  in  t  corrccta)  A.  sulpitio 
ceteri  1 1  quo  consule  Megalensibua  RitscJteUus  J^arcrg.  PJ.  7  p.  300. 
et  cuius  consularibus  A,  liothius.  et  qui  conBularibus  ceteii,  nisi  quod 
qui  in  ras.  ead.  man.  et  consularibus  corr.  aJtera  man.  F.  et  qui  Con- 
sualibus  Muretus.  et  qui  Cerealibus  Tan.  Fabcr.  et  qui  Floralibus 
Momms.  fabularum  dandarum  fecerit  AF.  feeerit  fabularuxn  danda- 
rum  ceteri  12  quinto  A  labiene  A  1'opillio  Muretus.  popillo  A. 
popilio  BCDG,  St.  pompilio  EFZ  13  ae]  et  F  deo  A  de- 
signare  om.  Fa,  inter  Uneam  add.  Fb.  deaignasse  EZ  14  adinuari  B. 
adiuuaKse  E.    adiuuifw»'  Z       duantur  Jfothr:*.  dicuntur  A.  diceret  C. 


Digitized  by  Google 


VITA  TEKENTII. 


211 


bello  et  in  otio  et  in  negotio  populus  sit  expertus.  Post 
editas  comoetlias,  nondum  quintura  atque  uicesiraum  ingressus 
annuin,  causa  uitandae  opinionis  qua  uidebatur  aliena  pro 
suis  edere,  seu  percipiendi  Graecorura  instituta  moresque 
squos  non  perinde  exprimeret  in  scriptis,  egressus  urbe  est 
neque  amplius  rediit.    de  morte  eius  Volcatius  sic  tradit: 

Sed  ut  Afer  populo  sex  dedit  comoedias, 
Iter  hinc  in  Asiam  fecit.    ut  nauem  semel 
Conscendit,  uisus  numquam  est:  sic  uita  uacat. 

10  Q.  Cosconius  redeuntera  e  Graecia  perisse  in  mari  dicit  cum 
fabulis  conuersis  a  Menandro:  ceteri  mortuuin  esse  in  Arcadia 
siue  Leucadiae  tradunt,  Cn.  Cornelio  Dolabella  M.  Fuluio « 

 _   m 

dicerent  D.  dicerentur  ceteri,  in  ras.  Fb  1  ocio  et  in  negocio 

CDEF  negocio  B  2  aeditas  F  comedias  ABCDZ  non- 
dam  A,  St.  om.  ceteri  quartum  ead.  man.  corr.  in  quantum  B  ac 
G      uicesimum  Bothius.  incesiniura  A.  trigeBsimutu  CD.  trigesiinum 

xxx  ceteri  ingressus  Ritschelius.  egressus  libri  8  annum]  an- 
nam.  animi  A  causa'  uitandae  A.  ca^euitande  B.  causa  euitandae 
EFG.  causa  euitande  ceteri  qua  Vet.  qui  AB.  quia  ceteri  4  ae- 
<lm»  F  percipiendi  BCDEGZ.  percipienda  A.  ad  percipienda  F 
grecorum  ABCDZ  5  non  A,  Bothius.  om.  cetcri  ira  scriptis  B, 
(%d  inecripti8  mrg.  urbe  Muretus:  urbem  St.  om.  libi-i  6  redite 
A  Volcatius  EZ.  uolcatius  F.  uulcatius  ceteri  sic  om.  KGZ 
7  9ex  populo  EZ  dedit  comedias  BCDG  et,  nisi  quod  comoed.,  F.  edi- 
dit  comoedias  E  et,  nisi  quod  comedias,  Z.  comodias  de  d  A  8 
ite  hinc  A.  iter  li  B.  int«?r  hinc  Z.  inter  hinc  inter  hinc  D  faecit 
.A  ut  uaucm  BuccJielerus.  nauem  ut  AG.  nauim  ut  BCDF.  nauim 
cnm  EZ.  nauem  autera  ut  Bitschelius.  et  nauem  ut  Bothius  9  in- 
«cendit  B  nunquam  BCE.  nuaq  F  10  Quintus  A  cosconius 
AG.  conscotius  B.  constotius  CD.  conserius  E.  consecius  Z.  cossentius 
E  e]  de  G.  a  LindenbrucJiii  ed.  Francofurtensis ,  non  Parisina: 
quod  Hothium  fefellit  grecia  BCDEGZ.  gcia  A  perisse  AB.  per- 
iiaso  ceteri  dicit  om.  A  cum  fabulis  RitscheUus.  cu.  c.  &  uui  fa- 
bulis.-l.  cum  c.  et  viii.  fabulis  F.  cum  c.  et  octo  fabulis  B.  cum  centum 

octo  (otto  CD)  fabulis  ceteri.  1 1  e  menandro  F.  a  menandro  ceten, 
Madvigius  in  Cic.  de  fin.  I,  3,  7  caeteri  ACDF.  coeteri  E  Ar- 
cadia  Bttschelius:  utque  ita  llieromjmu*.  archadia  stimphali  libri,  iti- 
ttrpolati  e  p.  2()C,  7:  nisi  quod  arcadia  EZ,  stymphali  AC,  in  stym- 
I»hali  b\  Arcadiac  Stymphalo  Erasmus  12  siue  leucadie  A.  sinu 
leucadiae  ecteri,  nisi  quod  leucadie  DZ ,  leuchadie  B.  siue  Leucadia 
EtwtHus  Cn.|  c.  n.  A.Qm.  Ba.  Gn.  BbCJ).  Cri  G  cornelio  AFG. 
cor.  cetrri     dolobella  BCDEGZ     marco  E.  iu  A.  et  M  Fa.  et  Q  Fb 

14* 


Digitized  by  Google 


212  C.  8VET0NII  TRANQVILLI 

Nobiliore  consulibus,  morbo  implicitum  ex  dolore  ac  taedio 
amissarum  sarcinarum  quas  in  naue  praemisefat,  ac  simul 
fabularum  quas  nouas  fecerat.  fuisse  dicitur  mediocri  sta- 
tura,  gracili  corpore,  colore  fusco.  reliquit  filiam,  quae  post 
equiti^  Komano  nupsit:  item  hortulos  XX  iugerum  uia  Appias 
ad  Martis.  quo  magis  miror  Porcium  scribere:  'Scipio  nihil 
ei  profuit,  nihil  Laelius,  nihil  Furius:  eorum  ille  opera  ne 
domum  quidem  habuit  conducticiam'.  Hunc  Afranius  quidem 
omnibus  comicis  praefert,  scribens  in  Compitalibus: 

Terenti  non  consimilem  dicas  quempiam.  10 

34  Volcatius  autem  non  solum  Naeuio  et  Plauto  et  Caecilio,  sed 


1  consulibua  DEZ.  conaunta  A.  con9  B.  con*'  C.  cofis.  F  im- 
plicitum  ex  Bothius.  iniplicita  ac  ex  A.  implicitum  acri  ceteri.  impli- 
catum  ex  ttitsclielius  ac]  et  G  tedio  libri  praetcr  B%  in  quo 
trdio  et  post  r  spatium  duarum  Htterarum  in  rasura,  sed  r  eadem  manu 
corr.  in  e  2  ammiasarum  E  sarcinarum  A,  Vet.  (a.  1512).  ea- 
tyrarum  Fy  St.  fabularum  ceteri  naue  JiitscJielius.  naue  A.  nauim 
F.  naui  ceteri  premiaerat  DGZ.  premisserat  C  3  medio  criatatura 
A  4  colere  B  reliquid  A  filiam  om.  BCD,  add  B  mrg. 
que  GZ  poat  A.  om.  ceteri  5  Ro.  Z.  r.  F  ortulos  BCDF. 
horto8  G  uia,  non  in  uia,  libri  6  Martia  Schopenus.  martia  uil- 
lara  libri,  nisi  quod  matis  C        Porcium  St.  portum  BCD.  portium 

ceteri      Scipio  conducticiam  sic  Ritschclius.    Quae  in  librit 

sic  interpolata  sunt  e  p.  206,  7sqq.:  scipio  nihil  profuit  nihil  lelius  nihil 
furiua,  trea  per  idem  tempua  qui  agitabant  nobilea  facillime.  eorum 
Ule  opera  ne  domum  quidem  habuit  conducticiam,  aaltem  ut  easet  quo 
referrct  obitum  domini  aeruulua.   Vbi  singulorum  discrepantia  haec  est: 
acipio  nichil  proruit  A.  acipio  fil  profuit  B.  acipio  nil  profuit  EFGZ. 
nihil  Publiua  Scipio  profuit  Ald.     7  nihil  lelius  fil  furins  B.  nil  Lcliua 
nil  furius  F.  nichil  lediua.  furiua  A.  nihil  ei  leliua  nihil  furiua  ctteri 
operam  BCDF         8  quidera  domum  CDG.    "domum  "quidem  F. 
quid  domum  B       conducticia  A.  conclutitiam  B.  conductitiam  ceteri 
referet  B       obitum  ....  acribeua  om.  G      aframua  A       quid  B 
9  prefert  Z.  praeferri  CF.  pferi  B.  prefcrri.  D      acriberes  B 
Compitalibua]  v.  29  p.  144  Ribb.       10  Terenti  non  conaimilem  Bit- 
scMius.  terentii  non  aimilem  A.  terentio  non  similem  ceteri,  nisi  quod 
sirailem  non  G.  terentio  "aimilem  F,  sed  altera  man.  marg.  add.  "no 
dicaa  RitscheJius.  dicena  Hbri.  dicea  Ahl.        que  pia  A.       II  Volca- 
tiua  F:  apud  GelHum  XV,  24.  uulcatina  BCDEGZ.  Vulcanua  A 
neuio  ABCDEFZ      ex  plauto  excelio  A.  et  plauto  et  caecilio  ceteri, 
mri  quod  cecilio  BCDEZ 

Digitized  by  Google 


VITA  TERENTII. 


213 


Licinio  quoque  et  Atilio  postponit.    Cicero  in  Linione  hac- 

tenus  laudat: 

Tu  quoque,  qui  solus  lecto  sermone,  Terenti, 
Conuersuni  expressumque  latina  uoce  Menandruni 
5       In  mediuni  nobis  scdatis  motibus  effers, 

Quiddara  come  loquens  atque  omnia  dulcia  miscens. 

item  C.  Caesar: 

Tu  quoque,  tu  in  summis,  o  dimidiate  Menander, 
Poneris,  et  nierito,  puri  sermonis  amator. 
10       Lenibus  atque  utinam  scriptis  adiuncta  foret  uis, 
Comica  ut  aequato  uirtus  polleret  honore 
Cum  Graecis,  neue  liac  despectus  parte  iaceres. 
Vnum  hoc  maceror  aureolo  tibi  desse,  Terenti. 

3  Ausonius  Protrept.  58:  rTu  quoque,  qui  Latium  lecto  sermone 
Tereoti  Comis'  -. 


1  licinio  A,  Ald.  liuio  ceteri  et  atilio  A.  et  astilio  BCl).  ct  ac- 
cilio  F.  et  actilio  G.  et  Attilio  Vet.  om.  EZ  post  poni  B  Ci.  G. 
apud  Orell.  IV,  2  p.  566  lunone  G.  milone  />(?)  Lino  Vngerus 

Subsicicorum  a.  1654  etlitorum  p.  3  3  terenti  post  i  crasa  una  littera 
F.  terentii  BCD  4  expressumque]  expressuni  BCI)  menadium 
B  5  medium  nobis  A.  medium  populi  BCDG.  medio  populi  EZ. 
medium  certe  F  motibus  Barthius  Advers.  XXXIV,  7:  nisi  mori- 
bus  males.  uocibus  libri      affers  B      6  Quiddam  Pithoeus  Epigramm. 

(l 

et  poem.  vet.  p.  12  ed.  Lugd.  a.  1506.  quida  A.  qdqd  B.  quidquid  Vet. 
qdquod  CD.  quidq  F.  quid  quod  ceteri  rome  loqueris  B  atque  A.  ac 
ceteri     dubia  dicenB  dulcia  dicens  G     niiscenB  Bitsclielius.  dicens  libri. 

•  •    *•*  •••••• 

linquens  Ciceronis  edd.  vett.  in  fragmentis.  promens  Scaliger  Catalect. 
p.  221  ed.  Lindenbr.  a.  1617  7  item  Ay  St.  om.  ceteri  cesar  ABZ. 
Cae.  G.  p.  7S3  Nipperd.  8  tu  in  summis  o  St.  tu  in  summisso  t 
A.  tam  submisso  EZ.  non  tam  sumraisBO  BFG,  etiam  CD,  nisi  quotl 

8umi880  C,  sumiso  D      dinudiate  A.  dimidietate  FG      9  ponderis  A 

puris  BCD  10  laenibus  F  ntinam]  ut  BE  scriptis]  uer- 
bis  Scaliger  1.  8.  s.       adiuncta  Ba,  incta  Bb  nutrg.       uia.  comica  ut 

A.  uis  comica  aut  E.  uis  comica  ut  ceteri,  Z.  uia,  Comica  ut 
Bentleius  in  Ilor.  art.  poet.  26 ,  Wolfius  MiscelL  p.  452  sqq.  uia  Co- 
mica,  ut  vulgo  11  equato  ABZ  palleret  B  12  grecis  BCDZ 
neue  hac  Bothius.  neque  hac  ABCDFG.  neque  iu  hac  EZ  de- 
•pectuB  E,  Ald.  despecta  ex  AG.  despecta  ex  F.  despecta  ceteri  ia- 
ceret  Z       13  doleo  et  maceror  G       maceroy  A      aureolo  Ritsche- 


Digitized  by  Google 


214  C.  8VET0MI  TRANQVILLI  VITA  TEREKTll 


Uus.  audoleo  A.  ac  doleo  F,  liothius.  ct  doleo  cdcri      desse  Ritschc- 
Uus.  derc  A.  deesse  ceteri 

Suetoniana  quae  supra  posita  sunt  ab  lioc  cxcipiuntur  DOKATI 
cpimctro; 

35  Haec  Suetonius  Tranquillus.  naiu  duos  Terentios  poetas 
fuissc  scribit  Maecius,  quoruru  alter  Fregellanus  fuerit  Te- 
rentius  Libo,  alter  libertinus  Terentius  Afer  patria,  de  quo 
nuuc  loquiumr.  Scipionis  fabulas  edidisse  Terentiuui  Vagel- 
lius  10  actione  ait:  .s 

Tuae,  Terenti,  quae  uocantur  fabulae 

Cuiae  suntV  non  has,  iura  qui  populis  dabat, 

Suuimo  ille  honore  affectus,  fecit  fabulasV 

duae  ab  Apollodoro  translatao  esse  dicuntur  couiico,  Phormio 
et  Heeyra:  quatuor  reliquae  a  Menandro.    ex  quibus  raagno  io 
suecessu  et  prctio  stetit  Eunuchus  fabula:  Hoeyra  saepc  ex- 
clusa,  uix  acta  est. 

Subiccimus  discrcpatUiam  scripturac:  1  Hec  BGA  Tran.  G 
terentias  A.  terentios  B  2  Maccius  Flcckcmnns  conl.  Bcnthio  in 
Hor.  art.  poet.  387 9  Wcicherto  Poct.  lat.  rcl  />.  334  sqq.  maetius  A. 
mctius  ceteri  frcgellanus  FZ.  fragellanus  BCJ).  fiagellianus  G(?). 
flagellanus  A.  flegellanus  F  fucrat  BCl)  tcrentius  libo  AF,  St. 
T.  libo  G.  tercntius  libertus  cetcri  3  T.  afer  G  4  fabulani  EZ. 
fabulas  cctcri,  sed  .-  in  ras.  F  aedidisse  F  tcrcutium  A,  AU. 
T.  G.  terentius  cetcri  Vagellius  Bucchclvrus  ct  Hibbtckius.  uallegius 
AaF.  uallfgius  Ab.  ualegius  cetcri ,  itcm  codcx  f  vetustissimus '  Itnhis 
Barthii  Ativcrs.  VI,  20;  sed  valgius  G.  Valgius  Frasmus.  Valerius 
dubitantcr  Ilcnr.  Keilius  Fphcm.  Utt.  Htd.  a.  1S49  m.  Mart.  p.  470 

5  in  actionc  St.,  Barthius,  ct  aut  sic  aut  in  tranislatione  Vngvius  de  Val- 
gii  pocm.  p.  100.  443.  inactioue  A.  natione  F.  uatione  cctcri  cum  Italo. 
in  Acteonc  Frastnus.  in  Auctione  Scaligcr  6  -  H  Non  satis  horum 
emcndatio  vel  Scaligcro  succcssit  vel  Butgtrsio  Var.  hct.  1 ,  7  vcl  iam- 
bicos  tetramctros  comminisccnti  Barthio  vcl  Vngcro  /».  loS  rel  Kcilio 

6  Tuae  Windischmannua  in  Wclckcri  Naekiiquc  Mus.  Bhcn.  /,  p.  113, 
itetn  Kcilius.  hae  Ubri  cutn  It.,  nisi  qutxl  be  BZ  [Terenti  add. 
Fleckcisenus  Misc.  crit.  p.  02  sq.]  que  BZ  fabule  BCDZ  7  cuiae 
sunt  AFG,  It.  cuiuae  euut  F.  cuic  sunt  cctcri.  cuhi8  sunt  St.  cuiacnc 
sunt  Bothius  \ct  olim  Bitschclius}.  cuius  sunt,  cedo  coni.  Frasmusy  dic 
cuius  sunt  Oudcndorpius  Terenti?  non  has,  iura  qtii  populis  dabat 
[o/t«i]  BitscheUus.  non  has  qui  iura  populis  (populis  *-!//)  retentibus  dabat 
A,  scd  tcrentins  Ab  mrg.  non  has  qui  iura  populis  reccnseutibus  dabat 
cttcri,  nisi  quod  uuxn  //.,  populi  FZ,  recentionibus  It.  Non  has  qui  iura 


Digitized  by  Google 


IN  VITAM  TEKENTII  COMMENTAKIVS.  215 


IN  VITAM  TERENTII  COMMENTARI V S. 

In  vita  Terentii  eniendanda  atque  adnotauda  quibus  Do-  4*1 
nati  codicibus  usus  sim,  dixi  p.  26  libri  Reiflerscheidiani 
|supra  p.  204].    De  singulis  sic  habeto. 

A  antiquissinius,  de  quo  quidem  constet,  Parisinus 
7920  est,  saeculo  XI  in  meinbranis  scriptus,  olim  nisi  con- 
iectura  fallit  lodoci  Badii  Ascensii,  ab  hoc  genero  suo  do- 
natus  Roberto  Stephano,  post  a  Petro  Daniele  possessus. 
Non  exiguo  is  usui  cum  editioni  Stephanianae  ftiit  tum  Lin- 
denbruchianae.  Praeterea  fieri  potest  ut  iam  saeculo  xv  a 
Terentii  editore  uno  et  item  altero  inspectus  sit.  —  E  ceteris 
codicibus,  quos  saeculo  xv  scriptos  uoviciorum  vel  deterio- 
rum  nomine  complector, 

li  item  Parisinus  est  7921,  chartaceus.  Vtrumque 
magna  cum  cura  Ludovici  Rothii  caussa  lacobus  Hunzikerus 
Helvetius  contulit:  unde  discrepantiam  scripturae  omuem 
Rothius  in  Museo  philol.  Rhenano  exhibuit  vol.  xn  (a.  1857) 
p.  174  sqq.,  selectam  in  praefatioue  Suetonii  Lipsiae  apud 
B.  G.  Teubnerum  a.  1858  a  se  editi  p.  lxxix  sq.  Eosdem 
autem  codices  cum  aliquot  aunis  ante  Ludovicus  Schopenus 
noster,  dum  Parisiis  degit,  suos  in  usus  solita  diligentia  ex- 
cussisset  eiusque  conlationis,  qua  est  et  liberalitate  et  comi- 


Poblius  gentibu8  dabat  Scaligcr  et  Popliua  dabat  gentibus  transponens 
Fleckciiicnws.  leges  gentibus  vel  reges  gentibus  in  monstro  scripturae  latei'e 
Iiutgersio  visum ,  regna  nationibun  Barthio,  regibu»  (ac  populis) 
Keilio.  nonne  ctttn  Iiutgcrsio  espetentcs  rcdargucbat  Naekius  Valcr.  Cat. 
p.  210  8  Summo  ille  honor»'  Tiitschelius.  Hiimmo  honore  lihri  cum 
It.,  nisi  quod  8umo  B.  Ilonore  Bummo  Eratinus  9  due  BCDZ 
appollodoro  BCDE.  appolodoro  Z.  Apollodoro  Caricio  (h.  e.  Carystio) 
YUa  Ter.  Ambrosiana  (add.  Hothiana  in  Mus.  Bhen.  n.  XI T  p.  LsS): 
■  quotle  cf.  Varerg.  VI.  I  p.  325  translate  ABCDZ  comice  BCT) 
formio  BCD       10  et  om.  A       ekyra  A.  hecira  BCD.  aecyra  h. 

Ecyra  Z.  echira  V.  hechicaCr       relique  ACDZ       11  succensu  et  Ka. 

nweenit  et  BI)         precio  ABF         eunucus  BCD  aecyra  E. 

Ecyra  Z.  hechira  G.  haec  ira  A.  haec  echira  F  sepe  AB  12 
uixata  A 


Digitized  by  Google 


216 


IN  VITAM  TERENTII 


* 


tate  prorsus  amabili,  copiani  mihi  faceret  exoptatissiniaui: 
etsi  de  rebus  plerisque  satis  inter  Schopenum  Hunzikerumque 
conveuire  cognovi,  tamen  quaedam  offendebam  molesto  testi- 
moniorum  discidio  tain  ambigua  ut  non  mediocriter  haesi- 
tarein.  Hos  igitur  scrupulos  ut  de  medio  omnes  tollereni, 
482  de  singulis  discrepantiis  quid  tandem  rei  esset  quaesivi  e 
viro  praestantissimo  Carolo  Benedicto  Hasio:  cuius  incompa- 
rabili  humanitate  tam  et  prompte  et  plcne  responsuui  est, 
ut  iam  tamquam  cum  pulvisculo  exhaustus  esse  cum  the- 
saurus  ille  bonitatis  Parisinus  A  tum  longo  ab  illo  inter- 
vallo  distans  B  videri  debeat.  [Cum  nihilo  setius  aliquot 
locis  erratum  esse  in  afferendis  codicum  A  et  B  scripturis 
Froehnenis  in  Philol.  xvn  p.  357  sq.  contendisset,  a  Ritsehelio 
rogatus  Gustavus  Meynckius  utrumque  codicem  egregia  cum 
industria  descripsit  siue  depinxit  atque  longe  aecuratissime 
ubicunque  scrupulus  etiam  resedit  iterum  iteruiuque  ad  Rit- 
schelium  rettulit,  ita  ut  nunc  sane  magna  cum  confidcntia 
affirmari  possit  omnia  ad  amussim  esse  exacta.  C.  W.] 

C  Leidensis  membraneus,  in  Vossianis  186:  qui  dubi- 
tatur  num  forte  saeculi  xiv  sit.  In  Italia  scriptum  esse  otto 
scriptura  pro  octo  p.  211,  10  indicio  est  Hunc  habui  cum 
mihi  conlatum  ab  Eugenio  Mehlero  tum  a  Schopeuo  sibi. 
[Deuuo  eum  ipse  Ritschelius  excussit.    C.  W.] 

D  Dresdensis  'Elect.  539b,  Reg.  D.  132',  partim  in 
inembranis  partim  in  chartis  scriptus.  Schopeuo  loannes 
Vahlenus  contulit  [Ritschelio  multo  accuratius  Aemilius  lung- 
mannus  et  Ludovicus  leepius.    C.  WJ. 

E  et  F  Vaticanis  membraneis,  illo  Vrbinati  354,  hoc 
Reginae  1492,  uti  potui  ab  Ottone  Ribbeckio  [iterum  dili- 
gentissime  ab  Augusto  Wilmannsio  C.  W.j  conlatis. 

G  Neapolitanum  musei  Rorbonici  411  item  membra- 
neum  rogatus  a  me  Georgius  Thilo  excerpsit  [nupcr  Henri- 
cus  Motzius  contulit.    C.  W.]. 

Accedit,  sed  tantuni  in  Donati  auctario  (p.  214)  inspectus 
a  Caspare  Barthio  Advcrsariorum  lib.  iv  cap.  26  codex 
Italus  ille,  quem  tametsi  Barthius  * vetustissimum,  dicit, 
tameu  non  dubitabis  in  ceterorum  nuraero  noviciorum  habere. 


Digitized  by  Google 


COMMENTAKIVS. 


217 


—   De  Lindenbruchii   copiis  ras.  quantum  satis  infra 
dicetur. 

In  his  codicibus  quantuni  fide  et  auctoritate  ceteris  vetus 
Parisfnus  A  praestet,  longum  est  singillatini  persequi.  A 
quo  sive  auctore  sive  duce  proficisci  emendatio  omnis  ut  a 
certissimo  fundamento  debuit,  quam  autem  diu  aut  profecta 
non  est  aut  non  satis  constanter  pependit,  editorum  operam 
multifariam  elusit  Eam  praestantiam  raris  exemplis  singuli 
e  ceteris  libri  communicant:  insigniore  memoria  Dresdensis 
in  uigessimum  p.  211,  2,  leviore  in  scribat  207,  12  [quorum 
neutrum  in  Dresdensi  legi  nunc  constat,  C.WJ;  itera  aliquo- 
tiens  vel  Neapolitanus  ut  p.  206,  3  ob,  211,  10  cosconius, 
vel  Reginensis  ut  p.  208,  1  sumctur,  205,  8  C.  pro  cum 
(quod  tamen  ipsum  in  Ileginensi  legi  testatur  Wilmannsius. 
C.  W.J,  200,  3  uchcmens  essc,  210,  11  fabularum  dandarum 
fcccrit,  214,  3  libo,  4  uallegius,  vel  sociati  Reginensis  et 
Dresdensis  ut  p.  207,  11  omnium,  208,4  samma  quoque  fne 
hic  quidem  Dresdeusem  a  vulgari  scriptura  recedere  nupera 
collatione  effectum  est.  C.  W.],  vel  cum  Reginensi  Lei- 
densis  et  Parisinus  B  p.  205,  3  punki  belli.  Generatim 
enim  iudicanti  reliqui  omnes  communi  vilitatis  notione  cen- 
sebuntur,  ut  qui  vel  transcribendi  neglegentia  vel  mala  corri-  483 
gendi  sedulitate  plurimum  vitiorum  traxerint.  Quos  non  est 
mirandum,  sicubi  apertissimis  mendis  quibusdam  atque  adeo 
monstris  scripturae  ipse  vetus  Parisinus  (ut  fere  fit  in  hoc 
genere)  inquinatus  est  praeter  solitum,  tali  corruptela  liberos 
mansisse:  quae  non  propria  virtus  est  potius  quam  fortuita 
vacuitas  erroris.  Velut  in  illo  si  peccatum  est  dum  ct  inhuius 
ct  p.  206,  1,  siministros  206,  8,  comcdias  dedit  211,  7,  et  si 
quae  alia  sunt  utut  per  se  vitiosa,  at  levidensia  prae  multi- 
tudine  praeclararum  lectionum  ab  eodem  A  solo  servatarum. 
Non  autem  ipsum  fontem  ceterorum  Parisinum  esse  certis- 
simo  intellegitur  hoc  documento,  quod  gravis  lacuna  illa,  qua 
in  A  hausta  sunt  verba  p.  207,  5  sqq.  recitare  ad  muzntem 
cnm  uenisset  dicitur  initium  quidem  fabulae  quod  erat  contempti, 
ad  ceteros  omnes  non  pertinuit.  Ad  temporum  autem  iniuriam 
et  incuriam  hominum  quod  accessisse  etiam  hominum  iniuriam 
significavi,  eius  rei  certus  testis  codex  Vrbinas  exstat,  gram- 


Digitized  by  Google 


218 


1N  VITAM  TERENTII 


uiatici  alicuius  haud  indocti  et  curas  et  interpolationem  ex- 
pertus.  Vnde  non  est  mirum  alia  in  hoc  libro  vere  correcta 
esse  ut  p.  207,  2  opera,  207,  6  initium,  208,  3  numuni, 
p.  209,8  laelio  et  scipioni,  213,  12  despectus,  214,  4  fSbulam: 
turpiter  foedata  alia,  quo  praeter  cetera  (in  his  deletuui  die 
vocabulum  p.  208,  2)  gravior  interpolatio  illa  pertinet  qua 
p.  208,  8  verba  quae  sunt  quibuscum  familiariter  uixit  iterantur 
e  p.  205,  7.  Quamquam  ne  a  ceteris  quidem  libris  corrigendi 
studium  alienum  fuisse  talia  ostendunt  qualia  sunt  in  Vrbi- 
nati  Reginensique  e  Terentio  petitum  isti  p.  209,  1,  vel 
iudidem  insertum  tcmporc  in  Vrbinati,  Leidensi  [in  quo 
tamen  tempore  non  legi  nunc  compertum  habemus.  C.  W.j, 
Reginensi  p.  209,  7,  vel  praeter  Vrbinatem  aut  in  solo 
Reginensi  p.  205,  4:  illa  ut  prorsus  taceam  in  quibus 
omnes  consentiunt  contra  A. 

Z  editionem  principem  eam  dixi  quae  Romae  anuo 
1472  prodiit  apud  Conradum  Sweynheyui  et  Arnolduni  l*an- 
nartz.  Nam  hanc  principem  esse  reapse,  insecutam  demum 
proximo  anno  1473  quam  sine  loci  annive  notatione  Vin- 
delinus  Spirensis  foras  dedit,  huius  demum  traducem  eam 
esse  quae  item  sine  loco  et  anno  emissa  ad  Mentelium  Ar- 
gentoratensem  refertur,  uon  paucis  eam  vitiis  inquinatam, 
certis  mihi  argumentis  Schopenus  persuasit.  Vt  fallatur  cum 
aliis  bibliographis  Ebertus  n.  6333  sqq.  Illa  igitur  vere 
princeps,  a  qua  tamen  non  nisi  perleviter  Vindelini  exemplum 
discrepat,  quin  e  codice  Vrbinatis  simillimo  ducta  sit,  du- 
bium  esse  nequit:  id  quod  singulae  fere  paginae  testantur 
sociatis  EZ  notis  nostris. 
484  Inde  ab  anno  1472  ad  1517  in  lueeni  prodita  exerapla 
Donati  cum  Terentio  sociati,  quae  non  distincta  inter  se 
Veterum  nomine  comprehendi,  etsi  pauca  correxerunt,  tamen 
non  correxerunt  sine  libris.  Repositum  p.  211,  3  qua  nou 
est  sane  e  nostris  petitum:  sed  punici  p.  205,  3  inseruerunt 
cum  omnibus,  cum  Reginensi  [et  Vrbinatij  restituerunt  aut 
p.  205,4,  cum  uno  Vrbinati  initium  p.207, 6,  laelio  ct  scipioni 
209,  8,  cum  eodemque  etiam  interpolata  p.  208,  8  verba  com- 
munia  habent.  Verum  cum  ipso  adeo  Parisino  A  eoque  solo 
eadem  sarcinarum  participant  p.  212,  2  (quaraquam  id  peti 


Digitized  by  Google 


COMMENTAKIVS. 


219 


ctiani  e  vita  Anibrosiana  potuit),  et  quod  gravius  est,  ab 
eodem  A  servata  ct  Attilio  verba  p.  213,  1:  quae  verba  sin- 
gulari  vel  casu  vel  neglegentiae  exemplo  factum  est  ut  post 
rursum  praetermissa  nec  in  Aldina  nec  in  Stephaniana  in- 
staurarentur,  sed  ab  Oudendorpio  demum  revocarentur  *). 

Aliquanto  longius  progressus  in  emendando  Aldinae 
a.  1517  editor  Franciscus  Asulanus  (quem  alii  esse  Andream 
Naugerium  malunt)  ne  ipse  quidem  copiis  ms.  destitutus  fuit. 
Qui  etsi  pauca  quaedam  suam  secutus  coniecturam  reposuit, 
ut  p.  205,  3  tiatus  sit,  vel  praeter  verum  dices  p.  212,  10, 
tameu  pleraque  quae  novavit  aliunde  hausit,  fonte  usus  modo  485 
raediocri  et  Vrbinatis  simili  ut  p.  213,  12  dcspcctus ,  modo 
proxime  accedente  ad  Parisini  A  praestantiam  ut  p.  20G,  2 
pttkhrum  putat,  210,  3  ingrcssum,  213,  1  licinio,  214,  4  tercn- 
twm.  Nam  sua  sponte  intellegitur  unum  codicem  esse  potuisse, 
qui  Asulano  praesto  fuerit,  bona  malis  miscentem. 

Simillima  atque  inter  Veteres  et  Aldinam  ratio  condicio- 
que  inter  Aldinam  et  Parisinam  editionem  intercedit  a  Ko- 
berto  Stephano  paratam  anuo  1529.    Pauca  fortasse  e  de- 


*)  Absunt  ea  verba  praeter  tres  editioneB  'principes'  a  Tarvisina 
a.  1477  et  Argentina  (Ioannis  Priiss)  a.  1503:  accesserunt  in  Veneta 
(Andreae  <le  Asula  Bartholomeique  de  Alexandria)  a.  1483,  Brixiana  a. 
1485,  Venetis  a.  1487,  1490,  1491  (Bernardini  de  Choris),  1493,  1497 
(lacobini  de  Pentiis  de  Leucho),  1504,  1512.  In  quibus  quod  etiam 
Venetaa  a.  1493  et  1512  numeravi,  qnarum  illa  num  cxstaret  omnino 
uubitabant  cum  Panzero  t.  III  p.  342  Schweigerus  p.  1052,  hanc  idem 
prorsu8  ignorat,  feci  quod  exemplaria  Bonnensia  tractare  licuit  quorum 
indices  in  Epimetro  posui.  Ceterarum,  quas  bibKotheca  academica 
nostra  possidet,  propterea  nullus  usus  fnit  quod  Donati  (h.  e.  Suetonii) 
vita  omnino  carent:  in  quo  numero  haec  sunt:  Argentinae  a.  1496  et 
1499,  Parisina  a.  1503,  Lugdunenses  a.  1506  et  1511,  Veneta  a.  1511, 
Lipsieum8  a.  1512,  TubingenBis  a.  1514,  Argentinae  a.  1514  et  1516. 
C^uarum  etsi  quaedam  habent  sane  vitam  Terentii,  tamen  non  habent 
a  Donato  profectam,  sed  duce  tantum  Donato  factam  ab  Ascensio; 
ipuius  Ascenuii  Parisina  a.  1504,  qnam  aliquotiens  Rothius  commemo- 
ravit,  in  promptu  non  fuit.  De  Veneta  autem  a.  1492  ('per  Bonetum 
Locatellum*)  et  Mediolanensi  a.  1501  propterea  mihi  non  liquet  quod 
earutn  «'xemplaria  Bonnensia  in  ipso  prineipio  mutila  sunt.  Ceterum 
de  Mediolancnsi  dequc  Parisina  a.  1503,  quarum  nullam  bibliographi 
notitiam  habent,  item  dixi  in  Epimetro. 


Digitized  by  Google 


220 


IN  VITAM  TERENTII 


teriore  libro  deprompta  sunt  ut  p.  205,  10  ct  cornclius,  206, 4 
ipSUS  sublaiis:  multo  plura  non  e  perbono  tantum,  sed  e  tam 
siinili  veteris  Parisini  ut  non  possit  non  pro  eodem  haberi. 
Documento  haee  sunto:  p.  200,  3  ob,  207,  11  omnium,  12  scri- 
bat,  208, 1  sumetur,  3  id  est,  4  summa  quoque,  211,2  nondum, 
213,  7  Ucm,  8  tu  in  summis[s]o,  214,3  Libo,  5  in  actione.  Quo 
rainus  dubito  ad  ipsum  Parisinum  A  referre  quae  de  vetusto 
quodam  exemplari  suo  Stephanus  in  praefatione  prodidit.  Ibi 
enim  postquam  Donati  commentarios  tum  primum  instauratos, 
discretos  distinctosque,  in  ordinem  suum  redactos,  a  corrup- 
telis  liberatos,  suppletos  gloriatus  est,  pergit  in  hunc  modum: 
fPostreni6  reposita  graeca  prope  omnia,  pro  quibus  antehac 
excusi  codices  lacunis  fere  scatebant.  Haec  euim  laboris 
pars  operosissima  fuit:  cum  in  vetusto  exemplari  manu 
scripto  (quod  nobis  erat  ex  dono  Iodoci  Badij  optimi  soceri 
nostri,  deque  optimis  studijs  in  omni  vita  bene  meriti)  ob- 
scura  tantum  restarent  vestigia  graecarum  literarum:  quae, 
nisi  ab  homiue  perito,  diuinari  non  poterant.  Quae  omnia 
in  fauorem  et  subsidium  studiosorum  praestitit  quidam  noster, 
imo  communis  optimi  cuiusque  amicus,  graece  ac  latine  du- 
ctissimus:  qui  hanc  suscepit  emendationem  antiquo  illo,  quem 
dixi,  potissimum  fretus  archetypo.  Cuius  fidem  etsi  in  plae- 
risque  secutus  est:  in  plurimis  tamen  est  usus  coniectura 
sua:  caeterura  non  sine  acerrimo,  quo  in  primis  praeditus 
est,  iudicio.'  Vbi  fQuac  omnia*  cum  dicit,  non  ad  Graeca 
tantum  illa  Stephanum  respicere,  sed  simul  ad  ceteras  emen- 
dationis  partes  antea  commemoratas,  res  ipsa  loquitur.  Ce- 
terum  illum  *qufcndam  nostrum,  imo  optimi  cuiusque  amicum 
graece  ac  latine  doctissimum'  lacobus  Bernaysius  suspicatur 
non  alium  nisi  Guilelmum  Budaeum  esse. 

Post  Stephanum  ad  emendandam  hanc  vitam  perpauca 
vel  Desiderius  Erasmus  in  Basileensi  Frobeniana  anni  1532, 
i»«  vel  in  Veneta  Aldina  anni  1555  Antonius  Muretus  contulit. 
Huius  cnim  dumtaxat  duae  fuerunt  probabiles  emendationes, 
p.  206,  1  uocem  diuinam,  211,5  urbc:  illius  una  sola  Santra 
p.  210,  8  inter  pravas  vel  inutiles  complures  p.  211,12.  214, 
4.  5.  6,  quo  etiam  propositum  in  margine  p.  214,  7  qui  iura 
populis  consultus  dabat  pertinet   Has  autem  ne  quis  forte  in 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS. 


221 


Erasmianam  transisse  ex  ea  Stephaniana  suspicetur  quam 
uno  anno  ante  Parisfis  emissam  prodidere  bibliographorum 
filii  inde  ab  Almeloveeno  de  vitis  Stephanorum  (Amst.  a. 
1683)  append.  p.  5  ad  Renouardum  in  'Annales  de  1'impri- 
merie  des  Estienne'  (Par.  a.  1843)  t.  i  p.  35:  sciendum  est 
illius  anni  1531  Terentium  Stephanianum  nullum  umquam 
exstitisse  videri,  ut  quem  consultae  a  me  bibliothecae  lautis- 
siniae  prorsus  ignorent,  nec  Germanae  tantum  Vindobonenses 
Monacensis  Berolinensis  Goettingensis  Dresdensis  Heidelber- 
gensis  Vratislaviensis  et  si  quae  aliae  sunt  Borussicae,  sed 
etiain  Leidensis  atque  adeo  ipsae  Parisinae. 

De  Friderici  Lindenbruchii  curis  Rothius  dixit  Musei 
Khen.  1.  s.  s.  p.  175,  ipsos  codices  illi  nullos  praesto  fuisse 
ad  adornandam  editionem  Parisinam  anni  1602  (iteratam 
Francofurti  a.  1623)  disputans,  sed  excerptas  tantum  e  variis 
codieibus  lectiones,  quas  ei  vel  conlectanea  quaedam  biblio- 
thecae  Regiae,  vel  typis  expressa  exemplaria  Pithoeorum 
Francisci  Petrique,  conlata  ea  cum  ms.  codicibus  Antonii 
Contii  et  Iacobi  Cuiacii  antecessorum  Bituricensium,  vel 
schedae  Petri  Danielis  Aureliani  praebuissent.  £t  has  qui- 
dem  schedas  ad  ipsum  Parisinum  A  spectasse  satis  confirmat 
consensus  testimoniorum.  Hinc  igitur  est  quod  vitam  Te- 
rentii  quibusdam  in  locis,  verum  eis  tamen  non  multis,  emen- 
datiorem  edidit,  velut  receptis  quae  Stephani  amicus  negle- 
xerat  p.  205,  2  inter  finem,  8  et  C.  Laelio,  208,  2  bis  die, 
210, 10  C.  Sulpicio,  21 1, 10  Cosconius,  212, 2  sarcinanim,  4  post. 
De  qualibus  quae  ipse  perpauca  adscripsit  codicum  testimonia, 
quoniam  et  valde  ambigua  sunt  nec  omni  ex  parte  vera, 
quo  certius  aliorum  errores  quosdam  caveas,  ipsius  verba 
infra  posui*). 


*)  Manarunt  enim  tales  errores  ex  eo  potissimum,  quod  tefltimonia 
illa  vel  alia  vel  auctiora  in  FranoofurtenBi  p.  631  sq.  quam  in  Parisina 
p.  621  sq.  exstant:  quemadmodnm  etiam  Contii  Cuiaciique  mentio  in 
alteriu»  demum  editionia  praefatione  accessit.  Itaque  Francofurtensis 
qoaecunque  vel  addidit  (+)  vel  mutavit  (=)  uncis  aaepsi.  —  P.  210, 11 
Et  yvi  CONSVLARIBV8)  Mss.  Cuius  consularib.  [=  ms.  r.  Cuius  cmisu- 
Itriftnt].  —  211,  8  Narim  cum  semeT)  ms.  DanieliB.  Narim  ut  semel  - 
211,  10  Qv.  oosconivs)  Tta  ex  mss.  edidinms.  vulg  liactcnua  fuit  Con- 


Digitized  by  Google 


222 


IN  VITAM  TEKENTII 


48?  Paullalum  est  quod  vitae  Terentii  Suetonii  editores 
praestiterint  Ioannes  Schildius  (qui  ilhini  primus  vitis  Cae- 
sarum  iunxit)  in  Leidensi  a.  1647,  Ioa.  Georgius  Graevius 
in  Traiectinis  a.  1672.  1703,  Samuel  Pitiscus  verbosissimis 
commentariis  res  explanans  planissimas  in  Leovardiensibus 
a.  1690.  1715,  Iacobus  Gronovius  in  Leidensi  a.  1698,  Petrus 
Burmannus  in  Amstelaedamensi  a.  1736,  Io.  Aug.  Ernestius 
in  Lipsiensi  a.  1748.  1775,  instaurata  a  Frid.  Aug.  Woltio 
a.  1802,  his  autem  omnibus  aliquanto  praestantior  Franciscus 
Oudendorpius  in  Leidensi  a.  1751. 

In  perscrutando  autem  atque  penitus  exhauriendo  the- 
sauro  Parisino  laudabiliter  pergens  Rothius  num  quid  nobis 
reliquerit,  viderint  qui,  quid  a  nobis  ipsis  relictum  sit,  doce- 
bunt.  Modo  manus  suas  ab  his  Musarum  deliciis  tales  abs- 
tineant  qualis  nuper  prodiit  in  Philologo  Leutschiano  vol.xv 
p.  507:  qui  non  tantum  sui  ministros  (sive  siios  ministros 
voluit)  hoc  est  *ministros  libidinis'  Scipionem  Laelium  Fu- 
rium  fecit,  sed  idem  turpi  flagitio  stupri  innocentissimo- 
rum  par  poetarum  planeque  mellitos  versiculos  conspurcavit 
ac  prope  dixerim  constupravit. 

Pag.  205,  3  Ihmici  belli,  quem  ordinem  servarunt  cuiu 
Parisinis  Leidensis  Keginensisque,  prorsus  de  more  Suetouii 
conlocata  sunt,  qui  inter  secundum  ac  tertium  Punicum  hellum 
dixit  de  gramm.  c.  2  ibidemque  Nacuii  Punicum  bcllum, 
itera  sceundo  Punico  bello  d.  Aug.  2,  Punicis  ac  Gallicis  bdlis 

sentius.  —  212,  2  Amissarum  sarcinarum).  Nibil  rectius  hac  lectione, 
quam  omnes  scripti  codd.  praeferunt.  in  editis  libris  est  satyrarum. 
|  =  praeferunt,  excepto  uno  in  quo  fabularum  erat.  Vulgo  hacteuus 
legitur  sutijrarum.]  —  212,11  [+  Sed  Licinio)  ms.  sed  Livio.]  —  213,5 
Jn  mcdio  populi)  ms.  Dan.  In  medium  nobis  sedatis  etc.  —  213,  G  Quid- 
quid  come)  ms.  Quiddam  come.  [+  al.  Quidquod.]  —  213,12  Despectus 
parte)  MS.  Dan.  despecta  parte.  —  214,6  Cuiae  suntf)  Sic  Hb.  Dan.  al. 
atius  snnf''  —  Quo  illud  accedit  ceteriB  gravius  quod  adnotationi  ad 
p.  214,  7  Hubieci  [infra  p.  272].  —  Ad  Parisinum  B  apectare  pote^t 
quod  in  uno  solo  proditum  p.  212,  2  fabularum  teatatur:  non  potest, 
cum  in  rMS.  R.'  legi  cuius  dicit  p.  210,  11,  quod  in  uno  A  repcrtum 
c«t.  Quarc,  si  modo  K.  notam  recte  interpretor  Hegium,  de  'collectaneii* 
bibliotbecae  Regiae'  illis  cogitandum  videtur. 


Digitized  by  Google 


COMMENTAHIVS.  223 

- 

Ner.  38.    Oinninoque  in  plus  viginti  exemplis  non  repperi  488 
nisi  quinque  ordinis  contrarii,  si  modo  ab  unorum  ciuilium 
bellorum  (vel  ciuilis  bclli)  mentione  recesseris,  in  quo  genere 
solo  totiens  fere,  quotiens  praecedit  adiectivum,  idem  post- 
ponitur*). 

Pag.  205,  3  ct  natus  sit  et  mortuus,  pro  eo  quod  inde  ab 
Aldina  vulgatur  natus  sit  et  mortuus,  dubium  vix  est  quin 
recte  eruatur  e  librorum  scriptura  natus  est  et  mortuus:  ubi 
elapsae  ab  initio  et  particulae,  quam  geminatam  requirit  ar- 
gumentandi  evidentia,  ipse  vitiosus  cst  indicativus  indicio  est. 

V.  4,  ubi  prorsus  necessaria  aut  particula,  qui  tueri 
Numulis  et  Gaetulis  Rothius  p.  177  potuerit,  aegre  intellegas. 

Ibidem  prodita  in  libris  verba  ad  duccm  romanum  pcr- 
ucnire  potuisse,  in  quibus  ineptum  est  ducem  potissimum 
commemorari,  etsi  ad  sanam  eandemque  satis  eleganter  ela- 
tam  sententiam  Schopenus  apud  Fleckeisenum  praef.  Ter.  p.  v 
sic  revocavit:  adduci  Romam  ibique  uacnire  potuisse,  tamen 
cur  haud  paullo  leniorem  Iacobi  Gronovii  emendationem 
speruamus  diium  h.  e.  dominum  pro  duccm  reponentis,  caus- 
sam  non  video.  Esto  ut  proprium  sit  fde  servis  vaenalibus* 
adduci  verbum:  at  nec  uiinus  proprie  vel  hereditate  vel 
eniptione  res  quaelibet  ad  aliquem  perucnire  dicitur,  nec 
omnino  proprietate  verborum  opus  est  ubi  nihil  nisi  hoc 
agitur,  ut  non  intellegi  declaretur  quomodo  ab  Afris  captus 
poeta  servus  fieri  Romani  hominis  potuerit.  Ceterum  duccm 
vere  Rothius  dixit  iam  ab  eo  lectum  qui  epigrammatis  apud 
Burmannum  n,  220,  apud  Meyerum  845,  hunc  versum  fecit 

*)  Quinque  quae  exemi  exeinpla  haec  sunt:  belluin  Siculutn  Aug.  10, 
SiciJiense  70,  PhiUppense  Aug.  29.  Tib.  5,  Vitettianum  Doni.  1.  Contra 
quae  magna  multitudo  talium  valet:  Gallici  ciuilisque  betti  et  Gallici 
belli  lul.  56,  Gallicis  bettis  69,  Philippense  bettum  Aug.  13,  Philippense 
et  Siculum  b.  ib.  22,  Cimbrico  Marsicoquc  b.  ib.  23,  Mutitiensi  b.  ib.  84. 
de  rhet  1,  Cantabrico  b.  Aug.  85,  Akxandrino  b.  Tib.  4,  liaeticum 
Vimlelicumque  b.  9,'  Mithridaiico  b.  37,  Germanico  b.  Ner.  4,  Viriathini 
b.  Galb.  3,  Samnitici  b.  Vit  1.  -  Ciuilia  betta  vel  ciuile  bettum  habes 
llll.  36.  42.  68.  83.  86,  Aug.  83,  Claud.  13,  Ner.  2,  Vesp.  7,  Dom  10, 
de  rhet.  1 :  bettum  ciuile  vel  betta  ciuilia  Iul.  27.  50.  64.  75,  Aug.  9. 
25.  32.  40,  Claud.  13,  Vesp.  1.  12,  Dom.  6.  —  Ceterum  finitimum  genus 
tetigi  ad  p.  210,  11. 


Digitized  by  Google 


224  IN  VITAM  TERENTII 

> 

Tiomanis  dncibus  beUica  praeda  fui.  Vnde  rursum  vita  Pe- 
trarcae  profecta  a  Bomanis  ducibus  captum  dicit.  Contra 
Schopeni  coniecturae  favere  vita  Sicconis  Polentoni  (Parerg. 
Plaut.  p.  635)  videretur,  in  qua  est  puer  captus  bello  et  Romam 
<«>  ductus,  nisi  illa  ex  ipso  Petrarca  ducta  esset.  —  Speciosior 
autem  quam  verior  eiusdem  Rothii  disputatio  haec  est:  fErst 
dann  wird  ein  Vorschlag  befriedigen,  wenn  dadurch  Fene- 
stella'8  Argumentation  klarer  wird;  wie  die  Worte  jetzt 
lauten,  wili  er  gegen  die  Kriegsgefangenschaft  des  Dichters 
sprechen,  widerlegt  aber  dessen  africanische  Herkunft.'  Ni- 
mirum  sic  apparet  Rothium  ratiocinari:  si  nec  bello  captus 
sit  a  Romanis,  nec  commercium  inter  Italiam  et  Africam 
ante  deletam  Karthaginem  ullum  fuerit,  non  potuisse  illum 
omnino  Karthagine  Romam  ullo  modo  pervenire.  Verum  ne 
inter  ipsam  Karthaginem  quidem  et  Ttaliam  ullum  commer- 
cium  intercessisse  quis  vel  contendat  vel  contendi  a  Fene- 
stella  sibi  persuadeat?  Quem  apertissimum  est  de  Numi- 
darum  Gaetulorumque,  non  de  Karthaginiensium  cum  Italicis 
commercio  cogitare.  In  quam  ^artem  verba  Suetoniana 
Rothius  nullo  negotio  sic  potuit  deflectere  ut  scriptum  fuisse 
inter  Italicos  ct  [cetcros]  Afros  coniceret:  ita  enim  omnis 
Fenestellae  ratiocinatio  firma  et  perspicua  et  sibi  constans 
prodit.  Sed  ne  hoc  quidem  adminiculo  opus  est:  nam  Afros 
cum  dicit  Suetonius,  non  alios  nisi  ceteros  praeter  Karthagi- 
nienses  populos  cogitat.  Planissime  ita  Livius  xxvm,  44 
' Karthaginiensi  nihil  ciuilis  roboris  est:  mercede  paratos  mi- 
lites  habent  Afros  Numidasque':  eandemque  in  partem  eius- 
dem  haec  valent  xxix,  3  'mercede  parari  auxilia  ex  Afris\ 
c.  4  'ad  conducenda  Afrorum  auxilia':  quae  item  opposita 
sunt  Karthaginiensium  notioni.  His  pridera  scriptis  suam 
nobiscum  coniecturam  Mommsenus  communicat,  qua  pergens 
in  Schopeni  via,  sed  ad  librorum  iidem  aliqua  ex  parte  pro- 
pius  accedens  adductum  Bonmm  uenire  potuisse  proponit. 

Pag.  205,  11  tradat  .  .  .  faciat  coniunctivos  constans  lo- 
quendi  consuetudo  Suetonii  (cuius  plus  viginti  exempla  nu- 
meravi)  cum  hic  postulabat  tum  infra  p.  207, 11  quamuis  Vol- 
catius  .  .  .  scribat.  Simillimo  exemplo  quamuis  ipse  in  histo- 
riis  suis  jyrodat  dixit  in  vita  d.  Claudii  c.  21.  Indicativum  ei 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS. 


225 


particulae  semol  iunctum  d.  Aug.  42  quamuis  destinarat  non 
debebat  cum  aliis  Oudendorpius  defendere. 

Pag.  205,  13  sqq.  positos  Porcii  Licini  septenarios  etsi 
aliijua  ex  parte  olim  tractavi  Musei  Rhenani  t.  n  p.  648  sq. 
vel  Parergon  Plautinorum  t.  i  p.  (337  sq.,  tamen  non  est 
uiiruni  novae  viae  ducem  veterem  codicem  Parisinum  extitisse 
tum  parum  cognitum.  Cuius  virtus  in  primis  statim  versi- 
culis  enitescit,  quos  ille  tales  exhibet:  dum  lasciuiam  nobiiium  <yo 
et  iaudes  fucosas  petit,  dum  africani  uoccm  dum  et  inhuius  ci 
auulis  auribus,  dum  ad  ftrum  [ftxum]  sc  ccntarc  ct  ttlium 
pnlchrum  putai.  Vbi  numeros  duriusculos  fucosas  lattdrs  petit, 
quos  subtili  aurium  iudicio  F.  A.  Wolfius  repudiabat,  ceteri 
libri  omues  tuentur  non  minus  vitiose  quam  in  fine  tertii 
versus  putat  ptdchrum,  quem  ordinem  ^rborum  primus  Asu- 
lanus  emendabat  in  exemplo  Aldino. 

Item  versu  proximo  quamvis  portentosa  corruptela  uocc 
tlum  et  inltuins  ct  scriptum  sit  pro  eo  quod  ccteri  servarunt 
uoce  dtnina  inluat,  tamen  vel  hic  vestigium  veri  in  uoccm 
scriptura  relictum  est:  quando  accusativos  requiri  uoccm  di- 
uinam  iam  Muretus  perspexit.  Ne  quis  enim  uocei  diuinc 
h.  e.  uoci  diuinae  potius,  quod  probabat  Daniel  Heinsius,  de- 
litescere  in  uoce  dum  ct  suspicetur,  reputandum  est  posterio- 
ribus  demum  scriptoribus,  poetis  potissimum,  dativuin  pla- 
cuisse,  ipsum  accusativum  hoc  quidem  appetendi  significatu 
autiquiores  probasse,  velut  cum  hercditatem  vel  aurum  vel 
bona  inhiare  Plautus  dixit  Stich.  G05.  Aul.  n,  2,  17.  81).  Mil. 
715  (1199).  Truc.  n,  3,  18,  mortem  alicuius  Caecilius  v.  147 
Kibb.:  nain  uberibus  lupinis  inhiantcm  liomulum  cum  dicit 
Cicero  in  Catil.  in,  8,  19,  propria  verbi  notio  servata  est. 

Insequenti  versu  cum  e  noviciorum  codicum  memoria 

dum  ad  furium  sc  coenitarc  (coemitare,  cocmptare),  mensurae 

ut  consuleret,  dum  se  ad  Furium  coenare  Wolfius  eftecisset, 

et  proditi  verborum  ordinis  et  formae  frequentativae  tutandae 

viam  rursum  solus  Parisinus  monstravit:  in  cuius  scriptura 

firit  liiuuio  fixu  C.  W.]  non  Furium  latere,  quod  ex  inferiore 

versu  p.  2(Mi,  S  huc  adscitum  est,  sed  ipsius  Furii  illius 

j^uomeu  Vhilum  telici  aeumine  Kothius  adsecutus  est. 
\a  mts<  m  i.ii  <>v\  >«  \  la  iii.  15 


Digitized  by  Google 


220 


IN  VITAM  TEKENTII 


Gravioribus  turbis  proxiina  aftecta  sunt.  Quorum  cuui 
haec  esset  in  libris  noviciis  species:  dum  se  amari  ab  his 
crcdit  rrcbro  in  albanum  rapi  ad  florem  actatis  suac  ijisis  (vel 
ipsus)  sublatis  rcbus  ad  summam  inopiam  redactus  cst,  quae 
verba  duorum  versuum  ambitum  superant,  nou  satis  suut  ad 
tres  complendos,  et  Woltio  et  nuper  Rothio  et  nobis  olim 
ipsis  haec  via  ineunda  visa  est  ut  intercidisse  quaedaui  pu- 
taremus.  Quali  tamen  lacuuae  supplendae  quae  vel  a  Wolfio 
vel  a  Kothio  temptata  sunt  (in  cuius  arguuieutationibus 
p.  178  sq.  perscriptis  nihil  quod  probari  posset  inveni),  eo- 
rum  plurimis  de  caussis  eisque  satis  nianifcstis  nullus  prorsus 
491  usus  est.  Quod  contra,  si  modo  de  lacuua  cogitandum,  ne 
nunc  quidem  valde  displicitura  sint  a  nobis  olim  commen- 
data  supplementa,  <|iia^  *  ssc  talia  volebamus:  I>um  sc  ab  his 
anuiri  credit  db  /lorcm  aetatis  suac,  ||  Dum  [sc  eorum  rcdis  gc- 
stit  J  crvbro  in  Allxmum  rapi,  \\  Suis  sublatis  rcbus  ad  summam 
inopiam  rcddctus  cst.  Verum  tamen  in  hac  versuum  confor- 
matione  ut  hodie  non  acquiescamus,  non  leves  rationes 
praesto  sunt.  Quarum  gravissima  haec  est,  quod  et  mirum 
in  modum  languent  quae  scripta  sunt  dum  se  ab  his  amari 
creditf  quod  saltem  (jloriatur  dicendum  erat  vel  similiter,  et 
eadem  amoris  notionem  multo  certiorem  atque  apertiorem 
produnt,  quam  quae  in  praemissa  a  Suetonio  vcrba  quadret 
quibus  is  Porcium  suspitionem  de  consuctudinc  faccre  signi- 
ficabat.  Vnde  fit  ut  illa  ipsa  verba  in  suspitionem  incurrant 
nec  de  lacuna  potius  quam  de  interpolatione  cogitandum 
videatur.  Nam  ut,  quo  Porcii  versiculi  spectarent  quamque 
vim  illa  potissimum  haberent  quae  sunt  ad  Philum  sc  cenitarc 
ct  Ladmm  pulckrum  putat,  doceretur,  sat  profecto  proclive 
erat  adscribi  ab  interprete,  quae  post  in  verba  poetae  inre- 
pserunt,  se  amari  ab  his  crcdit.  Huc  auteni  accedit  quod  a 
ceterorum  codicum  memoria  non  leviter  veteris  Parisini  fides 
discrepat:  in  quo,  praeter  crcdat  pro  crcdit  positum,  proxima 
in  hunc  modum  scripta  sunt:  crebro  in  albanum  mpitur  olt 
jlorem  actotis  suae  jx>st  sublatis  rcbus  e.  q.  s.  Ergo,  ne  moras 
nectam,  a  dum  particula  incipiens  quartum  enuntiatum  se- 
quebatur,  integrum  id  septenarium  aequans  eumque  una 
rrcbro  voce  transposita  tam  concinnum  quam  quod  maxime: 


* 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS. 


227 


Dum  in  Albanum  crebro  rapitur  6b  florcm  aetatis  suac,  in 
quadruplici  auteni  protasi  constructio  omnis  substitit  nec 
oninino  ad  quintupliceni  progressa  est.  —  At  vero  protasiin 
dum  coniunctione  factam  quid  esse  dicamus  quod  in  apodosi 
post  particula  excipit?  id  quod  nemo  non  videt  prorsus  de- 
stitui  ratione.  -  Porro  autem  quas  tandem  res  sublatas  inter- 
pretabere,  sive  cum  Wolfio  cdtlatas  substitueris?  Quos  enim 
esse  putabimus  qui  res  quaslibet  Terentio  vel  sustulerint  vel 
abstulerint?  ut  rcs  esse  bona  possessa  a  poeta  largiamur. 
An  Scipionem,  Furium,  Laelium?  Perversa  haec  sunt  omnia 
aut  abhorrentia  a  latinitate:  sanum  nihil,  quamdiu  quidem 
in  hac  via  persistimus,  nisi  ut  rc  potius,  non  rebusf  h.  e. 
re  familiari  'perdita'  vel  'pessumdata'  diceretur.  Prorsus 
diversam  notionem  pluralis  numerus  fiagitat,  quae  vix  alia 
esse  potuit  nisi  ut,  qui  alienam  gratiam  cupidius  sectaretur 
luxuriaeque  studia  cum  nobilibus  participaret,  suis  ipsius  492 
rrbus  'neglectis*  vel  f  postpositis,  posthabitis'  ad  inopiam 
esse  redactus  diceretur.  Eamque  ipsam  iu  viara  vetus  nos 
Parisinus  ducit,  e  cuius  scriptura  aetatis  suae  post  subkitis 
lenissima  transpositione  eruitur,  quod  a  Porcio  scriptum 
esse  pro  certo  affirmamus ,  aetatis  suae,  \\  Suis  postiatis  rebus 
e.  q.  s.  Ipsum  postlatus  vocabulum  quotiens  vel  usurpatum 
a  scriptoribus  vel  a  librariis  obscuratum  sit,  idoneis  exem- 
plis  Oudendorpius  in  Suetonii  vit.  d.  Aug.  c.  77  docuit.  — 
Ceterum  ad  nobilium  inlecebras  illas  ut  paucis  redeamus, 
Albanum  cuius  fuerit  incompertum  nobis.  Fortasse  ipsius 
Scipionis:  cui  coniecturae  salteni  illud  non  obstat  quod  Sci- 
pionis  iam  ante  mentio  facta  est.  Satis  enim  commode  post 
Scipionem,  Furium,  Laelium  singillatim  commemoratos,  ut 
quos  in  urbe  poeta  singulos  coleret,  quarto  loco  inferri  cuius- 
libet  villa  potuit  tamquam  commune  amicorum  illorum 
omnium  conciliabulum  voluptatis  deliciarumque.  Quae  si 
ratio  inter  v.  2.  3  et  v.  4  intercedit  (nam  primo  versu  gene- 
ratim,  quae  per  partes  explicantur  deinceps,  comprehendun- 
tur),  etiam  planius  intellegitur  quam  a  veritate  abhorreat 
Itothiana  ratio,  qui  ipso  quarto  versu  apodosim  fieri  prae- 
missarum  protasium  sibi  persuasit  prorsus  mirabiliter. 

Pag.  206,  5  qui  insequitur  versus,  in  Parisino  talis  est:  ita- 


Digitized  by  Google 


228 


IN  VITAM  TERENTn 


que  ex  conspcctu  omnium  abit  greciam  in  terram  ultimam.  Vbi 
sic  discrepaut  ceteri,  ut  (praeter  e  forniani  pro  ex  substitu- 
taiu)  vel  abiit  in  graeciam  tcrram  prodaut  vel  abiit  in  grcciam 
in  terram  vel  abit  (abiit)  in  greeiam  omissa  terram  voce:  ut 
incerta  sede  fluctuare  in  praepositionem  appareat.  Nuuieris 
auteni  quo  satis  fiat,  duae  solae  corrigendi  viae  patent:  aut 
ut  dbiit  Gracciam  tn  terram  probetur  aut  ut  dbit  in  Graecidm 
terram:  nullus  est  enim  quem  Rothius  versum  finxit.  Vtruui 
praestet,  non  est  difficile  iudicatu:  perinde  vel  abit  praesenti 
tempore  vel  perfecto  abiit  dicebatur,  non  perinde  in  prae- 
positio  vel  praemittebatur  vel  media  inserebatur.  Nam  poe- 
tico  tantum  artificio,  quale  ab  hoc  genere  litterarum  alienis- 
simum  est,  sic  loqui  Graeeiam  in  terram  licuit,  quem  ad 
modum  Celtiberia  in  tcrra  Catullus  39,  17  dixit:  in  Graeciam 
terram  (vel  etiam  usitatius  in  terram  Graeciam)  prosae  ora- 
tionis  siraplicitatem  servans  castitas  sermonis  antiqui  postu- 
labat,  sicut  iu  Trinummo  aduecti  ad  Arabiam  terram  sumus 
Plautus  dixit  v.  933,  Arabiam  ad  krram  non  magis  potuit 
quam,  qui  poetam  non  ageret,  JUienum  in  fluuium  vel  Ale- 
xandrum  ad  fdinm.  Nec  aliter,  qui  Catonis  Varronisque  ex- 
493  emplo  valde  delectatur  hac  societate  nominum,  Gellius:  in 
terra  Graccia  I,  1.  XVII,  3.  XVII,  21  §  10  et  23,  tff  tcrra  Vmbria 
ni,2,  in  terra  Africa  iv,  18.  xvi,  11,  in  tcrra  Italia,  in  ter- 
ram  Laeonicam  xvi,  19,  ex  tetra  Hispania  xvn,  3,  c  terra 
Asia  xix,  9.  Contra  poetico  colore  tinctus  Taciti  sermo 
uou  refugiebat  Capreas  se  in  insulum  abdidit  Ann.  iv,  67,  et 
si  quae  sunt  similiter  dicta  inverso  ordine  ut  oppido  a  Ca- 
nopo  ii,  00,  montetn  apud  Erycum  iv,  43.  Ceterum  uno  verbo 
repellendi  sunt  qui  Gracciae  in  terram  commendarunt  non 
perspecta  vi  appositionis  quam  sanissimo  iudicio  Carolus 
Nipperdeius  nuper  explicavit  Spicileg.  crit.  iu  Cornel.  Nep. 
p.  35  sq.  —  Vnum  restat,  quod  etsi  dubitationi  esse  ob- 
noxium  sentio,  tamen  silentio  praetermittere  religioni  duxi. 
Etenim  numquam  non  oflensioni  fuisse  fateor  quod,  quo  se 
receperit  Terentius,  Graecia  ultima  dicitur:  cuius  quidem 
definitionis  vereor  ut  ullani  certam  notionem  menti  suae  in- 
formare  veteres  ipsi  potuerint:  tam  illa  et  ab  usu  recedit  et, 
situm  Graeciae  si  qualis  sit  reputaveris,  suapte  natura  miruni 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS 


229 


in  moduin  vagatur.  Reniotissiniae  ab  urbe  Koma  (vel  etiam 
Brundisio)  partes  Graeciae  navigantibus  quidem  non  fuerunt 
aliae  nisi  Attica,  Euboea,  Thessalia:  quarura  illas  duas,  qui 
delitescere  vellet,  non  profecto  petiturus  erat  praeter  alias, 
rursus  autem  haec,  Thessalia,  per  Epirum  iter  facientibus 
raulto  quam  ipsa  Attica  vel  Euboea  propinquior  erat.  Ergo 
quocumque  te  verteris,  cum  semper  aliquid  insoliti  multum- 
qne  ambigui  habeat  Graeciae  ultumae  appellatio,  non  levis 
suspitio  nascitur  in  Graeeiam  terram  intumam  potius,  quo 
e  conspectu  omnium  se  subduceret,  Terentium  recessisse 
auctore  Porcio  h.  e.  eam  in  terram  in  qua  etiam  mortem 
obiit,  quae  fuit  Arcadia.  Nam  nihil  huc  pertinet,  quod  illum 
alii  omnino  non  in  Graeciam,  sed  in  Asiam  profectum  tra- 
didere,  ut  Volcatius  Sedi«j;itus  infra  commemoratus  a  Suetonio. 

Pag.  206,  7  sic  Parisinus  A:  mortuus  cst  infalo  archadiac 
opido  e.  q.  s.  Vbi  in  phalo  libri  novicii  plerique,  in  stim- 
phalo  cum  Vrbinati  editio  princeps,  turpi  ut  apparet  soloc- 
cismo.  Quod  intellegens  Rothius  soloecismum  tamen  ne  ipse 
quidem  cavit  cum  Porcio  haec  verba  tribuit:  Mortuust  Stym- 
phalo  Arcadiac  in  oppido.  Tolerari  potest,  quam  ille  neces- 
sariam  dixit  praeter  veritatem,  ttt  praepositio:  non  potest  in 
bono  scriptore  Stymphalo  forma  pro  ea  quam  antiquitas  solam 
probavit  Stymphali:  quod  genus  accurata  ut  solet  doctrina 
idem  ille  Nipperdeius  1.  s.  s.  tractavit  j>.  15  sq.  Et  certis-  494 
simo  indicio  veri  ipsa  haec  vita  Terentiana  est  inferiore  in 
loco  p.  211,  11,  ubi  'ccteri  mortuum  esse  in  Arcadia  Stymphali 
siuc  Leucadiae  tradunt9  scriptum  est  in  libris,  ex  interpola- 
tione  autem  inrepsisse  Stymphali  nomen  infra  apparebit.  Ibi 
igitur  in  interpretamento  fortuito  servatam  legitimam  Stym- 
phali  formam  ubi  huic  in  quo  versamur  loco  reddiderimus, 
simul  autem,  quas  turbas  in  antiquorum  poetarum  codicibus 
cst  verbi  aphaeresis,  sive  synaloepham  dices,  tamquam  de 
raore  creaverit,  meminerimus,  dubitari  nequit  quin  ipsam 
Porcii  manum  hac  demum  emendatione  recuperemus:  Mortuos 
Stumplialist  Arcadiac  oppido.  Nam  ne  quis  hiatui  patrocine- 
tur  in  medio  septenario:  Mortuost  StympJuUi  Arcddiae  oppido, 
reputandum  est  praeter  alia,  artiore .  constructionis  vinculo, 
quam  ita  ut  divelli  possint,  Arcadiac  oppido  verba  contineri. 


Digitized  by  Google 


230 


IN  VITAM  TERKNTI! 


Nec  offensioni  esse  dactylus  in  quarto  pede  debet,  ut  qui 
satis  veniae  cum  a  nomine  proprio  tum  ab  ipsa  elisione 
habeat.  Prorsus  autem  simplicitati  conlocandorum  verborum, 
qua  hoc  genus  versuum  regitur,  inludat  si  qui  Mdrtuos  Stym- 
pliali  Arcddiaest  dppido  commendare  animum  induxerit*). 

Pag.  206,  8  —  207,  3  cum  exitu  septimi  bene  factum  quod 
non  semel  scriptos  habemus,  sed  circa  finem  huius  vitae  p. 
212,  6  iteratos  in  libris  post  illa  quae  sunt  quo  magis  miror 
Porcium  scribere.  Itaque  quo  expeditior  conlatio  esset,  utrius- 
495  que  loci  versiculos,  quales  in  vetere  Parisino  exstant,  ex 
adverso  posui,  simul  subiecta  scripturae  discrcpantia  notabi- 
liore  noviciorum  librorum. 

p.  206  sq. 
nichil  P.scipio  eiprofuii  niliil 
illi  lelius  nihil  siministros  per 
idem  tcmpus  qui  agitabant  3 
nobilcs  facillimae  eorum  ille 
opcra  ne  domum  quidem 
si  abuit  conducciciam  saltem  6 
ut  esset  quo  referret  obitum 
domini  seruulo. 

1  P.  vel  p.  vel  Publio  (Vrb.) 
vel  ei  p.  (Neap  )  scipio  pro- 
fuit  8ine  ei  2  illi]  ei  si- 
ministros]  furius  tres  6  si 
abuit]  habuit       8  seruulus 

*)  Ceterum  non  fore  lectu  iniucunda  arbitror  qtiac  de  his  versibus 
per  prooemii  academici  opportunitatem  proximo  anno  a  me  tractatis 
F.  Th.  Welckerus  ad  me  peracribebat  ex  itineris  Graeci  memoria  rcpc- 
tita:  fDas  Gedicht  des  Porcius  Lic.  ist  hochst  interessant  durch  die 
tief  gehenden  Andeutungen  die  es  nach  zwei  Seiten  hin,  wie  von  eincm 
hohen  Stande  der  Bildung,  in  milder  und  fast  elegischer  Satire  aua- 
driickt.  Wenn  es  nicht  aus  anderen  Griinden  unwahrBcheinlich  iat, 
dass  der  genial  anziehende  Liebling  der  Grossen  sich  in  Zcrwfirfniss 
und  Verdru88  wirklich  in  das  poetisch  und  politisch  den  Rflmern  echSn 
klingende  Arkadien  zurflckgezogen  hat,  so  war  Stym])halos  ein  ange- 
nehm  gelegener  und  kein  kleiner  Ort.  An  der  aehr  gelinden  und  raiU- 
sigen  AnhShe,  wo  die  weit  verstreuten  Ruinen  den  Umfang  dcr  Stadt 
zeigcn,  fiihrt  eiu  ehmaU  vortrefflicher  Steinweg,  in  Stufen  wovon  noch 


p.  212 

scipio  nichit  profuit.  nichil 
ledius  furius.  trcs  per 
idcm  tcmptts  qui  agitabant 
nobiles  facillimc  eorum  illc 
opera  ne  domum  quidem 
habuit  conducticiam  saltcm 
ut  esset  quo  rcferct.  obitum 
domini  seruulus. 

2  lcdius.  furius\  ei  lelius  nihil 
furius  (sine  ei  Par.  alt.,  Reg.) 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS. 


231 


Et  iiiitium  quideiu  horum  versuum  longo  ex  terapore  tale. 
vulgatur  loco  priore:  nil  Publius  \\  Scipio  profuit,  nil  ci  Lae- 
lius,  nil  Furius:  a  qua  specie  ita  tantura  Rothianum  exem- 
plum  differt  ut  illi  pro  ei  substituerit  duce  Parisino,  id  quod 
iam  commcudaverat  Guyetus.  Talis  tamen  constructio  non 
miuus  ab  usu  quam  ab  elegantia  reiectanea  est:  nec  enim 
fieri  potest  ut  e  tribus  membris  orationis  eisque  eiusdem  nil 
vocis  anaphora  aequabiliter  formatis  dativus  solum  medium 
occupet,  qui  aut  soli  primo  conveniens  erat  hoc  pacto:  nil 
ei  (vel  illi)  Scijrio  profuit,  nil  Laelius,  nil  Furius,  aut  et 
primo  et  secundo.  Quo  tamen  non  ita  utere  ut  simul  et  ci 
et  HU  pronomine  suscepto  e  Parisino  hoc  genus  probes:  nil 
PtibUus  ||  Scipio  ei  profuit,  nil  illi  Laclius,  nil  Furius:  quando 
absonura  est  diversis  prouominibus  eandem  personam  declarari. 
His  autem  incommodis  qui  nos  expediamus,  via  parata  est 
certissima.  Quis  enim,  qui  aliquem  sensum  elegantiae  ha- 
beat,  patienter  ferat  duorum  versuum  confiniis  divulsa  Publius 
Scipio  nomina?  Et  ut  ultra  progrediar  ratiocinando,  quis 
omnino  additum  Publius  praenomen  probet,  cum  de  alio  uisi 
Fublio  Scipione  omnino  cogitari  nequeat?  Vno  verbo  quid 
rei  sit  aperiam:  non  est  P.  vel  p.  nota  Publius  interpretanda, 
sed  Publio,  sic:  nil  Publio  ||  Sciirio  profuit,  nil  illi  Laelius,  nil 
Furius,  h.  e.  Publio  Terentio.  Quod  quidem  pridem  perspe- 
xeram,  cura  ipsum  illud  Publio  exstare  in  Vrbinati  codice  *oa 
comperi.  Non  nisi  simplici  nomine  aut  Africanum  aut  Sci~ 
pionem,  aut  Philum  aut  Furium  Porcius  dixit:  item,  ut  I*u- 
hlium  ille,  ita  Afrum  simpliciter  Volcatius  infra  p.  211,  7.— 
Quodsi,  qui  tandem  ei  pronomen  huc  inrepserit,  quaesieris, 
responderi  poterit  prorsus  apposite  ad  persuasionem.  Nec 
enim  ullo  modo  credibile  est  inferiore  loco  Suetonium,  post- 
quam  hortulos  XX  iugerum  a  Terentio  relictos  commemoravit, 
mirationem  de  contrario  Porcii  testimonio  suam  ita  prodi- 

viel  erhalten  ist,  sanft  binauf;  und  unten  am  Rand  sind  in  die  niedrige 
zum  Theil  einigermassen  behauene  Felswand  oder  aus  ihr  heraus 
Kxedren  auagehauen,  von  denen  aus  man  das  weite  Thal  mit  dem  See 
und  dem  miigsigen  Bergzug  gcgenuber  ganz  gemuthlich  plaudernd  be- 
quem  uberschauen  konnte.,  Cf.  Rossii  fRei«en  und  Reiserouten'  p.  54 sq., 
Curtii  Peloponn.  I  p.  204  «q. 


Digitized  by  Google 


232 


IN  VITAM  TERENTII 


tlisse  ul  huius  versiculos,  quales  paullo  ante  integros  pcr- 
scripserat,  putida  tliligentia  ouines  iteraret:  imnio  consenta- 
neum  est  in  eis  illum  substitisse  quae  ad  ipsam  rem  per- 
tinerent,  nec  tam  numeros  versuum  quam  vim  seutentiae 
curasse.  Satis  igitur  erat  haec  apposuisse:  qtio  magis  miror 
Forcium  scriberc  'Scijrio  nihil  profuit,  nihil  Laclius,  nihil  Fu- 
rius:  eorum  ille  Ojtcra  ne  domum  quidcm  habuit  conducticiani'', 
nain  Scipio  nomen  nihil  praecessisse  conseutieus  vox  codicum 
evincit,  e  quibus  unus  Keginensis  nihil  Publitts  addidit  e  loco 
priore,  quod  post  Aldinae  auctoritate  haesit  etiam  in  editio- 
nibus  fne  in  Reginensi  quidem  hoc  additamentum  legi  nuue 
testatur  VVilmannsius.  C.  WJ.  Sed  aliquid  tainen  in  eo  quod 
proposui  exeuiplo  desiderari  senties:  personae  indicium,  cui 
nihti  vel  summi  patroni  profuerint.  Eoque  ipsum  illud  ci 
spectat,  lioc  loco  temere  omissum,  in  priorem  ex  hoc  in- 
latum  et  aut  post  scipio  repositum  ut  iu  vetere  Parisino,  aut 
antc  p.  scipio  ut  in  Neapolitano.  Quod  contra  e  priore  loco 
posterior  interpolatus  est  non  tantuin  supervacaneis  versibus 
(luobus  adscitis,  sed  rursus  ci  pronomine  inferto  iu  proximis 
nihil  ci  Mius  nihil  furius,  a  qua  interpolatione  soli  liberi 
manserunt  uterque  Parisinus  cum  Reginensi.  —  Consequens 
igitur  est  ex  his,  ut  inferiore  loco  sic  scripserit  Suetonius: 
Scipio  nihil  ci  }>rofuit,  nihil  IawUus,  nihil  Furius.  Qnamquam, 
absque  fide  librorum  esset,  nescio  an  etiam  magis  placiturum 
esset  nihii  ci  Scipio  profuit  e.  q.  s. 

Pag.  207,  1  cum  per  id  tempus  edidit  Wolfius  pro  eo  quod 
in  libris  est  per  idem  tcmpun,  non  fecit  hoc  nietri  caussa 
quod  dicit  Rothius  p.  170  (nihil  enim  in  mctro  otfensionis\ 
sed  ipsas  cogitandi  leges  secutus.  Neque  enim  id  agitur,  ut 
inter  se  aequales  aetate  fuisse  Scipionem,  Laelium,  Furium 
doceatur,  sed  ut  aequales  Terentii:  unde  illud  sua  sponte 
consectarium.  —  Quae  insequuntur  qui  agitabant  faciUumc  ne 
cui  morae  sint,  unus  cavere  personatus  Asconius  poterit  in 
Cic.  divinationem  §  8  p.  102  Or.  sic  commentatus:  Uiifficul- 
4y7  tatem  enim  paupertatem  significat.  Terentius  c  contrario: 
tptam  uos  faciUime  agitis\  quae  verba  sunt  Adelph.  v.  501: 
recteque  hoc  genus  loquendi  iam  Adrianus  Turnebus  expli- 
cavit  Adversar.  xx,  33. 


Digitized  by  Google 


COMMEXTAKIVS. 


233 


Versu  3  mimui  est  planissiinam  sententiam  negotium 
facessere  Scaligero  Guyeto  Heinsio  Burmanno  potuisse,  in- 
utilissimis  coniecturis  librorum  scripturam  sollicitantibus. 
Iosephi  autem  Scaligeri,  qui  Porcii  versus  a  se  ut  ait  casti- 
gatos  animadversionibus  in  Eusebii  Cbronologica  suis  inseruit 
p.  144  ed.  alt,,  quod  omnino  nullam  in  hac  tota  disputatione 
mentionem  feci:  fatendum  est  praeter  unum  versum  sextum, 
tibi  abit  in  Graeciam  recto  iudicio  edidit,  in  reliquis  quae 
sua  usus  coniectura  proposuit  omnibus  ne  unam  quidem 
quae  probari  possit  litteram  esse.  Quod  cum  libere  profiteor, 
non  esse  verendum  puto  ne  de  magni  viri  plane  divina  vir- 
tute  quicquam  detrahere  inreverentius  videar. 

Pag.  207,  5  quin  recte  Caccilio  nomen  (item  ut  versu  9 
Caccilii)  Petrus  Crinitus  Liliusque  Gyraldus  restituerint,  quos 
praeter  Pighium  et  Vbssium  omnes  secuti  sunt,  dubitari  non 
patitur  Hieronymi  auctoritas.  Verum  idem  cum  Caecilium 
'mortuum  c$sc  anno  post  mortcm  Ennii  ct  iuxta  Ianiculum 
scpnltnm9  tradat,  gravis  longo  ex  tempore  controversia  orta 
est,  Caecilius  qui  audire  Andriam  praelegentem  Terentium 
potuerit:  quando  Andriam  non  minus  certum  est  anno  588 
actam  quam  Ennium  mortuum  anno  585.  Aut  igitur  duplex 
fuit  de  morte  Caecilii  memoria,  aut  corniptela  latet  in  verbis 
Hieronymi.  Nec  enim  vel  de  priore  aliqua  actione  Andriae 
recte  cogitatur,  nec  de  annorum  intervallo  quod  inter  prae- 
lectiouem  eius  fabulae  et  actionem  intercesserit:  de  quo 
praelegendi  consilio  pluribus  disputatum  est  Parerg.  p.  329. 
Itaque  cum  aliqua  lacuna  laborare  etiam  proxima  Hieronymi 
verba  C.  F.  Hermannus  coniecerit  commentatione  de  scripto- 
ribus  illustribus  apud  Hieronymum  memoratis  Goettingensi 
anni  1848  p.  4  sq.,  haud  scio  an  in  eadem  via  paullo  sit 
longius  progrediendum  librariorumque  manus  ad  tale  fere 
exemplum  emendanda:  MORTVVS  EST  ANNO  POST  MORTEM 
ENNH  ///  ET  IVXTA  EVM  1N  IANICVLO  SEPVLTVS:  quando 
annus  post  mortem  Ennii  tertius  ipse  588  fuit.  Nihil  enim 
quo  temporum  discrepantiam  illam  expediret,  disputando 
Hermannus  profecit,  cum  de  mortis  anno  Ennianae  levitcr 
taxaus  Ciceronis  testimonium  idque  duplex  Bruti  c.  20,  78 
et  Caton.  5,  14,  vel  adeo  triplex  conl.  Brut.  18,  72,  tum  de 


234  IN  VITAM  TERENTII 

aedilibus,  qui  praelectae  Andriae  interfuerint,  valde  impro- 
4<j8  babiliter  statuens.  —  Ceterum  alio  modo  idem  Caccilius 
nomen  infra  p.  212,  11  corruptum  est. 

Pag.  207,  6  etsi  mirum  est  in  dictus  est  converti  potuisse 
a  librariis  dicitur,  tamen  Suetonio  hoc,  non  illud  tribui  ipsam 
sanam  rationem  iubere  Mommsenus  sensit  verissime. 

Pag.  207, 7  in  praepositionem  addebam  ut  proxima  ucstitu 
voce  haustam,  quia  subsellio  residens  sentiebam  poetarum, 
non  8criptorum  esse.  Sed  Suetonii  tamen  aetatem  a  talibus 
non  abhorruisse  ipse  nunc  testis  certissimus  prodeat,  qui 
Calig.  c.50  toro  residcns  dixit,  Ner.  13  curtdi  residcns,  Claud.7 
ut  aquila  dexteriore  utnero  consideret,  Aug.  43  lectica  cubans, 
73  cubuisse  toro.  Non  imitabitur  igitur  nostrum  exemplum 
qui  posthac  hanc  edere  vitam  instituerit.  Diversi  generis 
sunt  m  ea  parte  consedit  Aug.  43,  in  orcliestra  considere  44, 
cum  in  acde  Vcstae  resedissct  Ner.  19,  in  donw  Maecetiatis 
cubabat  Aug.  72,  in  peristylio  cubabat  ib.  82. 

Versu  9  pcrcucurrisse]  Reduplicationem  cum  codices  Suc- 
touiani  octiens  praeter  hoc  exemplum  tueantur  in  accucurrc- 
runt  CaL  58,  concucurrisse  Iul.  15,  decucurrit  Ner.  11,  discu- 
currit  Cal.  32,  excucurrisset  Galb.  18,  percucurrit  Ner.  3,  pro- 
cucurrissent  Claud.  29,  transcucurrisset  Cal.  24,  haud  scio  an 
ea  hic  scriptor  sit  constanter  usus.  Quaraquam  fatendum 
est  item  octiens  eandem  libros  ignorare  in  accurrisse  Ner.  21. 
34,  coticurrerunt  Claud.  21.  Oth.  12,  coticurrissent  Iul.  32,  oc- 
currisset  Aug.  96.  Claud.  8,  procurrit  Ner.  47. 

Pag.  207,  11  sqq.  a  veteris  libri  Parisini  memoria  quae 
haec  est:  quamuis  uulcatius  denumeratione  omnium  ita  scribat 
'sumetur  hec  ira  sexta  ex  his  fahda%  ita  libri  novicii  discre- 
pant  ut  de  enumeratione  et  scribit  exhibeant,  maiore  ex  parte 
otnninm  omittant,  pro  sumetur  autem  vel  sumerctur  substituant 

vel  submct  vel  sitmetur  vel  subtneret.  Et  numeris  quidem  quo 
satis  fieret,  aut  ex  hisce  propositum  est  aut  ex  his  trans- 
posita  ante  Hecyra:  utrumque  satis  exiliter  et  ut  ad  rei 
summara  animus  ne  adverteretur  quidem.  Nam  quid  taudem 
sibi  velle  illud  ipsum  sutnetur,  sive  sumatur  substitueruut 
alii,  putabimus?  Quod  cuni  Kothius  p.  180  sic  iuterpretatur 
cmag  hingenoraraen  werdeu',  et  sanam  sententiam  et  latini- 


Digitized  by  Google 


COMMKNTARIVS. 


235 


tateiu  desideramus.  Nec  plus  profecenmt  si  qui  pro  cximetur 
acceperunt:  nec  enim  hanc  vim  sumcrc  verbum  habet  oranino, 
nec  unde  eximenda  fabula  sit  quave  caussa  quemve  ad  finem 
eximenda,  intellegitur.  Quod  autem  nexus  sententiarum  fla- 
gitat  certissime,  hoc  est  ut,  cum  Terentii  fabulaa  bnraes  499 
populo  placuisse  narratum  esset,  unam  solam  Volcatio  qui- 
dem  teste  non  placuisse  adiceretur  planis  verbis  et  simpli- 
cibus,  non  per  aenigmatis  artificium:  ad  eiusmodi  enim  op- 
positionem  contrariorum  ipsa  quamuis  particula  manifesto 
spectat.  Itaque  talis  quali  opus  est  notio  cum  e  sumeiur 
scriptura  vix  posse  erui  videatur,  nec  ab  initio  versus  metrum 
claudicet,  sed  circa  ipsas  cx  his  voces  quas  per  se  aegre  in- 
tellegi  antea  significavimus,  consequens  est  ut  hoc  potius  in 
loco  sedes  corruptelae  quaeratur.  Igitur  quoniam,  quae  non 
fplacuisset'  vel  fstetisset'  fabula,  vel  fexacta'  vel  fexplosa' 
dicebatur,  facile  quispiam  ipsius  explosast  vocabuli  reliquias 
cxhis  litteras  interpretetur.  Verum  aliud  in  promptu  est, 
multo  etiam  graviorem  vim  persuadendi  habens.  Quotiens 
enim  fnon  placitae'  Hecyrae  mentionem  Donatus  inicit,  to- 
tiens  fere  uno  certo  vocabulo  utitur,  quod  cum  alia  exempla 
non  habeat,  vix  mihi  tempero  quin  ex  ipso  Volcatiano  versu 
vitae  Suetonianae  petitum  dicam.  Quippe  constanter  ille  cx- 
clusam  fabulam  vel  cxclusum  poetam  dixit:  cuius  rei  testi- 
monia  infra  scripsi.  In  auctario  suo  vitae  Suetonianae  quod 
subiectum  est  p.  214:  fHecyra  saepe  cxclusa,  uix  acta  est\ 
Idem  praef.  Hec.  p.  337  Lindenbr.:  fsaepe  cxclusa  haec  co- 
moedia'.  Idem  ipsis  commentariis  in  Hec.  prol.  1  v.4:  fnon 
quia  mala,  exclusa  est,  sed  quia  populus  funambuli  admira- 
tione  obstupuit';  in  prol.  11  v.  3:  fturpe  non  esse  Terentio 
exclusam  esse  unam  illius  fabulam';  in  v.  7:  fcum  una  He- 
cyra  cxclusa  sit';  in  v.  13:  fquia  remotum  et  cxclusum  (poe- 
tara)  dixit';  in  v.  26:  fduplex  caussa  ad  unam  cxclusionem 
adhibetur',  item  fnarratio  cur  cxclusa  sit:  hoc  est,  non  poe- 
tae  culpa  deiecta  est  nec  iudicio  populi';  in  v.  29:  fquia 
numquam  alias  exclustis  est'.  A  qua  ille  consuetudine  lo- 
quendi  paucis  exemplis  recessit,  paullo  fortiore  vocabulo  in 
bis  usus:  in  prol.  n,  1:  ftotiens  expulsa  fabula';  item  fde 
Terentio,  quod  cxpulsus  est';  item  fne  expettatur,  non  se  pro- 


Digitized  by  Google 


236 


IN  VITAM  TERENTII 


logum,  sed  oratoreni  nominat';  in  v.4:  'exactasJ  exjndsaf. 
lllam  igitur  loquendi  consuetudinem  Donati  caussam  habeo 
cur  in  Tacobi  Bernaysii  partes  non  cedam,  cecidit  latere  in 
exhis  conicientis  conl.  Hor.  Epist.  n,  1,  176  'securus  cadat 
an  recto  stet  fabula  tato'.  —  Sequitur  ut,  quid  in  sitmefur 
voce  delitescat,  quaeratur.  Ne  rnulta,  scriptum  est  a  Sedi- 
gito:  Simitur  Hecura  sexta  exclusast  fdbtda.  Et  reconditior 
quidem  simitur  forma  (etiam  antiquior  illa  quam  frequentata 
wo  Plauto  simitu)}  cuius  paene  intermortuam  memoriam  in  An- 
thologiae  lat.  corollario  epigraphico,  quo  indici  scholarum 
aestivarum  anni  1853  proludebam,  resuscitavi  p.  XI  sq.,  certa 
autem  ratiocinatione  etiam  Plautinis  versibus  Most  792. 
Amph.  631  redintegrandis  adhibui,  a  Volcatio  eo  minus  aliena 
videbitur,  quo  certius  est  posterioris  aetatis  duos  illos  titulos 
(Orell.  2863.  Inscr.  Neap.  423)  esse  quorum  testimoniis  fides 
ciufl  formae  omnis  continetur *).    Ipsa  autem  'simul'  notio 


*)  In  epistulis  Ciceronis  quot  vestigia  sermonia  vulgaris,  qui  idem 
esse  priscus  solet,  scrvata  sint,  nuper  demum  accurata  obscrvalionc 
Franciscus  Buechelems  persecutus  est  Mua.  Rhcn.  XI  p.  500  sqq.  Eo 
igitur  ille  etiam  hoc  refert,  quod  ad  Att.  VII,  9,  2  scriptum  est  $i 
multo,  ubi  sententui  requirit  sitnul  notdonem:  quippe  conflatam  esse 
simiilto  scripturam  e  vetustiore,  qua  hoc  loco  luserit  Cicero,  suiitu 
particula  et  eius  interpretatione  sjmul.  Quam  autem  diu  simitu  for- 
mae  usus  manserit,  etiam  ex  cpigrammate  Anthologiae  V,  1,  10  Borm. 
(1024  apud  Meyerum)  intellegi:  Hinc  homincs,  armcnta  simitu,  et  se- 
mina  rerum:  ita  enim  (sed  hoc  praeter  alia)  emaculandum  videri  quod 
vulgatur  simul  et.  Verum  etiam  antiqnioris  simiiur  formae,  in  quani 
supra  incidit  disputatio,  fallitur  nostra  sententia  qui  vestigium  suspi- 
catus  est  in  Hostii  versibus  relictum  apud  Macrobium  Saturn.VI,  5,  8: 
Dia  Minerua,  simul  autem  inuictus  Apollo  \\  Arquitcnens  Latonius.  Ibi 
enim  etsi  prosodiae  quidem  videri  potest  sic  satis  fieri  simitur  autem 
i.  A.:  quando  producta  ultima  pronnntiatum  esse  simitur  iam  olim  dixi 
probabile  essc:  tamen  a  numerorum  ratione  vix  poterunt  duo  versus 
contigui  placere  neglecta  caesura  aequaliter  inconcinni.  Ergo  sic  potius 
statuendum  videtur,  una  eademque  lacuna  utriusque  versus  communi 
aliquid  in  utroque  intercidisse.  Velut,  aliquo  ut  exemplo  utar,  in  hunc 
modum: 

JHa  Minerua  fruit],  simtU  autcm  inuictus  Apollo 

Arquitencns  [instatj  Jatonius. 
In  promptu  est  enim  e  pugnae  dcscriptione  bclli  Histrici  haec  rcpdtere, 
cui  pugnac  Homcrico  exemplo  ipsi  dei  interfuerint. 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS.  237 

quo  spectet,  nirsus  planum  fit  e  didascaliis.  Quippe  unis 
eisdemque  ludis  funebribus  Aeinilii  Paulli,  quos  fecere  Q. 
Fabius  Maximus  P.  Cornelius  Africanus,  L.  Anicio  Gallo  M. 
Cornelio  Cethego  cos.  h.  e.  anno  urbis  594,  et  Adelphi  acta 
est  quae  placuit,  et  iteruni  data  Hecyra,  quae  cur  ne  tum 
quidem  peragi  posset  (nam  'exclusa'  iani  a.  589  erat,  cuui 
r  in  scaenam  primum  deferretur  T.  Manlio  Torquato  Cn.  Octa- 
vio  cos.),  ipse  actor  primarum  idemque  dominus  gregis 
Ambivius  Turpio  exposuit  prologi  alterius  v.  29  ad  33.  Ergo 
brevem  enumerationem  fabularum  Terentianarum  omnium 
percommode  Volcatius  potuit  velut  tali  exeuiplo  terminare: 

Qttinto  loco  acta  Adelphoe  idauaum  Uidcm  tttlit:  wi 

Simitur  Hecura  sexta  exclusast  fabula. 
Mirari  sane  licet  secundam  potius  Hecyrae  actionem  a  Vol- 
catio  menioratani  quam  tertiam  qua  placita  est  fabula  teste 
didascalia,  cum  ludis  (Romanis  nt  videtur)  a  Q.  Fulvio  No- 
biliore  L.  Marcio  Censorino  aedilibus  curulibus  factis  denuo 
relata  est  eodem  anno  594.  Verum  non  est  tamen  nimis 
uiirandum  quaedam  in  lioc  genere  veteres  illos  pinacogra- 
phos  saeculi  vn  fugisse  (nam  illud  de  ter  acta  Hec.yra  nisi 
fugisset  Volcatium,  non  profecto  sic  uti  fecit  seripsisset): 
quam  enim  nec  certa  nec  sibi  constans  memoria  illa  omnis 
didascalica  fuerit,  cum  aliis  documentis  apparet,  tum  ex  eis 
cognoscitur  quae  de  earundem  fabularum  duanim  temporibus 
(in  his  ut  nunc  subsistam)  in  didascaliis  libri  Bembini  pro- 
dita  sunt.  Levius  videri  potest  quod  ibi,  prorsus  ut  apud 
Donatum,  inverso  ordine  quinta  fabula  Hecyra  numeratur, 
Adelphoe  sexta:  quae  si  eodem  anno  eisdemque  ludis  fune- 
bribus  docebantur,  liberum  sane  erat  utra  prior  numeraretur, 
utra  posterior.  Quamquam  vel  sic  tamen  rursus  mirere  quid 
sit  cur  potius  non  peracta  fabula  respiciatur  quam  peracta 
quae  sextum  locum  tuebatur  citra  controversiam.  Verum 
longe  gravius  est  quod  omnino  aliam  prorsus  rationem  nu- 
merandi  Bembinus  codex  sequitur,  quippe  qui  non  actas  fa- 
bulas  ut  Volcatius,  sed  'factas'  numeret:  quode  pluribus  ex- 
positum  est  Parerg.  p.  263  sqq.  Quodsi  plerumque  sane  non 
diversa  fuerunt  factarum  actarumque  fabularuni  teinpora,  at 
singularis  fuit  ipsius  Hecyrae  condicio:  quae  si  iam  anno 


Digitized  by  Google 


238 


IN  YITAM  TKKKNTII 


589  acta  est  vel  saltein  agi  coepta,  profecto  non  est  quinta 
a  poeta  facta,  sed  secunda.  Consentaneum  est  igitur  nihil 
de  actione  illa  prima  ei  quisquis  fuit  innotuisse,  qui  facta- 
rum  ordinem  in  Bembino  proditum  instituit.  Similique  con- 
dicione  Volcatius  usus  et  primam  et  tertiam  ignorabat. 

Quam  autem  concinna  brevitate  in  libro  *de  poetis'  suo 
(nec  euim  de  alio  cogitandum)  Volcatius  Sedigitus  inateriam 
illam  omnem,  quae  ad  poetarum  et  vitas  et  scripta  specta- 
bat,  complexus  sit,  cum  ipsa  de  Hecyra  memoria  illa  indicio 
est,  tum  ei  qui  de  morte  Terentii  tres  senarii  infra  positi 
sunt  a  Suetonio,  tum  longe  luculentissimo  documento  trede- 
cim  senarii  illi  exstant  a  Gellio  proditi  capite  24  libri  xv, 
quibus  comocdiae  palliatae  poetis  suum  singulis  pretium  sta- 
tuitur.  Vnde  prorsus  probabile  fit  in  tractando  argumento 
Sedigitum  id  consilii  secutum  esse  ut  omissis  ratiocinandi 
602  disceptandique  ambagibus  omnibus  ipsam  rei  summam,  qua- 
lem  animo  suo  informasset*),  brevissimo  m  cqnspectu  po- 
neret.  Hinc  igitur  recte  existimari  de  illis  poterit  quae  in 
libris  sic  scripta  sunt:  quamuis  VolcaUus  de  enumeratione 
omnium  ita  scribat,  nisi  quod  denumeratione  vetus  PaHsinus 
exhibet.  Quae  verba  omnino  intellegi  aliter  non  possunt 
nisi  ut  aliquo  capite  libri  sui  Sedigitus  putetur  dedita  opera 
illud  disceptasse,  quo  ordine  singulae  Terentii  fabulae  nu- 
merandae  vel  enumerandae  essent  h.  e.  quo  se  ordine  sive 
actae  siv^  factae  excepissent.  Id  autem  neminem  fugit  quam 
ab  eo  consilio  Sedigiti,  quale  antea  descripsimus,  abhorreat. 
Enumeravit  is  ipse,  non  egit  de  enumeratione:  nani  de 
numeratione  vel  propterea  reiectaneum  est  quod  'nunteratio- 
nem9  non  novimus  aliam  dictam  nisi  solutionem  pecuniae. 
Ergo  quod  requirimus  non  est  de  enumeratione,  sed  in  enu- 
meratione  potius.    Quo  tamen  etsi  satis  fit  sententiae,  non 

*)  Quaedam  autem  satis  illum  mirabiliter  sibi  informaase  ipsa  illa 
censura  poetarum  docet,  in  qua  expedienda  defendendaque  operam  per- 
didisse  Ladewigium  puto.  —  Ceternm  versuum  illorum  septimum  vehe- 
menter  suadeo  ut  desinant  talem  exbibere  Dein  Naeuitis,  qui  feruct, 
pretio  Mt  tertiost:  quo  etiam  peius  alii  qui  ferret  pretium  t-ertium.  Vna 
me  iudice  probanda  haec  versus  forma:  Dein  Naeuitu,  qui  seruet  pre- 
tium,  tertiust. 


Digitized  by  Googl 


COMMENTARIVS. 


239 


est  fidei  librorura  satis  factum  qui  de  praepositionem  om- 
nes  teuent  Hinc  igitur  profectus  Schopenus  subtili  ut  so- 
let  iudicio  Suetonii  manum  sic  est  adsecutus:  Volmtius  in 
dinumeratione  omnium  h.  e.  rubi  ordine  suo  omnes  sex 
recenset'.  Nam  quod  omissa  praepositione  potuisse  etiam 
(linumeratione  dici  simpliciter  Rothius  sibi  persuasit  p.  180, 
de  eo  fefellit  eum  opinio:  nec  quicquam  alienius  quam  qui- 
bus  utitur  exemplis  Hibello',  * praefatione9  et  quae  sunt  si- 
milia,  quando  nec  liber  nec  certa  pars  libri  vel  iunctis  *<it- 
nunieratio  omnium'  verbis  vel  simplici  ^dinumeratw9  vocabulo 
appellari  potuit.  —  Ceterum  quem  veri  dissimillimum  est 
de  enumeratione  fabularum  commentatum  esse,  is  profecto 
longe  etiam  diflicilius  credetur  de  rcmuneratione  earundem 
dedita  opera  exposuisse:  quam  Mommseni  coniecturam  1.  s.  s. 
Rothius  commemoravit.  Nec  praeter  unam  Eimuchum  pro- 
babile  est  omnino  proditum  esse  memoriae  et  ad  posteros 
propagatum,  quodnam  a  ludorum  curatoribus  pretium  sin- 
gulae  fabulae  Terentianae  meruissent. 

Pag.  208,  2  quod  in  libris  et  optimis  et  plurimis  prodi- 
tum  est  eunuehus  quidem  bis  die  acta  cstf  rectissimo  iudicio 
Burmannus  Oudendorpiusque  perspexerunt  nihil  aliud  esse 
nisi  fbis  singulis  diebus'  vel  'cottidie  bis':  id  quod  satis  cum 
aliorum  tum  ipsius  Suetonii  exemplis  probatur  ab  eodem 
Oudendorpio  compositis  in  vit.  Galbae  c.  4  et  d.  Augusti  c.  31, 
velut  cum  'liberti  seruique  bis  die  frequentes  adesse'  dicun- 
tur,  vel  'compitales  Lares  bis  anno  0^311*  et  quae  sunt  ce- 
tera  prorsus  parilia.  Id  autem  cum  absurdum  esset  de  acta 
Eunucho  dici,  mirum  non  est  de  eicienda  die  voce  post  alios 
me  quoque  Parerg.  p.  333  tum  cogitasse  cum  eam  non  potui 
non  novicio  interpolatori  tribuere,  quippe  quam  typis  ex- 
pressa  exempla  inde  a  principe  omnia  ignorarent:  contra  atque 
reapse  esse  nunc  scitur.  Et  sententia  quidem  quid  retjuireret, 
sat  certo  indicio  Donati  verba  exstitere  *ut  iterum  agcrctur 
pro  noua\  quibus  ille,  quidquid  legit  apud  Suetonium,  inter- 
pretatus  est  verissime:  quod  ego  genus  universum  1.  s.  s. 
dedita  opera  persecutus  sum.  Itaque  cum  olim  ipsa  pro  noua 
verba  intercidisse  post  bis  coniecissem,  post  facile  intellexi 
potius  tale  quiddam  scriptum  fuisse  qualia  sunt  bis  [eodcm\ 


Digitized  by  Google 


240 


IN  VITAM  TKRENTII 


die  vel  bis  de  i\ntegro\  vel  bis  de\nuo]  vel  bis  dci\nceps\. 
Quorum  illa  quae  media  posui  esse  TauToXova  apparet:  quod 
autem  primo  loco,  eo  displicet  quod  profecto,  ut  singularem 
gratiam  fuisse  Eunuchi  probaretur,  non  opus  erat  eodem  die 
iterata  fabula,  sed  satis  erat  per  eorundem  ludorum  eorum- 
que  novas  fabulas  poscentium  occasionem  denuo  efflagitatani 
prodiisse.  Hae  igitur  me  caussae  moverunt  ut  praeferrem 
quod  raaxime  simplex  visum,  bis  deinceps  h.  e.  'zweimal  naeh 
einander\ 

Versu  3  etsi  id  est  voculae  ne  a  codice  A  quidem,  sed 
ab  uno  B  absunt,  tamen  a  Suetonio  scriptas  esse  cura  Do 
nati  auctoritas  tum  loquendi  et  ratio  et  consuetudo  negaut. 
Nihil  enim  eiusmodi  in  Donati  his  verbis:  proquc  ca  pretium, 
quod  nulli  ante  ipsam  fabulac  contigit,  octo  tnilia  sestertium 
numerarcnt  poetae:  ubi  perperani  et  fabulam  et  milibus  vul- 
gatur,  Ratio  autera  et  usus  etsi  id  est  vel  hoc  cst  particulas 
nec  raro  nec  uno  modo  admisit:  quae  genera  identidem  Mad- 
vigius  explicavit  in  Cic.  de  fin.  p.  72.  139.  144.  264:  tamen 
ab  eis,  quae  simplici  appositionis  grammaticae  vinculo  con- 
tinentur,  segregavit  constantissime.  Quas  ubique  ita  usur- 
patas  reperies  ut,  quara  quid  vim  habeat,  quam  vel  notioneui 
vel  sententiam  aequet,  declaretur:  quo  tit  ut  cura  singulis 
r,(>4  nomiuibus  et  vocabulis  tum  ipsis  rerum  condicionibus  expli- 
candis  adhibeantur.  Velut,  in  ipso  Suetonio  ut  me  conti- 
neam,  in  vita  d.  lul.  c.  56  fper  notas  scripsit,  id  est  sic  structo 
litterarum  ordine  ut  nulluin  uerbum  effici  posset';  Aug.  c.  88 
^orthoyraphiam,  id  cst  formulara  rationemque  scribendi  a 
grammaticis  institutain';  Galb.  c.  3  'quod  in  diuturna  ualitu- 
dine  galbeo,  id  cst  remediis  lana  inuolutis  assidue  uteretur'. 
Rursus  Galbae  c.  8  'nec  defuerunt  qui  interpretarentur  signi- 
ficari  rerum  mutationem  successurumque  iuueni  senem,  hoe 
est  ipsuin  Neroni';  Tiberii  c.  24  'statione  militura,  hoc  est  ui 
et  specie  dorainationis  assumpta'.  Ad  horum  igitur,  quae 
ultima  posui,  siinilitudinem  ut  largiar  potuisse  fortasse  sic 
scribi:  'meruitque  octo  milia  nummura,  id  cst  pretiura  quau- 
tura  nulla  antea  cuiusquam  comoedia',  tamen  eadem  inverso 
ordine  dici  fuerat  putidissimum.  Non  est  igitur  dubitandum 
quin  hoc  exemplum  illis  accedat,  quibus  aut  solae  id  cst  vo- 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS.  241 

culae  aut  haruni  adininiculo  adnexae  integrae  enuntiationes 
interpretamentuni  nianifestum  prodant:  qualia  cum  Burman- 
nus  Oudendorpiusque  in  Aug.  c.  32,  Vespas.  c  11,  Domit 
c.  17,  tum  Madvigius  1.  s.  s.  p.  145  designarunt. 

Pag.  208,  3  nummorum,  quod  debuit  esse  nummum,  vix 
recte  Rothius  talibus  exemplis  quibusdam  tutatus  est  quibus 
brevior  forma  nostro  sensu  item  reddenda  est,  a  male  sedulis 
demum  sive  magistellis  sive  librariis  obscurata:  Aug.  4G 
singula  nummorum  milia,  101  singula  milia  nummorum.  Nam 
etiain  iu  talibus  forma  disyllaba*  servata  est  ib.  40  singula 
milia  nummum.  Certo  autem  accedente  numero  etsi  semel 
proditum  cvngiarium  numtnorum  trccenorum  Dom.  4  reperio, 
tanien  in  ceteris  exemplis  onmibus  alteri  formae  pepercerunt 
librarii:  quaterna  milia  nummum  et  bina  milia  nummum  Iul. 
38,  ternis  milibus  nummum  ib.  54,  tre$entis  milibus  nummum 
Aug.  68,  uiginti  milia  nummum  ib.  71,  triginta  milibus  num- 
mum  Tib.  34,  DCC  milibus  nummum  gramm.  3,  XVI  milibus 
nummum  ib.  8,  nisi  quae  forte  me  fugerunt  alia. 

Versu  4  inter  ascribitur  et  nam  Adelphorum  principium 
gravem  lacunam  esse  tam  recto  Wolfius  iudicio  adsecutus 
est,  ut  contrariae  sententiae  defendendae  negemus  viam  re- 
lictam  esse.  Alienissima  enim  sunt  quae  feruntur  nam  par- 
ticulac  exempla  soli  transitui  sermonis  servire:  qualia  in 
bonis  scriptoribus  certum  est  alium  explicatum  habere,  pro- 
pria  autem  nam  vocis  vi  destituta  labentis  demum  la,tinitatis 
barbaries  admisit,  velut  in  Douati  auctario  huius  vitae  p.  214, 1. 
Nec  pluris  iam  est  apud  Rothium  p.  180  propositum.  — 
Quid  intercideret  cum  suspicatus  sum  e  Donati  1.  s.  s.  verbis 
intellegi,  ubi  fduae  ab  Apollodoro  translatae  esse  dicuntur 
coniico,  Phormio  et  Hecyra,  quattuor  reliquae  a  Menandro', 
non  cogitavi  de  eadem  prorsus  memoria:  quam  si  iam  rela- 
tam  in  Suetouii  vita  vidisset,  non  iterasset  Donatus  in 
auctario  eius  vitae:  sed  de  simili,  quando  ad  Graecorum  ex- 
emplarium  imitationem  spectant  quae  insequuntur.  —  Cete- 
rmn  quod  in  lacunac  suspitionem  Wolfius  etiam  illa  vocavit 
quae  simt  et  hanc  autetn  ct  quinquc  reliquas  p.  207,  10,  prave 
sagax  fuit:  quibus  nihil  sanius. 

Pag.  208,  8  sq.  cum  et  conatus  et  camquc  (id  enim  latere 

LFk.  RtTSCIIELII   OPV8CVLA   III.  10 

Digitized  by  Google 


242 


IN  VITAM  TERENTII 


in  codicis  scriptura  namque  Schopenus  pervidit)  Parisinus  A 
suppeditarit  sat  eleganter,  tamen  ab  eodem  pro  sc  tutari 
proditum  refutare  non  potest  non  oculorum  errori  tribui. 
Nihil  enim  ut  de  omisso,  quo  aegre  careamus,  cam  accusa- 
tivo  dicam,  nec  verum  est  ullo  modo  vel  refntare  istam  fa- 
mam  Terentium  vel  velle  refutare,  qui  largiatur  potius  alie- 
num  auxilium  idque  excuset  tantum,  nec  omnino  coeunt  inter 
se  pugnantes  leuiter  et  longe  fortissima  rcfutarc  notiones. 

Pag.  209,  2  solus  Suetonius  servavit  Hunc  pronomcn,  pro 
quo  in  Terentianis  libris  omnibus  Ad.  proL  1C  prodituui 
Eum  certissimis  de  caussis  posthabendum  est.  Nam  primum 
prorsus  constans  est  in  his  prologis,  ut  non  alio  nisi  ipso 
hic  pronomine  poeta  declaretur:  cuius  rei  documenta  habes 
in  prologo  Adelphon  v.  10  hic,  18  hic,  Andriae  18  hunc,  19 
hic,  Eunuehi  35  /m?V?*(nam  paullum  differt  ibid.  v.  3  poda 
hio),  Heauton  timorumcnu  18  hic,  23  hunc,  Phormionis  18 
hunc,  19  hic.  Accedit  autem  quod  in  eis  qui  proxime  prae- 
cedunt  versibus  ne  mentio  quidem  fit  poetae,  ad  cuius  per- 
sonam  eum  pronomen  referatur*). 

Versu  8  quoniam  sc  pronomen  a  vetere  Parisino  pror- 

*)  Versus  integros  subieci,  ut  hac  opportunitate  praetcrmissum  ab 
editoribu8  uaevum  abatergam: 

In  Graeca  adulescens  est,  qui  lenoni  eripit 
Merctricefti  in  prima  fabula.  eum  Plauius  locum 
Heliquit  integrum.  eum  hic  locum  sumpsit  sibi  10 
In  Addphos,  uerbum  de  uerbo  expressum  extulit. 
Eam  nos  acturi  sumus  nouam:  pernoscite, 
Furtumne  factum  existumetis  an  locum 
lieprenmm  qui  praeteritus  neclegentiast. 
Nam  quod  isti  dicunt  maleuoU,  Jiomines  nobilea  15 
Eum  adiutare  e.  q.  s. 
Id  his  enim,  praeter  Eum  illud,  aut  permolesta  est  et  expers  elegan- 
tiae  iteratio  verborum  quae  sunt  eum  locum  v.  9  et  10,  itut  (de  quo 
facile  (luispiam  eogitet)  dedita  opera  aacita  est  hoc  consilio  ut  eum 
ipsum  locum  solum,  nec  quicquam  praeterea  ahud,  ex  Diphili  comoc- 
dia  sumpsisse  sibi  in  Adelphos  poeta  significaretur.    At  tali  couailio 
aprrte  illud  repugnat  quod,  in  quo  vocabulo  ipsa  vis  sententiae  insit 
opoi-teat,  h.  e.  eum,  id  in  pronuntiando  versu  adeo  delitescit  ut  non 
modo  ictum  non  habeat  aed  ne  syllabam  quidem  efficiat.   Ergo  saltem 
tmu.sponendum  erat:  eiim  locum  hic  sumpsit  sibi.    Quamquam  vcl  sic 
tamen  ab  elegautia  quidem  parum  commendationis  habet  siue  ulla  ne- 


Digitized  by  Googl 


COMMKNTARIVS. 


243 


8us  abest,  non  est  illutl  cum  libris  interpolatis  ante  leuius 
inserendum,  sed  intercidisse  ante  defendissc  credenduui,  eadem 
ut  hic  conlocandi  elegantia  leuius  $e  defendissc  atque  paullo 
ante  leuiter  se  tutari  dicatur. 

Ibidem  in  scriptura  quidem  librorum  nihil  aliud  nisi  ct 
Laelio  et  Scipiani  latere  Fleckeisenus  vidit  rectissime.  Sed 
ipsi  tamen  id  Suetonio  minime  tribuet  qui  tam  pari  in  hac 
caiusa  condicione  Laelium  Scipionemque  esse  reputaverit,  ut 
non  distinguendi  inter  se,  sed  communi  notione  comprehen- 
dendi  sint. 

Versu  9  tamen  particulae  ita  tantum  locus  erat,  si  fal- 
saui  esse  de  adiutoribus  Laelio  et  Scipione  famam  illam  vel 
Terentius  vel  Suetonius  signiticaret,  contra  atque  faclum  vi- 
demus.    Quare  tum  restituendum  erat  necessario. 

Versu  10  non  mirer  si  quis  C.  enim  Mcmmius  potius 
expetat,  itemque  versu  13  Nejws  autem  auctore  — :  nec  enim 
de  consuetudine  in  continuandis  enuntiatis  parcum  particu- 
larum  Suetonium  reperio.  Sed  tamen  haec  qui  probet,  cum 
eodem  fere  iure  Santra  tamen  Terentium  requirere  p.  210,  8 
possit,  item  Quintus  quidem  Cosconius  p.  211,  10,  aut  fidem 
librorum  sollicitari  audacius  aut  acquiescendum  in  asyndetis 
intelleget. 

Versu  11  quod  vulgatur  in  orationc  pro  se  ait  *P.  Afri- 

canus  qui  a  Terentio  personam  mutuatus  dctulif,  vel  eo 

esse  suspectum  debuit  quod,  si  ab  uno  duntaxat  exemplo 
discesseris  vit.  Tib.  c.  07  (uel  cum  ait  'similem  se  scmper . . wi 
<?.  q.  s.),  nusquam  Suetonius  ait  vel  inquit  vocabula  eis  quae 
adscripta  sunt  alius  cuiuspiam  verbis  praemisit,  quinquiens 
(Aug.  87.  CaL  30.  Ner.  22.  34.  Vit.  10)  postposuit  in  fine 
enuntiati,  ceteris  in  locis  omnibus  post  aliquot  ab  initio 
verba  inseruit  de  communi  consuetudine.  Uursus  autem 
longe  maior  apud  eundem  inquit  quam  ait  vocabuli  frequen- 
tia  est.  Et  huic  quidem  ibi  potissimum  locum  concessit,  ubi 

c«-i«itate  iteratum  Jocutn  nomen.    Vnde  snspitio  nascitur  interpreti  de- 
teri  Hcriptnmqne  a  poeta  aic  esse: 

eum  Plautus  locum 
Reliquit  inUgrum.  eiim  nunc  hic  sumpsit  sibi 
In  Adelphos. 

16* 


Digitized  by  Google 


244 


IN  VITAM  TEREXTII 


aut  paullo  ante  praecesserat  aut  sequebatur  paullo  post  in 
eodem  genere  posituni  inquit:  id  quod  apparet  variaudae 
tantuni  orationis  caussa  ita  institutuni  esse.  Velut  inquit... 
ait  habes  Aug.  86  et  87.  Claud.  42,  ait . . .  inquit  Tib.  G7.  Cal. 
29.  Galb.  4.  Vesp.  23 :  a  quibus  prope  abest  aiebat  . . .  inquit 
Oth.  10  et  11.  Praeter  haec  igitur  ipso  ait  verbo  omnino  non 
est  saepius  quam  sexiens  usus:  Aug.  18.  65.  71.  Vesp.  24. 
Tit.  8.  de  granim.  4:  contra  inquit  verbo,  si  modo  recte  nu- 
meravi,  triciens*).  Hinc  autem  etiam  maior  fides  accedit 
emendationi  in  vita  Terentii  factae.  Vbi  cum  ait  vocabu- 
lum  a  Parisino  A  prorsus  abesse  videreni,  libemm  igitur 
esse  post  P.  Africanus  illud  reponi,  tamen  eo  ipso  iu  loco 
scriptum  in  libris  qui  quoniam  aliquid  miri  et  incommodi  habet 
ut  et  ad  vim  testimonii  prorsus  supervacaneum  et  e  pleno  enun- 
tiato  grammatico  efficiens  imperfectum,  probabiliter  has  ipsas 
qui  litteras  Schopenus  interpretatus  est  ex  inquit  verbo  relictas. 

Versu  12  levi  scribendi  errore,  quo  dorni  luserat  transiit 
in  detnulus  erat  in  vetere  Parisino,  abusus  Rothius  domui  kh 
serat  posuit.  Ego,  a  quo  vel  quando  domui  dictum  sit  pro 
locativo  dotni,  fateor  me  prorsus  ignorare. 

Pag.  210,  2  in  deterioribus  libris  prodita  firamo  in  Re- 
ginensi  solo  et  eadem  manu  correcta  C.  W.J  temporius  forma 
quin  vitiosa  sit  et  ab  ipsa  antiquitate  prorsus  aliena,  iam 
non  dubitari  putamus:  communique  consensu  tenipeiws  boui 
codices  tuentur  apud  Ciceronem  epist.  ad.  fam.  ix,  16,  8, 
Ovidium  Metam.  iv,  198,  Columellam  II,  18,  2  et  viu,  4,  3 
(ubi  ante  excussuui  Sangerraanensera  item  legebatur  temjXh 
rius)f  Appuleium  Metam.  ix,  26,  Palladium  m,  21,  2  et  iv,  4. 
De  positivo  autem  cum  vel  hinc  satis  probabilis  fieri  con- 
508  iectura  possit,  tamen  quoniam  quosdara  video  praeter  tem- 
peri  etiam  alteram  tempori  formara  probare,  quid  huius  rei 
sit  paucis  declarabo.  Et  a  ratione  quidem  etsi  non  est  saue 
cur  necessario  improbetur  tempori,  ut  quod  similium  non  pau- 
corura  exemplo  etiam  antiquius  esse  altero  potuerit,  tamen 

*)  Locos  cum  semel  in  numtirato  habeam,  si  qui  volet  inspiciai 
vit.  d.  Iul.  31.  32.  49.  50.  59.  G6.  74.  d.  Aug.  51.  Tib.  28.  29.  Cal.  32. 
4C.  49.  Claud.  15.  16.  40.  Ner.  10.  33.  35.  47.  48.  Vit.  8.  Veap.  20.  22. 
Tit.  6.  Dom.  11.  16.  20.  de  gramm.  22.  23. 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS. 


245 


aliud  suadet  fides  memoriae.  Quam  si  cousulimus,  tam  cito 
quam  certo  intellegimus  inde  ab  antiquissiiua  de  qua  quidem 
constet  linguae  aetate,  cum  suo  tempore,  non  sero,  fieri 
quippiam  dicendum  esset,  aut  tempcri  placuisse,  quod  et  ve- 
tustioris  et  humilioris  sermonis  proprium  mansit,  aut  quod 
paullo  leetius  atque  cultius,  in  tcmporc.  Velut  hoc  Tereutius 
in  sex  comoediis  usus  est  quinquiens,  bis  tantum  (Amph. 
877.  Capt.  836)  in  viginti  Plautus:  (ne  in  hoc  genere  nu- 
merem  sociata  tn  ipso  tcmpore  vel  tn  temporc  ipso,  ter  qui- 
dem  a  Terentio,  item  bis  a  Plauto  Cist,  iv,  1,  18.  Poen. 
v,  3,  19:)  contra  temperi  Plautus  dixit  saepissime;  ne  semel 
quidem  Terentius.  Et  Plautina  quidem  exempla  cum  sint 
•  undeviginti,  in  his  tcmperi  formam  optinii  libri  aut  aperte 
aut  non  dubiis  vestigiis  servarunt  quindeciens:  Aul.  m,  3,  6, 
ubi  Yetus  a  m.  pr.  Uem  pcriij  sed  Temperi  e  correctura; 
Capt.  101;  Cas.  n,  6,  60,  ubi  item  pr.  m.  Temperi,  secunda 
demum  Tempori;  Most.  314;  Men.  445.  464.  467,  tribus  locis 

o 

unus  Varticanus  a  rec.  m.  tcmpcri;  Merc.  989,  ubi  tempcr  cum 
eodem  Decurtatus,  Temperarc  Vetus;  Pseud.  387,  ubi  etsi  in 
eisdem  tribus  temjx)ri  est,  tamen  verum  cum  Ambrosiano 
vetus  glossarium  testatur;  ibid.  1182,  ubi  in  tcmperi  omnes 
quattuor  consentiunt,  nisi  quod  in  Vaticano  a  pr.  m.  tempere 
fuit,  tcmpori  autem  princeps  demum  editio  invexit;  Pers.  229, 
ubi  ad  Palatinos  Vaticanumque  rursus  idem  illud  glossarium 
Plautinum  accedit,  tempori  solus  Vaticanus  habet  a  m.  rec. 
prorsus  ut  ibid.  768,  ubi  temperi  bis  est  in  eodem  versu; 
Kud.  921;  Stich.  654,  unde  temperi  transiit  in  glossarium; 
Trin.  911.  Haec  igitur  cum  horum  ratio  et  condicio  sit; 
ecquis  in  uno  Captivorum  versu  183  tutari,  quod  est  sane 
in  Vctere,  tempori  animum  inducet  nec  ad  ceterorum  potius 
et  multitudinem  et  similitudinem  hoc  quoque  accommoda- 
bitV  praesertim  cum  octo  post  versibus  in  eodem  serraone 
eademque  seutentia  ipsum  insequatur  tempcri.  Nam  quae 
praeterea  tria  exempla  restant,  in  eis  ne  prodita  quidem 
tcmpori  forma  est,  sed  ab  editoribus  demum  effecta,  prodita 
autem  temporc:  semel  cum  vitio  numerorum  qui  creticum 
flagitant  Epid.  m,  3,  25  Edcpol  nc  istance  tcmpcri  gnato  iuo 
Sumus  praemercati  (nisi  nc  istam  nos  males,  quando  in  Ve- 


Digitized  by  Google 


246 


IN  VITAM  TERENTII 


509  tere  lacuna  est  e  rasura  inter  istam  et  tempore):  semel  autem 
cum  eius  notionis  consociatione,  quacum  ipsam  tempcri  for- 
mam  poeta  praeterea  sexiens  iunxit  (bis  in  Menaechmis,  sin- 
gulis  in  Captivis,  Mostellaria,  Sticho,  Trinummo  locis),  quae 
est  ucnicndi,  adueniendi,  aduorsum  ueniendi,  anteueniendi  notio: 
unde  consequens  fuit  ut  Men.  1020  Edepol,  ere,  ne  tibi  sup- 
petias  temperi  aducni  modo  scriberemus.    Quodsi  quis  in  imo 
qui  nunc  relictus  est  Asinariae  Yersu  733  servare  ut  tcmpore 
opportuneque  attultstis  voluerit,  ne  ille  viderit  quo  iure  Plau- 
tum  poetis  aequiperet,  qui  soli  simplicem  tempore  ablativum, 
sed  raris  exemplis  nec  nisi  cogente  metro  dactylico,  sic  ad- 
miserunt  ut  idem  valeret  atque  'suo  tempore':  velut  cum 
Ovidius  Her.  iv,  100  tcmpore  abest  aberitquc  diu  Ncptunius 
lieros  dixit.    Nam  de  Cicerone  dubitari  noli  quin  is  epist  ad 
famil.  vii,  18,  1  aut  ego  cnim  renouaho  commcndationem ,  scd 
in  kmpore  scripserit  aut,  quod  in  hoc  quidem  genere  licebat, 
scd  tempcri,  nullo  modo  scd  tempore.  —  Contra  nihili  auteni 
formam  tcmpori  similiter  atque  e  Plautinorum  librorum  me- 
moria  licet  etiam  e  Catonis  de  re  rustica  commentario  ar- 
gumentari.    Vbi  cum  in  libris  vulgaribus  cap.  2,  1  scriptum 
exstet  satisne  tetnpori  opera  sient  confccta,  item  3,  5  si  tempori 
facies,  hoc  autem  loco  de  archetypi  scriptura  tempcri  certo 
Politiani  testimonio  constet,  numqui  priore  loco  variandae 
scilicet  orationis  caussa  praetulisse  Catonem  tetnpori  tibi  per- 
suadebis  an  aliquid  sive  a  Politiano  sive  ab  ipso  librario 
neglectum?    Ergo  Nonii  p.  369,  20  librariis,  non  Titiuio 
tribues  quod  in  hoc  senario  da  pensam  lanam:  qui  non  red- 
dct  tcmpcri  —  nunc  vulgatur  tcmpori,  contra  atque  in  simili 
sententia  lcpideque  coneinnatam  rcferam  temperi  factum  est  iu 
Menaechmorum  versu  467.    Nec  magis  cum  Vahleno  Eun. 
p.  160  Ribbeckioque  Musei  Hhen.  X  p.  291  ut  adsint  cras  tempori 
ad  mctendum  feres  in  Aesopi  apologo  Enniano,  quamquam 
consentientibus  ut  videtur  Gellii  n,  29,  12  libris  omnibus. 

Pag.  210,  2  ut  a  Parisini  A  scriptura  ne  interpcllarct  pro- 
fectus  se  potius  absorptum  esse  proximis  ne  litteris  censerem 
quam  cum  noviciis  libris  ne  interpcllaretur  servarem,  ipsa 
sentcntia  suadebat.  Nec  enim,  ut  ab  aliis  ne  interpellaretur, 
intercedente  uxore  opus  habebat,  quod  et  iubere  ipse  posset 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS. 


247 


et  profecto  nou  erat  petiturus  tantum.  Ab  uxore  autem  pe- 
tendi  potius  quaui  postulandi  eo  plus  caussae  Laelio  fuit  — 
si  modo  fcerti  auctoris'  fabula  vera  —  quod  Matronalioruui 
die  (eo  enira  spectare  Jcalcndas  Martias  pridem  intellectura  510 
est)  penes  matronas  sive  potestas  et  auetoritas  sive  gratia 
et  libertas  erat. 

Versu  3  ex  A  repositum  seroque  ipsa  loquendi  con- 
suetudo  Suetonii  commendat,  qui  sero  tandein  etiam  Aug.  04 
inii  Galb.  20  iunxit,  scrius  tandeni  nusquani,  nisi  quid  me  fugit. 

Versu  10  fuerint}  quod  vulgo  corruptum  in  fucre,  eodem 
Parisino  duce,  in  quo  fuer  est,  restitui  eadem  rationis  neces- 
sitate  qua  p.  210,  14  e  dieuntur  Rothius  dicantur  eftecit,  ubi 
soloece  libri  deteriores  dicerentur. 

Versu  11  diligenter  pensitatis  quae  prolata  sunt  omnibus 
noii  potoi  non  viam  olim  institutam  Parerg.  p.  300  tenere. 
Quod  enim  a  Momm^eno  propositum  est  apud  Rotbiura  p.  182 
et  qui  Floralibus  ludisf  id  quidem  quo  tandem  modo  tibi  per- 
suadebis  depravari  in  et  qui  consularibus  ludis  potuisse?  Et 
quis  tandem  datas  esse  fabulas  ludis  Floralibus  tradidit? 
Quibus  actos  esse  mimos  scimus:  fabulas  autem  umquam 
dictos  mimos  simpliciter  ignoramus.  Et  si  forte  mimis  fa- 
bulae  posteriore  aetate  successerint:  at  posteriore  aetate  fa- 
bulae  etiam  Cerealibus  ludis  spectatae  sunt,  ut,  qui  hiuc  con- 
iecturara  capere  de  simili  iustituto  liberae  rei  publicae  velit, 
profecto  etiam  probabilius  Ccrcalibus  latere  iu  comuktribus 
sibi  persuaderi  a  Tan.  Fabro  patiatur.  Itaque  cum  uec  co- 
moedias  datas  ludis  Floralibus,  nec  in  his  quicquara  vel  illa 
aetate  vel  a  Sulpicio  Gallo  novatum  ullo  testiraouio  constet, 
contra  testimonio  certissimo  idem  Sulpicius  cum  arte  Teren- 
tiana  societur,  ut  quo  consule  primara  eius  poetae  fabulara 
Andriam  actam  esse  ludis  Megale"nsibus  e  deperditti  nunc 
didascalia  Donatus  prodiderit,  non  videmur  egisse  inconsi- 

deratius  cum  q  wmularibtis  natum  esse  e  q  consxd\c  mega- 
his]ibus  contendimus  veri  esse  simillimum.  Neve  quis  forte 
ludos  Meyaletises  expetat  pro  Mcgalensibus  ludis,  Suetonium 
scito  hoc  ipso  verborura  ordine  tantum  nou  semper  usum 
(prorsus  ad  similitudinem  eorum  quae  ad  p.  205,  3  tracta- 


Digitized  by  Google 


248 


IN  VITAM  TERENTII 


hara):  asticis  ludis  Tib.  6.  Cal.  20,  castrcnsibtis  l.  Tib.  72,  circen- 
sibus  l.  Ner.  7,  honorariis  l.  Aug.  32,  iuucnalcs  circenscs  scacnicos 
l.  Ner.  11,  magnos  l.  Aug.  2%,  palatinis  l.  Cal.  56,  pontifkalibus  l 
Aug.  44,  sacctdaribus  l.  Aug.  31.  Vit.  2,  scaenicos  l.  Cal.  18.  26. 
Dom.  4:  qua  relicta  consuetudine  raris  exemplis  ludos  saccularcs 
dixit  Dom.  4,  ludorum  Floralium  Galb.  6:  Zw7<?s  sacctdarcs  d 
compitalicios  Aug.  31,  ubi  aliis  rebus  opponitur  ludorum  notio 
5ii  similiter  atque  in  his  cap.  18  urbcm  Nicopolim  condidit  ludos- 
quc  illic  quinqucnnalcs  constituit:  ludos  cxtraordinarios  Vesp.  2 
non  tinito  certo  genere:  singulariter  Ittdum  gladiatorium  Iul. 
31:  nam  ludis  Martialibus  Claud.  4  non  Suetonius  sed  d. 
Augustus  scripsit.  —  Mommsenus  autem  cum  aliquid  requiri 
dicit  quod  ad  ipsius  artis  scaenicae  studia  Sulpiciana  spectet, 
in  eo  mmium  esse  recte  iam  Rothius  iudicavit.  Nihil  agitur 
nisi  ut,  quibus  Terentius  adiutoribus  uti  potuerit  ct  aetate 
satis  provectis  et  a  doctrinae  studiis  satis  valentibus,  aptis 
exemplis  ostendatur.  In  hanc  igitur  partem  spectat  quod 
homo  doctus  dicitur  Sulpicius,  poetae  Fabius  Labeo  et  Popil- 
lius:  contra  illuc  valet  quod,  ut  hi  consularcs  (quippe  cos. 
a.  571.  581),  ita  consul  eo  ipso  tempore,  quo  animum  ad 
scribendum  appulit  poeta,  Sulpicius  fuit.  Nec  ea  de  via  nos 
Parisini  codicis  memoria  quamvis  singularis  demovet:  ct  cuius 
consularibus  ludis,  quando  non  profecto  aegrius  in  quoi'  quam 
in  qui  transire  pristina  quo  scriptura  potuit.  Ipsi  autem  co- 
dicis  memoriae  cum  Rothius  ita  patrocinatur  ut  'quo  consule 
editis'  interpretetur,  vereor  ne  et  exemplis  et  ratione  destitutani 
breviloquentiam  probarit.  Minime  enim  par  est  quod  con- 
tulit  loquendi  genus  tale  cuius  constdari  anno:  'consularis  enim 
annus  SulpiciP  ut  aequat  cannum  consulis  Sulpicii',  ita  fcon- 
sulares  ludi  Sulpicii'  non  possunt  alii  esse  nisi  fludi  consulis 
Sulpicii'  hoc  est  Sulpicio  consule  facti:  non  fuerunt  autem 
illi  ludi  consulum,  sed  aedilium.  Largimur  igitur  commode 
potuisSe  velut  sic  scribi  de  Sulpicio:  fcuius  praetoriis  ludis 
Thyestam  fabulam  Ennius  docuit'  (auctore  quidem  Ciccrone 
Bruti  c.  20,  78)  i.  e.  Apollinaribus  qui  a  praetore  tiebant: 
Rothianam  rationem  de  unis  fortasse  ludis  magnis  concessuri 
simus.  Nec  aptius  conferri  apparet  ludos  funcbres  L.  Acmilii 
Paulli,  quos  fecerc  Q.  Fabius  Maximus  F.  Corndius  Africanus' 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS. 


240 


h.  e.  in  funere  Aeinilii  editos.  Quamquam  ne  certuin  quidem 
est  in  didascaliis  Hecyrae  et  Adelphon  utrum  illud  scriptum 
fuerit  an  hoc  potius:  lvdis  fvnebribvs  qvos  l.  AEMILIO 

PAVLLO  FECERE  Q.  FABIVS  MAXIMVS  P.  CORNELIVS  AFRICANVS, 

quando  dativum  in  utraque  didascalia  tuetur  quamvis  tur- 
batis  ceteris  Bembinus  liber  eiusdemque  vestigium  etiam 
vettis  Vaticanus  servavit  in  Hecyra.  —  Ceterum  ct  particu- 
laui  ante  quo  consule  positam,  quamvis  non  ineptam  a  logica 
ratione,  nescio  quomodo  sensus  meus,  quotienscumque  haec 
legi  ac  relegi,  semper  respuit  ut  inconcinnam  ac  prope  dixe- 
rim  hiulcam. 

Pag.  210,  12  Popillio  scripsi,  quamquam  quod  A  exhibet 
popillo  ambiguum  est  utrum  ad  illam  an  ad  Popilio  seriptu-  »« 
ram  spectet.  Modum  enim  prorsus  excessisse  Lachmannum, 
geminationeni  liquidae  in  talibus  damnantem  ut  'vitiosam' 
Lucretii  p.  33,  non  uno  argumento  perspicitur  suoque  tem- 
pore  et  loco  disceptabitur  explicatius.  In  praesenti  satis  erit 
tria  monumenta  epigraphica  antestari  vetustioris  aetatis  (nam 
inferioris  multitudinem  exemplorum  Mommseni  I.  R.  N.  sup- 
peditant):  miliarium  Hadrianum  anni  622,  tractatum  Musei 
Rhen.  t.  x  p.  141  sqq.  XIV  p.  298  sqq.,  in  quo  est  P-PO- 
PILLIVS.C-F-COS  scriptum:  duoque  titulos  POLLIO  POL- 
L10NIS  nomina  exhibentes,  Vaticanum  P.  L.  M.  tab.  xciv  7>, 
Sinuessanum  I.  R.  N.  4021.  Et  tamen  vix  expiando  piaculo 
dici  scribive  'insigne  maestis  praesidium  reis  et  consulenti 
PolUo  curiae'  hodie  creditur. 

Ibidem  si  recte  se  habet  ideo,  hac  vi  esse  dictum  opor- 
tet:  ideo  quod  tales,  quales  Sulpicius  Labeo  Popillius  fuerunf, 
minime  vero  Scipionem  Laeliumque  adiutores  habuerit,  sic 
locutum  esse  ipsum  ut  viros  virtute  atque  auctoritate  pol- 
lentes,  non  iuvenes  significari  manifestum  sit.  Fuit  enim 
qui,  cum  in  A  scriptum  esse  poeta  deo  ipsum  videret,  hinc 
efficiendum  poeta.  adco  ipsum  putaret,  non  id  per  se  ineptc. 
Venim  tamen  ut  dicam  quod  sentio;  nec  idco  nec  adco  Sue- 
tonius  scripsit  simpliciter,  sed  si  quid  in  hoc  genere  con- 
.suetudinis  observatio  certissimae  valet,  idcoquc  potius.  Nam 
si  a  tritissimis  illis  discesseris  cum  idco  vocabulum  insequenti 
vel  ut  vel  quod  particulae  refertur,  item  adeo  vel  sociata 


Digitized  by  Google 


250 


IN  VITAM  TKRENTII 


usque  adeo  insequenti  vel  ut  (quod  genus  in  deliciis  habet 
Suetonius)  vel  donec  (Tib.  63)  vel  quoad  (de  gramm.  22), 
rursus  autem  ea  segregaveris  in  quibus  simplex  adco  fere 
aequat  ita  particulam  (non  adeo  custodiit  Aug.  88,  nec  adco 
yrauis  Galb.  7,  nec  adco  multi  Oth.  5):  ligandis  quidem  in- 
tegris  enuntiatis  adeo  nusquam  inservit  nisi  secundum  locuin 
teuens,  ut  Iul.  14  obtinuissetquc  adeo  — ,  Claud.  25  totnmqtic 
adco  — ,  ib.  37  nulla  adeo  suspitio  — ,  Ner.  35  nuUum  adeo 
— ,  Galb.  14  tnmore  adco  — ,  quorum  exemplo  ipsum  adeo 
vel  ipsumque  adco  dicendum  fuerat:  contra  in  principio  po- 
sitae  ideoque  particulae  orationem  nectunt  saepissime:  Iul. 
45.  86.  Aug.  01.  Tib.  67.  Cal.  50.  Ner.  29.  55.  Vit.  4.  Vesp. 
5.  7,  quo  etiam  ncc  idco  pertiuet  Aug.  54,  sola  idco  particula 
ne  uno  quidem  exemplo. 

Pag.  211, 2  uicesimum,  quod  servavit  vetus  Parisinus,  firmat 
Dresdensis  rectissime  tutatus  est  Rothius  p.  183  sq.,  non 
513  ille  cuni  aliqua  couiidentia  coutendeus  revera  tani  brevi  vita 
fuisse  tamque  mature  ad  scribendum  se  applicavisse,  sed 
duplicera  extitisse  apud  ipsos  veteres  meinoriam  disserens. 
quarum  in  alteram  ille  numerus  apprime  quadraret.  In  qua 
disputatione  cum  nec  probem  omnia  et  quaedam  desiderein, 
paucis  quid  mihi  videatur  complectar.  Vna  autem  fuit  et 
prorsus  consentiens  vox  antiquitatis,  familiariter  usum  Te- 
rentium  Laelio  et  Scipione:  prope  consentiens  memoria,  ab 
eisdcm  adiutum  in  scribendo:  obscurior  fama,  'corporis  gra- 
tia  eis  conciliatum'  fuisse.  Hoc  ultimura  testabatur  vel  signi- 
ficabat  saltem  Porcius:  negabat  Fenestella,  hoc  usus  argu- 
mento  quod  utroque  maior  natu  fuisset.  In  hoc  qui  cum 
Fenestella  senserit,  novimus  neminem:  aetate  aequales  fuisse 
certo  testimonio  prodebat  Nepos,  non  negat  ipse  Laelius 
apud  Ciceronem  Lael.  c.  24,  89  ffarailiarem  suuni'  dicens, 
non  negant  quicumque  illorum  opera  in  scribendis  fabulis 
usum  poetam  tradidere:  in  qua  caussa  unum  Scipionem  C. 
Memmius  p.  209,  10,  Quinctilianus  x,  1,  99  et  Vagellius  in 
auctario  Donati  p.  214  memorant,  Laelium  solum  Cicero  in 
epistula  ad  Atticum  vn,  3,  10  et  Nepos  p.  209,  13,  utrumque 
8uos  auctores  secutus  Suetonius.  Nec  ullo  modo  Santra  p. 
210,  8  negat,  verum  aliud  negat,  hoc,  a  Scipione  Laelioque 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS 


251 


adiutuui  esse:  non  profecto  propterea  quod  non  aequales 
aetate  fuerint,  id  quod  huc  nihil  omnino  pertinet,  sed  ad 
unani  consuetudinem  amatoriam  valere  potuit:  veruni  hac 
caussa  quod,  quotcumque  annorum  Terentius  fuit,  eis  tamen 
quibus  huius  fabulae  actae  sunt  temporibus,  i.  e.  ab  anno 
588  ad  594,  ipsi  Laelius  et  Scipio  nimis  adulescentuli  fuerint 
quain  qui  vel  talem  operam  praestitisse  vel  signiheati  esse 
verbis  Terentianis  credi  possint.  Et  horum  quidem  illud 
Santra  inconsultius,  hoc  autem  idem  non  profecto  sine  ra- 
tione.  Nam  Scipio  si  est  anno  569  natus,  annum  undevicesi- 
mum  agebat  quo  tempore  scribere  Terentius  coepit,  quintum 
et  vicesimum  quo  desiit:  nec  multo  maior  natu  Laelius  fuit; 
ab  hac  autem  aetate  cum  caussa  non  sit  cur  facultatem  poe- 
ticam  abiudicemus,  praesertim  in  tam  bene  ingeniatis  tam- 
que  liberaliter  institutis  adulescentibus,  tamen  in  eandem 
aegre  sane  intellegas  qui  illa  sat  commode  conveniant  *qui 
uobis  tmiuorsis  et  populo  placcnt,  quorum  opera  in  bello,  in  otio, 
in  ncgotio  suo  quisque  tempore  usust  sinc  snperbia9.  Tlacere'  qui- 
dem  populo  universo  Scipio  iam  inde  ab  anno  586  dici  po- 
tait  rectissime,  quo  ille  aetatis  annum  septimum  et  decimum 
agens  non  solitae  fortitudinis  bellicae  specimen  in  pugna  514 
Pydnaea  ediderat,  paucis  verbis  a  Livio  xliv,  44  memora- 
tum,  splendidioribus  a  Plutarcho  descriptum  in  vita  Aemilii 
Paulli  c.  22,  e  quibus  haec  adposui  imprimis  huc  facientia: 
irdct  tap  dTacToc  fjv  eu6uc  &  dpxfjc  rcpoc  frteM-ovtav  xai  tto- 
Xnetav  ujc  dXXoc  oubeic  tujv  cutT€Vujv  Kexpauevoc  to  fjeoc. 
Eundem  largimur  (quando  factum  ignoramus)  potuisse  iam 
ante  annum  594  semel  vel  iterum  in  publicum  prodire  oratorem 
vel  caussae  patronum;  largiamur  similem  similibus  rebus 
gratiam  inire  a  populo  potuisse  atque  ludis  funebribus  illis 
quos  patri  Aemilio  Paullo  fecit,  fabularum  actione  Terentia- 
narum  inlustres;  item  largiamur  a  Terentio  non  tam  Lae- 
lium  et  Scipionem,  quam  unum  Scipionem  respici  in  prologo 
Adelphon:  verum  haec  tamen  omnia  non  profecto  satis  va- 
lent  quominus  nimis  magnifice  illa  dicta  sint  fquorum  opera 
in  bello,  in  otio,  in  negotio  suo  quisque  tempore  usus 
est',  quae  et  ad  multitudinem  annorum  et  ad  magistratuum 
virtutem  spectant  manifesto.    Haec  igitur  cum  scripsit  Te- 


Digitized  by  Google 


252 


IN  VITAM  TERENTII 


rentius,  non  potuit  nisi  de  talibus  potissimum  cogitare,  sal- 
tem  praeter  Laelium  Scipionemque,  quales  exempli  caussa 
Santra  designavit  Sulpicium,  Labeonem,  Popillium*):  et  tan- 
tum  'maximc  cum  Scipione  Afrkano  et  C.  Laclio9,  sed  eun- 
dem  *cum  multis  nobilibus  famUiaritcr  uixissc'  ipse  Suetonius 
dixit  p.  205,  7.  Vt  in  hoc  meliorem  se  Terentii  interpretein 
Santra  quam  vel  Suetonius  vel  hunc  secutus  Donatus  ges- 
serit:  quorum  hic  Un  bclW  verba  spectare  ad  Scipionem,  rm 
oUo9  ad  Furium  Philum,  fm  ncgotio'  ad  Laelium  Sapienteni 
argutatus  est.  Quamquam  rem  ipsain  non  intercedam  si  quis 
menti  suae  sic  informet,  ut  'non  obscura  fama'  ista  revera 
ad  Laelium  Scipionemque  potissimum  spectasse  nec  ut  videtur 
sine  ratione  spectasse  putetur,  ab  his  autem,  dissimulans  animi 
sententiam,  suspitionem  Terentius  consulto  ad  alios  deflectere 
credatur,  tales  quidem  a  quorum  auctoritate  et  gratia  publica 
promptior  ipsi  venia  et  gratia  suppeteret.  Et  fortasse  ita  sen- 
tienB  Suetonius  supersedere  se  posse  refutandi  Santrae  opera 
putavit.  —  Rursus  autem  haec  omnia  quid  tandem  ad  aetatem 
Terentii  definiendam?  Quem  cum  natu  maiorem  quam  Lae- 
M«  lium  et  Scipionem  fuisse  imus  ex  omnibus  Fenestella  rcon- 
tenderit',  quid  est  quaeso  cur  lidem  testimonio  certissimo 
abrogemu*,  quod  est  codicis  antiquissimi  eiusdemque  optimi 
Parisini,  jmt  cditas  comocdias,  nondum  quintum  atquc  ui- 
ccsimum  annum  cgressum,  poetam  excessisse  urbe  testantis? 
Novissimas  is  comoedias  docuerat  anno  594:  mortuus  est 
uno  post  anno,  Cn.  Cornelio  Dolabella  M.  Fulvio  Nobiliore 
cos.,  quorum  nomina  Suetonius  p.  211,  12  posuit:  natus  est 
igitur  eodem  ferme  quo  Scipio  tempore,  vitae  annos  circiter 
sex  et  viginti  sive  explevit  sive  attigit,  ad  scribendum  autem 
accessit  annos  fcre  undeviginti  natus.  Quod  cur  niinis  inira- 
bimur  in  eo,  quem  fob  ingenium  et  formam  non  institutuui 
modo  liberaliter,  sed  et  mature  manu  missum'  a  Terentio 
Lucano  senatore  narrat  Suetonius?  Non  habebunt  igitnr  in 

*)  Exclusam  igitur  etiam  L.  Furium  Philum  esse  apparct,  anno  dc- 
mum  618  cos.,  quem  cum  Scipioni  Laelioquc  Donatus  sociat,  a  solis  ut 
facile  intellegitur  versibus  Porcianis  profectus  est;  item  exelusum,  de 
quo  facilc  quispiam  cogitet,  8p.  Mummium  fratrem  Achaici,  legatum  a. 
608,  do  cuius  atudiis  poeticis  identidem  teste  Ciceronc  constat. 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS.  253 

postenim  litteratores  nostri,  quo  'annos  xxxvi'  vitae  Teren- 
tianae  tueantur,  nisi  dcpravatam  seripturam  interpolatorum 
librorum:  quae  si  a  Suetonio  profecta  esset,  faceret  is  quod 
non  fecit  h.  e.  in  Feuestellae  partes  discederet. 

Pag.  211,  2  quod  uicesimum  ingressus  scripsi,  non  aliam 
eaussam  habui  nisi  quod  concinnitatis  varietatisque  in  dilectu 
verborum  multo  studiosiorem  nosse  Suetonium  videor  quam 
cui  recte  talis  loquendi  neglegentia  tribuatur:  notxdum  quin- 
tum  aUpie  uicesimum  egressus  annum  ....  egressus  urbc  est. 
Couferri  illud  variandae  orationis  studium  poterit  quod  supra 
cognovimus  ad  p.  200,  11.  In  temporum  rationibus  paullum 
est  nec  ullius  momenti  quod  mutatur  hac  mutatione. 

Versu  3  canssa  praepositum  suo  nomini  cum  unum  solum 
praeterea  exemplum  habeat  apud  Suetonium  Aug.  24  caussa 
detreetatuii  sacrammti,  quae  potest  certa  locutio  esse  antiqui- 
tus  tradita  (quem  ad  modum  senati  consultum  de  Bacchana- 
libus  enarrans  Livius  xxxix,  14  antiquitatem  servavit  in 
caussa  sacrorum),  haud  scio  an  illud  ipsum  indicio  sit  ver- 
borum  a  vetustiore  auctore,  Varrone  puto,  sumptorum. 

Ibidem  uitandae  pro  euitandac  Suetonio  reddens  Rothius 
etsi  uon  debebat  verbum  compositum  ab  illo  omnino  abiudi- 
care,  quod  exstat  Tib.  35  ad  cuitandas  lcgum  poenas,  tamen 
et  frequentari  ab  eodem  uitare  vere  dixit  et  percommode 
constnictionis  exemplum  simillimum  e  vita  d.  Aug.  45  pro- 
tulit:  seu  uitandi  rumoris  caussa  quo  patrem  Caesarem  nulgo 
reprdumsum  commetnorabat . . .  seu  studio  spectandi  ac  uoluptate 
qua  teneri  8€  .  .  .  professus  est.  Quod  ipsum  exemplum  facit 
ut  propemodum  suspicer  similiter  in  vita  Terentii  Suetonium  5ie 
locutum  oinissumque  a  librariis  vocabulum  sic  revocandum 
esse:  scu  studio  percipiendi  Grraecorum  instituta  tnoresque. 
Naui  et  durior  est  quam  qui  satis  placeat  simplex  percipiendi 
genetivus  e  praegresso  caussa  aptus,  et  aliquid  languidi  habet 
quod  e  prodita  in  A  memoria  percipienda  codex  lteginensis 
eSecit :  ad  percipienda.  Casu  factum  est  ut  in  sua  vita  Te- 
rentii  studia  cum  dcclinandi  odii  tutn  Graeci  ingenii  perscrn- 
famU  Folentonus  poneret. 

Pag.  211,  5  item  probandus  Rothius  quod  non  perinde  ex 
A  recepit,  hac  sententia:  'utpote  quos  uondum  satis  ad  veri- 


Digitized  by  Google 


254 


IN  VITAM  TERENTII 


tatem  exprimeret.'  Siinplicem  eniui,  quae  vulgatur  sine  ue- 
gatione,  pcrinde  particulam  etsi  ratio  quidem  non  prohibet 
quominus  sic  interpretere  cut  eos  prorsus  ad  veritatem  ex- 
primeret',  tamen  aliud  suadet  usus  Suetonianus.  Vbicumque 
enini,  cui  quid  comparetur,  non  subsequenti  ac  vel  atque 
(semel  quam  Dom.  15)  particula  plane  edicitur,  hic  scriptor 
pcrindc  vocabulo  ita  tantum  locum  dedit  ut,  quo  illud  spec- 
taret,  ex  ipsis  praegressis  verbis  intellegeretur.  Velutlul.56 
quartom  clemetttorum  litteram,  id  est  T)  pro  A,  ct  pcritidc  [h.  e. 
fperinde  atque  D  pro  a']  rcliquas  comtnutct;  vel  Claud.  14 
nec  setnpcr  praescripta  Jegum  sccutus  duritiam  lcniiatetnque  tnul- 
twum,  ex  acquo  ct  bono  pcrinde  ['atque  ex  iusto'  intellege] 
ut  afftccretur,  modcratus  est.  Contra  cum  negatione  sociatum 
jxrinde  idem  etiam  sic  admisit,  ut  rei  comparatae  notio  non 
significata  verbis  esset,  sed  extrinsecus  adsciscenda:  cuius 
generis  sat  singularia  exempla  exstant.  In  vita  Aug.  80 
coxendicc  ct  fcmore  et  crurc  sinistro  non  pcrindc  ualebat  facili 
sane  cogitatione  additur  'atque  dextro':  sed  quae  Tib.  52 
posita  sunt  itaquc  nc  mortuo  quidetn  perindc  affectus  esty  item 
Galb.  13  quarc  aducntus  eius  non  peritule  gratus  fuit,  non 
possunt  aliam  vim  habere  nisi  'perinde  atque  debebat,  atque 
consentaneum  erat,  atque  exspectari  poterat'.  In  eandemque 
partem  de  Terentio  verba  illa  interpretanda  sunt. 

Ibidem  egredi  simpliciter  etsi  satis  usitate  dicuntur  qui 
vel  castra  vel  navem  vel  portuni  relinquunt,  tamen  r  110^36* 
vel  'urbis'  notio  non  magis  omitti  potuit  quam  cuius- 
libet  alius  loci,  cuius  quidem  non  esset  in  eis  quae  praece- 
dunt  mentio  facta  ut  Tib.  21.  Cal.  58,  alibi.  Quod  cum 
sanissimo  iudicio  Stephani  quisquis  fuit  amicus  sensisset, 
tamen  interpositum  ab  illo  urbctn  vocabulum  rectius  etiam 
in  ablativum  Muretus  mutavit,  id  quod  non  Suetonii  tantum, 
sed  communis  loquendi  consuetudo  exigit,  nisi  ubi  fines  rei 
cuiuslibet  transiri  dicuntiu*.  De  quo  breviter,  sed  adposite 
5n  ad  rem  Oudendorpius  egit  in  vit.  Aug.  cap.  91,  simillimis 
exemplis  usus  Tib.  40  nrbc  egrediens,  Aug.  53  urbc  oppidottc 
cyrcssus:  quo  adde  Vit.  14  urbc  Italiaquc  mathcmatici  excedcrent*) 

*)  lleliqua  qui  cognoscerc  cupiet,  hacc  hubcto,  si  forte  non  orani;u 
at  pleraquc.    egredi  tahertuicujo  Aug.  91,  domo  Tib.  50,  uilla  ib.  65, 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS. 


255 


Pag.  211,  6  sqq.  positos  Volcatii  senarios  tales  vetus 
Parisiuus  prodidit:  sed  ut  Afer  populo  sex  comocdias  dcdit,  iter 
hinc  in  Asiam  fccit,  nauem  ut  semcl  conscetulit,  uisus  numquam 
est.  sic  uita  uacat.  Quorum  versuuin  prinio  soli  casui  tri- 
buendum  est  quod  ille  inverso  ordine  comocdias  dedit  exhibet 
pro  eo  quod  ceteri  libri  omnes  servarunt  dedit  comocdias. 
Qnod  cum  prae  illo  sprevit  Rothius  p.  184,  non  cogitavit 
vetereui  atque  antiquum  poetam  nullum  tam  elumbem  exitunj 
iambicum  probaturnm  fuisse,  quem  tam  facile  vitare  posset. 
Praeterea  vix  dignum  inentione,  in  Vrbinate  codice  et  edi- 
tione  principe  transponi  scx  jwjmlo,  in  sola  principe  edidit 
exstare.  Contra  tieri  potest  ut  ab  initio  versus  aut  Scd  Afer 
jtopido  nt  sex  d.  c.  aut,  quod  etiam  gratius  ad  aures  accidit, 
Sed  pojmlo  ut  Afer  scx  d.  c.  dederit  poeta:  quoruni  tamen 
neutrum  necessitatem  habere  concedendum  est. 

Altero  versu  ut  hiatus  tolleretur,  praeter  artem  correctum 
est  nauem  cum  scmel,  quod  rursus  cum  Vrbinate  libro  editio 
princeps  participat.  Multo  lenius  fccit  ct  nauem  nt  scmd 
Kothius  proponebat,  sed  refragante  latinitate,  quae  in  talibus 
non  patitur  et  particulam,  sed  autem  postulat.  Quid  multa? 
finitimo  nauem  vocabulo  absorptum  est  autem,  sic  ut  poeta 
scripserit:  nauem  autcm  nt  semcl.  Nec  enim  recte  in  ipsis 
ut  litteris  mutilam  autem  particulam  quaeres  salutemque 
corrupto  versui  hanc  comminiscere :  nancm  auteni  scmul  ||  Con- 
scendit  h.  e.  'simul  atque*.  Etsi  enim  pristina  scmul  forma 
quotiens  non  intellecta  librariis  in  senwl  transierit,  satis  ea 
exempla  docent  quae  Prolegomenon  Plautinorum  p.  xcvn  sq. 
composui,  tamen  hoc  loco  eam  vix  patitur  sententia,  quae, 
cum  insequatur  uisus  numquamsty  non  ^simul  atque*  potius 
quam  epostquam'  notionem  postulat.  —  Ceterum  quoniam 
necessaria  sane  non  est  vel  autem  vel  ulla  particula,  etiam 
transponendo  sanari  versum  posse  Buechelerus  monuit:  fecit. 

^  ■   .11. !■  ■  « 

tridimo  Cal.  36.  Veap.  G,  spectactdo  Cal.  56,  theatro  Claud.  13.  Vit.  4: 
item  excedere  theatro  Ner.  23,  excedere  sacrario  Dom.  15.  Accedit  prac- 
poaitio  Tib.  72  e  conuiuio  egrediens,  quia  convivium  non  habet  loci 
aignificationem  propriam,  qua  caussa  etiam  de  potcstatc  patris  cxire 
dictnm  c«t  Vit.  6.  Diversa  ratione  regi  apparet  quod  cst  Claud.  23  ut 
uUra  Inpideni  tertium  uetaret  egredi  ab  urbe. 


Digitized  by  Google 


250 


IN  VITAM  TERKNTII 


ut  nauem  semel  vel  paullo  longius  a  libris  fecit.  ubi  nauem 

semeL 

Pag.  211,  10  meuioratus  Cosconius  vou  videtur  alius  esse 
nisi  bis  a  Varrone  de  1.  lat.  prolatus,  in  quaestione  granmia- 
tica  ad  analogiam  spectante  lib.  VI,  36,  de  accensus  verbi 
signiticatione  VI,  89.  Et  posteriore  quidem  loco  cum  'Cosco- 
nius  in  actionibus'  dicatur,  fuerunt  qui  de  Icto  potius  vel  de 
oratore  cogitarent:  iininerito.  Nam  cde  actionibus'  scribere 
grammaticus  Cosconius  potuit  eodem  atque  ipse  Varro  insti- 
tuto,  cuius  'de  actionibus  scaenicis*  libros  fuisse  cum  satis 
constat  tum  pluribus  a  nobis  disputatum  est  Musei  Rhen. 
t.  vi  p.  516  sqq.:  de  actione  autem  Boeotiae,  cuius  fabulae 
controversa  origo  esset,  ita  idem  commentari  potuit,  nt  per 
aliquam  occasioneui  eum  versum,  quem  ex  illa  Varro  profert 
fubi  primum  accensus  clamarat  meridiem',  interpretaretur  (c£ 
Parerg.  p.  208).  Ad  eosdem  igitur  'actionum'  libros  haud 
scio  an  non  incommode  etiam  Suetonii  memoriam  referas, 
quae  est  de  fabulis  Tereutii  uon  actis  deque  morte  poetae 
cuius  actae  fabulae  sat  largam  disputandi  materiam  prae- 
buerunt;  cur  enim  a  necessariis  ad  cognata  liberius  exspa- 
tiatum  negemus?  —  Ceterum  Cosconiura,  Porcium,  Sedigituui, 
Memmium  utrura  Suetonius  itera  ut  Nepotem,  Fenestellam 
ipsos  manibus  tractarit  an  eorum  testimonia  aliis  accepta 
referat,  valde  posse  dubitari  video.  Varroni  potissiuium 
(cuius  modo  mentionera  faciebara  ad  p.  211,  2)  non  pauca 
eum  debere  iam  olim  suspicatus  suin  Parerg.  p.  244.  621  sqq.: 
cuius  fde  poetis'  libros  permirum  sit  si  eiusdem  argumenti 
commentariis  suis  non  adhibuerit.  Quamquam  potuerunt  ei 
etiam  Imaginura  libri  alicui  usui  esse.  Quo  tamen  uuo  loco 
Varronis  nomen  i]>se  posuit  p.  208,  6,  ibi  quouiam  virtus 
puetica  Terentii  iudicatur,  fortasse  nec  ab  illis  nec  ab  bis  est 
profectus,  sed  talibus  potius  usus  quales  fuerunt  *de  poema- 
tis'  libri  vel  fde  descriptionibus'  iuscripti:  de  quibus  Mus. 
Rh.  1.  s.  s.  dictum  est.  Nam  ultra  coniecturas  easque  satis 
ancipites  non  licet  sane  in  hoc  genere  progredi. 

Ibidem  omisso  cum  A  verbo  finito  orationem  nostro 
sensu  Hothius  aspcram  et  hiulcara  fecit  ac  vix  dignam  Sue- 
tonio.   Fieri  potest  sane  ut,  cum  ab  hoc  aliud  verbura  posi- 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS.  257 

tuin  fuisset,  velut  scribit,  siniili  interpolatoris  correcturae  dicit 
debeatur  atque  p.  209,  11  ait:  at  nihilo  tamen  hoc  certius 
quam  casu  in  A  omissani  vocem  ceteros  libros  servasse  ut 
p.  207,  5  sq.  Nec  ab  usu  Suetoniano  abhorrere  in  hoc  genere  519 
dicit  perspicitur  e  vita  d.  Iul.  55  extr. 

Pag.  211,  10  mirum  est  tam  diu  concoqui  potuisse  quod 
vulgatur  cum  centum  ct  octo  fabulis  conuersis  a  Mcnandro: 
quo  nihil  narrari  absurdius,  nihil  niagis  ridiculum  potuit 
Quid  enim?  cuius  fortasse  non  plures  quam  quinque  et  cen- 
tum  fabulae  exstiterunt  omnino,  id  quod  Apollodorus  testatus 
est  apud  Gellium  xvn,  4,  eiusdemne  Menandri  ut  octo  supra 
centum  Latinus  poeta  verterit?  et  si  vel  cviii  vel  cix  fue- 
rint  secundum  alios  auctores  ab  eodem  Gellio  memoratos, 
quibuscum  Suidas  facit,  eas  ut  unius  ferme  anni  spatio  (ab 
a,  594  ad  595)  onines  transtulerit  h.  e.  singulis  mensibus 
circiter  novenas?  nihil  ut  de  quattuor  vel  quinque  illis  dicam 
quas  ex  eodem  numero  Latinas  iam  Romae  fecerat.  Tam 
igitur  prodigiosam  memoriam  proditam  a  vetere  scriptore 
Cosconio  putabimus?  et  si  modo  prodita  fuerit,  mentione 
dignam  Suetonio  visam?  et  si  digna  visa,  sine  ullo  dubita- 
tionis  indicio  relatam?  Apage  tam  incredibilia:  praesertim 
cum  fons  erroris  sit  in  propatulo.  Quis  enim  semel  monitus 
diftitebitur  temere  iteratae  cum  praepositioni  numerum  illum 
omnem  cum  deberi?  Eiusque  originis  ipsi  adeo  libri  ms. 
obscuriora  vestigia  servarunt.  *) 


*)  Contrariura  exemplnm  in  vocabulum  mutati  numeri  habes  in 
Soa*oriarum  libro  Seneeae  p.  11,  24  ed.  Burs.,  ubi  Lnconibus  haec 
verba  tribuuntur:  ideo  (h.  e.  ut  cum  Spartae  dedecore*fugiamus)  Jutnc 
Eurotas  amnis  circumfluit,  qui  pueritiam  indurat  ad  futurae  militiac 
patientiam?  ideo  Taygeti  nemoris  difficilia  nisi  Ijoconibus  iuga?  ideo 
Hercuk  gloriamur  de  operibus  caelum  merito?  ideo  muri  nostri  arma 
sunt?  Vbi  nihili  esse  et  a  latinitate  prorsus  abhorrens  de  operibus 
ctulum  merito  neminem  fugit.  Fuit  igitur  cui  deo  operibiis  caelum  me- 
rt/o  in  mentem  veniret  At  inter  deos  non  est  profecto  deus  receptus, 
*fd  bomo  mortalis:  operibus  autem  tam  nude  positum  mirifice  friget. 
Woid  molta?  natum  est  illud  D€  ex  nc,  scriptumque  a  Seneca  sexcen- 
operibus  caelum  merito.  —  Aliud  hac  occasione  einsdem  scriptoris 
mendum  corrigere  libet,  unum  ex  incredibili  multitudine  eorum  quae 
Bursianus  aliiB  sananda  reliquit  prope  nimia  liberalitate.    In  Contro- 

FR.  RITSCHELII  OPVHCVIJi  III.  17 


Digitized  by  Google 


258 


IN  VITAM  TEKENTII 


Pag.  211, 11  in  archadia  stympliali  siue  lcucadie  unus  vetus 
Parisinus  servavit:  ubi  quod  libros  novicios  occupat  sinu  pro 
Stue,  nulli  usui  est.  Prorsus  et  soloecam  orationem  et  ab- 
surdam  sententiam  Erasmus  invehebat:  in  Arcadiae  Styniphah 
siuc  Ijcucadia,  sed  idem  tamen  in  tralaticia  scriptura  nou 
posse  acquiesci  recte  sensit.  Non  equidem  negabo  in  Arca- 
dia  Stymphali  dici  potuisse,  ut  reapse  Plinius  dixit  N.  H.  II, 
227  fin  eo  (fluvio)  ut  in  Arcadia  Stymphali  enascuntur  aqua 
tiles  musculi',  vel  xxxn,  17  in  Lycia  Myris  (ubi  disparia 
miscuit  Silligius):  quamquam  usitatius  esse  aut  Stymphali  in 
Arcadia  sentio  (quemadmodum  vita  Ambrosiana  loquitur  ab 
A.  Maio  edita  Stymjihali  deccssit  in  Arcadia)  aut  StympluiU 
Arcadiac  oppido  aut  saltem  in  Arcadiac  oppido  Stympluilo. 
Verum  in  Arcadia  Stympliali  siuc  Lcucadiac  nonne  prorsus 
ita  posita  sunt  ut  Leucadiam  quoque  urbem  dici  Arcadiae 
credas?  Apage  igitur  molestum  Stymphali  nomen,  quod  nou 
cst  aliunde  nisi  e  carminis  Porciani  p.  206  versu  7  huc  ab 
interprete  inlatum,  Suetoniumque  confidenter  crede  sic  scrip- 
sisse:  ceteri  mortuum  cssc  in  Arcadia  siue  Lcueadiac  tradumt 
Vbi  insulae,  vel  antiquitus  paeninsulae  nonicn  Leucadiac 
notissimorum  normam  exemplorum  sequitur  quae  sunt  Cyjtri 
Corcyrac  Chcrsonem.  Nec  siuc  particula,  pro  qua  facile  quis- 
piam  ucl  exspectet  vel  autt  ratione  sua  caret;  nam  cum  haec 
praecedant  Q.  Cosconius  rcdcuntcm  c  (hraecia  pcrissc  in  tnari 
dicit,  ipsi  mari  iam  opponi  terram  apparet,  sive  ea  Arcadia 
fuit  sive  Leucadia.  Neve  quis  in  Arcadia  verba  pro  insiti- 
ciis  habeat  Suetonioque  haec  potius  tribuat  ccteii  mortuum 
essc  Stymphcdi  siuc  Lcucadiac  tradunt:  ne  quid  dc  paruni  cou- 
cinna  urbis  cum  insula  consociatione  dicam,  praesto  est,  cuius 

versiarum  enim  1.  vii  p.  184,  12:  ubi  spes?  in  aubernaculo?  nullum 
C8t.  in  remigio?  ne  hoc  quidem  est.  in  comite?  nemo  repertus  est  nau- 
fragi  conves.  in  uelo?  in  arte?  omnia  paene  instrumenta  circumcisa 
sunt  ,  quid  sihi  vclle  in  arte  dices,  ubi  de  instrumentis  senuoV 
Scripscrat  Seneca  tn  uelo?  in  artemone?  omnia  — .  Nam  differre  a 
velo  artemonem  conBtat.  Et  in  arte  in  omnia  habere  codex  Bruxel 
leubiH  videtur.  Eadem  opera  leviora  corrige  tiuitima,  paullo  ante  v.  8 
quid  accusas  quod  inpunitatcm  fratri  dcdcrim,  quom  fato  emmlkm 
meum  uictum  sit:  item  paullo  poat  v.  20  pocnarum  cius  pars  est,  non 
est  nequitiae  opus.    Sed  talia  corrigentem  dies  deficiat. 


Digitized  by  Googl 


COMMKNTAKIVS 


259 


testimonio  haec  quaestio  omnis  absolvitur,  Hieronyinus,  qui 
ipsa  Suetonii  verba  exprimens  TcrenHus  iuquit  in  Arcadia 
moritur,  non  dixit  Stymphali  moritur.  Nam  ex  Ausonii  sane 
verbis  Epist.  xviii,  16  Arcadiae  incdio  qui  iacct  in  gremio 
nihil  consectarium. 

Pag.  212,  1  implicatum  formae,  quam  testatur  Parisini  A 
uienioria,  non  erat  cur  implicitum  praeferret  Rothius  fsed  in  A 
item  mpUeUam  legi  nunc  Meynckii  testimonio  constat  C.  W.|. 
Recte  autem  idem  ex  dolore  ac  taedio:  in  quibus  perscribendis 
cum  librarius  imprudenter  anticipatam  ac  particulam  bis 
posuisset  ac  cx  dolore  ac  taedio,  hinc  profectus  corrector, 
e  cuius  recensione  libri  novicii  manarunt,  effinxit  nihili  scri-  521 
pturani  acri  dolore  ac  tacdio.  Nam  nihil  ut  dicam  de  ambi- 
gua  conlocatione  acri  adiectivi,  quod  inter  morbum  et  dolo- 
rem  incerta  constructione  vagatur,  ipsara  cx  praepositionem 
haec  quidem  sententia  postulat  necessario.  Non  sane  usquam 
Suetonius,  cum  quempiam  quippiam  facere  dolore,  taedio, 
metu  declarare  vult  simpliciter,  id  adiecta  cx  notione  dicit 
(velut  cum  Servium  pudore  ac  tacdio  secessisse  ab  urbe  narrat 
degramm.  3):  sed  morbum  cum  vellet  e  dolore  ortura  dicere, 
debebat  profecto  'morbum  cx  dolore9,  nisi  addito  participio 
'dolore  eflfectum'  mallet  vel  similiter.  Quod  quidem  sentiens 
Hothius  cum  utroque  sociato  vocabulo  sic  scripsit  morbo  im- 
plicitinn  acri  cx  dolorc  ac  taedio,  non  magis  placet.  Sive 
enim  cum  nwrbo  sive  cum  dolore  struitur  acri  adiectivum, 
p^rinde  inepto  pondere  senteutiani  onerat  postpositum  parti- 
cipio  ac  praepositioni  antepositum.  Nolo  enim  in  eo  haerere 
quod  (jrauem  potius  morbum  solet  Suetonius  dicere  ut  Tib.  72. 
Vesp.  2,  non  acrem  ut  Plautus  Menaechmis  v.  872.  Quodsi  quis 
aliud  eruere  e  Parisini  memoria  animum  induxerit,  unum  hoc 
relictuin  est  ut  mot  bo  implicatum  prae  dolore  probet  (utOth.12): 
quod  num  sit  probabile  in  ac  ex  corruptum  esse,  ipsc  viderit. 

Pag.  212,  2  sarcinarum  etiam  scriptor  vitae  Ambrosianae 
legit  sarcinas  fabulasque  in  navem  impositas  mcmorans:  ubi 
sarcinulas  Petrarca  cum  Polentono  habent.  Nec  aliud  voluisse 
Stephanum  suspicor,  calami  tantum  vel  typotlietae  errore  nisi 
fallor  satyrarum  exprimentem. 

Ibidem  tn  nancm  quod  Rothius  recepit  ex  A,  factum 

17* 


Digitized  by  Google 


260 


IN  VITAM  TERKNTII 


nolleiu.  Nain  in  navem  praemisisse  sarcinas  is  tantum  recte 
dicitur  qui,  in  litore  restans  parumper,  eam  navem  ipse  coii- 
scensurus  est:  quae  quomodo  perire,  nondum  egressa  porto, 
potuit?  Rectius  rem  menti  suae  scriptor  vitae  Ambrosianae 
informabat,  quantumvis  is  commentorum  ferax.  —  Ceterum 
nauc  potius  quam  naui  ex  nauc  efficias,  ut  Iul.  52.  Aug.  17. 
Tib.  14.  Tit.  5  et  fortasse,  de  quo  auceps  iudicium,  Iul.  Gu\ 
Semel  tantum  in  Memmiano  codice  prodituin  naui  reperio 
Aug.  98,  praeterea  de  rhet.  1  extr. 

Versu  5  in  uia  Appia  pravissimo  instituto  Burmannus, 
quod  etiam  magis  mirum  Oudendorpium  servasse.  Numquam 
non  omissa  praepositione  locutus  Suetonius:  uia  Ajntia 
Claud.  1,  vit.  Persii  (cuius  recentior  demum  interpres  a|>ud 
5»2  Iahuium  p.  239  in  addidit),  item  in  vita  Ennii  apud  Hiero- 
nymum,  vel  Appia  simpliciter  Tib.  72,  uia  Pracncstina  in  vita 
Attae,  vel  iuverso  ordine  Aurclia  uia  Galb.  20,  Salaria  uia 
Vesp.  12,  Latina  uia  Dom.  17:  quae  exempla  prope  oumia 
adposuit  Rothius.  Quamquam  in  sacra  uia  ideiu  Suetonius 
bis  d.  Iul.  4G  et  80.  Item  in  uia  Laurcntina  Oellius  x,  2, 
si  integra  scriptura. 

Pag.  212,  6  ad  Martis  uillam  libri.  Nec  fuisse  ullam  via 
Appia  uillam  Martis  nec  cogitari  posse  Schopenus  vidit,  uil- 
lam  probabiliter  conicieus  explicandac  hortulos  voci  adscrip- 
tum  esse.  Cuius  ipsa  verba  habes  in  Fleckeiseui  praefat 
p.  vn.  Quo  magis  miramur  rursus  patronum  illi  si  dia 
placet  villae  Rothium  p.  186  extitisse,  Suetonii  testimonio 
usum  quod  est  in  vita  Tiberii  cap.  05:  pcr  noucm  proximos 
menscs  non  cgrcssus  est  nilla  quae  nocatur  Iouis.  Et  tameu 
conlato  Tacito  Annal.  iv,  G7  pridein  intcllectum  est  non 
aliam  huius  nominis  rationem  esse  nisi  quod  duodecim  in 
Capreis  insula  villis  suis  privatis  Tiberius  arbitratu  suo  duo- 
decim  deorum  nomina  indiderat:  id  quod  unus  quisque  videt 
ad  publicum  nomen  aedis  publicae  nihil  prorsus  pertinere. 
Nec  hiuc  non  aliena  uilla  Martis  in  Apcnnino  illa,  in  qua 
Pertinacem  Imj».  natum  Iulius  Capitolinus  c.  1  perhibere  rre- 
ditur:  ubi  niUa  matris  est  in  Palatino  codice. 

Versus  7 — 9  in  quem  ambitum  pinguissima  interjiolationo 
creverint,  satis  supra  disputatum  est  ad  p.  20<i,  8  —  207,  3. 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS. 


2G1 


Versu  10  Afranii  senariuin  niultitudo  librorum  taleui 
prodidit:  Terentio  non  similem  dicens  qucmpiam.  In  his  tamen 
iuiln  nec  dicens,  nec  quod  pro  eo  iaui  veteres  editores  sub- 
stituerunt  dices,  sat  coinraode  posse  expediri  visum  est.  Et 
tautum  quidem  dubitationem  vix  habet,  quin  in  eodem  pro- 
logo  fabulae  et  illi  versui  locus  fuerit  et  his  quos  Macrobius 
servavit  Satum.  vi,  1,  4  (apud  llibbeckium  p.  144):  fateor, 
sumpsi  non  ab  illo  modo,  Scd  ut  quisquc  habuit  cot\ucnirct  quod 
mihi,  Quod  me  non  jnssc  mclius  facere  credidi,  Etiam  a  Latino. 
Ju  prologo  autein,  quo  ipsi  compellantur  spectatores,  quorsum 
pertinere  potuisse  numerum  verbi  siugularem  diccs  putabis? 
Quod  intellegeus  Rothius  cum  in  primae  personae  formas 
'fatcor'*  (sumpsi9  'credidi9  egregie  quadrare  dicens  participium 
ratiociuatur  p.  185,  non  magis  persuadet.  Nec  enim  ita 
diccns  potius  exspectatur,  quod  }>arum  facundiae  habiturum 
sit,  quam  ^existimans'  f  intellegens'  'sentiens'  vel  aliquid  si- 
uiile:  nec,  illud  si  toleremus,  ullo  modo  perspicitur  quo  tan- 
dem  eonstruendi  vinculo  cum  primae  personae  verbis  illis 
coire  huius  in  quo  versamur  versus  sententia  potuerit.  Ita- 
que  quoniam  enuntiatorum  talis  conformatio,  quae  dicctis  5 
participium  apte  admitteret,  omnino  in  promptu  non  erat, 
satius  duxi  ex  ea  scriptura  efficere,  quod  longe  commodissi- 
uium  explicatum  haberet,  dicas,  praesertim  cum  caussam 
erroris  satis  apertam  exiguo  iutervallo  praecedens  scribens 
participium  monstrare  videretur.  —  Verum  hoc  levius:  multo 
graviori  pftensioni  cum  dativo  constructuin  similem  vocabulum 
fuit.  Nec  enim  alium  nisi  genetivum  casum  in  hoc  genere 
antiquiores  probasse,  dedita  opera  olim  demonstravi  Musei 
uo.stri  philologici  vol.  vn  p.  584  sqq.  et  viii  p.  159  sqq. 
Vbi  congestis  e  Plauto  et  Terentio  exemplis  adde  e  Rib- 
beckianis  copiis  parasitorum  simil  est  Naevii  v.  GO,  pucri  simU 
es  Novii  v.  62,  sepidcri  similis  Laberii  v.  124,  veri  similc  Pa- 
cuvii  v.  374,  nUiil  Jiorum  similcst  tragici  incerti  v.  206.  Eam- 
que  construendi  legem  Afranium  quoque  servasse  certissimo 
documento  vetus  Parisinus  est,  in  quo  ipse  quem  expetimus 
genetivus  exstat  terentii.  Quem  quoniam  Afranius  uon  potuit 
uisi  tribus  syllabis  efferre,  unius  quae  iam  desideratur  syl- 
labae  iactura  curandum  erat  ut  probabili  coniectura  resarci- 


262 


IN  VITAM  TERENTII 


retur.   De  noenu  forma  non  inepte  cogitaretur,  si  cum  Plauto 
nobis  res  esset  vel   cum  antiquitatis  sectatoribus  Lucilio, 
Varrone:  tersissimo  togatarum  poetae  illam  tribuere  vix  quis- 
quam  ausit.    Sed  non  litteris  cura  facile  hauriretur  con  syl- 
laba,  nihil  esse  simplicius  visum  est  quam  Afranii  manum 
sic  restitui:  Terenti  non  consimilem  dieas  quempiam.  Nec 
enim  profecto  alia  construendi  ratione  consimilis  atque  similis 
et  dissimilU  reguntur.    Itaque  in  Vopisco  idem  Afranius 
apud  Charisium  p.  193  v.  398  Ribb.:  Vbique  repentino  huius 
consimile  dccidit.   Item  Plautus  Capt.  116  Libvr  captiuos  duis 
est  consimilis  ferae.  Et  v.  14  Auis  me  ferae  consimUem  faeiam 
tit  praedicas.  Nec  yerentius  aliter  Heauton  timor.  393  Quoius 
mos  maxumest  consimilis  udstrum.    Ibidem  v.  382  cum  vul- 
garetur  isti  formae  ut  mores  consimilcs  forentf  errore  tantuni 
iteratis  isti  syllabis  versum  Fleckeisenus  sic  liberavit:  Id  tu 
quom  studuisti,  formae  ut  m.  c.  f.    Construere  nesciunt  qui 
dativum  Plauto  tribuunt  Poen.  iv,  2  init.:  Sdtis  spceiatumst 
dcds  atque  homines  eius  neclcgere  grdtiamt  Quoi  hominist  cnis 
consimilis  uelut  cgo  habco  hunc  hiiius  modi:  ubi  praeter  lexi- 
cographos  nostros  nemo  non  videt  ad  est  pertinere  dativos, 
cum  uelut  sociari  consimilis.    Primus  quod  sciamus  Accius, 
sed  in  rebus  comparandis,  non  in  personis,  dativum  admisit 
Medeae  v.  405:  Siluant  melo  \\  Consimilem  ad  auris  cdnium  d 
auditum  rcfert.    Apud  Lucretium  quidem,  qui  cur  in  con- 
struendo  similis  vocabulo  dativum  frequentet  significatum  est 
Mus.  Rh.  1.  8.  s.  p.  159*  consimilis  tamen  servavit  genetivura 
in  sueum  consimilem  lactis  v,  813,  lunam  pilai  consimilcm  ib. 
714.  —  Atque  sic  olim  ratiocinatus  tamen  oinnes  mihi  scru- 
pulos  ne  tum  quidem  exemptos  sensi.  Nam  primum  quidcra 
haud  scio  an  ad  vim  sententiae  aliquanto  efficacior  ipsa  sim- 
plicitas  similis  notionis  quain  compositum  consimilis  vocabn- 
lura  fuerit,  quod  dubitari  potest  utrum  illo  fortius  sit  an 
exilius.    Plus  etiam  offensionis  quempiam  pronomen  peperit 
cum  negatione  sociatum:  quam  societatem  etsi  nemo  nescit 
suam  suo  loco  veniara  haberc,  tamen  in  hac  ipsa  sententia 
intellegere  visus'sum  locum  vix  tueri  posse,  sed  cedere  quem- 
quam  formae  debuisse.  Nec  placere  non  particulae  conlocatio 
poterat,  quae  hanc  pOtius  sibi  posituram  postulabat:  Tercnti 


Digitized  by  Google 


COMMENTAKTVS. 


2G3 


non  dicctis  qucmpiam  (id  quod  suadebat  Buechelerus): 
quae  enim  insolentioris  sane  conlocationis  exempla  Naekius 
tractayit  in  Valer.  Cat.  p.  295  sq.,  aliena  vel  propterea  sunt 
quod  talis  licentia  poetarum  non  cadit  in  hoc  genus  scaeni- 
cum.  Denique  e  diccns  scriptura  non  minus  commode  quam 
dkas  eroi  dicent  Ribbeekius  inonuit  verissime,  id  autem  acute 
vidit  spectare  ad  adversarios  et  obtrectatores  posse,  quibus 
io  prologo  isto  Afranius  respoudisse  videretur  similiter  atque 
Luscio  Lanuvino  Terentius.  Harum  igitur  couiuncta  vis  co- 
«ntationum  non  potuit  me  non  movere  quin  probabilius  quam 
olim  factuni  est  poetae  manum  hoc  exemplo  restitui  con- 
tiderem: 

Tcrcnti  numnc  similcm  diccnt  qucmpiam? 
Vbi  si  qui  numnam  praetulerint,  optare  suo  arbitratu  poterunt. 

Pag.  213, 1  pro  in  Limonc  aegre  perspicitur  quid  moverit 
Hobertum  Vngerum  ut  rin  Lino9  suaderet  Subsicivorum 
Brandenburgi  Novi  a.  1854  editorum  p.  3:  coniectandi  vel 
potius  hariolandi  genere,  ut  nobis  videtur,  valde  infructuoso. 
^uam  enim  veteribus  illa  i]>sa  inscriptio  miscellorum  libro- 
rum  placuerit  quae  vel  Aeiuuuv  fuit  vel  Aeimlivec  vel  'Pratum' 
vel  *Prata9f  sat  certis  testimoniis  cum  Gellii  tum  Flinii  iu 
praefationibus,  Suidae  v.  TTducpiXoc,  ipsiusque  exemplo  Sue- 
tonii  constat:  nec  e  Plinianis  Gellianisve  verbis  id  quod 
Vngeras  argutatur  ullo  modo  consequitur.  Contra  f Linus' 
ille  quid  sibi  velit,  vix  ac  ne  vix  quidem  intellegimus.  Nec 
magis  Andream  Schottum  moramur  in  Ltbonc  comminiscen- 
tem  Nodor.  Cicer.  III  c.  10. 

Versu  5  scdatis  motibus]  Poetae  quidem  Ciceroni  quam- 
vis  multa  condoncmus  quae  in  oratorem  nullo  modo  cadant,  525 
tamen  tam  ille  expers  elegantiae  ne  in  carminibus  quidem 
fuit  ut  vel  haec  scriberet:  tu  quoque,  qui .  . .  expressum  latina 
nocc  Menandrum  in  mcdium  nobia  scdatis  uocibus  effcrs,  vel 
non  minus  frigide  proximum  versura  talem  faceret:  qukldam 
cotnc  Joquens  atquc  omnia  dulcia  dicens.  Et  illic  quidem 
etsi  nihil  vitii  vel  Valckenarius  in  Theocriti  Adoniaz.  p.  830 
vel  Meinekius  praefat.  Menandri  p.  xxxvn  suspicati  sunt, 
verum  raro  cxemplo  Barthius  vidit  Adversariorum  xxxiv,  7 
scdatis  motibus  substituens  pro  sedatis  uocibus,  quod  ne  per 


264 


IN  VITAM  TERENTII 


se  quidem  sat  commodum  iutellectum  habet.  Motus  enim 
animi  h.  e.  concitatiores  atque  adeo  sublimiores  affectus  cum 
gravitate  descriptos  satis  constat  a  Terentio  iam  veteres  cri- 
ticos  abiudicasse,  r\Qr\  potius  illi  quam  7rd6rt  tribuentes:  de 
quo  et  luculenta  sunt  et  nota  omnibus  Varronis  testimouia 
apud  Charisium  p.  215  et  Nonium  p.  374.  Eodemque  pri- 
dem  intellectum  est  Horatium  spectare,  cum  grauitatem  lau- 
dari  in  Caecilio,  in  Terentio  artem  exclusa  gravitate  signifi- 
cavit  His  igitur  Terentius  TrdGeci,  quae  a  Menandro  quidem 
minime  aliena  fuerunt,  non  esse  nisi  sedatis  h.  e.  attenuatis 
et  ad  aliquam  humilitatem  depressis  usus  dicitur.  Contra 
scdatis  moribitSy  quod  fuit  cui  in  mentem  veniret,  ratioue 
oinnino  caret,  cum  to  nOtKdv  suapte  natura  lene  sit  et  seda- 
tum.  Itaque  in  eandem  partem  illani  interpretandum  est 
quod  dimidiatum  Mcnandrum  C.  Caesar  Terentium  dixit  eis 
qui  subsequuntur  versibus,  h.  e.  Menandriae  artis  in  duplici 
genere,  et  ethico  et  pathetico,  conspicuae  dimidiam  tantuni 
partem  adsecutum:  aliter  atque  Meinekio  visum  est  p.  xxxvi 
in  adnotatione.  Ceterum  quod  apud  Schottura  1.  s.  s.  posi- 
tum  reperio  sedatis  auribus,  nec  capio  nec  unde  ascitum  sit 
comperi. 

[Ibidem  cffcrs  corruptum  esse  postea  iudicavit  Ritschelius, 
qui  in  n.  Mus.  llhen.  XV  p.  628  haec  scripsit:  'ln  den  Ci- 
ceronischen  Versen 

Tu  quoque,  qui  solus  lecto  sermone,  Tereuti, 
Conversum  expressumque  latina  voce  Menandrum 
In  medium  nobis  sedatis  motibus  effers, 
Quiddam  come  loquens  atque  omnia  dulcia  miscens 

steckt  noch  ein  Fehler.  Mit  Ilecht  nimmt  Fr.  Biicheler 
Anstoss  an  dem  'effers'.  Latina  voce  expressum  effers  liess  sich 
sagen  wie  vcrbum  de  verbo  expressum  cxtulit  bei  Terenz:  aber 
dann  ohne  tff  medium  (nobis),  und  auch  so  mit  mattem  Ge- 
danken.  An  die  Bedeutung  aber  zu  denken,  in  der  vocem  in 
vulgus  efferre}  clandestina  consilia  cffcrre  und  Aehnliches  ge- 
sagt  wird,  verbietet  das  Sachverhiiltniss;  die  Meuandrischen 
Komodien,  seit  einem  halben  Jahrhundert  den  Romeni  oft 
genug  vorgefuhrt  durch  Plautus  und  Caecilius,  waren  doch 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS 


265 


eben  darum  zu  Terentius  Zeit  nichts  so  Verborgenes  mehr, 
dass  von  diesem  gesagt  werden  konnte  «du  bringst  sie  uns 
in  die  Oeffentlichkeit  heraus».  Aber  wohl  nicht  dcfcrs,  wie 
B.  vermuthete,  wird  Cicero  geschrieben  haben,  sondern  af- 
fers.  Natiirlich  nicht,  weil  zufallig  so  in  der  jilngem  Pariser 
Hds.  (nicht  in  der  alten)  wirklich  steht,  sondern  weil  er 
anch  anderwarts  ahnlich  geschrieben  hat,  wie  de  offic.  I,  7, 
22  communcs  utilitatis  in  medium  affcrrc.  Das  hatten  zwar 
auch  die  Vorgiinger  schon  gethan,  aber  nicht  scdatis  motibus} 
und  in  Ciceros  Sinne  auch  wohl  nicht  latina  voce.9  C.  W.J 

Pag.  213,  6  quiddam,  pro  quo  quod  in  ceteris  praeter 
veterem  Parisinum  libris  exstat  quid  quod  vel  quidquid  ne 
intellegi  quidem  potest,  rectissimo  iudicio  iani  Pithoeus 
suscepit  Epigrammatum  et  poematum  veterum  p.  42  ed.  Lugd. 
a.  1506,  probavit  post  Nicolaum  Heinsium  in  Ovid.  Trist.  v, 
1,  18  Burmannus  Anthologiae  vol.  I  p.  410,  miro  consilio 
ut  tot  alia  ante  se  recte  inventa  sprevit  Meyerus  Anthol. 
epigr.  64.  —  atque  pro  ac  reponendum  iam  Burmannus 
viderat. 

Ibidem  post  hquens  vocem  misere  languens  diccns  par- 
ticipium  iam  Ciceronis  editoribus  quibusdam  antiquioribus 
offensioni  fuit,  a  quibus  linquens  scriptum  invenio:  quod  unde 
petitum  sit  vel  quid  sibi  velit,  ignoro  iuxta  cum  ignarissumis.  5M 
Nec  Scaligero  dicens  tolerabile  visum,  ut  qui  omnia  dulcia 
promens  tacite  ediderit  in  Catalectis  p.  221  ed.  Lindenbr.  a. 
Ifil7.  Quod  cum  a  similitudine  litterarum  parum  commen- 
datioms  habeat,  vide  num  e  dulciadiccns  litteris  rectius  effe- 
cerim  dulciaisccns  h.  e.  dulcia  miscens.  Nam  quod  comc  Cicero 
dicit,  cum  suis  qui  infra  positi  sunt  versibus  C.  Caesar  lcne 
mterpretetur,  lenitas  autein  etiam  arida  esse  et  iciuna  possit, 
iure  8uo  Cicero  videbitur  omni  suavitate  mistam  lenitatem 
in  poeta  praedicare,  ut  qui  intra  lenitatis  quidem  vel  comi- 
tatis  fines  (eo  enim  spectat  quod  praemisit  Suetonius  'Cicero 
hactenus  laudat9)  nihil  dulcedinis  omiserit,  vim  autem  et 
gravitatem,  quae  opposita  est  lenitati,  destituerit. 

Pag.  213,  8  de  praeclara  emendatione,  qua  in  Caesaris 
carmine  a  Stephani  amico  tu  in  summis  o  effectum  est  e 
Parisini  memoria  tu  ifl  summisso,  non  est  quod  dicatur  pluribus. 


Digitized  by  Google 


26(3  IN  VITAM  TEKENTII 

Versu  10  quod  ucrbis  Scaliger  expetebat  pro  scriptis, 
opinatae  elegantiae  fallaci  specie  deceptus  est.  Satis  nota 
sunt  apud  Horatium  Lucili  scripta  Serm.  i,  10,  56,  spissis  in- 
digna  thmtris  scripta  Epist.  I,  19,  42,  Graecorum  antiquissima 
scripta  II,  1,  21,  mm  scripta  Serm.  i,  4,  23:  ut  in  poetae 
testimoniis  me  contineam  ad  poetas  spectantibus.  De  ipso 
autem  Terentio  non  Suetonius  tantum  supra  p.  208,  7  'non 
obscura  fama  est  adiutum  in  scriptis  a  Laelio  et  Scipione', 
item  p.  211,  5  'mores  quos  non  perinde  exprimeret  in  scri}>tis\ 
sed  Quinctilianus  quoque  x,  1,  99  Micet  Terentii  scripta  ad 
Scipionem  Africanum  referantur'.  Quamquam  alibi  aecidit 
sane  ut  in  scripta  verterentur  quae  poeta  ucrba  dixisset,  ut 
in  Ovidii  epist.  ex  Ponto  I,  5,  2.  —  In  exitu  versus  notabile 
est  veram  interpunctionem  a  Bentleio  Wolfioque  restitutam 
veterem  adeo  Parisinum  servasse. 

Yersu  12  ncquc  hac  dcsjwcfa  ex  partc  iaccrcs  idem  Pari- 
sinus:  ubi  ex  a  noviciis  libris  plerisque  abest,  a  vetere  autem 
correctore  illo,  cuius  vestigia  codex  Vrbinas  servat,  sic  est 
mutatum:  ncque  in  hac  dcspcctus  partc  iaccrcs.  Est  illud  qui- 
dem,  ncquc  in  hac}  praeter  rationem,  qua  ncuc  liac  potius 
commendari  Rothius  intellexit:  suuima  autem  cum  evideutia 
veritatis  dcspectus  pro  despccta  cx,  cuius  scripturae  defendeudae 
via  nulla  patet.  Quamvis  enim  facili  constructione,  si  modo 
iaccrct  recipiatur  ex  editione  principe,  superioribus  haec  con- 
tinuentur:  ncuc  hac  dcspccta  ex  partc  iacerct,  tamen  ipsa  ratio 
527  sententiae  obstat.  Quippe  nihil  offensionis  essct,  si  praece- 
deret  comica  poesis  vel  eiusmodi  quiddam:  absonum  est  autem 
despectam  iacere  uirtuteni  dici. 

Pag.  213,  13  ac  dolcoy  quod  etiam  codex  Ileginensis  prae- 
buit,  e  Parisini  scriptura  audolco  Rothius  eruebat  pro  eo 
quod  vulgatur  et  dolco.  Sed  acquiescere  profecto  ne  in  illo 
quidem  poterit  qui,  quantopere  langueant  sic  et  coniuncta  et 
conlocata  maccror  ac  dolco  vocabula  uni  notioni  inservientia, 
secum  reputaverit.  Aliquanto  plus  gravitatis  habiturum  esse 
unum  hoc  maccror}  hoc  dolco  concedimus,  quod  Buechelerus 
proponebat:  sed  vel  sic  tamen  inverso  potius  ordine  hoc  dolco. 
hoc  maccror  ad  fortius  progrediendum  fuisse  intellegimus,  ad 
aliquam  similitudinem  eorum  quae  sunt  in  Captivis  v.  928 


Digitized  by  Google 


COMMKNTARIVS 


207 


satis  iam  dolui  ex  animo  et  cura  satis  me  et  lacrumis  maceraui 
(cum  quo  genere  miscere  noli  quod  prorsus  dispari  fconfor- 
matione  sententiarum  dictum  est  Cistell.  i,  1,  61  male  mihi 
cst}  male  maceror:  dolco  ab  animo,  doleo  ab  octdis,  dolco  ab 
aegritudine).  Recte  idem  Plautus  et  convenienter  rationi  ego- 
met  me  coquo  et  macero  et  defetigo  Trinummi  v.  225:  item 
recte  lwc  me  facinus  miserum  macerat  meumque  cor  corpusquc 
cruciat  Gloriosi  v.  616,  vel  etiam  simplicius  et  contrario  or- 
dine  Terentius  in  Andria  v.  886  quor  me  excrucio?  quor  tne 
maccro?:  nam  has  quidem  notiones  ut  dispari  origine,  ita 
pari  inter  se  gravitate  esse  omnium  optime  Casinae  versus 
docet  II,  8,  9  illorum  mc  alter  cruciat,  alter  macerat.  Vt  non 
mirer  si  quis  apud  Suetonium  secundo  loco  positum  multo 
exilius  doleo  verbum  ex  interpretamento  repetere  Caesarique 
m\um  hoc  maceror,  hoc  crucior  tribuere  animum  inducat.  Ve- 
rum  is  tamen  vix  habebit  cur  illum  tanto  animi  affectu  tam- 
que  concitato  genere  loquendi  usum  esse  in  tam  leni  et  sim- 
plici  caussa  dicat.  Nam  ut  ad  perfectae  artis  et  praestantiae 
exemplar  aliquid  deesse  Terentio  iudicaretur,  vel  unum  hoc 
doleo  dici  satis  erat:  potuit  haud  dubie  aliquanto  fortius 
etiam  unum  hoc  maccror  vel  unum  hoc  chtcior  dici:  sed  nimium 
erat  profecto  et  prope  putidum  vel  hoc  doloo,  hoc  maceror  vel 
adeo  hoc  maceror,  hoc  crucior.  Ergo  eo  ducimur  ut  fallere 
verbi  h.  e.  prjucrroc  speciem  persentiscamus  atque  aliud  quid- 
dam  latere  in  memoria  librorum  suspicemur.  Quodsi  quis 
de  talibus  cogitet,  qualia  futura  sint  MfftlfM  hoc  maceror,  Jwc 
docto  tibi  — ,  vel  hoc  lccto}  vel  lioc  dulci,  et  si  quae  sunt  si- 
milia,  haec  tamen  omnia  suis  singula  incommodis  eisque  sat 
gravibus  laborare  facile  perspicitur.  Nec  obliviscendum  ad 
hoc  pronomen  nos  delapsos  ab  eo  prorsus  aberrasse  unde 
proficiscendum:  audoleo  vel  audoleo.  In  quo  aut  fallor  ssa 
aut  nihil  aliud  nisi  AUREOLO  delituit: 

Vnum  hoc  maccror  aureolo  tibi  dcsse  Tcrcnti. 

aurcolum  enim  et  ad  verbum  ediscendum  libcllum  Crantoris  si 
potuit  Cicero  dicere  Acad.  n,  44, 135,  item  aureolam  oratiun- 
culam  C.  Laelii  de  nai  deor.  iii,  17,  43,  quidni  aurcolum 
poetam  quem  in  deliciis  haberet  CaesarV 


Digitized  by  Google 


268  IN  VITAM  TERKNTII 

In  eodem  versu  levius  est  quod  Parisini  memoriam  derc 
non  ad  dccsse  potius,  quod  ceteri  prodidere,  quam  ad  recon- 
ditiorem  dcssc  formam  spectare  putavi,  quam  Lachniaunus 
tetigit  in  Lucret.  p.  20  et  134.  Vnde  profectus  dest  scriptu- 
ram  in  Bruxellensi  codice  servatam  apud  Senecam  Controv. 
vn,  18  p.  206,  14  recte  nuper  Bursianus  P.  Syri  versui  486 
Ribb.  reddidit:  Tam  dcst  auaro  quod  habct  quam  quod  nm 
habct.  m  Apud  Vergilium  pristiuam  scripturam  vetustissimos 
codices  puto  ubique  servare:  proditum  est  derunt  Georg. 
ii,  200.  233,  derit  e  Vaticano  Aen.  vn,  262:  proditum  iri 
a  Ribbeckio  dest  e  Palatino  suspicor  x,  378.  Constanter 
apud  Horatium  dest  Epist.  i,  12,  24  Blandiuius  antiquissi- 
mus,  dcro  et  dcrit  Gothanus  Serm.  i,  0,  56.  II,  1,  17.  n,  2,  08. 
In  Tcrentii  Phorm.  298  libri  sane  omnes  dccrant:  in  Adelph. 
881  correctum  saltem  derit  ex  deerit  in  Bembino  libro. 
Nihil  eiusmodi  enotatum  e  codicibus  Manilii  miror,  qui  tali- 
bus  formis  sexiens  usus. 

Pag.  214,  2  in  auctario  Donati  recte  a  Fleckeiseno  re- 
positum  Maccius  nomen,  spectans  id  ad  Sp.  Maeciura  Tar- 
pam,  firmavit  veteris  Parisini  auctoritas.  De  nam  particula 
quae  praecedit  significavi  ad  p.  208,  6. 

Versu  4  nihili  esse  vel  Vallcgius  nomen  vel,  quod  libri 
novieii  praeter  Reginensem  exhibent,  Valcgius  neminem  fugit. 
Ergo  illiuc  Valgius  effectum  est,  quod  inde  ab  Erasmo  haesit 
in  editionibus:  eodemque  spectat  quod  in  vetere  Parisino  k 
litteras  induxit  manus  recentior  vel  fortasse  recentissima.  m 
actione  autem,  pro  quo  natione  est  in  Vrbinati,  nationc  in 
ceteris,  cum  nulli  usui  esse  videretur,  Valgius  in  Actacone 
Erasmo  placuit,  Scaligero  Valgius  in  Auctiottc  Et  ille  qui- 
dcm  num  de  aliqua  tragoedia  cogitaverit  satis  sane  mirabi- 
liter,  incertum:  comoediae  vel  fortasse  Atellanae  nomen  Auc- 
tioni  fuisse  haud  dubie  alter  opinabatur.  Qualem  fabulam 
ut  potuisse  locuin  talibus  versibus  in  prologo  praebere  lar- 
giamur,  at  scaenici  poetae  Valgii  in  tota  antiquitate  nec  vola 
nec  vestigium.  Igitur  novam  viam  Robertus  Vngerus  in- 
529  gressus  comment.  de  Valgii  Rufi  poematis  p.  158  sqq.  ad 
C.  Valgium  Rufum  poetam  eundemque  rhetorem  et  granmia- 
ticum  memoriam  illam  omnem  referebat,  ita  quidem  ut  in 


Digitized  by  Google 


COMMKNTARIVS. 


269 


Arte  rhetorica  Valgii,  qua  is  Apollodori  Pergaineni  praecep- 
toris  Texvriv  latine  enarravit  teste  Quinctiliano  m,  1,  18, 
suam  versibus  illis  sedem  fuisse  coniceret,  sive  eis  ab  ipso 
Valgio  factis  sive  ab  antiquiore  poeta  aliquo  suniptis:  haud 
dubie  enim  ultra  aridos  magistri  commentarios  liberalius  ex- 
spatiatum  multa  de  suo  addidisse  discipulum.  Et  talem  qui- 
dem  coniecturam  poterat  ille  fortasse  alia  coniectura  aliquanto 
saltem  probabiliorem  reddere:  nisi  enim  fallit  opinio,  non 
prosa  oratione  Valgius,  sed  didactico  carmine  graecam  Artem 
exsecutus  est.  Non  desunt  certe  vestigia  numerorunrpartim 
manifesta  partim  non  spernenda  in  illis  quae  ex  Valgii  inter- 
pretatione  latina  Quinctilianus  cap.  5  §  17  excerpsit:  'caus- 
sam  Hnit  Apollodorus,  ut  interpretatione  Valgii  discipuli  eius 
utar,  ita:  caussa  cst  negotium  omnibus  suis  partHyus  sjrcctans 
ad  quaestionem,  aut  caussa  cst  negotinm,  cuius  finis  cst  contro- 
uersia.  ipsum  deinde  negotium  sic  finit:  negotium  cst  congrc- 
gatio  jmsonarum,  locorum,  tcmporum,  canssarum,  modorum, 
casuum,  factornm,  instrumcntorum ,  scrmonum,  scriptorum  et 
non  scrijitorum.9  Integros  ab  initio  senarios  nulla  littera 
mutata  hos  habes: 

Caussa  cst  ncgotium  amnilms  snis  pdrtibns 
Spectdns  ad  quaestidncm  — : 
item      Negotium,  cuius  finis  controucrsia  cst. 

Nec  rainus  commodi  e  proximis  prodeunt,  si  modo  Quincti- 
lianum  concesseris  praeterire  potuisse,  quae  non  necessaria 
ad  vim  sententiae  vel  numeris  tantum  sustentandis  vel  nec- 
tendae  orationi  inservirent: 

Ncgotium  autem  quaedam  congregdtio 
Et  pcrsonarum  est  et  locorum  et  temporum 
Caussdmmqne  et  moddrum,  porro  c/tsuum, 
Factdrum,  instrumcntdrumf  scrmonum  quoque, 
Scriptdrum  ct  non  saiptdrum. 

Verum  hoc  quidem  quocumque  modo  se  habet,  illud  nunc 
quaerendum  restat,  quid  fieri  libri  indice  in  actione  Vngerus 
voluerit  De  quo  ille  sic  ratiocinatur:  certnm  fuisse  locuin 
artis  rhetoricae  quo  de  ea  figura  ageretur  quae  Latinis  est 
Hrauslatio',  jncTdcracic  Graecis:  eam  translationem  alio  no- 


Digitized  by  Google 


270 


IN  VITAM  TERENTII 


niine  etiam  f  quaestionem  actionis'  dici:  id  igitur  caput  Artis 
Valgianae  aliqua  breviloquentia  sive  Donati  sive  eius  quem 
530  ille  auctorem  secutus  sit  *in  actionc'  verbis  indicari:  nisi  forte 
in  ea  verba  pristinam  etw  translationc'  scripturam  librarii 
corruperint.  Haec  autem  omnia  quam  miro  argutandi  arti- 
ficio  excogitata  sint,  nec  quemquam  fugiat  qui  aliquem  seu- 
sum  simplicitatis  habcat,  nec  Henricum  Keilium  fugit  Vngeri 
coniecturas  sanissimo  iudicio  impuguantem  in  Ephem.  litt. 
Halens.  a.  1849  m.  Mart.  p.  470.  Ipse  autem  Keilius  cum 
de  substituendo  Valerius  nomine  suspicatur,  sed  suspicatur 
modestissime,  dubito  num  fidei  satis  inventurus  sit.  Scriptum 
est  sane  uno  in  loco  vitae  Suetonianae  p.  29,  5  Valcrius  pro 
Vulcatius  in  Neapolitano  codice:  sed  altera  ex  parte  tam 
vulgare  nomen  quale  est  VaileHus  in  tam  absconditam  Val- 
lcyius  formam  transisse  non  est  saltem  valde  simile  vcri.  Et 
vel  sic  indagandum  restet,  quo  in  libro  illos  versiculos  Va- 
lerius  Soranus  (hunc  enim  suum  Keilius  Valerium  interpre- 
tatur)  posuisse  videatur,  cuius  aliquam  'actionem'  fuisse  nec 
testimonio  nec  indicio  ullo  constet.  Nec  magis  de  'satirki' 
constat,  quas  ei  suo  periculo  Meyerus  in  Cic.  Brut  46,  1G9 
tribuit  p.145:  quamquam  fatendum  est  item  ad  cavillanduni 
veterem  poetam  versum  illum,  et  hexametrum  quidem,  spec- 
tare  quem  e  ^Valerio'  Varro  prodidit  de  1.  lat.  x,  70:  Accins 
Ilcctorcni  nolct  facerc}  Ilcctora  nuilct.  —  Superest  ut  cum  Scho- 
peno  sentiamus,  de  illis  quae  sunt  in  actionc  satis  et  sinipli- 
citer  et  ad  persuadendum  apposite  sic  ratiocinante.  Fieri 
enim  posse  ut  sive  Valgii  sive  alius  cuiuslibet  liber  (sive 
finitius  Mibellum'  dixeris)  extiterit  *Actiof  inscriptus,  quo  ille 
veterum  poetarum  furta  vel  nescio  quas  alias  culpas  exagi- 
taverit  hac  forma  usus,  ut  tamquam  accusator  prodiret  actio- 
nemque  reis  intenderet:  censuram  saltem  poetarum  etiam 
Ciceronem  egisse  videri  in  Limone  itemque  respondentem  illi 
(*/m  quoquc9)  Caesarem.  Sed  etiam  quo  nomine  fuerit  qui 
talem  librum  ediderit,  non  sine  probabilitate  e  librorum  ve- 
stigiis  Vallegius  prodentium  posse  erui  videtur.  Qoippe  uno 
eodemque  tempore  Vofjdlius  nominis  ad  illa  vestigia  proxime 
accedentis  et  Ribbeckius  et  Buechelerus  admonuerunt:  cuius 
memoriam  illi  Tuvenalis  suggesserat  Sat.  xm,  119  et  xvi,  23, 


Digitized  by  Googl 


COMMKNTARIVS. 


271 


huic  Seneca  Natur.  quaest.  vi,  2,  8.  Et  nomen  quidem  ipsum 
etiam  lapides  quidam  Bruttii  hrinant  in  Mommseni  L  R.  N. 
15  et  53:  a  quo  non  differt  VACELLIVS  forma  ibid.  11. 
' DecJamatoris*  tamen  Vagellii  ab  Iuvenale  commemorati  ve- 
reor  ut  ullus  in  hac  caussa  usus  sit:  contra  Senecae  Vagel- 
lium  sat  commode  huc  convenire  prorsus  adsentior  Buechelero. 
Sunt  autem  Senecae  verba  haec:  egregic  VagclJins  meus  in  Ulo  6si 
inclito  carminc  'si  cadendum  cst9  inquit  'mihi,  e  caelo  ceeidisse 
ucJim.9  Quorum  extrema  e  caclo  cccidissc  ucJim  qui  ad  liexa- 
metri  principium  referat,  non  posse  non  haerere  in  eis  quae 
praecedunt  numero  dactylico  aperte  refragantia.  Liberius 
igitur  poetae  verbis  Senecam  usum  talem  potius  in  mente 
habuisse  seuarium  videri: 

Si  mthi  cadcndum  csty  cecidissc  c  cacJo  ucJim. 

Senarios  autem  cum  etiam  Donati  versiculos  habeamus,  nihil 
obstare  quorainus  et  unum  eundemque  utriusque  scriptoris 
Vagellium  credamus  et  fortasse  etiam  'inclitum  carnien'  illud 
non  aliud  esse  nisi  'Actionem'  suspicemur.  Quae  si  certa 
non  sunt,  at  veris  propiuqua  haberi  poterunt.  Sed  de  car- 
mine  quocumque  modo  iudicabitur,  Vagellii  quidem  nomen 
coniectura  repertum  esse  felicissima  confido,  quamquam  non 
ignarus  ad  omnia  alia  et  (ut  solet)  aliena  de  Senecae  verbis 
coniectando  eundem  illum  Vngerum  nuper  delapsum  esse  in 
ea  commentatione  quam  de  Lucani  Heliacis  a.  1858  edidit. 
Nimirum  blandis  verborum  lenociniis  summam  nobis  lenita- 
tem  talis  permutationis  litterarum  persuadere  studet  qua  e 
uagellius  fiat  uero  annaeus  lucamts. 

Pag.  214  versuum  6—8  haec  est  in  vetere  Parisino  spe- 
cies:  hae  quac  uocantur  fabulac  cuiac  sunt,  non  Jujs  qui  iura 
poimJis  retentibus  dabat  summo  Jionore  affectus  fecit  fabuJas. 
Nec  multum  ceteri  libri  discrepant,  nisi  quod  pro  rctentibus 
in  plerisque  recensentibus  exstat,  rccentionibus  ex  Italo  quodam 
codice  'vetustissimo'  affertur  a  Barthio  Adversar.  VI,  20.  In 
his  autem  expediendis  dici  nequit  quantum  se  longo  ex  tem- 
pore  docti  homines  torserint:  Iosephus  Scaliger  Animadv.  in 
Eusebii  Clironol.  p.  144  ed.  alt.,  Ianus  Rutgersius  Var.  lect 
I,  7,  ipse  Barthius  1.  s.  s.,  nostra  autem  memoria  Carolus 


Digitized  by  Google 


272 


IN  VITAM  TEKKNTII 


Beierus  in  Cic.  Lael.  p.  141  *),  Vngerus  de  Valgii  Rufi  poe- 
532  uiatis  p.  154  sqq.  conl.  excursuum  p.  443,  Keilius  L  s.  sT 
postremo  in  nitidissima  Terentii  editione  Alfredus  Fleck- 
eisenus.  Quorum  tamen  nullum  id  quod  verum  liaberi  possit 
adsecutum  putamus:  quod  cum  longum  sit  singillatim  perse- 
qui,  in  paucis  nobis  subsistendum  intellegimus.  Ac  primuni 
quidem  eum  versum  qui  est  medius  non  vidimus  a  quoquam 
ita  conformatum,  quin  aut  nimis  asperis  aut  nimis  debilibus 
numeris  incedat  aut  ab  utroque  genere  laboret.  Nervos  non 
babet  queni  Scaligero  duce  plerique  exitum  probarunt  gaiti- 
bus  dabat;  durus  est  et  inelegans  dactylico  vocabulo  compre- 
heusus  dactylus  Poblius,  quod  nomen  e  pqpulis  idem  ille 
Scaliger  efficiebat,  vel  cum  rcgibns  ct  popuUs  dabat  fuit  qui 

*)  Beieri  verba,  quibus  disputatiunculam  suam  conclusit,  animi 
caussa  ;i  dscripsi :  'fragmentum  enim  corruptnm  ease  atque  emendatione 
adhuc  egere,  sobria  ingenii  sollertia  iudicat  longe  peritissimus  arbiter 
Aug.  Wcichertus  in  pcrerudita  cominentatione  de  C.  Valgio  llufo  poeta 
(Grimae  ex  offic.  Goeschenia  1827.  4.)  fragm.  xvn.'  Niminuu  plane 
sui  similis  Weichertus  extitit  Poet.  lat.  reliq.  p.  239  sq.,  remm  inuti- 
lium  strue  molestus,  hebes  iudicio.  —  Ceterum  ne  quid  desideraretnr, 
infnictnosa  emendandi  conanima  duorum  versuum  priorum  iufra  scripai. 
Hae  quae  uocantur  fabulae  Terentii,  Non  lias  qui  iura  Poblius  gentibus 
dabat  Scaliger.  Hae  quae  uocantur  fabulae  huius,  nonn'  eas  Qui  iura 
populis,  leges  gentibus  dabat  Rutgersiu9.  Terentianae  quae  uocantur 
fdbulae  cuiae'  sient?  Non  hds  qui  iura  pdpulis,  regna  ndtionibus  dabat 
Barthius.  Hae  quac  uocantur  (uorantur  nuper)  fabuJae  cuiaene  sunt? 
Non  has  qui  iura  poputis  end'  hibus  (endo  hibtis  nnper)  dabat  Bothiua. 
Cum  Rutgeraio  facientes  in  primo  versu  Qui  iura  populis  implorantibus 
(vel  etuloperantibus)  dabat  BeieruB,  Qui  iura  populis,  reges  gentibus  da- 
bat  Vngerna.  Tuae  quae  uocantur  fabulae,  non  sunt  tuae.  Nonne  has, 
qui  iura  regibus  et  populis  dabat  Keilius.  Tuae  quae  uocantur  fabtdae 
cuiaene  sunt?  Non  has ,  qui  iura  Poplius  dabat  gpitibus  Fleckeisenos. 
—  Nimirum  Bothio  Beieroqne  fraudi  fuit  Lindenbruchii  p.  622  ed.  Far. 
haec  adnotatio:  'Terentius  dabat]  Ita  ex  mss.  restitutum  est,  quorura 

alter  sic  habet  end'ibus  dabat.'    Quae  in  editionc  Francofur- 

tensi  sic  mutata  sunt  p.  632:  'Populis  end'ibus  dabat]  Ita  mss.  Da- 
nielis.  vulg.  petentibus  dabat.  al.  recensentibus:  Nulli  fuerunt  'mss.' 
Danielia,  sed  unua  ms.  Ex  eius  margine  (non  fex  mss.')  adsciverat  in 
Parisinam  Terentius  nomen.  Quem  'alterum 1  dicit,  non  fuit  alter  Pa- 
risinus  noster  7921,  sed  aut  Contianus  ut  puto  aut  Cuiacianus.  Prae- 
terea  qui  petentibus  ediderit  non  magis  novi  quam  qui  uolentibus,  quod 
in  «uarum  editionum  novissima  testatur  Bothius. 


Digitized  by  Google 


COMMENTARIVS.  273 


suaderet;  nihil  profecto  gratiae  tales  quales  nuper  placuerunt 
ictus  habent  Popliu  dabat  gmtibus.  Praeterea  nemo  fuit 
quin  cum  in  hoc  versu  tum  in  primo  aut  addendo  *aut  re- 
secando  aut  transponendo  tines  modestiae  licentius  migrarit 
tidemque  librorum  nimis  magno  intervallo  reliquerit.  Porro 
autem,  Terentium  esse  ad  quem  hi  versus  spectent,  quo  tan- 
dem  iudicio  intellegi  dices?  quod  merito  offendens  Scaliger 
cum  poetae  nomen  sic  inferret:  Hac  quae  uocantur  fdbulae 
Tmntii,  e  conflatis  terentii  et  gentibus  vocibus  portentuin 
scripturae  recensentibus  repetens,  aliquid  vidit,  rem  ipeam  non 
pervidit.  Nec  cum  perbona  coniectura  Fridericus  Windisch- 
uiannus  in  Welckeri  Naekiique  Museo  Rhen.  i  p.  113  prin- 
cipium  versus  primi  sic  sanavit:  Tuae  quae  uocantur  e.  q.s., 
illud  effecit,  ipsius  ut  significationem  poetae  ne  desideremus.  533 
Et  tamen  ab  illa  emendatione  perfacilis  ad  veritatem  aditus 
erat  Nam  nihil  sane  aliud  in  monstro  scripturae  retentibus 
(hinc  enim  projQciscendum,  non  a  noviciorum  codicum  me- 
moria  reccnsentibus)  nisi  Terentii  nomen  delituit:  id  quod 
iam  is  quisquis  fuit  sensit,  cuius  manu  recenti  adscriptum 
est  in  margine  Parisini  terentius.  Nisi  quod  illud  non  e  versu 
primo  huc  est  aliquo  casu  delatum,  quae  Scaligeri  mens  fuit, 
sed  sedem  suam  in  alterius  principio  occupabat.  Sic  enim, 
nisi  omnia  fallunt,  antiquitus  scriptum  fuit  :  Tuae  quae  uo- 
cantur  fabulae,  cuiaene  sunt,  \\  Terenti?  non  has,  iura  qui  po- 
pnfts  dabat,  e.  q.  s.  Nihil  in  hoc  exemplo  ultra  mutatum 
praeter  libros,  nisi  quod  modestissima  duarum  litterarum 
accessione  cuiaenc  cum  Bothio  factum  est  e  cuiae,  modestiore 
profecto  quam  qua  vel  cuius  sunt  cedo  Erasmus  suadebat  vel 
dic  cuiu*  sunt  Oudendorpius:  praeterea  longe  lenissima  trans- 
positdone  iura  qui  repositum  pro  qui  iura.  —  At  ita  nulla 
fit  Scipionis  mentio,  a  quo  factas  fabulas  edidisse  Terentium 
hic  poeta  testatus  erat  auctore  Donato.  Fatemur  non  nomi- 
nari:  non  potuisse  intellegi  negamus.  An  nominari  contendes 
si  Scaligerum  secuti  Poblius  amplectamur  pro  pojmlis,  in 
tanta  quidem  Publiorum  frequentia?  Recordandum  est  autem 
duos  esse  omnino  a  quibus  adiutum  in  scribendo  Terentium 
fama  ferebat,  C.  Laelium  et  P.  Scipionem:  e  quibus  cum  ille 
iura  populis  nulla  ullis  dedisset,  nihil  relictum  erat  nisi  ut 

FB.  UIT8CUEL1I  OPV8CVLA  III.  18 


Digitized  by  Google 


274 


IN  VITAM  TKKKNTII 


de  uno  Scipione  cogitaretur.  Eiusque  ipsius  cogitationeni 
]>aullo  etiam  promptioreni  proximo  versu  fieri  putamus.  Ibi 
enim  traod  ab  initio  proditum  est  sttmmo  honorc  etsi  ad  le- 
gitimam  meusuram  Erasmus  transponendo  revocavit,  cuius 
exemplo  Honorc  sttrnmo  vulgatur,  tamen  quid  impedit  quo- 
minus  servato  ordine  verborum  intercidisse  potius  aliquid 
existimemus;  hiatus  ut  sic  removeatur:  Sttmmo  illc  honore 
affccttts  —  ?  His  igitur  argumentis  moveri  me  passus  siun 
ut  Vagellii  versiculos  tales  quales  edidi  conforniarein,  nou 
sine  spe  indagatae  veritatis.  [Ipse  tamen  liitschelius  postea 
Fleckeiseno  est  obsecutus  ita  emendanti: 

Tuae,  Terenti,  quae  uocantur  fabulae, 
Cuiae  sunt?  non  has  cct.    C.  W.| 

Pag.  214,  9  quod  Parerg.  p.  325  ratiocinatus  suni  Apol- 
lodoro  Carystio  a  Donato  scriptum  esse,  hinc  ut  duplex  uo- 
men  in  vitara  Ambrosianam  transierit,  eius  me  coniecturae 
ne  nunc  quideni  paenitet.  Nam  unde  tandem  nisi  ex  Donato 
hausisse  medii  aevi  seriptorern  istum  tam  exquisitam  menio- 
riam  putabiinus,  qualis  haec  est,  Carystium  esse,  non  Geloum. 
poetam  cui  suas  fabulas  acceptas  referret  Terentius?  Quam 
si  quis  ex  ipsis  commentariis  Donati  repetat  in  Hecyram  et 
534  Phormionem  scriptis,  quorum  in  prooemiis,  ubi  nunc  Apol- 
lodorus  legitur  simpliciter,  potuerit  aliquo  loco  pleniore  no- 
mine  ApoUodoms  Carystitts  dictus  esse:  etsi  eis  comnientariis 
est  sane  hic  scriptor  usus,  velut  in  illis  quae  de  Luscio  La- 
nuvino  rettulit,  tamen  quid  est  quaeso,  cur  probabilius  hic 
statuatur  quam  in  auctario  vitae  nomen  gentile  intercidisse? 
praesertim  cum  ex  eo  auctario  finitima  deprompta  sint  omnia. 

Vita  autem  Ambrosiana  illa  (quam  post  liothii  curas 
eodcm  iure  Parisinam  dicas)  etsi  referta  est  sane  additamen- 
tis  non  e  Donati  vel  vita  vel  commentario  petitis,  tamen 
haec  omnia  ita  coinparata  sunt,  ut  suo  ingenio  fretus  tingere 
scriptor  potuerit  quanturavis  temerariae  explanaudi  exornandi- 
que  libidini  indulgens, '  doctrinae  fontes  alios  habuerit  uul- 
los:  praesertini  ubi  illa  reputaveris  ad  unura  hoc  consiliuui 
redire,  ut  itinerura  rationes  a  poeta  factorum  clariore  in  luee 
conlocarentur.  De  quo  ut  certius  iudicare  liceret,  ipsam 
vitain  illam,  inter  iv  saeculum  et  xi  scriptam,  scd  illi  nm 


Digitized  by  Google 


COMMENTAKIVS. 


275 


fallor  quam  huic  propiorem,  hic  subicere  placuit  et  emenda- 
tam  aliquotiens  et  ex  arte  adnotatam.  Itaque  pro  funda- 
mento  esse  codicem  Parisinum  membraneum  7002  (^4)  volui, 
saeculi  ut  fertur  xi,  possessum  olim  a  Petro  Daniele:  lacu- 
nosum  sane  et  ut  usu  venire  in  tali  genere  solet  mendosum, 
sed  ex  antiquiore  ut  videtur  fonte  ductum.  Cui  saeculi  xv 
Basileensis  F.  III,  2  (B)  et  Parisinus  1441  (P)  accedunt: 
quorum  hic  insigni  exemplo,  quomodo  serpserit  interpolandi 
licentia  monstrat.  Praeter  hos  tres,  e  quibus  excerptam  ab 
Hunzikero  discrepantiam  scripturae  Rothius  Musei  Rhenani 
t.  XII  p.  186  sqq.  proposuit,  M  dixi  e  tribus  eodicibus  Am- 
brosianis,  nusquam  inter  se  distinctis,  proditam  ab  Angelo 
Maio  vitain,  quae  est  in  eo  libro  quem  ille  Mediolani  a.  1815 
sic  inscriptum  edidit:  *M.  Acci  Plauti  fragmenta  inedita. 
Item  ad  P.  Terentium  commentationes  et  picturae  ineditae'. 
Vbi  de  libris  illis  sic  testatus  est  p.  37:  ?Haec  Terentii  Vita, 
nondum  ut  puto  vulgata,  extat  in  Ambrosianis  codicibus  D. 
79  et  0.  109  part.  sup.,  in  quibus  et  dicitur  excerpta  e  ve- 
tustissimo  codice.  Extat  item  iu  codice  F.  92  part.  sup., 
ubi  inscribitur  Prohoemium  uerum,  ut  nimirum  distinguatur 
a  Terentii  Vita  studio  Petrarchae  descripta  (et  edita)  quae 
in  eodem  ms.  proxime  praeponitur.'  —  Ceterum  interpun- 
ctionem  tacite  correxi. 


VITA  TERENTII 

Terentius,  Afer  genere  Kartaginensis,  puer  captus  est  et 
a  quodam  Terentio  Lucano  emptus.  litteris  graecis  latinis- 
que  instructus  cum  liberatus  esset,  mox  propter  elegantium 

1  Incipit  uita  Terentii  A  2  afer  natione,  genere  B.  genere  qui- 
dem  extitit  Afer,  ciuis  uero  vita  (Jxon.  Carthagiuensis  M  ent 
etj  et  libri  4  liberarius  B.  Hbrarius  M.  rmox  hunc  librarium  asciuit' 
P,  prorima  exhibens  talia:  qui  cum  familiaritate  [voluit  cum  in  faini- 
liaritatemj  p.  scipionis  ac  lelii  perductus  postea  e»set  e  libertina  tribu, 
in  urbanis  honestum  ordinem  tenuit.  causas  \  immo  comoediasj  egit  non- 
Qunquam,  in  quibus  quidem  locum  primum  haud  dubie  tenuisset,  mti 
eioa  obtrectatores ,  cum  ctiam  publice  eius  comedius  quas  ediderat 
uituperarent,  ad  huiusmodi  studia  ardentius  impulissent  \immo  obtrec- 

1R* 


276 


IN  VITAM  TERENTII 


8tudiorum  morumque  in  amicitiam  perductus  est  P.  Scipionis,  s 
Laelii  Sapientis,  Furii  Phili.  quorum  fabulas  in  scena  dare 
illum  inimici  diffamabant:  maxime  autem  Luscius  Lanuuinus, 
qui  aemulus  eius  erat,  lianc  opinionem  diuulgabat.  et  cum 
criminarentur  quidam  Terentium,  non  uere  eum  Graeeorum 
mores  exprimere,  set  pleraque  latina  facere  consuetudine,  ut  i» 
instituta  Graecorum  moresque  coguosceret  Athenas  profectus 
est  ibique  aliquamdiu  commoratus  Menandrum  in  latinum 
sermonem  transtulisse  dicitur.  set  cum  Romam  repetiturus 
esset,  sarcinas  fabulasque  quas  ibi  conscripserat  in  nauem 
imposuit  quae  Malean  circuitura  erat.  ipse  terrestri  itinere  u 
536  Patras  profectus  est,  ubi  nauem  expectare  constituerat,  au- 
ditoque  naufragio,  aegre  ferens  amissas  fabulas,  Stymphalim 
decessit  in  Arcadia,  [ubi  et  mortwis]  publiceque  sepultus  est, 
Cn.  Dolabella  Fuluio  Nobiliore  consulibus.  fabulae  eius  ex- 
tant  quatuor  ex  Menandro  translatae,   Andria,  Eunuchus,» 


tatores  etiam  publice  .  .  .  uituperarent:   quo  tauien  eum  ad  huiusmodi 
.  .  .  impulerunt  vel  similiter]      6  est  om.  AB      P.  om.  BM       §  et 
Laelii  sapientis  et  M        furi  puli  A.  rupilii  BM.  Furii  Publii  ritae 
codex  quidam  a  Lindenbruchio  commemoratus  ad  Donatum  in  AdeJph. 
proJ.  15.  Apud  ipsum  Donatum  furium  pilum  est  in  cod.  DanieJis  et 
ed.  princ,  furium  pium  tn  veteribus,  Furium  Publium  post  rulgatum 
Bceno  A       7  illum  om.  libri       autem  lusiua  A.  autem  luciua  B.  tur- 
tullius  M      lauiuius  BM      8  eiuB  aemulns  M      diuulgabat  om.  A 
etj  sed  libri        9  non  uere  eum]  non  uere  M.  rdgauere  A.  non 
ueros  B       10  exprimere  set]  exprimeret  A.  exprimere  BM  (de  P  ta- 
cetur)        latina  facere]  in  latina  ferre  A.    in  latina  fore  BM  (de  R 
tacetur)     11  moresriue  Graecorum  M     12  ibique  A  (B?).  ibi  MP 
aliquamdiuj  compluris  annos  P      menandrum  et  demophilum  iu  P 
13  setj  et  libri      repetituruBj  petiturus  libri      14  nauim  A.  naui  P 

15  coraposuit  P  maleon  BP.  maricon  A.  maliacum  sinum  dicit 
Polentonus,  sinuni  Illyricum  Petrarca       ipse  ....  conatituerat  om.  A 

16  ubi  et  nauem  M  17  amisisse  AB.  amissorum  scriniorum  P 
Btimphalim  AB,  Petrarca.  StjTnphali  MP.  Aut  obvcrsata  est  menti 

scriptoris  Stymphalis  (palus)  forma,  aut  corrigendum  Stymphalum 
decessitj  an  secessit.^  18  archadia  A  ubi  et  mortuus  veJ  aliquid  si- 
mile  intercidisse  puto  publiceque  ibi  sepultus  MP  19  Cn.  Dola- 
bella  ....  consulibus  om.  A  Gn.  delobella  B.  C.  Dolabella  MP 
Fuluio  NobilioreJ  et  fuluio  honore  B.  Fuluio  Flacco  M.  et  fuluio 
P  20  quatuor  ex  his  que  rome  ex  menandro  tranKlatae  sunt  P 
translata  A       andria  et  A 


Digitized  by  Google 


C0MMKNTABIV8. 


277 


Adelphoe  et  Heautontiinoruinenos:  duae  ex  Apollodoro  Ca- 
rystio,  Hecyra  et  Phorniio.  hic  Eunuchuiu  uendidisse  dicitur 
octo  niilibus  nuinoruin,  quod  pretium  ante  eum  neuio  ac- 
ceperat. 

21  adelphe  M.  adelphos  A  (e  BP  nihil  notatum)  autontiraoru- 
menoD  A  (e  BP  nihil  notatum)  duaa  A  pollodore  A  caritio  A 
fet  P?).  caricio  BM.  Corinthium  (pel  Carinthium)  Petrarca  dixit  22 
rcchira  (hecyra)  et  phormio*  BP.    et  formos  A  hic  eunuchu*  A 

[B??).  Eunuchum  M  23  octo  AM.  XII  B.  XIII  P.  uiginfci  Petrarca. 
in  octo  Polentonus  milibus  M.  milia  -1.  'milia  vel  ^1^^118'  BP. 
raillibus  Petr.,  Pol.  qui  etiam  nummiun  numorum  pretio  quod  pre- 
tium  A  ame  tum  A  accipiebat  A  24  Sequuntur  in  P  Reliquit 
et  epitaphion  sunm  tale  Natus  in  excelsis  cei.  (h.  e.  epigramma  Antho- 
logiat  illud  11,  220  Burm.,  S45  Mexjer.) 

Non  novit  hanc  vitani  qui  de  Terentio  futile  comnienta- 
rioluni  conscribillavit  ex  Oxoniensi  codice  ab  Abrahamo  Gro- 
novio  publicatum  apud  Westerhoviuui  praef.  Ter.  p.  xxxn  sq., 
ex  Halensi  a.  1811  a  Terentii  (vel  potius  Terentiani  codicis 
illius)  editore  Brunsio  p.  3  sqq.  Qui  scriptor  praeter  ipsuin 
Terentiuni  Orosio  usus,  Prisciano,  Rufino,  Horatio,  non  Do- 
nato:  ex  Orosii  enini  lib.  IV,  19  stolida  confusio  illa  poetae 
Terentii  atque  Q.  Terentii  Culleonis  fluxit.  Vtraque  vita 
Frauci8co  Petrarcae  iu  prouiptu  fuit,  Oxonienses  ineptias 
graviter  impugnanti,  nimium  confiso  commentis  Ambrosianis: 
ipsum  Donatum  (i.  e.  Suetonium)  ne  Petrarca  quidem  legerat. 
E  Petrarca  autem  totus  pendet  Sicco  Polentonus,  cuius 
vitaui  ineunte  saeculo  XV  scriptam  e  Florentino  codice  edidi 
Parerg.  Plaut.  p.  635  sq.  Ccterum  Petrarcanam  non  habui 
nisi  ex  Westerhovii  praefatione  p.  xxxiv  sq.:  cuius  sat  scio  537 
emendatiora  exstare  manu  scripta  exemplaria. 


EPIMETRVM  BIBLIOGRAPHICVM 
ad  pag.  219  adnot. 

Typis  expressa  Terentii  exempla  illa  quattuor,  de  quibus 
bibliographos  dixi  praeter  rationem  aut  tacere  aut  dubitare, 
haec  sunt  quorum  indiccs  infra  posui. 


278 


JLN  VITAM  TEKKNTII 


Terentius  cuin  Donato.  ||  In  finc  Finis  Coniraenturiorum  Aelii  Donati 
super  .P.  Terentii  Afri  Comoediis.  |j  nec  non  Ioannis  Calphurnii 
super  Heautontimorumenon  foeliciter.  f|  Venetiis  per  Philippum  pin- 
zium  Mantuami  Anno  dni  .M.  CCCC.  XCIII.  pridie  nonas  Iulias. 
Impante  Augu  stino  barbadico  serenissimo  Venetoij,  principe. 
Laus  deo.  ||  Sequitur  Registruni.  fol 

(Initium  deest  in  exemplari  Bonnensi)  In  finc  Hoc  opus  impressum 
est  Mediolani  per  loanem  Angelum  Scinzenzeler.  Anno  doroini 
.M.  ccccci.  die  ||  xix.  Octobris.  |j  tiequitur  Kegistrum.  fol. 

P.  Terentii  aphri  Comici  poetae  disertissi  mi  Elegatissime  sex  come- 
die:  cu  succinetis  ||  admodum  copendiosisqi :  non  minus  tarae  fl  di- 
lucidi8:  Jodoci  Badii  ascesii  explanatio  nibus.  |j  —  Uenundatur  Par- 
rhi8ii8  in  vico  Maturinorum  ||  a  M.  Durando  gerlier  A  lestrille 
faulxveaul.  ||  In  finc  Finis  elegantissimarii  coinediaru  Tcrentii  cii 
auotatdnib"  Jo  doci  Badii  ascensij:  ab  code  impensis.  M.  durandi 
gcrlier.  impressioi  ma  datis  atq:  absolutis  ad  calendas  Februa.  Anni 
iuxta  Parisien.  calculos  ||  Millesimiquingetesimitertij.  4. 

Terentius  cum  |  quinq2  comentis:  vi  Donati:  Guidonis:  Cal  phur. 
Ascensii  i  Seruii.  U  Cum  gratia  ob  figuras:  ||  ut  ps  in  ei°  puilegijs. 

Tn  ftne  Impressum  Ve  netiis  per  Lazarum  de  Soardis  die  .XXIII. 
Febmarii  .M.  D.  XII.  Qui  a  Senatu  Venetorum  obtinuit  q.  nullus 
imprimcrc  seu  imprimi  facere  audeat  eorum  in  territorio  8ub  raul- 
cta:  ut  suis  in  gratiis  patet.  |]  Sequitur  Ad  Lcctorem  lndex  comen- 
tariorum  distidia  quattuor  —  Ad  eundem.  Excusatio  Lazari  dittidut 
tria  —  Regi8tmm.  foi 

llis  autem  quae  supra  posui  iam  typis  expressis  iu  ma- 
nus  meas  quintum  exemplum  pervenit  comiter  transniissuni 
a  Fleckeiseno,  quod  item  ignorant  bibliographi.  Est  id  Lug- 
dunense  anni  1502,  persimile  aliis  quae  circa  illud  tenipus 
prodierunt  Lugduncnsibus,  indice  quidem  hoce: 

P.  Terentij  aphri  comico2j.  elegantissimi  Coiuedie:  a  Guidone  Juue- 
nale  viro  pcrq  lit  terato  familiariter  explanate  :  i  ab  Jo  doco  Ba- 
M8  dio  Ascesio  vnacui  explana|ti6ibus  rursum  annotate  atqi  recognito: 
ciiqi  eiusde  Ascesii  preno  tamcntis  atqi  anuotametis  Q  suis  loci»  ad- 
hibitis  qj  ac  curatissimc  se  venun  dant  impres  se.  |)  In  fine  Publij 
Terentij  e.  q.  s.  ut  supra  .  .  .  explanationibus  suis  locis  adhibi  tis 
rursum  annotute  atq2  recognitii  :  solerti  cura  castigate  :  impensaq: 
no  leui  per  egregios  viros  Clau  dium  Many  i  Stephanvi  Balan  ca- 
racteribus  mandate.  Anno  ab  incarnatione  domini  .M.cccccil.  I  die 
vero  decimaoctaua  decembris  Finiunt  feliciter.  4. 


Digitized  by  Googl 


(OMMKNTAKIV8 


270 


Haec  quoque  editio  ex  eis  est  quae  vitaiu  poetae  habeut 
non  a  Donato  factani,  sed  illo  duce  scriptam  ab  Asceusio. 


Ab  eodem  autem  amico  suavissimo  sero  admonitus  vi- 
tam  'Ambrosianani'  illam  aute  A.  Maium  pridem  e  codice 
Ebneriano  saeculi  X  a  Chr.  Theophilo  de  Mnrr  editam  ha- 
beri  in  rMemorabilibus  bibliothecaruni  Norimbergensium  et 
universitatis  Altdorlinae'  (Norimb.  a.  178B  sqq.),  part.  II  p. 
135,  non  committendum  putavi  quin  illinc  excerptam  scrip- 
turae  discrepantiam  hic  subicerem. 

1  incipit  vita  tkrextii  2  cartaginiensia  capt  et  a  4  li- 
Warius  eiua  esset  5  perductus  scipioui  leli  aapieutia  furijiili  6  dare 
inimici  7  autem]  tamen  8  diuulgabat  om.  et]  sed  9  eum 
om.      10  exprimere  pleraque  inlatina  ferre       13  set  om.  petiturus 

16  que  malleon  circumitura       lfi  ubi  et  nauem       17  amiBigse 
stimphalim        18  inarchadia  pupliceque        19  (»N       fuluio  honorio 

20  quattuor  emenandro  21  et  eunuchus.  Adclphos  Kautoutime- 
rumeuou  22  duas  exappollodoro  caricio.  Echira  et  phormios.  Eunu- 
chum      23  nummomm  accipiebat 

Est  autem  hic  idem  codex  ille,  qui  servavit  alterum  ex- 
itum  Andriae  Terentianae,  vindicatum  a  me  et  tractatum 
iam  ante  plurimos  annos  in  Parerg.  Plaut.  p.  583  sqq.  |  Rec- 
tiora  docuit  Henricus  Keilius,  qui  haec  ad  Ritschelium  scrip- 
sit:  «Die  codiccs  Ebncriani,  friiher  im  Besitz  der  Nttrnberger 
Familie  Ebner,  sind  in  den  zwanziger  Jahren  in  Nurnberg 
verkauft  (wahrscheinlich  otfentlich  versteigert).  Der  grosste 
Theil  derselben  soll  von  einem  Engliinder  gekauft  sein  und 
wird  sich  also  vermuthlich  jetzt  in  einer  englischen  Privat- 
bibliothek  befinden.  Einige  Handschriften  sind  freilich  auch 
in  andere  Hiinde  gekommen,  wie  der  codex  des  Persius,  den 
Jalin  fiir  die  kleine  Ausgabe  des  P.  benutzt  hat,  und  der 
sich  im  Besitz  des  vor  Kurzeni  verstorbenen  Gymnasialpro- 
fessors  Joachim  Meyer  befand.  Wohin  der  gesuchte  codex 
des  Terentius  gekommen  ist,  weiss  ich  nicht  zu  sagen.  Am 
wahrscheinlichsteu  ist,  dass  er  nach  England  gekonimen; 
sicher,  dass  er  nicht  nach  Erlangeu  gekommen  ist.  Die 
Hand8chriften  der  Erlanger  Bibliotliek  stammen  aus  Ansbach, 


Digitized  by  Google 


280  1N  VITAM  TERENTIl  COMMEXTARIVS. 


Altorf  und  Heilsbruiui.  Eine  Ebnersche  Handschrift  hatte 
nur  durch  Kauf  erworben  werden  konnen,  und  fur  solche 
Dinge  hat  die  Bibliothek  nie  Geld  gehabt. 

Von  den  beiden  codices  Erlangenscs  (Parerg.  Plaut.  p. 
XXX)  ist  der  eine  n.  67  (jetzt  299),  wie  richtig  angegebeu. 
ein  Altorfinus.    Er  enthalt  die  dort  besprochene  Scene  aiu 
Schluss  der  Andria.   Gesehrieben  saec.  XI  oder  XII.  Daraus 
giebt  Murr  a.  a.  0.  die  scena  Terentiana.  Der  andere  n.  236 
(jetzt  300)  staninit  aus  Heilsbrunn  und  ist  in  deui  gedruckteu 
Katalog  der  Heilsbmnner  Bibliothek  von  Hocker  p.  67  mit 
dieser  Nuinmer  (236)  beschrieben.    Geschrieben  theils  saec. 
XI  theils  saec  XII;  denn  die  ersten  Quinternionen  scheinen 
iilter  als  die  folgenden.    Am  Schluss  die  gewohnliche  Signa- 
tur  fmonasterii  in  hailsbrunn'.    Schon  deswegen  kann  der 
codex  init  einem  Ebnerianus  uumoglich  identisch  sein. 
Vor  der  Andria  stehn  auf  eineni  Blatt  von  spaterer  Hand 
(^wohl  derselben,  die  den  letzten  Theil  der  Handschrift  ge- 
schrieben  hat)  einige  kurze  Scholien  und  hinter  diesen  die 
f  ultiina  scena  in  andr/.  Eine  vita  Terentii  steht  in  der  Haud- 
schrift  nicht.    Wohl  aber  stehen  auf  den  letzten  3  Seiteu 
allerhand  Scholien,  welche  am  Schluss  des  letzten  Blattes 
schliessen:  'secundum  seruiumVI  titulus  operis  qualitas  car- 
niinis  intentio  scribentis  numerus  librorum  ordo  librorum 
vita  poetae'.    Deninach  wiire  denu  wohl  moglicb,  dass  noch 
eine  vita  gefolgt  wiire,  da  am  Schluss  recht  wohl  einige 
Bliitter  fehlen  konnen.    Aber  das  miisste  ein  alter  Defect 
sein,  da  die  oben  angegebene  Signatur  auf  dem  letzten  Blatt 
steht.    Also  sicherlich  nicht  der  von  Murr  benutzte  codex 
Ebnerianus.»  C.W.] 


Digitized  by  Google 


IX. 

De  emendatione  fabularnm  Terentianarum  *). 


Etsi  quae  praefari  scholarum  indicibus  in  hac  litterarum  2 
universitate  habendarum  vetere  et  antiquo  instituto  solemus, 
pertiuere  ad  vos  universos  volunius,  tamen  eadem  non  mirum 
est  propiore  etiam  vinculo  ciun  vestris  rationibus  contineri, 
qui  cum  graeeis  latinisque,  in  quibus  fere  versaniur,  litteris 
ipsi  studetis,  tum  in  seminario  regio  philologico  exercemini. 
Vobis  igitur  posteaquam  in  Dionysii  Antiquitatibus  per  ali- 
quod  tempus  elaboratiun  est,  ut  ad  Terentii  fabulas  trans- 
itum  ipsi  pararemus,  ea  nunc  in  medium  afferre  haud  abs 
re  putavimus,  quae  nec  colligi  sine  ampla  librorum  supel- 
lectile  posse,  nec  satis  ex  omni  parte  iudicari  nisi  ab  artis 
criticae  paullo  peritiore  viderentur.  Ac  speraveramus  sane 
fore  ut  eius  rei  is  nobis  otium  faceret,  cuius  curis  ornatio- 
reni  elegantissimum  poetam  proditurum  rumor  ex  aliquo 
tempore  percrebruerat,  Reinholdus  Klotzius.  Veruni  eam  ex- 
spectationem  dici  nequit  quam  ille,  laudatus  alioqui  vir,  fe- 
fellerit.  Nam  cum  omnis  eius  opera,  quam  emisso  his  ipsis 
diebus  primo  volumine  publico  iudicio  proposuit,  in  eo  con- 
sistat,  ut  collatis  duabus  vetustis  editionibus,  quae  ex  Ro- 
mano  codice  manarunt  nobis  probe  noto,  rectius  aliqua  ex 
parte  Donati  disiecta  membra  constituerit,  tum  ad  ipsa  Te- 
rentii  verba  emendanda  novi  propemodum  nihil  attulit.  Nisi 


•)  [Proocroium  indicis  scholarum  hibernarum  Vratislaviensium 
anni  CIDIOCCCXXXVllI.] 


Digitized  by  Google 


282  DE  EMENDATIONE 

quidem  illud  novum  est,  quod  seinel  bisve  singulis  paghris 
in  marginein  reiecta  Bentlei  scriptura  eam  revocavit,  quae  fere 
legebatur  ante  Bentleium.  Id  autem  cum  per  se  nihil  babeat 
ctur  iinprobetur,  tamen  ab  Lipsiensi  editore  ita  institutum 
est,  ut  non  profecisse  Terentianae  fabulae,  sed  aliquantuui 
detrimeuti  cepisse  merito  existimentur.  Quam  enim  spem 
fas  est  de  eo  concipi,  qui  sanas  et  necessarias  easque  explo- 
ratissimas  prosodiae  et  metrorum  rationes  adeo  perverterit, 
ut  Andriae  versum  prologi  11  sic  potuisse  a  poetae  manu 
prodire  sibi  persuaserit:  Non  ita  dissimili  sunt  drgnmcnto,  set 
tamen:  vel  sc.  I,  25  hunc  probaverit:  Libcrins  vivcndi  fnit 
jyotestas  e.  q.  s.,  vel  GO.  85.  127  hos:  Diccbant  aut  Niccratum, 
nam  hi  tres  tum  simul:  Quul  si  ipse  amasset?  qnid  hic  mihi 
faciet  patri:  Quis  igitur  relictus  est  obinrgandi  locus.  Quan- 
quam  fatendum  est  sane  non  mediocriter  istiusmodi  elegantiis 
nostros  nimc  homines  delectari,  qui  vel  Horatio  dignum  hunc 
versiculum  pronuntiarint:  Bamisqnc  obliquo  laborat,  et  mox 
non  dubito  quin  tales  etiam  numeros  admiraturi  sint  gratia- 
rum  dulcedine  mirifice  conditos  et  nectaream  suavitatem 
spirantes: 

s         Vided,  patres  conscnpti,  in  me  orunium 

Vestrum  ora  atque  oculos  esse  couverscis:  video 
Vos  n<5n  soluiu  de  vestro  ac  rei  piiblicae, 
Verum  etiam,  si  id  depulsum  sit,  de  meo 
Periculo  solhcitos  esse.    Est  mibi  — : 

vel  Plautinum  robur  in  talibus  deprehensuri : 

m    Faeturusne  operae  pretium  slm,  si  a  primordio 
Vrbis  res  populi  R<5mani  perscnpserim, 
Nec  satis  scio,  nec  si  sciam  ausim  dicere: 
Quippe  qui  cum  veterem  tiim  vulgatam  e^sse  rem 
Videam,  dum  novi  semper  scriptores  e.  q.  s. 

nisi  quidem  v.  mcdio,  ne  ab  inviolabili  auctoritate  codicum 
usquam  recedatur,  prouuutiandum  potius  dimre  ausim.  Quid? 
quod  ab  beroico  versu  exordiri  visus  reruiu  scriptor  raani- 
festos  senarios  posuit  continuos,  scaenicis  quibusdam  (juos 
nuper  procusos  vidimus  haud  ullo  pacto  indignos: 


Digitized  by  Google 


> 


FABVLARVM  TKRKNTIANARVM. 


283 


Vrbem  Koiuam  a  principio  reges  habuSre. 
Libertatem  et  consulatuin  Brutus  mstituit. 
Dictaturae  ad  tempils  sumebanttlr:  neque 
Deceniviralis  potestas  ultra  biennium, 
Neque  tribunorum  nuTtuin  consulare  ius. 
Videlicet  tam  facile  Romanis  fuit  versus  facere,  vel  potius 
non  facere  difficile. 

Sed  istam  codices  nunquam  non  antestautium  religionem 
saltem  coniunctam  esse  putes  cum  accurata  eorundein,  in 
quorum  fidem  iuratur,  codicum  cognitione.  Verum  in  Terentio 
quidem  Klotziano  res  longe  aliter  cecidit.  Tametsi  enim  ma- 
luisse  se  libros  vctustissumos  pracstantissumosque  a  G.  Faertw 
et  K  Bentlcio  cxcussos  quam  doctorum  hominum  coniecturas 
sequi  editor  testatus  est,  tamen  qui  qualesque  illi  essent, 
quomodo  inter  se  differreut,  quo  argumento  de  eorum  prae- 
stantia  constaret,  qua  tide  viderentur  collati  esse,  haec  igitur 
omnia  quaerere  adeo  omisit,  ut  ne  uno  quidem  versiculo  at- 
tigerit.   Ac  pertinet  hoc,  quod  nunc  dicturi  sumus,  etiam  ad 
alios.  Neque  enim  satis  possumus  mirari,  cum  tot  tantisque 
laudibus  cum  aliorum  Faerni  codicum  tum  omnium  vetustis- 
simi  Bembini  excellentia  longo  ex  tempore  efferatur,  ut  nunc 
fere  tralaticia  sit,  tamen  per  tria  ferme  saecula  neminem  ex- 
stitisse,  qui  iisdem  libris  post  Faerni  curas  denuo  inspectis 
bene  de  his  litteris  meruerit:  nec  enim  vel  G.  Fabricii  vel 
Cocquelini  (a.  1767)  eo  in  genere  opera  memorabilis.  Quo 
negotio  facile  intellectum  esset,  quod  vel  divinari  ab  uno- 
quoque  poterat,  non  aliter  in  conferendis  libris  mss.  Faernum 
atque   aequales  philologos  cunctos  versatum  esse,  hoc  est 
discrepantis  scripturae  largam  eamque  bonae  frugis  plenam 
poeteris  lnessem  reliquisse.    Ac  praeterquam  quod  ex  ipso 
Bernbino  praeclarae,  quae  adhuc  latuerunt,  emendationes  peti 
possunt,  e  sola  comparatione  penitus  excussi  Bembini  certius 
potest  de  reliquorum  codicum  indole  iudicium  prodire,  ac  sic 
demum,  quae  sit  condicio  fabularum  Terentianarum,  quas 
videantur  vicissitudines  expertae  esse,  qua  sit  via  ac  ratione 
ad  earum  emendationem  accedendum,  aliquanto  et  rectius  et 
plenius,  quam  adhuc  factum  est,  definiri.  Et  medio  quidem 
aevo  cum  pauci  scriptores  latini  saepius  quam  Terentius  et 


Digitized  by  Google 


284 


DE  EMENDATIONE 


lectitati  et  descripti  siiit,  evenit  ut  codicum  niss.  paene  in- 
4  fiuita  multitudo  hodieque  exstet.  Praeter  eos  auteni,  quonim 
e  solis  bibliothecarum  indicibus  notitia  petitur,  nos  quidem 
nunc  illos  quoque  praetermittimus,  si  qui  a  veteribus  edito- 
ribus  usurpati  nec  descripti  aecuratius,  ac  ne  singillatiin 
memorati  quidem  sint.  Nam  omnino  totus  hic  locus,  qui 
est  de  fontibus  et  successionibus  mutuisque  rationibus  et  usu 
antiquarum  Terentii  editiouum,  patet  adhuc  curioso  studio, 
ac  vix  tenuissimis  quibusdam  Fr.  Harii  et  Westerhovii  initiis 
tractari  coeptus  est.  Cf.  Harii  Addend.  p.  95  sqq.  eiusdem- 
que  et  Westerhovii  praeff.  et  adde  Nov.  Annal.  philoL  et 
paedag.  Suppl.  IV  p.  325  sqq.  Sed  quorum  ab  ipsis  criticis 
mentio  fit,  eorum  quam  paucissimis  verbis  hunc  iudicem 
accipite. 

Quattuor  Io.  Rivius  in  Castigatiouibus  (Lugd.  1538) 
usurpavit,  Bunaviannm  antiquissimum ,  Hassensteinianum 
membr.  Bononiae  emptum,  Huteri  codicem  a  Muslero  mis- 
sum,  D.  Nicolai  Friberijcnseni.  Vid.  Rivii  praef.  in  editione 
Bergiana  a.  1574  p.  106  sqq.  Iteni  quattuor  Mureto  (Venet 
1555)  praesto  fuerunt  (SchoL  Eun.  prol.  5.  V,  8,  57),  unus 
suus  (Phorm.  III,  2,  G),  duo  bibliothecae  Antonianae  Venetae, 
olim  Dominici  Germani  Cardinalis  (Heaut.  III,  1,  101),  quar- 
tus  Bernardi  Ijaurctani  (Eun.  IV,  7, 19):  nam  quem  praeterea 
memorat  Vcnctnm,  impressus  fuit  (Andr.  I,  5,  3).  Exstitit 
nunc  Faernus  (Flor.  1565),  a  quo  nominatim  afferuntur  Ikin- 
bmu8  ille  nunc  bibliothecae  Vaticanae,  quarto,  ut  nobis  vide- 
tur,  saeculo  litteris  quadratis  scriptus,  sine  ulla  controversia 
antiquior  Medicco  Vergiliano:  Vatieanus  haud  fere  minore 
celebritate  propter  appictas  singulis  scaenis  personarum  ima- 
gines  (utrumque  enim  confudit  Bernhardyus  Hist.  litt.  Roin. 
p.  196):  praeterea  Basilieanus,  Victorianus,  Decurtatus*.  Quan- 
quam  non  exiguum  videtur  etiam  aliorum  numerum  habuisse, 
illis  aliquanto  inferiorum.  Post  Faernum  codices  suis  in 
Terentium  Castigationibus  Ge.  Fabricius  (Lips.  1574)  ad- 
hibuit,  Palatinum  h.  e.  Vaticanum,  et  pervetustum  Wcrteria- 
num  (ed.  Berg.  p.  8  sqq.).  Item  Rcraiae  inspexit  Bembinum, 
ex  eoque  pauca  adscripsit  impresso  exemplo,  quo  deinde 
Franc.  Fabricius  in  Annotationibus  usus  est  praeter  alios  tres 


Digitized  by  Google 


FABVLARVM  TERENTIANARVM. 


285 


libros  sed  ue  eos  quidein  scriptos  (ed.  Berg.  p.  381).  Ex 
eodem  illo  G.  Fabricii  exemplo  postea  quaedam  excerpta  sunt 
in  Walchii  Act.  soc.  lat,  Ien.  II  p.  186  sqq.  Deinde  cum 
,  ex  aliis  tum  e  Begio  codice  Parisino  (de  quo  cf.  praef.  p. 
XXV  West.,  et  Leng.  p.  475)  Pithoconwiquc  notationibus, 
quae  deberi  codicibus  videntur  duabusque  editionibus  ad- 
scriptae  fuerunt,  Lindenbruchius  (Paris.  1602)  profecit,  quan- 
quam  plus  profecit  ad  Donatuni  quam  ad  Terentium  emen- 
dandum,  omnium  autem  minime  ita,  ut  ipsius  Parisini  libri 
hdem  repraesentarit:  quae  mira  fuit  Ritteri  opinio  praef.  in 
Andriam.  Secutus  est  Pareus  (Neap.  Nem.  161-9)  collatis  quat- 
tuor  antiquis,  ut  ait,  membranis  Palatinis  h.  e.  Ueidelbergen- 
sibus:  quibus  e  Parisino  libro  ms.  sumpta  testimonia  acce- 
dunt.  Trium  librorum  mss.,  inter  quos  unius  Argcntoratcnsis 
acadeniici,  scripturas  Boeclerus  (Argentor.  1657)  memorat, 
duorumque  Mediolancnsium  in  commentariis  ab  eodem  Boe- 
clero  editis  acerrimi  vir  iudicii  Fr.  Guyetus:  quas  nobis  co- 
pias  dolemus  aliorum  tantum  fide  cognitas.  Anglicorum  co- 
dicum  multitudo  in  promptu  fuit  Lengio  Praesuli  Norvicensi, 
e  quibus  ille  ingentem  discrepantis  scripturae  supellectilem 
congestam  bihliothecae  D.  Catharinae  legavit,  unde  postea 
utendam  Harius  (Lond.  1724)  accepit:  cuius  vide  praef. 
p.  XXIV.  Fuerunt  autem  illi  codices,  e  quorum  uberrimis 
copiis  in  ipsa  editione  Cantabrigiae  vulgata  a.  1701  pauca 
tantum  Lengius  proposuit  p.475  sqq.,  nihil  prorsus  exprompsit 
Harius,  hi  quos  infra  posuimus.  Cantabrigienses  tres,  collegii 
Corporis  Christi,  collegii  D.  Petri,  et  academicus;  Begius  biblio- 
thecae  D.  Iaeobi,  cuius  quidem  excerpendi  veniam  a  R.  Bent- 
leio  impetraverat;  Dunelmensis  longe  omnium  pulcherrimus;  s 
Shipimii  pervetustus;  Bodlciani  quinque  a  Laudio  donati,  cum 
aliis  Oxoniensibus:  quibus  duo  accesserunt  impressi  libri,  alter 
Casauboni,  alter  Tan.  Fabri  notationibus  instructi,  ductis  ut 
videtur  e  codicibus  (Na,  Np).  E  quibus  omnibus  optimos 
Harius  iudicat  quintum,  primum,  secundum,  sextum,  quartum 
et  ultimum.  Biennio  post  exortus  Bentleius  (Cant.  1726) 
praestitit  quod  annot.  in  Hor.  Serm.  11,5, 79  sperari  iusserat. 
Is  nisi  apparatum  illum  Lengianum  ipsum  usurpavit,  magna 
certe  ex  parte  eosdem  Lengianos  codices  perpoliendo  Terentio 


Digitized  by  Google 


286 


DE  EMENDATIONE 


adhibuit,  et  adhibere  eo  commodius  potuit,  quod  publici  eo- 
rum  plerique  erant.  Quanquam  quosdam  accessisse  Lengia- 
norum  numero  non  comprehensos  facile  ex  iis  annotationibus 
perspicitur,  quibus  velut  Iiegios  et  Academicos  antestatur:  ut 
taceamus  Mcadianos  aliosque  ipso  nomine  diversos.  Attamen 
hunc  locum,  qui  est  de  Bentleianis  libris,  par  est  intactuui 
hic  relinqui,  cum  hoc  ipsum  quale  sit  quaerere  a  Philoso- 
phorum  Ordine  nuper  iussi  sitis.  Kestat  exterorum  unus, 
Westerhovius  (Hag.  Com.  1726)  codicum  a  semet  usurpato- 
rum  longe  Bentleio  diligentior  testis.  Vsus  est  enim  scriptis 
exemplis  tredecim  his:  quinque  Leidcnsibus,  quorum  quartum 
XV  saeculo  tribuit,  quintum  antiquum  vocat;  duobus  Iusti 
Lipsii,  quorum  alter  itein  migravit  in  Leidensem  bibliothecain; 
Traiectino  academico  chart.  saec.  XV,  Oxoniensi  academico  e 
libris  Iiodlei,  Markiano  XIII  saeculi,  denique  Graeviano,  Wf- 
tiano,  Boetulcrmakeriano  membrr.  Inter  nostrates  autem  hoc 
quidem  saeculo  codices  primus  circnmspexit  Bothius,  utrique 
editioni  (BeroL  1806  et  Halb.  1822)  adhibitis  tribus  Berolinen- 
sibus,  tribusque  Gtielferbytanis,  quorum  unus  fuit  olim  Helm- 
stadiensis  et  peculiari  Facii  opera  collatus  esse  in  Harlesii 
Opusculis  fertur:  quibus  libris  in  annotatione  critica  poste- 
rioris  editionis  accessit  omissus  in  praefatione  Friburgensis. 
Halensis  autem  codicis  fidem  constat  Brunsii  editionem  (Hal. 
1811)  religiosissime  imitari.  Tres  Guelferbytanos  (quartus 
enim  scholia  tantum  quaedam  vel  glossas  complectitur)  habes 
in  Perleti  editione  (Lips.  1821)  excerptos,  qui  praeterea  Go- 
thanos  duos  inspexit,  et  ex  Iencnsi  quaedam  attulit  accuratius 
ab  I.  G.  Muellero  in  Walchii  Act  soc.  Ien.  1.  c.  collato. 
Vtroque  Gothano  et  Helmstadiensi  etiam  Boettigerus  usus  in 
Spec.  nov.  ed.  Ter.  Denique  nostratium  trium  Behdigeranorum 
specimina  Pinzgerus  exhibuit  in  Seebodi  Horreo  phil.  a,  1824 
p.  816  sqq.  unumque  Giyphicnsetn  Reinholdus  Adnot.  cjit  in 
Ter.  (Priinisl.  1830)  habuit.  Consulto  autem  praetermisimus, 
si  qui  semel  bisve  commemorantur  a  criticis  aliud  agentibus, 
ut  in  Novis  Lectl  Canteri  codex,  in  Quaest  Plaut.  codices 
Gtdiclmi,  alii  alibi.  Singulorum  autem,  quos  euumeravimus, 
accuratior  descriptio  ex  editorum  sive  praefationibus  sive  an- 
notationibus  petatur:  neque  enim  vel  ea  in  re  vel  in  corri- 


FABV LARVM  TE KE NTI A N A R V M. 


287 


gendis,  qui  in  Perleti  maxime  et  Reinhardti  narratione  errores 
haud  pauci  commissi  sunt,  diutius  immorari  per  angustis- 
simos  huius  prooemii  fines  licuit.  Sequitur  nunc,  ut  unius 
alicuius  particulae  Terentianae  plena  et  integra,  quantum 
(juidem  fieri  possit,  scripturae  diversitas  proponatur:  quod 
quantumvis  molestum  non  unam  ob  caussam  accidat,  tamen 
oraitti  eo  minus  potest,  quo  certius  hac  una  via  librorum 
iuter  se  similitudines  dissimilitudinesque  recte  perspici  per- 
suasum  habemus  et  usu  comprobatum.  Eam  ad  rem  elegi- 
raus  Adelphon  initium,  et  litteris  quidem  A,  B,  C  brevitatis 
caussa  signavimus  a  nobismet  ipsis  post  Faernum  denuo  ex- 
cussos  Bembinum,  Basilicanum,  Vaticanum:  nec  tamen  Faerni 
ipsius  testimonia  omisimus,  ut  quam  ille  se  diligentem  prae- 
stiterit  cognoscatur.  His  accedit  Ambrosianus  (D)  ab  A.  Maio 
repertus  unaque  cum  Plauti  fragmentis  ineditis  Mediolani 
vulgato  a.  1815  libello  aliquatenus  descriptus:  postremo  Vin-  g 
dobonensis  fragmeutum  satis  antiquum  (F),  in  Endlieheri 
Catal.  MSS.  Viud.  I  p.  2  nuper  recensitum.  Quoruin  omnium 
curabimus  ut  accuratior  descriptio  olim  foras  detur.  Praeterea 
F  littera  notavimus  Halensem:  rcliquos  autem  cum  dicimus, 
nostros  significamus  quinque  cum  Halensi.  De  his  sex  codi- 
cibus  sive  universis  sive  singulis  ubi  tacemus,  sciendum  est 
cum  Bentlei  scriptura  eos  consentire,  Guelferbytanos  autem 
et  Palatinos  nullius  nomine  distinctos  Perletianos  et  Parea- 
nos  esse. 

