Monatshefte für Politik und
Wehrmacht [auch Organ der.,.
I
Google
Digitized by Google
Jahrbücher
deutsche Armee und Marine.
Verantwortlich geleitet
1904
Janmr bis JmL
BfiRUN W. 8.
Verlagr von A. Bath.
Mohren-Straase 19.
->i t**<^ in Ccrmany
Ittr die
Keim,
Digitized by Google
I
Inhalts - Verzeichnis.
Soitp
460
Binder von Krlegl stein, Haaptmann, Über moderne iStrute^ie . . .
1
V. Blnme, QeMnl der Infanterie, Der Bedarf an Artillerie für die Schlacht
427
von der Boeck, Generallentnant z. D., Die periodische Militärliteratur in
V. Cochcubansenf Oberst, Gamiaon-FelddienstUbungen mit gemischten
218
V. Ger sdorf f, Generalmajor. Ein Vorschlaif zur Vermehrung der deutschen
17f»
— Reitschale für die jüngsten Offiziere der deutschen Kavallerie . .
882
Junk, Major, Taktische Unmöglichkeiten
706
222
697
81
V. Pflugk-Harttung, Zu Blüchers Brief an den EOnig von Prenlsen
219
V. Quistorp, Generalleutnant, Zum Herbstfeldzng 1818 68, 196
Reisner Freiherr von Liohtenstern, Generalmajor, Burenkrieg
488
— Der Einfluf» der Waflen auf die Taktik
644
148
— Die Wirkung im pefechtämälaigen Abteilungsachieisen der Infanterie
299
— Erfahnmgen beim gefeohtsmärsigen Schiefsen mit Rohrriicklanf-
Ö21
Roskoten, Oberleutnant, Wider oder für die Feldhaubitze?
820
571
Rüppell. Major, Ein Vorschlag zur Ilaubitzfrago
816
V. Sazenhofen, General der Kavallerie, Erinnerungen und Erwägungen
557
Scharr, Major, Die Technik im Dienst der operativen Tätigkeit einer
650
XY Inhalts •Verzeichnis.
Seite
Y. N CD ml dt, (T6Qcraiiuftjor, unsere miicarmusiR
i> C u O C tl, Ulv X aLlgKOll Uub ^UrSCUlUlo iUHU ülaliUEl \ Ui ilvi r>(jUl<l(jUl > ÜU
;J87
oponr, UDeroT, sc nanun^ einer ivrieg^sreserve »n rieruen lur qas aeutsctie
184
447
V. Zedlitz und Neukirch. Freiherr, Oberstleutnant, Zorn dritten Male
die Trefforgebnisse beim getechtamäfaigen Abteilungsschiefsen der
171
526
V. Zepolin. Generalmajor, ßufaland und der russisch -japanische Krieg 581, 711
IIH
Bücherbesprechnngon 124, 261. 868, 495, 605.
734
750
Seewesen 189, 267, 885. 518. 63.'.
753
l
lieber moderne Strategie.
HaaplmaDii d. L. Freiherr Bilder ? m Kvi^gkteia.
Eb ist eine alte Erfahnudg, date gnUae kriegeilBelie Perioden
«ifaeblicb iiacbinil(e& and die wij^ebeD oder ▼ermeiiitliQlieD Ldiieii,
die ihnen entnommen wnzdea, in der folgenden Priedenneit in einer
Weise amgebentet weiden^ die liitofifr znr Übertreibung fthrt
Es sei bier oor an die Taktik Frtedrielis des Grolsen erinnert^ deren
rein meehanisehe ond Snfseriiebe Naobahmnng die Katastrophe von
1806 swar nielit alleia Tersebnldet, doch aber mit herbeig^Uirt hat
Die berttehtigten Eebelons sind pabliei Joris. Mibverstandene Folge-
mngen ans der Napoleoniscben Strategie beherrscbten bis 1866 das
ganze anlberprenfsische Europa. Das schlagendste Beispiel hierfür
ist wohl der Maisoh Benedeks 1866 von OlmUtz an die obere
Elbe, wobei er ohne jeden Zweck, aber angeblich uaob Napoleo-
niaehen GnindafttnUy sein Heer danemd so eng Tersammelt hielt,
dafo es fast bewegnngsonfähig wnrde. Der lebhafte, :&eitweise sogitr
erbitterte Kampf der Geister über Moltkes Einmarsch 1866 liefert
den weiteren Beweis, wie sehr damals die militärische Welt, und
zwar in ihren erleochtetsten Persönlichkeiten, in angeblichen Napoleo-
niscben Anffassongen von der Notwendigkeit, versammelt su operieren,
befangen war ond noch lange nach 1866/70 blieb.
Ks liegt im RonserratismuR der menschlichen Nator, dals man
auch im Wehr- and Kriegswesen an der Tradition, die hier
hesonderf» mächtig ist, möglichst lange festhält, K^lhst nnd ^f'ra.Ae
daoD, wenn sie nur in Anlerrlichkeiten bestände; spielen doch auch
diese gerade im Soldatenwesen eine sTTofsf Rnlle. In operativer
Hinsicht iiegt es nahe, sich an bewahrte Muntf r zu halten; vergegen-
wärtigen wir nns doch das Leben in der Armee! Jeder, dem seine
Stellung lieh ist geht durt, wo Zweifel fäind, stets aaf die Vor«
gänge zurück und deckt sich damit. Es lie^t ja auch ein gesunder
Kern dann. Aber, wie die Geschichte zeigt, wird darin nicht selten
iWtktektr ftr di» d*at«ck» Ann*« nsd Maria». No. UH, 1
Digitized by Google
2 Über uoderne Strategie.
viel zu weit gegangen. Einer der feinsten nnd schwierigsten ße-
fäbigangsuachweise liegt für den Miliar dirin, zn erkennen, wann
nnd wo die Anlehnnng an die ttberkommene sftrategisclie Doktrin
TeriftBsen nnd dne neue Babn besebiltten werden mnfo. HoUke ist
hierin rorbüdlieh gewesen, fast einzig in der VomrteOslosigkelt^ mit
der er sieb, da die Bedingungen der Krieg^hmng gcwedtselt
hatten, von der Napoleonisoheo Sebablone frdmmaehen wniste.
(Anfinanob 1866.) Jlfitonter ist ein solches Voigeben ftlr den kttbnen
Nenerer nioht ohne Gtefabr; man bat Beispiele ans der Zeit vor
1806, dafs Offinere gemafsregelt wnrden, weil sie sich erdreistet
hatten, an der ewigen Danerbarkelt der alleinsellgmaebenden fiideriai-
anlsoben Bevnetakttk angesichts der Verbältnisse der Revolntlonskriege
zn zweifeln.
Aneb die gewaltige Epoche von 1866/70 hat strategisch nach-
gewirkt nnd zwar in hohem Grade. Noch stehen wir — grolhen-
teils — nnter dem Bann der damals empfuigenen Lebren nnd der
LehrriUse, welche einzelne Denker ans den Ereignissen sogen nnd
die aHmÜhlich mehr oder minder Bttrgerreebt erworben haben. Ge-
wisse operative Formen nnd Verfahren worden erst nach 1870
wissenschaftlich entdeckt, entwickelt, fortgebildet, vielleiebt snwdlen
Uber das richtige Mals hinaus.
Sowohl in der Literatur, wie sonst im Leben der Armee haben
sich indo.s auch gelegentlich OegenstrOmnngen geltend gemacht.
Das ist z. B. in der Richtung der Fall gewesen, welche kurz als
,.rage du norabre" gekennzeichnet wird. Die grofBo Snbätznng der
Überlegenheit an Zahl setzt theoretisch erst nach 1870 ein und
manche glauben in gewissen Entwickelungen, welche die Armee
seither durchgemacht hat, Zugeständnisse an die „rage du nombre"*
zu erblicken. Zweifei tauchton auch auf (2^ngenUber der allgemcinco
TTttltigkeit und Brauchbarkeit der IJmf assnnirstheorie. wolche aus
Soh IrrhtinfTN Schriften herausgelesen wurde. Unbestritten und bis
zu den äulsersten Konsequenzen hat sich djifre^en im Lauf der Zeit
die An griffstheorie entwickelt, strategisch wie taktisch und selbst
der junge Rriegsakadeniiker niTnint als Leitstern für Rei?io t8kti«ehen
Arbeiten die Parole ,.Immer angreiten*' in su b auf.. Minder allgemein
und widerspruchslos wurde in der Armee die seit einigen Jahren
nenhplebte Beschäftis-unp: mit Operationen des Feldheeres um
Festungen und Ft stu ngsgru ppen aufgenommen, die in der Art.
wie sie neuerdings üleransch in die Erscheinung tritt, allerdings auf
alles eher zurtlckweist als auf die ruhmreichen Beispiele von 1866
nnd 1870. in der neueren preulsi sehen Kriegsgeschiclue finden
wir Analogien dazu nur in den beiden ergebnislosen KheinfeidzUgen.
Digitized by Google
über modme Stntegi«.
3
1793/1794, dereii trauriger V erlauf gerade heute aäher bekanut za
sein verdiente als er es leider ist
Noch manche strategische Fra^sre steht gelegentlich zur Erörterung.
Schon die Marschtechnik allein hiettt hvi der (rrölse der zu be-
wegenden Massen wichtige ond interessante Probleme, nainenilieh
was die luHtradierong grolser Heereskürper und die AuBOUtzuog de»
Wegenetzes betrifift. Viel uiiiatritten ist ferner die Rolle der
grofsen Kavalleriekörper, namentlißb die Frage nach der ein-
heitliclien Führiing ganzer Kavalleriekorps, Enirtert wird das Decken
entlegener Provinzen gej^eii überlegene Feinde mittelst schwacher
Armeegruppen und unter Zuhilfenahme künstlicher Hindernisse.
Lebhafte Gegensätze erregt die Frage der Frontausdehnungen
und Tiefengliederungen im Gefecht, welche auf den Anmarsch
grofter Heeresktfrper von gewichtigem Einfluls sind. Die aktaellen
FngeD liefseD sieh auf operativeiD Gebiet leiclit noeli vervielftltigeD.
Wir woUen indes bei den oben nngeschnittmen 4 Gegenetitnden
bleiben, deien evste did wobl mit Fug nnd Reeht nie firbstlloke dee
Jabies 1870 angeMben weiden dürfen, wiUmid die 4. FWige, nim*
lieb das Operieren des Feldbeeres im Ansehlofs an befestigte Ab-
sehnltleeiae der laenliBiseb-dentseben Kriegsfuhrung ToUkommen neoe,
am niefat ni sagen fremde Eiseheinnng ist Wir wollen nns be-
mllbeny die abwetebenden Staodimnkte in diesen vier Fragen knapp
tu akinieren, ebne nns eigene UEtefle anmafsen za wollen anf dnem
Gebiet^ das gans so erfassen der erieaebtelen Eänsiebt Aaseriesener
vorbehalten ist»
Die nRage du uombre**.
Mit diesem Sebiagwort bezeiobnen manehe Denker die Soebtr
die Entseheidnng, den Erfolg im Kriege stete nnd mit Vorliebe aaf
daa Einsetzen giüfeerer MasBcn als der Gegner znrttckinftbren. Die
Gegner dieses Bestrebens weisen darauf hin, dais die grititten Feld-
herren aUer Zeiten häufig mit sobwächeren Heeren stärkere Gegner
besiegt» dals sie die Ursache des Sieges mehr in der Gute der
Heere und in der Geschicklichkeit ihrer Handbabang gesucht hätten^
als in ibrer Überzahl und daSs es demnach besser sei, weniger, aber
besser organisierte Truppen an haben, als an Zahlstttrke ttberiegene^
sobald sich die VergrOIsemng des Heeres auf Kosten seiner Inneren
Tüchtigkeit vollzieht.
Man kann die Richtigkeit dieser Ausftlhrungen im allgemeinen
gewilis zugeben, und doch dabei zu abweichenden Ansichten gelangen,
sobald es sieh nioht nm rein akademische Betfacbtangea» sondern
1*
4
Über moderae StnUegie.
um praktisehe M alsiiahmen der HeereaaufbriiigQo« soivie der Opera-
tfooBweiae handelt
GewÜB haben giofae Feldherren mit eehwltoheren Heeien geeiert
das läGsl sioli nieht beetreiten; gerade aber, daiis man sie deswegen
besondere hooh stellti sdgt klar, dafs das ein Knustetttek, eine Ans-
nahmslflistong ist. Sieh daranf hente sn verlassen, wäre ein sdiwamr
Fehler, sehen allein deswegen, weil kein Staat infolge der Seltenheit
der Kriege ttber erprobte Feldherren Terlhgt, Uber Feldhenen, denen
er solehe Ennststttoke, wie das Sehlagen Überlegener Armeen, an-
trauen dar€ Es ist Dogemein sehwer, die wirkliehe Leistungsfähig-
keit höherer Führer im Frieden abinsebätsen, wenigstens naeh der
positiven Richtung hin. Selbst wenn nngewOhnliohe Begabang vor-
handen ist, fehlt doch die Erfahrung, welche einem Friedrieh nnd
Napoleon httnfige FeldzUge gaben, und sich in modernen raschen
and mit Massen geftlhrten Kriegen auf das Operieren mit schwächeren
Kräften gegen stärkere einzuschulen, dasn fehlt die Zeit, auch könnte
es nur unter der Gefahr von Niederlagen geschehen, welche hente
emster und unwiderruflicher sind als einst. Sobald es aof prak^che
Mafsuabraen ankommt, wirkt das VerantwortlichkeitsgelUbl sehr schwer,
welches verhindert, freiwillig auf eine Hanptgarantie des Sieges
zu verzichten — die tiberlegenheit an Zahl; dafs sie bei sonst
gleichen Rediuiriinaien den .Sie_i^ zwar nicht verbürgt, aber doch er-
leichtert und wahzscheinlieh maoht, kann beute weniger bestritten
werden als je.
J!>eit dem Auikomuicn nationaler Massen lu f i e hat die Übtrlei^eH-
heit an Zahl wiederholt geradezu ausschlaggebend gewirkt Napoleon I.
konnte nur durch sie niedergerungen werden, imd I S70 war sie
schlechthin ent'^cheich'nd; dals damals die Doutsclien in manchen
siegreichen Schlachten die Schwächeren wiiren, ändert nichts an der
Tatsache, dafs sie ihrer tiberlegenheit bei Kriegsbeginn einen groleen
Teil ihrer Rrfoljre verdanken, weil das mehr oder minder klare
Bewufstsein davon die Tatkraft der gegnerischen Generale lähmte
und sie daher aach dort glaabten, einen stärkeren Feind sich gegen-
über zu haben, wo dies nicht der Fall war (Spicheren, Coiombey,
Vionville). Daw jiUiremeine, niederdrückende GefUhl, schwächer als
der Feind zu sein, lugte die französiscbeu Kührer fest, machte sie
uubieher und verhinderte sie am kecken Zugreifen auch dort, wo
die Gelegenheit dazu vorhanden, der Gegner schwächer war. in
den Kriegen der letzten 100 Jahre, die mit annähernd gleichen
Kräften ausgefochten wurden, nehmen wir nicht selten eine gewisse
Unsulttngliobkeit der Ergebnisse wahr, so namentlich 1859. Nicht
soll geleugnet werden, daCs es aueh hente möglich ist, und in Zukunft
Digitized by Google
5
inög^Hch sein wird, als Schwächerer Siege zu erringeu, aber auf diV
Vorbedingungen zu einem Cnstnzza zu rechnen, seinen Aafraarseh
daranfhin festzulegen usw., würde ein schwerer Fehler, mindestens
aber ein g-ewagtes Spiel sein. Seit den Zeiten der g-rofsen Revolution
marschiert der Gott der Schlachten mit den starken RatjüUonen, wenn
es natürlich auch Ausnahmen von dieser Grundtendenz gibt.
Es ist bekannt und geht ans Moltkes Schriften zur Genüge
h* rvur, welch hohen Wert der Maibcliall auf die Überlegenheit an
Zahl legte; bat er sich doch gerühmt, die Überlegenheit an Zahl für
die Schlacht bei Kt)ni<rgTätz bereitgestellt zu haben, wo sie gar nicht
oder d(i( h nicht in fühlbarem Umfang vorhanden und ohne jeden
Eintluis auf die Entscheidang war. Die ganzen, von Moltke scharf
erfafsteii Verhältnisse der modernen Kriegführung steigern die Be-
deotuug der Zahlüberlegenheit, namentlich im Beginn eint s Krieges
und bei sonst uiigc tähr gleichwertigen Gegnern, die Vi rbaltnisse im
zweiten Teil des Krieges 1870/71 waren ganz ausnahmsweise und
können hier nicht als Gegenargnment angeführt werden. Gerade
bei knrzer Dienstzeit, and wenn die Kriege selten und rasch sind,
steigt die Bedentnsg der Zahl; ans sehr einfachen GrUndeD. Die
flanpiraeke ktmuni auf die Anfangssohlaehten eines FeldiQgee an;
gewinnt man die, dann pflegt eieli alles Obxige von selbst in maehen.
Bei der SehneUigkeiti mit der bentnitage Kriege ansbieelien, nnd
bei der SehwerfUJigkeit des Handhabens sehr grolser Heeie, deren
Fllbrer weder im Kriege geübt, noeb exprobt sind, kann man sieh
aber nun mokt damit sebmeiehetn, dnrek gesehicktes Operieren, an
dner Stelle itberiegene Kiiite xnaammenballen sn können, wenn
man niebt ttberbanpt stftrker an Zahl ist Kttnstliebes Herstellen
der 2iahl1lberiegenheit, wie es die Slteie operative Sebule, Joroini
naw. lehrten, IftÜBt sieh gewils anob heute »münde bringen, aber eine
nnaiohere Beehnang bleibt derlei stets nnd sie wird desto nnsieberer,
je mehr das Anwaehsen der Heere nnd der Kosten der Krieg-
nbrnng m sofortigem Gebraneh der mobilgemaehten Streitkrüfte bei
Kriegsbeginn iwingt.
Das Bewu&tein, bei Beginn der Fefaidseligkeiten die Oberzahl
— natürlich eine operationsbereite Obenabi — sn haben, bt aofser-
ordentlich viel wert, aneb dort nnd dann, wenn es in den einzelnen
Sehlaefateo und Gefechten der Ftthrang nicht immer gelmgen sollte,
sie aneb Örtlich bereit an stellen, ht man stärker, wissen das die
Annee> nnd Korpsfllhrer, and am lotsten Ende anch der Feind, so
operiert es sich sehr viel leichter und freier als im GegenfalL
Gewifs verbürgt die Zahlüberlegenheit an sich nicht den Sieg, aber
sie scheint ans doch gerade honte besonders wichtig ond eine Ans-
Digitized by Google
6
Über moderne Strategie.
sieht auf den Eifoig zu sein, die man nieht mit Seldacpforten be-
kämpfen sollte. Noeli bis in die Jenaer Zeit antenobiAiie man in
PrenfHen b ganz merkwllidiger Weise den Wert der Zahl Im Kriege.
Heute sind wir davon doch wohl zoiflolcgekommen, wenigstens alle
di^enigeO} welehe die Verantwortung zn tragen haben, raaeben sich
doch wohl klaTi welehe schwere Schuld es gegen Volk, Heer nnd
Staat bedeuten würde, dnreh nnsweekmäfolgen Gebraneh der Streit*
kiftile« etwa dnreh eine Gleiehtellnng derselben nach Ost nnd West,
den Fall berbelEnfilhren, dalS unsere Heere gegen überlegene Massen
den Kampf beginnen mlllsten. Das wllide hentsutage Beibnngen Im
Oefolge haben, die auf dem geduldigen Papier,, z. B» Im Kriegsspiel,
weder anitraten noch nachzuweisen sind.
Oals ^e Bedeutong der Zahl auf dem taktischeD Qebiet ge-
wachsen ist, wird wohl niemand bestreiten wollen. Allerdings ist
Vionyille ein glänzendes Beispiel, das sich einem Rotsbaeh oder
Lenthen wttrdig anreibt. Wie würden aber wohl der 17. und
18. Anlast ausgesehen haben, wenn dem am 16. eingesetzten III.
nnd X. Korps die Massen der ersten nnd zweiten Armee nicht gefolgt
sein wtlrden? Der Sieg des 16. Aagust ist nur denkbar aaf
der Basis der deutschen ZaliUiberlegenheit, die sich selbst im Fall
einer Niederlage des III. und X. Korps am 16. einen oder zwei
Tage später doch fühlbar gemacht haben würde, und zwar in ent-
scheidender Art. Das aber ist der Vorteil gröfserer Massen, dafs
sie gestatten, kühner zn operieren, und ep selbst anf Einzel kninpfo
gegen Überzahl ankommen zu lassen, die wenn man sie verliert,
it-icht zu rcpariereDf wenn man sie aber gewinn^ von ganz enormem
Einflols sind!
Im Gefecht selbst wirkt die Zahl h- ut mehr als ( inst Ks ist
wohl nicht mehr moglicb. im Verhaiiuis von 1 : 2 entscht iddid zu
sL'hlageo. sondern dauu ist nur ein Sichbt'liauj)ten, ein st halten
oilt r ein ZorUekwerfen des Gegners möglich, kein Zertrümmern des-
selben. Die Gründe des Steigen» der Bedentmiig r Zahl im
Gefecht liefen anf der Hand. Es sind dies zunächst die Aut-
lösnnp: der taktischen Formen, welche, wohl weniger den einzelnen
Manu, wie man oft hnrt. als vielmehr kleine und kleinste Ab-
teilungen selbständig machen ; das Gefecht wird zu einem allmählichen
Muderiniren. welches lang«* währi. und la welchem das Einsetzen
neuer und das Geltendmacheu überlegener Kräfte nachhaltiger wirkt
als in den aus kurzen, scharfen Znsammenstöfsen bestehenden Trefien
der linearen Zeit. Auch die Kriegsnngewohnheit der FUbrer und
der mangelnde moralische Halt der durch die allgemeine Wehrpfliobt
gesobaffenen Trappen knrser Dienstaelt mit Ibrer Yervrilsserong dnreb
Digitized bv Google
über modenie Strategie.
7
mMMaliafte ÜMemo lasseo den Einflnb der grO&eieD Zahl httben
wie drttben doppelt herroxtreten; iai sie doch das eia&ohste, xolieste,
.aber aneh drohendste IGttel von jeher gewesen, sieh den Sieg sa
siehen; der moralieahe EänflaA» den das Eisoheinen ttberlegener
feindlieher Massen im Gefecht anf junge Tmppen berronrnft, ist ein
sehr tiefer; andeis steht die Sache, wenn diese selben jnngen Tmppen
durch einen slogreichen Krieg gefestigt und gesohlt sind nnd dann
vielleicht einen ans; rasch znsiimniengeralften Angeboten bestehenden
Feind zn bekämpfen haben.
Ziehen wir die Somme des Gesagten, so möchten wir meinen,
dafs die Heeresleitung gerade heute nieht aaflitfreo wird, darnach zn
streben, sich, sei es gegen den einen oder den anderen Feind, die
Überlegenheit an Zahl zn sichern; denn sie hilft sehr mit znm
Siege. Hergestellt wird sie durch einen entsprechenden Anfinarseh,
welcher ohne Scheu nicht nur die Korps des akäven fieeies, sondeni
auch möglichst viele Reservekorps und -Divinonen von vornherein
für den Feldkrieg bestimmt, ohne Scheu vor der Minderwertigkeit
der Reservetruppen. Steht die Schlacht, dann ist d;is Eingreifen von
ein paar noch so schlechten Reservedivisionen unendlich mehr wert,
ais die Berufung auf den höheren Gefeehtswert der mobilen Truppen
dt's aktiven Heeres, die heut/utjige durch Abgabe von Offizieren etc.
und Einschub von Reservrn ohnehin in Vergleich mit dm Friedens-
verhältnissen arg verwässert werden, weil es bei der ailgemeineii
Wehrpflicht eben nicht anders geht.
Hat man die allgemeine Wehrptiicht, das V()lk.>heer und so
weiter, so sind auch alle Foliieruna-en daraas zu ziehen, es ist
die gröfstmöglicbe Men^-^» wthrhaiter Mäiiaer gleich bei Hejrinn
des Krieges aufzubieten und fUr die Zwecke des Feidkrieges auszu-
nutzen: denn dieser entscheidet über das Wohl und Wehe der
Nation, nicht etwa die Zahl der Reserve-, Landwehr- und Ersatz-
formationen, die wir im Innern zurückbehalten. Besonders für
Deutschland, das sein Heil im Kriege weder iu einer schwächlichen
Abwehr, noch vollends gar im Volkskriege, sondern nur im raschen
Niederwerfen erst des einen Gegners, lann des anderen suchen kann,
ist die volle Ausnutzung seiner Vulkskralt für das Feldheer eine
Lebensfrage. Vergleichen wir das Feldheer Frankreichs mit dem
unseren, halten wir 40 Millionen Bewohner gegen 60 und 20 Korps
gegen 23, berücksichtigen wir, dal's Deutschland aller Wahrschein-
lichkeit nach auf zwei Frouteu wird kämpfen müssen, so dUrfle
klar werden, dafs von einer „rage du nombre^ beianslLeine
Bede sein kann. Sollte die Qualität der Armee dnreh die zwei-
j&hrige Dienstaeit gelitten haben, — was jedoch von erfahrnen
Diqitized by Google
8
Über moderne Strategie.
Offiderai bestritten wiid ^ so gleicht sieh das dadnreh «is,
daiB aneh in Fkankveieli die dreijährige Diensfeieit aeit Jahren mir
mehr auf dem Pa^er beeiaht nnd anläerdem aneh formell bereits so
gat wie abgesohalit ist sogoosten des zweijährigen Dienstes. Dab
aber andererseits anoh unsere swegährige Infanterie und AztUlerie
bei der Intensitll der Aosbildong und der Intelligens des Mannaehafts'
mateiials mindestens ebenso gnt ist, wie die länger dienende
msnscbe, ist gar niohl zu bezweifeln.
Es wird uns Dentsehen im Auslände, namentlieh in der mssisoben
Hilitärliteratnr nnn noob hftaiig vorgeworfen, dals wir die „rage da
Dombre** anf dem operatiFen 0ebiet Übertrieben pflegen, d. h.,
dals die operatiTe AnsbÜdang dnreh die Eriegsqiiele, taküaeben Auf-
gaben usw. darauf hinausliefe, für jeden taktischen Akt kltnstliob die
Überlegenheit an Zahl herzustellen, und dafs dies nicht selten auf
Kosten des irischen Entschlosses geschehe; niunentlieh im Manöver
werde stets derjenige als geschlagen bezeiebnet, der es mit Ober-
macht /AI ton bekäme. So weit die NanOver in ITrage kommen,
steckt darin ein Kern von Wahrheit. Aber wie soll man Uberhaapt
schiedsrichterliche Entscheidungen irefTen, ohne sie auf die mecha-
nischen und äaiseren Verhältnisse, wie Benntsung des Geländes,
ümfiissnng n. dergl. zu gründen^ da ja die sogenannten Impondera-
bilien im Frieden nicht hervortreten? Zu den haoptsächlichsten
Anhalten fttr Entscheidungen der Schiedsrichter dient nun auch daa
Zahlverhältnis, und das ist vollkommen richtig; aber jeder Offizier
weilti, dafs solche Entscheidungen stets mit dem ausgesprochenen
oder nicht ausgesprochenen Vorbehalt erfolgen, dals die Sache im
blutigen Ernstfall ganz anders kommen kann und der durch Uber-
zahl besiegte Manövergeueral mag sich damit trösten, dafs •t im
Krie^je dorrh seine und meiner Truppen Tapferkeit das ausgeglichen
haben vvtlrde, was in dtr Disposition etwa versehen war. Was aber
die theoretische taktischt! AusbiiduD^, die auf dem Papier, angeht,
80 kann mit guter Begründung behauptet werden, dals nach dem
Herstellen der Überlegenheit an Zahl für die Schlacht /.war »tete»
ge.strobt, aber niemals dann gebilligt wird, wenn es auf Kosten
der Energie des Haudf Ins geschieht, und zu Zeitverlust, ITnschlUssig-
keit usw. fuhrt. Sehr sorirfaltii^e Erwägungen des Beurteilenden
treten dann ein und mehr ah einmal erhält der Kecht, der unter
Verzicht auf Versammeln aller Kräfte eine günstige Gelegenheit beim
Schüiit gL[);ickt hat. Gerade hier, in unserer operativen Auabildung,
ist von einer „rage du nombre" nicht eutterut die Kede; wer das
Gegeoteü behauptet, kennt sie eben nicht.
Digitizeci Ly ^^oogle
über moderne ^triOe^.
Die UtnfassaDgstheorie.
DaCs eine solche in der Armee zur Zeit ia vuUer Ulüte äteht.
wird niemand leugnen können. Ks p!t creradezo al8 Gruodsatz,
dkiis man stets, handelt es sieh nun auf dem l'apier um Armeen,
oder im Manöver um Deiachemeuts, umfassen mufh ; greift uiati an.
80 ist nur die Frage die, welchen Flügel des Feindes, dafs
mao aber mindestens versucht, den einen zu umfasset), steht \b\\\g
aolser Frage. Ein einfacher, frontaler Angriff ist schlankweg falsch.
Die Fille mehmi sieh eowobl im HanOver ab anf dem Papier^
dab man den mfuBMideD Gegner oeaerdings amfalst, wen nicht
selteo feeht gekttnetelie Minche nm seinen änlseieD Flügel henim
erfoideriieh werden, die sieh im Kriege wohl entweder von selbst
Teihielen oder aber bitter strafen würden. Sehen hat das fert>
geästete Bestreben, m nrofassen, an Frontansdehnungen gefthrt —
sowohl anf dem Papier, wie bei den Obnngen, die yielfach als Uber-
trieben ai^gesehen werden, aber freilieh aneh noeh anf andere, nament-
lieh tsktisohe Verhllltaisse, snniekanl&hren sind.
Mit Aeehl wenden sahlreiefae denkende Ofifadere gegen die Um>
ÜMBongstheoiie ein, data bei der greisen Ausdehnung der heutigen
Sehlaehtfelder den eintelnen Heer- und Tmppent^& die Mdglieh-
keit so umfassen, sieh sehr selten bieten wird; die Divisiott, Ja selbst
das Korps^ feefaten ia einer Sehlaeht frontal, aneh dann, wenn sie
operatiY auf die gegneiisehe FIsnke angeseirt sind.
Fofseht man der Entstehung der ünrfaosnngstheorle, wie sie sieb
im Lauf der Jahre in der Literatur und wohl aneh in der Phois
auegebildet hat, nach, so stOlst man snniobst an! taktische, oder
vielmehr psyeholegisebe Ursachen. Gegenüber der heutigen Wafien«
Wirkung sei, so wird ansgeftihrt, der frontale Angiifr ungemein er-
schwert, und bei deokuogslosem, offenem Gelände, so gut wie atts>
eiehtslos; es sei dringend nötig, bei unserem heutigen Menschen-
material, das kriegsungewohnt and nur von kurzer Dienstwit ist,
mit Vorsieht und Schonung zu verfahren, den Truppen unnötige
Verloste zu ersparen und in Ökonomischer Weise zu siegen, d. h.
mit den möglichst geringen Opittn. £10 Haupihilfsmittel dnzn seien
auaholende, umlasseDde Bewegungen, welche dem Feinde die Flaniven
abgewinnen und dergestalt den Gefeohtszweek eireiohen, ohne üeka-
komben zu bringen.
In allen diesen Behauptungen steckt zweifellos Wahrheit; man
mnfs nur nicht glauben, dafs die Umfassuiigstheorie etwas Neues
und Radikales ist. Sie wurde gelehrt und gehandhabt im 18. Jahr-
hundert, nachdem Friedrich sie Eoropa ad oculos demonstriert hatte,
in einem Jahrbondert also, wo die liUcksicht aaf die Empfindlichkeit
Digitized by Google
10 Ober ittodeffM 8tr«taigle.
des SoldatenmatorialB Tolbttodig znrttoklraly da dieses Ja lang diente
und gut aosgetnldet war. Ihreo Gipfelpimkt emiolile die Um-
fassmigstlieorie jedoeh ersi während der Rerolntioiiskiiege; bei den
Franioeen wandte man sie aa, weü man den eigenen Trappen in
der bataiUe rangte nicbt allsnviel znmntete, nnd gelegentlich aooh,
Dm die Torbandene Überzahl zar Qeltnng sn bringen. Bei d«n
Österreiehern, die von 1792— 1809 den Franzosen fast allein an der
Klinge blieben, war die Umgebangs- und Umfassangstheorie tbeoretiscb
and praktisch bis zu einem Grade gesteigert worden, sn dem man
vielleicht nur iu den Kriepspielen der allemenesten Gegenwart
Analogien findet. Die Armeen worden damals, in dem fast krankhaften
Bestreben, alle Marschstrafsen auszunat/en, reg^elmäCsig in viele
Kolonnen zerlegt wodurch es zu sranz unverhältuisraäfsige!) Fronten
kam, Solauge die P'ranzDSf^i ebenso verfuhren, fielen die zahlreichen
Schlachten rles letzten Jahrzehnts des 18. Jahrhundeits meist ohne
rechte tntseheidungaus, woftlrdieheote naheza vergesseneu „Schlachten"
bei Maisch, Ostrach un<I Siockach, Loano, besonders aher
Neresheim schlafende Exempel sind. Als Napoleon dieser mit
gebpreizleii Kindern tastend verfahrt Tult r! Taktik die |]^eballte Kaust
entgegensetzte, d. h., als er seine Kräite möglichst beisammen hielt
und rücksichtslos schlag, auch wo er keine AuHaicht hatte, zu uui-
lassen, sondern im Gegrenteil selbst umfafst war (Moutenotte,
Arcole, RivolO. da tniir er refrelmäfsij? den Sieg Uber seine
ungebührlich in die lirnte aus^^edehnten Gegner davon, deren zur
Um^ehnog und Lmfassuntr angesetzte Nebenkolonnen in 99 Fällen
von liKj nicht rechtzeitig oder auch gar uicht zum Eiugreifen ge-
kommen sind.
Die Umfassangstheorie ist abo keineswegs etwas Neaes, schon
der alte Epaminondas soll ja bekanntlich damit hantiert haben.
Wühl lehrt die Geschichte, dals zahlreiche bedeutende Feld-
herrn sich der Umgehung und Umfassung bedienten, der letzteren
vor allem Friedrich der Grofse. Aber eben so wahr ist, dals noch
viel häufiger die dii minonun gentium diese naheliegende Form
geielitt nnd yersncht haben. Da kann man nnr sagen: „8i dno
faenini idem, non eil id«n*^ Die Dann-Lacysolie UmfiMings«
theorie hat in ihrer Ubertreibnng znm Kordonkriege nnd in den
BeTOlotionskriegen zn Niederlagen gefUhrt, wo ihr nioht fthnHehe
Umfassongspraktiker, wie Moreau nnd Jonrdan eutgegentiaten«
Die napoleonisehe Schule braefale es zuwege, dab das Bestreben, zn
umfassen, immer mehr snrttektrat. Erst die Kriege 1866/70 lielseQ
sie, freUidi in nie geahnter Orobarftigkeity wieder anflebea
Hier kommen wir nun anf die zweite Begründnug der gegen«
Digitized by Google
Ober moderne Stratege.
11
ivirtlfen Umfassangstbeorie. Neben der NotweDdigkeit» die Trappen
so fldKmen, maeht man das Beispiel der letzten groben Kriege da-
für geltend, daft man beute gmndaälEiieb umfaaaen mitaae. Die
„Vorgänge'' treten bier in ihr Reebt, die im Kriege soTiel gelten.
Es sei ebne wdteres sogegeben, dafs, wenn es gelingt, den
Gegner wirlisam so mnfasaen, die Ansaiebten fttr den Sieg beote
bebe shid; denn die GiOfse nnd SebweifiUüglLeit der modernen
Heere maebt es seliwerar als einsl^ sidi ebne Sobftdignng einer Um-
fittsong za entsieben, wenn sie einmal bis aar takttseben Bedrobimg
der feindlioben Flanke Torgesebritten ist. Sebon die blolse strate-
gisobe Bediobnng der feindlioben Flanken nnd besonders des Rflekens
wild in unserer nerrftoen Zeil mdst gttnstige Wirkongen ergeben.
In diesem Sinne ist es mit Frende za begriUsen, wenn man die
Flllirer aller (jiade smn Umfassen erziebi Tlrotzdem mnls man
sagen: Est modus in rebas.
Sehen wir die Kriegserf abrangen von 1870/71 etwas nlLber an,
90 werden wir finden, dafs fUr die wiederholten Umfassnngen ganz
andere Ursachen mafsgebend waren, als etwa eine gleicbniälsige
theoreÜBcbe Schnlang der höheren Ftthrer nach dieser Kicbtnn^.
Erstens warde in der Zeit 7or 1866/70 die Umfassangstheorie nicht
annähernd in dieser Ansdehnang and Eindringlichkeit gelehrt, wie
heate — man sehe die taktischen Aufgaben Moltkes — , zweitens
waren die höheren Ftthrer gar nicht nnd die höherf n Generalstabs-
offiziere nur zoni geringsten Teile durch die Moltkesche Sehulo
gegaugen. der man die Umfassangstheorie hinterher in die Sehnhe
geschoben hat. Im Grundo jrenommen kann man in Berug auf die
Mnltkesche Zeit von einer taklisch-oporativen Ausbildung im höheren
binu, wie sie jetzt betrieben wird, ah< rhaupt gar nicht sprechen.
Heute hat jedes Korps alljährlich sciin ( Ipneralstabsreise, es gibt
Festungsgeneralstabsreisen, IntendanturUbungsreisen, ganz zu ge-
schweigen von den grofsen ( leneralstahsreisen und den zahllosen
KriegsspiehMi nnd taktischen Aufgaben, bei welcher Hauptleute und
Leutiinnts Divisionen, Korps, ja sogar Armeen führen. Wie bescheiden
war dagegen in dieser Beziehnnir die MoltkescheZeit! DerFcIdmarschall
woiite zwar „strategische Haisoiiuements" bei den Korpsgeneralstabs-
reisen keineswegs ausschliefseii, doch aber sollte für diese die Division
die Grondlage hildeu, und es kam nicht auf geniale strategische Ein-
lalk^ der Teilnehmer, sondern auf systematisches Durcharbeiten des
Technisch Lii. also der Befehlgebung. Auiklurung, Sicherung, Unter-
kunft und Verpflegung, an. Bei den grofseu Generalstabsreisen
handelte es sich ehedem ebenfalls vor allem am Schalung des Tech-
niseben in der Troppenftthrnng. Die operative Aosbildong, welehe
Digitized by Google
12 Über luoderne ätrfttogie.
io AaleluiQDg an wirUidie oder doeh mOgUehe Sriegslageii erfolgk
uid junge (HBsiereTor EntBeblUflee stellt^ die in der WirklMikeit nar
Anueefnlireni nkomiDeii, ist eine Emngenfleliaft der neaeiteii Zelt.
Endlich war Moltke schweigsam, nnd soviel ans bekannt ist,
Ueis er sich ttber sdne eigentlichen Absiebten nnd leitenden Gedanken
so wenig ans, dais de weiteren Kreisen, anoh des Generalstabes,
unbekannt blieben nnd ein SpeknliereD strebsamer JOogerer Elemente
anf die jeweiligen nnd angenblieklichen operailyen Neigungen des
Chefs anagesehlossen war.
RaDD man somit die Sobalong des Generalstabes durch Moltke
für die häufigen Umfassnngen 1870 keineswegs ins Treffen ftthren,.
so lehrt ein Blick aoi die Vorgänge selbst klar, dafe da andere
Ursachen im ^iel gewesen sind. Wir omfalsten wohl bei Wörth
und Sedan, wo uns bedeutende Überlegenheit an Zahl zar
Vertttgnng stand, nicht aber bei Oolombey und am 16. Angnst^
als wir die Schwächeren waren; ebenso wenig bei Conlmiers,
an der Lisaine nsw. Wo wirksame Umfassang:eo groisen Stils
zustande kamen, da sind sie nicht vorbedacht und künstlich in
Szene gesetzt, sondern das natürliche und einfache Ergebnis des
Vorhandenseins einer allerding^s energisch nnd zielbewnlst geführten
Überzahl. Auch wo diese vorhanden war, blieb die Umfaesnnpr
zuweilen in den Anfänf^pn stecken, wir die GlUmers 8. Au^riist.
Bei Wörth, bei St. Privat, bei Sedan sind die nTulassuugen, das
konzentrische Zusammenstroraeu der Kfdonnen aut die i^'lanken des^
festliegenden Gegners einfach das Jr'rodakt der Überzahl, nicht
die brncht tiefer Kombinationen.
Wir schlielsen daraus, und die iwiu- Kriegs^j^esehichtr lehrt of^
zur GeuUge, dal's sowohl strategische wie taktische UmfasHimijen
zwar nicht immer, aber doch in vielen Fällen nicht von lange her
erwogen und aosgettlftelt sind, sondt^rn sich beim Uberlegenea
and in der Vorhand operierenden Teil als Frucht der
Initiative von selbst einstellen. Jahrzehntelang war man Uber
zeugt, dals Napoleon 1806 und 1809 in Bayern die Absicht gehabt iiatte
zu umfassen, es galten gerade diese beiden FeldzUge sozusagen aU
Musterbeispiele der strategischen Umfassung; und doch hat die. neuere
Forbchuüg gezeigt^ d^iis er weder in dem einen noch iu dem anderen
Fall von hause aus eine Umfassung entworfen und c^eplant hatte,
sondern gerade durchzubrechen meinte und dal's sich die llin-
fiusung nur aus der Unbcweglichkeit des Gegners im Verein mit
Napoleons Unkenntnis der Kriegslage ergab. £& ist ganz charakte-
ristisch, wie sich aus dem natürlichen aber entschiedenen Vormarsch
in mehreren getrennten Kolonnen die Umfassung auch dort ond
Digitized by Google
über moderne Strotegie.
13
gerade dort hmasbÜdet, wo sie gar niehl Torbedacht wai. Nieht die
Unftnoogstheorie, sondern die eoerglscbe Initiative, namentüeb
die mit überlegenen Kräften, flUnt wirksame Umfanongen beibsL
Wir leben niebt mebr In den Zeiten Fdedriebs des Grofben.
Strategiseb oder gar taktiseb so omfiMSsen, wenn man sebwfteber
Ist, dffrfte mit den beotigm Armeen ein grofses Knnststllek sein.
Auf dem Papier macbt es sieb sebr sebön, Armeen grondsililieb
g^n die Flanken des Fdndes anansetm, aber wie selten weiis
man Im Kriege, wo die feindllalien Flllg^ sind; Ibre Anfimdnng
kann niebt dnreb das Bestreben, a priori an omfassen, sondern nor
dnreb eine energisebe Offensive bewirkt werden, die es darauf
ankommen lifat, aneb frontal ansnlanfon, die Offensive mnls Im
Vordergrande stehen, nicht die Umfassongstbeorie; aber eine Offen-
sive freilich, die niebt an lokaler Verteidignng klebt, sich gana
-beschränkte Ziele setzt and weniger der siegreiehen Kraft des
Vorgebens als vielmehr dem Hintergedanken tränt, es werde sebon
gelingen, dem Feinde die Flanke absogewinnen.
SeblichtingB Werke predigen nnter Anderem die Um-
fassong and bieten maneben schätzbaren Wink; aber bei seiner
ganzen Strategie mals man n. JB. doch stets vor Aa^en haben, dals
<^ie nnr dann möglich ist, wenn man wie 1866/70 im höchsten
Mafe die Initiative hat, and streng genommen nar dann, wenn
man an Zahl oder Gttte der Trappen erheblich überlegen ist.
Aus diesen Gmndlagen wachsen die Umfassnngen hervor: hoffen
wir, dafs ans diese Omndlagen in ktlnftipren Kriegen abermals
eigen sein werden. Ohne sie würde die Theorie des Umfassens,
und würde sie anf dem Papier auch bis zur Vollendung aasgebildet,
wenig nützen: so wie die Echelons der friderizianisohen Zeit I80f)
versagten. Löblich ist das Streben, stets zu umlassen; anznerkennf ii
die Ourchbildnng dieser Theorie im Frieden. Aber die Erkenntnis
darf nicht fehlen, dafa diese atrateginclu Form an sich eine Gewähr
des Sieges nicht bietet, vielmehr in auffallender Weise von
der Energie der obersten Ftthrnng and von Zahl wie Wert
-der Kräfte abhängig ist Eine Yermehrang der Armee and ein
Hinausschieben des Operationsziels Uber die Grenzfestangen des
Oegners wiegen schwerer als die theoretisch geförderte Absiebt,
strategisch und taktisch zu umiassen.
Die Aogriffstbeorie.
Wohl Stilen wird in einem Heere, und zwar in allen Schichten
desselben und bei jeder Gelegeuiieit, die Offensive derart ge-
predigt worden sein wie jetzt bei ans. Das Eine ist jedenfalls
X4 Über moderne Strategie.
lüttht sn bestraiteD, dftb tot den Kriegen 1866 and l&IO^ in welehen-
wir die OffeDeive nnstergllltig hnndiiabten, nichl aonähemd m viel
Aber nnd ftr den Angpriff gesebrieben nnd geredet wnide, wie
Jelrt^ nl>nmer angreifen'' isl die Loenng, die den jongen, streb-
snmen KSrnpfer Ton liente — der seine Kampflnst freifieh nnr in
der Theorie, Eriegqiiel nsw, betittigen kann — in den meisten
Füllen san Uolge fuhrt
In dem steten Streben naeh der OffenslTe liegt one anfser-
Ofdentliob gesunde Grnndstimmang^ die in der dentsohen Armee
(}ott sei dank natttriieh von Hause aus vorbanden, nicht etwa
kttnBtlioh hineingetragen ist. Mehr als die schönsten stiategisehen
Theorien, mehr als das beharrlichnte Streben nach Umfassung z. B.
ist die Angrifflost, der Angriffsdrang wert, der in den höheren
Ftthrem aller Grade sitzt, and der im Kriege sieghaft in die firscheiuong-
tritt^ wenn er nnr nicht durch eine mangelhafte Oberleitong unter-
bmideii wird. Hooh gilt heute die alte, vom groben Köni«: deotiieb
aosgesproobene Regel, dafs es fllr Preulsens Trappen nichts Besseres
gebe, als anzugreifen, sobald ihnen der Feind nahe sei.
Man darf den Persönlichkeiten, denen die Ausbildung: der Armee
obliegt, daher nur dankbar sein, wenn sie auch im Frieden die
OftensiFP mit allen Mitteln hochhalten und fördern, den im Manöver
nicht angreifenden Führer aiisni erzen, den im Kriegsspiel zllgernden
Offizier beseitigen. Wenn heutzutage in der Theorie des Angriffs
nicht selten sogar über die Prnx'ia von 1870/71 hinausgegangen
wUrde, wenn der Angrifi an sich, um seiner selbst willen, auch in
hOcbst ungünstigen VerhältniBKPii irefordert nnd {^epredio-t wird, sa
Hegt darin eine grolse 8tarke und eine groise (Gewähr des Sieges^
in den Kämpfen der Zukunft.
Freilich mag die Aussohlicislichkeit, mit der heutzutagi- der Au-
griff, strategiseh wie taktisch gepflegt wird, zuweilen zu weit ge-
gangen werden; namentlich von Leitenden und Aut'galieiiäteiiern, die
wenig Phantasie besitzen and sich daher in allen Lagen an das
rettende Seil des Angriffs klammern; einfach ist das ja allerdings.
Oi> auch immer richtig? Schicken wir Noraus, dals das Stellen
taktischer Aufgaben — ebenso >vie das Leit( u von Kriegsspielen —
Dicht leicht ist; /.war schatlt das selbstverständlich jeder, d(»r damit
beauftragt wird, denn was befohhtu wird, wird bekanntlich gemacht,
es kommt aber doch auch einigermalseu aut das Wie an, wenn wirk-
Uebe Belehrung eintreten soll. Ich widerstehe der Versuchung, Bei-
spiele recht wenig glücklicher taktischer Aufgabenstellung anznführen,^
da sonst, bei der Ähnlichkeit der Muster, nnllebsame Bezugnahmen
aof da oder dort tatsieUich gestellte Angaben IsmerUn niebt aos*-
Digitized by Google
über modenie äteake^^. Ij».
gcsobloBBen wäreii. Das mnfis aber gesagt werden, dals die Kriegs-
lage Ml eiidgennftbeii auf die offeoalve Lösung hiodeaten mala.
Wenn vca einer ganxen Ansabl Bearbeitern oor fäner aogieift» ob*
wolil dies die aogenannte PatentUteang ist, so durfte öbeo aa der
Anligabeiiateiliiiig etwas versebea sein.
Sb kODDte mmiOgtteb richtig enebeinen, weoD %, B. ron einer
auf dem hinbaUenden Flllgel eines snr Verteidigaogssohlaeht bereit*
gestellten Heeres entwieicelten I^Tision verlangt wurde, dals sie nock
wibrend des Anmarsehes des Gegners „selbsttätig*' ans Ihrer Stellang
10—15 km Torgeht, am den Feind anisnsnchen nnd ansngreifen.
Ebensowenig wSre es sa billigen, wenn gelordert würde, eine
Oivisleii, die, im November, cvrisohen den Masorisohen Seen, den
gamen Tag mit Mlihe den Angriff eines feindlichen Korps ans-
gehalten hat, solle 12 Uhr Mitternachts, weil der Mond an^ht, zor
Verfd^gnng antreten. Die Bernfong an! das glorreiche Beispiel Von
Belle^Alllaaee kann hier doch nicht gelten, denn die Verlilütnisse
lagen damals gans anders, wie die nenere Forscbang inswisehcD er-
mittelt hat; Legenden sind aber kein frnchtbarer Boden für die
operative nnd taktische Ansbildnng.
Aneb ist es ferner sehr fraglich, ob es wirklieb gelingen wttrde,.
s. B. einen Festongskosunandanten dazn sn bewegen, den ihm an-
verläraaten Platz mit der Hauptreserve sa verlassen, am mehrere
Münehe weit sar Armee zu marschieren nnd dort an der Scblacbt
teilzonebmen. Unsere Führer besitzen gewifs viel Offensive nnd
Initiative, ein Goavemeur ist aber doch vor allem fttr den ihm aa-
vertraoten Platz verantwortlieh, die Organisation and AnsrOstang der
Besatwmg ist anf die lokale Verteidigong zagesobnitten, so dals man
an ihre nneingeschrttnkte Verwendnngsfitbigkeit im freien Felde mir
schwer glanben kann.
Ahnlich verbält es sieb mit dem auf dem Papier vielfach ge^
forderten und geübten Angreifen überlegener gegnerischer Kräfte.
In der Wirklichkeit, im Krie<re, erklärt sieh dies nur aus der ün-
kenntnis tlber den Gegner, aus nichts anderem!
Ek liegt nns, wie eirpranirs crwühnt, sehr ferne, an der vor-
treft'iichen taktischen Ausbiidung der Armee irgend eine Kritik übe*
2u wollen; nsmentüch die im Generalstabf ist Summa euin laude.
Es liegt indes im Wesen menf^ehlioher Kiiirichtuogen und besonderfi
jeder Hierarchie, dals die von üben kommenden Stichworte uuiea
zaweilen übertrieben aasgelegt und angewendet werden. 80 mag
es hier und da mit der Parole „Offensive" geschehen.
Auf dem Pa|}ier immer liiizu;^ reifen erfordert wenig Kenntnisse,
wenig Geist und nicht viel Charakter; artet die Offensive zu einer
Digitized by Google
16
Übar moderne Strategie.
wUititrueheii Mode aas, so werden die gewandteeteo, am niebt m
sagen geriaseosteit PentfnUebkeiten dieaex Mode am vollkornmeoetea
and gesohmddigsten folgea, aber ob das dieselbeii Leute sind, die
Tor dem Feinde, wenn die Verantwoitnng sebwer drllelLt, und es
gOt, Leib ond Leben einansetsen, vorne weggeben, ist doeh ooeb die
Pr^^e. Wenn eine Armee je offensiven Sinn bewäbrt hat, so war
OB die onseie 1870 in den Aagnsttagen und was sie damals an
Offensive entwickelt hat, vodient die bOehste Anerkemumg, eireiebt
vielleiebt das Maximum des in dieser Hinsiebt ttberbanpt Erieieh'
baren; ein Hinansgeben Uber diese glotreichen Beispiele, em Über-
treiben des AngriiSs in der Theorie anf dem geduldigen Papier, die
kttnstliebe Reinsuobt der gewissermalben patentirten Sieherhei^ die
stets angreift, ohne erst sn fragen wie die Saeheo stehen, können
wir fllr sweekmälsig niebt halten.
Wohl geben wir an, dals mau die Offensive im vidliieii Mab
fordern mafs, dafs man sie im Frieden anoh dort verlangen mnÜB, wo
ibr Unterlassen im Kriege nicht gerügt werden konnte — ans dem
einlseben Gmnde, weil man beim Militär stets mehr verlangen mafs,
als was man zu erreichen gedenkt; die ganze Aasbildung hcraht ja
doch daran!. In diesem Sinne ist also die Zttohtung der Offensive
wohl bereehtigt und anch frachtbringend ; allein man rnnüs sich stets
vor Augen halten, dafs im Kriege in den meisten fUllen hinter dem
w&nsebenswerten and möglichen Mafs an Offensive zorfickgebliebeD
wird, nnd^ um bei den angefahrten Beispielen zu verbleiben, solche
Offensiven in der Wirklichkeit nicht vorkommen; da bleibt jeder /.a
Flaufse, ist froh, dals er das Leben hat und htltet sich schwer, Ofien-
sivei) za unternehmen, die ihn in den Geruch der Un/arpchntings-
tähigkrit hrin^rt n könnten, abgesehen von anderen tlblen Folgen, die
sie, wenn unternommen, haben krmnten.
Soll man also etwa in tler Fliedenstheorie weniger Offensive
verluugCDV Wir glauben es nicht, wenn anch gar zu weit
getriebene Offensiven hesb^er zu vermeiden sind, weil sie doch
niemand ernst nimmt, sondern f^ir das ansieht was sie sind,
nämlich graue Theorie. Im aligeuieinen aber bleibe man zu-
verbicbtlich bei einem »esnnden Pflegen der Offensive. Sind die
Führer aller Oradt Ids m den Jüngeren heiah von dem Wert der
Offensive Uber/.eugt, so liegt darin immerhin eine grotse Aussicht,
dafs die Herren, zwar nicht immer und überall, aber doch in einer
grolsen Zahl von Fällen im Kriege offensiv handeln werden; eine
solche Erziehang zur Offensive mittelst der Theorie ist om so nötiger
alß die Praxis in der Armee vielfach riarauf hinarbeitet, das aktive
ubd offensive £lement aus dem Offizier herauszutreiben und ihn zu
Digitized by Google
Übw uoden6 Stntegle.
17
«ineoi sanfte?! Bürfrer zu machen, der nicht unaogenehm aatiiiUt.
keinen Streit hat ü, s. w. Die Verhältnisse, in dencMi wir leben, (ier
Eiiitiufs der sozialen Entwickelune- auch aöf die Ariiieeu, die steigende
Macht der Presse und der l'arlarnrnisvvirtschaft wirken gleichmälsig
zusamuieu, um auch den kühnen Ottizier zu zähmen ond fromm zu
machen; jedenfalls ist unsere Zeit nicht darnach aufretaiij Helden
grofszoziehen ! Es schadet endlich auch nicht viel, wenn die Köllen
des Angreifers und des Verteidigers gelegentlich manchmal in einer
Weise von vornherein verteilt werden, dais dem Angreifer, dem man
Wühl will, seine Aufgabe mehr als leicht gemacht wird, während sein
Gegner, der aus persönlichen Gründen geschlachtet werden soll,
Defensivauf LTiben erhält, die niemand lösen kann; freilich trägt das
nicht gerade dazu bei, die Überzeugung von der sieghaften Kraft der
Offensive mundgerecht zu machen, eher exemplifizieren die Teilnehmer
and Augenzeugen auf das GiUck, das jeder Soldat haben muls. Es
aei endliok darüber hinweggesehen, was gesehShe, wenn ein höherer
Führer im ManOver zur Unselt, d. h. in einem Augenblick, der militüriach
zwar dnrchans ziehtig ist, aber ans irgend einem Grunde der Leitung
nieht palst, offensiv wird; man liebt derlei nicht, und solche Offendven
haben kein GlQck. Im allgemeinen aber kann man doeh nor
wiederholen, da& das Streben nach der Offensive in der Aasbildnng
richtig ond trotz einzelner Aoswttehse anzuerkennen und zu be-
Ibidem ist, wenn es noch natOrllöh so radikal nicht wirken kann,
wie die Erziehung durch den Krieg, durch die Wirklichkeit; oder
wie das Verfahren des englischen Volkes des XWJL und XVIII. Jabr-
hmderts, das Generale ond Admizale, die es nicht wagten, llherlegene
XrSfte anzugreifen, anfkntipfte, trotz des Widerstandes des Hofes.
Wenn also eine zielbewnlste Eiziehnng zur Offennve in der Armee
nur mit Fanden zu begrttlsen und zu befördern Ist, so darf anf der
anderen Seite doeh nie vergesseo werden, daÜB die Betttignng dieser
Offensive im männennordenden Krieg doch noch von etwas anderen
Dingen abhUngt als Ton den theoretischen Lebren des Angrifies im
Frieden. Die Väter sprachen w^g rom Angriff und schrieben fast
nicht darüber, aber sie griffen an, bei Nacbod, WOrth, ViooTÜle usw.
Die Verhältnisse waren eben danach. Wenn uns auch Tcrslchert
worden ist, eine Armee wie die von 1866 habe Prenfsen seither
nicht wieder gehabt — 1870 schafften wir es vielfach mit der Zahl — ,
so trauen wir doch darauf, dafs die Armee von heute den Gegnern von
heute an Güte ebenso Uber ist, als*e8 damals den damaligen Feinden
gegenüber der Fall war. Noch sind und bleiben wir an innerer
Ttlchti^keit jedem Feind über. Aber das g:enUgt noch nicht zum
biege, und namentlich fUr das sieghafte Entfesseln der Offensive
^uj ui.uo uy Google
18 Über modeme Stnte^e.
■
gentigt es nicht; dazu gehören noch andere Dinge, so nngemein
wichtig die überlegene Güte der Truppen für den Ernstfall ist.
Es gehört dazu eine entsprechende Ftthrong, vor allem der
entschlossene Wille, die Kraft des eigenen Heeres im Aiigrill unbe-
denklich /.ü entfelselü, wozu eine gewisse Freiheit der Anschaoun^
und des Verfahrens sowie ein verständiges Gewährenlassen nötig i^t.
Darin war besonders Moltke grols, der eingesehen hatte, das vonFtthrern,
die ängstlich an der Strippe gehalten werden, eine entschlossene Offen-
sIy6 nidit zu erwarten ist. Zu dieser Freiheit der Auffassang und
des Gewlbrenlaneiw hilft vor allem das BewuÜBtsein, dem Gegner
an Kriegsmitleln sowohl als in der Energie des Willens ttb er-
legen zu sein; hat man dieses Bewolstsein, dann iVlst man die
Saehe laufen und es entstehen KiUnpfe wie die rom August 1870,
die nnter anderen Veihftitnissen sehr geflihrlieb iMitfen. Nnr bei
Freiheit, nor bei einem gewissen Gewtthrenlassen der oberen FIdirung
ist der operative und taktisehe Angriflsferieb ansslehtsToU; haftet der
Blick des Feldherm Itngstiioh an der gegnerisehen Greose, die er lücht
ttbersehreiten will oder soll, reiefaen seme geographiseheo Kenntnisse
nieht welter als Uber einige beschrilnkte Grensbeiirke, in denen nmaa"
den Krieg za beendigen hoffti ohne gleich bis Paris oder gar bis-
Moskan zn lenfen dann wird es mit der selbstHUigen Offen-
sive der Unterftlbrer zweifelhaft^ wo nicht misslicb aussehen.
Wenn ans den lotsten groihen Kriegen eine Erbbmng gezogen
werden kann, so ist es dooh wohl die, dals die damals geübte Ofien-
sive nur möglich war auf der Basis der damaligen Verhttltnisse^
nämlich einer ansgesproohenen Überlegenheit an Kriegs-
mitlein und einer grofsen und kflhnen Politik, die KSmpfe
suchte. Anders steht es wohl heute; wir sind heute ftoh, wenn
wir Frieden haben, was ja politisch vielleicht — aber aneh nnr
yielleioht — richtig sein mag, militärisch aber zweifellos ein
Machteil ist. Wir glaaben also niobt^ dafs sich die auf die Spitse
getriebene Offensive der Unterführer nacbbaltig nnd wirksam in
einem Kriege äulsem würde, den ^mnn" nur gezwungen, gleichsam
widerwillig, ohne grofse positive Ziele und eigentlich nnr deshalb
ftlhrt, weil der Feind eben dazu zwingt. In aolchen Kriegen, deren
Preulsen immerhin einige geführt hat — 1793/94, 1806 würde
die Lehre von dem allein seligmachenden Angriff nicht standhalten,
sondern nur zu vereinzelten und vergeblichen Opfern führen.
Man soll darum nicht aufhören, die Offensive zu predigen und
zu /lichten; wohl aber müssen sich di( jiMÜ^^eii, die ey anseht, recht
klar machen, dafs in der den Unterführern theoretisch beigebrachten
Ofi'eosiyteDdeDz kein Ersatz ittr Unterlegenbeit in der Zahl der
Digitized by Google
Uber moderne Strategie.
19
Trappen, in der Bewaffnung qbw. zn finden ist, und dafa sie etete
dort veisagen wird mllMen, wo die obere nnd oberste Leitung nicht
TOD einem übnliehen Streben nach Verniebtnng beseelt sind, wie in
mieeren letEten grolaeo Kriegen. Wird der ganze Krieg mebr de-
fbnsiy, oder aneh nur mit abgesebwäeliter Entscblossenbeit geführt,
so iMJst sieh der selbsttttige Angriff gioisen Stiles eben nieht ent-
lalten. Hoffen wir, dafe ans die nXehsten Kriege moht darüber die
Angen Offnen, dals die Offensive wie sie 1866, 1870/71 auftrat^ mehr
eine Begleiteieeheinang der damaligen gflnstigen VerliilltDisBe als
eine Waffe ist, die sieb auch in der Hand des Sehwachen und Zagen
beiriührtk
Feldarmee uucl Festang.
Gs ist wirklich eigentUmiicb, wie plötzlich manche „Graodsätze**
anikommen; seit nndenklicben Zeiten dachte und sprach kein
Mensch bei oos davon, bei Operationen gegen unsere künftigen
Gegner die Feldarmee an Festangen sn koppeln, und die Wissen-
schaft, wie man das VorhandeDsein von Festungen beim Offensiv-
kriege fttr die OperatioDen des Feldheeres ausnutzen könne, schlief;
so blieb es auch bis vor wenigen Jabren. Da, plötzlicb, wie auf
den Wink eines mächtigen unsichtbaren Zauberers, traten die Er«
örterungen Uber dieses Thema auf den Plan; heute gibt es schon
eine ganze Literatur darüber und Hand in Hami mit dieser ße-
wegan^: ging das Erscheinen der schweren Artillerie des Feldheeres,
sowie das Auftauchen der leichten Feldhaubit/.en. Die Vertreter der
neuen Heilslebre hoffen, es werde sich in Zukunft empfehlen, die
Hilismittel des Geländes und der Befestigungskuiist unter alleu
Verhältnissen in den Dienst des Feldheeres zu stellen, d. h. grofse
kriegerischr EuUcheidungeu im Ausehlufs an Festnngsgruppen und
Forlsimien zu suchen Was ist vorgefallen, um diesen fundamentalen
Wandel der Atischauungen hervorzurufen? Die Verhältni>se auf den
grolsen europaihckeu Kriegsschauj)iätzeü haben sich nicht wesentlich
geändert, ebensowenig das Kräfteverhältnis zwischen uns und uuseren
möglichen Gegnern; unsere Politik ist dasselbe was sie seit 1871 war,
nämlich eine bewahrende und erhaltende. Wohl sind an der Ost-
grenxe Frankreichs und an dem Westsanme Rußlands Festuugslinien
und befestigte Abschnitte entstanden, al)er nicht eist in den letzten
Jahren; lu diesen wurden die betretlendeu Aulagen nur weiter aus-
gestaltet, nicht etwa neu geschaöeu.
Es ist schwer, einen Anlafs zu eiuem so radikalen Wandel der
Ansichten m finden. Derselbe ist auch im Auslande nicht unbekannt
geblieben; schrieb doch erst in diesem Bommer eine fransösisehe
2*
Digitized by Google
20
Über modtttne Strategie,
Zeitschrift trinraphierend, die Deutschen hätten die klassische
Moltkesche Op* ration eines sofortigen Einmarsches in
Frankreich zum Vorstols auf i'uris ciidlich aufgegeben
nnd sie wären zu der Absicht gelangt, sich iu Lothringen verteidi-
gend zu verhalteu, ulu, auf ihre 1 cbtungeu gestützt, deu iranzösischen
Angriff zu erwarten und ihm mit einer Gegenoftensive zu beant-
worten, anter dem Schatze ihrer Festangen, die nach allem was mm
bOre, von Jahr za Jahr weiter aasgestaltet würden.
Wenn wir aneli Überzeugt sind, dals sich die Franzosen mit
Boleben Hofinnngen auf dem Hotew^ befinden nnd dab derartige
Plttne in enietbaften Köpfen nicht vorhanden rand, ao ▼eidient doch die
Fn$e emateste £rwägang, ob es hente ttberhanpt möglieh ist, einen
Krieg in dem man etwas erreiehen will — and wer hstte Im Erlege
niehts ra eirdchen? — im Ansohlnla an Befestigongen xn fttbren.
Blleken wir auf die inreulsieohe Kriegsgescblebte sorttek, so finden
wir nnr ein Beispiel einer erfolgreiehen Verteidigung in diesem Sinn,
nlimiieh die Friedrieh des Groben in den Spätjabren des Sieben-
jährigen Krieges. Jedeimann weils, dab der grobe König m. emem
solchen Verfahren nnr ttnberst ungern, nnr deshalb gegriffen bat^
weil er dasn dnreh die Schwäche seines Heeres geswnngen war.
Seitdem haben wir nur die Bhelnfeldsllge anseligen Andenltens ge-
habt| die im groben Stil mit Befestigungen arbeiteten und sie haben
kläglich genug geendet. Wo Preuben wirklieh etwas errdobte, da
bt es offensir gewesen, da hat es die femdlicben Festungen ver-
achtet, da stieb es mit seinem Feldbeere unbedenklich in das Heis
des Gegners vor, und wäre zu allerletst anf den Gedanken gekommen,
sich auf seine eigenen Befestigungen na stiltacen, um mit ihnen und
im Anscblnfs an sie einen Feldzag zu führen. Also die Kriegs-
gesehiobte spricht offenbar nicht fUr die Verfechter der nenen Lehren.
Sie zeigt, dals nur der strat^tsche Angriff, nämlich einer der sich
lohnt, ein kühner Vormarsch anf die feindliche Hauptstadt (1814,
181Ö, 1866, 1870) grobe £rioIge ergibt» Erfolge, die das KriegiOhren
lohnen.
Aber vielleicht sind nun die Verhältnisse andere geworden und
vielleicht fordern gerade die heutigen Umstände dazu auf, sich im
Entscheidungskampfe grolser Staaten an Festungen zu klammern?
Anf dem hohen strategischen Gebiet ist es sehr schwer, klipp
und klar etwas zu beweisen; bekanntlich gelten schon in der Taktik
verschiedene Ansichten, und erst recht in der Strategie. Man kann
sagen, der lose Zusammenhang der nindnrnen Truppen zwingt, sie
mit Schonnng" zn irebranchen und es sei daher geraten, den Gegner
zunächst an den eigenen ikfestigongen aulauien zu lassen, um dann
Digitized by Google
über nodeme Stratege.
2i
nur OegenoffensiTe ttbenngeheD. Mail kann dmaf rerweisen, <!•&
täiek die gro&e Jf ftsse der heutigeQ Reserretrappea »ns oabeli^gen-
den GrOnden bei einem entachloBwneD Yonuaiseh in Feiudeslaod
nieht so ftr die Scblfteht aasnflteen läTst als wenn man sie im ei|;enen
Lande» swiscben den Festungen festlegt, ans denen man dann die
Beservetrappen — womöglich anofa noeli die Grenze stoherode
Landwehren — im liclitigen Aogenblick zur Seblaeht herbeiruft. Man
lumn fem er sagen, dab es nOtig ist, heutzutage die feindlichen
FlUgel nnd Flanken zu umfassen und dals das bei einem beweglichen
Gegner nnd im freien Felde nicht so gnt möglich sei^ als in An«
lehnong an eine Festongsgmppe, die der Feind nrogehen mnfs, wo-
bei man ihm dann nnversebens in die Flanke fällt. Schwaebe Ge-
müter, denen es mehr um das Konservieren der Armee als um ihre
Aasnutzung zum Siege zu tan ist, mögen endlich sagen, dafs die
Folgen eines Rückschlages geringer sind, wenn man sieh zwischen
seinen festen Plätzen befindet als im freien Felde. Wie man sieht,
es iSTst sich 8chlie(slich alles begründen, selbst die Absicht, um den
äuiseren Flügel des ans nmErehpiiden Feindes herurazuraarschieren,
nm ihn desto glänzender zur ätrecke za bringen. Auf dem ii'apier
geht eben alles!
Ungei!i< in schwierig: ist es dag( ^j:* ti, auf dem Gebiet der Strategie
und in konkreten Fällen von vornherein zu sagen: daR ^eht nicht.
Denn man bat bekanntlich die ungiaubiichsteu iSachen im Kriege
erlebt, die doch gelungen sind. Wir möchten daher im folgenden
unsere Meinung bescheiden and zurüekiiaitend und mit aller Reserve
äolsem, und nur in akademischer Weise, ohne Bezuguahin» auf be-
stehende Verhältnisse, die uns aufserdem natürlich nicht bekaunt sind.
Der greise Nachteil der Defensive ist eben das ewige
Zuspätkommen; man erfährt die Bewegungen des Feindes so spät,
dafs man unausgesetzt überrascht wird, und die Befehlgebung im-
gemein erschwert ist, namentlich bei den heutigen Fronten der
Armeen. Man denke sich nur, dals z. B. ein an der Westgrenze
aofmarsohiertes deutsches Heer von etwa 20 Korps eine Front von
mindestens 200 km einnimmt, die trotz Feldtelegraph and Selbst-
fahrem der Befehlgebung fast nnflberwindliebe Schwierigkeiten ent-
gegenseht. Was anf dem einen FlUgel passiert, ertthrt die Leitong
bestenfiüls erst naeli mehreren Stnnden nnd bis ilire Befehle dahin
gelangen, dauert es ebenso lange. Deshalb nnd weil bei der stra-
tegischen Defensive das Anslaafenlaasen der Teilhandlnngen, also
der Untemehmnngen der Unterführer, nicht in dem Mals mOglieh Is^
nie bdm Angriff, ist die Fllhmng in der Vert^dignag am so viel
lohwerer; sie kann nnd darf nieht soviel JMheit geben, wie beim
Digitized by Google
22
Über modern« Strategie.
Angriff» sondern sie mols dem einen Flügel, namentlich wenn er an
einer Featang lehnt, klipp and klar sagen: „Oa bleibet unter allen
Umstünden stehen and deckst das and das" and sie mnls mit dem
Loslassen des andern Flügels ganz genan den richtigen AngenbUek
ahUppen, sonst kann die Sache sehr schlimm ablanfen.
In der strategisehen Offensive sind dagegen vereinzelte £igen-
mlfebtigkeiten der Unterführer viel weniger gefährlich, weil sie erstens
den Gegner, indem sie ihm imponieren, festlegen and weil iweitens
die ganse ttbrige Masse nachrttckt ond wenn sie nnr mit einiger
Bneigie geführt wird, sehlieblich sar Entscheidang herankommen
mnia; bei der Defensive, and wSre sie noch so sehr mit offensiven
Motiven dorchsetst^ ist das nie üi diesem Mals der Fall, kann es
nicht sein, trotz aller Mtthe, die man sich anf dem Papier geben
mag, ein defensives Gesamtverhalten mit offensiven TeilstOlsen zn-
sammenxakoppeln. Es kommt weiter noch der sehr gewichtige Um-
stand in Rechnong, dals die Initiative der Unterfahier, welche nicht
Dar 1870^ sondern schon in vielen früheren Kriegen schöne Erfolge
ergab, bei einer defensiven Gesamtanlage nicht annähernd 60 vor
Enfaltong kommt, wie in der Offensive. Wissen die kommandierra-
den Generale, dals es keineswegs in der Absicht der Armeeleitang
liegt, rücksichtslos in das feundlicbe Land einzudringeo and wenn nOtig
aach die FestungsUnien anzugreifen, so gebt ihnen gerade die Taten-
frendigkelt verloren, welche in der Offensive zwar gewifp zn Wag>
nlssen und geßihrlichen Lagen führt, im ganzen aber doch der Träger
des Sieges ist.
Cnstosza ist sehr schön, aber aaf Costozzas zn rechnen wäre
eine gefährliche Sache; derlei kann gelhigen, würde aber grofse
Erfolge, wie wir sie bei einem Kriege nach zwei Fronten braoohen,
nicht ergeben, sondern bestenfalls eine glückliche Improvisation,
ein Kunststück bleiben, aber ein Verfahren ist das nicht, worauf
man im Kriege grofser Nationen als ein entscheidendes strategisdies
Moment hauen kann. Während sich die heiis angestrebte Umfassung
bei der Offensive als Fracht derselben fast von selbst einstellt, mnls
sie bei der Defensive mit gröfster Geschicklichkeit und mit (jlttck
angesetzt werden, wenn sie gelingen soll. Und wie soll endlich
ein Sieg benutzt werden, den man im eigenen Lande gegen
den Feind, dessen Grenzfestnngen man nicht anzugreifen
g:ewagt hat, erkämpft, sobald er sich in eben diese Be-
fi'stigongen zurückzieht und uns nun erst die eigentliche,
VC LI uns gescheate Aufgabe, ihn hier za fassen, za-
schiebt?
Digitized by Google
Obtt nodene SMegle.
28
Noch bis vor weoigeD Jahren galt die Gl«uewitMohe Aal-
fasBODg, dafs Festnngslinien oicbts taagen, was er des weiteren aa
mehreren Exempelo, wie den berüchtigten StoUbofeDor and Weirsea-
burger Linien, die nie gehalten werden konnten, sondern stets dm
Angreifer in die Hände fielen, belegt. Die VerbältaiBse liegen
beute, trotz der Fortschritte der Technik, nicht anders als dazamal;
aoch beute ist es zweifelloSi — am bei dem gewählten, rein lehrhaften
Beispiele za bleiben« — dafs ein entschlossener Angreifer den
französischen Festungsgürtel an einer Stelle sprengen wird; an d dafs
PH daher falsch sein würde, etwa zu dem kläglichen Auskunftpmittel
zu greiten, den Gelmer prst in"' pi^rene Land hereinzulocken, uin ihn
hier in einer vorbereiteten Stellung zu schlai^cn und dann wieder
hinauszuwerfen. Eine solche Strategie kann sehr übel enden, und
mit vollem Hecht, denn wer den Öieg wirklich will und saehl,
bandelt nicht so.
Es scheint uns deshalb auch ein Kardinalirrtum zn sein, wenn
man annimmt, dals ein politisch abwehrender Staat auch genötigt
sei, strategisch defensiv zu verfahren, in dem eben angedeatelen
Sinn. Nein. Der politischen Verteidigung folge, wenn es zum
Aulsersten kommt, der strategische Angriff auf dem Fuls, aber nicht
ein Angriff, der zögert und vor feindlichen Grenzfestungen Halt
macht, und sich als änlserstes Ziel höchstens das steekt. Grenz-
schlachten AU gewinnen und dann eine oder die andere Festung zu
bezwingen. Gott sei Dank denkt wohl kein Malsgcbender so! Wer
so dächte, wtlrde mit Kecht als Epigone, als HUckschrittler be-
/''ichnet werden, denn gerade Deutschland kann in einem
kriege, der ihm ans Leben geht, nur dadurch bestehen,
dafs es in der Energie der Kriegfuhr u )i l- noch erheblich
Uber das 1870 Geleistete hinausgeht. Das heilst, gegen eioen
der Gegner, mit dem es zu tun hat, zunächst erdna ivcnde Über-
legenheit an Zahl bereitstellt unter Vernachlässigung des anderen.
Dann muls es diese Überlegenheit zu einer Offensive ausnutzen, die
ohne Rücksicht auf die zu bringeuden Opfer deu einen Feind radikal
nieder vvirli; gelingt das, so wird sich die Abrechnung mit dem
audcren schon finden. Aber alles zu gleicher Zeit decken wollen,
und versuchen, ob sich nicht durch ausgetüftelte, an die eigenen
Festungen gelehnte Operationen einzelne Vorteile erhaschen lassen,
welche den Gegner von weiterem abschrecken, würde wohl ein Irr-
wahn sein. „Wer alles konservieren will, wird nichts konservieren"
bat Belum der grolse König gesagt, und das gilt für die beutige Zeit
genaa so wie für damals!
Digitized by Google
24
Zur ArtiUeriaf ngtt.
Aus denselben Gründen dürfte auch die „deutsche moderne
Strategie" im (Tegensatze zu der von französischer Seite ihr onter-
stellten Absicht festhalten an der „klassischen Moltkenclien Operation*^
welche gleichbedeutend ist mit einer Offensive grolsen Stiles von
Ihius»' aus. Denn nicht umsonst hat der irrolse Stratege den Aus-
spruch getan: Nur Offensive ist wahre Kriegf Ubruag.
n.
Zur Artilleriefrage.
Von
H. Rohne, Generalieatnaot z. D.
Einleitung.
Kaaro war die Bewaffnung der FeMartillerie mit der Feldkanone
96 und der Feldhaobitze 98 durchgeführt^ als Deutschland wieder
vor einer Artilleriefrage stand. Die Nachrichten «her die Neu-
bewaffnang der französischen Artillerie mit dem Feldgeschütz m/f)7
verTTiochten frnilirh noch keine Beunrubiguntr hrrvorznrufrn: sip waren
sehr ungenau und widersprechend; auch wurden die dem Geschütz
anhaftenden Mängel geflissentlich sehr übertrieben. Erst als die
deutschen (ieschützfabriken mit ihren neuen Konstruktionen der Kohr-
rilcklaufgeschütze an die ()ffentlichkeit traten und man sich von den
anfseroriientlichen Von^Ügen des neuen Systems iiberzeuireii konnte,
drängte sieb den denkenden Artilleristen die Ansicht auf, dals die
deutsche Feldartülerie notwendig eine abermalige Änderung ihrer
Bewaffnung werde voi iRlinieü müssen, wenn sie den Kampf mit der
französischen Artillerie mit Aussicht auf Erfolg aufnehmen wollte.
Von audtrer Seite wurde diese Notwendigkeit rundweg geleugnet^
das Alte als gmiz vortrefflich hiu^^'steilt, und da nun auch die Ver-
treter des Fortschritts Uber den ciny-uschiagenden Weg verschiedener
Aosichl waren, so entwickelte sich hieraus ein lebhafter Meinungs-
angtansoli, ja stellenweise ein heftiger, nicht ohne Leidenschaft ge-
fthiter Federkrieg. DeutBchland stand seit dem Jahie 1901 wieder
▼or einer ÄrtUleriefiage.
Digitized by Google
Zur AitiUeiiefra«e.
25
Ebenso wie die soziale Frage nicht durch eine kurze Antwort
m Uteea ist, soodem aas einer ganzen Reihe von EinzeUragen be-
fllebt, und wie die BeMitwortang jeder einselDen — ähnliob deo ab-
geeoblageiieii Köpfen der leniäiBeheD Schlange — immer wieder
neae Fragen berroiriift, bo löst sieh aoeb die ArtiUeriefrage bei
näherer fietraehtong in eine ganae Bdbe Ton fiinaelfragen anf, von
denen der ferner Stehende sieh nnr schwer eine Vorstellnng maehen
bann.
L Neubewafinung der Feldartillerie.
Die erste Fraffp, ob eine NenbcwatVmiufr der Feldartillerie oder
ricbtit^er der KaiuHieulmtk-rien mit KohrrücklaufgesehUtzen notwendig
ist, kaiin als prinzipiell entschieden angesehen werden. Nach längerer
Prttfanf:: der beiden in Frage kommenden Sy5!teme — Ehrhardt uud
Krupp — hat in;tii sieh ftir das letztere entschieden und im ver-
flossenen Sommir und Herbst eine grt^lsere Zahl von Batterien ver-
sacbsweise damit bewaflfnet. Über den Ausfall dieser Versuche ist
wenig bekannt geworden; aber nach den in anderen Ländern ge-
machten Erfahrungen darf wolü angenommen werden, dals sie aaeb
bi Deatsehland ^n befriedigendes Ergebnis gehabt haben.
Durch diese Versnobe ist aneh gleichseitig entsebieden, dals
eine rlSUige Nenbewaffiftnng keineswegs erforderlich ist'). Die
ballistisobe Leistung der Feldkanone 96 nnd die Wirkung ihres
Schrapneils im Einielsebnfs stehen so Toükommen anf der HOhe der
Zeit, dafs ihr Rohr nnd ihre Hnnitlon bdbebaiten werden kOnnen»
ESs ist also lediglieh die Beschafinng nener Lafetten — eben der
RobirlleUanflafetteD — notwendig, für die das Rohr sieh leicht um-
ändern liUbt. Dasn kommen noch einige Ändenmgen der Riohtein-
licbtongen, die vom Rohr an die Wiege zn beilegen sind, um sie
mehr za schonen nnd das Richten zn beschleonigen, nnd mit ebiem
Viaieifemrohr und yielleieht einem Winkelmefsinstrament fUr ge-
nauere Messnng wagerecfater Wbikel als Eisats der RiehtllSche su
versehen sind.
Ein geringfügiger, Mangel die getrennte Hnnition, bleibt zi^ar
bestehen, ist aber nicht yon grofser Bedeutung. Zweifellos wird
durch eine Einheitspatrone, wie sie das französische Geschütz besitzt»
die Fenergesohwindigkeit meh mehr gesteigert; aber diese istobne-
fain grob genug. Die fttr Kolirrttcklauf nmgelliiderte Feldkanone 96-
•) V. Hoffbauer, General der ArtiUerie z. D.: „Altes und neues aus
dsr deutschen Feidartiilerie", Berlin, 1»08, Emst Siegfried Mittler & Sohn».
& 106 IT.
Digitized by Google
26
Znr Artiiidriefrage.
hat aber den grofsen Vorteil, dals sie ohne Verankerung (abatage),
die bei dem französischen Feldgeschttte nötig ist und dadurch die
firOflhiLDg des Feii»B sehr verzögert, beim Schieben imwaodelbar
fevliteH Die Franzosen haben aieh «Ueeee VonogB doreh die bebe
ballistieebe Leiatong, die sie ihrem OesobfltB abrerlan]^ haben (Ge-
sefaofBgewiebt 7,2 kg, Anfangsgesobwindigkeit 529 m) begeben nnd
ttberdies das sehr hohe Gewicht des abgeprotzten GesehtUses in
Kauf nehmen mtlssen.
Die zweite sieh anfdrihigende Fhige ist^ ob an den Geschtttzen
znm Sebntz der Bedienung Stablsehilde aagebiacbt wefden
sollen oder nieht und wenn ja» in welebem Umfange und in welcher
Stärke. Ober diese Frage habe ieh mieb erst im Oktoberheft der
„Jahrbtteher«* so eingebend ansgesprochen, dab ieh mieb damit
begnttgen kann, anf jenen Anftatz: „Die Stahiscbllde and ihre
Gegner'' zn verweisen. Ich bin fttr SchatzsehUde eingetreten, die gegen
frontales Gewehrfeaer bis auf etwa 400 m und damit auch gegen
Sehrapnellkugeln auf allen Entfernungen decken. Das ist mit Schilden
von 3 mm Stttrke nnd einer Mehrbelastung des Geschtit/.es von etwa
50 kg zu erreichen. Bin Mehr halte ich fiir schädlich, da man da-
durch das Gesohlltz schwerer machen würde, ohne einen eotsprechea-
den Vorteil dagegen emzntanschen.
Im engsten Zusammenhange mit den Schutzschiiden an den
Geschtttzen steht die Frage, ob auch der Munitionshinterwagen zum
Sebntz der Bedienung zu panzern und, wie in Frankreich, dicht
tiebeu dem Geschütz aufzustellen oder ob er zweckmäfsiger hinter
der Feuerlinie zu belassen ist. Meines Erachtens ist es riehtijr. den
Munitionshinterwagen zu panzern und in der Feuerstellung dicht
neben das (leschUtz zu stellen, da nur auf diese Weise das Heran-
Hchaifen der Manitiuü au die Gesehiit/e e^sichert erscheint. Von
allen anderweitig vorgeschlagenen Mittciu. die Patronen, sei es durch
ein Tao ohne Ende oder auf Schlitten an da:- ( icschlitz zu beturdern,
vermag ieh mir im Ernstfall und bei schwierigem Gelände keinen
Erfolg zu versprechen. Die Munitionszaträger, die sieh frei zwischen
Wagen und Geschütz bewegen, würden aber sehr bald durch das
teindlicbe Schrapnellfener kampfunfähig gemacht sein.
Man hat dieser Aufstellung den Vorwurf gemacht dafs dadurih
die Stellung der Batterie zu deutlich bezeichnet und damit dem
Gegner die Beobachiuug und dai> Einschielsen erleichtert wird. In
wechselndem Gelände — nicht auf den kahlen, tl hersichtlichen
Schieüsplätzen — wird die Artilleriestellung faät nur durch das Auf-
Digitized by Google
Zur Artilleriafrtge.
27
öiitzen der feuernden rieschUtxe erk;innt. and nnr sehr selten, wenn
sie schweift. Teilnehmer an (hu Kaiscnnandveru, die ihr Augen-
merk hesoiiders darauf gerichtet hauen, waren nicht einmal mit
einem scharfen tilase imstande, Schildbatterien als solche zu er-
kennen. Wenn die Batterien allerding8 augedeckt auf eine ganz
kahle Höhe auffahren, so wird man sie leicht erkennen; aber das
ist doch nicht die Kegel, vielmehr ganz g:egen jede Heeel.
Das Kinnehmen der Feueiiitellung einer französischen Batterie
ist nach Berichten von Augenzeugen ziemlich zeitrauhend. Der
Grund liegt aber nur zum geringsten Teil iu der Aufstellung der
Manitifuishifiterwagen neben den Geschützen, sondern in der Not-
^eudigkeit die Geschütze zu verankern (abattre) nnd vornehmlich
in der geringen Zahl der zor Verfügung stehenden Mannschaften,
da auf den GesehUtzeu nnd Mnnitionswagen nur je drei Mann auf
sitzen. Es liegt aber fUr uns kein Grund vor, die Zahl di-r aut
unseren Kahr/fu^'en aufsitzenden Kanoniere herabzusetzen; die für
diL iicdit'üuiig überflüssigen Mannschaften können nach dem Ab-
protzen mit den Gespannen zurückgeschickt werden.
Man hat ferner bemerkt, dals bei einem notwendig werdenden
A orbringen der Geschtltee der Stellungswechsel des Munitiouswagens
schwierig ist. da lür dessen Fortbewegung nach dem französischen
Reglement sechs Mann erforderlich sind. Das ist richtig; aber es
ist durchaus gleichgültig, ob die Munition^ wagen neben oder hinter
den Geschützen standen').
Die Gefahr, dafs ein Munitiouswagen durch einen Volltreflfer in
die Luft gesprengt w ird nnd dadurch grolse Verwirrung und Verluste
in der Batterie hervorruft, besteht unleugbar; aber es wird für die
ganze Batterie kaum einen ITntLräthied machen, ob der Wagen
in der Feuerlinie oder wenige Schritte dahinter steht. Besonders
grofs soll die Verwüstung sein, wenn ein mit Sprenggranaten
beladener Wagen getroffen wird. Darin liegt die Aufforderung,
Wagen mit Sprenggranaten dem fdndUohen ArftUleriefeaer möglichst
za entliehen, mit anderen Worten, den Kampf mit der feindlieben
Artillerie mit aadem Gewhoseen ixl fUbren.
*) Nach dem nenen russisch«!! Reglement fttr die Feldartfllerie st^ea
die abgeprotzten Munition.swagen in der Feuerstellung neben den Ge-
schützen. Da weder der Wa^jen noc h das Geschütz mit Schutzschilden
versehen sind, hat diene Aufstellung lediglich den Zweck, die Munitions-
▼ersorguug ^jicher zu stellen. Man hat sich nicht gescheut^ diese als so ge-
ffSlirlieh gesehildwte AufateUnng anzanehmen» obwol man nnr einen kleinen
Teil der Vorteile darans ziehen kann, dwi man hei Annahme von SchutB-
Schilden haben wtirde.
Digitized by Go
1
28 Z<ur Aitillenelrage.
3. Der Kampf gegen Schildbatterien.
Das führt zu der dritten Frage: Wie ist der Kampf gegen
Geschütze mit Schutzschilden zu fuhren? Schrapnellkugeln
darchschlagen die Schilde nicht; gröfsere SprengstUcke sind sehr
wenig zahlreich. Die treffbare Fläche der Bedienimg ist doroh die
Schilde sehr yeiringert, sa dab nmr ein Braohteil der gegen eine
sohildJose Batterie ni erwartenden Wirkang in dieum Kampfe er-
reicht werden wird. Generai von Hoffbaner beeprioht in seinem i»e-
reils angezogenen Bnehe (S. 110) die in diesem Kampfe inbetraelit
kommenden nnd Tersneiiten Mittel nnd sagt: „Das nXchstUegende
war die Abänderung des Sehielsrerlabrens mit der vor-
handenen Munition. Etwas tiefere Sprengpnnkte mit einem Streo-
▼erfkbren, das die Lagen niofat am 100 m, sondern nnr nm 50 m
auseinander legt und entspreefaend Termebrt, bat die Sobnqmell-BK*
SU eriieblich grOlseier Wirkung gegen Sehild-Batteriea befftblgt IMe
bei diesem Verfahren unvermeidlieb giOlseie Zahl an Au&obligen
ist kein NaohteiL Auob ein Schrapnell «As-Treffer kann einen ge-
fllliten Munitionswagen in der Praxis snm Explodieren bringen, wie
Sebieisen auf dem Truppenttbnugsplats Jüterbog xweifellos ergeben
haben, fireilioh ohne Erlaubnis der Theorie, die noch yor kurzem
sehr sieher behauptete, dies sei ausgesebiossen, weil das in ihm anf-
schlagende Sehrapaeli erst dahinter zerspringen kOnne.*)
„Dab mit diesem abgeänderten Schieisreifabren seibst unsere
*) Ich bedaure lebhaft, dafs der Herr Verfasser sich in seinem sonst
mit wohltuender Objektivität geschriebeneo Budie hier za einem meines
Erachtens unbegründeten Ausfall gegen die «Theorie* yeraolalht gesehen
bat leh glaube die literator Uber diese Frage ziemlich genau zu kennen
und kann dieso Bemerkung nur als gegen einen Satz gerichtet ansehen,
den Generalleutnant v. Reichcnan in seiner Schrift: „Ein flu Ts der
Schilde etc." (S. 39), geschrieben hat. Dort heifst es: »Volltreffer mit
Schrapnells rangieren nicht auf der gleichen Stufe, weil das Schiapndl
nicht unmittelbar beim Dorehsehlag durch den Panzer platzt, sondern
erst einige Meter dahinter." Hier war nur die Rede von einem die *^r>!ut7-
Rchilde des OeschiitÄea treffenden ('roschols; da ein MnnitiomMwagen dem
einschlagenden Geschofs einen gröf^eren Widerstand entgegensetzt, kann
er auch recht wohl dnreh ein Schrapnell zur Explosion gebracht werden.
Ich habe keine Veranlassung, den GeneralleatnaDt vea Reichenau besonders
in Schutz zu nehmen; aber keinesfalls darf man ihn ohne weiteres mit der
Theorie identifizieren. Er seibst würde dagegen wol am lebhafte.sieu Ein-
spruch erheben, zumal seine Äu&erung wahrscheinlich auf einem Versuchs-
ergebnis beruht, also auf rein praktischem. Wege entstanden ist Man kann
wirklieh die »Theorie* nicht fQr alle Irrtümer ▼erantwortlicb machen.
Die fast zur Modesache gewordene Verachtung wissenschaftlicher Arbeit
und Kenntnisse erhält dnrrl^ solche Bemerkungen neue Nahrung; man
sollte dazu lieber ermuntern, ais davon abschrecken.
Digitized by Google
Zar Artiltoriefrag«.
29
J^chrapnells mit Hartbleiku^eln ge^en eine Schild - Batterie mit
Manitiunw aL:pn in fraazöBischer AiiKstattung: und Aulslellang darchaos
nicht SU wirkan^los sind, wie wohl behauptet worden ist, ergribt
sich aus der Tatsache, dats mit derselben Munition wie bisher etwa
50 pCt, der Chargen und der Bedienung erreicht sind, und dals grolse
Sprengstucke auch die Schilde durchschlagen haben. In einem be-
sonders günstigen Falle sind sogar 75 pCt. des Personals mit 20
iSchrapnells getroffen worden.'*
Zweifellos wird dieses Schieisverfahren, bei dem man die Wirkung
von kleinen Sprengweiteu und -Höhen erwartet, bessere Resultate
ergeben, als das in der Schielsvorschrift enthaltene. Dals man aber
in der Begel gegen Schildbatterien ein so hohes Kesoltat wie
gegen seMldlose Batterien erreteht und namentlieh mit denelbeii
Mmitionsmenge und in denellten Zeit, das ist geradem ausgeseUosseB.
Unter sonst gleielien Umstftnden mnls das ungesebtttzte Personal
einer scbildlosen Batterie viel melir Tieffer erhalten, als das smn
Teil dnreh Schilde gedeckte Personal nnd swai anoh dann, wenn
die Schilde, wie dies bei dem franxOsiscben GeseblltB der Fall ist,
an niedrig sind nnd in der Mitte eine grolse Lflcke zeigen. Das
VeriiftltoiB der von beiden Zielen angefangenen Treffeizahlen wird
sieb gana nach der GiObe ibrer treffbaren Fläeben richten, mögen
die Bontiniers oder, wie sie rieh lieber nennen, die Praktiker noch
so viel darüber witseln. Dais dem so ist, bat, wie im Oktoberheft
der JabrbOeher hervorgehoben wurde, ein in der Schweiz aasgeführter
Veigleiohsversncb gegen ein frastebendes nnd ein mit Sehntzsohilden
veisehenes Gtosohllta nnwiderleglicb gezeigt.
Dieses Schielsverfalixen wird aber aoeh nur dann angewendet
werden kOnnen, wenn die beschossene Batterie onverdeokt angestellt
ist, so dafs die Beobacbtang der Sehttsse nicht nnr in bezog anf die
Längen- sondern anch besonders ani die Seitenabweichnngen sicher
erfolgen kann. Denn bei den allein Wirkung versprechenden
Schüssen mit kleinen Sprengweiten wQide die ganze Gesoholsgarbe
wirknogslos durch die Geschützzuischenränme gehen, wenn nicht
g-enau Strich geschossen wird. Einfach ist dies Verfahren jeden-
iails nicht.
Jedes andere Mittel, z. B. eine veränderte Gescholskonstraktion,
durch das man die Wirkung gegen Schildbatterien steigert, wird
zweifellos eine um so geringere Wirkung gegen alle übrigen leben-
den 2iiele haben. Da Volltreffer zu selten sind, um auf sie allein
die Hoffnung zu setzen, wird man immer und in erster Linie mit
den Sprengteilen der Streufreschosse rechnen müssen. Diese können
oon entweder die Schilde doiohschiagen oder die nur von vorn ge-
d by Google
30
Zur Artilleriefrage.
sebtttote Bedienung Ton oben oder von der Seite her treffen. Sollen
die Sofailde dmehaeUagen werden, ntsBen die Sprengteiie eine grolse
I>arcb8chlag8kTaft, also ein bobes Gewieht, grofoe Härte ond eine
groJee Geschwindigkeit bnben; andererseitB aber mttssen de nbl-
reieb sein ond dürfen sieb nicht aihsaweit ausbreiten. Die Beding-
ungen: hohes Gewieht nnd grolse Zahl nnd nur schwer mit einander
▼ereinbar. Die Krappseben Scbrapneils mit FOilkngeln ans Hart-
stahl iaisten z. B. statt 800 HaitbleiiLngeln Ton 11 g Gewicht nnr etwa
260 oder 270 Stablkogehk von 10 g. Daher wird ihre Wirkung
gegen andere lebende Ziele um mehr als 10 Ftoient hinter der der
Schrapnells mit Bleikugeln zurückstehen, weil aniser der geringeren
Zahl auch noch die geringere Diebtigkeit den Luftwiderstand erhöbt,
also die Wirkung durch Herahsetinng der Geschwindigkeit beein-
trächtigt. Endlich soll wegen der greiseren Elastizität der Kugeln
der Strenungskegel grölser ausfallen, wodurch die Dichtigkeit der
Trefler und damit die Trefierzabl abermals herabgesetxt wird. Bei
den von der Kmppschen FahrÜL mit diesen Geschossen ansgeftlhrten
ScbiefsTersuchen auf 35(X) m erhielt man ein recht befriedigendes
Resultat, denn etwa die Hältte aller tren'eiiden Kugein hatte die
Schilde durchschlagen. Freilich waren auch hier nur die SchUsse mit
kleinpn Spreuii^weiten wirksam, so dals man auch hier zu einem
Streuen, bei dem die Lagen aar am 50 m aoseinaader liegen ge-
nötigt sein wird
Eine grölkre GeschwiTidisrkeit der Kugeln wäre vielleicht
durch Anwendung: eines kra[ti::rii Sprengrstofles in der Hodenkanimer
zu erreichen. Sobald aber die Biechstärke der heliilde auch nnr um
1 mm wächst, was mit einem Mehrtrewicht vou etwa 16 k^^ z,u er-
kaufen ist, raUfste man die Durchjjclilagskratt der Kuj^eln noch mehr
erhöhen und damit ihre Zatil und zugleich die \Mrkung gegen frei-
stehende Ziele wiederum verriQg:em.
Sollen die Gescholssplitter die Bedienung von oben oder v(»n
der Seite treffen, so ist ein sehr grofser Kegrelwinkel erforderlich,
wie er mithchrapm lls nie m erreichen ist. wir ibn aber die Sprenp-
granate insbesondere der Feldhaubitze hat. Aber anch hier darf
man seine Erwartungen nicht zu hoch spannen, da nur solche Ge-
schosse, die in nächster Nähe der Ziele springen, Wirkung: ver-
sprechen. Dals die Sprenggranate im Artiileriekampf ein zwei-
schneidiges Sehwert ist, wurde schon oben angedeutet
Man konnte endlich aadi Gesehosse probieren, deren Splitter
sowohl eine {^Ise Dnrebseblagskraft als auch emen grolhen Kegel-
winkel haben. Solche Geschosse empfiehlt neuerdings die Ehrhardt-
sche Fabrik unter dem Kamen „Streogesehofs^. Es ist dies, kora
Digitized by Google
2m ArtiUMiefrftse.
31
gesagt, eine sttthlene, mit kräftigem Sprengstofl geladene Doppelwand-
oder Ringgianate. Das £brhardt'Bcbe oder richtiger vielleicht Reiche*
nan'«cbe 5 om Strengeschofs von 2,1 kg Gewicht lieferte etwa
40 Splitter von 15 g und darüber; ein 7,7 em Geschols von 6,85 kg
wtirde kiemacb etwa ebensoviel Splitter von 50 g und mehr er-
warten lasm, TOD denen ein gröfserer Teil ancb noch die Schilde
durchschlagen würde. Die Aassicht von oben oder von der Seite
mit diesem Geschols Splitterwirkung zu erhalten ist zwar gr^lfser als
mit dem Schrapnell, aber kU'iner als bei den jetzt pinp-eftlhrten Spreng-
grauaten, weil der Koj^eiwinkel jedenfalls erheblich kleiner sein wird.
Ans demselben Grunde wtirde die an sieh schon sehr wenisr be-
friedigende Wirkung ge^en gedeckte Ziele noch mehr herabgesetzt
werden. Vielleicht leistet einp eitifnche Polvergranate, wie wir sie
im leidzuge 1870/71 führten, iiniir/u dasselbe.
So viel ireht ans diesen Austuhrungen hervor, dafs es nicht ganz
leicht ist, ( in ^^i^ksames Mittel zur Bekämpfung der Schildbatterien
zu tiuden und dals man mit jedem, auch di m ^te8ten Mittel gewisse
Nachteile mit in Kauf nehmen mnfs. Niemais aber kann man da-
ran (it ijk» n, gegen Schildbatterien auch nnr annähernd eine solche
Wirkung zu erreichen, wie gegen freistehende mit Schrapnells. Des-
halb halte ich auch die Ansicht des Generals v. Hoffbauer*) für dnrch-
aus unrichtig, dafs „die Weilt-rentwickelung di i Mittel zur erfolg-
reichen Bekämpfung der Batterien mit Schulzschilden Uber das Weiter-
bestehen oder den Fortfall letzterer in der Zukunft entscheidet".
Nichts angenehmeres könnte dem Feinde passieren, selbst wenn auch
er im Besitz eines solchen Mittels wäre, als wenn wir im Ver-
trauen darauf die Schntzschilde beseitigten. Er würde sofort seine
HnnitionsansrUstung and sein Schielbveifahren vereinfaeben und da-
durch einen grolsen Vorteil voransbaben.
Von mancher Seite ist die Meinung ausgesprochen — und Ge-
neral V. üodbauer scheint sich ihr auch zuzuneigen — dals die
deutsche Feluurlillerie mit ihrer jetzigen Ausrüstung deu Kampf
gegen die französischen Schildbatttnen aufnehmen könne; eine An-
sicht) in der ich nur einen gefährlichen, unheilvollen Optimismus
zu erblicken vermag. Man tröstet sich mit der Hofinnng, dals es der
deotschen Feldartillerie gelingen werde, sich schneller einzuscbieÜBen
als die französische; aber ieb Tennag leider niobt sa seben, wovani
sieh diese Hoffnung gründet. Allerdings, wenn man annimmt, die
deateebe Artillerie stebe feuerbereit in Stellnog and die transOsisebe
maebe den Veraneb ungedeckt dagegen abzuprotzen, so ist freilicb
>) a. a. O. 8. 110.
Digitized by Go
32
Zar ArtiUeritifra^e.
alle Aoflsieht, dals die fraDztfsiscbe Batterie gar nicht erst sooi Sebnls
kommt. Aber in solchen FSSlm ist es ganz gleichgültig, ob die Ge-
scbtttse Schilde haben oder nicht. Das franzjteisohe Reglement legt
aber gerade einen ganz besonderen Wert anf das Terdeekte Ein-
nehmen derStellongy und ttberdies sind die französischen Gresohtttse
dnrch ihre Riehteiniichtangen herTorragend beüKhigt som Schielsen
aas soleheo Stellmigen, so dafo ein solches Verhalten der franzö-
sischen Batterien als ein seltener Ansnahmefall nnd als ein be-
deutender Fehler sn bezeichnen sein würde.
Unter sonst glichen Umständen ist die Sehildbalterie der schild-
losen gegenüber dadoroh im Vorteil, dals Ittr sie ein genanes £m-
schielten nicht erforderlich ist. dafe vielmehr ein Bestrenen des Ge-
ländes in weiten Ganzen (tir progresdff avec fanchage) genügt,
während gegen die Sehildbatterie nnr dann Wfrkong sa eiwarlen
ist« wenn das Einsehielsen nach Höhe und Seite genan erfolgt ist
Das ist natürlich nicht nnr schwierig, sondern anch zeitraubend.
Gegen mehr oder minder yerdeckt aufgestellte Schildbatterien ist
ttb«han|»t keine nennenswerte Wfrknng zu erreichen. Das franzö-
sische Schiefsveriahren führt gegen freistehende Ziele in unglaublich
kurzer Zeit eine entscheidende Wirkung herbeL In meinem Buche
„Die französische Feldartillerie^' (S. 58) habe ich angenommen,
dafs eine Ralale einsoMelsUGh Einsehielsen 4^2 Minute dauert and
da£s gegen eine sehüdlose Batterie von sechs Geschützen auf 2500 m
rund 24 Treffer erwartet werden dürfen; es wird dabei etwa Va
Chargen und Bedienung anfser Gefecht gesetzt werden. Meine
Schätzung war aber, wie aus den in Rumänien mit vier Krappschen
KohrrücklaufgeschUtzen ausgeführten Scbiefsen hervorgeht, autser-
ordentlich niedrig.') Dort waren die Verhältnisse für die Beobachtung
nnd das Einschielsen allerdings aoCserordentlich brünstig. Die Ab-
gabe des Wirknngsfeuers (tir progressif avec faucbage) im Ganzen
48 Schlisse, hat nicht, wie ich annahm, 2 Minuten, sondern nur
52 Sekunden iredauert, und die Treffer/.ahl war ^rölser als nach
meiner S(*h;it'/'un{<. — Bei einem späteren Schier>t'n mit nnr einem
Geschütz |i;e^en eine Batterie ?ou vier Geschüti^üu {ohne Schilde)
dauerte (i;is Einschielsen nur Minuten, das sieh daran an-
Rchliefsende Wirkungsfeuer (12 Schüe»«e auf der kuraen Entteruuiig:
der lue m Gabel) nur I Minute. In 2V2 Minute war auf 2500 m
Entfernung die ganze lU di< nunp der Batterie durch 69 Kugeln ge-
troffen. Ich halte ein auch nur annähernd su günstiges Ergebnis
fUr eine Batterie mit LiaffettenrUcklauf für gänzlich ausgeschlossen.
1) Vergl. Novemberheft der „Jahrbücher fOr Armee und Marine". 190B.
. Kj ^ .d by Google
Znr ArfeiUeriefrtge.
83
4. Das Schiefsen aus verdeckter Stellimg.
Zweifellos wird die gesteigerte ArlUleriewirkung mehr als wuisk
zur AnsDUtzimg der natttrlicben Deckaogen nötigen. So dräugt siob
die vierte Frage aaf: Welche Bedeatong hat das Schiefsen
aas verdeckten Öteliungen (das indirekte Feaer) itti die
Feldartillerie?
Die Rep:lemeuts aller Staaten sind darüber einig, dals das direkte
Feuer vor dem indirekten den Vor/.ug verdient und als Kegel aussn-
sehen ist. Trotzdem wird diese s hänfiger als früher zur Anwendung
kommen und zwar aus zwei Grliuden, weil das Feuer der modernen
Artillerie viel wirksamer geworden ist und weil die Mittel, aus ver-
deckten Stelluugeu zu schiefsru. sehr vervollkommnet sind.
Die Wirkung der moderneu Sehnt lltcue; !;^« schütze ist durch die
\ crvollkoiKitiiiuug der Geschosse nn(i die .Stt'i„'( rung der Feuer-
gesciiu indigkeit su ^rofs geworden, dals mau mit »jiner Batterie von
\ier lioUrrilcklaufgeschUtzen einen Kauui von 2üü ui Breite und
öuu ni Tiefe, also eine Flache von zehn Hektar in einer Minute
mit Ii bis IfjCXM) Kugeln bestreuen kmn. Die hiervon gegen
lebende Ziele zu erwartende Trefferzahl häugt natürlich von der
Entfernung und der Grös8e des Zieles ah. Au! 2500 m wird ein aus
ganzen Figurscheiben bestehendes Ziel iwa die Hälfte, ein aus
Brustscheiben bestehendes etwa ein sechbkl siiiisji Marke verlieren;
auf ;;rnn) m Entfernung wUrde der Verlust etwa ein Drittel bezw.
ein zehntel der Starke betragen. Voraussetzung ist natürlich, dals
das Einscbielsen gelungen d. h. die 200 ra 6abel richtig gebildet
ist. die Spreughöhen richtig sind and das Feuer gleichmäisig verteilt ist.
Man erreicht also eine ToUkommea aasreiohende Wirkang, wenn man
▼on einem genaoen EinBchiebeD nach der Hohe nnd Seite abrieht
und ridi begnttgt, das Gelinde dmth lageaweiaes Vorgehen and
Weebael der Seitenriehtnng anter Feuer m nehmen (tir progrearif
avee lanehage).
Andererseits wird das Schiefsen ans verdeekten Steilongen er-
leichtert darch die Verbesserong der Bich^ieräte, unter denen in
erster Linie der Goniometer (Mefsinstrament für wagereehte Winkel)
sn nennen ist» der es ermöglicht, Koirektoien der Seitenriehtnng nm
1 Teil (Vi« Grad) mit grolser Genanigkeit, aaeh beim Sichten nach
Hfllfiaielen ▼onanefamen.
Die einsige, freilich nnerlälsliehe Bedingung bei einem solchen
äehielsen ist nnd bleibt^ dals die Beobachtnng der Schusse von einem
in nächster Nihe der Batterie gelegenen Pnnkt ans mOglleh ist» so
dafe von dort ans auch die Batterie kommandiert werden kann.
Mtlfste die Beobachtong yon einem weit enflegenen Punkte ans er-
JakAOckw ttt 41« dratMilM Anw« «i4 Varin^. Nv. 98a 8
Digitized by Google
84
Zur ArtiUeiiafrae«.
folgen nnd der Batu^rie erst durch Zeichen Übermittelt werden, so
würde dadurch den ^filsTerstäudnisBen Tor und TUr geöffnet sein.
„Im Kriege verspricht nur das Einfaebe Erfolg" das bleibt stets test-
zuhalten.
Meist wird das Schielsen nach Hulfs/.ielen vorkommen, wenn die
Artilleriestelluug anf einer Anhöhe liegt und die Geschtitze soweit
hinter dw Kammlinie znrttckgezojren sind, dal's bie vom Geurner nicht
gesehen werden können. Hei den ..optischen Visieren" der moder-
nen Geschütze ist trotzdem ein direktes Anvisieren der Ziele, wenig-
stens für den ersten Schofs möglich, wenn man die „Verlängemngs-
stttoke" anwendet (vergl. „Die französische Feldartillerie". 8. 12).
Der Baitetiekommandeiir kann dann, wenn er ftlr seine Person
gegen den Kamm bo weit vorgeht, dafe er oiefat nar das Ziel selbst,
sondern aneh das davar gelegene Gelände seben kann, sowohl be-
obaekten als aneh das Fener seiner Batterie leiten.
Das Besehieben seh mal er Ziele ans yerdeekten Stellungen
halte ieb nieht fttr mDglieb, da die ZngiQhrer die Seitenabwetebnngen-
ihrer SehOsse nicht beobachte, also anch nieht korrigieren kennen.
Wenn man einwendet» in solchen Fällen müsse der Batteriekomman-
denr aneb die Beobaehtong nnd Korrektor der Seltenabweiehnngen
ttbemehmen, so halte ieh das bei Friedensttbnngen wohl fttr schwierig,
aber nicht gerade fttr anmöglieh, im Ernstfälle jedoch fttr gttndiob.
aosgesehlossen« Daraus folgt, dals ein ArtUleriekampf ans verdeckter
Stellnng wohl gegen eine schiidlose, nieht aber gegen eine mit Sobots-
Schilden versehene Batterie geführt werden kann. Denn gegen jene
sind Scbrapnellschttsse mit grolsen Sprengweiten nnd Seiten-
abweichnngen wirksam, während gegen Schildbatterien unbedingt
„Strich" geschossen werden mnls. wenn eine ausreichende Wirkung
erzielt werden soll; denn hier sind nnr Volltreffer oder Schüsse mit
kleinen Sprengweiten wirksani. Auch das ist wieder ein Umstand,
der in dem Kami)fe zwischen Schildbatterien nnd schildlosen sehr so
gnnsten jener ins Gewicht fallt.
Für das Beschiefsen sich schnell bewegender Ziele wird man die
verdeckte Stellang aufgeben nnd die Geschütze vorbringen mtissen.
Dabei spielt dann das Gewicht des abgeprotzten Geschützes und die
schnelle Feuerbereitschaft eine grofse Kolle. Naeh diesen Hiehtun{?en
hin wird das nach Krupp'seheni Muster nmgeänderte deutsehe Feld-
gesfliülz (ioiii tVanzösischen GeschlU/. < rheblieh überlegen sein. Die
Munitionsw iiicii, die zu sehwer sind, um den Geschtitzen schnell in
die neue St* ilung zu folgen, mllssen nach nnd nach vorgebracht
werdeti und die Geschütze müssen nötigenfalls das Feuer aufnehmen,
ohne die Wagen abzuwarten. Sie sind dann in genau derselben
Digitized by Google
Zur ArtiUeriefrage.
35
Lage, wie Qescbülze, bei denen der Wagen nach der Vorschrift
binter GewhlllBliide sIeM.
Hbm bezeiclinet oft die Feldhanbifete als dasjenige GescbtitZi das
TOimgtweiae für das Feuer ans Terdeckten SteUmigen geeignet ist^
eine Ansieht^ die nor beding! liehtlg ist. Die Fähigkeit, ans Ter>
deelKter Stellung an scbietoi, häugt in enter Linie davon ab, ob nnd
in wie weit ein Gesebttta im Stande ist» seine Hohen- nnd Seiten*
riebtnng naeh einem vom Oesobtttsstande ans niebt siebtbaien Ziele
xn nehmen; in dieser Besiehnng besteht swisohen den beiden
sebQtsarten kein grnndsStslleher Unterschied. F^üeh kann man
mit den Hanbitsen ans Stellongen schielten, die n&ber an der vor-
liegenden Deckung liegeni welche dann nnr unter Anwendung grolser
Brhöhnngs^kel ttbeisehossen werden kOnnen. Wesentlich gröbere
ErhOhnngswinkel als die Kanonen hat die Hanbitee aber nur im
Bogensebnlb. Will man ans solchen Stellungen NutMu siehen, so
wird man davon absehen mttssen, die snr annähernden Ermittelung
der Entiemng erforderliche Gabel, wie es die Regel ist, im Flacb-
bahoBchnls an bOden; man wird auch hierfür schon inm BogensehnCs
greifen mttssen. Dann allerdings sind die Geschntxe gegen das Fener
aus Kanonen so gut wie unverwendbar.
5. Die FeldhaubitEe.
Die eigentliche Bestimmong der Feldhaabitse ist aber die Be-
sebieisnng gedeckter Ziele, die im Gegensatz zu den na r der Siebt
entzogenen verdeekteo Zielen sich dicht hinter einer Deckung be-
finden und daher nur von steil einfallenden Geschossen getrofien
werden können. Von dem Tage ihrer Entstehung an bat die Hau-
bitze hegeisterte Freunde und hefHg:e Gegner g-ehabt; man kann da-
her auch von einer Feldhaubitzfrage reden. Ich selbst kenne
das Geschütz aus persönlicher Anschauung nicht; man wird es daher
begreiflich üadeu, weua ich mit meinem Urteil etwas zurttck-
haltend hin
Vor kumjr Zeit bat General U utnant \. Alten seine >rh(in früher
ausgesprochene Ansicht, dafs die leichte 1 eUlbnubitze übei-üiissig sei.
in einer besonderen bcbrift ..Wider die Feldliaubitze'* mit grolseny
Nachdruck begründet, während /ii flerselben Zeit General v. Hofl-
bauer in seinem schon mehrfach erwähnten Buche niit Wunne fttr
dieses Geschütz eingetreten ist. Leider sind beide Scbiifteu fast an
deni.seiben Tage erschienen, so dals keiner der beiden Herren Ver-
fasser auf die gegenteiligen Ansichten eingehen konnte,
Genera! Irutnant von Allen hat darin ganz recbt, wenn er sagt,
dafs die Feidbaubitze „ihre Geburt nicht eindrucksvoller Kriegs-
S*
Digitized by Google
36
Zar ArtiUerioirage.
erfahrimg, soodem siouender Oberlegong verdankt, die einer für
möglich gehaltenen kttniHgen Schwierigkeit Toiaorglich begegnen
wollte.** Diese ist herroigemfen vomebmliob doieh die Kämpfe you
Flewna, bei denen «die mit grober nonuneriseher Überlegenheit ans-
gefllhrten Angriffe der rossisehen Infanterie unter dem wirlcnngs-
Teilen Fener der tttrtusehen Artillerie und Infanterie zosammen
brachen. Die msBische Artillerie hat diese Angrifie natersttttzt nnd
die vorgehende Infanterie nicht begleitet; sie blieb vielmehr in Ihren
ersten Stellungen stehen nnd stellte — ans Fnreht die eigenen
Tmppen tut treffen — das Fener gerade in dem Angenblicke ein,
wo sie es hätte verdoppeln müssen.')
In Rnlsland nnd ebenso m den meisten anderen Staaten suchte
man aber den Grand des HUserfolges nicht in der mangelhaften
Verwendung, sondern in dem mangelhaften Material der Artillerie
nnd verlangte, dals diese imstonde sein mttfete. entweder die vor«
liegenden Deeltangen an zeistSren od»r die nntätig dahinter befind-
liehen Verteidiger wirksam zn beschiefsen. Die Zerstttrong der
Deckongen durch schwere Kanonen nnd Mdrser stellte sich sehr bald
als unmöglich heraas, und so sann man anf Mittel, die hiuter den
Deckongen befiodlieben Verteidiger durch steil einfallende Geschosse
zu treffen.
In Deutschland wollte man die Aufgabe zuerst durch Schrapnells,
die mit kleinen Ladungen aus Kanonen verfeuert werden, lösen,
mutste aber scblieislich erkennen, daCs das ein Versuch mit untaug-
lichen Mitteln sei und ging nunmehr zur Konstraktion einer 12 cm
Haubitze oder kurzen Kanone, wie sie damals genannt wurde, Uber,
die, weil sie von vorn herein auf eine gekrtlmmtc Flugbahn kon-
struiert war, günstigere Aussichten versprach. Gegen Ende der 80er
Jahre war die Herstellung kräftig wirkender Sprengstoffe so ver-
vollkomnjuet, dafs man daran denken konnte, mit solchen Stoffen
gefüllte Geschofsp auch aus Kanonen zu verfenorn. In dor Tat
ergaben die mit Sprencrj^ranaten durchgefllhrten Vcrsnehc roc ht gute
ResüUate. freilich immer nur bei günstiger Lage der Sprengpunkte,
aber eitif solcho war auch bei den Schrapnells der kurzen Ii cm
Kanone uotw endig. Die £iufUbruug der kurzen 12 cm Kauoue
unterblieb daher.
*) Übrigens war das Schaitem der roasiacheii Angriffe nicht lediglich
Schuld der Artillerie; auch das fehlerhafte Verhalten der Infanterie hat das
seinige dazu beigetrajE^n. Mit einem richtigen Angriffsverfahron gelanj^ es
Skobeloff am 11. Septt luber. sich iu den teilweisen Besitz der türkischen
•Stellung zu setzen, dio er aber wegen ungenügender Unterattitzung wieder
aufgebfla tnorete. (Vergl. y. 8ehlichting, Taktische und strategische Gmnd-
sfttae der Gegenwart I. Teil, 8. 147.)
Digitized by Google
Zur Artilleriefrag«.
37
In/^wischcn hatte die FnfsartilU'rie bespannte Hatterien schwerer
Geschütze erhalteu, die der Feldarnun* unmittelbar folge» sollten,
Ulli bei dem Äagriff anf die an der Grenze liepeudeu Sperrforts und
andere Befestigrun j;en sofort tut Hami zu sein. Der Gedanke lag
nahe, diese GeschUt/.c auch bi im Kninpt uni befestigrte Feld-Stellun^n
zu verwenden, lu der 15 cm Haubitze besafs man ein Geschütz,
das der Feldarmee aul nicht zu schwierigen Wegen folgen und ohne
Bettongen scbielsen konnte; es war also fUr diese Zwecke sehr ge-
eignet. Immeiiiin durfte man bei dem hoben Gewicht der MooitioD
(Chnnate 40 kg) nur in besoDdereo AasoabmefHUen anf die Mit*
wirkang dieses Gesebttiies leebnen.
Seitent der Trnppeoflllntng wmrde nun die weitere Fttrdening^
gestellt, dab die Feidartillerie aaeb stark gedeckte, d. b. duob
Eändeeknngen gegen die yon oben einfallenden Splitter gedeckte
Trappen wirkaam bekämpfen mttase. Diese Aufgabe war nur dniok
ein Steüfeneigeechtllz ni lOsen; denn eine Sprenggranate der Kanone
wttrde bei dem klebien Faltwinkel eine solche Eindecknng niemale
tcelfen kdnnen» gans abgesehen davon, dals anch ihre Dnrobsehlags-
kraft daxn viel an gering wire.
Man entsefaied sich Jetet aber fttr das Kaliber von 10,5 cm,
Tomehmlioh wol, weil dieses bei der FnüBartillerie das 12 em
Kaliber veidrSngte. Das nene Geschflts sollte niefat blols im Steil-
fener wirken, sondern auch die Kanone in allen ihren Aufgaben
nnterstateen können. Dam gehörte vor allem ein fcrSfHger Schrapnell-
Bchnlis, anf den nnr bei einer mhfiltnismafsig flachen Fingbahn m
leehnen war.
Die anfgeprotste 10^ cm Haubitze hat ein Gewicht, das dem
alten Feldgeschütz 73 nahe steht (1950 kg); abgeprotzt beträgt das
€kwicht 1090 kg, ist also sehr hoch. Sie verfenert Schrapnells
(etwa 13 kg schwer) und Granaten (etwa 16 kp); beide Geschofs-
arten sind mit Doppelzttnder versehen. Von den Granaten ist etwa
die Hälfte so eingerichtet, dals sie beim Aufschlag: sofort („ohne
Verzögerang**) krepiert, die andere Hälfte so, dals sie nach einer
gewissen Zeit, wenn das Geschofs vollständig in das Ziel einge-
drungen ist („mit Verzögerang") krepiert. In dieser Ausrüstung mit
drei verschiedenen Geschofsen liegt eine grolse Schwäche des Ge-
schützes, die um so mehr ins Gewicht fällt, als die Munitionsaus-
rOstung wegen des hohen Geschofsgewichts sehr niedrig bemessen ist.
Der Schrapnellschufs steht an Wirkuno^ dem der Kanone nur
wenig nach; die Wirkung des einzelnen Schusses i-^t vielleicht sogar
noch grölser. Der Streukegel ist otiener, aber datUr die Zahl der
FttUkngelu giöiser. Die Granaten können im i*lachbahn- oder im
Digitized by Google
38
Zur ArtiUerielrage.
Bogenschui's d. U. mit Terriogerter Ladung Terfeoert werden. Beim
Flachbabnschafs dient das Feoer mit AnfechlagzUnder meist nur zam
EiDscbieisen; die Wirkung gegen nur tod Tom gedeelLte Ziele er*
wartet man aasiiobUeliBlioh vom BiennsQndaffeaer. Die Wirkong tritt
hier gauz wie bei den Kanonen ein; jedoch ist die Haabitzgranate
wegen der grQibeien Zahl Ton Splittern und des gröberen Kegel-
winkels viel wirksamer als die der Kanone. Gegen Gesehlltie mit
Sehotssebtlden versprieht die Granate mit Aofsoblag aneh bessere
Wirkung) als die mit Brennzünder nnd yerdieot namentlich der Ein-
ftehfaeit des Schieisverfahrens wegen den Yoisng. Gegen stark
gedeokte Ziele ist ansschlielslich der Bogensehais anwendbar.
Damit die Granate eine genügende Dorohsohiagskraft erhttlt» mols
ein Fallwinkel von etwa 28 Grad erreicht werden. Das Geschttts
kann mit rieben yersehiedenen Ladnngen sohielsen; mit der kleinsten
Ladung wird der nOtige Fallwinkel anf einer Entfemong von etwa
2100 m erteioht. Zum Binsehielsen mnis man die Granaten „ohne
Ven&dgerang*' benntien, da die ,,mit VerzOgemng** verfenerten wegen
Uizer Eindringongstiefe nicht beobachtet werden können; snm Wirk*
nngssohielsen hingegen werden die Granaten „mit Verzögerung" ver-
wendet. Wirkung gegen Eiodecknngen (nach der Feldpionier-Vor-
Schrift 12 -15 cm starke Rreozhölzer and 60 cm Erde) ist nur ?on
Volltrefi'ern zu erwarten, die aber bei der geringen Ansdehnung des
Zieles — oft aar 6 Quadratmeter — stets sehr selten sein werden«
Wenn man von 100 Schlissen einen Volltreffer erreicht, so ist das
schon ein recht gunstiges Verhältnis.
Keine Armee hat für diesen immerhin ontergeordneten Zweck
— BescbiefsuDg von Truppen hinter Deckungen — so viele Mittel
aufgeboteti, wie die deutsche. In Frankreich legt man hierauf gar
keinen Wert. Die dort ebenfalls eingeführten Sprenggranaten der
Kanone, wie der knrzen 120 rara Kanone, sind lediglich zur Zer-
streuung widerstandstäbiger Ziele bestimmt und dnher auch nur mit
AufschlagszWnder versehen. Rüfsland hat fUr diese Aufgabe iMörser-
regimenter formiert, deren (icschutze trotz des Kalibers von 15 em
ein sehr leichtes Geschofs von etwa 27 vf'rfenern. England hat
eine 5züllige (12,7 cm) Haubitze in der Feldartillerie, die Spieug-
grauaten von 22,5 kg Gewicht verfenern. Ira sttdafrik&uiscben iüriegc
haben sie nichts üervorrageodes geleistet,')
*) Am meisten hat noch eine Haubitz-Batterie in Natal geleistet, wo
sie an den Gefechten am 14. bis 27. Februar 1900 am Tugela beiefligt war.
Von ernsten Kftmpfen war hier aber gar keine Rede. Die Buren traten
den BQckzug an und gaben die Fiii>( hlierRiin^:: von Ladyamith anf, weil
der Feldzug in Orange unglflcklicli ausgefallen war.
Digitized by Google
Zur ArtUleriefrage.
39
NMb »wei Biebtangen hin, die mao aber bei der EinfUhruog
-der Uaobitze kaum bertteksiehtigt haben kann, ist diese der Kaoone
zweifelloe ttberl^o. Ihr SehrapnellBehofs eignet Mi zor Beetreiehnng
:rttekwJirtiger Abhänge, auf denen oft Keserren and namentUeh die
Pkotzen and Staffeln von Batterien Aabtellnng laehen, besser als
der der fiUmone. Bei dieser fliegen die anter flachen Winkeln Mob
fortbewegenden Kngeln der oberen Kngelhälfte ttber die dort be-
'flndliehen Ziele weg, während die der unteren Kegeihftlfte angehören-
den Kngeln bei den gelingen Sprenghohen aol dem vorderen Abhang
«ofBeUagen. Bei der flaabitee, dessen Gesebolse nnter grO&eren
Faiiwinkeln niedergehen, sind diese Verhältnisse gttnstiger. Bei
einer BOsohong yon Ittnf Grad wird man auf 2200 m, wo der Fall-
winkel der Kanone etwa ebenso grols ist» wenn man genaa eiu-
gesehoBsen ist, nnr von der Hälfte aller Sohüsse (deren Fingbahn
ttber der mittleren liegt) Whrkang gegen den hinteren Abhang er-
warten dürfen. Bei Bösobnngen von 12 — 15 Grad, wie sie auf den
Schlachtfeldern von Mets dorohaos nieht selten sind, kann aar Ton
der Uanbitze Wlrknug erwartet werden. Versnehe naeh dieser
Riehtong hin sind meines Wissens noch niemals angestellt; ob sieh
diese rein tbeoretiäcben Betrachtungen in der Praxis bewahrheiten,
kann nur durch Versnehe klargelegt werden.
Dals die Hanbitzgranate im Kampf gegen 8childbatterien
möglicher Weise mehr leistet als die der Kanone, ist bereits oben
angedeutet worden.
Generalleutnant v. Alten glaubt nicht, dals die Feldhauhitze die
au! sie gesetzten Erwartungen erfüllen wird und weist nun auf die
dorch ihre EinfÜhrunjr hervorgerufenen Übelstände hin. In erster
Linie steht da die Durchbrechung der eiuheitiicheu Bewaffnnn;: der
Feidartiilerie, die für die Ausbildung, Organisation, Mobilmachung,
Führung und vor allem die Munitionsversorgung groise Vorteile hatte.
Abgesehen von dem hohen Gewicht der Haubitzmunition erschwert
das Vorbandensein von zwei ?er8chiedeneu Kalibern die Munitions-
versorgung in hohem Mafse.
Die Huubitzen sind auch die Ursache, dals die Infanterie-Divi-
sionen versehieden /.usammeugcsetzt sind; die eine verflis;t Uber
12 Kanonen-, die andere über 9 Kanonen- und 3 Haubitzbatterien.
Das beschränkt entschieden den kommandierenden General in der
freien Verwendung seiner beulen Divisionen. Die Verwendung der
Haubitzbatterie in der Schlacht ist eine recht schwierige Sache, die
in der vor jedem Gefecht herrschenden Unklarheit über die I^age
begründet ist. § 287 des Exerzier-Reglements bestimmt, dals „die
Feldhaubitzen nur dann von voruhereiü wie Kanonen- Batterien ein-
Digitized by Google
40 Zur AtüRerielhig«.
EQeetzen sind, wenn sieb yoraoseehen lälst, dafs sie eine ihrer Eigen
art entsprechende Vemvendang nicht finden werden," und § 353 ,,daTs
bei Beginn des Gefechts (ge^en eine befestigte Stellung) noeh nicht
zn tibefsehen, welche Teile der Stellung dnrch Haubitzen bekämptt
werden müssen, so empfiehlt es sich, die Feldhaobitzen vorläufig
zurtlckzuhaltcn." Diese beiden Sätze zwingen den Divisionskomman-
deur, seine llaubitz.batterien fast stets zurückzuhalten, da er wohl
?iirT!inls vorher wissen knim. ob — s-psclnvripo (Iciiii wo - — er sie
^^ehraucheu wird. Darum wird auch, wie GeueraUeutnant v Alten
mit Keebt bemerkt, der Dienst bei der Avantgarde stets vou dem
anderen Regiment übernommen werden müssen, wenn man den
Kegim enteverband nicht zerreitseu will.
Übrigens nötigt auch die ^erinere MunitionsausrUstung schon dazu,
sie stets an letzter Stelle einzusetzen. An Granaten hat die Haubitz-
batterie pro Geschütz nur 32; der liest (58 pro Gescljutzj beündet
sich bei der leichten Monitionskolonne. die aui ih m Marsche in der
Regel den fechtenden Truppen der Division folgt. Die 32 Schüsse
sind selbst in ruhigem Feuer in etwa drei viertel Stunden verschossen
und es ist mehr als fraglich, ob in dieser schon Ersatz beschaiU
sein kann, namentlich, wenn die Haubitze in den Kampf gegen
Schildbatterien mit Granaten eingreifen muls. Die jüngste Abänder-
ung der Felddienstordnung lalst die schwere Artillerie des Feldheeres
der Infanterie des Gros folgen, also vor den leichten Mnnitions-
kolonnen marschieren, die dadurch, wenn nur ein Bataillon schwerer
Batterioi vorliaBden ist» am 1100 m in der MarBObkdoiiiie sorllek-
gesetzt wild. Maroehiert die Artillerie der Dirinon zwischen den
beiden Inianterie<-Brigaden, so befindet sieh zwisohen dem Tordenten
CtesehtttB and dem ersten Wagen der leiehten Manitiimskolonne ein
Banra tob etwa 7 Kilometer. Das reohtzeitige Eintreffen des
MonitioBsersatBes soheiBt damit doeh reebt in Fraice gestellt, nament-
lieb, wenn ein Vordehen im Trabe aosgeseblossen Ist, wie das gar
nicht selten Torkommen wird, weil die schweren Haobitzbatterien aoi
sdileobten Wegen nnr im Schritt Torwürts kommen.
Dafs die Ansbildang einer Hanbitsbatteiie schwerer ist als
die emer Kaoonenbatterie, kann gar keinem Zweifel onterliegen;
denn man mag sagen, was man will, das Vorbandensein ron drei
Tcrsohiedenen Geschossen mid siebea vevsdiiedenen Ladungen, m
denen recht ▼ersehledene Scbolbtafeln gehören, seist eine vor«
trefflich eingetkbte Be^ennng — einschliefslieh Offiziere und llnter-
offiriere — voraus. Ohne eine solebe wird die Haubitze niemals
die auf sie gesetzten Erwartnngen erfüllen.
Wenn Oeneraileotnant von Alten hiernach das Aosscheiden der
Digitized by Goo^
Zur AztUtorlefng».
41
leichten Feldhanbitze fordert, so ist das sehr begreiflich. Er ver-
neint oben die Frago, auf die rs in orster Linie ankommt: „ist es
notwendig, die untätig hinter drr Dpckung verharrenden
Truppen des Verteidigers durch Artil ierie /.u beschiersenV**
Wird aber diese Fras-e von der höheren Truppenfühmng bejaht, so
ist damit (it ni Aitillrristen die Aufgabe gestellt, und er steht nur
noch vor der If'rage, wie er sich damit aiu besten abfindet.
Meiner Ansicht nach ist ein solcher Reichtum an Mitteln, wie
die deutsche Armee ihn besitzt, tlit die Lösung der Aufgabe nicht
erforderlich und daher im Interesse der Einfachheit eiDSOflohräDkeD.
1d erster Linie halte ich für diesen Zweck dir Sprenggranate der
SanoneD für entbehrlich und wUrde daher für ihre Abschaffung seb.
Maa wendet mir Tielleieht ein, dais dies Gesobols fUr den Kumpf
gegen Schildbatterien nneDtbebrlich sei und darom nieht abgeschafft,
sondern im Gegenteil vermehrt werden müsse. Andere wiederum
halten die Anwendoog dieses Geschosses ttlr diesen Zweck mit
Ktlcksicht ant die zerstörende Wirkung eines V'olltrefiers in einen
mit Sprenggranaten gefüllten Munitionswageu fUr höchst bedenklich.
Jedenfalls wtlrde ich, falls die Beibehaltung dieses Geschosses zum
Kampf gegen Schildbatterien für notwendig erachtet wird, eine ver-
änderte Konstruktion der Granate vorsehlagen, die schwMTere Splitter
liefert, welche die Schilde mit grolserer Wahrscheinlichkeit zu durch-
schhigen versprechen. Die Sprenggranntt- der Kanonen für die Be-
kämpfnng gedeckter Ziele mnls verschwinden.
Die leiebte Feldbanbitse mofs dann beibehalten, aber fttr ibre
eigentliebe Aufgabe besser befähigt werden. Dazu gehört in erster
Linie die Absehafftang oder doeh wenigstens die Herabsetzung der
SehrapnellansrOstung, was um so unbedenklioher ist, wenn die Ver-
suche euie wesentliche Überlegenheit der Oranate über das Schrapnell
im Kampfe gegen Schildbatterien ergeben. Die Granaten wtirden
nur noch mit Aufschlagzünder zu verfeuern sein. Da man niemals
wissen kann, ob in der befestigten Stellung Eindeckangen vorhanden
sind oder nieht, ist es klug, sich anf den schwereren Fall einzu-
richten. Der Fortfall des Brennztlnders wUrde das Schiefsverfahren
wesentiioh vereinfachen. Durchaus geboten ist eine Einrichtung des
Zünders derart, dafs die Granaten sowohl „mit" als auch „ohne
Verzögerung" verfeuert werden können; man wHrde dadurch an-
nähernd dieselben Vorteile, wie dnrob eine Verdoppelung der Muni-
tionsaosrttstang erreichen.
Zweifellos wird die Banbitze, wenn sie nieht ausscheidet, wie
die Kanone fUr den BolnrttoUanf eingeriebtet werdeo nnd Sehatz-
42
Zar ArtOtoiiefnge.
Gebilde tUr die Bedienung eihalteu mUsseo; das wird JLeioe besoa-
•deren Schwierigkeiten habeu.
Inzwischen ist nueh OpneraHeutnant v. Reiclienan im „Tag:"
für iiie !• eidhau hii/,e eingetreten; freilich ist er dabei nicht besonders
glücklich ge^N cst n Er sagt wörtlich ,,Ihre (der Feldhaul)it/.eD ) Aut-
gabe besteht nun nicht darin, sich auf das Treffeo einzelner Hohl-
räume zu kapri^iereu, sondern sie haben den anzngreifenden Teil
der Stellung pianmälsig bestreuen, um so den i^oden gewisser-
mai'sen mit Eisen zu pflastern. Bringt man auf diese Weise auch
nicht Wirkung in alle Deckungsgräben, so werden doch inlolge der
Einschüchterung, die einzelne zwischen den Mannschaften detonie-
rende Granaten hervorrufen, diese in ihren engen Schlupfwinkeln
festzuhalten. Unter dem Eindruck der unaufhörlich in der Nähe
eiiuehlagendeD Granaten wird niemand geneigt sein, die Deckung
lu verlassen nsw." Ich glaube nicht, dals man sieh die Angabe
der Feldbanbitee bei ihrer KoostroktiOD so gedacht hat Ist die
Zerstörung der Unteistttnde nicht beabsichtigt oder aaoh nur Heben-
Kweck, so war es ein Fehler, Granaten ^mit Verzögerung" einza-
fltbren; denn bei diesen ist die Wirkung der Detonation anf die
Herren, sowie die Splitterwirknng gegen lebende Ziele sehr abge-
sehwäeht, ebenso wenig wäre .die Anwendung von 7 verschiedeuen
Ladungen gerechtfertigt; man wäre mit drei oder vier Ladungen
aosgekommen, wie bei allen iremdstaatlichen HanbitKn. Ja, wenn
es sieh blofii darum handelt, die Mannschaft in den Deokangsgrfiben
festzuhalten, so erreicht man das mindestens ebenso gnt dnreh
Sehrapnellfener aas Kanonen. So sprechen die AnsfUbrongen des
Generallentnant v. Heicbenaa weit mehr gegen als fOr die Feld-
hanbitse.
Ähnllehes kann man von den Ansichten Wilhelmis*) sagen, der
in Nr. 12 der Hilitilr-Literaiiiiseitung die Altensche Schrift bespricht;
denn er sagt dort wOrtiich: „ Wollte man Unterstünde, die der Ge^fner
zerstrent nnd der Sicht entzogen in dner ausgedehnten Verteidignngs-
tinie aogelegt hat, durch ein Strenver&hren mit Bogenschietsen
bekämpfen, so wttode die voransdchtliche Wirkung den Munitions'
aufwand nicht rechtfertigen. Die HttgUchkeit, auch gegen stärkere
Eindeckungen wirken su können, die dem Gegner das Bewnlstsein
absoluter Sicherheit unter ihnen nimmt nnd ihn zwingt» sie verdeckt
anznlegeu, ist doch immerhin schätzenswert**, d. h. es wird die
geringe Wirkung des Bogenschusses zugegeben, denn man darf nicht
voraussetzen, da(s der Gegner uns den Gefallen tut, seine Unterstände
*) Bis vor kurzem Lehrer der Feldartillerie<äcluef88chuie.
Digitized by Google
Zur ArtiUeriefrago. 43
•
-80 aDsnlegen, dals mau sie von weitem deutlich als solche erkennen
kann, um so weniger, als damit fUr ihn nicht der geringste Vorteil
Terbnnden sein würde. Bei den Sehielsttbaogen soll es allerdings
gar nicht so selten vorgekommen sein, dais die Unterstände von
weitem deutlich erkannt wurden. Dann wird natürlich die Wirkung
erheblich vergrölsert, aber man züchtet durch ein solelies Verfahren
geradezn höchst irefährliche Illusionen uud tausc ht [udujch «ich und
andere.') Die Möglichkeit, einen Zofullstrerttr ;:;ii;en iMiideckunjjen
zu erhalten, steht doch in einem argen MUsverhältiüs zu. dem dafür
in Bewe^np: gesetzten Apparat.
Wilhelnii sieht aber den Ilauptwert der Haubitze nicht im
BogenschnTs, sondern in der vorzüglichen Wirkung ihres Flachbahn-
feoers und stempelt sie dadurch zum „Mädchen für alles", und man
kann mit Kecht die Frjige aufwerfen, warum denn dies vortictiliche
Geschütz nicht an Stelle der Kanonen trete. In einer IrUheren
Studie ..Zur Feldhaubitzfrage ' (Jahrbücher März 1902) habe ich
darauf hingewiesen, dafs von jeher die Ansichten übt r die Feld-
hanbitzen sehr geleiii waren und den Grund darin gclunden. dafs
die ihnen im Feldkriege zugemuteten Aufgaben nicht klar uud
be»ijiiitni eiiaisl waren. Schon zur Zeit der (platten Geschütze
unterschied man lange und kurze Haubitzen. Die wichtigste
Eigenschaft der langen Haubitze war ihr grölseres Geschufsgewicht,
die der kurzen das Steilfeuer. Unleugbar ist die leichte Feld-
hau üiize 98 wegen ihres Steilfeuers eiugeluhrt, keinem Menschen
wäre es eingefallen, eine Haubitze wegen ihrer grursen Wirkung
im Flachbahnfener neben der Kanone zu konstruieren. Sehr richtig
ist die Bemerkung Wilhelniis: „Bisher ist noch kein Feldzu^ mit
einheitlichen Feldgeschützen geführt worden" ; er hiitte indes hinzu-
ittgen können: „aber in keinem Feldzuge hat man in Bezug auf die
Vmveodnng der leichten und schweren Geschütze einen Unterschied
fettsastellen Termocht" Hierin lag der Gmnd, dafs man unter dem
trisebeo Eändrncke der Eriegserfahraogen in dem 1873 konstruierten
*) Die ^Schiefsanleitung für die Fufsartillerie" enthalt folgende in der
ychii'fsvorschrift, für die Feld-Artillerie leider fehlenden wichtigen Sätze:
,Giit angelegte Schützengräben werden oftmals erst erkannt, wenn ihre
Besatzimg bei naher Berührung mit dem Angreifer un der Feuerlinie
erscheint. Auch Masken lassen sich oft erst denn unterscheiden. — Ein'
decknngen in den Schfltaengraben sind von anften schwer oder gar nicht
m erkennen."
Wenn trotz der reichon Mittel zur Erkundung, über welche die Fuls-
artiUerie verfügt, schon das Erkennen des Zieles so schwer ist, um wie
▼iel schwieriger mnfs dann das Einscfaiefsen dagegen sein. Man wird
•deshalb fast nur ein Stoeuverfahren anwenden können*
Dlgitized by Google
44 Erinneniiigen and Enrägtuig«!! etnes alten liavaUerie* Offiziers.
>
ArtÜleriesystem fUr die fahrende x\rtillerie nur ein Kaliber auiiahiu,.
ein Schritt, der von fast allen Staaten nachgemacht wurde.
Jedenfalls erseheint es, namentlich unter Berücksichtigung der
von Generalleutnant v. AlttMi angeftlhrten Gründe, angezeigt, die
Ansicht, dals zur Vorbereitung des Angriffs auf eine befestigte Feld-
stellung auf das Beschieisen der gedeckten Truppen nicht ver-
zichtet werden kann, nochmals zu revidieren, namentlich angesichts
der Tatsache, dsfo aadi nach AnDabme aller Verbesseraogsvorsehläge
die Wirkung etets sehr unsicher bleibt, und dab naeh Eiofübning
der BohnHeklan^BchUfeKe die Wirkang mit Sebrapnells gegen frei-
siebende Ziele (Sefatlken im Feuer) so gesteigert ist, dals man in
weit kttraerer Zieit die Vorbereitong des Angriffs bewiiken kann.
(Schlafe folgt.)
m.
, Ermnerungeii und ErwäguDgeo eines alten Kavallerie-
Offiziers.
Von
General d. Kav. z, D. General-A^jatoot breiberr v. SazenhtlbB.
L
In langer Dienstzeit, in allen Stellungen, welche einem Kavallerie-
Offizier übertragen werden können (als Eskadronsofßzier, Divisions-
adjntant, Eskadrouschef, Adjutant beim Generalkommando, während
zwei FeldzUgen 1866 Eskadrouschef, 1870/71 Adjutant beim General-
kommando, als Kommandeur der Reitschule, eines Kav.MlIprie-Uegi-
nionts, Brigade KonimfHKleur. endlich als Kavallerie- und Kemonte-
Inspekteur), pnh es nur riiie kur/c Kpoehe mit wirklich kavalle-
ristischen Anregungen „als i;r;j:iiiirnts Kommandenr in Lothringen,
bei Übnni^pn unter einem her\ orrageuden Kavallerie < n nt ralc". Fort-
laufendes Studium der Kriegsgeschichte und in den vor etwa 7Ü Jahren
erschieneueu „Naehricbten und Retrachtungeu über Schicksale und
Tateu der Reiterei*' hielten das Interesse fllr die Waffe wach;
Uberall machten sich jedoch Hindernisse benarkbar, um kavalle-
ristische Angelegenheiten zu türdern. Diese Hindernisse waren um
Digitized by Google
ErinnflnuigMi mid Enrllgnngeo «Inm alleii Kftvalfeilo-Offliiere. 45
so hedeatendtT, je mehr diese Augelegeubeiteu die großen Au^abeu
der Kavallerit* betrafen.