G.  Sulpici  Apollinarig  Periocha  A.  Argumentum  vel  Incipit  Argu- 
mentam  reliqui  h.  e.  BCDEF  1  adolescentulos  F  2  aesci- 

num  BK  3   sed  et  tesiphonem  secum  retinet,  omisso  hunc,  E 

cythariatriae  DEF         6  celebat  D.  caelabat  F  eschinua 
K,  etium  r.  8  famam  quoque]  famam  rei  A.    famamque  reliqui 

6  sese  A.    se  reliqui  et  Bothiani  transferabat  D 

7  phidicinam  A  erlpit  lenoni  A.    lenoni  eripui  m.  pr.  C.  lenoui 

eripuit  rell.         uiciauerat  E  8  Eidem  A  ciue  A 

Attioam  sed  paup.  1)  10  iurgare  ABCFy  Bothii  Guelf.  1.  2. 

iurgare  et  D,  Bothii  Berol.  1.  3.  Helmst.  iurgare  ac  Berol.  2.  iurga- 
bat  et  E         ferre]  ferebat  E  11  VtJ  Et  A  12  uitiatam 

A.  a  se  uitiatam  ciuem  atticam  uirginem  uxorem  BCDF,  Lindenhru- 
chii  litgius  et  Pith.,  et  fxic  fere1  Bothiani.  a  sae  uiciatam  ciue  uirgi- 
nem  atticam  nxorem  E  tesipho  I)  citharistriam  A.  citha- 

ristria  (cylh.  CDE)  exorato  suo  patre  duro  demea  BCDEF,  Reg.  et 


Digitized  by  Google 


288 


DE  EMENDATIONE 


Pith.  Lind.,  et  rsic  ferey  Bothiani,  e  quorum  Berol.  2  praeterea  affertur 
citharistria 

PBOLOGUS  totus  abest  ab  E  3  sumus  paenultima  Jittera 

correcta  C  4   Ipse  de  se  indicio  retus  editio  ap.  Westerh. 

erit  BCF.  eripit  A.  erit  et  D,  cothl.  quidam  Westerhovii,  Bothii  HeJmst. 
et  Frib.,  PerJeti  Guelf.  2  iudices  eritis  B.  iudices  C,  in  mrg.  posito 
eritis         6  an  om.  A  duci  it  factuin  A.  duci  factum  id  Bemb. 

et  Vict.  teste  Faerno,  duoque  Regii  BentJ.    dnci  factum  BCDF  et  Bo- 
thiani  « praeter  GueJferbytanum'.    id  om.  codd.  quidam  West. 
G   8ynapothes...contes  tribus  litteris  erasis  C.    sinapothnes  contes  F. 
sinapotheacontes  diffili  sup.  scr.  Gothanus  1         difili  BCD  co- 

moediast  A.  coraoedia  est  BD.  coniedia  est  C.  comedia  est  F 

7  plaustus  C  ante  rasuram         8  adolescens  F        eripit  nostri  cnm 

F,  'omnes  fercy  Faerni,  duo  ex  retustissimis  Bentl,  Pcdatinus  Fabricii, 

IHtnehnensis  et  N§  Lengii.    eripuit  I*ngii  Shijip.,  Corp.  Chr.,  Petr., 

N(l  et  omncs  Bodlciani,  ac  plurimi  West.       9  eum  om.  Mark.  et  pr. 

m.  Boendermak.,  Guelf.  2,  Ilelmst.  et  Friburg.  plaustus  C 

10  reliquid  D  hinc  C,  cod.  Lind.  sumait  F         11  adelfos 

BCD         13  existimetis  nostri  cum  F:  item  v.  17  14  preteritus 

B  neclegentia  est  A.  neglegentia  est  rell.  15  maledici  A. 

malcuoli  BCDF       nobilis  A.  nobiles  BCDF        16  adsiduaeque  1). 

assidueque  F  17  Quid  A         esse  nostri  cum  F,  omnes  Faerni 

et  Bentl.    Omittebatur  olim        18  hic  om.  Mark.        maximam  no&tri 

cum  F         19  nobis  quidam  retustissimi  West.  20  ocio  D 

in  negotio  in  otio  F        21  usus  est  nostri  cum  F        22  exspectetis 

A.  expectetis  C.  expectetis  BF.  expectatis  D         23  primum  Guelf.  1 
ii  partem  A.  hi  partem  B,  raliiy  codd.  West.  hii  partem  CF  et 
e  corr.  D.  eam  partem  codd.  plurimi  et  ed.  vet.  West.         24  partem 
no8tri  cum  F  aequaniinit&s  tiostri,  F.  ut  aequanimitas  duo  Boe- 

cleri,  Guelf.  2.  ut  uestra  aequanimitas  Boend.,  ed.  vet.  West.  uestra 
om.  omnes  Leng.,  nisi  quod  sup.  scr.  est  in  Shipp. 

SCAEN.  I.    Personarum  nomina  consulto  praetermittimus  1 

Astorax  A  redit  A  2  seruolorum  C.  seruulorum  BE 

uulgo 

aduerBum  A  3  dicunt  Goth.  1         apsis  A         4  ubi  quattuor 

7  Bentl.,  Berol  1.  2.  ibi  nostri,  F,  omnes  Faemi  Cesse  se  uenire  C. 
ea]  aea  E.  tibi  Ilelmst.,  ed.  vet.  West.  sacius  E  e»t 
om.  Berol.  3  6  que  E  te  uxor]  texor  A  dixit  E 
quae  sup.  scr.  Ien.  Wlch.  que  AE  6  que  E  propicii  E.  propitii 
dcclarant  Ien.  Perl  et  WJch.  7  tae  E  8  tete  ABCF  et  m.  pr.  IK 
Bemb.  et  Bas.  Faerni,  nonnuJJi  BentJ.  te  D  post  ras.  de  te  E,  Vid.  certc 
BeroJ.  2  atque  nostri,  F,  riidem*  Faerni  (anie  rjuem  Jegebatur  aut;. 
omnes  BentJ.,  pJerique  Leng.,  BeroJ.  3  in  animo  F  9  totum 

om.  A         Et  BDEF,  omnes  Faerni,  pJerique  BentJ.  omittit  GueJf.  2. 

ut  C        sibi  cum  D.  cum  sibi  reiJ.,  GueJf.  3         10  redit  A 


Digitized  by  Google 


FABVLARVM  TERENTIANARVM.   '  289 

qae  E  11  Et  nostri,  F,  omnes  Faerni.    om.  tres  Bentl,  Frib., 

Guelf.  2  sollictor  C  aut  om.  len.  Wlcli  12  praefregerit 
ACDF,  omnes  fere  Faerni,  Bentleiani ,  Berol.  1.  2  et  m.  pr.  Argent. 
praefregeret  E.    perfregerit  B  13  aliquit  vab  A.    aliquid  vah 

BCDF.  aliquid  vaha  E  animo  ADEF,  tres  BoecL,  cod.  Lips.  et 

tet.  ed.  West.,  Berol.  1.  2,  Guelf.2.3.    animum  BC  (sed  hic  u  e  corrJ, 

Pal.  Fabr.  instituerc  ante  in  animo  collocat  D.    instiiere  C.  in- 

stituere  dignum  B  14  parere  F  ipse  est  ADEF.  ipse  sit 

BC,  Guetf.  3  16  Atque  nostri,  F,  Bemb.  ret  alii'  Faerni,  plerique 

Bentl,  Pal.  Fabr.    atqui  quidam  West.  natus  non  est  nostri ,  F, 

omnes  Faerni:  ante  quem  vulgabatur  non  natus  est  sed  BCDEF 

ex  fratre  meo  A.  ex  fratre.  is  adeo  rell.  16  Is  dissimili  A. 
digsimilis  ante  ras.  C,  tres  Bentl.  (unus  IX  saec),  Berol.  1.  dissimili 
BDEF       iam  om.  len.  Perl.  Wlch.       adolescentia  F.  adolescencia 

urbanam 

E         17  ocium  E.    otium  Goth.  1  18  sectatus  sum  Hassenst. 

quo  Guelf.  3  19  hec  E         20—26   D  habet  in  mrg.,  sed 

m.  pr.  20  agere  uitam  seraper  vet.  ed.  West.  22  duo  sunt 

(iutlf.  2         magiorem  E         23  paruulo  BCDEF  24  id  estj 

idem  E  25  item  ABCEF,  cod.  Bivii.  idem  D.  itidem  'pluscuh' 

H re*t.    idem  alii  West.,  GueJf.  1.  2      '    sedulo]  ad  se  dulo  A 

26  omnia  A  a  m.  sec.  om.  E  28  patre  Guelf.  1,  codd.  quidam  et 

bui 

tet.  ed.  West.,  rvetusta  quaedam  exemplaria'  Biv.  patres  E  que  E 

adulescencia  /-.'.  adulescia  F        29  caelet  D  consue.feci. 

cum  rasura  C.  ultima  httera  t  erat          30  fallare  D  insueuerit 

A,  raliiy  Bentl.,  Goth.  1.  insuerit  BCD.  insueuit  EF  patrem  aut 
aadebit  ABCDF.  patre  aut  audebit  /'.'.  aut  audebit  om.  quidam  West. 

31  caeteros  F.  cetaeros  D           32  et]  aut  E  liberitate 

D.  libertate  E  33  sacius  E  34  hec  E  coueniunt  C 

35  ad  me  saepe  clamitans  nostri  (nisi  quod  E  sepe,),  F,  Bemb. 
Bas.  Vict.  *et  multi  alii '  Faerni,  Bentleiani,  omnes  Lengii.  clamitans 
affertur  etiam  e  Guelf.  1.  2.  3.    saepe  ad  me  clamitans  antc  Faernum 

36  adolescens  E  37  putat  A  sumptum  A,  aliqui 
Fatrm,  inter  quos  Bemb.  sumptus  BCDEF,  omnes  Bentl.,  quidam  West. 

38  uestitui  cod.  Boecl.  uestitum  Guelf.  2  nimium  Mediol. 

1.  2,  Guelf.  2.  nimis  Berol.  2  indulgis  A,  Bemb.  Fabr.  39 

ipse  sup.  scr.  E  est  durus  AE,  Berol.  2,  Bemb.  Faemi.  durus 

egt  BCDF,  omnes  Bentl.  aequomque  et  A.  aequumque  et  BCDF. 
aequm  et  E.  aequum  et  Guelf.  2,  cod.  Bodl.  et  vet.  ed.  West,  tres  Boecl. 

40  longe]  multum  Beroh  3         equidem  BC         sentencia  E 

frat 

et  errat  quidem  mea  longe  sententia  Guelf.  1         41  qui  impe- 

rium  /.'  42  amicicia  E         adiugitur  C  43  sic  est  nostri, 

F,  omnes  Faerni,  Bentl.  est  sic  ante  Faem.       racio  E.  cet  post  ratio' 

>B.  KITSCUCLII  OPV8CVXA  III.  19 


Digitized  by  Google 


290  *  DE  EMENDATIONE 

• 

Guelf.  2.  Perl.  anim  C,  m.  sec.  uddito  u  44  coactus  qui  Buum 
ABEF.  coactus  qui  C.  coactu  Htiura  I)  45  pauet  A.  cauet  rell 

46  rursum  BCDEF  et  pr.  m.  A,  fere  omnes  Bentl.  rursu3  sup. 
scr.  Af  cod.  Bodl.  West.  rAntiqui  Ubri  praeter  Bas.  et  omnes  fere  alii 
rursus.   Jmmo  Bemb.  prius  habebat  rursum:  ut  et  habet  Bas.'  FAEKN. 

47  llle  quem  nostri,  F,  plerique  Leng.,  pro  quo  olim  Quem  ede- 
batur  48  par  pari  referre  Guelf.  3,  Perl.,  Guelf.  1,  Both.  ab 

8  sensqne  ABDEF.  absensquae  C.  absens  Berol.  3,  Frib.,  quidam  We*t. 
49  patrum  E,  Frib.,  Mark.,  unus  l*id.  et  ed.  vei.  West. 
est  pocius  E.  potius  est  Traiect.       50  recte  sup.  scr.  m.  rec.  A.  recta 
Goth.  1  51  nequit]  nescivit  pr.  m.  Trai.  52  nescire  pr.  m. 

A,  cod.  Biv.  nescire  m.  sec.  A.  nescire  se  E,  llelmst.  se  nescire  BCBF, 
codd.  West.  53  Set  E.  Sed  rell.  ipse  A.  ipsus  rell.  aiebam 
Frib.,  m.  pr.  Bodl.  West.  54  iamj  id  Guelf.  3         ut  assolet  F 

55  saluom  AD.  saluum  reU.  saluo  ed.  vet.  West.  adneiuflHe 
E.  adueniente  ead.  vet.  ed. 

SCAEN.  II.    1  Ehem  ABCDF,  aliqui  Faerni,  inter  quos  Bemh. 
Bas.,  omnes  Bentl.  He  em  E        opportune  A.  oportune  reliqui 
querito  E         2  rogas  me  A,  *Bcmh.  Vict.  et  multi  alii'  Faerni,  sex 
Bentl.    rogitas  me  BCDF,  Graev.    rogasne  E.    rogitasne  unus  Leid. 

3  quid]  nescis  quid  Gudf.  3  ego  tristis  F  snra  E, 

tres  Leid.  dixin  .  .  .  hoc  cum  aliquot  litterarum  rasura  B 

hoc  om.  Guelf.  2  fore]  fore  ego  D  4  quid  ACD,  Bemb.  et 

Bas.  Faemi,  veterrimus  Bentl.  quid  is  BEF,  ceteri  Bentl,  multi  West. 

5  nec  nostri,  F,  omnes  fere  Faerni,  plerique  Bentl.  neque  erai 
olim  6  que  E  7  dimitto  Guelf.  3  designauit  A.  dis- 

signauit  reU.  8  aedis  ABC.   aedes  DF.   edes  E  inruit  A. 

irruit  rell.  10  mulcauit  ABCD,  omnes  Faerni,  duo  veterrimi  Bentl.. 
Pal.  Fabr.  et  ante  familiam  positum  E.  multauit  F,  Goth.  1.  mnlctauit 
tres  Pal.  Par.  11  indignissime  AE  12  hoc  Werter.,  nostri. 

F  quod  mihi  ABCDF.  mihi  quod  E  13  orest  -4.  ore  est 

rell.        omni  om.  Bodl.  West.         denique]  denique  ad  extremum  K 

14  fratrem]  patrem  quidam  West.  uidit  E  15  dare 

operam  nostri,  F.  operam  dare  ' vetustiores  nostri  magno  numcro' 
BENTL.  1G  simile  factum  A.  factum  simile  BCDF,  omnes  BenU. 
fatum  simile  E.  facti  affertur  ex  Guelf.  1        hec  E         Micio]  raio 

um 

A  17  corrumpis  C.  corripi  E  18  nunquam  nostri,  F.  nihil 

Boend.  Bodl.  Lips.  et  vet.  ed.  West.  iniustius  A.  iniuatius  est  BCDEF, 
Beg.  Lind.,  omnes  Bcntl,  et  iidem  UU  West.  19  qui]  quia  Bodl. 
West.         nisi]  sini  A  facit  Bodl.  West.,  Guelf.  1  nihil 

nostri,  F  20  quorsumnam  istuc  E         hec  E  21  credere 

Guelf.  2        22  potari  E      non  est  om.  E,  Mark.        23  efTrigerc  f 
haec]  hec  E.   id  GueJf.  2  ueqtie  ego|  ego  E  neque 

tu  neque  ego  fecimus  Boend.,  duae  vet.  edd.  West.    neque  tu  feciraua 


Digitized  by  Google 


FARVLARVM  TERENTIANARVM.  291 

neque  ego  Guetf.  2  24  friid  A.  siit  Bemh.  Faem.  siuit  BCDEF, 

omnes  BentJ.  sinit  Pritt.  Par.  25  ducis  nostri,  F.  ducea  unus  ex 
Rtgiis  Bentl.  tum]  tu  E,  Guelf.  2  26  iniuriumst  A.  iniurium 
est  reJJ.        id  nostri,  F,  Guelf.  2.  3.  om.  alii  27  tu  illum  nostri, 

F        homo  rec.  m.  add.  A  28  facere  nunc  E  etatem  E 

licet  m.  pr.  A,  BCF,  otnnes  BentJ.,  onmes  Palat.  Par.  decet 
m.  sec.  A,  DE,  duo  Iani  Guliclmi  antiquissimi         29  pocius  E 

din 

expectatum  ABCDF.  expectatum  E  30  alieniore  nostri,  F,Faer- 

niani,  plerique  BentJ.  alieniori  erat  oJim  fAl.  aet»  post.'  GueJf.  1 

etate  E  'post  fac.  tam.'  GueJf.  2  31  adigis  AE,  Bemb. 
Yict.  Decurt.  Faerni,  *pro  varia  Jectione  cod.  e  vcterrimis1  BentJei.  adiges 
W  West.  rediges  BCDF,  Bas.  Vat.  Faerni,  DuneJm.  Corp.  Chr.  et  Petr. 
Leng.,  pars  BentJeianorum,  Beg.  Lind.,  *aJiiy  West.  redigis  SJiipp.  lacob. 
NmQ  Leng.,  pars  BentJ.,  TaJiif  West.,  Graev.  32  flagicium  E  facere 
hec  E.  haec  facere  D         33  ausculta  nostri,  F.  ah  ausculta  oJim  edd. 

optundas  AE.  obtundas  reXJ.  sepius  DE  34  adoptatnra 
quidam  West.  36  maximam  BCF         fero  A.  feram  BCDEF. 

inferam  PaJ.  3  37  opsonat  D.  obsonat  reJJ.  meo]  meo  est 

MedioJ.  1.  2.  meo  facit  Goth.  1  38  dabitur  a  me  argentum  nostri. 

dabitur  ei  argentum  /''.  dabitur  argentum  IleJmst.,  Frib.  dum  nostri, 
F.  ubi  olim  39  excluditur  E  40  rescidit  Ien.  Wkh, 

41  et  est  ADE.  est  BCF        dis  AE.  diis  reJJ.        gracia  E 

42  et  undej  unde  quidam  West.  non  m.  rec.  sup.  scr.  A  9 
modesta  f».  pr.  A           44  te']  et  te  F  hac  re  nostri,  F,  omnes 
l*ng.,  pJerique  West.  hanc  rem  nostri,  F,  quidam  West.       ei  ABCDEF 

45  patrem  PaJ.  3  illis  ABCDF,  et  fantiqui  Jibri  et  muJti 

alt»'  Faern.,  omnes  BentJ.,  Mss.  Biv.,  quidam  West.,  Graev.  aliis  aJii 
West.,  oJim  edd.   eis  E.    his  Pal.  3  uere]  uiuere  vet.  cod.  lind. 

esse  Pal.  3  sciunt]  sunt  Trai.  47  tun  consiliis  A,  Wert. 

Bemb.  Fabr.,  Argent.  tune  consulis  BCDEF.  consulis  affertur  etiam  e 

c 

PaJ.  Fabr.  quiquam  C  a  A.  ah  BCDF.  ha  E.  at  Pal.  3 

abiero]  abiero  domura  meara  B  48  ais  PaJ.  4,  tres  BoecJ., 

Mark.  totiens  ABCD,  Graei  .,  Goth.  1  et  post  de  eadem  re  coJJo- 
catum  F.  tociens  E         re]  re  te  len.  PerJ.  WJcJi.  49  cure  — 

cure  E.  cura  —  cura  Graev.  50  itein]  autem  E  51  ambos 

curare  nostri,  F.    ambos  GueJf.  1.    ambostecurare  Bodl.  West. 

52  illum  est  AE.  est  illum  reJl.  atnicio  A,  Bemb.  Faerni.  ah 

nucio  BentJeiani.  amicio  D.  aruicio  C.  ahamicio  BEF,  Vict.  Bas.  Faemi. 
hamicio  Decurt.  ah  ah  micio  Boend.,  2  edd.  rct.  West.  53  quid 

iatic  A,  Bemb.  Vict.  Faerni,  meJiores  BentJ.  quid  istic  C.  quid  istuc 
BDEF,  GueJf.  2  tibi  istuc  nostri,  F,  omnes  Faerni,  pJerique  Leng. 
iatuc  tibi  unus  e  Begiis  BentJ.  54  perfundat  PaJ.  4  perdat 

om.  A.  potat  E.  pereat  C  pen«at]  pereat,p8°  E.   'pereat  tn  fine 

19* 


Digitized  by  Google 


292  DE  EMENDATIONE 

versus'  Guelf.  1.  2  55  iam]  iam  peream  unus  Boecl.  unum 

AE.  ullum  BGDF,  fet  veteres  nostri  et  multo  plures'  Bentl,  Reg.  Lind., 
quidam  West.,  Berol.  1  post  hec  E  56  an  non]  ah  non 

Pal.  2  repeto  A.  repeton  BDEF.   reppeton  C.   repeton  filium 

Bodl.  West.  67  aegrest  A.   aegre  est  reU.         em  A.  hem  E 

et  mrg.  D.  iam  PaJ.  2.  4,  Boend.,  Guelf.  2.  otn.  CDF,  Graev.  Bodl.  et 
ed.  vet.  West.,  Guelf.  3  68  dis  AE.  diis  rett.  gratia]  gratia 
habenda  quidam  West.        69  et  iste  Guelf.  2        iste]  ipse  E 

n 

ipsesesentiet  A  s        senciet  E  60  grauis  C.  grauias  quicquam 

E,  Guelf.  7.  2,  quidam  West.  61  nil  D.  nihil  rell.         haec  D 

m.  rec.  in  mrg.   hec  E  que  E  62  nihil  nostri,  F 

molestia  D  sed  nostri,  F  63  egere  E  itast  A.  ita  est 
rell.  64  quod  A.    cum  rell.  et  rec.  m.  sup.  scr.  A  placeo 

'optimi'  West.  praef.  p.  II II         aduorsor  AE.  aduereor  rett. 

incentor 

augeam  iram  Aut  Pal.  2  66  iam  adiutor  Guelf.  2  adiutor 

Goth.  1        iracundie  E         67  aescinus  E         G8  nobis  sup.  scr.  C 

faciat  Guelf.  1  71  taedabat  D.  tedebat  BCE  uelle] 

■  •M 

uellem  C.  uelle  se  Guelf.  1.2  72  deferuisse  ACDF.  deseruisse 

BE.  deferbuisse  Pal.  4,  quidam  West.  deferunisse  (ruelf.  2.  deseruire 
Pal.  3.  desatmisse  fa/a,  West.  adolescentiam  F.  adolescenciam 
E        73  gaudebam]  credebam  PaJ.  2         autem  m.  sec.  Bodl.  West. 

nisi]  ni  Pal.  3.  sed  Pal.  4,  Guelf.'2         74  aput  A.  apud  rell 

forumst  A.  forum  est  rell. 

Viden  Faernum  quam  recte  suorum  librorum  scripturas 
in  Terentii  editionem  aut  recepisse  aut  annotatione  indicasse 
Ritterus  praef.  Andr.  dicat?  Nara  ut  paucis  complectamur, 
praeter  unum  Halensem  nullusdum  Terentii  Hber  ms.  ita  a 
quoquam  est  collatus,  ut  certum  et  plenum,  pauci,  ut  aliquod 
de  eorum  indole  iudicium  fieri  possit.  Insigne  istius  incuriae 
documentura  e.  c.  lioc  exstat,  quod  terni  Guelferbytani  a 
Bothio  et  Perleto  usurpati  iidemne  an  non  sint,  ex  allata 
quidem  scripturae  discrepantia  nullo  modo  apparet:  cum  ne 
illud  quidem,  cum  quibus  exemplis  impressis  contulerint, 
testatum  habeamus.  Et  tamen  plus  prodesse  unus  mediocris 
solet  diligenter  excussus  quaui  leviter  et  promiscue  inspecti 
boni  decem.  Itaque  nihil  potest  imperitius  esse,  quam  quod 
quisque  suorum  potissimum  codicum,  quos  non  ratio  dederit 
io  sed  fors  obiecerit,  praestantiam  iactat,  minime  reliqnoa  per- 
scrutatus;  nihil  magis  ridiculum  quam  quod  istius  nimiruui 
praestantiae  laudem  eo  fere  probatum  eunt,  ut  saepe  consen- 


Digitized  by  Google 


FABVLARVM  TERENTIANAKVM. 


293 


tirc  cum  Bentleianis  dictitent:  quasi  non  bonae  scripturae 
cum  in  pessimos  interdum  codices  fortuito  irrepant,  tum 
magno  sane  numero  necessario  communes  pessiraorum  sint 
cum  bptimis:  quasi  vero  non  ipsorum  diversissima  ratio  sit 
Bentleianorum  librorum:  quasi  denique  eorum  ullus  vel  di- 
stinctius  descriptus  vel  religiosius  sit  pervestigatus.  Quodsi 
forte  inter  libros  mss.  quos  supra  recensuimus  circiter  octo- 
ginta  unus  et  item  alter  exstet  vel  antiquitate  vel  bonitate 
ceteros  plerosque  superans  (quanquam  hoc  ipsum  qua  ratione 
quove  iure  ex  binis  ternisve  vel  etiam  nullis  scripturae  ex- 
emplis  per  CLXVI  versus  allatis  colligas?),  tamen  quid  tan- 
dem  celati  prosunt  thesauri  sive  ad  ipsum  poetam  emendan- 
dum  sive  ad  mss.  testes  in  genera  et  classes  quasdam  dis- 
pertiendos?  Quod  cum  firmissimum  esse  criticae  artis  facti- 
tandae  fundamentum  soleat,  in  nulla  tamen  re  magis  fluc- 
tuare  et  hariolando  vagari  Terentii  editores  videas.  Nobis 
igitur,  quo  nunc  res  loco  est,  quid  putatis  aliud  faciendum, 
nisi  ut  praetermissis  priorum  editorum  copiis  omnibus  in 
nostria,  de  quibus  solis  plene  constet,  subsistamus?  Atque 
in  mentem  venit  Boettigeranae  disputationis,  qua  duas  esse 
codicum  Terentianorum  familias  eorumque  capita  et  dpxnTouc 
Bembinum  atque  Bentlei  Canfabrigiensem  academicum  pro- 
nuntiavit  Opusc.  p.  242.  Cuius  sententia  pars  altera  vera 
est,  falsa  altera.  Quid  est  enim,  cur  vel  inter  ipsos  Bentle- 
ianos  adeo  eminere  unus  ilfe  Academicus  credatur?  quod 
quale  sit  speramus  fore  ut  Vestrum  quispiam  explicatius 
persequatur.  Rursum  autem  quid  est,  cur  ne  reliquorum 
quidem  ullus  ab  aliis  usurpatorum  accedere  ad  Cantabri- 
giensis  illius  praestantiam  visus  sit?  Breviter  dicam  quod 
res  est.  Duo  sunt  sane  codicum  genera,  aut  ante  Calliopii 
recensionem  scriptorum  aut  ex  ea  ipsa  ductorum.  Ulius 
generis  longe  omnium  antiquissimus  Bembinus  est,  cui  satis 
confidenter  Victorianum,  dubitanter  iungimus  Decurtatum:  huc 
pertinent  circa  IX  saeculum  scripti  Basilicanm,  Vaticanus, 
Ambrosianus,  Calliopii  operam  ipsa  subscriptione  testati. 
Praeterea  autem  ex  eadem  Calliopii  recensione  tanquam  e 
communi  fonte  omnis  propemodum  reliquorum  codicum  mul- 
titudo  vulgarium  repetenda  est,  quorum  quo  minor  aetas,  eo 


Digitized  by  Google 


294 


DE  EMENDATIONE 


maior  solet  gliscente  labe  pravitas  esse,  ut  aequiperandi 
tribus  illis  vetustis  pauci  videantur,  infra  eorum  bonitatem, 
quam  ipsam  rectius  mediocritatem  dixeris,  longe  plurimi  sub- 
sistant.  Qui  autem  ex  quibus  per  quas  propinquitatis  "vicis- 
situdines  manarint,  id  quidem  nunc  accuratius  sciri  et  sin- 
gillatim  enucleari  nequit,  sed  facillime  indagari  ascitis  vel 
solis  nostratibus  aliquot  codicibus  poterit,  velut  Guelferbytanis 
octo  (cf.  Eberti  Bibl.  Guelf.  p.  1G0  sqq.)  vel  Berolinensibus 
Rehdigeranisve,  Gothanis,  Vindobonensibus,  Lipsiensi,  aliis. 
Nec  mirum  est  in  quibusdam  libris,  ut  vel  ex  proposita 
scripturae  diversitate  Adelphorum  intellegitur,  utramque  re- 
censionem  vario  temperamento  mixtam  apparere,  e.  c.  in 
Vinddbonensi:  quale  librorum  genus  cum  saepe  accidat  ut 
merito  sat  magni  aestimetur,  tamen  minoris  vel  nullius  in 
Terentio  momenti  est,  cuius  binas  recensiones  liceat  inter  se 
discretas  ex  ipsis  principibus  fontibus  petere.  Omninoque 
verissime  a  Boettigero  illud  esse  dictum  putamus,  Bembinum 
et  alterius  familiae  fontes  qui  recte  norit  iisque  Donati  frag- 
menta  adiunxerit,  in  centum  fere  codicibus  reliquis  vix  quin- 
quaginta,  quarum  aliquis  esse  usus  possit,  scripturae  discre- 
pantias  inventurum:  ac  fortasse  vel  hic  numerus  nimius. 
Itaque  cum  critices  Terentianffe,  quatenus  e  scriptorum  libro- 
rum  memoria  apta  est,  summa  contineatur  in  probe  perspecta 
Calliopii  opera,  de  hac  paucis  disserendum  est.  Instituit  autem 
ille  (de  quo  copiosa  exstat  Barthii  disputatio  Advers.  VI,  20) 
11  non  Terentii  tantum,  sed  Plauti  quoque  recensionem,  quo  dc 
monuimus  in  Zimmermanni  Diar.  phil.  a.  1837  p.  738.  746 
[OpuscII  p.  167.  179],  similemque  illis  poetis  operam  atque 
Horatio  Vettius  Agorius  Basilius  Mavortius  cum  Magistro  Felice, 
Vergilio  et  Sedulio  Turcius  Rufius  Apronianus  Asterius,  Valerio 
Maximo  Helvidius  Domnulus,  Caesari  Iulius  Celsus  Constantinus 
et  Flavius  Licerius  Firminus  Lupicinus  navavit:  vid.  Bentl. 
praef.  Hor.  p.  X,  Heyn.  in  Verg.  vol.  IV  p.  607  sqq.  ed.  noviss., 
doctissimumque  collegam  Schneiderum  de  bell.  Hisp.  scr.  p.  6. 
Ex  quibus  invicem  inter  se  collatis,  quae  vis  sit  eiusmodi  re- 
censionis,  perspicietis,  iidemque  instituta  Bembini  Calliopiano- 
rumque  librorum  comparatione,  quantum  et  cur  et  quomodo 
his  ille  praestet,  certissimis  argumentis  indagabitis.  Quod 


Digitized  by  Google 


FAHVLARVM  TERKNTIANAKVM. 


205 


ut  ante  quam  ad  ipsam  accedatis  interpretationem  faciatis, 
suademus  eo  valdius,  quo  brevius  ea  uobis  opera  propter 
chartarum  huic  prooemio  concessarum  paucitatem  defungen- 
dura  est,  quoque  maior  e  tali  diligentia  fructus  ad  idoneam 
in  hoc  universo  genere  facultatem  comparandam  percipitur. 
Sic  raris  quibusdam  exemplis  veram  scripturam  sola  Calliopii 
recensione  proditam  reperietis,  ut  I,  4,  aliquoties  ex  utrius- 
que  coniuncta  memoria  concinnandam,  ut  Per.  7.  Prol.  4, 
alicubi  inter  se  ipsos  ita  discrepantes  Calliopianos,  ut  con- 
veniat  parti,  parti  disconveniat  cum  Bembino,  atque  adeo  ab 
uno  solo  verum  sit  servatum,  ut  I,  9.  Item  compluries  nulla 
vel  propemodum  nulla  auctoritate  intellegetis  receptam  nunc 
et  per  plurimas  editiones  propagatam  scripturam  niti,  ut 
Per.  5.  II,  25.  Simul  autem  haec  et  similia  omnia,  quae  hic 
persequi  longum  est,  leviora  esse  sentietis  prae  duabus  rebus, 
in  quibus  ipsa  natura  Bembini  codicis  cum  Calliopii  recen- 
sione  comparati  cernitur:  ut  in  singulis  non  haerenti,  sed 
universe  et  generatim  iudicanti  longius  ctiam  a  Bembini  in- 
tegritate  Calliopii  recensio  distare,  quam  illa  abesse  a  pri- 
stina  fabularum  Terentianarum  specie  videatur,  h.  e.  ut  sim- 
plicius  dicamus,  longo  intervallo  optimum  codicem  Bembinum 
esse,  ac  longe  plurimis  Calliopianorum  naevis  abstergendis 
sufficere,  sed  vel  sic  restare,  quae  cum  tolli  Bembini  ope 
nequeant,  ultra  huius  fidem  progrediendi  et  salntis  e  con- 
iectura  petendae  necessitatem  monstrent.  £a  autem  et  maior 
et  minor  pro  re  comparata  Bembini  libri  integritas  etsi  ad 
alia  plura  spectat,  tamen  praeter  reliqua  in  uno  eoque  omnium 
gravissimo  corruptionis  genere  cernitur,  hoc  est  in  interpolationc 
ex  interpretamentis  orta.  Quemadmodum  enim  depravatorum 
in  codd.  scriptorum  aliae  aliorum  caussae  sunt  praecipuae, 
nec,  ut  hoc  utar,  Plautinarum  corruptelarum  primo  in  loco 
glossemata  habenda  esse  monuimus  1.  c.  p.748  [Opusc.  p.  182]: 
ita  in  Terentii  fabuiis  nullum  est  hoc  depravationis  genere  fre- 
quentius.  Quod  et  ita  esse  et  propemodum  dixerim  non  posse 
non  ita  esse  neminem  facile  fugiat,  qui  non  prorsus  hodie 
fugitivis  oculis  Basilicani,  Vaticani,  Ambrosiani  speciem  et 
condicionem  externam  intueatur:  quorum  singulae  paginae 
non  tantum  repletae  sunt  et  tanquam  obsitae  adscriptis, 


Digitized  by  Google 


296 


DE  EMENDATIONE 


superscriptis,  subscriptis  infinito  numero  explicationibus,  sed 
ea8dem  saepe  ab  ipsis  poetae  verbis  adeo  sive  litteraruui 
forma  sive  locorum  opportunitate  non  distinctas  tenent,  ut 
non  raro,  interpretarine  aliquid  librarii  voluerint  an  ipsi 
fabulae,  quod  in  verborum  continuitate  forte  omissum  esset, 
adicere,  minime  liqueat.  Ac  licet  nonnumquam  tam  evi- 
denter  talium  originem  glossematum  ostendere,  ut  hercle  in- 
currat  in  oculos,  velut  ex  duplici  scriptura  ipsius  Bembini 
I,  52.  II,  28,  ex  interpretamentis  Halensis  libri  (neque  enim 
ex  Italicis  illis  vetustissimis  ingentem  banc  glossematum 
segetem  descripsimus)  Per.  5.  II,  47  alibi.  Quam  immania 
autem  hoc  modo  scripturae  monstra  exsistant  luculento  ex- 
emplo  extremus  versus  periocbae  docet.  Quae  cum  ita  sint, 
12  quid  est  tandem,  cur  inde  a  quarto  saeculo  corrumpi  et 
interpolari  Terentianas  fabulas  potuisse,  non  potuisse  ante 
quartum  saeculum  opinemur? 

Nunc  autem,  tametsi  vobis  emendandi  materiam  prae- 
ripere  nolumus,  aliquot  saltem  exemplis,  qua  ratione  eo  in 
negotio  versandum  sit,  significabimus,  promiscue  iis  e  quovis 
genere  petitis.  Periochae  v.  5  apparet  atnoris  interpretamen- 
tum  esse  rei  vocis,  et  Apollinarem  huiusmodi  quiddam  scrip- 
tum  reliquisse:  famam  rei  Ex  fratrc  in  sese  transferebai,  nisi 
niavis  Ex  illo,  vel  In  sese  tr.  otnnetn:  nam  sese  pro  se  scr- 
vandum  necessario.  Prologi  v.4  quoniam  crit  correpta  ultima 
usurpatum  demonstrari  nullo  modo  potest,  in  D  autem  aliis- 
que  est  erit  ct,  quo  spectare  etiam  eripit  videtur,  deleto  erit 
simpliciter  cum  Bothio  ct  scribendum:  cuius  opera  etiam 
v.  53  et  II,  41  vere  restituti  sunt.  Alios  succurrere  versui 
sublato  eritis  voluisse  BC  ostendunt  V.  5  vix  est  quod 
moneamus  duci  id  factum  oportcat  scribendum  esse:  id  quod 
diu  factum  oportuit  quanquam  contra  Faerni  testimonium, 
quod  ipsum  nunc  falsum  esse  comperimus.  Scaenae  1,  15 
pridem  dubitari  debuerat  de  versus  exitu,  tam  illo  inconcinno 
ut  nihil  supra.  Pristinam  scripturam  a  Bembino  sic  instau- 
ramus:  set  fratre  cx  meo.  Dissimili  is  stndio  cst  — :  qua  ra- 
tione  simul  origo  perspicitur  dissimilis  scripturae.  Contra  non 
est  dubitandum,  quin  v.  30  rectissime  se  habeat  insuerit, 
corruptelae  autem  sedes  illa  sit,  quam  nunc  occupavit  im- 


Digitized  by  Google 


FAHVLARVM  TKRKNTIANARVM.  297 

portune  inculcatum  Audebit  verbum.  V.  48  eiciendum  jxir 
glossema  Guyetus  pervidit  II,  38  etiam  sine  libris  sic  col- 
locandum:  Amat?  d  me  an/entum  ddbitur,  dum  erit  cdmmodum. 
Qui  versus  dici  nequit  quam  sit  misere  a  Guyeto  et  Bothio 
deturpatus:  Amdt?  dabitur  argentum  e.  q.  s.  Graviora  quae- 
dam  decerpsimus,  pauca  ex  multis:  de  ceteris  disputandi  olim 
erit  opportunitas. 

[Anhangsweise  mag  hier  mitgetheilt  werden,  was  in  dem 
Rheinischen  Museum  fur  Philologie  N.  F.  Bd.  VIII  (1852) 
p.  289—292  unter  der  Ueberschrift  fzur  Kritik  des  Terenz* 
erschien.    C.  W.] 

Von  Terenz  sagt  Bernhardy  in  der  neuen  Ausgabe  m 
seiner  r5mischen  Litteraturgeschichte  S.395:  rdass  wir  noch 
keinen  vollstandigen  handschriftlichen  Apparat  besitzen,  noch 
viel  weniger  eine  kritische  Geschichte  des  Textes  und,  was 
hiemit  zusammenhangt,  eine  Charakteristik  der  Klassen  und 
Abstufungen  in  den  Mss/,  sei  deutlich  dargethan,  mit  dem 
Zusatze: 

fViele  sehr  alte  wie  die  Pariser  kennt  man  kaum 
dem  Namen  nach.' 

Es  wiire  kein  Wunder,  wenn  sich,  durch  diesen  Wink  gelockt, 
ein  Liebhaber  des  Terenz,  der  den  Beruf  in  sich  fiihlte  sich 
um  seinen  Dichter  verdient  zu  machen,  nach  Paris  aufmachte 
um  den  ungeahnten  Schatz  zu  heben.  Um  einem  solchen 
die  Reisekosten  zu  sparen,  sei  hier  mitgetheilt,  was  mir  Qber 
den  fsejir  alten'  Pariser  Codex  seit  langer  Zeit  Erinnerung 
war  wie  sie  mir  geniigte,  seit  kurzer  Gewissheit  ist  wie  sie 
auch  andern  zur  Ueberzeugung  zu  bringen:  dass  weder  eine 
Collation  desselben  noch  dic  Bekanntmachung  einer  solchen 
die  darauf  gewendete  MUhe  lohnen  wiirde. 

Terenz  gehort  zu  den  Autoren,  die  in  einer  erheblichen 
Zahl  alter  Handschriften  auf  uns  gekommen  sind,  so  alter 
namlich,  wie  wir  deren  von  gar  manchem  Texte  eine  einzige 
ubrig  zu  haben  froh  wiiren:  aus  dem  lOten  und  llten  Jahr- 
hundert.  Keines  der  europiiischen  Culturlander  ist  ohne  eine 
oder  mehrere  solcher  Terenzhandschriften,  die  auf  den  ersten 
Blick  ungewohnliche  Erwartungen  zu  erregen  pflegen.  Ich 


Digitized  by  Google 


208 


ZUK  KRITIK  DES  TERENZ 


glaube  die  in  Deutschland,  Italien,  Frankreich,  Holland,  Bel- 
gien  vorhandenen  wohl  alle  gesehen,  und  tiber  die  englischen 
anf  anderra  Wege  ein  sicheres  Urtheil  zu  haben:  sie  stam- 
men  sammtlich  aus  einer  und  derselben  Quelle*),  gehoren 
290  zu  der  Familie,  der  die  schon  von  Faerni  benutzten  'Vati- 
canus'  und  'Basilicanus*  angehoreh,  und  werden  namentlich 
durch  den  gedachten  Vaticanus  n.  3868,  den  iiltesten  dieser 
Klasse,  geschrieben  laut  der  subscriptio  von  Hrodogarius 
(denselben  der  die  vielberufenen  Miniaturen  enthalt),  voll- 
kommen  iiberfliissig  gemacht. 

Diese  Wahrnehmung  war  auch  fiir  die  Pariser  Hds.  oder 
Hdss.  leicht  zu  machen,  als  ich  sie  bereits  im  J.  1842  selbst 
durchmusterte,  und  sie  war  so  unzweifelhaft,  dass  ich  nicht 
einmal  Belege  zu  notiren  fiir  meinen  Zweck  nothig  fand. 
Um  indess  nach  Bernhardys  Hinweisung  mich  und  andere 
zu  beruhigen,  nahm  ich  von  Freund  Keils  jtingster  Anwe- 
senheit  in  Paris  Veranlassung,  mich  tiber  den  Sachverhalt 
durch  urkundliche  Mittheilung  vergewissern  zu  lassen,  und 
ihr  verdanke  ich  die  nachstehende  Probe  der  zwei  altesten 
d.  h.  allein  alten  Pariser  Handschriften,  die  das  obige  Ur- 
theil  lediglich  bestiitigt.  Von  ihnen  ist  die  eine  der  allbe- 
kannte,  schon  von  der  Dacier  und  von  den  verschiedenen 
Herausgeberu  der  komischen  Maskenbilder  (die  eben  in  ihra 
auch  stehen)  benutzte  *Cod.  Reg.  7809  (olim  200.  5572) 
membr.  saec.  X',  mit  der  f.  41  eingetragenen  Ur^prungs- 
angabe  'Iste  liber  est  ex  Sancto  dyonisio  in  francia'.  Zwar 
M.  A.  Champollion  in  seiner  1839  zu  Paris  erscjiieuenen 
f  Paleographie  des  Classiques  latins  d  apres  les  plus  beaux 
manu8crits  de  la  bibliotheque  royal  de  Paris'  setzt  ihn  in 
das  9te  Jahrhundert;  dazu  ist  aber,  gerade  nach  dem  von 
ihm  gegebenen  Facsimile,  so  wenig  Grund  ersichtlich,  wie 
zu  A.  Mais  Altersbestimmung  des  Ambrosianus,  der  eben- 
falls  dem  10.,  nicht  dem  9.  Jahrhundert  angehort.  Die  andere 
Handschrift  ist  fCod.  Paris.  Sorbon.  507  membr.  saec.  X  ex. 

*)  Das8  es  sich  so  mit  den  Bentley'8chen  Handschriften,  und  wic 
iin  Einzelnen,  verhalte,  ist  geniigend  naehgewiesen  von  Job.  Krauss 
in  seinen  sorgfiiltigen  'Quaestiones  Terentianae  criticae'  (Bounae  1850) 
p.  17. 


Digitized  by  Google 


Zi:U  KRITIK  DE8  TERENZ. 


299 


vel  XI'  nach  Keil.    Je  mehr  wir  dieser  Schatzung  unseres 

handschriftenkundigen  Freundes  zu  vertrauen  Ursache  haben, 

uin  80  verwunderlicher  ist  die  Uebertreibung  folgender,  dem 

Uodex  eingeschriebener  Bemerkung,  die  am  Ende  gar  das 

Gerucht  von  der  'sehr  alten,  kaum  dem  Namen  nach  ge- 

kannten'  Terenzhandschrift  veranlasst  hat:    fle  raanuscrit 

peutetre  aussi  ancien  que  celui  qui  a  ete  brule  lors  de  l  in- 

cendie  de  bibliotheque  de  s.  Remi -de  Rheims  le  17  

est  actuellement  le  plus  ancien  du  Royaume  de  France'. 

Jedermann,  der  sich  darum  bekumniert,  weiss  doch  welches  291 

die  notorisch  altern,  noch  iiber  das  9te  Jhdt.  hinaufreichenden 

lateinischen  Handschriften  zu  Paris  sind.    Uebrigens  haben 

beide  Handschriften,  wie  ftberhaupt  alle  ausser  dem  Bembi- 

qus,  die  Subscription  Calliopitis  recenmi.  An  dem  Gegensatz 

des  Bembinus  (A)  einerseits,  und  der  Uebereinstimmung  des 

•   Yaticanus  (B),  des  Basilicanus  (C)  und  des  Ambrosianus  (D) 

anderseits  ist  das  VerhSltniss  und  der  Werth  der  beiden 

Pariser  (P  und  S)  leicht  zu  messen.  Mit  a  und  b  bezeichne 

ich  erste   und  zweite  Hand.     Ganz  vereinzelte  Varianten 

einer  der  drei  Hdss.  BCD  iibergehe  ich,  als  unwesentlich 

zur  Charakteristik  von  PS. 

Adelph.  prol.  4  ekipit  A.  erit  BCDPS      eritisiudices  A,Dl'S. 
iudicef  B,  eritif  mrg.  B.  iudicef  eritif  C       5  an  BCDPS.  om.  A 

b  irf 

itfactum  A.    factum  BBDPaS.  factum  Pb  6  diphili  A.  difili 

BCDPS  comoediast  A.  comoedia  ell  CDS.  comedia  eft  B.  comodia 
efl  P  10  hiu  A,CDPbS.  hinc  BPa  11  adelfhos  A.  adelfof 
hCDPS  14  neclegentiast  A.  neglegentia  elt  BCDPS  15  ma- 
leiuci  A.  maleuoli  BCDPS  nobilis  A.  nobiief  BCDPS  10  ad- 
siDLK<iUE  A,B.  adfiduaeque  DP.  aflldueque  08       17  quid  A.  Quod 

BCDPS        \S  duxit  S       20  otio  A,BCP.  ocio  DS       21  ufirf  eft 

omnes       22  exsfectetis  A$b.  expectetif  BaCPS.  expectatif  D 

23  11  A,PS.  hii  B,  e  corr.  D.  hi  C        Act.  I.  Sc.  I,  1  astorax  A. 

Storax  BCDPS      redit  A.  rediit  BCDPS      2  seruolorum  A,DPS. 

feruolorum  B.  feruulorum  C       aduersum  A.  aduorfum  BCDPS 
3  apsib  A.  abrif  BCDPS      5  texor  A.  te  uxor  BCDPS      que  A. 
qoae  BCDPS       7  aut  te]  aute  Sa       9  totum  versum  om.  A,  habent 
BCDPS         10  redit  A.    rediit  BCDPS  11  Et  quibuf  omnes 

12  aliqutt  A.  aliquid  BCDPS       13  inantmoinstituere  A.  in 
animum  inftituere  BbP  (inftuere  Ba).  in  animum  inftituere  dignum  C. 


Digitized  by  Google 


300 


ZUR  KKITIK  DES  TEKENZ. 


»2  inftitucre  in  aniino  DS     14  parere  S      ipseest  A,DPS.  ipfe  fit  BC 

15  set  A.  fed  BCDPS      kratremeo  A.  fratre.  if  adeo  BCDPS 

16  isdissimili  A.  Diffimili  BbCDPS.  Diffimilif  Ba      ab  om.  Sa 

h 

23  faruolo  A.  paruulo  BCDPS       25  abeat  P      adseihtlo  A. 
fedulo  BCDPS  26  _p  .  .  .  .  mitto  cum  rasura  S  omnia 

AbfBCDPS.  om.  Aa  30  insueuerit  .4.  infuerit  BCDPS  patrem 
aut  audebit  omncs  36  clamitanf  omnes  36  amant  Pa  37  Nobif 
cur  Pa      putat  A.  potat  BCDPS      sumptum  J.  fumptuf  BCDPS 

fugerif  S       38  INDULGIS  A.  indulgef  BCDPS       39  estdurus 
A.  dumf  eft  BCDPS      aequomq-  A.  aequumque  BCDPS       40  qui- 
dem    A,DPS.  equidem  BC        42  amiticia  .S'       44  qui  om.  Pa 
offitium  S        45  iri  credit]  incredit  Pa       pauet  A.  cauet  BCDPS 

n 

*   47  benefitio  S       62  nescire  yla.  nesctre  Ab}  fe  nefcire  BCDPS 
53  ipse       ipfuf  BCDPS        55  saluom  ^4,2).  faluum  JJCP.S 

Ich  denke  es  ist  ttberfltissig  in  einer  Zusammenstellung 
weiter  fortzufahren,  die  schon  so  ihren  Zweck,  eine  trQgerische 
Hoffnuug  abzuschneiden,  vollstiindig  erfiillen  wird:  es  musste 
denn  jemandem  die  Uebereinstimmung  beider  Pariser  mit 
dem  Bembinus  in  gegenuber  dem  hi  oder  hii  der  iibrigen, 
und  anderes  dergleichen  einen  bedeutungsvollen  Eindruck 
machen. 


Digitized  by  Google 


X. 

Quaestiones  onomatologicae  comicae. 


[  Unter  obigeni  Gesanimttitel  ist  zusainniengestellt,  was  sich 
au  Vorarbeiten  zu  einer  uuifassenden  und  eingehenden  Be- 
haudlung  dieses  wichtigen  Zweiges  der  Onoinatologie  vorfand. 
An  erster  Stelle  steht  der  Onomatologus  comicus.  der  mifc 
Ausschluss  aller  mythischen,  historisclien  uud  geographischeu, 
sowie  der  punischen  Namen  nur  die  dem  gewohnlichen  Leben 
angehorigen  Nanien,  welche  bei  sammtlichen  romischen  Ko- 
niikern  vorkommen,  vereinigen  sollte,  und  zwar  zuniichst  nur 
die   aus  dem  Griechischen  entnommeneu;  (iiber  die  sehr 
weuigen  und  z.  Th.  zweifelhaften  rein  lateinischen,  die  sich  in 
den  plautinischen  Komodien  finden,  war  eine  besondere  Be- 
sprechung  vorbehalten,  von  der  leider  ausser  dem  in  dem  tilteren 
Programtu  Gegebenen,  jetzt  manigfacher  Modihcation  Unter- 
liegenden,  nichts  Fertiges  vorliegt,  nur  fliichtigste  Notizen, 
die  sich  zum  Abdruck  nicht  eignen.)  Dieser  Onomatologus  war 
ursprttnglich  als  Plautino-coniicus  intendirt  und  fiir  den  ersten 
Band  der  Opuscula  bestimmt,  aus  diesem  fortgelassen  (s.  Bd.  I 
p.  841),  aber  auch  in  dem  zweiten,  den  Plautinis  gewidme- 
ten  Bande  nicht  erscliienen,  weil  er  unter  der  Hand  sich  zu 
einem  allgemeinen  Onomatologus  comicus  erweiterte  (s.  Vor- 
rede  zu  Bd.  II  p.  XXI).    In  alphabetischer  Ordnung  ange- 
legt,  wurde  er  im  Jahre  1808  in  druckfertiger  Gestalt  fort- 
gefiihrt  bis  zu  TTuppiac,  iudem  den  aTraE  eiprmeva  ein  Stern- 
chen  vorgesetzt  und  die  archaische  Schreibung  in  Klammern 
beigefflgt  war;  der  Schluss  blieb  damals  liegen.    Da  aber 
Kitschl  diese  Untersuchungen  unausgesetzt  im  Auge  behielt,  so 


Digitized  by  Google 


302 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE. 


war  eine  Reihe  von  Nachtriigen  erwachsen,  die  er  nur  in 
knappsten  Citaten  am  Rande  des  Manuscripts  oder  auf  tiie- 
genden  Zetteln  notirte.  Ich  habe  diese  Zusatze  durch  eckige 
Klammern  ausgezeichnet.  Erst  durch  das  von  Ritschl  hinzu- 
gefttgte  Urtheil  wiirden  sie  ja  ihren  Hauptwerth  erhalten 
haben;  aber  sie  ganz  wegzulassen  konnte  ich  mich  doch  eben 
so  wenig  entschliessen,  als  ich  es  fiir  richtig  hielt,  den  Re.st 
des  Onomatologus  zu  unterdriicken  oder  in  auderer  Gestalt 
zu  geben,  denn  wie  er  vorlag,  namlich  lediglich  in  Form  eines 
kahlen  Verzeichnisses  der  lateinischen  Namen  mit  wenigen 
Verweisungen.  Auch  so  wird  dieser  letzte  Theil  nicht  unnfltz- 
lich  sein,  und  eigene  Arbeit  in  irgend  einer  Form  hinzuzu 
thun  hielt  ich  mich  nicht  fiir  befugt. 

Leider  gar  nicht  begonnen  ist  die  Ausarbeitung  des 
systematiBchen  Theils,  bei  dem  tiefergreifende  Untersuchungen 
nach  verschiedenartigsten  Gesichtspunkten  beabsichtigt  waren. 
Nur  selten  ist  das,  was  hier  gegeben  werden  sollte,  schon  in 
Satze  gefasst,  wie  f  Wenn  die  lateinischen  Komiker  andere 
Personennamen  wahlten  als  ihre  griechischen  auctores,  warum 
nicht  auch  (unteritalisch-sicilische)  Namensformen,  die  mit 
der  neuen  Komodie  gar  nichts  zu  thun  haben,  sondern  ihnen 
fremd  wareu,  wie  Aristophontes,  CallidamatesV  Folgt  also 
gar  nichts  aus  Plautus  fiir  die  griechische  Komodie',  oder 
fnec  fere  plus  in  hoc  genere  praestiterunt  thesauri  editores 
Lipsienses'  oder  fpermiram  eamque  ratione  prorsus  carentem 
nominum  scripturam  in  Aululariam  invexit  Wagnerus'.  Meist 
sind  es  ganz  kurze  Notizen,  wie:  fKaT*  dvricppaciv,  immo 
eipuuviKUJC:  Misargyrides,  Ergasilus,  Cleareta',  oder  nur  Zu- 
sammenstellungen  von  Beispielen  fiir  bestiminte  Bildungs- 
gesetze  u.  dgl. 

Es  musste  also  geniigen,  an  zweiter  Stelle  dic  beiden 
Bonner  Prooemien,  die  quaestiones  onomatologicae  be- 
handelten,  unverandert  wieder  abdrucken  zu  lassen.  Angehangt 
habe  ich  noch  die  zwei  Donat-Stellen,  die  sich  im  All- 
gemeinen  iiber  die  Namen  der  Komodie  verbreiten,  da  Ritschl 
fttr  sie  den  handschriftlichen  Apparat  zusammengebracht 
hatte.    C.  W.] 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE.  303 


1. 

ONOMATOLOGVS  COMICVS. 

Appoiovov  Abrotonura:  mulier,  e  coraicis  cotnmeraorata 
Prisciano  V  p.  644  P.  (148  H.),  VI  p.  G88  (215).  Non 
minus  certa  forma  'AppOTOviov  Abrotoniuin  apud  eun- 
dem  (qui  fertur)  de  accentibus  p.  1292  (523  K.),  item  locis 
ante  scriptis  in  parte  codicum,  collato  Menandro  apud 
Meinekium  Com.  t.  IV  p.  300. 

"'AtopcictokXtic  Agorastocles:  adulescens  Poenuli  Plau- 
tinae. 

*'AbeXcp&ciov  Adelphasium  (Adelpasivm):  meretrix  Poe- 
nuli.  Cf.  Lobeckii  Pathol.  proleg.  p.  435.  [Cf.  KOpdciov, 
Philocomasium]. 

AicxiVTic  Aeschinus  (Aescinvs):  adulescens  Adelphon  Te- 
rentianae;  —  trapezita,  Pseuduli  II,  4,  G7  (757);  'Hypo- 
bolimaeus  Aeschinus'  fabula  Caecilii  [cf.  praef.  Parergon 
p.  XV].  Mutatam  terminationem  tetigit  post  alios  C.  Keilius 
Anal.  epigr.  et  onom.  p.  22G  adn.  3.  Nec  enim  de  aliqua 
Aicxivoc  (ut  6utuxoc)  forma  quidquam  constat  Non  in- 
frequens  nomen  etiam  in  lapidibus  latinis. 

*Akxpobujpa  Aeschrodora  (Aescrodora):  meretrix,  Pseu- 
duli  I,  2,  G2  (196). 

•'AKaveiujv  Acanthio  (Acantio):  servus  Mercatoris.  Cf. 
'AkovOoc. 

^'AkpottoXictic  Acropolistis:  fidicina,  Epidici  III,  4,  43. 
67,  quibus  locis  cropolistidcm  scriptum  in  Vetere;  —  filia 
Periphanis  ibid.  IV,  1,  41,  ubi  Telcstidcm  Cainerarius,  Huc 
Telestidem  (pro  Acropolistideni)  Tacobus. 

*'Akpot€Xcutiov  Acroteleutium:  meretrix  Militis  gloriosi. 

*'AXicxfi  Halisca:  ancilla  Cistellariae. 

*'AXKTiciuapxoc  Alcesimarchus  ( Alcesimarcvs  j:  adu- 
lescens  Cistellariae,  ubi  in  Vetere  constanter  est  akhesi- 
marchus.  [Cf.  KaXXtuapxoc.] 
'AXKn,ctuoc  Alcesiinus:  senex  Casinae. 

*'AuireXtCKr|  Ampelisca:  mulier  Uudentis.  Cf.  'AjjttcXic, 
meretrix  apud  Lucianum. 

**Av8paE  Anthrax  (Antrax):  cocus  Aululariae. 


Digitized  by  Google 


304  QVAE8TIONES  ONOMATOLOGICAE. 

""AvTauuvtbric  Antamoenides  (Antamvnides):  miles  Poe- 
.nuli.  Vide  infra  caput  II  §  0  [et  Fleckeisenum  in  Annal. 
philol.  tom.  XCIII  (18G6)  p.  12  sq.  J. 

*'AvT€pacTuXic  Anterastylis  (Anterastvlis):  meretrix 
Poenuli.  [Falso  scribitur  Anterastilis.] 

*'AvTtbduac  Antidamas:  hospes,  Poenuli  V,  1,  22.  V,  2, 
82.  87.  91.  95.  Quibus  locis  quo  certior  nominis  forma 
illa,  eo  magis  miro  errore  uno  versu  85  Palatinos  libros 
invasit  Antidamarchi  scriptura*).  Quare  iam  Acidalius  in- 
serto  tu  pronomine  sic  illum  conformabat:  Siquidcni  tu 
Antidamac  quaeris  adopMicium,  simplicius  Bothius  Siqui- 
dem  Antidamai  q.  a.  suadebat.  Verum  aliud  in  Ambrosiano 
apparuit:  ANTIDAMAII,  quod  non  poteris  non  Antidamati 
interpretari :  eamque  formam  licuerit  fortasse  collato  Cal- 
lidamates  nomine  tutari.  Sed  gravissimus  taraen  scrupulus 
hic  restat,  quod  vix  ac  ne  vix  quidem  perspicitur,  quid 
tandem  movere  poetam  potuerit,  ut  inter  tot  exeinpla  usi- 
tatae  Antidamas  formae,  in  eadem  scaena  atque  adeo  brevis- 
sirao  ab  utraque  parte  intervallo  redeuntia,  sine  ulla  nume- 
rorum  vel  gratia  vel  necessitate  semel  alteram  illam  adsei- 
sceret  prorsus  solitariam.  [Of.  C.  F.  W.  Miiller  in  Berol. 
ephem.  gymn.  a.  1807  p.  559.] 

'AvTtuaxoc  Antimachus  (Antimacvs):  pater,  Aululariae 
IV,  10,  49. 

'AvTiqnXn.  Antiphila  (AntipilaV  mulier  Hautontimoru- 
menu;  —  meretrix  apud  Turpilium  v.  188  Ribb.  [Gf.  Opusc. 
II  p.  484.] 

'AvTt(pujv  Antipho  (Antii*o):  senex  Stichi;  —  adulesceus 
cura  Eunuchi  tum  Phormionis;  —  item  apud  Caecilium 
v.  30  atque  Anonymura  p.  97  Ribb. 

^AireXXdc  Apella  (Ai*ela):  fabula  Naevii  (a  servi  nomine): 
ubi  Kibbeckius  codicum  memoriam  AjnwlUi  servandam 
duxit  Coin.  p.  7.    Frequentant  nomen  tituli  latini. 

^ATTOtKibrjc  Apoecides:  senex  Epidici. 

♦'AptnpiTTTTOC  Argyrippus  (ArgvMPVS):  adulescens  Asi- 
nariae. 

*)  Singulari  artificio  caussam  eius  erroris  aperire  Wexius  studuit 
Musei  Hheu.  novi  t.  II  (a.  1842)  p.  135. 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE. 


305 


''ApiCToqpovTric  Aristophontes  (Aristopontes):  captivus 
Captivorum.    Factum  nomen  ut  'ApTeicpovrnc  BeXXepotpcWTric 
KXcocpovTrjc  TToXucpovTric:  quibus  gemellae  'Apicrocpujv  BeXXe-  t 
pocpwv  KXeotpujv  formae. 

"Aprrcrfoc  Ilarpagus:  uno  loco  Pseuduli  II,  2,  70  (665),  et 
vocativo  quidem  Harpage,  dicitur  qui  per  reliquam  fabu- 
lam  est 

*'Ap7raE  Harpax,  cacula.  Vide  Lobeckium  Paralip.  gr.  gr.  1 
p.  135  adn.,  Buechelerum  Mus.  Rhen.  XV  p.  436. 

^ApTduujv  Artamo:  lorarius  Bacchidum.  Cf.  Parergon  I 
p.  154. 

'ApT€uujv  Artemo:  fabula  Plauti  Ca  servi  nomine),  de  qua 
ibidem  dictum  p.  153  sq.  Idem  nomen  in  titulis  latinis 
est  ut  L  R.  N.  4164  (Artema  vel  Artemas  in  aliis). 

*'ApT€uujvr|  Artemona:  uxor  Asinariae.   [Cf.  'HXeKTpuwvr).] 

^ApTOTpujfoc  Artotrogus:  parasitus  Militis  gloriosi. 
[Cf.  KuauoTpujH  apud  Aristoph.  Equit.  41;  Miccotrogus.\ 

*ApX€CTpdTr|  Archestrata  (Arcestrata) :  nutrix,  Curcu- 
lionis  V,  2,  44  (643),  ubi  Vetus  codex  exhibet  arthcstrata. 

'ApxipouXoc  Archibulus  (Arctbvlvs):  argentarius,  Asina- 
riae  I,  1,  103  (116).  Perinde  hoc  atcjue  'ApxtPouXoc  lingua 
probavit,  ut  'Apxcpioc  et  'Apxipioc,  'ApxebriMOC  et  'Apxibriuoc, 
ApxcbrmibrjC  et  'Apxibauibctc  aliaque  id  genus  non  pauca. 
Quibus  conferenda  XatpeuevrjC  Xcupiu€'vr|C  cum  similibus, 
ipsumque  infra  Chaeribulus.  In  titulis  latinis  et  Archelaus 
habes  et  aliquando  Archilaus  ut  L  R.  N.  2559. 

'ApXi&rmibrjc  Archidemides  (ARCJDEMIDES):  hospes,  Bac- 
chiduin  II,  3,  16  (250)  et  saepe  deinceps;  —  item  Eunuchi 
H  3,  36  (327). 

'Apxibnuoc  Archidemus  (Arctdemvs):  amicus  senis,  Asi- 

nariae  V,  2,  15  (865). 
rApxuXivri  Archulina  (Arcvlina):  meretrix  Truculenti  I, 

%  28.   Falso  Archilincn  scribitur.] 
*  ApxuXic  Archylis  (Arcvlis):  ancilla,  Truculenti  II,  5,  26; 

-item  Andriael,  4,  1.  III,  2,  1  (228.  481).    Cf.  'ApxuXoc. 

[Cf.  Buechelerum  in  Fleckeiseni  Ann.  philol.  t.  CV  p.  570.] 
'Apxujvibric  Archonides   (Arconides):   pater,  Hautonti- 

moruraenu  V,  5,  21  (1065). 

FB.  BIT8CIILLII   OPVSCVLA   llf.  20 


Digitized  by  Google 


300 


Q  V  A  KSTI O  N K S  O N OM ATOLOG ICAK 


*'AcTd(piov  Astaphium  (Astapivm):  ancilla  Truculenti. 
f  dcraqric  =  CTaopic.] 

^AxaptCTiuJV  Acharistio  (Acaristio):  fabula  Plauti  (a  ser- 
vi  noniine),  si  fides  Nonio  p.  157,  6  (idem  Acaristione.%  ubi 
Leidensis  codex  acaristudio  exhibet.  Certius  idem  nomen 
apud  Plinium  Nat.  hist.  XIV,  92,  ubi  versiculus  profertur 
ex  Acharistionc  fFabii  Dossenni'.  De  Plautina  fabula  non 
dubitabam  Parergon  I  p.  143.  154;  nomen  tetigi  ibideiu 
p.  105  adnot. 

BapuXwv  Babylo  (Babvlo):  dispensator  vel  arcariua  (aut 

argentarius)  ut  videtur,  Adelphon  V,  7,  17  (915).  Cf.  Sal- 

masium  Exerc.  Plin.  p.  130  T). 
Bokxic  Bacchis  (Bacis):  meretrix  Bacchidum,  Hautontimo- 

rumenu,  Hecyrae. 
BaWiujv  Ballio  (Balio):  leno  Pseuduli.  Memorat  Ballionis 

partes  Cicero  Philipp.  II,  G,  15,  actas  a  Q.  Koscio  in  or. 

pro  Koscio  com.  7,  20. 
*B\eq)dpuJv  Blepharo (Blkparo);  gubernator  Amphitruonk 
f  BoujJouaxi  bn.c  Bumbomachides  (Bvmbomacides):  fictum 

uomen  ducis  bellici,  Militis  gloriosi  v.  14,  ubi  vide  adno- 

tationem  criticarn. 
BpouJa  Bromia:  ancilla  Ainphitruonis. 
*re\dciuoc  Gelasimus:  parasitus  Stichi. 
re*Tac  Geta:  servus  Truculenti,  Adelphon,  Phormionis.  (.'f. 

Donatum  ad  Adelphon  I,  1,  1. 
rXaGKOC  Glaucus:  pater,  Asinariae  IV,  1  (5  (751). 
rXuKepaGlycera  (Glvcera):  mulier, Militis  gloriosi  H,5,2G. 

m,  1,  213  (436.  808).    Certissimam  Camerarii,  Parei, 

Lipsii  emendationem  nemo,  qui  sano  ac  simplici  iudicio 

utatur,  eis  labelactari  credet,  quae  A.  Spengelius  (?T.  Maccius 

Plautus '  p.  30  sq.)  opposuit:  tam  illa  quidem  admirabilia, 

ut  suspitio  oriatur  hidificandis  lectoribus  scripta  esse. 
TXuKepiov  Glycerium  (Glvcerivm):  mulier  Andriae;  — 

e  comicis  allatum  a  Prisciano  V  p.  G44  P.  (148  H.),  VI 

p.  (388  (215),  VIII  p.  789  (376). 
rvdeujv   Gnatho   (Gnato):    parasitus    Eunuchi.  Ciceroni 

commemoratus  Philipp.  II,  6,  15,  item  Laelii  25,  03. 
*roTTpiuJV  Congrio:  cocus  Aululariae. 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE.  307 

roptuj  Gorgo:  mulier,  in  Vidulariae  versu  codicis  Ambro- 
siani,  mutilo  apud  Angelum  Maium,  integriore  apud  nos 
Opusc.  II  p.  174:  Vbi  hdbitas  :  :  Hic  apiid  [sorjorem  Gor- 
ymem.  Vbi  corrigendum  esse  Gorgonem  non  praeteriit 
Maium,  qui  minime  debebat  de  uirginem  cogitare. 

*rpi7roc  Gripus:  piscator  Rudentis. 

*[~puuiujv  Grumio:  servus  Mostellariae.  Quod  ne  quis  a 
gruma  ducat,  memento  graecae  Ypuue^a  vel  Ypuuaia  vocis, 
de  qua  Meinekius  videndus  Com.  t.  III  p.  586  et  IV  p.  428. 
In  promptu  est  praeterea  fpuuaia  meretrix  apud  Athenaeum 
XIII  p.  583  E. 

ruuvdciov  Gymnasium  (Gvmnasivm):  meretrix  Cistellariae. 

[Cf.  Opusc.  II  p.  484  sq.  500.] 
♦AaibaAtc  Daedalis:   mater,  Rudentis  IV,  4,  120.  130 

(1164.  1 174;. 

*Aaiu6vr|C  Daemones:  senex  Rudentis.    Quamquam  licet 
etiam  aAatuoveuc  proficisci  latiuamque  Daemones  formam 
ad  eam   normam   revocare  qua  AchiUes  factum  est  ab 
'AxiXXeiic,  Amvces  ab  'Auukcuc  cum  similibus.  Atque  adeo 
geminas  formas  ut  vAv0nc  et  'AvOeuc,  Mevec8r|c  et  Meve- 
cSeuc  lingua  probavit.    Aaifioveujc  genetivum  ex  Antholo- 
giae  Palatinae  VI,  259  protulit  L.  Dindorfius  Thesauri 
t.  II  p.  856:  ubi  tamen  non  ignoro  AaTue'veuc  (a  Aaifie'vr(c) 
commendari  a  Meinekio.    [Cf.  Buecheleri  lat.  Dcclin.  p.  2.] 
Adoc  Davos:  servus  Andriae,  Phormionis;  —  item  Amphi- 
truonis  I,  1,  200.  II,  1,  67  (365.  614);  —  apud  Plautum  . 
Gellii  XVIII,  12:  —  apud  Anonymura  in  Ribbeckii  Com. 
p.  105;  —  item  fabula  Caecilii:  cf.  Parergon  I  p.  143  adn. 
Adpbavoc  Dardanus:  fabula  Caecilii,  haud  dubie  a  servi 

noinine,  quod  habes  in  I.  R.  N.  6582. 
*Aeiviapxoc  Diniarchus  (Diniarcvs):  adulescens  Trucu- 

lenti:  de  quo  vide  quaest.  caput  II  §  3. 
Aeiviac  Dinia:  amicus  senis,  Asinariae  V,  2,  16  (866);  — 
item  senex  (aut  fortasse  adulescens)  Vidulariae,  in  scaenae 
inscriptionc  quae  haec  est  in  pagina  247  codicis  Ambro- 
siani:  DINIAS  NICODEMVS  CACISTVS.  Vbi  mirum  est 
THnias  scriptum  esse  pro  eo  quod  exspectatur  Diniu  ad  si- 
militudinem  eorum  quae  sunt  Clinia,  Demea,  Hegea}  Leo- 

20* 


Digitized  by  Google 


308  QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE. 

nida.  Conferri  tamen  Callias  potest,  de  quo  v.  infra  p.  314. 
In  Asinariae  versu  positus  accusativus  Diniam  de  nomina- 
tivo  nihil  docet. 

t  AeKiwv  Decio:  servi  nomen  fertur  Menaechmoruni  V,  1, 
36  (731).  J,  DJcio,  guaere  meutn  patrem  e.  q.  s.  Qaod 
cum  tam  graecam  originationem  quam  latinam  respuat  ac 
ne  proditum  quidein  sit  in  libris,  de  mendo  scripturae  du- 
bitari  nequit.  Scriptum  est  autem  in  Palatinis  atque  Ya- 
ticano  Ei  deceo  quarc  (quaere)  i.  e.  EIDECEOQVAERE:  iu 
quibus  litteris  latet,  nisi  fallor  animi,  EPIDICEQVAERE 
i.  e.  Epidice,  quaere.  —  Haec  scripseram,  cum  suam  quan- 
dam  coniecturam  Fleckeisenus  mecum  communicavit,  qua 
Decco  litteras  ad  Decso  i.  e.  Dexo  nomen  revoeat,  Plautus 
ut  ei  (h.  e.  i)  Dexo,  quaerc  scripserit:  nec  enim  AcEuuv 
tantum  et  AeEw,  sed  etiam  Ae^Hujv  exstare  in  graecis 
titulis  a  Papio  commemoratis,  prorsus  ad  similitudinem 
illorum  quae  sunt  KXrjcujv  Kti^cujv  Aucujv  Mvrjcujv  TTekujv 
Cttcucujv  cum  ceteris.  Fatendum  est  propius  id  a  librorum 
memoria  abesse  quam  quod  ego  proposui:  quamquam  idem 
non  diffiteor  paullo  ininus  reconditam  servi  appellationem 
raagis  placituram  esse. 

♦AeXqnovDelphium  (Delpivm):  meretrix  Mostellariao.  Cf. 
AeXcpic,  meretrix  Luciani.    |Errat  Lorenzius  p.  9.] 

An.uaiv€TOC  Demaenetus:  senex  Asinariae. 

Anuapxoc  Deraarchus (Demarcvs):  senex, Poenuli  V,2,1M. 

Armedc  Demea:  senex  Adelphon;  —  item  apud  Caeeilium 
v.  21G,  Afranium  v.  413,  Anonymum  p.  99  Ribb.,  iteui  ut 
videtur  apud  Naevium  v.  6  p.  f>.   [Cf.  Opusc.  II  p.  343  sq.| 

ArjMnTpioc  Demetrius:  servus  (ut  videtur),  Bacchidum  IV, 
8,  71  (912),  quamquam  ibi  de  patre  potius  Ed.  Meienis 
cogitat  commentarioli  sub  Amdpujv  commemorati  p.  V 
[Opusc.  acad.  II  p.  335J.  —  Fabula  cum  Naevii  tum  Turpilii. 
Frequens  sive  servorum  sive  libertorum  nomen  etiam  in 
inscriptionibus  latinis. 

Ariuoce^vric  Demosthenes  (Demostenes):  amicus  senis, 
Asinariae  V,  2,  10  (8Gfi).  Etiam  in  titulis  latinis  aliquo- 
tiens,  ut  I.  11.  N.  147.  814. 

Ariuoqpujv  Demipho  (DEMIPo):  senex  Cistellar.,  Mercatoris, 


Digitized  by  Google 


QVAJSSTIONES  ONOMATOLOGICAK. 


Phorniionis;  —  itein  Mostellariae  V,  2,  28  (1149).  Nullo 
testimonio  constat  de  aliqua  Ar)ui(pujv  foruia:  nam  Hygi- 
nus  Astron.  II,  40  (p.  413  sq.  Munck.)  cuni  Phylarchuni 
exscribens  Demipho  posuit  identidem,  dubiuin  non  est  quin 
ipsam  latinam  substituerit.  Ergo  in  ea  analogia  acquie- 
scendum,  de  qua  Fleckeisenus  exposuit  Musei  Rhenani  t. 
VHI  p.  228.  [Cf.  Opusc.  II  p.  488.| 
*Aid(3oXoc  Diabolus:  adulescens  Asinariae.  Aliud  agenti 
Diabulus  sibi  excidisse  in  editione  Fleckeisenus  mihi 
significat. 

*Aia7T6vnoc  Diapontius:  f transmarinus  hospes',  Mostel- 
lariae  II,  2,  66  (497). 

*[Aivukiov  Dinacium:  pueri  olim  vulgatum  nomen  Stichi, 
sed  id  et  per  se  ratione  destitutum  et  ipsis  libris  antiquis- 
siuiis  auctoribus  nunc  cum  Pinaciiim  mutatum:  de  quo  vide 
praefationem  Stichi  p.  X.] 

Atobwpoc  Diodorus:  saltator,  Persae  V,  2,  43  (824).  Non 
rarum  in  titulis  latinis. 

■Aickoc  Discus:  libertus,  Eunuchi  III,  5,  60  (608). 

A6va5  Donax:  servus,  Eunuchi  IV,  7,  2.  4  (772.  774».  Alia 
exempla  inscriptiones  latinae  praebent. 

*A6pbaXoc  Dordalus:  leno  Persae.  Nisi  ille  fuit  potius 
*A6prraXoc  Dorpalus,  quam  formam  argumentum  acro- 
stichum  servat:  quando  Dordahts  nominis  veriloquium  pror- 
sus  nullum  in  promptu  esse  dixi  iam  in  praefatione  Persae 
p.  XI.  Argutam  Schneidewini  coniecturam,  cui  *TT6pba- 
Xoc  Pordalus  non  male  olebat,  commemoravi  cap.  II  §  1: 
quam  tamen  nunc  video  Camerarii  acumine  occupatam  esse. 

AopKtov  Dorcium:  mulier,  Phormionis  I,  2,  102  (152);  — 
item  apud  Turpilium  v.  126  R.;  ~-  e  comicis  quater  com- 
memoratum  Prisciano  1.  s.  s.  sub  'AppOTOVov  et  rXuKeptov. 
Cf.  AopKOtc  meretrix  Luciani  et  (in  titulis)  Dorcas. 

Apo^ujv  Dromo:  servus  Andriae,  Adelphon,  Hautontimoru- 
menu;  item  Asinariae  II,  4,  35  (441),  Aululariae  II,  9,  1. 

Aujptdc  Dorias:  ancilla  Eunuchi. 

AwpiTTTrn.  Dorippa  (DOBIPA):  mulier  Mercatoris. 

Aujpiujv  Dorio:  leno  Phormionis. 

Avupoc  Dorus:  eunuchus  Eunuchi.  Etiam  in  titulis  latinis 


Digitized  by  Google 


310 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE. 


'CXeuciov  Eleusium:  tibicina  Aululariae  II,  5,  7.  fDerivatur 
a  vocabulo  eXeucic,  ut  a  TrXavncic  fit  TTXavrjciov,  a  cppovncic 
<t>povr]ciov.  J 

fCHaipaupoc  Exaerainbus:  vinarius,  Asinariae  II,  4,  30. 
32  (436.  438).  Quo  speetans  Casaubonus  in  Atbenaei  111 
p.  112  E  fego'  inquit  fnon  meniini  eam  viri  appellationeni 
usquam  apud  Graecos  legere:  ac  fortasse  Sarambo  scrip- 
serant  et  Plautus  et  graecus  ille  comicus,  quem  poeta  lati- 
nus  sequitur  auctorem.'  Graecum  enim  cauponis  nomen 
Cdpaupoc,  in  quotl  vereor  ne  Meinekius  Com.  t.  IV  p,  525 
calidius  animadverterit,  satis  vindieasse  L.  Dindortiuni  The- 
sauri  t.  VII  p.  71  putamus,  quicum  cf.  Lobeckiura  Pathol. 
gr.  proleg.  p.  298.  Ac  fatendum  est  commodissimum  illud 
versibus  Plautinis  esse:  Scd  vina  quac  heri  vendidi  vindrio 
Sardmbo:  —  Nam  vidi  huc  ipsum  addncerc  IrapzHam  Sa- 
rdmbum.  Ipsam  diphtbongum  nisi  Vetns  codex  servet,  non 
fortasse  inepte  quispiam  de  Crjpaiupoc  Scrambus  cogitet. 
cuius  nominis  exempla  Lobeckius  suppeditat. 

:>€tuyvujuoc  Epignomus:  iuvenis  maritus  Sticbi.  Servant 
hoc  nomen  per  totam  fabulam  non  Palatini  tantum,  sed  ipse 
Ambrosianus.    Hic  autcm  liber  cuni  et  pro  sororuin  quae 
ferebantur  nominibus  Pancgyris  et  Pinacinm,  et  pro  inepto 
pueri  nomine  Dinacium,  et  vero  pro  fratris  nomine  Pam- 
philippus  prorsus  diversa  haec  substituat  Philumena,  Pam- 
phila,  Pinacium,  Pamphilus:  de  quo  dictum  est  in  prae- 
fatione  Stichi  p.  X  sq.:   eiusdem   condicionis  societatem 
Fleckeisenus  (editionis  suae  p.  233)  suspicatus  cst  etiaui 
ad  alterum  fratrem  pertinuisse  pro  eoque  quod  hodie  fertur 
Epignomus  nomine  aliud  ipsum  poetam  posuisse,  idque 
men8uram  paeonis  secondi  aequans  velut  Epistrophus.  Satis 
id  quidem  per  se  probabiliter:  quamquam  altera  ex  partt- 
illud  tamen  parum  commodum  explicatum  habet,  quam 
miro  casu  in  Ambrosianum,  qui  in  ceteris  ipsam  veterem 
recensionem  repraeseotet,  unum  nomen  solum  inrepserit  e 
recentiore:  quod  contra  minime  mirum  ex  antiquiore  unum 
pueri  uomen  Pinacium   relictum  esse  in  Vetere  codice. 
Verum  est  unum  fabulae  versuni,  cui  aliquid  deest  ad  le- 
gitimam  mensuram,  recepto  paeonico  vocabulo  coramode 


Digitized  by  Google 


OVAESTIOXES  ONOMATOLOGICAE.  311 

reconcinnari,  qui  est  IV,  2,  4  (582)  S4&  uideon  ego  Pdm- 
philum  cum  frdtrc  Epistropho?  dtque  is  est  (hoc  ut  noniine 
tamquam  vicario  tralaticii  utar  cum  Fleckeiseno):  ubi  pa- 
rum  sane  nunc  placet  quod  in  editione  scripsi  cum  frdtre 
suo  Epignomo,  pro  quo  aliquanto  probabilius  potui  Se'd  ui- 
deon'  eyo  Pdmphilum  eccum  cum  fratrc  E.  Contra  non  mi- 
nus  verum  est  paeonicae  mensurae  item  unum  versum  re- 
pugnare,  II,  2,  48  (371)  Interibi  Epignomum  conspicio  e.  q.  s., 
si  modo  ibi  interibi  illud  iure  est  glossarii  fide  Plautini  (Opusc. 
II  p.  266)  receptum.  Sed  etiamsi  interim  servaveris,  conceden- 
dum  est  parum  ab  arte  commendationis  dactylicos  numeros 
vel  hoc  versu  habere  Interim  Epistrophum  conspicio,  vel 
insequenti  Hem  quid?  Epistrophum  elocidus,  vel  III,  2,  11 
(464)  Epistrophus  hic  quidenist  qui  dstat:  prae  quibus  nemo 
non  sentit  quanto  et  lenius  et  usitatius  hi  fluant  trochaici 
Interim  Epujnomum  et  Hem,  quid?  Epignomum  et  Epigno- 
mus  hic  quidemst.  Leviculum  est  profecto,  quod  I,  3,  81 
(238)  mihi  transponenduui  fuit  Epignomi  anciltast  haec  qui- 
dem,  ubi  nulla  mutatione  Fleckeiseno  opus  est  Ejustrophi 
anciUa  haec  quidemst  commendanti;  verum  compensatur  hoc 
quicquid  est  commodi  eo  exemplo  quod  est  II,  1,  9  (283) 
Quae  nmera  in  exspectdtionest  Epujnomi  aduentus  uiri,  qui 
ordo  verborum,  contestatus  etiam  Ambrosiani  fide,  inver- 
tendus  Fleckeiseno  sic  fuit  Q.  m.  in  exspcdationc  Epistrophi 
aduentus  uirist.  Porro  v.  III,  2,  12  (465)  unam  sane  mi 
syllabam  ego  addidi  Epignome  mt,  ut  ego  nunc  tc  conspicid 
lubens;  verum  ad  simplicem  vocativum  aliquid  ab  ipso 
sensu  desiderari  ne  Fleckeisenum  quidem  fugit  o  addentem 
0  Epistrophe,  ut  ego  e.  q.  s.  Kestat  versus  IV,  1,  23  (528) 
Quid  agitur,  Epigndmc?  : :  Qnid  tu?\  . .,  mihi  sanus  salvus- 
que,  Fleckeiseno  sic  supplendus  rursus  admisso  parum  con- 
cinno  dactylo  Quid  agitur,  mi  Epistrophe?  Quid  tu?  — 
Haec  igitur  omnia  cum  ita  se  habeant,  apparet  cur  non 
mihi  persuaserit  amicus.  Concedo  non  iraprobabile  esse 
etiam  pro  Epignomus  noraine  aliud  olim  lectum  esse:  sed 
id  aut  eiusdem  cum  illo  raensurae  aut  proceleusmaticum 
potius  aequans,  quale  est  Epigonus  vel  fortasse  *Epi- 
nomus:  tale  enim  quam  leniter  quamve  leni  vel  propemo- 


Digitized  by  Google 


312 


QVAESTIONES  ONOMATOLOQICAE. 


dum  nulla  uiutatione  in  fabulac  versus  omncs  intret,  iam 

unus  quisque  poterit  pro  se  ipse  experiri.    [Cf.  C.  F.  W. 

MUller  Tlaut,  ProsouV  p.  330  aunot.  'Nachtrag'  p.  42.] 
'€ tti b i k o c  Epidicus:  servus  Epidici;  —  item  apud  Anony- 

mum  p.  100  Ribb.  Tertium  exemplum  e  coniectura  addidi 

supra  sub  fAeKUJJV. 
^^pTOtciXoc  Ergasilus:  parasitus  Captivorum.    Non  Er- 

gasikm,  quod  sciam,  sed  * Ergasimum  norunt  tituli  latini, 

ut  L  R.  N.  752.  1756. 
'EpMtiuv  Hermio:  servus  Plautinus  apud  Festum  epitomae 

p.  62,  4.    Rcdit  in  1.  R,  N.  4262. 
J€pujTiov  Erotium:  meretrix  Menaechmoruin;       item  apud 

Turpilium  v.  187  R,    Adde  titulos  latinos.    Gf.  '€pujTic. 
€u6uvikoc  Eutbynicus  (Bvtvnicvs):  adulescens,  Casinae 

gregis  v.  3.    |  Vido  Benselerum.| 
CukXc^ujv  Euclio:  senex  Aululariae.  —  |  Vide  Benselerum.] 

Cf.  €uKXc'a  et  consimile  in  titulis  latinis  nomen  Euclia 

I.  R.  N.  5833. 

€uvouia  Eunomia:  mulier  Aululariae.  Redit  I.  R.  N.  5258. 

€utuxoc  Eutycbus  (Evtvcvs):  adulesccns  Mercatoris;  — 
item  apud  Caeeiliuiu  teste  Cicerone  or.  pro  Roscio  Ara. 
16,  46,  quod  testimonium  cxstat  apud  Ribbeckium  Coui. 
p.  47.  Cf.  Parergon  Plaut.  1  p.  135.  Non  minus  frequens 
nominis  baec  forma  quam  €uTuxnc  Eutychcs,  cum  apud 
Graecos  tum  in  titulis  latinis.  EuUjchc  vocativus  sexieus 
rediens  in  Mercator^  cur  ne  possit  quidem  ad  Eutychcs 
notninativum  referri,  dixi  Proleg.  Plaut.  p.  lxxxviii:  atque 
ipsum  Eutychus  habes  111,  4,  8  (505)  praeter  inscriptiones 
8caenarum. 

'Hrtac  Hegea:  saltator,  Persae  V,  2,  43  (824). 

'HfiuJV  Hegio:  senex  Captivorum,  Adelpbon;  —  advocatus 

Pbormionis.    Non  rara  apud  Graecos  'Atiujv  forma. 
'HouXiov  Hedylium  (Hedvlivm):  meretrix,  Pseuduli  I,  2, 

54  (188);  -     iteiu  Corniculae  versu  apud  Nonium  p.  147. 

Cf.  'HbuXoc  'HbuXn. 
0atc  Tbais  (Tais):  meretrix  Eunuchi;  —  item  apud  Tuo-- 

pilium  v.  187  R;  —  item  fabula  Afranii:  cf.  Parergon  I 

p.  142.    Non  infrequens  in  titulis  latinis  nomen. 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE.  313 

0c6boioc  Theodotus  (TEODOTV8):  pictor  ut  videtur,  in 

Naevii  Tunicularia  v.  99  K. 
*0€oowpour|br|c  Theodoromedes  (Teodoromedes):  pater 

Elidensis,  Captivorum  II,  2,  38.  III,  4,  103.  V,  2,  20  (288. 

635.  973). 

0€OTTpoTnbn.c  Theopropides  (Teopropides):  senex  Mo- 
stellariae.  Vide  quaest.  cap.  11  §  4  jet  Lorenzium  ad 
Mostell.  p.  233  sq.]. 

Ocotiuoc  Theotimus  (Teotimvs):  sacerdos  Ephesius,  Bac- 
chidum  II,  3,  72  (30(5)  et  deinceps  saepius. 

*0€paTTOVTitovoc  Therapontigonus  (Terapontigonvs): 
miles  Curculionis. 

*0ecTTpiujv  Thesprio:  (Tesprio):  servus  Epidici. 

0€ccdXn  Thessala  (Tesala):  ancilla  Amphitruonis. 

|*0rpouxoc  Theruchus:  nihili  nomen  hominis,  nequam  Ca- 
inerarii  coniectura  effectum  Trinummi  IV,  3,  14  (1021)  e 
lihrorum  meraoria  truthus  vel  truchus,  a  nobis  mutatum 
in  Chiruchus,  quod  vide.J 

*0r)caupoxpocoviKOXpoci brjc  T hensauroehry sonico- 
chrysides  (TensavkocrvsoniKOCRVSIDBS):  fietus  pater, 
Captivorum  II,  2,  35.  III,  4,  100  (285.  633).  De  The- 
saurocrypsonychochrysides  oogitabat  Heraldus,  sine  caussa 
et  cum  vitio  numerorum,  [de  0ncuupoxpucov€iKOKpuunbr|C 
Fleckeisenus|. 

©pacuXewv  Thrasyleo  (Trasvleo):  fabula  Turpilii,  a  mi- 

litis  gloriosi  nomine. 
©pdcujv  Thraso  (Traso):  miles  Euuuehi.   Cf.  Donatum  in 

Adelphon  I,  1,  1. 
*0uXaKOC  Thylacus  (Tvlacvs):  servi  nomen  e  comicis 

commemoratur  a  Donato  in  Andriae  I,  3,  21  ut  inditum 

fex  qualitate  corporis'.     Vbi  Chitacus  ed.  princeps  \chi- 

Incus  Parisinus  cod.  A,  thiUdus  B,  tytocus  Dresdcnsis|,  Thy- 

lacus  repositum  a  Lindenbruchio. 
Ioikxujv  Iaccho  Poenuli  V,  2,  105.  112. 
l€pOKXn.c  Hierocles:  adulescens,  apud  Caecilium  in  Trium- 

pho  v.  228  R. 

'IttttoXutoc  Hippolytus  (Hipolvtvs):  -faber,  Captivorum 
III,  5,  7G  (733). 


Digitized  by  Google 


314 


QYABSTIONKS  ONOMATOLOGICAE. 


*KaKiCTiuuv  Cacistio:  Plauti  fabula,  a  servi  noniiue.  Si 
modo  recte  illud  restitui  Parergon  I  p.  151  pro  eo  quod 
est  in  cesistionc  apud  Varroneru  de  1.  lat.  VII,  67.  Prorsus 
factum  nomen  ut  'Apicriurv,  KoXXictiujv. 

*Ko:kictoc  Cacistus:  servus  Vidulariae,  servatum  in  scae 
nae  inscriptione  codicis  Ambrosiani:  vide  sub  Aeiviac.  Ad 
eamque  Vidulariae  personam  rettuli  Parergon  1. 1  p.  162  sq. 
Fulgentii  quamvis  suspitiosi  scriptoris  memoriam  Plautnm 
in  Cacisto  commemorantem.  —  Ceterum  similia  habes 
vApiCToc  KdXXicroc  propria.    [Vide  Benselerura.] 

KaXXiac  Callias  (Calias):  senex,  Trinummi  IV,  2,  71  (916) 
e  Guyeti  emendatione  proditae  in  libris  scripturae  callicias: 
unde  a  Camerario  efFecto  Callictes  nomini  locus  esse  non 
potest  propter  v.  899. 

KaXXibduac  Callidamates  (Calidamates):  adulescens 
Mostellariae.  Mira  ac  prorsus  singulari  transfonuandi 
specie  factum  nomen  latinum:  quando  de  KaXXibaudTnc 
nemo  facile  cogitabit.  Vnura  par  esset  Antidamatcs,  nisi 
ei  formae  fidem  supra  subtraxissemus. 

KaXXibrmibrjc  Callidemides  (Calidemides):  senex,  Tri- 
nummi  IV,  2,  71  (916);  -  hospes,  Hecyrae  III,  4,  18. 
V,  3,  3.  6  (432.  801.  804). 

KaXXiKXfjc  Callicles  (Calicles):  senex  Trinummi,  Tru- 
culenti. 

*KaXXi^apxoc  Callimarchus  (Calimakcvs):  senex  Tri- 
nummi  IV,  2,  72  (917),  si  libros  sequimur.  Graecum  ta- 
men  vocabulum  a  xdXXiuoc  compositum  cum  omnino  nul- 
luin  exstare  viderent,  alii  Callimachum  (addita  quidern  aut 
an  aut  -ne  particula  ad  supplenduin  versum)  substituebant, 
aut  Calliarchum  commendabant  ut  Ed.  Meierus  faut  Calti- 
morphum].  Verum  satis  tamen  iirmant  codicum  memoriam 
et  'AXKnriuapxoc  factum  ab  (dXKr|ciMoc)  *AXKr|Ci)uoc,  et  Tcu- 
ti^dpxn,  a  tcuEiuoc  ductum.  [Cf.  Diar.  antiq.  stud.  a  1850 
p.  335.] 

KaXXiviKOC  Callinicus  (Calinicvs):  senex,  Trinummi  versu 
eodem. 

KdXXiTTTToc  Callippus  (Calipvs):  senex,  ibidem. 
KaXXi^ujv  Callipho  (Calipo):  senex  Pseuduli. 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE 


315 


*KaX6bujpoc  Calidorus:  adulescens  Pseuduli.  Non  miuus 
recte  quam  a  KdXXoc  ducuntur  KaXXiviKOC  *KaXXibujpoc  cum 
similium  prope  infinita  multitudine,  ad  kciXoc  pauciora  ex- 
empla  redeunt  qualia  sunt  KaXoviKrj  (idque  Aristophanis) 
KaXoKXeibac  KaXoStvoc  KaXoTrobioc  KaXoTuxoc:  adsciverunt- 
que  eam  formationem  etiam  Ilomani,  velut  KaXoKaipoc  fac- 
tum  est  Calocaerus  I.  R.  N.  6803.  0844.  Kursus  autem 
quem  ad  modum  Ar|uoq>ujv  KXcitoojujv  transierunt  in  Jk- 
miplto  Clitip/io,  ita  prorsus  dvaXoTUJC  e  KaXobwpoc  fit  Ca- 
lidorus.  Atque  sic  scriptum  nomen  per  Pseudulum  fabu- 
lam  septiens  exstat  in  Vetere  codice,  item  septiens  in 
Decurtato,  noviens  in  Vaticano  (nisi  quod  semel  et  hic  et 
Decurtatus  immemorabili  lapsu  Callidorum  dicunt),  bis  (ut 
quidem  visum  est)  Ambrosianus.  Contra  quater  in  Vetere, 
ter  in  Decurtato,  semel  in  Vaticano  Calydorus  legitur,  idem- 
que  Ambrosianus  et  IV,  1,  2  ('906)  exhibet  et  Argumenti 
alia  mauu  scripti  versu  15.  Quo  cum  accederet  semel  ex 
eodem  Ambrosiano  I,  3,  140  (38tf)  proditum  Caludorc,  hinc 
profectus  Fleckeisenus  Musei  Khen.  t.  VIII  p.  228  non 
alia  nisi  illa  ipsa  Caludorus  forma  usum  esse  Plautum  sibi 
persuasit.  Non  obstinatius  negabo  tieri  potuisse  ut  in  u 
transiret  graeca  o  vocalis:  sed  exeinpla  tamen,  quae  qui- 
(lem  paria  sint,  desidero,  nec  dubitare  prius  desinam  quam 
tale  prodierit  quale  Demupho  vel  Clituplto  vel  Lemnusclenis 
futumra  sit,  vel  Dionysudorus  thermupolium  triujucomocdia 
composita  a  Fleckeiseno  Musei  Rhen.  1.  s.  s.,  vel  Xicubulus 
Xieudemus  cum  affinibus  ceteris*).  Nam  de  graeco  aliquo 
KaXubujpoc  noraine,  quo  communem  cum  KaXubwv  stirpem 
habuerit,  ipsum  Fleckeisenum  non  amplius  cogitaturuni 
crediderim,  quia  ita  aliqua  ujpoc  terminatione  opus  sit, 
quae  nulla  fuit  in  nominibus  propriis. 

*Kav6dpa  Canthara  (Cantara):  nutrix  Adelphon;  —  an- 
cilla,  Epidici  IV,  1,  40;  -  item  Andriae  IV,  4,  30  (769). 

*)  Vnum  memini,  quod  huc  quispiam  referat,  proditum  Militia 
gloriosi  v.  14  in  libris  clut  umistaridisarchidis ,  unde  facile  ratiocinere 
®utume*toridysarchides  potius  efficiendum  esse  quam,  quod  ego  posui, 
Clvtomcstoridysarchides.  Sed  in  tantis  loci  illius  corruptelia  apparet 
non  esse  uuius  litterulae  fidei  nimium  tribuendum. 


Digitized  by  Google 


316 


QVAESTIONES  ONOHATOLOOICAE. 


*Ka7TTrdboE  Cappadox  (CAPADOX):  leno  Curculionis. 
Kapiujv  Cario:  cocus  Militis  gloriosi.   [Cf.  Buechelerum  ad 

Petron.  p.  83,  24.  | 
*Kadvrj  Casina.   Vide  Fleckeisenuni  in  Annal.  philol.  tom. 

CIII  (1871)  p.  638.  (Ritschelius  ipse  ibid.  p.  639  ad  Fleck- 

eisenum  scripsit:  *Zu  der  gliicklichen  Erledigung  des  die 

Casina  betreffendcn  alien  Problenis  brauche  ich  dir  und 

uns  nur  einfach  zu  gratuliren.'    C.  W.| 
*KaTaYeXdciuoc  Catagelasimus:  ioculari  acumine  fictum 

nomen  parasiti,  Stichi  IV,  2,  50  (631). 
*|KepKoftoXoc  Cercobolus:  vide  KpiKoXd(tocl 
*KepK6viKOC  Cerconicus:  famelicus  nequam,  Trinummi  IV, 

3,  14  (1021). 

KepKoupoc  Cercurus:  navis,  Stichi  II,  2,  44  (368).  Cf. 
KepKOupiov. 

KecpaXiwv  Cephalio (Cepalio):  adulescens,  Frivolariae  versu 
apud  Priscianum  (e  Capro)  V  p.  673  (189  11.). 

KiXiH  Cilix:  servus,  versu  Plautino  apud  Acronem  ad  Horatii 
Serm.  II,  5,  11:  Cilix,  Lycisce,  Sosia,  SticJic,  Pdrmcno, 
Exitc  ct  ferte  ftistis  privos  hi  manu. 

*KipKOC  Circus:  pueri  nomeu  in  comoedia,  fa  ludo  et  [a] 
gesticulatione',  teste  Donato  in  Adelphon  I,  1,  1.  Vbi  n- 
ricus  est  in  ed.  principe,  Circus  editum  a  Lindenbruchio 
\cirtus  in  Parisino  optimoj,  Corycus  argutius  excogitatum 
a  R.  Klotzio. 

*KX6aipeTn.  Cleaereta:  lena  Asinariae. 

KXeiviac  Clinia:  adulescens  Hautontimorumenu;  —  item 
Bacchidum  IV,  8,  71  (912);  Andriae  I,  1,  59  (86);  - 
•  apud  Anonyinuin  p.  100  Ribb.;  -  amicus  senis,  Asinariae 
V,  2,  16  (866). 

KXeiToqpujv  Clitipho  (CLITIPO):  adulescens  Hautontimom- 
menu.    De  i  pro  o  vide  ad  An.MO<puJV,  KaXobwpoc. 

KXtopouXn.  Cleobula:  mater,  Curculionis  V,  2,  44  (643). 

KXeouaxoc  Cleomachus  (Cleomacvs):  miles  Bacchiduui. 

KXeocTpctTn.  Cleostrata:  uxor  Casinae. 

*  KXuTOun.CTopibucapxibnc  Cly tomestoridy sarchides 
(Clvtomestoridvsarcides):  tictum  nomcn  ducis  bellici, 
in  parte  priore  ad  similitudincm  TToXuurjCTUJp  nominis,  e 


Digitized  by  GoogU? 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE. 


317 


codicum  vix  dubiis  vestigiis  restitutum  a  me  Militis  gla- 
riosi  v.  14.  Vbi  quod  A.  Riesio  nuper  placuit  Musei  Rhen. 
t.  XXI  p.  478  genetivus  Bumbomactiides  Clutumcstoridys- 
archidis . . .  Neptuni  nepos,  minime  probo;  nec  enim  fdius  vocis 
omissio  moris  Plautini  est  (velut  Diaholus  GJauci  filius  dici- 
tur  Asinariae  v.  751,  non  Diabolus  Glauci  siinpliciter),  nec  pa- 
tris  nomen  ullo  modo  aut  necessarium  aut  opportunum,  ubi 
avi  vel  aviae  mentione  facta  ad  stirpem  divinam  adscen- 
ditur  (velut  Veneris  ncpotem  semet  Pyrgopolinices  dicit 
v.  1265  tacito  patre),  nec  binorum  nominum  coniunctio 
aliena  a  Plauto  (velut  Thcrapontigonus  Platagidorus  est  in 
Curculione,  Polyplusium  TJieodor&medem  Captivorum  ut  mit- 
tam).  Ceterum  de  vocali  secundae  syllabae  cf.  ad  Kct- 
Xobujpoc  p.  315  adnotata. 
*K6\acpoc  Colaphus  (Colapvs):  servus,  Captivorum  III, 
4,  124  (657). 

*KoXXapicKOC  Collabiscus  (Colabiscvs) :  vilicus  Poenuli. 
Vide  quaest.  cap.  II  §  5. 

*K6\\apoc  Collabus  (Colabvs):  famelicus  nequam,  Tri- 
nummi  IV,  3,  14  (1021):  de  quo  rectius  cap.  II  quam  olim 
Proleg.  p.  lxxxii  iudicavi. 

KopaH  Corax:  servus,  Captivorum  III,  4,  124  (657). 

*Kopbu\iujv  Cordalio:  servus,  Captivorum  III,  4,  124(657): 
quocum  conteudendum 

*K6pbu\oc  Cordalus:  libertus,  eiusdem  fabulae*  III,  5,  77 
(735).  Vtrumque  enim  nomen  hoc  dubitationis  habet,  quod 
nec  graeca  origo  praesto  est  nec  a  corde  perveniri  ad  alus 
terminationem  potuit.  Quo  factum  est  ut,  quoniam  in 
Vetere  codice  nihil  discrepantiae  est,  aliquamdiu  de  in- 
veterato  mendo  suspicarer  Plautumque  scripsisse  Cordvlvs 
et  Cokdvlio  conicerem  h.  e.  *Kopbu\oc  et  KopbuMiuv 
[quod  nomen  a  Kopbu\n.  derivandum|.  Nunc  tamen  haud 
scio  an  etiam  propius  ad  probabilitatem  a  xop°n  profectus 
aliquem  X6pba\ov  (-hordalum  l  e.  Cobdalvm  com- 
raendem:  de  quo  penes  alios  iudicium  esto.  fNum  Kov- 
bii\oc  Condalus  ut  KOvbu\iov  condaliunrt] 

KpaTivoc  Cratinus:  advocatus  Phormionis;  —  amicus  se- 


Digitized  by  Google 


318 


OVAESTIOXES  ONOMATOLOGICAE. 


nex,  Asinariae  V,  2,  16  (8GG);  dives,  Adelphon  IV,  2, 
42  (581). 

*KpixoXd(Joc  Cricolabus:  fanielicus  nequam,  Trinummi  IV, 
3,  14  (1021)  coniectura  nostra  repositum.  Qui  versus  cum 
in  libris  talis  sit:  Truthus  (vel  truehus)  fuit  cerconicus  erin- 
nus  cercobulus  collabus,  etsi  in  *Cercobolus  mutatum 
mendosum  Cercobulus  numeris  hac  condicione  non  repu- 
gnat,  simul  ut  nihili  nomen  Crinnus  tiat  Cinnns,  sic  qui- 
dem:  Chiruchus  fuit,  Cfrconieus,  Crinus,  Cercobolus,  Colla- 
bus:  tamen  non  posse  non  displicere  bina  nomina  eodem 
Cerco-  initio  facta  significavi  Proleg.  p.  lxxxii.  Contra 
81  in  crinnus  latet  potius  Crimnus,  id  quod  multo  proba- 
bilius  esse  puto  (nam  sic  -  w|w  dispestus  dactylus  facile 
veniam  a  propriis  nominibus  habet),  ne  ferunt  quidem  uu- 
meri  Cercobolus  syllabas.  Hinc  igitur  est  quod  non  esse 
a  K^pKiu,  sed  a  KipKiu  vel,  quod  eodem  redit,  KpiKiu  pro- 
ficiscendum  existimavi,  simul  autem,  ut  commodam  furis 
notionem  nancisceremur,  a  pdXXeiv  verbo  ad  Xapeiv  trans- 
eundum.  Nisi  quis  forte  longius  relicta  fide  memoriae 
*Cricoclopum  praeferet. 

*Kpi|nvoc  Crimnus:  vide  modo  exposita  et  caput  II  §  5.. 

KpiTUJV  Crito:  senex  hospes  Andriae;  —  vicinus  senex, 
Hautontimorumenu  III,  1, 80(498);  —  advocatus  Phormionis. 

*KpoKUJTtov  Crocotium:  ancilla  Stichi. 

KTnci(pujv  Ctesipho  (Ctksipo):  adulescens  Adelphou. 

*Kua|iOC  Cyamus  (Cvamvs):  cocus  Truculenti  II,  7,  28.  GC. 
IV,  1,  4.    [Cf.  Philol.  XXVII  p.  463.] 

*KuXivbpoc  Cylindrus (Cvlixokvs):  cocus  Menaechmorum. 

*AdppaH  Labrax:  leno  Rudentis.    [Vide  Benselerum.] 

| AauTrabiCKOC  Larapadiscus:  Cistell.  II,  3,  2  hypocoristi- 
cura  nominis  quod  insequitur| 

Aa|iTrabiujv  Lampadio:  servus  Cistellariae;  —  item  apud 
Anonymum  v.  97  p.  111  R.;  item  fabula  Naevii.  Notus 
Lampadio  graminaticus  apud  Suetonium.  [Cf.  LamjxuiiuM 
apud  Lucret.  IV,  iy55,  Lampadion  apud  Varron.  sat  p. 
97  R.| 

Adxnc  Laches  (Laces):  senex  Eunuchi,  Hecyrae;  —  item 
apud  Caecilium  v.  127  R.;  —  bis  apud  Anonymos  ib.  p.  99 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE.  310 


v.  10  et  17.  Adde  commenioratum  a  Ribbeckio  Ammia- 
num  Marcellinum  XXVIII,  4,  27:  cumque  muhium  illi  quid 
petunt,  socmtos  ut  Miconas  videbis  et  IxicJietas:  ita  enim 
corrigenda  videntur  quae  vulgantur  soccos  et  M.:  quando 
illis  cothurnatos  ct  turtjidos  ut  Heraclidas  Cresphontem  ct  Te- 
menum  scriptor  opponit.    Cf.  infra  Mikujv. 

Acaiva  Leaena:  anus  Curculionis.  Inepte  scribebatur  in  in- 
dice  personarum  Jjcna  anus:  nec  minus  inepte  I,  1,  77 
edebatur  Anus  hic  solet  cubitare  custos  ianitrix:  Nonwn  ei 

•  est  lenae.  Quod  cum  dudum  corrigi  oportuisset,  praesertim 
cum  Vetus  scriptum  exhiberet  Xomeni  est  leenc,  tamen  a 
Fleckeiseno  demum  reapse  est  correctum,  sic  quidem  1.  s.  s.: 
Xomm  Lcaenaest,  pariterque  I,  2,  20  (113)  Ecspire  ad  mc\ 
Leaena  : :  inpcratthr  quis  csty  ubi  sane  lcna  est  in  Vetere 
ceterisque  libris  omnibus.  —  Redit  muliercula  Jjcaena  apud 
Varronem  de  1.  lat.  V,  100:  cf.  Muelleri  ad  Festum  prae- 
fationem  p.  xuv. 

Aeovtiov  Leontium:  mulier  (meretrix),  e  comicis  comme- 
moratum  nomen  a  Prisciano  VI  p.  G88  P.  (215,  21  H.),  e 
Caecilio  a  Charisio  p.  80  P.  (104,  2  K.). 

Accpia  Lesbia:  obstetrix  Andriae.  Cf.  Donatum  ad  An- 
driae  I,  3,  21. 

*A€c(36viKoc  Lesbonicus:  adulescens  Trinummi. 

Aeuuvibac  Leonida:  servus  Asinariae.  fCf.  Linge  de  hiatu 
p.  67.  j 

*An.uvoc€Xn.vic  Lemniselenis:  meretrix  Persae,  cui  suum 
nomen  i  pro  eo  quod  ferebatur  Lemniselene)  restitui  in  prae- 
fatione  eius  fabulae  p.  x:  declinatum  illud  a  Plauto  Lem- 
niseleni  casu  tertio,  I^emniselenem  quarto,  quode  non  dis- 
sentientem  video  Buechelerum  Musei  Rhen.  t.  XV  p.  438. 
Dubitari  potest  utrum  a  Afjuvoc  ductum  nomen  sit  ut  a 
A€c(Joc  factum  est  AecfJoviKOC*),  an  (((iiod  praestare  puto) 
a  \n.uvoc,  quod  etsi  nunc  auctorem  non  habet,  tamen  e  se 
procreavit  deminutivam  Xn.uviCKOC  formam.  De  /'  pro  o 
vide  ad  Armocpujv,  KX^iToqpujv,  KaX6bu»poC.  |Cf.  Opusc.  II 
p.  488J. 

— — —   m  • 

*)  Nisi  forte  huc  adscisceB  An^vov  t^v  MCfdXnv  \tio\\i\r\v  9c6v 
teste  Stephano  Byzantio  p.  413,  10  Mein. 


Digitized  by  Google 


.'120  QVAESTIONES  ONOM ATOLOGICAE. 

Aipavoc  Libanus:  servus  Asinariae. 

*Ai7Tdpiuv  Liparo:  Hctuui  nomen  regis  aut  ioculariter  le- 
viterve  in  regem  translatuin,  Menaechmorum  II,  3,  59  (411): 
de  quo  post  alios  Ed.  Meierus  disputavit  commentarioli 
fde  Lycurgo  in  Plauti  Bacchidibus'  (Ind.  schol.  hib.  Ha- 
lens.  a.  1852)  p.  VI  fnunc  Opusc.  acad.  II  p.  336]. 

Auboc  Lydus  (Lvdvs):  servus  paedagogus  Bacchidum;  — 
item  Atilii  versu  p.  27  R.  Incertissimum  est  utrum  a 
Lydo  an  a  ludo  dicta  sit  Naeviana  fabula  Ludns  inseripta*): 
dubitari,  num  forte  ad  Aubioc  nomen  Livii  Andronici  Lu- 
dius  revocanda  sit,  propterea  potest,  quod  y  littera  servata 
in  lydio  scriptum  exstat  apud  Festum  p.  330,  3.  Nam  ne 
quid  erres,  etiam  Aubioc  proprium  certi  hominis  nomen 
fuisse  Benselerus  docet  e  Zosimi  I,  G9. 

Aukickoc  Lyciscus  (LvciSCVS):  servus  in  Plautino  versu 
ad  KiXiH  commemorato. 

Aukoc  Lycus  (Lvcvs):  leno  Poenuli. 

Aukujv  Lyco  (Lvco):  trapezita  Curculionis. 

AuKUJvibr|C  Lyconides  (Lvconides):  adulescens  Aululariae. 

^AupKiuJv  Lurcio:  puer  Militis  gloriosi.  Semel  tantum  per 
totam  fabulam  lectum  nomen,  in  inscriptione  scaenae  se- 
cundae  actus  tertii,  sed  ibi  LvCRIO  scriptum.  Id  autem 
ipsum,  ut  nusquam  in  ipsius  fabulae  verbis  proprium  pueri 
nomen  apparuisse  credatur,  tam  absonum  M.  Hauptio  vi- 
sum  est,  ut  in  prooemio  aestivo  Beroliuensi  a.  1858  p.  b* 
Oronovii  coniecturam  commendaret,  qua  is  pro  corrupto 
in  III,  2,  29  (843)  vocabulo  uotio  (uocio  in  uno  Vaticano) 
pueri  nomen  substituit:  Si  fdlsa  diccs,  Lucrio,  cjccrucidbcrt. 
Rectissimo  id  quidem  iudicio,  nisi  quod  prosodiae  nulla 
est  ratio  habita.  Nam  Lucrio  cum  graecam  stirpem  non 
habeat,  necesse  sit  a  luero  dici  (ut  in  Persa  Lucridis  no- 
men):  cuius  paenultimam  satis  constat  produci  non  posse 
apud  Plautum.   Ergo  rationi  ut  omni  ex  parte  satis  fieret. 


*)  Eius  fabulae  fragmento  apud  Ribbeckium  Com.  p.  14  [ed.  pr. 
=  Trag.  lat.  ed.  alt.  p.278]  alteri  suos  numeros  sic  restitue:  J*rouevir- 
bant  oratores  ndui,  stuiti  adulescentuli ;  in  primo  autem  leniter  trans- 
pone  Cedo  udstram  qui  rem  publicam  tantam  dmisistis  tdm  cito. 


Digitized  by  Google 


QVAESTIOKES  ONOMATOLOOICAE. 


321 


evidentissimo  invonto  Fleckeisonus  o  libromm  momoria  in- 
tellexit  duarum  litterarum  transpositiono  Lurcio  nomen 
efficiendum  esse:  quo  cum  fortasse  ad  Inrronis  notionem 
allndi  vellet  poeta,  simul  tamen  graecum  fontem  pracstant 
AupKOC  et  AupKiac  nomina  quae  habes  apud  Papium  et 
Benselerum.  (Conferas  nunc  Fleckeisenum  ipsum  in  Annal. 
philol.  tom.  CI  (1870)  p.  84C>  sq.l 
Audbauoc  Lysidamus  (Lvsidamvs):  senex  Casinae.  Senis 
enim  in  hac  fabula  quod  fertur  nomen  Statino,  id  nondum 
inventus  est  qui,  cuius  tandem  prosapiae  cuiusve  farinae 
esse  videretur,  aliqua  cum  probabilitate  coniectando  ape- 
riret,  Nam  mera  somnia  esse,  cum  de  CTCtXr)  Hcsychiano  et 
inde  facto  cxaXnvoc,  hinc  autem  ducto  CraXnvuJV  h.  e.  Sta- 
Ymo  Salmasius  cogitabat,  non  fugit  profecto  vel  graccao  vel 
latinae  grammaticae  mediocriter  peritos.  Quo  multo  con- 
sultius  Oamerarius  *Stalino  qui  sit*  inquit  *aut  unde  factus, 
tuteor  me  ignorare;  est  verbum  ctcXXuj,  est  aliquid  CTaXic: 
wA  illr  CtoXivujv  quis?  quaeramus  igitur.'  Quaerentibus 
autem  primum  omnium  sciendum  est  bis  tantum  per  to- 
tam  fabulam  senis  nomen  relictum  esse  iu  Vetere  codice 
idque  in  inscriptionibus  scaenarum  II,  3  et  III,  3:  illic 
quidem  8TALITK)  SENEX,  hic  STALICIO  SENEX:  ceterae 
enim  inscriptiones  omnes  nihil  nisi  SENEX  servant.  Huius 
autem  nominis  originem  ipse  Vetus  codex  monstrat  versum 
V,  3,  lfi,  ut  Opusc.  II  p.  244  dixi,  talem  exhibens:  Etsi  matum 
wen»  Jiac  dabo  protinam  rt  fwjiam.  heus  staticio  amator. 
Dinc  enim  nec  ullo  alio  e  fonte,  quisquis  fuit,  senis  nomen 
haustum  singulis,  in  quibus  illius  partes  sunt,  scaenis  prae- 
scripsit,  nihil  de  manifesta  corruptela  suspicatus  quam 
Ambrosiani  codicis  scriptura  hcus  sta  ilico  amator  prodit. 
Recentiore8  autem  octo  fabularum  priorum  codices  prole- 
tarios  cum  certum  sit  ex  archetypo  fluxisse  Veteris  simil- 
limo,  proclivi  errore  velut  e  STALITIO  scriptura  oriri 
^TALINO  potuit,  id  quod  transiit  iu  editiones  typis  ex- 
pressas.  Intellegitur  hiuc  codices  Palatinos  ex  archetypo 
aliquo  ductos  esse,  qui  personarum  indicibus,  quales  prae- 
mitti  singulis  scaenis  soliti  sunt,  aut  omnino  aut  quibusdam 
m  locis  careret,  sive  ea  vacuitas  per  omues  fabuhis  sive 

aiTScEKLU  OI'V8CVLA  III.  21 


Digitized  by  Google 


322 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE 


per  aliquot  pertinebat:  plane  ut  iu  Decurtato  essc  faetum 
videmus,  ox  parte  etiaiu  iu  Ambrosiani  cis  locis,  ubi  bi- 
noruni  in  scaenarum  principiis  versuum  spatia,  destinata 
ea  actorum  nominibus,  vacua  relicta  sunt,  ut  suis  locis 
diligenter  aduotaviinus.  Tali  igitur  codice  utenti  nec  in- 
tegrius  exemplar  in  promptu  habenti,  cjui  iacturam  illain 
quoad  posset  resarcire  vellet,  nihil  reliquum  erat  nisi  ut 
ex  ipsius  verbis  poetae  singula  testimonia  conquireret  atl 
deperdita  in  scaenarum  inscriptione  nomina  aliquo  lnodo 
recuperanda:  id(pie  fecit  qui  e  Casinac  versu  V,  ,3,  16  senis 
nomen  STALICIO  postliniinio  restituere  sibi  visus  est.  Eius- 
dom  autem  et  condicionis  ct  consilii  vis  haud  scio  an 
etiam  ad  Stichi  memorabilem  illam  personarum  trausmn- 
tationem  aliqua  ex  parte  pertinuerit,  quam  supra  tetigi 
sub  ^Trirvujuoc :  quamquam  aliquantum  inter  utraque  ex- 
empla  interesse  minime  me  fugit.  -  -  Haec  autem  omnia 
si  eui  ariolantis  potius  esse,  et  quae  fieri  potuerint,  non 
quae  facta  sint  reapse,  proponentis  videantur,  en,  locuple- 
tissimus  iam  testis  spousorque  ftagitans  fidem  codex  Am- 
brosianus  prodeat,  ipsum  Plautinum  senis  nomen  prodens 
a  'Stalino9  illo  diversissimum.  In  eo  enim  codice  duanim 
scaenarum  inscriptiones  haec  ante  hos  XXX  annos  niihi 
apparuerunt:  TII,  4  ALCESIMUS  L-SDDAMUS,  III,  5 
PAUDALISCA  L-  -IDAMUS:  unde  certo  certius  intellegitur 
seni  suo  poetam  nomen  imposuisse  Lysidamo.  Cuius  no- 
minis  formam  doricam  satis  firmat  Vhilodamus  Asinariae.*) 


*)  [Quae  supra  de  Lysidamo  scripta  sunt,  ea  Kitschelius  auno  1871 
iam  ad  Alfredum  Fleckeisenum  miserat,  cum  ille  dissertatiunculani 
8uam  r  zur  Plautinischcn  oiunnatotogic*  inscriptara  et  postea  in  AnnaL 
philol.  tom.  CIII  p.  637  sqq.  editam  cum  ipso  communicasset.  Ibi 
enim  cum  narratum  esset,  eadem  fere  de  Lysidamo  a  Studemundo  in 
nuperrimo  prograinmate  exposita  esse,  Ritschelius  ad  Fleckeigenum 
haec  scripsit:  fDeine  handschriftliehe  mitteilung  des  vorstehenden  ono- 
'matologicums,  lieber  freund,  erwidere  ich  mit  zusendung  der  denseltwn 
Lysidamus  betretfenden  handschriftlichen  bliitter,  die,  bereits  im  jahre 
1808  druckfertig,  einen  teil  der  «quaestiones  ouoinatologicae»  bilden, 
welehe  schon  dem  ersten  bande  meiner  opuacula  einverleibt  werdei) 
8ollt««n  ,  aber  aus  den  hier  s.  841  und  in  der  vorrede  zu  bd.  II  s.  XXI 
angedeuteten  giunden  zuriickgehalten  wurden  und  nuu  erst  demuachst 


\ 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE. 


323 


Auduaxoc  Lysimachus  (Lvsimacvs):  senex  Mercatoris. 

*Aucit6\tic  Lysiteles  (Lvsiteles):  adulescens  Trinummi. 

Maxaipiujv  Machaerio  (Macaerio):  servus,  Aululariae  II, 
9,  1.    [C£  III,  2,  1—3.] 

*Mtf«otupoc  Megadorus:  senex  Aululariae. 

MeraXopuZoc  Megalobyzus  (Megalohvsvs):  pater  sacer- 
dotis  Dianae  Ephesiae,  Bacchidum  II,  3,  74  (309):  pro  quo 
etsi  in  libris  est  Megalobnli,  tanien  quod  praescripsi  no- 
men,  probatum  iam  Meursio  Hemsterhusioque,  satis  vindi- 
casse  ea  disputatione  videor  quam  Parergon  t.  I  p.  40G  sqq. 
pertexui. 

*M€Tapujvibn.c  Megaronides:  senex  Trinummi. 
MeXaivic  Melaenis:  lena  Cistellariae. 
*McXeHiac  Melexia:  servus,  Turpilii  v.  1  p.  73  Ribb. 
IMcXrjcia  Melesia:  apud  Turpilium  p.  85  K.  ed.  II. J 
MevaiXMOC  Menaechmus  (Menaecmvs):  adulescentes  Me- 
naechmorum. 

MevebriMOC  Menedemus:  senex  Hautontimorumenu. 

*Meccn.viujv  Messenio  (Mesenio):  servus  Menaechmorum. 

*Mr|vapxoc  Menarchus  (Menarcvs):  medicus,  Captivorum 
prol.  2G  et  II,  2,  85  (335).  Aptius,  opinor,  medico  nomen 
quam  *Mevapxoc:  quamquam  hoc  qui  praetulerit,  non 
poterit  certo  argumento  revinci. 

Mibac  Mida:  puer,  Phormionis  V,  G,  22  (8G2). 

Mikiujv  Micio:  senex  Adelphon. 

*Mikk6tpujyoc  Miccotrogus  (Micotrogvs):  parasiti  no- 

men  ioculare  Stichi  I,  3,  88  (242). 
Mikujv  Mico:  apud  Ammianum  Marcellinum  supra  comme- 

moratum  sub  Adxnc,  ubi  Miconas  ctLaclietas  e  codicum  scrip- 

im  dritten  erscheinen  werden.  das  hauptresultat  habe  ich  zwar  schon 
ebd.  II  s.  381  (vgl.  s.  484  anm.)  in  einer  zeile  ausgesprochen ,  und  es 
leidet  ja  auch  nach  deiner  erOrterung  gar  keinen  zweifel  (Studemunds 
von  dir  erwahntes  prooemium  kenne  ich  noch  nicht);  indeasen  da  es 
doch  immer  eine  erwiinschte  bekritftigung  eines  neuen  ist,  wenn  das- 
selbe  unabhangig  von  verschiedenen  seiten  gefunden  worden,  so  stelle 
ich  dir  anheim,  ob  du  etwa  auch  meine  beifolgende  ausfiihrung  der 
sache  des  abdrucks  unter  deiner  miscelle  wert  6^^681.'  Haec  igitur 
epistula  et  quae  supra  p.  321  sq.  leguntur  ibidem  p.  639  sq.  in  publi- 
cum  emissa  sunt.  C.  W.J 

21* 


Digitized  by  Google 


324 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE. 


tura  micaunas  ct  l.  restituit  Valesius.    Qui  tainen  eum 

servos  dici,  nou  senes  comoediae  putat,  veheraenter  vereor 

ut  verum  viderit.    Redit  nomen  I.  R.  N.  0196. 
*MiXq>ibiTr7Tr)   Milphidippa  (Milpidipa):  ancilla  Militis 

gloriosi.    Compositum  nomen  tamquam  a  *Mt\cptc,  iboc. 
*MtX<pibtCKoc  Milphidiscus  (Milpidiscvs):  Poenuli  I,  3, 

12,  hypocoristicum  eius  quod  sequitur  nominis. 
*MiXqnujv  Milphio  (Milpio):  servus  Poenuli  [  =  GJabrio].  * 
*Micapruptbn.c  Misargyrides   (Misakgvkides):  danista 

Mostellariac.    Cf.  Donatum  in  Adelphon  I,  1,  1. 
MvrictXoxoc  Mnesilochus  (Mnesilocvs):  adulescens  Bac- 

chidum. 

*Mocxtc  Moschis  (Moscis):  nieretrix  apud  Afranium  v.  136. 
Mocxoc  Moschus  (Moscvs):  pater,  Menaechmorura  111,  3, 

76  (406).  V,  9,  19.  39.  49  (1078.  1098.  1108). 
Muppivn,  Myrrhina  Murrina  (Mvrina):  matrona  Casinae, 

Hecyrae.    Cf.  Donatum  ad  Adelphon  I,  1,  1. 
Muctc  Mysis  (Mvsis):  ancilla  Andriae.    Cf.  Donatum  ad 

Andriae  I,  3,  21. 
*tNaYibiujv  Nagidio,  aut  NaYtbuj  Nagido:  incertissimae 

memoriae  fabula  Naevii,  ab  hominis  vel  mulieris  nomine 

inscripta  dc  Ribbeckii  coniectura  Com.  p.  14:  cuius  tamen 

nominis  prorsus  non  habeo  quam  esse  stir})em  dicam. 
NauKpctTr)C  Naucrates:  cognatus  Alcumenae,  Amphitruonis 

II,  2,  219  (849)  et  deinceps  saepius. 
*NauciCTpdTn.   Nausistrata:   matrona  Phormionis.  Cf. 

NauctCTpaToc. 

Neatpa  Neaera:  fabula  Licinii  p.  29  Ribb.;  —  item  iu 
fragmento  eius  fabulae. 

NtKaciuJV  Nicasio:  fabula  Caecilii  Nothus  Nicasio  in- 
scripta  haud  dubie  ab  adulescentis  nomine:  de  qua  dixi 
Parergon  t.  I  prjief.  p.  XV. 

NtKripaToc  Niceratus:  adulescens,  Andriae  versu  I,  1,  60 
(87)  sic  prodito  in  libris  una  cum  verbis  contiguis:  Fhne- 
drttm  aut  CUniam  Dkebant  aut  Nicnatum:  nam  hi  tres 
tum  simul  Amdbant.  Turpem  in  his  numerorum  labem 
cum  Rentleius  infelicissimo  conatu  tollere  studuisset,  leni- 
orem  eamque  per  se  satis  comraodara  viara  Fleckeisenus 


Digitized  by  Google 


QVAKSTIONKS  ONOMATOLOGICAK. 


325 


iugressus  Nicarctum  substituit  pro  Nicerato.  Probarein,  si 
uiodo  caussa  perspiceretur,  cur  usitatissimis  Vhacdrius  et 
Clinia  nominibus  taui  reiuotum  a  communi  consuetudine 
tertium,  quam  est  Nicaretus,  poeta  sociandum  putaret,  cui 
tot  alia  et  usitata  et  apta  metro  in  promptu  essent.  Qua- 
propter  haud  scio  an  servata  tralaticiorum  nominum  cou- 
gruentia  ista  alio  modo  succurrendum  sit  labanti  versui, 
velut  aut  eiecta  tum  particula  aut  fortasse  sic  trausposita: 
Diccbant  aut  Niccratum:  nam  hi  trvs  simul  Tum  amdbant. 

Nik6(3ouAoc  Nicobulus:  senex  Bacchidum. 

Nncobnuoc  Nicodemus:  adulesceus  Vidulariae,  nisi  forte 
senis  potius  nomen  est.    Vide  sub  Aeivictc  dicta. 

*ZuctuXic  Xystylis  (Xvstvlis):  meretrix,  Pseuduli  I,  2, 
70  (210).  Vbi  libri  xittilis:  Xistilis  iain  editio  princeps, 
Xystylis  Camerarius  demum. 

'OXuuttikoc  Olynipicus,  vel  'OXuutuxoc  Olympichus 
(Olvmpicvs  utrumque):  trapezitae  nomen  Trinummi  II,  4, 
23  (425)  iam  in  Baptistae  Pii  'codicibus  antiquis'  restitu- 
tum  pro  (drachumamm)  Olympicum,  firmatum  a  Bergkio 
Diar.  antiq.  stud.  a.  1848  p.  1146. 

*'OXuutuckoc  Olympiscus  (Olvmpiscvs):  Casiuae  III,  6, 

1  14  Olympisce  rni,  mi  patcr,  mi  patrdnc*):  hypocoristicum 
eius  quod  insequitur  nominis 

'OXujjtuwv  Olympio  (Olvmpio):  vilicus  Casinae. 

TTaifviov  Paegnium:  puer  Persae;  item  Captivorum  V, 
3,  7  (084). 

TTaXaicTpa  Palaestra:  mulier  Rudentis. 

*TTaXaiCTpiujv  Palaestrio:  servus  Militis  gloriosi. 

*TTaXivoupoc  Palinurus:  servus  Curculionis. 

TTuuqnXn.  Pamphila  (Pampila):  mulier  marita  Stichi  teste 
Ambrosiano,  quae  miro  errore  Vinacium  est  in  Palatiuis: 
cf.  supra  dicta  sub  'eTriYvwuoc  |  cf.  praef.  Stichi  p.  X, 
ad  Stich.  I,  1  init.J;  —  item  virgo  Adelphou;  -  item 
Eunuchi  III,  1,  50  (440)  et  saepe  deinceps;  meretrix, 
Phormionis  II,  1,  80.  III,  2,  25.  32  (310.  510.  517). 


*)  Integriora  enim  haec  Vctus  servavit  quara  Ambrosianus,  in  quo 
est  Ulympice  mi  patcr  mi  patronc. 


Digitized  by  Google 


326 


QVAKSTIONKS  ONOMATOLOGICAK. 


*TTau(piXiTTTTOC  Pamphilippus  (Pampilipvs):  iuvenis  ma- 
ritus  Stichi  iu  Palatinis,  qui  in  Ambrosiano  dicitur 

nriuqnXoc  Pamphilus  (Pampilvs):  praeter  Stichuni  adu- 
lescens  Andriae,  Hecyrae.    Cf.  Donatum  ad  Adelphou  I, 

I,  1  [praef.  Stichi  p.  XII]. 

*TTaviT,Yupic  Pauegyris  (Paxkgvris):  mulier  marita  Stichi 
in  libris  Palatinis,  quae  est  Phihwwtui  in  Ambrosiano. 

TTav9r|pic  Pantheris  (Pantkris):  muliercula,  apud  Varro- 

nem  supra  commemoratum  sub  Aeaiva. 
jTTavTaXewv  Pantaleo:  nihili  nomen  fabulae  Afranii,  H. 

lunii  coniectura  natum.    Vide  Ribbeckium  Comicorum  p. 

165,  H.  Keilium  ad  Charisium  p.  119.] 
*TTapbaXicKn,  Pardalisca:  ancilla  Casinae. 

TTapuevwv  Parmeno:  servus  Eunuchi,  Hecyrae;  —  item 
versu  Plautino  ad  KiXiH  commemorato;  —  itera  Adelphon 

II,  1,  14  (108);  —  Parmenoncs,  Syri  sociati  Bacchidum 
IV,  4,  7  (649):  cf.  Donatum  ad  Adelphon  I,  1,  1. 

*TTacipouXr|  Pasibula:  adulescentula,  Andriae  V,  4,  42 
(946).  Sed  ei  versui  ut  numeri  constent,  quando  a  Bent- 
leio  positum  Pasibula  sine  est  repudiat  sermo  comicus,  aut 
aliud  nomen  cum  Fleckeiseno  substituendum  lioc  exemplo: 
Non  pdtiar.  heus,  Chreincs,  quod  quaeris,  Pasiphilast.  :  : 
ipsdst.  : :  east  (quod  Pasipila  scriptum  antique  sat  com- 
mode  intellegitur  quomodo  transire  in  Pasibvla  potucrit): 
aut  tieus  in  hem  vel  rectius  em  i.  e.  en  mutandum:  Non 
pdtiar.  em,  Chrcmcs,  quod  quacris:  Pdsibula.  :  :  ipsdst. : :  east. 
Et  fatendum  est  ipsi  hcus  voculae  parum  aptum  locuni 
esse,  cum  per  totam  iam  scaenam  Chremes  et  Pamphilus 
prope  adstiterint. 

♦TTaciKOUHir)  Pasicompsa:  meretrix  Mercatoris. 

TTauciuaxoc  Pausimachus  (Pavsimacvs):  fabula  Caecilii 
p.  48  R. 

TTeXctTUJV  Pelago:  senex  Bacchidum  II,  3,  28  (262). 

♦TTepiTrXcKOuevoc  Periplecomeuus:  senex  Militis  gloriosi. 
Cui  verum  nomen  certa  emendatione  pro  vitioso  Pcriplc- 
ctomcnes  restitui  Prolegomenon  p.  lxxxviii. 

*rTtpi(pdvnc  Periphanes  (Pkripanes):  senex  Epidici;  — 


Digitized  by  Google 


.  QVAE8TI0NES  ON0MATOLO«ICAE. 


327 


uiercator,  Asibariae  II,  4,  92  (499);  —  paier,  Curculionis 
V,  2,  37  (636). 

*TTi0rKiov  Pitheciuni  (Pitecivm):  serva,  Truculenti  II,  5, 
24.   [Cf.  Mil.  glor.  989.] 

*TTivctKiov  Pinacium:  puer  Stichi,  cui  vulgo  nihili  nomen 
Dimtium,  quod  vide  supra.  fEx  specie  forniae'  dictum 
Donatus  in  Andriam  I,  3,  21  docet.  —  Memorabili  auteni 
perturbatione,  de  qua  in  praefatione  Stichi  p.  x  sq.  et 
supra  sub  'Gttiyvujuoc  exposui,  in  Palatinis  idcin  nomen 
in  eam  est  sororem  translatuni,  quae  in  Ambrosiano  ha- 
betur  Pamphda. 

*niCTOKXn.poc  Pistoclerus:  adulescens  Bacchidum. 

*TT\avTjciov  Planesium:  virgo  Curculionis. 

*TT\aTaTibujpoc  Platagidorus:  miles,  Curculionis  III,  38. 
eO,  IV,  4,  5  (408.  430.  561).  De  TT\aTaT6biupoc  cave 
cogites. 

*TTXeuctKXtic  Pleusicles:  adulescens  Militis  gloriosi.  Ke- 
stitutum  a  me  nomen  pro  mendoso  Pleusides:  de  quo  vide 
ad  fabulae  v.  596  adnotata. 

*nXn.cibiTf7T0C  Plesidippus  (Plesidipvs):  adulescens  Hu- 
dentis.  Sic  enim  scriptum  nomen  et  Ambrosiauus  seiuel 
testatur  II,  6,  70  (554)  et  noviens  Vetus  prodidit  et  sexiens 
Decurtatus;  contra  Pleusuiijqms  semel  tantum  Vetus  habet 
iu  inscriptione  scaenae  IV,  8,  constanter  autem  inde  a 
ver.su  III,  6,  33  (871)  Decurtatus  h.  e.  quater  in  verbis 
poetae,  quo  accedit  per  totam  scaenam  IV,  8  personae  nota, 
Pleu.  A  Decurtato  leviter  discrepat  Vaticanus,  undc  Plcu- 
sidiflms  ad  Italos  atque  editores  mauavit.  Kecte  igitur 
auctoritati  bonitatique  vetustatis  Fleckeisenus  obsecundavit 
revocata  Plesklipims  forma.  Sed  quid  id  nominis  esse 
dicamus,  haeremus  non  mediocriter.  Nam  etsi  facile  quis- 
piam  de  aliquo  *TTXr|ac,  -iboc  nomine  cogitet,  lacto  ut 
Aucic,  Mvricic  sive  Mvacic  (quem  ad  modum  ad  MiXqpk, 
-iboc  supra  revocavimus  Milphidippam) ,  tamen  mirum  sit 
a  muliebri  nomine  componi  virile.  Minus  etiam  placiturum 
puto,  qui  ab  aliquo  *  TTXncibTic  nomine,  facto  ut  KXn.cibTic, 
proticiscatur.  C^uamquam  fatendum  est  non  ullo  modo 
expeditiorem  explicatum  Pleusidippus  formam  habere. 


Digitized  by  Google 


328 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE 


TToXeuwv  Polemo:  miles  comoediae  teste  Douato  ad  Adel- 
phon  I,  1,  1. 

*TTo\TOcpaYUJvibr|c  Pultiphagonides  (Pvltipagonides): 
septimo  demum  saeculo  u.  c.  ioculariter  fictum  nomen  in 
prologo  Poenuli  v.  54:  quode  dixi  Parergon  t.  I  p.  205. 
Quo  noniine  etsi  credibile  est  ad  latinum  pultis  vocabulum 
respici,  tamen,  cum  in  promptu  sit  graecum  ttoXtoc,  non 
est  hibridae  vocis  ulla  necessitas.  Prima  syllaba  u  pro  o 
recepit  ut  in  Bumbomachides,  secunda  i  ut  in  Demipho  ce- 
terisque  exemplis  supra  compositis  sub  KaXooujpoc. 

TToXupabkKOC  Polybadiscus  (Polvbadiscvs):  Astrabae 
Plautinae  versu  apud  Varronem  de  1.  lat.  VI,  73  restitu- 
tum  a  Scaligero.  Cuius  nominis  rationem  non  habere  se 
qui  satis  expediret,  Lachmannus  fassus  est  Musei  Khenani 
ab  Welckero  Naekioque  editi  t.  VI  p.  120.  Tu  videas 
quae  in  Act.  soc.  philol.  Lips.  tom.  VI  p.  368  [supra  p. 
190  sq.)  exposita  sunt. 

*TToXurcXoucioc  Polyplusius  (Polvplvsivs):  pater  Eli- 
densis  Polyplusius  Thcodoromedcsy  Captivorum  V,  2,  20  (973); 
cf.  II,  2,  27  (277)  Polyplusium  gcnus.  Imitatus  est  poeta 
nominis  cognominisque  societatem  moris  Romani. 

TTToXeuoxpdTeia  Ptolemocratia:  sacerdos,  Rudentis  II,  5, 
24  (481).  [De  correpta  paenultima  cf.  Lachmannus  ad  Lu- 
cret.  p.  159  et  G.  Curtius  in  relat.  soc.  Saxon.  1864  p.  5.] 
TToXcuoKpaTia  idem  nomen  scriptum  est  apud  Appianuni 
b.  civ.  IV,  75. 

*TTupY07ToXiviKr|c  Pyrgopolinices  (Pvrgopolinices):  mi- 
les  Militis  gloriosi.  Exspectatur  Pyrgopolinieus  potius,  ut 
in  ceteris  prope  oninibus  quae  a  viKrj  vel  vikov  ducuntur. 
Facile  igitur  putes  ad  similitudinem  adiectivorum,  quae 
sunt  'OXuuruoviKric  TTu0ioviKr|c  NeueoviKric  lceuiovuoic,  fac- 
tum  nomen  esse,  nisi  tamen  etiam  certorum  inter  Graecos 
hominum  proprium  TTu9ioviKr|C  exstaret  locis  a  Benselero 
allatis:  quem  ad  modum  altera  cx  parte  'OXuuttiovikoc  TTu- 
0i6vikoc  etiam  pro  adiectivis  fuisse  constat.  Quo  accedit 
ut  facile  credatur  poeta  ad  celebris  TToXuveiKTic  nominis 
sonum  alludere  voluisse. 

TTu0idc  Pythias  (Pvtias):  ancilla  Eunuchi;  —  meretrix 


Digitized  by  Google 


CJVAE8TI0NKS  ONOMATOLOOICAK. 


329 


apud  Turpiliuin  v.  188;  —  faudax'  apud  Caeciliuin  (non 
'Lucilium')  testibus  Horatio  epist.  ad  Pisones  v.  238  eius- 
que  interpretibus  in  Ribbeckii  Com.  p.  69.  [Cf.  Meinekii 
frg.  com.  gr.  IV  p.  511  et  Anthol.  Palat.  I  p.  128.  146  ] 

TTi/e6otKoc  Pythodicus  (Pvtodicvs):  servus  Aululariae. 

[TTuppia  Pyrrhia:  nihili  nomen  ancillae  apud  Titinium  inc. 
fab.  XXI,  de  quo  vide  Lachmannum  ad  Lucret.  p.  408.] 

TTuppictc  Byrrhia  Burria  (Bvhia):  servus  Andriae.  [Cf. 
Asconii  argum.  Milonianae  p.  28  Kiessl.  et  Sch.] 

Cafdpioc  Sagarius:  servus  Stichi.  Cf.  Bergkius  in  Diar. 
antiq.  stud.  a.  1850  p.  337. 

Sagaristio:  servus  Persae. 

Sagario:  Trinummi  IV  4,  13  (1105). 

Sanga:  servus  Eunuchi. 

Sannio:  leno  Adelphon  (Eunuchi  780). 

CaTupiuJV,  Saturio:  parasitus  Persae.  Cf.  Parergon  p.  128. 
143;  Fleckeisenus  in  Annal.  philol.  t.  CI  (1870)  p.  847. 

Saurea:  in  Asinaria  saepe. 

Selenium:  meretrix  Cistellariae,  non  ut  in  editionibus  est 

Silenium. 
Simalio:  Eunuchi  772.  775. 

Simia,  Simmia:  sucophanta  Pseuduli.   Cf.  Studemundus  in 

'Wiirzburg.  Festschrift'  p.  56. 
Simus:  Hautontimorumenu  498. 
Simulus:  Adelphon  352.  465. 

Simo:  senex  Mostellariae,  Pseuduli,  Andriae;  item  apud  Cae- 

cilium  inc.  fabul.  XXXVII  et  palliatae  inc.  iuc.  2. 
Scapha:  ancilla  Mostellariae. 

Sceledrus:  servus  Militis  gloriosi.   Cf.  Asinariae  882.  Fal- 

litur  Lorenzius  p.  6. 
Sceparnio:  servus  Rudentis. 
Scirtus:  Hecyrae  78.  Donatus  ad  I,  2,  3. 
Sophoclidisca:  ancilla  Persae:  num  Coq)OKXtibkKtiV 
Sparax:  Rudentis  III  2,  43.  5,  27:  deest  apud  Benselerum. 
Stalagmus:  servus  Captivorum;  item  fabula  Naevii  (olim 

de  Ribbeckii  coniectura  Stalagmonissa  inscripta).    Cf.  Par- 

ergon  p.  142  not.    Cf.  stalagmitim. 
[Stalino:  senex  Casinae:  vide  supra ad Lysidamus  adnotata.] 


» 


Digitized  by  Google 


330 


QVAESTIONES  OXOMATOLOGICAE. 


Stasinius:  servus  Trinuiumi.    Cf.  Inscr.  Ncapol. 
CiacpuXn.  Staphula  (Stapbila):  auus  Aululariae. 
Stephauiuiu:  aneilla  Stiehi. 

Stephaniscidium:  Stichi  V7, 54:  a  CrecpavicKr)  ut 'AuTreXicKn. 
Stephanio:  Adelphon  380;  iteni  servus  apud  Turpiliuiu  51. 

Cf.  Inscr.  Neapol. 
Stilpo:  iu  Phormione  saepius.    StitpJto  in  codicibus,  etiani 

apud  Ciceroueui  orat.  47,  157. 
Stichus:  servus  Stiebi;  itein  Asin.  II  4,  27.  31;  iteiu  in 

fragm.  Plauti  3.  61. 
Strabax:  adulescens  Truculenti.    Cf.  G.  Hirschfeldi  r Tituli 

statuar.'  p.  81  (u.  34);  p.  115  (u.  113). 
Stratippocles:  adulesceus  Epidici. 
Stratopliaues:  miles  Truculeuti. 

Stratullax,  Stratillax:  servus  Truculenti;  vide  infra  quaest. 

cap.  II  §  2.    Cf.  Bergkius  iu  Diar.  antiq.  stud.  a.  1848  p. 

1126,  Lobeckii  Pathol.  proleg.  p.  128,  Fleckeisenus  Auual. 

philol.  t,  Cl  (1870)  p.  848  sq. 
Strato:  Asin.  II  2,  77;  Eunuchi  414. 
Strobilus:  servus  Aululariae.    Cf.  Inscr.  Neapol. 
CiupaE  Storax:  Adelphon  26.  Cf.  Fleckeisenus  Annal.  philol. 

t.  XCIII  (1866)  p.  10,  Corsseui  tVocalismus,  II  p.  81. 
Synceraste:  fragm.  Plauti  1.  117. 

Syucerastus:  servus  Poenuli;  vide  IV  2,  64.  Cf.  Opusc.  II 
p.  728. 

Syra:  anus  aucilla  Memitoris  (413),  anus  Hecyrae;  item  apiul 

Caecilium  223  (Sura  tvnslrix  in  Trucul.  II  4,  51;  6,  40). 
Syriscus:  Eunuchi  772.  775.  Adelphon  763. 
Syrus:  servus  Ilautontimorumenu;  item  servus  Adelphon;  iteni 

scrvus  Cistellariae.   Cf.  Parergon  p.  163.  164.  344.  554.  621. 
Sphaerio:  Mostell.  419.    Cf.  Philol.  vol.  XXIX  p.  395. 
Cujciac  Sosia:  servus  Amphitruonis  (305);  item  servus  He- 

cyrae,  item  libertus  Andriae,  item  in  Plauti  fragm.  2.  45. 
Sosicles:  Menaechmorum  V  9,  6.  41.  66. 
Sostrata:  matrona  Hautontimorumenu,  item  matrona  He- 

cyrae,  item  matrona  Adelphon. 
Soteris:  vide  n.  Mus.  Rhen.  t.  XV  p.  438. 
Sophrona:  uutrix  Eunuchi,  item  uutrix  Phormionis. 


QVAESTIONKS  ONOMATOLOGICAE 


331 


Telestis:  Epidici  V  1,  30. 
Teuximarcha:  Menaechmoruui  V,  9,  71. 
Timarchides:  mercator  Persae  501. 

Toxilus:  servus  Persae. .  Cf.  tt^vOoc  —  TTtvGiXoc,  Giiuov  — 
OuutXoc. 

Tranio:  servus  Mostellariae:  derivatur  a  xpavoc,  Tpavnc  i.  e. 

perspicax,  callidus.    Cf.  Parergon  p.  466,  Brixius  ad  Capt. 

081,  Buechelerus  iu  n.  Mus.  Uhen.  XV  p.  436,  Loreuzius 

ad  Most.  p.  9;  p.  10  not.  11. 
TpaxaXiiuv  Trachalio:  servus  Kudentis.  Cf.  Inscr.  Neapol. 
Tyudarus:  adulescens  Captivonun.  Cf.  Lobcckii  Pathol.  prol. 

p.  2SO. 

Turbalio:  Rud.  III  2,  43;  5,  19. 

Hymnis:  fabula  Caecilii.    Cf.  Parergon  p.  142  not. 

Phago:  fabula  Plauti?    Cf.  Parergou  p.  151  et  Opusc.  II 

p.  731.    Num  Paphlago  cum  Hertzio  in  progr.  Vratisl. 

fKament.  Gell.  mant.'  (1868)  p.  20? 
Phaedria:  virgo  Aulul.  IV,  7,  10. 

Phaedria:  adulescens  Eunuchi,  item  adulesceus  Phormionis; 
itera  apud  Turpil.  93.  170.  Cf.  Meinekii  hist.  crit.  com.  gr. 
p.  385. 

Phaedromus:  adulescens  Curculionis. 
Phaedrus:  Andriae  86. 

Phania:  Andr.  934.  Hec.  458.  Hautont.  169.  1)29. 
Phanium:  in  Phormione  saepe.   Cf.  Menaudri  fabula  <t>dvtov. 
Phauiscus:  puer  Mostellariae  (=  Lamimlio). 
Phanocrates:  Hautont.  1061. 
Phanostrata:  uxor  Cistellariae. 
Phidippus:  senex  Hecyrae. 

Philaenium:  meretrix  Asinariae.    Cf.  <t>iXaiviov  in  AnthoL 

Palat.    Vide  C.  Keilium  iu  n.  Mus.  Khen.  XX  p.  563. 
Philematium:  meretrix  Mostellariae. 
Philippa:  mulier  Epidici. 
Philodamus:  Asinariae  II  4,  38. 
Philocrates:  adulescens  Captivorum. 
Philocomasium:  mulier  Militis  gloriosi. 
Philolaches:  adulescens  Mostellariae. 
OiXoTtdTUip,  Philopater  (-trus):  fabula  Turpilii. 


Digitized  by  Google 


332  QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE. 

Philoxenus:  seuex  Bacehidum. 

Philopoleinus:  adulescens  Captivoruni. 

Philuuiena:  soror  Stichi,  item  fabula  Caecilii  (cf.  Parergon 

p.  142),  item  iu  Hecyra  saepe,  in  Andria  bis.    Cf.  praef. 

Stichi  p.  XI. 
Philtera:  Hautont.  662. 
Philto:  senex  Trinummi. 

Philotis,  Philotium:  meretrix  Hecyrae  (Philotis  82.  84; 

Philotium  81.  89.  107). 
Phoenicium:  mulier  Pseuduli. 

Phormio:  parasitus  Phormionis;  item  apud  Valerium  p.  72  R. 
Phronesium:  meretrix  Truculenti  (I,  1,  58 — 60). 
Phrygia:  ancilla  Ilautontiuiorumeuu;  iteui  tibicina  Aululariae 

(II  5,  7);  item  Andriae  II,  5,  7.  Adelphon  973. 
Phrygis:  apud  Turpilium  102. 

Chaerea:  adulescens  Eunuchi,  item  in  Asin.  V,  2,  15. 
Chaerestratus:  fabula  Caecilii  (cf.  Parergon  p.  135  et  praef. 

Parergon  p.  XV),  item  in  Asiuaria  V,  2,  15. 
Chaeribulus:  adulescens  Epidici. 
Chalinus:  servus  Casinae. 
Chares:  Trinummi  922. 
Charicles(?):  Trinummi  922. 

Chariuus:  adulescens  Pseuduli  (cf.  736.  712),  item  adulescens 

Mercatoris.    Cf.  Parergon  p.  142  et  Opusc.  II  p.  728. 
Charmadas(V):  Trinummi  922. 
Charmides:  senex  ltudentis,  item  senex  Trinummi. 
Charmylus(?):  Trinummi  922. 

Chirurchus:  Trinummi  1021.    Cf.  supra  ad  Or|pouxoc  ad- 
notata. 

Chremes:  adulescens  Eunuchi,  senex  Phormiouis,  item  seuex 

Andriae,  item  senex  Hautontimorumeuu. 
Chrysalus:  servus  Bacchidum. 
Chrysion:  fabula  Caecilii.    Cf.  Parergon  p.  142. 
Chrysis:  anus  Pseuduli  II,  2,  64,  item  in  Andria  saepe, 

item  in  Trabcae  3. 
Pseudulus,  Pseudolus:  servus  Pseuduli.  Cf.  Proleg.  Plaut. 

p.  cccxvm,  praef.  Menaechm.  p.  XV,  praef.  Pseud.  p.  VIII; 

Opusc.  11  p.  499  sq-  [Mus.  Rhen.  XXVI  p.  604  Opusc. 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE 


333 


III  p.  7  adn.  9];  et  L.  Meyeri  fvergl.  Gramm.'  II  p.  B92, 
Fleckeisenus  in  Annal.  philol.  t,  XCIII  (18(56)  p.  9,  Vsr~ 
nerus  de  Pseudulo  p.  8,  Buechelerus  in  Fleckeiseni  Annal. 
philol.  t.  XOIII  p.  242,  Seyffertus  in  Philol.  vol.  XXV  p. 
448;  XXI  p.  677;  XXIII  p.  480. 


2. 

QVAESTIONVM  ONOMATOLOGICARVM  PLAVTINARVM 

CAPITA  DVO. 

Caput  I.*) 

Meministis  quanta  nuper  industria,  id  quod  pridem  fac-  iii 
tum  oportuerat,  propria  nomina  graecae  linguae  colligi 
coepta  sint  quamque  laudabile  eo  in  genere  diligentiae  spe- 
cimen  G.  Papius  Berolinas  ediderit  utilissimo  parato  non 
historiae  magis  quam  ipsius  linguae  accuratius  cognoscendae 
instrumento.  Qui  quamvis  longo  post  se  intervallo  tcnuia 
G.  Ch.  Crusii  initia  reliquerit,  tamen  ad  eam  quam  vclles 
perfectionem  ne  suam  quidem  operam  adduxit.  Quod  nolo 
de  singulis  quibusdam  nominibus  forte  praetermissis  dictum 
esse:  qualia  cum  promiscue  latent  tum  singulis  propemodum 
diebus  ex  epigraphicorum  potissimum  monumentorum  inex- 
hausto  fonte  prodeunt.  Verum  quod  aegrius  ferimus  hoc 
est,  quod  ille  genera  quaedam  universa  novorum  exemplorum  iv 
feracissima  aut  levius  tractavit  aut  ne  attigit  quidem.  Et 
levius  quidem  tractata  esse  facile  apparet  nomina  Romano- 
rum  hominum  graece  facta  a  graecis  scriptoribus :  quod  ge- 
nus,  recte  ab  ipso  Papio  et  definitum  et  aestimatum  praef. 
p.  VIII,  hic  non  licet  diligentius  persequi.  Contrarium  huic 
illud  est,  quod  graecorum  nominum  exemplis  continetur  e 
latinis  litteris  petendorum;  atque  hanc  ille  proviuciae 
suae  partem  neglexit  profecto  praeter  exspectationem.  Sed 
quoniam  ne  huius  quidem  argumenti  ubertatem  praefatiuncu- 
lae  angustiae  capiunt^  nolo  ad  inscriptionum  latiuarum  intini- 
tas  copias  exspatiari,  e  quibus  non  sanc  mediocris  multitudo 

*)  [Prooemium  Indicis  scholarura  hibernarum  Bonnensium  ann. 
CIDIDCCCXLIII  et  XLIV.J 


Digitized  by  Google 


334  QVAK8TI0KES  ONOMATOLOGICAE 


graecorum  noniinnm  lexico  Papiano  accedere  poterit:  sed  in 
eis  nunc  me  contineo,  quae  propiore  cum  nostris  studiis  vin- 
culo  coniuncta  sunt.  Mirum  est  enim  nullum  Papio  scaeni- 
cae  poesis  latinae  usum  fuisse,  Plautinae  potissimum  et 
Terentianae,  quam  e  graecis  esse  exemplis  expressam  nemo 
ne.scit.  Personarum  enim  nomina  etsi  Plautus  Terentinsque 
non  constanter  eadem  servarunt,  quae  in  translatis  a  se  fa- 
bulis  rcppererant:  quode  breviter  dictum  Musei  phil.  I  p.  48 
[Parergon  p.  278]:  tamen  quin  ex  eo  genere  universo  petierint, 
tjnod  Menandri,  Philemonis,  Diphili  ceterorumque  comicorum 
exemplo  et  auctoritate  continetur,  vix  est  quod  dubitemus.  Et 
ut  quaedam  illi  nec  hinc  sumpserint  nec  e  suae  aetatis  con- 
suetudine  asciverint,  sed  ipsi  finxerint  vel  etiam  ioculariter 
luserint,  quid  refert?  modo  recte  et  rationi  convenienter 
finxerint.  Ac  Papius  cum  ficticia  nomina  comoediae  graecae, 
Alciphronis,  Aristaeneti,  Lucillii,  alioruni*)  rectissime  et  in 
lexicon  susceperit  et  cur  ex  appellativorum  numero  exeniis- 
set,  praef.  p.  VII  exposuerit,  quid  est  tandem  cur,  quid  om- 
nino  in  hoc  genere  licuerit,  non  etiam  Plautino  Terentianoque 


*)  Nec  tamen  sibi  ipse  constitit  prorsus  neglecta  Myobatracho- 
inachia.  Eodem  enim  iure,  quo  velut  equorum  (praetermisso  tamen 
BouK€cpdXio)  aut  naviuin  ccrta  nomina  non  in  appellativorum,  sed  in 
propriorum  lexico  recensuit,  buc  ranae  muresquc  pertinent  qui  alicui 
poetae  pro  hominibua  fuerunt.  lllinc  igitur  his  exemplis  Onomatologn» 
PapianuB  suppleudus  eat:  'ApTeTdjSouXoc.  'ApTocpdTOC.  Boppopo- 
KotTrjc.  '€|npac(xvJTpoc.  KaXa  jit  vGioc.  KvicobiujKTrjc.  Koito- 
(pdyoc  (vid.  librorum  discrepantiam  ap.  Matth.  ad  v.  210  sqq.).  Kpau- 
pocpdtoc.  [Kpauj3oj3dTrjc  v.  230  fide  caret.]  KpauTadorjc.  A(i- 
Xnvujp.  ActxopuXn-  (AetxoTTtvaE  ex  Alciphrone  allatum.)  Aiu.vn.ctoc. 
Atpv6xapic.  [Fide  caret  AtTpatoc  v.  225.]  MeptbdpTtaE.  (OptYa- 
viujv  v.  255  ex  Autonino  innotuit.)  TTrjXopdTrjc.  (Nec  TTrjXetuJV  v. 
200  prorsus  praetermittendum ,  ut  quod  ad  tttjX6c  simul  et  heroicum 
nomen  spectet.)  TToXu^ujvoc.  TTpaccaioc.  TTpaccocpdToc.  TTTtp- 
voTXu<poc.  TTTepvoTpuj  KTtic  TTT€pvoq>dToc.  CeuTXaioc.  Cito- 
<pdToc.  TpujTXobUTtic.  TpujEdpTrjc.  TupoTXucpoc  (Tupo<pdtoc 
scr.  discr.  v.  222).  Tbpoudbouca.  T6p6xapic.  TnMj36ac.  <I>iX- 
TpuToc  (vid.  Matth.  ad  v.  226).  <DuctTvaeoc.  YtxdpiraS.  'QKtpibnc 
(cf.  "Qkiuov  'QKfuwv).  Quac  nomina  etsi  dubitari  ncquit  quin  non 
univcrsa  locum  stiunt  in  una  eadcmque  carminis  illitiB  recensionc  ha- 
buerint,  tamen  id  ipsum  huc  quidem  nihil  pertinet. 


Digitized  by  Googl 


QVAE8TIONES  ONOMATOLOGICAE.  335 

exemplo  aliquanto  plenius  perspicere  studeamus?  Scieiulum 
est  enim  Plautinarum  quidem  personarum  longe  adeo  maxi- 
mam  partem.  frustra  apud  Papium  quaeri,  Tereutianarum 
autem  idcirco  tantum  multo  minorem,  quod  is  poeta  nec 
usitatissimorum  nominum  cousuetudinem  excessit  nec  eorun- 
dem  in  diversis  fabulis  repetitionem  ullo  modo  fugit.*)  Qui- 
bus  poetis  ubi  pauca  aliorum  fragmenta  iunxeris,  omissis 
quidem  nirais  vel  incertis  vel  corruptis  testimoniis,  novorum 
nominura  circiter  CL  raultitudineni  prodire  non  sino  aliqua 
miratione  intelleges.  Eoque  nuraero  illa  non  coraprehendi- 
iuus,  quae  cum  adhuc  singulari  testimonio  aliquo  innotuis- 
sent,  non  sane  supervacaneum  e  comoedia  latina  firmamen- 
tum  obtinent.  Qualia  tfhnt  e  singulis  inscriptionibus  prolata 
ruuvctciov  Cistellariae,  '€puJTtOV  Menaechm.  et  Turpilii  ap. 
Non.  281,  NiKaciujv  Afranii  ap.  Non.  268  Caeciliique  ibid. 
97  et  325,  2.  11:  vel  e  singulis  nummis  petita  XuXtvoc 
Casinae.  A6va£  Eun.  4,  7,  2,  0avoKpdir|C  Heaut.  5,  5,  17: 
vel  e  siugulis  epigrammatis  AopKtov  Phorm.  1,  2,  102, 
'HbuXiov  Pseud.  1,  2,  54  et  Cornicul.  ap.  Non.  147,  CictpToc 
Hecyr.  1,  3,  Odviov  Phorm.  1,  4,  24.  41  et  Caecilii  ap. 
Charis.  80:  vel  ex  uno  Antiphane  Aujpidc  Eun.,  ex  uno 
Diodoro  'Apxibriutbric  Bacch.  2,  3.  4,  4,  ex  uno  Pausania 
Maxaipiujv  Aulul.  2,  9,  1:  et  quae  id  genus  alia  non  exiguo 
numero  in  promptu  sunt.  Vt  nihil  de  eis  dicam,  quorum 
bina  vel  terna  exempla  extant.  —  Deinde  etsi  non  prorsus 
exclusimus,  tamen  cum  delectu  nec  sine  dubitationis  signi- 
Hcatione  recepimus,  quorunt  a  tralaticia  paullum  discrepans 
fonna  non  e  graeco  exemplo  ducenda,  sed  licentiae  latinae 
linguae  tribuenda  videretur.  Nec  igitur  in  indicem  rettuli- 
mus  'ApxipouXoc,  XatpipouXoc  forraas  propter  latina  exerapla 
('haeribulus,  Archibulus  Asin.  I,  1,  103:  nec  Anuimujv 
[•ropter  Demipho  Cist.  Merc.  Phorni.,  nec  AriMViceXrivr)  prop- 

*)  Quater  in  sex  fabularum  Terentiauarum  personiH  Chremes  redit, 
ter  Parmeno,  Dromo,  Sostrata,  bis  Laches,  Hegio,  Crito,  An- 
tipho,  Pamphilua,  Phaedria,  Geta,  Syrus,  Davus,  Sosia, 
Bacchis.  Apud  Plautum  quattuor  tantum  nomina  iterantnr:  Calli- 
cles  Trin.  Truc,  Charinus  Merc.  Pseud.,  Charmides  Rud.  Trin., 
I>emipho  Cist.  Merc. 


Digitized  by  Google 


330 


OVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE. 


ter  Loniniselenc,  quamvis  aliquo  modo  opitulantibus  Aio- 
vuciKXnc,  Atovudbujpoc  apud  C  Keilium  Anal.  epigr.  et  ono- 
matol.  p.  1G9:  nec  Calidorus  a  KaXibujpoc*)  potiua  quara 
vi a  KaXobwpoc  (ut  KaXovtKn.)  duximus:  nam  de  KaXXibwpoc 
quidem  fieri  Calidorus  vix  potuit.  Vnde  progredi  longius 
licebit  et  de  Euclio  forma  dubitare  num  graecuni  exemplum 
€ukXiujv  an  GukXcujv  potius,  ut  TTaYKXc^uJV,  habuerit.  His 
exemplis  quemadmodum  i  in  c  transiit,  ita  videndum  ne  con- 
trarium  acciderit  in  Saurea  nomine,  de  cuius  graeca  forraa 
Caupiac  constat,  de  Caupcac  non  item:  quamquam  nihil 
est  sane  cur  potuisse  utramque  usu  vcnire  negemus  ut  Xa- 
ppiac  et  Xappeac,  KaXXiac  et  KaXXcac  et  quae  huius  generis 
plurima  Keilius  composuit  1.  c.  p.  71  sq.  74  sq.  152.  246*  sq. 
Mirum  autem  sit,  si  u  littera  in  o  potius  quam  in  u  trans- 
ierit  in  Pseudolus  nomine,  quod  nescio  an  1'seudulus  poeta 
dixerit  a  YeubuXoc  (ut  <l>€ibuXoc).  Praeterea  cum  de  Byrria**) 
Andr.  satis  constet,  prorsus  singularis  est  Stilpho  forma  c 
CtiXttujv  facta  Phorm.  2,  3,  42.  43,  non  discrepantibus  codi- 
cibus.  Certior  etiam  in  mutanda  terininationc  latinorum 
poetarum  licentia.  Ineptus  sit  profecto,  qui  de  Atcxivoc, 
Gutuxoc  nominibus  cogitet  propter  latina  Aeschinus  Adelpb., 
Eutychus  Merc,  quantumvis  contestatam  habeamus  ]»r;ieter 
CuTuxrjc  otiain  Eutuxoc  formam;  nec  Dacmones  Rud.  non 
a  Aatuoveuc  factum  putabis,  quod  semel  est  in  Anthologia. 
Vt  autem  de  Aatuovnc,  ita  valde  dubito  de  Tuvbapoc,  etsi 
Tyndarus  est  latine.  Sed  exquisitius  illud  est  quod,  si  qnid 
video,  iu  Captivis  Aristophontes  nomen  non  est  ad  'Apt- 
CToq>6vTr)c  formam  revocaudum,  quae  sui  similem  praeter 
'ApYCKpovTqc  nullam  habeat,  sed  ad  'ApicToqpuiv,  -q>wvTa: 
quando  inauditum  'ApiCTocpuJVTnc.    Cui  aliqua  ex  parte  com- 


*)  Soli  vel  errori  vel  neglegentiae  scribentium  tribm-nda  sunt  quae 
perpauca  oflendimus  a  KaXi-  incipientia,  qualia  e  vasculis  Keilins  1.  c. 
commeuioravit.  Quod  quidem  ita  esse  vel  latinae  inscriptiones  docu- 
mento  suut,  in  quibua  Caliope,  Calippua,  Calisto,  Caliatua  et 
id  genua  alia  non  sunt  rara. 

**)  Vel  potius  aut  Hirria  aut  Uurria:  qucmadmodum  Sura  forma 
in  optimis  libris  servata  est  Trucul.  2,  4,  61.  6,  4'J  et  CO  (Suria),  et 
tenuilniB  quibusdam  ve8tigii8  etiam  alibi. 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE.  337 

poni  Callidaiuates*)  poterit,  quod  vix  duhito  quin  Plau- 
ins  non  pro  KaXXie.audTnc,  Bed  pro  KaXXibduac  posuerii 
Oavendum  autein,  ne  cum  graecis  vere  latina  mjsceantur, 
qualia  numero  pauca  suis  quihusdaui  fabulis  Plautus,  nulla 
adhibuit  Terentius.  Certa  sunt  Peniculus,  Curculio,  Sa- 
turio  parasitorum  in  Men.  Curc.  Persa,  Congrio,  Grumio 
coquomm  in  Aul.  Most.,  Liicrio  servi  in  MiL,  Liicris  (gen. 
Lucridis)  puellae  in  Persa  4,  4,  72.75:  ambigua  facile  quis- 
piam  Sanga,  Turbalio  et  Storax  (CTupa£)  dixerit:  ob- 
scurissima  omnium  Cuslna  et  Stallno,  de  quibus  valde 
fluctuat  iudicium  nec  nisi  incertae  coniecturae  praesto  sunt. vn 
—  Ceterum  vix  est  quod  moneam  nullam  fidera  esse  Pacu- 
vianorum,  si  dis  placet,  nominum  Pseudo  et  Sceparnus, 
quae  Fulgentius  Expos.  serm.  p.  501  commentus  est:  mul- 
ttuuque  dubitationis  de  Phaedria  muliebri  nomine  Aul.  4,  7 
rosidet,  pro  quo  nuuc  Phaedra  substitutum.  Alia  quaedani 
Plantina  aperte  corrupta  haud  scio  an  vere  restituerim.  — 
Postreino  consentaneum  fuit  nec  hypocoristicas  fonnas  prac- 
termitti,  quamvis  Philotium  Hecyrae  non  diversa  sit  a 
Philotide  vel  Olympiscus  Casinae  ab  Olympione  vel  ;i 
Stephanio  Stephaniscidium  Stichi:  nec  cognominos  de- 
onuu.  gentium,  montium  naviumve  hoinines  hinc  segrogari 
ut  Guvouia,  McXaivic,  Auboc,  Mucic,  AeXqnov,  TTaXivoupoc, 
TTavrifupic. 

Atqne  his  praemonitis  iam  ipsum  indicem  haheie  infra 
positum. 

'AtopuctokXuc    adulescens     'AXki^ciuoc  senex  Cas. 

Poen.  'AvBeuujvibric  miles  Poen, 

'AKavftiuiv  servus  Merc.  "AvOpaS  cocus  Aul. 

'AXKrjciMapxoc    adulescens     [fAvTibduapxoc:  v.  supra.J 

Cist.  'AvTibdjuac  Poen.:  v.  supra. 


•)  Ad  hanc  Rimilitudincm  putabam  aliqnando  Poen.  5,  2,  85  corvi- 
gendnm  e8*e,  ubi  non  potest  non  p<'rmirum  esse  quod,  qni  5,  1,  22 
5,2,  82.  87.  91.  98  constanter  cat  Antidamas,  fmbito  factns  <-st  et 
eemel  Antidamarchus: 

siquidcm  Antidamarchi  quacris  fidoptaticium. 
Kt  habet  ibi  AmbroKianua  ANTIPAMAII,  quod  interpn-tabar  Anlida 
mak  h.  c.  Antidamatac.    Nunc  uescio  an  prae«tct  Antidamai. 

VH.  MTSCBKLIl  UPVSCVLA  1U.  22 


Digitized  by  Google 


338 


QVAESTIONES  ONOMATOLOGICAE. 


'ATTOiKibric  senex  Epid.  GeobuupOMnbnc  pater  Capt 
^ApTopiTTTTOC  adulescens  Asin.      2,  2,  38.  3,  4,  103.  5,2,  20. 

(A ristophontes  Capt.)  0€paTTOVTitovoc  uiiles  Curc. 

"ApTraE  cacula  Pseud.  0ecTTpiu)v  servus  Epid. 

'Apiduujv  servus  Bacch.  4,  7,  0n.caupoxpucoviKOXpuci- 
1.  34   (cf.  ^ApTeuwv:   "Ap-      bnc  pater  Capi  2,  2,  35. (V) 

T(micX  KctKiCTOc  servns  Vidul.  cod. 

^ApTOTpuiToc  parasitus  Mil.        Aml)r  (cf  *ApiCT0Cj  mh. 

'AxapiCTiwv  sorvus  (ut  vide-  CT0C) 

tur)  Plin.  XIV,  13,  15  (92),  (CallidamStes  adul.  Most) 

Non*  li)7>  r>'  KaXXiMapxoc  senex  Trin.  4, 
BapuXwv  servus  Adelph.  5,      2,  72. 

7,  15.  (cf.  Salniasii  Bxerc  KaXobwpoc  (add.  KaXXibujpoc) 

Plin.  130  b.  D.)  adulescens  Pseud.:  v.  supra. 

BXecpdpwv  ^mbernator  Amph.  KaTTTrdboH  leno  Curc. 

BoMpoMaxibnc  miles  Mil.  1,  KepK60oXoc  nequam  Trin.  4. 

h  14.  3?  13. 

TeXdciMOC  parasitus  Htich.  KepKOViKoc  nequam  ibid. 

rpiTTOC  piscator  Kud.  KXutom  bucapxibnc  vnl 

AidpoXoc  miles  Asin.  miles  Mil.  1,  1,  14.*) 

AivdKiov  puer  Stich.  KoXXapoc   nequam  Trin.  4. 
AopbaXoc  leno  Pers.  3,  13. 

'eTTiTVUJMOc  vir  Stich.  KoXXuPickoc  vilicus  Poen. 

'epfdciXoc  parasitus  Capt.  Kpivoc  nequam  Trin.  4,  3.  13. 

6u0uviKoc    adulescens    Cas.  KuXivbpoc  cocus  Men. 

greg.  3.  AdppaH  leno  Rud. 

euKXeiuv  (euKXtuJv)  senex  Aul.  AaMTrabtwv  sorvusCist.,  Naov. 
'Ht»ujv   senex  Capt.  Phorm.      Varr.  1.  1.  p.  385  Sp. 

Adelph.  (cf.  'Ayuuv).  AecpoviKOC  adulescens  Trin. 

*)  Vulgatur  liibrida  vox  Cluninstaridysarchidos,  quac  debe- 

tur  Camerario.  In  Palatinis  est  clutumistaridisarchidM,  nisi  quod  non 
continuantur  syllabae:  nec  fere  doteriores  libri  diserepant,  nisi  quod 
instar  pro  istar  exhibout.  Et  ab  initio  quidem  vix  dubitandum  quin 
KXuTO-  fuerit;  iu  reliquas  litteras  eonvenire  eoraplut  a  powont: 
(KXuTomceapvoi^ucapxi^nc,  KXuTouucTUKi&ucapxioqct)  KXu 
TouqcTOpihucapxionc,  ut  do  KXuToun.CTUjp  eogitctur,  quemadiuotlum 
fuit  TToXuMncTUjp. 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  ONOMATOLOOICAE. 


330 


AifJavoc  servus  Asin. 
AtTrdpujv  rex  Men.  2,  3,  59. 
Auboc    paedagogus  Bacch. 

[fAtil.  Varr.  1. 1.  p.  367  Sp.j 
AuKUJvibric  adulescens  Aul. 
Aucit^Xtic  adulescens  Trin. 

M€Tdbujpoc  senex  Aul. 
NUrapwvibric  senex  Trin. 
Mevapxoc  medicus  Capt.  proL 

20.  2,  2,  85.  (An  Mn.vap- 

Xoc?) 

Meccriviujv  servus  Men. 
MiKKOTpujfoc  parasitus  Stich. 

1,  3,  88. 
MiXqpibiTTTrri  serva  Mil. 
MtXqnujv  servus  Poen. 
MicapYupibric  danista  Most. 

3,  1,  41. 
'OXuutuckoc  Cas.  3,  0,  14. 
OXuuttiujv  vilieus  Cas. 
TTaiYViov  puer  Pers.;  Capt. 

5,  3,  7. 
TTaXaicTpiujv  servus  Mil. 
TTaXivoupoc  servus  Curc. 
TTauqnX  ittttoc  vir  Stich. 

rTcpiTrXeKTOuevric  senex  Mil. 
TTepiqpdvric  senex  Epid. 
TTictokXtipoc  adulescens 
Bacch. 

TTXaTaf ibujpoc   iniles  Curc. 

3,  38.  00.  4,  4,  5. 
TTAeucibric  adulescens  Mil. 
TTXeucibiTTTTOc  adulescens 

Kud. 


TToXToqpaf  ujvibrjc  railes 

Poen.  prol.  54. 
IToXupabiCKOC   Plaut.  Varr. 

1.  1.  p.  249  Sp. 
TToXuuaxaipOTrXatibric  nii- 

les  Pseud.  4,  2,  31  sqq.*) 
TTu66biKOC  servus  Aul. 
TTupTOTroXiviKr|C  railes  Mil. 

CaYapivoc  servus  Stich. 
CaTapiCTiuJV  servus  Pers. 
CaTTapiuJV   servus  Trin.  4, 
4,  13. 

CdTTnc>  Sanga  Hxa  Eun. 
(Caupe"ac  servus  Asin.  1,  1, 

72  sqq.:  v.  supra.) 
CKcXebpoc  servus  Mil. 
CKCTrapviuJV  servus  Kud. 
|CK€Trapvoc:  v.  supraj 
CrrdpaH  servus  Kud.  3,  2,  43. 
CTdXaTUOC  servus Capt., Nao v. 

Don.  in  Phorm.  1,  2,  24. 
Stalino  senex  Cas.  ix 
CTdciuoc  servus  Trin. 
CTecpaviuJV    servus  Turpil. 

Prisc.  nietr.  coni.  1320. 
Ctixoc  servus  cotfnominis  fa- 

bulae. 

CTpaTtXa£  servus  Truc. 
CTpaTiTTTTOKXfjc  adulesceiis 
Epid. 

CTpaToqpdvrjc  miles  Trnc. 
CTpopiXoc  servus  AuL 
CTupaS,  Storax  servus  Ad. 

i,  i,  i. 


*)  Vulgatur  Pol  ym.achacroplacidcs,  quod  non  cxpcdio;  I'o- 
lymacJmrroplc<li<li'8  vol.d.at  Salmasius :  und»'  profccti  TrAufu  fonnani 
asciviuius. 

22* 


Digitized  by  Google 


340 


QVAKSTIONES  ONOMATOLOGICAE. 


CufKepacioc  servus  Poen. 
CupiCKOC  servus  Eun.  7,  4,  2. 
TouXoc  servus  Pers. 
Tpaviujv  servus  Most. 
TpaxaXiujv  servus  llud. 
( T  u  v  b  a  p  o  c ,  T y ndar n s  sor- 

vus  Capt.) 
TuppaXtuJV,  Turbalio  ser- 

vus  Rud.  3,  2,  43.  5,  19. 
Oatbpouoc  aduleseens  Curc. 


OavicKOC  puer  Most. 
OiXoXdxn^  aduleseons  Most. 
OiXoTToXeuoc  adulesc.  Capt. 
<J>iXtujv  senex  Trin. 
XaipepouXoc(Chaerihulus) 

adulescens  Epid. 
XpucaXoc  servus  Bacch. 
VeuouXoc  servus  cognominis 

fabulae. 
(Veubujv:  v.  supra.] 


'AbeXqpdctov  meretrix  Poen. 
'AkpottoXictic  tidicina  Epid. 

3,  4,  67.  4,  1,  41. 
'AKpoTeXeuTiov  meretrix  Mil. 
'AXickti  serva  Cist. 
'AuTreXtCKrj  puella  Rud. 
'AvTepacTuXic  meretrix Pocn. 
'AvTKpiXn,  nieretrix  Ileaut., 

TurpU.  Non.  281. 
'ApTeuuJvn,  uxor  Asin. 
'ApxoXic  serva  Truc.  2,5,20. 

Andr.  1,  4,  1. 
'AcTdqpiov  serva  Truc. 
Bpouia  serva  Amph. 
AeXqpiov  meretrix  Most. 
AopiTTTrn  uxor  Merc. 
'CXeuctov  serva  Aul.  2,  5,  7. 
Cuvouta  soror  Aul. 
OeTTaXrj  serva  Amph. 
KavGdpa  nutrix  Eun.,  Epid. 

4,  1,  41. 
Casina. 


*)  Vt  dnbitari  de  Menarchus 
Belena  nominis:  quod  lieet  aut  a 
Afjuvoc,  quod  etsi  dutjc  auctorera 
Xn.uv(cKo(  formam. 


KXeaipeTn.  lena  Asin. 
KpoKUJTiov  serva  Stich. 
An,uvoceXr|vr|iLemniseIene 

meretrix  Pers.*) 
MeXatvtc  lena  Cist 
M iXcpiCHTTTTr)  serva  Mil. 
Mocxic  meretrix  Afran.  Non. 

318. 

Muctc  serva  Andr. 
NauciCTpdTri  m atrona Ph onn. 
ZuctuXic  meretrix  Pseud.  1. 
2,  70. 

TTavriTopic  uxor  Stich. 
TTapoaXiCKri  serva  Cas. 
T7  a  c  i  p  o  u  X  rj  v i  r     A nd r .  f>,  4 . 4 2. 
TTaciKouuni  meretrix  Merc. 
TTivdKtov  uxor  .Stich. 
TTXavn.ciov  meretrix  Cttrc. 
TTToXeuoKpaTeta  sacerdos 
Uud. 

CetXrivtov  (CtXriviov)  meretrix 
Cist. 

potest,  ita  do  veriloquio  Lemni 
An,uvoc  dncere,  ut  Accpo-,  aut  a 
non  babet,  tamen  o  so  procreaut 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONKS  ON*>MATOLOUICAE.  341 

CKdqpn  serva  Most.  0tXr>,udTiov  nieretrix  Most. 

Co(poK\ibiCKr)  serva  Pers.  OiXrjvtov  nieretrix  Asin. 

CiacpuXn  serva  Aul.  (piXoKWuctciov  meretrix  Mil. 

Ci€(pdviov  serva  Stich.  ^tXicpa  anus  Heaut.  4,  1,41). 

CTcqpavtCKibtov  Stich.5,4,57.  OiXujtiov  lneretrix  Hec.  1, 
Cujqppovti  nutrix  Eun.  2,  6.  7. 

TeXecTtc  filia  Epid.  5,  1,30.  Ooivikiov  meretrix  Pseud. 

TcuEtudpxn   mater  Men.  5,  (J>povr|Ciov  meretrix  Truc. 

9,  71.*)  Xpuciov  meretrix  Caecil.  j>.  6 
[Oatbpta  filia  Aul.  4,  7.J  Speng. 

Horutu  (juae  enuuieravimus  nominuiu  etsi  (juacdam  sunt, 
de  quurunt  vel  notatione  vel  accentu  non  inutiliter  posse 
quaeri  intellegamus,  tamen  hic  desistendutu  esse  existimamus, 
quud  alio  nunc  muneris  officium  nos  vocat. 


Caput  II.**) 

1.  Miuimedum  exhaustus  discijdiuae  onoinatologieae  m 
tons  Plautinus  (juid  eum  arte  reelusus  conferre  ad  entendandatu 
suj»jdendamve  graininaticain  possit,  libet  uno  notabili  exemjdo 
osteudere.  (v>uod  quouiam  longiorem  disjmtationeui  nec  poscit 
nec  patitur,  ne  in  nimiae  brevitatis  crimen  j>rogrammatarius 
iucurrat,  caussae  j>rincipali  quasdam  secundarias  soeiabimus 
eiusdeiu  geueris  affinitate  comprehensas.  Certis  autem  atque 
indubitatis  ut  aliquid  e  dubiosis  et  coniectariis  j>raeludatur, 
j»ritnum  cum  recenti  dolore  coniuncta  recordatio  facit  ut  le- 
uouis  uomen  recolamus  quod  nuuc  DORDALVS  scribitur  in 
Persa.  Quod  cum  uos  potttisse  DOUPALVS  esse  dubitanter 
coniecissemus,  de  POiiDALO  potius  festive  cogitabat,  qui- 
cuiu  de  his  nugis  nuper  sermo  incidebat  per  commoratio- 

*)  Vulgatur  Theusimarche:  sed  teuxinarce  Pall.,  theabinarcac 
deteriores  libri,  thtii&imarce  cd.  princ.    Ergo  acriljendum  Teuxiraar- 
chac.    Factum  nomcn  a  xeuEiuoc,  ut  ab  dXKn.ciuoc  et  KdXXiuoc  AXk>i 
ciMupxoc,  KaXXiLiapxoc. 

**)  [Prooemium  Indicis  ncholarum  aestivaruiu  lionnenwium  a. 
C1313CCCLVI  iterum  in  jrahlicuin  emissuni  iu  Trooemioruni  Uonneu- 
*ium  decade'  (Beroiini  a.  CI310CCCLX1)  n.  V.] 


Digitized  by  Google 


342  QVAE8TI0NKS  QNOMATOLOOICAK. 


nis  Gaxtunensis  opportunitatem  longe  aiuoeuissimam,  F.  G. 
Schneidewinus  noster  tide  suavitateui  aequans,  bumanitate 
fidem,  litteris  humanitatein :  quem  quo  minus  praesagiebat 
auimus  mox  et  familiaribus  atque  amicis  et  optimis  studiia 
tam  immaturo  fato  ereptum  iri,  eo  nunc  acerbiore  luctu  ca- 
rissimum  caput  prosequimur.    havk  •  pia  •  atq  •  candida  • 

ANIMA  •  SIT  •  TIUI  •  TKRRA  •  LKVIS. 

2.   Paullo  confidentius  de  servi  nomine  iudicamus,  uude 
Trucnletiti  nomen  Plautina  fabula  traxit,    Quod  nemo  facile 
credat  STRATILAX  fuisse,  uti  in  antiquis  libris  uno  solo  loco 
exaratum  est,  in  inscriptione  scaenae  primae  actus  tertii:  uani 
et  in  insequentis  scaenae  et  in  actus  secundi  primae  inserip- 
tione  tantum  TRVCVLENTVS  Vetus  codex  exhibet,  ceteri 
ne  lioc  quidem  servarunt.    Et  prorsus  convenienter  Veteri 
codiei  scaenae  II  actua  II  etiam  Ambrosianus  liber  sola  TKV- 
CVLENTVS  ASTAPIIIVM  nomina  praemittit.    Itaque  cuin 
in  promptu  sit  aut  CrpdTuXXoc  aut  CrpaTuXoc,  unde  eouiico 
hyjiocorismo  aut  CrpaTuXXa£  fieret  aut  CrpaTuXa£:  (juod  genus 
uuiversum  admirabili  ut  solet  doctrina  vir  iucomparabilis  Au- 
gustus  Lobeckius  complexus  est  Paralipomenon  p.  125  sqq.  et 
Pathologiue  jirolegomenon  p.  446  sqq.:  tamen  Strutullax  au 
Stratulax  nomine  Truculentum  suum  esse  poeta  voluerit,  ex 
ipsa  fabula  non  upparet,  ut  in  qua  j)roj>rium  servoli  uomen 
nusquain  hodie  legatur.    Sed  tamen  ut  bacchiacae  fonuae 
aliquauto  j>lus  tribuumus,  comparatio  epistulae  Tullianae  tacit 
quae  est  ad  Atticum  lib.  XVI,  15,  ubi  nunc  haec  leguntur 
,v  §  3:  fLcj»tae  litterarum  exemjilum  tibi  niisi:  ex  quo  inibi 
videtur  CTparuXXaS  ille  deiectus  de  gradu'.    Ibi  quidem  euui 
niugnis  eonatibus  graecuin  vocabulum  Lambiuus  cum  Mala- 
spiua  voluerit  cTpaTrjXdTn,c  scribi,  crpaTr|Xa£  Fischerus  Ani- 
madv.  ad  Welleri  gramm.  II  p.  25,  crpaTO(puXa£  in  lexico 
grueco  Schneidenis  8axo,  hodie  autem  illum  nimiruin  apa- 
TuXXaKa  fere  interjireteutur  inqieratomtlum,  nec  uotio  ipsa  apa- 
TiyfoO  (uam  is  imjieratur  est  usitate  locpientibus,  poetis  apa- 
TnXdTnc)  quomodo  huc  quadret  persj)ieimus,  nec  qui  ad  eam 
notionem   crpaTOC   vocabuli   stirjis   traducatur  satis  liquet. 
Itaque  quod  Dindorfius  in  Stejihani  Thesauro  t.  VII  j>.  855 
fnec  quicquanr  inquit  fhue  jiertinet  uomen  servi  Stratilax 


Digitized  by  Google 


Q V A ESTION KS  ONOM ATOLOO I CAE. 


343 


in  Plauti  Truculento',  td  vereor  ne  contra  se  habeat.  Nam 
nisi  multum  fallimur,  ipsain  Plautinam  personam  in  mente 
habuit  Cicero  eandemque  Attico  suo  revocare  in  mentem 
voluit,  tamquain  vivo  et  tralaticio  exeinplo  usus  sive  homiuis 
truculenti  simpliciter,  sive  eius  qui  e  truculento  et  feroce  in 
placidum  atque  coramodum  mutatus  esset:  eam  enim  recor- 
dandum  est  condicionem  esse  servoli  Plautini.  Et  ipsam  cum 
Pseudulo  Truculentum  in  deliciis  sibi  habitam  ipse  Cicero 
iu  Catone  maiore  testatus  est.  Haec  igitur  si  non  carent 
probabilitate,  non  graeea  vox,  sed  latinum  Stratyllax  no- 
mcn  latet  vel  potius  iam  non  latet  in  Medicei  codicis  scrip» 
tura  stratillax,  quae  in  eandem,  quaiu  1'lauti  Vetus  codex 
exhibet,  stratdax  ibrniam  transiit  in  priucipe  exemplo  Ko- 
mauo.  Nam  a  Ciceronis  quidem  vel  aetate  vel  usu  nou  est 
cur  y  litteram  cuni  aliqua  necessitate  abiudicemus  iu  eo  no- 
inine  quod  saue  1'lautum  aliter  atque  Stratullax  scrij^sisse 
uegandam  est. 

3.  Fossum  alia  addere  vel  ambigua  vel  obscura,  velut 
rp  d  in  eadem  fabula  adulescentis  nomen,  quod  vulgo  DI- 
NARCHVS  scribitur,  et  nunieri  constantissime  respuunt  et 
ipsorum  tides  libronun  extra  controversiaiu  ponit  DINIAK- 
CHV8  potius  scribendum  esse  Beptem  quideni  exeuiplis  hisce 
I,  2,  56.  92.  104.  II,  4,  5.  7,  32.  IV,  3,  f)l.  4,  4: 

Quae  in  nos  illosque,  ea  omnia  tibi  dicis,  Diniarche. 
IVpensse  eam  audiui.  Obsecro  tace,  Diuiarche.  Quid  iaillV 
Nam  tii  quidem  edepol  uoster  es  etiam  nunc,  Diniarehe. 
Non  des  amicae,  Diniarche,  sauium. 

Dic  amabo,  ubi  DiniarclpistV    Doiui.     Dic,  quae  ad  nie 

mfserit, 

()l>  ea  dona  me  illum  amare  omnium  hoiiiinum  pluruuium. 
Ihcin'  an  nonV  Diniarchust,  quoi  illam  prius  desponderas. 
Ea  dixit  eum  Dmiarchi  puerum  inuentum  filium. 

De  qua  forma,  cuius  }»aruni  sane  e.\pe<lita  ratio,  alio  l(»co 
dicaui  quid  sit  statuendum  kot'  €mt'iv  ibtav,  ut  loquar  cum 
Vranio. 

4.  Ad  certa  atque  plana  ut  transeain,  primum  diu  est 
cuni  intellexi  verum  uomen  Theodori  Bergkii  acumiue  Mo- 


Digitized  by  Google 


344  QVAESTIONES  ONOM A T OLOG I C A E . 

stellariae  seui  reddituiu  esse  THEOPROPIDI,  qui  THEVRO- 
PIDES  per  aliquot  saecula  ferebatur.  Nam  et  niinis  suspeeta 
v  est  0eujpuj7Tibr|C  forina  de  qua  Lacbuiauuus  eogitnverat,  ct 
nimis  apcrta  quae  ad  akeram  illaiu  spectant  librorum  ve- 
stigia,  coiuposita  a  nobis  in  praefatione  Mostellariae  p.  XVI: 
nou  uimis  auteui  refractaria  baecbiaca  niensura  versus  78,4. 
Quem  etsi  aegre  credani  taleni  fuisse  qualeni  nuper  Bergkiu.s 
counuendavit:  fHeus  beus,  Tbeupropides.  TH.  beui,  quis  bu 
nominat  rue':  concitatior  est  eniin  geminata  inclauiatio  quain 
pro  baesitabuudi  Traniouis  condicioue:  tauien  uou  luinore 
profecto  leuitate,  acceutuuui  auteiu  suavitate  aliquanto  maiore 
ad  numeroruni  legem  sic  revoces  uua  cum  proximo  versiculo, 
queiu  nou  satis  commode  videmur  olim  tractasse: 

Heus  Tbeupropides.    Tll.  bem,  ecquis  bic  nominat  meV 
Tk.  Ero  seruos  multimodis  qui  fidus  unust. 

Nec  vel  insolens  latinum  THEOPROPVS  uomen,  vel  sine 
exemplo  patronymica  forma  apud  Graecos.  lllud  cuni  in 
titulo  musei  Borbonici  babes  apud  Mommsenuin  luscr.  Neap. 
6997:  DM  ||  FELICI  •  FRATIM  ||  OPTIMO  ||  THEOPUO- 
PVS  ||  FEC1T,  tum  in  tessera  Florentina  aiini  ab  u.  c.  700, 
vitio.se  publicata  in  Cardinalis  Diploin.  imper.  p.  121  n.  178, 
emcndato  (praesto  est  enim  Iulii  Friedlaenderi  beneficio  }mru- 
tum  exempluin  stanueum)  in  Gorii  Inscr.  ant.  Etr.  1  p.  2tfy. 
TEOPUOPV  FABI " SP  •  A  •  D  •  VII  •  K  •  OC  L-DOM  AP 
claud.  Ipsum  autem  OeuTTpoTnbn.c  nomen  e  titulo  Sinyr- 
naeo  (ut  videtur)  Corp.  inscr.  gr.  3140  v.  28  petitum  euiu 
similibus  iaiu  Car.  Keilius  coinposuit  Spee.  onomat,  gr.  p,  62. 

5.  Nibil  ofTensionis  iu  Poenulo  COLLYBISCVS  uouieu 
vel  potius  COLLVBISCVS  babiturum  erat,  ut  a  KoAAuftoc 
factum  quod  esse  Actttov  ti  vouicuotiov  vel  ciboc  cuTtAoOc 
vou.tcuctTOC  veterum  testimoniis  grammaticoruni  conskt,  nisi 
aliorsum  nos  librorum  mss.  indicia  vocarent.  Et  fatemluui 
est  aliquanto  aptius  in  danistaiu  vel  tarpezitam,  boc  est  koX- 
AupicTr|v  (in  quo  sat  egerunt  Attieistae),  quaiu  iu  vibcuui 
istud  cognomenti  conventurum  esse.  Nam  idem  KoAAujJoc 
sive  KoAAujtov  vocabuluiu  quod  etiam  ad  eduliorum  siguifiea- 
tionem  traductum  esse  traditur  Hesycbio  auctore  ct  scboliasta 


Digitized  by  Google 


(JVA KST I O N ES  ( >NOM ATOLOGICA E 


B45 


Aristopbauis  in  Pluti  v.  7b"8,  id  ad  vitiosam  consuetudinem 
aevi  iuferioris  referendum  esse  manifestum  est:  quando  ve- 
teres  in  hoc  genere  solam  KoXXapoi  formam  probarunt.  Quos 
uncpouc  dpTicKouc  vel  etboc  dprou  jaiKpou  scholia  in  Pacis  v. 
1200  et  Ranarum  v.  507  interpretantur:  ut  mittamus  ibidein 
coniiueinoratas  interpretationes  dprouc  touc  eotKOTac  Tnv  TrXd- 
civ  toic  KoXXdfJoic  Tfjc  KiOdpac  et  etboc  TrXaKoGvToc  TeTpaYUJVou 
et  dpToi  veoi  €K  TTupujv.  Nam  eosdem  cpiod  vetat  ipujuiCKOuc  in- 
tellegi  et  ucrdXouc  potius  kcu  puTrapouc  kcu*  cpaiouc  dprouc  dicit 
Eustathius  in  Odyss.  XVII,  222  p.  1817  et  a  KiXikioic  non 
diversos,  eius  erroris  fontem  magna  cum  probabilitate  Ca- 
saubonus  aperuit  iu  Athenaei  III  p.  110  D}  doctissimum 
archiepiscopum  docens  corrupto  eodice  epitomae  deeeptum, 
in  quo  kiXikiujv  scriptum  esset  pro  koXXikiujv:  id  cjuod  neg- 
lexerunt  Thesauri  Parisini  editores  t.  IV  p.  1747.  Ab  hac  vi 
igitur  KoXXaftoc  voce  COLLABVS  servus  dictus  est  Trinumnii 
v.  1021  consociatus  cum  CIMMNO:  quae  nomina  apparet 
consimili  lusu  ad  famelicos  spectare  panicellis  contentos  et 
micis  frustulisve  intentos:  quando  Kpijnva  vocata  sunt  Td  toic 
uAcpiToic  €Mcp€p6|ieva  Trjc  TrecppuYMevnc  KpiGnc  M^rdXa, 
biaTrtcpeu-fOTa  bnXovoTt  rnv  ev  Trj  muXu,  KaTepfactav  aKpipn 
Oaleuo  iuterprete.  8i  modo  rectius  Crimmis  nomen  e  co- 
dicuui  scriptura  crinnus  a  8ealigero  et  Guyeto  eHectum  ent 
({iiaiu  ab  Godofredo  Hermanno  Crinus:  quod  illum  dubito 
utruui  a  Kpivov  repetiisse  dicam,  vocabulo  ad  tttujxoO  signi- 
fieationein  accummodato  testibus  Polluce  VI,  107,  Hcsychio, 
Suida,  an  a  Md£nc  specie  <|uadam  Kpivov  voeata  secundum 
eundem  Hesychiuin  et  Athenaeuiu  II  l  p.  114  7*1  Verum  hoc 
cuicuimodi  est,  a  KoXXapoc  recte  atcpie  ordine  ductum  KoX- 
^apicKoc  nomen,  nou  KoXXupiacoc,  vilico  suo  Plautuni  fecisse 
in  Poenulo,  id  vero  librorum  memoria  fide  dignoruui  facile 
persuadet.  Nam  collubiscus  vel  colubiscus  etsi  est  saue  I,  l, 
42  proditum,  et  collijbiscum  vel  collibiscum  ibid.  v.  00:  unde 
profectus  COLLYBISCVM  priinus  invexit  Taubmannus:  ta- 
nien  non  tantum  I,  3,  G  et  III,  1,  55  collabisco  vel  colabisco 
servatum  est,  sed  etiam  in  scaeuarum  inscriptionibus  actus  III 
constauter  COLLABI8CV8  apparet. 

0.  Per  Trdpepya  pergimus  ad  eprov,  quod  in  eadem  fa- 


Digitized  by  Google 


346 


QVAKSTK >NKS  ONOMATOLOOICAE. 


bula  Plautina  versari  voluimus.  Ibi  eniin  qui  niiles  habetur 
ANTHEiMONI DES,  unde  tandem  dictus  putabitur?  cum  nec 
ab  dv6€u.ov  qui  sana  ratione  'AvGeuujvibnc  fiat  perspiciatur, 
nec  ea  ipsa  notione  quicquam  excogitari  ineptius  possit  ad 
trucem  iudolem  militis  gloriosi  significandam.  Illud  igitur 
sive  Aldi  sive  ut  suspicor  Angelii  inventum,  propagatum 
a  Cainerario,  quo  conlidentius  missum  facimus,  eo  certior 
spes  est  fore  ut  veram  nominis  formam,  obscuratam  in- 
curia  librarioruiu/  non  obrutam,  probabili  coniectura  recupe- 
remus.  Et  iu  editionibus  quidem  veteribus  noviciisque  coili- 
eibus  cum  plerumque  Antamenidcs  scriptum  sit,  uuo  illu 
quo  in  ipsa  fabula  nomen  legitur  loco,  qui  est  V,  5,  43, 
ANTAMONIDES  Ambrosianae  membranae  uua  cum  Veteri 
codice  praestaut,  antomencdcs  Decurtatus,  anthomoncdcs  Va- 
ticanus:  praeterea  autem  in  personarum  indice  actus  II 
ANTAMOINIDES  Ambrosianus  exhibet,  ANTAMONEDES 
uterque  Palatinus  cum  Vaticano:  postremo  in  inscriptione 
scaeuae  V  actus  V  ANTAM  ....  superstes  est  in  Auibro- 
siano,  ANTAMOENIDES  servatum  in  Veteri.  Namque  ut 
uno  verbo  dicam  quod  res  est,  non  aliud  iu  vestigiis  illis 
latuit  nisi  A  n  t  a  m  o  e  n  i  d  e  s  nomen,  aequatque  ea  scrip- 
tura  graecum  nomen  'Avia^uvibric,  quo  mirifiee  ad  veritatem 
militis  imago  dvTau.uvojuevou  designatur.  Quodsi  qui  illud 
liat  quaeritis,  cari  adulescentes,  ut  in  oc  diphthongum  u  vo- 
calis  transeat,  nolite  ulla  in  hanc  partem  vi  esse  ea  putare, 
quae  affiuia  specie,  reapse  alienissima  sunt:  velut  quod  Boeo- 
toruni  ilialecto  aliquotiens  oi  est  iu  u  mutatum,  quode  dili- 
geus  imprimis  grainmaticus  H.  L.  Ahrens  noster  dixit  de 
dial.  Aeol.  p.  11)1:  vel  quod  pervulgari  non  librariorum  tan- 
tuiu  sed  lapidariorum  quoque  errore  cuiu  eaedem  litterae  illae 
tum  oc  et  y  pcrinutatae  sunt,  cuius  rei  reconditiora  exempla 
vuquaedain  exprompsit  Valesius  in  Harpocrat.  v.  TTTOidbujpoc: 
vel  quod  paucorum  quorundam  nominum  fortasse  dupliccm 
fonuam  iani  autiquitas  novit  ut  'AvbpoiTac  'Avbpurac,  quotl 
genus  Oar.  Keilius  jierstrinxit  Anal.  ej^igr.  et  onoinat.  p.  H33, 
quamquaiu  certam  fidem  nec  alia  habeut  et  omnium  miui- 
mam  I7oi6ioi  pro  TTuGioi  expulsumque  nuper  a  Meinekio  e 
Stephano  p.  302  Kdpoia  pro  Kapua:  vel  quod  cognuto  cuni 


Digitized  by  Google 


QVAE8TIOXK8  OXOMATOLOGICAK.  347 


hoc  genere  iibusu  postera  Latinorura  consuetudo  iu  graeco 
'Afpoinoc  noniine  (quocura  'Aypoitcic  conferendum)  probavit 
Aynjtius  scripturani,  teste  ipso  Agroetio  apud  1'utsehium 
p.  2265:  vel  denique  quod  a  pristina  oc  vel  oi  diphthon*£> 
ad  u  vocaleni  ipsa  latinitas  descendit  in  locdus  mocrus  mocnus 
cocra  poenio  ocnus  et  similibus.   Eteniiu  quod  huc  solura  per- 
tinet  et  tanquain  ad  aiuussira  quadrat  praeter  cetera,  illud  est, 
quod  dedita  opera  et  certae  doctrinae  lege  sciinus  u  vocalem, 
quo  propriara  ipsorum  Graecorum  pronuntiationem  imitaren- 
tur,  latinos  magistros  non  u  vel  i  littera,  sed  oc  diphtliougo 
expriiui 'iussisse:  hoc  est  eam  vocaleui,  cuius  iucunditateiu 
Quinctilianus  XII,  10,  27   negabat  ulla  littera  latina  ex-  • 
aequari.    Testis  eius  doctrinae  Maxiiuus  Victorinus  p.  1D45: 
'litterae  peregrinae  suut  z  et  yy  quae  |peregrinae|  pro])ter 
graeca  quaedaiu  assuraptae  sunt  ut  llylas  zcphyrns:  quae  si 
iion  essent,  Hoclas  et  sdcphocrus  dicerunius':  ubi  sdcphocrus 
pro  eo  quod  vulgatur  dcphcrus  multo  coniidentius  ampleeten- 
dum  quani  a  Conr.  Leop.  Schneidero  gramm.  I,  1  p.  377  sq. 
factuiu   est.     Et   in   ipsis  quidem  Ilylas  zcphyrus  vocibus 
reapse  usitataiu  illara  per  oc  scripturara  unquara  fuisse  aut 
puto  non  voluit  dicere  grararaaticus  aut  certe  uon  debuit: 
quod  contra  ad  longam  u  vocalein  revera  accoiuraodatara 
esse  paucis,  sed  eis  non  dubiis  exemplia  credeudum.  Nani 
priiuum  vix  dubium  ipsum  illud  Antaraoenides  habendum. 
Quo  etiam  gravius  praesto  est  non  in  seholae  umbra  deli- 
tescens,  sed  publico  commuuique  usu  iulustre  Moesia  no- 
iueu,  quo  coustat  Tfjv  ev  Trj  GupujTrn  Muciav  dictam:  quoruui 
nouiiuura  rautuara  ratioueui  illara  sua  spoute  intellegitur  non 
iufringi  eo  quod  et  Mysia  haud  raro  a  latiuis  vel  scriptori- 
ous  vel  librariis  provincia  Europaea  dicta  est  et  ad  Asiae 
regioneiu  Mocsia  scriptura  saltera  a  librariis  translata  talibus 
exemplis  qualia  Munckerus  congessit  in  Uygini  fab.  Oi)  et 
Dukerus  in  Flori  IV,  12,  13:  quibus  Perizonius  addi  potest 
Aniiuadv.  hist.  p.  447  ed.  Harl.    Quae  cuin  ita  sint,  iam 
licebit  a  mendosae  scripturae  suspitione  Grouoviaua  (Observ. 
IV,  15  p.  701  sq.  Platn. )  tertiuiu  exeinphiui  vindicare,  quod 
est  Siculae  urbis  noraen  MuXai,  producta  vocali  versui  ira- 
missuni  a  Silio  XIV,  202  (^Subsidiuin  infidura  fugieutibus 


Digitized  by  Google 


1 


348  QVAESTIONES  ONOMATOLOOICAE. 

aequora  Mylae'),  ad  illani  autem  analogiaui  tbruiatum  apud 
Servium  Danielis  in  Aeu.  VIII,  682:  fnain  (Agrippa)  et  Sex. 
Pompeium  apuil  Moelas  ipse  devicit'. 

7.  Reeuperatam  et  ratiociuandi  probabilitate  satis  ut 
opiuor  iirmatam  Antamoenides  Formam  non  est  taineu  cur 
continuo  ab  ipsa  Plauti  manu  repetamus.  Nam  hunc  non 
brevein  tantum  u  vocalem  ut  in  Surus  suinbolo,  sed  in  suco- 
phanta  Lusitilcs  et  parilibus  etiam  longain  constauter  u  lit- 
viii  tera  extulisse  euin  librorum  memoria  suadet  ut  crcdamus,  e 
quibus  ne  tenuissimum  quidem  vestigium  meinini  quod  non 
aut  ad  u  aut  ad  \j  vel  i  scripturam  spectet,  tum  de  aliquot 
•  vocabulis,  in  his  de  Musia  Donatus  in  Hceyrae  I,  2, -8,  ipsi 
veteres  grammatici  testautur,  tuin  fortiore  etiaui  argumeuto 
ea  rrapovouaciac  exeiupla  persuadeut  quae  alibi  insignivimus 
in  Bacchiduni  v.  120.  362: 

Nou  omnis  aetas,  Lude,  ludo  conuenit. 
Facietque  extemplo  Crucisalum  me  ex  Crusalo. 

Nee  epigraphica  monumenta  saeculi  ab  u.  c.  septimi  aliam  iu 
partem  ulli  iudicio  suut.  Itaque  prorsus  non  haberemus, 
utrum  ad  Accii  aut  Lucilii  auctoritatem  an  ad  Sullauam  ae- 
tatem  an  ad  iinperatoruiu  tempora  illam  oc  scripturam  cuiu 
aliqua  probabilitate  referreiuus,  nisi  tamen  aliquid  iu  eam 
quaestiouein  lucis  e  Moexorum  mentione  redundaret.  Quos 
qui  hac  nomiuis  forma  priinus  quod  nunc  sciamus  dixerit, 
nec  Strabu  est  nec  libro  CXXXIV  Livius,  scd  a  Strabone 
coinineLuuratus  Pusidouius  Khodius,  quem  constat  sub  ipsuiu 
initium  saeculi  uctavi  Romam  venisse.  Nam  etsi  a  Strabouis 
usu  et  notitia  Moicoi  formain  prorsus  esse  abiudicaudam  Bern- 
hardyus  in  Diunysii  Pericg.  v.  322  censuit,  rationem  tameu 
aegre  perspicias,  cur  uon  potuerit  ille  suae  aetatis  consuetu- 
dinem  Uoinanain,  ubi  res  ferret,  cum  Craeca  componere:  iu 
qua  sententia  video  etiam  Meinekium  es.se  Vindic.  Strab.  p.  84. 
Itaque  cum  a  lib.  VII  p.  205  verbis  interpolationis  suspitio 
umuis  prucul  habenda  sit,  modo  recte  distinguatur  oratio  in 
hunc  modum:  o\  toivuv  '€XXnv€C  touc  tc  TtTac  0paKac  urrc- 
Xdupavov  (ujkouv  b*  l(p*  CKaTtpa  tou  "lcTpou  kou  outoi  kgu  oi 
Mucoi,  GpcjKtc  6vTtc  kcu  auToi)  kcu  oOc  vOv  Moicouc  KaXoO- 


QVAE8TIONE8  ONOMATOLOGICAE. 


840 


civ:  tum  ne  carero  quidem  Moicujv  appellationc  vel  iii  his 
possumus  VII  p.  koi  vOv  oikoOciv  auToOi  01  Moicoi  Ka- 

Xouucvoi,  njoi  Kai  tujv  rrpoTepov  outuu  KaXouuevwv,  tv  be  tt) 
'Ariq  Mucujv  u€Tovofjac0evTUJV,  f|  .  .  .  .  tujv  ev  Trj  OpaKr)  Mucujv 
KaAouuevuJV  TipOTepov,  vel  in  illis  lib.  XII  p.  f>42  init.:  eipn,- 
Tai  b'  oti  Kai  auTOi  01  Mucoi  Opoocujv  dTtoiKOi  eici  tujv  vOv 
XeYopevujv  Moicujv.  Quae  si  ita  sunt,  nihil  est  cur  de  veritate 
eius  emendatiouis  dubitetur,  quam  verbis  lib.  VII  p.  296 
Coraes  atlhibuit:  beiv  oe  (XeYet  6  TToceibujvioc)  ev  tuj  Tpiocai- 
beKOTUJ  YP«cpeiv  dvTi  toO  «Mucujv  t'  dYX^MaxuJV»  «Moicujv  t' 
orfXtuaxujv>:  nisi  qui  forte  Ktictujv  t'  drfXCMttXwv  in  Hiatlis 
XIII  versu  5  probare  cum  Heynio  animum  induxerit.  Ergo 
Moesia  forraam  iam  Fosidonius  novit:  unde  intellegitur  id 
genus  iam  septimo  ab  u.  c.  saeculo  invaluisso,  eodeinque 
probabiliter  eonicitur  cum  aliis  multis,  quae  ab  ij>so  poeta 
profecta  non  sunt,  etiam  Antamocnidcs  scripturam  in  IMauti 
exemplaria  intrasse. 

Verum  satis  est  nugarum,  quaniquain  in  gonere  non  in- 
fructuoso  nugarum. 


[E  praefatione  Decadis:  'Quae  p.  III  [342)  sq.  de 
Stratulhx  vel  (quod  haud  scio  an  praestet)  Stratntax  nomine 
disserui  eorum  summam  Fleckeisenus  me  monuit  a  Hergkio 
occupatam  esse  in  Diar.  antiq.  stud.  a.  1848  j).  112G:  id  quod 
oblitus  eram.  —  P,  VI  [340 1  sqq.  exjdicatam  0  iuiXoO  et 
latinae  oc  diphthongi  congruentiaiu  exemi>loruin  multitudine 
e  codicum  mss.  memoria  j>etitorum  Ribbeckius  in  Fleek- 
eiseni  Annal.  t.  LXXVI  (1857)  j>.  316  sqq.  confirniavit:  qui- 
bus  adde  ab  Iahnio  commemorata  Act.  soc.  Sax.  a.  1857  p. 
204  sq.,  item  a  Vahleno  Anal.  Non.  j>.  37  adn.'J 


Digitized  by  Google 


QVAKSTIONES  ONOMATOLOOICAE 


3. 

DONATUS 

QEBER  PERSONENNAMEN  BEl  DEN  KOMIKEUN. 

I  Donatus  ad  Adelphon  I,  1,  1. 
Nomina  personarum,  in  comoediis  duntaxat,  habere  de- 
bent  rationem  et  etyniologiam.  etenim  absurdum  est  comi- 
cum  aperte  argumenta  confiugere:  uel  nomen  personae  in- 
congruum  dare,  uel  officium  quod  sit  a  nomine  diuersum. 

r.  hinc  scruus  fidelis  Parmeno:  infidelis  uel  Syrus  uel  Geta: 
miles  Traso  uel  Polemon:  iuuenis  Pamphilus:  matrona  Myr- 
rina:  et  puer  uel  ab  odore  Storax  uel  a  lutlo  et  a  gesticu- 
latione  Circus:  et  item  similia,  in  quibus  summum  poetae 
uitium  est,  si  quid  e  contrario  repugnans  diuersumque  pro- 

io  tulerit,  uisi  per  dvritppaciv  ioculariter  nomen  inponit,  ut  Mi- 
sargyrides  in  Plauto  dicitur  trapezita.  et  fere  hoc  modo  apud 
alios  a  poetis  nomina  coniponuntur  describenda  per  dvTitppa- 
civ,  quod  designat  Storax. 


v.  1  comediia  A  (i.  e.  cod.  1'aris.  lat.  7020  m&nhran.  sacc.  XI)  J) 
(i.  c.  codex  Drcsdcnsis,  mcmhr.-clwrtac.  Elector.  539 h ,  Reg.  J).  101 
sacc.  XV).  comedia  Ji  (i.  c.  cod.  Paris.  lat.  7021  chartac.  sacc.  XV) 
C  (i.  e.  codcx  Lcidcnsis  Voss.  186  mcmhr.  sacc.  XV)  dum  taxant 
C  2  ra|rationem  A  ekoeraologian  A.  ethymologijft  Ji.  ethi- 

mologiam  CJ)       H  confringat;  NOm  A.  confringe  ut  noiu  B.  confrin- 

i 

gere  uel  nomen  CD         persone  B.  psene  C         4  qd  A  a  otn. 

A  noe  A  diusum  A  6  uel  Syrus  uel]  rursus  A  sinw 
0         post  Gcta  add.  uel  CD  6  traso  AJiCD  polemS  A. 

pahmton  JiCD         post  Pamphilus  add.  uel  D  mirrena  A.  mir- 

rina  JiCI)  7  et  ab  odore  B.  et  abdore  C.  abedone  D  nel  a 

ludo]  ut  aliqud  A.  et  a  ludo  CD       a  ante  gosticulatione  om.  Cl) 
8  cirtus  A.  cirus  B.  cirieus  C.  cyricus  J)         item  om.  C  9  in- 

itium  A  post  repugnans  add.  contrarium  BCD  diuerstini  pcr- 
tulerit  D  10  antifrasim  D.  antiphrasim  C.  antrifasim  B.  antioti- 
pation  A  ioculariter  usque  ad  per  dvdcppaciv  (u.  12)  om.  B 

nomen  inponit  (imponit  D)  ioculariter  Cl)  misar  gyrides  A.  mi- 

sargirides  C.  insargiridcs  J)         11  rapezita  AD.  rapesita  C  fere 
o 

apud  alios  hoc  m  A         12  describenda  transponit  post  dvrJ^poctv  A 

ii 

anthiphrasim  C.  antiphrasim  D       13  qd  designat  A       [num  per 


Digitized  by  Google 


QVAESTIONES  OXOMATOLOGICAE. 


351 


II  Donatus  ad  Antlriae  I,  3,  21. 
Semper  nomina  comicorum  seruorum  aut  a  nationibus 
sunt  indita,  ut  Mysis,  Syrus,  aut  ex  accidentibus,  ut  Lesbia 
uelut  ebriosa,  a  Lesbo  iusula,  quae  ferax  est  suauissimi  can- 
didissiniiquc  uini,  aut  a  moribus  et  uernilitate,  ut  Pseudulufl, 
aut  ex  negotio,  ut  Cbrysalus,  aut  ex  qualitate  corporis,  ut 
Thylacus,  aut  ex  spccie  formae,  ut  Pinacium. 

dvruppactv  deseribcndo  quod  dcsignat  rcstituendum  et  hacc  vcrba  post 
trsL\H%zit&  transponenda,  sed  Storax  male  iteratum  lemma  delendum?  C.  \Y.\ 
1  autcni  oxld.  post  semper  cdit.       2  misis  BCI)       sirus  C.  synis 

u 

D       utilcs.  ina  A       3  uelit  A.  nclut  om.  1)       quae  est  ferax  cdit. 

4  aut  amoribus  AC.  aut  moribus  B.  aut  ab  amoribus  J)  pae- 
dulus  B.  pscendulus  I)  5  negocio  CJ)         chrisalns  A.  tusasalu.s 

li.  crisis  salus  C.  crisalus  J)  cx  om.  J)  0  chilacus  A.  thilatus 
JiC.  tylacus  I)  cxpecie  fome  B  pinatd)  7/.  pinatium  CI) 

ex  pene  add.  D. 


XI 


De  M.  Terentii  Varronis  disciplinarnm  libris 

comnientarius.*) 

Capvt  i. 

§  l. 

i  Emditionem  prope  omncm  et  ad  humanitatem  iniorma- 
tionem  nemo  nescit  iis  Baeculis,  quae  consnevimus  medii 
aevi  nomine  coruprebemlere,  septem  libcralium  artiuin 
orbe  coartatam  esse.    De  quibus  potissiiua  testimonia  baec 

*)  [EdituH  programmatc  aoademico  Bonnensi  a.  1845  t*ic  inscripto: 
'  Natalicia  Augustissimi  Regis  Friderici  Guilelmi  IIII  ....  d.  XV  Oct. 
a.  CIOIOCCCXXXXV  concclebranda  indicit  F.  K.  Insunt  Quae^tiones 
Varronianae'.  tfibliopolae  traditns  prodiit  in  publicum,  inscriptioue  sic 
mutata:  fDe  M.  Terentii  Varronis  disciplinaruni  libris  commentarius  F.  KV 
et  praemissa  hac  epistula:  rFridericus  Uitscheliua  inclutac  litterarnni 
academiac  Borussicae  6ociis  claasi  historicae  et  philologicao  ascripti*  s. 
Quod  ad  Vos,  viri  gravissimi,  hanc  quam  nubieci  opellam  mlbi,  id  po*t- 
quam  licere  mihi  Vcstra  auctoritas  iussit,  cum  opportune  facere  tuni 
debere  et  Vestrae  gratiae  et  meo  officio  visus  Bum.  Nam  cum  nupei 
aniplisHimae  societati  Vestrae  me  esse  cpistularum  commercio  iunctnni 
voluissetis,  et  si  quid  huberem  quo  augeri  optimae  litterae  viderentur, 
id  ut  Vobiscum  communicarem  auctorea  mihi  exstitisseti»:  quid  migia 
esse  const  ntaneum  potuit  quam  et  Vos  exHpectare  tam  honoritico  indi<io 
nt  saltem  voluntatis  prompta  significatione  non  indiguuiu  me  prae- 
Btarem,  ct  me  grati  pro  tam  luculenta  benevoleutia  animi  testificandi 
imputienter  occaaionem  captare?  Igitur  aequi  bonique  quaeso  consulite 
quod  Vobis,  viri  praestantissimi,  levidense  muuusculum  obtuli:  quod  ?i 
nulla  alia  virtute  commendabitur,  haud  scio  an  aliquam  a  Vobis  gra- 
tiam  ipea  sit  argumenti  opportunitate  initurum:  qnando  non  iniucnn- 
dum  tuerit  tamquam  incunabula  earum  artiuin  respicere,  quae  iam 
adultao  cuiu  tanta  litteratae  Kuropae  laudc  Vcstra  pracclara  operi 


Digitized  by  Googl 


■ 

DE  M.  VARRONIS  DI8CIPLINARVM  LIBRIS.  353 

sunt,  quae  infra  posuimus  quod  eorum  cortuin  volumus  in 
disputatione  nostra  usum  esse.  Exordimur  ab  Isidoro  Orig. 
I  c.  2:  Disciplinae  libcralium  artium  scptcm  sunt.  prima 
grammatica  i.  c.  loquendi  pcritia.  sccunda  rlictorica  .  .  .  tertia 
(Uakctica  cognomento  togica  . .  .  quarta  arithmetica  quae  continct 
numerorum  caussas  ct  divisiones.  quinta  musica  quac  in  car- 
minibus  cantibusquc  consistit.  scxta  geomctrica  quac  mcnsuras 
tlimcnsioncsque  eomplectitnr.  septima  astronomia  quae  continet 
kgem  astrorum.  Ab  Isidoro  aliqua  ex  parte  discrepat  uno 
eirciter  saeculo  maior  Cassiodorus  eo  libro  quem  dc  artibus 
et  disciptinis  liberalium  titterarum  scripsit;  sic  eniui  ille 
vol.  II  p.  258  b  ed.  Garett.  in  praefatione:  dicendumque  prins 
est  (k  arte  grammatica,  quae  est  videlicet  origo  et  fundamentum 

liberalium  litterarum  sccundo  de  artc  rhetarica  .  .  . 

krtio  de  logica  quae  dialcctica  nuncupatur  .  .  .  quarto  dc  ma- 
thematica  quae  quattuor  eomplcctitur  disciplinas,  id  cst  arith- 
mtticam,  geometrieam,  musicam  ct  astronomicam.  Eundem 
autem  hanc  quadripartitam  descriptionem  nec  Isidorus  igno-  * 
rat,  immo  sequitur  in  libro  III,  ubi  ad  ipsam  explicationem 
disciplinarum  mathematicarum  accedit:  matliemaiiea  .  .  .  cuius 
sitecies  sunt  quattuor,  id  est  arithmctiea,  musica,  gcomefriea, 
astronomia:  quocum  congruit  ipsis  Originum  libris  praemissa 
ad  Braulionem  episcopum  epistula  VI.  Nisi  quod  priore  loco 
illo  in  quibusdam  libris  inverso  ordine  ante  musicam  geome- 
trica  et  commemoratur  et  tractatur,  prorsus  id  quidem  Cas- 
siodori  exemplo.  Vulgarem  tamen  ordinem  servat  etiam 
Boetius  initio  librorum  de  arithmetica.  —  Rursum  autem 
paullo  ante  Cassiodorum  in  novem  Marciani  Capellae  libris 
easdem  artes  hoc  ordine  pertractatas  reperimus  a  lib.  III  ad 
IX:  grammaticam,  diateeticam,  rhetorieam,  geomctriam ,  arith- 
mcticam,  astronomiam,  musicam.  Postremo  commernorandus 
utroque  prior  Augustinus,  his  ille  verbis  de  suis  studiis  ex- 
ponens  Retractat.  I  c.  6:  Per  idem  tempus  quo  Mcdiolani  fui 

liberalique  cura  illustrantur,  coniunctis  autcm  Veitris  illustriumquo 
collegarum  VeBtrorum  academicorum  conailiis  etiam  eonsoci;ttionein 
illarn  tuentnr  ipHiua  antiquitatis  exemplo  nobilitatam,  qua  v<lut  uniu.H 
membra  corporis  pridem  copulari  sunt  solitae.  Vub  te.  Scribebam 
Bonnae  vi.  Kal.  Quiutil.  a.  cioucccxxxxv.'    C.  W.J 

n.  UTBCUBI.II  OPVHCVLA  III.  23 


Digitized  by  Google 


354 


DE  M.  VARRONIS 


baptismum  (a.  387)  pcrccptimis,  ctiam  disciplinarum  libros 
conatus  sum  scribcrc  ....  pcr  corporalia  cupicns  ad  incorfKh 
ralia  quibusdam  qttasi  passibus  ccrtis  vcl  pcrtenirc  vcl  dnccrc. 
sed  carum  solum  de  grammatica  librum  absolvere  potui,  qum 
postca  de  armario  nostro  perdidi,  et  dc  musica  sex  vciumma: 
....  inchoaveram  quippc  tantummodo  istam  apud  Mediolanum 
disciplinam.  de  aliis  vcro  quinquc  discijdinis  illic  similitw  hi~ 
choatis,  dc  dialcctica,  de  rhctorica,  dc  gconwtrica,  de  arithmctica, 
de  philosophia,  sola  princijiia  rcmanscrunt,  quae  tanicn  ctiani 
ipsa  pcrdidimus:  scd  liabcri  ab  atiquibus  cxistimo.  Vides  astro- 
uomiae  loco  prodire  philosophiam:  sive  id  Augustinus  fecit 
arbitratu  suo  eique  consilio  convenienter  quo  ad  incorporalw 
]>crvcnirc  pcr  corporalia  vellet,  sive  illius  aetate  nondum  om- 
nino  invaluerat  certis  finibus  circumscriptae  dtKUKXiou  irm- 
beiac  consuetudo.  Idque  ita  esse  magis  etiam  apparere  ex 
eiusdem  Augustini  lib.  II  de  ordine  cap.  35  sqq.  videtur,  ubi 
disciplinarum  (vel  studiorum  libcraliorum  et  disciplinarum  c.  38) 
omnium  inventricem  et  rectricem  esse  rationem  demonstra- 
turus  proficiscitur  a  grammatica,  cui  disciplinae  accedere  hi- 
s  storiam  (c.  37),  pergit  deinde  ad  dialccticam  et  rhctoricam, 
his  iungit  musicam  simul  orationis  versuumque  numcros  com- 
plexani,  desinit  in  gcomctrica  et  astrotogia:  in  eis  autem  disci- 
plinis  omnibus  regnare  numcros  dicit. 

§  2- 

1.  Vltra  autem  Augustini  tempora  nerao  quod  scianius 
progressus  est  anquirendo,  si  forte  vestigia  indagari  posseut 
artium  illarum  liberalium  communi  societatis  vinculo  iaui 
vetustioribus  saeculis  coniunctarum.  Nara  Quintilianum  con- 
stat  sane  institutionis  oratoriae  lib.  I  c.  10  strictim  persefjiii 
orbcm  illum  doctrinae,  qudm  Graeci  iyxvxhov  naidfiav  vocanl, 
idque  ita  instituere  ut  grammaticam,  quae  complectitur  etiam 
cmtrrationem  histariarum  (1, 9, 18),  excipiat  musicc  et  gcotnctrid 
liaec  auteni  priraum  divisa  esse  in  nnmcros  ct  formas  (I,  10, 
35),  paullo  autem  post  (§  4G)  se  totkrc  ad  rationcm  usqm 
mundi  dicatur:  quorum  apparet  hanc  vim  esse,  ut  unius  «lis- 
ciplinae  et  nomine  et  ambitu  comprehendantur  aritlmieticd. 
geometria  et  astronomia  (sive  ut  ipse  ait  II,  18,  1  astrohjia): 


Digitized  by  Google 


DISCIPUNARVM  LIBRIS. 


355 


quemadmoduru  etiam  Cassiodorus  Variar.  II 1, 52  de  gcomctria 
loquitur  qnac  tantum  dc  caelcstlbus  dispiitct.  Sed  tameu  his 
fatendum  est  et  dialecticam  practermissani  esse  (nam  in  rhe- 
torica  quidem  explicanda  totus  est  scriptor),  nec  vel  singil- 
latim  discretas  vel  certo  numero  definitas  reliquas.  Idemque 
in  Graecorum  eos  philosophos  cadit,  qui  de  artibus  libera- 
libus,  utiles  an  inutiles  essent  et  a  philosophia  segregandae, 
magna  saepe  cum  contentione  quaesierunt:  e  quorum  dispu- 
tationibus  quaenam  cognoscantur  dYKOKXia  ua9n.uaTa  vcl  ttoi- 
beuuaTa,  hic  exponere  longum  est:  neque  enim  id  agiinus  ut 
litterarum  apud  veteres  historiam  pertexamus,  et  satis  in 
hoc  genere  Wowerius,  Vossius,  Meinersius,  alii  elaborarunt. 
E  Homanis  autom  hominibus  aliquanto  diligentius  quam 
Quintilianus  singulas  attigit  Seneca  epistula  88,  qua  de  IHhi- 
ralilms  studiis  disserens  (unde  factum  ut  in  quibusdam  codd. 
ot  seorsum  collocata  et  de  scptem  libcralibus  artibus  inscripta 
sit)  grammaticam ,  (jcomctriam,  musicam,  arithmcticam  et  eam  * 
artem  perstringit  quae  caclestium  notitia  continetur.  Vides  et 
plene  et  distincte  (promiscuo  enim  disputandi  ordine  in  sin- 
gulis  percensendis  utitur)  ne  hunc  quidem  liberales  discipli- 
nas,  quales  insecutis  saeculis  communi  consensu  tractari  so- 
litae  sunt,  descripsisse  in  certumque  orbem  coegisse.  Et 
tamen  id  ipsum  magno  ante  Quintilianum  Scnecamque  inter- 
vallo  pridem  factum  erat  longe  luculentissimo  eius  viri  ex- 
emplo,  cuius  praeclara  industria  et  prorsus  incomparabilis 
eruditio  nihil  vel  humanarum  vel  divinarum  rerum  non  atti- 
git,  immo  ingenii  sui  lumine  non  collustravit:  M.  Terentii 
Varronis.  Cuius  rei  memoriam  temporum  iniquitate  haud 
paullum  obscuratam,  hodie  autem  propemodum  intermortuam, 
eo  nunc  studiosius  operam  dabimus  ut  quantum  fieri  possit 
redintegremus,  quo  persuasius  habemus  eis,  quoruni  supra 
testimonia  composuimus,  scriptoribus  ipsum  Varronem  non 
exigua  ex  parte  auctorem  et  exemplum  exstitisse  suarum  de 
liberalibus  artibus  disputationum. 

2.  Praestitit  autem  illud  M.  Varro  editis  novem  dis- 
riplinarum  libris,  quorum  ne  coniectura  quidem  a  quo- 
quam  significari  argumentum  meminimus.  De  quibus  cora- 
muni  testimonio  Cassiodorus  c.  3  p.  53G  b  et  Isidorus  II 

23* 


Digitized  by  Google 


356 


DE  M.  VARRONIS 


c.  23  sic:  diatccticatn  ct  rhehrieam  Varro  in  novem  discipli- 
narutn  libris  tali  similitudinc  definivit :  didlcetica  cf  rhctorica 
cxt  quod  in  manu  hominis  pugnus  astrietus  ct  palma  distcnsa: 
itla  vcrba  contrahcns,  ista  distendens,  Ipsuin  autem  libri  in- 
dicem  ne  quis  ita  interpretetur,  ut  item  septenario  uumero 
deiinitas  disciplinas  Varronem  putet  novem  libris  explicasse, 
quorum  uno  potuerit  communitcr  dc  omnibus  loqui,  quemad- 
modura  fecit  praemisso  antiquitatibus  rerum  humanarum  libro 
teste  Augustino  de  civ.  dei  VI,  3:  statim  subicimus  Vitrimi 
vorba,  e  quibus  certissime  intellegitur  singulas  singulis  libris 
disciplinas  distributas  osse,  lib.  VII  praef.  14:  Fufidius  enhu 
mirmn  dc  his  rcbus  prhnus  instituit  cdcrc  volumcti:  tiem  Ternt- 
tius  Varro  dc  novcm  disciplinis,  unum  dc  architectura:  V. 
5  Septimius  duo.  Vt  in  ipsius  primi  libri  prooeinio  coniplexus 
esse,  quae  ad  genus  universum  spectarent,  videatur.  Quale 
illud  est  apud  Cassiodoruni  p.  528  b:  scirc  autetn  debcmus. 
sieut  Varro  dicit,  ntilitatis  aticuius  caussa  omniutn  artium  tX- 
stitissc  prineipia:  et  haud  dubie  alia  complura  non  norainato 
auctore  vel  a  Cassiodoro  vel  ab  Isidoro  atque  etiam  a  Mar- 
ciano  Capella  exposita,  qualia  tamen  ut  in  coniectura  posita 
in  praesenti  praetermittimus  omnia. 

§  3. 

1.  Singulorum  autem  librorum  arguinenta,  indaganttbon 
praesto  haec  sunt  partim  aperta  testimonia  }>artim  non  am- 
bigua  vestigia,  per  eadem  illa  potissimum  scripta  haud  parvo 
numero  sparsa.  Ac  de  dialectica  et  rhetorica  iam  vidimus 
antea.  Et  dialeeticae  quidem  auctorem  Varronem  aperto 
opertorum  Verborum  artiticio  etiam  Marcianus  IV  p.  %  ed. 
Grot.  prodidit,  illani  ipsam  prodeuntem  faciens  et  sic  exor- 
dientem:  Ni  Varronis  mci  intcr  Ixitialrs  alorias  cetebtaU  miht 
eruditio  industriaqnc  suppcUrct,  posscm  fctnina  Doricac  tiatiow* 
apud  Tiomulcae  vocis  cxamina  aut  admodum  rudis  aut  satis 
barbara  rcpcriri.  quippc  post  Ptatonis  aurcum  ftumcn  atquf 
ArishUlicam  facuttatcm  M.  Terentii  prima  tnc  in  tatinam  tY/- 
cetn  pcllexit  industria  ac  fandi  possibititatctn  pcr  scliotas  Auso 
nias  comjtaravit.  Ad  eum  de  dialectica  librum  pertinet  for- 
tasse  Gellii  quaedam  raemoria  XVI,  8:   cum  in  discijMnas 


Digitized  by  Google 


DI8CIPLIM*ARVM  LIHRIS.  357 


dialccticas  induci  atquc  imbui  vcllemus,  7tcccssus  fuit  adirc  atquc 
coijnoscere  quas  vocant  dialcctici  eiaaycoyag.  tum,  quia  in  primo 
ji£Qt  rfj-tofmrcai/  disccndum,  quac  31.  Varro  alias  profata,  alias 
proloquia  appcllat  e.  q.  s.  Proloquia  ubi  appellaverit,  ipse 
paullo  post  nos  certiores  fecit  Gellius,  in  libro  de  lingua 
latina  ad  Ciceronem  quarto  et  vicesiino;  unde  in  promptu 
est  ex  ipso  dialecticae  libro  alterum  nomen  profata  repetere. 

2.  Ad  rhetoricam  autem  dubitari  potest  num  Priscia- 
nus  spectet  lib.  IX  p.  872  P.  (408  Kr.):  Varro  tamcn  ctiam 
udolui  protulU  in  III  IUietoricorum:  'postquam  adolucrit  haec 
iuvcntus9.  Nam  Khetoricorum  libri  Varronifl  si  exstiterunt  g 
unquam,  quod  esse  veri  simile  negainus,  diversi  fuerunt  a 
compeudiaria  illa  expositione.  Ac  proclivis  est  de  librario- 
rum  vitio  suspitio:  quando  in  Nonii  codicibus  non  modo  dc  rc 
publica  et  de  rc  p.  r.  et  de  rcrum  natura  libri  sola  scriben- 
tium  vel  legentium  oscitantia  positi  sunt  pro  rei  rusticae 
libris,  sed  manifesto  errore  ipsorum  adeo  Rhctoricorum  lib.  XX 
ter  (p.  59,  2.  92,  10.  14)  commemoratus  pro  Ilcrum  huma- 
narum  lib.  XX,  id  quod  a  Scaligero  Popmaque  eo  certius 
intellectum  est,  quo  probabilius  ad  eundem  Iler.  hum.  librum 
consimili  errore  orti  et  rei  publicac  lib.  XX  (p.  101,  7)  et  dc 
re  rustica  lib.  XX  (p.  519,  22)  referuntur.  Quamquam  ut 
libere  quod  sentimus  fateamur,  licet  profecto  illud  ///  Rhe~ 
toricorum  ita  tutari,  ut  male  Priscianus  in  hanc  partem  inter- 
pretatus  esse  credatur  Bisciplinarum  libnirn  III  dc  rhetorica, 
qua  citandi  forma  percommode  uti  vetustior  aliquis  gram- 
maticus  potuerat,  si  modo  ante  rhetoricam,  non  post  eam  ut 
Ciissiodorus  Isidorusque,  dialecticam  Varro  tractaverat.  Id 
autem  ipsum  prorsus  credibile  est  non  tantum  propter  Au- 
«nistini  Marciauique,  antiquiorum  et  locupletiorum  testium, 
exemplum  secundo  loco  dialecticam  collocautiiim,  sed  magis 
etiam  idcirco  quod  a  contrarii  ordinis  auctoribus  Cassiodoro 
et  Isidoro  ipsius  Varronis  de  utraque  arte  verba,  quae  supra 
Iiosuimus,  ita  produntur  ut  rhetoricam  praecedat  dialectica. 
Ceteruni  percommode  cum  Prisciani  extunplo  comparari  illud 
potest,  quod  de  lingua  latina  libri  sat  multis  grammaticorum 
locis  ita  commemorantur,  ut  afteratur  Varro  dc  Utujua  latina 
(i<l  Ciceronem  (vel  simplicius  etiam  Varro  ad  Ciccronem)  ad- 


358 


DK  M.  VARliONIS 


iecto  eo  libri  numero  qui  ad  opus  universuui  xxiv  libris 
eomprehensuin  spectat,  tametsi  quattuor  ab  initio  libri  minime 
Bunt  ad  Ciceronem  scripti. 

§4. 

Primum  autem  locum  res  ipsa  loquitur  grammaticae 
Varronem  cum  reliquis  auctoribus  omnibus  tribuisse.  Quo 
7  libro  facile  perspicitur  illum  tamquam  quibustlam  lineameutis 
eam  artem  aduinbrasse,  quam  uberius  cum  in  xxiv  de  lingua 
latina  libris,  tum  eis  libris  persecutus  est  quos  de  lingua  la- 
tina  vel  potius  de  sewwne  latino  ad  Marcellum  scripsit  Xec 
desunt  Varronianae  doctrinae  certae  apud  posteriores  disci- 
plinarum  scriptores  notae.    Isidorus  enim  I  c.  3  primordia 
ait  (jrammaticae  artis  litterae  communes  existunt,  quas  librarii 
ct  calculatorcs  scquuntur.   quarum  disciplina  velut  quacdam 
grammaticae  artis  infantia  cst,  unde  ct  cam  Varro  litterationtm 
vocat.    Quocum  conferendi  Augustinus  de  ord.  II,  35:  nata 
est  illa  librariorum  ct  calcuhnum  professio  velut  quacdam  gram- 
maiicae  infantia,  quam  Varro  litterationeni  vocat:  graecc  autem 
quomodo  appeUeturt  non  satis  in  praesentia  recolo;  Marcianus 
III  p.  50,  ubi  verba  faciens  Grammatica  hinc  inquit  milti 
Romulus  litteraturae  nomen  adscripsit,  quamvis  infantcm  m 
Utterationcm  volucrit  nuncuparc,  sicut  apud  Graecos  ypaajwm- 
otixri  primitus  vocitabar;.  Asper  Putscbii  p.  1725:  quam  (graui- 
maticam)  Tercntius  ctiam  Varro  primum  ut  adhue  rudcm  ai>- 
pcllatam  cssc  dicit  lUtcraturam ;   Marius  Victorinus  eiusdeui 
p.  2451  (Gaisf.  Metr.  p.  2):  ut  Varroni  placet,  ars  gramma- 
tica,  quae  a  nobis  litteratura  dicitur,  scientiu  cst  corum  quae  a 
poctis,  historicis  oratoribusque  dicuntur  cx  partc  maiorc.  citis 
praccipua  officia  sunt  quattuor,  ut  ipsi  placet,  scribcre,  lcgere, 
intcllcgere,  probare.*)    Atque  haec  omnia  etsi  suapte  uatura 
talia  sunt,  qualia  potuerint  etiam  in  alterutris  dc  lingua  la- 
tina  libris  tractari,  tamen  omnis  de  singulari  conmientario 
dubitatio  planissimo  testimonio  removetur,  quod  e  Gn.  Cor- 

*)  Iii  alio  igitur  libro  haec  posita  fuit  eiusdem  Varronis  partitio 
ad  graccorum  exemplum  magiatrorum  couformata:  grammntici  offkia, 
ut  asscrit  Varro,  comtant  in  partibus  quaituor,  lcctionc,  ettarratione, 
cmcndatione,  iudicio.    Testatur  Diomedea  II  p.  421. 


Digitized  by  Google 


DISCIPMNARVM  LIBRIS 


359 


nuto  Cassiodorus  excerpsit  cap.  1  de  orthographia  p.  576  b 
(p.  2286,  3  P.):  Praeterea  in  libro  quetn  de  gramtnatica 
Varro  scripsit,  cum  de  litteris  dissercrct,  itetn  [vulgo  ita\  h 
inter  Utteras  tton  esse  disputavit,  quod  multo  minus  tnirutn,  » 
quam  quod  x  quoque  litteram  essc  negat:  in  quo  quid  viderit 
nondum  deprchendi.  ipsius  verba  suhiciam:  Uitterarum  partim 
snnt  ct  dicuntur,  ut  a  ct  h:  partim  dicuntur  ct  tuyn  sunt,  ut  h 
et  x.  partim  sunt  neque  dicuntur,  ut  qp 

§  5. 

Non  minus  certis,  sed  longe  pluribus  testimoniis  de  geo- 
metria  constat.  Primum  Cassiodori  de  art.  et  disc.  c.  6 
p.  560  b:  mundi  quoque  fujuratn  curiosissimus  Varro  longae 
rotunditati  in  geometriae  volumine  comparaeit,  formatn  ipsius 
dd  ovi  sitnilitudinetn  trahens,  quod  in  latitudine  quidan  rotun- 
dum,  scd  in  longitudine  prohatur  oblotigutn.  Deinde  Marciani 
VI  p.  190:  deniquc  si  Marcum  Terentium  paucosquc  Itomulcos 
tmpias  constdares,  nullus  prorsus  erit,  cuius  ista  (geometria) 
Umen  intrarit.  Praeterea  Schneiderus  in  Vitruv.  VII  praef. 
(k  (jeomctria  ait  lihrum  ad  M.  Coclium  Bufum  scriptum  laudat 
Iul.  FrotUinus  de  limitihus  agrorum;  in  commentatione  autera 
de  Varr.  vita  et  scr.  p.  234  adeo  lihros  IX  Disciplinarum  ad 
M.  Coelium  Rufum  scrij)tos  memorare  cum  aliis  Vitruvium  1.  ss. 
dicit,  quod  ei  Fabricius  praeierat  Bibl.  lat,  I  p.  125  Eru.*) 
Horum  omnium  nihil  verum  est.  Nam  apud  Frontinum  qui- 
dem  p.  38  ed.  Goes.  haec  tantum  exstant:  txam  ager  arcifinius, 
sicut  ait  Varro,  ah  arccndis  hostihus  est  appellatus.  Sed  inde 
l  |>.  235  per  aliquot  paginas  perscriptum  est  caput  groma- 
ticum  de  casis  litterarum  hoc  praemisso  indice:  INCIPIT 
LIBER  MAIiCI  BARONIS  DE  GEOMETRIA  AD  liVFVM 
YELICITER,  additis  in  margine  his:  al.  SILBIVM.  itcm  al. 
HVFVM  SILVIVM.  Eoque  spectat  Ausonii  Popmae  anno- 
tatio  p.  298  ed.  Bip.:  Huius  (de  geometria)  lihri  fragmcntum 
vetustissimum  Latigohardicis  (i.  e.  quadratis  de  certa  loquendi  9 
consuetudine  illius  aetatis)  exaratutn  nohis  communicavit  vir 


*)  Tcrtio  modo  fallit  libros  IX  Disciphnarum  ad  M.  CocUum 
Rufum  scriptos  memorarc  Gelliwn  X,  1  dicens  ann.  in  Vitr.  1.  s.  b. 


•)(><)  DE  M.  VAKIIOXIS 

doctus  summaque  humanitatc  pracditus  Ioanncs  Arcerius,  «rf 
ita  mutilum  et  corruptum  ut  nihil,  sane  non  multum  inUrsit 
aut  omnino  jwriissc  aut  ita  lacerum  superfuisse.  sic  autem  iw- 
scribitur:   M.  BABIWNIS  LIBELLVS  1)E  GEOMETHIA  AD 
BVFVM  SILVIVM.   tum  sequitur:  .  .  .  sequitur  initiuin  uon 
leviter  diserepans  a  Goesiano  exemplo.    Suiuma  autem  dili- 
gentia  neutro  loco  Arceriani  codicis  inscriptionem  exhiberi 
nunc  intellectam  est  F.  Bluinii  nostri  in  Mus.  llhen.  iur.  VII 
p.  191  sq.  narratione,  qui  hunc  indicem  testatur:  Incipit  liber 
Marci  Barronis  de  gcomctria  ad  rufum  fcliciter  silbium.  Aj>- 
paret  igitur  soli  sive  Popmae  sive  alius  coniecturae  eique 
satis  incertae  deberi  M.  Caelii  Kufi  nomen,  clarissimi  viri, 
de  cuius  rebus  praeter  alios  Meyerus  Orat.  Kom.  fragui. 
p.  458  sqq.  ed.  nov.  et  Orellius  Onom.  Tull.  II  p.  113  wjq. 
exjjosuerunt.  Vt  ad  eum  Kufum  parum  caute  Meyerus  qo<f 
que  iu  Cic.  Brut.  79,  273  et  Ellendtius  hist  eloqu.  p.  127 
ed.  nov.  Varronianum  librum  rettulerint  sine  ulla  dubitationis 
significatione,   corruat  autem  etiam  temporum  computatio 
Schneideri,  quam  his  Disciplinarum  libris  adhibuit.  Silvium 
sane  Komanum  hominem  novimus  nullum,  e  SiUis  autem 
nullum  Kufum.    Contra  P.  Suillius  (quod  nomen  non  raro 
in  codd.  scribitur  Suilius)  Kufus  praesto  est  consul  a.  u.  797, 
de  quo  Pliuius  N.  II.  VII  c.  4  et  Tacitus  Ann.  lib.  XI.  XII. 
XIII:  cuius  quidni  avus  potuit  aequalis  essc  VarronisV  Quain- 
quain  tali  quidem  coniecturae  non  habemus  qui  maiorem 
prubabilitatem  aliunde  conciliemus.    Ille  tamen  Kufus  qui- 
cunque  fuit,  huic  inscriptum  de  geometria  librum  Varrouis 
etiam  in  re  gromatica  versatum  esse  non  minus  certum  &t> 
quam  non  esse  Varrouis  quae  ei  tribuuutur  in  illa  agriuien- 
sorum  congerie.    Immo  casu  intcrcidisse,  quae  e  Varroue 
excerpta  essent,  procsus  credibile  est,  relictaiu  autem  iuscrip- 
tionem  cum  alienis  coaluisse.    Idque  cum  ipsius  Arccriani 
codicis  rationes  persuadent,  in  quo  inscriptio  illa  ultiuiuni 
locuiu  integri  quaternionis  (XI)  tenet,  de  casis  autem  exjn» 
io  sitio  in  summo  quaternionc  XII  incipit,  tum  confirmat  apo- 
graphum  lenense,  quod  eandeni  inscriptionem  longc  alio  loco 
eoque  item  ineptissimo,  inter  medias  Frontini  de  wloniis  uV 
putationes  (j).  117  G.)  exhibet.    Quo  accedit,  quod  ne  in  Va- 


Digitized  by  Google 


msnrMNAKVM  libris. 


361 


ticiino  quidcm  apograpbo  ea  de  qua  agimus  inscriptio  et  de 
easis  expositio  coniunctae  sunt.  Quaruui  rerum  testis  Blu- 
uiius  p.  191  sq.  193  et  195. 

Non  aliura  nisi  de  georaetria  librura  Boetius  qui  fertur 
significat  eo  comraentariolo  qui  inscribitur  de  gcomctria:  cuins 
quae  vera  ratio  sit,  eiysdem  demum  Bluraii  diligentia  pate- 
factuin  est  p.  228  sqq.  235  sqq.  En  verba  personati  Boetii 
p.  1234  ed.  Bas.  a.  1546:  Xos  tamcn,  qitae  dc  numcris  a  Ni- 
comacho  diffusius  disputata  sunt,  vcl  a  Varronc  dc  mcnsuris 
ostensa  sunt,  modcrata  brcvitatc  collegimus.  Vnde  profectus 
nescio  an  eodeni  recte  baec  referain  Priseiani  VIII  p.  818l\ 
(403  Kr.):  infit,  cuius  Varro  in  mcnsuralibus  primam  })onit  per- 
sonam  iufio.  Et  liabent  bic  quidam  codices  Varro  in  mcn- 
snris.  Multum  fallitur  Oeblerus  Varr.  Sat.  p.  66  logistoricum 
fuisse  dc  mensuris  iuscriptum  coniciens. 

§  6. 

1.  De  astrologia  quoque  aperte  testatur  Cassiodorus 
c.  6  p.  560  a:  stotus  stcllantm  cst  quod  Gracci  ornQty^ov 
vocant:  qnin,  dum  stclla  scmpcr  moveatur,  attamcn  in  aliquibus 
locis  starc  videtur.  nam  et  Varro  libro  qucm  dc  astrotogia  con- 
scripsit,  stcllam  commcnwrat  ab  stando  dictam.  Eam  autem 
Yocabuli  notationem  et  Isidorus  suscepit  III  c.  59  et  60,  et 
vero  Marcianus  quoque  VIII  p.  275  ima,  et  is  quidem  qucn- 
dam  JUnnanorum  antestans  non  pcr  omnia  ignarum  sibi:  quem 
nemo  non  videt  ipsum  Varronera  dici.  Quo  Marciani  de  se 
ijrao  testiraonio  profecto  non  mediocris  fidcs  ei  coniecturae 
additur,  qua  illuui  Varrone  aliqua  ex  parte  usum  esse  iam 
supra  significabamus.  Ceterum  ignants  mei,  quod  editur,  vix 
scripsit  Marcianus,  sed  mihi:  caussa  erroris  compendiura 
scriptiouis  fuit  m. 

2.  De  musica  testimouiura  quidera  non  exstat,  sed 
aperta  satis  siguiticatio  fit  eiusdem  verbis  Cassiodori  c.  5  u 
p.  557  b:  quoniam  hgpcrtgdius  tonus  omnium  acutissimus  scjrtcm 
tonis  pracccdit  hyperdorium  omnium  gravissimum.  in  quibus,  ut 
Varro  mcminit,  tantac  utilitalis  virtus  ostcnsa  cst,  ttt  c.rcitatos 
animos  scdaret.  ijisas  quoque  1/cstias  ncc  non  ct  scrpentcs,  voitt- 

-  aiquc  dctphinas  ad  audttum  snae  modntationis  attrahcret. 


362 


DE  M.  VARRONIS 


Ivursum  autem  in  Musica  quoque  Varrone  Marcianus  utitur 
IX  p. 314,  ubi  inter  plurinia  alia  lniranda,  quibus  victrix  vis 
niusicae  artis  apparuerit  fama  hominum,  hoc  memorat:  nonne 
ipsws  vctustatis  persuasione  compertiim,  m  Lydia  nympliarum 
(vulgo  lympharum)  insidas  dici,  quas  etiam  rcccntior  asserentmm 
Varro  se  vidisse  tcstatur:  quae  in  mcdium  stagnum  a  contincnti 
proccdcntcs  cantu  tibiarum  primo  in  circulum  motac,  dchinc  ad 
Utora  rcvcrtuntur..  Quibus  sane  per  se  spectatis  uon  ineptus 
etiam  in  geographicis  locus.    Sed  cf.  praeterea  §  10  et  14. 

§  7. 

Paullo  impeditior  de  arithmetica  quaestio  est:  tametsi 
de  novem  disciplinarum  libris  agens  Fabricius  1.  s.  s.  cx  his 
iuquit  librum  dc  arithmctica  adhuc  mpcrstitcm  sc  vidissc  Bomae 
apud  Laurentium  Strozzium  Cardinalem  tcstatus  cst  Vcrtranm 
Maurus  in  Varronis  vita*)  De  quo  unusquisque  existimet 
12  arbitratu  suo:  nobis  incomperta  res.  Nec  multum  tribuerini 
Agrimensorum  eis  codicibus,  quos  tertia  classe  a  se  compre- 
hensos  Blumius  p.  210  testatur  Varroncm  de  arithtmtica,  non 
de  geometria  coinmemorare.  Sed  de  numeris  librum  Varronis 
Fabricius  scribit  a  Censorino  (de  d.  nat.)  c.  2  allegari.  Xihil 
est  sane,  cur.  hoc  indice  commentarium  de  arithmetica  nege- 
mus  similiter  posse  denotari  atque  liber  geometriae  breviter 
dictus  est  dc  mcnsuris.  Verum  in  Censorini  verba  id  cadit 
minime:  ibi  enim  quod  Varro  commemoratur  in  eo  libro  ati 
titulus  est  Atticus  et  cst  de  numeris,  is  quidem  fuit  unus  e  libris 
lo^istoricis,  et  ut  videtur  ne  vere  quidem  dc  numcris  inscriptus, 
sed  dc  muncribus  potius:  de  quo  alibi  [infra  p.  405J  dictuiu. 
Item  hinc  segregandus  Rufinus  p.  2720  P.  398  Gaisf.  in  eis 

*)  De  vita  Varronis  a  Mauro  ecripta  nec  nota  res  nec  crodibili»- : 
ut  aliquid  tcmere  mit>cuiB8C  Fabriciuin  suspicor  [sed  videas  Mus.  Khen. 
n.  8.  vol.  VI  p.  505  adn.  *J.  A  quo  aliquantum  discrepat  Ausoniu* 
Popma  in  Bibliotheca  Varroniana  p,  497  ed.  Lugd.  B.  a.  1601:  de 
arithmctica  lib.  I,  quem  manu  descriptum  hodie  quoque  superatitcm 
et  Jiomac  in  bibhothccis  adservatum  vidissc  testatur  M.  Vcrtranius  [J 
Alciatus  hoc  amjrtius  sc  editurum  pollicctur,  quod  tamen  cralo  iuris 
vilis  professione,  in  qua  maxime  excelluit,  et  graviorum  discipUtuirum 
studiis  impcditus  non  pracstitit.  E  quibus  verbis  indiligenter  conflatis- 
aliquem  M.  Vertranium  Alciatum  finxit  Ochlerus  Satir.  p.  10. 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINARVM  L1BRI8. 


3G3 


scriptoribus,  qui  de  numcris  latine  scripserint,  referens  etiam 
Varronera:  quem  locum  §  13  tractabimus.  Contra  imprimis 
huc  facit  Incertus  de  grammatica,  quem  Augustinum  ferunt, 
p.  2008  P.,  ubi  adverbiorum  nunleralium  in  uih  et  in  o  ex- 
euutium  discrimen  sic  explicatur:  secundo  autem  ad  ordincm 
perthtet,  secundum  ad  numerum:  ut  puta  cum  dicof  sccundo 
facttts  est  consul,  pertinet  ut  dixi  ad  ordincm,  quod  prhno  alter 
facttis  sit  ct  sic  altcr  secundo.  cum  autcm  dicimus  secundum 
cohsuI  vel  tertium  vel  quartum  vcl  quintum  vcl  scxtum,  ad  nth 
merum  pcrtinct,  quod  sexies  fuerit  constd.  .  .  .  Hoc  Varro 
distinxit  in  libris  numerorum.  Erratum  est  Jibris  pro  libro: 
Disciplinaruni  autem  certum  librum  cogitari,  quo  de  numeris 
Varro  egisset,  luculenter  demonstrare  licet  collato  Gellio  X, 
1,  cui  sua  debet  Nonius  p.  435:  Vcrba  M.  Varronis  ex  libro 
Disciplinarum  quinto  haec  sunt:  aliud  cst  quarto  practorem  ficri 
ct  quartumf  quod  quarto  locum  adsignificat  ac  trcs  antc  factos, 
qmrtum  tcmpus  adsignificat  et  tcr  antc  factum.  igitur  Ennius 
recte  quod  scrijisit  'Quintus  patcr  quartum  ftt  consuV,  ct  Pam- 
peius  timide  quod  in  theatro,  nc  adscriberct  'consul  tcrtium9  aut 
Uertio',  extrcmas  littcras  non  scrijmt.  Quodsi  haec  ab  ipsius 
artis  arithmeticae  vel  notione  vel  usu  satis  aliena  dixeris, 
scire  veliin,  in  quain  aliam  artem  disciplinanive  (si  ab  ipsa 
grainraatica  recesseris)  eadem  aptius  et  cum  maiore  necessi-  13 
tatis  specie  conveniant?  Iieputandum  est  enim  eum  esse 
Varronem,  qui  in  quovis  genere  grammaticum  agat  praeter 
cetera.  Itaque  variis  numerorum  notionibus  quae  indita  es- 
sent  vocabula,  non  incuriose  eum  in  libro  de  arithmetica 
docuisse,  alio  quoque  exernplo  probari  conicimus,  quod  est 
apud  Priscianum  de  fig.  nuin.  p.  1356  P.  401  Kr.:  duo  asscs, 
(Itussis,  dujxmdius,  trcssis}  quadrassis,  dectissis,  viccssis,  triccssis, 
qttadragessis ,  quinquagessis ,  scxeigcssis,  sc^Uuagcssis ,  octogcssis, 
notiagcssis,  ccntussis,  post  qucm  numcrum  tcste  Varrone  non 
componuntur  cum  asse  numcri.  Ne  illa  quidem  a  tali  tracta- 
tione  arithmeticae  abhorrere  videntur,  quae  e  Varrone  Gel- 
Ims  III,  14  excerpsit  de  discrimine  dimidius  et  dimidiatus 
vocabulorum.  Nam  ab  ipso  Gellio  tractatos  esse  Discipli- 
narum  librps  aliis  quoque  docuiuentis  infra  patetiet.  Falsum 
est  autem,  quod  placuit  Barthio  Adversar.  VI,  G,  ex  arith- 


Digitized  by  Google 


304 


DE  M.  VARRONIS 


nietica  Varronis  hausta  e.sse  haec  Favonii  Eulogii  in  Soran. 
Scip.  p.  407  Orell.:  ad  hunc  numerum  cubicum,  ut  Varroui 
placct,  lunaris  cursus  congruit  rcvolutio,  quac  in  XXVII dicbus 
omnc  tanti  sidcris  lumcn  exltaurit.  Quae  unusquisque  sua 
sponte  intellegit  locum  etiam  in  astrologia  habere  potuisse, 
habuisse  autem  in  geometria  intelleget  qui  §17  a  nobis  dis- 
putata  perlegerit.  Krahnero  igitur  cave  assentiare  ad  Heb- 
doinadum  librum  primum  illa  referenti  comm.  de  Varr.  anti- 
quit.  p.  9.  Quo  libro,  tamquam  prooemio  ipsis  Imaginibus 
breviculisque  earum  explauationibus  praeinisso,  etsi  de  nu- 
ineris  multa  et  cxquisite  et  frigidiuscule  congesta  esse  e  Gellii 
III,  10  apparet,  tamen  ad  unum  haec  omnia  septenarium 
numerum  spectabant:  cuius  etsi  aliquotiens  apud  Eulogium 
paullo  ante  mentio  tit,  tamen  ipsa  illa,  quibus  Varronis 
auctoritatem  adhibuit,  verba  ad  septenarium  numerum  nullo 
modo  pertinent.  —  Ceterum  de  arithmetica  cf.  etiam  §  11.  13. 

§  8. 

u  1.  Septein  disciplinarum  indicia  persecuti  sumus:  restaut 
duae  quae  in  septem  artium  orbem  novicia  consuetudine  tini- 
tarum  uon  sunt  rece])tae.  Earum  unam  fuisse  architectu- 
ram  (quae  Quintiliano  II,  21,  8  est  architcctonicc)  Vitruvius 
testatur.  Cuius  scriptoris  quod  muliis  locis  impressa  Varro- 
niani  sermouis  et  ingenii  vestigia  agnovisse  sibi  visus  est 
Schueiderus  ann.  in  VII  praef.,  id  etsi  non  potuimus  dedita 
opera  quale  sit  inquirere,  tamen  multum  veremur  ne  leviore 
similitudine  et  quae  longe  alias  caussas  aliamque  vim  habeat, 
quam  vera  aftinitate  nitatur. 

2.  Nonam  autem  disciplinaiii  quatu  putabimus  esseV 
Non  mirer  si  quis  de  ipsa  phihsophia  cogitet  motus  Au#i 
stini  exemplo  (§  1),  apud  quem  magnam  fuisse  Varronis 
auctoritatem  constat.  Et  scripsisse  sane  Varronem  librum 
dc  p1iiloso2)hia  extra  dubitationem  positum  est:  e  quo  ampllUD 
idque  satis  memorabile  fragmentum  exstat  lib.  XIX  de  civit. 
dei  c.  1.  2  et  3.  Inter  quem  librum  eiusdemque  Varronis 
dc  forma  philosophiac  sccumlum,  e  quo  Charisiua  1  p,  79  cop 
jyarim  fcminino  gcncrc  aftert,  perobscuium  est  quae  ratio 
iutercesserit.    Schueideri  enim  comm.  de  vita  et  scr.  p.  232 


Digitized  by  Google 


DISdPLTKARYM  LTHRI8. 


305 


sententiae,  de  foruia  philosopbiae  fuisse  secundum  librorum 
de  philosophia,  diligentis  in  hoc  geuere  obstat  Augustini 
auctoritas,  qui  de  libro,  non  de  libris  loquitur.  Cf.  infra§ll. 

Prorsus  autem  hinc  alienum  csse  apparet  a  Nonio  p.  171. 
192.  316  proditum  titulum  Varro  Periplu  lib.  II  tcsqI  tpiko- 
Co(ptccg  (sic  enim  ubique  scribendura):  quam  satiram  esse 
cum  e  duplici  iuseriptionc  tum  e  graeco  indice  tum  ex  im- 
mistis  versiculis  perspectum  est.*)  Potuit  autem  Periplus 
ille,  ut  exemplo  utar,  ita  bipertitus  esse  ut,  quemadmodum  ifi 
altera  pars  Ttepi  qpiXocoqpiac,  ita  prior  esset  sive  ncpi  icropiac 
sive  Trepi  TToXiTeiac  vcl  ttoXitiktic.  [n  tale  certe  argumentum 
duo  libri  I  fragmcnta  quadrant  Nonii  p. .  192  et  316:  in 
hac  civitatc  agros  colunt  harenosos;  praeter  hos  fluit  amnis  quam 
olim  Albulam  dicunt  vocitatam:  —  et:  in  hac  civitate  tum  re- 
gnabat  Dionysius,  honio  ganulus  ct  accr.  Nisi  forte  vcra  per 

*)  Vide  Oehlerum  Varr.  Sat.  p.  61,  versnuni  tameu  fictorem  non 
victorem.    Scribe : 

Ac  multa  ainbrosia  ac  nectar,  non  alia,  sardae, 
Pauis,  rre iiuii.  lueuns,  cibu'  qui  purissimu'  multo  est.  — 
Ceterum  unua  est  graecus  index  libri  Varroniani,  quo  quid  fiat  difticile 
dictu  est.  Nam  nec  ad  satiram  videtur  apectare  posse  quod  exstat 
apud  Charisium  II  p.  170:  Varro  in  tcrtio  ntpl  ja(>axr//p<ov,  nisi  qui- 
dem  de  tripertita  adeo  8atira  cogites,  nec  de  doctrinae  studiis  disputa- 
tiones  suas  Varro  unquam  graeco  indice  appellavit,  ne  ita  quidem  ut 
oum  latino  sociaret.  Id  si  semel  factum  esse  coucedatur,  sat  commode 
hnc  conveniat  Varroniani  libri  index  de  proprietate  scriptorum  apud 
Nonium  p.  334:  quo  non  inepte  refrras  e  Gellii  VII,  14  haec:  vera  autem 
tt  propria  huiusce  modi  formarum  txtmpla  in  latina  lingua  M.  Varro 
me  dicit  ubertatis  Pacuvium,  gracilitatis  Lucilium,  mediocritatis  Teren- 
tium:  idque  eo  sane  probabilius,  quod  ipso  capitia  initio  de  tribus  di- 
cendi  generibus  verba  faciens  Gellius  graeco  xaPaKTnP€C  nomine  usus 
erat.  (^uamquam  talium  proforendorum  quam  varia  potuerit  esse  op- 
portunitas,  gravi  documento  sunt  valde  afiinia  exempla  haec:  ijjtfi?  nulhs 
aiiin  servare  convenit  quam  Titinio,  Tcrentio,  Attae,  na&i]  vero  Trabea, 
Atilius,  Caecilius  facih  moverant  (de  quo  vid.  Parerg.  Plaut.  I  p.  194): 
—  in  argumentis  Caccilius  poscit  pahnam,  in  ethesin  Terentius,  in  ser- 
monibus  Plautus:^  —  quorum  illud  e  Ub.  V  de  latino  sermone  (ad  Mar- 
cellum)  affert  Charisius  II  p.  215,  hoc  e  satira  quae  inseribitur  Par- 
nteno  Nonius  p.  374.  —  Permire  autem  Popma  p.496  tu|>i  x"lHlKTMPU)v 
libros  eosdem  tsse  conicit  cum  illis  de  formulin  rerborum,    quos  se 

scripturum  Varro  polliceatur  libro  nono  ad  Cicer  m   li  <■ 

p.  563  Sp. 


366 


DE  M.  VARRONIS 


varias  tcrras  peregrinatio,  pcriplus  dicta  simplicitor,  et  oppo- 
nebatur  et  coniparabatur  tamquam  itineri  cuidam  per  philo- 
sophiam  eiusque  varias  regiones  facto.  Praeterea  locos 
pbilosophicos  tractatos  esse  in  Antiquitatium  prooemiis  ipse 
Varro  testatur  apud  Ciceronem  Academ.  I,  2:  de  qua  re  sub- 
tiliter  disputavit  Krahnerus  1.  s.  s.  p.  14  sq.  —  Sed  praeterhos 
ic  sive  tres  sive  quattuor  locos  de  philosophia  Varronem,  hac 
quidem  inscriptione  usum,  etiam  in  Disciplinarum  libris  dedita 
opera  exposuisse,  non  tantum  probari  nequit,  sed  confidentis- 
sime  neganduin  est. 

§  0. 

Circumspicientibus  enim  nobis,  quae  potuerit  in  reliqua- 
rum  artium  societatem  ascita  esse  disciplina,  et  tanquam  sua 
sponte  se  offert  et  hunc  locum  firmitcr  tuetur  medicina. 
Eam  non  semel  reperimus  in  ipsis  liberalibus  artibus  ha- 
bitam,  ut  Senecae  epist.  95,  9:  adiec  nune,  qitod  artes  quoijuc 
pteracquc,  immo  ex  omnibus  libcralissimae ,  habent  decreta  $ua, 
non  tantum  praccqrta,  sicut  medicina.  QuidV  quod  iam  C. 
Iulius  Caesar  una  coniunxit  omncs  nmlicinam  Jlomac  profcs*)* 
ct  libcralium  artium  doetorcs,  quos  civitate  donaret  teste  Sue- 
tonio  c.  42.  Nolo  enim  ad  posteriora  saecula  descenderc, 
quibus  mcdicos  vel  archiatros  cum  (/rammaticis,  oratoribus,  pkif 
losophiae  praecq)toribns ,  magistris  vel  professoribus  litterarum, 
artium  libcralium  jyrofessoribus  iunxerunt  Theodosiani  codicis 
leges  XIII,  3, 1.  3.  16sq.:  de  quibus  temporibus  dixerunt  Gaup- 
pius  noster  comm.  dc  professoribus  et  medicis  eorumque  privi- 
legiis  Vratislaviae  a.  1827  cdita  et  Baehrius  diss.  de  litterarum 
universitate  Constantinopoli  V  p.  Chr.  n.  saec.  condita  (Heidel- 
bergae  a.  1835)  p,  8  sq.  Cum  ipsa  autem  architectura  nie- 
dicinam  Cicero  composuit  de  offic.  I,  42:  quilnus  autcm  artibus 
aut  prudeutia  maior  incst  aut  non  medioeris  utilitas  quacritur, 
ut  mcdicina,  ut  arehitcctura  e.  q.  s.:  itcm  Cassiodorus  Variar. 
III,  52:  gcomctriam  . . .  CJialdaei  primum  invenissc  memorantur, 
qui  rationem  ipsius  diseiplinae  aencraliter  colligentcs  ct  in  astro- 
nomichi  rebus  ct  in  musieis  ct  in  mcehanicis  et  in  arehifcet\on\icis 
et  ad  mcdicinam  ct  ad  artem  logisticam  .  .  .  aptgm  essc  docnc- 
runt.  Sed  his  tamen  lcvioribus  sane  indiciis  noli  nostram 
de  tractata  a  Varrone  medicina  sententiam  superstructaui 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINARVM  LTP.RIS. 


307 


putare.  Quam  quidem  gemina  argumentatione  hac  commu- 
niinus.  Primum  enim  si  reputaveris  quae  ratio  inter  Varro-  n 
nem  et  Mareianum  Capellam  intcrcedat,  ut  qui  dialecticae 
auctorem  Varronem  commemoret  in  suo  de  dialectica  libro, 
item  geometriae  in  suo  de  geonietria,  praeterea  eundem  de 
stclla  vocis  origine  sequatur  in  astronomia:  facilis  erit  de 
Mareiani  IX  p.  302  verbis  coniectura,  quibus.  plurimum  in 
hac  caussa  tribuimus.  Postquam  enim  coram  Iove  deorum- 
que  coetu  sex  Artes  prodierunt,  prius  quam  suas  partes  sep- 
tima  agit,  superutn  patcr,  qui  probandarum  numcrus  supercssct, 
cjquirit.  cui  Delius  (verba  sunt  Marciani)  Medicinam  suggerit 
Architectonicamquc  in  praeparatis  assistcrc.  scd  quoniam  his 
mortalium  rentm  cura  tcrrenonimquc  sollertia  cst,  ncc  cum 
netherc  quicquam  habcnt  sujyerisquc  confinc:  non  incowjruc.  ac 
si  fastidio  respuantur,  in  senatu  caclico  rcticebunt,  ab  ipsa  dc- 
inccps  virgine  explorandae  discussius.  una  vcro,  quae  potissima 
caeli  siderumquc  diicctior  est,  cxaminis  huius  tam  favorc  quam 
voiuptatc  disquiretur  tuisquc  conspcctibus  non  jwterit  sine  scclcrc 
ridttari  (h.  e.  Musica).  Horum  igitur  cum  haec  vis  sit,  ut 
excludi  a  Marciano  duae  artes  cum  reliquis  septem  alias 
comprehensae  dicantur:  quando  illarum  alteram  ab  ipso 
Varrone  comprehensam  in  confesso  est,  ad  eundem  Var- 
ronem  medicinae  spectare  meutionem  haud  profecto  obscura 
significatio  fit.  Absque  quo  esset,  cur  illas  ipsas  disciplinas 
Marcianus  praeter  ceteras  commemoraretV  cur  non  agricul- 
turara,  quam  suis  Artium  libris  novimus  Celsum  complexum 
esse?  cur  non  pingendi  sculpendive  artesV  Firmatur  autem 
sententia  nostra  altero  argumento,  quod  petimus  e  gemina 
Nonii  memoria,  p.  135:  luscitiosi,  qni  ad  lucernam  non  rident 
tt  uvaiteg  vocantur  a  Graccis.  Varro  Disciplinarum  tib.  VIII: 
vesperi  non  viderc,  quos  appcllant  luscitiosos*);  —  et  p.  551:  >» 
portulaca.    Varro  Disciplinarum  (Disciplinac  codd.)  Ub.  VIII: 

*)  Pergitur  apud  Nonium  sic:  Idem  Andabatis:  edcpol  idcm  caccus, 
non  luscitiosus  cst.  Mirer  si  prope  eadem  verba  Varronis  Plautique 
communia  sint.  Quapronter  nescio  an  haec  lacunosa  int  et  sic  inRtau- 
randa:  Idem  Andabatis:  [*  *  •  1'lautus  Militc  alorioso:]  cdcpol  \tu  qu\idcm 
caccus,  non  luscitiosus  cs.  Habeutur  enim  baec  Mil.  II,  3,  61.  Ceterum 
Imciosus  formam  tacite  sustuli. 


Digitized  by  Google 


308 


DE  M.  VARRONIS 


mandueala  portulaca  cito  tottit,  ubi  aliquid  exeidit  eorum  qnae 
manducata  porcilaca  sanari  Plinius  tradidit  N.  H.  XX,  20, 81, 
velut  ulcera  (oris),  tumorcm  (gingivaruni),  dolorcs  (dentiuni) 
et  quae  sunt  reliqua:  sitim  Lipsius  et  Popma  inseruerunl 
Non  esse  casu  factum  apparet,  quod  ex  uno  eodemque  libro 
ad  morbos  et  medicamenta  spectantia  fragmenta  duo  profe- 
runtur:  immo  eo  ipso  libro  tractatani  esse  medicinani  vix 
potest  dubitari.  Eamque  rem  gravius  etiam  similium  multi- 
tudo  fragmentorum  persuadet,  quae  composita  habes  §  21. 
Et  usus  est  Varronianis  etiam  Isidorus  in  ea  parte  Originum, 
quae  continuo  excipiens  mathematicas  disciplinas  est  de  me- 
dicina,  IV,  8,  13:  auruginem  vcro  Varro  appeUari  ait  a  colore 
auri;  et  11,  4:  cst  cnim  pila  vas  coneavum  et  medicorum 
aptum  usui,  in  quo  proprie  ptisanae  fieri  ct  pigmenta  confici 
(vulgo  concidi)  solent.  Varro  autctn  rcfert  ct  Pilumnum  qum- 
dam  in  Italia  fuisse,  qui  pinscndi  praebuit  artcin:  nndc  d  Pi- 
lumni  cxdtorcs  pistores*)  ab  hoc  igitur  pilum  ct  pila  inmiia 
(vulg.  inventam),  quibwt  far  pinsitur,  ct  cx  cius  nominc  ita  ap- 
petlata.  Quamquam  haec  non  intercedemus  saue  si  quis  ali- 
unde  derivare  malet,  velut  ex  libris  de  vita  populi  Romani 
collatis  Nonio  p.  528  et  Servio  in  Aen.  X,  76. 

§  10. 

1.  Sequitur  ut,  quo  ordine  novem  quas  explorasse  vi- 
demur  disciplinas  Varro  disposuerit,  quaeratur:  quae  res  noo 
paucas  habet  dubitationes.  Ac  duo  certa  sunt  quiuto  loco 
19  tractatam  esse  arithineticam,  octavo  medicinam;  vix  minus 
certum  tertium  hoc,  ut  primus,  secundus,  tertius  liber  dicati 
esse  grammaticae,  dialecticae,  rhetoricae  credendi  siut:  de 
quo  ordine  cf.  §  3.  Nam  quod  (iellii  X,  1  in  quibusdam 
exemplaribus  legitur  cs  libro  Disci2)1inarum  quarto  pro  quinto, 
id  a  solo  Stephano  invectum  esse  contra  codices  mss.  Gro- 
novius  testatur.   Quodsi  ad  reliquas  transgressus  id  agas,  ut 

*)  Sic  correxiniua  haec:  unde  et  pilumni  et  pistores.  collato  Servio 
in  Aen.  IX,  4:  Pilumnus  vero  pinsendi  frumenti  (usum  invenit),  undt 
et  a  pistoribus  colitur.  ab  ipso  etiam  pilum  ilictum  est.  —  Paullo  ante 
pinsetuli  pracbuit  nrtem  e  cotld.  recepimua  pro  pinsendis  jtraefuit  ams. 
quod  a  Popnia  in  hordcis  mutatnm  est. 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINARVH  LIBRIS 


369 


cum  quattuor  matheniaticis,  quadrivii  nouiine  postea  conexis, 
tamquam  cognatam  iungas  architecturani,  frustra  elaboraveris: 
quando  quattuor  tantum  artibus  locus  datus  est  inter  tertium 
et  oetavum  librum.  Mathematicas  autem  illas  quattuor  ut 
iam  a  Varrone  continuatas  existimemus,  non  potest  non  sua- 
dere  Isidori,  Boetii,  Cassiodori,  Marciani  ipsiusque  ut  videtur 
Quintiliani  consensus.  Vt  cum  hac  de  caussa  tum  propter 
Marciani  de  se  ipso  testimonium  architecturam  veri  sit  simile 
ultimum  locum  obtinuisse:  nam  et  magis  profecto  consenta- 
neum  est  ab  eo,  qui  intueretur  Varronis  exemplum,  resectas 
esse  extremas  quam  medias  quasdam,  et  eodem  adeo  ordine 
Marcianus  a  se  praetermissas  commemorat  medicinam  et 
architecturam,  non  architecturam  et  medicinam.  Nec  certe, 
si  paenultimus  locus  tributus  erat  medicinae,  hanc  contendi 
potest  aptius  vel  a  musica  vel  ab  astrologia  quam  ab  archi- 
tectura  excipi.  Quod  autem  ad  ipsarum  mathematicarum 
inter  sese  ordinera  attinet,  sine  certa  sede  omnium  maxime 
vagari  musicam  videmus.  Quam  reliquis  postposuit  Marcia- 
nus,  praemiserunt  Quintilianus  ct  Augustinus,  mediam  inter 
geometriam  et  arithmeticam  posuit  Seneca,  inter  arithmeti- 
cam  et  geometriam  Boethius  et  Isidorus,  utrique  subiecerunt 
idem  Isidorus  altero  loco  cum  Cassiodoro.  Ex  his  rationibus 
minimam  fidem  habent  mediae,  quibus  divelluntur  geometria 
et  arithmetica.  Quibus  etsi  haudquaquam  incommode  prae- 
ponitur  musica  utpote  grammaticae  et  humanae  linguae  no- 
tioni  valde  affinis,  tamen  in  Varronem  quidem  is  ordo  ita 
tantum  cadere  possit,  ut  simul  geometriam  praecedat  arith- 
wetica  quippe  quinto  libro  tractata.  ld  autem  ipsum  non 
sine  confidentia  pronuntiamus  carere  probabilitate.  Nain  quan- 
tumvis  in  hoc  genere  inter  se  discrepent  artium  auctores,  in  20 
uua  re  non  promiscue  discedunt,  sed  saeculorum  ordinem 
ipso  dissensu  servant  constantissime.  Posterioris  vel  infimae 
aetatis  sunt,  qui  priorem  esse  arithmeticam  voluerunt,  Cas- 
siodorus,  Boetius,  Isidorus:  a  geometria  ordiuntur,  qui  ad 
aieliora  saecula  propius  accedunt,  Marcianus,  Augustinus, 
Seneca.*)    Ergo  post  rhetoricam  geometria  et  arithmetica 

*)  De  bac  differentia  aic  Cassiodorus  c.  4  p.  553  a :  ticriptorcs  sae- 
cularium  Htterarum   inter   disciplinas  mathematicas  primam  omnium 

*"k   UlTiMHKLII   OI-VSCVLA   III.  24 


Digitized  by  Google 


370 


DE  M.  VAHRONIS 


collocatis  unum  coutroversuin  hoc  restat,  quo  has  ordine 
musica  et  astrologia  exceperint.  Quae  res  etsi  est  sane  an- 
cipitis  ratiocinationis,  tauien  quoniam  praeter  reliquos  serip 
tores  unus  e  Varrone  Marcianus  pependit,  ex  huius  quam  ex 
aliorum  exemplo  tutior  poterit  etiam  de  harum  disciplinarum 
sedibus  coniectura  fieri.  —  Nullam  autem  rationem  vel  ha- 
buimus  vel  habendam  concedimus  unius  testinionii,  quo  vi- 
detur  sane  omnis  quem  proposuimus  disciplinarum  ordo  everti. 
Est  id  Acronis  in  Horatii  Art.  poet.  203  haec  annotantis: 
Varro  ait  in  tertio  Disciplinarum  et  ad  Marcrllum  dc  lingua 
latina  quatiuor  foraminum  fuisse  tibias  apud  antiquos,  ct  se 
ipsum  ait  in  tcmplo  Marsyac  vidissc  tibias  quattuor  forammum. 
Non  posse  his  in  alia  disciplina  nisi  in  musica  locum  fuisse, 
haud  gravate  unusquisque  concesserit,  iis  praesertira  collatis 
quae  §  14  afferentur:  nemo  autem,  qui  ei  disciplinae  tertius 
dicari  liber  potuerit,  ulla  puto  ratione  expediet:  quando  nec 
quomodo  divellere  rhetoricam  et  dialecticam,  nec  quem  locum 
2i  divulsae  alterutri  tribuere  qui  saperet  potuerit>  vel  perspici- 
mus  vel  aliqua  coniectura  assequimur.  Aut  igitur  mendum 
est  in  numero,  aut  pertinet  qui  scriptus  est  numerus  ad  al- 
terum  testimonium:  tcrtio  ad  Marccllum  dc  lingua  latina:  ex- 
trusit  autem  libro  vel  libris.  Certe  non  alienius  a  tertio  ad 
Marcellum  illud  est  quod  de  tibiis  traditur  quam  quod  apud 
Nonium  p.  318  de  epicroco  communi  viris  cum  mulieribus 
vestimento. 

2.  Quodsi  id  sequimur  quod,  licet  demonstrari  nequeat 
argumentandi  necessitate,  tamen  a  probabilitate  proximo 
intervallo  absit,  nescio  an  universa  Varroniani  operis  dispo- 
sitio  haec  fuerit,  ut  ageretur 

arithmdicam  esse  voluerunt  proptcrca  quod  musica  et  gcometria  et  astro- 

nomia,  quae  sequuntur,  indujent  arithmetica:  arithmetica  vero 

ut  sit,  neque  musica  neque  geometria  neque  astranomia  egere  cognoscitur. 
VeriBaimum  hoc,  sed  ut  tamen  nec  uno  nec  tribuB  ante  saeculis  intel- 
lectum  vel  intellectia  obtemperatum  esso  exempla  clament:  pertinax 
enim  humani  errroriB  natura  et  vis  diutina.  Quare  quid  est  tandem, 
cur  in  illis  scriptoribus  saecularibus  non  posse  non  fuisse  ipsum  Var- 
ronem  contendas?  Quem  suo  qnodam  modo  multum  diverso  de  mutua 
disciplinarum  affinitate  ratiocinari  potuisse  facile  ex  iis  conicias,  qui- 
bus  quam  late  voluerit  geometriae  vim  patere  intellegitur. 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINARVM  LIHRIS. 


371 


libro  I 


de  grammatica 


II 
JII 
IV 


de  dialectica 
de  rhetorica 
de  geometria 


V  de  arithmetica 

VI  de  astrologia 

VII  de  musica 

VIIT  de  medicina 

IX  de  architectura. 


Satis  nunc  existimari  de  Ausonii  Popmae  iudicio  poterit, 
qui  Bibliothecae  Varronianae  p.  497  Disciplinarum  inquit 
libri  VIII,  in  quibus  fuit  varia  et  cx  omni  disciplinarum  gcncre 
delibata  doctrina;  nam  hac  quae  appellantur  artcs  sive  disciplinae 
liberales  seorsim  ab  hoc  opere  libros  singulares  habuerunt.  De 
quo  prorsus  fefellit  Popmam  opinio.  Qui  quae  ( praeterea 
commode  affert  e  Claudiani  Mamerti  episcopi  ad  Sidonium 
Apollinarem  libro  II  de  statu  animae  verba,  ea  non  dubito 
potiore  ex  parte  ad  ipsos  Disciplinarum  libros  referre.  Sunt 
autem  haec  cap.  8  p.  440  ed.  Galland.  Ven.:  M.  Varro  sui 
saectdi  peritissimus  ct  teste  Tullio  omnium  sine  dubitatione  doc- 
tissimus,  quid  in  musicis,  quid  in  arithmeticis ,  quid  in  geome- 
trieis,  quid  in  q>iloao(pov^(v(ov  libris  divina  quadam  disputa-  a 
tione  contcndit ,  nisi  ut  a  visibilibus  ad  invisibUia,  a  localibus 
ad  illocalia,  a  corporcis  ad  incorporea  miris  aeternae  artis  modis 
abstrahat  animum  e.  q.  s.  Gratum  nobis  fecit  Claudianus, 
quod  de  musica  deque  arithmetica  libros  Varronianos,  testi- 
moniorum  fide  magis  quam  reliquos  destitutos,  sibi  cognitos 
non  ambigue  significat.  qnXococpouuevo:  autem  fortasse  librum 
de  dialectica  dixit,  ita  ut  libris  ad  priora  omnia  pertineat: 
nam  Isidorus  quoque  ipsi  de  dialectica  disputationi  integrum 
caput  inseruit  de  definitione  philosophiae  II,  24,  ad  quod  adi- 
tum  his  verbis  parat:  solent  autem  philosophi}  antcquam  ad 
isagogen  veniant  cxponendam,  definitionem  philosophiae  ostcndere, 
quo  facilius  ea  quae  ad  eam  pertincnt  demonstrcntur.  Nisi  forte 
post  musiea,  arithmetica,  geometrica,  genere  neutro  elata, 
transiit  Claudianus  ad  qnXococpouucvujv  libros  argumenti  pro- 


24* 


Digitized  by  Google 


372 


DE  M.  VAKRONIS 


pinquitate  finitiinos,  voluminibus  prorsus  ab  illis  discretos, 
cogitavitque  sive  de  philosophicis  disputationibus  quibuslibet 
per  plurini08  commentarios  Varronis  sparsis,  sive,  quod  lu- 
bentius  ainplector,  de  iis  libris  quorum  secundus  erat  de 
forma  philosophiac  y  vel  de  his  unaque  de  libro  singulari  illo 
quem  inscripserat  dc  philosophia.  Cf.  §  8.  Vides  quam  multi- 
plicem  explicatum  episcopi  Viennensis  ea  verba  habeant,  e 
quibus,  qui  inconsultius  agat,  facile  alterum  argumentuui 
petat  (alterum  quidem  ex  Augustini  exeinplo),  quo  ut  nonaiu 
octo  aliis  discipliuis  philosophiam  a  Varrone  iunctam  esse 
probet. 


Capvt  II. 
§  12. 

23  1.  Circumspiciendum  nunc  est,  si  forte  ex  aliis  frag- 
nientis,  quae  ad  Discipliuarum  libros  sola  coniectura  pruba- 
biliter  referantur,  etiam  certiorem  speciem  singularum  artiuiu 
a  M.  Terentio  pertractatarum  menti  nostrae  informare  liceat. 

Ac  de  grammatica  diro^aTiKr)  omnis  disputatio  nostra, 
non  KOTacpaTiKn,  er^.  Nam  cum  de  grammatica  librum  Var- 
rouis  in  Cornuti  verbis  indagaverimus  apud  Cassiodorum  de 
orthographia  p.  2286  P.,  tamen  quae  praeterea  ex  eodeni 
Cornuto  Cassiodorus  afifert  Varronis  dicta  sine  certi  libri 
indicio,  ea  cave  ad  eundem  de  grammatica  commentariuui 
ilico  referas.  Ab  illis  enim  quae  supra  perscripsimus  haec 
excij)iuntur  Cornuti  verba  p.  2285,  35:  h  sicut  in  quacstume 
cst  littcra  sit  necnc,  sic  mmquam  dubitandum  cst  secundo  loco 
a  quacunquc  consonante  poni  dcbcrc.  quod  solus  Yarro  dubitot: 
imlt  enim  auetoritate  sua  cfficcrc,  ut  h  prius  ponatur  ea  littcra 
quae  aspirationem  conferat,  ct  eo  magis  hoc  tentat  persuadere, 
quod  vocalibus  quoque  dicat  anteponi  ut  hcrcs,  hircus.  scd  Yar- 
ronem  pradcrit  consonantem  ideo  sceundo  loco  h  recipcrcy  qiiod 
non  possit  aspirationem  nisi  ante  vocales  habere  (vulgo  q.  n.  p. 
ante  aspirationem  nisi  vocales  habere).  itaque  ct  ante  et  post,  si 
h  tittcra  cuicunque  tali  non  adiungatur  (vulgo  tali  adiungatur), 
non  sonabit.    haec  cnim  natura  vocalium  cst  ut,  sive  ante  sive 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINARVM  LIBRIS 


373 


past  sc  haltcant  h,  quoquo  gcixerc  cnuntiationcm  non  impediant. 
His  igitur  si  illa  continuantur:  practcrca  in  Uhro  qucm  de 
grammatica  Varro  scrijisit  c.  q.  s.,  ipsa  profecto  recte  cogi- 
tandi  ratio  evincit,  ut  ex  alio,  non  ex  eodera  Varronis  libro 
haec  atque  superiora  expromi  credantur.  Quodsi  quis  de 
Iibri8  linguae  latinae  cogitet,  quorum  primo  tractari  talia 
potuerint:  etsi  hoc  demonstrari  nequit  non  factum  csse,  u 
tamen  non  levibus  indiciis  quibusdam  in  longe  aliam  viam 
duci  videmur. 

2.  Spectant  enim  et  illa  et  alia  complura  testimonia 
Varroniana,  et  ea  qnidem  ab  orthographiae  potissimum  auc- 
toribus  prodita,  nd  eam  partem  grammaticae  quae  est  de 
litteris  deque  recte  scribendorum  verborum  ratione.  Eaque 
caussa  fuisse  videtur,  cur  lihros  dc  orthographia  Varroni 
Meyerus  in  Cic.  Brut.  28,  107  tribueret:  nullo  id  quidem 
idoneo  argumento,  sed  pedisequo  Ellendtio  p.  369  ed.  nov. 
Quos  vix  credi  potest  a  vitiosa  apud  Priscianum  III  p.  122  Kr. 
scriptura  Varro  in  orthographia  profectos  esse,  quam  iam 
Putschius  p.  609  mutaverat  in  chorographia ,  rectius  etiam 
Wuellnerus  dc  Varr.  Atac.  p.  24,  cui  Merkelius  assentitur 
prolus.  ad  Ovidii  Ibin  p.  361,  videtur  in  cosmographia  mutasse. 
Cf.  Krehlii  annot.  vol.  I  p.  276.  Sed  ad  illud  genus  haec  per- 
tinent  eiusdem  Prisciani  I  p.  556  P.  37  Kr,,  ex  antiquissimis 
codicibus  redintegrata  a  Spengelio  praef.  Varr.  p.  7:  quod 
ostcndit  Varro  in  primo  dc  originc  linguae  latinae  his  verbis: 
*ut  Im  scribit,  quinta  ct  viccsima  cst  (qu.  vic.  est  Sp.)  littcra 
quam  agma  vocant,  cuius  forma  nulla  et  vox  communis  cst 
Graecis  ct  iMtinis,  ut  his  verhis:  aggulus,  aggcns,  agguilla,  ig- 
gerunt.  in  huiusctmodi  Gracci  ct  Accius  nostcr  hina  gg  scrihunt, 
alii  n  et  g.9  Ergo,  Priscianum  si  sequimur,  de  litteris  Varro 
exposuit  libris  de  origino  linguae  latinae.  Non  igno- 
raraus  a  Varronianis  criticis  Priscianum  existimari  ipsum 
de  lingua  latina  librum  primum,  qui  esset  de  origine  1.  lat., 
denotare  voluisse:  simili  brevitate  dicendi  atque  tcrtio  Bhcto- 
ricorum  dixisse  nobis  visus  est  supra.  Verum  eam  quidera 
coniecturam  multum  labefactat,  immo  evertit  Apuleius  de 
diphthongis  p.  125  Os.:  hacdus  scribit  Tcrcntius  Varro  in  libris 
de  origine  latinac  linguac  quibusdam  placuissc  pcr  ae  diphthon- 


Digitized  by  Google 


374 


DE  M.  VARROXIS 


gum  notari,  ut  a  verbo  edo  in  quibusdam  suis  casibus  discre- 
paret.  aliis  vero  visum  esse  ait,  ut  aspirationis  nota  hanc  diffc- 
rentiam  faceret,  et  maxime  propterea  quia  Sabini,  a  quibus  Bo- 
mani  hoc  nomen  habuere,  fedus  dicebant  certumque  est  Ronuinos 
25  f  Sabinorum  in  h  solitos  convertere.  Sabini  enim  fircus,  Bct- 
mani  hircus,  illi  vefere,  Bomani  veherc  protulerunt.  Quibus 
adde  ab  eodera  Apuleio  de  nota  aspir.  p.  94  (cf.  p.  104)  bre- 
vius  significata:  Marcus  Terentius  scribit  hedum  lingua  Sabi- 
norum  fcdum  vocatum  Bomanosque  corrupte  liedus  pro  eo  quod 
est  fedus  habuisse,  sieut  hircus  pro  fircus  ct  trahere  pro  trafere. 
Quae  fallitur  Muellerus  cum  e  libro  V  de  1.  lat.  §  97  his 
verbis  satis  profecto  diversis  hausta  putat:  ircus,  qttod  Sabini 
fircus;  quod  illic  fedus,  in  Latio  rure  edus;  qui  in  urbe,  ut  in 
multis  a  addito,  aedus.  Mirabilius  etiam  Muellerus  Varrouis 
exili  hac  notatione  §  106:  hordeum  ab  horrido,  neglegenter 
usum  esse  Apuleium  p.  107  dicit:  Marcus  tamen  Varro  in 
libro  de  origine  Jatinae  linguae  ab  hardeo  horreum  derivatum 
aspirat,  hordeum  vero  ab  horrore  tractum  dicitur.  Quo  exemplo 
nihil  nisi  hoc  intellegitur,  quod  etiam  aliunde  constat,  vel 
similiter  in  diversis  commentariis,  vel  adeo  in  aliis  aliter  de 
eodem  vocabulo  Varronem  statuisse .*)  Velut  de  1.  1.  V,  160 
cum  aedem  ducat  ab  aditu,  quod  plano  pede  adibant,  longe  di- 
versum  quiddam  testatur  Apuleius  p.  127:  aedes,  quod  ab 
edcndo  seeundum  Varroncm  derivatum  est.  Hoc  igitur  non 
dubitamus  ad  libros  de  origine  1.  1.  referre:  quanquam  plu- 
rimae  sane  Apuleii  originationes  Varronis  noraini  ascriptae 
(p.  129.  135.  139.  141.  142.  143)  e  nostris  de  1.  1.  libris 
fluxeruut:  non  omnes,  ut  p.  145  proposita,  nec  generaliter 
praeceptum  p.  132.  —  Quod  autem  pro  libris  de  orig.  1.  1. 
uno  Apuleii  loco  s.  s.  (p.  107)  liber  prodit  singulariter,  eo 
noli  ita  abuti,  ut  rursum  ad  primum  de  1.  1.  librum  relabare 
coniectando.  Nam  libros  fuisse,  non  librum,  quibus  de  litte- 
rarum  ratiouibus  Varro  exposuit,  alius  quoque  grammatici 
testimoniis  arguitur,  Pompeii  in  commento  artis  Donati  p.9: 


*)  Hoc  Varroui  commune  est  cum  aliie  grammaticia  noXuYp&poic 
ut  Apollonio  Herodianoque,  de  quibus  intellegenter  ut  aasolet  Lehrsius 
noster  in  Mus.  philol.  II  p.  119  sq. 


Digitized  by  Google 


DISCIl'LINARVM  LIBRIS 


375 


.  .  .  olim  XVI  fuisse,  postea  ex  superfluo  additas  alias  litteras 
ct  favtas  XXIII.  Jiabemus  hoc  in  libris  ad  Accium  apud  Var~ 
ronem,  et  cur  tot  sint  ct  quare  eo  ordine  positac  ct  quarc  isdem 
nominibus  voccntur.    Item  p.  27:   Varro  docet  in  aliis  Ubris,i6 
quos  ad  Accium  scripsit,  (littcras)XVI  fuisse,  postca  tamen  crevisse 
et  factas  csse  XXIII.    (Aliunde  tauien  manasse  videntur  de 
generibus  e  Varrone  excerpta  p.  143.)   Hiscine  aptior  exco- 
gitari  locus  potest  quam  de  origine  latinae  linguae  libri? 
quando  nec  dc  grammatica  plures  Varro  libros,  sed  unum 
singularem  coniposuit,  nec  in  commentariis  de  lingua  latina 
nostris  ea  disputatio,  quae  institui  de  litteris  potuit,  ultra 
ipsum  primum  librum  potest  producta  esse.    Vides  quam 
omnia  apte  inter  se  coeant,  ut  Varronem  de  originc  linguae 
latinae  libros  ad  Accium  scripsisse  nobis  persuadeamus,  quibus 
ea  pars  grammaticae,  quae  est  de  litteris',  praecipua  cura 
pertractaretur.  Quocirca  coniunctis  Diomedis,  Prisciani  ipsius- 
que  Apuleii  testimoniis  non  poterit  non  cedere  semel  tantum 
singulari  numero  commemoratus  apud   eundem  Apuleium 
Uber.*)  Nec  vel  aetas  L.  Accii  poetae  repugnat  vel  ingenium 
dis8uadet:  seni  enim,  quein  constat  a  doctrinae  studiis  mi- 
nime  alienum  fuisse,  mittere  Varro  adulescens  potuit,  quem 
mature  scribere  coepisse  satis  est  consentaneum.  Quid?  quod 
vel  Ciceronem  Varrone  aliquanto  minorem  scimus  cum  Accio 
adulescentem  collocutum  esse.  Nec  illud  iustae  offensioni  est, 
quod  in  eisdem  commentariis  ipsius  Accii,  ut  e  Prisciani 
verbis^discitur,  mentio  facta  erat.  Ex  his  autem  magis  etiam 
'perspicitur,  quam  semet  indignam  coniecturam  Rubnkenius  " 
proposuerit  apud  Heusingerum  Mallii  Theodori  de  metr.  p.  64 
(Gaisf.  Metr.  p.  563)  de  Varronis  ad  Atticum  libris  cogitans, 
utpote  cui  (mirum  dictu)  Varronis  de  vita  populi  Romani 
libri  inscripti  fuissent.  Quam  coniecturam  merito  cum  Schnei- 


*)  Similia  Bunt  exempla  Ubcr  epliemcridos  (navalis)  in  Itinerario 
Alex.  M.  c.  6,  a  quo  non  diversi  libri  navalcs  Vegetii  V,  1 1 ;  item  apud 
Chariaium  p.  113  'inscribit  Varro  librum  suum  dc  poematia',  collatis 
p.  82.  105.  114,  ubi  Varronis  liber  secundus  et  tertina  de  poetnotis 
commemorantur.  Aliud  exemplum  recordabere  e  §  7.  In  Macrobii 
quoque  Sat.  I,  16  errore  nituntur  augurum  Ubri:  de  auguribua  enim 
ano  tantum  Ubro  Rerum  divinarum  Varro  commentatus  est. 


Digitized  by  Google 


376 


DE  M.  VARR0MI8 


derus  de  vita  et  scriptis  Varr.  p.  230  tura  Muellerus  in  Varr. 

27  p.  264  exploserunt.  Nec  magis  Osannus  audiendus,  suura 
illum  Ateium  huc  quoque  intrudens  Anal.  p.  67.  Inconsi- 
deratius  etiam  Ruhnkenium  secutus  Krahnerus  de  Varr.  an- 
tiquit.  p.  20  primura  de  lingua  latina  librum  coniecit  ad 
Atticum  scriptum  fuisse,  eundemque  a  Prisciano  (Apuleiuui 
ignoravit)  vocari  de  origine  linguae  latime,  a  Laurentio  autem 
Lydo  de  magistr.  I,  5  sic  significari:  tujv  rrpoc  TTomttujviov 
T6TpotMMevujv:  ita  enini,  iterum  mutato  nomine,  scripsit  pro 
eo  quod  proditum  est  npoc  TToMrrr|iov. 

3.  Ad  hos  igitur  de  origine  linguae  latinae  libros  certe 
maiore  iure,  quam  ad  eommontariura  de  grammatica,  praeter 
Cornuti  illa,  quae  hinc  ne  posse  quidem  sumpta  esse  supra 
ostendimus,  haec  quoque  referas  ex  eodem  scriptore  excerpta. 
P.  2282,  32:  hanc  litteram  (digamma)  Terentius  Varro  dum 
vult  demonstrarc,  ita  perscribit  VA  V  •  P.  2286,  31:  Varroni 
placet  r  litteram,  si  primo  loco  ponatur ,  non  aspirari.  Jector 
enim  ipse,  inquit,  intcUegcrc  debet  liodum,  tamctsi  h  non  hobct, 
Rhodum  essc,  retorem  rhetorcm.  Nam  hoc  quidem  Varronis 
placitum  cum  eis,  quae  de  anteponenda  h  littera  in  eisdem 
libris  disputavit,  facile  intellegitur  sat  commode  conciliari 
nec  ullo  modo  pugnare.  Nec  magis  dubitamus  de  his  p. 
2284,  17,  quac  transierunt  in  Isidori  Orig.  I,  26,  15:  hcru- 
mae  an  laerimae,  maxumus  an  maximus,  ct  si  quae  similia 
sunt,  scribi  debcant,  quaesitum  es/.  Tercntius  Varro  Iradidit 
Caesarem  per  i  cinsmodi  vcrba  solitum  csse  enuntiare  et  scri- 
bere:  indc  jn  optcr  auctoritatem  tanti  viri  consuetudinetn  factaw. 
Omnino  enim  Cornutum  prorsus  credibile  est,  quoniam  in 
medio  demum  disputandi  cursu  suo,  Varronis  iam  saepius 
antea  mentioue  simpliciter  facta,  semel  certum  eius  librum 
antestatur  et  ita  quidem  antestatur  ut  prius  prolatis  Varro- 
nianis  opponat,  non  ex  hoc  libro  reliqua  Varroniana  vel 
ante  vel  post  commeraorata  petisse.  —  Vix  magis  anceps 
est  de  Prisciani  verbis  T  p.  544  P.  19  Kr.  iudicium:  aucto- 
ritas  quoque  tam  Varronis  quam  Macri  teste  Censorino  nec  h 
nec  q  neque  h  in  numero  adhibet  litterarum:  quae  libro  I  oV 
1.  1.  sine  ulla  certa  caussa  tribuerunt.    Propius  haec  sane 

ss  accedunt  ad  eorum  similitudinem,  quae  in  libro  de  gramma- 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINAKVM  LIliKlS. 


377 


tica  exposita  esse  Cornutus  dicit:  sed  alteram  tamen  in  par- 
tem  non  levem  vim  hoc  habet,  quod  eius  commentarii  nulla 
apud  Priscianum  alibi  mentio  fit,  tle  origine  autem  1.  1.  libros 
sibi  cognitos  ipse  testatur.  Ceterum  e  Varroniana  doctrina 
totuni  pependisse  Nigidium  Figulum  auctor  est  Marius  Victo- 
rinus  de  orthogr.  p.  2456  P.  8  G.:  Nigidius  Figutus  in  com- 
mentariis  sttis  nec  k  posttit  nec  q  ncc  x.  idem  h  non  cssc  litteram 
sed  notatn  aspirationis  tradidit.  Cf.  p.  2466  (22).  Similiterque 
cum  ille  tum  alii  in  aliis:  quod  nimc  persequi  longum  est. 

4.  Imprimis  diligenter  et  copiose  de  h  littera  deque 
aspiratione  Varronem  disputasse  etsi  satis  documento  sunt 
Cornuti  Apuleiique  quae  perscripsimus  testimonia,  tamen  ple- 
nius  etiam  idem  ex  aliorum  scriptis  grammaticorum  cogno- 
scittir.  Coniunctis8imum  cum  Apuleianis  hoc  est  apud  Ve- 
lium  Longum  de  orthogr.  p.  2230:  ut  testis  cst  Varro,  a 
Sabinis  fasena  dicitur,  ct  sicut  s  famUiariter  in  r  transit,  ita 
f  in  vicinam  aspirationem  mutatur.  Cui  rursum  proxime  ac- 
cedit  Servianum  illud  in  Aen.  I,  172:  arena}  quacritur  habcat 
necne  nomen  hoc  aspirationem.  et  Varro  sic  dcfmit:  si  ab  ari- 
ititate  dicitur,  non  habet,  si  ab  haerendo,  ut  in  fabricis  ridc- 
mtts.  habet.  Ad  eundem  de  aspiratione  locum  haec  pertinent 
Charisii  I  p.  56:  pulchrttm  Varro  aspirari  debere  negat,  ne 
(habts  consonantibus  media  interccdat  aspiratio,  quod  minimc 
rectum  antiquis  videbatur.  unde  et  seputcrttm  hodieqtte  manet, 
quod  sit  scorsum  a  pttlcro,  propter  recordationem  doloris:  nam 
liaec  quoque  postrema  Varronianam  sapere  doctrinam  viden- 
tur.  Denique  adde  Charisii  I  p.  62:  Gracctts  et  orttts  sine 
aspirationc  dici  debere  Varro  ait,  ct  ortttm  qttidetn  quod  in  eo 
omnia  oriantur,  Graccnm  atttcm  a  gcrendo,  qttod  mater  citts 
duodccim  menstbtts  utero  ctttn  gestaverit.  Quod  testatur  etiaui 
Scaurus  de  orthogr.  p.  2256:  negat  Vatro  etiam  Gracchus 
asfnrandum,  qttoniam  a  gerendo  sit  cognominattts:  matrem  enim 
citts,  qtti  primus  Graectts  sit  dictns,  dttodccim  mcnsibus  tttero 
cum  (vulgo  ttterum)  gessissc. 

5.  Et  haec  quidem  de  aspiratione  supersunt  Varronianae  29 
doctrinae  frustula,  magna  certe  ex  parte,  nisi  fallit  coniec- 
tura,  ex  libris  de  origine  linguae  latinae  petita.  Indidem 
fortasse  alia  quaedam  sumpta  sunt  ad  alios  locos  orthogra- 


( 


378 


DE  M.  VARRONIS 


phicos  spectantia  ab  ipsisque  orthograpbiae  auctoribus  tra- 
dita.  Ex  Papiriano  Cassiodorus  de  orthogr.  haec  excerpsit, 
quae  infra  scripsimus.  P.  2200:  nararc  per  unum  r  scribi- 
tur,  ut  Varroni  placct.  sccutus  est  cnim  ctymologiam  nominis 
eius,  qua  gnarus  dicitur  qui  scit  ct  accipit  quod  loqui  debeat. 
dcniquc  compositio  verbi  ita  scribitur,  ignorarc}  quaejfron  per 
duo  r,  sed  per  unum  scribitur.  P.  2291:  traps,  ab  co  quod 
dicitur  trdbis,  et  urjys  pcr  p  dcbent  scribi,  licct  Varro  per  h 
scriltcndum  putct,  quod  in  reliquis  casibus  b  habcant.  quode  ple- 
nius  Varronis  rationes  Scaurus  de  orthogr.  p.  2261  explicavit: 
non  carct  quacstionc  etiam  plebs  et  urbs,  ct  Pelops.  quac  Varro  ita 
distinguity  ut  pcr  b  et  s  ea  nominativo  casu  putct  csse  scribenda, 
quae  eandem  littcram  genetivo  rcddant  ut  plebs  plebis}  urbs  ur- 
bis,  ea  vcro  pcr  p  et  s,  quae  similiter  genctivo  eiusdem  nutneri 
in  pis  excurrunt  ut  Pctops  Pelopis.  Praeterea  Velius  Longus 
de  orthogr.  p.  2233:  sic  etiam  dclirus  plaeet  Varroni,  non  de- 
lcrus.  non  cnim,  ut  quidam  cxistimanty  a  graeco  tracta  vox  (sl 
iraQcc  xb  kriQeiv,  scd  est  latina  (insere  a  lira  i.  c.)  stdco.  ita- 
que  sieuti  boves,  cum  se  a  rccto  actu  opcris  detorserint,  dclirare 
dietintur,  sie  qui  a  recta  via  vitae  ad  pravam  dcclinanty  per 
similitudincm  translationis  item  dclirare  cxistimaniur.  Naui 
praeter  haec  extrema  verba  non  potest  non  ipsa  quoque  ex- 
plicatio  Varronis  esse.  Postremo  idem  Velius  p.  2236:  nam- 
quc  mium  et  commircium  quoque  pcr  i  antiquis  rclinquamus, 
apud  quos  aeque  et  Mircurius  pcr  i  diccbatur,  quod  miranda- 
rum  cssct  rerum  invcntor,  ut  Varro  dicit.  nostris  iam  auribus 
[sccus  placct,]  scilicct  per  c  ut  ct  Mercurius  et  commercia  di- 
cantur.  Sic  enim  redintegranda  videntur,  quae  sic  vulgantur: 
.  .  .  inventor.  et  Varro  dicit  nostris  iam  auribus  scilicct  per 
c,  ct  lU  M.  c.  c.  d.  —  Ceterum  nihil  voluimus  eorum  prae- 
termittere,  quae  aliquo  modo  possent  in  orthograpbicorum 
so  societatem  venire:  nam  talia,  qualia  sunt  de  delirus  et  Mir- 
curius  disputata,  sua  sponte  intellegitur  per  multarum  quae- 
stionum  occasionem  tractari  potuisse. 

§  13. 

Numerorum  tam  varia  iu  artibus  notio  tamque  multi- 
plex  usus  est,  ut  non  sit  mirandum  in  quinque  minimum 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINAKVM  LIBRIS.  370 

disciplinis  illis  enucleandis  elaboratum  esse,  in  arithmetica, 
geometrica,  musica,  grammatiea,  rhetorica.  Quocirca 
iam  Augustinus  (§  1)  in  omnibus  regnare  numeros  dixerat. 
Quae  siugularum  artium  mutua  inter  se  cognatio  in  unam 
potissimum  parteni  valuit.  Nam  cum  e  mathematicis  nu- 
meris  suspensae  sint  rationes  musicae,  ex  his  autem  apti 
numeri  poetarum  carminibus  adhibiti,  rursum  autem  hi  nu-  I 
meri  cum  aliquo  temperamento  ad  orationem  versibus  non 
astrictam  translati:  consequitur  eam  artem,  cui  nomen  im- 
positum  metricae,  certo  societatis  vinculo  et  cum  musica 
et  cum  grammatica  et  cum  rhetorica  contineri.  Velut  in 
arithmetica  locus  fuit  numeris  liemiolio  et  cpitrito  explicandis, 
de  quibus  Gellius  XVIII,  14  disseruit  ipsum  fortasse  Varro- 
nem  respiciens:  commemorat  enim  eos  qui  de  numcris  la- 
ttne  scripserunt ',  et  insequenti  capite  alia  e  Varronis  Disci- 
plinarum  libris  metrica  expromit.  Rursus  autem  geometriae 
cum  arithmetica  affinitas,  de  qua  multus  est  Marcianus  VI  p. 
227  sq.,  effecit,  ut  etiam  cum  geometricis  et  musicae  et  me- 
tricae  rationes  compararentur.  Id  planissime  intellegitur  e 
valde  memorabili  Gellii  capite  18  libri  XVI,  ubi  pars  quaedam 
ait  geometricae  oitxixr\  appellatur,  quae  ad  octdos  pertinet:  ^xirs 
altera,  quae  ad  aurisf  xavovixr)  vocatur,  qua  mu$ici  ut  funda- 
mcnto  artis  suae  utuntur.  utraque  harum  spatiis  et  intervallis 
linearum  et  ratione  numerorum  constat.  Et  interposita  6tttiktic 
descriptione  sic  pergit:  xavovixr\  autem  longitudines  et  altitudi- 
nes  vocis  emetitur.  longior  mensura  vocis  Qv&pbg  dieitur,  altior 
\Ukoq.  est  et  alia  speeies*)  quae  appellatur  fisrQixr],  pcr  quam  syl- 
Jabarum  longarum  et  brcvium  et  mediocrium  iunctura  ct  modus  si 
congruens  cutn  principiis  gcometriae  aurium  mensura  examinatur. 
Haec  autem  omnia  ex  Varrone  sumpta  esse  iis  arguitur  quae 
illis  Gellius  continuat:  sed  haec,  inquU  M.  Varro,  aut  omnino 
non  discimus,  aut  prius  desistimus  quam  intellegamus  cur  di- 


*)  KavoviKfjc  vulgo  additum  abest  ab  optimo  codice  qui  est  Regius, 
recte  autem  cogitatione  additur:  dicitur  enim  mctrica  tertia  accedere 
rhythmicae  et  ei  arti  quae  ad  uAoc  Bpectat  i.  e.  harmonicae.  geome- 
triae  addiderat  Stephanus:  cui  fraudi  fuerat  perversa  in  titulo  capitis 
partitio:  de  parte  geometriae  quae  onttnri  appellatur,  et  itein  alia  quae 
xavonxij,  et  tertia  itidem  quae  dicitur  ftfrptx^. 


Digitized  by  Google 


380  DE  M.  VARRONIS 

sccnda  sint.  voluptas  autem,  inquit,  vcl  utilitas  talium  discijiii- 
narum  in  postprincipiis  cxsistit,  cum  pcrfcctac  absolutacquc  sunt: 
in  principiis  vero  ipsis  ineptae  ct  insuavcs  videntur.  Quo  autem 
morlo  geometricas  et  metricas  rationes  copulaverit,  uno  notabili 
exemplo  docetur  ab  eodem  Gellio  XVIII,  15  prodito:  Marcns 
ctiam  Varro  in  libris  DiscipUnarum  scripsit  obscn;assc  scsc  in 
vcrsu  Jwxametro,  quod  omnimodo  quintus  semipcs  verbum  fim- 
rct,  ct  quod  priorcs  quinque  semqmks  aequc  magnam  vim  hafc 
rent  in  cfficicndo  vcrsu  aique  alii  posteriorcs  scptem:  idquc  ip- 
sum  rationc  quadam  gcomctrica  fieri  disserit.  Id  igitur  nescio 
an  in  ipso  de  geometria  libro  fecerit  potius  quam  eo  loco 
quo  carminum  numeros  dedita  opera  explicavit. 

§  14. 

Deinde  autem  fieri  non  potuit  quin  communi  veterum 
consuetudine  etiam  in  musicis  metricam  artem  Varro  at- 
tingeret.  Et  attigit  etiam  Isidorus  III  c.  22,  quod  caput, 
dc  musicis  numeris  inscriptum,  his  verbis  terminavit:  ciusdmi 
musicae  perfcctione  etiam  mctra  consistunt  in  arsi  et  thesi,  id  csi 
clcvationc  et  positione,  coll.  c.  17,  2;  aliquanto  autem  explicatius 
Marcianus  IX  p.  327  sqq.  de  temporibus,  pcdibus,  rhytJtmicis 
32  ffcncribus  metrisfjue  egit,  non  praetermissa  geometricae  arith- 
meticaeque  comparatione  (p.  327  ima).  Augustinus  quoque  e 
musica  voluit  poetanim  numeros  nexos  esse  de  ord.  II,  40: 
nam  in  ipsis  musicae  libris  VI  ad  metricae  artis  pertracta 
tionera  non  penetravit.  Quam  autem  musicae  partitionem 
Cassiodorns  c.  5  et  Isidorus  III,  17  (alios  sciens  taceo)  pro- 
posuere,  illa  ut  tribus  partibus  constaret  harmonica,  rhylh- 
mica,  metrica:  ea  etsi  videtur  primo  aspectu,  tamen  reapse 
non  pugnat  cum  Varronis  illa  divisione,  qua  easdem  esse 
partes  KavoviKfjc  statuit.  Nam  haec  si  necessario  pugnarent, 
indidem  etiam  illud  consequeretur,  ipsam  rausicam  non  pe- 
culiarem  Disciplinarum  librum  occupasse,  sed  tractatam  esse 
in  geometria,  cuius  pars  est  KavoviKn..  Atqui  in  georaetria 
consentaneum  est  genus  universum  definitum  esse,  enarratam 
autem  e  compluribus  eius  generis  forniis  eani  tantum  for- 
raam  sive  speciera,  quara  ]u*oprio  nomine  dictam  georaeiriam 
interpretamur  consueta  hodieque  notione:  eadem  autem  ra- 


Digitized  by  Google 


DISCIPLLNAKVM  LIBRIS.  381 


tione  etiam  ceteras  formas,  quae  singularibus  artibus  mate- 
riam  praebuerunt,  singulis  libris  separatim  explanatas.  Quales 
sunt  astronomia  et  inusica,  eo  quidem  haec  magis  seorsum 
tractanda,  quod,  quos  e  geometria  locos  ascivit,  ei  ne  con- 
suinniant  quidem  notionem  niusicae,  »ed  dimidiam  partem 
reliquam  faciunt:  nam  eeuupnriKai  sunt  "rhythmica,  harmonica, 
metrica,  quibus  accedere  TrpctKTiKrjv  oportet  quae  est  organica. 
Eanique  una  complexum  esse  Varronem  cum  res  ipsa  arguit 
tuui  tibiarum  exempla  docent  ex  Marciano  scholiastaque  Ho- 
ratiano  supra  prolata  §  6  et  §  10.  Quibus  iam  tertium 
adde  Servii  in  Aen.  LX,  618:  ut  enim  Varro  ait,  tibia  Phry- 
gia  dextra  unum  foramen  habet,  sinistra  duo,  quorum  unum 
aatium  sonum  habct,  alterum  gravem.  Quibuscum  nescio  an 
apud  ipsum  Varronem  coniuncta  fuerint  quae  praecedunt: 
tibiae  aitt  sarranae  dicuntur,  quae  sunt  parcs  et  acquales  ha- 
hmt  cavernas,  aut  Phrygiae,  quac  ct  imjtares  sunt  et  inaequales 
habent  cavernas.  Nequc  organicam  Isidorus  in  musicae  enarra- 
tione  praetermisit:  quamquam  miro  sane  consilio  tripertitae 
divisioni  illi  eam  expositionem  subicit  c.  19  sqq.,  qua  in  me- 
tricae  locum  organica  tacite  substituitur. 

§  15. 

Tertia,  in  qua  numerorum  aliquis  usus  fiebat,  discipliua 
est  rhetorica:  in  qua  quanto  studio  quamque  subtili  dili- 
gentia  syllabarum  mensuras  veteres  magistri  exegeriut  pe- 
dumque  rationes  et  multiplices  complexiones  pensitarint,  in 
vulgus  constat.  ltaque  de  hoc  genere  in  rhetorica  breviter 
praecepit  Marcianus  V  p.  1G8  sqq.  Idemque  Varronem  fe- 
cisse  ex  Rufini  de  metris  oratorum  commentariolo  p.  2720 
H.  398  G.  intellegitur:  latine  de  numeris  hi  (scripserunt):  Ci- 
ccro,  Victorinus,  Hieronymus,  Terentianus,  Varro,  Probus,  Cha- 
rkius,  Diomcdes,  Quintilianus ,  Donatus,  Servius.  In  quibus 
Hieronymum  de  Graecomm  qui  praecedunt  societate  sublatum 
reposuimus  in  Eusebii  locum.  De  numeris  autem  prosae 
orationis  loqui  Rufinum  luculentissime  cum  latinorum,  quibus 
Varronem  iunxit,  tum  graecorum  (Thrasymachi,  Gorgiae,  Iso- 
cmtis,  Theodectae,  Theophrasti  cet.)  nomina  scriptorum  do- 
cent,  oinnisque  ouinino  illorum  multitudo  exemplorum  e  plu- 


Digitized  by  Google 


382  DE  M.  VARRONIS 

rimis  rhetoricae  auctoribus  excerptorum,  quibus  s.  s.  testimo- 
nia  Rufinus  media  interposuit.  Contra  ad  poetarum  numeros 
spectat  quae  Varronis  in  eiusdem  Rufini  altero  commentario, 
qui  est  de  metris  comicis,  mentio  fit  p.  2713  P.  387  G.: 

mensuram  esse  in  fabnlis  dicunt  hi:  Cicero,  Scaurus, 

Firmianus,  Varro  e.  q.  s.:  in  quae  verba  vide  quae  coinmen- 
tati  sumus  Parergon  Plaut.  I  p.  358  sqq. 

§  16. 

Plene  autem  et  accurate  si  quaeris  ubi  Varro  poeta- 
rum  metra  explicaverit  deditaque  opera  enarraverit:  nec  e 
geometrica  nec  e  musica  nec  e  rhetorica  has  disputationes 
nexuit,  sed  metricam  esse  partem  grammaticae  diaci- 
plinae  voluit  cum  plerisque  qui  post  eum  in  eodem  siint  ge- 
nere  versati*):  e  quorum  tamen  numero  et  Augustinus  et 
34  Marcianus  eximendi:  nam  de  Cassiodoro  incomperta  res,  quod 
eius  de  grammatica  caput  mutilum  in  fine.  Sed  Isidorus 
sane  de  metris  integrum  caput  I,  38,  quamquam  parum  id 
fructuosum,  commentariis  de  grammatica  suis  inseruit.  lllud 
autem  Varro  nec  in  Disciplinarum  libris  praestitit  nec,  quan- 
tum  iudicare  e  grammaticorum  silentio  licet,  in  libris  de  lin- 
yua  latina  ad  Ciceronem,  verum  in  eis  quos  ad  MarceUum 
scripsit.  Planissime  enim  hoc  e  Rufini  priore  commentario 
cognoscitur,  quo  doctrinae  Varronianae  praeclara  frustula 
haec  servavit.  P.  379  sq.  §  6.  7  Gaisf.:  Varro  in  VI 1:  clau- 
sulas  quoque  primum  appellatas  dicunt,  quod  clauderent  senten- 

*)  Nolo  exempla  congerere  iu  re  confessa:  coucinna  autem  praeter 
reliquos  brevitate  Seneca  epist.  88  init.:  grammatieus  cirea  curam  *tr- 
monia  versatur,  et  si  latius  evagari  vult,  circa  historias;  iam  ut  longit- 
sime  fines  suos  proferat,  circa  cannina.  Quae  mox  sic  interpretatur: 
syllabarum  enarratio  et  verborum  diligentia ,  ct  fabularum  memoria,  et 
versuum  lex  et  modificatio.  Nec  aliud  Quintilianus  spectat,  recte  loquentii 
scientiae  et  poetarum  enarrationi  musicen  iungens  I  c.  4,  citra  quam 
non  posse  perfectam  esse  grammaticen,  cum  ei  de  metris  rhythmisqw 
dicentlum  sit.  Quibus  addeoda  sunt  quae  de  gramraatica  musicac  sive 
consociata  sive  subiecta  persequitur  1,  10,  17  sq.  Contra  M  u  ianu* 
quam  voluerit  a  grammatica  diremptam  esse  metricam,  his  verbis  te- 
stantem  facit  Minervam  III  p.  93:  tiam  si  rhythmicum  quid  nteiricum- 
que  .  .  .  assump8cris,  profecto  3Iusiccs  impetu,  cuius  praevertis  officium, 
discerpseris  (Grammatica). 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINARVM  LIBRIS. 


383 


tiam,  ut  apud  Accium:  *an  luiec  iam  obliti  sunt  Phryges9  (imiuo 
Bruges).  nonnumquam  ab  his  initium  fit,  ut  apud  Caecilium: 
fdi  boni  quid  hoc9;  apud  Tercntium:  \liscrucior  animi9.  Idem 
Varro  in  eodem  lib.  VII  de  tingna  latina  ad  Marcellum  sic 
dicit:  aut  in  extrcmum  senarium  totidem  semij)edibus  adiectis 
fiat  comirus  quadratus,  ut  hic:  rheri  aliquot  adulescentidi  coii- 
mus  in  Piraco7.  Eidem  igitur  septimo  ad  Marcellum  libro 
etiam  haec  non  haesitanter  tribues  p.  378  sq.  §  2.  3:  Dio- 
mcdes  sic:  septcnarium  versum  Varro  fieri  dicit  hoc  modo: 
cum  ad  iambum  trisyllabus  pes  additur  et  fit  tate:  *quid  im- 
merentibus  noccs,  quid  invides  amicis\  simititer  in  Terentio  ver- 
sus  cst:  rnam  si  remittant  quippiam  Vhilumenae  dolorcs\  ct  in 
Plauto  saepc  talcs  rcpcriuntur.  Varro  de  lingua  latina  ad  Mar-  35 
cellum  sic:  quarc  tfl  huiusmodi  locis  poni  oportet  notam  in 
transrcrsum  inter  syliabas,  frcqucntius  ad  extremum  vcrsum 
senarium  ct  similcs,  si  pro  longa  brcvcm  habchunt,  ut  ttf  hoc: 
'amictis  summus  mcus  ct  pvpularis  Geta*.  Charisius  sic:  scpte- 
narium  vcrsum  fieri  dicit  Varro  hoc  modo,  cum  ad  iambum 
trisyllabns  pes  additur:  ut  praefatum  cst.  Vix  videtur  dubitari 
posse,  quin  ex  eodem  Varronis  libro,  cui  nominatim  comme- 
morato  sua  Rufinus  debet,  etiam  Diomedea  et  Charisiana 
petita  sint,  quibus  propter  ipsam  argumenti  propinquitatem 
sua  excerpta  ille  interposuit,  sive  ipse  Varronis  libros  trac- 
tavit  sive  ab  alio,  qui  tractarat,  item  mutuatus  est.  Sed 
quo  vinculo  Diomedis  cum  Uufini  testimonio  continebatur, 
id  ipsum  recisum  est.  Non  potest  enim  non  hic  esse  utrius- 
que  nexus,  ut  a  modo,  quo  septenarius  fieret  e  senario, 
transiretur  ad  talium  septenariorum  commemorationem,  quo- 
rum  media  syllaba  brevis  haberetur:  qualium  constat  non 
minorem  esse  multitudinem  quam  quorum  media  syllaba  ad- 
misit  hiatum.  In  huiusmodi  igitur  tocis  h.  e.  cum  in  raediis 
septenariis  tum  ubicunque  brevis  est  pro  longa  syllaba,  ut 
in  extremis  versibus  arsi  terminatis,  Varro  poni  iussit  ean- 
dem  notam  metricam,  qua  in  mediis  quidem  versibus  (quando 
in  extremis  inutile)  ad  notandum  hiatum  reperimus  etiam 
Godofredum  Hermannum  usum.  Quam  notam  non  memini 
a  criueiujv  interpretibus  explicari.  Ab  illo  autem  Diomedia 
testimonio,  quod  est  p.  514  P.  499  §  51  G.,  proficisci  licet, 


Digitized  by  Google 


384 


DE  M.  VARRONIS 


ut  ad  eundem  Varronis  libruni  ea  quae  illis  continuantnr 
referamus:  quibus  quae  ab  ipso  Diomede  admisceantur,  fatile 
unusquisque  dignoscet.  Sic  igitur  ille  pergit  §  52:  Octona- 
rius  cst,  ut  Varro  dicit,  cum  duo  iambi  pcdes  iambico  metro 
praeponuntur  ct  fit  versus  talis:  'pater  meus  dicens  docendo  qui 
docet  dicit  docens  \  tolle  hinc  primos  duos  iambos ,  et  erit  tak 
quale  illud  est:  ribis  Liburnis  inter  alta  navium\  §  53:  Tri- 
metcr  herous  cx  superiore  hexamctro*)  fit  ut  dutimus:  sed  hoc 
sc  Varro  ab  Archilocho**)  auctum  dicit  adiuncta  syllaba  et  factum 
tale:  'omnipotente  parentc  meo\  huic  si  auferas  ultimam  sylla- 
bam,  crunt  tales  tres  pedes,  quos  prior  pars  hcxametri  recipere 
consuevit.  §  54:  ArchilocJiium  Varro  illud  dicit  quod  est  tale: 
*ex  litoribus  properantes  navibus  recedunt\  hic  superius  cotnma 
quod  est  talc  *ex  litoi  ibus  propcrantcs9  simite  cst  illi  'Troiue 
qui  primus  ab  oi  isJ;  inferius  comma  quod  est  tale  'navibus  re- 
ccdunt9  simile  est  illi  quod  est  talc  'machinac  carinae\  —  Et- 
haec  quidem  exempla  Varronem  auctoiem  aperte  testantur: 
habent  haud  dubie  sine  testimonio  alia;  quae  persimilia  vel 
praecedunt  vel  sequuntur.  In  quorum  tamen  numerum  vix 
venit  hoc  quod  subicitur  §  55:  Dimetrum  quoque,  quod  est 
ex  superiore  partc  hexamctri,  Archilochiutn  una  syllaba  auxit 
et  fecit  tale:  Kvult  tibi  Timocles\  Nam  etsi  sic  scriptum  in 
suis  codicibus  invenit  Gaisfordius,  tamen  nec  Archilochium 
illud  ipsum  dimetrum  supra  dictum  est  p.  494  §  32  (ubi 
duo  exempla  sunt,  non  unum:  scribenti  mihi  ||  praanomtni 
dca),  et  ofFendit  collocatio  verborum:  quare  nescio  an  prae- 
stet  editorum  scriptura  exemplorum  ArcJiiloclius ,  praesertim 
cum  insequantur  haec  §  56:  dimctrum  et  illud,  quod  cst  ex 
infenore  parte  hcxamctri,  ArchilocJius  auxit  e.  q.  s.  Alia  tameu 
ratio  horum  §  G5:  Iambico  novum  carmen  refert  Varro,  cuws 
exemplnm  est  tale:  'pedem  rhythmumque  finit\  Hic  facile  quis- 
piam  cogitet  de  metri  genere  quo  ipse  Varro  usus  sit  iu 

*)  Vnlgatur  ex  superiorc  iambico,  qui  error  boIo  casu  irrepMt. 
Dixerat  enim  p.  494  §  33:  sic  et  trimetrum  ex  superiore  parte  hexa- 
metri  tale:  rMusae  Pierides  novem*. 

**)  At  vero  cum  veraum  cuni  minime  tribuerit  Archilocho,  ne  hic 
quidem  una  syllaba  auctiorem  potuit  ab  Archilochio  auctum  dicere, 
id  quod  editur,  sed  auctum  ab  Archilocho  potuit. 


Digitized  by  Google 


PISCIPLINARVM  LIBRIS. 


385 


satiris,  modo  eflert  scribatur  pro  referi:  et  in  eo  sane  est 
Diomedes,  ut  novas  versuuni  fornias  a  quibusdaiu  poetis  ex- 
cogitatas  percenseat;  verumtamen  cum  praetcr  hoc  exemplum 
Sereni  et  Arbitri  poetarum  mentione  se  contineat,  teneat 
autem  in  reliquis  omnibus  hoc  loquendi  genus  fecit  taie,  tu- 
tissimuni  fuerit  illa  in  hanc  potius  partem  interpretari,  ut  »7 
ad  iambicum  genus  (iambico)  rursus  alium  versum  (novum 
carmen,  nondum  commemoratura)  referre  Varro  dicatur.  Sine 
controversia  autem  ad  Varronis  de  metris  commeutarium 
illa  pertinent  p.  49G  §  40:  Varro  dicit  inter  rhijthmnm,  qni 
latine  numcrus  voeatur,  ct  metrum  hor  inteirssc,  quod  inter  ma- 
teriam  et  reaidam.  Quocum  componenda  Marii  Victorini  me- 
raoria  item  ad  generis  descriptionem  pertinens  p.  2498  P. 
72  G.:  veistis  estf  ut  Vaironi  plaeetf  verborum  iunctura,  quae 
per  articulos  et  commata  ac  rhifthmos  modtdatnr  in  pcdcs.  Nara 
etsi  haec  quidera  potuerunt  sane  etiam  in  Disciplinarum 
libro  I ,  quo  grammatica  tractabatur,  locuni  habere,  tamen, 
si  modo  liber  VII  (idem  ut  videtur  ultimus)  ad  Marcellum 
destinatus  erat  metrorum  doctrinae  enarrandae,  et  facile  per- 
spicitur  non  potuiBse  eum  notionum  detinitionibus  carere,  et 
magnam  profecto  vim  illud  habet  quod  hunc  librum  tot 
testimoniis  novimus,  alterum  nescimus  a  metricis  scriptoribus 
usurpatura  Dioinede  et  Rutino:  nam  Victorini  sane  paullo 
alia  condicio,  cf.  §  3,  2.  Postremo,  quoniam  cum  metroruin 
disciplina  cognata  est  de  TTpoctubiaic  doctrina,  fortasse  hanc 
quoque  in  illis  ad  Marcellum  libris  Varro  attigit,  quando  id 
in  libris  ad  Ciceronem  factum  esse  ne  levissimo  quidem  in- 
dicio  colligitur.  Quod  si  ita  se  habuit,  non  iinraerito  huc 
rettuleris  Gellii  XVIII,  12  verba:  Varro  in  libris  quos  ad 
Marcclium  de  limjua  latina  fccii:  in  priore  verbo  yraves  jyro- 
sodiae,  quac  fuerunt,  manent,  reliquae  mutant. 

§  17. 

Transeundum  est  ad  geometriam,  de  qua  scitu  per- 
digna  quaedam  restant.  Eam  discipLinam  divisam  esse  ott- 
tikt)  et  KavoviKf]  supra  vidimus  $  L3,  abi  <juas  partes  kuvo- 
viktj  habuerit,  ex  allatis  Gelliani  capitia  \  \  I,  18  verbis  in- 
tellectum  est.    Opticam  autem,  quu  locus   ille  geometriuc 

»'K.  RJTBCHKLll  OPVSCVI  \  III 


38G 


DE  M.  VAKKONIS 


universus  comprehenditur  qui  non  ad  aures,  sed  ad  oculos 
pcrtinet,  ibidem  non  item  per  partes  suas  descriptam  reperi- 
uius,  sed  potius  lepida  quacdam  mcmoratu  ct  cognitti  (ut  est 
38  in  praeuiisso  arguuiento  capitis)  ex  ea  delibata.  Sunt  autem, 
ex  Varrone  ut  apparet  excerpta,  haec:  07Ctixrj  facit  multa  de- 
miranda  id  gcnus,  nt  in  spcexdo  uno  imagines  umus  rei  plurts 
appareant:  item  ut  speculum  in  loco  certo  positum  nihil  ima- 
ginet,  aliorsum  translatum  faciat  imagines:  itemy  si  rcetus  spe- 
ctdum  spectes,  imago  fiat  tna  huinsmodi,  ut  caput  deorsum  vi- 
dcatury  pedes  sursum.  rcddit  ctiam  caussas  ca  diseiplina,  cur 
istae  quoque  irisiones  fallanty  ut,  qnae  in  aqua  conspiciuntnr, 
maiora  ad  oculos  fianty  quae  proctd  ab  oculis  sunt,  minom. 
Et  haec  quidem  ad  eam  opticam  pertinent,  quam  hac  appel- 
latione  nos  quoque  hodie  vocitamus.  A  Varroniana  autem 
6tttuoic  notione  non  alieniora  ea  sunt,  quae  proprio  nomine 
dictae  geometriae  a  nobis  tribuuntur  ad  lineas  et  figuras 
spectantia.  Eius  rei  luculento  documento  est  Gellii  caput  20 
libri  I,  cuius  multo  plura  ex  Varrone  petita  esse  persuasum 
habemus,  quam  quae  ad  eum  nominatim  referuntur.  Quod 
quidem  ipsa  ratio  planum  facit,  qua  Varronis  testimonium 
cum  reliqua  disputatione  ita  conectitur,  ut  ne  posse  quidem 
utraque  pars  certis  finibus  dirimi  videatur:  quo  accedit,  quod 
Gellium  satis  iam  comperimus  Disciplinarum  libros  suis  ocu- 
lis  usurpasse  ex  iisque  non  pauca  alia  vel  tacito  vel  nomi- 
natim  deprompsisse.  Simul  autem  ex  illo  capite  commode 
cum  hoc  perspicitur,  qua  partitione  6tttikt|  sit  in  eTrmebo- 
ueTpiav  (vel  ixvotpctq)iav)  et  CTcpeojneTpiav  divisa,  quam  par- 
titionem  etiam  Marcianus  novit  VI  p.  228,  tum  qua  ratione 
geometricae  cum  arithmeticis  rationibus  copulari  sint  solitae. 
En  igitur  integrum  caput.  Figurarum  quae  cp^axa  gnme- 
trac  ap}Manty  gcnera  sunt  duo,  planum  ct  solidum.  hacc  ipsi  vo- 
cant  fjtfatdov  xal  atsQeov.  planum  est  eiuod  in  duas  pmrtis  sohnn 
lincas  hal>cty  qua  latum  cst  ct  qua  longum:  qualia  sunt  triquetra 
et  quadratei  quae  in  arca  flunt  sme  altitudine.  solidnm  cst, 
quando  non  longitudims  modo  ci  latitudines  planas  numtri 
linearnm  efficiunty  scd  ctiam  cxtollunt  altitudines:  qnales  suiit 
fermc  metae  triangulae  quas  pgramidas  appel\a%dy  vcl  qnalia 
sunt  quadrata  undieptc  quae  xv(iov$  illi,  nos  quadrantedia  tliei- 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINARVM  LIBRIS.  387 

mus.  xvfiog  enim  est  figura  ex  omni  latere  quadrata,  qualcs 
sunt,  inquit  M.  Varro,  tcsserac  quibus  in  alvcolo  luditur,  cx 
quo  ipsac  quoque  apjwllatac  xvfioi.  in  numeris  etiam  similiter 
xvfiog  dicitur,  eum  otnne  tatus  eiusdem  numeri  aequabiliter  in 
sese  soIviturt  sicuti  fit  eum  ter  terna  ducuntur  atque  idcm  ipse 
numerus  triplieatur.  huius  numeri  cubum  Pythagoras  vim  ha- 
berc  hmaris  cimdi  dixit,  quod  ct  luna  orltem  suum  lustrct  scjt- 
tem  et  viginti  dicbusy  qui  numcrus  ternio,  qui  gracce  dieitur 
TQiug,  tantundem  efficiat  in  cubo.  tinea  autem  a  nostris  dirifur, 
quam  ypauuijv  Graeci  nominant.  cam  M.  Varro  ita  drfinit: 
linea  est,  inquit,  longitudo  quaedam  sine  tatitudinc  et  altitudinr. 
Euctides  autem  brevius  praetermissa  altitudine  yoauuT},  inquit, 
est  nrjxog  dirAartg  e.  q.  s.  Euclidem,  qui  tamen  ab  ipso 
potest  Varrone  commemoratus  esse,  sequitur  Marcianus  p.  228. 

§  18. 

Sed  his  omnibus  tantum  abest  ut  vis  et  notio  geome- 
triae  Varronianae  consumnietur,  iis  ut  tantum  praecepta  artis 
h.  e.  caussae  et  principia  e  mathematicis  rationibus  repetita 
contineantur,  quibus  accessit  pars  TTpaKTiKn.  ad  vitae  usum 
spectans,  eaque  rursum  bifariam  divisa.  Ab  ipsa  enim  vo- 
cabidi  origine  profectus  geometriam  Varro  detiniit  terrae 
metiendoe  disciplinam:  qua  notione  agris  sive  privatis  sive 
publicis  dimetiendis  adhibita  fit  agrimensorum  ars  groma- 
tica  (quam  cum  formis  geometricis  etiam  Cassiodorus  Var. 
III,  f>2  sociat),  ad  terras  universas  orbemque  adeo  terramm 
traducta  nascitur  geographia.  Ad  utramque  disciplinam 
Varronem  voluisse  suam  geometriam  pertinere  primum  per- 
Hpicitur  e  communi  Cassiodori  c.  6  p.  558  a  et  Pseudo-Boe- 
tii  p.  1229  hoc  testimonio:  sed  Varro  jmitissimns  Latinorum 
huius  tuyminis  caussatn  sic  exstitissc  commcmorat,  diccns  prius 
quiilem  dimetisiones  (homincs  dim.  Cass.)  terrarum  terminis  po- 
sitis,  vagantibus  ac  discordantibus  populis  [vag.  pop.  Cass.)  paeis 
utilia  praestitisse:  deinde  totius  anni  circidum  menstruali  (ntcn- 
suali  Boet.)  numero  fuisse  partitutn  (partitos  Cass.*)),  unde  n> 

*)  Voluiane  Cassiodorus  videtur:  priwt  quidem  per  dimensiones  ho- 
mines  terrarum  terminis  ponitis  ....  praestitisse ,  deinde  ....  fuisse 
partilnm 

25* 


Digitized  by  Google 


.388 


I)E  M.  VABR0NI8 


(tunc  Bo.)  et  ipsi  menscs,  quod  annum  metiantur  (metinntur 
Bo.),  dicti  sunt.  vcrum  postquam  ista  rcperta  sunt,  provocati 
studiosi  ad  illa  invisibilia  cognosccnda  cocjtcrunt  quaercre,  qtuinto 
spatio  a  terra  luna,  a  luna  sol  ipsc  distaret,  et  usque  ad  ver- 
ticem  caeli  quanta  se  mensura  distendcret:  qttod  pcritissimts 
geometras  assecutos  essc  commcmorat  (verum  —  connncmorat 
om.  Bo.).  tunc  ct  dimensioncm  orbis  terrae  (dim.  universae  ter- 
rac  Cass.)  prolxibili  rcfcrt  rationc  collcctam  :  ideoque  (idco  Bo.) 
factuni  cst  ut  disciplina  ipsa  yeometriae  nomcn  acciperet,  quod 
per  saectda  hnga  custodit  (constaret  Bo.).  Varrouis  igitur  ex- 
cmpluui  Marciauus  iuiitatus  uon  tantum  haec  pronuntiauteiu 
facit  Geometriam  VI  p.  192:  Geomctria  dicor,  quotl  permcatam 
crebro  admcnsamque  tcUnrcm  ciusfjuc  ftguram,  magnitttdincin, 
locumf  partes  ct  stadia  jwssim  cum  suis  rationibus  caplicare, 
ncquc  uUa  sit  in  totius  tcrrae  divcrsitate  partitio,  quam  non 
mcmoris  cursti  descrqytionis  absohant:  sed  in  ipsa  geometriac 
enarratione  ita  versatur,  ut  a  p.  192  ad  227  geographicas 
rationes  universi  orbis  terrarum  persequatur,  ac  tum  demuui, 
exposUa  tcrrae  acquorutnquc  mensttra,  ad  artis  praeccpta  veniat, 
ut  ipse  ait  p.  227  (coll.  p.  192:  ac  dentttm  cetera  astrttcndae 
pracccpta  artis  apcrire),  h.  e.  ad  linearum  figurarumque  de- 
finitiones.  Quamquam  quod  in  priore  parte  bis  ipsius  meu- 
tiouem  Varronis  fecit  p.  205.  214,  id  nullam  huc  vim  habet 
propterea  quod  et  haec  duo  testimouia  et  geographica  sua 
tantum  non  omnia  Plinio  maiori  (vel  Solino)  debet,  cuius 
vide  III,  5,  (G),  45  et  IV,  12,  (24),  77.  Alia  Isidoro  cum 
Varroue  ratio  intercedit.  Is  enim  et  geographiam  sane  et 
gromaticam,  quam  non  attigit  Marcianus,  complexus,  utrani- 
que  tameu  ab  ipsius  geometriae  euarratione  longo  intervallo 
diremptam  libris  demum  XIV  et  XV  (ubi  a  cap.  13  agitur 
de  agris,  dc  finibus  agrorum,  dc  mcnsuris  agrorum)  Originuui 
41  porsecutus  est.  Itaque  quaerere  licet  num  forte  in  Varronis 
gromaticis  locus  etiam  his  fuerit  Orig.  XV,  13,  G,  quae  e 
Servianis  in  Georg.  I  init.  emendata  ascripsimus:  omnis  autctn 
agtr,  ut  Varro  docct,  quadrifariam  dividitttr.  aut  cnim  airtts 
cst  agcr  id  est  sationalis,  aut  consitivtts  id  cst  apttts  arboribtta. 
%  aut  jxiscutts  qtti  Itcrbis  tantttm  ct  animalibtts  vacat,  aui  flori- 
dus  in  quo  sttnt  horti  (immo  orti  secundum  Varronem)  apilw 


DISCIFLIXAUVM  LIBRIS 


389 


congruentcs.  Quae  sane  ad  libros  de  re  rustica  sine  ulla  du- 
bitatione  referremus,  nisi  lii  superstites  essent.  Sed  hoc 
(juoniodocunque  se  habet,  certo  e  groniatiea  parte  geometriae 
illud  caput  Varronianum  petitum  erat,  cuius  nunc  inscrip- 
tionem  tantum  in  agrimensomm  collectione  superstitem  esse 
§  5  vidimus.  Frontiniano  autem  testimonio  ibidem  allato 
addere  altenuu  licet  e  p.  215  CJoes.:  limitum  prima  origo, 
skut  Varro  dcscripsit,  ad  disciplinam  aruspicam  (codd.  rusti- 
ram;  an  aruspicinam?)  noscitur  pertinere,  quod  aruspiccs  orbcm 
ierrarum  in  duas  partes  diviscrunt  .  .  .  et  quae  sequuntur 
magua  fortasse  ex  parte  ail  ipsius  Varronis  exemplum  dis- 
putata. 

§  19. 

1.  Quod  autem  universam  terrarum  descriptionem  (b.  e. 
Y€uiU€Tpiav  Tfic  oiKOU|nevr|C*))  Varronis  dc  gcomctria  libro  com- 
prehensam  esse  intelleximus,  inde  nova  lux  obscurae  admo- 
duni  quaestioni  atlulget.  Etenim  cum  nbn  mediocris  multi- 
tudo  esset  fragmentonim  Varroniauorum  ad  geographiae 
explicationem  pertinentium,  identidem  quaesitum  est,  quibus 
tandem  hanc  libris  tractasset.  Nam  Bcrum  humanarum  etsi 
sex  integri  libri,  ab  VIII  ad  XTIT,  fuerunt  dc  Jocisf  tamen 
hos  non  ad  exteras  terras  quaslibet  patuisse  Augustino  cre- 
denduiu  est  de  civ.  dei  VI,4:  Itcrum  quippe  humanamm  libros 
mn  quantum  ad  orbcm  tcrrarum,  scd  quantum  ad  solam  Rn- 
mam  pcrtincnt,  scrijisit  (non  quantum  ad  solam  Italiam,  quod  u 
Krahnerus  1.  s.  s.  p.  23  posuit).  Exstiterunt  praeterea  Epluz- 
meridos  navalis  ad  Tompcium  libri  Varronis:  de  quibus  non 
levia  quaedam  enucleanda  restaut  etiam  post  doctas  curas 
Krahneri  p.  18  sqq.  et  Bergkii  in  Mus.  philol.  Rhen.  nov.  I 
p.  367  sqq.,  quem  ne  noverat  quidem  eosdem  nuper  commen- 
tarios  leviter  tangens  Oehlerus  Sat.  Varr.  p.  64.  Ab  his 
autem  libris  alieuissimam  totius  orbis  terrarum  descriptio- 
nem  fuisse,  satis  ex  ipso  scriptoris  consilio  apparet,  quippe 
quem  sciamus  librum  illum  Cn.  Pompeio  per  Hispanias  mi- 


*)  Sic  enim  Protagorae  geographi  liber  inBCriptus  erat  teste  Fhotio 
Bibl.  c.  188  coll.  B.  Fabricio  in  Mus.  philol.  II  p.  372. 


Digitized  by  Google 


390 


DE  M.  VARRONIS 


litaturo  scripsisse  teste  Itiuerario  Alex.  M.  c.  6.  Quae  cuni 
ita  essent,  nescire  se  fassus  est  Krahnerus  p.  23,  ubi  tandem 
posita  fuissent  fragmenta  a  Plinio  potissinium  servata,  quae 
ad  externarum  urbium,  gentium,  regionum,  viarum  cognitio- 
nem  pertinerent.  Eis  nunc  locus  inventus  est  in  geome- 
tria.  Vnde  primum  non  dubitamus  Gellianam  memoriam 
repetere  X,  7:  Varro  autem  cum  dc  parte  orbis,  quac  Europa 
dicitur,  disscrcrct,  in  tribus  primis  eius  terrae  fluminibus  Mo- 
danum  esse  ponit.  Quo  tamen  minime  pertinent  Varronis  w 
Europa  verba  a  Festo  p.  381  M.  allata  tutum  sub  sede  fm* 
sent,  quae  extrema  sunt  hexametri,  petita  autem  e  P.  Var- 
ronis  Atacini  Chorographia  sive  Cosmographia,  ut  post 
Ruhnkeuium  Epist.  crit.  II  p.  200  perspexit  Wuellnerus 
p.  23.  Cf.  Hertzium  de  Cinciis  p.  37.  Memorabile  est  enhn, 
triplici  exemplo  Reatini  imitationem  apparere  in  Atacino: 
Co8mographiae,  Ephemeridos,  de  qua  dixit  Bergkius  1.  s.  s., 
et  Satirarum,  si  modo  fides  Horatiano  scholiastae  in  Serm. 
I,  10,  46. 

2.  Omnium  autem  maxime  Varrouis  geographicis  Pli- 
nius  iisu8  est  in  Naturali  historia,  iis  quidem  libris  quibus 
contineri  voluit  situs,  gentes,  maria ,  oppida,  portus,  tnontes, 
flumina,  mensuras,  popidos  qui  sunt  aut  fuerunt,  h.  e.  a  tertio 
ad  sextum.  Eorum  igitur  ordinem  librorum  in  excerpendis 
Varronianis  testimoniis  nos  quoque  sequimur,  ascriptis  prae- 
ter  librorum  capitumque  numeros  paragraphis  Silligianis. 
Plin.  III,  1  §  8:  In  universam  Hispaniam  M.  Varro  per- 
venisse  Iberos  et  Persas  et  PJioenicas  Celtasque  et  Poenos  tra- 
43  dit:  lusum  enim  (ctiam?)  Liberi  patris  aut  kvoeav  cum  co 
bacchantium  nomcn  dedisse  Lusitaniae,  ct  Pana  pracfectum  ms 
universae:  de  quorum  scriptura  cf.  Silligium.  —  III,  5,  45 
(cf.  Marcian.  p.  205):  Abest  (Italia)  a  circumdatis  tcrris  Istria 
ac  Libumia  quibusdam  locis  centena  M  pass.,  ab  Epiro  d  11- 
lyrico  quinquaginta,  ab  Africa  minus  CC  ut  auctor  est  M.  Varro, 
ab  Sardinia  CXX  M,  ab  Sicilia  M  CCCCC,  a  Corsica  mkm 
LXXX,  ab  Issa  quinquaginta.  —  III,  10,  95:  Patct  (Magna 
Graecia)  octoginta  scx  M  pass.,  ut  auctor  cst  Varro;  pteriqHe 
LXXV  M  fecerc.  —  III,  12,  109  (cf.  Solin.  c.  2  nied.):  h 
agro  licatino  CutUiac  lacum,  in  quo  fluctuct  insula  (cf.  de  1. 


Digitized  by  Google 


DISCirLINARVM  LIBRIS. 


391 


lat.  V  §  71),  Italiac  umbilicum  essc  M.  Varro  tradit.  —  III, 
22,  142:  Narona  cotonia  tertii  conventus  .  .  .  .:  M.  Varro 
LXXXIX  civitatcs  eo  ventitassc  auctor  cst.  —  IV,  12,  62  (cf. 
Solhi.  c.  7  uied.,  Isid.  XIV,  6,  18):  Ex  hac  (Co)  profectatn 
ikiicatiorem  feminis  vcstem  auctor  cst  Varro.  —  IV,  12,  66: 
(Deluin  insulam)  ad  M.  Varronis  aetatcm  Mucianus  prodidit 
bis  concussam.  Legorat  igitur  hoc  apud  Varronem  Licinius 
Mucianus:  casu  auteni  factuin,  ut  ex  lioc,  uon  ex  ipso  Var- 
rone  excerptuin  Laberet  Plinius.  —  IV,  12,  77  (cf.  Marcian. 
p.  214):  Intcr  duos  Bosporos  Thracium  ct  Cimmerium  dircrtv 
cursu,  ut  auctor  cst  Folybitts,  D  M  pass.  intcrsunt;  circuitu 
vm  totius  Vonii  vicics  scmcl  ccntena  quinquaginia  M  ut  auctor 
est  Varro  ct  fcrc  vetcrcs.  Ibideni:  M.  Varro  ad  hunc  modum 
mditur:  ab  ostio  Ponti  Apolloniam  CLXXXVII  M  I)  pass^ 
Calatin  tantundem,  ad  ostium  Istri  CXXVf  ad  Borystlienem 
CCL,  Cherroncsum  Heracleotarum  oppidum  CCCLXX  V  M  pass., 
ad  Panticajxieum,  quod  alibi  Bosporum  vocant,  cxtrcmum  in  Eu- 
rojKtc  ora}  CCXXII  M  D:  quae  summa  efficit  trcdccies  cen- 
tcna  d  triginta  septem  M  D.  —  IV,  21,  1 15:  Ab  Minio  qucm 
supra  diximus,  CC  M  jxiss.,  ut  attctor  est  Varro,  abcst  Acmi- 
nius.  —  lbidem:  Ab  eo  (Tago)  CLX  M  pass.  promunturium 
Sacntm  e  media  propc  Hispaniae  frante  prosilit,  XIV  cmlcna 
millia  pass.  inde  ad  Pyrcnaeum  mcdium  colligi  Varro  tradit. 
—  VI,  13,  38:  At  ubi  coepit  (Caspium  mare)  in  latitudinem 
pandi,  lunatis  obliquatur  comibus  velut  ad  Macotium  lacum  ab  u 
ore  descendens,  silieis  ut  auctor  est  M.  Varro  similitudine. 
VI,  17,  51  (cf.  Solin.  c.  19):  Hatistum  ipeim  maris  (Scythici) 
dukern  esse  et  Alexander  Magnus  j/rodidit,  ct  M.  Varro  talem 
perlatum  Pompeio  iuxta  res  gercnti  Mithridatico  belto,  magni- 
tudine  haud  dubic  influentium  amnium  vieto  salc.  adicit  idcm 
Fompeii  ductu  exploratum,  in  Bactros  septcm  diebus  ex  India 
perveniri  ad  Icarum  flttmen  quod  in  Oxum  influat,  et  ex  eo 
per  Caspium  in  Cyrum  sttbvectas  qttinque  non  amplius  dicrttm 
tcrreno  itinere  ad  Phasin  in  Pontum  Indicas  posse  devchi  mer- 
ccs.  —  Vno  in  conspectu  posuimus  omnia:  quorum  alia  aliis 
esse  incertiora  apparet.  Certa  sunt,  quibus  mensurae  tra- 
dimtur;  dubia  longe  pauciora  haec:  III,  12.  III,  22.  IV,  12, 
62  et  66.    Quae  mox  signiticabitur  quam  multiplices  sedes 


Digitized  by  Google 


392  DE  M.  VARKONIS 

potueriut  in  Varroniauoruin  varietate  scriptoruni  habere.  E 
quo  genere  etiaui  hoc  est,  quod  de  vestibus  Cois  percommode 
dici  iu  libris  de  vita  popidi  Romani  potuit.  —  Ceteruni  uu- 
merorum  quoriuidam  emendatiouem  aperte  corruptoruui  iu 
Pliuiauis  testimoniis  sciens  nunc  praeterniisi. 

3.  Pliiiianorum  multitudinem  facile  putet  quispiam  e  So - 
liui  Polyhistore  augeri  posse,  iu  quo  Varrouis  meutioneiu 
his  locis  habes.  Cap.  11  fiii.:  Vttlt  Varro  Icarum  Crctem  ibi 
(ad  Icarum  insulam)  naufrayio  interissc  et  de  exitu  hominis 
impositum  nomen  loco;  c.  27  init.:  auctor  est  Varro  per- 
/labitem  ibi  (ad  Africae  oram)  terram  ventis  penctratUibus  su- 
bita  vi  (vulgo  subitam  vim)  spiritus  citissime  aut  rcvomere  ma- 
ria  aut  resorberc;  c.  33  init.:  .  .  .  rubrum  nuirc,  quod 
Erythraeum  ab  Erythra  reye  Persci  et  Andromcdae  filio,  M* 
soium  a  cotore  appeUatum  Varro  dicit,  qui  affirmat  in  litore 
maris  istius  fontem  csscf  quem  si  ovcs  biberint,  mutait  vclkrum 
quatitatem  ct  antea  candidae  amittant  qucm  Imbuerint  \amituwt 
quod  fecerint  vulgoj  usquc  ad  haustum  ac  furvo  posttiwdum 
niyrescant  colore.  Ac  dc  primo  horum  testimoniorum  non 
intercedo,  de  altero  ct  tertio  valde  anceps  csse  iudicium 
sentio.  Naui  quae  de  ventis  maribusque  orae  Africae  tra- 
«  duutur,  ea  haud  scio  au  de  iitoralibus  potius  sive  libro  sive 
libris  Varronis  debere  Solinus  eo  probabilius  credatur,  quod 
euni  libruui  alibi  ipse  eoinineinoravit,  c.  11:  Varro  in  o;m, 
guod  de  litoraiibus  cstf  ctiam  suis  tcmjHiribus  afftrtnat  sepulcrum 
Iovis  ibi  visitatum.  Quae  cur  iii  litoralibus  locuin  inveneriiit, 
colligi  ex  iis  quae  praecedunt  potest:  albct  (Creta)  iuyis  mon- 
tium  Dictynnaei  ct  Cadisti,  qui  ita  cxcandescunt  ut  etninus  m- 
viyantes  mayis  putciU  nubila.  practer  ceteros  Ida  cstf  qui  atUe 
sotis  ortutn  sotem  vidct.  Quod  autem  libros  de  lihralibus,  de, 
ora  maritima,  de  aestuariis  Krahnerus  p.  18,  quocuui  couveiiit 
Merkolio  prolus.  ad  Ovidii  lbin  p.361,  couiecit  singulas  parks 
fuisse  unius  operis  Varroniani,  quod  esse  Ephancridem  nava- 
iem  ad  Potnpeium  voluit:  id  credibile  non  est.  Nec  enim 
illa,  quae  sunt  de  Ida  Cretensi,  cominode  perspicitur  quo- 
modo  ad  Pompeii  rationos  pertinuerint  iu  Hispania  milita- 
turi:  et  hoc  ut  concedam  potuisse  fieri,  repugnant  profecto 
vel  certe  prorsus  dissuadeut  illa  ipsa  Solini  verba  in  operc 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINAKVM   I.IBKIS.  393 

quod  de  titoralibtts  est.  Sed  nuii  diversus  esse  de  titoralibus 
et  de  ora  maritima  lihrus  (de  ora  mar.  librum  1  affert  Ser- 
vius  in  Aen.  I,  111),  id  veru  res  ipsa  suadet  ut  credainus. 
—  Tertiuin  autem  Solini  testiinoniuin  Varronianum  etsi  po- 
test  e  geonietria  deproniptum  esse,  tamen  dubitare  licet  umu 
ibi  tam  singularibus  rebus  meiuurandis  lueum  eoncesserit, 
qualia  sunt  de  x>vium  velleribus  funtis  liaustu  mutatis.  Ac 
fortasse  haec  quoque  ex  Lituralibus  repetat,  qui  funtem  istum 
in  litore  maris  esse  dici  reputaverit.  Verum  etiam  alia 
ratio  in  prumptu  est,  de  qua  paullu  explicatius  dicendum. 
Afferuutur  euim  cum  a  Solino  tum  a  Plinio  iis  libris,  qui 
dicati  sunt  medicinae  explieundae,  non  pauca  Varruniana 
commuui  viuculo  hoc  eognata,  quod  in  mirabili  vi  pernicio- 
>aque  plerunique  efficacia  locoruin,  fontium  potissimum  et 
aquarum  versantur.  Ea  cum  non  saue  abhorreant  ab  ipsius 
notioue  usuque  medicinae,  tanien,  nisi  mea  me  couiectura 
fallit,  pusita  fuerimt  umnia  in  eu  logistorico  qui  inscribitur 
GaUus  Fundanitts  dc  admirandis,  Aristutelis  exemplu  cetero- 
rumque  TrapaboEoYpaq)UJV,  qui  rctpi  Oauuatujv  vel  Gauuaaujv  vel 
9auua£ou€VUJV  scripserunt.  Huius  enim  argumentum  logistorici  46 
ad  utramque  quam  dixi  partem  pertinuisse,  coniunctis  inter 
se  duobus  apud  Nonium  p.  216  et  71  exemplis  planissiiue  ef- 
ficitur:  secundo  de  stativis  aquis,  ut  sunt  lacus  ct  stayna  et  putci 
d  maria:  —  vinum,  quod  ibi  natwn  sit  in  quodam  toco,  si  prae- 
gmms  bibcrit,  ficri  ut  aboriatur.  Cum  his  igitur  liaec  com- 
>one  tam  herclc  finitima  ut  nihil  supra.  Plinii  XXXI,  2, 
15:  in  Cilicia  apud  oppidum  Ccscum  rivus  flttit  Nus,  ex  gm 
bihentium  subtiliorvs  scnstts  fieri  M.  Varro  tradit;  at  in  Ceo 
instda  fontetn  esse  quo  hebetes  fiant,  Zamae  in  Africa  quo  ca- 
norae  voees.  —  Ibid.  §  21:  Caclius  apud  nos  in  Averno  ait 
etiam  folia  snbsidcrc,  Varro  aves  qttac  advolavcrint  emori.  — 
lbid.  §  27:  Varro  ad  Soracten  in  fonte,  ettitts  sit  latUudo  quattttor 
l*dttm;  sole  cjcorientc  ettm  cxundarc  fervcnti  similcm;  aves  quae 
denttstavcrint  ittxta  mortuas  iaeerc.  Quo  nescio  an  addenda 
shit,  quae  utique  potuerunt  in  ipsa  medicina  memorari,  ex 
§  0  haec:  idem  (ut  ealculosis  aqua  medeatur)  eontimjit  in 
Yetmo  lacu  jwtantibtts;  ifem  in  Syriae  fonte  ittxta  Taurum 
montcm  [utj  auctor  cst  M.  Varro.    Sed  confidenter  adde  ex 


Digitized  by  Google 


394 


DE  M.  VARRONI8 


Solini,  ad  queui  iam  revertitur  disputatio,  cap.  7  haec:  Varro 
perhibet  fontem  in  Arcadia  csse  cuius  interimat  haustus:  et  in- 
ferius:  Varro  opinatur  duo  in  Boeotia  esse  flumina  (c£  Plin. 
II,  103,  230)  natura  licet  dispari,  miraculo  tamen  uou  tUs- 
crepantc,  quorum  altcrum  si  ovillum  pecus  dcbibat,  pullum  fieri 
coloretn  quem  luibucrit  [coloris  quod  inducrit  vulgoj,  altcrius 
haustu,  quaccunque  vellerum  fusca  sunt,  in  .candidum  verti. 
addit  vidcri  ibi  puteum  pcstilentem,  euius  liquor  mors  est  hau- 
rientibus.  Vbi  ad  libruui  dc  admirandis  (vel  de  miris)  non 
ambigue  ipsum  videtur  miraculum  vocabulum  spectare. 
Ceterum  cum  in  Admirandis  praeter  aquas  etiam  bestiarum 
mentio  facta  sit,  ut  glirium  apud  Charisium  p.  69.  106,  jier- 
dicum  apud  Nonium  p.  218,  muraenarum  Macrobii  Saturn. 
II,  11:  indidem  Plinius  videri  potest  haec  sumpsisse  VIII, 
29,  104:  M.  Varro  auctor  cst  a  cunicidis  su/fossum  in  His}ia- 
nia  oppidum,  a  talpis  in  Thcssalia,  ab  ranis  civitatcm  in  Gailia 
pulsam,  ab  locustis  in  Africa,  cx  Gyaro  Cycladum  instda  in- 
47  colas  a  muribus  fugatos,  in  Italia  Amyclas  a  scqjattibus  dc- 
lctas.  —  Alia  fortasse  suppeditat  Valerii  Maximi  dc  miractdis 
caput  I,  8. 

4.  Magis  obnoxia  dubitationi,  quam  quae  ad  reliquas 
terras  pertinent,  ea  sunt  Varronis  fragmenta  geographica 
quae  ad  ipsam  Italiam  spectant:  e  quorum  numero  fuit 
etiam  Pliuii  illud  e  III,  12,  109.*)  Nam  etsi  in  Rcrum  hu- 
manarum  libris  de  locis  eatenus  tantum  dictum  esse,  qua- 
tenus  ad  Komam,  Augustinus  testatur,  tameu  recte  hoc 
Krahnerus  1.  s.  s.  videtur  in  eam  partem  interpretari,  ut  etiam 
ad  Italiam  patere  existimetur.  Docent  enim  hoc  ea  quae  ex 
Her.  hum.  libris  VIII  ad  XIII  forte  servata  sunt:  velut  non 
ad  Romam  profecto,  sed  ad  Italiam  pertinent  quae  de  scfitetH 
iuxta  Begium  fluviis  ex  lib.  X  Probus  profert  in  Bucolic. 
init.,  vel  quac  ex  XI  Macrobius  Sat.  II,  12:  ad  victum  ofttima 

*)  Vmbilicum  Italiae  lacum  CutilienBeni  apparet  non  minu»  com 
mode  in  Italiac  descriptione  (h.  c.  in  Herum  hum.  libris)  quam  in 
G«'0inetria  dioi  potuisse;  dt*  lacu ,  in  quo  fluctuet  ituuhi,  non  minus 
commode,  quam  de  alii»  lacubus,  iu  Admirandis.  —  Coutra  quac  Bupr» 
exprompaimus  Pliniana  III,  5,  45  et  III,  10,  95,  ea  quippe  in  interral- 
lorum  dimenflionibus  versantia  geometriae  imprimia  apta  sunt. 


Digitized  by  Google 


DI.SCIPMNARVM  LIBKIS 


395 


fert  ager  Canqxtnus  frunwntum,  Falemus  vinumy  Cassinas  oleum, 
Tusculanus  fwum,  ntcl  Tarentinus,  pisccm  Tiberis.  Haec  igitur 
si  uon  aliena  fueruiit  a  Reruui  humanaruui  libris,  niulto 
etiani  miuus  alieua  talia  putabimus  quae  ad  eos  locos  po- 
pulosve  Italiae  spectant,  qui  ipsius  historiae  vinculo  cum 
Rouiae  Latinaeque  gentis  antiquitatibus  continentur.  Qualia 
siuit  de  Latio  deque  Oenotria  prodita  apud  Servium  iu  Aen. 
VIII,  322.  1,532;  vel  de  Sabinis  apud  Festuin  p.  343:  atque 
persuadet  imprimis,  quod,  quemadmoduui  ad  etymologiam 
quae  sunt  de  Latio  et  Sabinis  spectant,  ita  ipsius  Italiae 
uouiinis  stirpem  in  antiquitatibus  rerum  humanarum  Varro 
explicasse  dicitur  a  Gellio  XI,  1.  Nec  quae  idem  ille  Servius 
habet  in  Aen.  I,  246  et  Georg.  II,  201.  Aen.  VII,  712  de 
Timavo  fluvio  deque  lacu  Velino,  geometriae  ausim  cum  ali- 
qua  confidentia  tribuere:  nec  haec,  in  Aen.  VII,  5(53:  scien-  ta 
dum  sane  Varroncm  enutnerare  quot  loca  in  Italia  sitU  huius- 
modi:  nec  quae  de  Baiis  in  IX,  710,  de  Caere  Schol.  Verou. 
iu  X,  183:  et  si  quae  suiit  id  genus  alia.  Paullo  probabilior 
res,  sed  paullo,  de  Circeio  et  Erycc  nwntibus  apud  euudem  in 
Aen.  III,  386.  V,  411.  Praeterea  non  est  neglegendum,  de 
locis  non  potuisse  omnino  taceri  in  eis  Rer.  hum.  libris,  qui 
erant  dc  /wtninibus  h.  e.  lib.  II  ad  VII:  quo  non  incommode 
illud  ipsum  Servii  de  Oemtro  rege  testimonium  Krahnerus 
p.  17  rettulit,  minus  autem  probabiliter  quae  de  Massilictt- 
sibus  trilingnibus  Isidorus  XV,  1,  63  cum  schol.  Lucani  III, 
339  excerpsit.  Contra  pertinet  huc  praeclarum  Macrobii  Sat. 
I,  7  (colL  Lactantii  Div.  inst.  1,21)  fragmentum  de  Pelasgis 
m  Latium  advectis;  pertinent  fortasse  etiam  quae  de  Phoco 
Corsicae  et  Sardiniae  rege  Servius  iu  Aen.  V,  824,  de  Aeolo 
rege  idem  in  I,  52  (coll.  Isidoro  XIV,  6,  36)  e  Varrone  tradit, 
nisi  Aeolias  insulas  maluisse  eum  in  locis  commemorare 
putabimus.  Denique  ne  dc  tetnporibus  quidem  disputaus,  id 
quod  fecit  a  XIV  ad  XIX  librum,  nec  in  quattuor  de  gente 
poptdi  Eotnani  libris  non  potuit  similia  quaedam  attingere. — 
His  igitur  omnibus  ut  vel  alienis  vel  ambiguis  hinc  seclusis 
perpauca  restant  geographica,  quae  Plinianis  supra  compo- 
sitis  aliquo  iure  addi  videantur:  velut  quod  Lactantius  posuit 
Div.  inst.  I,  17:  insulatn  Satnutn  scribit  Varro  i>rius  Parttw- 


Digitized  by  Google 


396 


1>E  M.  VAKKOXIS 


niatn  nominatatn,  qttod  ibi  Iutio  adoleverit  ibique  ctiam  lovi 
nupserit.  Aliquanto  incertior  res  de  Libtja  kunovatj  rov  vhv 
apud  Servium  in  Aeu.  I,  22.    Sed  de  his  satis. 

§  20. 

Geoinetriae  uotio  queuiadmodum  una  ex  parte  iu  terrae 
ratioues  geographicas  patuii ,  ita  eadem  ad  mundum,  eaeluni, 
•  sidera  tralata  genuit  ex  se  astronomiain  vel  ut  Varroui  ap- 
pellata  est  astrologiam.  Cuius  siniilis  cum  musica  cou- 
dicio,  quod,  quamquam  pars  geometriae,  tamen  seorsum  est 
49  ut  peculiaris  discipliua  pertractata.  Astronomiae  autem  ex 
geometria,  cuius  germanam  dixit  Marcianus  VI  p.  190,  ori- 
gincm  lion  Quintilianus  tantum  profitetur  cum  Cassiodoro  §  2 
conimemoratus,  sed  uberius  ipse  Varro  explicavit  iis  verbis 
quae  e  Boetio  Cassiodoroque  §  18  perscripsimus.  Quae  si 
sequiuiur,  nec  anni  metieudi  ratioues  a  sua  geometria  Varro 
exclusit,  sed  de  temporibus  in  astronomia  quoque,  ut  in  Re- 
rum  humauarum  libris,  commentatus  est:  quamquam  id  genus 
potuit  strictim  percurrere.  Nec  iuveuio  quod  e  fragmentis 
ad  auni,  mensium,  dierum  vel  naturales  vel  civiles  ratioues 
spectantibus  (cf.  Censorini  c.  22)  Disciplinarum  potius  quam 
Antiquitatium  libris  cum  aliqua  probabilitate  tribuam,  praeter 
unum  fortasse  hoc:  Ait  cnim  (Varro)  apud  Aegyptios  pro  annis 
menses  haberi,  ut  non  solis  j>cr  XII  signa  circuitus  faeiat 
annum,  scd  luna  quac  orbcm  illum  siynifcrttm  XXX  dicrttm 
spatio  illustrat:  quae  habes  Lactautii  Div.  inst.  II,  12.  Quam- 
quam  his  si  reputaveris  Varronem  aryuntentari  nitum  esse 
enr  putarentur  antiqui  millc  annos  victitassc,  nescio  an  non 
minus  comiuode  ad  eas  quaestiones  illa  referautur,  quas  de 
vitac  aetatibtts  Jtumanac  instituisse  Varroneui  vere  Krahnerus 
p.  26  disputat.  Non  uno  in  loco,  sat  commode  autem  in 
astronomia  caelum  potuit  a  caclato  ducere,  id  quod  eum  fe- 
cisse  Plinius  eo  libro  testatur  quo  dc  mundo  ct  elcmcntis  ipse 
cxposuit,  h.  e.  II,  4,  9.  Itaque  eodem  pertinet  fortasse  Isi- 
dori  memoria  item  eo  libro  prodita  queni  fccit  de  mundo, 
elctnentis,  caelo  similibusque  rebus,  XIII,  1,  2:  utulc  ct  ani- 
malia  Varrtmi  videntur  clemcnta,  qnoniam  per  scttwt  ipsa,  ittqnit, 
moventur.  Dubia  magis  res  de  eiusdem  testimonio  VIII,  6,21: 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINARVM  LIRRIS.  397 

muie  et  Yarro  igncm  mundi  animum  dicit,  proindc  qnod  in 
muttdo  ignis  omnia  gubernei  sicut  animus  in  nobis:  .  .  .  qui 
cum  cst,  inquit,  in  nobis,  ipsi  sumtis,  cum  cxiit,  emorimur*) 

2.  Nec  plus  habeo  de  architectura  quod  dicam.  Nisi  5« 
forte  hinc  depromptuni  est  quod  exstat  apud  Servium  in 
Aen.  VI,  273:  vcstibuhtm,  ut  Varro  dicit,  etymologiac  non  habct 
proprictatcm,  sed  fit  pro  captu  ingcnii.  Nec  certior  de  Flinianis 
testinioniis  coniectura,  quibus  de  dispari  lapidum  natura  sic 
praecepit  XXXVI,  18,  135:  Vatro  nigros  cx  Africa  firmiores 
csse  tradit  quam  in  Italia:  c  diverso  albos  tornis  duriorcs  quam 
htrios.  idcm  Luncnsem  silicem  scrra  secari,  at  Tusctdanum 
dissilire  igni:  Sabinum  fttscum  addito  olco  etiam  luccrc.  Et 
XXXVI,  5, 14:  qucm  lapidem  (Parium)  coepere  hjchnitcn  apjwl- 
larc,  quoniam  ad  lucernam  in  cunicttlis  caederctur,  ut  auctor  cst 
Varro.  Varroni  num  quid  lsidorus  acceptum  referat  in  ca- 
pite  2  libri  XV,  quod  est  dc  aedificiis  publicis,  incoinpertuni. 

§  21. 

1.  Superest  ut  medicinae  paucula  frusta  ex  Plinii 
eis  libris  colligamus,  quibus  materiam  medicam  complexus 
est  vel  ex  herbis  (lib.  XX  —  XXVII)  vel  ex  animalibus 
(XXVIII— XXXII)  quaesitam.  Et  ad  historiam  quidem  me- 
dicae  artis  duo  spectant  testimonia,  XXIX,  1,  4:  Is  (Hippo- 
crates)  cum  fuisset  mos  tiberatos  morbis  scriberc  in  tcmplo  cius 
dei  f  Aesculapii)  quid  auxiliatum  esset,  ut  postea  similitudo  pro- 
ficerct,  exscripsisse  ea  traditur,  atque,  ut  Varro  apttd  nos  credit. 
tmplo  crcmato  instituisse  medicinam  hanc  quae  clinice  vocatur. 
Altemm  XXVI,  3,  14:  Trahebat  praeterea  (Asclepiades  Pru- 
sensis)  mentcs  artificio  mirabili,  vinttm  promittendo  acgris  dan- 
doque  tempestive,  tttm  frigidam  aqttam.  ct  quoniam  caussas  mor- 
hortm  scrutari  pritts  Ilerophilus  instituerat,  vini  raiioncm  ilhts- 


*)  Sed  mutuli  figuram  cum  lotigae  rotunditati  comparavit  m  g*o- 
netriac  rolumine  teate  Caaaiodoro  (§  5),  mumlum  solam  est  tellun-m 
interpretatus.  In  oadenique  geometria,  non  in  astrologia,  lunarem  esse 
circuiturn  xxvu  diernm  apatio  detinituni  supra  vidimua  §  7  et  §  17: 
coius  rei  caussa,  quod  ibi  a  cubi  notiotie  geometrici  exorsus  ad  cubicnm 
numerum  xxvn  Varro  perveuit. 


Digitized  by  Google 


398  DE  M.  VARRONIS 

traverat  ClcopJuintus  apud  priscos,  ipse  cognominari  se  a  (a 
vulg.  om.)  frigida  danda  pracfercns  \d  auctor  est  Varro,  alia 
quoque  blandimcnta  excogitabai,  ium  suspcndcndo  lectutos,  r/iio- 
rum  iactatu  ant  morbos  extenuaret  aut  soninos  aUiccret,  iam 
batincas  avidissinui  Imninnm  cupidinc  instituendo,  ct  alia  midta 

5i  dictu  grata  atque  itwunda.  In  quibus  verbis,  quorum  ca  tan- 
tum  quae  ad  iudituui  Asclepiadi  cognomentum  spectant  Var- 

•  ronis  auctoritate  poni  arbitramur,  perineptum  illud  ajml 
priscos  esse,  non  est  diftieile  demonstratu:  tametsi  ex  eo  ad 
aetatem  adeo  hominis  detiniendam  aliquid  argunientatus  est 
Heckerus  Hist.  medic.  I  p.  366.  Nam  ut  taceam  per  se  mire 
nec  usitate  apud  priscos  dici :  si  nihil  aliud  voluit  Plinius  nisi 
ante  Asclepiadem  et  morborum  caussas  ab  Herophilo  et  a 
Cleophanto  vini  rationem  illustratas  dicere,  quid  opus  erat 
omnino  post  prius  illud,  iam  Herophili  mentioni  insertum, 
alteram  quandam  temporis  notationem  denuo  inferre?  Eani- 
que  qualem  tandem?  Qua  profecto  Herophili  aetati  ut  maior 
etiam  Cleophantia  opponatur:  id  quod  nec  in  veritatem  hi- 
storiae  nec  in  Plinii  consilium  convenire  ipsum  suspicor 
Heckerum  concessurum.  Nam  Celsus  III,  14  cum  Cleophan- 
tum  dicit  qucndam  ex  antiquioribus  medicis,  non  aliud  tempus 
significat  nisi  tale  cui  et  Herodicus  et  Cleophantus  tribnendi 
sint.  Quae  cum  ita  sint,  non  hercle  ine]>te  coniectatum  est 
in  latinis  apud  priscos  verbis  ipsum  cognomen  latere  Ascle- 
piadis  a  Plinio  significatum.  Id  si '  quaerimus  quale  fuerit, 
praesto  est  Heckerus  p.  387  u)uxpoXouTnc  ponens,  testimoniis 
subscriptis  Plinii  1.  s.  s.  et  Caelii  Aureliani  Acnt.  I,  14.  Sed 
Caelii  quidem  nullus  in  hac  caussa  usus  est,  apud  quem  nihil 
praeter  haec  exstent:  (Asclepiades)  vchenumtcr  utile  dkU 
\aquam  biberc]  ct  frigida  lavari,  quam  iw%Qolov(SCav  apjKllant, 
ct  frigidam  biberc:  in  quibus  verbis  dubitari  nequit  quiu  in- 
siticia  sint  quae  cancellis  saepsimus.  Praeterea  neglexit 
Heckerus  de  danda  frigida  h.  e.  ab  aegrotis  bibeuda  loqui 
Plinium,  non  de  balneorum  lavationumque  usu.  Ergo  hac 
quidem  ex  parte  multo  sane  et  consideratius  et  felicius  Cor- 
narius  in  apud  priscos  (APUTPRISCOS)  latere  couiecit  buxi- 
ipuxpoc  (AOCIYYXPOC,  DOSIPSICROS).  In  quo  fortasse 
acquievissem,  nisi  consultus  a  me  amicissimus  collega  ideui- 


Digitized  by  Google 


DISCIPLINARVM  LTBRIS.  399 

que  imprimis  doctus  medicus  Naumannus  exstare  a  simili 
caussa  medico  impositum  cognomen  apud  Alexandrum  Tral- 
lianum  respondisset.  Ab  hoc  enim  cum  XI  p.645  ed.  Guinter. 
quidaui  'IdKUJpoc  6  u/uxptCTOC  commememoratur,  tum  eius  no- 
minis  ratio  redditur  V  p.  249:  CKaXeiTO  be  unjxpncroc  (sic), 
oti  uYpcuvoucr)  rpocprj  e^xpnTO  e.  q.  s.  Et  Iacobus  quidem 
ille  qui  potuerit  satis  barbare  uwxptCTOC  dici  pro  umxptCTrj, 
quaerere  supersedeo:  in  Asclepiadem  a  umxpt£fiv  factum  co- 
gnomen  percoramode  convenit,  ut  quod  notione  sua  utrumque 
complectatur,  et  potionem  et  lavationftm  frigidam:  der  Ab- 
kiihkr.  Vide  igitur  num  in  latinis  apud  prtSCOS  verbis  vel 
dTToiyuxpiCTric  vel  fortasse  etiam  simplicius  (XTroipuKTrjc 
cognomen  lateat.  Haec  ut  sit  Plinianorum  constructio:  quo- 
niam  .  .  .  vini  rationein  illustraverat  Cleopiuintus,  'ATCo^rvxrng 
ijise  (Asclepiades)  cognominari  se  a  frigida  danda  praeferens 
ut  aucior  est  Varro  e.  q.  s. 

2.  Quae  reliqua  sunt,  ad  singula  medicamenta  pertinent 
counnendata  a  Varrone.  A  quibus  tamen  exclusimus  iam 
§  19,  2  disceptata.  Plinius  igitur  XX,  5,  43:  Varro,  quac 
mle  ct  aceto  pjsto  est  arefactoquc  (cafpa),  vermiadis  non  in- 
fcstari  auctor  est.  XX,  14,  152:  qua  de  caussa  dignior  c  pu- 
tegio  corona  Varroni  quam  e  rosis  eubieulis  nostris  pronuntiata 
est:  nam  et  capitis  dolorcm  imposita  dicitur  levarc.  XX,  20, 
218:  Mareus  Varro  coriandro  subtrito  cum  aceto  carnem  incor- 
ruptam  aestate  servari  putat.  XXII,  24,  114:  Varro  regium 
cogtiominatum  morbum  arquatum  tradit,  qnoniam  mtdso  curetur. 
XXII,  25,  141:  voci  cam  (fabam)  prodesse  auctor  est  M.  Varro. 
XXV,  3,  24:  tradatque  M.  Varro  Scrvium  Clodmm  cquitem 
ttomanum  magnitudine  doloris  in  podagra  coactum  vencno  crura 
perunxisse  et  postea  cancisse  sensu  omni  aeque  quam  dolorc  in 
ea  parte  eorporis.  XXVIII,  2,  21:  Cato  prodidit  luaatis  membris 
furmen  auxiliare,  M.  Varro  ptxlagris.  XXVIII,  5,  57 :  ob  hoc 
Varro  suadet  palmam  altcma  man  it  scalpere  (contra  sternuta- 
menta).  Ibid.  60:  capitaautem  aperiri  aspectu  magistratuum 
non  venerationis  caussa  iusserc,  sed  ut  Varro  auctor  est  vafctu 
dinis,  (juoniam  firmiora  consuetudine  ea  fierent.  XXIX,  4,  05: 
cnnctarer  in  proferendo  ex  his  remedio,  nisi  M.  Varronem  sci- 
rem  LXXXVIII  vitae  anno  prodidisse  aspidum  ictus  efficaris- 


Digitized  by  Google 


400 


DE  M.  VARROXIS 


simc  sanari  hausta  a  pereussis  ipsorum  urina.  XXXIII,  4,  85: 
53  auro  twrrucas  curari  M.  Varro  atictor  est.  XXXVI,  27,  202: 
ad  eonvulsa  viscera  aut  contusa,  ut  M.  Varro:  ipsis  enim  verbis 
cius  utar:  *lix  cinis  est,  inquit,  foci;  indc  cnim  cinis  lucivius 
])otus  medetur,  ut  licct  videre  aladiatores,  cum  deluscrunt,  hae 
iuvari  iwtionc'  -  His  adderc  fortasse  licebit  XXXI,  2,  11: 
Varro  auctor  est  Titium  qucndam  praetura  functum  marmoret 
siani  facicm  habuisse  propter  id  vitium  (vitiligines):  confiden- 
tius  autem  Serviana  in  Georg.  1,151:  nam  proprie  rdmjo  est, 
ut  Varro  dicit,  vitinm  obseenae  lihidinis  quod  tdcus  vocatur. 
Non  miuus  autem  confidenter  a  medicina  segregamus  non 
raodo  Plinii  XXII,  25,  151,  ubi  vitio  scripturae  Varronis  olim 
nomen  legebatur,  sed  etiam  Apicii  geminam  memoriam,  idem 
nomen  III,  2  et  VII,  12  cum  edulium  Q>etaccorttm  et  bulborttm) 
conficiendorum  praeceptis  sociantis,  et  ita  sociantis  ut,  quid 
Varronis,  quid  ipsius  sit  Apieii,  aegre  dignoscas:  de  quo  ut- 
cunque  statues,  rectius  profecto  quain  de  raedicina  cogitabis 
de  ea  satira  quae  inscripta  erat  rrepi  dbecuaTUJV. 

§  22. 

Postquain  permensi  sumus  fragmentorum  inultitndinem 
proraiscue  proditorum,  non  inutiliter  quaeri  de  tempore  vi- 
detur  quo  haec  Disciplinarum  volumina  Varro  coinposuerit. 
Et  Schneiderus  quidera  quod  comm.  de  Varronis  vita  et  scr. 
p.  234  inter  a.  099  et  700  scriptos  dixit,  sola  confisus  est 
Caelii  Rufi  memoria,  quae  quam  sit  dubiae  fidei,  §  5  disse- 
ruimus.  Primum  autem  tantum  certura  est,  non  esse  a  iuvene 
conditos:  nam  et  Asclepiades  ille  Bithynus,  de  quo  §  21,  1 
dictniu,  Poiupeii  aetate  clarus  fuit  teste  Plinio,  et  eiusdem 
Porapeii  res  Mithridatico  bello  h.  e.  anuis  689  sqq.  gestas  a 
Varrone  commemoratas  esse  vidinius  §  19,  2.  Sed  gravissi- 
mum  illud  est,  quod  Varronem  de  aspidum  ictu  sanando 
Plinius  XXIX,  4,  05  praecepisse  dicit  vitae  anno  octavo  et 
octogesimo.  Quod  si  recte  creditur  fecisse  in  libro  medicinae, 
M  hunc  consequitur  ipso  anno  ab  u.  c.  720  esse  composituui. 
Vnde  intellegitur  ex  amj)lioribus  quidem  commentariis  Var- 
rouis  omnibus  hos  de  disciplinis  ultimos  fuisse  quibus  ope- 


Digitized  by  Google 


PISCIPLINARVM  LIHRIS. 


401 


ram  navaret  suam,  quippe  quos  probabile  sit  octo  novemve 
annis  post  libros  de  re  rustica  esse  absolutos,  de  quibus 
ipsius  exstat  in  praefatione  testimonium.  Hinc  autem  fieri 
coniectura  potest,  quam  maturae  et  tamquam  consummatae 
eniditionis  thesauris  hi  potissimura  libri  referti  fuerint. 


Sero  Koppianam  editionem  Marciani  CapelJae  nactus 
vidi  Varronianae  doctrinae  vestigia  iu  Marciano  C.  F.  Her- 
niannum  quoque  agnovisse  praef.  p.  XX,  ipsum  autem  Kop- 
pium  pariter  ac  nos  §  G,  lymplutrum  insulas  in  nympharum 
convertisse  p.  722. 

Praeterea  permemorabile  quiddam  addendum  est  §  12 
disputatiouibus  nostris.  Forte  enim  fortuna  in  Walchii  Emen- 
dationes  Livianas  incidens  p.  172  sq.  ea  posita  repperi,  quae 
niihi  non  teuipero  quin  ascribam.  Sunt  autem  haec:  Insigne 
est  (lacunae)  cxetnplum  Prisciani  lib.  I  p.  546  Putsch.  rAccidit 
igitur  Utterae  nomcn,  potcstas,  fhjura.    Nomen  ,  vcluti  a.  b.  c. 
Et  sunt  ituleclinabilia  elemenhrum  nomina  tam  apud  Graecos 
quam  apxul  Latinos:  sive  quod  a  Ixirbaris  invcnta  dicuntur 
(quod  et  ostendit  VARRO  in  secundo  de  antiquitate  literarum 
dfjcens  lingua  Chaldaeorum  singularum  nomina  literarum  ad 
eanun  formas  essc  factas;  ct  cx  his  ccrtum  fkri  cos  esse  primos 
auctores  litterarum:)  sivc  quod  simplicia  hacc  ct  stabilia  esse 
dehmV  etc.     Varronis  locum,  quo  omnes  carcnt  Prisciani  cdi- 
tiones,  addit  MS.  Gruterianum  nunc  Lugduno-Batavum,  quod 
habuit  quidem  Putschius,  sed  quo  (propter  scripturae  difficulta- 
tetuj  negligentissimc  usus  est.     Locum  iam  protulit  Bondam 
Var.  Iject.  II,  13  p.  290,  scd  adeo  corrupte,  ut  emcndatius  cum 
posuisse  minimc  jyocniteat.    Gravissimo  igitur  planissimoque 
doeumento  iam  utrumque  confirraatur,  et  peculiarem  operam  &5 
Varronem  in  litterarum  rationibus  explicandis  posuisse,  et 
eam  non  uno,  sed  pluribus  libris  contentam.  Vtrumque  autem 
tum  prorsus  in  simillima  testimonia  illa  cadat,  quibus  Var- 
ronis  de  origine  linguac  latinac  libros  Apuleius,  ad  Accium 
Ubros  Poiupeius  comraeraorarunt,  quid  quaeso  ad  probabili- 
tatem  propius  potest  accedere  quam  eosdera  libros,  quos  Varro 

FH.  RU8CHKMI  OPYACVLA   III.  26 


Digitized  by  Google 


402  DE  M.  VARRONIS  DISCIPLINARVM  LIBRIS. 

de  origine  linguae  latinae  inscripsisset,  ab  argumento  ducto 
nomine  Priscianum  de  antiquitatc  litterarum  libros  dixisso? 
Et  cum  Poinpeiaua  memoria  Prisciani  testimonium  Walchii 
quoque  coniectura  nectebat:  tam  evidens  est  utrobique  pro- 
ditorum  fragmentorum  propinquitas:  nisi  quod  inconsiderate 
liuhnkenio  assensus  de  libris  ad  Atticum  potius  quatn  ad 
Accium  8criptis  cogitavit. 


Digitized  by  Google 


XII. 

De  M.  Terentii  Varronis  logistoricis  libris*). 


Inter  praeclara  ingenii  et  eruditionis  Varronianae  nio-  m 
numenta,  quae  temporuni  iniuria  nobis  invidit,  re  quadam  sin- 
gulari  duoruui  genera  librorum  emineut:  eorum  quibus  non 
siniplicia,  sed  gemina  nomina  pro  indicibus  indita  sunt  h.  e. 
satirarum  et  logistoricorum  librorum.  Rursuin  inter 
utrosque  indices  magna  consilii  constantia  hoc  intercedit 
discriminis,  quod  binorum  satirae  cuiusque  nominum  alterum 
esse  graecum  solet,  latinum  alteruui,  siuguli  autem  libri  lo- 
gistorici  biuis  nomiuibus  latinis  appellati  sunt.  Et  de  satiris 
quidein  nunc  disputare  nihil  attinet,  nec  paucas  haoc  dispu- 
tatio  vel  cautiones  vel  dubitationes  habet:  tantum  facile  ap- 
paret,  nullos  illarum  indices  ad  vivos  homines  pertinere. 
Quod  contra  logistoricorum  unum  nomen  ductum  est  a  re, 
alterum  a  persona,  et  eius  quidem  persona,  cui  liber  quisque 
dedicatus  est:  in  quo  genere  tenendum,  nou  gentilicium  no- 
inen,  sed  propemodum  constanter  cognomeu  idque  solum  in- 
scribi.  Dedicavit  autem  scriptor  tali  homini,  cum  cuius  in- 
dole  factisque  aliquo  societatis  vinculo  rei  tractatae  argu- 
uientum  contineretur.  Praeterea  consentaneum  est  aliquo  vel 
amicitiae  vel  familiaritatis  vel  revereutiae  vinculo  ipsuni  Var- 
ronem  et  illos  coniunctos  fuisse,  quibus  honorifica  nominis 
inscriptione  gratificaretur  vel  studium  testifiearetur  suum. 


*)  [Prooemium  Iudicis  scholarum  hibernarum  BonneiiBium  a. 
CI0I3CCCXXXXV  et  XXXXVI.j 

26* 


404  DE  M.  VARKONIS 

Quodsi  Varronis  horum  aequalium  et  familiarium  tempora 
inquisierimus,  effici  videtur  eirca  finem  septiini  saeculi  octavi 
que  initio  scriptos  esse  libros  logistoricos:  nec  enim  intrai 
paucorum  annorum  spatium  scriptos  esse  omnes  oportet. 
Argumenta  autem  partim  de  ethico  genere,  partim  de  histo-- 
rico  petita  sunt.  Sermonesne  colloquentium  esse  Varro  vo- 
iv  luerit  an  suas  ipsius  continuas  disputationes,  non  satis  liquet. 
Sed  unum  logistoricum  pluribus  potuisse  libris  distribui,  UDO 
vix  ambiguo  exemplo  intellegitur. 

Paucis  rei  summam  universae  complexi  sumus  Nam 
quae  posuimus  omnia  nou  tam  certis  planisque  testiuioniis 
declarantur,  quam  e  promiscuis  ac  saepe  tenuibus  vestigii* 
invicem  inter  se  collatis  colliguntur,  sed  ut  tamen,  quod  ali- 
quot  exemplis  plene  et  evidenter  apparet,  non  iuiuria  etiam 
ad  ea  traduci  videatur,  de  quibus  memoriae  fide  ex  parte 
tantum  constat.  Ac  geminae  inscriptionis  consilium  ipsum- 
que  logistoricorum  nomen  haec  testantur,  quae  infra  scripsi- 
mus  cum  iis  testimoniis  composita,  quibus  pleni  tituli  quibus- 
que  compendifacti  prodeunt. 

I.  (iellius  IV,  10:  M.  Varro  in  togistorico  qui  inscriptns 
est  Catus  aut  dc  liberis  educandis.  Idem  XX,  11: 
in  logistorico  M.  Varronis  qui  inscribitur  Catus.  Nonius 
septies  et  tricies:  Varro  Cato  vcl  dc  liberis  ctlueatuhs. 
Hinc  emendandus  Macrobius  Sat.  III,  G:  mcminit  huius 
arae  et  Cato  de  liberis  educandis:  cuius  libri  prorsus 
solitaria  memoria.  Scribendum  esse  et  Varro  Cato 
de  I.  e.  vidit  Krahnerus  de  Varr.  antiq.  p.  11. 

II.  Probus  in  Verg.  Bucol.  VI,  31  p.  354  Lion.:  Varro 
in  loyistorico  quem  inscripsit  McssaUa  dc  valct utlinc. 

III.  Idem  ibidem:  Varro  tfff  logistorico  qui  inscribifnr  Tn- 
bcro  de  originc  humana.  Censorinus  de  die  nat. 
c.  9:  Varroni .  .  .  in  lihro  qui  vocatur  Tubero  ct  intus 
inscribitur  dc  origine  humana. 

IV.  Idem  a  Duebnero  nuper  editus  in  diariis  Parisinis 
*  Revue  de  philologie,  de  litterature  et  d'histoire  au- 
ciennes'  fasc.  I  p.  23:  Varro  in  togistorico  qui  inscrt- 
bitur  Curio  de  deornm  cultn.  Augustinus  de  civ. 
dei  VII,  9:   Varro  in  eo  libro  qucm  scorsmn  ab  istis 


Digitized  by  Google 


L0GIST0UICI8.  405 

fh.  e.  Reruui  divinarumj  de  culttt  deorum  scripsit. 
Ibid.  c.  34:  aptui  eundem  Vatronem  in  libro  de  cultu 
deorum. 

V.  Macrobius  Sat.  IIT,  14:   Varro  in  logistorico  qui  in- 
scribitur  Marius  de  fortuna.  Schol.  Veron.  in  Verg. 
Aen.  VII,  681:  Varro  .  .  .  libro  qui  inscribitur  Marius 
ant  de  fortuna. 
Ex  his  exeniplis  sat  certa  videtur  coniectura  de  iis  fieri, 
•juibus  suppresso  logistoricorum  nomine  libri  tuntum  binonii- 
nes  commemorantur,  plane  ut  a  Ceusorino  faetuni  in  Log.  111, 
et  a  Vergiliano  interprete  in  V.  Quibus  statim  illa  iungimus, 
ium  etiam  brevius  nec  logtstoricus  nec  liber  dicitur,  sed  ipsa 
g^iuina  inscriptio  pouitur  ad  similitudinem  Xonii  in  Log.  1. 

VI.  Ceusorinus  de  die  nat.  cap.  2:  Varro  in  co  libro  cui 
titulus  cst  Atticus  ct  est  [i\  ct  intus  coll.  Log.  III] 
dc  numcris.  Quamquam  de  hoc  argumento  ut  valde 
dubiteiuus  taciunt  quae  sequuutur:  id  moris  instituti-  v 
quc  maiorcs  nostri  tcnuerunty  ut,  cum  dic  natali  munus 
annale  genio  solvercnt,  manum  a  caede  ac  sanguinc 
abstinercnt  e.  q.  8.  Quibus  verbis  multo  couvenien- 
tiorem  esse  apparet  Aldinae  scripturam  dc  mnne- 
ribus,  sive  ea  e  codicibus  petita  est  sive  coniectura 
inventa.  Sed  Ausouius  Popma  quod  voluit  articulus 
pro  Atticus,  eo  niliil  perversius.  —  Non  autem  huc 
pertinet  Augustini  qui  falso  fertur  testimonium,  de 
grammatica  p.  2008,  47  I\:  Varro  in  libris  numerorum: 
ubi  etsi  corrigendum  esse  libro  putamus,  tamen  non 
logistoricum  dici,  sed  unuiu  e  Disciplinarum  libris 
Varronianis,  alibi  deinonstrabimus  [v.  supra  p.  3(J2J. 

VII.  (tellius  XIII,  4:   in  libro  Varronis  qui  inscriirttts  est 
Orcstes  vel  de  insania. 

VIII.  Idem  XVII,  18:  M.  Varro  in  libro  quetn  inseripsit 
Pius  aut  dc  pace. 

IX.  Idem  XVI,  0:  M.  Varro  in  Siscnna  vel  de  historia. 

X.  Nonius  p.  12,22:  Varro  Pappo  aut  [de\  indigc[ntia\. 
Sic  enim  librorum  mss.  vestigia  haud  paullo  proba- 
bilius  supplere  videmur  quam  cum  Ausonio  Popiua 
dc  indigiUtmrnlis. 


406 


DE  M.  VAKKONIS 


XI.  Servius  in  Georg.  I,  19:  Varro  de  scacnicis  origi- 
nibus  vcl  in  Scauro.  —  Charisius  |>.  67,  20:  Varro 
de  bibliothccis  diccns  gtutinc  .  .  . :  sed  ct  ghUinum  in 
Scauro.  Idem  p.  106,10:  Varro  in  Scauro  'glutinum' 
inquit  'fcrunt  Daedalum  invcnisse*.  Ideui  p.  82,  30: 
Varro  autcm  in  Scauro  palumbi  dicit.  —  Charisius 
p.  61,13:  Varro  dc  scacnicis  originibus.  Idem  p. 83, 25: 
Varro  dc  scacnicis  originibus  I  ct  III.  Idem  p.  103, 
27  et  Censorinus  c.  17:  Varro  dc  scacnicis  originibus 
lib.  I.  Charisius  p.  96,  32:  Varro  dc  originibus  scae- 
nicis  sccnndo.  Nonius  p.  196,  8:  Varro  de  scacnicis 
originibus  lib.  III. 
XII.  Macrobius  Sat.  III,  11:  Varro  in  libro  qui  inscribitur 
Gallus  de  admi randis.  Nonius  p.  71,  26:  Varro 
Gallo  vcl  Fundanio  dc  admirandis  rcbus.  Ideui 
p.  217,  1:  Varro  Gallo  vd  Fundanio  dc  tniris.  — 
Nouius  p.  205,  30:  Varro  Gatlo  aut  Fundanio*). 
Priscianus  VII  p.  759,  7  Putsch.:  Varro  in  Fundanio. 
—  Servius  Burui.  et  Philargyrius  in  Gcorg.  III,  113: 
Varro  in  tibro  qui  Admirabdium  (Mirabitium)  instri- 
bitur.  Nouius  p.  218,  18  (220,  11)  et  Charisius  p.oo, 
34.  64,  13.  69,  37.  106,  15  cuni  Incerto  de  orthogr. 
p.  2791,47  Putsch.,  iteui  Arnobius  adv.  gent.  VI,  2: 
Varro  in  Admirandis.  —  Vnus  igitur  Nouius,  de 
cuius  in  afferendis  titulis  neglegentia  aliis  quoque 
i  exemplis  constat  (cf.  Parergon  Plaut.  I  p.  XIV  sq.l. 

perverso  loco  disiunctiva  particula  intrusa  gemina 
nomina  imperite  divulsit. 
Ab  his  exeniplis  (XI.  Xll),-quibus  alterutra  pars  gemini 
indicis  oinittitur,  sive  a  sola  persona  facta  appellatio  relicta 
est  sive  a  re  ducta  (ut  etiani  Log.  IV),  rursum  proficisci 
licet,  ut  ad  logistoricos  item  simplicia  librorum  nomina  haei" 
reicrauius. 

•  XIII.   Priscianus  X  p.  S87,  34  P.  et  Diomcdes  p.  365,  9: 
Varro  in  Latcrcnsi. 

*)  Vides  nullo  prorsn^  disrriminr  et  rrl  rt  nut  ]i,irHculac  locnm 
dari  in  hoc  penere:  ut  nimmni  •  i  rri  frilnnr.-.'  vi<l- ainur  1'art'r^on  I 
p.  167. 


LOfJISTOUiriS. 


407 


XIV.  Charisius  p.  44,  7:  Varro  in  Nepote. 

XV.  Servius  in  Aen.  IX,  53:  Varro  in  Caleno. 

XVI.  Macrobius  de  diff.  et  soc.  verbi  p.  2763,  15  Putsch.: 
Varro  m  Scaevola.  Vulgatur  in  Scacvolam:  accusa- 
tivo,  ut  apparet,  e  proximis  orto  Ciccro  in  Vcrrcm. 
—  Nec  tamen  audemus  ad  eandein  noruiam  revocare 
Incerti  de  gener.  nomin.  p.  99,  16  verba:  simjmlutn 
ijeneris  ncutri,  ui  Varro  in  Ncronem.  Pro  hoe  enim 
rectius  ad  Ncroncm  Hauptium  suasisse,  ex  his  intel- 
legitur  quae  subiecimus  testimonia.  Charisii  p.  105, 
14:  Varro  ad  Ncroncm.  Nonii  p.  26,  14  et  167,  24: 
Varro  epistula  ad  Varronem,  quoruin  priore  Vcrroncm 
est  in  quibusdam  libris,  utroque  Neroncm  scribi  ius- 
sum  a  Popma.  Etiam  apud  Donatum  in  Eun.  IV,  3,  7 
peccatum  est  Varro  in  Marccllum  pro  ad  MarccUum: 
quo  tamen  non  epistula,  sed  libri  dc  scrmonc  latino  (sive 
de  lingua  latina)  ad  Marccllum  signiticantur.  Eadem 
enim  brevitate  cum  alii  tum  Servius  in  Aen.  I,  43 
et  Georg.  I,  11,  Diomedes  I  p.  377,  Lactantius  de 
opif.  dei  c.  5  Varro  inquiunt  ad  Ciceronem  i.  e,  de 
lingna  latina  ad  Ciccroncm:  ut  mittam  plurima  eius- 
dem  generis  exempla  addito  libri  numero  magis 
etiam  manifesta.  Similisque  ratio  illius  est  tituli, 
quem  ex  Favorino  Macrobius  Sat.  II,  14  memorat: 
Varro  ad  Libonem  primo  (h.  e.  ad  L.  Scribonium 
Libouem  socerum  Sexti  Pompeii,  ut  recte  Schnoiderus 
de  Varr.  vita  et  scr.  p.  228):  qui  liber  nescimus  in 
quo  arguraento  versatus  sit. 

XVII.  Macrobius  Sat.  III,  8:  Varro  dc  moribus:  si  modo 
in  ea  scriptura  codices  consentiunt  nec  moribus  er- 
ratum  est  pro  mumribus. 

XVIII.  Servius  in  Aen.  IV^  45:  Varro  dc  pudicitia.  Nisi 
forte  vel  hic  vcl  praecedens  titulus  cum  eorum  ali- 
quo  nominum  iunctus  fuit,  quibus  Log.  XIII  —  XVI 
inscripti  sunt. 

Nam  de  talibus  argumentis  (XVII.  XVIII),  quac  petita 
sunt  e  rlisciplina  inorum,  nec  probari  potest  nec  veri  est 
simile  libris  singularibus  Varronem,  praeter  hos  ipsos  logi- 


Digitized  by  Google 


408 


DK  M.  VARKONIS 


storicos,  exposuisse.  Contra  fieri  faciie  potest,  ut  eoruni 
quidam,  qui  cuui  iu  aliis  locis  coiumuuibus  (etiaui  iu  ge- 
uere  historico)  verseutur,  fere  pro  peculiaribus  habentur, 
fuerint  in  logistoricoruui  numero.  Velut  queui  ex  Augustiui 
vn  de  civ.  dei  XIX  init.  uovimus  Varronis  de  philosophia  librum, 
ab  illorum  similitudine  profecto  non  magis  abhorrct  quaui 
qui  fuit  dc  historia,  ab  Augustiuo  autem  omissa  altera  in- 
seriptionis  parte  pariter  commemorari  potuit  atque  de  cultu 
deorum  ille.  Scd  dc  rcrum  natura  quod  logistoricum  es.se 
cum  Popma  Fabricius  Bibl.  lat.  I  p.  130  voluit,  fraudi  ei  fuit 
Nonii  mendum  p.  477,  ubi  de  rc  rustica  lib.  I  recte  Lipsius 
restituit.  De  mcnsuris  autem,  ne  quid  de  hoc  simile  suspicere, 
non  magis  fuit  logistoricus  inscriptus  quam  de  numeris:  quod 
item  alio  loco  quale  sit  explauabitur  [v.  supra  p.3Gl  j.  Omuiuo- 
que  nimius  fuit  Mercerus  in  Nonium  sic  commentatus  p.  770: 
Varronis  libri  omncs  logistorici  aul  Mcnippeac,  ejcccjrtis  illis 
operibus  iustis  ct  maynis,  Antiquifatum,  de  re  rustica,  de  litujna 
latina,  et  si  quae  ciusmodi  (ut  Disciplinarum,  de  sermone  la- 
tino).  Praeter  cetera  autem  illud  in  hoc  genere  tenendum 
est,  ampliorum  commeiitarioruin,  h.  e.  TroXupipXiuv,  non  raro 
singulos  libros  siugulari  iudice  notari:  cuius  rei  exeiuplis 
iaiu  ab  aliis  propositis  nova  quaedam  addi  posse  putamus. 
(^uae  omnia  diligenter  reputata  faciunt  ut  in  enumeratis 
supra  logistoricis  subsistamus  ac  ne  coniectura  quidem  ultra 
illorum  fines  evagemur.  Harthiaua  enim  commenta  Advers. 
VI,  6  ne  digna  quidem  hodie  quae  explicatius  refellantur. 

Sequitur  ut  de  iuscriptis  honiinum  nominibus  breviter 
disputetur:  sed  breviter  ut  in  re  aperta,  quam  siu>  quisque 
labore  pcrsequi  accuratius  poterit.  Apparet  autem  coguo- 
minibus  Homauis  Varronem  magna  consilii  coustantia  usum 
esse:  ut  nec  de  Atellanarum  persona  Vappo  (cum  Popma) 
nec  de  furiis  agitato  Oreste  cogitandum  sit.  Immo  Orestes 
est  ille  aut  Cn.  Aufidius  Orestes  Aundiauus  cos.  a  682,  aut 
fortasse  unus  e  gente  L.  Aurelii  Orestae  cos.  a.  G.r)0.  Pappi 
autem  etsi  Varronis  aetate  nulli  meiuorantur,  tamen  V  et 
VI  ab  u.  c.  saeculo  nec  pauei  nec  ignobiles  in  gi-ute  Aemilia 
exstitere,  de  quibus  cum  alii  tum  Livius  prodiderunt:  quorum 
e  posteris  quid  est  cur  uon  potuerit  familiaris  esse  V  arrouisV 


Digitized  by  Google 


LOGISTORKIS. 


4W 


ut  mittamus  Sosium  Pappum  Hadriani  Imp.  amicuni.  Soli  a 
reliquorum  sirailitudiue  reeeduut  Marius  et  Gallus  Fun- 
danius  logistorici.  Quoruni  illud  exeniplura  tantum  abest 
ut  propositam  normam  labefactet,  ut  confirraet  potius:  quaudo 
homo  novus  de  plebe  C.  Marius  carebat  cognoiuine.  Gallus 
autem  cognoraini  cur  gentiliciura  Varro  iunxerit,  non  est  dif- 
ficile  ad  divinandum.  Tot  enira  gentiura  Itomauarura  Galli 
fuerunt  et  ex  parte  clarissimi  illis  teinporibus,  velut  Aeliae, 
Aquiliae,  Asiniae,  Caniniae,  Corneliac,  Fadiae,  Plotiae,  Iloseiae, 
Se*tiae,  ut  ad  quemvis  horum  potius,  quam  ad  obscuriorem 
aliquera  Fuudaniura  visa  esset  logistorici  inscriptio  speetare, 
nisi  errorem  ipse  scriptor  cavisset.  Idque  eum  honoris  caussa 
fecisse  eo  esse  credibilius  putamus,  quo  probabilius  Funda- 
nium  illum  videmur  cum  Schneidero  de  Yarr.  vita  et  scr. 
p.  217  sq.  ipsius  socerum  Varronis  interpretari:  de  cuius 
eognomine  nihil  prodituin  est  meraoriae.  Huic  igitur,  nisi 
falliniur,  gratificari  gener  voluit,  librum  oi  inscribens  quo 
etiam  indoctior  senex  et  ab  humauitatis  studiis  fortasse  alie-  vm 
nior  facile  delectaretur,  de  rairabili  uatura  stagnorura,  fon- 
tiiun,  locorum,  aliarumque  rerum  admirandis:  id  quod  e 
fragmentis  recte  collegit  Krahnerus  de  Varr.  antiq.  p.  15. 
Sibi  tameu  ut  quantum  posset  constaret,  non  Fundankun 
GalUim,  sed  Gailutn  Fundanium  Varro  inscripsit:  quem  veruin 
esse  nominura  ordineiu  vel  corrupta  Nonii  testimonia  mon- 
straut.  Nostram  autem  sententiara  qui  sequetur,  uon  opus 
habebit  de  duobus  logistoricis  suspicari  duoruin  noiuinibus 
Galloruin  inscriptis:  qui  ut  coramode  inter  se  disceruerentur, 
facile  quispiam  putet  ipsis  ascriptis  cognominibus  prospec- 
tum  esse. 

Vel  hoc  exeraplo  intellegitur,  aliquo  vinculo  arguraentuni 
cuiusque  logistorici  cura  inscripti  homiuis  persona,  indole, 
moribus  factisve  contineri:  idem  autem  per  alia  quoque  ex- 
empla  persequi  licebit.  Et  Marii  quidera  nomine  quam  apte 
de  fortuna  liber  sit  inscriptus,  res  ipsa  loquitur.  Quaraquam 
minime  necesse  est  ad  ipsum  C.  Marium  septies  consulem 
scriptus  sit,  id  quod  apertis  de  caussis  adeo  abhorret  a  veri 
similitudine;  ne  ad  filiuni  quidem  illius  Marii  scriptum  credide- 
rim,  qui  iam  a.  671  raortem  obiit;  sed  quicunque  fuit  ex  illius 


Digitized  by  Google 


410 


DE  M.  VARKOXIS 


propinquis  natu  aliquanto  rainoribus  (fortasse  ipse  ille  Pseu- 
domarius  C.  F.  C.  N.  de  quo  saepe  Cicero),  non  potuit  ei 
non  grata  atque  lionoritica  ea  inscriptio  esse,  cuius  sane 
propria  vis  ad  raaiorum  gloriam  potius  quam  ad  ipsius  res 
pertinerct.  —  Non  magis  caussa  latet,  cur  Sisennae  libmm 
de  historia  Varro  dicaverit:  nec  enim  dubitandum  quin  ille 
clarus  rerum  scriptor  cogitandus  sit  L.  Cornelius  Sisenna, 
doctus  vir  et  studiis  optimis  deditus,  raortuus  a.  686:  de  quo 
breviter  dictura  Parergon  I  p.  376  sq.  —  Itera  ad  Pium 
quam  apte  logistoricuni  dc  pace  rettulerit,  commodc  intelleges 
ubi  Q.  Caecilium  Metellura  Piura  filium  Numidici,  cos.  a.  673, 
memineris  hominetn  satwtissimum  tnodestissitnutnquc  omnium 
Ciceroni  diei  pro  Arcbia  c.4,  vel  virum  sanctissimum  ct  smnma 
religionc  ac  modestia  pro  Balbo  c.  22,  ut  mittaraus  alia.  Ex 
hoc  logistorieo  quae  excerpsit  Gellius  XVII,  18:  M.  Vtirro, 
in  littcris  atquc  vita  ftde  homo  multa  et  yravisy  in  libro  quem 
scripsit  Pius  aut  dc  pace  C.  SaUustium  scriptorcm  scriae  Utm 
ct  seccrac  orationis,  in  cuius  historia  notationes  ccnsorias  fieri 
[atquc  cjcerceri]  vidcmus,  in  adultcrio  deprensum  ab  Annio  Mt- 
lonc  loris  bene  caesum  dicit  et}  cum  dcdisset  pccuniam,  dimissum: 
haec  igitur  valdc  subtili  sed  eadem  non  improbabili  coniec- 
tura  Ausonius  Popma  coniunxit  cura  eo  fragraento  Sallustiano 
apud  Macrobium  Sat.  11,9,  quo  is  scriptor  effusissimae  luxuriae 
superbiam  ipsi  Metello  Pio  exprobravit.  Vt  ab  ea  liunc 
criminatione  Varro  defendisse  in  Pio  logistorico  videatur. 
Quod  si  ita  se  habuit,  quoniam  aliquantum  temporis  inter 
niortem  Metelli  et  historiarum  editiouem  Sallustii  interposi- 
tum  est,  hunc  quoque  librum  Varro  non  ad  eum  scripsit, 
ad  quem  maxirae  spectare  argumentum  voluit,  sed  ad  ali- 
ix  quem  e  propinquis,  filiura  fortasse  adoptatura  Q.  Caeciliura 
Metellura  Scipionem  cos.  a.  701,  cui  item  cognomen  fuit  Pio. 
—  Sed  graviter  idera  ille  Popma  fallitur  de  Messalla,  quem 
esse  M.  Valerium  Messallam  coniecit,  qui  omni  tempore  aetatis 
iirma  usus  valetudine  ad  centesimum  annum  vitam  produxerit 
testibus  Plinio  N.  H.  VII,  49  et  Valerio  Maximo  VIII,  15. 
Verum  hi  quidem  de  Valerio  Corvo  loquuntur:  logistoricum 
suum  Varro  aut  M.  Valerio  Messallae  Nigro  cos.  a.  692  in- 
scripsit,  aut  ei  M.  Valerio  Messallae  qui  ad  consulatum  a. 


Digitized  by  Google 


LOGISTORICI& 


411 


700  pervenit.  Queiu  etsi  suspieari  licet,  non  tamen  seitur 
hriuitate  valetudiuis  excelluisse.  —  Longe  autem  planissinio 
docuniento  id  quod  volumus  eo  logistorico  probatur  qui  fuit 
de  s<rtcnieus  originUms.  Eum  enim  dubitari  ncquit  quin  Scauro 
Varro  inscripserit  propter  insignem  ludoruin,  in  his  scaenico- 
mm,  magniiicentiam  ab  M.  Aemilio  Scauro  acdile  a.  605 
editoruin:  de  qua  ludorum  opulentia  vide  scriptorum  testi- 
monia  a  Sehuberto  congesta  de  Roin.  aedil.  p.  4t9.  Mirum 
in  modum  a  vero  Popuia  aberravit,  egisse  Varronem  in 
Scauro,  cuius  alteram  inscriptionem  ignorabat,  de  aedificiis 
coniciens.  Hunc  autem  logistoricum  praeter  reliquorum  si- 
militudinem  non  uno  fuisse,  sed  pluribus  libris  comprehen- 
sum  (tribus  ut  videtur),  non  possunt  profecto  non  persuadere 
supra  composita  Servii,  Charisii,  Censorini  testimonia,  pror- 
sus  ea  ita  comparata  ut,  si  quid  in  hoc  genere  similium 
coraparatio  valet,  uno  exemplo  servatum  plenum  iudicem 
appareat  aliis  locis  per  partes  suas  discerptum  articulatim 
commemorari,  promiscue  modo  a  nomine  modo  a  re  facta 
appellatioue.  Quae  inconstantia  quod  hoc  exemplo  in  unuiu 
eundemque  scriptoreui  cadit  Charisium,  id  levioris  esse  mo- 
menti  in  eo  grammatico  apparet,  qui  non  suae  lectioni  pro- 
lata  testimonia  debeat,  sed  ab  antiquioribus  magistris  ac- 
cepta  qualia  repperisset  servarit.  Tantum  facile  concedi  pu- 
tamus,  multo  longius  a  probabilitate  illud  recedere,  ut  et 
8iugularem  librum  de  scaenicis  originibus  fecisse  et  iterum 
de  scaenicis  originibus  ne  indice  quidem  variato  tribus  libris 
exposuisse  Varro  existiinetur  *).   Nec  mediocriter  iroXupipXou 

*)  Ceterum  quod  de  scaenicis  originibus  libros  Varronero  nescio  quis 
nuj>er  dixit  a<l  AifcacKaXiKiuv  graecorum  similitudinem  compoBuisuc,  id 
non  magis  conaiderate  dictnm  est  quam  quod  Sehneiderus  comm.  de 
Varr.  vita  et  script.  p.  238  eiuHdem  librum  (immo  libros)  tic  poctis  ad 
AibacKaAiiuv  imitatiouem  factum  putabat.  Cum  hoc  euim  tiraceorum 
inetitnto  recte  confcrri  illi  tantum  libri  posuunt,  qui  fuerunt  de  actio- 
nibus  scaenicis:  de  quibus  dictum  Parergon  I  p.  179 aq.  320  sq.  Horum 
autem  paucis  fragmentie  e  Charisio  Priscianoque  pridera  collectis  novum 
accessit  ex  Hauptii  gratnmatico  de  gener.  nom.  p.  98:  ScabiVum  gcneris 
neutri,  sicut  scamnum,  ut  Varro  in  actionibus  scatnicis.  Aliud  fortaese 
a  Probo  p.  1476  P.  addendum:  sinciput,  sincipitis,  Yarro  posuit  in 
Actia:  quas  litteraw  qui  nobiscum  ex  integro  actio[nibus]  vocabulo 


Digitized  by  Google 


412 


DK  M.  VARRONIS 


x  logistorici  offensio  lenitur  .unius  satirae  comparatione,  quae 
item  sola  in  longe  adeo  maiore  uovopipXujv  satiraruin  multi- 
tudine  duobus  fuit  libris  divisa,  ter  quidem  illa  ab  Nonio 
sic  coinmemorata  Varro  Pcripln  lib.  II  p.  171.  192.  316. 
Ac  fbrtasse  (quamquam  hoc  modeste  proferendum)  etiam  lo- 
gistorici  bipertiti  alterum  quoddam  exemplum  in  eiusdeiu 
Nonii  p.  105  verbis  latet:  Varro  Caci  lib.  II.  E  quo  satirae 
titulum  'Aei  AifJun,  Scaliger  effecit  ingeniosissima  sed  audacula 
coniectura:  lenius  videmur  una  littera  mutata  Cati  lib.  II 
eruere  h.  e.  Cati  vcl  dc  libcris  cducandis.    Nisi  quod  dubita- 


relietas  credet,  non  habebit  certe  cur  nupcro  cditori  suum  illud  in 
Aetia  invideat.  Sed  de  iisdeui  libris  nisi  fallimur  C.  Lachmannus  co- 
gitavit,  praef.  in  Terent.  Mauruiu  p.  XV  Atilii  Fortunatiani  p.  2676  P. 
319  G.  haec  verba  ponens  a  semet  quidem  corrccta:  ex  quo  non  at 
mirandum  quod  Varro  in  scenodidascalico  PJialaecion  mctrum  Io- 
nicum  trimetrum  appcllat,  quidam  lonicum  minorem.  Nam  singularera 
librum  sic  inscriptum  edidisse  Varroneni,  id  vero  probabile  nec  suapte 
natura  est  nec  fit  ullo  indicio.  Quod  enim  fuisBe  argumcntum  puta- 
biinus,  diver8um  quidem  illud  ab  actionum  scaenicarum  libria?  Hob 
autem  si  quis  mirctur  uon  graeco  more  didascalicos  simplieitcr,  sed 
insolentcr  facto  nominc  scenodidascalicos  dictoB:  ci  quidem  mirationi 
facilc  quispiam  ita,  occurrat,  ut  opponi  alionim,  velut  Accii  IKdascaticis 
coniciat,  quibus  cum  promiscue  de  omni  generc  poesis  poetarumque 
actum  esset,  ad  unam  scaenicam  suos  voluisse  libroa  Varronem  pertinere. 
Esto:  sed  ita  quomodo  usui  convenienter  singulari  numero  dici  in  sce- 
nodidascaUco  de  quinquc  minimum  libris  potuerit,  non  magis  assequi- 
mur  si  pro  neutro  quam  si  pro  masculino  habueris.  At  vero  absurdam 
Lachmannus  dixit  Putschii  (h.  e.  codicum)  Kcripturam  in  cynodulasca- 
lico.  Hac  quidem  forma,  recte.  Verum  exigua  admissa  mutatione  sat 
probabilis  prodibit  satirae  index:  in  cynodidascalo,  commode  ille  con- 
ferendus  cum  gcrontodidascalo  vicies  a  Nonio  commemorata:  nisi  quod 
graecis  potins  litteris  Kuvooic-ticKaAoc  et  rcpovTobibdcKaAoc  scribendum. 
In  satira  autem  tractari  quidvis  potuit:  ut  no  mctrica  quidem  quicquam 
caussae  sit  cur  tangi  potuisee  ueges.  Quae  multo  difficilius  intellegimus 
quomodo  locum  habere  vel  in  actionibus  scaenicis  potuerint  vel  in  di- 
verso  ab  illiw  scenodidascalico  aliquo.  Ceterum  a  kuujv  nomine  alius 
quoque  satirae  index  compositus  est  Kuvopnruip,  cuius  unus  Diomedes 
I  p.  364  memoriam  servavit.  Contra  nihili  est  qnod  apud  Philargyriura 
in  Georg.  II,  477  nomen  exBtat  Varro  in  Cynistore ,  pro  quo  in  gati- 
rarum  titulis  Popma  rettulit  *SynistorJ.  Vemm  quae  e  scriptiB  libris 
aflferuntur  in  cynistro  re  et  in  cyni/lore,  ea  vix  falli  videmur  cum  in 
banc  potius  partem  interpretamur:  Varro  in  Ciniflone. 


Digitized  by  Google 


LOGISTORICIS 


413 


tionem  illud  movet,  quod  in  allatis  ex  eo  libro  vcrbis  vestigia 
apparerc  nunierorura  videntur  h.  e.  unius  et  diraidii  hexa- 
raetri.    Quamquam  hoc  ipsum  satis  esse  incertum  sentimus. 

Quod  tam  plane  et  evidenter  aliquot  exemplis  apparuit, 
id  dubitari  vix  potest  quin  latius  pateat  et  ad  ea  quoque 
pertinuerit,  quorum  nunc  latet  ratio.  Nam  quid  necessitu- 
dinis  intercesserit  inter  Catum  et  liberorum  educationem, 
Tuberonem  et  originis  liumanae  diseeptationem,  Curionem 
et  deorum  cultum,  Atticum  et  munerum  notionem,  Pappom 
et  indigentiae,  Orestem  et  iusaniae,  eo  profecto  incertius, 
qnod  ne  qui  fuerint  quidem  de  omnibus  constat.  Non  sane 
inepte  suspiceris  egennni  fuisse  Pappum,  pietate  erga  deos 
insignem  Curionem:  sed  tamen  nec  laus  raagna  talium  con- 
iecturarum  nec  fides.  Et  Oresti  quis  sibi  persuadeat  de  in- 
sania  librum  dicatum  esse  honorifica  voluntatis  testificatione, 
quod  in  illius  indolem  aliquo  modo  notio  insaniae  caderet? 
De  quo  quidem  exemplo  sic  potius  statuendum  videtur,  ali 
qua  saue  in  caussa,  cur  ad  ltonianuni  Orestem  de  tali  argu- 
uiento  Varro  scriberet,  cognominis  cogitationem  herois  fuisse. 
Praeterea  adventicia  esse  leviorum  rerura  varia  occasio  potuit: 
id  quod  adeo  monstrare  certo  exemplo  lieet.  Namque  eum 
logistoricum,  e  quo  uberior  quam  e  reliquis  superest  frag- 
raentorum  copia,  qui  est  de  liberis  educandis,  ad  Catum  Varro  xi 
scripsit  propterea,  quod  de  eo  ipso  argumento  Varronis  ille 
seutentiam  exquisiverat  sibique  ut  consiliorum  adiutor  esset 
rogaverat.  Intellegitur  enim  hoc  ex  iis  verbis  a  Nonio  pro- 
tlitis  p.  77,  quibus  Catum  apparet  in  ipso  libri  exordio  a 
Varrone  compellatura  esse:  Varro  Cato  vel  de  Idteris  educandis: 
quod  petisti  ut  eius  educationis  ficrem  tibi  socius,  quoad  \totui 
adminiadavi  tuam  voluntatcni  scribendo.  Sed  is  quidem  Catus 
quis  fuerit,  incompertum  nobis.  Nisi  quod  praeter  Aeliam 
gentem  Catos  nullos  exstitisse  novimus,  prisci  autem  Sex. 
Aelii  Paeti  Cati  genus  tum  uon  exstinctum  fuisse  hinc  disci- 
mus,  quod  anni  756  consulem  fasti  produnt  Sex.  Aeliura  Q. 
F.  Catuin.  Ceterura  inveteratura  eorum  errorem,  qui  perpe- 
ram  interpretati  hauc  testimoniorum  formara  'Cata  rel  de  Uh. 
educ.9  ad  aliquem  Catonem,  immo  ad  ipsum  Censorium  hunc 
logistoricura  rettulerunt,  satis  est  hodie  leviter  perstrinxisse. 


Digitized  by  Google 


414 


I)E  M.  VARRONIS 


Qui  error  (geinimis  ille  eius  quo  Catonis  de  liberis  educandis 
liber  prodiit  apud  Macrobium)  ad  Gellii  quoque  librarios 
(IV,  19)  pertiuuit,  quo  uno  loco  etiam  bonos  codices  Cato 
nominativus  occupavit.  —  Curio  autem  Varronianus  aut  est 
C.  Scribonius  pater  cos.  677,  mortuus  a.  700,  aut  C.  »Scri- 
bonius  filius  tribunus  a.  704,  a  Iuba  rege  interfectus:  de 
quorum  rebus  recte  distinguens  scboliasta  Bobiensis  dixit  ad 
orat.  in  Clod.  p.  330  Or.    Ad  patrem  ut  logistoricum  de 
cultu  deorum  lubentius  referamus,  viruni  bonum  et  oratorera 
sed  parum  a  doctrina  instructum,  cum  alia  nos  movent,  tum 
illud  quod  pontificem  maximum  fuisse  cognoscitur  ex  orat 
de  harusp.  resp.  c.  6.  —  De  Tuberone  controversia  esse 
nequit,  quin  is  sit  L.  Aelius  Tubero,  quem  novimus  M.  Ci- 
ceronis  et  condiscipulum  et  contuberualem  et  affinem  et  fa- 
miliarcm,  Q.  Ciceronis  in  Asia  a.  693  legatuin:  homincm  cuin 
ingcnio  tum  doctrina  cxcellentem,  ut  est  pro  Ligario  c.  4,  cui 
etiam  Aenesidemus  Xofouc  TTuppwviouc  suos  inscripsit  teste 
Photio  Bibl.  cod.  212.  —  Atticum  unusquisque  sua  spoute 
intellegit  communem  esse  Varronis  Ciceronisque  amicum  T. 
Pomponium,  ad  quem  etiain  de  vita  populi  Bomani  libros 
scriptos  esse  constat.  —  Kursum  et  Attici  et  Ciceronis  ami- 
cum  Cornelium  Nepotem  historicum  sat  confidenter  illum 
Nepotem  interpretamur,  cui  inscriptus  logistoricus  ignora- 
mus  quod  argumentum  tractarit.  —  Eiusdem  generis  quae 
restant  nomina,  eorum  Calenus  quoque  ipsa  vitae  consue- 
tudiue  officiorumque  coniunctione,  nisi  fallimur,  cum  Varrone 
continebatur.    Quem  facile  quispiam  couiciat  Q.  Fulium  Ca- 
lenum  esse,  tribunum  a.  G92,  cuius  frequens  apud  Ciceroneui 
mentio:  propterea  quidem  quod  ad  Fufium  cpistula  Varronis 
xnmemoratur  Nonio  ]>.  117*).  144.  425.     Sed  tamen  magis 
etiam  in  promptu  est  de  C.  Subernio  Caleno  cogitare,  quem 
una  cuui  Varrone,  Pompeianas  partes  secuto,  in  Hispaniam 
(a.  704)  profectum  esse  Cicero  scribit  ad  famil.  IX,  13.  Ad 

*)  Commemorato8  ibi  Quintipor  Clodiunus  malus  poeta,  de  qvio 
dictum  Parergon  praef.  p.  XII,  qui  potuerit  post  Fopmam  Orellio  Odoiii. 
Tull.  II  p.  504  et  Meyero  iu  Cic.  Brut.  p.  193  videri  Cu.  Cornelius 
Lentulus  Clodianus  ease,  non  expedimus.  Sed  aequalem  Varronis  luisse 
veri  sane  est  similc. 


Digitized  by  Google 


LOOISTORICI8. 


415 


eundemque  Calenuin  recte,  ut  arbitraniur,  Schneiderus  1.  s.  s. 
p.  235  rettulit  Appiani  de  b.  civ.  IV,  47  verba,  quibus  Varro, 
a  triumviris  a.  710  proscriptus,  narratur  a  Caleno  servatus 
esse,  in  cuius  villa  delituisset.  —  Laterensis  etsi  fieri  potest 
ut  M.  Iuventius  cogitetur  Caesarianus,  tamen  rectius  puta- 
bitur  longe  illo  notior  M.  Iuventius  Laterensis  praetor  a.  702, 
ile  quo  multus  Cicero  in  Planciana.  —  Postremo  Scaevola 
vix  est  in  illustrioribus  illis  Muciis  Scaevolis  quaerendus  natu 
aliquanto  maioribus,  sed  si  quid  video  Q.  Mucius  Q.  F.  Q.  N. 
accipiendus,  tribunus  a.  699,  Q.  Ciceronis  in  Asia  provincia 
comes  a.  694,  postea  augur  factus  a.  704. 

Quodsi  in  horura  quos  recensuimus  hominum  vitas  ali- 
quanto  diligentius  inquisieris  quam  nobis  nunc  est  concessuin 
pro  consilii  .nostri  ratione  ipsaque  hac  scribendi  occasione, 
niemorabili  documentorum  et  multitudine  et  varietate  intel- 
legea,  quam  diversas  ipsoque  partium  studio  discretas  ami- 
citias  per  diuturnum  vitae  cursum  Varro  coluerit:  praesertim 
ubi  eorum  nomina  addideris,  quibus  vel  ampliores  commen- 
tarios  inscripsit,  ut  Ciceroni,  Pompeio,  Caesari,  P.  Septimio, 
Marcello,  Liboni,  Accio  (de  quo  alibi  dicetur),  vel  epistulas 
misit  ut  (C.  Epidio)  Marullo,  (Claudio)  Neroni,  Ser.  Sulpicio 
^  (Galbae  an  Rufo?),  Fabio  (Sangae  an  Maximo  an  VergilianoV). 
Quod  omne  quale  sit  et  quam  vim  habeat  ad  recte  iudican- 
dos  Varronis  mores  et  ingenium,  non  sine  fructu  quaerere 
posse  videmini,  si  qui  naviter  voletis  in  hanc  disputationem 
incumbere.  —  Praeterea  unum  exstat  in  librorum  indicibus 
Varroniauorum  nomen  Romani  hominis,  idque  adeo  cognomen: 
Serramis,  quo  non  dubitandum  quin  C.  Atilius  Serranus  signi- 
ficetur.  Sed  id  tamen  et  a  logistoricorum  societate  seiun- 
gendum  esse  et  de  satira  potius  interpretandum,  cum  gemina 
inscriptio  graeca  argumento  est  trepi  dpxctipeciujv,  tum  nume- 
rorum  in  duobus  fragmentis  vestigia,  apud  Nonium  p.  259: 
et  petere  tmperium  populi  et  contenderc  Iwnores:  ibideinque 
p.  455:  rostmm  protrudendo  incesserent  (sic  enim  cum  Iunio 
scribendum  videtur),  quibus  exitus  fit  sive  senarii  sive  tro- 
chaici  septenarii. 

Tempora  si  lustramus  eorum  horainum,  quibus  logisto- 
ncos  inscriptos  deprehendimus,  proximo  in  utrainque  -partein 


Digitized  by  Google 


416 


DE  M.  VARRONIS 


intervallo  ab  ipso  anno  7<X)  pluriuias  illoruni  vitas  abesse 
intelleginius:  ita  tainen  ut  reliquis  logistoricis  recentior  vi- 
deatur  Pins  esse,  antiquior  reliquis  Sisemia,  nisi  quidem  etiam 
priori  aetati  Gallus  Fundanius  tribuendus  est  propter  eam 
temporuin  rationem  quae  intercedere  inter  soceri  et  generi 
vitas  solet. 

Quod  ad  formam  attinet  commentandi,  sermonis  i.  e. 
dialogi  leve  indicium  quoddam  exstat  in  Cati  fragmento  apnd 
Nonium  p.  494:  velim  mehereules,  inquit,  ipse  usu  magno 
puerUitatis  formam  audire.  Nimis  enim  ambigua.  quam  qui- 
xiii  bus  aliquid  in  hoc  genere  tribuas,  haec  sunt  ex  eodem  logi- 
8torico  a  Nonio  excerpta  p.  520:  otnnia,  inquam,  in  doccmlis 
ptteris,  quae  dempta  non  prohibent  verum  bonum  fieri,  mediocria 
sunto  (ita  enim  haec  scribenda  videntur);  et  p.  108:  mihi 
puero  modica  una  fuit  tunica  et  toga,  sine  fasciis  cahvanuwta, 
equus  sine  ephipirio,  halneum  non  cottidianum,  alveus  rarus;  et 
e  Pappo  p.  12:  nasturtium  nonne  vides  ah  eo  diei  quod  nasum 
torqueat,  vcstisjncam  quod  vestcm  spiciat?  si  haec  recte  ita 
scripta  sunt  a  Mercero.  —  —  — 

Haec  quidem  pridem  scripta  a  nobis,  ut  in  praef.  Parergon 
p.  xxvin  promissis  staremus,  per  aliquot  menses  in  scriniis  ^ 
pernoctaverant,  cum  nobis  allatae  sunt  Francisci  Oehleri 
cura  et  cum  cura  collectae  Saturarum  Menippearum  Varronis 
reliquiae.  Collectae  et  pro  virili  parte  explanatae:  emendatac 
quidem  satis  modica  ex  parte,  tam  profecto  modica,  ut  ope- 
rae  pretium  facturus  videatur  qui  eara  provinciam  non  denuo 
tantum,  sed  de  integro  suscipiat.  Nara  ut  alia  silentio 
praetermittamus,  satirarum  Varronianarum  cum  praecipua 
laus  quaedam  et  singularis  gratia  in  eo  consistat,  quod  mi- 
rum  iu  modum  eumque  valde  memorabilem  distinctae  sunt 
versuum  immistorum  varietate:  in  hoc  ipso  genere  tam  se 
et  rudem  et  neglegentem  novissimus  editor  praestitit,  ut  uon 
modo  sescentis  exemplis  aperta  et  indubitata  carminum  ve- 
stigia,  quae  tamquam  sua  sponte  incurrunt  in  oculos,  ipse 
non  deprehenderit,  sed  aliorum  quoque  (ut  G.  Hermanni) 
felicissiinis  eisderaque  certissirais  inventis  uti  prorsus  nescierit, 
et  aurium  iudicio  hebetissimo  et  mentis  pravissimo.  Setl  de 


Digitized  by  Google 


LOOISTORICIS. 


417 


hoc  dicetur  alio  loco:  in  praemissa  autem  commentatione 
quae  p.  58  sqq.  de  logistoricis  Varronis  disputavit,  iis  etsi 
satis  probabiliter  ipsam  rei  materiam  congessit  (ut  pauca 
sint  quae  eius  diligentiam  fugerint),  tamen  digerendi  acre 
iudicium  hic  quoque  non  uno  loco  desideramus.  Et  quod 
summum  erat,  ut  cognominibus  Romanorum  hominum 
singulos  libros  inscriptos  esse  perspiceretur,  id  ille  quoque 
noa  perspexit,  sed  ab  Agamemnonida  Oreste  appellatum  esse 
de  insania  logistoricum  sibi  persuasit,  Pappum  autem  aut 
ImUgenam  (sic  enim  scribendum  putat)  de  Atellanarum  per- 
sona  Pappo  interpretatus  satiram  esse  statuit  p.  61  et  184. 
—  Ad  Atticum  de  nnmeris  (nihil  enim  ei  scrupuli  haec  in- 
scriptio  iniecit)  non  Augustini  tantum  locum  supra  comme- 
moratum  rettulit,  sed  alterum  praeterea  quendam  Kufini, 
quem  illuc  non  magis  pertinere  nunc  demonstratum  est  comm. 
de  Varr.  Disc.  libris  p.33  coll.p.  12  et30  [supra  p.  381. 302. 379 J. 
Eadeui  ratio  Varroniani  indicis  de  mensuris  apud  personatum 
Boetium:  quo  nequaquam  logistoricum  notari,  ut  illi  visum 
p.  66,  ibidem  docuimus  p.  10[361J.  —  A  Scauro  dc  scaenicis  origi- 
nibus  discrevit  ut  plane  diversos  libros  dc  scaenicis  oriyinibuSj 
nihiJ  reputans  eorum  quae  in  hac  caussa  respicienda  esse 
supra  signiticavimus.  Corruptam  Nonii  memoriani  Caei  lib.  II 
respexit  p.  65,  temerariae  confidentiae  laude  mactans  divinum  xiv 
Scaligeri  ingenium,  in  similemque  adeo  nostrae  coniecturam 
incidit,  haud  paullo  tamen  operosius  Cati  (immo  Cato)  de 
liberis  cducandis  e  proditis  litteris  efficiens,  siraul  autem  al- 
terain  emendandi  viam  quandam  comitfendans,  qua  ex  Varro 
caei  lib.  II  erui  Varro  Prometheo  libero  iussit:  e  quibus  ne 
hoc  quidem  ei  credimus,  non  PrometJteum  liberatum,  sed  libe- 
nan  illam  fuisse  satiram  inscriptam  (p.  195  scj.).  In  satiras 
quoniam  forte  sumus  delati,  illud  quoque  mirari  liceat,  nec 
KuvicTojp  nec  KuvobibacxaXiK^v  satirarum  videlicet  titulos 
quicquam  dubitationis  Oehlero  movisse  p.  55.  62.  145  coll. 
p.  12.  Non  minus  mirabilis  est  quem  p.  55  et  194  sq.  tinxit 
satirae  indicem  TTXouTOpivoc  vel  adeo  TTXouTopivoc  (sic  enim 
priore  loco  scriptum  exstat),  factum  scilicet  a  pivoc:  cui  uos 
satirae  nomen  TTXouTOTopuvr]  fuisse  coniecimus  Parergon  I  p. 
178.  Iiectiore  idem  iudicio  statuit  deSerrano  p.  46sq.  203;  item 

IK.  KIT9CHKLI1  OPV8CVLA  IU.  27 


I 

418  DE  M.  VARRONIS  LOOISTORICIS. 

de  satira  cui  noinen  Tanaquil,  quod  nomen  cum  a  logistoricis 
libris  segregandum  dicit  p.  63,  magis  placet  quam  ibidem 
laudibus  cumulata  Nonii  nescio  qua  diligentia.  Proximas 
pagellas  parum  eleganter  scripti  libelli  cum  oculis  lustranius, 
p.  64  miramur  de  ephemcride  navali  ita  disseri,  ut  ne  Berg- 
kianae  quidem  disputationis,  quae  inserta  est  Musei  nostri 
philologi  volumini  I,  ulla  ratio  habeatur.  Sed  p.  66  quod 
apud  Diomedem  1  p.  372  exstans  Praetoriana  titulus  ad  eam 
satiram  refertur  quae  inscripta  erat  Flaxtabulac,  7T€pi  ^Trap- 
Xiujv,  id  non  incommode  excogitatum  est:  siquidem  ea  satira 
ab  ipso  argumento  (rrepi  eTrapxiwv,  i.  e.  praeturis)  ducto  no- 
mine  sic  vocari  a  grammaticis  potuit  ad  earum  fabulamm 
similitudiuem  de  quibus  exposuimus  Parergon  1  p.  142.  Quam- 
quam  non  unam  ob  caussam  perdubia  res  est. 


Digitized  by  Google 


XIII. 

Die  Schriftstellerei  des  M.  Terentins  Varro.*) 

• 

Qui  yid'  io  nostra  gento  avrr  p«r  duce 
Vnrrone,  il  terzo  gran  lume  romano, 
Cbe,  «juanto  '1  miro  pift,  tanto  pirt  luce. 
Petrarca,  trionfo  della  fama,  III,  37. 

Untersuchungen  iiber  Zahl,  Inhalt  und  gegenseitiges  Ver-  48i 
hfiltniss  der  Varronischen  Schriften  gehorten  bisher  zu  den 
missliehsten.  Eine  so  werthvolle  wie  unverhotfte  Entdeckung, 
die  ich  mich  beeile  nachstehend  zu  allgemeinerer  Kunde  zu 
bringen,  fuhrt  sie  zwar  nicht  zum  Abschluss,  bietet  ihnen 
jedoch  fiir  wesentliche  Punkte  zum  erstenmale  einen  festen 
Anhalt,  den  man  bis  jetzt  ganz  entbehren  musste. 

Bekanntlich  hatte  Hieronymus  einmal  eiu  Verzeichniss 
der  Schriften  des  Varro  entworfen,  uin  zu  zeigen;  wie  weit 
die  Fruchtbarkeit  dieses  grossten  romischen  Polygraphen 
denrioch  zuruckstehe  hinter  der  des  Origenes.  Er  bezieht 
sich  selbst  darauf  in  dem  Buche  de  viris  illustribus  (=  dc 
SCriptorihuS  ecclesiasticis)  Cap.  54,  wo  er  vom  Origenes  han- 
delnd  sagt:  'et  quia  indicem  operum  eius  in  voluminibus 
epistolaruni,  quas  ad  Paulam  scripsimus,  in  quadam  epistola 
contra  Varronis  opera  conferens  posui,  nunc  omitto'.  Bei 
dem    Verluste  dieser  Briefsammlung  wiirde  man  von  der  un- 

*)  jRhein.  Muaeum  f.  Phil.  tf.  F.  Bd.  VI  (1848)  p.  481  -560.  Diese 
Abhantlluug  erschien  auch  besonders  unter  dem  Titel:  fI)ie  Schrift- 
stellerei  des  M.  Terentius  Varro  uud  die  des  Origenea.  Nach  dem  un- 
g*?druckten  Kataloge  des  Hieronymns.  Bonn  1847.  Den  verehrteu 
Freunden  und  geduldigen  Zuhoreru,  Herren  F.  Argelander,  G.  Bischof, 
F.  Blume,  H.  v.  Decheu,  M.  Naumaun,  J.  Noggerath,  F.  (i.  Welcker 
zum  Danke  gewidmet.'   (83  S.)J 

27* 


Digitized  by  Google 


420 


DIE  SCHRIFTSTELLEREI 


gefahren  BeschafFenheit  jenes  Verzeichnisses  gar  nichts  gc- 
wusst  haben,  wenn  nicht  durch  einen  besondern  Zufall  Stiicke 
des  gedachten  Briefes  wortlich  wiiren  von  Rufinus  in  seine 
gegpn  Hieronymus  gerichtete  Apologia  (=  Invectivac)  Buch  1 1 
Cap.  20  aufgenoniinen  worden:  Stiicke,  aus  denen  die  Her- 
ausgeber  des  Hieronymus  einen  luckenhaften  Brief  ad  Vau- 
lam  zusamniengesetzt  und  niit  vieler  Willkiir  den  in  Haud- 
schriften  erhaltenen  Briefen  des  Hieronymus  einverleibt  haben 
(bei  Vallarsi  ep.  33).  Und  zwar  lautet  die  Stelle  des  Ku- 
finus  im  Zusamraenhange  also: 

Libellum  quendam  scribens  comprehendere  quau  indi- 
culo  quodam  voluit,  quanta  apud  Latinos  Varro  scripserit, 
et  quanta  apud  nostros  Origenes  in  Graecis,  in  quo  ita  ait: 
M.  Tercntium  Varroncm  miratur  antiquitas,  qtuxi  aptul  Latinos 
tam  innumcrabites  libros  scripserit.  Graeci  Cftalccnterum  miris 
efferunt  Jaudibus,  quod  tantos  libros  composuerit,  quantos  quivis 
nostrum  alicnos  sua  manu  dcscribcrc  non  jnssit.  Et  quia  non] 
otiosum  est  apud  Latinos  Graecomm  voluminum  indiccm  texcn, 
de  eo  qui  latine  scripsit  aliqua  commemorabo,  ut  intcUigamus 
nos  Epimcnidis  dormire  somnum,  et  studium,  quod  illi  }>osuerunt 
in  cntditione  saecularium  litterarum2),  nos  in  congregandis  opi- 
bus  ponere.  Scripsit  itaquc  Varro  quadraginta  quinquc  libros 
Antiquitatum,  quattuor  de  vita  poptdi  Ilomani.  Et  cum  enu- 
lnerasset  per  singula  omnia  quae  Varro  scripsit,  addidit  post 
haec:  Quorsnm  Vaironis  et  Chaiccntcri  mcntio  facta  sit}  quac- 
ritis?  Videlicet  ut  ad  Adamantium  nostrum*)  nostrttmqnc  Chal- 
centcrum  veniamusf  qui  Umto  in  sanctarum  scripturarum  commcn- 
tariis  sudore  laboravit*),  ut  iustc  Adamantii  nomen  accepcrit. 
Vutiis  noscere,  quanta  ingenii  sui  reliquerit  monimenta?  Sc- 
qucns  titulus  ostendit.  Scripsit  in  Gcnesim  libros  tredecim,  Mtr 
sticarum  homiliarum  iibros  duosy  in  Exodo  exceipta,  in  Levitkv 
excerpta.  Et  post  multa  item  inquit  numobiblia,  5Tfp?  uqiqv 
libros  qttattuor,  dc  resurrcctionc  Hibros  duos,  ct  atios  dc  rcsnr- 

1)  non  t'(ir  das  nunc  der  Drucke  habe  ich  hicr  anticipirt. 

2)  So  cod.  Garn.  fur  scripturarum. 

3)  tiostrum  aus  demselbcn  cod.  hinzugefQgt. 

4)  Anticipirte  Lesurt.  tanto  studio  in  sanctarum  scripturarum  Ja 
bore  8udavit  die  Vulgate,  und  ohue  studio  cod.  Garn. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO.  421 

nctione  dialogos  duos.  Et  cuin  enuiuerasset  ouiuia  eius  opus- 
eula,  secunduui  iudiculi  fidem  addidit  et  dicit:  Videtisne  Grae- 
m  pariter  ct  Latinos  unius  labore  superatos?  (Juis  enim  un- 
pam  tanta  legere  potuit,  quanta  ipse  conscrij)sit?  Pro  lioc  su- 
dore  quid  acecpit  praemii?  u.  s.  w. 

Wer,  der  sich  fUr  Varronische  Studien  iuteressirte,  hat 
nicht  das  ungluckliche  Abbrecheu  des  Rufinus,  oder  wie  4*8 
Manehe  sich  auszudriicken  vorzieheu  (z.  B.  Mai  Vorrede  zu 
Cie.  de  rep.  p.  XX),  die  Unvollstandigkeit  des  Briefes  des 
Hierouyuius  beklagt?  Wer  durfte  hoffen,  dass  .  er  sich 
irgendwo  in  seiner  Vollstandigkeit  erhalten  hatte?  Aber 
Tdx'  dv  tic  etKOC  auio  toOt*  ewai  Xexoi,  ppoToici  TroXXd  tut- 
X<iveiv  ouk  eiKOTa.  Diessmal  theilen  sich  eine  frauzosische 
Bibliothek,  ein  englischer  Liebhaber  und  ein  deutscher  Ge- 
lehrter  iu  eiuen  Fund,  der  zu  den  interessantesten  auf  die- 
sem  Gebiete  gehort.  Als  meiu  vortrefflicher  Freuud,  Pro- 
fessor  Urlichs  (dessen  Vortrefflichkeit  leider  deu  lvheinlanden 
uicht  langer  gegonnt  sein  sollte),  in  diesem  Sommer  Englaud 
besuchte,  lockte  ihn  die  unter  *uns  durch  HaneTs  Manu- 
scripten-Kataloge  bekannt  gewordene  Haudschriften-Samm- 
lung  nach  Middlehill:  eine  Sammlung,  deren  hospitaler 
Besitzer  Sir  Thomas  Phillipps  durch  eine  hingebende  Liebe 
zu  den  handschriftlichen  Scliiitzeu  der  classischeu  Litteratur, 
die  heutzutage  schwerlich  ihres  Gleichen  findet,  den  gross- 
artigen  Sammeleifer  der  hochherzigen  Italiiiner  des  fuufzehn- 
ten  Jahrhunderts  wiederzuerwecken  scheint.  Durch  diesen 
kaxn  ihm  ein  gedrucktes  Doppelblatt,  Folioformat,  in  die 
Hande,  gedruckt  in  des  Baronets  eigener  Druckerei,  welchcs 
auf  seiuen  drei  ersten  Seiten  nichts  anderes  enthalt  als,  voll- 
stiindig  und  unverstiimmelt,  des  Hieronymus  Verzeichuiss  und 
Vergleichung  der  Schriften  des  Varro  und  des  Origenes,  die 
sich  in  eine  fVorrede  zu  Origenes  Uber  die  Genesis'  ge- 
rettet  haben.  Obgleich  es  das  letzte  von  wenigen  ul)erhaupt 
gedruckten  Exemplaren  war,  gelang  es  dennoch  den  Bitten 
meines  Freundes,  sich  mit  demselben  beschenken  zu  lassen: 
und  seiner  liberalen  Mittheilung  an  mich  verdankt  das  philo- 
logische  Publicum  die  gegenwiirtige  Veroftentlichung.  Ob  Sir 
T.  Phillipps  das  Stttck  selbst  aufgefunden  und  abgeschrieben, 


Digitized  by  Google 


422  1>1E  SCHRIFT8TKLLERE1 

oder  die  Abschrift  von  einem  andern  erhalten  hat,  habe  ich 
entweder  nicht  erfahren  oder  wieder  vergessen;  geuommeu 
ist  sie  aber  aus  eincr  Handschrift  in  Arras.  Das  gedruckte 
Blatt  bezeichnet  sie,  wie  man  unten  sieht,  nur  als  Nr.  849 
MSS.  S.  Vast.  Ganz  ahnlich  heisst  es  in  der  Ueberschrift 
eines  zweiten  als  ungedruckt  publicirten  Stuckes*),  welches 
das  Ende  der  dritten  Seite  fallt:  PREFACE  TO  THE  WORK 
OF  SENECA  1N  No.  689  MSS.  S.  VAST.  Dagegeu  liest 
mau  auf  der  vierten  Seite  ein  drittes  uud  letztes  Stfick**)  unter 
der  Aufschrift:  EX  FRAGMENTO  CODICIS,  IN  BIBLIO- 
TIIECA  S.  VEDASTI  APVD  ARRAS.  1828.  Aus  Hiinel 
p.  30  ersieht  inan,  dass  die  jetzigc  'Bibliotheque  de  la  ville' 
in  Arras  zu  einein  ihrer  Bestandtheile  hat  die  'Bibliotheque 
des  ci-devant  religieux  de  S.  Vaast  (=  S.  Vedastiisy:  hier- 
mit  ist  also  eiuem  gelehrten  Reisenden,  der  sich  das  Ver- 


*)  Es  lautet  *o:  *'LUCIUS  ENNIUS  SKNECA  dc  Graecis  fuit. 
Locns  ejus  do  regione  Neronis;  scripsit  hunc  libellum  et  continentissi- 
mae  vitae  fuit;  qui  Paulo  cpistolas  misit,  et  Paulus  similiter  illi.  Et 
in  tempore  Ncronis  potentissimus  fuit,  et  Magister  illius. 

Et  hic  ante  biennium  antequam  Petrus  et  Paulus,  periit  incisione 
venarum  et  veneui  hausto.  Magisti,  tilius  Mantuae  discipulus  Neptuni, 
aliimniiK  Senccae  quid  eflicit  scriptio  hujus  libri,  et  ob  quam  caunam 
stripsit  id  aperitur  et  osteuditur,  libcrtaH  arbitrii  testatur  libenim  ar- 
bitrium  cssc  ad  opus  omne,  sive  bonum,  sive  malnm.' 

♦The  followinp  oxtract  aeemi  to  hc  eopied  incorrectly  from  a  very  ancirat 
MH.  of  »ome  ceritury  prior  to  tho  yc«r  600  or  700. 

Der  Hauptsacrn'  nach  ist  das  sehr  corruptc  Stiick  aus  dem  Artikel  uber 
Seneca  genommcn,  der  das  12tc  Capitcl  dcs  Hieronymus  dc  viris  illn- 
stribus  bihlet. 

*♦)  Es  ffillt  die  ganze  Seite,  ist  aber  nicht*  als  ein  Stiick  lateinischer 
Uebirsetzung  des  Commentars  zur  Nikomachischen  Ethik  III,  8,  wor- 
aus  daa  dreifache  Citat  des  Kephisodorus,  Anaximcncs  und  Epho- 
rus  iiber  die  Einnahmo  von  Korouea  durch  Onomarchus  stammt,  wel- 
ches  bei  Zell  p.  103  odcr  in  den  Fragm.  Histor.  (ir.  der  Gebriider 
Muller  p.  274  steht.  Die  Corruptel  i*  tou  U€t6:  toixou  ist  ganz  naiv 
zweimal  mit  cx  j>ost  muro  flbersetzt,  statt  Cpuaiov  *v  Koptuvda  heisst 
es  Ifcrincon  in  Kiro  .  .  . ;  dagegen  ist  Onomarchus  bewahrt  ftir  6  uo- 
vapxoc,  nnd  mit  comprchendit  richtig  KUTlAafte  ubersetzt  statt  KnTfXu- 
(Jov.  Das  Citat  sclbst  lautet:  'Historizant  dc  bclio  hoc  Kisissodorus  in 
duodccimo  de  sacro  bello,  et  Anaximcnes  in  quarto  de  Philippo,  et  Eu- 
forus  in  tricesimo.* 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO. 


423 


dienst  einer,  gewiss  nicht  flberfliissigen,  wioderholten  Ver- 
gleichung  erwerben  will,  der  nothige  Anhalt  gegeben. 

Ich  lasse  jetzt  das  ganze  erste  Sttick  in  einem  bis  aui 
die  geringsteu  Kleinigkeiten,  auch  Druckfehler,  treuen  und 
geuauen  Abdruck  des  Originals  folgen,  indem  ich  die  Aus- 
schliessung  des  den  Origenes  Betreffenden,  so  wenig  ich  mich 
darauf  einzulassen  gedenke,  doch  den  Theologen  gegeniiber 
uicht  meine  verantworten  zu  konnen.  Ohne  Erinnerung  wird 
man  sehen,  dass  nicht  alles  so  in  der  Haudschrift  stehen  *»b 
kann,  was  entweder  die  genommene  Abschrift  oder  der  eng- 
lische  Druck  gesetzt  hat,  uamentlich  die  arabischen  Ziffern 
und  das  merkantile  Do.:  eine  Aufforderung  mehr,  wie  zu 
biuhstablicher  Wiederholung,  so  zu  einer  nochmaligen  Ein- 
richt  der  Handschrift. 

COLLECTANEA  INEDITA, 

PER  T.  PUILLIPPS,  BART. 


PREFACE  TO  ORIGEN  ON  GENESiS. 

No.  849.    MSS.  S  Va«t.     Vtllum,  saxuli  xii. 
CONTAINING  A  CATALOGUE  OF  THE  WORKS  OF  VARRO. 
Jf~  Those  marked*  arc  mentioned  by  Fabricius  in  his  '  Bibliotheca 

Latina1. 

'Marcum  Terentium  Varronem  miratur  antiquitas  quod 
apud  Latinos  innumerabiles  libros  scripserit.  Greci  Ebalte- 
rum*  miris  efferunt  laudibus  quod  tantos  libros  coniposuerit, 
quantos  quivis  nostrum  alienos  sua  manu  describere  non  po- 
test.  Et  quia  non  otiosum  est  apud  Latinos  Graecorum  vo- 
luminuni  indicem  texere;  de  eo  qui  Latine  scripsit  aliqua 
commemorabo,  ut  intelligamus  nos  Epimenidis  dormire  som- 
num,  et  studium  quod  illi  posuerunt  in  eruditione  secularium 
literarum  in  congregandis  opibus  ponere.  Scripsit  igitur 
Varro,  — 

*45  Libros  Antiquitatum. 
*4  Do.      de  Vita  Populi  Romani. 
51  Do.  Imaginum. 

♦  bic  in  MS. 


Digitized  by  Google 


424 


DIE  SCHRIFTSTELLEREI 


*76 

Libros  Aotioc  Tottikov. 

*25 

Do. 

de  Lingua  Latina. 

*9 

Do. 

Disciplinaruni. 

*5 

Do. 

de  Sermone  Latino. 

*5 

Do. 

Questionum  Plautinanarum. 

*3 

Do. 

Annalium. 

3 

Do. 

de  Origine  Linguae  Latina?. 

*3 

Do. 

de  Poematis. 

3 

Do. 

de  Originibus  Saeculi. 

*3 

Do. 

de  Scenicis  Actionibus. 

3 

Do. 

de  Actis  Sccnicis. 

3 

Do. 

de  Descriptionibus. 

*3 

Do. 

de  Proprietate  Scriptorum. 

*3 

Do. 

de  Bibliothecis. 

3 

Do. 

de  Lectionibus. 

3 

Do. 

de  Similitudiue  Verborum. 

3 

Do. 

Legatiouum. 

3 

Do. 

Suasionum. 

3 

Do. 

de  Pompeio. 

10 

Do. 

Singulares. 

*3 

Do. 

de  Personis. 

15 

Do. 

de  Jurc  Civili. 

9 

Ettitoutiv  ex  libris  45  Antiquitatum. 

9 

Epitomen  ex  libris  15  de  Lingua  Latina. 

9 

Libros  de  Pincipiis  Nuineroruni. 

*3 

Do. 

Rerum  Rusticorum. 

1 

Do. 

de  Valetudine  tuenda. 

3 

Do. 

de  Suavitate. 

*3 

Do. 

de  Forma  Philosophite. 

3 

Do. 

Rerum  Urbanarum. 

150 

Do. 

Satyraruni  Menypparum. 

10 

Do. 

Poematum. 

22 

Do. 

Orationum. 

6 

Do. 

Tragrediaruin. 

4 

Do. 

Satyrarum. 

et  alia  plura 

qure  enuuierare  longum  est.    Vix  medium 

scripsi  invicem  et  legentibus  fastidium  est.  At  e  contrario 
nostra  secula  habent  homines  eruditos,  sciuntque  pisces  in 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTU'S  VAUKO 


425 


quo    gurgite  nati  sunt,  qua?  concha  in  quo  littore  creverit. 
De    turbaruni  salivis  nou  ambigimus,  Paxauius  et  Apicius 
8emper  in  mauibus,  oculi  in  hereditatcs,  sensus  ad  patinas, 
et  si  quis  de  Philosophis  vel  de  Christianis,  qui  vere  Pliilo- 
sophi  sunt,  trito  pallio  et  sordida  tunica  lectioni  vacaverit,  *m 
quasi  vesanus  exploditur.    Quorsum  Varronis  et  Calcenteri 
uientio    facta  sit  queritis?    Ut  ad  nostrum  f  Adamantiuni 
nostrumque  Calceuterium  venianius,  qui  tanto  in  sacrarura 
scripturaruin  commentariis  sudore  laboravit  ut  juste  Adaman- 
tis    uomen  acceperit.    Vultis  nosse  quanta  ingenii  sui  reli- 
querit  monimeutaV    Sequens  titulus  ostendit.    Scripsit,  — 


Libros 

14  In  Genesin 

Libros  1  Exeerpta  in  Psalm.  4. 

- 

2  Localium  Omelia- 

-     1                      -  5. 

rum    in  Exodum 

-     1               -      -  6. 

excerpta. 

-     1               -      -  7. 

- 

10  In   Leviticum  ex- 

-     1               -      -  8. 

cerpta  Stromatuin. 

-     1              -     -  9. 

- 

36  In  Isaiam. 

-     1              -     -  10. 

(qu.) 

36  Do.  excerpta. 

-     1      -        -     -  11. 

- 

t  Osee  de  Effraim. 

-     1                     -  12. 

Do.  Commeut, 

-     1       -        -      -  13. 

2  Johel. 

-     1                     -  14. 

6  Amos. 

-     1                     -  15. 

1  Jonas. 

-     1               -      -  16. 

3  Michea. 

-     1               -      -  20. 

2  Naum. 

-     1               -      -  24. 

3  Abacuc. 

-     1               -      -  29. 

2  Sophonias. 

-     1               -      -  38. 

1  Aggeum. 

-     1               -      -  40. 

2  Zacharia?  Principio. 

-     2       -        -      -  43. 

2  Malachiam. 

-     3               -      -  44. 

29  Jezechiel. 

-     1                -      -  45. 

Excerpta  in  Psal- 

-     1               -      -  46. 

mos  a  1  ad  15. 

-     2               -      -  50. 

1  ExcerptainPsalm.  1. 

-     1               -      -  51. 

— 

1        ...  2. 

-     1               -      -  52. 

1               -     -  3. 

-      1                -      -  53. 

t  Origenes. 


Digitized  by 


426  DIE  SCHRIFTSTELLEREl 

Libros  1  Excerpta  in  Psalm.  57. 1  Libros  15  In  Lucam. 


-  -  18* 

-  -  59. 

-  -  62. 

-  -  63. 

-  *-  64. 
65. 

-  -  68. 

-  -  70. 

-  -  71. 

-  -  72. 
principio. 

-  2  -     -  103. 

3  Proverbia. 
Ecclesiast.  Excerpta. 

-  10  Cantica. 

2  Do.    quos  superscri- 
psit  in  adolescentia. 
5  Jeremire  Lamentatio- 
nes. 

4  Periarcon.f 
2  I)e  Resurrectione. 
2  Dialogi  de  Resurre- 

ctione. 
1  Quppstiones  qua?dam 
Proverbiorum. 
Dialogus  adversusCan- 
didum  Valentinia- 
num  de  Martyrio. 

De  Novo  Testamento. 

Libros  25  In  Matlueum. 
32  In  Johannem. 
1  In  partea  quaedam 
Johannis  excerpto- 
rum. 

*  Sic  in  MSS.  pro  68,  ut  credo. 


15  In  Pauli  Epistolam 

ad  Romanos. 
15  In  Epistolam  ad  Ga- 

latbas. 
3  In    Epistolam  ad 
Ephcsios. 

1  InEpistolamadPhi- 
lippenses. 

2  In  Epistolam  ad  Co- 
losenses. 

3  In    Epistolam  ad 
Tliessalonicenses. 

1  In  Epistolam  ad  Ti- 

tum. 
1  Philemon. 

Omelia  in  Vetxis  Testamcntvm. 

17  Omelia?inGenesin.f 
-     13  Do.    in  Exod.f 
1 1  Omelia?  in  Levitic.f 
28  Do.    in  Numeris.f 


13  Do. 
26  Do. 

9  Do. 

8  Do. 

4  Do. 

22  Do. 

7  Do. 

8  Do. 

2  Do. 
32  Do. 
24  Do. 
12  Do. 


in  Deuteron. 
in  Jesu  Naue.f 
in  Judicum.f 
in  Pascha?.§ 
in  Regum 
libr.  1  mum.f 
in  Job.f 
in  Paraemias.t 
in  Ecclesia- 
sten.§ 

in  Cantica.f 
in  Isaiah.4 
in  Jereniiah.t 
in  Ezechiel.f 


0melia3  1  In  Psalmum  3. 


Digitized  by  Google 


1>ES  M.  TERENTirS  VARRO 


427 


«9  Oruelia^  1 

In  Psalmum  4. 

Omelia?  1 

In  Psalmum 

110. 

1 

Psalmiun  8. 

3 

Psalmum 

118. 

1 

Psalmum  12. 

2 

Psalmum 

120. 

1 

Psalmum  13. 

2 

Psalmum 

122. 

3 

Psalmum  15. 

2 

Psalmum 

123. 

1 

Psalmum  16. 

2 

Psalmum 

124. 

1 

Psalmum  18. 

1 

Psalmum 

125. 

1 

Psalmum  22. 

1 

Psalmum 

127. 

Psalmum  23. 

1 

Psalmum 

128. 

1 

Psalmum  24. 

1 

Psalmum 

129. 

1 

Psalmum  25. 

1 

Psalmum 

131. 

Psalmum  26. 

2 

Psalmum 

1 32. 

1 

Psalmum  27. 

2 

Psalmum 

133. 

5 

Psalmum  36.  f 

2 

Psalmum 

134. 

2 

Psalmum  37.f 

4 

Psalmum 

135. 

2 

Psalmum  38.f 

2 

Psalmum 

137. 

2 

Psalmum  30. 

4 

P8almum 

138. 

1 

Psalmum  49. 

2 

P8almum 

139. 

1 

Psalmum  51. 

3 

Psalmum 

144. 

2 

Psalmum  52. 

1 

Psalmum 

145. 

1 

Psalmum  54. 

1 

Psalmum 

146. 

7 

Psalmum  67. 

1 

Psalmum 

147. 

1 

Psalmum  71. 

1 

Psalmuin 

149. 

3 

Psalnmm  72. 

Excerpta  in  totum  Psalterium. 

3 

Psalmum  73. 

1 

Psalmum  74. 

1 

Psalmum  75. 

Omelue  m  Aavum  lestamentum. 

3 

Psalmum  76. 

Omelise  25 

i  In  Matheum.f 

9 

Psalmum  77. 

39  In  Lucam.f 

4 

Psalmum  79. 

17  In  Actus. 

2 

Psalmum  80. 

11  In2(lamEpistolain 

1 

Psalmum  81. 

ad  Corintl 

lios. 

3 

Psalmum  82. 

2  In  Epistolaiu  ad 

1 

Psalmum  83. 

Thessaloniccnses. 

2 

Psalmum  84. 

7  In  Epistolani  ad 

1 

Psalmum  85. 

Galathas. 

1 

Psalmum  87. 

1  In  Epistolam  Ti- 

1 

Psalmum  108. 

tum. 

Digitized  by  Google 


428  PIE  NCHRIFTSTELLEREI 


Omeliae  18  In  Epistolain  ad 
Ilebra?os. 

1  Do  Pace. 

2  Exhortatoria  ad 

Pionam,  de  jeju- 
nio,  de  Monoga- 
ruis,  et  Trigaiuis. 
2  In  Tarso. 

Origenis  Frumiani 
et  Gregorii. 


Libros  2  Excerpta  Origenis  et 
diversaruni  ad  eum 
Epistolaruiu. 

2  EsifodoriEpistola  su- 
per  causa  Origeuis. 

9  Epistolarum  ejus  ad 
varios. 

2  Do.  aliarum. 

2  Epistola  pro  apolo- 
gia  operuinsuornm. 


Videtisne  et  Gnecos  pariter  et  Latiuos  unius  labore  superatos. 

99"*   Thote  markcd  thus  f,  cjcist  complctc;  thus  + ,  P»rt  only;  atul 

thus  §,  mt  at  atL 

So  hatten  wir  denn  an  diesem  Anekdoton  einen  ueuen 
Beleg,  wie  tropfenweise  ims  eiu  giinstiges  Geschick  seine 
Gaben  zumisst.  Also  auch  die  unverstiiminelte  Aufzahlung 
des  Hieronymus,  von  dercn  glQcklicher  AufHndung  man  sich 
die  Befriedigung  jedes  Wunsches  versprach,  noch  nicht  voll- 
standig,  und  damit  jede  Hoffhung  auf  ein  erschopfendes  Ver- 
zeichniss  verschwunden!  Wie  manche  Frage  bleibt  auch 
jetzt  noch  schwebend,  deren  abschliessende  Losung  uns  vor- 
liige,  wenn  der  Bewunderer  des  Origenes  iiber  das  fastidium 
seiner  Leser,  das  er  vorschiitzt,  sich  hatte  hinwegsetzen 
wollen.  Wir  werden  uns  mit  den  Auslassungen,  um  derent- 
willen  wir  alle  Ursache  haben  ihni  gram  zu  sein,  spater 
besouders  beschiiftigen,  und  vorerst  den  aus  dem  Gegebenen 
zu  schopfenden  Gewinn  ins  Auge  fassen,  der  allerdings  auch 
so  noch  gross  genug  ist.  Er  ist  es  unter  vierfachem  Ge- 
sichtspunkte:  durch  die  neuen  Titel,  die  uns  das  Verzeichniss 
kennen  lehrt;  durch  die  Bestiitigung  schon  bekannter,  aber 
angezweifelter,  sowie  durch  Scheidung  solcher,  dic  man  iden- 
tificirt  hatte;  durch  neue  oder  richtigere  Bestimmuug  der 
BUcherzahl  einzelner  Werke;  durch  die  jetzt  erst  gegebene 
4oi  Moglichkeit,  eine  annahernde  Berechnung  des  Gesammtum- 
fangs  der  Varronischen  Schriftstellerei  zu  imternehmen. 

Unter  den  ersten  Gesichtsjuinkt  fallt,  wenn  nicht  die 
fnichtbarste,  doch  leicht  die  interessanteste  Ausbeute  des 


Digitized  by  Google 


I 


DES  M.  TERENTHTS  VAHliO.  429 

Oanzen:  die  neugewonneno  Einsicht,  dass  die  weiteste  Vor- 
stellung,  die  man  von  der  Vielseitigkeit  des  Varronischen 
Talentes  haben  mochte,  noch  nicht  umfassend  genug  war. 
Und  zwar  nicht  nur  innerhalb  der  Grenzen  wissenschaftlicher 
Forscbung,  sondern  flber  diese  Grenzen  hinaus  aucli  im 
Gebiete  freier  Darstellung  und  eigener  Composition,  in  Prosa 
wie  in  Poesie.  Schon  iiberhaupt  den  Gebrauch  raetrischer 
Form  getraute  man  sich  fiir  Varro  bisher  nur  in  dem  eugsten 
Kreise  kurzer  Epigramine  zu  den  iMujines,  so  wie  sparlich 
eingestreuter  Verse  in  den  Satirac  anzuerkennen,  oft  auch 
diess  kaum  recht  zuversichtlich:  obgleich  doch  selbst  aus 
diesen  Resten,  die  ungleich  erheblicher  und  lehrreicher  sind 
als  man  gemeint,  die  Erkenntniss  zu  schopfen  war,  dass 
Varro  sogar  eine  sehr  wesentliche  Stufe  in  der  Entwickelung 
und  Durchbildung  der  gesamniten  lateinischeu  Metrik  ein- 
nimmt.  Weder  diese  Reste  indess,  reich  unter  Anderm  an 
besten  Hexametern,  und  elegischer  Distichen  nicht  entbehrend, 
noch  die  auf  dem  Wege  einer  hinlanglich  strengen  Herme- 
neutik  zu  erlangende  Gewissheit,  dass  von  Varro  selbst  ein 
ausfflhrliches  Lelirgedicht  verfasst  seiu  niiisse,  konnten  eiue 
iibereilte  Skepsis  von  Ausspruchen  zuriickhalten,  wie  wir  sie 
z,  B.  bei  Wiilluer  tindeu  de  Varr.  Atac.  p.  7:  fM.  Varro- 
neni  hexametris  vel  distichis  quidquam  conscripsisse  omnino 
non  constat';  p.  23:  CM.  Terentius  Varro  vel  omnino  nullos 
Tel  tales  certe  hexametros  scribere  non  potuit';  p.  25:  'donec 
erroris  convincar,  hoc  ego  statuo,  M.  Terentium  Varronem 
hexametros  fecisse  nullos'.  Im  Gegensatze  zu  solchen  Zweifeln 
leruen  wir  jetzt  den  Varro  als  formlichen  und  vollzilhligen 
Dichter  in  zwei,  ja  in  drei  verschiedenen  Gattungen  kennen. 
Erstlich,  was  niemand  ahuen  mochte,  als  Tragiker:  wenn 
fs  auch  nur  sechs  Tragodien  gewesen  sein  werden,  die  er 
als  eben  so  viele  Biicher  (gerade  wie  bei  den  150  Satirae) 
zu  einer  Sammlung  Trayoediarum  vereinigte,  und  wenn 
sie  auch  zur  Auffiihrung  weder  gekommen  noch  bestimmt 
gewesen  sein  mogen. 

Sogar  zu  10  Biichern  Poematum,  oder  vielmehr  wohl  492 
l*oemator um-  nach  Charisius  p.  114,  gaben  den  Stoff  kleinere 
Poesien  her:  lyrische,  epigrainmatische,  elegische,  dergleichen 


Digitized  by  Google 


430 


DIE  SCHRIFTSTKLLEREI 


unter  einer  Sammlung  von  poemata  allein  verstanden  werden 
konnen,  wenn  sich  auch  der  Singular  poema  von  einem  zu- 
sauimenhiingendeu  grossern  Gedicht  brauchen  liess;  zumal 
ja  selbst  fur  ihn  Lucilius  in  deu  Versen  des  9ten  Buchs 
(bei  Nonius  p.  428)  den  Begriff  des  Kurzen  und  Kleinen  als 
den  eigentlichen  festhalt:  'Pars  est  parva  poema'  u.  s.  w., 
in  volliger  Uebereinstimmung  mit  Varro's  ebenda  erhaltener 
eigener  Definition.  Auf  beide  Arten  fUhrt  heutzutage  nicht 
die  miiideste  Spur  mehr;  denn  dass  das  in  den  Scholien  zu 
Persius  II,  36  stehende  Epigramm  auf  Licittus,  das  sich 
allerdings  zu  einer  subscriptio  der  Iniagines  nicht  fuglich 
eignet,  keinem  Varro  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  beizu- 
legen  ist,  kann  nach  dem,  was  zuletzt  Madvig  Opusc.  acad. 
alt.  p.  203  f.  darnber  gesagt  hat,  nicht  zweifelhaft  sein. 
Moglich  indess,  dass  die  wirklichen  Elogien  der  Imagines  in 
die  Sammlung  der  Poctnata  wieder  aufgenommen  waren. 

Aber  noch  eine  dritte  poetische  Art  werden  wir  in  den 
4  Buchern  Saturarutn  suchen  mUssen.  Denn  weun  die^e 
neben  150  Buchern  der  Saturac  Menippeac  als  eine  be- 
sondere  Sammlung  bestanden,  so  mussen  es  eben  von  diesen 
verschiedene  gewesen  sein,  folglich  keine  Metiippeac,  die  von 
Varro  selbst  geschaffene  Gattung.  An  die  alte  scenische 
Satura  wird  kein  Besonnener  denkeu;  kaum  konnen  wir  da- 
her  irren,  wenn  wir  uns  den  Varro,  der  Alles  versuchte, 
durch  das  Beispiel  sei  es  des  Ennius,  sei  es  des  Lucilius 
angelockt  denken,  sich  auch  iu  derjeuigen  Satira  zu  ver- 
suchen,  die  nicht  Prosa  und  Vers  mischte,  sondern  worin 
entweder  wechselndes  oder  gleichformiges  Metrum  durch- 
ging.  Einen  reinern  Gegensatz,  eine  eiuleuchtendere  Er- 
ganzung  der  Menippeischen  bot  allerdings  das  Vorbild  des 
Lucilius  dar,  wiihrend  sie  mit  dem  des  Ennius,  trotz  aller 
Verschiedenheit,  doch  schon  mehrfache  BerUhnrngspunkte 
gemein  hatte,  jedenfalls  mehr  als  mit  der  Lucilischen.  Nun 
erst  ver8tehen  wir  auch  den  Grund,  warum  selbst  in  Citaten, 
wo  es  sonst  gar  nicht  nothig  war,  nicht  Satirae  des  Varru 
Bchlechthin  genaunt,  sondern  mit  dem  Zusatz  Menippeae  oder 
i»3  cgnicac  (oder  Varro  ctjnicits,  Mewppeus)  bezeichuet  werden. 
Nicht  minder  leuchtet  jetzt  ein,  wie  Varro,  selbst  zwei  so 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARHO.  431 

verschiedene  Gattungen  von  Satire  praktisch  cultivirend,  sich 
zu  einer  theoretischen  Erorterung  de  comjiositionc  satura- 
rum  veranlasst  fand,  wie  uns  das  einzige  Citat  des  Nonius 
p.  G7  lehrt:  eine  Erorterung,  welche  unstreitig  die  uns  jetzt 
so  dunkle  Geschichte  der  Satira  in  ihren  Stufen  und  Wan- 
delungen  in  das  hellste  Licht  setzte.  —  Gewiss  ist  hiernach, 
dass  mit  der  Angabe  des  Porphyrio  zu  Horaz  Epist.  I,  3 
init:  fhic  Florus  fuit  satirarum  scriptor,  cuius  sunt  electae 
ex  Ennio,  Lucilio,  Varrone*  (mag  man  dieses  electae  mit 
Weichert  Poet.  4at.  rel.  p.  3GG  und  van  Heusde  Studia 
crit.  in  Lucil.  p.  124  schiltzeu,  oder  rait  Casaubonus  de 
sat  poesi  p.  230  in  sublectae,  oder  etwa  in  eineu  Buchtitel 
Electa  verandern),  wenn  anders  unser  Varro,  dann  nicht  die 
Menippeischen,  sondeni  die  schlechthin  so  genanuteu  Satirac 
gemeint  sind,  die  uns  Hieronyinus  kennen  lehrt.  Aber  irei- 
lieh  hindert  auch  nichts,  an  den  Ataciner  Varro  zu  denken, 
der  als  Satiriker  durch  Horaz  hinlanglich  bezeugt  ist.*) 

Ausser  den  durch  Hieronyraus  sichor  gestellten  Poesien 
aber  noch  ein  grosseres  zusainmenhangendes  Gedicht  des 
Varro  anzuerkennen  nothigen  unabweislich  die   an  Varro 


*)  Warum  nennt  ibn  allein,  nnd  mit  80  scharfer  Unterscheidung 
'Varrone  Atacino* ,  Horaz  Serm.  I,  10,  4G  als  seinen  wenig  gluck- 
lichen  Vorganger  in  der  Luciliachen  Satire,  wenn  doch  anch  der 
Keatinus,  wie  wir  nun  sehen,  in  dernelben  Oattung  thiltig  gewenen 
war?  Ich  denke,  der  Omnd  ist  in  einer  gewiBsen  schonungHvolleu 
i?cheu  zu  nuchen,  mit  der  Uoraz  den  Hauptvertreter  denjenigen  Stand- 
punktes  behandelt,  der  eben  durch  die  principiell  verschiedeneu  Be- 
strebungen  einer  siegesgewisaen  Neuzeit  iiberwunden  wurde.  Dieae 
Scheu  war  natiirlich  genug  einer  PersSnlichkeit  gegenQber,  auf  die 
sich  als  einen  Koloss  von  Gelehrsamkeit  und  ein  Wunder  von  Winsen- 
schaft  und  Bildung  unstreitig  eine  Verehning  der  Zeitgenonsen  con- 
centrirte,  die  dem  Nationalgefiihl  um  bo  mehr  Befriedigung  gewiihrte, 
j«  wurdiger  sich  nicht  nur  Varro'8  litterariHche  Thatigkeit  den  gronaeu 
Vorbildern  griechischer  Polyraathie  anHchlosH  und  diesen  deu  Ruhm 
«ler  Unerreichtheit  nahm,  soudern  je  mehr  sie  auch  von  der  Idee  des 
Rdroerthums  getragen  und  *von  acht  vatcrlandischer  Oesinnuug  beseelt 
wurde.  Daas  es  Varro  nebst  den  Anhaugern  seiner  Richtung  ist,  gegen 
den  deH  Horaz  Polemik  stillHchweigend  gerichtet  zu  denken,  hat  mir 
tiergk  Comm.  de  rel.  com.  Att.  ant.  p.  146  f.  zu  voUkommener  Ueber- 
zt-ugung  gebracht. 

•  ■ 


Digitized  by  Google 


432  DIE  SCHRIFTSTELLEREI 


gerichteten  Worte  Cicero's  in  den  Academica  post.  3,  9: 
fatque  ipse  varium  et  elegans  omni  fere  numero  poeuia 
fecisti',  die  mit  den  Erklarern  von  den  Menippeischen  Satirae 
zu  verstehen  sprachlich  wie  sachlich  gleich  unmoglich  ist 
Freilich  bleibt  so  omni  numero  singular  gesagt  fiir  omnilmt 
numeris]  indess  scheint  Cicero  absichtlich  eine  etwas  schwachere 
Niiance  des  BegritFes  gesucht  zu  haben,  wie  er  sich  deun 
auch  nicht  entschliessen  kann,  die  Hoflichkeit  bis  zur  Weg- 
lassung  des  fere  zu  steigern;  gewiss  ist,  dass  zu  der  Bedeutung 
eines  carmen  polymetrum  auch  nicht  einmal  eine  in  bunter 
Mischung  gedichtete  vor-lucilische  Gattimg  von  Satira  passt, 
da  mehrere  Biicher  solcher  Satirae  nimmermehr  wurden  ein 
pocma  heissen  konneu.  Dass  aber  das  von  Cicero  gemeiute 
Gedicht  de  rerum  natura  uberschrieben  gewesen  sei  oder 
doch  gehandelt  habe,  liisst  sich  aus  Quinctilian  I,  4,  4  und 
Lactantius  Div.  Inst.  II,  12,  4  bei  weitem  nicht  mit  der 
Sicherheit  folgern,  mit  der  das  erstere  von  Oehler  Varr. 
Sat.  p.  84  gefolgert  ist.  Allerdings  werden  dort  Empedokles, 
Varro  und  Lucretius  als  solche  zusammengestellt,  qui  prae- 
cepta  sapientiae  versibus  tradidemnt,  nachdem  unmittelhar 
vorher  von  quaestiones  naturales  die  Iiede  war;  und  noch 
imzweideutiger  heisst  es  bei  Lactanz:  'Empedocles,  quem 
nescias  utrumne  iuter  poetas  au  inter  philosophos  numeres, 
quod  de  rerum  natura  versibus  scripsit,  ut  apud  Homanos 
Lucretius  et  Varro':  womit  offenbar  als  ganz  gleichartig  die 
Verbindung  auctores  carminum  Varronem  ac  Lucrctium  bei 
Vellejus  II,  36  zu  fassen  ist.  Stande  durch  Cicero  mehr  als 
iiberhaupt  ein  grosseres  Gedicht  fest,  ware  mit  irgend  etwas 
auf  einen  Inhalt  wie  de  rerum  natura  hingedeutet,  so  lage 
die  Moglichkeit  vor,  dass  Quinctilian  und  besonders  Lactanz 
deu  Reatiner  gemeint  hiitten;  die  Nothwendigkeit  immer 
noch  nicht,  da  mit  mindestens  gleichem  Rechte  auch  daun 
an  den  Ataciner  zu  denken  ware*). 

*)  Unter  dem  Titel  de  rerum  natura  hatte  der  Ataciner  freilicb 
nichts  gedichtet;  wohl  aber  war  solchen  Inhalts  ein  Theil  de»  Stoffe* 
seiner  Cosmographia,  fQr  die  eben  daruni  der  mit  Recht  bezweifeltf 
Titel  Oiorographia  zu  eng  gewesen  ware.  Von  den  Fragmeuten  {xm 
vollstandigsten  in  Meyers  Anthologie  n.  78)  haudelt  eines  (bei  Marioa 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO. 


433 


Den#  dichterischen  Erzengnissen  Varro's  reihen  sich  495 
seine   rednerischen  an;  von  denen  wir  eben  so  wenig 


Victorinus  p.  2503  P.  79  Gaisf.)  von  den  musikalischen  Harraonien  der 
Himmelskorper,  ein  zweites  (bei  Isidorus  de  mundo  oder  de  natura 
rerum  c.  10  und  bei  Beda)  von  den  funf  Zonen  des  aetJterius  orbis: 
beide  ohne  nahere  Bezeichnung  aus  'Varro'  citirt.  Nur  das  letztere 
konute  an  sich  dem  Vcrsbau  nach  allenfalls  von  Marcus  sein,  die 
Eleganz  des  erstern  eignet  sich  nur  fur  den  Publius,  dem  ja  die,  eben- 
falls  ohne  alle  Unterecheidung  nur  aus  1  Farro'  angefiihrten,  Bruchstiicke 
rein  geographischen  Inhalta  unzweifelhaft  zukommen.  (Keinem  von 
beiden  gehort  das  uber  die  Winde  an,  was  Meyer  nicht  als  Varronisch 
wiederholen  durfte,  wenngleich  der  wahre  Verfasser  aus  dem  Ver- 
derbniRs  iUum  paconia  bei  Diomedes,  was  auch  Gaisford  p.  471  als 
handschriftlich  bezeugt,  noch  nicht  ermittelt  ist.)  Folglich  wird  schon 
darum  auch  die  Spharenmusik  aus  dem  Ataciner  genommen  sein.  Und 
diess  um  bo  mehr,  wenn  dessen  Vorbild  nach  Bernhardy's  Ver- 
muthimg  zu  Dionys.  Perieg.  1  der  *€pufjc  des  Eratosthenes  war,  dessen 
auf  Himmelsverhaltnisse,  Zonen,  Gestirne  und  Sphiirenharmonie  beziig- 
lichen  Inhalt  derselbe  Eiatosth.  p.  111  tt".  nachgcwiesen  hat,  mag  auch 
immerhin  nach  Meineke's  Erinnerung  Anal.  Alex.  p.  354  diess  nicht 
den  einzigen,  selbst  nicht  den  Hauptinhalt  gebildet  haben.  -  Auch 
das  Gedicht  dea  Licentius  an  den  h.  Augustinus  bei  Wernsdorf 
Poet  min.  IV,  516  ff.  kann  man  nicht  etwa  geltend  machen  als  Zeug- 
niss  fur  ein  de  rerum  natura  handelndes  poema  drs  R<*atiners,  obwohl 
die  Unmoglichkeit  nicht  zu  beweisen  ist.  Mit  uberwiegender  Wahr- 
scheinlichkeit  werden  wir  vielmehr  gerade  durch  die  astrorum  causas 
clarosque  meatus ,  obscuros  quorum  ille  situs  monstrat  und  durch  die 
sacros  sensus,  quis  numerum  dedit  ille  tonis  mundumque  Tonanti  disseruit 
canere  et  pariles  agitare  choreas  wieder  auf  die  astronomischen  Partien 
der  Cosmographia  gefuhrt,  wie  schon  Wemsdorf  bemerkte.  Freilich 
passt  die.Schwierigkeit  des  Verstilnduisses,  iiber  die  Licentius  jammert, 
an  sich  mehr  auf  die  Schwerfalligkeit  unseres  Marcus,  als  auf  die  in 
des  Publius  Bruchstucken  hervorstechende  Durchsichtigkeit;  aber  fiir 
den  Begritf  des  Schwierigeu  gibt  die  Filhigkeit  des  Licentins  einen 
sehr  unsichern  Massstab.  Dass  aber  gar  des  M.  Varro  Disciplinarum 
libri  gemeint  sein  kftnnten,  woran  Fabricius  dachte,  ist  ganz  un- 
begrundet.  Der  Schein,  dass  zuerst  V.  7  die  Musica,  dann  V.  11  die 
Geomctria,  zuletzt  V.  13  die  Astronomia  bezeichnet  sei,  verschwindet 
schon  dadurch,  dass  die  Worte  Jndc  figurarum  positas  in  pidrere  formas 
posco  amens  aliasquc  graves  offendo  tenebras  unstreitig  nichts  weiter 
besagen  als:  auch  mit  Htilfe  veranschaulichender  Zeichnung  vermag 
ich  nicht  in  das  Verstandniss  einzudringen.  Ueberdiess  sind  offenbar 
die  beiden  Verse  13.  14  Ad  summam  —  Obscuros  —  verstellt  und  nach 
V  8  zu  setzen.  —  Endlich  wird  wohl  niemand  mehr  die  Anfflhrung 

FR.  RITSCIIEMI  OPVSCVI.A  III.  28 


• 

434  DIE  SCHRIFTSTELLEREI 


wussten,  abgesehen  etwa  davon,  dass  die  laudatioPorciae 
(Schwester  des  M.  Cato  und  Gemahlin  des  Domitius  Aheno- 
barbus),  die  Varro  nach  Cicero  ad  Att.  XIII,  48  verfasste, 
die  Form  einer  Rede  gehabt  haben  werde.  So  wenig  wie 
diese,  so  wenig  brauchen  die  tibrigen  Orationcs,  deren 
22  Bileher  wiederum  an  nicht  mehr  als  eben  22  einzelue 
Reden  zu  denken  nothigen,  jemajs  gehalten  worden  zn  sein; 
es  konnten  reine  Uebungsstucke  litterarischer  Privatlieb- 
Haberei  sein,  wie  denn  auch  Varro  als  wirklicher  Reduer 
weder  sonst  jemals  vorkommt,  noch  in  Cicero's  Brutus  auch 
nur  die  fliichtigste  Erwiihnung  findet.  Indessen  sind  wir 
doch  anderseits  iiber  das  offentliche  Leben  des  Varro  auch 
viel  zu  wenig  unterrichtet,  als  dass  sein  jeweiliges  Auftreten 
als  Redner  schlechthin  geleugnet  werden  diirfte;  sein  getws 
dicendi  konnte  ftir  Cicero  ein  noch  triftigerer  Grund  zn 
schonender  Uebergehung  sein,  als  in  einer  dafur  viel  gleich- 
gultigern  Zeit  fiir  seinen  Bewunderer  Augustinus  zu  einer 
Einschriinkung  des  begeistertsten  Lobes  mit  den  Worten 
'tametsi  minus  est  suavis  eloquio'  (de  civ.  dei  VI,  2),  ahn- 
lich  wie  schon  bei  Quinctilian  X,  1,  95:  fplus  tamcn  scientiae 
collaturus  quam  eloqueutiae'.  Niiinlich  der  Unterschied  ge- 
haltcuer  und  bloss  geschriebener  Reden  will  sicli  uns  fast  als 
die  einzige  zureichende  Erkliirung  fiir  den  auffallendeu  Um- 
stand  darbieten,  dass  der  Katalog  des  Hieronymus  ausser 
den  22  Buchern  Orationes  auch  noch  Suasionum  libros  111 
auffiihrt:  so  zwar,  dass  wir  unter  dieser  geringem  Auzahl 
die  durch  wirkliche  Anliisse  des  offentlichen  Lebens  hervor- 
gerufenen  Reden  des  gcnus  deliberativum  zu  verstehen  hatten, 
unter  orationes  die,  hauptsachlich  wohl  dem  denumstrativum 


de8  Nonius  p.  477  geltend  machen:  Mdem  (Varro)  de  rerum  natura 
lib.  1:  ne  familiae  rixentur  cum  vicinis*,  was  zwar  ilcht  varroniscb, 
aber  gute  Prosa  aus  de  re  rust.  I,  16  ist,  daher  scbon  Lipsiun  di«> 
Verschreibung  fiir  de  re  rustica  erkannte.  —  Dagegen  will  irh  eine 
Moglichkeit  offen  lassen :  dass  namlich  eine  Andeutung  fflr  Lucrexischrn 
Stoff  des  von  M.  Varro  verfassteu  Gedichtes  in  Varro^s  Worten  bei 
Cicero  2  §  6  liege:  '  Nostra  tu  physica  nosti'  u.  s.  w. ,  so  dass  hier- 
auf  in  Cicero's  CSegenrede  die  Erwahnuug  des  rpoeinay  sich  beioge. 
Wo  kann  Varro  sonst  eine  Theorie  der  Physik  entwickelt  haben? 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO.  435 

angehorigen,  bloss  schriftstellerisch  verfassten  Reden  begreifen. 
Zu  letzterer  Classe  wiirde  dann  nicht  nur  die  erwiihnte  lau- 
(laiio  Porciac  gehoren,  sondern  ohne  Zweifel  noch  manche 
andere  Imtdatio.  Denn  gerade  laudationes  sind  es,  die  Cicero 
in  der  leider  lQckenhaften*)  Stelle  der  Academica  post.  2 
extr.  den  Varro  hervorheben  lasst  als  einen  der  Theile  seiner 
Schriftstellerei,  worin  er  philosophische  (d.  i.  wohl  vornehm-  4»7 
lich  ethische)  Gegenstiinde  behandelt  habe:  und  passend  fiir 
uns  hat  hier  Davies  an  Seneca  Epist.  102  erinnert:  rnemo 
dicit  laudem  funebrem,  sed  laudationem:  cuius  oflicium  oratione 
constat'.  Leicht  mag  daher  selbst  die  Mehrzahl  der  Varro- 
uischen  orationes  eben  nur  aus  laudationcs  bestanden  haben: 
wofern  nicht  gar  jemand  vorzieht,  neben  Suasioncs  und 
Orationcs  noch  getrennt  als  einen  bei  Hieronymus  fehlenden 
Titel  Lauilationcs  anzunehmen,  was  sich  allerdings  so  wenig 
widerlegen  wie  beweisen  liesse.  Uebrigens  wird  die  Vor- 
stellung  eines  wenig  fruchtbaren  Stoffes  von  diesen  lauda- 
tioncs  fem  halten,  wer  sich  nach  Niebuhr's  (E.  G.  II 
p.  5  f.)  Andeutung  erinnert,  wie  der  Inhalt  und  das  Interesse 
solcher  Gedachtuissreden  eng  verwachsen  war  mit  den  uiten 
Familientraditionen,  und  zugleich  die  gelehrten  Studien  damit 
verkniipft,  die,  wie  wir  sehen  werden,  Varro  selbst  auf  die 
romischen  Familiengeschichten  gericlitet  hatte.  —  Hiitten  wir 
es  mit  nachvarronischen  Zeiten  zu  thun,  so  wiirden  wir  uns 
durch  suasiones  an  suasoriae  erinnern,  uud  vielmehr  durch 
diese,  als  durch  orationesy  auf  den  Begritf*  von  rhetorischen 
Uebungsreden  filhren  lassen;  fiir  Varro  konuen  suasiones 
schwerlich  eine  andere  Bedeutung  haben,  als  in  der  Cicero 
von  einer  suasio  legis  Serviliae  spricht.  ln  den  paar  Jahr- 
zehnten,  in  denen  wir  den  Varro  als  eifrigen  Anhiinger  des 


*)  So  mit  viel  richtigenn  Blick  Casaubonus  de  sat.  poeai  p.  202, 
ala  alle  die  Luckenhaftigkeit  leugneuden  Neuern.  Ganz  unhaltbar  iat 
8chneider'a  Meinung  (de  vita  et  scr.  Varr.  p.  232),  dass  mit  in  Jau- 
dationibHS  philosophiae ,  wie  Ernesti  umstellen  wollte,  Varro'8  Schrift 
de  phtlosophia  oder  de  forma  philosophiae  bezeichnet  sei.  —  So  ver- 
schrobeu  hat  aber  den  Cicero  niemaud  reden  lassen,  wie  der  neueste 
Erklarungsversuch  der  f  laudationes '  (und  der  '  prooemia  antiquitatum  ') 
yotx  Oehler  Varr.  Sat.  p.  74  f. 

28* 


Digitized  by  Google 


430  DIE  SCHRIFTSTELLEREI 

Ponipejus  in  Staatsgeschiiften  antreffen,  werden  sich  leicht 
ein  paar  Gelegenheiten  zur  Anempfehlung  von  Gesetzes- 
yorschlagen  gefunden  hahen;  und  dreimal  kann  Varro,  ohno 
sich  zur  Tribune  zu  driingen,  leicht  deni  Drange  der  Umstiinde 
nacligegehen  haben,  dreimal  immerhin  redend  aufgetreten  9ein, 
ohne  darum  auf  den  Namen  eines  Redners  Anspruch  zu 
machen  oder  ihn  zu  erhalten.  Auch  ist  es  vielleicht  nicht  zu- 
fiillig,  dass  der  Katalog  die  Snasiones  gerade  zwischen  zwei 
Titel  stellt,  die  obenfalls  mit  der  staatsmiinnischen  Laufbahn 
des  Varro  in  niichstem  Zusammenhange  stohen;  denn  wenn 
es  auch  in  andern  Partien  des  Katalogs  jetzt  etwas  bunt 
durcheinander  geht,  so  spricht  doch  dafiir,  dass  ursprunglicb 
eine  planmiissigere  Ordnung  stattfand,  in  der  das  Gleich- 
artige  zusammengestellt  war,  namentlich  der  Schluss,  worin 
wir  die  eigentlich  kiinstlerischen  Productionen  vereinigt  finden. 
498  Jene  zwei  verwandten  Titel  sind  Leaationum  libri  III 
und  ebenfalls  libri  III  dc  Pompcio.  Varros  Interesse  so- 
wohl  als  seine  Befahigung  iiber  den  Mami  zu  schreiben, 
dessen  Partei  er  mit  ausharrender  Treue  festgehalten,  dessen 
Vertrauen  er  genossen,  dessen  Pliine  er  im  einzeluen  gekannt 
nnd  thiitig  gcfordert,  dessen  Erfolge  und  Unterliegen  er 
getheilt  hatte,  diess  begreift  sich  um  so  mehr,  je  ungiinstiger 
oder  unsicherer  das  Urtheil  der  Zeitgenossen  iiber  Pompejus 
nach  dem  Siege  dcs  Caesar  werden  mochte,  und  je  mehr  dem 
Varro  an  der  eigenen  Rechtfertigung  liegen  musste.  In  diesem 
Sinne  wird  er  denn  auch  keine  Veranlassung  gefiihlt  haben, 
des  Pompejus  vollstandige  Lebensgeschichte  zu  schreiben, 
wofiir  nicht  de  Vompeio,  sondern  de  tnta  Pompei  der  rechte 
Titel  wiire;  vielmehr  auf  die  Jahre  wird  er  sich  iu  seiner 
politischen  Schutzschrift  beschriinkt  haben,  in  denen  sich  die 
Geschicke  Roms  und  die  Zukunft  der  Republik  an  die  Person 
des  Pompejus  kniipften:  Jahre,  iiber  deren  Ereignisse  er  als 
Augenzeuge  oder  doch  den  Handelnden  zuuiichst  stehender 
sprechen  konnte.  Zweimal  ist  es,  dass  unsere  Ueberlieferungeu 
deu  Varro  eine  Rolle  in  den  Porapejanischen  Zeiten  spielen 
lassen,  und  zwar  beidemale  ausdriicklich  als  hyatns  Pompeii'. 
zuerst  im  Piratenkriege  G87,  sodann  im  Hispanischen  Kriege 
gegen  Caesar  705.  Von  letzterm  ist  es  aus  Caesar  allbekannt, 


Digitized  by  Google 


DB8  M.  TERKNTIUS  VAURO. 


437 


von  ersterm  clureh  Appian  Mithr.  94  und  Florus  III,  (5  direct, 
durch  Plutareh  Pomp.  25.  26  indirect  bezeugt.   Schon  diess 
ist  vollkouinien  ausreichend,  um  einen  Buchtitel  Lcgatianum 
(nauilich  suarttm)  zu  rechtfertigen,  uuter  deui  er  von  seinem 
Antheil  an  jenen  Untemehiuungen  Bericht  erstattete.  Wer 
sagt  uus  aber,  dass  diess  die  beiden  einzigeu  lcgationcs  waren, 
vou  deuen  Varro  zu  berichten  hatte?  Ich  will  die  Moglich- 
keit  ganz  aus  dem  Spiel  lassen,  dass  der  wissbegierige  Mann, 
der  die  genaueste  Kunde  aller  Liinder  und  Volker  zu  uiu- 
fassen  strebte,  und  von  solcher  Unifassung  noch  in  zahl- 
reiehen  Bruehstucken  Zeugniss  gibt,  das  nicht  inimer  auf 
blosse  Lectiire,  sondera  offenbar  aueh  auf  Autopsie  zuriiek- 
geht  —  dass  dieser  als  Senator  sich  zum  Bereisen  der  Pro- 
viuzen  und  Grenzliinder  mit  Ubcrac  lcgationcs  konnte  bekleiden 
lassen,  die  unter  dem  gemeinsamen  Namen  lcgationcs  mit  zu 
begreifen  niclits  hinderte;  auch  fiir  den  Begriff  der  eigent-  499 
lichon  lcgationcs  fiihrt  uns  glaubhafte  Muthmassung  iiber  die 
zwei  bezeugten  Beispiele  hinaus.  An  den  Piratenkrieg  sehloss 
sich  iu  so  unmittelbarer  Folge  der  Mithridatische  Krieg  an, 
dass  es  gar  nichts  Wahrscheinliches  hat,  Pompejus  werde 
nach  der  Beendigung  des  erstern  seine  siimmtliehen  24  (nach 
(Plutarch)  oder  25  (nach  Appian)  Legaten,  mit  denen  er  ja 
gut  gefahren  war,  plotzlich  gewechselt,  am  wenigsteu  aber 
gerade  den  Varro  eutlassen  haben,  der,  uud  zwar  allein, 
sich  sogar   die   seltene   Auszeichnung    der  corona  navalis 
(rostrata)  erworben  hatte,  wie  wir  aus  Festus  s.  v.  uud  Pli- 
nius  N.  H.  VII,  30  §  115.  XVI,  4  §  7  wissen.  Auch  scheint 
auf  personliehe  Theilnahme  an  diesem  Feldzuge  die  ebenda 
VI,  17  §  51  erhaltene  Notiz  zu  deuten:   'Haustum  ipsius 
niaris  (Caspii)  duleem  esse  et  Alexauder  Maguus  prodidit, 
ct  M.  Varro   talem   perlatum   Pompeio  iuxta  res  gefenti 
Mithridatieo  bello,  magnitudine  haud  dubie  inrluentium  am- 
niuin  victo  sale.  Adicit  idem  Pompeii  ductu  exploratum,  iu 
Hactros  septem  diebus  ex  India  perveniri  ad  Iearum  flumen 
qudd  in  Oxum  iufluat,  et  ex  eo  per  Caspium  in  Cyruiu  sub- 
vectas  quinque  non  amplius  diemm  terreno  itinere  ad  Phasin 
ui  Pontum  Indicas  posse  devehi  merces'.   Vielleicht  irren 
wir  also  nieht,  wenn  wir  uns  den  Stoff  der  drei  Biicher 


Digitized  by  Google 


438 


DIE  SGHBIFTSTELLEBEl 


durch  die  drei  Legationeu:  im  Piratenkriege,  im  Mithrida- 
tischen,  im  Hispanischen,  gegliedert  denken,  da  die  beiden 
ersten,  wenngleich  factisch  an  einander  grenzend,  doch  unter 
staatlichem  Gesichtspunkte  als  durchaus  getrennte  Unter- 
nehmungen  erscheinen,  zu  denen  auch  zwei  verschiedene 
Beschltlsse  (lex  Gabinia  und  lex  Manilia)  erinachtigten.  Denn 
seit  dem  Triumph  des  Pompejus,  den  dieser  nach  Beendiguug 
der  Asiatischeu  Kriegsziige  694  feierte,  bis  zum  Ausbruche 
des  Biirgerkrieges  705  kami  sich  dem  Varro,  wenn  man  die 
Zeitgeschichte  darauf  ansieht,  kaum  Gelegenheit  zu  einer 
Legation  geboten  haben;  unmittelbar  nach  der  Hispanisclien 
Legation  aber,  die  mit  Uebergabe  der  Legion  an  Caesar  endete, 
finden  wir  ihn  zwar  dem  Pompejus  nach  Griechenland  gefolgt, 
jetzt  in  Dyrrhachium  (Cic.  de  divin.  I,  32),  jetzt  auf  Corcyra 
(Rer.  rust.  I,  4):    aber  weder  war  diess   eine  besondere 
Legation,  noch  bot  der  kurze  Zeitraum  bis  zu  der  ungliiek- 
soo  lichen  Entscheidung  bei  Pharsalus  (706)  einen  an  Umfang 
den  friiheren  Legationen  vergleichbaren  StofF  dar.  —  Uebrigeus 
bildete  den  Inhalt  dieser  Schrift  wohl  keinesweges  bloss  die 
Erziihlung  von  Kriegsthaten,  sondern  zugleich  die  Mittheilung 
der  wissenschaftlichen  Beobachtungen,  zu  denen  Varro,  wie 
schon  Schneider  de  vita  et  scr.  Varr.  p.  220  angedeutet, 
gerade  durch  seine  Legationen  Anlass  und  Gelegenheit  fand. 
Es  gehoren  dahin  insbesondere  geographische  Bestiinmungen, 
fur  die  ich  fruher  de  Discipl.  libris  §  19  [oben  p.  390]  nur 
das  Buch  de  gcometria  anzufilhren  wusste.    So  ausser  den 
vorhin  vom  Caspischen  Meere  angefiihrten  die  der  schmalsten 
Breite  zwischen  dem  Adriatischen  und  lonischen  Meere  bei 
Plinius  III,  11  §  101:  'hoc  intervallum  pedestri  continuare 
transitu  pontibus  iactis  primum  Pyrrhus  Epiri  rex  cogitavit, 
post*  eum  Mv  Varro,  cum  classibus  Pompeii  piratieo  bello 
{•raeesset-,  utrumque  aliae  impedivere  curae'.   Denn  gerade 
das  Adriatische  Meer  (Adriatieton   Varro  Tcrcntius  obscdit, 
Florus)  und  das  Ionische  (ZiKeXtav  bi  xai  tov  *l6vtov  eqpuXaccov 
auTui  TTXujtioc  tc  Ouapoc  xat  Tcpc^VTioc  Oudppujv  MfcXPlc  Axap- 
vaviac,  Appian)  bildeten  die  dem  Varro  im  Piratenkriege 
angewiesene  Station,  die  wohl  am  genauesten  von  ihm  selbst 
so  bestimmt  wird  Rer.  rust.  II  praef.  9:  fsermonibus  nostris 


Digitized  by  Google 


PKS  M.  TKHKNTIUS  VAHKO. 


439 


collatis  cum  iis,  qui  peeuarias  habuenuit  in  Epiro  uiagnas, 
tuui  cuui  piratico  bello  inter  Dclum  ct  Siciliam  Graeciae 
elassibus  praeesseni'.  Auf  die  Anwesenheit  iu  Akaruanien 
geht  offenbar  auch  die  Angabe  bei  Plinius  XYIII,  30  §  307 
zurflck:  fIdem  (Varro  auctor  est)  fabam  a  Pyrrhi  regis  aetate 
in  quodam  specu  Ambraciae  usque  ad  piraticum  Pompeii 
Magni  belluin  durasse';  auf  die  in  Epirus,  was  Servius  zu 
Aen.  III,  340  hat:  fVarro  Epiri  se  fuisse  dicit  et  omnia 
loca  iisdem  dici  (dicta?)  nominibus  quae  poeta  commemorat 
se  vidisse'.  Nicht  minder  liisst  sich  auf  den  Piratenkrieg, 
in  dem  des  Pompejus  Hauptstation  in  Cilicien  war,  beziehen, 
was  Varro  Ker.  rust.  III,  17,  6  von  eiuem  Erlebniss  erziihlt, 
das  er  in  Ljdien  hatte.  Dagegen  zum  Mithridatischen  Kriege, 
auch  an  sich  uatilrlicher  in  die  Sehrift  dc  Pompeio  als  in  die 
Legationum  libri,  gehort  die  mit  keiner  Sicherheit  aus  Autopsie 
abzuleitende  Angabe  bei  Pliuius  XXXIIT,  10  §  136:  fquem  soi 
(Ptolemaeum)  Varro  tradit  Pompeio  res  gerente  circa  Iudaeam 
octona  milia  equitum  sua  pecunia  toleravisse,  mille  convivas 
totidem  aureis  potoriis  mutantem  vasa  cum  ferculis  saginasse'. 
Namentlich  aber  geographische  Messungen,  sowolil  in  Griechen- 
land  und  im  Orient  wie  in  Hispanien  (zusammengestellt  de 
Discipl.  libris  §  19,  2  [oben  p.  390  f.J),  konnen  sehr  wohl  mit 
den  Legationen  in  Verbindung  gestanden  haben.  Freilich 
luuss  man  jeden  solchen  Vertheilungsversuch,  wo  es  sich 
um  Vrarronische  Bruchstiicke  handelt,  mit  einer  Verwahrung 
schliessen,  dass  es  sich  auch  alienfalls  anders  verhalten  konne. 
Wer  wiirde  z.  B.  nicht  gern  und  mit  ziemlicher  Zuversicht 
auf  die  Hispanische  Legation  das  Bruchstiick  bei  Nonius 
p.  245  beziehen:  'Caesar  revorsionem  fecit,  ne  post  occi- 
pitium  in  Hispania  exercitus  qui  erant  -  reliuqueret:  quo  se 
eoniceret  Pompeius,  ut  ancipiti  urgeretur  bello\  Und  doch 
ist  es,  wo  man  es  am  wenigsten  suchte,  aus  dem  vierten 
Buch  dc  vita  poptdi  Jlomani. 

7a\  dieser  Gruppe  von  Schriften,  die  sich  auf  die  Zeit- 
geschichte  beziehen,  gehort  aber  noch  ein  Buchtitel,  der 
uns  bei  Hieronyinus  als  ein  neuer  entgegentritt,  ohne  es  zu 
sein.  Bc  stiaintatc  drei  Biicher  hat  Varro  ganz  gewiss  nicht 
geschrieben.   fLoci  communes,  dieser  Art  hat  er  nirgend 


y 

Digitized  by  Google 


440 


DIE  SCHRIFTSTELLEREI 


behandelt  als  in  deu  Logistorki,  und  inimer  nur  in  einera 
einzigen  Buche.  Es  ist  mir  kein  Zweifel,  dass  in  dem  Schreib- 
fehler  steckt  dc  sua  vita.  Von  der  Schrift  wussteu  wir  aus 
Charisius  p.  69  (dc  vita  sua),  ohue  ihreu  Umfang  zu  kennen; 
vennuthlich  war  sie  eino  sciner  allerspiitesten. 

Zwischeu  den  poetischen  uud  oratorisehen  Schijpfun- 
gen  und  den  wissenschaftlichen  Arbeiten  nehmen  als 
ebeufalls  freie  Compositionen  eine  mittlere  Stellung  die 
Logistorici  eiu.  Dass  in  dem  Aotioc  Tottikov  des  Katalogs 
nichts  anderes  als  AoYicropiKUJV  liegt,  sieht  jeder.  Musste 
aber  schon  eiue  Anzahl  von  150  Satirae  Mcnippeae,  von 
denen  die  jiingst  erschienene  Sammlung  nur  96  Titel  zu- 
sammengebracht  hat,  Verwuuderung  erregen,  so  setzeu  uns 
76  Logistorici  in  Erstauneu.  Denn  nicht  nur  ergebeu  die  im 
Prooemium  zum  Ind.  schol.  hib.  Bonn.  1845  [oben  p.  404  ff.j 
502  zusammengestellten  Spuren,  Sicheres  uud  Unsicheres  durch- 
eiuander  gerechnet,  nicht  mehr  als  18  Titel,  sondeni  es 
befremdet  auch  auf  den  ersten  Blick,  wie  Varro  sich  vcr- 
sucht  fiihlen  konnte,  sechs  und  siebzig  fiir  positives  Wissen 
scheinbar  so  wenig  ergiebige  Stoffe,  wie  dc  fortuna,  dc  jxwr, 
dc  pudicUia,  dc  moribus  (freilich  auch  de  historia,  de  origine 
hitmana,  de  dcorum  ctdtu,  dc  admirandis)  monographisch  zu 
behandeln,  und  wie  er  Anlass  fand,  sechs  und  siebzig  ein- 
zelnen  Zeitgenossen  eine  Aufmerksamkeit  durch  Dedication 
einer  populiiren  Abhandlung  zu  erweisen,  deren  Gegenstand 
zu  der  Person  des  Empfangers  in  ciner  nahern  Beziehung 
stand:  —  denn  diess  ist  es,  was  a.  a.  0.  als  Merkmal  der 
Logistorici  festgestellt  worden.  Daruni  indessen  ein  Verderb- 
niss  der  Zahl  76  auzunehmen  musste  gleichwohl  fiir  eine 
sehr  niuBsige  Vermuthung  gelten,  da  wir  uns  bei  der  Schrift- 
stellerei  des  Varro  schon  gewohnen  miissen,  den  herkomm- 
lichen  Massstab  fiir  wahrscheiulich  und  unwahrscheiulich  in 
allen  Beziehungen  zu  vergessen.  —  Uebrigens  wird  der  Titel 
des  Katalogs  dc  valetudine  tucnda,  in  einem  Buche, 
achwerlich  verschieden  sein  von  dem  durch  Probus  zu  Virgil 
Buc.  VI,  31  bezeugten  Logistoricus  Mcssalla,  dc  valctudhte; 
es  beruht  gewiss  auf  irgend  einem  Versehen  oder  Zufall,  sei 
es  des  Hieronyiuus  oder  schon  seiner  Quelle,  dass  der  eine 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTirs  VARRO. 


441 


Titel  von  der  Gemeiiischaft  seiner  ubrigen  Genossen  ver- 
schlagen  und  nun  tur  ein  eigeues  Buch  genommen  wurde. 
Sein  apartes  Erseheinen  in  deui  Katalog  des  Hieronyuius 
ist  um  so  auffallender,  als  es  gegen  die  offenbare  Absieht 
des  letztem,  die  libri  monobibli  nicht  besouders  aufzuziihlen, 
als  eiuzige  Ausnahnie  verstosst.  Denn  das  kann,  denk'  ich, 
keineni  Zweifel  unterliegen,  dass  niit  den  ini  Katalog  auf- 
gefiihrten  zehn*//6r*  sinyularcs  uicht  ein  wirklicher  Titel 
eines  eigenen  und  einigen  Werkes  in  so  viel  Abtheilungen 
gegeben  ist  —  eine  solche  Ueberschrift  wiire  voiu  Stand- 
punkte  der  Gewohuheit  des  Alterthuins  reiner  Unsinn  — 
sondern  nur  eine  willkurliche  Zusaiumeufassuug  vou  zehn 
getrennten  Mouographien,  die  einzeln  aufzuziihlen  dem  Hiero- 
nynius  zu  weitliiufig  war.  Daraus  folgt  aber  fiir  uns,  dass 
Hieronymus  in  seiner  Quelle  wirklich  nur  zehu  Monobiblia 
des  Varro  ziihlte,  diese  Form  also  eine  sehr  untergeordiiete 
Rolle  in  der  Schriftstellerei  des  Varro  spielte:  keiu  unwich- soa 
tiges  Moment  fiir  Entscheidungen  im  einzelnen  und  Berech- 
nungeu  im  ganzen,  wie  solchc  weiterhin  anzustellen  sein 
werden. 

Indem  wir,  Uber  die  Logutorki  Weiteres  uns  vorbehal- 
tend,  zu  den  eigentlich  wissenschaf tlichen  Studien  Varro  s 
fortgehen,  begegnen  wir  ausser  den  geretteten  Rcrum  rusti- 
carum  libri  tres  und  den  nicht  unbekaunten  Bisciplinarum 
libri  novcm,  der  ersten  encyclopadischen  Zusammenfassung 
der  artes  Uberaks  bei  den  Romeru,  zuniichst  drei  Biichern 
dc  forma  philosophiae,  wahrend  wir  bisher  nur  von  einem 
zweiten  Buche  wussten  aus  Charisius  p.  70.  Dass  dc  forma 
philosophiac  nur  eine  Abtheilung  (eben  das  zweite  Buch)  eines 
umfassendern  Werkes  dc  philosophia  sei,  wie  Schneider  de 
vita  et  scr.  Varr.  p.  232  vermuthete,  wurde  schou  de  Discipl. 
libris  §  8  [oben  p.  364  f.J  geleugnet,  mit  Recht,  wie  jetzt  er- 
siehtlich  ist.  Augustiuus  de  civ.  dei  XIX,  1  spricht  zweimal 
so  bestimmt  im  Singular:  M.  Varro  in  libro  dc  phihsophia 
uud  hacc  dc  Varronis  libro,  dass  ausser  dem  obigen  Wrerk 
in  drei  Bilchern  nothwendig  ein  liber  singularis  dc  philosophia 
existirt  haben  muss.  Aber  freilich  ist  es  ebeu  so  gut  mog- 
lich,  dafis  diess  ein  Logistoricus  war,  wie  es  gewiss  ist,  dass 


Digitized  by  Google 


442  DIE  SCHRIFTSTKLLEREI 


der  vo»  demselben  Augustinus  VII,  9  und  34  auch  mir 
einfach  citirte  liber  de  ctdtu  deorum  einer  war  (Cttfio,  de 
dcorum  cultu  nach  dem  Pariser  Probus  zu  Virgil);  wogegen 
eiue  Satira,  niimlich  'Periplu  liber  II  irepi  (DiXocoqnac 1  (flber 
die  Niiheres  a.  a.  0.),  schwerlich  so  zusanimenhaugende  Sach- 
erorterungen  enthalten  haben  wird,  wie  aus  dem  Buche  dc 
phihsophia  Augustinus  mittheilt.  Den  wuuderlicheu  uud  un- 
fruchtbaren  Formalismus  dieser  Erorterungeh  hat  Madvig 
zu  Cic.  de  fin.  p.  838  mit  nicht  ungerechter  Strenge  beur- 
theilt;  fast  uiochte  man  iihnliche  Spielereieu  unter  der  Auf- 
schrift  dc  forma  phdosophiac  vermuthen,  dennoch  aber  wohl 
annehmen  diirfen,  dass  drei  ganze  Biicher  Varros  uber 
Philosophie  in  den  Acadcmica  ad  Varronctn,  wo  Cicero  oline 
Widerspruch  zu  erfahren  philosophische  Schriftstellerei  des 
Varro  geradezu  negirt,  nicht  ignorirt  werden  kounten,  sondern 
damals  noch  nicht  geschrieben  waren. 
504  Auf  neuen  Gebieten  zeigen  uns  den  Varro  zwei  wissen- 
schaftliche  Werke  von  nicht  geringem  Umfange.  Zuvorderst 
neun  Biicher  dc  principiis  numcrorum,  in  denen  wohl 
kaum  jemaud  eine  Darstellung  der  Zahlenlehre  im  Sinne 
der  Pythagoreer  verkennen  wird,  der  sich  der  Aufnahme 
erinnert,  die  Pytbagoreische  Philosophie  iiberbaupt  in  Rom 
fand,  und  der  sichern  Spuren,  die  auf  Varro's  Beschaftigung 
mit  ihr  und  seine  Vorliebe  fiir  sie  hindeuten:  worflber  es  voll- 
kommen  geniigt  auf  Hertz  de  Nigidio  Figulo  p.  24  zu  ver- 
weisen.  In  zusammengedrangter  Fassung  wird  der  wesent- 
lichste  Inhalt  der  neun  Biicher,  oder  ein  Theil  desselben,  in 
demjenigen  der  Disciplinarum  libri  wiedergekehrt  sein, 
welches  dc  arithmctica  handelte,  also  im  fiinften;  Manches, 
was  in  der  ofter  citirten  Abhandlung  §.  7.  11.  13.  17  hier- 
auf  bezogen  wurde,  mag  mit  gleichem  oder  grosserm  Rechte 
jetzt  dera  ausfiihrliehen  Werke  zuzutheilen  scin.  Moglich. 
dass  sich  so  s«lbst  das  Citat  Varro  in  libris  numerorum  bei 
Pseudo-Augustinus  de  gramm.  p.  2008  P.  rechtfertigt;  nicht 
unwahrscheinlich,  dass  Gellius  XVIII,  14  bei  der  Erorterung 
des  Jwmiolios  und  epitritos  mit  den  Worten  qui  de  mmeris 
latine  scripserunt  auch  unsere  Bttcher  im  Sinne  hatte;  kaum 
zu  bezweifeln,  dass  das  von  ihm  I,  20  aus  Vairo  mitgetheilte: 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTUS  VAKRO.  443 


rhuius  numeri  (novenarii)  ciibwn  Pythagoras  vini  habere 
lunaris  circnli  dixit,  quod  et  luna  orbem  suum  lustret  septem 
et  viginti  diebns'  u.  s.  w.  (ohne  des  Pythagoras  Erwiihnung 
auch  bei  Eulogius  z.  Somnium  Scip.  p.  407  Or.)  irr  den  Btt- 
chern  de  princi^nis  nutnerorum  vorkam,  wenngleich  es  Gellius 
aus  den  Disciplinarum  libri  schoplen  konnte,  Bewiese  ein 
bestimmtes  Citat,  dass  Gellius  die  erstern  eben  so  gekannt 
und  in  Hiinden  gehabt  wie  die  letztern,  so  mochte  man  au 
jene  auch  bei  der  Eintheiluug  der  gcomctrica  in  6TrriKn.  und 
Kavovucn,  und  den  angekniipften  Begriflfsbestimmungen  um  so 
mehr  denken,  als  daselbst  (XVI,  18)  der  principia  wiederholt 
Erwiihnung  geschieht;  denn  dass  von  einer  Behandlung  der 
numeri  in  dem  Umfange  von  0  Biichern  die  Besprechuug 
nicht  nur  der  Geometrie,  sondern  auch  der  Musik  (Harmonik, 
Rhythmik,  Metrik)  und  der  Astronomie  nicht  ausgeschlossen 
sein  konnte,  lehrt  die  oberfliichlichste  Kenntniss  der  Pytha- 

0 

goreischen  Zahlenlehre.  Hauptsiichlich  aber  wtirde  es  jetzt 
zweifelhaft  werden,  ob  dic  merkwiirdige  Notiz  von  einer 
noch  im  sechszehnten  Jahrhundert  in  Rom  vorhandenen  Hand- 
schrift  des  Varro  de  arithmctica  nicht  vielmehr  auf  das  Werk 
de  principiis  nunurorum  oder  eiiu?n  Theil  desselben,  als  auf 
ein  mitten  herausgegriffenes  Buch  der  IHseiplinae  zu  beziehen 
sei,  wenn  ihr  nicht  sehr  wahrscheinlicher  Weise  ein  reiner 
Irrthum  zu  Grunde  lage.*) 


*)  Sie  berubt  auf  dem  Zeugniss  des  Vertranius  Maurus  in  der 
'vita  Varronis'  an  seiner  Ausgabo  der  Biichcr  dc  1.  1.  (Lugd.  1563), 
<he  mir  weder  zuganglich  war  (dahcr  der  Irrthuni  de  Disc  libri»  p.  11 
[oben  p.  362])  noch  ist.  SpengcTs  gefalliger  Mittbcilung  vcrdanke 
ich  die  nachstehendc  wbrtlicbe  Anfiihrung:  f  Item  DE  ARITHMETICA 
libellus  eiusdera  est  hodie  quoque  superstes,  divinitus  a  M.  Varrone 
•criptus,  uti  sunt  omuia  ab  illo  profecta:  euin  nos  Romae  cum  P.  Fabro 
Augerioque  Ferrario  viris  doctis  amicieque  nostris  ex  bibliotheca  Rudolphi 
Cardinalis  asservatum  apnd  Laurentem  Strossium  Cardiualem  vidimus' 
(p.  205).  Von  Ausonius  Popma  wird  der  Znsatz  gemacht:  fAlciatus 
hoc  amplius  se  editunim  pollicetur,  quod  tamen  credo  iuris  civilis 
professione,  in  qua  maxime  excelluit,  et  graviorum  disciplinarum  stu- 
diis  impeditua  non  praestitit'.  Sehr  wahrscheiulich  ist  VVeber'»  Ver- 
muthung  r  Boethii  Fragmentum  de  arithm.  im  Kasaeler  Prograram  1847 
p.  36),  dass  Alciatus  (und,  lasnt  sich  hinzufugen,  Maurus  mit  seincn 


Digitized  by  Google 


444  DIE  NCIJRIFTSTKLLEREI 


Am  unerwartetsteu  kommen  wohl  die  funfzehu  Biicher 
de  iure  eivili,  wovon  unsere  gelehrten  Juristeu  nicht  die 
kleinste  directe  oder  iudirecte  Spur  nachzuweisen  wissen. 
Ob  ius  eivile  als  roinisches  Kecht  oder  als  roinisches  Privat- 
recht  zu  fassen  sei,  steht  dahin;  fast  scheint  das  Letztere, 
da  das  iua  publicum  sowohl  als  das  ius  sacrum  Varro  ander- 
wiirts,  wenn  aucli  nicht  in  systematischer  Erschopfuug,  zu 
beriihren  vielfache  Gelegeuheit  hatte,  jenes  in  den  hurna- 
narum,  dieses  in  den  divinarum  rcrum  antiquitates: 
wogegen  die  zu  beiden  in  dem  Verhiiltniss  von  'hausliehen' 
oder  f  Privat-Alterthuinern'  zu  c  offentlichen'  oder  (Staats-' 
und  rgottesdienstlichcn'  oder  fCultus-Alterthflmern'  stehendeu 
Bucher  de  vita  populi  Eomani  der  Natur  der  Sache  nach 
keinesweges  in  gleicher  Weise  den  iiberreichen  Stoff  des 
ius  privatum  iu  sich  fassten.  Wir  sind  hierniit  schon  uiitteii 
606  in  eine  neue  Classe  Varronischer  Schriften  gefuhrt.  die  «ler 
historischen,  deren  Kenntniss  durch  den  Katalog  des 
Hierouymus  ebenfalls  mehrfache  Bereicherung  erfahrt. 

Eine  triigerische  ist  es  zuniichst,  dass  uns  45  Bucher 
Antiquitatum  statt  der  traditionellen  41  geboten  werden, 
und  zwar  in  zwei  Stellen  ,des  Katalogs.  Ein  blosser  Ab- 
schreiberfehler  kann  es  nicht  sein,  da  dieselbe  Zahl  auch 
Kufinus  gibt;  aber  ein  Fehler,  also  des  Hieronymus  selbst, 
bleibt  es  mchts  desto  weniger:  so  unfehlbar  sind  wir  uber 
den  Umfaug  von  nur  41  Biichern  durch  ein  so  unantastbares 
Zeugniss  vergewissert,  wie  das  des  Augustinus  de  civ.  dei 
VI,  3  ist,  wo  uns  Plan,  Eintheilung  imd  Gliederung  des 
luhalts  auf  das  vollstiindigste  und  unzwcideutigste  vor  Augen 
gelegt  wird.  AVenn  hiernach  die  erste  Hiilfte  des  bewunderns- 
wiirdigen  Werkcs  aus  "vier  Thcilen  von  je  sechs  BOchern, 
und  die  zweite  Ilalfte  aus  funf  Theilen  von  je  drei  Biichern, 
ausser  je  einem  Einleitungsbuche,  bestand,  so  wiirde  selbst 
mit  dieser  aussern  Symmetrie  der  Anordnung  eine  Vernielirung 

Frcuudcn)  sich  durch  eine  der  Bchlechtern  AgrimensorenhandflchrilVn 
tiiUHchen  licssen,  in  denen,  wie  de  Disc.  libr.  §  7  [oben  p.  3621  nac^ 
Blunic  bcmcrkt  worden,  statt  der  Ueberschrift  'VarroniB  libellos  de 
geomctria1  gelcsen  wird  fde  arithmetica '.  Selbst  der  Ausdruck  tiMtf 
stimmt. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIITS  VARKO. 


445 


um  vier  Biicher  im  Widerspruch  stehen,  und  wenigstens  eine 
Summc  von  entweder  44  oder  47  Biichern  erfordert  werden. 
Es  entspricht  aber  auch  die  Biicherzahl  der  Epitome  ex 
lihris  Antiquitatum,  von  deren  Existenz  wir  hier  die  erste 
Kunde  erhalten,  auf  das  einleuchtendste  der  Darstellung  des 
Augustinus,  indem  wir  die  4  +  5  Theile  in  9  Biichern  wieder- 
finden. 

Als  Ergiinzungen  des  grossen  Hauptwerkes,  und  zwar 
der  ersten  die  weltlichen  Dinge  umfassenden  Ilalfte,  ist 
eine  lleihe  historischer  und  antiquarischer  Specialschriften 
zu  betrachten,  die  entweder  in  solcher  Absicht  von  Varro 
nach  der  Vollendung  der  Antiquitatea  verfasst  wurden,  wie 
diess  von  den  Biichern  de  inta  und  denen  de  gnde  poptdt 
liomani  durch  Zeitbestimmuugen  bei  Schneider  a.  a.  O. 
p.  234  f.  feststeht,  oder  auch  zum  Theil  als  Vorbereitungen 
dazu  fruher  geschrieben  sein  kimnen.  Und  zwar  lassen  sicli 
diese  Schriften  in  ein  bestimmtes  Verhiiltniss  zu  der  <rlie- 
deruug  der  Antiquitates  humanae  nach  den  vier  Haupt- 
abschnitten  setzen,  in  denen  Varro  die  Gesichtspunkte  ver- 
folgte:  qui  agant,  ubi  agant ,  quando  agant,  qukl  agant.  Als 
Ergiinzung  des  ersten  Abschnittes,  de  hominibus,  erscheinen 
die  von  Servius  zu  Virg.  Aen.  V,  704  citirten  libri  quos  de  w>7 
familiis  Troianis  scripsit,  sowie  die  ebenfalls  bei  Hiero- 
nymus  fehlenden  libri  de  gente  populi  Romani,  vier  Biicher 
wie  Arnobius  V,  8  lehrt;  als  Ergiinzung  des  zwreiten,  de  locis, 
erstlich  der  von  Varro.  selbst  de  ling.  lat.  V,  56  genannte 
tribnum  tiber  (nach  Spengel  statt  des  ehemaligen  libri), 
den  mit  Miiller  in  den  Antiquitates  selbst  zu  suchen  der 
Umstand  widerrath,  dass  anderwiirts  (yi,  13.  18)  Varro  bei 
ganz  gleichartiger  specieller  Veranlassung  dennoch  den  General- 
titel  in  Antiquitatum  libris  nicht  vermeidet  ;  sodann,  wie  man 
sich  leicht  uberzeugt,  noch  die  Jlerum  urbanarum  libri 
tres;  —  als  Erganzung  des  dritten  Abschnittes,  de  temporilms, 
nach  glaubhafter  Annahme  die  Annalinm  libri  tres\  —  des 
vierten  endlich,  de  rebus,  die  libri  IV  de  vita  popuJi 
Romani,  und  vielleicht  in  niichster  Verwandtschaft  mit  ihnen 
die  Aetia. 

Der  Titel  de  familiis  Troianis  empfangt  sein  Licht 


Digitized  by  Google 


446  DIE  8CHRIFT8TELLEBEI 

* 

diirch  das  historische  Interesse  der  romischen  Patricierfaniilieu, 
die  auf  iilteste  Abstammung  Anspruch  machten,  und  steht 
i  111  Zusammenhange  mit  den  Untcrsuchungen  iiber  romische 
Familiengeschichten  iiberhaupt,  die,  wie  man  deutlich  erkennt, 
sicli  inRom  zu  einem  besondernZweige  antiquarischerForschung 
ausgebildet  hatten.  Hauptbelege  dafiir  sind  des  Atticus  Arbeiten, 
geschildert  bei  Nepos  Att,  18;  des  Messalla  Corvinus  Scbrift 
dc  Romanis  famiVtis,  von  der  Absicht  kritischer  Sichtung 
ausgegangen  nach  1'linius  N.  H.  XXXV,  2  §  ft;  des  Uyginus 
mit  dem  Varronischen  gleichnamiges  Buch  de  familiis  Troia- 
nia  bei  Servius  zu  Virg.  Aen.  V,  389.  Wie  die  gens  Xautia, 
fiir  welche  Servius  Varros  Schrift  citirt,  bei  Paulus  p.  1G7 
(a  Troianis  dicitur  oriunda)  wiederkehrt,  so  lassen  sicli  viel- 
leicht  die  bei  Paulus  als  Trojanisch  bezeichneten  Acntilii 
(p.  23:  fquod  ab  Ascanio  descendat,  qui  dnos  habuerit  filios 
Tulium  et  Aemylon')  und  Caecilii  (p.  44:  cappellatos  eos  di- 
cunt  a  Caecade  Troiano  Aeneae  comite')  auf  Varro  zurfick- 
ftthren.*)  Moglicher  Weise  auch  was  bei  Servius  zu  Aen. 
508  V,  117  vom  Trojanischen  Ursprung  der  gentes  MmmUh 
Sergia,  Cluentia  steht. 

Die  Biicher  dc  gentc  populi  liomani  mit  Krahner 
de  Varr.  Antiq.  p.  23  f.  fttr  weseutlich  ehronologiseheu  In- 
halts  zu  erkliiren  finde  ich  gar  keinen  uberzeugenden  Grond. 
Von  alten  Zeiten  und  Zeitperioden  war  allerdiugs  dariu  die 
llede,  aber  nur  weil  Varro  darin  und  zwar  sehr  weit  aus- 
holend  (vom  diluvium  Ogggis  nach  Augustin  de  civ.  dei  XVM, 
2.  8)  die  illteste  Sagen-  und  Volkergeschichte  tiberhaupt  be- 
handelte,  niimlich  um  die  origines  der  Uomer  bis  zu  den 
letzten  Wurzeln  zu  yerfolgen**),  nicht  aber  nach  Servius 


*)  Damit  steht  uicbt  iui  Widerepruch,  was  in  Betreff  de»?eH»en 
Caeculus,  des  Griinders  Praeneste'8,  von  deui  nach  Paulus  Andere  die 
Caecilier  ableiteten,  die  Veroneser  Seholien  zu  Aen.  VII,  681  aua 
VaiTo'8  Logistoricus  Marius  aut  dc  fortuna  anfuhren. 

**)  Dasa  er  in  dem  Abschnitt  der  Kerum  humanarum  (1.  II— VII). 
der  de  hominibus  handclte,  nicht  so  weit  ausgriff,  sondern  sich  auf  die 
Urg«'8cbichte  des  romischen  Volks  bescbriinkt»  ,  iat  ausdriicklich  bei 
Augustinus  zu  leseu  de  civ.  dei  VI,  4:  '  Ueruni  quip)»e  hunianarani 
libros  non  quantum  ad  orbem  terrarum,  sed  quautum  ad  solam  Romam 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TEKENTIITS  VARRO 


447 


zu  Aen.  VTT,  176  um  nachzuweisen  quid  a  quaqtic  traxerint 
gente  per  imitationem:  eine  Angabe,  der,  wie  Krahner  p.  10 
vollkoininen  richtig  gesehen,  eine  Verwechselung  mit  den 
Buchern  dc  vita  P.  11.  zu  Grunde  liegt.  Das  besonders  bc- 
lehrende  Zeugniss  des  Augustinus  c.  13:  rhae  fabellae  ad 
bellum  usque  Troianum,  ubi  secundum  librum  M.  Varro  de 
gente  populi  Romani  finivit',  beweist  nichts,  als  dass  die 
Anordnung  des  Stoffs  die  chronologische  war,  gorade  wie 
ilasselbe  von  den  Bilchern  dc  vita  popidi  Romani  walirschein- 
lich  geniacht  werden  kami,  s.  die  Andeutungen  im  Prooemium 
des  Index  schol.  aest.  Bonn.  1845  (de  tabemis)  p.  V  f. 
[=  Opusc.  II  p.  388  f.]. 

Dagegen  von  vorherrschend  chronologischera  Gesiehts- 
punkte  gingen,  wie  angenommen  werden  darf,  Varros 
Annales  aus,  bisher  nur  einmal  vorkommend  bei  Charisius 
p.  81  (Idem  in  Annali  nach  der  Handschrift),  und  darum 
weit  weggeworfen  von  Krahner  p.  12:  fnam  quis  vel  fando 
aliquid  accepit  de  Varrone  Annalium  scriptore?  neque  tanti 
viri  Annales  deposuisset  Dionysius  aliique  historiarum  aucto- 
res\  Solche  Argumentationen  wird  raan  sich  bei  Varro  ab- 
gewuhnen  niQssen.*)  Fiir  einen  chronologisclien  Abriss 
aber,  in  der  Art  etwa  der  Annatium  libri  des  Corneliua  m 
Nepos,  oder  des  Annalis  des  Atticus,  in  welchen  beiden 
Werken  Niebuhr  Vortr.  iib.  rom.  Gesch.I  p.  35  (BerLAusg.) 
gewiss  mit  Kecht  ihrer  wesentlichen  Beschaffenheit  nach 
chronologische  Tabellen  erkannt  hat,  —  und  nicht  im  Sinne 


pertinent,  «cripsif.  Wie  sich  mit  dieaer  Begrenzung  die  Krwiihnuug 
des  Konigs  Erechtheua  und  seines  Stammes  f  Hbro  humanarum  secundo 1 
(Schol.  Cic.  Seat.  II,  299  Or.)  vereinigte,  mussen  wir  uns  bescheiden 
nicht  zu  wissen. 