Nach der glänzenden Verwendung und KnciehunL', den ebenso
glänzenden An::rifl[en (Irr preulsiselien Kavallerie um die Mitte des
18. Jahrhunde rtb, war es schon naeh ;U) Friedensjahren in den
letzten Krienfcn dieses Jabriiunderts vorüber mit den grolseu Er-
folgen der Kavallerie; aueh im verflossenen Jahrhundert Sachen wir
verirebens nach tcrolsen Aktiuuen von ivavaileriemassen, oder nach
wirk lieb kavaUeriötiscber Verwendung solcher Massen, wo sie be-
standen.
„^Jeder direkte AngriÖ', jede taktische Oflensive bedarf ent-
weder einer \ orbereitnnsr — die ErschUttt rurig des Gegners durch
Feuer — oder ^löirlichkeit der Überraschong.""
Dieser allircnieine ^Ulti^c alte Grundsatz iai unter den heutigen
Verhältnissen noch weit wichtiger, wie er y.n jeder früheren Zeit
war, er kauu ganz seibstverstäudlicli auch fUr den Augriff der Ka-
vallerie auf Infanterie in der Kegel nicht entbehrt werden. Infanterie
Bod Artillerie künaeo diese Erschtttternng des Angriffsobjektes be-
wirken; die Kavallerie kann salebe Ersohatterungeü ausnützen. Die
Möglichkeit rascher Bewegung kommt ihr hierbei weeeDtlieh za
statten. Die Kriegsgesehiohte seigt und die EifUirang beettttigt,
dab die Zahl und der Umfang dnreb das Fenergefeebt entstandener
Krisen im Gefechte der In&nterie nnd Artillcfle keineswegs geringer
geworden, dals sie bei länger andanemdem Fener- and Waldgefeebten
bdnahe stets su bemerken sind, dals sie ron Ka?aUcrie keineswegs
ansgentttzt wnrden. — Die mcksiebtslose Verwendong von Kavallerie-
Massen anter Napoleon I. brachte bei sehr bedeutenden Verlosten
auch manche bedentenden Erfolge. Nach and naeh wurde es nieht
mehr Mode, günstige Momente fllr den Angriff der Kayallerie absn-
warten. KavaUeristische Grondsütze verschwanden mehr and mehr
in den allgemeinen Anschaanngen nnd Dispositionen; in natttrlicber
Folge Teraebwanden solche Grandsätze aber leider anoh In der Ka-
vallerie, der es gerade in dieser Hinsieht an jeder Anregong gefehlt
hat Nebendinge, so ntttriieh sie sind, wenn die Hanptsaohe ge-
fördert worden wäre, absorbierten die Kraft der Waffe, l'/a Menschen-
alter im praktiseben Dienste und beinahe 2 Menschenalter des
Stndinms, haben die grofse Wichtigkeit kaTalleristischer GmndsitM
io stets höherem Grade bestätigt. Vergebens suchen wir zweck-
mälsige Formation und gute Schulung von Kavallerie-Massen im
Frieden, deren Verwendung im Kriege ans eigener Initiative der
Führer.
Die Tätigkeit der mit fiegina des Krieges nenfonnierten Ka-
Digitized by Go -v,!'-
46
Erinneniiig«!! und ]finrS|ping«D dnes alten K»TaUeil6*0lfisien.
valleric-Divisionen — oiier bess»^r deren Hrimirlcii beschränkt
Kieh im allfrcmeinon auf Angriffe hei Krisen der riireiH ii Trü]){ieii —
angeorfinet von den hühereu KommaDdoBteilen. Diese Augritie soiUeu
allerdiiigB die Ansnahme bilden.
Die wichtiudte der zu lösenden Aufgaben bleibt die Formation
der Kavallerie, um dieselbe so vorzubereiten^ damit sie im Felde
vollständig entsprechen kann.
Die Dienstk'iKtonjren im Felde können zusammeng-efafst werden r
1. „In den Aufkiarungsdienst im engeren Rahmen — bei Avant-
garden, vor, während und nach den Gefechten — 2. in den Aiif-
klärangsdienst vor der Fronte der Ariarn und II. in grüiseren Ge-
fechten und Schlachten Angrifi'e und Verfoiguno-en.
In der deutschen Armee ist die Infanterie und auch die Ar-
tillerie im Frieden so organisiert, wie sie im Kriege eingeteilt
bleiben. Die Kavallerie allein entbehrt dieser Organisation. Im all-
gemeinen kann es einem Zweifel nicht nnterliegeu, von weloh hoher
Bedenlnng die DniehfQlinmg dieses GnindBatces ist, wie eelur Ver-
wendung und Ftthrong der Karallerie ohne dessen Beacbtang Iddeo-
mnÜB. Die letzten Kriege haben in so anffallender Weise nnd in allen-
Heeren manehe Mängel gezeigt, dab es eigentlich kaum Yerstftndlicli'
ist, wie Abhilfe bis znr Stunde nicht dnrchgeathrt wurde.
Vor allem ist zu beachten, dafs man mit der Organisation nicht
warten soHte, bis die Umstünde erlaaben, auch die KaTallerle im-
gleiclien Verhältmsse sn Termehren, wie Infanterie und Artillerie.
Dagegen ronls es sieh empfehlen, die Formation anter Beachtung
der einmal bestehenden Verhftltnisse, strenge nach der
Notwendigkeit dnrobxnfithren.
Diese Formation konnte allenfalls sein:
I. Korps-Kavaiierie, Jager zu Herde.
Gardf^korps 1 Brigade 2 Hegimeuter 6 Kskadrons^
22—25 Armeekorps 25 „ 125
Sa. ] Brigade 27 Begimenter 181 Eskadrons..
U. Kavatlerie-Di Visionen,
Gardekorps 1 Kav.-Kurps 2 Divisionen
4 Brig. 10 Heg. 5<) Eskadr.
Linie \ J Divisionen 21 .. 60 .iiK)
Sa. \ Korps 14 Divisionen 28 Ikig. 70 Reg. 350 Eskadr.
zasamnieu 1 Korps 14 Divisionen 29 Brig. 97 Reg. 481 Eskadr,
Die Kavallerie bei den Armeekorps wnrde im allgemeinen
£0 5 Feldeskadrons als genügend angenommen; bei der Mobil-
Digitized by Google
Efiimeniiigen und Erwl|giiiig«ii ehiM «Itni Kftvallerie-OfBiler>. 47*
niacliuiiLr wäre bei jedem Armeekorps eine Ersatzeskadrnn ui-u auf-
zustellen. Diese Kavallerie hätte am Sitze der Armeekorps, Divi-
sinnen oder Brig-aden, ev iitueU der Infanterie-Kefriment'T zu -arni-
sonieren. Ihre Anfjrabe beschränkt sich in der Hauptsache ;uif ileu
Aufklärungsdienst (ZiÖ. 1) im engeren Rahmeü; Regimeuts-kuiu-
mandeur dem Korps-Kommaado beizugeben.
Die Kavallerie-Divisionen wurden zu je einer Brigade mit 2,
zu einer Brigade mit 3 Regimentern ä 4 Feld- nnd eine Ersatz;.
Eskadron angenommen. Diese Formation scheint ausreichend tUr
die Aufgaben unter 7AÜ. 1 und '2: fUr die Aufgaben unter 3 neheinen
auch Divisionen /ii l^epimcnl^'rn /u schwach; 2 Divisionen /u
5 Keiriraenteru durften gentigen. Eine Division zu 1 Regimenter
erstes Treffen, eine gleiche Division Reserve, die beiden rentierenden
Regimenter zweites Treffen. Zuteilung von reitender Artillerie und
einer Kompagnie Radfahrer.
5 Kavallerie-Inspekteoie sind im Frieden den Armee-Inspektionen»
im Felde den Armee-Kommandos beigegeben. Diese Inspekteure
hätten die Aufgabe, die Ausbildung der in dieser Beziehung den
Armeeinspektionen zu unterstellenden Kavallerie-Divi-
sionen zu Ubernehmen, Antrage fUr deren Übungen zu stellen. Im
Felde den Armee-Kommando*, beigegeben, haben >ie ausschliess-
lich die Befehle an die i\avallenc-Divisionen zu beantragen und
frtlhzeiti- jene Aufklärungen zu veranlassen, weiche von höchster
Bedeutung für die Verwendung vrri Kavallerie-Massen in der Schiacht
gerade unter den heutigen \ erhaitnissen sind Die KUcksichten auf
alle Verhältnisse, auf alle von den Kavalli ririiivitiiuueii zu losenden
Aufjtrabeu im Felde, bedingt deren Unterdteliung bei den Armee-
Kummaudos, mindestens als Kegel.
Die Stäbe der Kavallerie-Inspekteure htttten vorerst zu besteheai-
aus einem Obersten der Kavallerie als Generalstabsoffizier, einem
Stabsoffizier, einem Bittmeieter als Adjutanten. Die Stäbe der
Kavallerie-Divisionen ans: einem Stabsoffizier der Kavallerie als-
Generalstabsoflizier, einem Rtttmeisler, einem Leutnant als A^Jo-
tauten.^)
Eine derartige Organisatioo der Kavallerie kann allein jene
Mifflfltliiide ttberwiadeui welche in den neueren nnd neuesten Kriegen
so nntrttglieb zu Tage getreten sind.^
*) Diese Formation der StSbe empfiehlt sich unbedingt» damit gleiche
Anschauangen sich rasdier auszubreiten vermögen. Auch in dieser Be-
ziehung %eigt die Erfahmng manche Ifftngel.
Digitized by Google
48
£riiuienuig«ii and Erwägungen eines alten KavAUerie-Oflßtter».
Ii.
„Unter allen Veihaitniasen scheint es im Kriege wie bei den
Übangeu notwendig, auf die P>lialtung deü Pferdemuu rials iiücksicht
zu nehmen. Bewegung ist ilas Lebenselement der Kavallerie; ahne
Futter, t*flege und Ruhe wird dieses Element geschädigt. Aach
SchriTtmärsche iu langen Kolonneu, insbesondere hinter der Infanterie,
i iiiiiieren die Reiterei physisch und moralisch; getrenntes Marschieren
im Trabe iu kleineren Verbänden erleichtert Bewegung, Unterkommen
und Verptieguug. In allen Lagen mit Ausnahme von Gefechten,
kann sich die Kavallerie fU glich nach der Breite and der Tiefe aas-
-dehnen; nach der Breite siad für einzelne oder mehrere Eskadrons
«.och die gewöhnliebsten Wege kein Hindernis und die MOgliehkeU
ra&eher Bewegung gestattet anf reeht delen Ifibnehen die Aas-
dehnnng nach der Tiefe. Unter Beaehtung dieser Gesichtspunkte
wird die Kavallerie auoh bei grolsen Mäisohen geschont and frisch
bleiben, sowohl die Korps-Kavalleiie wie die Kayallerie-DiTisionen.
Die vormarschierende Armee kann die Korps-KaTallerie nach
den oben genannten GnmdsSIzen vor die Avantgarden des Armee*
korps nehmen; die Earallerie-DiTisionen etwa einen Tagemarsch
voraus anf allen benutzbaren Wegen, jeder Teil mit Avantgarde
Patioaillen in der StSrke von 10 bis 20 Pferden aof etwa 1 Vi Tage-
müischen von den Avantgarden der Kavallerie^ marschieren entweder
vereinigt oder mit klemen Spfthepatronillen. Ihnen folgen Beglies
bis zn geschlossenen Eskadrons at^ den Hanptwegen, mit sageteilten
klemen Radlahrerabteilongen.
Zahlreiche kleine Spähepatronillen sind fttr die Anfklärong he-
FQhlnng mit dem Gegner am xweckmftlsigsten. Sehen and Melden
ist hier die wichtigste Aufgabe; gegenseitiges Herangagen und Ver-
folgen, auch Kämpfen sollte ohne besonderen Grand ttberhaupt ver-
mieden werden. Radfahrer befördern die Meldungen von den Re-
^Hes zarUck, jedenfalls weit schneller wie Reiter.
Wird die Korps-Kavallerie nach Abstattnng der nötigsten Melde-
reiter zu den Troppen kommandos, vor die Avantgarde der Armee-
korps uod zwar grondsiitzlich Toraus^enommen, Eskadrons auch auf
Nebenwegen, ist der folgenden Avantgarde des Armeekorps die Auf-
gabe ganz wesentlich erleichtert. Bttoken zwei Armeen mit grülserem
Zwischenräume vor, so empfiehlt es sich von dem FlUgel-Armeekorps
zu der KaTailerie» welche die Verbindung herstellt) Meldeabteilungen
abzustellen.
Bei dem Vormärsche der II. und Hl. Armee 1870, war von
der Kavallerie, welche in dem Zwischcnranme die Verbindung her-
stellte, der Abmarsch der Franzosen, welcher am 6. Augast des
Digitized by Google
Erinmemiigeii und Erwügniigen einet alten KavallMie'Olfliiers' 49
.'ihends von Bitscb nach Süden erfolgte, erst am 7. morgeus
■-eütdf'c'kt und bei der II, Armee noch am s. nnKekunnt!
Es dürfte sich aach empfi'hlen, bei plötzlich notwt udiL'em tiadern
der Marsehricbtnne-. dafs die obersten Armee- K um maDdos Kelais-
posten in den verlassenen Quartieren zurücklassen, uro von der
Kavallerie einiretfende Meldunjicn unverzüglich an diese Kommandos
weiter zu befördern. Bei dem Abrücken der Maas- und III. xirraee
gegen Norden, kamen Meldungen der Kavallerie-Divisionen sehr ver-
spätet an diese Kommandos.
Im Kriege 1R66 war die Aufklärung im grolsen äufserst mangel-
haft; 1870 wurde der Befehl ..die Kavallerie weit vorausznnehmeQ"
mehrmals gegeben. Wenn wir nns erinnern, dals vor 1866 im
Marschsicberungsdienste Vorhui, \ ortrupp, Spitze — Nachhut, Nach-
trupp. Nachgpitze — eini<>:e Seitenpatronillen, im Vorpostendienste
eine grofse Zahl von Patrouillen bekannt waren, so kann es nieht
befremden, dafs die weit ausholende Aufklärung durch Kavallerie
nicht geläufig war. Die grölseren Kavallerie-Verbände blieben bei-
nahe stets vereinigt, bewegten sich vielfach hinter den langen Armee-
kolonnen. War die Kavallerie votausbeordert» so mnlateii in der
Regel TOr allein deren Massen Tereinig^ werden, am sodann in der
gewohnten Weise vorzorlleken, anstatt die vorwärts nnieigebraehten
Eekadrons zn beanltragen, Patronillen sofort In breiter FVont vonn-
treiben and diesen Patronillen als Sontiens zn folgen. Unter dieser
Voranssetznng konnte man immer noeh den Best auf einer oder
mehrere Strafsen vereinigen nnd mit Vorbnt, Vortrupp nnd Spitze
anmarschieren.
1870 waren im dentsehen Heere die weit voigeteiebenen ^Pa-
tronillen" naeh knizer Zeit eingebürgert nnd vieUaeh ganz ent-
spreehend ansgeftthrt worden, wenn aneh das mehrfach angeord-
nete Vorausnehmen der Kavallerie, die allgeroein bierfllr mangelnde
Sieherlieit erkennen liels. Die erlassenen Befehle fUr die Kavallerie
konnoi vMfaeh oiobt kavalleristisch genannt werden. Der Befehl
für eine Kavalleriedivision mit einer Brigade dahin, mit einer
^anderen dortbin anfzaklKien, verfuhrt zn ganz annötigem Ver-
braoch dieser Verbände, zn verspätetem, eiscbOpftem £intrefien auf
dem Gefechtsfelde. Ein Befehl itlr die Kavalleriedivision, in einer
•bestimmten Richtung .,voiza6torsen'S verfahrt nnr zn leicht, ohne
weiter aoshoiende Aafklämng mit der Masse sich in dieser Bichtang
vorznbewegen, und sodann den gleichen Weg wieder znrttckznmachen.
Diese Masse aber „kann'^ unter Umständen in mifsliche Lagen
kommen. Eine Kavalleriebrigade, welehe bei einem Armeekorps
^eingeteilt war, stand jeden Morgen marschbereit im Rendez-vons des
UkiMAn ftr dl« 4««tMt* Arm— wi4 IbrfM. Nt. SML 4
Digitized by Google
50 Krinnerungea (lad Erwägunifca eines alten Kavallerie-Uffiziers.
Arnieekurpis uud folgte uach laDgem Zuwarten am Schlu.s.s( dtr
Kolonne, am in später Nacht im Quartier oder Biwak anzulaugeu.
Als dem yorzttglicb tüchtigen Generalstabaehef, ehemaligem Artillerie '
offider, die Frage gestellt wurde „ob die KaYallerie nieht sofort und
Tor der Avan^iarde abreiten köane'S erwiderte derselbe „diese
KaFalleiie will immer etwas Besonderes; aneb die Artillerie mols in
der Kolonne eingeteilt marsebieren". — Nach allem ist wiederholt zo
konstatieren, dab es dorobans niebt leiebt ist, Uber die Kavallerie
ka?alleti8ti8cb sn dispoDteren, bierfUr scheint eingehende Eifobrung
nnd reifliebes, fortgesetztes Oberlegen aller fllr diese Waffe wichtigen
Umstünde nnerläfsliob. Ist hieiflir Sorge getragen, indem die Or-
ganisation ood Formation der Waffe wie der Stäbe schon im Frieden
Anregung gibt, kann der Natasen nieht ausbleiben.
Es bleibt wohl keineswegs ein Irrtnm anzunehmen, dafe 1866
allgemein, nnd 1870 namentlicb bei der fransQsisehen Armee die
mangelnde Aniklftmng im groCsen darauf zurttckgefttbrt werden kann
dafe eben eine entspieehende Organisation und entsprechende Übung
schon im Frieden fehlte, dals die notwendige Routine für diese Auf,
klärong Uberall sehr viel zu wünschen liefe, dab aach die Tätigkeit
auf den Schlachtfeldern unkavalleristisch blieb, die Verfolgung, mit
Aasnahme des Tretfens von Adua, überall seit lan-rer Zeit voll-
ständig versagte. Es ist schwer zn sagen, ob der Kavallerie eines
dieser Heere der Vorwarf gemacht werden kann, dak sie an Tapfer-
keit und Todesverachtung Ubertroffen wurde. Das gleiche hat aoeb
in Beziehung auf die Führung der Kavallerie Geltung. — Unter diesen
Verhältnissen hat es ebensowenig Nutzen gebracht, dafs mit der
Mobilmachung 1870 Kavalleriedivisionen formiert wurden, dafs bei
jeder Infanteriedivision ein Kavallerieregiment verblieh. daLs die fran
zösische Kavallerie, ganz in Divisionen formiert, den Armeekorps
unterstellt war.
Dais aber unter den geschilderten V'erbüUiiissen auch die jähr-
liehen Übungen — selbst in der deutschen Armee — nieht von
grofi^em Erfolire für die Klärung der Bejrritl'e in Beziehung auf
grol^f Kav;iil( rieverbände si in konnten, liejrt auf der Hand, trutzdera
nach den Kriegen auch Ka^ ;ilieriedivisionen vorübergehend zusaninicfi-
gestellt wurden und an eini2:e!\ Tag-en bei Manövern in Verwendung:
traten. Ein Antrag zur Be.sprechnng der Situationen nach Beendi-
gung: der Manttvertage, die Unterführer einer Kavalleriedivision an
Ort und Stelle zur Verfügung zu behalten. I lii h uüheriicki-iehtigt,
unter Hinweis auf die vorausgehende Kavalleneiiljuugsreise. Gerade
aber die beantragte Besprechung wäre für das gegenseitige Ver-
ständnis von so grölserem Werte gewesen, nachdem der Einfluls des
Digitizeo Ly vjüOgle
Erinnernngeo und Erwägungen eines alten Ravullerie-Offizierg. 5X
Fohren der KaTelleriedimoD mit dem letxten IfaDtfTcrtage be*
end%t blieb; die Beepreobnng fiÜLtiseber Situationen in tektiseher
Hinsieht ist weit lehrreicher, wie Annahmen bei den Obnngareiaen.
Die greisen Obnngen werden nm so ntttslieher, wenn sie ein
mOgliehst getrenes Bild des wirkliehen Kampfes geben, der voraus-
gehenden nnd nachfolgenden Situationen. —
III.
Es kann niefat die Absieht sein, die Gesehiebte der lotsten
Kriege an wiederholen, wohl aber ersehet es nttladieb, flüchtige
Blieke anf dieselbe za werfen,
„Eine in kavalleristiseber Besiehnng ergänzte ZuRaiiiinoiisolzuag
der Kommandostälie ttberbanpt, entsprechende Formation der Ka-
vallerie and Übnogen, welche auch in kavaUeristiKcher Beziehung
lehrreich sind^ — dieses alles Toransgesetet, wäre doch wohl an-
znnehmen
1. dais 1866 die Aufklärung durch Kavallerie allgemein
reehtseitig angeordnet nnd sacbgemäls durchgeführt worden wäre
sowohl am Main wie in Böhmen; dafs bei Königgrätz die prenlslsohe
Kavallerie in Massen vereinigt zur Verfolgung und zum Angriffe
gegen die noch auf den Höhen westlich von Königgrätz befindliche
Artillerie vorging, und zwar des breiten von dieser Artillerie be-
herrechtfü Grundes wegen, entweder nach Bekärapfong derselben
oder durch IJmgehiinir fies Grundes in südöstlicher Richtung; waren
Massen vereinigt, konnte itlgUch auch zum sofortigen Angriffe ge-
schritten werden.
Dafs die österreichiaehf ii Kavalleriedivisionen, weiebe zum Teile
sich in Jenem Grunde zurückbewegten, sotoit kehrt machten, als die
Teten der preuMschen Kavallerie auf il< n Hohen erschienen, zum
Angriffe »beringen und die Verfolgung Ins in das Infauteriefeuer
foriset7tpn. war unbedingt sehr tapfer. Ohne starke Reserven mulRte
diese Kavallerie unter den schwersten Verlusten wieder znrliik. Die
Frage scheint jedoch gerechtfertigt: „wäre es unter den goL-fbenen
Verhältnissen nicht richtiger gewesen^ wenn vom Armee-Küinmando
eio General mit Leitung des Gefechtes betraut, die Kavallerie sodann
hinter die auf den Hohen östlich befindliche Artillerie zurückgewonnen
worden wäie V" Ky konnte das Vurrücken der preufsischen Kavallerie
unter denj lu iht dieser Artillerie abgewartet, der Angriff mit der
gesamten Kavallerie, mit starker Reserve ausgeführt werden, wodurch
die Wirkung der eigenen Artillerie erzielt, jene der preufsischen be-
deutend yermindert wurde, die Reserve aber war im Falle der Ver-
4»
Digitized by Google
52
Erinntmiigeii und Efwügnngeii eines alten lUvatterie-OffiBiert.
folgung des geworfenen Gegners bereit^ gttnstige Momente anssnnflteen,
nene Angriffe aaszattthren.
War die Kavallerie dieser beiden Heere gut vorbeieltot, waren
derselben etnigermalscD entsprechende Befehle zagegangen, so mnbte
die Steilling an der Bistrltz früher entdeckt werden; auch der on-
bemerkte Vormarsch der .\rmee von Norden und die vollkommen
überraschende Besetzung der Höhen 7on Cblom war andenkbar.
Man hat damals und namentlich im Heere an Maine der Kavallerie
wie deren Führer die Beföbigung vollkommen abgesprochen, hierbei
.aber ttberseben, daüs die erlassenen Befehle an die Kavallerie, wie
auch so manche andere bereits angeführte Umstände, vom
nachteiligsten Einflasse sein mufsten. — —
Auch die Tätigkeit der österreichischen Kavallerie in der
Sohlacht von Custozza bietet höh» "» Interesse.
Auf deuj rechten FlHirel werten sich H Züge l ; Janen unU'v Hitt-
meister Baron Beehtolsheim vollkommen überraschend auf die
Tete einer Kolonne von fünf Bataillons und zersprengen den
grölsteu Teil derselben: ^rolser Verlust aber direkter Erfolg.
Anf dem linken KlUgel gehen l(i Eskadrons. oine Batterie in
2 Kolonnen vor: Brisrade Pulz — 8 Eskadrons, eint [Batterie — auf
dem rechten Flügel j^egen Somma campa;;na. Brigade Rnjanovics
— 8 Eskadrons — ^ in 2 Kolonnen südlich von Tuk auf viilafranca.
Bei Beachtung aller Moment*', welche hier in Betracht kommen,
ist zwar die Tapferkeit bei den Angrifi'eu Uber alles Lob erhaben,
dennoch zeigen jene Momente ganz untrüglich, dafs kavalleristische
Prinzipien keineswegs geläufig sein konnten. Die nicht vereinigteu
Brigaden, der Befehl an die Ulanen der Brigade Pulz zom Angriffe
al l vor Viilafranca „ venu ii t r tc " Kavallerie, der Artilleriekampf
mit Iciudlichen Batterien, das unvermuicte" Eintreffen vor einer
Tirailleurkette. dahinter gesehloääene Abteilungen und Bataillons in
2. Linie, sind solche Momente.
Die vorhergegangene Aktion der Brigade Bujanovlcs dUrite
entsprechender gewesen sein. Die ganze Bewegung brachte bei
erheblichen VerlDsten kernen direkten Erfolg; direkte Erfolge mnÜB
aber aneh die Earallezie anstreben.
Der spftter am Nachmittage erfolgende Vozstols der veieimgten
Brigaden, in der Absieht, Ewisuhen ViUafraaea md Valeggio duehsn-
breehen» die nnbeabeiohtigte Änderung dieser BUhtung, der emente
Angriff auf die Infanterie hei ViUafraaea, geben sehr hemerkliehe
Anbaltsponkte darttber, dals kaTaUerxsUsche Prinzipiell und Grnnd-
sätae Dicht geläufig waren, dalb die herrorragendste TapfiBrkeit nur
dann direkte Erfolge beim Angilile anf Infanterie eningen kann,
Kj ^ .d by Google
fiiinoeniBgeii and Erwägnogeii «Ihm «Iteii KtTftUeile-Offiden.
58
„wenn Obenafiehnng möglich, oder roiDdeetens das ente ÄDgriib-
Objekt dvrob AitUlede eraebttttert wnrdo^.
1870 waren beim reohteii Flügel der III. Armee 74 EekadroDs^
54 In erster Linie ; nach dem Treffen ron Weilseoborg konnten aor
4 Eskaditme inr Verfolgung schreiten. Die KavalleriediFision,
welcbe „hinter" 3 Anneekurps disponiert war und maraoliierte, fand
selbstverständlich alle Wege mit Trappen bedeckt. Nur zum kleinsten
Teile kann ihre Führung die Sebald des verspäteten Vorrttokens treffen.
Am 5. August konnte von einer Verfolgung des geschlagenen
Gegners durch die KavalleriediviBion, sohon naeb den Meldungen
vom 4. nicht wohl die Rede sein. Dagegen war entschieden die
Aufklärung in erster Linie nötig, welche auch die gewünschten Re-
sultate brachte. Am 5. nachts oder am 6. morgens war diese
Kavalleriedivision an der Hagenaner Strafse südl. von Sulz wieder
vereinigt. Die Kämpfe an der Sauer begannen am frühen Morgen
des G. August. Um Mittag konnte fUglirh die Rekognoszierung um
den rechten französischen Flügel bis zur Stralse Nicderbrouu-Zabern
angeordnet, die Bereitstellung mindcstt iis eines Teiles der bereits
verfügbaren Kavallerie — Eskadrons — die iintresaumte Heran-
ziehung der K-avalieriedivision verfügt sein. Denkbar aber waren
diese Verfflgungen insbesondere, wenn ein hoher Kavallerieotiizier
schon im Frieden sich mit solcheu V'erhältnis.sin \ ertraut gemacht,
bei den Übungen entsprechende Tätigkeit gehabt hätte, und im
Felde beim Anueekommando speziell mit Verwendung der Kavallerie
betrant war.
Während der Schlacht kamen nur stärkere Kräfte der fran-
zösischen Kavallerie zu Angrifteu. Die erste Attacke der Brigade
Michel — angeregt von dem Kommandeur der Infanteriedivision bei
derem ungeordneten Zurückgehen — auf die vor Moorsbronn er-
schienene preulsische Infanterie, wurde unter den denkbar un-
günstigsten Verhältnissen tapfer, ohne jeden Erfolg, aber mit stärkstem
Verluste ausgeführt. Entgegen dem unkavalleristischen Wunsche des
Divisionskommandeurs, den Angriff nur mit einem Regimente za
machen.
Auch der 2. Angriff aas der Bereitstellnng von 4 Kttrassierregi-
raentem, m Gründe sttdwestlieh Ton Fri^sehweiler zeigt, wie un-
beholfen Kmllerie ohne ganz snehgemüsse Voräbnng nnd Organi-
saHon bleibt. Günstigere Momente snm Angriffe waren vorhanden,
beim Heranatieten der preubisohen Infanterie ans den Waldgefeobten
sttdlieh der Strafse filsafthansen-Beiebshofen, dann bei dem anföngüeh
erfolgreiehen VorstoÜB der französiaehen Reserve aof Elsafohansen.
Beide Momente hätten von dem Führer der Kttraasiere erkannt
54
Eriiuiflntiig«!! und Enrlgimgeii einei tlten iSATallaiie-Ofllalert.
werden mttsseD. wenn eutsprechende Grundsätze geläufig
sein konnten. Als sodann der Befehl znm Angriffe eintrs^ waren
die aUgemeineu Verhältnisse höchst ungünstig. Regimentenveise
stürmten die tapferen Eskadrons auf das Geratewohl vorwärts, und
erlagen jedesmal dem Feuer der wiedergeordneten prenüsisehen In>
fanteiie ans den besetzten Objekten.')
Die vollständig flüchtende Armee blieb eigentlich von Verfolgung
gänzlich verschont
Bei drni Ahmarsche der iransösiscben Armee von Metz, war
es nötig, durch Kavallerie eine weite Aufklärung auf dem linken
Moselufer nach Süden nnd Westen durchzuführen. Einheitliche
Leitung dieser Kavalleriedivisionen wäre unbedingt sehr nützlich
gewesen. War ein Kavallerie-General dem Armeekommando bei-
gegehen, so wäre derselbe mit allen Verhältnissen ansreichend rer-
trant gewesen; war er schon im Frieden mit Lösung solcher Auf-
gaben beschäftigt, so ist der Führer, sein Stab und die Truppe vor-
bereitet, die Aufgabe auch im Kriege unzweifelhaft zu lösen. Am
frühen Morgen des Abniarschtages konnten Patrouillen und Heplies
den Kavalleriedivisionen vorauseilen, den Anmarsch der Abteil unjjen
(.\rr firpüFsisehen 5. Kavalleriedivision beobnchten und meldeu. Die
Kavailei ii divisionen w;trpn wohl imstande durch ihre (Jbermaebt
jene Abteilungen noch am N ormittaire zurnek/uwerfen: am Nach-
mittage konnten neue Kav{Ulerie-Ableiluiii:rii licrnii^^c/oeen sein,
welche Kavallerie zudem in den bei Gravelotte eiugetroüeueu Korps
kräftigen RUcklialt fand.
Am Morgen des Sehlachttag:es Vionville — Mars ia Tonr wnrde
die französisphe Kavallerie in ihrem Biwak von Vionville durch das
Feuer df r Artillf rie ö. Kavnüeriedivision „vollkommen überrascht",
uud flüchtete in der Kichtuiig Hezonviüp. Wäre es nicht vorteilhafter
gewesen, wenn die preutsische Kavallerie in zweckmälsiger Ein-
teilniij? der Krälte, auter MitwirkuujU' der Artillerie, sofort mit dem
Säbel in der Faust in dieses Biwak eingebrochen wäre, den tliebea-
deii Geg:ner verfolgend, die weiter zurttcktitebeudeu Trappen anfiel?
Hierbei konnte möglicherweise auch die südöstlich eiu{;etrolTenc f>.
Kavalieriedivision mitwirken. Kähler sagt iu seinen Betrachtungen
ganz zutreffend: ^es tretiMi Bilder vor die Seele, welche an
die schönsteu Taten der preulsiseheu Kavallerie erinnern!" — Im
weiteren Verlaufe der Schlacht attakieren zwei Eskadrons, angreregt
durch einen Generalstabsoffizier, die aus Flavigns hiuausgeworleue
') Dieser Augrüf erinnert lebhaft au Uiu bei den Manövern in (Jhälons
ansgefQbiten Attacken.
Digitized by Google
Eriimertmgcn und Erwägungea eiue» alten Kavallerie-Offiziers. 55
Inuiztfsiflehe infanteriew Eine Eskadioo Terliert 70 Pferde, die
andere hat wobl äbnliehen Verlnsft. So gute kompalLte ZielponlLte
mflssea dem lientigen, ans weitem Umkreise mO geliehen In-
ianteriefeaer erliegen.
Im ZeDtram eiacbottert das Krenafener der preolaiacben Artillerie
die ^gneiisefae Infanterie, weleke an4|1elö$t snrttekgebt. Vom Armee*
Kommando wird Kavallerie zum Angriffe befoblen; mebr wie 60
Eskadrons waren dort disponibel. 5 Eskadrons Garde-Kttrassiere
maoben den Angriff in 3 Staffeln, erleiden in dem freien Teirain,
die empfindlichsten Verinste and gehen aoi^lOst znrtlek. Die Brigade
Redem der 5. KavalleriediTision steht in dem Grande, welcher sieh
in sOdwestlieber Riehtnng von Flavigny herabziebt; sie wird von
einem GeneralstabsofBzier zur Verfolgung der fransösiseben Kttrassiere
aofgefordert. Die Brigade entwickelt sich, gebt «nr Verfolgung ror,
deren rechter Flllgei nimmt eine TOin Armee kommando vorbeorderle
Garde-Batferie, nnd dieses Kommando ist io grofser G^iahr ge-
fangen genommen za werden. Die Brigade setzt ihre Vcrfolgang
bis in die Gegend von Kc/.onvüle fort, wo ihr durch iufanteriefeuer
ein Ziel gesetzt wird. Ohne bedeutendere Verluste kehrt die Brigade
in ihre erste ^^telluug zurück. Nur eine eotsprecbend starke Besenre
hätte auf dem rechten Flügel den bereits eraielten Erfolg festhalten,
möglioherweise bei Rezonville neue Erfolge erriogeq können.
Bei dem uugordneten bereits erwähnten Rückzüge der fran-
zösischen Infanterie, war an die ziemlich weit hinter der Schlacht-
linie haltende 0. Kavalleriedivision der Befehl geschickt „zur Ver-
folgung: vorzuhri'chen'*. Als sie am linken Flügel der Artillerieliaie
südlieh Flavi^'Dv eintraf, hatten sich die Verhältnisse geändert und
sie ging wiedfr zurück.
Di»' beiden ersten Kavallerie- Auirriffe zeigen zwar tapiere
Truppeu, aber keine Beachtiini: der heutigen Feuerwirkun.i^ des
In fanteriepre Wehres. Der AngritV Redeni beweist die Müf^lirhkfit
der Kavalleri»'-Verwendung, unter günstigen Umständen oIhh be-
deutendere \ » iluhte zu erleiden, die Notwendigkeit einer starken
Reserve. Das verspätt-tt' Kintrt tVen der 6. Kavalleriedivisiou konnte
vermieden werden, durch eine andere, nähere Bereitstellung; viel-
leicht in dem von Flavigny herabziehenden Grunde, hinter der
Brigade Redern; sie konnte vermieden werden durch eine ütellung
des Führers der Division, entfernter \ou uei iruppe, einer Stellung
des Fuhrers, welche die Beobachtung des Gefechtes erlaubte; sie
konnte endlich vermieden werden dureh ?iehukiD^ der Truppe nach
ein paar Zeichen des Führers sich zu bewegen und zu formieren:
„durch sachgemalse Formation und FriedeusUbuugen".
Digitized by Google
56 EriimeruDgtiii uud Erwägungan eines alten Kavallerie-Olfiieierü.
Auf dem lioken BlU^l <der prenlaisohen SteUnng kftmpfteik'
mehrere BataUlone (tatttch der TronWUer Btteche, {cegen stets gröbere
Obermaobt einen yerlnstreieheD, sehweren Kampf! Bewandemd und-
ergriffen standen wir einige Jalire später, an der Gräbeneilie ron-
Ol&sieren dieser tapferen Bataillone, in der Nähe der Sttdosteeke
der genannten BOsehe. Henlipb ertreot waren wir, dafs die Iran-
sOsisobe Kavallerie nicht rersnebt hatte, sieh auf diese tapferen
Bataillone sn werfen etc. Allerdings aber wäre hierfür nötig gewesen,,
dafs Tom Armee-Kommando ein KaTallerie-General anf diesen Teil
des Sebladhtfeldes mit ausgedehnter VoUmaobt „in Beziehnng anf
die KaTallerie** abgesendet worden urtixe. Anch in späteren Naob-
mittagsstnnden, bei dem anter groJsen Verlosten abgeschlagenen.
Angriff der prenfeiseben 38. Infanterie-Brigade, konnte die disponible
französische Kavallerie recht gttnstige Umstände benatzen, wenn Tmppe
wie Ftthmog fttr die Tätigkeit solcher Massen im Frieden vorbereitet
worden, wenn wie erwälmt vom Armee-Kommando ein Kavallerie-
(kneial dorthin beordert war, om die Massen m vereinigen etc.
Ein erhebender Moment mag es für die schwer bediingten
Infanterie-Bataillone gewesen sein, als östlich der Tronviiier BOsohe-
die Brigade Bredow, westlich dieser Bttsche das erste Garde-
Dragoner-Regiment aar Attacke vorging.
Die Brigade Bredow erhält den B^ehl mr Attacke nördlich der
Strafse Vionville-RezonviUe, entwickelt ihre 6 Eskadrons und stürmt
dorch Terrain- ond G^sohtsverhältaisse begünstigt, fort dnreh Ar-
tillerie nnd Infanterie, bis so dem Omude, welcher nach Rezonville-
Mnabzleht. Hier wird sie nach der langen Attacke T<Mi den zwei'
dort balteoden KavalleriedivisioneD angefallen. Ohne Reserve mols
sie zurUck nnd erleidet bei dem Rückwege, auf mindestens som-
Teile sehr erschöpften Pferden, die schwersten Verloste.^}
Während dieser anbefohlenen Attacke hält die Brigade Redern nicht
sehr entfernt im Grande südwestlich Flavigny, ond 4 Regimenter der
5. Kavalleriedivision sind nördlich dar Tronviiier Bttsche mit'
Beobachtung der dort anrückenden französischen Trnppenkorps be*
sohäftigt; sie erhalten Artilleriefeuer, bald anch Feoer der Infanterie und^
kehren zurück. Zar Beobachtung waren ein paar Patrouillen
oder Eskadrons doch unbedingt grenUgend. Den bedrohten
Flügel „decken", womit ja die Kavallerie öfter betrant wird, ist
vielfach eine nnkavalleristische Aufgabe. Am besteo war der Flügel
') Jeddr Kitvalkiisl kann sich ein Bild von diesem KUck/.uge inachen,
ilie schweren Verluste begreifen, welche die tapferen Heiter hierbei erlitten,
haben.
Digitized by Googl
fitinurnngeD und £nri(giiiig«B eiiim alten K«TaUerie-OMiien.
57:
wohl ^^('deckt wenn dipse Ke^^inienter, wie aucli die Bri^Mdc Kedero*
deü Erfolg der Keiter Bredows cresirbert und eririür/t hätleu.
Die Tinrdlioh eines tieieii Grundes haltenden Iranzösischen
Kavalleriemassen lieiseo sich auch doreh deu Aogriff der Garde-
Dragoner aaf die nachdruckende Inlanterie nicht zur Attacke ver-
leiten. Kiner wohlgeübten Kavallerie und damit erzielten
übe rl eirteii, sicheren Ftlhrunir, konnte die L'het-sehreitnnr des
tiefen (ii undes und das \ urüiechen . durch die eiirene kämplende
intanti i mit einer grolsen Masse keinerlei Sehwn-riirkeit bieten.
Was vtm solchem Vorbrecheu möglicherweise zu erwarte« gewesen
wäre, tiberlassen wir (ier Überlefiröug jedes Kavaileristen.
Mittlerweile hatte sich westlich des von Maib hi Tour in nörd-
licher Kichtang ziehenden Grandes, um eine dort im Feuer befind-
liche Garde-Batterie und eine Eskadron Garde Drafroner. durch
den Angriff von einem Kegimente Ghitsseurs d'Atrique eine neue
Episode entwickelt. Ein herbeigerufenes preufsisches Dragoner-
Regiment wirft die Chassears zurUck. Ein Teil der tranzösischen
RdtennaBBep ttberscbritt weiter oördlieh jenen Gnrnd, während 9
Eskadroos der Brigade Barby sttdlieh Mais la Tonr herumreiten,
sodann leehto BehwmkeDf aal jenes Gefechtsfeld rQcken; sie wurden
doreh freiwiUif herbeieüende Eskadrons und Begimenter rerstilrfct
und bewegten dch gegen die fraoilteiBehe Kavallerie. In der Höbe
Ton Ville nur Tron kam es znm ZoeammeDstols. Die größte Attacke
des ganzen Feldzuges — auf jeder Seite einige und zwamig^
Eskadnms — endigte mit der Niederlage der Franzosen.
Man hat unter anderem „Y<m natzlosen Balgereien der KavaUerie
auf den Flttgeln gesprochen*^ Diese Anschannng zeigt, in welcher
Weise die Tätigkeit der RaTallerie mitnntnr beurteilt wird. Wir
Beiter können allerdings nur bedauern, wenn im Frieden aus nahe-
liegenden Grttnden solehe Balgereieu zwischen KaTatlerie protegiert,
werden, wenn im Kriege Schlachtenangriffe tob Kavalleriemasseo
zn Teimissen sind.
In später Abendstunde wurde ein nochmaliges Vorrttcken be-
fohlen, bei welchem Begimenter der 6. Kayall^iedinBion unter er-
heblichen Veriusten attackieren. Mit ToUstündiger Dunkelheit erlischt,
das Gefecht; Aufgabe der Korps- oder Divisions-KaTSllerie blieb es,
nach Anweisung der Korpskommandos, die Fühlung mit dem Oeguer
in der ganzen Fronte nicht zu verlieren. Die Kavaileriedivisionen-
mulsten sich hierbei beteiligen, insbesondere aber hatten dieselbea
weiter aasholende llekognoszierangen um die feindlichen Flügel; bis-
in den Kücken der Gegner darobzaftthren. Natürlich mufsten die-
Kavalleriedivisionen hierzu angewiesen werden; diese Anweisung war
Digitized by Google
.53 Krinnenuigea und £rw%iiiigea eines nUen Kavallerie-OIfiBers;.
uiiimiiingt notwendig- ,,weil unter den gegebenen Verhaltnissen Prin-
zipien für diese Tätigkeit ki-ineswegs geläutig sein konnten".
Aach am Tag:e nach der Schlacht w.tr die Bühluiir: luit dem
Gegner nur aul dein rechten 1 lu^ci g;ewonnen; selbst am Murgtii dc^.
Schlachttages von Gravelotte war die Ausdehnung der französischen
Steilong nach Norden unbekannt. Die Grlinde hierfür wurden in
den Torhergehenden Sätzen niedergelegt. Man vergiDst nur zu häufig,
,,,,dafs naan mit YoUem und ganzem Rechte auch ron der Kavallerie
im Kriege nur dasjenige verlangen kann, woAlr sie im Frieden er-
zogen worden isi****
Zn der zweiten Schlaeht in dieser Blutgetittnkten Gegend be-
merken wir nur, dats die selir exponiert kämpfende Korps-ArtiUerie
nächst Amanvillers ein reeht günstiges Angriffsobjekt fllr die fran-
itfsisehe Kavallerie gewesen Ist; aacb ein Angriff gegen die anter
schwersten Verlnsten kämpfende Garde vor St. Privat molste unter-
nommen werden. £in franx(toisohes Kavalleriekoips mit starker
Artillerie konnte das Anrttcken des XII. Armeekorps kanm auf-
halten, aber anbedingt bedeutend verzOgem.
Ob es kavalleristisch ein glttekllcher Gedanke war, eine
prenlslsehe Kavalleriedivision Ober Giavelotte anf die Hohen Ostlieh
voizoriefaen, Überlassen wir der Oberlegnng; nor das Teten-R^^ent
— 4. Ulanen — eireiohte die Höbe and verliert in knmer Zeit
100 Pferde. — Ein gans ähnl|eber Fall war bei Spieheien, dnieh
die Beorderong eines Hosaren-Regiments anf den Spieherer Berg
geschaffen. Verschiedene andere Lagen seigen den Wert der frtther
angegebenen Grundsätze; nicht minder aber anob das unbedingt
ganz zweckmäldge Verhalten der Kavallerie der Avantgarde, beim
VorrOoken anf der Strafse von Saarbrtteken nach Mets. Diese Tätig-
keit war daroh die jährlichen Truppen-Übungen gans unzweüelhaft
geläufig.
Ahnliche ßetracbtungen Ober Verwendang und Tätigkeit der
Kavallerie beider Heorc vom Vormärsche anf Chalons bis Sedan
und gegen das von Mezi^rcs abrückende französische Korps, Uber
Auiklärung, Treffen und Schlachten im Süden von Paris und an der
Loire steigen, dals gerade und insbesondere bei der Verwendang wie
Führung der Kavallerie im Frieden Versäumtes, im Kriege, selbst
bei längerer Daner desselben, nicht mehr su erreichen ist. Auch
dieser alte Grundsatz kann ans den Kriegen um die Ifitte des
18. Jahrhunderts erkannt werden. Nannte doch Friedrich der Grofse
seine Kavallerie nach dem ersten Kriege: „das geietloseste Korps
der europäischen Heere." Sein Werk war es, aus diesem Korps
das bis heute nnerreiohte Vorbild für Kavallerie zu schaffen. Wir
Digitized by Google
üliiiuifiruogda imü £rwä£;iuageu eiacs alten Kftvalierie-Oiäizien. 59
köuneD Dicht fehlgehen, iiKU m wü uuablässig bemUht bleiben
ka\alk-ristische Erwägungen auzuätellen, kavalleristische Prinzipien
m vertreteu.
Vor 21 Jahren wurde z. B. zuerst die Stelle eines Inspekteurs
der Kavallerie nach längeren BemUhongen geschafl'en; vergeblich
war das Bestreben Air diesen Inspekteoi einen Wirkungskreis zn
erringen, welcher allein der Stelle ihren Wert geben, der Armee
wie der Waffe NntEen bringen konnte. Wenn diiio der GrnndsatE
xor ToUen Geltung gekommen wftre „dab man im Kriege anoh von
der Kavallerie nnd ihrer Fttbrnng nor das erwarten darf, wofbr im
Frieden Prinadpien anfgeetellt and gelftuiig geworden waren'*.
Kritik Uber Personen nnd Unterlassangen ohne RttoksiehtDabme
anf allgemeine Verhältnisse, wird stets nngereeht Lehrreieh
müssen dagegen Erwfigongen seb, welebe diese Verhältnisse
nnd deren Einflols beaehten.
Anoh hente, naeh 33 Jahren, wird noch immer Uber die Sehlacht
▼on Wörth, resp* ttber das 2. bayrisehe Armeekorps verhandelt» trotz-
dem die ganxe Angelegenheit hOehst einfach liegt. Nach dem
Generalstabswerke wurde
am 10 Uhr von 24 Geschtttsen des XL and 84 des V« Korps das
Fener erOftnet. Bald naeh Eröffnung dieses Feners war
die französische Artillerie znm Schweigen gebracht,
„es trat eine Pause im (^esehfttBkaapfe ein**.
„Bei dem Stabe des 2. bayr. Armeekorps, welcher nord-
östlich Langensnlsbaob anf der Höhe 841 — etwa eine Meüe
nördlich von Gonstett — hielt, waren diese UmstKnde nieht
nnbemerkt geblieben; ebenso das aoffalleade Zunehmen des
In&nteriefeners bei der 4. Division."
Um lOVi Uhr wurde der Befehl Uberbracht: „das Gefecht abzu-
brechen.** Gegen Wörth, beim W Korps war das Gefecht
beinahe verstummt; es blieb wohl keine andere Wahl wie
folgnug des Befehles*'.
Wir koDiien französischen Berichten das Vergnügen lassen,
von einer Flacht der bayrischen Truppen zq sprechen; dal's
an verschiedenen Punkten und anf verschiedenen Strecken, der
Rtlcksug von Plänklerketteu vielleicht laufend bewerkstelligt
wurde, war wobl sehr angezeigt.
Um 11 '/4 Uhr traf ein Offizier vom Generalstabe des V. Korps
beim kommandierenden Generale ein, brachte die Mit-
teilung' des Entschlusses zum erneuten Angritte, die Auf-
forderung^ zur UnterstUtzaiiii'. Der gr^fste Teil der im Kampfe
geweseaeu 2. Division, war schon seit Stunden auf dem
Digitized by Google
60 Eiiiinenuigon uod Erwägangen eines alten Kavaliehe-Offizier».
Rückmärsche. Nachdem Befehl au die 3. Divisiun aligesehickt
war, die 6. Infanterie- uod Ulanen-Brigade voraasenden, ward
ich bestimmt mit jenem Offizier zum f). Korps zu reiten.
Im scharfen Kitte ging es Uber Alte Muhle auf die Höben
östlich Ton Wörth, etwa '/a Meile Loftlinie. Eine Infanterie-
Brigade, wurde gerade gegen die Sauer — WOrth — Torgeftihrt;
der Oenenlstabs-Gbef Oberst y. d. Esch begleitete diese Be-
wegung. Etwa
11 Ubr 50 Minuten, nach kürzerem Aufentlialte hier, nahm icb
den BüelLweg; die Spitzen der 1. bayrisobeo Division -~ Pa-
tronUlen Tom 8. GbeT.-Regt. ond Rlttnieisfeer Ftirst Wrede —
traf ieb westlich OOrsdoif.
Was die PersönlioblLeit des kommandierenden Generals anbelangt,
so war General Freiberr ron Hartmann ein guter Soldat, ein geistig
wie kOrperUeb — trotz seiner 75 Jahre — nngewöbnlieh begabter,
frischer Ftthrer, dabei aneb ein goter, sclmeidiger fieiter und glücklich
in seinen Unternehmungen.') Noch mehrere Ottziere sind am Leben,,
welche den ganzen Feldsng in dem Stabe mitgemacht haben; über-
einstimmen werden dieselben nicht nnr in dieser Richtung, sondern
auch in der Obeizengang, daJs General Ton Hartmanp die 4. Bivisioti
troll f enes Befehles nicht ans dem schweren Gefechte anrttckgenommen
hätte» wäre nicht unglttoklieherweiBe um die Zeit als dieser Befehl
dntnif, eine Pause in dem Gesohlltskampfe beim 5. Korps einge-
treten, wie aus den Zeitangaben sehr leicht zu ersehen ist,,
wie ich mich ganz zuverlässig erinnere.
IV. Übungen.
Vor 50 und einü;en Jahren war die Heitansbildung nicht kavalle-
ristisch betrieben. Uberall gab es recht gute Sehulreiter, im allge-
meinen aber gab man sich zufrieden mit Vorführung eingedrillter
Formen. Der einfache Grundsatz: ,,Die ganze Beitfertigkeit besteht
in der klaren Anwendung und Obereinstimmung der Hilfen des
Sitzes und der ZtIgeP, fand eigentlich keine besondere Beachtung.
ETrfolg war nur zu erwarten, wenn jeder einzelne Reiter
im richtigen Sitze auf dem stehenden Pferde und zwar so
lange fortgesetzt unterrichtet worden wäre, bei gleichem
Verfahren in Beziehung auf die verschiedenen Hilfen, bis
er das volle Verständnis auch während der Bewegung
eines Pferdes gezeigt hätte. Die Reitinstruktionen beschreiben
•) Auch der Generulstabs-C hef des Anneckorps war ein unge'K'öhnlicb.
euergischer, tapferer und hochbegabter Offizier.
Digitized by Go -v^i'-
Eiinnenmgen und Erwfigimgen eines alten K&raUerie-Offlzier«.
61
zwar die kanstgerechten Hilfen, bei voller ( bereiDstininmDg TOn
Sitx-, Gewiobt-, Schenkel- und Zttgel-Hilfen, sie versobweigen
«ber wie diese KoDstferiigkeit mit Sieberheit %n er-
reieben ist.
Die EzerzierUbungen hatten jalinseiuiteiang: keinerlei Fort-
schritte gemacht; die Gangarten waren entweder abgekürzt oder
unrnbi^ geritten worden. Rei der Attacke sollten etwa 300 bis
4(K» tjchritte im Trabe, löo Schritte im Galopp zurückgelegt werden!
Mitunter wurdpn sehr frairliche Kunststücke bewundert. So war
rühmend erwähnt woiden, dals ein Kavallerie-KPLrimeQt iii brnach
biirteiu Keichr in) Frontuiarsübe Galup]! rechts angeritteUf daSs üul
Signal d''r Galopp links angenommen warde! —
Bald darauf «rah das suireuannte Edelsheimischr System An-
reguutr für die f^^anze Ausbildung; naeh kiir/.pr Zeit gab es
rberti I iliunj^en verschiedenster Art. Auf der Iteitschule machten die
Manuscbafteu alle erdenklichen Kunststücke; auf den llbuu^t-plät/.en
wurden di«^ im Systeme liegenden DaoerUbuugeu im Trabe und
Galoppe, teilweise ohne richti^^e \ urbereitung der Reiter oder der
Pferde Ubertrieben, natürlich /um eraptindlichsten Schaden des
Pferde -Materials. Damit konnten die »ehr bedeutenden Vorteile,
welche mit drr Verwertung der Anregungen des Systemes ganz un-
zweifelhaft zu erreichen waren, keineswegs gewonnen werden.
Leider kliltt' die kavalieris tische Überwachun£r oder Oberleitun«:.
Bei Beachtung der gegebenen Anregungen, war der in früherer
Zeit überhaupt unbekannte, auch 8]iäter während des Winters nie
gerittene räumige Galopp, wöchentlich '2 bis :i mal in dieser Jahres-
zeit auch im Freien geübt worden, sogar mit gezäumten Pferden;
zwar zum Schrecken eines oder des anderen Reitkttnstlers, aber
ohne jeden Nachteil für die Keitscbole, dagegen zum ausgesprochenen
Vortdie für die kavalleristiscbe Aosbiidiuig der Truppen. Vlel&eh
worden diese Bitte snr Wintemeit mH Zwdtdlniig der annttekenden
Mannsebafteo einer Eakadron» Formierang auf einem Gliede,
ausgeftibrt Itatebans niobt eeUeo war es mOglieb Ezenderplata and
Wege zu Yerlassen nsw., kldne Patronillen mit der Aufgabe an
betranen: y^obne sieb seben an lassen, eine Stande nadi dem Ein-
rücken Heldong ttber ibre Wabmebmnngen in maeben." Es ist
begieifUeb, wie oneadiieb günstig solebe Obongen die takttsebe
AnsbQdnng erlelebterten, wie leicbt es blieb die Bttnmiglieit der
mbig gerittenen Gangarten Torttbergebend bis aol die grOlrtmOgliebe
GesamtieiBtoiig an steigern. Klebt minder Torteübaft waren diese
Obongen für das Überwinden so numeber Sobwierigkeiten un Terrain.
Es bleibt gaoa erstannfieb^ was Pferde im Klettern anfwllrtB oder
Digitized by Go -^v^i'-
62
ErlnneniiigeD und EnrJigiuigvii elnM alten KAvalleiieXMBiien.
abwärts leisten, wenn sie dnreb Gewieht nod HUfeo des Reiten
oieht gestört wenden, in einer ihrem Körperlmn entepreebenden
Haltong geben können, dann solche Bösobangen sogar mit aller
Robe in höheren Gangarten Uberwinden. Ähnlich verhält es sich
auch mit dem Schwimmen der Pferde, weiebes mindestens für
Patronillen nnd ZarUckbringen von Meldungen mitunter von der
b<k)b8ten Bedeutung ist, unter Umstttoden aber niebt minder ittr die
ganze Truppe, trotz Faltbooten nnd Überbrückungen mit solchen
Booten. Fttr jeden denkenden, Tororteilfilreien KavallerieoMizier
waren die erwähnten Anregungen ein ganz unschätzbarer Wegweiser,
für zahlreiche unendlich nützliche Übnngen.
Vor Zeiten waren die Exeraiervorschriften lediglich tllr das
Regiment aufgestellt, mit zahlreichen unkavalleristischen Formen und
Bewegungen belastet. Dies bat sieb ganz wesentlich zum besseren
geändert.
Lans:^ Zeit hinrlmcfi aber wunU n l'bungen. analo;,' wie bei der
Infanterie, und durch der ganzen OrgaDisatioii bediiii^'t. ..mit Exerzier-
Ubungen der Karalleriebrigadeu beendigt**. Nur l)ei der l<.a\ aileric-
divisioTi des XV. Armeekorps in Elsafs-Lothringen Uhteu
vor Zeiten jährlich beide Pirigaden zu 4 Regimentern, 2—3 Tage
in Brigaden zu 2 Regimentern und 8 — 4 Tage in der Kavallerie-
division - 5 Regimenter zu 4 Eskadrons — , auf den grol'sen
Lbungöplatzen bei Metz und Hagenau. Diese Übungen unter Leitung
eines hervorragenden Kavalleriegenerales, braciiteu grofses. sehr
bemerkenswertes Selbstvertrauen, sehr wertvolle Sicherheit in die
schönen lieginieuler. Ähnliciie I bungen für die im Felde aufzu-
stellenden Kavalleriedirisionen sind von uuberechenbareni Werte, ein
wahres Bedürfnis.
Die jahrlich so wichtigen Khv alieriedivisionsttbungen bei der
uiibediiigl notigen Forniieruni: dir'ser Divisionen un Frieden, sollten
iu ähnlicher Weise durihgeHihrt, werden, wie vor Zeiten bei dem
XV. Armeekorps. Im allgemeinen sind die bisherigen Bestimmungen voll-
kommen gentigend in Beziehung auf Stellung. Bewegung und For-
mierung, nach feststehenden Zeichen des Führers; nachdem
die Oi?ision auch im Kavalleriekorps, im Verhältnisse als 1. Treffen
oder Resem, bei den Angriffen gleiche Formation nach den Ob*
jekten aDsehmen wird, soheineQ die Übnngen in DiTirimien anf den
gioisen Truppenttbungsplätsen genügend. Die KaYalleriedivision
kann anf einem Gliede formiert anoh als EaTalleriekorps geübt
werden. —
Bei den Angriffen anf Infanterie dürfte jedoch an bemerken
sein: „bei vollständig sieberer Obenasobimg oder ToUstandiger Anf-
. Kj by Google
Eriiincraiigmi uod Enrlgwigai elnM alten Kavaltorie-Oflliittn.
63
lüsimg: der Infaüterie, ist die Fürm selbstveratändlich Nebensache
Unter anderen Verbältnissen mufs es sich empfohlen festzusetzen,
dals die TetenzUge dreier Eskadrons der angreiteadcn Ue^iriK iitcr
— eventoell auch vom 2. Treffen — ausfallen, sieb mit
Zwiscbenranrn der Heiter auf ein Glied formieren, dafs von Jeder
Eskadron der folgende Zup auf ein Glied formi»*rt direkte, die
beiden letzten Ztige ebensi» lormiert — eventoell rechts und \iuka
debordierend und mit grülserera Abstände folgen; die verbleibende
geschlossene Eskadron aber als Spezialresene. Beim Kavalleriekorps
bleibt die 2. Division wie bei jedem An^rriffe Hauptreserve auf dem
äufsern FlUgrel, \^;lllrclKi das 2. Treffen ganz uder teilweise am
inneren Flügel luh^t, wcun ein Befehl nichts anderes verfUgt.
Vor einem der letzten (Gefechte in Südafrika bemerkte man bei
einem grölseren englischen Truppenkorps, das Erscheinen vonUeitem auf
grofse Entfernung. Nach Berichten waren dieselben als Feinde er-
kannt; diese Beiter foimierten sich in mehrere geöifnete Linien
nod stinnten gegen die englisolien Tmppen vor. Trote AitUlerie-
nnd Infuiteriefener drangen diese fieiter ein; waren geschlossene
Reserven zur Hand, konnten weiterere iLaTallerlstiscbe Erfolge
niebt ausbleiben. Hätten die Bnren gekannt, dafs die Pferdebafe
schon allein, abgesehen Ton Bewaffnung der Beiter, imstande sind
Krisen sehr erfolgreich ansasnnotKen, konnte so manches grOfsere-
Clefeeht zur vollen Entscheidong geführt werden.
Bei Angriffen auf die Flanken ieindliober Tmppen stehen drei
Brigaden des 1. nnd 2. Treffens znr Verfügung. Hier sind grO&ere
fVontentwiekeInngen anfSnglieh nnnOtig, während die Brigaden
ZwisebenrSnme nehmen, welehe den Objekten entsprechen. Vom Teten-
regiment jeder Brigade formieren sieh swei Eskadrons nach dem
Objekte, während die anderen beiden an den Flügeln folgen und
das 2. Begiment als Spesialreserre. Die 2. Division bleibt Haupt-
reserve.
Über die Verwendung und Einteilung dieser Kavalleriedivisionen
bei den grölseren Truppentlbungen , auf Antrag des Kavallerie-
inspekteurs der betreffenden Armeeinspektion, wurde bereits bei der
Oq^nisation Erwähnung gemacht. Im allgemeinai könnte der
Grundsatz gelten: „Bei den grofsen Manövern wird mindestens ein
Kavalleriekorps zu 40 Eskadrons bei den Entscheidungskämpfen
formiert, bei jedem Korpsmanöver wird eine Kavalleriedivision zu-
gcaogen unter besonderen Umständen auch als Kavalleriekorps auf
einem Gliede." GmndsätzUeh aber vmb es sich femer empfehlen,
da£s bei jedem Manöverkommando unter welchem eine Kavallerie-
division steht, ein höherer Karallerieoffizier, Inspekteur der Kavallerie
Digitized by Google
-64 Erfameniiigea und EnrKgniigeii eines alten Kevttterie^ibien.
oder ein Divisionekoraiuandear der Kavallerie belge(]:ebeD ist, mit
ähnlicher StellaDg wie sie im Felde für den Kavallerieinspekteur
beim ArineekommaDdo als beuoQdera nützlich bezeichnet wnrde. Nor
^aof diese Art scheint es denkbar^ dafs bei den aasgedphnten Auf-
•marschfionten der heutigen Heere, bei den aasgedehnten Schlacht-
feldern, bei den selbstverständlich die Aufmerksamkeit fesselnden,
öfters recht sebwierigen Episoden des Feaergelechtes^anf die Kavallerie
mitunter nicht vergessen wird, dafs Teile der ausgedehnten Schlacht-
felder bei Krisen im Gefechte des Gegners unbeachtet bleiben, wenn
«odann nicht Kavalleriegenerale mit der Vollmacht abgesendet werden,
eventuell auf diesem Teile des Gefechtsfeldes ILavalleriekorps zn
vereinigen und zum Angritle zu fuhren.
Nachdem fcdoeh bei den FriedensUbungen Krisen sich uicht be-
merklich machen, welche bei langer andauerndem Feners^efechte, in
Zukunft wohl in nicht ,2"pr!n^ercr Zahl und Ansdchiuiii^' stattfinden
werden, der ansL'»'flihrtt Kavallerieangriff im Frieden stets von
hettigstem Feuer empfangen wird, muls es sich empfehlen den FUiirer
der Kavallerie darüber ,,stets" zu hftren: ..aus welchem Grunde er
den Anjrriff unternommen hat." Nur auf diese Art wird die initiative
ilebselbeu erhalten bleiben.
Bei Übungen im Elsafs bekämpften sich zwei Infanterielinien
auf kürzere Entfern unjr. Eine in der Nähe der Infanterie verdeckt
haltende Kavalleriebrigade wurde zum Angriffe vorgeführt, in der
Voraussetzung, dals dieses Feuer eine der Infanterielinien oder auch
beide schwer erschüttert haben nuisse. Die Brigade wurde durch
den Schiedsrichter ohne weitere Erörteruii;^ aufser Gefecht gesetzt.
Beim Armeekorps war es gebräuchlich nach den Übungen die
Situationen nochmals zn erörtern und den Truppenteilen die Re-
sultate bekannt zn geben. In dieser Bekanntgabe wurde der
KavaUerieangriff als besonders gelangen bezeiehnet» welefae Eot-
aebeidnDg doch wohl an Ort und Stelle hätte erfolgen sollen. —
Viele Jahre später wurde das Bendezvoas für eine Kavallerie-
divisioD etwa 1'/« km hinter deren Vorposten, vor dem rechten
Flttgel des vorrückenden Armeekorps bestiDimt. Im Rendezvous
«rbielt die Kavalleriedivision unter Bezeichnung des Weges den
Befehl, vor den anderen Fillgel zn gehen. Im Angesicht der fieind-
ichen Vorposten mnlsto diese Bewegung ansgefnhrt werden» obgleich
•der angegebene Weg schon vom Glegner besetzt^ der hesUmmle
Flttgel auf einem von diesem Gegner entfernteren Weg gewonnen
wurde. Hiermit war aber der ganze Gefechtstag Uli die Kavallerie-
■division verdorben. War ein erfahrener höherer Kavallenei^Biler der
^ohen Kommandostelle heigegeben nm die Befehle an die Kavallerie
Digitized by Go -v^i'-
Erinnerangen nad ^rwUgmfsm, etoea allflii K«v«Uet1e^flWeni.
65
EU beantragen, so hätten die Anordniiiiges in Bezielmiig auf die
Kavallerie doch wohl anders gelaotet.
Bei Angriffen der Kavallerie gelegentlich der grttfiBeren Trappen*
ttbüDgai besteben jedoeb verschiedene Schwierigkeiten.
Wird ein solcher Angriff aaf Kavallerie gerichtet, sollte der
eine Teil nach erfolgtem Spruche der Schiedsrichter mindestens
1 Kilometer zurückgeben, diese eine Partie oder unter UrastHnden
beide s:m\z oder teilweise aulser Gefecht gesetzt werden, während
die siegende Kavallerie' ihre Beweg'angeu nebst Yerfolgang an-
gebiudert fortsetzen oder markieren kann.
Bei Angriffen auf Infanterie ist es stets bchwif riu nach dem
Sprache der Schiedsrichter resp. den Gründen, welche den Angriff
veranlaf^tPD. für die siegreiche Kavallerie die weiteren Bewe^nn^en
durchzuführen. Diese Schwiericrkeit nimmt selb-stverständlich mit
der Stärke der angreifenden Kavallerie zu. Allerdings aber sollten
auch diese Bewegungen vn» Kavalleriekorps und Divisionen zur
AusfUhrun^r gelangen können, indem die angreifenden Abteilungen
im Trabe die Infanterie durchreiten, sodann wieder im Galoppe
den Angriff auf nene Objekte fortsetzen, unter hesumieren Umständen
vielleicht /.um I- t ut rgefechte ilhergehen; die Spezialn^serve sich vor
der Infanterie aolK/Ht, die Hauptreserve jener Bewegung folgt, um
neue Angriffe auszutahren.
Auch die Uauptmomente der Verfolgung nach gewonnener
Sehlaebt könnten zur Darstellung gelangen, wobei einzelne Punkte
im Terrain vom Gegner beselBt bleiben mOfoten, die «bileheiito
Trappen und ihre VerfaaBimg aber doreb Flaggen zn markieren wize.
Alle diese Anfgabm und Bewegungen der Kavalleiie dod Ton
00 großer WIebtigkeit nnd Bedentnng, dafe deren LOaong nnmOgliob
gefördert wird, wenn Fttbrang wie Trappe ganz nnTOrbereitel fOx
dieselben sind.
Neoerer Zeit woide ancb mitanter das SebwSimen filr „berittene
Infuilerie^ bemerkbar. Es ist nnstrelfig riebtig, daib die KAYalleiie
nnter vielen Umstttnden von der Feoerwaffe Gebiniieh maeben sollte.
Die MOgliebkeit anoh in dem sehwierigsten Tenm Mg an sein, doreb
die rasebe Bew^inngriUugkeity scbon bei einer Brigade 4 — 500 Fener-
gewdire Uberrasebend in Aktbn bringen an kOnnen, sollte biofi-
gere Beaebtong ibiden. Zn erwigen difarfle sein, ob nieht die besten
Sebntsen im 2. Gliede einsntsilen wären, mindestens bei einzelnen
Regimenieni oder Btigadeo die Lanze alnnlegm hätten, das Seiten-
gewehr am Sattel, den Karabiner anf dem Bttoken, oder statt des
Säbeln mit einem tOchtigen Yatagan ansgerttstet sein könnten.
Hierdnreh wäre die Foraüeraog snm Feneigefeebte bedeutend er-
JikifcMkfr Mt <!• 4«BtMht Aimm nad Mnin*. Vo. IM. &
Digitized by Google
66 Erinnemngen tuid ErwXguigai etiiM alten KtvaUeiie*OfiBsien.
leichtert, nachdem die Pferde der abgesessenen Maunschafton von-
den Keitfiii des 1. Gliedes ohne Zeitverlast zu ttbernehmen sind.
Die Feu* i linie aber kirnnte im Laufe des Gerechtes leicht verstärkt
werden, indem nachfolgende liegimenter oder lirii^nd* i inA?. kora-
piizierterem Vertahren beim Absitzen zur Verwendung kamen. Der
Gedanke berittene Infanterie m formieren, fand sich schon vor
Jahrzehnten in einem Dragoner- Korps \erkorji<il. Solih' Truppe
ganz als Infanterie zq verwenden, bat abgesclien \ou den liTofsen
Kosten ihrer Anfstelluuir, so manches verlotlu iKle, namentlich tUr
luianlerie, welche ohne l nterstützuug bleibend ini schwersten Kampfe
aosliarrt, während Kavailerie nieht selten diesem Kampfe zusah. Wir
Reiter können diese Geftihli mitemplindeu; wir glauben aber, dal»
bei entsprechender Organisation die wohlüberlegte geschulte FtJhrung
der Kavallerie, in sehr vielen solchen Fällen durch einen tüchtigen
Angriff nicht nur die ersehnte Hilfe, sondern ;tuch die völlige Ent-
scheidung des schweren Kampfes hätte hriugeu können. In der
Taktik \on Pz. steht der zutreffende Satz: ..einige tau.^uid Pferde
haben in \N''uigen Minuten mehr erreicht, wie /ehntauseud Gewehr»
bei stundenlangem Feuer."
Bei der Anikliirimg überhaupt und namentlich bei der 80^
genannten strategischen Anfklimog, haben die Patrouillen eine höchst
wichtige Aufgabe zn lösen. Den Gegner anfsnohen nnd nie Ii t mehr
ans dem Ange verlieren, die Wahmefamongen zorlleknielden. Im
Feldznge 1870 hatte eine Patronille von der Armee des Grolshenogs
▼on MeclKlenbnrg, zahlreiehe {ranzOsisehe Truppenkorps in der Percbe-
entdeclLt nnd längere Zeit, belTsg and Naeht TOrattglich beobach-
tet; httite deren Ftthrer noch mehrere Standen an^geharrty konnte
derselbe den Abnuusoh jener Korps melden. Die bei diesem Dienste-
nötigen Bewegnngen, wie die ganze fieobachtnngstittigkeit Terlangi
Yon dem Ftthrer eine Flllle von Eigenschaften. Bei der ganzen
Obongszeit konnte diese Tätigkeit zwischen benachbarten Garnisonen
ohne jede Schwierigkeit znr Aasfllbrang gelangen, Meldnngen nach-
bestfanmten Anhaltsponkten abgeschickt werden. Je mehr sieb diese
PatroaJllen verdeckt bewegen and verdeckt beobachten, je weniger
die Ftthmng wegen Unterkonfts- oder Verpflegungsbeschafinng ein-
gescbrttnkt isf^ am so ntttzlieher mttssen diese Übungen sein. Ober-
grobe Anstrengongen der Pferde können in der Begel vermieden,
werden, wenn den Patronilleu bekannt gegeben wurde^ dafs auf
einer bestimmten Starafee eine Beplie Abteilung — sicher aber ein
Radfahrer Relais anzutreffen ist. - Bei den grolsen Truppenübungen
nnd im Felde wird man anbedingt über zahlreiche, wobigeilbte Kräfte
zom Aofklämngsdienste verfügen. Der Patroniiienfübrer wird aber
Digitized by Google
Erinnerungen und Erwä^imgen einetj ultou KAv«Uen»-0£fijd6n.
67
seine Beobaebtimg des Gegners nmrasgesetzt fortfuhren^ nur iu ganz
boondeien lUloi in eigener Pmon eine Meldung zarttckbringen.
Diese besonders wichtigen Ponkle solüen aneb bei PatroniUeoritten
im FHedea ?olkte Beaebtnog fiadcu, damit der UnterseUed in der
Anflüirong im engeren Bahmen — Ziffer l — ond bei der Auf-
klSnmg Tor der Front der Armee — Sifer 2 — niebt verloren
geben kann.
Als leb Tor 56 Jabren bi die Kavallerie eintrat» waren seit
Beendigung der Freibeitslmfige 32 Jabre vorttber gegangen. Die
KaTallerie batte weder Forleehrttte gemaebt in der Organisation,
noeb in irgend einer anderen Riebtang. Vom Bittmeister aofwSrts
batten die Offiiiere die Fddsttge mitgemaebt; mit wenigen Ans-
nabmen liielt man fest an gewohnten Gebrftnoben, Ansiebten und
Aasbildongametboden. Für die unteren Chargen war es natHrlieb
sebr eisebwert» einen Maren Blieb an erwerben. Domoeb war leb
naeb kurzer Dienstieit ttberzengt^ dafs wir ans anf einem Standpunkte
bielteO) der StiHstaad und damit Bttoksebritt war. Naeb mebreren
Jabren besoebte ieb die grölsereo Truppenttbongen in benaebbarten
Staaten, konnte jedocb nürgendwo Bemerkenswertes entdeeken. —
Die erste kaFalleristiscb-reiterliobe Anregung kam mit dem 80>
genannten Edelsbeimisebea Systeme ans Österreich. Andere Sebolong
des Materiales, systematiseb lietriebeue Dauerttbungen bei kayalle-
ristiscber Verwertung der Oangarteo, brachte durchaus günstige Er-
folge. Die Übungen — namentlich in grölseren Verbänden blieben
nngenttgeod und unkavalleristisch. Wenig war man überhaupt auf
einen gesunden Fortsehritt fHi die Kayallerie bedacht. Schwache
Friedensstände, Errichtung von Depot-Eskadrons und Eiböhang des
Friedensstandes der Feldeskadrons liei Mobilmachungen, durch An»
kaaf von jungen Pierden, Einstellung yon Rekruten, Schuelldressuren
etc. ruinirte so recht gründlich die Verwendbarkeit der Truppe. Ein
ebflufereicher, höherer Kavalierieoffizier hatte aus den FeldzUgen
zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Überzeugung gewonnen und
behalten: „dals man auch Rekruten auf Remonten Reiter und
Kavalleristen nennen könne." Man konnte dies allenfalls im Dranir«^
der Verb ätnisse in einer Zeit annehmen, in weicher man auf l OOdai
vom Gpg:ner entfernt vom ArtUlerietener, auf 150 m vom Jji£aoterie-
feuer kaum zu leirien hatte.
Das Gesetz uIkt die Pferdeaushebang änderte dieses bedenk-
liche, für die Mobilmachung der lUvaUerie geradezu verderbliche
Verfahren.
Vor 1866 hatte allein di< pi t ulsische Armee eine entsprechende
Schale duieb die jätiriicheu Truppeotlbangen. Allerdiugs wurden bei
5»
Digitized by Google
68
Zum HertMitCeldtqg 181t.
denselben grdfsere Kavallerieverbändc wie Brifraden nicht formiert,
ganz wie es die Friedensorganisatioii mit sich brachte; in den Feld-
zQgen fehlte es sodann ganz natürlich In der Befeblserteilang and
Verwendung ebenso, wie bei der FUhrong der erst mit der Mobil-
machnog formierten Kavalleriekorps oder -Dirisionen.
Rente haben wir abermals 82 Friedensjahre hinter uns, nur
einige Brigade-Kommamkure haben den letzten Feldzug mitgemacht.
Auch in der Kavallerie ist so manches erreicht, was ganz ent-
schieden als ein Fortschritt bezeichnet werden muls. Jeder Still-
stand ist anch für die Kavallerie ein Rückschritt.
Der Initiative Seiner Msgestät des Kaisers hat es die deatsobe
Kavallerie zn danken, dafs wie vor 160 Jahien Angriflfe grofser
KaTalleriemaBsen angeregt und ansgeftllirt werden. DleMr Umstand
Ist es, welcher dneo alten begeisterten RnTallerieeffiiler neuerdings
Tennlafat jene Punkte sn berttbren, welehe Ihm von der gitffsten
Bedentong erscheinen.
IV.
Zum Herbstfeldzng 1813.
Von
üeneraileutuant a. l). v. (inistori».
Die Gescbicbtschreibüng kann natargemUfa selbst ttber hinter
uns liegende Perioden nie zum Abscblnfs kommen, wenn anob ge-
meinhin diejenigen Arbeiten als abschiieisend bezeichnet werden,
die unter Aasscheiden des Stoffes, der vor der Kritik nicht stand
hält, aus allen erreichbaren Quellen ttbersiebtUche GesamtdarsieUongen
schaffen.
Fttr Kriegsgeschichte besteht die nächste Aufgabe darin, die
Dokumente der eigenen Archive nsw. geordnet an&nreihen und
damit feste Grundlagen für das Tatsächliche herzurichten, wie es
neuerdings in langentbehrter Weise in Frankreich für die alt-
napoleoniaohe Zeit geschieht. Dieses chronische Verfahren liefert
Digitized' by Google
4
Zum Herbatfeldwg 1818. (J9
noch Dicht für den l.oser, sondern fllr den ForMcher handliche Er-
^bnisse and bt diirf zu eioeru \ uilbild nulwendi^^erweise der Er-
güuzuug durch liele^e der gegnerischen Partei, welche weniger
leicht und vollständig zu beschaflen sind. Doch hat fortschreitende
Ordnung der Archive, vor allem aber Ireiere Auffassung und
allseitig eigenes Bedttifois nach Aofklärnng und Erkenntnis
80 föidmd gewirkt, dafo «neb dem fremden Forscher grölstes
EntgegeokomneD gewährt zu werden püegt Ttotnlem bleiben
immer Ltteken in den Akten» ond es ist Pflicht des SehriftstelletSf
diese sdbst berronnheben, den Leser auf die onsieberen Stellen
binsuwelseiiy an denen er sieh nicht anf den Verfasser stdtaten darf
und wo ein nachfolgender Forseber ehutasetasen bat Niebts kam dem
ffistcniker willkommener sein, als wenn nene Qoellen aufgedeckt
werden, welche die bisher Ton ihm angenommenen Tatsachen be-
richtigen oder gar beseitigen nnd damit seine Arbeit fortentwickeln.
Soviel Aber die obrontstiscbe Seite, anf der alle Geschichte m
falben bat Wenn ancb bei ihr schon die Kritik wesentlich in An-
spruch genommen werden mnls, so liegt ihre höhere nnd geistigere
Angabe doch im Würdigen Ton Ursache nnd Wirkung geschieht-
lieher firaeheinnngen. Dieses GeMet fordert eine Feinh^ des Nach-
empflndeos, ein menschenkeunendes Urteil, eine Objektivitltt, wo
dodi das eigene leb Partei «i nehmen gezwangen ist» denen gerecht
m werden zq den schwierigen Aufgaben gehOri Es ist das Feld
der Indizienbeweise ond der Schlolsfolgerongen, die zu angleichen
Ergebnissen ftihren können. Der FOrderang der Sache kann es nar
dienen, wenn verschiedene Gesichtspunkte hervorgekehrt, im kontra^
diktorisehen Verfahren Abklärungen herbeigeführt werden. Der
eingangs aufgestellte Sats, dafo die Geecbiehtschreibang nicht snm
vollen AlMoblnls gelangen kann, findet hier seine vonogsweise
Geltung. —
Die Geschichte des Herbstfeldzuges 1813 von Major Friederieb
ist eine hocherfrenliche Erscheinung.') Ebenso nach Plan als Aus-
führung bietet sie ein klares durchsichtiges Bild von dorn nnge-
heuereii Stoff, und besonders erfreulich i«?t es, dai's dem Urteil Uber
die ^eisti^'-e F)cweg'nng in dem Gemälde Uberwiegend mit Aner-
kennung' l)eigetreteu werden kann. Das darf jedoch den Sachkenner
nicht von der Pflicht entbinden, den Blick auf die Paukte zu lenken,
wo nach seiner Auffassung das Geleise verlassen ist, und den Leser,
dem das Material zur Yergleicbung nicht wie dem Forscher zur
t) (TcsrhichtedesHerbfitleldxagee laU. Bearbeitet von Migor Friederich,
i. Band 1908.
Digitized by Google
70 2um Herbstfeldwif 1818.
Hand lie^ zur eigenen Urteilbildong za leiten. Eine neuere Dar-
steUviig sohUefat obnebin leiebt die Vonuinetniig dn, weldie*i]i
di^em Falle nicht sntrifft» dab sie auf aea endiloMene DolcnmeDte
gesttttrt ist.
Dieser Umstand drückt dem Verfasser der Geschichte der „Nord-
Armee im Jaiure 1813,^ dessen Arbeit in den Bereich yon Major
Fiiederieha Wei^ fUlt, die Feder in die Hand nnd TeranlalBt Ihn,
eingdiender Uber die Politik CSail Johans TOn Schweden sidi za ver-
breiten, als für die eigene Aibeit* erforderlich ersebienen war.
Dnroh Umstände und ihm günstiges Vomrteil hatte der Marsehall
Bemadotte den Erfolg irehabt, znm Kronprinzen von Schweden er-
wählt zu werden, ihm als Fremdling lag in verdoppeltem MaCse
die Verpflichtung ob, sieh Vertiaiien im Lande zn yerdienen und
eine feste Stellung zn gewinnen. Seine Klagheit und kühle Be-
recbnnng rieten ihm den Plan, ani das jüngst verlorene Finland
endgültig zn verzichten, seine Schweden nelmehr durch den Erwerb
des günstiger gelegenen Norwegens zn entschädigen. Liels eich das
nicht diplomatisch erreichen, so muTste es unter Machtentfaltnng
geschehen, und Schwedens Vorteil forderte, das im Anschlufs an die
Interessen anderer Mächte zu verfolgen. Dazu waren ihm zunächst
1812 von Kufsland die Hanrl geboten und Verpflichtungen einge-
gangen. Im folgenden Jahre nach Napoleons Niederla!;»' (Tweiterten
Hicti seine Verträge auf alle gegen Frankreich und Dänemark Ver-
bündeten. An die Franzosen banden den Kronprinzen zwar nationale
.Sympathien, wie wir unten sehen werden, und nnr dem Kaiser
Napoleon persönlich war er Feind; aber der Plan, den Dänen Ge-
walt anzntun, ni/tigte ihn, zu den Gei;ricrii seiner frUhen n Lai)(l^-
lente sich zu halten. Am Niederwf rfeu der Franzosen hatte Carl
Jobau nur ein sekundäres Interesse insoweit, dafs die Dänen isoliert
und seinem Willen gefügig gemacht werden kunnten. Ein weiteres
Zurückweisen als für diesen Zweck berührte Schwedens Politik
kaum, und der Kroupiiiiz blieb deshalb dem Grundgedanken der
europäischen Koalition gegen Fiaukreich fremd. Duiuit erklärt sich
sein Streben, lediglich den Platz in der grofseu Verbindung zu
wahren, ihr Gewicht tUr sich auszunutzen, ohne au eigenen Mitteln
mehr in die Wagschale zn werfen, als ihm abgenötigt wurde.
Von diesem Gesichtspunkt rechtfertigt es sich temer, dals Carl
.lohan nicht eher tätig wurde, als bis das europäische Bündnis ge-
nügende Entwickelung zeigte, um ihm die Hauptarlit-it an seinem
Eroberungs-I'lan, für welche die eigenen schwachen Kräfte genügen-
des Gewicht kaum boten, abzunehmen. Er verstand den Vorteil
Digitized by Google
Zum Herbstfeldzug 1818.
71
für sich gelteod so maohen, data Kaiser Alexander nnr von einem
n«iN>leoni9eben General Erfolg in der Kriegfubrong erwartete und
ibn zn hoch einschätsete, eine SohwJlolie, die aneh weitere Kreise nm
sieh sog. Weit überlegener aber erwies sieb seine Dialektik.
Er wnlste so viele Diplomaten zn bett^ren, dals sie Überwiegend
ihn (tir ein anfriehtiges lütglied des Bundes gegen Frankieieh hielten
-nnd die wenigen, die ilin dniehschanten, wie Pom di Borgo, beim
rasohen Gang der Begebenheiten — insbesondere gegen das Vor-
mieil Alexanders nnd die onsiehere innere Stellung der britisehen
Regiemng — ibre Ansiehten znr Geltaug nicht zn bringen yer-
-mochten.
Dafs Carl Joban seine Klagheit, Gewandtheit und lebhafte
Tätigkeit gegen die grofsenteils schwachen Geister der Koalition
als Druckmittel gebrauchte, nm sich für seine abweichenden Pläne
die gewflnsehte Selbständigkeit zu sichern, die UoterstelloDg der
sugesagteo, aber noch nicht überwiesenen Hilfskorps zu erzwingen,
das war sein gntes Becht nnd lag im Interesse der schwedischen
Politik, wie er sie anffalste. Folgerichtig setzte er zögernd die
schwedischen Truppen nach Deutschland Uber und wies es ab, die
Vorbllndeten in ihrer Notlajsre zu stutzen, insbesondere dem Verlust
Hanihurgs vorzubeugen, solange sie niobt seinen Ansprüchen will-
fahrten (Nord-Armee II. :U0. 12).
Der inneren Politik, in der cinf Partei der Peteiligung am
Krit'L'"^' entsTf i:!'!! war, ini^ Carl Johan damit Rechnung, dals er
hei lien i t indseligkeiten si inp Truppen aus dem Feuer hielt und die
Vorteile Schwedens mit (Inn Blute seiner Verbündeten durchfechten
liefs. Es gelang ihm wirklich, aus einem der verlustreichsten Kriege
sein Armee- Krtf] IS unversehrt heim zu bringen.
Soweit war die schwedische Politik mit ebenso viel zielbe-
bewulöter Klarheit als Beharrlichkeit d urchi:» führt ; ihr Träger ver-
dient Zustimmung, dals er die Interessen seiiit - Landes in erfolg-
reicher Weise wahrgenommen bat. Die Verbündeten trifft der \'or-
wnrf, dafs sie aus Mangel an Einsicht ihren Feind iu den Bund
aufgenommen haben und aus Schwäche sein nachteiliges Spiel 7U
ihrem Schaden bis zum Schlufs fortsetzen iiefsen. Schweden hat
also reiche Veranla>sung zu Duiikliarkeit daJUr, wie Carl Johan
seine geistige Überlegenheit Uber die mafsgebenden Verbtlndeteu
zur Geltung zu bringen wnfste. nnd wir zollen ihm darin volle An-
erkennung. Dagegen gelangt u wir auf ein ganz anderes Gebiet,
wenn jene Dankbarkeits-Empündung, unter anregendem Voran-
schreiten Carl Johans selbst, das Streben zeitigt, ihn nachträglich
nih dem Glanz eines ruhmreichen Feldherm und Ritters ohne Fnreht
Digitized by Google
72
Zorn Hmtetfddnig 1618.
und ohne Tadel zu mnkleiden. Die Forscbuog hat andere Seiten
aoBbodeokeB, als der damaligen Zeit zugänglich waren. Es sind
diejetiigon, auf denen ieh der Friederiohaehen Daistellong entgegen
treten mnb.
So einfach es ist, einen aufrichtigen Charakter und sein Ver-
foigeu offener Ziele — z. B. des Generals BUlow — zu schiltlero,
aach wenn er zeitweise aus Oppoitunitäts-liiickbichtea iu die Lage
kommt, die Wahrheit zu verschweigen oder zu unterdrücken, ebenso
schwierig ist es, eine hinterhältige oder falsche Natur zu erfassen,
welche ans Anlage zu Uuaufriehtigkeit neigt oder ein Interesse hat,
ihre Beweggründe und Ziele hinter falschem Schein zu berpren, jedes
Dokument ihrer wahren GeHiiiiiuug za meiden. Da bli'ibt uur der
mittelbare Beweis übrig, ein vorläutig summarisches Urteil mit dem
Vorbehalt, durch Analysieren der Einzelhaiidiuugen zu ermitteln, ob
sie mit jenem Urteil im Einklang stehen und scbliefslicb ihre Gesamt-
heit mit ihm harmoniert. Diese Art der Beweisführung hat es
unumgänglich gemacht, die ganze Geschichte der Nord-Armee hiii-
doieh anf die Umstände hinzuweisen, welche meine Ansieht er>
Übten imd — wie der eebwedlsebe Kritiker Nordensran mit Reekt
sieb ansdrttckt — als roter Faden dnrob die Sebilderung fortlaufen»
ZnDüehst babe ieb die SteUnng sa prüfen, welebe Carl Joban
sa dem Feldzngs-Plan einnahm, der in Traebenberg seine Fest-
setanng erhielt.
In den Unteirednngen, die er im Mai mit Voam di Borge,.
Kaickreatb und Haeke bat, sprieht er nur die Absiebt ans, sieb nach
Holstein xu wenden und die Dünen zu unterweifen, sobald er die
angesagten Büfskoipe erhält Er begt niebt den Plan, Berlin zu
deeken, aueb flberbaupt nicht den, das Sehicksal einer Seblaebt zu
wagen, sondern ^ebieu metbodisoben Krieg naeb allen Regeln der
Kunst za fllbren** (N.A. L 27. 29, 34). Dieser Ausdruck findet in
dem naebmaligen Verbaltm seme Erklärung dahin, daCs die Schlaebt
dorch Ausweichen vor jedem feindlioben Angriff gemieden, nur ein
fimttdnngs-Veifsbfen Teisucbt werden soll
Kaiser Alexander entbrannte darob in lebhaftem Unwillen und
aebrieb dem Kronprinzen am 81. Mai: leb glaubte eben, Sie wollten
die Untemebmuof gegen Dänemark znrttokstellen und Ihre Truppen
gemeinschaftlieh mit uns gegen die Franzosen fuhren. Da ntnls ieb
sehen, dals Sie uns rücksiobtsloB im Stich lassen und meine 35 000
Mann ausdrücklich fordenn, um sie bei gregenwärtiger Notlage auf
der dänisehen Halbinsel zu verwenden (N.A. 1. 89. 40).
Digitized by Google
Zui,fiefbstf6ldzi]g 18ia.
78
Diese Verstimmoug Alexanders suchte Carl Johan durch eiue
gewandte Antwort zwar zu beßcbwichtigeu, seiue Teudenz aber blieb
oBTerändert. Denn in den Plänen, die er Mitte Jani durch Oberst-
lentnant Ende dem König Friedrieb Wilhelm yorscblagen liels, tritt
kdif^eii der Wnueb hervor, entternt ?ou jedem Znsammeostois mit
den fiaMfOriaehen Haoptheer, an der unlweii Elbe, Weier und dem
Bbein im Sinne blolser Drobiingen Terwendet zu weiden; Bereit-
wUligketti sieb iigendwo zn einem Waffengang anzableteo, ist sorg-
fUtig vmeebwiegen.
Naeb den Gesprächen mit Stadion hat Carl Johan swar —
ftr den Fall, da(b Kapoleon in Bttbmen eindringen sollte — energischen
Angriff anf ihn angeraten, nod er selbst wolle dann aneh ttber die
Elbe geben. Aber Li der LOwenbiefanBchen Denksebrift Uber diese
F^age, deren Abfusong er yeranlalst bal, sind im geraden Gegen-
teO wieder Solilaehten abgeraten nnd in unbestimmter Weise Be-
drobongen der feindlieben Flanke und des Rttckens Torgescblagen,
welßhe Entnebeidnng nieht bringen konnten (Friederieh L 89-—
Diese inlbeningeD vertragen sieh nieht mit dem sebliefsUeben
Hanptaatw des Traehenberger Protokolls: „Alle yerbOndeten Heere
ergreifen die OflensiTe mid das Lager des Feindes ist der Ver-
einigongs-Ponkt^. Aus dem Gegensatz der Anschauungen geht hin-
länglich hervor, dnfe der Kronprinz nicht Urheber dieses Planes
sein konnte, wenn wir aoch keinen verlässigen Beriobt darüber lie-
sitsen, welcher Anteil anf die einzelnen Mitwirkenden, unter denen
erregte Debatten entbrannten, fällt. Dem Kronprinzen ist Tielmebr
ein Plan anfgenätigt, den er nicht wollte nnd dessen Niohtans-
ftbrung, wie die nachmaligen Tatsachen erweisen, seine reservatio
mentalis blieb. Nur äulserlieh sind Bolsland, Preulsen nnd
Schweden tiber ihren Plan einig geworden; in Wahrheit waren sie
es nicht (N. A. [. 75). Die wirkliche Absicht Carl Jobans müssen
wir dem Inhalt des von ihm selbst mitgeteilten Zwiegesprächs vom
6. August mit Moreau entnehmen, wenn es auch wahrscheinlich ist,
dafs manfbe dem letzteren augesehriebene Einwürfe anf dr-^ prst*^rpii
Rechnung zu setzen sind. Sie hesteht in Deckung; Berlins mir
soweit, als es durch eine Autsteliang «südwärts ohne Schiacht mög-
lich ist; aber RUckzug ohne Begren/.utig, sobald diese Voraus-
setzung nicht aufrecht erhalten werden kann (Fried. I. 3t)6. —
N.A. L 141).
Eine besondere Rücksicht dieser negativen Kriegführung riet
noch die Schonung der schwedischen Trappen hervor, die der Prinz
bereits bei der Abreise von Stockholm dem am das Blut seiner
Digitized by Google
^4
Zun Herb8tf«ldsa« 1818.
Landsleate besorgten Grafen Eugetitnim zugesagt hatte. „Bembig'pn
Sie sich**, waren seine Worte, ..ich betrachte die schwediscbe Armee
als meine Garde; sie soll nur im äufsersten Notfall zar Verwendung
kommen" (N. A. II. 127).
In den Verträgen hat er sieh zwar verpliichtet, 30tX)0 Mann
Zinn Kriege zu »teilen. Sein stiller Gedanke aber ist, den Sinn
dieses Bündnisses nicht zu. erfüllen, seine Truppen nicht schlagen,
sondern nur figurieren zu lassen. Diesen Plan hat er bis zum Ende
durchgesetzt; denn selbst da, wo er die Schweden von der An-
näbenmg an das Schlachtfeld nicht länger znrttck zu baltea ver-
jnocbte, reistand er wenigstens ihnen diejenigen Plätae anzoweisen,
an denen sie anfii^lialb des Wirknngsbereiebes blieben. Oldob-
zeitig stellte er das nissisebe Korps WIntiingeiode dem Fener fem.
Es bestand tOx ihn freilieb keine Veranlassung, dieses m sebonen;
wenn aber der Kampf eine Wendung nahm, ^ auf die Beserre sa
greifen nötigte, dann gab das mssisebe Korps Sieherbeit, dafii das
sehwedisebe nicht in Anspruch genommen zu weiden branohte; es
diente als Bedeckung der Schweden. Eist wenn sieb die
Schlachten zum Ende» die Siege an! die verbtlndete Seite neigten,
dann lag es in Carl Jobans politischem Interesse, einige Strahlen
des Böhmes nnd Glanzes anob anf die Schweden abznldten. Die
Art und Weise, wie das geschah, drttckt indessen nnr den gleichen
Gesichtspunkt der Schonung ans.
Sollten die Tage von Gr. Beeren und Dennewitz als TCidienst-
ToUe Leistungen Carl Jobans Terweziet weiden, so war es zweck-
mäisig, auf den Anteil seiner Schweden neisen zu kOnnen. Dafs
«s sieb nur um den Schein — nicht um Wirkung — handelte, geht
aas der minimalen Verausgabung berror, die neben den anderen
grolsen Scblachteoköipem so gut wie unbemerkt bleiben mufste.
Bei Gr. Beeren haben 6 schwedische Geschütze und 1 Bataillon
tätig in den Kampf eingegriffen (N. A. I. 286. 297). Während
der Schlacht von Dennewitz hat Carl Johan das russische und das
schwedische Korps so lange zurück gehalten, dafs '^ie nach der Ent-
scheidung den Wahlplatz erreichten. Nur noch russische' Kavallerie
und Artillerie, neben schwedischen Batterien, konnten sieh an den
letzten Momenten, hauptsächlich den Vertolgunjrs-Gefechten beteiligen
(N. A. I. 521). Am 18. Oktober in der Srhlaeht bei Leipzig
sind nachmittags 5 Uhr drei schwedische Batterien anter dem sehr
eifrigen Obersten Cardeil ins Feuer geschickt nnd bis zur Dunkel-
heit tätic geblieben. Der Gesamtverlust des Korps bestand in
37 Mann, wogegen der der Uhrigen IViippen unter des Kronprinzen
Befehl, zu denen an diesem Tage auch das Korps Langeron gehörte,
Zum Uerbstfeldstig 1818.
75
4833 betrng (N. A. II. 255). Am fol<;ciideu Taj^c, zur Er-
stünnang Leipzigs, wich Carl Johans Verfahren ab von den vor-
tergehenden Soblachten. Den Scblolsakt des Feldzuges dachte er
damit m krOnen, dab er an der Spitze seines Armee-Korps in die
eratOznite Stadt eiozöge and vor den TerbOndeteD Soaveräneu para-
dierte. Die Garde m Fleide itand gegen alle Gewoboheit weit Tor-
gezogeu vorwärts Volkmandoif znr Hand, am das Geleit des Krön*
piiozen zu bildea, wihrmd das Korps in zweiter Linie hinter dem
korps Bttlow rieb m Paiade bereit maebte. Des angestrebten Ein>
droeka halber duften aber Schweden hei dem Schlnisangriff nicht
fehlen. Carl Johan stellte dem Generalstabsehef Adlererents
4 Bataillone and 2 Kanonen znr Yerftlgang nnd sehiekte ihn per-
sOnlieh com Beobaehten Torana, damit er den Moment nnd Ort wahr-
nehme, wo diese Trappen eindraeksroll einsasefMn iHbren. In
schweren Kämpfen drangen preaCedsohe Trappen in die Giimmaer
Vorstadt ein, and Adlererentz mnlste sich entschlielsen, aach die
seinigen herbelsaxiehen, nm ihren AnteU daran sa erwerben. Da
wollte es das Unglttek, dab die Jäger der Erwartung nicht ent-
sprachen. Das hoch anerkennenswerte Verhalten der beiden Ge-
schfltze konnte diesen Sehaden nicht wett machen nnd es mnlste
der Plan aufgegeben werden, den Anteil der Schweden hd der Er-
oberaug Leipzigs in Belief zq stellen (N. A. II. 274. 281. 805).
Am schlagendsten tritt der Milsbraacb fremder Ttappen behols
•Schonang der eigenen im holsteinschen Feldzag zutage. Jetzt, wo
es sieb allein dämm bandelte, den Sonderfeind, die Dänen nieder-
zukämpfen, war es natürlich und selbstverstündlicb, dals die
Schweden bervortraten und die Hanptarbeit auf sich nahmen. Carl
Johan aber leitete den Feldzug so, dals das Gegenteil gesohehen
mnfste. Dnrcb Druck oder Umgehung ihres rechten Flügels in der
Richtung auf Rendsburg kamen die Dänen in Gefahr, den Rückzug
zu verHeren, und hier war emster Kampf in Aussicht. Das stärkere
schwedische Korps stand um Mölln schon diesem Flügel gegenüber,
das schwnchfre Wallmodens rechts davon bei Ratzebarg^. Da läfst
Carl Johan die Korps kreuzen und ihre Plätze tauschen: (Iberdies
nimint er Wallmoden die schwedische Division, welche zum Bt .stände
seines Korps gehörte, und entzieht sie so deo Strapazen, welche er
diesem Korps zudachte, l'nter dem Vorgeben, Lübeck stürmen zu
äolK n — was nicht erforderlieh auch nicht znr Ausführung kam
— bleiben die Schweden stehen, während Walimodeu auf dem
weiteren Wege naeh nnsä«,''lichen Anstrengungen allein die Eider
erreicht. Der Parade-Äutiiiarsch vor Lübeck diente dem Zweck,
die Schweden aus dem Gefahr- Bereich zu bringen, Wallmodens
Digitized by Google
76
Zum Herbstfeldzug 1818.
Korps ate Stamboek ffebr sohwediaohes InteroBse TonoaebiebeD^
Jetet, wo der FeldsQg Mt xom Ende neigte, dittngte deb das Be-
dttiteie ra einer eobwediecben Waffentaft tot. Der Kronprinz lielb
die KayaUerie-DiTiBioii Sigöldebmnd den Dünen naobaetzen nnd das
Gefeebt bei BornbOred am 7. Dezember Uefeni. Sobald sie sieb
dorl bewibrt batte, bielt er sie wieder an nnd verlangsamte die
MäiBobe so, dalis kein Sebwede dem mit Darangeben der letzten
KrXfie voirttekenden Wallmoden zur Unterstntzang kam, vielmebr
das nachteilige Gefeebt bei Sebestadt den Feldzug endete. Darin
bestand die BnndesgenosseuBchaft Carl Jobans in dem für schwedi-
sches Interesse aosgefochtenen Kriege gegen Dänemark (N. A. II..
423. 446. 468).
Naehdem ich so nachgewiesen habe, wie Carl Johan in der
tatsächlichen Ablehnung des Feldzugs-Plans bebarrt, wie er femer
dorch Versagen der schwedischen Trappen seinen Bündnis-Ver-
pflichtungen nicht nachkommt, bleibt an einigen Haaptmomenton zn
zeif^en, wie er sich selbst und die ihm anvertraute Armee von ent-
scheidenden Kämpfen fern zu halten sucht, Einipe voran«; ire^^ohickte
Ansseruiif;en von Zeitgenossen ühpr den Charakter Carl .)ohan>-'
werden daxu dienen, sein Verhalten leichter verständlich y.u machen.
Aus der lievolntionszeit bringt Major Friederich (\. 353»
TOn ihm folgendes Bild: .,8ein biegsamer Charakter, st in Khrgeiz
nnd seine 8krupellosii:keit in (U r Wahl der Mittel bewirkten, dals
jede der politisciieii Parteien insgeheim auf ihn rechnete, wenn er
eich auch oöen den radikalen Jakobinern anschlets. Und ein Urteil
von 1797 laotet: „Glühend ehrgeizig, am rkamit tapfer, hat er das
Talent, Offiziere nnd Soldaten mit sich tortzureili.eu, Despot inner-
halb seiner Division, hält man ihn fttr einen niederen Schmeichler
denen gegenüber, die er braucht; falscher und gefährlicher Feind
raubt und plündert er wie jeder andere, ist aber im übrigen Freund
der Kevolution."
Diese mit scharfen Worteu gezeichnete Charaktensuk \ermag
ich nicht bis an ihre ursprünglichen Quellen aufwärts zu verfolgen.
Ich trage aber kein Bedenken, sie von Major Friederich zu über-
nehmen und als Ausgangspunkt obenan zu stellen, weil Carl Johans
ganzes Verhalten, so wie wbr es welter kennen lernen werden, binläng-
lieb damit übereinstimmt, wenigstens nürgends in Widerspmch gerät.
Zar YerrollstSndignng führe iob einige Urteile in mehr gehaltener
Sprache von 1818 anf. Gnetsenan sebrieb am 15. September
(N. A. I. 887): „Dank Ihnen mein lieber Kottenbnrg (Generalstabs-
Chef beim Koips Tanentilen) für ihre Tertranliehen Briefe, die gleiob.
Digitized by Go -v^i'-
Zum HaAsIMdng 1818.
77
Intereesant and Diedenehlagend sind. Ww Sie von Ihrer docIigeD
HaoptpeiBoii sebretben, hat mioh nicht ttberraschl^ und habe ieh das
alles dem EOnig vier Woeben vor dem Wiederaashmoh der Feind*
seligkeiteD geschrieben. Ich bin indessen niebt geneigt, die dort
-empfundenen Übeln Wirkaugen dem Verrat zuzasoinreiben; wohl aber
der Charakterschwäche and dem Einflafe intriganter [Imgehnngen".
Am 27. September sebrieh Kr(>asem;urck an Knesebeck (N. A.
IX. 87): ;,Die InconveniensBen der Wahl des Kronprinzen zum General-
Kommando der Armee und aar Leitang eines wesentUoben Teils der
Geeebäite waren voraos za sehen. Gewiiis scheint mir an sein^ dab
bei jedweder Gelegenheit Er sein politisches und peiiOnlicheB
Interesse za Kate ziehen wird and wir weit eher annehmen können
daCs er das öffentliche Wohl stets dem seinen nnterzaordnen bereit
ist, ah dafs er je dieses letEtere dem öffentlichen an opfern den
WiUen hat -
Und am 5. Oktober (N. A. II. 58): „Von dem milstrauisphrn
uud äolserst reizban'n Charakter des Kronprinzen, sowie von seiner
Art, das Ohr einer jeden Klatscherei zn Irihen, entsteht viel Unheil."
Lassen diese ATifiihrnnacn noch Kaum Übrig, am in die Worte
Carl Jobans Vertrauen zu setzen?
Eine andere Eigenschaft zur Erklärung für Carl .Johann
ireteu sieht Major Friederich (I. 353) in Mangel an Eotächlalskraft:
Er erwägte noch, wo er wagen mnfste und liefs die Gnnst des
Ausrenhlicks ungenutzt. Kojen (III. 104) drückt dasselbe mit den
W(»rleti aus: Zum Ft-ldbei rn fehlte ihm die Klihnbeit des Handelns.
Eine Natur, die diese Kraft nicht besitzt, siebt immer nur die ge-
tahriiche Seite einer Kriegsanfgabe, wird dadurch zuerst zu vor-
herrschenden Verteidig ungs Mafsregeln and über diese Brtlcke in das
Gebiet der Untätigkeit gedrängt.
Bei alledem kann es indessen ebensowohl Oberlegende Vorana-
sieht mid Egoismas, als nnbewnfste Sehen gewesen sein, welche
Carl Johan vom Wagen abhielten. Ich neige zn der Anffassnng,
dalb in dem sehlanen Kopfe die erstere Riditong mdstene Überwog.
Gleloh bei der Zaeammeninmft mit den prenfsisehen Generalen
in Oranienborg am 18. Aagust verfllbrt Carl Johan im Sinne des
Zwiegesprächs mit Morean: Er will die Armee — im Gegensats zom
Traohenberger Plan — hinter die Havel nnd Spree snracksiehen
und Berlin preiigeboi, eher nooh der Feind einen Schritt TorwM
:getan hat. Nor der heftige Widerapmeb Blilows bewegt ihn, snnen
TIan soweit fidlen m lassen, dato er dessen Korpa vorlftailg an der
Snthe- nnd Notte-Linie aar Deckung der Hauptstadt stehen UÜht;
Digitj^ed by Google
78
ZmB HerbrtfeldsQg 1818.
denn er niiils besorgen, den Oberbefehl der eben QberwieBeneDt
Armee seiner ITand entgleiten za sehen, wenn er Bulow weHer za
solchem Widerstände reizt (Fried. I. 368^365. 375—376. — N.
1. 140).
Carl Johan war der Meinong gewesen, dals Napoleon peiBtfii^
lieh mit Übermacht sich gegen Berlin wenden wUrde. Schon un
17. Aogast wurde er aufgeklärt, dafs der Kaiser sich in Schleien
befand uud die IStärke von Ondinots Armee 7000Ü Mann betrog
(Fried. I. 379—380. — N. A. I. 207. 11. 24. 40). Sein Befehl
vereinigt am 22. Aug-iist morgens die Nord-Armee bei Saarmand ai>
der linken Seite Oudinots niid dbt den Truppen auf, sich zur
Schlacht bereit zu halten. An Blücher schreibt rr imi 2'/» Uhr
morgens: „Je marche pour lui (ä renneini) livrer bataüie." Sobald
CS ihm aber klar wird — noeh in der Naelit vom 21. /22. Ausrast —
dals Oudinot im VorrUcketi begrilFen ist, beschlielst er, die Armee
wieder zurückzuftlhren und hinter die Spree zu zieheu. Am Morgen
des 22. August bei der Besprechung in Philippsthal teilt er diese
Absichten den Geueraleu mit Da tritt ihm liiih unter der be-
stimmten Erklärung entgegen, er werde nicht über die Spree folgen,
bevor nicht zum Schutze der Hanptstadt eine Schlacht geschlagen
sei. Der Kronprinz sah sich genötigt, ihm abermals soweit nachzu-
geben. dalK die Armee einstweileo nur bis Teltow rUckwürts gehen:
sollte (N. A. I. 141 — 143).
Msjor Friedericli (1. 387) verwirft meine Darstelhuig von der
Besprechung in Philippsthal, insbesouderc die Ab.^icht Carl Johans
hinter die Spree zu weichen und die Weigerung Bülows dahin zu
folgen. Seine Begründung ist indessen nur gutachtlich; sie ruht
nielit anf BeweisstUokeo. £r deutet darauf hin. dafs das Interesse
des Kronprinzen einen Sieg forderte und die Lage dafür so günstig
war, dals es offener Venat an der Allianz nnd al»ord gewesen wäre,
dieeo Gelegenbdt niolil ansbenten zu wollen. Damil würde ieb dn-
▼enlanden sein können, wenn ieh ttberhanpt imstande wibne, Carl
Johane Versiolienuigea zum Schlagen Glanben beizumessen. Aber
nnr das Gegenteil sümmt zu seinem anwahren Wesen nnd seinem
steten Versagen. Pomphaft wie ein Fffaa, der sein Bad seblSgt»
Terkllndet er die Schlacht in jedem Befehl an die Generale nnd in
den Briefen an Blttcher; nnd doch ist tatsitehlleh nicht eine ans
seiner InitiatiTe hcffrorgcgangeD; sie mnfoten ihm jedesmal Uber dem
Kopfe weggenommen werden. So lange er hoffen dufte, daih die
grolse Koalitioa Napoleon niederwerfen, ihm Norwegen ohne sein
aktives l^tretea verschaffen wttrde, brancbte er seinen Feldbem-
Rnbm und seine sdiwedisehen Soldaten nicht daran zn wagen. Es.
Digitized by Google
Zorn Herbstfeldsug 1818.
7»
kann zagegeben werdfio, dafs ebensosehr der fehlende fintseblais^.
als Überlegung ihn der Schlacht aasweichen liels; denn in diesem
Fall ist schwer festzastellen, welches Motiv Uberwog, oder ob beide
sieh gegenseitig veistärkten. Was aber berechtigt den Geschichts-
forscher, vor dem Wort Yemit zarttcksosehieefcen, wenn ihm die
Tatsache begegnet?
Ein Charakter wie der, mit dem wir es hier zu tan haben, bietet
nicht die Rechtfertigung, Zeugnisse von Weyrach und Vambagei^
Uber einen Vorgang, der seiner Natur and seinem Wesen nach za
den vorlieg-endrn Vrrliältnissen und zu den handelnden Personen
palst, gäü/.lirh /u \cr\\erten. Zwar ist es nicht iniwahrsehfinlirh.
dal's beide Bericlil( rstalt(T ülifM- dif n uirenöcheiulieh in Heftigkeit und
Aufregung abgespielte Szene einen zu drastischen Ton angeschlagen
haben, darüber aber lärst sieh da;? Wesentliche des Hergangs nicht
aus der Gesehichti- unter die Legenth ii ve^^^etzen. Es entspricht
doTchaub Bülows Jsatur, dai's er weigert, ohne Schlacht seine Hanpt-
stadt dem Feinde zu Uberlassen, und ebenso Carl Johans biegsamem
Wesen, plötzlich — wenig«lcu^ - nveit es den kräftigen Bülovv b«'-
trifft — mit rii|)l(iiiuitischer (icwaudtiieit einer Schlacht vorwärts
Berlin vurlauiig zu/,ustiinraen, den Abzugsbeiehl teilweise zurückzu-
nehmen. Wir werden unten noch ganz andere Schwäche-Momente
zu zeichnen haben.
Ich komme /.um Aui^u^L. Au> dein Befehl vom 22. abeiiiis
will Major Friederich (1. 395. S.) klar und deutlich ersehen, dal's
Carl Johan die Üfleusive von der Kuhlsdorf—Ileinersdorfer Auf-
stellung gegen die linke Seite des ans den Wäldern hervortretenden
Feindes beabsichtigt, um ihn ostwärts gegen die SUmpie zwischen
Köpenick nnd Wnsterhansen na werfen* leh kann nicht an diese
Absiebt glauben, blob weil Carl Johan das sagt, and wo die Ana^
ttthruog hier, wie bei allen anderen Gelegenbetten fehlt! Wenn e»
ihm Ernst gewesen wäre, warnm griff er denn nieht auch seinerseita
zo, ab BlUow es tat? Carl Johan wnible schon, daib das Koipa
Victor ihm nicht gegenüber stand, sondern in Schlesien war, wa»
VMjor Fiicdeitch an dieser Stelle entgangen bt (N. A. L 207. 219).
Wom die onhaltbaien gesuchten Kechtfertigungen aof Kosten einea
Uoterfeldhenn ron angewtthnlichem Eifer (Fried. 414)? Sobald
man xvg^hti dab Carl J<dian ein nnanfinchtiger Charakter, ein.
widerwilliger Verbündeter war, dab er hier wie ttberall die Sehlacht
nicht wollte und nor stehen geblieben ist^ weil es keinen anständigen.
Vorwand mehr gab, den hi den Kampf tretenden Bttlow Im Stich zu
lassen, dann Üben sieh alle Sehwieiigkeiten zur Beorteilong seiner
flandlnngen und deren Motive; was gesobichtiiche Widersprüche
80
ZmB EßAMUMtmg 1819.
gezeitigt bat, verbindet sieb gescbicbtlich za einem bannonischen
Bild. Der Forseber darf solcbe Annalunc nicbt aaCser Beachtung
lassen» wenn Uisaobe dazn vorliegt; nor bat er die AafgabC) wahr-
znDehmeo, ob sie zoireffend bleibt^ oder dorob widerspreebende Vor-
gänge in Frage gestellt wird.
Der Sieg über ein Korps Oadinots, der im Nacbtdonkel endete»
forderte am Morgen des 24. Angrnst den Aufbruch der Nord-.\rmee,
nni ihn auf die ganze Berliner Armee auszudehnen oder durch Ver-
folgen zu vervollständigen. Die Lage war so natürliph g-ec^cben,
daiis ßülov^' jeden Augenblick Befehl dRzn erwarten nmlste und in
Voraossicbt dessen einstweilen Aufkliiiun^nn abschickte (Fried. L
417 — 419. — N. A. I. 310). Der unklare l'>efehl des Kronprinzen
von 4V2 Uhr morgens forderte — als er einging - nur die von
BUlow heroits iretroffenen Maferegelu; df-nn der Ausdruck „de pousser
vers Trebbin" bedeutet nichts anderes, als Abteilungen vorzo-
scbieben. Hätte das Korps gemeint sein sollen, so mufste er laaten;
„de marcher vers Trebbin". Btllow bandelte den gespannten persön-
lichen Verhältnissen t iitspK i hend, indem er sich dnrch eine Rück-
frage versicherte, ol> er mehr tun solle, als der Wortlaut des Befehls
vorschreibe. Eine Entscheidung darauf, die binnen einer halben
Stunde eingehen konnte, kam llberhaupi nicht uud erweist, dafs Carl
Joban das Vorrücken des Korps nicht beabsichtigte. — Wie kann
mau bei Bulows Charakter, bei der stets vorwärts drängenden Uu-
jiedüld, sein Stehenbleiben am 24. August anders auslegen, als dafs
es rücksichtsvoll dem Oberfeldherrn nicht nochmals vorgreifen zu
mtlssen glaubte V Ist gegei^ die Strategie gesündigt worden, so halte
man sieb an den Sttnder selbst und erbebe nicht Vorwurfe gegen
den Uoterfeldbemi, der seiner Katiir harten Zwang antun mnlste,
am sieh den Unterlassungen an beugen, wddie peFBUniMie fitlek-
siebten ihm anfleglen. Kann jemand Blllow physischer oder geistiger
Ttllgheit, oder gar der UnentsehlossenfaeÜ besttditigen, weil er ni^t
zngriff (Fried. L 4X8—419)? Das wOide anf Bntgleiseii der
OtgektiTitlt hinaaslaafen.
Miyor Friederich (I. 417—419) strebt Cari Johaa wegen seiner
UntttUgkeit an entschnldigen; er seheiol Swedens* Etnihib Teiflallen
sa sein. Doreh die am Abend des 28. nnd am 24* Aogost ein-
gehenden Meldnngea erfahr der Eronprins» dafe 16000 Tamotm
am 21. Angast ans Magdebnrg vorgebroehen waren nod die Ein-
sehliefsongs-lVappen anter Pnilila snm Answeieheo In der Blohtuig
nat Brandenbmg veranlaist hatten. Er bildete sieh die Heinnng
oder gab sie Tor, dals Davoat mit einem Teil seiner Trappen avs
Meelilenbnrg über Magdebnrg im Anroarseh wSre, obsefaon kehie
Digitized by Google
Zur Sobie(«aa6bilduiig der Infanterie. Sl
Meldung vorliegt, welche dazu bereehtig:te. und VL'ifU|^te im Laufe
des 24., dafs die Division Hirschfeld nach Brandenburg rücke, um
das feindliche Korps Uber die Elbe zurückzuwerfen, und die Kasakeu
Tscberojschows weiter sttdUeh auf Beizig beobachteten. Damit war
nun abör — bei des Kronprinzen Anffusang von der Lage — diese
Seile soweit gedeckt^ dafs die^ Zeit blieb, nm mit der Nord*Annee
einen, selbst zwei Verfolgungs-Mltrsehe zn machen. CSarl Joban
befimd sieb aof den inneren Linien zwiseben dem venneintliehen
DaTont nnd Ondinot Das Magdeburger Koips — am 21. Angnst
aulgebrochen — konnte bei ungehemmten Märschen die 15 Meilen
nach Potsdam oder Trebbin bis eiaschliefsiich den 25. Angnst
snrQcklegen; gegen den Widerstand Hirscbfelds nnd Tschernysehows
an Wasseriänfen and Mooren waren weitere zwei Tage zu veran-
schlagen. Die Nord-Armee konnte also, wenn es nötig werden sollte,
die Nnthe-Lime zdtlg genng wieder erreichen imd mit der Front
gegen Westen yerteidigen. In Wirklichkeit kann indessen die €kfahr
dnxeh Davont dem Kronprinzen am 24. nachmittags nicbt mehr
erheblich erschienen sein, da er Hirschfeld zumutet, mit seiner
DiTision ihn ttber die Elbe zn werfen. Selbst wenn er das russische
und schwedische Korps, gröfserer Sicherheit fttr die Flanke halber,
stehen liefs, so hätte er doch BUlow und Tanentzien die Anweisung
zu kräftigem Verfolgen geben können. Ob der Grond zn der ?ölligen
Untätigkeit in Mangel an E^tschlofs allein oder auch in fehlendem
WUien zu suchen ist, das werde ich später besonders erörtern.
(Scblnls folgt).
V.
Zur Schiessausbildmig der lafanterie.
Von
Meyer, Hauptmann nnd Kompagniechef im K. S. 11. Inf.-Regt. 139.
Streuung, Schulübung und Schulscheibe.
Man kann die JScbuiUbungen, welche die Schielsvorschrift filr
die Infenti ru' vorschreibt, rücksichklich der gestellten Bedinguogeu
. und unter Vergleichung der letzteren mit der Leistungsfähigkeit der
JakrbCeker für «Ii« dtatsoha Anate nad Marin«. N<>. S88. 6
82
Zur SobiersmisbildnDs dm Infuitofie.
Waffe, also der GröGse und Gestalt der StreaoDgsfläeben. to zwei
grnndsätEHoh Yeiaehiedene Qnippen teilen:
1. solehe, bei denen eine Mindestleistung des einzelnen
SchnsseSy nnd
2, solehe» bei denen eine Gesamtleistung aller Sebllsse
verlangt wird.
Bei der InÜEUiterie geliören zur 1. Gruppe, abgesehen ¥on den
beiden ersten Hanptttbangen, alle Übungen nnter 300 xnr 2. Gmppe
die Übungen anf 800 m und weiter.
Vergleleht man nun die Bedioguageu der SefanlUbnngen mit der
GiOCse der Streuungsfltfehen auf den betreffenden fintfemangen, so er-
gibt sich, snnäebst bis einscblieMeh 300 m, dafe die gestelltea
Anfoidemngen im Verbültnis lur Streuung sehr geringe sind.
Bei Venneidnng von Zielfehlezn ist selbst dann die ErfllUung der
Übung gewährleistet, wenn sieb die 3 Sehnis der Übung auf die
äu&ersten Grenzen der Streunngsfläche verteilen soUten.
Nun wird es aber kaum einen Schützen geben, der immer und
bei jeder Beleuehtung Zielfehler rermiede. So habe ich mebrfoeh
festgestellt, dab grelle Beleuehtung der Viaiereinrichtaog auf 300 m
einen Zielfehler naeh der Htthe verantassen kann, weichem eine
AbwdehuDg des Gesohosses um 40 bis 70 em vom erhofften Treff-
pnnkt entspricht Trifft nun z. B. ehi Zielfehler nach oben — VoU-
kom, — zufiUlig auf einen SehufSf der boeh sitzt, so kann ein Müs-
ertolg die Folge sein, an dem die Sehnld nur zur HKIfte der SchtttEe, .
zur anderen Hülfte aber die Streuung trSgt.
Tatsächlich ündet also eine BenachteiliguDg des Sebtttzen dadureb
statte daÜB die HVbenatreuang grölser ist, als die Breitenstreuung,
und mit der Entfernung wächst diese Benachteiligung, da die Höhen-
streuung Tie) schneller zunimmt, als die Breitenstreunng.
Unter dieser BenachteiligoDg muls gerade d^ Anfiinger am ■
meisten leiden, bei dem doch alle Milserfolge, die ihn mutlos machen .
könnten, vermieden werden mdehten. Man kann dies^ Benach-
teiligung dadurch begegnen, dafs man Abweichungen nach rechts
oder links hoher bewertet, als Abweichungen naeb oben und unten,
die man müder auftzlst. Es ergibt sieh daraus mein Vorschlag:
die Ring-, Ringkopi- und Ringbrustsoheiben mit ova-
len Bingen zu versehen, derart, dafs auf der fttr Jede
Schuittbnng bestimmten Entfernung Htthen- und Brelten-
durehmesser der Ringe in demselben VerhUitnis zu
einander stehen, wie Höhen- nnd Breitenachse des
entsprechenden Streuungsbildes.
Digitizeo Ly ^^oogle
Zar SehieliEMUubUdiing der Infmterie. g$
Da die SchulUbaofreu aaf 150 m begiuruji und hier die Streu-
ang schoD gfölaer ist, als die 12, so könnte raun unter Beibehaltung
der kreisförmigeu Gestalt der 12 mit dem iialbiuesser 5 cm, und
unter Festhaltong des Grundsatzes, dals die Halbmesser dir liiu^e
in der ßreitenaasdehnong immer um 5 cm wachseu sollen, folgender-
malseii rechnen:
Hölu DstreuuDg x (Höhendurcbmesser des betr. Kluges)
Breiteoätreaimg Qnerdorcbmesser des betr. Hiuges
(Gröfse wie bisher)
Also auf 150 m (vergi. 8chielä¥orschnft S. 22):
tttr King 11:
17 : 15 = X : 20
22,67 = X,
d. h. Ring 11 hat nicht wie bisher 20, soodern 22,67 cm Höhen-
dorebmesaer.
Fttr die Eingaohelbe 160 ezgttbe das folgende HOhendareb-
mener der eilitelneD Hinge:
Ar Bing 1: 186 em fttr Bing 6: 79,88 om
« „ 2: 124,67 „ „ „ 7: 68 »
„ „ 8: 113,88 „ n « 8: 56,67 «
„ « 4: 102 , n n 9: 46,88 „
n n 5: 90,67 « „ « 10: B4 «
„ n 11: 22,67 „
Setel man in obige Proportion die Werte ttr die Strenaug aof
200, besvr. 800 m dn, so eigftbe sieli filr:
Ring- pp. Scheibe 200 (s. Flg. 2) Bing- pp. Scheibe 800
für Ring 1: 150 cm iOr Bing 1: 184 emO
n
2:
187,60
t>
11
»
2: 168,67
n
rt
8:
125
it
n
»1
8: 15S»88
II
4:
112,60
n
n
»
4: 188
1»
»
»
5:
100
»1
t*
5: 122^67
»»
6:
87,50
1*
n
»
6: 107,88
n
n
7:
76
»
n
II
7: 92
1»
»
1*
8:
62,50
II
M
11
8: 76,67
II
n
»
9:
50
»»
»
1»
9: 61,38
II
n
n
10:
87,50
n
II
>»
10: 46
II
»f
n
11:
25
»
I»
11: 30^67
II
>) Bleibt die Gesamthöho der Scheibe, wie bisher, 170 cm, so wird
also der oberste und unterste Tlü 1« - I^Jn^es 1 nieht mehr auf der Scheibe
erscheinen, was jedoch nicht ins Gewicht fällt.
%*
Digitized by Google
84
Zur SchieftwuMdmig dar lofintoiie.
Die EinfabniDg derartiger Scheiben wlirde eine Erldchtemog
für den Anftoger bedeoten, welche idedemm eine Sftcigemng der
Anfordemagen, wenigstens gewisser ubnngen, wie der der 1. nnd
besondereD SohielhUaBae, erlauben könnte. Eine noch feinere Diffe-
renderong in den Bedingongen Heise sidi dueb aosscfalieisliehe Yer*
Wendung der Bing- pp. Scheiben zn 24» statt zn 12 Bingen er-
reichen.
Wenn ich nan eioe solche Erleicbtening fUr den AnfUnger
empfehle, so bin ich weit davon entfernt, die ans den Grdlsenver-
hältnissen der Streuungshilder entwickelten Grundsätze anch auf die
Übungen gegen die Sektionsscheiben in Anwendung zn bringen.
Zwar liegt, wie Fig. 1 zeigt, keine der Strpnnngen 400, 50<) und
600 m ganz innerhalb des Qnerbandes 2 der betreffenden Sektions-
scheibe; möglieh ist es also, dafs ein Hann ohne eigene Sehold si ine
Übun^ gegen eine solche Scheibe nicht erfüllt. Hau moJs aber
folgendes in Rechnung idehen:
Der Mann, der bis zu den Übungen gegen Sektionsscheibe vor-
g:osehritten ist, kann nicht mehr als Anfänger bezeichnet werden; er
kennt seine und seines Gewehrs Leistunsrsfähip^keit und ist nicht
^rleich entmutigt, wenn der erste Schufs tnilsliugt. Sodann ist es wohl
eine Seltenheit, dafs* bei nur ."j Schuls einer wirklich den hooht^ten
Punkt des Streuungsbildes errfiebt und gleichzeitiL' ein anderer den
kürzesten, vielmehr sitzen bei iilt ichbleibendeni Haltepunkt rim so
kleine Zahl von Schtlsscn meist ziemlich nahe zugannmii. 1 nd
endlich bilden doch, wie schon früher erwähnt,') die Übungen gegen
die Sektionsscheiben den Übergang zum Sehiefsen gegen gefechts-
mälsige Ziele^ und der Schüti:e mufs in fiiw Lagt versetzt werden,
wo er sich sagt: der einzelne Schuls kann Milscrfolg haben, trotz
tadelloser Tätigkeit des Schützen — , um so besser muLs der nächste
sein! Also Selbstkorrektiir!
Die Erfahrung lehrt ja auch, dals die Übungen gegen die
Sektionsscheiben meist von den Leuten als nicht besonders schwierig
empfunden werden. An sich ist das kein Nachteil, vielleicht sogar
vom psychologischen Standpunkte aus ein gewisser Vorteil: die
tlbungen auf 150 bis 30Ü m haben dem Schtltzen nicht un wesent-
liche Schwierigkeiten gemacht: Jetzt tritt ihm ein beinahe gefechts-
mälisiges Ziel in der Sektionssclicibe entgegen, dessen Best'hiefsung
ihm wenig Schwierigkeiten macht; die natürliche Folge ist eine
Stärkung deb \ ertrauens zur W&de und zn sich selbst, welche nur
von Vorteil sein kann.
1/ Jahrbücher, Heft 088, S. 126.
Digitized by Google
Zar SeldeAaiMbildiiiig der InfBaterie.
86
läne wesentiiohe Andenmgf der Sektionsseli^beo 400» 500 und
600 halte ieh also flii niebt aiigebraebt, trote der erwähnten Streu-
ongaveihiltaiiMe. Nor aaf die von mir vorgesehlageDe anderweite
Beaemitiiicf der QuerbSiideri) — lUmiioh befürwortet vom Ver&ner
▼on „Lehraehieben — SeholacbietBen" aof S. 188 der genannten
Nummer der JahrbQeher — sei aach hier nochmals bbgewieaen.
VoraassetzQDg hierbei ist, dafs an dem GnindBata fea%e-
halten wird, den ieh an den Beginn dieses Aafsatzea stellte: dals
nämlich wirkliches Ponktschielsen in den Schalttbongen der Infan-
terie nnr bis einschliefslich 200 m betrieben, also nnr bis aal diese
Entfernung eine Mindestleistoag des einzelnen Scbasses verlangt wird.
£iner späteren Untersachong darf es Torbebalten bleiben, das Ftlr
nad Wider zu diesem Onmdsata g^neinander absnwligen.
Auge und Visiereinnolituiig.
Das mensohliohe Auge akkomodiert sieh der Entfemnngf aof
die es ^en Gegenstand sieht» d« h. die Linse nimmt je nach der
Entfemnng verschiedene Krttmmnng und hiennit verschiedene Breoh-
QDgsfäbigkeit ftlr liohtstrahlen an. Nnr diejenigen Strahlen, welche
ans der Eotferaang kommen, auf die das Ange gerade akkomodiert
ist, vereinigen sich an! der Netzhaut za Punkten, erzeugen also
ein seharfes Bild, während alle anderen anf der Netzhaut Kreise
bilden, sogenannte Zerstreoungskreise, die versebwommene Bilder
geben. Beim Zielen akkomodiert sich das Ange mit dem Ziel, also
müssen Korn ond Visier in Zerstreuungskreiseu erscheinen.
Nun besteht das Zielen dario, dafs man das scharfe Bild des
Haltepunktes mit den Mittelpunkten der von Visier nnd Korn ge-
bildeten Zerstreuungskreisp tut Deckung bringt. Diese Tätigkeit
wird um so schwieriger sein, je ungünstiger die Visiereinrichtung zu
diesem Zwecke gestaltet ist. Je weiter das Visier vom Auge entfernt
je näher dem Korn es steht, um so mehr werden die von Visier und
Korn gl' bildeten Zerstreuungskreise an Grölse sich einander näh&m,
ihre Deckung im Auge also eilt ii hteit werden.
Durch ein rerscbiebbares Visier, \\tlehesje nach der Seh-
scbärie des Mannes weiter vor- oder zurückgestellt werden konnte,
wären wesentliche Vorteile für das Zielen wohl zu erreichen; aber
diese Einrichtung, welche meines Wissens schon an Jagdwaffen er-
probt worden i^^t, eignet sich ans technischen, Ausbildunt.rs- uiul Vei-
waitungsriicksichten wohl kaum fUr Kriegswaffen. Wohl aber Heise
») A. a. 0.
Digitized by Google
86
Zur SehiaftaiMbikUmg dar Infiuiftecie.
sich durch eine andere Gestalt des Kornes, welche, wenn auch
der Zerstreuongskreis nicht zu beseitigen ist, doch eine intensivere
Einwirkung auf die Netzhaut hervorbringt, und hiermit korrespon-
dierend der Kimme des Visiers ein günstigerer Apparat zum genauen
Zielen, ganz besonders bei ungünstiger Beleachtong schaffen. Bild 1
stellt eine solche Visierung dar.^)
\
Unser spitKs Koni wbd sehr sehnell blank: belle Belenobtang
Teranlalst aebon anf 800 m Ztelfebler Ton 90 — 60 ein naeb der Hobe,
ja, bei Leuten ebne bitenaive Obong — der Mebnabl nnserer Sebllteen
im EmstfaU, — noob mebr. Ant den gro&en BnHenuingen, anf
1) Diese Gtestaltiuig der Visiereinrichtung wurde von einem Herrn meines
I^e^iments an (»inem Jagdgewehr und einer Scheibenbüchso, von mir an
einer alten JägerbüchBe 71 ausprobiert. Übrigens ist die Konstruktion nicht
neu: man kann sie an Gewehren (auch Kriegs waffen) früiierer Jahrhunderte
oft genug aeben. Jedoch hatte sie damals, wo vom miUtlrisoben Pnakt-
sciiielben, wie wir es kennen, noch keine Bede war, nicht viel xu bodeoten.
Zar SoliieÜiimBbIkkmg der Infuteiie.
87
denen wir heutzutage das Gefecht eröfliien, veranlassen solche
Fehler ein Übersohielsen des Zieles am mehrere Meter oder (in
Kury.sebiefsen um < ine heträchtliehe Strecke: das beste Schätzen
und Messen der EntierQuniron hilft nichts, erst die so sohwierige
Beobachtung des Zieles bringt die K,orrektar, nnd kostbare Zeit geht
im Gefecht verloren.
BUd 2.
Aber aaob bei gtlDstiger Beleaohtoog ist es sebwieriger, einen
Funkt — denn das ist doeb onseie, wenn nncb nicht sehr sebarfe Koni*
spitn, — riebtig anf das Ziel einsostellen, als einen brelteien Gegen-
stand, wie B. B. das Eoin nnseres Bildes 1. Das Bild des Zieles,
anf welobes das Ange akkomodiert ist nnd daqenige des Yisier-
kanuns dnnb seine Massigkeit bebeirschen di« Netsbaut zn sehr im
Yerbilltais va der sarten Komspitae. Bin breites Korn wird es also
dem Ango ftlblbarer maoben, wenn die Einstellnng falseh ist» als
ein spMses. Vollkoxn, Feinkorn, geklemmtes Korn wirkt im Ange
des SchtttBen bei dieser Konstruktion geradesn beleidigend , vgl.
Digitized by Google
88
ümsolutL
Bild 2. Auch der schlechte Schütze erkennt dies, und zwar leichter,
als beim spitzen Korn. Ich halte es bei dieser Visiemng für aus-
«reschlossen, dafs gvohe Zielfehler gemacht werden, selbst bei nu-
günstiger Beleuchtung, Meine Versuche bestätigen es. Da« Bild,
der Reiz auf die Netzhaat, ist eben beim breiten Korn btiirker, so
dals er gegen den Reiz, den Ziel- and Visierkamm ausüben, nicht zu
sehr znrttcktritt und der Nachteil der Zerstreunngskreise aul diese
Weise wenigstens einigennalsen wettgemacht wird.
Nicht unerwähnt darf bleiben, dnls diese Konstruklion wider-
standsfähiger und nicht teurer sein durfte als die jetzt gebräuchliche.
Die Schärfe des Zielens, um auch dies uoch zu streifen, hängt übrigens
durchaus nicht von der Feinheit des Kornes ab. Man kann mit
einem oben breiten Korn, eben seiiu r grölseren Deutlichkeit halber,
eben so scbjirf, wenn nicht schärfer zielen, wie mit einem spitzen,
and der Grundsatz, Punktschielsen zu lehren, braucht durch die
vorgeschlagene Visiereinrlohtiuig keineswegs Eiobnlse za leiden. VO0
diesem Grandiatz durften wir aber aiieli oline Sohadea für die Äna-
bildnng niemals abgeliai.
VI.
Umschau.
Deotsolilaiid.
in dem Anlsehen and Befremden za gleichen Teilen erregenden
Aofsatae „Einiges aar Anfklttrang ttber Rolirrttoklanf and
Panser<* (Milttär-Wocbenblatt 10 and 11, 1908} war hinsielidieli der
fianxOslBohen Armee behanptet^ »die kleinstoo Lente sollen ftlr die
FeldartiUerie aa^gehoben werden, nm mOgBchst Sohata hinter dem
Material an finden'' (8p. 820). In einem merkwürdigen Widerqimeh
mit dieser fiesümmnng» die weder doreh Loebells Jabresberiehte, noeb
dnreb Irgend eine anderweitig liekanat gewordene VerOffentUobnng
bestätigt wird, steht eine im Oktoberbeft der Bevae d'artilleiie mit-
geteilte Verftigong des Kriegsministeriams vom 8. September 1908,.
welche festsetat, daia das Mindestmaß fOr die in fahrenden.
Digitized by Google
UmMliMi.
89
Batterien em/.iistelleuden Freiwilligen 1,60 ni. lilr die /um Tel!
ebenfalls mit Schutzschilden verseheDen reitenden Hattciieu so^'ar
1,66 m betiHL't n müsse. Nur fUr die Leute, dif als Handwerker
Verwendung linden, darf unter dieses Malß heruntergegangen
werden. Bekanntlich ist das Mindestmafa, mit dem die Ke-
krnten in Frankreich ( iniXL^tf llt werden, 1,54 m, wenigstens für die
Infanterie. Em Maximalmals für die einzostellenden Freiwilligen
ist in jener Verfilmung- nicht vorgesehen Bemerkenswert ist. dafs
d\v--i' Festsel/.uiig über die Minini a l i^rulse der Artilleristen zum
t r-tfTi Male im Jahre IDO'J gegeben ist; die kriegsministerielle Ver-
tagung vom Jahre 1!K)I, welche die Einstellung der Freiwiiiigen
regelt, enthält noch keine Festsetzung über die Grökeumalse.
Wenn der Verfasser des in Hede stehenden Aufsatzes im Militär-
Wochenblatt nicht die Quelle angibt, aus der er seine Mittel! uu-
geschupft liat, su niuls angenommen werden, dafs er statt Mmimum
gelesen hat ^Maximum'', was dann aikidiügs die Zuverlässigkeit
seiner Angaben in keinem vorteilhalteu Lichte erscheinen lassen würde.
Pmikx6ioli.
Das aoterm 4. September 1902 genehmigte £xeriier- Das neue
Reglement fttr die Gebirgs-Artillerle hat eine «hnliobe Ein- ^^^^^nt
teilvng, wie dai Beglenent der FeldaifOleiie, nnd pabt deb ihm der;Gebirgs-
nach M5gUQbkeit an. Der L Teil (mehr innktischer Natnr) nnfafst: »rtiUerie.
Die allgemeinen Onmdlagen der Anabildung, die Ansbildnng an Fnlh,
die artilleiistiaebe Avsidldnng, die Führung nnd die Beladung der
Maultiere, das Bxenieren der anf ManMere verladenen Batterien, den
Dienst im Felde, Paraden etc. Der II. Teil (mehr theoretifleb)
enthält: Allgem^nea, die tragbaren Waffen, Material der Artillerie,
Klebten und Sebieben, Anebüdnng and Pflege der Tiere, Besebirmng,
Felddienat.
Die Gebirgskanone Modell 1878 ist in ihrer Einriehtang
Sbnlieh der Feldkanone Modell 1877; sie hat keine Neakonstmktion
eifabren. Der Kaliber ist bei beiden 80 mm.
Die Oebhrgakanone ist zerlegbar nnd besteht ans dem Rohr,
der zweiteiligen Lafette, die ans dem Stirnleil nnd dem
Schwan steil gebildet wurd, den Rädern nnd der Gabeldeichsel.
Das GesehlltB kann gefahren oder getragen werden. Im letzteren
FaUe trägt dn Manltier das Bohr, eins den Stimteil der Lsfette,
eins aogldeb den Schwanzteil, die Räder nnd die Gabeldeichsel.
Das Bohr ist ans Stahl nnd hat die Bingkonstmktion, den
SehnnbenYerschlnlb de Bange, mit plastischer Lidemng, seitlieher
Digitized by Google
-90
Unudiaa.
Visierlinie, Rohrlänge 15 Kaliber, Kobrerewicht 105 kg. Die Lafette
besteht ans Stahlblech. Der Stimteil hat ein Gewicht von 112 kir.
der Schwaiiztt il von :U kg, beide werden zum Fahren nnd Schieläeu
dnrch Scbliefse und Docke verbunden, die Kader wiej^en 54 kg,
die Gabeldeichsel 19 kg. Zum Transport der Mnnition, Werk-
zeutr etc. dienen Kasten, welche auf Maultieren fortgebracht werden,
ebentso die Gebirgssclimiede, an Fahrzeugen hat mau Faok- und
Lebeusmittclw agen.
Die Geschosse sind: 1. das Schrapnell mit Dopp elzttnder,
ein Riüghoblgescbors (obus ä balles), an dessen Stelle auch ein
Schrapnell mit Vorderkammer (obus ä mitraille) treten kann, Gewicht
H,3 bezw. (>,D kg; 2. die Langgranate mit Aufschlagzünder, hat
Menilit-, oder Cresylit als Sprengladung: 3. die Kartätsche. Die
Ladung von 125 g besteht aus rauchlot.em i*alver (BCNL) in einem
verhrennbaren Beutel. Als Ztuidung dient die Reibseh lagröhre.
Zur Munition gehört norh die Signalrakete (mit Stab). Die
Munitionskasten nehmen 7 Schrapnells bezw. Langgranaten,
R bezw. 7 Kartätschen, 10 Schlagrühren auf, Gewicht (iH kg. Die
afrikanischen Gebirgsbatterieu haben besondere Kasten fUr
8 Kartätschen.
Zu den Richtmitteln gehören : a) Der Richtbogen Modell 1900,
(nlveau), der ftir den Oeländewinkel einen in 300 gleiche Teile
geteilten Kreis, für die Entferoung einer solchen von 0 bis 3900
enthält; b) der Kiehtkreis (goniomötre), dessen Platte (plateaui
in 4 Quadranten geteiJt iit^ jede mit 10 Teilungen von 0, 100,
'200 .... 90O, welehe die Tmendstel des ViertelkiriseB angeben.
Dazu gehört ein Visierfemrohr (eollimatenr) mit Waise (tambonr),
•die 100 Teilstriehe hat, von 10 sn 10 beseiehnet; g) der Mefsstah
(rögrlette de diieetion) aas Hole sam Ermitteln der Seitenve^
sehiebnng beim Biohten anft Hülbsiele; d) das Baiteriefernrohr,
mit dem sieh Seiten- nnd HOhenabwetcfanngen messen lassen; es UÜht
sieb «rie der Riehftreis gebranehen. Die ZUnderstellmasehlne
(döboQcboir) hat dieselbe Bestimmung und fiinriobtnng, wie beim
Feldgesehttti.
Die Tragesttttel (bäts) sind in 3 TersohiedeDen Modellen vor-
banden: solebe ittr das GeBobtttBrohr, lllr die Laifettei ftr die Kasten.
Man bat aneh Tiagesältel znm Transport von Verwimdeten oder
Kranken (oaoolels).
Die tragbaren Waffen nmiassen: den Karabiner mit
däbelbajonett, den Beyolrer nnd den SäbeL Der Karabiner
(monsqneton) ist fflr Paketladang eingerichtet die Patronen werden
zu je drei in ebiem Babmen rereinigt, eingebraehl.
Digitized by Google
UiMehttL
91
Die Bedienung des f'TeschUtzes wird durch 4 Kanoniere
bewirkt: der Riehtkanonier bedient den Verscbluls, setzt die
Ladung ein, handhabt den lünhtkreis und richtet das Geschütz, der
Schielskauunier handhaht di n Klchtbo^en, setzt die Zündung ein
und feuert ab, der Hilfsrichter erteilt die grobe .Seitenrichtnng,
der Munition skanonier versorgt das Geschütz mit Schiefsbedarf.
An dem Mnnitionskasten belindet sich der Zünderstcl lor, welcher
die Zünderstellmaachine bedient und der Zuträger, welcher die
Munition ans dem Kasten entDiumit, die Stellmaschine versorgt und
die Munition an den Munitionskanonit r weitergibt.
Zum iiemmen des Geschützes beim Schielsen dient die
Nah enreibungs bremse, welche von dem Rieht- und dem Schieis-
kanonier bedient wird. Di« S( iteiirichtung wird mit dem Uicbtkjreis,
die liühenriohtung mit dem iüchtbogen genommen.