*)  Auch  dieae  Warnnng  hat  freilich  ihre  Grenzen.  So  hatte  gewiss 
Hertz  in  Ztschr.  f.  Alt.wiss.  1846  p.  394  ganz  Recht,  dem  Varro  uicht 
eine  kritische  amwtatio  zu  den  Texten  alter  Dichter  zuzutrauen,  wozn 
das  'Anecdoton  Parisinum  de  notis'  verleiten  konnte.  Gegen  die  An- 
nahme  einer  Plantinischeu  Textesrecension  habe  ich  den  Varro  Parerga 
p.  80.  367  verwahrt.  Glossematische  Samralungen  Varro's  iiber 
Plautua,  Naevius,  Ennius,  Lucilius  sind  ebend.  p.  180  zugegeben,  aber 
lhre  Verarbeitung  nnd  Herausgabe  nur  fiir  den  ersteu  Dichter:  s.  u. 
[p-  456]  bei  deu  Quaestiones  Plautinae. 


Digitized  by  Google 


448 


DIE  SOHRIFTSTELLKUEI 


altroinischer  Auualisteu  oder  gar  eiues  Livius  und  Tacitus 
wird  mau  unstreitig  Varro's  Annalen  sehon  ura  deswillen 
nehmen,  weil  eine  formliche  Geschichte,  eine  auf  das 
Detail  der  Thatsachen  an  sich  gerichtete  Darstellung  von 
Varro  ganz  gewiss  nicht  in  nur  3  Biichern  bestanden  hiitte: 
auch  abgesehen  davon,  dass  ja  das  ganze  Material  tler 
romischen  Geschichte  mit  planniiissiger  Vollstiindigkeit  eben 
in  den  Humanaruni  libri  von  ihm  ausgebreitet  wurde,  nur 
nicht  in  synchronistischer  Zusammcnfassung  aller  Seiten, 
sondern  niehr  in  statistischer  Form  unter  Uubriken  vertheilt, 
gerade  wie  wir  jetzt  '  Alterthiimer'  von  'Geschichte'  unter- 
scheiden.  Auffallend  und  verdachtig  wiire  bei  Charisius  die 
(wie  man  jetzt  weiss,  nur  von  Putschius  interpolirte)  Cita- 
tion  des  dritten  Buches  gewesen  fOr  das  Bruchstiick:  fNum- 
inum  argenteum  flatum  primum  a  Servio  Tullio  dicunt;  is 
quattuor  scripulis  maior  fuit  quam  uunc  est'  (woriiber  Boeckh 
metrol.  Unt.  p.  347  f.).  Diess  staud  notliwendig  schou  ira 
ersten  oder  zweiten:  gewiss  im  zweiten,  wenn  sich  das  Werk 
nicht  auf  romische  Geschichte  beschriinkte,  sondern  vornV 
mische  in  seinen  Kreis  zog;  darum  also  I  oder  II  nach  Annali 
ausgefallen  ist,  da  der  Singular  ohne  Zahl  fur  ein  Werk 
von  mehrern  Biichern  keine  Rechtfertigung  zuliisst.*)  Anch 
6io  das  ist  nicht  wohl  moglich,  dass  die  Geschichten  von  Aeneas 
bei  der  Eiunahme  Biums,  wofiir  Schol.  Veron.  zu  Aen.  II, 
717  den  Varro  sccundo  historiarum  anfiihren,  im  zweiten 
Buche  der  AnnaJes  vorgekommen  seien,  an  die  zu  denken 
Mai  sichr  wohl  durch  den  gleich  darauf  fur  dieselben  (ie- 


•)  JJias  Honieri  et  Annalis  (statt  Annales)  Ennix  hat  in  dem 
Varronischen  Brachstuck  bci  Nonius  p.  428  nur  die  Leidener  Hand- 
schrift.  Die  einzige  Vertheidigung  wiire,  dass  anch  Uber  fur  ein  aus 
mehreren  Biichern  best«*hendes  Werk,  in  dem  Sinne  von  f  SchrifV,  bei 
nachlaBsig  redenden  Grammatikern  ein  paar  mal  vorkOmmt:  b.  u.  jp.  454] 
bei  Gelegenheit  der  Varronischen  Biicher  de  poemaiis.  Bei  Gelliu»  VI,  9 
bezieht  sich  ex  Pisonis  annali  auf  das  unmittelbar  vorhergebende 
L.  Piso  in  tertio  annali  zuruck.  —  Des  Atticus  Annalis,  bestand  nach 
den  bestimmtestcn  ZeugniBsen  (Nepos  Att.  18.  Cicero  Orat.  34,  Tgl 
Brui.  3)  nur  aua  einem  Buche:  die  Annales  des  Nepoa  nach  Catuirs 
'onine  aevum  tribus  explicasse  cliartis''  aus  drei  Biichern. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO. 


449 


schichten  eitirten  Atticus  und  1 L.  Cassius  Cmsoritts'*)  ver- 
leiten  liess.  Dafilr  war  der  Platz  gerade  im  zweiten  Buche 
der  llumanarum,  wie  Niebuhr  Ilom.  Gesch.  I  p.  213  sah, 
mag  dafiir  historiarutn  verschrieben  oder;  wie  Krahner 
p.  1 1  meint,  nur  ungenauer  Ausdruck  sein.  Noch  weniger 
kann  das  in  jenen  Scholien  dann  folgende  Itetn  (?)  histo- 
rianim  libro  I  auf  die  Annales,  ja  uicht  einmal  auf  das 
erate  Buch  der  Hnmanarum,  also  (wenn  kein  Fehler  in  der 
Zahl  steckt)  vielleiclit  gar  nicht  auf  Varro  gehen,  da  es 
ebenjalls  von  Ilium,  Aeneas ,  Ascanius  und  Eurybates 
handelt.**) 

Nicht  unzweideutig  ist  der  Titel  lierum  urbanarum, 
haltbar  aber  kaum  eine  anderc  Auffassung,  als  dass  es  eigent- 
liehe  Stadtgeschichte  war:  Geschichte  der  Entstehung  lloms 
als  Stadt,  ihrer  allmiihlichen  Erweiterung,  Eintheilung,  Ver-  511 
inderungen,  ihrer  Schicksale  durch  Belagerung,  Einnahme, 
Brand  u.  dgl.  namentlich  mit  Rilcksicht  auf  das  Capitol,  also 
mit  uberwiegend  topographischem  Gesichtspunkte:  sei  es  dass 
die  Anordnung  nach  Art  griechischer  Periegesen  war,  worauf 


*)  Freilicb  ist  L.  Cassius  Hemina  gemeint,  wie  Mai  sah;  aber 
CeQgorius  hiess  nicht  dieser,  sondern  L.  Calpurniua  Piso,  dessen  Name 
offeubar  ausgcfallen  ist. 

**)  Da  (Jellius  die  synchronistische  Uebersicht,  die  er  XVII,  21 
gibt,  so  einlcitet:  'ut  conspectum  quendam  aetatum  antiquissimarum, 
iteni  virorum  illustrium,  qui  in  iis  aetatibus  nati  fuissent,  haberemus, 

 excerpebainus  ex  libris  qui  chronici  appellaniur,  quibus  tempo- 

ribus  tloruissent  Graeci  simul  atque  Romaui  viri,  qui  vcl  iugenio  vel 
imperio  nobiles  insignesque  post  conditam  Romam  fuissent  ante  secun- 
dum  hellum  Carthaginiensium ,  easque  nunc  excerptiones  nostras  variis 
diversisque  in  locia  factas  cursim  digessirous' ;  da  er  im  Folgenden 
erst  (§  3)  den  Cornelius  Nepos  in  primo  Chronico  (=  Annuli)  citirt, 
dann  (§24)  fiir  das  supjtlicittm  des  M.  Manlius  die  Angabe  des  schlecht- 
hin  geuannten  M.  Varro  und  desselben  Nepos  gegeniiberstellt,  schliesn- 
lich  aber  (§  43)  fur  eine  andere  Mittheilung  aus  Varro  ausdriicklich 
desseu  erstes  Buch  dc  poetis  nennt,  und  dieses  Citat  nur  zwei  Para- 
grapben  weiter  ffir  eine  iihnliche  Thatsache  sogar  vollstilndig  wieder- 
uolt:  so  ist  wohl  die  Combination  nicht  zu  gewagt,  dass  neben  des 
Nepo«  und  Anderer  Annalen  dem  (iellius  auch  die  Annales  des  Varro 
fur  seiue  Excerpte  zur  Hand  wareu,  und  dass  aus  ihnen  der  Bericht 
uber  dea  Manlius  Verriitherei  genommen  war. 

FR.  RITSCHELII   OPVSCVI.A   III.  29 


Digitized  by  Google 


450 


DIE  SCHRIFTSTELLEREl 


der  Titel  nieht  eben  hinweist,  oder  vielmehr  nach  der  Zeit- 
folge,  womit  sich  die  Erwahnung  des  Spartacus  im  dritten 
Buche  (bei  Charisius  p.  108,  bisher  das  einzige  Zeugniss  fTir 
diese  Varronische  Schrift)- sehr  wohl  vertragt,  wenngleieh 
sich  nicht  sagen  liisst,  in  welche  Beziehung  gerade  Sparta- 
cus  zur  Stadtgeschichte  gesetzt  sein  mochte.  Weder  der 
sonst  vorkommende  Gegensatz  von  res  urbanae  zu  den  aus- 
sern  Angelegenheiten,  wie  bci  Caesar  de  b.  Gall.  VII,  6,  noeh 
speciell  der  zur  militia  wie  bei  Gellius  XTV,  7,  noch  der 
haufigsto  zu  den  rcs  rustkac,  wie  ja  auch  vita  urbana  und 
vita  rustica  stehende  Gegensiitze  bilden,  bietet  eine  Einheit 
gleichartiger  Dinge  dar,  die  wir  als  Stoff  einer,  und  zwar 
aus  drei  Biichern  bestehenden,  Schrift  zu  denken  vermochteu; 
und  am  gewissesten  wiire  es  eine  Tiiuschung,  wenn  man  in 
der  Symmetrie  von  je  drei  Buchem  rcrum  rusticarum  und 
rcrum  urbanarum  mehr  als  ein  Spiel  des  Zufalls  sehen  wollte. 
Auf  das  erste  Buch  dc  rcbus  wbmis  konnten  sich  hiernach, 
wie  man  sieht,  Quinctilians  Worte  I,  6,  12:  'Varro  in  eo 
libro,  quo  initia  urbis  Romae  enarrat',  sehr  wohl  betaehen, 
wenn  es  nicht  weit  wahrscheinlicher  wiire,  dass  Quinctilian 
das  einschlagende  Buch  der  unstreitig  viel  gelesenern  Anti- 
quitates  rerum  humanarum  meinte;  eine  eigene  Schrift  tfc 
initiis  urbis  daraus  zu  machen,  wie  noch  Krahner  p.  17 
that,  liegt  nicht  die  mindeste  Nothigung  vor. 

Wemi  sich  die  speciellen  Ausfiihrungen  der  bis  hieher 
genaunten  Ergiinzungsschriftcn  (um  sie  so  zu  bezeichnen) 
mit  der  Behandluug  derselben  Gegenstiinde  in  den  entspre- 
chenden  Biichern  der  Antiquitates  vielfach  deckt^n*):  (wie 
fm  B.  der  von  Lydus  de  mag.  III,  74  p.  269  B.  aus  den 
512  dvGpuiTTiva  TrpdfMCtTa  angeftihrte  Einfall  der  Gallier  unter 
Brennus  nothwendig  auch  in  den  Ilerum  urlxmarum  libri 
vorkommen  musste:)  so  war  diess  dagegen  moglichst  wenig 
der  Fall  mit  den  Biichern  de  vita  populi  liomani,  weil 
das  Privatleben  als  solches,  wie  es  scheint,  in  den  Bmim 

* 

*)  Nichta  i«t  geeigneter,  dicses  Verhultniss  zu  verdeutlicheu,  al* 
wor  Nep08  Att.  18  von  des  Atticue  Monographien  iibor  einaelnc  rC> 
miache  Familirn  und  ihrer  Zusaminenfasaung  zn  einer  bflndigen  Oe- 
sannutdaratellnng  berichtet. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO.  451 

hunmmrum  liltri  keine  abgesonderte  Behandlung  fand.  We- 
nigstens  wird  aus  diesen  eine  auf  Sitten  und  Gebriiuche  des 
ronrischen  Volks  bezugliche  Angabe  nieiuals  gemacht,  wiih- 
rend  die  Menge  derartiger  Bruchstiicke  aus  jenen  vier  Bfl- 
chern  (nur  Biihr  kennt  sieben  mehr  als  Hieronymus  bei 
Rufinus)  auffallend  gross  ist.  Eben  so  wenig  wird  man  es 
aber  fur  Zufall  zu  halten  geneigt  sein,  dass  alle  Bruchstiicke, 
die  aus  dem  nach  alexandrinischem  Vorbild  Actia  benann- 
ten  Werke  Varros  erhalten  sind,  gleichfalls  in  das  Privat- 
leben  einschlagen,  insbesondere  aber  keines  etwa  mytholo- 
gischen  Inhalts  ist.  Auf  Nuptialgebriiuche  geht,  was  Servius 
zu  Bucol.  VIIT,  29  und  30,  auf  die  BegrQssungssitte,  was  er 
zu  Aen.  I,  408  anfuhrt  ('cuius  rei  to  ctrnov  i.  e.  caussam 
Varro  Callimachum  secutus  exposuit'  u.  s.  w.);  die  Erkliirung 
eines  provcrbium  wird  zu  Aen.  VIII,  128  mitgetheilt.  Nichts 
kann  ahnlicher  sein  als  die  Form  der  Einkleidung  in  diesen 

Stellen  der  Actia:  idco  faccs  jvracirc,  quod  oder  sjmr- 

(jcfuiarum  nucum  lianc  cssc  rationcm,  ut  ,  und  in  den 

uhne  Buchtitel  bei  demselben  Servius  vorkommenden  Varro- 
nischen  Erkliirungen  von  Leichencaremonien:  muliercs  in  cx- 

scquiis  ct  luctu  ideo  solitas  ora  laccrarc,  ut  zu  Aen.IIT, 

G7;  pijras  idco  cupresso  circumdari,  jrroptcr  zu  VI,  216. 

Hierniichst  zu  XII,  603:  'Varro  ait  Bnspendiosis,  quibus  insta 
tieri  ius  non  sit,  suspensis  oscillis  veluti  per  imitationem 
mortis  parentandum  esse';  vielleicht  selbst  bei  Plinius  N.  H. 
XVIII,  12  §  119:  fqua  de  caussa  parentando  utique  assu- 
mitur  (faba).  Varro  et  ob  haec  flaminem  ea  non  vesci 
tradit  et  quoniam  in  flore  eius  litterae  lugubres  reperiantur.' 
Mit  Vorsicht  indessen  alle  diese  Angaben  auf  die  Actia  zu 
beziehen  mahnt  Servius  zu  Aen.  XI,  97  (vgl.  zu  V,  80): 
fVarro  in  libris  logistoricis  dicit  idco  mortuis  Salve  et  Vale 
dici,  nou  quod'  u.  s.  w. 

Einen  besonders  reichen  Beitrag  zur  Varronischen  Poly 
graphie  haben,  wie  sich  erwarten  liisst,  seine  litterarhisto-  f»u 
rischen  Studien  geliefert,  zu  deren  Betreibung  er  neben 
glQcklichster  Musse  neueu  Anreiz  und  wiinschenswerthcste 
Hulfsmittel  finden  musste,  seit  er,  von  Caesar  mit  der  Eiu 
richtung   einer   otfentlichen    Hibliothek   beauftragt  (Sueton 

29* 


Digitized  by  Google 


452  DIE  SCHRIFTSTELLEREI 

Caes.  c.  44),  doch  wahrscheinlich  auch  deren  erster  Vorsteher 
wurde.  In  dieser  Thiitigkeit  den  niichsten  Anlass  zu  den 
drei  Buchem  de  bibliothccis  zu  suchen  wird  wohl  nicht  zu 
gewagt  sein;  wir  kannten  davon  nur  ein  zweites  Buch  dureh 
Charisius  p.  11J).  Vielleicht  war  daraus,  was  iiber  Schreib- 
niateriale,  Erfindung  der  mcmbranac  Pergamcnae  und  die 
actmdatio  circa  bibliothccas  rcgum  Ptolctnaci  ct  Etnncnis  Pliuius 

.  N.  H.  XIII,  11  §  68—70  aus  Varro  Bchopfte. 

Zwar  keinesweges  auf  die  Personlichkeiten  der  Litteratur 
beschriinkt,  aber  doch  in  der  Forui  an  Vorgiingo  des  litte- 
rarischen  Kreises  und  selbst  bibliothekarischer  Gewohniing 
ankniipfend  (s.  Creuzer  Ztschr.  f.  d.  Alt.wiss.  1843  p.  1059 ft) 
waren  die  Itnaginnm  lihi  oder  Hcbdomadcs:  wouiit  nicht 
streitet,  dass  anderseits  der  Aristotelische  Peplos  (dah«*r 
mitloyQatpCa  Varronis  bf»i  Cicero  ad  Att  XVI,  11)  in  einem 
vorbildlichen  Verhiiltniss  zu  dem  Werke  stand:  s.  Schnei- 
dewin  Philol.  I  p.  22  f.  Durch  Plinius  XXXV,  2  §  11 
wussten  wir,  dass  diese  interessante  uud  vielbesprochene 
Gallerie  von  Portriit-Bildnissen  sowohl  griechischer  als  ri> 
mischer  Dichter,  Sehriftsteller,  Gelehrten,  Kiinstler,  Fehl- 
herren  und  Staatsm;inner  aus  700  imagincs  bestand;  durch 
Hieronymus  erfahren  wir,  dass  sie  nicht,  wie  man  allgeuieiu 
angenommen,  in  100,  sondern  in  51  Bucher  vertheilt  waren, 
d.  h.  in  50  Abschuitte  von  je  14  Portriits,  deneu,  gauz  wie 
den  Hmnanartmi  und  den  Dirinarmn  so  wie  den  Buchern  de 
lingtia  Jatina,  ein  Buch  als  Einleitung  voranging  mit  allge- 
meinen  Erorterungen  iiber  Bedeutung  und  Beziige  der  Sieben- 
zahl,  woraus  uns  Gellius  III,  10  ausfuhrlichere  Mittheiluug«*n 
macht.  Was  sich  aus  dieser  Eintheilung,  in  Verbindung  mit 
den  geringen  sonstigen  Notizen,  fiir  die  Oekonomie  und  Ten- 
denz  des  Werkes  folgem  liisst,  ziehe  ich  vor  an  einem  andem 
Orte  darzulegen  funt.  Nr.  XIV  J.  Was  die  litterarischen  Zugal>en 
betritft,  so  hatte  jedes  Bildniss  als  Unterschrift  ein  metrisches 

5u  Epigramm,  und  ausserdem  einen  erliiuternden  Text  zur  B<w 
gleitung.  rScis  Terentium,,  heisst  es  bei  Symruaehus  E]>isL 
1,2,  cnon  coraicum,  sed  Reatinum  illum  Romanae  eruditionis 
]>atrem,  Hebdoraadon  libros  epigrararaatuin  adiectione  con- 
disse':  woraus  nicht  folgt,  dass  die  Bilder  keine  andere  /u- 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TEKENTIUS  VAKKO. 


453 


tliat  gehabt  hUtten.  Von  den  zwei  erhalteneu  Epigrainmen 
ist  das  auf  Iloiuer  (bei  Gellius  III,  II)  iu  Seuareu,  das  auf 
den  Phalereer  Demetrius  (bei  Nonius  p.  528,  nach  Scaligers 
glinzender  Herstellung)  in  Hendekasyllaben:  also  wechaelte 
die  Forui  beliebig,  und  diess  uin  so  niehr,  als  nach  Syni- 
niachus  I,  2  extr.  auch  von  Andern  verfasste  Elogien  Auf- 
nahuie  fanden.  Der  begleitende  Text  schein^  das  Mass  einer 
popularen  Erlautenuig  nicht  iiberschritten  zu  habeu.  Zuni 
Hildt'  des  Aeneas  gab  er  eine  Rechtfertigung  des  Kostihus, 
in  deiu,  und  die  Nachweisung  des  Originals,  wonacli  er  ihn 
dargestellt,  wie  bei  Lydus  de  uiag.  I,  12  p.  130  B.  zu  sehen; 
beim  Bilde  Iloiuers  las  man  nach  Gellius  a.  a.  0.  eiue  Er- 
ortenmg  iiber  die  Zeitalter  llomers  und  Hesiods;  viel  niehr 
uacb  Prosa,  als  nach  einem  Epigrainrue,  seheu  auch  die  aus 
<leni  neunten  Buch  vou  Charisius  p.  119  angefuhrten  Worte 
<i  vnlgu  condemtutrctttr  aus;  uirgend  andersher  als  aus  deu 
Imagines  uiag  auch  das  Bruchstilck  bei  Gellius  XVII,  4 
stammen:  'Euripidem  M.  Varro  ait,  cuui  quinque  et  septua- 
ijiiita  tragoedias  scripserit,  iu  quinque  solis  vicissc,  cum  euin 
nepe  vincerent  aliquot  poetae  ignavissiiui da  keine  Schrift 
dwVarro  bekauut  ist,  in  der  die  griechische  Poetengeschichte 
ex  professo  abgehandelt  worden  wiire.*)  Bei  dieser  Beschaf-  »u 
lenheit  des  erlauternden  Textes  wird  denn   auefa  nicht  zu 

*)  Gewiss  iat,  dass  eine  solche  Notiz  in  die  crluuternde  Zugabe 
"inea  Kuripidesbildes  sehr  wohl  passte.  Wer  steht  uns  aber  dafiir, 
•la*s  tfie  nicht  z.  13.  anB  den  Antuths  genommen  ist?  Und  was  kounte 
nicbt  iilles  in  76  Logistorici  vorkouiinen?  Wer  hiitte  in  einer  Satira 
geneht,  was  de  Discipl.  libris  §  8  [oben  p.  365 J  benproeheu,  so  cin- 
bdend  wie  moglich  auf  cine  gana  auderc  Schrift  [de  proprictatc  scrip- 
tonm)  hinzudeuten  schieu?  Wer  wurde  nicht  auf  die  Bueher  poc- 
malis  das  aus  dersclben  Satire  genoiumene  Bruchstiick  bei  Nonius 
1».428  beziehen:  Toema  e.>t  MZic  {vpuOuoc,  id  cst  vcrba  plura  inodice 
in  quaudani  couiecta  formam:  itaque  bicnxov  cuiYpuuudTiov  vocant 
1'Otina.  Pocsis  eet  perpetuum  arguiuentuin  cvpuBuov  ut  Ilias  Ilomeri 
Ct  Annalcs  Ennii.  1'oetice  est  ars  earuni  rerum.'  Iu  der  That,  bei 
4o  ?i<>lgestaltigeu  Mdglichkeitcu,  und  bei  der  (Jewissheit,  dass  Varro 
dfeaelben  Dinge  zwei  und  dreimal  an  verschiedenen  Orten  wiederholend, 
verbessernd,  widersprecheiid  behandelte,  mochte  mau  schier  verzwei- 
Wn,  eine  eiuigermaeaen  durcbgefuhrte  Vertheilung  der  ohne  Buchtitel 
ntirten  Fragiuente  gclingen  zu  ttehen. 


Digitized  by  Google 


4f>4 


\HE  SCIIRIFTSTELLKKEI 


zweifeln  sein,  dass  Hieronymus  iiu  Vurwort  zu  seiueui  Kata- 
log  der  scriptorcs  ecctcsiastici,  wenu  er  uuter  denen,  die  iu 
cnumcrandis  littcrarum  viris  illustribus  beschiiftigt  waren, 
nebeu  Ilermippus,  Antigonus,  Satyrus,  Aristoxeuus  und  den 
Lateinern  Santra,  Nepos,  Hyginus,  Suetonius  auch  den  Varro 
nennt,  an  die  Hebdonutdcs  noch  angeiuesseuer  denken  konnte, 
als  an  die  Parcrga  Pl.  I  p.  (521  dafiir  substituirte  Schrift  de 
poetis.  Diese,  von  der  uus  nur  das  erste  Bucb  einigemal 
genannt  ward,  wird  zwar  weit  ausfiihrlichere  Biograpbieu 
entbaltcu,  muss  sicb  aber  auf  die  lateinischeu  Diehter  be- 
sehrankt  habeu:  denn  diess  folgt  doch  daraus,  dass  die  von 
GeUiua  1,24  uud  XVII,  21  §43.45  aus  dem  primo  dc  poetis 
libro  angefiihrteu  Notizen  deu  Plautus,  Eunius  uud  Naevius 
betreffen.  (Dagegen  was  iiber  das  Todesjahr  des  Naevius 
aus  cVarro'  Cicero  Brut.  15  beibringt,  kanu  ebeu  so  gut  aus 
den  Amudes  seiu.)  Wie  gelehrt  und  ausfiihrlich  die  Darstel- 
lung  seiu  uiochte,  liisst  sich  an  der  Suetonischen  VUa  Tt- 
rentii  abnehruen,  wenn  diese,  wie  Parerga  p.  622  wabrschein- 
lich  gemacht  worden,  ihr  Bestes  ebeu  aus  Varro  hat.  Auch 
die  Ueschichte  von  Pacuvius  und  dem  juugeu  Accius  bei 
Gellius  XIII,  2  kann  daher  sein,  da  sie  mit  deu  Worten 
eingeleitct  wird:  cQuibus  otium  et  studium  fuit,  vitas  aujw 
actates  doctorum  hominum  (juaerere  ac  memoriae  tradere,  de 

 historiaiu  scripscruut  huiuscemodi';   sowohl  fiir  die 

Itnagines  als  fiir  die  Annahs  wfire  sie  zu  laug  uud  zu  speciell. 

Von  den  Dichtern  zu  den  Gedichten  selbst  wandte 
sich  Varro  in  den  schon  bekannteu  drei  Biichern  de  poe' 
matis,  worin  ohue  ZweitVl  von  den  Eintheilungeu,  Gattungen 
und  Arteu  der  Poesie  gehaudelt,  also  eine  Art  von  Poetik 
gegeben  war:  naturlieh  diese  nicht  obne  Ilereiuziehung  der 
griecbiscben  Litteratur,  worauf  das  Bruchstuck  von  ubrigens 
dunkler  Beziehung  bei  Charisius  p.  7G  deutet:  'Olympiam 
5i6  nou  accessit'.  *)     Von  allen  Dichtungsarteu  war  es  aber, 


*)  BeraetkenBwerth  i»t  dcr  Singular  ebend.  p.  113:  'Poematis. 
qoamvifl  ratio  poeraatibus  faciat.  nam  sic  inseribit  Varro  libro  suo  de 
poematis':  iihnlich  wie,  sogar  in  cinem  speeiellen  Citat,  z.  U.  «Servius 
zu  Aeu.  I,  368:  'Cornelius  Nepoa  in  eo  libro  qui  Vita[eJ  illu»trium  in 


Digitized  by  Google 


DKS  M.  TEKENTIU5S  VAUKO. 


455 


dem  Zustande  der  dainaligen  ruinischeu  Litteratur  geiniiss, 
vorzugsweise  die  drauiatiHche,  in  die  sich  Varrus  gelehrte 
Studien  mit  Liebhaberei  vertieften:  sowie  wiederum  iuner- 
halb  dieses  Kreises  die  Plautinische  Komodie  als  der  Ge- 
genstand  seines  speeiellsten  Interesses  erscheint.  Mindestens 
tirnf,  wahrseheinlieh  sechs,  ja   vielleicht   sieben  Schrifteu 
geben  davun  Zeuguiss,  darunter  drei  uus  erst  durch  Hiero- 
nynius  bekanut  werdende.    Und  zwar  liisst  desseu  Katalog 
auch  au  dieser  Partie  uoch  die  Spuren  einer  urspriiuglich 
uach  Rubriken  geordneten  Aufziihluug  erkeunen.  Denu  wenn 
wir  am  Anfang  zwei  vor  dc  poenuUis  eingedrungene  Titel 
entfemen,  und  am  Ende  den  versprengten  Titel  dc  personis 
wieder  heranziehen,   su   ergibt   sich   eine  ununterbrochene 
Keihe  vun  zehn  Sehriften,  die  sammtlich  litterarhisturischer 
Natur  sind,  und  uuter  ihnen  wieder  eiue  eng  verbundene 
Gruppe  der  auf  Dramatik  beziiglicheu.   Wir  urdnen  die  letz- 
tern,  die  nuthigen  Verbesserungen  vun  Schreib-  uder  Lese- 
fehlern  vurwegnehmend,  in  dieser  Fulge:  dc  originihus  scae- 
nicis:  de  scaenicis  actionibus:  de  actibus  scacnicis:  de 
personis:  de  dcscriptionibus :  quacstiones  Plautinae. 
Wie  sich  diese  Schriften,  vun  weiteru  zu  engeru  Kreisen 
tortschreitend,  gegenseitig  ergiinzteu,  liegt  auf  der  Ilaud  und 
ist  zum  Theil  anderwiirts  nachgewiesen:  s.  Parerga  Plaut.  I 
p.  178  ff.  .'520  f.  praef.  p.  XXVII  f.  uud  das  uben  erwiihnte 
Prooemium  fde  Legisturicis'  p.  IX  f.  [uben  p.  411  f.J.  Die 
Zahl  der  Biicher  de  originibus  scaenicis,  wufiir  unser  Ka- 
talog  mit  uuzweifelhaftem  Verderbniss  sacculi  hat,  stimmt 
mit  dem,  was  wir  aus  Charisius  p.  83  und  Nunius  p.  196 
wussten.    Dagegen  erscheiuen  nicht  nur  die  Quacstioncs 
Ploutinae,  vuu  denen  sunst  nur  ein  tibcr  II  geuannt  wird, 
zu  der  auffalleud  huhen  Zahl  vuu  fiinf  Biichern  gesteigert, 
sondern  zugleich  das  didaskalische  Werk  vuu  gewiss  uuschiitz- 
barem  Werth  iiber  die  dramatischen  Auffiihrungen,  de  actio- 
nibus  scaenicis,  auf  drei  Biiclier  herabgesetzt,  wiilirend  ein 
tiinftes  uuzweideutig  bei  Charisius  p.  74  vurkummt.    Sehr  tti 


scribitur.'  So  noch  'Varro  in  libro  de  origine  linguae  latinae*  bei 
Ajmlejus,  und  fliber  ephemeridos':  wovon  a.  u. 


456 


1HE  SCHRIFTSTELLBREI 


m5glich  daher,  dass  die  Zahlen  geradezu  verwechselt  gind, 
oder  dass  doch  die  fttnf  Bttcher  der  Quaestioncs  Ptautinac  aus 
der  Fiiufzahl  des  iiu  Katalog  uninittelbar  voransteheudeu 
Titels  durch  Versehen  wiederholt  sind.  Die  frtther  vorhau- 
deneu  Notizen  berechtigten  zu  der  Vorstellung,  dass  ein  erstes 
Buch  der  Quacstioncs  Plautinac  allgeuieinern  litterarhisto- 
rischen  Frageu,  ein  zweites  der  Erkliirung  einzelner  dunkler 
Ausdrttcke  gewidniet  war.  Verliert  die  so  gefasste  Auuahuie 
jetzt  ihr  Fuudanient,  so  liisst  sich  doch  vielleicht  in  auderer 
Wenduug  dieselbe  Scheidimg  uud  Vertheiluug  des  Stottes  fest- 
halten.  Ich  gestehe  niimlich  jetzt,  da  so  viele  uud  uner- 
wartete  Thatsacheu  das  Scaligersche  Princip  des  Contrahireus 
vou  Titeln  als  irrig  darthun,  bei  weiteni  uicht  mehr  so  fest 
wie  frtther  von  der  Identitat  der  Quaestiones  Plautinae  und 
derjeuigen  Varronischeu  Schrift  uberzeugt  zu  sein,  aus  der 
Gellius  III,  3  die  uns  so  wichtige  Mittheilung  ttber  die  Var- 
rouischen  Kriterien  fttr  Aechtheit  oder  Unachtheit  Plautiui- 
scher  Komodien  macht:  Kriterien,  deren  Anweudung  wir  die 
Erhaltung  unserer  fabulae  Varronianae  verdanken.  Des  Gel- 
lius  f  M.  tameu  Varro  in  libro  de  comoediis  Plautinis  priino' 
liisst  es  bei  seiner  sonstigen  Genauigkeit  im  Citiren  gar 
wolil  als  moglich  erscheinen,  dass  eine  eigene  Sclirift  dc 
comoediis  Plautinis  ausschliesslich  jeue  litterarische  Kritik 
zum  Gegeustaude  hatte,  und  dass  sich  mit  glossographischen 
Einzeluhciten  (wie  die  Bedeutung  vou  amussis  bei  Nonius 
p.  9  und  von  satura  bei  Diomedes  III  p.  483,  beide  c  libro  II  ) 
alle  drei  oder  fiiuf  Bttcher  der  Quaestioncs  Plauthuie  beschai- 
tigteiu    Zu  bestimmterer  Eutscheidung  fehlen  die  Mittel. 

Auch  iu  Betreff  der  riithselhafteu  Anftthrung  bei  Servius 
zu  Georg.  1, 19:  f  Varro  de  scaenicis  originibus  vel  in  Scauro' 
erhalten  wir  kein  ueues  Licht.  Eutwcder  steckt  darin  irgend 
ein  Fehler  oder  nicht.  Wenn  uicht,  so  weist  diese  Forui 
eines  Titels  nach  aller  Analogie  auf  einen  Logistoricus  hin, 
ond  mau  hat  alsdann  nur  die  Wahl,  entweder  gegen  alle 
Analogie  eineu  aus  drei  Buchern  bestehenden  Logistoricus 
anzunehmeu,  oder  es  sich  als  nicht  unwahrscheiulich  gefallen 
zu  lassen,  dass  von  Varro  neben  einem  drei  Bttcher  umfas- 
senden  Werk  de  scaenicis  orujinibus  noch  eiu  liber  singularis 


Digitized  by  Google 


1>KS  M.  TERENTIUS  VAKKO. 


457 


de  scaenicis  originibus  cel  Scaurus  existirte.    Steckt  dagegen  m» 
eiii  Pehler  iu  der  Anfiihrung,  der  uiiher  nicht  errathbar  ist, 
so  bleibt  neben  jeneni   grosseren  Werk   ein  Logistoricus 
Scauras  vou  unbekannteui  Luhalt  und  Nebentitel  freigegeben. 
Weiter  weiss  ich  mit  dieseui  EnTr|ua  uicht  zu  komuien. 

Dass  der  uninittelbar  auf  de  scaenicis  actionibus  folgende 
Titel  dc  actis  scacnicis  libri  III  auf  einem  blosseu  Wieder- 
holuagsfehler  beruhe,  ist  moglich;  gerade  eben  so  moglith 
aber,  uud  durch  Verknupfung  sonstiger  Spuren  aunehmlich 
zu  machen,  ist  das  obeu  vorausgesetzte  leichte  Verderbuiss 
aiu  de  actibus  scacnicis.  Ich  habe  in  der  Abhandlung 
fuber  die  ursprungliche  Gestalt  der  Bacchides*  im  Rh.  Mus. 
i  Ph.  N.  F.  IV  p.  608  [—  Opusc.  II  p.  366]  aufmerksam 
darauf  gemacht,  dass,  und  auf  Grund  welcher  Verhiiltuisse, 
die  Anfaugszeiten  des  romischen  Dramas  keine  schriftliche 
Ueberlieferung,  oder  doch  durchaus  keine  sichere  uud  voll- 
standige,  tiber  die  Acteintheilungen  der  Schauspiele  hatten, 
sondern  dass  diese  letztern,  als  sie  zuerst  litterarisch  fixirt 
wurden,  grossentheils  aus  den  zum  Gebrauch  der  Schauspieler 
dieneuden  Einzelrolleu  zusammengeschrieben  werden  mussten. 
Da  nun  diese  StOcke  durch  alle  Zeiten  der  Ilepublik  noch 
auf  die  Biihne  kamen,  so  hatte  es  nicht  nur  ein  gelehrtes 
Interesse  (obwohl  auch  dieses  geniigen  wiirde),  sondern  ein 
sehr  entschiedeu  praktisches,  iiber  die  angemessenen  und  vom 
Dichter  beabsichtigten  Abschnitte  im  Klaren  zu  sein,  welehe 
iu  Betreff  des  Aufziehens  uud  Niederlasseus  des  Auliiums  fiir 
die  offeutliche  AufTiihmng  massgebend  seiu  mussten.  Von 
der  Un.sicherheit,  die  in  dieser  Beziehung  herrschte,  und  der 
Verschiedenheit  der  Meiiiungen,  die  sich  fiir  einzelue  schwie- 
riger  zu  beurtheilende  Ftille  eutgegenstandeii,  geben  uns  die 
dahin  einschlagenden  Verhandlungen  des  Donatus  zu  Terenz 
eine  hinreichende  Vorstellung,  mit  dem  Ausspruch  an  ihrer 
Spitze  Arg.  Andr. :  edivisionem  actuum  in  latinis  fabulis 
internoscere  difficile  est.'  An  diesen  Uutersucliuugen  und 
Entscheiduugen  aber  insbesondere  den  Varro  zu  betheiligen, 
erhalten  wir  ein  naheres  Recht  dtirch  die  nameutliche  Zu- 
rilckffihnmg  eines  Hauptprincips  auf  die  Autoritiit  des  Varro, 
bei  Donat  im  Argumentum  der  Hecyra:  'Docet  autem  Varro 


Digitized  by  Google 


m 


DIK  NCIIKIPTSTKLLEKKI 


m»  neque  iu  hae  fabula  neque  iu  aliis  esse  iniranduiu,  quod 
actus  iinpares  scenaruui  pagiuaruiuque  siut  nuuieru,  cum 
haec  distributio  in  reruui  descriptione,  non  in  nuinero  ver- 
suuin  eonstituta  sit,  non  apud  Latinos  uiodo,  veruiu  etiam 
apud  Graecos  ipsos';  vgl.  Arg.  Ad.  extr.:  *In  divideudis  ac- 
tibus  fabulae  identidem  nieuiirferiinus,  priiuo  paginarum  di- 
nuuierationeni  neque  Graecos  neque  Latinoa  servasse.'  Hier- 
aus  eriuisst  man  leicht,  wer  es  hauptsachlich  ist,  auf  deu 
folgende  Zeugnisse  zuruekfuhren:  Arg.  Andr.  extr.:  fNihi) 
ergo  secus  factum  est  ab  antiquis,  qui  ad  hutic  modutn  Teren- 
tianas  fabulas  diviserunt,'  mul  Arg.  Ad.:  fquos  (actus)  et&i 

 minime  distiuguunt  latiui  comici,  tamen  a  doctis  vek- 

ribus  discreti  atquc  disiuncti  sunt.9  Nur  eiue  DurchfQhruiig 
ubrigeii8  der  richtigen  Abtheilung  au  allen  oder  eiiier  grosseu 
Zalil  vou  iiltern,  uoch  der  Biihne  dieuenden  Stiickeu  uiacht 
uus  die  Ausdehnung  einer  derartigen  Varronischeu  Schrift 
zu  drei  Biichern  begreiflich.  Wie  schwierige  Problenie  dabei 
vorkommeu  kounten,  wie  complicirte  Erwiigungen  die  Auf- 
fiudung,  wie  gar  nicht  kurze  Begriindungen  die  Feststelluug 
des  Uichtigen  liiiufig  erforderu  musste,  lehrt  gar  manche  der 
erhaltenen  Komodien;  als  anschauliches  Beispiel  kami  der 
a.  a.  0.  fur  die  Bacchides  gemachte  Abtheilungsversuch 
dicnen.  —  Trotz  dieser  Nachweisungen  soll  indess  keines- 
weges  verkannt  werden,  dass  es  nur  eine  Moglichkeit  ist, 
die  hier  der  andern  Moglichkeit  eines  blossen  Schreibfehlers 
gegenQber  niiher  begrtindet  wordeu;  und  ebeu  so  weuig  wfll 
ich  verhehleu,  dass  ich  als  Titel  einer  so  beschafleueu  Schrift 
lieber  dc  distributiotic  fabularum  oder  dergleichen  als  de  adi- 
bus  scacnicis  sehen  wiirde. 

Einen  desto  einleuchtendern  Stoff  finden  wir  in  den  drei 
Biicheru  dc  personis}  die  sogleich  an  des  Aristophaues  von 
Byzauz  Schrift  irept  Trpocumujv  (woriiber  Schneidewin  Con- 
iect.  crit  p.  122  f.)  eriuuern,  auf  die,  vielleicht  aus  Varru 
selbst,  Verrius  Flaccus  bei  Festus  p.  134  M.  Bezug  uinunt: 
fMaeson  persona  comica  appellatur  aut  coci  aut  nautae  aut 
eius  generis.  dici  ab  inventore  eius  Maesone  comoedo,  ut 
ait  Aristophanes  grainmaticus.'  Ohne  Zweifel  zog  hier  Varm 
namentlich  die  bekannten  stehenden  Atellanenrollen  in  den 


Digitized  by  Google 


DEti  M.  TERENTIUS  VARRO. 


459 


Bereich  seiner  Darstellung,  und  was  soust  vou  eiuheiinischen 
italischen  Foruien  im  Gebiete  heiterer  Miniik  uud  volks-  520 
thiinilicheu  Lustspiels  charakteristisch  ausgepriigt  war;  doch 
wird  in  einer  sich  auf  die  Maskeu  erstreckendeu  Schrift 
auch  die  Tragodie  nicht  leer  ausgegangen  sein.  Historische 
Belchrungen  iiber  diejenigen  auf  Erfinduug,  Einfuhrung,  Ge- 
brauch  der  Theatermasken  bezuglichen  1'uukte,  dio  wenig- 
steus  fflr  uus  iu  so  uiancherlei  Dunkel  gehfdlt  und  in  Wider- 
spruch  verstrickt  siud  (woriiber  u.  A.  Wolff  de  cauticis  iu 
Roui.  fab.  p.  22  ff.),  werden  auch  nicht  gefehlt  habeu. 

Dass  ich  endlich  noch  die  drei  Biicher  de  descriptio- 
nibtts  hieher  gestellt  habe,  beruht  auf  folgeudeu  Ueber- 
legungeu.  Dcscriptio  ohue  eiueu  bestiuinienden  Genitiv  *) 
ist  nur  entweder  rhetorische  Schilderung  zum  Zweck  der  ex- 
orttatio,  wie  ad  Herenn.  IV,  39,  oder  Charakterschilderuug^ 
Charakterbild.  So  ungeeignet  dcscrijrtiones  iui  ersten  Sinue 
als  Stoff  eines  Buches  sind,  so  fester  techuischer  Ausdruck 
ist  es  in  der  zweiten  Bedeutuug,  wofiir  vor  alleiu  an  Cic. 
Top.  22  zu  erinnern:  descriptio,  quam  Graeci  xagaxtriQa  vo- 
cant,  uud  weiterhin:  dcscriptio,  tjualis  sit  avarus,  qualis  asseij- 
tator,  ceteraquc  cinsdctn  gcncris,  in  quibus  natura  et  vita  descrir 
bitur.  Diesen  Begriff  fiir  Varro  festzuhalten  nothigt  uiui  fast 
gebieterisch  die  Anfuhrung  des  Charisius  p.  170:  rVarro  in 
tertio  Tt€pl  x<*paKTrjpujv\  Das  de  Discipl.  libris  §  8  [oben 
p.  365J  hervorgehobene  Bedenken,  dass  ausserhalb  der  Me- 
nippeischen  Satiren  sich  kein  griechischer  Titel  ira  ganzen 
Umfange  der  Varronischen  Schriftstellerei  finde,  erledigt  sich 
schon  dadurch,  dass  dcscriptio,  wie  selbst  Ciceros  Verde'utli- 
chung  durch  seiuen  Zusatz  quam  Gracci  xa9axr^lQK  vovant 
lehrt,  noch  nicht  so  eingebiirgert  war,  um  des  erkliireuden 


*)  Zwar  bei  Ciccro  Tusc.  I,  17  sind  dcscriptiones  Zeichnungen, 
abcr  ln  einem  Zusaninienhange,  der  die  Zweideutigkeit  ausschliesst. 
Und  wa«  batte  Varro  in  drei  Buchern  uber  Zcichnungen  zu  sagcn  ge- 
habt?  Was  dariiber  zu  sagen  war,  hatte  in  cin  Buch  de  pictura  (oder 
allenfalls  auch  dc  pictoribus)  gehflrt.  Einen  solchen  Titel,  oder  viel- 
mehr  eincn  weitern,  auch  die  bildende  Kuust  umfaesenden  Titel  ver- 
mi?g«n  wir  allerdings  gar  sehr,  um  einc  Reihe  auf  K unstgcschichte 
beiuglicher  Varronischer  Bruchstiicke  bei  Plinius  unterzubringen. 


Digitized  by  Google 


460 


I >1  K  SC 1 1 K I KTSTK LLKlf K I 


Nebentitels  nept  xapGKTHPWv  bequem  entbehren  zu  kounen, 
wenn  es  sogleich  richtig  verstanden  werden  sollte.  Uud  ein 
zweites  sicheres  Beispiel  lmben  wir  au  deui  €icaYUJYU<6c,  von 
521  dem  Gellius  XIV,  8  bezeugt:  'sic  enim  Varro  ipse  appellat,' 
wiihrend  AoYtCTOptKOt,  AiTia,  'G^riM^P^  als  griechisch  ge- 
schriebeue  Titel  fiir  Varro  zweifelhaft  sind.  —  Also  Cha- 
raktergemalde  hatte  Varro  entworfen,  und  wenn  wir  dabei 
an  Theophrastisches  Vorbild  denken,  hatte  diese  Schrift  ihrr 
Stelle  unter  den  freien,  mit  kiinstlerisclier  Absicht  verfasstcu 
Compositionen  einzuuehmen.  Allein  dann  wiirdeu  wir  Dc- 
scriptionum  libri  trcs,  wie  Orationum,  Sua^ionum  u.  s.  w.  lesen, 
und  nicht  ik  (lcacriptionibus.  Wenn  er  iiber  Charakterschil- 
derungen  schrieb,  so  mussten  das  schon  anderweitig  in  der 
Litteratur  vorliegende  sein  VVo  aber  in  den  ganzen  weiteu 
Haumen  der  Litteratur  hiitten  wir  diese  auders  zu  suchen 
als  in  derjenigen  Gattung,  deren  wesentlichcr  Keru  in  einer 
Ftille  von  typisch  ausgepriigten  Charakterbildern  bestaud, 
wie  fleno  periurus  et  amator  fervidus  et  servolus  callidus  et 
amica  illudens  et  uxor  inhibens  et  mater  indulgens  et  patruus 
obiurgator  et  sodalis  opitulator  et  miles  proeliator,  sed  et 
panisiti  edaces  et  parentes  tenaces  et  meretrices  procace.</ 
um  mit  Apulejus  Flor.  III,  16  zu  reden.  Die  Komodie  war 
es  oflenbar,  und  zwar  wohl  dio  gesammte  romische  neben 
der  neuen  attischen,  deren  stehcnde  uud  mit  den  fciusten 
Abstufungen  wiederkehrende  Charakterrolleu  den  Stoff  hcr« 
gaben  zu  einer  Art  von  ethischer  Prosopographie,  die  viel- 
leicht  manche  gemeiuschaftliche  Beriihrungspunkte  hatte  mit 
der  Schrift  de  jMjraonis,  jedenfalls  manchen  Anlass  zur  Ver- 
gleichmig  der  Griechen  und  Roiner  darbot. 

Aber  noch  ein  Buchtitel  findet  nach  glaubhafter  Au- 
nahme  nirgeud  anders  als  unter  den  litterarischen  Schriften 
seiucn  Platz:  de  lectionibus  libri  tres.  Wer  etwa  au  Photii 
bibliotheca  und  nach  dieser  Analogie  an  Tagebiicher  Varro  s 
iil)er  seiue  Lectiire  diichte,  hiitte  iu  Erwiigung  bloss  dreicr 
Biicher  fiir  Aufzeichnungen  einer  unermesslichen  Lecture 
jenen  Gedanken  ebeu  so  schnell  wieder  fahrcn  zu  lassen. 
Auch  erwartete  inan  danu  vielmehr  dc  lectione  sua  oder  noch 
passender  Lectionis  suac,  einen  der  in  des  Gellius  Vorrede 


Digitized  by  Google 


DKS  M.  TKKENTIITS  VAKRO 


40 1 


zusammengestellten  Titel.  Um  cs  kurz  zu  sagen,  die  Schrift 
dr  tcctionibus  handelte,  wcnn  nicht  alles  tiiuscht,  von  der  so 
bekannten  wie  eigenthiimlichen  romischen  Sitte  dcr  rccita- 
timm,  sei  es  dass  die  Lesung  in  engerm  Kreise  oder  vor 
einem  grossern  Publicum  stattfand.  Dagegeu  wird  sogleich 
eingewendet  werden,  dass  diese  Vorlesungen  eben  mit  tecli- 
nischem  Ansdruck  rccitationcs  und  nicht  lcctioncs  hiesseu,  und 
/weitens  dass  die  Sitte  selbst  nicht  so  hoch  hinaufreiche, 
um  schon  dem  Varro  fiir  drei  Biicher  Stotf  geben  zu  konnen, 
Eomal  sie  ja  in  irgendwie  erweitertem  Masse  erst  durch 
Asinius  Pollio  in  Aufnahme  gekommen  sein  solle.  Allerdings 
tinde  ich  auch  in  der  mir  jetzt  zugiiuglichen  Litteratur  iiber 
den  Gegeustand  (Lipsius  Epist.  ad  Belg.  II,  48,  Thorbecke 
de  Asinio  Pollione  p.  103  f.;  Gierig  Exc.  1  zu  Pliu.  Epist., 
Plum  zu  Pers.  I,  15  u.  A.)  weder  fiir  das  einc  noch  daa 
andere  Belege  zum  Erweis  des  Gegentheils:  denn  die  Privat 
vorlesung  des  Accius  unter  vier  Augeu  bei  Gell.  XIII,  2  ge- 
hort  doch  so  wenig  liieher  wie  die  Probevorlesung  des  Te- 
renz  vor  Oaecilius  in  der  Suetonischen  Vita  (vgl.  Par.  Pl.  I 
p.  329):  und  das  fcarmina  cum  populo  iuvenilia  hyV  des 
Ovid  Trist.  IV,  10,  f>7  hat  als  Dichterstidle  nur  halbe  Be- 
weiskraft.  Nichtsdestoweniger  ist  das  Alter  der  Sitte  so 
sicher  wie  moglich  nachzuweisen,  und  der  Gebrauch  des 
legcrc  in  diesem  Sinne,  ehe  sich  rccitarc  festgesetzt  hatte,  auf 
dem  Wege  des  Analogisirens  durchaus  wahrscheiulich  zu 
rnachen.  Beides  aus  Sueton  s  Bericht  de  gramm.  2:  f('rates 
nostris  exemplo  fuit  ad  imitandum.  liactenus  tamen  imitati, 
ut  carmina  parum  adhuc  divulgata  vel  defuuctorum  aiuico- 
rum  vel  si  quorum  aliorum  probassent,  diligentius  retracta- 
reut  ac  legendo  commentaudoque  et  ceteris  nota  facerent:  ut 
C.  Octavius  Lampadio  Naevii  Punicum  bellum  .  .  .  .:  ut  postea 
Q.  Vargunteius  Annales  Ennii,  quos  certis  diebus  in  magna 
frequentia  pmimitiabat:  ut  Laelius  Archelaus  Vectiusque 
Philocomus*)  Lucilii  Satiras  familiaribus  suis,  quas  legisse 


*)  Den  in  Parerga  PI.  I  p.  195.  .'178.  praof.  p.  XVII  boseitipten 
^uintwt  Philocomm,  ^egfii  di*ii  mit  Andern  IJeigk  in  Zeitmhr.  f. 
Altwi**.  1845  i>.  114  zu  nailiHichtig  war,  hat  auch  Hertz  ebenda 


Digitized  by  Google 


402 


DIK  SCIIRIFTSTELLEREI 


se  apud  Archelauui  Pompeius  Lenaeus,  apud  Philocomuui 
Valerius  Cato  praedicant':  worauf  zu  den  Zeiten  des  Aeliu* 
r»23  Stilo  und  seines  Schwiegersohnes  Ser.  Clodius  fortgegangen 
wird.  Oh  die  Icctio  eigene  oder  fremde  Arbeiten  hetrifft, 
darauf  kommt  nichts  an;  genug,  rccitarc  erscheint  hier  noch 
so  wenig  als  stehende  Bezeichnung,  dass  diesem  Ausdrucke 
gerade  da,  wo  man  ihn  am  bestimmtesten  erwartete,  pro- 
nuntiare  substituirt  ist.  Und  eben  so  wenig  heisst  es  recitarc, 
8ondern  —  wenn  nicht  Ugere%  doch  praclcgcre  im  vorhor- 
gehenden  Capitel:  rsi  quid  ipsi  latine  composuissent,  prae- 
Icgebant  (Livius  et  Ennius).'  Und  abermals  c.  16:  'primus 
dicitur  (Q.  Caecilius  Epirota)  .  .  .  Vergilium  et  alios  poetas 
novos  praelcgerc  coepisse.'  Denn  das  lcgendo  der  ersten  Stelle 
ist  allerdings  mit  ausschliesslicher  Nothwendigkeit  nicht 
ebendahin  zu  beziehen;  legere,  wie  es  vom  Schiiler  gesagt 
wird,  der  einen  Autor  bei  seinem  Lehrer  liest,  so  auch  vom 
Lehrer,  der  'ilber  ihn  liest'  oder  ihn  mit  seinen  Zuhorern 
liest  In  der  ersten  Bedeutung  ist  das  'quas  lcgisse  se  apud 
Archelaum'  u.  s.  w.  gesagt,  desgleichen  cap.  24  vom  Vale- 
rius  Probus  ^tegerat  in  provincia  quosdam  veteres  lihellos 
apud  grammatistam';  in  der  zweiten  ebenda  'uiagisque  op- 
probrio  tegentibus  quam  gloriae  et  fructui  esse,'  und  funum 
vel  alterum  vel,  cum  plurimos,  tres  aut  quattuor  postnieri- 
dianis  horis  admittere  solebat  cubansque  inter  longos  ac 
vulgares  sermoues  legere  quaedara.'  Aber  ausschlie9sen  kann 
doch  den  Begriflf  des  recitirenden  Vorlesens  auf  der  andern 
Seite  der  Ausdruck  lcgcrc  auch  nicht.  Selbst  wenn  man 
nicht  zugeben  will,  dass  bei  Sueton  quas  ....  pronuntiahat 
und  familiaribus  suis  sich  auf  lcgcndo  conmmtandoquc  zurtick- 
beziehe,  indem  diess  als  genereller  Begriff  zusammenfasse, 
was  sodanu  von  einzelnen  Belegen  unter  ihn  subsumirt 
werde,  so  muss  man  doch  einraumen,  dass  vor  und  mit 
Schiilern  lesen,  in  geschlossenem  Freundeskreise  lesen,  und 
vor  einera  grossern  Publicum  lesen,  uur  Stufen  eines  der 
Hauptsache  nach  gleichartigen  Acts  sind,  wobei  die  Unter- 


p.  393  richtig  zurfickgewiesen.  —  Van  Heusde'*  familiaribus  sui*  ist 
mir  noch  iinuior  wahrscheinlichor  al8  das  uberlieferte  familiaris  sut. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTWS  VARRO. 


403 


schiede  daa  Zufallige,  nur  in  der  Vi-rschiedenheit  der  zuho- 
rcnden  Subjecte  Liegende  sind.  Und  was  bindert  denn  an- 
zunehmen,  dass  Varro  eben  niclit  nnr  die  eigenen  Recita- 
tionen  von  Verfassern,  sondern  anch  die,  nicht  bloss  anf 
iisthetischen  Genuss  berechneten,  zugleich  erkliirenden  Vor- 
lesungen  gelehrter  Litteratoren  in  seiner  Darstellung  ins 
Auge  fasste?  woraus  nur  auf  die  Verbreitung  dieser  doppelten  M4 
Sitte  und  auf  den  Einfluss  zu  scbliessen  wiire,  den  ihr  Varro 
auf  die  Entwickelung  litterarischer  Bildung  beilegte. 

Einen  Uebergang  von  den  kritisch- litterarhistorischen 
Arbeiten  Varros  zu  seinen  grammatischen  ist  die  Schrift 
de  proprit tatr  scriptoritm,  in  ebenfalls  drei  Biichero,  zu 
machen  geeignet,  wofeni  angenommen  werden  darf,  dass 
darin  stilistische  Vergleichung  von  Autoren  und  (rattungen 
ein  hervortretender  Gesichtspunkt  war.  Das  einzige  Frag- 
ment  bei  Nonius  p.  334  lehrt  nichts.  Ich  habe  de  Disc.  §  8 
foben  p.  365 1  vermuthungsweise  darauf  bezogen,  was  bei 
0elliu8  VII,  14  stebt:  fvera  autem  et  propria  huiuscpinodi 
formarum  exempla  in  latina  lingua  M.  Varro  esse  dicit  uber- 
tatis  Pacuvium,  gracilitatis  Lucilium,  niediocritatis  Terentium/ 
aber  zugleich  eine  eutgegenstehende  Moglicbkeit  nicht  ver- 
schwiegen,  die  sich  durch  (•harisius  p.  215:  ?n©n>  »t  ait 
Varro  de  tatino  sermone  lib.  V,  nullis  aliis  servare  convenit 
quam  Titinio,  Terentio,  Attae:  7rd8r|  vero  Trabea,  Atilius, 
Caecilius  facile  moverant'  (vgl.  Parerga  I  p.  194)  mit  um  so 
mehr  Schein  begriiuden  lasst,  als  es  hier  nicht  einmal  sti- 
listische  Eigenschaften  sind,  sondern  viel  tiefer  greifende 
Unter8chiede  der  ganzen  Individualitiit,  die  dennoch  in  einem 
Werk  (iber  Sprache  Platz  gefunden  haben.  Und  zwar  in 
einem  Sprachwerk,  welches  sich  allerdings  mit  den  fibcr  die 
eigentliche  Grammatik  hinaus  liegenden  Gegenstiinden  be- 
fasste.  Denn  so  liisst  sich  im  allgemeinen  wohl  das  Ver- 
haltniss  zwischen  den  zwei  bedeutendsten  gramuiatischen 
Werken  Varros,  de  lingua  latina  (ad  Vieeroneni)  und  de 
sermone  latino  ad  MareeUum  fassen,  so  manche  Dunkel- 
heiten  auch  sonst  gerade  hier  noch  aufzuhellen  siud.  Der 
Hauptbeweis  liegt  darin,  dass  es  das  letztere  Werk  war, 
worin  von  Varro  die  Metrik  abgehandelt  ward:  wofiir  die 


Digitized  by  Google 


404 


DIE  SCTIRTFTSTELLEREI 


Thatsachen  de  Diseipl.  §  1C>  [oben  p.  3821F.]  conibinirt  sind. 
Freilich  iiach  zweiinaligem,  aehr  unverdachtig  aussehenden 
Zeugniss  des  Rufinus  p.  2707  P.  371)  Gaisf.  in  lib.  VII  ffe 
liiujua  latina  ad  Marceltumy  wahrend  der  Katalog  des  Hiero- 
nymus  im  ganzen  nur  fiinf  Biicher  angibt:  wobei  der  Fehler 
doch  wohl  auf  Seiten  unseres  Katalogs  sein  raag. 

Desto  glaubhafter  ist  dessen  Bestimmung  der  Bucher- 
r.25  zahl  de  lingua  latina.  VVenn  deren  Umfang  fast  fiberall 
frischweg  auf  24  Biicher  angegeben  wird,  so  hat  man  den 
rein  iiusserlichen  Zufall,  dass  das  24ste  Buch  das  hoehste  in 
Citaten  vorkommende  ist,  als  einen  entscheidenden  Gniud 
behandelt.  Und  doch  war  dafiir,  dass  gerade  diess  nicht  die 
wahre  Zahl  sein  konne,  der  triftigste  innere  Grund  ent- 
scheidend.  Mit  welcher  gleichsam  architektonischen  Syni- 
metrie  Varro  )>ei  der  Vertheilung  und  Anordnung  seines 
Stotfes  in  den  Jimtm  humanantm  und  divinarum  libri  zu 
Werke  ging,  liegt  uns  in  Augustinus  Mittheilungen  deutlich 
vor  Augen.  Dieselbe  strenge  Uegelmassigkeit  finden  wir  in 
den  iibriggebliebenen  Bilcheru  dc  linyua  latina  wieder,  und 
zwar  vom  Verfasser  selbst  wiederholt  eingeschiirft  und  ge- 
flis8entlich  hervorgehoben:  V  init.,  VI  extr.,  VII  extr.,  VIII, 
24.  Nach  einem  Einleitungsbuche  (genau  wie  bei  beiderlei 
Antiqnitatum  libri)  liess  er  als  Abschnitt  /  folgen  sechs 
Biieher  (2—7)  qnomodo  vocabnla  imposita  cssent  rcbns,  und 
zwar  als  Iliilfte  A  drei  Biicher  de  disciplina  verhmtm 
orujinis,  und  wiederura  in  dieser  ersten  Iliilfte  als  Theil  a) 
qtuw  contra  camf  als  Theil  b)  qitac  pro  ea,  als  Theil  c)  qttae 
de  ca  dicantur}  so  dass  Buch  und  Theil  sich  decken;  des- 
gleichen  als  Hiilfte  B  drei  Biicher  dr  verbontm  orunnibus 
selbst,  und  darin  ebenso  als  Theil  a)  de  vooMUs  focontm, 
b)  de  vocabulis  Umpornm,  c)  dc  vocalmlis  poctanm.  Im  voll- 
stiindigsten  Parallelismus  hiermit  behandelte  Abschnitt  II 
in  G  Hiichern  (8 — 13)  den  Stotl  qncmadmodum  vocalmla  in 
casus  declinarentur7  und  zwar  als  Halfte  A  in  drei  Biichern 
dc  dcctinationnm  disciplina,  und  hier  wiederura  in  Theil  a) 
quac  contra  eamt  b)  quae  pro  ca,  c)  qnar  dc  ca  dicantur;  des- 
gleichen  als  Ilalfte  B  in  drei  Biichern  de  dcelintdiombtts 
selbst,  nach  drei  Theilen,  ilher  die  wir  nicht  niiher  uuter- 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  YAKHO. 


465 


richtet  sind.  Wer  konnte  nun  zweifeln,  dass  eine  bis  hieher 
so   gewissenhaft   eingehaltene   Gleichformigkeit   durch  das 
Ganze  durchgefiihrt  war?  wer  mit  Miiller  glauben,  dass  der 
Rest  einen  dritten  Abschnitt,  quomodo  vocabtda  coniungerentur, 
in  elf  zusammengehorigen  Btichern  gebildet  habe?  Vielmehr 
ist  klar,  dass,  wenn  noch  ein  Abschnitt  folgte,  das  Ganze 
aus  19,  wenn  noch  zwei  Abschnitte,  aus  25  Biichern  bestand, 
und  nicht  aus  24.    Und  die  25  Biicher  werden  noch  besta-  5«c 
tigt  durch  die  'Epitome  cx  libris  15  de  lingua  latina9  des 
Katalogs,  worin  die  V  wiederkehrt  und  nur  X  fiir  XX  eine 
Irrung  ist.  —  Die  24  ware  hiermit  unweigerlich  beseitigt, 
aber  darum  noch  ganz  und  gar  nicht  die  25  zur  Befriedigung 
erklart  und  gegen  die  starksten  Bedenken  geschiitzt.  Solche 
erheben   sich  namlich  in  drohendster  Gestalt  aus  Varros 
eigener  Erklarung  VII  extr.:  fQuocirca  quoniam  omnis  operis 
de  lingua  latina  tris  feci  partes,  primo  quemadmodum  voca- 
bula  imposita  essent  rebus,  secundo  quemadmodum  ea  in 
casus   declinarentur,  tertio   quemadmodum  coniungerentur' 
....  Sollen  wir  glauben,  der  dritte  Abschnitt  habe  12  Bu- 
cher  gefiilltV   Das  muss  vielmehr  fiir  schlechthin  unglaublicli 
gelten,  einmal  weil  damit  das  ganze  Princip  der  aussem 
Symmetrie  iiber  den  Haufen  geworfen  wiire,  und  zweitens 
weil  man,  wie  Milller  p.  L  nicht  entgangen  ist,  fiir  eine 
Varronische  Behandlung  gerade  des  syntaktischeu  Theils,  ini 
Gegensatz  zu  Etyniologie  und  Formenlehre,  zwar  sehr  gern 
sich  ein  armeres  Material  und  einen  geringern  Umfang  wiirde 
gefallen  lassen,  gewiss  aber  keine  grossere  Fiille  und  Aus- 
dehnung  denken  kann.  Man  darf  hiernach  mit  Zuversicht  an- 
nehmen,  dass  die  Syntax  nur  von  Buch  14-19  reichte.  Was 
also  stand  in  Buch  20—25?  Miiller  meinte:  'nescio  an  scrip- 
tor  in  inferioribus  libris  ad  usum  vocabulorum  et  orationis  or- 
natum  et  similia  argumenta  tran.sgressus  sit/   Ich  glaube  das 
auch,  weil  nichts  anderes  iibrig  bleibt;  nur  dass  dergleichen 
nicht  dem  Abschnitt  quomodo  vocabnla  coniungerentur  ahgehorte, 
sondern  nothwendig  einen  vierten  Abschnitt  bildete.  Aber 
gegen  Varro's  eigene  Erklarung  von  den  tres  jtartes  omnis 
opem?   Gegen  Varro's  eigene  Erkliirung!    Denn  ich  zweifle 
nicht  —  oder  es  zeige  einer  einen  bessern,  ja  nur  eiuen 

¥H.  RlTSCHELtl  OPV8CVLA  III.  30 


Digitized  by  Google 


406 


DIE  SCHRIFTSTELLEREI 


andern  Ausweg  —  dass  wir  hieran  einen  neuen,  und  zwar 
den  allerschlagendsten  Beweis  dafQr  haben,  dass  die  Bucher 
de  lingua  latina  nicht  vollig  zur  Herausgabe  vollendet  wor- 
den,  sondern  ohne  den  letzten  Abschluss  herausgekommeu 
sind.  Varro  muss,  urspriinglich  von  der  Absicht  einer  Drei- 
theilung  des  Ganzen  ausgehend,  erst  im  Verlauf  des  Werks 
auf  den  Gedanken  gekommen  sein,  diesen  Plan  durch  Hin- 
68?  zufQgung  eines  vierten  Theiles  zu  erweitern.  Die  Ankfin- 
digung  der  Dreitheilung  ist  aus  der  ersten  Anlage  stehen 
geblieben,  wie  er  ja  nach  Lachmann  s  Bemerkung  (Rhein. 
Mus.  f.  Phil.  VI  (1839)  p.  108)  auch  nicht  dazu  kam,  die 
Privatnotiz  hic  intermisimvs  lierum  rust.  II,  1  in  seiner 
Handschrift  zu  tilgen*).  Eine  Epitome  konnte  er  immerhin. 
sei  es  zuniichst  zu  eigenem  Gebrauch  oder  zu  spaterer  Ver- 
offentlichung,  auch  aus  dem  nicht  zur  letzten  Durcharbeitung 
gekommenen  Manuscripte  machen.  Das  Verhaltniss  ihrer  9 
BQcher  zu  den  25  kann  dieses  gewesen  sein,  dass  die  je 
zwei  Halften  der  vier  Hauptabschnitte  in  acht  einzelne  Bfl- 
cher  zusammengefasst  waren,  also  immer  ein  Buch  der  Epi- 
tome  (denn  sie  heisst  ja  ausdrucklich  ex  Kbris  [X]XY  df 
linyua  latina,  bezog  sich  also  nicht  etwa  bloss  auf  die  friiher 
fertige,  anfangliche  Anlage  von  19  Buchern)  drei  BQchern 
des  grossen  Werks  entsprach,  einleitenden  Erorterungen  aber 
auch  im  Auszugc  ein  besonderes  Buch  ge*widmet  war. 

Was  aber  wird  nun  aus  dem  Inhalte  der  BQcher  de  ser- 
mone  latino  ad  MarceUnm,  wenn  sowohl  sie  als  die  letzten 
6  Bucher  de  linyua  latina  sich  mit  den  iiber  die  Grenzen  der 

*)  Die  letzten  sechs  Biicher  etwa  ganz  einfach  fiir  eineu  Auhang 
zu  dem  eigentlichen  Hauptwerk  von  19  Bflchern  erkliiren  zu  woilen, 
des8en  Glicderung  durch  eine  solche  Zugabe  gar  nicht  berflhrt  worden 
sei,  wflrde  una  nichta  helfen.  Diess  kann  der  ganz  richtige  Ansdruck 
sein  fflr  die  Entstehungsgeschichtc ;  aber  es  ware  eben  nicht  im  Sinne 
der  Alten,  die  zufallige  atissere  Entstehung  als  massgebend  fflr  die 
Geatalt  des  fertigen  Werks  hervortreten  zn  lassen,  statt  sie  im  Gegen- 
theil  mit  der  einfachBten  Miihe  von  der  Welt  durch  eine  zusammen- 
fassende  Eintheilung  zu  verwischen.  Allermindeatens  aber  hatte  docb 
Varro  einee  so  umfanglichen  Anhangs,  wenn  er  ihn  ala  solclien  an- 
erkannt  wisscn  wollte,  da  Erwahnung  thun  mflssen,  wo  er  sagte:  'ooi- 
iiw  operis  tris  feci  partes'. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTRTS  VARRO. 


407 


Svntax  hinausgreifenden  sprachlichen  Partien  beschaftigtenV 
Ausonius  Popma*)  Bibl.  Varr.  p.  499  wollte  die  vermeint- 
lichen  24  Biicher  de  lingua  latina  ad  Ciceroneni  mit  den  7 
ad  Marcellum,  in  welchen  letztern  *de  poematis*  gehandelt 
worden  sei,  zu  einem  Gesammtwerke  von  31  Btichern  ver- 
binden.  Hiernach  konnte  die  Vennuthung  einen  Augenblick 
ansprechen,  dass  das,  nur  freilich  zuerst  selbstandig  existi- 
rende,  Werk  ad  Marcellum  spiiter  ware  der  Verwandtschaft  r»28 
der  Materien  halber  mit  dem  ad  Ciceronem  verbunden  worden. 
Das  Bedenken  dagegen,  dass  der  Katalog  des  Hieronynius 
beide  Werke,  und  zwar  de  lingua  latina  in  25,  und  nicht 
etwa  in  19  Btichern,  nebeu  einander  gibt,  ware  noch  nicht 
entscheidend ;  kaum  hinwegzukommen  schon  tiber  das  stiirkere, 
dass  nicht  etwa  nur  Acro,  Nonius  und  Kufinus,  die  zufiillig  aus 
den  letzten  6  Buchern  ad  Ciceronem  nichts  anftihren,  sondern 
auch  Gellius  und  Charisius,  bei  denen  liber  XXII  und  XXIV 
ad  Ciceronem  vorkommt**),  in  ihren  Citaten  aus  dem  Werk 
ad  Marcellum  dessen  Biicher  besouders  ziihlen;  entscheidend 
aber  ist,  dass  wir  ja,  um  die  19  zu  25  zu  erganzen,  sechs 
Bflcher  ad  Marcellum  brauchen  wtirden,  wiihrend  uns  die  ob- 
gleich  schwankende  Ueberlieferung  doch  nur  den  Anhalt  von 
entweder  fiinf  oder  aber  sieben  Btichern  gibt.  Demnach  werden 
wir  auch  hier,  wie  im  Kreise  der  historisch-antiquarischen 
•Schriftstellerei  Varro  s,  wieder  auf  das  Verhiiltniss  von  Spe- 
cialschriften  geftihrt,  deren  Inhalt  sich  mit  den  entsprechen- 
den  Theilen  eines  Generalwerks  deckte,  indem  die  Special- 
arbeiten  entweder  friihere  Vorbereitungen  oder  auch  wohl 
spatere  Ausftihrungen  waren.  Und  dieses  Verhiiltniss  findet 
volle  Bestatigung  durch  andere  13elege  im  Gebiete  der  gram- 
inatischeu  Varro-Litteratur. 


*)  BeiJaufig  auch  der  erste,  der  gegen  die  jetzt  beseitigte  Bezeich- 
nong  der  erhalteneu  Bucher  de  /.  lat.  als  lib.  IV— IX  die  gegrundetsten 
Bedenken  erhob  (Bibl.  Varr.  p.  500  f.)  und  auf  deni  besten  Wege  war 
die  richtige  Ziihlung  zu  erkenuen. 

**)  Denn  diese  Benenniuig,  statt  lib.  XXII  und  XXIV  deUngua 
latiiia,  kiinnte  so  gut  a  potiore  sein,  wie  die  atl  Septimium  geschrie- 
l»en.'u  Bucher  von  Servius,  Philargyrius  und  Diomedes  doch  als  lib.  II, 
111,  IV  ad  Ciceronem  gezahlt  werden. 

30* 


Digitized  by  Google 


468 


DIE  SCHRIFTSTELLERKI 


Zunachst  durch  die  drei  Biicher  de  simil itudine  ver- 
borum,  dieseu  Haupttuninielplatz  der  graraiuatischen  Betrieb- 
samkeit  aller  Zeiten  bei  Griechen  und  Romern.  Als  selb- 
standige  Schrift  neben  der  Hexas  des  Werks  de  lingua  latina, 
die  eben  ganz  dem  locus  de  similitudine  gewidmet  ist,  stellt 
jetzt  diese  Bficher  unser  Katalog  sicher,  wiihrend  Spengel 
p.  594  das  Citat  des  Charisius  p.  71  fe  secundo  de  sioiili- 
tudine  verborum,  dem  9ten  Buche  de  lingua  laiina  zuwies, 
woran  Miiller  p.  209  zu  zweifeln  alles  Recht  hatte*),  wie 
529  sich  nun  zeigt,  —  Aber  die  similitudo7  den  Begriff  scharf  ge- 
fasst,  begreift  nur  die  eine  Seite  der  gesammten  Declinations- 
und  Conjugationslehre,  eben  die  der  analafia  im  Gegensatze 
zur  anomalia;  wie  Varro  uberwiegend  deu  Gesichtspunkt  der 
Aualogie  verfolgte  in  den  Btichern  dc  similitudine ,  so  war 
der  correlative  der  Anomalie  in  den  Vordergrund  gestellt 
in  den  ergiinzenden  Buchern  de  utilitate  sermonis,  von 
denen  wir  ohne  das  einzige  Citat  eines  einzigen  Wortes  bei 
Charisius  p.  98,  wo  das  vierte  Buch  nngefuhrt  wird,  die 
letzte  Kunde  verloren  hiitten.  Der  gegebene  Begriff  der  «/<- 
litas  wird  zugleich  bezeugt  und  motivirt  durch  Varro  selbst 
de  1.  1.  IX  §  48:  fCum,  inquiunt,  idilitatis  caussa  iutrodutta 
sit  oratio,  sequendum  non  quae  habebit  similitudineni,  sed 
quae  idilitatem'  u.  s.  w.,  vergl.  mit  VIII  §  20—31,  woraus 
hervorzuheben.  die  Worte:  ecum  utititatis  caussa  verba  ideo 
sint  imposita  rebus,  ut  eafsj  significent,  si  id  consequiniur 
una  consuetudine,  nihil  prodest  analogia'.  In  den  Buchern 
dc  lingua  latina  geht  Varro  darauf  aus,  die  Gegensiitze  aus- 
zugleichen  und  in  ihr  rechtes  Verhaltniss  zu  stellen,  die  er 
in  den  beiden  genaimten  Werken,  wie  es  scheint,  mit  ab- 
sichtlicher  Einseitigkeit  durchfuhrte. 

Ueber  den  lnhalt  des  ersten  Buchs  de  I.  tat.  sind  wir 
nicht  unterrichtet:  darum  liisst  sich  nicht  sagen,  ob  zwei 
grammatische  Schriften  Varro  s,  die  noch  iibrig  sind,  in  deni 
Verhaltniss  einer  weitern  Ausfuhrung  des  dort  .behandelten 


*)  Nur  die  Aciia  durfte  er,  wenn  das  oben  flber  sie  (iesajjrte  Pro- 
babilitiit  hat,  nicht  unter  den  Schriften  nennen,  in  deneu  Varro  scheiue 
vorzugBweiae  grammatische  Dinge  behandelt  zu  haben. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO. 


469 


Stoffes,  oder  in  dem  einer  Ergiinzung  des  ganzen  Werkes 
standen.  Beide  Titel  verdanken  wir  dem  Priscian,  den  einen 
Jer  luckenhaften,  erst  von  Spengel  Praef.  zu  Varro  p.  7 
vervollstandigten  Stelle  I,  7  p.  37  Kr.:  fVarro  in  primo  de 
origine  linguae  latinae',  den  andem  der  scbon  vou  Bon- 
tlam  Var.  Lect.  II,  13  ans  Licht  gezogenen,  von  Walch 
Emend.  Liv.  p.  172  f.  berichtigten  aus  I,  4:  fVarro  in  se- 
ciuido  de  antiquitate  litterarum'.    Darin,  den  Titel  dc 
originc  l.  I.  mit  dem  ersten  Buch  dc  1.  tat.  zu  identificiren, 
hiitte  Mtiller  p.  204,  auch  abgesehen  von  der  jetzt  durch 
unsern  Katalog  bezeugten  Selbstaudigkeit  der  aus  3  Buchern 
bestebenden  Schrift,  Spengel  nicht  folgen   sollen;   aber  s.jo 
auch  mein  Identiticiren  der  beiden  Priseianischen  Titel  (de 
Discipl.  p.  54  f.  [oben  p.  401  f.J)  nehme  ich,  m  Betracht  son- 
4iger  Genauigkeit  dieses  Grammatikers  beim  Citireu  der 
Varronischen  Schriften  und  in  Folge  des  erweiterten  Blicks 
uber  die  Varronische  Polygraphie,  zurdck.  Beide  Bruchstucke 
betreffen  die  Lehre  vou  den  Buchstaben;  das  erste:  cut  Ion 
scribit,  qiunta  et  vicesima  est  littera  (quinta  viccsima  ct  tit- 
(rra  Sp.)  quam  agma  vocant,  cuius  forma  nulla  sed  vox 
coramunis  est  Graecis  et  Latinis,  ut  his  verbis:  aggulus,  ag- 
gens,  agguilla,  iggerunt.  in  huiuscemodi  Graeci  et  Accius  no- 
der  bina  gg  scribunt,  alii  n  et  g';  das  zweite:  flingua  Chal- 
daeoruni   singularum   nomina  litterarum  ad  earum  formas 
osse  factas,  et  ex  his  certum  fieri  eos  esse  primos  auctores 
littprarura.'    Ganz  verwandte  Erorterungen  itber  die  Buch- 
staben  fuhrt  nun  aus  Varros  zweimal  genannten  libris  ad 
Acchm  Pompejus  Comm.  Don.  p.  9,  27  an:  folim  XVI  fuisse, 
postea  ex  superfluo  additas  alias  litteras  et  factas  XXIII. 
habemus  hoc  in  libris  ad  Accium  apud  Varronem,  et  cur 
tot  sint  et  quare  eo  ordine  positae  et  quare  isdem  nomini- 
bus  vocentur':  wo  ehedem  Ruhnken  bei  Heusinger  zu  Mall. 
Theod.  p.  64  sehr  unglucklich  ad  Atticum  substituiren,  Osann 
Anal.  p.  67  seinen  Liebling  Ateius  einfiihren  wollte.  Hier- 
nach  drangt  sich  so  unabweisbar  wie  moglich  die  Combi- 
nation  auf,  dass  eine  der  beiden  in  Rede  stehenden  Schriften 
dem  L.  Accius  gewidmet  war.  Die  Wahl  bleibt  nicht  zweifel- 
haft,  wenn  zugegeben  wird,  dass  der;  an  den  ein  Buch  ge- 


Digitized  by  Google 


470 


DIK  SCH K I FTST KLL K K KI 


richtet  ist,  nach  antiker  Auffassung  nicht  in  der  dritten 
Person  darin  vorkommen  kann.  Wir  nehmen  deuinach  dt 
antiquitate  Utterarum  ad  Accium  libros  (etwa  trcs)  als  eine 
sich  speciell  mit  den  Buchstaben  beschaftigende  Einzelsehriit 
in  Anspruch,  wiihrend  von  der  Schrift  de  origine  linyttae 
latinae  derselbe  Stoff  nur  einen  Theil  biidete,  ein  grosserer 
Theil  entweder  weiter  ausgreifenden  geschichtlichen  Unter- 
suchungen  oder  auch  etymologischen  Forschungen  Rauni  er- 
offnete.  Ob  Apulejus  de  diphthoiigis  p.  125  Os.  iind  de 
nota  aspirat.  p.  107,  wo  er  Orthographisch-etymologisches 
aus  Varros  libris  (das  zwcitemal  libro)  dc  origine  linguae  la~ 
Mi  tinae  anfuhrt,  wirklich  nur  aus  uusern  de  vcrborum  originc 
handelnden  Buchern  dc  l.  lat.  schopfte,  indem  er,  wie  Spen- 
gel  s  mir  brieflich  mitgetheilte  Meinung  ist,  Varros  kurze 
Augaben  auf  eigene  Hand  erweiterte,  will  ich  dahingestellt 
sein  lassen,  dagegen  aber  die  Moglichkeit  nieht  iibergeheDt 
dass  hier  von  einer  Notiz  des  Lydus  de  magistr.  I,  5  p.  125  B. 
Anwendung  zu  machen  sei:  oube  Yotp  cVrvoncac  6  'PujuuXoc  rj 
o\  kcit'  aurov  beiKVUTai  kot'  ckuvo  KaipoO  Tf)v  €\Xdba  (ptuvriv, 
Tr]v  AioXiba  Xcyuj,  ujc  qpaciv  6  Tt  KaTiuv  tv  tuj  Trepi  TujuaiKric 
dpxaioTnroc  Bdppujv  Te  6  TroXuuaeecTaToc  ev  TTpootuiotc 
tujv  TTpoc  fTouTTriiov  auTUj  y eYpauuevujv,  Gudvbpou  kcu 
tujv  dXXujv  'ApKdbujv  eic  iTaXtav  eX96vTUJV  ttotc  koi  ttiv  Aio- 
Xtba  Tok  fkxppdpotc  evcTreipdvTUJV  <pujvr|V.  Wie  gut  diese 
Arguraentation  in  eiue  Urgeschichte  der  lateinischen  Sprache 
passt,  ist  klar,  und  so  wiire  vielleicht  in  der  Annahme  vou 
libri  trcs  de  originc  linguae  latinae  ad  Potnjmum  die  Losuug 
eines  Probleins  gefunden,  das  Krahner  p.  20  nicht  ohne 
das  Wagestiick,  TTourruJvtov  fiir  rTouTrrjtov  zu  schreiben  und 
das  erste  Buch  dc  l.  lat.  dem  Atticus  gewidmet  zu  deu- 
ken*),  losbar  schien.    War  hierbei  ganz  iibersehcn,  dass  es 


*)  Ausdrilcklich  bc/.eichnet  zwar  Varro  V  init. ,  VII  extr.  uur  die 
Biieher  II  — IV,  nicht  l  IV,  als  dem  Septimins  zuge»'ignet  iqui  tnihi 
fuit  quacstor  d.  i.  wie  1'opma  Bibl.  Varr.  p.  49S  hinzurietzt,  in  Ctlt- 
cia;  warum  aber  nicbt  eben  so  gttt  in  HtBpama?).  Aber  eollte  Varro 
mit  der  Dedication  eiuer  blossen  Einleituug  uberhaupt  irgendwem  eine 
besondere  Khre  zu  erweisen  gemeint,  volleud»  gerade  deu  Pompejus 
damit  abgcspeiet  haben,  wie  dieses  Spengel  und  Muller  anuahmen? 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIIS  VARKO. 


471 


ja  daim  bei  Lydus  heissen  lntisste  ev  toic  (oder  tuj)  TTpoc 
TTouTrr,iov  feYpauuevoic  (YtYpauue^uj),  da  doeh  wahrlich  nie- 
niand  eine  Vorrede  zu  einer  Vorrede  (denn  was  ist  ein  Ein- 
leitungsbuch  anders?)  .citiren  wird,  so  fallt  dieser  Anstoss 
bei  unserer  Verkuiipfung  allerdings  weg;  aber  dennoch  bleibt 
iuiuier  moglich,  dass  Varro  dem  Pompejus  irgend  eine  andere, 
gar  nicht  nothwendig  grammatische  Schrift  zugeeignet  hatte, 
iu  deren  Einleitung  er  sich  iiber  die  Verwandtschaft  italischer 
lTrsprache  mit  dem  Aeolischen  beilaufig  ausliess.  Wenn  in  532 
einem  solchen  Verhiiltniss  zugleich  die  auffallend  umstiind- 
liche  Ausdrucksweise  der  Citation  ihre  einleuchtendste  Er- 
kliirung  finden  wiirde*),  so  lassen  sich  auch  zwei  derartige 
Schriften  nenneu,  die  in  der  That  an  Pompejus  gerichtet  und 
fur  ihn  eigens  geschrieben  waren:  erstlich  der  Gicciyujyikoc, 
ex  quo,  wie  Gellius  XIV,  7  sagt,  discerct  Pompcius,  quid  fa- 
cere  dkercque  dcbcrct,  cttm  senatum  consnlerct,  der  indess  fiir 
Lydus  nicht  in  Betracht  kommen  kann,  da  er  uach  Varro  s 
eigenem  Zeugniss  bei  Gellius  verloren  gegangen  war;  zwei- 
tens  die  Ephcmcris  navalis,  welehe  Varro  nach  Mai  s 
Itinerarium  Alexandri  M.  c.  6  fCn.  Poinpeio  olim  per  Hispa- 
niam  militaturo  ....  elaboravit,  ut  inhabiles  res  eidem  ge- 
sturo  scire  esset  ex  facili  inclinationem  Oceani  atque  omnes 
reliquos  motus   aerios  praescientiae  fide   petere   ut  decli- 


Nur  wus  dagegen  Krahner  vorbringt:  'etiamsi  temporum  ratio  banc 
seotentiam  non  refutaret,  vix  cogitari  liceret  Varronem  ad  Cn.  Pom- 
peium  aliquid  de  lingua  latina  scripsiBse',  halt  nicht  Stich. 

*)  War  es  nicht  das  Diaparate  des  Stoffes  in  den  Trpootniotc  und 
im  Buche  selbst,  waa  die  einfachste  Form  des  Citata  tv  toic  irpdc 
TTounritov  jtfpawivoxc  umgehen  liess,  so  vriisste  ich  nur  noch  die  Mo- 
tivirung,  dass  mit  upootutoic  ein  ganzes  Einleitungsbuch  zu  einem 
grossern  Werke  gemeiut  sei,  das  (nebat  dem  Einleitungsbuche)  dem 
1'ompejas  zugeeignet  war,  wie  mSglicher  Weiae  z.  B.  dc  iure  civiliy 
oder  selbst  Iitrum  humanarum  antiquitates,  uber  deren  Empfanger  wir 
nicht  unterrichtet  aind;  die  Chronologie  wenigstens  thate  keinen  Ein- 
spmch,  da  gerade  zwischen  die  Herausgabe  der  Humanarum  und  der 
dem  Caesar  gewidmeten  Divinarum  rerum  Ubri  der  politische  Wende- 
punkt  (706)  fallen  konnte.  Pie  letzteren  dvirfen  wir,  da  wir  den  Varro 
708  und  709  mit  den  Bilchem  de  Ungua  latina  besch&ftigt  wisien, 
uicht  lange  uach  Varro's  VersOhnung  mit  Caesar  ansetzen. 


Digitized  by  Google 


472 


DIE  SCHRIFTSTELLEREI 


naret'*).  Freilich  miissen  wir  uns  den  Varro  sehr  schwer- 
fallig  denken,  um  ihm  zuzutrauen,  dass  er  so  praktische 
Zwecke  mit  so  unpraktischer  Gelehrsamkeit  einleitete.  — 
Wie  dem  auch  sei,  etyrnologische  Erorterungen  konnten, 
nach  dem  Standpunkte  der  Alten  und  des  Varro  insbesondere, 
von  drei  Bttchern  dc  originc  linguac  latinae  nicht  wohl  aus- 
geschlossen  sein,  und  so  diirfen  wir  uns  berechtigt  lialten, 
das  Verhaltniss  sammtlicher  grammatischer  Schriften  Varro  s 
so  zu  bestimmen,  dass  mit  dem  umfassendsten  Werke  de 
533  Ungua  latina  parallel  liefen  vier  Specialschriften,  narnlich 
mit  dem  ersten  Viertel  die  Biicher  de  origine  linguae  latinm, 
mit  dem  zweiten  Viertel  die  de  simiUtudine  verborum  uud  die 
de  utilitatc  sertnonis,  (mit  dem  dritten  Viertel,  dem  syntakti- 
schen,  keine  bekaunte  Einzelbearbeitung,)  mit  dem  letzten 
Viertel,  weim  auch  nicht  nothwendig  deren  Inhalt  gaiu 
deckend,  die  Bticher  de  sermone  latino:  wahrend  dem  Inhalte 
des  ersten  Viertels  noch  vorausrag  die  Schrift  de  antiquiUitc 
liitcrarum,  dem  Ganzen  aber  zur  Seite  stand  erstlich  die 
Epitome  und  zweitens  der  Abriss  dc  grammatica  in  den 
Disciplinarum  libris. 

Wir  sind  mit  den  einzelnen  Titeln  unseres  Katalogs  zu 
Ende  und  haben  jetzt  noch  einen  Blick  auf  das  Ganze  zu 
werfen,  zu  diesem  Behufe  aber  zunachst  das  Mass  seiner 
Vollstiindigkeit  zu  priifen.  Obgleich  er  38,  oder  wenn  wir 
de  vaktudine  tuenda  und  einstweiien  einmal  die  libri  shujit- 
larcs  X  abrechnen,  36  Nummern  enthalt,  so  fehlen  doch 
.  nicht  wenige  imd  nicht  unwichtige  Varronische  Biicher.  Von 
solchen  sind  schon  beilaufig  vorgekommen  1.  ein  'poema'  (de 
rerum  natura?):  2.  de  compositione  satirarum:  3.  de 
philosojyhia  Jiber  (wenu  nicht  logistoricus) :  4.  dc  gtntt 
populi  Bomani  libri  IV:  5.  de  familiis  Troianis  libri: 
6.  tribuum  Uber:  7.  Actia:  8.  de  poetis  libri:  9.  de  uti- 
litate  sermonis  libri  (IV):  10.  de  antiquitate  littcra- 
rum  libri  ad  Accium:  11.  Eiaayayixog  ad  Pompcium, 

*)  Oder  wie  Schncicler  p,  226  aus  Muratori  abdrucken  lassen: 
'laboravit  ut  res  externaB  eidem  gesturo  aperiret,  ne  is  Oceani  peri- 
cula  peteret  atque  ouines  reliquos  motus  aerios  praescientiae  fide  de- 
clinaret.' 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO. 


473 


geschrieben  683,  als  Pompejus  mit  Crassus  zum  Cousulat 
designirt  war,  wie  Gellius  angibt:  12.  Ephemcris  navalis 
ad  Pompcium,  von  Vegetius  V,  11  kiirzer  genannt  libri 
navales,  d.  i.  Schiffahrts- Prognostika,  verfasst  677  oder 
kurz  vorher. 

Hieran  reiht  sich  sogleich  13.  die  zweite  Ephemcris 
yrustica  oder  agrestis)  in  dem  Sinne  eines  Laudwirthschafts- 
Kalenders,  jedenfalls  nach  Caesars  Verbesserung  des  ronii- 
schen  Kalenders  (708)  abgefasst  und  als  eine  Ergiinzung 
(Vorarbeit?)  der  Biicher  Jfermn  rusticarum  anzusehen.  Dcnn 
so  durfen  wir  Aufschrift  und  Inhalt  dieser  beiden  Ephemcridcs 
durch  Bergk  s  Untersuchung  im  Khein.  Mus.  f.  Phil.  N.  F.  I, 
}».  367  ff.  als  festgestellt  betrachten  und  alle  fruheren  Irr- 
thuiner  mit  Stillschweigen  iibergehen.  Ohne  alle  Ueber- 
zeugungskraft,  ja,  wie  schon  de  Discipl.  §  19,  3  [oben 
p.  302]  bemerkt  wurde,  entschieden  widerlegbar  ist  Krali-  &s* 
ner's  (p.  18)  und  MerkeTs  (Prolusio  ad  Ovidii  Ibin  p.  361) 
Versuch,  mit  der  Ephcmeris  navalis,  und  zwar  als  Theile 
derselben,  zu  identificiren  14.  dc  ora  maritima  libri,  kaum 
verschieden  von  'opere  quod  de  litoralibus  est9  bei  Soli- 
nus:  und  15.  de  aestuariis  liber,  von  Varro  selbst  citirt 
de  L  lat.  IX,  26  fin  libro  quem  de  aestuariis  feci':  zwei 
Schriften,  fiber  deren  eigentlichen  Zweck  und  Anlass  sich 
nichts  Naheres  sagen  lasst. 

Wenig  klarer  sind  16.  de  yradibus  libri,  woraus 
Servius  zu  Aen.  V,  412  * ycrmamis  est  dc  eadcm  fjcnctrice 
manans*,  non  ut  multi  dicunt}  dc  eodem  ycrminc,  quos  ille 
tantum  1  fratres9  vocat  anfiihrt,  also  =  dc  yradibus  nccessitu- 
dinum,  wie  man  wohl  mit  Recht  supplirt  hat.  Ob  es  etwa 
auch  der  privatrechtliche  Gesichtspunkt  war,  unter  den  hier 
eine  Erorterung  der  Verwandtschaftsgrade  gestellt  war,  die 
mehr  als  ein  Buch  fiillte? 

Ferner  fallt  aber  jetzt,  bei  so  wesentlich  erweitertem 
Uesiehtskreise  iiber  Ausdehnung  und  Manigfaltigkeit  Varro- 
nischer  Schriftstellerei,  auch  jeder  Grund  weg,  17.  liheto- 
ricorum  libros  eines  Autors  zu  bezweifeln,  den  wir  selbst 
als  Verfasser  von  22  Buchern  Orationcs  und  3  Biichern 
Suasioncs  keunen  gelernt  haben,  obgleich  derselbe  ausserdem 


Digitized  by  Google 


474 


DIE  SC HR IFTSTEL  LE  K  K I 


auch  einen  Abriss  der  Rhetorik  als  Theil  dcr  Di-ciplinarum 
libri  (de  rhctorica)  geschrieben  hat.  Freilich  beruht  die 
ausfiihrlichere  Darstellung  auf  dem  einzigen  Zeuguiss  des 
Priscian  IX  p.  872  P.  468  Kr.:  'Varro  in  III  Rhetoricorunf ; 
aber  wie  viele  nur  eiu  einziges  Mal,  namentlich  auch  von 
Charisius,  erwahute  Varrouische  Buchertitel  sind  uus  oben 
begegnet,  die  durch  den  Katalog  des  Hieronymus  eine  zum 
Theil  ungeahnte  Bestatigung  empfangen  haben!  Wenu  bei 
Sichtung  der  Fragmente  anderer  Schriftsteller  vor  alleni  der 
Verdacht  wach  sein  muss,  ob  nicht  unter  scheinbarer  Ver- 
schiedenheit  das  in  Wirklichkeit  Gleiche  sich  verstecke,  so 
ist  bei  Varro  die  entgegengesetzte  Weitherzigkeit  in  ihreui 
principmassigen  Vorrechte.  Liicherliche  Akrisie  dagegen  wiire 
es,  auf  das  dreimal  bei  Nonius  vorkommende  Varro  Iikto- 
ricorum  lib.  XX  etwas  zu  geben,  da  diess  so  gut  wie  das 
bei  demselben  Nonius  sich  findende  Bci  publicac  lib.  XX  und 

535  Eei  rusticac  lib.  XX  reiner  Schreibfehler  ist  fiir  Iicrum  huma- 
narum  lib.  XX ,  woselbst  dic,  zum  Theil  durch  den  Inhalt 
selbst  entscheidenden ,  Fragmente  Popma  langst  unter- 
gebracht  hat;  —  oder  wie  auch  fur  dc  rc  mstica  thcils  dc 
rcrum  natura  (s.  o.),  theils  de  re  publka  oder  de  rc  R  R.  in 
andern  Stellen  von  den  Abschreibern  des  Nonius  gepfuscht 
ist:  vgl.  de  Discipl.  §  3  [oben  p.  357]. 

Von  wie  ungleicher  Gewiihr  die  Ueberlieferung  ver- 
schiedener  Texte  ist,  das  ist  gerade  der  Gegensatz  zwischen 
Nonius  und  Priscian  zu  lehren  sehr  geeignet.  Den  Priscian 
haben  wir  ohne  Ausnahme  von  bewiihrter  Zuverliissigkeit 
im  Citiren  Varronischer  Schriften  gefunden;  was  im  eut- 
gegengesetzten  Sinne  Oehlei  Varr.  Sat.  p.  67  geltend  machen 
wollte,  ist  ohne  allen  Belang.  Um  so  zuversichtlicher  dilrfeu 
wir  der  Sache  nach  einen  achten  Titel  in  Varro's  18.  Mcn- 

.  suralibus  bei  Priscian  VIII,  p.  818  P.  403  Kr.  erkennen, 
wenn  auch  gern  zugeben,  dass  der  Form  nach  Pseudo-Boetius 
de  geometria  p.  1234  (ed.  Basil.  1546)  genaucr  Varro  dc 
mcnsuris  haben  mag,  was  indess  auch  Priscianische  Hand- 
schriften  geben.  Ich  hatte  de  Discipl.  libris  §  5.  7  und  18 
[oben  p.  350  ff.  362.  387.]  nachgewiesen,  wie  sich  dem  Varro 
aus  dem  Begriff  der  gcometria  im  engsten  Zusammenhange 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENT1U8  VABRO 


475 


damit  der  der  gromatica  ableitete;  dass  auf  eine  Varronische 
Behandlung  groinatischer  Gegenstiinde  verschiedene  Bruch- 
stiicke  hinweisen;  dass  ein  Abschnitt  aus  r  Varro  de  geome- 
tria'  iu  iiltern  Agrimensorenhandschriften  gestanden  habe, 
wovon  in  unserer  tiltesten  noch  die  Ueberschrift  erhalteu  ist: 
'Incipit  liber  Marci  Barronis  de  geometria  ad  rufum  feliciter 
silbium';  dass  Isidorus,  auf  den  sich  noch  sehr  erkeunbare 
Auslaufer  der  Varronischen  Gelehrsamkeit   hiu  erstrecken 
uud  Varronische  Autoritat  einen   wenn  auch  mittelbareu 
Eintiuss  ausgeiibt  hat,  eigene  Capitel  dc  agris,  de  finibus 
agrorum,  dc  mcnsuris  agrorum,  in  seinen  Origincs  hat.  Un- 
streitig  also,  wie  Weber  p.  35  des  kurzlich  von  ihm  heraus- 
gebeuen  Fragmentum  Bocthii  dc  arithmetica  erkaunt  hat,  war 
es  die  Schrift  de  mensuris,  woriu  Varro  dieselbe  Agrimen- 
sorenkunst  und  -lehre  eigens  in  vollstandigeui  Zusamuien- 
hange  abhandelte,  die  er  im  vierten,  dc  gcomctria  iiber- 
schriebenen  Buche  der  novcm  disciplinac  nur  in  Grundlinien 
beriihrt  haben  wird:  in  iihnlichem  Verhiiltniss  wie  das  erste,  kw 
dritte  und  fUnfte  Buch  (dc  grammatica,  dc  rhctorica,  dc  arith- 
metica)  ihre  weitere  Ausfiihrung  ebenfalls  in  selbstandigen 
Werken  empfingen.  Und  dieses  wiire  auch  der  Gesichtspunkt, 
uuter  dem  die  in  Hieronymus'  Katalog  erscheinende  Schrift 
de  valetudine  tucnda  aufzufasseu  wiire,  wenn  sie  doch 
selbstiindig  bestanden  und  keinen  Logistoricus  gebildet  hiitte: 
namlich  als  specielle  Ausfiihrung  des  dc  mcdicina  handeluden, 
muthmasslich  achten  Buchs  der  BiscipUnac.  —  ()b  iibrigens 
das  in  die  Agrimensorensammlung  aufgenommene  Varronische 
Stuck  eben  dieses  Disciplinenbuch,  wenigstens  die  auf  Gro- 
matik  speciell  beziigliche  Partie  desselben  war,  oder  aber 
die  gromatische  Schrift  de  mcnsuris  selbst,  ist  nicht  zur 
Evidenz  zu  bringen.   Im  ersten  Falle  musste  jedes  einzelne 
Buch  der  Disciplinae  eine  besondere  Dedication  gehabt  haben, 
sehon  diess  nicht  sehr  wahrscheinlich ;  noch  weniger  wahr- 
scheinlich  aber,  dass  um  eines  einschlagigen  Theiles  willen 
das  ganze  Buch  aufgenommen  worden  wiire,  und  doch  bliebe 
wiederum  fttr  einen  herausgenommenen  Theil  die  Hinzufiigung 
des  Namens,  dem  das  Ganze  zugeeignet  war,  unverstandlich. 
Im  zweiten  Falle  mttsste  die  Schrift  dc  mcnsuris  ein  libcr 


Digitized  by  Google 


476 


DIE  SCHRIFTSTELLEKEI 


singularis  gewesen  sein,  uni  mit  libellus  bezeichnet  werdeu 
zu  konnen;  waruui  aber  finden  wir  alsdaun  neben  so  diplo- 
matisch  genauer  Angabe  des  Dedicationsnamens  nicht  eben 
80  genau  den  Titel  de  mensuris  statt  de  geomctria?  War 
etwa  gerade  dieses  letztere  der  aehte  von  Varro  herrBhrende 
Titel,  80  dass  die  Schrift  zur  Unterscheidung  von  dem  gleich- 
namigen  Disciplinenbuche  den  Zusatz  ad  Rufum  ' Silbium' 
(Suilium?)  erhielt,  ahnlich  wie  de  lingua  latina  ad  Ciccroncm 
und  ad  Marccllnm,  weiterhin  aber  noch  grosserer  Deutlich- 
keit  halber  dc  mensuris  nach  dem  Inhalt  genannt  wurde? 

Endlich  miissen  von  nicht  unerheblichem  Unifaug  ge- 
wesen  sein  Varnys  19.  Epistulac  und  20.  Epistolicarum 
quacstionum  libri:  welche  letztere  Aufschrift  Gellius  praef. 
§  9  unter  den  Beispielen  pikanter  BQchertitel  hafc.  Das 
Verhaltniss  beider  Titel  ist  nichts  weniger  als  klar,  auch 
die  beiderseitigen  Bruchstiicke  in  den  bisherigen  Sammlungen 
noch  gar  nicht  in  Ordnung.  Eine  wenigstens  bis  zu  eineni 
537  gewissen  Grade  planmtissige,  in  sachlichem  Interesse  ge- 
machte  Zusammenstellung  von  Briefen  haben  wir  zuniichst 
iu  den  Epistolicae  quaestiones  anzuerkennen,  sei  es  dass 
Varro  wirkliche  Briefe,  in  denen  er  zufallig  wissenschaft- 
liche  Gegenstande  besprochen  hatte,  spater  aus  seiner  ge- 
saramten  Correspondenz  auswahlte  und  zu  einer  eigenen 
Sammlung  vereinigte*),  oder  dass  er  erst  zum  Behuf  eiuer 
solchen  Sammlung  wissenschaftliche  Erorterungen  in  Brief- 
form  niederschrieb**)  (womit  gar  nicht  ausgeschlossen  ist, 
dass  auch  diese  Briefe  wirklich  an  ibre  Adressen  gelangt^n). 
Als  flberwiegenden  Stoff  solcher  brieflichen  Verhandlung 
finden  wir  in  den  freilich  sehr  geringen  Bruchstuckeu  bei 
Festus,  Gellius,  Servius  antiquarische  und  staafejrechtliche 
Fragen,  Punkte'aus  dem  Gebiet  de  verborum  significationc, 
auch  rein  Grammatisches  wie  bei  Charisius  p.  84,  30  fiber 
quo  loco  und  quo  toci}  oder  p.  55  iiber  quintus  triccnsimits 
und  quintus  et  tricensimus]  (auch  p.  81:  s.  u.)   Das  letzte 

*)  Auf  AnlR8s  einer  wirkliehen  brieflichen  Fragc  schricb  Varro 
an  Ser.  Sulpicius,  was  Gellius  II,  10  erbalten  hat. 

**)  Vergl.  C.  Valgius  JRufm  de  rebus  pcr  epistulam  quaesitis  bei 
Gellius  XII,  3  und  Charisius. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO.  477 


Buch,  welches  vorkoriiint,  ist  nieht  das  von  Charisius  p.  97 
und  Diomedes  p.  371  citirte  sechste,  sondern  mindestens^ 
das  siebente,  da  sich  das  Citat  Epistolicarum  VII  bei 
Charisius  p.  55  (wo  fruher  Epistolarum  gelesen  wurde)  eben 
so  unzweideutig  als  Abkiirzung  kundgibt  wie  p.  84,  30 
Epistolicarum  libro  VI,  der  vollstandig  ausgeschriebene  Titel 
auch  uberhaupt  nur  zweimal  bei  diesem  Grammatiker  sich 
findet  p.  97  und  111.  Eben  darum  liegt  es  aber  auch  uber- 
aus  nahe,  auf  der  andern  Seite  die  zwei  Citate  Epistularum 
tertio  p.  81  und  Epistularum  VIII  p.  84,  5  fiir  Verschreibung 
statt  Epistolimrum  zu  nehmen  und  hieraus  einen  Umfang  der 
Sammlung  von  (wenigstens)  8  Biichern  zu  erschliessen,  da, 
wenn  Epistularum  libri  daneben  existirten,  diese  darum  doch 
nicht  in  den  Hiinden  des  Charisius  oder  seiner  Gewiihrs- 
manner  gewesen  sein  iniissen.  Dass  sie  aber  existirten,  lasst 
sich  aus  den  Stellen  des  Nonius,  in  denen  einzelne  Briefe 
ad  Caesarem,  ad  Fabium,  ad  Fufium,  ad  Marullum,  ad 
Keromm  (vgl.  de  Logistor.  p.  VI  [oben  p.  407 1)  angeftthrt 
werden,  mit  Sicherheit  keinesweges  folgern;  denn  was  hindert 
zu  glauben,  dass  diess  eben  lauter  Briefe  der  f  Epistolicac  ms 
quaestioncs'  betitelten  Sammlung  waren,  da  namlich  dieser 
letztere  Titel  bei  Nonius  niemals  vorkommt?  Ja  in  dieser 
Vorstellung  zu  bestiirken  kann  eine  Vergleichung  mit  Gellius 
sehr  geeignet  scheinen.  Gellius  hatte  die  Epistolicac  quae- 
stioncs*)  und  kennt  keine  Epistularum  libros.  Aus  jenen  fiihrt 
er  das  grosste  Bruchstiick,  das  wir  haben,  zugleich  mit  An- 
gabe  des  einzelnen  Briefes,  dem  es  entnommen,  XIV,  7  so 
an:  Varro  ait  in  litteris  quas  ad  Oppianum  dcdit,  quac  sunt 
in  Itbro  Epistolicarum  quaestionum  quarto,  und  nochmals  §11: 
Haec  et  alia  quacdam  id  genus  (es  waren  die  von  Varro  aus 
dem  verloren  gegangenen  Etaayayixbg  ad  Pomjmum  wieder- 
holten  Erorterungen)  m  libro  quo  snpra  dioci,  M.  Varro 
cpistula  ad  Oppianum  scripta  cxseeidus  est.  Folglich  wird  aus 
derselben  Sammlung  geschopft  sein,  was  II,  10  aus  einer 


*)  Da«3  VII,  10:  'Verba  Catonis  sunt  ex  primo  Epistolicarum 
quaeationum '  Catonis  irrthumlich  steht  statt  Varronis,  hat  Lipsius 
Var,  Lect.  III,  21  langst  beinorkt. 


Digitized  by  Google 


« 


478  DIE  SCHKIFTSTELLEREI 

epishda  des  Varro  ad  Servium  Sidjncium  mitgetheilt  wird*): 
.  und  doch  nennt  hier  (iellius  die  Epistolicac  quacstiones  nicht 
ausdriicklich.  Wenn  es  demnach  auch  fur  Nonius  uuent- 
schieden  bleiben  muss,  ob  sich  nicht  auf  diese  Samnihmg 
alle  jene  Brief-Citate  beziehen  (obwohl  allerdings  in  ihnen 
keine  Spur  einer  wissenschaftlichen  Erorterung  vorkommt), 
so  haben  wir  bis  jetzt  ein  unzweideutiges,  positives  Zeug- 
niss  fiir  das  Vorhandensein  einer  zweiten  Briefsammlung, 
Epistularuni,  noch  gar  nicht.  Die  Frage  aber,  ob  ein  solches 
in  vier  Citaten  des  Nonius,  die  noch  iibrig  sind,  gegeben 
sei,  wird  sich  mit  ziemlicher  Zuversicht  bejahen  lassen,  anch 
ohne  dass  fur  die  befremdliche  Form  des  Titels,  der  mit 
geringer  Abweichung  in  jenen  Citaten  wiederkehrt,  eine  ein- 
leuchtende  Erklarung  gelingt.  Namlich  p.  141  Varro  cpistula 
latina,  p.  419  Idem  cpistolis  latiniact  p.  121  Varro  cpisttda 
latina  libro  I  p.  473  Varro  epistula  latina  lib.  II,  iiberall, 
&39  wie  es  scheint,  ohne  Variante.  Was  hierin  steckt,  daruber 
wiinsche  ich  von  Andern  Belehrung.  Den  Begriff'  von  Briefen 
fcstzuhalten  und  nicht  eine  in  cpistula  liegende  Corruptel  zu 
vermuthen  gebietet  Inhalt  und  Form  der  Bruchstiicke  selbst, 

z.  B.  si  venisses  Capuam  ,  si  tc  vindicare  in  libertatm 

non  ^wt™  .  .  .  .,  tuum  opus  .  .  .  .;  denn  den  Gedanken  an 
einen  Satirentitel,  wozu  die  zwejte  Person  allein  noch  passte, 
schliesst  Jib.  I  und  i/  aus**).    Am  leichtesten  liesse  sich, 

*)  Diese  Stelle  hat  Nonius  p.  1 12  ausgeschrieben,  und  darum  heiset 
es  hier  so  sehwerfallig:  Hl  epistula  quam  adversus  Marcum  [ad  Scrriw* 
verbessert  Vahlen  in  5sterr.  Gymn.-Zeitrichr.  XII  p.  5]  Sulpicium  dedil 
wahrend  die  iibrigen  Citate  einzelner  Briefe  aua  den  von  ihm  benutxten 
iilteren  grammatischen  Vorrathen  stammen. 

**)  Man  fuhre  nicht  den  Periplus  oder  TTcpinXouc  dagegen  an, 
den  Oehler  p.  Gi  allerdings  richtig  als  Satira  crkannt  hat,  mid  dessen 
Uber  II  (mit  dem  Nebentitel  nepl  (piXocoqpiac)  neben  einem  liber  I 
(wofflr  ein  Nebentitel  wie  ir€pi  icTOpiac  oder  irepl  troXiTCiac  verinothet 
worden  ist  de  Discipl.  §  8  [oben  p.  365])  durch  die  sichersten  An- 
fiihrungen  fcststeht.  Denn  es  wird  gestattet  sein,  sich  hierunter  mcht 
aowohl  eine  zweitheilige  Satira,  als  vielmehr  eine  Dilogie  von  iwei 
in  enge  Beziehung  zu  einander  geeetzten  und  sich  nur  gegenseitig  er- 
giinzenden  Satirae  vorzustellen :  gerade  wie  ja  auch  die  su  einer  Tri- 
logie  verbundenen  Tragddien  nicht  aufhoren  drei  einzelne  Stucke 
zu  sein. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO.  479 

iudeni  raan  von  Jatiniae  ausginge,  auf  einen  Frauennamen 
rathen,  z.  B.  epistula  Atiniae,  und  dieses  mit  Varro  in 
epistola  luli  Caesaris  bei  Nonius  p.  263  zusammenstellen, 
woraus  erhellt,  dass  auch  Briefe  von  Correspondenten  unter 
den  Yarronischen  sich  fanden;  wenn  es  nur  besonders  glaub- 
lich  zu  finden  wiire,  dass  Varro  gerade  mit  einer  Frau  mehrere 
Bueher  von  Briefen  gewechselt,  und  auch  die  Bruchstticke 
selbst  mehr  danach  aussiihen  an  eine  Frau  gerichtet  zu  sein. 
Hatte  also  etwa  Varro  viel  in  griechischer  Sprache*)  cor- 
respondirt,  dass  seine  Epistulue  in  zwei  Hauptabtheilungen, 
Graecae  und  Latinae,  gesondert  waren?  Indessen  hatten  auf 
eine  solche  Scheidung  Riicksieht  zu  nehmen  allerdings  latei- 
nische  Grammatiker  am  wenigsten  Anlass,  wo  es  sich  um 
Beibringuug  von  sprachlichen  Belegen  handelte.  Oder  ist 
das  latinae  local  zu  fassen  und  ordnete  Varro  bei  der  Her- 
ausgabe  seine  Briefe  nach  seinen  Aufenthaltsorten ,  von  wo 
sie  datirt  waren?  so  dass  Latinae  die  von  seinen  in  Latium 
gelegenen  Villen,  der  Tusculanischen  und  Casinatischen,  und 
etwa  Campanae  die  von  seinem  Cumanum  erlassenen  Briefe 
.  gewesen  waren.  Aber  welch  «eltsame  und  ungewohnliche 
Zusamraenfassung  alsdann  mit  Latinae,  anstatt  der  ein-  r»4o 
fachsten  Unterscheidung  von  Epistulae  Tusculanae,  Casinates, 
Cnmanac,  die  jeder  erwarten  wiirde.  Und  etwa  gar  Latinac 
aus  Casin  d.  i.  Casinates  entstanden  zu  denken,  wird  bei 
viermaliger  Wiederkehr  auch  niemand  rathlich  finden.  Man 
sieht,  ohne  eine  neue  Notiz,  die  nach  einer  von  diesen  Seiten 
hin  mit  so  viel  iimerer  Probabilitat  den  Ausschlag  gebe,  um 
das  entsprechende  Bedenken  in  den  Hintergrund  treten  zu 
lassen,  ist  in  diesem  Gewoge  von  gleich  berechtigten  odef 
unberechtigten  Moglichkeiten  kein  fester  Fuss  zu  fassen**). 


*)  Griechiac^  soll  nach  Preller  Hist.  philos.  Gr.  R.  p.  411 
Vano  auch  Qber  Philosophie  geschrieben  haben;  aber  bei  Cicero  und 
Aogustin,  die  dafiir  angefuhrt  werden,  steht  keiu  Wort  davon. 

**)  Erst  jetzt  bemerke  ich,  dass  in  'Epist.  Latinis*  schon  Ausonius 
Popma,  iihnlich  wie  oben  geschehen,  *  Epist.  L.  Atinii1  zu  finden 
meinte,  ohne  jedoch  diese  Vermuthung  durch  eine  bestimmte  histo- 
ri»che  Nachweisung  naher  begrflnden  zu  kounen.  Man  vermisst  eben, 
dass  sie  mehr  als  palaographisch  einlenchte.   Denn  da«8  auf  die  vier- 


Digitized  by  Google 


480 


DIE  SCHRIFTSTELLERKI 


Wenn  zu  diescr  Reihe  Varronischer,  von  Hieronvmus 
iibergangener  Schriften  noch  ein  Titel  niit  deni  Anspruch 
auf  eine  eigene  Nummer  binzukonimen  darf,  so  sind  es  alleiii 
21.  de  comoediis  Plautinis  libri,  aus  den  oben  augedeu- 
teten  Griinden. 

Um  vieles  zweifelhafter  miissen  Augurum  Ubri  er- 
seheinen,  deren  Begriindung  durch  einen  so  wenig  selbstan- 
digen  und  zuverlassigen  Autor,  wie  Macrobius  Sat.  I,  1G  ist, 
in  hohem  Grade  misslich  bleibt.  Aus  Varro  s  eigenem  Zeug- 
niss  durfte  ein  Tribuum  liber  als  besoudere  Schrift  anerkannt 
werden,  obgleich'  derselbe  Gegenstaud  iu  den  Humanarum 
vorkommen  musste.  Von  den  Dwinarum  war  es,  wie  wir 
durch  Augustinus  bestimmt  wissen,  das  dritte  Buch,  welche> 
ganz  de  auguribus  handelte:  wie  leicht  kann  also  den  Plural 
libris  statt  libro  die  Unkritik  des  Schriftstellers  oder  auch 
seines  Vulgartextes  verschulden!  Denselben  Zweifel  deutet 
Merkel  Proleg.  in  Ovidii  Fastos  p.  CXV  an.  Wozu  noch 
kommt,  dass  sonst  kein  einziger  Theil  der  in  den  Divinanm 
behandelten  Gegenstande  noch  ausserdem  in  einer  Special- 
schrift  ausgefUhrt  erscheint,  in  beraerkenswerthem  Gegen- 
satze  zu  den  Humanarum:  es  miisste  denn  jemand  dem 
r.4i  liber  II  de  pontificibus  wollen  das  Varro  in  Pontificalibus 
des  Fulgentius  p.  561  zur  Seite  stellen. 

Jedenfalls  nicht  unter  eiuer  eigenen  Nummer  lasst  sich 
aus  Favorinus  bei  demselben  Macrobius  Sat.  II,  14  das 
Vano  ad  Libonem  primo  aufzahlen,  da  mit  Ausnahme  der 
orhaltenen  Biicher,  der  Logistorici  und  der  wenigeu  Werke, 
dcren  Empfanger  wir  kennen  (de  vita  P.  11. }  de  scrnwnc 
Jatino,  de  antiquitate  litterarumy  de  geonwtria,  Ephemeris  naralis, 
Eioayayixog,  Iierum  divinarum),  es  so  ziemlich  von  jeder  der 
bisher  aufgeziihlten  Schriften  moglich  ist,  dass  sie  Varros 
Freunde  L.  Scribonius  Libo  gewidmet  war,  die  Form  des 
Citats  aber  nicht  auffallender  ist  als  Vafoo  ad  Ciccronem. 
ad  Marccllum,  ad  Accium. 

malige  Wiederkehr  einer  und  derselben  Corruptel  bci  Nonius  aoder 
seits  auch  kein  zu  grosses  Gewicht  zu  legen  ware,  lehrt  z.  B.  der 
auch  dreimal  wiederholte  Fehler  Varro  Gallo  vel  (aut)  Fundanio,  wo 
vou  de  Logist.  p.  V  [oben  p.  40CJ. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO. 


481 


Mehrdeutig,  aber  keine  eigene  Schrift  begrundend  ist 
die  Anfiihrung  des  Servius  zu  Aen.  X,  894:  ut  etiam  Varro 
in  ludis  theatralibus  docet.  So  wenig  es  unmoglich  ist, 
dass  damit  de  originibus  scaenicis  oder  de  scaenicis  actionibus 
gemeint  sei,  so  kann  man  sich  doch  auf  die  Frage,  was  das 
zunachst  liegende  sei,  nur  mit  Merkel  (s.  Parerga  Pl.  I 
praef.  p.  XXVII)  fiir  dasjeuige  Buch  entscheiden,  welches 
de  ludis  scacnicis  ausdriicklieh  handelte  und  iiberschrieben  war, 
d.  i.  das  zehnte  der  Rerum  divinarum. 

Dass  nichts  anderes  als  diese  Divinarum  libri  mit  des 
Arnobius  VI,  6  bildlichem  Ausdruck  Polyandria  bezeichnet 
siud,  scheint  mir  gegen  Popnia  und  Creuzer  von  Merkel 
Proleg.  zu  Ovid  s  Fasten  p.  CLXXXIX  und  Oehler  Varr.  Sat. 
p.  68  ff.  sattsam  erwiesen,  wie  auch  Schneidewin  Philol.  I 
p.  23  urtheilt. 

An  Historiarum  libri  nebeu  den  Annales,  den  Huma- 
narum  und  den  Vrbanarum  rerum  zu  glauben  wollen  wir 
deneu  iiberlassen,  die  auch  de  rc  publica  liber  XX  fUr  mog- 
lich  halten,  die  Varronische  Schriftenzahl  mit  einem  BeUum 
Punicum  secundum  aus  dem  Fiilscher  Apulejus  bereichern, 
elf  Biicher  de  vita  P.  R.  kennen,  die  Biicher  de  lingua  latina 
und  de  sermone  latino  fur  einerlei  erklaren,  auch  Sisenna  vcl 
de  historia  und  Catus  sive  de  liberis  educandis  zu  Satiren 
machen  —  oder,  wie  Lion,  in  Gellius'  Worten  I,  18  Ve 
ratione  vocabidorum9  eiuen  Varronischen  Buchtitel  finden. 
Andere  Titel  sind  zum  Theil  im  Fruhern,  zura  Theil  ander- 
warts  als  falsch  beseitigt  (z.  B.  de  orthoyraphia  oder  Sceno- 
didascalico) ,  manche  mit  Ilecht  auf  Satiren  zuruckgefiihrt 
(wie  ' in  Plautorino\  * in  poetico  libro\  practorianay  de  numis- 
matis,  Trepi  aipectujv  nicht  zu  parallelisiren  mit  Tiepi  XaPa" 
KTr|pujv),  oder  als  Theile  der  Humanarum  erkannt  worden 
(wie  in  prodigiosa  virium  rclationet  s.  Krahner  p.  14).  Wie 
de  bello  et  pacef  de  diebus  zu  fassen  ist,  so  vielleicht  de 
saeculis  bei  Servius  zu  Aen.  VIII,  526,  da  in  der  That  de 
saeadis  Varro  Antiquitatum  duodcciccsimo  gehandelt  hatte  nach 
Censorinus  de  die  nat.  17  extr.:  obwohl  mir  die  Beziehung 
jenes  Varronischen  Citats  durchaus  nicht  klar  ist.  Ein 
grober  Irrthum  ist  der  auch  neuerlich  (Oehler  Sat.  p.  3) 

n.  KITSCIIELII  OPV8CVLA  III.  31 


Digitized  by  Google 


482 


DIE  SCHRIFTSTELLEREI  , 


noch  festgehaltene  Complexionum  liber  VI,  womit  wohl  nie- 
inand  einen  yerndnftigen  Begriff  zu  verbinden,  wofiir  auch 
niemand  die  Quelle  nachzuweisen  gewusst  hat;  so  stand 
niimlich  nur  vor  Putsehius  bei  Diomedes  I  p.  371  als 
falsche  Lesart  fiir  Epistolicarum  quaestionum.  —  Die  soge- 
nannten  Sententiae  Varronis  sind  es  nicht  werth,  ein  Wort 
iiber  sie  zu  verlieren. 

Endlich  was  das  'HpctKXcibeiov  war,  von  dem  in 
Cicero's  Briefen  an  Atticus  wiederholt  die  Rede  ist  (Varro- 
nis  dialoyov  XV,  13,3.  'HQaxksidetov  ilhid  XVI,  11,  3)  und 
welches,  nachdem  Varro  lange  hatte  darauf  warten  lassen, 
dem  Cicero  so  gefiel  (XVI,  12),  wird  niemand  errathen 
wollen.  Doch  zweifle  ich  kaum  dass,  wo  von  Dialogen 
Varro  s  die  Rede  ist,  an  die  Logistorici  zu  denken  sei,  fur 
welche  die  Dialogform  nach  freilich  schwachen  Spuren  als 
wahrscheinlich  bezeichnet  worden  de  Logist.  p.  XII  f.  [oben 
p.  416].  Wie  Varro  in  Wahl,  Plan,  Form  und  Namen  seiner 
Biicher  und  Buchertitel  sich  an  griechische  Vorbilder 
anschloss,  liisst  sich  zwar  jetzt  mehr  nach  einzeluen  Belegen 
ahnen  als  mit  einiger  Vollstsindigkeit  iibersehen,  dennoch 
aber  wohl  nicht  ohne  Gliick  weiter  verfolgen,  namentlich 
im  Gebiet  der  Satire.  Neben  Heraklides  Ponticus  durfen 
wir  muthmasslich  den  Peripatetiker  Ariston  als  Vorbild  fflr 
Varms  Tithonus  ntol  yrjQag  betrachten  (s.  Rhein.  Mus.  I 
p.  194  f.  f =  Opusc.  I  ]).  553 J)  uud  nach  diesen  Beispielen  vielleicht 
selbst  inythische  Einkleidung  nicht  abweisen*).    Wie  ware 


*)  Namlich  far  die  Logistorici:  denn  fur  die  Satirac  beweisen  es 
eine  Menge  von  Titeln,  so  wie  die  von  Oehler  p.  78  f.  au»  den  Frag- 
menten  selbst  zusammeugestellten  Spuren  Unter  dem  Sialoyot 
Varronis  bei  Cicero  lasst  sich  aber  eine  Satire  nicht  versfehen,  o»d 
dass  jener  6tdXoYoc  mit  dem  HpaKXciociov  desselbeu  Varro  (dcnn  <las* 
auch  Cicero  selbst  die  Abtucht  hat  ein  'HpctKAeibciov  zu  schreiben,  gebt 
uua  hier  nichts  an)  cinerlei  iBt,  lehrt  der  Znsainroenhang  nnd  die  Ver- 
gleichung  der  Briefe  leicht.  Heraklideg  aber  und  Ariston  s>tandcn 
riicksichtlich  der  mythischen  Einkleidung  philosophiacher  Stoffe  auf 
einer  Linie,  nnd  es  werden  gerade  in  dieser  Beziehung  des  ersteru 
"Apapic  und  de.s  zweiten  Aukwv,  worin,  wie  es  scheint,  Tithonus  eiu- 
gefiihrt  war,  zu9ammengc&tellt  von  Plutarch  de  aud.  poet.  1,  sowie 
Herakliiles  als  p.uGtuonc  Ka*  irXacuaTiac  bezeichnet  in  der  vita  Camilli  22. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTITS  VARRO. 


483 


es  ferner  nur  als  moglich  zu  denken,  dass  fttr  eine  politische  543 
Satire  auf  das  erste  Triumvirat  der  pikaute  Titel  Tpixdpavoc 

  • 

Hiervon  kann  man  sich  versucht  fuhlen  auf  den  Begriff  der  Aufschrift 
Aot»CToptKO (  selbst  eine  Anwendung  zu  machen:  worin  doch,  80  viel 
sich  absehen  liisBt,  nur  eine  eigenthumliche  Verkniipfung  entweder  von 
Mythus  und  Geachichte  oder  von  Philoaophie  und  Geachichte 
angedeutet  sein  kann.  Indessen  ist  freilich  allea  zu  wetten,  dasa  im 
eratern  Sinne  vielmehr  MueicxoptKot  gebildet  worden  ware.  Nichta 
scheint  mir  willkurlicher  nnd  woniger  erklarend  ala  Oehler'8  (Sat. 
p.  57)  Definition:  rin  quibus,  ni  quid  ex  fragmentis  eorura  (?)  et  ex 
ip«o  vocabulo  (?)  colligi  licet,  viroruni  gravissimorum  dicta  factaque. 
Varro  retulisse  videtur  optimisque  exemplis  propositis  illud  potissimum 
studuiwe,  ut  aequalium  mores  in  quodvis  vitium  indies  raagis  pronoa 
antiquitatia  probac  ct  simplicia  memoriae  ope  emendaret  ac  retineret  (?) 1 
Praktiache  und  patriotische  Tendenzen,  im  ethischen,  im  religiOsen, 
im  politiachen  Gebiete,  hat  allerdinga  Varro  uberall,  wo  nicht  hervor- 
treten  lassen,  doch  im  Hintergi  unde  gehabt:  aber  zu  einem  begrenzten 
Bilde  von  irgend  einer  seiner  Schriften  kann  una  dieae  Beobachtung 
nicht  verhelfeu,  und  in  Betreff  der  Logistorici  dOrfte  die  allgemeine 
Vorstellung  von  ph ilosophischen,  namentlich  ethischen,  jedoch 
miteinem  reichhaltigen  Beiwerk  hiatorischer  Belege  durch- 
wirkten,  und  mehr  populiir  als  systematisch  gehaltenen  Diacursen 
dem  Wahren  immer  noch  am  niichaten  komraen.  Heraklideische  Dia- 
loge  (weil  wir  auf  Heraklidea  gerade  bcstimmt  hingcwiesen  werden) 
n€pi  btKaiocuvnc,  ncpi  cujqjpocuvrjc,  Trcpl  eucefciac,  trcpi  dvbpciac,  7i€pi 
€ubaiuoviac,  w€pl  nbovfjc  u.  a.  w.  umschreiben  einen  ganz  ahnlichen 
Kreis  von  Themen,  wie  Varro'8  Logistorici  de  foriuna,  de  pudicitia, 
dt  moribus,  de  pace,  de  insania,  de  deorum  cultu;  selbst  locis  physicis 
wie  Tr€pi  v6cujv  u.  dgl.  treten  zur  Seite  dea  KOmera  de  vahtudine ,  de 
mgine  humana,  auch  de  admirandis;  im  musiachen  Kreise  liegen  die 
Beruhrungapunkte  von  selbat  zu  Tage.  Es  fehlt  in  Ermangelung  von 
Zeugnisaen  oder  niihern  Indicien  an  Berechtigung,  apcciell  den  einen 
Heraklidea  als  Vorbild  oder  hauptsachliches  Vorbild  fiir  die  ganze 
iogistoriache  Gattuug  anzuaehen;  anderseits  aber,  daaa  auch  er  es 
unter  Andern  war,  ist  das  Wenigste,  was  aua  Cicero  geschlosaen  werden 
darf,  dessen  Ausdruck  'HpaK\€ib€tov  auf  r praeclarum  aliquid  de  re 
publica '  zu  beschrauken  jedenfalls  kein  Grund  vorliegt.  Wenigaten8 
die  Kegion  im  allgeraeinen  zu  bezeichnen ,  in  der  diese  Varronischen 
Compoaitionen  wurzelten,  kann  der  Gattungsbegriff  f  Herakleidiachen 
Dialogs'  als  Beispiel  und  Auhaltpunkt  dienen.  Und  geltend  machen 
darf  man  gerade  fur  Heraklides  seine  ganze  der  Varronischen  Indivi- 
dualitat,  wenn  nicht  alles  tiiuscht,  in  gewissem  Betracht  sehr  homogeue 
Bildung  und  schriftstelleriache  Tonart,  wie  aie  aua  der  Charakteristik 
des  Alterthums  erkannt  wird:  das  Vielseitige  und  Bunte  seiner  gleich- 

31* 


Digitized  by  Google 


484 


DIE  8CHRIFT8TELLERE1 


gewtihlt  worden,  ohne  dass  dabei  der  berufene  Tpucdpctvoc 
des  —  Theopompus  oder  Anaximenes  (s.  Passow  Opusc. 
p.  166  ff.)  vorgeschwebt  hiitte?  An  alexandrinische  Pleiaden 
und  Aristoteles'  Peplos  erinnerten  die  Imaginum  hebdomadcs: 
die  reine  Uebertragung  von  AibactcaXiai  haben  wir  in  den 
Actioncs  scaenicae,  von  ZnTncetc  oder  ZnTrjuaTa  in  Quaestiones 
(Plautinac),  woftir  die  Belege  bei  Lehrs  de  Arist.  stud. 
Hoin.  p.  219  f.;  griechische  Vorbilder  fiir  die  Dcscriptiones 
boten  "Dieophrasts,  Heraklides',  Satyrus'  u.  A.  XapaKTTjp€c: 
dass  sich  die  Aetia  an  Kallimachus  anschlossen,  wird  aus 
driicklich  bezeugt;  das  Werk  de  principiis  numerorum  konuto 
nur  aus  griechischen  Quellen  geschopft  werden;  in  manig 
faltiger  Form  lagen  die  Stoffe  de  poetis,  dc  poematis,  de  ori- 
ginibus  scacnicis  in  griechischen  Bearbeitungen  vor;  ohue 
Kenntni8s  des  Aristophanes  rrepi  Tfpocumwv  waren  gewiss 
die  Biicher  de  personis  nicht  geschrieben;  mit  dem  Titel  dc 
vita  populi  Itomani  ist  der  griechische  Bioc  '€XXdboc  liingst 

miissig  von  der  Akademie  und  dem  Lyceum  befruchteteu  Studien,  die 
der  systematischen  Strenge  sich  entschlagende  u€c6tt)C  dutXnrticri  seinea 
Vortrags,  und  doch  daneben  eine  poctischen  Schmuck,  heitere  F&rbung 
und  die  Wurze  des  Phantastischen  nicht  verschmahende  Darstellung: 
Eigenschaften,  die  der  sympathisirende  Rdmcr  allerdings  in  noch 
reicherem  Maase  in  seinen  Menippei&chen  Satiren  als  in  den  Logisto- 
rici  zu  bewilhren  Gelegenheit  fand.  Von  Varro's  Bekanntechaft  mit 
Heraklides  geben  Qbrigens  selbst  noch  Erwahnungen  in  den  Fraginenten 
Zeugniss,  bei  Nonius  p.  230.  260  und  Lactanz  1,6.  —  So  weuig  aber 
wie  unsere  Geschichten  der  Philosophie  dem  Heraklides  eine  Stelle 
eiuriiumen,  die  ihm  in  einer  Geschichte  der  Philosophen  nicht  zu  ver- 
sagen  ist,  so  wenig  brauchte  Cicero,  wenn  er  Acad.  post.  I,  1  extr. 
dem  Varro  seine  Verwunderung  ausserte:  fquid  sit  cur,  cum  tnnlta 
scribaa,  genus  hoc  (namlich  philosophiam  veterem  illam  a  Socrate 
ortam)  praetermittas' ,  von  den  Ijogistorici  Notiz  zu  nehmen:  er  ur- 
theilte  eben  von  ihnen  auch,  waa  er  c.  3  §  9  ausspricht:  '  philosophiam 
multis  locis  inchoasti,  ad  impellendum  satis,  ad  edocendum  parum', 
und  hatte  dabei  die  mangelnde  Strenge  systematischer  Entwickelnnj? 
im  Sinne,  auf  die  Varro  nirgend  ausgegangen  war.  Aber  die«er  aelb*t 
konnte  cap.  2  extr.  neben  den  Menippeischeu  Satiren,  als  worin  'multa 
admixta  ex  intima  philosophia,  mnlta  dicta  dialectice'  eeieu,  unnifig- 
lich  die  Logistorici  tlbergehen,  von  denen  doch  nothwendig  mindest^ni 
dasselbc  galt;  ihre  Erwiihnung  ist  ebeu  in  der  luckenhaften  Stelle  (*• 
o.  p.  496  [435J)  attsgefallen. 


Digitized  by  Google 


DE8  M.  TKRKNTIUS  VARBO 


485 


vergliehen,  zuletzt  von  Niike  iiber  Diciiarch  im  Rh.  Mus.  I 
p.  46:  und  es  sollte  mich  wundern,  wenn  nicht  auch  fiir 
Disciplinarum  libri  IX  irgend  ein  naherer  Ankniipfungspunkt  5« 
vorhanden  gewesen  ware,  als  sich  bis  jetzt  hat  wollen  auf- 
spiiren  lassen.   Doch  diess  nur  iv  irapobuj. 

Auf  den  jetzt  gewonnenen  Grundlagen  wird  sich  nun 
aunaherungsweise  eine  arithmetische  Schiitzung  des  Gesammt- 
umfangs  der  Varronischen  Schriftstellerei  anstellen  lassen. 
*Vix  mcdium  dcscripsi  indiccm9  sagt  Hieronymus.  Sein 
Katalog  enthiilt  unter  38  Titeln  522  einzelne  Biicher,  oder 
wenn  wir  die  45  libros  Antiquitatum  auf  41  reduciren  und 
die  de  sermonc  latino  auf  7  erhohen,  520.  Natiirlich  ist 
nicht  an  eine  Verdoppelung  dieser  Bucherzahl  zu  denken, 
sondern  Hieronymus  kami  nur  die  Zahl  der  Titel  im  Sinne 
gehabt  haben.  Hierbei  ist  aber  nicht  zu  Ubersehen,  dass  er 
doch  die  bei  ihm  zu  einer  Nummer  zusammeugefassten 
10  libri  sinyulares  in  seinem  Original  einzeln  verzeichnet 
fand,  aho  genau  genommen  47  oder  (mit  Abrechuung  der 
wohl  irrthumlich  besonders  erscheinenden  Schrift  dc  valctu- 
dine)  46  Titel  als  die  Hiilfte  der  Gesammtsumme  bezeichnet. 
Manobiblia  durfen  wir  unter  den  nicht  mit  a*bgeschriebenen 
nicht  suchen;  auf  der  audern  Seite  springt  es  in  die  Augen, 
dass  alle  grossen,  umfangreicheu  und  bedeutenden  Werkc 
sich  unter  den  abgeschriebenen  befinden.  Obgleich  wir  unter 
den  ausgelassenen  eines  (Epistoliaie  Quaestioncs  oder  aber 
Epistulac)  von  8,  und  zwei  (de  gente  P.  li.  imd  de  utilitate 
senmnis)  von  4  Biichern  gefunden  haben,  so  werden  wir 
doch  am  sichersten  gehen,  wenn  wir  fiir  die  meisten  einen 
Umfang  von  nicht  mehr  als  drei  Biichern  annehmen,  die 
Lieblingseintheilung  des  Varro,  wahrend  eine  Zweizahl  von 
Buchern  in  keinem  einzigen  Beispiel  vorliegt.  Niihmen  wir 
ako  als  durch8chnjttliche  Biicherzahl  fiir  46  fehlende  Titel 
etwa  4  an,  so  erhielten  wir  als  Gesamuitbiicherzahl  fiir  das 
Ausgelassene  184,  und  dieser  Betrag  zu  den  520  der  ver- 
zeichneten  Masse  hinzugerechnet  ergabe  eine  Summe  von 
704  Varronischen  Biichern.  Nun  wissen  wir  durch  ein  sehr 
schatzbares  Zeugniss  des  Gellius  III,  10  extr.,  wie  viele 
Biicher  von  Varro  geschrieben  waren,  als  er  das  77ste  Jahr 


Digitized  by  Google 


486 


DIK  8CHHIFT8TELLEREI 


zurtickgelegt  hatte.  In  der  Vorrede  zu  seinen  Imagmes  gab 
er  an:  fse  quoque  iani  duodeeimam  annorum  hebdoniadam 
ingressum  esse  et  ad  eum  diem  septuaginta  hebdomadas  li- 
»16  brorum  conscripsisse:  ex  quibus  aliquarainultos,  cum  pro- 
scriptus  esset,  direptis  bibliothecis  suis  non  comparuisse.' 
Hatte  er  hiernach  bis  zum  Jahre  715  eine  Masse  von  490 
BQchern  verfasst,  und  727,  wo  er  nach  Hieronymus  als 
Neunundachtziger  starb  (prape  nonagenarius,  wogegen  das 
rhetorische  saectdi  tempus  aequavit  des  Valerius  Max.  VIII,  7, 3 
nicht  in  Betracht  kommt),  es  bis  zu  ungefiihr  700  gebracht, 
so  wiirde  auf  die  letzten  11  bis  12  Lebensjahre  ein  Betrag 
von  210  fallen,  d.  h.  auf  jedes  dieser  Jahre  die  Abfassung 
von  durchschnittlich  etwa  18  Buchern,  und  auf  den  sechsten 
Theil  des  schriftstellerisch  thiitigen  Lebensalters  (etwa  voni 
20sten  Jahre  an  gerechnet)  der  dritte  bis  vierte  Theil  der  Ge- 
8ammtschriftstellerei.  Ob  jemand  an  ein  solches  Verhaltniss 
zu  glauben  Lust  hat,  sei  ihm  lediglich  anheimgestellt;  fflr 
uns  bitten  wir  aber  um  Erlaubniss  einer  derartigen  Ver- 
theilung  die  innere  Wahrscheinlichkeit  abzusprechen,  trotz- 
dem  dass  allerdings  Varro's  letzte  Lebensjahre,  im  Gegensatz 
zu  friihern  Pefiodeu  eines  (doch  nur  voriibergehenden)  Ge- 
schiiftslebens  durch  eine  ununterbrochene  Musse  begunstigt 
waren,  dass  er  ferner  gegen  sein  Lebensende  nur  zusamnien- 
zustellen  oder  zur  Herausgabe  fertig  zu  machen  brauchte, 
was  ltingst  gesammelt  und  vorbereitet  war,  dass  endlich 
Varro  mit  so  manchem  uciKpopioc  das  GlUck  theilte,  vou  den 
Schwiichen  einer  decrepita  sencetus  nicht  erheblich  beriihrt 
zu  werden:  denn  noch  im  88sten  Jalire  finden  wir  ihn  nach 
Plinius  N.  H.  XXIX,  4  §  65  (vgl.  Valerius  Max.  a.  a.  0.)  in 
schriftstellerischer  Thatigkeit.  Trotz  allem  diesen  halte  ich 
die  aufgestellte  llechnung  um  so  mehr  fiir  triigerisch,  als  es 
keine  geringe  Zumuthung  ist,  an  den  spurlosen  Verlust  von 
etwa  einem  Viertelhundert  verschiedener  —  nicht  Schriften, 
sondcrn  Schriftentitel  eines  Varro  glauben  zu  sollen.  Der 
Wahrscheinlichkeit  werden  wir  uns  durch  eine  Verhaltniss- 
rechnung  ganz  anderer  Art  unstreitig  mehr  nahern,  wenn 
wir  uns  anders  zu  der  wohl  nicht  schweren  Annahme  ver- 
stehen,  dass  des  llieronynius  Aussage  vix  medium  descrqm  m- 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARKO. 


487 


dicctn  nicht  auf  die  Goldwage  zu  legen  sei,  sondern  dass  er 
den  Mund  etwas  voll  nahm,  um  seinen  Origenes*  desto  mehr 
zu  heben,  der  eine  so  grosse  Schriftenmasse  doch  noch  hinter 
sich  zuriicklasse.  Und  es  fragt  sich  sehr,  ob  er  nicht  mehr  r>*7 
zu  Gunsten  dieser  verzeihliehen  Ucbertreibung,  dainit  man 
nicht  nachrechuen  konnte,  als  aus  der  sthouenden  Rucksieht 
auf  das  fastidium  seiner  Leser,  auf  die  vollstiindige  Mitthei- 
lung  des  Katalogs  verzichtet  habe. 

Von  den  10  libri  singulares,  die  Hieronyinus  uicht  ein- 
zeln  namhaft  macht,  mogen  wir  etwa  die  Hiilfte  untcr  den 
nur  aus  Citaten  bekannten  20  bis  21  Titelu  aufgefunden 
haben:  unzweifelhaft  de  acstuariis,  tribuum  libcr,  und  Giccrfuj- 
TIkoc;  desgleichen  de  philosophia,  wenn  diess  kein  Logistori- 
cus  war;  ausserdem  vielleicht  dcmcnsuris,  moglicher  Weise 
auch  etwa  die  Schrift  de  compositionc  satirarum.  Die  Stofle 
der  4^<«  und  der  Ephcmeris  rustfca  sehen  nicht  eben  danach 
aus,  nur  in  je  einem  Buche  behandelt  worden  zu  sein,  und 
fur  die  iibrigen  den  Katalog  dcs  Hieronymus  ergiinzcnden 
Titel,  die  oben  ermittelt  worden,  sind  libri  im  Plural  bezeugt. 
So  diirfen  wir  denn  wohl  von  den  10  Monobiblia  des  Varro 
die  Hiilfte  als  unbekannte  bezeichnen.  Ueberblicken  wir 
deninacbst  den  ganzen  Bestand  der  von  Hieronymus  ver- 
zeiehneten  Werke  mit  Bttcksicht  darauf  was  uns  vorher  un- 
bekanut,  was  schon  bekannt  war,  so  stellt  sich  nach  jener 
Vertheilung  der  monographischen  Biicher  das  Verhliltniss 
heraus,  dass  auf  2G  anderweitig  bekannte  Titel  20  nicht 
bekannte  kommen.  Dieses  Verhiiltniss  haben  wir  ein  Recht 
im  ganzen  und  grossen  (so  weit  iiberhaupt  Wahrscheiulich- 
keitsrechnung  berechtigt  ist)  iiberzutragen  auf  die  von  Hie- 
ronymus  iibergangenen  Werke.  Zu  den  nachgewiesenen  15 
bis  16  Titeln  dieser  Art  (nach  Abrechnung  namlich  5  raono- 
biblischer  von  den  20  bis  21)  darf  nach  jenem  Massstabe 
ein  Betrag  von  etwa  12  unbekannten  hinzugerechnet  werden, 
von  denen  keine  Spur  mehr  iibrig  ist:  wonach  sich  die  Ge- 
sammtzahl  der  von  Varro  uberhaupt  verfassten  Werke 
nicht  tiber  74  feststellen  wiirde.  Hiernach  ware  es  doch 
die  bedeutend  kleinere  Hiilfte  von  uoch  nicht  30  Titeln,  dic 
Hieronymus  iibergangen.    Ihr  Umfang  ist  aber  keinesweges 


Digitized  by  Google 


488  DIE  SCHRIFTSTELLEREI 


nach  Massgabe  der  Bticherzahl  der  von  Hieronymus  ver- 
zeichneten  Werke  zu  beurtheilen,  weil  eben  unter  diesen 
sich  alle  grossten  und  bedeutendsten  befinden;  vielmehr  kanu 
fiir  die  12  spurlos  verschwundenen  nur  die  Analogie  der  15 
518  bis  16  in  Citaten  erhaltenen  zur  Anwendung  kommen.  Die 
letztern,  ftir  die  wir  durchschnittlich  je  3  Bticher  annahinen, 
eine  grossere  Bticherzahl  nur  in  drei  Fallen  bezeugt  fandeu, 
diirfen  wir  in  runder  Zahl  gegen  60  Bticher  anschlageu,  auf 
nicht  viel  mehr  als  40  also  die  unbekannten,  so  dass  wir 
mit  dem  Ansatz  der  Gesammtzahl  aller  bei  Hieronymus  feh- 
lenden  zu  ungefahr  100  Btichern  nicht  viel  fehlgehen  werden. 
Hierzu  die  520  des  Hieronymus  gezahlt,  gibt  als  sumuia 
summarum  anniiherungsweise  620  Bticher  der  ganzen 
Varronischen  Schriftstellerei.  Davon  kommt  also  auf 
die  letzten  11 — 12  Lebensjahre  allein  die  noch  immer  recht 
ansehnliche  Anzahl  von  130  Btichern,  von  denen  iu  jedeui 
Jahre  durchschnittlich  gegen  ein  Dutzend  fertig  werden 
musste. 

Es  ist  bisher  zwischen  verfassten  und  herausgege- 
benen  Werken  Varro's  nicht  geschieden  worden.  Gleiehwohl 
sagte  Varro  (bei  Gellius  III,  10)  selbst  aus,  dass  eine  nicht 
unerhebliche  Zahl  von  ihm  verfasster  Bticher  (aliqnammultos) 
niemals  erschienen,  weil  bei  der  Pltinderung  seiner  Biblio- 
theken  verschleppt  und  abhanden  gekommen  seien:  und  als 
Beispiel  daftir  dttrfen  wir  den,  wie  Varro  anderwarts  bezeugt 
hat  (bei  Gellius  XIV,  7),  verloren  gegangenen  Eiaayooytxbg  (kl 
Pompeium  betrachten.  Wie  nun  also,  wcnn  Alles  was  von 
Varronischen  Schriften  entweder  bei  Hieronymus  steht  oder 
in  Citaten  von  Autoren  vorkommt,  nur  von  den  zur  wirk- 
lichen  Herausgabe  gekommenen  Werken  zu  verstehen,  von 
diesen  aber  noch  getrennt  solclie  zu  denken  wiiren,  die,  weil 
eben  aus  Varros  Schreibpult  nie  ans  Licht  getreten,  auch 
von  keinem  Litterator  registrirt  und  von  keinem  Gramma- 
tiker  citirt  werden  konnten?  Daim  hiitten  wir  freilich  zwei 
sehr  ungleichartige  Massen  mit  einander  verglichen,  als  wir 
das  arithmetische  Verhiiltniss  zwischen  den  490  von  Varro 
bis  zum  78sten  Lebensjahre  geschriebenen  und  (mit  Ausnahme 
der  einen  Schrift  ftir  Pompejus)  den  uns  namentlich  bekann- 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VAHRO.  489 

teii  Werken  zu  erinitteln  und  in  gegenseitige  Beziehung  zu 
setzen  unternahmen,  und  die  Vorstellung  von  der  Schriften- 
nienge  des  Varro  hiitte  sich  zu  ganz  unbestimrabaren  Gren- 
zen  zu  erweitern.  Aber  glQcklicher  Weise  wird  dieses  Be- 
denken  mehr  Schein  als  Wahrheit  haben,  und  zwar  darum, 
weil  der  Originalkatalog  Qber  die  Varronischen  Schriften,  wa 
der  dem  Hieronynius  vorlag,  wenn  nicht  alles  tiiuseht,  nicht 
durch  eine  Zusammenzahlung  der  zu  irgend  einer  bestimmten 
Zeit  wirklich  gelesenen,  sondern  in  der  That  der  von  Varro 
nur  iiberhaupt  geschriebenen  Werke  entstauden  ist,  mit 
andern  Worten,  weil  er  weder  von  Hieronymus,  noch  eiuem 
nachvarronischen  Litterator,  sondem  von  Varro  selbst  her- 
ruhrte.  Es  bedarf  nur  eines  vergleichenden  Bliekes  auf  die 
einzelnen  Theile  unseres  Katalogs  einerseits  und  die  diirf- 
tigen  Reminiscenzen  in  den  weiten  Raumen  der  spatern  Lit- 
teratur  anderseits,  um  sich  leicht  zu  iiberzeugen,  dass  im 
vierten  Jahrhundert  bei  weitem  nicht  mehr  die  vollstiindige 
Zahl  so  vieler  Specialschriften  von  wenig  allgemeinem  Inter- 
esse  erhalten  war.  Wichtigere,  namentlich  praktisch  an- 
wendbare  oder  interessantere  Schriften  haben  sich  ein  paur 
Jahrhunderte  liinger,  die  grossen  Hauptwerke  noch  weiterhin 
iin  litterarischen  Verkehr  behauptet:  vor  allen  die  Antiquitates, 
die  umfassendern  Sprachwerke,  Rcrum  rusticarum,  die  Disci- 
plinarum  libri,  die  Imagines,  die  Menippeischen  Satireu  (wkh- 
rend  die  Logistorici  viel  friiher  ausser  Umlauf  kamen),  auch 
heide  Ephemeridcs,  seine  Gromatik  u.  a.  m.:  woriiber  niihere 
Xachweisungen  eben  so  interessant  als  hier  zu  weit  ftihrend 
waren;  —  aber  nicht  minder  gewiss  scheint,  dass  so  manche 
Detailerorterung  z.  B.  im  Bereiche  der  Dramatik,  dass  die 
partiellen  Behandlungen,  die  sich  mit  den  entsprechenden 
Theilen  umfassenderer  Darstellungen  deckten  (die  friiher  als 
'Erganzungsschriften'  bezeichneten),  dass  Tragodien,  Satiren 
schlechthin,  Gedichte  und  Reden,  dass  namentlich  auch 
15  Bucher  dc  iure  civili  im  vierten  Jahrhundert  nicht  mehr 
gelesen  wurden,  und  zum  Theil  niemals  gelesen  worden 
waren,  wenn  sie  etwa  zu  den  bei  Pliinderung  der  Bibliotheken 
zu  Grunde  gegangenen  Schriften  gehorten.  Woher  also  nuhni 
diese  Hieronymus?    Von  erscbopfenden  litterarhistorischen 


Digitized  by  Google 


490  DIE  SCHRIFTSTELLEKEI 

Kegistern,  mvaKec,  die  sich  zuuial  auf  Autoren  von  der  Art 
eines  Varro  hiitten  erstrecken  konnen,  wissen  wir  aus  der 
freilich  sehr  ktirglich  iiberlieferten  Geschichte  der  rouiischen 
Gelehrsanikeit  gar  uichts,  und  diejenige  Quelle,  von  der  wir 
als  der  reichhaltigsten  ftir  dieses  Gebiet  wissen,  ist  vou  der 
Absicht  genauer  und  vollstsindiger  Mittheilungen  uber  die 
550  litterarischen  Productionen  der  einzelnen  Autoren  weit  ent- 
fernt.  Ich  meine  die  von  Hieronynius  selbst  anderwarts  als 
Autoritat  behandelten  Suetonischen  Bticher  de  viris  illus- 
tribus:  wenu  anders  in  ihnen  auch  Varro  eine  Stelle  ein- 
nahni.  Denn  da  er  in  der  Abtheilung  de  grammaticis,  wo 
man  ihn  doch  aui  ersten  suchte,  nicht  vorkorunit,  so  lnusste 
er  (um  ihn  nicht  ganz  unwahrscheiulich  unter  den  oratores 
zu  vermuthen)  den  poeHs  eingereiht  gewesen  sein:  obgleieh 
doch  weder  Poesie  seine  charakteristische  Seite  war,  noch 
das  Chronikon  des  Hieronyuius,  welches  in  dieser  Partie 
ganz  auf  Sueton  fusst  (s.  Parerga  Pl.  I  p.  617*)),  ihn  ab 
poeta,  bezeichnet,  sondern  rM.  Terentius  Varro  philosophus' 
hat.  Indessen  sei  es  dass  Sueton  s  Schrift,  wofiir  es  ail  aus- 

*)  Dass  die  dortigen  fdecreta\  wie  Herr  Gerlach  Lucilii  Sat.  re- 
liq.  proleg.  p.  III  sagt,  rveritatem  obscurare  non  debcant',  daruber 
bin  icb  mit  ihm  bo  sehr  einverstauden ,  dass  ich  glaube,  sie  kdnnen 
das  nicht  einuial,  weil  sie  im  Gegentheil  sehr  geeignet  sind  die  Wahr- 
heit  ins  Licht  zu  setzen.  Weiter  heisst  es  mit  einem,  wie  man  sieht, 
unwiderleglichen  Beweise  fQr  den  erstcn  Satz:  fnon  enim,  quae  iile 
satis  contidenter  affirmavit,  omnibus  credo  probabuntur.'  Wenn  das 
Herr  Gerlach  von  seinen  Prolegomenen  zum  Lucilius  gewunscht  hat, 
so  ist  er  bescheideuer  als  ich.  Nicht  so  bescheiden  wurde  ich  seino 
Hoffnung  nennen,  fQr  die  Behauptung,  dass  Sueton's  libellus  nur  im 
Auszuge  anf  uns  gekommeu  sei,  den  Beifall  Weniger  zu  finden.  Un- 
widerleglich  ist  freilich  auch  dafiir  der  Beweis,  weil  gar  keiner  bei- 
gebracht  ist.  Umgekehrt  bin  ich  beschciden  genug,  das  Lob,  dem 
'chronographus'  in  vielen  Punkten  'inconsiderantiam'  nachgewiesen  m 
haben,  sclbst  fur  eine  '  iuconsiderantia*  des&en  zu  halten,  dem  meine 
'decreta'  uber  des  Chionographen  Abhangigkeit  von  Sueton  eine  '©b* 
scnratio  veritatis'  siud:  denn  so  sehr  beruht  ausschliesslich  auf  dieser 
Abhllngigkeit  jede  in  jener  Absicht  versuchte  Nachweisuog,  dass  ohnc 
ihre  Voraussetzung  das  gedachte  Lob  allen  Sinn  verliert.  —  Dass  doch 
mancher  'homo  doctus'  zwischen  Meinen  und  Beweisen  uicht  unter- 
scheiden  lerut,  und  fflr  einen  Beweis  nur  halt  was  wie  zweimal  zwei 
tm  vier  ist. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VAKRO.  491 

reichendeu  Indicien  fehlt,  auch  eine  Abtheilung  dc  jyhilosojriiis 
und  in  dieser  eine  vita  Varronis  enthalten  liabe:  wo  boten 
denu  die  erhaltenen  kurzen  Abrisse  dc  grammaticis  und  de 
rhdoribus  auch  nur  eine  entfernte  Analogie  dar,  nach  der  in 
einer  vita  Vamonis  ein  so  vollzahliger,  von  den  Forderungen 
gelehrter  Wissenschaft  ausgegangener  Katalog  seiner  sanimt- 
lichen  Schriften  erwartet  werden  diirfteV  lch  weiss  nur 
Einen,  dem  in  diesem  Masse  ein  Interesse  filr  solche  Voll- 
standigkeit  zuzutrauen  ware:  Varro  selbst.  Nichts  liegt 
naher  als  die  Annahine,  dass  derjenige,  der  in  seinem  78sten55i 
Jahre  so  genau  anzugeben  wusste,  wie  viel  Biicher  er  bis 
dahin  geschrieben,  ein  Verzeichniss  dieser  Biieher  entworfen 
hatte,  sei  es  in  einem  liber  singtdaris  oder  vielleicht  in  der 
Schrift  dc  vita  stta,  und  dieses  Verzeichniss  in  den  Handen 
des  Hieronynius  zu  denken  kanu  keiu  denkbarer  Grund  wider- 
rathen.  Wie  sorgfaltig  und  reichhaltig,  im  Sinue  und  nach 
den  Gesichtspuukteu  griechischer  Pinakographen,  dieses  Ver- 
zeichniss  eingerichtet  sein  uiochte,  davon  kaun  uns  freilich 
Jas  durre  Schema  eines  mit  Ungeduld  gemachten  Auszuges 
keinen  Begriff  geben.  Als  Anhaltpuukt  fiir  eine  griindliche 
Bearbeituug  der  Varronischen  Fragmente,  die  ent- 
schiedenes  Bediirfniss  ist,  wird  es  dennoch  vou  unschatzbarem 
Werthe  sein:  weitere  Audeutungen  fiir  die  Vertheilung  der 
einzelnen  Bruchstiicke  zu  geben,  als  die  im  Verlauf  der  vor- 
stehenden  Besprechung  nothwendig  herbeigefuhrten  oder  ge- 
legentlich  angeknUpften,  habe  ich  absichtlich  unterlassen. 

Zur  Erleichterung  der  Uebersicht  wird  eiu  nach  Mog- 
lichkeit  geordneter  Katalog  siimmtlicher  bekannter  Schriften 
Varros,  mit  Verweisung  auf  die  vorstehenden  Erorterungen, 
nicht  iiberfliissig  sein.  Die  von  Hieronymus  aufgenommenen 
sind  mit  Sterachen,  und  wenu  sie  uns  erst  durch  ihn  bekannt 
geworden  sind,  ausserdem  durch  Kreuze  bezeichnet. 

P- 

t  *  1.    Libri  VI       Tragoediarum    .    .    .    491  [420] 
2.    Lib.    ..       Carminis  (de  rerum  na- 

tura?)   494  [432] 

f  *  3.    Libri  X        Poematorum1)   .    .    .    492  [429] 

1)  Mit  demselben  Nnmeu  finden  wir  die  ahnlichcn  Gedichteamm- 


Digitized  by  Google 


402 


DIE  SCHRIFTSTKLLEREI 


f  *  4.    Libri  IV       Saturarurn*)  ....  492  [430] 
*  5.    Libri  CL      Saturarum  Menippea- 

rum   492  [430] 

f  *  6.    Libri  XXII  Orationum   495  [434] 

t  *  7.    Libri  III      Suasiouum3)  ....  496  [434 1 


lungen  anderer  rOmischcr  Dichter  der  iiliem  Zeit  bczeiebnot:  dea  Cal- 
vu8  bci  Gclliu8  IX,  12,  des  Cinna  ebenda  und  XIX,  13,  des  Furius 
XVIll,  11:  zum  Theil  auch  bei  Nonius.  Noeh  unzweideutigcr  prugte 
sicb  epiiter  der  Sprachgebrauch  aus,  nach  Plinins  Epist.  IV,  14:  r]>ro- 
indc  sive  cpigrammata  sive  idyllia  sive  eclogas  sive  ut  muJti  poetnatia 
seu  quod  aliud  vocare  malueris  licebit  vocea:  ego  tantum  heudecasyl- 
labos  ^^68^0.' 

2)  Dass  dem  Horatiua  diese  Varronischen  Satiren  nicht  uubekannt 
warcn,  dass  sie  nicht  etwa  zu  den  gar  nicht  ins  Publicum  gekommenen 
Sehriften  Varro's  gchOrten,  scheint  mir  gerade  durch  den  Zneatc  f  Ata- 
cino'  in  Serra.  1,10,46  bestimmt  genug  angedeutet.  —  Ffir  die  p.  493 
[431]  behauptete  Schatzung  Varros  Seitens  der  Zeitgenossen  gibt  einen 
sicbera  Maasstab  die  eine  Thatsache,  dass  nach  Plinius  N.  H.  VII,  30 
§  115  Varro  der  ciuzige  Lebende  war,  dessen  Bildniss  in  des  schwer 
gcnug  zu  bcfriedigenden  Pollio  Bibliothek  Aufnahme  gefunden  hatte: 
fhaud  minore,  ut  cquidcm  reor,  gloria  principc  oratore  ct  cive  cx  iJJa 
ingcniorum  quae  tunc  fuit  multitudine  uni  hanc  corouam  dante  quam 
cum  eidem  Maguus  Pompeius  piratico  ex  bello  uavalem  dedit.' 

3)  Dass  unter  Suasioncs  nichta  andercs  als  hgum  suasiones,  ora- 
tioncs  quibus  Icges  suadentur  zu  verstehen  sind,  lchrt  der  const&nte 
Sprachgcbrauch  der  iiltern  Zeit.  Was  bei  Festus  p.  282  suasio  Icgi» 
Voconiac  (des  Gato)  heisst,  nennt  Gellius  VII,  13  Catonis  oratio  qua 
Voconiam  legem  suasit,  womit  vgl.  XVII,  6  Cato  Voconiam  lcgem  suadens. 
In  eiufachster  Fassung  ebenso  Priscian  XII,  943  Cato  in  lcgis  Maetiat 
suasione,  oder  was  auf  dasselbe  binauskOmmt,  Gellius  VI,  16  Cicero  in 
dissuasione  legis  agrariae;  umstandlichcr  derbelbe  XIII,  3  in  orationc 
C.  Cacsaris  qua  riautiam  rogationcm  suasit,  und  XI,  10  C.  Graccliu* 
in  oratione  qua  legcm  Saufeiam  dissuasit;  was  in  gleicher  Weise  bei 
Fcstus  p.  242  heisst  M.  Cato  in  ea  qua  legem  (hrchiam  dissuadct  (ob- 
wohl  sachlich  falsch^  driickt  er  p.  201  breiter  uud  harter  aus  in  sua- 
sionc  nc  dt  kgc  (JrcJiia  dcrogardur,  ahnlich  wie  p.  282  in  dissu<isio*u 
tte  lcu-  Baebia  derogarctur  (wofur  abgekiirzt  Nonius  Cato  legc  Bcubvr: 
vgl.  Nonin8  j>.  87  Cato  suasionc  in  legcm  populi;  —  noch  andcrs,  mit  dc 
nnd  Angabe  des  Inhalts,  Festua  p.  234  in  dissuasionc  dc  rege  Attalo  ct 
rcctigaJibus  Asiae.  und  Nonius  p.  6 1  Cato  in  dissuasiottc  dc  faeneratione, 
woftir  wieder  Festus  p.  234  Cato  dc  faenerationc  legis  Iuniae.  Aber 
nicht  bloss  an  Iteden  ad  populum  zu  denken  erinnert  selbst  in  dor 
Form  das  Citat  des  Priacian  VII,  762:  Catojn  orationc  qua  suasit  in 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VARRO.  493 

*  8.    Libri  LXXVI    Logistoricon  (Aoyicto- 

piKtuv)4)    .    501.  542  [440.  482] 

*  9.    Libri  LI  Iniaginuin  513  [452J  553 

*10.    Libri  III  de  vita  sua     ....    501  [440J 


senatu.  Wenn  daher  einerseits  aus  'Suasionum  libri  III'  allerdings 
nicht  folgt,  da*»s  Varro  iiberhaupt  jemals  als  Volksredner  aufgetreten 
sei,  indem  alle  seine  suasiones  kftnnen  Senatsreden  gewesen  sein;  und 
wenn  es  anderseits  dem  Begritfe  nach  mtfglich  bleibt,  dass  gehalteue 
Reden  auch  unter  den  'Orationes'  in  22  Buchern  sich  befanden,  wo- 
fern  es  nur  keine  suasioties  waren,  sondern  z.  B.  gerichtliche  Reden 
oder  5ffentliche  laudationes:  so  gabe  doch  eine  bloss  nach  aolchera  Ge- 
sichtspunkte  gemachte  Unterscheidung  ein  zu  wunderlichea  Einthei- 
lungsprincip  fur  zwei  verschiedene  Sammlungen,  als  dass  wir  nicht 
dennoch  den  so  viel  einfachern  und  zugleich  durchgreifendern  Gegen- 
satz  von  gehaltenen  und  nur  geschriebenen  Reden  fur  Varro 
festzuhalten  hatten. 

4)  Den  uber  die  Natur  und  die  Vorbilder  der  Logistorici  ent- 
wickelten  Vermuthungen  wird  die  berichtigte  Vorstellung  uber  ihre 
Doppeltitel  entsprechen,  wonach  die  Personennamen ,  die  regelmassig 
mit  sachlichen  Aufschriften  verbunden  waren,  nicht  auf  die  Empfanger 
im  Sinne  einer  Zueignung  hinweisen  (was  auch  nicht  durch  den  Nomi- 
nativ,  sondern  rait  ad  ausgedriickt  sein  wurdc  ,  sondern  ganz  einfach 
den  Hauptunterredner  des  Dialogs  bezeichnen,  nicht  andera  als  Laelius, 
de  amicitia ;  Cato,  de  senectute.  Ob  dafur  das  Beispiel  der  Platonischen 
•Dialoge  bestimmend  sein  konnte,  bleibt  bo  lange  zweifelhaft,  als  nicht 
erwiesen  ist,  dass  die  sachlichen  Nebentitel  derselben  schon  vor  Thra- 
syllus  vorhanden  waren:  vgl.  Hermann  Gesch.  u.  Syst.  d.  Plat  Phil. 
p.  660;  aber  darin  folgteVarro  dem  Platonischen  Gebrauche  jedenfalls 
uicht,  dass  er  seine  Gesprache  nur  nach  gleichzeitigen  Personen  (s. 
ebenda  p.  656)  benannt  hatte.  Auf  Zeitgenossen  (wie  bei  Cicero's  'Bru- 
tus')  weisen  zwar  manche  logistorische  Titel  hin,  wie  Atticus,  Nepos, 
Tubero,  Scaurus,  aber  eben  so  bestimmt  andere  (wie  bei  Cicero  fLae- 
lius'  und  fCato')  auf  Personen  wo  nicht  einer  hdhern  Vorzeit,  doch 
schon  gestorbene,  z.  B.  wenn  nicht  alles  triigt,  Scaevola,  Sisennat  Ma- 
rius.  Und  auch  in  dieser  Beziehung  fflhren  uns  Spuren  und  Zeugnisse 
wieder  auf  Heraklides  zuruck.  Zwar  ob  dessen  Dialoge  Doppeltitel 
zur  Aufschrift  hatten,  ist  aus  dem  Verzeichniss  des  Diogenes  nicht  er- 
sichtlich,  es  miisste  denn  in  dem  «'Akougoc  epujriKdc  Kal  (^?)  KX€iviac-> 
t-in  solcher  stecken ;  aber  dass  er  Personen  der  Vorzeit  haufig  einge- 
ffihrt  hatte,  sagt  Cicero  ad  Att.  XIII,  19:  fSi  Cottam  et  Varronem  fe- 
cis9em  inter  86  disputantes,  ut  a  te  proximis  Htteris  admoneor,  meum 
Kuxpdv  7Tp6cumov  esset.  hoc  in  antiquis  personis  suaviter  fit,  ut  et  Hc- 
raclides  in  multis  et  nos  sex  de  re  publica  libris  ^60^^118.' 


Digitized  by  Google 


494 


DIK  SCHBIFT8TBLLEBEI 


t  *11.  Libri  III  Legationum  ....  498  [436] 
t  *12.    Libri  III       de  Pompeio    ....    498  [436] 

13.  Libri  II...  (VIII?)    Epistularum5)  .    536  [476] 

14.  Libri  VIII  (VII?)  Epistolicarum 

quaestionum6)        .    536  [476] 
*15.    Libri  IX     Disciplinarum7)  503.535 [441.475] 
f.M        16.    Libri  III...  Rhetoricorum  ....    534  [473] 
17.    Lib.  (I?)     de  mensuris  (agrorum?) 

[de  geometria  ad  Ru- 

fum?]8)   535  [474] 

t  *18.    Libri  IX      de  principiis  numero- 

rum   504  [442] 

[t]*(19?)  Liber  I       de    valetudine  tuenda 
  502.  536  [440.  475] 

5)  FCir  eine  Scheidung  der  Varronischen  Epistulae  in  Graecat 
nnd  Latinae  (s.  o.)  liesse  sich  das  Beispiel  des  M.  Junius  Brutug  an- 
fuhren,  von  dem  eine  Sammlung  griechisch,  und  eine  andere  lateinisch 
verfasster  Briefe  existirte:  s.  die  Beweisstellen  bei  Meyer  zu  Cicero 
Brut.  p.  11. 

6)  Ein  einziges  Mal  citirt  auch  Charisius  nicht  eine  Briefsamm- 
lung,  sondern  einen  einzelnen  Brief,  p.  105:  Varro  ad  Keronem.  Ge- 
rade  darin  liegt  vielleicht  eine  Bestatigung  fQr  die  ebenda  p.  81  und 
84,  5  vermuthete  Verwechselung  von  Epistolicarum  mit  Epistuiarum, 
indem  sich  daim  Charisius  in  der  Art  des  Citirens  gleich  bliebe.  Aucb* 
wiire  es  in  der  That  ein  sehr  natflrliehes  Verfahren/  was  sich  hiernacb 
ergiibe:  dass  niimlich  Citate  aus  den  Epistolicae  quaestiones  nur  nnter 
diesem  Sammlungstitel  gemacht  zu  werdeu  pflegten,  Briefe  dagegeo, 
die  nur  als  solche  und  ohne  allen  einheitlicheu  Gesichtspunkt  zu  Epi- 
stularum  Ubri  vereinigt  waren,  auch  als  einzelne  angefuhrt  wunkn. 
Letzteres  giilte  dann  auch  von  den  bei  Nonius  citirten  Einzelbriefen 
um  so  mehr,  als  unter  diesen  sich  zweimal  ebenfalls  Varro  ad  A>ro- 
netn  befindet  p.  26  und  167. 

7)  Nach  n.  15  liess  sich  auch,  als  parallel  stehend  mit  dem  ersten 
Bnche  der  JJisciplinae  (de  grammaticaj  sogleich  einschalten  die  Gruppe 
n.  53  —  69,  und  im  Anschlnss  an  n.  59  mit  n.  42  und  44  zur  Khetorik 
(n.  16)  flbergehen. 

8)  Den  Anlass  zu  dieser  Schrift  darf  raan  vielleicht  darin  sucheo, 
dass  Va*n-o  zu  der  Commission  der  XXviri  gehOrte,  welche  im  J.  695 
in  Folge  der  (nach  Vellejus  II,  44  von  Pompejus  empfohlenen)  flex 
Iulia  agraria*  die  Landvertheilung  des  ager  Campanus  und  Stellos  »us- 
zufuhren  hatte,  wie  er  selbst  bezeugt  Itust.  I,  2  und  bei  Plinius  X.  H 
VII,  52  §  176. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TtKENTIUS  VARRO 


495 


*20.%  Libri  III    de  forma  philosophiae.    .  503  [441] 

(21?)  Liber  I     de  philosophia   503  [441] 

f  *22.    Libri  XV  de  iure  civili   505  [444] 

*23.    Libri  III    Rerum  rusticarum 9).    .    .  503  [441] 

24.  Liber  I     de  aestuariis ,u)   534  [473] 

25.  Lib.  .  .      Ephemeridis  (rusticae) ")  .  533  [473] 


9)  Dieses,  und  nicht  de  re  rustica,  ist  die  alte  und  achte  Aufschrift. 
—  An  n.  22  liessen  sich  auch  n.  28  ff.  sogleich  anschliessen;  ich  zog 
es  vor,  die  nur  in  einer  Schrift  behandelten  Disciplinen  nicht  zu 
trennen,  und  auf  die  geistigern  die  materiellern  folgen  zu  lassen. 

10)  Hierher  geatellt,  weil  ich  jetzt  kanm  zweifle,  dass  diese  Schrift 
landwirthschaftlicher  Natur  war,  alao  mit  dem  Stoff  der  Ephemeris 
navalis  allerdings  gar  nichts  gemein  hatte.  Aus  Varro  selbst  namlieh 
Rer.  rust.  III,  17  (vgl.  Valerius  Max.  IX,  1,  1)  ist  ersichtlich,  dass  aestn- 
aria  ein  sehr  wesentliches  Erfordemiss  waren,  um  diejenigen  Fisch- 
teiche,  welche  salsae  oder  maritimae  hiessen  im  Gegensatz  zu  piscinae 
dulces,  fortwahrend  mit  frischem  Fluthwasser  zu  speisen.  Von  der 
knnstlicben  Anlegung  solcher  rstagna,  per  quae  mare  vicissim  tum  ac- 
cedit  tum  recedit'  (wie  aestuaria  in  dem  von  Langensiepen  imllh. 
Mus.  f.  Phil.  N.  F.  V  p.  247  bearbeiteten  Suetonischen  Fragmente  de- 
finirt  werden)  wird  Varro'8  Schrift  gehandelt  haben:  so  sehr  ihm  auch 
dergleichen  piscinae  von  finanzieller  Seite  nur  als  kostspieliger  Luxus 
erschienen.  (Denn  an  acstuaria  im  Sinne  von  f  Wetternchachten '  zu 
denkeu,  die  nach  Plinius  N.  H.  XXXI,  8  §  49  beim  Brunnongraben 
vorkamen,  liegt  doch  fiir  ein  ganzes  Buch  gar  zu  fern.)  Ist  die  vor- 
getragene  Vermuthung  richtig,  so  haben  wir  an  der  Schrift,  in  Folge 
des  Citats  in  dc  l.  lat.,  ein  Beispiel,  wie  sich  Varro  in  demselben  Stoff 
viel  friiher  monographisch  versuchte,  als  er  ihn  in  umfassender  Be- 
bandlung  darstellte. 

11)  War  dieser  Wirthschafts-Kalender  keiue  Vorarbeit,  sondern  ein 
erganzender  Nachtrag  zu  den  Jierum  rusticarum  libri ,  so  fallt  seine 
Abfassung  nach  718.  —  Ueberhaupt  kann  es  niemand  eutgehen,  da*s 
die  wichtig^ten  und  umfaugreich*ten  Werke  Varros  —  wie  eine  chro- 
nologische  Ueborsicht  der  naher  bestimmbaren  leicht  darthun  kounte, 
wenn  Bie  nicht  hier  zu  viel  Raum  in  Anspruch  nahme  —  fast  alle  in 
die  letzten  zwei  Jahrzehnte  seines  Lebens  fallen,  die  er  offenbar  in 
ginzlicher  Zuruckgez^bgenheit  von  offentlichen  Geschaften  nnr  der  Aus- 
arbeitung  des  manigfaltig^ten ,  wahrscheinlich  lilngst  gesammelten 
und  vorbereiteten  Stoffes  widmete.  Auch  die  Imayines  hatte  er  erst 
zwei  Jahre  zuvor  (716)  herausgegeben.  In  friihere  Lebensperioden 
wird  alles  Poetische  gehoren,  desgleichen  die  suasiones,  zumeist  auch 
wohl  die  orationes  (obwohl  die  laudatio  Porciae  erst  709  geschrieben 
*ar),  vor  allem  aber  die  uberwiegende  Mehrzahl  der  Meuippeischeu 


Digitized  by  Google 


496  DIE  SCHRIFTSTELLEREI 

26.  Libri  .  .    Ephemeridis  ('€<pfp€pftoc) 

navalis  ad  Ponipeium    .  532  [471] 

27.  Libri  .  .     de   ora   maritima  (Lito- 

raliuni)12)   534  [473] 

*28.    Libri  XLI  Antiquitatuni,  und  zwar  .  505  [444] 

a)  XXV  Reruni  humanarum  .    .    .  541  [481] 

b)  XVI   Rerum  divinarum  ad  Cae- 

.    sarem   541  [481] 

t  *29.    Libri  IX    Epitomes  ex  Antiquitati- 

bus   506  [445] 

30.  Libri  IV    de  gente  populi  Romani  .  508  [446] 

31.  Libri  .  .     de  familiis  Troianis    .    .  507  [445] 

32.  Liber  I      tribuum   507  [445] 

*33.    Libri  111    Rerum  urbanarum    ...  510  [449J 

*34.    Libri  III    Annalium   508  [447] 


35.    Liber  1      €ico:yujyik6c  ad  Pompeium13) 

532.  538  [471.  477] 
556    *36.    Libri  IV    de  vita  populi  Romani  ad 

Atticum  512  [450] 

Satiren  und  der  Logistorici:  kurz  Alles,  worin  aich  Talent  und  Neignng 
dieser  wunderbar  organisirteu  Natur  mit  mehr  oder  weniger  scbOpfe- 
rischerFreiheit  erging.  Was  an  ihr  eine  eiugehendere  Cbarakteristik 
als  vorzugsweise  interessant  hervorznheben  hatte,  das  ist  neben  dein 
ernstesten  Forschungseifer  eines  wahren  Chalkenteros  die  liebenswur- 
dige  Behaglichkeit  eines  so  harmlosen  wie  beweglichen  Humors,  die 
er  trotz  Ciceros  «0€iv6c  dvfjp-  rdxa  kcv  kqI  dvatnov  aiTi6urro*  (ad  Attic 
XIV/  26)  besessen  und  namentlich  in  den  Menippeis  bewahrt  haben 
muss. 

12)  Die  Nummern  26.  27  liessen  sich  auch  allenfalls  unter  deni 
geographischen  Gesichtspunkte  zusammenfassen,  und  als  parallel  mit 
dem  vierten  Buch  der  THsciplinac,  de  geometria,  betrachten,  somit  nach 
n.  17  stellen.  Uebrigens  sollte  es  mich  nicht  wundern,  wenn  trott  der 
Besprechung  geographischer  Gegensttinde  an  so  viclen  Orten  wie 
n.  11.  16d.  26.  27  und  28  a  doch  noch  eine  cigene  gr8ssere  Schrift 
Varro's  bloss  der  (namentlich  ausseritalischen)  Landerkunde  gewidnn-t 
gewesen  ware. 

13)  Hierher  gestellt,  weil  Pompejus  dorans  lernen  sollte,  quid 
facere  dicereque  deberct,  cum  senatum  consuleret,  wonach  der  Inhalt  in 
den  Kreis  der  vierten  Abtheilung  der  Jies  humanae,  von  den  Instituteu 
(de  rcbus),  fUlt 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIITS  VARRO. 

497 

37. 

Lib.   .  . 

Aetion  (Airiwv) ,4).    .    .  . 

512  [451] 

38. 

Libri  .  . 

mr  a    j        m»    m  mm  a  fc  ■■» 

534  [473] 

[39. 

Libri  .  . 

540  [480] 

*40. 

Libri  III 

de  bibliothecrs  .... 

ol3  [4o2] 

f  *41. 

Libri  III 

de  lectionibus u)     .    .  . 

o21  [460 1 

*42. 

Libri  III 

de  proprietate  scripto- 

524  (463] 

43. 

Libri  .  . 

ol5  [454] 

*44. 

Libri  III 

mr     .     m*         mm    .   mmt  M 

ol5  L4o4] 

*4o. 

Libri  III 

de  originibus  scaenicis 

[ad  Scauruin?]  n)  .    .  . 

516  [455] 

*46. 

Libri  V  (III V)  de  actionibus  scaeni- 

516  [455] 

14)  Da  Kallimachus  nicht  der  einzige  iet,  der  Ama  schrieb  (Ama 
(purixd  des  Theophrast  kennt  Athenaus,  Aina  schrieb  spater  Butas, 
Ama  'PuJuaixd  Plutarch:  s.  VoBsius  Hist.  gr.  III  p.  410  W.),  so  wurde 
das  Disparate  des  Stoffes  wie  der  Form  eher  ab-  als  anrathen,  in  ihm 
das  Vorbild  fttr  Varro  zu  Buchen,  wenn  es  nicht  bei  Servius  zu  Aen. 
I,  408  ausdrucklich  hiesse:  'cuius  rei  t6  afriov  i.  e.  caussam  Varro 
CaUimachwn  secutus  exposuit.' 

15)  Stehen  hier,  weil  ich  sie  nirgend  besser  unterzubringen  weiss. 
Meinetwegen  mdge  man  sie  auch  nach  n.  27  stellen. 

16)  An  Dichterstellen  fur  legere  im  Sinne  von  recitare,  von 
eigenen  Productionen  gesagt,  fehlt  es  ausser  Ovid  Trist.  IV,  10,  57 
und  ex  Ponto  IV,  2,34  (neben  recitare  Trist.  III,  14,  39)  nicht:  8.  Iloraz 
Epist.  II,  2,  105.  ad  Pisones  475.  Als  Vorlesungen  fremder  Schriften 
sind  ' lectiones*  nicht  nur  durch  das  in  demselben  Sinne  von  Cicero, 
Quinctilian,  Plinius  wiederholt  gebrauchte  legere,  sondern  auch  durch 
das  Sklavenamt  dea  *lectory  hinlanglich  gesichert.  (fUeber  einen  Dich- 
ter  lesen'  heisst  legere  auch  bei  Suetou  de  gramm.  11:  fqui  solus  legit 
ac  facit  poetas'.)  —  Die  Sitte  des  Recitirens  selbst  aber  sich  nicht  von 
zu  jungem  Datum  vorzustellen  kann  auch  das  mahnen,  dass  das  ver- 
wandte  Institut  eines  collegium  poetarum  von  Valerius  Max.  III,  7,  11 
schon  fttr  die  Zeiten  des  Accius  bezeugt  wird. 

17)  Nur  als  noch  eine  Moglichkeit  (mir  keinesweges  die  plausi- 
belste)  8oll  es  bezeichnet  werden,  dass  die6es  daa  Verbaltniss  des  Na- 
mens  Scaurus  zu  der  Varronischen  Schrift  war,  welches  in  dem  riith- 
selbaften  Citat  des  Servius  versteckt  liegt. 

18)  Wenn  in  diesem  Werk  die  draraatischen  Vorrathe  der 
romischen  Litteratur  registrirt  waren,  so  darf  —  Angesichts  der  That- 
sache,  daas  uoch  eine  Reihe  Varronischer  Schriften  existirte,  von  deren 
Aufschrift  und  Inhalt  keine  Spur  auf  uns  gekommen  ist  —  wohl  dio 

FB.   HIT8CUELII  01'VSCVLA  III.  32 


Digitized  by  Google 


498  DIE  SCHRIFTSTELLERRI 

55- f  *47.    Libri  III       de  actibus  (?)  scaenicis    518  [451] 

f  *48.    Libri  III       de  personis  519  [458] 

t  *49.    Libri  III       de  dcscriptionibus,  ncpi 

XapaKTnpujv  VJ)  ....  520  [459J 
50(?)  Libri  .  .  de  comoediis  Plautinis  517  [456] 
*51.    Libri  V  (V)   Quaestiouum  Plautina- 

rum*°)  510  [455] 

52.    Lib.  .  .         de  compositione  satu- 

rarum   493  [431] 

*53.    Libri  XXV    de  lingua  latina  ad  (Sep- 

timium  et)  Oiceronem  .    525  [404] 
t  *54.    Libri  IX       Epitomes   e    libris  de 

lingua  latina    .    .    .    527  [466] 
55.    Libri  .  .        de  antiquitate  littera- 

rum  (ad  Accium)21).    .    529  [4C9] 
*56.    Libri  III       de  origine  linguae  lati- 
  nae  (ad  Pompeium?)   .    529  |469J 

Frage  ffir  befugt  geltcn,  ob  nicht  ilhnliche  litterarische  Verzeicb- 
nisse  von  Varro  auch  fur  die  flbrigeu  Gattungen,  mindestcns  der  Poe- 
sie,  miigen  entworfen  worden  sein?  Gewiss  i»t  dass,  wenn  uberhanpt 
irgend  einmal  iin  Bereiche  der  rttmischen  Litteratur  eine  umfasseude 
p inakographische  Leistung  unternommen  worden  ist,  es  keine 
durch  Studien  und  Neigung  geeignetere  PersOnlichkeit  als  die  des 
Varro  geben  kann,  der  sich  die  Herst^llung  eincs  so  unentbehrliehen 
Hvilfaraittels  der  Gelehrsamkeit  mittels  ansprechender  Vermuthnng  zu- 
trauen  liesse.  An  illtern  Vereuchcu  und  Vorarbeiten  fehlt**  es  uicht, 
wie  die  Zuaammenstellung  in  Parerga  Pl.  I  p.  90  f.  zeigt.  —  Diess 
ware  also  eine  dritte  Region  (vgl.  oben  p.  520[459]  uud  n.  12),  in  der 
sich  verlorene  und  selbst  bis  auf  den  Titel  untergegangene  Schriften 
Varro'fl  muthmasslich  snchen  liessen. 

19)  Nicht  verglcichen  liisst  sich  der  Titel  Xa.paKTn.pcc  f\  <thXo- 
kujuwooi  bei  Suida8  v.  Aiovucidorjc,  wegen  des  Zusatzes  *v  d>  toi-c 
XapaKTfjpac  dnaYYtXXci  tujv  noin.TU)v.  Eher  noch  der  Titel  Kumui- 
6ou,u€va,  wenu  es  nicht  vielmehr  nur  historische  Punkte  der  Ko- 
modic  zu  sein  schienen,  mit  denen  solche  Schriften  sich  beschiiftigten. 

20)  Vergleichbar  beispielsweise  die  Auccic  duopn.udTUJv  kiuuikwv, 
bei  Suidas  v.  'HqjaicTunv  'AXtEavopeuc. 

21)  Wenn,  wie  doch  wahrscheinlich ,  dieser  Acciua  der  Tragiker 
ist,  dessen  Lebenszeit  nur  bia  gegen  670  auBgedehnt  werden  kann,  M 
muss  die  Abfasflung  diescr  Biicher  sehr  friih  falleu,  als  Varro  etwa 
ein  Dreissiger  war. 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TERENTIUS  VAKRO.  499 

*57.   Libri  III  de  similitudine  verbo- 

rum   528  [468] 

58.    Libri  IV  .  .  .     de  utilitate  sermonis  .    529  [4G8J 

•59.   Libri  VII  (V?)  desermonelatinoad  sss 

Marcellum   524  [463J 

Auf  Origenes  und  den  Katalog  seiner  Schriften  mich 
einzulassen  habe  ich  keinen  Beruf.  Aus  Redepenning?s 
Monographie  ersehe  ich  indess,  dass  sich  auch  seine  Aus- 
beutung  fQr  die  gelehrte  Theologie  genugsum  lohnen  und  in 
gar  manchen  Punkten  die  Kenntniss  erweitern,  das  Urtheil 
berichtigen,  den  Zweifel  heben  wird.  Aber  das  ausserlich 
am  meisten  in  die  Augeu  springende  Neue,  was  wir  aus 
unsenn  Anekdoton  lernen,  will  ich  doch  lieber  selbst  vor- 
bringen.  Das  ist  die  Gewissheit,  dass  die  herkommliche  An- 
gabe  von  der  alles  Gbertreffenden  Schriftenzahl  des  Origenes 
selbst  auf  einer  unubertroffenen  Uebertreibung  beruht,  wenn- 
gleich  keiner  absichtlichen.  Bekanntlich  stammt  jene,  von 
Suidas  wiederholte  Angabe  aus  Cedrenu9  p.  252  B  (I  p.  444 
Bonn.):  Xd-reTcn  bi  6ti  cUaKicxiXiac  (tfpXouc  cuvcraEc.  Nun 
ist  aber  die  Summe  der  von  Hieronymus  verzeichneten  Bucher 
des  Origenes  so  weit  von  6000  entfernt,  dass  sie  noch  nicht 
einmal  neuntehalbhundert  erreicht.  Dass  des  Hieronymus 
Aufzahlung  vollstiindig  sein  sollte,  wird  so  wenig  jemand 
bezweifeln,  als  dass  sie  es  sein  konnte.  Ist  sie  es  dennoch 
in  unserm  Anekdoton  nicht,  so  wird  die  Schuld  an  der 
getriibten  Ueberlieferung  liegen,  das  Fehlende  aber  keinen 
sehr  erheblichen  Unterschied  begrunden*).    Das  Zahlzeichen 

*)  Vor  allem  fehlen  die  libri  VIII  contra  Cehum.  Der  Titel 
ist,  glaube  ich,  an  der  Stelle  ausgefallen,  an  der  aich  auch  ein  anderer 
Augfall  urkundlich  beweisen  lasst.  Vor  den  Hbri  IV  ntgi  ctQi<av  las 
ja  Rufinus,  wie  wir  im  Eiugange  aahen,  den  Titel  Monobiblia:  die 
von  Hieronymus  ohne  Zweifel  dazu  gesetzte  Zahl  fehlt  bei  Rufinus. 
Hieronymus  verstand  darunter  die  Ubri  singulares,  so  weit  es  keine 
blosa  exegetischen  waren:  denn  von  diesen  beabsichtigte  er  allerdings 
eine  vollstfiudige  Aufziihlung  im  einzelnen.  Also  wundere  man  sich 
nicht  z.  B.  die  in  Fabriciua  Bibl.  gr.  VII  p.  222ff.  aufgefvihrten  Schriften 
ncpl  cuxnc,  irpoTp€7rTiK6c  clc  uapTuptov,  und  etwaige  andere  nicht  bei 
Hieronymus  zu  finden:  sie  waren  unter  den  Monobiblia  begriffen.  Ich 
hebe  diess  hervor,  weil  es  ganz  dasselbe  Verfahren  iat  wie  bei  den  X 

32* 


Digitized  by  Google 


500 


DIE  SCHRIFTSTELLEREI 


r.59  fiir  6000  ,q  hat  auch  bci  Suidas  Wirren  erzeugt  uud  fruher 
die  heitere  Meinung  bewirkt,  dass  Origenes  alle  seine  Bucher 

Jibri  singulares  des  Varro:  und  iiberaus  bestiitigend  fur  die  gemachte 
Annahme,  dass  die  besondere  Erwiihnung  eines  liber  de  raJeiudine 
tuenda  nur  eine  Inconsequenz  und  ein  Zeichen  von  Fluehtigkeit  sei,  ist 
der  durchaus  analoge  Fall,  dass  trotz  jener  Zusanimenfassung  unter 
dem  Collectivtitel  *  Monobiblia '  doch  noch  der  Dialogus  adrersus 
Caiulidum  Valentinianum  einzeln  nachfolgt.  —  Dag^gen  die  S  tromata 
(OrpiuuaTeic)  fehlen  bei  Hieronymus  keincswegs ;  der  Anfang  des  Kata- 
logs  iat  nur  in  unserm  Codex  durch  mehrfache  Verwirrung  •  nutellt, 
und  ungefahr  so  herzustellen: 
XIII  In  Genesin 

II  Localium  (Mysticarum?)  horailiarum 

. .  In  Exodum 

. .  (In  Exodum)  excerpta 

..  In  Leviticum  excerpta 

[ . .  In  Numeros  excerptaj 

X  Stromatum 
XXXVI  In'  Iesaiam 

. .  In  Ie8aiam  excerpta  u.  s.  w. 
In  dieser  Ergiinzung  bin  ich  Redepennings  Aufziihlung  II  p.  194 
gefolgt,  obne  mich  darauf  einzulassen,  dass  nach  den  Angaben  in 
Fabricius  Bibl.  gr.  p.  208  ff.  auch  Commentare  (nicht  bloss  Scholien  = 
Excerpta)  zu  Josua  und  Hiob,  so  wie  Scholien  zum  ganzen  Pentatouch, 
zu  Josua,  den  Richtorn,  Ruth,  Samuel,  den  Konigen  und  zu  Daniel  hier 
ihre  Stelle  finden  mussten.  Aber  so  gut  wie  die  Scholien  zum  Daniel 
keine  selbstiindige  Schrift  waren,  sondern  (gleichwie  die  zura  Galator- 
briefe)  einen  Theil  des  zehnten  Buches  der  Stromata  bildeten  (s.  Redep 
I,  377.  II,  71):  so  gut  konnen  ebenda  selbst  die  Excerpta  in  Kumerm, 
und  vielleicht  zu  noch  anderu  alttestamentlichen  Buchern  Platz  ge- 
funden  haben:  und  eben  daraus  erklart  sich  auch  die  ausserdem  ganz 
befremdliche  Stellung  dieses  Titels  mitten  zwischen  exegetischen  Ar- 
beiten.  Wenn  uns  der  Katalog  des  Hieronymus  aberhaupt  etwaa  lehren 
poII  und  kaun,  so  hat  eben  eigene  Scholieu  zu  rallen  biblisehon 
Bacheru'  (Redep.  II,  193)  Origenes  nicht  geschrieben  d.  h.  herausge 
geben.  Denn  dass  dieses  beides  identisch  ist,  dass  nicht  nur  die  ausfiihr- 
liehern  Commentare,  sondern  in  der  That  auch  die  kurzern  Scholien  (das 
genus  commaticum  des  Hieronymus)  von  Origenes  behufs  der  Veroffent- 
lichung  abgefasst  wurden,  und  nicht  bloss  beilaufige  Privatnotizen  wa- 
ren  (Redep.  I,  376),  das  ist  wohl  eine  durch  unsern  Katalog  jetzt  un- 
zweifelhaft  gewordene  Einsicht.  Nach  Anleitung  dessolben  mSgen  es 
ira  fibrigen  die  Theologen  ausraachen,  wenn  es  ihnen  wichtig  genug 
ist,  welche  einzelne  BCicher  des  alten  und  nouen  Testamentos  von  Ori- 
gones  entwodor  in  einer,  oder  in  zweien,  oder  in  allen  drei  von  ihin 


Digitized  by  Google 


PES  M.  TERENTIUS  VAKKO.  501 

stehend  (gdc)  geschrieben  habe.  Wie  mit  demselben  Zahl- 56o 
zeichen  anderwarts  gar  leicht  Koppa  (in  die  Sylbe  ci  tlber- 
gegangeu  bei  Bast  Comm.  palaeogr.  p.  82.  853),  so  ist  bei 
oder  von  Cedrenus  ohne  Zweifel  das  Sampi  damit  verwech- 
selt  worden.  Neunhundert  Biicher  in  runder  Zahl  konnten 
demjenigen  fuglich  beigelegt  werden,  der  es  bis  in  die  Mitte 
des  neunten  Hunderts  gebracht  hatte.  Machte  er  aber  auch 
die  DOO  wirklich  voll  —  und  darauf  kann  eine  Berechnung, 
die  etwa  die  Hexapla  als  ein  halbes  Hundert  einzelner 

gehandhabten  ErklitningBformen  (Cr|U€iujC€ic,  *€Er|Ync€ic,  OjniXiai)  cora- 
raentirt  habe.  Ara  bedenklichaten  scheint  in  dieser  Beziehung  daa  Ur- 
theil  uber  die  Psaliuen,  da  davun,  dass  diese  ausser  Scholien  und  Ho- 
railien  auch  Commentare  gehabt  (liedcp.  I,  388),  der  Katalog  giinz- 
lich  schweigt.  Da  derselbe  indess  erstlich  Excerpta  zu  den  15  ersten 
Psalmen.  zweitens  46  Bficher  Excerpta  zu  41  ausgewahltcn  P«almen, 
und  drittena  (nach  den  Homilien)  noch  einmal  Excerpta  in  totum  l'sal- 
terium  (womit  daa  'Enchiridiura'  bei  Redep.  I,  377  Anm.*3  gemeint  sein 
wird)  auffuhrt,  80  liegt  die  Vermuthung  nahe,  dass  an  einer  der  beiden 
SfeUeo  das  Wort  'Excerpta'  zu  streichen  sei,  wodurch  denu  Commen- 
tare  statt  Scholien  entatehen.  Freilich  inimer  noch  nicht  zu  den  25 
ersten  Psalmen,  wie  Eusebius  Hist.  eccl.  VI,  24  angibt:  allein  eben 
wegeu  der  Priicision,  mit  wclcher  der  Katalog  die  einzelnen  Psalmen, 
die  ?on  Origenea  coinmentirt  wordcn,  namhaft  macht,  zweifle  ich  auch 
kaum,  dass  bei  Euaebiua  i€'  mit  K€'  verwechselt  wordeu.  Die  Genauig- 
keit  des  Katalogs  erkennt  man  unter  anderm  auch  an  der  Unterschei- 
dtiog  eines  Commentars  in  10  Buchern  zum  Hohenliede  von  eincni  in 
%  Bucheru,  quos  insuper  scripsit  in  adolescentia  (ao  ist  zu  verbessorn): 
vgl.  Fabricius  p.221.  ltedep.  1,390;  de*gleichen  an  der  Untersehei- 
dung  des  Commentars  zum  Hosea  (wobei  die  Buchcrzahl  ausgefallcn) 
und  der  Monographie  uber  eine  einzelne  Stelle  desselben:  s.  Redep. 
II,  191.  —  Noch  zwei  Lucken  finde  ich  ausser  den  schon  besprochenen 
in  uuserm  Katalogc  nachzuwcisen:  unter  den  Commentaren  zu  den 
kleinen  Propheten  ist  nach  Amos  otfenbar  Obadja  ausgefallen,  und  unter 
den  Homilien  iibcr  das  A.  T.  wird  cs  urspriinglich  geheissen  haben: 

Lib.     IV  in  llogum  lib.  1 

—  I  in  Kegum  lib.  II 

—  I  in  Chronica 

—  II  in  Esdram 

—  XXII, in  lobum. 

Was  in  'Paschae'  steckt,  das  die  Reihc  ganz  fremdartig  unterbricht, 
*eisa  ich  nicht;  der  Folge  der  Biicher  nach  wiirde  man  hicr  Ruth  er- 
^arten.  —  Gegen  das  Ende  des  Katalogs  ist  fiir  Pionam  und  Esifodori 
*ahrscheiiilieh  zu  emeudiren  Pionium,  Cephisodori. 


Digitized  by  Google 


502 


DIE  SCIIUIFTSTELLEKKl 


Biicher  hinzuziihlte,  uiit  Fug  hinauskoramen  — :  imraer  bleibt 
es  eine  Unwahrheit,  wenn  Hieronymus  mit  dem  Trumpfe 
schliesst:  'Videtisne  et  Graecos  pariter  et  Latinos  unius  la- 
bore  superatos?',  und  der  Ruhra  des  grossten  Vielschreibers 
verbleibt  dem  profanen  D  i  d  y  m  u  s  mit  seinen  3500  Buchern, 
an  denen  das  Zeugniss  des  Atheniius  IV  p.  139(7  wenigstens 
bis  jetzt  nicht  hat  zweifeln  lassen.  Aber  die  zweite  Stelle 
behauptete  jedenfalls  Origenes  in  der  Stufenfolge  der  An- 
gaben  des  Alterthums  (zusammengestellt  im  Prooemium  schol. 
hib.  Bonn.  1840  p.  VIII  [=  Opusc.  I  p.  184  f.j),  wonaci 
man  von  Kallimachus  iiber  800,  von  Aristarch  800,  von 
Chrysippus  iiber  700,  von  Epikur  gegen  600,  von  Ari- 
stoteles  gegen  500,  von  Aristoxenus  453,  von  Klito- 
machus  und  dem  Epikureer  Apollodor  iiber  400,  von 
Theophrast  etwa  376,  von  Xenokrates  um  215  Biicher 
zahlte.  Zwischen  Epikur  und  Chrysippus  nimmt  Varro 
seine  Stelle  ein. 

* 

si  *)Dem  Beispiele  Varro's  folgend,  diirfen  wir  im  Sinne 
seiner  Ernst  und  Heiterkeit  mischenden  Laune  nach  so  viel 
Ernsthaftigkeiten  eine  Geraiithsergotzung  suchen  und  unserm 
trilogischen  Versuche  iiber  Zahl,  Inhalt  und  Urafang  der 
Varronischen  Schriften  als  Satyrspiel  eine  vor  nunmehr  bei- 
nahe  120  Jahren  in  unserm  lieben  Vaterlande  niedergeschrie- 
bene  Charakteristik  des  Schriftstellers  selbst**)  nachfolgen 


*)  [Dieser  Anhang  findet  sich  nur  in  der  oben  erwahnten  Separat- 
ausgabe  p.  81—83.  C.  W.] 

**)  [Sie  steht  in  folgendem  (von  G.Ventzky  herau8gegebenen)Werke: 
'Marci  Terentii  Varronis  libri  tres  de  re  rustica,  wegen  ihrer  Vortreflflich- 
keit,  Nutzbarkeit  und  Seltenheit  von  neuem  mit  Fleiaa  ubersehen,  be- 
dachtlich  ausgebessert,  in  Paragraphos  abgetheilet,  mit  lateinbchen  und 
teutschen  Summarien  wie  auch  teutschen  Noten  vereehen,  zum  allge- 
meinen,  insonderheit  aber  der  Schul-Jugend  gewidmeten  Gebrauch  he- 
rausgegeben  und  mit  einer  Vorredc  von  des  Auctoris  Leben,  von  seinem 
und  seiner  Schriften  Character,  ingleichen  mit  einem  doppelten  Re- 
gister  begleitet.  Halle  im  Magdeburgischen,  zu  finden  bei  Johann 
Ernst  Fritschen.  Anno  1730'.  Hier  findet  sich  die  ausgehobene 
Stcllc  in  der  Vorrede  anderer  Abtheilung  §  2  und  3  (c.  7  ff.).  C.  W.J 


Digitized  by  Google 


DES  M.  TBKENTIUS  VAKKO. 


lassen,  die  uian  iiicht  obne  einiges  Vergniigeu  lesen  wird. 
Hier  ist  sie: 

cVarronis  eigentlichen  Charakter  zu  bestiminen,  ist  so 
leicbte  nicht,  als  man  nieynen  solte.  Denn  1.  hat  nian 
wenig  data  von  ihm  in  den  Historien  und  seinen  Schriften. 
2.  Ist  dieses  sein  Buch  [de  re  rusticaj  nicht  nur  Gesprachs- 
weise  geschrieben,  darauf  raan  sich  nicht  sicher  verlassen 
kan;  sondern  immer  befurchten  muss,  es  habe  Varro  nach 
eines  andern  Passion  geredet,  und  sie  vorgestellet:  sondern 
es  ist  auch  ein  Buch  seines  hohen  Alters,  da  der  stilus 
kQrtzer,  und  judicioser;  das  Temperament  zur  Melancholie 
geneiget  wird.  3.  Scheinen  bey  dem  ersten  Anblick  die 
Passionen  ziemlich  nahe  zusammen  zu  treten,  wobey  es 
schwerer  wird  zu  urtheilen.  Doch  wollen  wir  es  versuchen, 
die  gefundene  Data  hersetzen:  ist  unser  Urtheil  nicht  griind- 
lich;  sind  vielleicht  andere  darinnen  scharfsinniger.  Seinen 
Ehrgeitz  verrathen  folgende  Dinge.  1.  Er  hat  viele  Biicher 
geschrieben,  und  das  darum,  wie  er  sich  selber  verrathen, 
ut  vitam  producat.  Vid.  Gellium.  2.  Eine  heftige  Aemula- 
tfon  schon  in  der  Jugend  gehabt  im  Kriege,  in  den  Studiis 
und  Ackerbau.  3.  Verwarf  genus  vitae  otiosum  et  laborio- 
sum,  und  erwehlete  mistura,  Augustin.  4.  Die  behutsarae 
Dienstfertigkeit,  insonderheit  in  Spanien  wieder  Caesar  und 
die  Treue  bis  auf  s  ausserste.  5.  Submittirte  sich  nicht  jeder- 
mann,  drum  wolte  er  nicht  kommen  als  ihn  Porcius  ruffen 
liess.  Gell.  1.  13.  c.  12.  6.  Simulirte  und  dissimulirte. 
7.  Contradicirte  gerne  und  will  Recht  haben.  8.  Plauderte 
nicht  viel,  redete  auch  nicht  zu  wenig.  9.  War  hertzhaft, 
sonderlich  in  bello  piratico.  10.  Grossiniithig  und  gedultig 
in  UnglUck,  dass  er  studiren  konte,  als  es  Ciceroni  zu 
schwehr  fiel.  11.  Verzweiffelte  nicht,  12.  War  behutsam, 
bedachtsam  und  sorgfaltig  in  Schriften,  Aemtern  und  in  der 
Oeconomie.  13.  Bedachtsam  und  splendide  in  Verschwen-  82 
dung,  9.  g.  sein  Vogel-Haus  1.  3.  c.  5.  Karg  insgeheim,  deim 
er  redet  immer  vom  Proht,  14.  Retire  in  der  Gesellschaft. 
15.  Beweisete  ein  mannliches  Decorum.  16.  Ist  reinlich, 
schon,  ansehnlich,  ohne  leichtsinnige  Eitelkeit.  17.  Ordent- 
lich  in  allen  Sachen.    18.  Gravitatisch  und  ernsthaftig,  dass 


Digitized  by  Google 


504 


I ) I K  SC H KIF TSTKLLK K K I 


sich  Cic.  auch  fUr  ihui  scheuete,  und  nennet  ihn  virum  gra- 
vein  &  etiam  insontem  accusaturum.  19.  Schertzet  saty- 
risch  und  judieios,  das  Melanch.  nicht  konnen.  20.  Schreibt 
Satyras  wieder  die  Eitelkeit  und  den  Geitz,  und  Irrthumer. 
21.  Hegt  Kaltsinnigkeit  in  der  Religion  und  politische  Schein- 
heiligkeit.  22.  Hat  ein  ziemliches  Ingenium  und  gutes  Ju- 
dicium.  23.  Liebt  Studia,  die  in  disputiren  und  raisoniren 
des  Verstandes  bestehen,  als  die  Philosophie.  24.  Er  lobt 
sich  e.  g.  TTOiu^va  Xaiuv  L  2.  c.  5.  Sein  Geitz  und  die 
Melancholie  verrathen  sich  in  folgenden  Stucken.  1.  Redet 
er  durchgchends  von  Sparsanikeit,  von  vielen  Einbringen, 
will  gerne  was  schones  haben,  aber  es  soll  auch  profitable 
seyn.  2.  Eyfert  wieder  der  Jiingeren  kostbare  Eitelkeiten, 
und  vertheidigt  der  Alten  simple  Frugalitat.  3.  Hat  viel 
Giiter  gekauft,  und  ist  da  gerne  gewesen.  4.  War  ein  guter 
Oeconomus  der  alles  genau  gelernet,  beobachtet  und  beschrei- 
bet.  5.  Hassete  die  Neuerungen,  hielt  steif  auf  alte  Gebriiuche, 
dass  er  auch  viele  Irrthumer  aus  Liebe  zum  Alterthum  in 
Worten,   Wercken  und  Schriften  gedultet  und  begangen. 

6.  Censiret  die  Wollflste  der  Welt.  7.  Ist  in  seinem  Vor- 
trag  kurtz  und  nachdencklich.  SeineWollust  blicket  heraus 
1.  Aus  8einem  plaisanten  Vogel-Hause.  2.  Dass  er  auch 
das  liebt  so  schon  aussiehet:  3.  Von  delicaten  Essen  und 
eingemachten  Sachen  redet:  4.  Sich  leicht  insinuiren  konte. 
5.  Schertzet  lustig:   6.  Den  Geitz  in  den  Satyren  censiret: 

7.  Ergotzende  Studia  treibt:  8.  Allerley  lustige  Sachen  mit 
einmischet:  9.  Keinen  melancholischen  Gram  hat.  Hieraus 
kan  man  schliessen,  dass  er  ein  Cholerico  -  Melancholicus 
gewesen,  und  ohngefehr  solche  Vermischung  der  Passionen 
gehabt:  den  Hochmuth  im  60.  den  Geitz  im  40.  die  Wollust 
im  20.  Grad.    Wie  denn  das  Clima  Italiens  so  beschaflen, 

83  dass  es  den  Leuten  ein  Temperament  giebt,  so  zur  hertz- 
haftigen  Scharfsinnigkeit  und  Klugheit  fahig  ist.  Conf.  Letre 

de  N  —  sur  le  Charactere  des  Italiens.' 

'Hieraus  ist  nun  der  Character  seines  Ingenii,  Judicii 
und  der  Memorie  zu  erkennen.  Er  hatte  einen  guten  Ver- 
stand,  schones  Ingenium,  excellentissimum  &  acutissimum, 
wie  Augustinus  sagt:  ein  treffliches  Judicium,  wiewol  es 


Digitized  by  Googl 


DES  M.  TERENTITS  VARRO. 


505 


durch  die  Melancholie  an  der  Geschwindigkeit  gehindert  wor- 
deu,  auch  ist  das  Ingenium  besser  als  das  Judicium  gewesen, 
daher  es  koninit,  dass  er  zuweilen  in  urtheilen  fehlet.  Die 
Memorie  ist  ziemlich  treu  gewesen,  iudem  er  das  was  er 
gesehen  und  gelesen,  wol  behalten  konnen.  Alles  dieses  kan 
man  schliessen,  1.  aus  seinen  Reden  und  Schriften,  die  sind 
kurtz,  ordentlich,  lustig,  curios,  ohne  Tautologien,  weil  er 
Materie  genung  gehabt;  schreibt  grundlich;  behauptet  alles 
aus  der  Erfalirung  und  den  Eigenschaften  der  Sache.  2.  Aus 
denen  Geschaften  und  Affaireu,  worinnen  er  grosse  Geschick- 
lichkeit  bewiesen.  Also  hatte  er  TEsprit  des  letres,  de  la 
conversation  &  des  Affaires.  Mehr  von  dieser  weitliiufigen 
Sache  zu  handeln,  leidet  der  enge  Kauin  nicht/ 


Digitized  by  Google 


XIV. 

Hieronymi  index  librorum  ab  Origcne  Marcoque 
Varrone  coinpositoruni*). 


s  Quos  olim  Hieronymus  Stridonensis  librorum  ab 
Origene  Marcoque  Varrone  compositorum  indices  con- 
fecerat,  cum  diu  in  summis  doctorum  hominum  desideriis 
fuissent,  singulari  fortunae  beneficio  nuper  contigit  ut  e 
tenebris  in  quibus  latuisseut  ad  dias  luminis  oras  redireut. 
Quos  cum  e  codicis  cuiusdam  Atrebatensis  exemplo  litterati 
Angli  cura  parato,  quod  propensae  in  nos  voluntati  nostri 
nuper  collegae  Lvdovici  Urlichsii  debebamus,  in  Musei  nostri 
pbilologi  tomo  VI  [supra  p.  423  sqq.]  vulgabamus  atque  enarra- 
bainus,  non  nos  fugiebat  quam  esset  optandura  ut  ille  codex 
deuuo  inspiceretur  et  secundis  curis  qua  fieri  diligentia  posset 
excuteretur.  Ei  voto  citius  quam  speraveramus  satisfactum 
est,  et  ita  ut  huius  quoque  beneficii  laus  ad  hanc  universi- 
tatem  redeat  Nam  cum,  qui  apud  nos  nunc  et  Sanscriticas 
litteras  tradit  et  linguas  comparare  docet,  Avgvstvs 
SCHLEICHERVS  noster  per  Francogallorum  terras  peregri- 
nando  Atrebatas  venisset,  precum  nostrarum  memor  haud 
est  cunctatus  bibliothecam  S.  Vedasti  adire  ibique  facile 
indagatum  codicem  membraneum  numero  849  signatum 
tanto  studio  tractare,  ut  vix  quicquam,  quod  ad  quantivis 
pretii  indices  illos  plene  accurateque  cognoscendos  pertineret, 


*)  [Prooemium  IndicU  scholarum  hiberoarum  Bonuensium  annoruni 
C1010CCCXXXXIX  et  L.J 


Digitized  by  Google 


II  (L 

In.  LXim.  lib.  L  In  LXV.  lib.I.  In.  LXVI 
LXX.  lib.  I.  In.  LXXI.  lib.  L  In  pncipio 

I.  In.  €111.  lib.  II.  In  ^puerbia.  lib.  III.  I 
excerpta.   In  canticu  cantico*.  lib.  X.  &  a 
o    mof.  II.  quof  fupfcripJit  in  adolefcentia. 

mentationef  Iheremie.  thomof.  V.  Rurfui 

Periarcon.  lib.  UII.  de  resurrectione.  lib 
of  de  resurrectione  dialogof.  II.  de  -;pul 

b;dam  queftionib;  lib.  I.  dialogu  aduerfi 

10    candidu  ualentinianu  de  martyrio.  lib 
de  nouo  teftamento  in  mathm.  lib.  XX 

iohanne.  lib.  XXXII.  In  partef  quafdan 
nif  excerpto^  lib  I.  In  lucam.  lib.  XV. 

pauli  apH  ad  romanof.  lib.  XV.  In  epl 

u    galathas.  lib.  XV.   In  epl"am  ad  ephefios 
III.  In  epFam  ad  philippenfef.  lib.  1.  \ 

ad  colofenfef.  lib.  II.  In  epl~a  ad  theflft 
fef.  lib.  III.  In  epl'a  ad  titu.  lib.  I.  In  < 

lemone.  lib.  I.  Rurfuf  bmeliaru  in  uetu 
20    mentii.  In  genefy.  omel\  XVII.  Ir^ 


Digitized  by  Google 





XIV.  p.  507. 


9€ 


-lyiq^  ^iied  jooaiS  9  |  °€ 

tuado  mSoiod-e  oid  v._\d; 

i 

^nv  'miA  T«m  j°j 

^diaoxa  ma^i  -nic  C7r 

I 

•TO  II  \\Qmo  '°)llg*  UI  II 
--«Souora  ap  -oiunpT  i 

-loqxg  *i  \iauuo  -aoTwI  9 
-aq  ptj  ujda  uj  [  -^erao 


Digitized  by  Goo 


1 


507 


reliquum  fecerii  Apparuit  autem  codicem  illuin,  quem  sae- 
culo  XII  catalogorum  in  ipsa  bibliotheca  exstantium  alter 
tribuit,  alter  ineunti  XIII,  omnes  dum  integer  est  Origenis 
in  Genesim,  Exodum,  Leviticum,  Numeros  homilias  latine 
conversas  a  Rufino  complexum  esse,  deperditis  vero  per- 
multis  membranis  ita  mutilum  evasisse  ut  non  plures  quam 
CV  membranae  nunc  superstites  sint.  Atque  homiliis  quidem 
ipsis  immorari  hic  nihil  attinet:  prologum  autem  Hieronymi  4 
in  duabus  paginis  bipertitis  perscriptum  laetamur  quod  Schlei- 
cheri  virtute,  litteratorum  autem  hominum  non  mediocri  ut 
putamus  commodo,  integrum  nunc  iterare  licet  ad  ipsius 
fidem  codicis  expressum,  et  ita  quidem  expressum  ut,  quae 
ad  Origenem  pertinent,  nisi  ubi  ambigua  esset  memoria, 
simpliciter  transcripta  sint,  contra  in  prioris  paginae  parte 
priore,  quae  omnem  Varronis  7ToXirfpa(piav  complectitur, 
laudabili  consilio  ipsae  litterarum  formae,  quales  sunt  in 
codice,  imitando  repraesentatae.  Itaque  nos  coniuncta  cum 
typographi  lithographi  arte  exemplum  codicis  infra  posuimus, 
quod  qui  intueantur  sat  certum  meditationum  suarum  funda- 
mentum  habituri  esse  videantur.  Neque  enim  de  singulis- 
hoc  loco  disputare  vel  aniinus  nobis  vel  otium  fuit:  qui 
materiam  comraentandi  vobis  tradere  quam  commentationera 
exhibere  ipsi  maluerimus.  Quodsi  utriusque  exempli  nunc 
comparatione  instituta  Imaginum  non  LI  sed  XV  libros 
Hieronymum  testari  cognoveritis,  hoc  facile  intellegetis  tale 
esse  ut  et  ingenii  utiliter  exercendi  et  caussae  ipsius  fructuose 
disceptandae  argumentum  aptissimum  inventum  sit.*) 


*)  [Vide  quao  infra  p.  526  ex  Chappuisii  libro  dc  duobus  rarisinis 
codicibuH  eundem  catalogum  Hieronymianum  exhibentibus  relata  sunt. 
C.  W.] 


Digitized  by  Google 


XV. 

Ueber  des  Marcus  Terentius  Varro  Imaginum 
sive  Hebdomadum  libri. 


[fWenn  von  irgend  einer  Frage  gilt,  dass  sie  gleichsam 
unter  den  Augen  des  Publicums  herangewachsen  und  durch 
die  vereinten  Kriifte  vieler  einem  (relativen)  Abschluss  zu- 
gefuhrt  worden  ist,  so  sicher  von  dieser  iiber  die  Beschaflen- 
heit  der  Varronischen  Imagines.  Desto  erwiinschter  wird  es 
sein,  hier  die  ganze  Reihe  der  Actenstttcke  in  chronologischer 
Reihenfolge  iiberblicken  zu  konnen.'  Dieser  Anweisung 
Ritschls  folgend  habe  ich  seinen  eigenen  Arbeiten  die  in 
engstem  Zusammenhang  mit  ihncn  stehenden  Abhandlungen 
von  L.  Mcrcklin,  H.  Brunn,  L.  Urlichs,  M.  Schmidt  unter 
freundlicher  Zustimmung  der  Verfasser  (soweit  sie  noch  am 
Leben  sind)  angeschlossen.    C.  W.J 

I.  DISPVTATIO  DE  M.  VARRONIS  HEBDOMADVM 
SIVE  1MAGINVM  LIBRIS.*) 

M.  Varronis  libri  qui  inscribuntur  hebdomades 
vel  de  imaginibus  (verba  sunt  CJellii  III,  10)  quid  dotis 
litteratae  habuisscnt,  breviter  disputatum  est  Musei  nostri 
philol.VI  p.  513  sq.  [supra  p.452],  quo  autem  ordine  viderentur 
dispositi  fuisse,  futurae  quaestioni  reservatum.    Idque  bene 

*)  [Prooemium  lndicis  scholarum  hibornarum  Bonuenaium  annorum 
CIOIOCCCLVI  et  LVII;  itemm  in  publicum  emissum  in  rProcmionnu 
Bonncnaiuni  dccado'  (Berolini  a.  CIOIOCCCLXI)  n.  VI.J 


Digitized  by  Google 


UEBER  VARROS  IMAGINVM  SIVE  HEBDOMADVM  LIBRI.  500 


factum:  nam  cum,  ut  tum  res  erat,  Imaginibus  Hieronymus 
non  posset  non  credi  unum  et  quinquaginta  libros  tribuere, 
fallacissimo  fundamento  omnis  superstruenda  disputatio  fuerat. 
Soli  enim  calami  errori  Thomae  Phillipps,  cui  Catalogi  Hiero- 
nymiani  exemplum  acceptum  referebatur,  illum  numerum 
deberi  paullo  post  intellectum  est,  cum  Augusti  Schleicheri 
nostri  beneficio  investigatus  in  bibliotheca  Atrebatensi  codex 
Origenis  non  LI,  sed  XV  libros  Varronianos  monstravit:  id 
quod  non  sumus  cunctati  publice  narrare  in  prooemio  scho- 
larum  per  hiemem  a.  1849  in  hac  univcrsitate  habitarunifsupra 
p.507].  Fidem  Sehleicheri  non  egentem  firmamento  confirmavit 
nupermn  testimonium  I.  B.  Pitrae,  ordinis  S.  Benedicti  e 
congregatione  Gallica  monachi:  qui  prorsus  ignarus  nostrae 
industriae  Hieronymi  indices  ex  Atrebatensi  libro  denuo 
vulgavit  in  Spicilegii  Solesmensis  tomo  III  proximo  anno 
Parisiis  prodito,  a  p.  311,  simul  adnotatione  adiecta,  e  qua 
nos  quidem  in  Germania  nihil  discamus  t  nisi  quam  multa 
non  didicerint  qui  easdem  nobiscum  litteras  trans  Rhenum 
tractant. 

De  ordine  autem  librorum  Varronis  ut  ordine  quaeratur, 
a  Plinianis  verbis  quamvis  decantatis  ordiendum  est  quae 
sunt  in  Naturae  historiarnm  lib.  XXXV  §  11  (paragraphos 
Silligianas  sequimur):  non  qualia  vulgus  librorum  exhibet 
ab  interpolatore  nimimm  adomata  incredibilium  longo  ex 
tempore  turbarum  errommque  parente,  sed  qualia  solus  fide 
diguus  Bambergensis  a  Ludovico  Iano  excerptus:  'Imaginum 
amorem  flagrasse  quondam  testes  sunt  Atticus  ille  Ciceronis 
edito  de  iis  volumine,  M.  Varro  benignissimo  invento  in- 
sertis  voluminum  suorum  fecunditatium  septingentorum 
illustrium  aliquo  modo  imaginibus,  non  passus  intercidere 
figuras  aut  vetustatem  aevi  contra  homines  valere:  inventoriv 
muneris  etiam  dis  invidiosi,  quando  immortalitatem  non 
solum  dedit,  verum  etiam  in  omnis  terras  misit,  ut  prae- 
sentes  esse  ubique  cludi  possent.'  In  quibus  verbis  primum 
haud  scio  an  post  vohimine  non  et  potius  addendum  sit  e 
libris  deterioribus  quam  M.  autem  Varro  scribendum:  quando 
libro  singulari  simplicique  enarrationi  Attici  et  multitudo 
voluminum  Varronianorum  et  singulare  artiticium  quaesito 


Digitized  by  Google 


510 


ITEBER  VARRO'8  IMAGINYM. 


acumine  opponitur.  In  proximis  autem  etsi  vel  sic  aliqiio 
modo  verba  apparet  ad  inlustnum  pertinere,  non  ad  imagi- 
nibus  quo  olim  solita  sunt  referri,  tamen  insolens  ceteroqui 
durumque  genus  dicendi  ad  simplicem  planamque  consuetu- 
dinem  haud  dubitanter  sic  revocamus:  inscrtis  voluminm 
suorum  fccunditati  septingentorum  inlustrium  aliquo  modo 
hominum  imaginibus.  Postremo,  id  quod  longe  gravius  est, 
cludi  vocabulum  cum  nec  recte  defendi  posse  nec  recte 
emendatum  a  quoquam  esse  pridem  intellexissemus  ipsaque 
vi  ratiocinationis  Plinianae  ad  sententiae  quidem  tatis  ne- 
cessitatem  ducti  essemus:  ut  praesentes  essc  ubiquc  nt  diui 
possent,  verba  ipsa  scriptoris  paullo  post  vidimus  palmari 
emendatione  a  Martino  Hertzio  recuperata:  ubique  ceu  di 
possent,  in  Gerhardi  Diariis  archaeologicis  vol.  VIII  p.  144. 
Cuius  emendationis  tam  manifesta  veritas  est  ut,  qui  spernat, 
ad  criticam  factitandam  factum  esse  negemus.  Quodsi  sprerit 
Silligius,  non  valebit  hoc  contra:  qui  quidem,  ut  utamur 
exemplo  uno  e  multis,  etiam  lib.  XXVI,  §  14  tam  patiens 
fuerit  ineptissimorum  apud  priscos  verborum,  ut  propositam 
in  commentario  de  Varronis  Disciplinarum  libris  p.  52  [supra 
p.  399]  coniecturam,  qua  illinc  arroipuxpiCTric  vel  fortasse 
dtTrouiUKTric  cognomen  Asclepiadis  medici  eruebamus,  non 
modo  contemneret,  sed  ne  commemoraret  quidem.  Sed  haec 
in  transcursu  tantum. 

Ipsum  Hebdomadum  nomen  nemo  unquani  dubitavit 
quin  hi  libri  inde  traxerint,  quod  inlustrium  hominum  iuia- 
gines  non  promiscue  proponerent,  sed  per  capita  dispositas 
quae  septenas  imagines  compleeterentur.  Atqui  septingentae 
imagines  vel  centum  hebdomades  quindecim  libris  cum  aliqua 
aequabilitate  dispertiri  nequeunt.  Ergo  primum  praesto  est 
liber  eicaYurriKOC  ceteris  libris  quattuordecim  pari  consitio 
praemissus,  quo  compertum  habemus  et  Rerum  humanarum 
et  Rerum  divinarum  et  de  lingua  latina  voluminibus  singu- 
los  libros  Varronem  praemisisse,  quibus  'communiter  de 
omnibus'  ageret.  E  quo  prooemio  iam  in  Musei  philol.  1. 
s.  s.  ea  repetebamus,  quae  de  cseptenarii  numeri  vi  et  facul- 
tate  in  multis  naturae  rebus  animadversa '  partim  'admodum 
conquisite',  partim  tfrigidiuscule,  disputata  ex  primo  libro 


Digitized  by  Google 


SIVE  HKBDOMADVM  LIBRI. 


511 


Gellius  III  c.  10  excerpsit.  Eodemque  0.  Iahnius  in  Aetis 
Societ.  Saxon.  a.  1850  p.  140  adn.  72  illa  referebat,  quae 
de  imaginibus  generatini  exposita  Plinius  a  §  4  ad  §  1G 
perscripsit:  quorum  tamen  partem  eis  potius  scriptoribus 
tribueris,  qui  in  auctorum  indice  libri  XXXV  praecedunt 
M.  Varronis  nomen:  Messalae  utrique,  Fenestellae,  Attico. 
Ergone  quattuordecim  qui  restant  librorum  numerus  satis 
aptus  videbitur  centum  hebdomadibus  capiendis?  Qualem  v 
distributionem  apparet  non  alia  ratione  institui  potuisse,  nisi 
ut  aut  septenas  hebdomadas  tredecim  libri  complecterentur, 
novem  extreraus,  aut  septenas  libri  duodecim,  duo  octonas, 
aut  denique  septenas  singuli  libri  quattuordecim,  duas  ipse 
primus  cum  disputationibus  isagogicis  conglutinatas.  At  vero 
horum  nihil  est  quod  ulla  probabilitatis  specie  commendetur. 
An  aequabilitatis  concinnitatisque  in  disponendis  argumentis 
longe  studiosissimum  Varronem  tani  sui  dissimilem  quisquam 
sibi  persuadebit  in  his  potissimum  libris  extitisse,  quibus  vel 
nomen  a  numerorum  cuuueTpia  inderet?  cuius  mirificum  dis- 
tribuendae  materiae  artificium  cum  Antiquitatium  volumina 
XLI*)  testentur  tum  ipsi  de  lingua  latina  libri  XXV:  quorum 
partitionem  Musei  phil.  p.  50G  et  525  sqq.  [supra  p.  444.  464] 
videraur  sat  clara  in  luce  posuisse.  Nam  his,  quos  ultimo  loco 
diximus,  etsi  nondum  desiit  Bernhardyus  Hist.  litt.  p.  GG2  ed. 
sec.  tantum  XXIV  libros  tribuere,  tamen  aut,  quid  inter  certa 
ac  dubia,  vera  ac  falsa  intersit,  nosmet  ne  didicimus  quidem, 
aut  de  XXV  libris  pertexta  argumentatio  nostra  non  coniecturae 
probabilitatem  habet,  sed  demonstrationis  necessitatem.  Ita- 
que  de  Imaginum  libris  nisi  falluut  omnia,  singulis  libris 
Varro  septenas  hebdomadas  dedit  h.  e.  undequinquaginta 
imagines  singulas,  omnibus  auteni  libris  quattuordecim  non 
plures  quam  DCLXXXVI  imagines  congessit:  quem  numerum 
non  finite  loquens  Plinius,  quippe  in  solam  multitudinis 
notionem  intentus,  facillime  potuit  ad  plenam  septingen- 
tarum  summam  augere,  a  qua  ille  satis  prope  afuit. 

*)  Hic  numerus  cum  vel  contra  duplex  Catalogi  testimonium  XLV 
Hbros  prodentis  tutandus  fuerit,  nunc  unum  saltem  <«vanuit,  postquam 
in  codice  scriptum  esae  ^mTOMViv  f  antiquitatum  ex  librig  XL^^,  coni- 
pertam  est:  qni  numerus  ad  veritatem  proxime  accedit. 


Digitized  by  Google 


512 


UEBER  VARROS  IMAGINVM 


Non  promiscue  distributas  hebdomadas  multo  minus 
eredibile  est  promiscuo  argumento  fuisse.  Et  primum  quidem 
unius  eiusdemque  generis  horaines  singulis  hebdomadibus 
compositos  esse  cuin  res  ipsa  suadet  ut  credamus  tum  uno 
certo  exemplo  eoque  longe  evidentissimo  prorsus  persuadetur. 
Magnificentia  enim  villarum,  atriorum,  balneorum  in  Mosellae 
ripis  couspicuorum  ubi  Mosellae  laudatorem  Ausonium  Grae- 
corum  operum,  quorum  illa  splendorem  aemularentur,  ad- 
monuit,  exempli  caussa  quattuor  artifices  Graecos  ex  una 
hebdomade  Varroniana  nominatim  commemorat  v.  305  sqq.: 

Forsan  et  insignes  hominumque  operumque  labores 
Hic  habuit  decimo  eelebrata  volumine  Marcei 
Hebdomas.  hic  clari  viguere  Meuecratis  artes, 
Atque  Ephesi  spectata  nianus,  vel  in  arce  Minervae 
Ictinus,  magico  cui  noctua  perlita  fuco 
Allicit  omne  genus  volucres  perimitque  tuendo. 
vi        Conditor  hic  forsan  fuerit  Ptolemaidos  aulae 
Dinochares,  cui  quadrato  in  fastigia  cono 
Surgit  et  ipsa  suas  consumit  pyramis  umbras  — 

e.  q.  s.  Nec  enim  Scaligeruin  audiendum  esse,  non  solitis 
argutiis  haec  longe  aliam  in  partein  intcrpretantem,  sauissimo 
iudicio  pridem  Salmasius,  Reinesius  Var.  lect  II,  1  extr., 
alii  perspexerunt.  Itaque  de  quattuor  illis  architectis  cum 
longo  ex  tempore  nulla  dubitatio  fuisset,  nuper  demum  ab 
eadem  caussa  eos  quos  illi  excipiunt  versus  segregandos  esse 
Iacobus  Bernaysius  noster  negabat  admonitione  utilissima. 
Qui  hi  sunt  inde  a  298: 

Quis  potis  innumeros  cultusque  habitusque  retexeus 
Pandere  tectonicas  per  singula  praedia  formas? 
Non  hoc  spernat  opus  Gortynius  aliger  aedis 
Conditor  Euboicae,  casus  quem  fingere  in  auro 
Couantem  Icarios  patrii  pepulere  dolores: 
Non  Philo  Cecropius,  nou  qui  laudatus  ab  hoste 
Clara  Syracosii  traxit  certamina  belli. 

Vides  quid  hinc  consequatur.  An  casu  factum  putabis  quod, 
utrosque  versus  ubi  sociaveris,  ut  suut  ab  Ausonio  sociati. 
nec  plures  prodeunt  nec  pauciores  quam  una  hebdomade 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBBI.  513 

Varroniana  conclusi  septeni  architecti  Daedalus,  Philo, 
Archimedes,  Menecrates,  Chersiphro,  Ictinus,  Dino- 
chares?  E  quihus  quattuor  etiam  Plinius  ut  clarissimos 
onmium  cum  quinto  Ctesibio,  sed  qui  mechanicam  potius 
inlustraverit ,  insignivit  lib.  Vll  §  12f>:  fgrande  et  Archi- 
medi  geometricae  ac  machinalis  scientiae  testinioniuin  M. 
Marcelli  contigit  .  .  .  .;  laudatus  est  et  Chersiphron  Cnosius 
aede  Ephesi  Dianae  admirabili  fabricata,  Philon  Athenis 
annamentario  mille  navium,  Ctesibius  pneumatica  ratione  et 
hydraulicis  organis  repertis,  Dinochares  metatus  Alexandro 
condent/'  in  Aegypto  Alexandriam.' 

Verum  ne  sic  quidem  concinnitatis  studio  satis  factum. 
Nam  ut  illi  Graeci  sunt  omnes,  ita  etiam  alibi  non  miscuisse, 
sed  discrevisse  Graecos  Romanosque  homines  Varro  videbitur. 
Nam  patriae  quidem  virtutis  laus  ac  gloria  quam  longe  in 
Iinaginibus  patuerit,  luculento  testimonio  Symniachus  ea 
epistula  docet,  quae  in  lucem  protracta  a  Ludovico  Carrione 
Emendat.  II,  14,  a  Gaspare  autem  Scioppio  e  libro  ms. 
correcta  Verisimil.  I,  7,  nunc  quarta  legitur  libri  primi. 
Vbi  ad  patrem  (non  ad  Ausonium  Burdigalensem,  quae 
Merceri  coniectura  fuit  in  Nonium  p.  775)  haec  scribit  quae 
infra  posuimus:  'Studium  quidem  Menippei  Varronis  imitaris, 
sed  vincis  ingenium.  nam  quae  in  nostrates  viros  nunc  nuper 
condis  epigrammata,  puto  hebdomadon  elogiis  praenitere, 
quod  aeque  sobria,  nec  tamen  casca  sunt.  illa  bono  raetallo 
cusa  torno  exigi  nescierunt:  haec  duriorem  nisi  fallor  ma- 
tenem  admittent.*)  ille  Pythagoram  qui  animas  in  aeterni-vn 
tatem  primus  asseruit,  ille  Platonem  qui  deos  esse  persuasit, 
ille  Aristotelem  qui  naturam  bene  loquendi  in  artem  redegit, 

*)  Vulgatur  fquod  haec  aeque  sobria,  nec  tamen  casca  sunt.  illa 
bono  metallo  cuaa  torno  ezigi  nescierunt  et  duriorem  nisi  fallor  mate- 
riem  adniteris1.  Quod  sic  Baltem  dicendum  fuerat:  rilla  ....  neBcierunt: 
(u  duriorem  nisi  fallor  materiem  adniteris ' :  quamquam  vel  hoc  non 
una  de  caussa  digplicet.  Noa  ab  eo  profecti  sumus  quod  ante  Scioppium 
edebatur:  fet  duriorem  nisi  fallor  materiem  admittere'.  Hoc  enira 
«ibi  vult  scriptor  modesto  nimirum  acumine:  splendori  Varronianae 
aetatia  non  parem  esse  rudiorem  artem  Varronis,  maiore  elegantia 
Symmachianorum  elogiorum  compensari  temporum  suorum  humilitatem. 

*'B.  R1T8CHELII  OPV8CVLA    III.  33 


Digitized  by  Google 


514  UEBEK  VAKKO\s  IMAOJXVM 


ille  pauperem  Curium,  sed  divitibus  iuiperanteni,  ille  severos 
Catones,  gentem  Fabiam,  decora  Scipionum  totumque 
illum  triumphalem  senatum  parca  laude  perstrinxit:  tu 
ruinam  proximac  aetatis  illuminas.  difficile  factu  est  ut  honor 
angustis  rebus  addatur.'  Tot  igitur  Romanae  praestantiae 
exempla  cum  vix  dubium  sit  quin  constanter  Varro  integris 
hebdomadibus  comprehenderit,  iam  illud  quaeritur,  quam 
rationem  volnerit,  vcl  ut  etiam  distinctius  dicamus,  quaui 
proportionem  inter  Graecas  et  Romanas  hebdomadas  inter- 
cedere:  quando  nullam  omnino  proportionem  curasse  nullo 
modo  credi  curiosissimus  alioqui  disponendi  artifex  et  tani- 
quam  architectus  potest.  Itaque  cum  facile  quispiam  conieiat 
ex  Imaginum  libris  quattuordecim  septem  priores  Graecis 
hominibus  destinatos  fuisse,  Romanis  totidem  posteriores, 
hunc  tamen  ordinem  continuo  excludit  Ausonii  testimouiuin, 
qui  e  decimo  libro  Graecorum  nomina  architectorum  petebat 
Et  tamen  ut  par  fuisse  numerus  Romanarum  hebdomadum 
atque  Graecarum  credatur,  ipsa  aemulatio  monet  qua  seuiet 
aequiperare  Graecis  Romani  contenderunt,  deditissimumque 
patriae  studium  Varronis,  tot  aliis  documentis  elucens,  suadet 
inprimis.  Qui  si,  ut  exemplo  utamur,  iu  eo  libro  quo  honoris 
poetici  exempla  inlustrabat,  quattuor  pleiadas  e  Graecis 
poetis  composuisset,  tres  e  Romanis,  parum  profecto  vel 
popularium  suorum  ambitioni  vel  suo  sensui  satis  fecisset 
Quae  cum  ita  sint,  vix  aliam  viam  relictam  videinus,  nisi  ut 
quattuordecim  imaginum  libros  animo  nostro  informemus 
septem  dyadibus  divisos,  quarum  unaquaeque  uno  libro  tota* 
Graecas  hebdomadas  praemitteret,  altero  his  totas  Romauas 
subiungeret  ex  eisdem  vel  maxime  finitimis  geueribus 
petitas:  eam  quidem  in  speciem  ut  ad  Graecos  homines  iu- 
tegri  libri  II.  IV.  VI.  VIII.  X.  XII.  XIV  spectarent,  ad  Ro- 
manos  integri  III.  V.  VII.  IX.  XI.  XIII.  XV.  Quamquam 
pro  Graecis  haud  scio  an  rectius  exteros  potius  dicamus, 
cum  credibile  non  sit  Haunibalum,  Mithradatum  similiumque 
clarissima  nomina  a  Varrone  praetermissa  esse:  quemad- 
modum  altera  ex  parte  Romanos  non  dubitabimus  liberalius 
interpretari  Italos,  quorum  coniuncta  virtute  facile  perspicias 
opus  illi  fuisse  ad  Graecorum  laudes  non  bellicas  exaequandas. 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBKI 


515 


Vt  fortasse  non  fallat  coniectura,  a  Varronis  potissimum 
auctoritate   profectum   Romanoruni  exteroruinque  exempla 
dedita  opera  Valerium  Maximuni  composuisse.  In  istiusmodi 
autem  dispositionem  vide  quam  egregie  congruat  de  Graecis  vm 
architectis   decimum   librum  occupantibus  memoria.  Paris 
igitur,  non  imparis  numeri  librum  Nonius  adposuerat  p.  528: 
flucis  numero  plurali,  quod  sunt  dies.   Varro  ebdomadum 
♦  sub  imagine  Demetri:  hic  Demetrius  est  catus  quod  lucis 
habet  annus  absolutus':  sive  cbdotnadum   VIII,   sive  (quod 
aniplectiinur  libentius)  VI  vel  Illl  scriptum  fuit.  Ceterum 
quam  praeclara  emendatione  elogium  illud  Demetrii  Pha- 
lerei  Iosephus  Scaliger  in  Catalectis  p.  220  ed.  a.  1G17 
instauraverit,  satis  inter  omnes  constare  putamus: 
Hic  Demetrius  aeneas  tot  aptust, 
Quot  lucis  habet  annus  absolutus: 
nisi  quod  rectius  Schraderus  aereas  substituisse  recte  iudi- 
catur.  —  Contra  ad  Romanum  hominem,  si  modo  de  ordine 
Varroniano   probabiliter  statuimus,  non  ad  Graecum  illa 
pertinebant  quae  e  nono  libro  Charisius  servavit  p.  121: 
'Varro  hebdomadon  nono:  a  uulgu  condemnaretur.9 

At  vero  huic  disponendi  specie  aperte  repugnare  Gellii 
te8tiinonium  videtur  quod  est  in  capite  11  libri  III  ad 
Homennn  pertinens:  fM.  autem  Varro  in  primo  de  imagi- 
nibus,  uter  prior  sit  natus,  parum  constare  dicit,  sed  non 
esse  dubium  quin  aliquo  tempore  eodem  vixerint,  idque  ex 
[immo  et]  epigrammate  ostendi  quod  in  tripode  scriptum 
est,  qui  in  monte  Helicone  ab  Hesiodo  positus  traditur.' 
Et  in  fine  capitis:  *De  patria  quoque  Homeri  niulto  maxime 
dissensum  est.  alii  Colophonium,  alii  Sinyrnaeuin,  sunt  qui 
Atheniensem,  sunt  etiam  qui  Aegyptium  fuisse  dicant.  Aristo- 
teles  tradidit  ex  insula  Io.  M.  Varro  [immo  Io.  ideo  M.  Varro] 
in  libro  de  imaginibus  primo  Homeri  imagini  epigramma 
hoc  apposuit: 

Capella  Homeri  candida  haec  tumulum  indicat, 

Quod  hac  Ietae  mortuo  faciunt  sacra.' 
Verum  enim  vero  hoc  argumento  quia  nimium  probatur, 
probatur  nihil.  Quod  si  eo  valeret,  ut  Graecae  hebdomadi 
Wus  fuisse  in  imparis  numeri  libro  credendus  esset,  siniul 

83  * 


Digitized  by  Google 


516 


UEBER  VARKO'S  IMAOINVM 


hanc  vim  haberet  ut  ipse  priinus  liber  non  posset  praefationi 
totus  tribui,  sed  aliquid  ipsarum  iniaginuni  aceiperet:  id 
autem  quam  abhorreat  a  veri  siinilitudine,  supra  declaratum 
est.  Quocirca  non  dubitabimus  liberiore  quae  in  promptu 
est  interpretatione  uti  GeJliique  verba  in  eam  partem  vertere 
ut  ille,  ubi  subiectum  Homeri  imagini  epigramma  ad- 
iectamque  de  illius  atque  Hesiodi  aetate  disputationem  ex- 
cerpebat,  non  curasse  praemissam  universo  operi  praefa- 
tionem  existimetur,  sed  primum  librum  dixisse  qui  reap^ 
primus  esset  imagiues  ipsas  repraeseutans.  Ergo  in  secundo 
potius,  si  ad  amussim  fit  numeratio,  Homerus  et,  ut  con- 
sentaneum  est  credere,  Hesiodus  locum  invenerant:  unde 
conscquens  est,  ut  latinos  poetas  tertius  perscqueretur. 

Integrae  hebdomadis  praeter  eam  quam  Ausouius  testa- 
tus  est  nullius  nomina  comperta  habemus.  Nisi  quod  aliquis 
ix  fortasse  in  hoc  genere  coniecturae  locus  est.  Et  priraum 
quidem  cum  medicorum  inlustrium  duplex  apud  Plinium 
recensio  exstet,  altera  lib.  XXVI  a  §  10  ad  12,  altera  lib. 
XXIX  §  4  sqq.,  non  inepte  profecto  suspicere  alterutro  loco 
Varronis  illum  imagines  ante  oculos  habuisse.  Posteriore 
autcm  quoniam  ct  minus  finito  numero  et  hebdomadem  ex- 
cedente  enumerantur  Hippocrates,  Prodicus  Selymbriauus, 
Chrysippus,  Erasistratus,  Acro,  Herophilus,  Asclepiades, 
Themiso,  Antonius  Musa  cum  aliis  qui  illos  excepere,  non 
potest  non  eo  inclinarc  animus,  ut  ipsum  septenarium 
numerum  explentia  nomina  illa,  quae  prioris  loci  satis  con- 
cisa  mentione  sociantur,  ad  Varronem  auctorem  referantur: 
Hippocratis  rqui  primus  medendi  praecepta  clarissime  con- 
didit %  Diocli  Carystii  fqui  secundus  aetate  famaque  exstitit', 
Praxagorae,  Chrysippi,  Erasistrati,  Herophili, 
Asclepiadis.  Quod  cui  non  improbabile  videbitur  (et  nomi- 
natim  CM.  Varronem  auctorem'  Plinius  in  eo  ipso  argumento 
hiudat  §  14),  simul  habebit  cur  in  componendis  hebdomadis 
non  ueglexisse  Varronem  temporum  rationes  sibi  persuadeat. 
Nam  poetam  quidem  Ausonium  non  est  mirum  suo  arbitratu 
architectos  Varronianos  enumerare,  qui  e  temporum  ordine 
sic  potius  se  excipiebant:  Daedalus,  Chersiphro,  Ictinus, 
Philo,  Dinochares,  Archimedes:  quando  de  septimo  Meuecrate 


Digitized  by  Google 


SIVK  HEHDOMADVM  LIHKI. 


517 


prorsus  inconiperta  res  est.  Cetemm  altero  loco  illo  Pliniano 
quoniam  Varronis  item  mentio  tit  §4,  in  promptu  est  de 
Disciplinarum  libris  cogitare,  quorum  octavus,  qui  fiiit  fde 
raedicina',  illic  explicatam  materiam  suppoditare  potuit. 

Paullo  etiam  plus  fidei,  nisi  fallimur,  statuariorum 
hebdomas  habet  Henriei  Brunnii  nostri  acumine  iudagata  in 
XXXIV  libro  Pliuii.  Cuius  de  arte  illa  clarisque  in  ea  arti- 
ficibus  (non  de  operibus)  iudicia  bonae  frugis  plena  cum 
non  alii  nisi  Varroni  deberi  satis  ea  disputatio  persuaserit 
quam  in  Actis  soc.  Sax.  anni  1850  a  pag.  127  ad  13(5  Iah- 
nius  pertexuit,  tamen  illa  quod  e  libris  ?de  proprietate  scrip- 
torura '  a  Varrone  factis  repetuntur,  id  .suapte  natura  ita 
eoniparatura  est  ut,  etiamsi  redargui  certa  demonstratione 
nequeat,  tamen  ne  certae  commendationis  quidem  quicquam 
habeat,  in  tanta  praesertim  argumenti,  quo  eos  libros  fuisse 
suspiceris,  obscuritate.  Ergo  ab  ipsius  Iahnii  expositione 
profectus  Brunnius  talein  fere,  qualem  nostris  verbis  expli- 
catam  subiecimus,  ratiocinationem  nobiscum  communicavit. 
Etenim  tres  tenendum  esse  omnis  disputationis  Plinianae 
partes  esse,  discretas  inter  se  utpote  e  diversis  fontibua  hau- 
stas:  primam  quidem  chronologicam:  alteram,  quae  a  §  54 
incipiens  in  designandis  artis  principibus  tota  consumitur: 
tertiam,  cuius  initium  fit  a  §  72,  alphabeticam.  Harum  par- 
tium  media,  quam  non  immerito  paradigmaticam  dicas,  a 
§  54  ad  67  quinque  statuarios  recenseri  iudicarique  Phidiam, 
Polyclitum,  Myronein,  Pythagoram,  Lysippum.  Ad  Varrouem 
haec  quinque  iudicia  recte  referri:  indidem  igitur  consentaneum 
esse  etiam  eas  quae  reliquae  sunt  paragraphos  68 — 71  re- 
peti.  Quae  quattuor  paragraphi  cum  in  Telephanis  et  Pra- 
xitelis,  statuariorum  item,  laudibus  versentur,  septem  prodire 
unius  generis  artifices,  quibus  partem  paradigmaticam  Plinii  x 
omnem  concludi.  Quo  sat  grave  indicium  fieri  eis  libris 
Varronis  in  illa  parte  conscribenda  Plinium  usum  esse,  in 
quibus  ipse  septenarius  numerus  regnabat.  Fatendum  est 
sane  ignobiliorem  reliquis  Telephanein  exstitisse,  et  fassus 
est  Plinius  ipse  non  sine  mirationis  quadam  significatione, 
in  parte  autem  chronologica  ne  commemoraverat  quidem:  at 
eundem  tamen  idem  Plinius  addit  eorum  suffragiis,  qui  com- 


Digitized  by  G( 


518 


UKIIKK  VAKRO\s  IMAGINVM 


positis  voluniinibus  arteni  complexi  sint  (quorum  in  numero 
iam  intellegimus  Varronem  fuisse),  et  miris  laudibus  cele- 
brari  et  Polyclito  Myroni  Pythagorae  aequari.  Praeterea  nec 
profecto  inter  architectos  clarior  Menecrates  fuit,  nec  illud 
praetermittendum,  non  liberam  Varroni  optionem  fuisse,  sed 
necessitatem  potius  eorum  deligendorum,  quorum  alicunde 
petitas  imagines  in  promptu  haberet.  Quae  venia  etiam  ad 
Pytbagoram  pertinet,  vix  inlustriorem  Alcamene,  Agoracrito. 
Ctesilao,  aliis.  Verum  eo  tamen  inaior  Telephanis,  si  cum 
ceteris  confertur,  ignobilitas  valuit,  ut  multum  aetate  ante- 
cedens  Lysippum  huic  tamen  postponeretur  a  Plinio:  nam  a 
Varrone  quidem  dubitari  nequit  quin  ille  cum  Phidia  Poly- 
clito  Myrone  Pythagora  consociatus  sit,  quos  prorsus  eodem 
ordine  collocatos  habes  in  parte  chronologica  Plinii  §  49. 
At  vero  qui  item  praemittendus  Lysippo  fuit,  Praxiteles  cur 
et  ultimum  locum  occupare  et  sine  ullo  artis  iudicio  dimis- 
sus  esse  putabitur?  Permiri  sane  primo  aspectu  et  or- 
dinis  et  silentii  caussam  felici  acumine  aperuit  Brunnius. 
Quippe  'marmore  felicior,  ideo  et  clarior  fuit'  ipso  iudice 
Plinio  §  69:  quo  proprium  ei  locum  in  sculptoribus  attri- 
buens  satis  significat  cur  a  reliquorum  statuariorum  socie- 
tate  Varroniana  ut  alieniorem  seiunxerit.  Ergo  iudicium 
quoque  de  eius  arte  a  Varrone  factum  posteriori  de  sculpto- 
ribus  disputationi  reservasse,  eo  autem  loco  immemor  con- 
silii  imprudenter  omisisse  videtur.  Quae  autem  ratio  contra 
Praxitelem  apud  Plinium,  eadem  apud  ipsum  Varronem,  nisi 
coniectura  fallit,  contra  Scopam  valuit.  Cui  suus  locus  recte 
in  sculptorum  hebdomade  fuit,  siquidem  uno  tandem  aeneo 
opere  statuarius  vel  innotuit  vel  inclaruit:  quode  in  Historia 
artificum  vol.  I  p.  325  dixit  Brunnius.  -  His  igitur  sic 
disputatis  nihil  iam  impedit,  quominus  statuariae  artis  pro- 
ceres  Varro  hoc  ordine  et  descripsisse  et  delineasse  credatur: 
Phidiam,  Polyclituin,  Myronem,  Pythagoram,  Tele- 
•  phanem,  Praxitelem,  Lysippum. 

Haec  sunt  quae  de  argumento  et  dispositione  Hebdoma- 
dum  vel  sciri  vel  cum  aliqua  probabilitate  conici  possunt: 
cetera  vel  obscura  vel  ambigua  omnia.  Inter  librum  secun- 
dum,  quo  poetae,  et  ut  putamus  soli  poetae  comprehende- 


Digitized  by  Google 


SIVE  UEBDOHADVH   LIBRI.  519 

bantur  (quando  ab  Orphei  Musaei  Olenis  et  similiuui  nonii- 
nibus  ordiri,  desinere  in  pleiadibus  Alexandrinorum  potuit) 
et  decimuni,  quo  architeeti,  sed  certo  non  soli,  apertum  est 
medium  aliquem  locum  philosoplios  obtinuisse,  e  quorum 
hebdomade  Graeca  Pythagoram  Platonem  Aristotelem 
Symmachus  commemoravit:  quem  locum  obtinuerint,  nullo 
indicio  patet.  Quodsi  poetas  exceptos  esse  a  prosae  orationis 
scriptoribus  statueris,  historicis,  philosophis,  oratoribus  (et  xi 
in  oratoribus  nisi  fallimur  Demetrius  fuit),  est  hoc  quidem 
satis  simile  veri,  sed  profecto  non  est  satis  ad  ter  septem 
hebdomadas  librorum  IV.  VI.  VIII  coraplendas:  ut  in  Grae- 
cis  nunc  subsistamus  Komanorumque  in  hoc  genere  penuriam 
ne  curemus  quidem.  Nec  satis  prosuut  artifices:  sculptores, 
scalptore8,  caelatores,  plastae  h.  e.  fictores  (si  modo  tam  mi- 
nutatim  distinctum  est),  pictores,  musici,  saltatores,  actores: 
qui  sive  sociati  cum  architectis  sive  non  sociati  unius 
libri  h.  e.  septeui  hebdomadum  ambitum  vix  excedebant 
Nec  plus  quam  unius  hebdomadis  spatium  medici  posce- 
bant.  Quos  omnes  tametsi  facile  credimus  non  post  librum 
decimum  (sive  adnumeratis  Romanis  undecimum)  locuni 
invenisse  suum,  sed  illum  praecessisse  potius:  —  nec 
enim  arehitectis  commode  praeinitti  reges,  imperatores,  rei 
publicae  gerendae  principes  potuerunt,  uec  horum  ubertati 
splendidissimae  concessum  post  librum  undecimum  quattuor 
librorum  spatium  etiam  in  artius  contrahere  animum  in- 
duces:  —  tamen  ad  tot  hebdomadum  capacitatera  ut  satis 
materiae  conquiratur,  omnino  non  est  in  litterarum  artium- 
que  luminibus  subsistendum,  sed  aliquid  copiarum,  vel  ut 
verius  dicamus,  aliquamniultum  longe  aliis  e  recessibus  asci- 
scendum.  Eoque  illud  ipsum  spectat  quod  Varronem  Pliuius 
dixit  septingentorum  aliquo  modo  inlustrium  homiuum 
imagines  composuisse.  Quae  notio  quantam  generum  varie- 
tatem  admittat  ut  in  aperto  est,  ita  licebit  fortasse  paullo 
distinctius  ipso  duce  Plinio  delinire.  Hunc  enim  cuni  iara 
supra  viderimus  quattuor  ex  septem  Varronianis  architectos 
libro  suo  septimo  nominare,  hoc  est  eo  libro  quo  tamquam 
florem  generis  humani  libavit  (ipsius  verba  §  123  imitamur) 
et  quicquid  aliquo  modo  memorabile  in  fingendis  hominibus 


Digitized  by  Google 


520  UKKER  VARROS  IMAOINVM 

natura  praestitisset,  dedita  opera  designavit,  fieri  potuit  pro- 
fecto  ut  ex  Hebdomadum  recordatione  aliquid  etiani  in  ce- 
teris  partibus  proficeret.  Non  de  talibus  potius  nunc  cogi- 
tamus  quale  est  quod  post  factam  Apellis  mentiouem  quattuor 
pictores  §  126  sociavit  Aristidem,  Timomachum,  Bularcbum, 
Protogenem  a  praestantia  et  caritate  tabularum  notabiles: 
quam  de  illa  capitum  diversitate  rerumque  dissimillimarum 
congerie,  cuius  initium  fit  §  33.  Vnde  praesto  sunt  (ut  or- 
dinem  Plinianum  servemus)  non  consueto  partu  editi,  insolita 
torporis  vel  figura  vel  mensura  vel  tirmitate  aut  intirmitate 
vel  patientia  insignes,  cursores,  oculorum  auditusve  acie  va- 
lentes,  non  usitata  vi  memoriae  praediti:  praesto  sunt  exempla 
fortitudinis,  probitatis,  pudicitiae,  pietatis,  item  variae  iu  de- 
genda  aetate  felicitatis,  longaevitatis,  geuerum  mortis:  praesto 
est  denique  in  dcliciis  habitum  caput  longe  uberriraum  quod 
est  de  inventoribus.  Praeterea  locorum  communium  multi- 
tudinem  Hebdomadis  aptorum  facili  negotio  e  Valerio  Maximo 
coacerves,  praesertim  si  in  moriim  disciplinam  Varronem 
longius  exspatiatura  credideris.  Adde  vitae  condiciones  sin- 
gulares,  quae  nec  nullo  nec  proximo  cum  ipsis  artibus  et 
litteris  vinculo  coniunctae  sunt:  nec  enim  magis  et  vatibus, 
xiichresmologis  cum  Sibyllis,  sacerdotibus,  legum  latoribus,  id 
genus  aliis  erat  cur  locus  denegaretur,  nec  magis  credibile 
est  septem  sapientes  Uraecorum  quam  septem  reges  Romanos 
praetennissos  esse. 

Non  mehercule  ullo  modo  contendimus  illa  genera  om- 
nia  Imaginum  voluminibus  suis  Varronem  persecutum  esse': 
sed  exemplo  esse  tantam  celebritatis  copiam  et  varietatem 
volumus,  quam  multiplex  inlustrata  a  Varrone  materia  esse 
potuerit:  sed  argumento,  quam  nihil  in  hac  certorum  testi- 
moniorum  paucitate  cum  aliqua  confidentia  divinari  de  illo- 
rum  librorum  partitione  possit.  Nisi  quod  ita  etiam  inagis 
perspicitur,  quomodo  illud  Varro  instituere  potuerit  ut  ex- 
terae  et  domesticae  virtutis  laudes  aliquo  modo  exaequarentur. 
Nain  si  in  quibusdam  partibus  vix  habebat  sane  Romanorum 
inopia  quod  cum  Graecorum  praestantia  contenderet*  ),  tamen 


*)  Dum  in  eo  eat  typograph»)s  ut  prelum  exerceat,  novas  quasdam 


Digitized  by  Coogli 


SIVK  HKHDOMAIAM  LIHKl. 


521 


satis  videri  potuit  aliquando  siinili  generi  siniile  substitui, 
modo  haec  lex  observaretur  ut  in  singulis  librorum  dyadi- 
bus  septemplici  honori  peregrino  septemplex  Romanus  re- 
sponderet. 

Novo  exemplo  iutellegitis,  commilitones  carissimi,  quam  xm 
vere  dicatur  esse  etiam  nesciendi  artem  quandam,  qua  neglecta 
ne  8ciri  quidem  recte  et  cum  ratioue  possit.   Quamquam  ununi 
est  in  hac  quae  ad  Imaginum  Hbros  pertinet  quaestione,  quo 

nieditatioues  suas  nobiscuni  Henricus  Brunnius  communicat,  nnde  forsitan 
aliquid  lucis  in  eam  quam  supra  tetigimus  quaestioncm  redundet.  Apud 
eundem  enim  Plininm,  cui  memoriam  hebdomadis  Varronianae  antiquos 
statuarios  eomplexae  deberi,  in  eodem  libro  XXXIV,  in  fine  partis 
chronologicae,  ad  eandem  artem  pertinentia  Beptem  nomina  haec  com- 
poni  §  68:  'Cessavit  deindc'  (post  olynip.  CXXI)  rars  ac  rursus  olym- 
piade  CLVI  revixit,  cum  fuere  longe  quidem  infra  praedictos,  probati 
tamen  Antaeus,  Callistratus,  Polycles  Athenaeus,  Callixenus, 
Pythocles,  Pythias,  Timoeles.'  Nec  enim  de  artifiee  Athenaeo 
cogitandum  videri,  sed  de  Atheniensi  Polycle.  Non  igitur  dissimile 
veri  esse  ez  Imaginibus  Varronis  hanc  quoque  hebdomadam  statuario- 
rum  manasse,  de  quibus  in  Historia  artificum  dictum  vol.  I  p.  535  sqq. 
Vna  vero  eadcmque  aetate  tllos  comprehendi,  quae  fuit  ciica  tempora 
expugnatae  Corinthi.  Ksse  autem  hanc  eam  aetatem,  qua  Komam  ars 
(Jraeca  migrarit  novumqne  ibi  et  proprium  domicilium  statuerit:  ut, 
quam  artem  quosque  artifices  tamquam  nova  mater  in  sinu  suo  urbs 
Koma  foveret,  participes  quodam  modo  ipsius  civitatis  Romanae  tierent. 
Itaque  nVri  potuisse  ut  in  tanta  penuria  statuariorum,  qui  Italica  stirpe 
oriundi  aliquam  famam  nacti  essent,  veterum  Graecorum  hebdomadi 
Varro  in  proximo  libro  hebdomadem  posteriorum  opponeret,  qui,  quam- 
quam  peregrina  origine,  tamen  velut  adoptaticiorum  in  loco  a  Roma- 
nis  haberentur,  ut  et  nobilitantes  novam  sedem  et  ab  eadem  nobilitati 
ipsi.  Atque  ita  etiam  magis  intellegi  quam  vim  illud  habeat,  quod 
tnm  revixisae  artem  scribit  Plinius:  item,  cur  ab  CXXI  ad  CLVI 
olympiadcm  tanto  temporis  hiatu  subito  transiliat.  —  De  qua  coniec- 
tura  omni  penes  alios  iudicium  esto.  Vnum  hoc  addimus,  magna  cum 
probabilitate  similem  ratiocinationem  ad  Acneae  personam  transferri, 
cui  locum  in  €Ik6ci  Varronis  Ioannis  Lydi  testimonium  tribuit  de  ma- 
gistr.  I,  30.  Nam  hunc  ut  suum  sibi  vindicarc  consueverunt  Romani, 
ita,  Varronem  potissimum  a  Graccis  heroibus  segTegasse  eo  credibiliu» 
est,  quo  aegriua  in  hoc  ipso  genere  ad  abundantiam  Graecorum  Italicae 
antiquitatia  inopia  appropinquabat.  —  Ceterum  in  perlustrandis  classi- 
bus  hominum  inlustrium,  quae  Varroni  suppetereut,  supra  potuit  etiam 
athletis  locu»  tribui  atque  gladiatoribus ,  potuit  aliia  ludorum  publico- 
rum  victoribus,  potuit  claris  mulieribua. 


522 


UEBKR  VARR0\S  IMAGINVM 


illam  nesciendi  commendationeni  minime  valere  volumus. 
Enimvero  mirari  vos  suspicamur  quid  sit  cur  ne  uno  qui- 
dem  verbo  illud  quaesierimus,  quo  tandem  et  quali  artificio 
usus  M.  Varro  cum  posteros  benignissiino  invento  demeruerit 
tum  munere  etiam  dis  invidioso  maiorum  famae  consuluerit:  de 
quo  eonstat  longo  ex  tempore  summara  dissensionem  esse 
et  doctorum  hominum  disceptationem  acerrimam.  Id  autem 
quale  sit  etsi  sane  sciri  potest  et  ita  sciri  ut,  qui  se  tpau- 
ucrnicdv  haberi  velit,  dubitationi  locum  nullum  relictum  in- 
veniat,  tamen  cum  non  nostrum  sit  et  benignissimum  et 
longe  simplicissimura  inventum  (nam  dTTXoGc  6  uGGoc  rfjc  aXr\- 
06iac  &pu),  sed  alienis  studiis  debeatur,  ne  lineas  inodestiae 
transilire  videamur,  tacere  nunc  quam  alieua  anteverten? 
praestabit. 


II.  UEBER  DES  HIERONYMUS  VARRONISCHEN 
SCHRIFTENK  AT  ALOG  *). 

147  Eben  war  dieses  [erste]  Heft  dem  Abschluss  nahe,  als 
mir  durch  die  Giite  des  Herrn  VerfaSfcers**)  die  nachstehende 
Schrift  zuging: 

Sentences  de  M.  Terentius  Varron  et  liste  de  ses  ou- 
vrages  d'apres  difterents  manuscrits  par  Charles 
Chappuis,  ancien  eleve  de  1'ecole  normale,  docteur 
es-lettres,  professeur  de  philosophie.   Paris,  Aug.  Du- 
rand.    1856.    8.    124  p. 
Auf  den  ersten,  bei  weitem  grossern  Theil  des  Buches,  der 
sich  mit  den  vielberedeten,  aber  trotz  aller  Lobredner  wenig 
beredten  Smtcntiae  Varronis  beschaftigt  (bis  p.  116),  beab- 
sichtige  ich  nicht  mich  hier  niiher  einzulassen.  Schwerlieh 
ist  es  dem  Verfasser  inehr  als  seinen  Vorgiingern  gelungen, 
die  hochst  probleraatische  Beziehung  dieser  Spruche  zu  der 
Person  des  Varro  in  ein  Stadium  einleuchtenderer  Wahrscbein- 
lichkeit  zu  versetzen,  mit  so  zuversichtlicher  Glaubigkeit  er 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  Bd.  XII  (1857)  p.  147—154.1 
**)  Der  Umachlag  obengenannter  Schrift  nennt  ihn  noch  als  Ver- 
fasser  zweier  anderer:  fDe  Antiochi  Ascalonitae  vita  et  doctrina'.  Pans 
1854,  und  'Autisthone,  sa  vie  et  ees  ouvrages'.    Paria  1854. 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMAPVM  LIBRI. 


523 


sich  auch  p.  55  dahin  ausspricht:  fDu  reste  nous  pouvons 
etablir  directement  que  ces  sentences  sont  extraites  de  di- 
vers  ouvrages  de  Varron'.  Gewiss  ist  dass  wir,  auch  weun 
er  Recht  hatte,  wenig  damit  gewannen,  da  von  einer  auch 
nur  anniihernden  Bewahrung  urspriinglicher  Fassung  und 
Redefarbung  gar  nicht  die  Rede  sein  kann.  Aber  anzuer- 
kenuen  ist  die  erhebliche  Vennehrung  und<  theilweise  wirk- 
liche  Bereicherung  des  kritischen  Materials,  das  durch  des 
Herausgebers  fleissige  Bemiihungen  iiber  den  durch  Devit 
<  1843),  Quicherat  in  der  Biblioth.  de  1'eeole  des  chartes  I 
und  Pitra  im  Spicilegium  Solesmense  III  gegebenen  Stand- 
punkt  betrachtlich  hinausfiihrt.  Nicht  nur  die  directen  Quel- 
len  der  f  Varronischen'  Spruchsammlung  selbst  haben  einen 
Zuwachs  erhalten  durch  Aufiindung  neuer  Handschriften  der 
unerschopflichen  Pariser  Bibliothek,  sondern  auch  die  mittel- 
baren  sind  in  weit  grosserer  Vollstandigkeit  herangezogen 
als  bisher.  Ich  meine  damit  die  mit  Benutzung  der  Senten- 
tiac  Varronianae  verfassten  encykloptidischen  Schriften  des 
Mittelalters,  von  denen  den  alleinigen  Vincentius  Bellovacensis 
zuerst  Schneider  Saxo  hervorhob,  ein  bereits  ziemlich  um- 
fangliches  Verzeichniss  aber  jetzt  Herr  Chappuis  p.  29  auf- 
stellen  konnte.  welches  hier,  nach  seinen  eigenen  zerstreuten 
Angaben  erganzt,  zu  Nutz  und  Frommen  der  zahlreichen 
Gonner  dieser  fFlores  sententiarum',  fFlosculi  morales' 
u.  s.  w.*)  wiederholt  sei.  Es  sind:  1.  des  Vincentius  Bello- 
vacensis  'Speculuin  historiale';  —  2.  desselben  *Speculura 
doctrinale';  —  3.  fHartmanni  Schedel  (Norimbergensis)  Chro- 
nicon  mundi'  oder  fChronicon  chronicorum,;  ~  4.  fIac.  Phil. 
Foresti  Supplementum  chronicorum';  —  5.  fCompendium  chro- 
nicarum',  Mst.  von  Besancon;  —  6.  fIoannis  Colonnae  Mare 


*)  Als  andere  Titel  der  Varronischen  Spriiche  weist  der  Verf. 
einschliesslich  der  schon  bekannten  nach:  'Sententiae  Varronis  ad  Pa- 
pirianura  Athenis  aadientem';  —  Troverbia  Varronis  ad  Paxianum'; 
—  'Scntentiae  Varronis  ad  Atheniensem  auditorem  morales  atqne  no- 
tabilea';  'Varro  ad  Atheniensem  auditorem' ;  -  fLiber  moralis  quem 
Varro  6cripsit  ad  Atheniensem  auditorem';  —  rVarro  in  Moralibus' 
oder  rin  libro  Moraliura,J  aus  welchcn  letztgenannten  Titeln  beneidens- 
werth  viel  geachlossen  wird. 


Digitized  by  Google 


524 


UEBER  VAKKOS  IMAfllNVM 


historiarum';  —  7. c  Antonini  de  Forciglioni  Historiaruni  opus 
seu  chronica';  —  8.  f  Iacobi  de  Cessolis  de  moribus  hominum 
et  de  officiis  nobilium  super  ludo  scaccorum';  —  9.  'Iaeobi 
Magni  Sophologium ';  —  10.  fDe  vita  et  moribus  veterum 
philosophorum  et  poetarum',  handschriftlich;  —  11.  cAraoldi 
de  Hollandia  Liber  Vaticani'.  Und  nicht  nur  mit  den  alten 
Drucken  dieser  abgelegenen  Weisheitsquellen  begnfigte  sich 
unser  Herausgeber,  sondern  ging  auch  fur  sie  grossentheils 
wieder  auf  die  Handschriften  zurQck,  deren  cr  z.  B.  p.  34 
148  ftir  das  Speculum  historiale  vier,  fflr  das  doctrinale  zwei, 
desgleichen  zwei  fflr  das  Sophologium  aufziihlt.  Freilich  gibt 
mancher  jener  weitschichtigen  Eneyklopadiker  nur  eiu  paar 
Sentenzen  von  der  ganzen  Masse;  auch  siud  sie  naturlieh 
nichts  weniger  als  unabhangige  Zeugen  neben  einander,  son- 
dern  einer  schreibt  den  andern  aus,  was  auch  der  Heraus- 
geber  nicht  verkennt.  Gleichwohl,  weun  einmal  der  Respect 
vor  dem  Varronischen  Aushiingeschilde  diesen  apokryphischen 
Resten  das  Interesse  eines  alten  Autors  verleiht,  werden 
ihrem  kunftigen  deutschen  Editor  —  und  an  einem  solchen 
wird  es  wohl  nicht  fehlen  die  urkundlichen  Mittheilungen 
des  franzosischen  Vorgiingers,  oder  wenigstens  seine  Nach- 
weisungen,  die  zu  autoptischer  Vergleichung  in  den  Stand 
setzen,  dankenswerth  genug  erscheinen  durfen. 

Uns  interessirt  liier  wesentlich  uur  der  Schluss  des  Buchs. 
der  es  mit  des  Hieronymus  Varronischem  Schriften- 
katalog  zu  thun  hat.  Des  Zusammenhangs  wegen  muss  daran 
erinnert  werden,  dass  derselbe  zuerst  bekannt  gemacht  wurde 
in  diesem  Museum  Bd.G  [obenp.  423 J  naeh  einer  von  Sir  Tho- 
mas  Phillipps  genommenen,  dann  in  seiner  eigenen  Drucke- 
rei  auf  einem  fiiegenden  Blatt  gedruckten  Abschrift  aus  einem 
fcodex  S.  Vedasti  n.  849'  der  Bibliothek  zu  Arras;  dass  zwei 
Jahre  spiiter  Professor  Schleicher  (jetzt  in  Prag)  an  Ort  und 
Stelle  ein  Facsimile  des  Codex  anfertigte,  welches  im  Pro- 
oemium  zum  Bonner  Lectionsverzeichniss  fflr  1840—50  litlio- 
graphirt  mitgetheilt  wurde  [oben  zu  p.  507];  dass  endlich  im 
vorigen  Jahre  der  Benedictiner  J.  B.  Pitra,  der  von  diesen 
Publicationen  keinerlei  Kenutruss  hatte,  dasselbe  Stuck  aus 
derselben  Haudschritt   im  3ten  Bande  seines  r  Spicilegiuni 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBRI.  525 

• 

Solesmense'  abernials  veroffentlichte.  Herr  Chappuis  ist 
nun  so  glucklich  gewesen,  zwei  neue  Quellen  des  in  Rede 
stehenden  Katalogs  zu  entdecken,  niimlich  die  Handschriften 
n.  1628  und  1629  der  grossen  Pariser  Bibliothek,  beide 
Homiliac  in  Genesim  enthaltend,  wie  er  angibt  Ist  auch 
nicht  zu  erwarten,  dass  die  aus  ihnen  gewonnene  Ausbeute 
sehr  gross  sein  werde,  so  kommen  doch  ein  paar  interessante 
Einzelheiten  ans  Licht,  und  wird  ausserdem  die  urkundliche 
Ueberlieferung  als  solche  sicherer  gestellt.  Um  indess  ge- 
rade  diesen  Vortheil  nicht  zu  verlieren,  ziehe  ich  eiuer  zer- 
splitternden  Variantenbesprechung  den  zusammenhiingenden  iso 
Abdruck  des  ganzen  Stiickes  vor,  zumal  da  das  oben  erwiihnte 
lithographirte  Facsimile  in  Weniger  Handen  sein  wird.  Die 
Handsehrift  von  Arras  neune  ich  A,  die  Pariser  1028  II,  die 
1029  C,  den  Text  von  Chappuis,  wo  dieser  von  seinen  Bii- 
chern  schweigt,  P.  Nur  darin  erlaube  ich  mir  die  Haud- 
schriften  zu  verlasseu,  dass  ich  grosserer  Uebersichtliehkeit 
halber  die  einzelnen  Biichertitel  absetze. 

Marcum  terentium  uarronem  miratur  antiquitas,  quod 
•  apud  latinos  innumerabiles  libros  scripserit.  Graeci  Chalcen- 
teruin  miris  efferunt  laudibus,  quod  tantos  libros  conposuerit 
quantos  quiuis  nostrum  alienos  sua  manu  describere  non  po- 
test.  Et  quia  non  otiosum  est  apud  latinos  graecorum  uo-  5 
luminum  indicem  texere,  de  eo  qui  latine  scripsit  aliqua 
commemorabo,  ut  intelligamus  nos  ejjimenidis  dormire  som- 
num  et  studium,  quod  illi  posuerunt  in  eruditione  secula- 
rium  litterarum,  in  congregandis  opibus  ponere.  Hcripsit  igi- 
tur  uarro  10 

XLV.  libros  antiquitatum. 

IIII.  de  uita  populi  romani. 

imaginum  XV. 

XoficTopiKUJV  LXXVI. 

2  latinos  tam  innum.  Ilufinus  Greci  A.  Graeci  P  Chal- 
centerum  Buf.  Ebalterum  ABG  3  conpos.  A.  compos.  P  6  non 
AP.  nunc  Huf.         grecorum  A.  Graecomm  P.       9  litterarum  nos 

in  Ruf.  11  quadragiota  quinque  Ruf.  12  IIlior  AB.  IIII  C 

{Daas  Herr  Ch.  stet»  IV.  statt  II II.  schreibt,  ist  zweifelsohne  nur  sein 
Pri?atgeachmack.)        13  XV.  ABC        14  aoxioc  Topicon  ABC 


Digitized  by  Google 


526  UEBER  VAKKO'S  IMAGINVM 

1&        de  lingua  latina  XXV. 

disciplinarum  VIITI. 

de  8ermone  latino  V. 

quaestionum  plautinarum  V. 

annalium  III. 
20        de  origine  linguae  latinae  III. 

de  poeniatis  III. 

de  originibus  scenicis  III. 

de  scenicis  actionibus  III. 
151        de  acti[bu]s  scenicis  III. 
25        de  descriptionibus  III. 

de  proprietate  sciptorum  III. 

de  bibliothecis  III. 

de  lectionibus  III. 

de  similitudine  uerborum  III. 
30         legationum  III. 

suasionum  III. 

de  pompeio  III. 

singulares  X. 

de  personis  III.  * 
35         de  iure  ciuili  XV. 

^mTOunv  antiquitatum  ex  libris  XLII.  libros  Vllll. 

tmTouriv  ex  imaginum  libris  XV.  libros  1 1 1 1 . 

tmTounv  de  lingua  latina  ex  libris  XV.  libros  VIII I- 

de  principiis  numerorum  libros  VIIII. 
40        rerum  rusticarum  libros  III. 

de  ualitudine  tuenda  librum  1. 

de  sua  uita  libros  III. 

de  forma  philosophiae  libros  111. 

rerum  urbanaruiu  libros  III. 
46        satirarum  menippearum  libros  CL. 

18  queBtionum  A.  quaestionuin  P       plautiuauaruui  A  nach  Phil 
lipp8  und  Chappuia,  wilhrcnd  Schleichers  Facsimile  'plautinarum'  bat 
22  sccnicia]  acli  A.  eaeculi  *A'BC        24  acti»  AP       36  <inT0- 

unv  P.  e//itoroim  A  •       XLII  A.  XLIIbus  P        37  fehlt  gani  in  A 
38  {iriToufiv  P.  epitomeu  A        XV  ABC        41  ualitudiue.  A. 
ualetudine.  P       42  tmauitate  ABC       45  satyrarum  AP  menip- 
parum  BC.  menypparum  A 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBKI. 


527 


poeniatum  libros  X. 

orationum  libros  XXII. 

pseudotragoediaruni  libros  VI. 

satirarum  libros  IIII. 
et  alia  plurima  quae  enunierare  longum  est.    uix  medium  60 
descripsi  indieem  et  legentibus  fastidium  est. 

48  pseudo  tragocdiaruni  BC.  tragoediarum  A       49  satirarum  B. 
satyrarum  AC      51  inuicem  ABC 

Das  Wichtigste,  was  uns  die  Pariser  Handschriften  leh- 
ren,  ist  dass  Varro  nicht  Tragoediarum ,  sondern  Pseudo- 
tragoediarum  libros  VI  schrieb.  Denn  so  driicke  ich  es 
sogleich  aus,  was  sich  mir  als  nothwendige  Entscheidung  zu  im 
ergeben  scheint  gegenuber  der  andern  Moglichkeit,  dass  un- 
iichte,  dein  Varro  untergeschobene  Tragodien  gemeint  wiiren. 
Das  wiiren  doch  aber  ebe»  Pscudouarronianac  tragoediae,  nicht 
Pseudotragoediac  Vatronis,  eine  Ausdrucksweise,  fiir  die  in 
jenem  erstern  Siune  das  ganze  Alterthum  meines  Wissens  kein 
Analogon  darbote.  Und  dazu  kommt  nun  noch  die  in  Bd.  6 
p.  549  ff.  [oben  p.  489  ff.]  nachgewiesene  hohe  Wahrschein- 
lichkeit,  dass  wir  an  dem  Katalog  des  Hieronymus  rait  nith- 

0 

ten  eine  litterarhistorische  Zusamrnenstellung  von  fremder 
Hand,  sondern  eine  von  Varro  selbst  entworfene  Liste  seiner 
VVerke  vor  uns  haben,  worin  doch  also  keine  ihm  unter- 
geschobene  Sehriften  vorkommen  konnten.*)  Also  ein  Gat- 
tungsbegriff  wird  unabweislich  anzunehmen  sein  fflr  Pseudo- 
tragoedia,  und  zwar  einer  von  Varros  eigener  Erfindung.  Der 
Name  erinnert  au  die  Tragicomocdia  des  Plautus,  an  die 
KuJuipboTpaYiyoia  des  Alriius;  den  niichsten  Vergleichungs- 
punkt  bietet  vielleicht  die  unteritalische  'IXapOTpaYUJbia 
dar.  Ob  und  wie  weit  ein  solches  Vorbild  einwirkte,  steht 
ganz  dahiir,  frei  genug  wird  auch  dann  die  Nachbildung  des 

*)  [Hier  liess  aich  noch  bemerken,  dasa  Pseudotragoediae  im  Sinne 
von  untergeachobenen  TragSdien  (woran  natiirlich  der  franzOsische 
Herausgeber  allein  denkt)  nicht  einmal  von  Hieronymus  genannt 
werden  konnten  in  einer  Biicherli-te,  mit  der  die  beispiellose  Frucht- 
barkeit  des  Varro  bewiesen  werden  sollte.  Zusatz  auaRhein.  Muh. 
a.  a.  0.  p.  160.J 


Digitized  by  Google 


528 


UEBER  VABROS  IMAfilNVM 


in  wunderlich  phantastischer,  barock  humoristischer  Erfind- 
samkeit  unerschopflichen  Mannes  gewesen  sein.  Selbsterfun- 
den  war  ja  auch  die  (Jrattuug  der  Logistorici,  wie  ihr  com- 
ponirter  Name.  Die  Pseudotragoediae  mogen  frilh  ausser 
Curs  gekominen  sein,  da  aus  ihnen  kein  (xrammatiker  citirt. 
Es  miisste  denn  sein,  dass  eine  oder  die  andere  unter  den 
jetzt  den  Satirae  beigezahlten  Titeln  steckte.  An  allerhand 
mythischen  Stoffen  (wenigstens  Namen)  fehlt  es  hier  nicht, 
z.  B.  Ocdipothyestcs,  Endymioncs,  Eumenides,  Meleagri,  Pro- 
metheus  liber,  Armorum  iudicium,  die  alle  ausdriicklich  ata 
satirac  nicht  bezeichnet  werden;  nur  miisste  man,  um  auch 
nur  einen  Schritt  weiter  zu  gehen  in  der  Vermuthung.  vor 
alleu  Dingen  wissen,  ob  man  sich  die  Pseudotragocdiae  in 
Versen  und  nur  in  Versen  zu  denken  hatte.  Am  nachsten 
liigen  vielleicht  Titel  wie  Pseudacncas  (Pseudulus  Apollo 
wegen  des  griechischen  Nebentitels  schon  weniger),  vergleich- 
bar  mit  den  Stiicken  der  neuen  Komodie  VeubripaKXtic  Vcu- 
baiac,  von  denen  sich  der  letztere  wieder  mit  dcm  Aiax 
163  stramenticius  des  Varro  zusammenstellen  liesse.  Aber  uber 
Moglichkeiten  und  Hariolationen  ist  da  schwerlich  liinaus- 
zukommen,  fiir  jetzt  wenigstens. 

Das  zweite,  was  wir  aus  den  Pariser  Handschriften 
lernen,  ist  dass  Varro,  wie  aus  den  Antiquitatum  libri  und 
denen  de  lingua  latina,  so  auch  aus  den  Imaginum  libriXV 
eine  Epitomc  gemacht  hatte,  und  zwar  angeblich  in  vier 
Bttchern.  Vermuthlich  waren  diesem  Auszug  keine  Portrats 
mit  beigegeben,  und  vielleicht  kannten  Spiitere,  >vie  Sym- 
machus,  der  in  seiner  lobpreisenden  Erwiihnung  der  Hebdo- 
madcs  keine  Andeutung  von  bildlichem  Schmuck  hat,  nur 
solche  Exemplare.  Selbstverstiindlich  wiire  dann  auch  im 
Text  namentlich  alles  das  weggelassen  worden,  was  sich  nur 
auf  die  Bildnisse  bezog,  wie  wenn  beim  Bildniss  des  Aeneas 
dessen  ganze  Bewaffnung  mit  Erzhelm,  Ringelpanzer,  kurzeru 
Breitschwert  an  der  Linken,  doppeltem  breitspitzigem  Wurf- 
spiess  rechts,  schwarzen  gewebten  Beinschienen,  Halbschuhen 
(also  ganze  Figur,  nicht  Brustbild)  als  historisches  Costfiiu 
nachgewiesen  und  als  sein  Musterbild  eine  alte  Marmorstatue 
von  einer  Quelle  in  Alba  angefQhrt  war  nach  Lydus  de  mag. 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBRI. 


520 


I,  12  p.  130  Bonn.  Aber  in  welchein  Verhiiltniss  man  sich 
zu  funfzehn,  oder  mit  Abrechnung  des  Einleitungsbuches 
vierzehn  Biichern  des  grossen  Werkes  eine  Zahl  von  vier 
Biicbern  des  Auszugs  denken  soll,  ist  weder  zu  errathen  noch 
zu  verstehen,  mag  man  nun  an  die  im  Prooemium  des  letz- 
ten  Bonner  Winterkatalogs  [oben  p.  510  ff.J  ausgefUhrte  Ver- 
theilung  glauben,  wonach  sich  sieben  BUcher  griechischer 
und  sieben  Bucher  roniischer  Bilduisse  paarweise  entsprachen, 
oder  eine  beliebige  andere  Anordnung  annehmen.  Entweder 
hat  also  Varro,  gegen  seine  Art,  alle  Proportion  fallen  lassen 
und  vielieicht  nur  sporadisch  das  Wichtigste  ausgehoben 
und  neu  zusammengereiht,  oder  die  Zahl  IIII  ist  verderbt*). 
Da  sich  darUber  nichts  bestimmen  liisst,  benutze  ich  lieber 
diese  Gelegenheit  noch  zu  einem  Nachtrag  zu  dem  eben  er- 
wahuten  Prooemium  Uber  die  Varronischen  Imagines. 

Es  ist  dort  der  Bericht  des  Plinius  N.  H.  XXXV  §  11  von 
den  septingentorum  inlustrium  aliquo  modo  hominum  imaginibus 
dahin  aufgefasst  worden,  dass  nicht  eine  arithmetisch  genaue 
Zablung  darin  liegen  solle,  sondern  nur  eine  anniihernde  all- 
gemeine  Angabe  in  runder  Zahl;  dass  es  in  Wahrheit  nur  154 
686  Bildnisse  gewesen  seien,  welche  sich  auf  zweimal  sieben 
Bflcher  so  vertheilten,  dass  jedes  siebenmal  sieben  Bildnisse 
enthielt.  Da  nun  aber  das  Plus  bei  Plinius  gerade  14  be- 
tragt,  so  haben  befreundete  Rechner  und  Pliniusfreunde  darin 
mehr  als  Zufall  sehen  wollen  und  die  Vermuthuug  aufge- 
stellt,  dass  ausser  den  das  eigentliche  Innere  der  Biicher 
fUllendeu  686  Bildnissen  Varro  noch  moge  jedem  Buche  ein 
einzelnes  besonders  hcrvorragendes  Bildniss  gleichsam  als 
Vignette  vorausgeschickt  haben,  wie  z.  B.  den  Homer,  den 
Hippokrates:  wodurch  die  Zahl  von  700  genau  geftillt  wiire. 
Ich  gestehe,  dass  mir  dieser  Gedanke,  der  so  artig  klingt, 
auch  durch  den  Kopf  gegangen  ist,  als  ich  mein  Prooemium 

*)  [Libros  Ull,  statt  der  uberUeferten  ////,  wird  wobl  die  Epi- 
tome  der  Imagines  gehabt  baben.  Bei  sieben  Biichern,  deren  jedes 
zwei  des  grossen  Werks  ziiHammenfasste ,  und  am  wahrscheinlichsten 
nur  dessen  metrische  Elogia  wiederholte  (von  ihnen  allein  spricht 
Symruachua),  verblieb  auch  dem  Nebentitel  Hebdomades  sein  Recht. 
Zusatz  au8  Khein.  Mus.  a.  a.  0.  p.  160.] 

FK.  KITSCUKI.II    OPVSCVLA    III.  34 


Digitized  by  Google 


530 


UKBKR  VAKKOS  IMAGINVM 


sehrieb;  ich  wusste  aber  doch  nichts  Rechtes  damit  anzu- 
fangen  und  liess  ihn  daher  wieder  fallen.  Zwei  Bedenken 
sehe  ich  niimlich  auch  jetzt  noch  dagegen.  Erstens.  Mit 
Homer  liisst  sich  das  ganz  wohl  deuken,  und  ebenso  bei  allen 
Biichern',  die  mit  Miinnem  einer  imd  derselbeu  Gattung  ge- 
fullt  waren.  Aber  wie  viele  solcher  Bucher  werden  gewesen 
sein  ausser  dem  ersten,  worin  gerade  die  Poeteu  standen, 
und  etwa  den  letzten  mit  Konigen,  Feldherren  und  Staats- 
mannern?  Denn  z.  B.  gleich  die  Aerzte  bildeten  doch  nur 
eine  Hebdomas  eiues  Buches;  wie  kamen  also  ebeu  sie  dazu, 
einen  Reprasentanten  fiir  das  ganze  Buch  zu  stellen,  und  die 
anderen  sechs  Hebdomaden  gar  keinen,  obgleich  diese  doch 
ebeuso  gut  ihre  Koryphaen  aufzuweisen  hatteuV  Ohue  pure 
Willkiir  war  doch  da  nicht  durchzukommeu.  —  Zweitens. 
Wenn  gerade  die  Koryphiien  nicht  im  Werke  standen,  sondern 
als  Titelvignetten  ausserhalb  der  Biicher,  was  wurde  dann 
mit  der  erlauternden  Texteszugabe?  Sollten  gerade  sie  den 
dis  minortwi  gentium  darin  nachstehen,  dass  sie  eine  solche 
nicht  erhielteu?  Doch  gewiss  uicht;  und  Homer  hatte  sie 
ja,  wie  wir  wissen.  Oder  stand  der  Text  bei  seiner  Vignette? 
Ein  Bild  ausserhalb  des  Buches  selbst  lassen  wir  uns  allen- 
talls  gefallen;  aber  Text  ausserhalb  des  Textes  will  mir 
noch  nicht  in  den  Sinn.  Finden  Sie,  lieber  UjrlichsJ  und  lieber 
Hfertzj,  andere  Mittel  und  Wrege,  um  Ihre  Elite  von  vierzelin 
Hauptmatadors  zu  retten,  so  soll  mir's  sehr  recht  sein.  • 


III.  LVDOVICI  MERCKLINI  DE  VARRONIANIS  HEBDO- 
MADIBVS  ANIM ADVERSIONES.  *) 

3  Duobus  nuper  incrementis  auctus  est  litteramm  Varro- 
nianarum  ambitus,  librorum  a  M.  Varrone  scriptorum  cata- 
logo  Hieronymiauo,  duorum  codicum  Parisiensium  ope  a 
Carolo  Chappuis  edito**)  ('Sentences  de  M.  Terentius  Varron 

*)  [Prooemium  Indicis  scholamm  Dorpateneium  a.  MDCCCLVII.] 
**)  Quo  codicis  Atrebatensia  (Ind.  achol.  univ.  Bonn.  hib.  a.  1849) 
lectiones  aliae  confirmutae  aliae  emendatae  suut  duorumque  Varronis 
operum  tituli  primum  iunotueruut. 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBRI. 


531 


et  liste  des  ses  ouvrages  dapres  differents  manuscrits '  Paris 
1856)  et  Friderici  Ritschelii  de  Varronis  Hebdomadibus  vel 
Imaginum  libris  commentatione  indicibus  scholarum  in  uni- 
versitate  Bonnensi  habendarum  a.  1850  et  1857  praemissa, 
cuius  epimetrum  legitur  in  Musei  Rhenani  a.  1857  fasc.  1 
p.  153  sq.  160.  Quo  libello  v.  d.  ordini  restituendo  intentus, 
quo  olim  f  curiosissimus  disponendi  artifex  et  tamquam  archi- 
tectus'  Varro  eos  libros  disposuerat,  ex  paucis  antiquitatis 
testimoniis  insigni  qua  pollet  sagacitate  totius  operis  sibi 
informavit  eam  fuisse  speciem,  ut  XV  librorum  (tot  enim 
fuisse,  non  LI,  codicis  Atrebatensis  a  Schleichero  dxligenter 
collati  rursUsque  ab  L  B.  Pitra  excussi  testimonio  acce- 
dente  codicum  Parisiensium  consensu  utique  credendum  est) 
primus  isagogicam  disputationem  contineret,  unde  sua  hausit 
de  septenario  numero  Gellius  III,  10,  qualem  Antiquitatium 
partibus  Varro  praeposuerat,  quattuordecim  reliqui  singuli 
septenas  imaginum  hebdomades  sive  49  imagines  complecte- 
rentur,  quarum  summam  confici  686.  Singulos  autem  libros 
ita  fuisse  distributos,  ut  ad  Graecos  homines  septem  integri 
II,  IV,  VI,  VIII,  X,  XII,  XIV  spectarent,  quos  alternatim 
totidem  Romanorum  III,  V,  VII,  IX,  XI,  XIII,  XV  excipe-  * 
rent,  ipsas  vero  hebdomades  secundum  genera  poetarum, 
historicorum,  oratorum  al.  fuisse  dispositas  ita  ut  in  his 
quoque  Graecis  Romani  quoad  fieri  posset  responderent, 
septenas  denique  singularum  hebdomadum  imagines  secundum 
temporum  rationes  fuisse  compositas.  Cuius  disputationis 
quum  pauca  antiquitatis  testimonio  nitantur,  plurima  con- 
iectura  licet  probabili  reperta  sint,  fieri  non  potest,  quin  et 
dissentiendi  materiam  praebeant  et  amplius  quaerendi  animum 
excitent.  Itaque  Ritschelii  libellus,  auctoris  beueficio  acPnos 
delatus  quum  in  eo  essemus,  ut  dote  aliqua  litteraria  pro 
rnore  instructum  hunc  scholarum  indicem  emitteremus,  nobis 
et  grati  animi  erga  v.  d.  testificandi  occasionem  dedit  et 
operae  nostrae  Varroni  deditae  proferendi  specimen.  Qua  in 
re  ita  versabimur,  ut  antiquitatis  memoriam  quo  exiliorem 
super  illis  libris  nacti  sumus  eo  religiosius  tutemur,  con- 
iiciendique  potestatem  quam  artissimis  finibus  circumscribamus. 
Nostram  quoque  disputationem  non  aliunde  nisi  a  loco 

34* 


Digitized  by  Google 


532 


UEBER  VARROS  IMAOINVM 


Pliniano  illo,  qui  criticorum  ingenia  etiamnuni  exercet*),  at 
vix  persanatus  esse  videatur,  consentaueum  erit  auspicari, 
N.  H.  XXXV  §11:  f Imaginum  amore  flagrasse  quosdam  testes 
sunt  Atticus  ille  Ciceronis  edito  de  iis  volumine,  M.  autcm 
(Ritschl)  Varro  benignissimo  invento  insertis  volumiuuni 
suorum  fecunditati  septingentorum  illustrium  aliquo  niodo 
Jwminum  (Ritschl)  imaginibus,  non  passua?  intercidere  figuras 
aut  vetustatem  aevi  contra  homines  valere:  inventor  muneris 
etiam  dis  invidiosi,  quando  immortalitatem  non  solum  dedit, 
verum  etiam  in  omnis  terras  misit,  ut  praesentes  esse  ubique 
ceu  di  (Hertz)  possent.'  Libenter  enim  Hertzii  invento  sub- 
8cribimus,  neque  tamen  fateri  pudet  nobis  ante  illud  cogui- 
tum  'praesentes  esse  ubique  ct  ccnii9  placuisse.  Fecundi- 
tatis  autem  notionem  ad  librorum  de  imaginibus  numerum, 
quamdiu  is  secundum  cod.  Atrebatensem  LI  ferebatur,  refe- 
5  rebamus,  nunc  quindecim  librorum  ambitui  minus  aptum 
vocabulum  de  librorum  illorum  argumento  i.  e.  de  hebdo- 
madum  sive  ipsarum  imaginum  ubertate  accipere  malumus. 
Quem  locum  gravissimum  ubi  cum  Ritschelii  distributione 
conferimus,  statim  ofFendiinur  eo,  quod  septingentarum  ima- 
ginum  numerum  non  finite  loquentis  Plinii,  sed  in  solam 
multitudinis  notionem  intenti  fuisse  ratus  cum  eo  numero 
permutavit,  qui  ex  septein  hebdomadibus  quaternis  denis 
libris  tributis  necessario  efficitur.  Quamquam  quae  ad  eam 
rationem  amplectendam  Ritschelium  permoverunt  non  carent 
probabilitate  atque  ex  parte  vera  sunt.  Septingentas  enim 
imagines  vel  centum  hebdomades  quindecim  libris  cum  aliqua 
aequabilitate  dispertiri  nequire.  Vnde  primum  librum  isa- 
gogicum  fuisse,  eoque  de  septenarii  numeri  vi  et  facultate 
Varr^nem  disputasse,  quae  excerpsit  Gellius  III,  10,  summo 
iure  suo  statuit  Ritschelius.  Itaque  quattuordecim  qui  restant 
libris  non  plus  minus  septenas  hebdomades  propter  aequa- 
bilitatem  tribuendas  esse,  indeque  imaginum  summam  sex- 
centarum  octoginta  sex  existere.  Sed,  puto,  ipse  v.  d.  non 
diffitebitur,  aequabilitatis  et  coucinnitatis  legi,  quam  cum 


*)  Cf.  0.  lahniua  in  Gerhardi  diar.  archaeol.  vol.  XIV  p.  220  et 
VrlichBiua  ibid.  p.  256. 


Digitized  by  Google 


SIVE  HKHI»OMAL)VM  LIItKl. 


533 


ubivis  tum  in  his  inaxime  libris,  quibus  a  numerorum  cuii- 
ueTptqt  nomen  inditum,  Varronem  observasse  monuit,  ita  de- 
mum  satisfactum  fuisse,  si  non  tantum  septenae  imagines 
septies  compositae  singulos  libros  constituerent,  sed  si  omnium 
imaginum  numerus  non  686,  sed  septingeutarum  summam 
referret.  Itaque  Plinianuni  numerum  ad  amussim  intelle- 
gendum  nobis  eripi  non  patiemur,  sed  potius  anquiramus 
oportet  quo  is  modo  cum  XV  librorum  numero  atque  ceteris 
distributionis  factae  iudiciis  possit  conciliari. 

Obstat  autem  Ritschelianae  computationi  gravissimum 
Gellii  III,  11  testimonium,  quod  nisi  'liberiore  interpreta- 
tione'  usus  in  partes  suas  vertere  v.  d.  non  valuit.  Gellius 
enim  postquam  1.  III  c.  10  ex  ' pritno  librorum,  qui  inscri- 
buntur  hebdoinades  vel  de  imaginibus'  quae  de  septenario 
numero  M.  Varro  admodum  conquisite  protulerat  excerpsit, 
capite  eiusdem  libri  sequenti  (11)  ita  pergit:  'Super  aetate 
Homeri  atque  Hesiodi  non  consentitur.   Alii  Homerum  quam 
Hesiodum  maiorem  natu  fuisse  scripserunt      M.  autem  Varro 
in  primo  de  imaginibus  uter  prior  sit  natus  parum  constare 
dicit.'    Et  capite  extremo:  'M.  Varro  in  libro  de  imaginibus  6 
primo  Homeri  imagini  epigramma  hoc  apposuit:  Capella 
Homeri  candida  haec  tumulum  indicat,  Quod  hac  Tetae  mor- 
tuo  faciunt  sacra.V   Quae  quum  aperte  Graecae  hebdomadi 
locum  fuisse  in  imparis  numeri  libro  declarent,  non  ferre 
potuit  RitHchelius,  sed  ita  sibi  conciliavit,   ut  existimaret 
'Gellium  ubi  subiectum  Homeri  imagini  epigramma  adiectam- 
que  de  illius  atque  Hesiodi  aetate  disputationem  excerpebat, 
non  curasse  praemissam  universo  operi  praefationem,  sed 
primum  librum  dixisse  qui  reapse  primus  esset  imagines 
ipsas  repraesentans.   Ergo  in  sccimdo  potius,  si  ad  amussim 
fit  numeratio,  Honierus  et,  ut  consentaneum  est  credere,  He- 
fiiwlus  locum  invenerant:  unde  consetpiens  est,  ut  latinos 
poetas  tertius  persequeretur.'    Acutam  quidem,  sed  tamen 
fallacem  interpretationem!       Qua  probata  a  nobis  impetre- 
mus  oportet,  ut  credamus  Gellium  in  adhibendis  auctorum 
libris  minime  negligentem  duobus  capitibus  scse  excipienti- 
bus  primum  hebdomadum  librum  verbis  quidem  iisdem,  sed 
alia  utrobique  mente  appellasse,  quae  non  ferenda  est  incon- 


Digitized  by  Google 


534 


UKHKR  VARRO\s  IMA<iINVM 


stantia.  Deinde  alterum  Gellii  exemplum  praesto  est,  quo 
euni  libros  Varronianos  non  omissa  disputatione  isagogica 
solitum  esse  numerare  confirniatur.  Libri  nimirum  X  capite 
15  §  32  haec  habes:  fVerba  M.  Varronis  ex  secundo  rerum 
divinarum  super  flamine  Diali  haec  sunt:  Is  solum  albuni 
habet  galcrum,  vel  quod  maximus  vel  quod  Iovi  immolata 
hostia  alba  id  fieri  oporteat.'  Ea  perperam  Ambroschius 
(►Studien  p.  49  annot.  45)  ex  eorum  librorum  secundo  qui 
de  sacerdotibus  scripti  erant,  i.  e.  ex  tertio,  quem  de  augu- 
ribus  fuisse  Augustinus  prodit  (de  civ.  dei  VI,  3),  autumavit. 
Sed  quum  Marquardti  nuper  industria  satis  probatum  sit 
(Hdb.  d.  roin.  Alt.  Bd.  IV  p.  168.  187  sq.)  flaminibus  inti- 
mam  quidem  cum  pontificibus  necessitudinem  intercessisse, 
nullam  vero  cum  auguribus,  mihi  quidem  persuasi  Gellium 
secundum  Varronis  librum  eum  dicere,  qui  ad  amussim  se- 
cundus  fuit  non  omisso  isagogico,  quique  de  pontiticibus  age- 
bat  testc  Augustino.  Habemus  ergo  Gellium  sibi  constantem 
in  numerandis  libris  Varronianis,  unde  priore  loco  necessario 
efficitur,  re  vera  primo  hebdomadum  libro  i.  e.  isagogico  de 
7  Homeri  aetate  Varronem  disputasse  et  imagini  Homeri  epi- 
gramma  apposuisse.*)  Retento  igitur  simul  Plinii  septingen- 
tarum  imaginum  numero  vides  nos  non  temere  ad  eam  operis 
Varroniani  speciem  amplectendam  duci,  quam  Ritschelius 
tamquam  omni  probabilitatis  commendatione  destitutam  re- 
iecerat,  ut  fseptenas  hebdomadas  singuli  libri  quattuordeciiu, 
duas  ipse  primus  cum  disputationibus  isagogicis  conglutina- 
tas  complecterentur,  nosque  quadamtenus  facere  cum  com- 
putatoribus  illis  Ritschelio  familiaribus  Plinioque  patroci- 
nantibus  (Mus.  Rhen.  p.  154),  qui  quoniam  quattuordecim 
imagines  summae  Fiitschelianae  (686)  deesse  seutirent,  id 
ipsum  non  fortuitum  rati,  singulis  quattuordecim  libris  sin- 
gulos  principes  sive  antesignanos  in  froute  extrinsecus  prae- 
positos  contenderunt,  e.  c.  Homerura,  Hippocratcm,  quo  iustus 
septingentarum  imaginum  orbis  expleretur.    Quorum  volun- 

*)  Manet  nihilominua  obscuritas  quaedam  in  Gellii  loco,  quum 
imagini  Ilomeri  epigramma  appoaitum  dicat,  quo  tamen  non  imago, 
sed  capella  tumuli  insigne  commerooretur,  quam  rem  attigit  EUterus 
in  Jahnii  Annal.  Suppl.  XIX  p.  51. 


Digitized  by  Google 


SIVK  HEBDOMADVM  LIHRI. 


535 


tati  Ritschelius  quum  ita  demum  morera  se  gesturum  esse 
significaverit,  si  non  extra  libros  coryphaeorum  illorum  ima- 
gines  sine  dubio  litteraria  dote  instructae  versarentur,  iam 
nobis  eam  viam  reperisse  videmur,  in  librum  primum  isago- 
gicum  iis  receptis*).  Ab  eorundera  sententia  tamen  ita  re- 
cedimus,  ut  Homerum  quidem  in  illa  cohorte  fuisse  Gellio 
teste  affirmemus,  neque  vero  Hesiodum  atque  Hippocratem 
admittamus,  quum  duo  eiusdem  generis  lumina  septenarii 
numeri  fines  excludere  videantur,  Hippocrates  vero  in  Grae- 
corum  medicorura  hebdomade,  quam  ex  Plinio  N.  H.  XXVI 
§  10  sq.  eruit  Ritschelius,  locum  suura  habeat,  atque  eandem 
imaginem  bis  propositara  fuisse  ab  omni  aequabilitatis  no- 
tione  prorsus  abhorreat.  Quodsi  praeter  Homerum  nomen 
aliquod  e  Romanorura  grege  selectura  huic  loco  requiris, 
praesto  est  Aeneas,  quem  a  Graecis  heroibus  segregasse 
Varronem  probabili  argumento  Ritschelius  censuit  p.  XH 
annot.  Duas  autem  has  hebdoraadas,  Graecorura  unam,  Ro-  8 
manorura  alteram  eo  consilio  Varro  in  primura  librum  rece-  . 
pisse  et  cum  disputatione  isagogica  couiunxisse  videtur,  ut 
septenarii  numeri  virtute  enarrata  tamquam  in  fronte  operis 
ipsum  librorum  conspectum  proponeret,  quattuordecim  ima- 
ginibus  qui  singulis  libris  respouderent  ad  id  delectis.  Neque 
in  hac  re  morem  solitum  ille  violasse  credendus,  si  antiqui- 
tatium  rerum  humanarum  et  divinarum  secuudum  libros  re- 
censum,  quem  Augustini  beneficio  deberaus,  in  isagogicis 
illius  operis  libris  duobus  propositum  fuisse  concedes,  atque 
ita  deraum  de  imaginum  libro  in  capite  posito  idem  quod 
de  antiquitatium  exordiis  valebit,  ut  'coramuniter  prius  de 
omnibus  loqueretur.' 

Hebdomadum  per  libros  quattuordecim  distributionein 
Ritschelius  coniectura  perquam  probabili  assecutus  est  eam, 
ut  paris  numeri  libri  Graecis,  iinparis  Romanis  hominibus 
dicati  fuerint  toti,  in  qua  nobis  quoque  acquiescendum  erit, 
licet  ipsa  res'  magis  natura  commendetur  quam  argumentis 
demonstrari  possit.   Nam  omuiura,  quae  ex  his  libris  servata 


*)  Cui  rationi  quae  ex  mente  Rit*chelii  praeterea  obstare  videan- 
tur,  infra  discutiemus. 


Digitized  by  Google 


536 


IEHER  VARROS  IMAGIMVll 


sunt,  ununi  tantum  exemplura  ita  comparatura  est,  ut  diserte 
cum  genere  et  nominibus  libri  Varroniani  numerum  suppe- 
ditet:  Ausouii  Mosellae  v.  306  sq.  architectorum  septem  com- 
meraoratio,  'decimo  celebrata  volumine  Marci  hebdomas', 
quae  poetae  verba  eam  quoque  interpretationem  admittunt, 
ut  non  librum  decimum,  sed  decimam  hebdomadem  signi- 
ficent*),  si  quidem  singulae  hebdomades  totidein  voluminibus 
et  continerentur  et  numerarentur  (cui  dispertitioni  nihil  est 
quod  obstet,  contra  favent  ea  quae  de  vetemm  libroruin 
ambitu  ipse  Ritschelius  docuit:  die  Alexandrin.  Bibl.  p.  01. 
123).  Quo  facto  non  decimo  libro  architectorum  hebdomas, 
sed  ex  nostra  computatione  tertio  tribuenda  foret.  Sed  missa 
hac  cautione  Ritschelii  tamen  distributio  propter  fragmento- 
rum  tenuitatem  neque  confirmatur  altero  exemplo  neque  re- 
fellitur.  Demetrii  enim  Phalerei  epigramma  libri  significa- 
o  catione  destitutum  est,  quaeque  ex  nono  libro  Charisius  verba 
profert  'a  vulgu  condemnaretur',  ad  Graecura  hoiuinem  non 
rainus  quam  ad  Ronianum  referri  possunt.  Accedit  autem 
ad  Ritschelii  rationem  tutandam,  si  nostram  sententiam  se- 
queris,  aliquid  firmamenti.  Nam  si  quattuordecim  illos  prin- 
cipes  Varro  eo  consilio  libro  primo  incluserat,  ut  ordineni 
indicaret,  quo  singulis  libris  illustres  homines  prolaturus  erat, 
patet  Homerum,  quem  agmen  duxisse  nihil  est  cur  dubite- 
mus,  secundi  libri  poetis  Graecis  dicati  esse  testimoniuni, 
unde  quo  ordine  reliqui  se  exceperint,  si  Ausonii  verba  de 
libro  decimo  accipis,  non  est  obscurum,  sed  tamen  vel  sic 
incertum,  quem  intra  illius  libri  hebdomades  ordinem  septem 
architecti  obtinuerint. 

Plurimum  vero  Ritschelius  horum  librorum  notitiae  con- 
tulit  eo,  quod  praeter  Ausonii  architectorura  hebdomadara 
alteram  medicorum  ex  Plinio  N.  H.  XXVI  §  10  sq.  revocavit 
cumque  ea  copulavit  duas  Henrici  Bnmnii  industriae  debitas, 
statuariorum  antiquorum  (p.  IX)  et  circa  expugnatae  Corinthi 
sive  olympiadis  CLVI  tempora  probatorum  ex  eodem  fonte 

*)  Et  potest  adco  expressa  libri  Varrouiaiii  appellatio  offeodere 
in  serraone  poetico,  contra  ferenda  est  poetica  decimae  hebdomadu; 
circumlocutio. 


Digitized  by  Google 


SIVK  HEBDOMADVM  L1BRI 


537 


haustas.  Quo  facto  ipsum  librorum  nomen,  quod  nemo  qui- 
dem  unquam  dubitavit,  quin  a  septenis  imaginibus  per  capita 
dispositis  derivandum  sit,  ita  illustratum  est  atque  confirma- 
tum,  ut  nemo  propter  Varronis  dictum  a  Gellio  relatum  III, 
10,  17  fse  quoque  iam  duodecimam  annorum  hebdomadam 
iugressum  esse  et  ad  eam  diem  septuaginta  hebdomadas  li- 
brorum  conscripsisse '  de  hebdomadum  appellatione  a  numero 
horum  librorum  repetenda  cogitare  possit.  Atque  ex  medi- 
corum  hebdomade  apud  Plininm  obvia,  qua  Hippocrates, 
Diocles,  Praxagoras,  Chrysippus,  Erasistratus,  Herophilus, 
Asclepiades  comprehenduntur,  non  solum  perspicitur,  quod 
data  opera  annotavit  Ritschelius,  in  horum  nominibus  com- 
ponendis  Varronem  non  neglexisse  temporum  rationem,  sed 
etiani  apparet  eum  ab  aequalibus  recipiendis  non  abstinuisse, 
quum  Asclepiadem  Plinius  §  12  aetate  Magni  Pompeii  ab 
orandi  magisterio  ad  artem  medicam  se  convertisse  profiteatur. 
Paulo  impcditior  est  Brunnii  statuariorum  hebdomas:  Phi- 
diam,  Polyclitum,  Myronera,  Pythagoram,  Lysippum,  Tele- 
phaneui,  Praxitelem  complexa  a  Plinio  XXXI V  §  54—71  haud 
dubie  ex  imaginibus  Varronianis  commemoratos.  Neque 
tamen  in  Telephane  et  Pythagora  ignobilioribus  illis  oflfen-  io 
dimus,  quippe  plus  uno  nomine  a  Brunnio  vel  a  Ritschelio 
defensos.  Sed  offeudimus  in  Praxitele.  Qui  quum  extreinum 
locum  inter  septem  statuarios  apud  Plinium  nactus  sit,  neque 
ullo  artis  iudicio  ornatus,  huius  et  ordinis  et  silentii  permiri 
rationem  ita  explicuit  Brunnius,  ut  quem  Plinius  'marmore 
feliciorem  ideoque  et  clariorem'  dicat,  eum  propterea  a  sta- 
tuariorum  societate  Varroniana  seiunxerit  reservaverikjue 
sculptorum  recensui,  ubi  tamen  de  eo  iudicium  a  Varroue 
priore  loco  factum  imprudenter  omiserit  naturalis  historiae 
compositor.  Nam  utut  acute  hoc  excogitatum  est,  tamen  ne 
sic  quidem  mirari  desinemus,  a  Varrone  Praxitelem  mar- 
more  sculpendo  clariorem  non  inter  sculptores,  sed  inter  sta- 
tuarios  receptum  esse,  quibus  suam  hebdomadem  vel  Scopae 
nostro  loco  non  comparentis  nomen  docet  datam  fuisse.  Nam 
eundem  Praxitelem  bis  a  Varrone  propositum  fuisse  nemo 
est  qui  crediderit.  Eum  Varronis  sive  errorem  fortuitum 
sive  animum  pertinacem  ne  admittamus,  ipse  Plinius  suadere 


Digitized  by  Google 


538 


UEBEK  VAUROS  IMAGINVM 


videtur.  Non  Praxitelem,  sed  Pythagoram  Samium  (Briron. 
Hist.  artif.  Gr.  I  p.  116),  quem  post  Rheginuui  §  60  com- 
memorat  Plinius,  statuariorum  hebdomadem  explesse  censeo, 
cui  apud  Varronem  locum  fuisse  mihi  indicant  verba  addita: 
fhic  supra  dicto  facie  quoque  indiscreta  similis  fuisse  tradi- 
tur',  quae  quidera  ad  artis  historiam  a  Plinio  conscriptam 
nihil  faciunt,  magnopere  vero  ad  Varronis  de  ima^ine  viri 
disputationem  quadrant.  Iudicium  autem  Varronis  de  arte 
Praxitelis  omittere  Plinius  non  propter  hanc  unam  causam 
potuit.  —  Addam  denique  pictorum  hebdomadem  Alexandri 
Magni  aetati  supparium,  quam  cur  Brunnius  noluerit  adicere 
tanto  minus  intelligo,  quod  in  eam  incidi  ab  ipso  Brunnio 
commemoratam  Hist.  artif.  II  p.  249.  252.  Ita  enim  Quin- 
ctilianus  I.  0.  XII,  10,  6:  Tloruit  autem  circa  Philippum  et 
usque  ad  successores  Alexandri  pictura  praecipue,  sed  diversis 
virtutibus.  Nam  cura  Protoyenes,  ratione  Pamjrftilus  ac  Me- 
lanthius,  facilitate  Antiphilus,  concipiendis  visionibus,  quas 
©avTaciac  vocant,  Theon  Samius,  ingenio  et  gratia,  quam  in 
se  ipse  maxime  iactat,  Apelles  est  praestantissimus.  EuphrQ- 
n  norem  admirandum  facit,  quod  et  ceteris  optimis  studiis  inter 
praecipuos  et  pingendi  fingendique  idem  mirus  artifex  fuit/ 

—  Quorum  nomina  etsi  apud  Plinium  §  76 — 144  non  eodem 
ordine  referuntur,  sed  hoc:  Pamphilus,  Apelles,  Melanthius, 
Protogenes,  Euphranor,  iVntiphilus,  Theon,  tamen  id  non 
potest  obstare,  quominus  concedas  ea  iustae  hebdoraadis 
Varronis  ,  ambitum  complevisse,  qui  quum  duas  statuariorum 
hebdomadas  constituisset,  profecto  non  est  cur  negetur,  eun- 
dem  totidem  pictorum  composuisse  ita  ut  in  altera  Zeuxis, 
Parrhasius,  alii  essent  his  vetustiores.  lllam  utrum  ex  ipso 
Varrone  hauserit  Quinctilianus  dictu  est  difticile,  sed  etiam 
si  eam  sponte  constituerit,  quidni  in  eosdem  Varro  septenos 
illustres  homines  undecunque  circumspiciens  incidere  potuerit? 

—  Coniecturae  autem  nostrae  probabilitas  augebitur,  si  alibi 
quoque  Quinctilianum  hebdomades  Varronis  respexisse  appa- 
ruerit,  cuius  rei  vestigia  quaedam  licet  tenuia  mihi  deprehen- 
disse  videor.  Continentur  ea  recensu  illo  scriptorum,  quos 
cum  utilitate  futuro  oratori  legendos  commendat.  Apud 
Quinctilianum  1.  X  c.  1  a  §  46,  ubi  aliud  prorsus  atque  Varro 


Digitized  by  Google 


SIVK  IIKHDOMADVM  UUKI. 


530 


vel  Plinius  consilium  secutus  est,  si  nihilominus  notitiae  Var- 
ronianae  species  quaedam  residet,  id  tanto  certius  librorum 
eius  advocatorum  testimonium  tenebimus.  Atque  primum 
ipsius  Varronis  (cuius  memoriam  frequentat  aliis  locis,  cf. 
ind.  (iesner.)  mentionem  habemus  dicto  eius  notissimo  allato 
§  90:  fMusas  Plautino  sermone  locuturas  fuisse,  si  latine 
loqui  vellent.'  Deinde  nomina  eadeui,  quae  in  Varronianis 
hebdomadibus  illustrata  fuisse  aliunde  cognitum  est,  apud 
Quinctilianum  redeuut,  quatenus  operis  natura  admittebat, 
tantum  non  omnia*j.  Habemus  Honieruin,  a  quo  pariter 
atque  Varro  ut  a  Iove  exordium  capit  §  46,  quem  statim  ex- 
cipit  §  52  Hesiodus;  habemus  Demetrium  Phalerea,  licet 
versicolorem  eius  vestem  non  beue  ad  forensem  pulverem 
facere  §  33  monuerit,  tamen  inter  oratores  aliis  omissis 
commemoratuin  §  80:  rquin  etiam  Phalerea  illuin  Demetrium, 
quamquam  is  primus  inclinasse  eloquentiam  dicitur,  multum 
ingenii  habuisse  et  facundiae  fateor,  vel  ob  hoc  memoria 
dignum,  quod  ultimus  est  fere  ex  Atticis  qui  dici  possit  orator;  12 
quem  tamen  in  illo  medio  genere  dicendi  praefert  omnibus 
Cicero',  habemus  denique,  ne  minus  certa  praetermittam, 
Euripidem  §  67,  cuius  memoriam  a  (fellio  XVII,  4  nomina- 
tim  ex  Varrone  proditam  Ritschelius  (Mus.  Hh.  VI  p.  514) 
inprimis  hebdomadibus  tribui  posse  pronuntiaverit.  Neo^ue 
septenarii  numeri  indicia  quaedam  in  aliquot  scriptorum 
classibus  non  apparent.  8ic  epicorum  i.  e.  eorum  qui  hexa- 
metro  versu  usi  sunt,  praeter  Homerum,  quem  isagogico  libro 
reservavimus,  hebdomas  prodit  §  52:  Hesiodus,  Panyasis, 
Apollonius,  Aratus,  Theocritus,  Pisander,  Nicander,  si  Eupho- 
rionem  propter  Virgilii  imitationem  ab  ipso  Quinctiliano 
adiectum  putes.  Rursus  historicorum  hebdomadem  proponit 
hanc  §  73:  Thucydidem,  Herodotum,  Theopompum,  Philistum, 
Ephorum,  Clitarchum,  Timagenem,  in  qnibus  ne  desideres 
Xenophontem,  de  industria  ipse  addit:  'Xenophon  non  excidit 
mihi,  sed  inter  philosophos  reddendus  est\  El  Romanis 
auctoribus  §  85  sq.  septem  epici  poetae  memorantur:  Virgi- 
lius  cum  Homero  collatus,  Macer,  Lucretius,  Varro  Ataciuus, 


*)  Deent  unua  Pythagoras,  quem  praetermisbum  nerao  mirabitur. 


Digitized  by  Google 


540 


UEBER  VAKKOS  IMAGINVM 


Ennius,  Ovidius,  Cornelius  Severus;  Serranus  enini  qui  sequi- 
tur  (e  coniectura  Sarpii),  sive  cuius  nomen  eo  loco  substi- 
tuendum,  non  magis  fortasse  quam  Valerius  Flaccus  a  Var- 
rone  commemorari  potuit;  septera  porro  enumerantur  ora- 
tores  §  105  sq.:  Cicero,  Asinius  Pollio,  Messalla,  C.  Caesar, 
Caelius,  Calvus,  Servius  Sulpicius.  Cassius  enim  Severu.s 
qui  sequitur  \si  ceteris  virtutibus  colorein  et  gravitatem  ad- 
iecisset,  ponendus  inter  praecipuos  foret.'  Verba  denique. 
quae  .  iustituendo  delectui  praefatus  est  Quinctiliauus  §  45: 
'Interim  summatim  quid  et  a  qua  lectione  petere  possint. 
qui  confirmare  facultatem  dicendi  volent,  attingain.  Paum 
enim,  qui  sunt  emincntisshni ,  excerpere  in  animo  est.  Facile 
est  autem  studiosis,  qui  sint  his  simillimi  iudicare,  ne  quis- 
quam  queratur,  omissos  forte  aliquos,  quos  ipse  valde  probet' 
et  §  57:  fNec  sane  quisquam  est  tam  procul  a  cognitione 
eorum  (poetarum)  remotus,  ut  non  indicem  certe  ex  biblio- 
theca  sumptum  transferre  in  libros  suos  possit'  nonne  ube- 
rioris  fontis  admonent,  quem  ante  oculos  habuerit  ille,  unde 
suam  materiam  delibaret,  quo  factum  videtur,  ut  alicubi  illius 
13  exemplaris  vestigia  diluceant?  Quae  si  omnia  collegeris,  hoc 
certe  efficere  videntur,  ut  non  fortuitam  esse  septem  pictoruui 
80cietatem  credamus. 

*  Hebdomadum  per  libros  dispositionem  a  Ritschelio  pro- 
positam  nobis  quoque  magnopere  probari  iam  signiticatuui 
est,  sed  restant  quaedam  raoneuda  levioris  raomeuti.  Atque 
Graecis  et  Romanis  illustribus  totidem  libros  eosque  alter- 
nantes  Varronem  tribuisse  utique  verum  esse  apparet.  Nam 
si  intra  unius  libri  hebdomades  Uraecos  Romanosque  voluisset 
comprehendere,  et  hebdomadum  et  adeo  imaginum  utrisquo 
tributarum  numerus  inaequalis  evasurus  esset,  quo  concinni- 
tatis  legi  religiose  observatae  detrimentura  afferretur  gravis- 
simum.  Itaque  nihil  superest  nisi  hoc,  ut  integros  libros 
septenos  Graecis  permiserit  totidemque  cum  his  alternantes 
Romanis.  Graecorum  vero  et  Romanorum  appellationem  eo 
dilatavit  Ritschelius  p.  VII,  ut  pro  illis  rectius  exteros,  pro  his 
Italos  substituere  mallet.  Cui  rei  tamen  hoc  adversari  videtur, 
quod  Pythagoram  'Rheginum  ex  Italia'  (Plin.  N.  H.  XXXIV 
§  59 )  inter  Graecorum  statuariorum  hebdomadem  relatuni 


Digitized  by  Google 


SIVK  HKBDOMAPVM  LIRRI. 


541 


habemus.    Itaque  origiue  potius  et  gente  quaiu  Italiae  fiui- 
bus  Italorum  notia  eircumscripta  putanda  erit.    Vsus  autem 
est  Ritvschelius  ad  eam  distributionem  confirmandam  Valerii 
Maxiini  ad  Varronis  auctoritatem  sese  coiuponentis  exemplo, 
idque   recte;   praeiverat   quoque  Cornelius  Nepos,  Varroni 
aequalis,  libris  de  viris  illustribus  scriptis  (cf.  Nipperdey, 
Einltg.    p.  XVII  sq.),    qui   nec  Datamen  nec  Hamilcarem 
Hannibalemque  inter  Graecos  memorare  omiserit.   Sed  in  eo 
Graecos  cum  ttomanis   conferendi  studio,   quo   circa  eaui 
aetatem  magnopere  delectati  esse  videntur  utriusque  gentis 
scriptores,  quanta  tamen  inaequalitatis   pericula  extiterint 
Romanis  in  litteris  artibusque  minus  pollentibus  (qua  de  re 
ingenue  confitentem  Quinctilianum  habemus),  id  non  fugit 
Ritschelium,  qui  propterea  concessit,  Varronem  Graecis  heb- 
domadibus  Romanas  ox  eisdem  vel  maxime  fhiitimis  generibus 
petitas  subiunxisse.   Quamobrein  idem  v.  d.,  ut  inagnus  sep- 
tingentorum  illustrium  orbis  expleri  posset,  praeter  litterarum 
artiumque  lumina  alia  virtutis  atque  praestantiae  genera  cir- 
cumspexit,  quibus  illustrandis  Varroni  materia  idonea  suf- 
ticeret,  e.  g.  ad  Plinii  1.  VII  inde  a  §  33  multiplicem  et  co-  u 
piosam  diversitatein  Valeriique  Maximi  exemplorum  conge- 
riem  digitum  intendens.    Idque  iure  factum  esse  vel  Plinii 
septingentorum  aliquo  modo  illustrium  hominum  verba  pro- 
bant.    Quae  cum  ita  sint,  ea  quoque  ni  fallor  aut  tolluntur 
aut  saltem  infirmantur,  (juae  Pliuianae  sumniae  patronis  sui 
numeri  tenax  v.  d.  opposuit  Mus.  Rh.  p.  154,  paucos  scilicet 
libros  fuisse  eiusdem  generis  hominum  capaces,  sicuti  poeta- 
rum  aut  rebus  gestis  clarorum,  medicos  quippe  vix  unius 
hebdomadis  spatium  excessisse,  ex  quorum  genere  si  cory- 
phaeus  aliquis  toti  libro  praepositus  esset,  meraiu  licentiam 
regnare  videri.    Nam  si  ad  exaequandas  Graecorum  laudes 
in   adsciscendis  Romanorum  classibus  ad  finitima  maxime 
genera  Varro  se  convertere  debebat,  iam  credo  hoc  etiam 
dandum  erit,   in  deligendis  illis  quattuordecim  principibus 
aliqua  ei  libertate  utendum  fuisse,  praesertim  quum  ipsi  sep- 
tenarum  hebdomadum  libri,  ut  aliquo  modo  illustres  com- 
prehenderent,  diversitate  quadain  non  possent  non  laborare. 
Et  proprie  quidem  duces  illi,  si  unum  Homerum  excipis,  e.  c. 


Digitized  by  Google 


542 


UEBEB  VAKRO'S  IMAGINVM 


in  artificum  recensu  non  omnibus  eiusdem  libri  hebdomadi- 
bus,  sed  uni,  videlicet  primae,  respondisse  videntur.  Veris- 
sime  autem  Valerii  Maximi  Ritschelius  meminit,  unde  loco- 
rum  communium  Hebdomadibus  aptoruin  facili  negotio  ali- 
quis  multitudinem  promat,'  qua  numerosa  illarum  arguuienta 
restituat.  Quem  auctorem  nonnulla  ex  Varrone  derivata 
continere  non  absimile  est  vero  (cf.  Kempf.  p.  19  sq.)  idque 
apertius  futurum,  si  ipsius  Varronis  libros  credi  posset  evol- 
visse,  quae  quidem  ambigua  sententia  est  (cf.  Dirksen,  d.  hist. 
Beispielsainnilg.  des  Val.  Max.  in  Comm.  acad.  Berol.  a.  1845 
p.  124).  Itaque  obscurius  illius  fontis  exerapla  apparent, 
quorum  unum  indicasse  suftieiat,  quod  est  in  1.  V  c.  6  §  3 
his  verbis  conceptum:  'Genucio  Cipo  praetori  paludato  por- 
tam  egredienti  novi  atque  inauditi  generis  prodigium  incidit. 
Namque  iu  capite  eius  subito  veluti  cornua  erepserunt,  re- 
sponsumque  est  regem  eum  fore,  si  in  urbem  revertisset. 
Quod  ne  accideret,  voluntarium  ac  perpetuum  sibimet  indixit 
exilium.  Dignam  pietatem,  quae  quod  ad  solidam  gloriaiu 
attinet  septem  regibus  praeferatur.  Cuius  testandae  gratia 
15  capitis  effigies  aerea  portae,  qua  excesserat,  inclusa  est  dicta- 
que  Raudusculana,  olim  aera  raudera  dicebantur'.  —  Ea 
verba  Kempfius  p.  20  ad  Varronis  auctoritatem  rettulit  reete 
quidem,  sed  nescio  quo  argumento  usus,  quod  tanto  magis 
proferre  debebat,  quoniam  idem  in  annotatione  ad  h.  1.  Va- 
lerium  Maximum  causam  appellationis  portae  Raudusculanae 
aliam  atque  Varronem  de  L  Lat.  V,  163  tradere  observet. 
Eandem  rem  uberrime  narravit  Ovidius  Met.  XV,  565—621, 
brevissime  attigit  Plinius  N.  H.  XI,  123,  Actaeonem  cum  Cipo 
fabulosis  annumerans  eaque  ex  Varroue  petita  fidem  facit 
index  auctorum  libri  XI,  qui  a  M.  Varrone  exordium  habet 
(cf.  Brunn,  de  auctorum  indicibus  Plinianis  disp.  Bonn.  1856). 
Itaque  discrepantia  illa  non  obstare  videtur,  quominus  hunc 
aut  utrumque  iu  Hebdomadibus  posuerit  Varro,  quem  a  ia- 
bulosa  historia  non  prorsus  abstinuisse  documento  est  Aeueas. 
Atque  vides  quam  bene  ad  Aeneae  habitum  ex  opere  antiquo 
delineatum  conveniat  Cipi  imago  aerea  portae  Raudusculanae 
inclusa.  Deinde  id  quoque  non  fortuitum  videtur,  quod,  ut 
apud  Valerium  Curtii  in  hiatum  terrae  desilientis  exempluin 


A 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM   U  I U ;  i . 


543 


Cipi  laudes  praecedit,  ita  apud  Varroneui  de  1.  L.  V,  150 
cuiu  Curtio  M.  Geuucii,  ut  iu  consulatu  collegaruui,  copu- 
latur  meuioria. 

In  componendis  hebdomadibus  Varronem  temporum 
rationem  non  neglexisse  Ritschelius  medicis  septem  e  Pli- 
nio  propositis  verbo  monuisse  sategit,  neque  profecto  id 
lougiore  demonstratione  eget,  quum  et  per  se  sit  probabile 
et  alia  quoque  eius  ordinis  documenta  suppetant.  Eo  enim 
pertinet  quam  super  aetate  Homeri  atque  Hesiodi  ex  ipso 
Varroue  haud  dubie  repetit  Gellius  disputatio;  eodem  quod 
antiquorum  et  recentiorum  statuariorum  hebdomades  diremit, 
quod  duas  itidem  pictorum  discrevisse  videtur.  Neque  Pli- 
nius  tantum  in  medicis  ordinandis  Dioclem  Carystium  fse- 
cundum  aetate  ^811^116'  extitisse  scribit,  sed  Quinctiliauus 
in  singulis  fere  scriptorum  generibus  recensendis  data  opera 
qui  secimdum  gradum  tenuerit  exprcssis  verbis  aimotat 
§  5$  58.  72.  8G. 

Multo  plura  atque  etiaui  his  incertiora  adiicienda  essent, 
si  iustam  de  Varronianis  hebdomadibus  commentationem 
edere  nunc  vacaret.  Quamobrem  una  observatione  addita 
nos  continebimus,  quam  ncque  Ilitschelius  prorsus  praeter-  ic 
misit.  Optime  enim  ille  quo  Menecratem  inter  architectos, 
Pythagoram  inter  statuarios  licet  nou  aeque  atque  ceteri 
illustres  receptos  explicaret,  monuit  fnon  liberam  Varroni 
uptionem  fuisse,  sed  necessitatem  potius  eorum  deligendorum, 
quorum  alicuude  petitas  imagines  in  promptu  haberet'.  Cui 
iudicio  ita  subscribimus,  ut  tamen  vel  propter  illam  necessi- 
tatem  non  temere  aliquo  imagiuem  arripuisse  Varronem 
putemus,  sed  in  hac  quoque  re  doctrinae  atque  circum- 
spectionis  laudes  aemulatum  esse.  Ita  euim  ut  statuamus 
efficiunt  quae  Ioannes  Lydus  de  magistr.  I,  12  de  Aeneae 
imagiue  tradit  repetita  illa  ex  antiquo  opere  fontis  Albaui. 
Eodem,  si  nostram  coniecturam  probas,  Cipi  imago  de  porta 
Kaudusculana  sumta  pertinet.  Pertinebunt  eo  omnes  i  111  non 
traditi  vultus,  quorum  Plinius  meminit  paulo  ante  eum  locuni, 
quo  hebdomadum  Varronis  memoria  continetur,  unde  exorsi 
sumus.  Qui  quum  ita  scribat  1.  XXXV  §  9  *  quin  immo  etiam 
quae  non  sunt  finguntur,  pariuntque  desideria  non  traditos 


Digitized  by  Google 


544 


DEBEB  VARROS  IMAGINVM 


(traditi  0.  Miiller  enchirid.  arcb.  §  420.  4)  vultus,  sicut  in 
Homero  evenit'  —  fuit  quando  quattuordecim  imagines 
isagogico  libro  complexas  ex  borum  numero  fuisse  nobis  in 
mentem  veuiret,  quod  tamen  aliter  se  babere  vel  propterea 
constat,  quod  iam  septem  reges  Romani  et  septeui  sapientes 
liaud  dubie  eum  numerum  explerent,  neque  Homero,  quem 
illaruni  agmcn  duxisse  nobis  persuasinius,  locus  futurus  esset 
ln  ca  vero  sententia  nobis  perseverandum  erit,  ut  neque  ab 
omnibus,  quorum  tictae  tantum  esse  poterant  imagines,  abs- 
tinuerit,  id  quod  in  Homero  factum  esse  patet,  et  ad  alios 
recipiendos  propter  vultus  eorum  servatos  se  duci  passus  sit 
utrobique  autem  non  temere  egisse,  sed  in  artis  quoque 
operibus  eligendis  critica  facultate  excelluisse  existimetur. 
Quo  magis  illorum  librorum  iacturam  deploremus  oportet 
qui  si  integri  extarent,  non  solum  litterae  Romanae  atque 
historia  antiqua  amplissimum  iucrementum  acciperent,  sed 
artis  quoque  veteris,  et  partis  quidem  illius,  in  qua  maxime 
claudicamus,  protomarum  dico  cognitionem ,  exoptatissimum 
nacti  essemus  columen. 


IV.   EPIMETRVM  DISPVTATIONIS  DE  M.  VARR0NI8 
IIEBDOMADVM  SIVE  IMAGINVM  LIBRIS*). 

iii  'Viribus  unitis'  ut  ad  alia  bona,  ita  ad  summum  bonum 
quod  veritate  continetur  perveniri,  cum  plurimis  in  omni 
litterarum  genere  documentis  intellegitur,  tum  in  ea  caussa, 
quam  per  antepaenultimam  (si  modo  licet  cum  gramuiaticis 

*)  1 1'rooemium  Indicis  8cholarum  aestivamm  Bounenaium  anni 
CIDIOCCCLVUI,  iterum  in  publicutn  emissum  in  r  Prooemionim  Bod- 
nensium  decade'  (Berolini  a.  CIDIOCCCLXI)  n.  VII,  ubi  in  pruefetione 
haec  scripta  sunt:  rProoemiis  VI  et  VII  (de  Varronia  Imaginum  libris) 
«lisceptata  valde  lubrica  quaestio,  quae  est  de  Imuginum  Varronianarum 
partitioue  atque  dispositione ,  quantum  nunc  novis  eisque  stibtilis«iniis 
disputationibu8  Mercklini,  Brunnii,  Vrlichsii  debeat,  non  sine  voluptat»' 
cognoviase  suspicamur  qui  musei  Ilhen.  t.  XIII  p  4G0  sqq.,  473  sqq.. 
XIV  p.  60G  sqq.  Philologique  t.  XI 11  p.  742  sqq.  inspexerint.  Nos  nec 
nunc  nec  fortasse  umquam  ingcns  iterabimus  aequor:  cuius  via~< 
aperuisse  ecquid  habet  praemiV    C.  W.] 


Digitized  by  Google 


SIVK   IIKHDOMADVM  LIBRI. 


545 


loqui)  prooemiandi  occasionem  tractabamus  [supra  p.  508  sqq.J, 
nuper  ipsi  experti  sumus.  Vbi  cum  de  Imaginum  sive 
Hebdomadum  libris  M.  Varronis  quaesivissemus  ad  quem 
qualemve  ordinem  viderentur  dispositi  fuisse,  ea  ipsa  disputatio 
Lvdovicvm  Merckllnvm,  doctum  virum  et  acutum,  invitavit 
ut  in  eodem  argumeuto  denuo  versaretur:  id  quod  ille  fecit 
in  f  Animadversionibus  de  Varronianis  Hebdomadibus',  quas 
Indici  scholarum  praemisit  per  annum  MDCCCLVII  in  uni- 
Tersitate  Dorpatensi  babendarum  [v.  p.  530  sqqj.  Et  maximam 
quidem  partem  eorum,  quae  ratiocinando  effecisse  nobis  vide- 
baraur  ut  similia  veri,  non  sine  voluptate  vidimus  ab  illo  et 
probari  et  novis  argumentis  firmari:  quaedam  nec  ea  levia  vel 
addubitari  vel  improbari.  In  his  autem,  quae  reiecit,  duo  sunt 
gravia  praeter  eetera  et  ad  disponendi  rationem  Varrouis 
perspiciendam  inprimis  utilia:  quorum  alterum  ad  ipsarum 
imaginum  numerum  universum  spectat,  alterum  ad  eam 
sedein  quam  inter  cetera  laudis  humauae  genera  architectura 
obtinuerit.  Ac  de  illo  quod  ipse  Mercklinus  statuit,  quo 
lubentius  fatemur  prorsus  nobis  persuasum  esse,  eo  tenacius 
tuenduin  alterum  et  ab  illius  suspitione  vindicandum  senti- 
mus.  Quae  res  cum  qualis  sit  explicaverimus,  aut  fallimur 
aut  simul  spes  est  fore  ut  ad  veram  Imagiuura  iraaginem, 
quantum  quidem  fieri  coniectaudo  potest,  aliquanto  propius 
accedamus. 

Primum  igitur  de  numero  compositarum  a  Varrone 
imaginum  cum  Plinii  verba  septingeutas  testantis  ita 
interpretati  essenius,  ut  ad  plenam  ille  sumraara  centenariara, 
quippe  in  solam  multitudinis  notionem  intentus,  liberalius 
auxisse  eum  nuraerum  putaretur,  qui,  si  ad  amussim  calculi 
subducerentur,  intra  sexcentarum  octoginta  sex  imaginum 
fines  subsisteret:  tot  enim  efficiuntur,  ubi  bis  septem  libris 
singulis  septiens  septenas  imagines  distributas  fuisse  nobis-  iv 
cum  credideris:  id  quideni  iam  aliis  ante  Mercklinum  displi- 
cuisse  narratum  est  Musei  philol.  XII  p.  154  [supra  p.  529]. 
Nam  ita  quod  reliquum  est  in  Plinii  computatione,  cum 
ipsuni  septenarium  numerum  bis  septem  imaginum  servaret 
qui  per  totum  opus  Varronianum  regnaret,  vix  hoc  videri 
casui   tribui   posse   Lvdovicvs   Vrliciisivs  MARTiNVSque 

*R.  KlTSCHELll  OPVStVLA  III.  35 


Digitized  by  Google 


54() 


UEBKK  YAKKOS  IMAGINYM 


Hektziys  senserunt  nun  sine  magna  specie  probabilitatis. 
Itaque  quattuordeciin  libris  singulis.  Varroneui  conieceruut 
singulas  imagines  principum  quorundam  praefixisse  tauiquaui 
indices  .eius  generis  quod  liber  quisque  complecteretur.  Id 
autem  ilico  nos  ainplexuros  significabamus,  uisi  gravissiinae 
quaedam  offensiones  obstarent,  quae  quales  essent  1.  s.  s. 
exponebamus.  Et  tamen  tain  in  promptu  via  erat,  qua 
licebat  rei  summam  ab  illis  excogitatam  his  incommodis 
liberare  paulloque  aliam  in  partem  versam  satis  firmiter 
tueri,  ut  subeat  animum  quod  est  in  proverbio  de  ovo 
Columbi.  Idque  felici  acumine  praestitit  Mercklinus,  tenens 
ille  bis  septem  coryphaeoruni  iuiagines,  sed  eas  non  singulis 
libris  distributas  praepositasque,  verum  unius  libri  vinculo 
compreheusas  h.  e.  ipsius  libri  primi  qui  fuit  eicaroJTiKOC. 
Iu  quo  post  ea,  quae  cum  de  imaginum  instituto  universo 
tum  de  'septenarii  numeri  virtutibus  potestatibusque  niultis 
variisque'  generatim  disputaverat,  percommode  Varro  potuit 
ad  integri  operis  sui  dispositionem  ita  transire,  eam  ut  non 
verbis  tantum  explicaret,  sed  ipsorum  exemplorum  evidentia 
inlustratam  brevi  in  conspectu  ]>oneret.  Delecto  igitur  e 
singulis  quae  subsecutura  essent  praestantiae  humauae  capi- 
tibus  uno  homine  praecipuo  tamquam  sui  generis  duce  et 
antesignano,  duas  imaginum  hebdomadas  constituit,  Grae- 
carum  alteram,  alteram  Romanarum,  quae  velut  pro  indice 
essent  ceterorum  librorum:  adiecta,  ut  est  consentaneum, 
harum  quoque  imaginum  brevi  enarratione  simili  atque  in 
reliquis  omnibus. 

Non  potcst  autem  ad  firmandam  hanc  senteutiaiu  quic- 
quam  esse  magis  appositum  quam  Gellianum  testimonium 
quod  est  in  capite  11  libri  III  Noctium  Atticarum:  ubi  et 
de  aetate  Homeri  disputatio  Varronis  et  illius  imagini  ad- 
iectum  epigramma  affertur  e  flibro  de  imagiuibus  primo'. 
Id  nos  coacti  eramus  item  liberiore  interpretatione  in  eaui 
partem  accipere,  ut  scriptor,  ilhi  cum  excerperet,  non  curasse 
praemissam  universo  operi  praefationem  existimaretur,  sed 
primum  librum  dixisse  qui  reapse  primus  esset  ipsas  imagines 
repraesentans,  quamquam  secundus  sane  librorum  omnium. 
Cui  rationi  quod  Mercklinus  p.  6  [533  sq.J  opposuit  etai 


Digitized  by  Google 


SIVE  IIEBDOMADVM  LIBKI. 


547 


satis  valere  negainus,  tamen  de  rei  summa  prorsus  nos 
assentientes  habet.  Nam  cum  ex  eo,  quod  idem  Gellius 
alibi,  quae  e  secundo  rerum  divinanun  Hbro  petierit,  item 
afferat  e  secuudo,  non  e  primo,  consectarium  esse  hoc  volt, 
ut  ille  more  coustanti  e  rei  veritate  numerasse  libros  Varro- 
nianos  credatur:  responderi  potest  et  per  se  parum  certum 
esse  quo  Mercklinus  utitur  exemplum,  et  si  vel  maxime 
certum  esset,  nihil  omnino  tali  argumentatione  effici,  cum 
neglegentiae  vel  incuriae  notio  non  censeatur  moris  con- 
stantia,  sed  in  eo  ipso  consistat  ut  aliquid  liat  praeter  nor-  v 
mam  et  consuetudinem.  Aliquanto  gravius  numquam  non 
sensimus  illud  esse,  quod  eo  quod  proxime  praecedit  capite  10 
idem  Gellius  ex  eisdem  quos  manibus  tractabat  Varronis  de 
imaginibus  libris  quaedam  excerpens  ipsum  librum  primum 
rectissime  eum  dixefat  qui  revera  primus  erat:  ut  tam  brevi 
intervallo  interiecto  aegre  videatur  adeo  sibi  nou  constitisse, 
ut  proximo  capite  item  primum  librum,  qui  esset  secundus, 
diceret.  Sed  gravissimum  tamen  omnium  hoc  est,  quod 
oninino,  postquaui  Pliniani  testimonii  simpliciter  interpre- 
tandi  via  patefacta  est,  liberioris  in  Gellii  verbis  interpreta- 
tionis  necessitas  omnis  evanuit. 

Hinc  autem  cum  alia  apta  sunt  tum  hoc  consequitur  ut, 
si  in  principibus  Homerus  fuit  libro  primo  compositis,  nulla 
iam  relicta  caussa  sit  cur  secundo  libro  poetae  potissimum 
Graeci  tribuantur:  quando  ipsum  primum  locuni  in  libro  primo 
Homerum  occupasse  non  modo  ullo  certo  argumento  persua- 
detur,  sed  ne  probabilitatis  quidem  satis  habet:  contra  atque 
Mercklino  visum  est  p.  9.  11.  16  [530.  539.  544].  Quod  ut 
quale  sit  plenius  perspiciatur,  ad  alteram  quaestionis  partem 
progrediendum  est  quae  est  de  architectoruui  in  imaginibus 
Varronianis  sede.  Haec  enini  cum  fdecimo  celebrata  volu- 
mine  Marcei  hebdomas'  dicatur  ab  Ausonio  Mosellae  v.  306  sq., 
id  nos  quidem  ad  decimum  de  imaginibus  librum  refereba- 
uius  ratione  ut  putabamus  omuium  simplicissima.  Verum 
longe  aliam  interpretationem  Ausonii  verba  admittere  Merck- 
linus  p.  8  [536]  arguit:  non  ut  liber  decimus,  sed  decima 
hebdomas  significetur,  quando  singulae  hebdomades  totidem 
voluminibus  et  continerentur  et  numerarentur.   Qua  admissa 

35* 


Digitized  by  Google 


548 


UEBKK  VARKOS  IMA(iINVM 


interpretatione  non  decimo  libro,  sed  tertio  architectoruin 
hebdomadam  tribuendam  esse,  et  eius  quidem  libri  initium 
fecisse.  Id  autem  aut  prorsus  caecutimus  aut  ita  se  habere 
nullo  pacto  potuit:  ut  liac  in  caussa  cautissimi  alioqui  iudieii 
virum  nostro  sensu  iudicundi  prudentia  miris  modis  desti- 
tuerit.  Quid  enim?  secundone  libro  celebrasse  Varronem 
poetas  credemus,  id  quod  ipse  Mercklinus  statuit  p.  9  [536J, 
tertio  autem  transisse  vel  polius  transiluisse  a  poetis  ad  archi- 
tectos  praetermissis  prosae  orationis  scriptoribus  posteriori- 
que  loco  alicui  reservatis?  An  unius  libri  secundi  septem 
hebdomadibus  illum  credamus  et  poetas  et  scriptores  com- 
plexum?  Et  hoc  ut  ita  potuisse  institui  largiamur  potius 
quam  concedamus,  quid  tandem  illud  esse  dicamus,  quod 
Graeci  sunt  quorum  Ausonius  architectorum  hebdomadam  enu- 
merat,  alteruatim  autem  Graecarum  Romjftiaruinque  imaginum 
hebdomadas  sese  excepisse  ipse  nobis  credidit  Mercklinus  p.8. 
13  [535.  540]:  ut,  Graecis  sive  poetis  sive  poetis  et  scripto- 
ribus  si  secundum  librum  Varro  tribuebat,  non  possit  non 
Latinis  destinatus  fuisse  tertius.  Ergo  nisi  quid  nos  fugit 
(ut  fugit  sane  olim  in  interpretatione  Plinii),  omnes  prae- 
elusae  viae  sunt  aliorsum  detorquendi  testimonii  Ausoniani, 
nisi  ut  pro  libro  decimo  'decinium  volumen'  habeatur. 
Nam  quod  potuisse  singulas  hebdomadas  singula  voluniina 
aequare  Mercklinus  dicit,  id  etiamsi  per  se  nullas  habeat 
vi  dubitationes,  tamen  sua  sponte  intellegitur  non  eo  valere, 
ut  excludat  alteram  rationem,  qua  quindecim  voluminibus 
quindecim  libri  Varroniaui  dispertiti  fuisse  credantur  baud 
paullo  ut  opinamur  et  simplicius  et  probabilius.  In  qua  re 
ne  illud  quidem  praetermittendum  quod,  qui  de  tot  quot 
hebdomades  fuerunt  voluminibus  cogitat,  vix  poterit  quin 
etiam  prooemio  duabus  libri  primi  hebdomadis  praeniisso 
suum  volumen  singulare,  quo  ne  concinnitati  prorsus  inlu- 
datur,  tribuat:  quo  fit  ut  decimum  volumen  ipsius  libri 
secundi  hebdomas  extrema,  non  prima  tertii,  occupet 

Ergo  ad  imaginum  ordinera  Varronianura  quadamtenus 
finitius  describendura  si  raodo  ullus  aditus  patet,  hinc  est 
proficiscendura  citra  controversiam,  ut  in  libro  decimo  archi- 
tectorum  hebdomas  Graecorum  conlocetur,  Romanoruni  in 


Digitized  by  Google 


SIVK  HKHDOM ADVM  LIRRI. 


540 


undecimo.  Nunc  autem  qui  volet  pro  se  ipse  experiatur, 
num  quam  probabilem  rationem  comminiscatur  qua  et  poetas 
seeundo  tertioque  libro,  et  decimo  undecimoque  architectos 
tribuat,  nec  tamen  in  reliquis  generibus  aliquo  modo  disper- 
tiendis  aut  maxime  cognata  dirimat  aut  copulet  maxime 
disparia.  Velut  quis  ferat  a  civitatium  gubematoribus  dispa- 
ratos  belli  duces  interpositis  artificibus?  vel  a  litteris  et 
disciplinis  miro  intervallo  seiunctas  artes?  vel  privatae  vir- 
tuti  postpositara  laudera  publieam?  vel  miscella  exemplorum 
varietate  intercepta  unius  praestantiae  solida  capita  atque 
aequabilia?  Horum  autem  et  similiura  incommodorum  nullis 
machinis  efficies  quin  aliquo  laboret  quemcumque  ordinem 
inieris  certarum  classium  ita  eonstituendarum  ut  a  poetis 
fiat  initium.  1'ossumus  hoc  singillatim  persequi  et  ut  opina- 
mur  ad  persuasionem  prorsus  apposite:  nisi  raolesti  esse  in 
eo  genere  nolinius,  quod  facile  unusquisque  suapte  experien- 
tia  emetiatur. 

Quantumvis  autem  verendum  sit  ne  scire  velle  quae 
sciri  nequeant  quibusdam  videamur  et  aeternis  tenebris  occul- 
tata  mortalibus  superba  temeritate  velle  rccludere,  tamen 
hoc  mininie  nos  inovet  quominus  certa  certae  ratiocinationis 
via  ad  veram  speciera  dispositionis  Varronianae  sat  prope 
posse  accedi  existimemus.  Nam  cum  saepe  accidat  ut,  ubi 
testimoniorura  vi  destituamur,  sola  per  se  sana  ratio  et 
ipsjus  rei  evidentia  vel  suadeat  vel  iubeat  quid  sit  amplecten- 
dum,  tum  haec  profecto  caussa  ita  comparata  est  ut,  cum 
prima  specie  longe  plurimae  coniectandi  viae  patere  videan- 
tur,  tamen  diligenter  perpensis  singulis  una  sola  relinquatur 
libera  a  dubitationibus  omnibus.  Sola  divinatione  utendum 
esset  eaque  inutili,  si  de  viginti  capitibus  quaestio  esset, 
quibus  generis  humani  laudem  omnem  Varro  conclusisset: 
contra  demonstrationis  probabilitas  in  promptu  est,  ubi  id 
agitur  ut  non  plures  quam  septeni  classes  principales  inda- 
gentur  totius  humanae  excellentiae  capaces.  Neque  enim, 
quamdiu  una  eademque  est  natura  hominum,  rerum  huma- 
narum  vel  per  decursum  saeculorum  tauta  mutatio  fit,  ut 
non  sumraa  capita  raaneant  eadem.  Quae  autem  vel  muta- 
bilia  sunt  vel  dissensionem  iudicandi  admittunt,  si,  qualia  e 


Digitized  by  Google 


550  UEBER  VAKRO*S  IMAGIXVM 

Roinanoruni  potissimum  ipsiusque  Varronis  mente  fuerint, 
vii  quaesierimus,  vix  est  verendum  ne  a  veritate  longius  aber- 
remus.    Itaque  his  ut  utamur  in  disputatione  nostra,  nec 
Varro    potuit   nec   Romanorum    quisquam    non  discernere 
publicam  a  privata  virtute,   publicam  autem  eis  partibus 
duabus  censere,  quarum  altera  ad  bellicam  laudeni  spectat, 
ad  sapientiam  civilem  altera.   Non  magis  difhteri  quisquam 
potuit  duo  esse  spatia  principalia,  in  quibus  praeter  rem 
publicam  vel  gerendam  vel  defendendam  enitescere  ingenia 
humana  possent,  quorum  alterum  litteris,  artibus  alterum 
continetur.   Rursus  autem  in  litterarum  genere  satis  constat 
longe  etiam  certiore  quam  nobis  discrimine  veteribus  poetas 
distarc  a  scriptoribus.   Vnde  quintuplex  ordo  prodit  quinque 
libris  Varronianis  (vel  potius  librorum  paribus)  explendis 
aptus:  quando  copulatorum  cum  poetis  scriptorum  societatem 
excedere  unius  libri  ambitum  infra  apparebit.    Haec  autem 
quae  percensuimua  cum  suapte  natura  et  primaria  sint  in 
vita  hominum  et  certis  inter  se  finibus  discreta,  superest 
sane  'inlustrium  aliquo   modo   hominum'   prope  infinita 
multitudo  et  incredibilis  varietas,  quam  communi  vinculo 
bifariam  conexam  duobus  capitibus  vix  ullo  artifieio  coerceas. 
Et  ut  unum  in  fine  caput  miscellum  dedita  opera  subiecisse 
Varronem  satis  per  se  credibile  sit,  at  djas  profecto  miscel- 
lomm  capitum  ab  artis  notione  mirum  quantum  abhorruerit. 
Ttaque  nos  quemadmodum  ratio  ipsa  impellit,  ut  in  ista 
rerum  copia  ac  varietate  locum  aliquem  communem  circura- 
spiciamus,  quo  illarum  partem  aliquam  complectamur,  ita 
idem  studuisse  Varronem  consentaneum  est.   Nec  sane  erat 
cur,  quo  opus  habebat,  vel  diu  quaereret  vel  longius  arces- 
seret:  quippe  cui  tam  id  in  promptu  esset,  ut  ne  posset 
quidem  praeterire.  Quod  ut  quale  sit  distinctius  percipiatur, 
recordandum  est  o.t  flitteras'  et  fartes'  et  ^scriptores'  cum 
veteres  dixerint,  ea  vocabula  omnia  vel  latius  patentem  vim 
habere    vel    angustioribus    finibus    circumscriptam.  Velut 
scriptores  etsi  sunt  sane   quicumque    aliquid  scripserunt, 
tamen  poetis  ubi  clari  litteris  scriptores  opponuntur,  praeter 
ceteros  constat  de  oratoribus,  historicis,  philosophis  cogitari 
solitum  esse.    Item  de  statuariis,   sculptoribus,  pictoribus 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOHADVU  LIBRI. 


551 


potissimum,  ubi  latissime  patens  artis  notio  in  pressiorem 
significatum  coartaretur.    Itaque  cum  nos  hodie  consueveri- 
mus  bipertitam  divisionem  talem  probare,  ut  altera  in  parte 
litteris  consignata  ingenii  humani  monumenta  omnia  pona- 
mus,  arti6  nomine  non  consignata  litteris  complectamur  ex 
parte  altera,  haud  paullo  diversa  via  veteres  ingressi  ex 
utroque  genere  quibusdam  elementis  ascitis  ad  vitam  inpri- 
mis  utilibus  tertium  genus  mixtum  eonstituerunt,  medium 
inter  illa  duo,  cui  fecerunt  f  disciplinarum'  nomen.  Idque 
genus  omne  cum  dedita  opera  rnovem  disciplinarum  libris' 
ipse  Varro  persecutus  sit,   huncine  nullam  eius  rationem 
habuisse  in  eis  libris  condendis  putabimus,  quos  ipsi  ingenio 
humano   per   eapita  celebrando   destinasset?   praes*  rtim  si 
brevissimo  temporis  spatio  interiecto  utrosque  libros  com- 
poneret?   Nam  Imagines  quidem  quando  eomposuerit,  ipsum 
testem  habemus  locupletissimum  apud  Gellium  capite  decimo 
extremo  Varronis  haec  afferentem:  etum  ibi  addit  se  quoque 
iam  duodecimam  annorum  hebdomadam  ingressum  esse':  hoc  vm 
est  ultra  annum  aetatis  septimum  et  septuagesimum  progres- 
sum,  qui  fuit  urbis  conditae  715.    De  disciplinaruni  autem 
libris  coniecturam  in  ea  coramentatione  fecimus  quam  abhinc 
annos  tredecim  de  illis  foras  dedimus:  ubi  p.  53  fsupra  p.400] 
ex  eo  argumentabamur  quod  Varronem  Pliuius  N.  II.  XXIX, 
4,  65   prodidisset    de   aspidum    ictu   sanando  praecepisse 
foctavo  et  octogesimo  vitae  anno':  nisi  quod  pro  eo  numero 
nuuc  'LXXXIir  receptum  est  ex  optimis  libris.  Quodsi  tale 
praeceptum  vix  alibi  nisi  in  libro  qui  fde  medicina'  fuit 
tradidisse  creditur:  nam  et  satiras  et  logistoricos,  de  quibus 
facile  quispiam  cogitet,  non  a  sene  sed  ab  iuvene  editos 
novimus:  consequens  est  ut  de  disciplinis  coiumentarios  anno 
fere  721  u.  c.  pertexuerit,  hoc  est  quinquennio  post  Imagines. 
Nisi  quis  forte  intra  hoc  ipsum  quinquennium  demum  sub- 
natam  esse  Varroni  notionem  rationemque  omnem  discipli- 
narum  sibi  persuadebit. 

Nec  vero  ratio  latet  qua  ad  septemplicem  partitionem 
novenarium  disciplinarum  numerum  \farro  sat  commode  re- 
vocare  potuerit.  Quid  enim  impediebat  quominus  prorsus 
exemptam  e  disciplinis  vel  dialecticam  cum  philosophia  vel 


Digitized  by  Google 


552 


l*KBKR  VARROS  1MAGIXVM 


rhetoricaru  cum  eloquentia  sociaret  multo  adeo  nisi  fallimur 
convenientius?  vel  unius  mathematicae  notione  geonietriaiu 
et  arithmeticara  comprehenderet?  vel  ad  geometriam  etiarn 
astrologiam  referret:  quod  quo  iure  dieamus,  in  commentatione 
s.  s.  satis  declaratum  est  p.  3  [354 sq.]  et  p.  39  [387]  sq.: 
vel  81  quae  cogitari  similia  possunt.  E  quibus  nunc  unum  hoc 
addimus,  rhetoricam  fortasse  nec  cum  disciplinis  ncc  cum 
eloquentia  coaluisse  apud  Varronem,  scd  cum  ipsa  philo- 
sophia:  quando  in  hebdomade  philosophorum  Symmacho 
teste  epist.  I,  4  cum  Pythagora  cqui  auimas  in  aeterni- 
tatem  primus  asseruit',  et  Platone  rqui  deos  esse  persua- 
sit';  Aristoteles  componebatur  ut  '  qui  naturam  beue 
loquendi  in  artem  redegisset':  modo  Varronis  haec  sint?  non 
ipsius  Symmachi  elogia.  Tautum  autem .  dubitationem  vix 
liabet,  quin  eorum  quattuor  generum,  quae  continentur 
grammaticis,  musicis,  medicis,  architectis;  insignis  ubertas 
iutegras  sibi  hebdomadas  poposcerit:  id  quod  certo  testi- 
monio  de  architectis  constat;  sat  evidenti  coniectura  creditur 
de  medicis. 

Haec  igitur  si  non  sumus  praeter  probabilitatem  ratio-  . 
cinati,  consequens  primum  hoc  est  ut  proprio  artis  uomine 
insignita  facultas  humana  ab  architectura,  quam  nos  fere 
sociare  cum  illa  consuevimus,  prorsus  separata  fuerit:  nec 
sociavit  Plinius.  Alterum  est ,  ut  una  cum  architectura 
ceteras  disciplinas  quintam  librorum  dyadem  Varronis  occu- 
passe  intellegatur.  Quod  si  ita  est,  tamquam  quadam  ne- 
cessitate  ad  naturalem  onhnera  singulorum  capitum  taiem 
ducimur  qualcm  iufra  posuimus.  Etenira  dyas  prima,  nisi 
mirifice  fallit  opinio,  ipsis  rerum  humanarum  culmimbus 
dicata  erat7  regibus  et  imperatoribus:  secunda  sapientiae 
civilis  luminibus:  tertia  poetis:  scriptoribus  quarta:  quinta 
inlustribus  in  disciplinaruni  genere  exeiuplis:  sexta  arte 
claris:  septima  promiscuae  varietati  aliquo  modo  mernora- 
ix  bilium  liominum  relicta.  Quam  ipsam  varietatem  facile 
apparet  tantam  superesse,  ut  non  in  conquirenda  potius 
quam  in  contrahenda  materia  Varroni  elaborandum  esset. 
Nequc  enim  alius,  si  niodo  aliquis  erat,  locus  concessus  esse 
velut  magis  et  sacerdotibus  potuit  vatibusque  et  chresmo- 


Digitized  by  Google 


SIVK  HEBDOMADVM  LIBRI. 


553 


logis,  item  athlctis  ludorumque  publicorum  victoribus,  arti- 
ficibus  BCaenicis  et  saltatoribus,  inventoribus  opificibusve  de 
humano  genere  bene  meritis,  magnanimitatis  honestatis 
sanctimoniae  in  vita  privata  comprobatae  exeiuplis,  insolitis 
vel  in  fingendo  corpore  vel  in  fortunanda  aetate  naturae 
miraculis  atque  beneficiis,  eminentiae  muliebris  documentis. 
Qualem  argumentorum  multitudinem  si  exhaurire  cum  pul- 
visculo  Varro  voluisset  nec  in  hac  potissimum  parte  cum 
deleetu  agere,  non  septenas  illc,  sed  facile  septiens  septenas 
hebdomadas  replesset.  Verum  inter  hanc  tamen  quamvis 
suapte  natura  largam  ubertatem  et  sex  classium  illarum 
principalium  nobilitatem  gravissimtnn  intercedebat  hoc  dis- 
crimen  quod,  qui  ipsum  florem  generis  humani  et  tamquam 
medullam  delibare  vellet  et  ad  confessani  Ctraecorum  laudem 
Komanam  virtutem  aequiperare?  harum  quidem  classium,  ut 
quibus  vis  et  praestantia  ingenii  liumani  praecipue  aestima- 
retur  communi  consensu  omnium,  nihil  quod  alicuius  momenti 
esset  praetermittere  debuit,  contra  minime  excidebat  con- 
Bilio,  si  in  generum  secuudariorum  summis  tantum  capitibus 
quibusdaiu  decerpendis  acquiesceret. 

Quam  autem  apto  ordine  in  proposita  a  nobis  Imagi- 
num  tabula  singulae  se  classes  excipiant,  maxime  omnium 
hinc  manifestum  est,  quod  illa  ratione  sola  similia  conti- 
nuantur  similibus.  Nam  cum  in  inlustribus  sapientia  civili 
hominibus  non  pauci  fuerint  qui  etiam  ad  scribendum  ani- 
mum  adplicarent,  id  quod  cnm  in  Solonem  tum  in  legum 
latores  omnes  cadit,  bene  factum  quod  eos  ipsos  nullo  inter- 
vallo,  qui  in  litteris  ornandis  operam  omnem  consumpserunt, 
insecuntur.  Rursus  altera  ex  parte  ad  scriptores  proxime 
accedunt,  qui  cum  in  certis  disciplinis  excolendis  versarentur, 
item  litteris  consignata  sui  monumenta  reliquerunt.  Praeterea 
quoniam,  quos  ab  farte'  Varro  seiunxit,  et  musici  et  archi- 
tecti  propiore  tamen  cum  illa  quam  cum  ullo  alio  genere 
vinculo  continentur,  commode  institutum  est  ut  disciplinas 
ipsae  artes  excipiant.  Quae  comraoda  vide  num  qua  alia 
disponendi  via  consequi  posse  videare.  Atque  subtilioris  adeo 
concinnitatis  artificium  in  eo  facile  conspicias,  quod  tria  paria 
sunt  probatarum  a  nobis  classiuin:  ad  civitatem  spectans 


Digitized  by  Google 


554 


UKHKK  VARRO.S  IMAOINVM 


primum,  alterum  ad  litteras,  ad  artes  disciplinasque  tertium. 
Cuius  rei  hanc  esse  vim  volumus  ut,  si  quarto  in  loco  classis 
miscella  habeatur,  bis  quattuor  partibus  simul  intellegatur 
quomodo  ?6TriTOun,c  ex  imaginum  libris  XV  libri  IIIP 
rcsponderint,  quorum  memoriam  codices  duo  Parisini  ser- 
varunt  a  Chappuisio  nuper  excerpti:  ut  de  hoc  nuniero 
evanescant  quas  Musei  philol.  XII  p.  153  et  100  [supra 
}>.  520]  dubitationcs  significavimus. 

Et  haec  quidem  generatim  disputata  sunto.  Quodsi  his 
x  quaedam  subicimus  ad  classes  singulas  spectantia,  non  hoc 
eo  faciraus  quasi  qui  ad  harum  rationes  finitius  deseribendas 
multum  profici  posse  in  tanta  testimoniorum  penuria  opine- 
raur,  sed  ut  a  dubitationibus  potius  quibusdam,  quas  facile 
quispiam  illinc  orituras  putet,  propositam  disponendi  speciem 
defendamus.  Itaque  regiae  atque  bellicae  virtuti  destinata 
prima  classis  quam  habuerit  in  isagogico  libro  praefixam 
Graecam  imaginem,  nescitur:  Romanam  habuit  haud  dubie 
Aeneae  personam  ab  Ioanne  Lydo  de  mag.  I,  30  e  Var- 
ronis  Gikociv  commemoratam,  quam  a  (iraecorum  heroum 
soeietate  segregatam  fuissc  Mercklino  quoque  p.7  [535]  persua- 
simus.  Cui  in  Graeca  hebdomade  isagogica  potuit,  tantum 
ut  exemplo  utamur,  vel  Phoroneus  vel  Deucalio  respondere 
ut  TrpOTTdiTUjp  gentis  et  dpxnjeTnc,  vel  fortasse  Cecrops. 
Reliquas  autem  classes  omnes  cum  Varro  posset  per  capita 
persequi  ex  ipsa  generum  diversitate  apta,  primae  tanieu  et 
secundae  classis  materia  vix  erat  simili  distributioni  idonea. 
hic  ut  videatur  e  temporum  potissimum  ordine  pependisse, 
simul  autem,  ut  est  consentaneum,  eas  certorum  hominum 
hebdomadas  servasse  quas  vel  fides  memoriae  vel  coinniu- 
nis  opinio  et  tralaticia  consuetudo  pridem  sanxisset:  velut 
in  tertio  libro  septem  regum  Romanorum,  in  quarto  septem 
sapientum  (Jraecorum.  Quodsi  qui  in  duplici  genere  exeel- 
lerent,  ut  Numa  Pompilius  vel  Pittacus  cum  suis  socik 
liberum  profecto  crat  Varroni,  utri  classi  tribuere  mallet. 
Id  autem  ubi  ad  Romanorum  potissimura  hominura  rationes 
transtuleris,  commode  perspexeris  qui  tautiie  fortium  virorum 
multitudini  capiendae,  quanta  per  septem  saeculorum*)  con- 

*)  Hiuc  non  inepte  quiHpiam  proficiBcatur,  ut  e  singulis  fcriuv 


Digitized  by  Google 


SIVE  HERDOMADVM  LIRRI 


555 


tinuitatem  Vrbis  gloriam  inlustraverat,  satis  tanien  pares 
Imagmum  angustiae  fuerint.  Nam  cum  illorum  plurirai  non 
minus  consilio  quam  facinore  rem  publicam  adiuvissent,  ali- 
quammultos  Varro  potuit  arbitratu  suo  de  tertii  libri  copiis 
demptos  in  quintum  transferre,  ubi  non  minus  commoda  eis 
sedes  esset.  Eoque  pertinent  fortasse  aut  saltem  accommo- 
dari  possunt  Symmaehi  1.  s.  s.  verba:  fille  pauperem  Curium 
sed  divitibus  imperantem,  ille  severos  Catones,  gentem 
Fabiam,  decora  Scipionum  totumque  illum  triumpbalem 
senatum  parca  laude  perstrinxit':  ubi  una  triumphalis 
senatus  notione  et  belli  et  pacis  artes  comprehenduntur. 
Ceterum  secundae  classis  quas  Varro  voluerit  paradigma- 
ticas  imagines  esse  in  isagogico  libro  praemissas,  nec  indicio 
ullo  nec  ratiocinatione  docemur.  Quaniquam  si  singulari 
fortunae  beneficio  ex  aliquo  volumine  Herculanensi  IVriclis 
et  C.  Caesaris  splendidissima  nomina  prodeant,  non  simus 
mehercule  Varronem  culpaturi,  nec  id  valde  miraturi  in  eo 
qui  oppressis  partibus  Pompeianis  ad  C.  Caesarem  ponti- 
ficem  maximum  iam  rerum  divinarum  libros  perseripserat. 
Nisi  quod  minime  intercedimus,  si  quis  tamen  ex  antiqui- 
oribus  potius  luculentum  praeter  cetera  sapientiae  exemplum 
repetiisse  studiosissimum  antiquitatis  hominem  sibi  per- 
suadeat. 

Contra  tertiae  classi  poesim  complexae  nec  potuit  pro-  xi 
fecto  alia  nisi  Homeri  imago  ut  paradigiuatica  praeligi  Jiec 
praefixa  est.  Cui  in  septimo  libro,  Varronem  si  bene  novi- 
mus,  nullum  alium  nisi  Ennium  opposuit,  quantumvis  usi- 
tata  posterioribus  hominibus  Vergilii  potissimum  cum  Homero 
conlatio  fuerii  Quoniam  autem,  ut  poetarum  et  nobilissimus 
et  antiquissimus  Homerus,  ita  nobilissimum  idemque  auti- 
quissimum  genus  versuum  hexametrus  fuit,  rectissime  sta- 
tuitur  et  epicorum  primam  fuisse  in  hac  classe  hebdomadam, 
et  e  primo  classis  cuiusque  capite  desumi  coryphaeum  soli- 
tum,  id  quod  res  ipsa  suadebat.  Nec  quibus  potissimum  e 
•  poetis  illam  hebdomadam  Varro  coraposuerit,  latet,  si  modo 

Kttt'euli«  «ingulat*  fortissimorum  ttapientisftiuioruuiquc  hebdonmdaH 
lectas  esse  coniciat,   artificio  haud  Bane  indigno  arguta  subtilitate 
Varronis. 


Digitized  by  Google 


556 


UKBER  VARRO'8  IMAOINVM 


Varroniani  in  vario  litterarum  genere  delectus  vestigia  in 
reeensu  illo  florentissimorum  ingeniorum,  fjuem  libro  X 
Quinctilianus  instituit,  probabiliter  Mercklinus  p.  12  [539]  inda- 
gavit.  Quamquam,  quania  in  hac  caussa  cautione  opus  sit, 
cnm  per  se  intellegitur  tum  ipsius  Mercklini  exeniplo  com- 
probatur.  Qui  si  e  Quinctiliani  §  52 —  5G  verbis  septera 
praeter  Homerum  poetas  Graecos  epicos  eruebat  Hesiodum. 
Panyasin,  Apollonium  ,  Aratum ,  Theocritum  ,  Pisandrum, 
Nicandrum,  quibus  ab  ipso  Quinctiliano  adiectum  propter 
imitationem  Vergilii  Euphorionem  coniciebat,  iinprudenter 
Antimachum  neglexit  inter  Hesiodum  et  Pauyasin  inter- 
iectum.  Item  cum  Latinorura  hebdomadem  epicoruui  inde 
a  §  85  enumeratam  putat,  quae  complecteretur  Vergilium, 
Macrum,  Lucretium,  Varronem  Atacinum,  Ennium,  Ovidium. 
Cornelium  Severum,  oblitus  est  unum  libro  isagogico  reser- 
vandum  fuisse.  Sed  vel  sic  concedendum  est  tamen  sat  prope 
ad  numerum  septenarium  aliquot  pinacas  Quinctiliani  ac- 
cedere,  ut  qui  profecto  vel  addere  vel  omittere  unum  et  item 
alterum  nomen  potuerit  vel  etiam  aliud  in  Varrouiani  loeum 
ut  obscurioris  substituere.  Nec  enim  obscuriores  quosdam  a 
Varrone  exclusos  esse  vel  Menecratis  exemplo  architecti  satis ' 
constat,  —  Verura  quod  haud  paullo  gravius  esse  sentimus, 
hoc  est,  ut  non  posse  non  unum  librum  integrum  ctim 
Graecae  tum  Latinae  poesi  destinatum  esse  arguamus.  Quod 
ut  ita  esse  perspicias,  perlustra  quaeso  Graecorum  iu  hoc 
genere  fertilitatem.  Fac  unam  tantum  hebdomadam  epicis 
concessam  fuisse:  at  multum  sane  uuius  angustias  lyricorura 
atque  elegiacorum  et  frequentia  superabat  et  certissimis  tini- 
bus  discreta  notio.  Vt  vix  immerito  unius  hebdomadis  argu- 
nientum  credantur  Callini,  Archilochi,  Tyrtaei,  Mimnermi, 
Philetae,  Hermesianactis,  Callimachi  laudes  praebuisse,  item- 
que  unius  materia  e  novem  qui  ferebantur  lyricis  Pindari 
sociis  petita  esse.  Non  magis  fieri  potuisse  videtur,  quin  ex 
Epicharmi,  Cratini,  Eupolidis,  Aristophanis,  Menandri,  Phile- 
monis  longe  celeberrimis  nominibus  nullum  omitteretur: 
quibus  quod  sociatum  esse  septimura  dicamus,  in  tanta  inulti- 
tudine  iucertum.  Quodsi  coinici  integram  hebdomadem  occu- 
pabant,  non  minus  spatii  sibi  poscebant  tragici,  tametsi  ab 


Digitized  by  Google 


SIVK  HKBDOMAOVM  LIBRI. 


557 


Aesehyli,  Sophoclis,  Euripidis  splendore  maiore  sane  inter- 
vallo  ceteri  tragici  relinquebantur  quam  ab  Aristophanis 
Menandrique  fama  comici  ceteri.  Ergo  si  nou  pauciores 
(juam  quinque  fuerunt  solorum  pcetarum  hebdomades,  non 
potuerunt  cum  poetis  etiam  scriptcres,  quibus  profecto  uonxn 
satis  spatii  erat  iu  hebdomadis  duabus,  unius  libri  ambitu 
eopulari:  id  quod  supra  anticipabamus  tantum.  Quodsi  de 
sexta  septimaque  hebdomade  libri  sexti  quaeris,  in  promptu 
est  vel  de  tragicorum  pleiade  Alexandriuorum  cogitare  (quando 
etiain  in  aliis  classibus  binas  fuisse  unius  capitis  hebdomadas 
infra  eognoseetur),  vel  de  poetriarum  Graecarum  hebdomade, 
vel  fortasse  de  capite  miscello  quo  velut  iambographi,  sillo- 
graphi,  epigrammatici  subicereutur  cum  similibus.  Percom- 
mode  enim,  ut  ipsas  classes  principales  septima  classis 
uriscella,  ita  eiusdem  vel  classis  vel  libri  sex  principalia 
eapita  item  miscellum  septimum  excipiebat.  Quod  si  pariter 
iustituebatur  in  Latinis,  ad  tale  caput  referri  in  libro  septimo 
cuiu  aliis  Lucilius  potuit,  cui  certa  in  certo  gencre  nullo 
sedes  esset.  De  reliquis  autem  capitibus  libri  septimi  noli 
ullo  modo  dubitare  quin  satis  matcriae  Varroni  litterarum 
Latinarum  copiae  suppeditarint,  unde  quinque  hebdoiuadas 
efficeret  praeter  epicos  poetas  Quiuctiliano  duce  supra  nomi- 
natos:  modo  duo  ne  obliviscare  quae  huc  faciunt  inprimis. 
Nara  primum  consentaneum  est  multo  illum  faciliorem  iu 
his  se  poetis  aestiraandis  iudicera  gessisse  quam  in  Graecis, 
quoruin  honorem  dedita  opera  exaequare  Romanorura  virtute 
vellet.  Deinde  autera  prorsus  est  credibile  ne  obscuriorura 
•{uideni,  ut  nobis  nunc  videntur,  hominum  Latinorum  ima- 
gines  ad  vivum  factas  umquara  defecisse  Varronera  in  tanta  . 
huius  generis  apud  Roraanos  et  gratia  et  frequentia.  Atque 
adeo  nobis  hodie  perfacile  est  (experti  aflirmamus)  ex  eorum 
poetarum  Latinorum  nommibus,  quorum  quamvis  tenuem 
memoriam  non  invidit  nobis  temporum  iniquitas,  tot  quot 
opus  sunt  hebdomadas  componere:  unam  quae  altera  fuerit 
epicorum:  unam  elegiacorum  lyricorunique:  tragicorum  unam: 
fabulae  palliatae  poetis  dicatam  unam:  unam  e  fabulae  toga- 
tae,  Atellanae,  mimorura  poetis  constructam,  nisi  forte  horum 
quidam  ad  caput  miscellum  reiecti   sunt    Nam  aequalem 


Digitized  by  Google 


558 


UEBER  VARROS  IMAGINVM 


prorsus  in  Graecorum  Romanorumque  libris  singulorum  ca- 
pituui  distributionem  netnineui  tam  fore  ineptum  putamus 
qui  vel  requirat  vel  exspectet. 

Quartae  autem  classis  etsi  nec  coryphaeos  nec  caput 
praerogativum  novimus,  tamen  vel  bic  licebit  ex  eis.  quae 
commode  fieri  non  potuerint,  coniecturam  de  eo  capere  quod 
esse  factum  veri  simile  sit.  Velut  fac  a  philosopbis  exorsuiu 
esse  Varronem  in  eoque  genere  primas  satis  per  se  recte 
Platoni  dedisse.    At  hunc  unius  potius  hebdomadis  societate 
cum  Pytbagora  et  Aristotele  coinprehensum  fuisse  Symmachi 
quae  s.  s.  s.  verba  haud  profecto  levi  indicio  sunt.   Vel  in 
Platonis  locuin  Socratem  substitue,  qui  etsi  scriptor  uon 
fuit,  tamen  ut  gravissimus  auctor  philosophiae  praeter  soli- 
tum  priuceps  praepoui  potuit.   At  ita  quem  tandem  illi  eon- 
ferri  e  Romanis   potuisse  putabisV    Nam  ut  paucis  com- 
plectamur,  omniuo  non  est  credibile  in  ulla  classe  a  tali 
capite  initium  factura  esse  a  Varroue,  in  quo  tam  manifesta 
esset,  quam  est  in  philosophicis  litteris,  Graecoruni  prae 
Romanis   dignitas  et   praestantia.    Ergo   ne   ab  historicis 
xui  quidem   exorsus   esse   videtur.    Quorum   etsi  hebdomadeni 
Graecam  in  Quinctiliani  §  73  —  75  Mercklinus  investigayit, 
compositam  illain  e  Thucydidis,  Herodoti,  Theopompi,  Pbi- 
listi,   Ephori,   Clitarchi,   Timagenis  nomiuibus,   quoruin  e 
societate  Xenophontem  ipse  Quinctilianus  se  dicit  eximere 
ut  inter  philosophos  reddendum  potius:  at  sive  ad  Hero- 
dotum  sive  ad  Thucydidem  palmam  detuleris  e  mente  Yar- 
ronis,  hicine  ut  cum  illo  ausus  sit  vel  Fabium  Pictorem  vel 
Sisennam  vel  «etiani  Sallustium  committere?  Immo  aut  omnia 
.  fallunt  aut  principium  a  nullis  aliis  nisi  ab  oratoribus  fiebat. 
in  quo  genere  solo  potuisse  Romanos  non  sine  aliqua  con- 
fidentia  cum  Graecis  contendere  ut  nos   intellegimus,  ita 
identidem  ipsi  professi  suut    Nec  magis,  qui  in  eloquentia 
principatum  inter  Graecos  teneret,  dubitare  e  veteribus  quis- 
quam,  quam  qui  inter  Romanos  sibi  vindicaret,  vel  deditis- 
simus  antiquitati  animus  Varronis  haesitare  potuit:  quem 
consentaneum  est  de  summo  oratore  haud  paullo  houori- 
ficentius  sensisse  quam  nuper  sentiri  inter  nos  coeptuui  est. 
Primae  igitur  et  secundae  hebdomadi  libri  primi  Demosthenis 


Digitized  by  Google 


SIVE  IIEBDOMADVM  LIBKI. 


550 


et  Ciceronis  imaginibus  servatis  tanta  praeterea  Ronianorum 
copia  oratorum  et  tamquam  affluentia  suppetebat,  ut,  quain 
difficile  esset  philosopbis  Romanis  vel  unam  hebdoinadaiu 
refercire  (nisi  forte  huc  asciti  rhetores  erant),  tam  facile 
non  duae,  sed  tres  iu  eloquentia  hebdomades  Romanarum 
imagiuum  prodirent.  E  quibus  unam  servavit  fortasse 
Quinctilianus,  apud  quein  excipiuut  Cicerouem  inde  a  §  113 
Asinius  Pollio,  Messalla,  C.  Caesar,  Caelius,  Calvus,  Servius 
Sulpicius,  Cassius  Sevems:  nisi  quod  pro  C.  Caesare,  huic 
si  forte  suus  alibi  locus*  concessus  fuit,  nullo  negotio  alium 
quemlibet  e  Tulliauis  iu  Bruto  copiis  arcesses.  Quanta 
auteni  in  Latinis  litteris  oratorum,  tanta  philosophoruin 
potissinium  in  Graecis  abundantia  fuit:  ex  his  ut  itein  per- 
commode  non  duae  tantum,  sed  tres  hebdomades  tiereut,  sive 
tres  Varro  aetates  distinguebat,  sive  sectarum  discrimina 
sequebatur,  sive  e  dignitatis  aestiinatione  (nam  haec  quoque 
ei  ratio  aliquando  placere  potuit)  triplicem  ordinem  consti- 
tuebat  Ac  de  Graecis  quidem  cum  omuino  non  laboremus, 
quibus  fere  modis  (quando  non  unus  suppetit)  pcr  septem 
hebdomadas  distributos  scriptores  nienti  nostrae  informemus, 
de  Romanis  ne  quid  hariolari  videamur  praeter  id  quod  res 
flagitat,  satis  dictura  hoc  esto,  tres  liebdomadas  oratorum 
excipi  ab  historicorum  duabus  potuisse,  his  philosophorum 
unam  subiungi,  desini  in  una  hebdomade  miscella.  —  Pos- 
tremo  in  hac  parte  non  est  praetermittendum  Nonii  p.  528 
testinionium  quod  est  tale:  flucis  numero  plurali,  quod  sunt 
dies.  Varro  ebdodiaduiu  sub  imagine  Demetri'  e.  q.  s.  Vbi 
etsi  multi  cogitari  possunt  qui  interciderint  numeri,  tamen 
nullum  tam  in  propinquo  esse  apparet  quam  qui  iteratis 
litteris  extremis  prodit:  EBDOuiADUm  um  h.  e.  hebdomadum 
octavo.  Quodsi  eo  in  libro  Demetrii  Phalerei  imago 
conlocata  erat,  vides  quam  id  apte  in  propositam  a  nobis 
et  pro  virili  parte  commendatam  partitionem  quadret,  e  qua 
illum  ipsum  librum  cum  ceteris  scriptoribus  oratores  Graeci 
occupabant. 

In  quinta  classe  facile  intellectu  est  primum  locum  xiv 
nec  architectis  nec  medicis  datum  esse.   Quem  enim  praeponi 
potuisse  Ausonianae  architectorum  hebdomadi  existimabimus 


Digitized  by  Google 


5G0 


UBBBB  VARRO'8  IMAUINVM 


ut  vel  antiquioreui  vel  praestabiliorein  Daedalo,  Chersi- 
phrone,  Ictino,  Philone,  Dinochare,  Archimede  septi- 
iuoque  Menecrate?  Vel  quera  Hippocrati  anteferri,  cui 
sex  in  raedico  genere  socios  Diocleni,  Praxagoram, 
Chry8ippura,  Erasistratu ra,  Herojjhilura,  Asclepia- 
dem  Plinius  iunxit  lib.  XXVI  a  §  10  ad  12?  Quodsi  est 
qui  huc  advocare  musicos  auimura  inducat,  habebit  is  quidein 
quera  in  fronte  ponat  Graecae  hebdoraadis  paradigmaticae, 
sive  is  Orpheus  est  sive  Olympus  sive  horura  similis,  non 
habebit  quein  huic  parera  faciat  Roinanum.  Nec  praeter 
principem  omnium  Aeneam  eiusque  socium  Graecum  videutur 
e  mythico  genere  proceres  petiti  esse.  Ergo  vix  aliud  eaput, 
unde  principium  esse  factum  credatur,  nisi  aut  mathemati- 
cum  aut  graramaticura  superest.  Graeci  autem  vel  geouie- 
trae  vel  astronorai  cura  praeter  Archimedem,  qui  suaiu  in 
architectis  sedem  invenerat,  non  adeo  pauci  in  promptu 
essent  e  quibus  princeps  disciplinarum  conditoribus  omnibus 
praeficeretur:  velut  si  Eratostheni  Nigidius  aequiperaretur: 
tamen  haud  scio  an  ab  eo  genere  Varro  exorsus  sit,  a  quo, 
quutquot  fuerunt  qui  in  enumerandis  enarrandisque  discipli- 
nis  versarentur,  iuitiura  ceperunt  omnes:  quod  quidem  con- 
tinetur  granimatica.  Vt,  nisi  fallit  aniraus,  decirai  libri 
iinagines  praecedere  iu  prirao  Aristarchus  potuerit,  undecimi 
autera,  quoniam  non  profecto  Varro  ipse  potuit,  ut  exemplo 
utamur  iu  re  suapte  natura  prorsus  ancipiti,  praeceptor 
Varronis  Aelius  Stilo  Praeconinus.  Praeterea  quid  cousilii 
quemve  delectuiu  in  his  potissimura  libris  Varro  secutus  sit, 
obscurum  est  iuxta  cum  obscurissumis. 

Restat  sexta  classis  artibus  dcstinata.  E  qua  primum 
novimus  statuariorum  uon  unam,  sed  duas  hebdomadas  ab 
Henrico  Brvnnio  nostro  probabiliter  investigatas  in  Pli- 
nianis  coiumentariis:  vetustiorum  alteram,  de  qua  paullo  post 
dicctur,  alteram  circa  teinpora  expugnatae  Corinthi  clarorum: 
Antaei,  Callistrati,  Polyclis,  Callixeni,  Pythoclis, 
Pythiae,  Timoclis.  Quibus  item  duas  hebdomadas  picto- 
rum  Mercklinus  p.  10  [538]  addidit,  alteram  Alexandri  Magni 
aetati  supparura  quos  comrauni  memoria  Quinctilianus  XII, 
10,  (>  comprehendit:  Protogenis,  Pamphili,  Melanthii, 


Digitized  by  Googl 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBRI.  561 

Antiphili,  Theonis,  Apellis,  Euphranoris:  alteram 
antiquiorum  in  quibus  Zeuxis  et  Parrhasius  essent  et  in- 
consulto  ut  putanius  praetermissus  a  Mercklino  Polygnotus. 
Quodsi  binae  fnerunt  et  statuariorum  et  pictorum  hebdo- 
mades,  non  potest  quicquam  ab  ipsa  eoncinnitatc  plus  coin- 
meudationis  habere  quam  etiam  sculptoribus  binas  tributas 
esie:  quorum  multitudo  per  Plinii  librum  XXXVI  diffusa 
vel  tribns  quattuorve  aequandis  facile  sufticiat.  His  igitur 
sex  hebdomadis  ubi  septimam  misccllam  subi6ceris  e  scalpto- 
ribus,  caelatoribus,  fictoribus  compositam,  tam  commode 
libri  duodecimi  spatia  expleveris,  nihil  ut  ad  perfectae  aequa- 
bilitatis  notionem  desideretur.  Nec  e  quo  potissimum  genere 
principem  Varro  delegerit  in  libro  primo  praemissum,  valdexv 
posse  dubitari  videtur.  Nam  et  cum  e  dignitate  tria  artis 
genera  principalia  spectantur,  in  maiore  etiam  quam  sculp- 
tores  et  pictores  honore  fuisse  statuarios  constat,  et  eodem 
certae  argumentationis  via  ducimur.  Statuariorura  enim  aetate 
maiorum  cum  hanc  hebdomadam  e  Plinii  lib.  XXXIV  §54sqq. 
Bnuraio  auctore  eruissemus:  Phidiae,  Polycliti,  Myronis, 
Pythagorae  Rhegini,  Telephanis,  Praxitelis,  Lysippi: 
etsi  rei  summam  Mercklino  probavimus,  tamen  ille  p.  10  [537 1 
aegre  tulit  Pythagoram  Samium  neglpctum,  quem  post 
ipsum  Rheginum  his  verbis  Plinius  §  60  commemoravit: 
ffuit  et  alius  Pythagoras  Samius,  initio  pictor,   cuius  ad 

aedem  Fortunae  laudata  sunt.  liic  supra  dicto  facie 

quoque  indiscreta  similis  fuisse  traditur'.  Haec  enira,  quae 
extrema  posuimus,  non  ut  in  transitu  adiecta  esse  ex  eo 
intellegi,  quod  nec  ad  artis  historiam,  in  qua  sola  versaretur 
scriptor,  quicquam  facerent,  et  ad  ipsam  imaginum  notionem 
a  Varrone  explicatarum  spectarent  ut  quod  maxime.  Rectis- 
8iuie  id  quidem  nostro  sensu:  modo  ne  subtilissima  admoni- 
tione  ita  usus  esset  ut  a  reliquorum  societate,  ne  hebdomas 
statuariorum  superaretur,  Praxitelem  segregaret.  Cui  cum 
nos  ultimum  locum  a  Plinio  propterea  esse  tributum  Brunuio 
credidissemus,  quod  eundem  fraarmore  feliciorem,  ideo  et 
clariorem'  ipse  Plinius  dixisset  §  G0:  eam  ipsam  ob  caussani 
non  potuisse  inter  statuarios,  debuisse  inter  sculptores  referri 
a  Varrone  Mercklinus  arguit.   Verum  quid  est  tandem  cur 

»R.  RIT8CUK1.II  OPV8CVLA  III.  86 


Digitized  by  Google 


502 


UEBF.R  VARROS  IMAOINVM 


non  potuisse  Varronem  faeere  credamus,  quod  fecit  tamen 
Plinius?  Nec  enini  alia  defutura  putamus  quae,  si  in  raani- 
bus  Varronis  volumina  essent,  aliquam  ob  caussam  mirare- 
mur.  Velut  quis  in  arcliitectis  potius  quani  geometris  Arehi- 
medem  exspectaverit?  Ergo  servato  Praxitele  eam  potius  in 
partem  octonarium  numerum  Plinianum  interpretabimur,  hic 
ut  ad  ipsain  hebdomadem  Varronianam  libri  duodecimi  ex 
isagogico  libro  asciverit  artis  universae  primarium  viruin, 
qui  de  commnni  nisi  fallimur  antiquitatis  consensu  fuit 
Phidias.  Vt  haud  dubie  a  statuariis  exorsus  per  sculptores 
Varro  transierit  ad  pictores.  Iam  vero  si,  quem  Phidiae 
opposuerit  Romanum  artificeni,  quaesieris,  non  est  miruin 
non  mediocriter  nos  laborare:  sed  tamen  non  laboramus 
magis,  quam  si,  quibus  tandem  copiis  ipsius  tertii  decimi 
libri  loculamenta  referserit,  sciscitere.  Quantillum  est  enim, 
quod  de  artis  studiis*)  veterum  Romanorum  ad  nostram 
memoriam  propagatum  sit?  Quid  prosunt  ad  undequiuqua- 
ginta  imaginum  numerum  consummandum  pingendi  arte 
spectati  Marcus  ille  Plautius  fAsia  lata  oriundus'  apud  Pli- 
nium  XXXV  §  115  (de  quo  non  satis  caute  Brunnius  iudi- 
cavit  Hist.  artif.  II  p.  303  sq.),  Fabiusque  et  Pacuvius,  si 
xvi  modo  hos  e  scriptoribus  et  poetis  exemptos  credideris,  vel 
rRomae  celeber  paullo  ante  divoni  Augustum'  Arellius  Pli- 
nii  §  119?  Quid  duo  fictores  sive  plastae  prosunt,  quoruui 
alteri  olim  Turiano  nomen,  nunc  qufdam  Volcanio  faciunt 
apud  eundem  Plinium  §  157,  alteruiu  Caleuum  Canoleium 
novimus?  Quid  denique  in  aeneo  opere  elaborantes,  quorum 
forte  fortuna  nomina  in  quibusdam  monumentis  inscripta 
ad  nos  pervenerunt,  Novios  ille  Plautios  et  C.  Ovios  Oufen- 
tina  cum  C.  Pomponio  Quiriua?  vel  anciliorum  si  dis  jdacet 


*)  Nam  quod  etiam  arcbitectorum  fama  celebrium  magna  inter 
Romanos  paucitas  fuit,  reputandum  est  cx  illis  unam  efficiendam  faisse, 
non  soptem  hebdomadas.  Vui  autem  vel  ea,  quorum  nobis  notitu 
superat,  noiniua  sufficiuut:  Cossutii,  C.  Mutii,  Stallii  ntrinsque,  V  itra- 
vii,  his  si  JMSCenisM  Fufidium  et  Sept.imium  credideris  ut  non  comraen- 
tariorum  tantum  de  architectura  condit^ires,  sed  uau  quoqne  eaiu  artim 
exercentes.  De  quibus  testimonia  veterum  liabes  apud  Orunuium  HxAo- 
riae  artilicum  II  p.  335  sqq. 


Digitized  by  Google 


SIVE  HKBDOMADVM  LIBRI.  563 

fabricator  Maniurius  Veturius  apudFesti  breviatorem  Paulluni? 
£t  tamen  e  talibus  autiquitatis  Latinae,  Oscae,  Sabinae, 
fortasse  etiam  Etruscae*)  latibulis  atque  recessibus  immen- 
sae  vir  doctrinae  indefessaeque  industriae  putandus  erit  tan- 
tum  quantum  opus  esset  ambitiosius  conrasisse  potius  quam 
severius  delegisse,  necessitati  magis  cuidam  patienter  cedens 
quam  e  rei  veritate  artificum  dignitatem  metiens  debitaque 
verae  virtuti  praemia  dispensans.  Atque  e  Varrone  excerpta 
esse  quae  de  plastices  antiquitatibus  a  §  154  ad  157  Plinius 
perscripsit,  identidem  ipse  testatus  est.  Quae  cum  ita  sint, 
fortasse  praesto  erit  quem  Phidiae  contulisse  Varronem 
conicias,  Decius  ille,  cuius  soli  Plinio  mentio  debetur  lib. 
XXXIV  §  44  haec  prodenti:  'habent  in  eodem  Capitolio 
udmirationem  et  capita  duo,  quae  P.  Lentulus  consul*  (anni 
ut  videtur  697  u.  c.)  'dicavit:  alterum  a  Charete  supra  dicto 
factum:  alterum  fecit  Decius,  comparatione  in  tantum  victus, 
ut  artificum  minume  [iinjprobabilis  videatur'.  Vbi  etsi  in 
Uambergensi  exemplari  fdicus'  scriptum  est  pro  'decius',  in 
quo  mutilum  latere  Graeci  nomen  artificis,  ut  'Prodicus', 
Silligius  suspicatus  est,  tamen  e  sescentis  Graecis  unum  vix 
nobis  persuademus  tanto  cum  pondere  tamque  quaesito 
acumine  item  Graeco  artifici  Chareti  oppositum  esse.  ( 'ontra 
Graecae  laudis  aeinulus  Komanus  homo  commode  perspicitur 
quo  consilio  succubuisse  quidem  dicatur,  sed  honeste  nec 
sine  laude  succubuisse.  Nam  ^improbabilis'  ut  cum  Fride- 
rico  Thierschio  de  epochis  artis  Graecae  p.  297  scribatur 
}>ro  eo  quod  in  libris  proditum  est  'probabilis',  ipsa  vis 
sententiae  et  acumen  oppositionis  exigit:  coutra  at^iue  Brun- 
nius  statuit  in  Historia  artificum  vol.  1  p.  602. 

*)  De  biH  enim  Italiae  gentibus,  non  de  Graecis,  ut  Merckliuo 
riaum  p.  13  [540 j,  cogitaviuiua  cum  Graecos  tliximus  paullo  Hberalius 
interpretantlos  esse  exteros  videri,  Romanorum  in  locum  substituendoa 
Italos  potdus. 


30* 


564 


TEBER  VAHKOS  IMAGINVM 


V.  ZU  VARROS  IMAGINES.*) 

sn  Bei  der  durch  die  Umstande  (ut  fit)  gebotenen  Correctur- 
eile  ist  in  dem  'Epimetrum  disputationis  de  M.  Varroius 
Hebdomadum  sive  Imaginum  libris',  welches  dem  ludex 
scholarum  der  Ronner  Universitiit  fur  das  Soinmerseinester 
1858  vorangescliickt  worden,  der  Ausfall  von  ein  paar  Satzeu 
unbemerkt  geblieben,  die  p.  XVI  Z.  27  [oben  p,  5G3  Z.  20] 
auf  die  Erwiihnung  des  romischen  Erzbildners  Decius  folg- 
ten:  MVaeter  Decium  autem  illum  non  novimus  nisi  utuiih 
solum  quem  libro  tertio  decimo  praemittere  Varro  in  priiuo 
potuerit  ut  £Hapxov  Kai  Trpon.Y€MOva  artis  Romanae:  qui  est 
Coponius  fXlV  nationum  quae  sunt  circa  Pompei  thea- 
truin'  artifex,  ex  ipso  Varrone  commemoratus  a  Plinio  lib. 
XXXVI  §  41.  Nisi  quod  hic  quoquc  Ranibergensis  liber. 
in  quo  ToromV  scriptum  est,  dubitationem  inicit  uum  forte 
Graeci  potius  nomen  artificis  subsit.  Omninoque  cum  paollo 
etiam  maior  in  pictura  quam  in  statuaria  arte  propria  gentis 

3i8  Romanae  laus  fuisse  videatur,  non  nimis  esse  refragandum 
sentimus,  si  quis  in  concinnanda  secunda  hebdomade  non 
alii  nisi  pictori  sextum  esse  locum  a  Varrone  datmn  con- 
iecerit.'  Diess  war  so  gemeint,  dass  es  nicht  als  unmoglich 
zu  donken  sei,  Varro  habe,  wenngleich  als  Reprasentanten 
der  griechischen  Kunst  den  Erzbildner  Phidias  aufstelleud. 
doch  die  romische  durch  den  Meister  eines  andern  Kunst- 
zweiges  vcrtrekm  lassen:  ausnahmsweise  allerdiugs  und  mit 
Aufgebung  der  sonstigen  strengern  Symmetrie,  aber  ebeu 
aus  der  Noth  eine  Tugend  machend.  Indessen  konnte,  wer 
sich  doch  von  jener  Symmetrie  nicht  trennen  mochte,  iinuier- 
hin  auch  der  Meinung  Raum  geben,  dass  Varro,  gerade  weil 
ihm  nur  ein  Maler  als  TrjXaux^c  6fifia  der  vaterlandisebeii 
Kunsttliiitigkeit  passend  erschienen  wiire,  diese  Riicksicht  nun 
auch  fiir  die  Wahl  des  griechischen  (iegenstiicks  massgebeiul 
sein  liess  und  dafiir  nicht  den  Phidias,  sondern  etwa  den 
Polygnot  (doch  wohl  eher  als  Apollodor,  Zeuxis  oder  Par- 
rhasius)  bestimmte:  damit  nicht  der  Abstand  der  Romer  im 


*)  [Iihein.  Murenm  f.  Philol.  P.d.  XIII  (1858)  p.  317-319] 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBRI 


565 


Gebiete  der  Kuust  gleich  von  vorn  herein  allzu  augenftillig 
wiinle.  Denn  was  fiir  die  YVahl  des  Phidias  p.XV  (562]  beige- 
bracht  worden,  ist  doch  nicht  gauz  zwingeud,  weil  es  noch 
eiuen  andem  Au.sweg  hisst,  Allerdings  sind  es  mit  Einrech- 
nung  des  vorangestellten  Phidias  uud  beider  Pythagoras 
acht  Meister  ersten  Ranges,  welche  Plinius  XXXI V  §  54  tf. 
hervorhebt,  imd  unstreitig  ciue  feine  Bemerkung  von  Merck- 
liu  ist  es,  dass  gerade  der  Wortlaut,  mit  dem  unmittelbar 
nach  dem  Itheginer  Pythagoras  der  Samier  erwiihnt  wird, 
auf  den  Gesichtspuukt  der  Varrouischen  Imagines  so  deut- 
lich  wie  moglich  hinweist:  ffuit  et  alius  Pythagoras  Samius, 

initio  pictor         hic  supra  dicto  facie  quoque  indiscreta 

similis  fuisse  traditur'.  Die  Worte  sehen  ganz  danach  aus, 
als  wiiren  sie  gerade  so  aus  Varro  s  Buch  heriibergenommen. 
Aber  daraus  folgt  doch  noch  nicht  mit  Nothwendigkcit,  dass 
dem  Samier  auch  ein  eigenes  Bildniss  gewidmet  war;  sehr 
bequem  konnte  ja  Varro  jene  Bemerkung  in  der  Erkliirung 
des  Portriits  des  Kheginers  beiliiutig  anbringen.  Dann  aber 
ware  auch  der  Annahme  nichts  im  VVege,  dass  Phidias  nicht 
unter  den  Prototypen  stand7  welche  die  erste  und  zweite 
Hebdomas  des  ersten  Buches  bildeten,  sondern  seinen  Platz  sid 
erst  im  zwolften  Buche  nelien  seinen  niichsten  Kunstver- 
wandten  fand.  —  Wie  es  sich  damit,  und  wie  init  so  man- 
chem  andern  Punkte  des  Varronischen  Bilderwerks  verhielt 
iiber  den  eine  niihere  Auskimft  uns  von  so  grosseiu  uud 
vielseitigem  Interesse  sein  wiirde,  werden  wir  wohl  leider 
nie  erfahren. 

Bonn,  3.  Marz  1858. 


VI.  VARRONISCHE  BRIEFE.*) 

1. 

Hochgeehrter  Herr  Professor.  Nachdem  sich  unsere  Ver-  46o 
handlungeu  iiber  Varros  Hebdoiuaden  in  den  Fristen  aka- 
deniischer  Programme  gefolgt  sind,  erlaube  ich  mir  fiir  die 
Fortsetzung  derselben-  Sie  um  Ihr  Rheinisches  Museum  anzu- 


•)  [RUein.  Muscum  f.  Philol.  Bd.  XIII  (1858)  p.  460-177.) 


566 


UEBER  VAIIROS  IMAGINVM 


46i  gehen,  wo  der  Wechsel  von  Billigung  und  Widerspruch,  von 
AngrifF  und  Wehr  sich  unmittelhar  begegnen  kann  und  das 
mit  vereinigten  Kraften  zu  gewinnende  Gut  der  siegreichen 
Wahrheit  in  grossere  Nahe  geriickt  wird.  Denn  obwohl  das 
spiirliche  Material  unserer  subtilen  Frage  so  weit  gediehen 
scilien,  um  dem  abschliessenden  Spruche  zu  unterliegen, 
haben  Sie  in  Ihrem  letzten  Epimetrum  der  Untersuchung 
ganz  neue  und  so  weite-  Bahnen  eroffnet,  dass  noch  manche 
auch  fiir  die  vorhandeuen  Fragepunkte  fruchtbare  Betrach- 
tung  zu  gewiirtigen  ist.  Darum  wird  auch  meine  Aufgabe 
diesmal  eine  doppelte  sein,  indem  ich  zuerst  zu  den  zwischen 
uns  noch  bestehenden  Differenzen  zuriickkehre,  um  dann  dem 
von  Ilinen  entworfenen  Plan  der  Imagincs  raich  zuzuwenden. 

Die  von  Plinius  bezeugte  Gesammtzahl  von  700  imagines 
festgehalten  und  deren  Vertheilung  auf  die  15  Biicher  der 
Hebdomaden  gefunden  zu  haben,  kann  ich  kaum  als  be- 
sonderes  Verdienst  in  Anspruch  nehmen,  nachdera  von  Ilinen 
die  Moglichkeiten  der  Vertheilung  vollstandig  ausgesprochen 
und  von  den  Herren  Urlichs  und  Hertz  ein  an  das  Rich- 
tige  streifender  Vorschlag  geraacht  war,  so  dass  es  nur  noch 
darauf  ankam,  diesen  zu  niodificiren,  um  unter  jenen  Propo- 
sitionen  die  rechte  Wahl  zu  treffen.  Wie  aber  Columbus 
nicht  auf  sein  Ei,  sondern  auf  die  Entdeckung  des  nicht  nach 
ihm  benannten  Welttheils  wird  Gewicht  gelegt  haben,  so 
kann  auch  ich,  um  Grosses  mit  Kleinera  zu  vergleichen,  den 
Beweis,  der  mich  zu  jenem  Resultat  gefiihrt  hat,  welches 
Sie  anerkennen,  obgleich  Sie  diesen  Beweis  unzulanglich  finden, 
mir  nicht  schinalern  lassen:  denn  mit  ihm  fallt  fiir  niich 
auch  die  Berechtigung  jenes  Ergebnisses,  und  in  ineineu 
Augen  ist  es  nur  ein  empfehlender  Umstand,  dass  der  von 
mir  eiugesclilagene  Weg  der  einfachste  ist.  Den  Prufstein 
fiir  unsre  beiderseitige  Ansicht  bildete  das  lOte  und  llteCa- 
pitcl  im  dritten  Buclie  des  Gellius,  vou  dessen  freierer  Interjire- 
tatiou  Sie  jetzt  abstehen.  Dass  Gellius  hier  unter  dem  ersteu 
Buche  das  Einleitungsbuch,  nicht  das  zweite  verstanden. 
suchte  ich  durch  die  Parallele  von  X,  15,  32  zu  erweisen,  wo 
eine  Notiz  iiber  den  flamcn  Dialis  aus  dera  zweiten  Buch  der 
Antiq.  rcr.  divin.  citirt  ist,  obgleich  Augustin  de  c.  d.  VI,  3 


Digitized  by  Google 


SIVK  HKBDOMADVM  LIBBI. 


567 


dieses  von  den  ponHfices  handelii  liisst  —  nur  ein  schein- 
barer  Widerspruch,  da  Varro,  der  den  drei  Priesterschaften 
der  pontifices,  augures,  X  Vviri  die  ersten  drei  Biicher  nach  deni 
Einleitungsbuch  bestimmt  hatte,  die  dem  Pontifex  maximus 
mitergebenen  Priesterthiimer  des  Kex,  der  Flamines  imd  Vesta- 
len  nirgend  anders  als  unter  den  pontifices  besprocheu  haben 
kann  —  woraus  dann  folgte,  dass  Gellius  auch  au  unserer 
Stelle  das  Einleitungsbuch  als  erstes  mitgeziihlt  habe.  Das 
Misverstiindniss  von  Ambrosch  (Studien  p.  49  Anm.  45) 
(welcheni  Ihr  Verstiindniss  von  Gellius  ganz  iihnlich  war) 
musste  ich  anfiihren,  damit  es  mir  nicht  als  Einwand  ent- 
gegengehalten  wiirde,  und  natiirlich  auch  die  auf  Marquardt 
(Thl.  IV  p.  168.  187)  sich  stiitzende  Berichtigung.  Dadurch 
aber,  dass  zwei  Gelehrte  eine  und  dieselbe  Stelle  verschieden 
auffassen  konnten,  wird  die  Sache  selbst  keineswegs  un- 
sieher.  Schon  lange  vor  Marquardt  hat  sich  Merkel  (De  ob- 
scuris  Ovidii  Fast.  p.  CXVI  vgl.  p.  CXlII)  iiber  Ambrosch 
gerechter  Massen  verwundert,  und  wenn  es  dcssen  noch  be- 
diirfte,  liisst  sich  zeigen,  dass  Varro  seine  Biicher  so  ziihlte: 
Aug.  de  c.  d.  VII,  28  quoniam,  ut  in  primo  libro  dixi  dc  locis, 
denn  mit  dem  primus  libcr  kann  nur  das  Einleitungsbuch 
gemeint  sein,  quo  prim  dc  oninibus  communiter  loqucrctur, 
nicht  das  zweite,  welches  wie  wir  ebcn  gescheu  dc  jmitiftci- 
bus  handelte,  und  dc  locis  war  erst  in  Buch  V  VII  die  Rede.' 
Damit  scheint  mir  die  constantia  des  Gellius  in  der  Citir- 
methode  Varronischer  Biicher  hiuliinglich  befestigt,  ura  einen 
weiteren  Einwand,  den  Sie  durch  eine  feine  Distinction 
zwischen  den  Begriffen  der  ncglcyentia  uud  inconstantia  zu 
gewinnen  suchen,  abzuschneiden,  so  dass  ich  in  demselben 
weniger  eine  ernstliche  Beeiutriichtigung  meines  Beweis- 
ganges  als  gleichsam  eine  Apologie  Ihrer  fruheren  Auffas- 
suug  erblicken  kann. 

Wir  sind  also  jetzt  darin  einig,  dass  die  von  Plinius 
bezeugten  700  imagines  oder  100  hebdoniades  auf  XV  Biicher 
dergestalt  vertheilt  waren,  dass  das  erste  oder  Einleitungs- 
buch  ausser  den  Betrachtungen  ttber  die  Siebenzahl  nur  2 
Uebdomaden,  die  folgenden  14  Biicher  je  7  enthielten,  14 
+  (14  X  40)  =  700.    Eine  weitere  gleichmassige  Verthei- 


568 


UEIIKK  VAKROS  IMAUINVM 


luug  hatte  sicb  Ihuen  aus  Ausouius  Mosella  306  f.  ergebeu, 
wo  die  Hebdomas  griecbiscber  Arcbitekten  dccimo  volutnim- 
4«3  cclcbrala  beisst,  woraus  folgte,  dass  nicbt  zuerst  in  7  Bflchern 
Griechen,  in  den  niiehsteu  7  Ronier  Platz  batten,  sondern 
dass  Griecben  und  Roiner  uiit  den  Biicbern  alternirten,  wo- 
nacb  die  Biicher  mit  geraden  Zablen  Griecben,  die  mit  un- 
geraden  Roiner  enthielten:  denn  nur  so  kamen  im  lOten  Buch 
die  griechiscben  Architekten  zu  stehen.    Ich  hatte  dagegen 
p.  8  [oben  p.  536 j  erhmert,  es  konne  moglicherweise  unter 
dccimum  volumcn  auch  die  lOte  Ilebdoraade  verstanden  sein, 
wenn  jede  Hebdomade  ein  volumcn  fiillte,  wonach  die  grie- 
chischen  Architekten  an  die  Spitze  des  3.  Bucbes  zu  stehen 
kiimen,  obne  jedocb  diesem  Einfall  weitere  Folge  zu  geben 
(p.  8  [oben  p.  536]:  fSed  missa  hac  cautione';  p.  0  [oben 
p.  530):  fsi  Ausonii  verba  de  libro  decimo  accipis'),  imd  es 
wird  mir  daher  gar  nicht  scbwer,  nach  Ihren  ausfuhrliclieu 
Gegenbemerkungen  von  deniselben  ferner  abzustehen.  Er 
wiire  nie  geiiussert  worden,  hiitte  mir  bei  der  Abfassung 
meines  Programmes  der  vou  Ihnen  jetzt  sebr  ansprechend 
entwickelte  Plan  des  ganzen  Varronischen  Werkes  vorhegen 
konnen,  zu  dessen  dankenswerther  Mittheilung  Ibnen  jenes 
erst  Veranlassung  gegeben.    Damit  setzen  Sie  eine  andere 
meiner  Annabmen  in  Verbinduug,  welche  gegeniiber  jeneni 
Plane   ebenfalls   als   vorscbnell   erscbeinen   muss,  niimlieh 
die,   dass   die   Reibe  jener    14  der  Aufeinanderfolge  und 
dem    Inbalte    der   Biicher   entsprechenden  Repriisentanten 
im  ersten  Bucbe  von  Homer  eroffnet  worden  sei,  was  Sie 
daun   mit  jener  Stellung  der  Architekten  im  3ten  Buch  in 
schneidenden  Widerspruch  verwickeln,  woraus  aber  zunachst 
docb  nur  die  von  rair  den  Architekten  angewiesene  Stellung 
unstatthaft  wird.   Denn  ganz  aus  der  Luft  gegriffen  war  die 
Annahrae  iiber  Homer  nicht.    Es  lag  ihr  niimlich  die  Vor- 
aussetzung  zu  Grunde,  dass  Gellius  seinem  anderswo  naeh- 
weislich  beobacbteten  Verfahren  treu  geblieben,  das  was  in 
seiner  Quelle  unmittelbar  zusaramenhing  in  zwei  auf  eiuander 
folgende  Capitel  zu  zerspalten.    Danach  hiitte  sich  Honier 
gleich  uii  die  Erorterungen  Uber  die  Siebenzabl  angeschlossen 
und  soinit  jene  Reihe  eroffnet.    Wenu  ich  nun  zu  Gunsten 


Digitized  by  Google 


SIVK  HKKhOMADVM  LlBRl 


560 


Ihres  Planes  von  jener  Anuahme  gern  zuriicktrete,  darf  ich 
wohl  auch  das  ofteue  Bekenntniss  ablegen,  dass  ich  mich 
vormals  durch  Sie  selbst  (Winterprogr.  von  1856  7  p.  X  f. 
[oben  p.  518 1  uud  Rhein.  Mus.  XII  p.  154  [oben  p.  530J)  in  ihr 
habe  bestiirken  lassen,  freilich  mit  —  grossein  Unrecht,  da  ich 
Jhnen  gleichzeitig  die  Priiniisse  Ihrer  ganz  consequenten 
Folgerung  entzogen  hatte.  So  wenig  ich  daher  gesonnen 
sein  kann  mich  deshalb  rcchtfertigen  zu  wollen,  glaube  ich 
doch,  dass  die  Worte,  mit  welchen  Sie  p.  V  [oben  p.  548 J 
meinen  Mangel  an  Vorsicht  strafen,  jetzt  nur  noch  zur 
Hiilfte  von  mir  verdient  sind. 

Die  bei  dem  spiiten  Ausonius  mit  ausdrtteklieher  Ver- 
weisung  auf  Varro  erhaltene  Hebdoraade  der  griechischen 
Architekten  fordert  dringend  auf,  in  der  ganzen  nachvarro- 
nischen  Litteratur  nach  andern  Hebdomaden  auszuschauen, 
von  deren  Gewinn  zunachst  der  weitere  Ausbau  des  fach- 
reichen  Werkes  abhiingig  sein  muss.  Solche  sind  von  Ilinen 
und  Brunn  aus  Plinius,  von  mir  aus  Quintilian  hervor- 
gezogen  worden  und  haben  bereits  eine  gegenseitige  PrUfung 
zu  bestehen  gehabt.  Dass  meine  aus  Quintilian  X,  1  ent- 
wickelten  Hebdomaden  der  Litteratur  nur  dazu  dienen  soll- 
ten,  die  7  Maler  XII,  10,  6,  welche  8ie  anerkennen,  als  von 
Varro  entlehnt  zu  bestiitigen,  habe  ich  selbst  ausgesprochen 
und  finde  es  daher  ganz  in  der  Ordnung,  dass  Sie  jene  nicht 
sofort  mit  gleicher  Bereitwilligkeit  zulasseii.  Nur  glaube  ich 
konnte  sowohl  fiir  als  gegen  dicselben  mehr  gesagt  werden, 
als  von  Ihuen  geschehen  ist.  Um  mit  Ihren  Bedenken  an- 
zufangeu,  habe  ich  unter  deu  griechischeu  Epikern  nicht  fun- 
bedacht',  sondern  absichtlich*)  Autimachus  ausgelassen,  da 
ihu  Quintilian,  obwohl  er  sagt:  rsed  quamvis  ei  secundas 
fere  grammaticorum  consensus  deferat',  dennocli  nicht  an 
der  zweiten  Stelle  nennt,  woraus  mir  zu  folgen  schien,  dass 
er  ihn  in  seiner  Quelle  (Varro)  nicht  vorfand,  sondem  wegen 
des  consctistis  ijrammaticorum  selbst  einscliob,  und  dass  der- 
gleichen  Zusiitze  oder  Auslassungen  oder  Substitutionen  Quin- 


*)  'Unabsichtlich'  8iihe  ich  auch  mein  imprudcnter  lieber  uber- 
setzt  als  'unbedacht'.  F.  H. 


570 


UEBER  VAKKOS  IMAOINVM 


tilian  uiit  dem  ihm  vorliegenden  Pinax  seinem  Zwecke  ge- 
niass  mag  vorgenoinmen  haben,  geben  Sie  ja  selbst  unbe- 
denklich  zu.  Vielleicht  hatte  ich  aber  statt  dessen  richtiger 
Apollonius  gestrichen,  denn  einer  aus  der  Reihe  rausste  fal- 
len,  warum  aber  dieser,  davon  sogleich.  Ebenso  habe  ich 
auch  bei  den  7  romischen  Epikern,  welehe  Quintilian  bis 
auf  Varro  s  Zeit  gerade  darbietet,  nicht  'vergessen',  dass  ein 
icb  achter  fiir  das  Einleitungsbuch  iibrig  bleiben  musste,  um 
Homer  gegeniibergestellt  zu  werden.  Denn  dazu  bestimmte 
ich  den  von  Quintilian  nicht  genannten  Livius  Andronicus, 
woriiber  unten  ein  Mchreres.  Meiner  ganzen  Annahme  gun- 
stig  ist,  dass,  wie  ich  inzwischen  gesehen,  schon  Bergk  de 
reliq.  com.  Att.  ant.  p.  147  f.  in  Quintilians  Urtheilen  einen 
Anschluss  an  Varro,  wenn  auch  nicht  gerade  in  den  Heb- 
domaden,  nachgewiesen  hat,  und  eine  Uebereinstimmung  bei- 
der  wird  sich  wohl  noch  in  manchen  andern  Punkten  zeigen 
lassen.  Was  ist  z.  B.  wahrscheinlicher,  als  dass  bei  Gellius 
XVII,  4  nicht  nur  das  iiber  Euripides  gesagte,  Ihrem 
Urtheile  geiniiss,  aus  Varros  Hebdomaden  stainnit,  sondern 
auch  der  Aufang  des  Capitels:  'Menauder  a  Philemone,  ne- 
quaquam  pari  scriptore,  in  certamiuibus  comoediarum  ainbitu 
gratiaque  et  factionibus  saepenumero  vincebatur'?  Denn 
dasselbe  klingt  bei  Quiutilian  X,  1,  72  wicder:  ^Phileinon, 
qui  ut  pravis  sui  temporis  iudiciis  Menandro  saepe  praelatus 
est,  ita  consensu  tamen  omnium  meruit  credi  secundua*. 
Nicht  die  schwiichste  Unterstiitzung  bietct  uiir  die  im  Ver- 
folg  wieder  zu  beriihrende  Walirnehmung  dar,  dass  dem 
Quintilian  ein  chronologisch  geordneter  Pinax  {index  ex  bt- 
bliotlicca  sumptus  §  57  vgl.  §  104)  vorgelcgen,  den  er  aller- 
dings  nach  seinem  Utilitiitsprincip  (§  22.  37)  liiiufig  genug 
abgeiindert  hat,  jedoch  so,  dass  er  hin  und  wieder  von  sei- 
nem  Verfahren  gewissermassen  Recheuschaft  abzulegen  nicbt 
unterliisst,  z.  B.  §  74:  'Theopompus  his  proximus  (numlich 
aetatc)  ut  in  historia  praedictis  ininor'.  —  cPhilistus  quoque 
meretur,  qui  turbac  quamvis  bonorum  post  cos  auctorum  ex- 
imatur'.  —  §  75:  *Longo  j)ost  intcrvaUo  temporis  uatus  Tima- 
genes'.  §  78:  *His  actatc  Lysias  maior'.  §  88:  'Enniuni  — 
propiorcs  alii  atque\    §  103:  fQuam  paulum  actatc  praccc- 


Digitized  by  Google 


SIVE  HKHDOMADVM  LIBKI. 


571 


dens  euni  Bassus  Autidius'.  Auch  die  Fassung  von  §  96 
spricht  fiir  eine  ehronologische  (irundlage,  soll  nicht  Wider- 
spruch  entstehen.  Dagegen  liisst  sich  einstweilen  ein  starker 
Einwand  gegeu  mich  herleiten  aus  dem  noch  nicht  auf- 
geklarten  Verhiiltniss,  iu  welchem  Quintilians  Urtheile  zu 
der  unter  dem  Namen  des  Dionysius  von  Halikarnass  gehen- 
den  tujv  dpxcuujv  Kpicic  (Reiske  Bd.  V  p.  415  f.)  stehen,  in- 
deni  die  Frage  nach  der  Quelle  des  Quintilian  auch  auf 
diese  ausgedehnt  werden  muss.  Und  bei  der  deutlichen  466 
Uebereinstimmung  beider  wiire  es  von  niir  richtiger  gewesen, 
nicht  Antiroachus,  sondern  Apollonius  in  der  Hebdomade 
der  Epiker  auszulassen.  Hinsichtlich  meines  Vorschlags, 
unter  die  von  Brunn  aus  Plinius  XXXIV,  54  tF.  gezogene  Hebdo- 
made  der  statuarii  auch  Pvthagoras  von  Samos  aufzunehmen. 

+>  cz>  / 

erfreue  ich  mich  lhrer  Zustimmung,  dagegen  bestehen  Sie 
darauf,  den  Praxiteles,  obgleich  marmore  feliciorcmf  idco  et 
dariorcm,  nicht  wie  ich  wollte  zu  den  sculptorcs  zu  stellen, 
soudern  bei  deu  Erzarbeitern  zu  belassen,  deren  uun  acht 
sind,  und  wollen  in  diesem  Fall  dem  Varro  lieber  etwas 
Wunderliches,  als  das  sonst  iiberall  bevorzugte  Einfache  bei- 
messen.  Und  allerdings  miissen  Sie  darauf  bestehen,  um 
aus  jeuer  Achtzahl  den  Phidias  als  Heros  der  Kunst  in  das 
Einleituugsbuch  versetzen  zu  konnen,  woher  ihn  Plinius  zu 
der  dann  iibrig  bleibenden  Hebdomade  gefiigt  haben  soll. 
Da  das  vorliegende  Material  zur  Entscheidung  dieses  Streit- 
punktes  nicht  ausreicht,  werden  Sie  mir  vielleicht  mit  dem 
Vorschlage  Ilecht  geben,  ihn  otten  zu  lassen,  bis  der  Grund- 
satz  gefunden  ist,  welcher  bei  Varro  die  Auswahl  jener  14 
Korvphiien  bestimmte.  Denn  was  berechtigt  uns  schon  sie 
Koryphaen  zu  nennenV  Hiemit  hoffe  ich  die  nocli  zwischen 
uns  obschwebenden  Meinungsverschiedenheiten,  80  weit  sie 
es  verdienten,  beriicksichtigt  zu  haben  und  kanu  mich  nun 
dem  vou  Ihnen  erweiterten  Gesichtskreise  unserer  Frage  hin- 
geben. 

Es  leidet  keinen  Zweifel,  dass,  wenn  iiber  den  Plan  dcr 
Varronischen  Tmogincs  schon  jetzt  eine  Ansicht  ausgesprochen 
werden  sollte,  dies  auf  keinem  andern  Wege  geschehen  durfte, 
als  auf  welchein  Sie  eine  sehr  ansprechende  Einsicht  in  die 


\ 


572  UEBEK  VARROS  IMAGINVM 

ganze  Oekononiie  und  Vertheilung  des  manigfaltigen  Stoffes 
gewonnen  haben.  Die  Hypothese,  welche  Sie  daruber  auf- 
stellen,  wird  uieht  nur  von  der  allgemeinen  Anschauung  des 
Alterthuins  und  allen  bctreftenden  Indicien  Varronischer 
Eigenthumlichkeit  getragen,  sonderu  steht  auch  mit  den 
sichern  bisher  gewonncnen  Daten  iin  besten  Einklang,  so 
dass  ihr,  auch  wer  iiber  diese  im  einzelnen  noch  anders 
denkt,  den  Grad  von  VVahrscheinlichkeit  nicht  absprecheD 
kann,  welcher  uberhaupt  in  diesen  Dingen  mit  jetzigen  Mit- 
teln  erreichbar  ist.  Jeder  kilnftige  hier  einschlagige  Fuud 
«7  wird  zur  Bestatigung  oder  Erganzung  Ihres  Planes  beitragen, 
und  ich  wunsche  nichts  angelegentlicher,  als  es  nioge  bald 
ein  Datum  von  gleicher  Gcwissheit  und  Tragweite,  wie  jenes 
Uber  den  Sitz  der  griechischen  Architekten  im  lOten  Buche 
sich  aufthim,  um,  wie  zwischen  zwei  Puukten  nur  cine  gerade 
Linie  moglich  ist,  so  vorwiirts  die  ganze  von  Ihnen  vor- 
gezeichnete  Bahn  des  Werkes  unwiderleglich  zu  bestimmen. 
Bis  dahin  aber  behalt  Ihre  Aufstellung,  was  Sie  sclbst  nicht 
verkennen,  nur  eincn  hohen  Grad  hypothetischer  Wahrheit. 
Die  Festigkeit  jeder  Hypothese  hiingt  von  dem  Verhaltniss 
ab,  in  welchem  die  vorausgesetzten  Glieder  zu  den  gegebenen 
stehcn,  und  ihre  Probabilitiit  wiichst  in  dem  Grade,  wie 
diese  jene  iiberwiegcn.  Vergegenwartigen  wir  uns  nuu,  dass 
unter  10<>  Hebdomaden  oder  geuauer  unter  9fl  nur  die  eine 
dcr  Architckten  ihrer  Stellc  nach  im  lOten  Buch,  obgleich 
untcr  dcn  7  Hebdomaden  dessclben  noch  schwankend,  sicher 
ist,  so  erhalten  wir  ein  Verhiiltniss  des  Unbekannten  zuni 
Bekannten  wie  98  :  1 ,  und  wer  einseitig  hieran  festhalten 
wollte,  konnte  den  Wcrth  Ihrcr  Hypothese  gering  anschlagen. 
weil  deren  Haltbarkeit-  nur  an  einem  Datum  zu  ermessen 
war.  Aber  er  wiirde  Unrecht  thun  die  ganze  Keihe  mehr 
oder  minder  wahrscheinlichcr  Hcbdomaden  zu  iibersehen, 
welche  sich  Ihrer  Anordnung  so  schon  fiigen,  dass  sie  da- 
durch,  was  ihnen  am  vollcn  Biirgerrecht  noch  abgcht,  in 
meinen  Augen  wcnigstcns  zu  erlangen  scheinen.  Freilicli 
Jiesse  sich  auch  dann  noeh  an  Ihrein  Plane  riitteln.  Denn 
wollte  ich  streitsiiehtig  sein,  so  konntc  ich  wohl  an  Ihre 
Bemerkung  iiber  Praxiteles  p.  XV  [oben  p.  5G1  f.J  aukuupfend, 


Digitized  by  Google 


SIVE  IIEBDOMADVM  MIIKI. 


573 


wonach  wir  uns  iiber  dergleichen  Eigenheiten  bei  Varro 
nicht  wundern  sollen,  mit  deniselben  Rechte  zuriickfragen, 
was  uns  doch  nothigt  in  dem  Plane  des  (tanzen  Durchsieh- 
tigkeit  und  Consequenz  vorauszusetzen,  wahrend  im  Einzel- 
ncn  nicht  immer  das  Einfache,  um  nicht  zu  sagen  das  Lo- 
tfische,  den  Sieg  davon  getragen?  und  kijnnte  weiter  auch 
meine  Annahme  iiber  Homer  an  der  Spitze  der  Bilder  im 
ersten  Buch,  fiir  die  sich  doch  etwas  sacen  lasst,  mit 
scheinbaren  Stiitzen  befestigen.  Doch  das  sei  ferne.  Viel- 
mehr  will  ich  unter  Voraussetzung  von  der  Richtigkeit  Ihres 
Planes  mich  auf  einen  Punkt  beschranken,  der  zwar  von 
dieser  weniger  abhiingig  ist,  dessen  Erwiigung  aber  auf  die 
Disposition  des  (ranzen  nicht  ohne  Einfluss  bleibt.  Er  be-  4m 
tritft  abermals  die  14  Koryphiien.  Auch  hier  finden  wir 
uns  wieder  auf  ein  sicheres  Datum,  den  von  Gellius  bezeug- 
ten  Homer,  eingeschriinkt,  der  sowohl  dem  Range  als  der 
Zeit  nach  an  der  Spitze  der  Dichter  stehen  musste.  Sodann 
habe  ich  p.  7  [oben  p.  535]  Aeneas  als  den  Repriisentanten 
der  romischen  Heroen  vermuthet,  worin  Sie  mir  beistiin- 
men,  indem  Sie  ihn  als  Paradigma  des  3ten  Buches  angesehen 
wissen  wollen,  was  wiederum  bei  mir  keinen  Widerspruch 
findet  Wenn  Sie  aber  p.  XIV  [oben  p.  500]  aussprechen, 
nur  Aeneas  und  dessen  griechischen  Gegeninaun  fiir  das 
2te  Buch  habe  Varro  aus  der  mythischen  Zeit  gewiihlt,  und 
diese  Ansicht  bei  allen  iibrigen  wenn  auch  nur  beispielsweise 
vorgeschlagenen  Repriisentanten  festlialten,  so  stehe  ich  niclit 
an  dem  gegeniiber  fiir  meine  Ueberzeugung  zu  erklaven, 
dass  vielmehr  alle  14  paradigmatischen  Bilder  nicht  sowohl 
dem  Range  nach  als  der  Zeit  nach  an  die  Spitzo  ihrer 
Gattungen  gestellt  waren,  was  natOrlich  nicht  ausschliosst, 
dass  sich  beide  Riicksichten  zuweilen,  wie  bei  Homer,  ver- 
einigen  konnten.  Fiir  die  bestimmende  aber  halte  ich  die 
(hronologische.  Homer  und  Aeneas  widersprecluMi  dieser 
Annahme  nicht,  es  bestatigt  dieselbe  aber  meine  ich  naliezu 
Alles,  was  wir  sonst  von  diesen  Hebdomaden  wissen  oder 
vermuthen.  Sie  selbst  haben  sowohl  in  ihrem  ersten  Pro- 
granuu  als  in  dem  Epimetrum  (p.  X  [oben  p.  554])  anf  das 
von  Varro  nicht  vernachliissigte  Moment  der  Zeitfolge  in  d<  r 


Digitized  by  Google 


574 


UEBER  VARKO'8  IMAOINVM 


Anordnung  der  einzelnen  Hebdomaden  hingewiesen.  Und  ich 
stirame  Ihnen  daher  vollstandig  bei,  dass  Sie  das  lOte  Buch 
nicht  mit  den  7  Archifcekten  beginnen  lassen,  weil  deren 
Keihe  mit  Diidalos  anhebt,  so  dass  kein  iilterer  als  Paradigma 
iiber  ihn  gestellt  werden  konnte,  wahrend  ich  uber  die  Heb- 
domade  der  Aerzte  schon  etwas  anders  denke.  Die  beiden 
Hebdomaden  feruer  der  statuarii,  der  Maler  (Folygnot  habe 
ich  natiirlich  nicht  ausgelassen,  sondern  unter  meinen  'alif 
(p.  11  foben  p.  538J)  mitgerechnet),  also  auch  wohl  die  bei- 
den  vorausgesetzten  der  sculptores  waren  geschieden  naeh 
der  Zeit.  Sie  halten  es  weiter  fur  wahrscheinlich  (Epim. 
p.  X  [oben  p.  5541),  dass  aus  den  7  Jahrhunderten  Roms 
Varro  eben  so  viele  llebdomaden  von  Staatsniiinuern  und 
Feldherreu  erlesen  habe,  ja  dass  innerhalb  der  Bflcher  2.  3. 
4.  5  die  chronologische  Anordnung  die  vorherrschende  ge- 
*6i>  wesen  sei.  Demnach  glaube  ich,  auf  das  iiber  Quintilian 
gesagte  zuriickweisend,  nicht  zu  weit  zu  gehen,  wenn  ich 
das  chronologische  Princip  als  das  sowohl  die  Anordnung 
ganzer  Biicher  wie  auch  die  Reihenfolge  der  itiuigincs 
innerhalb  der  einzelnen  llebdomaden  beherrschende  be- 
zeichne,  das  uns  soweit  wir  sehen  konnen  theils  offen  ent- 
gegentritt,  tlieils  wenigstens  vorausgesetzt  werden  darf. 
Hat  es  damit  seine  Richtigkeit,  wie  Sie  hoffentlich  aner- 
kennen,  so  sind  wir  bei  der  grossen  von  Ihnen  mit  Recbi 
betonten  Symmetrie  des  Werkes  auch  bereclitigt,  sehon  in 
jenen  paradigmatischen  Namen  nicht  nur  die  Classification 
des  Stoffes,  sondern  auch  das  Instorische  Princip  seiner  An- 
ordnung  ausgesprochen  zu  finden.  Unter  dieser  Voraussetzung 
begreift  sich  vollkommen  die  mit  Homer  verkniipfte  Erurte- 
rung  der  Frage  nach  seinem  oder  Hesiods  hoherem  Alter 
(Gellius  III,  1 1 ),  die  freilich  in  jeder  Biographie  Homers  vor- 
komraen  konnte,  in  voller  Breite  aber  erst  an  ihrem  Platae 
war,  wenn  es  sich  bei  ihra,  wie  bei  den  ubrigen  Reprasen- 
tanten,  um  die  Begrfindung  ihrer  historischen  Stellung  han- 
delte.  Darum  habe  ich  gegen  Deukalion  oder  Phoroneus 
•  oder  Kekrops  dem  Aeneas  gegenuber  nichts  einzuweuden, 
Ennius  aber,  von  Ihnen  dem  Homer  zur  Seite  gestellt,  er- 
scheint  rair  unzulassig  und  ich  entscheide  raich,  wie  gesagt, 


Digitized  by  Google 


SIVE  IIEHDOMADVM  LIHKI. 


575 


ftlr  Livius  Andronicus.  Ich  weiss  recht  wohl,  dass  Varro 
selbst  bei  Nonius  v.  die  Ilias  Homers  neben  Ennius  An- 

nalen  setzt  als  Beispiele  fiir  seine  Definition  des  Poesie,  dass 
Horatius  Epist.  II,  1,  50  den  Enuius  alier  Honwrus  nennt; 
aber  wenn  es  rait  der  Hebdoraade  der  roraischen  Epiker  bei 
Qnintilian  seine  Kichtigkeit  hat,  in  welcher  Ennius  sich 
bereits  befindet,  wo  anders  als  uuter  den  14  fand  Livius 
Andronicus  seine  Stelle,  der  wie  Horaer  den  Griechen,  so 
den  Roinern  antiquissimus  pocta  war,  der  sich  auch  ganz 
wohl  neben  Homer  stellen  liess,  als  Uebersetzer  der  Odyssee, 
als  lyrischer,  als  komischer  Dichter,  ihra  weniger  ebenbiirtig 
allerdings  als  Eunius,  aber  zum  Keprasentanten  aller  drei  Gat- 
tungen  der  Poesie  wie  mir  scheint  nicht  weniger  geeignet. 
Sollen  wir  Varro  zumuthen,  er  habe  den  in  seiner  Gallerie 
wahrscheinlich  einzigen  Vertreter  des  Saturnischen  Verses 
ubergangen?  Mir  kommt  iibrigens  auch  noch  der  Umstand 
zu  Statten,  dass  icli  die  bei  Quintilian  'auftretenden  Hebdo- 
niaden  nicht  zu  andern  brauche,  wiihrend  Sie  mehr  als  ein-  * 
mal  geneigt  sind  (p.  XIII  [oben  p.  559 j)  an  Stelle  der  aus 
ihnen  in  die  14  erhobenen  andere  einzuschieben.  Aber  es 
wird  meine  Ansicht  aucli  noch  von  folgeuder  nicht  unerheb- 
lichen  Erwiigung  unterstiitzt.  Sie  haben  in  Ihren  beiden 
Programmen  (I  p.  7.  12  (oben  p.  514.  520  f.|  1]  p.  12.  15 
foben  p.  557.  5G2])  mit  gutem  Bedacht  die  Schwierigkeiten 
hervorgehoben,  welche  Varro  aus  seiner  Aufgabe  erwachsen 
mussten,  den  griechischen  oder,  wie  Sie  lieber  wollen,  ausser- 
italischen  Notabilitiiten  eine  gleiche  Anzahl  romischer  oder 
italischer  in  denselben  Gattungen  gegeniiberzustellen,  und 
sind  dadurch  zu  der  Annahme  gekomnien,  es  hiitten  sich 
nicht  imraer  ganz  genau  dieselben  Capitel  auf  beiden  Seiten 
entsprochen,  sondern  in  manchen  Fiillen  nur  verwandte  Gat- 
tungen  mit  einander  verglichen  werden  konnen.  Wer  mochte 
die  Kichtigkeit  dieser  Beobachtung  in  Abrede  stellen?  Aber 
die  Mangelhaftigkeit  romischer  Cultur  verdeckte  Varro  damit 
doch  nicht,  sondern  machte  sie  doch  wohl  nur  bemerklicher, 
wenn  er  zwar  dieselbe  Gesammtzahl  aufzubringen  vermochte, 
jedoch  nur  dadurch,  dass  er  nachgiebig  war  in  den  vergliche- 
uen  Punkten.    Diesen  Uebelstiiiulen  nuu  glaube  ich  wich  er 


570 


UEBKIl  VARROS  IMAOINYM 


aui  sichersten  aus,  wenn  er  eine  mnglichst  ehronologische 
Anordnung  befolgte,  ja  er  erreichte  dabei  nocli  einen  be- 
trachtlichen  Vortheil.  Denn  es  nuisste  sofort  in  die  Augeu 
springen,  wie  dic  viel  jiingere  romische  Welt  iu  den  7  Jalir- 
hunderten  ihrer  Entwickeluug  dennoch  einen  der  Zahl  uach 
gleichen  Ertrag  geliefert,  also  die  griechische  Cultnr  nicht 
nur  erreicht,  sondern  uberHiigelt  hatte.  Und  wo  sie  ihr  an 
Qualitiit  nachstand,  da  war  durch  diesen  chronologischen 
Gesiehtspunkt  die  Vergleichung  selbst  gesehwiicht,  Hedenkeu 
wir  nur,  wie  ungiinstig  bei  den  14  Korvphiien  die  Parallele  fur 
die  Romer  ausschlagen  uiusste.  Neben  Homer  Ennius  oder 
Livius  Andronicus,  neben  lMiidias,  wie  Sie  wollen,  jener  nicht 
einmal  seinem  Namen  nach  sichere  Decius,  oder  wer  aucli 
immer,  neben  Demosthenes  Cicero,  wenn  auch  von  dem  be- 
freundeten  Varro  hoher  gestellt  als  von  unseren  neuesten 
Historikern,  kounten  sie,  mit  aller  Glorie  romischer  Nationa- 
litiit  umgeben,  mit  jenen  sich  messen?  Dagegen  war  alle 
Gefahr  vermieden,  wenn  jene  14  nicht  sowohl  dic  Gipfel 
und  Glanzpunkte  ihrer  (Jattungen  als  deren  Anfaugspnnkte 
471  waren,  nicht  sowohl  Heroen  der  Staatsweisheit,  Litteratur. 
Wissenschaft  und  Kunst  als  die  friihesten  Vertreter  «ler 
griechisch  -  romisehen  Ilumanitiit  und  Cultur  uberhaupt. 
Musste  da  nicht  in  manchen  Stiicken  dcr  Gesichtsj>unkt 
der  wetteifernden  Parallele  zum  Theil  oder»  wohl  auch  ganz 
fallen  und  die  der  Zahl  nach  gleiche  Leistung  italischer 
Cultur  nur  wie  eine  Fortsetzung  und  auch  wohl  Fortbildun^ 
der  iilteren  griechischen  erscheinen,  eine  Ansicht,  dic  den 
Itomern  jener  Zeit,  deren  Vorfahren  sich  bereits  iiberredet 
hatten  die  Abkominlinge  griechischer  Ahnen  zu  sein,  nicht 
sehr  fern  lagV 

Ich  schliesse  diese  Fortsetzung  unserer  D«'batte  mit  dem 
VVunsche,  es  moge  dieselbe  bei  lhnen  eine  ebenso  gcneigte 
Aufnahrae  Hnden  wie  mein  vorjiihriges  Programm,  und  Ihnen 
zu  neuen  Hereicherungen  unserer  Kenntniss  der  Varroniseheu 
Hebdomaden  ein  gleich  willkommener  Anlass  sein,  der  ich  etc. 

Dorpat,  den  26.  Miirz  1858. 

L.  Mercklin. 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBIU.  577 

Meinerseits  die  vorstehende  Debatte  fortzusetzen  finde 
ich  keinen  Anlass.  Was  ich  gegen  einzelne  Punkte  dieses 
dankenswerthen  und  belehrenden  Sendschreibens  zu  erinnern 
hatte;  betrilft  so  Untergeordnetes,  theilweise  selbst  nur  For- 
nielles  der  Polemik,  dass  es  mir  im  Interesse  der  Sache  nicht 
der  Milhe  werth  scheint  dabei  zu  verweilen,  gegeniiber  dem 
Wesentlichen  und  Bedeutenden,  das  meine  ganze  Zustimmuug 
bat  Nicht  als  verkannte  ich  einen  Augenblick  (ich  sage  das 
nicht  gegen  das  Sendschreiben,  sondern  vielmehr  zum  Schutz 
seiner  und  meiner  Combinationen)  den  hypothetischen,  somit 
problematischen  Charakter  der  ganzen  Untersuchung.  Fiir 
unfruchtbar  oder  verdienstlos  halte  ich  sie  demungeachtet 
darum  so  wenig  wie  den  Versuch,  aus  geringen  und  zer- 
stiickelten  Resten  eines  Handschriftentextes  oder  einer  In- 
schrift,  oder  selbst  ohne  solche  Reste  nach  den  blossen  An- 
haltpunkten  innerer  Argumentation  mittels  rein  productiver 
Conjectur  ein  Ganzes  aufzusteilen,  das  man  als  das  Aechte 
weder  verbiirgen  kann  noch  will.  Wer  es  vorzieht  sich  mit 
der  einfachen  Anerkennung  der  Liicke  zu  begniigen  (ob  einer 
Lucke  in  der  Ueberlieferung  von  Worten  oder  Thatsachen, 
kommt  auf  eins  hinaus),  wahlt  allerdings  das  Ungefahrlichere, 
muss  aber  auch  auf  die  Freude  verzichten,  auf  dem  Wege 
anschaulicher  Exemplification  gerade  durch  das  Unvollkom-  4 
mene  seines  positiven  Versuchs  andere  zum  Ueberbieten  des- 
selben  zu  reizen,  und  so  indirect  dem  Ziele  naher  zu  fiihren, 
da8  nun  einmal  ohne  die  Umwege  des  Irrens  nicht  erreich- 
bar  zu  sein  pflegt.  Von  dem  anfanglich  weiten  Kreise  allge- 
meiner  Moglichkeiten  fallt  denn  doch,  zumal  wenn  neue 
Augen  mit  frischer  Schiirfe  hinzutreten,  durch  vergleiehende 
Abschatzung  allmiihlich  eine  nach  der  andern,  indem  sie  ent- 
weder  als  iu  sich  unwahrscheinlieh  erkannt  wird  oder,  wenn 
an  sich  zuliissig,  gegen  die  noch  berechtigtere  zuritcktritt; 
und  so  bleibt  am  Ende,  wiilirend  sich  der  Kreis  immer  mehr 
und  mehr  verengt,  doch  in  der  lle^el  das  eiue  Wahrschein- 
liche  selbst  iibrig,  wenn  der  Process  nur  lange  genug  und 
unbefaugen  genug  fortgefiihrt  wird;  wenigstens  sind  Aus- 
nahmen  voii  der  Regel  (da  es  ja  natiirlich  auch  absolute 
desperanda  gibt)  weniger  hiiuiig  als  Kinige  zu  meinen  scliei- 

t'U.  UI  I  HCUKLII  OPV84  \  I  A    II  I.  .'17 


578  UEBEB  VARROS  IMAGINVM 

nen.  Diese,  denen  der  Unterschied  einer  wissenschaftlich 
berechtigten  Hypothese  und  einer  willkiirlich  phantastischen 
auch  in  Bezug  auf  die  vorliegende  Varro-Frage  noch  nicht 
hinlanglich  klar  geworden  zu  sein  scheint,  mogen  es  denn 
auch  verantworten,  dass  wir  unsern  Leseru  von  gereifterer 
Einsicht  die  Erwahnung  solcher  Elementarbegriffe  kritischer 
Methode  nicht  ersparen  durften.  So  viel  werden  sie  jeden- 
falls  zugeben  miissen,  dass  wir  etwas  mehr  von  den  Varro- 
nischen  Imagines  uach  den  jiingsten  dariiber  aufgestellteu 
Hypothesen  doch  wissen  als  vor  ihnen,  und  sollte  es  selbst 
nicht  viel  mehr  sein  als  dies,  dass  die  Grenzen  dessen,  was 
daruber  iiberhaupt  gewusst  werden  und  nicht  gewusst  werden 
kann,  annahernd  erkannt  worden  sind.  Und  so  ist  denn  ein 
Schritt  vorwarts  ohne  Zweifel  auch  dieser  wieder,  dass  mit 
der  Beseitigung  der  qualitativen  Koryphiien  in  Staat,  Lit- 
teratur,  Wissenschaft  und  Kunst,  wie  sie  versuchs-  und  bei- 
spielsweise,  ich  mochte  fast  sagen  fragweise,  in  dem  Epi- 
metrum  disp.  de  Varr.  Hebd.  vorgeschlagen  wurden,  aber- 
mals  eine  der  allgemeineren  Moglichkeiten  ausgeschlossen 
und  an  ihre  Stelle  eine  bestimmter  berechtigte,  d.  h.  eine 
Wahrscheinlichkeit,  gesetzt  worden  ist,  die  namlich,  dass  es 
nicht  das  Princip  des  Ranges,  sondern  vorwiegend  das  des 
Alters  war,  welches  bei  der  Auswahl  von  zweimal  sieben 
Ileprasentanten  menschlicher  Beruhmtheit  und  Bedeutsamkeit 
leitete.  Den  dafiir  in  dem  Sendschreiben  geltend  gemachten 
Motiven  musste  meinerseits  eine  um  so  grossere  Enipfang- 
lichkeit  entgegenkommen,  je  geneigter  inich  einer  so  modi- 
ficirten  Vorstellung  die  bereits  einige  Tage  fruher  von  mei- 
nem  Freunde  Brunn  eingegangene  briefliche  Mittheilnng 
gemacht  hatte,  welche  ich,  obwohl  sie  nicht  eigentlich  ffir 
die  Veroffentlichung  durch  den  Druck  niedergeschrieben  war. 
doch  nachstelu?nd  folgen  lassen  darf.  So  weit  uberhaupt 
auf  Stimmenzahlung  etwas  ankommen  Jtann,  ist  es  gewiss 
nicht  ohne  Interesse  und  nicht  ohne  WTerth,  dass  zwei  uiit 
demselben  Gegenstande  eingehend  und  sinnig  sich  beschaf* 
tigende  Gelehrte  gleichzeitig,  und  von  verschiedenen  Ans- 
gangspunkten  aus,  auf  dieselbe  Auffassung  gefuhrt  werden. 
Dem  einen  wird  die  von  Seitcn  der  litterarischen  Kritik  sich 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBRI. 


579 


ergebende  Bestatigung  so  erwiinscht  sein;  wie  dem  anderu 
die  aus  der  (iberaus  gliicklichen  Vergleichung  der  Dioskori- 
des-Hebdomaden  gewonnene.  Wird  uns  durch  diese  Minia- 
turen,  in  Verbindung  mit  dem  iiber  die  Varronische  Archi- 
tekten-Hebdomas  Bozeugten,  der  Gesichtskreis  mehrfach  er- 
weitert  (so  dass  wir  uns  z.  B.  selbst  davor  nicht  mehr  wiir- 
den  zu  scheuen  haben,  im  ersten  Buche  eine  mythische  Per- 
son,  und  noch  einmal  eine  mythische  Person  derselben  Kate- 
gorie  an  der  Spitze  der  in  einem  spatern  Buche  entsprechen- 
den  Hebdomas  anzunehmen),  so  bringt  freilich  der  neue 
Standpunkt  auch  neue  Schwierigkeiten  mit  sich.  Aber  dass 
wir  jetzt  die  romischen  Gegenbilder  der  mythischen  Grie- 
chen,  in  Ermangelung  einer  uns  irgend  vergleichbaren  my- 
tbischen  Tradition  der  Romer,  noch  weniger  errathen  konnen, 
begriindet  doch  keinen  richtigen  Einwand  gegen  die  an  sich 
so  ansprechende  und  einleuchtende  Auffassung.  Ob  wir  im 
einzelnen  noch  weiter  kommen  werden,  muss  die  Zukunft 
lehren;  fiir  den  Augenblick  scheint  die  Leistungsfahigkeit 
der  subjectiven  Combination  wohl  erschiipft,  und  gerathen, 
die  Fragen  eine  Zeit  lang  ruhen  zu  lassen,  deren  Beantwor- 
tung  sich  nun  einmal  nicht  erzwingen  lasst. 

F.  Ritschl. 

2.*) 

 Ehe  noch  das  'viribus  unitis*  Ihres  neuesten 

Programms  mir  unsere  Gesprache  iiber  Varro's  Imagines  ins 
Gedachtniss  zuruckrief,  hatten  sich  meine  Gedanken  diesem 
Thema  schon  mehrfach  wieder  zugewendet.  Was  denn  nun 
eigentlich  Varro  *lineis  praestitit\  zu  fragen,  musste  mir  als 
Archaologen  natiirlich  nahe  liegen.  Die  Antwort  auf  die 
Frage  zu  finden,  wenn  ich  sie  gesucht  hiitte,  wiire  mir  in- 
dessen  schwerlich  gelungen.  Und  doch  glaube  ich  sie  jetzt 
da  gefunden  zu  haben,  wo  ich  sie  zunachst  hatte  suchen 
sollen.    Freilich  nicht  eine  directe  Antwort,  sondern  nur 

*)  [Daas  Brunn  die  hier  autgestellten  Ansichteu  uber  daa  Einzolne 
jetzt  aufgegeben  bat,  zeigt  sein  Auffeatz  iiber  Corneliua  Nepos  in  den 
SitzungBberichten  der  Bayr.  Akad.  1875  I  p.  311  E    C.  W.J 

37  • 


680 


UEBER  VARRO  S  IMAGINVM 


eine  hypothetische,  mit  der  wir  uns  aber  bei  dem  ganzen 
hypothetischen  Wiederaufbau  des  Varronischen  Werkes  zu- 
nachst  wohl  begniigen  diirfen.  Ehe  ich  meine  Quelle  nenne, 
darf  ich  an  Sie  wohl  die  Frage  richten,  ob  es  wahrschein- 
lieh,  dass  zu  dem  Text  der  700  illustrium  aliquo  modo,  der 
wohl  schwerlich  700  Bliitter  fiillte,  auch  noch  eben  so  viele 
Blatter  mit  Abbildungen  gefiigt  gewesen  seien?  Ich  glaube, 
dass  es  Ihnen  weit  erwilnschter  sein  wird,  wenn  Sie  die  Zahl 
auf  100  reduciren  diirfen  —  fiir  jede  Hebdomas  ein  Blatt 
474  Weiter  darf  ich  auch  noch  auf  die  Worte  bei  Plinius  hin- 
weisen:  noti  passus  interciderc  figuras.  Ich  mochte  sagen: 
allen  Respect  vor  dem  Ungeschick  des  Plinius!  aber  sind 
nicht  hier  Portratfiguren*)  eben  so  sehr  am  Platze  ata 
Kbpfe,  an  die  wir  zu  denken  nur  zu  leicht  gewohnt  sind? 
Und  nun  nehmen  Sie  Viscontrs  griechische  Iconographie  zur 
Hand,  um  sich  auf  Tafel  34  und  35  an  dem  Anblick  zweier, 
zwar  nicht  Varronischer,  aber,  wie  mir  scheint,  im  Sinne  der 
Varronischen  zusammengestellter  Hebdomaden  zu  erfreuen.  Sie 
sind  den  Miniaturen  der  Wiener  Handschrift  des  Dioskorides 
aus  dem  ftinften  Jahrhundert  entnommen;  die  Erfindung 
der  Bilder  jedoch  gehort  offenbar  einer  altern  Zeit  an.  Dar- 
gestellt  sind  Botaniker  und  Mediciner,  auf  dem  ersten  Blatte 
in  der  Mitte  der  obern  Reihe  Chiron,  links  von  oben  nach 
unten  Machaon,  Pamphilus,  Xenokrates,  rechts  Nigros  (Sex- 
tius  Niger),  Heraklides  und  Mantias;  auf  dem  zweiten  in  der- 
selben  Ordnung  Galen;  Krateuas,  Apollonius  und  Andreas; 
Dioskorides,  Nikander  und  Rufus.  Dass  die  Erfindung  nach- 
varronisch  ist,  zeigen  auf  den  ersten  Blick  Galen  und  Pios- 
korides,  so  wie  die  Vermischung  von  Griechen  und  Romern. 
Aber  auf  die  Frage:  wie  verfiel  man  auf  eine  solche,  doch 
gewiss  nicht  zufallige  Anordnung?  ist  gewiss  die  einfachste 
Antwort:  durch  das  Beispiel  des  Varro.  Und  umgekehrt 
weiss  ich  nicht,  was  man  von  den  Varronischeu  Bildern  an- 
deres  verlangen  soll,  als  uns  diese  in  ihrer  sputen  Ausfuhrnng 
immer  noch  hinlanglich  charaktervollen  Figuren  bieten. 

*)  Dass  Aeneaa  in  ganzer  Figur,  nicht  im  Brustbild  dargestellt 
war  nach  derf  "nvAyeidentigen  Beischreibuug  des  Lydus,  wurde  scJion 
Kh.  Mua.  XII  p.  lf»3  foben  p.  f>28j  ausdrucklich  hervorgthoben.   F.  R 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBRI.  581 


Ich  lasse  niir  also  vorliiufig  daran  geniigen,  und  wende 
oiich  f&r  jetzt  lieber  Ihrem  neuesten  Programni  zu,  fiir  wel- 
ches  ich  meinen  Dank  nicht  durch  ein  einfaches  plaudite, 
sondern  durch  allerlei  Bedenken  bekunden  will,  die  doch 
vielleicht  noch  zu  weiteren  Aufklarungen  fiihren  konnen.  Sie 
betreffen  zunachst  die  Hebdomas  der  Bildhauer,  in  welcher 
Sie  nach  Mercklin's  Vorgang  dem  Pythagoras  von  Samos 
eine  Stelle  angewiesen  haben.  *)  Die  Beziehung  der  Notiz 
des  Plinius,  dass  er  dem  bekannten  Rheginer  Pythagoras 
facie  quoque  indiscreta  iihnlich  gewesen,  blendet  allerdings, 
aber  ich  ftlrchte  —  sie  verblendet.  Ist  er  nicht  gar  zu  un- 
benihmt?  Sie  werden  mir  den  ganz  unbekannten  Menekrates 
unter  den  Architekten  entgegenhalten.  Aber  tiber  die  Bild- 
hauer  stehen  uns  denn  doch  weit  reichlichere  Quellen  zu 
Gebote.  Fassen  Sie  den  weitverbreiteten  Ruhm  eines  Phi- 
dias,  Polyklet,  Myron,  des  Itheginer  Pythagoras,  des  Praxi- 
teles  uud  Lysipp  ins  Auge:  wie  bestimmt  treten  sie  bei  Pli- 
nins  als  die  gewaltigsten  aus  der  (ibrigen  Masse  heraus!  Bei 
dem  uns  unbekannten  Tclephanes  heisst  es  dann  ausdriick- 
lioh:  'artifices  qui  compositis  voluminibus  condidere  haec, 
miris  laudibus  celebrant  Telephanem',  und  der  Mangel  weit- 
verbreiteten  Ruhmes  wird  noch  ausserdem  scharf  motivirt. 
Erscheint  daneben  das  fuit  ct  alius  P.,  cuius  signa  —  laudata 
sunt  nicht  uberaus  matt,  wahrend  doch  hier  die  Gleichnamig- 
keit  bei  beabsichtigter  Gleichstellung  des  Verdienstes  einen 
Uebergang  wie  vicit  — ,  gloria  certat  gerade  nach  der  sonst 
bekaunten  Manier  des  Plinius  dringend  erfordeni  wiirde? 
Oegen  diese  Bedenken  erscheint  mir  die  Vergleichung  der 
facies  indiscreta  von  untergeordneter  Bedeutung;  und  ich 
glaube,  Sie  sclbst  wQrden  sich  weniger  schnell  der  Meinung 
Mercklin's  angeschlossen  haben,  wiire  Ihnen  nicht  die  Erwei- 
terung  dieser  Hebdomas  um  eineu  Namen  nach  einer  andem 
Seite  hin  willkommen  gewesen:  naralich  um  wiederum  einem 
den  beriihmtesten  Namen,  fiir  das  erste  Varronische  Buch 


*)  Bereits  von  mir  eelbet  zuriickgenommen  Rh.  Mua.  XIII  p.  318 
[oben  p.  564],  wo  dem  Phidiaa  der  Ehrenplatz  in  seiner  Kflnstler-Heb- 
domas  Belbst  wieder  eingeraumt  worden.  F.  R. 


582  •  UEBER  VARROS  IMAGINVM 


auszuscheiden.  Die  Aufnahme  von  vierzehn  Portrats  in  das- 
selbe,  den  vierzehn  folgenden  Biichern  entsprechend,  hat 
meinen  vollsten  Beifall,  aber  —  Phidias  hat  unter  denselben 
meiner  Ansicht  nach  schwerlich  eine  Stelle  gefunden.  Fur 
mich  steht  allerdings  der  Ruhm  des  Phidias  erhaben  uber 
dem  aller  andern  Kunstler:  wie  wenig  sich  jedoch  selbst  in 
unsern  Tagen  diese  Ueberzeugung  Bahn  gebrochen  hat,  kann 
ihnen  meine  im  Rhein.  Museum  gefiihrte  Polemik  tiber  Pra- 
xiteles  zeigen.  Tm  Alterthum  scheint  dies  noch  weniger  der 
Fall  gewesen  zn  sein.  Vergleichen  Sie  dartSber  die  Drtheile 
bei  Quintilian  (XI,  10),  wo  es  z.  B.  von  Polyklet  heisst: 
fcui  quamquam  a  plerisque  tribuitur  palina';  vergleichen  Sie 
mit  dem  Ausspruche  bei  Plinius:  cIovem  Olympium  quem 
nemo  aemulatur',  das  Urtheil  Strabos  (VIII  p.  £72)  iiber 
die  Te'xvr|  des  Polyklet;  und  endlich  beachten  Sie,  wie  eng 
bei  Plinius  die  Urtheile  gerade  ttber  Phidias,  Polyklet,  My- 
ron  u.  s.  w.  zusammengeschlossen  sind.    Hiernach  scheint 
Phidias  besonders  geeignet,  den  Ehrenplatz  unter  den  Sieben 
(nach  Analogie  der  obigen  Miniaturen)  einzunehmen;  aber 
loslosen  lilsst  er  sich  meinem  GefQhl  nach  von  ihnen  nicht. 
Und  nun  noch  eine  Schwierigkeit:  gestehen  Sie  offen*),  ob  es 
476  Ihnen  trotz  des  eartificum  minurae  i  m  probabilis '  nicht  recht 
schwer  geworden  ist,  an  eiue  Gegeniiberstellung  des  Phidias 
und  —  Decius  gerade  im  ersten  Buche  zu  denken.  Mit 
Chares  mochte  man  diesen,  aber  schliesslich  doch  nur  zu 
seinem  Nachtheil  vergleichen;  aber  mit  Phidias?  Ich  denke, 
ich  befreie  Sie  aus  dieser  Verlegenheit,  indem  ich  in  das 
erste  Buch  statt  das  Phidias  keinen  andern  setze  als  — 
leider  muss  ich  den  Namen  des  Dadalus  und  meinen  ganzen 
Schluss  wieder  streichen:  dcnn  Diidalus  hat  ja  seinen  festen 
Platz  im  zehnten  Buche  unter  den  Architekten.    Aber  wie 
so  oft,  thut  vielleicht  der  Name  nichts  zur  Sache;  und  so 

*)  Ich  kann  das  um  so  unbefangener,  jc  wcniger  ich  verhehlt 
habe,  wic  schwer  es  mir  ward,  sei  es  an  diesen  fDecius*,  sei  es  an 
den  a.  a.  0.  nachtraglich  besprochenen  vermeintlichen  'Coponius'  ernst- 
haft  zu  glauben.  Wo  sich  so  gar  keine  Hiilfe  zeigeu  will,  verechmitt 
man  es  nicht  selbst  einen  Strohhalm  zu  ergreifen,  um  ihn  —  in  dem- 
selben  Augenblicke  auch  wieder  fahren  zu  lassen.  F.  K. 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBRI. 


583 


verzweifle  ich  nicht,  Sie  auf  einem  kleinen  Umwege  doch 
noch  zu  fast  demselben  Ziele  zu  fiihren.  Es  handelt  sich 
dabei  hauptsiichlich  um  den  Charakter  des  ersten  Buches 
der  Imagines.  Mit  voller  Sicherheit  vermogen  wir  demselben 
nur  das  Bild  des  Homer  zuzuweisen,  auf  dem  wiederum  die 
Annahme  beruht,  dass  hier  die  Koryphiien  der  sieben  (Dop- 
pel- )  Abtheilungen  vereinigt  gewesen.  Sehr  annehmbar  ist 
indessen  lhre  Annahme,  dass  eben  dort  Aeneas  (und  ihm 
entsprechend  etwa  Phoroneus,  Deukalion,  Kekrops)  seine 
Stelle  gefunden  habe  —  als  TrpOTrdTUJp  oder  dpxnTCTnc  des 
italischen  Geschlechts.  Nur  wird  auf  diese  Weise  das  erste 
Bach,  wenigstens  scheinbar,  doppelartig:  die  Einheit  liisst 
sich  jedoch  leicht  herstellen,  sofern  wir  Homer  nicht  zunachst 
als  den  grossten  Dichter,  sondern  als  den  Vater  der  hel- 
lenischen  Dichtkunst  auffassen,  und  diesen  einheitlichen  Be- 
grirt"  der  TTpoTrdTopec  und  dpxnYtTai  alsdann  auf  das  ganze 
Buch  ttbertragen.  Manche  Einzelheiten  in  Ihren  Annahmen 
mussten  dadurch  allerdings  wesentlich  modificirt  werden,  und 
statt  der  Namen  eines  Demosthenes  und  Cicero,  Aristarch 
und  Stilo  Praeconinus  konnte  wohl  beispielsweise  unter  an- 
deru  Kadmus  als  Erfinder  der  Schrift  und  Tages  als  der 
Grunder  etruskischer  Satzungen  auftauchen.  Aber  Aeneas 
selbst  und  Homer,  dann  Diidalus  unter  den  Architekten,  und 
etwa  Chiron  und  Machaon  in  den  Miniaturen  zum  Diosko- 
rides  miissen  uns  wenigstens  den  Muth  geben,  vor  ganz  oder 
halb  mjthischen  Personlichkeiten  nicht  zurflckzuschrecken. 
Doch  diese  Gedanken  weiter  zu  verfolgen,  wenn  Sie  es  fiir 
der  Miihe  werth  erachten,  iiberlasse  ich  am  liebsten  Ihnen 
selbst.  Mir  liegt  zunachst  nur  noch  ob  anzudeuten,  wen  ich 
fiir  geeignet  halte,  statt  des  Diidalus  als  Urvater  der  Kunst 
im  ersten  Buche  hingestellt  zu  werden.  Ich  nenne  nicht 
ohne  eine  gewisse  Zuversicht:  Butades  von  Sikyon.  Die 
Nachrichten  ilber  ihn  bei  Plinius  35,  151  —  153  sind,  wie  ich 
in  der  Geschichte  der  Kiinstler  I  p.  403  gezeigt  habe,  durch 
zwei  Einschiebsel  iiber  Rhokus  und  Theodorus  und  iiber  4tt 
Lysistratus  in  drei  StUcke  zerrissen.  Betrachten  wir  sie  im 
Zusammenhange,  so  muss  auffallen,  mit  welchem  Nachdrucke 
Plinius  gerade  diesen  KUnstler  behandelt:  cfingere  ex  argilla 


t 


584  UEBER  VARRO?S  IMAGINVM 

similitudines  primus  iuvenit . . .,  Butadis  inventum  est..., 
primusque  . .  imposuit;  propter  hunc  plastae  appellati.'  Na- 
mentlich  der  Schluss:  fIdem  et  de  signis  effigies  exprimere 
invenit,  crevitque  res  in  tantum  ut  nulla  signa  statuaeie  sine 
argilla  fierent;  quo  apparet  antiquiorem  hanc  fuisse  srientiam 
quam  fundendi  aeris.'  Woher  dieser  Nachdruck  ?  Ich  glaube 
es  gentigt  folgende  Worte  herzusetzen:  34,  54  flber  Phidias 
fprimus  artem  toreuticen  aperuisse  atque  demonstrasse  me- 
rito  iudicatur';  §  56  tiber  Polyklet  *hic  consummasse  haDC 
scientiam  iudicatur  et  toreuticen  sic  erudisse  ut  Phidias  ape- 
ruisse':  Urtheile,  die  aus  Varro  und,  wie  wir  wenigstens 
annehmen,  aus  den  Imagines  entnommen  sind.    Konnen  Sie 
dazu  fiir  den  dcaYurriKOC  etwas  passenderes  verlangen,  ak 
uns  in  dem  Urtheil  ilber  Butades  dargeboten  wird?  —  Die 
Frage,  wer  von  den  Romern  ihm  gegenaberzustellen  sei, 
weiss   ich   fur  jetzt  nicht  zu  beantworten.     Nur  warnen 
mochte  ich  vor  jenem  Turianus  oder  Volcanius,  von  dem 
bei  Plinius  35,  157  die  Rede  ist;  denn  die  Worte  praeterea 
elaboratam  hanc  artem  Italiac . .  .  scheinen  mir  im  engsten 
Zusammenhange   mit  dem  Einschiebsel  §  152  zu  stehen, 
welches  schliesst:  ab  iis  Italiae  traditam  plasticen.  Doch  ich 
gerathe  auf  ein  fftr  unsere  Zwecke  zunachst  ziemlich  fern- 
liegendes  Thema:  die  Untersuchungen  flber  die  verschiedenen 
Recensionen  des  Plinianischen  Werkes,  iiber  welches  ich 
wohl  spater  einmal  mich  einigermassen  systematisch  zu  ver- 

breiten  nicht  iibel  Lust  hatte  

Rom,  6.  Miirz  1858.  H.  Brunn. 


VU.    L.  URLICHS'  EXCURS  ZU  PLINIUS  XXXV,  11*). 

606  Plin.  XXXV,  11:  Imaginum  amorem  flagrasse  quondam 
testes  sunt  Atticus  ille  Ciceronis  edito  de  iis  volumiue,  M. 
Varro  benignissimo  invento  insertis  voluminum  suorum  fe- 
cunditati  septingentorum  illustrium  aliquo  modo  imaginibus, 
non  passus  intercidere  figuras  aut  vetustatem  aevi  contra 

*)  [Aus  dem  Rhein.  Mus.  f.  Philol.  N.  F.  Bd.  XIV  p.  606-612] 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBBI. 


585 


homines  valere,  inventor  niuneris  etiam  dis  invidiosi,  quando  607 
immortalitatem  non  solum  dedit  verum  etiam  in  omnes  ter- 
ras  misit,  ut  praesentes  esse  ubique  ceu  di  possent. 

In  meiner  Chrestom.  Plin.  p.  337  habe  ich  ttber  Varro's 
'Erfindung'  folgende  Aeusserung  gethan:  Mie  Erfindung  be- 
stand  nicht  etwa  in  einer  mechanischen  Veryielfaltigung, 
sondern  in  der  Beigabe  von  Zeichnungen,  die  jedesmal,  wenn 
das  Buch  abgeschrieben  wurde,  nachgebildet  werden  konnten, 
ohne  dass  man  auf  das  Aufsuchen  der  Bilder  selbst  Zeit  und 
Muhe  verwendete/.  *)  Diese  Erklarung  nennt  Mercklin  im 
Philol.  XIII  p.  750  zwar  eine  fsehr  einfache  und  fttr  den 
Grammatiker  iiberzeugende ',  setzt  ihr  aber  folgende  zwei 
Einwttrfe  entgegen  r  1  die  Anerkennung  dieses  Ausspruchs  wird 
davon  abhangen,  ob  man  zuzugeben  hat,  dass  dergleichen 
ikonische  Ausstattung  litterarischer  Werke  bisher  unbekannt 
war,  so  dass  Varro  der  Erfinder  derselben  heissen  konnte, 
und  ob  eine  solche  Ausstattung  auf  den  Namen  eines  benig- 
nissimum  inventum  und  munus  etiam  dis  invidiosum  auch  in 
der  hyperbolischen  Sprache  des  Plinius  Anspruch  hat.' 

Was  nun  zuerst  die  Hyperbeln  betrifft,  so  kann  ich  in 
dem  ersteren  Ausdruck  gar  keine  Hyperbel  erkennen;  denn  w- 
ventum,  ein  Wort,  das  Plinius  sehr  liebt,  bedeutet  nicht  eine 
neue  Erfindung,  die  vieles  Kopfbrechen  erforderte,  sondern 
Qberhaupt  jeden  Einfall,  der  etwas  Neues  enthalt  und  dieses 
m  den  Gebrauch  einfiihrt.  Ich  brauchc  nicht  darauf  zu  ver- 
weisen,  dass  16,  41  der  Gebrauch  Wein  nttchtern  zu  trinken, 
28,  62  die  Eunst  den  Athem  anzuhalten,  31,  40  die  Ab- 
kflhlung  des  Wassers  durch  Schnee  eine  Erfindung  genannt 
wird,  und  begnttge  mich  unsere  Stelle  selbst  anzuftthren. 
Wenn  die  Aufstellung  von  plastischen  Bildnissen  in  einer 
offentlichen  Bibliothek  eine  Erfindung  des  Asinius  Pollio 
heisst  §  9  und  10,  wie  unterscheidet  sich  diese  von  dem 
Gedanken  Varro  s,  solche  und  andere  Portrats  seinem  Buche 
einzuverleiben?  Doch  nur  darin,  dass  sie  gemeinntttziger 
imd  den  Gefeierten  wohlthiitiger.    Denn  wahrend  man  zu 


*)  Mit  Besch&mung  gestehe  ich,  dass  ich  die  Heraasgabe  der 
Hebdomad€8  44  atatt  39  v.  Ch.  angesetzt  habe. 


1 


Digitized  by  Google 


586 


UEBER  VARRO'8  IMAGIKVM 


Plinius'  Zeit  plastische  Werke  sunto  figurarum  discrimine  (§4) 
6ot>  aufstellte,  da  die  Portratinalerei,  qua  maxime  similes  in  aeeum 
propagabantu r  figurae,  zu  Grunde  gegangen  war,  hatte  Varro 
intercidere  figuras  verhiltet  und  dadurch  sein  inventum  als 
benignissimum  gegen  die  Abgebildeten  erwiesen. 

Der  zweite  Ausdruck  ist  allerdings  hyperbolisch ;  er  bleibt 
es  aber  gleich  sehr,  mag  man  an  eine  technische  Erfindung 
denken,  welche  man  wolle.  Denn  nicht  auf  den  Kupferstich, 
Holzschnitt,  Wachsabdruck  brauchten  die  Gotter  neidisch  zu 
sein,  sondern  darauf,  dass  die  Menschen  gottahnlich  wurdeD. 
Wahrend  sonst  Kunste  und  Wissenschaften  Unsterblichkeit 
verliehen  (14,  4),  insbesondere  die  Schrift  und  das  Schreib- 
material,  qua  cotistat  immortalitas  hominum  (13,  70),  und  die 
Scliriftsteller  (praef.  §  25)  eben  nur  immortales  animae  sich 
erhielten,  gab  Varro  leiblichen  Menschen,  indem  er  ihre  Ziige 
nachbildete  wie  er  ihre  Verdienste  beschrieb,  korperliche  wie 
geistige  Unsterblichkeit,  und  mehr  als  das,  Allgegenwart^  ein 
Vorrecht  der  Gotter.  Wie  man  von  diesen  glaubte,  omnibus 
ncgotiis  horisque  intcresse  (28,  27),  so  glaubte  man  auch,  dass 
sie  allein  iiberall  gegenwartig  waren,  wie  2,22  von  Fortuna 
und  hier  von  allen  Gottern  ausgesagt  wird.  Varro  verlieh 
also  den  berilhmten  Menschen  Gaben,  worauf  die  Gotter  nei- 
disch  werden  konnten.  Wahrend  ihre  Gesichtsziige  in  Erz 
oder  Marmor  vor  der  Zerstorung  oder  Verwechselung  nicht 
sicher  waren,  gab  er  ihnen  durch  die  mit  der  Unterschrift 
versehene  Abbildung  eine  Unsterblichkeit,  welche  den  Leben- 
den  die  Gotter  selbst  nicht  gewiihren  konnten  (2,  27),  und 
indem  er  Exemplare  seines  Buchs  in  alle  Welt  ausgehen 
liess,  eine  Allgegenwart,  welche  sie  von  nun  an  mit  den 
Gottern  theilten.  Was  an  diesem  Urtheil  hyperbolisch  ist, 
das  bleibt  so,  wie  auch  die  Abbildung  beschaffen  gewesen 
sein  moge.  Es  erhellt  also,  dass  der  davon  hergenommene 
Einwurf  Mercklin  s  nicht  meine  Auffassung  allein,  sondern 
jede  mogliche  trifft 

Was  den  zwciten  angeht,  so  ist  es  nach  einer  einfachen 
logischen  Regel  des  Behauptenden  Sache,  den  Gegeubeweis 
zu  fiihren:  ich  kann  nur  sagen,  dass  mir  eine  friihere  ahn- 
liche  Ausstattung  mit  Portrats  unbekaunt  isi  Offenbar 

■ 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBKl. 


587 


spricht  Plinius  von  etwas  Neuem:  er  weiss  nicht  einnial,  ob 
mau  in  den  Bibliotheken  von  Alexandrien  und  Pergamus  die 
Bilder  von  Schriftstellern  aufstellte,  und  versichert,  in  Rom 
habe  es  Asinius  Pollio  zuerst  gethan.  Dass  es  viele  einzelne 
Portraits  auch  in  Bibliotheken  gab,  unterliegt  keinem  Zweifel 
(vgl.  z.  B.  Cicero  an  Atticus  4,  10);  aber  es  handelt  sich 
um  eine  vollstandige  plastische  Suite,  auch  der  nur  aus  der 
Phantasie  herstellbaren  Bildnisse.  In  Griechenland  namlich 
bestanden  die  Reihen  von  Portriits  in  Gemalden,  wie  der 
sicilischen  Konige.  In  der  Litteratur  aber  war  Varro's  iko- 
nisches  Unternehmen  nach  Plinius'  Versicherung  neu,  offen- 
bar  war  dem  Letztern  kein  fruheres  bekannt.  Hatte  nun 
Varro  eine  technisohe  Erfindung  gemacht,  so  wiirde  Plinius, 
der  gerade  auf  alle  Erfindungen  sehr  aufmerksam  ist,  sie 
gewiss  beschrieben  oder  wenigstens  bezeichnet  haben.  Wenn 
sich  nun  dieses  dem  Plane  nach  neue  Werk  auch  in  der 
Ausfuhrung  von  allen  ahnlichen  Arbeiten  unterschieden  hatte, 
so  wurde  es  unbegreiflich  erscheinen,  dass  wir  nichts  davon 
erfahren  und  dass  es  nicht  nachgeahmt  worden  ware.  Auch 
glaube  ich,  dass  alle  Versuche  ein  solches  neues  Verfahren 
zu  finden,  bloss  auf  der  friiher  verdorbenen  Lesart  beruhen, 
wonach  aliquo  modo  zu  imaginibus  gezogen  werden  musste. 

Dagegen  lasst  sich  nicht  behaupten,  dass  Varro's  Unter- 
nehmen  ohne  allen  iiussern  Anlass  und  ohne  alle  kiinstle- 
rische  Anregung  entstanden  war.  Jenen  gab  ihm  die  Biblio- 
thek  Pollio's,  wie  ihn  denn  schon  Caesar  s  Plan  und  Auftrag 
zu  ikonographischen  Untersuchungen  gefuhrt  haben  mochte. 
Da  Asinius  Pollio  seine  Bibliothek  von  der  parthinischen 
Beute  erbaute  und  tiber  die  Parthiner  im  J.  715  triumphirte, 
Varro  aber  seine  Hebdomades  im  78sten  Jahr  d.  h.  ebenfalls  im 
J.  715  oder  wenig  spater  verfasste,  in  der  Bibliothek  aber 
von  allen  Lebenden  allein  durch  ein  Bildniss  geehrt  wurde, 
so  glauben  wir  beide  Unternehmungen  muthmasslich  zusam- 
menbringen  und  annehmen  zu  durfen,  Varro  habe  fiir  Pollio 
die  Bildnisse  ausgewahlt  und  aufgesucht,  und  bei  dieser  Ge- 
legenheit  ein  Werk  weitem  Umfangs  ausgefuhrt,  wozu  er 
schon  durch  seine  vielleicht  fiir  Caesar  verfasste  TT€7rXoTpaqpia 
im  J.  710  (Cic.  an  Atticus  16,  11)  vorgearbeitet  hatte. 


588  UEBER  VARROS  IMAOINVM 

Kilnstlerische  Anregung  gaben  ihra  die  schon  vorher 
hekannten  illustrirten  Werke  botanischen  Inhalts,  die  Kruuter- 
6io  biicher  des  Krateuas;  Dionysios,  Metrodoros,  welche  wahr- 
scheinlich  samratlich  seine  altern  Zeitgenossen  waren.  Von 
Krateuas  wenigstens  ist  es  gewiss,  dass  er  zur  Zeit  Mithri- 
datfs  lebte  (Plin.  25,  62);  der  Letztere  aber  lebte,  wenn  er 
anders,  wie  es  scheint,  ein  Verehrer  des  Asklepiades  war, 
rait  Varro  gleichzeitig  in  Rom.  Vgl.  E.  Meyer  Gesch.  der 
Botanik  I  p.  250  ff.  Wenn  nun  diese  zuerst  ihren  Biichern 
Abbildungen  von  Pflanzen  beigaben,  und  nachher  Varro  seine 
Bilder  sammelte,  so  liegt  die  Vermuthung  sehr  nahe,  dass 
er,  indem  er  die  gesaminelten  Portrats  allgemein  bekannt 
zu  machen  sich  entschloss,  in  Bezug  auf  die  Ausfuhrung 
ihrem  Muster  folgte.  Wie  aber  fiihrten  sie  ihren  Plan  aus? 
Plinius  25,  8 :  r  pinxere  effigies  herbarum  atque  ita  subscrip- 
sere  effectus.  Verum  et  pictura  fallax  est  coloribus  tam 
nuraerosis,  praesertim  in  aemulatione  naturae,  multumque 
degenerat  transcribentium  sors  varia',  d.  h.  sie  raalten  die 
Pflanzen  oder  liessen  sie  malen,  und  diese  Malereien  wurden 
von  den  Abschreibern  nachgeahmt.  Also  ganz  dasselbe  Ver- 
fahren,  welches  wir  in  der  beriihmten  alten  Handschrift  des 
Dioskorides,  (d  Agincourt  VI  Tafel  31,  Lambecius  de  bibl. 
Vindob.  II  p.  211  ff.)  befolgt  sehen,  und  worauf  sich  Cassio- 
dors  Rath  an  seine  Mimche  (de  instit.  divin.  litt.  31)  stutzt, 
sie  sollten  die  Malereien  und  Beschreibungen  des  Dioskorides 
studiren  —  ein  Verfahren,  das  sich  zum  Holzschnitt  u.  s.  w. 
gerade  so  verhalt,  wie  ein  Manuscript  zu  einem  gedruckten 
Buche. 

Wenn  also  jene  Botaniker  den  Abschreibern  eine  Arbeit 
zumutheten,  die  sie  wirklich  geleistet  haben,  die  Abbildimgen 
in  ihren  Sehriften  nachzumalen,  wie  soll  es  uns  Wunder 
nehmen,  dass  Varro  iihnliches  that,  und,  um  mit  0.  Jahn 
Arch.  Ztg.  XIII  p.  221  zu  reden,  'neben  der  Menge  abschrei- 
bender  Sklaven  fdr  den  Buchhandel  auch  zeichnende  tind 
malende  gehalten  wnrden,  denen  die  Vervielfaltigung  solcher 
imagines  tibertragen  werden  konnte,  so  dass  an  Holz-  oder 
Metalldruck  zu  denken  keine  niihere  Veranlassung  gegeben 
ist*?    Bcsonders  da  es  an  Zeugnissen  der  Litteratur  nach 


Digitized  by  Google 


SIVE  HEBDOMADVM  LIBRL 


589 


Varro  keineswegs  fehlt.  Um  von  den  in  Bibliotheken  auf- 
gestellten  plastischen  Bildnissen  zu  schweigen,  verzeichnet 
nicht  Seneca  de  tranquill.  animi  9  ista  exquisita  et  cum  ima-  cn 
ginibus  suis  descripta*)  sacrorum  opera  ingeniorum  als  noth- 
wendige  Bestandtheile  einer  Prunkbibliothek?  nennt  nicht 
Martial  14,  180  einen  solchen  Codex  des  Vergilius:  rquam 
brevis  immensum  cepit  membrana  Maronem:  ipsius  vultus 
prima  tabella  gerit'?  haben  wir  nicht  endlich  noch  jetzt  in 
den  Miniaturen  des  Vaticans  und  anderer  Bibliotheken  solche 
Portrats  vor  uns,  welche  zum  Theil  selbst  in  der  Siebenzahl 
der  dargestellten  Figuren  an  Varro  s  Vorgang  erinnern**)? 

Es  bleibt  nun  die  Frage  nach  der  ikonischen  Fassung 
der  Hebdomades,  welche  Mercklin  beantwortet  wissen  will. 
Zuvorderst  scheint  festzustehen,  dass  die  Bilder  aus  ganzen 
Figuren  bestanden.  Denn  nicht  allein  erscheinen  mit  Aus- 
nahme  des  Terentius  die  in  der  Note  angefuhrten  Abbil- 

*)  D.  h.  abgezeicbnet  oder  copirt,  wie  bei  Plin.  ep.  4,  28  exscri- 
bendas  pingendasque,  Vitruv.  8,  5  exemplar  descriptum.  Bei  Juvenal  9, 
145,  den  Jahn  anfuhrt,  iat  von  eigentlichen  Gemalden  die  Rede,  wie 
die  Gegenuberatellung  des  caelator  und  die  Nichterwahnung  des  Ab- 
schreibere  zeigt. 

**)  Den  sitzenden  Virgil  aus  dem  12.  oder  13.  Jahrh.  bei  Visconti 
icouogr.  Rom.  tv.  XIII  uud  treuer  bei  d'Agincourt  Tafel  LXIII;  das 
Brustbild  des  Terentius  in  dem  Mscpt.  des  Vaticans  n.  3668  aus  dem 
9.  Jahrh.  (d'Agincourt  Tf.  XXXV),  welches  freilich  fast  ganzlich  uber- 
mult  ist  (Visconti  ebd.  I  p.  316);  den  sitzenden  Dioskorides  in  dem 
Wiener  Codex  bei  d'Agincourt  Tf.  XXVI,  weniger  treu  bei  Visconti 
icou.  Grecque  I  t.  XXXVI;  den  sitzenden  Hippokrates  in  der  Pariser 
Bibliothek  aus  dem  14.  Jahrh.  bei  Visconti  icon.  Grecque  I  t.  XXXIIa. 

Zweifelhaft  ist,  wie  sich  Atticus'  Arbeit  zu  der  Varronischen  ver- 
hielt.  Wenn  man  aus  Cornelius  Nepos  Worteu  Att.  18  entnehmen 
mSchte,  dasB  Atticus  ein  Werk  herausgab,  worin  er  unter  den  ver- 
schiedenen  Portriits  Heudekasyllaben  (denn  aus  quaternis  quinisque 
versious  folgt,  dass  es  keine  Distichen  waren)  setzte,  so  schliesst  der 
Gegensatz  bei  Plinius  edito  de  iis  volumine  und  das  Asyndeton  bei  dem 
Bilderbuche  Varros  diese  AufTassung  aus.  Da  wir  nun  aus  Cicero  an 
Att.  1,  16, 15  wissen,  dass  Atticus  in  seinem  Amaltheion  ein  Epigramm 
zu  Cicero'8  Ehren  anbrachte,  so  scheint  es  am  gerathensten  mit  J.  F. 
Gronov  anzunehmen,  dass  diese  Verse  alle  unter  die  im  Amaltheiou 
befindlichen  Bildnisse  gesetzt  wurden,  und  dass  das  Buch  de  imaginibus 
vielleicht  diese  Verse,  sicher  aber  keine  Abbildungen  enthielt. 


590 


UEBER  VARRO'8  IMAGINVM 


dungen  so  (vgl.  Brunn  Rhein.  Mus.  XIII  p.  474  [oben  p.  580]), 
sondern  es  wird,  wie  Ritschl  XII  p.  153  [oben  p.  528]  be- 
merkt,  das  Bild  des  Aeneas  bei  Laur.  Lydus  de  magistr.  1, 12 
ausdriicklich  so  beschrieben.  In  BetrefF  der  Vertheilnng  hat 
Brumrs  Vermuthung,  jede  Hebdomas  habe  ein  eigenes  Titel- 
6i2  blatt  mit  sieben  Figuren  gehabt,  viel  Ansprechendes,  beson- 
ders  weil  dadurch  in  Bezug  auf  den  Text  Raum  gewonnen 
wird:  im  ubrigen  versagen  unsere  Quellen  die  Antwori 
Aus  der  Erwahnung  des  Emblems  einer  weissen  Ziege  bei 
Gellius  III,  11  lasst  sich  wohl  auf  Anwendung  von  Farben 
schliessen,  aber  sie  konnten  sehr  einfach  (weiss  auf  dunklem 
Grunde)  angebracht  sein.  Die  schwarzen  Beinschienen  des 
Aeneas  bei  Lydus  gehoren  diesem  an,  das  Costiim  bei  Varro 
war  einer  Statue  entlehnt;  und  das  Relief  auf  dem  Titel- 
kupfer  zu  Sante  Bartolis  sepolcri  antichi  ist  verschollen,  so 
dass  von  seiner  Aechtheit  sich  nicht  urtheilen  lasst  (s.  Raoul 
Rochette  peint.  anciennes  p.  339).  Auch  folgt  aus  der  Ge- 
genflberstellung  der  Malerei  und  Varro's,  den  sie  mit  den 
Worten  FAXIS  VARRO  ermuntert,  nicht  nothwendig,  dass 
er  alle  ihre  Farben  entlehnt  habe.  Auf  der  andern  Seite 
ist  man  geneigt,  den  Vorgang  der  Botaniker  und  das  Bei- 
spiel  der  Miniaturen  auf  sein  Werk  anznwenden,  und  ich 
selbst  neige  zu  dieser  Meinung;  aber  bis  jetzt  ist  zu  einer 
bestimmten  Behauptung  kein  ausreichender  Grund  gegebeu. 
Nur  so  viel  steht  fest,  der  Vervielfaltigung  des  Werkes  steht 
keine  Annahme  im  Wege.  Mochte  Varro  selbst  colorirte 
Abbildungea  geben,  mochte  er  zwischen  Gemiilden  und  Sta- 
tuen  als  seinen  Mustern  unterscheiden  oder  nicht,  die  Nach- 
bildungen  werden  dennoch  verschieden  ausgefallen  sein:  in 
einigen  bimt,  in  andern  einfarbig  nachgezeichnet,  in  andeni 
ganz  ausgelassen  worden  sein,  wie  ja  in  unsern  Uandschriften 
Vitruv's  die  Zeichnungen  fehlen. 

Lydus'  Stelle  lehrt  uns,  dass  Varro  seine  Quellen  sorg- 
faltig  angab,  und  dass  diese  ebensowohl  Gemiilde  als  Statuen 
waren.  Wir  werden  daher  nicht  anstehen,  die  Erwiihnuugeu 
von  beiderlei  Portriits  in  Rom,  welche  wir  bei  Festus,  Pli- 
nius  u.  A.  tinden,  auf  die  Hebdomaden  zurUckzufUhren,  und 
dadurch  auch  auf  die  dargestellten  Personen/sJie  Triunipha- 


Digitized  by  Google 


SIVE  nEBDOMADVM  LIBRI. 


591 


toren  M.  Fulvius  Flaccus  und  L.  Papirius  Cursor  (Festus  v. 
picta),  Phamaces,  Mithridates  (Plin.  33,  151),  Hannibal  u.s.w. 
zu  schliessen.  Denn  dass  Varro  eine  Hebdoraade  Africaner, 
eine  andere  von  asiatischen  Konigen  aufgestellt  habe,  ist  mir 
bei  dem  Versuch  einer  Herstellung  der  beiden  ersten  Hebdo- 
maden  wahrscheinlich  geworden.  Aber  wer  wird  in  Ritschls 
Pro?iuz  iibergreifen  ? 


VUI.   MORIZ  SCHMIDTS  BEMERKUNG  ZU  VARRO'S 

HEBDOMADES.  *) 

Fiir  Varro's  Hebdomadcs  sind  aus  Hygin  zu  gewinnen  sdb 
die  drei  Abschnitte  CCXXI  scptcm  sapientcs,  CCXXII  scptcm 
lyrici,  CCXXIII  septem  opcra  mirabilia,  welche  in  das  erste 
Buch  gehorten,  wie  aus  Gellius  N.  A.  III,  10  p.  125,  16  Htz. 
erhellt:  frujidiuscida:  vcluti  septem  opera  csse  in  orbc  terrac 
miranda  et  sapientes  itcm  vctcrcs  scptcm  fnlssc.  Dass  fur  die 
septetn  sapientcs  Demetrius  Phalereus,  den  auch  Didymus  be- 
nutzte,  Varros  Quelle  war,  wie  wiederum  Varro  fiir  Apol- 
linaris  Sidonius  carm.  XV  p.  319  ed.  Savar.  (Par.  1598),  ist 
Didym.  p.  374  angedeutet  Vielleicht  haben  wir  also  in  den 
Versen  bfei  Hygin  'Optimus  induperabit'  ein  poetisches 
Fragment  Varros.  Gellius  ftihrt  fort:  et  currmda  iudorum 
cxrcensium  sollcmnia  septem  cssc.  Hierauf  spielt  an  Theodoricus 
ap.  Cassiodor.  epist.  51  de  circo  maximo  p.  56,  ausgeschrieben 
von  Montfaucon  Diar.  Ital.  p.  181:  'septein  metis  certamen 
omne  peragitur  in  similitudinem  hebdomadis  reciprocae.' 
Ueber  die  septem  orbis  terrac  miracula  ist  zuletzt  gehandelt 
von  F.  Haase  de  Gregorii  Turonensis  episc.  libro  ,de  cursu 
stellarum,  Vratisl.  1853,  p.  29,  wo  auch  auf  Montfaucon  Diar. 
Ital.  p.  272  verwiesen  werden  konnte:  aus  Hygin  lernen  wir 
wenigstens  so  viel,  dass  die  dort  gegebene  Auswahl  die  Var- 
ronische  ist,  wenn  wir  gleich  dessen  Quelle  nicht  kennen. — 
Das  erste  Buch  der  Hcbdomadcs  schwebte  wohl  dem  Auso- 


*)  [Rhein.  Muaeum  f.  Philol.  Bd.  XX  (1866)  p.  298  f.] 


592  UEBER  VARRO^S  IMAGINVM  SIVE  HEBDOMADVM  LIBRI. 

nius  Idyll.  XI  vor  und  veranlasste  ihn  zu  der  poetischen 
2J»  Tandelei  uber  die  Dreizahl.  In  diesem  Machwerk  diirfte 
V.20  Tres  in  Trinacria  Siredones :  omnia  terna  durch  Glos- 
sirung  gelitten  haben,  indem  KnXnbovec  (s.  Pindar  fr.  30  Bgk. 
Leutsch  zur  Vita  des  Sophokles  c.  12  p.  151  Ritter)  durch 
Sirenes  umschrieben  wurde. 


igitized  by  Google 


XVI. 

Emendationum  Catnllianarum  trias.*) 


Nuper  cum  in  serainario  nostro  philologico  disputandi  ni 
materia  allata  esset  e  Catullo  petita,  accidit  quod  non  raro 
usu  venit,  ut  in  errore  indagando  sagacior  quam  felicior  in 
inveniendo  vero  appareret  qui  illuc  haud  infructuosa  sibi 
studia  contulerat.  Quem  quibus  viis  ad  id,  quod  esse  proba- 
bile  videretur,  deducendum  putavimus,  libet  nunc  disserete 
paullo  explicatius,  praesertim  cum  aliqua  ex  parte  etiam 
emendari  vel  suppleri  posse,  quae  tum  significavimus  magis 
quam  persecuti  sumus,  videantur. 

Itaque  in  epithalamio  Pelei  atque  Thetidis  quod 
legitur  v.  100  de  Ariadna  conspecto  Theseo  expallescente: 
Quantos  illa  tulit  languenti  corde  timores! 
Quanto  saepe  magis  fulgore  expalluit  auri! 
recte  intellectum  est  non  potuisse  sic  scribi  a  Catullo.  Nam 
qaod  saepe  fit  commodissime,  ut  pro  auro  poetae  fauri 
fulgorem'  dicant  iuxta  cum  similibus  centenis,  id  apertum 
est  ilico  absurdum  fieri,  ubi  ei  rei  auri  comparatio  adhibetur 
uuae  fulgoris  notioni  tam  est  contraria  quam  splendori  pailor. 
Nec  profecto  de  eo  auro  quod  fulget  vel  Ovidius  cogitavit 
Metam.  XI,  145  arva  auro  madidis  pallentia  glaebis  dicens  et 
ibidem  v.  110  saxum  quoque  palluit  auro,  vel  Silius  I,  233 
redit  infelix  effosso  concolor  auro  et  imitator  Silii  Statius  iv 


*)  [Prooemium  scholaruin  hibeniarum  Bonnensium  a.  CI0I0C&CLVII 
et  LVIII:  iterum  in  publicum  emissum  in  r  Prooeraiorum  Bonnensium 
decade'  n.  IX.] 

rH.  RITSCHELII  OPV8CVLA  III.  38 


Digitized  by  Google 


594 


EMENDATIONVM  CATVLMANARVM  TRIAS. 


Silv.  IV,  7,  14  ubi  Ditc  mso  paltidus  fossor  rcdit  erutoqw 
concolor  auro,  vel  quicumque  inter  Graecos  xAwpov  ubxpov 
Xpuciov  cum  pavoris  notione  sociarunt,  commemorati  Hemster- 
husii  in  Lucianum  adnotatione  vol.  I  p.  503  sq.  quam  Bur- 
mannus  indicavit.  Vnde  consentaneum  est  aut  aurum  simpli- 
citer  aut  wxpov  vel  x^wpov  Catullum  quoque  dixisse.  Quid 
multa?  subrepsit  familiare  librariis  vocabulum  in  rarioris 
locum  quod  fuit  fulvore.  Nam  et  fulvum  aurum  est  Ver- 
gilio  Aen.  VII,  279  et  subtemcn  fulrum  pro  aureo  Silio  VII, 
80:  quo  adderem  Prudentium  contra  Symm.  II,  837  rcgia 
gemmato  laquearia  fulva  metallo,  nisi  hunc  fulta  potius 
scripsis8e  persuaderet  Statii,  Avieni,  Claudiani  comparatio, 
quorum  versus  inter  se  contenderunt  Gronovius  Diatr.  in 
Stat.  cap.  55  p.  357  sq.  et  Schraderus  apud  Wernsdorfium 
Poet.  lat.  min.  vol.  V,  2  p.  976  sq.  At,  inquit,  fuhor  nomen 
lexica  ignorant.  Verum  enim  vero  veterum  nullus  scriptorum, 
ut  quidem  nunc  res  est,  macorem  dixit  praeter  Pacuvium. 
nullus  pigrorem  praeter  Lucilium,  nullus  aegrorem  praeter 
Lucretium,  nigrorem  nullus  praeter  hos  tres  et  paucissimos 
alios:  similia  ne  nunc  ambitiosius  anquiramus.  Quodsi  haec 
existat  qui  e  coguatis  verbis  repetat  maccre  pigrerc  acgrerc 
nigrere,  ut  e  dolere  maerere  languere  torpere  pallere  (xnidcre 
nitere  splendere  umere  striderc  tumere  verbis  ea  quae  sunt 
dolor  maeror  languor  torpor.  pallor  candor  nitor  sptendor  umor 
stridor  tumor,  simile  autem  fuJvere  verbum  desideret:  respon- 
dendum  erit  non  magis  ex  his  verbis  nomina  qnam  e  nomi- 
nibus  verba  nasci,  sed  e  communi  stirpe  utraque,  reliqua 
omnia  forte  et  arbitratu  linguae  regi:  nec  magis  amarorm 
Lucretio  auctore  susceptum  a  Vergilio  quam  taborem  hmorew 
odorem  ad  verbum  ulluni  referri:  porro  non  secundae,  sed 
vel  primae  vel  tertiae  declinationis  verba  esse  amarc  canere 
furere  plangere  dulcesccre  fragescerc,  quibus  cognata  sint  aiwr 
canor  furor  ptangor  dulcor  et  unius  exemplo  Lucretii  cogni- 
tum  fragor:  postremo  non  minus  dulcor  videri  quam  albor 
ad  posteriores  scriptores  e  vetustiore  latinitate  manasse  ta- 
lium  formarum  amantissima.  —  Nihil  igitur  de  Catulbano 
versu  iam  restare  dubitationis  videtur  nisi  ut  ab  initio  ra- 
tiouem  habere  quanto  particulam  negeraus.  Quam  non  veremur 


Digitized  by  Google 


EMENDATIONVM  CATVLLIANAliVM  TRIAS.  595 


ne  quis  sic  construere  inatituat,  quanto  mayis  auro  expalluit, 
putidissimo  mehercule  acumine.   Nec  vidimus  qui  vel  quanto 
saepe,  vel  quod  in  eius  locum  alii  substituerunt,  quantum 
saepe  ullo  vel  exemplo  vel  argumento  tutaretur.  Ergo  haud 
cunctanter  in  hac  parte  ascita  Faerni  emendatione  lenissima 
suum  Catullianis  versibus  nitorem  sic  restituere  videbimur: 
Quantos  illa  tulit  languenti  corde  timores,  v 
Quam  tum  saepe  magis  fuluore  expalluit  auri, 
Cum  saeuum  cupiens  contra  contendere  monstrum 
Aut  mortem  oppeteret  Theseus  aut  praemia  laudis.  ^ 
Nam  sic  demum,  quomodo  haec  inter  se  nexa  sint  et  in- 
vicem  sibi  relatis  tum  cum  particulis  deaptata,  non  sine 
aliquo  suavitatis  incremento  sentiri  putamus. 

Vix  minori  in  eodem  carmine  offensioni  illa  sunt  quae 
habetis  a  v.  71: 

Ah  misera,  adsiduis  quam  luctibus  externauit 

Spinosas  Erycina  serens  in  pectore  curas 

Illa  tempestate,  ferox  quo  ex  tempore  Theseus 

Egressus  curuis  e  litoribus  Piraei 

Attigit  iniusti  regis  Gortynia  tecta. 

Vbi  quid  esse  dicamus  quod  defendendo  versui  medio  aut  nihil 

interpretes  aut  tam  dissimilia  attulerunt  quam  est  Lucilii  illud 

apud  Gellium  III,  14  tempestaie  sua  atque  eodem  uno  tempore 

et  horae  dimidio  e.  q.  s.,  vel  a  Cicerone  (incompertum  ubi 

[cf.  p.  G00|)  posita  verba  eius  temporis,  quo  die  — ?  Non 

ignoramus  frequentari  talem  enavd\r)unv,  illa  tempestate  qua 

tempestate  vel  illo  tempore  quo  tempore,  a  quibusdara  scripto- 

ribus  velut  ab  Iulio  Caesare,  cuius  plurima  exempla  Ouden- 

uorpius  composuit  in  belli  Gallici  II  cap.  18,  item  in  VII,  19, 

ut  diem  instarc  quo  die,  his  rebus  quamm  rerum  caussa,  in 

ea  parte  quam  in  partem:  sed  praeterquam  quod  ea  tamquam 

commoditas  quaedam  loquendi,  nisi  ubi  intendendae  notionis 

certa  caussa  in  promptu  est,  vix  recte  poetae  tribuitur,  ab 

eodem  genere  intcllegimus  variandi  studium  omne  suapte 

natura  alienum  esse.  Vt,  quod  ista  ratione  non  ingrato  cum 

acumine  dictum  esse  poasit,  continuo  inconcinnum  fiat  et 

molestum  et  ut  uno  verbo  dicam  ineptum  sic  variata  oratione: 

38* 


596  KMENDATIONVM  CATVLLfANARVM  TRIAS. 

illa  tempestate  quo  tetnpore,  vel  illo  tempore  qua  tempestale. 
Nec  profecto  niinuitur,  sed  augetur  insolentia  sermonis,  cum 
omissa  in  priore  membro  praepositione,  adiecta  in  posteriore, 
illa  tempestate,  ex  qua  tempcstate  dicitur  pro  eo  quod  esse 
debuit  ex  illa  tempestate,  qua  vel  ex  qua  {tempestate):  nedum 
ut  mutata  forma  noininis  placeat  illa  tempcstate,  quo  ts 
temporc.  Quamquam  sensum  editorum  ne  forte  interpretemur 
invidiosius,  dissimulare  nolumus  fortasse  non  talem  oninino 
eonstructionem  illos  probasse,  qua  verba  quae  sunt  quo  ex 
tempore  prioribus  illis  ilta  tempestate  simpliciter  referrentur, 
sed  hanc  potuisse  explicandi  viam  comminisci:  cilla  tempestate 
vi  universa,  quae  duravit  inde  ab  eo  temporis  momento  quo 
Cretam  insulam  primum  attigit  Theseus'.  At  vel  sic  elegan- 
tiae  quidem  nihil  pari  iterato  temporis  vocabulo  (satis  enim 
fuit  cx  quc  dici)  non  minus  certum  est  quam  non  sine  arti- 
ficio  rationem  illam  omnem  institui.  Ipsa  autem  artificii 
notio  cum  vim  sane  ambiguara  habeat  in  hac  quae  ad  Alexan- 
drinorum  exemplum  conformata  est  poesi,  ut,  quid  eo  in 
genere  nimium  dicas,  quid  tolerabile,  non  usque  quaque  sat 
certis  finibus  constet:  at  quod  nostro  sensui  displicere  fatea- 
mur,  id  si  ne  proditum  quidem  est  in  genuinis  fontibus 
scripturae,  verum  Italorum  demum  coniectura  excogitatum, 
nostro  profecto  iure  uti  existimabimur,  si  illorum  sensui 
nostrum  anteponamus.  Tenendum  est  enim  pro  ferox  quo  er 
in  Santeniano  codice  feroxque  et  esse,  in  Datano  autem 
feroxque  in:  in  quo,  nisi  multum  fallimur,  ferox  quorn  deli- 
tuit.  Restat  importunum  illud  tempore:  in  quo  emendando 
nescio  an  eorundem  illorum  Italorum  felicissimam  saepe 
divinandi  audaciam  non  infeliciter  sic  aemulemur,  ut  cor- 
ruptum  e  robore  putemus.  Hi  ut  tersissimi  poetae  versicnli 
prodeant: 

Illa  tempestate,  ferox  quom  robore  Theseus 
Egressus  curuis  e  litoribus  Piraei 
Attigit  iniusti  regis  Gortynia  tecta: 
sive  ille  dXxi  7T€7toi8ujc  vel  pir|q)i  Tre7TOi0ujc  sen  xdpTd  & 
Tftcuvoc  sive  n.<pi  p(r|q)iv  ataXX6u€VOC  vel  pirj  ^Trataioufvoc 
sive  KdpT€i  xaOpoc  sive  aliquid  simile  expressit,  quo  ferotfw 
adversus  perieula  (ut  est  apud  Tacitum)  bellatorem  diceret. 


Digitized  by  Google 


ATIONVM  CATVLLIANAliVM  TRIAS.  597 


Quodsi  quis  illud  ipsuni  expetat,  ut  non  'quaudo'  potius, 
quam  'ex  quo*  anioris  miserias  vifgo  passa  sit,  dicatur, 
eoque  et  adsiduis  luciibus  et  attiyit  verbi  notionem  flectere 
instituat,  poterit  id  ille  quidem  haud  difficili  negotio  sic 
consequi  ut  de  elapsa  ab  initio  vocula  cogitet:  Illa  ex 
tetnjwstate,  quom  — :  at  ut  eius  tamen  rationis  nulla  prorsus 
sit  necessitas.  Etenim  a  misera  desertae  Ariadnae  condicione 
describenda  exorsus  poeta  nimc  primum,  quam  tandem 
caussam  ea  calamitas  omnis  habuerit,  simpliciter  et  gene- 
ratiin  sic  significat:  cquippe  id  tum  fuit,  cum  nobilis  illa  in 
('retam  insulam  accessio  facta  est  duce  Theseo'.  Quid,  quod 
ne  satis  commode  quidem,  ex  quo  tempore  in  amoris  furo- 
rem  virgo  incidisset,  iam  hoc  loco  diceretur:  id  enim  ipse 
poeta  paullo  post  demum  exequitur  inde  a  v.  85:  Atque  ita 
nave  levi  nitens  ac  lenibus  auris  Maynanimum  ad  Minoa  venit 
sedesque  superbas.  Hune  sitnul  ac  cupido  conspexit  lumine  virgo 

Regia,  Non  prius  ex  illo  flagrantia  declinavit  Lnmina, 

quam  cuncto  concepit  corpore  flammam,  Funditus  atque  imis 
exarsit  tota  medullis.  Parique  prorsus  ratione  a  primo  in 
insulam  adventu  prinium  in  regia  aspectum  ipsa  Ariadnavn 
discriminat  v.  172  sqq.:  utiuam  ne  tempore  primo  Gnosia 
Cecropiae  tetigissent  litora  puppes,  Indomito  nec  dira  ferens 
stipendia  tauro  Perfldus  in  Cretam  religasset  navita  funem: 
Nec  malus  hic,  celam  dulci  crudelia  forma  Consilia,  in  twstris 
rtquiessct  sedibus  Iwspes.  Vides  sedibus  superbis  Minois  in 
priore  loco  respondere  in  hoc  nostras  sedes:  pareni  ut  con- 
cinuitatem  eonj»entaneum  sane  videatur  inter  Gnosia  litora 
intercedere  et  iniusti  regis  Gortynias  non  aedes,  sed  regiones 
h.  e.  non  tecta,  sed  tenipla,  id  quod  et  in  quibusdam  haud 
malae  notae  libris  mss.  repertum  est,  et  ex  tenta,  quod 
Hantenianus  cum  Datano  prodiderunt,  profecto  non  fit  diffi- 
cilius  quam  inde  ab  editione  principe  propagari  solitum 
tecta.  Vt  ne  opus  quidem  sit  permutatorum  inter  se  tecta 
et  templa  nominum  excmplis,  qualia  suppeditant  Burmannus 
in  Poet.  lat.  min.  vol.  II  p.  189  sq.,  Wakefieldius  in  Lucret. 
II,  28.  Et  tutabatur  in  suo  libro  repertam  templa  scripturam 
Iosephus  Scaliger  hac  adnotatione:  cQuod  dpxancujc  dictum 
ab  illo.   nam  omnia  loca  templa  vocabant  veteres.  Vide 


598  EMENDATIONVM  CATVLLIANARVM  TRIAS. 


Varronem/  Veruin  in  hoc,  quamvis  alioqui  gnarus  prisci 
sermonis,  modum  tamen  vir  eximius  excessit.  Nec  enim 
verum  est  nec  Varro  libro  septimo  de  1.  lat.  inde  a  p.  287 
Sp.  testatur  quaelibet  loca  esse  templa  appellata:  quod  voca- 
bulum  ne  in  liberiore  usu  quidem  propriam  vel  sanctitatis 
vel  saltem  religionis  notionem  prorsus  deposuit  Ab  augu- 
randi  religione  profecta  est  frequens  Lucretio,  uon  infrequens 
Ennio,  Terentio,  Accio,  Manilio  locutio,  qua  vel  caclestia 
tctnpla,  vel  caeli  templa  sive  simpliciter  dicuntur  sive  additis 
aeterna,  summa,  alta,  fulgentia,  lucida,  caerula,  penetralia 
epithetis:  atque  etiara  singulari  nuraero  templum  certam  et 
tamquam  diraetatam  regiouera  caeli  Manilius  II,  354.  668 
dixit.  Vnde  facilis  ad  talia  transitus  fuit  qualia  sunt  Lucre- 
tiana  illa  magni  caelestia  mundi  tetnpla  V,  1204  et  suppressa 
caeli  notione  mundi  magnum  templum  V,  1436  atque  adeo 
mundi  mortalia  tcmpla  VI,  43.  Quo  proxime  accedit  Cicero 
in  Somnio  Scipionis  cap.  3,  4:  homines  enim  sunt  luic  lcge 
generati,  qui  tuerentur  illum  globum  quetn  in  hoc  templo  medium 
vides,  quae  terra  dicitur.  Medius  inter  hoc  genus  et  alterum 
locus  eis  exemplis  tribuendus  est,  quae  non  seiuncta  a  spa- 
tiorum  cogitatione  simul  iunctam  habent  numinum  divinorum 
notiouera,  ut  magna  templa  caclitum  apud  Ennium  et  singu- 
lariter  apud  Acciura  templum  cactitum:  cui  maxime  propin- 
quura  pro  caelo  positum  tetnplum  magnum  Ions  altitonantis 
in  Annalibus  Enuii  v.  531.  Itaque  ad  certorum  deonun 
personas  cetera  quoque  sic  referuntur  ut  sociatis  inter  se 
religionis  atque  sanctitatis  notionibus  a  vulgari  templum 
vocis  usu  minirao  intervallo  distent.  Nec  enim,  ut  caelestia, 
vi u  ita  etiam  vel  marina  vel  inferna  vel  terrestria  terapla  dicta 
sunt  simpliciter:  quod  etsi  minime  rationem  quominus  fieret 
impedivisse  dicam,  tamen  non  probasse  consuetudinem  re- 
perio.  Velut  non  simpliciter  templa  turbtdenta  Plautus  aequora 
raaris  concitati  vocavit,  sed  sic  locutus  est  Militis  gloriosi 
v.  413:  in  locis  Ncptuniis  templisque  turbulentis:  eundemque 
Neptunum  ex  suis  locis  templisque  cxpedivisse  naufragum  dixit 
Rudentis  v.  908.  Nec  alia  ratio  illorum  est  quae  sunt 
Acherusia  tcmpta  alta  Orci  apud  Ennium,  sctnjxa  saxa  Bacchi 
templa  apud  Tacuvium,   Volcania  tcmpla  apud  Aceiuui.  - 


Digitized  by  Googl 


EMENDATIONVM  CATVLLIANARVM  TRIAS. 


599 


Haec  igitur  omiiia  cum  ita  se  habeant,  simpliciter  autem  ad 
terrarum  spatia  vel  regna  regum  latosque  campos  quoslibet 
translati  templum  vocabuli  omnino  exeinplum  non  exstet, 
etiam  de  Catullianis  si  dis  placet  templis  Gortyniis  esse 
actum  putamus  satisque  stabilitam  tecta  scripturam.  Quae 
tamen  tecta  narrandi  concinnitas  supra  a  nobis  declarata 
suadet  ut  non  ipsam  potius  regiam  interpretemur,  sed  cuv- 
€KboxiKUJC  posita  accipiamus  pro  urbe  Gortyna  universa, 
simili  prorsus  figura  atque  qua  pro  urbe  etiam  tnoenia  di- 
cuntur.  —  Ceterum  ne  quid  praetermittamus  cum  hac  caussa 
coniunctum,  si  qui  etiam  regiam  potuisse  templa  vocari  sibi 
persuaserunt,  ut  quod  nomen  non  raro  amplis  splendidisque 
aedificiis  quibusvis  tribueretur,  multo  etiam  longius  a  vero 
quam  illi  aberrarunt  quos  ante  refellimus.  Qui  quidem  scire 
poterant  non  propter  amplitudinem  aut  splendorem  templi 
nomen  vel  curiae  vel  rostris  vel  tribunali  inditum  esse  eis 
exemplis  quae  Dukerus  composuit  in  Livii  I,  30,  2  ceterique 
interpretes  in  VIII,  35,  8  et  XXIII,  10,  5,  sed  quod  auspi- 
ciorum  caerimoniis  eae  aedes  inauguratae  essent. 

Eiusdem  carminis  versibus  39  sqq.  derelictorum  ab  in- 
colis  suis  Pharsalum  corameantibus  locorum  condicio  sic 
describitur: 

Rura  colit  nemo,  mollescunt  colla  iuuencis, 
Non  humilis  curuis  purgatur  uinea  rastris,  40 
Non  glaebam  prono  conuellit  uomere  taurus, 
Non  falx  attenuat  frondatorum  arboris  umbram, 
Squalida  desertis  rubigo  infertur  aratris. 
In  quibus  non  potest  non  permirum  videri  et  ter  dici  de 
aratione,  versu  primo  tertio  quinto,  et  ita  ut  bis  aliorum 
generum  mentio  interponatur  quae  ad  arationem  nihil  per- 
tinent.    Desiderabat  in  his   concinnitatem   iam  Laurentius 
Ramiresius  de  Prato:  qui  cum  iu  hypomnematis  in  Martialem 
suis  (ad  I,  44)  de  transponendis  versibus  cogitasset,  longe 
fortissimo  scilicet  argumento  repulsus  est  a  Mitscherlichio 
Lectionum  p.  30:  csed  hoc  est  poetam  in  ordinem  cogere': 
quo  non  leviter  imposuisse  Silligio  videtur.    Fatendum  est  ix 
sane  pinguius  rem  aggressum  esse  bonum  Hispanum,  cui  sic 


600  KMEXDATIONVM  CATVLLIANARVM  TRIAS. 


esse  in  ordinem  cogendi  librarii  viderentur:  Rura  colit  — , 
Non  glaebam  —  Squalida  — ,  Non  humilis  — ,  Non  falx  — : 
in  unum  quidem  cumulata  arationis  significatione  triplici, 
sed  ut  nec  frigidissiina  TauToAoyia  vitaretur  et  bis  iteratae 
in  versibus  continuis  Non  particulae  venustas  periret  Nec 
profecto  plus  ille  profecisset,  si  eum  ordinem  commendasset 
quem  ei  parum  fide  dignus  testis  idem  ille  Mitscherliehius 
tribuit:  Non  humilis  Non  falx  — ,  Rura  colit  — ,  Non 
glaebam  — ,  Squalida  — .  Nostro  iudicio  aut  fallunt  omnia 
aut  hoc  sese  ordine  versus  suos  excipere  poeta  voluit: 

Rura  colit  nemo:  mollescunt  Colla  iuuencis. 

Non  humilis  curuis  purgatur  uinea  rastris; 

Non  falx  attenuat  frondatorum  arboris  umbram; 

Non  glaebam  prono  conuellit  uomere  taurus: 

Squalida  desertis  rubigo  infertur  aratris. 

Generalis  est  enim  quam  primo  versu  praemisit  sententiam: 
fnec  homines  operantur  nec  bestiae'.  Quam  sic  deinceps 
persequitur  singillatim,  ut  altero  versu  et  tertio,  quae  ad 
solos  homines  pertinent,  commemoret,  vinearum  hortorumque 
culturam:  quarto,  quod  ad  utrosque,  arationem.  Cui  cum 
quintum  subicit,  et  quid  consectarium  sit  ex  ea  vacatione 
dicit:  ut  rubiginem  (iuxta  cum  rastris  et  falcibus)  aratra 
trahant:  et  id  ita  dicit  ut  cum  arte  transitum  ad  proxima 
quaerat, 

lpsius  at  sedes,  quacumque  opulenta  recessit 

Regia,  fulgenti  splendent  auro  atque  argento. 
Huic  enim  splendori  manifestum  est  situ  squalentium  instru- 
mentorum  sordes  dedita  opera  opponi.  —  Satis  autem  eum 
quem  revocavimus  ordinem  VergiJius  tuetur,  cui  videri 
Catullianos  versus  obversatos  esse  in  Ecloga  IV  v.  40  inter- 
pretes  admonuerunt: 

Non  rastros  patietur  humus,  non  uinea  falcem; 

Robustus  quoque  iam  tauris  iuga  soluet  arator: 
ubi  item  a  rastris  et  falcibus  pergitur  demum  ad  aratra. 


[E  praefatione  Becadis:  T.  V  v.  15  (p.  595  v.  25)  sine 
loci  indicio  commemorata  Ciceronis  verba  Halmius  mibi 


Digitized  by  Google 


EMENDATIONVM  CATVLLIANAUVM  TRIAS.  601 

commonstravit  in  divinatione  in  Caecilium  13,41:  cum  illius 
temporis  mihi  venit  in  mentem,  quo  die  citato  reo  mihi  di- 
cendum  sit.  —  Ceterum  quibus  rationibus  vulgatam  in 
Catulli  tribus  versibus  scripturam  novissimus  editor  Ross- 
bachius  tueatur,  speramus  fore  ut  in  editione  tertia  nos 
edoceat.  Vbi  fortasse  etiam  illam  emendationein,  quam  car- 
minis  LXVI  versui  59  adlubuimus  Musei  Rhen.  t.  III  p.  618 
(Numen  ibi  vario)  — ,  cuius  quidem  nondum  nos  paenituit, 
certa  ratiocinatione  redarguet.'] 


Digitized  by  Google 


XVII. 

Ueber  Horatius  Cann.  II,  1.*) 


Erster  Brief. 

An  Dr.  Jacob  Bernays. 

[Diese  Darlegu^  wurde  gegeben  als  Autwort  auf  ein 
Schreiben  von  J.  Bernays  an  Ritschl,  in  deui  dieser  die 
Horazische  Ode  I,  12  als  Rede  und  Gegenrede  zwischen  dem 
Dichter  und  Klio  zu  fassen  vorschlug  (wodurch  auch  eiue 
Bestiitigung  der  Unachtheit  der  zehnten  und  elften  Strophe 
gewonnen  werde)  und  bat,  es  moge  Ritschl  rEineni,  der 
gerade  nichts  Wichtigeres  zu  thun  habe,  gelegentlich  auf- 
tragen,  in  demjenigen  Gelass  des  Bonner  Bibliothekgebliudes, 
wo  «  t&  Kdpqpn  Wi  xd  qppurava»  Horazischer  Commentare  und 
der  epopuioc  Horazischer  Programmo  untergebracht  sind,  da- 
nach  zu  forschen',  ob  Jemand  das  schon  habe  drucken  lassen. 
C.  WJ 

628  Zu  meiner  Schande  rauss  ich  gestehen  in  dieser  buc- 
bieSoboc  TroXuuepeia  (wobei  Sie  nicht  nothwendig  an  Galeni- 
schen  Sprachgebrauch  zu  denken  brauchen)  auch  nicht  so  zu 
Hause  zu  sein,  um  die  wichtige  Prioritatsfrage  zu  entscheiden. 
Ich  denke  wir  lassen  es  ruhig  darauf  ankommen,  ob  sich 
einer  um  die  TrpwTeia  meldet,  und  trosteu  uns  im  ungiinstigsten 
Falle  mit  der  Gewissheit,  dass  der  tiefeingefressene  Rost  des 
Schulvorurtheils  von  der  intacten  Ueberlieferung  Horazischer 
Poesien  nicht  oft  und  scharf  genug  mit  Feile  und  Scheide- 

*)  [Rhein.  Museura  f.  Thilol.  Bd.  XI  (1857)  p.  628-636  ] 


Digitized  by  Google 


UEBER  II0RATIU8  CARM.  II,  1 


603 


wasser  angegriffen  werden  kann.  Wie  mir  denn  zum  Bei- 
spiel,  um  den  ersten  besten  Fall  herauszugreifen ,  bisher 
durchaus  unverstandlich  geblieben  ist,  mit  welchen  Be- 
schwichtigungen  ein  Denkender  sein  Gewissen  einzuschlafern  629 
vermoge  gegeniiber  dem  Eingange  des  ersten  carmen  im 
zweiten  Buch: 

Motum  ex  Metello  consule  ciuicum 
Bellique  causas  et  uitia  et  modos 
Ludumque  Fortunae  grauesque 
Principum  amicitias  et  arma 

Nondum  expiatis  uncta  cruoribus, 
Periculosae  plenum  opus  aleae, 
Tractas  et  incedis  per  ignes 
Suppositos  cineri  doloso. 

Paullum  seuerae  Musa  tragoediae 
Desit  theatris:  mox  ubi  publicas 
Res  ordinaris,  grande  munus 
Cecropio  repetes  cothurno, 

Insigne  maestis  praesidium  reis 

Et  consulenti,  Pollio,  curiae  u.  s.  w. 

Ich  will  nicht  zum  so  und  so  vielsten  Male  reden  von  dem 
befremdlichen  publicas  res  ordimris,  worin  entweder  ordinaris 
Qberaus  prosaisch  oder  publicas  res  gegen  allen  Sprachgebrauch 
fQr  rem  publicam  steht;  —  nicht  davon,  dass  es  schief  ist 
zu  den  publicae  res  die  theatra  in  Gegensatz  zu  stellen,  da 
die  ludi  scaenici  so  weit  wie  moglich  entfernt  sind  von  dem 
Begriff  einer  Privatangelegenheit  und  so  sehr  wie  etwas  zu 
den  offentlichen  Interessen  gehdren;  —  selbst  davon  nicht, 
wie  sehr  es  gegen  Schicklichkeit  und  Sitte  ist,  dass  nach 
der  zwei  Strophen  langen  Einleitung  erst  in  der  vierten 
Strophe  und  rm  zweiten  Satze  die  Anrede  an  den  Pollio 
nachschleppt:*)  obwo.nl  mir  nicht  unbekannt  ist,  mit  welchen 

*)  Diese  Inconvenienz  wiegt  in  meinen  Augeu  so  schwer,  daae, 
wenn  gegen  die  dritte  Strophe  keine  andern  Griinde  sprachen,  ich  sie 
unbedenklich  umgtellcn  und  nach  der  jetzigen  viertcn  setzen  wurde. 
Und  vielleicht  hatte  sie  eben  fur  diese  Stelle  der  Interpolator  bestimmt. 


Digitized  by  Google 


604 


UEBER  HORATIUS  CARIf.  II,  1. 


unpassenden  Beispielen  man  dies  vertheidigen  kann.  Ueber 
alles  dieses  liisst  sich  herttber  und  hiniiber  streiten  und  wird 
wohl  bis  an's  Ende  der  Tage  gestritten  werden.  Aber  auf 
drei  Fragen  darf  man  drei  Antworten  fordern,  welche  eine 
Moglichkeit  der  Vertheidigung  der  dritten  Strophe  flbrig 
63o]asseu.  Erstens:  niit  wclchem  Rechte  traut  man  dem 
Dichter  eine  so  dick  aufgetragene,  ebeu  so  unverschamte 
wie  abgeschmackte  Schmeichelei  zu,  dass  mit  dem  Feiern 
des  einen  Pollio  es  gleich  mit  aller  Tragodie  ttberhaupt  ganz 
und  gar  aus  sei  fiir  das  Theater?  in  einer  Zeit,  in  der  doch 
z.  B.  Varius  seine  Triumplie  feierte.  Oder  aber,  wenn  nicht 
die  tragische  Muse  ttberhaupt,  sondern  eben  nur  die  Pollio- 
nische  gemeint  ist,  nach  welcher  sprachlichen  oder  logischen 
Regel  soll  Mtisa  fur  tua  Musa  stehen?  Zweitens:  mit 
welchem  Rechte  traut  man  dem  Horaz  ein  so  vollig  leerea 
und  mttssiges  Epitheton  zu,  wie  es  seucrae  darum  ist,  weil 
es  eine  andere  tragocdia  gar  nicht  gibt?  Oder  aber,  wenn 
darin  eine  bestimmte  Beziehung  liegen  soll,  welchen  Sinn 
hat  es,  die  tragoedia  als  scuera  gegentiberzustellen  der  Ge- 
schichtschreibung  blutiger  Bttrgerkriege,  der  und  denen  doch 
wohl  keine  geringere  seueritas  zukonimt?  Drittens:  wie 
will  man  grande  munus  als  Pradicat  der  Polliouischen  Tra- 
godiendichtung  schutzen,  ohne  daneben  eben  jene  Geschieht- 
schreibung  als  eine  minder  grosse,  wttrdige  Aufgabe  erscheinen 
zu  lassen?  und  wie  diese  Herabsetzung  mit  dem  Inhalt  und 
der  Absicht  des  ganzen  Gediclits  vereinigen?  —  Ehe  nieht 
hierauf,  statt  nichtssagenden  allgemeinen  Geredes,  baudige 

und  befriedigende  Antworten  erfolgen  und  ich  mochte 

wirklich  wissen  wo  sie  herkommen  sollten  —  wird  es  dabei 
bleiben,  dass  Peerlkamp  trotz  seiner  zum  Theil  wunder- 
lichen  und  ttber  das  Ziel  hinausschiessenden,  auch  nicht* 
weniger  als  erschopfenden  Argumentationen  doch  in  der 
Hauptsache  das  Richtige  herausgeftthlt  hat,  wenn  er  als  die 
Horazische  Gedankenfolge  diese  hinstell$e:  rMotum  ex  Metello 

consule  ciuicuin  tractas  et  incedis  per  ignes  suppo- 

sitos  cineri  doloso,  insigne  maestis  praesidium  reis  et  con- 
sulenti,  Pollio,  curiae.' 

Lassen  wir  den  Streit  um  die,  formeil  jedenfalls  zusammen' 


Digitized  by  Google 


UEBER  HORATIUS  CARM.  II,  1.  605 

hanglo9  genug  eingeschobene  siebente  Strophe  'Iuno  et 
deorum  quisquis  amicior'  u.  s.  w.  fur  den  Augenblick  auf 
sich  beruhen.  Die  Ausstellungen  im  Kleinen  mogen  sich 
immerhin  beseitigen  lassen;  die  letzte  Entscheidung  wird 
fflr  den  Einzelnen  davon  abhangen,  welche  Vorstellung  er 
sich  von  Roniergesinnung  und  Romerauffassung  macht  gegen- 
Uber  einem  romerfeindlichen  und  romerschandenden  Barbaren 
wie  Jugurtha,  zu  dessen  Ehren  und  glanzvoller  Genugthuung  6 
hier,  als  wefin  es  einem  Troerfiirsten  Priamus  galte,  der 
halbe  Olymp  bemiiht  wird  als  Vollstrecker  ewiger  Gerechtig- 
keit  und  Ziichtiger  des  durch  seinen  Sieg  iiber  eben  jenes 
Barbarenthum  schuldbeladenen  Romervolks,  fiir  das  die  andere 
Hiilfte  himmlischer  Schutzmachte  machtlos  oder  theilnahm- 
los  bleibt 

Meine  Meinung  iiber  diese  Strophe  und  das  in  ihr  ge- 
feierte  geniale,  wenigstens  interessante  Scheusal  werden  Sie 
zwar,  lieber  Bernays,  deutlich  genug  zwischen  den  Zeilen 
lesen;  aber  ich  will  in  Beziehung  auf  sie  gern  jedem  seinen 
Glauben  gonneu  und  lassen,  um  nur  desto  eigensinniger 
darauf  zu  bestehen,  dass  die  vorletzte  Strophe  desselben 
Gedichts  mit  etwas  weuiger  als  der  traditionellen  Bewunderung 
darauf  angesehen  und  angefiihlt  werde,  wie  sie  sich  zu  dem 
Dichterruhme  dessen  verhalte,  auf  den  wir  sein  eigenes  enil 
molitur  inepte'  anzuwenden  gutes  Recht  haben.  Vollkommen 
angemessen  ist  der  Gedanke  und  geschmackvoll  seine  Aus- 
fuhrung  in  der  vorhergehenden  Strophe: 

Quis  non  Latino  sanguine  pinguior 
Campus  sepulcris  inpia  proelia 
Testatur  auditumque  Medis 
Hesperiae  sonitum  ruinae? 

wo  mit  der  Steigerung  auditumque  u.  s.  w.  das  voran- 
geschickte  quis  non  —  testatur  kraftig  abschliesst.  Was 
soll  man  aber  dazu  sagen,  wenn  nun  nochmals  zu  dem  vor 
dieser  Steigerung  ausgedruckten  Gedanken  zuriickgekehrt, 
dieser  mit  drei,  sage  drei  jedes  neuen  Inhalts  baaren  Varia- 
tionen  wiederholt  wird  und  ohne  analogen  Abschluss  ganz 
dflnn  also  auslauft: 


G06 


UEBER  nORATIUS  CARM.  II,  t 


Qui  gurges  aut  quae  flumiua  lugubris 
Ignara  belli?  quod  mare  Dauniae 
Non  decolorauere  caedes? 

Quae  caret  ora  cruore  nostroV 
Tn  der  That:  Worte,  Worte,  nichts  als  Worte!  Oder  wo 
wiire  auch  nur  die  leiseste  NUance  des  Sinnes  in  diesen 
Zuthaten?  Ist  das  nicht  auf  ein  Haar  wie  in  der  lnetrischen 
Composition  eines  Primaners  (in  Pforte  uatiirlich  oder  Witten- 
632  berg  oder  wo  man  sonst  noch  diese  lobliche  Uelrung  in  Ehren 
hiilt),  der  mehr  epitheta,  synonyma  und  phrases  als  Gedanken 
im  Kopfe,  dabei  seinen  treuen  Gradus  ad  Parnassum  in 
Handen  hat?  Camptts  —  flumina  —  mare  —  ora;  inpia 
proelia  —  lugubris  belli;  non  testatur  —  ignara  —  caret: 
Latino  sanguine  —  Bauniae  caedes  —  cruore  nostro.  Dnd 
wie  kahl  und  mager  jedes  einzelne  Satzglied  im  Gegensatz 
zu  der  gedrangten  Fulle  der  Originalstrophe!  Aber  freilich, 
in  der  ersten  Strophe  sollen  es  die  Kampfe  zu  Lande,  in 
der  zweiten  die  zu  Wasser  sein,  die  vorgefiihrt  werden. 
Also  zu  Wasser.  Nun  man  muss  gestehen,  dass  das  eine 
sehr  scharfsinnige  Unterscheidung  ist,  wonach  das  Wasser 
eingetheilt  wird  in  1)  Strudel,  2)  Flusse,  3)  Meere  und 
4)  Kiisten,  sei  es  an  sich,  sei  es  mit  Rttcksicht  auf  die  an 
verschiedenen  Oertlichkeiten  gelieferten  Schlachten,  und 
mochte  man  nur  etwa  noch  fontes  und  lacus  zur  Vervoll- 
standigung  dieser  Schlachtenkategorien  hinzugefiigt  wiinschen. 
Zuvorderst  konnte  nun  ein  Zweifelsiichtiger  meinen,  Schlachten 
an  Strudeln  und  an  oder  auf  Fliissen  gehorten  wohl  mehr  zu 
den  Land-  als  zu  den  Seeschlachten;  ferner  aber  die  der  orae 
ausschliesslich  zu  einer  von  beiden  Klassen  gar  nicht,  sondern 
mit  gleichem  Rechte  zu  beiden.  Eben  darum,  werden  ver- 
muthlich  die  Bewunderer  des  Dichters  quand  meme  sagen, 
hat  dieser  sehr  weise  die  orae  ans  Ende  gestellt,  um  damit 
Land  und  Wasser  in  einem  gemeinschaftlichen  Begriff  zu- 
sammenzufassen.  Und  fragt  man  weiter,  warum  das  Meer 
sowohl  als  die  KUste  jedes  ein  apartes  Satzglied  erhalten 
hat,  gurgites  und  flumina  trotz  des  trennenden  aut  nur  eines 
zusammen,  so  wird  es  vielleicht  heissen  —  wofern  so  fur- 
witzige  Fragen  Uberhaupt  der  Beautwortung  werth  erscheinen 


)igitized  by  Googl 


UERER  HORATIUS  CARM.  II,  1 


(507 


—  vorher  sei  mit  campus  nur  das  Land  ohne  Wasser  ge- 
meint,  wie  z.  B.  africanische  Wtisten,  dann  komme  erst  das 
bewiisserte,  fluss-  und  strudelreiche  Land,  und  zwar  dieses 
als  vortrefflicher  Uebergang  zu  dem  reinen,  landlosen  Wasser. 
Wir  erhielten  so  fiir  den  Gedankenfortschritt  unseres  Strophen- 
paares  ein  Begriffschema,  das  jedem  Compendium  der  Logik 
Ehre  machen  wurde,  namlich  um  es  in  die  kttrzeste  Formel 
zu  fasscn:  1)  Landland;  2)  Wasserland  und  Landwasser,  und 
zwar  a)  durch  Strudel,  b)  durch  Fliisse  gebildet;  3)  Wasser- 
wasser;  4)  Land  -f-  Wasser  in  freundlicher  Grenznachbar- 
schaft,  in  der  wohl  auch  etwa  die  Inseln,  Halbinselu  und  633 
Landzimgen  ein  erwttnschtes  Unterkommen  fiindeu. 