Zwei GeaehUt/e bilden einen Zu^, der von einem Leutnant
geführt wird. Das (»eacliüt/, hat 2 Munitionskasten; beim Schiefeen
werden beide Geschütze des Zu^^es durch die Kasten eines einzigen
Geschützes versorgt, ein ZUndersteller genügt ebenialls llir den Zug.
Gewühulich wird die Munitionsversorgung vom Geschütz links aus-
geführt, das Geschütz rechta lälst dann die Kasten zur weitereu
Versorgung aus der Munitionsstaffel heranschaffen.
Bei gröfseren Veränderungen der Stellung des Geschützes wird
die Gabeldeichsel angemacht und Rieht- und Schiefekanonier ziehen
di8 Gesehtttz mit den Brostriemen. — Beim Schieflien wird das
Gesdittte, weKches Bttoklanf bat, nachdem ee enthemmt ist, vom
Rieht« ond SebtefakanoDier an den Bttden, vom HilfiKiAler mm
LafettenseliwamE irieder in die SteUnng gebracht, beim Kartitoeh-
eeliuls kann dies unterbleiben.
Beim feststehenden Ziel wird unterschieden;
1. Schuls luit Aufschlagzünder, bei dem nur Geländewinkel
und Entfernung in Betracht kommen.
2. Schufs mit Brennzünder, bei dem noch die Brennlänge
hinzukommt. In beiden Fällen kOnnen mehrere Schüsse hinter-
einander ohne besonderes Komaiando abgegeben werden.
3. Streuschuls (der Tiefe nach, tir progressif), bei dem 3 Salven
oder Kafalen') von Je 2 Schuls hinte reinander abgegeben werden,
um Je lOU m auseinanderliegeud, mit der kürzesten beginnend,
wobei die Zünderstellung die gleiche bleibt.
Gegen bewegliche Ziele hat man die Sebnlsarten onter L und
Die Salve entspricht dem, was wir Lage nennen; bei der Rafale
wird keine Reihenfolge beobachtet
Digitized by Google
92
UoMChia.
2. und ;i. den Kartätschschuls. der mit der K;irt;itsrhr oder mit
dem auf 0 gestellten obus ä mitraille abgegeben werden kann.
£iDe Batterie besteht ans 3 ZUgen und wird von einem Haopt^
mann kommandiert Der Hauptmann leitet das Feuer; er muSs
auf sorgfältige Beobachtung der Schüsse und auf schleunige Aus-
führung seiner Kommandos halten. Die Zugführer sorgen fUr
Ruhe und Sorgfalt bei der Bedienung, sie tlberwaehen die Hand-
habuLfr der ZUnderstelimaschine und kommandieren das Feuer ihres
Zuges beim Kinsehiefspn. Grundsätzlich haben sie die Seiten richtung-
und die Spn'ni:h(ihrii /.u regeln. Die Gesch ii t zt'ü h mr tÜMTwachen-
ilie Bedieiiunii ihrer GesehUtze, kontrollieren die ursprüngliche
Kichtuiiu^ uml späteren Änderungen an den Kh nuMiten des Schiei'sens,
sie sorgen für die Sicherheit des Ladens und Abfeuems. Der
Feuerwerker (sous-chef d'artificier) überwacht die Ausgabe des
Schiefsbedarfs und sorgt für rechtzeitige Ergäuzoug aus der Staffel
und für das Fortschaffen der leeren Kasten.
Die Anfangrs-Eleniente des ISehiffscus sind:
1. die Schuisweiie, welche von der llöheuriilitim^ ;ii)h;injrt;
2. die Linie des bcbusses, welche doroh die Öeiteorichtuug^
bedingt wird;
3. die Spreng ho he. welche vom Offnen des Brandlochs des
Zünders (debouchage) und von der Stelloog des Schiebers
(correcteur) der Stellmascliine abhäjigt.
Zur Wiedergabe der Sehiefsvorschrift, die hierauf folgt, fehlt
uns der Raum; sie deckt sich in vielem mit der der Feldkanone.
Wir beschränken uns auf wenige ^Vngaben.
Beim Richten wird auch hier unterschieden: 1. mit gemein-
samem Richtpunkt (pointage collectif), 2, mit verseil iedenen
Richtpunkten (pointage indiTidael).
Bei der Salve (der Lage bei uns entsprechend) sind 1 bis
2 Sekunden Schulsiutenall; die Rafale, die Gesamtheit der
Schusse einer Batterie mit gleichem Aufsatz, ohne bestimmte
Ordnang abgegeben, aber mit mehr als 1 Sebofs per GesohOtz,
entspriebi dem anis htfebste getriebenen SehneUfener.
Jedes kriegsmäldge Scbielsen serfült in das Einsehiefsen
nnd in das Wirknngssebielsen. Beim Einsehiefsen handelt es
sieh nm die Distanz, welefae als Aosgangspunlst des Wirknngsschielsens
dienen soli^ nm die SeitenTerschieboog jedes einzelnen Geschttircs
(d^Ye), sowie nm Regelung der Sprenf^öhe.
W&htend des Einsehielseas erfolgen Zngsaken; der Hauptmann
kann einem Zog besonders die Regelung der SprengbOhe llbertrsgen.
Digitized by Google
Umaeliiu.
93
Die Kei^olung: der Schulsweite erfolgt im allg:emeiueu mit Aotsehlag-
«chflssen, sonst mit BrennzUndersehüBsen niedris2:en Sprengpunkts.
Das W i r k ü n fr s ^ b i e f s e n erfolgt mit allen Geschützen einer
Batterie. Es muls in allen P'ällen mit gröfstmö'rlieher Feuer-
geschwindigkeit ausgeführt werden, ohne daf« die Genauigkeit leidet.
Der Streuj^t hufs (tir ef>lleetin wird ;itii;i wandt, wenn es
vorteilhaft ist, das Einschielseii abzukiir/A u. den Keind in der ganzen
Tiefe seiner Anfstellung zu fassen, die Irrtümer zu vermeiden, welche
f-ntstehen. wenn das Ziel uni^eiiiigend sichtbar ist, wenn es seine
bteliüug verändert und wenn die Front gebrochen ist.
Der Sehuis mit einerlei Aufsatz (tir sor hausse uuique)
sviid angewandt gegen tote Ziele, gegen dUnne Linien, wenn man
Zeit iiat, eine enge Oahfl zn ersehieisen, endlich gegen Ziele in
Bewegung, weuu mau sie beim Dorchgaug durch einen bestimmten
Punkt fai>sen will.
Endlich steht noch zu hemerkcu, dais das Ueglemeut keinen
Schuls mit Wechseln (faueher) anfuhrt. Es hängt dies mit dem
Fehlen der Seitenrichtmaschine beim GebirgsgesehUtz zusammen.
In dem Abschnitt ttber F'Uhrung und Beladung der Maul-
tiere heifst es, dals zu jedem Maultier eiu Fuhrerkanonier gehört
(('ajionniei cuiidueteur muletier). Zum Beladen etc. müssen sich
immer 2 Führer zusammentun. Zur Beladung Uaim auch unter
Umständen das Gepäck der Leute kommen. — Wo Stralken sind,
wird das Geschütz gefahren; das Maultier mit den ilädera geht dann
in der Gabeldeichsel, diis mit der Lafette ist davor gespannt. Die
betreffenden Führer gehen neben ihren Tieren. Das Maultier [Urs
Rohr wird mit den Tornistern der Kanoniere beladen.
Als Kegel gilt die getragene Batterie und dafUr ist auch
das Exerzieren berechnet. Die Mittel zum Kommandieren sind
Zeichen (gestes), die Stimme, Blasinstrumente, Meldereiter (agents de
liawon). Bei einer ausgebildeten Batterie macht man vorherrschend
von Zeieiieii (Sebranch, in jedem Falle cur Ergänzung der Stimme.
Der Zug in der getragenen Batterie setzt sich zusammen aos
2 GtsebUtzen, jedes mit 2 Manitionskasteii und 4 Maoltierea. In der
BatteriesteUnng haben die GeeebtllKe 7 n Zwisehenranm nnteninander.
Die Scbiefsbatterie (batterie de tir)^ dnreb einen Hanpfanann
befehligt, hat 3 Züge, der 1. wird dnreb den 1. Leotnaot, der 3.
dnrob den 2. Lentnaat, der 2. dnreh den Adjutanten oder den Unter-
lentoant der Besme gefhhrt. Die Batterie bat einen Oberwaebt-
meiater (maieobal des legis chef), welcher die Manltierkoionne
eeUielst^ ebnen Feuerwerker (somhobef artificier) zor Mnnltions'
Tersofgnng, einen Trompeter nnd einen Trupp TOn 3 Bedlennnga-
Digitized by Google
94
Umobaa.
leateo für das Batteriefernrobr und den Eotfenmngsmesser. Die-
Zttge üDtereioaDder in der Batterie haben 7 m Zwischenraam.
Das Personal der Kriegsbatterie ist in 6 GescbUtz^Uge
fpelotons de piece) geteilt, wir nennen es Geschütze". Jedes
Geschütz in diesem Sinne ist darch einen Wachtnuister {maröehai
des logis) liefrhligt, mit 1 oder 2 Bombardieren (brigadiers). Jedes
der sechs umfalst das eigentliche Geschütz, Mnnition*;k asten und
Vorratssachen; das 1. und n. Gesehnt/ trap-en das Werk/i ut:, das G.
aulserdem die Gebirgsschmiede, Meuscheu- und Pferdemedizink;iaten,
Lebensmittel und Gepäck. Das erste Geschütz bespannt die 3 Wagpen,.
Der Adjntant bleibt zur Verfügung des Hauptmanns.
Aulser den Offizieren hat die Kr itg.sbatterie au Personal:
I Adjutanten. 1 Hilfsar/.t, l Oberwacbtmeister, 10 Wachtmeister.
1 Feuerwerker, 2 Quartiernieister (fourriers), 10 Bombardiere.
6 Munitionsgefreite (artificiers), 3 Trompeter, 2 Eisen-, 2 Holz-
arbeiter, 2 Snttier, 1 Knrschroied, 2 HUlfsschmiede, 1 Lazarett-
gehilfen, 4 Krankenträger, 60 Bedienuugskanoniere, 86 Maultierführer,
5 Fuhrerordonnanzen, im ganzen 200 Mann. An Tieren sind im
ganzen: 0 Oftizierpferde, 7 andere iiiitplerde, 6 Zugpferd*-, ins-
gesamt 19 Pferde und SU Maultiere.
Für Marsch und (iefecht teilt sich die Batterie in die Getechts-
batterie und den Regimentstraiu (grofse Bagage); die Gefechts-
batterie zerfällt wieder in die Schielsbatter ie und in die
Oefeobtsstaffel; letztere unter dem Adjutanten.
Die gewObnliehe Marschformation ist die Kolonoe so Einem;
kommeD anapahmgwdae breitere Strafeenxtlge vor, so kann maa
anoh in Zngkotonnen mit der Brdte angepafoten Zwisehenrttanen
maraeUeren.
Ea wird grolser Wert auf Torherige Erkandnng der Feaer-
stellnng gelegt, die Batterie kann inswisolien eine Erwartnngs-
Btettiing einnelunen (poeition d'atkente). — Bei Überrasehnngen in
der Marsehformatioo ist dae Material seUennigst abzniadeo, die*
Maultiere maoben die Strabe frei and das Feuer wird nnmittelbar
eröffnet.
So lange man nieht die Fenerltberlegenheit erlangt hat, mnlSi-
niaa den Maultieren eine gesicherte Stellung anweisen, die aber
nidit weiter als 3 Minuten Ton der Batterie entfernt sein darf und
auf der am wenigsten bedrohten Flanke liegen soll. Die Munitions*
staM soll hOeliatens 6 Iflnnlen too der Batterie entfernt und seit-
wärts der Strabe stehen.
Besondere Formen fttr die Abteilnng (groupe) bestehen nicht;,
stehen mehrere Batterien unter einem StabsolBxier, so befehligt
^ kjui^uo i.y Google
UnMiitQ.
95
dieser die Abteilung durob Meidereiter (agento de liaison) aod durch
ane^grebenf! Befphlp.
Auf den letztfn Air uns interessanten Titel des 1. Teils „Dienst
der Gebirir^^arti liehe im Felde" kommeo wir bei nächster Ge-
legenheit zurück. Schott.
Ungeachtet der bis jetzt konsequent beobachteten Zurückhaltung Gewichte
hinsichtlich der Zahlenangaben über die Feldkanone sickert doch ^ifii^oneif
hin und wieder etwas durch. Diesmal ist es, wie schon einmal M.. 1897,
hinsichtlich der Stärke der Schutzschilde, die France niilitaire**.
welche eine Auskunft gibt, die den Stt^mpel der Wjihrscheinlichkeit
trä^rt. In der No. 50r?9 hpilst es etwa wie folgt: ,,Es ist in
Deutschland Mode prewordcn, unspru Feldgeschützen ihr übertriebenes
Gewicht vorzuwerfen, das jedeufa!!:« viel höher sei als das der
(i( utsehen. Nun wiegt unser Geschütz mit Rttcklaufbremse und
Schild ein wenig mehr als ISOO kg, das deutsche, welches bei
gleichem (?) Kaliber jener Einrü htun-i n fiitbehrt. 1720 k'j Will
man nun das deutsche Geschütz, soweit es iiir^'lic'h ist. mutleniisieien,
S(» wird es, durch Schilde und Mechanismus, schlecht gerechnet, um
jene 80 kg Unterschied schwerer. Worin besteht also nachdem, so
ist erlaubt zu fragen, jem bedeutende Mehrgewicht, von dem unsere
Nachbarn so gerne reden?"
Hierzu ist nun zu bemerken, dals es sich um das Fahrzeug-
gewicht handelt, also die Protzmunition eine Rolle spielt. Wir
haben 36, die Franzosen nur 24 Sehuis in der Protze, letztere also
12 weniger. Bei ebenso gi j ingei .VusrOstnng würde unser Geschütz
noch um etwa 8 • 12 — 9() kg leichter. Wir würden dann, auch
mit Schilden und Mechanismus, doch wieder ein ahuschulicb
geringeres Gewicht haben.
Nun bezieht sich aber der Vorwurf gegen das französische Wechsel
Xaterial kanptsScblieh auf das abgeprotzte oder fenenide Geschütz, ^e^orpt
Jene 1820 kg zugrunde gelegt, ergäbe sieh dieses durch Almehen in Moat-
dee Gewiehts der Protie, das nicht genaa bekannt ist, in den P^^-
höchsten Angaben aber mit 640 kg Toikommi Danach blieben
1180 kg für das feuernde Gescbtttz» ein jedenfalls die Grenzen
des ZaUasIgen Hb ersteigend er Betrag.
Der kommandierende General des XVI. ArmeekoipB Division«-
general Pedoya hatte Ende November 1908 die Altersgrenze erreicht.
In sebe Stelle trat am 1. Dezember DiTisionsgeneral Maria Anton
Eduard Blancq, der bisher die 4. Infanterie-Division m Oompiigne
befehligt hatte. Am 14. Mai 1844 in Naj (Untere Pjrienäen)
geboren kam er 1864 als Unterlentnant zum 8. Znaven^Regiment^
Digitized by Google
^6
Uauohau.
bei welchem er als Leutoaiit in der Schlarht vdn Wörth (6. August
1870) verwundet wurde. iud( tu ihm ein Granatsplitter das rechte
Auge weg'nahni. In Gefangenschaft ^-ernten, gelang es ihm im
Dezember 1870 r.u entweichen. Kr nahm Dienste als Flauptmann
der 3. Marsch-Zuaven und beteiligte sieb au den letzten Operationen
der Übt iVrmec. Er kehrte dann wieder nach Algerien zurück, wo
er zu seinem alten Regiment kam. 1875 wurde er ans Algerien
als Bataillon&chef nach Europa zum Infanterie-Regiment 113 versetzt.
Später kommandierte er Doch das 16. Jäger-Bataillon and kam als
Obersflenfnnnt znm 88. Infanterie-RegimeDt, das er 1891 als Oberst
unter seinen Befehl erbieH. Als Bn^rade-Ctoneral batte er die
65. Infanteiie-Brigade in Agen. Da er nooh ttber 5 Jahre bis xnr
Altersgrenie hat^ so dürfte ihm noch eine Bemfhng in höhere
Stelinngeo werden. Sehott.
Armeeaus- Der Armeeansschnls der Kammer hat zu der Zeit, in weleher
2^'*^^^ der diesmonatliehe Bericht geselirieben wnrde, sebon die wiehtig«
DwoOiSt Artikel des 7om Senat angenommenen Textes des Gesetz-
entwürfe, betreffend die 2jährige Diensteeit dnrehberaten and
sieb in manchen semer Beschlttsse den VorsohUlgen des Berieht-
erstatten fttr das Eriegsbudget 1904 Manjan angeschlossen. Wenn
wir von den freilich an Zahl geringen Artikeln, in denen die Ent^
sobetdnng im Ausschufs noch nieht gefallen ist, ganz abseben,
wie z. B. bezüglich des Aufschubs des DiensteintrittSi ') so ergeben
die bisher gefafsten Beschlüsse des Armee-Aosschosses dnrch ihre
Abweichangen von dem Senatstexte und den bestimmt ausgesprochenen
Forderungen des Kriegsministers doch schon Reibungsflächen genag
zwischen Kamroerausschuls einerseits. Senatstext und Kriegsmiotster
andererseits. In einzelnen Fragen könnten, wenn das Plenam der Kammer
sich die Beschlüsse seines Armee-Ausschusses zu eigen machte, sogar
emstliche Konflikte entstehen, da General Andre naeb den im Senat ab-
gegebenen Erklärungen auf manche seiner als Kompensation für die
2jährige Dienstzeit bezeichneten Forderungen nicht wohl verzichten kann.
Wir greifen hier nur einige der wichtigsten Punkte heraus. Zu
diesen gehört der vom Armeeansschnfs, entgegen dem Senatstext
in kurzsichtiger Auffassung des Begritis der „Gleichheit all^r F'ran-
zosen vor dem Kekratierongsgesetz'' gefalste Bescbluls» daüs auch
^) WiUirend des Druck» i»t die Frage der EinfiteUuog vor dem dienst-
pflichtigen Alter abweichend von den Beschlllssen des Senats gelltet und
sind auch die Übergangsbestimmungen vom Armee-Ausiichidb der Eanmer
mit nicht unwesentlich«! Abweachungen vom Senatstexte angenommen.
Digitized by Google
UMahML
97
•4ie Sehttler von SiQrr aod der polytechuischen Schale, derNoimal-,
Zentral-, Font-, Bergschale, sowie der Schale fUr Chaussee- ond
BrückenbaiiteD, die bis Jetzt als aktive, beiw. Keserve-Offiziere in
'die Armee traten, vor der Heförderang siim Offizier 2 Jahre im
MauDBehaftsstaDde, als Gemeine, Korporale ond Unteroffiziere
dienen sollen. Darin liegt eineateüs eine Oefahr für den braach-
•baisten bisherigen Ersatz aD fieserveofliiieieii, da 4ie ZOglinge der
genannten Sohnlen nicht immer Lost zeigen werden, nach einem 2.
als (Jnleroffizier absolvierten Oiens^ahr anch noch die Übungen des
Reserveoffiziers auf sieh nehmen za wollen. Der Beschlals konnte andem-
teils aber auch za einer GMabr für das Ni?eaa der Allgemeinbildong
des aktiven Offizierkorps werden. Wenn man bedenkt, dals die Asf^-
ranten fUr St. Cyr and die polytechnische Schale 3 Jahre Vorbereitong
t^ür die AafiiahmeprUfnng braachen, dann 2 Jahre Dienstzeit im Mann^
Schaftsstande, sowie 2 Schuljahre zu absolvieren haben, Summa 7 Jahre,
so lipc-t es nahe, dafs die meisten es vorziehen werden, ohne die
hohen Anforderungen an Allgemeinwissen nach 2 — Bjähriger Dienst-
zeit in der Truppe sich als Unteroffizirrf znr Anfaahme in die zur
Heranbildung von Unteroffizieren /.n Offi/icrtMi bestimmten Schulen
von St Maixent, Saomur, Versailles zu melden und so rascher und
müheloser die Offiziergalons zu erwerben. Der Senatstext verlangte
bekanntlich nur l Jahr Dienstzeit in der Truppe vor Besuch der
Schult 11 Wt itei wird eine Keibung zwischen Kri» ^'sminister und
Kamnu I sehr leicht entstehen bei dem Besehlusse des Armee-Äus-
schubbes, /iigleich mit der Herabsetznng der Dienstzeit auch die beiden
Übungen der Ueservisten nnd die eine der Landwehr auf die Ilältte
der Dauer zu vermindern. Besonders stark sind die Oesrensätze
/wischen den Beschltlssen des Armee- Ausschusses der Kammer und
den Forderungen des Kriegsministers bei den Artikeln, welche Kapi-
talanten, Freiwillige mit einer Uber die gesetelich hinausgehende
Dienstverpflichtang sowie die ihnen zu gewährenden Vielseiten betreffen.
Es konnte nnr verständlich erscheinen, wenn General Andr6 bei den
Verhandlangeu im Senat daraut nachdrücklich hinwies, dals als
Kompensation ftir die 2jährige Dienstzeit ein zahlreiches, erfahrenes,
länger dienendes Ansbildnngsperaonal verlangt werden intisse. und
der Senat dieser Forderung beipflichtete, ja, in einer iiichtung noch
tiber das von Andre Verlaugte hinausging. Nach dem Senatstexte
sollen ^/^ des Sollstandes an Unteroffideren (75 ^/q) Kapitulanten
•sein and des Sollstandch) aa Korporalen. General -\udre hatte
die Hälfte der Korporale und Kapitulanteu nur hei der Kavallerie,
bei den übrigen Waffen '/s verlan^^ Nach den bisherigen Be-
. stimmongen durfte in den Kompagnien. Eskadrons, Batterien bei
JsMMi» fir Um JraMh« imm umd Vmim. K*. 38«. 7
Digitized by Google
98
den Unterstäben, Sektionen „hoT& niug" '/.^ (ier Luterotfiziere aus ■
Kapitulanten bestehen, total 70 ^j^ des SoilBtaudes, zusanimen 29500. .
Die Bescbltlsse des Kammer- Ausscliusses erlauhon nur des Total-
standes au ünteroftizicren aus Kapitulanteu, also \M\ sie rechuc«
dabei mit diesem Prozentsatz sogar als Maxim um, du Artikel 59
sa^ können erreicht werden, uicht mit eiuein l iximi. wie
der Senat. An Korporalen aus KapituiaiUen crlauhteii tiie Arnu-e-
Aasschals- Beschlüsse nur '/„ setzen also auch hier die Gebilieii im
Aasbiidoo^spersonal sehr wesentlich herab. Während nach dem
Senatstext 5°/o ünteroftizierkapitulanten mehr zu verzeichnen «gewesen
wären, 31 615, setzen die Beschlüsse des Arniee-Ausscbusises bie auf
4*/o weniger als bisher zulässig, 26 712, herab. Statt Vermehr-
ung der länjrer dienenden Unteroffiziere also Verminderung^
Was ein derartiger Auslali von 4908 länger tlieiienden rnteroffizieren
gegenüber dem Senatetext tUr die Anshildim^,: lici der in dieser notwen-
digen gesteigerten Arbeit bedeutet, das hrnucbt wohl hier nicht erst be-
wiesen zu werden. Die treibende Kratt lai die Änderung dieser Artikel
des Seuatstextes war Maujaü. Lr führte 2 Gründe t'Ur die Herabset/.utig
der vom Senat bewilligten Zahl von Ünteroftizierkapitulanten an.
1. sollen möglichst viele Unteruitizierätelien den Leuten erhalten
bleiben, die bisher nach Artikel 23 nach einem Jahr dispensiert wurden,
jetzt aber 2 Jahre zu dienen haben werden. Diese im 2. Dienstjahre zu
UoterofOzieren. beföcderteo Leute kann mao aber doeh nicht gut als
erfahrenes, länger dienendes AnsbildnngsperBoual betraehten» 2. «iU .
Haigaa au den bei 2jKfatjger DienstBeit unabweisbaren Mehrkosten
möglichst sparen. Die dnreb den Armee-Ansschnis bewirkten Ander-
ungen des Artikels 60 werden aneh nioht gerade zum Längerdienen
ermnnteni. Die neue Fassung des genannten Artikels will »war den
Uber die gesetdidie Zeit anter den Fakneu bleibenden Unterofli-
zieren und Korporalen der Kolonial» und Heimatannee eine dnreb einen
vom KriegsminisCer an entwerfenden Tarif festsnsetxende Soldzolage be-
willigen, den Gemeinen (deren 6000 mehr ttber 2 Jahre hinaos dienen <
solleo)^ aber nnr bei der Kolonial- und den berittenen Truppen der
Heimatannee^ nieht bei der Infanterie. Die Prämien, die dem xn längerer
Dienstseit sieb Verpfliehtendeo sogebüllgt werden, dürfen, während
diese anter den Waffen sind, nnr xa 7s aasgexahlt werden, was
man dne gate ISrtiehong som Sparen nennen mab. Wesentliche
Abweicbongen . v<»n Senatstext aod einige Härten bringt .die neoe
Fassong der Artikel 61— 6B. Der Senatstexl erlaabte Unterolfizieren
bisher mm 26. Diens^ahre im aktiven Dienst an bleiben dod dann
mit einer netten Pension anssaseheideu. Der Armee- Aussehuls will
nnr die „commissioa4e<', x. B. Begimentsscbneider, Schoster,
Digitized by Google
ObimIum.
99
WalTeuarbeiter über 15 Jahre hinaus im aktiven Dienst helasseu,
die übrigen Unteroffiziere setzt er mit dem 15. Dienstjahre anf die
Strafscj will allerdings nach lU bezw. 15 Dienstjahren eine soir.
„proportioneile Pension- iiewilligen. Diese Pensionszuweisung kann
man nicht als unklug bezeichnen, sie wird aber dem Staate /Jemlicb
hoch />u stehen kommen. Nach 10 Jahren erhält ein Unteroftizier
rund 300 Frs. Pension, die ihm (Artikel 69—71) auch neben den
Bezügen einer Zivilstelle bleiben und eine ^-anz nette Versorgung
ergeben, zumal der Ausscheidende dann auch noch die gesparten ^/^
seiner Prämie erhält. Büt 30 31 bezw. 35 — 36 Jahren sind die
Leute auch noch in der Yollkrait ihres Lebens und wohl imstande,
einen Zivilberuf einzuschlagen. Wenn der Amiee-Ansschars in späteren
SitziiDgL'n auf den Hinweis Berteaux" hin, dals iiian durch die vielen
Andcriingeu in Kapitel 3 und 4 (Vorteile für Kapitulanten, Zi\il-
stellen für dicsL j gegenüber dem i3euatstext das Scheitern des Ge-
setzes herbeiführen könnte, auch beschloiü, provisorisch die genannten
Kapitel in der Scuatsfassung anzunehmen, so bedeutet das wenij,'.
Bleiben doch die nicht zu diesen Kapiteln gehörenden Difiereuzeu
mit dem Eiiegsminister und dem Senat beateken, and bat doch der
AnssehtilB bes^ossea, in aeiiiea Beiiabt auteiiiebmeii, da& er auf
der Fiirderong der proporHoaelleii "Peadim naeb 10 Jabren nnd
seinem ZaUmigsmodna besteben werde and data, wemi er diese
Forderangen, am das Zostandekommen des Oesetiea Bicht aa bindern,
aaeb niebt aafnebme, nob doeb Toibebalte, in dnem sofort anssn-
arbeitenden Geselientwarf betreffend ErgKnanng des Kadres mit
ibnen so kommen.
Der Anssobnb bat also, wenigstens moraliseb, Kapitel $
nnd 4f aof welobe der Kriegsminister besonderen Wert legl^ ans
dem Gesetx losgelöst. Die Webrstener bat der Anssobnia
einstimmig naeb den VorsshUfgen Uaigan-Sabaterie angenommen^
der Kriegsminister soll rieb aber noeb Uber die xa veriangenden
finamieUen firtilige der Steoer inlsetn. Unter den besOglieb
der „Obergangsbestimmnngen*' gefalbten Besoblllssen des Armee-
Ansaebosses widerspfeoben mehrere aneb dem Senatstext nnd den
Fordemngen des Kriogsminiaters. Beeoblossen wurde n. a^ da(s
1. das' Geseti vom 1. Jannar naeb seiner Bekanntgabe in Kraft toeten
solle, 2. das nKebste Bekrotenkontingent naeb der Bekanntgabe sebon
am 1. Oktolier einmstellen sei, S. die Bestimmnngen des Titel IV
für die Kapitulanten sofort auch anf die 3 jährig-Freiwilligen (die
der Senat bis nur Einftlhrungdes Geseiaes noeb dem Gesetz von 1889
nnterworfen sehen wollte) Anwendung finden, dabei aber die Artikel
22 nnd 33 des QesetMS ron 1889 (Familienstataten nnd sog.inteHi-
7*
Digitized by Google
100
Umaohaa.
gente Elemente nach 1 Jahr zn dispensieren) noch bis zum Inkrafttreten
des neuen Gesetzes gelten sollen. Der Senat hatte bekanntlich be-
stimmt, dato die neuen BestimmnniJ^en flir Kapitulanten sofort gtlltig
seien, das Gesetz aber sonst erst 2 Jahre nach Bekaontgabe — und
«war vom 1. Januar nach Bekanntgabe rechnend, — in Wirkung
treten solle. Damit wurde dem Kriegsminister zwischen dem Grelten
der nenen Bestimmangen fttr Kapitulanten nnd Inwirkoogtreten des
Bestes des Gesetzes ein Zeitraum von fast 3 Jahren gegeben, der
ihm «jaoben flollte, festeastellen, ob die nenen Vergünstigungen fttr
Kapitalnrtea mgktMg genug seien, die erfoiderliobe grübeie Ztbl
von aolohen so aiebem. Das ist aber eine aebr wichtige F^e, in
welcher nach den BeBcblttssen dea AmsebiuseB nnn eine Vorprobe
nnmOglich ist. General Andr* igt eifrig bemttbt, gerade tOr die
ZivilTersorgung der länger dienenden Leute, die er mit Beeht
al8 das stttrlcste Zngmittel fllr LKagerdienende betrachtet, möglichst
▼iele Qoellen sn erseblielsen. Das beweisen die Vertrüge, die er
soeben nüt den 6 Privat bah ngesellschaften abgeschlossen nnd
swar auf Orond der Vorarbeiten durch eine gemischte Kommission. Die
Babngesellsohaften haben alle VorseMttge der gemiseblen Kommission
angenommen, sie sollen in Kraft treten, sobald die 2jfthrige Dieoetaeit
genehmigt worden ist Nach diesen Abmaehnngen wHiden die 6
Bahngesellschaften den Korporalen nnd Lenten, die roindestons
4 Jahre alLtiT dienten, die Hälfte ihres Bedarfs an Streokenarbeitem
mr Verfttgong stellen, freilich unter AnswaU der ftlr diese Zwecke
geeigneten Elemente. Sehr Wel bindender nnd giOlsere Garantien
bietend sind die Abmaehnngen beilli^ch der kapitoliert habenden
Unteroffisiere. Die Gesellschaften verpflichten sich, jllhilich ftir 260
Unteroffiziere, die 10 Jahre gedient haben, davon 4 Jahre mindestens
als Unteroffiziere» entsprechende Stellen, wie Schalterbeamte,
Schaffner, Revisoren, Listenftthrer usw. offen zu halten nnd die
Militäranwtltter bei Besetzung dieser Bollen tiberhaapt in die erste
Linie zu stelieti Die Militärverwaltung soll allein die Liste der
Anwärter auf die Zivilstellen bei den Bahngesellschaften anbtellen.
Die BahngesellscbafteD unterwerfen die Aspiranten einer Prttfnng
ihrer Eignung. Danach stellt dann (nach Artikel 10 des Bekm-
tierangsgesetzes) die obere Klassiemngskommission fOrZivilversorgang
die Reihenfolge auf die Liste der Anwärter fest nnd die Gesell-
schaften halten sich an diese Reihenfolge. Der Vertrag mit den
Bahngesellschaften mnfs als ein sehr beachtenswerter Erfolg des
Kriegsministers betrachtet werden.
]),,^ t>.'- ß^i t^^i" Heereserfordernis li)04, dessen Hauptzüge bei Be-
wiiiigU' spreohung des Berichts Marians schon im vorigen Bericht beleuchtet
Umsoliaia.
101
worden und da& mit wruigeu naten zu behandelnden And* rungeu Heereser-
die Biiligung der Kammer ^'^efunden, inufs auch auf eim-a anderen
Beriolit hingewiesen werden, der besiuuders die Mehrkosten
der 2jährifren Dienstzeit streitt, und einige Vorschläge zur Herab
uiioderung dieser Mehrausgaben macht. Wir meinen den Bericht
über das Gesamtbudget 1904 von Merlon. Er dürfte bei der Be-
ratung des Gesetze s, betreffend die 2jährige Dienstzeit im Plenum
der Kammer berührt werden, da er die Ansichten der Mehrheit des
AosschnsseH für die Beratung des Gesamtbudgets wiedergibt. Merlou
gebt mit seinen Vorschlägen zu Ersparnissen nicht so radikal vor,
wie Manjan und streicht vor allem nicht einen der im Senatstexte
bewilligten Kapitulanten, and nicht, wie Maigan, alle 4. Bataillone,
Der Bericht scheidet die Mehrausgaben, die darefa den vom Senat
angenommenen Text des Gesetzes, betreffend die 2jährige Dienstzeit,
in der Durchführung eintreten würden , in 2 grofse Kategorien
l. solche, die unmittelbar, d. h. slIiod in den Budgets der nächsten
5 Jahre steigend bemerkbar würden, 2. sulche, die erst nach Ablauf
von etwa 15 Jahren eintreten und nach 30 Jahren ihr Maximum erreichen
kttnaten. Die erstere Kategorie unterscheidet der Bericht wieder
In Forderaogen, die aaeh ohne die 2jäbrige Dienstzeit eintreten würden
und solebe, die omnltlelliare Felgen der Herabeetmiig der Dienstaseit
«ein mftsaen. Naeh den eft geSaiierten WUnsohen des Pariaments
— und bei der Beratoog des KriegsbndgetB in der Kammer ist bei
Kapitel Sanitätewesen eine Besolation (Nervals angenommen worden,
die Ar das nSehste BekmtenlLODtingent die fiinstellnng nicht wieder
im Noyember veriangt — würde man mit Rttektieht anf den SanitSls-
nsland der Armee nnbedingt dasn gekommen sein, die fiekmten schon
im Okiober einzustellen. Das Gesets, betreffend die äjUhrlge IHenst-
seit» Terlangt die Emstellnng in der Zeit vom 1. — 10. Oktober, Mehr-
kosten 8,8 Mlillonen. Die UntersHltnuig von büfBbedlIxfkigen Familien
7011 Etnbeerderten will der Berioht Air das 1. Jahr aach nicht anf
das Konto der 2jüirigen Dienstseit gesetst sehen, da diese sosiale
Mafonahme aneh bei der bisherigen einjährige Diensbeit der
FamilienstOtaen nötig geworden wttre. Unmittelbar dnieh die 2 jährige
Dienstseit wetden dagegen bedingt die UnteisttttKnng ftlr die Familien
im 2. Jahre, das fMr die FamilienstOtsen hinzutritt, die Malsnabmeu
ftr die Sicherstellang der Eadres an kapitulierende Unteroffiziere,
Korporale und Gemeine, die zusammen etwa 11,5 Millionen kosten
wurden, für die Vermehmng der eingeborenen Soldaten in Algerien
nnd die Bemonte-Reiter aas Kapitulanten (znsammen 2,2 Millionen).
Im ganzen beziffert der Bericht die unmittelbaren Mehrausgaben
auf etwas mehr als 31 Millionen, die bis anf la MUUonen durch
Digitized by Google
102
aodemeitige Enpamiflse im Kiiegsbodget, und dnidi die za vefor-
mierende bis wm 45. Lebensjahre ansiadeliiMiide Weh rate ner und
daxoh eine KiDdefloieiisteiier gedeekl weiden wlliden. Kategorie II,
mittelbare Aoagaben, erwaefasen ans PenaioDen ftr 6000 kapitn-
lierende Unteroffissiere mehr nnd solche ittr Eingeborene, die mnSehst
ea. 8,8 IflUionen eigeben würden. Deekuig der Hehransgaben er*
wartet der Berieht 1. von einer Verringerong der heotigen Dnroh-
sehnitlsistBtiCrlce. Das Bekmtenkontingent weide die vom Kriegs-
minister seiner Bereehnnng sogionde gelegte Dnrehsolmitliistitirke
von 210000 Mann niefat erreleben, da a) von 1907 ab die Ziffer
der in die BekmtiemngBstammrolle eingetragenen Lente nooh mehr
sbken werde, 2. die vom Parlament veranlabte sehsriere Prttfiing
der Masterongskommissionen auf DienstfiUdgkeit die Zahl der Dienst-
ttbigen pro Kontingent von 76®/, anf 66% herabsetsen werde.
Xaa mOsse daher ndt mindestens 24000 Mann weniger Dorehsidmitts*
stttrke rechnen, das ergibe 8,4 Millionen Ersparnis. Versehwinden
der Leatnants Aber den Etat 1,6 Millionen; vom Kriegsminister ge»
plante Mafsnabmen, wie Reform der Mnsik a. s. w. nnd AnfldMn TOn
68 Kompagnien 4. Bataillone lieferten leicht zusammen l,5M0iionen.
Reform der Webistener nnd Steuer der Kinderlosen seien weitere
Einnahmequellen. Von Interesse ist die dem Bericht beigefügte
Tabelle, weil sie erkennen läist, wie sich der Ansschnls ftlr das
Oesamtbodget die Vermehmng der Kapitulanten usw. bei 2jähriger
Dienstaieit denkt nnd die Mehrausgaben naeh Kalorien gliedert;
A. Unmittelbar wirksam werdende Ausgaben.
1. unabhängig von der 2jährigeQ Dienstzeit;
fiiinstelinng der Rekruten am 10. Oktober statt 15.
November 8800000 Frs.
Unterstlltumg hilfsbedürftiger Familien von eiube-
orderteo Familiensttttzen (16 000), S% des Re-
kratenkontingents, zu je 250 Frs. im ersten Jahr 4000000 „
2. bedingt durch die 2jährige Dienstzeit:
Unterstützung hilfsbedürftiger Familien Ton Familien-
stUtzeu im 2. Jahre (9458) 4864Ö00 „
Kapitulierende Unteroffiziere (6000 mehr 4 750 Frs.
Zulagen und Prämien) 4 500 000 „
Kapitnliereude Korporale und solche, die sich auf
längere Zeit verpflichten (17000 mehrzu '250 Frs. i 4 250 000 „
KapitnUereode Gemeine (8000 mehr zu 200 Frs.) 1200000
an übertragen 27 614 500 Frs.
Digitized by
UnsobAu.
103
Übertrag 27 614 500 Frs.
Freiwilli^re (Soldzulagen imch Ablauf der 2jUhngen
Dienstzeit) löOOOOO
Algerische Eingeborone (Soldzulügen, Prfimii u) 2 200
mehr zq 184 Frs 404 800 .,
Remontereiterals Kapitulauteu, 1800 zu je 1000 Frs. 1800000 „
1. and 2. zosaiiimeu 31319 300 Fra.
B. Mittelbare, d, b. nach Ablauf von .
eini^eo Jahren eiutreteude Ausgaben:
Pensionen für BODO kapitulierende Unteroffiaere mehr 6000000 Frs«
. Proportionelle FeDsioneii ftlr Eingeborene . . . > 2210000 „
A nnd B zoBanunen 89529800 FM.
Wird der Beschlnb des KAmmefanssolinsseai der üie Kapitu-
lanten hernntersetEt^ Cteaets, so sinken die Betrüge entspreehend,
• der Bericht rechnet mit 88 000 Lenten, die Uber die gesetiltche
Dienstselt bleiben, mehr als bisher.
Wemi das Kriegsbndget im Plenam der Kammer anch tarn grOCsten
Teil so angenommen worden ist, wie der Anssohnis TorgeseUagei^
▼or allem aneh mit 515 600 Mann Friedensstärke, ftr welche es die
DmrehschnittBbesoldung «nsetet, statt 521 640 Mann 1908, dabd mit
* einer Brnttostfirke von 618800 Mann gegen 542600 im Jahre 1908,
sJflo mit 24800 Mann weniger, so sind doch bei der Beratung im
Plenum noch einige Änderungen Ton Bedeutung Toigenommen worden.
Was die Sttrke angetcUit, so darf man nicht übersehen, dafls sich
in Fhinkreich Soll* und Iststärke niemals decken. Man uoter-
. scheidet vielmehr 1. die legale Stärke, etwas über 600000 Mann,
' wie sie die genaue Durchführung des Kadregesetzes ergeben wttrde,
. 2. die reglementarische Stärke, die aus den Bestimmungen des
Kriegsministers, die für einige Truppen (Grenzbezirke) die Stärke
erhoben, fViT andere herabsetzen, sich ergibt, hinter der legalen aber
im ganzen zurückbleibt, 3. die Iststärke, die sehr wechselt, 4. die
Budgetstärke, d. h. diejenige, fttr welche die Mittel ausgeworfen
werden. Gegenüber dem Voranschlag sind an Streichnng:rn in
Sektion 1 zu verzeichnen: bei Centralverwaltang rund 11 000, Sondcr-
Btäbe der .Artillerie und des Genies 46 200, Militärschulen 100 0(H),
nm die Regiemog zu allen denkbaren Ersparnissen zu veranlassen,
Besoldung der Infanterie 115 000, in der Hauptsache sich ergebend
-ans erweiterten Ofßzieruriauben ohne Sold, Artillerie- Etablissement
-50000, Übungsniunition 80000, Keniontiernno: 850 OOO (lür wf-it^-re
161 ab/n«et7endn Pferde) + 82 000, Bekleidung 1 122 (XK) (da 1200
-i'aar Scbnürschobe ans den Vorräten geliefert werde» mß\U'U).
Digitized by Google
104
BettenwMWD 271000 Fn, Zage setzt wozdeD 50000 Fn. bei^
Sanitilswesen, 5000 Fn. bei Sold von Artillerie, Gesie. Timfai mA
Verwaltnngstrnppeo ftr eiogeborene Kjidres, 6000 Tn, in KapHel 28 •
VenetBDiigskosteD, 900000 F^, die abgesetzt wareo, bei Bemon<
äenmg ab Pklbaiiea fttr Pferdesllcbter, aiUberdem veisebob man
250000 Fn. aas dem Bztnoidlnariam aof Kapitel 29^ Bisenbabnen.
Bei SektioD II, Kolonialtrappeo» traten Änderangen so gnt wie gar-
alebt eb. Im Extnunrdlnariitm striob man je 100 000 Fn. bei Ge-
linden and Ifasebinen fttr Artillerie, sowie bei der Befestigang von -
BIserta, setzte dagegen 150000 Fn. ftr Oebftnde in Nancy zn.
Von luteresse waren bei der Beratuüg des Huererfordernisaes •
in der Kammer die ErGrterongen Uber deo GesaDdheitezastand im
Heere, das Verwerlea des Antrags auf Fortfall der Obnngen
von Beservisten nnd Landwebrlenten, die also in dem im
vorigen Beiiobt angegebenen Umfange einbeordert werden, die Er-
5rtemngen Uber dieGenendeo derBeserve-Kadies zugebilligten 125-
Plerderatlonen, die 670 Pferde ftbr 315 Intendantnibeamte, sowie
ttber Zaiassang von Priestern in die Lazarette, die Bewilligung einer -
PensioD an die 60 Jafare alten früheren Soldaten, die unter dem
Begime des Gesetzes von 1881 gedient (Kosten 600000 Fn.), die
Besolationen, die angenommen wurden und von denen eine das
„AaÜMsbabgesets'* aof die llUitlrgeriebte anwendet, die andere den
Einsteliangslermm fttr das näebste BebrntontLootingeot frttber gelegt
sehen will, die Gepiekfrage beim Soldaten (beute 8,8 kg schwer, .
was Minister und oberer Kriegsrat als anzalSssig betraehten).
Der Annee-AuBSchnrs der Kammer hat du* vom Kriegsminisler
vorgeschlageoen Erweiteruugeu des Natu^ailei^'tuugsgesetzes
¥om 3. Jnli 1B77 angenommen und werden dieselben demoäcbät in
der Katmner zur Verhandlnnp: stehen. Die Neuerungen streben an
1. Beschleunigung' der Mohiluiachung und Verminderung liuanzieller
Lasten, welche die für die Mobilmachung: erforderlichen Pferde dem
Staate auf bUrdcii. 2, Organisation der Ausnutzung^ der Wasserstrafsen,
analog der heutigen Ausnutzung der Eisenbahnen, 3. Befuguiö tür-
Militär- nnd Marinebehürden, durch Staatsingenieure nicht nur Brenn-
material sondern auch Bergwerke und ähnliche Etablissements mit
ihrem Material und Personal fttr eine bestimmte Zeit fUr militärische -
Zwecke mit Beschlag belegen zn lassen.
Ein neues Für die Gebirgsartillerie ist ein neues provisorisches Expr/ier-
Iteglement. ßp^lf.j^pnt, mit ziemlich derselben Stofieinteiinng' wie dasjenige-
fUr die Feldartiilerie, in die Hand der Truppen gelangt. Selbst-
verständliob sind die EigeuiUmlicbkeiten des Gebirgskrieges und bei.
Digitized by Google
UmsoUau.
X05
dieMn die neueD EifahiiingeD iMrilekslfllitift Das Beglemeni besteht
«OS 2 dlliniD Biadelien.
Haebdem die Kammer bei Beratung des Kriegbbudgete 1904 Übungen
unter Verweifong der Anträge auf FortlUl der Übungen der Beser- ^^„^^^j^jll^.
▼isten and Laodwefarlente die für Obnngen von 871 600 Beserristen de« 1904.
(24a OlBiieie, 4668 Mann weniger als 1908) nnd 141325 Land-
wehileiite (gegen 167 726 die lllr 1908 snnSehst angeseilt waren,
die der Voneidag ColHaid anf Strelehnng 1 HUlion eingebraebt
wurde) ?eriangte Snmme liewUIigte, bat der Kriegsminister jetst
die Bestimmongen für die Übungen eriassen. Es werden 1904
einbeoidert 1. die anf Gmnd der Artikel 21, 22, 28 des Geseties
von 1889 dispensierlen Jahrgangs 1900, 2. JabiglSnge 1894 nnd 1897
der BeseiTe der Hefanat, 98 nnd 97 der Kolenial*Armee, 1894
nnd 1869 des algeiiseben Kontingents, 8. JabrgXnge 1888 nnd 89
der Landwehr Infantnie, Kavallerie , Artillerie Genie, 1888 des
Tkains. An Kontrell-iiipeb nehmen teil die Jabigttnge 1888 des
Landstums, 1888, 68, 98, 97, 1901 der mifedienste. Von der Uarine-
Beserve üben im Jnli 1904 die JahfgSnge 1898 nnd 1899 4 Woeben,
ebenso die 1908 Dispensierten.
Die in der iransSeisehen Faohinesse ersebienenen Kritiken der Manöver
groben Beii>8tttbnngen 1908 sind znm TeU ledit sebarfe. Da sie, ^'^'''^eh-
freüieh mehr Grau in Gran malend, sich zum groben Teil mit Be* presHe.
merknngen decken, die hier sehen in einem Sonderaufsatz ersehienen
sind, 80 heben wir nur einige henror, besonders Uber die Manöver
im Sttdosten. Gktadelt wird 1. die Anlage. Die den OperationeD
ngronde liegenden Annahmen seien strategisch onwahrscheinliob
gewesen. Dem XIV. Korps sei ferner während der Manövf r von Korps
g^eo Korps stets pine erfolglose DefeDsive, dem XV. Korps stets
eine erfolgieiebe Offensive zudiktiert, 2. die Leitung. Sie liefs es
an, dab ein ans einer Stellung geworfener Gegner sehen dicht hinter
deneltien, olme Eintreffen von Yerstärknngen, eine oene Schlacht
selilng, einen geordneten Rückzug Hels sie nie dnrcbftlhreD. Ihre
Sebiedsriohter binderten absolote taktische Unmöglichkeiten nieht,
sie tmgen der Waffenwirknng keine Heeknnng. Einen einheitlich ge-
leiteten Angriff eines grö£seren gemischten Verbandes haben die
ManOver nicht gebracht, das gewählte Gelände erlaubte nur EinzeU
gefechte von Brigaden neben einander, 3. die erwarteten Erfahrungen
iu Bezug anf die Fingerzeige des Ezerzier-Reglemcnts ftlr die In-
fanterie für Kampfesformen und KampfesfÜhrnng haben die Manöver
nicht gebracht. 4, das gewählte Gelände erlaubte der Artillerie nicht,
ihre volle Fencracsnui/ung aüf weitere Entfernungen auszunutzen, 5. man
hatte 2 KavalleiiediTisionen herangezogen, man hätte aber mit 2 Kegi-
Digitized by Google
106
mentern ein Amibogeo gefooden, dt die Anogaogslagen die Gegner
oll bis auf 2 km aneimoder bnehteiif für welle AnfUimig dnieh
giV&ere Beiterkifiper alao kdn Bmid war, das Gelinde aneh die
Verwendimg giOteeier Bdlermaesen Terbot^ 6. vor Beginn der tt^^
lieben Operationen ▼emammeite man die grofm Verbände oft in
Venamminngsfomatlonen, alall naefaden OztevnlerktlnftendieThippen
in die Haraebkolonne sieh einreihen an lassen, 7* die Tmppeo fanden
bd Ankunft vor den Orlsnnleikfloften die Belegnng noeb niebt
fertig Terteill» 8. die kleinen gemisoben Avanlgaiden Negrieis haben
Fiasko gemaebl, obwohl man Ihnen die Arbeil erlelefaterte, Indem man
yielfacb dem Gegner die Verteidignng Torsehrieb, 9. der Begriff
freie Manöver war in der IVaxls dnrehans niebt ttberall zn finden.
^^ i sctzung Ein firlais des Eriegsministers vom 12. Norember dehnt die im
von Leuten. vom 13. Angusl 1908 gegebene Bestimmang, ftlr die Ein-
stellnng des Jahrgangs 1902, nach welcher yerheiratete Rekruten,
hezw. Witwer mit Kindern möglichst in den Ihrem Domizil nächsten
Troppeuteil eingereiht werden sollen^ dahin ans, dafs die Brigade«
generale das Reebt haben sollen, aaf Antrag schon eingestellte Leute
in gleieher Lage so versetzen und nur die kommandierenden Generale
daftir sorgen sollen, dals dnreh diese Mafonabmen die Istst&rken
nicht zn Tersebieden werden.
Marine und Raummangels wegen können wir heute nur auf das Dekret be-
tiefiend die Beoiganisalion des Sanitätsdienstes bei der Kolonial^
trappe, den vom Armeeausschufe des Senats angenommene Qeseta-
entwnrf betreffend Reform des Intendantur- und Sanitälskorps bei
der Marine hinweisen. Der Marineminister hat in Toulon und Cher-
bourg je 3 neue Unterseeboote von 460 Tons, also 200 Tons
gröfser als die bisherigen gröfsten, Gustave Zödö, in Auftrag ge-
geben. Uber die Dekrete vom 9. November 1903, welche die Be-
stinimunsren des Dekrets vom 29. Juni 1878. betreffend die Diszi-
plinar Räte fitr Offiziere und Unteroffiziere, wesentlich ändern, .sowie
über die Punkte in dem g^rolsen, hier .schon beleuchteten Reformgesetz-
entwurf MpRsim} , die im Parlament vielleicht angenommeo werden,
im nächsteu Bericht. 18.
Italien.
Pläne de.s Den Eintritt flet, O-nerai Pedotti — bis dabin konimandierender
Krie^- General des X. Korps — in das Kabinett (Tiolitti. begleitete die
■ministers. italienisebe Presse zum Teil mit der Behauptung, der neue Krieers-
niinistt r habe die Verpflichtnng ttbemomraen. das Heereserfoniernis
herabzusetzen. Wer mit den V erhältnissen des italienisohen Heeres
Digitized by Google
Lmächuu.
107
«tugenniflen Teiiniit ist» dem mollBte diese Naohrieht von ▼onberQin
«b Fabel ereeheineD, denn das ooeb liia 1906 Teretobarte konsoli-
dierte Badget mit 375 IGUionen Lire, eineoblielaUob Penebnen (die
fan Darelnebnitt mit 35^ BGIlioneB in Betraebt komm^ mflesen), ist
ein absolutes Hinimnm. Generml Fedotki ist niobt gewillt,
von dem Heereeerfoidemis etwas absalassen, wobl aber dürfte
er anf fiispamisse in der Verwaltong sinnen, die der Abkflrsong
-der Zeil der ,,fbtsa minima** sn gute kommen würden. Zngleieh
mit Beibebalt des sog. „konsolidierten Budgets** bat er aneb andere
Flttne seines Votgängers Ollolengbl in^ den seinlgen gemaebt, vor
allem den Oesetsentwnrf, betreffend Änderungen in dem beute
geltenden BekmttenmgsgesetK (obwohl im Text einige Anderangen.
emlreten dürften and der Entwarf daber, wie aneb deijenlge betreffend
das Befbrdemngsgesetz zanächst noch einmal rarttekgezogen wird)
nnd die Reform der Militärdistrikte. Wir kommen anf die letztoe
weiter nnten zarück, hier sei nur bemerkt, dafs aneb der aoter 3 Kriegs-
ministem anf seinem Posten gebiiebene Unterstaatssekretär ZaneUisn-
rücktrat und dnrch General Spingardi ersetzt wurde, femer, dafs man
•einige Zeit annahm, aneb der Chef des Generalstabes der Armee Saletta
werde am Enthehnn^ von seiner Stellang bitten, was bis jetzt nicht erfolgt
ist Die heute als selbständige Organismen bestehenden liiUtärdistrikte
mit einem jährlich um 3 Millionen Kosten verursachenden Personal
von 551 Offizieren, 420 Beamten, 261 Unteroffizieren, haben die
Aufgabe: 1. die Rekruten einznheordem und zu instradieren, 2. die
planmäfsigen Formationen des Landsturms aufzustellen. Diese Di-
strikte sollen aufhören, selbständig zu sein und zwar einesteils zur
Vereinfachnng" der Verwaltung: und Kommandoftlhrun^, anderntrils
aber auch zur Erzielimfr riaer Ersparnis von etwa '/j Million, die
den Istständen der Kompagnien zugute kommen soll. Die Aufgaben
der Distrikte sollen auf die .,Depots'- der Truppenteile Ubergreheu,
die tu diesem Zwecke eine „Rekrutierungs-St ktion" erhaiti n. und
in dieser auch einen Teil der hisberifr^n Ollizirre der Distrikte in
Verwendung bringen sollen. Eine Verzögerung" (h-r Mohilmachinig der
Laudj^rurrn-Fiirmatinneu trait dureh den Fortfall d* r Distrikte nicht ein.
Schon jft/t crfolp:! planmälsi- (iie ALifstclluiiM dieser Formationen nicht
gieich/.eitig init der Ergänzung (i( .s aktiven Heeres und (lei lUldung
der Landwehreinheiten, die 8ache der Depots, sondern nach dieseu,
und HO wird es auch bleiben, so dals die Depots gleichzeitig keine
grölscrc Bürde tragen.
Über das Personal der Depots, wcicheb die abziebeodea Begi'
lueiiter den eintreüeuden bei Gamisonwechseln sa UberweiseK Imbeii,
hat der Kriegsminister jüngst ioigeude BestimmaDgen getisCea:
Digitized by Google
108
Unadm.
die nea ankommenden Begimenter sind snrtteksaluBen: die OfBiiere
der Depots d» Infanterie nnd BeiaagUeri-Regimenter, die Magailn-
oHiiiera der KaTallerie, die Enatsoffixieie, die ilire erste Obnng ab-
leisten nnd nieht mehr als 16 Tage nodi xn fiben liaben, Sehreiber
nnd Assistenten, Kammeninteroffisiere, die frttber den Distrikten an-
gehörenden Unteroffiziere, die veriieirateten nnd verwittweten Unter>
Offiziere und die Überzähligen Unteroffiziere der Depots, die Einjäturig*
Freiwilligen, die nicht um Erlaubuifs bei ihren bisherigen Regimeoteni
sn bleiben bitten, die Ersatz-Offiziere- und Sergeanten-Lehrkarse,
endlich die Mannschaften der Depots der Infanterie nnd Bersaglicri,
die fttr die Mobilmachang eine besondere Bestimmung haben. Wie
ans der Programmrede des Minister- Präsidenten Giolitti ersichtlich
wird, will der Kriegsminister noch die Mobiimachungsgelder fttr
Afrika Saiden nnd die Bezüge der Snbaltern-Offiziere erliöben, ohne
eine Steigemog des Kriegsbadgets zunächst za fordern.
tiinstuUung Der Kriegsminister hat angeordnet, dafs die Rekruten der be«
der^eritic" Trappen, ausgenommen Train, am 12. Dezember einiortteken
ntn Truppen. haben. Mit dem 30. No?ember beginnen die Entlassungen der
Eni- Leute I. Kategorie Jahrgang 1880 mit Sjähriger Dienstverpflichtong
lassungon. eiDschliefsUoh Freiwillige und derjenige Jahrgang 1889 mit 2jähriger
Dienstverpfiichtung, die der Kavallerie angehören.
Ver&aderuog Die eingetretenen Uniforra -Veränderungen machen die Ausgabe
(Tniformen neuen Bekleidungsordnnnp- notwendig. Erst jüngst hat der
Krip^sTninistpr angeordnet, dals die Passepoils an den Ärmeln d^r
Mäntel der Artillerie, an den falschen Taschen der Infantprie und
Verptiegnno:8trnppen, an den ialsfben Taschen nnd Vi hselklappen
der Alpentrup])pii und Bersaglieri and aulserdem noch an der linken
Brnstspitc der Grenadiere, am Kra^ren, falschen Taschen and Achsel-
klappen der Artillerie und dpt (ieiiies, bei der Kavallerie auf der
linken Brost, der Achselklappen und den falsclu n Taschen bei allen
Ueginientern, sowie für Kesriment Savoia au Kra^'t n und für Regi-
ment Guide an den Armelaufbcbiägeu lortfallen sollen. Weitere Uni-
forro-Vei^ndeningen plant der Kriegsminister nicht, auch sollen die
bisherigen liüeke noch länger aufgetragen werden,
Ncut; Kc-g- Unter dem 12. Oktober ist ein neues Disziplinar - Reglement-
V<Mwhriften eingeborenen Truppen in Eritrea erschienen und mit ihm
folgende Beilagen: 1. Reglement für die Rekrutierung der einge-
borenen Truppen, 2 Reglement für die Beförderung von Eingeborenen,
Aubhüdun;^ der Eingeborenen bei den Kompagnien, der Eskadrooa
und den Batterien, Ein neues, noch von Ottolengüi herausgegebenes
Reglement für die Beurlaubungen im Heere ^ibt den kommandieren-
den Generalen die Befugnis, Offizieren, die während eines ihnen er»
Digitized by Go
Uatsohm. 109
«
teilten Urlaobs erkranken, noeh 80 Tage Nacborlaab ohne Gehalts-
absqg n bewUllgen. Inbesag auf BeatfanBiuigeii ttber QrQnde ood
Dauer anlsergewOhnlielier Urlaube isl niebts geiadeit, Priratrllek'
eiebteo mdaseD aber Tor Dieoallieben niftektreten.
Den Poeten des Marinemimiteis im Eabinet Ololitti bat Kootre- Neui r
Adniiial Mirabelle UberDommeny er genieÜBt den Ruf einei Mannes ^jq^!.^^,
4er Pkaade. — An dem Unierwaas erb oot im Arsena] Ton Spena
wild derart eifrig gearbeitet, dab man es im Mluahre 1904 seebereit
baben wird.
Ostemioli-Üiigani.
Der Kommandant des XV. Kerpe in Sarajevo, KommaodieieDder Wechsel im
General and Cbef der Landesregierong in Bosnien nnd der Hen^gowina ^J- ^J^-
Oenml der Kavallerie Johann Freiherr von Appel ist am 2. De* Bo^leu.
zember 1908 in den Bobestaod ttbeigetretmi, nachdem er den
wichtigen Poeten dnreb 21 Jahre bekleidet nnd anf eine QesamC-
•dienalseit von ttber 68 Jahren anrUekbliekt. Am 14. November 1826
geboren kam er aebon 1840 als Kadett tarn 69. Infimterie-Begimeiit.
Als janger OfUmer foeht er 1848 nnter MarsehaO Badetaky in Ober-
italien and 1849 in Ungarn n. a. bei Komom, Si6r^, Temeavar
nnd Kwar bei der Kavallerie. Bei Magenta 24. Jan! 1859 aar Be-
.kognosuemng des Gegners entsandt, drang er bis anm feindliehen
Banptqoartier vor. Doreh einen GewehrseholB im Getnebt aehwer
■verwundet» trügt er seitdem die schwarze Binde anf dem linken
Aoge. Fttr die wackere Reitertat erhielt Appel das Thereäeniorena.
Den Feldaog 1866 gegen Prenlsen bestand Appel in der KavaUerie-
Division Edelaheim. Bis an seiner Berofbng nach Sarajevo wblLte
^ vofstti^ in Ausbildung der Bciterwaffe. Er besltat die höeheten
KriegsdekoratlQnen.
Der Nachfolger in San^evo ist der Feldaeagmeialer Eugen
Frhr. von Alborl, bisher Korps-Kommaadaat in Krakau (1. Korps).
Er ist 27. Deaember 1828 in Cattaro geboren, 1867 als Leotnaat
zum Kai&erjäger-Regiment aasgemustert. Das Jahr 1864 sab ihn
^hon als Geoeralstabshauptmaim. Beim Storm aal Magenta 1859
hatte er sich das Militär- Verdienstkreaz erworben. 1866 erhielt er
als GeoeralstabshaaptmanD von Philippovich eine Belobung. Von
1868 bis 1872 wirkte er als Profegsor der Taktik and Kriegagesehichte
au! der Hoehsehnle von W. Neustadt Demnichst hatte' er ein
Feldjäger-Bataillon. Bei der Okkopationskampagne 1878 erwarb er
sieh als Stabschef der 7. Infanterie-Tti^eBdivigioQ das Bitterkreuz
des Leopold-Ordens and die Beförderoog zam Oberatcu anfser der
Tour. 187» leitete Aibori als Stabschef des Hcnogs von WOrttem-
Digitized by Google
herg die Okkspalion des Um-Gebietes. 1881 war er als Chef
des operatlFen Bureus tHttg. 1884 befehligte er als Cteaeral-
nugor eine Infiuiterie-Brigade» von 1889 ab als FeMmazsehaUleoteant
eine Iiifatiterie*TmppeB-DiTirioii. Seit 1894 ist er kommandiereoder
QeDeral in Krakau» seit 1897 Feldzengmeister. Im Oktober 1908
wurde ihm das Grafskreiu des Lieopold-Ordens mit der Krl^s-
dekoratloD verlleheD. Sebott
Heereseror- Dag Effordeniis fUr die eislellhaotsebe Landwehr weist
dernis 1904 ^3 ^ ^24 Knwen anf, 1 441 018 Kr. mehr, als 1908. Dieser geringe
Hehrbetrag deatet schon an, dals man nmfassende Neaemngen nicht
beabsiebtigt. Das M ebrerfordemis ist aneb nleht die Folge der dnreb
Gesetz 70m 28. Febraar 1903 bewilligten Stdgernng des Bekmten-
kontingentSi ^'^^^ siAud schon im Budget 1903 iu Rechnung. Die-
Mehrausgabo wird vielmehr beding: 1. durch die ^'('r^l( hrang der
Freistellen fUr Offizier- Aspiranten der Landwehr an der Thereäiauiscben
Akademie um 18 und der Schtlierzahl in der Landwebrkadettenschale
Wien You 450 auf 530, 2. von der bewilligten -Znkcilung von 115
Oberlentnaiits und Leutnants, 12 Zahlmeistern aii die Landwehr-
Tenritorial-Behürden, die vom 1. Mai 1904 ab allmählich dnrcbge-
Itlhrt wird, 3. von der durch die neae Militärstra^rozefsordnung
bedingten Vermehrung der Auditeure der Landwehr. Nach der Mit-
teilong einiger politischer Blätter beabsichtigt die lie^erung 1904
nicht mehr als das bisherige Rekrutenkontingent einzustellen.
Uns 'will dies nicht wohl angäng-ig: erscheinen, da für die Regierung
Notwendigkeiten besteben, denen sie sich nicht gut wird ent?:inhen
können. Die Regierunc: hr-intragte 1903 bekanntlich eine Venn ehrung
des bisherigen. tOSlon Köpfe ausmachenden Uekratenkontingeuts
flir das fZ"P7n einsame Heer um 21 9(>0 Mnnn. Von diesen sollten
13 ÜOC) verwendet werden, um LUeken im Heere m schliefsen, 2000
um ebeusoviele Leute jährlich zur Disposition in die Heimat f^nt-
lassen zu können, 5120 zur Aufstt lkm^ luuer Feldhaubit/i- Batterien
(42) und Gebirgsartillerie, 1100 tllr die Neubildung von 2 Hataillonen
Festungsartillerie und eines Eisenbahn- und Telegraphen bataülüns,
750 Mann fUr die Vermehrung des Mannschaftsstandes der durch
neue Schitie wei-hsoliidcn Flotte. Der Heichsrat genehmigte auch die
Erhöhung des Rekruteukoutingeuts, die ungarische Obstruktion hinderte
sif Dhb mindeste, was die Regierung fllr 1904, wo die /engenden
Bedürfnisse noch deutlicher hervorta-eten werden als lüÜ3, fordern
mufs, sind die 5870 Mann für die neuen Batterien, für welche die
Mittel schon fUr das letzte Quartal 1902 und da» ganze Jahr 1903
Dlgitlzed by Google
UnwdiMi. III
ausgeworfen waren, and fUr die Marine, die absolut au Manuscbafts-
mangel leidet
Durch Handsebreiben Tom 8. November bat der Kaiser dem £rzhei-zug
Erzherzog Frans Fenfinaod seine Zufriedenheit fttr .die Leitong dar >^er-
Arbelten snr Yerbeeaemog der die taktiaehe Aosbiidimg der Fob- dmand.
trappen betreffende wlebtigeu VoxaobiUleD'' auqgeapioelien. Gemeint
aind damit die Arbeiten in dem im OlLtober iieransgegebraen Exer-
zier-Beglement für die k. a« k. FnlBtrnp^en. In diese biaebte
der Erzherzog Ineofem eine neue Metbode, ala anoh in weitem Mafee
die Anaiebten der in der Praxia der Truppe stellenden Offiziere, zam
Teil bis snm Kompagnieebef bernnter, gehört und verwendet worden
and «so ein dnrehans anf modernem taktiaehen Boden stehendes Reg^
lement entstand, to welebem Theotie nnd Praxis glttelüioh vereinigt
weiden.
Eine Nenaofiage des Absohnitts „Disziplinar-Strafreeht^ des DiszipUoar-
nieht nnr filr den Frieden die Strafe des ^^^'««l't-
Aabindcpa nnd des „Sebliefeens In Spangen'*, sondern bringt anch
sonstige Neaeningen. Kadetten werden inbezng anf Strafe oieht
mehr den Feldwebeln, sondern den Oflizieren gleiehgesteUt, ihre Be-
atrafong wird niebt mehr doreh Tagesbefehl bekannt gegeben. Bei
Zngflibrem nnd KoiporaleQ, die freiwillig weiterdienen, soll die Strafe
auf Entziehung der freien Verfügung ttber die Löhnung ondderEnt-
aefaang des Urlaube Uber die Betraite anoh nicht mehr strenger
Arrest, sondern nur nooh Kasorren-, Quartier- nnd einfacher Arrest
zur Anwendung kommen. Einjährig-Freiwillige und Unteroffiziere
sollen in Znkonft ihre Haft gesondert von der Mannschaft Terbüfsen.
Länger dienenden Unteroffizieren kann die Warnung mit Androhnng
der Entlassung nur noch dnioh eine besondere ,4^i8ziplinar-Komniia*
sion^ erteilt werden, die ans einem M%jor,- einem Hanptmann and
einem Oberleutnant besteht.
Auf der kaiserlichen Werft in Pola läuft in den nächsten Tagen ifarine.
(Anfang Dezember) ein Panzerkreuzer von 7300 Tons ab, der
mit „Kaiser Karl VL'' und „Kaiserin Maria Theresia" eine Division
bilden soll. Ende 19(K) auf Stapel gelegt, soll das 117 m lauge
und 19,5 m breite Schiti durch Maschinen von 13 000 indic. Pferdo-
kräften 21 Knoten Fahrt erhalten. Otfensiv- und Dpftensivkraft des
hchifles sollen besonders p-olse sein. Ais Armierun^j erhält e^ zwei
24 cm Geschütze in Türmen, flinf 19 em, vier 15 cm Schnellfeuer'
kanoiicii, 25 Geschütze kleineren Kalibers.
Eirte durchgreifende Änderung in den Hestimuiuugen t)lT den.
Jiilitär-Taxfoods (Wehrsteoer) ist beabsichtigt. 18.
Digitized by Google
112
UoiscbaiL
OrolBbrltannieiL
Die ueue Man hatte bisher 2 1 eldkaiionen, beide vom Kaliber 7,62 om,
•'eldkftnotte. ^j^j^ 15 Pflloder füi fahrende, den 12 riüüder fUr reitende Artillerie,
beide C/84, 95. Beim ersteren ist das Rohr 30,8, beim letzteren
21,9 Kaliber lang, die Gewichte entsprechend 855 kg, bezw. 324 kg.
Die Fahrzeuggewiebte sind 1760 kg bezw. 157ö kg, die Gewichte
der Sohrapnelis 6,371 besw. 5,669 kg, erstere mit 20o, letztere
mit 162 Hartbldkngelii von 18 g. Die Hflndongsgesehwindigkeitea
betragen 480 und 478 n.
Im Jahre 1^ wnide die Anbringung der EtteklanfliemBang
System Glarke an sKmflieben reitenden und fidirenden Batterien
der inlllnduehen FeldartiUeiie angeordnet. Naeh einer ErlcUining
des BegiemngBYertreteis im Unterbaiue, Ainil 1899, eoUte die Dnreh-
flüimng dieser UmSndenug an sUmtUehen Feldlafettsn gegenwirtigen
Systems behob Erhtfhang der Fenergesohwindigkeit bis Ende 1899
erfolgt sein. Nach guter QneUe waren bis smn 21. Apiii 1899
14 amgeänderte Peldbatterien den Truppenteilen anm Oebraoeb
überwiesen.
18 Batterien 7,62 cm Sehnellfeaerkanonen System
Ehrhardt wurden Herbst 1900 ans Dentsehland betogen, kanun
aber nicht mehr aaf den Kriegssehanplats. Den bdden (Sesebttte-
teien Armstrong nnd VielterB, Son and lüudm, elienso wie dem
Arsenal Woolwieh wirden Versnehsbatteiien in Auftrag gegeben.
Etwas Reelles Ist dabei nieht heransgekommen.
Ende September 1908 worden dem Feldmarsebail Bari Bobeite
in Dartmoor Versuche mit einem ganz nenen Feldgesehtttz Tor-
gefllhrt, die sehr zolriedensteUende Ergebnisse geliefert haben sollen.
Wie „United Service Gasette" vom 10. Oktober 1903 schreibt, ist
das nene Feldgesebttts, womit die englische Artillerie bewaffnet
werden soll, eine ausgezeichnete Verbesserung gegenüber der
jetzigen BewatinuQg und besitzt auch die Mehrheit der Eigeosehaften,
welche für die Erfindung in Anspruch genommen werden.
Das GesofatttB ist nach einem fransttsischen Master gebaut,
hat aber in gewissen Beziehungen umkonstroiert werden müssen,
um den Elrfordernissen des Dienstes gegenüber Stand zu halten.
Nach derselben QneUe hat das Geschütz den verbesserten Ver-
schlulsblock von Oberst Deport, der in der Form dem der Marine
ähnlich ist Er besteht aus einer flachen Stahlscheibe, welche um
eine Achse schwingt (a piain steel diac, swinjring on a pivot). Das
Öcbliefsen des Verschlusses bewirkt zn^leich das Abfpuprn, docb
kann «Üen auch mit der Schnur geschehen. Das Auswerfen der
i'atrooeahUl^ erfolgt beim Ueffuen des Verschlusses. Der Bttok-
Digitized by Google
DnMohao.
113
Stöfs wird fhireh 2 senkrofhte Achsen verschluckt, wplche mit
Gl^ceriü und WnsstT getUiit sind. So wird Verletzon^-en der
Kanoniere vorgebeugt. (?) Heim Ahfeuern hebt sich das Geschütz-
rohr, sinkt dann unmittelbar in die frühere Lage ^orttck, bereit ohne
Zeitverlust neu geladen m werden.
Die öchulsweite wird zu 10 (KX> Yards (i) 143,8 ui) angegeben.
Die Schrapnells wirken bis bOod Vards tödlich. Man gab 20 Schuls
(round«) in der Minute ab, sogar einmal 8 Schuf« in 15 Sekunden.
Nach anderen Quellen wurde die Fabrikation des neuen Ge-
schützes den Firmen Armstrong und Vicker» Ubertragen, welche im
Augnst 1903 4 ikitterien ablieferten. Das Geschütz hat Schut/schilde.
Das Geschols des fahrenden GeschUtses wiegt l-S'/i Pfund gleich
8.39 kg. des reitenden 12 '/g Pfand gleich 5,(>7 kg (dies wie bisher).
Das Rohr des Geschützes soll l,5i7 m lang sein. Das fahrende
Geschütz hat ein übertrieben greises Geschofsge wicht t^s,39 kg gegen
sonst 7,2 kg, 6,85, kg, 6,5 kg, 6,36 kg). Das Geschütz ist mit
einem Teleskopvisier versehen. Nach älteren AiiL^aben wollte mmi
eine GeschoCsgeschwindigkeit von 520 ni haben Dies verlautete
im Herbst 1902, als die englische Abordnung den deutschen Kaiser-
manövern beiwohnte. Schott.
Sohweden.
Die beiden reiiendeD Batterien , wdehe nisprSiiglieb zu KOnftige
« Oeflebtttseu im Kriege foimiert waren, nahmen bei der Ken- ^"^T^^^id-
i»ewafinang mit Sebnellfene^geselitltBen in Fedefspomlafetten die artil]0rie.
FonnaMon der Batterie so 4 Gesebfltaen an and mm enielitele' eine
dritte Batterie in gleieber StSrke. Es wurde also bei Annalune der
4 geaehntrigen Batterie die Gesamtiahl der Gesebttlae im Kriege
beibehalten und jetet sehen anf die Frieden^tterien ttbertragen.
Das gieiehe ist Air die mit dem Robrrttcklan^eaehlttB anaia-
rastenden fahrenden Batterien heabsiobtigt and bei 2 Regimentern,
dem 1. Svea- nnd 1.. Gltta-ArtiUerie-Regimeot, 8<dioa ausgef^rt
(Befehl vom 26. Joni 1908, auszuführen Oktober 1903). Statt
2 Abteilungen xu 3 Batterien ä 6 Geschützen im Kriege haben die
Regimenter von gedachten Termin ab 3 Abteilungen zu 3 Batterien
k 4 Geschütze (^cbon im Frieden). Schweden wird nach Durch-
fQhruog der Maisregeln 56 fahrende Batterien (2 für Gotlaad),
3 reitende, 10 Reserve-, 20 Depotbatterien (letztere beide Arten nur
im Kriege) haben. Bei den aktiven Batterien ist nach obigem durch-
weg die Getamtstärke im Kriege an Feldgeschützen bei-
4iehalten worden. Sehott.
Ja|il»tetar fl» 41* «Mtaokt Aibm «ad MvAa». N«. SSS. 8
Digitized by Google
114
UnMoliiv.
Vereinigte Staaten von Nordamerika.
¥ie Koteen- Der .Generalstab hat beseUoflMii, den militüriseheii Erkaiidiiiigs--
lI img von mittel- und sttdamerikamBCheD Staaten weiter anssD-
stabsoffi- uenaeiL
..,en rKi< h Begründet wird diese Mabnahme mit der MQgiiolikeit, dals die
laameri a Monroe-Doktzin ein militSrisdie« Einsehjreiteni
in Sttdamecika fordern liOnnte.
Von Seiten der Vereinigten Staaten waren bis jetzt nnr zwei'
Offitiere vorübergehend der Gesandsobaft in Caracas zugeteilt, um-
die militäriseben Verbältnisse in Veneznela nnd au! dem Isthmos von.
Panama ta erkunden.
Diese beiden Offiziere sind vor karzem naeb Washington jsnrttck-
gekehrt, um Bericht. zn erstatten.
An ilirer Stelle werden in nächster Zeit 4 jüngere Offiziere des
Generalstabs nach SUdamerika abgehen, um den Gesandtsebafteu der
gridseren sOdamerikanischeu Staaten zugeteilt zu werden.
Die hierittr in Aussiebt genommenen Hauptstädte sind noob
nlebt bekannt.
'6ar weite- Oer neue Unterstaatssekretär des Krieges Oliver, von dem man
[^^^^^^^bei seinem Amtsantritt erwartete, dals er sich besonders derOnroh-
Miliz- fttbmng des neuen Bfilizgesetzes widmen wttrde, hat diese iärwartnngen
gesetzes. getäuscht und zwei wichtige Anordnungen erlassen.
Er hat vom Generalstab die Aufstellung klarer Bestimmungen
ttber die Verwendung nnd die Pflichten der organisierten Miliz Im»
Kriegsfälle getorderl.
Den (Gouverneuren aller Staaten bat er ein von ihm entworfenes'
Milizgesetz zur Einftthrung empfohlen, um eine gleich mäfsige, gesetz-
geberische Grundlage fttr die Bundesregierung und die Einzelstaateni
zu schaffisn.
^'etüisel in Generaimi^r Gorbin, Acyntant^General nnd 1. Gehilfe des Che&
io^ando *^^^ Generalstabes ist amm Bdehlshaber des Ostdeparlements ernannt
stellen, worden nnd hat die Dienstgeseliäfte Ende Oktober tiieniommen.
An seine Stelle ist der bisherige Kommandierende dieses De-
partements, Generalmajor Cbaffee getreten.
Letrterer ist zum Naehfolger des im Januar 1904 ausscheiden-
den Generalleutnants, Youog, des jetzigen Generalstabsehefo, ans*-
ersehen.
Maagel an Bei den gemeinsamen Manövern von Armee und Maiioe bei:
^m^i Fortland im August d. J. bat neb als fthlbarer Mangel das Fehlen.
^ ' der nötigen Besatzong fttr die Kttstenbefestignngen beraosgestellt.
Man ist smh der Wiohti^keit dieger Angelegenheit wohl bewulst und.
Digitized by Google
i
L'uiscbau. 115
Mrill diesem Obelstaode durch Tennefafte Aasbildong ron Ifiliieo im
Kttstendieiist abbelfen.
Han erwartet den Obertritt von Infanterie-MittsfonnatioiieD znr
Kttstenartlllerie.
Admlral Erm bat Befebl erbaiten, mit der asiatisebeD Flotte, MAOmahmeii
die 3 Seblaebtsehiffe, 2 Monitora» 4 Kreuzer, 6 Kanonenboote stark ^^„e^Kln"^
uty deh in den nordebinesiseben Ctewässem bereit an balten, nm m^ts zwi
sofort naeb dem Vertiagsbafen Antong^ an der Talamllndang geben ^j^^
zo können. Amerika will doreh diese Mafsnahme die Integritlli des Ji^an.
neoen Bandetevertnigee mit Cbina gewXbrlelsten.
Der Staatssekretär der Marine bat folgende Bestimmungen er- i'rogranuu
lassen: ftirdieWin-
Das Seblaebtsebiffo, Karaiblseh- and Kllstengesebwader ver- der Flotte.
f»ammeln slob am 1. Deiember im Hampton Eoads.
Fabrt der beiden eis^nannten C^bwader nacb Gnlebra, des
letzteren nach Key West, woselbst m Laufe des Dezembers Exer-
zier- ond ZielttboDgen stattfinden.
Anfang Jaaoar versammeln sieh unter dem Elefefal des Kontre-
Admirals Barker das Scblaehtschifi-, Kandbisobe nnd silda^tiscbe
Geschwader mr Vornahme taktiaefaer TJbangeii bei Enlebra.
Von dort Ende Januar Fahrt der drei Geschwader zar Vereioi-
goDg mit dem KUsten> nnd wabrscheinlicb auch dem Sebnlsebiffge-
schwader naeb dem neaen Flottensttttspnnkt Gaantanamo an der
SttdkOste von Kuba.
Hier werden die wichtigeren taktiseben nnd strategisoben
Cbnng:en abgehalten.
Am 1. März verläÜBt die Flotte Gaantanamo und geht durch
den alten Bahama-Kanal naeb Key West, Im Laufe des März finden
die jährlichen Schiefsttbnngen and die neuen l^isschielsen statt.
Admiral Dewey wird die Flotte besichtigen ond einen Teil der
Obnngen beiwohnen, den Oberbefehl selbst aber niehl übernehmen.
Huislazid.
Im Jnniheit 1903 hatten wir nach nouen Qoellea einige An- Beld
gaben über das rassische Feidgesc blitz M/1900 gemacht and ff^^J^
zwar nach Potockgs Veröffentlichong. Wir können sie im folgenden Nene An-
noch ergänzen nnd berichtigen. gaben.
Die Lafette besteht aus zwei Teilrn. der Unterlafette und df r
0 b erlaf f'tte. Die erstere ist, ähnlich wir bei dem abgeändfTten
Geschütz M 1 s9 5, behufs feiner Seite nricbtun^r auf der Lafettenachse
Tersehiebbar. Die Oberlafette geleitet aof einer Bahn der Unter-
8*
Digitized by Google
116
Unuohaa.
lafette zurück und vor. Der Rücklauf betrügt üi cm. Die Heiuiuung:
des Iftztcren geschieht durch eine Flüssigkeitsbremse und durch
KautschukriiifTf welche auf einem lang-en Dorn siteen und durch
Stiihlscbeibt 1) voiiciaander getrennt sind. Der Kautschnk verschlackt
den groisteu Teil der Rtlckstolseuet^^ne. so dafs selbst ein Scbadhaft-
werden der Bremse und ein Wrlust an l'lüüsigkeit keinen Nachteil
bringt. Reim Abfeuern springt die Lairttc etwas in die Höbe, (iies
hindert ahn r nicht, 15 — 20 Schnfs in der Minute abzugeben. Auf-
satz und Korn sind am Rohr, die Richtraaschine ist an der Ober-
lafette. Die Unterlafette ist mit einem st;irken Schwanzsporn ver-
sehen. Die Lafette bat 2 Achssitze: Sitze für die Bediennng beim
Schiefseu fehlen, dies deutet schon auf das unruhige Verhalten des
Geschützes beim Fenem.
Däs Rohr \vit i2:i k^; uud bat einen Sehraubenverschlufs mit
einem Ladegriti; es wird Luit Patronen geladen. Das einzige
Geachois ist das Schrapnell, welches <i,5(i kg wiegt; die Mtindungs-
gescbwindigkeit ist 588 ni, bei einem iiochstgasdruck von 2250 Atmo-
sphären. Der Zunder nnt doppelter Wirkung, aus Aluminium her-
gestellt, wiegt 273 g und iuttnnt 22 Sekuiuifii. Es sind 2 ^atz-
stticke. das obere fest, das untere diehbiu" und beim Schuls durch
einen Kxpausionsriug festgebalien. Das Einstellen geschiebt mit der
Hand. Die Gase entweichen durch Löcher im Mundpfropfen : die
Anordnung i^t noti;:, um bei den grufsen Geschofsgeschwindigkeiteu
das Ersticken des brcnnrndtn Satzes zu verhüten. Die Breunzeit
des Zünders reicht bis zur Schulsweite von 53(K) m. Das Schrapnell
enthält 260 Bleikugeln von 10,66 g Gewicht. Das Gewicht der
Füllung beträgt 43°/q des Gescholsgewiehts.
Die Geschofsarbeit an der MUndung ist infolge der grolseii
Müiidungsgeschwindigkeit mit 118,7 Metertonnen aoTserordentlich
hoch, beträgt sie doch beim französischen M/97 etwa UX) mt, beim
deutsoheo 96 nur 75,5 mt. Hiermit hängt das unruhige Verhalten beim
Schiefsen zusammen, nicht minder das hohe Fahri^nggewicbt von
/ 1884 kg.
Der Munitionswagen stellt eine Doppelprotze vor, der Hinler-
wagen soll in der Batterie nahe dem Geschütz stehen, wie es in
Frankreich üblioh ist; als nicht gepanzert aber doch wohl nicht
daneben.
Schott.
Digitized by Google
Uinsehaa.
117
Soeben Int die mssisohe Heeieddtnog die amtliehe Mittdlnog Btidani^
eriaieen ttber die Bildnng der neaerriebteteu osteibirieeheo sehüueD-
SebfllsenregliDenter. ragimenter.
Hienaeb eind zwei oMbirisohe SohlltBeDbrigadeDy die 7. und
die 8., eniebtei Zu der ersteren gebQrl das 25^ 26., 27., 28., su
der lelsteien das 29., 30., 81. und 82. oatBibirisebe Sebtttsenree^eoi
Es ist nidit vniDteresBaot» ans den Beetämmimgen sn eiftbren, dale
die BOdnng der Tnippenteile bemte Mitte September begonnen und
je naeb den eioselnen Kompagnieni Me in den NoTomlMr bineln
dnrebgefnbrt worde. So wnxde z. B. rom 28. oatsibiriaeben SebtttMn-
regiment die 8. Kompagnie am 18., die 2. nnd 6. am 20. Septemlier,
der Begunentastab and die NiebtfrDnt-Kompagnie aowie die Rcgimenta-
miuik am 14. Oktober, nnd die 9. bia 12. Kompagnie erst am
1. NoTem1>er formierL
Daa 29. nnd 80. ostoibirisebe Sebtttunregiment wniden, nnd
twar am 18. Oktobw, m dem 1. nnd 2. Wladiwostoker Festangs-
infanterieregiment gebildet, das 23. am 1. NoTsmber aas dem Port-
Artbnrsehen Festmigs-InÜBuiterieregiment. Der Kaiser bat auch
sogleich diesen Regimentern Fahnen verliehen, und zwar liaben die
ans Festongsregimentem gebildeten die ihrer Stammregimeoter er-
balten, so dafs das 29. die des ehemaligen 1. Wladiwostoker
FestODgs-InfaDterieregiments mit der Aatsebrift „1771 bis 1871*^ nnd
mit dem Alexandeijobilänmshande fuhrt.
Da ein Schützenregiment auf Kriegsstärke 350 Offiziere, 5 Arzte,
Geistliche nnd Militärbeamte, 167 Unteroffiziere. 17 Hornisten,
1720 Gemeine, ho Niehtstreitbare, 84 Reit- and Zogpferde and
14 Fahrzeuge zählt, so hat die russische Infanterie im „fernen
Osten** bieidnrch eine nicht nnwiohtige Verstärkung erfahren, pranz
abgesehen Ton den bereits im Laufe des Herbstes aus Enropa nach
Ostasien transportierten Truppen, zu denen u. a. die aus den Militär-
bezirken Kijew nnd Moskau dorthin gesandten Brigaden der 31. und
35. Infanterie-Division mit ihrer Artillerie sowie die neogebildeten
fiisenbahnbataiilone gehören.
Wie sehr die Rossen dir Hafenaniagen in Port-Arthur ge- Aj^j^dem
fördert haben, p-^ht ans einer Dt^ju sche vom 2ö. November hervor, Oaten*.
wonach an diesem Tage auf der dortigen Newskij Werft das Torpedo-
boot „StatnUj", das letzte der dort erbauten i2 Geschwader-Torpedo-
boote, vom Stapel lief. Die ersten sechs der im „fernen Osten"
erbauten TorjxMlobooto sind schon vollständig kriegsmäisig aus-
gerüstet und rinlien ihre Fahrten begonnen.
In Korea bat ein ZusammenstoJs rassischer Matrosen
des KauoncDbootes „Bohr'' in Tscbcmulpo mit japanischen
niniti^pd by Googl
118
UmaohMi.
Arbeitern Htattgefunden. Diese Matrosen, 26 an der Zahi, wareu
in der Rtudt von einer ^rofsen IJeberzahl Japaner angegriffen und
hattLMi nur mit MUbe Kutter erreichen können, welcher sie ao
Bord des Kneg-sschiffes brachte. Die russische Rcdernnp: hat den
Panzer ^Poitawa" und mehrere Torpedoboote zur Sicherung der in
Tscbemulpo ^na-esiedt Uen Rnsisen nach jenem Hafen gesmult.
Um das r^^snri-Kasakenheer andanernd zu verstärken, ist
nach dem „Wobtotsclinüj Westnik*' beschlos.sL-n worden im künftigen
Jahr ansschHefslieh Kasaken des Orenburger Kasakenheeres dort
aozusiedeiu, die sich unter den dortigen Verhältnissen als die besten
Kolonisten erwiesen haben, wahrend die Don- nnd Kobenkasaken
sich nach den Erfahrungen der letzten Jahre für die dortige An-
siedelung weni^ geeignet gezeigt haben sollen. Die auf rigene
Kosten und Gefahr übersiedelnden Kasaken erhalten für ihre Ein-
richtung in der neuen Heimat fUr die Familie ein Darlehen von je
300 Kübel, die Übersiedelung nach dem „fernen Osten" geschieht
nach dem niedrigen fUr „Ubersiedler" bestimmten Tarif.
Diejenigen Kasaken, welche die Übersiedelongskosten seitens
der Kegiening eAilten« haben kein Recht auf freie Wahl ihres
Ansiedelnngsortes.
Um Qoeh mehr Offiziere mr Verwendung in Ostasien m be-
fäüiigen, bat man die bisher dem Ressort des Minisfteriams des Innern
nntersteUten „Oditierkarse der orientalischen Sprachen^'
die Absicht, dem Generalstab sn nntersiellen, weil man glaubt, dafs
darcb die Verbindong dieser Knrse mit der asiatischen Abteilung
des letzteren die militKrischen Zweeke mehr gefttrdext werden dürften.
Es soll femer beabsichtigt werden, das Programm der Anfoabme
ond der Eorsnsprttfhngen bedentend zu erweitem. Der Korsos soll
om ein Jahr Terlttogezt, anoh die so geringe Zahl der Teilnehmer
(bisher nnr 5) vergrOIsert werden. Die neuen Knise sollen ihre
Teilnehmer Ar die Ueberoahme höherer Ämter in der Verwaltung
der asiatischen Gebiete Rolhlands Torbereiten.
Nach den lotsten Nachrichten aos dem „fernen Osten'* befindet
sieh der giOlste Teil der Schifte des Geschwaders des Stillen
Ozeans zor Zeit in Port^Arthor, ond Ton ihnen ein Teil in armierter
Reserre. Der Geschwader-Eommandeor, Vize^Admiral Starok, hat
seine Flagge auf dem Geschwader-Panzerschiff „Fetropawlosk** gehifert,
während die jüngeren Flaggmttnner, Kontre-Adnural Baron Staekelberg
und Fürst Ucbtoniski, ihre Flaggen auf dem Kreuzer „Rossga** ond
dem Geschwader-Panzerschiff „Peresswjet" gehifst haben.
In chinesischen Häfen befinden sich zur Zeit zwei russische
Kriegsschiffe, in den koreanischen nnd japanischen Gewässern je ein
Digitized by Google
IfaBobau.
119
solches. Ein T^sportsehilf des Geschwaders krenxt an deo Küsten
der Hnlbinsel Kwantiin.
Um Siels ttber eine gpenttgende Beserre yon Ttansporlsehiffen znr
Beförderung von Truppen auch nach Ostasien ta. besitzen, hat die
JiaaptrerwBltnng fttr Seehandelssehlffahzt und Httfen einen Gesets-
entirärf ansgearbeitet, der nnter Bewdiignng von sehr gOnstigen Be-
düigangen Atr die Reeder, dem Staate die Yerfttgnng ttber eine
ansretehende Anzahl Fon geeigneten Schiffen der Privatreederei zn-
sichert.
Lebhaft besprochen werden in der rassischen Presse die Nach-
richten, welche, an'-^chpinend anf englische Veranlassung, Uber die
KnisJaod in der Mandschurei bedrohenden Anneeo der chinesischen
Generale Ma und Jaanschikai verbreitet werden. Während aber die
„BirshewUja Wedoniosti ' wissen will dato eine „furchtbare eblnesische
Armee" im Entstehen begriffe» ist, die ..von Japanern and Eoropäem
geschnifS bald Millionen von Streitern zählen wird, nehmen andere
Journale, wie die ,.Feterbuig8kija Wedomosti^^ diese Nachrichtcu
wenig ernst. Diese Zeitung sagt wörtlich von einem chinesischeo
Feldzuge: .,Ein solcher Feldzag wäre fUr unsere Soldaten nur ein
Kinderspiel, Nur unsere Fahnen, nicht die Fahnen des europäiseheu
Kon/.erts, wUrdrii dann über dem erohortcn Peking wehen, in dem
/weiten schweren Exil wllrde der .Mandschu-Hof, der uns jetzt leider
bitterer halst als den Freindläiider aus dem Westen, endJicU er-
kennen, dafs die Tage der Dynastie selbst irezäblt siei^n."
Ein General, dessen Name mehrfach iu diesen lilättem erwähnt tiencral-
war and dessen Person für alle Zeiten mit tier Umformung' der marschall
russischen Armee unter Kaiser Alexander II. verknllpft ist Oraf Graf D. A.
D. A. Miijntin, feierte in alli i Stille an» 21. November auf seiner ^'U***»°-
Besitzung in der Krim, wo er seit seinem Rücktritt von der Stellung
des KrieiTsniinisters, die er bekanntiicli nicht weniger als zwanzig
Jahre hekieiciete, in stiller Abgeschiedenheit lebt, sein siebenzig-
jähriges Offizierjubiläum. Der Grat, dem diese Standeserhühung
für seine Wirksamkeit während des rassisch-türkischen Krieges zu-
teil wurde, hat jetzt das hohe Alter von 87 Jahren erreicht
Die Feste /.ur Erinnerung: an die fünfzigjährige Wirder-Erinnenuig^
kehr dos Beginns der Ereignisse des Krimkrieges haben|rj^jj|^^^j,
begoiuirii. Zunächst feierte man die P^innerung an den Sieg der
Schwarzen Meer Flotte bei Sinope Uber die türkische, deren dortiges
Geschwader bekanntlich vernichtet wurde. In Ssewastopol, das
doch der .Mittelpunkt aller dieser Gedenkfeiern sein wird, wurde am
31. November ein Gottesdienst in der Wladimirkirche gefeiert, den
der Bischof von Simpheropol and Taurien Nikol^j zelebrierte. Dann
I
Digitized by Google
120
üiüäohau.
worden die Jnhiliama-Geoig-Wimpel und StaDgen-Flaggen, welche-
der Kaiser der SebwaneD Meer-Flotte raliehen hatte, eingeweiht
und auf den Kriegssehiffen gehibt. An dieser F^er nahmen die am
SO. KoT^her ihre „Gampagne" (Kainpanija, Seereise der Kriegs--
schiffe) beginnenden Panaersobiffe „Tsehessma**, M^ostelaw^, „Tri
Swjatitelja'V aof welchem Schiffe der GrotsfOrst Alexander MichäUo-
witsch anwesend sein wird, and die schon auf der Pahrt begriffenen
Panserschiffe »^Kigils, Potemkin, Tawritschessky und der Krenier
,,Panvatj MerkafQ<< Teil.
Am Abend fand im Marine-Ka^no xnerst ein Festmahl, dann
ein Ball statt in Anweeenheit des Grolsfttrsten Alexander Miehailo-
witsch mit seiner Gattin, der Grolsfttrstin KssenQa Alexaadrowna. .
Die Veteranen ans dem Mannsehaftsstande des Tages von Sinope
und der Belagemng von Ssewastopol feierten durch ein gemeinsames
Mabl. In den Kasernen der Marine fanden Vorlesungen Uber die-
Schlacht bei Sinope statt. Aach in St. Petersburg wurde dieser Tag
festlich unter Anwesenheit der Spitzen der Marine begangen.
tTbei- Am 25. November wurde St. Petersbnrg infolge der vom
'^^^^^"^^^Meere her der Stadt zugetriebenen Wassermassen von einem in hohem
Petersburger Grade verderblichen Hochwasser heimgesucht In ganz besonderein
bestuug. wurde auch die Festung hiervon betroffen. Ein stundenlang
dauerndes Feaem der Festungsgeschtltze warnte die Bewohner der-
der TTherschwemmung ausgesetzten Stadtteile vor der ihnen drohenden
Gefahr. Nach dem ,,Ru88kij Inwalid" wurden nicht weniger als
140 Schusse gelöst, davon 70 mit acht Pfund Pulverladnn^en und
70 mit vier Pfund Pul Verladungen. Von 1 Uhr 50 Minuten nacb>
Mitternacht bis 4 Uhr 40 Minuten mitta»'« donnerten die Kanonen -
der Festnng". Diese selbst befand sich wie im Belagerucfrszustand.
Sie war von Wasser, das die Peter-Faui-Kathcdrale. in der «ieli
die Hnhestattcn der Zaren befinden, erreicht hatte, volli^'^ umgehen.
Über dl II Platz au dieser Kirche konnte man weder zur Kathedrale
noch zur Kommandantur gelangen. Mau schlug kleine Brücken, die
aber auch bald vom Wasser fortgerissen wurden. Die Wachtposten
ranfsten eingezogeu werden, als das W^asiier schon bis in den
Exerziersaal der 5. Kompagnie des Leibgardeschlltzen-Bataiilons
eindrang. Die Wachen selbst wurden in den oberen Stockwerken
untergebracht.
Angriffe In Rufsland sind die schamlosen Angl id'e, welchen das deutsche-
^jg^^ Offizierkorps zur Zeit in der Presse, der modernen Belletristik und
auf der Bühne ausgesetzt ist, zwar unmöglich. Daftlr wurden in
der letzten Zeit tätliche Angriffe gegen Offiziere ausgeführt, die
mehrfach sich nur als Ausdruck des Basses gegen die Vertreter der
Digitized by Google
ümaobaii.
12t
bestehenden staatlichen OrdnuDg charakkrihieiku. Einen sehr
trag:i8cfaeD Ausgang nahm hierbei der Vorfall in St. Petersburg,
defisen Opfer der Leutnant Piotuch-Kublitzkij von der Kwun
tuügscben Festungsartillerie wurde. Diesem hatte, als er seine
Abteilung nach Beendigung einer militärischen Leichenparade vom
Smolenski- Friedhof zurllckftlhrte, von einem Bnmmler („Bossjak'" lautet
die russische BeMichnua^) ohne jede Veranlassung ein Faustschlag
ins Gesicht versetzt. Es ilei Bitn llende sofort arretiert; der
Offizier hat sich aber, anscheinend weil ihn» Vorwürfe gemacht
wurden, dals er den Angreifer nicht mit der Wafle niederschlug,
einige Tage darauf erschossen.
Ein ähnlicher Fall ereignete sich in Kadom, wo ebenfalls ein
„Bossjak" einem Bataillons- Adjutanten, dessen Trappenteil in der
Paradeaofstellung den Divisionskommandeur erwartete, vor der Front
die Mntae vom Kopfe schlug. Dieser hatte freilich die Gelegenheit,
den Beleidiger durch einen Hieb mit dem Säbel unsehidlieli zu
maeben.
Die GeneraÜDspektiOD der Artillerie ist nunmehr endgültig Neuorguii-
nen oigaoiriert worden. An ibrer Spitase stebt als General-Feld- ^^^eaeraU*^
asengmeiBlery der frttbere Statthalter des Kankasns nnd einstiger Ober- inspekUoft
kommandierender der kankasiseben Armee im Feldzage 1877/78,*^^^^'^^^"^
GioMreft Miehail Nikol^jewitsefa mit einem ibm als Stellvertreter
(Tawarisebtseb) snr Seite gestellten General der Artillerie nebst
einem allein ans seobs Creneralen bestehenden Stabe. In den nenn
Ssktionen, welche die Angelegenbeiten der Waffs bearbeiten, sind
alleni 87 StabsofSadere besebäftigt Znm Ressort der General-
inspektfon (Glawnoje artülerüsskoje Uprawlenge) gehören n. a. das
ans 12 Milgliedem, von denen allein 5 Generale, bestehenden
ArtOleriekofflilee, welehes alle das Wafienwesen and die Artillerie
betreffenden FVagen bearbeitet. Ihm sind aar UntersttttEong eine
grofse Anzahl Offiziere Überwiesen. Femer steben nnter der General-
lnspektion die Inspektion der teebniseben Institate, die Redaktion
des JüÜUerÜBsky Sbomal**, die Abnabmekommission osw.
General Dragomiroff setzt m dem j^Aswjedtsehik'^ seine (General
ErOrternng milittriseber Fragen fort. Et wendet sich in einem '^^^"^ *
neneren Artikel gegen die znweilen nnricbtlge Gbarakteiistik der
Ofliziere in den Kondniten (Attestazüa) seitens der Trappen-
kommandenie. Er gebt hierbei von der AnfSsssnng ans, dafo man
die Kondniten nicht entbehren, sie aber anch nicht Offentlieb abgeben
kOnne.
Nach seiner Meinnng laden diejenigen Vorgesetzten eine grofse
Schold anf ilir Gewissen, welche Untergebene nnr in dem Bewnfetseia
Digitized by Google
1
:luftschiff-
fahrt
VniBcliaa.
ilirt r persönlicheD Würde vielleich pedantisch gehUtet#»r Selbständig-
keit schlecht behandeln und ihnen iingUostige Konduiten erteilen, ja
sif sogar zum Austritt aus dem Truppenteil nötigen (WtLkuriwajat
is Tschasti, wörtlich: sie aus dem Truppenteile „ausräuchern'*).
Dragüiniroff weist darauf hin, dafs solche Vorgesetzte die innere
Kraft ihres Truppenteils erechUttem. „Denn" — setzt er hinzu —
„in schwierigen Momenten kann mau sich aar auf etwas attttzen,
das kräftig genug ist, Widenrtand za leisten. Darauf wies sebon
Tor langen Zeiten ein greiser Psycholog bin. Und das ist in der
T^t so. Um mieh eines Vergleiches zu bedienen, so ist ein Knüppel
in der Hand nicht so angenehm wie ein biegsames Bohr. Aber,
wenn man stolpert, kann man sieh aal den festen Knüppel stfltzen,
aber das BohrskOokchen, so schön es sieh anch in der Hand tragen
nnd mit ihm spielen Iftlst, wird doch aieht vor dem Fall scbtttsen kOonen.
Und wenn man nachsinnt, so findet man, dafs es eme Zeit gab, in
welcher man die selbsländigen Charaktere systemaiiseh ausrottete —
von der Schalbank des Kadettenkorps an.**
Militär- Der Militftrlnftsohiffahrt wird in Raistand in neuester Zeit
eine besondere Aofinerksamkeit gewidmet Namenflieh sind alle
Festungen mit Lufteohiffeiabteilnngen ausgestattet. Wie der
^RuBsisehe Invalide" soeben mitteilte, wird vom 1. Januar des
kommenden Jahres ein eigenes Journal fhr die Interessen auch der
Militilriuftschi&hrt, das „Wossdneho|»lawatel^ erBcheinen, das in
Monatsheften herausgegeben werden wird und das den OfBzierkorps
bringend zur Beschaffung empfohlen wird.
Der auf der Höhe des auf der Grenze zwischen Afglianistan
und Turkestan liegenden Pamirs befindliche russische Posten wurde
im Oktober mehrfach durch stärkere Erdbeben beunruhigt.
Trun .^Russische Invalide'' berichtet über eine bevorstehende
Neuorganisation des russischen Trains, dem anch alle in
Deatschiand zur Bagage gehörenden Fahrzeuge zugerechnet werden.
Die mit der Beratung der Neuordnung betraute Kommission hat ihre
Vorschläge bereits dem ICriegsrat zur Reprntachtung vorgelegt.
Es bestehen bisher im Frieden 5 Kadre - Trainhataillon
zu je 4 Kompagnien, das Kaukasische Trainbataillon zu 2 Kom-
pagnien nnd die Sud - Ussorl- Trainkompagnie. Jede Kompagnie
besteht aus 5 Zli^^' n.
der .Mobilmachung erweitert sich jeder Zug zu einem
Trun ]iürt, die den deutscben Etappen- oder Armeefuhrparkkolonnen
entsprechen.
Jeder Kompag-nicohef wird Kommandeur eines so gebildeten
mobilen Tfainbatailions von je 5 Transporten. Die Armee hat 23
Digitized by Google
lim»chau.
123
solcher Bataillone im Kriege mit zusammen 115 Transporten, toq
denen jeder einen vierttfgigeD Verpflegungsvorrat ftlr eine Infanterie-
Division mit dch ftlbrt.
Die Trnppeniralns bestanden bisher aas Eegimentstrains,
•etwa nnseren lileinen nnd grofsen Bagag:en, nnd ans den DiTislons-
traios, etwa mwefen Tndns, d. b. Verpflegungdkolonneu, Feldlager-
wesen usw. entspiecbend. Hleraos ergab sieb ron selbst eine An-
bftnfnng grofser Massen Trains in naber Bntfemang binter der
▼orderslen Linie.
Man trennte aaeb fitr Mlirsebe in der Nftbe des Feindes den
Begimentetrain m 2 Staffeln, Ton denen die erste etwa der kleineren
Bagage der dentseben Armee entspraob» die zweite etwa der grolsen
Bagage and mebrere Kilometer binter den Truppen folgte.
Die Rommission liat nnnmebr vorgeseblagen, die Truppen-
trains einer Dreiteilung ul nntenieben, in Regiments-, Dividons-
nnd Korpstram. DiTisionstratns sollen den Infitnterie- Divisionen
beigegeben weiden. Sie bestehen ans dem Verpflegongstrauspoit
and der SanitKtsabteiUing. Im Verpflegnngstransporl wird aber niebt
mehr wie in der bisherigen Verpflegongsabteilnng ein achttägiger
Verpilog:iingBVorrat, sondern nnr der viertSgige VerpAegongsbedarf
gefobrl Anberdem in dem fünften Zage des Verpflegnngstransports
Fleisebkonserven anf xwei Tage.
Der Korpstraini weleber jedem Armeekorps beigegeben wird,
fahrt in seinen drei ersten .Zügen den dieittt|^n Vorrat an Ver-
pflegung nnd Foarage, im vierten Fleisch- nnd Gemüsekonserven
flir die Kavallerie des Korps mit sieb. Die selbständigen Kavallerie-
koips erhalten auch solche Rorpstrains.
Von anderen Einzelheiten der geplanten neuen Organisation er-
wähnen wir die Einführung von zweispännigen Fahrzeugen statt
dreispännigen^ den Forthll der Paekpferde bei der Qebiigsbatterie
.im lotendaotnirevier nsw.
V. Zepelin*
Digitized by Google
124
Literatur*
Literatur.
I. BüobM*.
CoBStantin v. Aivenslebeu, Genci-al der Infanterie. Ein militärische»
Lebensbild von Thilo Krieg, Dr. phil. Berlin 1903. S. MiUler
und Sohn. Preis 4 M.
In lancjen Friedenszeiten ptlogt die militärische Routine einen un-
j^oböhrliciien und sehr olt schädlichen Binilufü zu gewinnen. Da ist
es eine Erfrischung, sich mit dem Leben und Wirken von bedeutenden
Kriegsmännem zu beschäftigen, welche im übrigen ausnahmslos von
jeher dem Wichtigtun der Rotitine feindlich gegenüberstanden. Schon
Jolins Caesar schreibt: Minima non curat Praetor. Das lieifat auf
deatsch: Bin liSlierer OfBaier eoU kein KommiSROldat sein. Unsere
hervorragendsten kommandierenden Generale im Kriege 1870/71 waren
unatreitig v. Goeben und v. Alvensleben. Beide geniale Soldaten von
den gröfsten militärischen Verdiensten, aber auch beide weder Exeizier-
meister noch Pedanten, beide Feinde taktischer wie strategischer Schlag-
wörter, aber dafür MHnner von unabhängigem Charakter, grofsem
militärischen Wissen und übenagender Intelligenz. Es mufste
deshalb wünschenswert erscheinen, diese Gesichtspunkte besonders
berQclulchtigt zu finden in dem vorliegenden Buch zum Frommen
und Nutseu der jetzigen militärischen Generation, denn schliefsllch
soll dieselbe doch in erster Linie etwas lernen aus dem Lehen und.
der geistigen Beschaffenheit von Männern, die ftlr sie vorbildlich za
sein verdienen. Aus diesen Gründen hätte man der Ansicht sein
können, dafs ein erfahrener Militär sich mit einom militärischen Lebens-
bild von f'onstantin v. Alvensleben bes<;häfligt hätte. Denn es möchte
scheinen, dafs nur ein solclier imstande sei, das Wesen und da»
berufsmäfsige Wirken eines hervorragenden Generals, die Slcüung
zu den verschiedenen militärischen Fragen seiner Zeit Sachverstand ig.
d. h. innerlich zu erfassen. Das vorliegende Buch beweist Jedoch*,
dafs auch ein NichtmilitSr imstande ist, nach dieser Richtung Vortreff-
liches zu leisten.
Bbenso mufs anerkannt werden, dafs es dmt Herrn Verfasser
gelungen ist, ein fesselndes Bild zu geben nicht nur von dem äufseren.
sondern auch dem innerlichen Lebensgang und besonders von dem
Anteil des Generals an den Ereignissen des Krieges 1870/71. Die zu
lösende Aufgabe war um so schwieriger, weil nennenswerte hand-
schrifLlichb Beiagstücke nicht zur Verfügung standen. Ooiisiautin
V. Alvensleben hatte nach die^^r Richtung eine besondere Auflhssung.
Br glaubte sich kriegsgeschichtlichen Brörterungen fernhalten zu soUen,
«da er nicht Richter sei in Sachen des Königs'*. Dieser Auffassung
kann jedoch wohl nicht zugestimmt werden von grofeen Gesichts-
Digltizeo Ly ^^oogle
litetatur.
J25
pußkLca aus, denn es handelt sich doch bei Peststellung kriegs-
geschichtlicher Vorgänge nicht um ein Richtemmt „in Sachen des
Königs", sondern um ganz unpersönliche Feststellung der Wahrheit
und Wirklichkeit im Interesse der Armee. Letztere kann aber nur aus
einer Kriegsgeschichte etwas lernen, welche den Tatsachen möglichst
entspricht, während umgekehrt unrichtig oder zurechtgemacht wieder-
gegebene Tatsachen su falschem Schlüsse führen mfissen und damit
die F<M*muHerung zutrefTender Lehren hindern, mindestens aber er-
schworen. Deshalb nützt auch in letzter Instanz brauchbare, d. h. der
Wahrheit und Wirklichkeit nachstrebende Kriegsgeecbichte mittelbar
„der Sache de:s Königs*.
General v. Alvensleben hat die Geneiui.s(*ibskamere «remacht. Kr
war als Generulslabsoffizier vorbildlich, ii* liebten ihn uUcishüiI bis
aar Schwärmerei und haben Yiel von ihm gelernt, denn er war ein
Feind der Pedanterie und Umstfindlichkeit Die Förderung der Sache
stand ihm obenan: ihre formale Behandlung betrachtete er erst in
zweiter Linie, w&hrend andere es oft umgekehrt machen und dabei
den Zweck aus den Augen verlieren." So schreibt der spätere Kriegs-
minister, General v. Hronsart II. der unter ihm stand, als v. Alvens»
leben Chef des Generalstabes I. Armeekorps war.
Ais Abteilungschei' im Kriegsministerium geriet er in Meinungsver-
schiedenheit mit so ziemlich sämtlichen militärischen „Spitzen** und zwar
in Sachen einer beschleunigten Mobilmachung gegen Frankreich. Hier-
bei Übte er auch Kritik an einem Feldzugsplan des Generals v. Moltke
aus dem Jahre 1858, der allerdings jetzt merkwürdig anmutet Denn
es ist ein Defensivplan, welcher die preufsische Armee in drei ge-
trennten Gruppen (Niederrhein. Main, Saale) aufstellt und vorläufig
„die weitere Bntwickelung der Dinge abwarten will". Er steht in
vollem Gegensatz zu jiHon \Ioltk*vschen Entwürfen ^pätorer Zoit und
jeden falls war der Gogenentwurt v. Alvenslebens damals mehr in der
Manier gedacht, welche man heutzutage als die Moltkosche bezeichnet.
Was den Oberst v. Alvensleben angeht, so ist die Schilderung
seiner Tätigkeit als Kommandeui* des Regiments Alexander, wie sie
Dr. Krieg gibt, eine so vertiefte und psychologisch feine, dafe es ein
wahrer Genuls ist, dieselbe su lesen. Sie ist auJeerdem packend, weil
sie bestimmte Tatsachen einflioht, dto allein schon 'hinreichen, um
Oberst v. Alvensleben geradezu als Vorbild eines Regimentskom-
mandeurs erscheinen zu lassen. Auch als taktischer Ausbilder und
Führer. Allordinir'-' »'rwies er sich dnhoi als erbitterter Peind aller
uberlebten Tiadition und nur dem menschenkundigen Scharfblick
seines Könie;.^ ist es wohl zu verdanken, dafs' ein so unbequemer Unter-
gebener nicht „ausgeforstet'* wurde, zumal er dem Hixerzierdrill nichts
wehiger als hold gesinni war.
Im Kriege 1866 nahm v.' A. als Kommandeur der 2. Garde-Inf.-
BHgade' besonders äuszeiohhun jpvöUen Anteil ah der Schlacht von
XdnigtfriUz. Er entwicicelte hier als Fflhrer der Avantgarde eine ent-
nioiti^ed by Google
126
Uleratnr.
schlossene Selbsliätigkeii, witj niv sein soll. Er nahm es aut sich,
Befehlen seines Divisionskommandeurs entgegen zu handeln, weil er
als klarer Kopf den Zusammenhang der Dinge und die Notwendigkeit
rasdien Handelns in diesem Falle besser übersehen konnte, als der
Vorgeselste. Sein Bingreifen hat denn aueh wesentlich zur Entlastung
der im harten Gefecht stehenden 7. Division beigetragen. Übrigens
bringt bei dieser Gelegenheit Dr. Krieg Einzelheiten von kriegs-
geschichtlichem Interesse. Sie bestätigen, dafs im Gegensatz zu der
schweifalligon Handhabung des 1. Arnieckorps das rücksichtsiose Vor-
gehen der Garde gegen das Zontrum aer österreichischen Stellung bei
Chluni es in erster Linie ermöglicht hat. die im allgemeinen nur
langsam laukuonierende operative Tätigkeit der iL Armee um 3. Juli
1866 durch glänzende taktische Erfolge aaszugleiohen.
pAuf der H9he der Ruhmeslaufbahn'* kutet die Überschrift des
Abschnittes, der sich mit den Feldzttgen 1870/71 beschilfUgt Mit Recht,
denn es ist erst geraume Zeit nach dem Kriege in weiteren Kreisen
bekanntgeworden, welchen geradezu entscheidenden Anteil die Führer-
tätigkeit des bei Ausbruch des Krieges an die Spitze des III. Armee-
korps gestelltüii Generalleutnants v. Alvensleben mit vollem Recht
beanspruchen daii". Das gilt in erster Linie vom IH. August 1870.
Hatte sich v. A. auch ohne Zweilei. ebenso wie dat. giofbc liaupt-
quailier in den Tagen vom 11—16. August strategisch geiiTt, was die
Vorgänge beim Veinde anging, so erweist er sich, nachdem die wk>
liehe Sachlage am Vormittag des 16. August ihm vor die Augen tritt«,
bei Vionville als erstklassiger Führer in Mner selten kritischen Situation,,
welche an Kopf und Nerven aufserordentliche Anforderungen stellte^
Oluie einzelne Ausla.ssungen über die Tätigkeit speziell des
X. Armeekorps vom Ifi August nls ganz einwandfrei anzuerkennen,
muCs ich doch besonders hervorheben, dafs dei- Uwv Verfasser im
wohltuenden Gegensatz zu anderen iJarstellorn die Verdienste des X.
und teilweise auch des Vlll. und IX. Armeekorps voll anerkennt um.
den siegreichen Ausgang der Schlacht. Nach dieser Richtung war
auch General v. Alvensleben selbst der ebenso vornehme wie gerecht
denkende Mann, der niemab Äulserongen gebilligt haben würde, wie-
sle spiter und bis au! die neueste Zeit aus Kreisen in die öffentlich--
keit gelangt sind, welche 1870/71 dem kommandierenden General des
lU. Armeekorps nahe standen.
Dafs bf'i den Kämpfen um Orleans und Le Mans v A stets als
hervorragender Führer hervorgetreten ist. hat zuerst Hoemg in seinem
Werke „Der Volkskrieg an der Loire" in vollem Umfange nach-,
gewiesen. Abel auch bei der Churai^iensierung des Generals werden
diesem die P&higkeiten eines Peldherrn zugesprochen auf Grund
seiner im Frieden wie im Kriege bewiesenen Geistesschftrfe und Tatkraft.
Der lotste Abschnitt (Nach dem Pbldzug— Lebensabend) des wert-
vollen Buches, dem die weiteste Verbreitung in militärischen Kreisen
zu wünschen Ist, beschtttligt sich auch in mafsvoUer Weise mit den
Digitized by Google
Literatur.
127
Gründen des Scheidens des (Jenorals aus dem Heere. Dafs letztert-s
s, Z. hferbei viel, sehr viel verloren hat, ütebt auXser Frage. Auch
hier sollte sich die alte BrfUiniog bestätigen, dab cbenktervolK
bedeutende Peradnlielikeiteii in »gewShnlioheD Zeiten" eich nur sohwer
gegenüber der Mittolmäfoigkeit und der Routine zu behaupten ver^
mOgen. Beide sind eben von jeher die Todfeinde gewesen von allem,
was über sie hinausragt oder sich ihnen nicht fügen will.
Keim.
„Der Schlachterioig, mit welchen Mitteln wurde er erstrebt f"*
Herausgegeben vom Grofsen Generalstabe, Kriegsgesohioht-
liche Abteilung I. (III. 6d. der ..Studien zur Kriegs-
geschichte und Taktik**.] Berlin, 1908, E. S. Mittler k Sohn,
t Bd. Text, 1 Bd. Karten. Preis 1« M.
In der Einleitung zu dieser neuesten Arbeit des Generulstabes
heilst es: ^Die vorliegende Studio hat sich zur Aufgabe gesteilt, die
Mittel zu untersuchen, die seit Friedrich dem Gtofson in den Kriegen
des europäischen Keallundes angewandt worden sind, um den Sclilaclit-
erfolg zu sichern.'* Die Worte von Clausewiiz ..dif Hauj)tschlHclit ist
als der konzentrierte Krieg, ais der Schvvurpuiikl de« guiizcii Krieges
anzusehen" rechtfertigen solche Untersuchungen zur Genüge. Diese
Worte geben zugleich die Richtsehnur für die Behandlung des StoiTes,
Unter Versieht auf eine eingehende Schilderung des Verlaufs der ein-
zelnen Kftmpfe und unter Ausscheidung alier sonstigen Bedingungen
kriegerischen Erfolges sollten lediglich der Zusammenhang zwischen
Operation und Schlacht, dif Gruppiorung der Streitkräfte und die Art.
wie sie zur Öchiacht angesetzt wuiden, dargelej^rt werden. Konnte
auf diese Weise hinsichtlich der Truppen im wesenUicheu nur da«
mechanische Element Berücksichiigung linden, so war dem Handeln
und der Iiniiativo des Feldherrn um so breilerer Uauni li) der Be-
trachtung zu gewfthren.
Wir haben somit eine weniger für den Gebrauch durch den Durch-
schnitt der OOlsiere, selbst der Qeneralstabsoffiziere geeignete, als
vielmehr eine durch ihren Inhalt mehr für die hohen und höchsten
Führer, für den oder die Strategen bestimmte Arbeit vor uns. Die
Taktik «ntt ebenso zurück, wie die operative Technik, es handelt sich
nur um die höchsten Probleme di-i- Feldht rrnkunst und zwar fast aus-
sehliefslich vrun Standpunkt der obersten h'ührung; da aber im Frieden
auch jüngere Oihziere in die Lage kommen, bei theoretischen Arbeilen.
Armeen zu führen, oder ihre Oedanken über die Heerl'ührung zum.
Ausdruck au bringen, so werden auch sie gut tun, sich in die Arbeit
zn vertiefen, um sich mit den augenblicklich mafsgebenden Anschau-.
ttDg«n Aber HeerfOhrung und Schlaehtieitung wohl vertraut zu
machen.
Dan Buch behandelt folgende Schlachten bezw. Operationen:
Ulm 1S05, Austeriitz 1806, Jena 1806, ßylau 1807, Priediand 1807,
Digitized by Google
128
lÜBKttiir.
Rejrensburg 1809, Aspern un«! Wagram 1Ö09, Sinolensk 1812, Boro-
dino 1812, aus dorn Jahr 181o Grofs-Görschen, Bautzen, Dresden.
Leipzig. Ligny und Belle- AUiance 1815. Novara 1840. MagenU und
Solferino 1859. Custozz.i 1866, Königgrätz, aus 1870 die Grenzschlachten,
Metz. Sedan und die Sehlftchton an der Loire. In deir Bioleitung
-werden die Zeit Friedrichs dies Orolsen. die RevolutionsBeit und Harenge
beliandelt, ein Rfickblick fafst die Ergebnisse der Porsehvng susammen;
•diese beruht ausschlierslich auf der gedruckten Literatur. Bin
prächtiger Atlas mit 66 ßuntdruckkarten erleichtert das Verat&ndnis
ungemein.
Es- i.st natürlich, dafs diese Arbeit bei ihrem l'rsprung vermeidet,
allzuscharf ausgeprägte Urteile und von Grund aus neue Auffiussungen
auszusprechen. Sie befleifsigt sich vielmehr einer grofsen Klarheit,
Sachlichkeit und Nüchternheit, und schränkt etwa aufgestellte Be-
hauptungen durch Hinweise auf anders geartete Bespiele in der
Regel wieder ein, es dem Lehrer flberlassend» das letste Wort und
^ie ftnjCsersten Polgeningen je nach seiner (Srundstimmung selbst
zu finden.
Bs ist daher nicht ganz leicht, das Leitmotiv der Schrift ohne
weiteres 7weitV>1.sfrr'i zu erkennen Und doch ist ein solches Leit-
motiv voi handun. Es kehrt virliacli in den Ht-ti ;u tituni^en leise wieder,
wagt sich da und dort herxor und läfst sivh endlich in deni „Rück-
blick" greifen. Es heifst dort: ^die angeführten Beispiele bestätigen
in flberzeugender Welse die alte Wahrheit, dafs ein gegen die Flanke
des Feindes geführter S^fs und die Gefihrdnng seines RQckens den
gröfsten Erfolg verspricht* Wenn nun. auch sogleich die Binschrin-
kung folgt, „dafs es nicht immer gelingt, die angestrebte Umfassung
XU erreichen/' so führt der nächste Satz doch wieder auf das Leit-
motiv 7,un'irk: ..Nur umso höher ist darum das Verdienst des Peldherrn
anzuschlagen, der trotzdem beharrlich danach trachtet, d^n Vorteil
der Umfassung zu erlangen.**
An diesem Grundsatz worden die einzelnen Schlachten geprüft:
es wird darauf hingewiesen, wie hohe Erfolge Napoleon bei Jena und
Regensbuig aus der Umfassung zog — die er fMUeh torher weder
überlegt noch beabsichtigt» die er spftter auch nicht gelehrt hat, die
sich vielmehr aus seiner Überlegenheit an Streitmitteln und an Bhergie
des Operierens wie aus dem Stillliegen seiner Gegner von selbst
ergab — ; es wird gezeigt, dafs das Fehlen der Umfassungstendens,
oder die unzureichende Energie der Umfassiin'jrF^nbtoilungcn einzelne
Schlachten ergebnislos gestaltet habe, wie z. B. Magent« und Solferino;
auch wird dargelegt, wie manche umgehende Bewegung aus äufseren
Ursachen nicht zur vollen Entwickelung kam, wie bei Smolensk und
Bautzen; wir erfahren endlich, dafs die Schlacbterfolge dort am
griSfsten waren, wo die Umfassung am vollkommensten gelang. Wie
bei Sedan. ,
Natürlich haben .in den letsteren PSUen. noch ganz andere
Digitized by Google
199
Kräfte als Kn(^rixi»' d' s Sieges gewirkt, wio dit- theoretische, wissen-
schaftlich gepflügte Krkenntnis vom Wert der Umfassung. Bei Wörth
UBd Sedan führte uns die vorhandene deutsche Überzahl — die wir
in Zukunft vielleicht nicht wieder heben werden im Verain mit
einem enteelüoseenMk an den Peind ManchiereB gani natfiriieh nur
▼on selbst zur UmAhseuDg; wo wir nur gleich stark oder sehwllcher
waren, da haben wir meist nicht umfarst, undce ist das auch in der
Tat gegen die Natur der Dinge, namentlich wenn sich der Peind be-
wegl I^jp Form war es nicht, die damals zum Siege führte, am
allervvfmy:sten eine theoretisch ausgeklügelte und festgelegte Form,
sondern die fast heispiellose Gunst der Oesamtverhältnisse, die in
dieser Art schwerlich je wiederkehren wird.
Darum sclittefot die Arbeit u. R sehr richtig: »die groben Ver-
bilder kOnnen uns niemals mehr bieten als eine Schulung unseres
Geistes. Für ihre Anwendung gilt es, an die Erscheinungen derVer-
gangeniieit den Mafsstab heutiger Verhftltoisse anzulegen und die ge-
wonnenen Lehren zeitgemäfs fortzubilden Das gilt auch für die Hr-
fahrnngen der Jahre 1870 und 1871 und für Moltkes Anschauungen
Diid l^ehren vom Kriege. Das eine aber mögen wir lernen, dafs es
in ]t dem Fall geraten ist, mit Kühnheit zu verfahren, das Streben
nach der eigenen Sicherheit hintanzusetzen vor dem Streben nach
der Vernichtung des Feindes. Ks gilt das umsomehr zu beherzigen,
als die Oefaihr besteht, daCs die gewaltigen Pronteo heutiger Maasen-
beere leicht lu ähnlichen Kimpfen iühren kOnnen, wie sie schon vor
Friedrich und vor N^Kileon stattfenden, d. i. zu einem entscheidungs-
loeen, ausschlieCslieh frontalen Abneigen der Kräfte. Kne gesunde
Auffassung vom Kriege darf es dahin nicht kommen lassen, ihr ist
mit Clausewitz die Hauptschlacht um ihrer selbst willen da, um des
Sieges willen, den sie sieben soll, und der in iiir mit der höchsten
Anstrengung gesucht wird."
Die Knegsgeschichtliche Abteilung I ist zu beglückwünschen; sie
hat sich der ihr gestellten schwierigen Aufgabe mit Hingebung unter-
zogen und sie mit unverkennbarem Geechick gelöst
C. B.-K.
Ber Kavalleriedienst im Kriege. Bearbeitet und heraus cegobea
von G. V. Pelet-Narbonne, Generalleutnant v. d. Kav. z. D.
Zweiter Teil: Kavallerie im Sicherheitsdienst und in
der Schlacht. Dargestellt an den Ereignis.sen von Coulmiers
im Spätherbst 1870. Mit drei Karten und einer Kartenskizze im
TsKt Berihi 1908. Emst Siegfried Mittler und Sohn. 8<». XU
und 138 Seiten. Preis Mark i.—*.
Qenemlleutnant t. Pelet>Naibonne hat den 2. Band seines «Kavalie-
riedienst*, dessen Vorgänger, die ,^usbildung im Frieden*, in fünfter
Auflage vorliegt, den „Kavalleriedienst im Kriege", nicht wie jenen in
akademischer LiOhrweise bearbeitet, sondern den Gegenstand applika>
Jafeittgiw Ar «• imAuit» Aim« wl Uni»». Kt. M8 9
Digitized by Google
130
torisoh behanctelt, indem er »einer Unterweisung tataSetdiebe Qeocheh-
niaee «igninde legte. In dieser Art wurden im 1. Teile des sweiien
BandeSp «n dem.Vormatsohe der deutschen Reiterei von der Saar über
die. Mosel in den Tagen vom 7. bis zum 15. August 1870. die Vorbe-
wegurtf!:, die Verfolgung und die Aufklärung geschildert; in dem jetzt
erschienenen 2. Teile sind der Sicherheitsdienst und das Verhalten in
der Schlacht die Gegenstände der Untersuchung, Ihre Darstellung er-
folgte unter Zugrundelegung der Vorgänge, deren Schauplatz von
Mitte Oktober 1870 an bis zu der am 9. November geschlagenen
Seldacht von Coulmiers die Gegend von Orltena war.
Das Beiapiel, an welchem der SioherheitBdienBt dargestellt tat, enU
spricht dem Zwecke in hervorragender Weise. Die Auiisabe, diesen
Dienst wahrzunehmen, fiel in der Hauptsache der preufsischen 2. Ka-
vallerie-Division Graf Stolberg au, neben der spiter auch die bayerische
Kürassierbrigade dazu horan gezogen wurde; sie ist von ihnen vortrofT-
lieh gelöst worden liiinilten einer aufständischen Bevölkerung, man
möchte sagen eine.s Volkes in Waffen, und durch ein Gelände be-
hindert, weiches auf eine Entfernung von nicht voll zwei Meilen von
der nach Westen gerichteten Hauptfront der Stellung jeglichen Ein-
blick in Daa unmöglich machte, was w^terhin geschah, ist die deutsche
Kavallerie allen Anforderungen gerecht geworden, die an eine wach-
same, unternehmende Reiterei gesteUt werden können. Die erstere
Eigenschaft wurde freilich wenig in Anspruch genommen, da der Feind,
wie bei dem Inneren Zustande des Mehrteiles der französischen Truppen
erklärlich ist, sich wenig tatcnlustig crwios; um so mehr aber kam die
andere Eigenschaft in dem Bestreben Licht zu schatten zur (loltung.
Auch an Beispielen für das Vorhalten im Aufkläruiigsdienste ^\h\ da-
her die besprochene Zeit eine Menge guter Lehren. In einem kunitigen
Kriege wird ft^iiich Vieles anders sein. Die Bewaffnung und die Aus-
bildung für das Gefecht zu Fufs, Radfahrer und Maschinengewehre,
sowie die geänderten Dienstordnungen können nicht verfehlen mancher-
lei VerhUtnisse umzugestalten, aber die Grundlehren des Krieges bleiben
die alten und die im Jahre 1870 gemachten Erfahrungen werden trotz-
dem auch noch später Verwendung flndon.
Genau wie am 9. November bei Coulmiers E:«^srhHh. schliefst sich
an die im ersten Abschnitte geschilderte Wahrnehmung des Sieher-
heiisdienstes im Buche der das Verhalten in der Schlacht behandelnde
Teil. Leider zeigt er nur ein negatives Bild. Obgleich sowohl
auf französischer wie auf deutscher Seite die Waffe zahb«ich vertreten
und daa Schlachtfeld fttr ihre Verwendung in seltener Weise geeignet
war, kam sie niigendwo zu talsSohlicher Wirksamkeit. Dabei erscheint
die erstere Seite in weit ungünstigerem Licht als die letztere. Trotz
der ihr winkenden glänzenden Aussichten ersprießliche Dienste leisten
zu können, verschwand sie von der Walstatt ohne dafs sie auch nur
den Versuch gemacht hatte, die ihr gebotene Gelegenheit zu benutzen.
Die deutsche Reiterei ist wenigstens durch mehrfaches Anreiu>n zur
Digitized by Google
litoratiir.
181
Attacke ihrer Infanterie eine wesentliche Stütze gewesen und hat
während der Schlacht im Aufklärungsdiensto Tüchtiges geloistpt. Dafa
sie nicht ausschlaggebend aufgetreten ist und den Franzosen, bei denen
Führung und Auftreten der Reiterwafie kläglich genannt werden und
um so mehr auhallen, wenn man sie mit den an den Tagen von Wörth,
von VionviUe-Mars la Tour, von Beaamont und von Sedan zu Ta^
getreteneD Eracheinuogen vergleicht, nicht ein sweitee Rofsbach be-
reitet hat, lag keineswegs am Gdsie der Trappe, an ihrer Ausbildung
und ihrer Tfichtigkeit» von denen sie genügende Proben abgelegt hatte,
sondern an ihrer Verzettelung und Verwendung, an dem Nichtvor-
handensein eines gemeinsamen Oberbefehls über die Waffe und an
dem Mangel an Schulung. Die damals gemachten Erfahrungen, die
von General v. Pelct auf allen Gebieten nachgewiesen fiind, haben be-
wirkt, dafs seitdem die Friedensausbildung in andere Wege geleitet ist,
HoiTentlich wird sie auch im Ernstfalle Früchte tragen.
Bine vortreffliche Ausstattung mit Plänen trügt dazu bei das
Studium des lehireiohen und interessant geschriebenen Buches au er-
leichtern. 14.
La Cavalerie Amerieaue daas la Ouerre de la Secession. — Aveo
deux cartes. — Borger-T.evrault et Co., Paris. 2.50 M.
Es besteht in d^r Kavallerie eine starke Strömung, die dahin geht,
auf einen ^i tiseren Gebrauch des Fufsgefechts bei dieser Walle hin-
zuwirken, und sie dadurch vielhoitiger und verwendungstahiger zu ge-
stalten. - Über den Grad einer solchen Kelorm gehen die Ansichten
allerdings sehr ausdnander; walirend die eine Richtung dem Kampfe
SU Puls mit der Peuerwaffb wie bisher nur die zweite Stelle einrttumte
und auch bei erweiterter Anwendung das Gefecht zu Pferde als die
Hauptkampftorm betrachtet, möchte eine radikale Richtung, die be-
sonders in Frankreich vertreten ist, die Reiterei zu einer Art von be-
rittener Infant'^ri«' umgestalten, die nur zur Zwecken der Aufklärung,
sowie ganz ausnahmsweise in der Schlacht in kleinen Abteilungen zu
Pferde angreift.
Es liegt nahe, dafs man sich, um zu Klarheit in dieser Hinsicht
zu gelangen, dem Studium dee Amerikanischen Bürgerkrieges zu-
wandte, in dem sich die Pechtweise der Reiterei, ohne durch Traditionen
und voi^fafste Meinungen beschr&nkt zu sein, so entwickelte, wie
ihre PQhrer dies nach Hafegal>e der bestehenden Verhaltnisse fär
zweckentsprechend erachteten. — Es ist auch zweifellos, dars wenn-
gleich die besonderen Verhältnisse jenes Feldzuges ein unmittelbares
Übertragen des dort Erfahrenen und Geübten auf den europäischen
Kriegsschauplatz nicht angängig erscheinen lassen, die Ereignisse des
Bürgerkrieges gerade in bezug auf K'avallerleverwendung viel Lehrreiches,
ja Mustergültigeö zeigen. — Ihr lange, auch zum Nachteil unseres
Gebrauchs der Waffe, vemachlassigtes Studium wird neuerdings anch
bei uns wieder aufgenommen, besonders aber in Prankreich, wo im
9»
182
Utafslnr.
Meinungsaustausch über die von der Reiterei einzosclüagende Richtung
wir dh Hinweise aiii deren Yerwettdang in jenem Kriege immer
wieder lindon.
Jenem Umst-ande verdankt anscheinend auch das vorliegende nur
7 Bogen starke Heft seine Entstehung, Verfasser bringt im ganzen
wohl nicht viel Neues, hat auch nur tranzteische Autoren bei seiner
Arbeit benntst» vor Allem das grofin Werk des Oiafen von Paris:
«Ifistoire de la guerre dvile en AmMque*. — Seine Darstellung er-
fQUt aber voll ihren Zweck, den Lehrer über Organisation, Ausbildungen
und Gebrauch der Reiterp i auf beiden Seiten im allgemeinen, wie bei
den Torschiedenen Kämpfen ausreichend su orientieren.
V. Pelet-Narbonne.
Das französische Generalätabswerk über den Krieg 1870/71. Wahres
und FUsohes, besproohen von K von Sehmid, Obentlentnani
a. D. Mit vielen Skisien. Heft 1. Preis broseh. Mk. 8.—, geb.
Blk. 4.—. Verlag von Friedrich Luckhardt, Berlin.
Das franzSsisebe Oeneralstabswerk bringt endlich die noch fehlen-
den Ergänzungen des Krieges von 1870/71, die notwendig waren, um
dif> G*»^ohirhte dos Krioircs klar übersehen und schreiben zu kennen.
Das französische Weik ist altrr so umfangreich auRijefalien, dafs es
in Deutschland nur wenige Abnehmer finden dürfte. Herr Oberst-
leutnant V. Schmid hat es nun unternommen, dies Riesenwerk kritisch
zu beleuchten und dabei das Wahre und Falsche der französischen
Ausgabe festzustellen.
Sein Werk wird in zwanglosen Abteilungen erecheinen, die sieh
voraussicbtlieh auf eine Reihe von Jahren verteilen, da sieh der Zeit-
punkt der Fertigstellung der französischen Ausgabe noch nicht be-
stimmen läfst. Jede Abteilung bildet ein selbständiges Ganges.
Heft 1 behandelt nun die Vorgeschichte des Krieges Plan des
Erzherzog Albrecht und des Generals Frossard. Vorbereitungen der
Franzosen vom .Inhre 1868 an. Entstehung des Krieges und Ausbruch
desseiberi. Aulinaisch des französischen Heeres und Gang der Mobil-
machung. Verpflegung der Franzosen im Aufinarschgebiet Zustand
der Truppen. Der fk«nzSsisebe OberbefehL Absichten und Pläne des
Kaisers Napoleon. Das Nachrichtenwesen. Spione. Vorg&ige in
Bisafe und in Lothringen bis zum Beginn der Feindseligkeiten. Das
Gefecht von Saarbrücken am 2. August. Das Treffen bei Weifsenburg.
Das erste Heft vereinigt also auf 122 Seiten den Inhalt der ersten
6 Bände des französiscbon Werkes, so dafs die vorliegf^n do Arhoil.
welche in geschickter Weise das für die Kenntnis der Ereignisse Neue
hervorhebt, fiir alle diejenigen von Wert ist, welche sich nicht allzu
sehr mit den Einzelheiten beschüUigen wollen. Bemerkenswert ist,
dafs die recht interessante ftenz5&ische Kritik wenigstens im Auszüge
gebracht wird. Abweichende Aufbssungen, sowie nötige Brlftuternngen
Dlgitized by Google
183
«04 ifi Anmerkungeii wiedergegeben. Das Ganze ist ein guter, an-
genehm lesbarer Auszug- des eingehond in den Jahrbüchern gewürdigten
französischen Werkes. Kecht interessant sind dabei noch die persöa-
lichea Beobachtungen des Vorfasserw in Paris und im Lager von
ChaloQs kurz vor Ausbruch de» Krieges. Auf S. 64 Anmerkung haben
vir einen kleinen Fehler gefunden, wonach Colonel Thibaudin bei
Sedan gefangen eein sollte, tateSohlioh ist dieaee in Mets geaobelieQ-
Uttter Bnieh aaines Ehrenwortes entfloh er aus deutscher Oefonipon-
sebaft und nahm als General Comegny an dem Feldaug Bourbakis
SOdosten Prankreichs teil. — Als Hilfsmittel aum Studium desKriQges
Ton 1870/71 ist das Buch recht wertvoll
AUtigliche Keiterfragen von Max Preiherrn von Redtwitz, Ritt-
meister und persönlicher Adjutant Sr. Kgl, Hoheit des Herzogs
Siegfried in Bayern. München. M. Beckstein. Grofsokt&v.
44 Seiten. (Preia 1 H)
Bin denkender Reitersmann erGrtert hier in kurzer Passung und
in allgemeinTerstindUeher Sprache VerUUtniase und Voigfinge, die
Jeden angehen, der ein Rofs im Stalle hat, und die ihn ohne Unter-
lafs beschiftigen. Das Buch erlNrtert über die moralischen Eigenschaften
des Reitern, spricht von dor Behandlung im Stalle, von den Hülfs-
zügoln und dt'in von ifnn nicht dazu gerechneten Martingale, von der
Sattelung, dem Aufsitzen und dem Sitze, den Bügeln und den Hilfen
durch Schenkel, Sporn und Zügel, wobei wir die mittelst des Gosäfses
gegebenen vermifst haben, vom Springen, vom Gehorsam und den
durch Steigen, Bocken und Durehgehen an den Tag gelegten Unbol-
mftfiigkeiten, endlich Tom Leiohttnben. Wir haben also nicht mit
inem Lehrt>uch oder einer ersohftpfenden Abhandlung zu tan, sondern
nur mit einigen aus dem Gesamtgebiete herausgegriffenen Fragen, deren
h&ufiges Hervortreten den Herrn Verfasser bewogen hat, sie auf Grund
eigenen Nachdenkens und der Worte eines früheren Lehrers, „die für
ihn Evanp:eliiim geworden", zu beleuchten. Mit Recht lep^t er grofsen
Wert auf die I'ersüiilichkeii des RidterH, seine Nerven, sein Tempera-
ment und seinuii Charakter; er spiictn d^ivoii bei der Erörterung der
moralischen Eigenschaften, beim Springen, beim Gehorsam; dabei ist
iter eine Bigenaehaft sn wenig beaobtet, ee iat die, welehe durch das
Diohtsrwcrt gekennaeicbnet wird: »Der Sprung gelingt, nimmt nur
das «Heu den Graben."
14.
CsMient OD obtient 1a sop^riorite du fen. Par le General 1 e J o i n dre.
Paris. Henri Ch irles-Lavauzelle, edite'jr miiilair Fr. 75 cts.
Unsere Le&er kennen den wesentlichsten Inhalt dieser Schrift
bereits aus dem Juliheft, wo selbst der Vei lasser der Umschau (S. 62)
einen Auszug daraus gegeben hat Der General le Joindre war frOher
Kommandeur der franaOslBchea Sehiafasohuie lOr die Infgnteiie. Neben
niniti^r^ by Google
134
Literatur.
der praktischen Erfahrung beherrscht er aber auch die Theorie in
seltener Weise und ist daher berufen wie kein anderer über diese
wichtige Frage zu sprechen.
Im allgemeinen könnte ich mich begnügen auf jenen Auszug hinzu-
weisen, wenn die hier erörterte Frage nicht von der höchsten Be-
deutung" für den Infantcriekampf wäre und wenn darüber eine gröfsero
Klarheit herrschte, woran es leider, wie meiirert? in neuerer Zeit er-
schienene Literat ui*erzeugni8se erkennen hissen, noch sehr fehlt. Das
Geheimnis zur Erringung der Feuerüberlegenheit besteht in der Kunst,
dem P^nde möglichst grofse Verluste beizubringen, während man
selbst nur geringe Verluste erleidet. Ven ausschlaggebender Bedeutung
für den Erfolg sind die nachstehenden drei Umst&nde:
t. die Zahl der feuernden Gewehre»
2. die Qualitftt des Feuers (Präzision, Wahl des Visiers. Ftouer>
geschwindigkeit, Feuerverteilun^,
3. die Gröfse der TreflfTläche.
Gelingt es, diese drei Umstände zum eigenen Vorteil zu gestalten,
so darf man mit Sicherheit auf die Peuerüberlotrenheit rechnen. Selten
aber wird bei Priedensübung:en die Entscheidung durch die Schieds-
richter unter Berücksichtigung aller dieser Umstände gefallt, soudtia
fast immer nur unter Berücksichtigung der Stärkeverhältnisse. Das
war für le Joindre der Grund, sich eingehend mit dieser Frage zu
beschäftigen, um den Nachweis zu führen, dafis aueh der schwichete
Teü die Feuerüberlegenheit durch richtige Ausnutzung der übrigen
Umstände erringt.
Ist eine Partei z. B. doppelt so stark wie die andere, so wird
sie dem Gegner unter sonst gleichen Umständen, d. h. bei gleicher
Qualität des Schiefsens und bei gleicher Aufstellung (gleiche Zwischen-
räume der Schützenlinie, gleiche Zielhöhe) doppelt so grofse Verluste
beibringen und ihn nach einer gCAvissen Zeit vernichtet haben. Der
schwächere Tr il wird aber dem Gegner nach le Joindre die gleichen
Verluste zufügen, wenn:
1. er doppelt so schnell schiefsen kann uhne an Präzision einzu-
büfsen,
3. er das richtige, der Gegner ein um 100 m falsches Visier wr-
wendet,
3. er bei richtigem Visier efaie halb so grofse Streuung wie der
Gegner hat,
4. er die gleiche Frontbreite wie der Gegner einnimmt,
5. er bei gleichen Zwischenräumen der Schützenlinie liegend,
der Gepner stehend schiefst,
6. wenn er in einem Schützengraben oder hinter einem Erdwall
zur Hällle gedeckt, der Gegner aber frei steht.
Die drei ei'sten Bedingung-en beziehen sich auf die Qualität des
SchicTsens. die drei letzten uul die Gröfse der Trefffläche.
Digitized by Google
lüenliir.
1SI5
Erleiden beide Parteien gleich© Verluste, so bleibt der stärkere
immer im Vorteil; denn sie treffen ihn weniger empfindlich und da«
StfirkeTorhiltnis verschiebt sich mehr und mehr zu seinen Gunsten.
Gleichgewicht wird erat eintreten, wenn die beidweeitigen Verluste
im gleiehen VerbXltaie zur Stärke stehen, wenn der etSrkere Teil also
in unaerem Beispiel doppelt so grobe Verluste erleidet, wie der
schwächere. Des wird der Fall sein, wenn es dem 'schwicheren Teil
gelingt von den aufgeführten sechs Bedingungen zwei zu seinen
Gunsten zu gestalten oder wenn er eine doppelt so grofse Front (d. h.
viermal so grofse Zwischenräume) wie dor Gegner annimmt oder end*
lieh wenn seine Mannschaften so gedeckt sind, dafs ihre Trefiftläche
nur ein viertel so grofs als die des Feindes ist. Die absolute Peuer-
überiegenheit gewinnt die schwächere Truppe, wenn sie drei der aul-
geführten Bedingungen fBr sich bat oder aneh wenn sie bei gleicher
Frontbreito durch einen Schfitaengraben gedeckt ist
Die sich hieraus ergebenden taktischen Folgerungen liegen aal
der Hand. Wo wie im Entecheidungskampf der zur Entwickelung
verfügbare Raum gegeben ist, empfehlen sich dichte Schützenlinien,
um von vornherein so viel Gewehre als möglich in Tätigkeit m setzen;
wo wie bei den Kinleituntrskämpfen »md Vor])ostens:efechten der Fnt-
Wickelungsraum unbeschränkt, dagegen die zur Vt^rlugung stehenden
Kräfte gering sind, verdienen dünne Schützenlinien den Vorzug, die
^on Zeit zu Zeit durch kleine Abteilungen verstärkt werden, um die
V^uste SU ersetsen. Die Orensen für die Dichtigkeit bezw. der
Frontbreito der su entwickelnden Schüteenttnien sind dadurch gegeben,
dals die Handhabung der Waffen nicht durch zu enge, andererseito die
Feuerleitung nicht durch zu weite Aufstellung behindert wird.
Das Studium dieser interessanten und trotz des geringen Umfajiges
(28 Seiten) hoch bedeutsamen Schrift ist allen Offizieren dringend ssu
empfehlen. St
Die Logik in der Reitkunst. Erster Teil: Über die Beziel\ungen der
Reit- und Dressurhilt'en zu der anatomischen Mechanik des Pferdes.
Von Oberst a. D. Spohr. Stuttgurt 1906. Schickhardt und
Ebner (Konrad Wittwer). Gr. 8^ VIU und 112 Seiten. (Preis
Hk. 3,80.)
Der auf verschiedenen Gebieten schriftstellerisch sehr tätige Herr
Verfasser bietet in der vorliegenden, als 28. Heft der in der Sammlung
^Unsere Pferde" veröffentlichten hippologischon Abhandhingen er-
schienenen Arbeit einen Beitrag zum Ötuduim dor Rf itkunst. Der Titel
ist nicht ohne weiteres verständlich. Eine kurze Kennzeichnung des
Inhaltes wird dem Mangel abhelfen.
Die Abhandlung zerlaüL in zwei Abschnitte. L>er erste beschäftigt
sich mit den Muskeln, soweit sie der Fortbewegung des Pferdeüälrpers
dioDen, und deutet an, Inwtefem sie unmittelbar oder mittelbar durch
4to HiUbn des Reiters m beehiftussen sind; er erleichtert und fördert
Digitized by Google
itm VnMadom dflr im «weHen giboteneii Amlym «Uer n«(flrltoh6D
und der in der elementaren Reitkunst vorkommenden künstlichen Gänge
des Pferdes, dabei wird geseigi, wie die Reit- und Dressurhüfen in die
Mechanik des Pferdekörpers einj?:reifen. Es soll mithin eine wiasen-
BChaftliche Grundlage für die praktische Reitkunst geleert werden.
Aus diesen AndeutunKün geiit hervor, dafs dit> Beschäftigung rait
dem Buche nicht im einfachen Durchlesen besteben darf, sondern ein
ernstes Studium bedingt. Im Vorworte ist fireilich gesagt, dafis, wer
«it der AiuitoiDie dea Pferdes geDflgend bekaont kt^ oder wer nioht
Lmt hat» eieh mit ilur zu beOuweii, ohne weiieree an dea 2. Absoluiitt
liemntieten möge; wer aber erostae Streben faat^ darf letateiee nioht
▼ernachl&ssigen. Denkenden Reitern wird das Buch eine wülkomneae
Gabe sein, ihre Zahl ist aber beschränkt und das Urnen angesennisoe
Studium ist keine leichte Aufgabe.
Was der zweite Teil der „Logik iu der Reitkunst** bringen wird,
ist aus dem ersten nicht ersichtlich. 14.
II. Ausländische Zeitschriften.
Streirieurs Österreichisebe liiUtftrische Zeitschrill. (Dezember.)-
Alexander Nyiri v. S^t^kely. k. ungar. Landesvorteidigungsminister. —
Die KorpRinanöver in Südungarn 1903. — Schnoüfeiier-Feldartülerie.
— Rufsland und Japan. ■ Die neuen Diszipiinarvorschntten. — Taktik-
Auigabe Nr. 8. — Die Kaisermanöver in Deutschland. — Die fran-
zösischen Manöver des 14. und 16. Korps bei Montelimar 1903.
La ITranoe militaire. (November.) Die neue ächitifävorsGiiiitl
für die Kavallerie. 1/2. — PiDsnueUe Wirlrang des Gesetaes der
0 Diens^ahre. Die 4. fiataillone. 8/4. — Inkeimann, Die Alpen-
Regimenter. 6. — Die Gefechtstaktik bei den ManSvem im Süd-
westen. General Larenx (Unnatürlichkeiten). — Die Reserveoffiziere, Br-
gfinzung des Mangels an solchen (geschätzt als fehlend 10—12000). —
Das Budget des Krieges. 6, 8/9. 10. 11. 12. — Die zweijährige Dienst-
zeit, ungenügende K;idre.s. — Das Projekt Messimy. 7. — Unsere
Reservisten (lobend deren Leistung bei den Übungen). 8/9. — Die Er-
gänzung der Offiziere. — Die Truppen und die Strikes. 10. — Rufs-
land, Studien tiber das Land. 11. 20. — Die Marschtaktik bei den
Manttirem im Südwesten, von Oenersl I<arettz. 18. — Sohiebabttogen
der ArtiUerie im ft'eien Felde (neue EiDfQhmng). — Reiter und Heiser
(Automobil und Wagen, ▼ergleichender Versuch, diese xn stoppen). —
Ein kleiner militSrischer Skandal in Deutschland (vernünftige Beur-
teilung des Fall Bilse). 13. — Marschtaktik bei den Manövern im Süd-
westen. — Die Quellen der Rekrutierung in Frankreich und Deutsch-
land. 14. — Kriegslisten (Murat, von den weifson Brunken und Kutiiaow).
17. — Die Reserveoffiziere der Inianterie. 18. - Nach Joni Manöver,
berittene Infanteriuauikiarer. Id. — Die Manöver im Südwesten, von
LitarAtm.
187
General Leraui. 90. 89/80. — Die Kolonielarmee« Voneblag Meenray.
90. — Unbegreiisle Beurlanbang (Sohaflüng elfirkefer Kadree fftr den
Mobilmaohnngefall). 99/23. — GeneralstebBreisen, fiesehreibnng der
Bmrichtung, sollen an die Stelle der Korps- und Armcomanöver treten.
24. 26. — Die Ergänzung der Offiziere, 25 — Die deutsche Infnnterie
und die neue Taktik. 27. — Die Vorbereitung der Artillerie zur ächiacht^
t>e2ieht sich auf das Buch des Kapitän Le Rond. 28.
Revue de Cavalerie. (November.) Die neue Schiersvorschrift für
die Kavallerie. — Baucher oder d'Aure? — Die Anfänge der fran-
sSfliaehen KarVallerie (Ports.). — Die deutsche Annee, die Befehls-
fllhrang, der Ofliaier. — Der Start Paris- Ronen -Deanville (19. bis
15. August 1903).
La revue dIsflMiterle. (November.) EntwuH des Reglements
über das Exerzieren und die Manöver der Infanterie. — Über Elite-
schiitzen und Kntiemungsschätzen. — AppUkatoriBches aus dem Dienst
im Felde (Forts ). — Studie über das provisorische Reglement der
Infanterie-Mauover. — Die Takuk der Engländer nach den Kriahrungen
des Burenliriöges in iliroa neuen Dienst voi'bchrifl^en.
Jeninal des Seteneea militaires. (NoYomber.) Der Krieg gegen
die feindiiehen Verbindungen. — Bemerkungen über die elementaren
Formen und Bewegungen der Infiuiterie. — Die Verwendung der
Reserven auf dem Schlachtfelde. — Das äufserste Süd-Algerien. —
Studie über Marokko (Forts.). — Wahrscheinliche Erfolge beim Qruppen-
schiefsen (Forts.), ■ Die gemischte Brigade Lupasset (Schlufs). — Die
.Sehlacht am Colenso. — Der österreichische Erbfolgekrieg 1740/40
(Forts.). — Der Feldzug 1791/93.
Revue d'bistoire. (November.) Die Feldzüge des Marschalls
von Sachsen (Schlufs). — Die Einnahme von Jaffa. — Der Krieg von
1870/71. — Der 18, August in Lottaiingen.
ReT«e im gtele militaire. (November.) Die Eisenbahn in
Madagasiiar. — Topegraphisolie Arbeiten des fruiaösiselien Oeniekorps
im 19. Jahrhundert (Forts.). — Über die WiderstandsfUugkeit der
Fufsböden in armiertem Beton etc. (Schlufs). — Mit Chrom gegerbtes
Leder. — Verfahren bei der Anlage von Umgeliungsbahnen (vei^
März 1903). Nekrolog de55 General Hallier.
RiTiHta di artiglieria e geiiio. (November.) General Briainiunt,
ein Nekrolog — Die allgemeinen Regeln für die taktische Anwendung
der grofsen iüriegs-EioheiteD, in Gegenüberstellung zu den allgemeinen
Regeln für die Verwendung der 8 Waffen im Oefeoht — Deiche^
Molen und Dooks nach den Brfordemissen der heutigen Kriegsmarine.
— Die neuen Apparate der Punkentelegraplile. — Zentral-Apparate
fflr die Handhabung der Weichen und Signalstationen bei Eisenbahnen«
Revue d'artillerie. (Oktober.) Bemerkung über die Richtfehler
bei Ge^^chiitzeu mit geneigter Drohachso der seitlichen Bewegung.
Mit letztfM en ist tiie Anordnung unserer Feldkanone 9ß genieint, mit
dem vertikalen Drehzapfen für die feine Seitendrehung. Hier sollen
Digitized by Google
138
Literatur.
b«i nachtrigllcher Verttnderang der Lage des bereits nach der Höhe
gerichteten Rohrs nach der Seite nicht blo& in der Höhen-» sondern
auch in der seitlichen fiichtang Fehler entstehen, die bei Verschiebung
der Untt'ilafetto auf der Lafettenachso (fraiizösische.s Feldgeschütz 97)
vermieden werden. — Die Feldliaubitzen in Südafrika« Übersetzung
aus Militär-Wochenblatt Nr. 48 vom 16. Mai l'J03.
Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Geni«. Nr. 11.
Luftwiderstand gegen fliegende Geschosse. — Die Aufstellung der
Hunttionswagen. — Das neue flransösisehe Feldartillerieregloment 1903.
— Die Befestigungen Italiens (Ports.). ^ Die Behandlung des Dynamits.
AUgnneine Sohweimrisdi« HUitineitaag. Sr. 45. Der mili-
tärische Vorunterricht. Das Gesetz von 1874 hatte den zum Militär-
dienst vorbereitenden Turnunterricht für alle Jünglinge vom Schul-
austritt bis zum 20. Lebensjahre als Sache der Kantone auferlegt Für
die 2 altpston Jahrgänge sollte der Bund aurh Schiefsübungen an-
ordnen können. Beide Behörden Uelsen das Gesetz unausgeführt. In
den achtziger Jahren wandelte man dies in den freiwilligen mili-
tärischen Vorunterricht um, der aber auch nur ein kümmerliches Da-
sein fristete. Bs kommt nun darauf an, bei der Feststellung der
Orundsfttae für eine neue Militftroiganisation Aber den Vorunferrieht
schlüssig SU werden. Die Zeitung tritt ernstlich dafür ein, Turn-
unterricht und Schiefsfertigkeit Mwcit zu fördern , dafs man fttr
die Rekrutenschule körperlich gewandte Rekruten bekommt. — Voraus-
bestimmung des Zeitaufwandes für Märsche mit Hilfe der SiegWed-
Karte (mit Schichtlinien). Nr. 46. Die Stellung der höheren Führer.
Die SchwL'iz hat eine iihnliche Zentralisation der Verwaltung, wie
Frankreich bis 1870 sie zu seinem Unheil besessen. Daraus entwickelt
sich Interesselosigkeit und Mangel an VerantwortlichkeitsbewuTstsein
bei den höheren Fahrern. Das Qesets von 1874 Uefs neben der
Leitung der Tnippenführer die Leitung durch die Organe der MUitir-
Verwaltung fortbestehen. l >er höhere Führer ist allmählich zu einem
Sohattenkönig geworden. Der Hauptgrund liegt darin, dafe der Milis-
offizier in hoher Kommandostelle gar nicht die Zeit hat. neben den
Pflichten seiner bürgerlichen StoUung seine Kommandogewalt auszu-
üben. Man will auch nicht einmal, dafs er seine K(>mpetenzen ganz
ausübt, die Verwaltung emptindet dies als eine Vermehrung der Friktion
in der Maschine. Verfasser will höhere Führer aus der Reihe der
Benifsofilziere. — Voransbestimmung etc. (Schluis von Nr. 46). —
Neubesetsangen höherer Stellen in der deutschen Armee. Bs ist Br-
ün dun g, dafs der kommandierende General III. bayerisehen Armee-
korps. V. Xylander, in Ponsion gegangen ist. Vio Nachrichten über
V. Wittich und v. Bissing sind nicht verbürgt. Nr. 47. Die Stellung
der höheren Führer (Eingesandt eines jüngeren Offiziers). — Der An-
teil der Offiziersgesellschaften an der Heeresorganisation. — I>er Ver-
lauf und die Ergebnisse der diesjährigen französischen Armeemanöver.
Kr. 48. Die .Niiiiuu-Kcorganisation im Volk. — Der Veriaui und die
Digitized by Google
Utorator.
139
Brgebiiiafle der dittqfthrigen fransösMien ArmeemaDÖTer (Sohliifs). —
Das Krie^sbrot fOr die fraBaöeieohe Armee. Ib. 49. Der Rflcktritt
Qenenl Dragomirows. — Unser Taktaohritt. — Die sehwere ArtiUerie
des deutsehen Feldheeres.
Milteiluiigen über Gegenstände des AftUtefle- mmä Qeaie-
Wesens. (11. Heft.) Wasserdichte Abdeckungen von Bauwerken aus
Stein imd Beton nach dem Patente Leisz-Zuffer. — Die Riehtnüttel der
Geschui/i* von Anton Kerzen (Forts, u. Schlufs).
Journal d«»r Verpiuifjrten Staaten-ArtiUerip. (September, Ok-
tober.) Hesiandigkeilsversuche für Nitroceliuiose und ihre Pulver-
arten. — Bericht über Artillerie-Schiefsübung in Port Monroe. — Ele-
vaüons-Skala für Küstengeschütze. — Prüfungen für Artilleristen, —
Gefeehtssehielsen einer Batterie nim&nischer SchneUfeuergeschfltEe. —
Unter der Annahme der Wahrscheinliobkeit ven Raids bei einer ftemden
Seemacht, welches sind die besten Veibereitnngen, sie surückittw^aen,
insoweit Baueinrichtung. Bewaflhung und Verfassung unserer Kflsten-
Verteidigung in Betracht kommt.
Wiyenniij Ssbomik. (November.) Die Seeschlacht bei Sinope
und die Flotte des Schwarzen Meeres im Herbste 1853. — 1809. Der
Generalstab, 1, — Zur Präge der Organisation der Ingenieurtruppen
und des Korps der Militär- Ingenieure. — Aus Japan. II. — Die mili-
tärische Lage im Stillen Ozean.
Russkij iuwaiid. Nr. 230. Zur Abreise des zur Bildung der
neuen Ostsibirischen Schützenregimenter bestimmten Kompagnien nach
dem «Fernen Osten**. — Die Verwertung der Photographie für die
Zweeke der Armee und Marine. Hir. 284. Über die taktischen
Beseh&ftigungen der Offiziere. Hr. 236. Zur Sefem der PeldarüUerie.
Kr. 242. Die Schulbildung der russischen Rekruten 1900. — Was tut
unseren Festungen not? Nr. 243. Fragen der reitenden Artillerie.
Hr. 247. Die Befestigung der Macht der Russen im Kaukasus.
III. Saewesea
Mitteilungen Ans dem Gebiete des Seewesens. Nr. 12. Einflufs
der Flufsbeherrschung auf Heeresoperationen. — Nochmals das Ver-
fahren von M?irr/] de Snint'Hilaire und die Höhontafoln. — Über ein
neues Verfahren Nochis zur Veriilgung von Ratten an Bord von
Schilfen, als Mafsregel ^oj^on die Einschleppung der Post. — Die
Bergungsfahrzeuge Obeielbe und Unterelbe des Nordischen ßergungs-
Vereins und die Bergung des deutschen Torpedobootes „S. i2^. —
Bin teehnisehes Laboratorium für die Marine der Vereinigten Staaten.
— Ober Kohlenanfbewahmng.
Amy lad N«T7 Gwtltt» Hr. 2285. Die Transport-Medaille.
Hr. 2286. Marine-Fortschritte in Dcutschlmd — Eine neue Marine-
Vorlege (Kreuser) in Deutschland. Hr. 2287. Torpedoboote und Unter-
Digitized by Google
1^
«eebooie. — Die ma» deutsche Marine- RiigjiHto. Wt, SSM, Dir
Bariolit der Unparteiischen über die Flotten-Manöver.
Berne maritime. (Olrtober.) Die Kontrolle der Marin everwaltang
vor der öffentlichen Meinung und vor dem Parlament (Schlufs). — Der
spaiiLsch-amerikanieche Krieg auf den Philippinen. — Die Geschütz-
Armierung neue BchilTe. — Der Stand der hoUandischen Manae am
ai. Dezember 1902.
Morskoj Ssbormk. Hr. 11. Diu strategischen und taktischen
Grundlagen des Iram&ösischeD bchi£[t>bauprograjnines 1900 — ld06. —
Das Heizmaterial dar ZukunlL — Auf dem Kreuzer .^^än"-
IV. VwrawMWilt itr nr Beipreclwiig einoegangeiitH BMtar.
(Dl« «faif »fnifvMB BtdMr wMkmm PtQinin «Mk Mallifik« ttm BtlMtwif ««r-
tlUWinii HsTiTiiM. Km Verpfliektamf , jtd»* sin^ktsd* BiiAh la bMprMhan, Ibwalnat
Laitaag der .Jakrbaek*i** aieJit, do«h werden di» Titel ■Imtlioker Btolier BebatAafab« dM PniMa
— MtaB ÜMw BlIivMlt wH«i — yw tmmM. M— StiüMiii^ ?i« BUfcwi ■rtrt iJttt eiiiti)
1. T. Scinddly Die KriegBartikel vom SS. September 1909 für den
Dienstgebrauch erkiftrt Berlin 1908. Uebelsche Behhdlg. Hk. IJSO.
2. Hilken, Exerzierhilfen für die Binzelamsbildling. Ebenda.
3. RudgiMh, Die militärische Qelfindebearteilmig. i. Aufl. Ebenda.
Mk. 6,00.
4 Erlebnisse Heinrich von Schönfels' als Gf^neralstabsoffizier bei
der Avantgarden-KavaUerie 1866 und 1870. BerUn 1903. R. Bisen-
schmidt. Mk. 3,00.
5. Militär und ZiriL Zeitgemä/se Betrachtungen von einem öster-
feieher. Wien 1909. BnnmflUer k Sohn. Iül
9. H«e de ünta, Handbuch der Oesetigebung in Prenfaen and
tan Deutschen Reiche. I. Band. Heer und Kriegsflotte. Beiün 1909.
J. Springer. Mk. 14,00.
7. Illustriertor Dentsslier llotteii-lUtoBder 1994. Minden. W.
Köhler. Mk. 1,00.
8. Tagebuch Jospf Steinmüllers über seine Teilnahme am Feld-
zug 1812. Ucidulberg 1904. Carl Winter. Mk. 1,20.
9. Cremat, Signaturen -SchlösBel zu allen Karten des rusi^chen
Hauptstabes. Leipzig 1904. Raimund Gerhard. Mk. 0,60.
19. BberlBw fiO Uetaie Aufgaben ans dem Exerzier-Ref^ement f. d.
k, n. k. KavaUerie mit LOsungwn. Wien 1904. Seidel fr Sohn. Mk. 9.40.
11. nur Vedden» Qeeeh. des 1. Hannov. Infhnterie- Regi»entos
Ko. 74 und des Tormaligen kgl. HannoT. S. Inflsaiterie-Regte. Berlin 1909.
E. S. Mittler & Sohn. Mk. 14.00.
12. Bigge, Geschichte d. Infanterie -Regiments Kaiser Wilhelm»
9* Grofsherz. Hessisches No. 116. Kbenda. Mk. 17,50.
19. V. Müller, U., Zur Beschiofsung von Paris. Ebenda. Mk. 1,00.
14. T. Schwerin, Grai^ Der A^jutantendienst 1904. Ebenda.
Mk. 3,75.
Digitized by Google
Ufeantar.
141
16. KaHtol, Uaiformenkundd. XIL Bd., Heft 10. Ralhenow IQOS.
Mk. 1,60.
16. Die kritischen Tage Ton Oliiiütz im Juli 186d. Mit Benutzung
der Peldakten des k. u. k. Kriegsarchivs bearbeitet von einem Oeneral-
stabholiuier. Wien 1903. L. W. Seidui k bohn. Mk. 6.Ü0.
17. H«ftMaa, Du Gewehr 98 mit 26 OrigtnaUbbildgiu Münelieii
1906. R. Oldenbouig. Mk. 0^.
18. Geroaey Die itaUeD.-preuXsiaehen Besieliungeii und die Schlaeht
bei Cttstozza. Berlin 1903. Vossische Buchh. Mk. 6,00.
19. Batoeh-ZweagAr, Leitfaden f. d. J^eldkanonier. 68. Aon. Bbenda.
Mk. 0,65.
äO. Be<"ker, Dienstunterr. f. d. Infant, Ebonda. Mk. 0,50.
21. Unger, Hillsbuoh f. d. Eiqj .-Freiwilligen d. Kavall. Ebenda.
Mk. 6.50.
22. V. Ej'iialten, Anleitung z. Knugtispiui. Ebd. Mk. 2,5ü.
2t. HStaaek, Die Vereinigten Staaten Nordamerika. Leipzig 1906.
Velhagen k Klasing. Mk. 4,00.
Si. Miag; Pfihrer durch Heer und Flotte. BerUn 1904. A. Schall
Mk. 1,25.
25. Uothsche, Dit^ Königlichen Qewehrfabriken. Berlin 1904.
Voasisohe Huchh. Mk. 3.00.
26. Schmid« Das französische Generalstjibswerk über den Krieg
1870/1. Heft 2: Die Schiacht bei Wörth. Leipzig 1904. F. Luckhardt.
Mk. 3,00.
27. T. Meeräeheidt-iiüilesaem, D. Ausbildung der Infanterie. 1. Teil,
Die Winterperiode. Berlin 1904. Mitüer k Sohn. Mk. 2,36.
SB. Frobenius, Kriegsgeeohichtliche B^piele dee Pestungskriegee
•US dem deutsch-lhinalisiaehen Kriege von 1870/1. Achtes Heft Ebenda.
BIk. 4,25.
29. Bondiek, Gesch. d. Ostpr. Train • Bataillons No. 1. Ebenda.
Mk. 4,50.
60. Mataehena, Gesch. d. Pomm. Train-Bataillons No. 2. Ebenda.
Mk. 7.00.
'W. Perkowski, Get»ch. d. NiederschL Train- Bataillons No. 5. Ebenda.
Mk. .3,50.
32. Reichert, Gesch. d. Schles. Train -Bataillons No. 6. Ebenda.
Mk. 6,00.
68. Kaehae, Gesch. d. Garde-Train-BataiUena. Ebenda. Mk. 6,60
Digitized by Google
Digitized by Google
Zur Artilleriefrage.
Von
H. Rohie, GeDeralleataaDt z. D.
6. Die Orgranisation.
Eine sich bei der Erörterung der Neubewiiii'nung- der Feld-
artillerie aafdräng:ende Frage betriilt deren Organisation Dafs
diese bei einer so fandaroeotalen Änderung wie die Annahme t ines
Sciint llteuergeschUteee ganz nnverändert bleiben sollte, ist nicht an-
zaneiiüien. Es handelt sich darnm, den Vorteil der grofsen Feoer-
geschwindigkeit oder richtiger gesagt Feoerbereitschaft möglichst
aas^onatzen. Meines Grachtens geschiehi dua am besten doroh
Herabsetzung der Batteriestärke von sechs auf vier Gescböt/e. Es
entsteht aber, falls diese Malsregel als zweckmälsig anerkannt wird,
die andere Frage: soll die Zahl der Batterien vermehrt
werden bezw. in welchem Umtange?
Dals die Herabsetzung der Batteriestttrke von sechs auf vier
Geschütze nicht nur zulässig ist, sondern sogar grobe Vorteile bietet,
wird von allen, die Uber diese Frage nachgedacht liaben, zugegeben.
Unbeatreitbar leistet eine Batterie von vier GeeehtttBea mit Bohr-
rUcklaof in derselben Zeit mehr» als eine eolebe von ae<äiB Oeeehttteen
mit LafettenrUeklanf, ja sie leistet im Fltt^elfener daaeelbei wie
dne Batterie von Beehs GteeehtttMn mit Rohrrfleklaaf, da diese
hierbei niebt in der Lage sind, ihre Fenerbereitsohaft ansBnnfltgBen.
Sie sind dem ieindiiehen Fener ansgesetit, ohne sellrat sehiefeen sn
können; sie sind, am ein SoUiehtingsohes Wort sn gebrancben, mehr
Sebeibe als Sehtttse. Ja man mols sogar «igeben, data eine Batterie
von vier GesefalltBeo mit Bohrrtteklanf mehr leistet, nis eine solohe
von sechs GesdiQtMn, da sie wegen der verminderten Beibang besser
in der Hand ihres Fttbiers ist, der sie leichter mit Aoge and
Stimme behensoht; anfserdem aber kann eine solche Batterie Ver-
hältnis mAfsig gröbere Friedensstiimme haben, als eine Batterie
von sechs Geschnhien. Wenn man ehiwendet, dafe in Zokanft niehf
Digitized by Google
144
Zur AitUleilelktfAi
das Flügel- sondern das geschützweise Feoer (Schnellfeoer) die
Begel bilden werde and dafs darin die grofee Batterie der kleinerea
überlegen sei, so kann der erste Teil des Satzes wohl zugegeben
werden, denn die einzige mit Sehnellfeuergeschttteen bewaffnete
Artillerie, deren Reglement bekannt ist, die französische, kennt für
das Wirkongsschielsen vorzugsweise das geschUtzweise Schnellfeuer.
Damit ist aber noch nicht gesagt, dafn die grofsp Batterie der
kleinen Überh ört n ist. wenn sie auch, wie nicht za bezweifeln ist,
eine gröisere Schulszahl nb^ribt.
Die Steigerung der Feuerfrpsr'hwindigkeit brin^'t nur dariii Vor-
teil, wenn die Zuverlässigkeit der Bedienung nicht darunter ]( idet;
anderntalls führt sie nur zur Munitionsverschwendung. Darum ist
gerade bei SchnellfenergeschUtzen die straff'sti' I ruerdieziplin und
Beaufwichtigung der Bedienung geboten, die wohl bei einer kleinen
Batterit\ die schon im Krit den so zusammengesetzt ist. wie man sie
gegen den Feind zu führen gedenkt, Torhandeu sein kann, niemals
aber bei einer grofsen Batterie, weil hier sehr viele Mannschaften
des Benrlanbtenstandes eingestellt werden raUsseu. Auiserdem kann
bei einer Batterie von vier Geschiit/( n n des Geschütz einem Offizier
oder zuverlässigen Offizierdiensttuer unterstellt werden; dms. bei
einer Batterie von sechs GeschUteen ausgeschlossen. Bei dit'fser
würde das erste Schnellfeuer höchst wahrscheinlich zu einer voll-
ständigen Schit isanarchie führen. Das französische Scbiersveriabren,
das in dem Bestrenen eines Geländes von grosser Breite nnd Tiefe
besteht, ist bei einer Batterie von vier Geschüteen durchführbar,
nicht aber bei einer solchen von sech» Geschützen, nnd selbst, wenn
es durchführbar wäre, brachte es nicht einmal Nutzen.
Ich halte es ftlr Uberflüssig, an dieser Stelle die Vorzüge der
kleinen Batterien noch eingehender zu begründen; sie werden von
jedermann zugegeben. Nur die daran geknüpfte Folgerung, dals
die Herabsetzung der Batteriestärke erlaubt, die GeschUtzzahl des
Armeekorps um ein volles Drittel herabzusetzen, wird bestritten.
Man will von der vorbandeDen Geschützzabl nichts aufgeben; bei
jedem AnDeekorps will man 36 Batterien zo vier Geschützen an
Stelle der 24 33atteiieo von seehs Geschützen formieren, weil man
glaubt, dadoreh die Wirkong noch mehr steigern m können. Dals
86 Batterien mehr leisten als 24 Batterien, ist wahr; aber nur unter
swei VoranssetEnngen ; die eine ist eine genügende Mnnltions-
ansrttstnng, die andere ein ansreiohender Ranm für die
Entwiekeinng.
Dals die Wirkaag der Artillerie nieht darob die Zahl der
ienernden Geschtttse, sondern dnrcb die der treffenden Gesehosso
Digitized by Google
Zur ArtiUeitofrtse.
145
berbeigeftahrt wiid, ist aeboD eb Gemeinplatz gewoiden. Die Ober-
legenbeit der 36 Batterien ist daber aacb nur dann snzngeben, wenn
deren ManttiDnBaasrflBtang wenigstens annftbemd so groÜ» ist, wie
die der 24 Batterien. Nimmt man an, dab in einer Seblaolit nur
mit der in den Batterien 'tmd den leiobten MnnitlonslLoionnen vor-
handenen Honition so rechnen ist, so ?eifllgt dne fehlende Batterie
TOD seehs Kanonen darcbsebnittüob ttber 1182 Sobnfs. Fttbrt man
die Batterien Ton vier Gesebtttsen ein nnd ersetzt die beiden ans-
fallenden Gescbtllze dnreb Mnnitionswagen, so erbttbt sich die verfUgp-
bare Mnnitionsmenge auf 1236 Sebnls*) oline ErbObang der Zahl
der Gespanne nnd ebne Veriängernng der Marsobkolonne.
Bei 86 Batterien za vier Geschützen wttrde jede Batterie nnr ttber
755 Schals (also weniger als die schweren Batterien im Feidzage
1870/71) ver^geo, wenn man die Gespanne nicht yermehren will.
Sollen diese 36 Batterien mit Munition so ansgerttstet werden wie
die fobrenden Batterien heute, so mursten Uber 160 Mnnitionswagen
mehr eingestellt; d. h. bei jedem Armeekorps — ganz abgesehen
von der notwendig werdenden Vermehrang der ArtUlerie-Munitions-
kolonnen — weit über 900 Pfeide mehr aosgehoben nnd die Maracb-
kolonne der fechtCDden Truppen um fast 3 Kilometer verlSagert
werden. Eine solche Vermehrung der Fahrzeuge nnd Verl^nprerung
der Marschkolonne ist nicht ohne Bedenken. Nnr wenn mit Sicher-
heit auf die damit verbandenen Vorteile gerechnet werden kann,
dürfte man sich zu einer solchen Malsregel entschliefsen.
Nach meiner Ansicht ist es aber sehr zweifelhaft, ob eine so
groDse Zahl von Geschützen — 144 fUr ein Armeekorps — den
fUr ihre Entwickelung nötigen Kaum findet. Bei einer dem Regle-
ment entsprechenden Aufstellung — Geschütze mit 20, Batterien
mit 30 Schritt Zwischenraum — würden 36 Batterien von vier Ge-
schützen eine Front von 2G00 ni beanspruchen.') Ein Armeekorps
von nonnaler Zusammen.setzung dürfte wohl eine Front von 4 km
einnehmen.^) Hiernach wUrden vou der ganzen Front des Armee-
^} Die französische Batterie von 4 Geschützen verfügt über i24^ächuiä.
S) Für dieAUeilung erUftitdaB Reglement (Z 298) grölsere Zwiaoben-
rftome fflr erwünscht. „Bei gestaffelter AufsteUung ist der Abetaad nicht
gröfser als der Zwischenraum zu bemessen" (Z. 297), d. h. mit anderen
Worten, wenn das Gelände eine Staffehuig fordert, so sind die Zwischen-
räume dem Staffelabstand entsprechend zu vergröfsern.
*) Genend v. Hofflmii« nimmt in seinem Buche Altes und Neues etc.**
(S. 145) 5 bis 10 Mann InAmterie anf ein«i Schritt der Front an; das würde
bei voller Stärke des Armeekorps 2600 bis 5000 Schritt oder 2000 bis 4000 m
Frontbreite entsprefhen Major Balck nimmt in seiner .,Taktik" I, S. 227
5 bis 8 Mann auf Uen Meter Front, also eine i'rontbreite von 3125 bis
10^^
Digitized by Google
146
Zur ArtiUerlefrige.
korps reichlich zwei Drittel auf die Artillerie entfalieu. Nun gibt
es aber wohl kaum ein Of laude, wo die Artillerie in einer einzigen
UDfrebrocheneu Linie AutHteliuug findet Hodenwelieu ubw, nötigen zu
einer Statielung und damit zu ^fsereu Zwischenräumen zwi8ch<'n
den Batterien oder Abteilungen; Dörfer, Wälder. Weichlaud,
Schluchten usw. eignen sich nicht für die Aufstellung der Artillerie;
kurz es ist sehr die trage, ob selbst bei peinlichster Ausnutzung
des Rauniüs eine so grofse ArtiUeriemasse unterzubringen ist. Auf
den Ubuncr^plätzen ist das allerdings möglich, aber selbst dort nicht
ohiK Schwierigkeit. Ich erinnere mich einer Schiefsbesichtigung,
wo die ganze Artillerie eines Armeekorps in einer Linie entwickelt
w urde, die rechnung:smä(8ig die erforderliche Länge hatte. Es gelang
auch, aber nur uaciideiu Tags zuvor eine (Generalprobe gemacht
war, wobei die FlUgel der Abteilungen durch Merkzeichen festgelegt
wurden.
Ich habe in früheren Schriften, lusbesODdere in der „Taktik
der Feldartillerie*' daniif hingewieBeo, dafe seboa im Kriege
1870/71, wo die Armeekorps nur mit 84 bis 90 OesebtttEeo aoe-
gestattet waren, in mehreren Schlachten einielne Batterien ans
Mangel an Baum kdne Verwendung gefunden haben. (Gravelotle
ani dem rechten Flllgel der Deatsebeo, Sedan im Osten der Stadt
bei der Maasaimee and dem 1. bayerischen Korps, aber aaeb bei
Worth erste Stellnng der Korpsartillerie des XL Armeekorps. Es
ist mir nieht eingefallen, zn behaupten, dats schon damals eine an
starke Artillerie vorbanden gewesen wäre. leb gebe ohne weiteres
zu, dals bei besserer Erkundung und besserer Ausnutzung des
Baumes einzelne Batterien wohl noch hätten Verwendung finden
können; aber andrerseits lälst sich doch wohl nieht bestreiten, dats
eine so starke Artillerie, wie wir sie jetzt haben, bei ihrer Enl-
wiekelnng auf weite grObere Schwierigkeiten stofeen wird. Wenn
Generai t. Ho£Fbaner^) nachweist, daDs nur an 7 Tagen unter den
41 Ton ihm untersuchten Schlacbttagen lediglieh Baummangel die
volle Entwiekelung der deutschen Artillerie reriiindert hat, so darf
daraus doch nicht gefo^^ert werden, dals in den 34 ttbrii; bleibenden
Fällen nun aoeh für eine om 60 bis 70 Prozent grOfsere Geschtttz-
zahl sich keine Baumschwierigkeiten ergeben haben wttrden. Auch
5000 tn an. Da aber schon in den ersten Gefechten die wirklirhe hinter
der Soilst;irk(' znrfickbleibt, sn ist hiernach eine Frontbreite von 4000 m
für ein Armeekorps schon grul» 7.u neonen. DaLs unter besonderen l alleu
die Ausdehnung sehr viel grOfaer war, ftadeit daiaa nichts (Werder hat an
der Lisaine mit 45000 Mann eine Stellung von 23 km Front rerteidigt).
1) A. a. O. S. 5.
Digitized by Google
Zur ArtUleridfrage.
147
der mit Zirkel und Malsstah i^i lllhrte Nachweis, dais aaf dem
Schlachtfelde vom 18. Anjerast Kaura ftlr eine noch gröfsere Zahl
von ( 7 esc blitzen vorhanden war, als die fünf in erster Linie be-
teili^'tt u Armeekorps heute mit aieh ftlhren. kann meine Ansicht
nicht beirren; denn eine so peinliche Ausnutzung' des Raumes ist
auf dem Schlachtfelde ausgeschlosöen. Mau umls mit einem ziemlich
bedeatenden Übermals rechnen, wenn man nicht zu kurz kommen will.
Von mancher Seite wird darauf hingewiesen, dals nach Ein-
fthrnng des raoehsehwa^eil Palvers die Verwendung der Artillerie
in zwd linien hiDterebander mVf^iob sei (Z. 299 des Exerzier-
Beglements). Das bestreite ich nicht; ich glanbe sogar, dafs im
Verlaufe des Gefeobits beim staffelweisen Voigebeo der Artillerie
die Tordere Staffel sieb vor die bintere seblebt; aber bei der ersten
Entwiekelon^ der Artillerie halte ich solche Etagenstellongen nicht
!tlr zweckmiUsig. Wenn sie bei greisen HanOTem voigekommen
dnd, so beweist das nur, dals Ranmschwierigkeiten ttber?miden
werden mnlsten nnd dals, da nicht scharf geschossen wnrde ond
keine Mnnitionssttge nnd ätafleln formiert waren, auch keine Un-
sotrilglichkeiten hierbei hervorgetreten sind. Man denke nur an die
Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit der Fenerleitong; es ist dabei gar
mebt zu rermeiden, dals die Batterien beider Staffeln anf ein und
dasselbe Ziel sehieisen nnd dadurch nicht etwa die Whrknng ver-
doppeln, sondern gar keine erhalten, weil sie sich gegenseitig im
Einscbielsett sttfren.
Ähnlich steht es mit den Batterien, die wegen Ranmmangel
ans Terdeckten Stellangen schiefsen müssen. Hin und wieder wird
man sich Vorteile davon versprechen kl^nnen; sehr oft aber werden
sieb Schwierigkeiten bei der Auswahl eines sowohl fUr die Be*
obachtung als auch ftlr die Feoerleitang geeigneten Punktes ergeben,
wie da» bereits oben (S. 38) hervorgehoben ist.
Nach dem Gesagten ist wohl kanm anzunehmen, dafs man sich
entsehlielsen wird, die Batteriestärke unter Beibehalt der jetzigen
Geschtttzaahl herabzusetzen, also die Zahl der Batterien um die
Hälfte zu vermehren. Es bleibt noeh sn erwägen, ob 24 Batterien
Ton seohs oder ebensoviel Batterien von vier Geschützen den Vorzog
Terdienen. Wie meine Ansicht lautet, branohe ich nicht noch einmal
zu wiederholen; sie gebt deatlich ans den vorstehenden Erörterungen
hervor. Wer 24 Batterien von sechs Geschtltzen vorzieht, nimmt
alle mit einer so grofsen Geschützzahl verbundenen Nachteile in
Kauf, ohne sich die aus der kleineren Batteriestärke ergebenden
Vorteile zu sichern. Es kann nicht oft genug gesagt werden, dals
naoh EinfUhmng von Sohnellfeaergesohtttzen nicht die Zahl der in
Digitized by Google
148
Zur ArtUleciefnige.
Tiligkeit gefereleiieo Gesobtttee, sondeni die der Batterien von
enteeheideader Bedentiuig ut, wenigstenB in gewissen Grenzen und
zwar deshalb, weil eine Batterie von vier QesohtttMn dasselbe leistet^
wie die Ttm sed» Gesebttteen. Zar Bebebang von ZweKeln schlage
ich Vergleiebssebieisen zwischen BatlerieD von vier and von sechs
Geschützen vor; dann wird sich heraasstellen, dals der Unterschied,
wenn Qberhaapt vorbanden, verschwindend ist. Besetzt man die
lüemere Batterie mit einer gut ansgebildeten Bedienung, die gröbere
dagegen zu einem Drittel mit Mannschaften des Beuriaiibtenstaudea»
wie es der WirkliohlLeit entsprechen wttrde, so wird sich das nocb
dentlicher beraosstellen.
Welche Vorzttge die Ideineren Batterien haben, kann man sich
ari) hpsten an einem Beispiel klar machen. Am 18. Angost stand
auf dem deutschen rechten Flügel das Vli. Armeekorps, von dem
aber wegen Kaammangel nur zehn Batterien — also 60 Geschütze —
Aufstellung gefunden hatten. Statt jener zehn Batterien von sechs
Geschützen hätten aber dort itlQ&ehn Batterien zu vier Geschützen
Platz gefunden und es kann keinem Zweifel nnterliegen, dafs bei
Bewaffnung mit Schnellfenergeschützen dann eine erheblich grölsere
Wirkung erreicht worden wäre. Solche Fälle lassen sich noch
mehrere aas dem Feldzuge 1870/71 anführen. In allen Fällen, wo
der Raum nur t\lr höchstens 96 Geschütze — sechszehn Batterien
zu sechs Geschützen — ausreicht, würden die kleineren l^atterien
eine unbedingte Überlegenheit haben, die ich bis auf das anderthalb-
fache schätze. Wo eine ^rrüTsere Zahl von rrcschtltzen entwickelt
werden kann — ich irlaube, diese Fälle werden selten sein —
nimmt die Überlegenheit der kleinen Batterien ab, ja wenn alle
14i (jreschiltze entwickelt werden können, will ich der grolseren
Geschützzahl eint- gewisse Überlegenheit zug^teben, weil deren
Wirkung auf eine kleinere Frontbreite vereinigt ist, als die Wirkung
der 9() Geschütze, falls diese an den normalen Zwisoheoräomen fest-
halten, was dann aber nicht einmal ereboten ist.
Während manche iVrtilleristeD (irr ,,rap:e du nombre" so verfallen
sind, dals sie unter keinen Umständen unter die Zahl von 144 Ge-
schützen herabgehen wollen, macht General v. Hoft"bauer') das Zu-
geständnis, dals niitt r Umständen 120 GeRchlitze in 8n Batterien
formiert, 144 Geschützen in 24 Batterien tomuert, uberlegen sein
könnten und will für den Fall, dafs die Franzosen ihre Artillerie
vermehren, die Zahl unserer Geschütze von 144 auf 120 herab-
setzen, sie aber ebenfalls in 30 Batterien formieren. Das ist eine
1) A. a. O. S. 156.
Digitized by Google
Znr ArtUleriefrago. 149
AotfassQDg, die der laeinigen aulserordeütlioh nahe kommt. Denn
wenn 30 Batterien zu vier Geschtltzen 24 Battericu zu sechs Ge-
schtttzen Überlegen sind, so kann man wohl auuekmen, dafs
24 Batterien ron vier Geschtltsen etwa ebensoviel leisten, wie 24
Batterien zn sechs G^chtttsen. leh bin ganz einverstanden damit,
dab diese Frage erst doroh Versaohe geklftrt wird.
Es ist aber not^^elJdi^^ auf einen Irrtum in tieiu Buche des
Generals v. Hoflfbauer hinzuweisen. Der Herr Verfasser geht von
der Voraussetzang aus, dcds die französischen Armeekorps in der
Regel über 23 Kano neu hatte rien verfügen — nämlich 2 Divisionen
zn je 6 Batterien, die Korpsartillerie zo 9 fahrenden und 2 reitenden
Batterien. In der Regel aber zählt die Korpsartillerie nur 6,
nieht 9 ftihrende Batterien} höchst wahrscheinlich sind die 3 fahrenden
Batterien, die bei einselBen Korps mebr yerhanden sind, nidit mit
75 mm Kanonen, sondern mit I^nrzen 120 mm Kanonen bewaffnet;
so daÜB also bei den ArmeelKorps, d^en KorpsnctiUerie 9 fahrende
Batterien z&lilt, 20 Kanonen and 3 Hanbitxbatterien, bei den übrigen
aber nnr 20 Kanonenbatterien rorbanden sind.
Meine Rechnong stützt sich aal Loebells Jahresberichte Bd. 29
nnd das nene französische Exerzier-Regleroent. Nach jenem bestellt
die franaOsisehe Armee, abgesehen Ton den in Algerien etc. gamiso-
nlerenden Trappen ans 20 Armeekorps, die in 44 Inianteriedivisionen
gegliedert sind. Nach meiner Annalime würden zur Ansstattaag
dieser Trappen mit Artillerie 884 fahrende Batterien (264 für die
44 Divisionen, 120 fOr die KorpsartUlerie) geboren, naeb Annahme
des Generals t. Hoffbaner aber 453 (180 fOr die KorpsartiUerie).
Nnn zlUilt die französische Feldartillerie im Frieden aber nnr 430
fahrende Batterien, die anch mit k. 120 mm Kanonen bewaflhet sein
können.') Trifft meine Annahme zu, so könnten 46 fahrende
Batterien dieses GescbUtz fahren; ist dagegen die Annahme des
General t. Hoffbaner richtig, so würden 28 Batterien, die mit dem
75 mm Geschütz bewa&et sind and sämtliche k. 120 mm Kanonen
erst formiert werden müssen. Jedenfalls wäre es dann doch anch
höchst merkwürdig, dals in den Beispielen über die Marschordnnng,
die das „Aide memoire de l'officier d*ötat migor en campagne'*
bringt, die Körpsartillerie stets zn 8 Batterimi (6 fahrende, 2 reitende)
angenommen ist. Mir scheint es am wahrseheinlichstra, dafs die
k. 120 mm Batterien dem Kommando der Armee unterstellt sind.
1) Nach dem Vorwort des Reglement „de manoenvre de rartillerie de
campa prne" gUt diese Vorschrift aach fftr die mit 120mm Kaaonen bewafihieten
Batteheu.
Digitized by Google
15a
Zur ArtiUeriefiniK«.
das sie vorübergehend eiDem oder mehreren Korps xttteüt» wo sie
alsdauQ die vierte Abteilang der Korpsartillerie bilden.
Hieraus geht bfrvrtr. dals nach Herabsetzunj: der Batteriestarke
die deutsche Artillerie eiues Armeekorps der französi>ehen auch
dann noch numerisch überleg-en sein würde, wenn die französischen
Korps über 23 Batterien veriUgea, was nur bei einzelnen Korps
der Fall sein kann.
Was zu tnn ist, wenn die Franzosen ihre Artillerie bis auf
80 Batterien^ d. h. also nm nicht weniger als die Hälfte (nach An*
DAbme des Generals Uoffbaner am etwa 30 Prozent) vermehren
wollen, ist eine cara posterior, Ober die man sich heute noch nicht
den Kopf zn zerbrechen braucht. Ich sehe aber nicht ein, warum
es sehwieriger sein sollte, aus 24 Batterien zo 4 Geschützen 30
Batterien von gleicher Stärke zu machen, als ans 24 Batterien von
6 Geschützen, vorausgesetzt natttrlich, da(s die Friedensetats in
Summa in beiden Fällen die gleichen sind. Höchstens dürfte der
Übergang nach meinem Vorschlafe sehr viel einfacher sein, da man
wenigstens keine Änderung!: der Kegh'nients. Schiefsvorschriften etc.
vorzunehmen hätte, da diese Arbeit schon jet/.t geleistet werden soll.
Jedenfalls kostet die Nenbewaffnuuf bei Annahme meiru-s Vorschlages
erheblich viel weniger, da bei jedem Armeekorps nur S4 nnd
nicht 12(> Geschüt/.e umzuändern sind. Das ist freilich ein Gesichts-
ponkt, der für den Soldaten erst in zweiter Reihe kommt, der aber
für den Steuerzahler und Keichstagsabgeordneten doch ins Gewicht
fällt.
iäine Vermehroog der Artillerie Uber die 24 Batterien zu 4 Ge*
sefaQzen hinaus wtlrde nach meiner Ansicht einen sehr zweifelhaften
Wert haben; das spreche ich offen ans, auf die Gefahr hin, einer
argen Ketzerei beschuldigt zu werden. Der Gewinn an Wirkung
würde nur unbedentond sein, ich will ganz von der oben genugsam
erörterten l'latzfrage absehen. Dnroh Versnobe ist festgestellt (vgl,
den Aufsatz: Über Schieisverfahren bei der Feldartillerie
(„Jahrbücher t"Ur Armee und Marine" 1903 S. 615), dafsman mit einer
Batterie von 4 SchnellfeuergeschUtzen einen Kaum von 30i) m Breite
so wirksam unter Feuer halten kann, dafs jede sich innerhalb dieses
Kaumes aufhallende (aufrecht stehende) Truppe in 2^1 2 Minuten
etwa ein Drittel ihrer ötärke verliert. Nimmt man nun an. dafs
ein Armeekorps einen Froutraum von -KXH;) m überspannt, so kann
man mit ( 4 Batterien einen solchen Kaum derart mit Blei bestreuen,
dals keiiir Iruppe sich unL^deekt darin aufhalten kann. Mau ver-
fügt alsUuun noch Uber 10 Batterien, deren Fener man gegen Ziele
Digitized by Google
Zur AitiUeriei'rai;«.
151
von besonderer Widerstandskraft vereinigen kann.') Eine uoch
gröfsere Zahl von Batterien würde kaum nutzbringende Verwendung
finden können.
Der Zuwachs aD Wirkung, den man erbalteu würde, mülste
sehr teuer bezahlt werden. Die Vermebmng der Artillerie um
6 Batterien — also um 25 Prozent — würde eine entsprechende
Vermebrang aller ArtHlerieiahrzeiige nach sich siehen. Das ist die
Kehrseite der Medaillei die man nicht ttbersehen darf, wenn man
TOD einer Vermehrung der Gescbfltze Wirknng erwartet Im Kriege
1870/71 entfielen anf je 1000 Mann der Anarttekestärfce hoeh ge-
rechnet 3,6 Geschütze (25000 Mann Infanterie, 90 Gesehtttze) und
7,2 Artilleriefahrzeuge (Gesehtttze nnd Munitionswagen). Nach der
lieoligen Ansrttstnng der Armeekorps sind auf je 1000 Mann schon
5,76 Gesehtttze aber — einscblieblich der leichten Mnnitionskolonnen —
15,7 Artilleriefabrzenge, also mehr als doppelt soviel vorbanden. Bei
Herabsetznng der Batteriestärke nach meinem Vorschlage würde die Zahl
der Artilleriefabrzenge nnrerändert bleiben, dA an Stelle der Gesehtttze
eine gleiche Zahl von Munitionswagen treten soll. Wird aber die
Zahl der Batterien anf 30 gebracht, so steigt die Zahl der Artillerie-
fibrzeuge anf 19,6, die eine Marschtiefe von 826 m haben. Sobald
die Stärke der Bataillone anf 800 Mann sinkt, wttrde die Marsch-
kolonne der Artillerie ebenso lang werden, wie die der Infanterie*
Wenn, wie General v. Hoffbaner mit Hecht hervorhebt, im Feldznge
1870/71 die Artillerie sich niemals als ein bnpediment fUübar
gemacht hat, so ist doch damit noch nicht gesagt, dals eine mehr
als 2V9 mal so grolse Zahl von Fahrzeugen ihr Schwergewicht nicht
doch geltend machen kann.
Wenn man mich vor die Wahl stellte, ob ich vorzOge, die Zahl
der Batterien eines Armeekorps anf SO zu erhoben oder entsprechend
Stämme für Reservebatterien zu schaffen, so wttrde ich kehien
Augenblick schwanken und mich fttr das letztere entscheiden. Die
mit modernen SehueUfeuergeschtttzen bewaffnete Artillerie kann gar
nicht gut genug sein; denn deren Vorzttge kOnnen nur bei einer
gut ausgebildeten Truppe iu die Erscheinung treten. Je weniger
Abgaben an Stilmmen für Nenformationen zn leisten sind, um so
besser.
Gut ausgebildete, reichlich mit Munition ausgerüstete
Batterien, die sicher Raum zur Entwickelong finden, sind
') Die Franzosen halten im Tir fauchant einen Kaum von 200 m
Braite unter Feuer: ihre 20 Batteiisa rdchea gerade aus» den von 6in6iD,
AnneekorpB diogenommeneii fVontraimi, freilich mit noch giOfiMrer Wiikimg^
onter Feuer sta nehmen.
Digitized by Google
162
Zw AftUlwiefrice.
wertvoller »U sahlreiehe Batterien mit dürftiger Honitions-
ansrUstong, die wegeo za geringer Friedensstärke nicht
gründlich aasgebildet siud and, weil der Entwickelangs-
ranm fehlt, sehlief slich nicht einmal alle zur Tätigkeit
gelangen können.
£8 ist noch nötig, einige Worte Uber die reitende Artillerie zu
sagen. Bekanntlich haben wir aogeublicklich 11 reitende Ab>
teilnngen an 2 Batterien, die den Kayallerie-Divisionen zugeteilt
werden sollen and 6 Abteilungen za 3 Batterien, sowie 2 einzelne
reitende Batterien, die mit fahrenden Batterien im Abteilnngsverbande
stehen, also in Summa 20 reitende Batterien, die auf 8 Infanterie-
divisionen verteilt siDd. Von den 48 Infanteriedivisionen, die das
deotsohe Heer säblt, mtissen 40 ohne reitende Artillerie aaskommen;
also werden die anderen 8 Divisionen sieb anch wohl ohne reitende
Batterien behelfen können. Wenn die 20 reitenden Batterien sn
fahrenden gemacht wUrden, so würden dadurch 640 Reitpferde verfüg-
bar. Man könnte dann den an Reitpferden sehr schwachen fahrenden
Batterien mit mittlerem Etat je ein, den mit niedrigem zwei Reit-
pferde mehr grebeii, wodurch einem wesentlicheo Bedürfnis abge*
bolfen würde. Reitende Batterien, die im Frieden nur 4 bespannte
GpschiUzp hufx ij, werden im Krieche nicht viel beweglicher sein als
tahrendi Hattt li^n mit 6 bespannten Geschützen im Frieden. Das
Entschcideude alt^ r ist, dafn diese reitenden Batteli^^^l nicht anders
wie fahrende verwendet werden können und duls daher die auf sie
im Frieilen aufgewendeten Mehrkosten nicht gerechttertigt siud.
Die Kavalieriedivisinoen sind jetzt aus 3 Brigaden und eine Ab-
teilung >*on 2 reileiidrii l^-tterien zusammengesetzt. Ich würde es
vorziehen, die Abteilung künftig aus 8 Batterien zu 4 Geschützen
bestehen zu lassen. E> wird oft vorkonmien, dals man einer
detachierten Brigade Artillerie zuteilen niufs: man steht Jetzt vor
der Alternative, ihr eine Batterie, also die volle Hälfte der Artillerie
mitzugeben oder aber eine Batterie zu zern-ifsen. Die Zalil der
Munitionswageu braucht darum nicht erhobt werden; denn es braucht
nur die jetzt für *J Batterien ausgeworfene 8cbulszahl auf ;i Batterien
verteilt zu werden, dann ist jedes Geschütz mit pbensoviel Munition
ausgestattet wie jax/.i. Während ich bei deii iahrenden Batterien
für eine stärkere Munitionsausrüstung eingetreten bin, halte ich eine
solche für die den Kavalleriedivisionen zugeteilten reitenden Batterien
nicht für geboten. Die vou diesen vor der Front der Armee ge-
führten Gefechte verlaufen schnell und bedingen nur geringen
Munitionsanfwuud. In den gioisen die Munitionsmassen \ erschlingendeu
Schiachten verbleiben die reitenden Batterien ihren Kavallerie-
Digitized by Google
Zur ArtUeriafrage.
153
diTisiooeD and werden nur auter besonden dringendeu UmBtändea
im Anschluls an die übrige Artillerie verwendet. (Z. 376 des
Exerzier Reglements.) Fttr diesen Fall stehen ihnen aber die leiebten
MnnitioDskoIonnen ebenso wie den übrigen Batterien zar VerfUgang.
Die leichten Manitionskolonnen der Kavalleriedivision bestehen
aus 9 Monitionswagen, von denen 6 mit Schrapnells, 3 mit Granaten
beladen sind. leb fbrchte auf keinen Wideretand zn atolsen, wenn
ich die Granaten für diese reitenden Batterien fUr ganz Überflüssig
erkläre, da iob mir keinen Fall denken kann, dals diese gedeckte
Ziele beschiefsen müssen. Läfst man diese 3 Wagen fortfallen und
Ubergibt die 6 Schrapnellwagen der neu zu formierenden dritten
Batterie, ersetzt man ferner die in der Protze des ersten Vorrata-
wagen verladenen Granaten durch Schrapnells, so verfügt jede der
3 Batterien über 708, d. h. pro GrschUtz 177 Schuls. An^enhlick-
lich sind lUr jedes Geschtttz 196 ächüsae, darunter aber nur 168
Schrapnells verfügliar.
Bei Verwirklichung- meines Vorschlag-es würde die Beweglich-
keit der Artillerie durch dif' Gllederang in 3 Batterien, durch den
Fortfall der leichten Aiuiiitiouskolonne, durch den Fortfall von
?, Munitionswairen wachsen, die Ausrüstang mit Munition aber nicht
knapper werden, weuigsteus dann nicht, wenn man die Granaten
für die reitenden Batterien für übeiiiüssig hält.
Nun noch einige Worte Uber die Friedensoriranisation! Die
erste Forderung: ist, dals in Zukunft ein miudesteus ebeusso grol'ser.
uo möglich aber grülberer Teil der Gefechtsbatterie bespannt ist,
wie bisher. Das ist durchaus notwendig, denn wie bereits mehrfach
hervorgehoben, kann das SehnellfeuergeschUtz die darauf ^[esetzten
Hoffnungen nur erfüllen, wenii die Bedienung gut ausgebildet und
durchaus zuverlässig ist. Augenblicklich sind bei der überwiegenden
Mehr/.abl der Batterien von den 9 die Gefechtsbatterie bildenden
Fahrzeugen G bespannt, also zwei Drittel. Nach Bewaduung mit
Kohrrücklaufgeschützen wird die Gefechtsbatterie aus mindestens
4 Geschützen und 4 Munitionswagen bestehen, zu deren Bespannung
48 Zugpferde erforderlich sind. Zwei Drittel würden 32 Zugpferde
— genau die Zahl, die bei den französischen fahrenden Batterien
vorbanden ist — ergeben. Man könnte damit 4 Gesobtitse mit 6
und 2 Monitionswagen mit 4 Pferden bespanne. Ans spftter za
erörternden Grttnden wurde ieb vorzieben, je 3 Qeseblltze nnd
Mnnitionswageu pro Batterie an bespannen. Daan würden 86 Zug-
pferde notwendig sein. Reehnet man daan noob 4 Reeerve-Zngpferde
ond 16 Reitpferde — einsehlielslieh Bemonten — so kommt man
auf 66 Pferde. Das ist kein ttbergrober Etat; die franzUsisebe
Digitized by Go -v^i'-
154
Zur ArUUerie&aj^e.
fahrade Batterie zäUt 61 Pferde; eine Zahl, die wir ^neeliUelslich
5 KrflmperD anch eneiohen würden.
Der Untereeliied zwisclien niederem und mittlerem Etat wfirde
iKünlkig Yereeliwinden; dagegen mttssen die Batterien, die eiob jetzt
anf hohem Etat befinden, künftig mindeatens die ganze Gefechts-
batterie — also 4 (^escbtttaEe und 4 Mnnitionewagen — bespannt
haben. Ich wUrde hier ebnen Etat yon etwa 76 Pferdeo für aa-
gemenen erachten.
Die reitenden fiatlerien müssen sSmtlich einen hoben Etat er-
halten^ wosn etwa 110 Pferde geboren.
Die deatsclie Feldartiilerie würde littoftig bestehen ans
38 reitenden Batterien,
12 fahrenden Batterien mit hohem Etat,
540 fahrenden Batterien mit niedrigem Ktat,
in Summa 585 Batterien ^^e^eii ji tzt 574 BaUcrieu.
Dabei sind freilich noch nicht alle Divisionen mit 12 Batterien
Hii>iLM'«ta,ttet; augenblicklich haben sinntliehe bayerische Divisionen
nur 10, die 37. und 39. Division nur je «i Batterien. Tin diese
Divisionen auf denselben wStaud wie die übrigen za brtogen, würden
noob 24 Batterien neu zu formieren sein.
In Summa wUrde das ein Mehr von etwa 3000 Pferden be-
anspruchen. Dagegen würde der Mannschaitsstand bei allen Batterien
etwas herabgesetzt werden können, so dafs trotx Neuformation ?ou
Batterien hier k&um eine ü^höhung einzatreteu brauchte.
General v. HoÜbauer hat in seinem mehrfach angezogenen
Buche anch die Stellung des Inspekteurs der FeidartUlcrie erürtert,
die seit der Unterstellung der Feldartillerie unter d'w Divisionen
sehr an Einfluls eingebüfst hat. Früher — bis zum Jahre J899 —
war der Inspekteur für die Ausbildung der Waflfe im Schiefsen ver-
antwortlich und besichtigte alljährlich etwa die Hälfte aller Regi-
menter im Schielsen. Jetzt ruht diese Verantwortung auf den
Schultern der Divisionskommandeure und kommandierenden Generale
und der Inspekteur hat den Besichtigungen nur beizuwohnen. So
ist ihm wohl die Möglichkeit geboten, die >iängel in der Scbipfs-
anshildung kennen zu lernen nnd — freilich nur indirekt — durcli
seine Hemerkangeu und die SchieÜBSchnle anf deren Beseitigung
liinznarbeiteu.
Die Abgrrenznuir der Kompetenz des Inspekteurs der Feld-
artillerie war einer der schwierigsten Funkte bei der N( uorduung
der Dinge, Darüber, ob es nötig war, die Verantwortung auch für
die Schi eis aoBbUdoQg den DiTisionskommaudeuren zu Übertragen^
Digitized by Google
Zur ArtUlerie£ra|{e.
166
wird laaü verschieden denken können.*) Da es aber elumal ^e.'
öchehcD, 80 ist die notwendige Konsequeo/«, dafs der Inspekteur das
ScbielseD nicht mehr besichtigt; denn niemand kann zwei Herren
dienen, nnd wenn der Divisionskommandeur and der Inspekteur Uber
einzelne Punkte Tersohiedener Ansicht sind, so kann es keinem
Zweifel unterliegen, daJs die des DivisioiukoiiuDaDdeiirs als des
direkten Vorgesetrtea fsac die Trappe die niftlsgebende ist.
In den aagenblieklieh geltenden Beatinimangen liegt allerdings
eine gewisse Gefaiur, dab die sebieisteebniBobe Leistung der Feld-
artilleiie soiUckgeht. Man bat, jedenfalls nm die bebe Bedentnng,
die das Sebiefisen für die Feldsötilieiie bat, bervonobeben, diese
Besicbtigang nicht, wie bei der Infonteiie den Brigadekommandeuren,
sondern ansdmeklieb den DiTisionskommandenren abertragen. Non
wird man angeben mttssen, dals die BenrteUnng eines Sebielsens
bei der Artillerie viel sebwieriger ist nnd viel mehr Sachkenntnis
▼oranssetst, als bei der Infanterie. Hanebe Divisionskommandenre
haben in der Tat ihre Besiebtignng ohne die genügende Sachkenntnis
abhalten müssen; denn so lehrreich auch der Besuch einer Artillerie-
aebieisttbnng sein mag, wosn ne als Brigadekommandenre bereebtigt
waren, die znr Abgabe emes Urtuls ttber dn gefechtsmälsiges
Scbieisen erforderliche Einsicht erwirbt man nicht von einem solchen
Znseben. Ich weib sehr wohl, dafs Brigade- und Oivisionskommaa-
denre nun Besuch der Feldartillerie -ScfaielSsschnle kommandiert
werden, wo ihnen die Gelegenheit geboten wird, das Nötige zu
lernen; aber viele Divisionskommandenre haben dies Kommando an-
getreten, knra ehe sie ans dem Dienst schieden. Es dürfte sich
empfehlen, in einem Jahre mehrere Informationskaise hintereinander
abanbalten, bis sttmtliehe Divisionskommandenre daan herangezogen
sind nnd von da ab an diesem Kommando nnr noch Brigade-
kommandenre anzulassen. — Es bliebe aach za erwägen, ob die
Besichtigung des Schiefoens nicht wie bei der Infanterie den Brigade-
koromandenren zu Ubertragen wäre. Dem Divisionskommandeur
würde es ja freistehen, hin ond wieder, wo sie es fUr wünschens-
wert und sich ftkr fähig halten, die Aufgaben zn stellen und zu be-
urteilen.
Ohne der alten Organisation mit der Qeneralinspektion an der
Spitze der Feldartillerie ein Loblied singen zu wollen, einen Vorzug
hatte sie doch: die Ausbildung der ganzen Feldartillerie erfolgte
nach einheitlichen Grundsätzen. Die Klagen der Infanterie, dals die
I) Man könnte z. B. auch für die Infanterie besondere Sdu«l8inq»ekteore
aastdlen, die iediglieh die Sehiefsaushildiiiig flherwaehen nnd das Schiefsen
besichtigen. Eine deraitage Einrichtnng besteht i. B. in Rnbland.
Digitized by Google
166
Zur ArtlUeiiefrai^.
indhidaellen Ansichten der komraandierenden Generale zu sehr
Uberwaeherten, dafs man z. B. jetzt statt einen 23 verschiedene
Normalan^riffe habe, waren der Feldartillerie fremd. Neuerdings
kann mau aber auch die Klage hören, dafs je nach den Korps ver-
schiedene Ansichten herrschten. Sd i. B. be\ or/u^t der eine
kommandierende General die verdeckten Feut rskllungen und ver-
langt, dals die Batterien sich auch bei Abwehr eines Infanterie-
angriffes nicht zeigen — was schlielslich zu einer vollkommenen
Umkehrung des Satees „Wirknng geht vor Deckung'' fObreo moJts.
Ein anderer dagegen im «m Veitteliter jeder Decknng und legt vor
anem Wert auf Schnelligkeit» wonüt die Bttekkehr snr Taktik der
glatten Gesehtttse verlangt wird, die aber der Wirkung der modernen
Waffen gegenüber znm Aisaaunenbrneh der die Macht der TatBaoheo
ignorierenden Batterien eohon bei ihrem Aoffahren führen wflrde.
Ich mufs gestehen, dals ich in Verlegenheit geraten wtlrde,
wenn man von mir Vorschläge zur Abhilfe dieses Ubelstandes rer-
langte. ^elleldit ist Ton der Zeit Bessernng m erwarten; vieUeieht
aber wäre anch eine bindendere Fassung des Reglements von Vorteil
Ansdrtteklioh aber Terwahre loh mich gegen die Annahme, als ob
ich der Wiedeieinfahning der Generalinspektion nnd dandt der
SondersteUnag der FeldartUlerie das Wort reden wollte. Die Vor-
teile, die fllr die Verwendung der Waffe ans der Unterstellung
anter die DiTisionen henrorgehen, sind doch grOlser als die Naeh-
teile, die fttr die Anshildang dadurch entstehen.
7. Taktische VerwencLuDg der FeldartUlerie.
Ich komme nunmehr zu der letxten, für die Offiziere der anderen
Waifeu vielleicht wichtigsten Frage, nämlich nach dem Einflufs, den
die £infilhrung von RohrrücklaufgeschUtzen mit Schutzschilden auf
die Verwendung der Feldartillerie haben wird. Es ist sehr
natürlich, dals meine Betrachtungen an die in dem französischen
Exerzierreglement der FeldartUlerie ausgesprochen en Grundsätze an-
knöpfen werden, da die Franzosen die neue Waße jedenfalls nach
eingebenden Versuchen als die ersten eingeführt nnd die meisten
Erfahrungen damit gemacht haben, ich weifs nicht, ob ich mich
gegen den Vorwurf, ein blinder Verehrer fremder Einrichtungen zu
sein, vorwahren mufs. Ich glaube in meinem Leben genug Beweise
splhstäudigen Denkens gegeben zu haben und möchte nur daraat
liiiiwcisen. dafs ich schon vor 15 Jahren, also lange vor der Ein-
führung des neuen französischen Geschützes, den (bedanken fui*-
gesprochen habe, d^ls die Einführung von Schnellfeuergeschätzen
Digitized by Google
Zur AxilUeriefrtge.
167
mit Notwendigkeit die Herabsetzung der BatterieRtärke nach sieh
ziehen \\erdp. Bei meinen weitprcn llutersacboogen gehe ich aach
TOQ der Tiergeschtttzigeo Batterie aus,
a) F If inen tar Taktik,
Die französische ^hchielHbatterie", unserer Gefechtsbatteric ent-
spreeh^nd, besteht bekanntlich nna 4 Oeschtitzen und (i Munitions-
wa::*'!!. von denen die 4 ersten mit den (xeschUtzen 4 UDtrrüuli.ire
Kiiihi itfn bilden; die beiden anderen Wagen sind für den ersten
Munitionsersatz bestimmt. Die abijeprot/.ten Miinitionshinterwagen
stehen bekauntlich in lit r Feuerstellung dicht neben den zugehörigen
Geschützen; von den beiden übrig bleibendt^n Munitionswagen steht
der eine aof einem vouj BatteriefUhrer bestimn»teu Platz; ^on dort
beobachtet dieser auch; der andere Wagen steht, ebenfalls abge-
protzt, hinter dem Geschütz auf dem entgegengesetzten Flügel,
Meiner Meinung nach »inu mindestens 4 Munitinopwagen der
Gefechtsbatterie zuzuteilen; das ist schon mit KUcksicht auf den
grofisen unfehlbar mit Eiulührung der Schnellfeuergeschtttze ein-
tretenden Monitiousverbrauch geboten. Mit ihren H Munitionshinter-
wagen hat die deutsche Batterie jetzt nur 15(5 — und falls die
3 Wagenprotzen vor dem Alitahren entleert werden, 2(34 — Schuls
in der Feuerstellung. Die fraiizösische Batterie hat in den (> in
der Feuerstellung befindlichen Munitionshinterwage n 4.i2 Schufs,
davon 288 in unmittelbarer Nähe der Geschütze. Wenn bei uns
ktlnftig vier Munitionswagen mit in die Feuerstellung genommen
werden, so erhöht sich die Schuüszahl auf 208 und unter EiDBcUob
der nrotmumitioB ani 352.0
Die StelloDg der ManitioDswagen neben dem GesobtttB ist
meiner Meinmig naoh der da lifo t er yorxinieheii, weil nur auf diesem
Wege eine nngefKlirdete ManitioneTerBorgung des Geecbtttaes eicber
gestellt ist. Aber gleiobriel, wo man sie anfstelit^ ich balte es fttr
geboten, den n^^S** t^^^ wie Jetzt ans swei Gesobtttien, sondern
ans einem Qescbttts und einem Hnnitionswagen bestehen ni lassen
und einem Lentnant oder Ofifisierdiensttner zu anterstellen, wie ich
das sefaon vor einem Jahre in der Sehrift «Die dentsebe Feld-
artillerie vor der EBtsebeidaBg** ansgefbbrt habe. Anf diese
Weise ist die dorobaiis notwendige Beanfnehtigang der Bedieoong
') Beiläufig ist die NntwenHIn^keit, die Gefechtsbatterie reichlirh
mit Munition auszustatten, ein (trund mehr, der gegen die sechsgeschützige
Batterie spricht Man braucht sich nur einmal eine Gefechtsbatterie von
6 GMcb&tieik ond 6 Hunitionswagen (Maisohlaefe 924 m) Tonnstellent um
die XTnmOg^dikeit einer solchen Formation an begreifen.
Digitized by Google
158
Zar ArtiUeriefrage.
gewidnleistet; bei lebhaftem Feaer ist es dem Zagflihrer Bohon auf
dem SeMeÜBpUts sielit möglich, seine beiden Gesetatttze so beanf-
dcbtigeD ; Im lebhaften feindlieben Feaer iat ein Hin« and Hergehen
von einem €^hflls lom and^n TOllig aasgescblossen.
*
b) SchiefsTerfahren.
Bei dem Scbielsen kommt es weniger daianf an, die grtffst-
mögliche Wirkang so eireleben, was ein peinlleh genaues and
leiftnuibeBdes ESneddefien eifordm würde, als vielmehr in mOg-
liehst karzer Zeit eine ansreiebende Wirkung. Man maili be-
strebt sein, niehi sowohl die Manition, als Tjelmebr die Zeit mög-
liebst ansBonatsen. Das SebiefoTerfahntn ist nm so besser, je fr Uber
die Wirkang eintritt» d. b. je sehneller das Einsebielsen erledigt ist
Dieses kann abgeklint werden, wenn man sich mit einem an-
ni&bernd genaaen Einsebieisen begnügt, einen Raom von grofser
Aasdehnong nnler Fener ninunt and die Ennittelang der Eatleinang
and Breonliinge meht naeheinander, sondern glelobateitig Toraimmt
leb habe frflher^) einmal den Vorsehlag gemacht, die Entfemang
(Erhöhung) darcb AafsehlagschQsse mit nur einem GesehtttB zu er-
mitteln and einem andern Cteschtttz das „Regeln der Sprenghöbe"
(Ermitteiang der BrennUlnge) sa ttbertragen. Zweifellos wird dadareb
das Einsebielsen bedentend abgekttrzt Die der Beobacbtang halber
oft notwendige Konektar der Seitenabweiehang ist mit dem zweiten
Schals erledigt, während jedes GescblltE diese Koirektor einseln
Tomebmen mofo, wenn man die ganie Batterie zum Einschlefsen
benatzt. Das Regeln der SprenghOben, das jetzt nach der Ermitte-
lang der Entfemang stattfindet, ist eine so einfache Sache, dais es
vom jüngsten Zngfbbrer ohne Schwierigkeit Torgenommen werden
kann, wührend der Batterieftlbrer sieh eiuscbiefst. Beim Wirknogs-
scbielsen sollten dann die GescbUtze anf Terschiedenen Entfemangen
schietsen and die Seitenrichtang von Schofs za Schaf« durch Drehen
der Korbel fQr die Seitenrichtmaschine ttadern, wie das beim „tir
fancbanl" der französischen Artillerie geschieht. Während jetzt bei
Abgabe einer Lage ein Raom von grolser Breite and geringer
Tiefe unter Feaer gehalten wird, sollte nach meinem Vorschlage
dnrcb eine Lage dn Raam von greiser Tiefe, aber geringer Breite
unter Fener genommen werden. Statt mit den Lagen nacheinander
vorzogeben, sollten die Lagen sakzessive nach der Seite verlegt
werden. Dadorob würde die Feaergesohwiodigkeit anf das höchste
1) Vergl. Mil. Wochenbl. Nr. 108, liWl: „Das Schief8 verfÄhren
bei SchnellfouergeschUtZf a".
Digitized by Google
Zw AitUleiiefras«*
159
Iftab gwteigerl weideo kOnneo, ohne der ZoTerläasigkett der Be-
diennog Abbrooh sa ton.*)
Die fraDiOsiBohe Sebieferoisehrifl für die FeldailiUerie bat einen
anderen Weg eingeseblageo, der weit aehärfer mit der Vergangenheit
brieht, als mein Yonohiag. Das EraobielBen der Sebnlsweite erfolgt
in der Bogel dnrob Salven« d. b. vier in korzen Fenerpanaen Yon
einem Fltlgel ans aufeinander folgenden Schieüsen; gegen lebende
Ziele mit Brennzünder, gegen tote Ziele mit Aaisoliiagztlndef. Die
Schielsv orschrift erklärt die Beobachtung tief gelegener Sprenghohen
für leichter, als die von Aufseblägcn, da sie unabhängig Yon der
BodenbeschaÖenheit und der Form des Geländes sei, und ftlr vorteil-
hafter, weil das Begeln der Sprenghdhen zogleieh mit der Ermitte-
lung der Entfernung vorgenomroeu werden kann. Das Einscbiefsen
mit Salven kürzt das Einschielsen nach der Öeite ab, da dies gieieh»
zeitig mit der Ennittelong der Entfemong vorgenommen werden
kann. Es ist aber auch zulässig, sich mit nur einem Geschütz
einzuschielseu. Die Korrektur der beiteuabweichungen ist wie bei
uns Sache der Zugführer.
Zum Stellen der Zunder bedient mau sich einer selbsttätig
wirkenden ZUnderstellmaschine ; durch Verschieben einer Zeigermarke
kann man die BreunlÄnge g'ep:enUl)er der normalen verlang:ern oder
verkürzen. Bei nurnialer Hrennlän^e erhält man Sprenghöheu, die
etwa der Entfernung (auf 2400 m also etwa 7 m) betragen.
Beim Einschief^^eii sind öprenH'höhen von ^ der Entfern uiifi er-
wünscht, was diiich Verschiebung der Zeigermarke um ^ 1 filstriche
gegen die normale .St( Dung erreicht wird. Mit tiefen >[)ri'ügpuukten
sucht man das Ziel in eine Gabel vuu 400 m la bringen, die dann
bis auf 200 m verengt wird. Damit eine Entfernung als Gabel-
grenze gtiten kann, müssen mit der betreöeuden Erhöhung min-
destens zwei Schlisse übereinstimmend beobachtet sein. Ist ditse
(rabe! gebildet, jsO geht man zum W irkung&scbiersen Uber; meist
iinti r Anwendung des „tir progressif*' das unserm lagenweisen Vor-
geLcü entspricht. Man beginiil mit einer Entfernung, die um lOU m
kürzer ist. als die kurze Gabelentferuung und geht dann dreimal
um je 100 m vor, so dafs man, wenn z. B. die Gabel 24(K> 26(X)
gebildet ist, auf 2300, 2400, 2500 und 2600 m schielst. Dadurch
i) In RnCUand hat im rorigen Sommar ehi Kampfschielbflii awiaehea
zwei Batterien stattgefonden, bei dem eine Batterie das normale Sdaiets*
Terfahren, die andere ein dem oben beschriebenen ähnliches .,5>kala verfahren*
anwendetf'. !>as Hestiltat war. dafs auch bei einer Wiederhol un<^ des Ver-
suchs die daLS normale Verfahieu anwendende Batterie in kürzester Zeit
(l^/j hin 8 Minuten) niedergekämpft war.
Digitized by Google
Zur AjtUleite&tge.
wird eine grolse Sicherheit gewonnen, data das Ikü sieh wirklich
iDDerhalb des anter Fener genommeneD Raumes befindet.*) Bei
sehmalen Zielen — bis zn 100 m Breite — gibt Jedes GeschutE
ohne die Seitenricbtnng zu ändern, aal jeder Entferoong 2 Schüsse
ab. Bei breiten Zielen bis za 200 m Front wird das Feoer gleich-
mäfsig Ober das ganze Ziel verteilt; es werden aof jeder Entfernang
3 Schüsse abgegeben, wobei die Seitenrichtang von allen Geschützen
nach jedem Schals zuerst zweimal dnrcb Drehung der Kurbel für
die Seitenrichtmaschine nach links verlegt wird. Alsdann geht jedes
Geschütz mit der Entfernung um 100 m vor. zunächst ohne die
Seitenrichtung zu ändern und verlegt dann die Seitenrichtung wieder
zweimal nach rechts, wodurch die ursprüngliche Richtung wieder
hergestellt iRt nsw. Dieses Wechseln der Seitenrichtung wird „taucher**
(mähen) geuauüt. Im „tir protrressif ohnf Wec^hsel der vSeitenrichlung
gibt jedes GesehlUz also 8, im „tir pro^^rrssii et fauchaut" 1 2 Schüsse
ab, und zwar findet das Wirkongsachirfson stets im J^Lhnell teuer
statt, wobei kein Geschütz auf das andere Rücksicht zu nehmen
hat. Eine so! die Serie von SchttSBen heilst nrafale^, worauf dann
von selbst eiue Pause eintritt.
Gestatten die Umstände z. H. beim Hescliiefsen von Infanterie
ein genaueres Einschlefsi n. so kann die Gabel weiter verengt werden.
Es wird dann auf einer Eutlernung eiue vom Batterietiihrei kora-
niaodierte Schulszahl (2, 3, 4 usw. pro Geschütz) im Schuellfeuer
abgegeben oder auch auf sein Kommaudo mit der Elntfernuug ge-
wechselt.
Man hat dem ,.tir progressif" und insbesondere dieser Schufsart
in Verbindung mit dem .,tir fauchaut/' wodurch ein Raum von etwa
200 lü Breite und 500 m Tiefe uuter Feuer gehalten wird, den
Vorwurf einer ungeheuren Munitionsverschwenduug gemacht. In
meinem Buche „Die französische Feldartillerie ' (8. 49 u. ff.)
habe ich bereits nachgewieseu, dafs die davon zu erwaiu ude Wir-
kung eiue recht bt-hiedigende genannt werden könne Ks versteht
sieb von selbst, dal's, wenn ein Raum von 200 m Breite und 500 m
Tiefe unter Feuer genommen wird, die Wirkung nur den vierten
Teil dt rjt uigeu beträgt, die man erwarten darf, wenn man eiuen
Raum von 100 m Breite und 250 m Tiefe unter Feuer nimmt, wie
das z. B. der Fall ist, wenn eine Batterie von 6 Geschützen nach
der deutschen Schieisvorschrilt schiefst. Aber dafür kommt man bei
>) Diese Sicherheit kasn noch erhöht werden durch Abgabe einer
,,Kontrollsalvo'\ die namentlich atich dasQ dient, die richtige Feuerver-
teiiong vor Beginn des Wirknngsachiefsenfl zu prflfen.
Digitized by Google
Znr ArtiUeriefrage.
161
dem französischen Verfahren früher zar Wirkung und hat eine viel
grölsere Chance für sich, dals das Sehiefsen kein verfehltes wird.
Nach dem Master 4 der deotscben SchiefsvorBchrift, das eine
Schiefsliste Uber ein Scbieisea gegen eine mit 50 Mann besetzte,
halb verdeckte Batterie von Jwohs OesehfltaBen eofhllt^ wird der erste
BreonzUnderschuIs, obwohl daBSehielseD durohans normal verlaafes
ist erst nach etwa 8'/| Mioaten abgegeben. Naob den frainOiiselieii
SchielsTei&lffeD nimiDt das ganze Sehiefsen — Bineebieisen aod
WiiltiingaBehieleeQ — kanm mehr aU drei Ifioaten in Anspmeh. Ee
ist dabei Aimicht vorhanden, etwa 40 Prozent der Bediennng aniser
Gefecht zu setzen — natürlich eine Batterie ohne SehntaEsohilde
Toransgesetat. Heine 8chilsnng der ron einem solofaen ScbieCsen
zu erwartenden Wirkung ist keineswegs zn hoch gewesen; das
gebt deutlich ans dem Berieht über das oben erwähnte Schielsen
einer romftniaoben Batterie herror. Danaeh nahm das Schieben noch
wenige Zeit in Anspruch and ergab eine grttCsere Whrknng, als ich
geschfttzt hatte.
Ein anderer Vorwarf durfte gereohtfertigter sein, das ist der
groffle Monitlonsaafwaad, den das Einsohiefsen erfordert. Bei
richtiger BUdnng der Gabel nnd wenn kein Begeln der SpreoghOhe
DQtig ist, sind mindestens 8« in der Regel aber 12 Schnsse nOtig,
ehe man zam Wirknngssobielsen fibergehen kann. Sind gröbere
SohütznngsfeUer oder fragliche Beobachtungen vorgekommen, oder
wird das Begeln der Sprenghohe nötig, so kann die Zahl der
Schusse leieht anf 24 aod mehr Schlisse steigen. Dem gegenüber
steht der Vorteil der Schnelligkeit, so dafs ein einmal anter Feuer
genommenes Ziel so leicht nicht mehr entrinnt, wührend das
genauere Einschieben und Regeln der SprengbOhe mit Einzebohttssen
den späteren Eintritt der Wirkaag zur Folge hat, so dab im Emst-
lall das Ziel oft Gelegenheit findet, sich der Wirkung zu entziehen,
mithin sehr viel Tergeblicbe Anl&nfe zum Einschieben gemacht
werden, die schlieblich anob viel Munition verschlingen.
Es ist unmöglich, sieh ohne ausgedehnte Versuche fflr das eine
oder andere Sehielsrerfahren anszuaprechen. Nur das steht fest,
dab auch die deutsche Feldartillerie ein Schiebverfahren annehmen
mnb, das in möglichst karzer Zeit Wirkang verspricht, aud dafs
es nicht sowohl auf Ausutttzung der Munition, ab vielmehr der Zeit
ankommt.
e. Allgemeine Grundsätze.
FUr das Gefecht lassen sich weniger ab je feste Kegeln auf-
stellen, da man sich hier meist unvorhergesehenen Lagen gegenttber
11*
Digitized by Google
162
Zur ArttUeriefrig*»
befindet. Dagegen lassen sich gewisse ans den charakteristischen
Eigenschaften der Waffe abgeleitete GrondsKtie anfsteilen^ die einen
Anhalt für das Verhalten geben können. Die bemerkenswerten
Eigenschaften der modernen Artillerie sind: die in kUr/e^ter Zeit
eintretende Wirkung des Feners, als Folge der groüsen Wirkung
des einzrlnen Schusses und der grofsen Feuergeschwindigkeit; die
Fähigkeit, aus verdeckter Stellung schieisen zu können als Folge
der vervollkommneten Kiohtgeräte und damit die Möglichkeit eines
tlberra sehenden, die Wirkung ganz hedcnteiid steigernden Aaftretens
und f ncilii h in der Feuerstellaug die geringe Verwundbarkeit gegen
leiüdiiches 1* rontalfeuer.
Hieraus folgt, dals der Auswahl und Einnahme der Feuer-
stellung eine sehr sorgfältige Erkundnng der Stellung selbst, der
Zu^'änge uud der Zii le vorausgehen mufs, damit man nicht beim
Einnehmen der Stellung durch feindliches Feuer überrascht wird und
mau möglichst schnell eine entscheidende Wirkung erreicht. Wird
man beim Abprut/en beschossen, so ist das jius ^wei (xrilnden viel
nachteiliger als früher: die gesteigerte Feuergeschwindigkeit bringt
an sich eine grössere Wirkung hervor nnd es ist sich in diesem
Augenblick eine gröfsere Zahl von Menschen und Pferden der
Wirkung des feindlichen Feuers ausgesetzt.
Vor der Eröffnung des Feuers darf man womöglich nichts zeigen
und mufs alle Vorbereitungen so tretieu, dafs das Elnschielsen sich
glatt und schnell vollzieht und die Wirkung möglichst früh einsetzt
Die vervollkoniinneten Riehtgeriite bieten die Möglichkeit dazu.
Die Stellungen sind möglichst so zu wählen, dals sie vom Feinde
nnr an dem Aufblitzen der Schlisse erkannt werden, womit keines-
wegs gesagt sein soll, dals man sich hinter den Höhen verkrieeben
inttftte. Lange zusammen hängende Artillerielinien sind mögliebst
so Tenneiden, da eine solohe AnfirteUung dem Fdnde den Obergang
Ton einem Ziel auf das andere aebr erleiebtert nnd, falls er Stren-
feoor mit weeb«elnder Seltenricbtong (tir faoohant) anwendet, sehr
grofse Verloste berbelftthren wird, Aneb das spricbt gegen eine so
starke Artillerie; da diese oor bei gedrängtester Aofetelloog der
Batterteo in dem verfügbaren Baume nntersobriogen ist
Das deotsche EzerKier-Reglemeot für die FeldartUlerie stellt in
Z. 279 den folgenden Sati an die Spitse der Allgemeinen
Grnndsätze: „GewOhnlieb wkd die Feldartillerie das Feoer erOffbeii.
Ks ist dabei in den meisten FUlen von Wlditigkeit, gleieb anfangs
eine llberlegene Geschtttzzabl zn entwiekeln ond frObseitig eine
Hasse nwirknng so entfalten/' Dals es ron Vorteil ist^ von Tom-
berein eine dem Feinde nnmeriseb Überlegene Artillerie anr onmittel*
Digitized by Google
Zur ArtiUeriefrage.
168
baren Verftigimg zn haben, unterliegt keinem Zweifel; dape^ren
kann es fraglich sein, ob es aacb Torteilhaft ist, sie von Yornherein
In Tätigkeit zq setzen. Man verrät dadorch vielleicht vorzeitig dem
Feinde die eigene StIIrke und Aofetellong, ohne einen entsprechenden
Voiteil dagegen einzntanseben. Jn, die IkOfinung des Feuers einer
groDsen ArtUleriemasse gegen ein sebmales Ziel hat nnr an leicht
anr Folge, dab die Batterien sioh gegenseitig beim ^sehiefsen
atOren, nnd dab statt dner Steigorong eine Vennindenmg der
Wirkung eireleht wird. Denn die Wirkung wird, wie bereits oben
erw&hnt, nieht dnroh die fenernden Oesehttt£e, sondern durch die
treffenden GeseboBse berrorgebraebt; ob diese ans einer oder ans
mehreren Batterien kommen, bt dnrehans gleichgültig. Da das
Sehnellfener einer Batterie mit Streuen naeb der Seite (tir fauchant)
eine Fhint von mindestens 200 m mit soleber Wirkung unter Feuer
nimmt, daia sieh keine gesobloasene IVuppe dort ungedeckt erhalten
kann, so ist es dnrehans xweeklos, das Feuer einer grOlseren
Artillerinmasse gegen ein ffiel von dieser Breite in richten. Die
Faasnug des französischen Beglements, die zn Begimi des Gefechts
statt einer Nassenwirknng die Bereitstellnng von Artilleriemassen
fordert, von der nie mehr in Tätigkeit geaetit werden soll, als der
l>eabsiebtigte Zweck dnrehans verlangt, bat gewüs ihre Berechtigung.
Nicht dn gleichzeitiges, sondern ein schnelles Oberrascbendes Auf-
treten, das einen sofortigen Erfolg versprieht, ist das, worauf es
ankommt Dte nicht feuernden, sondern nnr bereit gestellten
Batterie müssen sich daher so einrichten, dals sie das Feuer jeden
Augenblick gegen jeden Punkt der zugewiesenen feindlichen Front
erOffiieD können. Darauf wbrd neuerdings ein ganz besonderer Wert
gelegt.
d. Gesebtttzkampf.
Die Aufgabe der Artillerie ist die Unterstfitxnng des Gefechte
der anderen Thippen instiesondere der In&ntmie. In der Einleitung
wird diese vonngsweise durch die ArtOlerie des Gegners aufgehalten,
hieraus ergibt sieh dann das Streben nach Beseitigung dieses Hinder-
nisses, d. b. nach Niederwerfong der feindlichen Artülerie. Sowohl
das firanzOffische, als anch das deutsche Reglement sprechen »ich
dahin aas, dais die Gefechte zunächst mit einem Artilleriekampfe
eröfinet werden. Im Kriege 1870/71 ist es der deutschen ArtiUerie
sehr leicht geworden, die französische Artülerie nach kurzer Gtegen-
welir zn oberwältigen. £8 entwickelte sich bierana die Lehre, dab
ee awisohen den beideneitigen Artilierien zu einem Kampfe um die
Fenertberiegenbeit kommen werde und dab erst, nachdem dieser
Digitized by Google
164
Zur Artilieriefrsge.
mgefoobten, die Infanterie des ttberiegenen Teils mm Angriff
flehretten könne. £8 sei dann fttr den Angreifer leiolily die feind-
liche Artillerie mit einem Teil seiner Artillerie niederzuhalten, die
HaaptkriUte aber zur Unterstatsnng des Inianterieangriffes gegen die
Einbmchsstelle einzusetzen.
In nenerer Zeit sind Zweifel darüber lant geworden, ob es
möglieh sein werde, eine derartige artüleristlscbe Fenerttberlegenfaeit
zn erringen, und ob der Angreifer die Erringnng dieser Fenerttber-
legenheit abwarten mttsse. Zweifellos haben sich die Verhältnisse
gegen die Zeit von 1870/71 «oiserordentlicb geSnderl. Damals war
die dentsehe Artillerie im Besitz eines so ttberiegenen Materials,
dais die Fenerttberlegenheit eigentlich von Anfang an anf ihrer
Seite war. Die französischen Batterieen wagten es kaum, sich mit
den deotschen in einen längeren Kampf einznlasseu ; sie mafsten den
Kampf sehr bald aufgeben, wenn sie später noch einmal zur Unter-
stützung ihrer Infanterie in das Gefecht eingreifen wollten. Jetzt
aber ist die Bewafihnng der Artillerie in allen Staaten nahezu gleich-
wertig, wenigstens wenn das KohrrUeklaafgeschUtz mit Schntzschilden
seinen Einzug gehalten hat. So lange es noch keine Scbolzschilde
gab, konnte man hoffen, „durch Schnelligkeit in der Bewegung und
im Einschielsen ein Übergewicht zn schaffen, das der Gcgruer schwer
wieder auszugleichen vermag". (Exerzier-Reglement für die Feld-
Artillerie Z. 343 gesperrt gedruckt.) Diese Hoffnung dürfte sich
jetzt Ott als trügerisch erweisen; denn so schnell als frllher ist die
Niederwerfung einer Schiidbatteric anf keinen Fall möglich. Wenn
ein gut sitzendos Schnellfeuer im ,.tir pro^'ressif avpc faucha-je" (pro
Geschütz 12 Sehuls) gegen eine freistehende Batterie von scehs Ge-
schützen vielleicht 20 bis 25 Treffer in Aussicht st»'llt so wird eine
Schildlmtt' rif höchstens 3 bis 4 Mann verlieren und dadurch noch
nicht weseuiiich an Gefechtskraft eiubUfsen.
Vergegenwärtigt man sich, welche N'erluste die Artillerie in den
Hauptschlachten des Krieges 1870/71 erlitten hat, erwägt man ferner,
dals damals die bespannten Protzen unmittelbar hinter den Grschut/en
standen und einen verhältnismälsig grofsen Teil der TrelVrr aut sich
zogen, dafs femer heule die Deckungen des GelauUes weil mehr als
damals ausirenutzt werden, so wird man zugeben müssen, dais selbst,
wenn e.s geläufre. Geschosse zu konstruieren, deren Sprengteüe die
Schilde durchschlagen, die Durehlulinin^^ des GescbUtzkampfes bis
zu völliger Niederwerfung^ des einen Teils so gut wie unniögiicb ist.
Wohl darf mau boöeu, die feindlichen Hattcrien in ihren Feuer-
stellungen festzunageln, und ihnen nicht nur den Stellungswechsel,
sondern sogar den Munitiousersatz unmöglich zu machen. Das
Digitized by Google
Zur ArtiUariafrige.
166
französische Keglern ent sagt daher auch, dalH man nach einem er-
reic Ilten Erfolge, d. b. wenn der Feind das Feuer eingesteüt hat,
nicht ^iaaben dürfe, die feindlichen Batterien endgültig nieder-
geworfen zu haben, sondern dafs man sie fortwährtmd im Auge
behalten müsse. Andererseits mulb jede Batterie, die infolge von
Überraschung oder vorüberorehender llberlegenheit der feindlichen
Artillerie genötigt war, das Feuer zeitweilig eiu/ustellen, jede Ge-
legenheit benutzen, es wieder aufzunehmen. Das Keglemeut gestattet
ausdrtlcklich, dafs die Bedienung in den Feuerpausen sich auf Kom-
mando hinter den Schilden niederkauert. Aber es fordert aoch, dals
der Kampf gegen ttberlegene Kräfte aufgenommen wird, wenn die
Untenittteimg der Infanterie es fordert Dm wird der modemen
mit SehatBsdnldeD TeiaelieiieD Artillerie ?iei eher mOgüeh eeiD als
frtlher; tob ihr darf und miUs man verlangen, dafs sie in aolehen
wichtigen Augenblieken das aof sie geriehtete Fener ignoriert.
So wird der Artüleriekampf lange hin und herwogen, and ob
scblielslieh eine solebe Fenerttberlegenheit ermngen ist, dals es der
einen Partei gelingt, den Gegner mit nnr dnem Teil der Kräfte
derartig niedennhalten, dafs jeder Versoeh, ui den nnn folgenden
Infanteriekampf einzngreifen, von Tomherein nnteidrttekt wird ond
die feindlieben Batterien gezwungen werden, von der Infanterie
absnlassen, um sieb des Artilleriefeners zn erwehren, ersebeint mir
sehr fraglieL Von der „Robe des Kirchbofs*S die Ctonerallentnant
von Keichenaa dnreb seine kleinkalibrige Qranatkanone sn erzwingen
boffk, wird sieher keine Rede sein. Im sttdafrikaniseben Kriege
sohlen es den Bngländero oft, das anf der f eindlioben Seite die Robe
des Kirebhofo berrsohte; die Artillerie der Bnren hatte im Bewnlst-
sein ihrer nnmerisehen Sehwttohe das Fener eingestellt und lag anf
der Laner, um sofort aber die englisehe Infanterie herzufallen, wenn
diese znm Angriff vorging.
leb glanbe der Satz, die artilleristiscbe Fenerttberlegenheit in
dem Sinne, dafs der Vertmdiger in den Infanteriekampf gar nicht
mehr Angreifen könne, mflsse die Vorbedingung des Angriffs seüi
— ein Satz, den leb selbst fiHber verfoebten habe — Ufst sieh fttr
die Zukunft nicht mehr aufrecht erhalten. Nach dieser I^ehre zerfiel
die Schlacht in mehrere Einzeiakte, in denen die einzelnen Waflfen
ihre Kämpfe unter einander ausfochten. In Zukunft wird nur
das innigtse Zusammenwirken der Waffen einen Erfolg
hervorbringen können. Anf diesem Standpunkte- scheint das
franstfsiscbe Reglement zu stehen, wenn es sagt (Teil I, Z. 618):
„Um die grotse Feuergeschwindigkeit der Feldartillerie auszunutzen,
muls man durch plötoUobes, kurzes und lebhaftes Feuer (Ratalen)
Digitized by Google
166
Zur ArtlUeriefrage.
wirken, wodurch man dem Gepmer die Freiheit des Handelns ent-
Teilst und es den anderen Waffen erleichtert, sich in den Besitz des-
jenigen Geländes zn Betzen, das allein den endlichen Erfolg sichert."
In Deutschland sind Uber die Mitwirkung der Artillerie die An-
flichteo der Taktiker geteilt. Dab es das wOnsohenawerteste wäre,
wenD, wie das Reglement es als Ideal binstellt^ die Artillerie des
ADgreifevB die Verteidigungsartillerie ToUkonmeii ttbennriltigte und
dann die feindliche Lifenterieatellnng dnrdi Ihr Fener stnnnreif
maelite, darüber kann natOrlicb kein Zweifel sein. Wenn aber die
Angiiffsartillerie diese beiden Aufgaben nioht lOsen kann, und das
ist wegen der gröberen WiderstandslEraft der mit Schntseehilden
Teraebenen ArtiUerie sehr wohl denkbar, so entsteht die Frage, soll
sie Qon ihr Bestreben mehr darauf riehten, die eigene Infanterie
▼om feindlieben Artilleriefener xn entlasten, oder soll sie ihr Feuer
mehr gegen die Einbrnohsatelle richten, nm die feindliche Infanterie
sn ersebttttem. General von Seheiff glaubt der Artillerie des An-
greifers Tomehmlich die erste, der sehweiaerische Oberst Wille da-
gegen mehr die zweite Aufgabe zuweisen zn sollen. Wenn man
sieh auf den Standpunkt stellt, dais eine völlige Niederkttmpfang
der feindlichen Artillerie nicht möglidi, so wird man einen nm so
grüfseren Wert auf die direkte Vorbereitung des Angrifis durch Be-
sebielsung der Inianteriestellung legen müssen.
Ich sagte oben, man kann wohl hoffen, die feindliche ArtiUerie
bewegungsunfähig, aber sie nicht kampfunfähig zu machen.
ArtUleriekampf wird vom Verteidiger in der Kegel aus hall) ver-
deckten Stellungen geführt werden, da andernfalls die Chancen fUr ihn
erbeblich ungünstiger liegen. Die vorgehende Infanterie des Angreifers
wird für die (resohtitze des Verteidigers sich meist im toten Winkel
befinden; bei innigem Zusammenwirken der Infanterie und Artillerie
wird es dem Angreifer wohl gelingen, die Verteidigungsartillerie bis
auf den Kamm der Höhe zu locken. Wenn es dann auch vielleicht
nicht mög-lleh ist, sie endgültig zum Schweigen zu bringen, so
geschieht doch jetzt alles, was sie vornimmt, untt^r den Aug-en des
Anfrreifers. Jede Vorbereitung zu einem Stellungswechsel, jeder
V'ersuch des Muniti(msersat/.e8 kann dann leicht durch einige Schüsse
verhindert werden, insbesondere, wenn es dem jVn^Teifer ^-düngen
ist, sich geiiaiH T eiuznschiefsen. tSo kann der Augreifer die Mit-
wirk iine: der \ ertpidi^nn«:sartniorie an der Abwehr des Infanterie-
anpiüs vielleicht erschweren; sie ^'änzlich zu veriiiiidcrn wird ihm,
wenn die Verteidigungsartillerie nicht ganz minderwertig ist, wofal
kaum geliniren.
Nach meiner Ansicht werden der Artilleriekampf und der
Digitized by Google
Zar Artilleriefrage.
167
lufanttTieangT-iÖ', die man sich bisher als zwei g^esonderte Akte des
Schlachteudramas vorstellte, unter dem Einfluls dei ^röfseren Un-
verwundbarkeit der Schildbatterien, mehr in einander greifen: die
Infanterie mnls jeden Erfolg der Artillerie sofort ansoiitzen, die
Artillerie des AngreifezB wird die beiden Aufgaben — Bekiimpfaug
der leindttoheii Artillerie nnd Infanterie — gleichzeitig zo Ulien
haben. Auf das innige Ziuamnienwfrfcen der beiden Waffen, wo es
aioh nm die nnmittelbare Vorbeieitiing des Infiuiterieangrifb handelte,
bal das Reglement sebon jetrt bbugewiesen; wabraefaeiDlich wird ein
eolcber Hinweis ancb für den Artilleriekampf notwendig; denn nnr»
wenn die Intanterie mit dem Angriff droht, wird der Verteidiger
reranlalst werden, seine Artillerie sn zeigen. Der Hangel an diesem
Zusammenwirken der beiden Waffen trat sowohl im rnssiseh-
ttirkisehen Kriege, besonders bei Plewna» als aneb im Bnreokriege
dentlieb za Tage nnd hat in der Hanptsaebe die Miberfolge der
msnsehen nnd englischen Armee Yerschoidei In beiden Kriegen
beschossen die mssisohe nnd die englische Artillerie stunden-, ja
tagelang die feindliehen Stelinngen oder richtiger gesagt, die
Stelinngen, in denen man den Feind yerrnntete, nnd als die In-
fanterie zum Angriff vorging, erschienen sowohl die feindliche
Artillerie als anoh die Infanterie wieder anf der Wahlstatt und
wiesen die Angreifer mit blntigen Köpfen zorttck.
General von Hoffbauer hat ganz Hecht, wenn er durch eine
derartige Verwendung der Artillerie an die napoleonische Zeit
erinnert wird.*) Niemals hat es einen gröberen Meister in der
Verwendung der Artillerie gegeben, und dämm ist die Rückkehr zu
seinen Grundsätzen noch kein Zeichen des Verfalles, nnd wenn der
Generai weiter sagt, „dai's die sekundäre Rolle des Artilleriezwei-
kampfee an die Milsachtong der Kanonade erinnert, die in der da-
maligen Zeit mit derjenigen von Vaimy inauguriert wurde", so liegt
auch darin sehr yiel wahres; denn die Schilde schwttchen die
Wirkung des Artilleriefeuers so bedeutend ab, data man yoq einer
tüchtigen Artillerie mehr als früher erwarten muis, dafs sie es
unbeachtet lälst und sieh, wie es die Reglements aller Zeiten und
Staaten verlangt haben, dadurch nicht von ihrer wichtigsten Auf-
gabe — Unterstützung der Intanterie — abhalten läfst (Deutsches
Exerzier- Keglemenl Z. 346 Abs. 1, 359 Abs. 2; französisches
Rptrlprapnt Z. 5**). Freilich ist die Wirkung der moderuen
Artülene gegen die infanteric nm vieles furchtbarer geworden und
es wäre ohne Zweifel sehr zu wttnschen, die eigene Infanterie
dagegen zu schützen.
A. a. O. S. 104.
Digitized by Google
168
Zur ArtiUeriefrai^e.
e. ManitioDiersats.
Noch ein Wort Uber deo MnnittoDsenate. Die Bewaffoong der
Feldaztillerie mit Sdinellfeaeigesobllteea wird jedenfalls einen gegen
frtther erhöhten Monitionirerbranoh nach rieh ziehen. Dem ist auch
daroh eine sti&rkere Ansrttstnng der Batterien bezw. dnroh die Anf-
stelloug der leiefalen Monitionskolonnen Beobonng getragen. Aber
die Hauptsache ist doch, dafe den fenemden GeBehOteen die Hnnition
nicht aasgebt. Das Dentsohe Keglement stellt Z. 326 Tortreffliehe
GmndBätie für den Munitionseraats anf. Die gesteigerte Wirkung
der modernen Artillerie maeht ihn ab^ anoh sehr sehwierig, ja^
man kann dreist sagen» im wirksamen feindlichen Feuer unmOglieh.
Darin liegt die dringeode AufTorderung, jeden Augenblick, in dem
das feindliche Feaer nacblälst. zar Aaffrischang der Bestände su
benutzen. Die fransösisoben Vorschriften sind meines Eraehtens nach
dieser Kichtnog hin mostergttltig. Die beiden Munitionswsgen fdi
den ersten Ersatz enthalten zusammen 144 Patronen und gestatten,
die aus den neben den Geschützen aufgestellten Wagen entnommene
Munition zu ersetzen, ohne dals ein einziges Gespann in die Schiefsbatterie
einrttckk Jeder feuerfreie Augenblick kann und soll zur Nachftlllung
aus diesen beiden Wagen benutzt werden, die dann ihrerseits wieder
durch zwei Wagen aus der Staflel ersetzt werden, sobald das feind-
liche Feuer es zuläfst
In der deutschen Artülprio wird der Munitionsersatz viel za
wenig geübt. Es ist noch gar nicht lange her. dnfs es überhaupt
unmöglich war. mit kriegsmälsij? beladenen Prot/eu und Munitionswagen
zu fahren, da es an der dazu nötigen Verpackungsmunition fehlte.
Das ist jetzt wohl besser geworden: immerhin sind Übungen mit
kriegsmälsig beladeueu Prot/on etc. wenig beliebt, weil sie natürlich
Pferdefleisch kosten. ]Jud doch sind sie durchaus nötig und zwar
in schwierio-em Gelände, da nur dort die Unteroflfiziere etc. lernen
sich zu hcltni. in der Schlacht bei Worth „wurde der 3. reitenden
Batterie des Regiments No. 11 die Munition knapp, weil die
Mnnitionswagen auf die steile Höhe 248 nicht hinauikomraen
konnten. Erst mit vieler MUhe gelang es dem Wachtmeister Wenden-
burg mit zwölf Pferden eitieu Munitiouswagen glücklich auf die
Höhe zu bringen**. (Konz, kriegsgeschichtliche Beispiele aus dem
deutsch -französischen Kriege von 1870/71 sechzehntes Heft S. 143.)
Wie viel Zeit mag der brave Wachtmeister mit vergeblichen Ver-
suchen verloren haben, ehe er zu dem im iner Meinung nach recht
unpraktischen Au.skuiittsmittel die Bespannuug zu verdoppeln griÜ.
Einfacher wäre es gewesen und schneller wäre er zum Ziel gelaugt,
w^eno er statt des einen Wagens zwei Protzen mit der gewöhnlichen
Digitized by Google
Zar ArtUtoriefrag«.
169
Bespaiiiiun^ herautgebraciit und dann die Muoitioui^biiDterwa^eQ tuU
den leereu l*rotzen nachgeholt hätte.
Die Frauzüsen üben den Munitioiisersatz in ^Tofeem Stile, wobei
so^ar die Muiiitioiiskolonnen beider Staffeln durch einzelne Wagen
markiert werden. Ea können zu dieseu Übungen die Gespanne der
ganzen Artillerie-Brigade (20 Batterien) zusammen gezogen werden.
t Keitende Artillerie.
Die VerweuduDfT der reitenden Artillerie der Kavallerie-
Divisionen wird keine {rrundsätzlichen Änderungen (iurch die Nea-
bewaffnung erleiden. Du das französisflie ^^ddireschutz Modell 97
sieh nicht für die der Kavallerie zugeteilten Batterien eignet. ) sind diese
mit dem bisherigen 80 mm GeschUz Modell 77 bewalVnet. wodurch
die deutschen Batterien eine bedeutende Überlegenheit besitzen.
Den grftfsten Nutzen wird die Kavallerie von der reitenden Artillerie
stets dort haben, wu sie ein stehendes (iefecht zu führen hat, sei
es hei den Operationen vor der Front der .\rmee oder bei l'nter-
nehinungen gegen Fiauke und Rücken des Feindes; aulsrrd«-in
natürlich hei der Verfuigung. Die Neubewaffnung befätu-t die
reitende Artillerie noch mehr als früher zur Losung wichtiger Auf-
gaben and oft — insbesondere bei Untemehmnngen gegen Flanke und
Rucken des Feindes — wird ihr die Hauptrolle zufallen (4. Kavallerie-
DivisioD und bajerisohe Kürassier-Brigade mit snsammeD vier
reitenden Batterien bei Loigny). Auf die reitende ArtUlerief die
bei eiozelnen lofanterie-DiTÜrionen Yorliaoden ist — ron 48 sind
es aebt — vermag icb im Gegensats zu General 7on Hofifbaoer
keine besonderen £rwartangen zn setzen. Im Kriege 1870/71
worden freilioh die bei der Eorpsartillerie aller Armeekorps
Torbandenen reitenden Batterien mebriaeb mit besonderen Aufgaben
betrant^ die m aneb glünzend gelöst baben. Seitdem baben sieb
die Verhältnisse gäozlieb geändert. Damals bestand eben eine
Korpsartillerie, ttber die dem kommandierenden General die alleinige
Ver^gong zostandi die reitenden Batterien waren m allen Korps ver-
treten, waren also etwas» mit dem man bestimmt reebnen konnte.
Aber die jetzt bei einzelnen Infanterie-Divisionen vorbandene
reitende Abteilung kann dooh beim besten Willen nicbt anders ver-
wendet werden, als eine fahrende; böclistens konnte man, wenn im
Verlaafe eines langen Feldzages die reitenden Batterien der Kavallerie-
Division ihre Leistongsfilhigkeit eingebtt&t liaben, einen Anstansob
^) Die Gründe h'egen teils in dem hohen Gewicht, mehr aber wohl in
der liotwendigkeit der Verankerung, die einen Zielwechsel sehr erschwerte
Digitized by Google
170
Zur ArtiUeriefnge.
gewendeten Ausgaben besser yerweilen, wenn man die Etats der
▼onebmeiL Jedenfalls würden sieh Im Frieden die dafür auf*
fahrenden Batterien nm ein bis swei Pferde erliöhte and diese
reitenden Batterien zu fahrenden nmwandelte» wie das bereite oben
ausgeführt worden ist. leh kann in den reitenden Batterien der
Infanterie-DlTisionen nur leistnngsunlMige SehmarotEer sehen.
Schlufswort.
Na<»hRtphpnd fasse ich den Inhalt des vorstehenden noch ein-
mal kurz. zribainEiien:
1, Die Bewaffnanir der Feldartillerie mit HohrrücklaaigeschUt^en
ist geboten und für dir Kanoubatterien (Inn^''lich.
2* Die Ge5?phutze ^ind mit .^chntzsehiideu gegen frontales Gewehr-
und Schrapiifllteuer zu versehen.
3. Der Kampf gegeu Schild batterien wird kaam zu einem ent-
scheidenden Erfolire führen. Jedes gegen Schildbatterien
Wirkunji iu Aussicht stellende Mittel ist gegen alle freistehenden
lebenden Ziele des Feldkrieges von geringerer Wirkung.
4, Das Schieiscü aus verdeckten Stellungen wird in Zukunft
häufiger vorkommen nnd verspricht guten Erfolg, wenn man
sieh damit begnügt, einen Kaum von gröfserer Ausdehnung
unter Feuer zu halten,
6, Die leichte Feldhaubitze wird gegen von vorn nnd von oben
gedeckte Ziele keine sehr grofse Wirkung haben. So lange
aber die obere Führung an der Forderung festhält, dals die
Feldartillerie derartige Ziele b l ämpft, wird man sie bei-
behalten mtlssen, da sich wesentlich Besseres schwer finden
läfst. Gegen Schild batterien leistet sie vielleloht mehr als
die Kanone. Jedenfalls ist eine Vereinfachung der Munitions-
ausrllstung dringend erwUnscht.
6. Die grofse Feuergeschwindigkeit der Rohrrtlcklaufgeschütze
gestettet die Stärke der Batterien von sechs aui vier Geschütze
herabzusetzen. Eine Vermehiuiig der Batterien ist nicht
boten und wtlrde sehr viele Ubelstiinde nach sich ziehtu;
keinesfalls erfordert die Rücksicht auf die Nachbaretaaten eine
derartige Vermehrung. Nur bei den Kavallerie-Divisionen
halte ich eine reitende Abteilung von drei Batterien mit vier
Geschtitzen unter FortfaU der leichten MonitionskoloDDeD ftlr
angezeigt.
7. Eine Änderung des Seblefo?ei&khrenS) die den Eigeotttmlidi-
kdton des SohnaUfenergesoliltties gereeirt wird nnd nanenlUek
Digitized by Google
lM«8«lHiisM beim gtfaAtoählgwt AbtaUoBgMoUaliMi d«r IiifiMt»ito. 171
den fr u h zeitigen Emtrikt der Wirkimg Terbttrgt, halte ioh
für geboten.
8. Ebeu diesen EigentUniüchkeiten des neuen Geschützes muls
aneh die Verwendung Keciinuug tra^^eu. Dahfr irrörste Sorg-
falt bei Erkundung and Einnahme der Feuersielluug, früh-
zeitiges Bereitstellen überlegener Artillerieniasseu, die aber nur
nach Redarf das Feuer eröffnen; unter Umständen Nicht-
beachtung des feindlichen Artilleriefeuers; vor allem aber
iOBiges Zasammenwirkea mit der lotauterie.
vm.
Zm dritten Maie die Irsffergeboisse beim gefechts-
massigen Abteilungsschiessen der Infanterie.
Von
Freiherr von Zedlitz uud iXeukirch.
OberstleotDaot beim Stabe des lofanterie- Regiments Kaiser Wilhelm
(2. GroMerzogl. Hess.) No. 116.
Id No. 880 (Mal 1908) dieser ZeitocbrUI hal Herr General-
leatnant Rohoe anter dem Titel „Zur BenrteUoDg der Ttoffergeboisse
beim gefechtsnUlliBigen ÄbteilmigsseUelBeii der Infanterie" einen Anl-
aatK yerttffentliebt, worin grundlegende amtliebe Versnebesablen und
daran anBcUlelsend aaoh innere Angelegenbeilen der Infanterie eine
naebdrUokliehe Kritik erfobren.
Da eine mehrseitige Beleaehtong der vorliegenden Fragen der
Sache nur förderlieb sein kann, so boffe ieb aof die Zustimmang
nicht Dor des Lesers, sondern aaeb des am unser Sebiefsen so hoeb«
verdienten Herrn Verfassers selbst, wenn ieb zu seinen Aasfilbrongen
im folgenden als Infanterist Stellnng nehme.
Zum Voraus rotfebte ich betonen, duh sich mein Widerspmeb
nnr gegen einzelne springende Punkte richtet; nichts liegt mir femer,
als die Absicht, gegen die leitenden Gedanken oder gegen die Ten*
4ens des Gänsen Einwendungen zn erbeben.
Digitized by Google
172 Trefiiiiri^ebaiäse beim ij^echtomärsii^eD AbteUungsschielsen üer lAf&nterie.
L
Die erste Hälfte des in Rede fltebenden Aufsatzes bringt eine
Besprechung der Z. 169 der ScbiefsTorscbrift, deren Zahlen bekaiml-
lich die TiefenaDsdebnnng dee „wirksam^*', d. b. 75°/o aller (leeeholb-
bahnen enthaltenden Teils der GeBcbofegarbe beim AbteilaDg:sfeuer
der Infanterie onter normaloi VerhXltnifleen nnd bei mittelguten
Sohtttasen bedeuten. Es whrd darin dem Zweifel an der ZaTerlSaeig-
keit dieser Zahlen Anadmek gegeben, nnd swar suid die Bedenken
dadnreh Tenunaebt, dals die HOhenslreunngen „nieht in gesetamSbiger
Weiae^ waebsen. Es ist nieht die Infragestellung der Zahlen an
sieh, wogegen loh mioh wende, denn leb weils sehr gnt^ dais derartige
YersDcbe, zn Tersehiedenen Zeiten nnd mit verMhiedenen Mitteln
ansgeXIÜurt, leicht erbeblieh von einander abweichende firgebniase
zeitigen kennen; leh mnib dem Heim Ver&sser sogar sogeben, dais
bei neneren Versaeben') die HOhenstreanngen anf nahen nnd mittteren
Entfernungen tatsftchlieh etwas kleiner anege&lleo smd.*) Was iob
beanstande, ist lediglich die Begründung: nweil das Wachsen der
Höhenstreuungen nicht in gesetzmäfsiger Weise erfolgf;
denn sie sebUelst den Vorwort eber wissensebafttieh inkorrekten
Bearbeitung der Versnehsergebnisse in sich.
Schon Tor einigen Jahren hatte Herr GeneraUeutnant Böhne
denselben Einwand erhoben.*) Bald darauf erfolgte ein Versuch
meinerseits, fttr die Zahlen einzutreten*), wobei allerdings meine
Beweisfttbmng leider lllckenbaft ausfallen mallste, da das einsclililgige
Versuchsmateiial mir swar wohlbekannt, aber zo der Zeit noeh
„geheim"' war.
Diesmal sacht Herr Generalleutnant Bohne seine Behauptung zu
beweisen, indem er ans den Ltopen^ttreuungen der Z. 159 die zn ge-
hörigen Höhenstreuungen unter Zabüfenahme des Verhältnisses von
Längen- zu Höhenstreuung beim Maschinengewehr berechnet. Hier
möchte ich einschalten, dals dieses Verfahren, wobei darebgehends
mehr oder minder stark abgerundete Werte der drei Strennn^sgröfsen
benutzt wurden, selbst im Falle völliger Übereinstimmung der Ein-
üsllwinkel bei Gewehr und Maschinengewehr, die nrsprttngiicbe Üeibe
') Vergl. Krause: Die GeHtaltung der Gescbo(sgarbe der Infanterie beim
gefeehtsmllsigen Sehiefseii unter Anwendung der Wahrschelnlicbkeitalehre
und Behandlung verschiedener schiefstaktiscber Fragen. (Nadi amtlichen
Quellen 7u«nmnien^2:estellt.)
3) I nter nWen rmstilndün haben so kleine l iitei-schiede, wie sie liier
auftreten, nur eine sehr geriuge Bedeutung mit Bezug auf die praktische
Verwertung der Zahlen.
^) Militär- Wochenblatt 1900, No. 46 und 49.
«) Müitai^Wochemblatt 1900, No. 67.
Digitized by Google
TnSetgMaM bdm gt/MkbttMOgtn AlMSbngwtlhMkva der laCmtoile. 178
der Höhenstreuungen beim Abteilun^sfeuer nur in sehr ver-
ßtUTiuiu lter Gestalt wiederzugeben vermag (S. 537. Zn>nTTtn)f n-
steiluni: 1) Ich nehme davon Abstand, auf diese I r4t^e näher eia-
zug^eiieu, da mir die Sehufstafel des Maschineni:* wehrs riii-ht genauer
bekannt ist. vermag: indessen die vorliegende Streitfrage aucii ohne
dab /.II entseheideu, indem ich die tatöächlichen, unmittelbar aus den
Versuchen hervorgefrangenen Höhenstreuungen l>eim Abteiluugsfeoer
der intanterie beibringe, aus welchen die Zahlen der Z. 159 hervor*
gegangen sind:
EntfeniDDg
600
700
800
1000
1200
1600
2000
50ö/oige
flObenstreaong
oni
206
245
286
B69
458
660
1000
Höbenstreaang
om
352
419
487
631
783
1112
1710
Differenz
für je 100 m
67
68
72
76
82
148
Die HöheDStrenungen beim Abteilongsfener gemäls
Z. 169 bilden somit rine geselxmäfBig fortschreitende Reihe
mit wacbsenden Differenzen. Von 0 bis 1600 m sind sie zu
^er aritbmetisohen Reihe zweiter Ordnung aosgeglicben. Die Um-
wandlang der 75^/oigen Höhenstreuung in die entsprechende Tiefen-
streonng erfolgte nach Umsetzung der ersteren in Winkelmaff; nach-
stehenderweise: z. B. beträgt auf 600 m die ganze 7r)°/^ige Höhen-
strenong 20. die halbe also 10 Bogenminnten. Der Abgangswinkel
fttr 600 m ist 0** 45'. Es reicht mithin die 7r)**/oige Tiefenstreaung
von derjenigen Entfernung, weiehe einem Abganpswinkel von
Of 45' — 10' = 0" 35' entöpricht, bis zu der Entfernung, welche
man bei einem Abgangswinkel vn?i 0^* 45' -f- 10' = 0<^ 55' erhält,
d. b. — wie man mittelst der Abgangswinkelkurve feststellt — von
509 bi.'ä fiSl m. beträft also 91 4^ 81 = 172 m. Dieses Verfahren
ist th( luetisch i:rnauer. als das sitnst tlbliche und auch von Geueral-
lentnant Kobm angewandte (Division il( r 11 ilunstreuung durch die
Tangente des EiDfaliwinkelH). In Praxis können allerdings bei d» la
ersteren Verfahren kleine, aber unter allen Umständen belanglose
174 TreffecgeboJssa beim gefeohUmäliBigen AbtoiloDgasobiefiiea der Infaatorie.
Ungenauigkeitea beim Abk-seii von der Kur u- eiitöteheu. Jedentalis
unterscheiden sich die nach den beiden Methoden erhaltenen Ergeb-
nisse FOü einander nur aulaerordentlich wenig:
Die Spalte a enthält die Erirt Imi^sp nach di*r ersten, Spalte b
nach der zweiten Methode.'} Au.s den ersteren sind durch Ahrundnng:
auf 5 m die Zahlen der Z. 159 entstau l« n. Hiermit dürften die
Zweifel an deren sachgemälser Abfassung alb bebeitigt anzusehen sein.
De.«» weiteren richtet sich die Kritik p:e^'en eine Ende der 80er
Jahre von der Infanterie-Schielßischule heransfreir*^'heDe Tretferprozent-
tahelle (S. Ö4ii des Maiheftes i Diese Zusammenstellung ist schon
seil Jahren ad acta geleyt und lan^-*. vor Erscheinen des Aufsatzes
in No. 380 durch eine andere ersetzt wurden, welche zuerst „nur
fttr den Dien^stgebrauch" hestimint. später verößeutlicht und auch
bereits im Anjj:ostheft (No. is:;, der „Jahrbtlcher" durch Herrn
Generaileutuaut iiobne in priuzipieii zuütiuimendem Sinne besprochen
wurde.
Demnach hatte die tragliche Zusammensteiluiij» uur posthumes
Interesse. Es bleibt indessen noch festzustellen, dals sie keineswegs
Durchschnittszahlen — wie in jenem Aufsätze angenommen wurde — ,
sondeni solche Prozente enthielt, welche tod gut ausgebildeten Ab*
teilungen, hier also von Teilen der aas ausgesacbtestem Material
msammengesetefeeii and anf einzig dasteliende HOlie individneUer
SchieÜBkanflt gebraeliten Skammliompagnien der Infanterie-Sebielii-
sehnle bei xiehtig ermitteltem Viair and unter günstigen Witternnga-
nnd Belenehtongflrerbftttnisaen erreicht worden. Die Tafel gab also
keine DnrebsehnittS' sondern HOcbetzablen. Sie war dem Ge-
danken entsprungen, die Truppe vor nnmOglioben Fordemogen in
•) P's sind hi«»r/ii die Abgranq^wiukel des Gow 98 benutzt, welche sich
in der oben Angezogenen Schrift von Krause S. 10 aufgeführt finden.
fintfemoDg
Td^'/oige TiefeustreauDg
600
700
800
1000
1200
1600
2000
a b
172 177
158 168
143 143
116 121
101 105
77 80
II.
TnÜeigeHmiaa» beim giifMlitoiDlssig«ii Abfc«jlinigBiohieas«ii der lotuM«. 175
sehüizei). In diesem Sinne ist sie auch bei den Kareen auf der
Infanterie -Schiefsschüle besprochen und es ist aasdrtlcklich davor
gewarnt worden, sie als Vergleich smafs st ab (\\r die Leistungen
der Truppe zn henut/rn. Allerding« sind trotz fortgesetzten Wamens
Mifsverständnisse in der Armee nicht ansgebUeben, und eben dieser
Umstand hat zur Aulserkraftbetzung der Tabelle geführt. Aöf einem
solchen Mifsverständnis beruht auch ihre — nunmehr durch ein
D»^iikt)latt reparierte — Aufnahme in den „Leitfaden für den Unter-
richt in der Waffenlebre auf den Königlichen Kriegsschulen".
Dem, was über die nachteiligen Wirkungen za hoher Darch-
schnittsangabeu gesagt wird: Überschätzung der zu erwartenden
eigenen nnd feindlichen Feuerwirkung^ im Kriege, ttbertriebene An-
forderungen an ilie Truppe im Frieden, ist unbedingt zuzustimmen.
Die iii Kede stehende Zusammenstellung wird jedoch von solchen
Vorwürfen nur insoweit betroffen, als sie, entgegen dem Willen ihrer
Urheber nnd entgegen der au mafsgebender Stelle erfolgten Aus-
legung, zuweilen milsverstanden worden ist.
in.
Zum Schlüsse kommt der Herr Verfasser auf das Kapitel der
„Wirkungen auf ethischem Gebiet'' zu sprechen, welche durch zu hohe
Angaben über Feuerwirkung yerorsacbt werden können. £r nennt
dies mit Recht „einen sehr heiklen Punkt". Wenn er aber fortfährt:
,wer heilen will ood wer gesood werden will, mute den Mut der
Wahrheit beflttsen'S eo miilii ich als lobateritt gestehen, daft ich
mich dem Gedankengange dieses Gleiebnisses nicht ansoUietsen lunn.
Gewifs sind »«Iirtllmer und Menselillobkdten*' vorgekommen,
sogar ScUimmeres, nnd dergleichen kann niemals ganz ansgesdilossen
sein in einer so irrofoen Armee, wo so grofser Wert anf die Treff-
eigebnisse gelegt wird ; ich erkenne sogar gern an, dalh in der über-
triebenen Bedeutung, welche diesen Ergebnissen — roOgen es Ringe
sein oder FMMsente — hftufig beigemessen wird, eine nioht zn nnter-
scb&tMnde Gefiüir liegt Gans entsebieden aber ist dagegen Ein-
spruch sn erheben, dab die nicht wegsnleiignenden Einzelfälle
stnflmren Doldens odtt Handelns als ein allgemeines Obel, alseine
Krankheit der Ärmee^ gekennzeielmet werden. Vor solcher In-
fektion sobttint ans nicht nur unsere sehr nachdrtteUich gehandhabte
Hygiene, sondern aneb der gesunde Organismus unseres Qfltsierkorps.
Die von Herrn GeueraHeutnant Bolme vertretene Auffassung
UUst sieh fernerhin m. K auch nicht durch die am Schlüsse (3. 646)
mitgeteilten drei B^plele begrllnden. ZunSehst schehien mir die
dortigen Angaben ftlr eine erschöpfende Beurteilung der FtfUe nicht
JakfMetor für dl» dMtoak» Ahm» nd Vaifa*. Vm. tm. 12
Digitized by Google
176 Treftergebnia«« beim geteohtomli«si|rdn AbteiloQi^BsehiesseQ der Infanterie.
ansreiehend. So z. B. fehlt die Mitteilung der Schofszahleu, deren
ReDOtais hier sehr wichtig ist; denn es leachtet ein, dals bei kleineu
SfshnbBshlen sohos doieb wenige saviel gesttUie Treffer eine erheb*
liebe Steigerang der Pimnte Temrsaoht sein kann« wobei solche Irr-
tOmer dKreha«s niebt iramer ein aktim öder paasiTeB Verseholdcu.
war Voraosaetnuig haben mltaseii. Von laleiesse wMre es aoch
gewesen, zn erbibren* ob die IraglieheB Ergebnisse etwa von einem
Pmftings- besw. Vergleichs- oder nnr von einem gewOhnlicben
Ubangasehieben herrQhven, letsterenfoUs erscheint eine strafbare Ab-
siebt wenig wabrschelnlieh nad eine etwaige Naehlüssigkeit wiegt
sicherlich hier weniger sehwer. Aber selbst schlimmstenfalls bedeoten
die drei Beispiele doch anch nichts weiter, als eine vereinzelte Aas-
nähme unter jlihrÜch vielen tausend Illllen.
Schliefhlloli machte ioli — weniger mit Bezng auf die drei Fttlle,.
als Im allgemeinen besttglich sehr hober Treffenahlen — der ße-
merknog Banm geben, dafo der Herr Verfasser meiner Ansiebt and.
Eifahmng nacb die Steigerang, weleher die Leistung vonflgUcber
Scbtttzen, die ihr Gewehr genau kennen, anter günstigen begleitenden
Umstanden, bei freigegebenem Haltepnnkt anf den nahen Ent-
feraongen Übig Ist, dock ta gering bewertet. Nloht nnr die Höben-r
streanng kann hierbei aalserordentlleh klein aosfalien, sondern anch
der Koeffident, welchen die nach der Metbode von Generalleutnant
Bohne errechneten Tteffenmhien gegenüber Sohtttienltnien, in Wirklich-
keit da erhalten, wo avf die Scheiben vefkäHnismäTsig mehr Treffer
entfallen, als auf die Zwlseheniiome, kann sehr erbebliehe Werte
annehmen.
Ich erklite naehdrllcklich, dals mit dieser Bemerkung nnr tttr
die Möglichkeit so hoher und sogar höherer Treff'ersablen, als sie
X. B. die anter IL besprochene Tabelle fllr Kopfziele anf nahen Eni-
feniungen angibt, eingetreten werden sollte. Nichts liegt mir ferner,
als Bo hohe SchieiiiplatKergebnisse verherrlichen, oder auch nur als
etwas Erstrebenswertes kenmseichnen zu wollen.
IV.
Es gibt ein sehr einfaches Mittel, alle und jede üble Wirkung-
auf „etfaisc'beni Gobief* ein für alle Mal auszusehiielsen : Man ent-
kleide die Trelferprozente der mafsgebenden Kollc, welche
sie bei der Benrteiinng einer Trappe im Sobielsen leider
immer noch spielen.
Soweit mir bekannt, ist anch die Infanterie -Schiefsscbule seit
längerer Zeit nnd in den letzten Jahren mit wachsendem Nachdruck
in diesem Sinne tittig.
Digitized by Google
Twflwg»l>Bi6»e beim gefeehtamtoMgea AhtofliingaaohieBaaa der Anftmterie. 177
Es soll nicht etwa die Bedeutimg der Treffergebnisse verkanut
werden; sie sind sogar sehr wichtig, nämlich erstens als imentbebr-
licfaes Lehrmittel nnd zweitens als wirksamstes Hilfsmittel zur
Belebung des Interesses aller Teile an dem so wichtifren Uit iist des
gefechtsmöfsifren Schieiseuä. Aber zur Beurteilung der Güte einer
Schielsleiatung, ingbesondere zar vergleichenden Bearteiinng, sind
die Trefferprozentr an sich darchaas angeeignet.
Der Grund hierfür ist folgender:
Mälsige Verkürzungen oder Verlängerungen der Schufsw eite
deren Ursachen weder der schieCsenden Truppe noch dem Leitenden
zom Bewolsftseln kommen, sowie Fehler oder Irrtümer bei Bemessung
der wirklichen Eutferuuugen von den verschiedenen Feuersveilungen
bit> zu den verschiedenen Zielen, vermögen sehr erhebliche Ver-
schiebungen der Tretferge bnisse zu erzeugen, und zwar uui so grölsere,
je genauer geschossen wird.
Wie das des nähereu zu verstehen ist, zei^i das folgende Brudi-
stück einer Trefferreihe; es gibt die Prozente an. welche eine Ab-
teilung vorzüglicher Schützen mit dem \ isir 1200 m gegenüber einer
maopshohen Scheibenwand zn erwarten hat, wenn die wirkliche Eut«
fennnig des Zieles 1150 bezw. 1200 bezw. 1250 m beträgt.
KotferDDDg
1150
1200
1260
% 1
1 6
18
2.6
Man siebt, dals biei ein VisierleUer von 60 m, mag er ans
dner V erleg^oiig der Sehnlsweifte infolge atmosiitiJIrischer oder sonstiger
Etninrkaiigen oder ans einem Irrtum besQgUeli der Entfemong oder
sebüelslioh ans einer Kombination beider berrorgegangen sein, eine
sebr tiedentende Verringerong derPlrocente bewirkt, welcbe oogleiob
gidiser ist, als die dnreh sehr viel sebleebteres Sehielsea an sieb
enengte. Letstere erkennen wir sofort, wenn wir unter denselben
Verbältoissen eine Abteilung mlttelmSisiger SobUtsen aebiefeen lassen:
ülotferoong
1150
1200 i
1250
/o
8
12 1
6
Befindet siob das Ziel auf VisierBehu&weite, so treffen allerdings
die mittelmälsigen Scbtttsen weniger als die roizUglieben, aber bei
Vorhandensein eines Visierfehlers sinken die Prossente der mittel-
mitlsigen Schützen in sebr viel geringerem Mafoe, so dals sebon bei
60 m Visierfebler ihre Ergebnisse denen Torsttglicber Schlitzen Über-
legen sind, nnd zwar bis zum Doppelten.
Da nnn — wie schon erwähnt — mäfsige aber dennoch auf die
Prozente betrttchtUchen EinfluJs Übende Visierfebler, welche als solche
12»
Digitized by Google
178 Trefiergebnisse beim gefeobtsmässtgea Abteiluag8sobies8«ii der Infanterie.
YteUiibt voll dOB SchieboideB noob von dem BeortelleDdeii riebtig
erkannt weiden, bftnfig sa erwarten sind, so l&Irt sich ans den ▼oran«
gegangenen Betraditangen folgern:
1. Beim gefechtarnftfaigen Abteilangsschiefsen kann
leioht einmal eine vorsttgliok ausgebildete Abteilang eben
deabalb,. weil sie Torzttglieb aebieist, sebr wenig treffen
nnd anok Gefahr lanfen, tatsäeblieb nngltnatig benrteltt an
werden.
2. Beim vergleiehenden Abteilnngaaebiefaen wird bäofig
die sebleebter aehiefaende Trnppe, eben desbalb, weil sie
sebleobter aehiefat, mehr treffen, ala die beaaer aehiefaende
nnd anoh lataäebiiob gttnatiger beurteilt werden, ala dieae.
Aber niebt nur der aohleebter sebieiaenden A bteilnng winkt
dieae Palme, aondern manebmal aneb dem Ptthrer, welcher ent-
eehieden nniiebtige Mabregeln ergreift, während aeine Baohgemäber
baadehiden Konkurrenten rieb mit einer geringeren Note bcgnttgen
mttssen.
Hierfllr ein erlebtes Beispiel aua jttngster Ptena: Drei Kom-
pagnien Ton etwa gleieber Seblelafertigkelt sehoaaen unmittelbar hinter-
einander nnd unter den gleieben Bedingungen auf der festen und
bekannten Entfernung 1800 m, Ziel eine Schtltaenlinie. Visierwahl
war freigegeben. Bei glühender Hitie nnd leiebtem Wind von lialb-
rttckwürta war auf betrSebtlioben Weitsehnla su reehnen. Infolge-
dessen wühlten awei der Kompagniefttbrer die Viriere 1200 und
1800 m, während der dritte, entsebieden nieht gans aaobgemi&er
WeiBe, mit den Visieren 1300 nnd 1400 m scbolb. Und siehe da,
der Mtte ttberschols die beiden anderen nicht onerhebUcb. Diese
eigentümliche Ersoheinung lieb sich nur dadnrch erklären, dafe der
Einflals einer unergrttndeten und unkontrollierbaren Ursache dem
Weitsehuis nicht nur entgegengewirkt, sondern ihn vermntlioh sogar
überwogen bat. Zum Glück haodelto f s sich hier nicht nni einen
Vergleich, sondern lediglich am ein Versuehsschiefsen. Wie aber
wenn solche Umatilnde aneb einmal bei einer (relegenheit eintreten,
wo die Trefferprozente einen weitgehenden Einflofs auf die Beurteilung
der Führer and der Truppe aasttben!
Man sieht alao: Darob Berücksichtigung d^ einleitenden Vor-
schlages würde man der Gerechtigkeit niebt weniger dienen, als der
Zweekmftfaigkeit, der Moral oTid der Kameradsobaft.
Wir werden williger den Trefterprozenteii ein geringerea Gewicht
bei Bearteilang der Güte einer Schiefsleistnng zuerkennen, wenn wir
ans darüber klar geworden sind, dafs die Schiefisplatzergebnisse
einerseits nnd das eigentliobe Ziel unserer Sehieisausbildung, nämlich
Digitized by Google
Kavtlleristisohe Fragea.
179
das Treffen im Kriege aodereneito) swel gmodTeieebiedeDe Dinge
eindy die wenig genng miteinander zn ton haben; denn dai eine isl
▼om andein nieht nnr qnantüatiT, sondern aneh seinem Wesen nach
yerseliteden. Was im Frieden eine sogenannte nSehielskompagnie'*
war, liat deshalb noch lange nicht die Anwartsohafl auf grolsartige
Kriegsieistmigen in der Tasche, nnd omgeißehrt kann eine Kompagnie
mil veeht geringen Sehieisplatsergebnissen, wenn sie nnr fllr das
Kriegssehieben gnt TorgebOdet ist, im Felde gegebenenfalls den
gegenflberstehenden Feind bei miüsigem Patronenanfwand glatt Ter>
niflhten. Das kommt daher: auch die Bedingungen des Treffens
sind im Frieden nnd im Kriege sehr Tcrscldeden, wie sieh das ans
der Betraefainng der einschlägigen ballistisohen Momente in ihrer
Weefaselwirknng mit den p^ehologisehen sweifeJsfrei ergibt
Ein nllheres Eingehen anf diese Verhftltnisse würde hier zn weit
fuhren, nod ich sohlielhe mit der Bemerkung, dalh es eines der
wesentlichsten Verdienste der neueren Sehieblehre ist, auf dem thea
berlihrten Gebiete neue Gesichtspunkte nnd Ausblicke ersohlossea
zu haben.
IX.
Kayalleristische Fragen.
I.
Bin Yonohlag sur Vemieliniiig der deutsohm Kavall«rie,
Ton
Generalmiuor z. D. r. CiersdoiC
Vor knrzer Zeit ist eitie RrosehlJre des GenerRlmajors Otto
^Vorschläge zur Bildung einer kriegsreserve von Keilpferden ' er-
schieuen, welche den Vorschlag brachte, die der deutschen KavaPerie
zur Aulötellong für den Kriegsfall von 12 Kavallerie-Üivisioi eo
(6 Regimenter za je 4 Eskadr(jns) nnd 48 Kavallerie - Divisions-
liegimentern noch febiendeo 114 Eskadrons aas einer bereits im
Digitized by Google
180
KamUeristMe Fragen.
Frieden gesidierieD Beseire an Mililllr|iferdeD bei Eintritt der Mobil-
machimg m bilden.
Dieser wohlgemeinte and eiogeliCTd begründete VoieeUng
erselieint dämm angreifbar, weil erstlieb dieaen nen anbostellenden
EakadronB die anagebildete Fttbrersehaft an Offizieren nnd Unter-
offiaieren fehlt, die dnreh Elemente ans dem Benrlanbtenstand nie
ersetzt werden kann, wenngleich die Beimischnn": von Offizieren nnd
Unteroffizieren aas der Aktivität eine gewisse Abhilfe schafft. Dem-
nächst würden aber diese neoformierten Bskadroos den Friedens-
eskadrone auch hinsichtlich des nicht ständig in Dressur nnd Training
sich befindlioken Fferdematerials und der Mannschaften nachstehen,
die doch nnr ans mehr oder weniger dem Dienst entwöhnten Reser*
Tisten bestehen könnten; denn ein im Mobilmachangsfall onter-
nommener Anstansoh zwischen Aktiven nnd Reservisten wttrde die
Mobilmachang bedeotend erschweren nnd verlangsamen.
Da es unter der bestehenden Flnanzlajs^ im Reich kaum glanb-
lich prschcint. dals die Korderang: von 114 neuen Eakadrons den
Reichstag passieren wird. inulV nncb einem Modus gesucht werden,
anter dem die oben erwähnte Anforderung der Aufstellung von
12 Kavallerie -Divisionen und 48 nivjsions-KnvnUerie-Keijimentem
ohne einf so erhebliche Vermehrung gewähriiist^t werden kainu
Dies erscheint dei Fall, wenn man sieh dazn entschliefst, diejenii^en
Kavallerie-Kegimentpr mit sämtlieheti 5 Friedens-Eskadrons ausrllcken
/n lassen, welche Itehut's Fornnerung von Kav;i!lerie(iivisiuii('ii Ver-
wendnogfindea sollen, in diesem Fall wären die Kavalleriedivisioneii
statt nns 6 Regimentern zu 4 Eskadrons nur aus 5 Hegimentern des
Friedensstandes zu bilden und würden die Stärke von 25, statt
24 Esk:ulr(tns erreichen. Zur Bildung der 3. Brigade ist ein Regi-
tueut m o Eskadrons beim Zusammentritt der Kavalleriedivision m
kombinieren.
Eine so formierte Kavalleriedivisiun gibt folgendes Bild in der
Treffeniorniation;
1. Treffen. 1. Brigaiie. 1. Regiment zu 5, 2. Regiment /m ö Eskadrons.
2. Tretfeu. 2. Brigade. 3. Regiment zu 4, 4. Regiment zu 4 Eskadrons.
3. Treffen. 3. Brigade. 5. Regiment zu 4. (>. Regiment zu 3 Eskadrons
(kombiniert aus je einer Eskadron des 3., 4., 5. Regiments).
Die Stärkeverliältnisse der einzelnen Brigaden sind hierbei voll-
kommen den Antindemngen dw IVefientaktik angepatsl Allefdings
ist ein T^effienweehsel aasgeseblossen. Dieser aber ist ein Friedens-
epiel, weloher bei genfigender Anfklftrung niebt in Anwendung xn
hotnmen braneht.
Sollen die Brigaden innerhalb der Difisiooen vor fiugelweisen
^kj ui^uo i.y Google
Iümül6iiBtitdie Fngn.
181
Verwendung gelang'en, so g^ebort die Brigade zu 7 Eskadrons in die
Mitte, die beiden stärkeren Brigaden auf die Flügel, um dort eigene
'Kesencn und Flankenstaffeluugen ausscheiden zti können.