Doch  —  'relictis,  Musa  procax,  iocis'  —  ich  sehe  eben, 
dass  ich  doch  die  Erfindsamkeit  der  Interpreten  sei  es  ttber- 
sei  es  unterschatzt  habe,  wenn  ich  einen  andern  Weg  der 
Erklarung  ganz  ttbersah.  Denn  z.  B.  Orelli  sagt  es  ja  ganz 
ausdrttcklich:  gurges  ist  das  Wasser  ttberhaupt,  flumina  und 
maria  sind  seine  Unterabtheilungen.  Und  womit  wird  diese 
wundersame  Begritfsweite  des  gurges  bewiesenV  Weil,  wo 
es  auf  irgend  eine  Unterscheidung  gar  nicht  ankam  und  gar 
nicht  abgesehen  war,  Virgil  in  Carpathio  Neptuni  gurgitc 
sagen  konnte  und  vom  Acheron  turbidus  hic  cacno  uastaque 
uoragine  gurges  aestuat ,  darum  soll,  wo  die  ausdrttcklichste 
Scheidung  gemacht  wird,  die  Species  zum  Genus  werden. 
konnen  und  ihre  ebenbttrtigen  Mitschwestern  gewaltthatig 
unter  ihr  Regiment  bringenV  Das  war  doch  von  dem  wackern 
Manne  eine  schier  allzu  revolutioniire  Sprachanschauung. 
Und  was  soll  ein  aut  zwischen  Genus  uud  Species,  und  zwar 
nur  vor  der  ersten  Species,  vor  der  zweiten  wieder  nichtV 
Bedurfte  es  dafttr  gar  nicht  der  Belege  oder  wollten  aich 
keine  einstellenV 

Selten,  dass  sich  ein  Falschmttnzer  nicht  wenigstens 
durch  einen  schiefstehenden  oder  zu  viel  oder  zu  wenig  ge- 
setzten  Buchstaben  verriith.  Das  pflegt  auch  von  den  littera- 
rischen  zu  gelten,  wenn  sie  es  auch  sine  dolo  malo  und 
nur  als  harmlose  Dilettanten  sind,  und  vielleicht  um  so 
mehr.  Es  ist  ja  moglich,  dass  der  gliickliche  Vater  dieser 
Strophe  Quis  gurges  schrieb,   wie   er  als  altcr  Horatius 


Digitized  by  Google 


608 


UEBER  HORATIUS  CARM.  II,  1. 


schreiben  niusste;  aber  verdachtig  ist  es  doch,  dass  sich  das 
nur  in  einer  einzigen  Handschrift  gefunden  hat.  Denn  dass 
qui  gurges  nichts  sei,  hatte  man  allerdings  liingst  sehen 
sollen,  mochte  man  es  nun  unter  dem  Gesichtspunkte,  dass 
im  Unterschiede  von  quis  ein  qui  =  qualis  sei,  beurtheilen 
oder  es  an  dem  Sprachgebrauche  des  hier  in  Betracht  kom- 
menden  Litteraturkreises  messen.  Oder  wo  hatte  Horaz 
anders  als  quis  gesagt,  sei  es  bei  Personen  wie  quis  tmdta 
gracilis  te  puer  in  rosa  perfusus  liquidis  urget  odoribus  — , 
quis  puer  ocius  restinguet  ardentis  Falerni  pocida  — ,  quis  te 
soluere  Thessalis  magus  uenenis,  quis  poterit  deus  — ,  patriae 
634  quis  extd  se  quoque  fugit  — ,  ganz  wie  Virgil  quis  deus  hanc 
extudit  artem  — ,  quis  nouus  hic  nostris  successit  sedibus  hospes 
u.  s.  w.,  oder  auch  bei  Sachbegriffen ,  z.  B.  quis  desiderio  sit 
pudor  aut  modus  — ,  tu  ciuitatem  quis  deceat  modus  curas 
quis  sudor  uietis  et  quam  malus  undique  tnembris  crescit 
odor  — ,  und  gleicherniassen  Virgil  quis  enim  modus  adsit 
amori  — ,  quis  est  nam  ludus  in  undis  — ,  quis  tantus  furor 
me  perdidit  —,  quis  iam  locus  — ,  quis  casus,  quis  dolor,  quis 
sensus,  quis  globus,  quis  metus,  quis  clamor ,  quis  strepitus, 
quis  plangor  —  durchaus  ohne  Ausnahme.  Und  nun  noch 
dazu  nach  dem  vorausgegangenen  quis  campus  ein  qui 
gurges ! 

Ich  bin  am  Ende  mit  meinen  Negationen.  Zur  Erholung 
von  ihnen,  die  ja,  so  nothwendig  sie  sind,  als  solche  nichts 
Erquickliches  haben,  vergonnen  Sie  mir  nun  wohl  die  Genug- 
thuung,  das  positive  Ergebniss  wie  einen  rein  ausgeschalten 
Kern  auf  Ihre  Empfindung  wirken  zu  lassen,  so  gut  er  es 
vermag: 

Motum  ex  Metello  consule  ciuicum 
bellique  causas  et  uitia  et  modos 
ludumque  Fortunae  grauisque 
principum  amicitias  et  arma 

nondum  expiatis  tincta  cruoribus, 
periculosae  plenum  opus  aleae, 
tractas  et  incedis  per  ignis 
suppositos  cineri  doloso, 


Digitized  by  Googl 


JJEBER  HORATIUS  CARM.  II,  1. 


609 


insigne  maestis  praesidium  reis 
et  consulenti,  Pollio,  curiae, 
cui  laurus  aeternos  honores 
Delinatico  peperit  triumpho. 

Iam  nunc  minaci  murmure  cornuum 
perstringis  auris,  iam  .litui  strepunt, 
iam  fulgor  armorum  fugacis 

terret  equos  equitumque  uoltus. 

Sudare  magnos  iam  uideo  duces 
non  indecoro  puluere  sordidos, 
et  cuncta  terrarum  subacta 

praeter  atrocem  animum  Catonis. 

Quis  non  Latino  sanguine  pinguior  635 
campus  sepulcris  inpia  proelia 
testatur  auditumque  Medis 
Hesperiae  sonitum  ruinae? 

Sed  ne  relictis,  Musa  procax,  iocis 
Ceae  retractes  munera  neniae: 
mecum  Dionaeo  sub  antro 
quaere  modos  leuiore  plectro. 

# 

Was  meinen  Sie,  wird  wohl  Asinius  Pollio  etwas  vermisst 
haben,  wenn  er  als  Zeichen  personlicher  Aufmerksamkeit 
und  huldigender  Achtung  diese  poetische  Widmung  des  etwa 
SGjahrigen  Dichters  empfing?  Ich  sollte  es  kaum  glauben, 
mochte  aber  unter  den  nieht  sehr  vielen,  an  deren  Zustim-  - 
mung  oder  Gegenstimmung  mir  etwas  liegt,  namentlich  nocli 
von  Einem  gern  wissen,  was  er  dazu  sagt,  niimlich  von 
Herrn  Friedrich  Martin,  dem  denkeuden  und  sinnvollen 
Verfasser  des  Posener  Gymnasialprogramms  vom  .1.  1844: 
rDe  aliquot  Horatii  carminibus  conimentatio  critica',  das 
ich  mich  wundere  bei  den  brennenden  Streit-  und  Zeitfragen 
nach  der  Authentie  Horazischer  Poesien  nicht  ofter  beriick- 
sichtigt  zu  finden.  Schiitteln  Sie  aber  etwa  den  Kopf 
iiber  die  'arina  /mcta  cruoribus'  und  das  *  sudare  iam  uideo 
duces',  so  habe  ich  darauf  fiir  jetzt  nichts  weiter  zu  sagen, 
als  dass  ich  mir  nach  vielfaltiger,  gewissenhaffcer,  in  jahre- 

FR.  RITfU  HKLII  OPV8CVLA  III.  31* 


GlO  UEBER  HORATIUS  CARM.  II,  1 


langen  Zwischenrauinen  wiederholter  Ueberlegung  eben  nicht 
anders  zu  helfen  weiss,  und  dass  mir  auch  kein  Anderer  — 
so  weit  sich  Andere  iiberhaupt  haben  vernehmen  lassen  — 
hat  anders  helfen  konnen.    Oder  konnen  Sie  es? 

Bonn,  25.  Jan.  1857. 

N.  S.  Schon  sind  mir  wider  meinen  Willen  ein  paar 
andeutende  Bemerkimgen,  die  idi  auf  Anlass  Ihrer  Zusehrift 
allein  beabsichtigtc,  zu  vorstehender  Epistel  angewaehsen, 
und  abermals  sehe  ich  mich  durch  eine  freundliche  Zusenduug 
mehr  genothigt  als  angeregt  auf  denselben  Gegenstand  zu- 
Gse  rackzukommen.  Herrn  Gustav  Linker's  Horaz  (Wien  1856) 
ist  es,  der  diese  moralische  Nothigung  enthalt  Der  Heraus- 
geber  ftihrt  bei  seiner  Textesrevision  ein  scharfes  Messer: 
was  ich  auf  die  Gefahr  des  XeucTfjp  brjuou  uopoc  hin  bekenne 
im  allgemeinen  sehr  viel  wohlthatiger  und  verdienstlieher 
zu  finden  als  das  glaubensselige  Hantieren  mit  den  stumpfen 
Werkzeugen,  mit  denen  man  aufgesetzte  Flicken  und  vor- 
stehende  Niihte  zu  glatten  und  auszugleichen  sucht,  ura  nnr 
ja  der  siissen,  faulen  Gewohnheit  kein  Aergerniss  zu  geben. 
Um  so  mehr  wundere  ich  mich  in  dieser  Ausgabe  die  dritte 
und  die  siebente  Strophe  der  obigen  Ode  ohne  allen  Ver- 
dacht  passiren  zu  sehen:  wohingegen  gerade  dic  vorletzte 
Strophe,  an  der  selbst  Hofman  Peerlkamp  keinen  Anstoss 
gefunden  hatte,  in  volliger  Uebereinstimmung  mit  meineui 
eigenen  Urtheile  kurzweg  als  uniichtes  Einschiebsel  bezeichnet 
worden  ist.  'Stropham  paenultimam  multis  nominibus  su- 
spectam  uncis  inclusi'  sagt  der  Hgbr.  in  der  Vorrede  p.  XIX. 
Ob  unter  seinen  GrUnden  auch  die  von  mir  entwickelteu 
waren,  kann  ich  weiter  nicht  wissen;  nur  so  viel  weiss  ich, 
dass  der  einzigc  von  ihm  rait  fcf.  ad  T,  22,  14'  nalier  an- 
gedeutete  nicht  unter  den  meinigen  war.  Zu  der  citirteu 
Stelle  heisst  es  namfich  p.  XV:  'Stropham  quartara  eieeerunt 
P[eerlcampu8]  MfeinekiusJ.  Daunias  voc.  ferri  non  posse 
iam  BfentleiusJ  vidit.  atque  hic  statim  moueam,  oranes  eos 
locos,  in  quibus  Dauni  vel  Dauniae  raentio  fit,  manum 
interpolatoris  prae  se  ferre  Vergilium  imitantis.  cf.  II,  1,  34. 
III,  30,  11.  IV,  6,  27.  14,  26.  unde  patet,  quo  iure  Paldamus 


Digitized  by  Google 


UEBER  HORATIUS  CARM.  II,  1. 


611 


corruptum  limen  Apuliae  III,  4,  G  mutaverit  in  limina 
Dauniac.'  Dieser  Verdiichtigungsgrund  und  die  ihm  bei- 
gelegte  Tragweite  scheint  mir  zwar  vorJaufig  noch  sehr  be- 
denklich;  indessen  verlangt  er  jedenfalls  eine  Untersuchung, 
uiid  diese  einige  Musse,  die  ich  im  Augenblick  nicht  habe. 
Bonn,  im  Marz. 


Zweiter  Brief.*) 

Dass  das  Peerlkampische  sudare  bei  Horaz  II,  1,  21  457 
als  Verbum  keinesweges  durch  die  Beispiele  von  sudor  ge- 
schutzt  werde,  ist  sehr  wahr,  und  dass  der  Ronier  ein  sudare 
im  edeln  Stil  eben  so  wenig  vertragen  habe  wie  der  Deutsche 
neben  dem  'Sehweiss  der  Edeln'  auch  'schwitzende  Feld- 
herren',  konnte  sehr  wahr  sein,  miisste  es  aber  nur,  wenn 
sieli  die  Sprachen  nothwendig  deckten.  Wenn  nun  aber 
gerade  hier  lateinisclies  und  deutsches  Sprachgefiihl  ausein- 
ander  gingen?  wenn  sich  sudarc  durch  Beispiele  *iicht  von 
sudor,  sondern  von  sudarr  schUtzen  liesse,  was  wollten  wir 
mehr?  An  solchen  fehlt  es  ja  aber  nicht,  und  sie  stehen 
liiugst  in  den  Lexicis.  Aus  ihnen  kann  man  sich  erstens 
die  Beobachtung  zusammenlesen,  dass,  wo  wir  fvon  Blut 
triefen allerdings  nicht  fschwitzeir,  sagen,  im  Lateinischen 
die  genau  entsprechende  uud  ganz  eigentliche  Ausdrucksweise 
gerade  sudarc  samjuinc  ist.  So  tcrra  sudat  sanyuine  Ennius, 
Dnrdanium  sudarit  sanguinc  titus  Virgil,  quantum  Ausonio 
sudabiHs  arma  cruore  Silius,  oder  von  Personen  quidquid  ad 
hheos  Xanthum  Simoentaquc  nobis  sanguinc  sudatum  (cst) 
ebenderselbe,  und  mit  auffallend  starkem  Ausdruck  Lucrez 
sine  incassum  dcfcssi  sanguinc  sudcntf  angustum  pcr  itcr  luctan- 
tcs  ambitionis:  was  doch  lauter  Poeten  des  hohern  Stils 
sind.  Aber  auch  in  andern  Verbindungen  ohne  sanguinct 
nicht  nur  ad  metas  sudrt  oportct  cquus  bei  Properz,  sondcm, 
wenn  man  das  etwa  nur  will  vom  Pferde  gelten  lassen,  auch 
vom  Hylas  Lernacaquc  totlcns  arma  sub  ingndi  gaudct  sudarc 
pharctra  bei  Statius.  Hier  allerdiugs  nicht  vom  Kampfes- 
schweisse  wie  in  der  zweiten  Stelle  des  Silius;  dafUr  darf 

*)  [Rhein.  Muacum  f.  Philol.  Bd.  XII  (1867)  p.  457—404]. 

39* 


Digitized  by  Google 


612 


TJEBER  HORATIUS  CARM.  II,  1 


aber  noch  der  gar  nicht  seltene  Gebrauch  des  Participiums 
hierher  gezogen  werden,  den  die  Dichtersprache  des  Silius, 
Statius,  Claudian  zuliess  nicht  nur  in  Redeweisen  wie  labore 
Cyclopum  sudatum  thoraccm,  sudaias  vomerc  messes,  sudato  ma- 
rito  fibula,  zona  manibus  sudata,  auch  sudafa  bella,  sonderu 
namentlich  in  sudatus  labor:  dergleichen  unter  Andern  Dra- 
kenborch  zu  Silius  IV,  435  zusammengestellt  hat  Und  ist 
denn,  wenn  es  sich  darum  handelt  ob  etwas  edel  oder  un- 
edel  gesagt  sei,  nicht  selbst  Cicero  der  Redner  genugender 
Zeuge,  der  keinen  Anstand  nahm  sudandum  cst  his  pro  com- 
munibus  commodis  in  der  Sestiana  zu  sagen?  Auch  die  Bei- 
spiele  der  Composita  werden  kaum  geringere  Beweiskraft  be- 
haupten :  wie  bei  demselben  Cicero  in  his  (exercitationibus  in- 
Asvgcni)  desudans  atque  claborans,  wie  das  vorzugsweise  hieher 
gehorige  alio  dcsudant  Martc  cohortcs  bei  Claudian,  wie  neben 
dem  sudatus  Jal>or  die  cxsudati  laborcs  bei  Silius,  wozu  Draken- 
borch  die  treffende  Parallelstelle  aus  einer  Hede  bei  Livius 
nachwies  ut  rursus  novus  de  integro  his  instituendis  cxstuletiir 
labor  und  hier  wieder  das  cxsudare  ceriamen  desselben  Autor. 

Das  ware  wolil  allenfalls  genug,  um  ein  'Sudare  magnos 
iam  video  duces'  als  cine  des  Horaz  ganz  und  gar  nicht 
unwiirdige'  Ausdrucksweise  zu  rechtfertigen  und  die  Qberzar- 
ten  Bedenken  des  Skeptikers  zu  beschwichtigen  von  dem  Sie 
Meldung  thun;  aber  freilich  ist  es  nicht  genug,  um  die  Con- 
jectur  des  hollandischen  Kritikers  gegen  eine  gleich  gute 
andere  oder  eine  noch  probablere  aufrecht  zu  halten.  Ihnen 
ist,  wie  Sie  mir  in  diesem  Juni  schreiben,  der  Gedanke  an 
r  Anteire  magnos  iam  video  duces'  gekommen,  in  dem  Sinne 
cdem  Heere  vorausschreiten':  und  darum  wird  es  ffir  Sie 
ein  besonderes  Interesse  haben,  zu  erfahren,  dass  niir  iui 
Mai  gauz  denselben  Gedanken  ein  lieber  alter  Freund  mit- 
theilte,  dessen  briefliche  Ausfuhrung  dieser  uud  einiger  an- 
dern  Horazischen  EnTnuotTa*)  icn  mit  seiner  Bewilligung  hier 
folgen  lasse. 

Bonn,  Jnni  1857. 

*)  [Die  Besprechuug  dieser  andern  CnT^MaTa,  w{e  eje  sicti  von 
p.  401  an  findet,  i«t  hier  weggelassen.  C.  W.] 


Digitized  by  Google 


CKBKR  HORATIUS  CARM.  II,  l. 


613 


 Verstehe  ich  recht,  so  hast  Du  im  Rh.  Mus. 

XI  p.  635  [oben  p.  600]  an  dem  Hofman-Peerlkampschen 
Vorschlage  nur  einstweilen  festhalten  zu  miissen  geglaubt, 
Dir  aber  das  Suchen  nach  eiuem  Bessern  selbst  noch  vor- 
behalten  wollen.  Ich  weiss  nicht  ob  ich  Gewicht  darauf 
legen  8oll,  dass  Du  in  Deinem  Abdrucke  des  Gedichtes  nach 
tfolius  ein  Punetum  gesetzt  hast.  Da  Du  sudare  —  video  an- 
genommen  hast,  kannst  Du  in  deu  beiden  ersten  Versen 
dieser  Strophe  wohl  nur  ein  Gedankenglied  erkennen,  das 
auf  das  engste  mit  den  beiden  Hauptgliedern  der  voran- 
gehenden  Strophe  zusammenhiingt:  denn  es  sind  ja  wohl 
drei  Momente  der  Schlacht,  vielleicht  der  beginncnden,  welche 
der  Dichter  malt.  Es  ist  wohl  ein  Schwung  dichterischer 
Phantasie,  den  man  zu  bewundern,  nicht  zu  tadeln  hat,  wenn  460 
tler  Dichter  von  diesen  einzelnen  Momenten  der  besonderu 
Situation,  eiuer  Schlacht  oder  der  Schlacht,  mit  einem  kraf- 
tigen  Zuge  den  Erfolg  des  siegreichen  Helden  —  inmitten 
des  trtiben  Gemiildes  —  hinstellt.  Ich  mochte  daher  hinter 
voUus  nur  ein  Komma  haben  und,  wenn  cs  gestattet  ware 
die  antiken  Worte  mit  so  moderner  Umgebung  auszustatten, 
hinter  sordidos  den  sogenaunten  Gedaukenstrich.  Jetzt  zu 
meiner  Vermuthung  statt  des  sudare.  Durch  eine  Eigen- 
schaft  empfiehlt  sie  sich  gewiss,  durch  ihren  eugen  Anschluss 
an  die  handscbriftlich  iiberlieferten  Zeichen.  Ob  sie  schon 
da  geweseu,  kann  ich  aus  meinem  kleinen  Apparat  nicht 
entnehnien;  ist  dem  so,  so  —  Musisse  putemur'.  Mein  Auge 
sieht  also  in  dem  iiberlieferten  audirc  das  sehr  ahnliche 
anteire.  Die  dem  Funde  nachfolgende  Priifung  hat  nur 
zwei  Bemerkungen  hinzuzufiigen.  Erstlich  die  Synaloephe  in 
auteire  bedarf  wohl  nicht  weiter  ausdrttcklicher  Stiitzung, 
aueh  wenn  man  sich  auf  die  Zeile  te  scmj)er  antcit  saeva  nc- 
cessitas  nicht  berufen  darf  und  auf  das  dactylische  Herai-" 
stichion  aut  strenuus  anteis  sich  nicht  berufen  will.  Zweitens 
raag  ich  gern  den  besondeni  Vortheil  aufgeben,  den  ich 
meiner  Vermuthung  bereiten  konntc  durch  die  Anfiihrung 
der  Zeilen 

Ein  boser  Knecht  der  still  darf  stehn, 
wenn  er  den  Feldherrn  sieht  augehn, 


G14 


UKUElt  HOKATIIS  CARM.  II,  1 


beguiige  mich  vielmehr  iriit  der  Herbeiziehung  der  ganz  pro- 
saischen  Worte  Suetons  im  Caesar  c.  57:  in  agtnine  tum- 
nmnquam  cquo,  sacjmts  pcdibus  anteibat  capite  detecto  seu  sol 
seu  imber  esset.  Wiinschenswerth  war'  es,  eine  zutreffende 
Nachweisung  uber  das  anteire  in  der  Pharsalischen  Schlacht 
zu  haben;  denn  die  besonders  lauten  Angriffssignale  in  dieser 
Schlacbt  werden  ausdrucklich  von  den  Schriftstellern  er- 
wiihnt;  auch  ist  wohl  der  Angriff  und  die  Flucht  der  poni- 
pejanischen  Reiter,  das  entscheidende  Moment  der  Sehlacht, 
mit  Sicherheit  fUr  die  Zeilen  et  fuhjor  arnwrum  —  —  her- 
beizuziehen,  wenn  auch  Mommsen  aus  den  Erzahluugen  der 
Schriftsteller  einen  Lager-Schwauk  mit  Fug  und  Recht  aus- 
scheidet.  Ob  sich  wahrscheinlich  machen  Hisst,  dass  die 
alterthiimlichen  Formen  antidit  u.  s.  w.  im  Volksmunde  ver- 
blieben,  weiter  ausgebildet  und  endlich  in  das  moderne  an- 
46i  dare  iibergegaugen  seien,  vermag  ich  nicht  zu  verfolgen*); 
wtire  das  so  gegangen,  dann  fande  die  Substituierung  des 
audire  eine  leichte  Erklarung. 

Zullichau.  R.  Hanow. 


Replik  von  Jacob  Bernays.**) 

['Bernays'  weitere  Aeusserungen  hierauf  darf  ich,  da  sie 
gegen  mich  gerichtet  sind,  der  Unparteilichkeit  halber  nicht 
weglassen/  ] 

630  Man  braucht  nicht  so  zimperlich  zu  sein  wie  die  englischen 
Ladies,  welche  die  Nase  riimpfen  wenn  jemand  to  transpirc 
auch  nur  im  Sinne  'bekannt  wcrden'  gebraucht,  um  dennoch 
durch  Rh.  Mus.  XII  p.  458  [oben  p.611  f.]  nicht  ttberzeugt  zu 
werden.  Denn  das  Anstossige  liegt  in  dem  Verbum  sudarc 
neben  video.  Dass  einem  das  Schwitzen  so  recht  eigent- 
lich  vor  Augen  gestellt  sei,  will  dem  (ieschmack  des  Unter- 
fertigten  nicht  eingehen,  und  dass  ein  so  wortwiihlender 


*)  Hieraber  mOchte  wohl  Diez  im  EtymologiBchen  Wdrterbxich 
der  romaniBchen  Sprachen  eines  Andern  und  —  Bessern  belehren. 

F.  R. 

**)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  Bd  XII  (1857)  p.  630.] 


Digitized  by  Google 


DBBEB  HOKATIUS  CAKM.  II,  1 


615 


Odendichter  wie  Horaz  gesagt  habe:  'ich  sehe  grosse  Feld- 
herrn  schwitzeu'  erkliirt  er  nicht  eher  zu  glauben  als  bis 
—  er  es  sehe.  Die  Beispiele  von  sawjuine  sudarc  treffen 
nicht  ganz,  weil  hier  durch  sanguinc  die  ganze  Phrase  eine 
nietaphorische  Milderung  erfahrt.  Die  Stelle  aus  Statius  Uber 
Hylas  ist  schwerlich  beweisend  fiir  den  Odenstil*);  sie  er- 
ziihlt;  und  wenn  man  einmal  dies  erzahlen  will,  wird  man 
es  auch  im  Deutschen  nicht  anders  sagen.  Laborc  Cyclo- 
pum  sudatum  thoracem  ist  eben  kyklopisch.  Wenn  aber 
Claudianus  sagt  sudatas  vomcrc  tnesses,  so  ist  dies  so  unnatiir- 
lich  schief,  oder  wenn  er  gar  sudata  tnarito  fibula  sich  er- 
laubt,  so  ist  dies  so  unreinlich  gesagt,  dass  man  hier,  wie 
auch  sonst,  daran  erinnert  wird,  dass  er  in  Alexandria  ge- 
boren  und  Latein  nicht  seine  Muttersprache  war.  Horaz 
wilrde  dergleichen  zusammengestellt  haben  mit 

Furius  hibernas  cana  niue  conspuet  Alpes. 

cDer  Skeptiker'. 

*)  'Verwesen'  ist  an  sich  ja  ein  unverrangliches  Wort.  Und  doch 
wird  keiner  das  Lachen  unterdriicken  kSnnen,  wenn  Klopstock  in  der 
bekannten  Ode  singt: 

fWenn  von  der  Itadikin  fern,  der  redliche  Cramer  verwes^'. 


XVIII. 

Ueber  Tibulls  vierte  Elegie  des  ersten  Buchs.*) 


m  Dass  die  unter  Tibull's  Namen  auf  uns  gekomniene  Ge- 
dichtsammlung  ein  eben  so  ungleichartiges  als  zerruttetea 
Ganze  bilde,  bezweifelt  heutzutage  kein  Urtheilsfahiger  mehr. 
Die  Ungleichartigkeit,  die  sich  nicht  nur  in  sehr  abstechen- 
dem  Kunstwerthe  der  einzelnen  Gedichte  zeigt  und  auf  ver- 
schiedene  Entwickelungsstufen  eines  imd  desselben  Dichters 
hinfiihrt,  sondern  die,  in  Verbindung  mit  unabweislichen  In- 
dicien  directer  Art,  auch  zur  Anerkennung  verschiedener 
Urheber  nothigt,  lassen  wir  hier  unbesprochen.  Die  Zer- 
riittung  des  uns  Uberlieferten  Corpus  liegt,  mehr  noch  als 
in  der  Anordnung  des  Ganzen,  in  der  gestorten  Folge  der 
Theile  einzelner  Gedichte  zu  Tage.  Dieser  Gesichtspunkt 
insbesondere  war  es,  den  Joseph  Scaligers  durchdringen- 
der  Blick  ins  Auge  fasste,  als  er  im  Jahre  1575,  damals 
ein  FOnfunddreissiger,  zur  Erholung  von  schwerer  Krankheit, 
wie  er  selbst  sagt,  innerhalb  eines  Zeitraumes  von  nicht  ganz 

57  einem  Monat**)  nicht  nur  den  Tibull,  sondern  gleichzeitig 


*)  (Aus  den  Berichten  der  phil.-hist.  Classe  der  K5n.  Sacheischen 
GesellBchaft  der  Wissenschaften.   (Bd.  XVIII.   1866)  p.  56—74.] 

**)  Wenn  ihnHaase  in  dem  weiterhin  zu  erwahnenden  Prooemiam 
p.  5  von  demselben  Monat  uoch  zwanzig  ganze  Tage  auf  die  Ab- 
fassung  der  kritischen  Commentare  (der  fCastigatioues  in  Cat.  Tib. 
Prop.')  verwenden  lasst,  wonach  fur  die  Textrecension  gar  nur  zehn 
Tage  iibrig  bheben,  so  finde  ich  das  durch  Scaligers  Worte  (in  der 
Dedicationsepistel)  nicht  bestatigt:  r.  .  .  et  nisi  fallor,  feliciter  sacces- 
sit  nobis:  quamuis,  Deum  testera  laudo,  ne  integrum  quidem  mensem 
illis  tribus  poetis  recenscndis  impcndimus.   Tameu,  ne  quid  dissimulem, 


Digitized  by  Google 


UEBER  TIBULLS  4.  ELEGIE  DE8  1.  BUCHS.  617 

auch  den  ganzen  Catull  und  Properz .  einer  neuen  Textes- 
recension  unterzog,  die  seiner  wunderbaren  Productionskraft 
eben  so  zum  Ruhme,  wie  seiner  genialen  Verwegenheit  zum 
Vorwurfe  bei  der  Nachwelt  gereicht  hat.  Es  ist  wahr,  in 
geistreichem  Spiel  hat  er  das  Heilmittel  der  Umstellung 
von  Gedichtstheilen  in  einem  Umfange  und  einer  Weise  zur 
Anwendung  gebracht,  dass  man  den  Zilgel  masshaltender 
Bedachtigkeit  nur  allzusehr  vermisst,  den  er  selbst  ohne 
Zweifel  mit  ganz  anderer  Strenge  angelegt  hatte,  wenn  er 
uicht  (in  der  Dedicationsepistel  an  Puteanus)  diese  seine  Er- 
holungsbeschaftigung  in  ausdrUcklichen  Gegensatz  zu  den 
graviorcs  litterae,  studia  graviora  setzte.  Dieses  Uebermass  als 
solches  zu  erkennen  war  keine  Kunst  fur  die  Folgezeit;  aber 
inan  hiitte  nicht,  um  im  Sprichwort  zu  reden,  das  Kind  mit 
dem  Bade  ausschutten,  nicht  ubersehen  sollen,  dass  Scaliger^s 
Starke  in  der  Negation,  im  Erkennen  der  Schaden  und  Un- 
zutraglichkeiten  Hegt,  seine  Schwache  nur  in  den  positiven 
Versuchen  zu  ihrer  Beseitigung.  Nicht  seine  zahlreichen 
Unistelluugen  von  Distichen  und  Distichengruppen  an  sich 
sind  es,  welche  den  Tadel  herausfordern,  sondern  dass  es  — 
abgesehen  von  ihrer  Hiiufung  und  den  durch  sie  bewirkten 
Zerstilckelungen  —  nicht  die  rechten  sind,  dass  sie  nicht 
ruhig  und  umsichtig  genug  erwogen,  dass  sie  allzu  oft  ein- 
seitig  und  ubereilt  sind  und  an  die  Stelle  der  alten  Uebel- 
stande  nur  neue  setzen.  Aber  dass  er  an  den  alten  iiber- 
haupt  zuerst  Anstoss  nahm,  sie  constatirte  und  ihre  Hebung 
den  Spiitern  als  Aufgabe  hinstellte,  das  bleibt  sein  unan- 
tastbares  Verdienst,  welches  von  der  Neuzeit  wenig  gewiir- 
digt  zu  sehen  Wunder  nehmen  muss.    Es  war  an  der  Zeit 


meliorem  partem  harum  Criticarum  commentationum  vindicat  xibi  stilus, 
<  t  scriptio.  Quum  enitn  quae  in  animo  habebam,  ea  chartae  commen- 
darem,  cui  rei  viginti  tantum  dies  dedimuR,  >nh  acumen  calami,  ut  »o- 
lft,  longe  plura  cadebant,  quam  inter  legendum  auctores  ipsos  com- 
mentati  fueramus'.  Haaise  n  war  iibrigens  in  jener  ungerechtfertigten 
Interpretation  der  Scaligerschen  SHtze  schon  J.  H.  Vobh  vorangegangen 
in  der  an  unverstiindigen  und  unwiirdigen  Aeusserungen ,  namentlich 
auch  gegen  Scaliger,  liberreichen  Vorrede  zu  seiner  Ausgabe  von 
1811,  p.  V. 


618  UEBER  TIBULL'8  4.  BLEGIE  I*ES  1.  BUCH& 

und  in  der  Orduung  dass,  um  nur  erst  einmal  eine  sichere 
Grundlage  zu  schaffen,  zuvorderst  eine  Arbeit  wie  die  Lach- 
niann'sche  eintrat,  die  von  den  Itechten  subjectiver  Kritik 
grundsiitzlich  absehend,  nur  die  alte  Ueberlieferung  (leider 
im  vorliegeuden  Falle  eiue  nur  allzu  junge)  in  treuer  und 
scharfer  Wiedergabe  vor  Augen  stellte.  Aber  aus  dieser 
absichtlich  nur  relativen  Leistung  eine  im  wesentlicheu  ab- 
schliessende  gemacht  zu  sehen  hiitte  ihr  Urheber  selbst  ge- 
r»8  wiss  am  wenigstcn  erwartet,  er  der  anderwiirts  so  glanzende 
Beweise  einer  die  Schranken  bloss  liistorischer  Ueberlieferung 
Uberspringendeu  Selbstthatigkeit  gegeben.  Und  doch  hat 
seine,  unter  dem  rechten  Gesichtspunkte  so  werthvolle  Textes- 
recensiou  des  Tibull  (und  seiner  beiden  Genossen)  wie  mit 
einer  Art  von  Bann  gewirkt,  der  Uber  die  dort  gezogenen 
Grenzen  nicht  oder  kaum  hinauszugehen  gestattete.  Gegen 
diesen  vertrauensseligen  Conservativismus  Einspruch  gethan 
und  dem  stillen  auf  Scaliger  lastenden  Verdammungsurtheil 
gegenuber  zuerst  in  unsern  Tageu  eine  fortschrittliche  Re- 
action  augebahnt  zu  haben  ist  ein  Verdienst  Friedrich 
Haases;  seinem  Versuche,  der  Anfaugselegie  des  ersten 
Buches  auf  Scaliger  scheui  Wege,  und  doch  in  freiester  Un- 
abhiingigkeit  vou  diesein  Vorbilde,  ihre  ursprUugliche  Gestalt 
zurUckzugewinuen*),  wiire  wohl  etwas  mehr  Anerkennung  zu 
wiinschen  gewesen,  als  ihm  in  Bcrnhardys  romischer  Lit- 
teraturgeschichte  geworden  ist.  Durch  solchen  Vorgang  er- 
muthigt,  sind  in  neuester  Zeit  mehrfache  Versuche  ans  Licht 
getreten,  denselben  Grundgedanken  auch  fur  andere  Gedichte 
fruchtbar  zu  machen:  obwohl  von  Uebereinstimmuug  in  den 
Resultaten  vorliiufig  noch  nicht  viel  zu  rUhiuen  ist.  Unhe- 
ruhrt  von  ihnen  ist  aber  bis  jetzt  eine  Elegle  geblieben,  die 
durch  ihre  reizeudeu  Einzelheiteu  den  Sinn  der  Leser  von 
jeher  so  allgemeiu  bestocheu  hat,  dass  man  in  ihr  eine 
wahre  IVrle  Tibullisclier  Lieblichkeit  zu  haben  glaubte:  die 
vierte  des  ersten  Buchs,  eine  der  fruhesten  uns  von  Ti- 
bull  tiberhaupt  erhaltenen  Poesien,  sehr  wahrscheinlich  die 

*)  'Disputatio  de  tribua  Tibtilli  locis  traiwpositione  emeDdandi*' 
vor  dem  Breslauer  Index  lectionum  aeat.  von  1855. 


Digitized  by  Google 


1'EHER  TIBULL  S  4.  ELEUIE  DES  1.  BUCHS. 


619 


friiheste  aller  erotischen.  Man  hatte  und  hat  auch  Recht  niit 
diesem  Glauben:  und  deunoch  ist  sie,  wenn  nicht  alles 
tiiuscht,  ein  Uberzeugender  Beweis  fOr  die  Destruction  Tibul- 
lischer  Poesien,  die  in  Folge  eines  mittelalterlichen  Mis- 
geschicks  eingetreten  ist. 

Ihre  von  Scaliger  vorgenouiniene  Uingestaltung  als  eine 
mislungene  nachzuweisen  diirfen  wir  uns  so  lange  erlassen, 
bis  ftir  sie  ein  Vertheidiger  auftritt;  die  Ueberzeugung  von 
der  Unmoglichkeit,  dass  sie  so,  wie  sie  in  den  Handschriften 
uberliefert  ist  und  in  den  Ausgaben  fortgepflanzt  wird,  aus 
der  Hand  des  Dichters  hervorgegangen  sei,  theilen  wir  mit 
Scaliger.  Wenn  Gruppe  in  der  Vorrede  zu  seinen  fkri- 
tischeu  Untersuchungen '  Uber  die  romische  Elegie  p.  V  mit  59 
Gewicht  hervorhob:  fes  war  zur  Kritik  dieser  Dichter  nicht 
genug,  Lateinisch  zu  verstehen,  man  musste  auch  Poetisch 
verstehen',  so  dUrfen  wir  zur  Erganzung  hinzufUgen,  .dass 
man  vor  alleni  Logisch  verstehen  musste.  Wie  sehr  die 
jetzige  Gestalt  des  Gedichts  dieses  Verstiindniss  vermissen 
lasse  und  wie  wenig  solcher  Forderung  durch  Dissens  alles 
verwaschende  Aesthetik  Geniige  geschehe,  zeige  zuniichst  die 
folgende  Zergliederung  seines  Gedankenganges,  fUr  die  ich 
sogleich  die  Buchstabenbezeichnung  anwende,  mittels  deren 
«ich  weiterhin  die  durch  einander  geworfenen  Theilo  am 
anschaulichsten  sondern  und  ))efriedigender  zusammenfUgen 
lassen. 

/.  Der  Dichter  (V.  1—8). 

Aa.  Belehre  mich,  Priapus,  durch  welche  Mittel  du 
geliebte  Knaben  zu  gewinnen  weisst  (1 — 6). 

//.  Priapus  (9-72). 

Ab.  0  nimm  dich  vor  diesen  gefahrlichen  Wesen  in 
Acht,  die  durch  einen  oder  den  anderu  Reiz  immer 
zu  fesseln  wissen  (0 — 14). 

B.  Aber  sei  nicht  zu  ungeduldig,  wenu  der  Gegenstand 
deiuer  Neigung  sich  nicht  gleich  ergibt,  sondern 
lerae  warten;  die  Zeit  Uberwindet  und  reift  alles 
(15-20). 

C.  Auch  EidschwUre  scheue  nicht,  denn  solcherlei 


620 


UEBER  TIBULLS  4.  ELEGIE  DES  1.  BUCHS. 


Schwure  bedeuten  nichts  in  den  Augen  der  Gotter 
(21-26). 

D.  Aber  warte  nicht  zu  lange,  denn  die  Jugend  ver- 
geht  schnell  und  das  traurige  Alter  gestattet  keine 
Liebeslust  mehr  (27—38). 

£.  Du  suche  vor  Allem  durch  Willfahrigkeit,  Hin 
gebung,  gefalliges  Entgegenkommen  deinen  Kna- 
ben  zu  gewinnen:  als  Begleiter  zu  Lande  und  zu 
Wasser,  als  Gefahrte  bei  Jagd  und  Waffenspiel 
u.  s.  w.;  so  erreichst  du,  dass  er  deine  Liebe  erst 
duldet,  bald  sucht  (39—56). 

F.  Wehe  iiber  das  verruchte  Zeitalter,  in  dem  Knaben 
ihre  Gunst  um  Geld  verkaufen;  moge  den  Venus 
verderben,  der  das  erste  Beispiel  dazu  gegeben. 
Auf  Dichter  und  Dichterlob  vielmehr,  ihr  Knaben, 
legt  Werth,  um  im  Liede  fortzuleben.  Wer  den 
Musen  Gold  vorzieht,  moge  das  Loos  der  Idaischen 
Priester  theilen  (57—70). 

G.  Schmeicheln,  Bitten,  Klagen  —  das  sind  die  Mit- 
tel,  mit  denen  Venus  siegt  (71—72). 

111.  Der  Dichter  (73-84). 

Ha.  So  Priapus,  als  Antwort  auf  meine  Frage.  Und 
nun  holt  euch  Rath  bei  mir  als  euerm  Lehrnieister, 
ihr  alle,  die  ihr  Liebesnoth  leidet:  ilir  werdet  mir 
danken  und  mkh  loben  (73  80). 

Ilb.  (Doch)  wehe  uber  raich  selbst,  dem  ja  der  grau- 
same  Marathus  alle  Liebesmiihen  und  Verfilhrungs- 
kiinste  zu  Schandeii  macht.  0  quiile  mich  nieht 
langer,  geliebter  Knabe,  dass  ich  nicht  mit  meineni 
Lehrmeisteramte  zum  Gespott  werde  (81—84). 

Jedem,  der  diese  Gedankenreihe  mit  Aufmerksamkeit 
verfolgt,  muss  sich  eine  dreifache  Wahrnehmung  aufdrnngen: 
erstens  dass  in  der  Rede  des  Priapus  die  schroffsteii,  zum 
Theil  imverstiindlichsten  Uebergiinge  und  Gedankensprunge 
storen;  zweitens  dass,  auch  davou  abgesehen,  allgemeine 
und  besondcre  Rathschlage  des  Gottes  ordnungslos  dureh 
emander  gehen;  drittens  dass  eine  Partie  dieser  Rcde  sich 


Digitized  by  Googl 


UEBER  TIBULL^S  4.  ELEOIB  DES  1.  BUCHS.  621 

in  den  Zusammenbang  und  die  Situation  des  Ganzen  uber- 
haupt  gar  nicbt  einfQgt. 

Denn  was  soll,  um  von  dem  letzten  Punkte  auszugehen, 
das  ganze  mit  F  bezeichnete  Stiick  an  der  Stelle,  die  es 
jetzt  einninimt?  Was  bat  die  VVebklage  iiber  die  Geldgier 
iler  Knaben  mit  den  Mitteln  zu  thun,  durch  die  sprode  Ge- 
muther  Oberwunden  werden?  Sagt  man  etwa,  damit  solle 
nur  die  Empfehlung  der  MusenkUnste,  als  besonders  wirk- 
samer  Bewerbungsniittel,  gegeusiitzlich  eingeleitet  werden,  so 
fragen  wir,  wie  passen  solche  gerade  zur  Person  des  Priapus, 
dessen  realistischer  Natur  Scbatzung  der  Poesie  so  fern  wie 
inoglich  liegt?  Und  wenn  man  sie  ihm  doch  zutraut,  wie 
kommt  er  denn  dazu,  diese  Ermalinung  nicht  an  den  Dichter 
zu  richten,  der  sie  befolgen  und  dadurch  zu  seinem  Ziele 
gelangen  kann,  der  ihn  eben  bcfragt  hat  und  zu  dessen  Be- 
lehrung  die  ganze  Rede  gehalten  wird,  sondem  anffiilligster 
Weise  die  pueri  selbst  anzureden,  von  denen  er  doch  im  An- 
fange  ganz  sachgemiiss  in  der  dritten  Person  gesprochen 
hat?  Man  driickt  sich  nieht  zu  stark  aus,  wenn  man  be- 
hauptet,  dass  darin  nicht  Sinn  noch  Verstand  ist,  das  ganze 
Stflck  demnach  gar  nicht  in  die  Rede  des  Priapus  gehoren 
kann. 

Und  was  gleich  folgt  (V.  71.  72):  Btanditiis  vutt  essc  ei 
locum  Yenus  ipsa:  querellis  suppiicibus,  miser^is  ftetibns  itla  fa- 
vet,  steht  denn  das  in  irgend  einer  Verbindung  mit  dem 
Vorigen?  Ja,  wenn  es  btanditiae,  quereltae,  ftctus  carminum 
wiiren;  aber  davou  stebt  ja  kein  Wort  da,  und  die  natiir- 
liche  Bedeutung  der  Worte,  die  wirklich  dastehen,  hat  eben 
niit  dem  Begriff  poetischer  Form  so  gar  nichts  gemein,  dass 
sich  eine  solche  Beziehung  nur  mittels  der  unnatiirlichsten 
und  willkiirlichsten  Interpretation  hineintragen  liisst. 

Hierau  haben  wir  sogleich  das  erste  Beispiel  giinzlich 
mangelnden  Zusammenhangs;  aber  es  gibt  andere  und  stiir- 
kere.  Starkere  namlich,  wenn  es  nicht  die  Abwesenheit 
jeder  Verbindung  ist,  was  den  Anstoss  gibt,  sondern  die 
Anwesenheit  von  Verbindungspartikeln,  die  auf  unverstiind- 
liche  oder  verkehrte  Weise  verkniipfen.  Im  ersten  Falle 
haben  wir  ja  hinliinglich  gelernt,  bei  einem  Elegiker  und 


Digitized  by  Google 


022 


UEBER  TIBVLLS  4.  ELEGIE  DES  1.  BUCHS. 


namentlich  bei  Tibull  einer  gewissen  Liisslichkeit  Raum  zu 
geben;  leicht  gestehen  wir  dem  Dichter  die  Freiheit  zu,  dass 
er  uns  zumuthe  zwei  asyndetisch  neben  einander  gestellte 
Gedanken  durch  das  vermittelnde  Bindeglied  zu  erganzen, 
welches  aus  der  ganzen  Situation  und  den  mit  Empfiinglieh- 
keit  aufgefassten  Regungen  seiner  Seele  von  selbst  hervor- 
geht.  So  verhiilt  es  sich  mit  V.  81,  wo  der  Dichter  von  der 
Empfehlung  seines  magistcrium  plotzlich  mit  einem  )w\i  heti 
(oder  cheu)  zu  dem  reinen  Gegensatz  uberspringt,  den  wir 
oben  durch  ein  eingeschobenes  einfaches  fdoch'  verstiindlich 
machen  durften.  Aber  nicht  ebcnso  verhalt  es  sich  mit  V.  15 
Scd  ne  te  capiant  -.  Auf  die  Bitte  des  Dichters,  ihn  die 
rechten  LiebeskQnste  zu  lehren,  antwortet  Priapus  zunachst 
mit  einer  fluchtigen  Warnung,  auf  ein  so  missliches  Spiel 
sich  iiberhaupt  einzulassen:  einer  Warnuug,  die  so  leichthin 
ausgedriickt  ist,  dass  sie  fast  nur  wie  ein  Seufzer  Gber  seine 
eigenen  Erfahmngen  klingt  Jetzt  konute,  in  prosaischer 
Vollstiindigkeit  der  logischen  Gedankenreihe,  der  Mittelsatz 
folgen:  fjedoch  wenn  du  einmal  willst,  so  vernimm  folgende 
Lehren*.  Diesen  Mittelsatz  durfte  der  Dichter  iiberspringen 
und  sogleich  fortfahren:  ?du  (der  du  mir  einmal  eine  solche 
Frage  stellst)  gewohne  dich  vor  allem  Geduld  zu  haben\ 
Aber  nicht  konnte  er  vemiinftiger  Weise,  mittels  der  ganz 
unpassenden  Conjunction  sed9  so  verbinden:  'nimra  dich  in 
68  Acht  vor  den  beriickenden  Knaben;  aber  lass  es  dich  nicht 
verdriessen,  wenn  du  nicht  augenblicklichen  Erfolg  hast\ 

Kaum  weniger  anstossig  ist  V.  21  der  Uebergang  mit 
twr.  Was  kann  unseschickter  sein  als  diese  Gedankenfolce: 
fAber  werde  es  nicht  gleich  iiberdriissig,  wenn  deine  Be- 
werbung  auf  Schwierigkeiten  stosst;  auch  spare  keine  Eid- 
schwure'  u.  s.  w.?  Als  wenn  zwei  Rathschliige  irgendwie 
auf  gleiche  Linie  zu  stellen  wiiren,  von  denen  der  einc  so 
allgemein  wie  moglich,  der  andere  so  speciell  wie  moglich 
ist.  Und  nun  zumal,  wenn  unmittelbar  darauf  mit  .4/  w 
tardncris  (V.  27  ff.)  die  Betrachtung  gleich  wieder  ius  All- 
gemeine  zuruckschliigt. 

Dieser  schon  oben  betonte  Austoss  eines  in  befremd- 
lichster  Weise   springenden   Wechsels  zwischen  generelleu 


Digitized  by  Google 


UEBER  TIBULL  S  4.  ELEOIE  DES  1.  BUCIIS. 


G23 


iind  speciellen  Reflexionen  geht  aber  durch  die  ganze  Priapus- 
rede,  wie  sie  jetzt  vorliegt,  durch:  B  (15—20)  generell;  0(21 
-26)  speciell;  D  (27—38)  generell;  E (39—56)  speciell.  An 
sich  ist  beides  gleich  denkbar  und  gleich  berechtigt,  dass 
entweder  die  allgemeinen  Motive  vorau-,  die  besondern  nach- 
gestellt,  oder  aber  mit  den  letztern  begonnen  und  von  ihnen 
zn  den  allgemeinern  aufgestiegen  wurde;  das  Durcheinander 
beider  kann  nicht  Absicht  eines  verstiindigen  und  sinnigen 
Dichters  sein*). 

Zwei  Stiicke  unseres  Gedichtes  sind  es,  die  sich  nach 
diesen  Erwiigungen  als  unpassend  und  storend  an  der  Stelle, 
die  sie  jet«t  einnehmen,  erwiesen  haben:  F  (57—  70)  und 
(•(21-26).  Scheidet  man  sie  an  diesen  Stellen  einfach  aus, 
so  ergibt  sich  nun  weiter  die  iiberraschendc  Wahrnehmung, 
dass  dann  K  uud  G,  und  wiederum  1$  und  7)  zusammen- 
schliessen  wie  angegossen.  Dort  wird  die  Reihe  specieller  63 
Vorschriften,  die  siimmtlich  die  Empfehlung  eines  eifrigen 
obsequium  zum  Inhalte  haben,  abgeschlossen  mit  der  Zu- 
sammenfassung  aller  einzelnen  Dienstleistungen  uud  Bewer- 
bungen  in  die  Begrifte  blandifiac,  supjdircs  qucrrllae,  miscri 
fletus.  Hier  ist  es  eine  noch  viel  einleuchtendere  Ergiinzung 
eines  Gegensatzes  durch  den  andem,  wenn  es  V.  15  20  und 
27-  38  heisst  Sed  nc  tc.  capiant,  primo  si  fortc  ncrfabit,  tacdia 
und  im  Anschluss  daran  At  si  tarducris}  crrabis  u.  s.  w., 


*)  Solcberlei  Anstosse  sind  ea,  an  deuen  eine  soust  wohlberech- 
tigt»*  Nachsicht  ihre  unzweifelhafte  Grenze  findet,  wie  die  von  Bern- 
hardy  H.  L.  S.  f>82  (4.  Ausg.)  empfohlene:  'Nur  moge  inan  nicht  ver- 
gessen,  dass  die  Composition  des  Pichters  in  «einen  gemtithlichsten 
Elegien  immer  dehnbar  ist;  venniige  der  weichen  Gliederuug  konnen 
auch  ilic  Siitze  leicht  ihren  Platz  wechseln;  mit  gleicher  Wahr- 
scheinlich k eit  darf  man  daher  Umstellungen  empfehlen  uud 
dieuelben  bestreiten'.  Wir  haben  das  nicht  vergessen;  aber  cine 
8  0  hoch  gesteigerte  Unparteilichkeit  und  Weitherzigkeit  wiirde  meines 
Erachtens  allen  Begriff  von  Methode  auflieben.  Wie  weit  auch  wir 
der  'Dehnbarkeit*  eines  'lockern  GefflgeB*  Reehnung  tragen,  konneu 
in  der  am  Schluss  dieses  Aufeatzes  mitgetheilten  liestitution  unseres 
Gedichtes  die  Uebergilnge  bei  V.  15,  67  und  71  beweisen;  wenn  man 
will,  auch  die  Stellung  der  beiden  Gedankengruppen  V.  29 — 34  und 
35-40  (der  neuen  Zahlung). 


Digitized  by  Google 


UEBEK  TIBITLLS  4.  ELEGIE  DE8  1.  BUCHS. 


d.  h.  ?sei  nicht  zu  hastig,  aber  auch  nicht  zu  triige',  oder 
flerne  warten,  aber  warte  auch  nicht  zu  lange'.  Dass  man 
diesen  schlagenden  gegensatzlichen  Zusammenhang  verkennen 
konnte,  darf  billig  in  Verwunderung  setzen. 

Aber  was  wird  nun  mit  den  beiden  an  sich  feinen  und 
geschmackvollen,  an  ihrer  jetzigen  Stelle  unbrauchbaren,  weil 
allen  gesunden  Gedankenfortschritt  unterbrechenden  Ein- 
schiebseln  C  und  F?  Wenn  das  letztere  Stfick  als  ganz 
ungehorig  fttr  die  Kede  des  Priapus  erkannt  wurde,  so  ist  es 
nur  die  einfache  Consequenz,  dass  es  dera  Dichter  selbst  in 
den  Mund  gelcgt  werde.  So  aber  findet  es  wiederum  keinen 
andern,  dafiir  aber  einen  um  so  schicklichern,  Platz  als  aw 
Ende  der  ganzen  Elegie.  Der  Dichter  hat  hier  (V.  81 — 84) 
eine  schmerzliche  Rlage  ausgestossen  iiber  die  Sprodigkeit 
seines  Marathus  und  die  Vergeblichkeit  seiner  eigeuen  Gunst- 
bewerbungen.  Da  steigt  ihm  der  Verdacht  auf,  dass  auch 
Marathus  von  der  Pest  der  Gegenwart,  schnoder  Geldsucht, 
angesteckt  sein  konne  und  darin  die  Ursache  seiner  Kalte  zu 
suchen  sei;  mit  tiefem  Unwillen  geisselt  er  solche  Unwurdig- 
keit,  hebt  in  gerechtem  Selbstgefuhl  den  Werth  einer  Dicli- 
terliebe  hervor,  und  gibt  mit  einer  energischen  Verwunschung 
der  habgierigen  Musenverachter  der  Elegie  einen  kriiftigen 
Schluss.  —  Was  in  diesem  Stadium  seiner  Liebespein  nur 
erst  erwachender  Verdacht  und  darum  sehr  angemessen  ans 
Ende  der  Elegie  gestellt  ist,  hat  sich  ihm  dann  in  einer 
unmittelbar  anschliessenden  Elegie,  der  neunten  desselben 
Buchs,  zur  bosesten  Gewissheit  gesteigert  und  zieht  sich 
darum  hier  mit  vollem  Gewicht  als  Tlauptgedanke  durch  dafl 
ganze  Gedicht.  Denn  dass  dieser  psychologische  und  chro- 
nologische  Zusammeuhang  diese  beiden  Elegien  verknupfe, 
denen  dann  als  Schlussglied  die  achte  folgte,  hat  Gruppes 
Darlegung  (I  p.  199  ff.)  wohl  zu  allgemeiner  Ueberzeugung 
erwiesen. 

r>4  Von  dem  Stiicke  C  dagegen  ist  es  klar,  dass  es  sich, 
weil  selbst  specieller  Natur,  der  Stelle  anschliessen  muss, 
welche  die  speciellen  Rathschlage  des  Priapus  enthalt  Tnd 
das  geschieht  so  glatt  wie  moglich,  wenn  man  auf  das  Di- 
stichon  G  (V.  71.  72)  Blamtitiis  vull  csse  locttm  Vcnus  ipsa: 


Digitized  by  Google 


UEBER  TIBOLL'8  4.  ELEOIE  DES  1.  BUCHS. 


625 


querellis  supplicibus,  miseris  /letibus  illa  favet  unmittelbar  fol- 
gen  lasst  die  Verse  21 — 26:  Nec  iurare  time  u.  s.  w.,  wo- 
durch  das  in  sich  Gleichartigste  —  Schmeicheln,  Bitten, 
Klagen,  Schworen  —  auf  das  angemessenste  verbunden  er- 
scheint. 

Wir  haben  so  fiir  die  Rede  des  Priapus  zwef  Theile, 
deren  jeder  in  sich  wohl  zusanimenhangt:  BD  und  EGC, 
und  die  Frage  ist  nur  noch,  welcher  von  beiden  voran-,  wel- 
cher  nachzustellen  sei.  Oder  vielmehr,  es  ist  keine  Frage, 
dass  BD  nicht  vorausgehen  kann  wegen  seines  unverstand- 
lichen  Sed  zu  Anfang  des  V.  15,  dass  dagegen  sehr  wohl 
an  die  Einleitungsverse  des  Gottes  (9  — 14)  sich  mit  Tu, 
pnero  quodcumque  tuo  tentare  libebit,  cedas  u.  s.  w.  (39  —  56. 
71—72.  21-  26)  der  specielle  Theil,  an  ihn  sodann  mit  Sed 
ne  te  capiant  u.  s.  w.  (15  —  20.  27  —  38)  der  generelle  Theil 
der  Lehren  des  Priapus  anreiht,  dessen  Rede  so  auch  ihrer- 
seits  kraftig,  namlich  mit  einer  lebhaften  Klage  uber  die 
Verganglichkeit  irdischer  Schonheit  (35—38)  abschliesst.  Das 
mit  so  grossem  Gewicht  in  V.  39  vorangestellte  Tu  erhalt 
erst  jetzt  sein  wahres  Verstandniss,  indem  es  in  der  oben 
(p.  61  u.  [622] )  erorterten  Weise  den  vom  Dichter  nicht  aus- 
drucklich  ausgefilhrten  Uebergang  ersetzt. 

Fassen  wir  die  bisherigen  Ermittelungen  in  eine  Ueber- 
sicht  zusammen,  so  hat  sich  ergeben,  dass  durch  Umstellung 
von  Versgruppen 

aus  A  (  1—14)  werden  niuss  A  (  1—14) 

B  (15—20)  E  (39-56) 

C  (21—26)  G  (71.  72) 

D  (27—38)  C  (21—26) 

E  (39—56)  B  (15—20) 

F  (57-70)  1)  (27-38) 

G  (71.  72)  H  (73—84) 

H  (73—84)  F  (57—70). 

Und.  wohl  zu  merken,  ist  das  eine  Anordnung,  in  der  alle 
Oberlieferten  Elemente  rein  und  nett  aufgehen,  ohne  Ueber- 
schuss  und  ohne  Deficit,  d.  h.  ohne  irgendwo  der  Annahine 
einer  Interpolation  oder  eines  Ausfalls  zu  bedUrfen.  Freilich 

KB.  BITSCIIFXII   OPV8CVLA  III.  40 


026  UEBER  TIBULLS  4.  ELEGIE  DES  1.  BUCHS. 


G&  ist  die  Versetzung  an  sich  auf  den  ersten  Anbliek  eine 
starke,  und  ich  zweifle  nicht,  dass  diejenigen,  denen  das  nil 
contra  codices  hochstes  Dogma  ist,  Anathema  rufen  werden 
iiber  eine  Kiihnheit,  die  nur  auf  ihrer  innern  Berecbtigung 
ruht.  Das  konnen  sie;  aber  was  sie  nicht  konnen,  ist 
zweierlel:  erstens  beweisen,  dass  in  dem  Gberlieferten  Tert 
nicht  durchgehends  Ungleichartiges  und  Unvertragliches  ver- 
bunden,  Gleichartiges  und  Zusararaengehoriges  auseinander 
gerissen  sei;  zweitens  darthun,  dass  alle  diese  Uebelstaudp 
durch  die  vorgeschlagene  Anordnung  nicht  vollstandig  besei- 
tigt  seien,  ohne  neue  herbeizufiihren.  Und  das  bleibt  die 
Hauptsache.  Liisst  sich  daneben  der  secundiire  Wunsch  er- 
fullen,  die  Entstehungsweise  der  Verwirrung  anschauiich  und 
iiber  das  unberechenbare  Spiel  des  Zufalls  hinaus  naehge- 
wiesen  zu  sehen,  so  ist  ja  das  sehr  erwunscht;  aber  uner- 
lasslich  ist  es  hier  so  wenig  wie  in  andern  Fallen,  in  denen 
lediglich  die  ratio  durch  eingeborene  Kraft  gesiegt  hat  uber 
alle  diplomatische  Beglaubigung,  auch  wo  dereu  stufenweise 
Alteration  nicht  im  einzelnen  darlegbar.  Denn  una  ct  sim- 
plex  veritas,  sed  crroris  via  multiplex. 

Schon  Scaliger  gestand  (zu  I,  1,  58),  es  sei  leichter,  sich 
iiber  die  auffallenden  Verwirrungen  der  handschriftiichen 
Ueberlieferung  zu  verwundern,  als  von  ihrer  Entstehung 
llechenschaft  zu  geben.  Wenn  Haase  Ifcecht  hat  mit  der  an- 
sprechenden  Vermuthung*),  dass  die  auf  uns  gekomuieuen 
'Tibullischen  Gedichte'  mit  nichteu  auf  eine  vom  Dichter 
selbst  veranstaltete  uud  zur  Veroffentlichung  bestimmte  Re- 
daction  zuriickgehen,  sondern  vielmehr  ein  Convolut  ver- 
schiedenartiger,  im  poetischen  Kreise  {docta  cohors)  des  Mes- 
salla  entstandener  Poesien  seien,  die  dort  eine  Art  von  fFa- 
milienbuch' (^1^^^*  nach  heutigem  Modeausdruck)  bildeten 
so  wiirde  sich  Vieles  erkliiren.  Es  wiire  so  von  vorn  herein 
die  Moglichkeit  gegeben,  nicht  nur  dass  Entwiirfe  und  Aus- 
fiihrungen,  Fertiges  und  Unfertiges,  Meisterhaftes  imd  Dilet- 
tantisches,  Aelteres  und  JQngeres  neben  und  durch  einander 


*)  In  den  f  Jahrbiichern  fur  wissenschaftliche  Kritik'  1837,  Januar, 
p.  40. 


Digitized  by  Google 


UEBER  TIBITLI/S  4.  ELEGIE  DES  1.  BUCHS.  C27 

bewahrt  wurde  und  bunte  Reihe  raachte,  sondern  auch  dass 
manche  Nummern  etwa  nur  aus  losen  Blattern  bestanden, 
vielleicht  blossen  Brouillons,  aus  denen  ein  leidliches  Uanze 
erst  stUckweise  zusammengesetzt  werden  musste  und  so  gar 
leicht  die  richtige  Anordnung  verfehlte.  Aber  jene  Hypo-  ae 
these,  die  freilich  in  ihrer  unbegrenzten  Weite  alles  und 
noeh  einiges  mehr  erkliiren  konnte,  bietet  uns  doch  nur  eine 
allgemeine  Moglichkeit,  die  einer  speciellen  d.  h.  augenfallig 
und  greif  bar  nachzuweisenden  weichen  muss,  weil  damit  eben 
aus  der  Moglichkeit  eine  Wahrscheinlichkeit  wird.  Und  eine 
solche  ergibt  sich,  wenn  wir  nicht  bis  zum  Hause  und  Kreise 
des  Messalla  zuriickgreifen,  sondern  die  Ursache  der  Verwir- 
ruug  in  der  Beschaffenheit  einer  mittelalterlichen  Urhand- 
schrift  suchen  *). 

Einem  auch  nur  fliichtigen  Ueberblick  iiber  die  oben 
gesonderten  Theile  der  Elegie  kann  es  nicht  entgehen,  wie 
entschieden  in  ihnen  iiberall  eine  Sechszahl  von  Versen  vor- 
herrscht  oder,  was  auf  dasselbe  hinauskoinmt,  eine  mit  6 
dividirbare  Zahl.  Dies  fiihrt  uns  auf  das  Bild  eines  Codex, 
der,  von  nicht  grossem  Format,  auf  jeder  Seite  12  Zeilen, 
d.  h.  6  stets  in  zwei  Zeilen  gebrochene  Verse  ziihlte.  Na- 
tflrlich  hat  man  an  einen  Codex  aus  der  Periode  von  etwa 
dem  funften  bis  achten  Jahrhundert,  und  an  Uncial-  oder 
Majuskelschrift  zu  denken:  wofiir  es  unnothig  ist  bekannte, 
durchaus  analoge  Beispiele  anzufiihren.  In  diesem  Codex 
erstreckten  sich  die  84  Verse  unseres  Gedichts  iiber  14  volle 
Seiten  (oder  bei  anderer  Vertheilung  iiber  15  Seiten,  von 
denen  die  erste  und  die  letzte  nicht  voll  waren).  Ob  diese 
sich  so  ergebenden  7  (oder  8)  Bliitter  einem  und  demselben 
Quatemio  angehorten  oder  auf  zwei  fielen,  ist  fiir  unsern 
Zweck  gleichgultig,  obgleich  aus  gewissen  Grunden  das  erste 
mir  wahrscheinlicher.  Das  Wichtige,  worauf  es  uns  ankommt, 

*)  Warum  ich  eiuem  derartigen  Versuche  von  0.  Korn  (Rhein. 
Mus.  f.  Phil.  XX  p.  167  ff.)  nicht  beitreten  kann,  wird  aus  der  nach- 
folgenden  Darlegung  von  selbst  ersichtlicb.  Ffir  Holche  NacliweiBungen 
mu88  man  viel  hoher  in  daa  Mittelalter  zuriickgreifen ,  nicht  von  der 
Geatalt  der  Handschriften  dea  15.  Jahrhuuderts,  mit  ihreu  20—30  Zei- 
len  auf  der  Seite,  auagehen. 

40* 


628  DEBER  TIBULLS  4.  ELEGIE  DES  1.  BUCIIS. 

ist  vielmehr,  dass  die  zum  Quaternio  verbundenen  Blatter- 
paare,  sei  es  alle  oder  nur  ein  Theil  derselben,  sich  in  je 
zwei  Einzelblatter  aufgelost  hatten  und  in  Folge  dessen  in 
Unordnung  geriethen.  Und  zwar  sind  es  nur  zwei  solche 
Blatter,  die,  an  falsche  Stelle  gekommen,  die  ganze  Storung 
verschuldeten,  indem  namlich  das  dritte  nach  dem  funften, 
das  sechste  nach  dem  siebenten  zu  stehen  kam.  Lagen  sie 
in  dieser  Keihenfolge  dem  Abschreiber  vor,  so  brauchte  wie- 
C7  derum  dieser  nur  zweimal  ein  sehr  naheliegendes  Versehen 
zu  begeheu,  und  die  jetzige  Ordnung  war  geschaffen.  Denn 
allzu  geringfUgig,  um  einen  in  allem  Uebrigen  so  einleuch- 
tend  zu  Tage  tretenden  Hergang  zu  beeintriichtigen,  ist  der 
kleine  Hest,  der  daraus  sich  nicht  herleiten  lasst,  sondern 
einem  nicht  naher  nachweisbaren  Zufall  auf  Rechnung  zu 
schreiben  ist:  die  jetzige  Stellung  des  vereinzelten  Distichons 
V.  71.  72  —  Stiick  G,  welches  vermuthlich  irgendwo  am 
Rande  nachgetragen,  spater  zwischen  F  und  H  verschlagen 
wurde.  Zur  Veranschaulichung  des  ganzen  Hergangs  diene 
das  folgende  Schema  der  ursprunglichen  Vertheilung  *),  in 
welchem  ich  mit  a  und  b  Vorder-  und  Riickseite  bezeiehne: 

Ia  ...-1.2  (Al)  w     U    3-8  (A*) 
11«    9—14   (A*)  ^    116  39-44  (El) 
III  a  45—50   (E2)  ^  III b  51—56  (E*) 
IVa  21-26   (<7)  w  IV  6  15—20  (B) 
Ya  27-32   (Dl)  ^    Yb  33-38  (/>*) 
Vla  73—78  (H1)^  Ylb  79— 84  (H9) 
VII  a  57-62  (Fl)  ^  VII  b  63—70  (F*) 
(oder  57-  64)  (oder  65-70) 

Ob  auf  Blatt  VII  eiu,  wie  hier  angenommen,  im  Texte  irr- 

*)  Wenu,  wie  ich  glaube,  aber  hier  nicht  weiter  auafuhreu  will, 
allea  in  den  Umfang  eines  Quaternio  fiel,  so  wiirden  die  Hlatter  to 
zu  verbinden  sein: 

I    II  III  IV    V  VI  VII  VIII 


wo  denn  VIII  den  Anfang  von  Elegie  5  enthielt  Aus  ihrem  Zusam* 
menhange  gelfiat  waren  dann  mindestens  das  zweite,  dritte  nnd  mit- 
telste  Blatteq»aar  gewesen. 


Digitized  by  Google 


UEBER  TIBULLS  4.  BLEOIE  DES  1.  BUCHS. 


629 


tnOmlich  ubersprungenes  Distiehon  am  Rande  der  Vorder- 
oder  der  Ruckseite  nachgetragen  wurde,  ist  nicht  zu  er- 
rathen  und  komnit  auf  Eins  hinaus.  —  Diese  sieben  gelosten 
Einzelbliitter  hatte  nuh  oder  nahm  der  Abschreiber  in  dieser 
Folge  vor  sich:  I.  II.  IV.  V.  III.  VII.  VI,  fiel  aber  im  Ver- 
lauf  seiner  Arbeit  in  das  zwiefache  Versehen,  erstens,  dass 
er,  nachdem  er  die  Vorderseite  von  II  copirt,  mit  dem  Blatt 
zu  Ende  zu  sein  glaubte  und  erst,  als  er  schon  Blatt  IV 
und  V  copirt  hatte,  auf  die  Auslassung  aufmerksam  wurde 
uiul  nun  die  Riickseite  von  II  nachholte;  zweitens,  dass  er 
Blatt  IV  verkehrt  in  die  Hande  nahm  und  dessen  Riickseite  gs 
der  Vorderseite  vorangehen  liess.  Die  Folge  dieses  doppel- 
tenFehlgriffs  war  also  gauz  nothwendig  die  jetzige  Ordnung: 

Ia  ...—1.2  (Al)  ^     16    3—  8  (A*) 
II a    9—14   (A3)  ^  * 
IV6  15—20   (B)  ^  IVa  21—26  (C) 
Ya  27-32   (Z)')  ^    Vb  33-38  (D2) 

*    ^    Ub  39—44  (^1) 
Ula  45— 50  (E2)  .^  III  b  51— 56  (#3) 
YUa  57—62  (F1)  ^  VII b  63—70  (F2) 
(oder  57-64)  (oder  65-70) 

Vla  73-78  (II1)  ^   VI  b  79— 84  (H*) 


Welche  weitere  Bestatigung  die  im  Vorstehenden  dar- 
gelegte  Gestalt  eines  Urcodex  aus  andern  Theilen  der  Ti- 
bullischen  Gedichtsammlung  empfange,  imd  welche  Anwen- 
dung  wiederum  sich  von  ihr  auf  die  Reconstruction  der  letz- 
tern  machen  lasse,  bleibt  weiterer  Betrachtung  vorbehalten. 
Wenden  wir  lieber  zum  Schluss  den  Blick  von  der  mecha- 
nischen  Symmetrie  der  handschriftlichen  Ueberlieferung  auf 
die  kiinstlerische  Symmetrie  der  urspriinglichen  Dichtung 
zuruck.  Was  dort  die  Sechszahl  von  Versen  oder  die  ent- 
sprechende  Zwolfzahl  von  Zeilen,  das  ist  hier,  nur  nicht  als 
starre  Fessel,  die  Trias  von  Distichen,  die  einen  mehr  oder 
weniger  geschlossenen  Gedankencomplex  gibt.  Entging  das 
Vorherrschen  dieser  Form  schon  bei  der  bisherigen  Gestalt 


Digitized  by  Google 


630 


UEBER  TIBULLS  4.  ELEGIE   DES  1.  BUCH8. 


des  Gedichts  nicht*),  so  tritt  sie  an  der  empfohlenen  Neu- 
ordnung  noch  weit  einleuchtender  und  zugleich  einschmei- 
chelnder  zu  Tage.  Dass  man,  wo  immer  bei  Tibull,  dem 
von  Alexandrinischer  Kiinstelei  so  weit  entfernten  Dichter, 
eine  ahnliche  Symmetrie  bemerkbar  ist,  nicht  sofort  ein 
forniliches,  bindendes,  absolut  durehgefuhrtes  Compositions- 
gesetz  aus  der  an  sich  richtigen  Beobachtung  machen  dttrfe, 
darin  stimmt  meine  Ueberzeugung  ganz  mit  den  einsichtigen 
und  besonnenen  Aeusserungen  zusammen,  mit  denen  sich 
69  neuerlich  iiber  diese  Frage  Eberz**)  in  Fleckeisens  Jahr- 
bttchern  f.  Phil.  Bd.91  (1865)  p.  851  ff.  ausgesprochen  hat  Es 
ist  nur  das  nattirliche  Geftthl  fttr  Harmonie,  halb  unbewusst, 
halb  ins  Bewusstsein  getreten,  welches  den  Dichter  sich  aus 
innerm  Triebe  in  symmetrischen  Gliedern  bewegeu  lasst,  die 
dennoch  der  Freiheit  seines  Gedankenganges  oder  seiner 
wechselnden  Empfindungen  keine  Gewalt  anthun.  Um  dicss 
an  unserer  Elegie  im  einzelnen  nachzuweisen  und  zu  an- 
schaulicher  Einsicht  zu  bringen,  wird  es  unerlasslich  sein, 
zuvorderst  das  ganze  Gedicht  in  der  hergestellten  urspning- 
lichen  Gestalt  vor  Augen  zu  stellen,  um  dann  nach  den 
neuen  Verszahlen  citiren  zu  konnen. 

fSic  umbrosa  tibi  contingant  tecta,  Priape, 

Ne  oapiti  soles,  ne  noceantve  nives: 
Quae  tua  formosos  cepit  sollertiaV  certe 

Non  tibi  barba  nitet,  non  tibi  culta  coina  est: 
5    Nudus  et  hibernae  producis  frigora  brumae,  5 

Nudus  et  aestivi  tempora  sicca  canis.' 
Sic  ego.    tum  Bacchi  respondit  rustica  proles, 

Armatus  curva  sic  mihi  falce  deus: 
fO  fuge  te  tenerae  puerorum  credere  turbae: 
10       Nam  causam  iusti  semper  amoris  habent.  io 


*)  Zuletzt  betont  in  H.  Bubendey's  'Quaestiones  Tibulliaoae' 
(Bonn  1864)  p.  9  ff. ;  auch  schon  von  Dissen  hervorgehoben.  Der  von 
Bubendey  aufgeatellten  Disposition  unserer  Elegie  darf  ich  mich  be- 
gniigen  die  mcinige  einfach  entgegenzustellen ,  ohne  auf  das  Einielne 
imher  eiuzngehen. 

**)  In  Kurze  auch  W.  Wagner  im  Rhein.  Mus.  f.  Phil.  XX  p.  315. 


Digitized  by  Google 


UEBEB  TIBULL  S  4.  ELEGIE  DES  I.  BUCHS 


631 


Hic  placet,  angustis  quod  equum  compescit  habenis: 

Hic  placidam  niveo  pectore  pellit  aquam. 
Hic,  quia  fortis  adest  audacia,  cepit:  at  illi 

Virgineus  teneras  stat  pudor  ante  genas. 
15    Tu,  puero  quodcumque  tuo  tentare  libebit,  39 

Cedas:  obsequio  plurima  vincit  amor.  40 
Ne  comes  ire  neges,  quamvis  via  longa  paretur 

Et  canis  arenti  torreat  arva  siti , 
Quamvis  praetexens  picea  ferrugine  caelum 
20       Venturam  admittat  nimbifer  Eurus  aquam. 

Vel  si  caeruleas  puppi  volet  ire  per  undas,  45 

Ipse  levem  remo  per  freta  pelle  ratem. 
Nec  te  paeniteat  duros  subiisse  labores 

Aut  opera  insuetas  atteruisse  manus: 
25    Nec,  velit  insidiis  altas  si  claudere  valles,  70 

Dum  placeas,  umeri  retia  ferre  negent.  50 
Si  volet  arma,  levi  tentabis  ludere  dextra: 

Saepe  dabis  nudum,  vincat  ut  ille,  latus. 
Tunc  tibi  mitis  erit,  rapias  tum  cara  licebit 
30       Oscula:  pugnabit,  sed  tamen  apta  dabit. 

Rapta  dabit  primo,  mox  offeret  ipse  roganti:  55 

Post  etiam  collo  se  implicuisse  volet. 
Blanditiis  vult  esse  locum  Venus  ipsa:  querellis  71 

Supplicibus,  miseris  fletibus  illa  favet. 
35   Nec  iurare  time:  Veneris  periuria  venti  21 

Irrita  per  terras  et  freta  summa  ferimt. 
Gratia  magna  Iovi:  vetuit  pater  ipse  valere, 

Iurasset  cupide  quidquid  iue^tus  ainor: 
Perque  suas  impune  sinit  Dictynna  sagittas  25 
40       Affirmes,  crines  perque  Minerva  suos. 

Sed  ne  te  capiant,  primo  si  forte  negabit,  15 


17  Ne  ffir  Neu,  was  das  GedankenverbaltniBg  zuriickweist. 

20  nimbifer  mit  HciuHius  fiir  das  metriach  nnstatthafte  imbrifer; 

Eurus  (fi.  Huschke'8  Note)  statt  arcus,  was  an  sich  untadelig, 

doch  mit  caeJum  in  dieser  Verbindung  nicht  vertraglich. 
24  opera  ab  Ablativ  zu  insuetas,  nicht  etwa  mit  Dissen  in  ausseret 

ungefalligem  Conatructionswechsel  als  Nominativ.  Vom  Plural  opera 

lasst  sich  kaum  Gebrauch  machen. 


Digitized  by  Google 


632  UEBER  TIBILLS  4.  ELEGIE  DES  1.  BUCH8. 


Taedia:  paullatim  sub  iuga  colla  dabit. 
Longa  dies  homini  docuit  parere  leones: 
Longa  dies  uiolli  saxa  peredit  aqua. 
45    Annus  in  apricis  maturat  collibus  uvas: 

Annus  agit  certa  lucida  signa  vice.  20 
At  si  tardueris,  errabis:  transiet  aetas.  27 

Quam  cito  non  segnis  stat  remeatque  dies! 
Quam  cito  purpureos  deperdit  terra  colores, 
50       Quam  cito  formosas  populus  alba  comas!  30 
Quam  iacet,  infirmae  venere  ubi  fata  senectae, 

Qui  prior  Eleo  est  carcere  missus  equus! 
VTidi  olim  iuvenem,  premeret  cum  serior  aetas, 
Maerentem  stultos  praeteriisse  dies. 
55    Crudeles  divi!  serpens  novus  exuit  annos:  35 
Formae  non  ullani  fata  dedere  moram. 
7i        Solis  aeterna  est  Phoebo  Bacchoque  iuventa: 
Hinc  decet  intonsus  crinis  utrumque  deum.' 
Haec  mihi,  quae  canerem  Titio,  deus  edidit  ore:  73 
60       Sed  Titium  coniimx  haec  meminisse  vetai 

Pareat  ille  suae:  vos  me  celebrate  magistrum,  76 

Quos  male  habet  multa  callidus  arte  puer. 
Gloria  cuique  sua  est:  me,  qui  spernentur,  amantes 
Consultent:  cunctis  ianua  nostra  patet. 

65  Tempus  erit,  cum  me  Veneris  praecepta  ferentem 

Deducat  iuveuum  sedula  turba  senem.  80 
Eheu,  quam  Marathus  lento  me  torquet  amore! 

47  Wozu  werden  so  schOne  und  sichere  Emendationen  gemacht  wie 
das  Lach maurTsche  tarducris  statt  tardus  eris  (zu  Lucr.  p.  207), 
wenn  sie  fflr  die  Nachfolger  gar  nicht  existiren? 

53  olim  ('inanchraal')  fur  das  unertraglich  matte  iam. 

58  Hinc  fdr  ein  logisch  unverstandliches  Nam.  Mit  feinster  Ruckbe- 
ziehung  auf  V.  4  gibt  hier,  und  zwar  gerade  zum  Schluss  seiner 
ganzen  Rede,  Priapus  die  Antwort  auf  den  Spott  in  der  Anrede  des 
Dichters  non  tibi  culta  coma  est.  Schrader's  Quam  ist  ganz  un- 
brauchbar. 

66  senem]  ob  nicht  domum  mit  Scaliger  und  Valckenaer  au  Calli- 
machus  p.  204? 

67  Eheu  statt  Heu  heu,  wegen  des  in  V.  71  gleich  folgenden  Heu. 
Dem  He  /mtu  des  Pariser  Codex  steht  Eheu  ungefahr  eben  so  nahe 
wie  Hcu  hcu. 


Digitized  by  Google 


UEBER  TIBULL  S  4.  ELEOIE  DES  1.  BUCHS.  633 

Deficiunt  artes  deticiuntque  doli. 
Parce  puer  quaeso,  ne  turpis  fabula  fiam, 
70      Cum  mea  ridebunt  vana  magisteria. 

Heu,  male  nunc  artes  miseras  haec  saecula  tractant:  57 

Iam  tener  assuevit  munera  velle  puer. 
At  tua,  qui  Venerem  docuisti  vendere  primus, 

Quisquis  es,  infelix  urgeat  ossa  lapis.  60 
75   Pieridas,  pueri,  doctos  et  amate  poetas, 

Aurea  nec  superent  munera  Pieridas. 
Carmine  purpurea  est  Nisi  coma:  carmina  ni  sint, 

Ex  umero  Pelopis  non  nituisset  ebur. 
Quem  referent  Musae,  vivet,  dum  robora  tellus,  65 
80      Dum  caelum  stellas,  dum  vehet  amnis  aquas. 
At  qui  non  audit  Musas,  qui  vendit  ainorem, 

Idaeae  currus  ille  sequatur  Opis, 
Et  ter  centeuas  erroribus  expleat  urbis, 

Et  secet  ad  Phrygios  vilia  membra  modos.  70 

In  den  drei  ersten  Distichen  (1 — 6)  ist  des  Dichters 
Anrede  an  Priapus  enthalten,  welche  das  ganze  Gedicht  er- 
offhet  und  seinen  wesentlichen  Inhalt  ankiindigt.  Von  ihm 
wird  durch  ein  mesodisches  Distichon  (7.8)  die  Briicke  ge- 72 
schlagen  zu  der  Antwort  des  Priapus.  Diese  gibt  zunachst 
iu  drei  Distichen  (9 — 14)  ein  Exordium,  worauf  in  dreimal 
drei  Distichen  (15  —  32)  der  Kern  aller  Lehreu  und  Rath- 
schlage  des  Gottes  folgt:  die  Empfehlung  des  obsequium  in 
allen  seinen  Formen  und  Aeusserungen,  als  sichersten  Mittels 
zu  dem  am  Schluss  mit  lockenden  Farben  in  Aussicht  ge- 
stellten  Erfolge.  Alle  diese  Einzelheiten  fasst  wiederum 
ein  mesodisches  (dem  Gedankeninhalte  nach  zugleich  epo- 
disches  und  proodisches)  Distichon  (33.  34),  zu  grossem 
Vortheil  der  Uebersichtlichkeit,  abschliessend  und  vervoll- 
standigend  (blanditiis,  quercllis,  fletibus)  zusammen,  und  leitet 
dainit  einen,  ebenfalls  in  drei  Distichen  (35—40)  gefassten, 
gleich8am  epodischen  Nachtrag  zu  V.  15 — 32  ein,  dessen 
Inhalt  (jpcriuria)  nicht  unter  den  Begriflf  des  obsequium  selbst 
fallt,  aber  den  Forderungen  desselben  ergiinzend  zur  Seite 


Digitized  by  Google 


G34 


tEBER  TIBULLS  4.  ELEGIE  DES  1.  BUCHS 


tritt*).  Hierniit  sind  die  speciellen  Vorschriften  erschopft, 
und  es  reihen  sich  jetzt  abermals  in  dreimal  drei  Distichen 
(41 — 58)  die  generellen  an,  in  einem  Drittel  (41 — 46)  vor 
hastiger  Ungeduld,  in  ^den  zwei  folgenden  (47 — 58)  vor 
schlaffer  Saumniss  warnend  und  die  letztere  Warnung  mit 
der  Verganglichkeit  aller  Schonheit  und  Jugend  motiviread. 
Und  genau  wie  oben  der  Keru  der  speciellen  Lehren  mit  den 
Freuden  der  Erhorung  in  zwei  Distichen  (29—32)  abschloss, 
so  hier  in  zwei  Distichen  (55 — 58)  die  generelle  Erraahnung 
73  mit  der  Klage  iiber  die  Unvollkommenheit  der  irdischen  Zu- 
stande:  —  womit  nicht  gesagt  sein  soll,  dass  diese  Sym- 
metrie  mehr  als  eine  instinctive,  halb  zufallige  sei. 

Wenn  in  der  allgemeinen  Disposition  des  Gedichts  die 
Eingangsrede  des  Dichters  als  Proodos  gedacht  werden  kann, 
die  den  Mittelpunkt  des  Ganfcen  bildende  Rede  des  Priapus, 
freilich  nur  in  anniiheruder  Weise,  ein  Analogon  von  Strophe 
und  Autistrophe  darbietet,  so  liisst  sich  nun  die  Schluss- 
partie  von  V.  59 — 84,  in  der  der  Dichter  wieder  selbst  das 
Wort  niuiuit,  gewissermassen  als  Epodos  betrachten,  und 
konnte  sich  eben  als  solche  der  Forderung  einer  weiter 
durchgefUhrten  strengern  Syninietrie  ganz  entziehen.  Nahme 


*)  Statt  der  oben  empfohlenen  lasst  sich  auch  eine  andere  Glie- 
derung  der  Verse  15  —  34  aufstellcn,  uber  deren  Vorzug  man  streiten 
kann.  Danach  wfirden  nicht  V.  33.  34,  sondern  vielmehr  V.  15.  16 
eiu  vereinzeltes,  intercalares  Distichon  bilden,  und  zwar  ein  proodische*, 
wclches  den  Grundgedauken  vorausschickte,  der  sodann  in  dreiuial 
drei  Distichen  (17 — 34)  ausgefuhrt  wiire.  Dieses  alsdann  so,  dass  die 
letzte  Trias  (29  —  34)  mit  der  Schilderung  des  Erfolges  (29  —  32)  zu- 
gleich  dessen  Zuriickfiihrung  auf  die  kurz  zusammengefasste  Summe 
aller  von  V.  17  —  28  reicheuden  Ausfuhrungen  verbande.  Auch  so 
wiirden  sich  V.  35  -40  gleichwie  ein  Corollarium,  welches  unter  Um- 
standen  zweckmiissig  hinzutrete,  passend  genug  anschliessen.  —  Dass 
ich  die  obige  Eintheilung  vorziehe,  beruht  lediglich  darauf,  dass  aus 
ihr  eine  grttssere  Coticinnitat  im  Bau  dcs  ganzen  Gedichts  hervor- 
springt,  wie  das  zum  Schluss  mitzutheileudc  Zahlenschema  zeigt.  Denn 
Btatt  der  dortigen  Figur 

3.3.3.3-1-1+3.3.3.3 

ergiibe  sich  so  fiir  die  Rede  des  Priapus  die  viel  unregelmassigere 

3-f-l-f-3.3.3.3-f3".  8.9 


Digitized  by  Google 


UEBER  TIBULl/8  4.  ELEOIE  DES  l.  BUCHS. 


635 


man  etwa  V.  59.  60  auch  hier  fttr  eiii  einzelu  stehendes 
Uebergangsdistichon,  so  blieben  zwolf  d.  h.  viermal  drei 
Distichen  iibrig;  aber  erstens  schlagt  doch  jenes  Einzeldisti- 
chon  mit  seinem  Pentameter  schon  ganz  in  die  nachste  Ge- 
dankenreihe  tiber,  und  zweitens  ware  auch  die  nachfolgende 
Viertheilung  eine  rein  iiusserliche,  weil  mit  der  innern  Ge- 
dankengliederung  sich  mit  nichten  deckende.  Denn  diese 
ergibt  vielmehr  drei  Gruppen  von  3,  2,  7  Distichen:  in 
V. 61—66  die  Proclamation  des  Dichters  als  inagister  anioris; 
67—70  die  plotzliche  Erinnerung  an  den  eigenen  Miserfolg 
dem  Marathus  gegeniiber;  71—84  die  argwohnvolle  Klage 
uber  das  Umsichgreifen  schnoder  Geldsucht  bei  schonen 
Knaben.  Da  indess  Zahlen  wie  4,  3,  2,  7  aller  Harmonie 
geradezu  Hohn  sprechen,  so  wird  sich  vielmehr  eine  Auf- 
fassung  empfehlen,  die  nur  statt  der  bisher  vorherrschenden 
Trias  von  Distichen  jetzt  Dytiden  eiutreten  liisst,  aber  theils 
triadisch  verbundeu,  theils  durch  eine  in  die  Mitte  gestellte 
Trias  unterbrochen.  So  zerfallt  uns  die  Gesainmtheit  der 
letzten  13  Disticha  in  zwei  Gruppen,  vou  denen  die  erste  in 
dem  Distichenpaare  V.  59 — 62  die  Priapusrede  in  Anwendung 
auf  den  Titius,  uud  ihren  Gegenstand,  die  Knabenliebe,  in 
Gegensatz  zu  dessen  legitimer  Neigung  setzt,  im  zweiten 
Distichenpaare  V.  63 — 66  den  Beruf  eines  Lehrers  der  erstern 
feiert,  im  dritten  V.  67  — 70  das  eigene  Verfehlen  dieses  Be- 
rufs  beklagt:  wahrend  die  zweite  Gruppe  ganz  dem  Verdachte 
der  Geldsucht,  als  der  Ursache  jenes  Verfehlens,  gewidmet, 
zuerst  in  dem  Distichenpaare  V.  71  —  74  den  Verdachtr  aus- 
spricht  und  mit  einer  Verwiinschung  begleitet,  hierauf  in  der 
Distichentrias  V.  75  —  80  als  Gegensatz  Dichtkunst  und 
Musengunst  aufstellt,  und  mit  dem  Schlusspaare  V.  81  —  84  74 
die  Verachter  dieser  Gaben  zu  der  entehrendsten  Schmach 
verurtheilt. 

Die  ganze  hier  entwickelte  Folgenreihe  von  Gedanken 
und  Empfindungen  lasst  sich  jetzt  sehr  fiiglich  durch  cin 
Zahlenschema  veranschaulichen,  desseu  zusammengehorige 
Theile  durch  die  unterhalb  angebrachten  Verbindungshnieri 
hezeichnet  sind.  Allerdings  geben  sie  nicht  die  architekto- 
nisch  abgezirkelte  Symmetrie  altfranzosischer  Taxushecken, 


Digitized  by  Google 


UEBER  TIBULLS  4.  ELEGIE  DE8  1.  BUCHS. 

aber  gern  wird  man  sich  an  deren  Statt  eine  all- 
gemeiner  wirkende  Harmonie  gefallen  lassen,  die, 
um  im  Bilde  zu  bleiben,  der  anmuthigen  Freiheit 
englischer  Parkanlagen  vergleichbar  ist. 

Und  nun  wird  es  zum  Schluss  erlaubt  sein, 
uns  der  Ueberraschung  zu  freuen,  dass,  wenn  wir 
von  den  Gedankenreihen  im  kleinen  und  einzel- 
nen  und  ihrem  engern  gegenseitigen  Verhaltniss 
absehen,  uns  zugleich  eine  gar  nicht  gesuchte 
symmetrische  Proportion  im  ganzen  und  grossen 
entgegentritt,  wie  sie  durch  die  oberhalb  gezo- 
genen  Verbindungslinien  angedeutet  ist:  ganz  ent- 
sprechend  den  drei  grossen  Hauptbestandtheilen, 
aus  denen  sich  das  ganze  Gedicht  zusammeusetzt: 
Prolog  des  Dichters,  Rede  des  Priapus  als  ganz 
besonders  symmetrisch  geordnetes  Mittelstilck,  uud 
Epilog  des  Dichters.  Wobei  ich  nicht  verfehle 
nochmals  hervorzuheben ,  dass  ich  weit  entfernt 
bin,  alle  diese  in  einander  greifenden  Symmetrien 
auf  eine  bewusste  ktlnstliche  Berechnung  des  Dich- 
ters  im  einzelnen  zuriickzufUhren,  wohl  aber  in 
ihnen  die  stillen  Wirkungen  einer  wahren  Kilnst- 
lernatur  sehe,  dereu  innerm  Sinne  die  Geheimnisse 
der  Harmonie  aufgegangen  sind. 


Digitized  by  Google 


XIX. 

Cicero  ttber  die  Servianische  Centurienverfassung. 


I-*) 

Mit  yielem  Rechte  hat  mau  vcm  der  kaum  uoch  zahl- 
baren  Reihe  derer,  die  sich  iu  den  Strudel  dieser  7roXu0pu- 
XnToc  kcu  Traci  uc^Xouca  2r|Tr|cic  haben  ziehen  lassen,  gesagt, 
jeder  Nachfolger  sei  so  glucklich  in  der  Widerlegung  seines 
Vorgangers,  wie  ungliicklich  in  der  Aufstellung  seines  eige- 
nen  Versuches  gewesen.  lch  muss  zugeben,  dass  nach  dieser 
Analogie  auch  mein  Nachfolger  alle  Aussicht  auf  einen  gliick- 
lichen  Erfolg  seiner  Widerlegung  habe,  ohne  dass  ich  des- 
halb  einzusehen  brauche,  wie  ihm  diese  gelingen  werde. 
Verinocbte  ich  das,  so  wurde  ich  eben  keine  Meinung  vor- 
zubringen  haben.  Auf  das  Verdienst,  meinerseits  einen  ein- 
zelnen  Vorganger  zu  widerlegen,  muss  ich  verzichten;  der 
letzte  so  viel  ich  weiss,  Mommsen  in  seiner  Schrift  'tiber 
die  romischen  Tribus*  (Altona  1844)  p.  63,  hat  seine  zwar 
sehr  kurze,  aber  filr  die  Hauptsache  geniigende  Kritik  bereits 
gefunden  durch  Puchta  in  der  zweiten  Ausgabe  der  Insti- 
tutionen,  Bd.  I  p.  169  der  3.  Ausg.  Die  Wahrheit  selbst 
gefunden  zu  haben,  wer  wollte  das,  nach  solchen  Vorgangen, 
von  sich  zu  glauben  den  Muth  haben?  Mir  geniigt  ein  Mog- 
liches,  den  Begriff  im  Sinne  der  Wissenschaft  genommen. 
Denn  allerdings,  darin  unterscheidet  sich  mein  Versuch  (wenn 
ich  einen  Versuch  nennen  soll,  was  gar  nicht  gesucht  wor- 
den,  weil  nicht  von  der  Absicht,  eine  so  unerquickliche 


*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  Bd.  VIII  (18f>2)  p.  308—320.] 


638  CICERO  UEBER  DIE  SERVIANISCHE 

Streitfrage  aufzunehmen,  ausgegangen,  sondern  auf  zufallige 
Veranlassung  aus  einer  aufgenothigten  Erwagung  der  bis- 
herigen  Meinungen  von  selbst  herausgesprungen  ist)  fur 
raeinen  Standpunkt  von  den  friihern  Versuchen  allen,  dass 
ich  den  meinigen  fiir  uioglich,  diese  fur  rein  unmoglich 
halte,  so  weit  sie  mir  aus  der  erdriickenden  Litteratur  fiber 
den  Gegenstand  bekannt  geworden.  Ich  urtheile  damit  nicht 
anders  als  schon  Becker  im  Handb.  der  rora.  Alterthumer 
II  p.  200  that:  'alle  mir  bekannten  Versuche  ....  muss 
ioh  nach  meiner  Ueberzeugung  fiir  verwerf  lich  erklaren;  nicht 
nur  weil  sie  fast  durchgiingig  an  sich  gewaltsam  sind,  son- 
dern  auch  weil  sie  eine  weder  beglaubigte  noch  irgend 
glaubhafte  Ordnung  der  Abstimmung  einfuhren,  wobei  Livius 
so9  und  Dionysius  der  Unkenntniss  beschuldigt  werden.'  Nur 
dass  ich  noch  andere  Griinde  als  Becker  habe,  und  Beckers 
iibrige  Urtheile  darura  nicht  theile.  Am  wenigsten  das  ebenda 
ausgesprochene:  rHandelt  es  sich  nun  darum,  die  verderbte 
Stelle  Cicero  s  (a  prima  mavu)  zu  emendiren,  so  scheint  diess 
gar  nicht  in  anderer  Weise  geschehen  zu  konnen,  als  es  von 
der  zweiteu  Hand  geschehen  ist.'  Die  Herstellung  der  zweiten 
Hand  ist  diese,  wobei  ich  die  Abweichungen  von  der  ersten 
durch  Cursivschrift  bezeichne: 

Nunc  rationem  uidetis  esse  talein,  ut  equitum  centit- 
riae  cum  sex  suffragiis  et  prima  classis,  addita  centu- 
ria  quae  ad  summura  usum  urbis  fabris  tiguariis  est 
data,  LXXXVUW.  centurias  habeat:  quibus  ex  cent. 
quattor*)  centuriis,  tot  cuim  reliquae  sunt,  octo  solae 
si  aecesserunt,  coufecta  est  uis  populi  uniuersa:  reli- 
quaque  raulto  raaior  raultitudo  sex  et  nonaginta  ceu- 
turiarum  neque  excluderetur  suffragiis,  ne  superbuiu 
esset,  nec  ualeret  nirais,  ne  esset  periculosum. 

*)  QUATTOR,  nicht  quattdob  oder  gar  quatuor,  hat  die  Hand- 
schrift.  Ueber  dieae  Form  urtheilt  Oaann  zu  Cic.  de  re  publ.  p.  IM 
nicht  richtig,  wenn  er  sagt:  'ceterum  quattor  ubus  latinua  nullo  t<?m 
pore  agnovit'.  Wenn  einerseits  das  Vorkommen  einer  Form  quattor 
constatirt  iet  (sie  steht  auch  in  einer  Inschrift  des  Bullettino  dell'  liwt., 
daa  mir  augenblicklich  uicht  zur  Uaud  ist),  imd  anderseiU  Dichter- 
stellen  ein  nothwendig  durch  Synizese  zweisilbigea  quatUwr  darbieten, 


Digitized  by  Google 


CENTUBIENVERFAS8UNO. 


639 


Dass  diese  Worte  entweder,  weun  die  erste  Classe  80  Cen- 
turien  hatte  nach  des  Dionysius  und  Livius  iibereinstimraen- 
deni  Bericht,  einen  Rechnungsfebler  enthalten,  wie  er  dem 
Cicero  nicht  zuzutrauen,  oder  aber  dass  sie  ihm  den  Irrthum 
einer  nur  aus  70  Centurien  bestehenden  ersten  Classe  auf- 
bdrden,  das  ist  der  sachliche  Anstoss,  von  dem  alle  Ver-  310 
besserungsvorschlage  ausgegangen  sind,  auf  dessen  Beseiti- 
gung  alle  hinauslaufen,  indem  sie  iibrigens  den  Bau  wie  den 
Wortlaut  der  ganzen  1'eriode  arglos  beibehielten  und  einen 
formellen  Anstoss  kaum  irgendwo  fanden.  Kaum:  denn 
die  einzigen,  so  flflchtig  angeregten  wie  abgewiesenen  Be- 
denken  betrafen  den  Singular  habeat  statt  des  erwarteten 
habeant,  und  den  Tempuswechsel  zwischen  diesem  habcat  und 
den  nachfolgenden  Conjunctiven  excluderetur  .  .  .  uaterct.  Das 
erste  war  allerdings  keines  Verwcilens  werth.  Nicht  als 
wenn  allenfalls  auch  der  Singular  sich  vertheidigen  liesse 
uiit  Huschke  Verf.  des  Serv.  Tull.  p.  13  Anm.  13:  vielmehr 
ist  nach  den  Subjecten  ccnturiac  cum  sex  suffragiis  et  prima 
classis  der  Plural  habeant  schon  an  sich  erforderlieh,  vollends 
aber  zum  Zweck  einer  so  genauen  Zahlenberechnung,  wo 
alles  auf  die  Summirung  bestimmter  einzelner  Posten  an- 
kam,  ganz  unerlasslich:  sondern  weil  es  eine  der  kleinsten 
Zumuthungen  ist,  an  einen  Schreibfehler  habeat  fiir  habeant 
oder  iiabeat  zu  glauben.  Tn  Betretf  des  zweiten  Bedenkens 
sehe  ich  zunachst  von  der  Interpretation,  die  in  einer  und 
derselben  Satzperiode  und  Beweisfiihrung  eine  kiinstlich  ver- 
schriinkte  Doppelbeziehung  theils  auf  die  Servianische  theils 
auf  die  Ciceronische  (oder  Scipionische)  Zeit  und  Einrichtung 

60  heisst  die88  eben  niehts  auderes,  als  dass  in  diesem  wie  zahlreichen 
analogen  Fiillen  die  Schrift  der  Aunspracbe  nachgefolgt  ist  und  die 
Einsilbigkeit  auch  ffir'»  Auge  dargestellt  hat.  Solche  Dichterstellen 
sind  die  des  Plautus  Most.  III,  1,  102  [630j,  det  Ennius  bei  Cicero  de 
diyiu.  I,  48,  desselben  bei  Charisius  p.  114,  des  Seneca  Herc.  Oet.  1094 
(in  einem  Glyconeua),  und  dea  Ausonius  Sept.  «ap.  Cleob.  6: 

Quattor  qnadraginta  illi  debentur  miuae. 
Cednnt  dc  caelo  ter  quattor  cor]>ora  sancta. 

lamque  fere  quattor  partum  

Quattor  praecipitis  deus. 

Gradibua  i>ropinquis  m  quattordecim  sedes. 


Digitized  by  Google 


G40 


CICERO  UEBER  DIE  SERVIANISCHE 


hat  finden  wollen,  giinzlich  ab;  ich  halte  sie  fiir  widerlegt. 
Huschkes  Auffassung  dagegen,  der  p.  10  mit  dem  Praesens 
luibeat  ein  Abstractes,  uiit  den  Imperfecten  das  gescbichtliche 
Motiv  des  Konigs  bezeichnet  glaubt,  hat  zwar  im  allgemeinen 
die  grammatische  Moglichkeit  nicht  minder  fur  sich  wie  so 
manche  Stelle,  in  der  von  der  ErzShlung  eines  Vergangenen 
zu  einem  Urtheile  vom  Standpunkte  der  Gegenwart  aus  flber 
gesprungen  wird  oder  umgekehrt:  und  bei  welcber  Satzge- 
staltung  diess  auch  in  unserer  Stelle  moglich  wiire,  werde 
ich  gleich  hernach  beispielsweise  zeigen;  auf  die  vorliegende 
Satzbildung  muss  ich  ihr  jede  Anwendbarkeit  absprechen, 
und  zwar  auf  Grund  des  logischen  Verhaltnisses  der  ver- 
schiedenen  Satzglieder  in  ihrer  jetzigen  Stellung  und  Ver- 
kniipfung.  Denn  dieses  Verhaltniss,  ich  mag  es  uberlegen 
und  drehen  und  wenden  wie  ich  will,  erscheint  mir  als  ein 
durchaus  schiefes  und  verkehrtes:  und  darin  liegt  der  Kno- 
tenpunkt  meiner  Erorterung. 
sii  Wir  haben  drei  Satzglieder  vor  uns:  1)  so  und  so  viel 
Abtheilungen  gebeu  so  und  so  viel  Centurien;  2)  wenn  zu 
diesen  von  den  iibrigen  Abtheilungen  so  und  so  viel  Cen- 
turien  hinzukommen,  ist  die  Majoritiit  (von  97  Stimmen)  er- 
reicht;  3)  der  Rest  (von  96  Stimmen)  hat  dann  weder  gar 
keinen  noch  zu  viel  Einfluss.  Nichts  hinderte,  diese  drei 
Satze  in  dieser  Folge  unverkniipft  neben  einander  zu  stellen; 
nichts  hinderte,  den  zweiten  und  dritten  (die  nur  die  Kehr- 
seite  von  einander  sind)  als  gleichartig  mittels  grammatischer 
Ffigung  zu  einer  Einheit  zusammenzufassen  und  diese  Ein- 
heit  einfach  auf  den  ersten  Satz  folgen  zu  lassen;  nichts 
endlich,  den  ersten,  nur  einleitenden  Satz  mit  dem  zweiten 
zu  verschmelzen  und  dieser  Einheit  den  dritten  entgegen- 
zustellen.  Aber  alle  gesunde  Logik  verbot,  den  ersten  Satz, 
der  nur  die  Pramisse  zu  dem  folgenden  und  damit  ein  Gan- 
zes  bildet,  von  dem  zweiten  Satze  loszureissen  und  ledigiich 
mit  dem  dritten  zusammenzuconstruiren,  damit  aber  zugleich 
den  zweiten  Satz,  der  den  Nerv  der  ganzen  Argumentation 
in  sich  halt,  zu  eiuem  blossen  Zwischensatze  zu  macheu: 
eine  Ungeschicktheit  und  Redeunfahigkeit,  wie  man  sie  deui 
Cicero  niemals  hittte  zutrauen  sollen.    Untadelig  ware  bei- 


Digitized  by  Google 


CENTURIENVERFASSUNG. 


G41 


spielsweise  diese  Fassung  gewesen:  'Nunc  rationem  uidetis 
esse  talem,  ut  ....  centurias  habeant  (oder  haberent): 
quibus  .  .  .  .  si  accesserunt,  confecta  est  uis  populi  uniuersa 
reliquaque  multo  maior  multitudo  .  .  .  neque  excludebatur 
.  .  .  nec  ualebat  nimis';  in  welchem  Falle  der  Conjunctiv 
nur  etwa  so  einzufahren  war:  'confecta  est  .  .  .  uniuersa: 
quo  reliqua  multitudo  neque  excluderetur  nec  ualeret  nimis'*). 
Oder  mit  noch  biindigerer  Zusammendrlingung  der  Argumen- 
tation:  'Nunc  rationem  uidetis  esse  talem  ut,  cum  equitum 
....  centurias  habeant  (oder  haberent),  his  si  .  .  .  .  ac- 
cesserunt,  confecta  esset**)  uis  populi  uniuersa  reliquaque 
multo  maior  multitudo  .  .  .  neque  excluderetur  .  .  .  nec  ua- 
leret  nimis/  Diess  wilren  gute  Satze:  aber  niemand  wird 
sie  fur  Emendationen  des  Textes  ausgeben  wollen.  Ist  aber 
dieser  schlecht  und  lasst  er  sich  auch  nicht  durch  Emenda- 
tion  gut  machen  —  und  das  hat  eben  noch  niemand  ge- 
konnt  — ,  so  kann  er  auch  nicht  von  dem  herriihren,  von 
dem  die  zwingende  Voraussetzung  gilt,  dass  er  nur  gut 
schreibt,  dem  (wie  Mommsen  treffend  sagt)  *nie  das  Wort 
fehlt  um  einfache  Gedanken  klar  und  durchsichtig  auszu- 
sprechen.'  Und  um  das  Letzte  hinzuzufugen,  auch  das  hatte 
Cicero  schwerlich  geschrieben:  rut  equitum  centuriae  .  .  . 
et  prima  classis  ....  centurias  habeant',  so  unzierlich 
und  unbehiilflich  oder  nachlassig  als  moglich,  wo  doch  z.  B. 
wenigstens  ein  cfficiant  so  nahe  lag. 


♦)  Dass  ein  Grammaticus  wie  Zumpt  confecta  est  und  excludere- 
tur  fur  parallele  Satze  nehmen  und  ubersetzen  konnte:  f80  war  die 
Majoritiit  entschieden,  und  sollte  die  ubrige  Masse  (nach  der  Absicht 
des  Ordners)  .  .  .  ausgeschlossen  werden',  wiirde  ich  nicht  glauben, 
wenn  ich  es  nicht  aua  Peter's  Epochen  der  romischen  Verfassungs- 
geschichte  p.  67  ersahe.  Das  soll  Stil  sein?  und  correcter,  und  Cice- 
ronischer  Stil? 

**)  Diesea  cmxfecta  esset,  als  Theil  eines  Heratellungsversuches  der 
im  ubrigen  nicht  gebilligt  werden  konnte,  ward  in  einer  Serainar- 
arbfit  vorgeschlagen ,  die  den  im  Eingange  erwiihnten  zufalligeu  An- 
lass  zu  diesen  Erwagungen  gab.  Ih»*  Verfasser,  Herr  Konrad  Nie- 
raeyer  aus  Greifswald,  hat  sieh  seitdem  dem  philologischen  Publicum 
durch  seine  Abhandlung  fde  equitibus  Romanis*  (Gryphiae  1851)  em- 
pfohlen. 

FR.  RITSCHKLII  0PT9CTLA  III.  41 


G42 


CICKRO  l*KRKR  DIK  SERVIAKISCIIE 


In  der  Hitze  des  Wunsches,  aus  der  Ciceronisehen  Stelle 
eiu  brauchbares  Zeugniss  in  der  Sache  zu  gewinneu,  fiber- 
sah  man  solche  Sprachuninoglichkeiten:  wie  man  aus  Yer- 
zweiflung,  mit  der  ersten  Hand  etwas  anfangen  zu  konnen, 
sich  auf  die  zweite  warf,  um  ihr  um  jeden  Preis  abzuge- 
winnen  was  man  wiinschte,  nicht  genug  eingedenk,  dass  eine 
methodische  Kritik  gebieten  kann,  mit  einem  negativen  Re- 
sultat  sich  zu  bescheiden,  oder  auf  einer  Vorstufe  der  Ent- 
scheidung  stehen  zu  bleiben,  ohne  bis  zu  abschliessendem  End- 
urtheil  vorzudringen.  Es  war  meines  Erachtens  die  forniale 
Behandlung  der  Streitfrage,  die  vorlaufig  den  sachlichen  lnhalt 
unberiicksichtigt  lUsst,  viel  schiirfer  zu  trennen  von  der  realen 
oder  objectiven,  die  erst  einzutreten  hatte,  wenu  durch  erstere 
die  Vorfragen  erledigt,  gleichsam  die  Instruction  des  Processea 
gehorig  vollbracht  war.  Auf  diesem  Wege,  scheint  mir, 
wiire  man  wenn  nicht  weiter,  doch  richtiger  vorwarts  ge- 
kommen,  als  mit  der  Voranstellung  solcher  'Grundsiitze  der 
Kritik',  die  theils  gegen  hohere  Gebote  sehr  untergeordneter 
Natur,  theils  in  ihrer  Allgemeinheit  von  so  bedingter  Wahr- 
heit  sind ,  dass  sie  fUr  die  unendliche  Manigfaltigkeit  der 
313  hundertfach  abgestuften  concreten  Fiille  wenig  Werth  behalten 
und  von  einer  rationell  individualisirenden  Kritik  gelegent- 
lich  geradezu  in  ihr  Gegentheil  verkehrt  werden  konnen. 
Z.  B.  wenn  Huschke  (dessen  Urtheile  ich  am  wenigsten 
gern  unberiicksichtigt  lasse)  p.  7  die  zwei  Satzc  als  mass- 
gebend  an  die  Spitze  stellt:  ein  besonnener  Kritiker  musse 
den  Itegeln  seiner  Kunst  gemass  erstens  vor  allem  die  Zablen 
unserer  Handschrift  beibehalten,  und  zweitens  nicht  solche 
Theile  mit  Conjectur  angi*eifen,  in  denen  beide  Hiinde  uber- 
einstimmten.  So  lange  es  geht,  reclit  gern;  aber  sich  mit 
solchen  Gesetzen  die  Hiinde  im  voraus  zu  binden,  das  ist 
nicht  zu  verlangen.  Dagegen  das  war,  wie  ich  glaube,  zu 
verlangen,  dass  man  mit  der  Vorfrage,  wie  sich  die  zweite 
Haud  zur  ersten  und  wie  zu  Cicero's  Hand  verhalte,  weniger 
rasch  fertig  wurde.  Mit  der  Behauptung,  die  zuletzt  noch 
Mommsen  voranstellt:  dass  die  zweite  Hand  unbestritten 
die  Grundlage  jeder  Behandlung  der  Stelle  bildeu  niiisse,  hat 
man  sich  den  Weg  zur  Erkenntniss  der  Wahrheit,  so  weit 


Digitized  by  Google 


CKNTURIKNVKRFASSlTNO. 


643 


diese  erkennbar  ist,  geradezu  abgeschnitten.   Betrachten  wir 
die  Abweichungen  der  ersten  Hand: 

Nunc  rationem  uidetis  esse  taleni  ut  equitum  certa- 
mine  et  suffragiis  et  prima  classis  addita  centuria 
quae  ad  summum  usum  urbis  fabris  tignariis  est  data 
•vim-  centuria*'  tot  enim  reliquae  sunt  octo  solae  si 
accesserunt  confecta  est  uis  populi  uniuersa  reliquaque 
inulto  maior  multitudo  sex  et  nonaginta  centuriarum 
neque  excluderetur  suffragiis  ne  superbum  esset  nec 
ualeret  nimis  ne  esset  periculosum. 

Zugegeben,  dass  dieser  Text  so  'heillos  verderbt  und  ver- 
stammelt,  sei,  dass  aus  ihm  allein  nichts  zu  machen,  so 
konnte  damit  an  sich  eben  so  wohl  die  Moglichkeit  be- 
stehen,  dass  wir  nun  gar  keine  brauchbare  Grundlage  hatten, 
80  sehr  wir  das  auch  beklagen  mochten,  wie  die,  dass  uns 
die  zweite  Hand  eine  solche  bote.  Warum  gilt  das  letztere 
fflr  'unbestritten'?  Weil  die  einleuchtend  richtige  Ver- 
besserung  equitum  centuriae  cwn  sex  suffragiis  ftlr  equitum 
certamine  et  suffragiis  von  dem  Qorrector  nicht  wohl  aus 
seinem  Kopfe,  sondern  nur  aus  einem  bessern  Exemplar 
genommen  werden  konnte,  so  werden,  schliesst  man,  aus  3u 
gleicher  Quelle  auch  die  einige  Zeilen  spiiter  folgenden 
Aenderungen  und  Zusiitze  stammen.  Die  Folgerung  ist  eine 
naturliche ,  aber  keine  zwingende ,  sobald  Gegengrtinde 
schwerer  ins  Gewicht  fallen  als  bloss  einfache  Probabilitiit 
auf  der  andern  Soite.  Es  wiire  ja  doch  nicht  das  erstemal, 
dass  eiu  Corrector,  der  sich  nach  Hillfe  in  eiuem  zweiten 
Exemplar  umsiihe,  diese  theilweise  fiinde,  theilweise  nieht 
fande,  fiir  den  letztern  Theil  aber  sich  nach  bestem  Ver- 
mogen  selbst  zu  helfen  suchte.  Aber  selbst  die  Pramisse  ist 
nicht  zwingend.  Allerdings  aus  seiuem  Kopfe  wird  er  das 
centuriae  cum  sex  suffragiis  schwerlich  haben,  aber  deshalb 
nahm  er  es  noch  nicht  nothwendig  aus  einem  zweiten 
Exemplar.  Denn  warum  konnte  nicht  der  Schreiber  diese 
Verbesserung  in  demselben  Original,  das  er  abschrieb,  schon 
vorfinden,  als  Variante  ubergeschrieben  oder  an  den  Rand 
gesetzt?  warum  nicht  hier  treulich  wiedergeben,  was  er  vor- 


I 


644  CICERO  UEBER  DIE  SERVIANISCHE 

fand,  und  nur  im  Folgenden  auf  eigene  Hand  nachzubessern 
versuchen,  was  noch  fehlte  zu  einem  construirbaren  Satze 
und  richtigen  Rechenexempel'?  er,  der  ja  auch  anderwarts 
schlimm  genug  abgeiindert  hat,  wo  er  offenbare  Fehler 
fand. 

Je  langer  einer  Qberbaupt  den  Schicksalen  der  Texte 
im  einzelnen  aufmerksam  nachgegangen  ist,  desto  uber- 
zeugender  werden  sich  ihm  als  zwar  nicht  ausschliessliche, 
aber  weit  tiberwiegende  Erfahrungssiitze  diese  zwei  heraus- 
stellen,  erstens:  dass  im  ganzen  und  grossen  die  Ueber- 
lieferungen  von  erster  Hand  bei  aller  Entstellung  mehr 
Gewahr  der  Wahrheit  zu  geben  pflegen  als  die  auf  den 
ersten  Blick  noch  so  verfiihrerischen  Besserungen  von  zwei- 
ter,  wenngleich  alter  Hand,  und  zweitens:  dass  kaum  je  ein 
Interpolator  so  geschickt  verfahren  ist,  um  sich  nicht  in 
irgend  einem,  wenn  selbst  kleinen  Nebenpunkte  zu  verrathen. 
Wenn  nun  gar  drei  oder  vier  Anstosse,  zum  Theil  grober 
und  grobster  Art,  auf  einmal  nachgewiesen  sind  in  dem 
Satze,  der  fiir  Ciceronisch  gelten  soll,  und  wenn  diese  An- 
stosse  gerade  in  den  Umkreis  des  einen  Zusatzes  fallen,  der 
von  zweiter  Hand  herriihrt,  oder  doch  durch  ihn  herbeigefuhrt 
werden,  dagegen  in  dem  iibrigens  noch  so  corrupten  Texte 
der  ersten  Hand  nicht  liegen:  so  wird  nunmehr  die  Schluss- 
315  folgerung  hoffentlich  als  begriindet  erscheinen,  dass  wir  mit 
nichten  einen  aus  alter  Ueberlieferung  gcschopften  Zusatz, 
sondern  eine  stiimperhafte  Interpolation  vor  uns  baben,  wo- 
mit  denn  zugleich  die  Zahl  LXXXVIIII  ffir  VII II  jeden 
Anspruch  auf  Vertrauen  verliert. 

Mit  dieser  Gewissheit,  die  allen  aufgestellten  Ver- 
muthungen  den  Boden  entzieht,  wiire  genug  gewonnen, 
wenn  wir  nun  auch  den  alten  Text  in  all  seinem  Unstand 
mttssten  liegen  lassen.  Das  miissen  wir  indess  gar  nicht,  so 
viel  ich  sehen  kann,  und  wer  wie  Becker  an  einen  Sach- 
irrthum  Cicero^s  zu  glauben  sich  entschliessen  konnte,  hatte 
am  wenigsten  Ursache  iiber  unheilbares  Verderbniss  zu 
wohklagen.  Wie  viel  einfacher  hiitte  es  doch  der  Corrector 
zweiter  Hand  gehabt ,  statt  seiner  willkurlichen  und 
umstandlichen    Erfindungen    durch    folgende    kleine  untl 


Digitized  by  Google 


CENTUBIENVEBFASSUNG. 


645 


naheliegende  Veranderungen  Sinn  und  Construction  herzu- 
stellen : 

Nunc  rationera  uidetis  esse  talem,  ut  equi- 
tum  centurm  cum  sex  suffragiis  et  primae 
class*,  addita*)  centuria  quae  ad  summum 
usum  urbis  fabris  tignariis  est  data,  octo 
centuriae  solae  si  accesserunt,  confecta  esset 
uis  populi  uniuersa,  reliquaque  multo  maior 
multitudo  sex  et  nonaginta  centuriarum  (tot 
enim  reliquae  sunt)  neque  excluderetur  suf- 
fragiis  ne  superbum  esset,  nec  ualeret  nimis 
ne  esset  periculosum. 

Hierin  sind  die  Umstcllung  des  kleinen  Satzgliedes  tot  enim 
reliquac  sunt  und  die  Streichung  der  importunen  Zahl  VI III 
(denn  das  Uebrige  ist  nicht  der  Rede  werth)  nur  eine  zu- 
sammenhangende  Veranderung,  und  die  Entstehung  des 
Verderbnisses  auf  das  einleuchtendste  zu  veranschaulichen, 
sobald  man  sich  die  Worte  in  der  sei  es  unmittelbaren  oder  si6 
mittelbaren  Quelle  unseres  Textes  z.  B.  so  geschrieben 
denkt : 


*)  Dieses  addita  liesse  sich  zwar  auch  mit  den  vorangegangenen 
Dativen  conetruiren ,  so  daa«  »i  accesserunt  absolut  gesetzt  wftre,  wenn 
nicht  dadurch  auf  den  Zutritt  dcr  einen  Zubatzcenturie  ein  unverhalt- 
imsmaasiges  Gewicht  gelegt  wiirde,  welches  vielmehr  dem  entschei- 
denden  Zutritt  der  acht  Centurien  vorzubehalten  iat. 


Digi 


646 


CICERO  UEBER  DIE  SERVIANISCHE 


SUMMUMUSUM 

UKBISFABRISTIG 

NARIISESTDATA 

.  V  l  I  I  I  •  C  E  N  T  U  R  I  A  E  ^OCTO 

SOLAESIACCESSE 

RUNTCONFECTAES 

SETUISPOPULIUNI 

UERSARELIQUAQ. 

MULTOMAIORMUL 

T  I  T  UDOSEXETNO 

N  A  G  I  N  T  A  C  E  N  T  U  R  I 

A  R  U  M^N  EQUEEXCLU 

D  E  R  E  T  U  R  S  U  F  F  R  A 

GIISNESUPERBUM 

ESSETNECUALERET 

NIMISNEESSET 

PERICULOSUM 

^TOTENIM  RELIQUAESUNT 


Werni  ftir  das  verschriebene  vim  das  richtige  vul  oder  octo, 
ho  wie  Figura  zeigt,  auf  den  Seitenrand  gesetzt,  das  aus- 
gelassene  totenimreliquaesunt  aber,  wofilr  dc»rt  nicht  Platz 
war,  auf  dem  untern  Rande  nachgetragen  ward,  so  bedurfte 
es  schlechterdings  nichts  weiter  als  des  Verloschens  oder 
Uebersehens  des  Zeichens  bei  VIUI,  um  nun  den  Zusatz  des 
uutern  Randes  fast  mit  Nothwendigkeit  auf  das  Zeichen  vor 
octo  zu  beziehen  und  so  genau  die  Folge  der  Worte  zu 
erhalten,  wie  sie  der  Vaticanische  Paliinpsest  von  erster 
Handgibt:  dataviiiicenturiaetotenimreliquaesuntocto- 
solaesi  — .  Wer  Haudschriftcn  aus  Autopsie  keunt  (waa 
man  wirklich  kennen  nennt),  weiss,  dass  in  diesen  Annahinen 


Digitized  by  Google 


CK  NTTKIK  N  VER  F  ASSU  NG. 


647 


nichts  ist,  was  nicht  zu  den  gewohnlichsten  Hergiingen  ge- 
horte*).  Eine  solche  Versetzung  aber  zu  entdeckeu,  war  von 
tlem  Corrector  nicht  zu  verlangen,  damit  aber  auch  jede  Spur 
des  Wahren  fiir  ihn  verloren;  er  konnte  jetzt  kauni  anders 
als  die  Stelle  fiir  liickenhaft  halten,  und  was  ihn  noch  weiter 
vom  rechten  Wege  abftihren  musste,  das  waren  die  zufiillig 
eingeschlichenen  Buchstabenverderbnisse  cknturias  fur  ckn- 

TURIAE,  PRIMACLASSIS  fttr  PRIMAKCLASSI,  KST  flir  K8SKT,  deren 

Annahme  denn  doch  das  Mass  von  Fehlerhaftigkeit,  die  durch 
die  ganze  Handschrift  durchgeht,  gewiss  nicht  ubersteigt. 
Unserer  Zuriickfiihrung  der  Parenthese  tot  enim  reliquac  sunt 
zu  der  Zahl  96  wird  es  aber  auch  von  Seiten  des  Gedankens 
nicht  zur  kleinsten  Empfehlung  gereichen,  dass  doch  wahr- 
lich  mehr  darauf  ankam,  die  fiir  das  gesamiute  Abstimmuugs- 
verhiiltniss  so  bedeutsame  Minoritiitszahl  durch  eiuen  solchen 
Zusatz  hervorzuheben,  als  nur  ein  so  zufalliges  Mittelglied 
der  Berechnung  wie  die  104.  Ueberhaupt  aber  kann  eine 
Vergleichung  der  beiden  Berechnungsweisen,  mittels  welchcr 
die  oben  hergestellte  erste  und  die  (wie  auch  immer  berich- 
tigte)  zweite  Hand  zu  demselben  Ziele  der  Beweisffihrung 
gelangen,  nur  zum  Vortheil  der  erstern  ausfallen.  Denn 
wenn,  wie  doch  unleugbar,  die  kurze  und  biiudige  Fassung 
dem  Zwecke,  zu  zeigen  wie  die  Entscheidung  fast  allein  iu 
den  Hiinden  der  Reichen,  niimlich  der  Kitter  und  dcr  ersten 
Classe  lag,  vollkommen  geniigt,  was  bedurfte  es  der  kiinst- 


*)  Hier  findo  ich  ea  passend  OorlacVs  Aensserung  (HiBtor.  Stu- 
dien  p.  131)  zu  erwiihnen,  dasa  allo  Vorechlage  zur  Veranderung  der 
Ciceronischen  Stelle  'schon  dadurch  aller  gesunden  Kritik  wider- 
gprechen,  weil  sie  die  leichtuinnige  Verfalschung  eiuer  Urkundo,  die 
nur  in  einer  einzigen  Abschrift  vorhanden  ist,  vorausHetzon  \  Mir  ist 
weder  bekannt,  wer  eine  lcichtsinnigc  Verfalschung  bisher  angenommen 
hiitte  oder  anzunehmen  nothigte,  noch  errathbar,  wie  eine  solche  An- 
nahme  durch  dio  Zahl  der  vorhandcncn  AbBchriften  begilnstigt  oder 
widerrathen  werden  kSnne.  An  zufallige  Verunetaltuug  hat  man  bis- 
her  geglaubt;  an  sie  glaube  auch  ich  in  Boziehung  auf  die  erstc  Hand; 
an  eine  bona  fide  unternommene,  aber  m^gliickte  Umgestaltung  in 
Beziehung  auf  die  zweite.  Will  man  diess  oino  leichtainnigo  Ver- 
faUchung  nenuen,  so  habe  ich  nichts  dawider  und  aehe  dcm  Vorwurfe 
einer  ungesunden  Kritik  mit  vieler  Ruhe  entgcgen. 


648  CICERO  LEBER  DIE  SERVIANISCHE 

lichen  Umschweife,  niit  denen  uns  die  zweite  Hand  ohne 
den  geringsten  Mehrgewinn  ebendahin  ftthrt? 

Aber,  hore  ich  sagen,  so  bleiben  wir  ja  auf  deni  alten 
Fleck  und  sind  den  Irrthum  von  70  Centurien  der  ersten 
3i8  Classe  nicht  losgeworden.  Aber  ich  habe  auch  zunachst  gar 
nicht  finden  wollen,  was  Cicero  geschrieben,  sondern  erstens 
nur  zeigen,  was  er  ganz  bestimmt  nicht  gescbrieben,  und 
zweitens,  was  Jahrhunderte  nach  ihm  in  nicht  gefalschten 
Handschriften  seines  Werkes  gestanden  haben  konne,  ja  ich 
darf  wohl  sagen  mit  Wahrscheinlichkeit  gestanden  habe. 
Ob  Cicero  selbst  80  geschrieben,  darauf  lautet  meine  ebr- 
liche  Antwort:  ich  weiss  es  nicht,  und  sehe  auch  nicht  die 
Mittel  zu  zuversichtlicher  Entscheidung.  Wollte  ich  sagen, 
ich  hielte  es  mit  Becker  p.  207  f.  und  R.  von  Raumer 
de  censu  Servii  Tullii  (Erlangen  1840,  mir  indess  nur  be- 
kannt  aus  Reins  Bericht  in  Zeitschr.  f.  Alterth.wiss.  1840 
p.  1286  f.  und  Osanns  Excurs  XIX  zu  Cic.  de  rep.  p.  487  f.) 
fiir  sehr  wohl  moglich,  dass  sich  Cicero,  bei  dem  antiqua- 
rischc  Detailkenntniss  doch  in  der  That  nicht  die  starke 
Seite  war,  sich,  als  er  die  Bttcher  vom  Staat  sicherlich  ohne 
besondere  historische  Studien  auf  seinem  Cumanum  nieder- 
schrieb,  wirklich  in  der  ersten  Classe  der  so  lange  aus  dem 
Leben  verschwundenen  Servianischen  Verfassung  nur  70  Cen- 
turien  dachte,  sei  es  da-ss  ihm  dabei  aus  den  Tribuscenturien 
seiner  Zeit  die  Siebzigzahl  vorschwebte  uud  vorschweben 
konnte  oder  nicht:  so  wttrde  mau  mir,  da  ich  zu  einer  be- 
sondern  Begriindung  der  im  allgemeiuen  unleugbaren 
Moglichkeit  nichts  beibringen  kann,  naturlich  erwidern,  ich 
glaubte  das  eben  nur  meiner  Textesherstellung  zu  Liebe. 
Wollte  ich  anderseits  sagen,  Huschke  s  (p.  3)  und  Momm- 
sen  s  (p.  60)  und  anderer  nachdrttckliche  Ausfiihrung,  wie 
der  Staatsmann  Cicero  in  einem  so  wichtigen  Punkte  der 
romischen  Staatsverfassung  nicht  irren  konnte,  erschiene  mir 
zwingend,  so  wiirde  ich  meinerseits  nicht  minder  einem  all- 
gemeinen  Raisonnement  mehr  Beweiskraft  fttr  den  speciellen 
Fall  einraumen,  als  sich  mit  meiner  Ueberzeugung  vertragt 
Freilich  siihe  auch  ich  —  und  wer  nicht?  —  den  Cicero  gar 
gern  in  Uebereinstimmung  mit  Livius  und  Dionysius;  aber 


Digitized  by  Google 


CENTTRIKNVERFASSING 


649 


'ultra  pOSSe  9  — .  Fiir  gewiss  gebe  ich  nur  das  Dileiuma 
aus:  dass  entweder  Cicero  iiber  die  Centurienzahl  der 
ersten  Classe  sich  augenblicklich  tauschte,  und  dann  wird 
er  kauni  anders  geschrieben  haben  als  oben  vorgeschlagen 
worden;  oder,  wenn  er  sich  nicht  tiiuschte,  dass  dann  an 
eine  gar  nicht  mehr  zu  ahnende,  geschweige  zu  ermittelnde 
Corruptel  des  Textes  so  lange  zu  glauben  ist,  bis  jemand  3i9 
das  Gegentheil  durch  einen  gelungenen,  aber  auf  die  erste 
Hand  sich  stiitzenden  Versuch  beweist.  Es  darf  ein  solcher 
Versuch  immerhin  auch  den  Weg  der  zweiten  Hand  oder 
eiuen  ahnlichen  einschlagen,  wenn  ihm  das  ohne  Sprach- 
und  Stilfehler  moglieh  ist;  aber  er  thut  es  alsdann  auf  seine 
eigene  Gcfahr  und  nicht  auf  Grimd  des  Vorganges  der 
zweiten  Hand,  der  ein  fiir  allemal  nichts  mehr  beweist, 
sondern  vielmehr  trotz  dieses  Vorganges. 

Diese  zweite  Hand  selbst  aber,  um  zu  ihr  noch  einmal 
zuriickzukehren,  muss  sie  denn  nothwendig  die  Annahme 
einer  aus  70  Centurien  bestehenden  Classe  haben  verbessern 
wollen?  Sind  wir  iiberhaupt  irgend  veranlasst,  diesem  Cor- 
rector  eine  so  genaue  Kenntniss  des  wahren  Sachverhalt- 
nisses,  eine  solche  Vertrautheit  mit  unvordenklicher  Ver- 
fassungsgeschichte  zuzuschreiben?  Ich  verneine  diess  um  so 
zuversichtlicher,  je  weniger  nicht  nur  in  den  iiberlieferten 
Worten  der  zweiten  Hand  selbst  gerade  diese  Verbesserungs- 
absicht  vorliegt,  sondern  je  weniger  sie  auch  trotz  der  pein- 
lichsten  Bemiihungen  bis  jetzt  von  irgendwem  hat  plausibel 
hineingetragen  werden  konnen.  Lassen  wir  den  Interpolator 
aus  dem  Kreise  der  ihm  iiberliefert  vorliegenden  Elemente 
nicht  heraustreten,  so  ist  leicht  zu  zeigen,  wie  ihm  diese 
vollkommen  geniigten,  um  aus  ihnen  den  wesentlichen  Ge- 
danken  der  verderbten  Worte  erster  Hand  richtig  herauszu- 
lesen:  und  diesen  Gedanken  in  eine  lesbare  und  verstand- 
liche  Form  zu  bringen  war  alles  was  er  wollte.  Dass  96 
die  Minoritat  war,  fand  er  bei  seinem  Autor,  zum  Ueber- 
fluss  noch  an  einer  zweiten  Stelle  (am  Ende  des  Kapitels); 
also  war  die  Majoritat  97:  folglich  musste  die  Zahl,  zu  der 
acht  hinzukommen  mussten  um  die  Majoritat  zu  bilden,  89 

sein.  Majoritat  und  Minoritat  zusammen  gaben  die  Gesamint- 

■ 


Digitized  by  Google 


650 


CICEBO  UEBEK  DIE  SEKVIANISCHE 


zahl  193:  folglich  war  die  Zahl  der  Centurien,  aus  denen  acht 
zu  den  89  hinzutreten  mussten  um  die  Majoritat  zu  be- 
wirken,  104.  Das  alles  konnte  er  sich,  ohne  irgend  eine 
andere  Wissenschaft  als  die  der  Addition  und  Subtraction, 
gerade  eben  so  gut  ausrechnen,  wie  wir  es  aus  denselben 
Datis  konnen,  aus  den  zwei  einzigen  Datis  niiiulich,  die  die 
erste  Hand  wirklich  und  uuzweideutig  gibt:  dass  96  die 
8*>  Minoritat,  und  dass  zu  einer  gewissen  Zahl  acht  hinzukonimen 
mttssen  um  die  Majoritat  zu  bilden.  Die  so  gefundenen 
Zahlen  89  und  104  verwendete  er  also  zu  seiner  Emenda- 
tion  und  konnte  noch  dazu  fiir  sein  LXXXVIIII  einen 
rechten  Anhalt,  der  ihn  sicher  machte,  an  dem  VIIII  zu 
haben  meinen,  das  er  vorfaud.  Wenn  er  nun  das  Facit  zog 
12  +  +  x  +  1  =  89,  wonach  allerdings  x  =  70,  so 
konnte  er  diess  thun  sehr  unbekummert  daruin,  ob  es  flber 
die  Centurienzahl  der  ersten  Classe  eine  andere  Tradition 
gebe  odcr  nicht.  Aber  auch  das  ist  nicht  einmal  zu  er- 
weisen,  dass  er  so  addirte;  denn  was  berechtigt  uns  ihm 
die  Gelehrsamkeit  zuzutrauen,  dass  die  equitum  ccnturiat 
zwolf  waren?  Auf  die  Zahl  89  konnte  er,  wie  gezeigt, 
kommen,  ohne  einen  andern  Ansatz  machen  zu  miissen  als 
x  +  6  +  y  +  1,  wobei  es  ihm  ganz  gleichgiiltig  bleiben 
durfte,  wie  die  erforderliche  Zahl  von  82  Centurieu  zwisehen 
x  und  y  irgend  zu  vertheilen  sein  mochte. 

Schliesslich  habe  ich  nichts  dagegen  eiuzuwendeu,  wenn 
man  findet,  dass  der  positive  Ertrag  dieser  ganzen  Aus- 
einandersetzung  ein  sehr  geringer,  ja  ftlr  die  Kenntniss  der 
Servianischen  Verfassung  gar  keiner  sei,  indem  nun  weder 
aus  der  zweiten  Hand  irgend  ein,  noch  aus  der  ersten  ein 
forderliches  Zeugniss  in  der  Sache  zu  entnehmen  sei.  Diess 
zu  beweisen  war  eben  die  Absicht  dieser  Zeilen;  sonst  kiitte 
ich  sie  nicht  unter  die  Rubrik  cZur  Kritik  und  Erklarung', 
8ondern  unter  f  Antiquari8ches,  gesetzt.*) 


*)  Eben  erst,  bei  dcr  Cofrectur,  werde  ich  aufmerkBam  gemacht, 
dasa  von  meinen  p.  309  [oben  p.  638  f.J  zusammengestellten  fflnf  Belegen 
fiir  ein  zweiHylbiges  quatttior  drei  auch  von  Lachmanu  zu  Lucrez 
]».  193  angefiihrt  aind.  Wenn  es  mit  dcm  Zusatze  ge«chieht  'littera  * 


Digitized  by  Google 


CKN  T  D  R I E  N  VEBF  A  SSU  NG. 


651 


[f  Aehnlich  wie  die  UntersuchuDg  uber  die  Varronischen 
Hehdomaden  (s.  oben  p.  508)  ist  auch  diese  schritt-  und 
stufenweise  vorwiirts  gekomraen  durch  die  vereinten  Krafte 
raehrerer:  auch  hier  wird  es  daher  erwiinscht  sein,  die  ganze 
Reihe  der  Actenstiicke  in  chronologischer  Folge  zusamraen 
zu  haben.'] 


An  Herrn  Geheimen  Justizrath  Huschke  in  Breslau. 

Dass  Sie  mir  gestattet  haben  Ihre  epistolica  quaestio  404 
Qber  das  in  der  Ueberschrift  bezeichnete  Problem  im  Rh. 
Mus.  zu  veroffentliehen,  danke  ich  Ihnen  und  wird  Ihnen 
jeder  danken,  der  mit  uns  die  Ueberzeugung  theilt,  dass  rnil 
despe^andura,,  oder  rait  den  Worteu  eines  andern  Dichters 
'nil  tam  difficilest  quin  quaerendo  investigari  possiet';  nur 
dasa  freilich  daneben  das  c  nil  sine  magno  vita  labore  dedit 
mortalibus'  seine  voriibergehend  fast  entmuthigende  Wahr- 
heit  behiilt.  Mag  auch  der  naive  Mann,  der  zu  warten  rieth 
bis  zur  Auffindung  einer  bessern  Handschrift,  in  seiner  Art 
nicht  so  ganz  Unrecht  haben,  bis  dahin  wollen  wir  es  uns 
nicht  verdriessen  lassen  den  Stein  immer  wieder  vou  neuem 
zu  walzen;  endlich  kommt  er  doch  wohl  einmal  auf  die 
rechte  Kante  zu  stehen.  Der  Weg  zur  Wahrheit  pflegt  nun 
einmal  nur  in  Schlangen-  und  Zickzack-Linien  zu  gehen; 
auch  die  Um-  und  Irrwege  sind  nicht  verloren  filr  das  End- 
ziel.  Niemals  sieht  Einer  alles,  aber  immer  jeder  zum  Mit- 
sprechen  berechtigte  etwas,  was  keiner  vor  ihm.  Ob  und 
wann  die  Sache  spruchreif  sei,  werden  andere  sehen  und 
sagen;  mir  erscheint  es  immer  wunschenswerth,  dass  jede 
individuelle  Meinung,  die  eine  wohlerwogene  ist,  sich  rund 
und  rein  ausspreche.    Daruni  mache  ich  auch  weder  von 

 -%  

aut  praetermisaa  aut  in  conaonantera  durata',  so  gehfirt  die  letztere 
Annahme  iu  den  weiter  greifenden  Ansichten  auf  dem  tiebiete  der 
lat4'inischen  Prosodik,  die  ieh  uicht  zu  theilen  vermag. 

*)  [Rhein.  Muaeom  f.  Philol.  Bd.  VIII  (1852)  p.  404—415.] 


652 


CICERO  UEBER  DIE  SERVIANISCHE 


Ihrer  Erlaubniss  Gebraueh,  in  Zusatzen  zu  Ihren  Erorterungen 
anzudeuten,  was  mir  anders  scheine,  noch  gebe  ich  mir  selbst 
die  ErlaubnisB,  zu  mildern  was  Sie  mir  zum  Lobe  sagen. 
Aber  dazu  benutze  ich  dieses  Prooemium,  um  nachzuholen 
was  wir  leider  beide  Ubersehen  haben:  den  einzigen  autopti- 
schen  Bericht  ilber  die  BeschafFenheit  der  Handschrift  an 
der  fraglichen  Stelle,  der  seit  Angelo  Mai  gegeben  worden: 
•  gegeben  von  unserm  Th.  Mommsen  (ich  sage  'unsenn', 
'weil  er  Euch  «Juristen  und  uns  Philologen  gleichmiissig  an- 
gehort)  in  der  Zeitschrift  fur  Alterth.wiss.  1845  p.  786. 
Durch  die  freundliche  Mittheilung  seiner  Originalnotizen  bin 
ich  in  den  Stand  gesetzt  die  Zweifel,  die  der  dortige  Ab- 
druck  noch  liess,  durch  nachstehende  Angaben  zu  heben. 
Im  Anfange  der  Stelle  ist  von  erster  Hand  geschrieben: 

EQVITVMCER 
TAMINECVM 
ETSVFFRAGIIS 

Hieraus  hat  die  zweite  Hand  gemacht: 

EQVIT.VMCEN 

RI  E 

TAMINECVM 

EXT  SVFFRAGIIS 

Sodann  in  der  Hauptstelle  ist  die  Schreibung  der  ersten 
Hand  diese: 

TGNARIISEST 
•     D  AT  AVIIIICEN 

TVRIASTOTE  9 

NIMRELIQV 

A  E  S  V  N  T 


Digitized  by  Googl 


CENTITRIKNVERFASSITNG. 


653 


die  Correcturen  der  zweiten  aber  so  dazwischengesetzt :  *) 

T!G  N  A  R  1  I  S  E  S  T 

A  L  X  X  X         HABEAT  QVIB.  EX 

DATAVIIIICEN 
TVRIASTOTE 

CENT.  QVATTOR  CENT VRIIS  TOT 

Vl  M  R  E  L  I  Q  VAE 
A  E  S  V  N  T 

Die    iibrigen  Berichtigungen  der  Maischen  Angaben  gehen  406 
uns   zunachst  nichts  an,  wie  dass  statt  uis  populi  die  erste 
Hand 

 VI 

SPOLI  

gibt,  woraus  erst  die  zweite 

 .  .  .  VIS 

pv 

SPOLI   

gelnacht  hat;  dass  es  gegen  Ende  des  Kapitels  von  erster 
Hand  heisst  ET  IIS  VALEBIT  IN  SVFFRAGIO  PLVRI- 
MVM  ET  IS  VALEBIT  IN  SVFFRAGIO  PLVRIMVM,  wo 
nur  das  erste  VALEBIT  von  der  zweiten  in  VALEBAT 
veriindert  ist;  bald  darauf  ANCENSIS,  nicht  ACCENSIS; 
ferner  dass  ebenda  von  einer  Zerstorung  des  LITICINIB. 
Mommsen  so  wenig  etwas  entdecken  konnte,   wie  weiter 


*)  [' In  der  letzten  der  hier  nach  der  Handschrift  mitgetheilten 
Stellen  musa  man  freilich  sehr  geneigt  sein  fur  die  zweite  und  dritte 
Zeile  als  Leaart  der  Hds.  vielmehr  dieses  xn  vermuthen: 

DATA  "v  I  I  I  I  •  C  E  N 

HAtlKAT  yviB.  ex 

T  V  R  I  A  S  f  6  f 

und  anzunehmen,  dass  das  hahkat  quib.  kx  nur  durch  ein  Versehen 
des  Mittheilers  eine  Zeile  hoher  gesetzt  worden.  Aber  &  Y^Tpcnrrai, 
f^TPa1ITTal•,    NachtragUcher  Zusatz  auf  p.  415.) 


Digitized  by  Google 


054 


CICERO  UEBER  DIE  SERYTANISCHE 


oben  von  eineni  aber  das  CENTVM  (vielmehr  C)  gesetzten 
D,  wonach  Mai  quingentum  geschrieben.  —  Von  Einfluss 
auf  die  Sache  selbst  ist  freilich  auch  von  den  urkundlichen 
Mittheilungen  iiber  die  Hauptstelle,  so  viel  ich  sehen  kann, 
nur  die  neue  Gewissheit,  dass  in  der  ersten  Stelle  das  CVM 
nach  CERTAMTNE  nicht,  wie  Mai  zu  glauben  nothigte,  erst 
durch  die  zweite  Hand  hinzugekoramen,  sondem  schon  ur- 
spriinglich  dastand.  Aus  CVM  ET  SVFFRAGIIS  aber  das 
richtige  CVM  SEX  SVFFRAGIIS  durch  biosse  Conjectur 
entstanden  zu  glauben,  ist  wenigstens  nicht  so  unmoglieh. 
wie  es  bei  einem  ursprunglichen  ET  SVFFRAGIIS  scheinen 
musste;  und  damit  hort  vielleicht  die  unweigerliche  Noth- 
wendigkeit  auf,  ein  zweites  Exemplar  als  vom  Corrector 
benutzt  vorauszusetzen. 


Breslau,  5.  Februar  1852. 

 Ihr  Aufsatz  uber  Cicero\s  Stelle  von  der 

Centurienverfassung  hat  mir  einen  Ideenkreis  wieder  ver- 
gegenwartigt,  der  meinem  geistigen  Auge  seit  eiuer  langen 
Reihe  von  Jahren  fern  getreten  war.  Sie  wissen  aus  eigeuer 
Erfahrung,  wie  man  dann  sich  selbst  objectiv  wird,  und 
407  werden  um  so  geneigter  sein,  das  Urtheil  iiber  Ihren  Ver- 
such  nicht  von  vorn  herein  in  den  Verdacht  der  Partei- 
lichkeit  zu  nehmen,  wenn  ich  zum  voraus  bemerke,  dass 
ich  nicht  bloss  den  wirklich  ausserordentlichen  Scharfsinn 
bereitwillig  anerkenne,  von  dem  Sie  hier  wieder  eine  Probe 
gegeben,  sondern  mich  auch  von  der  Wahrheit  einer  der 
Hauptgrundlagen  Ihrer  Behandlung  der  streitigen  Stelle 
ilberzeugt  habe.  Weiter  kann  ich  aber  gewissenhaft  nicht 
gehen,  und  um  auch  den  Schein  zu  meiden,  als  wollte  ich 
durch  den  Consensus  Ihren  Beifall  fiir  den  Dissensus  er- 
schleichen,  fange  ich  mit  dem  letztern  an.  Er  betrifft  Ihre 
Emendation  auf  p.  315  [oben  p.  645]. 

Alle  Conjecturalkritik  beruht  auf  Probabilitat  Wer  auf 
Grund  der  wahrscheinlichsten  Voraussetzungen  das  wahr- 
scheinlichste  Resultat  erreicht,  triigt  die  Palme  davon.  Bei 
Ihrer  Conjectur  ist  nun  schon  das  allgemeine  Resultat  miss- 


Digitized  by  Google 


CENTURIEH  V  E  H  FASSU  NG . 


G55 


lich.  Ea  lost  nicht  die  sachliche  Schwierigkeit  der  Stelle, 
ja  will  sie  nicht  loseu,  will  sich  nicht  fur  das  ausgeben, 
was  Cicero  geschrieben  hat,  sondern  nur  fiir  das,  was 
Jahrhunderte  nach  ihm  in  nicht  gefiilschten  Handschriften 
seines  Werkes  gestanden  haben  konne  (p.  318  fb'48]).  Aber 
ist  eine  solche  Kritik  iiberhaupt  zuliissig?  Wohl,  wenn  die 
irrige  Lesart,  die  man  so  herstellt,  nur  als  Mittelglied  in 
der  Geschiehte  der  Textescorruption  behauptet  wird,  das 
man  dazu  gebraucht,  ura  die  Art,  wie  die  in  unsern  Hss. 
vorliegenden  Corruptelen  aus  der  ursprunglichen  Lesart  ent- 
standen  sind,  zu  erkliiren.  Aber  als  fiir  sich  bestehendes 
Resultat  scheint  es  mir  unbrauchbar.  Es  ist  unangreifbar; 
denn  jedes  Argument  dagegen,  z.  B.  das  ab  absurdo,  kann 
sogleich  in  ein  Argument  dafiir  uragekehrt  werden,  weil  ja 
eben  eine  falsche  Lesart  auch  unbefriedigend  sein  niiisse 
oder  doch  sein  konne.-  Es  ist  aber  eben  damit  auch  unhalt- 
bar  —  nichts  als  eine  der  unendlich  vielen  krummen  Linien, 
die  sich  nebeh  der  geraden  zwischen  zwei  Punkten  denken 
lassen.  Doch  mit  diesem  allen  sage  ich  Ihnen  eigentlich 
nichts,  was  Sie  nicht  selbst  gesehen  hatten.  Tn  einer  ge- 
wissen  Art  behaupten  Sie  aber  auch  wenigstens  eine  Wahr- 
scheinlichkeit,  dass  Cicero  selbst  so  geschrieben  habe.  Und 
nur  dagegen  will  ich  —  nicht  das  alte  sachliche  Argument, 
dass  ihm  die  Zahl  der  80  Centurien  erster  Classe  nicht  un- 
bekannt  sein  konnte,  wiederholen  (vgl.  meine  Verfassung 
des  Serv.  Tull.  p.  3  und  besonders  Krit.  Jahrb.  f.  RW.  1845  4us 
p.  505),  dem  Sie  selbst  wenigstens  die  Kraft  einer  hohen 
Wahrscheinlichkeit  nicht  absprechen  konnen,  zumal  da  Cicero 
selbst  in  den  Worten  quae  descriptio  si  essrt  ignota  vobis,  ex- 
pliearetur  a  me  auch  die  zu  dieser  descriptio  gehorige  Zahl  der 
Centurien  jeder  Classe  als  jedem  Gebildeten  bekannt  voraus- 
setzt  und  sich  auf  diesem  Punkte  um  so  weniger  eine  Blosse 
geben  konnte.  Aber  das  mochte  ich  Ihnen  zu  bedenken 
geben,  ob  die  Stellung  der  Parenthese  tot  enim  rcliquae  sunt, 
welche  Ihre  Conjectur  hinter  scx  ct  nonaginta  ccnturiarum 
versetzt,  Ciceros  wiirdig  sei,  fiir  den  Sie  mit  Recht  eine 
vollkomraen  angemessene  Schreibart  in  Anspruch  nehmeu. 
Nach  einer  solchen  konnte  dieser  Zusatz  nur  bezwecken,  iu 


656  CICERO  TTEBER  DIE  SERVIANI8CHE 

der  dera  Geiat  der  Horer  oder  Leser  vorgefuhrten  Bereeh- 
uung  (Nunc  rationem  videtis  esse  talern)  auf  dem  Punkte  der- 
8elben,  wo  sie  von  dem  Uebrigbleiben  der  voranstehenden 
Zahl  sich  zu  iiberzeugen  hatten,  dieae  Ueberzeugung  zu  er- 
leichtern,  indem  er  sie  aufforderte  sich  nach  der  ihnen  be- 
kannten  descriptio  nur  die  Subtraction  zu  vergegenwartigen. 
Diesen  Zweck  erreicht  auch  die  altera  manus  mit  ihrer  Stellung 
des  Zusatzes  hinter  ex  centum  quattor  centuriis.  Nicht  aber 
Ihre  Emendation;  denn  von  dem  Uebrigbleiben  der  96  Cen- 
turien  nach  dem  Hinzutritt  der  8  zu  der  Anfangs  suinmirten 
Zahl  mussten  sich  die  Horer  schon  vorher  bei  dem  confecta 
esset  vis  popidi  universa  iiberzeugt  haben,  oder  das  videtis 
war  eine  Unwahrheit.  An  der  Stelle,  die  Sie  dem  Zusatz 
geben,  hinkt  er  unmotivirt  nach  und  bildet  auch  mit  dem 
reliquaque  multo  maior  muttitudo  in  Gedanken  und  Laut  eine? 
wie  mir  scheint,  nicht  Ciceronianische  Cumulation. 

Aber  auch  Ihre  Voraussetzungen  sind  mir  bedenklich. 
Sie  bestehen  siimintlich  in  Moglichkeiten:  wahrscheiulich 
und  motivirt  ist  eigentlich  keine.  So  schon  die  Annahme, 
dass  die  altera  manus  wenigstens  in  ihrem  zweiten  Zusatz  keine 
handschriftliche  Grundlage  gehabt  habe.  Im  Zweifel  mussen 
wir  doch,  so  gut  wie  wir  unsere  Hdss.  iiberhaupt  fur  Ab- 
schriften  halten,  auch  annehmen,  dass  eine  zweite  Hand 
nach  einem  urkundlichen  Texte  nachgebessert  habe.  Der 
Gegenbeweis  muss  aus  innern  Griinden  gefQhrt  werden.  Ein 
solcher  scheint  mir  aber  nicht  in  dem  allerdings  falsch  ge- 
*■»  beugten  habeat  zu  liegen.  penn  gesetzt  selbst,  dass  es 
iiberhaupt  falsch  wiire,  konnte  es  nicht  auf  einem  hand- 
schriftlichen  Fehler  beruheu,  den  der  revidirende  Librarius 
nur  mit  aufuahmV  Hat  nicht  auch  die  erste  Hand  confecta 
est?  Wiirde  nicht  ein  Corrector  von  so  viel  Verstand,  dass 
er  iiberhaupt  diesen  Zusatz  aussinnen  kounte,  aus  seinem 
Kopfe  vielmehr  efficiant  oder  dgl.  gesetzt  haben?  Im  vor- 
liegenden  Falle  waltet  aber  noch  eine  besondere  Wahr- 
scheinlichkeit  fiir  den  handschriftlichen  Ursprung  des  frag- 
lichen  Zusatzes  ob,  mochte  er  nun  aus  demselben  Codex, 
aus  dem  die  erste  Hand  nachliissig  abschrieb,  oder  aus  einein 
andern  herrUhren.   Hekanntlich  sind  namlich  Auslassungen 


Digitized  by  Google 


CENTURIENVERFASSUNG. 


657 


einer  ganzen  Keihe  von  Worten  in  der  llegel  dadurch  ver- 
anlasst,  dass  zwei  Zeilen,  die  auf  einander  folgten,  mit  dem- 
selben  Wort  anfingen  oder  schlossen,  oder  auch  aus  sonstigeni 
Anlass  ein  hastiger  Abschreiber,  der  eben  das  eine  Wort 
geschrieben  hatte,  beim  Riickblicken  auf  die  abzuschreibende 
Hs.  auf  ein  spiiteres  ahnliches  vertiel  und  dieses  eben  ge- 
schrieben  zu  haben  glaubte.  Ein  solcher  Fall  liegt  hier 
offenbar  vor,  z.  B.: 

 VIIII 

CENTVRIAS  HABEATQVIBVSEXCENTVMQVATTOR 
CENTVRIIS  TOTENIMRELIQVAESVNT  etc. 
Wollen  Sie  nicht  weiter  annehmen,  dass  der  Corrector,  der 
das  alberne  habeat  ersann,  doch  schon  das  kritische  Gesetz 
gekannt  und  danach  verfahren  habe,  nach  welchem  wir 
solche  Auslassungen  ergiinzen,  so  liegt  ra.  E.  hierin  ein 
dringender  Grund,  den  zweiten  Zusatz  der  zweiten  Hand  fur 
handschriftlich  zu  halten.  Dazu  kommt  noch  die  nach  Ihrer 
Meinung  handschriftliche  Natur  der  ersten  Correctur  der 
zweiten  Hand  und  dass  das  ccnturias  doch  eine  Liicke  an 
dieser  Stelle  wahrscheinlich  macht.  —  Unmotivirt  nenne  ich 
Ihre  Aenderungen  VIIII  in  OCTO,  prima  classis  in  primae 
classi,  centuriae  in  centuriis  und  nachher  cst  in  cssct,  insofern 
keine  Veranlassung,  wie  die  veruieintlichen  Corruptelen  ent- 
standen  wiiren,  nachgewiesen  ist.  lhre  iibrigen  Voraus- 
setzungen  auf  p.  31G  [646]  sind  zwar,  wenn  man  einmal 
eine  solche  Gestalt  des  friihern  Codex  annimmt,  vou  blen- 
dender  Wahrscheinlichkeit.  Aber  diese  fnihere  Gestalt  des  410 
Codex  selbst  ist  doch  nichts  als  eine  willkQrlich  angenom- 
mene,  durch  nichts  indicirte  Muglichkeit, 

Doch  nun  genug  von  dem  Dissensus.  Ich  komme  auf 
den  Consensus,  der  dasjenige  betrifft,  worauf  Sie  auch  eigent- 
lich  das  Hauptgewicht  legen,  und  der  zugleich  ein  Dissensus 
mit  mir  selbst  in  meinem  friiheren  Versuche  ist,  so  weit  der- 
selbe  von  Ihren  Argumenten  betroffeu  wird.  Vollstandig  iiber- 
zeugte  ich  mich  ntimlich,  dass  nur  eine  solche  Conjectur  An- 
spruch  auf  Wahrheit  machen  kaun,  welche  Ihre  Ausfuhrung 
auf  p.  310—312  [oben  p.  639—642]  zu  Grunde  legt  und 
insbesondere  anerkennt,  dass  Cicero  fnur  gut  schreibt'  und 

FR.  HIT8CHEI.II   OPV8CVLA   III.  42 


G58 


CICEIIO  UEBER  I)IE  SERVIANISCHE 


dass  habcat  in  diesem  Zusammenhange,  confecta  cst  und  doch 
naehher  cxcluderetur  und  valcrct  mit  einer  guten  Schreibart 
unvereinbar  sind. 

Erlauben  Sie  mir  nun  aber  auf  diesem  Ihrem  Grunde 
und  Boden  ein  neues  Gebiiude  zu  errichten.  Ist  es  wohnlich, 
so  gehort  es  iure  naturali  et  civili  Ihnen,  nicht  mir  an. 
Taugt  es  nichts,  so  haben  Sie  auch  das  erste  Kecht  und 
das  beste  Zeug,  es  wieder  umzuwerfen.  Damit  Ihnen  aber 
die  Entscheidung  erleichtert  werde,  schreibe  ich  noch  einnial 
die  ganze  Stelle  her,  wie  sie  nach  der  ersten  Hand  lautet, 
die  Abweichungen  der  zweiten  Hand  an  den  betreffenden  mit 
f  '  bezeichneten  Stellen  dariiber  setzend. 

Deinde  equitum  magno  nnmero  ex  omni  populi  suuima 
separato,  reliquum  populum  distribuit  in  quinque  elasses, 
senioresque  a  iunioribus  divisit,  eosque  ita  disparavit,  ut 
suffragia  non  in  multitudinis  sed  in  locupletium  potestate 
essent,  curavitque,  quod  semper  in  re  publica  tenendum 
est,  ne  plurimum  valeant  plurimi:  quae  descriptio  si 
esset  ignota  vobis,  explicaretur  a  me.    Nunc  rationem 

centuriae  cum  sex  ■uffragiii 

videtis  esse  talem,  ut  equitum  'certaniine  et  suffragiis, 
et  prima  classis,  addita  centuria,  quae  ad  summum  usum 

LXXXVIIII  babcat  quiboi 

urbis  fabris  tignariis  est  data,  'VIIH'  centurias  J  '  tot 

ex  centum  quattor  centuriii 

enim  reliquae  sunt,  octo  solae  si  accesserunt,  confecta 
est  vis  populi  universa,  reliquaque  multo  maior  multi- 
4ii  tudo  sex  et  nouaginta  centuriarum  neque  excluderetur 
suffragiis  uc  superbum  esset,  nec  valeret  nimis  ne  esset 
periculosum.  In  quo  etiam  verbis  ac  nominibus  ipsis 
fuit  diligens  etc. 

Cicero  unterscheidet  hier  offenbar  dcscriptio  und  ratio,  den 
objectiven  detaillirten  Schematismus  der  Volkseintheilung 
nach  der  Centurienverfassung,  und  das,  worauf  der  Konig 
als  weiser  Staatsmann  sie  berechnet  hatte.  Man  kann  sagen, 
dass  im  Kiickblick  auf  die  vorausgeschicktc  allgemeine  Dar- 
stellung  der  Centurienverfassung  descriptio  auf  die  ersten 

Siitze  .  .  .  Deindc  cquitum  divisit,  ratio  auf  die  folgen- 

den  cosque  ita  disparavit  ....  plurimi  sich  bezieht  Die 


Digitized  by  Googl 


CEN  T  V  KI  K  N  VK  R  FASSUNO. 


059 


descriptio,  welche  ihu  verhaltnissniUssig  zu  lange  aufgehalten 
hatte,  iibergeht  er  mit  einer  feinen,  aber  auch  wahren  Wen- 
dung.  Die  ratio  aber,  die  ihn  als  Politiker  unmittelbar  in- 
teressirte,  uni  darin  die  Staatsweisheit  des  Konigs  seinen 
Lesern  nachzuweisen,  fiihrt  er  mit  der  fortschreitenden  und 
leise  adversativen  Partikel  Nunc  dem  Geiste  seiner  Leser  vor. 
Indeni  nun  so  descriptio  Uberwiegend  objectiv,  ratio  aber 
die  planmassige  Berechnung  des  Konigs  iiberwiegend  sub- 
jectiv  ist,  muss  es  schon  hieruach  auffallen,  dass  im  hand- 
schriftlichen  Texte  der  objective  Ausdruck  rationeni  essc  steht. 
Er  wird  aber  selbst  befremdend,  zumal  fiir  Cicero,  wenn 
man  fortliest  und  in  der  folgenden  Periode  so,  als  ware  die 
ursprungliche  Zurtickfiihrung  des  Gesagten  auf  den  Konig 
als  Subject  (distribuit,  divisit,  disparavit,  curavit)  immittelst 
gar  nicht  unterbrochen,  wieder  ohne  Angabe  des  Subjects 
findet:  In  quo  etiam  vcrbis  ac  noniinibus  ipsis  fuit  diligens. 
So  schreibt  Cicero  nicht:  auch  in  unserer  Periode  musste 
der  Konig  als  Subject  der  Berechnung  eingefiihrt  werden. 
Ich  glaube  daher,  dass  hier  der  erste  Fehler  der  Hs.  steckt. 
Es  war  geschrieben  IISSE  d.  h.  inisse  (rationeni  inire  der 
bekannte  Ciceronianische  Ausdruck  fiir:  eine  Berechnung 
machen)  und  dieses  wurde  von  einem  Abschreiber  nach  Ana- 
logie  von  descriptio  .  .  .  ignota  csset,  ESSE  gedeutet,  mochte 
er  die  Sigle  nicht  kennen  oder  //  fiir  die  bekaunte  Gestalt 
des  e  halten.  Dieser  Fehler  ist  aber  darum  wichtig,  weil  er 
consequent  die  anderen  nach  sich  zog:  habeat  und  confecta  est 
(vielleicht  auch  accesserunt  statt  accessissent,  obgleich  ersteres 
in  einem  Condicionalsatz  allenfalls  geduldet  werden  kann).  us 
Offeubar  sind  dieses  absichtliche  Aenderungen  eines  einiger- 
massen  grammatisch  gebildeten  Abschreibers,  der  das  iichte 
HABERET  uud  CONFECTA  ESSET  (oder  EET)  nach  ra- 
tionern  csse  fiir  fehlerhaft  hielt,  docli  aber,  als  des  Aenderns 
zu  viel  wurde,  wie  es  denn  zu  gehen  pflegt,  stutzte  uud 
EXCLVDERETVR,  ESSET,  VALERET  und  ESSET  bei- 
behielt. 

Nun  aber  die  Hauptschwierigkeit,  welche  offenbar  in  der 
Summirung  der  zusammen  —  nach  der  ersten  Hand  VUII, 
nach  der  zweiten  LXXXVIIII  Centurien  ausmachenden  Ab- 

42* 


Digitized  by  Google 


G60 


CICERO  UEBER  DIE  SERVIANISCIIE 


theilungen  liegt.  Betrachtet  man  den  uberlieferten  Text  zu- 
erst  rein  formell,  so  erweckt  habcat  oder  vielraehr  habcret 
einerseits  das  Vertrauen  der  Aechtheit,  denn  ein  Falseher 
wiirde  das  leichtere  effieiant  gesetzt  haben,  andererseits  passt 
dazu  entschieden  nicht  das  cquitum  ccnturiac  cum  sex  suffra- 
giis  ct  prima  classis  der  zweiten  Hand.  Von  einer  classis 
kann  ich  sagen  habet  tot  centurias,  wie  amjdwra  habct  tot  sex- 
tarios  u.  s.  w.,  hicht  aber  centuriac  ct  clwtsis  habct  (oder  auch 
habent)  tot  centurias.  Wir  werden  also  cquitum  ccnturiae  um 
80  mehr  fiir  verdachtig  halten  miissen,  als  hier  auch  die 
erste  Hand  abweichend  hat  equitum  certaminc.  Eben  so  ver- 
dachtig  und  bloss  zurecht  gemacht  erscheint  das  cum  sex 
suffragiis,  wo  die  erste  Hand  mit  ihrem  ct  suffragiis  eben- 
falls  abweicht;  denn  cum  setzen  gute  Schriftsteller  nur  von 
etwas  Accessorischem.  Unmoglich  konnen  aber  die  sex  suf- 
fragia,  die  selbst  nur  und  zwar  die  alten  vornehmen  Ritter- 
centurien  waren,  als  Accessorium  von  centnriac  cguitum  auf- 
gefiihrt  werden,  mag  unter  diesen  ubrigens  zu  verstehen  sein 
was  da  will.  Allen  diesen  Anstossen  gegeniiber  weist  nun 
die  erste  Hand  in  bloss  formeller  Hinsicht  jedenfalls  insofern 
auf  das  Uichtige  hin,  als  sie  mit  den  beiden  voraufgehenden 
Ablativen  cquitum  ccrtamine  ct  suffragiis  eine  Structur  ver- 
riith,  in  welcher  bloss  classis  das  Subject  von  Itabcat  {habcrcl), 
das  Uebrige  nur  als  Zuthat  erwahnt  war,  und  wir  brauchen 
bloss  1)  ein  cum  vor  equitum  zu  setzen  —  mag  dieses  nun 
C 9  notirt  und  wegen  Aehnlichkeit  mit  dem  folgenden  €  ganz 
ausgefallen  oder,  wie  die  zweite  Hand  wahrscheinlich  raacht, 
am  Rande  nachgetragen  und  dann  vor  (scx)  suffragiis  ver- 
setzt  worden  sein  —  und  2)  in  snffragiisct  einen  einzigen 
413  Buchstaben  in  einen  obendrein  in  den  Hss.  oft  kaum  ?on 
ihm  zu  unterscheidenden  mit  Gemination  eines  andern  xu 
iindern  (snffragiissex),  um  eine  allen  bisherigen  Bedenken  voll- 
8tiindig  begegnende  Lesart  zu  erhalten: 

ut  cum  equitum  certamine  et  suffragiis  sex  prima 

classis,  addita  centuria  quae  LXXXVIIJl  cen- 

turias  habeat. 

In  der  zweiten  Hand  erweist  sich  auch  das  sex  suffragiis  (in 
dieser  Voranstellung  des  scx)  als  zurechtgemacht    Der  Li- 


Digitized  by  Google 


CENTURIENVEKFASSUNG.  GGl 


brarius,  der  in  seiner  Hs.  das  sex  hinter  suffragiis  auch  schon 
in  et  verwandelt  fand,  wusste,  dass  nian  diese  Suffragien  scx 
suffragia  oder  sex  centuriae  nannte  (Festus  v.  Sex  suffragia, 
Praerogativac  [nach  meiner  Wiederherstellung  Krit.  Jahrb. 
1845  p.  597 1,  Liv.  1,  3G).  Aber  Cicero,  der  sie  einmal  (Phil. 
2,  33)  suffragia  schlechthin  neunt,  setzte  hier  in  einer  Be- 
rechnung  sex  absichtlich  nach  (fdie  Suffragien,  welche  6  [Cen- 
turienj  ausniachen'),  um  die  Zahl  hervorzuheben. 

Nun  ist  freilich  noch  das  certaminc  der  ersten  Hand 
eben  so  verderbt  wie  das  centuriae  der  zweiten.  Fiir  die 
Herstellung  des  Richtigen  scheint  mir  aber  ein  wichtiger 
Fingerzeig  darin  zu  liegen,  dass  die  erste  Hand  als  Summe 
der  Addenden  VIIII  hat,  eine  Zahl,  die  offenbar  falsch  und 
gemacht  ist,  die  aber  dieser  Abschreiber  oder  vielmehr  sein 
Vorganger  nicht  aus  dem  Folgenden,  sondern  nur  aus  dem 
Vorhergebenden  gebildet  haben  konnte.  Und  zwar  riihrte 
sie  ohne  Zweifel  daher,  dass  der  unwissende  Mensch  das 
Ungluck  hatte  et  prima  classis  addita  ccnturia  fttr  Nomina- 
tiven,  classis  fiir  den  Genitiv  zu  nehmen  (fund  hinzugefugt  die 
erste  Classencenturie'),  womit  ihm  denn  gerade  die  80  Centu- 
rien  der  ersten  Classe  fflr  seine  Summiruug  verloren  gingen. 
Diese  Zahl  zeigt  aber  dass,  inochte  man  diese  VVorte  so  falsch 
iibersetzen  oder  sie  mit  der  zweiten  Hand,  die  LXXXVIIII 
herstellte,  richtig  verstehen,  die  iibrigen  zu  addirenden  Cen- 
turien  ausser  den  80  der  ersten  Classe  selbst,  {)  betrugen. 
So  nothigt  denn  die  Uebereinstimmung  der  beiden  Hand- 
sehriitenserien  in  der  Zahl  0,  verbunden  mit  der  erforder- 
lichen  Perspicuitat  einer  vorgefuhrten  Berechnung,  wonacli 
die  zu  summirenden  Zahlen  angegeben  seiu  miisseii,  auch 
in  certaminc  eine  Zahl  und  zwar  2  zu  suchen,  die  mit  G  und  m 
1  zusammeu  9  gibt.  Aller  YVahrseheinlichkeit  nach  schrieb 
aber  Cicero  ccnt  *)  binis  (nicht  iluabus,  s.  Krit.  Jahrb.  a.  a. 
0.  p.  595).  lu  einer  Hs.  wurde  dieses  mit  eiuem  gewohn- 
lichen  Buclistabenwechsel  CENTVINIS  wiedergegeben,  und 
in  diesem  unverstandlichen  Worte  lag  natiirlich  ein  Aulass 
zu  Corruptelen.    Wer  aber  zuerst  certaminc  daraus  machte, 


*)  Vgl.  Valerius  ProbuB. 


Digitized  by  Google 


662 


CICERO  CEBER  DIE  SERVIANISCHE 


wird  vorher  noch  cum,  wer  VIII J  statt  LXXXVIIII  schrieb, 
noch  binis  gelesen  haben. 

Lesen  Sie  nun  also  vollstandig  mit  mir: 

Nunc  rationem  videtis  wisse  talem,  ut  cum  equitum 
centuriis  binis  et  suffragiis  aex  prima  classis,  addita 
centuria  quae  ad  summum  usum  urbis  fabris  tignariis 
est  data,  LXXXVIIII  centurias  haberet,  quibu9  ex 
centum  quattor  centuriis  (tot  enim  reliquae  sunt)  octo 
solae  si  accesserunt  (oder  access/ssait)  confecta  e&set 
vis  populi  universa;  reliquaque  multo  maior  multi- 
tudo  sex  et  nonaginta  centuriarum  neque  excluderetur 
suffragiis,  ne  superbum  esset,  nec  valeret  nimis,  ne 
esset  periculosum  — 
so  wird  Ihnen  schwerlich  von  sprachlicher  Seite  irgend 
etwas  der  Ciceronischen  Eleganz  Unwtirdiges  aufstossen.  Be- 
merken  will  ich  nur  noch,  dass  die  Erwahnung  der  zu  dem 
Fussvolk  zugehorigen  Reiterei  mit  cum  stehend  ist  (wie  bei 
Livius:  'Decretae  duae  legiones  cum  suo  iusto  equitatu,  Binae 
legiones  cum  suo  equitatu'  u.  s.  w.),  die  Voranstelluug  der 
Ritter  aber,  weil  sie  dem  Fussvolk  wirklich  voraugingen  und 
voranstimmten,  eben  so  angemessen  erscheint. 

'Aber,'  werden  Sie  freilich  sagen,  fda  bringen  Sie  ja 
sachlich  wiederum  nichts  anderes  als  Ihre  alte  Meinung, 
die  Ihuen  durch  die  Zeugnisse  des  Livius  und  Dionysius 
iiber  die  Abstimmung  in  den  Centuriatcomitien  liingst  wider- 
legt  worden  ist!'  Allerdings  widersprechen  hier  Livius  und 
Dionysius  der  Ciceronischen  Darstellung  nach  jener  Lesart. 
Sie  widersprechen  aber  auch  mehrfachen  andern  Zeugnissen 
gerade  in  Beziehung  auf  die  Ritterabstimmung,  und  hin- 
sichtlich  der  Auffassung  des  Ritterstandes  ohne  RQcksicht 
auf  die  Abtheilungen  des  Volks,  wozu  jeder  Theil  desselben 
415  gehorte,  auch  einer  andem  unbestrittenen  Stelle  in  unserem 
Kapitel  (cquitum  magno  numcro  cx  omni  (nicht  cuncta  oder 
nnivcrsa)  populi  summa  scparato)  und  der  noch  wirklich  mili- 
tarischen  und  iiberwiegend  nationalen  Einrichtung  der  alten 
Centuriatcomitien,  wonach  die  Rittercenturien  in  dem  ver- 
fassungsmassigen  Verhaltniss  von  2  X  20  zu  den  entsprechen- 
den  Centurien  des  Fussvolks  jeder  classis  (procincta)  gehorten. 


Digitized  by  Google 


CENTURIEN  VERFA8SUN0.  663 

Mir  steht  daher  die  Abstiinmungsweise,  welche  bei  der  re- 
stituirten  Stelle  des  Cicero  vorausgesetzt  wird,  anderweitig 
und  ganz  unabhangig  von  dieser  fest.  Doch  hiertiber  haben 
wir  ja  jetzt  nicht  mit  einander  zu  verhandeln.  Uns  kara  es 
zunachst  nur  darauf  an,  eiue  Restitution  zu  ermitteln,  welche 
den  von  Ihnen  p.  319  [649 J  mit  unausweichlicher  Wahrheit 
festgestellten  Anforderungen  entspricht.  Sollte  das  Sachliche 
meines  Versuchs  von  irgend  einer  Seite  aufs  neue  bestritteu 
werden,  so  werde  ich  mich  gern  auch  auf  eine  neue  Priifung 
einlassen.  Nur  muss  ich  dann  wtinschen,  dass  zuvor  meine 
letzte  vielfach  berichtigte  Auslassung  Qber  die  Geschichte 
der  Ceuturieuverfassung  in  der  Ilecension  der  Mommsen  schen 
Tribus  (Krit.  Jahrb.  f.  Rechtswiss.  1845  p.  581—644)  be- 
rucksichtigt  werde,  welche  bisher  meines  Wissens  allgemein 

iguorirt  worden  isi  

E.  Huschke. 


III.*) 

An  Herrn  Professor  Ritschl. 

Durch  Thre  meisterhafte  Behandluug  der  Stelle  Cic.  de  < 
rep.  II,  22  haben  Sie  sich  gerechten  Anspruch  auf  alle  die 
Textesconstitutionen  erworben,  die  das  von  Ihnen  naehgewie- 
sene  kritische  Fundament  auerkennen.  Daher  erlaube  ich 
mir  nachfolgenden  Versuch  einer  Textesconstitution  Ihrem 
Urtheile  vorzulegen,  und  denselben  zur  weiteren  VerotTent- 
lichung  durch  das  Rheinische  Museum  zu  empfehlen**). 

Gewiss  ist  zunacbst,  dass  von  rcliquaquc  an  Alles  richtig 
ist,  und  dass  dieser  Satz  von  ut  abhiingt.  Da  die  Worte 
von  reliquaquc  an  die  Kehrseite  des  Gedankens  ausdriicken, 
der  in  den  Worten  confccta  cst  vis  populi  univcrsa  ausge- 
sprochen  ist,  und  da  die  Coordination  beider  Stitze  durch 
quc  bezeichnot  ist,  so  muss  auch  der  erbte  von  ut  abhiingig 
sein,  also  cssct  geschrieben  werden,  wie  Sie  und  Huschke 


*)  (Rhein.  Mus.  f.  Philol.  Bd.  VIII  (1853)  p.  G16— 623.] 
**)  [Hier  folgte  urspriinglich  die  Angabe  der  Lesart  eristcr  Hand, 
die  jetzt  weggelassen  werden  konnte.  C.  W.] 


664 


CICERO  UEBER  DIE  SERVIANISCHE 


auch  thun.  Von  diesem  gesicherten  Schlusse  folgt  uber  die 
Gestalt  des  Friiheren  zweierlei: 

Erstens  muss  das  Verbum  des  regierenden  Satzes  ein 
praeteritum  sein.  Und  zwar  billige  ich  Huschke  s  Argumen- 
tation  durchaus,  nach  welcher  Servhis  Tultitis  Subject  des 
regierenden  Iufinitivs  sein  muss.  Ob  inissc  selbst  die  rich- 
tige  Emendation  ftir  esse  ist,  dartiber  spater. 
6i7  Zweitens  muss  die  vis  populi  univcrsa  aus  07  Centurieu 
bestehen,  da  in  dem  Schlusssatze  (und  nachher  noch  einnial) 
96  Centurien  als  Minoritatszahl  genannt  wird,  was  naturlich 
nur  Sinn  hat,  wenn  es  die  Zahl  der  grossten  Minoritat  ist. 

Nun  ist  eben  die  Frage,  auf  welche  Weise  Cicero  die 
Majoritiit  von  97  Centurien  entstehen  lasst.  Die  einfachste 
Art,  die  ratio  der  Abstimmung  nach  Servianischen  Centurieu 
anzugeben,  ist  es  offenbar,  wenn  man  sagt,  dass  die  erste 
Classe  mit  den  Rittercenturien  schon  eine  Majoritat  von  3 
Stimmen  besiisse.  Dass  Cicero  diesen  einfachsten  (von  Dio- 
nysius  gewtihlten)  Modus  nicht  befolgt,  ist  eben  aus  der  An- 
gabe  der  grossten  Minoritat  von  96  Centurien  klar.  Es  wird 
dem  Cicero  (oder  dem  Polybius,  dem  er  folgt),  rationeller 
erschienen  sein,  die  kleinste  Majoritiit  der  grossten  Mi- 
noritat  entgegenzustellen.  An  und  fiir  sich  betrachtet  kann 
nun  die  geringste  Majoritat  auf  sehr  verschiedene  Weise 
entstehen.  Klar  aber  ist,  dass  Cicero,  da  er  die  ratio  der 
Servianischen  Centurieneiutheilung  dariu  fand,  dass  die  Stiui- 
men  der  Unbegtiterten  factiscli  nicht  ins  Gewicht  fielen,  in 
seiner  geringsten  Majoritiit  die  erste  Classe  als  compacte 
Masse  erscheinen  lassen  musste.  Hieran  und  ferner  daran, 
dass  Cicero  (und  Folybius)  gewusst  habe,  dass  die  erste  Classe 
aus  80  Centurien  bestiinde,  ist  auf  keine  Wreise  zu  rtitteln. 
In  den  corrumpirten  Worten  tritt  uns  nun  auch  die  prima 
classis  sehr  bestimmt  entgegen,  ohne  dass  vou  vorn  herein 
die  Construction  des  die  Rechuung  enthaltenden  Nebensatzes 
klar  ware.  Von  den  Worten  der  corrnmpirten  Stelle  haben 
die  Worte  octo  i>olae  si  acccsscrmit,  am  meisten  Anspruch,  so 
wie  sie  sind,  in  die  Ciceronianische  Periode  aufgenoinmen 
zu  werden.  Das  accesserunt  haben  Sie  stillschweigend,  Huschke 
ausdriicklich  anerkannt.  Nur  sotac  macht  wegen  des  fehlen- 


Digitized  by  Google 


CENTUKIENVERFASSUNG 


605 


den  centuriae  Bedeuken.  Setzen  wir  indess  einstweilen  die 
Ilichtigkeit  der  Stelle  voraus,  wobei  es  uns  zunachst  nur  auf 
die  Zahl  8  ankommt,  so  folgt,  dass  Cicero  die  Majoritat  ent- 
stehen  lasst  durch  den  entscheidenden  Zutritt  von  8  Cen- 
turien  zu  80  +  9  Centurien.  Die  80  liegen  in  den  Worten 
prima  classis;  die  9  sind  aber  gerade  die  Hiilfte  der  18  Ritter- 
centurien. 

Wenn  Cicero  die  geringste  Majoritat  angeben  wollte, 
wenn  ferner  in  derselben  die  erste  Classe  in  compacter  6is 
Masse  stimmen  musste,  so  durften  die  18  Rittercenturien 
nicht  eintrachtig  sein.  Es  konnte  nun  scheinen  am  nachsten 
zu  liegen,  die  Rittercenturien  mit  17  gegen  1  stimmen  zu 
lassen.  Ebenso  nahe  lag  es  aber  ohne  Zweifel,  den  Einfluss, 
den  sie  auf  die  Entscheidung  ausiiben  konnten,  dadurch  ganz 
zu  paralysiren,  dass  man  9  gegen  9  stimmen  liess.  Es  mag 
in  Wirklichkeit  weit  ofter  der  Fall  gewesen  sein,  dass  die 
Stimmen  unter  den  Ritterceuturien  fUr  und  gegen  sich  die 
Wage  hielten,  als  dass  sie  17  gegen  1  gestimmt  hatten. 
Man  vergleiche  nur  z.  B.  Liv.  43,  16  und  bedenke,  dass  ge- 
rade  in  den  Rittercenturien  die  Manner  enthalten  waren,  die 
auch  sonst  politisch  eine  Rolle  spielten,  dass  also  bei  ihnen 
die  Parteiungen  entschiedener  sein  mussten  als  etwa  unter 
den  Btirgern  erster  Classe.  Doch  wie  dem  auch  sei,  es  wird 
zugegeben  werden  mussen,  dass,  wenn  Cicero  die  Majoritat 
aus  9  Stimmen  der  Ritter  und  80  der  ersten  Classe  und  8 
andern  bildete,  er  damit  einen  einfacheren  Weg  einschlug, 
als  alle  die  sind,  die  ihm  durch  die  bisherigen  Eiuendationen 
und  Interpretationen  zugemuthet  worden  siud.  Es  scheint 
inir  aber  als  Grundsatz  gelten  zu  miissen,  dass  Cicero  (Po- 
lybius)  die  kleinste  Majoritiit  nicht  bloss  iiberhaupt  fehlerfrei, 
sondern  so  einfach  als  moglich  zu  bilden  wusste. 

Nach  dieser  Betrachtung  miissen  uns  die  dem  sicher- 
gestellten  Schlusse  der  Stelle  vorhergehenden  Worte  VI III 
centurias  tot  enim  rcliquae  sunt  sehr  befremden.  Das  ist  ja 
gerade  die  Zahl,  die  wir  zu  den  80  und  8  noch  brauchen!  Aber 
sie  steht  an  einer  Stelle,  wo  wir  sie  nicht  brauchen  konnen. 
Denn  dass  Cicero  von  den  Rittern  vor  der  jyrirna  classis 
redet,  ist  klar  —  er  musste  es,  wenu  er  bei  Angabe  der 


Digitized  by  Google 


666  CICERO  UEBER  DIE  SERVIANISCIIE 

ratio  auch  die  Reihenfolge  der  Abstimmung  befolgen  wollte. 
Ausserdem  wollen  die  Worte  nicht  in  die  Construction  der 
Periode  sich  einfiigen.  Wird  diess  hinreichen  (oder  soll  ich 
mich  auch  darauf  als  auf  ein  Kriterium  der  Unachtheit  be- 
rufen,  dass  Sie  die  Worte  nur  durch  Umstellung  zu  ver- 
werthen  wussten),  um  die  Worte  fiir  ein  vom  Rande  des 
codex  archetypus  in  den  cod.  Vaticanus  gerathenes  Glossem 
zu  erklaren?  Die  Annahme  wird  um  so  weniger  Bedenken 
haben,  je  mehr  gerade  die  Gestalt  der  ganzen  Stelle  in  unsern 
6i9  gedruckten  Ausgaben  beweist,  wie  fest  reine  Glosseme  (die 
Emendationen  zweiter  Hand)  sich  einnisten  konnen.  Aber 
freilich  ist  jene  Annahme  eines  Glossems  nur  unter  der  Vor- 
aussetzung  begrundet,  dass  der  Interpolator  die  Stelle  im 
codex  archetypus  schon  verdorben  fand.  Das  that  er  aber 
allerdings,  wenn  er  im  Archetypus  fand,  was  die  erstc  Hand 
daraus  abgeschrieben  hat  cquitutn  certamine  cum  et  suffragiis 
et  prima  classis.  War  das  der  Fall,  so  bedurfte  der  Inter- 
polator  nur  der  beiden  Posten  der  80  Centurien  erster  Classe 
(dic  er  aus  Livius  kennen  konnte)  und  der  octo  solae,  die 
hinzukamen,  um  mit  Hiilfe  des  nachher  augegebeneu  Postens 
von  96  Centurien  auszurechnen,  dass  noch  9  Centurien  nothig 
wiiren,  um  die  Majoritat  zu  bilden. 

Gehen  wir  von  diesen  verurtheilten  Worten  einen  Schritt 
weiter  zurfick,  so  stossen  wir  auf  eine  Centurie,  quae  ad 
snmmum  usum  urbis  fabris  tignariis  est  data.  Versteht  man 
die  Worte  so,  als  habe  diese  Centurie  zugleich  und  nur  diese 
eine  mit  der  ersten  Classe  gestimmt,  so  befindet  sich  Cicero 
im  Widerspruch  sowohl  mit  Livius  als  mit  Diouyaius,  die 
darin  wenigstens  tibereinstimmen,  dass  sie  die  zwei  ccnturiae 
fabrum  nicht  von  einander  trennen.  Versteht  man  die  Worte 
aber  so,  als  nehme  Cicero  an,  es  stimme  im  gedachten  Falle 
eben  nur  eine  Centurie  fttr  die  erste  Classe,  die  anderc  aber 
dagegen,  so  muthet  man  Cicero  zu,  dass  er  die  kleinste 
Miijoritat  auf  eine  weitlautige  Weise  entstehen  lasse,  die 
durch  die  zu  erkliirende  ratio  keineswegs  erfordert  wird, 
vielmehr  nur  dazu  dienen  kann,  den  eigentlichen  Sinn  jener 
ratio  zu  verdunkeln.  Hierzu  kommt,  dass  der  Ausdruck  cen- 
turia  data  cst  fabris  gerechtes  Bedenken  erregt,  da  nicht  die 


Digitized  by  Google 


CENTURIENVEUFASSUNG.  667 

centuria,  sondern  das  suffragium  den  fabris  gegeben  wird, 
die  centuria  aber  aus  ihnen  gebildet  wird.  Livius  1,  43  sagt 
daher  conscribere,  facere  ex.  Im  allgemeinen  mag  eine  Ver- 
tauschung  beider  Worter  als  inoglich  gedacht  werden  (wie 
ja  eben  suffragia  statt  centuriae  steht  in  den  bekannten  sex 
mffragiis',  was  aber  nicht  als  ein  Beweis  dafiir  angesehen  wer- 
den  darf,  dass  auch  centuria  far  suffragium  stande;  und  in 
centuriam  conficerc  ist  centuria  auch  nicht  als  synonym  mit 
bvffragium  gesetzt):  hier  scheint  mir  die  Voraussetzung  un- 
zulassig;  auf  keinen  Fall  wird  man  den  Ausdruck  als  Cicero- 
nianisch  damit  erharten  diirfen,  dass  Dionysius  allerdings  4,  6*> 
16  sagt:  beKCi  X6xouc  dTiobouc  toic  veurrepoic,  ein  Ausdruck, 
zu  dem  Dionysius  nur  deshalb  griff,  weil  er  die  eigentlichen 
Ausdrflcke  schon  vorher  in  demselben  Kapitel  abgenutzt 
hatte,  eine  Entschuldigung,  auf  die  Cicero  keinen  Anspruch 
machen  durfte.  Endlich  sind  auch  die  Worte  ad  summum 
mum  urbis  entschieden  verdiichtig.  Denn  fasst  man  ad  final, 
was  jeder  auf  den  ersten  Blick  thun  wird  und  was  die  mei- 
sten  gethan  zu  haben  scheinen,  die  Ciber  unsere  Stelle  ge- 
sprochen  haben,  so  kommt  der  Unsinn  heraus,  als  ob  ein 
grosser  Nutzen  fiir  die  Stadt  in  der  Verleihung  eines  Suffra- 
gium8  an  die  fabri  tignarii  bestanden  hatte.  Wir  mochten 
fragen,  was  fiir  ein  Nutzen?  Oder  will  man  etwa  den  Nutzen, 
den  die  Stadt  von  dieser  Verleihung  des  Stimmrechts  an  die 
fabri  tignarii  gehabt  habe,  dadurch  erhohen,  dass  man  mit 
Kobbe  (Rom.  Gesch.  I,  89)  die  centuria  fabrum  mit  der  cen- 
turia  ni  quis  scivit  identihcirt?  Fasst  man  aber  ad  causal, 
also  *in  Riicksicht  auf  den  grossen  Nutzen,  den  die  fabri 
der  Stadt  leisteten,  so  kommt  zwar  eiu  historisch-richtiger 
Gedanke  heraus;  ich  muss  indess  bezweifeln,  dass  Cicero 
diesen  Gedanken  so  ausgedriickt  haben  wOrde,  da  ihm  gewiss 
bewusst  gewesen  sein  wiirde,  dass  er  einen  zweideutigen 
Auadruck  anwende,  dessen  nicht  beabsichtigte  Deutung  naher 
gelegen  'haben  wiirde  als  die  beabsichtigte.  Ohnehin  lag  ja 
propter  so  nahe.  Kurz  ich  erkljire  auch  die  Worte  quae  ad 
summum  usum  urbis  fabris  tignariis  est  data  fiir  ein  Glossem 
im  Archetypus.  Bei  den  unmittelbar  vorhergehenden  Worten 
addita  ccnturia  mochte  der  Interpolator,  dem  wir  es  gewiss 


Digitized  by  Google 


6G8 


CICEUO  DEBEB  DIK  8EKVIANISCHE 


zutrauen  diirfen,  dass  er  die  ihni  corrupt  vorliegende  Stelle  mit 
Hiilfe  des  Livius  zu  verstehen  suchte,  an  Livius  1,  43  additac 
huic  dassi  duae  fabrum  centuriae  einen  Halt  zum  Verstand- 
niss  gefunden  zu  haben  glaubeu.  Als  er  aber  nach  ange- 
stellter  Berechnung  sich  ttberzeugte,  dass  er  mit  dieser  Cen- 
turie  auch  nicht  zum  Ziele  (d.  i.  zu  der  Majoritatszahl  97) 
kame,  schrieb  er  in  seiner  Verzweif  lung  die  oben  besprochenen 
Worte  VIIIJ  ccnturias  tot  enim  rcliquae  sunt  hinzu,  auf  die 
hierdurch  ein  neues,  unsere  obige  Vermuthung  besttitigendes 
Licht  fallt.  Beide  Glosseme,  wie  sie  im  Zusammenhange  nach 
62i  einander  entstanden,  sind  zusammen,  unverstanden,  wie  die 
Stelle  iiberhaupt,  von  der  ersten  Hand  aufgenommen. 

Nach  dieser  Sauberung  des  Textes  der  ersten  Haiid 
finden  wir  als  urkundlichen  Text  des  codex  archetypus  Fol- 
gendes: 

Nunc  rationem  videtis  esse  talem,  ut  equitum  ceriamine 
cum  ct  suffragiis  et  prima  classis  addita  centuria  octo 
solae  si  accesserunt,  confecta  esset  vis  populi  universa. 
Je  sinnloser  in  diesem  corrupten  Texte  das  Wort  ceriaminc 
erscheint,  desto  mehr  wird  sich  eine  Verbesserung  empfehlen, 
die  mit  Beibehaltung  dieses  Wortes  der  Stelle  Sinn  abzu- 
gewinnen  weiss,  zumal  da  die  selbst  von  Ihuen  fQr  feinleuch- 
tend  richtig'  gchaltene  Verbesserung  zweiter  Hand  in  cnt- 
turiae  bis  jetzt  nicht  zu  einem  befriedigenden  Ilesultate  ge- 
fiihrt  hat.  Den  Sinn  aber,  den  die  corrupten  Worte  naeh 
der  oben  vorgetragenen  Argumentation  haben  mttssen,  ge- 
winnen  wir,  wenn  wir  schreiben: 

ut,  aequato  equitum  certamine,  cum  esset  suffragiis 
IX  prima  classis  addita,  centuriae  octo  solae  si  acees- 
serunt,  confecta  esset  vis  pbpuli  universa. 
So  beseitigt  sich  das  oben  unerledigt  gebliebene  BedeiuVn 
wegen  solae  von  selbst.  Die  von  mir  angenommeuen  Cor- 
ruptelen  iiberschreiten  gewiss  nicht  das  Mass  der  sonst  ini 
cod.  Vat.  sich  kundgebenden  Verderbnisse.  War  iu  der  Quelle 
des  Archetypus  geschrieben  acquato  aequitum  oder  equato  equi- 
tum,  so  konnte  der  Schreiber  des  Archetypus  das  erste  Wort 
sei  es  absichtlich  oder  unabsichtlich  auslassen.  Ausserdem 
braucht  nur  die  Corruptel  von  csset  in  et,  von  IX  in  ET, 


Digitized  by  Google 


CENT17RIENVERFASSUNG.  669 

und  der  Wegfall  des  e  von  centuriae  angenoinmen  zu  werden. 
Wie,  wenn  nun  equitum  nicht  bloss  den  Wegfall  von  aequato, 
sondern  auch  den  Wegfall  eines  Particips  vor  esse  verursacht 
hatte,  durch  dessen  Restitution  wir  Huschke's  Bedenken  wegen 
essc  besser  als  durch  die  Conjectur  inisse  beseitigten?  Ich 
verhehle  mir  nicht,  dass  eine  solclie  doppelte  Verwendung 
eines  und  desselben  kritischen  Reagens  ihr  Bedenkliches  hat; 
finden  Sie  das  auch,  so  mag  es  immerhin  bei  inisse  sein  Be- 
wenden  behalten.  Aber  die  Moglichkeit  eines  Ausfalls  zweier 
Worter  ist  vorhanden,  wenn  man  sich  die  Quelle  des  Arche- 
typus  so  geschrieben  denkt: 

Nunc  rationem  videtis  sequtum  e** 

esse  talem  ut  equato  equitum 

certamine  cum  esset  suffragiis 

IX  prima  classis  addita  centuriae 

octo  solae  si  accesserunt,  confecta 

esset  vis  populi  universa. 
Was  nun  endlich  den  Ausdruck  im  einzekien  betrifft, 
80  ist  aequato  certaminc  gewiss  echt  lateinisch.  Livius  29,  34 
sagt:  fmox  plures  simul  conferti  porta  effusi  aequaverant 
certamen'.  Noch  passender  zum  Beweise  des  hier  anzuneh- 
menden  Gebrauchs  ist  Livius  1,25  Maraque  aequato  Marte 
singuli  supererant,  sed  nec  spe  nec  viribus  pares\  (Vgl. 
noch  Livius  2,  3.  2,  20.  3,  63.  22,  25.)  Aequato  certamine  ist 
prosaischer  Ausdruck  fur  das  poetische  aequaio  Marte.  Beide 
Ausdrucke  verhalten  sich  zu  einander  wie  aequo  Marte  zu 
aequo  certamine,  welches  letztere  z.  B.  Lucr.  2,  573  bietet: 

sic  aequo  geritur  certamine  principiorum 

ex  intinito  contractum  tempore  bellum. 
Man  konute  bei  Cicero  auch  schreiben  aequo  equitum  certa- 
mine.  Die  Latinitiit  des  Gebrauchs  von  certamen  werden  Sie 
mir  gewiss  auch  ohne  Belegstellen  zugeben.  Der  Wechsel 
im  Satzbau  cum  esset  addita,  si  accesserunt,  ist  nicht  allein 
nicht  anstossig,  sondern  einzig  richtig.  Die  Stimmenzahl  der 
ersten  Classe  bildet  die  Grundlage,  die  erst  gegeben  sein 
muss,  ehe  es  sich  um  den  Zutritt  der  den  Ausschlag  geben- 
den  Centurien  handelt.  Darum  erscheint  dort  cum  esset  ad- 
dita  zum  Ausdruck  eines  vorher  vollendeten,  fur  die  Ent- 


Digitized  by  Google 


670 


CICERO  UEBER  DIE  SERVIANISCUE 


scheidung  an  sich  unprajudicirlichen  Factunis ;  dagegen  spater 
si  zum  Ausdruck  der  zwar  leicht  erfullten,  aber  eben  auch 
unumganglich  nothwendigen  Bedingung,  unter  welcher  die 
compacte  Menge  erster  Classe  zur  vis  populi  universa  wird. 
Die  Abstimmung  erster  Classe  ist  in  abstracto  fur  das  End- 
resultat  eben  so  wenig  entscheidend  wie  die  Abstimniung 
der  Ritter  aequato  certamine;  die  Abstimmung  der  ersten 
Classe  hatte  daher  in  entsprechender  Form  gegeben  werdeu 
konnen:  et  suffragiis  IX  prima  classe  addita  (vgl.  de  rep.  2,  20 
G23  priaribus  equitum  partibus  secundis  additis)-,  und  so  wurde  icb 
corrigirt  haben,  wenn  nicht  cum  von  der  ersten  Hand  stamnite. 
Dass  aber  die  erste  Classe  zu  den  /X  suffragiis  addirt  wird, 
und  nicht  umgekehrt  diese  zu  jener,  ist  dadurch  gerecht- 
fertigt,  dass  der  Sprechende  sich  genau  au  die  ihm  vor- 
schwebende  Reihenfolge  der  Abstimmung  hieli 

Zum  Schlusse  brauche  ich  kaum  hinzuzufQgen,  dass  die 
vorgeschlagene  Textesconstitution  keinen  Widersprucli  mit 
Livius  und  Dionysius  enthtilt,  was  ihr  gewiss  nicht  zum 
Nachtheil  gereicht. 

Mit  dem  Wunsche,  dass  mein  Versuch  Ihren  Beifall  ge- 
winnen  moge,  spreche  ich  Ihnen  zugleich  von  neuem  die 
Hochachtung  aus,  mit  der  ich  verharre  ganz  ergebenst 

L.  Lange. 

Gottingen  11.  Dec.  1852. 


IV*) 

325  Darf  man  denn  tiber  die  fatale  Stelle  noch  eine  neue 
Vermuthung  iiusseni?  Tch  wage  es  auf  RitschTs  Wunsch, 
rdass  jede  individuelle  Meinung,  die  eine  wohlerwogene  ist, 
sich  rund  und  rein  ausspreche',  und  auf  das  Bewusstsein  hin, 
dass  meine  Meinung  wenigstens  auf  ofterer  Erwagung  be- 
ruht,  tmd  ttberlasse  vor  Allein  dem  Manne,  der  uus  den 
richtigen  Weg  gezeigt  hat,  das  Urtheil  dariiber,  ob  sie  wohl 
oder  (ibel  erwogen  ist. 

Ich  kann  Cicero  zwar  den  Fehler  nicht  zutrauen,  dass 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  Bd.  XIV  (1869)  p.  325-3*7.] 


Digitized  by  Google 


CEXTURIEXVERFASSUNG. 


671 


er  der  Servianischen  Verfassung  eine  Zahl  von  Centurien  in 
der  ersten  Classe  beiniesse,  die  ihr  fremd  war,  wohl  aber 
den,  dass  er  die  Abstimniungsordnung  seiner  und  der  alten 
Zeit  verwechsle.  Nun  glaube  ich  mit  Niebuhr,  Mommsen*) 
u.  A.,  dass  seit  der  Reform  die  12  plebejischen  Rittercen- 
turien  zuerst,  die  6  suffragia  aber  nach  der  ersten  Classe 
stimmten,  weil  ich  die  beiden  Stellen  Cic.  Phil.  2,  33  und 
Livius  43,  16  zusammen  nicht  anders  erkliiren  kann  und 
insbesondere  meine,  dass  Livius  einen  so  auffallenden  Gegen-  326 
satz,  wie  der  zwischen  den  lossprechenden  sechs  und  den 
verurtheilenden  zwolf  gewesen  ware,  nicht  mit  Stillschweigen 
fibergangen  hatte.  Stellte  sich  nun  Cicero  vor,  dass  die  18 
Rittercenturien  getheilt  stimmten,  12  vor  der  ersten  Classe 
und  6  nachher,  so  ist  seine  Rechnung  mit  geringen  Aende- 
rungen  aus  RitschTs  Verbesserung  (Rhein.  Mus.  VIII  p.  315 
—16  [oben  p.  645  f.])  der  ersten  Hand  als  eine  richtige 
herzu8tellen.    In  den  Zeilen 

EQVITVM  CER 

TAMINE  CVM 
steckt  die  Zahl  duodecim,  mag  man  nun,  was  ich  dahin  ge- 
stellt  sein  lasse,  lesen 

EQVITVM  CEN 

T.  DVODECIM 

oder 

EQVITVM  CEN 

TVRIS  . . .  ECIM. 
DATA  VIIII  ist  ein  Schreibfehler  des  Librarius,  den  er  nach 
RitschTs  einleuchtender  Muthmassung  in  OCTO  am  Rande 
verbessert  hat.  Es  stand  also  allerdings  in  seiner  Quelle  DATA 
VIII.  Dies  ist  aber  ein  Fehler,  der  aus  der  Nachbarschaft 
des  A  leicht  entstanden  war.    Das  Richtige  ist  DATA  IIII. 

Endlich  sind  PRIMA  CLASSIS  statt  PRIMAE  CLAS- 
SIS,  die  Wiederholung  des  ET  nach  SVFFRAGIIS,  CEN- 

*)  Zu  der  Erklamng  der  Aerartribunen  in  den  Labbeiachen  Glossen 
durch  diroWKTai,  die  Momm«en  (die  rfim.  Tribus  p.  46)  anfuhrt,  la.sat 
sich  die  Uebersetzung  der  bujpwv  diro&CKTf^pcc  des  persiachen  KOnigs 
bei  Paeudo-Aristoteles  ir.  k6cuou  p.  898  a  Bekk.  durch  tribunos  aera- 
rios  bei  Apulejua  hinzufiigen. 


Digitized  by  Google 


G72 


CICERO  UEHKR  DIE  SKRVIANISCHE 


TVRIAS  SOLAE  statt  CEJNTVRIAE  SOLAE  und  EST  statt 
ESSET  Versehen  des  Schreibers,  die,  wie  Ritschl  bemerkt, 
das  Mass  der  Fehlerhaftigkeit,  die  durch  die  ganze  Hand- 
schrift  geht,  gewiss  nicht  iibersteigen.  Die  beiden  letzten 
hat  Ritschl  schon  berichtigt 

Danach  ist  die  Schreibung  der  ersten  Hand  folgender- 
massen  zu  verbessern: 

Nunc  rationem  videtis  esse  talem,  ut  equitum  centuriis 
duodecim  et  suffragiis  primae  classis,  addita  centuria  quae 
ad  summum  usum  urbis  fabris  tignariis  est  data,  II II  cen- 
turiae  solae  si  accesserunt,  confecta  esset  vis  populi  universa, 
reliquaque  multo  maior  multitudo  sex  et  nonaginta  centuria- 
rum  (tot  enim  reliquae  sunt)  neque  excluderetur  suflPragiis 
ne  superbum  esset,  nec  valeret  nimis  ne  esset  periculosum  — 

d.  h.  wemi  zu  den  12  Rittercenturien,  welche  die  Ab- 
327  stimmung  eroffneten,  und  zu  den  Centurien  der  ersten  Classe 
(suffragiis  —  centuriis  der  Abwechselung  wegen),  nebst  der 
einen  Centurie  der  Zimmerleute,  noch  4  Centurien  hinzuge- 
kommen  sind  (von  den  6  suffragia  freilich  zuniichst,  ohne 
dass  daran  besonders  gedacht  wird,  da  die  gauze  ubrige 
Masse  den  namhaft  gemachten  Centurien  entgegengesetzt 
wird),  80  ist  die  Majoritat  entschieden,  indem  nur  90  Cen- 
turien  ubrig  bleiben.  Die  einfache  Majoritiit  besteht  aus  97 
Centurien,  d.  h.  12  +  80  +  1  +  4  =  97. 

Ich  fiirchte  nicht,  dass  man  dieser  Vermuthung  andere 
Systeme,  welche  ebenfalls  auf  Vermuthimg  beruhen,  entgegen- 
setzen  wird,  muss  aber  zugeben,  dass  ein  Widerspruch  in 
Cicero's  eigenen  Worten  sie  vernichten  wUrde.  Dieser  liegt 
indessen  nicht,  wie  es  scheinen  dUrfte,  in  dem  Eingang  des 
22sten  Kapitels.  Denn  dieser  liisst  sich  zwar  nicht  mit  Sicber- 
heit  erganzen,  mag  aber  ungefahr  so  gelautet  haben  (vgl. 
Livius  I,  43):  fequitum  ex  primoribus  civitatis  duodecim 
scripsit  centurias,  ita  ut  in  universum  essent  duodeviginti 
censu  maximo'.  Das  folgende  'Deinde  equitum  magno  nu- 
mero  ex  omni  populi  summa  separato'  bezieht  sich  nieht 
auf  die  iiltern  sechs,  sondern  auf  die  neu  eingerichteten  zwolf 
Centurien,  vgl.  Mommsen  Tribus  p.  97  und  217. 

L.  Urlichs. 


Digitized  by  Google 


CENTURIENVERFASSUNG. 


673 


Was  in  diesem  Museum  VIII  p.  415  (vgl.  p.  405)  [oben  soo 
p.  653]  vermuthet  wurde  ilber  die  wirkliche  Schreibung  des 
vaticanischen  Palimpsests  in  der  nun  zu  einer  vierzigjahrigen 
crux  interpretum  gewordenen  Stelle  uber  die  Servianischen 
Centurien,  das  hat  sich,  wie  mir  Freund  Halm  raittheilt, 
durch  die  von  D.  Detlefsen  tur  den  sehnsiichtig  erwarteten 
neuen  Band  des  Orellischen  Cicero  veranstaltete  Collation 
vollstandig  bestatigt.  Die  urkundliche  Gestalt,  in  der  dort 
erste  und  zweite  Hand  durcheinandergehen  ist  wirklich  diese: 

LXXX 
D<\T<\  •  UIIII  •  C£ 

bdB€o.TQUID 
TURI<\  S  T  0  T  6 

€CENT.  qUdTTORCENTURIISTOT 
6NI00R6LIQUa€ 

A6SUNT 

Ueber  der  ersten  Zeile  ist  nach  Detlefsen  nur  lxxx  ttber-  soi 
geschrieben,  nicht  a  lxxx.   Das  ac  am  Ende  der  vorletzten 
ist  spater;  auch  das  Q  vorher  steht  auf  Rasur,  vermuthlich 
fur  ein  frtiheres  C,  wie  Halm  glaubl 


*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  Bd.  XVI  (1861)  p.  300  f.] 


KH.  KIT8C-HKI.II  OPV8CVI.A  III.  43 


Digitized  by  Google 


XX. 

Palimpsestbiatter  zu  Cicero  de  fato. 


L*) 

*«9     Unter  der  Ueberschrift 

NUOVI  FRAMMENTI  DEL  LIBRO  DI  CICERONE 
DEFATO  DI  RECENTE  SCOPERTI IN  PERGAMENE 
PALIMPSESTE  DAL  CH.CAVALIERE  NOBILE  COMO 
AVVOCATO  LUIGI  GRISOSTOMO  FERRUCCI 

und  mit  der  Notiz  am  Schluss:  (Estratto  dal  Messagere  di 
Modena  u.  847,  14  ottobre  1853),  geht  mir  so  eben  ein  ge- 
drucktes  Doppelblatt  in  8.  zu,  das  ich  nachstehend  buch- 
stablich,  selbst  mit  Bewahrung  der  Zeilenabtheilung,  wieder 
holen  lasse. 

II  lodato  egregio  mio  amico  e  compagno  di  studj,  un 
35  anni  addietro  nella  dotta  Bologna,  addi  1 8  del  prossimo 
passato  giugno,  in  data  di  Firenze,  mi  dava  la  seguente 
consolante  notizia: 

„La  Divina  Provvidenza  mi  ha  voluto  tanto  bene,  che 
in  due  o  tre  pagine  di  palimpsesto  in  pergamena,  poste  a 
riguardo  nella  legatura  di  un  vecchio  volume,  m'  ha  fatto 
trovare  il  principio  smarrito  del  libro  di  Cicerone  de  Fato. 
con  alcuni  altri  Frammenti  di  non  piccola  importanza.  Vi 
trascrivo  qui  appresso  quanto  ho  potuto  leggere,  e  quasi 
direi  indovinare,  in  pagine  malissimo  acconcie.  Mi  riserbo  di 
fare  in  appresso  qualche  erudita  awertenza  intorno  alla  col- 

*)  [Rhein.  Museura  f.  Philol.  Bd.  IX  (1854)  p.  469—477.] 


Digitized  by  Google 


PALIMPSESTBLATTER  ZU  CICERO  DE  FATO.  675 


locazione  e  all'  indole  di  questi  Frammenti.  Frattanto,  per 
affrettare  a  me  e  a  voi  la  consolazione  della  scoperta,  ag- 
gradite  di  leggere  e  gustare  tra'  primi  quanto  vi  offre  il 
vostro  sempre  affezionatissimo  L.  C.  Ferrucci". 

DE  FATO  DISPVTACIO. 

Fatvm  esse  nvtvm  Iovis  0.  M.  placitvmqve  Deo- 

RVM  IMMORTALIVM  ,  FIDE8  EST  PHILOSOPHORVM  ET 
VVLGI  COMMVNIS.  SED  QVIA  PHILOSOPIIVS  NEMO 
VEL  HABERI,  VEL  DICI  SOLET,  NISI  PARVMPER  A  VVLGO 
(p.2)DESCISCAT;  ICCIRCO  VISVM  EST  NONNVLLIS,  FATI  NE- 
CESSITATEM  AVT  ANTECESSIONE  CAVSARVM  NATVRA- 
LIVM  QVODAMMODO  CIRCVMSCRIBERE,  AVT  RATIONE 
VOLVNTATVM   ATQVE   APPETITIONVM   VARIA,    QVASI  FVL- 

men,  e  CJiLO  dedvcere.  Qiiia  pertinet  ad  mores,  quos 
r|6oc  illi  vocant,  nos  eam  partem  philosopiiiae  DE  MORIB  VS 
appellare  solemus  etc. 

Questo  con  qualche  altra  linea  (dove  e  notabile  la 
variante:  possit,  aut  non  ^nssit — possit  aut  non  possit  esse) 
e  tutto  quello  che  si  contiene  in  una  pagina  della  priina 
delle  pergamene. 

La  seconda,  alquanto  piil  mal  concia,  presenta  nella 
prima  faeciata  un  seguito  del  frammento  che  ci  ha  con- 
servato  Macrobio  (Saturnal.  I.  II,  cap. 

VIDEQVID  AGAS!  ACTPENSER  LSTE  PAVCORVM  HOMINVM  E8T.4+ 
QWESO:  QVOD  EXCLVSI  TRICLINIO  PLVRES  ACIPENSERIS  DE- 
LICIIS   CARVERE,    AN    VIS    IMMVTATvE    VOLVNTATIS  (QV^E 

plaga  democritoest)  effecit,ex  eoqvod  in  avrem  scn»io- 

NIS IN8TILLAVIT  PONTIVS5  AN  ACIPENSERCAPIENDVS,  ETSCIPI0, 
ET  PONTIVS,  ET  COENATVRI  SIMVL  ET  NON  *  VNA  CON- 
NEXIONE  AB  IMMVTABILI  jETERNITATE  CONTINEBANTVR? 
MlHI  QVIDEM  EXPENDENTI  ATQVE  JSSTIMANTI  QVID  QVIS- 
QVE  HABEAT  PROPRII,  QVID  EXP  

Qui  esiste  una  lacuna  di  oltre  20  linee,  che  si  estende 
altresi  alla  pagina  verso,  in  fondo  a  cui  ho  raccapezzato 
il  seguente  tratto: 

*****     SATIS    ERAT    DICI:    BYR8A  FVNDABITVR. 

Id  enim  in  fatis,  vt  aivnt,  fvisset:  qwe  fata,  En- 

43* 


676 


PALIMPSESTBLATTER 


nivs  inqvit,  Devm  Rex  nvtv  partitvr  svo.  Qvod 
vero,  mvtato  nomine  ,  evertenda  fvisset  ♦ 
id  fieri  debuisse  facile  putabitur  ex  cohjerex- 
tia  cavsarvm,  queis  KartJtago  AD  OCCASVM  INTE- 
ritvmqve  redigeretvr,  mox  etiam  ad  ipsum 
exitww     ct     eversionem      pertinacia  popvlorvm 

ET  BELLI.  *  *  * 

471      Dieci  giorni  dopo,  1'  egregio  amico  mi  soggiungea  quantou- 
segue: 

„Anche  lo  schienale  della  legatura  del  voluine,  che  vi 
indicai,  fu  fecondo  di  un  altro  Frammento  per  vero  dire  stu- 
pendo,  se  ho  supplito  bene.  Leggete  di  grazia,  e  fateue 
parte  agli  amici,  coi  miei  saluti  cordialissimi  a  tutti,  ripu- 
tandomi  io,  come  vi  ho  detto  piu  volte,  collega  nato  di 
tutti  i  letterati  Estensi.  Se  anche  vi  piace  far  pubblicare 
tutti  insieme  que'  Frammenti,  fatelo;  ad  onore  ed  incorag- 
giamcnto  di  codeste  povere  e  vilipese  lettere  Latine.  Quon- 
dam  etiam  victis  redit  in  pracordia  virtusf" 

„Nella  pergamena  traforata  e  bucherata,  che  involgeva 
lo  schienale  della  legatura: 

pag.  retto  in  fondo,  REQ  (Reytdum  o  llcgulus)  *  *  *  * 

********     deVOTOS      OMNES      NOSTROS     *  ♦ 

♦  CVR&tfm  in  PRimis,  qvem  ivre  ac  meriTo  vel  UEHadem 
vel  THEsewm  APPELlabimus  nostrvm.  Is  enim  pro  sALtife 
patriae  FVTtira  inferos 
pag.  verso  in  testa: 

attigit:  IDQVE  FACINVS,  QVOD  VIX  amp/tYVDINE  FATI  CONC- 

ipcretur,  svpremo  clarissimoqve  liberae  VOLVWTcrfw 
ARaVc  cowsvmmavit.    iiaque  (vel  ITa)  

Da  ultimo,  il  fortunato  scopritore  di  questi  Frammenti, 
che  fino  dai  primi  dello  scorso  luglio  ne  aveva  affidata  la 
pubblicazione  al  Monitore  Toscano,  veggendo  che  non  se  ne 
fece  nulla  nel  decorso  di  oltre  due  mesi,  in  data  di  Lugo, 
15  settembre,  mi  scrive  quanto  segue: 

„Pertanto,  se  in  addietro  lasciava  in  vostro  arbitrio 
di  costi  propagarli,  o  no;  oggi  vi  prego  di  consegnarli 
al  Mcssaggere,  perche,  se  gli  piace,  ne  faccia  la  pubblica- 
zione,  come  di  cosa  da  me  indagata  e  scoperta  in  pa- 


Digitized  by  Google 


ZU  CICERO  DE  FATO.  677 


limpsesti  di  tre  perganiene,  che  servivano  di  legatura  al 
volume  stanipato  di  un  Velmazio  Bagnacavalli,  credo  di 
Argenta,  essendo  Argentana  la  famiglio  de'  Bagnacavalli". 
(p  «  Nella  prima  sua  lettera  il  Ferrucci  mi  fece  inchiesta  472 
del  parer  mio  intonio  a'  suoi  supplinienti,  confessando  in- 
genuaniente,  che  quel  mox  etiam  ad  ipsum  non  finiva  di 
soddisfargli,  soggiungendo  poi:  „Se  mal  non  mi  appongo, 
il  concetto  di  Cicerone  e  di  dimezzare  la  catastrofe  di 
Cartagine  fra  le  cagioni  prestabilite  e  la  liberta  delle 
azioni  umane;  attribuendo  a  quelle  lo  scioglimento  pro- 
gressivo  della  potenza  Cartaginese,  a  queste  1'  acerbita  dei 
mezzi  onde  fu  finalmente  spiantata". 

Io  non  seppi,  ne  saprei  anche  ora,  per  difetto  di  tempo 
e  di  studj  opportuni,  interporre  il  parer  mio  intorno  ai 
suddetti  suoi  supplimenti;  ma  parmi  ben  certo,  ch'  egli 
con  questa  insigne  scoperta  si  e  reso  grandemente  bene- 
nierito  delle  antiche  lettere  classiche  e  degli  studiosi  di 
quelle.  Per  dovere  essergli  grati  di  tanto,  bastar  potrebbe 
1'averne  egli  ridonato  quello  splendido  esordio,  che  rein- 
tegra  il  pria  mutilato  libro  del  Roniano  Filosofo,  insieme 
col  titulo  suo  genuino;  tanto  piu,  che  disputavasi  persino, 
se  uno  o  piu  fossero  i  libci  di  Cicerone  DK  FATO. 

Dird  solo,  che  le  belle  prime  parole  di  Cicerone: 
FATVM  ESSE  NVTVM  IOVIS  0  •  M,  mi  tornano  alla 
mente  1'  insigne  specchio  Etrusco  del  R.  Museo  di  Berlino 
(Gcrhard,  Etr.Spkgd,  taf.CCXXXVIll)  con  graffito  rap- 
presentante  Oreste  sospinto  al  matricidio  da  una  figura 
orrenda  tenente  due  serpi,  uno  per  mano,  col  suo  nome 
Etrusco  NA0VM  (Nathum),  che  gia  mi  parve  derivato  da 
NATVS,  NATVRA  (Bull  arch.  1842,  p.  47),  e  che  ora 
dubito  possa  rispondere  al  latino  NVTVS  in  significato  di 
Fato  dipendente  dal  NVTVS  IOVIS  0  •  M,  tanto  piu, 
che  in  Etrusco  TA  talora  si  sostituisce  all'  V,  ed  il  0  di 
sovente  al  T  (Lanzi,  Saggio  T.  1,  p.  244,  267). 

D.  Celestino  Cavedonl 


Digitized  by  Google 


678 


PALIMPSESTBLATTER 


Die  Nutzanwendung,  die  der  beruhmte  Modeneser  Heraus- 
geber  zum  Schlusse  macht,  werden  sich  die  Liebhaber  dea- 
jenigen  Zweiges  der  Grammatik,  den  wir  mit  dem  Namen 
der  archaol  ogischen  Etymologie  bezeichnen  dQrfen,  nicht 
entgehen  lassen;  wir  halten  uns  bei  ihr  um  so  weniger  auf, 
je  dringender  wir  uns  verpflichtet  fQhlen  an  unserm  Theile 
diesseits  der  Alpen  durch  Eile  gut  zu  machen,  was  jenseits 
der  Monitore  Toscano  in  unbegreif  licher  Gleichgiiltigkeit  ver- 
schulden  konnte.  Eine  solche  Entdeckung,  Palimpsestblatter 
aus  einer  Schrift  des  Cicero,  iiberraschendste  Ausfullung 
ihrer  Lficken,  ein  so  unverhoffter  Zuwachs  zum  litterarisehen 
Ruhme  Italiens  —  und  dariiber  einen  Bericht  langer  als 
zwei  Monate  im  Redactionspulte  liegen  zu  lassen!  Herr 
Ferrucci  hatte  wohl  Ursache  emptindlich  zu  sein.  Aber 
noch  mehr  Ursache  hat  er  unstreitig,  die  Gnade  der  gott- 
lichen  Vorsehung,  wie  er  thut,  zu  preisen  fur  das  Gluck 
eines  Fundes,  der  an  Umfang  manchem  friihern  nachstehen 
mag,  an  seltenem  Zusammentreffen  ungewohnlicher  UmstSnde 
seines  Gleichen  sucht.    Je  ntiher  man  diese  ins  Auge  fasst, 
desto  mehr  muss  uns  der  Entdecker  wie  ein  pradestinirtes 
Gliickskind  erscheinen,  fiir  den  die  gottliche  Vorsehung  recht 
geflissentlich  das  scheinbar  Unvertragliche  eigens  aussuchte 
und  zusammenfiihrte,  um  an  einem  Auserwiihlten  wieder  ein- 
mal  Zeichen  und  Wunder  zu  thun  in  dieser  wunderarraen 
Zeit.  Schon  dass  auf  drei  Seiten  —  denn  'due  o  tre  pagine' 
schreibt  Herr  F.  am  18.  Juni,  wo  er  doch  schon  drei  hatte, 
offenbar  aus  reiner  Bescheidenheit  —  zwei  seither  verlorene 
Stiicke  der  Ciceronischen  Schrift  fallen,  die  sich  gerade  an 
die  Liicken  zweier  erhaltenen  Stiicke   anschliessen:  welch 
ausgesucht  giinstige  Fiigung,  um  von  vorn  herein  das  un- 
triiglichste  Erkennungsraittel  und  die  erwiinsehteste  Gewahr 
zu  geben!    Und  dass  auch  gerade  das  eine  der  verlorenen 
Stiicke  das  schmerzlich  vermisste  Exordium  ist,  das  eine  der 
erhaltenen  aber,   das  uns  durch  die  Ciceronischen  Hand- 
schriften  nicht  vergonnt  worden,  sich  in  einem  Citat  des 
Macrobius  hat  zu  uns  retten  miissen!  Dann  auf  dem  dritten 
Pergamentblatt,  das  Herr  F.  erst  spiiter  auf  dem  Riicken  des 
unschatzbaren  Einbandes  entdeckte,  der  gluckliche  'Zufall' 


Digitized  by  Googl 


ZU  CICEKO  DE  FATO.  679 

• 

(wenn  der  profane  Begriff  erlaubt  ware),  der  mitten  in  einem 
Gewimmel  kleiner  Liicken  doch  von  drei  Eigennamen  mit  474 
inerkwiirdiger  Gleichmassigkeit  gerade  so  viele  Anfangsbuch- 
staben  erhalten  musste,  dass  sich  daraus  die  pikante,  dem 
Patriotismus  des  Cicero  zu  entschiedener  Ehre  gereichende 
Parallele  des  romischen  CVRtius  mit  den  griechischen  He- 
roen  HERcules  und  THESeus  dem  Scharfsinne  des  Erganzers 
ergeben  konnte;  den  vierten  im  Bunde,  HEGulus,  nicht  ein- 
mal  mitzurechnen.  Vor  allem  aber  die  wunderbare  Beschaf- 
fenheit  der  Pergamentblatter  selbst,  was  das  Verhiiltniss 
ihrer  lesbaren  und  unlesbaren  Theile  betrifft.  Denn  wunder- 
bar  darf  man  es  gewiss  nennen,  dass  das  zerlocherte 
('traforata  e  bucherata')  Blatt,  das  zum  Rticken  des  Ein- 
bandes  verwendet  worden  (oder  etwa  nur  ein  Streifen  da- 
vonV),  auf  seiner  Vorderseite  weder  oben  noch  in  der  Mitte, 
sondern  nur  unten  lesbar  war,  dagegen  auf  der  Riickseite 
wetler  unten  noch  in  der  Mitte,  sondern  eben  uur  obeu,  der- 
gestalt  dass  sich  Ende  der  Vorder-  und  Anfang  der  RUck- 
seite  auf  das  schonste  zusammenschliesst  in  fortlaufender 
Construction  und  Gedankenverbindung.  Aber  nicht  genug: 
das  ganz  analoge  Verhaltniss  wiederholt  sich,  iu  noch  gros- 
serm  Massstabe,  bei  dem  zweiten  Pergamentblatt,  nur  hier 
in  umgekehrter  Folge  und  darum  mit  entgegengesetzter 
Wirkung.  Die  Vorderseite  bietet  uns  hier  erst  die  Reflexion 
ilber  den  Scipionischen  Acipenser  und  dann  eine  LUcke  von 
mehr  als  zwanzig  Zeilen.  Diese  LUcke,  berichtet  Herr  F., 
hat  dieselbe  Ausdehnung  auch  auf  der  RUckseite  (fsi  estende 
altresi  alla  pagina  verso').  Man  sollte  also  denken,  sie  er- 
strecke  sich  da  ebenfalls  uber  die  untere  Halfte  des  Blattes* 
Weit  gefehlt:  gerade  hier  (ein  fondo')  fand  der  glUckliche 
Entzifferer  dieses  singular  beschaffenen  Palimpsests  die  zer- 
trummerte  Erorterung  Uber  das  Verhangniss  Carthagos, 
deren  Umfang  dem  Mass  jener  Acipenser-reflexion  entspricht. 
Man  sieht,  das  cEines  schickt  sich  nicht  ftir  alle'  findet  auch 
bei  Palimpsesten  seiue  Anwendung;  und  man  sieht  das  auch 
noch  anderweitig.  Wenn  die  acht  bis  neun  Zeilen,  die  jedes 
dieser  beiden  Bruchstticke  im  Druck  ftillt,  auch  nur  als  eben 
so  viel  Schriftzeilen  gerechnet  werden  —  wiihrend  sie  nach 


Digitizedby  Google 


680  PALIMP8ESTBLATTER 

der  Analogie  anderer  Palimpsesten  niindestens  fur  das  Dop- 
pelte  zu  gelten  hatten  — ,  so  gibt  das  mit  den  mehr  als 
20  Zeilen  der  LQcke  die  nicht  eben  iibliche  Gesammtzahl 
«75  von  iiber  30  Zeilen  auf  die  Palimpsestseite.    Es  niuss  also 
wohl  ein  recht  stattlicher  Foliant  des  Velmazio  Bagnacavalli 
sein,  dem  wir  dieses  {-pucuov  verdanken:  oder  die  Schrift  des 
Palimpsesten  muss  ungemein  klein  sein.  Was  es  damit  und 
mit  den  sonstigen  Bedenken,  die  einen  Aengstlichen  leicht 
stutzig  machen  konnten,  f&r  eine  Bewandtniss  habe,  werden 
wir  ja  zu  rechter  Zeit  durch  Herrn  Ferrucci  selbst  erfahren, 
der  sich  bereits  am  18.  Juni  'qualche  erudita  avvertenza  in- 
torno  alla  collocazione  e  all'  indole  di  questi  frammenti' 
vorbehielt,  und  daran  unstreitig  sehr  klug  that.  Scheint  es, 
dass  er  noch  weiser  gethan  hatte,  nicht  bis  zum  15.  Sep- 
tember  darauf  warten  zu  lassen,  so  kann  man  doch  gar  nicht 
wissen,  ob  er  nicht  absichtlich  hat  den  Scharfsinn  der  Ge- 
lehrten  auf  die  Probe  stellen  wollen  —  Advocaten  sind  oft 
schelmisch  — ,  wie  weit  sie  denn  wohl  auf  ihre  eigene  Hand 
mit  der  verfanglichen  'collocazione  de'  frammenti'  kommen 
mochten.    Wenn  er  deutsche  Journale  liest,  lacht  er  sich 
vielleicht  ins  Faustchen,  dass  sie  ihm  sein  Geheimniss  so 
wenig  abrathen  konnen.  Und  wer  kann  sagen,  was  die  rechte 
f  collocazione '  der  Bruchstficke  auch  auf  ihre  'indole'  fOr  ein 
unerwartetes  Licht  werfen  moge?  Vielleicht  stellt  sich  z.  B. 
in  Beziehung  auf  den  Anfang  heraus,  dass  es  gar  nicht  der 
Anfang  ist.    Wie  iiberraschend  konnten  sich  dann  die  An- 
stosse  beseitigen,  die  jetzt  ein  skeptisches  Gemiith  beunruhigen 
mogen,  als  da  sind:  dass  Cicero  sonst  uiemals  so  mit  der 
ThUr  ins  Haus  gefallen  ist  wie  hier;  item  dass  er  nicht 
langer  drin  bleibt,  sondern  gleich  wieder  heraus  und  auf 
andere  Dinge  kommt;  item  dass  er  mit  gar  zu  wenig  Ke- 
spect  von  seines  Gleichen,  den  Philosophen,  redet;  item  dass 
er  auf  die  so  kurz  und  biindig  gefasste  Definition  des  fatnm 
nirgends  im  Buche  selbst  zuriickkommt,  vielmehr  hier  und 
anderwarts,  wie  de  divin.  I,  55.  de  nat.  deor.  I,  20,  Vor- 
stellungen  vom  fatum  verrath,  zu  denen  weder  der  Wink  des 
allmachtigen  und  allgiitigen  Juppiter,  noch  das  Belieben  der 
unsterblichen  Gotter  bemQht  wird.    Wer  verwohnt  ist  un- 


Digitized  by  Google 


ZU  CICERO  DE  FATO 


681 


billige  Anforderungen  zu  machen,  konnte  sogar  den  weitern 
Wunsch  hegen,  dass  zwischen  dem  Ende  des  neuen  und  dem 
Anfang  des  alten  Anfangs  noch  ein  und  der  andere  Satz 
mehr  mochte  aufgefunden  wordeu  sein,  damit  die  Gedanken- 
verbindung  noch  etwas  fliessender,  der  sachliche  Zusammen-  476 
hang  um  ein  Weniges  deutlicher  geworden  ware.  Vielleicht 
steckt  etwas  dergleichen  noch  zwischen  Seiteneinband  und 
Riicken  verborgen:  Buchbinder  machen  ja  manchmal  wunder- 
liche  Streiche;  wir  rathen  Herrn  Ferrucci  genau  nachzusehen, 
und  bei  der  Gelegenheit  auch  zu  constatiren,  ob  nicht  etwa 
Graeci  statt  illi  im  Palimpsest  steht,  und  ob  dieser  wirklich 
quos  r)&os  statt  quod  rj&og  hat  in  stiller  Sympathie  mit  der 
Vulgate  alterer  Drucke. 

Aber  wir  sind  ganz  abgekommen  von  dem  Walten  der 
'divina  prowidenza',  deren  Spuren  doch  auch  sonst  noch 
weithin  sichtbar  sind  und  sich  mit  Interesse  bis  ins  Einzelste 
verfolgen  lassen.  Oder  was  anders  als  eine  ganz  individuelle 
Begnadung  konnte  es  sein,  die  Herrn  Ferrucci  in  nur  einigen 
und  dreissig,  noch  dazu  grossentheils  lackenhaften  Zeilen 
mehr  Bereicherungen  der  Grammatik  und  des  Lexikons,  oder 
doch  der  Ciceronischen  Grammatik  und  des  Ciceronischen 
Lexikons  hat  finden  lassen,  als  sonst  leicht  eben  so  viel 
Seiten  darbieten  oder  auch  nicht  darbieten  wiirden?  Gleich 
vorn  das  placitum  deorum  immortalium,  zum  Beweis,  wel- 
cher  richtige  Instinct  die  modernen  Ciceronianer  zu  ihrem 
de  placitis  philosophorum  geleitet  hat.  Und  unmittelbar  da- 
neben  die  noch  viel  ausgesuchtere  fides  philosoplwrnm  et 
vtdyi  communis;  wonach  wir  uns  gar  nicht  wundern  wGrden, 
niichstens  auch  ein  credo  philosophorum  commune  aus  einem 
neuen  Palimpsest  ans  Licht  gezogen  zu  sehen.  Auch  das 
parumper  fiir  aliquatenus,  quodammodo  etc.  kannten  wir 
noch  nicht.  Aus  dem  zweiten  Bruchstiick  (von  dem  man 
flbrigens  gestehen  muss,  dass  es  seinem  Verfasser  trotz  einiger 
Unverstandlichkeit  weit  besser  gerathen  ist  als  das  erste) 
werden  imsere  Grammatiker  nicht  ermangeln  den  eigenthflm- 
lichen  Gebrauch  des  an  und  insbesondere  des  doppelten  an 
—  an  anzumerken,  wie  nicht  minder  des  Participiums  ca- 
piendus)  die  Lexikographen  das  bisher  nur  aus  individueller 


Digitized  by  Google 


682 


PALIMPSESTBLATTER 


Horaziscker  Anwendung  bekannte  instillare  in  aurem,  niim- 
lich  nicht  wie  im  Hamlet  vom  Gifte,  sondern  im  einfachen 
Sinne  des  Emniisterns,  ins  Ohr  Raunens;  desgleichen  connexio 
als  Ciceronisch,  und  wiederum  die  Grammatiker  CONNEXIO 
statt  CONEXIO  in  einem  so  alten  Palimpsest;  —  denn  mit 
477  einem  jungen  Palimpsest  wird  uns  doch  Herr  Ferrucci  nicht 
iiberraschen?  Freilich  hat  derselbe  in  solchen  Kleinigkeiten 
auch  sonst  Eigenheiten,  die  man  kaum  erwartete,  z.  B.  GOE- 
NATVRI  statt  CENATVRI,  oder  die  seltsame  PLAGA  des 
Demokrit,  wahrend  doch  das  r|8oc  im  Eingange  griechisch 
geschrieben  ist,  wie  es  scheint.    Im  dritten  BruchstQck  ver- 
dient  Auszeichnung  das  Byrsa  fundabitur,  wofur  wohl  jeder 
andere  als  der  herzhafte  Sprachneuerer  Cicero  condeiur  ge 
sagt  hatte;  ferner  in  dem  gut  genug  gebauten  Verse  des 
Ennius,  den  Ribbeck  bedauern  wird  seiner  Sammlung  nicht 
noch  haben  einverleiben  zu  konnen,  das  partitur  im  Sinne 
von  distribuit,  wie  es  doch  wohl  gemeint  sein  wird.  Weiter 
—  doch  nein,  ich  will  lieber  den  kunftigen  Herausgebern  des 
Buches  de  fato  nicht  weiter  vorgreifen,  die  es  sich  schon 
nicht  nehmen  lassen  werden,  den  Gewinn  der  'insigne  sco- 
perta'  unseres  'grandemente  bene  merito  delle  antiche  lettere 
clas8iche'  abzuklaren,  in  ihr  gebuhrendes  Licht  zu  setzen 
und  utiliter  zu  verwenden.    Sollte  dem  einen  oder  dem  an- 
dern  wider  Vermuthen  doch  etwas  unheimlich  werden  bei  so 
gehauften  Neuigkeiten,  wie  sie  oben  angedeutet  worden,  nun, 
80  wird  er  unstreitig  jeden  aufkeimenden  Verdacht  eben  so 
schnell  wieder  beschwichtigen  durch  die  naheliegende  Erwa- 
gung,  dass  ja  ein  Erfinder  alles  nach  den  herrschenden  Be- 
griflen  Unciceroniscbe  gerade  recht  geflissentlich  wiirde  ver- 
mieden  haben:  wodurch  denn  alle  vermeintlichen  Unwahr- 
scheinlichkeiten  zu  eben  so  vielen  unwidersprechlichen  Wahr- 
scheinlichkeitsgrunden  werden.  Und  das  moge  sich  auch  der 
PVeund  gesagt  sein  lassen,  der  schalkhaft  genug  war,  mich 
bei  Uebersendung  des  Modeneser  Blattes  durch  die  lakonische 
Einfliisterung  (in  aurem  instillatio  wttrde  Cicero  sagen)  in 
Versuchung  fiihren  zu  wollen:  ces  wird  ja  doch  wohl  Schwin- 
del  sein\ 


Digitized  by  Google 


ZU  CICERO  DE  FATO. 


683 


II.*) 

Vermoge  einer  sehr  natUrlichen  Gedankenverbindung  163 
bringen  mir  diese  carbones  pro  thesauro  [die  vermeintliehen 
Erganzungen  zu  Herodians  Kaisergeschichte  : .  s.  Opusc.  I 
p.  540  ff.  C.  WJ  die  langst  vergessenen  Supplemente  wieder 
ins  Gedachtniss,  mit  denen  einst  Herr  Aloysius  Chryso- 
stomus  Ferrucci  den  lttckenhaften  Tcxt  des  Ciceronischen 
Buches  de  fato  bereicherte.  Es  ware  dariiber  nach  dem  im 
9.  Bande  dieses  Museums  p.  469  ff.  [oben  p.  674  ff.)  Be-  ir,4 
merkten  nichts  weiter  zu  sagen,  wenn  sich  nicht  der  gliick- 
liche  Entdecker  seitdem  sehr  viel  Miihe  gegeben  hatte,  neben 
der  fides  seiner  Bruchstiicke  auch  seine  eigene  zu  retten. 
Und  da  ihm  das  letztere  in  der  That  ein  klein  wenig  besser 
gelungen  zu  sein  scheint  als  das  erste,  so  sind  wir  ihm, 
glaub'  ich,  die  Genugthuung  schuldig,  es  ausdriicklich  anzu- 
erkennen.  Aber  freilich  mit  dem  eben  so  ausdriicklichen 
Vorbehalt,  dass  er  es  durch  seine  eitle  Ruhmredigkeit  und 
ungewissenhafte  Berichterstattung  ganz  allein  selbst  ver- 
schuldet  hat,  wenn  ihm  personlich  zu  viel  geschehen  sein 
sollte. 

Dreimal  hat  er  seine  Cicerofragmente  neuerdings  wieder 
besprochen:  in  den  zu  Modena  erscheinenden  'Memorie  di 
Religione  di  Morale  et  di  Letteratura'  Ser.  III  tom.  15  p.  156, 
wo  nur  die  erste  Mittheilung  des  Messaggere  di  Modena 
wiederholt  scheint;  zweitens  ebenda  tom.  16  in  einer  'Lettera 
in  difesa  dei  nuovi  frammenti  della  disputa  di  Cicerone  de 
fato9  an  seinen  Freund  Prof.  Rambelli,  16  Seiten  8.;  drittens 
ebenda  tom.  17  in  einer  'Giunta  ai  nuovi  frammenti  della 
.  disputa  di  Cicerone  de  fato\  3  Seiten  8.:  von  welchen  letz- 
tera  beiden  Aufsatzen  mir  besonders  paginirte  SeparatabdrQcke 
vorliegen.  Man  sieht,  der  frorame  Autor  hat  es  vortheilhaft 
gefunden,  seine  Angelegenheit  aus  dem  profanen  Mcssaggere 
in  das  Gebiet  der  Religion  und  Moral  zu  spielen,  vor  wel- 
chem  Tribunal  er  sich,  wie  es  scheint,  sicherer  fiihlt  als  vor 
dem  der  tiber  die  Massen  von  ihm  perhorrescirten  Kritik 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  Bd.  XIII  (1858)  p.  163-174.] 


Digitized  by  Google 


684 


PALIMPSESTBLATTER 


und  Graininatik.  Das  ist  nichts  weniger  als  etwa  eine  bos- 
hafte  UntersteLlung  von  uns;  denn  in  einer  einleitenden  Note 
der  'Lettera*  heisst  es  ausdriicklich,  das  Urtheil  der  *  filologi 
latinisti  di  Germania'  iiber  die  neuen  Bruchstucke  sei  ganz- 
lich  in  die  Irre  gefiihrt  'dall'  intemperante  spirito  del  razio- 
nalismo  anche  (man  denke!)  nelle  ricerche  puramente  filolo- 
giche';  und  p.  6  sagt  Herr  F.  selbst,  gegenwartig  hatten 
nach  Niebuhrs  Beispiel  (also  ganz  wie  einst  Micali  in 
seinen  plumpen  Ausbriichen  eines  bornirten  Nationalhoch- 
muths)  die  Rationalisten  das  Feld  inne  und  sahen  auf  Lit- 
teratur  und  Kunst  mit  Verachtung  herab  (es  steht  wirklich 
so  da:  'guardando  d'alto  in  basso  la  letteratura  e  le  arti'); 
aber  es  werde  schon  wieder  besser  werden,  wenn  wir  uns 
willig  herbeilassen  wtirden  aufs  neue  cden  ZQgel  aus  den 
Handen  der  Grazien'  zu  empfangen  auf  italischeni  Boden, 
unter  italischem  Himmel,  zu  unserm  Heil  und  zum  Ruhme 
der  'Divina  Provvidenza',  die  sich  an  den  privilegirten  Be- 
wohnern  dieses  Landes  so  herrlich  manifestire;  dann  werde 
man,  wie  'alla  sana  critica  biblica',  so  auch  zur  gesunden 
'critica  filologica'  zurtickkehren ,  Dank  dem  'esemplannente 
ragionevole  modo  della  miglior  parte  de'  Letterati  in  Ger- 
mania'.  Wer  wohl  diese  Musterbilder  sein  mogen?  —  Aehn- 
liche  Declamationen  von  gleicher  Hohlheit  schlangeln  sich 
165  durch  ganze  15  Seiten  des  zweiten  Aufsatzes  hindurch,  bi« 
ihn  auf  p;  16  eine  lateinische  Dank-Elegie  ad  Schneidetcinum 
V.  CL.  kront:  eine  Elegie,  die  nicht  nur  durch  die  Erinne- 
rung  an  eine  schwache  Stunde  unseres  frtih  geschiedenen 
Freundes,  sondern  auch  durch  Verse  wie  UtUe  philosophus  ad 
vitae  litns  honestae  wirklich  einen  elegischen  Eindruck  raacht. 
Das  Wesentlichste  der  ganzen  fLettera'  versteckt  sich  in 
eine  Note  auf  p.  4,  womit  aber  der  Inhalt  der  'Giunta'  so 
sehr  zusammenhangt,  dass  von  ihm  vorher  die  Rede  sein 
muss. 

Wie  man  sich  erinnert,  waren  es  drei  Blatter,  denen 
Herr  F.  seine  Entdeckungen  entnommen  hatte.  Von  dem 
ersten  gab  er,  ohne  die  beiden  Seiten  zu  unterscheiden,  das 
zusammenhangende  StQck,  welches  den  verlorenen  Anfang 
der  Ciceronischen  Schrift  enthielt;  —  vom  zweiten  theilte 


Digitized  by  Google 


ZU  CICERO  DE  FATO. 


085 


er  neuntehalb  Zeilen  mit,  die  auf  der  Vorderseite  oben, 
und  neuntehalb  entsprechende  Zeilen,  die  auf  der  Rttckseite 
unten  stehen  sollten,  wahrend  auf  jenes  lesbare  Stiick  der 
Vorderseite  angeblich  noch  ttber  20  unlesbare  Zeilen  folgten, 
denen  genau  eben  so  viele  unlesbare  auf  der  Riickseite  ent- 
sprachen;  —  endlich  von  einem  dritten  Blatt  oder  durch- 
locherten  Blattfragment  ftinftehalb  Zeilen  vom  Ende  der 
Vorderseite,  und  drei  daran  sich  anschliessende  vom 
Anfang  der  Ruckseite.  Diese  beispiellose  Beschaffenheit  von 
durchlocherten  und  moglichst  iibel  erhaltenen  ('uialissimo 
acconcie')  Palimpsestbliittern,  deren  lesbare  und  unlesbare 
Theile  auf  Vorder-  und  Rttckseite  gar  nicht  coincidiren,  son- 
dern  zweimal  total  entgegengesetzt  sein  sollten,  konnte  na- 
tiirlich  nicht  umhin  den  starksten  Verdacht  gegen  die  Wahr- 
haftigkeit  des  Berichts  zu  erregen.  Diesen  Verdachtsgrund 
wehrt  nun  zwar  auch  keine  sptitere  Erkliirung  ausdrttcklich 
ab ;  ja  Herr  F.  hat  ihn  offenbar  gar  nicht  einmal  verstanden 
oder  richtiger  wohl  gar  nicht  erfahren,  indem  ihm  nach 
p.  5  der  'Lettera'  ein  des  Deutschen  wie  des  Italianischen 
gleich  kundiger  'dotto  oltramontano',  den  er  um  einen  Aus- 
zug  aus  den  'censure'  des  Rheinischen  Museums*)  gebeten, 
diesen  Gefallen  nicht  gethan.  Vielmehr  kommt  Herr  F.  auf 
sein  drittcs  Palimpsestblatt  ttberhaupt  nirgends  wieder  zu 
sprechen,  auf  das  zweite  aber  in  einer  Weise,  dass  sich  der 
obige  Verdacht  eigentlich  noch  steigern  mttsste.  Indessen 
geschieht  diess  doch  zugleich  mit  so  kindlicher  Naivetat, 
dass  man  sich  bei  einiger  Gutmttthigkeit  und  einigermassen 
psyehologischer  Beurtheilung  aufs  starkste  versucht  ftthlen 
mag  zu  der  Annahme,  er  sei  wirklich  von  jeder  Absicht  zu 
tauschen  fern  gewesen,  und  habe  nur  durch  die  grosste  Un- 
geschicktheit  zugleich  und  Gedankenlosigkeit  seiner  Darstel- 
lung  jenen  bosen  Schein  auf  sich  geladen.  In  der  'Giunta' 
namlich  wird  uns  erziihlt,  nachdem  anfanglich  auf  den  bei-  m 


*)  So  wenig  ist  Herr  Ferrucci  orientirt,  dass  er  wiederholt  (p.  4. 
15)  1  Archaologifiche  Anzeige  del  Gerhard  n.  55,  1853'  citirt  als  den 
Ort,  wo  der  f  formidabile  giudice  in  Latinita  dal  suo  tribunale  di 
Bonna'  seine  rationaliatische  Kritik  ausgelasaen  habe. 


Digitized  by  Google 


686  PALIMPSESTBLATTER 


deu  fraglichen  Stellen  des  zweiten  Blattes  gar  nichts  zu  lesen 
gewesen,  habe  Herr  F.  cheniische  lleagentien  angewendet; 
mit  deren  Httlfe  sei  es  gelungen  ein  Facsimile  zu  machen 
cche  peraltro  gli  parve  in  parte  arbit^ario,,  und  auf  Grund 
dieses  Facsimiles  einen  Erganzungsversuch,  der  sodann  auf 
p.  2  und  3  so  vor  Augen  gestellt  wird,  wie  wir  ilin  hier 
auf  unserer  p.  168.  169  [unten  p.  688.  689]  mit  buchstablicher 
Treue  wiederholen.  Da  diese  Erganzungen  sich  nicht  eben 
selbst  loben,  so  ist  es  biilig,  dass  es  ihr  zufriedener  Yater 
fttr  sie  thut,  was  in  einer  kleinen  Epistel  an  seinen  Freund 


circumspecta,  ideoque  perplexa  minerva  supplevi.'  Wir  lassen 
Werth  oder  Unwerth  dieses  neu  ans  Licht  gezogenen  Ge- 
redes  nach  Inhalt  und  Form  mit  Vergniigen  auf  sich  beruhen. 
Aber  was  ist  denn  das,  dass  uns  Herr  F.  frtther  gemeldet 
hatte,  die  in  Rede  stehenden  Seiten  enthielten  jede  mehr  als 
29  Zeilen,  und  dass  jetzt  die  erste  zu  dem  neunzeiligen  StQck, 
das  mit  vide  qvid  aoas  anfing  und  mit  qve  habeat  pbo- 
prii  qvid  exp  schloss,  nur  15  neue  Zeilen  hinzubringt,  und 
die  zweite  zu  dem  ebenfalls  neunzeiligen  Stiick,  das  mit  SATis 
erat  dici  byrsa  fvndabitvr  begann  und  mit  ET  BELLI 
8chloss,  nur  18  neue  Zeilen?  Also  erstens  nicht  nur  auf 
beiden  Seiten  ganz  verschiedene  Zeilenzahlen,  sondern  auch 
zweitens  auf  keiner  von  beiden  29,  geschweige  denn  mehr 
als  29  Zeilen,  soudern  das  erstemal  24,  das  zweitemal  27. 
Aber  nicht  genug;  in  der  genannten  Epistel  kttndigt  er  anf 
er  wolle  raittheilen,  was  er  fin  den  36'  frtther  unlesbaren 
Zeilen  herausgebracht,  die  zwischen  den  beiden  schon  edirten 
Stttcken  standen;  aber  15+18  sind  ja  erstens  wieder  nicht 
36,  sondern  nur  33,  und  wenn  man  auch  die  beiden  jetzt 
vollstiindiger  gelesenen  Zeilen  qve  uabeat  und  satis  erat 
mitzahlte,  wttrden  es  immer  erst  35;  zweitens  aber  gehen 
doch  auch  36  nicht  zweimal  fmehr  als  20  Zeilen',  wie  es 
fruher  hiess.  Kurz,  das  ist  ein  Wirrsal,  aus  dem  ein  anderer 
klug  werde.  Indessen  wir  wollen  Herrn  F.  nicht  weiter  da- 
fttr  verantwortlich  machen,  sondern  ihn  ein  fttr  allemal  in 
Sachen  der  vier  Species  einfach  fttr  unzurechnungsfahig  an- 


Digitized  by  Google 


ZU  CICERO  DE  FATO. 


687 


sehen.  So  viele  Blossen  er  auch  durch  seine  liederlichen 
Angaben  gibt,  wir  lassen  sie  alle  grossmiithig  unbenutzt, 
und  gestehen  ehrhch,  wir  glauben,  dass  er  bona  fide  verfuhr 
und  sich  wirklich  die  undankbare  Milhe  gab,  so  taubes  Stroh 
aus  seinem  Palimpsest  herauszuklauben ;  wir  glauben  es  aus 
dem  Hauptgrunde,  weil  wir  selbst  Herrn  P.  kaum  zutrauen, 
dass  er  nicht,  wenn  er  erfinden  wollte,  ein  klein  wenig  ge- 
niessbarere  Erfindungen  gemacht  hatte.  Freilich  bleibt  es 
auffallend,  dass  er  seinen  Fund  keinem  einzigen  Menschen 
im  Original  gezeigt  hat,  den  er  nun  als  Zeugen  vorfiihren 
konnte  (denn  dass  er  sich  Lett.  p.  14  auf  ein  geschriebenes 
Blatt  beruft,  das  er  am  13.  Januar  1854  an  Herrn  von  i67 
Reumont,  ' versatissimo  in  ogni  genere  di  letteratura',  ge- 
schickt  und  das  dieser  ohne  Verzug  fal  Gerhard  direttore 
dell'  Archaologische  Anzeige*  weiter  spedirt  habe,  will  doch 
nichts  heissen);  und  noch  auffallender  ist,  dass  jetzt,  wo 
doch  Autopsie  jeden  Zweifel  an  der  verdachtigten  Wahrhaf- 
tigkeit  augenblicklich  niederschlagen  wflrde,  das  Original  auf 
eiumal,  ohne  dass  uns  gesagt  wird  wie  und  wohin,  aus  Ita- 
lien  verschwunden  ist:  ftrovandosi  codesti  oggetti  gia  fuori 
d'  Italia\  Aber,  wie  gesagt,  wir  begeben  uns  jedes  Vortheils, 
der  uns  selbst  aus  so  seltsamen  Umstanden  erwachsen  konnte, 
und  begehren  nur  noch  darauf  eine  erkliirende  Antwort,  wie 
es  zuging,  dass  rechte  und  verkehrte  Seite  eines  zerlocherten 
Palimpsestblattes  nicht  gleichmiissig  lesbar  oder  unlesbar 
war.  Und  diese  Antwort  ist  es,  die  uns,  iiberraschend  genug, 
die  schon  erwiihnte  Note  auf  p.  4  der  fLettera'  wirklich 
gibt.  Denn  was  erfahren  wir  hier?  Erstlich  dass  'eigent- 
lich  palimpsest'  (f  rigorosamente  palimpsesta ')  nur  das  erste 
Pergamentblatt  sei,  wo  die  vereinzelten  Worte  cognscendo  .  . 
.  .  locis  ....  utero  lehren,  dass  der  primitive  Text  eiu  ftrat- 
tato  di  medicina*  war:  wahrend  auf  den  iibrigen  vielmehr 
nur  eine  fcontra  impressione  di  lettere*  erscheine,  bewirkt 
durch  den  Leim,  welcher  die  Pergamentbliitter  zusammen- 
klebte  fad  altri  fogli  pure  di  antico  carattere'  (?).  Ferner, 
dass  die  mit  so  pomphafter  Uebertreibung  angekiindigten 
Bruchstiicke  nichts  weniger  als  in  der  Uncialschrift  geschrie- 


Digitized  by  Google 


688 


PALIMP8ESTBLATTER 


L 

168  que  habeat  prope  quid  exploratum  longe  iudicalione  (') 
signoruin  rerumque  praesensione  palam  fit  totiw 
naturae  artificem  Deum  *  virorum  inter  viros 
quorumdam  insevisse  (*)  animis  particulam  sui  qua  velut 
acumiue  aut  clavo  uterentur  et  quem  portum  vitae 
multiplicatis  hominum  uaufragiis  prospexere  eundem  infraFatum 
sese  gerentes  tenerent    Quid  est  enim  mente  aliquos 
valere  ingenio  excelere  magna  movere  *  arbi- 
trio  sui  nisi  sapientia  et  virtute  minime  oscitantes 
potiri  proposito?   A  quo  qui  declinant  iidem  sublata 
libera  voluntate  Eyicurcas  atomos  vel  DemocnYcas 
persequi  videntur.  ^Tempe  ut  nemo  sibi  aut  (s)  suis  utilis  fieret 
medicus  quamvis  medicorum  optimus  habeatur  si  quod 
remedio  in  morbis  aut  alevationi  esse  potest  obsigna- 
tis  n&rtJieciis  efc/tgentius  aservatum  ostentet  et  e- 
rit  quidem  instituti  sui  doctrina  prudens  usu 


(1)  iudicio  aliquo? 

(2)  iuseruisse? 

(3)  civibua? 

[Dieaer  leere  Raum  sei  zu  der  Bemerkung  benutit,  dass  zu  dem 
nachfolgenden  Byrsa-Fragment  in  der  'Giunta*  die  Berichtigung  ixqvit 
ennivs  fur  ennivs  inqvit  nachgetragen,  und  Lett.  p.  11  in  dem  Verse 
des  Ennius  das  Vorbild  fur  Virgil  Aen.  3,  375  sic  fata  detm  rex  Sor- 
titur  gefunden  wird.] 


Digitized  by  Google 


ZU  CICERO  DE  FATO. 


680 


II. 


auteni  ignarus  (4)  sic  fictus  ad  ornatum  sapiens 

et  fortis  vir  videri  ipsc  potest  nisi  ad  effectum 

fjravis  et  constantis  disciplinae  nervos  adhibcat  \o\untatis  idemque 

officits  habilis  virtutum  singularum  quasi  scintillam 

expectet  otiosus  (*)  


coligati.    Qwos  nisi  Ispei  cuiuspiam  educat 
manus  aut  aliqua  necessitate  succumbentium  e- 
ducat  (5)  \abor  inanibus  exusti  studttS  intra 
praesertpta  (6)  stabunt  equi  troiani  *  parfoftteiam  (**) 
militum  (J)  machinam  cunctando  imitati. 


eveuiat  semel  sat  erat  dici  Byrsa  fundabitur  etc. 


(4)  ignavus? 

(5)  egerat?  efferat? 

(6)  8epta? 

(7)  malorum? 

(*)  Hic  ab  industria  supplendi  me  dedita  opera  abstineo. 
(**)  De  hoc  Maium  card.  amplissimum,  eundemque  fama  celebratis- 
simum  constduimus,  cui  mors,  harum  rerum  studiosis  perpetuo  deflenda, 
invidit,  ne  opportune  responderet. 

(***)  Venanti  sententiam  facile  occurrunt  verba  'mterclusa  yotestas, 
praeeunte  impulsione ' :  sed  quaenam  alia  antecedunt,  quaenam  se- 
quuntur? 


 carceribus 

erumpere  dubitantes  equi  fatorum  laqueis  impliciti  et 


Jam  si  .  .  .  . 
mferclusa  notestas 
impulsione  .  . 


donec  praeewwte 
constitutum  sit  ut 


FR.   UITSCHKLII  OPV8CVLA  III. 


44 


690  PALIMPSESTBLATTER 

ben  sind,  in  der  sie  der  Herausg.  drucken  liess*),  sondern 
*in  carattere  basso  semigotico  con  abbreviature  coinuni',  und 
dass  die  Majuskel  des  Drucks  nur  gewahlt  war  fper  riverenza 
dell'  Autore',  alle  Abkiirzungen  aber  aufgelost,  weil  der 
Herausgeber  nur  auf  das  leichte  Verstandniss  edegli  studiosi', 
ganz  und  gar  nicht  aber  auf  die  'pretensioni  de'  curiosi  per 
pascolo  di  diverbii  filologici'  Bedacht  nehmen  wollte.  Und 
so  horen  wir  denn  zu  unserm  nicht  geringen  Erstaunen,  dass, 
wenn  wir  uns  gewundert  hatten  uber  auffallende  Formen 
und  Schreibweisen  wie  connexione  oder  coenaturi,  keines- 
weges  so,  sondern  cnexide  und  cnaturi  (beilaufig  eine.bisher 
sehr  unbekannte  Abkiirzung)  im  Original  stand;  item  nicht 
ESSE,  sondern  ee,  nicht  exclvsi,  sondern  clusi  (!),  nicht 
proprii,  sondern  prop  (woraus  jetzt  prope  gemacht  ist),  auch 
nicht  illi,  sondern  11  (auch  neu),  wie  uns  das  alles  Lett 
p.  4.  9.  10.  13  in  der  harmlosesten  Weise  mitgetheilt  wird. 

Schone  Dinge  das.  Also  das  war  des  Pudels  Kern?  Nicht 
mehr  und  nicht  weniger  als  ein  paar  zur  Verklebung  einea 
no  Einbanddeckels  gebrauchte  Bliitter  mit  verklatschter  Cursiv- 
schrift  des  14ten,  vielleicht  15ten  Jahrhunderts?  Fiirwahr, 
das  heisst  viel  Geschrei  und  wenig  Wolle.  Solche  Blatter 
aber,  wcr  will  berechnen,  welche  Beschaffeuheit  sie  erhalten 
kounen,  wenn  sie  durch  die  Manipulationen  erst  einer  Auf- 
klebung,  dann  der  Wiederloslosung  hindurchgehen?  Wenig- 
stens  wollen  wir  zugeben,  dass  alles  sich  so,  wie  uns  ver- 
sichert  wird,  finden  wiirde,  wenn  Autopsie  noch  vergonnt 
wiire.  Aber  allerdings,  Herr  Ferrucci  behiilt  doch  Recht  mit 
der  andern  Hiilfte  einer  Alternative,  die  er  p.  14  stellt,  nui 
darzuthun,  dass  auch  Autopsie  zu  keinem  gegenseitigen  Ver- 
stiindniss  fiihren  wiirde:  'giacche  le  pergame,  non  riconosciuk, 
potranno  aversi  per  fattura  moderna;  riconosciutc,  giii  si  giu- 


*)  Also  ganz  dieselbe  —  dXaJIovcia,  wie  da  Angelo  Mai  eeine 
arraen  Bettelexcerpte  aus  Dionysius  in  dem  erborgten  Paradekleide 
stolzer  Uncialen  aufmarecbiren  lieBS.  MOchte  sich  doch  Uerr  Ferrucci 
von  einem  rdotto  oltramontano  *  iibersetzen  lasseu,  was  damals  der 
treffliche  K.  L.  Struve  zu  Mafs  gerechter  Beschamung  5ffentlich 
aussprach. 


Digitized  by  Google 


ZU  CICERO  I)E  FATO 


601 


dicano  una  contraffazione  dell'  alto  medio  evo.'  Denn  dabei 
bleibt  es  natiirlich,  dass  diese  Palimpsestfragniente,  wenn 
auch  Herr  F.  noch  so  unschuldig  an  ihnen  ist,  mit  Cicero 
nichts  gemein  haben.  Dass  Herr  F.  steif  und  fest  darauf 
verharrt,  kann  man  sich  denken;  schwerlich  aber,  wie  er  es 
macht,  um  die  ihm  entgegengehaltenen  Beweise  uncicero- 
nischer  Latinitat  zu  entkriiften.  Wie  ein  kleines  Kind  ver- 
sehwendet  er  volle  fiinf  Seiten  daran,  um  in  50  einzelnen 
Artikeln  jedes  einzelne  Wort  seiuer  Fragraente  aufzufiihren 
und  durch  hinzugeschriebene  Stellen  aus  Cicero  zu  beweisen, 
dass  es  eben  auch  bei  Cicero  vorkorarae.  Was  muss  der 
Mann  fiir  Zeit  iibrig  haben,  um  uns  z.  B.  aus  ad  Att.  8,  17 
fidcirco  ad  L.  Doraitium  litteras  inisi'  zu  beweisen,  dass  id- 
circo,  aus  ad  fara.  13,  7  'quaeso  etiamne  tu  has  ineptias', 
dass  quaeso,  aus  Parad.  1  'delicias  epularum',  dass  deliciae 
Ciceronisch  sei,  und  so  fort  von  quodammodo,  circumscribere, 
triclinium,  carcre,  exitium,  dcvotus,  facinus,  appcllarc,  infcri, 
amplitudo  etc.  etc.  Man  wiirde  es  schlechterdings  nicht 
glauben,  wenn  man  s  nicht  mit  Augen  vor  sich  siihe.  Und 
damit  meint  er  ein  so  grosses  Werk  vollbracht  zu  haben, 
dass  er  den  grossen  Nizolius,  aus  dessen  'Lexicon  Cicero- 
nianum '  er  eingestandener  Massen  diese  ganze  Weisheit  aus- 
geschrieben  hat,  in  begeisterter  Dankbarbeit  einer  Statue  fiir 
wflrdig  erkliirt,  die  ihm  neben  Ludovico  Antouio  Muratori 
errichtet  werde!  Wahrlich,  es  wird  einem  ganz  bange  um 
die  Geistesverfassung  des  grossen  Kindes.  Dass  er  von  der 
eigentlichen  Bedeutung  der  gemachten  Ausstellungen  gar 
keine  Ahnung  zu  haben  pflegt,  wird  man  danach  nur  in  der 
Ordnung  finden.  Z.  B.  wenn  er  das  in  reinem  Futursinne 
gesetzte  capiendus  rechtfertigt  mit  fin  capiendo  adversario 
versutus',  das  fundarc  urbcm  im  einfachen  Siime  des  Er- 
bauens  rait  fillud  maxime  vestrum  fundavit  imperiuin',  das 
parumpcr  als  f  einigerraassen'  mit  'discedo  parumper  a  som- 
nhV  mid  'digredi  parumper  a  caussa',  die  fdes  als  das  sub- 
jective  Glauben  rait  'fidem  .  .  .  omniuni  commune  praesidium\ 
Den  Hohepunkt  erreicht  diese  Beweisfiihrung  in  dem  Ver- 
suche,  das  cplacitum  deorura  iminortaliuni'  als  Cicero-  171 
nisch  damit  zu  erweisen,  dass  'placita  maiorura'  und  frae- 

44* 


Digitized  by  Google 


G92 


PALIMPSESTBLATTER 


(licorum'  beim  —  Plinius  vorkommt,  bei  Cicero  aber  'dis 
immortalibus  placet'  und  fde  provinciis  placitum  est'  und 
fut  populo  de  rege  placeret,  de  exulibus  displiceret  \  In 
seiner  Art  eben  so  interessant  ist  aucb  der  Nacbweis  fur  das 
(lediglich  des  Diphthongs  wegen  beanstandete)  coenatvri, 
der  mit  der  Stelle  ad  Q.  fratr.  1,  1  fapud  Pompeium  .  . .  . 
eram  coenatvrvs'  gegeben  wird;  oder  in  Beziehung  auf  die 
Ueberschrift  f  De  fato  disputacio'  die  Berufung  auf  ein  Schrei- 
ben  Borghesis,  worin  dieser  ihn  belehrt  habe,  dass  in  51- 
terer  Zeit  Sulpicius,  patricius,  erst  in  jungerer  Sulpitius,  pa- 
tritius  geschrieben  worden  sei,  falso  eben  so  auch  dispu- 
tacio,  condicio  etc/  Diesen  Misbrauch  seines  Namens  wird 
Graf  Borghesi  unserm  Grammaticus  scnwerlich  danken. 

Doch  was  sage  ich  f  Grammaticus'?  Nichts  kommt  ja 
der  unaussprechlichen  Verachtung  gleich,  mit  der  eben  Herr 
Ferrucci  auf  dieses  Geschlecht  der  f  Grammatici oder  wie  er 
sie  mit  einem  Namen  seiner  eigenen  Erfindung  auch  nennt, 
f  Grammaturgi'  heruntersieht,  dieser  fchirurgi  letterati',  die 
nichts  thun  als  die  Kviva  lingua  di  Lazio  a  loro  belT  agio 
notomizzare,  scarnificare,  sviscerare'  und  mit  ihren  ffredde 
induzioni  dello  scetticismo  sacrificare  il  principale  agli  acces- 
sorii '  u.  s.  w.  u.  8.  w.  Wenn  er  bei  der  Gelegenheit  von  die- 
sen  bosen  Leuten  (p.  3)  auch  sagt,  sie  bildeten  fun  ordine 
che  in  Italia  oggimai  non  esiste',  so  miissen  wir  es  ledig- 
lich  ihm  selber  ilberlassen,  sich  Uber  ein  so  schmeichelhaftes 
Compliment  mit  seinen  wackern  Landsleuten  auseinander  zu 
setzen;  gewiss  ist  dass,  ware  dem  so  wie  er  sagt,  er  aller- 
dings  der  letzte  wiire,  durch  den  es  anders  werden  konnte. 
Indessen  ist  es  nicht  die  Grammatik  allein,  gegen  die  diese 
blinde  Wuth  gerichtet  ist;  eben  so  ingrimmig  zeigt  er  sich 
—  nicht  nur  gegen  die  Ungethiime  des  Rationalismus  und 
des  Skepticismus,  wie  wir  sahen,  sondern  auch  —  wunder- 
lich  bunte  Gesellschaft!  —  gegen  die  fAe8thetik,,  bei  welcher 
Gelegenheit  wir  unter  anderm  einen  sublimen  Vergleich 
zwi8chen  Rossini  und  Meyerbeer  als  f  Pantheon  delizioso'  und 
fColosseo  contristante  della  Musica  ^0^6^^'  mit  in  den 
Kauf  bekommen.  Man  sieht,  er  weiss  pikante  Wfirze  an 
schale  Speise  zu  thun;  aber  man  sieht  immer  noch  nicht, 


Digitized  by  Google 


ZU  CICERO  DE  FATO. 


693 


wo  das  alles  eigentlich  hinaus  will.  Und  obwohl  diese 
eigentliche  Intention  sich  zum  Theil  niit  halb  miidchenhafter 
Verschamtheit  zwischen  den  Zeilen,  in  Noten  und  Epilogen 
versteckt,  so  sind  wir  doch  indiscret  genug,  sie  schliesslich 
unsern  Lesern  zu  verrathen.  fGrau,  grau  ist  alle  Theorie* 
steht  dem  wohl  an  zu  sagen,  der  des  Lebens  goldnen  Baum 
spriessen  zu  lassen  weiss.  'Arte'  ist  die  Losung,  nicht  ?Dot- 
trina'  (nun  an  der  hat  Herr  F.  nicht  schwer  zu  tragen); 
wahrend  die  'analisi'  mit  kalter  Hand  decomponirt,  die  feste- 
tica'  nichts  zu  erzeugen  weiss  als  'maraviglia  che  e  senso  172 
ozioso',  ist  das  positive  Verdienst  allein  aufSeiten  der  fcom- 
posizione',  winkt  der  Ruhmeskranz  nur  der  ?imitazione  che 
e  modo  operoso'.  Mit  einem  Worte,  aus  dem  vermeintlichen 
Grammaticus,  den  wir  in  dem  Entzifferer  eines  Palimpsesten 
sehen  zu  miissen  glaubten,  entpuppt  sich  zu  unserer  heitern 
Ueberraschung  —  der  Poet;  "fQrwahr  der  Casus  macht  mich 
lacheu'.  Und  zwar  der  lateinische  Poet,  d.  h.  der  Poet  in 
der  Sprache,  die,  wie  sie  im  heutigen  Italien  nur  einfach 
fortlebt,  so  auch  keinen  Richter  iiber  sich  erkennt  als  ita- 
liaenische  Ohren,  und  nichts  zu  schaffen  hat  mit  den  cdia- 
loghi  della  grammatica  Daco-Rouiana',  in  deneu  sie  als  eine 
cmorta  e  decapitata' behandelt  wird.  Obgleich  dies  deutlich 
gesprochen  zu  sein  scheint,  erhiilt  es  doch  sein  volles  Licht*) 
erst  durch  "Aloisii  Chrys.  Ferruccii  Lyristes  Christianu8, 
(ed.  2.  Florentiae  1852,  cura  impensaque  Auctoris)  d.  h.  eine 
Collection  von  lateinischen  Versificationen  auf  295  Seiten, 
denen  auf  p.  296  'Emendanda'  folgen,  worin  z.  B.  dreimal 
der  pyrrhichische  Genitiv  donms  corrigirt  wird,  zweimal  pr<h 
fligato  mit  kurzem  i,  einraal  lorcxdaria  mit  langem  u,  des- 
jjjleichen  die  Trochiien  audis  und  base,  gar  manches  andere 
aber,  das  gleicher  Auszeichnung  eben  so  werth  war,  keine 


*)  Die  Frucbtbarkoit  unscres  Autora  erhellt  noch  durch  ein  an- 
deres  Pocm,  de8Ben  nothige  AbfassuDg  ihn  laut  Lett.  p.  15  abhielt 
nich  lilnger  beim  Cicero  aufzuhalten :  r  Aloisii  Chrysostomi  Ferruccii 
Knchiridiou  Historiae  Pontificalia  poat  Libroa  Frodoardi  Canonici  Re- 
mcnaia  ab  seculo  vmi.  ad  xvini.  in  periodos  sex  coutractum,  8ervata 
versus  hexametri  ratione.  Luci  in  Aemilia,  ex  off.  Melandriana,  A. 
MDCCCLUI.  8.' 


Digitized  by  Google 


694 


PALIMPSESTBLATTER 


Erwiihnung  gefunden  hat,  z.  B.  um  auf  gut  Gluck  heraus- 
zugreifen,  propitius,  niicrocosmus,  pseudotnenon ,  oder  Senare 
wie  Amptdlanti  nwccenas  Sarbicvio  und  Iurc  an  ininria  Sol 
sc  rcbus  pracfcrat*).  Zum  Verwundern  ist  nur,  dass  er  doch 
in  diesen  Correcturen  sich  gar  nicht  als  einen  so  obstinaten 
Veriichter  der  'sottili  quistioni  di  quantita,  di  accenti.  di 
pronuncia'  zeigt,  mit  denen  nach  Lett.  p.  3  bloss  die  bar- 
i«  barischen  Chirurgen  die  im  ercrbten  Besitz  Italiens  fort- 
lebende  iichte  Latinitiit  zerfleischen  und  ausweiden.  Er  hiitte 
nur  noch  cin  wenig  weiter  gehen  und  als  lyristes  Christiamis 
dem  lyristcs  payanus  vor  allem  ablernen  sollen,  was  uber- 
haupt  iambische  Verse  seien,  damit  nicht  zum  Beispiel  (es 
ist  nur  eines  unter  ungezahlten)  gleich  iu  der  dritteu  Ode, 
die  er  aus  dactylischen  Hexametern  und  iambischen  Dimetern 
componirt,  unter  vierzehn  dieser  epodischen  Verse  acht  solche 
zu  lesen  wiiren:  Mc  rcctc  componam  tibi  —  Obtusa  stans  acie 
diu  —  Vt  de  tc  colliyam  nihil  —  Humanae  sortis  cst  modos 
—  Ardelio  levibus  c  scholis  —  Obtutu  deiccto  semel  —  Effedu 
contentus  bono  —  Quacrcndo  curiositas.  Soll  das  aber  etwa 
eine  geschmackvolle  Verschmelzung  Horazischer  und  Plauti- 
nischer  Verskunst  sein,  nun  so  bewahre  uns  der  Himmel  in 
Gnaden  vor  dem  fZiigel,  den  wir  aus  den  Hiinden  dieser 
Grazien  empfangen'  sollen. 

*)  Sehr  protestiren  wiirde  vermuthlich  uu6er  Poet,  woilten  wir 
cben  dahin  die  schonen  Septenare  recbnen,  die  er  gewiss  mit  sebr 
uberlegter  Absicht  den  politischen  Vcrskunstlern  nachgebildet  bat  in 
Odar.  lib.  III,  12,  wclche  Ode  ao  anfiingt: 

Turba  canum,  fuge  terra  et  iugis  et  aequore: 

Priaca  virum  monstra  fundit  dudum  effoeta  Graecia  — 

und  ao  schliesBt: 

Sub  cruenta  tellure  posita  circa  Alutam  et  Poratam 
Germinabunt  heroum  animas  repetentes  patriam. 

Recht  passend  konnte  auch  auf  diese  Sorte  von  Versen  der  Verf.  seinc 
eigenen  Worte  anwenden,  dass  er  sie  f  circumspecta  ideoque  perplexa 
Minerva'  gemacht.  —  Welcher  wunderlichen  Streiche  ubrigens  italii- 
nische  Setzer  faliig  sind,  sieht  man  auch  aus  dem  artigen  Beispiel 
avn  tov  Kpovov,  wahrend  der  Autor,  wie  die  'Kmendanda'  lehren, 
KQTd  tou  xpovou  geschriebeu  hatte.  —  Doch  freilich,  gegen  ein  profli- 
gato  Btatt  abdicato  oder  flexiwso  ist  das  nur  eine  Kleinigkeit. 


Digitized  by  Google 


ZU  CICEKO  DE  EATO.  695 

Schliesslich  rathen  wir  Herrn  Ferrucci  noch  zweierlei. 
Erstlich  moge  er  sich  in  Acht  nehnien,  dass  er  nicht  gelegent- 
lich  vor  Hochmuth  platzt.  Zweitens  muss  er  durchaus  vor- 
sichtiger  in  der  Wahl  seiner  Spriichworter  sein.  Wer,  wie 
er  Lett  p.  6,  den  zierlichen  Trumpf  ausspielt  rpurus  gram- 
maticus  purus  asinus',  dem  konnte  leicht  einmal  einer,  der 
eben  so  hoflich  ware  wie  er,  mit  der  Consequenz  repliciren 
'inipurus  grammaticus  impurus  asinus'.  Unsauber  genug  ist 
Herrn  Ferrucci's  Grammatik,  wie  wir  gesehen  haben. 


Hatte  Herr  Churchill  Babington,  als  er  iiber  den 
verlerenen  Anfang  des  Buches  de  fato  einen  kurzen  Artikel 
ini  'Journal  of  classical  and  sacred  philology'  N.  IV  p.  97 
drucken  liess,  die  'Lettera-'  und  die  'Giunta'  schon  gekannt, 
so  wiirde  er  ihn  nicht  mit  den  Worten  begonnen  haben: 
fThe  pleasantries  of  Mr.  Ferrucci,  who  pretended  to  have 
discovered  the  commencement  and  other  fragments  of  Ci- 
ceros  work  I)e  Fato.9  Die  milde  Auffassung,  dass  sich 
Herr  Ferrucci  nur  habe  einen  Scherz  mit  den  Gelehrten 
machen  wollen,  auf  die  auch  die  friihere  Besprechung  in 
diesem  Museum  ausging,  hat  er  durch  den  bitterbosen  Ernst 
seiner  nachtniglichen  Erkliirungen  selbst  verscherzt.  —  Fer- 
ner  aber,  hiitte  Herr  Babington  das  neue  Exordium,  das  er 
zur  Entschadigung  fiir  das  Ferrucci'sche  aus  einem  codex 
Cantabrigiensis  des  15ten  Jahrhunderts  ans  Licht  stellt,  etwas 
scharfer  ins  Auge  gefasst,  so  wiire  auch  dariiber  sein  Urtheil 
wohl  nicht  so  mild  ausgefallen,  wie  es  nuu  lautet:  'whether 
liowever  the  scribe  has  only  conjecturally  supplied  these 
words,  I  do  not  pretend  to  determine;  they  seem  somewhat 
abrupt  for  an  opening  sentence.'  Ein  unbefangener  Blick 
auf  das  armselige  Machwerk:  \Quod  a  Grccis  logos,  d  nobis  m 
ratio  noininatur;  logice  vcro,  ratio  disscrcndi.]  quia  \vero]  j>er- 
tinet  ad  morcs  —  genugt  ja  zur  vollgiiltigsten  Erkliirung, 
waruni  'Orelli  does  not  notice  that  ciny  MS.  contains  these 
words\  —  Hiitte  endlich  Herr  Babington,  als  er  in  Cam- 
bridge  fiir  eiu  Cambridger  Journal  einen  Artikel  iiber  Cicero 


Digitized  by  Google 


696  PALIMPSESTBLATTER  ZU  CICERO  DE  FATO. 

de  fato  schrieb,  einen  Blick  gethan  in  die  von  dem  Cam- 
bridger  Professor  Davies  in  Cambridge  (sogar  zweimal) 
erschienene  Ausgabe  dieses  Buches,  so  wttrde  er  ihn  —  nicht 
geschrieben  haben.  Denn  er  hatte  dort  dasselbe  Supplement 
aus  demselben  Codex  (und  noch  einem  Pariser  dazu)  langst 
publicirt  gefunden. 


Digitized  by  Google 


XXI. 

Zur  Beurtheilung  Cicero's. 


Wider  Cicero  ist  nun  wohl  nachgerade  gesagt,  was  477 
sich  sagen  liess.  Nicht  viel  iiber  ein  Jahrzehend  ist  es,  dass 
Drumann's  unerbittliche  Anatomie  mit  eisigem  Messer  ein- 
schnitt  in  den  Charakter  und  die  Politik  eines  Mannes,  dem 
die  Pietat  der  Philologie  als  dem  Trager  des  Geschmacks 
in  lateinischer  Rede  und  Sprachbildung  einen  durch 
Jahrhunderte  fortgeerbten  Cultus  widmete.  Damals  erwehrte 
man  sich  einer  Kritik,  die  nicht  Hass  noch  Liebe  kennt, 
nach  einigen  elegischen  Declamationen,  welche  das  Verdienst 
hatten  unschadlich  zu  sein,  bald  genug  mit  der  praktischsten 
aller  Antikritiken :  Vergessen  und  Schweigen.  Aus  der  kaum 
wiedergewonnenen  Ruhe  sind  sie,  die  Philologen,  jetzt  aufs 
neue  und  starker  aufgeriittelt  durch  das  Todtengericht,  das 
der  uniibertroffene  Meister  subjectiver  Geschichtsschreibung 
iiber  ihren  'grossen',  nach  ihm  so  kleinen  Liebling  gehalten 
hat:  ein  Gericht,  bei  dem  die  ganze  iiberwaltigende  Gluth 
sittlicher  Entriistung  den  Vorsitz  ftthrt.  Ueberlassen  wir 
Einiges  zur  Ausgleichung  von  Gegensatzen,  die  in  der  Ver- 
schiedenheit  von  Naturanlagen,  Lebenserfahrungen  und  Zeit- 
anschauungen,  in  Stimmungen  der  Seele  und  Standpunkten 
des  Urtheils  abwechselnd  ihre  Sachwalter  finden,  der  grossen 
Schlichterin  aller  unversohnlich  scheinenden  Gegensatze,  der 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  Bd.  XI  (1856)  p.  477-480.] 


Digitized  by  Google 


698 


ZUR  BEURTHEILUNG  CICERO^S.  . 


Zeit.  Inzwischen  sei  es  gestattet,  uns  mit  derjeuigen  l  n- 
befangenheit,  die  wir  uns  nicht  gleich  wollen  'unsittlich' 
schelten  lassen,  das  Auge  offen  und  das  Herz  warm  zu  halteu 
fiir  die  Lichtseiten  einer  hochbegabten  Menschennatur,  die 
dadurch  nicht  aufhoren  zu  strahlen  und  ein  der  Milde  zu- 
gangliches  Gemtith  zu  erfreuen,  dass  neben  sie  auch  starke 
*78  Schatten  fallen.  Wenn  es  eine  schwere  Kunst  ist  fur  die 
Sterblichen,  Gerechtigkeit  zu  ttben,  so  verdient  der  unsern 
Dank,  der  sie  lehrt;  und  einen  solchen  Dank  schulden  die 
Philologen,  wolil  grossentheils  ohne  es  zu  wissen,  schon 
lange  dem  beredten  Worte  eines  Koryphaen,  das  einen 
leuchtenden  Grundzug  des  Ciceronischen  Wesens  in  scharfem 
Umri8s  vor  Augen  stellt.  Der  Ehrenrettung  eines  Viel- 
geschmahten  darf  wohl  diese  Zeitschrift  einmal  'den  sonst  so 
berechtigten  Grundsatz  zum  Opfer  bringen,  nicht  Altes 
wiederzudrucken.  Und  so  sei  denn  die  nachstehende  Cha- 
rakteristik,  entnommen  aus  Bunsen's  Aegypten,  Bd.  I 
p.  194  ff.,  einer  empfanglichen  Wiirdigung  von  Seiten  solcher 
empfohlen,  die  den  Werth  eines  Menschenlebens  nicht  aus- 
schliesslich  in  staatliches  Martyrthum,  und  die  Pflicht  des 
historischen  Urtheils  in  die  unbarmherzige  Brandmarkung 
menschlicher  Schwachen  setzen. 

*Das  Verhaltniss  der  Romer  zur  Forschung  und  Wissen- 

schaft  erkliirt  sich  aus  ihrer  allgemeinen  Stellung 

zur  Menschheit  und  zur  Wahrheit.  Die  Romer  verstanden 
die  Welt  zu  erobern  und  die  besiegten  Volker  zu  regieren. 
Sie  richteten  roniische  Rechtspflege  und  geordnete  Ver- 
waltung  ein  an  der  Stelle  iippiger  Hofriinke,  gewaltsamer 
Aristokratien  oder  zerstorender  demokratischer  Kampfe.  Sie 
fQhrten  die  geraden  Linien,  wie  ihrer  Landstrassen,  so  ihrer 
Staatsordnung  durch  die  Lander  der  Erde,  und  uber  sie  her 
zog  die  Legion  und  die  Colonie,  der  Richter  und  der  Zoll- 
einnehmer,  die  Sprache  Cicero^s  und  noch  mehr  die  Homers 
und  Platos  in  die  Stadte  und  Reiche  der  Barbareu  ein. 
Ihre  Feldherren  und  Statthalter  endlich  waren  jrebildet  und 
kunstliebend,  ja  zuweilen  gelehrt.  Wie  denn  geschah  es, 
dass  die  Romer,  schmiihlich  hinter  den  von  ihnen  verachteten 
und  misshandelten  Griechen  zurttckstehend,  nichts  tur  die 


Digitized  by  Google 


ZUR  BEURTIIEILUNG*  CICEROS.  699 


Erforschung  der  Sprachen,  Sitten  und  Geschichten  dcr  alten 
Volker  gethan?  Wie  es  scheint,  einfach  deshalb,  weil  sie  g 
iu  keinem  Volke  als  dem  ihrigen  die  Menschheit  erkannten 
und  ehrten,  und  weil  ihnen  Liebe  zur  Erkenntniss  und 
Wahrheit  um  ihrer  selbst  willen  unverstandliche  Worte 
waren.  Sie  verstanden  kein  Volk,  als  in  seiner  Schlechtig- 
keit:  sie  liebten  keines  und  wurden  von  keinem  geliebt,  weil 
sie  Menschliches  weder  zu  ihm  brachten  noch  in  ihm  auf- 
suchten,  und  Andern  selbst  Gutes  nur  thaten,  weil  es  ihr 
eigener  Vortheil  war.  Sie  waren  aus  wohlberechnender 
Selbstsucht  fahig,  den  Volkern  selbst  wesentlich  alles  Gute 
zu  erzeigen,  nur  nkht  mit  Achtung.  Die  Volker  waren 
ihnen  nicht  Persiralichkeit,  sondern  nur  Gegenstand:  und  das 
empfanden  diese  natiirlich.  Die  Menschheit  war  dem  romi- 
schen  Staatsmanne  und  praktischen  Philosophen  —  und  m 
andere  hatten  die  Romer  nie  —  eine  dienende  Magd,  rait 
welcher  zu  reden  nicht  der  Muhe  lohnte,  ja  schimpflich  war, 
wenn  sie  nicht  griechisch  oder  romisch  sprach:  in  diesen 
Volkern  allein  erkannten  sie  Gottliches:  aber  auch  im 
Griechen  liebten  und  ehrten  die  Romer  nicht  das  rein 
Menschliche,  wodurch  er,  bis  in  die  Zeiten  der  Erniedrigung 
hinab,  alle  Volker  der  Welt  so  weit  iiberetrahlt.  Das  grie- 
chische  Leben  zog  sie  an,  als  das  ihrem  leiblichen  und  gei- 
stigen  Schwelgen  bequeme  und  niltzliche:  ja  der  runde  Mund 
der  griechischen  Muse  gewann,  in  romiseher  Nachahmung, 
allmahlich  das  Ohr  der  romischeu  Versammlungen.  Man 
wurde  machtig  und  reich  durch  die  von  Athen  und  Rhodus 
entlehnte  Rednerkunst:  es  gehorte  vom  achten  Jahrhundert 
an  im  vornehmen  Stadttheile  Rom's  zum  guten  Tone  grie- 
chisch  zu  sprechen;  in  Briefen  bedurfte  man  griechischer 
Floskelu  und  musste  auch  bisweilen  allbekannte  Verse 
Homers  und  der  Tragiker  oder  Komiker  anfiiliren:  endlich 
war  das  Griechische,  selbst  den  Weltbeherrschern,  auf  Reisen 
sehr  niitzlich.  Wozu  waren  aber  alle  iibrigen  Volker  da,  als 
um  ihren  Beherrschern  Geld  uud  andere  Mittel  des  bequemen 
Genusses  zu  liefern? 

Also  aus   rein    menschlicher  Theilnahme  bekiimmerte 
sich  kein  achter  Romer  um  anderer  Volker  Geschichten: 


Digitized  by  Google 


700 


ZUB  BEUKTHEILUNG  CICEBO'S. 


aber  auch  eben  so  wenig  aus  Trieb  nach  Erkenntniss  der 
Wahrheit.  Treu  und  wahr  in  hauslichen  und  bflrgerlichen 
Verhaltnissen,  war  der  beste  Romer,  als  solcher,  gleichgflltig 
gegen  die  Wahrheit,  welche  Selbstzweck  und  das  Ziel  alles 
Wissens  isi  Der  gottliche  Durst  nach  Wissen  um  des 
Wissens  willen,  nach  Wahrheit  aus  Liebe  zur  Wahrheit, 
plagte  ein  romisches  Gemuth  nie.  Daher  ist  es  naturlich, 
dass  Roms  achtbare  Gelehrte  lacherlich  unwissend  oder  min- 
destens  sehr  unbedeutend  neben  den  Griechen  erscheinen, 
wenn  sie  das  eigentliche  Gebiet  der  Forschung  betreten: 
gerade  wie  es  begreiflich  ist,  dass  seine,  in  der  Heimath 
ehrenwerthen,  Grossen  und  Reichen  ubermuthig  und  gehassig 
wurden,  wenn  sie  des  Vaterlandes  gesetzlichen  Boden  ?er- 
liessen  und  nicht  mehr  von  romischem  Burgersinn  und 
offentlicher  Meinung  getragen  und  gehalten  waren.  Sie 
achteten  bei  aller  Vaterlandsliebe  nicht  die  Menschheit,  und 
sie  liebten,  trotz  aller  Treue  uud  Redlichkeit,  nicht  die 
Wahrheit,  und  also  auch,  trotz  alles  Verstandes  und  aller 
Bildung,  nicht  die  Wissenschaft.  Insofern  ist  Pilatus  ihr 
Bild,  und  seine  Frage  ihr  Sinnspruch.  Selbst  des  eigenen 
Vaterlandes  Alterthum  hatten  ihnen  erst  die  Griechen  ver- 
stiindlich  und  anziehend  machen  konnen.  Sogar  Varro's  und 
Tacitus'  Forschungen  iiber  fremdes  Alterthum  leiden  an  jener 
nationalen  Verstocktheit,  in  welcher  Rom  unterging.  Tacitus' 
jiidisch-agyptische  Forschung  ist,  trotz  der  grossen  Belesen- 
heit,  die  sie  kund  giebt,  so  entschieden  schlecht,  als  sein 
Urtheil  Ober  das  Christenthum  durch  die  Weltgeschichte 
widerlegt  worden:  und  seine  Germania  ist  gross  durch  Alles, 
nur  nicht  durch  tiefe  Forschung  flber  Alterthum.  Es  ist 
«80  gerade  jenes  hellenisch  Menschliche,  was,  trotz 
aller  Schwiichen,  uns  an  Cicero  fesselt  und  seinen 
Schriften  einen  so  unvergleichlichen  Reiz  verleiht, 
dass  selbst  die  philosophischen  angenehm  werden. 
Er  glaubte  an  die  Wahrheit  und  liebte  sie  um  ihrer 
selbst  willen:  er  ehrte  die  Menschheit  uud  suchte 
gern  Menschliches  auf.' 


Digitized  by  Google 


ZUR  BEURTHEILUNQ  CICERO^S. 


701 


Vorstehende  Zeilen,  wortlich  wie  sie  sind,  waren  schon 
in  der  Druckerei  und  trugen  keine  Unterschrift,  lediglich 
aus  Bescheidenheit,  weil  sie  ja  ausser  subjectiven  Empfin- 
dungen  nichts  Eigenes  brachten.  Da  indess  Bescheidenheit 
unter  Umstanden  zu  einer  verfanglichen  Tugend  werden  oder 
doch  gemacht  werden  kann,  und  da  es  an  gutem  Willen  und 
liebreicher  GeschSftigkeit  zu  ihrer  Umtaufung  nicht  zu  fehlen 
pflegt,  so  will  ich  doch  lieber  noch  mittels  eines  Post- 
scriptums  meine  apologetische  Miscelle  gleich  an  Sie  selbst 
adressiren,  lieber  Mommsen,  sehr  uberzeugt,  dass  Sie  einen 
ehrlichen  Dissensus,  der  ja  ohnehin  nur  ein  halber  ist,  als 
Jurist,  als  Historiker  und  als  Freund  gleich  unbefangen  zu 
wurdigen  und  leicht  genug  zu  tragen  wissen.  Zumal  wenn 
der  Dissentirende  so  geneigt  zu  lernen  und  so  bereit  ist, 
sich,  wenn  es  angeht,  auch  bekehren  zu  lassen,  wie 

Bonn,  Nov.  1856. 

Ihr 

F.  R. 


2.*) 

A  M.  Frede'ric  Ritschl  a  Bonn. 

 Ne  croyez  vous  pas,  Monsieur,  que,  sous  le  titre  291 

de  Khabent  sua  fata  libelli',  il  y  aurait  a  ajouter  un  chapitre 
aussi  instructif  qu^interessant  a  1'histoire  de  la  litterature 
savante,  pourvu  qu'on  lui  donnut  a  peu  pres  les  developpe- 
ments  suivants:  *Jiabent  sua  fata  libelli,  habent  placita  philo- 
sophorum,  habent  opiniones  philologorutn ,  liabent  judicia  histo- 
riconm?'  Ce  chapitre  enumererait,  entre  autres  faits,  les 
pressentiments  quasi  intuitifs  qui,  transformant  certains 
auteurs  en  prophetes,  leur  ont  fait  annoncer  1'apparition  de 
nouvelles  connaissances  et  entrevoir  de  lumineuses  considera- 
tions  qu'une  epoque  ulterieure  se  reservait  d  emettre  dans 
toute  leur  evidence  et  de  faire  prevaloir. 


*)  [Rhein.  Maaeura  f.  Philol.  Bd.  XVIII  (1863)  p.  291-296.] 


Digitized  by  Google 


702 


ZUR  BEURTHEILUNG  CICERO'S. 


Cest  ainsi  que  Frederic  Auguste  Wolf  eut,  a  bod 
insu,  pour  precurseur  le  profond  penseur  Giambattista 
Vico,  et  que  notre  judicieux  historien  Beaufort  fut  celui 
de  votre  grand  Niebuhr.  On  sait  le  joli  mot  dont  Wolf  se 
»9«  servit  pour  caracte*riser  le  rapport  qui  existait  entre  ses  idees 
et  celles  de  Vico.  A  son  grand  etonnement  il  aurait  de- 
couvert,  dit  il,  et  cela  bien  des  annees  plus  tard,  que  le 
resultat  de  ses  recherches  me"thodiques  sur  1'origine  et  la 
destinee  des  poemes  homeriques  avait  ete,  anterieurement, 
comme  vu  en  reve  par  le  savant  Italien,  si  meconnu  de  son 
temps.  Niebuhr,  lui  aussi,  lorsqu  il  mettait  en  doute,  avec 
tant  d  erudition  et  denergie,  lauthenticite'  de  l  histoire  des 
premiers  temps  de  Rome,  navait,  ce  qui  est  plus  frappant 
encore  et  a  peu  pres  incroyable,  aucune  connaissance  des 
idees.  si  analogues  que  son  predecesseur  francais  Beaufort 
avait  emises  sur  le  meme  sujet,  ide'es  dont  il  restait  toute- 
fois  a  tirer  les  consequences  et  dont  il  fallait  faire  une  juste 
application. 

Permettez  moi,  Monsieur,  d  ajouter  au  Wolfius  ante 
Wolfium,  au  Nicbuhrius  ante  Nicbulirium,  un  troisieme  auteur 
probablement  moins  connu  en  Allemagne  qui  leur  peut  servir 
de  pendant,  bien  qu'a  vrai  dire,  Pinteret  scientitique  qui  se 
rattache  a  ce  que  je  vais  proposer  soit  circonscrit  dans  des 
limites  beaucoup  plus  restreintes,  et  qu  il  ne  puisse  assurement 
revendiquer  la  portee  des  deux  iilustres  exemples  que  je  ?iens 
de  citer.  Ce  troisieme  auteur  serait  un  Mommsemis  ante 
Mommsenum,  en  ce  qui  concerne  la  critique  de  l  historien 
contemporain  sur  le  grand  orateur  romain;  critique  qui,  par 
son  style  acre,  tranchant  et  par  trop  mordant,  a  si  fort 
echaufte  la  bile  des  philologues  et  des  maitres  d'ecole  de 
TAllemagne.  Censeur  plus  indulgent  et  plus  humain,  et  par 
cela  meme  plus  juste,  ce  Mommsenus  ante  Mommsenum  est 
un  spirituel  Italien,  Napolitain  comme  Vico.  II  avait  deja. 
il  y  a  pres  d'un  siecle,  exerce  sur  Ciceron  une  critique 
aussi  exempte  de  tout  prejuge  traditionnel  que  celle  de 
Mommsen.  Cest  vous  citer  TAbbe  Ferdinand  Galiani.  et 
sa  lettre  du  20.  juillet  1771,  a  son  illustre  amie,  Madame 
d  Epinay.    Cette   lettre   fait  partie   d'un   recueil   des  plus 


Digitized  by  Google 


ZUR  BEI  RTHEILUNG  CICER0;8. 


703 


interessants,  riche  de  pensees  et  petillant  d'esprit,  intitule: 
Correspondancc  inedite  de  VAbbe  F.  Galiani,  conseiller  du  roi 

de  Naples  edition  imprimee  sur  le  manuscrit  autmjraplic 

de  Vauteur  .  .  .  (Paris  1818),  p.  295  du  1CT  volume. 

Peut-etre  trouverez  vous,  Monsieur,  que  le  passage  en 
question  n'est  pas  tout-a-fait  indigne  de  figurer  dans  les 
MisceUances  de  votre  si  remarquable  journal  philologique? 
Tout  en  ne  partageant  peut-etre  pas  Topinion  et  les  idees 
de  lauteur  sur  la  situation  politique  de  Rome,  a  Tepoque 
ou  vivait  Ciceron,  et  sur  sa  position  personnelle  dans  la 
republique,  vos  lecteurs  seront  certainement  fascines  par  les 
fins  apercus  de  Galiani,  exprimes  avec  tant  de  franchise,  et 
par  la  peinture  si  vivante  qu  il  nous  fait  du  celebre  orateur. 

Du  reste,  j'ajouterai  simplement  que  ce  portrait  fut  es-  m 
quisse  a  l  occasion  d'une  attaque  virulente  dirigee  contre 
Cice'ron  par  le  pamphletaire  Linguet,  attaque#  a  laquelle 
Voltaire  repondit,  dans  le  Dictionnaire  philosophique,  par 
un  plaidoyer  eloquent,  mais  outre,  et  tout  a  la  louange  de 
Ciceron. 

Ci-joint  1'extrait  de  la  lettre  de  Galiani. 

 *Vous  voulez  avoir  une  lettre  de  moi,  et  savoir 

a  quoi  vous  en  tenir  au  juste  sur  le  compte  de  Ciceron.  Le 
voici  donc:  on  peut  regarder  Ciceron  comme  litterateur 
comme  philosophe  et  comme  un  homme  d'etat.  II  a  ete  un 
des  plus  grands  litterateurs  qui  aient  jamais  existe.  II  savait 
tout  ce  qu'on  savait  de  son  temps,  excepte  les  geometries 
et  autres  sciences  de  ce  genre.  II  etait  mediocre  philosophe, 
car  il  savait  tout  ce  que  les  Grecs  avaient  pense',  et  le 
rendait  avec  une  clarte  admirable;  mais  il  ne  pensait  rien, 
et  n'avait  pas  la  force  de  rien  imaginer.  II  eut  1'adresse  et 
le  bonheur  d'etre  le  premier  a  rendre  en  langue  latine  les 
pens^es  des  Grecs,  et  cela  le  fit  lire  et  admirer  par  ses 
compatriotes.  Cest  ce  qui  a  fait  faire  a  Voltaire  plus  de 
bruit  que  Bochart,  Bossuet,  Huet,  le  Clerc,  Hammond, 
Grotius,  etc.  lls  ont  dit  en  latin  sur  la  Bible,  tout  ce  que 
Voltaire  a  explique  en  francais:  on  ignore  ceux-la;  on  ne 
parle  que  de  lui.  Comme  homme  d'etat,  Ciceron,  etant  d'une 


Digitized  by  Google 


704 


ZUR  BEURTHEILUNG  CICERC-'S. 


basse  extraction,  et  voulant  parvenir,  aurait  du  se  jeter  dans 
le  parti  de  Vopposition,  ou  de  la  chambre  basse,  ou  du  peuple, 
si  vous  voulez.  Cela  lui  etait  dautant  plus  aise,  que  Marius, 
fondateur  de  ce  parti,  etait  de  son  pays.  II  en  fut  meme 
tente,  car  il  debuta  par  attaquer  Sylla  et  se  lier  d'amitie 
avec  les  gens  du  parti  de  1'opposition,  a  la  tete  desquels, 
apres  la  mort  de  Marius,  etaient  Clodius,  Catilina,  Cesar. 
Mais  le  parti  des  grands  avait  besoin  d  un  jurisconsulte  et 
d'un  savant;  car  les  grands  seigneurs,  en  general,  ne  savent 
ni  lire  ni  ecrire.  II  sentit  donc  qu'on  aurait  plus  besoiu  de 
lui  dans  le  parti  des  grands,  et  quil  y  jouerait  un  r&le  plus 
brillant.  II  s'y  jeta,  et  des-lors  on  vit  un  nouveau  parvenu 
mele  avec  les  patriciens.  Figurez-vous  donc  en  Angleterre 
un  avocat  dont  la  cour  a  besoin  pour  en  faire  un  chancelier, 
et  qui  suit  par  consequent  le  parti  du  ministere.  Ciceron 
brilla  donc  a  cote  de  Pompee,  etc,  toutes  les  fois  quil  etait 
question  de  choses  de  jurisprudence;  mais  il  lui  manquait  la 
naissance,  les  richesses;  et  surtout,  netant  pas  homme  de 
guerre,  il  jouait  de  ce  cote-la  un  role  subalterne.  D'ailleurs, 
par  inclination  naturelle,  il  aimait  le  parti  de  Cesar,  et  il 
etait  fatigue  de  la  morgue  des  grands,  qui  lui  faisaient 
sentir  souvent  la  grandeur  des  bienfaits  dont  on  1'avait 
294  comble.  II  n'etait  pas  pusillanime,  il  etait  incertain.  11  ne 
defendait  pas  des  scelerats,  il  defendait  les  gens  de  son  parti, 
qui  ne  valaient  guere  mieux  que  ceux  du  parti  contraire. 
L'affaire  de  Catilina  etait  grave,  car  elle  tenait  a  la  chaine 
d'un  grand  parti.  Aucune  affaire  de  Whigs  n'est  jamais 
petite  en  Angleterre;  elle  est  ridicule  a  Paris.  Son  eloquence 
n'etait  point  venale,  non  plus  que  celle  de  M.  Pitt;  elle  etait 
celle  de  son  parti.  Enfin,  Dieu  ne  permit  pas  qu'un  de  ses 
cliens  1'assassinat;  car  Dieu  ne  permet  point,  il  fait,  et  fait 
toujours  ce  que  bon  lui  semble.  Voltaire  se  moque  de  nous 
quand  il  parle  du  gouvernement  de  Cilicie  de  Ciceron.  II 
n'y  a  rien  qui  ressemble  tant  au  gouvernement  de  Sancho- 
Panca  dans  1'ile  de  Barataria.  Cetait  une  affaire  de  cabale 
pour  le  faire  parvenir  a  1'honneur  du  triomphe;  comme  les 
exploits  de  M.  de  Soubise  n'etaient  que  pour  le  faire  par- 
venir  au  baton  de  marechal.   Cependant  Cieeron  le  manqua, 


Digitized  by  Google 


ZUR  BEUUTIIEILUNG  CICERO*S 


705 


et  son  ami  Caton  s'y  opposa  le  premier.  II  ne  voulait  pas 
prostituer  tout-a-fait  un  homme  deja  trop  avili;  et,  dailleurs, 
Ciccron  n etait  pas  dune  naissance  a  comparer  ii  la  maison 
de  Rohan.  Pour  les  vertus  de  Ciceron,  on  n'en  sait  rien:  il 
ne  gouverna  jamais.  Pour  ce  qui  est  de  son  merite  d'avoir 
ouvert  les  portes  de  Rome  a  la  philosophie,  il  est  bon  de 
dire  que  le  parti  de  1'opposition  etait  un  parti  d'incredules; 
car  les  eveques  (cest-a-dire  les  augures,  les  pontifes,  etc.) 
etaient  tous  lords  et  patriciens.  Ainsi  le  parti  de  ropposition 
attaquait  la  religion,  et  Lucrece  avait  ecrit  son  poeme  avant 
Ciceron.  Le  parti  des  grands  soutenait  la  religion:  ainsi 
Cieeron,  qui  dans  son  cceur  penchait  du  c6te  de  1'opposition, 
etait  incredule  en  cachette,  et  n7osait  pas  le  paraitre.  Lorsque 
le  parti  de  Cesar  triompha,  il  se  montra  plus  a  decouvert, 
et  sans  en  rougir.  Mais  ce  n'est  pas  a  lui  qu'on  doit  la 
fondation  de  Fincredulite  paienne,  quJils  appelaient  sophie, 
sagesse,  c'est  au  parti  de  Cesar.  Les  applaudissemens  que 
la  posterite  a  donnes  a  Ciceron  viennent  de  ce  qu  il  suivit 
le  parti  contraire  a  celui  que  la  cruaute  des  empereurs  rendit 
odieux.  En  voila  assez  sur  Ciceron'  

Veuillez  agreer,  Monsieur,  etc. 

A.  de  S. 

An  Herrn  A.  de  S. 

Wie  gern  die  Redaction  Ihrem  pikanten  Beitrag  die 
Spalten  ihres  Blattes  geoffnet  hat,  ersehen  Sie  aus  dem 
schnellen  Abdruck  desselben.  Etwaige  Einwendungen  in  der 
Sache  zu  machen  kann  sie  nicht  ihres  Amtes  finden;  nur 
eine  untergeordnete  Bemerkung  von  einigem  bibliographischen 
Interesse  wollen  Sie  ihr  gestatten. 

Sie  citiren  den  Galianischen  Briefwechsel  nach  der  1818  295 
bei  Treuttel  und  Wurtz  in  Paris  erschienenen  Ausgabe  und 
haben  ohne  Zweifel   die   in   demselben  Jahre  ebenda  bei 
J.  G.  Dentu  herausgekommene  absichtlich  ignorirt*).  Nun 

*)  Die  Titel  beider  Ausgaben  sind  vollst&ndig  diese: 
I.  f  Correspondance  inedite  de  Tabbe  Ferdinand  Galiani,  conseiller  dn 
roi,  pendant  les  ann^CR  1766  a  1783,  avec  Mme  d'£pinay,  le  baron 

FB.  aiTSCHKUI  OPV8CVLA  III.  45 


Digitized  by  Google 


700 


ZUR  BEURTIIEILUNG  CICERO^S. 


weiss  ich  zwar  schr  wohl,  dass  die  erstere  fiir  authentischer 
gilt,  weil  ihr  die  Autographen  des  Verfassers  zu  Gmnde 
liegen,  wahrend  die  Dentu'sche  nur  nach  einer  Copie  der- 
selben  gemacht  ist:  wie  diess  in  den  beiderseitigen  Vorreden 
ausfiihrlich  zu  lesen  ist,  sowie  in  einer  niit  ziemlicher  Bitter- 
keit  geschriebenen  Zugabe  zu  dem  Dentuschen  Druck  unter 
dem  Titel:  'Lettre  de  Tediteur  de  la  correspondance  complete 
de  labbe  Galiani,  a  Tediteur  de  cette  correspondance  in- 

complete.  Par  M.  C.  de  S1.  M  Paris,  J.  G.  Dentu  1818.' 

Indessen,  ganz  abgesehen  von  gewissen  Verkurzungen,  zu 
denen  sich  der  Herausgeber  des  Treuttelschen  Drucks  aus 
Moralitatsriicksichten  verpfliohtet  hielt,  wiire  es  doch  an  sieh 
nicht  undenkbar,  dass  da  oder  dort  auch  einmal  ein  Ver- 
sehen,  ein  Schreibfehler,  eine  Unleserliehkeit  des  Originuls 
in  einer  verstiindig  gemachten  Copie  richtig  verbessert  ware 
und  an  solchen  Stellen  demnach  die  Dentu'sche  Ausgabe 
wenigstens  der  Absicht  des  Autors  entschieden  niiher  staiide: 
ganz  iihnlich  wie  ja  ein  derartiges  Verhiiltniss  auch  in  der 

dllolbach,  le  baron  de  Grimm,  Diderot,  et  autres  pcrsonnages  ce- 
lebres  de  ce  temps;  augmentt!e  de  plusieurs  lettr»  a  M  >eigneur 
SanBeverino,  archeveque  de  Palerme,  a.M.  le  marquis  dc  Carrac- 
cioli,  ambassadeur  de  Naples  pres  la  cour  de  Frauce,  a  Voltaire, 
d'Alembert,  Raynal,  Marmontel,  Thomas,  le  Batteux,  Mme  du  Bo- 
cage;  precddee  d'une  notice  historique  sur  1'abbe  (ialiani,  par  B. 
Mercier  de  Saint-Leger,  bibliotln?eaire  de  Sainte  Genevieve.  A.  la- 
quelle  il  a  ite"  ajoute  diverses  particularites  inedites  concernant  la 
vie  privee,  les  bous  mots,  le  caractere  original  de  1'auteur.  Par 
M.  C***  de  S*.  M*****,  membre  de  plusieurs  acade"mies.  (Folgt 
ein  italianisches  Motto  aus  Diodati.]  Paris,  J.  G.  Dentu,  imprimeur- 
libraire,  rue  des  Petits-Augustins  (ancien  hotel  de  Persan),  n°.  5. 
1818.'    2  Bde.  8. 

11.  r  Correspondance  inddite  de  Pabb^  Ferdinand  Galiani,  conseiller  du 
roi  de  Naples,  avec  Mme  d'£pinay,  le  baron  d'flolbach,  le  baron 
de  Grimm,  et  autrca  personuages  celebres  du  XVII Ie  aiecle.  Edi- 
tion  imprim^e  snr  le  manuscrit  autographe  de  1'Auteur,  revue  ct 
accompagne*e  de  notes,  par  M.***,  membre  de  plusieurs  acade^miea. 
Pre*ceclle  d'une  notice  historique  sur  la  vie  et  les  ouvrages  de 
1'Auteur,  par  feu  Ginguene,  avec  des  notes  par  M.  Salfi,  et  du 
Dialogne  de  1'abbe'  Galiani  sur  les  Femmes.  A  Paris,  chez  Treuttel 
et  Wflrtz,  rue  de  Bourbon,  N°  17.  A  Strasbourg  et  a  Londres,  merae 
maison  de  commerce.   1818.*    2  Bde.  8. 


Digitized  by  Google 


ZUR  nKURTHEILl  NG  CICEROS. 


707 


Kritik  der  alten  Autoren  zwischen  Original-  und  abgeleiteten 
Handschriften  nicht  selten  zu  Tage  tritt.  Und  dieser  Fall 
scheint,  wenn  nicht  alles  tiiuscht,  gerade  auch  auf  die  vor- 
stehend  mitgetheilten  Aeusserungen  iiber  Cicero  Anwendung 
zu  finden.  Tch  rede  nicht  von  stilistischen  Kleinigkeiten,  wie 
wenn  es  bei  Dentu  (p.  242  f.)  heisst  U  debuta  par  attaqner 
SyUa,  ct  par  sc  lier  .  .  .  statt  et  se  lier  bei  Treuttel,  oder 
re  qni  a  fait  fairc  d  Voitaire  plus  dc  bruit  qnd  Bochart  statt 
que  Bochart,  oder  gar  Vincrcdulitc  paienne  quils  appclaicnt 
Sophia,  sagcssc  statt  sophie,  sagcssc;  auch  nicht  von  il  de~ 
fendait  les  grands  dc  son  parti  statt  lcs  gcns  dc  son  parti. 
Aber,  aufrichtig  gestanden,  kimnen  wir  es  bei  einigeni  Er- 
wagen  glaublich  finden,  dass  ira  Jahre  1771  ein  so  welt- 
kundiger  und  urtheilsfiihiger  Zeitgenosse  wie  Galiani  sich 
uber  Eugland  so  ausgesprochen  habe,  wie  bei  Treuttel  steht: 
f  Aucune  aliaire  de  YVhigs  n'est  jainais  petite  en  Angleterre; 
elle  est  ridicule  a  Paris*  — ?  Unmoglich;  so  Hicherlich 
bornirt  war  man  weder  in  Paris  noch  in  Neapel.  Auch  fehlt 
ja,  sowie  man  niiher  zusieht,  das  eigentliche  tertium  com- 
parationis,  da  man  einen  Einzelnen  erwartet,  der  durch 
seine  Partei  bedeutend  wird,  wie  der  kurz  zuvor  genannte 
Catilina.  Und  fuhrt  denn  nicht  eben  auf  einen  Einzelnen 
mit  iiberzeugonder  Nothwendigkeit  selbst  die  f  uberlieferte 
Lesart'  de,  da  es  doch  soust  ohne  Zweifel  des  Whigs  heisseu 
niusste?  Denn  ein  ernsthaft  gemeintes  aucune  affaire  dc 
Whigs  (was  doch  wohl  auf  ein  dun  Whig  hinauskiime)  er- 
giibe  ja  vollends  den  hellen  Blodsinn.  Von  Ihnen  habe  ich 
nicht  zu  fiirchten,  dass  Sie  in  dieseu  Raisonnements  nur 
"pedantische  Silbenstecherei '  des  Philologen  sehen;  Kritik 
bleibt  Kritik  und  Logik  Logik,  ob  sichs  um  den  Text 
antiker  oder  modemer  Klassiker  handelt.  Wer  also  ist  der 
Einzelne,  dessen  affaires  jamais  petitcs  en  Angleterre,  aber 
ridictdcs  d  Paris  waren?  Der  'abgeleitete  Codex',  den  wir 
an  dem  Dentu  schen  Druck  haben,  sagt  es  uns:  fAucune 
aflaire  de  Wilkcs9  — :  und  wenn  das  eine  Conjectur  ist,  so 
ist  es  eben  eine  vortretfliche  d.  h.  unzweifelhaft  richtige. 
Selbst  das  will  ich,  auf  die  Gefahr  eines  unphilologischen 
Liichelns  hin,  nicht  unerwiihnt  lassen,  dass  bei  Treuttel  nicht 

-15* 


Digitized  by  Google 


708 


ZUR  BEURTHEILUNG  CICERO'S 


Whigs,  wie  Sie  stillschweigend  verbessert  haben  (wie  Sie  ja 
auch  mit  Recht  patriciens  fiir  praticiens  schrieben),  sondern 
Wiglis  gedruckt  steht,  was  fiir  Wilkes  einleuchtender  Weise 
noch  leichter  verlesen  werden  konnte  als  Whigs.  Sie  sehen: 
ftout  comnie  chez  nous',  niimlich  echez  nous  autres  philo- 
logues*.  —  Uebrigens  braucht  man  Ihnen  naturlich  nicht  zu 
sagen,  wie  sehr  John  Wilkes  hieher  passt,  der  seine 
Demagogenrolle  gerade  schon  in  den  sechziger  Jahren  spielte, 
der  eben  im  J.  1770  aus  Kings  bcncJi  entlassen  war,  das  ihn 
mit  nichten  zahmer  gemacht  hatte,  und  den  in  der  That 
schon  Zeitgenossen  mit  Catilina  verglichen,  so  wenig  zu- 
treffend  auch  die  Parallele  sein  mag. 

Genehmigen  Sie  u.  s.  w.  u.  s.  w. 

F.  R. 


Digitized  by  Google 


XXII. 

Grammatisches  bei  Quiiitilian.*) 


An  Herrn  Professor  Halm. 

Wenn  Du,  lieber  Freund,  mich  um  meine  Meinung  be- 598 
fragst  Uber  Stellen  des  Quintilian,  die  durch  ihre  unmittel- 
bare  Beziehung  auf  lateinische  Grammatik  und  Sprach- 
geschichte  ein  besonderes  Interesse  in  Anspruch  nehnien,  so 
finde  ich  darin  nur  einen  erwUnsehten  Aulass  mich  iiber 
Dinge  zu  aussern,  die  mich  im  Zusammenliange  meiner  auf 
die  historisehe  Entwickelung  des  alten  Latein  gerichteten 
Studien  liingsfr  beschiiftigt  haben.  Eine  einigermassen  zuver- 
siehtliche  Beantwortung  solcher  Fragen  hatte  nur  bisher  ihr 
Missliches,  so  lange  es  an  jedem  verliisslichen  Anhalt  tiber 
die  Textesquellen  des  Quintilian  mangelte.  Nachdem  Du 
selbst  aber  durch  zwei  gliinzende  Abhandlungen  einen  sichern 
(irund  gelegt,  auf  dem  sich  ja  hoffentlich  bald  ein  solider 
Bau  erheben  wird,  mijgen  wohl  glaubhafte  Entscheidungen 
Qber  schwierigere  Punkte  schon  eher  gelingen.  Welches 
Verdiensi  dabei  Deiner  eigenen  liberalen  Mittheilung  aller 
wissenswerthen  Handschriften-Varianten  zukomme,  brauche 
ich  eben  so  wenig  besonders  hervorzuheben,  als  ich  ander- 
seits  die  Ueberzeugung  verhehlen  kann,  dass  die  schwersten 
(iebrechen  des  jetzigen  Textes  Uber  die  altesten  und  besteu 
erhaltenen  Handschriften  hinausliegen.  Ob  mir  dieser  Nach- 
weis  leidlieh  geglUckt,  darUber  wird  Dein  so  einsichtiges 
wie  freundschaftliches  Urtheil  nicht  in  Zweifel  lassen 

Deinen 

Leipzig,  im  Juli  1867.  F.  Ritschl. 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  Bd.  XXIi  (1867)  p.  598-GU.] 


Digitized  by  Google 


710 


GRAMMATISCHES  BEI  QUINTILIAN. 


L 

I,  4,  10:  Atque  etiam  in  ipsis  vocalibus  gramuiatici  est 
videre,  au  aliquas  pro  cousouautibus  usus  acceperit,  quia  iam 
sicut  tam  scribitur,  et  qtws  ut  cos. 

So  die  Uebcrlieferuug  der  Berner,  der  Bamberger,  der 
Mailiindcr,  der  Lassbergscheu  Haudschrift,  uur  dass  iu  der 
zweiten  cos  auf  radirter  Stelle  steht.  Auch  die  Ziiricher 
weicht  nur  mit  cos  fiir  cos  ab.  Dass  die  iilteru  Ausleger 
dieses  'locus  difficillimus',  wie  ihn  Spalding  nennt,  nichts 
Gesimdes  zur  Losung  der  Schwierigkeiten  beigebracht  hahen. 
bedarf  fiir  den  Denkenden  keines  Nachweises.  Aber  uicht 
besser  ist  es  den  neuern  uucl  ueuesten  ergangeu.  Denn  wer 
wollte  an  die  abenteuerliche  vermeintliche  Herstellung  glauben, 
die  Fr.  Bahlmann  ('Quaestiones  Quintilianeae',  Berol.  LB59, 
p.  18 — 26)  weitliiufig  zu  begriindeu  imternommeu:  fquia  iam 
sicut  scribitur,  et  vos  ut  fos  sonat1?  Oder  au  Jos.  Stiu- 
der  s  (f Quaestiones  Quintilianeae,,  Bounae  1865,  p.  19  ff.) 
unpraktische  und  unmogliche  Kiinstelei,  der  dem  Quiutiliau 
zutraut  geschrieben  zu  haben:  fquia  iam  sicut  i-am  scribitur 
et  vos  ut  v-os'?  —  Was  vor  dem  Ausfall  vou  ein  paar  be- 
nachbarten  Buchstaben  und  dem  irrigen  Zutritt  eines  andern 
sicher  geschriebeu  staud,  ist  so  ungemein  einfach  und  ein- 
leuchtend,  dass  es  meines  Erachtens  nur  gesagt  zu  werdeu 
braucht,  ohne  eine  weitere  Ausfiihrung  zu  fordem: 

quia  EAM  sicut  etiam  scribitur,  et  vos  ut  jvos. 

Statt  etiam  hiitte  Quintilian  auch  qvoniam  oder  das  ehe- 
malige  nvnciam  (Rhein.  Mus.  VIII  p.  546)  als  Beispiel  des 
vocalisch  gebliebenen  t  brauchen  konnen;  aber  natiirlich 
wiihlte  er  das  gelaufigste  und  deutlichste1). 


1)  Beilaufig:  nunciam  bei  den  Komikern  zu  schreiben  i^t  voll- 
kommen  uuniitz,  da  nunciam  als  Accusativus  eine  rein  barbarische 
Form  ist  statt  nuntiam,  so  wenig  man  das  auch  nach  dem  Beisj*iel 
der  meisten  heutigen  Lateinschreiber  vermuthen  Bollte,  die  indeai*  - 
nach  allen  gemachten  Erfahrungen  —  trotzdem  unverbesserlicb  bleibcn 
werden.  Wessen  Bich  im  Griechischen  jeder  Bchamen  wurde,  das  pfle^t 
im  Lateinischen  noch  immer  flr  Sache  des  freien  Beliebens  zu  gelteu, 


Digitized  by  Google 


ORAMMATISCHES  BEI  QUINTILIAN. 


711 


2. 

I,  5,  wo  er  von  dem  vitium  barbarismi  zu  handehi  be-  eoo 
gonnen,  fahrt  Quintilian  §  11  fort: 

vSed  quidaui  fere  in  iactationem  eruditionis  sumere  illa 
ex  poetis  solent  et  auctores  quos  praelegunt  criminantur. 
Scire  autem  debet  puer  haec  apud  scriptores  carminum  aut 
venia  digna  aut  etiam  laude  duci,  potiusque  illa  docendi 
erunt  minus  vulgata.  (§  12)  Nam  duos  in  uno  nomine 
faciebat  barbarismos  Tinga  (oder  'Tinca')  Placentinus,  si 
reprehendenti  Hortensio  credimus,  preculam  pro  pergula  dicens 
et  immutatione,  cum  c  pro  g  uteretur,  et  transmutatione, 
cum  r  praeponeret  e  antecedenti.  At  in  eadem  vitii  gemi- 
natione  Mettioeo  Fufettioeo  (so  H.  Meyer)  dicens  Ennius 
poetico  iure  defenditur.  (§  13)  Sed  in  prosa  quoque  est 
quaedam  iam  recepta  immutatio:  nam  Cicero  Canopitarum 
exercitum  dicit,  ipsi  Canobon  vocant,  et  Trasumennum  pro 
Tarsumenno  raulti  auctores,  etiamsi  est  in  eo  transmutatio, 
vindicaverunt. 

Niemandem  ist  es  noch  gelungen,  in  dem  Ennianischen 
Beispiel  die  cadem  vitii  geminatio  nachzuweisen,  die  doch  in 
der  Verbindung  von  immutatio  (Buchstabenveriinderung  durch 
Substitution  eines  andern)  und  transmutatio  (Buchstabenver- 
setzung)  bestehen  miisste.  Wenn  Vahlen  (Ennianae  poesis 
reL  p.  21)  Dative  Mettoi  Fubcttoi  annahm,  gemiiss  der  Ueber- 
lieferung  des  Marius  Victorinus  von  einem  alten  populoi 
Rotnanoi,  so  ist  das  wohl  eine  geminatio,  auch  allenfalls 
(wir  wollen  es  einen  Augenblick  zugeben)  eine  immutatio, 
aber  in  keincr  VVeise  doch  eine  transmutatio.  Nicht  annehm- 
lieher  ist  Biicheler  s  ((irundr.  d.  lat.  Decl.  p.  54)  Metti 
Fufetioeo,  worin  nicht  nur  keinerlei  transmutatio ,  sondern  * 
nicht  einmal  ein  zwiefaches  vitium,  vielmehr  nur  eine  ein- 
fache  immutatio  zu  erkennen  ist,  oder  die  Verbindung  eines 


mit  einer  Lasslichkeit,  die  entweder  von  ertheilter  Belehrung  gar  keine 
Notiz  nimmt,  oder  trotz  besserer  Eiusicht  nicht  die  Energie  hat  sich 
vom  gewohnten  Schlendrian  loszusagen:  wofiir  das  obige  1 nuncius 
nunciare'  natfirlich  nur  ein  Beleg  unter  vielen  sein  eolL 


Digitized  by  Google 


712 


GKAMMATISCHES  BEI  (^UINTILIAN. 


Normalen  mit  einem  Abnormen.  —  Eine  solche  Verbindung 
aber  (oder  auch  die  von  zweierlei  Abnormitaten),  konnte  sie 
denn  iiberhaupt  mit  dem  Worte  geminatio  bezeichnet  sein? 
ist  nicht  die  Verbindung  zweier  verschiedener  Dinge  vieluiehr 
coniunctio  oder  cotisociatio  oder  unter  Umstanden  copulatio, 
geminatio  dagegen  die  Wiederholung  eines  und  desselben  oder 
wenigstens  zweier  gleichartigen?  (wie  das  allerdings  sowohl 
bei  Vahlens  Mettoi  Fubettoi  als  bei  dem  hergebrachten  Metieo 
Fufetieo  der  Fall  sein  wiirde).  Und  Quintilian  s  eigener  Sprach- 
gebrauch  bestatigt  ja  das  durchaus,  wie  gleich  I,  4,  10  veteres 
qui  geminatione  vocalium  velut  apice  utebantur  (vgl.  §  14  gemt- 
nis  vocalibus),  und  §  11  Ciceroni  placuisse  aiio  MAUAMquc 
getninata  i  scriberc\  VII,  9,  10  accusativi  (LacJietcm  .  .  . 
Demeam)  geminatione  facta\  oder  mit  dem  Verbum  I,  7,  14 
semivocales  non  geminare  diu  fuit  usitatissimi  moris;  I,  7,  20 
S  littera  .  .  .  geminabatur  ut  'caussae  cassus  divissiones* \  des- 
gleichen  geminare  und  geminatio  zusammen  IX,  3,  28:  um 
nicht  mehr  Stellen  zu  haufen.  Dagegen  er  * coniunctionetn' 
in  IX,  3,  64  ausdrucklich  mit  den  Worten  quae  duas  res 
diversas  colligat  definirt.  —  Aber,  drittens,  auch  das  ist 
nicht  einmal  zuzugeben,  dass  Mettoi  fur  Mettof  oder  Fufetioeo 
fiir  Fufeti  (oder  selbst  Fufctii,  wie  man  damals  allerdings 
schon  liingst  zu  schreiben  angefangen  hatte2)),  von  Quintilian 
wilrde  als  blosse  immutatio  bezeichnet  sein,  wie  wenn  in 
precula  c  fur  g}  in  Canopus  p  fiir  b  gesagt  ward.  Jene  Ver- 
anderungen  waren  nach  seiner  Terminologie  vielmehr  unter 
den  Begrifl"  der  adiectio  gefallen,  die  er  ja  auf  das  be- 
stimmteste  von  der  immutatio  scheidet  und  neben  detractio, 
immutatio  und  transmutatio*)  als  vierte  Species  setzt  I,  5,  6 

2)  Unter  chronologischem  GesichUpunkte  nachgcwiesen  in  dcr 
Abh.  uber  rdie  Tesserae  gladiatoriae  der  ROmer*  p.  48  ff.  (338  ff.). 
Wenn  daaelbst  als  altestes  inschriftliches  Beispiel  das  BENEFICII  der 
ara  Narbonensis,  aus  der  allerletzten  Zeit  des  Augustus,  bezeicbnet 
wurde,  so  fallt  dicses  weg,  seitdem  man  erkannt,  dass  wir  dort  nickt 
das  urspr^ngliche  Original,  sondern  eine  restituirte  Copie  aus  Antoni- 
nischer  Zeit  vor  uns  haben.  Danach  beginnt  also  in  epigraphischen 
Zeugnissen  der  zweisylbige  Genitiv  erst  mit  der  Regierungsxcit  des 
Tiberiua. 

3)  Wenn  I,  5,  16  nur  Utterarum  mtUatio,  detractio,  aditdio  zu- 


Digitized  by  Google 


GttAMMATISCHES  BEI  QUINTILIAN. 


713 


und  I,  5,  39.  40:  wie  denn  auch  ganz  analog  in  rhetorischer 
Beziehung  adiectio  und  mutatio  geschieden  werden  XI,  2,  32, 
und  hier  —  zwar  nicht  eine  Viertheilung,  wohl  aber  die 
Dreitheilung  von  mtrfatio,  adiectio  und  detractio  festgehalten 
wird  IX,  3,  27.  47.  —  Hierzu  komnit  endlich  viertens  (was 
an  Bedeutung  als  ferstens'  gelteu  kann),  dass  in  eadem  vitii 
geminatione  doch  gar  kein  Latein  ist  statt  des  blossen  Abla- 
tivs  ohne  w:  worau  gleichwohl  niemand  scheint  Anstoss 
genommen  zu  haben. 

Es  ist  sonach  schlechthin  unmoglieh,  dass  die  Worte 
unverderbt  seien.  Ein  At  eiusdem  (oder  At  cum  cittsdem) 
vitii  gcminatione  (d.  h.  nicht  fdesselben  wie  vorher',  sondern 
feines  und  desselben')  kimnte  man  sich  dem  Siune  nach  602 
gefallen  lassen:  aber  das  wiire  doch  naturlich  keine  Emen- 
dation  der  iiberlieferten  Schriftziige.  In  atin  steckt  vielmehr, 
weun  nicht  alles  tauscht,  ateni,  und  iu  eadem  ein  adeo: 

At  enim  adeo  vitii  geminatione  M.  F.  dicens 
Ennius  — . 

Die  Unterscheidung  von  immutatio  und  transmutatio  ist  gar 
nicht  der  massgebende  Begriff  fiir  diesen  Satz,  sondern  der 
leitende  (iedanke  fiir  ihn  wie  fur  die  ganze  Erorterung  viel- 
mehr  der  in  §  11  vorangeschickte:  dass,  was  in  Prosa  ver- 
pont  sei,  bei  Dichtern  zulsissig  und  selbst  wohlgefiillig  sein 
konne.  Ein  Redner,  wie  jener  Placentiner,  werde  mit  Recht 
getadelt,  wenn  er  j/rcctda  statt  pergula  gesagt  und  so,  wie 
zu  beiliiufiger  Erliiuterung  hinzugefOgt  wird ,  gleichzeitig 
durch  immutatio  und  transmutatio  gefehlt  habe.  Dahin- 
gegen  ein  Dichter  wie  Ennius  durfte  sogar  zweimal 
hinter  einander  den  (vom  Standpuiikte  correcten  Lateins  aus) 
fehlerhaften  Genitivus  oco  setzen  vermoge  des  souveriinen  . 
Kechtes  der  Poesie.  Einzelnes  der  Art  komme  freilich  auch 
in  Prosa  vor,  wie  wenn  Cicero  fiir  *Cambus*  mittels  einer 
immutatio  'Canvjms'  (oder  rCanopitaey)  sagte,  oder  viele  Autoren 
fiir  Tarsumcnnus  mittels  einer  transmutatio  ^Trasumennus9. 


sammengestcllt  sind,  so  ist  daa  abgekurzter  Ausdruck,  indem  unter 
tnutatio  sowohl  immutatio  als  tranamututio  begriifen  werden.  Und  so 
ist  eben  auch  in  der  rhetorischen  Dreithcilung  das  mutatio  zu  faasen. 


Digitized  by  Google 


714 


GRAMMATISCUES  BEI  QUINTILIAN 


Die  Genitivform ,  sei  es  Metioeo  Fufetioeo,  oder  viel- 
leicht  auch  Mettoeo  F.  (wie  denn  M^ttoc,  nicht  MeTnoc, 
die  durchgangige  Schreibung  des  Chisianus  beim  Dionysius 
istj,  liegt  zu  deutlich  in  der  Ueberlieferung  der  Handschriften, 
als  dass  nian  sie  verkennen  konnte.  etieo  fufetioeo  steht  im 

Bernensis;  Srieo  fufecio  eo  (nur  das  c,  wofeni  es  nicht  viel- 
mehr  ein  /  sein  soll,  von  ganz  junger  Hand  ubergeschrieben) 
im  Text  des  Bambergensis,  wahrend  die  zweite  Hand  am 
Rande  mcttioeo.  d-fuTetioeo  gibt;  metti*eo  et  futtetio  eo,  mit 
Kasur  eines  Buchstaben  nach  metti,  und  das  eo  beidemale 
von  zweiter  Hand,  im  Ambrosianus;  et  tieo  fufectio  eo  im 
Turicensis;  mettieo  suffectieo  im  Lassbergensis.  Dass  ein 
metrisches  Bedenken  (wenn  man  nur  nicht  mit  Meyer  die 
allein  unmoglichen  Formen  Mcttioco  und  Fufettioeo  annimmt) 
nicht  entgegenstehe ,  hat  G.  Hermann  (bei  Meyer)  sehr 
richtig  bemerkt.  Freilich  konnte  nicht  Metioeo  Fufetioeo  so 
neben  einander  stehen,  mit  undenkbarer  Verliingerung  des  o; 
aber  warum  konnte  es  nicht  im  Verse  des  Ennius  Metiocoque 
Fufetioco  heissen?  warum  nicht,  was  ebenfalls  schon  Her- 
mann  als  moglich  bezeichnet,  Metioeo  am  Ende  des  Verses, 
603  Fufetioco  zu  Anfang  des  folgenden  gesetzt  sein?  warum  end- 
lich  konnte  nicht  der  Dichter  die  beiden  Namen  mit  eupho- 
nischer  Wirkung  so  vertheilen  wie  in 

Koupnc  ^QiceavoTo  TeXrievToc  TTOTa^oio  ? 

woraus  doch  auch  ohne  allen  Anstand  bloss  'QK€avoio  ttoto- 
uoTo  citirt  werden  durfte,  wenn  es  nur  auf  die  Nachweisung 
jener  Genitivendung  ankam.  —  Dass  ubrigens  diese  Ennia- 
nische  Bildung  nicht  in  der  einheimischen  Entwickelung  der 
lateinischen  Declination  wurzelt,  soudern  lediglich  von  dem 
roraischen  Schopfer  der  epischen  Kunstform  auf  eigene 
Gefahr  gewagt  worden  ist  nach  Homerischem  Vorbilde, 
leuchtet  wohl  ohne  Ausfiihrung  ein. 

Beilaufig  noch  einige  Worte  zur  Rechtfertigung  der 
Formen  Traaumcnnum  pro  Tarsumenno.  Buchstablich  so  hat 
der  Bernensis;  trasOenml  pro  torsumenno  der  Bambergensis 
im  Text  von  erster  Hand,  ehe  eine  ganz  junge  die  Linie 
Uber  dem  ersten  u  durchstrich  und  mi  Uber  ue  setzte;  transu- 


Digitized  by  Google 


GRAMMATISUHES  BEI  QUINTILIAN. 


715 


metium  pro  thasumcno  der  Ambrosianus  und  die  zweite  Hand 
des  Bamb.  am  Rande;  trasimcnnum  pro  tarsimcno  eine  dritte 
(gleichfalls  alte)  Haud  ebendaselbst;  trasumiennium  pro  tarsu- 
IHHtttllO  der  Turicensis;  trausumicnnum  (mit  Tilgung  des 
ersten  u)  pro  tarsumienno  der  Lassbergensis.  Also  erstens 
das  u  der  Antepaenultima,  und  zweiteus  das  doppelte  ntt 
hinlanglich  gesichert.  Und  zwar  beides  in  bester  Ueberein- 
stiramung  mit  massgebenden  Handschriften  anderer  Autoreu- 
texte.  Aus  Strabo  V,  2,  0  (wo  nur  Tracouutvva  verschrieben), 
Cicero  de  div.  IT,  8,  24,  de  deor.  nat.  II,  3,  8,  Brut.  14,  57, 
Nepos  Hann.  4,  Livius  XXII,  4  wies  das  u  nach  Halm  zu 
Cicero  pro  Roscio  Am.  32,  8'J  und  schrieb  hier  (wie  vor 
ihm  Ellendt  in  Ciceros  Brutus)  Trasumenum,  vvas  sich 
auch  im  Lemma  des  Gronov'schen  Scholiasten  erhalten  hat. 
Das  nn  aber,  welches  an  dcr  Stelle  pro  Roscio  selbst  in  dem 
trahasimcmium  des  Helnistadiensis,  desgleichen  in  dem  tras- 
summnum  des  Heinsianus  bei  Cic.  de  div.,  in  dem  trasimemnum 
eines  Lagomarsinianus  im  Hrutus  versteckt  ist,  offeu  vorliegt 
aber  in  der  Ueberlieferung  bei  Strabo,  in  trhasymeimUm  des 
Puteaneus,  trastjmenuum  des  Colbertinus  und  des  Mediceus 
bei  Livius  II,  4  §  2,  sowie  in  transymcnnum  aller  drei 
Codices  ebend.  §  1,  ferner  in  trans  sumennum  des  Vossianus 
bei  Cic.  de  div.,  in  thrasymennus  des  Nazarianus  bei  Florus 
1,22,13  [H,r>|,  in  thrasymennum  (oder  fras-  oder  thrasitn-)  des 
Bernensis  bei  Valerius  Max.  IV,  8,  ext.  1.  IX,  11,  ext.  4.  IX, 
12,2,  —  dieses  Doppel-w  brachte  wohl  zuerst  Alschefski  bei 
Livius  zur  Anerkennung,  worauf  die  Schreibung  Trasumennus  604 
ihren  Platz  in  den  Halmschen  Texten  des  Florus  sowohl  als  des 
Valerius  (auch  I,  6,  6.  III,  7,  0)  gefunden  hat.  —  Dass  nun 
aber  dafur  als  Ultere  Form  Tarsumennus  bestand,  rait  der 
Metathesis  welche  ausfiihrlich  behandelt  worden  im  Rhein. 
Mus.VII  p.  5(J5f.  VIII  p.  150  ff.  IX  p.478ff.,  640  [=  Opusc.II 
p.  528  ff.J,  wird  uns  erstlich  durch  die  griechische  Schreibimg 
Tapcmevnv  bei  Polybius  III,  82,  i)  bestiitigt,  und  findet  einen 
weitern  Anhalt  an  unzweideutigen  handschriftlichen  Spuren 
in  Cicero  s  Brutus.  Denn  hier  haben  die  Form  tarsuincnnum 
geradezu  erhalten  drei  Lagomarsinische  Codices  (daruuter  die 
zwei  besten)  nebst  dem  guten  Venetus  und  dem  Ottobonianus, 


Digitized  by  Google 


716 


GRAMMATISCIIES  BEI  QUINTILIAN. 


denen  sich  niit  tarsimenujn  ein  vierter  Lagomarsinischer  an- 
schliesst,  der  ebenfalls  zu  den  bessern  gehort.  Darf  man 
daher  hier  mit  Fug  und  Recht  Tarsumennum  in  den  Teit 
setzeu,  so  ist  auch  kaum  zu  zweifeln,  dass  in  andern  Cicero- 
nischen  Stellen,  wo  uns  handschriftliche  Gewahr  nicht  mehr 
zur  Seite  steht,  dieselbe  Form  nur  im  Laufe  der  Zeit  ver- 
wischt  worden  ist.  Denn  dass  sie  dem  Quintilian  nicht  als 
eine  Seltenheit  erschien,  geht  doch  daraus  hervor,  dass  er 
nur  von  'multi  auctores'  spricht,  welche  die  andere  'vindi- 
caverunt'.  Dass  die  letztere  die  gewohuliche  wurde,  die  alte 
allmahlich  verdrangt  ward,  dazu  wird  wesentlich  der  Einfluss 
der  daktylischen  Poesie  mitgewirkt  haben,  welche  ein  Tarsu- 
tnennus  (oder  auch  Tarsumenus)  fur  den  Vers  nicht  braucben 
konnte.  Also  schon  in  des  Ennius  Annalen  musste  Trasn- 
mennus  vorkommen;  selbst  aus  cinem  bestimmten  Fragment 
konnten  wir  sie  noch  nachweisen,  wenn  einer  Vermuthung 
Silligrs  zu  trauen,  der  in  des  Plinius  Worten  N.  H.  XV,  76 
quod  non  Trcbia  aut  Trasimcnus,  non  Cannae  busto  insignes 
Bomani  nominis  perfieere  potuere  Verse  des  Enuius  durchzu- 
horen  meinte,  etwa  so: 

 non  Trebia  aut  Trasumennus, 

Non  Cannae  insignes  Komani  nomini'  busto. 

Neben  der  transmutatio  machte  sich  dann  bald  der  im  Latein 
in  so  weitem  Umfange  eingetretene  Uebergang  des  u  in  i 
geltend,  zugleich,  wie  es  wenigstens  nach  den  Handschriften 
scheinen  kann,  mit  der  Vereinfachung  des  «,  wofern  nicht 
diese  letztere,  ebenso  wie  das  hiiufige  th  zu  Anfang  und  das 
605  y  iu  der  zweiten  Sylbe4),  nur  auf  mittelalterlichen  Abusus 

4)  Dieses  y  zwar  konnte  sich  jemand  versucht  fahlen  auf  die  That- 
sache  zuriickzufuhren,  daes  man  wirklich  schon  im  Alterthum  angefanpen 
hat  den  Mittelton  zwiachen  u  und  i,  fur  den  daa  vom  Kaiser  Claudiui 
erfnndcne  Zeichen  ao  wenig  Bestand  hatte,  auch  in  lateinischen  \Sorien 
durch  y  auazudriicken,  wie  weun  man  gybernator,  vyragincm,  unityria, 
gyla,  inclytus  und  so  manches  andere  schrieb,  waa  man  aich  ans  der 
ungesichteten  Masee  bei  Schuchardt  'Vocalismus  de9  Vulgarlateins' 
II  p.  197  ff.  herauszusuchen  hat:  vgl.  Bucheler  de  Ti.  Claudio  graro- 
matico  p.  19.  33.  Aber  die  In8chriftcn,  die  dergleichen  bieten,  geben 
sich  durch  80  untriigliche  Kennzeichcn  ala  spiiter  uud  BpateBter  Zeit 


.  Digitized  by  Google 


GRAMMATISCHES  BEI  QUINTILIAN.  717 

zuruckgeht.  Daher  also  das  jetzt  allgemein  gewordene  Trnsi- 
menus  in  den  Texten  der  Dichter  sowohl,  wie  Ovid  Fast. 
VI,  757;  Silius  IV,  740.  V,  8.  XI,  172.  347 5);  Statius  Silv. 
I,  4,  86,  als  bei  Prosaikern,  wie  Seneca  de  ira  II,  5;  Pli- 
nius  N.  H.  II,  200.  241.  VII,  106.  XV,  76;  Orosius  IV,  15. 
18.  So  weit  diese  Autoren  noch  vorquintilianische  waren, 
haben  sie  —  wenigstens  theilweise  —  hochst  wahrscheinlich 
Trasum-  geschrieben.  Gewisser  ist,  dass  die  vorletzte  Sylbe, 
auch  bei  etwaiger  Schreibung  niit  einfachem  n,  immer  lang 
war:  daher  auch  Polybius  ohne  Zweifel  nicht  Tapctuevnv, 
sondern  Tapauevvnv  setzte  wie  Strabo.  —  Eine  seltsame 
Corruptel,  aus  der  sich  nur  etwa  auf  u  fiir  i  schliessen  lasst, 


angehorig  kund,  dass  daraus  hSchstens  fur  den  Text  des  Orosius  etwaa 
zu  schliessen  wiire,  mit  nichten  fur  den  der  altern  oben  genannten 
Autoren. 

5)  Eben  erst,  nach  dem  Abschluss  des  Manuscripts,  geht  mir  eine 
Ton  Georg  Thilo  erbetene  dankenswcrthe  Auskunft  iiber  die  hand- 
scbriftliche  Ueberlieferung  im  Silius  Italicus  zu.  Danach  hat  der  von 
Thilo  verglichene  Vaticanus  n.  1652  in  V,  8  thrasymenni,  XI,  172 
trasimenna ,  XI,  347  transimenna,  und  nur  IV,  740  trasimenus.  Also 
neae  erwunschte  Bestatigungen  der  Schreibung  mit  nn,  welche  das 
einfache  n  immer  verdiichtiger  machen.  Muthmasslich  ist  es  nur  der 
Mangel  entweder  an  guten  Handschriften  oder  an  genaueu  Ver- 
gleicbungen,  der  die  Vulgate  Trasimenus  bei  manchen  Autoren  zu 
schutzen  scheint.  —  [Nachtriiglich  finde  ich  auch  noch  aus  f  Laur.' 
(doch  wohl  Laurentianus)  des  Orosius  IV,  t5  die  Schreibung  thransy- 
mennum  angefuhrt  bei  Schuchardt  'Vocalismus  des  Vulg&rlateins  *  II 
p.  200:  80  dasa  man  immer  geneigter  werden  muss,  Tarsumennus  (da- 
neben  wohl  auch  Tarsimennus),  Trasutnennus  und  Trasimennus  als  dio 
einzigen  correcten  Formen  anzuerkennen.  ^[Nach  Zangemeister^s 
Mittheilung  steht  im  Laurentianus  (plut.  65,  1)  des  Orosius:  p.  255,  3 

h 

(Hav.  1788)  transumennum,  p.  255,  8  trasymennum,  p.  255,  12  trasy- 
mi\num  {h  von  erater  Hand  dariiber,  e  am  Ende  der  Zeile  =  en), 
p.  265,  16  thrasumcnnus.  ]>  —  Als  weitern  Nachtrag  darf  ich  die  An- 
gabe  nicht  nnterlassen,  dass  bei  Quintilian  Trasumennum  pro  Tarsu- 
menno  schon  in  der  Bonneirschen  Ausgabe  (die  mir  frfiher  nicht  zur 
Hand  war)  Aufnahme  gefunden  hat,  freilich  zugleich  neben  der  ver- 
kehrten  Schreibung  Mettioeo  Fufettioeo.  —  Ob  in  den  Worten  cum  r 
praeponeret  e  antecedenti  das  allerdings  entbehrliche  e  im  Bernenais 
fehlt,  habe  ich  zufallig  von  Halm  nicht  erfahren.] 


Digitized  by  Google 


718 


GRAMMATISCIIKS  BBI  QtUNTILIAX 


ist  bei  Plutarch  Fab.  Max.  3  tuv  KaXouuivnv  Gpacuviav 
Xiuvnv,  was  Sintcnis  ebenso  seltsam  bat  in  seinem  Texte 
steben  lassen. 


3. 

I,  6,  27:  Quid  de  aliis  dicam,  cum  scnatus  senatui 
senati  an  setmtus  faciat,  incertum  sit? 
606  So  die  Beroer  Handschrift,  die  Bamberger  von  erster 
Hand  und  der  Ambrosianus  IT;  dagegen  cum  senatus  senatus 
senatui  an  senatus  senafi  senato  faciat  der  Ambrosianus  I,  die 
zweite  Hand  des  Bamb.  und  ebenfalls  die  zweite  Hand  des 
Turicensis,  welcher  letztere  von  erster  hat  cum  senatus  senatui 
senatus  an  scnatus  scnati  scnato.  Die  verfehlten  Herstellungs- 
versuche  der  bisherigen  Herausgeber  konnen  mit  Stillschweigen 
iibergangen  werden,  da  es  in  der  That  nur  einiger  Vertraut- 
heit  mit  den  Thatsachen  des  alten  Latein  bedarf,  um  mit 
Zuversicht  als  das  einzig  Richtige  zu  erkennen: 

cum  senatus  *scnatus  senatuV  an  'senati  scnatu' 

faciat,  incertum  sit 

Ueber  deu  Genitiv  senati  vgl.  Rhein.  Mus.  VIII  p.  404  f.;  an 
ein  Varronisches  scnatuis  (Mon.  epigr.  tria  p.  Vlff.)  ist  natur- 
lich  fiir  Quintiliau  s  Zeit  nicht  zu  deuken.  —  Dass  den  Dativ 
Julius  Caesar  sogar  ausschliesslich  scnatu  gebildet  haben 
wollte,  wissen  wir  durch  Gellius  IV,  16,  9.  —  Jeder  Un- 
deutlichkeit  htitte  der  Schriftsteller  vorgebeugt,  wenn  er 
geschrieben  hiitte  cum  scnatus  scnatusnc  scnatui  an  —  faciat; 
aber  die  Handschriften  fiihren  auf  nichts  derartiges,  und 
uneutbehrlich  ist  ja  doch  das  nc  nicht.  Quintilian,  wenn  er 
sich  bei  allen  von  ihm  beriihrten  Fragen  dieser  Art  sehr 
knapp  ausdriickt,  rechnet  eben  auf  das  Verstandniss  ein- 
sichtiger  Leser. 


4. 

1,4,8:  ut  medius  est  quidam  u  et  #  litterae  sonus:  non 
enim  sic  optimum  dicimus  ut  opimum,  et  in  here  ueque  c  plane 
neque  i  auditur. 


Digitized  by  Google 


GRAMMATISCIIES  BEI  OUINTILIAN. 


719 


Hier  war  opimum,  was  aus  einer  Ausgabe  in  die  andere 
flberzugehen  pflegt,  friiher  blosse  Conjectur,  die  als  solche 
kaum  Beifall  finden  durfte;  sie  wird  aber  auch  dadurch  nicht 
probabler,  dass  wir  sie  jetzt  als  Lesart  sogar  der  besten 
Bflcher  kennen  lernen.  Denn  optimum  dicimus  ut  opimum 
geben  wirklich  der  Bernensis  und  der  (aus  ihm  copirte) 
Bambergensis  erster  Hand;  die  Mehrzahl  der  Biicher  hat 
optimum  d.  ut  optimum,  nur  der  Turicensis  von  zweiter  Hand 
optimum  d.  ut  optumum,  und  umgekehrt  die  (oft  vorzugsweise 
berflcksichtigungswerthe)  zweite  Hand  des  Bamb.  am  Rande 
optumum  d.  ut  optimum.  —  Hatjte  Quintilian  wirklich  opimum 
geschrieben,  so  miisste  man  gestehen,  dass  er  ein  unpassen- 
deres  Beispiel  gar  nicht  hatte  wahlen  konnen,  aus  zwei  6u7 
(iriinden.  Erstens,  weil  ein  kurzes  und  ein  langes  i  an  sich 
schlechthin  unvergleichbar  mit  einander  sind.  Zweitens,  weil 
opimus,  friiher  opeimus  geschrieben  (die  Miinzaufschrift  opei- 
mivs  biirgt  dafiir),  gerade  mit  dieser  Schreibung  bezeugt, 
dass  die  Mittelsylbe  einen  aus  urspriinglichem  e  (wie  in 
paperivs,  und  dem  abgekiirzten  opem-  selbst)  allmahlich  in 
i  ubergegangenen  Laut  (die  sogenannte  i  pinguis)  hatte,  folg- 
lich  gar  keinen  reinen  Gegensatz  zu  optimus  bildete,  vielmehr 
mit  diesem,  abgesehen  von  dcr  Quautitat,  in  gewissem  Sinne 
eher  analog  als  heterogen  war.  Fiir  das  zweite  optimum  aber 
bei  Quintilian  irgend  ein  anderes  Wort  substituiren  zu  wollen 
«lflrfte  verlorene  Miihe  sein:  ich  wiisste  weder  ein  den  iibrigen 
Buchstaben  noch  der  Endung  nach  iihnliches,  das  wir  hier 
brauchen  konnten,  da  alle  Endungen  auf  imus  entweder 
langes  i  haben  wie  patrimus,  primus,  imus,  oder  den  Mittel- 
ton  mit  optimus  theilen,  wie  srptimus,  proximus,  finitimus, 
kgiiimus.  Wie  Quintilian  geachrieben  haben  wird,  gibt  uns 
das  Niichstfolgende  an  die  Hand:  'et  in  here  neque  e  plane 
neque  t  auditur'  (denn  das  vor  H  ausgefallene  IN  ist  gar 
nicht  zu  entbehren).  Dem  entsprechend  also  vorher: 

non  enim  sic  optimum  dicimus  ut  [aut  optumum  aut]  optimum: 

ein  Ausfall,  der  sich  durch  Abirren  des  Auges  einleuchtend 
genug  erkliirt.  Das  heisst  also:  das  Wort  optimum  (denn  als 
solches  musste  es  doch  in  irgend  einer  Form  vorangeschickt 


Digitized  by  Google 


720  GRAMMATISCHES  BEI  QI  INTILIAN. 

werden,  natflrlich  also,  da  sich  nicht  OPT*MVM  setzen  liess, 
in  der  damals  iiblichsten)  hat  in  seiner  zweiten  Silbe  einen 
Mittelton,  den  man  weder  mit  optumum  noch  mit  der  Schreibung 
optimum  selbst  genau  ausdruckt,  weil  er  weder  ganz  u  noch 
ganz  i  ist  (sondern,  diirfen  wir  hinzusetzen,  wie  das  grie- 
chische  u  oder  das  deutsche  ii  lautete).  —  Die  pragnante 
Kurze,  deren  sich  Quintilian  bei  seinen  grammatischen  An- 
deutungeii  (deun  mehr  solche  als  irgend  Ausfuhrungen  sind 
es  ja)  uberall  befleissigt,  lasst  die  empfohlene  Fassung  passend 
genug  erscheinen.  Das  opimum  ist  offenbar  nichts  als  ein, 
schon  ziemlich  alter,  Besserungsversuch ,  gemacht,  als  die 
Worte  out  optumum  aut  schon  ausgefallen  waren,  um  in  das 
nun  zurUckgebliebene  optimum  ut  optimum  nur  irgend  einen 
Sinn  zu  bringen. 

Was  sowohl  im  Niichstfolgenden  wie  im  unmittelbar 
Vorhergehenden  sonst  noch  von  Kleinigkeiten  zu  bessern. 
ist  bereits  alles  durch  einzelne  Emendationen  Einzelner  vor- 
608  weggenommen,  nur  dass  die  heutigen  Texte  bald  das  eine 
bald  das  andere  davon,  um  nur  ja  die  landlaufigsten  Ab- 
8chreibersiinden  in  gebuhrenden  Ehren  zu  halten,  wieder 
aufgegeben  und  so  ein  logisch  oder  stilistisch  unertragliehes 
Latein  geschaffen  haben.  Glatt  und  sauber  in  der  Form  und 
biindig  im  Gedanken  wird  die  Rede  nur  in  folgender  Gestalt 
und  Interpunction ,  wie  sie  iibrigens  grosstentheils  schon  die 
Spalding?sche  Ausgabe  gibt,  gegen  welche  die  neuern  ent- 
schiedene  Riickschritte  aufweisen: 

An  cuiuslibet  auris  est  exigere  litterarum  sonos?  non 
hercule  magis  quam  nervorum.  At  grammatici  saltem 
omnes  in  hanc  descendent  rerum  tenuitatem:  desintne 
aliquae  nobis  necessariae  litterae,  non  cum  graeca  scri- 
5  bimus  (tum  enim  ab  isdem  duas  mutuamur),  sed  proprie 
in  latinis:  ut  in  his,  servvs  et  vvlgvs,  aeolicum  di- 
gammon  desidcratur;  ut  medius  est  quidam  «  et  t  litterae 
sonus:  non  enim  sic  optimum  dicimus  ut  aut  optumum 
aut  optimuni]  et  in  hcre  neque  e  plane  neque  •  auditur; 
10  —  an  rursus  aliae  redundent  (praeter  notam  illam  ad- 
spirationis,  quae  si  neccssaria  est,  etiam  contrariam  sibi 


Digitized  by  Google 


GRAMMATISCIIE8  BEI  QUINTILIAN.  721 


poscit):  ut  K,  quae  et  ipsa  quoruudani  nominum  nota 
est;  et  Q,  cuius  similis  eflfectu  specieque,  nisi  quotl 
paullum  a  nostris  obliquatur,  kopjKi  apud  Graecos  nunc 
15  tantum  in  numero  manet;  et  nostrarum  ultiuia,  qua  tam 
earere  potuimus  quam  psi  non  quaerimus. 

Zeile  2  ist  mir  das  Aut  der  Handschriften  so  unverstandlich 
wie  Zumpt  s  Vertheidigung.  —  Z.  3  ware  desint  aliquaene, 
was  im  Bernensis  und  von  erster  Hand  im  Bambergensis 
ateht,  eine  unerhorte  Wortstellung;  das  naturliche  und  allein 
usuelle  desintnc  aliquae  hat  die  zweite  Hand  des  letztern 
richtig  corrigirt.  —  Warum  Z.  4  der  Schriftsteller  Utterarum 
gesetzt  haben  sollte  statt  des  einfachen  und  normalen  litterae, 
begriffe  man  auch  nicht;  erhalten  haben  das  letztere  sowohl 
Bern.  als  die  erste  Hand  des  Bamb.,  wiihrend  nur  die  zweite 
das  verkehrte  litterarum  gibt6).  —  Z.  7  kann  es  sehr  frag- 
lich  erscheinen,  ob  statt  ut  tnedius  —  nicht  vielmehr  ct  coa 
tnedius  gestanden  habe,  so  unanstossig  auch  an  sich  die 
rhetorische  Wriederholung  des  ut  ist.  Wenigstens  wiirde  der 
im  Folgenden  gewiihlten  Satzgestaltung  an  rurst(s  — :  ut 
K — ;  et  Q — ;  et  nostrarum — ,  an  hiesiger  Stelle  genau 
entsprechen  desintne  — :  ut  in  his  — ;  et  medius  — ;  et  in 
'here'  — .  Obwohl  freilich  auch  an  jener  Stelle  ut  K  — ; 
ut  Q — ;  ct  nostrarum  —  moglich  wiire.  Hiilt  man  einmal 
einen  beabsichtigten  Parallelismus  beider  Satzbildungen,  der 
allerdings  logisch  nicht  absolut  nothwendig,  fiir  wahrschein- 
lich,  so  wiirde  sich  wohl  ut — ,  et — ,  ct  —  immer  noch 
mehr  empfehlen  als  ut  — ,  ut  — ,  et  — ,  weil  man  in  diesem 
Falle  der  rh^torischen  Concinuitat  halber  doch  eher  ein 
dreiuialiges  ut  — ,  ut  — ,  ut  —  erwarten  wiirde.  —  Wie  Z.  9 
das  in  entbehrt  werden  konne,  erklarte  ich  schon  oben  fiir 
unfindbar.  —  Z.  10  kann  notam,  welches  vor  illam  noch 
leichter  austiel  als  nach  aspirationis,  nicht  fehlen,  weil  sonst 
im  Folgenden  das  quac  ct  ipsa  —  nota  est  gar  nicht  zu 

6)  [Ob  Z.  5  propriae  statt  proprie,  wie  ich  bei  Bounell  auB  dem 
Bambergetisis  augefubrt  tiude,  etwa  auch  iui  Bernenaia  steht,  wei*w 
ich  nicht;  zu  vertheidigen  scheint  ea  mir  kauni  bei  logisch  scharfer 
Interpretation.] 

VR.  BITStUKLII  OPV8CVLA  III.  46  • 


Digitized  by  Google 


722  GRAMMATI8CHES  BEI  QUINTILIAN 


verstehen  ware.  —  Z.  12  ist  ut  so  nothwendig  wie  Z.  13 
vor  Q  das  et,  wenn  gegliederter  Satzbau  und  deutliche  Rede 
herauskomnieu  soll,  obgleich  letzteres  (nach  est)  die  geringern 
Handschriften  (nicht  die  Berner  und  die  Bamberger)  ganz 
auslassen,  fiir  das  erstere  aber  alle  et  geben.  —  Z.  13  er- 
halt  Spaldings  unweigerlich  erforderliches  similis  effectu 
specicque  erwiinschteste  Bestiitigung  durch  den  Bernensis,  der 
gerade  so  hat,  sowie  den  Bambergensis,  in  dem  von  erster 
Hand  effectus  (abcr  mit  wieder  ausradirteni  s)  spccieque  steht, 
wahrend  erst  die  zweite  die  vermeintliche  Verbesserung 
spccicsque  anbrachte.  —  Z.  14  ist  es  einleuchtendermassen 
reine  Thorheit,  das  cappa  der  Handschriften  mit  Berufung 
auf  Buttmann's  (gar  nichts  beweisende)  Grammatik  verthei- 
digen  zu  wollen;  nachdem  er  eben  vom  K  d.  i.  xdnTTCi  ge- 
sprochen,  konnte  Quintilian,  auf  das  ?'  iibergehend,  unmog- 
lich  anders  als  coppa  oder  koppa,  wo  nicht  vielmehr  griechisch 
kottttci  sagen.  —  Z.  16  ist  des  Petrus  Pithoeus  treffliche 
Emendation  qttam  psi  quacrimus  fiir  das  quam  si  quaerimus 
der  besten  Biicher  so  schlagend,  dass  von  den  Interpolationen 
der  schlechtern  nicht  weiter  zu  reden  ist. 


5. 

Nach  den  nun  folgenden  Worten  fAtque  etiam  in  ipsis 
vocalibus  .  .  .  .  et  vos  ut  tvos',  wie  sie  oben  unter  1. 
eio  festgestellt  wurden,  fahrt  sodann  Quintilian  I,  4,  10  fort: 
fAt  quae  ut  vocales  iunguntur,  aut  unam  longam  faciunt* 
ut  veteres  scripserunt  qui  geminatione  earum  velut  apice 
utebantur,  aut  duas:  nisi  quis  putat  etiam  e*  tribus  voca- 
libus  syllabam  fieri,  si  non  aliquae  officio  consonantium 
fungantur.' 

So  die  guten  Handschriften,  von  denen  die  geringera 
nur  dadurch  abweichen,  dass  sie  nach  fieri  entweder,  wie 
die  Lassberg'sche,  quod  nequit,  oder,  wie  die  ZQricher  von 
zweiter  Hand,  quod  nequit  fieri  einschieben:  eine  so  augen- 
scheinliche  Interpolation ,  dass  wir  uns  dabei  nicht  aufzu- 
halten  haben.  Desto  griindlichere  Schwierigkcit  macht  aber 
das  aut  duasf  in  Betreff  dessen  ich  Stiinder's  Argumentation 


Digitized  by  Google 


GRAMMATISCHK8  BEI  QUINTILTAK 


723 


a.  a.  0.  p.  22  ff.  im  wcseutlichen  vollkommen  richtig  findc. 
Auf  den  ersten  Blick  kann  es  scheinen,  als  wolle  der  Schrift- 
steller  nur  iiberhaupt  von  der  Verbindung  (d.  i.  dem  Neben- 
einanderstehen)  zweier  Vocale  sprechen  und  die  verschieden- 
artige  Geltung  einer  solchen  Verbindung  erortern.  Ganz 
recht  wurde  er  dann  als  ersten  Fall  dcn  setzen,  wenn,  wie 
iu  Accianischer  Zeit,  AARA  LBE6E  LWCEM  geschrieben  wurde 
zuin  Ausdruck  eines  langen  'Vocals'  (nicht  einer  langen 
'Sylbe');  als  zweiten  den,  wenn  dadurch  zwei  —  mit  nichten 
Vocale,  sondern  Sylben  (was  doch  nicht  cinmal  dasteht) 
gebildet  werden,  wie  z.  B.  in  duas  selbst  oder  deus  filius 
o.  s.  w.  Wie?  und  den  dritten  Fall,  dass  beide  Vocale  zu 
einer  Sylbe  zusammenschmelzen,  wie  in  aut  haec  ftoena, 
d.  h.  zu  einem  Diphthong  werden,  sollte  er  geradezu  mit 
Stillschweigen  Obersprungen  haben?  und  dennoch  gleich 
darauf  sogar  den  Fall,  dass  drei  Vocale  nur  eine  Sylbe 
bilden,  wenigstens  als  Moglichkeit  oder  als  theoretische  An- 
sicht  erwiihnen?  Eine  solche  Uebergehung  ist  als  Absicht 
rein  undenkbar.  Zugleich  aber,  wie  hier  etwas  zu  wenig,  ist 
anderseits  etwas  zu  viel.  Denn  ebensowenig  konnte  es  in 
der  Absicht  des  Schriftstellers  liegen,  den  einen  der  vorher 
aufgefiihrten  Fiille  uberhaupt  heranzuziehen :  niimlich  den 
zweiten,  der  hier  gar  nicht  am  Orte  ist.  Denn  mit  nichten 
will  er  von  jedem  Zusammentreffen  zweier  Vocale  handeln, 
sondern  eben  nur  von  denen  *quae  ut  vocales  iunguntur% 
welcher  Begriff  viel  schiirfer  und  enger  zu  fassen  ist  als  ein 
blosses  iuxta  ponuntur.  Dass  es  vielmehr  so  viel  ist  wie 
fm  unam  syllabam  coagmentantur' ,  sah  Meyer  sehr  richtig, 
nur  dass  er  eine  falsche  Anwendung  davon  machte,  und 
Stiinder  belegt  diese  Bedeutung  mit  zutreffenden  Beispielen 
der  Grammatiker.  Quintilian  selbst  meint  es  nicht  anders, 
wenn  er  bald  darauf  §  11  nach  Erwiihnung  der  Ciceronischen  gh 
Scbreibung  aiio  maiiam  *geminata  i'  fortfahrt:  quod  si  cst, 
ctiam  iungetur  ut  consonans,  d.  h.  i  macht  mit  dem  folgenden 
o  oder  a  eine  Sylbe  (wiihrend  das  erste  i  mit  dem  voran- 
gehenden  Vocal  zusamniengehdrt).  Darauf  weist  ja  auch 
klarlich  der  Uebergang  mit  At  quae  .  .  .  hin,  in  diesem 
Gegensatze:  Svenn  zwei  Vocalzeicheu  nebeneinander  stehen, 

46* 


Digitized  by  Google 


724 


GRAMMATISCHES  BEI  QUINTILIAN. 


so  ist  entweder  das  eine  gar  kein  Vocal,  sondern  vielmehr 
Consonant,  wie  in  iam  und  tws,  oder  aber  es  sind  zwei 
Sylben,  wie  in  ctiam  und  tuos\  hingegen  wenn  es  zwei 
Vocale  sind,  die  als  solche  zu  einer  Einheit  werden,  so 
ist  das  entweder  die  alte  Schreibweise  fiir  Vocallange  oder 
—  Diphthong'.  Es  bleibt  gar  nichts  anderes  iibrig.  Aber 
es  gibt  aucli  keinen  andern  Ausdruck  fur  diesen  hier  uner- 
lasslichen  Begriff,  als  eben  diphthongum  oder  sehr  mog- 
licher  Weise  griechisch  biqpeoYYOV,  und  so  muss  Quintilian 
da  geschrieben  haben,  wo  jetzt  duas  steht,  So  befremdlicn  * 
auch  diese  Vertauschung  beim  ersten  Anblick  erscheinen 
mag,  es  ist  unerbittliche  Logik,  die  zu  dieser  Aunahme 
zwingt.  Entstanden  ist  das  duas  offenbar,  und  schon  iu 
recht  friiher  Zeit,  aus  der  erkliirenden  Beischrift  eines  Lesers, 
der  sich  den  Gegensatz  suchte  zu  dem  unam  in  dem  voraus- 
gegangenen  aut  unam  longam  faeiunt,  wozu  er  falschlieh 
syllabam  supplirte.  Und  wahrscheinlich  geschah  diess  in 
eiuer  Handschrift,  in  der  statt  des  griechischen  Wortes 
(wie  so  huurig)  eine  Liicke  gelassen  war,  welche  denn  ein 
Spiiterer  meiuen  konnte  durch  das  selbsterdachte  duas  ganz 
schicklich  auszufullen. 

An  die  Erwahnung  der  Diphthonge  schliesat  sich  nun 
durchaus  ptissend  die,  unverkennbar  misbilligende,  Aeussenmg 
tiber  die  etwaige  Annahme  auch  eines  Triphthongs  an:  fman 
miisste  denn  auch  aus  drei  Vocalen,  und  zwar  ohne  dass 
einer  derselben  bloss  consonantische  Kraft  habe,  eiue  Sylbe 
wollen  entstehen  lassen'.  Was  mit  den  Worten  si  non  ali- 
quae  officio  consonantium  fungantur  ausgcschlossen  wird.  ist 
klar:  es  sind  die  Falle  wie  quae  quoi  seruae  Troiac,  auch 
seruei  scrucis  oucis  nach  iilterer  Schreibung.  Welche  aber 
w^rden  als  ihnen  entgegengesetzt  gedacht  ?  Die  bald  darauf 
(§  11)  erwahnten  Ciceronischen  Schreibungen  aiio  maiia. 
oder  selbst  das  von  Julius  Caesar  empfohlene  pomfeui 
(Priscian  I  p.  14  Hertz)  kann  Quintilian  nicht  gemeiut  haben. 
da,  besonders  nach  der  griindlichen  Belehrung  vou  W. 
Schmitz  ?Studia  orthoepica  et  orthographica  latina?  (in 
dem  Diirener  Gvmuasialprogramm  von  1800),  kein  Zweifel 
ist,  dass  dort  das  eine  /'  eben  als  Consonant  gefasst  wurde: 


Digitized  by  Google 


«RAMMATI8CHES  BEI  QCINTILIAN. 


725 


was  nicht  minder  auch  bci  dem  alten  iovs  iovrare  [iovbeo|  6ia 
der  Fall.  Thorheit  wiire  es  ferner,  etwa  an  die  bei  den 
Dramatikeni  durch  Synizesis  einsylbigen  Forraen,  wie  nicht 
nur  tuae  suae  duac  fund  diei],  sondern  auch  dcae  mcac  (oder 
mceis  decis)  zu  denken,  da  dergleichen  metrische  Singulari- 
taten,  ausser  etwa  wenn  sie  daktylische  Dichter  wie  Virgil 
betrafen,  niemals  sind  von  den  Grammatikern  als  solchen  in 
den  Bereich  ihrer  rein  spraehlichen  Betrachtungen  gezogen 
worden,  am  fernsten  aber  dem  Quintilian  lagen.  Es  bedarf 
durchaus  solcher  Falle,  die  mit  Nothwendigkeit,  nicht  bloss 
durch  individuelles  Belieben,  drei  Vocale  zu  einer  Sylbc 
vereinigten.  Ausgeschlossen  ist  also  auch  der  Gedanke  z.  B. 
an  ein  dreisylbiges  praeoptarit  bei  Catull  und  dergleichen 
(wovon  s.  L.  Muller  de  re  metr.  p.  273);  ausgeschlossen 
auch  der  an  ein  zweisylbiges  praccsse  praccrit:  denn  so  ge- 
schriebeu  waren  diese  Worte  eben  nicht  zwei-,  sondern  drei- 
sylbig,  uud  wenn  sie  zwei§ylbig  sein  sollten,  wurden  sie 
nicht  mit  drei,  sondern  nur  zwei  Vocalen  praesse  praerit 
geschrieben,  wie  in  den  Gesetzesurkunden  des  7ten  Jahr- 
hunderts  (bei  Lachmann  zu  Lucr.  p.  135),  so  gut  wie 
dcsse  dcst  (Mttller  a.  a.  0.  p.  247.  253)  mit  einfachem  c.  — 
lch  weiss  nur  eine  Erscheinung  der  Latinitat,  die  Quintilian 
fuglich  im  Sinne  haben  konnte:  eine  Erschcinung,  die  wir 
zwar  in  den  uns  erhaltenen  Schriften  der  alten  Grammatiker 
nirgends  mehr  beriihrt  tinden,  deren  sichere  Kunde  wir  aber 
den  Inschriften  verdanken.  Es  ist  die  alte  Schreibung  aei 
iiir  ae,  als  deren  Beispiele  ich  schon  in  'Monuni.  epigr.  tria' 
p.  8  f.  (vgl.  p.  21)  zusammenstellte  caeicilivs  auf  dem 
(trenzsteine  der  Pataviner  und  Atestiner  aus  dem  .lahre  613 
(P.  L.  M.  L VII,  A  und  LVIII,  Ab;  C.  I.  L.  Bd.  I  n.  547  6); 
conqvaeisivei7)  auf  dem  Meilensteine  der  via  Popillia  aus 
dem  J.  622  (P.  L.  M.  LI,  B-,  C.  I.  L.  n.  550);  caeicianms 
;iiif  Denaren  der  gens  Cassia  um  die  Mitte  des  7ten  Jahr- 
hunderts  (C.  I.  L.  n.  378):  mit  welcher  Zeit  ziemlich  coinci- 
diren  wird  die  in  Sprachformen  und  Fassung  den  bekannten 


7)  Diese  Form  hiltte  spintisirenden  Grammatikern  sogar  Anlas« 
geben  konnen,  von  cinem  echeinljaren  Tetraphthong  zu  sprechen. 


Digitized  by  Google 


726 


GRAMMATISCllES  BEI  QUINTILIAN. 


Capuanischen  Steinen  so  analoge  Inschrifk  von  Cartagena 
(C.  I.  L.  n.  1478),  die  uns  ein  caeicims  bietet.  Hierzu  eiii 
Tafelcben  von  der  Insel  Majorca  mit  caeicilivs  (C.  I.  L. 
n.  1487);  ferner  noch  aus  der  Regierungszeit  des  Caracallus 
einfc  romische  (Gruter  44,  2)  mit  caeilio8).  Aus  alter  Zeit 
6i3  aber  glaube  ich  noch  das  (freilich  bezweifelte)  praeitor 
mit  um  so  grosserer  Zuversicht  hinzufugen  zu  diirfen,  als 
hier  jene  Schreibung  nicht  nur  durch  die  etyinologische 
Entstehung  der  Form  aus  prae-itor  begunstigt  ward,  sondern 
sich  auch  auf  einem  und  demselben  Mouunient  (dem  Popilli- 
schen  Meilenstein)  mit  dem  unzweifelhaften  conqvaeisivei 
findet:  woruber  das  Actenmassige  aus  den  'Observationes  in 
leges  Viselliam  Antoniam  Corneliam'  (1860)  p.  VI  und  der 
Enarratio  der  P.  L.  M.  p.  46,  sowie  anderseits  aus  Momm- 
sen  s  Commentar  zum  C.  I.  L.  p.  154  zu  entnehmen  ists). 

Diese  Thatsache  also  war  es  vermuthlich,  die,  wie  ich 
schon  Mon.  ep.  tr.  p.  22  Anm.  andeutete,  Quintilian  im  Ange 
hatte,  wenn  er  sie  auch  schwerlich  aus  eigenem  Studium 
der  Inschriften  geschopft,  vielmehr  den  Verhandlungen  alterer 
'magistri  artis'  entnommen  haben  wird.  Fragen  wir  nach 
dem  Grunde  solcher  Schreibung,  so  ist  zuerst  ersichtlich. 
dass  praeitor  ausser  Gemeinschaft  mit  den  tibrigen  Bei- 
spielen  steht,  da  dort  der  Triphthong  aus  ae-i  hervorgegangen 
ist  und  uns  die  ursprungliche  Bildung  praeitor  in  analoger 
Weise  vor  Augen  stellt  wie  praevides  statt  des  contrahirten 
praedes:  nur  dass  es  um  622  sicherlich  nicht  mehr  dreisylbig 
gesprochen  wurde.  Dagegen  die  ubrigen  Falle  werden  wir 
vielmehr  auf  ein  a-ei  zurttckzufiihren  und  mit  dem  allniah- 
lichen  Ucbergange  von  e—ei—i  in  Verbindung  zu  setzen 

8)  Das  aus  mehr  als  einem  Grunde  im  hdchsten  Grade  verdach- 
tige  qvaki  bei  Orelli  4404  bezeichnete  ich  schon  Enarr.  P.  L.  M.  p.  51 
als  Unform. 

9)  Mommsen^s  Berufung  auf  den  r  c&nsensus  eorum  qui  ipsum  h- 
pidcm  t  idcrunt1  glaubo  ich  in  der  Abhandlung  Uber  die  Tesserae  gla 
diatoriae  p.  33  Anm.  (Abh.  der  I  Kl.  der  k.  bayer.  Akad.  der  Wias. 
Bd.  X  Abth.  2  p.  323)  hinlanglich  erledigt  zu  haben.  Uebrigeus  i*t 
auch  da8  Fac8imile  in  den  Mon.  ep.  tria  n  i  c  h  t  dasaelbe  wie  in  deu 
P.  L.  M.,  vielmehr  daa  letztere  ein  nach  dem  Papierabdruck  genau 
verbeBsertes,  demnach  fttr  die  hiesige  Streitfrage  allein  massgebende?. 


Digitized  by  Google 


GRAMMATISCHES  BEI  QUINTILIAN. 


727 


haben,  wie  solcher  z.  B.  in  dem  oben  beiliiufig  erwahnten 
opemivs  opeimivs  opimivs  zu  Tage  liegt,  oder  an  ne  nei  ni 
einmal  nachgewiesen  wurde  im  Rhein.  Mus.  VIII  p.  479  ff. 
[=Opusc.  II  p.  622ff.].  Als  Acciu8,  wie  wir  wissen,  fiir  das 
lange  i  die  Schreibung  Ei  zur  Geltung  zu  bringen  suchte, 
konnte  er  sehr  wohl  auch  den  Diphthong  AE  oder  ai  in  den 
Bereich  seiner  auf  Systematisirung  ausgehenden  Betrachtung 
ziehen  und  auf  dessen  zweites  Element  dieselbe  Schreibweise 
Ei  anwenden,  die  er  fiir  den  einfachen  langen  Vocal  festsetzte. 
Denn  was  hinderte  ihu,  dieses  i  oder  E  fiir  lang  zu  nehmen?  6u 
zumal  ja  in  Albai  Longai  und  dergleichen  eine  Lijnge  deut- 
lich  vorlag.  Zu  der  Zeit  des  Accius  aber  passen  die  vor- 
handenen  Beispiele  so  gut  wie  moglich.  Erhalten  freilich 
konnte  sich  eine  solche  Kiinstelei  nicht:  und  Lucilius  hat  ge- 
wiss  das  Seinige  dazu  gethan,  sie  in  Vergessenheit  zu  bringen. 
Auch  hat  man  sich  dariiber  ganz  und  gar  nicht  zu  wundern, 
dass  —  wie  in  so  vielen  analogen  Fallen  —  nach  noch 
lange  andauerndem  Schwanken  schliesslich  nicht  das  jiingere 
ai  sich  durchsetzte,  sondern  das  iiltere  AE  zur  entschiedenen 
Herrschaft  kam. 


Nachtrag.*) 

Kaum  war,  was  ich  Bd.  XXII  p.  600  ff.  [oben  p.  711  ff.]  2is 
uber  das  Ennianische  Metioeo  Fufetioeo  bei  Quintilian 
erortert,  im  Druck  erschienen,  als  mich  Freund  Fleckeisen 
*  auf  das  bose  dudpTn.ua  uvnuoviKOV  aufmerksam  machte,  nicht 
Bergk's  Behandlung  derselben  Stelle  gegenwartig  gehabt 
zu  haben,  die  bereits  1861  in  Fleckeisens  Jahrbiichern 
Bd.  83  p.  327  ff.  veroffentlicht  war.  Aber  wer  nicht  in 
Bibliographie  und  Adversarienschreiberei  untergehen  will, 
dem  ist  auch  heutzutage  nicht  mehr  zuzumuthen,  in  sieben 
oder  acht  philologischen  Zeitschriften  —  die  gemischten  gar 
nicht  zu  rechnen  —  nichts  zu  iibersehen  oder  wieder  zu 
vergessen.  Jedenfalls  konnte  ich  die  zehn-  und  zwanzigfache 
Zahl  von  Beispielen  in  Gegenrechnung  stellen,  in  denen  meine 


*)  [Bhein.  Muaeuni  f.  Philol.  Bd.  XXIII  (1868)  p.  218.] 


728  GRAMMATISCHES  BEI  QUINTILIAN. 

eigenen  Beitrage  zum  Rheinischen  Museum  ungekannt  oder 
unberucksichtigt  geblieben  sind,  ohne  dass  ich  je  ein  Wort 
dariiber  verloren  habe.  —  Was  nun  Bergk's  Resultat  anlangt^ 
so  sagt  er  selbst  von  ihm  p.  329,  dass  es  'auf  streng  metho- 
dischem  Wege'  gewonnen  sei.  Genau  dasselbe  glaube  ich 
von  dem  meinigen  sagen  zu  dttrfen,  da  ich  mir  bewusst  bin 
keine  Zeile  ohne  das  reiflichste  Nachdenken  niedergeschrieben 
zu  haben.  Desto  grossern  Vortheil  fGr  die  Sache  selbst  mag 
es  also  bringen,  dass  zwei  ganz  unabhangig  von  einander 
versuchte  Losungen  nun  der  unbefangenen  Entscheidung 
Dritter  a^heimgegeben  sind.  Meinerseits  bekenne  icb,  an 
Bergk's  ziemlich  gesuchtes  ...  Metie  6  Fufettie  ...  schon 
an  sich  wenig  Glauben  fassen,  hauptsachlich  aber  dadurch 
die  xeadem  vitii  geminatio'  in  keiner  Weise  belegt  finden  zu 
konnen. 


Digitized  by  Google 


XXIII. 

Der  Dichter  Florus  *) 

  * 

Der  geehrte  Reisende  [Theodor  Oehler],  dessen  dankens-  ™* 
werthe  Gaben  dem  ersten  Hefte  [des  Rheinischen  Museums 
fiir  Philologie  N.  F.  Bd.  1]  (p.  130  ff.)  zu  besonderer  Zierde 
gereichten,  begleitet  das  nachstehende  Ineditum  mit  folgenden 
Zeilen. 

*In  Betreff  des  fragmentum  Flori  bemerke  ich,  dass  es 
dem  Cod.  Bruxell.  10677.  foL  73.  b.  saec.  XII  entnommen 
ist,  und  dass  eine  wenig  jiingere  Hand  (wahrscheinlich  die- 
selbe,  die  den  ganzen  Codex  hindurch  Vieles  corrigirt  hat, 
und  auch  noch  in's  12te  Jahrh.  fallen  mag)  zu  Anfang  des 
Aufsatzes  Einiges  am  Rande  beigekritzelt  hat,  wovon  ein 
Theil  durch  des  Buchbinders  Beschneidmesser  weggenommen 
worden  ist,  was  ich  aber  so  lesen  zu  mtissen  glaube:  fin 
alio  quateruione  ex  integro  hanc  scripturam  habeo.'  Sie 
konnen  Sich  denken,  dass  ich  diesen  Quaternio  aufzufinden 
suchte,  sowohl  in  diesem  Manuscript,  als  in  andern  von  der- 
selben  Grosse  und  Herkunft.  Aber  meine  Bemtihungen  waren 
erfolglos.  Der  merkwiirdige  Codex,  woraus  ich  Ihnen  dies 
Fragment  und  frtiher  die  Versus  Tranquilli  Physm  mittheilte, 
wird  in  dem  'Inventaire  des  Mss.  de  la  Bibl.  de  Bourgogne* 
von  10615 — 10729  sehr  mangelhaft  beschrieben.  Er  umfasst 
132  Pergamentbliitter  kl.  PoL  und  ist  in  zwei  Columnen  ge- 
schrieben.  Um  die  Mitte  des  15ten  Jahrhunderts  gehorte 
er  dem  St.  Nicolaus-Hospital  bei  Cuss  an  der  Mosel,  im  soa 

*)  [Bhein.  Museum  f.  Philol.  N.  F.  Bd.  I  (1841)  p.  302-314.] 


Digitized  by  Google 


730 


PKR  DICHTER  FLORUS. 


17ten  Jahrh.  den  Bollandisten  zu  Tongerloe,  und  gegen 
Ende  des  vorigen  Jahrh.  machte  er  die  Wanderung  in  die 
'Bibliotbeque  Nationale'  nach  Paris,  bis  er  nach  1815  der 
hiesigen  Bibliothek,  mit  vielem  Andern,  was  eigentlich 
Deutschland  angehort  hiitte,  zugestellt  wurde.  Es  ist  dies 
dasselbe  Manuscript,  welches  Pertz  im  Archiv  f.  alt.  d.  Gesch. 
VII  p.  1004 — 7  beschreibt,  worin  er  Guidos  von  Amiens 
Gedicht  ttber  die  Schlacht  von  Hastings  entdeckte  und 
woraus  Jacob  Grimm  die  Ecbasis  Captivi  hcrausgegeben  hat. 
Was  mir  noch  vergonnt  war  darin  aufzufinden  (z.  B.  Epi- 
gra^mme  des  Martial,  Priapeia,  Ciris  und  einen  yoII- 
sta>digen  Manilius,  alles  unverglichen;  femer  einen  voll- 
standigen  Dracontius,  der  ungefahr  2000  Verse  mehr  enthalt, 
als  die  letzte  Ausgabe  von  Carpzov),  will  ich  Ihnen  spater 
noch  anzeigen.' 

Wir  lassen  jetzt  das  interessante  Stiick  selbst  folgen, 
indem  wir  sogleich  Interpunction  und  Orthographie  berich- 
tigen,  von  sonstigen  Verbesserungen  aber  nur  die  zum  Ver- 
stiindniss  des  Sinnes  unentbehrlichsten  in  deu  Text  nehmen, 
andere,  darunter  eine  Reihe  vorztiglich  beachtenswerther,  die 
wirSchopen's  Scharfsinn  verdauken,  mit  der  nachtraglichen 
Angabe  der  handschriftlichen  Lesarten  und  den  nothigen 
Rechtfertigungen  verbinden. 

P  •  ANNII  •  FLORI  • 

Virgilius  Orator  an  Poeta  Incipii 

Capienti  mihi  [quietem]  in  templo  et  saucium  vigi- 
lia  caput  plurimarum  arborum  amoenitate,  euriporum 
frigore,  aeris  libertate  recreanti  obviam  subito  quidam 
fuere,  quos  ab  urbis  spectaculo  Baeticam  revertentes 
5  sinister  Africae  ventus  in  hoc  littus  excusserat  quorum 
unus,  vir  ut  postea  apparuit  litteris  pereruditus,  subito 
ad  me  convenit  et,  salve,  inquit,  hospes:  nisi  molestum 
cst,  dic  nomen  tuum:  nam  nescio  quid  oculi  mei  ad- 
monent,  et  quasi  per  nubilum  recognosco.  —  Quid  istic? 
10  inquam,  Florum  vides,  fortasse  et  audieris,  si  tamen  in 
illo  orbis  terrarum  conciliabulo  sub  Domitiano  principe 
crimini  nostro  adfuisti.  —  Et  Baeticus,  tune  es,  inquit, 


Digitized  by  Google 


DKR  DICIITER  FLORCS. 


731 


ex  Africa,  quem  sunimo  consensu  poposcinius  invito  304 
quidem  Caesare  et  resistente,  non  quod  tibi  puero  invi- 
15  deret,  sed  ne  Africa  coronam  magni  Iovis  attingeret? 
—  Quae  cum  me  videret  verecunde  agnoscenteni ,  in 
amplexum  effunditur  et,  ania,  inquit,  igitur  fautorem 
tuum.  —  Quidni  amem?  —  Et  manu  alterutrum  tenen- 
tes  avidissime  nascentem  amicitiam  foederabamus,  cum 
20  ille  brevi  intervallo  usus,  et  quid  tu,  inquit,  tam  diu  in 
hac  provincia?  nec  in  nostram  Baeticam  excurris  nec 
urbem  illani  revisis,  ubi  versus  tui  a  lectoribus  conci- 
nuntur  et  in  foro  omni  clarissimus  ille  de  Dacia  trium- 
phus  exultat?  potesne  cum  hoc  singulari  ingenio  tan- 
25  taque  natura  provincialem  latebram  pati?  nihil  te  caritas 
urbis,  nihil  ille  gentium  [victor]  populus,  nihil  seuatus 
movet?  nihil  denique  lux  et  fulgor  felicis  imperii,  qui  in 
se  rapit  atque  convertit  omnium  oculos  hominum  ac 
deorum?  —  Atque  ego  varie  perturbatus,  quid  nunc  vis 

30  tibi  respondeam?  o  quisquis  es,  mihi  quoque  ipsi  hoc 
idem  mirum  videri  solet,  quod  non  Roinae  morer.  — 
Sed  nihil  est  difficilius  quain  rationem  reddere  actus 
tui.  —  Quare  desine  me  in  memoriam  priorem  redu- 
cendo  vulnus  dolorum  meorum  rescindere.    propitia  sit 

35  illa  civitas,  et  fruantur  illa,  quibus  fortuna  permittit. 
quod  ad  me  pertinet,  ex  illo  die,  cuius  tu  mihi  testis 
es,  postquara  ereptam  manibus  et  capiti  coronam  meo 
vidi,  tota  mens,  totus  animus  resiliit  atque  abhorruit  ab 
illa  civitate,  adeoque  sum  percussus  et  consternatus  illo 

40  dolore,  ut  patriae  quoque  meae  oblitus  [et]  parentium 
carissimorum  similis  furenfl  huc  et  illuc  vager  per  diversa 
terrarum.  —  Et  ille,  quae  tamen  loca  quasve  regiones 
peragrasti?  —  Si  ita  indulges  otio,  plane  quam  breviter 
exponam,  nec  invitus  priorum  recordabor.  primum  Sici- 

45    liam  nobilem  vidi  domesticam  Cereris.  secundam  deinde 
Creten  patriam  Tonantis,  et  a  laterc  vicinas  Cycladas 
salutavi.    inde  me  Rhodos,  et  ab  regressu  Aegyptium 
pelagus  [allexit],  ut  ora  Nili  viderem  et  populum  sem- 305 
per  in  templis  otiosum  peregrinae  deae  sistra  pulsantem. 

50    inde  rursus  ltaliam  redii,  et  taedio  maris  cum  medi- 


Digitized  by  Google 


732 


DER  DICHTER  FLORUS. 


terraneam  [plagam  noscere]  concupisce[re]m,  secutus 
[sum]  Gallicas  Alpes  et  lustro  populos  Aquilone  pallen- 
tes.  inde  sol  occidens  placuit:  flecto  cursum:  sed  sta- 
tim  par  horrore,  par  vertice,  par  ille  nivibus  Alpinis 

55  Pyrenaeus  excepit.  vides,  hospes,  quae  spatia  coeli 
peragraverim ,  quae  maris  quaeve  terrarum.  non  aliter 
mehercules,  si  conferre  parvis  magna  licet,  saeer  ille 
iuvenis  terras  pervolitavit,  cui  Terra  mater  capaces 
oneraverat  frugibus  amictus,  et  cum  alite  serpente  cur- 

60  rum  ipsa  iunxisset,  nisi  toto  orbe  peragrato  vetuit  suas 
redire  serpentes.  liceat  ergo  tandem  fatigato  hic  ali- 
quando  succumbere.  si  Scythes  essem,  iam  plaustra 
solvissem;  si  vagus  gubernator,  iam  dicata  pelagi  deae 
prora  penderet.  quousque  vagabimur?  an  semper  hospi- 

65  tes  erimus?  ferae  cubile  prospiciunt,  et  aves  senescunt 
in  nido.  si  fata  llomam  negant  patriam,  saltim  hic 
manere  contingat.  quid,  quod  consuetudo  res  fortis  est? 
et  ecce  iam  familiaritate  continua  civitas  nobis  ipsa 
blanditur,  quae,  si  quid  credis  mihi,  qui  multa  cognovi, 

70  omnium  rerum,  quae  ad  quietem  eliguntur,  gratissima 
est.  populum  vides,  o  hospes  et  amice,  probum,  frugi, 
quietum,  tarde  quidem,  sed  iudicio  hospitalem.  coelum 
peculiariter  temperatum  miscet  vices,  et  notam  veris 
totus  annus  imitatur.  terra  fertilis  campis  et  magis  col- 

75  libus:  nam  Italiae  vites  atfectat  et  comparat  areas  [et] 
serotino  non  erubescit  autumno.  si  quid  ad  rem  perti- 
net,  civitas  ipsa  generosissimis  auspiciis  instituta.  nani 
praeter  Caesaris  vexilla,  quae  portant  triumplios,  unde 
nomen  accepit,  adcst  etiam  peregrina  nobilitas.  quippe 

80  si  vetera  templa  respicias,  hic  ille  colitur  corniger  praedo, 
qui  Tyriam  virginem  portans  dum  per  tota  maria  lasci- 
vit,  hic  amisit  et  substitit,  et  eius  quam  ferebat  oblitus 
3o«  subito  nostrum  littus  adamavit.  Hic  cum  ego  respiras- 
sem,  statim  Baeticus,  o,  inquit,  beatam  civitatem,  quae 

85  in  te  incidit.  quemadmodum  tamen  te  prosequitur  et 
quid  hic  [a  te]  agitur?  unde  subvenit  reditus?  an  pater 
ab  Africa  subministrat?  —  Vnde  [tu  putas?  a  patre 
quidein]  nequaquam,  cum  [eum]  hac  ipsa  peregrinatione 


Digitized  by  Google 


DER  DICIITER  FLORIS 


733 


oflenderini.    in  reditu  est  mihi  possessio  litterarum.  — 
90    0  rem  indignissimam!  et  quam  aequo  fers  illud  animo, 
sedere  in  scholis  et  pueris  praecipere?  —  Ad  quam 
illius  interrogationem  in  hunc  modum  respondi.  non 
miror   [te]   eius   nunc  esse  persuasionis,   qua  et  ipse 
quoque  aliquando  diu  laboravi.   totum  enim,  quod  [hic] 
95    egimus,   quinquennium  ita  mihi  pertaesum  erat  huius 
professionis,  ut  nusquam  vivere  putarem  hominem  mise- 
riorem.    sed  subinde  retractanti  sortemque  meam  cum 
fortunis   et  ceteris   vitae  laboribus  conferenti  tandem 
aliquando  pulcritudo  suscepti  operis  apparuit.    scire  te 
100  ergo  nunc  oportet,  nullum  maius  praedium,  nullam  pro- 
curationem,  nullum  honorem  decerni,  quantus  hic  sit 
nostrae  professionis.  nempe  si  mihi  maximus  imperator 
mille   vel   centum   homines   regendos  tradidisset,  non 
mediocris  honos  habitus  mihi  videretur;  cedo  si  prae- 
105  fecturam,  si  tribunatum:  nempe  idem  honos,  nisi  quod 
merces  amplior.    si  ergo  non  Caesar,  sed  fortuna  hoc 
genus  stationis  iniunxit,  uti  pueris  ingenuis  atque  hone- 
stis   praesiderem:   nonne   tibi   [videorj  pulcrum  atque 
magniticuin  consecutus  officium?    quaeso  enim  propius 
110  intuere,  utrum  praeclarius  sit  sagulatis  an  praetextatis 
imperare?  barbaris  efferatisque  pectoribus  an  mitibus  et 
innoxiis?  bone  Iupiter,  quam  imperatorium,  quam  regium 
est  sedere  a  suggestu  praecipientem  bonos  mores  et 
sacrarum  studia  litterarum,  iam  carmina  praelegenteni, 
115  quibus  ora  mentesque  formantur,  iam  sententiis  variis 

sensus  excitantem,  iam  exemplis  ro  

Die  geringfugigern  Abweichungen  der  Handschrift  sind 
Z.  2  capud  und  antenitate,  5  affrice,  b*  literif,  8 — 9  ammoucnt, 
11  domiciano,  13  affrica,  14  eefare,  15  affrice,  46  eicladaf,  307 
47  effiptium,  55  pireneuf,  81  tirianij  83  lituf,  87  aff?ica,  91 
fcclifj  111  inperare,  112  inperatorium.  Von  starkern  Fehlern 
ist  der  Ausfall  einzelner  Worter  das  Hiiungste,  wie  denn  alles 
Eingeklammerte  nicht  in  der  Handschritt  steht,  sondern  ver- 
suchte  Ausfiillung  muthmasslicher  LUcken  ist:  daher  gerade 
in  dieser  Beziehung  der  Verdacht  wohl  auch  noch  weiter 
gehen  darf.  -  P.  ANNIIJ  PANNH  die  Handschrift.  —  Z.  1 


Digitized  by  Google 


734 


DEK  DICHTER  FL0RU8. 


ist  entweder  Capienti  nicht  der  Anfang  des  Satzes,  und  ein 
Begriff  wie  quietem  ging  voraus,  oder  dieses  Wort  ist  nach 
mihi  ausgefallen,  wie  Schopen's  Meinung  ist^  der  den  Haupt- 
fehler  der  Stelle  in  tcmplo  sucht.  Fiir  Z.  2  erinnert  derselbe 
an  die  bei  den  Gartenanlagen  der  Alten  ofter  vorkommenden 
euripi.  3  libertate]  salubritate  Schopen.  9  per  nubilum  re- 
coijnosco]  pcr  nebulam  te  recognosco  Schopen.  12  crimini  mit 
Bitterkeit,  namlich  im  Sinne  des  Domitian,  der  es  dem  Flo- 
rus  zum  Vorwurf  machte,  dass  er  Africaner  war.  certamim 
Schopen.  15  affricc  corona  Cod.  Nach  Analogie  der  Appu- 
lejischen  Sprache  wiire  auch  Africam  corona  moglich.  18 
manum  aUcrutrum  Cod.  26  victor  ist  zugesetzt  worden  nach 
Florus  III,  9,  3  victor  gentium  populus;  III,  13,  4  populus 
gentium  victor  orbisque  possessor;  Seneca  de  benef.  V,  15  vidor 
pacatorque  gentium  pcpuktS]  Cicero  Planc.  4,  4  huius  principis 
populi  et  omnium  gentium  dotnini  atque  victoris.  Vgl.  Florus 
IV,  2,  1  principi  gentium  populo.  Durch  die  Beziehung  aut 
den  Zusammenfluss  aller  Nationen  in  Rom  schien  Welckern 
gentium  populus  zu  vertheidigen.  31  tnoror?  36  ad]  a  CoA 
Ebend.  cuius]  ciunf  e  quo  Cod.  41  Besser  wohl  vagarer:  er 
hat  ja  jetzt  Ruhe  gefunden.  42  tamen]  tandem  Schopen.  43 
si  ita]  si  tu  derselbe.  45  domesticam  Cereris  sedetn.  deimie 
vermuthet  Schopen  sehr  sinnreich.  47  me  ist  im  Cod.  unter- 
strichen,  darum  es  Schopen  weglassen  und  ohne  aWexit 
schreiben  mochte  indc  Bhodon  (abhiingig  noch  von  salutavii 

62  si  Scythes  Welcker,  an  ctuaSofhoi  erinnernd.  Si  cithef  GfA 

63  vagus]  navis  Schopen.  72  tarde  quidetnt  sed  iudicio  Scho- 
308  pen,  wofUr  man  nur  lieber  cum  iudicio  wiinschte.  tardem  qui- 

dem  /cf*  iudicio  Cod.  Allerdings  hier  weniger  passend  ware 
tardum  quidem  iudicio,  sed.  75  itaUa  Cod.  78  portat  Cod. 
Freilich  auffallend,  dass  die  vexilla  triumphos  portant:  daher 
Schopen  portendunt  vorschliigt.  86  quid  hic  agitur  (ohue  o 
te)  entschuldigt  Schopen  als  eine,  nicht  zum  Besten  ange- 
brachte  Terenzische  Reminiscenz.  87  Schopen  kUrzer:  Vmlc 
tu  putas,  ncquaquam,  cum  — .-Statt  cum  eum  kqnnte  cs  auch 
quem  heissen.  89  jwssessio]  professio  Schopen,  wie  allerdings 
Z.  96.  102  steht  Nacli  litterarum  niuss  wohl  der  Ausfall 
einer  ausdrUcklichen  Erwahnung  des  Schulehaltens  angeuom- 


Digitized  by  Google 


DER  DICHTER  FLORUS. 


735 


men  werden.  94  aliquando  diu]  aliquamdiu  Schopen.  Ebend. 
totum  enim  quod  [hic]  egimus,  quinquennium  ita  Schopen.  to- 
tum  enim  quod  egimuf  quinquennio  ifto  Cod.  Jetzt  ist  ihui  ja 
aber  seine  professio  nicht  mehr  zuwider;  also  vielleicht  toto 
enimf  quod  [ab  initio]  egimus,  qmnquennio.  97  Et  fubindc  re- 
tractant  Cod.  100  magif  predium  Cod.,  verbessert  vom  Ent- 
decker.  101  deccrni]  vielleicht  stand  noch  posse.  102  maxi- 
mus  imperator  mille  vel  centum]  maximuf  in  putem  id  e 
centum  Cod.  Mit  Beziehung  auf  das  folgende:  si  praefectu- 
ram,  si  tribunatum  (r  lauter  Stellen  in  der  Armee,  nach  einem 
Klimax  geordnet,  s.  Madvig  Opusc.  p.  38')  mochte  Schopen 
lesen:  maximus  imperator  centuriatum,  id  est  centum  homines 
regcndos  u.  s.  w.  Nur  lnocbte  dann  der  Zusatz  mit  id  est 
schwerlich  eigene  Erklarung  des  Florus,  sondern  eher  spiiteres 
Glossem  sein:  obwohl  Schopen,  zumal  bei  der  Doppelsinnig- 
keit  des  Wortes  centuriatits,  durchaus  nichts  Anstossiges  darin 
zu  linden  erkliirt.    104  honor  Cod.   113  a]  in  Schopen.  110 

excitantur  Cod.   Ebend.  ro  ]  etwa  Bo[manae  eloquentiae. 

Wir  fassen  die  Hauptmomente  der  Erkliirung,  die  leicht 
zu  einer  stattlichen  Abhaudlung  Stoff  giibe,  in  bUndigster 
Kurze  zusammen.  Die  Krankung,  die  das  stolze  und  ehr- 
geizige,  dabei  charaktervolle  und  willensstarke  Gemiith  des 
jugendlichen  Florus  von  Domitian  erfuhr,  und  in  Folge  deren 
er  das  Afrische  Vaterland  gleichwie  Rom  selbst  mied,  lange 
in  deV  Welt  umherstreifte  und  endlich  in  einer  Kustenstadt 
Hispaniens  in  der  selbstgewahlten  Thiitigkeit  des  Jugendunter- 
richtes  eine  erhebende  Befriedigung  fand,  —  diese  Kriinkung 
wurde  ihm,  wie  die  Worte  'corona  magni  /ot^s'  [Z.  15]  lehren,  jh» 
an  den  von  Domitian  eiugesetzten  ludi  Capitolini  zu  Theil. 
Denn  nicht  nur  an  den  jiihrlich  gefeierten  Quinquatrien  der 
Minerva  liess  dieser  oratorum  ac  poetarum  certamina  statt- 
finden,  sondeni  nach  Sueton  c.  4  'instituit  et  quinquennale 
certauien,  Capitolino  Iovi  triplex,  musicum  equestre  gymni- 
cum,  et  aliquanto  plurium  quam  nunc  est  coronato^um,: 
worauf  es  weiter  heisst:  fcertabant  enim  et  prosa  oratione 
graece  latineque;  ac  praeter  citharoedos  chorocitharistae  quo- 
que  et  psilocitharistae'  etc.  Nicht  nur  griechische  Miinzen 
und  Inschriften  erwiihnen  diese  Capitolinischen  Spiele  im 


Digitized  by  Google 


73G 


DER  DICHTER  FLORL'8. 


allgemeinen,  sondern  eine  lateinische  bei  Orelli  n.  2603,  an- 
gefiihrt  schon  von  Scaliger,  gibt  uns  selbst  das  auschau- 
lichste  Bild  des  speciellen  Falles,  in  welchem  Florus  wai: 

L.  VALERIO  L.  F.  PVDENTL  HIC  CVM  ESSET  ANKOBVM  XIII 
ROMAE  CERTAMINE  SACRO  IOVIS  CAPITOLINI  LVSTRO  SEXTO 
CLARITATE   INGENII   CORONATVS  EST  INTER  POETAS  LATINOS 

omnibvs  SENTENTns  ivdicvm  u.  s.  w.  Eben  so  hatte  Florus, 
von  der  allgemeinen  Stimme  zum  Sieger  erklart  (quem  summo 
conscnsu  poposcimus),  ein  inter  latinos  poeias  coronatus  (denn 
seine  versus  sind  es,  die  noch  spater  a  lectoribus  concinuntHr\ 
oder  mit  anderm  Ausdruck  ein  de  latinis  poctis  coronatns 
{wie  Palfurius  Sura  bei  Suet  Dom.  13  de  oratoribus  corona- 
tus  heisst)  werden  sollen;  nur  die  eigensinnige  Laune  des 
Kaisers  brachte  ihn  um  den  Preis,  den  jener  entweder  dem 
Provincialen  flberhaupt,  oder  dem  Africaner  insbesondere, 
misgonnte.  Das  Beispiel  des  Valerius  Pudens  benimmt  auch 
dem  *puerof  das  Auffallende,  was  diess  auf  den  ersten  Blick 
hat;  in  jenen  Zeiten  mogen  solche  fingenia  praecocia'  nichts 
gar  Seltenes  gewesen  sein. 

Der  Ort,  wo  nach  langen  Reisen  Florus  endlich  aussere 
und  innere  Ruhe  fand,  wird  kein  anderer  sein  als  Tarraco 
(Tapp&KUJv)  an  der  Ostkiiste  Spaniens,  zwischen  den  Pyrenaen 
(daher  *  Pyrcnaeus  cxcepiV  [Z.  55])  und  dem  lberus,  die  Haupt- 
stadt  von  Hispania  Tarraconensis.  In  jener  Gegend,  mit  der 
Hauptstation  Caesaraugusta,  stand  schon  uuter  Tiberius  die 
Legio  VI  Victrix,  desgleichen  noch  in  den  letzten  Regierungs- 
jahren  Neros,  und  so  ohne  Zweifel  weiterhiu,  bis  sie  von 
aio  Hadriau  nacli  Britannien  versetzt  wurde:  s.  C.  L.  Grote- 
fend  in  Zeitschr.  f.  d.  Alterthumswiss.  1840  p.  658  ff.  Damit 
sind  die  "vcxilla  Caesaris9  fZ.  78]  erklart,  Die  Stadt  Tarraco 
selbst,  Tyrrhenica  bei  Ausonius,  von  den  Scipionen  aber  ver- 
grossert,  ftthrte  als  romische  Colonie  den  Ehrennamen  Coh- 
nia  lulia  Yictrix:  und  darauf  gehen  die  Worte  *triumplto>. 
unde  nomcn  accepif  [ebd.].  Vgl.  Ukerfs  Geogr.  d.  Gr.  u.  K.  IU 
p.  419  und  Eckhel  Doctr.  num.  I  p.  57.  Den  Beinamen 
Victrix  fiihrten  zwar,  wie  derselbe  IV,  472  nachweist,  aucli 
die  hispanischen  Stadte  Obulco,  Norba,  Osca,  Toletum, 
Neu-Carthago;  aber  die  erste  liegt  in  Baetica,  die  zweite 


Digitized  by  Google 


DER  DICHTER  FLORUS 


737 


gar  in  Lusitanien;  die  andern  zwar  in  Tarraconensis,  jedot  h 
nur  die  letzte  an  der  Kiiste,  alle  drei  aber  weit  von  den 
Pyrenaen,  was  auch  von  Sagunt,  mit  dem  Ehrentitel  Invicta, 
gelten  wtirde.  Auf  eine  allzusiidliche  Lage  wiirde  auch  we- 
der  das  gemassigte  Klima  noch  das  Verschlagenwerden  durch 
Sddwind  passen.  —  Die  auf  mythischer  Sage  beruhende  pc- 
regrina  nobilitas[7i.l9],  womit  *das  * generosissimis  auspieiis  in- 
stituta9  ausserdem  bewiesen  werden  soll,  lernen  wir  allein  aus 
unserm  Fragment  kennen.  Die  in  der  Litteratur  uns  iiber- 
lieferte  Sage  lilsst  die  Europa  von  Zeus  nach  Kreta  gebracht 
werden;  ganz  vereinzelt  schon  ist  die  Angabe  von  ihrem 
Verbergen  im  Bootischen  Teumessus  bei  Antimachus  (Steph. 
Byz.  s.  v.)  und  Pausanias  IX,  19,  1.  Dass  aber  ausser  Gor- 
tyna,  Knossus  und  natiirlich  Sidon  noch  manche  andere 
Stadt  sich  einen  Antheil  an  der  Europafahrt  zugeeignet 
hatte,  lehren  uns  Mtinzen  mit  dem  Bilde  des  Europaraubes; 
so  Ainphipolis  (nicht  das  syrische,  sondern  das  macedonische: 
s.  Eckhel  II  p.  67  f.),  Byzanz,  Syrakus  bei  Kasche  Lex. 
uumism.  II,  1  p.  819  f.,  und  in  Hispanien  selbst  Cala- 
gurris,  der  Geburtsort  des  Quintilian  (wiewohl  freilich  zwei 
benachbarte  Stadte  dieses  Namens  unterschieden  werden, 
s.  Ukert  p.  447),  der  nicht  einmal  an  der  Kiiste,  sondern 
ziemlich  tief  im  Binnenlande  lag.  (Auch  die  Anspielung 
auf  Triptolemus  in  unserm  Fraginent  Z.  57  gibt  neue  Ziige 
zu  der  bekannten  Gestalt  des  Mythus.)  Vortretflich  passt 
auf  Tarraco,  was  Florus  von  der  Lage  und  Fruchtbarkeit 
seines  Wohnsitzes  riihmt;  aprica  heisst  sie  bei  Martial  I,  49, 
21,  und  Plinius  N.  H.  XIV,  G,  Silius  III,  3G9.  XV,  177, 
Martial  XIII,  115  sind  voll  vom  Lobe  des  Tarraconensischen  31 
Weines:  'Tarraco  Vitifera  et  Latio  tantum  cessura  Lyaeo'; 
"hospita  Tarraco  Baccho';  'Tarraco  Campano  tantuin  cessura 
Lyaeo",  'Haec  genuit  Tuscis  aemula  vina  cadis'.  Vgl.  noch 
Pinedo  s  Anmerkung  zu  Stephanus  von  Byzanz  p.  637. 
Darum  also:  Italiae  vites  affectat  [Z.  75]. 

Die  Zeit,  in  welche  das  Zusammentrelfen  des  Florus  mit 
dem  Biitiker  gesetzt  wird,  ist  durch  die  Erwahnung  des 
dacischen  Triumphes  gegeben,  der  im  dritten  Hegierungsjahr 
des  Trajan,  also  101  n.  Chr.,  stattfand.    S.  Scaliger  zu 

FB.  UTfCHKLIl  OPV8CVLA  III.  47 


738  DER  DICHTEB  FLORUS. 

Euseb.  ad  a.  MMCXVII  f.  Zwischen  86,  dein  Einsetzungsjahre 
des  Capitolinischen  Agon  (berechnet  nach  Censorinus  von 
Orelli  Inscr.  I  p.456)  und  96,  dem  Todesjahre  Domitians,  hatte 
Florus  Rom  verlassen,  und  zwar  als  puer  [Z.  14J;  ein  quinquen- 
nium  hindurch  (Z.  95)  hatte  er  dem  neuen  Berufe  rait  Wider- 
willen  obgelegen,  wieder  einige  Zeit  also  doch  nothig,  um 
eine  Umgestaltung  seiner  Neigung  bis  zur  vollkommensten  Be- 
friedigung  von  sich  behaupten  zu  konnen;  ebenfalls  ein  paar 
Jahre  miissen  auf  die  Reisen  gerechnet  werden:  so  wird  es 
also  schwerlich  die  dritte,  sondern  vielmehr  die  zweite  Feier 
(lustrum  primum)  des  agon  Capitolinus,  im  Jahre  90,  gewesen 
sein.  auf  deren  Anlass  Florus  in  offentlichen  Wettkampf 
trat,  sein  Geburtsjahr  also  wohl  noch  unter  Vespasian  (f  70 > 
fallen.  Sehr  fuglich  konnten  sonach  seine  vierziger  Jahre 
mit  dem  Regierungsanfang  des  Hadrian  (seit  117)  coincidiren. 
Nun  wird  uns  aber  eben  aus  dieser  Zeit  ein  mit  Hadrian 
personlich  bekannter  und  zwar,  wie  man  sieht,  ziemlich  ver- 
traulich  bekannter  Florus  poeta  geuannt  von  Spartianus 
Hadr.  c.  16,  der  eine  in  scherzhafte  Verse  gefasste  kleine 
Correspondenz  des  Kaisers  und  des  Dichters  mittheilt.  Diese 
Verse  sind  zwar  in  Burmann  s  Anthologie  II,  97  lulii  Ylm 
uberschrieben :  allein  da  sie  nirgend  andersher  als  aus  Spar- 
tianus  stammen,  so  ist  das  als  etwas  rein  Willkiirliches 
giinzlich  zu  ignoriren.  Wahrscheinlich  dachte  man  an  den 
Julius  Florus  des  Horaz.  Wiederum  kommt  nun  in  Citaten 
des  Charisius  ein  Florus  ganz  in  demselben  Verhaltuiss  als 
Briefsteller  an  Hadrian  vor  ('Florus  a<1  divum  Hadriamun). 
und  zwar  zweimal  (p.  38.  113  P.  [53.  140  K.])  mit  dem  trotz 
3i2  seines  kurzen  Inhaltes  nicht  bedeutungsloseu  Bruchstuck:  pfr 
matis  ddector\  Die  Verkniipfung  dieser  zwiefachen  Notiz  und 
ihre  gemeinsame  Beziehung  auf  einen  und  denselben  Florus 
ist  so  nahe  gelegt,  dass  es  unnatiirlich  wiire ,  sie  nicht  zu 
machen:  und  es  haben  sie  gemacht  Salmasius  zu  den  Scr. 
H.  Aug.  a.  a.  0.  (vgl.  s.  Vorr.  z.  Florus),  Vossius  de  histor. 
lat.  1,  30,  und  ihnen  nachschreibend  Fabricius  B.  L.  II,  439, 
Funccius  de  imra.  1.  1.  sen.  p.  597,  uud  Andere  mehr.  Um 
wie  viel  mehr  werden  wir  also  mit  diegeni  Florus  unsern  Afri- 
caner  identiticiren  diirfen,  da  sogar  die  Centilnamen  zutreffeu! 


Digitized  by  Google 


PER  DICHTER  FLORr.S.  % 


739 


Denn  das  PANNII  der  Ueberschrift  ist  doch  schwerlich  etwas 
anders  als  P.  Annii.  Anntus  Florus  aber  steht  bei  Charisius 
p.  38  [53]  im  Napoletaner  Codex,  wahrend  sowohl  hier  wie 
p.  113  [140]f  wo  im  Codex  nur  noch  der  letzte  Buchstab 
sichtbar  ist,  (denn  p.  99  [123]  heisst  es  bloss  Florus)  die 
Ausgaben  Annaeus  oder  Anneus  haben,  welches  freilich  auch 
eben  so  leicht  in  das  Verderbniss  Annius  iibergehen,  wie  aus 
diesem  als  der  wahren  Form  entstehen  konnte. 

In  dem  Dichter  Florus,  Zeitgenossen  des  Hadrian,  haben 
aber  ferner  Salmasius,  Vossius,  Wernsdorf  P.  L.  M. 
III,  452,  Bernhardy  Grundr.  d.  rom.  Litt.  p.  277  wiederum 
den  Historiker  L.  Annaeus  Florus  zu  finden  geraeint.  Dass 
dessen  Epitomc  renim  Ttomanarum  unter  Trajau  abgefasst 
worden,  geht  allerdings  aus  den  Schlussworten  des  Pro- 
oemiums  unleugbar  hervor;  dass  ihr  Stil  und  Gehalt  kein 
historischer ,  sondern  der  einer  nach  damaligem  Modege- 
schuiack  poetisirenden  Rhetorik  ist,  musste  und  muss  jedem 
einleuchten.  (Die  thorichte  Meinung,  die  ihren  Verfasser  in 
Horazens  Julius  Florus  suchte,  ist  keines  Wortes  werth; 
worauf  es  beruhen  mijge,  dass  ein  Theil  der  Handschriften 
sie  nicht  Annaeiy  sondern  allerdings  Iulii  Flori  iiberschreibt, 
hat  am  probabelsten  der  treffliche  Vossius  nachzuweisen 
versucht.)  Unraoglich  ist  es  deranach  nicht,  dass  wir  an 
unserm  Fragment  ein  Stiick  aus  der  Lebensgeschichte  des 
Historikers  Florus  hiitten,  der  dann  etwa  im  Verfolg  des 
Gesprachs  mit  dem  Batiker  von  seiner  Abneigung  gegen 
Iiom  allmahlich  zuriickgekomraen,  und  durch  geschmeichelten 
Ehrgeiz,  wie  durch  den  neuen  Glanz  des  Reiches  unter 
Trajans  Scepter,  zu  dem  Entschluss  gelockt  sein  konnte, 
seine  provinciale  Abgeschiedenheit  aufzugeben  und  in  die  313 
ewige  Stadt  zuriickzukehren:  woselbst  er  dann  alsbald  zur 
Abfassung,  oder  wofern  diese  vielleicht  doch  schon  der  Tar- 
raconensisehen  Zuriickgezogenheit  angehorte,  zur  Herausgabe 
seines  rhetorischen  Schaustiickes  sich  aufgefordert  fiihlen 
mochte.  Das  ist  moglich,  wie  gesagt;  im  Stil  unseres 
Bruchstiicks  ist  Uebereinstimmung  genug  mit  dem  der  Epi-  . 
torae,  und  ira  allgemeinen  die  pikante  Manier  des  Zeitalters, 
damit  aber  zugleich  das  Gepriige  der  Aechtheit  gar  nicht 

47* 


Digitized  by  Google 


740  DER  DICHTER  FLORUS. 

zu  verkennen.   Allein  ein  Bedenken  bleibt  sogleich  das  Prae- 

nomen  Ptthlius  statt  Lucius;  die  kiinstlichen  Annahmen,  durch 

welche  der  ohnehin  schon  vorhandene  Wechsel  der  Namen 

(auch  der  angenommene  Zusammenhang  mit  dexFamilie  der 

Senecae  gehort  dahin)  hat  vermittelt  werden  sollen,  niussten 

sich  noch  weiter  steigern  und  verschranken.    Unseres  Flo- 

rus  Identitiit  aber  mit  dem  Dichter  bei  Spartianus  und  Cha- 

risius  ist  so  ohne  Vergleich  begrundeter  als  die  des  letzteru 

mit  dem  Historiker,  dass  sie  gegen  diese  auf  keinen  Fall 

daran  gegeben  werden  kann,  sondern  fiir  sie  vielmehr  niass- 

gebend  sein  muss. —  Wenn  iibrigens  inMeyers  Anthologie 

mit  den  Versen  des  Florus  an  Hadrian  (n.  212)  die  acht 

Epigranime  (213 — 220),  welche  im  alten  Codex  des  Salma- 

sius  so  wie  dem  des  Thuanus  in  zusammenhangender  Folge 

stehen  und  selbst  geineinsehaftliche  Ueberschrift  (dort  Flori, 

hier  Floridi)  haben,  auch  unter  sich  sehr  gleichartig  sind, 

in  dem  Sinne  verbunden  worden  sind,  um  die  Einerleiheit 

des  Verfassers  nach  Salmasius*  Vorgange  anzudeuten,  so 

leuchtet  doch  in  Sprache  und  Gedanken  dieser  Epigraimne. 

die  durch  Einfachheit  ansprechen,  keinerlei  Verwandtschaft 

weder  mit  jenen  Versen  an  Hadrian  noch  mit  uuserm  Bruch- 

stiick  ein;  und  insofern  ist  es  viel  mehr  nach  unserin  Sinn, 

wenn  Wernsdorf  (s.  Meyer  II  p.  90)  ftir  die  acht  Epi- 

gramme  an  einen  Vibius  Florus  als  Verfasser  denkt»  —  Dass 

wir  auf  die  zweite  Ueberschrift:   Viryilius  Orator  an  Pocta 

Incipit,  weiter  kein  Gewicht  gelegt  haben,  wird  uns  nieht 

verdenken,  wem  die  gedankenlose  Willkur  der  Abschreiber, 

die  Wirkung  traditioneller  Namen,  und  die  oft  unerklarlichen 

Spiele  des  Zufalls  gerade  in  Ueberschriften  aus  zahlreichen 

Analogien  erinnerlich  sind.    Schwerlich  ist  doch  fVirgiliut?, 

8u  wenn  man  etwa  nur  den  Zusatz  orator  an  pocta  auf  Al>- 

8chreiberweisheit  zuruckfiihren  wollte,  der  Titel  einer  Schrift 

des  Florus  gewesen,  in  der  dieser  selbst  redend  in  der  ersten 

Person  eingefuhrt  wird:  es  miisste  denn  miser  Bruchstuck 

in  eiuem   gar  nicht   zu   almenden   Zusammenhange  eines 

grossern  Ganzeu  gestanden  haben.    Dagegen  liisst  sich  als 

iiberaus  gliicklich  der  Gedauke  Schopen?s  bezeichnen,  dass 

einer  fiir  das  Publicum  bestimmten  Sammlung  der  Ge- 
» 


» 


Digitized  by  Google 


DER  niCHTER  PL0KU8. 


741 


dichte  des  Florus  das  prosaische  Stiick,  dessen  Schluss 
uns  fehlt,  als  Vorrede  oder  Einleitung  nach  dem  Beispiel 
anderer  Dichter  der  spiitern  Zeit  vorangestellt  war.  Eine 
versificirte  Vorrede  haben  schon  die  Catullischen  Gedichte; 
ganz  als  eine  Art  von  Vorerinnerung  konnen  die  paar  Di- 
stichen  vor  Ovid's  Amoren  gelten;  auch  die  Prologi  des 
Phaedrus  und  Persius  lassen  sich  hierher  rechnen.  Pro- 
saische  Briefe  schickt  Statius  den  einzelnen  Buchern  seiner 
Silvae  voran,  desgleichen  Avianus  seinen  Fabulae,  Martial 
deni  ersten,  zweiten,  achten,  zwolften  Buch  seiner  Epigrannup, 
das  erstemal  sogar  ganz  allgemein  Ejristula  ad  lcctorem,  nicht 
an  eine  bestimmte  Person.  Wie  er  aber  damit  vor  Buch  6 
eine  poetische  Einleitung  abwechseln  liisst,  so  haben  auch 
die  Catonischen  Disticha  de  moribtis  vor  Buch  1  eine  pro- 
saischc,  vor  den  drei  folgenden  versificirte  *  Pracfationcs*. 
Prosaisch  ist  auch  die  Praefatio  zu  Ausonius'  Epitaphia,  aus 
Poesie  und  Prosa  gemischt  die  zu  den  Parentalia.  So  lernte 
allmiihlich  der  Zeitgeschmack  die  Miscliung  von  Poesie  und 
Prosa  auch  innerhalb  der  litterarischen  Productionen  selbst 
ertragen,  wovon  das  erste  Beispiel  bei  Martial  vor  Buch  9, 
das  starkste  in  Ausonius'  Idyllia  und  Epistulae. 


Nachtrag.*) 

Der  gefiilligen  Mittheilung  des  Herrn  Dr.  Lersch  ver-  479 
danken  wir  eine  zweite,  fruher  gemachte  Abschriit  jenes  Stiieks, 
herriihrend  von  Herrn  Prof.  Bock  in  Brtissel,  deren  nicht 
ganz  unerhebliche  Abweichungen  von  der  des  llerrn  Oehler 
hier  nachzutragen  als  kritische  Ptlicht  erscheint.  Nach  ihr 
stehen  zuniichst  die  p.  306  f.  [oben  p.  733J  bemerkten  ortho- 
graphischen  Kleinigkeiten  nicht  vereinzelt,  sondern  sind  dahin 
zu  erweitern,  dass  immer  oder  fast  immer  c  fiir  ac,  ci  fur 
H,  f  statt  tt  (in  lituf),  inquid,  fet  geschrieben  ist,  ausserdem 
aparuU  Z.  6.  99,  At  fUr  Ad  Z.  91,  ammonent  (nicht  am- 
niouent)  Z.  8,  fifciliam  Z.  44,  fubcumbere  Z.  62,  beaticuf  Z.  84, 

*)  [Uhein.  Muacum  a.  a.  0.  p.  479.] 


Digitized  by  Google 


742 


DER  DICHTEB  FLORUS 


rcddilu  Z.  89,  Nom  Z.  108.  Die  Ueberschrift  wird  so  an- 
gegeben: 

P.  Annii.  Flori.  virgilius.  orator.  an. 
poeta  incipit. 

Unrichtig  ist  Z.  14  numquid  fur  non  quod.  Aber  Z.  20  heisst 
es  ille  interim  brevi  — ,  desgleichen  Z.  85  in  te  fatigatum 
incidit;  und  wie  hier  neue  Worte  hinzugekommen  sind,  so  lasst 
die  Abschrift  Z.  24  zwischen  potefne  und  cum,  und  Z.  20 
zwischen  ille  und  gencium  Liicken  je  eines  Wortes.  Dort 
wird  tu,  hier  sicherlich  victor  einzusetzen  sein,  wie  diess 
schon  p.  307  [oben  p.  734]  vermuthet  wurde,  nur  nicht  fur 
die  richtige  Stelle.  Z.  30  hat  die  Abschrift  ego  statt  tibi, 
Z.  31  richtig  moror,  Z.  36  die  ctnuf  quo  tu  mihi,  Z.  40  pa- 
rentum,  Z.  47  mc  ohne  Bemerkuug,  Z.  51  unstreitig  richtig 
concupiffem,  Z.  90  istud  fur  illud,  endlich  Z.  94  so:  totum 
cnim  quod  hic  egimuf  quinqucnnio  ifto  ||  ifto  mihi  pertefum, 
d.  h.  das  erste  ifto  am  Ende  der  Zeile. 

[Auch  Theodor  Mommsen  hat  eine  Nachvergleichung 
des  Codex  angestellt  und  diese  im  Rhein.  Mus.  f.  Philol. 
Bd.  XVI  p.  135  mitgetheilt;  ausser  der  Mehrzahl  der  bereits 
durch  die  Bock  sche  Collation  angegebenen  Berichtigungen 
bietet  sie  noch  folgende  Nachtriige:  Z.  12  Micus,  Z.  26  ilk 
tc  gencium,  7a.  27  inperi,  Z.  36  cuius  quo  tu,  Z.  50  fur  redii 
stand  zuerst  uidi,  Z.  51  concupiscem  geandert  in  concupissem, 

• 

H 

Z.  75  uiccs  geandert  in  uites,  Z.  80  uera,  Z.  90  Ulud  geandert 
in  istud.    C.  W.] 


Digitized  by  Google 


«  • 

XXIV. 

Die  Vermessung  des  romischen  ReichsunterAngustus, 
die  Weltkarte  des  Agrippa 

und 

die  Cosmographie  des  sogenannten  Aethicus 

(Julius  Honorius).*) 


Zu  den  merkwurdigsten  Beispielen  von  fast  giinzlichem  *»i 
Stillschweigen  der  alten  Historiker  uber  wichtige  und  weit- 
greifende  Thatsachen,  besonders  des  innern  Staatslebens,  ge- 
hort  die  allgemeine  romische  Reichsvermessung  und 
Reichsschatzung  unter  Augustus.  Sehr  allniahlich  hat  eine 
iiberaus  sparliche  uud  triimmerhafte  Ueberlieferung  meist 
spater  und  spiitester  Schriftsteller  eine  hinlanglich  umfassende 
Vorstellung  von  jener  grossartigen  Massregel  bewirkt.  Von 
einer  allgemeinen  Reichsschatzung  (im  Gegensatz  zu  dem  auf 
einzelne  Lander  imd  Provinzen  beschriinkten  Census)  spricht. 
wie  allbekannt,  die  Stelle  des  Evangelisten  Lukas,  die  Jahr- 
hunderte  lang  eine  fcrux  theologorum '  gewesen  ist,  und  mit 
der  niihern  Angabe,  dass  mit  der  Vollziehung  zwanzig  er- 
lesene  Manner  beauftragt  worden,  Suidas  v.  dTTOTpaqpri;  die 
Erwahnung  derselben  Thatsache  hat  eine  haarscharfe  Her- 
meneutik l)  selbst  bei  Dio  Cassius  LIV,  35  und  in  dem 
Monumentum  Ancyranum  aufzuspuren  versucht;  von  einer 
allgemeinen  Zahlung  aller  Bewohner  des  Reichs  thut  Suidas 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  N.  F.  Bd.  I  (1842)  p.  481-623.J 
1)  HuBchke'8  in  Uer  alfbald  zu  nennenden  Schrift  p.  38 ff.  45 ff. 


Digitized  by  Google 


REICHSVERME8SUNG  DES  AUGUSTT.S, 


v.  Atrfouoroc  Meldung.  Dagegen  eine  Landesvennessung  tles 
gesamniten  Staates,  ausgefiihrt  durch  den  Feldniesser  Bal- 
bus,  berichten  Boethius  Geometr.  II  p.  1229  (ed.  Bas.  1 546) 
und  die  Agrimensoren  Frontinus  de  colon.  p.  109.  141  f., 
482  das  anonyme  Fragment  p.  148,  Agenus  Urbicus  p.  50,  sowie 
das  Excerpt  ex  lihro  Balbi  p.  143  der  Goes  schen  Ausgaberj; 
eine  Vermessung  des  ganzen  romischen  orbis  terrarum  end- 
lich,  anbefohlen  schon  von  Julius  Caesar,  zu  Stande  gebracht 
durch  'drei'  zu  diesem  Geschaft  verwendete  Griechen  unter 
Augustus,  beschreibt  mehr  vom  geographischen  als  geodii- 
tischen  Gesichtspuflkte  der  sogenannte  Aethicus.  Nur  zwei 
spate  Schriftsteller  sprechen  die  Verbindung  beider  Dinge. 
der  Reichsvermessung  und  des  Reichscensus,  wortlich  aus. 
Cassiodorus  Var.  III,  52  und  Isidorus  Orig.  V,  36,  4  (ersterer 
nach  einer  scharfsinnigen  Emendation3)  vielleicht  aus  Hygi- 


2)  Nur  die  zwei  ersten  dicser  Agrimensorenstellen  und  der  mit 
der  zweiten  gleicblautendc  Boethius  erwahnen  den  Balbus  als  Leiter 
jcncr  Vermesaung;  und  da  diejenigen  Vermessungen,  von  denen  in  den 
jetzt  noch  ubrigen  Stiicken  des  Balbus  die  Rede  ist,  sich  nur  auf  Co- 
lonien  oder  doch  sonst  nacli  gewOhnlicher  rOmischer  Weise  verroesaene 
Landereien  beziehen,  so  ist  Huschkc  p.  10  geneigt,  nur  die  zwei  letz- 
ten  Stellen  als  Zeugnisse  fur  die  allgemeine  Reichsverniessung  gelten 
zu  lassen:  wodurch  dcnn  fur  diese  die  Mitwirkung  des  Balbus  ganz 
wegfallen  wflrdc.  Ich  weiss  nicht,  ob  dcr  Gmnd  stark  genug  ist,  da 
die  Erkliiruug  fiir  den  hervorgehobenen  Umstand  nicht  weit  zu  suchen 
sein  wird;  auch  auf  den  Unterschied  der  Ausdrflcke  {Balbi  mens&rit. 
qui  temporibus  Augusti  omnium  provinciarum  et  cicitatum  formas  (t 
mensuras  .  .  .  distinxit  ct  declaravit,  nnd:  Augustus  .  .  .  omnem  terram 
.  .  .  fecit  remensurari  oder  terram  dcnuo  metiri  praecepit)  mOchte  kein 
unbedingtes  Gewicht  zu  legen  sein;  vor  allem  aber  scheint  zu  beachten, 
dass  ja  die  zwcite  Ausdrucksweise ,  welche  doch  in  engerm  Sinne  «u 
fassen  und  bloss  auf  die  von  Augustus  mit  neuen  Colonien  besetzten 
Stadte  zu  beziehen  Huschke  selbst  nicht  wagt,  gerade  ex  libro  Balbt 
cntnommen  iat.  Denn  wenn  dies  auch  aus  den  Ausgabcn  nicht  mit 
Sicherheit  zu  schliessen  ist,  indem  das  mit  Item  beginnende  Stuck  nur 
zufallig  an  den  Schluss  eines  wirklichcn  Excerpts  aus  Balbus  gerathen 
sein  konntc,  so  i«t  doch  seine  Autorschaft  durch  Blumes  Angaben  hn 
Hhein.  Museum  fflr  Jurispr.  VII  p.  243  bezeugt,  und  auch  nicht  etwa 
au  einen  jiingern  Balbus  zu  denken,  von  dem  Blume  p.  240. 

3)  Huschke's   p.  6.    [Nein,  schou  des  Rigaltius  in  Agrim.  ?et 
p.  128.J 


*    Digitized  by  Google 


AGRIPPA  S  WKLTKARTK,  AKTHICUS'  COSMOGRAPHIK.  745 


nus  gromaticus  schopfend),  und  lassen  den  innern  und  noth- 
wendigen  Zusauimenhang  einer  zum  Behuf  eines  allgemeinen 
Steuersystems  vorgenommenen  und  mit  vollstiindiger  Ermit- 
telung  der  Kopfzahl  verbundenen  Flachenvermessung,  sowie 
einer  darauf  gegrfindeten  Vernibgensschatzung  nach  so  um- 
fassendem  Plane  errathen,  wie  ihn  uns  eine  erschbpfende  Ge- 
lehrsamkeit  und  gliinzende  Combination  in  Huschkes  Schrift 
iiber  den  zur  Zeit  der  Geburt  Jesu  Christi  gehalte- 
nen  Census  (Breslau  1840)  vor  Augen  gestellt  hat. 

Ueberlieferungen  von  analogen  Bestrebungen  oder  Er-  483 
scheinungen  fiigen  sich  auf  das  leichteste  ein  in  solchen 
Zusammenhang.  An  das  Gauze  des  Unternehmens  schliesst 
sich  das  durchaus  verburgte  ratkmarium  oder  brcviarium  im- 
perii  an,  die  General-Reichsstatistik,  welche  Augustus  hinter- 
liess4);  an  die  den  Caesar  betretfende  Notiz  des  Aethicus5) 
dic  von  Caesar  erlassene  (freilich  wegen  der  Liickenhaftigkeit 
der  Stelle  etwas  probleniatische)  Epistula  iiber  die  Feldmess- 
kunst,  deren  Boethius  Erwahnung  thut,  s.  Huschke  p.  11; 
an  die  Berichte  iiber  andere  namentlich  ttngefuhrte  Helfer 
und  Ausfttlirer  des  grossen  Werkes  die  theils  wissenschaft- 
liche,  theils  auch  technische  und  praktische  oder,  wenn  man 
will,  populiire  Fbrderung  der  Geographie  durch  Agrippa. 
Deun  nicht  nur  bezeugen  dessen  eindringliche  Beschaftigung 
mit  der  Geographie  des  gesammten  orbis  terrarum  seine  von 
Plinius  so  viel  benutzten  commcntarii,  sowie  die  damit  in 
Verbindung  stehende,  von  Augustus  selbst  filr  oflfentliche 
Kenntnissnahme  wiirdig  aufgestellte  Weltkarte6);  sondern 
es  weist  auch  Alles  darauf  hin,  dass  Agrippa  (um  auf  seine 
Verdienste   um  den  Strassenbau  mehrerer  Provinzen  hier 


4)  Am  grttndlichsten  hierttber,  mit  Beibringung  manchea  Analogen 
Hchon  aua  den  Zeiten  der  Republik,  .  BOcking  'ttber  die  Notitia 
dignitatum  utriuaquc  imperii>  (Bonn  1834)  p.  77  ff. 

5)  Wobei  es  allordings  dahinsteht,  ob  etwa  den  Caesar  mehr 
^trategische  als  Verwaltungs-  und  Finanzriicksichten  leiten  raochten. 

6)  Hauptetelle  bei  Plinius  N.  H.  III  c.  2.  Ueberhaupt  vergl. 
Frandsens  M.  Vipsanius Agrippa  (Altona  1836)  Kap.  32.  33  p.  184 ff., 
wo  jedoch  einzelnes  Ungenaue  oder  in  den  Entecheidungen  Unbefrie- 
digende  mit  unterliiuft. 


Digitized  by  Google 


746  REICHSVERMESSUNG  DES  AUGUSTUS, 

nicht  naher  einzugehen)  bei  der  allgemeinen  Vermessung 
selbst  betheiligt  und  thatig  gewesen  ist,  Kaum  lasst  daraii 
der  Ausdruck  des  Martianus  Capella  VI  p.  203  f.  ed.  Grot 
zweifeln:  sicuti  Agrippa  dimensus  est  Nahm  er  aber  an  deni 
Vermessungsgeschaft  iiberhaupt  Antheil,  so  haben  diesen  An- 
theil  diejenigen,  die  ihn  —  entsprechend  der  ganzen  person- 
lichen  Stellung  des  Agrippa  —  in  die  oberste  Leitung  des 
gesammten  Unteniehmens  setzen,  unstreitig  am  glaubhafte- 
4Msten  bestimmt 7).  Die  Nachricht  des  Suidas,  dass  zwanzig 
tachtige  Miinner  von  erprobtcr  Rechtlichkeit  zur  Ausfahrung 
des  allgemeinen  Census  ernannt  worden  (welche  Nachricht 
einem  inuern  Bedenken  um  so  weniger  unterliegt,  als  Huschke 
p.  54  ff.  die  Ueblichkeit  solcher  Collegia  durch  treffende 
Analogien  dargethan  hat),  ist  davon  ganz  unabhangig  zu 
fassen;  sehr  wohl  konnte  eine  Commission  zur  Vermessung 
von  Grund  und  Boden  getrennt  sein  von  ciner  Commission 
ftir  den  Census,  so  wesentlich  dieser  auch  eben  auf  den  Ar- 
beiten  der  erstern  beruhte.  In  welchem  Verhaltniss  dagegen 
einerseits  Balbus,  anderseits  die  von  Aethicus  genannten  ge- 
lehrten  Griechen,  die  raan  jedenfalls  als  Mensoren  mit  astro- 
nomischen  Kenntnissen  und  Fertigkeiten  auffassen  muss, 
zu  denken  seien,  wird  freilich  nirgends  berichtet,  und  Ver- 
muthungen  sind  Alles,  worauf  wir  hier  beschrankt  sind; 
aber  nur  einen  Widerspruch  soll  man  in  diesen  verschiedeneu 
Angaben  nicht  finden  wollen8).  Denn  was  wilrde  —  wenn 
es  nur  auf  die  Nachweisuug  eines  moglichen  Zusammen- 
hangs  ankame  —  z.  B.  hindern,  sich  die  gelehrten  Griecheti 
als  die  ausfiihrenden  Techniker  unter  der  Autoritiit  und  Ober- 
aufsicht  des  Agrippa,  den  Balbus  aber  etwa  als  ihren  tech- 


7)  So  namenthch  Mannert  Geogr.  der  Gr.  u.  Rflm.  I  p.  123  f. 
(2te  Ausg.),  Bernhaidy  Encycl.  d.  Philol.  p.  281  (wahrend  in  dem 
Grundr.  d.  rtfm.  Litt.  p.  102.  282  dicBe  Verkniipfung  nicht  hervortritt), 
Biihr  Gesch.  d.  r6m.  Litt.  p.  676;  Frandsen  p.  184  vgl.  mit  p.  187 
schwankt;  zu  wenig  wilrdigt  den  Antheil  des  Agrippa  Huschke  p.  9 
Anm.  16;  gar  keinen  Zusammenhang  zwischen  Agrippa'8  geogra- 
phischen  Bestrebungen  und  der  Augusteischen  Weltvermessung  deutet 
mit  Fruhern  Ukert  Geogr.  d.  Gr.  u.  R.  I,  1  p.  193  an. 

8)  Z.  B.  mit  Bernhardy  Grundr.  p.  282. 


Digitized  by  Google 


agrippa's  weltkarte,  aethicus'  cosmographie.  747 

nischen  Specialchef  vorzustellen?  Wofern  nur  uberhaupt 
Balbus  und  jene  Griechen  als  gleichzeitig  zu  denken  sind. 
Doch  daruber  spiiter.  Jedenfalls  sehen  die  von  Aethicus 
gegebenen  Details,  die  wir  jetzt  etwas  niiher  ins  Auge  zu 
fassen  beabsichtigen,  nicht  nach  willkurlicher  Erdichtung 
aus,  und  wir  gestehen  niit  Huschke  p.  8  Anm.  14  nicht  wohl 
zu  begreifen,  wie  sie  sollten  ersonnen  sein9). 

Wir  lassen  uns  zuniichst  nicht  ein  auf  Namen,  Zeitalter,  485 
Vaterland  des  Aethicus10),  sowie  auf  den  sonstigen  Inhalt 
seiner,  zuerst  von  Jos.  Simler  (Bas.  1575),  zuletzt  von 
Abr.  Gronov  (an  der  letzten  Gronovschen  Ausgabe  des 
Pomponius  Mela,  Lugd.  Bat.  1722)  herausgegebenen  Cosmo- 
graphia,  und  heben  nur  den  allzu  oft  ausser  Acht  gelassenen 
Umstand  hervor,  dass  uuter  diesem  Titel  eigentlich  zwei 
ganz  verschiedene  Stiicke  verbunden  sind.  Das  erste  beginnt 
mit  einer  kurzen  Einleitung,  deren  etwas  luckenhaften  An- 
fang  wir  in  der  Anmerkung  mittheilen. 1 1)  In  dieser  Ein- 
leitung  steht  der  Bericht  iiber  die  Vermessung  des  orbis  tcr- 
rarum  nach  den  drei  Theilen  oriens,  septentrionalis  pars  und 


9)  Hieruber  hiitte  man  eine  Aeusserung  jedenfalls  von  dem- 
jenigen  erwarten  durfen,  der  von  dem  Bericht  des  Aethicus  mit  Holcher 
Geringschatzung  spricht  wie  Wesseling  Praef.  ad  Vet.  Rom.  Itiner. 
f.  4b,  wo  mit  zwei  Einwurfen  (und  nicht  den  gewiihltesten)  aller 
Glaube  daran  in  grosster  Eile  iiber  den  Haufen  geworfen  werden 
soll;  b.  u.  [p.  754]. 

10)  S.  im  allgemeinen  Vossius  de  histor.  lat.  III  P.  2  p.  692 
(Lugd.  B.  1651)  und  Fabricius  Bibl.  lat.  II  p.  80  f.,  I  p.  272. 

11)  fLectionum  pervigili  cura  comperimus  senatum  populumque 
Romanum,  totius  mundi  dominos,  domitores  orbis  et  praesules:  qui 
cura,  quicquid  subiacet  caelo,  penetrarent  triuraphis,  omnem  terram 
oceani  lirabo  circumdatam  invenerunt,  atque  eam  ne  incognitam  po- 
steris  reliquissent,  subiugatum  virtute  sua  orbem  totum,  qua  terra 
protenditur,  proprio  limite  signaverunt:  et  ne  divinam  eorum  mentem 
omnium  rerum  magistram  aliquid  praeteriret,  quam  vicerant  quadri- 
partito  caeli  cardine  investigarunt,  et  intellectu  aethereo  totum  quod 
ab  oceano  cingitur  tres  partes  esse  dixerunt,  Asiam,  Europam  et 
Africam  reputantes.  Sed  hinc  magnum  inter  doctoB  certamen  fuit. 
Nam  plurimi  qui  reB  divinas  evidentius  agnoverunt,  duas  tantum  partes 
uccipiendas  suadent,  id  est  Aniam  et  Europam  tantummodo,  Africam 
vero  cenaent  Europae  finibus  deputandam.  Et  revera  hoc  ita  esse'  etc. 


Digitized  by  Google 


748  REICII8VERMESSUNG  DES  AUGD8TD8, 

meridionaUs  pars.  Dann  folgt  eine  Ausfahrung,  die  indess 
fast  nur  aus  Namenlisten  besteht,  indem  der  Reihe  nach 
vom  Orient,  vom  Occident,  vom  Norden  und  zuletzt  vom 
Siiden  uuter  gleichniassig  wiederkehrenden  Rubriken  aufge- 
ziihlt  werden  die  einschliigigen  maria,  insxdae,  montcs,  pro- 
vinciae,  oppida,  flumina  und  gentcs;  nur  uber  die  Flusse 
folgt  jedesmal,  unmittelbar  angekniipft,  in  zusammenhangen- 
der  Rede  ein  ausftihrlicherer  Bericht  mit  genauen  Angaben 
Ober  Lauf  und  Lange  derselben.  Dieses  erste  Stuck  reieht 
von  p.  705  bis  722  bei  Gronov.  Hieran  schliesst  sich  von 
p.  723  bis  733  das  zweite  Stiick  unter  der  Uebersehrift  Alia 
486  totitts  orbis  descriptio  lT),  welches  ebenfalls  uach  einer  kurzen 
Vorrede,  in  zusammenhangender  Beschreibung  und  obne  alle 
blosse  Namenverzeichnisse,  in  drei  Abschnitten  behandelt 
Asiae  prorinciae  situs  cum  limitibus  et  popxdis  suis,  desgleichen 
Europac  — ,  und  ebenso  Africac  — .  Dieses  zweite  StQck 
findet  sich  mit  geringen  Varianten  wortlich  wieder  bei  Oro- 
sius  Hist.  I,  2,  so  dass  bald  dieser,  bald  Aethicus  fur  den 
Entlehner  gehalten  worden  ist;  allem  Anschein  nach  ist  es 
aber  der  letztere,  indem  er  den  wahren  Anfang  Maiores 
nostri  orbem  totius  tcrrac  etc.  durch  den  Zusatz  einiger  Worte 
mit  der  Expositio  in  Verbindung  setzte.  Dass  man  aber 
beide  StUcke  nicht  gehorig  unterschied,  dass  man  namentlich 
aus  einzelnen  Angaben  des  zweiten  ungUnstige  Schlusse  auf 
Werth  und  Zeitalter  des  ersten  machte,  das  hat  den  Gesichts- 
punkt  wesentlich  getrUbt. 

Betrachten  wir  nun  den  Bericht  Uber  die  Vermessung: 

Itaque  Iulius  Caesar,  bissextilis  ratiouis  inventor, 
divinis  humanisque  rebus  singulariter  instructus,  cuui 
consulatus  sui  fasces  erigeret,  ex  senatusconsulto  censuit 

12)  Wir  nennen  daher  weiterhin  der  Deutlichkeit  wegen  dieees 
zweitc  Stnck  die  Descriptio,  daa  erste  die  Expontio.  Der  Anfang  der 
Dcscriptio  lauM:  fHanc  quadripnrtitam  totins  terrae  continentiam  bi 
qui  dimensi  sunt,  longe  maiores  nostri,  tripartitam  reputari  definiernnt, 
investiganteB  universum  orbem  oceani  maris  limbo  circnmdatnm:  eas- 
que  trcs  partes  Asiam,  Europam  et  Africam  reputaverunt.  Quamru 
non  defuernnt,  qui  duas  partes,  sicut  diximus,  perhiberent,  Asiam  et 
Enropam,  Africam  vero  in  Europam  adiiciendam  definiemut:  quia'  ek. 


Digitized  by  Google 


AGRIl*I*A'S  WELTKARTfi,  AETHICUS'  COSMOGRAPIIIE.  749 

omnem  orbem  iam  Romani  nominis  admetiri  per  pru- 
dentissimos  viros  et  omni  philosophiae  munere  decora- 
tos.  Ergo  a  Iulio  Caesare  et  M.  Antonio  Coss.  orbis 
terrarum  metiri  coepit,  id  est  a  consulatu  suprascripto 
usque  ad  consulatum  Augusti  iii  et  Crassi,  annis  xxi 
mensibus  v  diebus  ix  [a]  Zenodoxo  omnis  oriens  di- 
mensus  est,  sicut  inferius  demonstratur.  A  consulatu 
item  Ierfii  Caesaris  et  M.  Antonii  usque  in  consulatum 
Augusti  x,  annis  xxix  mensibus  vm  diebus  x  a  Theo- 
doto  septentrionalis  pars  dimeusa  [est],  ut  evidenter 
ostenditur.  A  consulatu  similiter  Iulii  Caesaris  usque 
in  consulatum  Saturni[ni]  et  Cinnae  a  Polyclifc)  meri- 
diana  pars  dimensa  est,  annis  xxxn  mense  I  diebus  x,  4*7 
sicut  definita  monstratur.  Ac  sic  omnis  orbis  terrae 
intra  annos  xxxn  a  dimensoribus  peragratus  est  et  de 
omni  eius  continentia  perlatum  est  ad  senatum. 

Hochst  auffallend  ist  hier  zuerst  der  durchgiingige  Wi- 
derstreit  der  genannten  Consulate  und  der  mit  Zahlen  dazu 
gesetzten  Jahresbestiinmungen.  Das  konnte  denen,  die  allein 
um  die  Zurechtstellung  dieser  Ueberlieferungen  sich  bemuht 
haben,  K.  Barth  Adversar.  XLV,  13  und  Wesseling  Praef. 
ad  Vet.  Rom.  Itiner.  p.  4  ff.,  nicht  entgehen.  Und  zwar 
haben  beide  den  Weg  eingeschlagen,  das  Verderbniss 13), 
welches  doch  unmoglich  in  den  namentlich  angefuhrten  Con- 
sulaten  liegen  kann,  in  den  Zahlen  zu  suchen;  nur  dass 
Barth,  von  factisch  unrichtigen  Annahmen  iiber  mehrere 
Consulate  ausgehend,  das  Wahre  ganzlich  verfehlen  musste. 
Vom  Consulat  des  Caesar  und  Antonius  =  709  u),  sagt  da- 
gegen  Wesseling,  bis  zum  vierten  (denn  II II  statt  III  muss 
es  ohne  VViderrede  heissen)  des  Augustus  =  723  seien  nicht 
XXI,  sondern  XlVJahre;  bis  zu  AugusW  zehntem  =  729 
nicht  XXIX,  sondern  XX;  bis  zu  dem  des  Saturninus  =  734 
nicht  XXXII,  sondern  XXV;  also  auch  die  Zeit  der  ganzen 


13)  Nicht  f  Rechnungafehler '  sind  nach  Wesseling^s  Meinung 
passirt,  wie  Frandsen  p.  184  Hagt,  sondern  Abschreibefehler. 

14)  Wir  Bubstituiren  der  Varronischen  sogleich  die  Capitolinische 
Jahresrechnung  nnd  befolgen  diese  auch  fernerhin  durchgiingig. 


Digitized  by  Google 


750  REICHSVERMESSUNO  DES  AUGU8TU8, 


Vermessung  nicht  XXXII,  sondern  XXV  Jahre.  Diese  rich- 
tigern  Zahlen  will  denn  auch  Wesseling  ohne  weiteres  durch 
Emendation  eingesetzt  wissen.  Es  fehlt  nun  zwar  im  all- 
gemeinen  keinesweges  an  Analogien  von  heillosen  Zahlen- 
verderbnissen  in  den  Handschriften ;  indess  niuss  eine  so 
fortgesetzte  Unrichtigkeit  um  so  mehr  Bedenken  erregen,  je 
weniger  einleuchtend  bei  so  gar  abweichenden  Zugen  ein 
ausserer  Anlass  fiir  so  gehaufte  Schreib-  oder  Lesefehler  ist; 
wenigstens  musste  man  einige  Bestatigung,  wo  nicht  von 
Handschriften,  die  das  Richtige  selbst  gaben,  so  doch  von 
anderweitigem  Wechsel  abweichender  Zahlzeichen  in  ihncn 
488  wiinschen.  ™)  Inzwischen  ist  von  nicht  wenigen  Handschrif- 
ten  des  Aethicus  ausser  den  zwcien,  woraus  die  gedmck- 
ten  Texte  geflossen  sind,  bis  jetzt  keine  einzige  auch  nur 
fiir  dieses  interessanteste  StQck  des  Ganzen  eingesehen  und 
verglichen  worden.  Ich  wiinschte  es  ware  wahr,  was  Herr 
Huschke  p.  9  sagt:  es  sei  die  Herstellung  der  verderbten 
Zahlen  von  einer,  mir  aus  Italien  mitgetheilten,  besseni  und 
vollstandigern  Abschrift  der  Stelle  zu  erwarten.  Besser  ist 
die  Abschrift  eben  nur,  insofern  sie,  bei  aller  Unvollstandig- 
keit,  vollstiindiger  ist;  fur  die  Zahlenverderbmsse  bietet  sie 
unmittelbar  nur  sehr  geringe  Hiilfe.  Befremdlich  ist  es  aber 
allerdings,  dass  niemand  die  Liickenhaftigkeit  der  ganzen 
Stelle  geahnt  liat.    Bilden  denn  oriens,  septcntrfa,  meridies 


15)  Die  auffalleudsten  Varianten  in  den  Zahlou  gibt  zwar  die  als- 
bald  mitzutheilende  Vaticaniscke  Abschrift  dea  Anfangs  der  Rrpofiitio. 
iudem  darin  statt  Maria  VIII,  Insulae  VIIII,  Montes  VII,  Prorin- 
ciac  X,  Oppida  IX  V,  Flumina  XXII,  Gentes  II  gelesen  wird  M. 
VIII,  I.  VIII,  M.  VII,  I\  VII,  O.  LXX,  F.  XVII,  G.  X XXXVI. 
Aber  darauf  ist  nicht  eher  zu  bauen,  als  wir  wisseu,  ob  die  iui  Vati- 
canus  uat  hfolgenden  Namenverzeichuisse  wirklich  mit  denen  der  ge- 
druckten  Texte  iibereinstimmen,  oder  ob  sie  nicht  vielmehr  den  Sura- 
men  jener  vorlaufigen  Uebersicht  entsprechen. 

16)  S.  ausser  Vossius,  Fabricius  tind  Wesseling  noch  Paal 
Vinding  bei  F.  Ch.  von  Scheyb  zur  Tab.  Peutiug.  (Wien  17>: 
p.  12  und  Bdckiug  iiber  d.  Not.  dign.  p.  20  f.,  auch  Bergier  in  der 
bald  anzufiihrendcu  Schrift;  fernor  Vossius  (de  philolog.),  Salmasius 
(in  Soliu.),  Du  Frcsno  u.  A.,  deren  Testimonia  Gronov  in  der  let?,- 
ten  Ausgabo  des  Pomponius  Mola  p.  687  ff.  zusammengestellt  hat. 


Digitized  by  Google 


AGRIPPA'S  WELTKARTE,  AETHICIS  COSMOGRAPHIE.  751 


eine  in  sich  geschlossene  Reihe?  entsprechen  sie  der  nach- 
folgenden  Expositio  und  uuifassen  sie,  wie  ihr  Umfang  eben 
in  dieser  Expositio  genau  nach  den  einzelnen  Landern  be- 
stimmt  wird,  den  romischen  orbis  terrarum?  Mit  welchem 
Rechte  durfte  Frandsen  p.  184  sagen,  es  werde  von  Aethi- 
cus  die  Vermessung  rin  den  drei  Hauptrichtungen'  ange- 
geben?  Ueber  diese  Fragen  sind  alle  leichten  Fusses  hin- 
weggeschliipft,  mit  Ausnahme  von  Nicolaus  Bergier  cde 
publ.  et  milit.  Imp.  R.  viis'  III,  6,  5  (p.  226  in  Graev.  Thes. 
A.  R.  X),  der  doch  ehrlich  mit  der  Sprache  herausgeht  und 
kurzweg  oriens  fiir  Asien,  septentrio  fiir  Europa,  meridies  fiir 
Africa  erkliirt;  wie  entschieden  unrichtig,  wird  sich  spater 
zeigen.  Vielmehr  aber,  dass  eine  vierte  Hauptrichtung,  und 
zwar  der  ganze  occidens,  ausgefallen  sei,  das  ist  es,  was 
aucli  ohne  Handschriften  hatte  sollen  errathen  werden.  Die  489 
fiir  unsere  Untersuchung  iiberaus  folgenreiche  Gewissheit 
gewiihrt  der  Vaticanus  3864,  worin  unser  Text  nach  der 
Mittheilung  meines  Freundes  E.  Braun  so  lautet: 

Incipit  (Rasur) 

Iulio  caefare  et  marco  antonino  confulibuf  omnif  orbif  pera- 
gratuf  e  per  fapientiffimof  et  electof  uirof  IIII.  Nicodomo 
orientif.    Didimo  occidentalif  Theudoto  feptemtrionalif.  peli- 

atuin 

clito  meridiani  a  confulibuf  ufque  in  confulibuf  augufti.  II II. 
Et  craffo  annei  XXI.  et  menfum  quinque.  diebuf  nouem 

Orienf  dimenfae  et  a  confulibuf  fuif  ufque  in  con- 
fulibuf  augufti.  VII.  et  agrippa  annof  XXVI.  menfum  III. 
diebuf  XVII.  Occidui  parf  dimfa  e  a  confulibuf  fuif.  ufque 
in  confolatum  augufti.  X  annof  XXVIIII  menfibuf  feptem- 
trionalif  parf  dimenfa  eft  a  confulibuf  fui  ufque  in  confula- 
tum  faturnini  et  cinnae  annif  XXII  mfe  uno  dieb;  XX. 
Meridiani  parf  dimenfa  eft  omnif  orbif  habet  maria  XXVIII. 
infulaf  LXXIIII.  montef  XXXV.  prouintiaf.  LXX.  oppida. 
CCLXIIII.  fluuiuf.  LII.  gentef.  CXXVIIII.  gentef  CXXVIIII. 

Incipit  expofitio. 
Orienf  habet  maria  octo.  infulaf  VIII.  montef  feptem.  pro- 
uintiaf  VII.  appida  feptuaginta.  flumina  decem  et  feptegente 
quadraginta  fex  etc.  etc. 


Digitized  by  Google 


752  REICHS  VERMESSt' NG  DES  AIGLSTUS, 


Dass  wir  es  hier  offenbar  nicht  bloss  mit  Varianten, 
sondern  ausserdem  mit  einer  verschiedenen,  bedeutend  ins 
Kurze  ziehenden  Redaction  (oder  aber  bei  dem  Vulgattext 
mit  einer  erweiternden)  zu  thun  haben,  ist  filr  den  gegen- 
wartigen  Zweck  eben  so  untergeordnet,  wie  die  gesteigerte 
Corruption  des  Einzelnen,  die  man  insbesondere  in  der  sinn- 
verwirrenden  Satzabtheilung,  sowie  in  misverstandenen  Ab- 
kurzungeu  (consulibus,  consulatum,  suis  fiir  suprascriptis)  er- 
kennt.  Bestatigt  wird  zunachst  das  vierte  Consulat  des 
Augustus  statt  des  dritten;  auch  kommen  die  XXII  Janre 
bis  zu  dem  des  Saturninus  dem  Wahren  niiher  als.  tlie 
4yo  XXXII  der  Vulgate;  ausserdem  ist  (ebendaselbst)  nur  die 
Zahl  der  Tage,  XX  statt  X,  ein  weiterer  Beleg  ftir  stattge- 
habte  Zahlencorruption.  Seltsam  aber,  dass  auch  die  neu- 
gewonnene  Zeitbestimmung  wiederum  nicht  zutrifft,  und  zwar 
iu  ganz  ahnlichem  Verhiiltniss  wie  die  alten;  denn,  wQrde 
Wesseling  sagen,  bis  zum  (dritten)  Consulat  des  Agrippa 
uud  dem  siebenten  des  Augustus  =  720  sind  nicht  XXVI, 
sondern  XVII  Jahre.  Er  wQrde  sich  aber  damit  gerade  so 
verrechnen,  wie  er  sich  mit  allen  iibrigen  Ansatzen  um  ein 
Jahr  verreclinet  hat.  Freilich  sind  von  709  bis  726  sieb- 
zehn  Jahre  rundweg,  wenn  nach  Monaten  und  Tagen  nicht 
gefragt  wird;  werden  aber  3  Monate  17  Tage  ausdrQcklich 
angegeben,  so  ist  ja  das  letzte  Jahr  nicht  voll  und  es  sind 
natiirlich  im  ganzen  nur  sechzehn  Jahre  3  Monate  17  Tage, 
und  so  in  den  iibrigen  Fallen.  Dadurch  stellt  sich  aber  die 
Probabilitiit  der  nothwendigen  Zahlenvertauschungeu  wesent- 
lich  anders.  Aus  XXFIund  XXVIII I  ist  jetzt  nicht  mehr 
XVII  und  XX  zu  machen,  was  fast  unbegreifliche  Verwech- 
selungen  wiiren,  soudern  hochst  einfach  XVI  und  XVIIU: 
und  den  factischen  Beweis  fiir  den  irrthiimlichen  Zusatz  einer 
X  liefert  uns  ja  handgreiflich,  sogar  mit  zwei  Beispieleu,  der 
Vaticanus.  Denselben  falschen  Zusatz  fur  die  beiden  anderu 
Jahressummen  vorausgesetzt,  bleibt  uns  nur  X/  in  A7// 
und  XA7/  in  XXI III  zu  veriindern,  beidemale  also  ein  und 
dasselbe  Verbesserungsmittel,  die  Hinzufilguug  zweier  I,  an- 
zuwenden  (wiihrend  XX/  und  XIIII,  XXXII  und  XX V  so 
disparat  wie  moglich  sind);  und  zum  Ueberfluss  sahen  wir 


Digitized  by  Google 


agrippa'8  weltkaktk,  aethicus'  cosmographib.  753 


gerade  aueli  den  Ausfall  eines  /  durcfa  den  Vaticanus  fac- 
tisch  coustatirt.  Ich  meine,  solche  Gleichmiissigkeit  des 
Heilungsverfahrens  gereicht  diesem  selbst  zu  nicht  geringer 
Empfehlung. 

Vollkommen  bestiitigt  werden  nun  durch  die  Vaticanische 
Abschrift  die  Namen  Theodotus  oder  Theudotus,  und  Po- 
lyklitus  oder  Polykletus;  zweifelhaft  dagegen  Zenodoxus, 
dem  sich  jetzt  ein  Nicodemus  gegenUberstellt,  wofern  man 
nicht  noch  andere  Namensformen  aus  dieser  Dittographie 
combiniren  will.  Mochte  nur  der  neu  hervorgegangene  Ver- 
messer  des  Occidents,  Didymus,  nachweisbarer  als  seine 
meines  Wissens  sonst  durchaus  nicht  vorkommenden  Collegeu  491 
sein.  Ich  bin  weit  entfernt,  eine  Moglichkeit,  die  nichts 
weiter  fQr  sich  hat,  als  dass  sie  keine  Unmoglichkeit  ist, 
fur  eine  eigentliche  Vermuthung  auszugeben;  da  mau  aber 
nie  wissen  kann,  wozu  etwas  fQhrt,  so  sei  hier  erinnert,  dass 
A.  Mai  als  Anhang  zu  den  Pinellischen  Iliasfragmcnten 
(Mediol.  1819)  die  nietrologisch  -  niechanische  Schrift  eines 
Alexandriners  Didymus  herausgegeben  hat,  worin  auch  die 
Feldmesskunst  beruhrt  wird.  Ausserdein  dass  darin  Heron 
ausdrucklich  citirt  wird,  hat  Bockh  (metrol.  Untersuchungen 
p.  9  f.)  die  wortliche  Uebereinstimmung  Heronischer  StQcke 
mit  Didymus  gezeigt  und  diesen  als  den  Entlehner  bezeich- 
net.  Bockh  triigt  kein  Bedeuken,  die  besten  dieser  Stucke 
'wo  nicht  fQr  alter,  doch  fur  eine  Arbeit  aus  dem  zwei- 
ten  oder  ersten  Jahrhundert  der  christlichen  Zeitrechnung' 
zu  erkliiren.  Wiire  es  also  gestattet,  einen  Schritt  weiter  zu 
gehen  und  diesen  Heron  geradezu  fur  den  alten  Mathema- 
tiker,  SchQier  des  Ktesibius,  zu  nehmen,  der  um  das  Jahr 
100  v.  Ch.  gesetzt  wird,  so  konnte  dieser  ganz  wohl  von 
einem  Didymus,  der  gegen  Christi  Geburt  lebte,  be- 
nutzt  worden  sein  l7). 

Wie  dem  aber  auch  sei,  so  viel  leuchtet  ein,  dass  die 

17)  Uebrigens  ist  der  Didymus,  aus  dossen  Schrift  ircpi  rf\c  irapd 
PuJMaioic  dvaXotiac  PriKcian  de  fig.  numer.  c.  3  ein  Stuck  mittheilt, 
nicht,  wie  Bockh  p.  I»  meint,  der  Chalkenteros,  BOndern  nach  dem 
auadriicklichen  Zeugniss  des  Suidas  Claudius  Didymus.    Vgl.  Ind. 
achol.  univ.  Boun.  a.  1840—41  p.  X  [=  Opusc.  I  p.  188]. 
vk.  miseuEMi  orvscvLA  11 1.  48 


Digitized  by  Google 


754 


BEICH8VERME88UNG  DES  AU0U8TUS, 


aus  der  Vaticanischen  Handschrift  gewonnene  Erganzung  den 
Glauben,  den  man  dem  so  ausgefuhrt  genauen  Berichte  des 
Aethicus  zu  schenken  geneigt  sein  muss,  nur  starken  und 
vervollstiindigen  kann.  Wesselings  Einwurfe  wenigstens 
wiegen  nicht  schwer.  *Ecquis  enim',  sagt  er  erstlich,  ?cre- 
diderit  Plinium  scriptorem  diligentissimum  praeterire  Zeno- 
doxi,  Polyeliti  et  Theodoti  mensorum  operam  voluisse,  si 
quae  in  hac  re  extitisset l8)?'  Aber  nennt  denu  Plinius  deu 
492  Balbus?  wird  aus  ihm  der  Antheil  des  Agrippa  klar?  erhalt 
man  aus  ihm  Uberhaupt  einen  Begriff  von  einer  so  umfas- 
senden  Massregel,  wie  die  planmiissige  allgemeine  Reichs- 
vermessung  war?  Wie  wenig  solches  Stillschweigen  zu  sol- 
chen  Schliissen  berechtigt,  hat,  nach  so  manchen  lehrreichen 
Erfahrungeu,  erst  Huschke  wieder  in  Beziehung  aut  den 
Keichscensus  mit  den  iiberzeugendsten  Belegen  nachgewiesen 
(p.  36  f.).  Und  dann  waren  ja  jene  Griechen  auch  gar 
nicht  die  Hauptpersonen  bei  dem  Unternehmen,  sondern 
eben  nur  die  ausfiihrenden  Tecliniker.  fEt  qui  potuit',  fragt 
aber  Wesseling  weiter,  'Theodotus  homo  Graecus  in  intimam 
Germaniam,  quam  septemtrionalem  partem  Aethicus  appellat, 
Roinanorum  armis  nondura  domitam  penetrare  eamque  men- 
surare?'  Wo  steht  denn  aber  ein  Wort,  davon,  dass  das 
Innere  Deutschlands  ausgemessen  worden?  Genugte  doch 
zur  Nennung  Germaniens  die  Aufnahme  einiger  Grenzstriehe, 
dergleichen  ja  (am  linken  Eheinufer)  schon  friih,  schon  vor 
der  Augustischen  Vermessuugr  rait  Gallien  verbunden  (pro- 
vincia  Belgica)  den  Romern  gehorten.  Und  daran  hiitte  wohl 
Wesseling  selbst  gedacht,  wenn  er  sich  aus  der  Expositio 
belehrt  hiitte,  dass  Germania  mit  nichten  zur  septentrionalis 
pors  gerechnet  wird,  wie  er  ganz  irrig  angibt,  sondern  viel- 
mehr  zura  oeeidem.  Oder  sollte  ihm  die  Zusammengehorig- 
keit  dcr  Expositio  rait  dera  Vermessuugsbericht  der  Einleitung 
iiberhaupt  entgangen  sein?  Jedenfalls  werden  sicli  Bedenken 
dieser  Art  weiter  uuten  im  ausgedehntesten  Masse  erledigen. 

18)  Dasselbe  Argument  nimmt  sich  noch  wunderlicher  im  Mundo 
derer  aus,  die  deu  Theodotus  als  Schrit't«teller,  als  Verfasser  einer  Df- 
scriptio  Heptentrionis  behandeln;  s.  Ch.  L.  Scheid^s  Vorrede  zti  Kc- 
cardi  de  orig.  Germanorum  I.  II.  (G5ttingen  1750)  p.  XXXXVI  Aoro. 


Digitized  by  Google 


AGRIPPAS  WELTKARTE,  AETHICUS'  COSMOORAPHIE.  755 

Dagegen  wiirde  allerdings  der  Bericht  des  Aethicus  aller 
innern  Wahrscheinlichkeit  von  vorn  herein  entbehren,  wenn 
die  Interpretation,  nach  welcher  von  Wesseling  die  Zeit- 
verhaltnisse  der  Vermessung  aufgefasst  worden  sind,  die 
rieHtige  ware.  Nach  seiner  Meinung  wiire  es  eine  schone 
Bemerkuug  Bartlfs,  von  der  man  zuin  Verstandniss  der 
.Stelle  ausgehen  miisse,  funo  eodeinque  tempore  mensores 
eos  esse  emissos,  omnesque  adeo  annorum  summas  a  consu- 
latu  Caesaris  et  Antonii  esse  inchoandas'.  Von  dem  letzten 
Theile  dieser  Behauptung  durfte  er  sagen  fid  res  ipsa  et 
tiniti  utrimque  termini  requirunt';  von  dem  ersten  ist  es 
gerade  das  Gegentheil,  was  die  Natur  der  Sache  lehrt.  Denn  493 
wie  will  man  unter  dieser  Voraussetzung  die  so  gar  be- 
^trachtlichen  Zeitunterschiede  erklaren,  die  zur  Vermessung 
der  verschiedenen  Reichstheile  nothig  gewesen  wiiren?  Worauf 
soll  es  beruhen,  dass  man  gerade  mit  dem  Orient  in  14,  mit 
dem  Occident  in  17  Jahren  fertig  wurde,  zum  Norden  schon 
20,  zum  Suden  gar  25  Jahre  (fast  das  Doppelte  im  Vergleich 
mit  dem  Orient)  brauchteV  Wrer  mochte  behaupten,  dass  in 
ahnlicher  Progression  die  Liinderabtheilungen  umfangreicher 
oder  entlegener,  die  Vermessungen  schwieriger  geworden 
waren?  Wie  wenig  dies  der  Fall,  zeigt  der  Augenschein 
bei  Betrachtung  der  einzelnen  yyrovinciac ,  wie  sie  die  Expo- 
sitio  unter  die  vier  partes  vertheilt.  WTir  iiberlassen  es  einem 
jeden,  sich  eine  Meinung  darUber  zu  bilden,  ob  nicht,  abge- 
sehen  von  der  Vergleichung  der  vier  verschiedenen  Ver- 
uiessungen  unter  sich,  jene  Zeitriiume  auch  an  sich  gar  zu 
gross  erscheinen  milssen  im  Verhiiltniss  zu  der  doch  nur 
massigen  topographischen  Genauigkeit,  auf  welche  die  da- 
uialige  Zeit  Anspruch  machte,  und  behaupten  nur  unserseits 
mit  Zuversicht  dieses:  aus  den  Worten  des  Aethicus  darf 
einzig  der  Siun  entnommen  werden,  dass  von  Caesars  und 
Antonius'  Consulat  an  so  und  so  viele  Jahre  verflossen,  ehe 
die  von  ersterm  angeordnete  Vermessung  der  betreffenden 
Reichsabtheilung  wirklich  zu  Stande  kam,  keineswegs  aber, 
dass  das  Vermessungsgeschiift  selbst  eben  so  viele  Jahre 
dauerte.  Daraus  geht  uns  aber  die  wesentlich  veriinderte 
Auffassung  hervor,  wonach  die  verschiedenen  Vermessungen 

48* 

« 


Digitized  by  Google 


756  beichsvermessum;  des  augustus, 


nicht  gleichzeitig,  sondern  eine  nach  der  andern  ausgefahrt 
wurden.  Mochte  man  iinmerhin  gleich  nach  dem  Erscheinen 
des  von  Caesar  bewirkten  Senatsbeschlusses  mit  den  Arbeiten 
beginnen,  so  ist  doch  nichts  begreiflicher,  als  dass  sie  nach 
Caesars  bald  erfolgtem  Tode,  im  Gewirre  der  wechselvollen 
burgerlichen  Unruhen,  unterbrochen  19)  und  erst  nach  herge- 
stellter  Ordnung  unter  Octavian  wieder  aufgenommen  und 
gliicklich  vollbracht  wurden.     Tndem  man   also  jetzt  die 
Kriifte  nicht  zersplitterte,  sondern  concentrirte,  brachte  man 
494  vou  723,  nachdem  Octavian  erst  das  Jahr  zuvor  zur  Allein- 
herrschaft  gelangt  war,  bis  726  die  Vermessung  des  Westens, 
von  720  bis  729  die  des  Nordens,  von  729  bis  734  die  des 
Siidens  zu  Stande.    Allen  voran  ging  nun  aber  nach  Aethi- 
cus  die  des  Ostens;  dafiir  das  eine  Jahr  722  bis  723  anzu- 
nehmen,  stiinde  zu  den  ubrigen  in  keinem  Verhaltniss.  Wir 
werden  indess  nicht  irren,  wenn  wir  auch  ohne  Zeugniss  die 
Wiederaufnahme  dieser  Vermessung  zwischen  717  und  720 
setzen.   Denn  noch  vor  der  Besiegung  des  Antonius  trat  fur 
den  durch  endlosen  Burgerkrieg  erschopften  Staat  ein  erster 
lluhepunkt  ein  mit  der  Ueberwiiltigung  des  Pompejus  und 
Lepidus  durch  Octavian  (717),  ein  Ruhepunkt,  der  wieder 
eiumal  an  biirgerliche  Einrichtungen  und  wohlthatige  Ver- 
waltungsmassregeln  zu  denken  gestattete,  und  von  Octavian, 
wie  wir  durch  Appian20)  wissen,  zu  solcheu  in  der  That 
benutzt  wurde.    Ein  neues  Bedenken  macht  sich  zwar  jetzt 
in  Betretf  der  vier  griechischen  Feldmesser  geltend.  Weun 
die  Vermessung  successiv  vor  sich  ging,  warum  wurde  fur 
jede  folgende  Reichsabtheilung,  an  welche  die  Reihe  kam, 
ein  anderer  Vermesser  bestellt,  warum  wurden  nicht  fur  jetle 
einzelne  alle  vier  zusammen  verwendetV    Der  Moglichkeiten 
lassen  sich  hier  viele  denken;  wie  aber,  wenn  auch  diese 
lnterpretation  der  Worte  des  Aethicus  nicht  die  sachgeroasse 

19)  Darauf  machte  schon  Manuert  aufmerksaru  in  seiner  Einlti- 
tung  zur  Tab.  Peuting.  (Lips.  1824)  p.  4. 

20)  Belt.  civ.  V  c.  130:  KaTnTT*M€*  T€  €iprjvnv  Kal  €u8uu(av,  k  T€- 
Xoc  tujv  f  ucpuXiujv  dvrjpnuivujv.  c.  132:  toOto  uev  bfj  tujv  t6t€  crdtfu/v 
€o6K€t  t«!Xoc  €ivai.  -  Kai  TpauuaTcia  tfca  xf\c  CTdccuK  cuufaXa  **a,f»  Ml 
tuv  ^vT€Xn  TToXiT€iav  tXcftv  dirobujcciv  ktX. 


Digitized  by  Google 


AGRIPPA8  WELTKARTK,  AETHICUS'  COSMOORAIMIIK.  7f>7 

wiire?  wenn  es  zwar  Caesar's  Plan  war,  die  Messung  in 
allen  vier  Abtheilungen  zugleich  vorzuuehmen,  Augustus 
aber  diesen  Plan  eben  dahin  abaiiderte,  dass  er,  jene  Ein- 
theilung  selbst  beibehaltend  2l),  doch  die  successive  Aus- 
ffihrung  vorzog?  uud  wenn  demgemiiss  zwar  von  Caesar  vier 
Vermessuugschefs  fiir  verschiedene  Kegionen  ernannt  wur- 
den,  vielleicht  auch  schon  mit  Vorarbeiten  thiitig  waren, 
eben  diese  Griechen  aber  mit  der  Wiederaufnahme  der  gross- 
artigcn  Massregel  unter  Augustus  gar  nichts  gemein  hatten?-*) 
Gchen  wir  streng  zu  Werke,  so  wird  von  den  vier  Uriechen 
tmd  einer  Vertheilung  von  Mensoren  nur  in  Beziehung  auf 
Caesar  berichtet,  in  Beziehung  auf  Augustus  nur  von 
dem  eineo  Balbus,  jedenfalls  nichts  von  gleichzeitiger  Be- 
schaftigung  mehrerer.  Fand  aber  Aethicus  (oder  wer  sonst 
Tor  ihm)  die  doppelten  Angaben  vor,  1)  dass  durch  Caesars 
Anordnung  z.  B.  Didymus  mit  der  Ausmessung  des  Occidents 
beauftragt  worden,  und  2)  dass  diese  im  siebenten  Consulat 
des  Augustus,  also  im  siebzehnten  Jahre  darauf  vollendet 
worden,  so  war  es  gewiss  das  naheliegendste  und  verzeih- 
lichste  Misverstiiudniss  eines  spatern  Jahrhunderts,  beide  No- 
tizen  in  eins  zusammenzuziehen  and  dahin  zu  wenden,  dass 
der  Occident  von  Didynius  in  siebzehn  Jahreu  sei  verinessen 
worden. 

Den  so  aufgefassten  Zeitangaben  tritt  nun  ein  Wider- 
8pruch  eben  so  wenig  von  Seiten  des  Keichscensus  entgegen, 
als  von  der  Erwiigung  dessen,  was  damals  romisch  war,  was 
nicht.  Naturlich  musste  die  Vermessung  beendigt  sein,  ehe 
zmn  Census  geschritten  werden  konnte.  Nun  erliess  aber 
die  Anordnung  zu  diesem,  wie  Huschke  (p.  45.  33  ff.)  mit 
grosser  Wahrscheinlichkeit  gezeigt  hat,  Augustus  im  Jahre 
742;   folglich   reichten   die   acht  Jahre   seit   734   zu  den 

21)  Warum  er  U6  beibehiclt  und  nicht  ftllea  neu  einricht^-te?  Nun, 
*.  B.,  weil  er  rioh  die  seit  Caeuar  schon  ausgefuhrten  Arbeitcn,  die 
cininal  nach  jener  Eintheilung  augelegt  waren,  nicht  wollte  verloren 
gehen  lassen. 

22)  Auch  Mannert  a.  a.  0.  p.  4  f .  iat,  wie  ich  eben  sehe,  der 
Meiouug,  sie  m5chten  unterdess  litngst  geatorben  eein,  ohne  dasa  doch 
die  Fruchte  ihrer  Thiitigkeit  verloren  waren. 


758  KEICH8VEKMESSU29G  DES  AUGUSTUS, 


ctwaigen  Vorarbeiten  reichlich  aus.  Eher  diirfte  man  sich 
wundern,  dass  nian  einen  so  langen  Zwischenraum  verstrei- 
chen  liess,  wahrend  doch  im  ganzen  genommen  Rom  sieh 
innerer  und  ausserer  Ruhe  erfreute.  Auf  die  Kampfe  mit 
den  Germanen  (737  ff.)  mochte  ich  hier  kein  Gewicht  legen. 
Wohl  aber  ist  zu  erwagen,  dass  die  ganze  Massregel  eines 
allgemeinen  Reichscensus ,  dessen  tiefere  Bedeutung  yon 
Huschke  trefflich  entwickelt  worden,  von  der  Art  war.  dass 
das  umsichtigste  Zogern  als  grosste  Weisheit  erscheinen 
muss;  die  Romer  mussten  viel  vergessen  haben,  Augustus 
sich  vollkommen  sicher  fiihlen,  wenn  das  ungewohnte  Ver- 
fahren  ohne  Anstoss  gelingen  sollte ;  nicht  frtther  mochte  er 
496  die  Zeit  fiir  reif  halten,  als  da  er  auch  der  Pax  einen  Altar 
zu  weihen  (740)  und  den  Janustcmpel  zu  schliessen  (742) 
befahl.    Vgl.  Huschke  p.  30  f.  31.  35. 

Werfen  wir  anderseits  einen  Blick  auf  den  Lander- 
umfang  der  romischen  Monarchie  in  dem  Zeitraum  tod 
717—734  (um  selbst  pedantisch  an  dieser  Grenzbestimmung 
festzuhalten),  so  erscheint  auch  in  dieser  Beziehung,  sobald 
man  einige  wichtige  Gesichtspunkte  zu  fassen  weiss,  der 
Bericht  des  Aethicus  mit  den  geschichtlichen  Thatsachen 
sehr  wohl  vertriiglich.  Ehe  dies  indess  naher  gezeigt  wer- 
den  kann,  gilt  es,  durch  Beseitigung"  eines  Ausspruches  von 
Manncrt  reines  Feld  zu  machen.  Zur  Peutingerschen  Tafel 
p.  8  versucht  er  die  (weder  erweisliche  noch  wahrschein- 
liche23))  Vermuthung  zu  begrunden,  dass  die  Cosmographie 
des  Aethicus  eigentlich  nichts  Anderes  als  eine  Einleitung 
oder  Vorrede  zu  dem  Itinerarium  'Anfonini',  und  Aethicus 

^  23)  Den  gewicbtigsten  Gegenbeweis  fiihrt  er  selbst  au,  nanilich  die 
Schlussworte  der  Descriptio :  '  nunc  ad  maiorem  deinonbtrationis  strnc- 
tionem,  in  quantum  vigilantia  no.stra  iuvestigari  potuit,  properabo  (t, 
demonstrabo) ,  ex  aeterna  urbe  Roma  initium  sumens,  quae  caput  e?t 
orbis  et  domina  senatus.'  Da8  Itinerarium  fdngt  aber  nicbt  mit  Rooi, 
gonderu  mit  Africa  an.  Dass  sich  beide  in  denselben  Handschrifteo 
beisammen  finden,  und  dass  die  Namen  und  Titel  beider  rnit  mehr- 
fachem  Wechsel  der  Lesart  in  einander  uberapielen,  berechtigt  noch 
keinesweges  zu  jenem  schon  von  Simler  und  Barth  gemachten 
Schluse,  den  auch  Wesseling  und  Bergier  de  viis  III,  f>  darans  ru 
ziehen  weit  entfernt  waren.  —  Vgl.  Btfcking  a,  a.  0.  p.  84. 


Digitized  by  Google 


AGRII'1'A's  WKLTKABTE,  AETIUCUS'  COSMOGRAPHIE.  759 

dessen  Herausgeber  ira  vierteii  Jahrhundert  gewesen  sei. 
Von  dem  lichten  Aethicus,  womit  die  Descriptio  geraeint  ist, 
sei  aber  giinzlicn  zu  scheiden  ein  anderes  Stiick  eines  chomo 
insulsus'  des  achten  Jahrhunderts,  d.  i.  die  Expositio,  welche 
eine  f  insipidissima  enarratio  niarium,  fluminum,  urbiuui'  ge- 
nannt  wird;  dieses  Stiick  haJbe  der  Falsarius  zwischen  die 
(iichte)  Einleitung  und  die  Descriptio  (summa  confusione  at- 
que  ignorantia'  eingeschoben,  cvera  falsis,  vetusta  recentio- 
ribus  miscens.'  Dieses  ganze  Urtheil  muss  ich  fiir  vollig 
verfehlt  erkliiren.  In  der  Eiuleitung  wird  auf  eine  nach- 
lolgende  Ausfuhrung  auf  das  deutliohste  hingewiesen  mit 
den  Ausdrucken  sicut  infcrius  demonstratur**),  ut  ecidcntcr 
ostcnditur,  sicut  definita  monstratur;  ein  vierter  Ausdruck  497 
dieser  Art  ist  natiirlich  mit  der  ganzen  Erwiihnung  des  Oc- 
cidents  ausgefallen  und  nur  gerade  aus  der  abgekiirzten  Re- 
cension  des  Vaticanus  nicht  zu  entnehmen.  Nun  entspricht 
aber  der  in  der  Einleitung  aufgestellten  Eintheiluug  dic  der 
Descriptio  schlechterdings  gar  nicht,  die  der  Expositio  so 
vollkommen  wie  moglich;  denn  der  wesentliche  Unterschied 
beider  ist  eben  dieser,  dass  dort  die  Dreitheilung  von  Asien, 
Europa  und  Africa,  hier  die  Viertheilung  von  Osten,  Westen, 
Norden  und  Siiden  zu  Grunde  gelegt  ist2&a).    Die  Expositio 

24)  Merkwurdig  wi#d  auch  diescr  Ausdruck  vou  Mauuert  missver- 
«tanden,  als  wenn  spiiter  nachgewiescn  werdcn  sollte,  wie  Zenodoxus 
Uen  Orient  vcrmessen  habe.  Da  nun  abcr  die  Descriptio  nichts 
dieser  Art  enthtilt,  so  gilt  ihm  dies  wiederum  als  Beweis,  dass  der 
FalRarius,  nicht  zufrieden  mit  der  Einflickung  seines  Machwerks,  auch 
dic  Uescriptio  castrirt  habe.  Das  liesse  sich  schon  im  allgemeinen  nur 
etwa  in  dem  Falle  deoken,  dass  diesc  enthielt,  was  mit  seinen  eigenen 
Augaben  im  Widerspruche  stand;  fiir  die  Weglassung  jener  Notiz  aber 
ware  gar  keiu  Grund  zu  errathen.  Das  Wahre  hiitte  Mannerten  schon 
die  Vergleichung  dcr  Phrase  sicut  defimta  motistratur,  namlich  meri- 
diana  par*,  lehren  kflnnen.  Die  nahere  Bestimmung  der  in  der  Ein- 
leitung  nur  kurzweg  genannten  Reichsabtheilungen  soll  spater  gegeben 
werdeu.  Ostenditur  und  momtralur  ist  uachlassige  Rede  eines  unge- 
bildeten  Autors  oder  Zeitalters  und  steht  statt  des  Futurums. 

25*)  Wenn  Mannert  nach  der  Vulgate  allerdings  nur  Osten,  Nor- 
den  und  Suden  in  der  Einleitung  erwahnt  fand,  so  musste  ihm  doch 
das  deuthche  Schema  der  Expositio  selbst,  sowie  der  von  ihm  eelbst 
angefuhrte  Anfang  der  darauf  folgendcn  Descriptio  rHanc  quadriparti- 


Digitized  by  Google 


7G0  KEICHSVERMESSUNG  I>ES  AUfiUSTUS, 

also,  nicht  die  Ikscriptio  ist  die  zu  dera  Vennessungsberieht 
gehorige  Ausfiihnrag.  Worin  besteht  nun  das  Insipide,  Con- 
fuse,  Falsche  oder  Widersprechende  derselben?  Keines  von 
diesen  Pradicaten  passt  doch  auf  den  freilich  befremdlichen 
Urastand,  dass  allein  die  Fliisse  ausfuhrlicher  beschrieben 
werden,  wiihrend  die  iibrigen  Kubriken  aus  blossen  Namen- 
verzeichnissen  bestehen  (denn  freilich  dttrfte  weder  die  An- 
nahme  individueller  Laune,  noch  die  einer  zufalligen  Ver- 
sttimmelung  der  iibrigen  Theile  daffir  eine  abschliesseude 
Erklarung  bieten).  Allerdings  aber  findet  sich  auch  in  der 
4i»8  sonstigen  Anordnung  manches  Storende;  die  Aufziihlungeii 
sind  weder  planmiissig  vollstiindig  noch  ohne  Wiederholung 
(wie  z.  B.  Cypern  und  Rhodus  sowohl  beim  Orient  als  beim 
Norden  vorkommen,  ebenso  Corsiea  beim  Westen  und  beim 
Silden);  das  Ganze  und  seine  Theile  stehen  mehrmals  coor- 
dinirt;  fiir  die  Reihenfolge  der  einzelnen  Namen  ist  gar  nicht 
immer  ein  ausreichender  Grund  ersichtlich,  einigc  stehen  an 
absolut  falscher  Stelle;  manche  Namen  gehoren  unbestreitbar 
spiitern  Jahrhunderten  an;  manche  sind  vollige  Cnnamen. 
Allein  nichts  von  alleni  diesen  berechtigt  zu  einem  so  weg- 
werfenden  Urtheil  iiber  das  Ganze,  oder  man  werfe  wenig- 
stens  eben  so  entschlossen  auch  den  Vermessungsbericht  der 
Einleitung  weg;  schfitzt  man  diesen,  wie  man  in  Erwagung 
der  detaillirten  Angaben  und  des  anderweitigen  Zusaramen- 
stimmens  aller  Verhiiltnisse  muss,  und  baut  man  auf  ihn  so 
viel  wie  Mannert  selbst  thut,  so  muss  nian  auch  zugeben, 
dass,  wenn  darin  von  einer  alsbald  nachfolgenden  Ausfiihrung 
die  Rede  ist,  die  im  Folgenden  sich  factisch  vorfindende 
auch  wirklich  die  gemeinte  Ausfiihrung  sei,  so  lange  nicht 
die  Unmoglichkeit  davon  dargethan  oder  ein  Gegentheil  be- 


tam  totius  terrae  continentiam'  die  Gewissheit  der  befolgten  Vierthei- 
lung  gcben.  Neben  dieser  wird  zwar  anch  die  Dreitheilung  in  der- 
sclben  Einleitung  crwilhnt,  aber  nur  nicht  da,  wo  es  heisst  fticut  infe- 
rius  demonstratur  u.  8.  w.,  d.  h.  nicbt  bei  dem  Vermesaungabericht, 
gondcrn  lediglich  zum  Behuf  einer  allgcmeinen  vergleichenden  Zusam- 
menatellung  der  drei  verschiedenen  Erdeintheilungen,  gerade  wie  auch 
in  der  Vorrede  zur  Descriptio,  welche  eich  rait  den  Worten  sicut  disi- 
mus  auf  die  erstc  Einleitung  zuriickbezieht.    S.  Anm.  11.  12. 


Digitized  by  Google 


AGRIPPA'8  WELTKARTE,  AETHICUS'  C08MOGRAPHIE.    7fi  1 


wiesen  ist.  Nicht  also  mit  der  Behauptung  giinzlicher  Werth- 
losigkeit  hat  ein  methodisches  Verfahren  anzufangen,  son- 
clern  mit  Beseitigung  der  entgegenstehenden  Bedenken,  mit 
Erkliirung  der  eigenthuiulichen  Beschaffenheit  jener  Ex- 
jwsitio. 

Anlangend  nun  zunachst  die  Unformeri  von  Namen:  — 
wo  gabe  es  denn  eine  geographische  Schrift  ohne  zahlreiche 
Namenverderbnisse  und  soustige  zufiillige  Irrungen  in  den 
Handschriften,  zumal  wcnn  der  letztern  weder  mehrere  noch 
gpite  benutzt  sind?  Diese  Fehler  lassen  sich  mit  leidlich 
j^uten  Hiilfsmitteln  fast  ohne  Ausuahme  heben*,b).  Nicht 
auffallender  ist,  dass  bei  so  gedriingt  wechselnden  Rubriken 
von  meist  kleinem  Umfange,  zumal  wenn  der  Text  in  Doppel- 
columnen  geschrieben  war,  Einzelheiten  aus  einer  Rubrik 
in  die  andere  verschlagen  wurden:  wovon  Beispiele  Noricum 
unter  den  Inseln,  Arabia  unter  den  Stiidten,  und  einige  an-  499 
<lere  in  Anm.  29.  Ferner  aber,  bei  welcher  Art  von  Schriften 
lag  wohl  die  Versuchung  zu  ergiinzendeiL^Einschiebseln  naher, 
als  bei  einem  geographischen  Abriss,  den  man  begreiflicher 
Wei8e  mit  den  jedcsmaligen  politischen  Veriinderungen  der 
Kolgezeit  in  Uebereinstimmung  zu  setzen  wiinschte250)?  Der- 
gleichen  Interpolationen  hat  mit  besonderm  Fleisse  Barth 
lierausgesucht,  daneben  jedoch  zugleich  auf  die  deutlichen 
Spuren  einer  in  gute  alte  Zeit  fallenden  Abfassmig  hinge- 
wiesen,  z.  B.  (p.  71P>)  fluviorum  rex  Tiberis,  cui  pritmtum 
nrbis  Tiomae  singularis  tribuit  magnitudo,  oder  (p.  717)  se- 
natum  jtoimlumquc  liomanum  gentemque  togatam.  Aber  Barth 
hat  dabei  die  Expositio  und  die  Descriptio  nicht  auseinander- 
gehalten.  Wenn  iu  dieser  steht  civitntem  Constatdini,  quac 
Byzantium  prius  dicta  est,  so  kennt  die  erstere  Constantino- 

25  b)  Manches  dieser  Art  hat  hie  und  da  in  den  Exercitationes  Plinia- 
xiae  Salmasius  mit  Gluck  verbessert. 

25 c)  Auch  hierauf  lassen  sich  die,  eigentlich  in  aoderer  Beziehimg 
gcsagten  Worte  BScking1»  a.  a.  0.  p.  84  anwenden:  fSo  erklart  os  * 
«ich,  wie  in  solchen  Schriften  Einrichtungen,  die  nicht  zugleich  neben 
cinander  bestanden  haben,  als  zugleich  bestehendc  aufgeruhrt  werden 
kOnnen:  man  trug  das  Neue  nach,  ohne  daa  Veraltete  zu  tilgen,  oder 
man  tilgte  auch  wohl  einraal  dieses  in  einem  Punkte  und  liess  es  in 
einem  andern  stchen  u.  dgl.' 


Digitized  by  Google 


762  REICHSVERMESSUNG  DES  AUOUSTUS, 

jyolis  gar  uicht,  sondern  bloss  Byzantium  (p.  707).  Freilieh 
nennt  sie  anderseits  nicht  nur  in  der  Flussebeschreibung  die 
Thore  Roms  nach  den  Aposteln  und  Martyrn,  sondern  auch 
in  den  Namenlisten  kommen  Einzelheiten  vor,  die  entschieden 
nachaugustisch  sind,  vor  allem  unter  den  gentes  iler  pars 
occidentalis  deutsche  Stamme  (p.  716  f.),  die  dem  Tacitus 
durchaus  unbekannt  sind.  Aber  keineswegs  ist  dieses  Fremd- 
artigen  so  viel,  dass  dadurch  der  Verdacht  blosser  Iuter- 
polation  einer  alten  Grundlage  selbst  verdachtig  wiirde,  keinen 
ausreichenden  Gesichtspunkt  der  Erklarung  zu  gewShren. 
Schon  die  Vergleichung  der  Vaticanischen2fi)  Abschrift  dcr 
mx)  Einleitung  mit  dem  Vulgattexte  lehrt  augenscheinlich,  dass  wir 
es  mit  einem  jener  zahlreichen  Stucke  zu  thun  haben,  welche, 
indem  sie  dem  praktischen  Bediirfniss  dienten  und  durch 
viele  Hande-  gingen,  mit  argloser,  bisweilen  sehr  gedanken- 
loser  Willkur  je  nach  Laune,  Zweck  oder  Fahigkeit  des 
Individuums  verandert,  erweitert,  verkiirzt,  zerstQckt,  umge- 
stellt,  kurz  manigfach  umgearbeitet  wurden,  und  im  Laufe 
der  Jahrhunderte  die  abweichendsten  Gestaltungen  annah- 
men.*7)    Zugegeben  also,  dass   uusere  Expositio  gleichem 


26)  Dass  auch  andere  Handschriften  die  wesentlichsten  Abweichun- 
gen  darbieten,  bezeugen  mehrere  der  in  Anm.  16  angefuhrteu  Gewiihr?- 
mauner.  So  Scheyb:  'Paulus  Vindingus  de  Cosmographia  subAetiiici 
nomine  omnibus  nota  monet,  auctorem  huic  cognomiuem,  sed  planc 
aliura,  in  M.  S.  Bibliothecae  Bodleianae  a  se  inventura  esse,  et  vulgato 
louge  antiquiorem'.  —  Ebenda  Ryckius:  fAethicum  a  vulgato  longe 
dissimilem  promisit  olim  Salmasiua  in  notis  ad  Hist.  Aug.  p.  140  ei 
Thuaneac  Bibliothecae ,  ni  fallor,  et  Danielis  schedis  (vgl.  Vow.  Hi*t. 
lat.\  Memini  etiam  me  vidisse  Codicem  Aethici  MS.  in  bibliotheca 
Vossiana  a  publicato  diversum.'  —  Abr.  Ortel  Thes.  geogr.  (bei  Gro- 
nov  in  den  vorangesehickten  Testimonia):  fut  refert  Aethicus  Sophista 
MS.  alius  ab  illo  quem  Simlerus  edidit'  —  u.  a.  Doch  ist  die  Frage, 
ob  nicht  8olchen  Angaben  iiber  ganzliche  Verschiedenheit  zuweilen 
eine  Vermischung  der  Expositio  und  der  Descriptio%  vielleicht  auch 

•  gar  des  in  einigen  Mss.  dem  Aethicus  beigelegten  Jtbierarium  (AtUon.< 
/.ii  Grunde  liegt.  Vgl.  aueh  Aum.  42.  —  Neuerdings  bcabsichtigt  einen 
rganz  neuen  Aethicus'  aus  Pariser  Mss.  ans  Licht  zu  tellen  der  Her- 
ausgeber  mehrerer  von  den  Geogr.  Gr.  min.,  Herr  d'Avesac,  noch  eim-r 
Notiz  Fr.  Haases  in  d.  Allg.  Z.  1839  Juni  p.  212. 

27)  Lehrreich  ist  dafiir  dic  Vergleichung  der  bald  volUtandigern, 


Digitized  by  Google 


agrippa's  wkltkartk,  akthicus'  c  osmographik.  70:J 

Wechsel  der  Forui  in  vollem  Masse  unterworfen  gewesen 
ist:  nirgends  erkennen  wir  doch  die  Nothigung,  fUr  ihren 
Inhalt,  fiir  den  Inbegriff  der  Hauptthatsachen,  mehr  als 
eiuen  sehr  miissigen  Antheil  an  solcben  Schicksalen  gelten 
zu  lassen.  Um  wie  viel  mebr  diirfen  wir  also  fordern,  dass 
tiber  einigen  Schlacken  der  achte  Kern  nicht  iibersehen 
werde!  Klage  Mannert  iiber  die  angebliche  Verwirrung 28) 
der  Expositio  wie  er  wolle:  so  viel  Deutlichkeit  ist  vollauf 
vorhanden,  um  den  Umfang  und  die  Grenzen  der  vier 
Theile  des  romischen  Reichs,  von  denen  die  Einleitung 
spricht,  im  ganzen  und  grossen  mit  Bestimmtheit  erkemien  501 
zu  lassen.  Mogen  die  Verzeichuisse  der  Meere,  Berge,  Stiidte, 
Flflsse  und  Volker  fiir  jetzt  iibergangen  werden,  da  ihre 
erschopfende  Beriicksichtigung  theils  allzu  weit  flihren,  theils 
handschriftlichen  Apparat  erfordeni,  die  nicht  erschopfende 
aber  dennoch  der  Beglaubigung  ermangeln  wUrde;  ohnehin 
konnen  gerade  die  Einzelheiten  dieser  Rubriken  am  wenig- 
sten  einen  sichern  Massstab  abgeben;  der  Natur  der  Sache 
nach  muss  die  einzige  Rubrik  *  Provinciac',  mit  Hinzu- 
nahme  etwa  noch  des  Wichtigsten  aus  der  Rubrik  'Insidac9, 
wenn  eine  Schte  Ueberlieferung  vorliegen  soll,  vollkommen 
ausreichen,  um  uns  das  wohlgegliederte  Bild  der  vierfachen 
Reichseintheilung  zu  gewahren.  Und  sie  ist  dazu  ausreichend, 

bald  nnvollstandigern  Fasaung  der  Notitia  IHgnitatum,  worflber  Bdcking 
p.  85  ff.  —  Fflr  nnsere  Krpositio  aber  haben  wir  einen  Beleg  «olcher 
Ueberarbeitnng  nogar  ganz  in  der  Nahe.  Der  Coxmographie  dea  Aethi- 
cus  iat  bei  Gronov  vorangeschickt  ein  geographisches  Schriflchen  untvr 
dem  Titel  Iulii  Honorii  Oratoris  Excerpta  quae  ad  Cosmographiam 
spectant.  Man  vergleiche  nur  mit  einiger  Aufmerksamkeit,  nnd  man 
wird  die  Beobachtung  gar  nicht  abzuweisen  vermogen,  dass  diess  nichts 
weniger  als  eine  verschiedene  Schrift,  sondem  in  allem  Wesent- 
Hchen  ganz  identisch  mit  der  Expositio  des  Aethicu*  ist;  darum  &ie 
uns  denn,  in  Ermangelung  anderweitiger  handschriftlicher  Mittel,  als 
vortreffliche  Krganzung  derselben  dienen  kann.  Ein  naherea  hierflber 
s.  am  Schluss  dieses  Aufsatzes  [p.  784]. 

28)  Auf  einzelne  Belege  lasst  er  sich  nicht  ein.  Gewiss  aber  hat 
cr,  wie  schon  Wesseling,  vorzflglich  flber  die  fVerwirrung'  nicht  hin- 
wegkommen  kflnnen,  wonach  z.  B.  Germanien  zum  Wi.-eten,  Griechen- 
land  zum  Norden  gerechnet  wird:  was  doch,  wie  «ich  ergeben  wird, 
seinen  guten  Zusammenhang  hat. 


Digitized  by  Google 


764 


RElCHSVERMESSrXG  DES  AIJGUSTUS, 


indem  sich  nach  ihren  Angaben  die  vier  Landermassen  fol- 
gendermassen  ordnen.  Den  Orient  bilden  Indien,  Persien. 
Medien,  Assyrien,  Mesopotamien,  Paliistina,  Phonicien,  Syrien 
(Kommagene,  Apamene),  Isaurien,  Kreta,  (Rhodus,  Cypern?). 
Zum  Occident  gehoren  Italien,  Hispanien,  Britannicn,  Oal- 
lien,  Germanien,  Cartris,  Ratien,  Noricum,  Pannonien,  Mo- 
sien,  die  Ostkiiste  des  adriatischen  Meeres,  (Corsica).  Zum 
Norden  werden  Kleinasien,  Criechenland,  (Cypern,  Rhodus?\ 
Macedonien,  Thracien,  Armenien  gerechnet.  Der  Sflden  be- 
steht  aus  Aegypten,  Aethiopien,  Arabien,  der  africanisehen 
Nordkuste,  Sicilien,  Sardinien,  (Corsica).29)  Leicht  wird  sich 
nun  zeigen  lassen,   1)  mit  wie  verhiiltnissmassig  geringen 

20)  Damit  man  Helber  urtheilen  mdge,  setze  ich  die  Verzeicbnisse 
der  Expositio  im  Original  her:  fI.  Persis,  India,  Isauria,  Adonis,  Phoe- 
nice,  Mesopotamia  Syria  (al.  Syriae),  Palaestina,  Commagena,  Syria 
Apamaea,  Media  Syria.  —  II.  Italiaui,  Hispaniam,  Baeticam,  Lusita- 
niara,  Galliciam,  Aquitaniam,  Hritanniam,  Germaniam,  Galliam  Belgi- 
cam,  Galliam  Braeatam,  Galliam  Comatam,  Galliam  Togatam,  flalliam 
Cisalpinam,  Galliam  Transalpinam,  Pannoniam,  Raetiam,  Ciatres,  Etra- 
riam,  Vmbriam,  Picenum,  Liburniam,  Dalmatiam  (al.  Dalmatias),  lllj- 
ricum,  Noricum,  Venetias,  Aemileam,  Seinigallias,  Sabinas,  Satnniura, 
Campaniam,  Brutios,  Lucaniam ,  Apuliam,  Calabriam,  Hadriae.  —  Nl. 
Macedoniam,  Achaiam,  Asiam,  Lyciam,  Galatiam,  Paphlagoniam,  Lj- 
diam,  Pamphyliam,  Cappadociara ,  Thracias,  Armeniam  minorcm. 
IVr.  Aegyptum,  Aethiopiara,  Africam,  Gactuliam,  Zeugi  (al.  Leugi),  Nn- 
raidiam,  Libyam,  Pentapolim,  Tripolim,  Mauritaniam  Caesareaiu,  Mau- 
ritaniara  Sitifensem.'  —  Die  Accusativi  in  II.  III.  IV  hangen  von  ha- 
bet  ab.  In  1  hat  sich  Adonis  hieher  aus  dem  FlQsaeverzeichniss  m- 
irrt;  ebenso  bei  Honorius.  Fiir  Apamaea  (Appamia  Honor.)  KtApamoK 
zu  schreiben,  fur  Media  Syria  aus  Honorius  Media,  Assyria,  bei  uVm 
ubrigens  Persis  fehlt.  —  In  II  steckt  in  Gallicia  (Callccia  Hou.)  da* 
Land  der  Gallaeci  oder  Callacci  (Gallaccia);  in  Ciatrcs,  was  bei  Hon. 
fehlt,  unstreitig  Cartris  =  paeninsula  promunturii  Cimbrici,  s.  Phn.  N- 
H.  IV,  13.  Fremdartige  Zusatze  sind  das  Meer  Hadria,  die  Via  (*M 
es  scheint)  Aemilia,  die  Stadt  SenogaHIia  (verderbt  in  Semig):  und  alle 
drei  stehen  nicht  bei  Honorius.  Auch  von  den  zum  Theil  synonvnien 
Benmnungen  Galliens  sind  sichcrlich  cinige  spaterer  Zusatz;  Honorius 
hat  nur  liclgica,  Galliae  duae.  Dagegen  ist  Vcnetia  die  bei  Livm» 
nnd  Plinius  so  genaimte  rcgio\  der  Plural,  wenn  er  nicht  versehrieben 
ist,  soll  vielleicht  das  Gallische  und  das  Italische  Venetien  zusammen- 
fassen.  Moesia  fehlt  bci  Aethicus,  steht  aber  bei  Honorius.  —  In  W 
fugt  der  lctztere  Epirus,  Phrygia,  Cilicia,  Armcnia  maior  hinzu;  des- 


Digitized  by 


agrippa's  weltkartk,  akthicus'  cosmographik.  765 

Ausnahinen  dieser  Liinderbestand  dem  damaligen  Reichsuin-  w» 
fange  in  Beziehung  auf  die  Moglichkeit  von  Vermessungs- 
augaben  wirklich  entspricht,  2)  wie  auch  fiir  diese  schein- 
baren  Ausnahmen  kaum  eiue  Herleitung  aus  Interpolation 
nothig,  sondern  eine  anderweitige  Erklarung  mittels  einer 
sehr  nahe  liegenden  Combiuation  moglich  ist,  3)  wie  diese 
Erklarung  durch  die  ausdriieklichsten  Zeugnisse,  durch  den 
natiirlichen  Zusammenhang  der  Dinge,  durch  eine  iiber- 
raschende  Uebereinstimmung  gegenseitig  verkniipfter  That- 
sachen  und  sich  durchkreuzender  Beziehuugen  die  wiinschens- 
wertheste  Empfehlung  erhalt. 

Versuchen  wir  zunachst,  wie  weit  wir  mit  blosser  ratiocina- 
tio  kommen.  Zuvorderst  ist  natiirlich  von  dem  strengen  Be- 
griff  des  Ausdrucks  provinciae  zu  abstrahiren,  den  Aethicus 
im  weitesten  Sinne  fiir  terrae  gebraucht.  Sodann  aber  ist  klar, 
dass  die  aufgefiihrten  Liinder  den  Roniern  damals  noch  nicht 
brauchen  in  ihrem  ganzen  Umfange  unterworfen  gewesen  zu 
sein.  So  waren  es  nur  stUckweise  (seit  718)  Noricum,  Ratien, 
Pannonien,  deren  Nennimg  doch  deshalb  nicht  unterbleiben 
durfte,  weil  sie  noch  nicht  ganz  vermessen  werden  konnten; 
nicht  minder  verfiigte  iiber  Theile  von  Mesopotamien  schon 
Pompejus,  wenngleich  von  der  Provinz  Mesopotamien  noch 
nicht  die  Rede  seiu  kann.  In  Britannien  konnte  selbst  schon 
Caesar,  so  weit  er  kam,  das  Laud  wenigstens  im  ganzen  und 
grossen  aufnehmen  lassen  (denn  eine  fiir  zugiingliche  und 
entlegene  Liinder  gleichmlissig  genaue  Vermessung  wird  ja 
ohnehin  niemaud  behaupten  wollen),  und  diese  Vorarbeit 
brauchte  fiir  Augustus  nicht  verloren  zu  sein.  Ferner  ist 
zu  erwiigen ,  dass  mehrere  Lander,  wenn  auch  nicht  unter-  sos 
worfen,  doch,  in  verschiedenen  Abstufungen  der  Abhiingig- 
keit,  unter  Schutz  und  Oberhoheit  der  Romer  standen,  wie 
Galatien,  Kommagene,  Kappadocien-,  selbst  auf  Thracien  und 
Armenien  erstreckte  sich  damals  schon  romischer  Einfiuss, 
desgleichen  auf  das  Partherland  seit  den  Geschichten  mit 
Phraates.   Und  wenn  hier  die  Vermessung  nicht  iiberall  den 


gleichen  in  JV  Byzaeium  und  Arabia,  wie  cr  auch  richtig  Zeugis 
geBchrieben  gibt. 


Digitized  by  Google 


766  BEICH S V E R M E 8 S U N O  DES  AUdUSTUS, 

Zweck  der  darauf  zu  griindendeu  Besteueruug  hatte  (ein 
Zweck,  den  uian  demungeachtet  hie  und  da  ftir  die  Zuknnft 
in  Aussicht  nehmen  mochte),  so  ist  nicht  zu  vergessen,  dass 
der  Mann,  der  an  der  Spitze  der  Angelegenheit  stand,  augen- 
scheinlich  neben  dem  Verwaltungszweck  auch  einen  wissen- 
schaftlich-geographischen  verfolgtc  und  ebendeswegen  nicht 
bei  dem  Begriff  von  omnis  orbis  iam  ftomani  nominis  (wie 
es  von  Caesar  heisst)  stehen  blieb,  sondern  den  orbis  terra- 
rtffft  tiberhaupt  im  Auge  hatte.  Zum  Theil  zusatnmenfallend, 
zum  Theil  verwandt  hiermit  ist  ein  Gesichtspunkt,  unter  den 
zahlreiche  Thatsachen  fallen.  Die  Kriegsgeschichte  des  achten 
Jahrhunderts  d.  St.  ist  voll  von  bekampften,  besiegten,  wieder 
aufgegebenen,  von  neuem  geschlagenen ,  und  doch  nicht 
eigentlich  unterworfenen  Volkern,  deren  Beriihrung  mit  den 
Roraern,  wenn  nicht  die  Reichsgrenzen,  so  doch  die  Grenzen 
ihrer  Localkenntniss  wesentlich  erweitern  musste  und  der 
Aufnahme  einer  chorographischen  Statistik  nicht  anders  als 
forderlich  sein  konnte.  War  doch  schon  679  C.  Curio  bis 
zum  Danuvius,  ein  paar  Jahre  spiiter  Lucullus  nach  Arme- 
nien  gekommen;  723  kiimpft  Crassus  mit  den  Daciern  und 
iiberwindet  Mosier  und  Thracier:  —  oder  wie  es  vollstan- 
diger  bei  Florus  III,  4  heisst:  fDidius  vagos  et  libera  po- 
pulatione  ditfusos  intra  suam  reppulit  Thraciam:  Drusus 
ulterius  egit  et  vetuit  transire  Danuvium:  Minucius  toto 
vastavit  Hebro  .  .  .:  Piso  Rhodopen  Caucasumque  penetra- 
vit:  Curio  Dacia  tenus  venit,  sed  tenebras  saltuum  expavit: 
Appius  in  Sarmatas  usque  pervenit,  Lucullus  ad  terminum 
gentium  Tanaim  lacumque  Maeotim.'  Im  J.  729  zieht  Gallus 
nach  Aegypten,  Arabien,  Aethiopieu;  und  statt  anderer  Einzel- 
heiten  mogen  die  Triumphtitel  des  Pompejus  bei  Plinius  N.  H. 
&oiVH  c.  26  dienen:  'terris  a  Maeotis  lacu  ad  Rubrum  mare 
subactis;  ....  cum  .  .  imperium  maris  populo  Romano  re- 
stituisset,  ex  Asia,  Ponto,  Armenia,  Paphlagonia,  Cappadocia. 
Cilicia,  Syria,  Scythis,  ludaeis,  Albanis,  Iberia,  insula  Creta. 
Basternis,  et  super  haec  de  regibus  Mithridate  atque  Tigrane 
triumphavit',  nebst  dem  rednerischen  Selbstlob:  rAsiam  ulti- 
niam  provinciarum  accepisse  eandemque  mediam  patriae  reddi- 
disse',  mid  die  Rede  des  Caesar  aus  dem  J.  695,  bei  Dio 


Digitized  by  Google 


AGRIPPAS  WELTKARTE,  AETHICTS    COSMOORAPHIE.  70>7 


Cassius  XXXVIII,  38,  worin  er  als  uberwunden  aufzfihlt  jt\v 
Capbuj,  ttjv  CuceXiav,  touc  Maxebovac,  touc  'IXXupiouc,  ttiv 
'CXXaba,  ttiv  'Adav  Tfiv  Trepi  ttiv  'lumav,  BiGuvouc,  *iPnpac, 

VA(ppOUC  .  .  .  TTIV  Kpr|TT|V,  TOV  TTOVTOV,  TTIV   KuTTpOV,  TTJV  *\$T\- 

ptav  Tfiv  'Aciavfjv,  ttiv  'AXpaviav  tt^v  €»cei,  Cupouc  duqpoTepouc, 
'Apapiouc,  TTaXaiCTivouc.  8olche  Beriihrungen  und  Verhiilt- 
nisse,  mit  germanischen  und  andern  Stiimmen,  setzen  sich 
unter  Augustus  fort,  selbst  wenn  wir  uns  innerhalb  der 
Grenze  von  734  halten.  Darum  ist  auch  eben  kein  Gewicht 
darauf  zu  legen,  dass  erst  in  der  spatern  Kaiserzeit  erwor- 
bene  Provinzen7  wie  Dacien  und  Alpes  Cottiae,  auch  in  der 
Ezpositio  nicht  verzeichnet  stehen.  Denn  anderseits  stehen 
ja  hier,  um  selbst  von  Arabien,  Aethiopien,  Medien,  Assyrien, 
Miisien  einmal  abzusehen,  noch  Indien  und  Cartris.  Eben 
so  nahe  liige  nun.hier  allerdings  die  Berechtigung,  uns  mit 
der  Annahme  von  Interpolationen  zu  helfen,  als  romischeu 
Lesern  und  Schreibern,  die  sich,  die  Beziehung  auf  die  Ver- 
raessung  ganz  aus  den  Augen  lassend,  an  BegrifF  uud  Form 
eines  geographischen  Abrisses  hielten,  die  Versuchung  nahe 
lag,  erst  das  unter  Augustus  Hiuzugekommene  (wie  Mosien), 
dann  das  von  spatern  Kaisern  Erworbene,  endlich  auch  uber- 
haupt  das  Benachbarte,  unterdess  immer  bekannter  Gewor- 
dene,  seines  Ortes  nachzutragen.  Und  diesen  Verdacht  der 
Interpolation  konnte  man  gerade  durch  den  Umstand  zu 
stutzen  und  zu  steigern  suchen,  dass  z.  B.  Mosien  und  Ara- 
bien  nur  bei  Honorius  (s.  Anm.  27),  nicht  bei  Aethicus 
anderseits  Cartris  nur  bei  Aethicus,  nicht  bei  Honorius  stehen. 
Aber  wir  begeben  uns  dieser  bequemen  Aushiilfe  freiwillig, 
halten  es  vielmehr  nur  fur  Zufall,  dass,  in  keiner  der  beiden 
Recensiouen,  nicht  auch  Dacien  und  sonst  noch  ein  und  der  &c& 
andere  Name  erscheint,  und  behaupten,  dass  die  Erwiihnung 
aller  jener  Liinder  in  einer  Combination  Schutz  finde,  wo- 
durch  die  ganze  Frage  nach  dem,  was  damals  den  Uomern 
gehorte,  was  nicht,  fast  Uberfliissig  wird. 

Gewiss  ist,  dass  dip  Expositio  sich  auf  die  Vermessung 
bezieht;  aber  diese  Beziehung  muss  nicht  eine  unmittelbare, 
sie  kann  eine  vermittelte  sein.  Was  sollen  wir  uns  als 
eigentliche  Quelle  fiir  das  Schriftchen  des  Aethicus  denkenV 


768  REICHSVERMESSUNG  DE8  AU0U8TUS, 


Im  allgemeimm  ist  die  Moglichkeit  nicht  ubzuleugnen,  dass, 
wie  andere  statistische  Uebersichten™),  so  aucli  uusere  Cos- 
mographie  kurzweg  geschopft  sei  aus  oificiellen  Listcn  urnl 
Verzeichnissen,  aus  Archivacten,  zu  denen  einzelne  sich  Zu- 
gang  zu  verschaffen  wussten.  Aber  wahrend  wir  diesen  AVeg 
mit  Mannert  (z.  Tab.  Peut.  p.  4)  festhalten  fur  den  eigent- 
lichen  Vermessungsbericht  der  Einleitung,  ist  doch  fur  die 
Ausfiihrung  der  Exjx>sitio  nicht  nur  eben  so  moglich,  son- 
dern  mit  Kucksicht  auf  spilter  zu  entwickelnde  GrQnde  bei 
weitem  einleuchtender  eine  folgendermassen  niiher  bestimnite 
Vorstellung.  Man  gehe  aus  von  der  Viertheilung  des  orbts 
tetrarum  nach  oriens,  occidem,  septentrio  und  nieridies.  Eine 
politische  Eintheilung  ist  das  nie  gewesen;  eben  so  wenig 
eine  wissenschaftlich  iibliche31);  es  ist  eine  zufallige,  wie  sie 
der  praktischen  Bequemlichkeit  halber  zu  dem  speciellen 
Zweck  von  Messungen  stattgefunden  hat.  Auf  denselben 
Messungen  beruhen  die  geographischen  Commentarii  des 
Agrippa,  aus  denen  uns  Plinius  zahlreiche  Massbestim- 
mungen  erhalten  hat,  oder  genauer  wohl,  die  Resultate 
jener  Messungen  bildeten  eben  den  Inhalt  dieser 
Commentarii.  Auf  der  Grundlage  dieser  Conimcntarii  aber 
wiederum,  wie  die  Worte  des  Plinius  III,  2  ganz  ausdruek- 
lich  besagen,  beruhte  die  grosse  Weltkarte  des  Agrippa. 
mittels  deren  er  in  einer,  von  Augustus  vollendeten,  Saulen- 
hallc  nach  dem  Ausdruck  des  Plinius  orbeni  terrarum  orbi 
&oc  spectandum  propositurus  <cra/.3-)   Dieser  Orbis  pictus  nun,  be- 


30)  Vgl.  Bocking  p.  83  f. 

31)  S.  u.  [p.  782 J.  —  Schon  dies  hatte  Mannert  u.  a.  abhalten 
miissen,  in  der  Kxpositio  ein  von  der  voranstehenden  kinleitung  iniab- 
hilngiges  Machwerk  zu  sehen,  welches  rein  geographische  Uelehrung 
b<*zweckt  hiltte. 

32)  Ganz  sachgemass  im  allgemeinen  erscheint  Maunert's  Vor- 
stellung  von  der  Beschaffenheit  der  Agrippa'8chen  Karte,  der  man  mcIi 
hiiten  wird,  eine  zu  grosse  Genanigkeit  zuzutrau<n.  S.  die  Einleitung  zur 
Tab.  1'eut.  p.  6  f. :  fXec  tamen  Orbis  Pictus  ex  Agrippae  connnentari:'1 
in  muros  portieus  translatus  cuncta  minutiora  exhibuisse  creuYwioN 
eorum  enim  cognitionem  Augustus  eiuftque  sucecssores  sibi  reservaUnt, 
ad  publica  negotia  ordinanda;  et  quem  usum  populi  quotidmnus  con- 
tiuxus  ex  immenBO  cepisset  vicorum  uumero,  quorum  ne  noiuina  qui- 


Digitized  by  Google 


> 


AGRIPPA'S  WKLTKAUTE,  AKTHIcrs'  C08M00RAPHIE.  7G9 

liaapten  wir,  ist  es,  auf  den  sich  die  Cosmographie  des 
Aethicus,  d.  i.  die  Expositio  nebst  der  vorangeschickten  Eiu- 
leitung,  bezieht.  Nicht,  als  miissten  wir  eine  in  der  Zeit 
<3es  Augustus  verfasste  Beschreibung  der  Weltkarte  des 
Agrippa  selbst  vor  uns  haben;  die  Abstammung  ist  nur 
eine  abgeleitete,  aber  die  Mittelglieder  fehlen  uns  nicht.  Die 
oflfentliche  Aufstellung  jener  Karte  geschah,  wie  Mannert 
a.  a.  0.  p.  6  mit  Recht  bemerkt,  nicht  bloss  'gloriae  caussa', 
sondern  wirklich  auch  um  der  Belehrung  willen,  und  ist  als 
Anfang  und  Grundlage  aller  genauern  geographischen  Kennt- 
niss  nicht  sowohl  bei  den  Romem  als  im  romischen  Volke 
anzusehen.  Nach  dem  Originale  wurden  kleinere  Copien 
angefertigt  und  verbreitet,  erkliirende  Compendien  dazu  gc- 
schrieben,  und  beides  zum  Zweck  des  Schulunterrichts  ge- 
braucht.  Darauf  fiihrt  schon  das  Propertische  (V,  3,  37) 
corjor  et  e  tabula  pictos  cdiscerc  mmulos  deutlich  hin;  noch 
unzweideutiger  spricht  der  von  Mannert  angofiihrte  Rhetor 
iles  vierten  Jahrhunderts,  Eumenius,  in  einer  Rede  'pro  re- 
staurandis  scholis*  Kap.  20  f.  von  porticus}  in  denen  die  Jugend 
den  orbis  dcpictus  schaue  und  aller  terrae,  maria,  urbcs,  gen- 
tes,  nationes  locorum  situs,  spatia,  intervalla,  so  wie  der  Fliisse,  507 
Kiisten,  Meerbusen  Gestalt  kennen  lerne.  Sobald  wir  nun 
einen    zu    einer   solchen   Abbildung    gehorigen  erliiutern- 

ilen  Text  in  unserer  Expositio  anerkennen,  so  erkliirt  sich 

  1 

ileiu  unquain  auribus  acceperat?  Montes,  maiores  liuvii,  niaria,  Ocea- 
uus  omnia  cingens,  coloribus  depingebautur,  cum  urbibus  notatu  diguis, 
additis  distantiarum  nunieris.    C.uae  cuucta  oculis  imperii  magnitudi- 

neni  mirautiuni,  coloribus  congruis  exornata,  eo  .  .  putem  ordine 

collocata  fuisse  .  .  .  ut  geogniphieae  regionum  formae  atque  extensionis 
ratione  minus  babita  distantia  locorum  viarumque  directio  tantum  de- 
scriberentur.'  Waa  hierin  irrig  erscheint,  wird  spater  zur  Sprache  kom- 
nien.  Was  insbesondere  die  colores  betrifft,  so  wird  frcilich  nicht  mit 
Mannert  au  eiu  eigentliches  Gem&Lde  zu  deuken  sein;  eher  noch  niit 
Hirt  an  Eingrabung  auf  marinorne  oder  eherne  Tafelu ;  das  oei  weitem 
wahrscheinlichste  ist  indess  Mosaik.  Hirfs  Meinung  ubrigens,  dass 
tinter  den  ' commentarii '  des  Agrippa  uichts  anderes  als  kurze,  auf 
denselben  Tafeln  eingegrabene  Erlauterungeu  uud  Notizen  zu  verstehen 
nei,  brauchen  wir  uns  um  so  weniger  kummern  zu  lassen,  als  sie 
achon  Frandsen  in  seinem  Huche  iiber  Agrippa  p.  188  tt".  mit  vieler 
Weitliiufigkeit  zu  widerlegeu  uuternommeu  hat. 

m.  «rrstnKLii  oi«vscvla  111.  49 


Digitized  by  Google 


770 


REICHSVEKMESSINO  DES  AUGUSTU8, 


einerseits  (und  erkliirt  sich  nur  auf  diesem  Wege)  so  man- 
ches  Auffallende  in  der  Zahl  und  Anordnung  der  Liinder- 
verzeichnisse  des  Aethicus,   ohne  dass  wir  anderseits  das 
Recht  verlieren,  aus  diesen  wiederum  Ruckschlflsse  zu  niaehen 
auf  die  Art  und  Theilung  der  Messungen,  die  jeneu  Ver- 
zeichnissen  ursprunglich  zu  Grunde  liegen,  und  flber  welcbe 
ebendeshalb  ein  kurzer  Bericht  als  ganz  zweckmSssige  Ein- 
leitung  zu  den  letztern  gelten  durfte.  Schon  was  sich  etwa 
von  einer  gewissen  Willkiir  oder  Planlosigkeit  in  der  Aus- 
wahl  und  Aufeinanderfolge  der  geographischen  Details  be- 
merken  liisst,  werden  wir  leicht  verstehen  und  zu  vergeben 
weniger  schwierig  sein  unter  dem  Gesichtspunkte,  dass  alles 
von  der  Beschreibung  einer  Landkarte  ausging,  auf  einer 
solchcn  aber  die  verschiedenen  Namen  ohne  hervorstechende 
Unterscheidung  einfach  neben  einander  standeu,  so  dass  sich 
weder  ein  <  Janzes  und  seine  Theile  uberall  als  solehe  zu 
erkennen  gaben,  noch  ein  zwingendes  Princip  fflr  eine  be- 
stimmte  Reihenfolge  der  Aufziihlung  in  der  Sache  selbst 
gegeben  war.  Wichtiger  ist,  dass  fflr  den  Zweck  einer  Land- 
karte,  wie  sie  Agrippa  projectirte  und  Augustus  ins  Werk 
setzen  liess,  nichts  natilrlicher  war,  als  da,  wo  die  wirklich 
vermessenen  Liinder  aufhorten,  von  den  anstossenden  Greuz- 
liiudern,  die  den  Romern  weder  gehorig  noch  fflr  Messung 
zuganglich  waren,  doch  noch  die  Namen  hinzusetzen,  uw 
wenigstens  eine  allgemeine  Bezeichnung  und  ein  migefahres 
Bild   ihrer  Lage  zu  gewiihren.     Und  das  giibe  uns  einen 
ganz  ausreichenden  Aufschluss  iiber  die  Nennung  so  luanches 
von  Aethicus  verzeichneten  (Irenzlandes,   dessen  formliche 
Ausmessung   unter  Augustus   anzuuehmen   man,  trotz  der 
obigen  Nachweisung   frflhzeitigeu   politischen  Einflnsses 
der  Ronier  in  solchen  Liindem,  Bedenken  tragen  inag. 

Ich  sage,  es  giibe  uns  eine  ausreichende  Erkliirung 
wenn  wir  namlich  einer  solclien  uberhnupt  bediirftig  waren. 
Denn  —  nicht  ohne  Absicht  haben  wir  dem  geneigten  Leser 
w)s  diese  Ueberrasehung  aufgespart  so  erstauuenswerth  es  ist. 
so  unzweifelhaft  ist  es  doch,  dass  von  fast  alleu  jeuen 
entlegenen  «Liindern,  und  von  noch  entlegenereu. 
Agrippa  in  der  That  mehr  oder  weniger  genaue  Mass- 


Digitized  by 


AGBIPPA'S  weltkarte,  aetiikts'  (OSMOCiRAPHIE.  771 

bestinimungen  zu  Stande  gcbracht  hatte.  Und  der 
Beweis?  Er  licgt  so  nahe  wie  moglich:  die  zahlreiehen 
Citate  des  Plinius  aus  den  Commentarii  des  Agrippa 
geben  ihn.  Durchgesctzt  mag  es  Agrippa  haben  wie  er 
wolle:  genug,  die  durch  das  dritte,  vierte,  fiinfte  und  sechste 
Buch  der  Naturalis  Historia  zerstreutcn  Zeugnisse33)  sagen 
auf  das  unzweideutigste  aus,  dass  in  jenen  Commeutarien 
verzeichnet  standen  die  Namen  und  Masse  Indiens  bis  zum 
Iudus,  des  persischen  und  des  arabischen  Meerbusens,  des 
rothen  Meeres  (naturlich  immer  mit  den  zugehorigen  Kiisten); 
Mediens,  Parthiens,  Persiens,  Mesopotamiens;  weiter  des  Kas- 
pischen  Meeres  und  der  Liinderstriche  von  da  nordlich  und 
ostlich  bis  zum  Oceanus  Scythicus  und  Sericus,  so  wie  sikl- 
westlicb  bis  zum  Taurus  und  westlich  bis  zum  Kaukasus; 
nicht  minder  des  ganzen  Pontus  Euxiuus  mit  Chersonesus 
Taurica,  ja  selbst  der  darflber  liegenden  Nordlilnder  Scythien, 
Sarmatien  bis  zur  Vistula  (Weichsel)  und  dem  Occanus 
(Sarmaticus  oder  Suevicus  =  Sinus  Codanus);  ferner  Kiitiens, 
Noricums,  Germaniens,  Britannieus,  Hiberniens  -  um  dic- 
jenigen  Lander  nicht  erst  zu  nennen,  deren  genaue  Kcnnt- 
niss  sich  von  selbst  versteht.  Die  Schlussfolge  ist  unaus- 
weichlich:  alle  diese  Liinder  uud  Meere  standen,  und  grossen- 
theils  nicht  bloss  iu  unbpstimmtesten  Andeutunjren,  auf  der 
Karte  des  Agrippa,  die  ja  eben  aus  seinen  Commentarien 
gearbeitet  war,  und  wir  haben  somit  ihr  ganzes  Netz  nach 
den  Grenzumrissen  anschaulich  vor  Augen.  Sehr  wohl  stiramt 
auch  mit  dem  aus  solcher  I3etrachtung  hcrvorgehenden  Um- 
fange  nach  einer  Seite  hin  die  Aufziihluug  dt»r  Meere  in  der 
£x[>ositio:  marc  Caspium ,  marc  Pcrsicum,  marc  Tiberiadis, 
mare  asphaUites,  marc  rubrum,  marc  Arabicum,  mare  Car- 
pathium,  mare  Myrtonm:  nur  dass  es  zu  der  schon  oben  be-  mo 
inerkten,  durch  das  Kelative  aller  Abgreuzung  von  Himmels- 
gegenden  begiinstigten  Verstellung  gehurt,  wenn  nacli  dcm 
jctzigen  vcrunstalteten  Texte  jene  Meere  alle  unter  dem 
oricns  verzoichuet  stelieu.    Und  auf  stattgehabte  Umstellung 


33)  S.  die,  jedoeh  nicht  gan/.  vollatiindigt»  Znwuninoustellung  bei 
Frauda«-n  im  33teu  Kap.  p.  190  200 

49* 


Digitized  by  Google 


772 


KEICHSVEKMESSUNG  DES  AUOUSTUS, 


weist  deutlich  der  Umstand  hin,  dass  unter  meridies  wie- 
derum  das  mare  Carpathium  vorkonimt,  zugleich  mit  dem 
Tyrrhenum,  welches  sich  abermals  beim  occidens  findet 

Wie  viel  von  dieser  ganzen  grossen  Landermasse  Agrippa 
wirklich  vermessen  liess,  steht  freilich  dahin,  und  nicht 
nur  die  Moglichkeit  muss  zugestanden,  sondern  auch  die 
VVrahrscheinlichkeit  behauptet  werden,  dass  manche  Bestim- 
mung  nur  auf  allgemeiner  Schiitzuug  beruhte.  Gewisse 
Massangaben,  besonders  fur  das  innere  Asien,  mochten  tra- 
ditionell  sein,  Agrippa  sich  uberhaupt  die  Benutzung  alter 
griechischer  Messungen,  Karten,  Geographen  nicht  entgehen 
lassen.  Handelsberichte  und  Kriegserfahrungen ,  nach  Tage- 
reisen  und  Heeresmiirschen  rechnend,  traten  gewiss  ergan- 
zend  ein,  wo  eigentliche  geometrische  Ausmessung  versagt 
war;  Erkundigungen  bei  Nachbarvolkern  im  Frieden,  wie 
durch  ausgeschickte  Spione  im  Kriege,  setzteu  manche  Notiz 
in  Uinlauf;  kuhne  Seefahrten  einzelner,  zufallige  Verschlagung 
von  Schiften  konnten  aucli  Entferntes  zur  Kunde  bringeu. 
Solche  VVege  der  Erforschung  werden  fiir  keine  Strecke  mebr 
gelten  miiasen  als  fiir  die  Liinder  zwischen  Pontus  Euxinus 
und  Ister  bis  zur  Ostsee:  wie  denn  die  Unsicherheit  aller 
Massbestimmungen  in  diesen  Gegenden  auch  dem  Plinius 
einleuchtete.  Denu  nachdem  er  IV  c.  12,  25  (81  Sill.)  gesagt: 
'Agrippa  totum  eum  tractum  ab  Istro  ad  Oceanum  bis  ad 
decies  centena  M  pass.  in  longitudinem,  quattuor  millibus  et 
quadringentis  iu  latitudinem,  ad  flumen  Vistulam  a  desertis 
Sarmatiae  prodidit',  fiibrt  er  §  91  fort:  'Sarmatiae,  Scythiae, 
Tauricae  omnisque  a  Borysthene  amne  tractus  lougitudo 
DCCCCLXXX  M,  latitudo  DCCXVII  M  a  M.  Agrippa  tra- 
dita  est.  Ego  incertam  in  Jutc  terrarum  parte  mensuram  arbi- 
tror'  Denu  obwohl  sich  auf  dem  Wege  astronomischer  Trian- 
guliruug  auch  entferntes  und  nicht  personlich  zugangliehes 
Land  ausmessen  lasst,  wenn  von  bekaunten  und  messbaren 
6io  Linien  ausgegangen  wird,  so  diirfte  es  doch  sehr  gewagt 
sein,  ein  Verfahren  dieser  Art  in  so  grossem  Massstabe  ?or- 
auszusetzen.  Vielmehr  werden  es  alle  die  vorhin  bezeichneten 
Mittel  und  die  weiter  oben  nachgewiesenen  geschichtlichen 
Gelegenheiten  indirecter  Erkundigung  gewesen  sein,  die  hier 


Digitized  by  Google 


agbippa's  weltkabte,  abthicus'  COSMOGBAPHIE.  773 


dem  Agrippa  zu  statten  jiamen.  Und  wie  viel  wird  man  sich 
gerade  ftir  diesen  Norden  von  der  Genauigkeit  seiner  Karte 
vorstellen  wollen?  Damit  wird  es  sicherlich  eine  ahnliche 
Bewandtniss  gehabt  haben,  wie  mit  der  Beschaffenhcit  der 
Karten,  von  denen  Plutareh  Thes.  1  spricht:  tv  TaTc  Y*WYpa- 
«ptcuc  .  .  .  o\  tcTOpiKOi  tci  biaqpeuYOVTa  tt)v  yvujciv  auTUJV  toic 
^cxaToic  jLt^peci  tujv  TTtvdxujv  me£oOvT€C  amac  TTapaYpdqpou- 
ctv  OTt  Td  b'  £TT£K€tva  0tV£C  dvubpot  xat  Snptwbetc,  f|  TTr)X6c 
aibvrjc,  f)  CkuOikov  Kpuoc,  f\  TTeXcrroc  TreTTrjYOC.  [Vgl.  Osann 
Beitriige  II  p.  67,  Creuzer  z.  Gemmenkunde  p.  179.] 

Fassen  wir  nun  den  gesammten  Liinderumkreis  der  Welfc- 
tatel  des  Agrippa  ins  Auge,  so  erscheint  derseHbe  so  weit, 
dass  wir,  die  grosste  Neigung  zu  spiitern  Zusiitzen,  Nach- 
triigen  und  Erweiterungen  gern  zugegeben,  diese  doch,  weil 
im  grossen  kaum  etwas  zuzusetzen  war,  durchaus  auf  Ein- 
zelheiten  beschriinken,  fiir  die  abgeleiteten  Copien  aber  und 
fiir  den  Schulgebrauch  vielmehr  das  Verkleinern,  das  Weg- 
schneiden  des  minder  Nothwendigen  und  Interessanten  als 
das  gelaufige  Verfahren  behaupten  mochten:  wie  uns  denn 
davon  die  Expositio  des  Aethicus  als  anschauliches  Beispiel 
vorliegt.  Nicht  einmal  dem  Augustus  kann  sich  zu  Nach- 
tragen,  ausser  im  einzelnen,  sonderliche  Gelegenheit  geb(»ten 
haben84),  obgleich  sonst  zuzugeben,  dass  er  als  Vollender 
des  Agrippa'schen  Werkes  sQwohl  Anlass  als  Zeit  dazu  hatte. 
Denn  genauer  bestimmt  ist  der  Hergang  der  ganzen  Sache  511 
nach  richtiger  Interpretation  der  Hauptstelle,  bei  Plinius  III 
c.  2  §  17  Sill.,  dieser:  dass  Agrippa,  der  741  starb,  an  sich 

34)  Sonst  inOchtc  man  wohl  dahin  die  Angabe  des  Pliniua  VI 
c.  27  §  141  7.11  beziehen  geneigt  sein:  IIoc  in  loco  (in  Charax)  geni- 
tum  esse  Dionysium  terrarum  orbis  situs  recentissimum  auctorem  con- 
stat,  quem  ad  commmtanda  omnia  in  orientem  praemisit  divus  Augustus, 
ituro  in  Armeniam  ad  Varthicas  Arabicasque  res  maiore  fdio  (im  Jahre 
752).  'Stand  diese  Abfertigung  des  nuch  sonst  bekannten  Dionysius' 
fragt  Huschke  p.  9  Anm.  16  fin  Verbinduug  mit  dcm  von  Aethicus 
berichteten  allgemeineu  Unternehmen?  Sollte  er  vielleicht  nach  Au- 
gustus  Siegen  uber  die  Parther  ergiinzen,  was  Zenodoxus  fiflr  den 
fibrigen  Orient  besorgt  hatteV'  Far  Verwaltungszwecke  immerhin; 
das  Landerbild  der  Agrippaschen  Karte  kann  dadurch  keine  wesent- 
Hche  Modification  erhalten  haben. 