Zur Ertii Iking selbständiger Aufträge während der Operation
erscheint eine Brigade zn 7 Eskadrons zor Not auch noch stark
penug, vorhin sgpsetzt, dafs man sjiarsiam mit Detacbierungen umgebt
oder die Kriegsgliedcruni: einer Kavallerie-Division kann unter He-
rUcksiübtigaDg möglichst gleicher Ötärkeo der Brigaden wie folgt
formiert werden:
1. Brigade. 1. Kegiment zu 4 Eskadrons,
6. Uegiment zu 5 Elskadrons. (Formiert aus den
5. Eskadrous der 5 Regimenter der Kavallerie-
Division.)
2. Brigade. 2. Regiment zu 4 Eskadrons,
a. Hegiment zn 4 Eskadrons.
3. Brigade. 4. Regiment /,u 4 Eskadrons,
5. Uegiment zu 4 Eiskadrons.
Die 5 Eskadrons der zur Formierung von Kuvaiieriedivisionen
bestimmten Regimenter rUcken in der Friedensstärke aus. Die
alten Remonten rticken, vom 1. Oktober mit ins Feld. In der
WiDterperiode rttcken die bestansgebildeten, im Oktober des Vor-
jahres eingestellten Rekralen TOm 1. März au mit ans. Die Be-
krateDTakam vom EatiawiiDgBtermiDc te Beswfiflteo bis mr
RekrnteneiiiflteUiiog ist mttgliebst absokincii. Vom Zel^nmkt ihier
£iii8telliiiig bis zom 1. April weiden die Bekratea In der Winter-
periode bei den Eskadrons dnieh Einstellung von Beserristen
ersetzt und treten als attaehlert snr Eraats- Eskadron woselbst
sie vorlSniig nor als Aibeitssoldaten Verwendung finden» oder
sie werden snr Verf ügung der EisalsbehMen ToilSnfig In ihre
Heimat entlassen.
Die Ersats-Eskadron besteht in Ihrer vollen Etats-Slftrke nnr
ans Aagmentationspfenien und Reservisten. Ans dem Stande des
Regiments weiden ihr Offiuere nnd Unteroffiziere sageteili Anber-
dem treten sa ihr die jnngen Remonten, die kranken nnd dienst-
nnbranchharen Pferde in mögliehst geringer Zahl
Als attackiert, wie vorhin gesagt, sind in der Winterpeiiode die
Rekroteo, — fslls es nieht vorgesogen werden sollte, sie vorttufig in
ihre Heimat zn entlassen, — auüberdem die kranken Mannsehaften des
Regiments. Der Ersals für das mobUe Regiment wird seitens der
Ersatz-Eskadron in der ersten Zeit des mobilen Verhältnisses nor
dnreh Reservisten geleistet, deren genttgend vorbanden sind^
«um die aene Organisation lebenskräftig so gestalten. Selbst das
Digitized by Google
182
KAvallflrittl8flii0 Fkigm
Zarttekgreifen au! jtlDgere Landwehrjahrgänge kann als kein Ü bei-
stand aDgesehen werdeo, denn diese Leute atad in. Pferde aocb voll-
kommen rüstig.
Erst dann, wenn die Kescrristen der Ersatzeskadron eine
genügende Anzahl Augmeutationspferdc nndReraonten für die Rekrateu-
ansbilduDg- /ngeritten habeu, werden bei dieser Rekruten eicgestellt,
und erst nach Vollendung deren Aosbildang gründet sich der Ersatz
für da'^ mobile Regiment nicht mehr auf Nachsendung von Reservisten^
sondern auf solche von Rekruten. — Die Verstärkung der Feld-
eskadrons zu 150 Pf< rdeii uud Köpfen wird den Regimentern grund-
sätzlich erst nach vollendeter Fürmalion bei der Ersatzeskadron, aber
baldmöglichst ins Feld nachgeschickt. Sie besteht ans den besten
Pferden der Augmentation und den Heser^isten der jungereu Alters-
klassen, die sich noch in voller (vaiiz(MuU)u[)^'^ betiuden.
Es ist er^'Ünscht, dals die Kavallerieregimenter, welche für
Kavalieriedivisionen bestimmt sind, nicht dicht au der Grenze stehen,
damit sie durch Abgaben für den Grenzschutz nicht geschwächt
werden müssen. Die für die Divisionen bestimmten Regimenter
können diese Abgaben besser Ubtruchmeii, weil dieselben erst später
an den Feind koriiinen. Ebenfalls sind die für Kavalieriedivisionen
bestimmten Regimenter von Abgaben für Zwecke der Pferdeaushebnng
zu entbinden. Es ist dafür borge zu tragen, dais die Reservisten,
welche in der Winterperiode an Steile der noch uuausgebildeten
liekruten zo den Feldeskadrons treten, noch am ersten MobU-
ma( hungbtag zum Truppenteil gelangen kännen. Für Beschaffung
der Bespannpferde am ersten Mobilmachungstage durch Aushebung
in der Nähe des Standüits, oder freihändige, kontraktlich sicher-
gestellte Lieferung durch Pferdehundicr ist ebeiitall.s zu sorgeu. Auch
hat die nötige Anzahl Trainsoldaten am ersten Mubilmacbuügstag
bereits einzutreten. Mit der Fürsorge iUr die Feldequipage des
Stabes des bei Zusammentritt derKaTallericdiTision neu zu formierenden
Regiments ist das Schwester- Regiment der betreffenden Brigade
za beauftragen. —
Ad den KomeD der Mobilmachung der KavaUerieregimeiiter,
welohe m den DivisioneD ala DiidBionskandleiie in traten haben,
wird lüebtB geändert. Die 6. Eskadbni bldbt hier ab Enafaeakadien
im Standort snrttok. Die vorgeschlagene Änderung der Mobilmaefanng
der fkir KsvalleiiediTisionen bestimmten Begimenter ermöglicht es
aber^ dalii Jeder Division im Kriegafali ein KaTalieiieregiment m
4 Esltadrons angeteflt werden kann. —
Falle die oben yorgeechlagene nene Kriegsgliederung der fttr-
die dentsche Armee als notwendig angestrebten 12 Karalleriedivisionea.
I
Digltized by Google
KftvallerilklMilio Fngen.
im
ins Leben tritt, so kann die auf 119 E^kadiooi berechnete \ er-
mebmng der deutBehen Kavallerie auf 58 EskadroDen yerringert werden.
Nene Kasememente and Garnisoneioriebtungen sind nur fttr
14 Regimenter nötig. Es bleiben bei den vorhandenen Regimentern
keine Ställe noch Kasernen nnbenntzt, da s&mtUehe Begimenter zu
5 Friedens-Eekailrons formiert bleiben.
Der Obeigaog der für die KavalleriediyisioneD bestimmten
Begimenter cor Kriegsformation ist einfach; die Höbe des Plerde-
bestandes, mit welchen die Eskadrons dieser Regimenter znnitohsl an
den Feind gdangen» ist keine geringere als die irttber bereehoete.
In Kaaf ta nehmen ist der Nachteil, den die Notwendigkeit mit
sieb fthrt, das & Regiment der KaTaUeriedivision erat bei ihrem
Zttsanunentritt formieren zo kOnnen. Indessen, solche Begimenter
werden bei den FriedensUbangen der KaTalleriediTisionen Öfters
ionnieit nnd haben dort ihren Dienst nie TCfsagt. —
Nachstebende Berechnung beaweckt die Deckung des Stärke-
bedarib der deutscben Kavallerie im Kri^^all nach dem im vor-
stehenden AnfBata vorgeschlagenen Mohilmacbnngspriaslp nnd Kriegs-
gUedemag nacbanweisen.
a) Berechnung unter Zugruudelage von Regimentern.
Bedarf: V2 Kavalleriedivisionen za 5 Regimentern 60 Regimeutt-r
4Ö DivisionS'Kavallerieregimenter 48 Regimenter
Summa 108 Regimenter
Im Frieden zurzeit vorhanden einscbl. des
komb. Jäger-Regiments z. H. 94 Regimenter
Es fehlen mithin nnd sind nen an formieren 14 Begimenter
b) Berechnuiifr unter Zu^^ruiideiegnng von Eskadions.
Bedarf; 12 Kavalleriedivisioneu zu 5 Res:imeuteru
zu 5 Eskadron«! (Hüintlicb im Felde) 300 £skadruus
48 Divisions - Kavallerie - Kej^imenter zu
5 Eskadrons (davon eine Ersatzeskadron) 240 Eskadrcii^
Summa 540 ÜSskadrons
• Im Frieden zurzeit vorhanden (einscbl iels-
lich der Eskadrons Jäger zu Pierdc) 482 Eskadrons
Es fehlen mithin nnd sind nen au formieren 58 Eskadrons.
Digitized by Google
184
Kavaltoilatlmlie Fngm,
II.
Sohafliing einer Kriegsreserve an Pferden
für das dentsohe Heer.
Oberst a. D. Spohr>
In einer Zeit, wo die V ermehrang der Kavalieriewaffe auf der
Tagesordnung steht, haben von sachv< rst uidi^er Seite kommende
Vorsehläge, welche «ich auf da> im Titel gf nannte Thema beziehen,
uiu SU mehr Anspruch auf Beaclituug, als sie mit der Lösung jener
Frage gleichzeitig die als notwendig erkannte Vermehrung der
Kavallerie organisatorisch und finanziell zu erleichtern beabsichtigen.
Es ist auch ganz uaturgeniäls, dal's iu einer auf der allgemeinen
Wehrpflicht beruhenden Armee ein gewiaaer radikaler Zug dabin
zielenden Vorschlägen eine besondere Amiehungskraft verleiht.
Andererseits stehen der Ansitlhrung solcher wei%ehenden Orga«
DisatioDeii, wie sie Genenl Otto In besag aof obiges Tliena in
«einer Sehrift: „Armee-Remontiernng und Pferde-Anshebnng,
'Vorschläge snr Bildung einer Kriegsreserve von Hilitttr-
pferden'' (2. nenhearbeitete Anfinge, Berlin nnd Leipzig, bei
Fr. Lnckhudt, 84 S. gr. 8^) plant, doch manebe Hindeimsse entgegen,
welche dner besonderen Würdigung bedOzfen.
Ein nicht m unterschättendes Verdienst der Schriit des General
Otto ist aber zunächst, dab dureh ihre, allerdmgs vielfaeh nur aof
^bftfKung beruhenden statistischen Angaben und Bereebnungen
ÜbelstBnde erneut ans Tageaüeht gesogen und einer kritischen
Beurteilung ausgesetst weiden, deren durchgreifende Abbttlfe wehl
Jeder Reorganisation unserer KavaUeiie voranegeben mala, aber auch
bei gutem Willen keineswegs schwielig ist.
Da filllt zunächst die Hohe der VerluatsUTer auf, welche der
Herr General, als alljährlich den Ffierdestand des Heeres trefliend,
seinen Berechnungen sugmnde legt
W^enn er gidch anfangs (S. 6) Ton den, den Friedensstand
bildenden, 105443 Dienstpferden nur 81(X)0 als kri^branchbar
Annimmt^ so scheint das doch einigermafisen Übertrieben. Bis jetzt
wird der Ausfall von abgestandenen, dienstunbrauchbaren and aus-
rangierten Pferden jährlich durch rund 10500 Remonten gedeckte
Da nun der Abgang an gefallenen und dienstunbrauchbar gewordenen
Pferden in den letzten 20 Jahren durohachnittlich rund 4°/o betrug, also
rond etwa 4000 Pferde, so würden immerhin bei einer Mobilmachung
im Fräbiabr von den weiterbin im Herbst noch auszurangierenden
Digitized by Google
KtvaltoilstiMhe Fngwi.
185
*6500 Pferden iniDdestens 5000 noeh als kriegsbniiicbbar sn reohneo
-sein, 80 dafs einscblielslich der jflogsten RemoDten mnd etira
100000 kriegebranchbare Pferde Terbleiben. Reobneft man den
Jüngsten Jabj^pang der Remonten ab — was nacb dem Sy entern des
Generals Otto, der die Remonten nach 6 monatiger Ansbildang als
völlig kriegsbranohbar einstellen will, eigentlich nicht n^tig ist • —
80 würden immerhin ca. 90000 kriegsbraachbare Pferde yerbleiben.
Noeb aofiallender stellen sieb die darobsobnittliehen Veiinst-
'/iffern, welche der Herr Verfasser uns S. 14 in einer Tabelle vor-
tührt. £r berechnet dieselben mit 5**/o jährlich Hir den ersten
Jahrf^ang nnd läist sie bis zum 10 Jahrgänge auf 17^/o steigen, so
dats sich bei einer jährlichen Einstellung von 28697 Remonten auf
10 Jahrgänge berechnet, eine Kriegsstärke von nur 207061 Pferden,
also ein Vortust von ca. 80000 Pferden (286970—207061) binnen
10 Jahren ergeben würde.
Dals aber eine Pferdepflege und eine V eterinärkunde,
die einen solchen Verlost von fast (2H"i'j) rIIot ein-
ireetellten ri'crdf in 10 Friedensjahre u zur Folge hätten,
einer r it □(! J i chen Keiorm bedürfen, das wird wobl niemand
in Zweilel ziehen.
Nun ist aber die Aimahine des Herrn Verfassers, dafs die
Kj:iegsur)!)iauchbarkeit der Pferde pro j) ort ioual mitdem Alter stetie:
zunehme, dorcbaos irrig. Im Gegenteil: nach erledigter Kemonten-
ansbildnno: nimmt bei eini«?emiafsen vernunftiger Gesundheitsplle^^c
•die W iderstandsfähigkeit der Pferde vom 7. bis zum 12. Lebensjahre
ständig zu, bleibt dann unter ^rlcieher Voraussetzung bis zum Ii».
durchRchnittlich konstant und nimmt dann erst bis zum 24. wieder
langsaii] ali.
Wo da« anders ist, da trägt daran alle in falsche Pferdepflege
und eine leider noch in mittelalterlichen Anschauungen befangene
auf Verwendung von innerlichen und äuiseren Giften beruhende
Heilkunde die Schuld.
Von den im Alter von 8- lü Jahren vorhandenen Pferden der
Stabswache Kaiser Wilhelms 1. haben sich im Kriege 1870/71
die 12— 16jährigen geradezu am besten bewährt und die Palme hat
unter diesen ein 16 jähriges davongetragen. Diese ganze Truppe
aber hat bei gröfsten Anstrengungen dii mindesten Verluste gehabt.
Der zuli tzt als Kommandeur der Gardekavallerie- Division im
Dienst gestandene Generalleutnant von Hontheim hatte den Grund-
-satz, nur 12jährige Pferde für sich selbst zu kaufen. „Wenn diese
gesund und knocbenrein sind," so änfserte er, ),daun halten sie
.mindestens noch weitere 12 Jahre.^'
Digitized by Google
186
KavaUeristimbe Fugen*
fch ritt 1850 bei der Mobilmachnng im Winter eine iöjährige
SeDoer-State, welche im Dezember bei Soest ein Kirchtnrmrennen,
bei dem mehrere 15—16 Fafs breite Hohlwege übersprungen werden
raofsteii, als Sit^^eriii glänzend absulvierte. Dieselbe wurde 1860,.
damaid 2b Jahre alt. ausrangiert, von einem sehr flott reitenden
Stabsoffizier der Artillerie, Major G., gekauft and bis zu seinem
o Jabre spater erfolgten Tude im Dienst geritten. Sie war auch
damals noch ein Uberaus leistungsfähiges Pferd.
Als der ehemalige luKpekteur der 4. Artillerie-Inspektion,
Generalleutnant von Köhl, starb, wurde sein damals ;iO]ahii;rer
Hengst von einem begeisteittu .^purtamanne gekauft, iu ät-iuem
Temperament aber noch immer recht heftig und schwierig befunden.
1871 kaufte ich einen 12 Jahre alten und mit „Strablkrebs**
auf beiden Vorderhnien behafteten Gieljndiscky'er Wallach. Nachdem
der „Strahlkrebs** in natorgemäfser Kor binnen 2 Jahren beseitigt
war, ohne dab der Wallaeb deslialb auch nur einen Ta^p rersagt
hittte, ritt ieh das edle Tier nooh 8 Jahre bis za meiner Zar-
dispodlioiitteUnng. leb babe b diesen 10 Jahren in den 4 grolseQ
Garnisonen, in denen iob stand, niemais ein Pferd geibnden, welebea
im Trabe nicht von ihm geseblagen worden wUre, nnd als ich ihn
1681, damals ab 22jährigen, Terkanfte, sebrieb der neue Besitzer
2 Jahre später, dals in seinem ganaen Beiirk iLein Pferd sei, welehes
er nicht als Beit- wie als Tilbnxypferd aastrabe.
Ja, ich habe ein Pferd gekannt, weiches 1804 geboren nnd
1808 TOn Napoleon 1. dem damaligen Miyor und Kommandeor des
4. franaOsiseben Hnsarea-Regimenta H. gesebenkt, nachdem dieser
es als Oberst 161S als einaig ttbriges ron seinen 6 Pferden ana
dem Bttekinge ans Bnbland gerettet, ron ihm noch 1862 (alsa
58 Jahre alt) tIgUeh am die Wallpromenade in Mttnster i.
geritten wnrde.
Nun mag man alle diese Pferde itlr besondere Aosnabmen er-
klttren, das aber steht nach meiner nnn mehr als 60jfthiigen £r
fahrong bezüglich Dauer and OebranehsfiQiigkeit Ton Pferden fest,,
daib diese „Aasnahraen" weniger der besonders wider-
stand sf Ith igen Eonstitation der sie bildenden, als der kflnst»
lieh abgeschwächten nnd beeinträchtigten aller ttbrigea
Pferde anzasebreiben sind.
Wenn ein geistvoller Franzose vom Heawben gesagt hat:-
»L'homme ne menrt pas, ü se tae**, so konnte, man von den Pferden
sagen: nies ehcTanx ne menrent pas, ils sont täte par l'ignorance
de lenrs possesseors'*. Unwissenheit nnd Arzenetaberglanbe-
toten sie. £s würde daher nicht schwer sein, namentlich in der Anne»
Digitized by Google
Kavalierisüsehe Fragen.
ibl
dnreb EiBfUbraog einer „natorgemälsen Gesandbeitspflege"
<S« 3* Auflage dieser meiner Schrift, erschienen bei Sobmorl & t.
SeefeM Haebfolger 178 S. Pieis 2 M.) die Pferde doiebsehntttlteb
bis zDm 20. Lebensjjahre felddienstlftbig za erhalten. Und diese
Reform halte ich für diejenige, welche unbedingt den von
Oeneral Otto gemachten Vorschlägen roransgehen nnd sn«
l^rnnde gelegt werden mttlste, wenn letztere anch in dem,
dnreh die Bticksieht anf die Kriegsbranchbarkeit unserer
berittenen Truppen erforderten, abgeschwächten Mafse
2ur Binftthrnng gelangen sollten, ohne nnsern finanziellen
Ruin berbeizufllbren.
Die Vorwhliige des Herrn Generals lauten knra gefSabt: „Bin-
ftthrnng einer nnr vieijährigen aktiven Dienstseit ftr Kayallerie-
und ArtiUeriepfeide» Einstellung einer ca. dreifachen Remontezahl,
wie gegenwärtig, nnd zwar TolQährig (Im Alter Ton 5Vs — BV» Jahren,
Aasbildung dieser Remonten binnen 6 Monaten und weitere 6e-
nutning als Tmppenpferde bis nach Ablauf des 4. Dienstjahres,
dann Verkauf unter der Bedingung, dars sie vom Besitzer noch
6 Jahre lang als Anneereserre sur Verfügung der Armee im Falle
einer Mobilmacbang (gegen Entschädigung nach Taxe) and
unentgeltlich za einer jährlichen etwa 8w0chigen Übung gestellt
werden mtlfsten."
Aof diese Weise will General Otto die oben berechneten
ca. 207000 Pferde fUr den Kriegsfall ausgebildet bereit stellen bei
einem Friedensstande, der dem heutigen von ca. 105500 Pferden
entspricht, aber bei einer jährlichen Bemontierung von
28697 Pferden.
Er heroft sich dabei teils auf die schweizerische Kavallerie,
teils anf die in Osterreich mit 6 Landwehr-Ulanen-Regimentern und
Tuit den 10 ungarischen HouTedhasaren-Begimentern gemachten Er-
lahrungen.
Nun i.st die sch^veizerische Kavallerie eine reine Miliz-Kavallerie,
die den Ordonnanz lif nst und zur Not auch den Dienst als Divisions-
knvallerie unter den örtlichen, die Tätigkeit der Kavallerie aulser-
ordentHch beschränkenden schweiz»^rischP!i Verhältnissen allenfalls
zu versehen vnrraag. Die Kavallerie einer Örofsmacht aber, die
sich auf riietien Standpunkt /nrllckschnuibeo liefse, wärde damit
<;eg:enHber den Kavallerien all- r aTuieren Grolsmächte förmlich ab-
danken und eine traurige Rolle spielen.
Die Leistungen der ungarischen Honvedhusaren- Regimenter
stehen auf einer schon wesentlich höheren Stufe, was sie besonders
ihrem von Jugend auf des Reitens und der Pferdepflege kundigem
Digitized by Google
188
KiTnlleriitiaeli« Fngn.
£raate ad Mannschaften yerdankeo. Ibre Remonten werden aller-
dings nur 6 Monate lang ansgrebildet, dann unentgeltlich an PriTate-
ausgelielieOf die sie alljährlich zu dreiwöchigen Übungen stellen,
müssen, woran! sie nach 6 Jahren ihr volles Eigentum werden. Die
Stuten werden meist von Königlichen Gestütshengsten belegt und
so für die Zucht nutzbar gemacht. Die Leistungen dieser Houved-
husaren-Regimenter sind, wie mich der Augrenschein in llng-am belehrt
hat, denen der schweizerischen Milizkavallerie zwar entschieden,
überlegen, werden aber in Ostcrreich-TInirarn selbst, ebenso wie die
österreichischen Landwchrulaneu-Kegimenter, nur als ein Notbehelf
angesehen, welcher die i'inanzen des Staates wesentlich entlastet,
aber keineswegs eine der Liüienka?allehe gleichwertige Waffe
hentellt.
Beurteilen wir die Vorschläge General Ottos vom Gresichtspunkte
unserer Verhältnisse aus, so würden der 3. und 4. Jahrgang,
letzter^T vollständig, ersterer etwa m 7:i <i'^ Rekri!ten]>t'e: (Ic hcTMit/t
werden müssen, der Kest des 3. und rler .);ihr;:aug wiirdcu wohl
einer Korrektor be/w, einer wiederhültrn iiciinmU'dressur bedürfen,
sodals der Wint^ rreitdienst der Schwadronen in Rekruten-, Uemonte-
und Korrektur-K.iaäseu zerfiele. Dafs nach solcher ZusanniiPiisr-tzun^-
der Schwadronen deren Exerzieren im Frühjahr und später das
Kegimentsexer/ieren wesentlich iiDttr die jetzige Höhe herabsinken
roülste und unser obiges Urteil rechtiertigeu würde, ist wohl un-
bestreitbar.
Die verkauften Pferde des 5. Jahrganges, welche tiach den
hier hesfiroehenen Vorschlägen noch 6 Jahre lang als Armee-Reserve
zor L)is})obitiun des Staates im Falle einer Mobilmachnnp- bleiben
sollen, will General Otto in 2 Serien zu 3 Jahrgängen teilen, von
denen die Pferde der jüngeren Serie nnr innerhalb des Arme«'-
korpsbezirks, die der älteren S< rie alier i ii ii c rh a 1 b des ganzen
Deutschen Reichs weiter sollen verkauft \serdeü dürfen.
Das würde nicht nur die Kontrolle ungemein erschweren, soridi rn
auch allen möglichen Kuusigrilleü der Besitzer Tür and l'or ötiiu n,.
um sich durch relative Kriegsnnbraucbbarkeit das baldige TÖlUge
Eigentum der Pferde zu verschaffen.
Die Erfahrungen, welche die preulsische Artillerie nu tangs cier
60er Jahre des vorigen Jahrhunderts Seemacht hat mit dem unent-
geltlichen Ausleihen von Pferden an Landwirte zur beliebigen Be-
nutzung mit der Verpflichtung, sie gut in Futter und Pflege zu
halten, sie aber bei einer Moliiliiiachung der Artillerie zurUckzusteiieu,
sind so ungünstige gewesen, dals man nach 2jährigen Proben diesen.
Versuch endgültig aufgab.
•
Digitized by Google
Kavallerifttlaolie Fngon.
Dabei bat doli die Bediogoi^, dals bei Eintritt irgend einer
V^tenng oder EranUieit sofort der Tieranct vx Rate gifzogeft
werden raolste, keineewegs so ntttdieh erwieteo, wie der Staat
vorannetrte. Das kann aneh nnmOgUob der Fall sein, so lange die
Veterinärkande an einer Heilmetbode festbttlt, die ea für jeden er>
fabieDen Pfeidebesitzer zur stehendeo Regel hat werden laflsen^ ,|eiik
einmal tieiiintlieb behandeltes Pferd baldmögliehst za rerkanleD/'
Erst, wenn richtige Grandsätie ttber Pferdeg:csiiDd>
heitspflege and KrankbeitabebaDdlnng in der Tierheil-
kunde Eingang gefunden ond damit aneb den Pferdebe-
sitzern geläufiger geworden sein werden, kOnnen die Vor«
aebläge des Herrn General Otto in ihrem gesunden Kern
aar AnsfUhrong gelangen. Bis dabin würde jeder Versuch in
dieser Richtang jenen ,,2. Schritt Tor dem ersten" bedeuten, den
Friedrich der GroTse an Joseph IL so sehr tadelte.
Der gesunde Kern der Ottoschen Vorsehläge erfordert aber
zunächst eine engere Begrenzung derselben in der Richtung, dals
einerseits die gründliche Ausbildun^r der Kavallerie un«I Artillerie-
/u ihrer taktischen und strategischen Verwendung: nicht nur nicht
Schaden leidet, sondern durch den Zuwachs von mit gründlich
aosgebildcten Reit- hezw. Zugpferden ausgerüsteten Resen r Kiivallcrie-
und Artiilerif -Kf^imentern einen namhaften Zuwachs * iluilt, utuic
daüs die l' inauzen des Reichs Uber Gebühr angegrlfien werden.
In einifjren Punkten muls ich dabei allerdino:s von Ansichten
ausgebeu, weiche von denen des Crenerals Otto ziemiich, aber in
gtinstiger Richtung abweichen.
Nach meiner Erfahrung lassen sich bei einigermafsen vernünf-
tiger Pferdepflege und Krankheitsbehandlnng (s. in dieiscr iieziehung
die neuesten Auflagen über „Bein- und Uufleiden der Pferde",
l^eipzig bei Arvved Strauch, und „Innere Krankheiten der
Pferde etc." bei Schuiorl u. v. Seefeld in Hannover) recht wotil
die Abgänge an abstehenden und dienstnnbiauchbar werdenden
Pferden von ihrer jetzigen Hübe von l°/o auf 2 hk i'/a^/o herab-
mindern, wie sie denn schon vor ca. (JO Jahren nur zwischen 1 — 2"/^
schwankten. Ebenso ist die Einstellung der Kemunten im Durch-
schnittsalter von 5 Jahren (4V2— «^V«) der von General Otto vor-
geschlagenen im Alter von 6 (5'/g — 6'/2) Jahren, entsohteden vor*
anziehen, sobald eine rationelle Auabildong stattfindet Denn das-
unausgebiidet 6)fthrig gewordene Pleid setat mit seinen aelb-
stindig, nieht mit fitteksieht auf seinen demnäebstigen
Beit- and Zuggebranoh, ausgebildeten Muskeln, der Dressur
vidfaek einen Widerstand entgegen, welcher weit schwieriger zu
Ksvatl«rftllMha nragvB.
bewältigen ist, als bei dem jttDgern 4^2— 5 Vi jährigen Pferde, was
die Aosbildoog recht erbeblich erschwert, nicht selten aber die Ent-
stehnng von Knochen- und Gelenkfehlern begrttnstigt. Andrerseits
werden g'erade bei rationeller Dressur (s. rnpine Schrift: Die
Lo<rik in der JJfMtkunst. I Teil: Die Rezieh u n pr-n der Reit-
und DresHurhiÜeü zur aiiätornischen Mechanik des Pterdes.
(Stuttgiut bei Schiekhjmit ii. KUwr 190B), bei dem jungen Pferdt*
seitgerecht und mit f.eichtio:keit die Muskeln gerade so gettbt, wie
sie seinem kihittiiren riehraneh besonders dienen.
Sodann muls nach drr S. 28 gemacliten. offenbar anthentischen
Anj?abe, wonach 1899 der prentsischen Renionteaukaufskoiüiiiission
21 806 Pferde vorgeführt, von denen 8000 lleraonten angekauft
wurden, stark bezweifelt werden, dals das Deatsche Reich 28695
H« ii)onten jährlich, wie sie die Ottoseben Vorschläge fordern, Uber-
haupt aus eigenen Beständen anfznbringen imstande ist. Es wtirden
wühl 8000 — 1 ()(>()() Pferde im Auslande angekauft werden müssen,
wenigstens in den ersten Jahren. Es hleilit aber liuch zu bezweifein,
dafs sieb bei den jetzi^^eii Kulturverbältnissen Deutschlands die
Pferdezucht in absehbarer Zeit so bedeutend heben würde, um diese
Anzabl jährlicher Remonten m liefern.
Was aber die sich daran kntlpfeude vom Verfasser selbst als
^erbeblich^ bezeichnete Vermehrung der Remontedepots betrifft,
so würde sie durch die Termehrte Anshebnog auf das Dreifache
^es jetzigen Bestandes wacbseD^ aber dureh das dorcbscbmttlich am
1 Jahr längere Verweilen dieser groDsea Anxabl Pferde in den
Depots anf das 4^^ fache gesteigert werden, was» abgeeehen von
den enormen Rosten, noeh gewaltige Sebwierigkelton in Bezug anf
Auswahl der Orte nsw. naw. hervormfen würde.
Ebenso würde der Vorschlag S. 21, allen Snbaltemoflisieren
je a Diens^rde tn überw^en mit der Verpfliditong, naeb 4 Jahren
das betreffende älteste als BesenreofiBElerpferd nnter den oben ge-
nannten Bedingungen sngonslen des Fiskns zn veikaofsn, im Ver-
gleich za dem bestehenden Hodns viel höhere Kosten herFormfbn
and den Bedarf an Remonten noch um ea. 2000 SMek jShrlleh er-
hüben.
Dafs der anf das 2*/»— S&ehe gesteigerte Bedarf an Bemonte-
reitem dnich den r^;en Diensteifer nnd das P0iehtgefllhl der Es-
kadronS' nnd Batterieebeb ansingleiehen wiie, wie dar Veiftaser
<S. 31) glanbt, wird kein Erfahrener nigeben. Der dabei iß. 82)
gegebene Hinweis auf die Schriften 0. t. Hontetons nnd Schilling
7. Cannstadts Ist nicht sntreffend, da gerade diese beiden Herren
einer sehr systematischen 2 jifarigen Remontedressnr das Wort reden.
Digitized by Google
Kavalleristiaohe Fragen.
191
Selbst durch andere, der anatomiscben Mechanik der Pferde g:eoaa
an^epalste uod daher weit schnellere und sicherere Resnltate er-
gebende Methoden (s. oben meine betr. Schrift; wäre diese Schwierig*-
keit deshalb nicht anszog:leichen, weil die dadurch iu kürzerer Zeit
erreichbare Sicherheit and Vollkommenheit der Ausbildung eine iiin
so i,'riuulJi(' hc rc und Verständnis v uiiere Ausbildung der
Keniontereiter voraussetzt.
Dals der 28 geraachte \ orschlair, als Kemonten grundsätzlich
nur Stuten anzukaufen und alle Stuten des ältesten Jahrganges
vor dem Verkauf durch Hengste aus Staatsdepots decken zu lassen,
unausführbar ist, beweist schon der Umstand, dafs so viele Stnten
überhaupt nicht zu beschaffen sein würden. Und was sollten dann
die Züchter mit ihren Hengstfohlen anfangen? S. 29 wendet sich
dann der Verfasser auch so sehr dem gegenteiligen Gesichtspunkt
zu. dafs er anerkennt, es sei für den Krieg am besten, grund-
sätzlich nur Wallaobe als Remonten einzustellen, ein Vorsclilag,
der natürlich ebenso unausführbar ist.
Dagegen ist der Vorschlag, alle zum Verkauf kommenden Stuten
vorher durch Btaatsbengste decken «a lassen, ansftthrbar, natzlioh
and ohne alle Bedenken. Geschieht dieses Decken zeitig im Früh-
jahr (März/April), so werden die Tiere fDr dasseU>e Jahr ?01lig
kriegsbranebbar sein and erst im Jannar/Fehmar des nSelisten
Jahres einiger Schonung bedlifen, Haben itoeh meine bei 6 Mobil-
machnogen nnd in 2 grofsen Kriegen gemachten Ei&hrungen er-
geben, dals selbst hoehtrftchtige Stoten bis snm letsten Moment im
Dienst anshieiten, gesnnde Fohlen — xnweilen noch nnYermntet —
zur Welt brachten nnd, nnr wenige Tage Tom Beit- nnd Zugdienst
rerschont, wieder aUes mitmachten.
Dagegen halte ich wieder die Annahme des Verfassers (S. 28),
dafs der bisher JShrlieh durch den Mindererlos ans den ausrangierten
Pferden ungedeckt bleibende Teil der Remonteankanftkosten, den
er anf 8 MiUionen Mark berechnet, doreh den Yerkanf des nach
seiner Reehming schon nm ea. 5000 Pferde Tormlnderten vierten
Jahrganges (23824 Pferde) völlig gedeckt werden würde, für viel
an oplimistiseK Dafs diese nnn 9— 10 jährigen Pfeide gegen ihren
Einkaufspreis von 1000 Mk. so viel mehr erbringen sollten, nm den
Yerlast von fast 6 MiUionen Hk. zn deeken, erseheint selion doreh
die an ihren Yerkanf geknüpften Bedingungen völlig an^gesohlossen.
Um aber naeh all diesen Ansstellongen nioht dem Vorwmüe
des „Ja critiqoe est aisöe** zn verfallen nnd dem gesnnden, für
nnsere dnieb die politische Sitoation Dentsohtands forderte hohe
WehrfUiigkeit hochwichtigen Kern der Ottosehen Yorschläge
Jktiibioktr tu 41* 4«BtNkt Aimt «od lf«ilMb R«. 189. 18
Digitized by Google
192
Kavalleriatische Frage».
Gerechtigkeit widerfahren zu laeseii, mOehte ich dieselben hier dem-
Ijeser in derjenigen modifiderten Gestell kurz rorfOhreDi wie sie-
sich woU anter der Voranssetsnng einer gründlichen Reform^
der Gesundheitspflege der Pferde io gesunden and kranken.
Tagen — der annmginglieh nötige "erste Schritt — ver-
wiikliefaen lassen würden.
Die nachstehende Tabelle, welcher eine Remontlerang von
16000 Pferden (statt bisher 10500] ssngrande gelegt ist, ergibt fttr
acht erste JalugKnge die F^iedensstttrke der Aimeepfeide mit
109124 Pferden (mehr gegen jetst 3681 Pferde) und in den folgenden
6 Jahrgüngen dne Kriegsreserre von 70498 Pferden. In Kolonne 4*
ist der jährlich entstehende Abgang in ^/o vnd absoluten Zahlen er-
sichilich.
1. Frie-
dens-
sUfke
Jahr-
gMg
Leben sj ah le
der
Pferd©
.Ifthrlipher
in Zuiiicu
Zahl der
Pferde
Bemeiisuageu
I
4'/i|-ö'/,
41^/0 oil 600
lölKX)
Der jiihr-
i
u
&V2-6>/.
30/0 od. 482
14 400
liche Abgang
III
6i/a-7i/j
2 O/o od. 280
18988
in der ganzen
IV
20/, od. 274
18688
Armee wflrde
109 124 V
V
20/0 od. 268
18414
daherbetragen
1
VI
20/0 od 268
18146
2628
VII
lO'/s— ll'/2
20/0 od. 268
12 888
Pferde oder
VI ! 1
ll'/j -121/5
•jO/„ 0.1. 253
12 625
2.410 n
II.
Kriegs- 1
reserve 1
70498 /
•
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
W!., -in>/j
14»/8-16i/,
15i/r-16«/,
16V,-17«/8
17«/,- 18»/,
20/0 nd. 248
2% o«i. 248
20/0 od. 288
20/0 od. *i88
8 0/0 od. 842
4«;o od. 448
12 872
12 124
U881
11648
11410
11068
Der jähr-
liche Verlust
i. d. Hef- bi -
trüge dahüi;
1 747 Pferde
od. 2A^% d.
£lee.-Best.
Ich gebe zu dieser Tabelle nachstehende Erläoternngen:
1. Die um rund 4500 Pferde vermehrte Kemontienmg wttrde
Deutschland wohl aus der eigenen Pferdezucht vOllig ohne
Schwierigkeit decken können.
2. Der Friedenspferdestand wUrde sich mit 66000 Pfeideo auf
die Kavallerie = 120 RegimeDter k 5 Eskadrons ä 110 Pferde*
und 43124 Pferde auf Artillerie und Train verteilen.
n = 86 877 Pferde.
*) um Pferde.
Kavaiieriiititiohe Fragen.
3. Um «118 den 600 Fiiedenssehwadmeii & 110 Pferde, 480
Fbldsebwadronea k 160 Pfezde imd ISO finatzflohwadroiien
4 120 Ffeide sa bilden, wllide a) die als Eraaluchwadzon
des beMfenden Rej^imente beetinmte antser den 15 Pferden
ibrer jttngsten Bemontiermig noeb 15 Pferde ibiee Friedens-
Standes bebalten, daan je 60 Pferde, im ganien 6000 ans den
8 jüngsten Jabxgingen der Feldreserre einaieben ond sieb
dnreb je 40 Bemonten anf den Stand von 120 Pferden er-
gioien; and b) aUe Feldsebwadienen je 20 Pferde von den
Evsainobwadronen (pro Regiment also 80, im gansen 9600
Pferde) nnd ebensoviele f^fbrde ans dem jüngsten Jabrgaiige
der Feidieserre eimdebeo.
4. Bs werden sonach den a jüngsten Jahrgängen der Feldreserre
(mit in Snmma 86877 Pferden) entnommen werden: 9800
Pferde ffir die Feldsebwadronen nnd 6000 Pferde für die
Brsatisehwadronen, im ganaen 15800 Pfierde: ?erbleiben würden
ans diesen 8 Jahrgängen noch 20577 Pferde.
ö. Diese mit dem Bestände der 3 ältesten Jahrgänge, nämlich
34 120 Pferden, im ganzen rund 54500 Pferde, würden noch
27 600 Pferde zor Bildmig von 46 Feldreserve-Kavallerieregi-
mentern k 4. Schwadronen zu löO Pferden hergeben können,
worauf noch 26500 zur Komplettieroog der Artillerie ver>
bleiben.
Auf diese, wie auf die des Traiii.s naher einzugehen, ist
vor der Hand überllUseig, solange die mit der Nenbewaffnuug
dei i eldaitillene mit liobrrücklaufgeschützen innig verknttpfte
Frage, oh die liatterien mit 4 oder 6 Geschützen ausgerüstet
werden sollen, noch nicht gelöst und beim Train dessc-n wohl
sicher aof ^j^ seines Bestaiides anzuschlagender Ersatz durch
Automobilfahrzeu^r nicht feststeht.
6. Die zur Fekire>f r ve Ubertretenden Pferde würden wohl /weck-
ffläfsig nicht mehr z« vp rk.au fen, sondern an zuverlussiiTc
Landwirte und Pferdebesitzer unter nachstehenden Bedingungen
zu verleihen sein:
a) dri l'f sit/er verptlii htet sich, der ausleihenden Militärbehörde
»Stand üi t und \ ( r weudungsweise des Pferdes bekannt
zu i:( bt ji. rs iKich (lein staatlich zu erlassenden Keguiatir
sorgfältig zu ernähren und zu verpflegen;
b) er verpflichtet sich, das Pferd im Falle einer Mobilmachung
an dem bestimmten und ihm alljährlich bekannt zu gebenden
MobilmacbongstaKe am bestimmten Ort onentgeltlioh m
18*
Digitized by Google
194
K«y«|]«lstiaeli« Fragm
prestellcD, cbeDso auf Erfoidem alljäbrlioti einual za einer
dreiwöchigen IJbang;
c) er verpflichtet sich terner, das ?ferd alljährlich einmal zur
Kontrolle dem von Staatswegen bestim inten Aashebaogs-
kommissar auf eine W Tage zuvor an iho ergehende Auf-
forderaDg an einem bestimmten Orte vorführen, auch sieh
eine unvorhf rirest hciie Kontrolle am Standort des Pferdes
jederzeit gefalien zu lassen;
d) er hiuterlegt eine Kaution von 10()\) Mark pro Pferd, von
welcher ein aliqooter Teil verfällt, wenn nach dem Urteile
der Pferdeaushebungskommission auf Antrag des Musterungs-
komniissars das Urteil gefällt wird, dals die Haltung des
Pferdes eine na chlässige, gegen die Pflichten eines ordent-
lichen Besitzers verstol'sende gewesen ist. Zugleich kann
ihm das Pferd dann abgenommeu und einem andern Aus-
ieiher Ubergeben werden. Auf jeden Fall ist die Kantion
wieder auf ihren vollen Betrag aü ergänzen. Die Kaution
vertallt ^aiiz dem Staate, wenn das Pferd im üienste des
Besitzers absteht;
e) nach 6 jähriger Dienstzeit unter vorstehenden Bedingungen
geht das Tier in das unbediugte Eigentum des Eat-
leihers Uber und die hinterlegte Kaution wird ihm
znrttolsgegeben.
Der Entwurf dieser Bedin^uu^i u dürfte einerseits zei{j;en, worauf
die Kontrolle sieh erstrecken und wie sie im ganzen eingerichtet
werden mufs, andrerseits aber werden dieselben im Verein mit dem
unter a) erwähnten staatlichen Regulativ viel dazu beitragen, eine
richtigere Schätzung and Werthaltnng des Pferdes, wie eine Ter-
nttofligere Pferdepflege in der Bevölkerung zn verbreiten.
Nur eine solche seharfe und wirluame Kontrolle mid der evenl.
fast kostenlose Enrerb des Tieres dnreh den Besilser würde imstande
seini einen wirklieh branehbaren Stand von Res^e-Kiiegspferden
an gewährleisten. Der bedingungsweise Ankmnf derselben dnreh die
Besitzer mit dem Rechte des Weiterverkaufe wlirde sowohl die Preise
ttber Gebühr herabdrtteken, wie den anverlXssigen Bestand einer
solchen Feldreserve an Kriegspferden in Frage stellen.
Vergleiehen whr nnn den finanaiellen Effekt der hier vorge*
sehlagenen Einrichtung mit der von General Otto vorgesehlageoeo^
so ergibt sieh:
1) Diese Kaution erscheint ziemlich gering ; die Erfahrung wird wabr-
selt einlieh ergeben, dafo sie erhöht werden kann nnd darf.
Digitized by Go
iUvaUaritCisohe Ftugta.
496
1, Durch die Miuderinilienstsiclluntr voü 13697 Kcmonten n lOooMk.
— von der oben berührten iiulserst zweifelhaften Möglichkeit,
diese ans unserer Pferdezucht zu gestelleo, gauz abgesehen —
werden 13697000 Mk. erspart.
2. Dagegen entstehen Mehrkosten für den I'nterhalt \oii 3G81
Pferden, welche über den von (Teneral Otto im Frieden vor-
gesehenen Stand von 10511;*. Pferden gehalten werden sollen.
Dio^ps Mals alM i ( rsclieint unbedingt erforderlich, wenn unsere
Kavallerie die dun haus nötige Wrmehran<r ertahrcn soll, selbst
unter der Voraussetzung, dals die Artillerie auf 4 Gesehtttze
ä Batterie reduziert wird.
Recht hoch mit 500 Mk. pro Pferd jährlich für Stallonprs-,
Fütternngs- und Pferdegeschirrkosten vi ransehlnErt, ercribt sirb
die Summe von 1815500 Mk., welche von der unter I herceh-
neteu Ersparnis von IB 697 000 Mk. abgezogen, noch immer
eine solche von 11881500 Mk. übrig läfst.
Dafs diese Summe durch den Verkauf von 21 918 Pferden
des 3., durchschnittlich 10 Jahre alten Jahrganges unter den
obio-pn lästiiren Bedinfrinigen sollte gedeckt werden können,
erscheint mir schon zweifelhaft (Durchschnittspreis 542 Mk,).
8* Ungemein hoch aber steigen die Kosten des Olto'schen Systems
durch die dorohschnittlich 2'/3 Jahre lang erforderliche Anf-
steUoog seiner zahlreicbeo Remonten. Dadurch würden die
beutigen Kosten derselben auf das Vier- bis Fünffache steigen,
während sie Daeh meinem Vorschlage noch nicht das ändert-
balblacbe errelcben. Die giolsen Schwierigkeiten, welche dabei
die zahlreichen neu einzurichtenden Remontedepots^ deren
Organisation mit Geländeankauf usw. erfordern, sollen hier
gamicht in Betracht gezogen werden. Diese Kosten der ein-
maligen Einrichtung ganz unbertlcksicbtigt gelassen, dürfte
sich die Otto sche Einrichtung auf mindestens 20000000 Mk.
jährlich teurer stellen, als meine Vorschläire. wobei ich auch
von der Schwierigkeit, diese Masse j untrer Pferde ausreichend
und richtig zu beschäftigen, um keine Krankheiten aufkommen
zu lassen, ganz absehen will. So stellen sich also die Kosten
meiner zwar etwas reduzierten, aber eben darum um so leichter
ausführbaren Vorschlä<^e mindestens um die üälfte niedriger,
wie die des General Otto.
Freilich stehen den 860 Feldeskadrons der letzteren nach meinen
Vorschlägen deren nur 784 gegenüber. Dafür aber bestehen die
JetikereD ans vollständig auBgebildeteii and kriegsbraacbbaren Pferden,
Digltized by Google
196
Zum üerbstfeidsug 1818.
während die eisteren eine Milizkavallerie vou zweifelbafteiu Werte
darstellen.
Bei der bevorstehenden nnd in den näch^kn Jahren unbedingt
erforderlichen Reorganisation unserer Kavallerie und Artillerie (nach
Einführung der Kohrrücklaufgeschütze) scheint eine modifizierte Auk-
fühi liu^'- der Otto'scheu Gi undidee uuch mir als der gang-
barste Wef4, um unseren östlichen und westlichen Nachbarn
mit diesen Waffen ebenbürtig gegenüber zo treten.
Als unerläfsHche Vorbedingung aber, das betone ich nochmals,
erscheint dit' ilebuii!? unserer gesamten Pferdezucht, nicht durch
reichlichere Dotieruii^^ der Rennen und tieigebigere Gestattung des
Totalisators, sondern durch Verbreitung einer vernünftigen Pferde-
gesundheitspflege und Therapie, wodurch weit Uber meine oben sehr
vorsichtig angenommenen Voranschläge hinaus mindestens aller
jetzigen Ausfälle von Dienstpferden durch Tod oder Unbrauchbarkelt
EU vermeiden sein werden.
Das wird dann auch von weitreichendem segensreichen Einfluls
auf den gesamten Volkswohlstand sich erweisen.
X.
Zum Herbstfeldzug 1813.
Genenlleiitoaiit a. D. t. tliiiit«ip«
(Schluls.)
Ich habe die Triebfedern /ur Zeit der Schlacht von Gr. Beeren
so fin!?rlu'ii(I zu behandeln gehabt, weil Major Friederich srerade
bei ihr seine abweichende Auffassung von der meinigen stark betont.
Ich darf nun die Zwischenzeit überspringen und auf die Schlacht
von Dennewitz übergehen. Denn bei dieser, und besonders in der
Periode vom 2b. September ab, wo Carl Jobau von Blücher mitge-
Digitized by Google
Zum Httbitftldzug 1818.
197
zogen wird, tteteo die überlegten Unwahxheiten und das Tänsehen
über die wirlclioben Absiehteo am deatUebaten ins Liebt,
Am 5. September stand die firanadOMbe Amee im Bogen Ton
'/) Meile Radius Torwäna Wittenberg; die Noxd-Armee omgab de
Icomcentnaeb m I Meile Abstand von der Festung, als Ney oatwärta
in der Biebtnng anf Jttterbogk anfbracb, die IHTiabn DobsefaHts
znrttekdiKngte ond die Seblaebt von Dennewita iierbeiftlbrie. —
Billow meldete Ton BiBttag ab ans Eropstidt dem Kronprinzen oaeb
Rabenstein stOndlieb die Bewegung des Feindes, und um 6 Ubr,
dais er selbst auf Euia-Iipsdorf abmarsebiere, um dem Feinde zur-
Seite zu bleiben und Tanentzien zu unterattttzen. Zu^eieb bat er
um baldiges Naebsenden seiner ibm vorenthaltenen Division Boistell
■and Kaehfolgen der ganzen Armee zu der aiebtlieb beroistehenden
Seblaebt.
Die MeldoDgen BUlows wurden darch Tscheroyschow bestätigt
Dennoch will Carl Jobau ibnen nicht Glauben schenken, und erst
abends 10 Uhr berücksichtigen seine Betehle die tatsftebliebe Lage.
Die im Laufe des liacbmittags erlassenen Anweisungen zeigen riel*
mehr Besorgnis um die rechte Seite vor gleiebzeitigem Verbrechen
des Feindes Uber die Elbe zwischen Magdeburg und Koslan, obsobon
er vvells, dafs dort keine verfilgbaren feindlichen Truppen stehen.
Abends 10 Uhr gibt er dem General Bulow Befebl zu der Kon-
'wntrierong, die dieser schon 5 Standen frtlher ausgeftlhrt hat; die
.Division Borstell aber soll bei Kdpenieb noch stehen bleiben, die
Schweden und Küssen sieh am Morgen des 6. September erst bei
Lobbesse Vj^ Meilen von Bttlow vereinigen, Woronzow ond
Tschernyschow jedoch gegen Wittenberg vorgehen und nur, wenn
sie dort anf gamiebts stolsen, sieb naehtrttglich auf den etwaigen
Schall der Kanonen nach Zahna wenden. Fttr die preoMschen
Korps enthielt der Befehl nichts weiter als die Anweisung, sieh
•eines feindlichen Angriffs so lange allein zu erwehren, bis sie von
dem l'/o Meilen entfernten Lobbesse her Untersttltznng erhielten
(N. A. L 467—471).
Dieses Veriahren lälst sich nicht durch Maugel an EntschluÜB-
'kraft erklären, von dem Mi^or Friederich (1. 353) Carl Johan Uber-
wiegend beeioflofst zu halten neigt, sondern aus planmäfsiger Über-
legung. Denn verständlich ist es nur unter der Voraussetzung, dals
der Kronprinz in die bevorstehende Schlacht Uberhaupt nicht ver-
wickelt werden wollte. Das Niohtbeachten der Meldungen und das
Vorschützen von Besorgnis um den rechten FlUgel liefsen wenigstens
.ftor diesen Tag noob dem Zasammensobieben des ausgereckten
Digitized bv Google
198 Znm Hefbstfddmg 1818.
fleereB naeh dem linken Flügel zn vorbeugen, wo es daon am
aodeien Tage anfeUbar zu einer Schlacht gekommen wäre, die der
Kronprinz selbst ni schlagen gehabt hätte, und an der seine
schwedischen Truppen teilnehmen mulsten.
£e gelang ihm ancb am 6. September, sich vom Schlachtfelde
80 lange femzahalten, dafs er dem Eingreifen entging. Seit 8 Uhr
morgrens standen das schwedische und russische Korps bei Lobbesse
verpiniETt und ruhten, als Martens eintraf, um in BUlows Auftr;i^ den
Krriiijiriir/en zum Vorgehen zu veranlassen. Carl .lohao erwiderte
nach der schwedischen Quelle (Schinkel VII. '242): „Es wandert
mich nicht, dals der Feind Sie angreift, it Ii liabe das vorans gesehen;
zeigen Sie nun, was die prenfsische Papferkeit vermag, und sagen
Sie Ihrem General, dafs ich zeitig genug kommen werde, ura ihn zn
entsetzen" (N. A. I. 473. 5). Wie ist das Verfahren vom vorigen^
Tage mit dieser Voraussicht in Übereinstimranng zu bringen?
Um 10 Vi Uhr brachte er seine Trupj^en in Bewegung und
erreichte mit den Spitzen um 2 Uhr Eckmaniu^doit. wo sie noch
'/^ Meilen hinter der Schlaclillinie aufmarschierleii. Ljnnggren
berichtet, dafs der Kr(in{)riiiz persönlich das wenisr in Evolutionen
geübte schwedische Korps in einer ihm ongewohuten Wt ise «ich
entwickeln liefs, dabei sehr heftig wurde und viel Zeit vergeudete.
Es war liegen 4 Uhr geworden; die Preufsen hatten längst ihre
letzte Reserve in den Kampf geworfen, und der Kronprinz stand
noch immer untätig mit seineu Korps in Parade bei Eekmannsdorf.
Da schickte ßttlow nochmals zn ihm mit der Bitte zum Vorgehen,
nnd wieder wurde das Ansinnen abgelehnt Er setzte zwar, als bald
darauf die Erisis eintrat und die Preulben mit ihren Kräften den
Feind überwältigten, seine Armee in Bewegung; aber ne «veiebte-
den Kampfplata erst nachdem er geräumt war. — In den nächsten
Tagen blieb die Armee bei Jäterbogk stehen; nur kleine Abteilungen
folgten dem Feinde bis Toigan naeh (N. A. L 511. 21. 22. IL 13).
Diese Darlegung von Einzelheiten, welohe Carl Jobans Be-
nehmen bei der Seblaeht eharakterisieren, verroUständige ich dnieh-
die zusammenfassende Änfserong eines Zeitgenoasen. Sein penOn>
lieher Freund, der bei ihm beglaubigte britisehe Gesandte Thomton,
konnte nicht umhin, am 8. September seiner Begiemng zu berichten:
dalh der Frins das grt^lste Widerstreben gezeigt habe, der Schlacht
eine entacheidende Wendung zu getien nnd den Feldzug in dortiger
Gegend durch eine Niederlage des Feindes zn Ende zn bringen^
Der Maisch der schwediMlien Truppen wäre nicht so schnell voll-
fthttf als er konnte; and als die mssisch^schwedischen Truppen auf
dem Platze erschienen, hätte der Kronprinz unter Scheingrttnden den.
Zun HerlMtfeldBiv 1818.
19»
Aopiff nm H bis 4 Stünden verzögert. General Adlererput/ rrklarie
selbst, dal'^ die ganze franzosische Armee vernichtet werden nuifste.
wenn Schweden und Hassen zu rechter Zeit grehandelt hätten. —
Lord Castlereagh erwiderte auf den Bericht mit arofser Hesorglich-
keit, dafs Tbomton an! jede Weise versuchen müsse, die Kenntnis
von diesen Vorgängen zu unterdrücken. Wäre das falsche Spiel de»
Kronprinzen damals in die Öflentiichkeit gelangt, so würde die
Opposition sotort die hiitiscbe Regierung, welche sieb einem solchen
Bundesgenossen verptiiebtet hatte, gestürzt haben (N. A. II. 310).
Ans dem Benehmen Carl Juhaus nach der Schlacht bei Deunewitz
gewann BlQcher schlietslich das Urteil, dafs mau von ihm Uberhaupt
keine Tätigkeit erwarten iiönne. so lange er ein abgesondertes
Kriegstheater einnehme. In der Überzeugung, dafs er sich zu ihm
wenden mlisse, um ihn mit j^ich über die Elbe zu ziehen, verschafl'te
er sich das Eiiiverstiindiui, des Kaisers Alexander für seinen Plan
und setzte ihn ins Werk (N. A. II. 21).
Als Carl Johan von dieser Annäherung Kenntnis erhält, schreibt
er den 29. September an Blücher: „Ich wünsche sehr, dals Sie Ihre
Bewegungen zum Übergang auf das linke Elbufer beschleunigen
könnten. Ich habe zwei Brücken über diesen Fluls schlagen lassen.
Sobald die Brückenköpfe fertig sind und ich Sicherheit für meine
Bewegungen habe, will ich mit meiner Armee vorwärts gehen;
hoffentlich geschieht es in 3 oder 4 Tagen. Ee wftre sehr wttnseheiu-
wert, dab wir in Verbindung treten konnten, um auf dem linken
Uler unsere Unternehmungen in £<inklang zu brilfgeD und auf Leipzig
im manobieren.*'
Am folgenden Tage fllgle er hinan: „Ich glaube, Herr GenecaU
daA es sehr gnt würCf wenn Sie die Elbe bei Elster ttbersehreilen
konnten. Wenn Ihre MalBiegeln mit mdnen Wttnseben llberein-
stimmen sollten, dann würden wir snsanmien eine Hasse von
120000 . Mann aosmaeben, die rasoh anf Leipzig losgehen nnd eine
Seiilaebt selbst gegen den gröfseren Teil von Kaiser Napoleons Streit-
kxiften wagen konnte.'
Die Zusage in diesen Briefen ist einfach; es hat aneb nicht in
der Absieht gelegen, sie zweideutig eracbeinen zu lassen. Ftlr
Bttlow aber hatten, nach seiner nllberen Bekanntschaft, Carl Jobans
gküsnerisobe Worte längst die Kraft der Tänsehnng verloren. Un-
beint doroh jene Yersicherangen sagte er Bitleber am 1. Oktober
vorans: «Sehr erfreut ttber die Annftbernng B. £. hoffe ich mu-
dals ee nns gelingen wird» den Kronprinzen von Sebweden an mehr
TMtigfceit zu bewegen. Sind es politisebe Gründe oder andere, kurz
Digitized by Google
Zum Herbsüeidzu^ 1818.
sein System ist Nichtstun, und qui auf eine g:e\valttätijfe Weise konute
man das herbeiführen, was geschehen. So bin ich am 5. September
Ton Manabme ohne seinen Befehl abmarschiert und habe am 0. bei
Denaewitz ohne seinen Betehl geschlagen; derselbe Fall war bei
Or.-Beeren. Der Kronprinz, der sich gern sicher steUl, wird Dnn
Sachen, anter dem Schutz E. £. Armee die Elbe paaderea und
«0 bei aUen Gelegenheiten dnrob Sie gedeckt zu operieren. leb
hoffe indessen so Gott, dafs sich eine Gelegenheit ereignen wird,
ibn mit fort ziehen, nnd kann es nieht anders geschehen, so
werde ich mich nicht dnrch die Forohtsamkeit emes B^mndlings
4ibbalten lassen, mit meinem Korps für daa allgemeine Beste nütni-
wirken.
Bttlowa Torans gegebenes Urteil begann sieb sofort an heattttlgen*
Die versieherte Bereitwilligkeit Carl Johana zom Übereobreiten der
Elbe war erbenchelt, und ebenso sollte es im Cemeren Fortgang
bleiben. Schon am 2. Oktolier wnfate er Bescheid von BMchers
Übeigang bei Elster snm S. Oktober nnd yon dessen wdteren Plänen.
Dennoch führte weder er selbst die Nord-Aimee gldchieitig anf
seinen Brücken bintlber, noch fiel bei Aken nnd Boalan ein Kanonen-
acbnlh, nm Blttchers Unternehmung sn stützen (N. A. II. 100—103).
Aber noch weitere Kreise sog die List» am der ErfttUong der
iür die Nord-Armee ttbemommenen Pflichten an der Mittel-Elbe zu
'^tgehen. Vm diese zu verfolgen, mtlssen wir ans Torttbergehend
tarn Korps Wallmoden nach Mecklenburg begeben. Carl Johan
hatte jenem Flanken-Korps nur zwei Drittel der SUIrke, Uber welche
dessen Gegner DavOat mftigte, gegeben, ihm anch die weniger
verlllasigen Truppen oud minderwertige ArtUlerie zugewiesen. Den-
noch verlangt er fortgesetzt von ihm den Angriff des Überlegenen
Feindes und fordert namentlich Zerstören der Verbindnngs-Brttcke
zwischen Harburg und Hamburg. — Wallmoden hält ihm das Ge-
wahrte eines solchen Angriffs entgegen nnd die Gefahr, den Feind
aus seiner den Verbündeten so titlt/.liehen Ruhe anf/nstören. ihn zu
eigener Tätigkeit zii rrizeu. Einen YerSQcb auf die Hamburger
Brtlcke erklärt er ftlr ganz nnmö^licli. — Durch solche Vorstellungen
liefs Carl Johan sich nicht abhalten, die Aufforderungen zu wieder-
holen, wenn auch eiastweilen iu der Form freondschaftlicbeo Rats
A, IL 383).
Das änderte sich vom 28. September ab, \\ o Major Kühle seine
Unterhaltung mit dem Kronprinzen hatte. Sie btellte den Ubergang
der schlesiscben Armee über die Elbe in nahe Aussicht und damit
das Bevorstehen der Krisis, an welcher die Beteiligung in Carl Johans
Wünschen nicht lag. Es wird erklärbar, in welchem Grade ihm die
Digitized by Google
Zorn Harbtkfelilii« 18ia.
301
Erlösung aus diesem Dilemma durch Davont dringeuci erschien.
Da lordert er. dafs Wallmodeu dcii Marschall Davout 80-
;gleich eine Schlacht liefere, deren Gewinn er unter geradezu phan-
tastischen Annahmen als leicht hinstellt. Er will Wallmodeu in ein
ünternebnieii stUrzeo, bei dem er aller Wahrscheinlichkeit Dach zu
Fall kommen maJjs. ..Wenn Wallmoden uar ausreift," äuiserte er,
„80 erhalte ich gleichviel ob er siegreich ist oder geschlagen
wird — einen guten Vorwand den Verbündeten gegenüber, um mich
Toit 20000 Mann nach einem Kriegstheater za wenden, welches mir
^6äer zusagt." Noch am 1. and 2. Oktober wiederholt Carl Jobau
-die Anffoiti eräugen, den Gegner nach Hamborg nnd Lübeck hinein
zu werfen. Dann tritt ebenso überraschend am 4. Oktober ein Um-
schlag seines Willens ein; in scliineicbelndem besrüti^^Mult u Ton
nimmt er die bishengeu Befthk* zurück; er will keine Krisis mehr
tu Mecklenburg. — Haben sich denn die Umstände geändert? In
Mecklenburg freilich nicht, wohl aber an der Mittelelbe. Seit dem
8. Oktober abends liegt die Nachricht von der Schlacht yon Warten-
borg Tor; BIttohen Armee steht Torwirte der Elbe, nnd es gibt für
<M Joiiaii keinen Vorwand mtüu, sich der Naehiolge m entzieheo.
Jfag aneb die Noffdarmee noeb einige Tage lögem, sie mnib dennoeb
hinllber und alles Widecetrebens nngeaebtel anf dem anderen Ufer
bleiben. Damit ist ihr die IfOgliehkeit genommen, sor Anfiiahme
*Walimodens naefa dem Norden sa eilen, wenn dieser sieh eine Nieder-
lage dnreb Onyoiit ansieht; er kann mne solehe jetit nieht mehr ge-
branehen. So vefstnmmen mit dem 4. Oktober die Foidemngen, an
4er Delvenan Entseheidnng herbeisaflihren (N. A. II. 388— -87. 898).
Carl Johan stand nnn ndt den feindliehen Hanptkrilften auf
demselben Uier, und die HOgliehkeit, bei der ^htlieh nahenden
iKatastrophe in den ZosammenstofB hinein gesogen xn werden, trat
nahe. Whr sehen ihn fortan den Plan verfolgen, sdne sehwedisehen
Trappen and seine Person ans dem Bereiehe der Sehlaehl an bringen
und zn dem Ende sieh wieder hinter die Elbe zu retten. FceUieh
will er darttber die materiellen Vorteile des Krieges nicht einbttlsen
■ond den moraliaeben Bruch mit den Bttndnispfliehten nieht offenbar
werden lassen. Wir werden einer Reihe von Auskünften begegnen,
-die — wie am 3. Oktober — von Hintergehen seines BnndesgenoBsen
Blücher sich schwer unterscheiden lassen (N. A. II. 127).
Die Nachricht am 8. Oktober abends von Napoleons Anmarsch
.anf Leipxiü: kreuzte die Verabredungen. Als Migor Rühle im Auf-
trage Blüchers die Mitteilung davon überbraciite, wies der Kronprinz
Jeden Widersland anf dem linken Ufer von sieh nnd verlangte all-
Digitized by Google
202 ^ HerbstfelduiK 1818.
gemeinen Abzog hinter die Elbe. Mit Mttbe nnr erreichte RUhle^
indem er den Kückzug entschieden ablehnte, Carl Johan zam Nach-
geben dahin zu bewegen, dafs er niit der schlesischen Armee zu-
sammen hinter die Saale auszuweichen versprach; er stellte aber
dazu die Bediii^ning:, dass BlUcher den gefährdeten FliiL^el nach
Leipzig zu, die Nordaraiee den abgewendeten linken Flügel ein-
nehmen solle. Kuhle war vorsichtig genug, sich einen schriftlichen
Antrag, der dieses Abkommen festlegte, mitgeben zo lassen. — Dem-
gemäls marschiert BlUcher am 9. Oktober gegen die Saale bis Jeis*
nilE ond fordert Carl Jobao auf, Halle zd besetzen. Da lebm
letzterer die Bewegung nach der Saale llberhanpt ab and behält
sieh die Ruekragslinie anf Aken — hinter die Elbe — vor (N. A.
IL 139 — 43). — Durch diese Absage hat er ron neuem gezeigt,
dais auf ihn kehie Rechnung zn machen Ist. Bltteber verfolgt fortan
das System, den gefährdeten Posten der An^Ilnng einsnnehmea
nnd dadurch jedem Verwand Toizabengen, anf Gmnd dessen der
Kronprinz hinter die Elbe zorOekkehren nnd ineh der Schlaeht ent-
ziehen konnte. In einer am 10. Oktober mündlich und dieses Mal
recht scharf Terlanfenden Anseinandersetznng zwischen beiden Feld-
herren wegen des Saalettberganges vertrat Blttcher wie bisher die
Ansicht, sich der böhmischen Armee zn nähern nnd dazn eine
Stellung vor Halle einznnehmen; Oarl Johan dagegen sich zu ent*
fernen und hinter dem Blosse bei Bembnrg gegen einen Vorstofe
Napoleons sicher za stellen. Man einigte sich schlieiBlieh anf eine
mittlere Richtnng: die sehlesisobe Armee sollte anf Wettin gehen,
die Nordamee flnfsabwärlB sich nicht weiter als bis Alsteben aas-
dehnen.
Die AnsfUhrang wnrde aber fereitelt dnrch Verspäten der
Bruckenschläge, welche der Kronprinz Übernommen hatte. Durch
dieses Mittel erreichte Carl Johan trotz des Übereinkommens, dafs
die Schweden — statt des für sie bestimmten Aislebens — sich
dennoch dem Übergang bei Bernburg, der einem RUckzng nach
Norden am nächsten lag, zuwendeten, und BlUcher erhielt von dem
unfertigen Zustande der BrUcke bei Wettin, welche herzustellen der
Kronprinz schon am 9. Oktober (N, A. II. 143) zugesagt hatte, keine
Mitteilung. Diese Versiiumnisse können beabsichtigt gewesen sein.
Denn wpiin F.Mirhpr an der Saale eintraf ond die erwarti^ten Über-
gangsniiltei nieht i.inri, so konnte er möglicherweise v( rMiilalst
werden, der NordaniK c zu folgen und so schliefslich doch in die
]ii("htiHig zu geraten, die des krnnprinzen Ilherrfdunersgabe nicht
von ihm erreichte. Das sollte nun tn ilicJi gegen Blüchers Tatkraft
nicht gelingen. Als er am 11. Oktober — schon nahe vor Wettin.
Digitized by Googl
Zum Herbatfeldsu^ ibiS.
208
— erfüll r. dals keine Brücke g-eschlao:eu wäre, entschlofs er sich
kurz. üiLcli der entbchcidciKlrn Wirhtuug aufwärts bei Halle den
Überijaug zu gewinneu (N. A. 11. 147 — 52).
Am 12. Oktober erhält Carl Johau Nachricht vom Vorbrechen
ftaozösischer Korps durch Wittenberg aof das rechte Elbufer und
gleichzeitig gegen Dessau aa( dem linken Ufer, auch von der Än-
ireseiiheit Napoleons in DttlieD. Sofort ist er entschlossen, die Unter-
oehmnng nach der Saale und den sie beatimmendeD Ctedanken Uber
Bord za weifen; es sieht ihn nnwidevstehüeb wieder bei Aken hinter
die £lbe snrQok, und angsterflilit sehreibt er Bitteber am 18. Ok-
tober frtlh: „Ich darf nicht einen Aogenblielii verlieren; ich lasse den
Harsch meiner Trappen besebleonigen, nm, wenn es noch möglich
ist. meinen Obergang ohne Verlost anssnftthren. Wenn Sie sich
meiner Bewegnog anschlielsen können, so hoffe ich, Herr General,
4ais WUT keinen vergeblichen Schritt ton." Zngleicb forderte er,
mit Bezog auf eme frühere Anfsenmg des Kaisers Alexander, daCa
Blücher sieb anter sein Kommando stellen ond ihm folgen solle.
Die BeTollmftebtigten der Verbttndeten sehen, als unmittelbare
Zeugen, die Haltlosigkeit, welche sich des Kronprinzen bemächtigt
batte. Nach vergeblichen persönlichen Bemfthnngen, wenden sie
sich an Blttcher, am doreh dessen Einflnis einer sachlicheren An-
schauung Eingang zn verschaiFen. Stewart eilt nach Halle sa münd-
licher KUckspracht- und Krasemarok äufsert schriftlich: „Durch General
Stewart werden E. E. erfahren, wie sehr die Nachricht von dem
Marsche eines starken hraazOsisohen Korps anf Wittenberg nnd die
feindliche Besitznahme Dessaus den Kronprinzen ans aller Fassung
gebracht nnd wie sehnlich er wünscht, dals Ihre Armee ihm durch
-eine Bewegung gegen ß Itterfeld zu Hilfe komme. Es wäre ein sehr
Terdienstliches Werk, den gesunkenen Mut des Gnädigen Herrn za
heben; denn schon glaubt er alles verloren. E» EL bitte ich in*
«täudigst, ihn eines besseren zu belehren."
Bis zn welchem Grade von Kleinmut Carl Johau herab ge-
sunken war, darüber besitzen wir noch ein Zeugnis in Boyens Er-
innernngen: „So sehr der Kronprinz wünscht(s über die Elbe zu
gehen, so suchte er doch diesen Kntschluls als eine allgemein ^e-
f^hlte Notwendigkeit dnrznstrllfn und veraiilnsstp deshalb dt^n 14.
vormittag einen Kricü;arat. Er erüdnete ihn, indem er das ^efähr-
liciie unserer augenblicklichen Lage, die Notvirendigkeit Berlin zu
decken, sehr ansfUhrlich schilderte') nnd daraus dir Notwendigkeit,
so eilig als möglich Uber die Elbe zu gehen, ableitete. Btilow trat
1) Welcher Gegensatz zu den Absichten in Oranienbnrg am 18. und
Philippsthal am 22. August!
Digitized by Google
204
Zam Herbstfeidzttg 1818.
sehr entschieden dagegen aaf; er zeigte, dafs — wenn der Feind
wirklich mit Übermacht anf dem rechten Ufer stehen sollte — ein
Übergang bei der einmal abgebrochenen Brücke nur mit grolsen
Schwierigkeiten aaszuflihren sei und doch kein Resultat haben würde,
als die Streitkräfte lu. zersplittern, und dals es daher, da die fran-
zösische Hauptmacht bei Leipzig sei, notwendig wäre, dorthin zu
gehen und in Vereinigung aller Armeen eine Hauptschlacht zu
liefern. Diese Ansicht erhielt die allgemeine Znstiromong, und
niemand nntersttltzte den Vorschlag des Kronprinzen. Dieser wollte
sein Spiel aber doch niolit aufgeben und fing seine Bede mit laater
sentimentalen Gfinden an: „Also sollen wir alles, was dem Menschen
heilig nnd teaer ist, aufgeben: die Yerbindang mit dem VaterlandOi
oaseren Franen nnd Kiodem?'* und seine Sprache wurde« so on-
glanblleh es scheinen mag, bis snm weinerliehen Ansdmek gesteigert^
indem er nnanfliOriiob in dem Flnls seiner Bede anf jenö Phrasen
mrttekkebrte, so dafe endlieb der alte Stediogk, am dieser Szene
ein finde an maehen^ halb nnwillig ansiief: ,,Han mnfs bei solchen
Gelegenfaetleii doch auch etwas für die Ebre ton!*" Dies war nan^
da es ans dem Mnnde eines Schweden kam, dem Kronprinzen
doppelt nnaagenehm; er nnterbraoh seinen Vortrag, zog sich zn einer
besonderen Bespreehnng mit Adlererentz and Tawast m die Ecke
des Saales zorllok and sandle endlich den lelsteren an Stedingk, nm
ihn wegen des Smnes seiner Worte in befiragen. Dmr Feldmatseball,.
der ein gewandter Mann war, gab eine dnlenkende firfclllning, und
nachdem der Kronprinz er^lt hatte, was er alles fUr Schweden
getan habe, fand eine VersOhnnngsszene statt. Der Kriegsrai war
darch dieses Hin- nnd Uerreden aafgelüst."
Bitteber aber antwortete am 13. Oktober dem Kronprinzen anf
seine Zumatongen;
,.lch gestatte mir, £. K. H. daran zu erinnern, dats Yon Ihnen
der Vorschlag zum Übergang über die Saale ausgegangen ist nnd
dafs ich ihn Ihren Wünschen entsprechend ausgeführt habe. Ich
habe auf meine Pläne verzichtet, nm mich nach denen E. K. H. zu
richten. - Der Schlachtordnung? gremäls hätte die Armee E. K. H.
den Platz einnehmen müssen, auf dem ich stehe. Als ich sah, dafs
Sie Wert darauf leirteii, der Elbe nahe zu bleiben, da habe ich
keinen Aug'enhiiek irt zögert, mich mit der Aufstellung: /u begnügen,
die E. K. H. nicht zusagte, aber doch besetzt werden niulste. um
mit der frrnlscn Armee in Verbindung: zu treten und durch Sichern
der Übergänge bei Merseburg: und Halle Herr der Saaielinie zu
werden. — E. K. H. haben die Gnade gehabt, den Major Rtthle zu
erklären, daüs Sie die Brücke bei Roslau verbrennen, dals Sie
Digitized by Google
Zum üerbstfeldsng 1818.
10 Bataillone hei Aken stehen lassen, dals Sie nütiorenfalls seihst
die Brücke bei Aken opiern und sich anf das linke Ufer der Snale
begeben würden. Ale ich E. K. H. so fest entschlossen sah, hin
ich ohne Schwanken auf den Vorschlag eingegaügen. nach dem
linken Saalenier zu marschierjen. — B. K. H. benachrichtigen mich
nunmehr, daTs Sie bei Aken ttber die Elbe gehen wollen. Durch
diese Bewegung werde ieh von der Elbe abgeschnitten und es bleibt
mir niebtH Übrig, als tnieh an die grobe Armee aozuschlieisen. lob
liübe meiAeo etsteii Ad}atMitMi in S. M. den Kaiser Alexander ge-
schickt, am ihn yod der Lage ODserer Armee und der Aofttellung
des Feindes KeDotois tn geben, und ieh mnfii die Befehle S. M. ab-
warten.''
Mit dem toh flbertriebeaer Besoignia eingegebenen Versaeh,
Blfleher dnroh Inansprnehnahme des Oberbefehls snm Diener seiner
Sonderintevessen zn maehen, liat der Kronprinz sieh diese Znreebt-
weisiing sogeiogen. Er hatte für das Sehreiben iLcine Antwort, und
der Inhalt dieses Briefweehsels wird von ihm nie mehr berührt
(N. A. IL 197—200).
Wi&hrend dieser Zeit, am 13. Oktober, war die Brttoke bei
Aken nnterbroehen wocdoif wdl der Angriff Sebastianis ?om reehten
Ufer her sie gefiUirdete. Der Verinst dieses Uberganges brachte
den Kronprinien ans ailer Haltung und am 14. zu wiederholtem
Meiniuigsweehsel ob er die Sieherstellnng seiner Armee nach Norden
hinter der Elbe oder lieber nach Sttden hinter der sehMsehen
Armee soeben solle. Znnttohst teilt er Blteher mit, dais er sich
morgen, 16. Oktober, abends mit ihm bei Halle vereinigen werde.
Bitteher versneht, ihn tron diesem Plan abzubringen er fordert ihn auf,
vielmehr naeh der Mulde zu, an seinem linken Flügel anfenmarschierea
und auf Leipzig vorznrflcken, weil die fraozi^aisohe Armee die ganze
Nacht hindoreh nach dieser Stadt marschiert wäre. Danach mulste
das rechte lUbnfer vom Feinde frei werden, der sieh auch von
Aken schon zurückgezogen hatte, und vielmehr bei Leipzig ein
grolser Kampf bevorstehen. Wie sollte die Nordarmee dabei un-
beteiligt bleiben?
Der Kronprinz änderte abermals seinen Entsehlufs und wollte
wieder hinter die Elbe gehen. In einer Unterredong am Nachmittag
(14. Oktober) mit General Stewart gab Carl Johan vor, an den
Marsch Napoleons auf Leipzig nicht zu glauben, und begründete
demgemä& mit seiner Verpflichtung Berlin zu schützen die Not-
wendigkeit, sieh nordwärts zu wenden. Inmitten dieser Unter-
haltung traf eine Fatronillenmeldnng aus Dessau ein, dafe der Feind
Digitized by Google
206
Zum Herbstfeidzui; 1818.
•die Stedl um 4 Uhr Terlassen und die Hnldebrtteke verbrannt habe*
Noll geriet der Kronprinz fireilieh mit seinen Grttndoi in Verlegen-
heit; aber dennoeh konnte Stewart snneit niehts von ibn eireieben.
Am Abend kommt noeb ein Sebreiben ß^ttohera, der in dem
Marsch ant Halle den Plan des Kronprinzen zn erkennen glanbl)
sich — wie Bttlow Torans gesagt — hinter der schlesiachen Armee
•der Verwickelung in den bevorstehenden Kampf an entziehen. £r
bestätigte alle bisher mitgeteilten Naehriehten nnd forderte Carl
Johan wiederholt aof, nicht auf Halle an marschieren, sondern den
Feind an der Moide in der Kichtuug uof Leipzig ansagreifen. —
Der Kronprinz antwortet jetzt in so seibstbewoistem Ton, wie wenn
er nie eine andere Absicht gehabt hätte, als zur Sehlaeht nach Halle
zn rtteken, nnd der Zwischenfall mit Greneral Stewart gar nicht vor-
gekommen wire. Wie hätte auch der äofsere Anstand gewahrt
werden sollen, wenn die Absicht eines Rückzugs onter solehea Um-
ständen zugegeben wäre! (H, A. JUL 202—6.) —
Die Disposition Schwarzenbergs bestimmte den 1& Oktober zor
näheren Vereinigang der Heere, den 16. znm gemeinsamen Angriff
gegen Leipzig. Sie beauftragte den Kronprinzen, mit anbrechendem
Morgen des Schlachttages die Aufmerksamkeit nach der Mulde za
ziehen und den linken Flügel Blüchers kräftig zu unterstützen. —
Als Carl Johaii auf dem Marsche nach Halle am 15. Oktober diese
Disposition empfing und uun sah, dals die Sehlacht bevnrstphe, ver-
erölserte er den in Aussicht genommene Abstand dadurch, dals er
sein Heer nicht bis Halle führte, sondern 2 Meilen vorher anhielt.
Die Bevollmächtigten der Verbündeten \vnrd(ni nach ihrer Ankunft
in Halle mit der Xachricbt übi iniseht, dafs der Kronprinz ihnen
nicht folge. Sie beschlossen, in rmt r geiiif insaiuen Vorste llung ihn
an Erfüllung- der Pflichten zn mahiu n, die er im Moment tier Ent-
scheidung' seinen Buu(U sl;( riosaen schuldete. Der Krnuprin/. alier
veranschlagte die Achtung der Mit- and Nachwelt neben «einen
peräüülicheu Interessen nicht hoch genu^, um sein Verhalten danach
zu richten. Er berücksichtip-te die Eingabe ebensowenig, wie alle
früheren Aufforderungen, und land nur für zweckmässig, bei den
Monarchen sein unerwartetes Stehenbleiben damit zu rechtfertigen,
dafs er Anstrengung der Truppen vorschützte. Sie hatten aber tags
vorher Kuhe gehabt, der Marsch am 15. betrug; nur 2 '/.. bis B
Meilen, und das russische Kor]is, welchem ilvu aLiaiidfrnden Befehl
zu spät erhielt, brachte den Marscti bis Trotha vor lialie, den der
Kronprinz der Armee nicht zumuten zu müssen behauptete, völUg
ZD £nde.
Den Auftrag für den 16. Oktober, Blüchers linken Flttgel za
Digitized hv CiOOgle
Zum HerbBtfeldug 1818.
207
stlitzeii. tührte Carl Johau uieht au>; die Nortlarmee machte nar
einen Marsch von i> Meüon bis Landsberp und brachte den f^aiizt^n
Ta;r tlürüber zu Alle Auftoi deruii^en sich zo nähern, hliebeu wie
bisher erfolglos; Hltlcher mnfste seine blols gegebene Flanke selbst
durch Zurückhalten von küttten sichern und erlitt Uber diese
Schwächung in der Schlacht bei Mückern unverhäitnismüisig: schwere
Verluste.
Da schrieb Stewart al»ends 9 L hr uii Carl Johaii: ..Ich erlaube
mir E. K. H. inständigst zu bitten, dafs Sic. sobald Sie dieisen Brief
erhalten, aufbrechen und nach Tauche marsL'hieren möchten. Es ist
kein Augenblick zu verlieren. E. K. H. haben mir es versprochen»
und ich rede zu ihnen als Freund. Aber ich mufs auch als Soldat
aprecben; Sie wUiden es nur bereaen k(laaen, wenn Sie nicht jetast
ihren Mars^ antraten.**
Der YerletMode Ton dieses Sehreibens hätte seinen Zweek
Yerfeblen mttssen nnd der drohende Inhalt würde nnTerstSndlieh
sein, wenn er nieht von einem realen Hinteifmnd getragen wäre,
fttr den Carl Johan empfänglicher war, als ftlr Annifen seines Pflicht-
geftthls. Stewart hatte den Wink fallen lassen, dass onter Um-
ständen die Snbsidien eingestellt werden könnten. Mit einem Sehlage
war die Anscbannng gelindert nnd der Feldherr der Nordarmee ent-
schlossen in die Linie m rttcken. Um 2 Uhr morgens, am 17. Ok-
tober, erteilt er Befehl an sofortigem Anfbrneh, nnd nachmittags
beaieht die Armee 8 Meilen vorwttrts bei Breitenfeld ihr Lager.
Carl Johan wollte aber dennoch nicht schlagen nnd sah sich
nnn nach anderen Wegen nm, an! denen er der Teilnahme am
Kampfe entschlüpfen könnte. Er ging daranf ans, die an der Saale
geforderte nnd erreiebte Vertansehnng beider Heere jetzt abermals
zu wechseln dergestalt, dafs er wieder den rechten Flügel erhielte.
Eine solche Malsregel würde die unversehrte Nordarmee in die
Defensivgtellung zwischen Pletlse nnd Parthe geführt haben, welche
mit geringeren Mitteln gehalten werden konnte und keinem ernsten
Kampfe mehr entgegensah, während jenseits der Parthe gerade die
meisten Krlifte notwendifj waren. Blücher ging auf das Ansinnen nicht
ein. — Nun lad der Kronprinz — im Vertranen auf seine Dialektik
— ihn zu einer mündlichen Besprechung. Auch diese schlug Blücher
unter recht gering schätzenden Aniaeningen gegen den Überbringer
ab. Bei seiner Zwangslage, mithandeln zu müssen, versuchte in-
dessen der Kronprinz in später Nacht nochmals, eine Unterredung
zu erreichen, indem er äufserte, den Angrifil für den 18. verabreden
zu wollen. Blücher liels sich nun herbei nnd suchte ihn ^egen
Tagesanbruch in Breiteoleld auf. Die Verhandlang blieb geraame
JmkrbftoMr fftr di« d*m(Mk» AnM* wd Hkriii*. N». SM. 14
Digitized by Google
208
Zum Uorhöüeldzug 1818.
Zeit ohne firgeboiB, weil der Kronprinz seine Armee snr linken der
MlüefliBeben als Staffel mrUekbalten wollte and seine BedefertiglKelt
so lange anf bot, bis Blttcber sie in drastisebem Unwillen nnterbraeb.
— Da wandte Carl Joban siob gesebtteidig an mem anderen
System. Er wolle ohne Sämnnis den veriaagten Angriff beginnen,
wenn Bitteber ibm dasa 80000 Mann 'ablirftte. Die Zomntnng war
ganz darauf angelegt, am sorttek gewiesen an werden, and Bittober
batte mit sieh za kämpfen, bevor er ein solches Opfer brachte.
Aber er flberwand ach. Die Oberlegang, dais er in drttngendeo
Umstanden doch seinen Einfloß aar Geltang za bringen Yennttehte, die
Korps Bttlow and Winlaingerode von selbst der Saohe dienen
wttrden, wenn sie nur erst anf dem Schlaebtfeide standen, dal»
scblielfiBeh selbst die seblesiBcbe Armee ohne Himatritt der Nord-
annee aa Untätigkeit genötigt sein kOnne, bestimmten ihn endlieb,
das Korps Langeron an ttberweisen. Als niebtsdestowenigef der
Kronprinz seinem Hedeflnfe weitem Lanf lieb, ohne zam Abseblola
aa kommen, da sersehnitt Bitteber bei dem sebon nahen Zeitpnnkt,
wo die Sehlaoht beginnen sollte, nogednldig diesen Wortsehwall,
Indem er Rtthle mit den Worten zorttek Heb: «Bringen sie mir*s
dgenbfindig Tom Kronprinzen anterscbrieben mit ond kommen Sie
bald naeh'' (N. A. IL 207—13).
Nach Blttebets Fortreiten befiehlt der Kronprinz, dab die Nord-
annee bei Taaeha ttber die Parthe geben and Yon dort sich gegen
die rechte Seite des Feindes, der den Flab besetat btc^lt, wenden
solle. Die Anweianng Ittr das Korps Langeron lautete dabin, diesen
Seltenmazseh za deeken, deshalb hinter den DOrtem Bfookan aod
PIOMD m dw Pwte «telwn zn bMbeo ond «eineo Übeixai« ent »■
erzwingen, nachdem der Kronprinz den Kampf jenseitB begonnea
hätte. — Die Bewegung ttber Taucha Terorsacbte schon fbr das
nächste Korps des Nordheeres eine Meile Umweg. Bb aber die
ttbrigen sich auf dem einen Punkte durchgezogen hätten und das
da^on abhängig gemachte Vorrttoken Langerons zur Austtthmng
käme, war das Hmscheiden des ganzen Tages, währenddessen die
Sohlaeht im Sttden tobte, zvl erwarten. Diesen neuen Versuch Carl
Johans, der entscheidenden Mitwirknog aaszuweieben, zenib Bitteher
dadureb, dab er ohne Zögern den t^bergang Langerons auf dem
nächsten Wege ttber Mockau herbeiltthrte und Carl Joban am
10 Uhr melden lieb, dab Langeron die weiteren Befehle jenseite
des Flusses erwarte. — Die Spitze der Nordarmee erreichte um
2 Ubr das jenseitige Ufer. Die Möglichkeit zum Fembleiben war
Carl Johan nun entzogen. Er gestattete Langeron den Angriff und
zeigte sieh persönlich im Feuer, lieb aber — während das Korpa
Digitized by Google
Zun Herbstfeldnig 1818.
209
Lane-pro!) das Schwerg:e\vicht des Ta2:es zn trafen hatte — vou
seiuer Armee unr Bruchteile in deo Kampf treten (N. A. II. 229 — 82).
Eine erwähnenswerte Koüe hat er in dieser n:iiijitst*hlacht des Feld-
zages ebensoweiii|2: als in den früheren Uberaummen. - Zur Be-
arteilönp seines Charakters wie seiner Feldherrnh'istungen frlaube
ich aber uoii so ausreichendes Material vorgelegt /n haben, dafs es
entbehrlich wird, solches dnrch Ansdebnen aof den Feldza«: in Däne-
mark und bis an den Hbein zu vermehren. (Gelegenheit dazu würde
iu Fülle geboten sein. — Schon im Waflenstillstand gab Napoleon,
der beste Kenner seines früheren Feldmarschalls, das e^ering schätzende
FrogDOstikon : Pour celui-la, il ne fera que piaöerl Es hätte am
Schlafs des Feldzuges nicht /ntreffender gefällt werden können.
Ebenso hat er das besondere Schuneu der schwedischen Truppen
und daraus herrorgehende Uneinigkeit voransgesagt.
Indessen bleibt noch eine Seite heraas zn heben, weiehe nieht
in den Bereich der bisher behandelten nnd berechtigten schwedischen
Politik ttUt, eine Seite anf der ich wieder von der Friederiehschen
Auffassung abweiche: die Stellung Carl Johans zn Frankreich and
den Franzosen.
MigoT Fiiederi^h (I. 349. 56) weist ab, dab Carl Johan den
Thron Frankreichs angestrebt habe nnd ans Sympathie ittr die
Fransosen in seiner Kiiegitthrnng beengt worden sei Dem wider-
sprechen die folgenden Akftenstttcke. Am Sl. Mai berichtet der ins
sehwedisdie Haaptqaaitier geschickte Migor Kalckrenth dem König
von Prenfsen ttber seine Unterredung mit Carl Jobaa: „Rohmsnoht
und tief eingewoxzelter Haie gegen Napoleon beleben den Kron-
prinzen ganz nnd erfüllen seine Seele. Ob Sehwedens Interesse aber
dabei allein zugrunde liegen mag, das mag wohl das G^imnia
seines Heizens sein,' was noch ni^and durehschant hal. Norwegen
ist wohl nur eine Art Bestechung zur Ermunterung seiner Nation.
Mir scheint^ dals die Reue den franzlMsoken Thron 1799 nicht für
sich behalten zu haben, was er — wie er sagt — konnte, nnd die
ihm nicht Himgespinnst seheinende Möglichkeit, dies Versehen unge-
sehehen zu machen, die einzige geheime Triebfeder seiner Hand-
lungen isf* (N. A. ]. 38). Die hier nur angedeuteten Hoffbnngen
hat Carl Johao spttter bestimmter wiederholt, wie ÄaCBeruogen
gegen den bntisehen Oberstleutnant Gooke im Angnst (Wilson,
Diary II. 74) und den rulsiscben Rocbechouart im September er-
weisen. Dem letzteren sagte er: „Frankreich braucht einen König
und zwar einen König, der Soldat ist. Das Oesohlecht der Bourbons
ist Terbraueht nnd wird nie wieder an die Oberfläche kommen. Wer
14*
Digitized by Google
210
Zum Uerbstfeidzug Ibiü.
aber ist besser für die FratuEosen geeignet als ieb^ (Boehecfaoiart
260). Im Noyember Iftbt er sieb dem Kaiser Aleiaoder direkt
durcb Fraa Sta«l nod Friedrleh Wilbelm doreh Kaickreotli für
den Thron anbieten. Des letzteren Sebreiben vom 22. NoTember laatet:
„Der Kronprinz hat mieb sogar beauftragt zd sagen, wie, Cslls man
80 gltteklieh sei, den Kaiser Napoleon rom Thron von Fraakreieh
hefabzastUrzen, AllerhOchstdieselben Tielleiehi seine persOnlieben
diesfiUligen Hofihnngen niebt aUzn kühn finden nnd ebensowenig
bezweifeln mOebteo, dals ftlr AJlerhöcfastdero Honarcbie seine Er>
bebung ffir einen sehr ▼orteilhaften Taasoh mit der Person des
Kaisers Napoleon gelten kann** (N. A. IL SI9. 20). — Und weiter
ergreift Carl Johan bei den Verhandlongen Uber den Waffenstill-
stand im Dezember sofort die Gelegenheit, nm aacb den noob eben
feindlieb behandelten KOnig von Dllnemark fttr dieses Ziel zn ge>
Winnen. Der Landgraf yon Hessen, €k>nTemenr Ton Sehleswig, be«
richtet am 11. Dezember seinem König: „Einen gro(sen Plan, den
der Kronprinz hat, erzählt mir Kammerherr v. Hedemann, um ihn
IhDPD zn vertraaen. Napole<m soU herunter vom Thron, and Er
will französischer Kaiser werden; nnd dann sollen Sie Schweden
auch erhalten" (N. A. IL 470).
Wenn solche Dokoroente jeden Zweifel Uber Carl Jobans Ab»
siebten aussohlielsen, so ist es selbstverständlich, dals seine Sympathie
bei den Franzosen war, nad daCs er vermeiden wollte, persönlieh
Im ELampfe gegen sie henrorzntreten, ihnen überhaupt wehe zn tun.
Daraas entspringt — neben anderen Triebfedern — sein stetes
Zurückbalten von tätigem Vorgehen, und aas keinem anderen Grunde
als aus diesem das Verhindern der Verfolgung nach den Schlachten
von (ir. Beeren und Dennewitz, bei der weder sein Kriegsrubni
noch schwedische Tnippen in die Gefahr gekommen wären, Rück-
schläge zu erleiden. Im Gegenteil forderte das schwedische hiteresse,
da!« diese Siege aufs äuiserstc aiisgennt/.t wurden. Das afjiallige
Urteil Pozzo di Borgos über die l.eitiinir <ler Schlacht hei Dennewitz
klang für Thorntoni so ungtheucriieh, dals er sich anfangs darin
uieht finden konnte «nd Pozzo aafmerksam machte, ein wie grofser
Luterijchied darin bestände, oh ('arl Joban die Schweden oder ob
er die b'ran/osen zu schonen bemüht gewesen sei. Pozzo erklärte,
dafs lieidp Neigungen gleichzeitig gewaltet hatten, jedenfalls der
Widerwille, den Kampf zu entscheiden nnd zu Ende zn bringen,
offenbar gewesen wäre und fast alle Generale in diesem Punkte
Ubereinstinnnten (N. A. II. BIO).
Der schwedische Kritiker Nordensvau sucht den ihm Landsmann
gewordenen Carl Johan in achtbarer Weise zwar zu rechtfertigen;
Digitized by Google
Zwn BerbatfeldsDg 1818.
211
anf die firOrtening des langsamen Vorrttckens nach den Siegon von
Gr. Beeroo ond Deimewits liUsl er sieh jedoch nicht ( in und zieht
vor, mch mit der Bemerk ang zu begnügen, wie aaffallend ond sohwer
verständlicb es wäre, dafs Carl Johan seinen Gegner entkommen
heüj ohne ihm einen ttthlbarcn Streich zu TerBeixen. Ein Loslassen
der Frcafsen, wo keine Gefahr vorbanden war, wo sie offenbar
Frttchte ihrer blutigen Siege ernten and die Bedrängnis des Feindes
vermehren konnten, hätte den Kronprinzen unleugbar in «in vorteil-
haftes Licht gesetzt. (KrigSTetenskapg Akademiens Handlingar. Uaj
1894. S. 278. 283).
Die hier dargelegten Tatsachen gehören nicht zur schwedischen
Politik, wie ich sie an der Spitsse dieser Abhandlung entwickelt
habe, sondern anter Carl Johans persönliche egoistische Ziele.
Schwedens Thron war ihm erwAnsoht, so lange sich ihm nichts
besseres bot; es kostete ihm keine Überwindnuir, das Land seiner
Wahl beiseite zu werfen, ihm die Treue nicht za halten, sobald sein
Begehr anderweit hllhere Befriedigung fand.
Ich gelange nun zu folgendem Schi ufs- Urteil: Carl Johans
System war auf einer l)reiteu Basis von Täuschung und Verhehlen
der Wahrheit aufgebaut, so dals es damit weit in den militärischen
Dienstverkehr hineinreichte und endlose Reibungen hervorrief. Seine
Absicht, die selbstverständliche Voraussetzung eines Kriejrshuodes
nicht zn erföllen, die darin besteht, den gemeinsamen Feind nieder-
zukämpien und dazu mit allen Kräften einzutreten, durfte nicht (er-
kennbar werden und machte ein Gewebe von Unwahrlieiten not-
wendig, das zunächst Widerspruch hervorrief und srhlifM'^lich mit
einem Übeln I rteil über den Charakter endete. Dazu trat eine
Furcht vor Napoleon und überhaupt ein Mangel an Wagemut, die
seinen Tütergeneralen fremd waren, und die mitunter selbst in kläg-
lii lit'fi Szenen zutage traten. Das alles schliefst die hohe Meinung
vou einer Feldherrn-Natur und ritterlichem Sinn ans. Es hieihen
vergebliche Versuche, durch Verseblei r-rn dem Bilde ein anderes
Ansehen zu geben, vielmehr Aufgabe der gesehirhtlichen Forschung,
durch Analysieren der Belege die Tatsachen Uber den künstlich ge-
schatlt'iien Nebel emporzuheben und fest/ustellen. ob Carl Johan
als Charakter und als Feldherr dieselbe Anerkennung beanspruchen
dari. die ihm in der schwedischen Politik zugebilligt ist. Nicht durch
ihn, soitdr ru trotz seines Widerstandes hat die Nord-Armee ihre Er-
folge errungen.
Die Gescbichte allein vermag dauerhafte Ehrenzeichen zu ge-
währen, und ihr fällt es zu, solche denen nachträglich zu verleihen,
die yon den Zeitgenosse verkannt worden sind. Aber sie soll
Digitized by Google
212
Zun H€flMNfeld«ig 1818.
auch den giftigen GrUnspan onechten Glanzes erkennbar machen,
die SUbne berbeitUhren für mifsbrauchte Gewalt. Die Menschen-
natur besitzt Empfänglichkeit fUr den Nachrabm, imd der erhabene
Beruf der Geflchichte beraht darin, ihn za gewähren oder m ver-
sagen, so wie ihn der Heimgegangene sich selbst bereitete. Damit
tibi gle aoi die Lebenden ihre erziehende Kraft aas. —
Es prttbrifxt eine Beiiiri kmifr zu zwei Arbeiten, die auf dem-
selben Geliiet entstanden siml. Der Kezeüseut im Mil. W. Blatt
(1902 Spake 2Ö53 ) tut ihren \ < ilassem Wiehr and SwederuR viel
Ehre an, Avenn er sie als „namhafte Historiker** bezeichnet. Beiden
sind eingehende Kritiken gewidmet (Mil. Lit. Ztg. Mai 1893 Sp. 1<S7,
nnd März 1882 ISp. 132), die noch heute ihre Gültigkeit haben, so
dals es gentigt auf diese zu verweisen.
Dem ersteren hat Major Friederich (1. ein Schreiben
des Kronprinzen an Büiow vom 23, Aagast 10 '/a morgens
entlehnt:
„In diesem Avgenhlick ist die Kaebridit eingielaafen, da(h
der Feind KL Beeren geränmt hat and auf Spntendorf vonn-
gehen sehünt. Diese Bewegung mols den General Bttlow
bestimmen, sieb nioht von Heinersdorf za entfernen".
Hit ßecht wells Major Friederich dieses Schreiben nicht mit
meinen Angaben in Einklang zu setzen, da es sich aaf falsche Nach-
richten attttzt In Kl. Beeren hat überhaupt kein Feind gestanden;
der Ort war yieknelir mit einem prenüsisclien Bataillon besetzt (N.
A. I. 272), ond ebensowenig bat zn der Zeil ein Yonrtteken des
Feindes anf Spatendorf stattgefnndeii. Damit wird der Zweifel bin-
föUig, welchen jenes nicht verwendbare Sebrdhen berrorrnft
Oer letztere Sohriftsteller Swederns fuhrt eine nicht angewandte
Feder; es fehlt ihm aber die erste Eigenschaft des Histoiiker»: Die
Abdcht, Wahrheit za finden and ans licht za ziehen. Man siebt beun
Vergieich mit den Urqaellen anf Jeder Linie die Tendenz, daroh
Vertaoschea Ton Ursache nnd Wirkong, dorch Verschieben der
logischen Gedankenfolge oder der Daten Carl Johan znm FeidhenD
ond Helden za schlagen» woza die Belege sich nicht herbeilassen
wollen. Zar Zeit der Abfassang seiner Schrift hatte et den Vorteil
▼oranS) die Stockholmer Kriegsaktea za kennen. Damit wird er es
endcfat haben, bei dentschen Historikern mehr Bedenken über gegen-
sütsilicbe Darstelinngen herrorzaralen ond mehr Einflnls zn gewinnen,
als seine Leistnng, besonders seine Tendenz, reebtferligen kann.
Jener Vorspning ist inzwischen einholt; ich habe die schwedischen
Akten eingesehen aad bei der Übermrbeitong der Geschichte der
Giiiiiloii-PelddiiluttbiiiigMi mit gwoliwlrteit Waffen. 218
l^ord-Annee verwendet, AnderuDgen im Swederasschen Sinne aber
dennoch nicht voraunehmen gehabt Vor der Benatznng von
s Uedems ist zu warnen, aaDser wenn er ein Aktenstück wörtüeb
abdruckt
Ich schliessr diesen Auibatz mit dem Anerkenntnis, dats Major
Friederichs Werk — ungeachtet der AoHStellangeu, welche ich zn
machen hatte — zu den wertvollen Bereicherungen der Kriegs-
G^cbichte gebort.
XL
GarnisoB-Fslddienstübimgen mit gemischtea WaffeL
Von
TM CMheBbMMi, Oberst z, D,
Ebe wir in die Betrachtung eintreten, Hei voransgesobickt, dais
das Gesagte die Verbältnisse so dantellt, wie sie m Mittel-, Slld-
naä Wesl-Deotseiilaiid oliwatten, wo der Winter mh seiner die Flor
sehatsendeo Sobneedeeke sehr kan ist, wo alles Laad in hoker
Knltor steht, Unland nnr wenig rorhanden ist Nor wo die Ver-
bltttniase so liegen, benrsehen die unten gesebildeiten Znsttnde,
stellen sieh aUe Sehwierigkeiten in vollem Ma&e ein, wihrend sie
selbstverstllndlieb zum Teil iortfallen, sobald die Gelände- nnd
Wiltemngs-YerbJUinisse deb gflosüger gestelten.
Es gibt kanm etwas Sehwierigeres, als die Anlage and Lettang
von 6araison*FeiddiensflllMingen nut gemisohten Waffen, wie sie die
Fel^dienstordnang Ziff. 30 aad 38 vorschreibt, nnd wie sie im
Herbst gleieh oaeh dem Manftver oder im Winter, wenn der Boden
hart gefroren ist oder im Hochsommer, wenn hier nnd da die
Ernte sehen teilweise eingeheimst ist, stattfinden. Die Sehwieiig-
keiten setzen sieh aas folgenden Faktoren sasammen.
1. Truppen. Wir nehmen an, dafs die Garnison ans einem
Infanterie-Regiment, einem Kavallerie-ßegiinent und einem Feld-
artillerie-Regiment besteht. Der Oberstleutnant des Infanterie-
jBegimente echlUI ?ea seinem Rommaadenr den Anftrag, eine Feld-
214
Gamisun-Feiddienstttbungfln mii gemuotiten Wafieo.
dieostübuDg anzulegen und za Ifiivn, bei wekhei das gesamte
lül'anterie-Refiriment; aofserdem Kavallerie ujkI Ftldartillerie in
beliebiger Stärke beteiligt ist. Die Anwendung von Flagi^mtruppeo
ist gestattet, aber bis auf die äulserste Nctvvetiuigkeit aü be-
schränk eu.
Da Kompagnien von 60 Gewehreu — und stärker köiiüen
sie im Herbst nnd Früh- Winter nicht aasrilcken — ein Unding .-.iiid
unu giinz unmögliche Bilder bieten, so verwendet er auf jed«*r Seite ein
Bataillon mit Kompagnien a 90 Gewehren. un*l ;^ibt auf der Seite,
wo er das Übergewichi wünscht, einige Flaj^genkompagnien zu.
Anders ist es auch wohl kaum zu machen; denn von dem Bataillon
aul der einen Seite z. B. 1 Kompagnie wegzuii» bmen und sie auf
der andern Seite zuzulegen, ist schon deshalb nicht ml^glieh. weil
dem schwächeren Detachement dann immer mehr aus Rücksicht für
den Schutz der Artillerie die Bewegungsfreiheit genommen wird.
All K.ivallerie wird auf jeder Seite eine Eskadron, au Feldai'tillerie
eine Batterie verwendet. Wir werden später Gelegenheit nehmen,
noch etwas näher auf die Schwierigkeiten einzugehen, die aus
dieser darch die Umstände gebotenen Zasammenstellmig der Truppea
entstehen. Einige Zeit später, im Dezember oder Januar, wenn die
Rekruten soweit sind, dafe sie mitlaufen kMuen, liegen die Ver>
hältnisse schon günstiger; man hat längere Harsch- Kolonnen, mehr
Kompagnien and kann ftof die Flaggentruppen verzichten.
Da die Trappen, am die es sieb handelt» nicht nnter einem
Befehl stehen, so hat es voriier sefaon grofee Scbwieiigkeitra gemacht,
einen Tag herauszufinden, der allen genehm ist^ Jetzt läfot sich
awei Tage vorher z. B. ein Yorgesetater der Kavallerie anmeldeiL.
Infolgedessen mala das Kegiment mitteilen, da& die Eskadron nicht
gestellt werden kann. Daa ist ein sehr onaiigenebmer Zwisobenfall»
Naoh oben gemeldet ist die Übung schon; das Wetter ist gttnstig.
Da laufen nun die Adjutanten hin und her, der Telegraph arbeitet;
es ist aber niohts zu machen. Noch nicht einmal ein paar Melde-
reiter sind von der Kavallerie zu haben. Endlich bietet sich da»
ArtUlerie-Begiment an, einige Patrouillen ond Meldereiter zu stellen.
Ist das Regiment, welches ptötitioh Abhaltung bekommt» daa
AitUlede-Kegiment, dann ist leichter Abhilfe gesohafit. Man ladet
auf einen Krttm perwagen 6 QeBchfita-Simulacres nnd gibt eine
Anzahl Kanonensohlttge daau. Was im Interesse des Q-lttckens und
Nutzens der Übung vom Standpunkt des Infanterie-Re^ents-
Kommaadeors ans verlangt wird, ist aueh auf diese Weise inr Not
sicher gestelli Im Gegenteil: im Omnde genommen ist ihm die
Sache nicht unangenehm; denn nun bat er Artülerie, und braucht
Digitized by Google
Uaraii^uii-FelddieastiUmugeu uiii i;ouiiBchten Waüua.
215
nieht aus seinem FoDds den Plonehaden zn sahlen, der eveni dureb
die wirUiehe Batterie gemaeht worden witre.
Wenn die Atiregang tu. der Obong Ton der KavaUerie oder
Artillerie ans gegeben ist, ond das Infanteiie-Begiment mnb aas
iifend einem Grunde absagen, dann ist niehts an machen; die
Obnng kann nieht stattfinden. Denn die Infanterie IttlBt sieh nieht
anr Not ersetsen, wie wir dies yon den andern beiden Waffen soeben
geaeigt haben. Die Trappen sind also besehafit, die Übung kann
stattfinden.
2. Anlage der Übong. Die „Kriegslage** bietet nicht weniger
Schwierigkeiten. £& wird ttberall als Hanptbedingong für die Anf-
gabensteUong verlangt^ dafs die Parteiftthrer vor einen eigenen
fintsohlnls gestellt werden ond wenn aach nor anf wenige Standen
anf die ihm anterstellten Kräfte angewiesen sind. Deshalb kann
man die Detaobements nicht als Avant» oder Arriere-Garden oder Seiten-
detaebemeDts denken, denn diese bekommen dnreh den Befehl
bestimmte Auweisuug, was sie zu ton haben, wo sie marschieren
sollen etc. Selbständige Detaobements von eiuigen KompagDien,
einer Eskadron and einer Batterie anf jeder Seite sind abw sehr
schwer in eine wahrscheinliche Kriegslage hineinzabringen.
Eine weitere Bedingung ist, dafs die Übungen nicht zo an*
strengend sein sollen. — Um die beideraeitigen Kavallerien einiger-
mafsen in Stand zn setzen, dals sie YOr dem Aafeinuudez^tofsen der
Detaobements Meldung schicken können, müssen die letzteren vor
dem Antreten mindestens 5 — 7 km aaseinanderstehen. Wenn man
dann die Kavallerien ^4 Stande frilber antreten läfst, wie die
Infanterie, dann stimmt es für gewöhnlich; natürlich kommen auch
Lagen vor, wo andere Malsregeln ergriffen werden müssen, am zu
vprhdtf'n, dals z. B. im Nebel die Detachements 80() m vor einander
auttauehen, ohne dals irgend eine Meldung vorher gemacht
worden ist.
Der einfachste Kall ist der, dals mau die eine l^artei am Tor
der Garnison antreten lälst, die andere 5 -7 km davon entfernt.
ÜaB ireht «hfr natürlich nicht immer; and wie oft passiert es, wenn
man ein günstiges Gefechtsfeld gefunden hat, dals man es nicht
gehraachen kann, weil man keine richtigen Anmarschwege finden
kann. Oder eine Eisenhalui, die bekanntlich nur an den Über-
gängen passiert werden dürfen, greift störend ein; oder der Bauer
hat über Nacht Ituben darauf gesäet etc. Femer soll mau doch
zur Mittagszeit in der Kegel wieder zu Hanse sein. Die Truppen
iii] Spatherbst und Winter vor Morgens 7 Uhr ausrücken /.u lassen,
tmpüebit aicii auch nicht. £>o sind die Hände überall gebunden.
Digitized by Go
216 Giralmii-Faldtfeiutttbimgen mit gemiflohfeen Waffeo.
WeoD Schoee gefalleu ist, liegen die VerbKltaiflse erbeblioh
günstiger; dann MbUtst dieser vor Flarocbaden. Troekner Fh»t Ist
wieder nngttnstig; man tritt nioht durch, aber die Halme der anf-
gegaogenen Fmcht sind brUebig wie Glas nnd werden gändioh
abgetreten. In Sttddentsehland wiedemm lülst der Baner nach ein-
geheimster Ernte seine Stoppel im Hochsommer nicht einen Tag
liegen, sondern er pflttgt sofort wieder, denn der Acker soll ihm
zweimal im Jahre teagen. — So kommt es denn, dafs man oft für
das Zasammentreffen der beiden Gegner auf den Exerzier-Platz
angewiesen ist oder aaf die zwei oder drei kleinen Sttlckchen
Unland, welche in der Umgebung der Garnison liegen und nattirliob
jedem bekannt sind. Und wenn man glaubt, die Aafgaben noch
so klng gestellt an haben, so heilst es doch schon am Tage vorher
in der Garnison: „Morgen Felddienstttbaog aof dem Exerzier-Platz
oder aof der Gänsewiese bei O . • . Nicht selten wird die Sache
fUr die ParteiftUirer dadurch vereinfacht, da& den Vorgesetsten
nichts daran gelegen ist, die Anroürsche auzaseben nnd sie Tcr-
langen, dafs es vorher im Parole-Befehl heilst z. B.: Zaschaaer um
9 " auf dem Gemeinde- Anger von D . . . Das heilst dann : Da
treffen die beiden Gegner zusammen. Dann kann man aber noch
so schöne Anf^rabeu Rtellon: sie marschieren doch beide von ihren
Sammelplätzen aas auf dem kürzesten Wege nach dem Gemeinde-
Anger von D . . .
Am Tt\<ro vor der Lbuns' bekommt der Leiteüde die Befehle
der beiden i^arteifUhrer. Da ist es nun auch ganz merkwttrdig,
was allp8 passieren kann. Es sriht näralich sehr viele Lentp. die
überall eine Falle wittern, die einer solchen Anfgai»r nicht hannlofl
gegenubertreten und infolgedessen aui ganz eig-entilmliche Lösungen
stofsen; oder solche die sich nicht die Präge vorleeren: wie kannst
dn aul die einfachste Art diese Aufgabe lösen? sondern: wo sit/t lo
der Aufgabe ire-end ein Wort, das vielleicht nicht pan/, klar ist?
Daran haken sie dann an, verstehen falsch und liefern die unf^laub-
lichste Lösung. Nun heilst es, durch Telegramme und Meldung-en
beiden oder einem der Gegner die Wege weisen, dafs er Uberhaupt
vorwärts marschiert u. ä. Ein Fall ist uns eriiHRrlich, wo der
Fuhrer der einen Partei, der durch die Aufgabe darauf hingewiesen
war, eine Stellnng zu besetzen, auf die Idee kam, Kehrt zu machen
und abzumarschieren, infolgedessen dann beide hintereinander her
marschiert wären.
3. Leitong. Oben sagten wir schon, die Aufgabe müsse so
gestellt sein, daTs jeder der beiden Partdftthrer einen selbstfindigen
Bntseblnfo fassen mols. Das letrtere kann nalttriioh nur an! G^ruid
Digitized by Google
Oamison-Felddiensttibimg^D luit gemischten Watieu.
217
der eintreffeDden HeldoDgeD geschehen und besteht gewöhnlich darin,
oh er weitennaisehieren soll oder Irgendwo halten nnd weitete
Meldungen abwarten oder eine Stellung besetven, ob er an einer
Krenznng angekommen^ rechts oder links manohieren soll, ob er
den kttraeien eingesehenen oder den weiteren nicht eingesehenen
Weg wühlen soll etc. IHe Sorge der Leitung besteht nun darin,
dals der Führer diese Meldung vor dem Punkt bekommt^ wo der
betreffende Entsehlulh gefUst weiden mufs, denn wenn er sie in
spät bekommt, so milsglttckt — da das Manohieren aulserhalb der
Wege des Flursefaadens wegen in den meisten Fällen nicht angängig
— unter Umständen die ganze Übung dadurch, dab sich die Gegner
entweder gar nicht treffen, oder dals sie sich an falscher. Steile treffen.
Dab aber die Meldung nicht m sjritt kommt, ist toots der schönsten
Berechnungen nie sicher gestellt; denn das mttlste ein meikwOrdlger
Wachtmeister sein, der den Patrouillen nicht die Privatanstnikdon
mit auf den Weg gäbe: „Heist mir die iYerde nicht ab! Beitet
sie mir nicht lahm! Und wenn 6 Kreuse auf dem Kurert stehen,
es wird mir nur getrabt!^
Es kommt wohl auch vor, dafe nach Empfong der Meidung
ein falseher Entschiuls gefalst wird. Nun wäre es manchmal Tiei*
leicht gaoB instruktiv, dem Schicksal seinen L*anf zu lassen. Das
geht aber unter keinen Umständen, denn die Vorgesetzten und Zu-
schauer sind doch um 9^ auf den Gemeinde-Anger Ton D . . .
bestellt. Da gibt es nun fttr die Leitung kein anderes Mittel, als
an die entooheidende Stelle einen Offizier zu stellen, der — falls
die Meldung durch die Kayallerie nicht schon gemacht ist — dem
Führer dieselbe ttberbringt. Dieser Offizier erhält dann oft noch
die geheime Weisung: „Sie sorgen mir unter allen Umständen
dafär, dab der Mi^or X den richtigen Entschlub fabt«.
Der grobe Moment ist gekommen, die beiderseitigen Kavallerien
haben Ftthlnng, die Gegner ziehen sich gegenseitig an; es bt sicher
gestellt, dab sich der Kampf da abspielen wird, wo man ihn liaben
will Wenn dies nun ein nicht zu bekannter Ort im Gelände ist,
to kann die Übung ganz natttriich verlaufen. Zu grolse Brdten-
Ausdehnungen, zu geringe Tiefen, namentlieb auch was den Abstand
der Artillerien von der vorderen Unie der Infanterie und von der
gegnecbchen ArtUierie anbetrifll, sind die Fehler, die fast immer
vorkommen, die aber in der KIdnheit der Detaehementa nnd der
geringen Stärke der Kompagnien ihre Erklärung finden. Auch der
Fehler, dab Flaggentnippen in vorderer linie verwandt werden, bt
meist nicht zu vermeiden. Die Kavalierie deckt gewOlmlich tatenlos
einen FittgeL
Digitized by Google
218 G«]itooii-FMddi0Qitttbi]Bg«n ndt gwrttiMihten WaiM.
Weniger natUrlieh ist der Hergang, wenn man genötigt iat^ das
ZnaamnieDlreffen anf dem Bzemerplatz stattfinden an laaflen. UnBere
Ezemerplätee Bind meist gänzlich eben. Die Waldungen und die Aeker,
▼on denen aie umgeben sind, dürfen nnter keinen Umsfttfnden betreten
werden, sondern gelten als ungangbares Gelände. An dem einen
Rande des Exenieiplatzes liegt nnn der eine der beiden Geger in
Verteidigongsstellung mit 4 Kompagnien 1 Eskadron and 1 Batterie,
der andere hat 7 Kompagnien und dieselbe Stärke an Kavallerie
nnd Artillerie. Der letztere ist als Angreifer gedacht; and nachdem
er seine Batterie anfiMrhalb den Exerzierplatzes auf einem Feld-
wege an einem gana nnwahrscheinlichen Plats, oder öfters (des Flnr-
Bchadens wegen) nur ein Gescbtttz in SteUong gebraeht hat, tot er
auch der Leitung, den anwesenden Vorgesetzten, den Zuschauern,
der eigenen Truppe und sich selbst den Gefallen und macht einen
schönen Angriff, obgleich or sich in Wirklichkeit wohl hüten würde,
über die freie Ebene nach der GeBamtlage der Verhältnisse au-
zogreiten.
Es ist nötig, hei der Wirkung der heutitriMi t cuei-wHllen auf
die daraus eutstelieude Verwirraug der l^i grille aufmerksam zu
machen; und das letztere ist ein recht unangenehmer Nachteil, der
diesen Übungen anhaftet. Wir glauben desh:i!b die dringende Not-
wendigkeit feststellen zu müssen, dais. wenn die \ erhaUnisse so
liegen, jedesmal bei der Besprechung ausdrücklich darauf hin-
gewiesen wird. Daun aber, wenn dies geschieht, kann ein der-
artiger Angrifl" auch unbedenklich gemacht werden: denn der Mann
in der Front und der gegenilberliegeude Verteidiger wollen auch —
wenn man sich so ausdrucken darf — für ihr Herumiauteu bezw.
die JErdarbeiten, iIk g( macht sind, etwas haben, die Vorgesetzten
nnd Zuschauer wollt n etwjis sehen; und der Ausbildung schadet es
auch nichts, weuu dtr im vergangenen Frühjahr vor der Bataillous*-
Besichtigung vielleicht des öfteren schon gemachte AugriÜ uocb
einmal gemacht wird.
Wir möchten uns zum 8chluls gegen den Verdacht verwahren,
als seien wir Gegner dieser Übungen. Das ist durchaus nicht der
Fall; im Gegenteil, wir halten dieselben für sehr notwendig, denn
sie haben viä Natsen im Gefolge, ünaer Zweek war nor, die
Sobwierigkeiten, mit denen die Leitung za kXmpfen hat» die niebt
n mmddeadeii Friktionen nnd die falieben Bilder, die dabei mm
Voncheln kommen, herronnheben. Der NotM» den die Obongen
bringen, ist lehr Tieleeitig:
Die Troppe kommt m einer Zeit, wo dien aonet Yielleiobt niebt
gesehieht, Tom Kasemenplate weg in das Gelibide, trägt mnmal
Digitized by Google
2ft BUtehtn Brief an den KOnif vob PtmOm.
219
wieder das Gepäck ond macht eben tQchtig^n Marsch ; gewöhnt sich
ferner daran, in zoBammengewUrfelten Verbänden marschieren
nnd zu kämpfen. Die Vorteile für die Anshildung der Offiziere sind
fast noch o:ri»Iser: Uie Üienstalters-Verhültnisse bringen eine andere
aln dip erf'wöhnHphe Besetziirsir f!or KnmnianfinstPÜen mit sieh.
Leutnants Uihrt ii KompafrnieD, Hauptleute tührf ii ÜtUaillone. Majors
tremisehteüetachements. wozu ihnen sonnt im Manöver keine Gelegenheit
„'t boten wird. Auch für die lU'^nnients-Kommandenre und die Oberst-
leutnants sind die Übungen sehr wertvoll, nni riif Lritunp zu
erleroeu, wozu sie «onst pr^t als Hritra(!r KominaiKii ur kommen.
Es kann deshali) hier mir der Wonsch aus^^rsproeheu werden, dals
die Ziffern 30 and 33 ner i^elddienstordimog tiberall recht gewissen-
haft und oft befolgt werden.
Xli.
Zu Blüchers Brief an den König von Preufsen
¥om 17. Juni 1815.
Von
jHliu8 von Pfloi^k-liarttiuig.
Von Wavre aus bat Blücher am Tage nach der Schlacht bei
Ligny seinem Könige Bericht erstattet.') Es heilst darin: ,^aer
Majestät Kriegsheer hat gestern einen UngltleksiaU erlebt; es ist
genöthigt worden, nach einem sehr hartnäckigen Gefecht im letzten
Angenblicky we die einbreebende Naobt schon alles sn beendigen
sebieo, vom SeUaebtfelde soiHekcnweiehen.'* Es haben blols diel Korps
daran teilgenommen, das vierte war noch niebt mr Stelle. ,,Ebenso
war die Armee des Henogs von Wellington wieder Vermathen ond
1) Ollech 162; Lehmann in der Bist. Zeitachr. Band 88. S. 284.
Digitized by Google
220 ^ BUolMn Brief «n dm KOnig timi PnvAeiL
Zusage noch nicht ^un f utrirt ^eno^, um ^leichmäleig gegt n dva Feind
mitwirken zo könntn. si( hat an dip'^^'m Ta^e /war ein Gefecht
g-eliefert, welches aiu i /um Ausjzaiii:»' des Ganzen nur wenig bei-
trat:» n konnte." Wer üen Briel genau durehliest erkennt, wie
.schriie r/.lich et< dem prenfsischen Hanptquartiere war, eine Niederlage
einjreatehen xu nitlsseu. Diese wir«! deshalb so milde als möglieh
hingestellt. Erst als alles schon glii 'klich beendet schien, mulste die
Armee nach hartnäckigem Gefechte weichen. Demnach nur „Gefecht*';
erst im nächsten Satze heilst es mehr stilistisch nebenbei:
3 ersten Ajttiee-Kor|is haben blos an dieser Schlacht Anthei!
geüonirrien". Aber ,,S(» unangenehm der Vorfall ist, so kann er doch
von keinen bedeutenden Kolgen sein". Als (rriinde des Milsg-eM'hn ks
werden genannt: 1. das Ausbleiben des IV. Korps, woniiier Uem
Könige die Aktenstücke nächstens vorgelegt werden, und 2. d>is
Ansbleihea Wellingtons, dessen Heer wider Vermuten nnd Zosage
noch nicht konzentrirt genng war. Wellington hat au demselben
Tage zwar aucli ein Gefecht geliefert, aber von gerinsreni Werte
für das Ganze. Tm preulsischen Hauptquartiere katmit muii Welling-
tons Kampf bei Quairebra^i noch nicht genügend oder unterschätzte
ihn, denn in Wirklichkeit sind dadurch über 41)000 Mann von den
Prenfsen abgezogen, was sie vom l'ntergange gerettet hat.
Zuerst Lehmann wies auf die Tatsache hin, dal's die beiden
Worte .,und Zasi^re • nachträglich eingefügt werden'). Kr sagt: beide
seien nicht etwa so leichthin gesehrieben, sondern nachträglich, also
nach reiflicher Überlegung hinzugefügt. Ich fafste die Sache in
meinem Aufsat'Ae: „Die Verhan(ilungen Wellingtons und HlUcbers auf
der Wiiiilmilhie hei Brye'*'^) etwat« anders, nämlich folgendermalsen:
„Da anzunehmen ist, daf^ ein Mann wie Grolman'') das \Vichti<re
sofort niederschrieb, so wird der Zusatz beim Nachprüfen au.> irgend-
welchen Gründen gemacht sein, dürfte an Wert dem l 'rsprHnglich#»n
mitbin nicht gleichkommen". In meinem Buche: \ otgochichte der
Schlacht bei Belle -Aliianee bringe ich S. 222 ff. f^ine Abhandlung:
,,Die Auffassung des preufsischeu Generalstabes von Wellingtons Bei-
stand", wo ich auslllbr lieber in dem gleichen Sinne auf den Gegen-
stand eingehe. Ich zeige, wie Grolraan in der geschichtlichen Dar-
stellung der Ereignisse gerade sehr i»bjektiv ist, wie der ursjirllng-
liche Text des Briefes sich mit neiner Darstellung deckt, dafs anders
aber Gneisenaus Ansicht gewesen, die sich zanebmend mehr gegen
») Hist Zeitschr 284.
2) H tstoriüches Jahrbuch 1902, 8. 94.
') Der Schreiber des Kottseptes.
Digitized by Google
Zu Blttehen Bil«f an den KOnig von Pnofimi.
221
Wellington wandte. Ich meinte deshalb: „Demnach erschiene nicht
nnwahrscheiDlieh, dafs der Nachtrag ,and Zusage' nicht aaf Grolmao
nirttckgehe, sondern vielmehr aaf Gneisenans Woosch erfolgt ist
Man darf nicht aufser Acht lassen, dafs die ganze Verantwortung anf
dem Chef des Generalstabes |rahte, und dals er sich durch das eine
Wort seinem Könige gegen1|ber stark entlastete'^') Näheres ver-
mochte ich nicht anzugeben, weil das betreffende Aktenstttok rerlieben
war nnd lange zorttckbehaUen wurde.
Ani' meine Bitte ist es mir jetzt 7on der Leitung des Kriegs-
arehives gUtigst zugänglich gemacht, und was finde ich da?^) In das
Orolman'sche Konzept hat niemand anders als Gneisenau selber die
entscheidenden Worte „und Zusage** mit danklerer Tinte and vdilig
abweichender Hand nachgetragen; und in dieser Form: „wieder
Vermntben nnd Zusage** sind sie dann in die Reinschrift an den
KOnig Übergegangen.') Meine Vermutung bat sich demnach in
einer so glänzenden Weise bestätigt, wie ich es kaum erhoffen
durfte. Dal's die beiden Worte von Gneisenaus Hand sind, kann
dem, der Gneisenaus Schrift in dem Briefwechsel an seine Frao^)
wochenlan<r unter Händeu gehabt hat, nicht zweifelhaft erscheinen.
Sie sind etwas flüchtig eingeftlgt, aber alles ist Gneisenanseh:
die HandfUbrung und die einzelnen Buchstaben, von denen d, z und
g am meisten bezeichnend sind. Wer nachprüfen will, braucht nur
den Brief Gneisenaus in demselben Manuskripte S. 193 fl. zu a' er-
gleichen. Kein anderer als Gneisenan oder Blttcher hätte auch wohl
das Konzept des Generalquartiermeisters dniehkorrigieren dürfen.
Mit diesem Nachweise gewinnt meine fr^m/e Uotersuohnng über
Gneisenans Anteilnahme in der Antfassnng Wellingtons eine bedent*
same Stttlse.
») Vorgesch. 229.
IV C. 8. II. 16».
3) Kbendort 189.
*) Befindet sich im Uneiüunauschen Archive icu Sommerscbenburg.
Digitized by Google
222
Die Lösung der FeldgeMhütasfrage in dea Niederlanden.
xm.
Die Losüog der Feldgeschfitzfrage id den Niederlanden.
Im Dezemberheft innn der „Jahrbücher* wai- gelegentlich der
dort gegebenen t^bt isit ht übt r lüf Kinführong des RohrrUcklaof-
systeiiis bei deu f eldartilierien der • uropHischeo Staaten mitgeteilt
wordeu, dafs aneh die niederläudische Kegierong sich für die Xeo-
bewaffonng der Artillerie mit Kohrrttcklaafgeschtltzeu und zwar
Kroppschen Modells entschieden sowie einen dabingeheDdeo Gesetz-
entwari deu Kamern vorgelegt habe.
inzwischen ist dii^ Annahnie flpKvplhvii m beiden Kammern er-
folgt nnd somit das Kruppsche KohrruekiaulgeschUlz auch in ÜoUand
Äur Einführung bestininit. Zwar hatte die ebenfalls an deu Versuchen
zur Auswahl eines neuen GeschUtzmodeilö beteiligte Rheinische
Metaiiwarcn und Maschinenfabrik auf die Entscheidung einzuwirken
gesucht, indem sie in einer an die Kammer gerichteten Adresse
gegen die Wahl des Kruppschen Modells Einspruch erhob und die
weitere Erproliung ihres Systems forderte. Diesem Gesuche wurde
jedoch nicht stattgegeben. In einer Antwortdenkschrift vom 6. Januar
1904 wies der holländische Kriegsminister dasselbe zurück, indem
er betonte, dafs auf (Irund genauer Studien und ausgedehnter
Vergleieiisv ersuche die Wahl bereits getroffen sei nnd es keinen Sinn
habe, die bereits abgeschlossenen Versuche wieder aufzunt hiuen. \ on
( iui r weiteren Erprobung einer Ebrhurdtschen Batterie könne daher
keine Rede sein.
Ans den fernen u auch technisch interessanten Ausführungen des
Ministers — welche hier wörtlich und voUstnndi^'^ wiederzugeben
der Kaum verbietet — wurde ersichtlich, mit welchen (rrlinden
die Rheinische Metallwaren- utid Maschinenfabrik ihr Gesuch
unterstützt hatte. General Bergansius stellte u. A. an der Hand
TOD Daten fest, dafs dieser Fabrik die beanspruchte Prioritftt
in der Konstraktion der RohrrUcklaufgeschUtze im Hinblick auf die
Konstruktionen der französischen Geschtltzindustrie und der Firma
Krupp nicht zuerkannt werden könne. Es könne auch nicht ZQ-
gegeben werden, da(s die niederländische Armee durch die Be*
stiebungen des Banrats Ehrhardt aaf artilleristischem Gebiete, be-
sondere Vorteile gehabt habe, und es sei nicht angängig, ans diesen
▼ermeintiieheD Vortdlen ein Beeht auf irgend welche Bel<Annng in
Form einer Bestelinng abzuleiten.
Auch die Uefening der Munition kfkme der Dllsseldorfer Fabrik
Digitized by Google
Die Lösung der Koldgeschiits^rage in den Niederlanden. 22^
nieht ttbertragen werden, da diese mit Aosnahme von '/s
foiderliohen SchiapnettB and Bämllicher Doppelzflnder, die von Kiap|>
geliefert werden, im eigenen Lande hergestellt werden soll. Übrigens
bestelle nicht die Absicht, die genannte Fabrik, welche berefts wieder-
holt bedentende Bestellungen zor Zufriedenheit ansgeftthrt habe, von
der Teilnahme an der Lieferong desjenigen ICaterials und derjenigen
Halbfabrikate aasmschlielsen, die nicht bei der Firma Kropp bestellt
zn werden brauchten.
Die Ansicht, dats bei den hoüändisehen Versuchen der Finna
Krupp günstigere Bedingungen gestellt seien als der Rheinischen
Fabrik, sei nicht richtig. Die den Fabrikanten bei der Einladung
zu der Eonkunenz gestellten Bedingung seien Tielmehr absolut die
gleichen gewesen, wie ihnen auch die Wttnsche Hollands bezflglicb
des Materials in ganz gleicher Weise zur Kenntnis gebracht worden
seien. Es habe also in der Hand der Düsseldorfer Fabrik gelegen,
ein diesen Wünschen entsprechendes Material zu stellen. Wenn
das nicht geschehen, so sei daran das Kriegsministerium,
welches die Bewerber Uber alle von Holland an das Material
gestellten Anforderungen genau informiert habe, nicht Schuld.
Übrigens btttten die Beschreibungen und Zeichnungen für das Ehrhardt.
Material die Bezeichnung „HoUlladische Modelle'' getragen, woraus
klar hervorgehe, dalia die Firma sieh mit diesen Ifodellen bemüht
habe, den Bedingungen für die holländischen Versuche zu ent-
sprechen.
In bezug auf die Gewichte der Kruppsehen nnd Ehrhardtschen
Versnchsgeschütze sei zn bemerken, dafo zwar das letztgenannte
Material etwas leichter gewesen sei, aber nicht so viel, dafe ein
merklicher Unterschied in der ManOveriettiUiigkeit beider Geschütze
za konstatieren gewesen wäre. Abgesehen davon sei es auf Grund
der bei den Vorversnchen gemachten Er&hmngen nicht unwahrschein-
lich, dab bei dem Ehrhardtsohen Modell eine Verstttrknng ver-
schiedener Lafettenteile htttte eintreten müssen. Es sei also die
Frage, welches Material sehlielslicb das schwerere geworden w8re.
Jedenfalls habe das von Ehrhardt an Norwegen gelieferte Material
ohne Schilde ein Gewicht von 1004 kg gehabt, wohingegen das
Gewicht des holUlndischen Krupp-Modells nur ca. 1000 kg mit
Schild betrage, also um 50 — 60 1^ geringer sei.
Gegenüber dem ihrem BCaterial gespendeten Lobe der Rheinischen
Metallwarenfabrik sei es am Platze, auf die Ergebnisse der in
Holland and in anderen Staaten abgehaltenen Vergleichs-
versuche hiozuw eisen. Scblielslich stellt der Minister in Abrede,
dals der Ausgang der zwischenKmpp und Ehrhardt sehwebendenPatent-
JaktMiter fir dMtMh* ArmM MtiliM. Ko. 10». IS
Digitized by Google
224
Die UHeaag der Feldgvflebtttefrago in den Niederlandee.
Streitigkeiten dem Bezug Kruppscher Rohrrttcklaofgeselilltze irgend-
vv( Iche Schwierigkdten in den Weg stellen könne, und spiiebt in
Übereinstimmung mit veiBohiedenen Abgeordneten die Überzeugung
ans, dafs an einer gewissenbaiten firfttilang deBVertragefl dorob die
Finna Krupp kein Zweifel sei.
Mit dieser vorstehend in AusBOg^ Widdergegebenen Antwort des
Kriegsministers erachtete die Kammer den erhobenen Einspruch für
erledigt und stimmte, wie bereits eingangs erwiüiot, dem Vor-
seblage zur Annahme des Kruppschnn Modells hei.
Hinsichtlich der Neu-Organisation der Feldartillerie wurde
beschlossen, dals statt der bisherijren 3 Regrinienter faiirender Artillerie
deren 4 formiert werden und zwar das Kegiment zu '2 AbtiMlanirnn
zu je 'A l'.itterien zu 6 Geschtltzen and 12 Munitionswagen. Kür
jedes Kegiment wurde ferner 1 Depot Batterie mit (> Geschützen uud
12 Munitionswagen vorf^esehrn. Das Korps reitender Artillerie sollte
2 Batterien zu je (5 Geschützen stark sein, denen ebenfalls je 1 i
Mnnitionswagen beizugeben Hcicn. Von einer Formierun;:
kleinerer Batterien zu 4 oder '6 Geschützen sollte vor-
läufig Abstand genommen werden, in Anbetracht dessen,
dals bisher keine ausreichenden Erfahrungen auf diesem
Gebiete vorlägen, und eine etwaige, später als notwendig
sich herausstellende Verringerung der GeschUtzzahl in der
Batterie leicht durchzuführen sei.
Ferner war dem Gesetzentwurf eine eingehende Darstellung über
den Verlauf und Aus-ua«; dt r btatlu -liabten Geschtttzvergleichsversuche
beigefügt, aus der folgendes von all^cnuincni Interesse erscheint:
Nachdem die seit 1895 unternommenen Vorstudien erledigt una
alle notwendigen Vorbereitungen beendigt waren, begannen im Jahre
1900 die Versuche mit Material der Firmen Schneider-Creuzot, Krupp
und Ooekerill. Eßerbei gelangte man zu dem Urteil, dats das Mate-
rial Ton Sebneider nicht empfohlen werden könne« weil weder die
bydropnenmatisefae Einrichtung der Bremse^ uoeb der VecBchlofe,
noch ecUieblieh die znm Nehmen der feinen Seitenrichtong dienende
Vorriohtong — Versebiebnng der Lafette aof der Aehse — die
Garantie ftlr gutes Verhalten biete. Dagegen schien das Kruppsche
und das CockeriUsche GesehtttK durchaus branehbarnnd empfehlens-
wert, doch wurde von diesen beiden dem Kruppschen der Vorzug
gegeben.^) Ebenso wurde auch die Kruppsche Munition in*
folge ausgezeichneter Beschaflenheit bevorzugt, während es von
der der beiden anderen Firmen heilst, dafs sie futt eine Wahl
1) Krupp hatte ein FedersporugescliiltÄ, Cockerill eiu Geschütz in
starrer Lafette mit liadschuheu vorgestellt.
Digitized by Google
Die LOfliiBg der FtoldgMobfltefrai^ in d«ii Niedtriaadea. 225
Stellt in Betracht kommen kamiten. Infolge der mangelhaften Qua-
lität der Sehneiderachen Hnnition hatten die Verenohe mit diesem
Material sogar einmal anterhroehea weiden müssen«
Im Winter 1901/02 worden die Versaehe mit Schneider- and
Kropp-Uaterial Ton neuem aolgeDommen, es trat als weiterer Kon-
knnent noch die Bheinitehe Metallwaren- nnd Masefaineniabiik in
Düsseldorf hinxn. Jede Firma filhrte 2 Modelle von Rohrrltcklanf*
gesehtitaen vor, die Firma Kropp aolserdem noch 2 Federsporo-
gesehtttae. Nach dem ersten Teil der Erprobung schieden diese
sowie YOD dem Hohrrttcklaafsystem die Konstruktionen von Ehrhardt
und Sebndder als nicht mehr in Betracht kommend aus, and die
Versuche wurden nnr noch mit den Kruppschen Rohrrückläufe-
sehtttzen weitergeführt.
Im einiehieD worde nämlich festgestellt, dals die Versehlufs-
systeme TOn Schneider ood Ehrhardt wegen fehlerhafter and nament*
lieh auch so komplizierter Ronstraktion nicht annehmbar seien.
Ferner lasse die Manövrierfähigkeit des Schneider^schlltses zu
wünschen ttbrig, uud seine RohrrUcklaufbremse stände ebenso, wie
die des EhrhardtgeschUtzes mit der des Kropp-Modells nicht auf
gleicher Höhe. Schlielslioh sei we it i das Ehrbardtsehe noch das
Scbneldersche Geschütz in bcznc^ auf rnhigeu Stand und leichte Be>
di^ung dem Krapp-Material ebenbürtig, das aofserdem darcb seine
gute nnd einfache Konstruktion eine Garantie tOr gute Erhaltung
biete.
Die nun folgenden weitereu Versuche mit dem Krupp-
schen Modell dienten gleichzeitig der Erprobung der Schutz-
scbilde, deren Annahme übereinstimmend nnd unbedingt
empfohlen warde. Das Versachsprogramm umialste 2 Fahrver-
soche von je 500 km aut hartem Boden, zwischen die ein Schieis-
versuch eingeschoben war, in dessen Verlaufe das eine üobr einer
Dauerschufserprobung von 1058 Schuls unterzogen wurde. Die
Versuche fanden im Herbst 1902 ihren AbschluTs und l)estäti^ieD
das bereits gewonnene günstige Urteil über das lüroppsche Material,
dem als besondere Vor/Uge zuerkannt wurden:
V'öllig ruhiger Stand der Laffete beim Schufs, bequeme Hand-
babong ond sehr einfache Zosammensetzung des Verschlusses,
gutes und sicheres: Funktionieren der RUcklaufbremse, gut-
geschützte Lage der Gleitiläche, aoi der das Kohr beim Schafs
zurückläuft, vorzügliche Munition.
Wenn, heilst es in der Denkschrift, es sich darum gehandelt
hätte, ein Geschütz nur in Hinsicht auf die ballistischen Eigenschaften
ZD wählen, dann wäre die Wahl schwierig gewesen, die Ver-
15*
Digitized by Google
226
Die Uttnng d«r PeldgMohlUifrm« in dea Niedfli-lttidftiL
saohsgeBchtttze in baUistuober Beziehnng Dieht so wesentUeh tod
einander verschieden waren. Der Sohwerpankt der Frage liege
jedocb nicht im Kohr allein, sondern Tor allem in denjenigen Fak-
toren, die das Wesen eines Schnellfeaergesch Otzes bedingen, d. b. in
der Konstraktion der Lafette mit der Rück laaf bremse, des Ver-
scblasses und in der Beschaffenheit der Miinilion, and gerade in
allen diesen Punkten habe das Krappsche Material sich dem der
anderen Konkurrenten entschieden überleiten gezeigt. Wir lassen
zum Schlüsse noch die Uber da8 angenommene Feldgeschütz mit-
geteilten Mal'saugabeu folgen;
Kaiiber des Rolirs 75 mm
Länge in Kalibern 30 „
Rohrgewicht 350 kg
Feuerhöhe 933 mm
Radhöhe 1300 „
Gewicht der Lafette G(H) kg
„ des abgeprotzten Gescbtttzes . . , 950 „
der aaagerUijteten Protze ebne Gerät*
schatten 8UU „
Schufftizahl in der Protze 40 »
Gewicht deä ausgerüsteten Geschützes ohue
Gerätschalten 1750 „
Gewicht der Granate bezw. des Schrapnells « 6 »
Anzahl FuUkugelii im Schrapueii .... 270
Gewicht einer solchen 11 ?
Gewicht der G< Ijützladung , 445 „
MUndungsgeschvviudigkeit 500 m
Schrapnellbrennweite 5(300 „
Flugweite der Granate 6400 „
Gewicht des ausgerüsteten Munitionswagens
ohne Gerätschaften 1800 kg
ScbaÜBzahl 104
QiObte SchalszabI pro GesebtUas in einer Minute 20
Stiirke des Niekelttablsebtids 8—4 mm.
Jedenfalls bedeutet die jetzt erfolgte Einfühlung t ines Kohr-
rUcklaafgesehUtzes in den Kiederiauden — welche nach mehrjährigeu
höchst sorgfältigen Versuchen erfolgt ist — einen neuen eklatanten
Sieg des liolirrUcklaufgeschützes. Und zwar eines RohrrUck-
laufgeschützes mit Schutzscbilden! A.
Unweliaii.
227
XIY.
Umschau.
FrttQkreioh.
Von General Andx6 veranlabte Dekrete des Präsidenten der Disziplmar-
Bepnblik rem 8. November 1908 haben sehr dnrobgietfende Äade-
rnDgen in die bisberigen BestimmaiigeD für die Dissiplinar-
rttte and das Ver&hren bei deneelb^ gebraehi IHe Dekrete
sind vom Staatsrat darebberaten, Tom Bjiegsmimster mit ^ Ads-
fitbrangabestimmongen yerseben worden. Die wesentlioben Ander-
QDgen des Dekrets vom 29. Jnni 1878» die sie entbalten, ver-
dienen bei den weitgebenden VoUmaebten der Diaaiplinarrttte
in bezog auf Vorschläge xnm Eiosebreiten des Kriegsministers
gegen Offiziere und des kommandierenden Generals gegen Unter-
offisdere eingehende Belenchtnng. Die Neuerungen gewinnen
ferner Bedentang dnreb den sehwebenden Fall des Divisions-
generals der Keserve-Sektion Gomnlier-Lnehiiöre, gegen den ein Dis-
zipUnarrat schon vor Weihnaefaten tagen soUte; man molsle das Ver-
fabrea aber aaÜBcbieben, weil das KriegBmlnisteriam die Hitglieder
des Disziplinarrats nicht nach den nenen, sondern nach den alten
Bestunmnngen berolen hatte. Die in der politischen Presse
Frankreichs einige Zeit verbreitete Ansiehti General Andrö habe
aus Parteilichkeit gegen den genannten Gieneral die neaen Be*
Stimmungen fttr die DIsziplinarräte veranlafet, mafo freilieh jedem
als Fabel erscheinen, der diese Bestimmungen mit den trttheren ver-
gleicht^ da erstere fkir den Besohnldigten sehr viel gtlnstigere Yer-
hsltnisse' schaffen. Im ttbrigen Ist der Disziplinarrat gegen den
General Comnlier-LAciniöre ans General N6grier als Vorsitzenden,
dem Blitgliede des oberen Eriegsrats Hetzinger, den kommandierenden
Generalen des Korps 2 (Lanes), 11 (Grisot) nnd 5 (Famy), gebildet
worden nnd lautet die von ihm zu beantwortende FVage: Verdient
General Comulier-Laoini^re zwangsweise verabschiedet zu werden?^ ^)
Wir führen die Frage hier gleich an, weil dies das Verstitndms für
den unten m berührenden Gang des Verfahrens erleichtert. FOr
Offiziere gibt es in Zukunft statt der 8 bisherigen Arten von Dis-
zifdiiiaiTilten nur noch eine, denDisaiplinarrat des Korpsbezirks,
der sich stets aus 6 Hitgliedem, davon das jüngste Im Bang des
^) Die EDtscbeiduug ist unterdcrs in Abwesenheit des Üescbuidigten
gefalleu.
Digitized by Google
228
Umsoüau.
Beschuldigten, aber älter als dieser, zusammensetzt. Die Generale
der Reserve- Sektion nnterstehen den Diszipiinarraten, w'w Offiziere
des BeurlauhtcD.staüdes. Aile Offiziere, die allein oder im Verein
luit anderen eiue Handlung: begangen haben, die zwangsweise Ver-
abschiednner nach sich zu ziehen vennagj können vor denselben
Disziplinarrut herufeii werden, dessen Zusammensetzung naturpremäfs
naL'h dem Dienstgrad des Beschuldigten wechselt. Bis zum Dienst-
grad lies Leutnants aufwärts ist der Voisit/* ude ein Oberst, nicht
mehr ein General. Um jeden Schein der Farieilichkeit auszuschlielisen,
hat der SLaatsrat Wert darauf gelegt, die Reihenfolge, iu welcher die
Mitglieder des Disziplinuirates kommandiert werden, genauer festzu-
setzen. Xaeh dem Dekret von 1878 hailf ü die Vorgesetzten des Be-
schüldi^'tt'U beim Durchgang der Klageverfiigung hezw. des Herichtrs
des Disziplinarrats nur die Befugnis, ihr Durchgangs- Visum beizufügen.
Der Kriegsminister bat mit Recht die Ansicht geltend gemacht und
durchgesetzt, dafs die Berufung eines Offiziers vor einen Disziplinar-
rat eine derartig entscheidende Mafsnahroc sei, dafs die Beifügung
des Gutachtens seiner direkten Vorgesetzten geboten erscheine. Diese
direkten Vorgesetzten können dann selbstverständlich nicht Mitglieder
des DiszipliDarrates sein. Nach den neuen Bestimmungen setzen die
kommanmerenden Generale nnr noch den Ort fest^ an welchem der
Diflziplinarrat tagen soll, nicht mehr das Datnm, dieses ordnet der
Vorsitzende an. Den Befehl znr Verweisung eines Olfiiiers Tor einen
Disnplhaarrat gibt der Eriegsminister, er schreitet nach dem Gnt-
aehträ des Disziplinairats anch gegen den Besehaldigten ein, er be-
stimmt auch (s. 0.) die Fragen, ttber welche das Gntachten des
Disziplinarrats sieh aassiisprechen hat. Dem Beschuldigten smd ab-
schriftlich der Befehl, der ihn tot den Disziplinarrat yerweist nnd
der Befehl fttr die Zasammensetanng des letzteren za Übergeben.
Hatis von der KommandierroUe fttr den Disziplinarrat, die im
Eorpsstabsqnartier liegt, abgewichen werden, so sind die Grttnde
dafür in dem Befehl für die Znsammensetzang genau anzugeben. Der
Beschnldigte bat damit die Möglichkeit, sich von der Gesetzmätsig^
kelt des ihn beurteilenden Disziplinarrats sowie der Form seiner Zu-
sammensetzung und Berufung zu ttberzeogen. In Gegenwart des
Berichterstatters erhftlt der Beschuldigte jetat auch Einsicht in alle
seinen Fall betreffenden Akten, während er früher manches eist in der
Sitzung des DiszipUnarrates selbst erfhhr und sich auf Widerlegungen,
Klärung der Verhältnisse etc., Bernfiing von Entlastungszeugen, nicht
vorbereiten konnte; er darf auch einen Verteidiger wählen, mit dem
ihm freier Verkehr auch dann zu gestatten ist, wenn er verhaftet
sein sollte. Dem Verteidiger muis Einsicht in alle Akten gegeben
Digitized by Google
Umsohaa.
229
werden und dem Berichterstatter wird es zur Pflicht ^'einaeht, nirht
nur die fUr den Beschuidigten uiigUustigen, sondern auch die lur
ihn günstigen Tatsachen genau testzustellen und sich in äeiuem
Bericht jeder Beeinflnssung der Ansichten des Disziplinarrats sowie
jeder Einschüchtennie: des Beschuldigten zu enthalten. In der Sitzung
mols der ganze lubalt der Akten vorgelesen werden. Im Gegensatz m
früher hat der Vorsitzende sich lediglich auf die Fragen (s. o. ) m be-
schränken, die in dem Überweisungsbefehl angeführt sind, der Kriegs-
minister kann aber bei einer Handlung: mehrere Fratren zur Beur-
teilung geben. Die neuen Bestimmungen gewähren dem Beschuldigten
zweifellos g-rölsere Garantien un I weiteren Spielraum für seine Ver-
teidiiiutiLT i iir die Truppen mi Felde gelten bezüglich Zusammen-
setzung" des Disziplinarrats etc. Soudersorschritten. Die Verweisung
vor einen Disziplinarrat ordnet hier der Armee-Oberkommandierende
bezw. bei einem selbständigen Korps der kommandierende General an,
bei Generalen als Beschuldigten aber auch hier der Kriegsmi nister. Bei
den Disziplinarräten für Unteroffiziere gibt es nicht mehr eine
abweichende Zusammensetzung, je nachdem der Beschuldigte einem
Truppenteil oder einer Anstalt angehört. Die Disziplinarräte haben
durchweg 5, nicht mehr 7, Mitglieder, davon das jüngste im Range
des Beschuldigten und älter als dieser sein. Die Zusammen-
setzung erfolgt nach dem Dienstgrade des Bezichtigten und mofii
die Kommandierung nach dem Dienstalter im Regiment bezw.
der Anstalt. Die Verweismig vor einen Disziplinarrat befiehlt der
kommandierende General. Bezüglich der dem BeBOhnldigten sn
macbeaden Mitteilaogeo, der Einsicht in die Akten, des Verlesens des
ganzen Akteninhalts In der Sitzung, der der Benxteilong so anfteiv
werfenden Fragen etc. gilt das bei den OffiKieren Gesagte. Die
neuen Dekrete regeln aneh das Einsohreiten gegen Unteroffiziere, M
deren Beorteilnng der Disuplioarrat niekt aof Kassation erkennt.
Unfterolfiiiere, die nodi niobk 15 Jahre dienen, sind so atlassen,
soloke die Uber 15 Jakre dienen, werden, onter Beibehalt der Pen-
^BsansprHebe, nun AnssebeideD veranlabi
Von dem groben, liier in seinen HauptzUgen schon berührten Aimekm*
Keformgeseteentwarf Messimy beginnt die poUtisehe nnd znm Teil auch ^q^^
die Fachpresse jetsl anannehmen, dals ein Teil desselben im Paria* eatwnif
menl beraten und Tielleiekt auch angenommen wird. Damit tritt flir ^'^•"buj'
die Beachtung in der Fresse der Gesetientwurf wieder mehr in den
Vordergrond nnd es ist von Interesse, die Urteile Uber die emielnen
Teile des Entwürfe herauszugreifen. Dafo die von Messimy in Aas-
sieht gestellten 185 MillioneD Ersparnis bei DorchfUhrong seiner
Vorlage auf die Kammer eine mächtige Anziehnngskraft ttben werden,
Digitized by Google
230
ünitehfttt.
ist Toranaxaseben. Trotzdem bekämpft aocb der grOiste Teil der
politisdieD und die ganze Fachprease Daohdrtlcklicbst stiDlichst die
von Hesaimy TorgescblageDe Herabsetzung der Iststärke der
Heimatarmee nm rand 6000 Offiziere, lOOCKK) Maoo, darunter
12000 Kapitulanten, die VerminderoDg der Zahl der Friedens'
einheiten der Infanterie nnd Kavalleriei Beseitigung des l^aias»
Venninderang der aktiven Generale TOn 800 anf 105, der Ärzte,
die tlberweisang des an Stärke za verringernden 19. Korp8
in Algerien uiul Tunesien »in die Kolonlal-Armee. Die Fscb*
presse weist Messimy starke Irrtümer nach. Unrichtig ist es
z. B., wenn Messlmy sagt, die Friedenskompagnien hätten im
Cadregesetz von 1875 einen Sollstmu! von 3 Offideren, 127 Mann
erhalten. Das genannte Gesetz gab jeder Kompagnie 82 Mann,
rechnete aber mit 18 Kompagnien pro itegiment, der 8oU-
staud von 127 Mann wurde durch Gesetz vom 25. Juli 1887 be>
Htimmt, wobei die R^menter aber nur noch 12 Kompagnien aof-
wiesen. Messiniy sagt weiter, dal's der iHtstand der Kompagnien
im Innern nur 108—110 Mann auf dem Papier betrage, bemerkt
dazu aber nicht, dal's mau 127 Mann haben rnttfiste, wenn man ui
den Grenzkorps nicht Kompagnien von 175 Mann verlangte.
Die Behauptung Messiniys. durch »einen Keformentwnrf erlitten die
„Troupes de couverture*' keine Sihwächnng, ist hiniäUig. Der
Entwurf setzt die Zahl der Friedenskompagnien pro Regiment auf 9^
pro Jägerbatailion von 6 auf 3 herab und macht dabei keinen Unter-
schied zwischen den Grenzkorps und den Korps im Innern. Er will
zwar jedem Korps 9 Uegimenter Infanterie anweisen und die Zahl
der Kompagnien bei der Mobilmaobnog verdoppeln. Für die Truppen
dicht an der Grenze, bei denen man mit sofortijjpra Ausrttcken rechnet,
kann die letztere Malsuuhme wenig Wert haben. Gegenüber dem
heutigen Stand vermindert Messimy's Vorschlag die Greuzkompagnien
von 175 anf löö Manu, streiclil auch pro Bataillon eine Kompagnie
im Frieden, Herabsetzung pro Bataillon 175 -f (3 X 20) ÖU = 235
Mann. Das heute in den Grenzbezirkeu 700 Mann zählende Ba-
taillon käme auf 4ttö Mann und würde, die Stämme für die neuen
Kompagnien bezw. Abgän<re abprerccbnct. kaum 400 Gewehre
zählen. Bleiben die 4. Bataillone der Regional- Kegimenter, als zu
Sonder/weeken bestimmt, aniser Betracht, so zählt z. B. das 6. Korps
heute 12, das 7. 10, das 20. ^, zusammen 80 Regimenter gegen 27.
die das Messimysche Projekt geben würde. Wie sich die Verhält-
nisse nach diesem gestalten würden, wird am leicbtesteu aus einer
(TegenUberstellung des heutigen Bestandes und des von Messimy
gc^planten klar.
Digitized by Google
Unucbau.
231
Heutiger Bestuiui:
6. Korps
12 l{«'giiiuiiti i zu \2 KoiiipagDien — 144 KoinpagoieD)
5 Jägerbatailione zu Ü „ =30 „
7. Korps
Ii) }?f'«jni!*nter zu 12 KoiQpagoieii = 120 KoiDpagnieii,
4 Jägerbataillooe 4 6 „ =24 „
20. Korps
8 Re^menter k 12 KompagDien s= 96 Kompagnien^
5 JägerbataiUoDe Ä 6 „ =30
Sa. 444 Kompagnien.
Friedensbestand.
Nach dem Vorschlage Messimy:
Korps 6, 7 aud 20 zu Je
9 Regimentern 4 9 Kompagnien = 243 Kompagnien,
14 Jägerbataillone k 3 Kompagnien =; 42 „
Sa. 288 Kompagnien,
ateo ein Minna von 159 FYiedenskompagnien.
Hienn kommt, dafs jetrt die Friedenskompagoie der
„Troopes de eonveitare** l&ö Mann besitzt, 444 Kompagnien also
rund 69000 Mann liefern, bei Messimy die Friedenakompagnie nacb
Abgängen aber höchatena 140 Gewebre aufbringen könnte, die 285
Kompagnien der Korps 6, 7, 20 also hOebttena rond 40000 Mann.
Bei den „Troupea de cooTertnre** tritt also eine Herabaetanng nm
rund 29000 Mann des Friedensstandea der Infanterie ein. Das wird
das Parlament niemals zulassen. Den einsichtigen Politikem
leachtet es ein, dafe man ohne Friedensstimme fttr Nenbüdnagen bei
der Infanterie die £inbeiteni die für sofortige Verwendung bestimmt
sind, nicht improTiaieren, die Zahl der Eskadrons der Dinsiona-
ka^aUerie nicht Tcrdoppeln kann. Beifall findet dagegen MessimTB Ge-
danke einer Vermebmng der Feld-Artillerie eines Armeekorps auf 30
Batterien im Frieden, je ein Regiment zu 6 Batterien für jede der 3
Diyisionen, 1 Kegiment KorpsartUlerie zn 12 Batterien, von denen bei
der Mobilmachung 3 als Stämme fttr Kenbildnngen dienen sollen.
4 X 23 = 92 Geschütze betrachtet man als eine zu schwache Aus-
stattung auArtillerielttr ein Armeekorps. Allgemeine Anerkennung findet
femer die Trennung des OfSzierkorps der Truppe und der techniachen
Laufbahn bei der Artillerie und den Ingenieuren und die geplante
£rriebtung eines Militftr-Ingenienrkorps in der Weise, dals einer
Zentraldirektion des Materials im Kri^sminiaterium SubdirektioDen
Digitized by Google
232 ^ ÜmMhaiL
fUr Waffen. Pulver, militärische Bauten and Befestigungen unter-
ständen. Allgemein anerkennend änfisert sieh die Fachpresse aaeb
ttber den Gedanken einer Reform des Generalstabsdienstes. Sie
weist darauf hin, dafs heute die Generalskabsoffiziere besonders hei den
höheren Tmppenstäben mit einer Unmenge von Arbeiten belastet
werdeil, die nicht in ihr Fach schlagen und dals die Vorbereitung
auf die ihnen im Kriege zufallenden Aufgaben darunter leidet. Sie
schliefst sich daher dem Vorschlage Messimys an, die General*
Stabsoffiziere in 2 Kategorien zu scheiden, Offiziere, die an der oberen
Kriegsschule und dann im Kommando zum Generalstabe das General-
stabsbrevet erwerben und alles bearbeiten sollen, was sich auf
Mobilmachung, strategischen Aufmarsch, Transporte und Landes-
Terteidigung bezieht, und Verwaltungsoffiziere, die nicht ganz das
dndy was wir unter Adjutanten bei höheren Stäben verstehen, Kor-
respondenz, laufendes Kechnnngswescn. Tagesbefehle zu erledigen
hätten. Widerspruch findet auch in der politischen Presse die Herab-
setzung der Altersgrenze für alle Generale auf 56 Jahre. Wenn die
politische Fresse dem Vorschlag, den Offizieren die Burschen zu
• nehmen und ihnen dnftir eine Eutschädi^an^ fllr Dieoerhaltung zu
gewähren, beipflichtet, so dürfte sich das Blatt wenden, wenn man
sich klar macht, mit welchen Mehrausgaben das Kriegsbudget fllr
diesen Zweck zu belasten wäre.
Zi\nlbcamto Um die Froutstärke möglichst hoch zu halten, hat der Kriegs-
im Kriegs- niinigter angeordnet, dafs nach und nach die Militärs als
Altere aus- Schreiber aus dem Kriegsministeriura verschwinden sollen,
scheidende Zum Ersatz wird zunächst das Zivilpersonal auf seine Soll-
off^re. ^^^^^ gebracht, dann treten aber auch Vereinfachungen des
Sehreibwesens durch umfassendere Verwendung von Schreib-
maschinen und Ersatz der Korrespondenz von Bureau zu Bureau durch
Ferusprecher ein. Den Militärbehörden ist aufgegeben worden,
zu erwäireii, inwiefern durch ähnliche Mafsnahinen bei ihnen eine
Verniinderunir des Schreiberpersonals aus der Truppe möglich ist.
Bis 7Air DurchtUlirung der 2jährigeu Dienstzeit will General Andr^
darüber Klarheit haben nnd die militärischen Schreiber soweit, als
irgend tunlich, den Leuten der fliltsdienste entnehmen. Bei denjenigen
Schreiberstellen, deren Inhaber mobil werden, würde man dadurch
nicht auf Ililtsdicnstleute zurückgreifen dürfen. Die Mnfsnahme der
Verminderung der Soldaten als Schreiber in der Zentral Verwaltung
hatte (Tcnf-ral Andre schon bei der letzten Entlassung des ältesten
Jahrir.iiii:s aiii^ehahnt. er setzt sie jetzt nur fort. Die Kritiken, die
im Senat i 1h ratung des (Tcsetzes hetreffend die 2jäbriL''e Dienf^t-
zeit^ in der Kammer bei Beratung des Kriegsbudgets über die Unzahl
Digitized by Google
Umaohaa.
283
von „tmhusqu^s** zu hören waren, mögen eingewirkt haben. Im
Gegensatz zu dem Verfahren, das Billot als Kriegsminister in dem
Knndschreiben vom 2ß. März 1897 gegenüber den 15 Jahre dienen-
den Unteroffizier eil empfohlen^ nämlich sie zum Ausscheiden aus der
Truppe zu veranlassen, sobald sie eine Zivilstelle nachgesucht —
eine Mafsnabme. die oft Unteroffiziere einfach auf die Stralse gesetzt
bat — beGtimiute General Andr6, dals die lö Jahre dienenden Unter-
offiziere in unbeschränkter Zahl in der Truppe als „commissiones"
ihre Zivilan-^-tellun^' abwarten aurten. Znr Aufnahme in die zur Vor-
bereitung von Unteroffizieren zu Olüziercn bestimmte Sektion der
Kavallerieschule in Saumur hatten sich fast 200 Kavallerie-Unter-
offiziere gemeldet. In militärischen Kreisen verlautete jüngst, dals nor
r?.^— 40 Aspiranten aufgeuouimeD werden .sollten. Da man in die
kav allerie-Sektion von St. Cyr 80 aufgenommen, so hallen wir diese
Nachrieht tiir eine auch General Andres hisheriiren Ansichten
widersprechende Fabel. Zugelassen sind ta.tsächlich 52.
Zu den im vorigen Bericht ihrem Umfange nach angegebenenf i^^m^^p ^]^^
Übungen der Leute des Beurlaubtenstandes im Jahre 1904 hat der^^^urlaubten-
Kriegsroinister unterm 21. November die Ausführungsbestimmungen^^^*^®^
erlassen. Wir heben aus denselben nur hervor, dafs zwar die Aus-
DOtznng der Übungsperiode für eine gründliche Wiederholung
des im aktiven Dienst, besonders ftlr Feldzwecke Gelernte in
erster Linie stehen, dabei aber doch bei der Bestimmung der
i bungszeit auf den bUrgerliohea Beruf, Ernte eto. Kttcksiobt ge-
uommeD werdea soll.
In seioer Sitoong yom' 23. Desember bat der Senat n. a. anch Krieg»-
das Rriegsbndget 1904 erledigt Der von ibm bewilligte Betrag
bleibt binter dem Ton der Kammer angenommenen um nind
4 Htl Honen znrllek. Bemerkenswert war in der Sitzung Tom
23. Dezember besonders, dafs es dem Knegsmiolster nicbt gelang»
im Kapitel 35 (Munition für Ubnngsawecke) die Wiedereiostellang
der Tom Ftnansaasscbnls gestrichenen 486600 Fres. zn erlangen,
obwohl er besonders naehdrUckUcb berForbob, data diese Summe
lUr die L6snng einer anfserordentlieh wichtigen Frage be-
stimmt sei, ttber die er sieb öffentlich nicht aussprechen dttrie.
Verworfen wnide auch der Antrag eines Senators, für Verbesserung
der Soldatenkost 13 Millonen mehr zu bewilligen und der Kriegs-
minister mniste sieb bequ^nen, in Kapitel 51 und 52, „Inyalid^ der
Armee", zunächst 30000 Fros. abzusetzen als Hinweis darauf, dab
diese Kapitel mit dem Aussterben der Invaliden, deren Erhaltung
durch den Staat pro Kopf jährlich 8500 Frcs. kostet^ Torsohwinden
Digitized by Google
234
Umaehm.
weiden.') Voo besondeiem Interesse sind die Angaben im Berieht des
Beriebterstatters für das Gesamtbudget 1904 im Senat, Dnbost, Uber
die Ausgaben für militäriscbe Zweeke im Jabre 190S. Wir stellen
die Hanptdaten bier zusammen:
Kriegsbadget 1903 681315494 Frcs., Naehtragskredit
dazn 15456899 Fres.
Marinebudget 1903 318111524 Fres., Nacbtragskredit
daisn 1021336 Vrea»
Militärische Aasgaben fttr Kolonien 90544704 Frcs.,
Nachtragskredit dazn 2375000 Ftcs.
Pensionen: Kriegsministerinm 103000000 Frcs., Martne-
minlsterinm 38673000 Fros., Ergttnznng zn Pensionen
4600000 Fres., anlserordentlicbe Znscbtt'sse zn Pensionen
4806504 Frcs.
Milititriseher Tdi des Soldes der Ehrenlegion 10918212 Ftea,
Zasammen Ausgaben ftlr militärische Zwecke 1264 978 709 Frcs.
Von diesen ZiSem interesstort vielleieht die eine oder andere iinseni
Reichstag namentlich aneh, wenn das neue MilitiLr^Pensionsgesetz zar
Vorlage ond Beiatnng kommt
ijuhn^r Uns vorbehaltend, ein Gesamtbild der vom Senatstext abweichen-
M«Dirts«tt im^^^^ Beschlüsse (leb Armeeausschusses der Kammer zo geben, ehe
Au^s«;huis. ^las Gesetz im Plenum der Kammer zur Beratung kommt, bemeri^en
wir heuU' nur kurz, dals der Armee-Ausschufs auch in der 2. Lesung
bei seinen Beschlüssen bezüglich der Auferlegung 2jiihriger Dienst-
zeit für die Zöglinge der militärisch organisierten Schulen, der Be-
messung der Kapitulanten auf des Sollstandes an UnterotfzIeieD
und '/j an Korporalen geblieben ist. Femer hat er besdmmt, daCs bis zu
4 ^/o des Kontingents (8000 Mann) junge Leute von 18 Jahren, die völlig
dtenstbrauchbar sind, vor dem dienstpflichtigen Alter eintreten und
nach 2 Jahren entlassen werden kOnnen, wenn sie die Elgnnng
zum Unterolffizier nachweisen. Bezitglich dar Zeit, za welch» Unter*
of&ziere mit einer entsprechenden Pension ans dem Heere ansschetden
BoH^ti, will der Ansschnifo noeh den Kriegsminist» hören, Aber 15 Jahre
hinaus aber nar ,,konzessionierte Unteroffiziere" um Dienst belassen.
Betreffend der Rekrotierang in den alten nnd neuen Kolonien hat ideh
der Aussehnb mit dem Kolonial'Minister anf den Senatstext geeinigt.
Aimüo Ini Jahre 1904 werden auf 2 Schauplätzen in Frankreich
Armee-Manöver «tattünden. Diejenigen des 7. und 8. Korps
1) Nach Iftngeren Verhandlangen swisehen Kammer tmd Senat hat der
KriegsminiBier schliefsllch dicht vor JalireMchlufe die meiaten Fordemngeii
bewilligt erhalten.
Digitized by Google
ÜBUOhtU.
235
(Besancon und Bour^e.s) wird der Vizepräsident des oberen Kriegs-
rats, General Bougere, leiten, die des 'A. (Kouenj und 4. (Le Mans)
Kor()s. dir in der Beauoe sUMudea, General Hugroo, Mitglied des
oberen Kriegsrate.
Zum 1. JaDoar weiden an Beförderongen in den höheren Dienst- b
stellen erwartet 5 zn Diviaioni-, 11 zn Brigadegeneralen, die Be-'^"^^^
tördernngslisten für 1904 dürften wesentlich kürzer aasfallen als für
die frtthereo Jahre, da die Absicht besteht, in dieselbe nur soviel
Offiziere einzatragen, als anter im allgemeinen normalen Verhältnissen
in einem Zeitraum toq 18 Monaten ftlr die Beförderang in Frage
kommen.
in seiner Sitzung vom 23. Dezember hat der Senat aach das Marine Marine-
bodget 1904 angenommen, aber doch nicht genau so. wie es der Marine-'^'^S®*'
Minister Pelletan erwartet hätte. Wenn man auch damit rechnen niul'8,i:rsatee8 der
dafs Pelletan so lange in seiner Stellung hleiben dürfte, als der „repabli- tlotten-
kanische Block'" im Parlament besteht, so ist doch andererseits nicht
zu bestreiten, dals ihm im Senat viel schärfer noch als in der Kammer
bei der Beratung seines Budgets Wahrheiten gesagt wurden, die nicht
gerade zu den angenehmen gehören. H^'zeichnend mul's es dabei
genannt werden, dals besonders die Atluiiralp Jaille und Cnverville
gegen seine Amtsführung die heftigsten Anklagen crlieben. Eigen-
mächtige Verwendung von Mitteln, die für die grolsen Flottenübninj-ea
ausgeworfen wap'n, rn anderen Zwecken, Unordnunsren in df r \ < r-
waltnnp-. Indiszijiliu nicht nur in der Verwaltung, sondern sogar im
Dienst an Bord. Entscheidnngen, die den l'titi r^-rljpnen «rrundsätzlich
dem Vorgesetzten gegen Uber Hecht geben, schlechte Ausnutzung der
ArbeitslLrafte in den Arsenalen — das sind einige der Punkte ans
einer recht langen Musterkarte von Anklagen. Bei seinen Versuchen,
von den durch den Fiuanzansschuls in seinem Budget gestrichenen
BeTräs-en einige wieder im Plenum des Senats in das Budget auf-
nehmen zn lassen, hat JClh tan auch starke ^icblappen erlitten, die
Vermehrung der Mechaniker und der Besoldung- der Arheitpr^i wurde
glatt ahueiehnt, so uaciidrücklich Pelletan ;nich für bit- < ifitrat. Man
wies ihn darauf hin, dal« man in Frankreich in 12 Millionen Arbeits-
tagen das an Arbeit If istc, was in England in 800000 Arbeitstagen
erreicht werde, daher sehr viel langsamer und sehr viel kostspieliger
baue. Nur nach 2 Richtuni:iMi hin hatte Pelletan im Senat einen
kleinen Erfolg zu verzeichnen, die vom Finauzausscbufs abgesetzte
Summe im Kapitf>! .. Ausstattung von Flottenstützpunkten" (280000 Frcs.)
wurde bewilligt und ebenso bei Kapitel 46 der Betrag von 347942 Frcs.
>j Letztere wurde später doch bewilligt.
Digitized by Google
236
UmsobiuL
für Martiniqae und die mobile Verteidiguiiir der weit entfeniteD Fiofcten-
stützponkte. Alles in allem hat Pelletan wenig; Ursache, mit deu
Verhaii(iluti-i n Uber sein Budget im Seuat zufrieden zu sein und für
ein nächstes Üudget haben verschiedene Senatureu ihm schun ao-
gekllndigt, dals sie ihm mit viel schärferen Waflen zu Leibe «rehen
wollen; Angriffspunkte bieten der Maiäoemlnister und seine Kiibiuetts-
chef ^enog. Im Übrigen hat sich Pelletan bereit erklärt, sSein
Zentralkabiuütt /.u reformieren. Auf das ,,Wie" darf man einiger-
mafsen gespannt sein.
Die bevorstehende Aiuiahnie der 2jährigen Dienstzeit fllr das
Laudhecr läiBt in französisehen Fachkreisen die Frage des Ersatz. es
der Flottenberaannuut; :iktuell werden undtreten nach dieser
Richtung hin ern.-^tere Bef Urchtuiiiren hervor. Der Ersatz der
franzfJsischen Marine, der heute im Darchschnitt jährlich V< 5UU Mauu
uiiitalai, — aber selbst wenn alles hlii la , wie es heute ist. steijreu
miifs. sobald der Flottenerweiterungsplan \oi\ 1904 zur DurchlUhi ung
gekoiiuaen — fliefst aus 2 Quellen, ans der Eiubchreibun der
seemännischen Bevölkerung, die im Durchschnitt äOOi» Mann
liefert und ans Freiwilligen, die sich auf .Inhre meldm und heute
im Durchschniti mit 4500 Köpfen jährlich / ir Einstellung komnuni.
Der Text des Gesetzes, betreffend die ::jahrige Dienstzeit, wie er
vom Senat angenommen ist, enthält bezüglich des Ersatzes für die
Flotte nur den Hinweis, „die Ergänzung d<'r Marine findet nach den
für diese geltenden Sondergesetzen statt". Im Parlament und in der
politischen Presse tritt aber das Bestreben hervor, das eine von
diesen Gesetzen, die „Einschreibung der seemännischen Bevölkerung"
vom 24. Dezember 1896, zu ändern bezw. dessen Bestimmungen zu
beseitigen und man darf nicht vergessen, dafs Lanessau als Marine-
mimster a. Z. mit dem Voracblag an das Parlament herangetreteo
ist^ die Pfliohtigkeit der EiugescbriebeDen der seemännischen Be-
▼Ölkemog Ton 5 aof 3 Jahre herabzneeteen. Im 4. Jahre sollten
die Ijeate dann allerdings fittr besondere AnsnalimeföJle noch xnr
Verfügung des Biaiine-Biinisters bleiben. £ine Eotsebeidnng: des
Lanessansehen Voraeblags ist damals nieht erfolgt. Das Schlag-
wort von der „Gleichheit aller Franzosen vor dem Rekmtieniugs-
gesets** kann jetsst andere Ergebnisse liefern. Wir kommen weiter
unten aof die Frage der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer Be-
seitigung der Institntion der „Einsebreibnng der seemännischen Be-
vOlkemng", bezw. aneh einer Herabsetzung der Pflichtigkeitsdaner
derselben znraek. Hier sei znidtehst der 2. Eirsatzqnelle, der Frei-
willigen gedacht Ihre Einstellung erfolgt, da das Rekrntienings-
gesetz Ton 1886 bei Annahme der 2 jährigen Dienstdaner hinfällig
Digitized by Google
UnnohKi.
237
md, auf Onind des OeBetees vom 22. Juli 1886. Es enebeint
mehr als fraglieb, ob maD bei 2jiUiriger Dienstieit fVa die Armee,
mit dtti bisbeiigen Zngmittebi, wie erhöhtem Sold, auskommt^ am die
erforderliehe Zahl — die eyentaell vennehrt werden mnfs — vaa
IMwilligen auf 5 Jahre fOr die Marine sicher va steilen. Die
höhere Besoldung konnte sngkrttitig wirken, solange der Untersobied
zwischen dem an Gefabren und Anstrengongen doeb reicheren Dienst an
Bord nnd dem Dienst an Land 2 Jahre betrog, wird als Zogmittel
schon sehr fraglicb, wenn der Untersobied 3 Jahre beträgt, znmal
der Marinedienst die Leate auch weiter von der Heimat entfernt.
Man wird bei 2 jahrigem Dienet in der Landarmee wohl daza kommen
mUssen. die Dieastdaner in der Marine unter Beibehalt der höheren
Besoldon«: abzukürzen, oder aber die Besoldaog sehr viel höher zu
stellen als bisher. Mit dem Moment der Abkttnsnng der Pflichtigkeit
der FrehvilH^en auf 8 oder gar anf 2 Jahre mUrste die Zahl der
iäbrlicbeu KinsteUongen an solchen erheblich wachsen. Je «röfser
der Bedarf, um so gering» aber die Aussiebt ihn mit den bis heute
gewährten Vorteilen sicher zu decken. Auf 2 Jahre die Dienstdaner
absnkttizen, ersoheiot im übrigen unzulässig, schon 3 Jahre reichen
kaom ans, einen unter allen Verhältnissen und auf allen SchiiTsarten
brauchbaren Matrosen heranzubilden, Spezialisten mUsscn aber allein
11 Monate die Spezialschulen besuchen. Man rechnet in Fachkreisen
Utt allgemeinen damit, die Leute erst nach 13 Monaten an Bord
grofser Schifte zu nehmen, wo der Freiwillige zunächst ilann anob
noch einiger Zeit des Einlebens in die völlig veränderten Verhältnisse
bedarf. Man braucht in der Marine, bei ihren Anfgaben. die Kolo-
nien, den Handel in fernen Gewässern zu schttts^n, wenn man sich
nicht zn oft sehr kostspielige Ablösungstransporte anfbtirden will,
Leute, die aaoh aufserhalb der heimischen Küsten längere Zeit an
Bord bleiben nnd als solche könnte man doch Freiwillige, die nar
2 Jahre dienen, nicht wohl betrachten. Um eine Verpflichtong zn
lüngerer Dienstdaner als im Landheere von Freiwilligen yerlangen zu
kdnnen, wird man aufser höherem Sold auch noch Prämien gewähren
mUssen und diese Art der Ergänzung der Marine würde eine aulserordent-
lich kostspielige werden. Beseitigt man aber die Institution der, .Ein-
schreibung der seemännischen Bevölkerung", so ist man Icdi^'licii
anf Freiwillige angewiesen, von der seemännischen Bevölkeriiog
würden dann sehr wenig Leute in der Kriegsmarine sieb anwerben
lassen. Diese brauchbaren Elemente tinden auf TlandelsschiflVn
lohnende Beschäftigung und können, nach 2 Jahren Dienstz«3it im
Landheere, auch auf diese zurückkehren, 2jähriger Dienst an Bnrd
genügt für die seemännische BeTOlkenmg ans den oben angedeuteten
Digitized by Google
238
Gründen nicht. Nach dem Gesetz vom '24. Dezember 1806 währt die
Pliichti^keit der seemännischen Bevölkerung 5 Jahre, in Wirklichkeit
schwankt die Dienstzeit zwisobeo 40 und 50 ^MtHiaten and betraf
gegCBwärtig 44 Monate. Gerade in diesem Spielraum in der Bemessung
der Dienstdauer hat das Marine-Ministerium die Mögrlichkeit der Elastizität
des Iststandos, die geboten erscheint, da die Marine ja auch dazu
kommen kann, im Dienst der Dipiomulie ohne Aufsehen erregende
Vorbereitungen einen Druck au.sUben zu niüssen. 1900—1901 ge-
nügte bei dem Ohinakrie«r ein die Dienstzeit etwas aus-
dehnendes Dekret, um im äufse rsten Osten 8000 Mann Flotten-
bemannun^ Uber den normalen Staad hinaus halten zu können.
Hätte mau nur ein Gesetz, wie dasjenige v(m 18V>9 zur Verfügung
gehabt, so wäre ein Mobilmachnugsbefeh I nöti^»- gewesen, der die
politische Lage oft sehr zuspitzen kann. Hinzu koiamt, dals die Ein-
beorderun^'^ von Reservisten in die Itui gerlichen Berufsarbeiten sehr
viel tiefer einschneidet, als ein län<;eres Indiensth allen von schon an
Bord behndlichen LeutLU im Kähmen ihrer Pflichtigkeit. Setzt iiiau
aber die Ptiichtigkeit der seemännischen Bevölkerung auf 3 Jahre
herab, so mufs die jährliche Ersatzquote, die heute ^/s beträgt, auf
steigen. Da man aber der seemänDlscben Bevölkerung schon
alle Tanglicbeu entnimmt, so mttlste man das Mehr aas Freiwilligen
schaffen and itame damit in eine schwierige Lage. Die Flotten*
bemannang isthente eher zu gering als zu hoch, das Nordseegeschwader
läist man sohon V2 anthätig, mit dem Ifittelmeergeschwad»
hatte man ähnliches tot.*) Eine längere Pflichtigkeit der seemSnniachen
BerMkenmg ut aber aneh gerechtfertigt gegentlber den der Ein-
geschriebenen gewShrten Vorteilen: Fisehereigerechtigkeit, Pension
mit dem 50. Lebensjahre, wofttr der Staat jäbrlieh nind 18 Millionen
aufwendet nnd die sieb aneh anf Witwen nnd Waisen eistreekt.
Man wild anf die Institution der nfiinsohreibung" mit Iftngerer Dienst-
zeit, als bei der Landarmee, nieht reiziehten kennen. 18
Es finden in diesem Jahre an zwei Stellen Armee-ManOrer
statt: 1. im Osten unter Oberleitung des Gleneral BrngÖre, Vize-
VorsitKenden des Oberkriegsrats, 2. im Kordwesten unter Ober-
leitong des General Hagron, Mitglieds des Oberkriegsrats.
An den Armee-ManöTern im Osten nehmenteil: VII. Armee-
korps — BesauQon, Deekherr, VIU. Armeekorps — Bourges,
Ban, 7. KayalleriediTision, Melun, Bnrnez, 8. Kavallerie-
M Au <Ur Hemannunc^ dos nach Ostasien zu entsendenden Krou/.ers
üully fehlten am 16. Dezember von 617 Mann 250. Man hat sie aus dem
ganz«! Mittelmeergeschwader zusammengeleaeu.
Digitized by Google
ümaohM.
289
(iivigion (provisorisch in Dole). Ferr^. MarRchdivIsion. bestehend
au8 5. Brigade Koionialinfanterie. Marschbrigade 2 Bataillone Zaaven,
1 Falsjäger, Divisionsartillerie von der 19. Artiileriebrigade.
An den Arraee-Manövern im Nordwesten uehmen tnil:
IIJ. Armeekorps. Ronen, Serviere. TV. Armeekorps. Le Maus,
LaJleoient, 1. Ka\ aileriedivision, Paris, Valentin de la Tour.
Divisions-Manöver von 14 Tagen Dauer finden beim I.
(LUle), V. (Orleans), VI. fOhalonsi, XI. (Nantes), XVI. (Montpellier),
XVII. (Toulouse), XVUI. (Bordeaux). XX. (Nancy), Armeekorps,
sowie bei der 4. Infanteriedivision, Brigade-Manöver von 12 Tagren
beim IX. (Tours). X. (Kennes), XII. (Limoges). XIII. (Clermont
Kerrand), XIV. (Lyon), W. (Marseille) statt. Die 3. Infanterie-
division hat diesmal keine Manöver. Die Trappen auf Korsika Üben
10 Tage.
Auf Troppen-ÜbuQgspiätzen werden sich in 1904 befinden:
Sissonne I., II. Armeekorps, Mailly XX. und 9. Infanteriedivision
vom V., Chälons VI. und 3. Infanteriedivision vom Ii., Coetqnidan
X. nnd XI. Armeekorps, La Coortine Xil. and Xlli. Anneekarp«,
Larzac XVI, Armeekorps.
Ein grölseres Kavalierie-ManöTer von Ii Tagen halten
die 2. nnd 3. KavalleriediTiflion (erstere Luneville, letztere Chälous)
anter Leilnng des Präsidenten des teobnischen Kavalleriekoniit^ ab,
Divisionsgeneral Ponllean. Die 4^ 5. nnd 6. Karaileriedivision
(Sedao, Keims, Lyon) haben jede 3 DiyisionflmanOTer von 9 Tagen
Dauer. Diejenigen Kavalleriebrigaden der Armeekorps, weiche nicht
au Armee-ManOvem teilnehmen, haben dnrch 8 Tage Brigade-
Evolutionen und nehmen an&erdem an den HerbstmaottTern in ihren
KorpsbeziriLen teil.
Spexialmanöver haben statt in den Alpen, den Vogesen, in
Algerien und in Tnneslen.
Die Kolonialtrappen nehmen nach Maisgabe der vorhandenen
Mittel an den ManöTern in der Begion des Armeekorps, In der sie
stehen, teil. Ausgenommen bleibt die 5. Koionial-lnianteriebiigade.
Die Infanterieregimeoter rtteken mit ihren 4 BataUlonen
ans, aasgenommen nnr diejeuigen, bei welehen keine Kompagnie des
4. Bataillons normal aafgestellt ist
An den Manövera nehmen nicht teil: die 4. Bataillone vom
Infimterieregiment 138 (Paris), die vom VL, VIL, XX. Armeekorps,
welehe In Festangen oder Forts der Grensregionen stehen, das
159. Regiment nnd die Bataillone der Beglonalbrigade von Lyon,
welehe In den Alpen stehen.
iihiMalMr Ar dl* taitNto AiM« vaA MmIm. H«. tW. 16
Digitized by Google
240
UmMbBn.
Oas Regiment 145 mandmerk mit einer der DlTinonen des
I. Armeekorps.
Die Bataillone der Fnisjäger nehmen an den Manüvem ihrer
Armeekorps teil Sekott.
Italien.
Ifitteüungen Bd Beginn der Arbeiten der Zentralkommlssion für die Zn-
förderuQ sammenstelinng der Befördemngerorsehlttge hat der neue Kriege*
«ifl^im. miniater Pedotti eine Weiaong erlaaaen, die als eine Erweiterong der
Bestimmnngen dea § 80 der Instruktion Ülr die AofsteUang der
Qnalifikation8*Beriekte betrachtet werden mnls und in der Armee
dankbar empfanden werden wird. Naob § 30 soll den Offizieren
▼on besonders günstiger oder besonders ongttnsliger Bearteilnng im
Eignimgsbericht Kenntnis gegeben werden. General Pedotti hat nun
der Zentral-Komnteion Weisung gegeben, täglieh den interessierten
Offizieren direkt ron den über sie gefällten Urteilen Naehricht zu-
kommen zu lassen. Somit wird rechtzeitig jeder späteren Ent-^
tänscbung ▼orgebengt, die betreffenden Offiziere wissen, was sie im
kommenden Jahre nnter normalen Verhältnissen zu erwarten habea
und JLtonen dementsprechend Entschlüsse lassen. — Ein Rundschreiben
des Kriegsministezs an die Truppenkommandeure betrifft den Gang^
der Jahresansbildong, ändert die bestehenden Reglements nicht ab,,
gibt aber Fingerzeige für ihre zweokentspreehende Anwendnng, be-
tont die humane Behandlung der Leute, das Einwirken auf das
moralische Element, will auch die Schulbildung weiter gefordert»
die Analphabeten beseitigt sehen und verlangt, dats jedem ftb* die
Ansbildnng Yeranfewortiiehen auch die ihm ankommende Selbständigkeit
gelassen werde. Ein anderes Rundschreiben verbietet den Tmppen-
kommandeuren Sammlungen bezw. Abzflge bei ihren Offizieren zu
Zwecken yon Geschenken, Festen, Gastereien zu gestatten, da sie
daau bei ihrem geringen Solde nicht in der Lage seinen. '
Aufthebong I'^r am 8. Dezember vom Kriegsminister der Kammer Torgelegte
'^^isS!^ Gesetzentwurf, betreffend die Aushebung des Jabiganges 1884 unter-
scheidet sich Ton den entsprechenden Vorlagen für die Voijabre nicht.
Bemon- ' D&e Remontcdepot Pahnanova gibt brennt, dafo die Remonte-
tiernng. Kommission in Zukunft kefaie 2jähr]geu Fohlen mehr kaufen und ihr
rorgeftthrte branchbare Wallache hoher im Preise stellen wird.
Finanz. Bei dem Bericht Uber die Finanzlage hat der Btinister LuzzattL
bericht. fur 1904/05 mit einen Überschols von 7222000 Ure gerechnet
^Mlrin^'"' Aus der Tatsache, dafs Kriegs- und Marinebudget 1904/05 hi seinem
hndget Bericht mit keinem Worte erwähnt werden, kann man ersehen, dals-
1904/06. ^^j^^ Budgets als „konsolidiert*^ betrachtet und eine Darlegung der-
Digitized by Google
Umsohau,
241
gelben seinerseits nicht mehr für nötig hält Aus dem Bericht des
Ausöchusses tUr das Marinebudget 1903/04, dessen Beratiuif? im Senat
bereits abgeschlossen worden, ist herrorzaheben, dals der Ausschuls die
Forderung einer Venuehrung des Seeoffiderkorps um 20 Linienschiffs-
leatnantSydie nil der vemelurten Sohiffbsahlbegrilodet worden, ablehnte,
in EA|4tel 28 daher 70000 Lire absetete, darauf liinwdfleiid, data Im
Aneoal- und ttberhaopt im Landdienst sn viel 0£Bzieie dieses
Dienstgrades kommandiert seien. Der UntsntaatBsekietftr im M arine-
ICinisteriam ist znrttolcgetreten nnd dnrch den Kapitlln snr See Anbry
ersetat worden. Die fieratnug des Marinebndget im Senat begann
am 9. Dezember mit einem VertranensfOtom für die Marine in der
Annahme der Tagesordnung Cassevaro, naebdem mn Milsverständnis
des früheren Ministers Modn anfgeUArt worden. Das war ein kleines
Pflaster für die in den letrten Monaten in der Presse einer gewissen
Ittobnng so nngereobt beorteilten Marine. Ober Toranscbiag für Kriegs-
nnd Marinebndget 1904/05 im nächsten Berieht
Der Staatssoscbufs ftlr Eritrea bat 1908/04 7 230800 Lire d. Erithrea-
h. 400000 Lire weniger als im Vorjalire betragen. Um die Gesamt- Kud^^et
einnähme ni erhalten, mnls man noeh 2369200 Ure Einkttnfke ans
der Kolonie hinsnreehnen. Diese total 9600000 Lire Terteilen
sieh bei der Aasgabe mit 2595000 Ure anf die ordentlichen Ans-
galien der Verwaltnng, 1658110 Lire fttr Offentliehe Arbeiten,
4738000 Liie fttr miUtirisohe Zwecke, 770000 Lire fttr das Pro-
tektorat des Somalllandes.
Der offizielle Beriebt Uber die Ansbebnog des Jahrgangs 1881 Manne«
Iftfst erkennen, dals von den in diesem Jahre Geborenen 11687 anf der Aushebung
Rekmtieningdiste erschienen, nach Streicbongen etc. 8881 blieben '^^^f^
nnd 2524 Znrttekgestellte früherer Jahrgänge die Ziffer anf 11405
braehten. Daron waren 4053 Fischer, 8767 Seelente fttr grosse Fahrt
Tanglieb befunden fttr den Dienst worden 6753, davon der I. Kategorie
4571, der II. 1, der UL 2181 engewiesen. Untanglieb waren 1862»
snrttclEgestellt wurden 2393. 18
Die Orgiiui^aLioii der i i einsehen Artillerie bat im
vertrau {jenen Jahre einige Abänderungen erlitten, deren Ergebnisse
ni iüigendem enthalten sind.
Eine jremeinsame Direktion entspricht der Artillerie- und
Geuiewafle im Kriefjsmini^k riuni.
Einer (I-eneraiinspektidn ri-lniri-n ;in: :i Iiisju'ktidiit ii (Feld-,
Küsten- und 1 rstungs-Artillene. Fabrikationen j, die ober* \ .»rsuchs-
komnübäion, die Zentral-ArtiUeriesohieCssohole, die Kommission der
16*
Digitized by Google
242
UmMhtn.
tragbaren Waffen. Die 4 Inspekteni« bilden ein pennaaentes be-
ratendes Körnitz.
Von nenn Kommandos gehören 6 der Feld-, 3 der Kosten-
ond Festungs-Artillerie an. Sie nmfossen 18 Dixektionenf 24 fahrende
Hegimenter, 1 reitendes Regiment, 1 Begiment niid eine selbständige
Abteilang Gebirgsartillerie, 3 Kegimenter nnd eine selbständige Ab-
t^^ilnng Küstenartillerie, 3 Regimenter Festnngsartilerie, 5 Kompagnien
ArtUleiiehandwerlEer, 1 kleines Kolonial-ArtUleriekorps in Eiythräa.
Die Zahl der Offisiere der Waffe ist folgende:
45 OhentNi,
70 Obeisttentnants,
181 M^ors,
540 Haaptleate,
929 SnbalternoiliaereL
Anlser dem Genenlinspektenr gibt es den Inspekteur der Feld-,
der Kosten- nnd Festungs-Artillerie nnd der ArtUlerle&hrikationen.
Die Inspektion der Waffen und des Materials der Truppen ist auf-
gelöst worden.
Die fahrenden Artillerieregimenter zählen je 8 Abteil-
nngen: eine za 2 nnd zwei zu 3 Batterien. Die ersteren sollen
später noeh doich eine Feldhanbitsbatteiie ergänzt weiden. Das
reitende Regiment hat 3 Abteiinngen za 2 Batterien. Das Gebiigs-
regiment bat 4 Abteilangen za 3 Batterien nnd eine selbständige
für Venetien ?on ^eichfalls 3 Batterien.
Die Abteiinngen der Kttstenartillerie zählen im allgemeinen
3 oder 4 Kompagnien, aasgenommen Savona and Oaeta von 2 and
der nnabhängigen von Haddalena für Sardinien Ton 6 Kompagnien.
Die Abteiinngen der Festangsartillerie haben je 3 Kompagnien, aas-
genommen Turin nnd Rom. Das 3. Festnngsregiment scheint fllr
die sebwere Artillerie des Feldheeres bestimmt; es ist eine Art
BeiagerongsTegimeni
Von den Handwerker- Kompagnien gebort die 1. zar Kon-
stmktlonswerkstatt von Torin, die 2. zar desgleichen von Neapel.
Die 8. nnd 4. sind Fenerw^skompagnien ond gehören zn den
Laboratorien von Bologna ond Capna. Die 5. Kompagnie (Waffen-
schmiede) gehört ZOT Gewehrfabrik Tenu.
Die Regunenter der KorpsartiUerio (Nr. 1—12) haben je
2 Trainkompagnien, die der Dlvisionsartillerie (13—24) je eine
Trainkompagoie.
Die Kommandos der Feldarftillerie in 1903 sind 6, davon
Mailand mit 1. nnd HL Armeekorps, L (Tnrin), 5. and 17« £khr. R.«
Digitized by Google
UnuMhM.
243
Gebirgsreginienl Turin. III. (Mailand) reitendeB Kegimeot
(Mailand), fahr. Breacia.
AlrKHandria II. Anneekorps 6., 9., 11., 2H. fahr. Regim ni
Verona IV. i\j-u)i'ekürps (Genua k 4., 15., 21. f. Kegiment. \. Aru^oe-
korps (VerouaJ, 8. uüd 20, f. Kegimeot, Venet Gebirgs-
abteüuug.
Bologna M. Armeekorps i Bologna). :\. und f. Kegimeot, VII.
Armeekorps (Anconaj. 2. ujid 18. f. Regiment.
Florenz VlU. Armeekurpti (Flureuz) 7, nnd 19. f. Kegiiueut, IX.
Armeekorps (Korn) l. nnd 1'6. f. Regiment.
Neapel X. Armeekorps (Neapel), 10., 12., 24. f. Regiment. XI.
Aimeekorps (Bari), XII. Armeekorps (Palermo) 22. f.
Regiment.
Das XL Korps ^blt nicht eine einzige Batterie.
deboti
ÖBterreioh-Ungam.
Dazeh die UiiinQg'lielikeit der reehtieitigen Rekratenandiebiiiip Besondere
■mdmUDgamMalwalimeiiwieZnrttekbehaltiiii^ aoost zu bearlaabeDder^^''^^"^^!^
Lente, Einbeoideroiig von Beeerviaten, WaffenllbiiDgeti der Enate- '^S*™*
resernsten zur Erbaltung der normaleii FrUseoiettcke notwendig
geworden, über welebe die poUtisobe Pieese ecbon betiobtet bat^
Uber die wir ans aber Toibelialten, eine eingebende Daietellong zn
geben, sobald der genaue Umfong nnd die Daner siffemmälng be-
kannt geworden find.
Eine Änderung des Webrsteaergesetzes ist beabsichtigt Ketuim der
nnd zwar in dem Sinne, dafs die ärmeren Klassen entlastet bezw. MilitHitaite.
ganz von der Zahlung befreit, die wohlhabenden dagegen stärker
herangezogen werden. Die Wehrstener wird in Zokonft zerfallen in
eine von Wehrpflichtigen selbst za zahlende „Dieostersatztaxe'*
ond in eine Aszendententaxe, die Yon den filtern, Grofseltem etc.
za entrichten ist Die Taxe beginnt erst mit dnem Einkommen ?on
1200 Kronen, die mindeste Taxe soll 6 Kronen betragen. Von da
ab steigt die Taxe naeb der Einkommensteuer, so swar, dafs die
XHeDstersalislaEe 7ö°yoi AssendMitentaze 50^/o der Einkommen-
stener betrftgt. Die Erhebung der Webrstener findet am 1. Oktober
statte im Lanfe des Januar haben sieb die Taxpfiiehtigen bei ihren
OrtBTOKStKnden tu melden, wenn sie das nickt tan oder falsche An-
gaben ttber ibfe Binkommenstener machen, kOnnen sie mit Strafe bis
m 2000 Kromm belegt werden. Ende 1902 betrag der Bestand
des Taxfonds in beiden ReiehsbiUten über 91 IfiiUionen, die Jabres-
Digitized by Google
244
Umschau.
änBen 4 Millionen. Die Reform des TaxfoDdogeseties bezieht sieh
nur anf Östenreieh, niebt auf Ungarn.
Eine neae Tnrnrorachrllt fttr die k. o. k. Falstrnppen isl
in Kraffe getreten.
OffisieTOnatx Einselne politiselie BIfttter beriohten von Maugel an Offizier»
aspiranten. Demgegenüber ist festenstellen, dab der Andrang ein
eebr starker, nur bei der KaTallerie nicht ganz ausreichender ist. Bei
der Infanterie hat man die Kadetten von 1902 noch nicht einmal
alle zu Offizieren befördern gekonnt ans Mangel an Vakanzen. Die
Militftr-Beabefaulen mttasen grofse Zahlen von Aspiranten ab-
weisen. Zu den Infanterie-Eadettensohnlen meldeten sich 1200 junge
Leute» 664 bestanden auch die PrUiungen, nur fllr 577 war Platz.
Zu den Kavalleriekadettenschnlen meldeten sieh 30, 24 bestanden
die Frttfnngen. Von 206 Aspiranten fOr die ArtUleriekadettensehulen
konnten nur 159, Ton 100 fttr die Pionierkadettenschuien nur 48 Auf-
nahme finden. Die Theresianisebe Akademie nahm 145, die militär«
technisohe 87 Zöglinge anf.
^i^rin^. Der Stand der permanenten, wie der im Sommer Torttbergehend
▼eisttrkten Obungseskadres soll 1904 möglichst hoch gehalten
werden. Ans der yon Kontreadmiral Kneisler kommandierten Winter^
eskadre scheiden Kreuzer Szigetrar und Torpedofahrzeug Magnet
Torttbergehend zu Reparaturen aus, zu dem bisherig«! Übrigen Be-
stände Linienschift Habsburg, Turmsehiff Aipad kommen aber
Torpedokreuzer Zenta, Linienschiff Monareh, Torpedoiahrzeng Satellit
und 9 Torpedoboote, die eine Division fttr sich bilden. Mit Juni
1904 werden dann weitere 3 Linienschiffe, 3 Kreuzer, 4 T<»pedo-
fohizeuge, 6 Torpedoboote in Dienst gestellt, so dals yon da ab ein
Panzergeschwader zn 2 Dtrisionen ilottenttbungen abhalten kann.
Das in Triest auf Stapel liegende Turmsohlaohtschifi B, das im
Februar ablaufen dllifte, wird, der „Feldhermdirision'* angehörend,
Toraussichtlich den Namen „Erzherzog Friedrich** erhalten.
18
Eine amtliche, an die Mitglieder der Österreiobisch-Ungarischen
Delegationen verteilte Schrift ,,Die Feldgesohntzfrage in Öster-
reieb-Ungarn*' enthlüt in den zasammenfassenden SchlnlsBätzen
genau dasselbe Urteil hinsichtlich der grofsen Überlegenheit
des Bobrrttcklaufgeschtttzes über jedes andere Modell
heifse es wie es wolle, wie es die unabhftogige Fachpresse
schon seit geraumer Zeit formuliert hatte. Speziell fttr die „Jahr-
bttcher^ ist dieses Urteil durchaus nichts Keues, denn dieselben
haben die gldcbe Ansieht schon seit zwei Jahren vertreten und —
begründet. Jene Sätze lauten:
Digitized by Google
245
„EHe Konstrnktion der neuen Feldkanoue mit Kohrrlicklaul be-
zeichnet einen anfserordentlicheD Fortschritt. Sie stellt wieder das
richtige und notwendige Verhältnis der Wirkang zwischen dem Ge-
wehr and dem G^chtttze za Uberwiegenden Gansten für letzteres
her und berechtigt auch zu der Anniüime, dais eine Rahepaose im
Fortschritte der VeiYolIkomrooiuig der Gesohtttze eingetreten ist.
Die Richtigkeit dieser ancli vom Standpuokte des Militärs wünschens-
werten Sachlage gekt anoh ans der Tatsache hervor, dals andere
Staaten die bereüi in Angriff gencNnmene firzeagung neuer Bobr-
rttcklanlfeldkanoneD beaehlennigen nnd dals diejenigen Artillerien»
welche eist tot wenigen Jabren nene Feldkanonen mit SjKinilafetten
In grofter Zahl eingeführt haben, bereits an die Umgestaltmig der-
selben m BohRfleklanfgeseblitEen sehrdten. IMe YergfOtternng der
Sehnlsweite, die Terbeeiende Wirkung des EinzelsehnsseB, welche
Jene der Mheren Feldkanonen ttberbietet, die Verbesserang der
Riobtmittel, endlieh die Steigerung der Fenenobnelligkeit Ton 2 bis
2^3 aof 12 bis 16 SebOsse in der Minnte heben die Leistungsfähig-
keit der Artillerie anf ein früher nicht geahntes Kais nnd lassen
darüber keinen Zweifel, dals jene Artillerie, welche Aber
solche OeschUtze nicht yerfUgt, trotz aller heroischen
Eigenschaften dem besser bewaffneten Gegner oknmftchttg
nnterliegen wird.** R.
Grobbzitannien.
„United Seryice Gazette** yom 19. Dezember ▼erttifentlicbt im Marine.
Ansznge ein Rnndschieiben der Admiralitftt an alle 8elbstttndi|en
Kommandanten, das eine Reihe wichtiger Keneningen bringt. An-
dernngen in den bestehenden Reglements und Voisebriften sind an-
geordnet worden nnd treten am 8. Dezember 1908 bezw. aneh schon
mit Kttckwhrknng am 1. Jnli 1908 in Kraft: 1. bei der zwangs-
weisen Verabschiednng wegen nnznreicbenden Dienstes
an Bord. Admirale^ Kapitäns zur See, Korvettenkapitäne nnd
Linienschifisleotnants können zwangsweise Terabschiedet werden
wegen nnznreicbenden Dienstes an Bord nach folgenden Regeln: A)
Admtraie, wenn seit ihrem letztenDienst an Bord 5 Jahre, Vize-Admirale,
wenn 5 Jahre verflössen sind, seit sie znletzt als Admirale an Bord
Dienst geleistet, Kontre-Admirale, wenn 3 Vs Jahre seit ihrem letzten
Borddienst nach ihrer Eniennnng znm Admiral vergangen sind. Bei
Kapitäns zur See tritt zwangsweise Verabschiednng dann ein, wenn
sie 3Vs Jahre nicht an Bord Verwendong gefunden, bei Korvetten-
kapitilns nnd Scbiffolentnants ebenso bezw. wenn 3 Jahre seit ihrer
Ememiiing verflossen sind nnd sie an Bord in dieser Zeit noch nicht
Digitized by Google
246
Umsohaa.
Dienst getan. R) Bei den Normen für freiwilliges Ausscfaeiden:
Freiwilliges Ausscheiden ist fttr Admirale, KapitäDs zar See,
Korvettenkapitäns mit Genehmigang der Admiratttäl in jedem Alter
möglich, sie erhalten die znstehende Penaion. 0) Bei den PensioDS-
bestimmongen fttr Kapitilns sar See. DiejenigeD, die 51 Jakre
nnd darttber, erhalten beim AuBScheideny aolser ihrer sastündigeD
Pension nnd einer eroitii^en Zulage fttr gute Dienste noch eise
Zulage fttr jedes Jahr, das sie ttber das reglementsmäfsige Alter
dienen (bis %vm Maximum von 5 Jahren) nnd xwar von 15 Pfd. Sterling.
Diese Bestimmung bat den Zweck, sie mit der Altersgrenze aaeh
das Maiimnm der Pennon ihres Dienstgrades erreichen sn lassen,
600 Pfd. Sterling. Kapitftns xnr See im Alter von 45 Jahren, die 8 Jahie
in Dienstgrad, davon 2 als Kommandanten von Schiffen, erhalten eme
Minimal-Pension von 425 Pfd. Sterling. D) Bei Verwendung im Zivil-
dienst. IMe Definition fttr „Zivildienst^ wird dahin erweitert, dab
dieser einsclilierslich Verwendung als Marine-Attaehö als Dienstzeit
gerechnet wird, die die zwangsweise Verabschiedung ausschlielsi
£) Bei Dienst an Land. Vom 8. Dezember ah soll kein Marine-
offizier länger als 5 Jahre an Land verwendet werden, ausgenommen im
Admuralittttsrat, wo die Verwendung 7 Jahre betragen darf. Bis Ende
1905 soll der Etat an Admiralen von 8 Flotten-Admiralen, 12 Ad-
miralen, 22 Vize-, 55 Kontre-Admiralen, Summa 92 erreicht werden.
Ftir die Beschlennigong der Durchführung der Vermehraog
in einer Anzahl von Dienstgraden gelten folgende Regeln: Die Zahl
der Kapitäns zur See wird in den Jahren 1908—1906 jährlieh um 8,
1906 und 1907 um je 7 vermehrt und wird Ende 1907 das
Maximum von 258 erreichen.
An Korvettenkapitäns sollen vom Jahre 1908 ab jährlich 9 neue
hinzutreten bis zum Maximum von 378. Die Bestimmungen ftlr die
Besohlennignug der Vermehrung erhalten rttekwirkende Kraft bis
zum 1. Juli 1908. 18
BiiJDslaiul.
Die La^e Das Hauptinteresse der Armee ist nach wie vor auf die £nt>
in Ostwien. ^l^l^^lQQg ((er Dinge in Ostasien gerichtet. Wer die tatsäch-
liche mili^irifiohe Lage kennt, der kann nicht darttber zweifelhaft
sein, dafs Japan trotz seiner „örtlichen'' militärischen Überlegenheit an
Zahl der in kurzer Zeit bereitzustellenden Trappen sehr richtigtat,
nicht leichtsinnig den Waffengang zu wagen, so schwer es der Regierung
fallen mag, der au^j^er^jten öffentlichen Meinung zu widerstehen. Die
Frage, um welche es sich handelt, ist jedenfalls mehr die um den Besita
Koreas und die Beherrschung der das Japanische mit dem Chine«
Digiti-^cü by Google
UnufliunL
247
eificheu Meere, Wladiwostok und Dalnij (Talienwau) und Port-Arthur,
verbindenden Strafse von Korea als die der üemohaft RuTsiands io
der Mandsohorei, die in gewissem Sinne eine nnabweisbare Folge
der £rbauQDg der Ostcbinesigoben Bahn sein mnbi. Wiil aber Japan
Korea in seinen Beeite bringen, so rauTs es unweigerlich seine Armee
aof dem Wasserwege dorthin schalfen, während Knlaland in der
aufseronlentlich gUnstigen Lage ist, auf dem Landwp;ro seine Streit-
kräfte in jenes Laiu! ( inrUcken zu lausen und mit seinem in Ost-
ar^ien versainnielten „Geschwader des Stillen Ozeans" io empfind*
liebster Weise die Überführung der japaniscben Armee von diesem
Ineellande nach Korea zu stiren, wenn nicht überhaupt gane an ver-
kindeni. Aber sollte Japan diese Aufgabe auch wirklich gelingen,
90 bleibt doch immer noeli die andere zu lösen, die sehr empfind»
liebe Etappeniinie, auf welcher es die Verpflegiing, den Ersatz an
Munition und Mensohen usw. bewerkstelligen mala, gegen die
^tdrong durch rassische Kreiuer sn sohlitsen.
Und Hnfsland hakte finde Desember eine mächtige Streitmacht
im See in Ostasien yersammelt» za deren Verstärkung noch eine
stattliclie Zahl snm Teil bedeotender Schiffe vom MntterUmde unter*
wegs sind.
Es waren nämlich ku der genannten Zeit disloziert:
1. In i'ort Arthur: Die Geschwader- Panzer ,,PetropawIowsk'\
„Pohawa-, „Sewastopol", Peres wjät'\ „Kctwisan". „Pobjada-.
„Zessarewitsih" ; die grofser Kreuzer ,,Askuld'% ..Pallada *. ..Diana",
„WarjSg'\ ..Bajan"; die 2 kleinen Kreuzer ,,Nowik-', ,,Sabiaka •; die
Kaaoüeubuote ..Gremjasehtsehij", „Korejetz''; die Transportschiffe
„Jeuespeij*'. ,,Aiuur", ..Ankara"; die Torpedoboote .J'^^^^^dnik",
„Gaidaniak''. 12 ;rroIse Torpedoboote und 7 kleine Torpedoboote.
*2. In Wladiwostok: Die preisen Kreuzer ,,Ro88ija'-, „Groniuboj",
„Rurik"; der kleine Kreuzer „Bogatyr"; da.sKanonenhoot„Mandschur*;
das TransportschiÜ „Lena**; 3 Hochsee- und 7 liafeutorpedoboote.
3. In Dalnij: Die kleinen Kreuzer „Hasbojnik*^ nnd „Dschigit ".
4. In Njatschwang: Die kuuoueubuotc „Ouvaschnij'', und
,^iwut8ch".
5. In Tschemulpo: Kanoueuboot „Bojarin".
6. lü Nagasaki: Kanonenboot „(Tiijäk*'.
7. In Masampo: 1 Kanoueuboot; im Nimrodsuud; Kanonen-
boot „Dschigif.
Auf der Fahrt nach dem ieruen Ostfo: In Biserta der
beschwader-l*anzer ..nssijaba*', die grolneii Kit- u/er ,,Awrora' und
»Dmitrij Douskoj" sowie 2 groüse Hocbseetorpedo boote, in Algier
Digitized by Google
248
ümMhan.
4 «rrofsc iin({ 1> kleine Hochseetojrpedoboote. Ijq Brest 2 kieioe
Bochscf 'tnrpt du boote.
Die Starke der Heninnnnnfr des Geschwaders hpträort znr Zeit
750 Offiziere uud 13 200 Mann in ÖRtnsicn selbst iiinl KM < >iü/äere
3284 MauD anf den zur Ver»tärkuug deä GeschwadtTg uuterwegs
befindliclien KriegsschiÖeu.
Aas der Mandschurei werden andanemd Kämpfe mit
Chuuehusenhanden gemeldet und zwar sowohl im Norden wie
im Süden dieses Lsindes.
Sie werden si ll).sivei\staiidlieh jedes Mal von den russischen
Truppen zersprengt, ihre Beseititrung erfordert aber doch stets das
Aufgebot militärischer Streitkräfte.
Die Strapazen der Trupjj sind bei diesen Verfolgungen aber
meist sehr grofa. Das gilt aucli oft für die Tätigkeit der Truppen
auf dem Roden Sibiriens. Bezeichoeod hierfür ist ein Befehl, dvn
Ende des vorigen Jahres der Oberkommaudierendc des Sibirischen
Militärbezirks. Generalleutnant Suchotin, erliefs, in welchem er den
1 rujipen desselben luitteilte. dafs er das abgelöste Echelon der
ht urlaubten Rasaken des 2. sibirischen Kasaken-Regimeut», liais aus
Dscharkent im Ssemiretschensk Uebiet nach Omsk zurückgekehrt sei,
nach seinem Einlreflfen besichtigt habe und ihm unter Berücksichtigung
der sehr grolseu Strapazen, welche diese Abteilung Uberstanden
hätte, seine volle Anerkennung fllr den trefilichen Zustand von
Mann umi Pferden ausgesprochen hätte.
..Das Dctaehement*' — so hviht es in dem Kriefrshofehl —
..ii'i:tr auf einem Marsche von (JS Tagen 1720 Werst /unick und
erduldete auf diesem langen Marsche die nianni^laltigsten Ent-
behrungen in Folge der Hitze im Ssemiretschensk-Oebiete. durch
den Wassermaugel in der menschenleereji Kirgisensteppe, den
Mangel an Tiebensmitteln und Fourage und durch die bedeuteudeu
Fröste uud Schneestürme im Gebiet von Akmolinsk. Nur der grofsen
Erfahrung des Kommandeurs, der Ausdauer der Mannsnhaften und
der Gewöhnang der Pferde an die Anstrengungen des Marsches ist
die glückliche Durobführang der dem Echelon gestellt gewesenen
Aufgabe zu verdanken gewesen."
Änderungen Unter den Spitzen der russischen Armee sind in letzter
Ko*mmando^^®^* einige Veränderungen von besonderer Wichtigkeit
stellen, Bieh gegangen.
Der in den verschiedensten FeldzUgen auf dem Boden Asiens
erprolvte Generallenttiaot Zerpitzkij, der einstige KoroiDandeor
des WyborgsclieD Regiments unseres Kaisers, bisher Koromatideiir
der 13. InfaDterie-DivisioD wurde zum kommandierenden
Digitized by Google
Umsohau.
249
Gt'neral des 1. turk estanisehen Ariotiekorps fTaachkiut)
troannt. Der bisherige kornniandierende General dieses Korps,
Oenerallentnant Topornin erhielt das 19. Armeekorps (Brest- Litewsk).
Gcneralleutriaut Sykow. Kommandeur der 1. Garde-Ka\ alierie-
DivisioD, wurde zam kommandierenden General des 2. Kavailerie-
Korps; Generalleutnant Saeharow, Kninmandeur der 4. Kavallerie-
Division, zum komniandiereruleii (tcih ral des 1. sibirischen Armee-
korps ernannt. Es haben somit 2 Koip» im rugsisehen Asien ihre kom-
mandierenden Generale gewechselt. Der bisherige kommandierende
General des 19. Armeekorps. Generalleutnant Krjakow. wurdi' zum
Mitgliede des Alexander-Komitees fUr die Versorgung Verwundeter
ernannt.')
Ferner ist ein Korps durch den kur/lich erfolgten Tod seines
kommandierenden Generals nt u zu besetzen. In Tiflis starb am
10. Dezember vergangenen Jahres der kommaiulitn i de General de«
1. kaukasisehen Armeekorps. Generalleutnant Fürst Admirad-
shibow. Sein Tod wird allgemein bedauert, weil der verstorbene
Fürst, aus dem Grusinischeu Adel des Gouvernements Tiflis hervor-
gegangen und als Gemeiner in das heutige 15. Grenadierregiment
Tiflis des Grofsfilrsten Konstautiu Koustautino witsch eingetreten, nu-ht
weniger als 52 Jahre im Kaukasus gedient und an allen Kamplen
der letzten ftini Jahrzehnte teil genommen hatte.
Generalleutnant P'Urst Adiniradshibow war 1S54, nachdem er
sich vor dem Feinde in hervorragendem Grade ausgezeichnet hatte,
zum Offizier bef<1rdert worden. Bei jeder Gelegenheit tat sich der
junge Oflizier hervor. Nach dem Krimkriege nahm Fürst A. an den
blutigeu Kämpfen gegen die Bergvölker teil, so dals mau auf seine
Leistungen aufmerksam und er im Jahre IHiu vom GrofsfUrsten-
Statthalter als Offizier zu besoinierefi Aufträgen bei seiner i'erson
gewählt wurde. Im türkischen Feldzuge 1877/78 befehligte er das
156. Jelirsawltpolsche iufanterieregiment, mit dem er an fast allea
bedeutenden Ereignissen teilnahm.
Der verstorbene Fürst war so vertraut mit den \ erhältnissen
des Kaukasus, dafs man von ihm behauptete, er hätte während der
Manöver ohne Karte seine Dispositionen erteilt, weil er selbst die
Eiuzelbeiteu deb Geländes genau kannte.
Während dieser Bericht in Draek ging, meldete der Telt^^raph den
Tod des Oberkommandiereadcn der Truppen dus Militärbezirks Odessa, Ge-
neral der Kavallerie Graf M u ssi u-Puschkiu. Nach Zeitun;j;siiachrichten
soll der bisherige Gehilfe den Oberkommandierenden General der Kavallerie
Bttpon Kanlban zn seinem Nicbf olgcr ansetselieii sein.
Digitized by Google
2Ö0
UmBehaii.
K> t t entv. Bei Gelegenheit des diesjährigen Oeorgsfestes worden
jubiiAen. ^.^^^ Anzahl von Regimentern, welehe anf ihr 200jäbrige6
Bestehen anrllekblicken können, neue Fahnen mit Jabi-
länmsbänderu verliehen. Ee sind dies: das 3. Narwasebe lo«
fanteheregimeut des General-Feldmarschalis Fürsten Michail Golizyn,
das 27. Witebskische, das 38. Tobolskisohe Infanterieregiment des
Grolsfttrsten Sergins Alexandrowitscfa, das 69. RJäBanecbe Infanterie-
regiment des Generalfeldmarscballs FUrst Alexander Golizya and das
138. Boiohowsehe Infanterieregiment.
Femer wurde fUr „ausgezeichnet eifrigen dreihundertjährigen
Dienst"" dem Sibirischen nnd dem Ssemiretschenskischen
Kasakeiibeere Ueeresi'ahuen mit den Jahressahlen 1582 — 1903
und dem Alexauder-Newski-Ordeusband verliehen.
Feldküchen. Die Feldküchen nach dem System Bruhn wurden endgültig"
eiuL'-cfilhrt, nachdem jahrelange Kommissionsberatungen und praktische
Erprobungen, auch im Vergleiche mit anderen N'orschlägen. wie die
des Kapitäns Suwnmowitsch und des HiTrn Kautz vorang«. .raii-eu
waren. Diese Feldktichcn waren während des chinesischen Krieges
probeweise dort beteiligten Truppen überwiesen worden und hatten
Hich liierbei aufserordentlich bewährt. Ebenso günstie: lauteten die
Berichte der Stäbe (h's ,Militarlu'Zlrk^ Kiit/\v und M^'-;kau, deren
Truppen sie während der grolseu Manöver d(?s Jahres lt)()2 zugeteilt
waren. Uber den Nntzen für die schnelle Verpflegung, auch unter
schwierigen \'erliältnissen.
Die Bagage jeder Kompagnie, Kskadron und ßatu-ne erhält
einen solchen Kttchenwagen. Ihrem Gewichte nach hat man zwei
Arten eingeführt, einen schweren KUchenwiigen, 1120 kg schwer, lur
Infanterie und Artillerie, und eineu leichteren, 784 kg «ehweren, ftlr
Kavallerie. Die Kosten fllr die Ausrüstung der Armee mit dieser
Einrichtung werden mehr als G Millionen Kübel betrjigen.
Die niwiische Die schamlosen Angriffe, welche die Herren Beyerlein,
d^^n "iffe^*^^^ Genossen in Koman, Karrikatur und Drama, und
auf £s ihre Bundesgenossen im Reichstage, sowie in derTagespresse
deutfiche gegen das deutsche Offizierkorps richten, w^erden von der
russischen Presse, auch von der militärischen^ so s. B. Tom
,3a8wjedtschik", der sogar das Bild dessn traoriger Berühmtheit
gekommenen Bilse bringt, zuweilen in einer fttr das deutsche Oifizier-
koips abfälligen Weise besproehen. Esmnhijedoeh hervorgehoben
* werden» da& das amtliehe „Jonmal de St. Petersburg* im Gegensats
hierzn darauf hinwelBt, m wie nnwttrdiger Weise von den deutschen
sosialistiaehen und demokratisehen Agitatoren jeder nationale
Gesichtspunkt anber acht gelassen und das deutsche Offisierkorps
Digitized by Google
Uttntiir,
251
als Halt der Natioo gegen die Umatimpaiteien systematiBeh heninteiv
l^esetrt friid.
Die BrinnerangflfeierD an die fttnfxigjftbrige Wieder-Erinnemiig«-
kehr der Ereignisse des Kriukrieges haben mit der Pei^r^Kmi^rhe^
des Tages von Ssewastoi^el begonnen. D«r Kaiser bat an dem ^'^^"^
Tage der Seeseblaebt, 1. Dezember, den SeUffen dw Sebwarzeu
3leer-Flotte Gteoigs-Admirakflaggen, Breitwimpel and Wimpel ver^
lieben. Die Flotten-Equipagen ftlbrten bereits Geoigsflaggen mit der
Inselirift: „Für die Veiteidigong Ssewastnpols vom 18. September 1854
bis nun 27. Anglist 1856". r. Zepeün.
Literatur.
I. Bücher.
Der Feidzug in der Pfalz und in Baden im Jahr IHifi. Von Wilhelm
V. Vof«, üeneraiinajor z. D. Berlin 1903. R. Eisen Schmidt. M. 13 —
Eine auf Out^l'onstudiiim beruhende abgeschlossene und leidlich
objektive DaräteUuiig der Kämpfe in Baden und in der Pfalz im
Sommer 1849 hat bis jetzt gefehlt. Das sehr fleifeig und zuverlissig
gearbeitete Werk des Generals VoCb hat nach dieser Richtung
wirklich eine kriegsgeschichtliche Lficke ausgefällt, zumal eine FfiUe
▼on Skizzen und Pl&nen auch das taktische Studium der immerhin
zahlreichen Gefechte bis ins einzelne gestattet Dieses Studium ist
aber in mancher Beziehung recht lehrreich, so z. B. was das Gefecht
von Grofssachsen (16. Juni) betrifft, in welchem es den Aufständisrhf^n
unter Mieroslawsky wiederholt gelang, die Hundestruppen in ungünsugu
Gelechtsiagen zu bringen. Warum ; Weil im groJi>en und ganzen die
Leitung des Gefechtes auf heiten der Aufständischen eine einheit-
lichere, geschicktere und energischere war, irie auf selten der Bundes-
truppen. Gleiches gilt von dem Gange eines Teiles der Operationen
bei den Bundestruppen. Namentlich beim Neckarkorps lag die oberste
Pflhrung bei General v. Peuoker in keineswegs festen Hfinden. Seiner
Unentschlosaenheii blieb es z. B. in erster Linie zu verdanken, dafs es
llieroalaw.sk y zweimal gelang, sich der sicheren Vernichtung zu ent-
ziehen. Ähnlich lagen die Verhältnisse beim 11. Preufoischen Armeekorps
Digitized by Google
252
Literatar.
(Graf V. (i. Uroeben), denn am 21. Juni bietet sich hier das meik-
wflrdige Schauspiel izweites Gefecht bei Ladenburg) daCs vier Kom-
pagnien Aufständische mit 4 Oeschütsen .ein ganzes
Preufsisches Armeekorps zwei tap^elang aufhalten!
Auch die zielbewufste Oberleitung der Gesamt-Operationent welche
in den Händen des Prinzen von PreuTsen lag, war nicht immer imstande,
dit«s(»n Mnn^eln in der Lfistiingsnihigkolt zweier Korpsführcr abzu-
helfen. Der Herr Yerfns'sor ist über diese Punkte schonend hinwee-
gegangen. Nach meiner Ansicht ist es Fflieht der Kriegsgeschicht-
schreibung, nach dieser Richtung die Rücksichtnaiime auf Personen
nicht zu weit zu treiben und immer wieder auf die geradezu ausschlag-
gebende Bedeutung des persönlichen Elementes im Kriege hinzu-
weisen. In dem Sinne, dafs gerade die tflchtigsten und intelligentesten
Generale gut genog sind, um verantwortliche Pfihrerposten zu bekleiden.
In langen Friedenszeiten wird in dieser Beziehung aber erfahrungs-
gemäfs öfters gesiindigt.
Nicht genügend hervorgehoben erscheinen mir ferner die grofsen
Verdienste, welche sich die grolsherzoglich-hessisrhe Division unter
Führung des Generals v. Schaeffer-Bernstein erworben hat in jener
Zeit, als sie wochenlang nahezu isoliert an der Bergstrafse Wacht
hielt gegenüber einem weitfiberiegenen Gegner, dem in dtm nahezu
vollzählig abergegangenen badischen Armeekorps doch eine groDse
Anzahl festgefttgter Truppen zur Verfügung stand. Dieses Verdienst
Ist übrigens von dem damaligen Prinzen von Preufsen und auch noch
später von ihm wiederholt anerkannt worden. Den Schlufsbetracht-
iin5r»'n des vcr-li-Mistvollen Werkes, in denen wiederum dem persönlichen
Eingreifen des Prinzen von i'reufsen als Oberbefehlshaber das Haupt-
verdienst beim schliefslichen Uelintren der etwas verwirrten operativen
Verhäiiiiisse zugesprochen wird, kann nur durchaus zugestimmt werden.
Keim.
KriegsgesehiehtUohe Beigpiele am dem dratseh-finmalifliseheii Kriege
von 1830/71* Von Kunz« M^or a. D. Sechzehntes Heft Berlin
1908. B. S. Mitüer & Sohn. M.
Welche ungeheuere Arbeit und unerreichte Sachkenntnis in den
sechzehn bis jetzt erschienenen Heften mit „kriegsgeschichtlichen
Beispielen" stecken, kann nur derjenige richtig beurteilen, der sich selbst
mit kriegsgeschichtlichen Oiit Uenstudien beschäftigt liat. Aber auch
fi < ! praktische — namentlich für die jüngeren Offiziere — Nutzen dieser
lehrhaft so fruchtbaioii und in ihrer Zuverlässigkeit mustergültigen
Darstellungen des Miyor Kunz dürfte nicht ausbleiben. So bietet auch
das vorliegende Heft^ welches die Kämpfe bei Blsalshausen behandelt,
eine Fülle klein-taktischer Belehrungen. Solohe sind aber vom
Standpunkte kriegemäfsiger Hantierung seitens der Infanterie um
so wertvoller, weil die Zahl der Offiziere, welche den Krieg aus eigener
Anschauung kennen, innerhalb der Armee nur noch eine sehr be*
schränkte ist.
Digltized by Go
25a
Aber auch kritisch-kriegsgeschichtlich ist das vorliegende Heft
von Interesse, weil Mtyor Kunz u. a. den besiimjutcii iNachweis erbringt,
dafe die bekannte Dantellung des Generals Bon nal, nacb welcher der be-
rühmt gewordene Angriff des 1. Tiirko-Regiments 10--1SOOO Preufsen
in Verwirrung gebracht habe, vör emster Kritik nicht standhilt. Wenn
jedoch Major Kunz glaubt, hierbei ftir den kriegsgeschichtlichen Wert
des preufsischen Generalstabswerkes über 1870/71 noch eine besondere
Lanze brechen zu sollen, so kann ich ihm hierbei nur teilweise bei-
pflichten. Es war eben unmöglich, so rasch nach dem Kriege ein
zuverlässiges Werk zu schreiben und dieser Umstami vermindert
doch den lehrhaften Wert des Ueneralstabswerkes sehr bedeutend,
denn nur richtig wiedergegebene kriegsgeschichtUche Vorgänge können
lehrreich wirken, was flbrigens Major Kunz selbst wiederholt betont
Eine besonders eingehende Schilderung haben die Kttmpfe um den
Besitz des Wäldchens NeugeiswoUer gefunden — in nachträglicher
Ergfinznng des hierüber in Heft 13 Gesagtem. Attchhier haben «Urquellen*^
in Form von Oefechtsberichten. Tagebüchern usw. seitens Beteiligter
l-ienutzung finden können. Dasselbe gilt in noch höherem Mafsp von
den Ereignissen bei Elsafshfiusen, welches Dörfchen schliefslich zum
Brennpunkt der Schlacht wurde — allerdings nachdem in der Haupt-
sache die Entscheidung schon )B:etallen wai-.
Wer aber einmal ohne Öcliniinke und iietouche die laküschen Vor-
gänge in einer Sohlaoht kennen lernen will, dem kann nur dringend
die „Schilderung der Ereignisse, die sich von 37« bis 4V4 Uhr bei
Bisafshausen abgespielt haben* angeraten werden. Darnach sieht e»
allerdings in einer Schlacht anders aus, als die um jeden Preis „lorbeer-
kranzflechtende" Geschichtschreibung es darzustellen beliebt oder
wie die Mechaniker unseres Berufes es leider auch bei der Friedens-
Ausbildung der Truppen /u tun pflepron. I)iifs Majoi- Kunz auch
hier der mannhallen Tapferkeit der Franzosen — besonders was das
1. Turko-Ftegiment angeht — Gerechtigkeit widerfahren läfst. macht ihm
als vornehm denkenden Geschichtschreiber alle Ehre. Aber auch als
nutzbringenden Geschichtschreiber, denn nichts ist verkehrter — vor
allem auch verkehrt im Interesse der eigenen Armee — als wenn man
die kriegerische Leistungsfähigkeit eines Feindes nicht richtig einsch&tzt»
dem nach menschlichem Ermessen wir Deutsche wohl nicht zum
letztenmale auf dem Schlachtfelde entgegen getreten sind. L^ifs die
Deutschen — Preufsen wie Bayern aber auch bei WiMth ihren
Mann gestanden und mindestens t'f)ensü tapfer wie die Franzosen
gefochten haben, dafür erbringt Heft lö genügende sozusagen akten-
mäfsige Beweise.
Die vortreflTlichen „Betrachtungen'* lese man selbst. Die viel-
gerühmte Selbsttätigkeit im Rahmen des Auflragverfahrens hat ala
taktisches Schlagwort jedenfalls bei Wörth mehr geschadet als genützt!
Keim.
Dlgltized by Google
264
literttur.
ffistoire de la gutirre de l'^iü/il. Tomo III. W'issembourg, Fro^Kch-
willer, Spicheren. Par P. Lehauteourt. Paris, Nancy 1^3.
Berger-LeYrault. M. 6. — .
P. Lehauteourt» der in Wirklichkeit ein höherer OfBsier des
IhuizÖBiflohen Generalstabes ist und nur obiges Pseudonym gewihlt
hat» gehört zu den fleifsigsten Offizieren in ganz Europa und besitzt
©ine geradezu staunenswerte Kenntnis der Literatur über den Krieg
von 1870/71. Wenn es Tür einen krieß:sgeschichtlichen Schriftsteller
genügte, die einschlägige Literatur auf das Allergründlichste zu kennen
und nun unter Benutzung der besten Quellen ein Buch zusammen zu
Htellen, dann würde man Herrn Lehauteourt mindestens unter den
ftansSsisehen Schriftst^em wohl die Palme zuerkennen mHasen. In
Wirklichkeit bedarf aber der kriegsgeschichtliche Schriftsteller in erster
Linie ein unbedingt sicheres, eigenes Urteil, völlige Unparteilichkeit
und ein aufsergewöhnliches Geschick in der klaren» Übersichtlichen
Anordnung seines Stofles.
Bisher durfte man an Herrn Lehauteourt die Unparteilichkeit
rühmen, er liefs den (chauvinistischen Zug. der seuien Landsleuten nun
einmal anhaftet, in erlieulicher Weise vermissen, er schrieb gerecht
und vornehm.
Leider scheint Herr Lehauteourt jetzt unter dem Banne des
Generals Bonnal zu stehen» den man in Frankreich hie und da für den
«kommenden Mann** hält. So ist denn das neueste Werk Lehaut-
oourts zwar ein französisches Oescbicbbswerk, aber gerade deshalb
kein Qeschichtswerk, weil es den Schilderungen Bonnais. allzu sehr, den
neuesten deutschen Forschungen aber gar nicht folgt.
So entspricht denn die ijarstellung der Schlacht von Wörth zwar
den Ansuiukuungen der Franzosen, aber keineswegs überall der
Wahrheit, nur zu olt ist die Darstellung geradezu lalsch. wie aus
meinen Arheitea ühei- diese bchlacht lür jeden deutschen Soldaten
klar hervorgeht. Einen wirklichen Wert vermag ich daher dem Buche
Lehauteourts für Wörth nicht beizumessen; für uns Deutsche besteht
der Hauptwert in der Erkenntnis, dafs selbst ein früher so unpartei-
ischer Schriftsteller, wie Lehauteourt es war, sich der chauvinistischen
Stimmung in der tVanzösischen Armee auf die l>auer nicht zu ent-
ziehen vermag und dafs aus dem Saulus ein Paulus geworden ist.
Der Inhalt des ersten Buches besteht im Folgendem:
1. Der 3. August.
2. Die Division Douay bei Weifsenburg.
8. Die Deutschen am 3. August.
4. Erste Anordnungen Mac Mähens.
ö. Das Schlachtfeld.
d. Der Beginn des Kampfes.
7. Eingreifen des V. und XI. Armeekorps.
8. Rückzug der Turkos.
9. Rückzug der Brigade Monimarie.
Digitized by Google
LttMitar.
255
10. Einnahme von Weifsenburg. ^
11. Einnahme von Schlofs Goisberg.
12. Mac Mahon und Ducrot.
13. Betrachtungen.
14. Das 7. französische Ivürps und die iJeulsrhen.
Da über das Gpfocht von Weifsc nburjar iinsrleich weniger Meinungs-
veröchiedeaheiL in Ueutöchland und Fiankreich herrscht, als über die
Schlacht von Wdrth, so beaitzt dieses erste Buch einen bedeutend
höheron Wert als das dritte Buch, das sich mit der Schlacht von
Wörth beschftaigt.
Das aweite Buch ist Jß contreooup de Wisaembours^ betitelt
und zerfölit wiederum in 16 verschiedene Kapitel, deren Aufaählung
überflüssig erscheint. Es behandelt die Bewegungen der 1. und 2.
deutschen Armee am 4. und 5. August, eben.sü die Bewegungen der
diesen Armeen gegenüberstehenden tranzösischen Korps, endlich die
Armee Mac Mahons und die 3. deutsche Armee am 5. August.
Das dritte Buch behandelt in :}() Kapitehi die Schlacht von Wörth;
für (iie.ses Buch gilt ganz besonders das vorher Gesagte.
Das vierte Buch beachiftigt sich in 25 Kapiteln mit der Schiacht
von Spichem. Über diese Schlacht wichen die Anschaunngen der
Deutschen und Franzosen gleichiUls nicht annähernd schroff von-
einander ab, wie üt>er die Schlacht von Wörth, es ist daher durchaus
lesenswert.
Den SchluTs bilden Ordres de Bataiiie, ätärke- und Verlustnach-
weisungen.
Wenn ich mein Urteil zu saninu'n fassen soll, so kann dies nur in
folgender Weise geschehen. F^ie Biicher No. 1, 2 und 4 sind von
wirklichem Werte, wenn auch keineswegs einwandfrei oder gar den
Stoff erschöpfend, das 3. Buch entbehrt für den ernsten Forscher so
Ziemlich jeden Wertes. Die beigegebenen Karten genügen durchaus
nicht Wegen der erstaunlich üeilsigen Kompilation aus der gesamten
einschiigigett Literatur ist jedoch das Werk für Jeden ernsten Pomoher
geradezu unentbehrlich. Hermann Kunz.
iiBOOre la retraite ä Sedan. RepUque ä la „retraite sur Mezieres"
par uü otticier supt^rieur. Par Alfred Duquet Paris« Nancy
1903. Berger-Levrault. .VI. 2.—.
Zu den Franzosen, die mit vollem Mannesniute rücksichtslos die
Wahrheit über den Krieg von 1870/71 7ai ergründen suchen, gehört
in allererster Reihe Alfred Duquet. Seine neue Scluift ist aufser-
ordentllch interessant, sie behandelt nochmals die Frage, ob gröfsere
Teile der französischen Armee sich ins Innere Frankreichs bitten
retten können oder nicht.
Es handelt sich besonders darum, ob im Wildchen von Falizette
brauchbare, von Osten nach Westen führende Wege vorhanden waren.
Duquet hat in BojL^hntunjr namhafter Männer der Feder und des Degens
iahrbQebtr f&r di« dautscht Ama« aad Marin*. No. 389. 17
Digltized by Google
^56
Ltttratnr.
nochmals das Schlachtfeld besucht. Solche Wege sind vorhanden,
aber es sind gewöhnliche chemins vicinaux. und von so schlechter
Besehaffenhdit, dafa es Duquet nicht einmal gelang, sie mit seinem
Wagen zu beDatzen, weil der Kutscher fOr seinen Wagen, seine Pferde
und den Insassen des Wagens fürchtete.
Das Ergebnis dar Untersuchungen Duquets besteht darin. d:ife
statt der 10000 Mann, die sich wirklich über Belgien nach M^zieres
retteten, vit»11«Mrht 30 000 bis 40 000 Mann auf denselben Wagen hätten
retten könai n. aber nur über beigisches Gebiet und durch Verletzung
der Neutraluäl Ht Igiens. dafs aber an ein Entkommen der Armee mit
ihrer Artillerie und ihren Trains gar nicht zu denken war. Leider
hat Duquet seiner Schrift keinen Plan beigegeben, das ist sehr zu
beklagen.
Duquet stellt nochmals fest, was uns schon l&ngst bekannt ist,
dafs die nach dem Inneren Frankreichs entkommenen Trappen, Teile
des 8. Zuavenregiments, des 3. Turkoregiments, des 56. Linienregiments,
13 Eskadrons des 1. Armeekorps, 9. Hskadrons des 5. Armeekorps,
5 Eskadrons des 12. Armeekorps die Artillerie der Division rHeriller
des 1. Korps, der Artilleriepark des 5. Korps etc. nicht etwa den
eisernen Ring der deutschen Heere durchbrochen haben, sondern daXs
sie beizeiten das Schlachtfeld verliefsen.
Wenn aber Duquet glaubt, dafe es den Pnunosen möglich gewesen
wSre, die Bayern in Baaeilles zu sennalmen oder in die Maas zu werfen,
gleichseitig das sächsische Korps auf der Hochfläche des bois Chevalier
über den Haufen zu werfen und sich die Einwirkung des Gardekorps
und des lY. Armeekorps zu entziehen, auf diese Weise also die Armee
vielleicht zu retten, so wird er bei uns Deutschen schwerlich Glauben
finden. Weder die Bayern noch die Öach.sen liaben den Franzo.sen
Grund zu der .\nnahme gegeben, dafs sie binnen 3 Stunden völlig
halten ^ermainit werden können. Allerdings sagt Duquet, um 9 oder
ID Uhr fHlh sei ein Durehbruch auf Carignan schon unmöglich ge-
wesen, wohl aber zwischen 6 und 8 Uhr frfih. Er rechnet dabei nicht
mit der Widerstandsffthigkeit unserer bayerischen und sächsischen
Divisionen, noch viel weniger aber mit den Marschtiefen einer grofsen
Armee und mit der Manövrierfähigkeit der zunächst nicht beteiligten
preufsischen K^rp-s.
Die Schrift von Üuquel kann ich trotzdem nur auf das wärmste
empfehlen. Hermann Kunz.
„Stillgestanden!" Gin Wort an das deutsche Offizierkorps. E, Clausen,
Hauptmann a. D. Thüring. Verlags-Anstalt Eisenach u. Leipzig,
1.— 8. Tausend. 1903. M. 1.—.
Dieses „Wort an das deutsche Offlziericorps" soll auch ein Beitrag
zu dieser Bntwickelung während der letzten 30 Jahre sdn.
Wir wollen, soweit wir es von unserem im wesentlichen ab-
weichenden Standpunkte aus vermögen, uns in den Gedankengang
Digitized by Google
Ltterfttur.
257
des Verfassers hinein versetzen und dabei davon ausgehen, dafs wir
annehmen, er habe mit seinen AuseinanderaeUungen wirklich das
Beste der Armee im Auge.
Es wfirde den Rahmen einer kuraen Besprechung überschreiten,
wollten wir ihm zu erweisen Tersuchen, weshalb wir seine Ansicht
nicht teilen, dab der Offiziersersatz ein wesentlich anderer geworden Ist
Wir müssen es aber zurückweisen, dafs sich die Annahme der Offiziers-
aspiranten auf anderen als auf den bisherigen Grundlagen aufbaue,
dafs in cewis.sem Sinne eine Demokrulisierung des Oflizierkorps statt-
finde. Wir stehen vielmehr auf dem Standpunkte, dals nach wie vor
der Offizierersatz aus den Kreisen erfolgt, welche der Tradition gemäfs
dasn in etster Linie berufen sind. Wir sind auch der Meinung, dafs
in einem richtig geleiteten Offlzierkorps alle die Mannes- und Soldaten-
Tugenden weiterhin ihre vornehmste Pflan2st&tte finden, die unser
Heer grofs gemacht haben. Wo dies anders sein sollte, tragen die
verantwortlichen Leiter die Schuld daran. Wenn es heutzutage vielen
Familien schwer wird, ihre Söhne standesgomäfs zu erziehen, so dürlte
doch immerhin der soldatische Beruf noch am schnellsit^n zu einer
auskömmlichen Existenz führen. Dafs in die Armee auch Kiemente
eintreten, welche früher dorselben ieni blieben, ist noch kein Beweis
dafOr, dsfs dieselben einen nachteiligen Einflufs auf diejenigen Offlsiere
ausQben, welche der Oberlieferung gemftfs ihr zugehören. Dor Halt
eines Offlaierkorps beruht nicht in der pekunittron Oleichmärsigkeit, auch
nicht darin, dafs ein jeder traditionell diesen Beruf ergreift. Er liegt
vielmehr darin, dafs ein jeder sein ganzes Selbst willenlos dem
grofsen Ganzen, dem er als Teil zugehört, beugt. Xoch immer bleibt
dieses Einsetzen der Persönlichkeit die Hauptsache. l£s würde keiner,
auch der reich Begüterte, diesi^n Beruf, der heutzutage ein recht
schwerer ist. ergreifen, sich allen Enttäuschungen, den auireibendon
Anstrengungen einer langen Friedensdienstzeit so freudig unterziehen,
waltete nicht in der Gesamtheit jetzt wie vordem der Geist der un-
bedingten Pflichttreue, würde nicht ein jeder gleicbm&fsig darnach
bemessen, was er leistet, nicht wer er ist oder was er besitzt. Zum
Glück stehen wir in dieser flinsicht im grofsen und ganzen nicht auf einer
anderen Stufe wie die Offiziere von ehedem und wenn der Einzelne
aus diesem Rehmen heraustritt, dann wird dii' Krziehung innerhalb
des utlizierkorps einzusetzen haben und bald Abhülfe schaüen,
wenn ein Offlzierkorps richtig geleitet winl. Wir müssen
auf diese Erziehung innerhalb des Ot'özierkorps das Haupt-
gewicht legen und glauben, dafs fiberall dort, wo sie geh^t
und gepflegt wird, es ganz unmöglich ist, dafs ein anderer,
fremder, ein zersetzender Geist Raum gewinnt Wir finden, dafs die
Betrachtungen darüber, der Offizier stehe heutzutage dem Manne des
Volkes ferner wie früher, einwandfreier Grundlage entbehren.
Im Gegenteil wird jetzt weit mehr wie früher Wert darauf jjelegt.
dafs der Offizier der Erzieher seiner Soldaten ist. Wenn die Üede iRt
17*
Digui.uo uy Google
258
Utentor.
▼on geisttötendem Frage- und Antwortspiel Im Dienstunterricht, so
möchten wir dies in seiner Allgemeinheit bestreiten. Was soll es
endlich hoifaen, „der H<»gts.-Konimdr. reit«' willkürlich seine Lieblings-
?'t<'ckonpferde. er gewinne in der kurzen Zeil seiner Kommandoführung
keinen Einflufs auf das ihm unterstellte Offizierkorps" ? Überall dort,
wo Mifsstände bestehen, wie sie Verfasser schildert, mufs jedenfalls
Abhilfe geschaffen werden; sie bilden aber doch die Ausnahme von der
Regel und gerade heutzutage findet eine aufserordentUch wohlwollende
Bewertung des Einzelnen statt.
Wenden wir uns nun zu den ^VorschUgen**, so müssen wir un-
bedingt daran festhalten, dafs eine Verminderung der Offlztersstellen
zu gnnsten der sogen. „Offlzierfeldweber schon aus dem Grunde ganz
unausführbar ist, weil der letztere „drillen'*, niemals aber in dem
Sinne „erziehen** kann, wie der Offizier. Wohl wird ein altgedientei
Unlerüffizier dem Jungen Offizier in manchen Stücken di-s praktischen
Dienstes übeilegen sein. Aber auch der jüngste ullizier bringt von
seinem höheren geistigen Standpiinke aus ein Moment mit« das
auch dem besten Unteroffizier fehlt. Bs ist dies der ideale Standpunkt,
von dem ans jeder, auch der jüngste Offizier, seinen herrlichen Beruf
erfkfBt und der ihm allein die hohe SteUung im Staat und in der
Gesellschaft schafit.
Wir lehnen es ab, die ersten 3—5 hienstjahre des jungen Offiziers
als Probedionstjahie zu betrachten: wir wählen unsere Offiziere selbst,
wenn wir sie dazu für w ürdig erachten und sind dafür unserem obersten
Kriegsherrn voran iwortUch.
Wu- wissen gar wohl, wie gern einzelne Parteien es sehen wfirden,
wenn die Armee ein Offizierkorps von zweierlei Güte hätte; wir fühlen
in uns selbst noch Kraft genug, Elemente, welche unseren Über<
liefeningen nicht entsprechen, rechtzeitig abzulehnen oder später ab-
zustofsen.
Wir werden allen Bemühungen, anderen Gesinnungen in dem
Offizierkorps Eingang zu verschaflen. selbst die Türe weisen: wir sind
der .Meinung, dals selbst wohlgemeinte Versuche, an der bisherigen
Überlieferung zu rütteln, der .\rmee bewufst oder unbewuisi jschaden
müssen und wir hoffen sicher, daXs das Offlzierkorps von heute in
derselben Weise auch im Ernstfälle seine Pflicht tun werde, wie das^
jenige vor 30 Jahren. 63.
Weltgeschiehto seit der Tölkerwandening. In neun Bänden. Von
Theodor Lindner. Professor an der Universität Halle, hritter
Band Stuttgart und Berlin 1903. J. 0. Cottascbe Buchhandlung»
M 0 50.
Ijer vorliegende dritte Band des ausgezeichneten Werkes umfafst
die Zeit vom dreizehnten Jahrhundert bis zum Ende der Konzile. Also
eine Epoche nicht besonders reich an grofsen politischen oder kultur-
rellen Taten; aber doch ungemein wichtig, weil sie auf kirchlichem
Dlgltlzed by Google
1
Ul6Mtiur.
259
Gebiet den Anfang einer Strömung bedeutet, welche bis auf den
heutigen Tag noch nirh^ abgeschlossen erscheint, die Befreiung des
geistigen wie ethischen Slrebens von den Fesseln einer alles umfassen,
allen regeln wollenden kirchlichen Vorherrschaft. Allurdings fSllt in
jene Zeit auch der höchste Triumph religiöser Kinfliif««- auf die Baukunst
in der üotik. I 'anoben aber auch die Veiknöcherung der christlichen
Lehre in dem Fonnelkram und den öden Spitzfindigkeiten der Scho-
lastik. Politisch ragen noch die letzten Kfimpfe der Hohenstaufen
und der Ausgang dieses edlen Geschlechtes In den dritten Band
hinein, dessen ..zweites Buch" ich als eine Perle moderner Geschicht-
schreibung in Sachen geistiger, wie sozialer Strömungen und deren
historischer Bewertung: nennen möchte. Es führt die Überschrift „Die
abendländische Kultur im dreizehnten Jahihundert" und behandelt
u. a. ,,Wis;seiist haft und Kunst**, „Rittertum und I)ichtung'*. «Die Städte
und das Bürgertum'* in ebenso eigenartiger wie fesselnder Weise.
Das dritte Buch beschäftigt sich mit dem Niedergang der poli-
tischen Macht der Pftpste, dann folgt eine knapp, aber meisterhaft
geschriebene pragmatische Geschichte der europ&ischen Staaten. Unter
diesen nahm damals Deutschland — abgesehen von dem machtvollen
Aufstreben des Bürgertums — keine glänzende Stellung ein. Seine
Vorherrschaft in Europa war schon zu Ende. Rs erhielt zwar eine
„teste" Rciehsverfasöung durch Karl iV . w«'lrhon übrigens Lindner
günstiger beurteilt wie dies EfewöhnÜrh Fall ist, aber der grofse
nationale Zug, wok-lier noch die ftiauier auszeichnet, ist der deutschen
Politik abhanden gekommen. Karl IV. ist nicht ohne Unrecht von
Maximilian I. «Böhmens Erzvater» des heiligen rtfmischen Reiches
Erzstiefvater* genannt worden. Unter ihm und von ihm ist der
Grund gelegt worden zu dem Tschesclientum, das heute die Deutschen
in Österreich schwer bedrängt, und so war dieser Kaiser ein
sclüechtcr Hüter des Deutschtums in der Ostmark.
Im übrigen hat Deutschland noch ni*'mals einen Kaiser od^r-
auch nur ein^ n Staatsmann besessen, welcher rücksichtslos lediglich
deutsche Politik unter grofsen Gesichtspunkten ffetrioben hfttte.
Selbst Bismarck Aaren nach dieser Richtung bis zu einem gewissen
Grade die HSndt gebunden. Keim.
HudlNiGfc der OeBetEgebnng in Prealhen umä den Deatsohen Beiehe.
Von Graf Hue de Grais, Berlin. 1904. Julius Springer, m. Teil:
Heer und Kriegsflotte. M. 14.
Dieses Handbuch ist wohl das grorsarti/rst angelegte sowie zu-
verlässigste Saminol- und Orientieninp'swerk auf dem Gebiete der
Gesetzgebung und deren Ausführungsbestimmungen. Es liegen jetzt
3 Teile vor Der III. Teil beschäftigt sich mit der V\ ehrkraft zu Lande
und zur äee. Er beliandelt Wehrpflicht, Heereseinrichtung und Rechts»
verbtttiiisse der MiUtürpersonea, Heereslasten, Versorgung der MilitSr^
Personen, endUeh die Kri^flotte. Auf 785 Seiten wird dieser un-
Digitized by Go -v^i'-
260
Utantar.
geheuere Stoff sehr übersichtlich und doch eingehend dargestellt, so
dafs zahüreiche Beteiligte alle Vorschriften vereinigt finden, deren sie
für das jewpilig in Frage kommende Gebiet bedürfen. Der III. Teil
zerfällt wiederum in 2 Bände, dessen 1 Band vorliegi. während der
2. Band sich mit dem Militärstrafrecht beschäftigen wird. Jeder Band
ist einzeln käuflich. K.
Haadbuch für die Vorbereitung zur Kriegsakademie. Zugleich ein
Ratgeber für die wissenschaftliche Beschäftigung jüngerer Offi-
ziere von Krafft. Hauptmann und Lehrer an der Kriegsschule
Metz. Berlin 1903. Verlag von E. MitUer ii Sohn. 314 S.
Preis 6 Mk.
In Wettbewerb mit dem bereits in 8. Auflage vorliegenden vor-
treflUehen Wedellschen Handbuch für die Vorbereitong zur Kriegs-
Akademie tritt hier ein neues Buch, welches natürlich alle mit dem
Wedellschen Buche gesammelten Brlahrungen verwerten konnte. Wir
wollen hier nicht die Präge aufWerfen, ob die Herausgabe eines solchen
Buches ein Bedürfnis war, sondern uns nur mit dem Buche als solches
beschäftigen. Wir finden in den ersten Abschnitten tretlliche und
recht beherzigenswerte Winke für die ersten militärischen Studien und
fi'ir den Betrieb der Krenidsprachen. Gerade für letztere h.ätten wir
eingehendere Angaben gewünscht; empfehlenswert .^lud die in Münciien
erscheinenden f^mdsprachlichen Unterrichtszeitungen (s. z. B. für
Pransfisiach llnterpr^te, fOr Italienisch ,,la Settimana", auch durften
In dieser Sprache die Schriften von de Amicis nicht fehlen). Sehr
gut sind die Winke für Lösung taktischer Aufgaben. Wenn auf S. 122
auf die Wittesche Waffeniehre verwiesen wird, so kdnnen wir dem
nicht beistimmen, die bietet, abgesehen davon, dafs sie völlig veraltet
ist, doch nur recht wonig. Einzig und allein scheint uns hier die
Willesche Waffenlehre in betracht zu kommen, die wohl infolge eines
Vcrsühoiib hier aufzuführen vergossen ist, auf die aber bei Losung
der Aufgaben auf S. 132 u. f. naturgemäfs bezug genommen werden
mulste, und welche auf S. 802 fdr die Vorbereitung mit Recht als
^unentbehrlich* bezeichnet wird. Infolgedessen können wir dem Sats
nicht beistimmen: «Ein allen Anforderungen ffir die Vorbereitung zur
Kriegs- Akademie entsprechendes Lehrbuch ist bisher nicht vorhanden.*
Dieses trifft eher für Befestigungslehre zu. Hier hätte auf die letzten
Jahrgänge der von Löbellschpn Jahresberichte verwiesen werden
müssen. Sehr zweekmäfsig ist ein Besuch von Festungswerken in
kundiger Begleitung, leicht wird man dann das Veraltete erkennen
und die Forderungen der Neuzeit begründen lernen. Gut und wohl-
durchdacht sind die Winke f&r die Vorbereitaug in der Oeschichte
und Geographie. So können wir das Handbuch als ein brauchbares Hilfs-
mittel fQr die Vorbereitung zur Kriegs-Akademie bezeichnen. B.
Praktische ^ inke für die Aufhahmeprüfung zur Kriegs- Akademie
und für das Verhalten während des Besuches derselben. Von
Dlgltizeo Ly vjüogle
Lilentur.
261
C. BleyhueffHi. Oberleutnant im Garde-Pufsartülerieregiment.
Berlin W. Veilag von C. Duncker. 123 S. Preis 2.— Mk.
Ein anspruchloses, aber sehr zweckmAfoiges kleioes Buch* welches
in ganz voiirofllioher Weise von der eigenen Vorbereitung sur PrOlung
berichtet« dann die Erfahrungen des Verfuaers während des Besuehes
der Akademie wiedergibt Recht braachbar ist der Arbeitsplan dee
Verfassers, sodann auch die für Befestigungslehre gegebenen Arbeiten.
In Ermangelung eines für den angehenden Akademiker brauchbaren
Buche'^ in dor Befestigungslehre sei hierauf verwiesen. Wa*? Vor-
fasser dann für das Verhalten auf der Akademie und w;ilirend der
Öchlufsreise sagt, möchten wir Wort für Wort untfrschreibon. Wir
möchten nach unseren eigenen Erfahrungen als Schühsr und als Lehrer
an der Kiiugs- Akademie das Urteil dahin zusammeniabsen: Das Buch
ist ganz ausgeaeichnet und kann nur Kriegsakademikem und sdohen,
die es werden woUen. auf das Wärmste empfohlen werden. B.
Die SeUIdwttt (Aapidomaaia iMamna)* Bine moderne Artillerie-
Krankheit von P. Antiscutander. Berlin 1904. Verlag von
R. Bisensclmiidt» Verlagsbuchhandlung für Militärwissenscliaften.
M. 5.-
Dor sich unter einem Pseudonym vorborgende Verfasser erklärt
die Beturworter der Schutzschilde an den Feldgeschützen, die in
Prankreich eingeführt, in der Schweiz, in Norwegen, England, Schweden.
Dänemark grundsätzlich angenommen, in Deutschland einem Truppen-
versuch unterworfen sind, fflr verseucht, von einer schweren Krankheit»
der »SchUdwut"* befallen, die «den davon Befallenen hftuflg den natür-
lichen Gesichtswinkel verschiebt und auf die Schfitaung der einfachsten
Dinge mehr oder minder verwirrend einwirkt". Der ganze Ton, in
dem die Schrift abgefhfst ist, macht es unmöglich, h'w ernst zu nehmen:
nirgends findet man eine ruhige, sachliche Widerlegung entgegen
stehender Ansichten, vielmehr nur Spott. Hohn und geistreich sollende,
aber recht abgeschmackte Witze: So z. B. spricht der Verfasser von
der „einschneidenden Operation der ersten .Autorität' des Professor
Dr. Krieg** und meint damit, dafs da Schilde im Kriege verschwinden
wflrden. Die kleinkalibrigen Maschinenkanonen der Buren, die unter
-dem Namen Pompom bekannt geworden, tauft er um in Bonbon-
Qeschtttze, ,da sie — für den Peind — der ,reine Zucker* sein würden**.
Ich mufs gestehen, fQr solche Geschmacklosigkeiten fehlt mir der Humor.
Einmal wird er auch sentimental Für unsere Kanoniere, die ein
abgeprotztes Geschütz von 1000 kg Gewicht in Stellung bringen sollen
fühlt er ein tiefes Mitleid: „Die armen Kerls, die sich so fruchtlos der
Schildwut opfern sollen, wie die hüfsenden Inder unter den zer-
malmenden Rädern des gewichtigen Dschagannatii-Wagens in Puri!
£)ie tun mir in der Seele leid!" Nun. wir waren in den letzton Kriegen
hartherziger und muteten unseren armen Kerls mitleidlos zu, ein um
30 kg schwereres Geschütz nicht nur einmal, sondern nach
Dlgitized by Google
262
Uteratar.
jedem Schufs, d. h. in einer Schlacht bitt an 160 mal wieder in-
Stellung za bringen!
Studien Uber den Krieg. Von J. v. Verdy du Vernois. Generat
d. Inf. usw. Dritter Teil; Stralogio. Zweites Heft, Binxelgebiete
der Stratepitv I. Gruppe: üporationsobj^'kte. Basis- und -Lini*»n.
h Ahtoilun^: 0 perationsobjekto. Mit drei Skizzen. Berlin
1903, .Mittler & bohn. M. 3.50.
In dt'm vorliegenden Heft zieht der Herr V» rfasst r den zweit»»n
punischen Krieg, den Feldzug Türen neü 1074 und die österreichi-
schen Operationsabsichten beim Beginn des Feldzugs 1859 in den
Kreis seiner Betrachtangen, um an diesen Beispielen die verschiedenen
Arten der im Kriege vorkommenden Operationsobjekte dansustellen;
Clansewitzsche und Moltkeeche Auffassangen bilden Auagangspunkt
und Anhalt für die Darstellung. Verdy führt dabei zahlreiche Stellen
aus den iSchriften dieser beiden Generale im Wortlaut an.
Hannihals Peidzug 219/18 bietet Gelegenheit, den .Moltkeschen
Satz, dafs der Feldherr srine grofsen Ziele stets- im Xuf^e b»«balt-Mi
wird, insofern tMiizuschränken, als besondere politische und miluarist Ue
Verhältnisse im Laufe des Feldzuges zu einem Wechsel des oder der
Ziele sich zutragen können; gerade darin zeigt sich die Kunst des Feld-
herm. Die Niederwerfung des Feindes ist trotz allem was darüber
gesagt wurde und war, ebensowenig immer und Überall das alleinige
Operationsziel, wie das feindliche Heer durchaus nicht unter allen
Verhältnissen das Operationsobjekt zu sein braucht.
Im Kapitel über Turenne ist uns die Lesart seiner ÄuÜBerung an
Conde 1674, das Schlagen von Schlachten betreffend, als neu auf-
gefallen: wir hatten sie bisher sc verstanden, dafs Turenne sagen
wollte, man solle dann schlagen, wenn die eigene Armee die Über-
legenheit an Zaiil und Güte erlana^t hat; aber es mag ja dei- authen-
tische Text bei dem grofseii Zeitraum, der uns von Turenne trennt,
schwer festzustellen und vielleicht in verschiedener Weise auszulegen
sein. Sehr hübsch entwickelt General v. Verdy an Turennes Verfahren,
¥rie selbst der offensive Feldherr durch die Ungunst der VerhUtnisse
gezwungen werden kann, seine Operationsziele wenigstens vorttber-
gehend niedriger zu stecken; dies schliefst jedoch das kühne GreiliNl
nach dem Höchsten, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet, nicht aus.
1859 liefert den deutlichen Beweis, dafs trotz der dem Peldherrn
erteilten Direktive, „die fciardinische?i regulären Streitknifte zu zer-
trümmern ** (wörtlich) es nicht d;uu kam. Gyulai vielmehr in die
kläglichste Defensive verfiel; mit Schlagwurten, Redensarten und Ter-
minologien kann man aber, und wenn sie noch so volltönend wären,
im Kriege nichts anfangen!
Nach einer kurzen lesenswerten Zusammenfaasung betont General
V. Verdy, dafs seiner Ansicht nach Moltke sich die Ffihigkeit, in allen
Kriegslagen wichtige strategische Entschlilsse zn fassen, dadurdt
Digitized by Google
Literatur.
263
erworben hat. riaf.« er Mch jahrclnri"- »'i'^tcehcnd mit tStudien über
<^peratii>!i>ziel(' usw. helalsl und in nicstiitHMi vertieft hat.
Wir empfehlen die anregende Sciiiifi, die l<Ml\v«'isc auch einmal
etwas anderos bringt, als die bekannt.n Ansichten über moderne
Sirategie. der Aufmerksamkoit unserer Offiziere und freuen uns auf das
nächste Heft. C. v. B.-K.
Der Patrouillendienst im Felde unter besonderer Beriiekslehtigung
russischer VerhHltnisse. Ziisanimengestellt von Frh. v. T., Major.
Mit 7 Tafeln in Buntdruck und Abbildungen im Text. Zweite,
auf Hand d'T nenon Di'-'nstvorsehriften ausgoarbnitote und ver-
voiisiäiidigte Aufhige. j^oilm 190:1 l.iohel. 1 Mark.
Die kleine Schritt bietet viel mehr al.s ihr Titel • : warten In'fst. Der
durch seine ebenso gründlichen, wie für die Verbreiumg der Kenntnisse
über unsere grofse Nachbararmee nützlichen Arbeiten bekannte Ver-
fasser gibt einen sehr klaren Überblick Aber das für den deutsclien
Soldaten Wissenswerteste der Organisation, der Bekleidung und Be>
wafTnunsr, sowie der Taktik der russischen Armee. Insbesondere macht
er uns vortraut mit den Verhältnissen der Grenztruppen und der im
Militärbezirk Wilna und Warschau stehenden Kavallerie. Das ganze
ist durch eine grofse Zfihl rniform-Darstellungon usw. trefTlich er-
läutert. Die notwendi^Aon russischen Redensarten bei Erkundigungen
nach dem Feinde und dem W ege in deutscher Darstellung ergänzen
die Angaben über dio russische Armee.
Die Arbeit des Frh. v T. ist eine aufserordentlich praktische
Instruktionsbeihlllfe. die wir warm empfelilen können, um so mehr da
der Preis ein so sehr wohlfeiler ist Z.
Die elelctrotechnisehen länriehtvngen moderner SehiHÜe. Von
0. C. Roedder. staatlich geprüfter Schiflbau-Ingenieur. Balti-
more, Md., U. S. Amerika. Mit 222 Abbildungen und 2 Tafeln
im Texte. Wiesbaden. C. W. Kroiders Verlag. 1903 M. 8.60.
Das vorliegende umfangreiche Werk gibt einen sehr belehrenden
und interessanten Überblick über alle an Bord von Krieirs- unn Handels-
schiffen gebrauchlichen elektrotechnischen Einrichtungen, wobei eine
überaus grofsc Zahl vorzüglicher Illustrationen den Text verdeutlichen.
Aus dem reichen Inhalt sei folgendes hier aufgeführt: Mit den
Dampfdynamos deutschen, englischen und amerikanischen Ursprunges
beginnend, wobei auch die Dampfturbinen-Dynamos Erwähnung finden,
geht Verfasser auf die Akkumulatoren verschiedener Systeme über und
bespricht dann das Leitungsmaterial, sowie die Elektrizit&tsanlagen
auf Schiffen im allgemeinen mit Angabe der Verwendung und der
Vorteile derselben hinsichtlich Gtiwichtersparnis und Ökonomie. In
weiteren Kapiteln folgt schliefslich eine Beschreibung der Spezial-
gebiete, auf denen die Elektrizität bisher Anwendung gefunden hat,
wie Schin'ßartUlerie, bteuermaschinen, Scheinwerfer, sowie aller mög-
Digitized by Google
liehen zur Innen- und Aussenkommunikation dienenden Einrichtungen.
Das SchlolBkapitel behandelt die Punkentelegraphie. Das Buch, nraLchea
hauptsächlich für Laien geschrieben ist, lunn infeige sahhreicher
Tabellen auch dem Elektrotechniker ein willkommenes Nachschlage-
werk sein und ist seine Lektüre nur zu empfehlen.
Niessen.
Darstellungen aus der bayerischen Krieges- und Heeresi^eschichte.
Herausgegübon vom K. B. Khügsarchiv. Heft 12, Kuf stein»
Kriegsjahre 1604, 1703, 1809. Eine Brinnerungsschrin zur
200jährigen Wiederkehr der Erstürmung der tiroHschen Greoz-
feste durch die Bayern unter Kurfürst Max Bmanuel von Maxi-
milian Schlagintweit K. B. Miyor a. D. Tagebuch des königl.
bayerischen nouvomeurs der Bundesfestung Mainz vom
18. Juni bis 26. August 1866. Mit 1 Titelkupfer, 1 Abbildung
lind 5 Anlagen 1903. M. 8.—.
Von diesen beiden Einzelschritten ist die erste ^kürzerej besonders
interessant.
1504 wurde die Feste Kulstein nach tapferer Verteidigung durch
den bayerischen Kommandanten Hans von Pingenau nach zwölf-
tägiger Beschiefsung von den Kaiserlichen mit Sturm genommen.
Kaiser Maximilian 1., erbittert durch den hartnäckigen Widerstand, wollte
die gesamte Besatzung durch das Schwert hinrichten lassen. Als
jedoch der tapfere Pingenau und 17 seiner Getreuen von Henkershand
gefallen waren, liefs sich der „letzte der Ritter** durch Herzog Erich
von Braunschweig bestimmen, dem Hlutvergiefsen Binhalt zu tun und
schenkte den übritrcn 26 <ierarigeneii das Leben.
Am 20 Juni 1703 im spnnisrhen Krbfolgekriege bemächtigten sich
die Bayern unter Max Emanuei durch iiühnen Handstreich der damals
für uneinnehmbar sreitenden Feste.
Endlich, im Feldüuge von lbü9, verteidigte der bayerische Kom-
mandant, Major von Aicher, die Festung gegen alle Angrifie der
Österreicher — Kufstein blieb bis zum Friedensschlufs vom 10. Juli 1814
unangefochten in bayerischem Besitz.
Das Tagebuch des Generals Grafen von Bechberg und Rothen-
töwen schildert in anschaulicher Weise die Erlebnisse der Bundes-
festung Mainz und ihrer sehr bunt zusammengewürfelten Besatzung
w&hrend des Krieges von 1866. G. P. v. S.
II. Ausländische Zeltschrifloii.
StreiTleurM Österreichische Milit&rische Zeitächrift. (Januar-
hett.) Eugen Freiherr v. Albori. — Die Wirren in der europäischen
Türkei. HL — Infanteristische Fragen and die Erscheinungen des
Boerenkrieges. — Konimissionsbericht über den südafirikaniachen
Feldzug 1899—1902. — Die Fortschritte unseres Kriegsschifbbaues.
Digitized by Google
UtorAtor.
265
— Die französischen Eisenbahnen im Kriegsbetriebo 1870/71. —
Taktik-Aufgabe Nr. 9. — Die russischen Kaisermanöver bei
Wlodawa 1808.
ReTM d'Iiilluitorle. (Dezember.) Entwurf des Reglements ttber
Exeraieren und Manöverieren der Infanterie. — Studie Ober das pro-
visorische Reglement fflr die Manöver der Infanterie. — Taktische Be-
naerkangen. — Die berittenen Truppen in Süd-Oran. — Die engliache
Taktik nach der neuesten Vorschrift.
Revae d'histoirp. (Dezembt^rhoft.) Studie über den Peld-
ZUg 1790. — Der Kriei^ 1870/71; <lvv Ifx Aupuöl in I.otfiringen.
Kevue miiitaire des Armee» etrangeres (Dezember.) Di«
deutsche Armee Ende VMJZ. — Die neue Rcmontierung der russischen
K^jiterei. — Die deutschen Kaisermünöver i'Jüi. — Studie über den
Südafrikanischen Krieg 1899/1902.
Jauval des SeleaeeB militaires. (D e a em b e r.) Der Krieg gegen
die feindlichen Vert>indungen. — Studie über positive Taktik. — Die
Verwendung der Reserve in der Schlacht — Die Handfeuerwaffen
der Gegenwart. — Studie über Marokko. — Die Deutschen wfthrend
des Loirefeldzuges 1870/71. — Die Schlacht von Colenso.
Allgemeine Schweizerische MüitSrzeitung. Nr. 50. Zur neuen
Miütärorganisaüon. Hinweis auf einen Leitartikel in Nr. 328 der
.»^Vargauer Nachrichten". — Bericht aus dem Deutbchen Reich. —
Taktschritt und Feldhchritl. Nr. 51. Bericht aus dem Deutschen Keich
(Schlufs). — General v. d. Goltz über den Luxun im deutschem Heer.
Hr. 62. Der militärische Voninterrioht — Ausbildungs-Grundsätze. —
Nochmals Taktschritt und Peldschritt. — Bin Oewaltversuch mit einem
Rohrrücklaufgeschütz (Krupp in Brasilien). Nr. 1 (1904.) Rückblick
und Ausblick.
Beme d'ArtUIerie. (November.) Italienische Artillerie 1903.
— Bemerkung über ein selbsttätiges Verfahren, die ?chu^s^v. it». bei
Schnellfeuer-Batterien zu regeln. - Bemerkuns: über Einschittuiig von
Maieriai grofs*'n Kalibers. Neue Methode der Verwendung des Ent-
fern ungsmej>jsera Goulier mit einem einzigen Beobachter.
Revue de Tarmee hel^e. (September, Oktober.) Grofse
Manöver in Fiankreich 1902 (Forts.) — Ansicht des General v. Hoff-
bauer über Schnellfraer-FeldgesohüUe. — Theorie der Kolonisation
1800 und Rotte des Staats in den Kolonien. - SchneUfeuer-Feldkanone
System Ehrhardt. — Belagerung von Barcelona 1713/14. - Studie
über Gehehnschrift. — Sammlung technischer Arbeiten belgischer
(Senieofflziere
Journal der Verein. Staaten -Artillerie. (November De-
zember.) Formeln für Geschwindigkeit und Gasdruck in der Seele
.eines Rohrs und ihre Ff>sfst«<llung durch neuere Versuche. — Die
neue Feldartillene. — Fanoramarernrohr-Aulsalz. — Das Turnier 190S
bei der Appiikations-Schuie für Artillerie und Genie in Pontainebleau.
— Neue Formen von Panzerforts.
Digitlzed by Google
266
Literfttnr.
Rusisisches Artillerie-Journal. Nr. 11. Schiefsen von Ftld-
l^atterien nach vordeckten Zielen mit Gebrauch des Winkel meHsers. —
Das vorläufige Bxerzier^Regloment der französischen Fddartillerie. —
Bemerkungen zar PestungsarttÜerie. — Das Aufprotzen der Be>
lagerungs- und FestungsgeschQtze. — Zum Entwurf des Reglements
des äufseron L)ieiistrs. Ausgabe 1902. — Bemerkungen aus dem
Gebiet der Artillerie-Technik. — Generalleutnant Brialmont.
Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. Nr. 12.
Schiefsversneho <ier russischen Pcldnrtillorio. — Kampfschiefsen der
russischen Festun jrsartillorie. — iMf Befestigungen Italiens (Schlufs).
— Nfilitär-Eisenbuhn Wesen in den europäischen Grofsstaat-.\rmeen.
Mitteilungen über Gegenstünde des Artillerie- und Genie-
Wesens, Nr. 12. Bestimmung von Geschofsgeschwindigkeiten mittelst
aperiodischer Kondensatoren-Bntladungen.
W^ennfU Sslionuk. 1908. Desember. 1809. Der General stab. —
Die Festungs-Infanterie und ihre Au^ldung. — Die militfirische
Hygiene und ihre .Xufgaben. — Drei Wochen unter den kaukasischen
Bergvölkern, — Die Chumhuson der Mandschurei — Übersicht ttber
die astronomischen, ureodätischen und topographischen Arbeiten, welche
im Laufe des Jahres 1901 von dem Korps der Militär-Topographen
ausgeführt wui-den.
Morsiküj Ssbornik lOOS. Dezember. Ohne Segel. Zum bevor-
stehenden öO jährigen Jubiläum der Verteidigung von Ssewastopol. —
Erinnerungen aus Veranlassung des fOnfzigjährigen Jubiläums der
Seesohlacht bei Sinope. — Die strategischen und taktischen Grund-
gedanken des französischen SchifTsbauprogrsmms 1900^1900. — Die
Politik und der Seekrieg. — Die Ergebnisse der Verwendung der
Niclos-Kessel auf KriegsschifTen.
Russky Inwalid. 1903. Nr. 271. Die VeHcidigiing der Küste
des „Fernen Ostens". Der kavalleristischc Renntiersport Nr. 273.
Über die Feldküchen. Aus den Erinnerungen i''\ncs nnrdamerikanisciien
Militärbevüllmächtigton. Nr. 275. Fürst Zizianow. Zur Lage der
Reform der Feldartillerie. Nr. 276. Die Mandschurei. Nr. 277. Reise-
skizzen aus Ägypten, Ceylon und Indien. Von Osenburg zum Syr-Daija.
La Fnmee militalre. (Dezember.) Die Ausführung der
Generalstabsreisen. 1. 18/14. — Die Ergänzung der Offiziere. — Die
Unterofflzlerkapitulanten. 2. 10. 11. — Das lenkbare LuftschilT (Gut*
achten des Kapit&n Renard). 4. — Die Rekrutierung in den Kolonien.
10. — General Dragomirolf, die Feldmörser. 11. — Die Methode des
/ Dauerlaufs des Majors de Raoul von Dr. Felix Regnault. i:^;14. —
Die Sicherungstruppen im Projekt Messiniv 16. — Die Altersgrenze
nach dem Vorschlag Messimy. — Der militärische Dienst in den
Kuiuuien. 16. — Die Armee von Korea. 17. — Das neue Exerzier*
Reglement für die Infanterie, Ankündigung eines solchen. 18. —
Deutschland vom finanziellen Gesichtspunkt betrachtet. 19. — Di«
Erg&nzung der Matrosen. 20/21. — Der General Dragomiroff. —
Digitized by Google
fitttratfir
267
Plaudereien über den Barenkrieg. 22. — HeerMorganisation. — Sollen
-wir eine aus Reservisten zusammengesetzte Armee haben ? 24. —
Unsere militärischen Ausgaben. — Deutschland vom sozialen Gesichts-
punkt aus. 25/26. - - Die eingeborenen Matrosen 29/30.
BeTue de Cavalerie. (November.) Die neue Lohre und die
grofsen Manöver des Centram (Gegen die „neue Lehre" und dun
General de N^grier.) -~ Di«« neue Schiefsvorsjchrift für die Kavallerie
(Ports.) — Man lasse uns unseren Säbel und unsere fcJporenl — Der
Ursprung der französisclien Kavallerie (Ports.). — Die Mitrailleusen
der Kavallerie (Ports.). — Neues. Sport (Sehr sympathisch gehaltener
Bericht über die Rennkarriere des Oberst Heyden-Linden).
III. Seewesea
MitleUungem ans dm Gebiete dee Seewesens. Hr. t 1904.
Kolumbus und die Bntdecknng der Normannen in Nordamerika.
Die Ausbilduni? zum Seeoffizier. — Die taktische Verwertung der
Schiffsartillerie. — Die Bedeutung der Hilfsflotten für den Seekrieg. —
Börnesens Torpedo- Viratnr. — Der französische Marinebudgei-Vor-
anschlag: für d.-us Jahr 1904. — T»ie Weithandelsflotte.
Anny and Navy Irazette. Nr, 2286. Geburtstai^sehrungen eng-
lischer Admirale durch Ordensverleihungen. — Über die Beförderungs-
W-rhältnisse deutscher Seeoffiziere. Nr. 2290. Der Zustand der
französischen Flotte. — Ankauf zweier chilenischer Schifi'e durch die
englische Marine. Feuer an Bord des Kreuzers «Hermes** im Trocken-
dock. Bau eines Untersee-Bootes auf der Germania-Werft in Kiel
und eines weiteren auf Grund der mit ersterem gemachten ErfUirungen.
Hr. 2291. Bestrebungen zur Verjängung der englischen Flagg-Offl-
ziere. — Zufriedenstellende Ergebnisse eines russischen Cntersee-Boot* <
und Nachbestellunpr von P> weiteren Pahrzeugen dieser Art. Nr. 2292«
Das Marine-Jahr. Nr. 2293. Unsere Plotten und Geschwader. —
Stapellauf des französischen Linienschift's Patrie. — Bin deutscher
Artikel über die Inijenieur-Frage.
Kevue maritime: November \\>iJ'6. I>ei spaiiiseh-fimerikanische
Krieg auf den PhilippitM n * KoriselzunM"»- — Die Hlockade von Brest
1803 — 1805. — Der Jaiirtjsljericht des Admuals Melville. — Sicherheits-
vorrichtungen an Bord der Auswandererschiffe der Hamburg-Amerika*
Linie.
Revue du genie militaire: Dezember 1903. Die Eisenbahn
auf Madagaskar (Schlufs). — Topographische Arbeiten des französischen
Oeniekorps im 19. Jahrhundert (Portsetxung). — Die Freiballons mit
Ballonnet (ein lüeiner Ballon innerhalb des grofsen, der von der Gondel
aus voll Luft gepumpt werden kann, um letzterem seine pralle Form
trotz Gasverlustes zu wahren). Neueste Versuche von 1903. —
Digitized by Google
268
Ute^ttDr.
Multiplex-Telegraphie. System Mercadier. — Telephonie und Telegraphie
mittelst elektrischer Projektoren. — Vorläufige Bestimmung über die
Berechnung von Baugliedem ans armiertem Beton (6. Dez. 190&).
IV. Veneichnis der lur Besprechung eingegangenen Bücher.
(l)ie f'ingppangtin*'!! Hürlisr »rfuhrt^n »in«' 7' i jprorhuug nxck Mabgr^ix? iliT?r Bsdeatuiiff und litf« var-
ICigbarsD Uaumeti. Eine V e r p 1 1 i c h t uu g , «ingehende Knab zu t>dtpreciieu, ul'omimmt «Ii»
L&iinitg d«r .Johrblkolisr*' nicht, tlioh wtrdVB die Titel simtliehsr Bflcker n«b8t Angabe d«B Preise«
~ »efwni iUvMr mitgeteilt wurde — hitr vwasiftt. Rine Rfiokaendnn? von B&cheni findet nicht Atatt.>
1. Deutseh-NmitlBelier AlmaiiMh 1904. Berlin, BoU k Piokardt.
Mk. 2.50.
2. Herrmaun» Marengo. Münster 180S. Ascheodorfische Bchhdlg.
Mk. 6.00.
3. lletzel, Die Aufnahme zur Kriegsakademie. München 1901.
Th. Riedel. Mk. 3,20.
4. V. Caemmerer, Die Entwicklung der strategischen Wissenschaft
im 19. Jahrhundert. Berlin 1904. Wilhelm Baensch, Akt-Ges. ML 8,00.
& Uxsyn-Fruiyaski» Die japanische Wehrmacht. Wien 1904.
Seidel & Sohn. Mk. 1,00.
6. y. Stosch, Denkwürdigkeiten. Stuttgart 1904. Deutsche Verlags»
Anstalt. Mk. 6.00.
7. y. Pelet-Narbonne, Dci Kavallerie-Unteroffizier. Dritte Auflage.
Berlin 1904. Mittl.T k Sohn. Mk. 1,20.
5. Frobeniuä, lu legsgesohichtliche Beispiele des Festungskrieges,
8. Heft. Ebenda. M. 4.25.
9. Kurzeil, Die Richtmittel der Geschütze. Wien 1904. Veriaij
d. Mitt. d. Artill. u. Geniewesens.
m. V. BoguslAwski» Nicht Rede aber Fehde wider die Sozial-
demokratie. Berlin 1904. H. Walther. M. 2.—.
11. T. Bberhanl, Nicht Jena! Sedan! wie immer! Berlin 1904.
Schultz- RnKolhardt. M. 1.-.
12. Knütel, lUiformenkunde. XU. Bd. Heft 11. Rathenow 1904.
M. Babenzicn. M. 1.50.
13. V. >ors, l>ic Kegimentsnamen der altpreulsischen Armee.
Berlin 19Ü4. Ii. Kisfiischmidt. Mk. 2.00.
14. Vierteljahre»hefte für Truppenftihruug uud Heereskunde,
Herausgegeben vom grofson Generultslabe. 1. Jahrgang, 1. Heft.
Beriin, B. S. Mittler & Sohn. M. 4.—.
l>rack von A. W. Hayn w £rbt>n, ücrliu und Fotiidaiu.
Digitized by Google
XV.
Bie Tätigkeit des Marschalls Mac Mahon vor der Schlacht
von Wörth.
Eioe operative Studie.
Von
Oberstleutuaut <x. Sehoek des Bayerischeo l. luf.-lie^s.
(Mit Skiaie.)
I.
Der russische Oeiieral Woide echrpibt iu sciiit-ui bekannten
Büch „Die Ursaphcn und Kiedorlaji-eu im Kriege 1870" bei der
iihtiscbeu iJetnichiuijg der bchiaciit von Wörth folgendes:
„Die Niederlage dieser Division (2. Douayj, die ain 4. August
Ton nn verhältnismässig Überlegenen deutschen Streitkräften ange-
^riÖeü worden war, und das gleich/eitig:f' Krseheiueü der Deutschen
bei Lauterhurg usw hatte dem fraazusisehen Führer endlich die
Xq^cu (itlnen und ihm zeigen niUsseu, da£s eine ganze Armee gegen
sein Korps vorrückte
Es ist schwer zu sagen, welche Krwägungen und liereeliiiungen
■d0D Mars liall dt-nnofh zu dem Entschiuls veraulalst haben mögen,
sich unter so ungUnstiigen l'mständen auf einen Entscheid ungskanipt"
mit dem Gegner einzulassfMi. Wahrsi heinlich trat hier die Unkennt-
nis der wirklichen btärke der Di iiischeu zu dem hohen Mafs vou
Selbstvertrauen, um nicht zu sagen — Dünkel hinzu, welches (Vw
Franzosen unvorhereitcl in den Krieg hineingestolsen hatte und nun
auch in ihren Handlungen, wenigstens zu Anfang des Krieges, zum
Ausdruck koiniiu n mochte. Eine solche Stimmung bei einem ver-
dientem und tapteren Kriegsniann. der die besten französischen
(afrikanischen) Truppen unter seinem Kommando hatte, ist am so
verständlicher, als der Marschall von der so erli» blichen Überlegen-
heit der Gesamtzahl der deutschen Streitkräfte über die tranzösisobeu
schwerlich Kenntnis hatte.
JakrilbQtor fikr di« dtaUoti» Anne« und Marin«. No. 300. 18
Digitized by Google
270 I>i6 TXUgkolt dat Mandiilb Mte Mahos vor dar SoUiolit von WOrtli.
Ans dieeem Gzonde miüste die Niederlage dner einzeliiei»
TnippeiialvIeUiuig (der Dividoii Doaay) den MaiBOhall Mao Mahoih
natörgemSla viel eKer sun^ Kampfe aof etaefaeliii als so so Toisiehtigen»
EnfSgUDgeii fuhren, wie sie der wirklichen Lage angemessen ge-
wesen wSren. Und so mnb man den Wnneoh des MaisehaUs, sieb
mit den Dentsehen zn messen, als wirkliob Torhanden gewesen^
annehmen.**
S^on das Weik des fransOsisehen Generals Bennal nFrOsehwiller*'
gab eine Reihe von wertrollen Anfsohlllssen zn der hier vorliegenden!
Furage; das franztfsisehe Generalsftahswerk hat nnn nooh mehr Klar-
heit gebracht. Insbesondere hriogen die „Docnments aonezes*' durch
die Widfflrgabe von amtliehen Depesehen, von AoszQgen ans
Operations-Jonmalen nnd Tagehttehem, von bisher nicht verOffent-^
liebten Lebeoserinnerongen ein sdir schstsbares MateriaL
Da sich die Tatsachen, die aber die Entstehnog der Schlacht
von Worth AnfschlofB geben, an den veischledensten Stellen des>
Werkes vorfinden, soll im folgenden die Tfttigkeit des fransOsischen
Armee-Oberkommandos vom 4. Aognst bis snm Beginne der Schlacht
von Worth chronologisch datgestellt werden.
Am 2. August ordnete Mao Mahon, veranlafet dnrch eme
Weisung des Kaisers, das 1. Korps der Grenze zu nähern, haupt-
sächlich aber infolge von Verpfiegnngsschwierigkeiten eine Ver-
schiebnng seiner Truppen nach Korden an. Es sollten abrücken:
V, 1*) 1. Division Dnorot am 4. von JReichshofen nach Lembach,
„2. n Douay am 4. von Hagenau nach Weiisenbnrg und
Gegend,
„ 3. „ Ducrot am 8. von Strafsbnrg nach Hagenau,
am 4. nach Reichshofen,
„ i. „ Lartigne am 4. von StraJsburg nach Hagenau.
Von der Kavallerie-Division Dahesme batte die 1. Brigade
(Septeuil) am 4. bei der 2. Division anf dem Geibberg bei Weilsen-
bnrg einzQtretlen. Die 2. Brigade (Nansooty) wurde geteilt; ein
Regiment hatte nach Sols snr Überwachung der Grenze, das andere
zur 4. Division nach Hagenau abzurücken; die 3. Brigade (Michel)
hatte in Brumath xu bleiben. Die Artillerie- und Genie-Reserve
hatten am 5. Hagenau zu erreichen, ebendabin sollte am gleichen
Tage das Korpshauptqnartier verlegt werden. Durch besondere Ver-
V. i fitgung wurde ferner am 2. die 2. Division (Douay) dem General
Ducrot (3.) nntersteilt.
1) Die dem Text beigenommeiieii Zahlen geben den Band und di«
Seitenaahl der DaisteUiuig des franifiateehen Generalstabswerkea an.
Digitized by Gooqle
Die TlU4gicai( des MonelMUB Mm Mahoii vor der SobiMht von Wörth. 271
Am Abend des 2. Ano-ust erhiplt Maf Mahon von dem T^nter- V, 2
präfekten von Weilsenburg die Mitteilung, dals bayrische Triipj»eii
das Zollhaus um Landauer Tor in Besitz genommen und Bich über
die in .AlteT)stadt (Vorstadt von Weifsenborpr) vorhandenen Vorräte
vergewissert hätten; nach ihren Äalsernngren sei die Besetzon^^ dieses
Pnniites innerhalb 24 Stunden zu erwarten. Mac Mahon wies hierauf
durch Telejrramm von 12*" vorm. des 3. August den (Tpneral Üonay
an, schon an diesi in Ta^-c mit seiner ganzen Division so bald als
möglich auf Wciisrnliurg abzurücken mit Ausnahme der hcidtn nach
Snlz abgezweigten Bataillone. Die zwei in Hagenau betiiidlichen
Elskadroneu des 11. Chasseur-Regiraents sollt^^ der General mit-
nehmen, unterwegs hatte das o. Husaren-Regiment in 6uh sich ihm
anznscbliefseii. (Es waren dies die Regimenter der Kavallerie-
Brigade Septeuil.)
Gleichzeitiir tidahl der Marschall dem General Ducrot (1). er
solle die Bewegung des Generals Doii^iy {-j) unterstützen und sich
über das Gebirge mit den Truppen der 2. Division in Verbindung
setzen.
General Ducrot schickte hierauf folgende Telegramme gleich-
zeitig an den Marschall nach Strafsburg und an den General Doaay
na4!h Hagenau:
Reichshofen, 3. August, 4^ vorm. (abgegangen 6").
Gestern abend 5° war ich auf dem Pigeonuier.^j Ich konnte V, 61
mit Fernrohr Weifsenburg, Altenstadt und die ganze angrenzende
Ebene beobachten, habe aber keinen einzigen feindiiohen Posten
entdecken können.
Der Oberst de Franohessin,^) dessen Patrouillen bis Uber
die Grenze gehen, der ferner durch seine Agenten gut unter-
richtet ist, hat mir versichert, daüs keine beträchtliche feindliche
Abteilung aut kürzere Entfernung da sei. Die Drohung der
Bayern') erscheint mir demnach als eine reine Grofssprecherei;
dessen ungeachtet schicke ich heute das 13. Jäger-Bataillon und
das 18. iDfaoterie-Begiment nach Lembach; der Rest der Division
wird moigen folgen
<) Höhe westlich von Wei&enbnig, von der Stadt etwa 4 km Luftlinie
entfernt.
-) Kommandenr iles iu Klimboch stehenden 96. Inteaterie-Regiments,
das zur 1. Division gehört«.
^) Bezieht sich auf die Mittoilung des Unterpräfekten vou Weilsenburg
über die bevorstehende Besetzung von Altenstädt.
18^
272 ^ Tätigkeit des JUiMhalla Mao Mahoa tot der SchUoht von Wörtb.