Digitized  by  Google 


774  BBICHSVERMKSSUNO  DKS  AUGUSTUS, 

also  seit  dem  Abschluss  der  allgeineinen  ReichsYermessung 
(734)  wohl  hiitte  seinen  Plan  schon  ausfuhren  kdnnen,  doch 
nicht  dazu  kam,  sondern  nur  einen  Entwurf  zu  der  Welt- 
karte  und  daneben  die  chorographischen  Commentarien 
hinterliess,  zugleich  jedoch  den  testamentarischen  Auftrag 
an  seine  Schwester  (Pola),  aus  beiden  die  grosse  Welt- 
tafel  in  einer  offentlichen  Porticus  anfertigen  zu  lassen; 
ferner  dass  die  Schwester  auch  den  Anfang  damit  machte, 
Augustus  jedoch,  entweder  weil  auch  die  Schwester  starb, 
oder  weil  er  fiir  das  Untemehnien  sich  interessirte  und  ura 
das  Andenken  Agrippas  zu  ehren,  eintrat  und  das  Begonneue 
zu  Ende  fiihrte.35*)  Jedenfalls  fallt  hiernach  die  Anfertigung 
des  Orbis  pictus  nach  741;  aus  Dio  Cassius  LV,  8  ersehen 
wir  aber,  dass  sogar  im  J.  746  die  Porticus  der  Pola  noch 
nicht  fertig  war:  r\  be  dv  tuj  Trebiuj  (tuj  'AYpiTnreiin)  ctou, 
fiv  r\  TTujXa  r\  dbeXqpf)  auToO  ....  eTtoiei,  oubeTruj  eScip- 
yacTO.  Weim  aber  auch  noch  mehr  Jahre  an  der  inhalt- 
reichcn  Porticus  unter  Augustus'  Auspicien  gearbeitet  worden, 
so  muss  doch  durch  die  Bezeichnung  'Weltkarte  des 
Agrippa'  dem  Verdienste  seine  Krone  gesichert  bleiben,  da 
cr  es  war,  nicht  Augustus,  von  dem  die  Idee,  das  wissen- 
schaftliche  Material  und  selbst  die  unmittelbare  Vorarbeit 
herriihrten.  —  Ein  Umstand  aber  ist,  der  zu  Augustus  in 
einer  so  bestimmten  anderweitigen  Beziehung  zu  stehen 
scheint,  dass  seine  gebiihrende  Hervorhebung  nicht  ohne  den 
giinstigsten  Einfluss  auf  die  Beurtheilung  der  ganzen  Expo- 
sitio  bleiben  kann.  Irren  wir  namlich  nicht,  so  liegt  der 
aut"  den  ersten  Blick  so  willkurlichen  Aufziihlung  italischer 
Provinzen,  die  wir  bei  Aethicus  finden,  die  Eintheilung 
Kisltaliens  zu  Grunde,  nach  welcher  es  Augustus  in  elf  rc- 


35»)  Plinius  Worte  sind:  fis  (Augustus)  nanique  complexam  eum 
(orbcm  terrarum)  porticum  ex  destinatione  et  commentariis  M.  Agrip- 
pac  a  sorore  sua  inclioatam  pcregit'.  Hier  kann  dcstinationc  nicht 
heissen  fnach  dcr  Anordnung'  oder  'Willensbestimmung',  weil  so  die 
ungleichartigsten  BegrifFc  unter  cx  vereiuigt  wiiren;  es  ist  Kntwnrf, 
Grundriss,  Projection;  complcxam  cum  porticum  ist  als  ein  Begriff  ru 
faasen:  'Halle  mit  Welttafel',  und  kommt  hier  auf  dasselbe  binans  wie 
'Wclttafel  in  der  Halle'.  Schwerlich  faaste  es  Frandsen  p.  162  richtig. 


Digitized  by  Google 


AKKIITAS  WEI.TKAKTK,  AF.THHTS    CO.SMOCiRAPHIE.  775 


giones  zerlegte:  eine  Eintheilung,  deren  Kenntniss  wir  meines 
Wissens  einzig  der  Erwahnung  des  Plinius  (von  III,  5  §  46 
an)  verdanken.  Denn  auf  sie  lassen  sich  alle  in  der  Exjx>- 
sitio  erscheinende  Naraen  zuriickfiihren:  Catnpania,  Apulia, 
Calabria,  Lucania,  Bruttii,  Snbini,  Samnium,  Piccnum,  Vm- 
hria,  Etruria,  und  das  in  solcher  Gesellschaft  sonst  zieralich 
verwunderliche  Vcnctia,  welches  die  zehnte  der  Augustischen 
Kegioneu  war.  Fiigen  wir  hinzu  LaHttm  und,  was  vor  Li- 
burnia  so  leicht  ausfallen  konnte,  Liguria,  sowie  GaUia  cis- 
jxtdana  und  transpadana,  die  ohnehin  nicht  konnen  fflglich 
gefehlt  haben  und  wohl  bei;  wo  nicht  in  cisalpina  und  trans- 
alpina  zu  suchen  sind,3ftb)  so  fehlt  uns  fiir  keine  der  elf  Re- 
gioneu  eine  entsprechende  Bezeichnung  des  Aethicus.  Zu 
welchem  Behuf  nahm  aber  Augustus  jene  Eintheilung  Ita- 
liens  vor?  Wiire  es  eine  stehende  Einrichtung  zu  einem 
Verwaltungszweck  gewesen,  so  wiire  doch  kaum  denkbar, 
dass  in  der  Folgezeit  nirgend  auch  nicht  die  geringste  Hin- 
deutung  darauf  vorkommen  sollte.  Es  muss  also  wohl  nur 
ein  voriibergehender  Zweck  geleitet  haben,  und  was  kame 
uns  dann  zur  Erkliirung  gelcgener,  als  dass  es  die  Augustische 
Vormessung  war,  zu  deren  Behuf  jene  Eintheilung  gemacht 
wurde? 

Es  ist  jetzt  noch  ein  Punkt  zu  beleuchten,  der  wohl 
am  meisten  Schuld  gewesen  ist  an  dem  ganzlichen  Verkennen 
des  Ursprungs  und  Werthes  der  Cosraographie.  Das  ist  die 
seltsarae  Gestalt,  in  welcher  der  orbis  tcrrarum  nach  der  von 
Aethicus  berichteten  Verraessungseintheilung  in  Beziehung 
auf  die  vier  Hinimelsgegenden  erscheini.  Denn  Verwunde- 
rung  musste  es  allerdings  erregen,  dass,  wahrend  die  Be- 
zeichnungen  oricns,  occidcns  und  mcridionalis  pars  sich  als 
ganz  angemessen  darstellen,  die  scptentrionalis  j>ar.s  Klein- 
asien,  Griechenland,  Macedonien,  Thracien  und  Armenien 
bilden  sollten:  Liinder,  die  wir  einerseits  vielmehr  zum  Orient 
gerechnet  erwarteten,  und  die  anderseits  viel  siidlicher  liegen 

35 b)  Simler  bemerkt  zu  Cisalpinam  in  scinen  Scholien  znm  Ae- 
thicus  p.  62:  fad  marginem  MS.  notatum  erat  Transcampanam ,  vel 
potiue  Tran«padanam  (ialliam  hoc  loco  inscrendam  esse.' 


Digitized  by  Google 


REICH8VEBM ES SU N O  DES  AUGU8TUS, 


als  der  grosste  Theil  des  Occidents.  Zwar  der  erste  An- 
513  stoss  hob  sich  leicht;  denn  dass  man  die  grosse  Landerinasse, 
die  wir  unter  der  einen  Benennung  'Orient'  zusammenfassen 
wiirden,  in  zwei  Theile  zerlegte,  das  geschah  eben  nur  zur 
Forderung  der  Arbeit.  Dass  aber  von  diesen  beiden  Theilen 
der  obere  septentrionalis  nicht  im  Gegensatz  zum  untern, 
sondern  im  Gegensatz  zu  Osten,  Westen  und  Siiden  genannt 
wordeu,  dafiir  wiire  es  doch  eine  gar  uubefriedigende  Er- 
kliirung  gewesen,  zu  meinen,  weil  einmal  die  Namen  oricns, 
occidenSj  meridies  so  gut  gepasst  hatten,  so  habe  es,  um  eine 
Gleichmassigkeit  dcr  Bezeichnungen  durchzufuhren,  nahe 
gelegen,  die  Analogie  auch  dahin  auszudehnen,  wohin  sie  in 
Wahrheit  nicht  passte.  Auch  konnte  es  wenig  helfen,  zu 
den  von  Aethicus  genannten  Liiudern  noch  den  Pontus 
Euxinus  bis  zu  seiner  nordlichsten  Ausdehnung,  und  aus 
dem  Volkerverzeichniss  des  scptentrio  die  Scythac  hinzuzu- 
rechnen;  denn  dass  etwa  die  Romer  das  vom  Pontus  nord- 
lich  gelegene  als  ein  noch  zu  eroberndes  Land  betrachtet, 
und  in  solcher  Aussicht  fiir  die  damit  zusammengerechncten 
Liinder  Griechenland,  Macedonien  u.  s.  w.  den  Namen  rNordeu' 
anticipirt  hiitten,  solch  ein  Ausgleichungsversuch  wiirde  doch 
ziemlich  in  der  Luft  schweben.  Vollig  veriindert  erscheint 
aber  die  Lage  der  Dinge,  seit  wir  aus  den  eigenen  Aut- 
zeichnungen  des  Agrippa  die  Gewissheit  geschopft  haben, 
dass  zur  sqrtcntrionalis  pars  alles  Land  bis  zur  Ostsee 
gehorte;  denn  nun  haben  wir  als  Inhalt  dieser  jxirs  einen 
absoluten  Nordeu,  wiihrend  dessen  Abgrenzung  gegen  den 
Siiden  der  Natur  der  Sache  nach  nur  eine  beliebige  sein 
konnte  und  eine  relative  sein  kann.:55c) 

Wiire  dieser  Aufschluss  nicht  vergonnt  gewesen,  so 
hiitte  ein  anderer  Umstand  eine  unverwerfliche  Erkliirung 
an  die  Hand  gegeben:  ein  Umstand,  von  dem  wir  es  dahin- 
gestcllt  sein  lassen,  in  wie  weit  inan  es  glaublich  finden 
moge,  dass  er  auch  so  mitgewirkt  habe.   Langst  schon  hat 


35 c)  Daraua  ist  e«  hcrzuleiten,  da.sg  z.  B.  die  lnacln  Cjpcru, 
Rhodus,  Coraica,  das  marc  Carpathium  u.  a.  in  mclir  als  einer  Ab- 
theilung  wiederkehrcn. 


Digitized  by  Google 


AGKIITA  8  WELTKARTE,  AETHICUS'  COSMOGRAIMIIK.  777 

man  auf  den  Orbis  pictus  des  Agrippa  und  auf  die  Augustische 
Ye/messung  zuruckgefiihrt  den  Ursprung  sowohl  des  Itinera- 
rium  'Antonini9  als  der  Peutingerschen  Karte;  und  in  der  su 
gehorigen  Beschrankung  aufgefasst,  wird  auch  gegen  diesen, 
wenngleich  auch  von  Wesseling  p.  7.  8  geleugneten  Zu- 
sammenhang  nichts  Begriindetes  aufzubringen  sein.36)  In 
dieseni,  wie  in  verwandten  Fallen  ist  der  allgemeinste  zu- 
gleich  der  starkste  Ueberzeugungsgrund  und  eine  Reflexion 
statt  eines  Zeugnisses  wiegend:  keine  bedeutende  Erscheinung 
im  culturgeschichtlichen  Gebiete  steigt  fertig  gleichsam  aus 
der  Erde  empor  und  ist  init  einem  Male  da,  sondern  sie  ist 
hedingt  durch  Vorstufen  und  erwiichst  im  Zusammenhange 
eiues  statigen  Fortschrittes;  eben  so  wenig  geht  aber  aucli 
ein  wesentlicher  Fortschriti,  eine  Leistung,  welche  die  Keime 
weiterer  Entwickelung  in  sich  triigt,  spurlos  verloren  und 
bleibt  jemals  ohne  (Jewinn  fiir  die  Folgezeit.  So  dass,  wenn 
spiiter  eine  Peutingersche  Tafel  zum  Vorschein  kommt,  eine 
Welttafel  aber  schon  von  Augustus  offentlich  aufgestellt 
worden  und  in  ihrem  Einflusse  noch  auf  die  Bildung  des 
vierten  Jahrhunderts  nachweisbar  ist,  es  nach  den  natiir- 
lichen  (resetzen  des  Cultarlebens  unmoglich  ist,  diese  beiden 
Dinge  nicht  in  gegenseitigem  Zusammenliange  zu  denken, 
durch  wie  viele  Stufen  und  Uebergiinge  dieser  auch  ver- 
mittelt  sein  moge.  Hierzu  kommt,  dass  eine  abermalige 
allgemeine  Vermessung  der  romischen  Monarchie,  auf  welche 
iihnliche  Unteruehmungen,  wie  auf  die  Augustische  Ver- 
messung  die  Karte  des  Agrippa,  hiittcn  selbstandig  gegriindet 
sein  konnen,  fiir  spiitere  Jahrhunderte  schlechterdings  niebi 
nachzuweisen  ist.37)  Nun  fiillt  aber  an  der  Peutingerschen 
Tafel,  aus  der  wir,  dem  aufgestellten  Gesichtspunkte  zufolge, 


36)  S.  B6cking  i».  76  gegen  Bernhardy'8  Zweifel  im  Grund- 
rm  d.  r8m.  Litt.  p.  284.  Wesneling'»  Orunde  sind  die  Hchon  ohen 
II  ihrer  Schwuche  nachgewicsenen,  hergcnommcn  von  der  Unwahr- 

•  scheinlichkeit  einer  Vermeasung  den  innern  Gormaniens  u.  8.  w.  Be- 
stimmte  Spuren  der  Uebereinstiramung  zwiachen  der  Agrippa^chen  und 
der  Peutinger'schen  Karte  sucht  Mannert  p.  28  nachzuweisen. 

37)  Hierin  uberzeugt  Mannerfs  ErOrterung  p.  9ft.  gegen  Wesae- 
Hng  p.  4,  Scheyb  uud  andere. 


778  KKICHSVKKMEMKlTXr;   DKM  AlHiUSTUS, 


auf  die  Agrippa'sche  zuriickzuschliessen  berechtigt  sind,  nichts 
so  befremdlich  ins  Auge,  als  die  hochst  wunderlich  zuaam- 
mengepresste  Form  der  Liinder,  wodurch  bei  sehr  lang- 
gezogener  westostlicher  Dimension  die  von  Norden  nach 
Siiden  einen  ganz  unverhaltnissmiissig  schmalen  Streifen 
bildet:  eine  Form,  welche  sehr  umstitndlich,  aber  anschau- 
Hch  in  Bergiers  Schrift  de  viis  III,  7.  8  erortert  ist.  Hier 
ist  es  nun  ein  glucklicher  <Tedanke  Mannerts,  dass  diese 
Art  der  Abbildung  sich  herschreibe  von  einer  ahnliebeu 
Beschaflenheit  der  Agrippaschen  Karte,  fiir  diese  aber  eine 
solche  Einrichtung  bedingt  war  durch  den  Zweck  der  Auf- 
stellung  oder  Aufhangung  an  den  Wanden  einer  offentlicben 
Halle,  damit  nanilich  nicht,  wenn  die  Maasse  der  natiirlichen 
Ausdehnung  beibehalteu  worden  wiircn,  die  Ciberinassige  Rohe 
der  Bequemlichkeit  des  Anschauens  Eintrag  thun  solltc.3**) 
Um  also  ein  Tableau  von  miissiger  Hohe  bei  beliebiger 
Liinge  (Breite)  zu  gewinuen,  was  vom  romisehen  Publicum 
gemiichlich  zu  betrachtcn  ware,  lialf  uian  sich  durch  Zu- 
sammeudriickung  und  Verschiebung  der  allzu  sehr  vorstehenden 
Liinder,  wodurch  der  Nordtheil  des  Westens  siidlicher  herab- 
kam,  (Triechenland  und  Kleinasien  u.  s.  w.  aber  eine  relativ 
nordlichere  Lage  erhielteu.  Wenigstens  konnte  so  auch  ffir 
die  zum  Privatgebraueh  gemachten  und  in  den  Provinzen 
verbreiteten  Copien  des  Augustischeu  Originals,  auf  welcbeu 
man,  wie  es  scheint  (s.  o.),  die  barbarischen  Liinder  des 
eigentlichen  Nordens  allmahlich  wegzulassen  anfing,  die  Be- 


38*)  Mannert  p.  6:  '  Eadcm  enim  proportione,  qua  Orbis  Pictu» 
in  longitudinem  ab  occidente  ad  orientem  excrescobat,  exteudondu> 
quoquc  fuisset  iu  altitudincni  a  meridie  ad  soptentrionem:  qua  ro  por- 
ticus  nimium  quantum  assurrexis^ct  in  altitudinem.  Et  fac  satis  altam 
fuisse,  ut  cuncta  rite  exponercutur,  quem  usum  pictura  praebuisset 
inspicientium,  legentium,  figuras  mirautium  mnltitudini?  Ante  oeulos 
habuiBset  Africae  deserta:  Italiae  expOHtio  altiore  loco  iam  posita  vol 
proceri  hominis  staturam  louge  superasset,  magis  septentrionalia  in 
tantam  surrexissent  altitudinem,  ut  non  dico  legcntiuni  scd  ct  picturas 
intuentium  aspectui  omnino  scse  eubtraherent,  Qua  de  causa  opioor 
enndem  ob8ervatum  esse  ordinem,  quem  nobis  exhibet  rentingori 
Tabula,  in  magnam  longitudiucm,  multo  minorem  altitudincm  extonsa.' 
Pass  und  wnrum  diese  Achnlichkeit  ihre  Grenzen  hat,  ist  oben  erSrtert 


Digitized  by  Google 


AOKIPPAS  WKLTKAUTK,  AKTHICUS'  C08MOQBAPHIE.  77!) 


zeichnung  sejptentrionalis  pars  im  Sinne  der  Expositio  ihrc  gute 
Geltung  behaupten.  —  Welche  starke  und  fur  uns  (auch  ab- 
gesehen  von  unserer  Gewohnung  an  gute  Karten)  oft  kaum 
zu  begreifende  Irrthumer  im  einzelnen  den  geographischen 
Vorstellungen  jener  Zeit  anhafteten,  lehren,  um  gar  nicht 
weiter  zu  gehen,  zahlreiche  Thatsachen,  die  Strabo  berichtet.  516 
War  also  von  solchen  Ungenauigkeiten  und  Unrichtigkeiten 
—  trotz  aller  Vermessungen  —  auch  die  Agrippa  sche  Karte 
nicht  frei,  wie  liesse  sich  von  ihr  richtige  Zeichnung  im 
gauzen  und  grossen  erwarten,  da  es  ja  in  der  Natur  der 
Sache  liegt,  dass  das  Grossenverhaltniss,  die  gegenseitige 
Lage,  der  Zusammenhang  der  Lander  die  letzte  Stufe  sind, 
zu  der  sich  die  geographische  Kenntniss  am  spiitesten  und 
schwierigsten  erhebt?  Und  je  grosser  fUr  einen  Siiulengang 
die  Dimensionen  geuommen  werden  mussten,  desto  schwerer 
war  es,  das  richtige  Vcrhaltniss  zu  bewahren,  desto  weniger 
liel  auch  die  etwaige  Disproportion  in  s  Auge.  Dass  aber 
selbst  in  ciner  Zeit,  in  der  sich  doch  die  Vorstellungen 
vielfiiltig  berichtigt  hatten,  dieselbe  verkehrte  Gestalt  der 
Erde  fiir  die  Peutingersche  Karte  beibehalten  wurde,  das 
erklart  sich  schon  aus  der  vis  inertiae  in  allen  menschlichen 
Dingen,  vermoge  deren  selbst  vorgeschrittenc  Einsicht  von 
der  Gewohnung  an  eine  zufiillige,  von  Alters  her  iiber- 
kommene  Grundlage,  wenn  diese  zumal  sinnlich  fixirt  ist, 
sich  so  schwer  losreisst,  dass  man  sich  unbegreiflich  lange 
mit  Ausbesserung  und  Umbau  behilft,  ehe  ein  vorurtheils- 
loser  Sinn  einen  herzhaften  Neubau  wagt. 

Daneben  war  es  jedoch  auch  eine  bestimmte  Absicht, 
welche  fiir  die  Peutinger  sche  Tafel  eine  so  kolossale  Ver- 
schiebung  und  Auseinanderziehung  wahlen  liess,  wie  sie  auf 
Agrippa  s  Karte  gewiss  nicht  stattfand:  so  zwar,  dass  gerade 
hierin  wiederum  ein  Hauptunterschied  beider  Unternehmungen 
zu  suchen  sein  wird.  Die  Peutinger  sche  Tafel  wollte  vor- 
nelimlich  auch  die  Strassenziige  darstellen;  um  aber  deren 
Liingen  anschaulich  vor  Augen  zu  stellen,  gab  es  kein 
anderes  Mittel,  als  eben  jene,  allen  iibrigen  Verhaltnissen 
Hohn  sprechende  Zeichnung,  wie  das  schon  von  Bergier  aus- 
gefuhrt  worden,  und  nach  ihm  von  Mannert  p.  23  ff.  Dass 


Digitized  by  Google 


780  REICHSVKRMK8SUNG  DKS  AUGITSTU8, 


dagegen  auf  der  Karte  des  Agrippa,  wie  Berge,  Flusse, 
Stadte  u.  s.  w.,  so  auch  die  viae  verzeichnet  gewesen  waren. 
dafiir  findet  sich  in  der  Expositio  des  Aethicus  keine  Spur 
(das  einzige  Aemilea  kommt  natiirlich  nicht  in  Betracht,  s.  o. 
|  Anm.  29]).  Und  ich  glaube,  das  hat  seinen  guten  Grund,  und 
517  Mannert  (s.  Anm.  32)  musste  von  seiner  Vorstellung  sowohl  die 
'viarum  directio'  als  die  fdistantiarum  numeri'  fern  halten  "*): 
denn  auch  auf  die  letztern  enthiilt  die  Expositio,  mit  Aus- 
nahme  der  Flttsse  (s.o.  [p.  748]),  nicht  die  leiseste  Hindeutung. 
Natttrlich  standen  beide,  Heerstrassen  und  Entfernungs 
angaben,  in  den  Commentarien  (d.  i.  in  den,  wenn  auch 
verarbeiteten,  Vermessungsberichten)  des  Agrippa38*5),  und 

38 b)  Etwae  ganz  anderes  ist  es  rait  dera  *  Antoninischen'  Itine- 
rarium,  fur  welches  Mannerfs  (p.  7)  und  vieler  Fruhern  Herleitung 
wohl  bcrechtigt  erscheint:  ' Ex  iisdem  (Agrippae)  commcntariis  emanarit 
quoquc  Itinerarium ,  in  usum  publicum  (wofern  er  damit  Staatazweckr 
meint)  inde  excerptus  index  locorum  praccipuorum  eorumque  distantiae\ 
—  Wenn  aber  mehrerc  Chronikenschreiber  des  Mittelalters  (Flodoardu^ 
Hiat.  Rhemens.,  Baldericus  Chron.  Camerac.)  bestimmte  Entfernungs- 
ma68e  aus  f  Aethici  Cosmographia'  anfflhreu,  oder  die  f  Cosmograpbia ' 
aua  der  von  Julius  Caesar  in  Folge  eines  SC.  angeordneten  Vermessung 
herleiten,  so  beruht  diess  eben  nur  auf  der  Anm.  23  beruhrten  Ver- 
miscbung  dcr  Cosmographia  und  des  Itincrarium  in  den  Handscbriften. 
Sehr  deutlich  wird  dicss  aua  Hugo  Flaviniacensis  Chron.  Virdua.. 
welcher,  die  Identitat  der  VerfaBser  annehmend,  doch  den  Inhalt  gmau 
scheidet:  'Has  autem  omnes  conicctioties  Aethicus  in  Cosmographia  ei- 
cludens,  in  Itinerario  mundi  vocat'  ....  Weil  dem  ltinerar  die 
Cosmographie  mit  ihrem  Einleitungsbericht  voranging  in  den  Hdsa., 
konnte  auf  dae  in  dem  letztern  erw&hnte  Senatusconsult  die  Anfertigung 
des  Itinerars  geradezu  zuruckgefflhrt  werden  von  dem  Chronographus 
Fcrrar.  bei  Muratori,  der  iibrigens  schon  die  Zahlenverderbnisse  der 
Vulgate  vor  Augen  hatte,  wenn  er  sagt:  'pcr  annos  XXX  et  amplins 
decreto  Senatus  Romani  in  Europa,  Asia  et  Africa  M.  Antonii  consnlis 
Romani  studio  facta  est  divisio  itinenim  de  distantiis '  etc.  Die  Stellen 
dieser  Chronisten  findet  man  allc  bei  Wesseling  p.  6. 

38 c)  Das  war  so  gewiss  der  Fall,  als  es  gcwiss  ist,  da*s  erd  das 
Vorhandensein  liingerer  Strassenlinien  zum  ersten  Male  zuverllssige 
Orta-  und  Eutfernungsbestimmungen  und  eine  durchgreifende  Correctioii 
der  Lagenverhaltnisse  der  Liinder  der  Erde  mdglich  machte.  Daruin 
hauptsachlich ,  weil  sie  dieses  festen  Anhaltes  entbebrten,  waren  die 
iiltern  Messungen,  wic  sie  den  Karteu  des  Dicaarchus,  des  Erato.4henes 
u.  s.  w.  zu  Grunde  lagen ,  eo  unzulanglich. 


Digitized  by  Google 


AGRIPPA?S  WELTKARTE,  AETHICUS'  COSMOGRAPniE.  781 


nach  Massgabe  dieser  Ansiitze  wurde  die  Zeichnung  der 
Karte  entworfen;  aber  sie  gingen  deshalb  nicht  auf  die 
Karte  selbst  mit  iiber.  Denn  wenn  der  schon  angefiihrte 
Eumenius  sagt:  '  illic  instruendae  pueritiae  causa  oninium 
cum  nominibus  suis  locorum  situs,  spatia,  intervalla  descripta 
sunt'  etc.,  so  sind  spatia  und  intervalla  nicht  die  mit  Zahlen 
ausgedriickten  Distanzen,  sondern  die  durch  und  mit  den 
locontm  situs  fQr  das  Auge  gegebenen  natiirlichen  Entfernungs- 
verhaltnisse.  Nichts  begreift  sich  aber  leichter,  als  dass  aus 
politischen  Riicksichten  gerade  die  strategisch  wichtigen 
Marschrouten  und  ihre  mathematisch  genauen  Massbestim-  ms 
mungen  der  Kenntniss  des  Kaisers  vorbehalten  und  als 
Staatsgeheimniss  in  den  Archiven  verwahrt  blieben,  in  den 
Orbis  pictus  aber  um  so  weniger  aufgenommen  wurden,  als 
ja  die  mathematischen  Vermessungs-Details  fur  den  grossen 
Haufen  nicht  einmal  ein  besonderes  Interesse  haben  konnten. 
Belege  dafiir,  wie  solche  Geheimhaltung  weiterhin  bis  zur 
argwohnischsten  Bewachung  und  despotischsten  Ahndung 
etwaiger  Veroffentlichung  gesteigert  wurde,  gibt  Mannert 
p.  9  (vgl.  Bocking  p.  82)  und  nach  ihm  Frandsen  p.  191  ff., 
mit  dessen  auf  dieses  Gesammtverhaltniss  gegrflndeter  Be- 
urtheilung  der  Agrippa  schen  Commentarii  man  ganz  einver- 
standen  sein  muss.  Sie  waren  kein  dem  Publicum  bestimmtes 
geographisches  Werk,  sondern  eine  im  Staatsarchiv  verwahrte 
Arbeit.  Sehr  begriindet  ist  Frandsen  s  Wunsch  p.  195:  fWir 
mochten  gern  ermitteln,  ob  Plinius  ausser  da,  wo  er  Agrippa 
namentlich  anfiihrt,  denselben  auch  sonst  noch  benutzt' 
(diess  unstreitig),  fwenn  nicht  gar  zur  Grundlage  der  siimmt- 
lichen  BQcher  genommen  habe,  in  welchen  *  continentur  situs, 
gentes,  maria,  oppida,  portus,  montes,  flumina  mensurae, 
populi,  qui  sunt  aut  fuerunt»'. 

Die  Eintheilung  ubrigens  des  orbis  terrarnm,  nicht  in 
Europa,  Asien  und  Africa,  sondern  nach  den  vier  Himmels- 
gegenden,  welche  Caesar  und  Augustus  fur  die  allgemeine 
Vermessung  zu  Grunde  legen  liessen,  steht  nicht  so  isolirt, 
dass  sie,  obgleich  in  keinem  geographischen  Systein  zur 
Anwendung  gebracht,  nicht  in  einer  alten  Volksvorstellung 
ihren  Anknupfungspunkt  fande.   Darauf  niimlich  deutet  der 


7S2  BEICHSVEBMESSUNG  DES  AUGUSTUS, 


lnythische  Ausdruck  hin,  dass  Okeanos  die  vier  Tochter 
Asia,  Libya,  Europa  und  Thrake  gezeugt  habe:  ein  Mythus, 
den  aus  Andron  deni  Halikarnassier  die  Scholien  zu  Aesch. 
Pers.  183,  zu  Lykophron  894.  1283  und  Eudocia  p.  493  aii- 
fiihren.  Der  Htandpunkt  fiir  diese  Eintheilung  ist  augen- 
scheinlich  Griechenland,  von  wo  aus  die  bekanntern  Striche 
Europas  als  wahrer  Westen,  Asien  und  Libyen  als  Osten 
und  Stiden,  Thrakien  (in  weiterer  Ausdehnung  genommeu, 
s.  Ukert  Geogr.  I,  2  p.  282.  II,  2  p.  5  f.)  als  Norden  er- 
scheint.  Auf  die  praktische  Anwendung  aber,  zu  der  diese 
6i9  einfachste,  der  sinnlichen  Auffassung  der  Ungelehrten  so 
nahe  liegeude  Eintheilung 35  d)  durch  die  romische  Reichs- 
vermessung  kam,  gehen  gewiss  die  spiitern  Erwahnungeu 
einer  Viertheilung  des  Erdkreises  zuriick,  die  sich  bei  (ieo- 
graphen,  aber  nur  ganz  im  Vorubergehen,  finden.  So  bei 
Mela  I,  1,  bei  Agathemerus  I,  6;  denn  dass  hier  nicht  bloss, 
wie  Berkel  meinte,  an  die  vier  Himmelsgegeuden  als 
Kichtungen  gedacht  wird,  sondern  der  Begriff  einer  wirk 
lichen  Eintheilung  der  Liindermassen  selbst  zu  (irunde  liegt, 
zeigt  eben  der  Ausdruck  riTretpoc  des  Stephanus  von  Byz.  v. 
"HTreipoc  oi  uev  yap  eic  buo  tt\v  rfjv,  o'i  be  eic  Tpia,  oi  & 
e  ic  Teccapa  (d.  i.  eic  Teccapac  riTreipouc)  bieuepicav.39) 

Auf  jedes  weitere  Eingehen  in  die  Einzelheiten  eiuos 
StofFes,  der  noch  zu  mancher  interessanten  Betrachtung  ein 
ladet,  muss  vorliiufig  verzichtet  werden,  bis  die  Benutzung 
handschriftlicher  Mittel  sicherere  Sehrittc  erlaubt40)  Eine 


38d)  Vgl.  Polybius  III,  30:   TrpiuTT|  u£v  oOv  K.al  ptfkrr]  yvukic, 
lr\   bi   KOlvf)   TTCtCtV  dvSpUJTTOlC,   ^CtIv  1)   TOU   TT€plkXOVTOC  V|u.dc  i>iatp<CK 

Kal  Tdtic,  Ka0'  i^v  rrdvTtc,  iDv  Kal  u.iKp6v  6a>€Xoc,  dvuToXuc,  bvcnc, 

Lif  C)l.U[i|i;.(v  ,  UpKTOV  YVlUpiZ0U€V. 

31*)  Das.s  der  Ausdruck  bei  Agathemerus:  ttxi  toic  Ttccapo 

tt^c  oiKouu£vr|C  u(' |im.  ftopeiiu  X^yuj  xai  votuu  Kal  tcTrepiiu  xai  tiinu, 
zweifelhaft  sei,  geben  wir  mit  Rucksicht  auf  den  von  Gronov  w 
Mela  citirten  Agatbarrhides  zn:  rf\c  6Xrjc  olKouyivnc  €v  T^ccapci  (uw* 
Couivtic  uc^pta,  dvaToXuc  X^yuj,  ^Occujc,  dpKTOu  Kal  utcrmPpiac,  wo  ufpi 
wirklich  nur  die  Himmelsgegenden  sind. 

40)  Es  ist  ein  eigenes  ZusammeutrerTen,  dass  mir  gerade  in  die*m 
Augenblick  ein  Freuud  aus  Breslau  Bchreibt:  *  Meiue  spurlichen  Mush^ 
atunden  sind  jetzt  der  alten  Ueographie  gewidmet,  und  ingbesondere 


Digitized  by  Google 


AGRIPPAS  WBLTKARTE,  AETHICUS'  COSMOORAPHIE.  783 


der  altesten,  wo  nicht  die  alteste  aller  Handsehriften  ist  5*0 
ohne  Zweifel  die  Vaticanische,  aus  welcher  oben  die  Ver- 
messung  des  Occidentes  durch  Didymus  erganzt  worden 
ist41),  indem  sie  in's  achte  oder  neunte  Jahrhundert  gesetzt 
wird:  s.  K.  E.  Ch.  Schneider  s  Praef.  zu  seiner  Ausg.  des 
Jul.  Caesar  I  p.  XLVI.  Sie  enthtilt  die  commentarii  dc  bcllo 
Gallico,  und  nach  ihnen  unsern  Aethicus  unter  deui  Titel 
Cronica  Cacsaris:  ein  Titel,  deu  auch  Vossius  de  philol. 
c.  10  §  17  aus  Mss.  anfiihrt.  Es  hat  damit  unstreitig  die- 
selbe  Bewandtniss,  wie  mit  den,  zum  Theil  zwischen  deni 
Itincrarimn  uud  der  Cosmographie  wechselnden,  Ueberschriften 


den  spatern  lat.  Ueographen.  Zunachst  habe  ich  den  sogenaunten 
Aethicus  vorgenomraen  und  die  in  der  Rehdiger'achen  Bibliothek 
befindliche  Hamlschrift  verglichen.  Diese  ist  in  jeder  Hinsicht  aehr 
merkwurdig.  Ea  werden  manche  Liieken  durch  sie  ausgefullt  und  auch 
sonst  dem  gewaltig  verunstalteteu  Texte  nachgeholfen.  Besonders  merk- 
wflrdig  ist,  dass  ein  Theil  jener  Cosmographie  sich  zweimal  in  der 
Hds.  vorfindet,  und  zwar  in  so  griindlich  verschiedener  («estalt,  dasa 
ich  die  zweite  Fassung  lieber  gauz  abgeschrieben  habe.  Es  wird 
intereasant  sein,  das  Verhiiltuiss  dieser  beiden  Stiicke  festzustellen ; 
bis  jetzt  weiss  ich  noch  nicht,  wie  die  Sache  aufzuhellen  sein  darfte.» 
Ohne  niihere  Kenutnisa  litsst  sich  nichta  entscheiden;  iiu  allgeraeinen 
gewahrt  die  Annahme  von  Schulcompendien  und  Privatredactionen,  die 
den  Stoft*  nach  Bedurfniss  nnd  Umstanden  geatalteten,  einen  hinlilng- 
lich  weiten  Spielraum  der  Erklarung.  Vgl.  Anm.  27.  —  Von  deut- 
schen  Bibliotheken  —  ohne  dass  ich  mich  jetzt  gefliasentlich  danach 
umthue  —  bietet  auch  die  Wolfenbfltteler  (N.  18  bei  Ebert)  einen 
Aethicus,  und  eine  Munchener  (eine  Victorianiache ,  N.  99)  ist  von 
Bucking  p.  11  ft".  beschrieben  Die  Reh<liger'sche  stebt  bei  A.  Wachler 
p.  37  verzeichnet.  Keine  ist  iilter  als  das  15te  Jahrhundert.  Auch  von 
aonst  erwabnten,  z.  B.  von  der  Florentinischen  bei  Bandini,  reicht 
bei  weitem  keine  zu  dem  Alter  der  Vaticanischen  hinauf. 

41)  Leicht  moglich,  dass  diese  Krgiinzung  uur  der  Vaticanus 
bietet  und  dadurch  sich  als  Urcodex  zu  erkenuen  gibt;  fast  sollte  man 
es  darum  glauben,  weil  doch  sonst  wohl  einer  der  in  Anm.  16.  26 
erwahnten  Autoren,  die  von  selbstgesehenen  und  zwar  sehr  abweichenden 
Handschriften,  zugleich  aber  von  der  Caesar-Augustischen  Vermessung 
sprechen,  gerade  jene  bo  wichtige  Vervollstiindigung  gegeben  und  hervor- 
gehoben  hatte.  —  Ist  aber  der  Vaticanus  wirklich  aua  dem  8ten  Jahr- 
hundert,  so  wird  schon  darum  die  Kxporitio  schwerlich  eret  im 
8ten  Jahrhundert  gemacht  sein,  wie  Manuert  etwas  unerwogen  meinte. 


Digitized  by  Google 


» 


784  HBICH8VERMESSUNG  DES  AUGUSTUS, 

Iulii  Caesaris,  Antmini,  Aethici  Antonini,  Antonii  Augusti, 
Antonii  (Antonini)  Augustalis  u.  dgl.  Alle  diese  Namen  riihren, 
wie  hingst  beraerkt  worden,  aus  der  Erwahnung  der  Con- 
sulate  des  Caesar,  Antonius  und  Augustus  her,  die  man 
in  der  Einleitung  zur  Expositio  fand.  Nur  zwischen  Aethi- 
cus  und  Julius  Honorius  (s.  Anm.  27)  ware  demnach  zu 
wahlen.  Nun  ist  es  zwar  moglich,  mit  Valesius  zu  Ainruian 
XXIX,  5  §  37  beide  als  zwei  Schriftsteller  neben  einander 
bestehen  zu  lassen,  und  zwar  den  Honorius  als  den  altero, 
Aethicus  (oder,  wie  Valesiqs  schreibt,  Ethicus)  als  seinen 
Ausschreiber  anzusehen.  Es  liesse  sich  darauf  aufch  allen- 
falls  der  einzige  wesentlichc  Unterschied  beider  Schriftchen 
beziehen,  der  in  dem  Zusatze  der  einleitenden  Vorrede  bei 
Aethicus  besteht,  Aber  selir  sonderbar  wiire  doch  danu, 
dass  derjenige,  der  auf  der  einen  Seite  als  unselbstandigster 
mi  Plagiarius  bezeichnet  wird,  anderseits  wieder  die  gewahltesten 
Nachrichten,  wie  sie  die  Einleitung  gibt,  hinzugefflgt  haben 
sollte.  Auch  ist  ja  gerade  das  Stiick,  dem  dicse  Einleituni; 
fehlt,  Exccrpta  uberschrieben.  Darum  diirfte  os  geratheinT 
sein,  Vermittelungen  dieser  Art  aufzugeben,  in  beiden 
Stiicken,  wie  oben  geschehen,  nur  verschiedene  Hedactionen 
zu  sehen,  den  Namen  Aethicus,  der  an  sich  jedem  vernunf- 
tigen  Herleitungsversuche  widerstrebt,  etwa  auf  ein  appella- 
tives  Ethnicus  zurilckzufuhren  (denn  nebeu  Acthicus  wml 
Aethnicus  ausdriicklich  angefiihrt  vou  Hergier) ,  und  als 
waliren  Verfasser  mit  S  a  1  ra  a  s  i  u  s ,  G.  .1.  V  o  s  s  i  u  s , 
Wesseling  (p.  2)  den  Iulius  Honorius  Orator  gelten  zu 
lassen,  dessen  kosiuographische  Schrift  von  Cassiodor  de 
instit.  divin.  litt.  c.  25  so  beschrieben  wird,  dass  die  Teber 
cinstimmung  mit  der  des  Aethicus  niclit  grosser  sein  kann: 
fsi  libellum  Iulii  Oratoris,  quem  vobis  reliqui,  studiose  legere 
festinetis:  (jui  maria,  insuias,  numtes  famosos,  provincias,  civi- 
tatcs,  ftumina,  gcntcs  ita  quadrifaria  distinctione  complexus 
est,  ut  paene  nihil  libro  ipsi  drsit.  quod  ad  cosniographiae 
notitiam  cognoscitur  pertinere'.  Selbst  der  'orator*  kann  auf 
Schulgebrauch  liinweisen.  Der  Codex  Tliuaueus,  der  unsere 
Cosmographie  ausdriicklieh  dem  lulins  Orator  beilegen  soll, 
gibt  nach  Vossius  (de  philol.)  am  Schluss  noch  folgende  Be- 


Digitized  by  Google 


ac;riita's  weltkarte,  aethicus'  cosmographie.  785 


lehrung  iiber  diesen,  die  icli  aber  ganz  eben  so  am  Eiide 
des  bei  Gronov  gedruekten,  von  Aethicua  unterschiedenen 
Honorius  finde:  rHaec  omnia  in  descriptione  recta  ortho- 
graphiae  transtulit,  publicae  rei  consulens,  Iulius  Houorius, 
magister  peritus  atque  sine  aliqua  dubitatione  doctissimus; 
illo  nolente  ac  subterfugiente  nostra  parvitas  protulit,  divul- 
gavit  et  publicae  scieutiae  obtulit\  Kast  scheint  es,  als 
werde  hier  Honorius  selbst  nur  als  Compilator,  der  ein 
alteres  Werk  uinschrieb,  bezeichnet.  Dass  er  wegen  Cassio- 
dor  s  Citat  nicht  spiiter  ist,  als  die  erste  Hiilfte  des  sechsten 
Jahrhunderts,  ist  leider  untergeordnet  gegen  die  Frage,  vor 
welchen  Zeitpunkt  er  nicht  falleu  kann:  zu  deren  Heant- 
wortung  indess  sich  Data  ermitteln  iassen  werden.  Die  Be- 
zeichnung  Ethnicus  mag  iibrigens  mit  den  Beinamen  Sophista 
und  Philosophus  zusammenhangen.  die  sich  ebenfalls  in  Mss. 
tinden.  Moglicher  Weise  haben  wir  es  hier  mit  einer  ganzen  5*2 
Kett^  von  Verderbnissen  und  Misverstandnissen  zu  thun: 
ein  gewohnlicher  Weg  im  Mittelalter,  wodurch  auch  sonst 
die  seltsamsteu  Fictiouen  entstanden  siud.  Auf  der  ersten 
8eite  des  Thuaneus  steht  nach  Gronov  p.  GJK):  *Eiusdem 
Aethici  Peripatetici  librum  alterum  de  philos.  habet  1\  Daniel 
Aurel.  in  codice  vetusto,  in  quo  Isidori  Astrologia  contine- 
tur'.  Wer  weiss,  von  welcher  Abschreiberweisheit  auch  der 
Name  Aethiais  Ister  oder  Hister  herstammt,  den  man  dann 
als  Sophista  Istriae  auffasste.  Es  klime  vor  allem  darauf  an 
zu  wissen,  wie  alt  die  iilteste  Handschrift  i.st,  worin  diese 
Namen  vorkommen.  Denn  nicht  hinliiuglich  klar  ist  ein  von 
Salniasius  Exerc.  Plin.  p.  541  (770)  angedeutetes  Verhiilt- 
niss:  r...ex  vetustissimo  nostro  codice  et  Thuaneo,  qui  Cosmo- 
graphiam  illam  non  Aethico,  sed  Iulio  Oratori  tribuit  .  .  . 
Nam  Aethicus  alius  est,  Histricus  Sophista,  quem  de  Graeco 
translatum  ab  Hieronymo  et  nondum  editum  vetus  idem 
liber  habet  ex  bibliotheca  Thuanea'.  Vgl.  p.  580  (826): 
cHac  voce  usus  est  vetus  auctor,  qui  Aethicum  Histriae 
Sophistam  compilavit.  Membranae  Hieronymum  Presbyterum 
inscribunt/  p.  4ISG:  'Aethicus  Philosophus  Istricus  ab  Hiero- 
nymo  ;n  Latiuum  translatus,  de  geographia'.  Hiemach  existirte 
also  DOch  eine,  sowohl  von  der  Expositio  als  von  der  I)e- 

FH.  KlTttCBRI.II   OPVSCVLA   III.  60 


Digitized  by  Google 


78G  BEICHSVERMESSrXf;  DES  AUOU8TUS, 

523  scriptio  verschiedcne  geographische  Schrift42),  und  was  Sal- 
masius  daraus  mittheilt,  findet  sich  allerdings  in  jenen  beiden 
nicht.  So  erwQnscht  es  uns  nun  kanie,  auf  diese  Schrift 
allein  jene  verdachtigen  Autornamen  beschriinken  zu  durfen, 
so  dass  dieselben  auf  die  Expositio  eben  so  grundlos  iiber- 
tragen  wiiren,  wie  an  diese  selbst  die  Descriptw  des  Orosius, 
als  von  einem  Verfasser  herriihrend,  angelothet  worden:  90 
wiire  doch  die  Erkliirung  und  Herleitung  der  Namen  dadureh 
nur  eine  Stufe  weiter  fortgeschoben.  Wiewohl  bei  einer 
griechischen  Schrift  der  Name  Ethnicus  sogar  noch  begreif- 
licher  sein  wiirde;  nur  dass  eine  Uebersetzung  aus  dem 
Griechischen  an  sich  weniger  probleinatisch  sein  miisste. 
Gern  erfiihre  man  iibrigens,  ob  etwa  in  dem  Thuaneus  das 
Machwerk  des  Hieronymus  nach  der  Dcscriptio  stand,  und 
ob  es  etwa  mit  liom  begann;  denn  dann  wiirde  sich  darauf 
das  iu  Anmerkung  23  besprochene  Schlusswort  der  Dcscriptio 
beziehen  lassen,  und  uberhaupt  die  Annahme  sehr  bequem 
sein,  dass  die  drei  urspriinglich  ganz  unabhiingigen  Stueke 
des  Honorius,  Orosius  und  Hieronynius  vOn  einem  redi- 
girenden  Compilator  (ob  Hieronymus  selbstV)  durch  einige 
verbindendeZusiitze  zu  einem  Ganzen  an  einander  geschlossen 

42)  Einiges  Niihere  ist  zu  entnehmen  aa«  Simler'n  Epist.  dedic. 
f.  2:    fAudio  etiam  apud  Cl.  V.  P.  Danielem  Aurelianensem  extare 
Acthici  librum  hac  inscriptione :  Incipit  liber  Aethici  philosophico  edi- 
tus  oraculo,  a  Ilieronymo  presbytero  translatus  in  Latinum,  ex  Cosmo- 
graphia  et  mundi  scriptura.    De  eo  etiam  nic  scribitur  in  praefatione: 
Jlic  Aethicus  Jstria  regione  Sophista  claruit  primusquc  codices  INM 
Cosmographiam  nuncupavit:  alios,  quos  non  minora,  sed  maiora  dixistt 
cognovimus ,  Sophogrammios  appeUat.    Nobis  librum  illum  videre  non 
eontigit,  8ed  in  nostro  exemplari  hoc  de  illo  iudicium  a  viro  doctc 
adnotatum  fuit:  librum  esso  barbare  BCriptum ,  nugis  et.  fabulis  re- 
fertum ,  de  creatione  mnudi,  de  elernentia,  de  mirabilibus  niundi  etc, 
omnia  indigna  llieronymo  (namlich   />.  Hieronymo):  ac  ne  Aethici 
quidem,  quoniam  in  eo  libro  ipse  Aethicus  Iater  philosopbus  saepo 
citatur.'    Diese  Schrift  ist  es,  worauf  dc9  Hrabanus  Maurus  Worte 
(bei  Vosh.  de  hist.  lat.)gehen:  'Litteras  enim  Aethici  philosophi,  cosroo 
graphi  natione  Scythica,  nobili  proaapia,  invenimus,  quas  venerabili- 
Hierouymus  presbyter  ad  uos  usque  cum  auia  dictis  explanando  }>er 
duxit.' 


Digitized  by  Google 


AGEIPPA'S  WELTKABTK,  AKTHICITS'  COSMOORAIMHE.  787 

worden  wiircn.  Uns  tiefcr  auf  diese  Wirre»  einzulassen,  liegt 
fnr  diesuial  nieht  in  unsenn  Plane. 

Nachtrag.*) 

Wenn  im  ersten  Jahrgang  dieser  Zeitschrift  p.  520  itr, 
[oben  p.  783J*Anm.  41  auf  das  absolute  Stillschweigen 
derer,  welche  Handschriften  des  Aethicus  gesehen  und  be- 
schrieben  haben,  die  Vermuthung  gegriindet  wurde,  es  moge 
die  aus  der  Vaticanischen  entnommene  wesentliche  Vcrvoll- 
stilndigung  des  Venuessungsberichtes  eben  nur  in  dieser 
Handschrift  sich  finden:  so  war  damit  der  Sorgfalt  jencr 
altera  (ielehrten  hochst  wahrscheinlich  mehr  zugetraut,  als 
sie  verdicnt.**^  Denn  die  ebend.  Anin.  40  erwahnte,  gur 
nicht  alte  liehdigersche  Handschrift,  die  schwcrlich  allc 
iibrigen  an  Werth  iibertreffen  wird,  fiillt  ganz  iibercin- 
stimmend  mit  dem  Inhalt  des  Vaticanischen  Supplements, 
nur  nicht  in  epitomirter  Gestalt,  sondern  in  zusaiumeu- 
hiingender  Ausfiihrung,  die  Liicke  des  Vulgattcxtcs  folgender- 
massen  aus: 

Itaque  Iulius  Cefar  Bifextilis  raconis  inuentor  diuinis  ir.s 
humanis  qi  rebus  fingulariter  inftructus  cum  confulatus  fui 
fafces  egeret  ex  fenatuconfulto  cenfuit  omnem  orbcm  iam 
Romani  nominis  admetiri  per  prudentiffimos  uiros  et  omni 
phylofophie  munere  decoratus:  — 

Ergo  a  Iulio  cefare  ct  menfe  Antonius  confulis  orbis 
terrarum  metiri  cepit  id  eft  a  confulatu  fuprafcripti  ufque  in 
Confulatum  Augufti  tercium  et  Craffi  annis  XXI.  Menfcs  V. 
dies  VI III.  Auatodoxo  omnis  oriens  dimenfus  cft  ficut  in- 
ferius  demonftratur:  — 


*)  [Rheio.  Museum  f.  Philol.  N.  F.  Bd.  II  (1842)  p.  157  f.] 

**)  Volle  Aufkliirung  iiber  dicHeii  wie  uber  anderc  Zweifel  wird 
Uie  dem  Yemehmen  nach  ihrem  Eracheincn  demnuclist  entgcgcnschcude 
Bearbeitung  des  Aethicua  vou  Hcrrn  d' Avesac  in  Paria  geben. 

50* 


Digitized  by  Google 


788 


R  E I C II S  V  E  R  M  E  S  S  U  N  G  DES  AUGU8TUS  U.  8.W. 


A  Oonfulatu  I.  Cefaris  et  menfe  Antonii  ufque  in  con- 
fulatum  Augufti  feptimum  Et  agrippe  a  dydimo  Occidens  ut 
pars  dimenfa  eft  Annis  numero  XXXT.  Menfes  III.  dies  III. 
ficut  aperietur  ftilo:  — 

A  Confulatu  Iulii  Cefaris  et  menfe  Antonii  ufque  in 
confulatum  Augufti  decimum  Annis  XXVIIIl.  Menfes  VDI. 
dies  X.  a  Theodoro  Septentrionalis  dimenfa  eft  ut  euidenter 
oftenditur:  — 

A  Confulatu  fimiliter  Iulii  Cefaris  ufque^  iu  Confulatum 
Saturni  et  Cynne  a  polyclito  meridiana  pars  dimenfa  eft 
annis  XXXII.  menfe  I.  dies  XX.  ficut  diffinite  monftratur. 
At  fic  omnis  terre  orbis  intra  annos  XXXII.  a  dimenlbribus 
peragratus  eft  et  de  omni  eius  continentia  perlatum  eft  ad 
fenatum. 

Was  die  Qbrigen  Eigenthumlichkeiten  dieser  Handschrift 
sowie  die  eigentliche  Beschaflenheit  des  Vaticanischen  Bruch- 
stUcks  (denn  mehr  ist  es  nicht)  angeht,  so  freut  es  mick, 
dieses  Material  jetzt  in  guten  Hiinden  zu  wisseu,  und  auf 
eine  kflnftige  Verarbeitung  desselben  verweisen  zu  kiiwien, 
die  es  vergonnt  sei  nachstehend  schon  jetzt  der  Aufmerk- 
samkeit  unserer  Leser  zu  empfehlen. 

[Es  folgte  niimlich  im  Rheinischen  Museum  unmittelbar 
hierauf  der  cPlan  zu  einer  Gesanimtausgabe  der  kleineren 
lateinischen  Geographen'  von  Glaser  in  Breslau,  welchcr 
bekanntlich  nicht  zur  Ausfiihrung  gekommen  ist.    ('.  W.| 


Uigitized 


by  Google 


XXV. 

Kritische  Miscellen  zu  lateinischen  Autoren. 


1)  Zu  Plautus  Miles  gloriosus.*) 

An  Professor  Fleckeiben. 
Deine  Frage,  I.  Fr.,  was  ich  iiber  M.  Haupt' s  iui  jiing-  ui 
sten  Heft  des  '  116^168'  f  III  p.  147  f  ]  mitgetheilte  Emendation 
der  Plautinischen  Verse  Miles  glor.  23  f.  urtheile,  kann  ich 
Dir,  80  wic  sie  gestellt  ist,  darum  nicht  beantworten,  weil 
mir  meine  hiesige  Sortimentsbuchhandlung  jenes  Heft  noch 
gar  nicht  geliefert  hat.  Was  ich  aber  kann,  das  ist,  Dir 
raeine  eigene  Emendation  jener  Verse  mittheilen,  wie  ich 
sie  seit  Jahren  nicht  nur  fiir  mich  selbst  aufgezeichnet,  son- 
dern  auch  wiederholt  in  Vorlesungen  iiber  den  Miles  glorio- 
sus  vorgetragen  habe.  Nur  dass  ich  sie  im  Folgenden  ein 
wenig  niiher  im  einzelnen  ausfuhre. 

Wir  sind  bei  diesen  Versen  in  der  gunstigen  Lage,  zwei 
gleich  respectable  Ueberlieferungen  vor  uns  zu  haben:  das 
• —  wenn  auch  nicht  vollstiindige  —  Zeugniss  des  Palimpscsta 
nebeu  den  Palatini  einerseits,  anderseits  das  Citat  des  Varro 
de  1.  lat.  VII,  86.  Im  Vetus  lauten  die  Verse  von  erster 
Hand  also: 

Me  sibi  habeto  ego  me  mancupio  dabo 
Nisi  unum  epytir  aut  apud  illa  esturiensa  nebeue. 
Das  dem  Vetus  zieinlich  parallel  stehende  Original,  aus  dem 
sowohl  Decurtatus  als  Vaticanus  abgeschrieben  sind,  hatte 
vermuthlich  iin  ersten  Verse  —  ungewiss  wo  —  ein  et  iiber- 
geschrieben:  daher  also  im  Decurtatus  habcto  et  ego  me,  im 
Vaticanus  bloss  habeto  et  ego:  erst  von  zweiten  Handen  ward 

*)  [Fleckeisens  Jahrb.  f.  Philol.  Bd.  XCVII  (1868)  p.  341-343.J 


Digitized  by  Google 


7<J0 


KKITISCHK  MISCKLLKN 


sowohl  im  Vetus  als  im  Vaticanus  et  cgo  mc  corrigiert.  Im 
zweiten  Verse  stimmen  alle  drei  Handschriften,  abgesehen 
von  etwas  verschiedener  Sylbenverbindung,  bis  auf  unwesent- 
liche  Kleinigkeiten  {aput  statt  aptid,  csturicns  ame  bcne)  mit 
einander  uberein.  Der  Palimpsest  gibt  im  ersten  Verse  eben- 
falls  nur  habcto  cgo  mc  mcmcupio  dabo\  im  zweiten  war  ini 
Anfange  Nisi  unum  zu  lesen;  etwa  zehn  folgende  Buchstaben 
blieben  mir  unlesbar,  nach  denen  ich  pud  insanum  btnc  zu 
crkennen  glaubte,  vielleicht  aber  in  Betreff  des  pud  micli 
irrte  und  vielmehr  tur  lesen  musste,  da  durch  cpityrum  es  j  tur 
ein  Zwischenraum  von  gerade  zehn  Buchstabeu  genau  gefullt 
wird.  Denn  wenn  das  cstur  bei  richtiger  Sylbenabtheilung  schon 
iu  BCD  deutlich  vorliegt,  so  wird  es  zugleich  mit  dem  epi- 
tyrum  unverkennbar  von  Varro  bezeugi  Varro's  VVorte  lau- 
tcn  (wie  man  mit  Genauigkeit  zwar  nicht  aus  Miiller  s,  wohl 
aber  aus  SpengeFs  Angaben  ersieht)  in  der  Florentiner  Hand- 
schrift  also:  apud  plautum  si  unum  epytira  cstuer  insanc 
benc.  cpytirum  uocabulum  cst  cibi  quo  frcqucntius  sicilia  quam 
italia  usa.  id  [id  cdi  Miiller]  uehcmenter  cum  uellet  diccrc, 
dicit  fvielinehr  wohl  dixit]  insane,  quod  inmni  faciunt  omnia 
uchementer.  So  befremdlich  es  auch  erscheinen  mag,  dass 
gleichmiissig  in  der  Varronischen  wie  in  der  Plautinischen 
Ueberlieferung  des  Plautinisdien  Verses  auf  die  Sylben  cpy- 
tir  ein  a  folgt,  so  liisst  doch  Varros  nachfolgende  Erklarung, 
welche  ausdriicklich  die  Form  cpityrnm  an  die  Spitze  stellt, 
842  keinen  Zweifel,  dass  nur  ein  Spiel  des  Zufalls  jene  Ueber- 
einstiiumung  des  Verderbnisses  hervorgebracht,  das  sich  ohne- 
hin  in  dem  aut  bei  Plautus  nocli  weiter  fortgesetzt  hat. 
Ebenso  gewiss  aber,  wie  cpytira  und  cpytiraut  nur  Corrup- 
telen  von  cpityrum  sind,  ist  auch  im  Anfang  des  Verses  das 
plautumsi  des  Varro  nur  durch  Ueberspringung  des  ni  nach 
m  entstanden. 

Was  aber  bei  der  Vergleichung  der  beiderseitigen  Ueber- 
lieferung  vor  allem  in  s  Auge  springt,  das  ist,  dass  bei  Varro, 
und  dieses  zwar  in  vollster  Uebereinstimmung  mit  dem  Pa- 
limpsost,  vor  cstur  keine  Spur  erscheint  von  dem  apud  ilfa  der 
andern  Plautushandschriften:  worin  iibrigens  die  italiiinischen 
Kritikcr  ein  apud  Ulum  mit  demselben  Rechte  erkanuten, 


Digitized  by  Googl 


7A    LATEINISCHEN  attoren.  791 

• 

mit  dem  wir  ein  cpityrum  in  dem  Varronischen  epytira.  Jene 
Worte  sind  also  Glossem.    Niihme  man  sie  aber  auch  nicht 
dafur,  so  wiirde  doch  eine  sich  alsdann  etwa  so  darbietende 
Versgestaltung:  ni  unum  fpityrum  apud  illum  cstur  insanc  benc, 
darum  durchaus  uiistatthaft  sein,  weil  in  dem  hiesigen  Sinne 
ein  ni  statt  nisi  nicht  nur  unplautiniseh,  sondern  selbst  un- 
lateinisch  wiire.  Da  nun  im  Palimpsest  ebenso  deutlich  insanum 
benc,  wie  in  den  iibrigen  Plautushandschriften  uud  bei  Varro 
insanc  bcne  geschrieben  steht,  so  verliel  ich,  um  nichts  von 
der  Ueberlieferung  verloren  gehen  zu  lassen,  ehedem  auf  den 
Gedanken  beides  zu  verbinden,  das  nisi  zum  vorangehenden 
Verse  zu  ziehen  und  diesen,  der  ein  paar  Sylben  zu  wenig 
hat,  dadurch  vollziihlig  zu  machen,   den  uusrigen  aber  zu 
schreiben:  nisi  \  unnm  cpityrum  cstur  insanum  insanc  bcnc. 
Die  Conjunction  nisi,  zumal  in  der  hiesigen  freiern  Anwen- 
dung  von  fwenn  nur  nicht',  fnur  freilich',  durfte  als  Vers- 
schluss  gerechtfertigt  erscheinen  durch  Captivi  724:  ibi  quom 
dlii  octonos  iupidcs  ccfodiunt,  nisi  |  cottidiano  scsiiuiopus  con- 
fcccris,  |  Scscrntoptago  nomcn  indctur  tibi,  und  durch  Curculio  51: 
tam  a  mc  pudicast,  fpidsi  soror  mca  sit,  nisi  \  $ist  dsctdando 
quipiam  injnulicior.    Aber  die   Verbindung  insanum  insanc, 
obwohl  unter  andern  Uinstanden  als  besondere  Pointe  dem 
Plautus  wohl  zuzutrauen,  blieb  ein  grosses  Wagestiick  bei  noch 
hinzutretendem  bcne:  ein  Wagestiick,  das  jedenfalls  durch 
das  insanum  valdc  der  Nervolaria  (bei  Nonius  p.  127,  26) 
nicht  ausreichend  geschutzt  war.    Ueberhaupt  wirkte  wohl 
dabei  eine  allzu  hohe  Werthschiitzung  des  Ambrosianischen 
Palimpsests  mit,  wiihrend  sich  doch  bei  eingehender  und  un- 
befangener  IJetrachtung  mehr  und  mehr  die  Ueberzeugung 
Bahn  brechen  muss,  dass  zwar  in  allem,  was  sich  auf  den  nattir- 
lichen    Vorzug    ciner    sechshundertjahrigen  Altersprioritat 
zurackfiihren  liisst,  der  Palimpsest  unbedingt  iiber  den  Pala- 
tinischen  Handschriften  steht,  an  sich  dagegendie  den  letzteru 
zu  Grunde  liegende  Textesgestalt  nicht  etwa  nur  den  gleichen 
Kang  mit  der  des  Palimpsests  behauptet,  sondern  vielfaltig 
eine  entschieden  echtere,  weil  von  recensierender,  namentlich 
abgliittender  und  das  Alterthiimliche  verwischender  Thatig- 
keit  freier  gebliebene  Ueberlieferung  darbietet. 


Digitized 


702  KKITISCHE  MISCELLEN 

Glosseme  konnen  ja  nun  allerdings  als  ganz  freie  er- 
kliirende  Zuthaten  einem  Texte  beigefiigt  werden;  aber  die 
Regel  ist  es  doch,  dass  sie  statt  eines  andern  stehen.  Und 
in  der  That  erwarten  wir  ja  auch  nicht  sowohl  den  allgc- 
meinQn  Gedanken,  dass  ein,  sondern  den  bestinimten,  dass 
sein  (des  Pyrgopolinices)  epityrum  gar  zu  gut  schmeckc 
Wofiir  kann  nun  das  apud  illum  gesetzt  sein?  FQr  hk 
sehwerlich,  weil  dies  vielmehr  mit  apud  hunc  erkliirt  sein 
wiirdc.  Sehr  einleuchtend  dagegen  fur  illic  oder  in  alter 
Form  iUi.  Nichts  lasst  wenigstens  an  Glatte  und  Angeniessen- 
heit  diese,  wie  ich  glaube,  ursprungliche  Form  des  Plautini- 
schen  Verses  vermissen: 

nisi  linum  epityrum  illi  estur  insane  bene. 

Ob  sich  etwa  ein  Rest  dieses  Uli  in  dcm  ut  der  Plautns- 
handschriften  verstecke,  bleibe  dahingestellt;  nothig  ist  eine 
solche  Aimahme,  um  die  Entstehung  des  ui  zu  erklaren,  uiit 
nichten,  da  gerade  ira  Miles  gloriosus  die  Handschriften 
Hunderte  der  crassesten  Corruptelen  darbieten,  die  vom 
Standpunkte  des  sonst  Ueblichen  noch  viel  unverstSndlicher 
sind.  —  Auffallend  bleibt  freilich,  dass  schon  in  Varros  Citat 
jenes  iUi  nicht  mehr  erscheint;  indess  fehlt  es  nicht  an  Bei- 
spielen,  welche  zeigen,  in  wie  hohe  Zeit  manche  Textver- 
derbnisse,  namentlich  Auslassungen,  zuriickgehen:  wofflr  ich 
mir  eine  lehrreiche  Zusammenstellung  fiir  eine  andere  Ge- 
legenheit  vorbehalte. 

Die  Ausfiillung  des  vorangehendeu  Verses  wird  jetet 
nicht  gar  schwierig  sein.  NatQrlich  werden  unsere  jiingstcn 
Plautiner  eine  Ausfullung  gar  nicht  nothig  tinden;  denn  sind 
sie  auch  noch  nicht  ganz  zu  der  Freihcit  des  Standpunktes 
gelangt,  dass  der  Senar  raanchmal  auch  nur  fiinf  Fiisse  ni 
haben  brauche,  so  werden  sie  sich  doch  ausserst  berechtigt 
lialten  zur  freien  Wahl  zwischen  folgenden  gleich  anmiiths- 
vollen  Messungen:  me  sibi  habcto:  rgo  mc  mdncupio  dabo,  odcr 
mc  sibi  hahHo:  cyo  m.m.d,  oder  me  sibt  haWto:  cyotn.m.d. 
Fiir  die  Verblendeten  indess,  die  sich  zu  dieser  Hbhe  der 
Erkenntniss  noch  nicht  aufgeschwungen  haben,  sei  ziuiiicbst 
erinnert,  dass  vermoge  der  begrifTlichen  Vollstandigkeit,  dic 


Digitized  by 


ZU  LATKIXISCIIEN  AUTOKEN. 


703 


der  Plautinischen  Umgangssprache  eigen  ist,  bei  cgo  mc  man- 
cupio  dabo  ein  Dativ  ci  vermisst  wird.  Weiter  fuhrt  sodann 
die  Vergleichung  einer  sehr  verwandten  Stelle  desselben 
Stiicks  V.  565  ff.:  cgo  nunc  si  post  hunc  diem  \  muttivero,  ctiam 
(juod  cgomct  ccrto  sciam,  \  dato  cxcruciandum  mc:  cgomct  mc 
dcdam  tibi.  Wie  hier  das  nur  im  Palimpsest  erhaltene  ego- 
mct  mc  in  den  Palatini  zu  cgo  mc  geworden  ist,  so  werden  wir 
in  dem  uns  hier  beschiiftigenden  Verse  ein  ganz  analoges 
Ueberspringen  des  Auges  von  Aehnlichem  zu  Aehnlichem 
annehmen  und  als  das  Plautinische  selir  getrost  cgomc\t  ci  mc\ 
maneupio  dabo  vermuthen  dtirfen.  Und  eine  Spur  davon  wird 
sich  wohl  noch  in  dem  in  B  und  D  tibergeschriebenen  ct 
erhalten  haben.    Also  das  Ganze: 

me  sibi  habeto,  egomet  ei  me  mancupi(5  dabo: 
nisi  unum  epityrum  illi  estur  insane  bene. 

Damit  hast  Du,  1.  Fr.,  meine  jetzige  Meinung  uber  jene 
Verse.  Sieh  nun  selbst  zu,  wie  weit  Haupt  und  ich  iiber- 
einstimmen  oder  von  einander  abweichen,  und  lass  micli  ge- 
legentlich  Dein  Urthcil  horen. 


2)  Zu  Plautus  Trinummus.*) 

Dubitari  potest,  Plauto  [in  Trinummi  v.  401,  ubi  litteras  in 
Ambrosiano  scriptas  satillum  G.  Loewe  in  Act.  soc.  philol. 
Lips.  tom.  II  p.  462  sq.  in  batillum  correxit.  C.  W.]  utrum 
batillum  an  vatUlum  forma  tribuenda  esse  videatur.  Illam 
testantur  glossae  Maianae  VII  p.  552  et  glossarium  Salomo- 
nis,  legitque  apud  Horatium  Servius  in  Aen.  XI,  788  (praeter 
unum  cod.  Regin.);  contra  ipsius  Horatii  codices  longe  et 
plurimi  et  optimi  Holdero  teste  uatillum  scripturam  servant 
una  cum  interprete  Cruquiano,  quibus  accedit  Angeli  Mai 
rNovus  thesaurus'  ille.  In  tant^i  igitur  testimoniorum  dis- 
crepantia  cum  difficilis  optio  sit,  tamen  batillum  formae  haud 
scio  an  aliquid  commendationis  a  graecis  pdnov,  pcrria,  ^a- 
TiaKf),  fkmdKiov  vocabulis  paratum  sit:  quibus  etsi  non  tra- 


*)  [Acta  80c.  philol.  Lips.  tom.  II  praef.  p.  XI.] 


Digitized  by  Google 


794 


KRITISCHE  MISCELLEN 


ditur  ipsum  turibulum  vel  omnino  foculus  significari,  tamen 
cum  latino  noinine  communis  est  vasorum  notio,  quod  genus 
omne  nemo  nescit  quain  vario  lateque  exspatiaute  usu  regatur. 
Apud  Hesyehiuin  babes  ^aiit),  qpictXr).  01  oe  efboc  TTOTrjpiou: 
apud  Athenaeura  autem  XI  p.  784  B  inter  alia  TTOTrjpia  enu- 
merantur  fJUTd  kcu  pdria  kcu  XuKioupycic,  socianturque  eis 
8uuictTr|pia  Kai  TpufSXia.  Vt  autem  plenius,  quam  late  haec 
affinitas  pateat,  intellegatur,  rursus  cum  graecis  illis  com- 
ponenda  sunt  latina  batioca  et  batiola:  quorum  utrunique 
identidem  in  glossis  redit,  illud  praeterea  in.  Stichi  v.  694 
(ubi  vide  adnotata)  libri  prodiderunt,  hoc  Colacis  ven>u 
Nonius  p.  545,  20  tirmat,  cui  versui  leviculum  mendum  sic 
est  abstergendum :  Bdtiolam  auream  odo  i>ondo  habcbam: 
acci\>ere  noluit. 


3)   Zu  Eunius.*) 

6i3  Der  Zusatz  amorc  [den  Bucheler  in  dem  5ten  Verse  de» 
von  Gellius  XIX,  11,  4  angeftihrten  Gedichtes  nach  acgra 
a.  a.  0.  p.  612  vorschlug  C.  W.]  wurde  schou  empfohleu 
in  den  der  Comm.  de  Agathone  (Halis  1829)  angehiingten 
Thesen  [s.  Opusc.  I  p.  436 1,  und  zwar  auf  die  Autoritat  des 
Macrobius,  der  Saturn.  II,  2  das  ganze  Gedicht  aus  < iollius 
ausgeschrieben  hat.  Jetzt  wissen  wir  freilich,  dass  auch  bei 
Macrobius  die  Haudschriften  das  Wort  nicht  haben,  sondern 

«13  dass  es  nur  Ergiinzung  des  Camerarius  ist;  sie  bleibt  aber 
darum  nicht  minder  beifallswerth. 

Dieselben  Thescn  [s.  Opusc.  T  p.  435  f.J  siud  auch  Vah- 
len  entgangen  bci  der  Behandlung  des  Ennianischen  Sa- 
tirenbruchstiicks  p.  158.  Was  dort  insertis  matis  bedeuten 
konne,  verstehe  ich  auch  nach  ForcellinTs  Verdeutlichungs- 
versuche  (u.  d.  W.  calccatus)  noch  nicht,  und  meine  fiir  das 
a.  a.  0.  vorgeschlagene  intcntis  malis  s.  Z.  Herinaun  8 
Billigung  erhalten  zu  haben.  Von  dcr  Vulgate  infcrtis  aus 
gehend  konnte  man  auch  au  infcstis  denken.  —  Auch  dcr 
dritte  Vers  mit  seinem  spondeischen  Worte  im  zweiten  Fus* 

♦)  [Rhein.  Mueeum  f.  Thilol.  Bd.  XI  (1857)  p.  612-614.] 


Digitized  by  Google 


Zl    LATEINISCIIEN  AUTOREN. 


795 


kann  nicht  richtig  sein:  Alacer,  celsus,  lupino  cxsjtectans  tm- 
peht.  Vahlens  Aldccr  ac  celsu  litpino  macht  den  Rhythmus 
kaum  besser.  Nichts  einzuwenden  ware  an  sich  gegen  Celstts 
alacer;  doch  weiss  ich  nicht,  ob  das  Verderbniss  nicht  tiefer 
geht.  Celstts  lasst  sich  ja  wohl  dem  Begriffe  nach  allenfalls 
vertheidigen ;  wenn  indess  darin  etwa  ein  Objectsaccusativ 
zu  exspcctans  gesucht  werden  diirfte,  wiirde  die  ganze  Rede 
an  Concinnitiit  bedeutend  gewinnen.  Nur  als  Beispiel  (denn 
das  Rechte  habe  ich  noch  nicht)  diene  die  dreifache  Gliede- 
rung,  die  sich  so  ergiibe:  tactus  .  .  .  Intentis  malis,  expcdito 
hrdcchio  Alacer,  lupino  pultem  exspectans  tmpctu.  Denn  so  gut 
wie  impctu  cxsjycctans  in  den  Hdss.  des  Donatus  verkehrt  ge- 
stellt  ist,  konnte  sich  die  Versetzung  auch  nocli  weiter  cr- 
strecken.  —  Umstellungen  hat  ebenso  schon  in  den  Hdss. 
auch  der  sechste  Vers  erfahren,  wenn  im  Lugd.  llle  tristis 
dum  ciuium  seruat  steht  statt  des  sonst  ilberlieferten  llle 
tristis  cihttm  dum  scntat,  tn  ridcns  uoras.  Dass  der  Dichter 
aber  einen  so  harten  Versanfang  gebildet  habe,  mit  der  un- 
schonen  Theilung  des  Anapasten  ^  I  ist  sehr  unwahr- 
scheinlich.  Auf  sechserlei  Weise  liesse  sich  der  Vers  gut 
machen,  wenn  entweder  iUe  ot\exdtim  getilgt  wiirde;  indessen 
kann  keines  von  beidem  besonders  riithlich  erscheinen,  wenn 
man  die  Terenzischen  Worte  vergleicht  Dtwi  tihi  fit  quod 
piaccat,  illc  rinyitur,  tn  rideas  und  auf  die  Angabe  des  Do- 
natus  de  sexto  Satirarum  Ennii  translata  sunt  omnia  nicht  zu 
wenig  Gewicht  legt.  Daher  sich  denn  wohl,  alles  erwogen, 
am  meisten  empfehlen  mochte  entweder  TrisU'  cihum  dum 
ille  seruat,  oder  vielleicht  noch  etvvas  mehr  Tristis  dum  ille  eu 
cthum  seruat,  tu  ridcns  uoras.  —  Moge  Freund  Vahlen 
den  angedeuteten  Moglichkeiten  gelegentlich  seine  curas  se- 
cundas  zuwenden. 


4)  Zu  Tacuvius  und  Terentius.*) 

Zu  dem  Verse  des  Prologs  der  Adelphi  (16):  u« 
fNam  quod  isti  dicunt  malevoli,  homincs  nobilis 
Eum  adiutare  assidueque  una  scribere: 

♦)  [Rhein.  Mubeum  f.  Philol.  N.  F.  Bd.  I  (1841)  p.  146-148.J 


706 


KKITIKCHE  MIKCKLLEN 


macht  Donatus  die  Anmerkung:  eum  adiuuare  [so  die  jungen 
Handschriften,  cod.  Parisiuus  B,  Leidensis  und  Dresdensis, 
in  der  besten  und  altesten  Handschrift  cod.  Parisinus  A 
steht:  heu  adiutarc].  legitur  fvielmehr  in  allen  Handschriften 
147  legc]  et  adiutarc  [so  die  jungen  Handschriften ;  in  A  steht: 
adiuuarc].  Pacuvius  in  Chrysc:  ^adiuta  mihi9  [so  im  Leidensis 

und  Dresdensis,  im  Parisinus  A:  adiuta  m,  in  B:  adiuta  »"]. 
Er  kennt  also  das  adiutarc,  was  alle  uns  bekannten  Biichcr 
im  Texte  haben,  nur  als  verschiedene  Lesart.  Sollen  wir 
aber  wirklich  glauben,  dass  er  den  Gebrauch  des  vollig  ge- 
laufigen,  bei  Terenz  gerade  eben  so  oft  wie  adiuvare  vorkom- 
menden  Verbums  adiutarc  rait  einem  Beispiel  des  Pacuvius 
belegen  zu  raussen  glaubte?  Und  mit  was  fiir  einem  Bei- 
spiel?  Mit  cinem,  das  zugleich  die  seltenste  Construction  des 
Verbums,  die  aber  mit  der  Terenzischen  Stelle  gar  nichts 
gemein  hiitte,  belegen  wUrde.  Siihe  man  sich  nicht  weiter 
um,  so  miisstc  raan  unstreitig  auf  don  Schluss  kommen,  Do- 
natus  habe  geschricben:  lcgitur  ct  ci  adiutarc,  oder  auch 
ohne  ct:  lcgitur  ci  adiutare',  wovon  denn  die  consequente 
Folge  ware,  dass  zugleich  rait  dem  bessern  adiutarc  ftir  ad- 
iuuarc  auch  das  gewiihltere  Ei  statt  Eum  dem  Terentius 
selbst  zurtickgegeben  wurde.  Allein  auf  einen  andern  Stand- 
punkt  setzt  uns  die  Vergleichuug  des  Nonius  p.  74,  1  aiutamini 
pro  aiutatc.  Pacttvius  Chrysc:  ' aiutamini  ct  dcfcuditc\  Dass 
entweder  Nonius,  wie  hiiufig,  einen  Sehreibfehler  seines  Co- 
dex  aufnahm,  oder  die  Abschreiber  irrten,  jedenfalls  aber  an 
eine  wirkliche  Form  aintarc  statt  adiulare  nicht  zu  denken 
sei,  ist  liingst  bemerkt,  Da  nun  abcr  der  Imperativ  durcli 
dcfcnditc  sicher  gestellt  ist,  so  diirfcn  wir  nicht  anstehen. 
auch  das  adiuta  mihi  des  Donatus  anf  adiutamini  zuruckzu- 
fiihren.  Den  Gebrauch  der  Deponensform  beweist  Nonius 
p.  477,  2fi  mit  Stellen  desselben  Pacuvius  (Dulorcste),  des 
Afranius  und  Lucilius.  Aber  was  uns  auf  diesem  Wege  ganz 
schwindet ,  das  ist  die  Construction  des  Verbums  mit  dem 
Dativus,  wofiir  die  Lexika  ausser  Douats  Zeugniss  noch  eine 
Miinzaufschrift  und  eine  Stelle  des  Petronius  beibringen.  Kein 
Zeichen  von  Kritik  ist  es  dabei,  dass  das  Fragraent  ans  dem 
Chryses  des  Pacuvius  sowohl  fiir  die  Deponensform  als  auch 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEINISCHEN  AITOKEN. 


797 


fur  die  Dativconstruction  herhalten  niuss,  als  wenn  es  nur  ent- 
fernte  Wahrscheinlichkeit  hiitte,  dass  Nonius  und  Donatus  ver- 
scbiedene  Stellen  anfiihrten.  —  Was  schrieb  nun  also  D6natus? 
Ich  glaube  allerdings:  legitur  et  adiutari,  auf  welchem  Zufall 
oder  Versehen  auch  immer  die  Entstehung  dieser  Lesart  be- 
ruhen  mag.  Denn  zwischen  der  Erwiihnung  der  Variante  ad- 
iutare  und  deni  Citat  aus  Pacuvius  eine  Liicke  anzunehmen, 
durch  welche  eben  das  Citat  (adiutamini)  motivirt  wiirde,  ist 
deswegen  unstatthaft,  weil  es  durchaus  nicht  in  der  Art  dieses 
Commentators  liegt,  gelehrte  Beinerkungen  anzubringen,  zu 
denen  nicht  im  Texte  selbst  der  Anlass  gegeben  ist.  Dem 
Dichter  selbst  aber  adiutari  zuzuerkennen,  wiire  ein  Wage- 
stiick,  welches  sich  keine  Hottuung  auf  Beistimmung  maclien 
diirfte,  da  das  Deponens  nicht  nur  bei  Terenz  ganz  vereinzelt 
stiinde,  sondern  schon  bei  Plautus  in  keiner  Spur  raehr  ubrig 
ist.  —  Wie  iibrigens  die  Construction  des  adiutare  mit  dem 
Dativ,  so  wird  vor  scharferer  Kritik  gar  manche  ahnliche  An- 
nahme,  die  in  Lexika  und  Grammatiken  iibergegangen,  sich 
in  nichts  auflosen,  z.  B.  die  umgekehrte  Verbindung  des 
Verbums  nocerc  mit  dem  Accusativ,  deren  auf  Plautus  ge- 
stfitzte  Behauptung  vbllig  uubegriindet  ist. 


5)  Zu  Terentius.*) 

Insiticiorum  in  Terentianis  fabulis  versiculorum  plura  ex- 
stant  quam  plerique  suspicantur  exempla.  In  prologos  Heau- 
tontimorumeni  et  Phormionis  illos  irrepsisse,  qui  tanta  inter- 
pretibus  negotia  facessivere: 

Duplex  quae  ex  argumento  facta  est  simplici 
et        Quem  diceret,  nisi  haberet,  cui  malediceret 
fiuilelmus  Ihnius  vidit  iu  Quaestionibus  Terent.  Bonnae  edi- 
tis  a.  1843.    Ipso  initio  Adelphon  defendi  posse  nego  quae 
vulgantur: 

Profecto  hoc  vere  dicunt:  si  absis  uspiam 
Aut  ubi  si  cesses,  evenire  ea  satius  est, 

*)  [Rhein.  Mus.  f.  Philol.  N.  F.  Bd.  VI  (1848)  p.  446  ala  Anmer- 
kung  zu  K.  F.  Hennann's  Behandlung  von  Terenz  Andr.  I,  1,  25  ff.,  in 
welchen  Versen  dieser  ein  Glossem  naehwies.   C.  W.J 


798  KRITISCHK  MISCELLEX 

Quae  in  te  uxor  dicit  et  quae  in  animo  cogitat 

Irata,  quam  illa  quae  parentes  propitii. 

Vxor,  si  cesses,  aut  te  amare  cogitat  e.  q.  s. 

Eiectis  glosseniatis  poetae  haec  tantum  tribues: 

Profecto  hoc  vere  dicunt:  si  absis  uspiam, 
Quae  in  te  uxor  dicit,  evenire  ea  satius  est, 
Irata,  quam  illa  quae  parentes  propitii. 
Vxor  e.  q.  s. 


6)  Zu  Lucilius. 

[Dr.  .1.  Becker  aus  Mainz  hatte  in  einem  Aufsatz  fBei- 
triige  zur  Kritik  des  Fulgentius'  im  Rheinischen  Museum  f. 
Philol.  N.  P.  Bd.  V  (1847)  p.  33  ff.  uber  die  beiden  Stellen 
des  Lucilius  bei  Fulgentius  gehandelt  und  bei  dieser  (ie- 
legenheit  Spuren  tdramatisch-dialogischer,  Fassuug  iu  eini- 
gen  andern  Fragmenten  des  Lucilius  nachgewiesen,  z.  B.  aueh 
in  dem  BruchstQck  bei  Nonius  v.  recipere :  Primum  vjc  flrf- 
vorso,  si  qnod  cst  coendculum,  Quod  recipiat  tc  und  dazu  (p.  4 1 ) 
die  Anmerkung  gemacht:  'Diese  Stelle  ist  mit  einem  Bruch- 
stiicke  bei  Nonius  s.  v.  cs:  conici  tc  intro  ac  bono  animo  <>" 
folgendermassen  zu  verbinden: 

Primum  ex  advorso  si  quod  est  coenaculum 

Quod  recipiat  te,  conici  te  intro  ac  bono  animo  es/ 

Er  fuhr  dann  p.  41  folgendermassen  fort:  ^s  lassen  sich  tla- 
nach  auch  wohl  die  von  Fulgentius  bewahrteu  Worte  des  Luci- 
lius  nach  dem  dem  29ten  Buclie  eigenthiimlichen  iambischen 
Masse  folgendermassen  ordnen: 

nec 

Quorsiim,  scio,  mihi  eveniant  tua  verba  tam 
Delenifica  —  — 

wobei  wir  gestehen  mussen,  dass  uns  diese  Worte  ebeuso 
gut  dem  Lucilius  angehoren  zu  konnen  scheinen,  als  Hr.  Ritschl 
a.  a.  0.  (Parerga  Plaut.)  p.  102  f.  die  vou  Fulgentius  ang»1- 
fiihrten  Worte  aus  der  Vidularia  als  *  sprachlich  und  uie- 
trisch  sehr  gut  und  unverdachtig»  hinstellt.'    Zum  Schluss 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEINISOHEN  AITOREN.  799 

(p.  42  f.)  hatte  er  auch  das  grosse  Bruchstiick  des  Lucilius 
bei  Probus  behandelt  und  in  Verbindung  mit  dem  Fragment 
bei  Nonius  v.  deferre  so  constituirt: 

A.    Qua  prdpter  certumst  facere  contra  ac  persequi 
Et  nomen  deferre  hominis.    B.  Hoc  cum  feceris, 
Cum  ceteris  reus  u"na  tradetrfr  Lupo. 

A.    Non  aderit.  —  B.  'ApxaTc  hdminem  et  croixcfoic  simul 
Privabit.    A.  Cum  igni  et  aqua  interdixent,  duo 
Habet  CTOtxei?:  adfuerit  anima  et  corpore 
(rfi  cdrpus,  animast  TrveOua).    B.  Posteridribus 
iTOixeiotc  si  id  maluerit,  privabit  tamen.' 

Hierzu  machte  Ritschl  p.  43  f.  die  untenstehende  Redac- 
tionsnote.    C.  W.] 

Gegen  die  p.  41  ausgesprochene  Behauptung,  dass  die « 
dort  rnach  iambischem  Masse*  constituirten  Worte  ebenso 
gut  dem  Lucilius  angehoren  konnten,  wie  die  von  Fulgentius 
aus  der  Vidularia  angefiihrten  als  'sprachlich  und  metrisch 
sehr  gut  und  unverdachtig,  seien  bezeichnet  worden,  erlaube 
uns  Herr  B.  einen  Einspruch.  Wie  die  Worte  dort  ge- 
schrieben  worden,  sind  sie  unseres  Erachtens  nicht  einmal 
sprachlich  zu  ertragen,  Verse  aber  kaum  darin  zu  erkennen. 
Entweder  bilden  sie  (wcnn  iiberhaupt  einen  Vers)  einen  ana- 
piistischen  Tetrameter: 

Neswd  quorsum  tua  mi  eveniant  tam  delenifica  haec  verba, 

oder  sie  sind  nach  iambischem  Mass  so  abzutheilen: 

.  .  .  nescio,  qudrsum  mi  eveniant  tua 
Tam  delenifica  verba  

Auch  der  viertletzte  Vers  des  grossen  Bruchstiickes  aus 
Probus  ist  nicht  richtig,  und  wird  es  selbst  dann  kaum,  wenn 
statt  ct  vielmehr  die  erste  Sylbe  von  interdixerit  mit  dem 
Ictus  bezeichnet  wird,  was  vielleicht  Herr  B.  eigentlich  ge- 
wollt  hat.  Die  von  Diibner  und  Schneidewin  aus  dem  Pa- 
riser  Probus  aufgenommene  Wortfolge  igni  mm  et  aqua  inter- 
dixerit  kann  man  unmoglich  als  lateinisch  gelten  lassen; 
ertriiglicher,  obwohl  durch  Einfachheit  aueh  nicht  empfohlen, 
wiire  wenigstens  igni  eum  vi  et  aqua  interdixerit.  Aber  dass 
aqua  so  ausserhalb  des  Ictus  gestanden,  ist  iiberhaupt  nicht 


Digitized  by  Google 


800 


KRITISCHE  MISCELLEX 


wahrscheinlich;  kann  es  nicht  selbst  den  Accent  haben,  so 
muss  es  (was  ein  sehr  gewohnlicher  Ersatz)  wenigstens  & 
aqua  heissen.  Insoferu  wiire  igni  ei  et  aqua  CUtn  intcrdixerti 
Duo  habt:t  .  .  .  ohne  Tadel;  abgesehen  jedoch  von  der  etwas 
freien  Umstellung  gibt  auch  dies  noch  nicht  die  Wort- 
stellung,  die  mau  als  die  natiirlichste  erwartet,  wonach  eiti 
tonloses  ci  ohne  welches  sich  zu  einer  gefalligen  Gestaltuni; 
des  Verses  schwerlich  gelangen  lasst)  entweder  zu  Aufang 
gleich  nach  cum,  oder  am  Ende  unmittelbar  vor  dem  Ver- 
bum  stehen-  muss. 

Mit  Beibehaltung  der  Folge  cum  igni,  wie  sie  die  E<i. 
princ.  gibt,  wird  sich  der  Vers  durch  Aufnahme  der  alten 
Conjunctivforni  interdixit  herstellen  lassen: 

Privabit  —  Cum  ei  igni  et  aqua  interdixit,  duo 
Habet  croixeict. 

Auch  so,  wie  p.  41  Anm.  angenommen  wird,  hat  Luci 
lius  gewiss  keinen  Senar  gebildet:  .  .  .  cdnicc  te  mfro  nr 
44  bdno  animo  cs  (denn  dies  beabsichtigte  wohl  Herr  B.  statt 
cdnici  tc  intro  ac  bono  dnimo  es).  Miissten  die  beiden  Brut-V 
stiicke  zusaminengehoren,  so  wiirde  wohl  [?J  der  Vers  so 
lautet  haben: 

Quod  recipiat  te,  conice  te  intro,  animd  bono  es. 
Sonst  fiigeu  sicli  die  letzteren  Worte,  fast  ohne  alle  Al^ 
weichung  von  der  Anfiihrung  des  Nonius,  sehr  gut  4em  Au 
fang  eines  Senars: 

Comcito  te  intro  ac  bono  animo  es  .  .  .  . 


7)  Zu  Catullus  LXVI,  f>7  ff.*) 

Ipsa  suum  Zephyritis  eo  famulum  legarat, 
Graia  Canopiis  incola  litoribus. 
ci8  Hi  dii  uen  ibi  vario  ne  solum  in  lumine  caeli 

Ex  Ariadneis  aurea  temporibus 

Fixa  corona  foret,  sed  nos  quoque  fulgereuius 
Devotae  flavi  verticis  exuviae, 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  N.  F.  III  (1844)  p.  617  f.] 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEINISCIIKN  AUTORKN. 


801 


Vvidulum  a  fluctu  cedentein  ad  teinpla  deum  me 
Sidus  in  antiquis  diva  novum  posuit. 

Weder  niit  Haupts  Arduci  ibi,  noch  rnit  Hermanns  Nujri 
enim  uti  diirfte  das  Riehtige  fur  Hi  (oder  Ni)  dii  urn  ibi 
(in  V.  59)  getroffen  scin.  Mit  Unrecht  scheint  mir  Hermanu 
ebensowohl  das  von  Haupt  sch5n  festgestellte  ibi  zu  vcr- 
werfen,  als  mit  ihm  ein  Epitheton  zu  cacli  zu  verlangen, 
wodurch  die  Verbindung  vario  in  luminc  cacli  naeh  meinem 
GefUhl  nicht  nur  nichts  gewinnen,  sondern  au  geschmack- 
voller  Einfachheit  verlieren  wiirde.  Was  zu  nackt  dasteht, 
ist  nicht  cacli,  sondern  solnm.  Ich  zweifle  nicht  fs.  oben 
p.  601 J,   duss  der  Dichter  schrieb: 

Numen  ibi  vario  ne  solum  in  lumine  caeli  — . 

8)  Zu  Ovidius.*) 

Von  der  durch  1'hoebus  Verfolguug  gedriingten  Daphne  472 
heisst  es  in  den  Metamorphosen  I,  543: 

Viribus  absumptis  expalluit  illa:  citaeque 
Victa  labore  fugae,  spectans  Peneidas  undas, 
Fer  pater,  inquit,  opem,  si  flumina  numen  habetis. 
Qua  nimium  placui,  tellus,  aut  hisce,  vel  istam, 
Quae  facit  ut  laedar,  mutando  perde  figuram. 
Vix  prece  finita  torpor  gravis  alligat  artus  etc. 

Das  Anstossige  der  zwei  vorletzten  Verse  ist  keinem  der 
Interpreten  entgangen ;  auf  probable  Weise  geholfen  hat  keiner, 
wohl  aber  hat  jeder  das  Mangelhafte  in  den  Versuchen 
der  Vorgiinger  empfunden.  Beide  Verse  fur  unilcht  zu  er- 
kliiren,  ist  selbst  handschriftliche  Autoritiit  nicht  gross  genug: 
(sie  fehlen  in  einem  Gronov  schen  Codex,  der  zweite  auch  in 
dem  alten  Palatinus:)  dazu  ist  zum  Theil  der  Ausdruck  zu 
gewiihlt,  hauptstichlich  aber  der  Uebergang  von  V.  545  zu 
548  fur  Ovid  viel  zu  schroff  und  selbst  fiir  den  Gedanken 
die  fuhlbarste  Liicke  lasseud.    Inwiefern,  stellt  sich  durch 


*)  [Kheiu.  Museum  f.  Philol.  N.  F.  Bd.  I  (1842)  p.  472  f.J 

Flt.  RIT8CUKLII  OPVSCVLA  III.  51 


802 


KRITISCHE  MISCELLEN 


Vergleichung  des  niuthmasslich  Ursprunglichen  deutlich 
heraus.  Tauscht  uns  nicht  alles,  so  ist  quae  facit  ut  laedar 
nichts  als  Glossem  fttr  qtta  nimium  placui,  durch  das  letztere 
aber  der  achte  Anfang  von  V.  546  verdrangt  worden.  Auf 
glossematischen  Ursprung  weist  sehr  deutlich  die  Lesart  von 
vier  Biichern  hin:  quac  facit  ut  placeam.  Fttr  aut  ist  das 
handschriftliche  ait  aufzunehnien,  und  das  Ganze  versuchs- 
weise  etwa  so  zu  schreiben: 

flmpatiensque  morae,]  Tellus,  ait,  hisce  vel  istani, 
Qua  nimium  placui,  mutando  perde  liguram. 

Statt  Impatiensque  morae  liesse  sich  auch  Exanimisquc  metu 
oder  Exsanguisque  mctu,  oder  Et  iam  desperansf  Et  iam  spc 
posita ,  S})eque  omni  posita,  Spesquc  ubi  nulla  datur,  und  so 
noch  eine  gute  Weile  fort  vermuthen.  Den  Vater  rief  die 
Geiingstete  um  Rettung  an;  erst  als  diese  ausbleibt,  fleht 
sie  zur  Tellus  um  Tod  oder  eiue  diesem  gleiche  Verwand- 
473  lung:  darin  liegt  der  Fortschritt  und  die  Steigerung  des  Ge- 
dankens.  So  erst  ist  eine  doppelte  Anrufung,  so  zugleich 
auch  in  Ovidischer  Weise  das  Eintreten  der  Verwandlung 
selbst  motivirt. 


9)  Zum  carmen  de  figuris.*) 

138  Bekanntlich  publicirte  Herr  Quicherat  im  J.  1839/40 
im  ersten  Bande  der  'Bibliotheque  de  l  ecole  des  chartes* 
p.  51  fF.  aus  einer  Pariser  Haudschrift  (n.  7530)  des  8/9ten 
Jahrhunderts  einen  in  182  Hexametern  abgefassten,  den 
Uebergangszeiten  aus  der  Republik  in  die  Augusteisclie  Pe 
riode  angehorigen  Tractat  'de  figuris  vel  sehematibus\ 
den  bald  darauf  gleichzeitig  bei  uns  Schneidewin  (Gottingae 
1841)  undSauppe  (Epist.  crit.  ad  God.  Hermannum,  Lipsiae 
1841,^.152^°.)  mittels  eigener  Bearbeitungen  inUmlauf  setzten, 
mit  mancher  feinen  Bemerkung  sodann  Ahrens  (Zeitschrift 

i39fttr  Alterth.-Wiss.  1843,  p.  153  ff.)  in  neues  Licht  stellte. 
Der  Anfang  war  unvollstandig;  eine  Lttcke  von  einem  Verse 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  Bd.  XVIII  (1863)  p.  138—141.] 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEINISCHEK  ACTOREX. 


803 


war  nacli  V.  00  ausdriicklich  bezeichnet;  eine  gleiche  nach 
V.  30  oder  31,  obwolil  hier  keine  bezeichnet  war,  liiitten 
die  Herausgeber  selbst  finden  miissen  (nur  Sauppe  merkt 
es  an),  weil  hier  die  Figur  ctTTOKpicic  =  rcsjxmsio  in  nur  zwei 
Versen  abgehandelt  war,  wiihrend  sonst  mit  ausnahrasloser 
Consequenz  jeder  einzelnen  Figur  deren  drei  gewidmet  sind. 
Alle  drei  Liickcu  gelang  es  spiiter  durch  einen  besonderu 
Gliicksfall  auszufiillen.  In  den  von  der  Pariser  Bibliothek 
neuerdings  erworbenen  Papieren  Sirmond's  (Suppl.  lat. 
n.  1421)  fand  sich  eine  Abschrift  des  ganzen  Gedichts  vor, 
genommen  offenbar  aus  derselben  Handschrift,  ais  diese  noch 
unverstummeit  war,  wahrend  sie  jetzt  durch  das  Messer  des 
Buchbinders  beschiidigt  ist.  So  berichtete  1857  in  derselben 
'Bibl.  de  1'ecole  des  chartes',  18e  annee,  tome  3e,  4e  serie, 
p.  160  Herr  L.  Delisle  und  theilte  die  aus  der  Sirmond- 
schen  Abschrift  gewonnenen  Ergiinzungen  mit,  die  dann  auch 
in  der  Ztschr.  f.  Alt.-Wiss.  1857  p.  504  ohne  weitere  Zu- 
that  wiederholt,  seitdem  aber  meines  Wissens  nicht  mehr 
besprochen  wurden. 

Der  Anfang,  friiher  nur  mit  dieser  Liickenandeutung  ge- 
geben: 

Collibitu  est  no  

 pariter  placare  virorum 

bestand  dauach  e^enfalls,  wie  zu  erwartcn  war,  aus  einer 
Trias  von  Versen,  niimlich  dieser: 

Collibitum  est  nobis  in  lexi  schemata  quae  sunt 
Trino  ad  tc,  Messi,  perseriberc  singula  versu 
Kt  prosa  et  vcrsn  pariter  placare  virorum, 

worauf  dann  unmittelbar  in  weiteren  Terzinen  zur  Behand- 
lung  des  Stoffes  selbst  Ubergegangen  wird.  Aber  verstehen 
ltisst  sich,  wie  jeder  sieht,  in  dem  so  geschriebenen  dritten 
Verse  dieses  Exordium  noch  nicht.  Nicht  nur  gibt  plamrc 
gar  keinen  Sinu,  sondern  auch  virorum  keinen  vemiinftigen. 
In  dem  letztern  kann  wohl  kaura  etwas  anderes  stecken,  als 
priorum,  der  Vorgiinger.  Durch  die  Endbuchstaben  von  jxi- 
riter  wird  rc  absorbirt  sein  und  replicare  gestanden  haben: 
denn  ein  etwaiges  ptanare  fiir  explanare  wiire  doch  ohne  jedeu 

01* 


Digitized  by  Google 


804 


KKITISCHE  MISCELLEN 


Beleg.  Die  prosa  kann  sich  nur  auf  die  priores  beziehen, 
da  ja  der  Mann  selbst  eben  nicht  in  Prosa  schreibt  Aber 
etwa  ct  prosam  et  versum  pariter  rtplicarc  priorum,  in  dem 
Sinne,  dass  er  alles,  was  die  Friiheren  in  Prosa  oder  Vers 
uber  dieselbe  Materie  geschrieben,  zusammenfassen  wolle, 
gabe  doch  schwerlich  einen  geniigenden  Gedanken.  Denn 
wie  viele  werden  es  denn  gewesen  sein,  die  vor  unserm  Au- 
tor  auf  den  Einfall  kamen,  die  Khetorik  in  Versen  abzu- 
handeln?  fVel  duo  vel  nemo'  —  z.  B.  der  Parier  Euenus, 
dessen  Bekanntschaft  man  doch  aber  unserm  Anonymus  ge- 
wiss  nicht  zytrauen  wird.  Seine  Meinung  war  wohl  vielmehr 
diese:  nicht  nur  die  Materie  iiberhaupt  wolle  er  in  Versen 
behandeln,  sondern  namentlich  auch,  was  die  Vorganger  da- 
no  zu  in  Prosa  beigebracht  (d.  h.  offenbar  hauptsachlich  die 
erliiuternden  Beispiele),  ebenfalls  alles  in  Vers  umsetzen. 
Also  wohl: 

Et  prosam  versu  pariter  repltcare  priorum. 

Deutlicher  hiitte  er  freilich  gesagt  fEt  versu  pariter  prosara 
replicare  priorum'. 

V.  30  ff.  lauten  in  Sirmonds  Abschrift  so: 

Fit  responsio  ad  haec,  quae  contra  fingimu'  dici. 
Irascetur  speme  dabit  damnum  reparabis 
Ccdet  me  totere  m  si  minor  rmorere  inquam. 

Klar  ist  zunachst,  dass  man  nicht  mit  Schneidewin  nach 
irascctur  und  dabit  damnum  mit  Fragezeichen  interpungiren 
darf,  als  wiiren  es  die  nur  im  Siune  des  Andern  von  dem 
Antwortenden  wiederholten  Oedanken.  Vielmelir  sind  es  die 
in  oratio  recta  ausgedriiekten  Worte  des  Andern  selbst: 

'Jrascetur'  :  rsperne'.    cdabit  damnum' :  ^reparabis'. 
XWdet  me' :  f  tolera'.    f  '  :  'emorere,  inquam'. 

An  der  punctirten  Stelle  gibt  die  Abschrift,  gab  also  auch 
der  Codex  (wofern  er  anders  hier  mit  hinltinglicher  Deut- 
lichkeit  zu  lesen  war)  eine  sehwere  Corruptel.  Das  cnwrerc 
muss  die  Antwort  auf  das  letzte  Glied  einer  Steigeruug  seiu, 
die  rait  den  Begriffen  irasci,  damnum  darc,  cacdere  begonnen 
hatte.    Ein  minitat  mortcm  oder  vollends  mortem  minat  liegt 


Digitized  by  Google 


ZIT   LATEINISCHEN  AUTOREN. 


805 


von  den  iiberlieferten  Ziigen  zu  weit  ab,  wenu  auch  die 
Activform  dem  Verfasser  so  gut  zuzutrauen  wiire,  wie  con- 
tenipla  V.  45;  auch  wurde  man  vielmehr  das  Futurum  er- 
warten.  Gesucht  und  doch  nicht  schlagend  wiire  ein  palao- 
graphisch  allerdings  niiher  liegendes  pcrimet  timor.  Befrie- 
digenden  Sinn  giibe  *sed  si  eniect?y  (denn  die  Buchstaben 
nor  konnten  durch  falsche  Wiederholung  des  folgenden  emor 
entstanden  sein);  nur  dass  doch  die  Symmetrie  der  voran- 
gehenden  Glieder  die  Frageform  nicht  ebeu-  empfiehlt.  Ge- 
nauer  als  alles  dies  mochte  sich  wenigstens  an  die  Ueber- 
lieferung  anschliessen 

nex  iminet 
nex  iminor 
so  dass  der  Vers  lautete: 

'Cwdet  ine'  :  'tolera'.    fnea;  imminef  :  'emorere,  inquam'; 

obwohl  man  zugeben  muss,  dass,  wegen  des  Subjectwechsels, 
volle  Symmetrie  auch  so  nicht  gewahrt  ist.  fSi  quid  novisti 
rectius  istis '  — . 

Schlicht  und  glatt  ist  die  Ausfiillung  der  dritten  Liicke 
nach  V.  90: 

V\t  variatio,  cum  simili  re  nomina  muto. 
fRegnavit  Libyco  gener/,  regnavit  et  Argis 
Inachiis,  daminatHs  item  cst  apud  Ocbaliam  arcem  ' 

Durch  das  vervolistiindigte  Exordium  ist  jetzt  ausser 
Zweifel  gestellt,  dass  der  Verfasser  wirklich  nur  die  cxnMCna 
XeSeiuc,  mit  Ausschluss  der  cxnMafa  biavoiac,  behandeln  wollte, 
und  dass  diejenigen  Figuren,  welche  anscheinend  der  letztern 
Kategorie  angehoreu,  doch  von  manchen  Rhetoren,  denen  ui 
unser  Anonymus  folgte  (vor  allen  Gorgias),  vermoge  sehr 
begreiflicher  Grenzschwankungen  der  ersten  Classe  zugerech- 
net  waren:  wie  das  schon  Ahrens  p.  157  iiberzeugend  aus- 
gefiihrt  hat. 

Aus  der  Anrede  an  Messius  geht  uns  ferner  hervor,  dass 
Schneidewin  s  Vermuthung,  wir  hiitten  es  mit  einem  Schul- 
buch  zum  Zweck  des  Auswendiglernens  zu  thun,  das  Rich- 
tige  nicht  traf.  —  Den  Namen  iibrigens  auf  eine  bestimmte 
Person  zu  beziehen   fehlt  uns  jeder  nahere  Anhalt.  Mog- 


Digitized  by'C^oglek 


806 


KKITISCHE  MISCELLEN 


lich,  aber  auch  nichts  mehr,  ist,  dass  es  der  C.  Messius  war. 
den  wir  aus  Ciceros  Briefen  an  Atticus  und  sonst  als  eif- 
rigen  Pompejaner,  dann  Legateu  Caesars  kennen  und  bis 
zum  Jahr  707  verfolgen  konnen.  Wobei  wir  als  von  Ahrecs 
bewiesen  annehmen,  dass  der  Schluss  des  Werkchens  von 
V.  148  an  nur  ein  spater  hiuzugefflgter  Anhang  ist.  folglich 
die  nur  in  diesem  Anhange  vorkommende  Bezugnahme  auf 
Horaz  und  Virgil  nicht  hindert,  die  eigentliche  Schrift,  genias* 
ihrem  Charakter  in  Sprache  und  Vers,  alter  zu  datiren,  nahcr, 
ihre  Abfassung  nach  708  anzusetzen,  weil  vor  diesem  Jahre 
der  V.  7  benutzte  Catilina  Sallusts  nicht  geschrieben  ist*i 

Nachtrag**)  Uebrigens  kann  ich  es  nur  bedauern,  dass 
mir  die  Besprechung  unseres  carmen  von  Mommsen  uml 
Bergk  in  Zeitschr.  f.  Alt.-Wiss.  1845  p.  81  ff.,  auf  die  mich 
jetzt  M.  Hertz  freundlich  aufmerksam  macht,  vollig  aus  dem 
Gedachtnis8  entschwunden  war,  als  ich  obige  Zeilen  nieder- 
schrieb. 


10)  Zur  lateinischen  Anthologie.***) 

189  Das  dem  Lactantius  (weim  auch  schwerlich  mit  Recht) 
zugeschriebene  Gedicht  de  ave  phoenice  (in  Burmans 
Claudian  p.  1035  ff.,  bei  Wernsdorf  III  p.  208  ff.,  Riese 
n.  731)  bietet  uns  iu  der  Beschreibung  der  Proceduren,  die 
der  Phoenix,  um  durch  Selbstvernichtung  zur  Wiedergeburt 
zu  gelangen,  mit  sich  selber  vornimmt,  folgende  Verse  (07 
—  100): 

Actherioque  procul  de  lumine  concipit  ignem: 
Flagrat,  et  ambustum  solvitur  in  cinerem. 

Quos  velut  in  massam  cineres  in  morte  coactos 
Conflat,  et  effectum  seminis  instar  habet. 


*)  Ahrens'  Argumentation  p.  161  fman  darf  daher  die  Abf^nng 
vor  719  u.  c.y  in  welchem  Jahre  Sallust  starb,  ansetzen'  ist  mir  un- 
verstandlich,  weil  doch  auf  den  Tod  des  Sallust  hierbei  gar  nicbk 
ankdmmt. 

**^  [Hhein.  Muscum  f.  Philol.  a.  a.  O.  p.  320  Aum.  1.] 
***)  [Rhein.  Museum  f.  Thilol.  Bd.  XXVIII  (1873)  p.  189—192] 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEIMSrilKN  AUTOREN. 


807 


Hier  ist  zunachst  klar,  dass  der  Begriff  cinerem  nicht  kaim 
mit  quos  cineres  wieder  aufgenommen  werden,  soudern  dass 
entweder  zu  sagen  war  in  cinerem,  quem  einerem,  oder  in  ei- 
ttcrcs,  qnos  eineres.  Aber  auch  dies  konnte  ein  so  sorgsam 
auf  formelle  Zierlichkeit  und  Abwechselung  bedachter  Dich- 
ter  nicht  schreiben,  da  ein  quos  (oder  quem)  vollkommen 
ausreichte  und  die  Wiederholung  des  Begriffs  cineres  nur  eine  190 
durchaus  lastige  mid  mattherzige  Breite  des  Ausdrucks  be- 
wirkt.  Was  soll  aber  ferner  in  morte  heissen?  oder  wie 
passt  das  vou  Heinsius  dafur  vermuthete  sinc  morte?  Nun 
ist  aber  das  morte  auch  nur  die  schlechte  Vulgate,  wahrend 
die  beiden  alten  Textesquellen,  der  Vossianus  und  der  Vero- 
nensis*),  vielmehr  more  geben.  Da  bedarf  es  deun  nur  der 
Tilgung  eines  einzigen  Strichleins,  um  aus  mmorc  als  das 
Urspriingliche  ein  umorc  um  so  einleuchtender  ins  Auge 
springen  zu  lassen,  je  passender  dies  begrifflich  fiir  den 
Zusammenhang  der  ganzen  Beschreibung  ist  Einestheils 
trockene,  anderntheils  nasse  oder  feuchte  Ingredienzien  sind 
es,  die  der  Vogel  zusammenbringt,  damit  eben  durch  den 
Zutritt  der  letztern  zu  den  erstern  sich  eine  compacte  Masse 
bilde.  sucos  ct  odores  triigt  er  V.  79  herbei,  balsama  V.  64; 
turis  laerimae  guttaque  jringuis  treten  hinzu  V.  86;  nochmals 
suci  kommen  V.  91  zur  Erwiihnung.  Nichts  also  naturlicher, 
als  cineres  umorc  in  massam  eoacti.  Nnr  das  Subject  fehlt 
noch  zu  dem  folgenden  con/lat,  da  ja  das  von  V.  95  an  re- 
giereude  eorpus  nur  bis  V.  98  incl.  gelten  kann.  Es  ist 
offenbar  an  der  Stelle  des  iiberflussigen  cineres  zu  suchen, 
aber  keinesweges  in  dessen  Schriftzugen  selbst.  Denn  wenn 
dieses  eineres  nur  durch  Unachtsamkeit  aus  dem  Schluss  des 
vorangehenden  Verses  hier  eiudrang  (vielleicht  in  Folge  einer 

rtnrr-t 

Dittographie  einerem),  so  haben  wir  Freiheit,  jedes  beliebige 
andere  Wort,  das  sinngemass  ist,  als  durch  cinercs  verdrangt 
anzusehen.  Und  da  tinde  ich  keinen  andern  Begriff  als  den 
von  natura,  den  schon  Biicheler,  aber  an  Stelle  von  in  more, 

*)  An's  Licbt  gezogen  von  L.  Jeep:  8.  dessen  Aufsatz  in  der  Be- 
griis8ung«8chri£l  fQr  die  Leipziger  Philologenversammlung  Seitens  der 
Thomaaschule  (Lipeiae  1872)  p.  46. 


Digitized  by  Google 


808 


KlilTlSCHK  MISCKLKKN 


vorschlug.  Die  ZurQstung  des  Nestes  und  die  Herbeifuhrung 
des  Verbrennungstodes  hing  von  des  Phoenix  eigener  Thatig- 
keit  ab,  aber  nicht  mehr,  dass  die  Glutasche  des  bereits 
verbrannten  mit  den  harzigen  Bestandtheileri  des  Nestes  sich 
zu  einer  consistenten  Masse  zusammenballte:  dies  war  ledig- 
lich  der  sich  von  selbst  vollziehende  natGrliche  Process. 
Also: 

 solvitur  in  cineres. 

Quos  velut  in  massam  natura  umore  coactos 
Conflat:  et  eflectum  seminis  instar  habent. 

Wo  nun  weiterhin  beschrieben  wird,  wie  aus  diesem 
kunstlichen  Quasi-Ei  der  Vogel  in  verjiingter  Farbenpracht 
und  Gliederfulle  aufersteht,  und  die  einzelnen  Korpertheile 
in  malerischen,  wenngleicli  mchrfach  schwQlstigen  Bildcrn 
durchgegangen  werden,  da  heisst  es  nach  der  Schilderung 
vou  umcri  pcctusque,  caput,  cervuc,  tcrga  und  cauda,  von  V.  1.33 
an  nach  der  Vulgata  also: 

Claruin  inter  pennas  insigne  est  desuper,  Iris 
Pingere  ceu  nubem  desuper  alta  solet. 

Albicat  insignis  misto  viridaute  zmaragdo 
Et  puro  cornu  gemmea  cuspis  hiat. 

iui  Ilier  haben  sich  Fahrlassigkeit  der  Abschreiber  und  verun- 
glfickte  Interpolatorenversuche  in  verderblichster  Weise  dic 
Hand  gereicht.  Was  soll  ein  dcsiqvr  befindliches  clartim  hticr 
pcmias  insigne  in  aller  Welt  bedeuten?  Wenn  die  Inter- 
preten  damit  die  ?crista'  bezeichnet  finden,  so  ist  ja  das 
schon  dem  Wortlaute  (inter  pcnuas^)  nach  baarer  Unsinn, 
eine  um  so  einleuchtendere  Unmoglichkeit  aber  darum,  weil 
die  Schilderung  der  crista  ausdrucklich  in  zwei  spiitern  Ver- 
sen  (130  f.  .  .  .  .  capifi  radiata  corona)  nachfolgt.  Fenier 
aber:  diesem,  iramerhin  doch  technisch  imd  sprachlich  ge- 
wandten  Versbildner,  dcm  nichts  weuiger  als  Armuth  des 
Ausdrucks  zur  Last  zu  legen,  soll  mau  ein  solches  Stammeln 
zutrauen,  dass  er  in  zwei  auf  eiuander  folgenden  Versen  das- 
selbe  desupcr  wiederholt,  und  in  zwei  benachbarten  Hexa- 
meteru  abermals  dasselbe  Wort,  einmal  als  Substantiv  insigne. 


Digitized  by  Google 


Zr  LATEINISCHEN  AUTOREN 


H09 


gloich  darauf  als  Adjectiv  insiynis  gebraucht  habe?  —  Nun 
i.st  aber  auch  die  alteste,  zwar  nichts  weniger  als  unentstellte, 
aber  wenigstens  noch  nicht  eigenniiichtig  interpolirte  Ueber- 
lieferung  im  Vossianus  und  Veronensis  eine  wesentlich  an- 
dere,  namlich: 

Voss.:  Harum  pennas  insigne  super  aris 
Ver.:    Harum  pinuas  insigne  desuper  irisalis 

und  im  Pentameter  in  beiden  aura  statt  alta,  welches  letz- 
tere  allerdings  der  Corrcctor,  dessen  Hand  uns  in  den  Codices 
des  loten  Jahrhunderts  vorliegt,  richtig  restituirt  hat.  Aber 
iin  Hexameter  von  seinem  thoricht  eingeschwarzten  intcr 
keine  Spur!  So  weit  reichte  sein  Scharfsinn  nicht,  zu  sehen, 
dass  die-Worte  insigne  dcsupcr  (wovon  im  Voss.  bloss  noch 
supcr  Obrig)  ganz  kliirlich  nur  durch  achtloses  Abirren  des 
Auges  aus  den  beiden  folgenden  Versen  hieher  verschlagen 
sind  und  andere  Wortc  verdriingt  haben,  gerade  wie  es  in 
kleinerm  Umfang  oben  mit  cincrcs  der  Fall  war.  Hiitte  er 
es  aber  auch  gesehen,  so  konnte  ihm  das  doch  zu  einem 
conjecturalen  Ersatz  des  Verdriingten  nichts  lielfen,  so  lange 
er  sich  durch  die  Einschiebung  des  intcr  den  Weg  zur  Her- 
.stellung  des  Versanfanges  giinzlich  versperrt  hatte.  Diege 
Herstellung  ist  aber  durch  eiue  nahe  liegende  Ueberlegung 
mit  volliger  Sicherheit  zu  gewinnen.  Die  unserm  Distichon 
vorangehenden  Schilderungen  betrafen  die  Korpertheile  'umeri, 
pectus,  caput,  cervix,  terga,  cauda';  in  den  unmittelbar  fol- 
genden  treten  hinzu  das  frostrum'  (denn  das  ist  ohne  allen 
Zweifel  die  puro  cornu  (jcmmca  cuspis  u.  s.  w.,  deren  iiber- 
ladener  Beschreibung  das  ganze  Distichon  V.  135.  136  ge- 
widmet  ist),  sodann  die  oculi,  der  Kopfbusch  (rculiata  corona)f 
diP  crura  mit  ihren  squamae,  die  ungues.  WieV  und  bei 
diesem  unverkennbaren  Streben  nach  erschopfender  Vollstan- 
digkeit  sollte  ein  Hauptthcil,  ein  durch  Ausdehnung  und 
Farbenschmelz  vor  allem  ins  Auge  stechender,  mit  Still- 
schweigen  ubergangen  seiu?  Zumal  wenn  er,  durch  die 
Veranderung  eines  einzigen  Huchstabens  zu  gewinnen,  zu- 
gleich  dem  Metrum  ohne  alle  weitere  Zuthat  auf  die  Beine 
hilft?    Keine  Frage,  dass  der  Versanfang  lautete: 


Digitized  by  Google 


810 


KHITISCHK  MISCKLLKN 


Alarum  pennaa  

Was  dann  folgte,  ist  freilieh  freier  Conjectur  anheimgegeben, 
192  aber  wenigstens  an  sich  wohl  nichts  einzuwenden  gegen  eine 
Ausfallung  wie 

Alarum  pennas  fulgor  conluminat,  Iris 
Pingere  ceu  nubem  desuper  alta  solet: 

oder  auch  splendor  circumtegit  oder  discriminat  u.  dgl.  —  Be- 
diirfte  es  noch  eines  Beweises,  dass  wirklich  die  Fliigel 
hier  ihre  Stelle  fanden,  so  sind  wir  in  dem  giiustigen  Falle, 
selbst  durch  iiusseres  Zeugniss  den  letzten  Zweifel  niederzu- 
schlagen.  Denn  woher  im  Veronensis  die  fiir  den  ersteii 
Blick  so  seltsame  Lesart  irisalis?  Ottenbar  waren  in  dem 
Original  des  Veronensis  am  Rande  Lemmata  zur  Orientirung 
beigeschrieben  wie  de  cauda,  dc  rostro,  de  oculis,  dc  crista, 
und  so  unserm  Distichon  dc  atis.  Man  braucht  sich  dies  nur 
so  vorzustellen: 

Alarum  pennas  fulgor  conluminat  iris  ^9 

um  die  Verschmelzung  zu  irisalis  gleichsara  vor  seinen  Augen 
entstehen  zu  sehen. 

Dafiir,  dass  Verstheile,  durcli  Abirren  des  Auges  oder 
sonstigen  Zufall  an  falsche  Stelle  verschlagen,  Verwirruug 
anrichteten,  gibt  noch  ein  Beispiel  unseres  Gedichts  die 
schlagende  Bestatigung.    In  V.  131  hiess  es 

Caudaque  porrigitur  fulvo  distincta  metallo 

(denn  wer  wollte  hier  wohl  die  Verschreibiuig  distenta  ver- 
theidigen?).  Nun  ist  es  zwar  erst  zeliu  Verse  spiiter  (141). 
dass  wir  lesen 

Crura  tegunt  squamae  fulvo  distincta  metallo: 

aber  gleichwohl,  wem  kann  der  geriugste  Zweifel  beikommen. 
dass  ein  so  ausgesuchter  wie  gesuchter  Eleganz  bettisseuer 
Dichter  sich  nicht  werde  in  so  armseliger,  ja  geradezu  uu- 
ertriiglicher  Weise  wiederholt  haben?  Und  was  den  Ent- 
stehungsgrund  der  Wiederholung  betrifift,  so  schwiudet  ja 
das  Bedenken  der  raumlichen  Entfemung  sogleich,  sobald 


Digitized  by  Google 


Zr  LATEINKSCHEN  AUTOKEN.  S  1 1 


wir  an  Doppclcolumnen  denken,  in  denen  die  beiden  Verse 
sich  ungefiihr  parallel  gegeniiber  standen.  Es  darf  fiir  ge- 
wiss  gelten,  dass  das  doppelgangerische  Heniistichium  seinen 
richtigen  Platz  nur  ini  friihern  Verse  hat,  im  spiitern  aber 
nicht  zu  crura,  sondern  viclmehr  zu  squamac  ein  schmucken- 
des  Pradicat  hinzutrat.  Errathen  zu  wollen,  welches,  wQrde 
iu  Ermaugelung  jedes  niihern  Anhalts  selbstverstandlich  reine 
Spielerei  sein. 

Noch  andere  schwere  Sclmden  unseres  Gedichts  sehen 
ihrer  Heilung  entgegen,  vor  allem  V.  139.  Nicht  als  wenn 
uicht  ein  an  sich  vollkonimen  befriedigeuder  Sinn  z.  B.  durch 
' Aptatur ,nitido  capiti  radiata  corona*  oder  *Aptata  est  summo 
c.  r.  c.'  erreicht  ware,  sondern  weil  hier  die  beiden  mass- 
gebenden  Handschriften  in  ihren  Verderbnissen  eine  so  eigen- 
thOmlich  abweichende  Ueberlieferung  geben,  dass  nothwendig 
etwas  anderes  darunter  verborgen  sein  muss.  Darauf  lasst 
sich  vielleicht  ein  andermal  zuruckkommen. 


11)  Zu  Avianus.*) 

In  der  Vorrede  zu  seiner  dankenswerthen  Ausgabe  des  474 
Avianus  will  W.  Frohner  (p.XI)  in  der  Phrase  plaustrum 
minans  einen  Gallicismus  (menant)  erkennen  und  daraus  auf 
das  Vaterland  des  betreffenden  Autors  Schlflsse  ziehen.  Es 
ist  ihm  also  unbekannt  geblieben,  was  in  jedem  ordentlichen 
Lexikon  zu  finden:  dass  minarc  im  Sinne  von  'antreiben', 
wovon  die  gewohuliche  Bedeutung  des  minari  nur  eine  ab- 
geleitete,  ein  sehr  gutes  und  altes  lateiniscbes  Wort  ist,  von 
dessen  alterer  und  demgemass  in  der  Vulgarsprache  fort- 
erhaltener  Form  mcnarc  sich  das  franzosische  mener  nicht 
einmal  im  Vocal  unterscheidet. 


*)  [Rhein.  Museum  f.  Philo).  Bd.  XVII  (1862)  p.  474.] 


Digitized  by  Google 


812  KRITISCHR  MISCRLLRN 

12)  Zu  Cicero  de  re  publica. 

149  *)Nahe  vom  Eingange  der  Fragmente  de  republica  findet 
sich  der  Satz: 

Omitto  innumerabilis  viros,  quorum  singuli  saluti 
huic  civitati  fuerunt:  et  qui  sunt  procul  ab  aetatis  huius 

150  memoria;  commemorare  eos  dcsino,  ne  quis  se  aut  suo- 
rum  aliquem  praetermissum  queratur. 

Vorausgegangen  waren  Beispiele  der  Vorzeit;  wir  erwarten 
abo  als  Gegensatz  die  Erwiihnung  solcher,  die  der  Gegeu- 
wart  nahe  stehen.  Gerade  dies  wollte  Mai  erreichen,  in- 
dem  er  ungeschickter  Weisc  setzte  ct  qui  sunf  [hattd]  procul 
Denn  wenigstens  verlangte  die  Wortstellung  haud  proctd  strnt, 
die  Sprache  selbst  aber  non,  nicht  liaud.  Alles  schien  da- 
gegcn  in  bester  Ordnung  zu  sein,  wenn  procnl  an  sich  in  der 
Bedeutung  vou  nahe  genommen  wtirde.  Dass  dieser  Mei- 
nung  wirklich  Heinrich  war,  liest  man  nicht  ohne  Befrem- 
den.  Sehr  wahr  isst,  dass  proad,  als  seiner  Natur  nach  re- 
lativ  und  uberbaupt  den  Begriff  irgend  einer  Entfernung 
gebend,  uuter  Umstiinden  auch  auf  den  Sinn  von  propc  hin- 
auskommen  konne,  wie  in  den  Verbindungen  der  Koniiker 
proctd  astarc  und  dergl.  Aber  nimmermehr  kann  dies  der 
Fall  sein,  wo  Niihe  uud  Ferne  in  ausdriicklichen  Gegensatz 
treten,  somit  eine  relative  Auffassung  des  Begriffs  von  pro- 
cid  gar  nicht  freigegeben  ist,  sondern  absolute  Bestimmung 
gefordert  wird.  Oder  man  weise  doch  ein  Beispiel  nach,  in 
dem  procul  eben  so  nothwendig  und  ausschliesslich  fur  jmrf* 
stande,  wie  es  den  strengen  Sinn  einer  wirklichen  Entfemung 
in  Stellen  wie  diese  gibt:  non  iam  proctd,  scd  hic  jtracscnt^ 
sua  tcmpta  dci  dcfcndunt,  oder  ut  jtrocid  tela  coniciant  ncu 
propius  acccdant.  Vergeblich  wird  man  nach  einem  Gegeu- 
satze,  wie  etwa  procnt  und  e  bmginquo  suchen.  Hierzu  tritt 
ein  zweites  Bedenken.  Sollte  das  qxn  nicht  auf  ein  voran 
gegaugenes  Subject,  sondern  auf  das  nachfolgende  cos  bezogen 
werden,  so  musste  die  Wortstellung  sein  cos  commemorarf 


*)  [Rhcin.  Museum  f.  Philol.  N.  F.  Bd.  I  (1841)  p.  149ff.{ 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEIXISCHEN  AUTOREN. 


813 


desino;  das  naclifolgende  Demonstrativum  zu  eineni  voraus- 
geschickten  Relativum  nicht  zu  Anfang  des  Satzgliedes  zu 
stellen,  wiire  durchaus  unlateinisch.  Commemorarc  eos  desino 
uiuss  vielmehr  nothwendig  so  gesagt  sein,  dass  mit  eos  ein 
schon  im  Vorigen  vollstiindig  bestimmtes  Subject  nur  wieder 
aufgenommen  wird,  ohne  allen  hervbrhebenden  Accent,  und 
im  ganzen  die  einfache  Wiederholung  des  omitto  liegt.  Hier- 
von  ausgehend  suchen  wir  fur  deu  vorangehenden  Relativsatz 
einen  selbstiindigen  Abschluss  so  zu  gewinnen:  'quoruni 
singuli  saluti  huic  civitati  fuerunt,  etiam  qui  sunt  procul  151 
ab  huius  aetatis  memoria;  commemorare  eos  desino,  ne 
quis'  etc.  Gleich  indem  der  Schriftsteller  seineu  Vorsatz, 
keine  einzelnen  Beispiele  mehr  anzufuhren,  auszusprechen 
beginnt,  schwebt  ihm  das  Motiv  zu  solchem  Vorsatz,  das  er 
im  Vortrage  selbst  erst  nachbringt,  vor,  niimlich:  um  keinen 
Anstoss  durch  Uebergehung  zu  geben.  Unter  der  Herrschaft 
'  dieses  noch  nicht  ausgesprochenen  Motivs  steht  also  die  Ge- 
dankenfolge :  ich  iibergehe  (aus  einer  sogleich  niiher  zu  be- 
zeichneuden  Rucksicht)  unziihlige  andere,  selbst  solche, 
die  der  Gegenwart  fern  stehen,  nicht  bloss  die  in  die  Gegen- 
wart  hineinreichenden,  (auf  welche  jene  Rttcksicht  vorzugs- 
weise  und  am  unmittelbarsten  Anwendung  erleidet):  ich 
ubergehe  sie,  damit  niemand  der  Zeitgenossen  sich  selbst 
oder  einen  der  Seinigen  in  meiner  Reihe  verdienstvoller 
Miinncr  mit  Unmuth  vermisse.  Unter  den  fSeinigen'  sind 
Lebende  und  Todte  begrifien,  und  um  dieser  letztern  willen 
ist  der  Zusatz  etiam  qui  sunt  procul  etc.  gemacht  worden.  Die 
Erwiihnung  aber  jener  grossen  Ahnherren  der  Duilier,  At- 
tilier,  Cornelier  etc,  deren  Ruhm  iiber  jeder  Misdeutung 
stand,  konute  zu  Cicero  s  Zeit  naturlich  keiner  andern  Gens 
den  geringsten  Anlass  zur  Empfindlichkeit  geben. 


*)  De  re  publ.  I,  20,  41  heisst  es:  318 

hi  coetus  igitur  hac  de  qua  exposui  causa  instftuti 
sedem  primum  certo  loco  domiciliorum  causa  con- 
stituerunt:  quani  cuin  locis  manuque  saepsissent,  eius 


*)  [Rheiu.  Museum  f.  Philol.  LIU.  XXV  (1870)  p.  318  f.J 


814  KRITISCHE  MISCKLLEN 

niodi  coniunctioneni  tectoruui  oppidum  vel  urbeni 
appellaverunt. 

Wie  durch  Menschenhand  eine  Niederlassung  eingefriedigt 
werde,  versteht  jeder;  aher  wie  dieselben  Menschen  sie  Murch 
die  Oertlichkeit'  oder  'rnit  Oertlichkeiten',  die  doch  etwas 
von  der  Natur  gegebenes  sind,  einfriedigen  sollen,  wird  keine 
Interpretirkunst  verstiindlich  machen.  Wie  logisch  richtig 
3i9  ist  dagegen  z.  B.  in  Verr.  act.  II  1.  II,  2  §  4  geschieden: 
furbem  pulcherrimam  Syracusas,  quae  cum  manu  munitis- 
sima  esset,  tuni  loci  natura  terra  ac  mari  clauderetui '!  Dass 
es  kindisch  sei,  floca'  als  faggerem,  fossani  et  vallu^l,  zu 
erkliiren,  begreift  sich  auch  bei  miissiger  Kenntniss  lateini- 
schen  Sprachgebrauchs :  abgesehen  davon,  dass  dainit  doch 
nichts  von  'nianu'  irgendwie  verschiedenes  ausgesagt  wiirde. 
—  Der  Fehler,  der  in  den  uberlieferten  Worten  steckt,  muss 
freilich  ein  recht  alter  sein  (wofiir  es  ja  auch  an  sonstigeu 
Belegen  nicht  fehlt,  dergleichen  einmal  methodisch  zusam- 
nienzustellen  sich  sehr  verlohnen  wiirde):  denn  eben  so  gibt 
sie  schon  Nonius  p.  429.  Tiiuscht  nicht  alles,  so  ist  ein 
Wort  ausgefallen,  und  Cicero  schrieb: 

quam  cum  locis  manuque  munitam  saepsissent  — . 

Jedenfalls  ist  dies  einfacher  als  wenn  man,  was  fflr  den  Ge- 
danken  auch  moglich  warc,  an  clocis  munitam  manu  quoque 
saepsissent'  diichte. 


13)  Zu  Cicero  de  oratore.*) 

494  De  oratore  I,  59,  251  heisst  es:  fhoc  nos  si  faeere  ve- 
limus,  ante  coudemnentur  ei  quorum  causas  receperimus, 
quam  totiens  quotiens  praescribitur  paeaueni  aut  uiunionem 
citarimus'.  So  die  handschriftliche  Ueberlieferung,  die  sich 
auch  durch  die  unerheblichen  Varianten  iw  nnionem,  muniit 
rem,  enionem,  selbst  munitionem,  in  uichts  wesentlicheiu  ver- 
iiiidert. 


*)  [Rhein.  Museum  f.  Pbilol,  Bd.  XXVI  (1871)  p,  494  496.J 


Digitized  by  Google 


ZU  LATKINI8CHKN  AUTORKN. 


815 


Wenn  schon  in  deni  Horazischen  fab  ovo  usque  ad  mala 
citaret  «io  Baechao'  Bentleyn  das  fcitare'  im  Sinne  von 
'recitare'  als  so  unlateinisch  anruuthete,  dass  er  es  mit  sei- 
nem  Mteraret'  vertauschte,  so  ist  es  sicherlich  dem  Cicero 
noch  viel  weniger  zuzutrauen:  so  sehr  auch  die  beiderseitigen 
Interpreten  in  nicht  ermiidender  Beflissenheit  die  eine  Stclle 
mit  der  andern  zu  vertheidigen  sich  gewohnt  haben.  Wie 
freilich  LachmauUs  Erklarung  des  'citare  paeanem'  als 
fceleri  dtTUJYrj  peragere'  (zu  Lucrez  p.  76)  in  den  Zusammen- 
hang  bei  Cicero  passe,  ist  darum  nicht  wohl  einzusehen, 
weil  es  sich  ja  hier  gar  nicht  um  raschen  Vortrag  oder 
schnelles  Tempo  handelt,  sondern  um  Tangwierige  und  mtih- 
same  Stimm-  und  Declamiriibungen  nach  Art  der  professions- 
miissigen  Buhnenkunstler  bei  den  Griechen.  Also  wird  die 
Vermuthung  eines  strebsamen  jungen  Philologen  wohl  Recht 
behalten,  dem  in  deiu  Schluss  des  verderbten  munionem  die 
Sylbe  re  zu  stecken  und  damit  ein  recitarimus  an  die  Stelle 
von  citarimus  treten  zu  mussen  schien.  Mag  auch  immerhin 
'recitare'  nicht  vom  fauswendig  hersagen'  gebraucht  werden 
(was  entgegengestellt  wurde),  so  ist  doch  nicht  abzusehen, 
warum  jene  Stimmiibungen  nicht  eben  so  gut  sollten  fde 
scripto',  nach  einem  vorliegenden  Texte,  angestellt  werden. 

Aber  was  nun  weiterV  Etwa  faut  nomum  recitarimus"? 
Das  hatte  allerdings  noch  den  eiuzigen  Anspmch  auf  eine 
gewisse  Duldung,  wenigstens  gegenuber  so  vollkommenen 
Ungereimtheiten  wie  die  Conjecturen  faut  nomium'  oder  gar 
'aut  Nomionem* l)  sind.  Es  bedurfte  in  der  That  nicht  des 
Citats  aus  fPhotii  bibliotheca'  (d.  h.  aus  Proklus'  Chresto- 
mathie),  um  uns  zu  lehren,  dass  der  Nomos  eine  zu  ihrer  4«»5 


1)  Man  traut  seineu  Augen  kaura,  wenn  man  sieht,  welches  Glfiek 
bei  den  neuem  Herausgebern  —  Kayser,  Bake,  Klotz  —  dieses  nomio- 
nem  oder  Nomionem  (eine  Erfindung  von  Talaus,  wie  ich  aus  0.  M. 
Muller  und  Ellendt  ersehe)  gemacht  hat.  Es  ernsthaft  widerlegeu  zu 
wollen  wiire  fast  eben  so  lilcherlich  wie  64  aufgestellt  zu  haben,  da  es 
eben  nichts  ist,  nie  etwae  war,  und  nichts  sein  kann,  auch  durch 
Klotzens  Znruckfiihrung  auf  ein  griecbisches  Nouuuv  (sic:  im  Lexicon  I 
p.  889,  zum  Ueberfluse  II  p.  517  als  Nouiujv  wiederholt)  nichts  wird, 
weil  damit  zu  einer  reincn  Fiction  nur  eine  neue  Fiction  hinzutritt. 


81G 


KHITISCHE  MISCELLEN 


Zeit  sehr  namhafte  altgriechische  Dichtungsgattung  war. 
Aber  sie  war  eben  so  alt,  dass  sie  in  einer  jiingern  Periode 
hochstens  vielleicht  noch  hie  und  da  iui  Cultusgebrauch 
dauem  mochte,  in  der  Ciceronischen  jedenfalls  nur  noch  als 
eine  ziemlich  verschollene  Antiquitiit  in  der  Kenntniss  der 
Gelehrten,  ganz  und  gar  nicht  mehr  im  allgemeinen  Bewusst- 
sein  oder  vollends  in  irgendwelcher  praktischen  Uebung  tort- 
lcbte.  Zum  Zweck  einer  jedermann  einleuchtenden  Exempli- 
ficatiou  diente  aber  begreiflicher  Weise  nur  ein  moglichst 
gelaufiger,  auch  nicht  allzu  specieller  Begrift'.  Die  letztere 
RUcksicht  ist  es,  die  gegen  ein  etwaiges  hyntenaeum  spriiche, 
was  sonst  selir  wohl*  in  den  handschriftlichen  Ziigen  liegen 
konnte;  die  Anlilsse  zu  einem  einigermassen  feierlichen  Hy- 
menaus  waren  doch  verhiiltnissmassig  zu  wenig  haufig,  auch 
zu  sehr  dem  Privatleben  angehorig,  um  eine  Gleichstellung 
mit  dem  Piian  passend  und  glaublich  erscheinen  zu  lassen"). 
Getrost  kann  man  dagegen  behaupten,  dass  es  keine,  dem 
Piian  in  jeder  Beziehung  so  parallel  stehende,  niichstver- 
wandte  Dichtungsform  gab  als  den  —  Uymnus.  Man  darf 
es  meines  Erachtens  als  so  gut  wie  verbGrgt  ansehen,  dass 
Cicero  schrieb  fpaeanem  aut  hymnum  recitarimus'. 

Dass  uuvoc  zwar  einerseits  Gattungsbegrift'  ist,  der  Piiane, 
Hyporcheme  u.  s.  w.  als  Species  unter  sich  begreift  3),  ander- 
seits  aber  in  engerer  Bedeutung  auch  selbst  eine  solche,  mit 
dem  Piian,  dem  Hyporchem  u.  s.  w.  ganz  auf  gleicher  Linie 
stehende  Species,  wissen  wir  durch  ausdrilcklichstes  Zeugnis*' 
des  Proklus,  der  Etymologika,  des  Menander  de  encomiis, 
und  finden  die  zweite  Anwendung,  auf  die  es  uns  bei  Oicero 
aukommt,  nicht  nur  im  allgemeinen  bestiitigt  z.  B.  durch  die 

2)  Xun  vollcnds  eiu  'Hirteulied'  d.  i.  angeblich  twmiutn,  vas 
wundersumer  Weiso  bei  Muller  und  Ellendt  Aufnahme  fand!  Noch 
dazu  ist  nicht  einmal  v6uiov  als  Substantiv  das  eigentlich  gebhiuch- 
liche,  soudern  erst  v6y.iov  utXoc  gibt  den  Begritt*  des  (sonst  aucb  al* 
itoiu€vik6v  bczeichneten)  Liedes,  dessen  Charakter  als  'Volkslied'  noch 
b«'.stimmter  ausgedriickt  wird  dureh  \hbr\:  vgl.  Athenuus  XI V  p.619CA 

3)  Danach  kann  es  nicht  Wuuder  nehmen,  weun  im  dichtemdien 
Sprachgebrauch  Ouvoc  und  waiuv  aueb  geradezu  als  Synonyma  erschoi- 
nen,  wie  bei  Aeachylus  Sept.  SG7  tov  bucKt\ac»ov  iifivov  'Gpivuoc  dx*»v 

Aiba  t'  IxQpbv  Traiav*  €mu£Att€iv. 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEINISCHEN  AUTOREN. 


817 


Aufziihlung  bei  Plato  de  leg.  III  p.  700  B,  wo  uuvot,  9pf|- 
vot,  Traiavec,  bi0upaupot,  vouoi  als  eTbn.  kcu  cxn.uctTa  ttic 
uoucixfic  erscheinen,  oder  wenn  dem  Pindar  sowohl  Traiavcc 
als  uuvot  zugeschrieben  werden,  sondern  in  noch  naherer 
Uebereinstimmung  mit  Cicero  durch  Stellen,  die  gerade  auch 
nur  Hymnus  und  Piian  verbinden.  So  Plato  im  Symposion 
p.  177^4:  fiXXoic  uev  tici  9eu>v  uuvouc  Kai  Traiavac4)  etvat 
utto  tujv  TroiiTTUJV  TreTrotriuevouc ,  tuj  be  "Gpujn  ktX.;  des- 
gleichen  Athenaus  XIV  p.  626  B:  Trapd  toOv  uovoic  'ApK&ctv 
o\  Traibec  £k  vrjTriujv  Ctbetv  dG&ovTat  KaTa  vouov  touc  uuvouc 
Kat  Tratavac,  ok  eKacrot  KaTot  ra  TraTpta  touc  e^Tnxwpiouc 
fipujac  Kat  Geouc  uuvoOci. 

Der  Uebergang  in  das  munionem  der  Handschriften  wird  496 
um  80  verstiindlicher,  wenn  man  sich  im  Autographon  nicht 
sowohl  hymnum  als  vielmehr  humnum  geschrieben  denkt. 
Denn  wenn  auch,  wie  aus  Orator48, 160  ersichtlich,  Cicero  das 
y  schon  sehr  wohl  kannte,  so  haben  uns  doch  die  Inschriften 
hinliinglich  gelehrt,  dass  am  Ende  des  7ten  Jahrhunderts, 
als  er  die  Biicher  de  oratore  verfasste,  jenes  Buchstaben- 
zeichen  statt  des  altherkommlichen  u  noch  keinesweges  so 
durchgedrungen  war,  dass  er  es  brauchen  musste5). 

4)  So  doch  wohl  (hier  wie  de  leg.  a.  a.  0.,  auch  im  Ion  p.  484/) 
und  sonst)  statt  Traiujvac  oder  naauvac,  trotz  Ruhnken  zu  Tim.  lex. 
p.  203  und  Andern. 

6)  [Diese  Miscelle  war  nicht  nur  geschrieben,  soudern  Belbst  schon 
in  der  Druckerei,  als  ich  Seitens  jnnger  Freunde  auf  Piderifs  Schul- 
ausgabe  der  Bucher  de  oratore  (3te  Aufi.,  1868)  aufmerksam  gemacht 
wurde,  in  der  ich  nun  p.  149  zwar  im  Texte  das  unsinnige  Paeanein 
aut  Nomumnn  citarimus  wiederfand,  aber  in  der  Anmerkung  dazu  die 
Aeusserung  las:  fmit  dem  letztern  Worte,  das  man  statt  des  corrupten 
munionem  der  Hdss.  vorgeschlagen  hat,  soll  neben  dem  Siegesgesang 
ein  Hyranus  aut  Apollo  gomeint  sein.  Danach  konnte  mau  auch  ge- 
radezu  hymnum  vermuten.'  —  Einer  eo  zaghaft  und  unmaasgeblich 
ausgesprochenen  Vermuthung  gegeniibcr  hielt  ich  es  nicht  fur  utmutz, 
meiue  etwas  anders  gcartete  Behandlung  der  Stelle,  so  wie  oben  ge- 
schehen,  dcnnoch  erscheiuen  zu  lassen.] 


FH.   HIT8CIIKLII  OPVSCVLA  III. 


52 


818 


KRITISCHE  MISCELLEN 


14)  Zu  Sallustius.*) 

si6  1.  Wer  ein  lebendiges  Bild  vor  Augen  haben  will,  was 
moderne  Interpretirkunst  in  Aufstellung  von  Gedankenlosig- 
keiten  oder  Verschrobenheiten,  von  sprachlichen  Ungeheuer- 
lichkeiten  und  logischen  Unmoglichkeiten  zu  leisten  im 
Stande  gewesen,  der  muss  unsere  Commentare  zum  Sallust 
lesen.    Ein  Beispiel  unter  Dutzenden  ist  Catil.  53,  5: 

Sed  postquam  luxu  atque  desidia  civitas  corrupta 
est,  rursus  res  publica  magiritudine  sua  imperatorum 
atque  magistratuum  vitia  sustentabat,  ac  sicuti  effeta 
parentum  multis  tempestatibus  haud  sane  quisquam 
Romae  virtute  magnus  fuit. 

Wen  es  erquickt,  mit  der  langen  Reihe  von  ungesunden 
Spitzfindigkeiten  und  lahmen  Stiitzmitteln,  mit  denen  man 
seit  Gronov  und  Korte  an  dem  effeta  parentum  herum- 
corrigirt  und  heruminterpretirt  hat,  nahere  Bekanntschaft 
zu  machen,  der  findet  bei  Kritz  und  Andern  alles  ihm  Wfln- 
schenswerthe  und  Dienliche;  wer  irgend  einer  der  vorge- 
brachten  Kiinsteleien  —  mit  einer  einzigen  Ausnahme  — 
seinen  Beifall  schenkt,  fur  den  ist  diese  Miscelle  nicht  ge- 
schrieben.  Die  Ausnahme  bildet  (wie  in  andern  Fallen) 
Dietsch,  der  vollkommen  richtig  erkannte,  dass  ein  zu  effeta 
gehoriger  Substantivbcgriff  im  tiberlieferten  Texte  ausgefallen 
sei.  Nur  dass  er  mit  seinem  effeta  aetate  parcntum  das  Wahre 
getroflfen,  ist  nicht  zugegeben.  Wenn  man  es  bequem  haben 
kann,  einen  Ausfall  aus  Buchstaben-  oder  Sylbenahnlichkeit 
herzuleiten,  so  ist  ja  das  an  sich  ganz  erwiinscht;  aber  die 
hohere  Instanz  bildet  doch  immer  die  Angemessenheit  des 
Gedankens,  und  ein  paar  Buchstaben  konnten  schliesslich 
unter  allen  Umstiinden  und  ohne  jede  nachweisbare  nahere 
Ursache  durch  reinen  Zufall  ausfallen.  Offenbar  ist  aber  der 
eigentliche  und  einfache  Begriflf,  auf  den  es  hier  ankam, 
nicht  aetate,  sondern  sieuti  effeta  ui  parentum.  Dieses  pa- 
rentum  natilrlich  nicht  im  Sinne  von  rErzeuger',  sondern  als 

*)  [Rhein.  Muaeum  f.  Philol.  Bd.  XXI  (1866)  p.  316-320.] 


Digitized  by  Google 


ZU  LATKINISCIIKN  AUTOKEN. 


819 


'Voraltern'  gefasst.  Die  Aehnlichkeit  von  m  und  M»  viel- 
mehr  zu  eiuem  cffeta  parentum  ui  benutzen  zu  wollen,  wiirde 
eine  grosse  Verkennung  der  Kraft  und  Eigenthuinlichkeit 
lateinischer  Wortstellung  beweisen. 

2.  Erkanuten  wir  hier  eiue  Liicke,  so  fehlt  es  ander- 3i7 
wiirts  nicht  an  interpretirenden  Zusiitzen,  wie  sie,  durch 
Schulgebrauch  oder  Privatlectiire  hervorgerufen,  weiterhin  als 
Interpolationen  in  den  Text  geriethen.    In  Catil.  22  init. 
liest  man  in  def  guten  Handschriftenclasse: 

Fuere  ea  tenipestate  qui  dicerent  Catilinam  oratione 
habita  cum  ad  ius  iurandum  popularis  sceleris  sui  adi- 
geret,  humani  corporis  sanguinem  vino  perinixtum  in 
pateris  circunitulisse,  inde  cum  post  execrationem  omues 
degustavissent,  sicuti  in  sollemnibus  sacris  fieri  consue- 
vit,  aperuisse  consilium  suum,  atque  eo  dictitare  fe- 
cisse,  quo  inter  se  magis  fidi  forent  alius  alii  tanti 
facinoris  conscii. 

Es  grenzt  an's  Unglaubliche,  mit  welchen  nicht  nur  aben- 
teuerlichen,  sondern  geradezu  absurden  KunststQcken  man 
die  Worte  atque  eo  dictitare  fecisse  zu  vertheidigen  oder  ihnen 
durch  allerhand  Flickereien  aufzuhelfen  unternommen  hat. 
Aber  selbst  zugegeben,  dass  die  dabei  im  einzelnen  gemachten 
Annahmen  von  Seiten  der  Grammatik  oder  Stilistik  so  inog- 
lich  waren,  wie  sie  grosstentheils  unmoglich  sind:  wie  hat 
man  doch  rein  vergessen  konnen,  den  ganzen  Zusatz  auf  die 
allgemeine  Angemessenheit  des  Gedankens  zu  prOfen  und 
an  der  Art  des  Sallustius  zu  messen!  Die  einfache  That- 
sache,  die  hier  als  Gerucht  erzahlt  wird,  dass  Catilina  seine 
Mitverschworenen  durch  schauerliche  Gebriiuche  verpflichtet 
habe,  konnte  denn  die  Oberhaupt  in  irgend  jemandes  Augen 
eincn  andern  denkbaren  Sinn  haben,  als  die  Genossen  fester 
an  sich  und  seine  Pliine  zu  ketten?  Und  was  so  innerlich 
und  nothwendig  zusammenhiingt,  das  sollte  ein  so  biindiger 
Autor  so  breitspurig  in  zwei  getrennte  Gedanken  ausein- 
ander  gelegt  haben,  dass  er  zwischen  der  berichteten  Hand- 
lung  und  ihrem  Zweck  ausdrucklichst  unterschieden,  das  Ge- 

52* 


Digitized  by  Google 


820  KRITISCHE  MISCELLEN 

rflcht  ak  damals  verbreitet,  die  Absicht  aber  als  —  sei  ea 
damals,  sei  es  gar  erst  jetzt  in  der  Gegenwart  —  untergelegt 
bezeichnet  hiitte?  Und  dies  noch  dazu  mit  einem  empha- 
tischen  atquc,  was  um  so  unpassender,  je  sprachgebrSuch- 
licher,  wenn  ube/haupt  ein  Zusatz  am  Platze  ware,  zu  sagen 
war  idque  eo  fecisse,  quo  — .  Aber  was  sich  von  selbst  ver- 
steht,  kann  ein  Autor  wie  Sallust  nicht  einmal  in  dieser 
Form  gesagt  haben:  ganz  abgesehen  von  der  Vernichtung 
aller  vernGnftigen  Construction  zwischen  qui  dicerent  und 
dictitare,  und  von  der  kleinlichen  Begriffsscheidung,  die  man 
zwischen  dicerc  und  dictitare  hat  finden  wollen.  Wer  Latei- 
nisch  versteht,  wer  den  Sallust  kennt,  wer  historischen  Stil 
zu  wQrdigen  weiss,  kann  nicht  zweifeln,  dass  wir  es  hier 
mit  einem  in  seinem  Ursprung  harmlosen,  in  seiner  Nach- 
wirkung  abscheulichen  Einschiebsel  zu  thun  haben  und  dass 
von  der  Hand  des  Autors  nichts  herrflhrt  als  aj)eruisse  con- 
silium  suum,  quo  intcr  sc  magis  fidi  etc.  Nichts  anderes 
hatte  der  Urheber  der  hinzugesehriebenen  Erkliirung  iui  Sinne 
al8  bemerklich  zu  machen,  dass  man  den  Finalsatz  mit  qm 
nicht  bloss  zu  dem  unmittelbar  vorhergehenden  Begriff  des 
apmiissc  consilium  zu  construiren,  sondern  vielmehr  auf  den 
»18  Inbegriff  aller  im  ganzen  Satze  enthaltenen  Handlungen  zo 
beziehen  habe.  Ob  er,  um  diesen  Zweck  zu  erreichen,  in 
seinem  halbbarbarischen  Latein  atque  co  dictam  rem  fccisse 
geschrieben,  wie  in  einigen  Handschriften  geradezu  steht, 
oder  ob,  nach  Anleitung  mehrerer  andern,  ein  dicitur  ita 
(rem)  fecisse  in  dem  dictitare  steckt,  braucht  uns  wenig  w 
ktimmern;  genug,  dass  aus  einer  solchen  Erklarung  unter 
den  Hiinden  weiterer  Abschreiber  der  ganze  Zusatz  in  seiner 
jetzigen  Gestalt  hervorging. 

3.  Catil.  39  inil,  wo  von  der  wachsenden  potcntia  pau- 
corum  die  Rede  ist,  heisst  es: 

Ei  magistratus,  provincias  aliaque  omnia  tenere:  ipsi 
innoxii  florentes  sine  metu  aetatem  agere:  ceteros  iu- 
diciis  terrere  quo  plebem  in  magistratu  placidius 
tractarent. 

Auch  hier  lassen  wir  eine  wahre  Musterkarte  von  Proben 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEINISCHEN  AUTOREN 


821 


des  verkehrtesten  —  Scharfsinns?  nein,  wahren  Schwach- 
sinns  billig  auf  sich  beruhen;  die  Spitze  davon  ist,  dass  quo 
hier  'damit  nicht'  bedeute.    Freilich  ist  das  gerade  der 
Begriff,   dessen  wir  unweigerlich  bedilrfen;  und  wie  leicht 
war  er  doch  zu  gewinnen,  wenn  man  sich  zu  dem  kiihnen 
Wagstuck  aufgeschwungen  hatte,  es  fiir  moglich  zu  halten, 
dass  auch  im  Sallustischen  Texte,  wie  in  jedem  andern,  ge- 
legentlich  einmal  ein  paar  Buchstaben  ausgefallen  seien:  quo 
ne  plebem  ttt  mag.  placidius  tractarent,  oder  auch  quo  plebem 
in  magistratu  ne  plac.  tr.    Zu  tractarent  sind  naturlich  die 
cetcri  das  Subject,  imd  diese  selbst  solche  Genossen  der  Ari- 
stokraten  (der  ei  und  ipsi  im  Vorigen),  die  etwas  milder  ge- 
artet  und  volksfreundlicher  gesinnt  waren  als  die  grosse 
Mehrzahl:  obwohl  von  beidem,  wie  zu  erwarten,  die  Inter- 
preten  auch  das  gerade  Gegentheil  behauptet  haben.  —  Aber 
dennoch  wird  man  sich  bei  obigem  Vorschlage  wohl  nicht 
zu  beruhigen,  sondern  den  Fehler  tiefer  zu  suchen  haben. 
Denn  wie  kommt  es  doch,  dass  die  besten  Handschriften, 
und  die  meisten  der  guten,  nicht  ceteros  sondern  ceterosque 
geben?    Dieses  zu  vertheidigen  hat  zwar  neuerlich  Kritz 
ubers  Herz  gebracht;  aber  selbst  Gerlach  hatte  das  rich- 
tige  Gefiihl,  dass  die  Copulativpartikel  hier  gegen  alle  stili- 
stische  Rhetorik  sei.    Einen  Schritt  weiter  fiihrt  uns  die 
Erwagung,  dass  die  obige  Auffassung  der  ceteri  zwar  durch 
das  Sachverhaltniss  durchaus  geboten  ist,  der  sprachlichen 
Form  nach  aber  doch  ccteri  allzu  vag  dasteht,  wenn  es  sein 
pracisirtes  Verstandniss  erst  aus  dem  nachfolgenden  Final- 
satze  quo  —  tractarent  erhalteu  soll.    Nein,  jenes  que  der 
Handschriften   ist   vielmehr,  wie   in  zahlreichen  analogen 
Fallen,  der  zufallig  erhaltene  Rest  einer  ursprunglichen  Fas- 
sung,  die  nur  durch  Transposition  in  Verwirrung  gerieth, 
und  Sallust  schrieb  wohl  ohne  Zweifel:  'ceteros,  qui  ple- 
bem   in    magistratu    placidius    tractarent,  iudiciis 
terrere.'   Erst  als  der  Mittelsatz  durch  Zufall  iibersprungen, 
dann  nachgetragen,  imd  so  schliesslich  ans  Ende  gerathen 
war,  half  man  durch  ein  aus  dem  que  hervorgegangenes  quo 
nach.    Fur  dieses  quo  setzte  zwar  schon  Kritz  friiher  qui 
ein,  aber  mit  einer  so  lahmen  Wortstellung  oder  vielmehr  319 


Digitized  by  Google 


822  KUITISCUE  MISCELLEN 

Satzstellung  (ceteros  iudiciis  tcrrcre,  qui  —  tractarent),  wie  sie 
des  Sallust  durchaus  unwiirdig  ware. 

4.  Wie  oben  Catil.  c.  53,  so  hat  auch  c.  57  allein 
Dietsch  den  richtigen  Weg  erkannt,  ohne  jedoch,  wie  uns 
scheint,  das  richtige  Ziel  zu  treffen,  wenn  er  als  die  Hand 
des  Sallustius  dieses  hinstellte:  'Neque  tamen  Antonius  pro- 
cul  aberat,  utpote  qui  magno  exercitu  locis  aequioribus  ex- 
pcditus  impeditos  in  fuga  sequeretur':  wo  die  guten  Hand- 
schriften  nur  cxpcditos  in  fuga  geben.  Ueber  den  erforder- 
lichen  Gedanken  und  den  nothwendigen  Gegensatz  herrscht 
ja  im  wesentlichen  kein  Zweifel:  nur  die  Mittel,  durch  die 
man  ihn  zu  gewinnen  gemeint  hat,  verstossen  sammt  und 
sonders  gegen  gesunde  Latinitiit  oder  Rede  ilberhaupt. 
Dietsch  s  Vorschlag  wenigstens  gegen  Sallustische:  eine  so 
pointirte  Allitteration  wie  cxpcditus  impcditos,  und  zwar  nur 
so  im  Vorubergehen  bei  einem  sehr  untergeordneten  Punkte 
angebracht,  gehort  in  die  Sprache  der  Komodie,  ware  auch 
einem  Autor  der  raetas  argentea'  zuzumuthen:  mit  dem  hi- 
storischen  Stil  eines  Sallust  hat  sie,  bei  all  seinem  Anti- 
thesenreichthum,  nichts  gemein.  Aber  allerdings,  ein  durch 
Sylbenahnlichkeit  veranlasster  Ausfall  wird  es  sein,  durch 
den  der  Text  alterirt  worden,  etwa  mit  diesem  Hergange:  ut- 
pote  qui  magno  cxcrcitu  Jocis  acquioribus  cxpedi[to  tarda]tos 
in  fuga  scqueretur.  Den  Nominativ  cxpcditus  darum  festzu- 
halten,  weil  er  in  den  schlechtern  Handschriften  steht,  ist 
reine  Unmethode:  es  ist  ja  das  in  diesen  eben  nur  ein  con- 
jeeturaler  Versuch,  dem  Sinne  durch  den  erforderlichen  Gegen- 
satz,  den  cxpeditos  einleuchtender  Weise  nicht  gab,  irgendwie 
aufzuhelfen.  Aber  ein  unzulanglicher  darum,  weil  die  drei 
Begriffe  magno  excrcitu  und  tocis  acquioribus  und  expcditus 
viel  zu  salopp  und  unverbunden  an  cinander  hangen,  um 
biindige  Rede  zu  geben.  Dass  aber  auf  ein  folgendes  tos 
das  Auge  des  Abschreibers  von  einem  totarda  genau  eben 
80  leicht  iiberspringen  konnte  wie  voh  tus  tarda,  wenn  nicht 
noch  leichter,  bedarf  hoffentlich  keiner  Erorterung.  Und 
wenn  jenes  expcdito  wirklich  in  einem  Miinchener  Codex 
steht,  so  ist  auch  dies  fur  die  Probabilitat  unserer  Annabme 


Digitized  by  Google 


ZU  LATKINISCIIEN  autoren. 


823 


genau  so  irrelevant,  als  wenn  es  nicht  darin  stiinde.  —  Pris- 
cians  Citat  aber  XVIII  p.  1198  (p.  343  H.),  was  beweist  es 
denn  mehr,  als  dass  auch  seine  Sallust-Codices  schon  das- 
selbe  Verderbniss  (expeditos  in  fuga)  hatten,  wie  die  iiltesten 
und  besten  heute  vorhandenen,  der  Ausfall  dreier  Sylben 
also  schon  von  fruherin  Datum  war?  wozu  doeh  wohl  ein 
Verlauf  von  sechs  Jahrhunderten  Spielraum  genug  liess. 
Und  ware  denn  dies  etwa  das  einzige  Beispiel,  dass  Priscian, 
wie  anderwiirts  andere  Grammatiker,  durch  falsche  Lesarten, 
die  sie  in  ihren  Exemplaren  vorfanden,  getauscht  wurden? 
und  zwar  im  Sallust-Texte  selbst?  —  Welchen  Sinn  er  aus 
dem  expeditos  herauslas,  kann  uns  herzlich  gleichgiiltig  sein; 
dass  er  etwa  selbst  eiu  expeditus,  wie  ihn  Hertz  schreiben 
liisst,  hatte  corrigiren  sollen,  hiesse  ein  Nachdenken.  von  ihm 
fordern,  welches  flir  die  dortigen  unverarbeiteten  Materialien, 
die  mit  ihren  syntaktischen  Parallelismen  kaum  mehr  als  320 
durre  Adversarien  geben,  am  allerwenigsten  am  Platze  war. 
Die  ganze  Nutzanwendung,  die  Prisciau  von  der  Sallustischen 
Stelle  gemacht,  ist  an  sich  gedankenlos  genug;  denn  was 
hatte  diese  wohl  mit  der  griechischen  Doppelconstruction, 
zu  deren  Vergleichung  sie  dienen  soll:  'Attici  «Trapeaceud- 
Zovro  ibc  TTOincovTec  Tobe»  Kai  «rroificat  Tdbe*'  in  Wahrheit 
gemein?  Priscian  muss  sie,  wenn  nicht  jedes  tertium  com- 
parationis  fehlen  soll,  nothwendig  so  verkehrt  gefasst  haben, 
dass  er  die  Worte  fneque  Antonius  procul  erat',  statt  rein 
local,  in  dem  Sinne  nahm  fer  war  nahe  daran,  schickte  sich 
an',  und  f  utpote  qui  —  8equeretur,  fOr  fzu  verfolgen'  (=  rnon 
procul  erat  quin  sequeretur')  oder  naher,  dem  ujc  7TOir|COVTec 
entsprechend,  fur  futpote  —  secuturus'.  Eine  schone  Erkla- 
rung  das! 


15)  Zu  Livius.*) 

In  der  liebenswUrdigen  Rede,  die  Flamininus  in  Korinth  479 
an  die  Griechen  halt,  heisst  es  bei  Livius  34,  49,  8: 

libertate  modice  utantur;  temperatam  eam  salubrem  et 

**)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  Bd  XVIII  (1863)  p.  479  f.] 


Digitized  by  Google 


824 


KKITISCHE  MISCELLEN 


singulis  et  civitatibus  esse,  nimiam  et  aliis  gravem  et 
ipsis  qui  habeant  praecipitem  et  effrenatam  esse. 
Das  letzte  Satzglied,  wie  man  es  auch  mit  ErklarungskQnsten 
drehe  und  wende,  behalt  eine  arge  logische  Verkehrtheit. 
Denn  wenn  temperatam  und  nimiam  die  Subjecte  sind,  salu- 
brcm  und  gravem  die  Pradicate,  so  ist  einmal  damit  alles 
Wesentliche  in  wiinschenswerthester  Concinnitat  erschopft 
und  jede  Erweiterung  erscheint  als  iiberhiingender  Luxus. 
Lassen  wir  uns  aber  diesen  selbst  gefallen,  wie  kommen  doch 
die  Adjcctiva  praecipitem  et  effretiatam  dazu,  mit  gravcm  pa- 
rallel  gestellt  zu  werden,  da  ja  jene  Begriffe  einleuchtendcr 
Weise  eben  eine  Gattung  der  libertas  bezeichnen,  mit  nichten 
eine  Wirkung  der  also  gearteten  Freiheit?  Es  kommt  hin- 
zu,  dass  man  nicht  begreift,  wie  sie  mit  einem  Dativ  con- 
struirbar  sein  sollen.  Denn  nichts  konnte  ja  unzutreffendcr 
sein  als  ipsis  praecipitcm  mit  einem  ipsis  periculosam  verdeut- 
lichen  zu  wollen,  da  doch  daraus  dass  z.  B.  ein  praecefis  fu- 
rorf  eine  praeccps  audacia  allemal  auch  eine  Gefahr  in  sich 
birgt,  gewiss  nicht  folgt,  dass  pracceps  'gefahrlich'  bedeute 
und  jemals  ein  Lateinschreibender  gesagt  habe  z.  B.  partium 
furor  civitatibus  pracceps  cst\  ganz  abgesehen  davon,  dass 
selbst  dann  immer  noch  das  effrenatam  ungerechtfertigt  bliebc. 
Darum  ist  es  auch  nichts  mit  einer  Umstelluug,  die  jemand 
vorschlug:  ftemperatam  eam  salubrem  et  singulis  et  civita- 
tibus  esse,  mmiam  et  effrenatam  et  aliis  gravem  et  ipsis  qui 
habeant  praecipitem so  guten  rhythniischen  Fall  auch  an 
sich  diese  Worte  hiitten.  Das  Richtige  wird  man  haben, 
wenn  man  das  neben  praecipitcm^et  effrcnatam  matte  nimiam 
als  Glossem  erkennt  und  sich  erinnert,  welche  Vorliebe  die 
lateinische  Rede  fur  den  rhetorischen  Effect  hat,  der  dadurch 
erreicht  wird,  dass  in  Satzpaaren  mit  doppelter  Gliederung 
die  sich  logisch  entsprechenden  Begriffe  in  umgekehrter 
480  Reihenfolge  auftreten:  f  tcuiperatain  eam  salubrem  et  singu- 
lis  et  civitatibus  esse:  et  aliis  gravem  et  ipsis  qui  habeant 
praecipitem  et  effrenatam.'  Ein  nochiualiges  cssc  nach  dem 
mit  vollem  Gewicht  an's  Ende  gestellten  Subjectsbegriff 
praccipitem  ct  effrcnatam  hat  J.  F.  Gronovs  feines  Latinitats- 
gefilhl  gewiss  richtig  als  schleppend  und  unlivianisch  erkannt. 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEINI8CIIEN  AUTOREN. 


825 


16)  Zu  Tacitus.") 

Hist.  III,  5  ist  Uberliefert:  fTrahuntur  in  partes  Sido  3*> 
atque  Italicus  reges  Sueborum,  quis  vetus  obsequium  erga 
Itomanos  et  gens  fidei  commissior  patientior/  Es  ware 
eine  so  trostlose  wie  fiir  jeden,  der  denken  gelernt  hat,  iiber- 
flttssige  Miihe,  mittels  einer  ins  einzelne  gehenden  Beweis- 
fiihrung  darzuthun,  dass  alle  Versuche  ohne  Ausnahme,  die 
vor  und  in  unsern  Tagen  gemacht  worden  sind,  um  mit 
kleinerer  oder  grosserer  Buchstabenveriinderung  aus  fidei  com- 
missior  patientior  etwas  Verstandliches  herzustellen ,  gegen 
Logik,  Grammatik,  Sprachgebrauch  oder  gesunden  Sinn  sind. 
Das  einzig  Brauclibare,  was  den  schlichten  Gedanken,  der 
erforderlich  ist,  in  schlichter  und  befriedigender  Form  gibt, 
ist  das  von  Halm  nach  Wurm's  Vorschlag  aufgenommene 
gens  fldci  jKiticntior  mit  giinzlicher  Streichung  des  commissior. 
Nur  dass,  um  Ueberzeugung  zu  bewirken,  doch  der  Ursprung 
dieses  seltsamen  commissior,  das  ja  unmoglich  Erklarung  des 
keiner  Erklarung  bediirftigen  Begriffs  patimtior  sein  konnte, 
in  plausibler  Weise  nachgewiesen  werden  muss.  Nun  gehen 
bei  Tacitus  folgende  Siitze  unmittelbar  voraus:  cAc  ne  in- 
ermes  provinciae  barbaris  nationibus  exponerentur,  principes 
Sarmatarum  Iazugum,  penes  quos  civitatis  regimen,  in  com- 
militium  adsciti.  ■  plebera  quoque  et  vira  equitum,  qua  sola 
valent,  offerebant:  remissuni  id  munus,  ne  inter  discordias 
externa  molirentur  aut  maiore  ex  diverso  mercede  ius  fasque 
exuerent/  Diese  Worte  hatte  mit  Recht  im  Sinne,  wer  ira 
Folgenden,  um  die  Beziehung  des  Comparativs  gens  fidei  paticti- 
tior  deutlich  zu  machen,  hinzuschrieb  quam  istorum  (gens), 
niimlich  der  vorerwahnten  principes  Sarmatarum  Iazugum. 
Es  sind  nur  die  landlaufigen  Vertauschungen,  vermoge  deren 
das  in  seiner  Absicht  nicht  mehr  verstandene  quamisto^ 
in  ein  vermeintlich  Taciteisches  comissior 
verschlimmbessert  wurde,  sei  es  mit  oder  ohne  Mittelstufen. 


*)  [Rhein.  Muaeum  f.  Philol.  Bd.  XXI  (1866)  p.  320.] 


826  KKITISCHE  MISCELLEN 


4t«        *)  Annal.  I,  50  heisst  es  von  Germanicus:  'Inde  sal- 
tus  obscuros  permeat  consultatque ,  ex  duobus  itineribus 
breve  et  solitum  sequatur  an  impeditius  et  intemptatum 
eoque  hostibus  incautum.    Delecta  longiore  via  cetera  ac- 
celerantur'  u.  s.  w.   Schon  Eduard  Wurm  iui  Philologus  IX 
p.  90  ff.  hat  einleuchtend  entwickelt,  dass  es  eine  mit  nichts 
zu   rechtfertigende   logische   Verkehrtheit  sein   wurde,  zu 
sagen:  'er  durchzieht  den  Wald  und  Uberlegfc,  ob  er  den 
kilrzern  und  bequemern,  oder  den  schwierigern,  aber  vom 
Feinde  unbeachteten  Weg   einschlagen  solle da  ja  die 
Ueberlegung   dem    Durchmarsch   nothwendig  vorausgehen 
mu8s.    Zumal  wenn  gleich  darauf  fortgefahren  wird:  *Cae- 
cina  cum  expeditis  cohortibus  praeire  et  obstantia  silvarum 
amoliri  iubetur:  legiones  modico1  intervallo  sequuntur.'  Aber 
weder  Wurms  pcrvenit  fiir  permcat,  woran  er  selbst  nicht 
glaubt,  noch  sein  inde  ad  saltus  obscuros  permcat,  woran  er 
glaubt,  kann  genOgen.    Nicht  darin  liegt  der  wesentliche 
Anstoss,  dass  iiberhaupt  der  Hauptbegriff,  der  Durchmarsch, 
als  das  Generelle  vorangestellt  wird,  dann  erst  die  Modali- 
taten  nachgebracht  werden  —  was  ja  erlaubt  ist  — ,  son- 
dern  dass  ein  specieller  Theil  dieser  Modalitaten,  der  der 
Natur  der  Sache  nach  vor  die  DurchfUhrung  des  Haupt- 
begriffs  fallt,  und  er  allein,  mittels  eines  zweiten  Verbum 
finitum  dem  Hauptbegriff  parallel  gestellt '  wird.    Jeder  An- 
stoss  fiillt  weg,  sobald  man  mit  Hinzuftigung  eines  einzigen 
Buchstaben  schreibt:  fInde  saltus  obscuros  permeat,  cotisul- 
tatoquc  ex  duobus  itineribus  breve  et  solitum  sequatur  an 
impeditius  et  intemptatum  eoque  hostibus  incautum,  delecta 
longiore  via  cetera  accelerantur',  wo  das  qtte  so  viel  ist  wio 
fund  zwar'. 


*)  [Rhein.  Maseum  f.  Philol.  Bd.  XXI  (1866)  p.  488.J 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEINISCHKN  AUTOREN. 


827 


17)  Zu  Plinius'  Kuns  tgeschich  te.*) 

Nachdem  Plinius  N.  H.  XXXV,  9  §  36  vom  Maler  475 
Apollodorus  gesprochen,  geht  er  auf  Zeuxis  tiber  mit  diesen 
Worten: 

Ab  hoc  artis  fores  apertas  Zeuxis  Heracleotes  iu- 
travit  olyfhpiadis  nonagesimae  quintae  anno  quarto 
.  audentemque  iam  aliquid  penicillum  .  .  .  .  ad  magnam 
gloriam  perduxit,  a  quibusdam  falso  in  LXXXIX  olym- 
piade  positus,  cum  fuisse  necesse  est  Demophilum 
Himeraeum  et  Neseam  Thasiuin,  quoniam,  utrius  eorum 
discipulus  fuerit,  ambigitur. 

Hier  nimmt  nun  Sillig  im  Catal.  artif.  p.  459  ff.  und 
seitdem  auch  in  seiner  Ausgabe  die  Zahl  LXXIX  fUr  LXXXIX 
aus  Haudschriften  auf  und  rechtfertigt  dies  am  ersten  Orte  476 
mit  den  Worten:  fEx  vulgari  scriptura  duodetrigiuta  tantum 
anni  prodeunt,  quibus  sane  Zeuxis  floruerit  oportet,  ut  reli- 
qua  de  praeceptoribus  verba  inepte  tantum  addita  videri 
possent;  nostra  vero  lectionc  opinio  chronologoruni  vere 
refutatur,  quoniam  ab  hac  ol.  usque  ad  XCV  sexaginta 
septem  (warum  nicht  octo?)  anui  orirentur,  quod  temporis 
.spatium  illa  quidem  aetate,  qua  et  inter  Graecos  uctKpopioi 
rarescebant,  Zeuxis  arte  sua  vix  explere  potuit.  Huc  accedit 
quod  Zeuxis  non  ol.  XCV,  4  primum  artem  exercuit,  ut 
verba  Plinii  indicare  possent,  sed  iam  ante  nobilis  factus 
est,  quod  ex  pictura,  quam  Archelao**)  donavit,  colligere 
licet,  ut  proinde  ol.  LXXXIX  omnino  non  apta  sit.  Eo 
melius  contra  omnia  procedunt,  cum  Demophilum  et  Neseani 
ol.  LXXIX  tioruisse  statuimus.'  Man  sieht,  Sillig  nimmt  den 
Satz  mit  quoniam  als  Beweis  fiir  das  in  falso  liegende  Urtheil, 
oder  mit  andern  Worten,  er  findet  in  dem  ganzen  Zusatze 
die  von  Plinius  gegebene  Widerlegung  derjenigen,  die  den 
Zeuxis  nicht  in  01.  95  setzten.  Dies  ist  aber  sprachlich  und 

*)  [Rhein.  Museum  f.  Philol.  N.  F.  Bd.  UI  (1845)  p.  475  ff.] 

**)  Von  01.  91,  3  bia  95,  1,  nicht,  wie  Sillig  will,  von  91,  4 
bis  95,  3. 


828 


KKITISCHE  MISCELLEN 


sachlich  gleich  unmoglich.  £rstlich  muss  Sillig  offenbar  das 
cum  in  dem  Sinne  von  fiu  welcher  Zeit'  gefasst  haben; 
aber  in  dieser  relativen  Anwendung,  dass  das  Object,  welches 
bestimmt  werden  soll,  schon  vorher  gegeben  sei,  sagt  man 
ja  im  Lateinischen  nicht  cum,  welches  zwar  das  Deinonstra- 
tivum  in  sich  einschliessen  und  so  fQr  co  tempore,  quo  (nSm- 
lich  in  der  protasis),  aber  nicht  fur  quo  temporc  gesetzt 
werden  kann.  Wer  wird,  wo  es  auf  wirkliche' Zeitbestimmung 
ankomuit,  sagen  eo  anno,  cum?  Dem  ware  nun,  wenn  es 
Noth  thate,  leicht  abzuhelfen  durch  die  Veranderung  in  qua. 
Allein  welche  unbiindige  und  darum  unklare  Folge  der  Ge- 
danken  hatte  dann  Plinius  gewahlt,  wo  man  vielmehr  er- 
wartete:  quoniam,  qui  hac  ipsa  aeteUe  (oder  olympiade)  fuerunl 
JJemophilus  ct  Nescas,  corum  utritis  di-sciptdus  fuerity  ambigitw. 
Denn  auch  das  hier  ubergangene  necesse  est  begreift  man 
nicht  recht,  da  es  mit  keinem  Worte  motivirt  ist,  und  doch 
477  die  Zeit  der  beiden  wenig  namhaften  Kiinstler  nicht  als 
etwas  so  Bekanntes,  als  ein  so  fester  Anhaltpunkt  voraus- 
gesetzt  werden  kann,  dass  daran  das  Schlagende  der  Wider- 
legung  sogleich  einleuchtete.  Nicht  besser  steht  es  mit  dem 
Inhalte  dieser  vermeintlichen  Widerlegung.  Sillig  verlangt 
einen  sehr  langen  Zwischenraum,  um  den  Plinius  so  schliessen 
zu  lassen:  wenn  Zeuxis  01.  95  (oder  in  Wahrheit,  wegen  des 
Verhaltnisses  zu  Archelaus,  auch  immerbin  schon  etwas  fruher) 
gebluht  hat,  so  kann  er  nicht  auch  schon  01.  79  gebluht 
haben,  weil  dazwischen  64  Jahre  (oder  etwas  weniger)  liegen; 
wohl  aber,  meint  er,  hatte  Plinius  einsehen  mflssen,  dass 
28  Jahre  (oder  gar  noch  weniger)  die  Bliithezeit  eines 
Kunstlere  fQglich  dauern  konne.  Wir  wollen  uns  nicht  dabei 
aufhalten,  dass  es  ja  die  Meinung  der  Gegner  gewiss  nicht 
war,  den  Zeuxis  sowohl  in  01.  79  als  auch  in  01.  95  an- 
zunehmen,  sondern  nur  in  01.  79,  so  dass  der  zur  Wider- 
legung  dieser  Annahme  gebildete  Schluss,  der  von  01.  95 
als  festem  Punkte  ausgeht,  eine  petitio  priucipii  enthalten 
wtirde;  auch  das  sei  nur  fliichtig  beruhrt,  dass  ja  nach  den 
Worten  des  Plinius  die  Zeit  von  01.  79  mit  nichteu  als  die 
Blflthezeit  des  Malers  gedacht  wird;  was  aber  bei  der 
obigen  Erklarung  auf  die  befremdlichste  Weise  ausser  Acht 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEINISCHEN  AUTOREN.  . 


829 


gelassen  ist,  das  ist  das  ganz  undenkbare  chronologische 
Verhaltniss  zwischen  Lehrer  und  Schliler,  welches  dem  Pli- 
nius  als  eigene  Meinung  aufgebiirdet  wird.  Mit  einem  nccesse 
est  wird  der  Lehrer  in  01.  79  gesetzt,  und  erst  64  Jahre 
spater  soll  der  Schiiler  gebliiht  haben?  Sillig  hatte  ganz 
vergessen,  dass  ja  mit  der,  durch  das  angebliche  Raison- 
nemeut  des  Plinius  zurflckgewiesenen,  Gleichzeitigkeit  der 
beiden  Kflnstler  und  des  Zeuxis  in  01.  79  nicht  auch  das 
Schfllerverhaltniss  des  letztern  zu  einem  der  erstern  tiber- 
haupt  aufgehoben  wird.  Weit  unanstossiger  wiire  in  Silligs 
Sinne  wenigstens  diese  einfache  Schlussfolge  anzunehmen 
gewesen:  einer  der  beiden  Ktinstler  Demophilus  und  Neseas 
war  des  Zeuxis  Lehrer;  diese  lebten  um  01.  89;  folglich 
kann  des  Schiilers  Bliithezeit  nicht  auch  in  diese  Zeit  ge- 
setzt  werden,  sondern  muss  spater  fallen.  Denn  so  viel  ist 
klar,  dass  nach  dem  individuellen  Zusammenhange,  je  nach- 
dem  Lehrzeit  und  Bltithezeit  unterschieden  werden  oder  nicht, 
je  nachdem  die  Zeitabstiinde  kleiner  oder  grosser  sind,  je  47» 
nachdem  es  auf  genaue  Bestimmungen  oder  nur  allgemeine 
Schatzungen  ankomint,  die  Lebenszeit  des  Lehrers  sowohl 
zum  Beweise  als  zur  Widerlegung  der  Gleichzeitigkeit  des 
Schiilers  angewendet  werden  kann.  Ein  Zwischenraum  von 
einigen  zwanzig  Jahren  konnte  nun  keineswegs  als  schlecht- 
hin  unpassend  gelten,  um  ein  natiirliches  Verhaltniss  zwischen 
Lehrzeit  und  Meisterschaft  zu  geben;  einer  von  etwa  60  Jahreu 
(wenn  man  LXXIX  aufnahme)  miisste  es  unbedingt.  Alleiu 
die  iibrigen,  oben  vorangestellten  Bedenken  haben  so  nichts 
von  ihrem  Gewicht  verloren.  Auch  daran  darf  nun  nicht 
gedacht  werden,  dass  in  dem  fraglichen  Satze  etwa  der 
Beweisgrund  derjenigen  enthalten  sei,  die  den  Zeuxis,  sei  es 
in  01.  79  oder  89,  ansetzten.  Einmal  miisste  dies  statt 
cum  fuisse  necessc  est  doch  heissen  qua  fuisse  necesse  sit\  so- 
dann  diirfte  eine  anscheinend  so  gut  begrflndete  Meinung 
nicht  ohne  ein  widerlegendes  Wort  des  Plinius,  nicht  ohne 
eine  wenn  auch  nur  andeutende  Rechtfertigung  des  katego- 
rischen  falso  bleiben.  Nichts  ist  iibrig  als  die  auch  ganz 
unverfangliche  Annahme,  Plinius  habe  die  widersprechende 
Meinung  der  quidam  nur  einfach  angefiihrt,  ohne  ihre  Griinde, 


830 


KKITISCHE  MISCELLEN 


und  ebenso  einfach  ftir  falsch  erklart,  ohne  seine  Grunde 
hinzuzuftigen.  Schon  das  necessc  est  leitet  darauf,  in  diesem- 
Satz  nicht  sowohl  ein  Axiom  als  eine  Folgerung  zu  suehen, 
die  in  deni  quoniam  ihre  Begrttndung  finde.  Weil  entweder 
Demophilus  oder  Neseas  fttr  den  Lehrer  des  Zeuxis  gilt,  so 
ergibt  sich  dem  Plinius  hieraus  im  Vorbeigehen  zugleich 
eine  allgemeine  Zeitbestimmung  dieser  beiden,  sonst  sicher- 
lich  durch  keinerlei  chronologische  Ueberlieferung  fixirten 
Kttnstler.  Plinius  schrieb  hochst  wahrscheinlich:  *a  quibus- 
dam  falso  in  ol.  LXXXIX  positus.  Quocum  fuisse  necesse  est 
Demophilum  Himeraeum  et  Neseam  Thasium,  quoniam,  utrius 
eorum  discipulus  fuerit,  ambigitur\  Der  Gebrauch  des  esse 
fttr  vivere  ist  dem  Plinius  ganz  gelaufig,  z.  B.  XXXVI,  5 
§  4:  ccum  ii  essent,  iam  fuerant  in  Chio  iusula  Malas 
sculptor,  dein  filius  eius  Micciades*  e.  q.  s.,  'Hippouactis 
poetae  aetate,  quem  certum  est  LX  olympiade  fuisse\  Hier 
hat  man  auch  an  dem  ccrtutn  cst  ein  Beispiel,  wie  unser 
Schriftsteller  sich  ausdrttckt,  wo  er  eine  Angabe  als  uu- 
479  zweifelhafte  Thatsache  bezeichnen  will.  Dass  nun  die  Lesart 
LXXIX  nicht  mehr  nothwendig  ist,  ist  von  selbst  klar; 
sie  hat  aber  auch  nicht  einmal  an  sich  die  geringste  Wahr- 
scheinlichkeit,  und  zwar  ganz  einfach  wegen  der  allzu  grosseu 
Handgreiflichkeit  des  Irrthums.  Dagegen  wie  man  auf  01.  89 
(die  durch  die  Bamberger  sowie  die  erste  Ambrosianische 
Hand8chrift  Bestiitigung  erhalt)  fallen  konnte,  liegt  so  nah<'. 
dass  wir  in  starke  Versuchung  gerathen,  das  mit  falso  aus- 
gesprochene  Verwerfungsurtheil  des  Plinius  fQr  ein  nicht 
hinlanglich  erwogenes  zu  halten.  Dass  die  Zeitbestimruung 
des  Plinius  ungenau  sei,  lag  jedeufalls  zu  Tage;  denn  schon 
mehrere  Jahre  vor  01.  95,  4  starb  Archelaus  von  Macedo- 
nien,  dem  Zeuxis  nach  Aelian's  (V.  H.  XIV,  7)  und  des 
Plinius  eigener  Angabe  seinen  Palast  malte  und  ein  (ienialdc 
des  Pan  zum  Geschenk  machte.  Dazu  kommt,  dass  doch  rait 
den  Worten  artis  fores  intravit  nicht  wohl  kann  die  Zeit 
bezeichnet  sein,  da  der  Kunstler  in  der  Blttthe  seiner  Meister- 
schaft  stand,  sondern  da  er  zu  malen  anfing;  wodurch  denn 
die  Ungenauigkeit  der  Zeitbestimraung  schon  recht  gross 
wird,  und  wir  unvermerkt  der  89sten  Olynipiade  iramer  naher 


Digitized  by 


ZU  LATEINISCHEN  AUTOREN.  831 

riicken.  Um  so  wahrscheinlicher,  weil  in  seinen  Ursachen 
einleuchtend,  wird  es  also,  dass  eine  Meinung,  die  den  Zeuxis 
in  01.  89  die  Kunstlerbahn  betreten  (artis  fores  intrare)  liess, 
wirklich  existirte,  und  nicht  nur  dies,  sondern  selbst  die 
richtigere  war,  trotz  des  Plinius  —  wir  wissen  nicht  wie 
begrttndetem  —  Widerspruch.  lch  weiss  nicht,  ob  es  ahn- 
liche  Betrachtungen  gewesen  sind,  die  Miiller  im  Handb. 
der  Archaol.  p.  133  f.  zu  dem  Ansatze  von  01.  90  bewogen; 
denn  das  Verhaltniss  zu  Archelaus  alleiu,  worauf  sich  Miiller 
beruft,  berechtigt  noch  nicht  gerade  so  weit  zurttckzugehen. 
Den  Namen  'Demophilus'  und  'Neseas*  wird  hiernach  in 
einer  neuen  Ausgabe  des  Catalogus  artificum  (p.  182.  292) 
statt  '01.  79*  vielmehr  c.  01.  95  nach  der  Meinung  des 
Plinius,  und  daneben  01.  89  als  anderweitige  und  wohl 
glaubwiirdigere  Ueberlieferung  beizufttgen  sein. 


18)  Ueber  die  Glosse  'entoridia*  bei  Philoxenus. 

[G.  Loewe  hatte  in  den  Acta  soc.  philol.  Lips.  Bd.  II 
p.  469  f.  die  Glossen  des  Philoxenus  p.  87,  15  und  39 
(entoridia  und  etorida  =  iv  Tiy  jueiaHu)  besprochen  und  in 
entoridia  eine  alterthiimliche  Form  fttr  interia  vermuthet: 
denn  wie  dem  in  ein  endo,  weiter  indu,  so  sei  dem  inter  ein 
entor  vorausgegangen,  und  wie  dem  post  ein  poste,  weiter  ein 
postid  vorausliege,  aus  dera  postidea  gebildet  wurde,  so  dem 
entor  ein  entorid,  aus  dem  entoridia  ward.  Daran  schliessen 
sich  RitschPs  Bemerkungen  p.  470  f.  an.    C.  W.] 

Ist  auch  der  hier  eingeschlagene  Weg  im  allgemeinen  470 
gewiss  der  richtige,  so  wird  doch  im  einzelnen  einiges  noch 
scharfer  zu  pracisiren  und  demzufolge  zu  modificiren,  auch 
wohl  noch  ein  Schritt  weiter  (in  gewissem  Sinne  weiter 
zurttck)  zu  thun  sein.  Zuniichst  sollte  man  doch  fttr  so  alte 
Zeit  ein  e  statt  des  jiingern  %  erwarten,  uicht  nur  in  der 
Endung  -ea  statt  -ia,  sondern  selbst  in  der  vorangehenden 
Sylbe  -ed-  statt  -id-}  wie  ja  auch  ohne  Zweifel  vor  postid 
ein  posted  (ausgehend  von  poste)  existirte:  also  -edea.  In- 


r 

Digitized  by  Google 


832 


KKITI8CUE  MISCELLEN 


dessen  gibt  es  doch  einen  Gesichtspunkt  fur  das  Verstand- 
niss  dieses  t. 

So  gewiss  es  ist,  dass  e  alter  war  als  »,  und  so  gewiss 
diejenigen  das  wahre  Verhaltniss  geradezu  auf  den  Kopf 
stellen,  die  ebenso  gut  wie  ein  iilteres  e  in  jungeres  t,  so 
auch  schlechthin  ein  iilteres  t  in  jtingeres  e  Qbergehen  lassen, 
so  ist  doch  dabei  Eines  nicht  ausser  Acht  zu  lassen.  Dieser 
Vocalwandel  (wie  andere  mehr)  lag  so  sehr  in  einem  ein- 
geborenen,  ursprunglichen  Triebe  des  alten  Latein,  dass  es 
gar  nicht  zu  verwundern  ist,  wenn  ihm  schon  recht  fruh- 
zeitig  in  einzelnen  Ansatzen  nachgegeben  ward,  die  sich  nnr 
zunachst  nicht  behaupteten  und  zu  durchgreifenderer  Geltung 
brachten,  sondern  neben  dem  Altherkominlichen  nur  spora- 
disch  auftauchten,  sich  auch  wohl  im  Wechsel  mit  jenem 
eine  Zeit  lang  erhielten,  bis  sie  erst  spater  entweder  zum 
volligen  Durchbruch  kamen  und  das  Alte  ganzlich  Ober- 
wanden,  oder  auch  diesem  gegeniiber  folgenlose  Versuche 
blieben  und  wieder  spurlos  verschwanden.  Zu  dem  letzteru 
Falle  (um  hier  nur  Andeutungen  zu  geben)  gehort  es  z.  R, 
wenn  in  der  erst  kurzlich  an's  Licht  getretenen  merkwur- 
digen  Inschrift  von  Luceria  (Ephemeris  epigraph.  II  p.  205) 
STIRCVS  geschrieben  ist;  von  der  erstern  Kategorie  sind 
die  Beispiele  so  zahlreich,  dass  sie  jeder  weiss  oder  wisseu 
kann.  Ich  wiisste  mioh  Qber  dieses  ganze  VerhSltniss  nicht 
deutlicher  und  anschaulicher  auszudrucken,  als  es  im  Rliein. 
Museuni  XXIV  (1869)  p.  2  f .  in  Beziehung  auf  die  Ent 
wickelung  und  die  Uebergiinge  der  Schriftzeicheu  geschehen 
ist,  da  ganz  dieselben  Gesichtspunkte  auch  fOr  die  Laut- 
sprache  gelten. 

Hingegen  nach  der  entgegengesetzten  Seite  hin  muss 
das  o  statt  e  befremden  in  dem  vermeintlichen  enfor  =  inter: 
nicht  als  etwas  ausserhalb  des  allgemeinen  Gesetzes  der 
Vocalabergiinge  liegendes*),  wohl  aber  als  etwas  gerade  fflr 

*)  [Dazu  kaoi  in  der  praefatio  de»  2ten  Bandes  der  Acta  p.  XII 
folgender  Zusatz  Kitscbrs:  Mbi  i|uam  leviter  tetigimus  o  tocalis  in  e 
transitionem  cum  nunc  nequaquam  animua  sit  longius  pereequi  certw- 
que  finibu»  suifl  coercere,  tameu  eo  de  genere  unam  modo  memonam 
valde  singularem  hic  designare  potius  quam  disceptare  Hceat.  Quippe  in 


Digitized  by 


t 

ZV  LATKINI.SCHEN  AUTOKEN. 


833 


diesen  Fall  so  hochaltertliamliches,  dass  wir  kaum  eine 
wirklich  zutreffende  Analogie  zur  Hand  hiitten.  Da  nun 
fernerweit  in  so  zahlreichen  Fiillen  dem  spatern  in  ein  frttheres  471 
cndo  (weiterhin  indu)  vorausging,  so  mochte  es  nahe  genug 
liegen,  in  der  iiberlieferten  Glosse  den  Ausfall  einer  Sylbe 
zu  verinuthen,  die  Hand  in  Hand  ging  mit  der  Versetzung 
zwei  benachbarter  Buchstaben,  d.  h.  cntoridia  als  aus  endote- 
ridia  verstiimmelt  anzusehen  (um  hier  das  i  =  e  einmal  auf 
sich  beruhen  zu  lassen).  Ein  endoter,  auf  einer  spatern 
Sprachstufe  ohne  Zweifel  indutcr,  als  Vorgiinger  von  inter, 
steht  so  sehr  auf  einer  Linie  mit  den  in  der  vorletzten  An- 
merkung  |p.  409  Anm.  **  von  Loewej  zusammengestellten 
Compositis  [wie  endocineti,  cndoclusa,  endofestabat,  endogcnia; 
indupcdat,  indnpero],  dass  es  fiir  seine  Glaubwiirdigkeit  gar 
keiner  weitern  Empfehlung  bedarf.  Konnte  nun  wirklich, 
wie  nebeu  post  ein  posHd,  so  neben  inter  ein  interid, 
also  iilter  etiterid  und  cndoterid  bestehen ,  so  steht  auch 
schlechterdings  nichts  entgegen,  dieselbe  Zusammensetzung, 
wie  wir  sie  einerseits  in  postid-m  antid-ca,  anderseits  mit 
dem  einfachen  intcr  noch  in  interea  selbst  (gleich  propterca, 
praetcrca)  vor  uns  haben,  auch  fiir  ein  iilteres  interid-ea, 
cntcrid-ca,  endotcrid-ca  gelten  zu  lassen.  Ob  die  Zeitstufe, 
auf  die  sich  die  Glosse  bezieht,  schon  hatte  c  in  t  iibergehen 
lassen,  oder  ob  in  der  Glosse  c  fiir  *  zu  corrigiren  ist,  bleibe 

vetuBtis  gloaais  felici  industria  Gustavi  Loewii  pervestigatis  etiam  haec 
ent,  quam  cum  testium  indicio  subiecimus: 

'consebat,  exaoatimabat ' :  cod.  Leid.  saec.  VIII  f.  65 vc 
('exestimabat');  Voss.  lat.  fol.  11.  82  (f  exaestimabat')? 
Voss.  lat.  fol.  n.  24  (f  existimabat'). 
'consuistis,  statuistis':  Voss.  24  et  82;  gl.  Paris.  ap. 

Hildebr.  p.  75. 
fcoii8uerunt,  iudicaverunt,  arbitrati  sunt':  cod.  Sangerm. 
ap.  Hildebr.;  it*'m  Papias  (f  arbitrati  sunt,  ordinaverunt, 
iudicaverunt'). 

Et  locis  et  interpretatione  diversa  tria  testimonia  in  uuam  notiouem 
conspirantia  dubitari  nequit  quin  eam  vim  babeant,  ut  revera  anti- 
quiorem  ante  ccnstre  ex.stitisse  consere  formam  nobis  persuadeant. 
Cuius  formae  quae  ratio  sit  et  origo  quaeque,  ut  videri  potest,  cum 
similibus  affinitas,  etsi  minirae  iu  propatulo  est,  tamen  aliquid  etiam 
futurae  meditationi  relinquendum  putamus.'    C.  \V.] 

fk  RiT.scnKUi  orvsrvi.A  iit.  63 


Digitized  by  Google 


834 


KKITISCHE  MISCELLEN 


billig  dahingestellt.  Aber  nicht  fraglich  kann  es  sein,  dass 
jene  Periode  noch  das  alte  ablativische  d  bewahrte,  da  uns 
ja  selbst  im  SC.  de  Bacch.  noch  ARVORSVM  EAD  vorliegt 
Wie  also  auch  die  Glosse  selbst  ursprunglich  lautete,  jeden- 
falls  fuhrt  sie  uns,  in  Verfolgung  reinster  Consequenzen  aus 
lauter  thatsiichlichen  Analogien,  auf  einen  Standpunkt  der 
Betrachtung,  von  dem  aus  sich  uns  eine  iiberraschende  Per- 
spective  in  weit  zuriickliegendes  Urlatein  eroftnet:  ein  Latein, 
welches  —  mag  uns  die  Form  noch  so  fremdartig,  schier 
abenteuerlich  anmuthen  —  statt  des  spatern  schlichten  interea 
ein  schwerfalliges  endoteredead  hatte.  Kein  Wunder,  dass 
solches  Latein  ein  Polybius  nicht  mehr  verstand.  Erst  dem 
Aelius  Stilo,  so  viel  wir  zu  urtheilen  vermogen,  war  es  vor- 
behalten,  auf  dem  Wege  gelehrter  Forschung,  wie  durch  die 
Commentirung  der  Salischen  Liturgien  und  der  zwolf  Tafeln, 
jene  Ursprache  der  Vergessenheit  zu  entreissen  und  ikre 
Kenntniss,  wenigstens  theilweise,  fttr  die  Folgezeit,  soweit 
diese  sich  dafur  interessirte,  zu  bewahren:  und  auf  ihn  als 
letzte  Quelle  werden  denn  auch  die  derartigen  spiirlichen 
Reste  zuriickgehen,  die  sich  in  unsere  Glossarien  gerettet 
haben. 


*)  Cetemui  in  eis  quae  de  Philoxeni  glossa  'cntoridia' 
ratiocinati  suinus,  non  nos  fugit  unum  quiddam  incertius 
esse  reliquis:  hoc  quidem,  num  ea,  quae  in  postid  antid  ante 
oculos  est,  terminatio  omnino  ad  alias  quoque  praepositiones 
ipsamque  inter  umquam  pertinuerit.  Quod  qui  neguverit 
(quando  neutram  in  partem  demonstrandi  evidentia  iu  promptu 
est),  non  poterit  non  diffidere  priscae  alicui  sive  enloridia 
sive  endoteridia  =  endoteredead  formae.  Quo  tamen  confiden- 
tius  teneri  endoteread  poterit  utpote  ab  aualogia  nulJi  pror- 
sus  dubitationi  obnoxia.  — 

**)  Cum  de  endo  forma  deque  Philoxeni  glossa  fentorid\a 
disserebamus,  non  debebat  nos  fugere  quas  iu  eodem  genere 
doctrinae   copias   iam  0.  Ribbeckii  diligentia  eongessi^et 

*)  [Praef.  Act.  1.  1.  p.  XII.] 

**)  [Praef  Act.  soc.  phil.  Lips.  vol  V  p.  III  Bq.] 


Digitized  by 


ZIT  LATEINISCHKN  AUTOREN. 


835 


Trag.  fragm.  coroll.  p.  XII  sq.  Nisi  quod  Vulcanius  quidem 
voluit  fortasse  endoteridia  emendari,  reapse  tamen  haec  potius 
scripsit  'Notarum'  p.  36,  24:  'Entoridia,  et  infra  lin.  38 
Etorida\  Leg.  Endoridia  pro  Interea,  ut  Postidia  pro  Postea':  iv 
calami  errure  ut  putamus  aut  vitio  typothetae.  Id  quod  eo 
probabilius  fit,  quod  Vulcanium  monstrari  potest  cum  in 
adnotando  Philoxeno  tum  in  edendis  emendandisque  'Isidori* 
qui  fertur  glossis  totum  pendere  e  Scaligeri  auctoritate:  ut 
hunc  ipsum  cogitasse  de  endoteridia  forma  veri  simile  sit. 
Hinc  aliquid  eius  rei  permanasse  ad  Meursium  videtur,  cuius 
liaec  verba  sunt  in  Exercitationum  crit.  parte  I  (edita  Lugd. 
Bat  a.  1599)  p.  09,  spectantia  ea  ad  Casinae  Plautinae 
prol.  v.  33:  \Scribo  postidea  rursum.  Nam  dicebant,  ut 
notum  est,  Antidea,  Postidea,  Int/ridea.  Et  male  hodie  in 
glossis  legitur  Entoridia,  ev  tuj  ueTaEu.  Scribo  Endoteridea 
pro  Interidia?  Vbi  et  notum  id  esse  dicit,  de  quo  ipso 
quaeritur ,  et  perversissima  Plautinum  versum  mutatione 
pessumdedit.  —  Ceterum  nulla  esse  dubitatio  potest  quin, 
quae  in  Kalendario  Praenestino  ter  exstat  EN  nota,  sat 
saepe  ea  etiam  in  ceteris  rediens,  non  sit  aliter  nisi  endoter- 
eisus  interpretanda  ex  ipsius  Verrii  Flacci  sententia. 


19)  Mittheilungen  aus  und  ttber  Handschriften.*) 

1.  Vtrsus  de  XH  ventis  Tranquilli  Physici. 

Der  zuvorkommenden  (liite  des  Herrn  Theodor  Oehleriso 
aus  Frankfurt  a.  M.,  den  bibliographische  Studien  im  wiir- 
digsten  Sinne  des  Wortes  auf  auswiirtigen  Bibliotheken  be- 
schaftigen,  verdanken  wir  eine  Keihe  von  Mittheilungen  aus 
lateinischen  Handschriften,  wovon  wir,  was  in  niiherer 
Beziehung  zur  classischen  Litteratur  steht,  gern  zu  weiterer 
Kenntniss  bringen.  Ein  Brusseler  Codex  des  zwulften  Jabr-  131 
hunderts,  n.  10721,  enthiilt  unter  obiger  Aufschrift,  iiber  die 


*)  [Rhein.  Maseum  f.  Philol.  N.  F.  Bd.  I  (1841)  p.  130-  140.] 

63* 


Digitized  by  Google 


I 


830  KRITIHCHE  MIHCELLEN 

ein  mihercr  Aufschluss  nicbt  vergonnt  ist,  ein  versiticirtes 
Stttck,  welches  trotz  der  Leoniuischen  Verse  ungefahr  eben 
so  gut  einen  Platz  in  Wernsdorfs  'Poetae  latini  minores' 
oder  Burmans  'Anthologia  latiua*  verdiente,  wie  das 
dort  Bd.  V  p.  523  ff'.,  hier  II  p.  380  abgedruckte  Carmen 
dc  ventis,  von  dein  unsere  Verse  eine  erweiternde  Bearbeituug 
zu  sein  scheinen.  Sie  niogen  hier  folgen,  wie  sie  aus  der 
Handschrift  copirt  sind,  nur  niit  hinzugefiigter  Interpunctiou; 
die  nothigen,  nieist  kleinern  Verbesserungen  niag  aubringeu, 
wer  wieder  eiunial  Poetae  minores  herausgibt.  Fiir  die  sach- 
lichen  Beziehungen  ist  aui  aufklarendsten  Ukert  s  Aufsat/. 
fflber  die  VVindscheiben  und  VViude  der  Griechen  und  Ilomer' 
in  der  Zeitschrift  f.  d.  Alterthuniswissenschaft  1841  p.  121  ffv 
wegen  der  dort  genommenen  Riicksicht  auf  das  gedruckt*? 
Gedicht  de  rentis,  welches  Genelli  in  VVrolf  s  Analekten  IV 
p.  401  ff.  imd  K.  von  Rauiner  im  lthein.  Mus.  fur  Phil.  V 
p.  497  tt*.  nicht  gekannt  zu  haben  scheineu. 

Quatuor  a  quadris  uenti  flant  partibus  orbis: 
Quisque  sibi  comites  geminos  alit  inferiores. 
Hi,  uelut  in  circo  positi  snb  climate  certo, 
Sic  elementa  mouent,  ut  eisdem  non  simul  instent. 
6     Si  furerent  pariter,  sua  quippe  remitteret  aer 
Pondera,  continui  lassatus  turbine  belli. 
Succedunt  uicibus  nunc  hic  nunc  ille  solutus, 
Et  uertit  terras  et  cogit  hebescere  nautas. 

Primus  Cardinalis  Septentrio 

Laterales  eius  Cyrcius  et  Boreas. 

Priinus  ab  axe  uenit  concretaque  frigora  ducit 
10     Emundans  Scythicas  Septentrio  nubibus  oras. 

Saeuior  hoc  alius  non  est:  seu  stringere  siccus, 

Siue  Gaetas  pluuiis  aspergere  coeperit  albis. 

Nomen  Aparctias  sumit  delatus  Athenas. 

Circius  huic  dexter,  Boreas  uolat  inde  sinister. 
15     Quis  uti  soleant  his  Graeca  uocabula  restaut. 

Namque  prior  lingua  uocitatur  Thrascias  illa, 
iit         Kespuat  hexametrum  quamuis  ea  dictio  uersum. 


Digitized  by  Google 


ZU  LATKINISCIIKN  AUTOBEN.  837 

Ipse  facit  madidos  et  grandine  uerherat  agros. 
Inde  sequens  Aquilo  dictus  consurgit  ab  alto, 

20     Nubila  concuticns,  sed  rarior  exit  in  imbres. 
Frigidus  ignotas  Rhenus  exasperat  undas, 
Et  nuper  liquidam  glaciem  facit  esse  procellam, 
Perpetuum  montem  iam  de  se  parturientem. 
Additur  Aeolio  tam  magna  potentia  monstro: 

*:>     Hoste  sub  hoc  nudas  refugit  sua  gloria  siluas, 
Conqueriturque  breuem  tellus  exhausta  decorem. 
Omnia  uincentes  isti  tres  conlaterales 
Suspiraut  tumidis  hyemalia  tempora  buccis. 

Seeundus  Cardinalis  Subsolanus 
Laterales  eius  Vulturnus  et  Eurus. 

At  Subsolanus  rutilo  tibi,  Phoebe,  propiuqus 
30     Peplum  ceruleae  tygoni  siccat  amatae. 

Huic  aliud  nomen  quod  dicitur  Aphelyoteu. 

Eructans  animam  parili  moderaniine  mixtam, 

Nec  stringens  hebetat,  nimio  nec  igne  uaporat. 

Dextram  Vulturnus,  laeuam  circumtonat  Eurus. 
a:>     Decoquit  Eoas  prior,  liic  humectat  arenas. 

Calchias  est  calidus  Pelopis  regione  uocatus. 

Tercius  Cardinalis  Auster 

Laterales  eius  Euro  Auster  et  e  Austro  Africus. 

Vernm  per  zonam  solaribus  ignibus  ustaui, 
Qua  recolit  fuscus  feruentia  littora  Maurus, 
Austcr  ab  autipodis  humili  statione  rcmotis 

40     Mitior  in  patriam,  quam  lex  iubet,  euolat  istam. 
Xaiuque  sinus  gelidum  pariens  antarcticus  illum 
Aestu  mutari  dedignaturque  relidi, 
Dum  peragrat  mediam  terraeque  polique  plateam. 
Hunc  quoque  Daedaleae  Noton  expressere  Micenae. 

45     Quicquid  ucr  genuit  decoris,  sibi  marcidus  haurit, 
Interimens  flores  et  obumbrans  ruris  honores. 
Dextro  qui  famulo  desedat  nomen  et  Euro 
At  latus  sensiferum  quatiens  Austro  Affricus  udum 
Gaudet  conpositis  gemino  cognomine  pennis. 


Digitized  by  Google 


838 


KRITISCHE  MISCELLEN 


Quartus  Cardinalis  Zephyrus 

Laterales  eius  Africus  et  Chorus. 

50    Mollior  occiduos  Zephirus  lambendo  Britannos 
Dicitur  Italiae,  sed  et  iste  Fauonius  horae 
Arma  pharetratae  labefactat  uitrea  brumae. 
Nam  recreat  florem  matri  prius  inmorientem 
Alliciendo  senes  iterum  iuuenescere  montes. 

55     Cui  fauet  a  dextris  pluuialibus  Africus  alis. 
Hunc  Libin  ex  patrii  dicunt  idiomatc  uerbi 
Hannibalis  gentes,  cuius  uocat  Africa  manes. 
Postremus  circo  postremum  si  quid  in  illo 
Emergit  Chorus,  Argestes  hic  quoque  dictus. 

(jn     (i/)i  sunt  bis  seni  quadro  sub  cardine  uenti, 
Perflantes  mediae  spatiosa  uolumina  tcrrae. 
Nec  quenquam  moneat,  quod  plura  uocabula  restant, 
Quorum  diuersis  uicibus  fungantur  iu  horis. 

Der  Entdecker  hat  folgende  Bemerkung  hinzugefiigt: 
cZwei  kiirzcre  Aufsatze  in  Prosa,  aus  einer  Handschrift  des 
llten  Jahrh.  'de  ventis'  und  'ordo  ventorum  XXVIP  erwiihnt 
Naumann  in  seinem  Catal.  Codd.  MSS.  Senat.  Lips.  No.  62. 

In  dem  oben  bezeichneten  Briisseler  Codex  liabe  ich  noch 
ein  anderes  Gedichtchcn  gefunden,  das  ich  seines  verwandten 
Inhaltes  wegen  gleich  hier  beiftigen  will;  es  steht  im  Cod. 
10713  fol.  183  b,  nach  einem  liingeren  Gedichte  Theodrrici 
de  animalibus  ohne  Ueberschrift  eingeschoben,  und  ist  von 
einer  andern  Hand,  als  die  Vcrsus  Tranquillij  aber  auch  im 
12ten  Jahrh.  geschrieben.>  Der  erstc  der  zwanzig  Verse,  aus 
denen  dieses  Stiick  besteht,  lautet:  EffUjics  turris  constructa 
rcfertur  Athcnis,  der  letzte  Hos  ita  Vitruvii  docuit  sollcrtia 
pingi]  sie  enthalten  aber  nur  die  aus  Vitruvius  I,  (i  ent- 
lehnte  Beschreibuug  des  sogenanntcn  und  genugsam  bekann- 
ten  Thurmes  der  Winde  in  Athen,  ohne  alle  weitere  Zuthat. 

2.   Zur  lateinischen  Anthologie. 

Ucber  eine  Britische  Haudschrift  Tod.  lleg.  Britann.  15. 
B.  XIX.  membr.  4to.  saec.  IX'  berichten  dieselben  Mitthei- 


Digitized  by 


ZU  LATEINISCIIEN  AUTOREN.  839 

lungen  wic  folgt.  «Ueber  diesen  in  mehrfacher  Beziehung 
merkwflrdigen  Codex  behalte  ich  mir  vor  spater  Naheres  134 
mitzutheileu.  Derselbe  enthiilt  eine  ziemliche  Anzahl  zur 
lateinischen  Anthologie  gehoriger  kleiner  Gedichte;  die  grossen- 
theils  an  den  Rand  beigeschrieben  sind,  aber  noch  im  9ten 
Jahrhundert  geschrieben  zu  sein  scheinen.  Darimter  sind 
auch  einige  ungedruckte,  meist  monchischen  Ursprungs,  zum 
Theil  aber  unverkennbar  frfiherer,  besserer  Zeit  angehorend, 
z.  B.  folgende,  die  im  Codex  dem  Virgil  beigelegt  werden: 

(Bl.  90b.)    fDe  quodam  cum  cruribus  obliquis 

nato'  Virgt. 

En  dat  aperturam  crurum  fluxura  recuruani, 

Et  patet  oblicus  inter  utrumque  locus: 
Quo  pregnantis  equae  calcaribus  urgeat  aluum, 

Curuato  &  tutum  crure  rit  intus  onus. 

(BL  00  b.)  eTetra8ticon  de  quadam  anu  quae  1 1 1 1 

dumtaxat  dentes  fertur  habuisse'  Virgilius 

de  8iia 

Quatuor,  ut  memiui,  fueraut  tibi  delia  dentes:  nutrice. 

Abstulit  una  duoa  tussis  &  uua  duos. 
Iam  secura  potes  cunctis  tussire  diebus: 

Nil  iam,  quod  tollat,  tertia  tussis  habet. 

fDe  liuagine  &  Somno'  ltem 

idem. 

Pulchra  comis  annisque  decens  &  candida  uultu 

Dulee  quiescenti  basia  blanda  dabas. 
Si  te  iam  uigilans  non  unquam  cernere  possuin, 

Somne,  precor,  iugiter  lumina  nostra  tene. 

'De  Caluo  a  Culice  obuiato' 

Stridula  musca  uolans  caluum  conspexit  euntem. 
Calue,  uiator,  ait,  quo  teudisV  cede  parumper, 
Perque  tuos  iuro,  qui  restant  retro,  capillos, 
Me  gratam  liceat  rostro  dccerpere  sedem. 
Sic  ait  &  trepidum  circumuolat  inproba  caluum: 
At  contra  ille  timens  solito  caput  ornat  amictu. 


Digitized  by  Google 


840 


KRITISCHK  MISCKLLKX 


Letzteres  Epigramm  habe  ich  auch  im  'Cod.  Biblioth.  publi- 
cae  Cantabrig.  No.  1552,  saec.  X/  gesehen  (fol.  367  aj,  wo 
jedoch  dasselbe  unter  der  Aufschrift: 

Irrisio  cuiusdam  scolastici  contra  caluos 

und  mit  diesem  abweichcnden  Schlussverse 

Quid  ualet  en  caluus  musce  lassatus  ab  ictu 
'Incipit  responsio  hugbaldi  de  laude  caluoruuT 

dern  Gcdichte  des  Hugbaldus  vorgesetzt  ist.  Dass  es  von  letz- 
terem  Gedichte  nicht  nur  mehrere  besondere  Ausgaben  gibt 
(Basil.  1516  u.  1546.  8°  und  Lovan.  1561),  sondern  dass  es 
auch  in  einigen  Samnielwerken  abgedruckt  steht  (wie  Dor- 
narii  Amphith.  I,  290,  Barthii  Advers.  p.  2175  ff.),  dies  ist 
Angelo  Mai  (Auctor.  Classic.  tom.  V  p.  460)  wohl  nur  des- 
halb  entgangen,  weil  das  Vaticanische  Bruchstiick  ilim  keine 
Auskunft  iiber  den  Verfasser  gab.» 

Diirfen  wir  uns  auch  nicht  der  Freude  hingeben,  an  den 
obigen  Epigrammen  eine  wirkliche  Bereicherung  der  kleinem 
Virgilischen  Poesien  zu  gewinnen  —  dass  das  zweite  nur 
eine  Variation  des  Martialischen  I,  20  sei,  sah  der  gefallige 
Mittheiler  selbst  — ,  so  haben  doch  dergleichen  Beitriige 
den  untergeordneten  VVerth,  fiir  die  (von  Meyer  Praef.  zur 
Anthol.  lat.  p.  XVI  f.  in  Beziehung  auf  Virgil  nur  in  fltich- 
tigen  Andeutungen  begonnene)  Kritik  iiber  Aechtheit  und 
Uniichtheit  der  Epigrammenlitteratur  deu  (iesichtskreis  zu 
erweitern  und  die  Ueberzeugung  von  weitreichender  Will- 
kiir  mittels  durchgreifender  Analogien  zu  bcgriinden. 

3.   Zu  Lucilius'  Aetna. 

fCod.  Bibl.  publ.  Cantabrig.  Kk.  5.  34.  n°  2060  membr. 
4°  mai.  saee.  IX  magna  ex  parte  scriptione  continua  sine  ulla 
verborum  distinctionc  exaratus/  Dieses  Mtinuscript  kara  dein- 
selben  unerniudlichen  Handschriftenuntersucher  erst  kurz  vor 
seiner  Abreise  zu  Gesicht,  und  konnte  deshalb  uur  sehr 
Hiichtig  von  ihm  durchgesehen  werden.  Es  beginnt  mit 
verschicdenen  Stiicken  des  Ausonius;  spater  folgen  Verse, 
zum  Theil  sehr  barbarische,  von  verschiedenem  Metrum  und 


Digitized  by  Google 


ZU  LATEINISCHEN  AUTOREN. 


841 


ungenaunten  christlichen  Verfassern  (z.  B.  ein  Stiiek  mit 
dem  Anfang:  fSi  torpens  eeleri  tigrem  superare  fugacem 
Cursu  testudo  desideret  ac  feritate  Si  lepus  atque  canem 
temptet  laniare  ferocem'  — ;  ein  anderes:  Hiaudia  dicto  Iure  13« 
magistro'  — ;  ein  drittes:  rRex  sapiens  residet  specula  subli- 
mis  in  alta  Providus  ac  pugnax  praepote  mente  sagax' 
u.  s.  w.);  hierauf  Rufmi  dc  jmulcribus  ct  mcnsuris  d.  i.  Pris- 
cian  s  l)ekanntes  Gedicht  bis  V.  162  Endl.;  sodann  P.  Vir- 
yilii  Maronis  Culex\  endlich  zuletzt  *P.  Viryilii  Acthna\  Der 
Reisende  musste  sich  fur  dieses  Gedicht  auf  ein  fluchtiges 
Controliren  der  Anzahl  von  Versen,  die  auf  je  eine  Seite 
vertheilt  sind,  beschrankeii,  und  fand  selbst  so  fik  drei 
Lucken,  darunter  zwei  bisher  gar  nicht  bemerkte,  iiber- 
raschende  Ausfullungen.  Zwar  wird  erst  weitere  Kritik  diese 
zu  wahrhaften  Erganzungcn  umzugestalten  liaben;  iudess 
machen  wir  hier  von  dem  Vorrecht  der  Miscellenform,  ohne 
Verpflichtung  zu  vollstiindiger  Ausfuhrung  und  Entscheidung 
gelegentlich  auch  nur  anzudeuten  und  anzuregen,  um  so  lie- 
ber  Gebrauch,  als  wir  dadurch  den  tretflichen  Hearbeiter 
des  Lucilischen  Gedichtes  zur  weitern  Besprechung  des  Gegen- 
standes  in  diesen  Blattern  zu  locken  hotfen.  JCrstlich  also 
lautet  der  liickenhafte  V.  53  in  der  Handschrift  so: 

Prouocat  admotis  quae  tertia  sidera  signis. 

Ferner  fur  V.  60  und  61  gibt  die  Handschrift: 

Atque  in  bellandum  queeunque  potentia  diuum 
In  commune  uenit  iam  patri  dextera  pallas 
Et  mars  saeuus  erat  ctc. 

Endlich  nach  V.  469  (Prouoluunt  —  harena)  folgen  diese: 

Ulinc  incertae  facies  hominumque  tigurae 
*Pars  lapidum  doniita  stanti  pars  robora  pugnae 
Nec  repit  {sic)  flammas  cic. 

Aus  den  obigen  Angaben  iiber  die  Benutzung  dieser  Hand- 
schrift  ist  iibrigens  leicht  ersichtlich,  wie  sich  keineswegs 
verbiirgen  liisst,  dass  dieselbe  nicht  noch  andcre  Bereiche- 
rungen  des  gedruckten  Textes  enthalte,  um  von  dein  Gewinn 
fiir  verderbte  Stellen  nichts  zu  sagen. 


Digitized  by  Google 


842 


KRITISCHE  MISCELLEN 


Die  Mittheilung  prosaischer  Stucke  aus  andern  Hand- 
schriften  behalten  wir  uns  fQr  kUnftig  vor. 


in  Duodez  No.  1,  gibt  uns  zu  einer  ahnlichen  Erganzung, 
eines  liickenhaften  Textes  die  Veranlassung.  Die  Handschrift 
besteht  zur  ersten,  sehr  neuen,  Halfte  aus  Papier,  zur  andern. 
weit  altern,  aus  Pergamen.  Dort  findet  sich  auf  den  14 
ersten  Blattern  ein  elegisches  Gedicht  *Pampldlns\  eine  ganz 
ahnlictre  Bearbeitung  einer  alten  Komodie  wie  der  von  B). 
15  bis  25  sogleich  folgende  KGetd*  (des  Vitalis  Blesensis), 
den  nach  Osann  kurzlich  K.  W.  Miiller  (Ind.  lect.  in  uniT. 
Bern.  1840)  herausgegeben  hat.  Hierauf  Ovids  Bemedia 
amoris,  dann  wieder  ein  elegisches  Gedicht  'Tobias'  auf  40 
Blattern,  endlich*  nach  allerlei  Excerpten  aus  Ovid  und  andern 
Dichtern  des  erstern  zwei  erste  Bucher  de  arte  amandi.  Den 
grossten  Theil  der  zweiten  Halfte  fflllen  versificirte  Stucke 
kirchliehen  und  raonchischen  Inhalts;  voran  aber  geht  mit 
der  Ueberschrift  INCIPIT  LIBER  HOMERI  auf  27  BlSttern 
die  in  sehr  guten  Versen  verfasste  raetrische  Epitonie  der 
Ilias,  welche,  in  andern  Handschriften  einem  rindarus  Tk~ 
banus  beigelegt,  von  VVernsdorf  Poet.  lat.  min.  IV,  546  f. 
ohne  speciell  uberzeugende  Griinde  fur  ein  Werk  des  Rufus 
Festus  Avienus,  Uebersetzers  des  Aratus  und  Dionysius  Pe- 
riegetes,  gehalten  wird.  Mit  Zuziehuug  der  letzten  Ausgabe 
dieser  Epikune  (e  rec.  Th.  van  Kooten  ed.  H.  Weytingh, 
Lugd.  B.  1809)  ergibt  sich  leicht,  dass  der  Erfurter  Codex 
unter  den  handschriftlichen  Quellen  des  Gedichtes  im  ersten 
Range  steht,  wie  er  denn  auch  nicht  spiiter  als  im  drei- 
zehntcn  Jahrhundert  geschrieben  ist.  Er  lasst  zuvorderst 
eine  Anzahl  einzclner,  an  sich  ofter  gar  nicht  verwerflicher 
Verse  weg,  mit  denen  die  Epitome  in  lnerkwQrdiger  Wewe 
an  verschiedenen  Orten  interpolirt  ist,  und  die  meist  schon 
die  Hollandische  Ausgabe  in  Klammern  geschlossen  oder 
auch,  und  zwar  stillschweigend,  ganz  ausgelasseu  hat.  Von 
einigen  wenigen  dieser  Interpolationen  ist  jedoch  auch  unsere 


4.   Zu  Tindarus  Thebanus'. 


137 


Eine  Handschrift  der  Bibliotheca  Amploniana  zu  Erfurt 


ZU  LATEINISCHEN  AUTOREN. 


843 


Handschrift  nicht  frei,  z.  B.  wenn  sie  V.  004  f.  uach  den 
Worten: 

Quem  nisi  seruasset  magnaruin  rector  aquaruui, 
905   Vt  (Nec  cod.)  profugus  Latiis  Troiam  repararet  in  aruis, 
Augustumque  genus  claris  submitteret  astris,  iss 
Non  (Nec  cod.)  clarae  gentis  nobis  mansisset  origo: 

folgen  lasst  den  Vers:  Ni  sc  prot^iperct  curruque  innisus  abirct, 
der  freilich  mit  curru  quotjue  inuisus,  wie  ihn  Werusdorf  aus 
einem  Wolfenbiitteler  Msc.  anfiihrt,  gar  nicht  zu  verstehen 
ist.  Ob  der  Interpolator  etwa  zwei  verschiedene  Condicional- 
siitze,  jeden  mit  seinem  besondern  Nachsatz,  haben  wollte, 
worauf  das  doppelte  Nec  fGhren  konnte,  bleibt  dahingestellt; 
vielleicht  war  zugleich  diese  Folge  der  Verse  beabsichtigt: 
'Quem  nisi  seruasset  ....  aquarum,  Nec  clarae  ....  origo; 
Nec  profugus  ....  aruis  Augustumque  ....  astris,  Ni  se  pro- 
riperet'  u.  s.  w.;  gewiss  ist,  dass  vom  Wagen,  auf  dem  sich 
Aeneas  gerettet,  in  U.  XX,  318  ff.  keine  Spur  ist.  Wie 
solche  Jnterpolationen  eutstanden,  zeigen  deutlichst  V.  603  ff.: 

Tandem  animis  armisque  furens  Telamonius  Aiax 
Insignem  bello  petit  Hectora,  quaque  patebat 
605    Nuda  uiri  ceruix,  fulgentem  dirigit  ensem. 
Ille  ictum  celeri  praevidit  callidus  astu, 
Tergaque  summittit  ferrumque  umbone  repellit. 

Hier  hat  statt  V.  606  die  Handschrift  diesen: 

Cedebat  iuueni  paulum  Mauortius  heros, 

(die  Wolfenbiitteler  wiederum  unverstandlich  sedebat).  Offen- 
bar  war  der  iichte  Vers  ausgefallen,  und  ein  nicht  ungeschick- 
ter  Erganzer  suchte  mit  einem  selbstgemachten  den  Zusam- 
menhang  des  Gedankens  und  der  Construction  herzustellen ; 

fast  zur  Gewissheit  wird  es  dadurch,  dass  Ille  ictum  

astu  am  untern  Rande,  wenngleich  von  alter  Hand,  nach- 
getragen  ist.  Beides  zusammen  aber  hat  keinen  Sinn,  dass 
Hektor  dem  Streiche  auswich  und  ihn  zugleich  mit  dem 
Schild  auffing,  noch  dazu  indem  er  sich  bUckte  (denn  terga 
kann  keineswegs  fiir  Schild  gesagt  sein,  wie  van  Kooten 
wollte).  Aus  Homer  zwar  hat  der  Interpolator,  wie  es  scheint, 


Digitized  by  Google 


844 


KRITISCHE  MISCELLEN 


seinen  Zusatz  genoninien,  denn  in  II.  VII,  254  heisst  es  6  b* 
€KXiv8n  Kai  dXeuaio  Krjpa  utXaivav;  aber  diese  Worte  ge- 
horen  noch  zum  Speerkampfe,  uud  jetzt  ist  von  dem  darauf 
folgenden  Schwertkampfe  die  Rede.  Dass  dessen  Beschrei- 
bung  vou  der  Homerischen  V.  2G0  tf.  etwas  abweicht,  beruht 
wohl  darauf,  dass  diese  dem  Epitomator  eine  allzu  starke  Ver- 
wnndung  zu  geben  schien,  durch  deren  Milderung  er  die  fer- 
nere  Unversehrtheit  des  Hektor  glaubtc  motiviren  zu  mussen. 

Dagegen  eine  wirkliche  Ergiinzung  erhiilt  das  Gedicht 
aus  deui  Erfurter  Codex,  und  aus  diesem  allein,  in  V.  81  f. 
Die  Vulgate  lautet: 

Inuocat  aequoreae  Pelides  numina  matris, 
Ne  se  plus  Thetis  contra  patiatur  inultum. 
At  Thetis  audita  nati  prece  deserit  undas, 
Castraque  Myrmidonum  practeruolat:  inde  per  auras 
85     Emicat  aetherias  ct  in  aurea  sidera  fertur. 

Dafiir  gibt  der  Codex: 
Inuocat  de. 

Abstineat  dextrc  congressu.    Inde  per  auras 
Ne  se  plus  ctc. 
At  Thctis  ctc. 

Castraque  mirinidonu  iuxta  petit.  et  monet  armis 
Emicat  ctc. 

Wiihrend  wir  es  in  den  zwei  vorigen  Beispielen  niit  Versen 
zu  tlyin  hatten,  die  theils  in  die  grammatische  Verbindung, 
theils  in  den  sachlichen  Zusammenhang,  theils  zu  dem  grie- 
ehischen  Originale  geradezu  nicht  passten,  enthalt  hier  das 
praeteruolat  der  Vulgate  einen  auffallenden  Widerspruch 
gegen  die  Homerische  Darstellung,  der  gerade  durch  Auf- 
nahme  des  neuen  Verses  vollig  ausgeglichen  wird.  Thetis, 
aus  den  Fluthcn  emporgestiegen,  eilt  ja  keineswegs  beim 
Lager  der  Achiier  vorbei,  sondern  gonnt,  ehe  sie  zum  Olymp 
aufsteigt,  dem  kummervollen  Achilles  einen  langen  trosten- 
den  Besuch,  wiihrend  dessen  sie  ihm  nur  bis  auf  weiteres 
die  Mahnung  ertheilt:  TroXeMOU  b*  d7TOTraueo  TrduTrav,  II.  I,  422. 
Diesen  Moment  hat  der  Epitoraator  herausgehoben.  Ein 


Digitized  by  Google 


ZU  LATKINISCIIKN  AUTORKN 


845 


Vers  ist  offenbar  zugleich  verstellt  und  verderbt;  das  Ganze 
liisst  sieh  so  herstellen: 

At  Thetis  audita  nati  prece  deserit  undas, 
Castraxjue  Myriuidonum  iuxta  petit,  et  monet  arinis 
Abstineat  d*'xtram  congressuque:  inde  per  auras  i«o 
Emicat  aetherias  et  iri  aurea  sidera  fertur. 

dcxtram  congressuquc  liat  auch  ein  regsamer  Zuhorer  gefunden. 
Der  letzte  Buchstabe  von  dcxtre  ist  ilberdies  e  correctura. 
Ueber  congressu  stelit  von  alter  Haud  CU  atrio  {==  cum  Atruta)- 
Qber  der  zweiten  Hiilfte  des  vorhergehenden  Verses  von  ganz 
neuer  praeteruolat  inde  ]ier  auras,  am  Ende  des  vorletzten 
ebenso  uacat.  —  Die  Verbesserung  des  ^re  se  phts  Thetis 
contra  patiatur  inultum  ist  aus  den  Ziigen  der  Burman'schen 
llandschrift  zu  entnehmen,  die  in  der  neuesten  Ausgabe  so 

— —  8 

angegeben  werden:  N  se  pV  p  cus  pccni  paciat  i  vltuni. 

Ne  se  plus  Peleusque  pater  patiautur  iuultum. 

Ne  se  Pelea  ueve  patrem  patiatur  inultum. 

Ne  se  per  superum  patrem  p.  i. 

Ne  se  plus  contra  Atriden  p.  i. 

Ne  se  diua  Thetis  contra  p.  i. 

sind    die   unzureichenden   und   untauglichen   Versuclie  der 
Fruheren. 


Digitized  by  Google 


Nachtrag  zu  II  p.  663. 


Zu  dem  Hinweis  auf  seine  letzte  vielfach  berichtigte 
Auslassung  Qber  die  Geschichte  der  Ceuturienverfassung  in 
den  Krit.  Jahrb.  f.  Rechtsw.  1845  p.  581  -644  wiinscht* 
Herr  Geh.  Justizrath  Huschke  einen  Zusatz  zu  machen,  den 
ich  leider  erst  erhielt,  als  der  betreffeudc  Bogen  eben  ab- 
gezogen  war.  Ich  theile  ihn  deshalb  hier  nachstehend  mit. 
0.  W. 

'Von  der  Vergiinstigting  des  Herrn  Herausgebers,  diesen  Wieder- 
abdruck  meines  Schreibens  rait  Zusatzen  versehen  zu  durfeu,  erlaabe 
ich  mir  so  weit  Gebrauch  zu  machen,  dass  ich,  um  die  gewunschte 
Berucksichtigung  der  oben  angefuhrten,  leider  durch  viele  Druckfebler 
entstellten  Recension  selbst  zu  erleichtern,  ein  Verzeichniss  der  siou 
storendsten  Fehler  hier  hinzufuge.  Man  wolle  also  lesen  Seite  582, 
Zeile  12  Romischen  Staats;  S.  584,  Z.  19  gehabt  habe;  S.  588,  Z.  C 
(v.  u.)  und  S.  621,  Z.  21  Argeer;  S.  594,  Z.  25  hatte;  S.  596,  Z.  9 
Anhange;  Z.  23  Berichts;  S.  598,  Z.  29  geschahen;  B.  614,  Z.  11 
kOnnte;  Z.  2  (v.  u.)  100,000;  S.  617,  Z.  3  (v.  u.)  bestiitigt;  S.  622,  1.  8 
an  die  Stelle;  S.  623,  Z.  11  blos  20;  Z.  37  nur;  S.  626,  Z.  7  ausser 
halb  Hom;  S.  632,  Z.  4  Tribulen;  S.  633,  Z.  19  Gleichberechtigten; 
S.  635,  Z.  18  wie  bisher  weniger;  S.  637,  Z.  30  die  (je  2)  Centurien; 
S.  639,  Z.  8  (v.  u.)  das  tributum;  Z.  5  (v.  u.)  berechtigenden;  S.  642 
Z.  6  eich  nur. ' 


Digitized  by  Google 


REGISTER. 

0 


L  Naraen-  und 

Accius  222 

'Actio'  als  Buchtifcel  220 
Aelius  Stilo  831 

Aethicus  21L  2£8ff.  (=  Ethnicus 
281.  786);  8.  Cosmographia  717, 
deren  Verfasser  (Julius  Honorius) 
784.  deren  Handschriften ,  der 
Vaticanus  7*il-  783,  Rehdigeranus 
787,  ihre  Einleitung  24L  248  f., 
kritisch  behandelt  213  ff. ,  ihre 
Expositio  7-18.  2£2  ff.  (die  />ro- 
cinciae  I£3  ff),  ihre  descriptio  718 

Agrippa,  bei  der  ReichsvermesBung 
thatig  713  f.  772,  s.  commentarii 
xli  2fi8.  780,  ihre  Reste  bei 
Plinius  221 

Anthologia  latina,  handschriftliche 
Beitrage  83B  ff. 

Apollodorus  Cary^tius  221 

Artes  liberales,  sieben  seit  Varro 

a&2ff. 

astraba  lMf. 

Augustus'  Antheil  an  der  Reichs- 

vennessnng  15  i  f. 
Balbus,  Feldmesser  211 
Budaeus,  Guil.  2211 
Bugge,  Sophus  1£8  f. 
C  falsch  erklart  13  Anm.  28b;  siehe 

Canticum 


Sachregister.*) 

Caecilius,  Komiker,  s.  Todesjahr 
Calliopius  223 

Camerarius,  Joachim  32  f .  23  f. 
Cantica  bei  Plautus,  recitativisch 

oder  melodramatiBch ;  siehe  Sep- 

tenarscenen 
Canticum  in  Plautushandschriften 

mit  C  bezeichnet  1  ff .  J_a  ff. 
Cicero,  s.  Charakter  322  ff.  203  f, 

fde  fato'  (neue  Fragmente)  321  ff. 
Cosconius  fde  actionibus'  233 
Demophilus,  Maler,  8.  Lebenszeit 

830  f. 

Didymus,  Techniker  bei  der  Reichs- 

vermessung  7'>M 
Diverbia  recitirend  oder  declama- 

torisch  23  f.;  siehe  Plautinische 

KomOdie 

Diverbium  in  Plautushandschriften 

mit  DV   bezeichnet  Iff.  13  ff.; 

ebenso  bei  Tercnz  32 
Donatus,  Handschriften  213  ff,  Aus- 

gaben  218  ff.  228 
DV  Abkflrzung  fflr  DiVerbium  10, 

nicht  fflr  l)Vo  4^  nicht  punisch 

11  Anm.  23 
Ferrucci,  Al.  Chr.  GS2f. 
Floralien,  ohne  Spiele  212 
Floru.s,  Dichter  222  ff,  Zeitgenosae 


*J  Nicht  aufgenommen  sind  die  in  den  'Quaestiones  onomatolo- 
gicae'  behandelten  Eigennamen  bei  Koinikern,  da  fflr  diese  der  Ono- 
matologus  bereits  einen  alphabetisch  geordneten  Ueberblick  gibt. 


848 


REGISTEK. 


Hadrian's  238  f.;  'Vergilius  orator 

an  poeta'  23Qf. 
Galiani,  Ferdinand,  8.  Correspon- 

denz  705  f. 
Glossen,  alte,  zu  Plautus  &L  f. 
Haase,  Friedrich  filfl 
Hermann,  Gottfried  Hiif. 
Hertz,  Martin  23 

Iulius  Honorius  orator  784  f.,  tx- 

cerpta  768  Aniu.  22 
HymnuB  8_Lii  f. 

Inscbrift,  lateinische,  aus  Sullani- 

scher  Zeit  133  f. 
Itinerarium  Antonini  777.  780  Anm. 

38b 

Kunst,  antike,  beherrscht  durch 
formalea  Princip  32  f. 

LaeliusSapiens,  Lebenszeit,  Frcund- 

schaft  mit  Terenz  2Mff. 
Limon  als  Biichertitel  2ii3 
Lucilius  727 
ludi  Capitolini  235 

Madvig,  Nicolau8,  als  Plautuskri- 
tiker  U&  ff.,  als  Metriker  lfil  ff, 
als  Kritiker  Oberbaupt  Ul  ff.,  in 
seinen  f  Adversaria'  111  f,  «.  Ver- 
haltniss  zur  lateiuischen  Sprach- 
geschichte  123.  Anm.  * 

Melodram  und  Recitativ  in  Teren- 
zischer  Semeiosis  geschieden  \\, 
nicht  in  Plautinischer  _3f. 

Menander  mit  Terenz  verglichen 
2fi3f. 

M  •  M  •  C  zur  Bezeichnung  lyriaeher 

Partien  bei  Tereuz  29  f. 
murrinum,  murrata  123 
Nesca,  Maler,  ».  Lebeuszeit  830  f. 
Nicodemus  siehe  Zenodoxus 
Origenes,  schriftstellerische  Thiltig- 

keit  499,  Vorzeichniss  der  Schrif- 

teu  bei  Hieronymus  _____  tf.  123  ff. 

500 

Oroaius'  geographischer  AbrisB  (I, 
2)  118. 

Peutinger  sche  Knite  777.  779;  ihr 


Zusammenhang  mit  dem  Orbis 
pictus  des  Agrippa  777  f_ 

Placidus,  nur  Excerpt  61  f.,  Kerii 
plautinischer  Glossen  GHff.  £5f., 
andere  archaische  Glossen  fifi 

Plautinische  Handschriften:  'Vetun 
eodex'  80^  von  Pollich  an  Wer- 
ler  geschenkt  82.  lQfi.  f.,  in  Bam- 
berg  83  f.  114,  von  Camerarius 
benutzt  81  und  acquirirt  8fi_  116; 
zweite  alte  Handschrift  in  Came- 
rarins'  Besitz,  'e  Britanmay  83. 
118,  nicht  der  'Decurtatus'  82  f. 
lL8f. ;  Verhaltniss  desPalimpsests 
zu  den  Palatini  121 

Plautinische  Komttdie;  Anapasten 
1M  ff.,  iambische  Senarscenen  = 
Diverbia  23  f. ,  Seuarpartien  in 
lyrische  Scenen  nicht  eingemischt 
4'»,  Uebergang  von  Septenareu 
zu  Senaren  innerhalb  derselben 
Scene  lfi  Anm.  34_,  trochaische 
Septenarscenen  zu  den  lyrischen 
Partien  gehdrig  23 f.  26;  Cha- 
rakter  der  Sprache  15J_f. 

Polyklitus,  Techuiker  bei  der  Reich*- 
vermessuug  753 

Protagoras  yaufjHTpia  Trjc  oIkoujh^- 
vr|C  389.  Anm.  * 

Recitativ  bei  Terenz,  siehe  Melo- 
dram 

Iteichsschatzung  u.  General-Reichs- 
statistik  unter  Augustus  7_JJi  tf. 

Scaliger,  Joseph  _____ 

Schneidewin,  F.  W.  312 

Scipio  Aemiliauus,  Lebenszeit  und 

FretiDdschaft  mit  Terenz  2Mff. 
Spengel,  Leonhard  lhil 
Stymphalus,  Lage  23i_  Anm.  * 

Suetonius,  uber  s.  Sprachgebrauch 
siebe  das  sprachliche  Register 
unter  ait  —  bellum  —  cucurri  — 
egredi  —  dolore  —  ludi  Afega- 
lenses  —  nave  —  nummum  — 
perinde  —  quamris  —  sero 


Google 


RKGISTRR. 


849 


Suetonius,  'Terentii  vita'  2filff.,  in 

ihr  Varro  benutzt  253.  25fi 
Tarraco  2Mf. 

Terentii  vita  von  Sueton,  siehe 
Suetonius;  ira  Ambrosianus  274  ff. 
-.'T*.l,  im  Oxouiensis  277,  von  Pe- 
trarca  277^  von  Polento  222 

Terentius,  Lebeuszeit  2M  ff. ;  unter- 
stfitzt  von  Laelius  und  Scipio 
2Mff.;  mit  Menander  verglichen 
2£3_  f.;  Auffiihrung  der  Andria 
233,  der  Adelphen  232.  211  ff., 
der  Hecyra  23JL  21!  ff.  Didaaka- 
lien  23fi  f.  2JH  f.  Handschriften 
281  ff.  232  ff,  Senarpartien  ein- 
gemischt  in  lyrische  oder  Septe- 
narscenen  46.  f.  Siehe  Diverbium, 
Melodram ,  M  •  M  •  C 

Theodotus,  Techniker  b«-i  d.  Reichs- 
vermessung  263. 

Titinius,  silter  ala  Terenz  126. 

tolleno  191  f. 

Tranquillus  physicus,  fversus  de 

XII  ventis'  836  ff. 
Ussing,  ,L  L.  Ifi2 
Vagellius,  Dichter  22iif. 
Valerius  Soranus  270. 
Valgius  Rufus'  Rhetorik  2£fl 
Varro  Atacinus  431.  432.  133.  Anm. 

Varro,  M.  Terentius:  Charakte- 
ristik  5412  ff. ;  achriftstellerische 
Thatigkeit  in  verschiedenen  Pe- 
rioden  49.6  Anm.ll;  textkritische 
Thiitigkeit  112  Anm.  griechi- 
sche  Vorbilder  lS2ff.;  benutzt  in 
Sueton  s  vita  Terentii  253.  25_fi 

\arronische  Schriften. 

Nur  theilweise  publicirt  488. 
Verzeichniss  s.  Schriften  bei  Hie- 
ronymus  419.  ff.  123  ff.  60J>  f . 
621  ff. ,  von  Varro  selbst  aufge- 
stellt  483  ff.  Zahl  s  Werke  4S5  ff. 
Katalog  der  bekannten  421  ff. 
Unachte  Schriften:  fSententiae' 
lfi2f.  622  f. 

FB.   KITSIIIKI.il   OPVHCVl.A  III. 


irronische  Schriften. 

Einzelne  (alphabetisch  ge- 
ordnet) : 

De  actibus  (?)  scaenicis  465.  iil 
De  actionibus  scaenicis  456.  466. 

497  Anm.  Ifi 
Deaestuariis  392  473  125.  Anm.  liL 
Aetia  41iL  4AL  Ififi  Anm.  *  191 

Anm.  14 
Annales  445.  412  ff. 
De  antiquitate  litterarum  ad  Ac- 

cium  3iaff.  iqx  ifia  iaa 

Anm.  21 
Antiquitatura  XLI  libri  111 
und  zwar : 

Antiquitates  rerum  humanarum 
445;  ltes  Buch  449;  2tes  — 
7tes  39JL  llfi  Anm.  **;  8tes 
— 13tes  38iL  321  f.;  14tes  — 
19tes  aafi.  396j  18tes  IfiL 

Antiquitates  rerum  divinarura 
480;  =  Polyandria  481;  de- 
ren  Abfassung  und  Heraus- 
gabe  121  Anm.  *;  3tes  (de 
auguribtts)  480;  lOteB  (de 
ludis  scaenicis)  181 

Kpitome  ex  Antiquitatibus  445. 
611 

fDe  arithmetica' :  siehe  fde  men- 
suris' 

Augurum  libri  315  Anm.  *  IfiQ 

(siehe  f  Antiquitates  rerum  di- 

vinarum'). 
De  bibliothecis  152 
Carmen  (de  rerum  natura?)  4:<-J. 

434  Anm. 
De  comoediis  Plautinis  i." IfiQ 
[Complexionum  libri  181  f.] 
De  compositione  saturarum  431. 
De  descriptionibus  (irepl  xap«Kxrj- 

pujv)  iifi5  Anm.  *  455,  163.  498 

Anm.  Ifi 
Disciplinarum  libri  IX  £55  ff.  441. 

126;  Zeit  der  Abfassung  luo  f. 

551;  lnhalt  der  einzelnen  Btt« 
61 


850 


BKGI8YE& 


Varronische  Schriften. 

cher  366  ff.;  ihre  Ordnung  368  f.; 
Brucbstficke  derselben  312  ff.; 
die  I  ersten  Bficher  fiber  die 
sieben  artes  liberales  356  ff., 
und  zwar  das  lte  de  tjramma- 
tica  3_M  f .  312  f.  (auch  fiber 
Metrik  3£2  ff. ;  siehe  jedoch  fde 
sermone  latino');  das  2te  de 
dialectica  366  f. ;  das  3te  de 
rhetorica  366.  361  f.  381;  das 
4te  de  geometria  352  ff.  38JL 
385  ff.  (darin  anch  fiber  (iro- 
matik  und  Geographie  38J  ff. 
aSflff.),  vielleicht  =  fde  men- 
suris'  125  (s.  unten  den  bes. 
Titel);  das  6te  de  arithmetica 
362  ff. ;  das  6te  de  a&trologia 
36_L  396;  das  7te  de  musica 
SJUf.  38Jif.;  das  8te  fiber  Me- 
dicin  Sfififf.  323.  322  ff.  617j 
daa  9te  fiber  Architektur  364. 
397 

€lccrruJYiK6c  ad  Pompeium  471. 

477.  496  Anm.  13 
Kphemeris  navalis  ad  Pompeium 

(libri  navales)  382  f.  392,  418. 

411  f.  413. 
Ephemeris  rustica  473.  495  Anm. 

11 

Epistolicae  quaestiones  47G ff.  liii 

Anm.  6 
Epistulae  iliiff.  424  Anm.  5. 
De  familiis  Troianis  UJjf. 
De  forma  philosophiae  3M  f.  411  f. 
De  formulis  verborum  366.  Anm. 

(nur  projectirt?). 
De  gente  populi  Komani  444.  445, 

41fif. 

De  gradibus(nece8situdinum?)413 
'  Hebdomades '  siehe  flmagincs' 
'HpaKXcibelov  482  (wahrscheinlich 

Logistoricus) 
[llistoriae  481] 

fImaginum  libri  XV  oder  fHeb- 


Varronische  Schriften. 

domadee'  431L  462  ff.  &GL  508  ff. 
522  f .  53Q  ff.  644  ff.  5JL4  f  5fi5_ff. 
584  ff.  591;  ihre  Abfassnngszeit 
551 ;  'Epitome  ex  Imaginum 
libris'  528.  f.  522  Aum.  *  554. 

De  iure  civili  444 

fLaudatio  Porciae'  siche  fOra- 
tiones' 

De  lectionibus  IfiQ  ff.  421  Anm.  1 6 

Legationes  43ii  ff. 

Varro  ad  Libonem  (?)  ififi 

De  lingua  latina  ad  (Septiminin 
et)  Ciceronem  libri  XXV  4fi4ff. 
511;  Einthciluug  4fil  ff.;  De- 
'  dication  470  Anm.  * ;  nicht  voll  - 
endet4£5f. ;  fEpitome  vx  librij» 
de  lingua  latina'  ^fifl 

fDe  litoralibus'  siehe  fDe  ora 
maritima' 

Logibtorici  (LXXVI  libri)  4Ji3  ff. 
440.  482  ff.  423  Anm.  4j  und 
zwar  einzeln  (alphabetisch  g«-- 
ordnet) : 

Atticus  de  muueribus  362.  405. 

LLL  411 
Calenus  40JL  414 
Catus  de  liberia  educandis  4JU. 

412.  413  f.  416.  411 
Curio  de  deorum  cultu    <" t 

414,  442 
GalluH  Fundanins  de  admirau- 

dis  40JL  40JL  293  f.  ILC 
LaterensU  406.  4 1  r> 
Marius  de  fortuna  405.  409  f. 
Mes8allade  valetudine(tuenda  ?) 

404.  410.  440.  125  1 
De  moribus  inl 
Nepos  4DJL  411 
Orestes  de  inaania  405.  4<)s 
Pappus  de  indigentia  (?)  405. 

408.  411 
De  philosopbia  412  (ob  Logi- 

storicus?) 
Pius  de  pace  40JL  UJL  llfi 


Google 


KEOISTKK. 


851 


Varroniachc  Schriften. 

Logiatorici. 

De  pudicitia  401 

Scaevola  407.  415 

Scaurus  de  scaenicis  originibus 

■106.  411.  411.  4M 
Sisenna de  hietoria 40ft.410.Alft 
Tubero  de  origine  humana  404. 

411 

x  Siehe  auch  unter  'HpaicX€iO€Tov. 
(De  ludis  theatralibus  (scaenicis) 

481 ;  keine  Specialschri t*t .,  siehe 

'  Antiquitates  rerum  divinarum') 
De  men8uri8  (agrorum?)  3fil.  408. 

417.  414  f.  421  Anm.  8j  =»  fde 

geometria  ad  Rufum'  (?)  325.  f. 

47ft  und  diea  =  fde  arithme- 

tica'  3fi2.  443  Anm.  * 
De  ora  maritima  (de  litoralibus) 

322  f.  413 
Orationes  434.  423  Anm.  3  (dar- 

unter  f  laudatio  Porciae'  4341 
De  origine  linguac  latinae  (ad 

Pomponium?)  S7Sff.  40J .  46JL  412 
Dc  originibus  scaenicia  455.  421 

Anm.  11 
[De  orthographia  373 1 
De  pcrsonis  465.  458  f. 
De  philosophia  3£4.  212.  441  f. 
Poemata  422  f.  421  Anm.  1 
De  poematis  151 
De  poetis  454 

(Polyandria  =  Antiquitates  rerum 

divinarum) 
De  Pompeio  43fL  432 
(Pontificalia  480.  keine  Special- 

Bchrift) 

De  principiin  numerorum  4  42  f. 
De  proprietate  scriptorum  4Q.t. 

3li5  Anm.  * 
Pseudotragoediae  49ft.  522  f. 
Quaestiones  Plautinae  411  Anm.* 

455  f.  428  Anm.  20 
Rerum  mgticarum  libri  VII  lll. 

425  Anm.  2 


Varronische  Schriften. 

Rerum  urbanaruni  libri  III    1 1 :■ , 
442  f. 

Rhetorica  351.  413  f. 
Saturae  430  f.  422  Anm.  2 
Saturae  Menippeae  (libri  CL)  430 

528;  darunter:Ciniflo412Anm. ; 

Cy nodidascalicus  112 Anm.  417; 

ircpl  i&ccudrujv  42Q. ;  Flaxtabulae 

-rrcpl  inapxiuVv  (=»Praetoriana?) 

418;  'periplu  libri  II',  das  erstc 

Buch  ircpl  iro\tT€iac  (?)  325. 

478  Anm.  *,  das  zweite  irepl 

<piXoco<p(ac  365.412.478  Anm.  *; 

TTXouToropuvq   417;  Serranus 

Ttcpl  tipxaipcciujv  415.417 ;  Ta- 

naquil  lls 
De  sermone  latino  ad  Marccllum 

382  ff.  423  f.   (enthielt  auch 

Metrik  und  Proaodi»') 
De  similitudine  vcrborum  4fl8 
Suasiones  431  ff.  422  Aum.  3 
Tribuum  liber  1 1  ■"> 
De  utilitate  scrmonis  4G8 
rDe  valetudine  tuenda';  ob  selb- 

standig?  siebe  den  Logistoricu.s 

Messalla 
Dc  vita  populi  Itomani  ad  Atti- 

cum  444.  445.  441.  452  f. 
De  vita  sua  432  f. 

Viclachreiber  und  ihre  Bflcberzahl 
522 

[vitta  3/ar<i*  260] 
VolcatiuH    Scdigitus   '  de   poetia ' 
231  f. 

Werlcr,  Veit,  aus  Sulzfcld :  Namcns- 
formen  81  Anm.  3»  22  Anm.  lj 
Aufenthalt  in  Leipzig  ab  Student 
und  Docent  81  f.  124.  105j  Ver- 
haltniss  zu  Lotter  115;  als  Stu- 
dienleiter  des  Erbschenka  von 
Limpurg  (97  f.)  in  Ingolstadt  08  ff. 
in  Pavia  und  Venedig  108.  83, 
in  Wien  109,  Stiftapraebendar  in 
Wiesensteig  122  f.  116^  Cleriker 

54* 


852  HEGI8TER. 

10-2  f   nicht  'doctor  iuris'  100  f.,  nunggzeichen  in  Plautushandbchr. 

B.  Uedichte  113  f .  11  Anm.  32 

Weltkarte  in  der  porticua  Polao  Zenodoxus  (Nicodemus),  Techniker 

745.  768  f.  bei  der  Reichsvermessung  153 

Z  gricchischer  Bucbetabe  oderTren-  Zeuxis,  Maler,  s.  Lebenszeit  827  tf. 


Ii.    Sprachliches  Register. 

Ablativ  ohne  tn,  siehe  via  .  Genitiv  Sing.  dcr  2ten  Declination 

Ablativ  ohne  in  beisedere  u.a.  w.  234      auf  tt  oder  «  712  Anm.  * 

adeo  nacbgestellt  2M1  Oraecia  terra  u.  ahnl.  228 

aei  fiir  ae  125  f.  haud  vor  Consonanten  131  f. 

Afer  im  GegenBatz  zu  Carthaginien-  /itc,  Bedcntnng  bei  Terenz  242 

sis  224  ideoque,  nicht  iV/co  imSatzanfang250 

a#crc,  agitare  facik  232  tV/  e*/,  hoc  est  2411 

oi'£  und  inquit  bei  Sucton  243  f.  in  ^rcarfm  Stymphdli,  Stymphali 
apluda  125  tn  Arcadia,  in  Arcadiae  oppido 

aureolus  261  Stymphalo  2M 

Nicht  beUum  Punicum,  Alcxandri-  inhiare  mit  Accussitiv  223 

num ,  Gallicum  cet.  bei  Sneton,  inquit,  siehe  ad 

sondern  Punicum  cet.  beUum  222  f.  interidea,  entoridea,  endotcridca,  en- 
bis  die,  bis  anno  233  doteredeatl  833  f. 

cm<s«a  im  alteren  Latcin  vorange-  t  pioguis  in  opimus  Zlii 

stellt  253  KoXXaBoc,  k6XXuBoc  344  f. 

consere  =  ccnserc  832  Anm.  *  lcgere  =  recitare  4£0  f.  41)7  Anm.  Lil 

cuot  =  ubi  135  f. ,  bei  Plautun  131  macero  rait  crucio  vcrbunden  2K7 

cucurri  (mit  bewahrter  Ueduplica-  Nicht  ludi  Megalenses,  ludi  castrcn- 

tion)  in  Compositis  bei  Sueton234.  ses  cet.  bei  Sueton ,  «ondern  Mcga- 
cusquam  =  usquam  136,  bei  Plau-      lenses  ludi,  castrcnses /ut/t  cct.  24LI  f. 

tus  143  minarc  £11 

cusqttc  =  usque  136,  bei  Plautus  142  nwtus  =>  nd8rj  263  f. 

cwYer  =  utcr  136.  143  nave,  navi  bei  Sneton  260 

dcst,  dessc,  derit  2£8  [nowtMw]  815  f. 

diverbium,  nicht  dererbium  24  Anm.  «on,  Stellung  2£2  f. 

4fi  HH>inhH,i>,  nicht  nummorum  bei  Sue- 
o*o/orc  (ohnc  cr)  bei  Sueton  2M         ton  241 

c  iilter  als  t  £32  nuntius,  nicht  nK«eiu,s  7lo  Anm.  * 

e  —  ei  —  i  7_2ii  f .  o  statt  c  822  Anm.  * 

eapropter  121  oc  fiir  u  »yiX6v  3411  f.  343 

efferre  2fU  pcrinde,  non  pcrinde  boi  Sneton  2ii3  f. 

cgredi,  excedcrc  mit  Ablativ  ohne  Pollio  und  Polio,  Popiliius  nnd  Po- 

Prapoaition  bei  Sueton  2M  pt/ios  242 

endoteread  834  (siehe  interidea)  postc,  postid,  postidca  831 

?xc/usa  fabula,  exc/ustts  poeta  235  postlatus  221 


by  Googl 


RKGISTKR. 


853 


praes.se,  praerit  225 

Praeposition  zwischenSubstantivutu 

nnd  Apposition  228 
Pseudulus,  nicht  Pseudolus  1  Anm.  9 
quaeres?  (ohne  est)  bei  Plautus  128 
quamvis  mit  Conjunctiv  bei  Sueton 

221 

quattor  fi38  Anm.  *.  65Q  Anm.  * 
quid  iam?  =  rwie  so?'  126  f. 
quispiam  und  quisquam  bei  einer 

Kegation  262 
quod  adverbial  =»  gtto  121 
scripta  =  'poetischo  Werke'  266 
*!<to  tandem,  nicht  serius  tandem 

bci  Sueton  242 


similis,  cotisimilis,  dissimilis  mit  Ge- 

nitiv,  Dativ  2jQ1  f. 
simitur,  simitu  2&fi 
tcmperi_j_  temperius,  nicht  teinpori, 

Umporius  241  f. 
/ewj>/a  5111  ff. 

in  tempore  und  temperi  2Ah 
Trasumennus,  Trasimennus,  Tar- 

summnus  115  ff. 
tua  Appia,  via  Latina  cet.  im  Ab- 

lativ  ohne  tn  260 
t/  und  u  fttr  u  nnX6v  318  f.  811 
//  zur  Bezeichnung  des  Mittellantes 

zwischen  M  und  £  Ilfi  Anm.  * 


III.  Stellenregister. 


Anthol.  lat.  I  p.  11  Riese  151  Anra.* 
Apollinaris  Periocha  Adclph.  5  2flfi 
Atilius  Fortunatianu8  p.2676  P.  112 
Ausonius  idyll.  XI,  211  592 
Carraen  do  figuris  init.         803  f. 

33  801 
211  f.  805 
Cassiodorus  dc  art.  et  discipl. 

c.  6  p.  558»  381  Anm* 

Cato  de  re  mst.  2^  1  21fi 
8_,  5  211i 
Catullus  epithalam.  30  ff.  5fl9f. 

31  ff.  505 
1QQ  5fl3  f. 

66.  511      601  8QQ 
Censorinus  c.  2  3fi2.  105 

Cicero  Acad.  post.  2  extr.  136 
epi&t.  adAttic.  VI  1,9,  2   23fi  Anm. 

XVI ,  16^  3  312 
ad  famil.  VII,  18_,  1  -JAh 
de  oratore  I,  29,  251    814  ff. 
de  republica  I.  1.  1         812  f. 

26,  11       ai3  f . 
11,22     fi3I  ff.  fifil  ff.  fifi3  ff. 

Glllff.  G13 

Cornutus  p.  2285,  35  ^12 


Diomcdes  p.  Iflfl  §  51  G.  381 

51  381 
fifi  381  f. 

Donatus  de  comocdia  p.  LIX 

( Westerh.)  11  f.  Ifi  f. 

Donatus  zu  Adclph.prooera.  37  A.fil 
prolog.  1G       Iflfi  ff. 
1,  L  1  3M 
zu  Andr.  prooem.    31 A.  58 
L,  3,  21  351 
Eunuch.  prooem.    35  Anm.  5fl 
Knnius  Uedyph.  v.  fi  p.  lfifi 

(Vablen)  123  f. 

Satur.  p.  158  (Vahlen)  Ifll 
160  21£ 
Festus  p.  61_,  H  (Muller)  183 
164.  12  185  f. 

165  .  21  185  f. 

274,  25  lfll  ff. 

274,  2fl  lfifi 
•J75.  1  18fi 

305 ,  21  185 

306,  31  101 
Frontinus  grom.  p.  215  (Gocs)  3SA 
FulgentiusExpositio  serm.ant. 

p.  SflS^  128 


854 


KEGISTEK. 


(Jellius  II,  29,  12. 

246 

Nonius 

p.  69^ 

21 

125 

III,  3^  1  -5 

202  f. 

TJj 

1 

796 

li 

181  f. 

120, 

20 

62  Anm.  2 

615 

131, 

265  Anro.* 

fi 

5  1 

135, 

U 

367 

xi,  t_  ± 

195 

175, 

6 

122 

XV,  24,  1  v.  I 

23* 

195, 

i  22 

412.  112 

XVI,  1__,  5 

379 

196, 

21 

182 

IIieronynui8  chronicon 

259, 

21 

415 

ad  a.  u. 

585  222 

289, 

21 

799  f. 

Horatius  Cann.  II,  1 

fi02ff. 

• 

369, 

20 

246 

h  & 

609  f. 

376, 

2 

196  f 

21    609  f.  611  f. 

613.  614  f. 

384, 

4 

798  f. 

Hostiue 

236  Anm.  * 

455, 

20 

415 

IsidoruH  Orig.  IV,  Tl_  4 

368 

606, 

22 

798  f. 

XX,  15_  3       122  Anm.  a 

528, 

25 

615.  559 

Lactantius  dc  ave  phoenice 

545, 

20 

794 

IMtt'. 

806  ff. 

Ovidius 

Metamorph.  1 ,  54fif.    801  f. 

131 

810  f. 

Pacuvius  p.  104  f.  (Ribbeck*) 

VIZ  ff. 

80«  ff. 

26.  Anm.  42 

139 

811 

Chry 

126. 

111 

810  f. 

rhiloxeDUS  p. 

87, 

15.  22      821  ff. 

Livius  XXXIV,  49_  8 

822  f . 

142 

152  Anm.  ** 

Lucilius  Satur.   lib.  XXVI II 

Frg.  4  ((Jcrlach)      799  f. 
42  I9JL  80JL 

XXIX  Frg.  1  229  f. 

22  128.  800 

Luciliii8  Aetna  840  ff. 

52  841 
60  f.  841 
420  ff.  fiil 
Lydus  de  niagistr.  I_  5 

p.  125     226.  420  f. 
Maerobius  Saturn.  III,  lfi      122  ff. 

VI,  6j  8    236 Anm* 
Martianus  Capella  VIII  p.  215  2fil 
IX  p.  214   252.  401 
Marius:  aiehe  Victorinus 
Naevius,  bellum  Punicum  62 

(Vahlen)  122 
Ludus  p.  228  (Rib- 
beck*)        220  Anm* 

Nonius  p.  12_,  22  405 
62.  22  f .  I2li 


Piudarua  Thebanus 

81  fi. 
606 
905  ff. 

Placidus  p.  _____  2 
14 

Plautus 
Amphitruo 
prol.  143 
142 

L,  2_  26  (498) 
3_,  42  (645) 
H_,  2j  68  [700) 
UL  1_  12  (872) 
V,  1_  28  (1080) 
Asinaria 

III,  3_  142  (733) 

IV,  2_  Ifi  (825) 
Aulularia 

II,  4_  26 
IV,  1_  20 
7,  20 


842  ff. 
844  f. 

843 

842 
195 
1  95 


143 

126 
125 
126 

132 
122 
122 

246 
L2fi 

1 23 
121 
fjfl 


REOISTER. 


855 


Plautus. 

Bacchides 

1^2^26  (134) 

III,  3,  21  (43  1 } 

IV,  4_j  U__6  (757; 
Captivi 

L  2_  8°-  (183) 
II,  L  42  (240) 
3j    9  (369) 

III,  2,    9  (510) 

V,  2_,    2  (955) 
Casiua,  Liicken 

prol.  59 
23 

II,  ___,  29 

IV,  4_  I 
V,  2_  2 

3_  1H 
Curculio 

II,  3j  61  (340) 
V,  2_,  21  (619) 

Epidicus 

III,  3_,  26 
Menaechmi 

V,  1_  36  _____ 
7_  3JI  (1020) 
9_  23  (1188) 
Mercator 

V,  2_  21  (862) 
Miles  gloriosus 

L  L  u 
23  f. 

III,  L  &8  (649) 
2_  29  (843) 

IV,  3__  11  (1107) 
5__  12  (1211) 

Mostellaria 
H,  L  33  (380) 
III,  L  (685) 
2_  82  (769) 
91  (784) 
126  (813) 
12D  (857) 

V,  2_  5_7  (1179) 
Persa  I,  1,  88  (87)  f. 


Plautus. 

I  ersa 

1  Q7 

?  T          _           . ■_  — .       / __  __  __  v 

III,  L  32  (360) 

111 

IV,  3__  1__  (482) 

l  i  •  i 

4j_  (51')) 

4__  28  (630) 

OJ,' 

1  \  ■ ) 

TT        _*_.           __  __       /  __    _  __  _, 

v,  2_,  fi6  (846) 

i_I___. 

Poenulus 

1-1 

III,  8j  89 

140 

90 

1A9 

1V>  ±1    1  *• 

311  Anm  fi2 

1 1  '  *»  11  iii.  _L_l 

_  t 

43 

1  97 
1  -  i 

TT      _-»       0 f 

V,  2j  8_i 

1  •  >  i  ■    1  4'  > 

98 

1 28  f 

Pseudulus 

1  .O 

_j  L  '04  [10 6 J 

1  >  j  1 

3_,  23  (307) 

141  (378) 

1  J 1  > 

5,  25  (490) 

Rudens 

II,  2_.  8  (313) 

245 
—  ^  1/ 

111 ,  __.  da.  (818; 

IV,  7_  lil  (1236) 

•;n  s 

oucnus 

*>4fi 

11,  2,  4_i.  (371) 

77 

IV,  2,  2  (682) 

Trinummus 

1  1" 

Jj  2_,  115  (152) 

II,  4,  5  (4o.) 

:j,i7 

89  (491) 

Z89 

136  (637) 

142 

181  (582) 

3211  f . 

lH,  L  2H  (621) 

Ufl 

2_,  2_i  (652) 

133 

IV,  L  1 

1 1(1 

112 
112 

311 

123 
143. 
113 
1711 


1-22  (820-41) 
9    11  (828—31) 
21,  22  (840.  41) 
__,  89  (934) 
___,  16  (1021) 
V,  L  7  (H23) 
Traculentus 
II,  4_  9 
91 


1___9 
113 
126 
140 

1_29 
138 

138  Anra.  1 
2112 

111 

139 

30_L  332  Anm.* 
I  26 

113 
112 
130 

138 

133 
_____ 
1  :>.s 

811 
310f. 

ff.  17..  f 

66 
293 
63 
l_2_i 
131 
62 
160  f. 
14C,  ft. 
148A* 
119 
1.H7 

318 
63  Anm.* 


141 
122 


850  KEGISTER. 
Plautus.  Serviua  zu  Virg.  Georg.  I,  124  181 


Truculentus 

i 

Solinus  Polyh.  c.  7 

394 

11,  7,  50 

129 

27  init. 

392 

V,  22 

141 

33  init. 

392 

Fragmeote 

177  ff. 

Symmachua  Epist.  1,4    513  Anm* 

Acharistio 

177  f. 

Syrus:  siehe  Publilius 

Addictus 

179  ff. 

Tacitus  Aunal.  I,  50 

820 

Agroecus 

181  ff. 

III,  5 

H-25 

Anua 

185 

Terentiua 

Artemo 

185  f. 

Adelphoe 

Astraba 

180  ff. 

prol.  4 

296 

Bacaria 

197  ff. 

5 

296 

Bia  compressa 

202 

10                       242  Anm.* 

Boeotia 

202  f. 

1G 

795 

Plioius  Nat.  hist. 

I,  1,  4  (29)  f. 

797  f. 

III  §    8  (Sillig) 

390 

15  (40) 

£'Jh 

XIV  §  92 

177  f. 

30  (55) 

296 

XXVI  §  14           397  f.  399.  610 

48  (63) 

297 

XXIX  §  05 

551 

2,  38  (115) 

297 

XXXIV  §  44 

503 

Andria 

XXXV  §  11 

509  f.  584  f. 

I,  1,  60  (87) 

324  f. 

61 

827  ff. 

V,  4,  42  (446) 

320 

XXXVI  §  41 

504 

Tibullus  I,  4 

616  ff. 

Probus  p.  1476  P. 

411  Anm.* 

33 

032 

zu  Virg.  Eclog.  0,  31 

38 

632 

p.  18  (Keil;        799  f. 

40 

631 

Publilius Syrus  V.  480 (Ribbeck)  208 

44 

631 

Quintilianus  Instit.  orat. 

48 

031 

I,  4,  8  f. 

718  ff. 

80 

032 

10 

710.  722  ff. 

81 

632 

5,  11  —  13 

711  ff.  727 

Titinius  V.  46  (Ribbeck) 

125 

G,  27 

718 

105 

125 

Sallustius  Catilina  22  init.  819 

Varro  de  1.  lat.  VI,  73 

188 

39  init.    820  ff. 

VII,  06 

191 

53, 

5  818 

86 

7*9 

57 

822  f. 

VeliusLongusdeorthogr.p.2233  37H 

Scauru8  de  ortbogr.  p.  2250  377 

Victorinus,  Marius 

Scholia  Pers.  II,  30 

430 

II,  3,  38                   30  Anm.  60 

Seneca 

Vulcanii  Onoraast.  p.  12 

195 

Suasor.  p.  11,  24 

257  Anm.* 

214, 

14  192 

Controv.  p.  184,  12 

258  Antn. 

515, 

1  192 

20 

• 

258  Anm. 

Digitized  by  Google 


/"^  ^      ^      /^N  /-s  f?\ 


4.  '