Y 52 Auch uri den oeoemannten Soaschef des Generalstal)es des
1. Korps, (reneral Faare, schreibt General Ducrot UDteriii 3. Aagust
iiD gleichen bione. Es sei immer nur Herr Hepp, der ünterpräfekt
von Weilsenbarg, der Lärm schlage. Er, der General, .sei, wie er
dem Marschall schreibe, anf Grund seine r stem vom i^igeonnier
aus mit einem guten Feriirdhr gemachten Beobachtungen, auf Grand
zahlreicher Auskünfte überzeugt, dals der Gegner nirgends in einiger
Stärke in der Nähe sei. Indes fllge er sich den uachts erhaltenen
Befehlen und werde demgemäls si iiu Division morgen (4.) um
Lembach vereinigen, mit \ orposten gegen Nothweiler.*)
^^ 18 Mac Maiioii richtet unterm 3. August (Datum nicht ersichtlich)
an das grolse Haupttiuartirr /u Metz Uber die Depesche des Unter-
präfekten und die hierauf von ihm verfllgten Truppenverschiebuogeii
eingehend, scblie£st sich aber der Auf fassang des Generals Dnerot
völlig an:
..Die Nachrichten,^) die ich diesen Morgen erhalten habe,
geben mir im übrigen die volle Irewilsheit, dafs die BefUrchtuu^eii
des l'ntpi iirätekteü von AV'eirsenburi,'' stark tibertrieben waren.
Der General Ducrot hat keinerlei Kenntnis von der Anwesenheit
einer stärkeren feindlichen Abteilung in der Umgegend."
Mae Mahon mufste in der Meinung, dals an der Nordgrenze
alles rnhig sei, dadurch bestärkt werden, dals am 3. August keinerlei
Meldung von dort einlief, ebensowenig in der Nacht und am frllheu
Morgen des 4. Am Nachmittag des 3. hatte aber die 4. ba\ rische
lofauterie-Division Bothmer, die an diesem Tage nach Bergzabern
vorgeschoben wurde, Voqiosten in Linie Schweigen — Schaidt ausge-
stellt. Schweigen ist vom Nordrand von Weifsenburg, woselbst ein
französisches Bataillon ('2/74) lag. etwa 1200 m entlernt.
Dagegen sollte Mac Malions Aufmerksamkeit in der Nacht \om
'A. anf dvu 4. August nach einer anderen Seite hin in Anspruch
V, 101 genommen werden. Der komniandierende General des 7. Korps.
General F. Douay, telegraphiert-- aus I5elfort, dals 6000 WUrtteai-
berger in Kandern and Neuenbürg stäuden und eine beträchtliche
I) Es ist bezeichnend für die Aoffiussung der Lage durch den General,
•lafs dio "^'orposten mit Front crepren diesen Ort aufgestellt werden sollen,
der mitten in den Beif^en und im keiner gröPseren Strnlse liegt ; ein Blick
auf die Karte mufste dailuu, dafs die einzig mögliche Anmarschrichtung
des Gegners gegen Ijembadi die aber WeiCsenbtirg war.
') »Renseignements.'* E.s ist nicht enichtlich, ob aufser den Mittoilimgeii
DucroN noch andere Nachrichten eingegangen sind.
^> Das 7. Korps war seit dem 2ü. Juli dem Marschali Mac Mahon
unterstellt. Generalstabs werk, I, 88.
Digitized by Google
Die Tätigkeit des MarücUalb» Mac Mahon vor der Schlacht von Würth. 273
Truppenabteiluiig ^a'^eu Lörrach im Anmarsch sei.') Alsbald ordnete
der Marschall an, dals bis zum Eintreffen eines anderweitigen
Befehls der Abtransport der Division Conseil Duraesnil (1(7) nach
Strasburg und der der 1. Brigade der Division Liebert (2/7) nach
Colmar zd oDterbleibeo habe, ferner, dafs das 87. Infanterie-Regiment
der Division Lartigue (4/1) in Strafsbnrg bleiben solle. Durch
Telegramm ab Stralsbor^ 4. Aagast 2* Torm. wurde der Major 2S1
general von diesen abändernden Anordnungen in Kenntnis gesetzt
Im Norden wollte Mac Mahon selbst nach dem Rechten sehen.
Er telegraphierte in der Nacht vom 3. anf 4. an den General V. 108
Douay (2.), dafs er am 4. nach Weiisenburg kommen und entscheiden
werde^ ob diese Stadt besetzt bleiben solle.*) Um 3^ morgens Uets
Mac Mahon den Vorstand des Bahnhofes Strafsburg ersuchen, ihm V, 190
zu diesem Zwecke einen Sonderaug zur Verftlgung zu stellen; er
erhielt den Bescheid, dafo dies wegen starker Inanspmehnahnie der
Linie nicht vor 9<* vorm. möglieh sei
6er»iime Zeit^ ehe Mac Mahon sein Vorhahen antfllhfen konnte,
wurde er dnreh ein Telegramm des Major göntal darauf aofinerk*
wtm gemaeH dafo die Lage an der Noidgrme mOg lidierwefae
kritiflofa weiden kDnne. „Selen Sie auf Ihrer Eni*" — so hieb es V, 101, 38t
in dem mn 2*^ Torm. in Metn nbgefratigten Telegramm — „es ist
möglieh, dnla die Thippen tot Ihrer Front eine offensiYe Bewegung
mnehen**. Wie man im fninOsisdien Hauptquartier wa dieser Anf-
fassnng kam, ist nioht anfgeUXrt; denn an Nachrichten Uber den
Feind wird vor den «rwähnten SalK nur angegeben, dals das Vor-
gehen TOD 40000 Mann von Trier anf Diedenhofen oder Saarlonis
als sicher ansnsehen sei; man hoffe heute oder morgen anf eine
,,einste Afllxe'* in Lothringen; am Sohlnsse wird angefUhrt, da&
General F. Douay gleichseitig au Mao Makon und an das grobe
Hauptquartier Uber Gerttcfate berichtet habe, nack denen der Feind
den Ober*Rbem su UherschreLten beabsichtige; der Kaiser überlasse
es dem Marschall, hierwegen die notigen Anordnungen su treffen.
*> Die Veranlassung zu diesen .alarmierenden Naehrichten" (Ausdruck
des &an2. GeneraLstabs -Werkes) gab die Tätigkeit der fliegenden Kolonne
des württemt». Ober«t v. Seubert, brstehend aus 1 Lüfantene-T'ci^iment,
l Kmatz-Kskadron und 1 Ersatz-Batterie, (iegen Neuenburg stieiJto am
2. August eine Kompagnie, die auf Wagen nach Freiburg mit 1 lieiterzug
vorgegangen war, bei Lörraeh nKehtigten 2 Kompagnien. Hier sachte man
durch wiederholtes Rühren der Trommeln, FackeUaragen und AnzQnden
zahlrei(*her Wachtfeuer den <;biiben an grOlaere Troppepan Sammlungen zu
erweckin. Goneralstabswerk, J, 206.
2) Da."» franz. Generalstabswerk fügt bei, dats die Entscheidung
«Ueser Frage dem Ermessen des Genenls Douay Oberiassen werden konnte.
Digitized by Google
274 Tätigkeit des MArschalla Mac Mahon vor der Schlacht vonWdrth.
Das Tel^amm HaD Uahonfl, in dem er das Unterbleiben des
Transportes der Dinsion Conseil Domesnil (1/7) naeh Strafaborg
nnd der 1. Brigade der Division Liöberft nach Colmar meldete^ bat
sieb also mit dem eben erwähnten des giolsen HanptqoartierB
gekreuzt.
Die Wamnng des Major gootoü vor einem Angriff des Feindes
bat Uae Wirltnng anf Mao Mabon niebt Terfeblt Er telegraphierte
— offenbar sofort — nm 5^ vorm. (abgegangen 6^ yorm.) folgendes
an den General Donay naeb WeitBenbnrg:
V, 381 ^ben Sie diesen Morgen iigend welebe Naebricbten
erbalten, die Ibnen die Ansammlnng erbeblieber KrUfte vor Ihrer
Front glanblich ersobeinen lassen? Sofortige Antwort erbeten.
Seien Sie auf Ihrer Hnt, indem Sie Sich bereit halten, Sieh im
Falle eines Angrifiies sehr überlegener Klüfte mit dem (General
Dnorot Uber den Pigeoonier zn vereinigen.
Verstindigen Sie den General Dnerot, der im Marsehe auf
Lembach begriffen ist, er solle gleichfalls anf sdner Hat sein.**
Dieses Telegramm hat General Donay nm 7^ vorm. in seinem
Stabsqnartler Stelnsels erhalten.^) Er gab den Inhalt sofort an
General Dncroi, wie befohlen^ weiter, ond traf Anordnungen für
einen allenfallsigen RUcksog. Dagegen sehemt an den MarBcball
Mac Mabon das verlangte Antwort-Telegramm nicht abgegangen zu
sein; dieser worde vielmehr dorch eine Zivilperson, wie wir hören
werden, von dem Angriff des Gegners benachrichtigt.
Gegen 8^ morgens ist Mac Mabon wieder an einer mbigeren
Anffassaug der Lage bei der vorgeschobenen 2. Division gekommen,
er erwartete offenbar keinen Angriff am heutigen Tage (4.), wie
ans folgenden beiden Telegrammen hervorgebt:
An den Major gönöral. ab Stralsburg; 4. 7** vorm.
V, 282 „Ich belasse die Truppen des Generals (A.) Douay zu seiner
VerlUgong. Heute abend wird die 4. Division des 1. Korps
ohne das 87. Infanterie-Regiment, das hier bleibt, uro die Be-
satzung von Stralsburg zu bilden, die Artillerie • Reserve und
die KUrassierbrigade (der Division) Duhesme in Hagenau sein,
ebenda das Armee-Hauptquartier. Ich reise ab, um die Postie-
rungen VCD Weifsenburg bis Reicbsbofen nachzusehen^.
An den General Douay in Weilsenbuig- ab Stralsburg 4. 7*® vorm.
V, 232 „Ich werde um 9 Uhr nach Weil'senburg fahren, wo ich Sie
^Das Abbrechen von Gefechten," herausgegeben vom Gr. General-
sUb, Seite 4, gibt dieses Datua anf Grund der Bara dliistolre 1901 an;
das frusösische G^eralstabswerk erwähnt die Zelt des Eingaqges nicht,
Digitized by Google
Die Tätigkeit den MarsohftUa Mao Mahon vor der Schl«ohk you WOrth. 275
zu treö'en hoffe. Bestimmen Sie eiuen Zug, der inioh anf melDem
Ritt zu den rustierungen der 1. und 2. Division zu begleiten
hat. Dies! : Zug hat in ßeicbsbofen za nächtigen und wird
morgen wieder einrücken."
Beide Telegramme wurden um 8** abgefertigt.
Mac iM;ilinn beirab sich gegen 9° auf den Bahnhof, um die
beabsichtigte i* alirt uach Weilsenburg anzutrt tt n : Offiziere seines
Stabes und die nötigen Pferde wnrden niitgenouinieü. AJs der Zog
•eben abo^ehcn sollte, wurde dem Marsdiall folgendes, vom Bahuhofe-
Vorstaud m Weilsenburg 8^^ vorm. aulgegebenes Telegramm Uber-
^ben:
,.k'h lasse den Zug Nr. 20 in Sulz auiialU n; man beschiefst V. 174
in diesem Augeubiicke die Stadt; die Geschosse kommen bis
züin Bahnhof."*)
Mac Mahon sandte sofort an General Ducrot (1. Division) nach V,174, 19C
Lembach und an General Kaoult (3. Division) nach Reichshofen den
teiegraphischen Befehl, sich marschbereit zu halten und reiste dann ab.^)
Konnte diese vorläufige Bereitstellung der 1. und Division
zu einer Unterstützung der Division Douay führen, falls diese
emstlieh angegrilTeu wurde? Der Marschall wulste nach der oben
angeführten Meldung des Führers der 1. Division (Ducrot), dals
(lieser das 13. Jäger-Bataillun und das 18. Iniauterie-Kegiment schon
^stern auf Lembach vorgeschoben hatte, dals hingegen das Gros
der Division erst am heutigen Morgen von Heicbsbofen auf Lembach
abgerückt sein wUrde. Wenn nun Mac Mahon annahm, dafs er
während der £isenbahnfahrt weitere Nachrichten über den Stand
der Dinge bei Weilsenburg erhalten würde, so konnte ein Befehl
die Division Ducrot doch frühestens um 10® erreichen. Die
£ntfemung Lembach- Weilsenburg beträgt 15 km (nach dem franzd«
>) Der Bahnhof liegt sftdJich der Stadt.
2) Nach Bonnal hat Mac Mahon an General Uaoult zwei Telegramme
abgesandt, das erste um „Ich erhalte die Nacluricht eine.s Angriffes auf
Weifsenburg. Ihre Truppen siad so bereit zu halten, dafs sie beim ersten Befehl
abmarschieren kOnneB. Idi fahre nach Sulz, Yon dort werde ich mich zur
Idnie der Voipoeten b^ben.* Daa zweite Telegramm ab 10^ lautet; „Ich
fahre mit der Bahn nach Weifsenburg. Von W^fiaenborg aus werde ich
TAI Pf»'Hf' liit P' ■ ( iernnp^n bis Reichshofen nachsehen; dort hoffe ich Sie
zu treffen." [iiot- beiden Telegramme enthalt das französische (ieneralstabs-
Werk nicht, ebensowenig dai» an Ducrot gericbtete. Bonnal gibt die Zeit
dar Abreise des Marschalls anf 10*> an, wahrscbeinlieh auf Gnmd des
Datums des zweiten Telegrammes an Baoolt. Indes dflrften die sKmtlidien
Tele^amme später abgefertigt worden sein, als sie aufgegeben wurden.
Verpr) hierüber die oben erwähnten Telegramme an den Major gen^ml und
Oenerai Douay.
uiyiii^ed by Google
276 I>to TUigk«!! des XtraAbalte Nm lUhon vor der Sohlacht von WM.
sigcheD Generalstabswerk). Die Spitzen des Gros der 1. Divisioii:
konnten also dann um 1^ anf dem Gefecbtsfeld eintrefien; im
{Stanzen hätten die Trappen an diesem Tage einen Marsch voiv
30 km zurückzulegen gehabt. Die 3. Division Raonlt hatte am
^forgen des 4. von Hagenau nach Reichshofen zn marschieren (etwa
18 km);^) sie hätte wahrscheinlich die weitere Leistung von 30 km
gar nicht mehr ausfahren können, wenn aber, so konnten ihre
Spitzen vor 5 oder 6° abds. unmöglich auf dem Gefechtsfeld ein-
treffen. Die Bereitstellung beider Divisionen war also eine halbe
Mafsregel; wollte Mac Mahon die 2. Division unterstützen, so war
es zur Zeit^ als er die Nachricht von dem Augriff auf Weifsenburg
erhielt — 9^ v. — dringend geboten, die I. Division sofort in
Bewegung zu setzen. Auf ein Eingreifen der 3. Division war aber
ancfa um diese Zeit nicht mehr zu rechneu.
Als der Sonder/ug, der den Marschall nach Weifsenburg bring^en
V, 17Ö sollte, etwa um 11'^^) Sulz erreichte, liels der dortige Bahnhofs-
vorstand den Zug anhalten, da er aus Weifsenburg die Nachricht
erhalten hatte, dafs General Donay von sehr ttherleg:enen Kräften
angegrriffen worden und die Hahnverbindung unterbrochen sei.
Während der Marschall dieses Telegramm las, erhielt der Bahnhofs-
vorstand ein weiteres, das besagte^ Weilsenburg sei vom Feinde
genommen.') Die telegraphische Verbindung versajrte von da an.
Mac Mahon fand in Sulz das III. Bataillon des 36. Infanterie-
Keiriments vor, das von der ^. Division Baoult mit der Besetzung;
des Ortes beauftratrt war; er <^:ih dem Kommandeur Verhaltongs-
madsregeln Uber die Dnrchliibrang des Sicherheitsdienstes/) Als-
1) Sie i.st um 6* vorm. abmuschiert (V, 224), wird also um 9« Reichs-
holen erreicht haben.
3) Die Geschichte des 11. Chasseur-keginients zu Pferde ^ribt 12^
an« Von Stralkburg bis Sulz ist die EntfernuDg öO km auf der Bahn.
Yeimntlich ist Mac Mahon etwas Mher in Suis angekomment wie sich aos
folgenclem eigibt. Er sah vom Pigeoimier aus die Räumung des Chsife-
berges, die um 8^ erfolgte. Der von Sulz auf den Pigeonnier »urück-
zulegendc Weg betrügt etw a 23 km, dabei sind grofse Steigungen zurück-
zulegen; nach der Ankunft in Sulz erfol^^:» das Lesen der dort eingetroffenen
Telegramme, feruer die Befehle an lIIjdG und G/11 C'hasseurs zu Pferde.
Da der Marschall zu den 28 km wohl zwei Stunden brauchte, wenn er andi
^ vive allure" ritty wie es in seineu Erinnerungen heiist, so dUifte er etwa
11 in Sulz an;::ekommen sein.
^) Diese Nachricht war ungenau; die Stadt fiel erst gegen 20 in die
Hände der Bayern.
*) Dieser Vorgang ist im frauzüsischeu Generalstabs- Werk nicht er-
wähnt, dagegen bei Bonnal. Es ist bezeichnend, dafs Mac Mahon in diesem
wichtigen Augenbb'ck, wo die grOfote Eile geboten war, um auf das Gefechts«-
feld 7.0 kommen, aivh mit untergeordneten Dingen abgibt.
Digitized by Google
Die Tlt|gk«tt dM Hirschaus Mae Hahon vor der Schlacht von Witrtb. 277
il6r HanebaU eben so Pferde steigen wollte, meldete sieb bei Ihm
«He 6. Eekadion des 11. Cfaasseiir*Regiments sn Pferd. Sie war nm
9* Tonn. Ton General Oonay auf dem Geifiiberg bei WeUsenburg ab*
geeebiekt worden mit dem Aoflrage» den Hazaeball anfsusoeben und
ihn Uber die Lage anfznkllren. Leider Ist der Inhalt der Meldang
der Eskadron niebt angegeben. Um 9^ hatte General Donay von
den 8 ihm zur Yerfttgong stehenden Bataillonen bereltB 6 ansgegeben,
anlserdem 1 Batterie elngesetat, 2 Bataillone, 2 Batterien und die
KaTaOerie-Brigade Septenil standen noeb In Beserre. Bei seinem
Eintrefien anf dem Gefeehtsfeld, etwa 8*^ — das Stabsquartier der
2. Difirion befand sieh TOm 8. anf 4. in Steinsek — hatte der
General nleht an einen emsthaften Angriff geglanbt, vielmehr das
Unternehmen des Gegners ftlr eine sttrkere Erkundung angesehen.
Mao MahoQ gab der Eskadron den Anfkrag, sofort anf das V, it2
Gefeobtsfeld snrttekznreiten nnd dem General Donay m sagen, er
solle sieh solange als möglieh halten, und wenn er znm Kttekzoge
genötigt würde, diesen In gnter Ordnung ansftthren. Die Eskadron
kam in der Näbe des Geilsberges erst an, als das Gefeeht bereits
m Ende gegangen war, konnte sieh also ihres Auftrages nieht mehr
entledigen. Sie ritt naeh Snls snrttek nnd vereinigte sieh am v, 112 A.
nächsten Tage wieder mit ihrem Regiment bei FrOschweiler.')
Hae Mahon ritt, nachdem er die erwühnten Auftrüge erteilt
hatte, nieht anf das Gefeehtsfeld vor, wie man erwarten sollte. Die
EatfemuDg von Sola bis «um Geiftbe^ betragt sowohl auf dem
Wege Uber Bremmelbach als auch auf der grofsen Strafte, die su
diesem Zweck vorKuaiehen gewesen wilre, 12 km; der Marschall
konnte also nach 1<> auf dem Gefechtsfelde eintreffen; tarn Sohatse
gegen alleDfallsige feindliche Patrouillen hfttte er die Eskadron
Chasseurs mitnehmen kOnnen. Statt dessen ritt der Maisehall „in V,l7ß.l$K>
lebhafter Gangart'' — wie er selbst in seinen nnveröifentHchten
Eriunernngen erzählt - über den Pfaffenscblickpafs nach Lembach,
am dort den Fllhrer der 1. Division, General Dacrot, zu treffen.
Die Entfernung Sulz — Lembach beträ§:t etwa 14 km, dabei mnis die
PafshObe ttberwonden werden, die das ihr vorgrela^erte Hügelland
um rund 200 m Uberragt; gegen Lembach fuhrt der Weg dann
ebenso steil hinab.
Mae Mahon durfte bei richtiger Oberlegung gar nieht erwarten,
') Diese Episode f^-ibt das französische Genornl«:taHsweik nach der
Geäcbichte des 11. Chassenr-Kegiments zu Pferd wieder. Die Kskadron
mnfii keine besondere Eile gehabt haben, auf den Gei&berg zurückzukommen,
sonst hatte sie — die Entfernung beträgt 12 Irai — geraume Zeit vor Be-
endigung des Gefechtes dort eintreffen mflssen.
Digitized by Google
.278 miigkeit Hei M ftnohalls Hsc Hahon tot dor SehUeht von WM.
den General Dncrot bei Lembach za treffen. Denn dieser halle
zwar befeblsgeroäfs am beotigen Tage (4.) mit seiner Dirision von
Reichsbofen nacb Lembacb abzurücken, da ihm aber eeit dem
2* Aogaet auch die 2. Division Doaay unlersteUt war, so war
aDxanebmen, dafs er, wenn diese uDgegrlffen wurde, zn ihr Torgeeilt
sein werde. So war es auch in der Tat. Ducrot hatte aof seinem
174 Marsche den Kanonendonner niebt geliert, erst als er etwa nm 12^
nach Lembacb kam, erhielt er tob dem Ftthier des nach Klimbacb
vorgeschobenen 96. Regiments*) Meldung Uber ein Gefecht der
2. Division bei Weifsenburg.
Der General befahl sofort dem Gros seiner Division, auf
Kümbach TorzurUcken, dem 96. und 78. Infanterie-Regiment, den
Pigeonnier su besetzen und ritt fllr seine Person naeh diesem Ans*
siohtspunkt vor.
Mac Mahon fand demgemäfs, als er etwa 1'^ ^) in Lembach
eintraf, den General hier nicht vor, wohl aber traf er anf die Marsch-
iKOlonne der 1. Division. Er ritt nun ebenfalls gegen den Pigeonnier
vor und holte unterwegs den General ein, beide trafen etwa um 2** ^
anf der weitbin Überblick geätattenden Höbe ein. Von Lembaeh
ans hatte der Marschall ungefähr 9 km zn reiten (gehabt.
190 „Man konnte das ganze Geleehtsfeld von Weilsenburg sehen",
so schreibt Mac Mahon in seinen unveröffentlichten Erinnerungen.
(Der linke französische Flügel bestehend aus Teilen der 2. Infanterie-
Brigade [1« algerisches Schützen regiment] oud die Kavallerie Brigade
Septeuil war om diese Zeit im Abzog von Steinselz nach Kleebarg
begriät:n ; in Weilsenburg fielen eben die letzten Schüsse, bei Steinselz
feuerte franzc^siscbe Artillerie [2 Kanonen-Batterien], der Geifsbei^
— mit Ausnahme des Schlosses — wurde von der 1. Brigade
V, 216 Montmarie geräumt.) Der Ordonnanz-Offizier dieser Brigade traf
auf dem Pigeonnier ein, um Uber die Lage Bericht zn erstatten.
1) D«8 99. Infanten' e-Hoc^iment hatte nm Morgen des 4. Posticrun^en nach
dem Pigeonnier vorp;(>schoben «nd wnnlc dort von dem zur 2. Division ge-
hörigen 78. Infunti'ric-Hi'p^inient ab^^elöst. Obwohl man den Kanonendonner
hörte, obwohl muu ilan Gelticht deutiich sah, ging von hier keine Meldung nach
Xlimbach zurück. Der Oberst des 96. Jiegiraents erhielt diese Bret» ab die
Postierung seines fiegiments, die auf dem Pigeonnier gestanden hatte, um
110 in Ombaeh einrückte. Auch mufs die Weitergabe der Meldung an
den Divisions-Kommandenr — diese enthielt übrigens ni( hts über den Emst
der Situation — entweder zu spät oder sehr laugsam erfolgt sein.
Dic»e Zeit ist von mir berechnet nach den Angaben, dais Mac
Uahon am 12^ in Suhc abritt und an der Zeit der Rttumung des Geilk-
betg» (2<>} auf dem Pigeonm«r eintraf, im Znsammenhalt mit den xurflck-
aulegenden Entfemnngen.
Digitized by Google
Die TlligMi ^6S MifMbilte Hm MÜmmi vor d«r SoUadit m Wörth. 279
Mac Ifahan liOrte die Melding in 6<c^nwart des Generals Dnerol
lud des Generals Golson an, erbal sieh Ton dem tlberbiiDger ein
Kroki „der Stellungen und der Bewegungen** der Kelomien,*) dankte
nach dessen FerCigstellong und sagte: ,,Fttr8ie (die Dentschen) das
•eiste Spiel, ftlr nns das sweite.*^
Spitter konnte der Maisohall rerrnntlieh sehen, da& die Truppen
der 1. Brigade in Btohtsog anf Steinsels znrilokgingen.
Vom Gegner heobaehte der Marschall nicht nnr die M Weüsen-
hnrg nnd gegen den Geilsberg eingesetzten Thippen (II. hayriscfaes
nnd y. Korps), sondern aaeb den Anmarsch einer starken Kolonne
-Avi der Strafee ?on Lanterbnrg (22. Division mit 4 Batterien der
Korps-Artillerie XL Armee-Korps).
Um 2** war das Gefecht va Ende. (Anf dentsoher Seite wnrde
jom die Zeit das Signal „das Ganse halt!. Sammeln** gegeben.)
Man erkannte, dats die fransttsisehen Trappen nicht Terfolgt wurden.
„Da (snneit) der Anfang der Kolonne der Division Duerot erst
•bei Klimhach war**, sagt Mac Mahon in seinen Eiinnemngeu, „so
wäre es nns unmöglich gewesen, ihnen su Hilfe zu kommen**.^
1) Erzählung des Ordonnanz Offiziers, des späteren G^neralB P^doya.
3) Orncnl Ducrot hat von General Douay keinerlei Meldung über das
Gefecht erhalu-n. wie aus der oben erwähnten '^Patsiiche hervorquellt, dafs
Ducrot trat um 12^ von anderer Seite Informiert wurde. Dies ist um so
auffallender, aU Donay dem General Ducrot unteratdlt war. Wohl aber bitte
Ducrot eich nach dem Tagebuche der Grafen von Lenfse, Besitzer eines
Schlosses bei Reichshofen, der Mitwirkung der 8. Di\n8ion Raoult versichern
wollen. Der Graf erzählt (Bruchstück des unverriffentHrhten Tagebuches
in den Anlagen des französischen Generalstabswerkes V, 225):
«Arn 4. August morgens brachte ein Husar im Galopp die Meldung
(wohin?) von einem wahradieinlichen Gerecht bei 'Weifeenburg nnd einen
Brief des Generals Ducrot, der den General Kaoult /nr Hilfeleistung auf-
forderte, wobei beigefüjrt war, dn^ er (Ducrot) ohne Zweifel am nächsten
Tage die ganze feindliche Arnn r mf dem Halse haben werde.
Der General zögerte nicht und sagte zu mir (Leufse): ,Ducrot hat
mir keine Befehle su geben; ich habe den Befehl, Beichehofen zu beeetssen,
aber ich werde einen Kameraden nicht im Stiche laeeen! Ich marschiere
•anf den Kanonendonner los, das ist immer da«: Beste in einem solchen Falle!'
Zwei Stunden später kam ein anderer Husar nut der Meldung, dalk
bei Weilsenburg und Kleeburg gekämpft werde.
Wir Imchen anf, ich immer als S^viUst, mit der Absicht, den lüusehall
anfzusnchen, der an dieson Tage in Suis sein mufote.
Kaum waren wir. mit der Division, eine Viertelstunde von Heichshofen
entfenit. als wir einen Oberstleutnant des Generalstabes im Galopp heran-
kommen sahen; es war der Marquis d'Abzac: er kam vom Pigeonnier in
schärfster Gangart, um dem General Jiaoult den Befehl zu überbringen,
tnach IVösdiweiler an rttcken nnd dort stehen sn bleiben . . . .*
Diese EraftUnng klingt sehr nnwahrscheudich. General Ducrot^ der
DIgltized by Google
v,ii6,i«a
280 Die TlÜgkflik dei Mmluait Mao UOmo vor der SeUtdit von Wfirth.
r. K^iHiniii Der Maneha]! berichtete sofort aD den Kaiser in Dacbsteheodeni'
an den TelegRimm, das vom PjgeoDDier 2*^ datiert ist and in Hageoaa 5*<^
aufgaben wurde:
V, 288. :,nie Division Douay ist bente morgen bei WeÜBeiibiirg von
einem Heeresteil angegriffen worden, der ans mindesteDS 4 Dln-
flionen — mit starker Artiilerie — besteht.
Der General Douay ist sehr sobwer TerFTondet worden.
Seine Di?ision wurde zum RUckzng genötigt.
Gegenwärtig sammelt sie sich in der Nähe des PigeoDnier^
»wischen Wörth und dem Pigeonnier.^)
Die 1. Division rückt nach vorwärts, am die Stellung von.
KUmbach zu besetzen und jene, die sieh von Pigeonnier gegen,
den Pfaffenscblickpals hinzieht; sie wird stark besetzt.
Ich ^ebe der 3. Division (Raonlt)^ den Befehl, deli
zwischen Görsdorf und Fröschweiler aufzustellen.
Endlich rufe ich die 4. Division (Lartigue)') heran, die
beute Nacht kommen wird; sie wird bei Gnnstett Aufstellnng^
nehmen.
noch am Tage vorher die La^u so sanguinisch auffafkt — vgl. den JJricf
an General Faure, — der am Morgen des 4. ruhig mit seiner Division
von Reichshofen naeh Lembach rettet» soll am gleichen Morgen ein Gefecht
bei WeUbenbnrg fOr wahndieiniich halten! In d«r Biographie Ducrots ist
das angebliche Schreiben an Eaoult nicht erwähnt.
General Raonlt hatte am 4. Atip^nst von Hagenau nach Ueiclishufon
zu marschieren. Der Aufbruch erfolgte um ö^. Wenn die Entälilung «ies
Grafen von Leulke richtig ist, so hat der General ganz entgegen seino.u
Worten gehanddt, denn er ist nicht gegen das Gefechtsfeld hin abgebogen«
sondern auf Reichshofen weiter marschiert.
Im Text <1es fransösiscben Genenüstabswerkes ist von diesen Vor>
gängen nichts erwähnt.
Das franzosische GeneraUtabswerk gibt auf Seite 18'i des Bandes \
an, dais am Abend des 4. Augnat die 1. Brigade der 2. Division (jetzt Pelle)
in Pfaffenbronn, die 2. in Sulz gewesen sei. Dementgegen wird anf
Seite 186 ensählt, dafs die 1. Brigade nach dem Punkt, von dem si(>
»bniBi"schiert war, nJlmlich Hagenau, nb/og. wo sie um 11 ^ nachts eintmr.
die *2. Brigade hingegen über den Pfaffensclilickpafs nach irTalfenbruuu und
Lembach, wo sie wälirend der Nacht ankam. Diese letztere Angabe ist die
richtige, vgl. „das Abbrechen von Gefechten" Seite 92 nnd Band VI de«
französischen GeneraLstabe-Werks, Sate 182. In dnem amtlichen Werk
sollten solche Unstimmigkeiten nicht vorkommen.
'^1 Die Division hatte am heutigeji M<tra:«»n von Hagenau nach Reichs-
hofen zu marschieren, der Aufbruch w ar um 5^ erfolgt V, 224.
*) Die Division hatte am heutigen Morgen von Strafsburg nach
Hagenau zn marschieren (Anlbruch 4*); sie traf um 9^ hier ein. Am späten
Abend erhielt sie den Bef^l zum Abmarsch, trat um an und kam am.
5. August um morgens bei Gonatett an. V, 226, 176.
Digitized by Google
I>ie iäügkeit des Marschaiiü Mac Maiiua \ or der äcblaehl von Wörth. 281
Die 6 Kllfasaiflr-Begiiiietiter') und die Beserre- Artillerie
werden rttekwKrte AiMellung o^Bea und swer reelite Ten
FrOeeliweiler, auf dem rechten Ufer des Sanerliaohes.
Ich gebe den Geaml Donay den Befehl, die DiTimon
CoDseil Dameenil naeh HageDan za sdücken'.)
Wir fnardea aasere iteHongen Terteidigen; soUten wir zam
Kttokzog genötigt werden, so wttrde er ttber Lembach and
Meieenthai anegeftthrt werden.
Wenn ebe Division von Bitseb mittelst Bahn kommen
konnte, so wSre sie in Reichsbofen ansznladen.**
Aus den Aufschlüssen, die dieses meines Wissens bis-
her noch nicht Teröffentlichte Telegramm gil)t, ist folgendes
besoDders beachtenswert; 1. Mac Mahon falst unter dem Eindruck des
Gefechtes von Weilsenborg sofort den Entschlafe, seine Truppen bei
Wörth zu vereinigen und dem Gegner hier eine Delensiv-Schlacht
zu lieiern, 2. Er will, wenn er daselbst zum HUekzu? freniitigt
wird, sich an den rechten FlUgel der lothringischen Gruppe des
französischen Heeres heranziehen.
An die 3. Division Kaonlt ist der Befehl, von Keichshofen nach
Fröschweiler abzurücken, offenbar alsbald nach Mac Mahons Ein-
tieften auf dem l^iireonnier abgegangen,^) da er nach dem Tagebuch
der Division schon um 3° bei dieser eingeganL'-eii s( in soll. Wahr- -^2:"
s<'hi iülirh ist dies jedoch etwas später der Fall irewescn, da die Eot-
lernuDg i'igeonnier — Keichshofen Uber 20 km beträgt.
Mac Mahon blieb noch geraume Zeit, nachdem das Gefecht von ^ i l'ö
Weifsenburg zu Ende gegangen war, auf dem Pigeonnier.
£r liefe das 78. Infanterie-Regiment (der 2. Division), sowie
die mittlerweile herangekommene Infanterie der 1. Division (mit
Ansnahme eines Begiments) anf dem Berg ond den gegen Kleeburg
abfallenden Hüngen (Bergwald anf der französischen Karte) eine
Bereitstellong beziehen, „nm jeder Möglichkeit begegnen za können**.
Der Oedanke, mit diesen Kräften in die Ebene bemnterzostofsen —
die Franzosen standen nnmittelbar in der Flanke der dentsehen
>j 4 der Besenre-KaTaUerie-Division BoniiemtiixM, 2 der Brigade Michel
(zur KavaUerie-DiTiaion Duhesme des 1. Korps gehörig), letztere waren am
4. in Hagenau, erstere in Pfalzburg und Zähem. V, 182 und 177.
Die 1. Brigade dieser Division, iler 1. des 7. Kurps, stand in Mül-
hausen, die 2. in Cohnar. Der Abtransport auf der Bahn erfolgte in der
Nacht vom 4. zum r>.
>) Der Überbringer des Üefehls, Oberstleutnant des Generalstabes,
d'Abaac, ist in schärfster Gangart geritten.
Digitized by Google
282 ^ TiUgkait des Ifanobills Mae MabMi vor der SoUeebt ▼«! WQilb.
läppen, ohne Ton diesen bemerkt so werden') — wurde von Ma&
Hahon in Anbetnutbl der Stärke des Gegners Terworfen.
Der Marsehall and General Dncrot beobaehteteo tod ihrem
Oberriehtepankte ans lange Zeit die Biwaks des Gegners sie
sehätoten die anwesenden Trappen auf 80000 Mann. Da der Befehl
snm Beziehen der Biwaks auf deatscber Seite am 3*** bei Schaf bnaeh
anf der Hohe des GreUBberges gegeben wnrde, mithin die entfernteren
Trappen wohl erst nach 4^ an den zugewiesenen Plätzen ankamen,
so mufs Mac Mahon mindestens bis 4**^ anf dem Pigeonnier ge-
blieben sein.
Das Hauptquartier der Armee wurde nach Reichshofen verleirt.
Mac Mabou ist Uber Rlimbach, Lembach and Mattstail zurück-
geritten.')
Bei FrüschweUer traf der Marschall auf die 3. Di?ision Raoolt.
V. 324 die wie erwähnt, von Reichshofen hierher beordert und um 5^*^ ein-
getroffen war. Der Marschall gab dem General „noch eingehendere
V. 187 Weisungen** — Tcrmutlich über die zu nehmende Anfstellnng —
und ritt dann nach Reichsbofen. Ex hatte vom Pigeonnier ans etwa
28 km snrttckznlegen, ist also kanm Tor 6^^ nachmittags in seinem
Quartier angekommen. Im ganzen ist Mac Mabou, der im Jahre
1870 nahezu 62 Jahre zählte, am 4. August bei schwUlem und
regnerischem Wetter etwa 46 km geritten, eine ganz tüchtige
körperliche Leistung, wenn man bedenkt, dafs ihr schon seit dem
frttbesten Morgen eine Reihe der schwerwiegendsten Entscheidungen
vorausging, und der Abend gleichfalls durch die Befehle für den
nächsten Tag in Anspruch genommen wurde. Man sieht also, dals
im Kriege neben den höchsten Anforderungen an die moralische
Spannkraft ancb das Erfordernis körperlicher Leistnngsfthigkeit
selbst an sehr hochstehende Führer herantritt.
V, 191 Mae Mabon stieg in Keicbshofen im Schlosse des Grafen
von Lenise ab, der Bttigermeister des Ortes und Abgeordneter war.
'» Die Vorposten des 11. Bayr. Korps, die am späteren Naclimittag ia
Linie Weiler — Rott standen, plänkelten wiederholt bis gegen Morgen des
o. August mit den im Wald gegenObor stehenden franzGsiscIien Abteilungen.
Generalstabswerk, I, 198.
-) Das II. r>a\T. Korp«; laij:erte mit der Infanterie westlich Weifsenburg,
Kavallerie und Koq)s-Artillerie nördlich und östlich der Stadt; das V. Armee-
korps blieb südlich Altenstädt, seine Korps-Artillerie hinter diesem Ort.
Vom XI. Armeekorps biwakierte die 21. Division suf dem Geifsbcrg. die
22, Ostlich der Eisenbahn. Generalstabswerk, 1» 198,
S) Bonns], Seite 146.
Digitized by Google
Die Tülgktie 468 Hanoluüls Hm Mihon vor der SeUaeht WOrtk. 283
Bei Tisehe ragte er, „ds& wir gescUageD worden seien; mdes seien V, m-
nnr wenig Trappen liefteiligt gewesen; er nehme den Ricksag auf
FrOBehweOer nnd reeiine damit, hier den Feind aofisohalten".*)
Am Abend worden die Befehle flir die Vetsammlung am V, 176.
nSolisten Tage erlassen.
Die 1. and 2. Divisiou, sowie die Kavallerie- Brigade Sepieuil
halten über Klimbach, Lembach, Mattstal! und Lan^ensulzbach auf
Fröschweikr zialick zu gehen. Die .>. Uivisioa Raoult sollte östlich
Früsch Weiler Biwak beziehen. Die 4. Division Lartigae erhielt
Befehl, noch hente auf Gunstett abzurücken. Die KUrassier-Brigade
Michel der Kavallerie-Division Duhesnie, die Artillerie und Geuie-
Reserve des 1. Korps sollten von Hagenau unverzüglich nach Reichs-
bofen marschieren. Die Kavallerie-Brigade Nansouty and die
Detachemeots in der Rheinebene hatten zu ihren Verbänden abzu-
rücken. Die Reserve 'Kavallerie- Division Bonnemains, zurzeit in
Pfalzbnig nnd Zabem, sollte am 5. mit Tagesanbruch bei Hagenau
eintreffen. Der kommandierende General des 7. Korps wurde be*
auftragt, die Division Conseil Dumesnii (1.) von Colmar auf der
Eiaenbahn nach Hagenao, wo sie weitere Befehle treffen würden,
b^hdern m lassen. Die Einladung hatte noch in der Nacht za
heginnen. Der Kommandant yoq Hagenau erhielt Befehl, die Wdter-
fahrt der Division bis Reichsbofen an Teranlassen, wenn die Bahn
frei sei; entgegengesetzten Falles hatte er an veranlassen, dals die
Division dieses Ziel mit Fofsmarseh erreiebe.
Wir sind gewöhnt, dnfs jeder operative oder taktische Beiehl
Mitti'ilQiiu-pn über den Feind und die ciL^one Absicht, sowie Angaben
Uber die Tätigkeit der Nachbar-AbtL iliiti;^en neben dem Auftrag
enthält; das war in der elsässlscbon Arna c nicht üblich. General
Bonnal schreibt Uber die Befehisgeboug bei dieser: ,.l)ir t lsUssisehe
Armee hat nicht einen einzigen allgemeinen operativen Beiehl seit
ihrer Versammlung bis zum Tage der Schlacht von Fröschweiler
erhalten, so duls Generale, Offiziere und Soldaten während dieser
ganzen Zeit wi der Uber die Tätigkeit des Feindes noch über die.
Absichten des .Marsehalls unterrichtet w^aren . . . Jeder Divisiona-
Kommandeur schlägt sein Lager lu b^n derjenigen Division auf, dm
er schon an Ort und Stelle eingerichtet vürluidct. und wenn er
Befehle erhält, so geben sie ihm nur für seine Feräou ood vertrau^
lieh zo.*'^) --
*) Aus dem Tagebuch des Grafen von Leufse.
^ Bonnal, Seite 117—178.
Digitized by Google
284 ^ Titigkeit dw Mandialls Ute Nilioii vvt 4er 8e1ü»eht m WOidi.
V, 177 Am Abend richtete Mao MahoD ein Schreiben an den Forst-
beamten zu Higenan, in dem er Um anttbiderte, im Hagenaaer Wald
Verhaae anzalegen, die Brucken sprengen nnd die Eiaenbahn am
Eingang des Waldes nnterbreehen zn lassen; feriKr worde der
Bahnhofs vorstand Ton Hagenau ersadi^ die Schienen aof der Strecke,
von Waiburg angefangen, entfernen sn lassen.
V. 284 Endlieb berichtete der llarschall am 10^ nachts an den Kaiser
2.Telegramm folgendes:
fit^g^ iJ^rei^) Begimenter der Division Donay nnd eine leichte
KavaUerie-Brigade sind bei WeiüBenbnrg nnd Gegend von sehr
betrftchtliehen KrSften angegriffen worden. Diese waren in deo
Wäldern versammelt worden, die den Lanf der Lauter begleiten.
Diese Tmppen haben nahesn swei Standen den Angriffen
des Feindes Stand gehalten*) nnd dann ihren Rücking befeUa-
gemäls anf die Höhe des Figeonnier genommen, die die Stralse
nach Bitsch beheirschi
Generai Donay ist gefallen. Wir haben empfindliche Verlaste
erlitten.
Der Feiüd hatte bei Einbruch der Nacht seine Krätte
gegenüber den Stellungen der 1, und 2. Division des 1. Korps
auiniarscbieren lassen.
(Chiffrierter Teil.) Die Truppen des Gegners sind beträcht-
lich. Sie müssen zum mindesten aus zwei Armeekürps bestehen.
Die Oefantjenen sagen aus, es sei die Armee des Kronprinzen,
znsauiiuengesetzt aus einem preufsischen und zwei Korps der
SUdarmee-'^) Die Artillerie war btirachtlich; eines unserer Ge-
schütze, dessen Pferde getötet und dessen Lalette gebrochen
war, ist in den Händen des Gegners geblieben.
Nach den Absichten, die der Gegner znm Angriff auf unsere
Stellnnjren getroffen hatte, habe ich geglaubt, mich nicht in dem
Gebinde, das wir besetzt hielten, halten za sollen, da wir einer
Umfassung zu sehr ausgesetzt waren.**)
Mit Einbruch der Dunkelheit habe ich alle Trains hinter
Fröschweiler zarttciLgeheD lassen; morgen vor Tagesanbmeb
V) Bas 78. Regiment stand auf dem Pigconiu'er mit drei Kompagnien«
mit dem liest bei KÜtnbach: es griff nicht in da» (Jefocht ein.
2) Tatsächlich dauerte das tief echt 6*/j Stunden.
') 8olI heiXsen: der Südstaaten.
Hiermit ist wohl gemeint, dars eme Unterstütiuiig der Division
Douay durcli die nach und nach am Figeonnier eintreffenden Tmppen,
zunächst 7S. und 96. Infanlerie-Begiment, nicht angezeigt ersdueo.
Digitized by Google
Die Tfttigkeit 4ea ManduOis Jdao Maiioa vor der SohUcht von Wörth. 285
werden sich die 1. uud 2. Division in Marsch setzen, um (dort)
eine Stellung zu beziehen. Sie ist zum Teil schon besetzt durch
die Division Raouit, die auf dem rechten Ufer des Sauerbaches
steht. Hier werde ich notigenialls eine Schlacht liefern.
Um die Offensive mit Vorteil \vieder aufnehmen zu können,
bedurfte ich einer Untersttltznng von wenigsteus drei Divisionen.
Ich habe der Division Couseil den Befehl zugchen lassen, von
Colmar heranzukommen. Ich wage jedocii noch nicht aui sie zu
zählen.'*
Vergleicht man dieses Telegraimii mit dvm (.Tsten. das auf dem
Pigeonnier aiii^t fal-it wurde, so ergibt sich, dafs Mac Mahou am
Abend, wohl auf Giuad seiner Beobachtung der feindlichen Biwaks,
die Lage ernster auffaCst, als am Nachmittag. Zwar wird die
Stärke des Gegners jetzt ebenso wie zuerst aut luindesteus vier
Divisionen (zwei Korps) iiugegebeii. alk iu die Angabe der Gefangenen,
flals es sich um drei Armeekorps handle, bleibt unwidersprochen.
Der Gedanke, sich bei Wörth defensiv zu schlagen, wird festgehalten.
Aber was bedeutet der Beisatz „nötigenfalls" (s'il le faut)V Glaubt
der Marschall nicht an ein weiteres Vordringen der Deutschen? ist
er noch immer wie dies am Tage vorher nach der Ansicht des
französischen Generalstabswerkes der Fall war, in der Ansicht be-
fangen, dals die Deutschen zn Operationen grolsen Stils noch nicht
imstande seien? Das Gefecht von Weilsenborg konnte hierüber
wahrlich keinen Zweifel mehr bestehen lassen.
Der Marschall glanbt, mit einer Yerstärknng von mindestens
drei Divisionen die Ofiensive aafnebmeu zu können; er will also mit
anderen Worten die Hilfe des 5. Armeekorps hiena in Ansprach
nehmen. Nach, seiner Meinung beträgt die Stärke der feindlichen Armee
mindestens vier, naeh den Aassagen der Gefangenen sechs Divisionen;
wenn er aan das 5. Korps zu drei Divisionen mit seinem eigenen
vereinigte, so war etwa eine Kräftegleichheit gegeben, dareb das
Heranziefaen der Division Conseil Dnmesnil das 7. Korps, aat die er
allerdings noch niebt zu zäbleD wa^ wabnoheinlioh eine Überlegen-
heit. Aber dieser Bereefanang bftlt das franz. Generalstabswerk Vi« 189
entgegen, dafo Mao Mahon sich die Frage vorlegen moJate, ob er
auf dem Pigeonnier die ganze ihm gegenttbarstefaende Armee geseben
habe; die Naohriebten des grolsen Haaptqoartiers hätten schon
unterm 30. Jnli dahin gelanteti dals diese aas vier Armeekorps bestehe,
nach einer weiteten Angabe vom 1. August sollte sie 160000 Mann
stark sein. Dieser Einwand mnls als darcbaos berechtigt bezeichnet
werden.
Fast möchte man glauben, dals der Gedanke an die Offensive
JiMMiw flv ai« tentoA» Amt« vaA Haiia«. N«. »80. 19
286 ^it) Tätigkeit des älar»chailä Mac Mahon vor der Scblaeht von Wurth.
not flfloh% bei Mm Htboii anftuMliie und nur ein wUlkouDttier
Vorwaad war, um die Unteistiltnuig des 6. Korps zo erhalten;
denn* der Schlnb des Telegrammea an den Eaber klingt niefats
weuiger als znTenlebtlieb. Troti des bildenden Beleblea, den der
Maraoball der 1. Division dee T. Korps hatte Kogeben lassen, alsbald
mittelst Bahntransportes an ihm m stoisen, wagte er doeb nieht aof
sie an zählen. Er ma!b also die HOgliohkeit einer Obersehreitnng
des Obeirbeios dnreh dentsobe KrSile, znm mindesten die IJn-
aasAlbrbarkeit dee Befehles iofolge einer Bahnzerstfimng befOrehtet
baben-.
V, 226 ^Wir Terbraohten üai die ganze Nacht'* — so erzählt der Grat
von Lenlse — MOttmlicb der Marschall^ der General Colson, der
General Fanre^) nnd loh, Uber den Karten, wobei diese Herren ebe
Menge von Fragen an mieb stellten, die ioh nach besten Krilften
beantwortete.^ Hierbei worden auch die allenfallsigen KUckzugs-
linien besprochen; der Graf beaeiobnete 3 oder 4 Straisen — offen-
bar dnreh die Vogesen — als geeignet für diesen Zweck.*)
Als Gutsbesitzer besars dei Grat eine gute Kenntnis der Gegend,
die sich nach seiner eiprencn Meinunj: anch auf da.s taktische Gebiet
erstreckte: er berichtet, er habe am isaehmittag des 4. dem General
liaouU ..die Stelluiii; von Fröschweiler" gezeigt.
%. August Nach einer sehr kurzeu Nachtrnhe stie«,' Mar Mahon am Morgen
VI, 161 des 5. August uni 4 Uhr zu Pferde. Das Hauiitqiiaiticr \Mirde TOn
Keicbshoien nach i'rüschweüer verlegt, der Marschall aber \Nüllte da.s
Gelände besichtigen, in dem er sich zu schlagen beabsichtigte, das
er bisher nur auf der Karte studiert hatte.*) Er wurde von dem
Grafen von Leulse begleitet, später beteiligte sieh auch der Führer
der 1 . Division, Greneral Ducrot, an der P>kündung. Beim Weg-
reiten von Keichshofen stiels der Marschall zunächst auf die Reserve-
Artillerie seines Korps; sie hatte, mittelst Nachtmarsch von Hagenau
kommend, hier ihr Lajrer aufgeschlagen. ()stlich Fröschweiler traf
man auf die 3. Division HaouU; sie war, wie wir wissen, am Nach-
V, 129 mittag des 4. hier eingetroffen nnd stand mit dem rechten FlUgel an
Elsafshaasen angelehnt, mit dem linken Görsdorf gegenüber. Aof
dem jenseitigen Sauer- Ufer und zwar aof den Höhen nördlich von
y,i29j68 Gnnstett, stund die 4. Division Lartigoe; sie war am Abend vorher
') Chef und Souichef d»';< Generalstabi s des 1, /Vrmeekorps.
2| Üit's nach dem Tagebu« Ii Ics Grafen, das in „La vie militaire du
gun^ral Ducrot", Band II, Seite öt»8 u. ff. ausführlicher gegeben wird als
im fratizüsischen Generalstabsweik.
>) Angabe in seinen „Erinnerungen". VI, 16L
Di» 'nttigfc«ifc de» Ihraehallft Mm Mahoa vor der SohlMht Ton Wtfftli, 287
um 9^ voQ Hagenau aoigebrocheu uoti om 3^ morgeos hier ein*
getrotten.
Die Erknnduiig der Stellnng brachte ein guustijres Ergebnis,
„Sie eriüllte die Bedingungen" — so schreibt der Marschall — V, 161,162
^die ich voransgesctzt hatte. Ihre Front erstreckte sieh Uber die
Höhen des rechten Sauer-Ufers, die jene des linken IFfers Uber-
hf5hen. Sie gewann an Starke durch den Laut des Haches, der ein
wesentliches Hindernis bildete, srleiehwohl aber vermittelst der vor-
handenen Brucken und Furten den Lbergaiig zur IfegenoiTensire ge-
stattete. Die Flanken waren au Dörfer angelehnt, an VValdui»t:en,
die die Verteidigung begünstigten. \ »rwärts, aof dem rechten Flügel,
und zwar auf dem linken Ufer befand eich das Piateaa von Guu-
Stett, das das ganze Tal beherrschte."
Anfänglich wollte Mac Mahou die 4. Division da. wo sie stand,
eben auf der Höhe von Gnnstett, lassen, „da sie hier alle Trappen
in die Flanke nehme, die die Stellung am jenseitigen Ufer angreifen
Wörden."') Um 7® liefe er ihr indes den Befehl zugehen, auf das V, 162
rechte Ufer zorUckzageben und im Anschlnfs an die 3. Division
Kaonlt auf dem rechten Flttgel Aufstellung /.u nehmen. Die Division
wollte nuiiuiebr .sich bis Morsbronn ausdehnen, wurde jedoch durch V, 129,168
Befehl des Maiöcballs angewiesen, ihren rechten FlUgei aaf der Höhe
nl^rdlich dieses Ortes aufzustellen.
Unterdessen (7®) war die Kurassierhriiiiide Michel, von Bmmath V,181, 17ü
kommend, mit 2 Eskadronen des 6. Lanciers Keiriments. nordwestlich
von Eberbach eingetroffen. Sie stand also hinter der Division
Lartigne; dieser wurden die beiden Lanciers-Eskadroneu als Divisions-
kavallerie zugeteilt.
GeL'-en 9^ sah der Marschall vermutlich^) auf beiden Ufern des
Sauerbaclies Kolonnen von Norden Ii er im Anmarsch gegen die
schon stehenden Truppen; auf dem rechten Tfer traf die 1, Division
Ducrot ein, die mit Tagesanbruch ans ihren ßiwaks bei Kümbach V, 139
abgerückt war. Sie erhielt Befehl, sich auf dem linken Flügel,
zwischen Fröschweiler und Nehweiler. anfznstellen. Die andere Ko-
lonne bestand aus der 2. Brigade und der Artillerie der 2. Division, VM^164,
deren Kommaado nach dem Tode des Generals Dooajr der General
Aus den „Erinnerungen". (V, 182) Dio Division wilre voraus-
sichtlich in ihrer Vereinzelung zuerst angegriffen und geschlagen worden;
sie konnte mit Artillerie vom jenseitigen Ufer ans kanm nntecstHtst werden.
>) 6s ist nicht mit Bestinuntheit zu ereehen, wann Mac Mahon seinen
Krknndungsritt beendet hat, iudes darf angenommen werden« dafs er des
Eintreffen der 1. und 2. Division abgewartet hat» da erster« den Unken
Flttgel der Schiachtlinie 2U bilden hatte.
19*
Digitized by Google
288 Tätigkeit des Marschaus Mio jfmbon vor der SohUoht von Wörth.
Pelle Übernommen hatte, und der ihr zugeteilten Kavalleric-Brigrade
Septf uil. Diese Truppen hatten am Abend nach dem Gefecht bei
rfaÖLiibrünn und Lembach biwakiert, waren am frühen Morgen des
f). abgerückt und wurden nun Uber Wörth beraii^rezotren. Sie hatten
Südwestlich von Fröschweiler, hinter der Mitte der 3. Division
V, im» (Raonltj als Koserve des Marschalls Änfsteilun^- zu nehmen.
V. 182 Von der 2. Division fehlte am Morgen noch die Brigade Mout-
marie; sie war vom Geilsberg aus über Sulz nach Hagenau ziiröck-
gegangen und hatte hier (Ankunft 11® nachts) genächtigt. Sie
wurde am Morgen des ö. August mit Bahn nach Reichshofen be-
fördert and erreichte dann mit Fuismarsch ihre Division.
V, lai Das von der Division nach Sulz abgezweigte Bataillon
(111/36) war schon im Laufe der Nacht bei dieser wieder eingerückt:
das nach Sulz entsendete Detachement (L und II. Bataillon 36. In-
fanterie-Regiments, IL Bataillon 50. Infanterie-Regiments, 16. Jäger-
Balaiilun), das 2. Lanciers-Regiment und G Züge des 1 1. Chasseurs-
Regiments zu Pferd) war um frühen Morgen des 5. August nach
Hagenau abgerückt; von dort erreichten die Truppen ihre Verbände,
wobei die Infanterie mit Bahn nach Reichshofen befördert wurde, mit
Ausnahme des II. Bataillon des 50. Infauterie-Regimeuts, das in
Hagenau belassen wurde.')
So hatte also der Marschall, wenn er etwa um 9^° vormittags,
wie angenommen werden dart^), in sein Quartier Frösehweiler zu-
rückgekehrt ist, die 4 Infanterie-Divisionen, die Kavallerie-Division
und die Reserve-Artillerie seines Korps in der von ihm für eine
Schlacht ausgewählten Stellung nahezu vereinigt gesehen; er konnte
nm diese Zeit wissen, dals die wenigen noch fehlenden Teile im
Laufe des Vormittags, dafs ferner die Reserve-Kavallerie-Division
Bonnemains im Laufe des Nachmittags eintreffen würde; vermutlich
war er um diese Zeit, jedenfalls aber am späteren Vormittag davon
unterrichtet, dai's der Abtransport der 1. Division des 7. Korps
(Conseil Dumesnil) aus dem oberen Elsal's befehlsgemäls in der
^acht begonnen hatte und ohne Störung dnrch den Gegner durch-
geführt werden konnte. Dies mochte ein verhältnismälsiges Gefühl
von Sicherheit geben; andererseits wird dem Marschall die Über-
müdung des grölsten Teiles seiner Truppen nicht entgangen sein.
Vi, 186 Die 4. Division, die Artillerie-Reserve uud die Kavallerie-Brigade
Michel hatten Nachtmärsche zurückzulegen gehabt, die Reserre-
Kavallerie-Division Bonnemains war nach einem solchen noch gar
nicht zur Stelle; die 1. Division war gestern fast den ganzen Tag
») Vir. 82; VII, 2Ö6 Anm. 1; VII, 181.
3) Vgl. die Anmerkung 1.
^ j . ^ci by Google
Die Tätigkeit des MareofaaUa Mao Mahou vor der Schlucht von Wörth. 289
unterwegs orewesen und hatte heute sehr zeitig aufbrechen müssen;
letzteres war auch bei der 2. Division der Fall, die gestern uu^^llick-
lich gefochteu hatte, von der ü Batailloüc der 1. Brigade noch
fehlten. Abt i dir Marschall glaubte, deo Truppen morgen einen
Kühetag ;j:L*hfn zu küuncn.
Hierzu wurde folgender gchriftlicber Befehl erlassen: VI, 174
„Fröscliweiler, 5. August.')
Morgen ist Ruhetag.
A]Ie Bagagen werden bei ihren Trnppenteilen eintreffen ond
mttBsen hienn Ton Beiehshofen nm 7^ Tonn. abrtteken.
Die Truppen werden morgen die doppelte Fleieehportlon
empfangen.**
Um 10^ hörte der Marschall tob seinem Quartier ans (tat*
Itcher Richtung Gewehrfeaer, dem hald daranf einige offisnhar von
der eigenen Artülerie abgegebene Kanoneneohttsee folgten. Dann
wurde es wieder säll. Wenn Mao Mahon Erkundigungen einsog
oder Meldungen erhielt, so hat er ei&hren, daüB hei W5räi feind-
liehe Husaren — etwa 2 Zttge — Torgegaogen und von Troppen
der Division Rsonlt besehossen worden waren. vi, i48
Um 10*^ vorm. ging folgendes Telegramm des MarsohaUs von VI. It?
Beiehshofen an den Kaisa ab:
fßxk habe mein AimeelKorps bei Frttoohweiler vereinigt, mein s.Teiegrau
rechter Flllgel ostreekl deh bis an den Wald vmi Hagenau, «n den Kaie
Wenn der Gegner, infolge der Bedrohung seiner rechten FlanlLe
aber Hagenau idebt binansgeht, so bin ieh in guter Stellung; geht
er über Hagenau binaus, so bin ich geswongeD, weiter sfldlieh
Stellang su nehmen, um die Engnisse von LotaMlstein und Zabm
in der Hand zu behalten.
Wenn es mOgiieh sdn sollte, mir eines der Korps der Mosel-
armee Bur Verfügung zu stellen — die Vereinigung wSre auf
der Strecke Uber Bitsdi oder auf der Strafte ttber Ltttseistein
zu bewerksteliigen — so würde ich imstande sein, die Offensive
adt Vorteil wieder anbunehmen.**
Dieses Telegramm klingt wesentlich zuversichtlicher, als das am
Abend des 4. von Beiehshofen abgesandte. Die glttckli<di vollzogene
Es ist nicht er<=tichtHr>i. zu welcher Stunde der Befehl ausgegeben
wunle ; vermutlich im liaufe dt's Vormittap;s. Am Nachmittag um geht
dieser Befehl der lieserve-Kavallerie-Diviston mUndlich zu. Es ist dies der
«tniige eehiiftlieii« Befehl Mac Mahons, den die docaments annexes dea
franzteiflcliea Oeneralatabswerkosi aofweisaiL
*) Die Avantgarde der Eskadronen des 2. Lelb-Husaren-Regiment'^
^'o 2. rlie unter Oberst v. Schauroth gegen Beiehshofen aufzuklären hatten.
<'eueral»l»h8werk 1, Seite 202.
üiyiiizeQ by GoOglc
200 Tätigkeit des M&rsobaUs Mao Mftbon vor der Schlacht voo Wörth.
Veremigung der bisher weil getrennten Teile des t. Korps, die
AoMicht, dnieh die 1. Divisloii dee 7. Korpi renHIrlct m werdeo.
der 8oU«&, dalli die YerldUtBiwe im Oberriiein infolge des ob-
geetOrtoo Abtransportes dieser Division niobt gefabidrobend seien;
die Tatsache, dafo der Gegner yon WeUsenborg nirgends naefa-
drängte, endlieb die „gote Stellnng**, deren StSrke dnreb die
persönliebe Erknodnng bestätigt wurde — all das mocbte den
Maisoball die Lage ia einen besseren Lieht seben lassen. Dayon,
die Seblaebt nnr „nötigenfalls^ amiebmen sa wollen, ist niebt mebr
die Bede; die Rttckzagsrichtang, die im Telegramm vom 4. Angnsl
naebmittags besproeben wird, wird niebt mehr erörtert; Ilac Mabon
will die Schlacht und ist offenbar daron Ubeneugt, in sdner guten
Stellnng mit d^ jetrt veifllgbaren KrSiten den ak weit llberlegeu
erkannten Trappen des Gegners gewaebsen an sebi.
Wehsbe BiBdentang der ICaischali d^ StelluDg von WOrth in
operativer Hinsicht beimab, erfahren wir aas dem Bertohti den er
am Tage naeh der Seblai^t an den Kaiser von Zahm ans ab-
Vll,20aiin. sandte. Es beiist dort, die Stellnngnahme des 1. Korps s^ edolgt
der Absieht, die Eisenbahn von Stralhbnrg naeh BilNh and dio
wichtigsten Verbindangslinien an decken, die vom Ostlichen Abbang,,
der Vogesen nach dem westüohen hinttberfübrea^) Aach des Um-
standest daCs das 1. Korps bei Worth in einer Flankenstellnng
stand, ist sich Mac liahon bewaiht; es ist in dem eben aogelahrten
Telegramm an den Kaiser erwähnt, dafs der weitere Vormarsch des
Gegners auf Hagenan in der reebten Flanke bedroht seL Aber die
Annahme des liarsehalls, da(h der Gegner an dieser Flankenstdlang'
vorbeigeben kOnne, so dals er, Mae Mahon, weiter sOdlich zar
Oeekang der Deiileen ron Ltttaetetein and Zabem SteUnng nehmen
müsse, wirft dn bedenkliches Licht auf die operative Anffassong
des framOsiseben Fttbrers. Scharf aber vOUig antreffend nrteili
General Bonnal: -) „Die IIL Armee würde also die Masse der firan-
sOsiehen, im Elsals stehenden Trappen anüBer acht lassen, um Uber
die Defiieen von Lttlaelstein nnd Zabem in die Vogesen onan-
dringen? Welche Kenntnis des Krieges besals also die firaazOsische
Armee, wenn der berühmteste ihrer Marsebälle geograpbisshen
Pnnkteo, wie den Pässen von litttielsteia and Zabem eine derartig
>) Im deutschen Generalstabswerk Bd. I, Seite 316 wird vom Befehl der
in. Armee fOr den 6. .Vu;u:u.st gesagt: ^Diesem Armeebefehl lag die Vor-
aitssetznnfj; ztignimle. ilals der Gegner mit seiner Aufstellung hinter der
Sauer die Eisenbahi^ von Strafsburg nach Bitsch und die Verbindungen
durch die Vogesen decken woUe . .
>) Seite 181.
üigiiizea by GoOgle
Die Titigfceift dat Manelialts Mao Hahon vor der SoUaalit von Wörth. 291
falsche Bedeutoug lieimessen könnte Die frair/^ösische Armer und
nur sie war das Operationsubjekt der DeuiHcbco. War sie \ernichtet.
dann war alles oboebiD in ihrer Hand. Man glaube ja nicht, dals
bei einer solchen Betrachtnng der Dioge auch nur die leiseste
Eegang von Verkleinerungssucht mitspricht. Fem lieg:t mir der
€redanke, den Kahm des Helden vom Maiakowtnrm verdunkeln zu
wollen.
Nichtsdestoweniger bat man die Pflicht, festzustellen, welch
irrtümiiehe Vorstellungen Uber die groisen Operationen in unserer
Armee von 1870 herrschten.
Niemand entgeht dem Einfluls der Umgebung, in der er auf-
wächst. Wenn das Studium des Krieges in Frankreich in Ehren
gestanden wäre, wie das in Preuisen der Fall war, so wären aus
einer Anzahl der Offiziere unserer Armee mit dem Alter und der
Erfahriiiip 1' uhrer geworden, die mit den schönsten Eigenseliaften
des Charakters ein tiefes Verständnis des Krie^^es vereinigt hätten."
Das heifst mit anderen Worten: Mac Mabon war ein tapferer
Soldat, allein zum höheren Führer, zum Feldberru fehlte ihm vüllig
die Befähigung. —
In seinen uuverötfentlichten Erinnerungen sagt Mac Mabon von
der Stellung bei Wörth: „Sie deckte unsere Verbindungen sowohl VI, 162
mit Metz wie auch mit Chalons.'' Am 5. August konnte es sich
för Mac Mahoii doch nicht um die Verbindungen mit Metz handeln,
sonderü um die mit der französischen Haupiarmee, die nordöstlich
von Metz stand. inwiefern die Deckung der Verbindungen mit
Chalons für die elsässischen Truppen Überhaupt in Frage kommen
konnte, ist absolut unverständlich; denn wenn die Verbindongen mit
diesem I'unkt iU>erhMupt zu decken waren, so war dies Aufgabe der
französischen liauptarmee, da bie wesentlich näher au Ghaions stand^
als die Truppen Mac Mahons. Auch dieser erst Jetzt bekannt ge-
wordene Satz zeigt, welche Auffassungen »tlber die groisen Opera-
tionen" dem Marscliall eigen waren.
In taktischer Beziehung bezeichnet Mac Mabon die Stellung als
eine gute — sowohl in seinem Telegramm au den Kaiser als auch
in seinen Erinnerungen. Das deutsche Generalstabswerk teilt diese
Anschannng; die Stellung sei so aulserurdentlich stark gewesen,
heilst es'), dafs man sogar einem weit überlegenen Feinde gegen-
über auf Erfolg rechnen konnte. Major Kunz ist dieser Ansicht
nicht; General Bouual beschuldigt in unvuraehmer Weise Multke der
Unanirichtigkeit:^) die Aussiebten der Verteidigung seien absichtlich
3) Seite 204.
^92 ^ TKtigkeit dM HtiMbaUi Hm Milwii vor «ter SoUadit tob WOrtb.
Übertrieben worden, am die Taten der Deatscben in am so hellerem
Liebte erstrahlen zu lassen. Ohne aaf die Einselbdten der ans-
ftthrlicben Erörterung hier einangebenf sei erwäbnt, dab ancb das
VlJt IB tranzOsiscbe Geoeralstabswerk — im übrigen in dorcbaos sachlicher
Weiee — die Ansiebt aosepricbt, die Vorteile der Stellung Ton Wörth
seien mehr scheinbare als tatsächliche gewesen; begründet wird dies
baoptsächlicb damit, dals die Höhen des linken Sauemfers der
deutseben Artillerie eine Torattgliche, grOlstenteils Überhöhende
Stelinng geboten hätten. —
Die Anfetellnng der Tmppen erfolgte — es mnls dies noch-
mals betont weiden — nach damaliger französischer Ubting an den
Plätien, die in der Schlacht zn verteidigen waren. TatsSohlieh
worde auch, als am Morgen des 6. Angast der dentsehe Angriff nn-
yn, 21 erwartet erfolgte, an der Anbtelinng nichts geändert; anoh war die
Armee In knnter Zeit gefeebtsbereii Die Veifilgnngen, die Mae
Mahon am Morgen des 5. in dieser flinslcht traf, werden vom
VI, 188 IraazOsischen Oeneralatabswerk einer Kritik nnteraogen, die im
u. 184 wesentlichen folgende Pnnkte bertthrt: Alle Reserven standen hinter
der Mitte. Die Flttgel waren weder an Oeländeobjekte iMigelebut,
noch durch Staffelnng von Ttnppen geschützt. Insbesondere hinter
dem leehten Flügel hätten — seitwärts ttherragend — Kräfte anf-
gestellt werden müssen. Die Front der drei in enter Linie stehenden
Divisionen bildete einen Bogen» der gegen Osten hin gewOlbt war;
dies begünstigte die Umfassung. Die Vorposten waren nur um
500 m (I) vor die Verteidigungslinie vorgeschoben. Verstärkungen
des Geländes wurden keine vorgenommen*), auch die Brücken ttber
die Sauer nicht zerstört.^
Man wird die Berecbtigmig dieser Aasstellungen nicht in Abrede
steilen können.
Zum zweiten Male beantragt Mae Mahon in s^em Telegramm
vom Vormittag des 5. August an den Kaiser, dieser möge Ihm ehi
Armeekorps zur Wiederaufnahme der Offensive zur Verfttgung steUen.
Hierin Hegt für deutsche Anschauungen ein Obergriff in die Sphäre
des grolsen Hauptquartiers; wir sind gewöhnt, dais dieses die Auf-
gaben der einzelnen Armeen festsetzt und hiemach deren Kräfte
bemilst. Mae Mahon kannte am Abend des 4. und am Morgen des
• ) Das (k'utsolip Gcncralstabsw erk sagt indes: ^Aufsenlem hatt<?n es
die Frauzohi-a nicht verabsäumt, das Innere der Stellung diur^b geschickt
angelegte Feldbefestigungen zu zerstören.**
2) Man wollte die BrQelee bei Oaastett sprengen, fand aber kein Pulver
in den Wagen der Pioniere vor. Die BrOcke von Wörth wurde fiüehtig
zerstört.
Digitized by Google
Die TKtigkalt d«a MarMhaOa Mao Nabon vor der Sehlaoht tob Wartli. 298
^ö. die Lage bei der Haaptarmee nicht; durch ein Telegramm des
grolsen Hauptqnartiers vom Morpren des 4. war ihm mitgeteilt worden,
^lafs das Vorgehen von 40000 Mann auf Diedenhofen oder Saarlouis
«Is sicher anzunehmen sei: man hoflfe (in Lotbringen) heute oder
morgen auf ein ernstliches Gefecht. Konnte demgemäfs die Lage
dort nicht den Einsatz aller verfügbaren Kräfte erfordern, und war
nicht gerade ans der Tatsache, dals der Gegner bei Weilsenburg
energisch die Offensive ergriffen hatte, der Schluls zu ziehen, da&
er auch an der Saar operationsbereit sein werde?
Wenn Mac Mabon trotzdem ein Armeekorps für sich erbittet,
so mag ihm für diesen ungewöhnlichen Schritt einigermafsen zur
Entschuldigung dienen, dafs er Uber die Gesamtabsichten des kaiser-
lichen Hauptquartiers völlig im Dunkeln gelassen wurde. Er kannte
den ursprünglichen Plan Napoleons, in einer raschen Eröffnung des Feld-
zuges ein Gegengewicht gegen die voraussichtliche Überlegenheit des
Cregners herzustellen und demgemäfs den Rhein nach Versammlung
der beiden anfänglich getrennten Heeresgruppen bei Maxau zu Über-
schreiten.') Aber in kurzem hatte es sich gezeigt, dass man einer-
seits die Schnelligkeit des feindlichen Aufmarsches bedeutend unter-
schätzt hatte, andererseits die eigene, immobil an die Grenze geworfene
Armee keineswegs operationsf^hig war. Unterm 29. Juli war Mac
Mabon die Mitteilung zugegangen, dafs der Kaiser vor acht Tagen
keine Operation von ihm erwarte.^) Trotzdem die Lage sich insofern
veränderte, als man die Versammlung starker feindlicher Kräfte in
der Pfalz erfuhr, waren dem Marschall keinerlei Weisungen darttber
ZDgegangen, was man jetzt von seiner Heeresgruppe erwarte.
In hohem Grade erregt es unser Erstaunen, dafs Mac Mabon
am Vormittag des 5. August trotz seiner beiden Telegramme
vom Tage vorher noch immer nicht im Besitz einer Antwort aus
dem kaiserlichen Hauptquartier ist. Die Offensive eines feindlichen,
auf mindestens 4 Divisionen geschätzten Heeresteiles, und die hier-
durch herbeigeführte Niederlage einer französischen Division war
<lenn doch ein so wichtiges, die Gesamtlage beleuchtendes Ereignis,
dafs eine nur einigermafsen zielbewufste Heeresleitung zu einem
entscheidenden Schluls kommen und der angegriffenen Heeresgruppe
Direktiven für ihr weiteres Verhalten zugehen lassen mnfste. Zudem
hatte deren Führer in seiner ersten Meldung die aufserordentlieh
wichtige Fra^^e der allenfailsigen KUckzugsrichtung aufgeworfen, in
•der 7^^ eiten die Bitte am Zuweisong eines Koxps zu offensivem
Vorgehen ausgesprooben.
1) Geneialstabswerk I, 28.
>) GenenJstabaweilc I» 4(.
Digitized by Google
294 Täti^fkeit Uoa Marttchails 2^ Mmhon vor der Schlacht von Wörth.
Werfen wir einen kurzen Bliek auf die Vorgänge im kaiser-
lichen Haaptqaartier za Mete, soweit rie fOr die VerlUUtnisse Im
V. 266 Ulsab Ton Bedeotnng sind. Dort wurde am frühen Nachmittag*)
ein Befehl für das 2., 3., 4. nnd 5. Korps ansgegeheOf der ans*
nabmsweise znnäehst eine Orientiernn«r tlber den Gegner gibt:
„Man inufs stets annehmen, dafs der Ge?:ner das seiner Lage
AnL'-etn essen sie tun werde. -j N;ieh Mitteilungen englischer Zeitongeii
soli deiieral Steinmetz eine zentrale Stellung zwischen Saarbrücken
Qod ZweibrUeken einnehmen und rückwärts durch ein Korps des
Prinzen Friedrich Karl unterstützt werden ; sein (Steinnietz's) linker
Flügel soll in Verbindung mit der Armee des Kronprinzen stehen^
die sich in Khein-Bayem befindet . • .
An das 5. Korps wird befohlen:
.»Qeneral de Failly wird sich (mit einer Division) naeh Bitscb
m seiner dort aohon stehenden Division begeben; diese beiden-
Divisionen treten -unter den Befehl des Marsohalls Mac
Mahon. Die in Saargemttnd bleibende wird sieh mit der in
Püttlingen stehenden in Verbindung setsen nnd nnter dem Befehl
des MaraohaUs Baxaine treten.^
Kadi 4 Uhr erfuhr der Kaiser „gerttehtwdse** von einem.
Gefeeht bei WeUsenbnrg.') Gegen 5 Uhr lief die Naehrieht ein,
v,2f>8,297 dals der Gegner bei WeUsenbnrg nnd Bltsefa angegriffen habe.*)
Der Kaiser lieis hieran! den Kommandierenden Generalen des B», 4»
nnd Gaidekorps Weisungen zugeheo» die die angebahnte KriAever^
Schiebung naeh links wieder anflioben, nnd telegraphierte an den
Führer des 5. Korps, General Failly, er solle nieht onr mit einer
Division, wie am frtthen Naebmittag befohlen, sondern mit den betden
bei Saargemtlnd stehenden Divisionen naeh Bitseh abrtteken. Dieser
Befehl wnide später dnroh eine Weisung des M^jor göntel dahin>
geändert dafo die Brigade Lapasset des 5. Korps bis an ihrer
^) Das französische Generalstabs werk weist nach, dals dieser Befehl
■la 4. 4M nadi». in Hftitden des Maradudls Bkk^bb war. Das Datum«
wann der Befehl expediert wurde, fehlt.
S) BekaanUich andh ein Lehraate Moltkes.
£r telegraphiert dies 4'^ nachm. an Baaaine. V, 258, 8S6.
* ) Woher die Nachrichten »tammten, konnte ick nicht fe8tstellt;a: voa
Mac Mahon sind sie nicljt, wie oben nachgewiesen wurde. Im übri^i^en
wufste General Failly in Saargemünd «jchon um 4*^ vom Riu kzug der 2.
Division und der schweren Verwundung des Generals Douaj. Diese Mit>
teilung stammte von dem in Bitseh stehemlen General Gnyot de Leapart^
Kommandcnr der R. Diviston des 6. Korps. V. 847.
Digiti<iCü by Google
DI« TVti^eit Uuselialto Hio Kahon tot dar Sehkeht Ton WOrlli. 295
Ablösung doreli eine DirisioQ des 3. Korps in SaargemttDd m
bleiben habe.
Um 9 abds. traf beim Armee-Oberkommando das eiste Telegramm V. 269
Mac Mahons Uber das Gefecht tod WeiiseDbarg ein, jenes, das aat'
dem Pigeonnier aufgesetst worden war, «Im grofsen Hauptfjnai-tier^', V, 26a-
80 erzäblt General Lebmn, „wo die Berichte des Marscliails Mao
Mahon keineswegs ein so traariges Ereignis Toraiisselien Helsen,
herrsobte eine wahre Bestürzung, auf die sofort der unwiderstehliche
Drang naeh einer entschiedenen Offensive an der Saar folgte. Es
sei non nicht mehr an der Zeit sa warten, so änlserte man sieh,
man mflsse Tielmchr durch einen kühnen Sohachsog eine glänsende
Genngtnnng nehmen.^'
Kach der Saar richteten sich denn auch die Blicke des Kaisers;
Bazaine wurde sofort eine Kräfteverschiebnng aufgetragen, die snm
Zweck hatte, Saargemtlnd zu decken, das durch den dem Korps
Failly befohlenen Abmarsch nach Bitscb entbiöfst war. Mao
Mahons Telegramm blieb unerwidert. In der Nacht unter-
breitete der Major g^ndral Le Boeuf dem Kaiser den Vorschla^^ mit
fwei bis drei Armeekorps auf Homburg vorzoatolsen; diese Idee
winde jedoch auf Einspruch des Armee- Intendanten aufgegeben, da
dieser erklärte, die Verpflegung sei in dem vom Feinde schon ans-
gesogenen liWdstrich nicht mttglieb.
Wir wissen nichts wann das zweite Telegramm Mac Mahons
vom 4. August nachts im kaiserlichen Hanptqnartier eingegangen
ist, Teimutlich in frtther Morgenstunde. Aber auch jetzt geschieht
nichts, nm in die Lage im Elsafo einzugreifen^ der ganze Vormittag,
des T). vergeht Uber Anweisungen an die lothriogiechen Korps. Koa
trifft das dritte Telegramm Mac Mahons ein, das TOn 10 ?onn., und
jetet endlich entschliefst sich die Armeeleituog zn einer Antwort:
nm 12^^ geht an die acht Armeekorps das bekannte Telegranmi ab,
wonach auf Befehl des Kaisers das 1., 5. und 7. Korps dem
Marschau Mac Mahon, das 2., 3. und 4. Korps dem Marschall
Bazaine yom heutigen ab „in Hinsicht auf die mUitäriscben Opera-
tionen^ nnterstellt worden. (Über die Garde, das 6. Korps und die
Armee-Reserven wurde nicht veifllgt^ sie blieben denwach unter dem
nnmittelbaie& Befehl des Kaisers.
Das framösische Generalstabswefk macht darauf aufmerksam, v, 26B A.
(f afs schon am 4. Angost swei Divisionen des 5. Korps dem Marschau
Mac Mahon nnterstellt wurden. Dieser Befehl wurde etwa um 5® nachm.
dahin erweitert, dafs nicht nnr eine, sondern die beiden in Saar-
gemlind stehenden Divisionen nach Bitsch marschieren sollten. Nach
dem Generalstabawerk whcd es als zweifeUiaft hingestellt, ob Mac
Digitized by Google
296 ^ TStiff keift Hancballs Mae Hfthon vor der Sehlacht von Wdtth.
Mahon vor dem 5. Angast von dieser Mafsregel auterrichtet wurde.
Aber aus der Tatsache, dafs Mac Mahou am 4. Augnst nachts 10''
um die Zuweisung von wenigrstens drei Divisionen nachsucht, dafis
er diese Bitte am 5. Aug:ust 10''° vorm. wiederholt, geht mit vollster
Deutlichkeit hervor, dals er von dem an das 5. Korps erlassenen Befehl
noch keine Kenntnis hatte. Wäre dies anders gewesen, so hätte der
Marschall sicherlich nicht versäumt, dem 5. Korps schon frtiher
einen Befehl zugehen zu lassen, als dies tatsächlich der Fall war.
Dämlich am Nachmittag des 5. August etwa nm 'd^. Keine einzige
Stelle der Anlagen des französischen Generalstabswerkes, die
gerade für den 4. und August durch die Tagebücher der Kora-
mandobehörden, die offizielle Korrespondenz und die Aufsfriingen
der an den Ereignissen beteiligten Personen ein scharfes Bild der
Lage geben, läfst auch nur im entferntesten die Deutung zu, dals
Mac Mahon vor dem Eintreffen des die Bildung zweier
Armeen anordnenden Telegramms von der üntersteiloog des
5. Korps unter seinen Befehl gewufst habe.
General Bonnal nimmt in seinem Werke .,Fröschwiller'' an,
dals Mach ^lahon. als er am 5. August vorm. die Verfügung Uber
ein Korps der ..Moselarmee" erbat, schon von seinem \ erfUgungsrecht
tlber das 5. Korps gewufst, mithin die Zusendung eines weiteren
Korps — etwa des 4. — erbeten habe: da er dann Uber elf Divi-
sionen (vier des 1., drei des 5., eine des 7. und drei des 4. Korps)
vertUgt hätte, sei seine Anschauung von dem voraussichtlichen Erfolg
einer Offensive zutreffend gewesen. Diese Annahme fiillt völlig in
sich zusammen, das französische Generalstabswerk geht aaoh bei
seinen Betrachtungen über die Lage nicht auf sie ein.
Die Tatsache, dafs Marschall Mac Mahon erst 24 Stunden
später als der Befehl abgegangen war, von der rntersteUung des
5. Korps unter sein Kommando Kenntnis erhalten hat, verdient eine
nähere Beleuchtung. Mochte es auch im französischen Haoptquartier^
wie der Verfasser des Buches ,.Metz, campagne et n^gociations,"
VI, 141 A. ein höherer Offizier der Kheinarmee behauptet, Grundsatz sein, die
Korpsttthrer von der Lage bei ihren Nachbarn nicht zu unterrichten,
weil man sich sagte, daCs diese von den Vorgängen bei den anderen
Teilen der Armee nichts zu wissen brauchten; hier lag der Fall
anders: General Failly war vom 4. ab der Untergebene Mac Mahons,
and von diesem Unterordnungsverhältnis mnlste der Marschall sofort
verständigt werden. Diese Unterlassung ist sicher nicht absichtlich
erfolgt, sondern hier liegt ein schweres Versäumnis der Offiziere des
kaiserlichen Hauptquartiers vor, ein „Expeditions-\ ersehen", das
lebhaft au die bekaontea Vorgänge im Hauptquartier Benedei^s
Digitized by Google
Die Titigkeit des MuraohaUs U«o MaImb vor der Sohlieht von WSrtta. 297
am 28. und 29. Juui ISÜti erinnert, die vou Friedjung^ mit dem
chajakteriötischcn Ausdruck ., Schlamperei" bezeichnet wenlen.
Nun wurde aber auf den Feiiler, den man bei dt r Expedition des
kaiserlichen Befehls vom frühen Nachmittajjr gemacht hatte, durch die
beredte Sprache der Erci»^nisse sozusap^eu laut aufmerk.Siua gemacht:
schon um 5" naehm, weils man, dals Mao Mahon an^reLTitVen worden ist;
die falsche Naeliricht. dals auch bei Bitsch ein ieindlicher Augritf
stait^etundeu habe, mulste aul'sertieni dazu auffordern, de?i Marschall
nunmehr wenigstens davon zu verstiindigen. dais» er hier die Leitung
der Operationen zu ttbemehnien habe. Aber wiederum wird nur
das 5. Korps benachrichtigt, es bedarf, wie aus der Darstellung des
Nachmittages des 4. und des Vormittages des 5. hervorgeht, dreier
Telegramme Mac Mahons, bis dieser — in einer aofserordentlich
kritischen Situation — endlich erfährt, daüs er liber das 5. Korps
verfügen könne.
Aber auch das Verhalten des Generals Faillj ist unverständlich.
Eö war zu erwarten, dals er alsbald nach Eindrang des kaiserlichen
Befehls an seinen neuen Vorgesetzten, den Mar-chall Mac Mahon,
meldete, wie die Lage bei Bitsch sei, und wann die vom Kaiser
dahin befohlene Division von SaargemUnd dort eiutretleu werde.
Eine weitere Meldung wäre nach Eingang des abändernden Befehls,
dafb beide in 8aargemilnd befindliche Divisionen nach Bitsch ab-
rücken sollten, geboten gewesen.-) Endlich erheischte dif^ Lage
am Nachmittag des 4. August gebieterisch, dais Mac Mahon Uber
Aufgaben und Absichten der nur einen Tagemarsch links von ihm
bei Bitsch stehenden Division Lespart des 5. Korps Ei kuudigungen
einsog; hätte er dies getan, jedentails aber, wenn er beim Korps-
^) Der Kampt um die Vorherrschaft in Deutschland. 6. Auflage, Bantl 11,
Seite 167 tmd ff.
') Der Major g^ndral telegraphierte am 6. Augast 4** nachm. an
General Failly:
..Der Marschall Mac Mahon teU';ijra[ »liiert von Kt'ichslif tfea an den Kaiser,
er aei mit llu'ei* Hilfe imstande, ilie Offensive /u ergreifen.
Der Kaiser erneuert seine Aufforderung, dafs Sie sofort mit dem
Harachall in Verblndimg treten nnd seinen Befehlen entsprechen sollen.**
Nach diesem Wortlaut mOehte man glauben, da& schon eine ernte
Anffordenmg in dieser Beziehung ergangen sei. Eine solche ist aber —
nach der ausdrücklichen Feststellung des französischen Heneralstabs Werkes
— nicht zu finden. Offenbar nimmt der Major general an, dafs die durch
Befehl vom 4. nachm. (s. Seite 294) befohlene Unterstellung des 5. Korps unter
den Befehl Mac Mahons von dessen Fflhrer dem Marschall gemeldet
worden sei, was nur selbstverständlich gewesen wäre. Um 80 Schürfer tritt
der Fehler hervor, dafs das Haupttjuartier eine Uoterrichtung Mac Mahons
unterlassen hat. VI, ISA und 99.
^ kj i^uo i.y Google
298 Tätigkeit des ManduUs Mac Mabun Tor der Scblaobt von Würtb.
korainuiido selbst angefragt hätte, so konnte er Uber die Ändenmgr
in den KOiniiiandoTerhäitDissen schon am 4. Ango st unterrichtet sein.
Zu der groiseo Nachlässigkeit, deren sich der Stab der obtrsten
Leitung des Heeres schuldig niacbt^ gesellt sich der Mangel an
Kilhiigkeit bei den Unterführern ; e^ tritt — wie bei den Österrei-
chern im Jabre 1866 — nicht nur der Fehler eines einzelnen,
sondern die Mangelhaftigkeit eines ganzen Systems zutage.
Die Folgen sind nicht ausgeblieben. Mac Mahon hätte — dar-
tlber kann nach seinem Telegranmi vom Abend des 4. kein Zweilei
sein — das 5. Korps za der V'ersammlnng bei Wörth herangezogen;
<iies wäre Toranssichtlich glatt vor sich geg uigeu, wenn er, wie es
ohne die erwähuttii Fehler möglich war, schon am Abend des 4.
die hierzu nötigen Befehle hätte geben können. Dafs raiv Hilfe des
o. Korps der Sieg sieb auf Seite der Franzosen neigen konnte, räumt
sowohl das dentsehe Generalstabswerk, wie auch General VVoide^
-ein. Oberst von Zaulhier (in ^die IV. Armee im Elsafis, Seite 31
ist der .\nsicht, dafs „gegenüber dem planlosen Angriff der Deutschen*'
Mac Maiiou uiizvveileihaft einen glänzenden Sieg erfochten haben
wUnie, dafe aber auch bei einem aufs beste geplanten und aus-
geführten Angriff seine Aussichten noch keineswegs schlecht ge-
wesen seien.
Welche Wirkungen ein Sieg der Franzosen bei Wörth gehabt
hätte, soll hier iiiclit weiter untersucht werden; eines aber steht
fest: ohne die oben erwähnten Fehler, in erster Linie das
Kxped iti uns versehen des kaiserlichen Hauptquartiers, wäre
es zu einer gänzlichen Auiirisimg der Armee Mac Mahous,
die als Folge der Schlacht von Worth eintrat, jedenfalls
nicht gekommen.
(ScUiiBS folgt.)
1) Erstüre.s erörtert nur allgemon. Band I, Seite 218, die Aussichtea
Mac MahoQs; letzterer, Band I, Seite 168 — 170, nimmt an, dafs Mac Mahon
.schon am 4. den Genoral Fäu!!^- zur Vereinigung aufgefordert liabp (auf
Grund der .Schrift des GeneraLs Wimpffen .Sedan"). Diese Annahme ist,
wie oben nachgewiesen, nicht zutreffend.
Digitized by Google
Die Wiilniaf fan gtÜBdittmlAigeii Alrtciliiiigwddofteii der Inftiiiteito. 299
XVI.
Die Wirkung im gefsehtsmäfsigen Abteilungssdiielsen
der lofantaris.
▼ob
B. IMmtj GeDeialleittDaiit z. D.
I.
V^or etwa neun Jahren veröffentlichte ich ineino erste Studie tiber
(las gefechtsmälsige AbteiluDgsscbielseo der Infanterie^ in der ich,
fuÜBend an! den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitslehre, naohzaweisen
belnUht war, welchen Einfinfs die bei jedem Scbiefsen weehseinden
Umstände auf die Trefferergrebnisse haben. Wenngleieb von vielfiii
Offizieren freudig begrttlst, erfahr die Studie von mancher und gerade
reebl eioflnisreicber Seite ans eine schroffe Ablehnung. Man Teisehrie
«ie, was ja ebenso beqnem wie wirksam ist, als ,,graue Theorie",
die mit der Praxis durchaus nicht in Einklang stehe, „als gelehrten
Unsion'S der vielleicht für die Artillerie p risse, niemals aber anf
infantertstisehes Scbiefsen Anwendung finden könnte.
Nun erscheint jetzt eine kleine, aber inhaltsschwere Schrift^),
«die, auf umfassendes Versnobsmaterial gesttltst, den Nachweis (tthrt,
dafB die Gesetze der Wahrscheinlichkeitslehre anch nicht vor dem
Schieiseu der Infanterie Halt maohen, dafe sie anch für dieses mil
.Toller Schärfe gelten. Wenn mau das bisher nicht erkannt hat, so
liegt die Ursaebe dafür nicht in der Wahrheit, sondern in der Blind-
heit derer, die aehtlos daran vorbeigegangen sind und sich nioht
ttberzengen lassen wollen. Dals ich diese Schrift mit ganz besonderer
Freade begrUfst habe, wird mir jeder, der jahrelang lllr eine Ter-
kannte Wahrheit gekämpft bat, nachfühlen.
Der Veriasser der Torliegenden Schrift ist Mitglied der Gewehr-
Prtlfnngs-Kommission und hat sich bereits vor etwa anderthalb Jahren
4adnrch ein grofses Verdienst erworben, dals er, gleichfalls auf Qmnd
reichen Versuchsmaterials, zeigte, welchen Einflnfs die Witterungs-
Terhftitnisae aof die Gestalt der Fingbahn haben. Dadnrob worden
1) Die Uestaltung der GeschO fügarhe dei Infanterie beim gefechtüiuiirbigen
SchieEsen unter Anwendung der Wahrscheinlichkeitslehre und Behandlung
TetBchiedener acbisbtalctischer iVagen. Nach amtUcheii Quellen lusunmen-
gestallt von Kianse, Hanptmaim und Mitglied der Gewehr-Prahmgs-Kom-
im'ssion. E. S. Mittler Sohn, Kttni|^che Hoflmdihaiidittiig.
Digitized by Google
300 ^6 Wirkung im gereoiltsmäfsigea Abteiiangssobieisen der Inianterie.
die an mancher Stelle herrschenden übertriebenen Vorstellungen von
der Gröise dieses Einfiusses auf das richtig'C Mafs zurUckgcfulirt.
Ich kauü es mir nicht versagen, duiaüf hinzuwcibCD, dafs auch diese
Schrift lediglieh das bestätigt, was ich zwei Jahre frllher aut Grund
rein theoretischer BerecLiiuiip' »Tmittelt hatte. In der vorliegendeu
Schrift weist der Verfasser aü der Hand eines reichen Versnehs-
materials Uberzeuo:end nach, dafs die Verteilung der Sehnssf in der
Gescholsgarbe nach ganz bestimmten Gesetzen stattfindet, ;:leichnel
ob die Schufsweite grofs oder klein, die Schützen gnt oder schlecht,
die Garbe en^ oder weit.
Die sehr iiiühsamen Versuche sind mit einem grofsen Aufwand
von Munition, Arbeit nnd Zeit diircb^eflthrt. Es wurden au 60 Treff-
bilder von je 2400 Schüssen (im ganzen also 150000) erschossen.
Als Ziel dienten Scbeihenwände von 12 ni Höhe nnd 75 m Breite,
so dafs man daranf rechnen durfte, einen sehr grofsen Teil der
Schüsse (aut den ktlrzesten Entfernungen eigentlich alle) jeden-
falls aber den Kern der Oescholsgarbe aufzufangen. Der mittelste
Treflpuukt — Uber und unter dem je die Hälfte aller Schils.se sitzt —
wurde ebenso wie die mittlere Höhenstrenun^. d! h. die Breite eines
wagerechten symmetrisch zum mittelstenTreffpunki gelegenen Streifens,
der die Hälfte aller abgegebenen SchlSss« aulnimmt, durch Abzählen
ermittelt. Es ist hier eine sehr grofse Arbeit geleistet wiu ien, die
nur der zu schätzen weifs, der au ähnlichen \ ersuchen mitgt wirkt hat.
Sehr oft wird behauptet, die Gesetze der Wahrscheinlicbkeits-
lehre gelten wohl bei so grofsen Schuf szahlen. wie hier abgegeben,
konnten aber bei kleineren Zahlen kirnen Anspruch auf Richtigkeit
machen. Wer so spricht, verkennt das Wesen der Wabrseheinlich-
keitslehre völlig. Ihre Gesetze walte!» stets, aber sie treten erst
in die Erscheinung, wenn man mit grolseu Zahlen arbeitet. Sie
sind Naturgesetze, die wie das Newtonsche Gravitationsgesetz an un-
zähligen Tatsachen sichergestellt sind und unbestritten Geltung haben.
Aber wie z. B. das Gravitationsgesetz durch den l^uflwid erstand nicht
aufgehoben, wohl aber einges( in äiikt werden kann, so können auch
die Gesetze der Wahrsvlieiuliclikeitslebre durch störende Einflilsse
Uberkoiripensiert werden. Je kleiner die Schufszabl ist, um so störender
kann eine plötzlich auftretende Erscheinung, wie z. H. ein sich
erhebender Wind, das Tr* ÜVrbild beeinflussen und das Gesetz der
Wahrscheiulichkeitslehre verschleiern. Der Sachverständige weils
auch sehr genau, dafs, wenn man bei einem Schielseo z. B. deo
*
') ..Der Einflufs dt r W itteru nprs vorhältnisse auf die Gescholi».-
bahii." Kiiegätcchniäche Zeii.NciinlL 1900, 8. Heft.
Digitized by Google
Die Wirkung im gefeobkmilMgeii AbteilmigBMbiefteii der Infentotie. 90I
niitketolen Ttofl^iinkl und die GrODae der Streniuig emittelt hat, bei
einer Wiederholung des SohiefBens nnter mOgliebst denselben Um-
Sünden der mittelste Trefl)pnnkt niemals genan mit dem anerst
gefimdenen ansammenlWt nnd dals aueh die QrOfte der Streuung
andern — greiser oder kleiner — ermittelt wird. Niebtsdesteweniger
und die ermittelten GrOisen die „wahrsebeinliehsten'* ron allen,
wobei es ganz gleichgttltig ist» ob 100 oder 10000 Sehtlsse abgegeben
sind. Nnr werden die Unterschiede in der Lage des mittelsten Treff-
punktes nnd der GrOlse der Streuung „wahrschein lieh*' kleiner
ausfallen, wenn man grolse Schu&sahlen verwendet.
Die GrOise der „Tmppenstrennng im Abteilungsfeuer*' ist ftr
swei Kategorien von Sehtttaen ermittelt Einmal sind „Torzllgliehe'*,
besonders geschulte Sohtttsen ausgewiUilti sodann sind die Versuche
mit solohen Sehtttsen aosgeführt, „welche etwa die Sohie&leistung
einer Durehsohnitte^Infanterie-Eompagnie aufweisen", und hier anm
Untersehiede tou ersteren als „mittlere** beaeidmet sind. Die Ver-
suche sind nur unter günstigen Witterungsverh<niBsen, bei guter
Zieidarstellung, mit ausruhten Schttteen und aus Rfloksioht auf die
Zielaafiaasnng „kniend'* durohgefuhrt.
Bei den Versuchen ergaben sieh die aus ZusammensteUung I
ersichtliehen 60% igen Höhenstreuungen als Ifittelwertei woraus sich
alsdann durch Multiplikation mit der Kotongente der Fallwinkel
die SO^/oigen Längenstrenungen ergaben, die ebenfalls dort auf-
geführt sind.
Zosammenstellang i.
■
60% ige Höhenstreuung
60% ige Länj^enstTenung
IhtlflifnuBg
vorzügliche
mittlere
vorzüglicht;
inittloro
*
SchflUen
SohOteen
Schützen
ächüta^u
m
B
m
a
800
0^66
0,72
10»
119
4W
0»88
92
103
500
1,11
1.28
78
no
600
1,84
l.ö'.t
67
78
* 700
1,68
1.91
80
72
' t.» 8W
1,82
2,2G
E3
66
2,08
2,64
49
62
1000
'^,86
8,04
45
68
1100
2,6M
3.47
42
66
1800
2,94
ä,92
89
58
a27
4,41
87
60
»• 1400
4,;t4
3r>
48
4,08
ü,6l
34
4ä
1S00
4.64
6.12
88
44
, 17ui
6,09
(3.82
a2
48
6.77
7.66
81
41
1900
6,71
8,74
81
41
tooo
10;84
88
41
HM« aa4 MailMi,
N*. 990.
20
302 Di« Wirkiug Im geüBOhtoinSMgflii AbtoHnagwwliieften der InftaitoiiA.
Der Vergleioh der Streanogen „vorzüglicher'' and ^fldüA&mt*
bchtttzen weist dot geringe Unterschiede aof; die Streaung der
f^ittleren" Sohtttseii ist nur am 25—30 °Iq gröfspr als die der ,,vorztlg-
lichen". Ich vermag mich aber der Ansicht des Uanptmanns Krause
nicht anzQschlielseD, wonaeh die Grüise der Strenung im Frieden
nur in ziemlich engen Grenzon schwanken werde. Ich bin im Gegen-
teil der Heinong, dafs nicht hlols die Qualität der Schützen,') sondern
aneb die jeweiligen Umständ« i Witterung, Fenergesehwindigkeit, Ziel-
daietellnng, Anschlag, der verfügbare Kaom — ob lockere oder dichte
Linie) recht erbebUeb(> \ d prangen herbeiführen können. I£s kann
als zweifellos g:elten, dals die modernen Grewehre (6,5 bis S mm
Kniiber) ballistisch ziemÜLb gleichwertig sind. Bis zu einer Ent-
fernung von 1000 m — darüber hinaus liegen nnr wenige auf ein-
wandfreien Versuchen beruhende Angaben TOr — lassen sich kaum
Unterschiede in der Grölse der Streuungen nachweisen. Dagegen
seigen die Streuungen im Abteilongsscbielsen der verschiedenen
Armeen aebr grofse Unterschiede, und zwar sind diese in allen
Armeen grölser als in der dentsehen, wie ans Znsanunenstellnng Ii
ersichtlich ist
Zusammenstelluim- II.
Knt-
for-
Deutschland
vor/.ügj. niittloro
Schüt/ea , Schüt/en
'ö
iE
1
b4
Uoüaud
Oif. (iein,
Bemerkungen
1. Dl« Ait^rmb«« dB4~«if
eine De:eim.tle abgerundet.
2. l'Dr tta!i(>n u. B*lg^i»n
sind die Zablen den H Chiefs -
vornchrill«!!, tiir Krankraieb
dnca Kiiflie des Geoeral L«-
mirnuz „>'<tude »ur l« fusLl
1886". fiir lIvllAnd den
„MüiMr« •t>«ot«|«jC'..
400
«00
HOO
1000
V2W
1600
200
0.9
1.8
2,86
4.6
1. Ü
1.6
2. y
8,0
8.9
6,1
IM
1,3
2.1
4.6
6,1
U.'J
IM
1,4
2.2
8,1
ö.O
IM
6.6
7.5
10,8
i;?,8
2.2 ; r».4
8,4 , 7.9
6.45! 15.0
10,7 124,9
Man kann hiernach nicht behaupten, duls im Frieden keine
bedeutenden Untersebiede in den Streuungsgrölsen vorkommen; die
Streuun^r der bcluisrhen Infanterie ist z. B. .'3^8 mal so groüs als die
in Deutschland für mittlere und fast I'/,, mal so grols als fllr vor-
zügliche Sohtit/pf) angegeben. .Sehr Irhricii^h in dieser Beziehung ist
auch der Linterschied in der Streuung der hollandischen Offiziere und
Gemeinen. Es ist auch möglich, das<^ die ^ (Thaltnissr, unter denen
die Yecsocbe stattgefunden haben, sehr .verschieden waren j so ist
1) Unter Qualität der Schützen veistebe ich hier nicht nur den Gnd
ilurer Schielhansbildung, sondern auch die M MineBsuditk den kOipeilidhea
und seellsehen Zustand der Mannschaft.
Digitized by Google
Die Wlrinmir In geMtamiftlten AbteUaagtMhledwii d» lafiMitaria. 308
X. B. in der italienischen Scbie&vorBchrift gesa^. dafs bei den Yer-
gaehen im Mittel sechs Schoss von jedem Schützen in der Mioote ab-
gegeben worden, während in Deutschland wohl viel ruhiger geRchos-;en
wurde. Man kann höchstens daraus folgen), dafs in Deutschland die
Ansbiidnng der Sebttfesen ini allgemeinen auf einer so beben Stafe
steht, so dafs fttr das Abteilnngsscbiefiaen eine weitere VervoU-
kommnnng im Frttzisionssebiefsen niebt von sehr grofer Bedeutun;^ ist.
Der Verfasser eneebnet dann, ganz wie (Ihb in meiner ,.Scbif fs-
lehre für die Infanterie** gesphehpii, Trefferreihen", die eine
sehr klare Vorstolliing von der Tred Wirkung im Bereich der ganzen
Geschofsgarbe zu geben geeignet sind. £^ bemerkt^ dafs die Summe
4er Trefferzahlen einer Trefterreihe unter Umständen die Sisbl der
abgegebenen Sobttsse nleht unwesentlieh übersteigt. Er hätte weiter
gehen können and sagen, dafs die Smnme der Treffer einer TreiVer-
reihe gleich dem Produkt ans der abgegebenen Bchuiszahl und der
Grölse des bestrichenen Raumes, geteilt durch den Abstand der
Scheiben voneinimder ist. Der Beweis ist sehr einfach: Denkt man
sieb liX) Geschosse gegen mehrere Seheibenwändc verfeoert. die mit
Abstünden von einem Meter hintereinander stehen, so wird jedes
Ges< iiofs genau soviel Scheiben dnrebschlagcD, als die (rrüfse des
bestrichenen Raumes in Metern betragt. Stellt man die Scht iben mit
Abständen von 2, 3 ... n Metern auf, so sinkt die Treflferzabl auf
die Hälfte, '/s * • • vorigen. Natürlich gilt das Gesetz nur
fttr den Fall, dafs die Trefferreihe vollständig und nicht ab;.'<'brocl)en
ist, wie das bei den mit niedrigen Visieren erBobossenen Trefierreiben
geschehen ist.
Summiert man z. B. die Zahlen der Trefferreihe, die von „Vor-
zug liehen*' Sohtttsen mit Visier 800 gegen Scheiben von 0,85 m
Höhe erschossen werden, so ergibt die Summe 108,2, die von
^mittleren'' Scbtttsen 107,7, die von ^.mittleren Schützen mit
doppelter Streuung^' 106,0. Der bestrichene Eanm errechnet sich
ans der Tabelle der Flughöhen, die der Verfasser seiner Berechnung
sngmnde gelegt hat, zu 26,5 m.') Da die Scheiben mit Abständen
von 25 m anfgeekeilt gedacht sind, mnss man von 100 Schüssen
100 • 26,5
- — — = I0() Treffer erhalten. Die kleiuen ünterschiede (108,2
und 107,7) sind Folge von Abrundungen. Es steht fest, dals die
Summe der Treffer ganz unabhängig von der Qualität der Schützen
ist und lediglich von der Gröfse des bestrichenen Raumes abhängt
Bei kleiner Stienang ist die Trefferzabi in der auf der antreffenden
1) Nach Ziffer 28 dor Scbiefsvorachrift beträgt der bestricheiie Baum
nur 26 m.
2Ö*
304 Die Wirkmig im gefoobtemilUg«!! AMaUvigiwUeaea dw lafntoci».
EntfemuDg stehenden Scheibe (der Gipfel des Trefferberges) hoch,
vermindert sich aber sehr schnell (die Abfalle des Trefferberges sind
steil); bei grofser Streuung ist die Tretter/.ahl in der am meisten
getroffenen Scheibe (der Gipfel des Berges) niedriger, die Treffer-
zahlen sinken langsamer (die Abfälle des Berges sind sanfter); je
getreckter die Oeschor$bahD, um so sanfter, je gekrttminter die Bahn,
om so steiler die Abfälle.
Einen bemerkenswerten Unterschied weisen die von Hauptmann
Krause und mir errechneten Trefferreihen noch anf der besonder«
auf den kleinen Entfernungen und ^Hij-en höhere Ziele ins Augre fällt.
Ich hatto hoi infineu Berechnungen angenommen, dals die mittelste
Gescholsbaim durch die Mitte der auf der Visiereutfernung stehenden
Scheibe ginge (Haltepunkt ..Zielmitte"), vväliroud Hauptmann Krause
sie durch den Fnfs der Seheibe gehen läfst. was dem vorschrifts-
mäfsigen Haltepunkt ,,Ziel aufsit/.eu" entspricht. Theoretisch ist das
richtiger, aber praktisch ibt dadurch nichts gewonnen; im Gegenteil,
es i-^t schwieriger anzugeben, welches Maxim n in an Wirkung erreicht
wei dt 11 kann. Bei meiner liechnuug wird die grolstmögliche Wirkung
gegen die auf der Visierentfemung auf^-estellte Scheibe erreicht.
Schielst man z. B. gegen mannshohe Scheiben auf KV) m mit \ isier
biK) und Haltepunkt ,,Ziel aufsitzen", so srlilairt dir lialft«* der
Gescholsgarbe vor dem Ziel auf, und man wünle treiwillig aul die
höchstmf'tgliche Wirkung verzichten, wenn man — falls man den
Fehler bemerkte — nicht die Gescholsgarbe so höbe, dafs die mittelste
i*1ugbahu in die Zielmitte fällt. Dies kann durch einen Wechsel des
Visiers oder durch eine Änderung des Haltepunktes (Scbiersvorschrift
Ziffer \m) geschehen. Df^r Krfolg — auch für den Verlauf der
TreÖerreihe i«t in beidi ii Kiülen derselbe.
Hau]>tiiiann Krause fn trachtet dann die Bedeutung der Treff-
wahrscheiniiehkeitslehre für die Schiefspraxis. Auch diesen Aus-
lUbrungen kann .ich im grofsen und irnrnzen nur beistimmen, so
namentlich hin'^ichtlich der Bewertung der theoretischen Unter-
fcüchungen im Vergleich zu Versuchsergebuissen. Es ist sehr richtig,
dafs alle Versuchsergebnisse von gewissen Zufälligkeiten abhängen,
die. wenn sie nicht erkannt werden, das Urteil verwirren, statt zu
klaren. Widerspricht ein Versuchsergehnis dem von der Theorie
vorausgesagten Resultat, Sf» darf nicht ohne weiteres das Versuchs-
ergebnis als richtig, die Theorie als falsch angesehen werden, was
ja leider so oft und gern geschieht. Hierin darf vielmehr nur die
dringende Aufforderung gesehen werden, den Fehlern nachzugehen,
die den Widerspruch verschuldet haben; denn Widersprüche kennt
weder die Katur noch die Wissenschaft. Es m als dauu bei Anlage
^ Kj . ^cl by Google
Die Wirkung im gefaohtandirslgflii ▲btoüiiiigweiüefflflii der Infanterie. 306
oder AQsftthrang des Versnehs ein wiebtiger Umstand Übersehen oder
die Theorie auf einen Fall angewendet sein, wofttr sie nicht palst.
Gerade solche Ergebnisse sind die lehrreichsten, da sie die Erkenntnis
fQidcm; aber nar jemand, der die Wissenschaft beherrscht, ist im-
stande, den Wide^^^p^ucb aufzudecken. Ohne Wissenschaft oder,
wenn man will ohne Theorie, ist jeder Fortsehritt aus-
geschlossen; die reine Empyrie ist Tüllig impotent.
Auch das entspriobt meiner Ansicht, dafs das Priizisions- oder
Sehnlsohiefeen für das gefeehtsmäbige Schielsen nar erzieherischen
Wert hat, dals die Wirkung nur selten dnreh eine hohe PdbdsioD
gesteigert werden kann, weü die Zielentfemmig nur gans ansnahms-
weise genau bekannt ist.
Was die Frage anbetrifft, ob eine oder mehrere VisiersteUiingeD
an wählen rind, nnd wie weit sie auseinander liegen sollen, so hSogt
die Beantwortung ganz daron ab, in welchem Maise sich die Streunng
im Emstfalle yergrOlsert nnd mit welcher Sicherheit die Zielentfemong
ermittelt oder geschtttat werden kann. Wer an die Ml^glichkeit gUnbt,
im Gefeeht Entfernungsmesser zu verwenden — ich möchte sie ver-
neinen — , der branebt fttr diesen Fall nnr mit einem einzigen Visier
zu rechnen, namentlich, wenn er annimmt, dais sich die Streanng
sehr bedeutend veigrOisert. So s. B. kann man bei einer Streuung,
wie sie die belgische Infanterie aufweist, selbst bis 1500 m mit
einem Visier auskommen, aueh dann weun der Entfeniungsmesser
eben Fehler von 8 maoht. Ein solcher Fehler würde 120 m aus-
machen; er wird oosebädlicb, wenn der „wirksame Teil der Gesehols-
garbe" (Zifl. 159 der SchielSTOiBohrÜI) noch das Ziel erreicht. Dieser
wirksame Teil Ist 1,7 mal so grob als die 50*^/o]ge Längenstreuung,
die nach der belgischen SchieisYorschrift 168 m beträgt. Danach
hat also der „wirksame Teil d^ Geseholsgarbe*' eine Tiefe von 268 m;
bei einem Fehler ron 120 m befindet sieh also das Ziel noch un-
bedingt in diesem „wirksamen Teil'^ Die Hauptsache beim gefeehts-
mibigen Schiefsen ist und bleibt richtige SelÄteung der Entfernung
und riebtiges Stellen des Tisien.
Gkmz besonders freue leb mich, dals der Herr Verfasser der so
beliebten „Jagd auf die Trefferprozente** entgegentritt, die eine
Folge der engherzigen Bewertung der Truppe nach dem Treffogebnis
ist. Aber mit solehen platonisohen Betrachtungen allein wird niehts
erreicht Solange noeh Künsteleien erlaubt, ja empfohlen
werden, um die Trefferproaente au steigern, bleibt alles
beim alten. leh hatte es geradezu fOr falseb, beim gefeehts-
mäfs igen Schieben die Wahl tou awei Yisieren, die nur 60 m ans-
- einander liegen, au emplehlen. Entweder geuQgt ein Virier, weil
Digrtized by Google
306 Die Wltfcim; im ^eobtenUUaigem AMlugsadüelMn der Infaaterie.
die Tiefe der Geschofsgarbe grols genug ist, um Fehler in der
JäcbätzQDg der Entfemnng aosobädlioh zu maehen oder aber, man
mnis die Gescbolögarbe energisch recken, was nur durch zwei
Vlaiere, die weiter auseinander liegen, geschehen kann.
Die deatscbe Infanterie hat alle Ursache, dem Hanptmann Krause
für seine mUhevolle Arbeit dankbar zu sein. Wird die Arbeit
gründlich stndiert. so kann der Nutzen nicht ausbleiben, und das
wird der schönste Lohn f\li den Herrn Verfasser sein, dem ich diesen
Erfolg von Herzen wünsche.
Wie durch Veröffentlichung amtlicher Versuchsergebnisse die
Wissenschalt gefördert werden kann. dafUr liefert diese Schrift wiederum
einen schlagenden Beweis. Es bleibt daher zu hoffen, dafs unsere
Behörden auf dem einmal betretenen Wege fortfahren. Die Armee
kann nur dabei gewinnen, wenn mit der Geheimniskrämerei endgültig
gebrochen wird. Freilich, manche durch ihr Alter festgewurzelte
Anschauung wird durch die daran geknUpften Erörterungen vernichtet
werden; aber jede Beseitigung eines Irrtums ist ein Gewinn, denn
nur auf diesem Wege kann man zur Wahrheit gelangen, und nur
die Wahrheit oder wenigstens das Streben danach Termag nns vor-
wärts zn bringen.
II.
Die vorstehende Besprechung der Schrift des Hauptmann Krause
war eben abgeschlossen, als das Febmarheft der „Jahrbücher" und
damit der Aufsatz: ^Zum dritten Male die Treffergebnisse
heim gefechtsmärsigen Abteilungsschiefsen der Infanterie''
aus der Feder des Oberstleutnant Freiberm v. Zedlitz und Neukirch
in meine Hände gelangte. Dieser Aufsatz beschäftigt sich eingehend
mit den von mir im Mai und August vorigen Jahres an dieser Stelle
veröffentlichten Arbeiten Uber denselben Gegenstand.
Ich innfs befürchten, die Geduld meiner Leser zu sehr in An-
spruch zu nehmen, wenn ich auf alle einzelnen Punkte eingehen
wollte, mit denen Oberstleutnant v. Zedlitz in diesen Aufsätzen nicht
einverstanden ist. Ich will daher nur einen Punkt herausgreifen, der
jedenfalls der wichtigste ist, bei dem die meisten meiner Leser aus
den Kreisen der Infanterie vorerst wohl auf selten des Oberstleutnant
v. Zedlitz stehen, und der mir schliefslich die Gelegenheit zn einigeo
Betrachtungen von allgemeinem Interesse bietet.
Es wird mir (S. 176) der Vorwurf* gemacht, „die Leistung vor-
zuglicher Schützen, die ihr Gewehr genau kennen, unter günstigen
begleitenden Umständen, bei freigegebenem Haltepunkt auf den nahen
Entfeninngen . . . zn gering^ zn bewerten. „Nicht nur die UOheo-
Digitized by Google
Die Wirktmg im gefedttmaiäflilgen AbieiluguebitlMB dw Infuterie. 307
Streuung kann hierbei aulserordentüch klein Husfalieo. sondfru auch
der Kopffi/ient. wplehfn die nach der Methoilp von Opneralleutnaot
Kohne errfchiu-ti'triVetlprzahien o:egeiiübpr Schiitzpiiliiiieii, in Wirkürh-
keit da erhalten, wo auf die 8cheih
entfallen als auf die ZwiseheDiäome, kaoo aebr erbebliobe Werte
annehmen."
Hier/n bemerke ich, dals nach ZifT. 103 der hciiielsvorsehritt
ein in das Belieben des Schützen gestellter Wechsel des HalteponkteH
nur zuläs'-ifr ist. wenn keine Fenprleitiintr vorhanden ist Die Schiel's-
vorsehrift r( chnpt meines Erachtens mit Hecht beim gefechtsmäfsigen
Abteilungsschielsen nicht mit der individuellen Lpistnng des
einzelnen Schützen, sondern mit der Garbe der Abteilung. Auiser-
dem aber s^laube ich niobt an die Mfis-lichkeit, dafs die Schlitzen im
gefechtsmälsigen Abte iluugsschi eisen auf iMiltVnumjren von 450 bis
50() m\) und dariihrr imstande sind, ihre hchUsse so zu beobachten,
dais sie so feiiu Korrektaren, wie der Wechsel des Haltepunktes
sie bedingt, vornehmen kennen.
Zum Verständnis des tVtlL'cndeu muls ich vorausschicken, dafs
ich bei Berechnung der m erwartenden TreÜ'er angenommen habe,
die Tretier vrrteilten sich beim Hesehielsen von SchtitÄcnUaien,
dpfpu einzelne Scheiben mit gleichen Abstanden autgestellt sind,
u leichmärsig nach der Breite, so d;i(s also aut die Scheiben eine
ihrem Gridsenverhä Unis entsprechender Teil der Treft'er entfiele. Ich
splbst h.abe in meiiu n im Mai und August » rsehieiu uen Aufsätzen
darauf aufmerksam gemacht dafs eine Anhaulung von Tretiern in
den Scheiben möglich sei hei sehr lockerpr Aulstellung des Zieles,
bei sehr langsamem Feuer der .^chiit/cu und bei sehr gUnstigeo
He<ii)a('litungsverhHltnissen. Diese Frage ist aber von so grundlegender
Bedeutung, dafs ich ihr Jptzt näher treten will, und zwar mittelst
den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitslehre, die natürlich für die
Breitenstreonng ebenso gelten wie für die Längenstrennng. Meines
Wissens ist diese i«rage bisher in der Literatur noch nicht erörtert
worden.
Denken wir uns als Ziel eim Im rite Scheibe von beliebiger
Höhe, die durch senkrechtp Striche in ! i Ider von 40 cm Breite geteilt
ist. Es werde von einer Alireilnng auf das mittelste Feld gezielt,
die mittelste Flugbahn gehe (lur( h die Mitte des Feldes — also der
güngstigste Fall — so wird dieses Feld natürlich die meisten Treffi r
erhalten; weniger Treffer sitzen in den beiden Nacbbarfelderu, noch
weniger in den weiter abstehenden Feldern.
<) Um solelie Entforuungea oder erheblich gröfsert' handelte es sich
bei dem von mir angefochtenen Treffeigebnis (Maiheft S. 645).
Digiii^cü by Google
308 Wirkung im gefeobteuuU'aigea AbbeiluugssohieUea der Infanterie.
Ist die öO^lf^ige Breitenstreaang z. Ii. 40 cm. so werden iü dem
bezielt< n l eide 50% aller Treffer sitzen (Wahrseheinlichkeitsfaktor=I);
in dtü drei oebeneinander liegenden Feldern (den] mittlerLTi und d* n
beiden benachbarteu) zasammen 96 ^(^ (Wahrscheinlicbkeitsfaklur — .j),
in den tiinf nebeneinander gelegenen sämtliche Treffer, also UX)
Denken \sir uns die Felder der Scheibe uunuiiLTt und ist aul das
Feld No. 25 gezielt, so werden 100 Treffer sich wie folgt verteilen:
No. 2ö erhält 50 Treffer,
„ 24 und 26 je 23, zusammen 46
28 » 27 n 2f tf 4
II
Summa 100 Treffer.
IMe naehstebettde ZmammeDstolliiag gibt die VerteUnng der
Treffer auf die Tetsohiedenen Felder der Seheibe unter VoranssetEong
Tersehieden gro&er Streanngen an.
Zasammenbtelluug Iii.
W%igfi Breiten-
Von je 100 Treffern sitzen in den Feldern Nr. .. . Treffer:
17|18il9|20|2lj22| 28 | 24 | 25 | 26 | 27 |28|29|S0|8l|82
40
00
80
100
120
140
leo
iO.6
iO,6|l
1
1 12
0,6il,B4
1 2.6|6
2 |8 15.6,
i I 2
|1 I 8
I3.BII
16 12
;7 12
8 ;n
8
28
•28,6
21,6
Ii 8.6
16
14.0
10,6118
28
2
86
28.6
8
1
26
21,6
II
8,6
1
21
18,6
12
6
2
1
18
16
12
7
4
1.6
0,6
16
14.6
11
8
6
2,6
1
0,6
18
18
10,6
8
6,6
8
2
1
Man erlLennt dentlieh, dab — wie bei den Trefferreihen — je
grölser die Streuung ist, mn so mehr Felder getroffen werden, dab
aber natttrlich die Zahl der Treffer in dem besielten Felde um so
niedriger wird.
Beim Ahiciluugsschiefsen gegen Schützenliuieü wird die günstigste
Wirkung bei ganz gleichmäfsiger Verteilung des Feuers erreicht;
d. h. wenn auf jede SchUtzenseheibe gleich viel gezielte Schusse ab-
gegeben werden. Wie aus der Zusanimeustellujig geschlossen werden
kann, wird nur ein Teil auf die bezielte Scheibe selbst, ein anderer
Teil in die Zwischenräume und wieder ein anderer Teil die benach-
barten Scheiben treffen; vorausgesetzt natttrlich, dafs kein Seitenwind
herrscht, der die dichteste Treffcrgmppe in die Zwischenräume ver-
legt; es wird vielmehr angenommen, dals die mittelste Grescholsbahn
genau durch die Mitte der bezielten Scheibe geht.
Denkt man sich, eine in numerierte Felder geteilte Scheibe,
wie die oben beschriebene, würde von einer Schützenlinie beschossen
pi j Ly Google
Die Wlrkong im ^t'eobtomiUirigea AbteilungsscbieTaen Oer Iniiatehe. 30^
and die Schützen seien angewiesen, aul bestimmte, ihnen genauer
bezeichnete Felder z. B. auf die mit den Nummern 2, 4, 6 usw.
bezeicbeten Felder — zu zielen, so werden die Treffer sich in
bezug auf die Breite nach denselben Gesetzen verteilen, als ob eine
Schützenlinie mit vuilkomraenster Verteilunir des Feuers beschossen
würde und zwar in dem vorliegenden Falle, als ob di(> einzelnen
Schützenscheiben rait lichten Zwischenräumen von 40 cm aufgestellt
wären. Wird imu auf die Felder 3, ü, 9 usw. (4, 8, 12) gezielt, so
würde die Verteilung der Treffer so erfolgen, als ob eine Schtltzen-
linie mit Zwischenniumen von 80 (120) cm beschossen würde usw.
Zielt B. der Schutze A auf Feld No. 2, B auf 4, C auf 6
usw.. so vertt il( n m^h die Treffer bei einer mittleren Streuung von
HO cm nach, folgendem öchema. Von je 100 Treffern sitzen in den
Feldern :
1
2
8
*
5
6
7
8
10
11
12
A
86
28.5
8
1
B
1
8
28,5
35
28,5
8
1
C
1
8
23,5
35
28,B
8
I
D
1
8
28,6
85
28,0
8
1
1
8
28,6
85
28.6
6
F
■
.
1
8
28,6
85
84,5
«
1 «8
61
4>l
61
49
61
49
61
48
48
Mao ttkemit lekbt, dals, abgesehen tod den an den Flügeln
befindfiebeo Felden die besielten — mit geraden Nammeni bexeieh-
neten Felder 61, die anderen 49 ^/^ aller Schttsse aufnahmen.
0le Verfeeilnng der Treflfer ist in der Tat absolut gleiehmXIsig, es
siteea in den 1i«delten Feldern idebl mehr Treffer, als in den nicht
beaelten und der geringe Untersobied ist lediglich eine Folge der
Jünrandnng. Genauer gereekn^ wttrden sieb nAmlioh die Sehttsse
eines Sohttteen wie folgt ausbreiten: 1^ — 7,65 — 23,8 — 34,7
— 28,8 — 7,65 - 1,2 and es iden in die beiielten und nicht
beaelten Felder genau je 50 ^/^ Treffer.
Bei kleinerer Streuuuf; würden die bezielteii I eider luehr
Treffer aufnehmen. So fallen z, B. bei einer mittleren Breiten»
streuuDiT von 40 em in die bezielten Felder 59, in die nicht bezielten
41°/o aller TreÜ'er. Wird die Streuung grölser, so ändert das au
der Verteilung der Tretler nichts; sie bleibt absolut gleichraäfsig.
Bei grdfseren Zwischenräumen hänfen sich natürlich die Treffer
in den bezielten Feldern etwas mehr. Bei Zwischenränmcn von
SO cm mtlisten bei gleichmälsiger Verteilung Vj (^S'/sVo) »Uer
Treffer in den bezielten, in den nicht bezieiten Feldern (den
L
Digiii^cü by Google
310 Wirkang im gefeohtemäi'sig^u AbtoilungHsohieisen der Infanterie.
ZwisehenittiimeD) sitzeih Man erkennt ab^ ]Mst, dals die Zahl
der Treffer in den bedelten Feldern bei einer mitHeren Stremng Ton
40 om .... 50
60 I« . • . . 37 n
80 „ nnd darüber 83 „
betrügt
Man findet das Resultat sebr sclmell, wenn man aoB ZoBammen-
Btellnng 8 die Zahl der Treffer In den Feldern 25, 28 nnd 22 (bei
giOlseren Streuungen 26, 28, 31 nnd 22, 19) summiert, d. b. also
immer zwei Felder ansl&fet
Bei Zwisehenrftuiaen Ton 190 em mttisten bei gleiebmilstger
Verteilnng 25 aller Treffer in den beiieltea Feldern dtxen. Ans
Zusammenstellung 1 erkennt man (Snmmierung der Treffer mit Äns-
lassnng Ton drei Feldern), dafe die TreffensaU in diesen Feldern
betrügt bei einer mittleren Streuung Ton
40 em . . . . 50%
60 „ , . . • 85 „
80 ,1 • • • • 28
100 „ und darüber 25 „
Bei Zwiscbenräumen von 180 cm würde ani 20*^/0 aller
Treffer su rechne sein. Tatstteblieb Ist die TrefferEahl bei mittleren
Streuungen unter 120 cm bdfaer, bei einer Streuung Ton dieser GrOise
erblilt man in den bezielten Feldern 21 % aller Treffer, bei noeh
etwas grVfserer Streuung findet eine Töllig glelchmftlsige Ausbreitung
der Treffer statt. Bei Zwiscbeni^umen von 200 cm tritt diese erst
ein bei einer mittleren Streuung von 140 em, bei Zwiacbenrüumen
von 240 em erst bei einer solchen von 180 em.
Man kann hieraus den Scblufs sieben, dals beim Besebielsen
von SehUtsenlinien, die mit den ttblieben Zwisehenrllumen aufgestellt
sind« die Vertdlung der Tirefier auf Scheiben und Zwisehemänme
völlig gleiehmSlsig ist, wenn die Zwisehenrünme gleich oder kleiner
als die mittlere Breitenstreuung sind. Eine nennenswerte An«
hüufung der Treffer in den Scheiben wird erst eintreten, wenn die
Zwisehenritnme mehr als doppelt so giolB werden als die mittlete
Breitenstreuung, weil alsdann die besielten Felder nur die Treffer
von den auf sie gesielten Schttssen erhalten z. B.:
Zwisebenr. 80 em; mittlere Streuung 40 « . 50 Treffer statt 88 Vs
» 120 „ „ „ 80 . • 85 „ „ 25
n 160 „ „ „ 80..26,, „ »20
» 200 „ „ „ 100 . 21,5 „ „ „ 16,7
» 240 „ „ „ 120 . 18,5 „ „ „ 14,3
Digitized by Google
Die Wirkmg in gef«obtaiiittiajg«ii AbteUniigssoliiafMii der Infanterie. 31|.
Es tragt sich ntin, mit weichen Gröfsen der Hrt iteustreuiui^
wird man beim Abteilun^^sscbiersen zu rechnen hal»- n? In der
deutschen Literatur ist darüber nichts enthalten; es bh ila eine Äuf-
^'ahf der Gewehr-PrUfun^^s-Kommission hierüber in ähnlicher Weise,
wie dies für die Höhenstreuung gresehehen, Versuche anszufUhren,
die einen sehr viel ireringeren Aufwand von Zeil und Mitteln er-
iordem als die fUr die Erniitthins: der Ilüheustreuung:.
Man kann aber ans Angaben der Ire mdstuutlichen Literatur zu
einer ziemlich sicheren Schätzung dieser Oröfse irelanj^ren. Der
französische General Lamiraux bemerkt in seinem Huche „Ktode
8ur le fusil modele 1886" (S. 74, Fufsuote), die Breitenstreauug
bttra^jre ungefähr das 0.8 fache der Höhenstrenung; nach der
italienischen Schielsvorschrift ist b«*im Abteil un^ssehielsen die
bieitenstreuuii<r bis auf die Entfernung von Üüü m soirjur grfilser,
als die iidin nsti ( uunjr fanf 450 m soirar am '/.,). WCiin ich im
nachstehenden <iie Hreitenstieuunj: zu 80 ^'/o ^^^'^ iiöbenstreuung
„mittlerer" Schützen, wie sie Hauptmann Krause angibt annehme,
so glaube ich, wird man mir nicht vorwerfen können, dals ich sie
zu grofs eingesehätzt habe. Ich bleibe dann noch hinter den An-
gaben zurück, die Lamiraux für die Rreitenstrenung ausgebildeter
französischer iSchüt/.en im Einzelfeuer macht. Auf eine Dezimale
ah- « rundet, würde also die mittlere (50^/oige) Breitenstreanng im
Abteilungsscbieiseu
auf 300 m , ,
. zu 0,6
m
„ 400 „ .
, 0,8
I»
ff oOO •
. „ 1.0
r»
„ 600 „ . .
■ n
11
. „ 1.5
»t
1, 800 •
. „ 1,8
V
j, 900 „ • «
> « 2,1
ff
« 1000 „ .
► 2,4
»»
anznnehmen sein.
Als normale Zwischenränme flir Sehützeiilinieii geileu nach
Ziti. LJH (It'.s E\fr/,ier-Rei:l( iiionts solche von 1,2 m. Bei völlig ^leich-
mJilsi'rer Au^bnitun^'^ dci Treffer müssen also '/^ aller TretTer in
die [)f7irlt<n Felder, ^/^ in die nicht bezielten fallen. Nach dem
v(t?st( hcii(l(Ti tindct das bei einer mittleren Streuung von 1,00 m,
nlso Ijt'i einer Entfernung von 500 ni statt. Auf 400 m würden
bei strengster Rechnung 28 anstatt 25 "/^ in die bezielten
Felder fallen Man kann also bei ..mittieieu" Schützen sogar noch
auf dieser tntff rnung von einer nahezu prleichmäfsigeu Verteilung
der Treöer reden, wobei ich gern zugebe, dais bei „vonUglieheu'^
Digitized by Google
312 l^id Wirkung im getechtämüräigen AbteilangBSchielsea der Infanterie.
Schützen (mittlere Breitenstreaung 0,7 m) schon eine slKrkere An-
bäofiiDg in den bezieiteu Feldern in die Erscheioutig treten kann,
nicht mafs. Aaf 800 m werden schon 35*^/0 aller Treffer (anstatt
25) in den bezielten Feldern zu erwarten sein.
Mao darf bei AusfUhrang eines Versnchs natOrlieb nicht er-
warten, dab alle bezieiten Felder die gleiche Treffemdil erhalten;
es liegt eben im Wesen der Wahrscheinlichkeit, dafs die er-
schossenen Resultate erst bei sehr grofsen Zahlen mit den theo-
retisoh gefundenen übereinstimmen, aber man wird finden, dals sie
ebenso oft darunter als darüber liegen. Ja, Tieileicbt liegt die
Treffeizabl in den bezielteo Feldern bei groben Zwischenräumen
oder kleinen Streuungen oft unter den errechneten, weil ein
sehwacher Seitenwind hinreicht, die Mitte der Geschofsgarbe toq
dem eigentlichen Ziel in die Zwischenräume zu yerlegen.
Ich hoffe, durch diese, vielleicht zu ausführliche Eirörterang die
Bedenken des Oberstlentoants v. Zedlitz, die er gegen meine Methode
tax Ermittelung der gegen Schützenlinien zu erwartenden Treff-
leniltate hegte, zerstreut zu haben, wenigstens wenn es sich um
fiotfeninngen von 400 m und darüber handelt Dab die auf diese
Webe enntttelten Zahlen Ubertroffen werden können, das su
leugnen fiUlt mir nicht ein; aber ich behaupte, dab die wirklich er-
scboflsenen Besnltate meist hinter diesen rechnerisch ermittelten
«irttekblelben müssen^ weil bei diesen der Einflnb eines falsch
gewühlten Vbiers rollstSodig ausgeschaltet ist, während er beim
gefeehtsmälsigcn Schieben das Resultat erheblieh herabdrückt.
Naeb der ab bekannt vorausgesetzten Methode (vergl. meine
„ScMefslehre für die Infanterie^ S. 72 ff.) errechne ich nnter
Zngmndelegung der von Hanptmann Krause für „vorzügliche*^
Sehtttnen angegebenen mittleren Höhenstreuung die gegen Kopf<
Bcheiben mit 1,2 m liebten Zwiachenränrnen zu erwartenden
Trefferxahlen. Danach sind za erwarten von 100 Schüssen
ani
400 m
2,3
Treffer
n
600 „
1,8
n
t>
600 „
1,5
n
n
700 .
1,3
r
800 „
1.1
f»
900 «
1»0
n
1000 .
0,9
n
1100 ,
0,76
n
Und nnn bitte ieb dieae Zablen zn veigleioben mit denjenigen
die ab „DttrebBohnittsresnltate ohne Bttekaiebt ob die Entfer-
nung geneiien oder gesebfttzt, ob gfine^ oder nngUnstige Witterung,
Digitized by Google
Die Wirkung im gafeehtanlftlgeD AbteiliiagweliieCiMo 4w lofanteii«. 313
ob Viflier richtig oder Dicht'' in den Jahren 1901 und 1902 eireiobt
worden sind. (Augnstheft 190B 8. 107 u. fi.)
In dieaen Zahlen sind allerdings noch die Qaerscbläger einbe»
grifien: ich will daber die obigen Zahlen noeb mit 1,3 multiplizieren.
Jeder Sachverständige wird mir zngeben, dats ich dabei einen
anfserord entlich hohen Prozentsatz von Qnerschlägern annehme,
der über das Durohsebnlfttsmals weit binaiugeht. Man erbält
alsdann
für 400 m 8,0 "^(^ Treffer
9
500
n
2,3 „
ff
600
r
1,95 „
'1
m
700
IJ »
n
if
800
n
lA „
«
*i
900
n
1,3 „
n
r»
lOOO
n
1/2 M
»>
n
1100
»
1»0 „
»
Aof den Entfernungen von 400 bis 500 m würde man also auf
2,66, Yon 600 bis 600 m auf 2,126*^/o Treffer erwarten dürfen.
Der besseren Obersicht wegen setze ieh die miteinander zn
Tei^leicbenden Zahlen untereinander
|450| 660
660
7 50 1860 {960
1060 m
TorsOfflidie Schlitzen bei genau zu«
treffendem Visier
Durrhsrhnittserfi;('bnis9e bei gefechts»
iaü.ssigem Schiel'scn '
2,66
2,6
2.125
2,4
I.B
2.8
1,66
2,0
1.86
1.4
1,26
1,2
1.1 %
0,5 %
Ich verzichte darauf, Hpn Widerspruch /ai erklären, der darin
liegt, dafs die Truppe im Durchschnitt bei Lrtechtauuilsiir^'m
Schiefseu d. h. also doch bfi nnhekannter Kntternun^ oder doi-li
nur annähernd zutrelleudi r \ isierstelluTia auf df ii Kntfemun^en
zwischen 500 und 9()<) m h{>hcre Treiiresnltate erreicht hat, als
uat'h der „Theorie* vorzügliche Schützen unter den denkbar
güustifrsten Verhältnissen d. h. nicht nur auf bekannte l>ntfernung,
sondern mit genau /utreftendem Visier und bei einem ftir Aut-
schläfrer vor dem Ziel Uberans gUnstigen Boden Uberhaapt zuge-
billigt werden können.
Diese anffallende Erscheinung ist nur dadurch zu erklären,
dH(s entweder in meiner Methode, in den Angaben des Uaaptmann
Krause Uber die Streuung oder in denen Uber die erreichten Treff-
lesultate ein schwerer Fehler steckt. Vielleicht unterzieht sich Herr
Oberstleutnant y. Zedlitz der Mttbe^ ihn aufenfiDden. leb fUr meinen
314 Wirkimg im gefeohtomftfngen AbtaUnngssoliierMii der liif«iil«iie.
Teil erkläre, dafs ich dnrttber mich sehr freuen würde, aocb wenn
mir dieser Fehler nachgewiesen wllrde. da die Wisseosobaft dabei
tiaeu groitten Fortschritt machen mUitite.
III.
Ich halte es für angezeigt, diese Studie zu besobliefsen mit
einer Zusammenstellung Uber die Treflfresnltate, die naeb den von
der Gewehr Prtlfungs-Kommission augestellten Versuchen von ,,mitt-
leren^^ Schützen bei zutreffendem Visier gegen Schützenlinien zu
erwarten sind. Ich werde zunächst die Trefi^resultate errechnen
für Schützenlinien, bei denen auf das Meter Front eine Scheibe kommt
(lichter Zwischenraum 60 cm ) und daraus die gegen ScbtttBenlinien
mit anderen Zwisebenräomen, ableiten.
ZasammenfitelloDg IV.
Gegen SebttteeolinleD — aaf 1 m Fronthrdte eine Sehribe — sind
TOD ^mittleren" Sehtttzen bei zatreffendem Visier von je 100 SebfisseD
. . . Treff<ar zn erwarten.
Entfemang
400
500
fiOO
700
800
900
1000
Kopfscheiben . .
8,26
2.0
1.7
1,4
l,-2
1.0
02
6,9
B,4
4,4
8.6
8.1
2,65
2,8
2.0
Humpfhcheiben . .
14,0
11.0
».0
ö,4
6,6
iß
4.2
l in die Treffergebnisse ge^^en .Schützenlinien mit anderen
Zwischenräumen zu finden, ist zur OrOfse der Zwischenräume die
Breite der Scheiben (0,4 in) zu addieren und mit der erbaltenen
Zahl in die vorstehenden Zahlen zu dividieren.
Zosammenstellnog V.
Gegen Schützenlinien sind von „mittleren* Schützen von je
100 Schüssen . , . direkte Treffer zu erwarten.
EntfernuDig
Kopfscheiben
Bru
Humiifscheiben
0.4 1
a4 ]
OJH \ 1,2
0.4 i
03 i
1.2
ni
m
lichter SSwtodieiuraiim
400
4,1
2,7
2,0
8,6
6.7
4,8
17.6
11,7
8,76
600
8,1
*-M
1,6
6.75
4.5
8.4
18,76
9,2
6.9
600
2,B
1,8
1,1'6
5,5
8,7
2,75
11,26
7,5
6.6
700
2,1
1.8
1,1
4.&
8.0
2.26
9,4
6/25
4.7
800
1,76
1,^
0,0
8.9
1,9
8.0
6,3
4,0
900
!,5
1,0
0,76
8.8
2,2
1.7
6.9
4.6
8,4
1000
1,25
0.6
0,6
2,9
1,9
1,4
6.0
4,0
8.0
1000
1,1
0,7
0,6
2.6
1.7
1,26
6,26
8,6
23
Digitized by
DI» Wirkinff im gefoobtanlUsIgtii AMnUaiffMeldafteB d» Infuiterio. 315
HieizD ist noch zu bemerken, da£s diese Zahlen sieb noch am
die Qaerschläger erhöhen, deren Vorkommen Yomehmlicb von dem
AufHchlagboden am Ziel abhängt Bei fester Grasnarbe treten sie
häufiger, bei Sandboden, Starzacker, an stei^ndem Gelände selten auf.
Wer diese Zusammenstellung vergleicht mit den Trefierzahlea,
die nach einer £nde der 80 er Jahre heraiugegebenen Tabelle von
gaten Schützen zu erwarten sein sollten (Maiheft 1903, S. 543), wird
einen gewaltigen Unterschied finden. Jene Zahlen sind znm Teil
swei-, drei-, ja fünfmal so hoch.
Wenn Oberstleatnant von Zedlitz (Februarhaft S. 174) sagt,
jene ZusammensteUong sei aufgestellt» nm die Truppe vor unm<i;r-
lichen Anfordemn?en zu schützen, so würde solohes Verfahren ein
sehr geringes psycholoL^iscbes Verständnis beweisen, ganz abgesehen
davon, dalis Jene Trefferzahlen zum Teil nur unter ganz besonders
günstigen Umständen erreichbar sind. Es ist ein alter Gnindsatz in
der dentscheu Armee, das Unmüglicbe zu fordern, damit das Mögliehe
erreicht werde, und wohl jeder strebsame Offizier sachte seine Auf-
gabe darin, eben jene Kesultate zu erreichen.
Ich halte es aber ittr richtiger, dem Vorgesetzten zu sagen, was
er billigerweise von seiner Trappe erwarten darf and glanbe, dals
die Zahlen der Zusammenstellung V dem entspreeheo. Auf kleinen
fintfemungen, wo kleine Sohätznnirsfehler von geringer Bedeutung
sind, kann eine recht gut aasgehildete Truppe mehr Treffer er-
erreichen; aber !Ülzuhoch darf man seine Erwartungen nicht stellen,
weil, wie Hauptmann Krause auf Grund seiner Versuche mit Recht
bemerkt, der Untersohied in der Streaang „vorzüglicher" und
«mitllerer" Schützen nicht sehr grofs ist. Auf den gröüseren £nt-
fernnngen wird das Treffresnltat durch Schätznugsfehler herabgesetzt;
man wird also hir r selbst bei guter Präzisionsleistang meist geringere
Treffinsnltate aufweisen, namentlich, da hier ja aoeh mit zwei Visieren
geschossen wird. Im allgemeinen aber werden die erschossenen
Besnitate am die von mir ermittelten Zahlen schwanken.
Digitized by Google
316
Zw Feldlumbittfr^ge.
xvn.
Zur Feldhaubitzfrage.
T.
Ein Vorsclüag zur fiaubits&age.
Villi
Rfippell, Major a. Abteü.-KoiiimaQdear im Ber^^h. Feldari-Rgt. Nr. 59.
In den Kampf fOr ond wider die leicbfe Feidhanbitze will ieh
nioht eingreifen. Sie ist da, und anBere bObere TmppenilUinuip
Terlangt, dafs sie ibien beiden Anfgalieni Besobiefsen von Zielen
diebt binter Deckungen nnd nnter filndeekungen, sowie Besebie&en
von nngedeokten Zielen erftUt. Und das kann sie, — denn sie ist
ein oaeb jeder Hiebtang yortreffUebes GresebllfcE, wenn man sie
mil einer genügenden Mnnitionsnenge Tersiebi. Das Ist der
praktiscbe Kern^ der sieb (br den Frontbanbiteier ans den vielen
ErOiternngen ttber die Peldbanbitxe beranssebiUi Darin erblicke
ieb das Hanptverdiensl der t. Altenscben Brosebttre, dafs sie anf
dtenngeattgendeHnnitionsansrOstong der Feldbanbiiw bingewiesenbat.
Wenn ein GescbUtz nacb swei yerscbiedenen Riobtnngen bin
brancfabar sein soll, mnb man es Air beide Zwecke mit genügender
Munition yeiseben. ZweifeUos ist aber die Ansrttstnng der Feld-
baubitze mit Scbrapnells (384 Sebnis pro Batterie), sn gering be-
messen, lob kann den Ansftlbningen B.8 in Nr. 10 des Hifititr-
Wochenblattes niobt beistimmen. Gewifo bat er Becbt, wenn er er-
klMrt, da(8 die MnnitionsansrQstnng einer Hanbitaballerie — nnter
Binznreebnnng ibies Anteils an der leicbten F.-Kolonne ~ an
Scbnlszabl (meiner Bereobnong nacb sogar 924 gegen 1088
Schals) der einer Ranonenbatterie beträgt. Er bertteksicbtigt dabei
aber niebt, dab ein Teil dieser Gescbosse, 328 Granaten mit V. sn
jeder anderen Verwendung als gegen Deckungen nnd Eindeckungen
absolut nnbrancbbar, ein anderer, 212 Granaten o. V. gegen lebende
Ziele nur sebr bedmgt brancbbar ist. Die Granate o. V. ist, mit
Bz verfeuert, „sor Bek&mpfnng lebender Ziele dicbt hinter Deck-
ungen, aoeb stdeber unter Scbntewebren verwendbar,^ mit Az dient
sie „zum Einscbietsen, zur Nabverteidigung, wenn ein Gesebolis-
Wechsel nicht angttngigist, und zur AnsbUIe bei Mangel an ScbrapnellsL''
So unser Reglemeni Genaner betrachtet, isU sie zur Aushille bei
Mangel an ScbrapneUa aber nur unter ganz besonders gOnstigen
Bedingungen verwendbar, nämlicb dann, wenn man das Ziel selbst
sehen nnd sich genau, auch nach der Seite, gegen dasselbe eb-
sehieisen kann. Dies ist bei der greisen Voriiebe unserer westUcben
Digitized by
Zor FeldlutnUtafttg«.
Nachbarn für indirekte Stellungen beim Artilleriekampf nur in seltenen
Fällen möglieh. Erst wenn im weiteren Verlaufe des Kampfes ein-
zelne Batterien zur Begleitung: des Infanterieangriffs in ungedeckte
Stellungen vc^rgeheii, kann gegen diese und auch gegen die vor-
gehenden feindlichen Infanterielinien die Oranate zur Anwendung
gelangen. Gegen die Schildbatterien der Franzosen erwartet man
sogar von ihr besonders gute Wirkung. In jedem Fall ist aber ein
länger dauerndes genaues Einschiefeen notwendig. Ihre Wirkung
gegen lufanteriermien ist der des SchrapoellS'Bz um so mehr ODter-
legen, je grölser die Elutfernong ist.
Mit Vorteil ist die GranAte gegen ungedeckte Ziele — al»-
gesehen vom Kampf gegen freistehende Sebildbatterien — anr xor
NabTerteidignng und auf Entfeniongen, auf denen der Brennzünder
des Sehrapnells niebt aiureieht, sn Terwenden.
Der grobe Voirat Ton 924 GeseliOBera, der einer Hanbitibatteiie
snr Veifllgnng atebi, scbmmpft daher, wenn es sieh dämm handelti
sie wie ebe Kanonenbatterie zn Terwenden, ani die iMsebddene
Zahl ?on 384 Schnls, das sind ^/(^ der SobrapneUaosrllstnng einer
Kanonenbatterie sosamnien. Mit diesen 884 Sebrapnells soll die
Hanbüabatterie unter Umstttnden allen den Angaben des Gdtoebts
gerecht weiden, zn denen der Kanonenbatterie 920 Sehrapnells mr
Verfhgang stehen. Mir sebeini dab „das Gespenst der Blatarmnt
bei nftbezer Betrachtung denn doob nicht so gans in Dnnst zeiflieisl^*'
and dalB ein jeder Kommaudenr einer Hanbitsabteiinnif mit einer
gewissen Sorge ani seinen Mnnitionsvorrat bücken mnfo, wenn seinC
Batterien snr LOsnng der Aufgaben Ton Kanonenbatterien in den
Kampf treten« Hier liegt m. E. der Kernpunkt der ganzen
Hanbitzfrage, deren LOsnng gebieterisch die Vermehrung
der Sobrapnellavsrilstang der Haabitzbatterien yerlangk
Zu einer Vermehrung der Muuitiouslahrzeuge der Artillerie
werden unsere Truppenftthrer kaum ihre Zustimmung geben. Aber
auch ohne Vermehrung ist » ine zweekmäfsige Hegelang der
Mnuitionsfrage in folgender Weise zu erreichen.
Als erste Forderung ist von unserer Technik zu vf rlaiiL^eu, dai's
sie uns nun endlich von den beiden Gescholsarten (rranaten
m. V. und o. V. befreit und einen ZUnder konstruiert, der
nach beiden Kiehtungen hin beliebig verwendbar ist. Man
stelle diese Forderung nur entschieden genug, dann wird sie erfüllt.
Damit bürden bei der jetzigen Ausrüstung für jede Haabitzbatterie
232 Geschosse gewonnen^ die in gewissen Fällen zur AusbiU'e statt
des Schrapnells verwendbar sind.
Jakrkftekar f&r di« deatseke Ana«« aad Maria«. Ko. 390. 21
Digitized by Google
318
Zur Fddhmliitsfnge.
Das Begimeoty welobem die HanblteabteUung angehört, besitzt
eine leioiite Kolonne fttr die Kaoonenabteilnng nod eine leieiite
F.-Kolonne für die Hanbitiabteilnng. Letastere leieht mit ihrem
Mnnitionsrorrat filr die Haabitseo nieht ans. Dnreh erstere iet die
Kanonenabteilnng nm 924 Sehnla besser gestellt als die übrigen
seefas Kanonenabteilnngen des Korps bezw. die eine Brigade besser
gestellt als die andere. DaTs ein solcAier Oberscbnis bOobst wttnsohens*
wert isty kann nicht bestritten werden, notwendig ist er niebt, denn
aaeb ohne ihn hSlt man die Ansrtlstnng der anderen AbteUnngen
bexw. der anderen Brigade für genügend. Unsweifelhaft mnis er
ohne Besinnen angegeben werden, wenn dorch ihn ein empfindlieber
Jfangel an anderer Stelle gedeckt werden kann. Dieser ist bei der
Hanbitsabteünng vorhanden. Nimmt man daher der leichten Kolonne
des BegimentB, dem die Hanbitsabteilnng angehört, nenn Mnnitions-
wagen und Überweist sie der leichten F.-Kolonne, so beUUt die
Kanonenabteüong noch 132 Sehnls mehr als die übrigen Abteiinngen
des Armeekorps, jede HanbitEbatterie kommt dann aber anf 1098
Schub.
Die bisherige GranatansrOstong einer Hanbitsbatterie betrügt
540 Schnls. M. £. kann sie ohne Bedien anf 504 Sebnb herab-
gesetat und snr Hüllte in o. Y., zur Hüllte in m. Y. eingeteilt werden.
Die Yermbdemng der GxanatEahl nm 36 Sohuis angnnsten der
SobrapnellanBrüstnng ist zweckmübig, weil in der Mehrzahl der
Fülle der Bedarf an Sebrapnells ein grüfserer sein wird als an
Granaten. Dafo diese Vermindemng bei den Granaten m. Y. vor-
genommen nad die Zahl derselben sngnnsten der Granaten o. V.
«n weitere 40 Sobnfo herabgesetzt wird, erscheint aus dem Gmnde
vorteObafk, als sich stürkere Eindecknngen im Feldkriege denn doch
nicht so oft vorfinden werden.
Für die Schn^nellaasrüstnng bleiben dann 594 Schnfs (210 mehr
als bei der jetngen Aosrüstnng) pro Batterie — etwa der
Scbrapneilschniiszahl der Kaaonenbatterien Obiig. Unter Berück*
sicbtignng der gröberen Wirkung des HanbitachrapneUs schein!
damit die Hanbitzbaiterie im Kampfe gegen die gewöhnlichen Ziele
des Feldkrieges einer Kanonenbatterie etwa ebenbürtig. Für den
Kampf gegen befestigte Feldstellnngen bt etwa die Zahl von Granaten
vorbanden, welche anch früher für ansreichend erachtet wurde.
Auch binsiehilieh der Unterbringong der verschiedenen Gesehesse
ist eine Änderung dringend notwendig. Bei der heutigen Yerpacknng
der Sehn^neUs in den Protzen der Geschütze nnd Munitionswagen
der Batterien müssen, wenn die Hanbitzbatterie wie eine Kanonen-
batterie verwandt wird, nach dem Abprotzen vor dem Fortschicken
Zur FeldlumbitBflnii^.
319
der Protzen in Deckung entweder die MonitionBktfrbe den Protzen
der Mnnilionswagen entnonomett oder die Protzen derselben abge-
spumt werden. Bddes ist zeiiraubendt das Abspannen im feind-
lieben Fener sebwierig. Daber geboren Sebrapneils in die Mnnitions-
binterwagen. FQr Granaten mOgen die Ptotsen der Monitlonswagen
besUnimt bleiben. Bei Verwendung ron Granaten wird im allgemeinen
mebr Zeit und mebr Deckung rorbandeUf als bei der von Sebrapneils
and das Auspacken der Muoitionskdrbe bezw. das Abspannen der
Monitiooswagen daber leicbter ansfttbrbar sein.
Für die Yerpaekung der gesamten Munition der Batterie scblage
icb lolgende EiiüeUniig vor:
Sehrapnells
Grün
o. V.
ii l f n
m. V*.
8chuf>i7.ahl
im ganzcu
6 Creschtttas-Protseii . .
144
144
»
•
8 Mim.-Wag.-Protzen
78
78
ll
8 Mun^-Hint-Wag. . .
96
96
8 Mim.--Wag.«Pl«tKen .
78
78
1
8 Muii.-Hmter-Wagen .
96
96
1. VorratBwag.oProtze .
26
26
der 1. F.-KoloBae . .
282
174
174
680
Summe
55)4
262
1098
•
1
Mun.-Wageu 1—12 .
696
-
_
B96
•
. 18-21 . .
622
622
1
•
, , 22~-80 . .
622
128
Das Mebr von 86 Schrapnells unmittelbar bei der Batterie gegen
die jetzige AusrUstiuig kann nur als ein Vorteil betrachtet werden,
denn in der Mebrzabl der Fälle wird zunächst die Verweodnng der
Schrapnells Regel sein. Beim Angriff aal befestigte Feldstellungen,
wo der Gebrauch der Granaten Torans zu sehen ist, unterliegt es
keinerlei Bedenken, Granaiwagen der leichten F.-Kolonne den
Batterien zuzuweisen^ e. F. gegen MnnitionswageD der Batterien
▼orttbergehend auszutauseben.
Mit solcher MunitloiiBansrttBtung luuin eine Hanbitzabteilung
getrost ins Feld rflcken und jeder vom Truppenfllbrer an sie ge-
stellten Aa%abe gerecht werden. Mit solcher MunltionsausrUstung
kann die Feldbaubitze sieb als das erweisen was sie ist: ein Tor*
treffliches Gescbtttz in gleicher Weise geeignet fttr Flaeh-
bahn- und fttr Bogenschurs.
21*
320
2^ Feldhi^itifra^.
n.
Wider oder für die Feldhaubitze?
Von
Rtskoten, Oberlealnant im Mmdensehen FeldartOlerie-Reguneot Nr. 58.
Die Haabitecirage, welche mit der Eiofübning der leichten Feld-
haabitze bei uns eine günstige Ijösnng gefunden zu haben soMeo,
tritt jetsEt, wo die Feldartillerie iafolge von Boiirrttoklauf und Panzer
▼or einer bedeutenden Umwälzung steht) von neuem in den Vorder-
grund. Eine Sckrift des Generals y. Allen ,yVVider die Feld-
haubitze"/) die vor einigen Monaten erschien, erre^rte um so mehr
Aufsehen, als der Herr Verfasser darin der leiehten Feldhaubitze, die
eben erst eingeführt war, die Daseinsberechtigung abspricht und t\tr
ihre Abschaffung eintritt. Wenn auch bis jetzt sich noch keine
„ganie Litteratur'' daran gekntipft bat, wie es der General Rohne
vorauszusehen glaubte, so mehien sich doch die Stimmen, die den
General v. Alten zu widerlegen trachten und für die Beibehaltnng
der leiebten Feldhaubitze eintreten. Neben einigen Äntserungen in
der Tagespresse sind hier besonders zu nennen ein Aufsatz im
Miütär-Wochcnblatt „Für die Feldbaabitze" ^) und eine Broscbttre
„Für die leichte Feldhanbitze" von Hauptmann Wangemann.
Wenn nuti ein Mann Ton der Bedeutung des Generals v. Alten so
schroff verurteilende Ansichten ausgesprochen hat, die bis jetzt noch
von keiner Seite genügend widerlegt erscheinen, so ist es doch wohl
an der Zeit, noch einmal das pro und contra in der Haubitzfrage
gegeneinander abssuwttgen und die Lösung vielleicht in der Zukunft
zu sncbeo.
Da die genannten Entgegnungen sieh eng an den Gedanken-
gang der Altensehen Flngnohrift anlehnen» so sei dieser nach den
nachfolgenden AusfUhningen zugrunde gel^
Von der Vergangenheit ausgehend (Plewna), falst General
T. Alten sKonächst die Entstehung und den Zweck der leichten Feld-
hanhitse ins Ange. Er bezdehoet von yomherein die Ansieht, dato
die Zukunft erhöhten Gebrauch des Spatens Im Feldkriege .bringen
Wörde, dafe man also den Feind auch in seinen Deckungen be-
kämpfen mttsse, als eine falsche und sucht dies Im Schlulskapitel
•) Berlin. Julius Springer.
») lCiL-W..BL 1904 Nr. 8, 9, 10.
S) Berlin« A. Bath.
^ j . ^cl by Google
Zur FeldbMibitof^age.
321
seiner Brnscht5re auszuführen und zu begründen. Somit venieint t-r
die gruijdiegt'iide Frajje, ob wir Überhaupt ein WurfgeseliUtz im
Feldkriege brauchen, ob es Uberbaupt notwendig ist, die untätig
hinter oder gar unter Deckungen verbarrendea Truppeu des Ver-
teidigers durch Artillerie za bekämpfen.
Da ein Ja oder Nein auf diese Frage von so ausschlaggebender
Bedeutung ist, dafs andere Hf trat lituufren Uber allenfalsige Nachteile
der leichten Feidbaubitze in den Hintergrund treten, ao sei ilure
Diskussion voran irestellt.
Steilfeuer aus Kanonen mit Hilfe kleiner Ladungen hatte sich
als unniTitilich erwiesen; der niiehste iSchriit, Ziele dicht hinter
Deckungen mit einem Brisanzgeschols. der Granate Hz., aus Kanonen
zu fassfn. hatte auch nicht zum Ziele firtiilirt. Dagegen hatte unsere
oberste tieeresleituiii: die l'berzeugung gewonnen, dals es nicht
allein notwendig sei, in Schützengräben gednckte Truppen zu trefien,
sondern dafs die Peldartillerie auch stark von oben gedeckte
Truppen (mit den Mitteln des Feldkrieges hergestellte Unterstände)
wirksam zu bekämpfen imstande sein müsse. Da die lö cm Hau-
bitze der schweren Artillerie des Feldheeres wegen zu geringer
Beweglichkeit nicht geeignet erschien, der Feldartillerie zu diesem
Zwecke eingegliedert zu werden, war die Einführung eines leichteren
Wurfgeschützes in die Feldartillerie, nachdem diese Forderung
einmal gestellt war, eine absolute Notwendigkeit. Als eine grols-
artige technische Leistung mufs man es dabei bezeichnen, diil^ es
dem Konstrukteur gelungen ist, ein Geschütz zustande zu bringen,
das nicht allein für diesen Zweck des Wurffeuers da ist, sondern
anfserdcm im Flachbahnschul's der Feldkanone 96 in allen deren
Aufgaben würdig an die Seite treten konnte.
Damit wäre eigentlich jede Diskussion Uber die Notwendigkeit
der leichten Feldbaubitze geschlossen. Wenn unsere oberste Heeres-
leitung die erwähnte Uberzeugung hat, so muis sich diese auf so
gewichtige Gründe stützen, dafs eine Abschaffung der Haubitze nach
wenigen Jahren wunderbar erscheinen raüfste und wir uns fhglich
vertrauend darüber beruhigen können. Trotsdem soll mit ein paar
Worten darauf eingegangen werden.
Es mag ja sehr schön klingen, wenn der General v. Alten sagt,
dafs die Infanterie des Angreifers sich ja gar nichts besseres wünschen
könnte, als unbeschossen von einem Gegner, der untätig sich in
seinen Schützengräben und Eindeckungen verkriecht, bis auf 600
bis 700 m an diesen heranzukommen. „Hand aufs Herz, meine
Herren Regimentskommandeure, Bataillonskommandeure und Korn-
|. gnieeheisl Ist Ihnen der Feind nicht lieber, der Sie bis auf 600
uiyiii^ed by Google
822
Zur Feldhaubltafrsge.
oder 100 tri berunkommen lälst, als der, dessen Kugeln das weite
Feld der Entwickelung ond des Vorgehens schon ron 2(X)0 m in
bestreichen?" (S. 83). Und doeb ist dies ein TrugscbliUs. Mai»
mQcbte, im Gegensaftz so General t. Alten, den HegimoDts- nnd
Rataillonskommandeuren and KonipagniechefB zarafen: „Hand aofs
Ben! Ist Ibnen der Feind nicht Heber, der aas seiner Deokong
herausgetrieben nnd darob die Schrapnells der Artillerie daranfbln
xnQrbe geinacbt wird, selbst wenn ihre Truppen beim Voigeben
einige Verlaste erleiden und sieb ,heraoarbeiten' mOflsen, — int
Ihnen ein solcher Feind nicbt lieber, als wenn Ihren Trappen, wenn
sie auf 600 bis 700 m herangekommen sind, plötzlich ein furcht-
bares und wirksames Sehnelllener von einem moralisch und numeriseb
UDgesehwächten Gegner entgegenschlägt?'' Welche Angriüstrappe
vermag einen solchen Chok ansxnhalten? Uan denke an die Hoch-
länder-Brigade am ModderriTor.
So müssen wir die grandlegende Frage der Notwendigkeit der
leichten Feldhanbitze bejahen.
Nun fragt es sich weiter: Sind denn ihre Leistnngen so geiiqg,
wie der General v. Alten sagt, bringt sie denn wirklich so grobe
Schäden, dals trotz dieser erkannten Notwendigkeit ihre Abscbafltaiig
empfohlen werden nmfs? Oder lassen sich die erentnell henror-
tretenden Nachteile verbessern nnd vermeiden?
Folgen wir wieder den AasfUhnmgen des Genends v. AHen
and seiner Gegner.
Hei Besprechung des Kapitels Uber Leistoogen der leichten
Feldhaubit/e wendet sich Hauptmann Wangemann mit Heftigkeit
gegen die Hehauptui^g des Generals v. Alten, dais durch die leichte
Feldhanbitze der ideale Standpunkt der Feldartillerie, die bisher
„aus einer einzigen Feldkanone eine pinzige Gescholsart, das
Schrapnell, feuerte", durchbrochen sei. Gewifs liegt in dieser ßo
hauptung des Generals sachlich ein Irrtum, indem neben dem
Schrapnell 96 auch noch die Granate 96 vorhanden ist, es vor dieser
Zeit sogar, wie Hauptmann Wangemann richtig sagt, vier Geschosse
gegeben bat. Abgesehen davon, dals Tergangenes nicht als Gegen*
beweb angeführt werden kann, mnls man dem General t. Alten
insofern Hecht geben, als das Schrapnell 96 tatsächlich das Haupt-
geschofs der Feldartillerie ist, die Granate 96 nur ftlr Sonder-
zwecke (Ziele dicht hinter Deckungen) dient, was sich auch in der
MonitionBanärURtung und Verteilung ausprägt. Wenn auch nicbt
„ideal", so ist doch die Bewaffnung mit einem Geschttts, das ein
Hauptgeschofs verfeuert, immerhin besonders zu begrtiisen gewesen
nnd es ist nicht abzustreiten, dais das Auftreten der leichten Feld«
Digitized by Googb
Zur Feldhtiibitlfnige.
323
haabitze im eiuren Hahroen des Kegimeutüverbaudes dieses Bild
nngttnstig verscbobeu hat.
Weiter errechnet f rem ral v. Alten, «resttltzt auf einen Aufsatz
des (irenerRl K<^tliiie, dals gegen Unterstände, selbst unter jrt1nsti<rsten
Umständen, aut höchstens 2% Treffer zu rechnen sei. Wenn [iaiipt-
TTiann Wan^remann in seiner Ent<resrnung behauptet, dafs dipse srhuls-
taielniäisi^e Zahl von 2"/,, in der Praxis sich besser gestalte und"
von 5"/^ spricht, ohne aber diese Zahl zu beweisen, so ist dies
nicht verständlich. Bis jetzt war man imn^T ^^ewohnt, fllr die
Wirklichkeit von den Scharstafel-Annahrn t inen »gewissen Prozent-
satz abzuziehen So wird man dem General v. Alten Hecht geben
mttf?8en, insbesDndi re, wenn man die Schwierigkeiten der Erkundung,
die Schwierigkeiten, die genaue LaL'e der T'nterstände zu erkennen,
in Kech?iniiir zieht. Uber dif '^('n l'unkt der Erkundunir ist Haupt-
mann Wangemann in seiner Broschüre vidlig hinweggegangen, der-
selbe ist aber so wichtig als Grundlage tUr das ganze Schiefseu,
dais es sich verlohnt, einen Augenblick dabei zu verweilen.
Solum General v. Hotfbauer hat darauf hingewiesen, dal's beim
K.iiiipfe um befestigte Stellungen die Mittel zur Erkundung aus der
Ferne leicht versagen können. Auch mit scharfen Gliisem wird
eine befestigte Stellung, insbesondere die Lage der Unterstände,
bei einigemiafsen ungUnsti£re?i Vei b ilmisv» n nicht leicht entdeckt
werden und selbst der Kesseiballou kann bei starkem Wind, schlechter
Beleiirhtunir seinen Dienst versagen. Und djis Erkunden aus gröl'serer
Nähe werden die Vorposten des Verteidigers zu hindern wissen, es
sei denn, dals sie mit Gewalt zurückgedrängt werden, was aber
seine greisen fiefahren in sich birgt. Wenn der Herr Verfasser des
vorn genjinnten Aufsatzes im Militär -Wochenblatt als Hilfsmittel ftlr
die Erkundung „VVagenverkehr und die Ar\hUnfung von Arbeitern
und MateriaP' anfUhrt. so vermag man ilini i>ei diesem Gedanken-
gang nicht zu foliren. (Tewifs wird, wenn der Feind schanzt, ein«
gewisse Hewe-uni: erknnnt werden, aber daraus die genaue Lage
der Schützengräben und Unterstände teststelleu zu wollen, wie wir
es als Grundlage fllr das Schielsen brauchen, das geht doch nicht
an. Mit der Unsicherheit Uber das Ziel wachsen natürlich die
.Sehwierigkeiten der Beobachtung und de*{ Schiefsens. man wird
daher ftlr solche Fälle, die nicht allzu selten sein werden, mit dem
General v. Alten die wahrscheinliche Prozentzahl der Treffer noch
bedeutend herabsetzen müssen. Ist aber deshalb die Feldhaubitze
Ubertlüssig wegen zu geringer Leistüugeu. wie er daraus schliefst?
Ich glaube doch nicht. Auch wenn die Unterstände selbst nicht
getroffen werden, so ist doch die moralische Wirkung der rechta
Digitized by Google
324 Zar FeldhanliifeifriKe.
nnd links einschiageuden GeRehosse so bedeutend, dafs mau solange
damit zafriedeii sein kann, l)is es geluiificii ist, im Verlaufe des
ScbielBeiis geuauere Anhaltspunkte zu gewinnen. Wer linuial in
der Nähe eines Zieles gestanden hat, das vuu Haubitziriaaaten unter
Feuer genommen wurde, kann sich des Gefühls nicht erwehren, dals
die ßesat/.una: in den Unterständen, selbst wenn sie nicht durch-
schlagen werden, nicht ererade /u beneiden sein dürfte. Und ver
läfst sie diese, so treten dir Schrapnells der Kanoneubatterien auf
den Flau Darin bat Hauptmann Wangeniann zweifellos Recht,
wenn er sagt: „Wird auch nur das umliegende Gelände mit Feuer
belegt, so ist schon die moralische Wirkung eine verniehteiule.^
Aus dem Gesagten geht hervor, dals den nun folgenden Aus-
^hrongen des Generals v. Alten nicht zuzustimmen ist, wenn er •^a^rt,
dafo die für die Hanbitzen vorhandene Granatraunition nicht genüge
im HiJiblic'k auf die geringe wahrscheinliche Wirkung von wenigen
durchschlagenen Unterständen. Wenn er von achtzehn Haubitzen
„unter Aufwendung der ganzen Granatmunition, d. b. i?HHO Schufs"
unter c-ünstisren Umständen auf dem Schiefsplatz 18, im Ernstfalle
10 TreÜer in besetzten Unterständen errechnet, so sei entgegnet, dafs
da, wo 28BO Haubitzgranalen ihr Unwesen getrieben haben,
der Gegner, der es da ansgehalten hat, wohl mürbe ist.
Was die Schwierigkeiten des indirekten Schieisens betrifft, die
er weiter hervorhebt, namentlich für den Bogenschnfs, so darf der
Artillerist hier stolz widersprechen. Abgesehen davon, dals es gar
nicht eri udf rlieh ist, im Uo^'onschuls stets indirekt zu schiel'sen,
bietet das indirekte Feuer ftir uns keine hesoiidi ren Schwierig-
keiten, wenn ^^ ir aucii tiie vorzüglichen neuen Kichtiiiitiel, die Haupt- •
mann Wangeuiann schon als vorhaiidea anzune!:;iieü scheint, noch
Dicht allgemein haben. Ihre Eintuhruntr steht aber bevor. Und
— schon hier sei ein Blick in die Zukunft gestattet — mit An-
nahme des Kobrrücklaufis auch filr die Hanbitze wird die Scheu vor
dem indirekten Sehufs noch mehr verschwinden^ da das Gescbtttz
Dicht mehr uachgerichtet zu werden braiieht.
Übergehend zu der -tudereri I t uerart der leichten Febihaubitze,
dem Brefirizitnderfeuer mit Granaten gegen Ziele dicht hinter Deck-
ungen oder unter leichten Schrapnellwehren, spricht (Jeneral r Alten
auch hier dieser die Daseinsberechtigung ab Meines Erachtens mit
Unrecht. Wenn auch zweifellos die (^raiiale Hz. der Feldkanone
nicht das leistet, was man von ilu i rw artet hat, so tut die Haubitz-
granate Bz, das doch iu völlig genügendem Mafse, ihr Kt i^clwiTjkel
von 200'^ läfst sie sogar nach rtlckwärts wirken. Mit vollem liecht
weist der Verfasser des genannten Aolsats&es im Militär-Wochciiblatt
Digitized by Googl(
Zar FBldhMililtafrage.
325
dirauf bio, dals iiiiBere SehielsvorBehrift sagt: «Die Granate Bz. ist
befähigt, Ziele dicht hbter Deeknngen la treffen, aneh aolehe unter
SehnlKwehren. Die Granate Bz. der Feldhanhitze bt in der WirlLOng
degenigen der Feldisanone erbeblieh Überlegen." Die Feld»
hanbifeEabteilnng eines Armeekorps ist daher wohl imstande, — viel-
leieht kOnnen In der geplanten Sehlaeht so diesem Zwecke die
Haabltzabtetlnngen mehrerer Korps Tereinigt werden ^ den Feind
in Sehtttzengittben an der „Einbrachsstelle" wirksam zu bekämpfen,
zn ersehtlttem nnd scfalieblich dem Schrapnellfeaer in die Arme za
treiben. Wenn der Cteneral Alten nnn weiter behauptet^ dafo
der Begriff „Einbraohsstelle** illnsorisoh sei, dafo kein Ftthrer im-
stande sein wttrde, „in den Entwiokeinngsbefehlen mit einiger Wahr-
scheinlichkeit die Stellen so bezeichnen, wo Hanbiiabatterien den
entscheidenden Infanterieangriff ▼orznbereiten hittlen," so mag er
Becht haben. Aber Im Verlaufe des Gefechtes wird es mOglich
sein, den Hanbitzen die Stellen zur Vorbereitnag anzuweisen. Freilich
darin muls man ihm weiter Recht geben, tritt hierbei als Nachteil
die Schwierigkeit henror, wie die Haabitzen ans dem Artillerie-
kampf, in dem sie sich In den meisten Füllen bis dahin befinden
haben werden, losgelöst werden sollen. Von der Vermeidung dieses
Nachteils später.
Als Interessant sei hier nebenbei auf eine Ausführung des
Hauptmann Wangemaan hingewiesen. Er sucht nimlich im vor-
stehenden Zusammenhang dem Angriff des Generals t. Alten auf
den Granaten-Bi-SchnfB der Haubitze gegen Truppen, „die hinter
Wüllen und Gräben, das Gewehr Im Arm, den Angriff erwarten,'*
durch Hinweis an! den Schrapnell- Bogensobufs zu begegnen..
Diese Schnbart haben wir aber nicht, der Herr Verfasser sucht also
seinen Gegner, der rieh doch auf den Boden von Tatsachen gestellt
hat, mit SebcingrUnden abzatun. Es wäre interessant, zu erlahren»
wie Hauptmann Wangemann zu der Ansicht kommt, dem Schrapnell-
Bogeneehuls so gute Wirkung beizumessen. Ich kann mir das nicht
denken, denn der BogenschutB raabt doch gerade dem Schrapnell
seine Eigenart, die Tiefenwirkung, und muls Infolgedessen ein ge-
nanes Schiejsen erfordern. Ich mochte doch glanben, dab da die
Hanbitzgranate — nicht die der Kanone — wesentlich mehr zu
leisten Imstande ist
Die Übrigen Vorteile, die die Haubitze bringt, werden von
General v. Alten viel zu niedrig bewertet Wegen Beschränktheit
des Baumes muls darttber kurzer hinweggegangen werden. Bei ge-
nägender Beweglichkeit leistet die leichte Feldhanbiize Erhebliche»
gegen Örlliebkelten, gegen Truppen in Wäldern sowie gegen Sehild-
Digitized by Google
326
Zar PaMhanUtefrsge.
batterien. Nicht za unterschätzen ist aaeh ihre Fähigkeit, Keserren
in and hinter Dürfen oder hinter steilen Hängen zu treffen. Fre&ieb
leistet die Kanone anch in allen diesen Fällen Genttgendee, es wire
also kein Gmnd, die flaabitie deshalb einznttibren. Gewifs. Dm
8ie aber, um anderen Zweeken so genUgen, einoial da ist, so ist es
4och nur mit Freade so begrülbeo, wenn sie aneb auf diesen Ge-
bieten Gutes leistet.
Und weshalb in der Verteidi^anor die leichten Feldhaabitsen
oiobtB leisten, ja sogar schädlich wirken sollen, wie General y. Alten
behauptet, vennag man nicht einzusehen. Man denke nnr an Uae
Wirkung gegen die Schildbatterien des Angreifers» ihre Wlrkimg
gegen Ortlichkeiten im Vorgelände^ die /ii Stutzpunkten fttr den
Angriff werden können. Und wenn oben die Vereinigong mehrerer
Baubitzabteilungren lieim greplanten Angriff angedeutet wurde, „so
wird, am mit General v. Hoftrauer zu reden, dies dem Oberbefehls-
haber noch leichter in der geplanten Verteidigangsschlaeht sein. Er
wird sie in ihr Torteilhaft einsetzen können gegen diejenige ArtUlerie
des Gegners, die den Hanptangriff des Feindes vorzubereiten strebt,
oder die der eigenen Gegenoffensive besonders binderlich ist"
Wenn so der General v. Alten die Lichtseiten der lelobten
Feldbaabitse za verdunkeln sacht and zweifellos ihre Leistungen la
gering bewertet, so hebt er andererseits ihre Schäden in anTer*
hältnismälsiger Weise hervor. Gtewils ra niste ihre Einftüirang maaeben
Machteil bringen. Das ist aber nun einmal nicht zu ändern. Ein Ideal
gibl es nicht, was man aof der einen Seite erreicht, dafttr muls
man anf der andern Seite manches in Kauf nehmen. Sind aber die
Seiläden wirklich so schlimm, wie der General sie malt?
Die Organisation der Feldartillerie, die — darin hat er recht —
mit der Feldkanone 96 mit ihrem Hauptgeschois, dem Schrapnell,
denkbar einfach war, ist dnreb die Einfügung der leichten Feld-
baabitse in den Regimentsverband komplizierter geworden. Das
Iftlst sieh nicht abstreiten. Aber da die bdbere Trnppenftthmng
giOlsere Mannigfaltigkeit der Wirkang verlaiigte^ and dab sie recht
daran tal, glaul)c ich im Gegensatz zom General v. Alton bewiesen
zu haben, so fUhrte diese Forderung selbstverständlich zur Temduten
Kompliziening der Munition nnd ihres Ersatses. Sollte man des-
wegen aber auf die neue, der Feldartillerie gestellte Aufgabe ver-
aiohtenV Nimmennebr. Lieber einen kleinen Naolitoil in &aof
nehmen, um den gröfseren Vorteil zu erreichen. Und war denn die
EintHgung in den RegimenlsTerband neben die Feldkancne 96 etwas
so Unerhörtes, nachdem es dem Konstrukteur gelungen war, ein
Oeschflts xoslande zu bringen, das aneb als Flaehbabogeecbttte der
Digitized by Google
Zur PeldliMbitsfraffe.
327
FeldkanoDe kaum unterlegen^ in einigen Fällen sognr Oberlegen
war? Es tanehle doob sogar, der beste Beweta flir die Vontigliebkeil
des GeschlltBes, der Voisehlag anf, die Feldartillerie nnr mit leichten
FeldhanbitKen tu bewaffnen, ein Vorsehlag, der an der Schwere des Ge-
sehlltses nnd Tor allem der Mnnitiont selieitem mnfste. So vermag ich
in ihrer Nebenstellung neben die Feldkanone 96 einen so grolsen
Sehaden nicht zn sehen. Ob es allerdings in Znknnft so bleiben kann,
das ist eine andere Frage, die weiter unten besproohen werden soll
Und die Schwierigkeiten des Sehielsens, der Ausbildung nnd
der MobÜmaehnng sind doch wahrlich nicht so grob, dals sie nicht
tiberwnnden werden können. Ich stehe seihst bei einer Hanbiti-
hatterie, kann also ans eigenster Erfahrnng sprechen. Abgesehen
ron einigen Kleinigkeiten (z. B. Fehlen der Seitenrichtmaschine,
Notwendigkeit der Seitenverschiebong im Gegensatz cn dem seitlidi
gebogenen libellenanfsata der Fetdkanone, Anwendung des Kicht-
bogens) ist die Bedienung der leichten Feldhaubitxe nicht anders,
als die der Feldkanone 96. Das eiosige, was noch hlnaukomnit,
ist der Bogenschuis. Derselbe ist aber niclit so schwer, weder ftr
die Bedienung noch für den Schielaenden, wie der General r. AHen
anzunehmen scheint. Und dafe bei einer Mobilmachung bei den
Hanbitebatterien nur soiobe Leute brauchbar sehi sollen, die hei
ihnen ausgebildet sind, vermag ich nicht einzusehen. So „dUTerensiert**
und so „Terfeinert" ist der Dienst gar nicht, als dal^ nickt auch
ein Mann, der Überhaupt als Kanonier ausgebildet ist, ihn schnell
lernen könnte. Muls ihm doch, wenn er Tom Pfluge oder ans der
Fabrik bei einer Mobilmachung weggeholt wird, auch bei den
Kanonenbattezien alles von neuem ins GedJtohtnis zurückgerufen
werden! Daüs schlieMch das indirekte Feuer, dessen Schwierigiceit
der General v. Alten immer wieder in den Vordergrund stellt, ntehts
Besonderes Ist, darauf ist oben schon hingewiesen wcoden. Auch
bei den Kanonenbatterien bestrebt man sich, das indirekte ScUeiben
nnd die HÜfsmlttel dazu zn vmollkommnen und wird dies in Zu-
kunft noch mehr tun. Nebenbei sei hier erwähnt, dafs in diesem
Zusammenhang zum zweiten Male der Hauptmann Wangemann den
General v. Alten durch etwas zu widerlegen sucht» was gar nicht
▼orhanden ist Er behauptet nämlich, data eine BeobachtungsIeÜer,
speziell ftlr leichte Peldhanbitsen, ron Krupp bereits konstruiert sei,
dalüi dadurch also Tiele Schwierigkeiten ttberwunden werden können.
Das ist ja sehr schön nnd ihre Einfthrung wäre gewifs mit Freude
zu begrUÜBen, wir haben sie aber doch noch nichtl Mit solchen
Gründen darf man doch nicht die geistvollen Ausführungen des
Generals v. Alten wideriegen wollen.
Digiii^cü by Google
328
Zur FeUliMbililtee«.
Wenn es dem Fachmaan in diesen artilleristischen Ponkften
TeriiHllniBmSiBlg leiehi fISIlt, dem General t. Allen m widersprechen,
so verdienen seine Ansfllhrangen tlber Hnnitionssetgen and Sehwierig-
ketten der Ftthrang emstesle Beaclitiing, insbesondere im Ansbliek
in die Znknnft.
Bio Gesohtttz, das für seine Sondeisweeke eine reiehüehe An«
zahl Ton Mnnition (Granaten ebne und mit Veizdferang) braucht,
ao/serdem noeh mit Schrapnells auszorasten, f on denen es doch
anch eine ganse Menge nötig hat, ist doch eine bedenkliche Saehe.
Wie Ukht konnten da ans dem Bestreben, so viel eirdehen an
wollen, nor swei Hüften, aber kein elnbdtiiohes Ganses herans-
kommen. Der Herr Verfasser des genannten Anisatzes im MilttKr-
Wochenblatt bereelinet zwar sehr richtig die Gescholnahl der
Hanbitaabteilnng, die Ja eine eigene leichte Monitionskoloniie hat,
aof degenigen einer Kanonenabteilnng. Man mag femer die
Granaten o. V. (ohne VerzOgemng) nnd m. V. (mit Verzögerung)
mit liinheitsiander annehmen, man mag anfahren, dab die Granate
Az. die verfenerten Schrapnells wohl ersetzen könne» man mag be-
haupten, dab die leichten Mnnitionskolonneo, so weit sie anob zorllck
sind, doch steb rechtzeitig sor Stelle sein werden, man mag sagen,
dab das gröbere Kaliber des einzelnen Geschosses hu zn einem
gewissen Grade die Aofwendnng einer gröberen Mnnitionsmenge
unnötig madie^ man mag schlleblieh ebe wesentiiehe Steigerang
Feaergesohwindigkeit tlberiiaapt abstreiten, ich halte trotz«
dem die Hnnitionsfrage bei der leichten Feldhanbitze für einen sehr
wanden Punkt, insbesondere die verschiedene Munition innerhalb
des JSegiments, das sieh aus Kanonen- und Hanbiteabteilong zu-
sammensetzt. Diesem Übelstande abznheUen, daran mub emstlich
gedacht werden. Uber das „Wie** weiter unten.
Schliebiich die Ftthrang. Der Divisionskommandeur, der das
„Glttek'* hat, die Hanbilaabteilang zu seiner Artillerie za zählen,
wird sieh in jedem einzelnen Falle In dnem Dilemma befinden,
darin kann man dem Genemi v. Alten nicht widerspmehen. Beim
Angriff aof eine befestigte Stellung erst recht, wdl er ja nie weib,
wann and wo die Hanbitzabteilong ittr ihre Sonderzwecke verfhgbar
sein mnfo, abgesehen davon, dab es nicht so leicht bt, sfe, wenn
sie nicht von Anfang an znmokgebalten Ut, aus dem Artilleriekampf
loszulösen. Der Baum verbietet leider, den interessanten AasflUi-
rungen des Generab v. Alten, die man volbtiiadig nntersebreiben
kann, ttber Pllhmng und Verwendung der leichten Feldhaubitzen zn
folgen. Sie fordern jedenfalb emstU^h dazu auf, darüber nach-
zadenken, wie aach diesem Nachteil abgeholfen werden kann.
Digitized by Google
Zur Feldbanbitsfrige.
329
Unter Zagrandelef^ang des gegenwttrligen Zastandes unserer
FeldartiUerie seien die Gedanken pro and contra noch einmal kurz
aaeaminengeialiBt, um als Grundlage fttr einen Blick in die Znkonft
zn dienen:
1. Wenn die FeldartUlerie die ihr gestellten Aufgaben erfüllen
soll, und das mufs sie, so ist die leichte Feldhaabitie not*
wendig. Das ist der c^rundlegende Gedanke und in seiner
Vernelnang liegt der Grundirrtum der Altenschen Broschüre;
2. die Leistungen der leichten Feldhaubitze sind so gnte, dals
▼on ihrer Abschaffung keine Rede sein kann;
a) die Beweglichkeit ist mehr wie genügend;
b) wenn auch im Bopren^^churs gegen Unterstände nnr eine
geringe Anzahl von Treffern erwartet werden kann, so ist
doch die moralische Wirkung eine so grolse, dafs sie diese
Sehnlsart rechtfertigt. Die technischen Schwierigkeiten des
Bogenschusses sind gering;
c) die Wirkung der Granate Bz. gegen Ziele dicht hinter
Deckungen ist eine verhältnismäfsig recht gute;
d) die Wirkung gegen Schildbatterien, widerstandsfähige Ziele,
Ziele hinter steilen Hängen ist der der Feldkanone sogar
überlegen;
8, ihre Schäden sind nicht so grofs, daCs sie ihre Ahsohafiung
fordern.
Die Schwierigkeiten des Schiefsens, der Bediennng, der
Aasbildong und der Mohilm.ichang sind gering;
4» Als wesentliche Nachteile bleiben bestehen:
a) Durchbrechen der einheitlichen Organisation der Feldartillerie
durch Eingliedernng in den Regimentsverband, Schwierig*
keiten fUr die Führung und Schwierigkeiten, sie aus dem
Artilleriekampf loszulr^^en und anderweitig zu verwenden,
oder die Notwendigkeit, sie untätig zarttckznhalten;
b) Schwierigkeiten des Munitionsersatzes.
So kommt man im Gegensatz zu dem General v. Alten zu dem
Schlufs: Die Vorteile der leichten Feldhaubitze tiberwiegen
die Nachteile, sie muis deshalb beibehalten werden^ wir
müssen aber versuchen, die hervorgetretenen Nachteile zu Uberwinden.
Auf dieser Grundlage sei mir ein Blick in die Zukunft und ein
Vorschlag gestattet.
Der Rohrrücklauf tritt auf den Plan und mit ihm und den
dadurch möglichen Schilden das Schnell feuergeschutz. Damit
tritt die Feldartillerie in ein ganz neues Stadium und steht — man
mag in gewohntem konservativen Sinn dagegen sagen, was man
Digiii^cü by Google
330
Zur FeidhMbiUfraf^e.
will — vor einer gewaltigen Umwälzung. Uubediugt H«cbt hat
der General v. Alton, wenn er den Standpunkt vertritt, dafs das
bciiuellfeoer (las Keuer der Zukunft sei. Sonst brauchten wir ja
gar kein SchuelUeuer^eschUtz einzuführen.
Wird aber die jeicbte Feldbaubitze mit der nuumebr so ver-
änderten Feldkauone gleichen Schritt halten können, wie sie es bis
jetzt mit dem Feldgeschütz 96 vermochte? Diese Frage kann man
Dor verneinen.
Tecbuisch wäre es möglich. Die 10.5 cm Hanbitze ist von
Krupp schon längst mit Rohrrücklauf und Schilden versehen und
wiegt nur 20 kg ni«:hr als seine 7,5 cm Feldkanone. Wenn sie
al)er neben der Feldkanone als SchnellfeuergeschUtz wirken soll,
braucht sie .Munition und immer wieder Munition, natürlich Schrapnells.
Für ihre S(>?iderzwecke bedarf sie aber einer grolsen Menge Granaten.
Es lUirfte unmöglich sein, diese beiden Forderongen in der Praxi.s.
PO wie es bis jetzt nach einigerroalsen möglich gewesen ist, in
Zukunft zu vereinigen. Eine von beiden mnls zurtlckstchen. Ks
kann wohl kein Zweifel sein, dafs dies nicht die Mranate, sondern
nur das Schrapnell sein kan?t, denn für die Sunderzwecke ist die
Haubitze ja notwendig und konstruiert, kann also die Granaten nicht
entbehren. Ma?) rüste sie daher nur mit Granaten aaa, ein Schritt
weiter auf deni Wege zur Einfachheit.
Verliert die leichte Feldhau bit/.c so ihren ( iiarakter als hihiu ll-
fenergeschütz, so ist ihre organisatorische Vereinigung mit der
modernen Koijrruckiautkanone im Regimentsverbande ein Undioir.
Man ersetze sie durch Kanonenbatterieu (ob zu 4 oder u (u .scbüt/.i n.
gehört nicht in diese Betrachtnng) und unterstelle sie direkt dem
Generalkommando und zwar schon im Frieden letzt ist die Aus-
bildung ihrer Bedienune:, das Schielsen, die .Mobilmachung nicht
mehr gleich der der Kanone, wie es beim Feldgeschütz 96 der Fall
war. die leichte Felubaubitze wird zum Spezialgesch iUz und jeufs
als solches behandelt werden. Ihr Ausscheiden aus dem engt-n
Regimentsverb and hat aulserdem noch Vemieidung der oben be-
rührten Nachteile und weitere Vorteile zur Folge. Die Ausrüstung
beider Divisionen des Armeckurps an Artillerie ist gleich, die
Schwierigkeiten der FUhrnog und des Ixjslö^ens aus dem Artillerie-
kampf fallen fort. Dadurch, dafs die Haubitzen hinten marschieren,
stJiren sie die Einheitlichkeit nicht und sind, dafür bürgt ihre Be-
weglichkeit^ ftlr den konmiandieren General für ihre .Sonderzwecke
rechtzeitig und am richtigen Ort verwendbar. Und tritt diese Sonder-
verweuduug nicht ein (Begegnuugsgefecht), so bilden sie als eine
Art Korpsartillerie eine willkommene Keserve in der Hand des
Digitized by Goo^l»
Zur FeldluniUtefrage.
381
koramuidiereudeD Generals, denn wemi sie aaeh nicht mit Scbrapnelis-
BehielseD, so können sie doeh im Flachbabnsohnfs mit Granaten Ax.
gegen Ortlich keiten, auf dem StolsflUgel, gegen Schildbatterien nnd
im Nalikanipf ein gewichtige^ Wort mitspreohen. Fttr diese Zwecke
gebfi man ihnen die Schilde, die b'w tragen können und den Kolir-
rttekiauf. Dieser letztere bringt auiserdem noch deu Vorteil, dals.
er (las indirekte Richten erleiebtert ond tteim Bogenscbnls den KOok-
stols nach unten auffängt.
Gegner dieser Ansicht werden hier auf die Platzfrage hinweisen
nnd erschreckt ansrnfen: Noch mehr Artillerie! Meiner Ansicht nach
wird die Platzfrage viel sa sehr in den Vordergrund gestellt. Leider
kann ich im Rahmen dieser Abhandlung diese Ansiebt nicht n&ber
begründen.
Somit wurden die leichten Feldhaubitzeu gewusermalsen zur
schweren Artillerie des Feldheeres treten. Da kann man mit Hecht
die Frage aufwerfen: Brauchen wir denn da Uberhaupt zwei Kaliber,
kann nicht eins von beiden, die sebwere oder die leichte Feld-
baubitze, allein das leisten, was vom Wurfteaer im Feldkriege
verlangt wird? Ist es nötig, Feld- und Fufsartillerie so zu verquicken?
Wurde nicht ein zwischen beiden liegendes Kaliber einer fiinheits-
Feldbaabitze die beste Lr)sang sein? Es sei hier hingewiesen auf
einen sehr beachtenswerten Aufsatz im Deutschen OfAzierblatt (Nr. G),
der diese Gedanken ausftlhrt nnd die Lösang in einer 12 cm Feld-
baabitae sncbt, ohne allerdings auf die 15 cm schwere Feldbaabitze
si verzichten. Die Antwort auf letztere Frage köontu zunächst
nnr der Konstrukteor geben. Meiner Ansicht naob ist aber die
sebwere Feidhaubitze geg^n die permanenten Befestigungen, i^ wir
sie an unserer Wes%renze ündvn werden, nicht zu entbeiireu, ich
glaube nicht, dafs ein 12 cm das leisten wird. Andererseits kann
ich bei einer 12 cm Haubitze an so genügende Beweglichkeit nicht
giaaben, dats sie imstande ist, die oben erwähnten Aufgaben, aach
wenn sie Flachbuhnschufs erhält, aulser ihrem Sonderzweck zu er-
füllen, scblieblicb sehe ich als wichtigsten Gegengrund in der
Munitionsmenge, die die leichte Feldhanbitze für ihre Aufgaben im
Flachbahnscbnüi nnd Bogenschufs braucht, im 10,5 cm Kaliber die
oberste Grenze, ^r werden so Uber die beiden Kaliber nicht
hinwegkommen oder wir müssen auf deu Flachbahnschufs verzichten.
Das geht a])er nicht an. Der Flachbahnschufs der leichten
Feldhaubitze scheint mir unbedingt erforderlich, einmal da, wo ^jie
für ihre Sonderzwecke nicht verwendet wird (Korpsartillerie), dann
aber zur Bekämpfung von Zielen dicht hinter Deckungen mit Granaten
Bz. Aul die gute Wirkung der leichten Feldhanbitse gegen diese^
Digitized by Google
ZB2 fieitsobole ittr die jüngsten Offiaiere der deatBohen KavaUerie.
Ziele habe ich oben bereits fiingewiesen. Damii kiiunen wir aber
€ineu zweiten Schritt anf dem Wege zur Einfachheit vorwärts tiin,
indem die Granaten der Keldkanonen wejrfallen and diese nur mit
Schrapuells ausgerüstet werden, eine Maisregel, die beim Schnell-
feaergeschUtz nur mit Freude zu begrttfsen ist. Wie wenig die ^
Oranate Bz. gegen Ziele dicht hinter Declcungen leistet, wollen wir
ons nur ruhig eingestehen. Und gegen widerstandsfähige Ziele
leistet das Schra]>Tip]l A/. ebensoviel. Für die wenigen Fälle, wo
es gilt, den Im iud i u seinen Deckungen zu fassen, kann die leichte
Feldhaubitze alU ii] < intrcteu, da hat man ja auch Zeit, also wird sie
rechtzeitig da sein, ja einer VereioigUDg mehrerer Haubitzabteiloogea
steht nichts im Wege.
So scheint mir für die Zukuntt eine glückliche LösuBg der
Feld haubitzfrage in folgendem zu lieirin :
1. Umwandlung der leichten Feldhaubitzeu in ein Hohrrticklauf^
2-eschütz mit Schilden:
2. Ausscheiden der leichten Feidhaubitzer) aus dem Kegimeuts-
verband, Unterstellang unter die Generaikümmandos, Ersatz
durch Kanonenbatterien:
3. Ausrüstung der leichten IVIdhanhitzen nur mit Uranuten (Az.,
Bz.. 0. V. nnd m. V. als Kinheitsgeschofs):
4. Ausrtl'jtnng der Feldkanonen nur mit Schrapnt Iis.
Aut iliesr Weise sind alle die Nachteile, (leien Xuchwei.'i man
•dem (ienerai v. Alten nicht abstreiten kr nute, vermieden, dagegen
nnabweisbare Vorteile, insbesondere der grül^ter fiiiifiMsUieit, erreicht.
XVIll.
Reitschule Tür die jüngsten Offiziere der deutschen
Kavallerie.
▼on
Generalm^iar z. D. v. Gersdorff.
Nach den bestehtitden Allerhöchsten Bestimmungen wird ein
Offiziers -Aspirant nach sechsmonalichem Dienst bei der Truppe zum
Beanch einer Kriegsschule zugelassen. Auf der Kriegsachale ver<
Digitized by Google
BettMknle für die jttngttm Ottiiere der deutsehen KevaUerie. 333
■vveiJt derselbe neun Monate und erreicht in der Regel nach Verlauf
von zwei Monaten nach Abgang von derselben den Dienstgrad eines
Lentnants. Der J^ehrplan der Kriegsschulen fafst hauptsächlich die
Aasbildungdes < >ffi/ipr5^- Aspirniiten in kripL'swissenschaftlichen Fächern
ins Aupro. Znr Erlaiiifung praktischer Dienstkenntnisse bleiben bei
der TiLijipe vtwj acht Monatf' /.iir Verfügung, Dies sind vier
Monate weniger, als für die Einjährig- I rciwüligen verfügbar sind,
weiche doch nur die Befähigung zur Beiördenuig zom Beserve* and
nicht zum BernfR-Oftizier anstreben.
Wohl hat der Offiziers -Aspirant zunächst ein Dienstzeugnis auf-
zuweisen, weiches ihn zur Bpf'irdernnc zum P^iibnrich qualifiziert,
und später durch die Prüfung im Offiziers- P'.xaiiien seine wisscn-
srhnftlich«». wie dienstliche Reife zur Bef(irderuD;p '/lun Offizier dar-
zutun, indessen liegt es in der KUrzf der Aushildurigsperiode des
Offizier?- Aspiranten begründet, dafs Hian von dem neu prnnnnten
Leutnant lIct Heiterwaffe, weirbe heut/utaice die verschiedenartigsten
Üienstzweige uinfafst. keine isere Routine bei Beherrschung seiner
dienstlichen Aufi:al)in voiaus^tt/en kann. In den ersten Jahren
tritt derselbe mehr als Lfrnrncirr wie als vollhcfahigter Lehrer in
die dienstliche Arena. Insbesondere wird er Mangel in Beherrschung
des Winterdienstes empfinden und nur iu AusnahinetalUn liereits in
der Lage sein ein junges Pferd als Heiter seihstandig auszubilden
Für seinen KskadroDchef ist (In neu ernannte Kavallerie-Offizier
kaum eine Hilli' bei der Winterausbiidung (h r L-hadron. Vielmehr
wird der (Jhef, falls er prewi-^senhaft verfUhrt, \ ael Zeit und viel
Muhe auf die Weiterfürü(!run^- st int h JünGrsten Leutnants verwenden
mttssen. die der Gesamtheit abgezogen werden rnnfs.
Falls dem jungen Offizier da^ GlUck nicht blüht, im Regiment
einen yortrefTIiehen Offizier-Reitunterricht zu geniefsen. wird er vor-
aussichtlich als Kelter, wie als Reitlehrer ein Stümper bleiben, bi«»
er später auf dem Militär-Keitinstitut Gelegenheit bat, sieh das
Fehlende naciUräglich anzueignen.
In Wtirdi^^ung der hier beschriebenen Verhältnisse hat die
König! ^äelisic lie Militärverwaltung seit Liutritt Sachsens in die neuen
Reichsverhältnisse in Dresden eine Reitschule ins Leben gerufen,
bei weicher sämtliche jungen Kavallerie-Oiliziere zu einem Winter-
Kursus vereinigt werden, die im Laufe des vergangenen Jahres zu
Jjeutuauts befördert sind. Dort werden diese jungen Offiziere in allön
Dienstzweigeu der Kavalleriewutfe nachgebildet, insbesondere als
j/raktische Remontereiter und Reitlehrer.
Der Erfolg dieses Instituts wird jedem augenfällig, der hei dem
Königlichen Reit-Institut zu Hannover Gelegenheit nimmt, die her-
22
Digitized by Google
1
384 fieitsobnie ftir die jüngsten Offiziere der deuigohen KATAlleiie.
vorragende Reitfertigkeit der aus den Königlich Sächsischen Truppen -
teilen kommandierten Offiziere in Augenschein zu nehmen.
Waö die Sachsen bezüglich der Förderung ihrer jungen Kavallerie-
f^ziere durch die Reitschule in Dresden erreichen, streht die uns
verbündete und benachbarte ÖsterreifeH-Ungarische Armee durch
Vereinigung und längere Ausbildung ihrer Offiziers-Aspuranten auf den
Kavallerie-Kadettenschulen an.
Bei Gelegenheit der Vorlage eines neuen Militär-Gesetzes im
Herbst des künftigen Jahres sollte die Veraulassung nicht versäumt
werden, den Forderungen fttr die Kavalleriewaffe die geringen Kosten
hinzuznjfttgen, welche zur Errichtung von Korps* bezw. Divisions-
Offizier-Reitschnlen nach Muster des Dresdener Instituts auch für
die Übrigen Kontingente der deutschen Armee erforderlieh sind.
GreringfÜgig sind solche Kosten, weil Etatserhohungen kaum
einzutreten brauchen. Sie beschränken sich auf Erweiterungen der
Garnison-Einrichtungen desjenigen Kavallerie-Regiments, dem die
neuen Heitscbnlen in ökonomischer Beziehung angegliedert werden
sollen. In erster Linie wird die Erbauung einer Reitbahn und die
Einrichtung von Ställen und Reitplätzen in Betracht kommen. Dem-
nächst der Mehrbedarf an Kommandozulagen fUr die Komn laudierten
und die Kosten Ittr Beförderungeu derselben mit der Eisenbaini bezw.
Fuistrcüibport.
Sollte der Kavallerie in der jZukunft die erwünschte Gliederung
in Kavallerie-Divisionen auch im Frieden beschert werden, so sollten
die neu errichteten Reitscbnlen in disziplinarer, gerichtlicher und
dienstlicher Beziehung dem Kommandeur der Kavallerie-Divisionen
unterstellt werden. Dieser wird ein ganz besonderes Interesse au
der Ausbildung der jungen Olfiziere seines Befehlsbereichs nehmen.
Als Direktor möge man einen besonders geeigneten Major beim
Stabe eines der an der Keitschule beteiligten Kavallerie-Regiments
bestimmen, der bei diesem, solange das Kommando dauert, vertreten
wird. Als Lehrer irenUgen zwei abkommandierte Oberleumauts,
welche mit Vorteil die Reitschule, bezw. die Tiirnschule bebueht
haben. Wünsche iih wert wäre aulserdein die Konim;tiuii( rniig eine»
Ingenieur-Offiziers behufs Erteilung: des Unterrichts im I'iüDier- und
Telegraphen-Dienstes. Das Kümmuiido zur l{<dtsehule beginnt am
l. Oktober und dauert bis zum 1. April jeden Jahres. Die koDinian-
dierten Schüler sind sämtlich behufs Erleichterung des Reitunterriehts
auf gut dressierten AushUfspterden der Regimenter beritten /u maehen
und erhalten erst das ihnen zuhtehende Chargenpierd iu Natura
nach Rttokkehr zum Regiment. Aufserdem bringen sie ihr eigene«
Pfeid mit. Ein drittes Pierd ftlr dieselben stellt das Kavallerie-
üigiiizea by GoOglc
Uiuere MlliftänDiuik.
d35
Regiment, dem die Heitschnle angegliedert ist, oder dasseihe wird
nebst Pferdepflefrer seitens des Kegiments gestellt, dem der komman-
dierte Offizier angehört.
Der Dienstplan der Ueitschate regelt sich nach dem Bedürfnis
der Aosbildong der kuiniuaudieiten Offiziere zu allseitig brauch-
bareu Front-Offizieren nnd umfaist dementsprechend alle Disziplinen
des Karallerie-Dienstes.
Mithin wären auf Reitschulen zo erteilen bezw. Torzunebmen :
1. Reitunterrieht täglich in drei Abteilungen. 2. Unterricht in der
aü^^eiueinen Dienstkenntnifl, im Schiefs-Pionier-Telt'irraplK ndienst der
Kavallerie, in der Pferdekeontnis und Beschiagskunde (durch einen
Rofsarzt). 3. libungeii im Longieren junger Pferde. 4. Waüen^
übung-en. 5. Praktische Übungen im Entfern ungnschätzen und im
Seh leise II. Im Herbst aniserdem noch Übungen im Gelände- und
Jagdreiteu.
Es steht aolser Zweifel, dal's» der grolse \ ürteil, welchen die
Regimenter von den Reitschnlen durch Ausbildung ihrer jungen
Oftiziere zu in allen Sätteln gerechten und allseitig verwendbaren
Diensttuern erzielen würden, in keinem N'erhältnis zn deren Kosten
und den geringen Nachteilen stehen wtlrde, die durch die notwendig
werdende halbjährige Abkommandierung der Lehrkräfte und Schüler
erwüchsen. Auch der Nachteil, welcbei durch die zeitweilige Los-
lo8uag der iöngsten Offiziere ans dem Verband des eigenen Oflfizier-
korps entstehen kaiiu, erscheint dnrch eine treffende Wahl der
Person des Direktors niul ilnrch Angliedernng der Offiziere der Reit-
»chnle an da8 Offizierkurps iW^. K'egiment"^, dem die Reitschule atta-
cbiert wird, wenigstens zum gröisten Teil ausgleicbbar.
XIX.
Unssre Militärmusik.
Vau
GeneralmiUor VM Sefcaidt»
In seinen i^^eistvoUen «Briefen an einen StaatsniaDn über unsere
raosikalische Erziehung'* spricht der groise Kulturhistoriker W. H-
Biehl auch von der „Heermusik", Dort heifst es u. a. :
„Der Heerdienst ist ja in so manchem Stück eine Schule t\lr
das Yolk^ wamm nicht auch in der Musik V Eiue echte ^iilitaimuäik
22*
Digiii^cü by Google
836
Unsere Milicarmti«ik.
8oU Volkaarasik sein, sie soll steh eng den wirklieben VolksUedem
ansohlietsen; das gibt recht lustig und helltOnende, recht kriegerische
Weisen. Es entspricht zugleich dem nationalen Charakter des
Heeres, welches sich anch mnsikaiisch nicht mit geborgten Lappen
Bohmtteken soll Den bild^en ttnflns der eigenen Volks-
lieder nnd echter Soldatenweisen auf das Heer hat man tatsSchlich
an«kannt; denn wohl in den meisten dentsehen Armeen bestehen
besondere SllogerebOre, die Soldaten werden zum Singen guter,
friiehw Ueder angehalten, and manches dieser Lieder nknmt der
ansgediente Hann In die Heimat mit, wo es nüt den originalen Ge-
sängen des Volkes nntrennhar Terwilehst. Aber was man so im
Gesänge gut macht, das verdirbt man in der Instmmentalmnsik: im
Chore singen die Soldaten nationale Weisen nnd anf der Parade
wfard ihnen Doniatetti nnd Verdi Torgeblasen nnd ein ganzer Hofball
parfümierter Polkas nnd Masnrkas. Es ist, als ob für die Gemeinen
gesungen and fllr die Offiziere gespielt wOrde. Die Wirknng der
Bfilitilrmasik aof die Hassen ist aber tief and weit verzweigt.
In vielen Gaaen hat der eigene Gesang des Volkes längst nicht mehr
standhalten können gegen die welsche Openmelodie. In der Kriegs-
masik sollen sich alle echt nationalen Weisen sammeb, alles Volk
erhebend and begeisternd; statt dessen schlügt ans diese Masik da»
deatsehe Volkslied vollends tot, damit sich die Lentoants an Arien
and Tanzstttcken begeistern können .... Wenn mancher alte Hao-
degen von Greneral, der znm Glttck anmasikalisoh is^ die ganze
verkttnstelte MiiitSrmasik znm Teaibl wünscht, so liegt diesem frommen
Wnnsche ein sehr richtiger Instinkt, ja ein ganz feiner künstleri-
scher and soldatischer Takt zagninde. Hals denn aach nnser natio-
nales Selbstgeftthi nicht tief beschftmt werden, wenn wir beate oder
morgen den Italienern oder Franzosen entgegenrücken, während
nnsere Mnsikkorps denselben KriegsmSrsche entgegenblasen, die aas
italienischen oder französischen Opern zosammengestohlen sind?**
So scbriel) Riehl im Jahre 1853. Wie würde er beute, gerade
ein halbes Jahrhundert spater, schreiben?
Nun, über Eins würde er sich freuen: dals unser Allerhöchster
Kriegsherr, der in Frankfurt a. Main den dentsehen Sanges-
genossenscbaften die Pflege des echten Volksliedes ans Herz legte,
die herrlichen alten Märsche wieder zu Ehren gebracht bat, mit
denen die Streiter Friedrichs des Gro£sen, die Kämpfer der Be-
freinngskriege in die Schlacht zogen. Der Hoheofriedbergrer, der
Xoigaaer, der Yorkscbe Marsch — das hat einen andern Klang, als
die modernen, verzwickt tnstramentierten Salonmftrsche, nach denen
Digitized by
UnsMe Milltlimuik.
3S7
kein Hensoh manehieren kOonte, wenn nielit die grolse Pauke den
rfajtmiBehen Dresohflegel ab^be.
Wie Torteilliaft steehen die Trompeterkorpe der EaTallerie gegen
misere Infiuiterie-RegiraentsiDiidkeii ab, wählen sie doeh aaeb bei
Paraden mit Yoriiebe die alten majesttttieeben Mürsche, ans denen
SelbetbewnC^in nnd Siegeesnrersicbt heianstOni
An nnsere In&uiterie-Mo8ilüunrp8 wtlide RIebl bentiatage ebenso-
wenig Freude baben, wie 1853, ja vielleiebt noeb weniger. Freilich
▼erenehen mh ancb manebe strebsame Stabe-Ttompeter der KavaUerie
mitunter an Mosiksttleken, die fttr sie durebans ungedgaet und;
aber das bleiben vereiDselte Experimente; die Instrameotienuig der
Trompeterkorps weist gebleteriseb auf einfaehe, Volkstttmllcfae
Weisen bin.
Wir In&nteristen liaben Begimentsmnsikeny die Ka?allerie freilloh
aneh; aber wir haben 12 Kompagnien, die Kavallerie 4 bexw. 5
Sehwadronen. Dabei tOnt die Infanteriemusik trotx grolser Trommel
und Beeken auf dem Marsche lange niebt so laut, wie die Trom-
peten der KaYallerie. Nur die Tordersten Kompagnien des be-
treffenden Bataillons hOren etwas von der Musik« wenn sie nftmlich
amr Stelle ist Sie bläst das Batallion duxeb die Stadls um dann
sofort zu versehwindeut wenn sie nicht 2Eum Oben des Parademaraehes
gebrauebt wird. Beim ManOrer benutst die Reglmentsmusik jede
Hieb irgend bietende Eisenbabnstrecke und marschiert^ wo keine
Eisenbahn Torhaoden, für sich aus emem Quartier ins andere. Bei
der Truppe eiaeheint sie nur gelegentüeh Im Biwak, findet aber da-
Kwiaehen Zeit, um in passend gelegenen Städten Konserte an geben.
Der Staat besoldet nur die etatsmälrigen Uoboisten und auch
diese bei Ihren Ansprüchen nicht ausreichend. Durch Beiträge der
OfBiiere, und awar meist durch recht hohe Beiträge weiden die Zu-
lagen fllr Hoboisten und ffilfshobotsten auljgebracbt. Trotadem muls
die Regimentsmusik noch von Konzerten nnd Konzertreisen leben
wenn sie auf der nHOhe der Zeit** bldben und den Anforderungen
Ihrer ruhmbegierigen Dhngenten geniigen will. Mehr und mehr
werden cUe KonaertaufltihruDgen zur Hauptau^g^abe der Militiirmuaik,
während der Dienst als lästige und unbequeme Fessel empfunden
wird. Nattlrlieh wird fttr den Konzertsaal auch die Streichmusik ge-
pfl^ und mancher Stabshobolst engac^ert sefaie Künstler haupt-
sächlich nach ihrer Befähigung als VioUnisteo oder Cellisten, während
er erst in zweiter Linie fragt, welches Blasinstrument sie spielen.
In den Konzerten wird dem Uoehgeehrten Publikum Verdis Mas-
oagni. LeoneavaUo, Wagner, Lisst, Richard Strauis und Tom Heuen
stets das Neueste geboten — wo bleibt da die TolkstOmliebe Heer-
338
Urnen Hawtmuitfk.
mosik? YoUutlimlieh sind bOobstens die grenlloheii gleidi emem
Bagoat sosaiiimeiigeBftoppelteD Poti>oiiiru. Auf eioem Pnfnmm las
leb »Fftutaeie ans Wagnen Sleffried mit Oonplet>£iidage"« Also
oiobt immer gute KoDxertmnrik wird gepflef^t. Niebt einmal in den
«popnUlren** Konieiten eiflillt die Regimentamoaik die Aufgabe, das
Volk mnaikalieeh sn enieben. Und was baben die OfiBzierkoipa
von ibier Regimentsronaik, 4Ue ibnen Tielbicb so bebe Opfer anf-
erlegt? Kdnesfalls stebt das, was die Begimentomnaik im Offiaer-
Kasino leistet, im VerbSltnis sn den ani^wendeten Kosten. Und
lUe Offixierkorpa der detadiieften ßataOlone? Sie beiablen wom9g*
lieb noeb eine besondere BataiUonsmnnk, da sie die Begimentsmnsik
nur bei den Herbstttbnngen zu btfren bekommen.
Aber — mit Riebl sei es wiederbolt: die Hilitttrmnsik ist
in erster Linie fttr unsere Leute da, in sweiter Lüde für die
Oflbiere nnd dann, wenn noeb Zdt llbrig bleibt, fUr die Konzert-
anffttbrongen. In Wirkliebkeit aber findet das nmgekebrte Ver-
bUtnis statt.
Bei der Beorganisation yon 1869 — 61 bestand die Absiebt^ die
nen formierten Infanterie- Begtmenter mit einer feldmSJaigeren Musik
aussnrOsten, es sollten ss. B. alle Holzinstrnmente fortlallen. Aber
ebe lebn Jahre vergangen waren, bOrte man in den Konzerten der
nenen Begimentsmusiken eitel Klarinetten, FlOten und Oboen.
Wenn nun der jetzige Znsebnitt der Infanteiiemuslk den an sie
zu stellenden Anforderungen niebt entspriebt, weil sie bei nngebubr-
lieber Belastung des Offizierkorps fttr die Truppe zn wenig leistet,
80 fimgt sieb, wie den Hftngeln abzubelfen ist,
ZnnSobst: alle Holzinstrnmente mttssen Terscbwlnden
und an die Stelle der Begimentsmusiken mttssen Bataillons«
Horum nsiken treten, die lediglieb aus Staatsmitteln Unterbalten
werden, ohne flbrigens den Hilitfiretat bOber zu belasten.
Die Bataillonsmusik wird gebildet aus den etatsmftfsigeii Hor-
msten des Dienststaades und soviel Kapitulanten, dafo aulser dem
Dirigenten das Musikkorps aus 20 Mann besteht. Der Dirigent,
dem die AaffOhmng eigener Kompositionen streng verboten ist,
erbftlt eine anstindige Besoldung, die Kapitulanten angemessene Zu*
lagen. Die Kosten einer soleben Batailtonsmnsik werden sieb aaÜBer«
ordentlich niedrig stellen, aueb wenn sie mit Instramenten bester
Beeehaffenheit ausgerüstet wird. In erster Linie werden Mttrsoh«
und Volkslieder eingeübt und gespielt, sodann ein&ebe, volks-
tttmliche Weisen onserer greisen dentschen Meister. Aueb firiaohei
frObliebe Tanzmusik mag zu ihrem Beebte kommen, ohne allzusehr zn
ttberwuebem.
. -.Li by
ünaara Millttnnfllk.
889
Jedenüdls isl die Muik nnzertrenniieb tod der Trappe,
begleitet sie ananahinslos «nf allen Mineben and Übungeiu 6e-
legentUehes Konseirtieieii mag ihr anverwehrt bleiben, wenn der
Pieoat ee gevtatteft; jedoeh darf niemals irgend welche Bflekaiobt
darauf genommen weiden. Ganz ansgeaelileaBen sind Ronzertreiaen.
Bei Paraden und wo das Begimenft veiaammeLt ist, kOnnen
aasnahmsweiBe die drei Bataillonsmosiken zusammengestellt werden;
sie können dann bei feierlichen nnd featUeliea Geiegenbeiten eine
benliebe Klangwirkung erzielen.
Aach für die Mitwirkung beim Grottesdienst und fttr miiitftrisebe
Begräbnisse wird sieh die Hommnslk vortrefflich eignen. Cboittle
klingen Tiel voller and schöner Ton Honunnsik, als von yoUbesefater
Be^mentsmasik bisberiger Art.
Dann wird es auch nicht mehr vorkommen, dafs man beim.fie-
gilLbnis eines kriegsbewübrten alten Soldaten dm Obopinseben Traoer-
marseb b((rt, das denkbar un°:eeigDetste Musikstück zur Ehrang
eines mannhaften dentsehen Helden. Jeder sebliobte Cboral ist da
besser am Platz.
Vor allem ist die nach obigen GrnndsätKen organisierte Bataillons-
Hornmasik in erster Linie fttr unsere Leute. Wir rnttssen
Militäimnsiken haben, die nach Riehls Ausdrack Heermusik bieten,
nicht aber in der allgemeinen Jagd nach scbellenlautem und klingen-
dem Erfolg in den Wettbewerb mit den Konsert-Orobestern treten.
Dann wird das Publikum darauf verzichten mOssen, von der Militär-
mnsik symphonisobe Dichtungen zu hören, oder beim Ifaraob durob
die Stadt ein ans Offenbaohscben Motiven snaammengefliektes
Potpourri.
Die Heennasik ist eben so wiebtig als soldatisches Er*
Siebungsmittel, wie der Gesang, nnd es Ist nicht gleichgllltig,
welehe Kost unsera meist mit offenem Sinn für einfaehe nnd an-
spieehende Musik begabten Leuten vorgesetaft wird.
Dies die frommen Wttnsobe für eine Reform nnserer Militär-
musik, die freilich nicht nach dem Geschmack unserer Musik-
dirigenten ausfallen, die auch bei manrhen Offizierkorps nnd beim
mnrikliebenden Publikum vielfach auf Widersprach Bioisen würde.
Und doch ist solche Reform geboten im Interesse der Sache,
damit nicht „fttr die Soldaten gesungen nnd für das Konaert-Pobliknm
gespielt wird*.
Digitized by Google
d40
Der Krieg in üstasien.
XX.
Der Krieg in Ostasien.
i.
Wir wollen vor allem TorancheD, ein objelLtlFes Bild der alrategi-
seinn Lage in „Femen Osten'* und der einander gegenttbentelienden
StreitMile an geben, am denselben später eine Sebildening der
kxiegeriseben Ereignisse folgen an lasten.
Bnblands Trappen stehen yerteilt in den weiten Gebieten Ton
der Ifttndong des Amor bis in der Sttdwestepitae der Halbinsel
Kwanfan, geetlltei anf die befestigten Stellnngen von Port Arthnr
und Dalny anf der letzteren nnd Wladiwostok im Kllstengebieti die
sngleidi die Stationaorte der SohifEs des „Oesohwaders des Stülen
Oieans^' nnd der ,^ibiri8oben Flotille" sind. Es sind die weiten
Gebiete des Generalgonverneoie des Amnr, der tateäohlich von den
Russen militlinseb beherrsobten Uandsebnrä und des Paebtgebietes
von Kwanton, Gebiete, welebe — eiosefalieMeh der Insel Sachalin
— eine Oberiltfohe von nicht weniger als 8890000 Quadratkilometer
haben, wenn wir den nOidlieh des Amor liegenden Teil des Kttsten*
gebletes einsehlieben*
Dte Gnipidemng der Streitkrttfte anf diesem seehamal das
DeotBobe Reioh an Ansdehnnng ttbertreffenden Gebiete entriebt sioii
2imeit selbstveistttndlieb einer latreffenden Kenntnis. Man ditiito
Jedoeh nioht fehl geben, wenn man annhnmt, dafs eine Grappe der
Landstreltkrftfte Im Osten auf Wladiwostok gestlltat swischen der
Kllste des Japnniaehen Heeres nnd dem sehwer zo ttberscbreitendea
Gebirgsmassiv des Tsebang-hai*Sehan im AnfmarBobe begriffen ist,
eine aweite awisehen Da]n\j nnd dem Jaln-Flnls, also aaf der Halb*
Insel lian-tnng sich versammelt, wohin ihnen die in Wladiwostok,
besw. Port Arthur endenden SoUenenwege die aus Eozopa nnd den
anderen asiatisohen Gebieteteilen Rnlslands naehgesandton Vor-
stäifcnngen znfllhien.
Wollen wir uns ein Bild machen von der Stärke der aar-
zeit im „Fernen Osten" verfügbaren Streitkräfte Bnfs-
I an ds, 80 müssen wir wieder voraossehieken, dafii genaue Zahlen
schon um deswillen nicht zu geben sind, weil aller Wahrseheinlidi-
keit nach and auch, wenn man den Zeitangsnaehriehlen trauen darf,
bedeutende Verstärkungen andauernd auf der Sibirischen Eisenbahn
üigiiizea by
Der Kri0f In OatMleii.
841
nach Ostaiiien abgesandt werden, am zoDäohflt wohl znr Bildung dos
dritten sibirischen Armeekorps Venvendung zu finden. Mit
Bestimmtheit hat aber Kuisland, abgesehen von den auf der Bahn
roUenden MilikänQgen, soneil im „Femea Osten" zur Verfügung:*)
1. Die Truppen des Militftrbesirks Amor.
£e sind dies anilser dem ersten sibirisehen Armeekorps die
achte osteibiiisehe SchlltKenbrigade, welche die Hauptreserve ftlr
Wladiwostok bildet, die erste sibirisobe Reserve-Iafanteiiebrigade,
die Ussnri-Eisenbahnbrigade, zwei ostoibirisehe fliegende ArtUierie-
parks usw. nnd die Sttd-Ussmri-Train^Eadrekonipagnie. Ancb scheinen
die beiden in Sonner „zur Erprobang der LeisUingsifthigkeit der
stbiriflchen Eisenbahn^ mit ihrer Artillerie an der koreanischen Grenze
südlich Wladiwostok disloodert zn sein. Zn diesen Troppen würden
noch die Festnngstmppea in Wladiwostok, mkoliyewitz nnd an der
Possjet-Bai zn rechnen sein.
2. Die Truppen in der Mandschurei nnd im Kwantun-
Gebiet
Aufser dem sehr schwachen zweiten sibiribchen Armeekorps
Bind dies drei ostsibirische Suiiutzeubrigaden, eine seloständige
(Trausbaikal ) Kasackeubrit^ade, die ostsibirische Schützen- Artillerie-
abteilnn^, ein Sappenrbataillon und die selitstandige Kwantansche
Sappeurkoiupagiiie, die transaraurisehe Eiseuimhnbrifrade und die
„Grenzwache des traiisamurischen Bezirks'*, d. h. die etwa oOOOO
Manu starke Schutzwache der ostchiuesischen Eisenbahn, sowie die
Festungstruppen in Port Arthur.
>) wahrend wir die^ niederächreiben, bfingen die rosaischen Zeitungen
Mitteile n^^ron üh«: ; N * u f o r in at ionen.
Durch Allerh. Ordre vom 10. Febniai- wurde das dritte sibirische
Armeekorps gebildet, zu dem die dritte, vierte und die neuformierte
nennte OHtsibirinche Scbatasenbrigade treten und dann die weatsibirische
SehOtEenbrigade und das ostaibiiische SappenrbataiUon Qberwiesen werden,
deesen kommandierender General der bisherige Kommandant von P<Mt
Arthur, Greneralleutnant Stöfsel» wurde.
Die sibirischen Sclnitzenroj^imcntor, welchp bisher mit woniii^en AoB-
nahmen um ^wci Batmllone hatten, erhielten zum Teil drei Bataillone, die
in Europa formiert wurden.
Die drei sibirischen Korps und die neugebüdete eiste sibiriscbe ün-
i«lt^ediviHion bilden die mandschurische Armee.
Aus den vier Kasackenrcgimentem zweiter Kategorie des Transbaikal-
kasackenheeres wurde eine Transbaikalkaaackendivision formiert.
Digitized by Google
342
Der Kriflg in Ottasioo.
3. Die Reservetruppen des sibirischen Militärbe:airlt8
sowie die beiden in Irkut^k und Krassnojarsk stehenden
K u s a e k c u - S s o t n i e n.
Es sind dies im panzeii auf dem Friedensfuls lOo Bataillone,
35 EskadroDs bezw. Ssotiiiej], 27 Batterieu zu je 8 GeschUt/eii und
8 Batailloue techiiiseiher Truppen mit -/nsanimen 1570<X) Kö])feu,
Im Kriege erweitern sich die Kasaeken und die Keservetruppen
sehr hedentend. so wird aus jeder der sibirischen Resen-eJufanterie-
brigadcn zu 4 Bataillonen, 4 Reserve-Infanterieregimeutur zu je
5 Bataillonen, d h. 20 Bataillone. Die TJnientruppen ziehen Ur-
lauber und Reservisten ein. Im i,'anxen würden die Gesamtstreit-
kräfte, einschiielslieh der Grenzwache, auf dem Kriegsfnfs 158
Bataillone. III Eskadrons bezw. Ssutnien, H5 Batterien und 8
Bataillone technischer Trappen betragen mit zusammen (^efren '232t)00
Köpfen und 280 Geschützen, von denen ein nicht uubedeutender
Teil der soeben eingeführten bchnellfeuer-RobrrUcklauf-Konstrnktion
angehört. Vor dem Feinde in erster Linie würde diese Truppen-
znbl freilich nicht Verwendung finden können. Denn für die Siche-
rnng der „Ostchinesischen Eisenbahn", welche bekanntlich in einer
Länge vnn etwa 2400 km (2877 Werst) durch eine chinesische
Provinz führt, sind die Kräfte der zu 30(X)0 Mann angenommenen
Grenzwaehe als Etappentruppen vollauf erforderlich. Sollten durch
den japanischen Krieir auch die Chinesen in Bewegung gesetzt
werden, so würde, auch wenn die chinesische Regierunjcr nentral
bliebe, dennoch bald von lebhafterer Tätigkeit der .,Chuiichusen'*
zu hören sein, fUr die die Kunstbauten auf der so langen und so
empfindlichen Strecke gewifs eine hohe Anziehungskraft äufsem
würden. Ebenso würden die sechs Eisen bahnbataillone, welche
Rufsland in weiser Voraussieht im ., Fernen Osten" vereinigt hat,
nicht nur auf dem Kriegsschauplatze selbst, sondern sicher auch
„hinter der Front^' auf dieser einzigen, zu allen Zeiten des Jahres
brauchbaren und auf kürzestem Wege vom Baikalsee zum Stillen
Ozean führenden Etappenlinie Verwendung finden. Die Festungs-
truppen endlich würden für die Verteidigung der vorhandenen Be-
festigungen ihrer Bestinmiung gemäls zurückgehalten werden. Nun
darf man die Leistung der sibirischen Bahn nicht ttbersohätzen.
Die Russen gestehen selbst zu. dafs die Fahrgeschwindigkeit der
Beschaffenheit des Unterbaues und der Kunstbauten wegen eine
verhiiltnismälsig geringe ist. Man mnls femer damit rechnen, dals
alle Züge, da die Baikal-Ümgebnngsbahn noch nicht vollendet ist,
nnf der Westseite desselben ihre Passagiere bezw. Güter auf den
Fähren entladen und aaf der Ostseite wieder in die £iflenbaluis&ge
^ j . ^cl by Google
Der Siteg In Osteslen.
548
▼erlftden müssen. Man bat daher berechnet, dals Rnislaod täglich
ia acht ZUgeo 4800 Mann nach dem ,^emeD Osten*' befördern
kann, d. h. dals ein Armeekorps mit seinem letzten Echelar nach
dem Beginn des Transportes in Port Arthur oder Wladiwostok ein-
treffen würde. Neben den Tmppenbefbrdeningen ist auch täglich
aui den Verkehr ron zwei Güterzügen gerechnet, unseres Erachtens
freilich eine zu geringe Zahl, wenn man berechnet, dals Rofsland
für die Kohlenznfnhr für seine Kriegsschiffe, für den Ersatz der
Munition and eines grofoea Teils seiner Veipflegiing aof die sibizisohe
Bahn angewiesen ist
Aus der Darlegung der vorhandenen Streitkräfte Kuislands er-
klärte sich für Rnlsland der Wunsch, den Ausbruch der Feindselig
keiteu so lange hinzuziehen, bis sowohl die N erstärkungen auf dem
Schienenwege wie auch die für die Sicherstellnng: des Munitioos-
nnd Verpflep:unj,^ersatze8 erforderlichen Vorräte Ostasieu erreicht hätten.
Japan, das zur Zeit sowohl zu Lande wie zur See Uberlegen ist
mnfste umg:ekebrt zu dem Entschlufs gedrängt werden, die von Ta^
zu Tag sich verringendeu Vorteile seiner Lfifre hrnntzend, zum An-
griffe über/.ugehen, ehe Kulsland durch die Herantührnng seiner
Verstärkungen ein numerisches Übergewicht erlangt hätte. Hieraus
entsprari^^ der Entschlufs. ohne die diplomatischen Venögeraagen
abzuwarten, die Waffenentscheidung aufzusuchen.
Was nun die japanischen Streitkräfte und die strategische
La;^e des Landes aiilani:^, so hat diese Macht drn \ orzug. dem
Kriegsschauplatz mit scim ni ganzen Gebiete unmittrlhar benachbart
zu sein, den Nachteil, das umstrittene Korea (denn um dies Land,
nicht mij die Mandseharei handelt es sich in erster Linie i. uuv auf
dem Wasserwf'ire mit seinen Truppen erreichen zu können, die dann
den Kampf mit dem Laudheere Kufislands, das Meer im HUoken,
anfhebmen müssen.
Die rnssischen Landstreitkräfte dagetrt n stehen schon jetzt auf
dem Boden Koreas, wcuigrstens an der Landp^rcnze dieses LandeSi
ihre Basis bildet die Mandschurei und das russische Ostasien.
Das Inselreieh besteht allerdings ans einer sebr i^rofseu Zahl
mehr oder weniger greiser luselu, deren N erteidi^'iing einem die
See beherrschenden Oesrner iregenliber sehr erschwert sein würde.
Wie wir h< i der Schilderung der japanischen Flotte -ehen werden,
dals diese zum mindesten dem russischen Geschwader des Stillen
Ozeans nicht unterlegen, an Zahl der bchille sü^far überieL^en. Ohne
Beherrschung des Meeres durch den (iegner hat Japan xui eiiieni
Angrirt' im eigenen Lande ruchts zu befürchten. Trotz der Zer-
splitterung des Gebietes gereicht ihm bis zu einer gewissen G2«nae
Digitized by Google
344
Der Krieg in Ostaeien.
seine insulare Lage znm Vorteile. Übrigens liegt der Schwerpunkt
des Staates, was die BefestigUDgs- nnd sonstipre Anlagen der Armee
nod (irr Klotte anlangt, wesentlich in den Inseln Htmdo ujid Kiushin.
Der grölste Teil der Landarmee ist im Fricdt n auf der Insel Hondo
disloziert. Man hat berechnet, dafs bei dem verhiiltnismälsig: dichten
Eisenhahnnetz der Insel Hondo. welches zwar meist eingeleisig ist^
aber sehr \iele Ausweichstellen besit2t, und den viel en zur Ein-
schiffune" ( iirneten Häfen die Trnppen der für eine Invasion des
asiatischen Festlandes bestimniten Truppen und Trains in 14 Tniren
nach Aussprach der Mobüfflaebiuig zur Einschüinng bereit steben
können.
Der Umstand, dals gesetzlich zur Transportflotte alle Schifte
der Dampfschiffahrtsgesellschaften und des Staates, dann die Segel-
schiffe des Staates und der privilegierten FischereigeseiJschaften ge-
hören, setzt Japan in den Stand, ohne Schwierigkeit eine Armee auf
das Festland überzuführen, Ende des Jahres 1901 waren im eigent-
lichen Japan 1395 Dampfer mit einem Gehalt von 28H 067 Tonnen
vorhanden, davon 9G9 ttbpr 1000 Tonnen; 4020 Segelschiffe mit
334 812 Tonnen, davon 35Ö5 Uber 1000 TouneD, aolserdem 1355 grolfie
japanische Dschunken.
Die Verteidigang des Inselreicbes wird somit durch die
Dislokation der Trnppen gefördert. Wie schon erwähnt, befindet
sich der grülste Teil der Armee auf der Insel Hondo. AnTser zwei
Truppendivisionen sind alle Truppen entlang der Meeresküste unter-
gebracht, meist auch zugleich an den Eisenbahnen, so dafs es
möglich ist, mit greiser Sclineliigkeit jeder beabsichtigteD Landmig
entgegenzatreten*
Die Landstreitkr&fte Japans bestehen ans dem stehenden
Heeie mit der Beserre nnd der firsatzreserre» der T^torialaimee»
dem Landstnime» der Miliz der Inseln Jesso nnd Tschlsehima sowie
den Milizen der Inseln Goto nsw.
Eine moderne Armee besteht erat seit 1867, im Jahre 1872
wurde die allgemeine Wehrpflicht eingefllhrk mit Ausnahme der
halbwilden Bevölkernng des Insel-Archipels. Das Rdoh hat das
Territorialsystem, demgemftls es in 12 DiTlsionsbezirke eingeteilt ist.
Die Kavallerie, Artillerie nnd die Hilfswaffen ergänzen sieb aas
dem ganzen Bezirke, die Infanterie aus je einem der vier Regiments-
£rgänzttng8bezirke, in welche jeder Divisionsbezirk eingeteilt ist
Die Oiganisatlon nnd AnsbUdnng schliefst sich im allgemeinen der
dentsohen an. Was die Leistungen der Armee anlangt, so hat das
junge Heer sowohl In dem Jahre 1894/95 wie aach 1900 VoztreffÜehes,
Digitized by Google
Dar Kilacr in Oituien. 340
freilich g^en eliieD miDderweftigeo Gegner, geleistet Wer (Ue Trappen
im Gefeeht und auf Hänehen gesehen hat. gewann einen gflnstigen
^ndraek Ton ihnen.
Die Infanterie hat zwar kleine Mannsehaften, die aber straff
in ihrer Haltung nnd ansdanemd in ihren Leiatnngen sind. Die
Kavallerie — nomerisch sehwaeh — wird In ilner TätiglLelt dnroh
minderwertiges Pferdematerial beeintrliditigt Japan leidet Mangel
an tmppenbranebharen Pferden. IHe Hebnng der Pferdesnoht war
bisher aoeh niebt mOgUeh. Der Site der Rdter nnd die Sattelnng
der Pferde lassen viel zu wttnsoben flbrig. Die Artillerie ist vor*
treffUeb ansgebildet und mit guten Gesefatttsen yerseben, die webl
den rnssisohen neuen ScbneHfeuergesebtttien gleiehwertig sind. —
Doeb leiden die Bewegungen unter dem ungenügenden Material an
Zugpferden.
Oberbefehlshaber der Armee ist der Kaiser. Seine unmittel-
baren Organe sind drei einander gieioligeBtellte Generale: Der
Kriegsminister, der Chef des Generalstabes und der Chef des
Departements fttr die Ausbildung der Truppen. Der die An-
gelegenheiten des Landheeres und der Marine regelnde
Bat besteht aus dem Kriegs- und Marineminister, dem Chef des
Generalstabes, dem Chef des Marinestabes und dem Chef des
Departements für die Ausbildung der Truppen.
Der Generalstab besteht ans seehs Abt^ungen. Die Chefs Ton
diel derselben mnd sngleieh Generalstabsohefb der drelVerteidigungs-
besirke des Landes, von denen jeder vier Divisionsliezirke enthtit
und an seiner Spitse einen Marsi^ll hat, dem Truppen und Ver-
teidignngseinriehtnngen unterstellt sind.
Die Japanisebe Armee zählt an Feldtruppen: 4 Garde- und
48 Armee^Infanterieregimenter zu je 3 Bataillonen 4 4 Kompagiüen,
zusammen 156 Infanteriebataillone; 1 Garde- und J 6 Armee-Kavallerie*
regimenter mit 55 Eskadrons, 1 Garde- nnd 18 Feld- und Gebiigs-
artillerieregimentern, jedes zu 6 Batterien. Das Gardeartillerie-
xegiment und 12 Armee-ArtillerieregimeDter sind mit FeldgesehQtaen
aosgerllBtet; 1 Regiment bat Feld- nnd Gebirgsgesehtttse, 4 Regimenter
nur GebirgsgesebOlae. Jedes Artillerieregiment zerfällt in 8 Ab-
teilungen zu je 2 Batterien zu je 6 Gesebtttzen.
Die Japanisebe Armeeverwaltung hat erst die im Vorjahre be-
endete Neubewafihnng ihrer ArtiUerie ganz im stillen darobzuftthren
gewnlst Wss das Material anbetrifft, so sind die Feldkanonen, die
Japan vor einigen Jahren von Krapp bezogen hat, leichte 7,5 cm-
Sebnellfenerkanonen von 833 kg Gewicht, die in Japan selbst vom
General Arisaka konstruiert sind nnd den Eigentümlichkeiten von Land
Digitized by Google
346
Der Krieg ia OiluleD.
jind Lenteo in Japan (wobl auch in dem aehz äboliche Weg^ und
OberfläehenTerhftltnisse aafweisenden Korea nnd der Mandsobarei)
Reefanong tra^n, nämlich geringe Feoerj^be, geringe Geleisbreile^grotee
Beweglicbkeit. Aacb die Gebirgsgeschtttze von gleicbem Kaliber sind
Axisakascher Konstraktiou. Das ^laterial bierm.jat ans Europa be-
xog'en, die Fertlgstellnng jedoch erfolgte in Japan. Hanbitaten baben
die Japaner nur in beschränkter Zahl, fia sind 12 cm- nnd 15 om-
HaubitMii, die in Gewicht nod Leistungen den in der Deutschen
Armee eingeHihrten Hanbitzen nicht unähnlich sind. Weder die
Feld- noch die andern GeschtttK sind Rohrrttcklaufgeschtttze. Die
Japanische Infanterie ist seit dem Jahre 1908 nit dem Meic^i* (oder
M<ydschi) Gewehr bewaffbet, das ein Kaliber Ton 6,5 mm nnd ein
Magaiia ftlr fünf Patronen hat und samt dem Dolchbajonett 4,3 kg,
ohne dasselbe 3,9 kg wiegt, eine Anfangsgeschwindigkeit von 725 ro
besitzt. Es wird als Tonttglich scbiefsende Waffe gertlhmt. Ein
Teil der Keserretruppen und die Territorialinfanterie, auch die
Kavallerie babea noch das alte Murata- Gewehr und -Karabioer mit
einem Kaliber tob 7^ mm nnd einem Gewicht von 4,5 kg.
MaschineDgewebrbatterien liat die Armee zwei, bei der 1. und
2. Division, jede Batterie zn sechs Maschinengewehren System
Höstinp. Die Russische Armee hat in Ostasien eine solehe,
Modell Maxim, bei der 3. Ostsibirischen SchUtzenbrigade.
An Festungsnrtillerie gibt es 6 Festungsartillerie-Kegimenter
nnd 3 selbständige Bataillone, im gansen 24 Bataillone sn je 4 Kom-
pagnien.
Anfserdeni sind an Feldtmppen vorbanden 1 ArtiUeriebelage*
nmgspark; 13 Geniebataillone, 1 Eisenbahnbataillon zu je 8Kom-
IMigoien, 13 Train bataillone nnd 12 Feldgendarmerieabteilnngen.
Auf der Insel Formosa, wo Japan seit ihrem Erwerb im Jahre
1895 andauernd mit den Eingeborenen zn kämpfen hatte, stehen —
aas der Armee abkommandiert, also voraussichtlich aus der Feld-
annee ausfallend 12 Bataillone, 8 Eskadroos, 3 Gebirgsbatteiien und
3 Geniekompagnien.
Die Reservetruppen werden im Mobilmachungsfalle anfge-
Ktellt Es sollen an solchen vorhanden sein: 52 Infanteriebataillooe,
77 Eskadrons, 19 Batterien, 13 Genie- nnd 13 Train kompagnien.
Die Territorialarmee besteht ans 52 Infanteriebataillonen,
26 Eskadrons, 13 Artillerieregimentem, 13 Genie- und ebensoviel
TrainbataiUonen. Anf den Inseln Jesso nnd Tsehnshima bestehen
Milizen.
Die Armee formiert im Kriege: 13 Infanteriediyisionei^
2 Kavalieriebrigaden nnd 2 selbständige Artilleriebrigaden.
^ j . ^ci by Google
Biküraog.
347
Die Stärke der Japftnlwheii Armee betrügt im Frieden
gegen 6700 Ottdere, 188600 Hann, im Kriege 12000 Oifizier^
350000 Mann, 1116 GeeehOlie und 82600 Heide; nrnsh Loebell
aber 400000 Mann, 7on deneb Je 100000 Territorial- and Reserve-
armee, 200000 Feldarmee.
Es sollen im Kriege, an dem erst anob die TenftoiiaUurmee
als Besatsnogstruppe berangezogen werden dürfte, Armeen formiert
weiden, deren Stübe die der drei Verteidigongsbestrke büden
würden«
Erklamng.
In seiner Besprcchune: mt^inf-r Schrift „Altes und Neues aus der
dentaeben Feldartiiierie** sagt Herr Generalleutnant H. Rohne u. si,:
„Die Prago der iSchiitzschilde will er davon abhängig mauhen.
ob ein Mittel zur wirksamen Bokümpfung der Schildbatterien
gelunden wird. Mit einem solchen Mittel glaubt er an die
Möglichkeit eines erfolgreichen Kampfes zwischen einer scbüd-
losen Batterie gegen eine mit Schutsschilden versehene, eine
Ansieht^ die ieh allerdings nicht zu tnlen vermag."
Wie aus meiner Schrift „Zur Frage der SehneDfeuer^Földgeeohlltze
und ihrer taktischen Verwendung** 1902 hervorgeht, habe ich mich
hinsichtlich der Frage des Rohrrticklaufs und der Schutzschilde von
vornherein nuf fi*»n Standpunkt der sachlichen Prüfung durch energisch
betriebene grimdlicho Versuche unserer eigenen Artillerie gestellt. Auf
Grund davon hat die Schrift „Die Schiidwut von 1*. Antiscudander 1904"
(Verlag von R. Eisenschmidt) mich nicht mit Unrecht zu der Gruppe
der „Halben'* für und wider die Schilde gezählt.
Nach dem Stande unserer bisher stattgefundenen Versuche
konnte ich in meiner letzten Schrift (S. 108* S. 107) der Überzeugung
Ausdruck geben, dafis dem durch die Industrie inzwischen verbesserten
namentUch erieichterten Rohrrttcklauf-Qesehfltz die nahe Zukunft ge«
höre. Auch habe ich mich nicht gegen eine vorläufige Ein-
führung in der Gegenwart von beschränkten Schutzschilden
ausgesprochen, die gegen das Durchschlagen bisheriger Schrapnell-
kugeln und Inlanteriegeschosse in dem Mafse schützen, wie bei una
versucht worden ist (S. 107 und S. 110).
Über die Frage aber, ob in der Zukunft die Schuizschüde weiter
bestehen, oder wieder in Fortfall kommen werden, „entscheidet**
meines Erachtens „Die Weiterentwickelung der Mittel zur erfolgreichen
' Bekämpfung der Batterien mit Schutzschilden* (S. 110 und S. 166).
Vermag auch diese ErkUrung allein Herrn General Böhne nicht
voll zu beftiedtgen, ao darf ich woU sicher in einem Punkte auf seine
Zustimmung rechnen:
Digitized by Google
348
ÜBMihilL
nur eingehende praktische Sch iefsversuche mit den weitor
zu entwickelndon Mitteln \on Feldartillerie und Infanterie aur
erfolgreichen Bt kampfung der Batterien mit Schutzschildeii dürfen
über das Weiterbestehen oder den Fortfall letzterer in der Zu-
kunft entscheiden.
Berlin. 9. Februar 1904. Holtbauer
General der Artillerie z. D. und Chef des
l. Poü. Keidarl.-Regt. No. 20.
D m s c h a u.
Deutschland.
In der Feld^esofaUtzfrage ist insofero eine Entscheidung:
getroffen worden, als der preulsische Kriegsminister die fiioftthriing
eines Robrrtlcklaufgeschützes mit Scbntzschildeu — wie es
schon vor zwei Jahren in den Jahrbüchern'^ befürwortet worden
war — als bevorstehend ankündigte. Und zwar geschah dies in
der Bndgetkommissions • Sitzung des Reichstages vom 16. Februar.
Die bezüglichen Erklärungen lauteten nach Angaben der „Kölnischen
Zeitung", welche nachgeprüft sich als zutreffend herausstellten, wie folgt:
„Die heutige Sitzung war von anfserordentlichem Interesse
durch die Mitteilungen, welche der Kriegsminister über die Frage
der KohrrticklaufgeschUtze machte. Kr stellte fest, da(s das Ehr-
hardtsche Geschütz anränglich völlig unbrauchbar gewesen sei. 1899
BPien infolge einiger Verbesserungen zwei Geschütze bei Ehrhardt
bestellt worden, deren Lieferung sich aber bis 1900 verzögert habe,
in demselben Jahre habe auch Krupp ein neues Rohrrücklauf-
geschüt? angeboten, von dem zwei Geschütze bestellt seien, die so
schnell fertiggestellt wurden, dals sie gleichzeitig mit den Ehrhardt-
schen zwei Geschützen im Winter 1900/01 versucht werden konnten.
Darauf seien bei Ehrhardt und bei Krupp je eine Batterie bestellt
worden, deren Lieferung ira November 1901 nach Jüterbog erfolgte,
wo eine einfrehende Prüfung vorgenommen wurde, die im Juni 190*2
soweit gediehen war, dafs ein Urteil möglich erschien. Die Artillerie-
prUfnngskommission und die Schiefsschule verwarfen beide das Ehr-
liardtäsche Geschütz und sprachen sich für das Kruppsche aus. da
letzteres nach dem Schufs auf jedem Boden stehe, während das
Ehrhardtsche Geschütz stets nach jedem Schufs neu gerichtet werden
molste. Im Januar wurde beschlossen, zu Truppenversuchen Uber-
zQgelien, und es worden bei Krapp sieben Batteheo besteUti die
Digitized by Google
349
seboD im Mäiz 1908 abgeliefert und den Truppen ttbergebeo worden.
Sie baben eich antserordentlieh bewährt, und die ArtiUerieprttfuügs
kominissioa bat, oaehdem die Geeobtttse sebr strapaziert worden
waren, nur einzelne Mängel festgestellt, z. B. Einlanfeo Ton Wasser,
das Springen einer Vorbolfeder nsw. Dann wurde mit den GescbtttMo
wieder anhaltend an! Sohiefoscbnle geschosBen. and das Er-
gebnis war, dais diese sieben Batterien als dniobans kriegsbranehbar
beseicbnet werden mttssen. Es worden dann weitere Versnebe an-
gestellt ond ein Komp lomilsgeseblltz hergestellt, das sich gegen-
wärtig in einer Batterie in Oebraneh befindet Es wird danaeb ein
Modellgesehutz angefertigt werden, das im Frtiluabr dem Kaiser vor-
gestellt werden soll. Der Kriegsminister fllgte hinzn, dals wir
Schntzschiider einznfttbren gezwungen seien, weU die Franzosen sie
bereits haben, aber im Kriegsfalle seien wir nicht etwa wehrlos,
denn das französische Geschtitz sei zo schwer nnd das Kruppsche
Oeschlltz dnrcbans kriegstttchtig."
Inzwischen sind vielfach in der deotschen Presse, anknüpfend
an den vom Kriegsminister v. Einem gebraoehten Aosdmck „Koni-
promilsgescbtttK**, nnzotreflende FoigeroDgen gezogen worden hinsicht-
lich des znkttnftigen Modells der deotscben FeldartUlerie. Es worde
gesagt, das neue Geschütz bedeote einen Kompromife der Modelle
Kropp-Ehrhardt. Diese Anffassong ist jedoch, wie wir feststellen
konnten, dorchans nnzatreffend. Die Lafette des künftigen Ge-
sebtttzes — und das ist der springende Ponkt — dürfte in ähn-
lieher Weise wie bei dem Geschütze M/96 auf einer Kon-
struktion der Regierongswerkstätten berohen, bei der alle
die Erfahrongen, die bei den voraufgegangenen Versuchen
gemacht worden, Verwendung finden. Was das Hohr des
OeschOtz-Modells 1904 angeht, so wird dasselbe das seitherige von
Krupp gelieferte bleiben, welches auf die neue Lafette aptiert werden
mufs und wahrscheinlich einen modernen Verschlnfs erhalten dtlrflc.
Bis vor kurzem besafsen die französischen Kohrrücklaufgescbtttze
vor den Kruppschen den Vorzog der „unabhängigen Visierlinie^, d. h.
die HOhenriehtmasehine war so eingerichtet, dab man die Neigun^^
des Kohrs zur Wagerechten anabbäiigig von der der Visierlinie ändern
konnte. Man vermag hier bei einem gerichteten Geschütz die Erii5bung
des Rohres einfach durch Drehung eines Handrades beliebig /.a ändern,
während die Visierlinie onverändert auf das Ziel gerichtet bleibt.
Dem Richtkanonier fällt die Aufgabe zu, die Visierlinie auf das Zvtl
m richten, dem Versehlnfswert dagegen die, dem Rohre die der
kommandierten Entfernung entsprechende Erhöhung zn geben. Beide
JahrhB«b«r Ar di* itatteh» Ana«« vnd Waiiatw K«. 190. 28
Digitized by Google
360
Umsdum.
arbeHen ganz imabliiloglg von einander; der Richtkanonier ist wesent-
lieb eoHiatot) die Bedienang yereiniacht and beechleanigt. Während
bei eiDem Gceebttts obne diese fiinrichtaiig zur Änderung der Schals-
weile ent der AnftatE oder der Richtbog:en anf die befohleDe Ent-
femimg angestellt und dann dem Rohr die Erhöhung gegeben wird,
bis die ViaierUnie das Ziel trifft oder die Libelle einspielt, ist bei
einem Gesefattts mit nnabbängiger Visierlinie nur die Drebmig einer
Ewbd nötig, bis eine ZeigermarlEe mit der befohlenen £rbObnng
absehnddel.
Die Kmppsebe Fabrik hat das Problem der imabbiiDgigen
Visieriinie aal eine sehr ein&che Weise geltfst; die iänriebtiuig
sefaeint sehr solide and baltbar und bedingt nnr dn Hehrgewiebt
▼on 12 Kflogramm. R.
Die PolTerladong der Oescbtttse befindet sich bekanntlieb in
einem Beotel ans Seidentacb and wird entweder direkt oder nach-
dem sie in eber Messinglittlse befestigt ist, in das Gesebttlsrohr ein-
gesetet. Dieses Seidentnch verbrennt nicht immer roUständig; die
im Gesebttts eorttekbleibenden naehsebwelenden Zeogreste kOnnen
zn ernsten UngltteksfiUlen Yeranlassong geben, wenn die nlehste^
Ladung eingesetet wird. Befindet sich das Polver in einer Hessing-
hülse, 80 können die Zengieste Ladehemmangen hervorrofen.
Uro diese Obelstfinde zu beseitigen, fertigen die Vereinigten
KOb-Bottwetler Pdvedbbiiken neuerdings „ Pol verge webe ^ an,
das znm Ersatz des Seideatnebes dienen soll. Das raoobsehwaebe
Sebielspalyer bestebt bekanntlieh ans Sobielswolle, die dnreb ein
liOsnngsmittel (Essigätber, Nitroglyzerin ete.) in eine gallertartige
Bfasse verwandelt wird. Diese Masse wird darok aofterordeatlieb
feine KapillairObren geprebt, wodnrob Fäden von der Stirke eines
sebr dOnnen Haares enteteken, die gesponnen und dann gewebt
werden. Das Pnlvergewebe wird in zwei Stftrken für kldne and
grolse Ladungen liergestellt; es bat eine gelbweilse Farbe und be-
sitzt einen sehr sebOnen seidenartigen Glans. Die Kartnsohbeutel
werden mit Garn ans Pulyerfilden genidit und mit Pnlverseknur zn-
gebunden. So ist niekt nnr das y9llige Verbrennen des Kartnseh-
bentels gewährleistet, sondern es sind ancb die sogenannten „Naeh-
brenner^ ausgeschlossen, die entstdien, wenn die Flamme des Zttnd-
mlttels den Boden der Kartosohe nicht sofort dnrobsefalägt. Ein
YOrzeitiges Öffnen des Verseblussee bat dann sehen oft sekwere
Uniälle kerbefgefnbrt. — Die staiken Ladungen, die ans greisen
Würfeln oder aoch aus Makaroai-Pulver besteken, bedürfen einer
am Boden der Kartosebe lagernden «Beiladung*' ans SekwaizpulTer,
Unsehao.
weil diese PulTenorteo scliwer entEttndlieh sind. Die Beiladang
kftDD foitAD aa§ Polvergewebe hergestellt werdeo; dadnxoh wird
nieht nur die Anfertigaiig der Kutosehffli vereiofoebl» sondern es
werden anch manche Mingel, die das Sehwazzpolver besitzt (Ranob-
entwiekelnng, Empfindlidikejfc gegen NSsse) bcädtigt
Das PnlTergewebe besitet efaie Haltbarkdt» die der des Seiden-
tnchs nabesteht, was dnxeh ausgedehnte RttttelTersnche, die das
Fahren anf sehieehtem Pflaster ersetsen, dargetan baben. Es ist
Yridefstandsfiüiig gegen den Elnflnlb sehr hoher Temperaturen nnd
der Feaebtigkett; in ballistischer Hinsieht hat es dnrebaiiB befriedigt;,
nstllrlieh mala das Gewicht des Beotels anf die Ladsng in An-
reebnnng gebracht werden. R.
Öftterreloh-UngariL
Den Delegationen ist eine vom Retchskriegsministeriom vertafste Heeres Ver-
25 Seiten zählende Broehttre Übergeben worden» in welcher nameotlich ^'^^'«»g-
AbsefanitI X von Interesse ist Er handelt Ton Zentrali si er an g
and Desentralisiernng in derHeeresrerwaltang. Aof dem Kriegs-
minister lastet eine sweükche Veiantwortang, die militttrische, die
stete Bereitschaft der Armee und Vorbereitong an! den Krieg
berührende, nnd die finansieile, die Innebaltang der fttr die Wehr-
kraft ausgeworfenen Kredite betreffend, letztere sorgfaltige Über-
waohang and Kontrolle notwendig machend. Etatsttbersebreitn&gen
mofs rechtseitig entgegengetreten werden, bei einem Verwaltnngs-
kOrper, wie ihn das Heer darstellt, ist es schon an und filr sieh keine
leichte Aufgabe, besonders schwierig aber bei der aof dem Gnmdsatx
des Doalismas ausbauten staatsrechtliehen Organisation der
llonarchie. Eine Reihe von Resolntionen der Delegationen zwingen
den Kriegsminister, beide Staaten der Monarchie in dem VerlilUtQiB
an dem Verbranch der Geldmittel fttr das Heer teilnehmen m lassen,
in welchem sie zd diesen Mitteln bessteuem. Das ist aber nur
möglich, wenn die Verwaltung des Heeresvoranseblags in der Hand
des Reiehskriegsministers xentralisiert ist Eine Dezentralisation
ianerbalb der Grenzen des centralisterten Gesamtheeresverwaltang
ist aber doch eingettthrt^ in dem die Armeekorps bezw. Divisionen
einen eigenen Verwaltnngsapparat schon im Frieden besitzen nnd
die Armee-Oberkommandos bei der Mobilmachnng einen solchen
erhalten. Diese Dezentralisation wird bedingt dorcb Stellong und
Aufgaben der höheren Führer im Kriege. Die grolse Verantwortung,
die ihm obliegt, wird der Armee-Oberkommandierende nur dann
Obemehmen k&nnen, wenn er in sehiett Entschlüssen unabhängig von
•iS»
Digitized by Google
862
ümsohan.
lähmendcD äulseren Einflüssen ist. Operationen and Verpflegung
und Nachschub stehen aber in innigen Wechselbeziebangen. Der
Armee- Oberkommandierende mub daher die militärische and die
adininistraÜYe Spitze bilden. Im engeren Sinne |rilt dirs <iaoh für
die Armeekorps und die Divisionen, der Grundsatz findet daher auch
in der Orgranisation der Armee Ausdruck. Die Vorbereitung mnls
aber im Frieden erfolgen, die Organisation der Heeresverwaltang mals
alBO schon im Frieden derjenigen im Kriege möglichst entsprechen.
I>« i Kne<<s Feldmarschall Leutnant von Pitreicb hat mit seinen Erörtemngen
"In' deT * *° österreichischen Delegation im Heere «rrfilsere Zustimmung
lU'legation. gefundct), als in der politischen Pres^se. Die Mittel, die er fUr die
Wehrkraft des Reiches beansprucht, sind bescheiden, für 1904 in
Heeres- and Marinebudget 467.3 Millionen Kronen. Seine Aus-
führungen in politisch-staatsrechtlicher Beziehung haben sieh durcbau;«
gedeckt mit denjenigen des österreichischen Ministerpräsidenten.
Seine £rkiänuigen im Budgetausschufs der österreichischen Delegation
waren dnrchans sachlich, den Standponkt der obemtcn Heeresleitung
in den wichtigen Fragen genau präzisierend. Der die Verantwortung
fUr die Kriegsbrauohbarkeit der Wehrkraft tragende Kriegsminister hat
die Notwendigkeit prrundsätzlieher Einheit der Armee deutlich hervor-
gehoben, die Unzulänglichkeit des Rekrutenkontingents tritt ins rechte
Licht, betont} dafs alle gesetzgebenden l^aktoren die V^erantwortung
dafür tragen, wenn die Kriegsrttstnng im Kampf in Sein oder Nicht-
sein der Nation sieb als nnznlänglich erweist. Der Delegation blieb
kein Zweifel, dals eine Daner der heutigen Zustände aueh auf die
Armee schädifrend einwirken muls. Auch in der Sprachenfrage hat
Feldmarschall Leutniuit vou Pitreicb seinen Standpunkt nachdrücklich
yertreten. Kommando- und Dienstsprache einheitlich als absolute
Notwendigkeit hinstellend, von der Rop:imentsspracfae sie trennend,
ein Ktttteln an der Stellung des obersten Kriegsherrn, wie es von
gewisser Seite versacht wird, mit scfaarfeu Worten abweisend,
an Deak und Audrassy erinnernd, die bei Festeilung der Ausgleichs-
gesetze den Fortbestand der Monarchie nnversehrt gewahrt wissen
wollten, da der Zufall preisgegeben würde, wenn mehrere Dienst*
sprachen das Heer in mehrere Heere zerlegten. Die Kon«eB8aonen,
welche die Heeresleitung den Schreiern jenseits der Leitha zu machen
im Begrifi'e steht, sind trotzdem weitgehend genug nnd die Forderung
des Reichskriegsraiuister.s nach grundsät/liciier Erhaltung der Ge-
roeinsamkeit und Einheitlichkeit des k. und k. Heeres kommt Ungarn
zudem mehr zngnte als Österreich, das bei gleichen Antwendungen ftlr
das Heer immer noch Ororsmaeht bleibt, während Ungarn, bei gleichem
Budget, zu einem Staate H. Ranges militärisch herabsänke. 18.
uiyiii^ed by Google
353
s
n
Maansebafteu Soll*
„ Budget-
Stärke
1903/04
1904/05
14 198
13 974
18 788
13 923
266 800
265 901
204 502
20? 162
1 1 555
1 1 564
8 648
^< 541
40 152
40 351
86 656
86 916
Olfixierpferde Soll- i
Budget- )
Troppeoplerde boll- | .
Budget. \ ^^^^
In der Budp*etstHrkf' finden wir also 185 Offiziere. "ifiGO Mann
mehr, ! 94 Oflfi/ierplerde \veni*:rr, tiagegen 350 Truppeupferde mehr,
oiü Beweis dafür, dafs der Minister bestrebt ist, die Durcbsehnitts-
iststärke zu hebeu. lo die Durehsrhnittsstärke sind die ÜbaogSUlge
«ier Leute des Bearlaubteastaudes nicht eingerecbuet.
Italien.
Der dem Parlameat vorgelegte Voranschlag fUr das Kriegsbnilget K) ie^>-
1904/05 weist, einsohliefelioli 35 119000 Lire fttr PenaioneD, den be- ^^Ulf^^
kannten koneoiidierteo Betrag von 275 Millionen anl, wie wir
uoob (s. a) bei der Marine das sog. konsolidierte Bndget wieder-
finden werden. Von den Bet^geu des Kriegsbndgets entfallen
223 881 000 auf das Ordinariom, 16 Millionen auf das Bztraordinariam.
Die eigentliche Ausgabe für das Heer sinkt aber — nach Absng
von 66 894154 Lire flGir rein fignrative Ausj^abeo, Carabiuinieri,
nationale Scbielsvereine, anf 190 115 842 im Ordinariuni. 16 Millionen
im Extraordinariom, zusammen 203 118 842 Lire. Beachtenswert
sind^ anlser den unten ycrgleichsweise 7m gebenden Posten im Ordt-
uariam, 400 Hanptlente der Infanterie Uber den Etat, dagegen 260
auf Spezialwartegeld beurlaubt, sowie 654 Vakanzen bei den Snb>
altemofiizieren, eine Lttcke, die, wie wir unten sehen werden, zu be«
«onderen Mafsnahmen veranlalst. Bei den Pensionen finden wir eine
Steigerang um 50000 Lire, bei den Zulagen nach 6 in demselben
Dienstgrade verbrachten Jahren ein Mehr von 200 00<) Lire. An
liCnften des Beurlaubtenstandes sollen auf im Durchschnitt 20 Tage
60 000 (früher meist 89 000) einbeordert werden, eine Herabsetzung
der Zahl der Übenden, welche die in der italienischen Presse er-
ifchienene, ireilieh noch nicht offiziell bestätigte Nachricht als nicht
unwahrscheinlich betrachten läfst, dafs Armee-Manöver im Umlang
der vorigjährigen nicht, wohl aber die gewöhnlichen Feldnmnöver
tattiinden werden und man bei den Alpentruppen, nnter Heran-
/iehang auch von Einheiten des Landsturmes, grtflsere Manöver in
Gruppen abhalten wird. Soll- und Bodgetstärke stellen sieh 1903/04
zu 1904/05 wie folgt:
Offiziere Soll- i ^ ,
Bndget- \ ""^'^^
Digitized by Google
854
Umschaa.
Im Eztraordiaaxiam Intereidert besonders die Znweisan^
fflr neues FeldartilleriematerUl mit 13 HiUiotieD. Da 1900/01
8, 1901/02 9,9, 1902/03 9,5, 1908/04 5,5 MilUoiien verbraaebt sbd,
1904/05 18 MUüoDen angeseilt sind, so bleiben Air das lettte Jabr
des Sexemdnms noeb 14,1 ron den dureb Oesets vom 5. Mai 1901
bewilli^n 60 Millionen fbr nenes FeldartUleriemateiial flbrif.
Die Karte von Italien ist iertig, die Oberscbttsse and die letale Be-
willigung fUr dieselben sollen mr Anfbessening des Pferdestandes
bei der Feldartiilerie verwendet werden. Von Interesse änd die An-
gaben Uber die Verftolsernngen von veralteten Waffen, sowie von
fidcalisebem Gelfinde. Bis zum 15. Oktober 190S waren eingenommen
1 245 000 Lire, davon 98000 Lire filr WalSen. Der Betrag wurde
den Kapiteln 52 nnd 53, Kflstenverteidignngsanlagen nnd Spenforfe,
zugewiesen. Für die Jahre 1908/04 and 1904/05 reobnet man mit
einem Ertrag von 6 Milliooen für in verkaufendes Gelünde, der Er-
trag des Verkaufs in Waffen Üllst sieb niebt bestimmt voranssehen.
Mit dem Finanzjahr 1905/06 schliefst die Periode, fUr welche eine
Binigaug auf ein konsolidiertes Bnd^t erfolgt war. Die im Budget-
voraosehlag 1904/05 erfolgte Steigeroog der Iststürke an Leuten
und Pferden beweist deutlieh, dafs der Kriegsminister hier niebt die
Betrüge Oir Erhöhung der Bezttge der Subaltemoffiziere und die
Mobifanaehungsgelder für Afrika sparen will.
Garoii^on- Glomale MlUtarc gibt eine Verfügung des Kriegsminlsteis be-
wechüel. kannt, naeh weleher 1904 Gamisonweehsel von Infantertebrigaden
und Bersagliere-Regimentem nberhaupt niefat, bei der Kavallerie
nur bei 2 Begimentem stattfinden. Esereito Italiano hebt besonders
hervor, daCs darin nicht ein entscheidender Schritt auf dem Wege
des bedrksweisen Ersatzes mit festen Garnisonen zu erblicken sei.
Dienst. In den letzten Tagen des Dezember 1908 hat der Kriegsminister
ler^ Eulitz- ^^"^ autserordentlich wichtige Verfügung betreffend die Dienstleistungen
(Reserve-! der Ersatz- (unserer Reserve) Offiziere erlassen und ist diesellM in
Offiziere, den letateu Personalverftndemngen schon zum Teil zum Ausdruck
gekommen. Bedingt wird die Neuerung gegenüber den ttblich ge-
wordenen Verhältnissen durch den Mangel an Snbaltenoffizieren bei
der Infanterie, dann aber aneb durch Rücksicht auf die Verbältuisse
bei der Mobilmaehung. Nach dem Gesetz vom 25. Januar 1888,
b^reffend die Dieustverpfilcbtnng der Offiziere des Beurlaubtenstandes,
hat der Kriegsminister die Befugnis, die Ersatzoi&ziere bis zur Ab-
leistung der vollen Verpflichtung der I. Kategorie unter den Waffen
zu behalten. Von dieser Befngnis Ist bis jetzt so gut wie kein Ge-
brauch gemacht worden, um die betreffenden Offiziere ihrem bürger-
lichen Beruf nicht zulange zu entziehen, dann aber auch, solange
Digitized by Google
UmseftM.
355
der Oflizieretat voll war, aus flnauzieller Rücksicht. Im Prinzip
betrug die Dauer der ersten Übung nach der Ernennung 6 Monate,
in der Praxis 3. Heute veranlalRt das Manko an Subaiternoffizieren
der Infanterie die Kticksicht auf die Schulung der Truppen nnd die
Notwendigkeit gntgeschulter Cadres für die Mobilmachung zur Aus-
dehnung (ier Dienstleistungen nach der Ernennung, tlir diejenigen
Erhatzolti/iere, die ans den Offizieraspirauten-Lehrgängen hervor-
gehen. Das Handschreiben vom 19. Dezember hat daher für die
Zöglinge der am 5. Januar 1904 beginnejideu Kur^e der Oitizier-
aspiranten Lehrgänge bestimmt, dafs diejpni^^cii der Gmonatlichen
Kurse mil 2jähriger Verpflichtung vom I.Mai bis 16. September 1905,
d. h. 7'/^ Monate, mit 3jähriger Verpflichtung vom 1. Jaunar bis
8. Dezember 1905, also 12 Monate, diejei)ii;eu der 9monatlichen
Kurse 4'/o bezw. 9 Monate ihre erste Dienstleistung nach der Er-
nennung absolvieren sollen. Diese Anordnung deckt das Manko an
Subalternoftizieren in der Auf^bildung der Truppen, gibt der Lauf-
bahn der aktiven Snbalternofliziere ei!ii;re Schiebung, führt Erspar-
nisse herbei, indem (ier Etat die Subalternoftizierf nieht das ganze
Jahr voll erhalten wird, entspricht den Forderungen der Organisation
der miibileu Stndtkriiftf, die in einem bedeutenden Prozentsatz mit
Oiiiziereü des Beuriaubteustande.s rechntii iiiuf;>; endlich hat sie für
die mobile Verwendung, den Vorteil, Offiziere, die als solche 7,9
und 12 Monate im Frieden >rf dient nnd zweifellos erfahrener sind
als die. ^^ eiche nur 30 Taire gedient, zur Verfügung m st( llen. Die
Zögiiiif:»- der Offizier! ehrgäuge von 1903 sollen eine erste Ofüzier-
dienstlt istung von 4'^, Monaten absolvieren. Der Krieiisminister
bleibt mit seiner Anordnung völlig im gesetzlichen Rahmen und be-
ansprucht nicht einmal die volle Zeit die er verlangen dürfte.
Nach einer oltiziellen Publikation des Kriegsministers setzt sich T't'er nach
das Beer am 1. Januar 1904 nach Jahrgängen wie folgt zusammen: 'in^^f.^fn?
Aktive Armee und ihre Reserve: Jahrgänge 1883 bis 1875, bei 15K)4.
Kavallerie auch 1874. Landwehr: Jahrgänge 1874 — 1871 L und
II. Kategorie. Landsturm: 1870— 1865 1. und Ii. Kuteuorie, durch-
weg ausgebildet, aulserdem direkt der III. Kategorie, damit dem
Landsturm Ubervtiesen Jahrgänge 1883 — 1865, nur als grofaes Ersatz-
Keservoir zu betrachten.
Ein Erlafs des Kriegsministers bringt, im Einvernehmen mit l'^rsatz,
" Dienst>v6iv
dem Minister des Aufsern, folgende neue Bestimmungen fUr pfiichtun^r.
Ersatz, Beförderung, Dienstverpflichtung der italienischen OffiziereBetörderung
nnd Mannschaften der Truppen in der Kolonie Eritrea. Der Ersatz
un Offizieren erfolgt durch freiwillig sich Meidende, oder durch
solche^ die durch Befehl entsendet werden. Auf ihre Meldung
Google
356
Umschwi.
hin entseudete Offiziere sollen im allgemeinen 4 Jahre in der KoloDie
bleiben, die ohne freiwilli^;e Meldung euteeudeten 2 Jabre. Sie
können nicht wieder entsendet werden, wenn sie nicht vorher be-
fördert oder 4 Jahre in Italien «reblieben sind. Die Offiziere der
eingeborenen Eskadron werden aus der Kavallerie entiiomnien. Die
italienischen Mannschaften der Truppen in der Kolonie ergänzen
sich 1) aus Freiwilligen, die im aktiven Dienst stehen, 2) aas Frei-
willigen 1. KaUj,'orie des Benrlaubtenstiuides, 3) aus Leuten, die in
der Kolonie wohnen und uiu Einstellung in die Truppen bitten, 4)
auch aus ohne freiwillige Meldung aus den aktiven italienischen
1 ruppen Gewählten, die aber mindestens noch 18 Monate zu dienen
haben. Die aus dem Beurlaubt* n-liindi (tewählten mtlssen mindestens
12 31ünate gedient haben, noch nicht länger als 4 Jahre verab-
schiedet sein, gute Führung autweisen, ledig und tropendienstfähig
!-ein nnd sich ftlr die Waffe eignen, zo der sie sich melden. Von
(ien aktiv dienenden Leuten können sich alle diejenigen der kora-
itattanten Waffen und Dieustzweige melden, ausnenuinineu Zöglinge
der ^eiiitanten- und Offizierlehrkurse. Freiwillig sich meldende Leute
übernehmen die Verpflichtung, 3 Jahre in der Kolonie zu dienen,
wenn sie den Karabininierie, 2 Jahre wenn sie den andern Waffen
augehören. Di«.- Dienstzeit rechnet vom 1. des Monats ab, der der
Abreise von Neapel folgt. Die Dauer des .Vufenthalts der zwaui^s-
weise in die Kolonie entsendeten Leute bleiben maximal dort. 2
.fahre, wenn sie nicht weiter auf 2 Jährt' kapituiieren bis uuixinml
/Ann 3i'y. Lebensjahre bei Unierol'tii^ieren, B2. bei Korporalen uiul
fiemeinen, Italiener, die eingeboreut u i orraationeu zu^'eteUt werden.
i:rh( ii mit dem Monat eiue neue 2jährij^e Verpflichtung ein. Die
Leiürderungen zu Luteroftiisiereu erfolgen im Auftrag des Kriegs-
ministers durch den Kommandeur der Truppen in der Kolonie, die-
jenigen zu Korporalen durch den Kommandeur der selbständigen
Einheiten. Offiziere des Beuriaubtenstaudes oder verabschiedete, die
iu dii Kolonie wohnen, werden dem dortigen Tiuppenkorps zuge-
rechnet, sie müssen auch Einbeuiüerungen Folge leisten. Dasselbe
gilt für Leute des Beurlaubteustandes, die in der Kolonie wohnen.
Für eingeborene Leute, die in dem Truppenkorps gedient, erläJOst
das Kommando der Truppen entsprechende Bestimmungen.
Utiorut- Durch jetzt bekannt gegebenes Dekret vom i;>. Dezember H)OH
prUfun^'n. Abänderung ii( s Keglements lür die Beförderung im Heere
besuninit worden, dais die Ilaupileute der kombattanten Waffen, die
mit Erfolg die Kriegsschule (unsere Knrpsakademie) absolviert haben.
Ein königliches Dekret %oui 21. Januar hebt die Bestimmungen vom
Jabre 1902 auf, nach welchen llaaptleute und Majors, die in den
Digitized by Google
UmeohAti.
857
höbeni DieDstgrad beföideit werdeo soUten, die Eignoog zum Kegi-
mentskommandeor haben mnssten von der Ablegnng der EigonngB-
pfttfaDg inm Major befreit sein sollen.
Im Kriegsmioisteriam tat jüngst ein Bnrean znr Orientiernng Abteilung
der Presse ttber milititrisohe Fragen gesebaffen worden. Presse!
Unter lieitnng der Transportabteilnng des Generalstabs finden Eisenbahn-
i-om 14. Februar ab Ekenbahnstationskurse statt, zn denen Haupt-statlonakurst-
iente und Snbalternoffiziere der kombattanten Waflen kommandiert
werden. Von den mnd 50 Tagen der Kurse fallen 10 anf den
tbeoretlsobeo Teil, 40 auf den praktischen Teil. Letsterer wickelt
sieb in 8 Gruppen anf Stationen mit den Zentren Turio, Bologna,
Neapel ab.
Infolge der Altersgrenze scheiden aas dem Heere 1904 ans aik is
1 Generalleutnant, 1 Genezalmiyor und 40 Oberste. Die letzt- ^^'"^"^
genannte Zahl geht Uber die normale weit binans. Vom 1. Jannar
bis 81. Dezember 1903 haben 424 Unteroffiziere definitiv, 80 provi-
sorisch eine ZlTilsteUang erhalten, Summe 604. Am 1. Januar 1904
warteten 1648 Unteroffiziere anf Versorgung, davon 788 beuriaobt.
Eine Verordanng des Marine-Ministers bestimmt, dals die Kriegs- Marine,
scbifl'e in Zukunft einen granschwafzen Anstrich erhalten sollen.
Das Marinebudget 1904/05 weist im ganzen genau dieselbe
ZiffSer auf, wie 1908/04, nftmlicb, abgesehen tod Giroteilen nnd
Kapitalbewegnng, rund 121 Millionen, das Ordinarium ist aber mit
115 946 367 nm 406 843 JLÄre höher, als das YOijährige, das Extra-
ordmarinm nm dieselbe Ziflü&r niedriger. Fttr Indienststel langen
erscheinen 6 070 000 Lire, mit denen im Mittelmeer 24, im atianti-
sehen Ozean 3, im Boten Meer 6, in der Levaute 2, aulserdem B
Schnlscbifi^e in Dienst gehalten werden sollen. Das Equipagenkorps
soll rnnd 25000 Mann aufweisen, davon 18 229 an Bord. Der
Gesamtwert des Flottenmaterials wird am 1. Januar 1904 mit
550 926 277 Lire angegeben. Von der Flottenliste sollen gestric hen
werden 4 Torpedoboote III. Klasse, der alte Panzer Fonnidabile
nnd das Transportschifl Washington. Für Sebiffbersatzban sind
21,2 Millionen ausgeworfen. Sie finden \erwendung tUr:
1. Ausrüstung des kleinereu Liniensohifies Francesco Ferroecio,.
Venedig.
2. Bau und Ausrüstung der Linienscbifl'e Vittorio fimaouele, Regina
Elena, Roma, Napoli, alle desselben Typs.
3. Bau eines weiteren Lmienschiffes Typ Vittorio Emanuele in
Castellamare.
4. Bau und Ausrüstung des Unterseebootes Glaoco, von 2 anderen
schon für 1908/04 beschlossen, sowie 2 neu hinzutretenden.
^ kjui^uo i.y Google
858
ÜmMdiaii.
5. Bau und Aturttataiig toh 2 KohlenteDdern bei Orlando io
Livorno.
6. Aasrtistaiig von 2 Torpedoboot^jSgeni ZeMro und Espero bei
PattiBOD und im Arseoftl tod Neapel.
7. Baa und AnsrlletQng ron 8 Torpedobooteo I. KlaBse, die sehoD
fttr 1903/04 yorg:eseheD waren und tod 6 wdteren, zDsaBimeD
14, die jetzt die Beaeiehoui^ a — n tragen.
8. Bau and Aoerttatang TOn 2 ZiatcrncnsLhiöen za 80 Tons, 2
Laganenkanonenbooten, sowie Yon Uiilsacbiffeii.
Dorcb Dekret Tom 24. Desember 1908 eind im Etat der Marine-
Intendantur folgende Yeründenrngeu eingetreten: Intendanten IL
Klasse 21 statt 24, Intendantanttte L Klasse 120 statt 107, IL Klasse
100 statt 107, Intendantor^Assessoren 16 statt 28.
1».
Frankreicli.
Hethst- Etwas verspätet bat der Kriegsmioister ein Dekret vom 16. De-
»bungea. jj^iuber 1903 bekannt gegeben, das sich anf die Herbstübungen
1904 be2.ieht. Io diesem Jahre werden in 2 verschiedenen Gegenden
Prankreichs, im Osten and im Nordwesten, Armee-Manöver statt»
finden, die Hin* nnd Rttckmaiseh 11 Tage dauern. An den Armee-
Manövern im Osten nehmen das 7. (Besan^on) and 8. Korps (Bonigea)
teil. Geleitet werden diese Manöver durch den Vizepräsidenten des
oberen Kriegsrats Brugdre. Za den Manövern werden herangesogea
die 7. und 8. Kavali^edivision, ferner eine Marscbdivision nnter
Fttbmng des Kommandears der 1. Rolonialdivlsiou, zusammengesetzt
aos der 5. Kolonialbrigade nnd einer Marsobbrigade aus den in
Frankreich vorhandenen 4 Zcavcnbataillonen nnd dem 26. Jäger*
bataillon, die Artillerie dieser Division, die voraussichtlich dem 8.
Korps zugeteilt wird, da das 7. schon im Frieden 3 Divisionen be-
setzt, wird von einem Regiment der 19. Brigade geliefert. Die
Artillerie der beiden Korps wird durch je 2 Abteilungen von anderen
Brigaden anf normale Stärke ^^ehracbt Die Armee -Manöver im
Nordosten werden von General Hagron, Ifitglied des oberen Kriegs-
rats, geleitet. Beteiligt sind an demselben das 8. Korps (Hoaen)
und 4b Korps (le Mans). die 1. Kavalleriedivision, sowie zur Ver-
stitrkung der Artillerie aaf normalen Stand je 2 Abteilnngeu von
anderen Brigaden. Brigademanöver in der Dauer von 12 Tagen,
Hin- und Rttckmarseb eingerecbnet, finden bei 6 Korps, Divisions*
manöver in der Dauer von 14 Ttigen, Hin- und Kttckmarseh einge-
rechnet, bei 8 Korps und der 4. Division des 2. Korps statt. Die
8. Division des 2. Korps nimmt nicht an den Manövern teil, sie
Digitized by Google
Umseh«!.
359
ttbt im Lager \on Cb&lons nnd scheiut bestimmt, in genüsebten
grOfserD Verbäudeu neue Grundsätze ftlr Kampfesfühm&g und ver-
äoderfte KamptesformeD im Sintie des Geralstabserlasses vom De-
zember 1902 auszaproben. Die Maa^Ter der 10. Division finden
bereits im August statt and nehmen an ihnen die Zöglinge Ton
St. Cyr teil. Die Infanterie-fiegimenter nehmen an den Mantf?em
mit 4 Bataillonen teil, aasgenommen diejenigen, bei denen anob
niokt eine Kompap^ttif der 4. Bataillone besteht, ein 4. Bataillon ans
PnriB, die Bataillone des 6^ 7., 20. Korps, die in Grenzbefestigangen,
die Regioalbrigade Ton Lyon, die 4. Bataillone des 14. und 16.
Korps. Die Jägerbataillnnf' nehmen an den ManOTOm ihrer Korps
teil, 3 Alpenbataillone des 14., 2 des lö. werden sn den Manöveni
herangezogen. Von Übnngslagern weiden Sissonne vom 1. and
2., Chalons vom 6. Korps nnd der 3. Division, Mailly vom 20. Korps
and der 9. Division, OoStqaidan Tom 10. und 11. Korps, La Courtine
▼om 12. and 13. Korps, Larzae Tom 16. Korps bennt/t. Bei der
Kayall^e sind Ton Sonder Übungen vorgesehen: lltägige, Ma-
növer der vereinigten 2. nnd 3. Kavalleriedinsion unter Leitung des
Präsidenten des technischen Kavallerie-Komitees, SonderUbungen der
3., 5. und 0. Kavalleriedivision von 9 Ta^'en Dauer, endlich Stägige
Evolutionen der Korps-Kavallerie-Bri|raflen der Korps, die nicht an
Armee-Manövern beteiligt sind. FUr die besonderen Manöver in den
Alpen, Yogesen, in Algerien und Tunesien ergehen noch Weisungen
des Kriegsministers. Die Kolonialtruppeu, aasgenommen die an
Armee-Manövern beteiligte ö. Brijrade, nehmen an den Manövern
der Armeekorps teil, in deren Bereich sie stehen, die Kosten werden
vom Budget der Kolonialtruppen getragen.
Durch Dekret vom 10. Dezember ist in Indochina ein Kemonte-Kavallene in
reiterzug aus Eingeborenen geschaffen worden, das Kadrepersonal
wird der französischen Kavallerie entnommen, der Ersatz an Kemonte-
reitern erfolgt aus der Eskadron fUr Indochina and aus eingeborenen
Fahrern der Artillerie. Der Zug zählt 1 Offizier, 9 Unteroffiziere
nnd Professionisten an Franzosen, 49 — 76 Eingeborene. Gleichzeitig
wird definitiv eine Kavallerie-Eskadron ftlr Indochina errichtet an
Stelle der 1809 durch Dekret des Oeneralgonverneurs ans Einge-
borenen provisorisch gresehaffeneii, deren Kosten anlserdem im Kolonial-
hudget schon erscheinen. Das fraozösifichp Personal dieser Eska-
dron wird der heimischen Kavallerie entnoinnieii und zwar durch
den Kriegsniinister auf zifrenna(sif,^es Ansuchen des Kolouialministers.
Die Kirjgeborenen werden ausgehoben, bezw. treten freiwillifr ein,
können auch kapitulieren. Die Unitorm ist diejenig:e der Seneijai-
bpabis, die Bewaflnung besteht ans Säbel und Karabiner, die Pferde
Digitized by Google
a60
UmBobav.
werden im Lande selbst angekauft. Der Etat der Eskadron ist zu-
nächst auf 4 Offiziere, 15 Unteroffiziere und Professionisten an Fran-
zosen, 13 eingeborene Unteroffiziere, 80 — 1^0 Maoa £iD^eborene,
115 — 126 Pferde festgesetzt.
Ann..}- Au- Der Armee-Ausschols der Kammer, der seine Beschlüsse be-
! "^a.h"v' zUglich des Gesetzes Uber die zweijährige Dienstzeit, jetzt einer
Dieii'itsieiT. Kevision unter/ieht und bei der Beratung des Januar seine
Fassnnfr der ersten 20 Artikel unverändert jrelassen bat. falste am
21. Januar bezüglich der Dienstzeit der Alirerier und Tunesier nach
Anhiirnnjr der alp:eriselien Deputierten einen von den \'orscliiajren des
Senats und auch st'iueni eigenen ursprünglichen Text wesentlich ab-
weichenden Beschluls. nämlich den Status (|U0 beizubehalten, also
imr ein Jahr aktiver Dienstzeit zu verlangen, das in Frankreich ab-
geleistet werden soll. Um aber zu vermeiden, dais Franzosen m
grolser Zahl nach Algerien - Tunesien dicht vor der Aushebung
auswandern, um der kürzeren Dienstzeit teilhaft zu werden und dann
nach Frankrcieh zurllckzukehren, ist hestininit worden, dais die Leute
bis zu ihrem Übertritt in die Landwehr in Algerien • Tunesien
wohnen müssen, sich ohne Erlaubnis nicht über (iO Tage aus dem
Gebiet entfernen dürfen und auch kürzere Ab>\esenheit den militäri-
schen Behörden melden sollen. Der am 28. Dezember lOö:^ von
dem früheren Minister T^anessau eingp!>rachte Gesetzentwarf, der dahin
zielt, durch Änderung des Hekrutierungsgesetzes von 1889 nacii und
nach zu einer 1 Smonatiichcn aktiven Dienstzeit zu gelangen, ist
vom Armeeaussehnfs mit sehr geringer B^'geisterung anfirenommen
worden. Das ist auch begreiflich, da er in letzter Linie zu einer
steten Vermehrung d^^r Leute der Hilfsdienste, also der bedingt Taug-
lichen käme, in 'ier Sitznn«! von» 16. Januar hat der Armee-
Aussehnfs in voller rhereiiistimmuiig mit dem Kriegsminister auch
die Frage der reforuaert* n Wehrs teuer entschieden und die ge-
fafsten Beschlüsse hätten auch für unsere Verhältnisse Wert. Die
Wehrsteuor soll o Jahre entrichtet werden und zwar 2 Jahre fUr
die aktive Dit^nstzeit und 1 Jahr für die sonst im Beuriaubtt ii>t;nide
za leistenden Dienstübangeu. Um der W< hrstruer den m<'lir persön-
lichen Charakter zu nehmen, soll sie '^■>'^/,i der Staatssteuer lit-tragen^
so /war. dnh Einkoromen unfer 200 Fr«, von jeder Zahlung der
se lben befreit i)bil)eu. Anf diese Weise kann man von der Ein-
richtung einen ansehnlichen Ertrag erwarten.
I' fanrer- Wie aus den Beratungen des bewilligten Knegsbudgets für 1904
l..it;ullon. hervorgeht, bat man dem Kriegsminist« i (iic geforderten Beträge für
HadfahnTtruppen nur unter der Bedingung bewilligt, dais keine
neuen Kompagnien geschaffen werden, bis mau grtlndliebe Versache
Digitized by Google
Umsebau. 3G1
mit eiiieiit Radfahrer Bataillou angestellt. General AihIfh wird des-
halb dt'innäehst aus den verschiedenen Jäirerbjitaillonen zu^eteiUer
Kadlahrerkompagnien ein Hataillun füiiuiereii. Et» handelt sich be-
dem Versuch nirlit um um Fragen der Organisation, sondern auch
vor allem der Verwendung im hiuue einer beritteneu Infanterie, in
Oflfensive ond Defensive. Aafklärun«rsdienst. Rückhalt für ka\allprie
im Sinne der bekannten hclirift des Kapitän (icrard. Fachzeitschriften
weisen dabei darauf hin. dals ein Kadfahrerbataillon ebensoviel Ge-
wehre ins Feuer brinsre. als eine ganze Kavalleriedivision, im weiteren
Sicheruugsdienst den (lesner aufhalte, zu vor/eitiger EntwiekeluiiL^
veranlassen, die eijjene Marschkolonne dabei vor Einsicht lier feind-
lichen Kavallerie schützen könne, ein unentbehrliches Instrument der
KriegftlhniniT nach heutigen ürnndsUtzen darstellen.
Der Kiiegsminister hatte bestimmt, dals in die BeturiicrunL'-s- ^
Vorschlagslisten fUr 1904 nnr soviel Offiziere jedes Dienstirradrs Y^J^"*
aufgenommen werden sollen, als in 18 Monaten unter norinais u
V^erhältnissen befordert werden kiiuncn. Die Fachpresse findet
auch diese Zahl noch zu hoch, will den Bedarf nur für 15 Monate
unter norrnah»n Verhältnissen angesetzt sehen und liriu^rt zum Be-
weise die Beförderungslisten und Beförderungen von lUUo. Mit den
Beförderungen der letzten Tage des Dezeml)er sinkt die Betorderungs-
liste für lüOH in die Vergessenheit und es ist zweifelhaft, ob alle,
die auf derselben gestanden, aber noch nicht befordert wurden, sich
auf derjenigen für 11)04 wiederfinden. 1903 stellt sich das Ver-
hältnis der zur Bcfördernni:- NOrgeschlagenen zu den wirklich Be-
[ijrflertrn hei der Infanterie: Oberstleutnaiit-s 81 : 32, Majors 105 : 52,
Hauptleute 150 : Sl, Leutnants 211 : 122. Kavallerie: Oberstleutnants
28 : 20. Majors 87 : 24. Rittmeister 54 : 34. Artillerie: Oberst-
leutiiaiiü. ;?0 : 25. Majors 47 : 27. 1 i uij tleute 4f; ; 28. Genie: Oberst-
leutnants 12 : s. Majors 18 : 9. liaupllrute 29 : 8. An die Alters-
grenze gelangen 1904 LS Divisionsirenerale (darunter noch Lauglois.
ßoipdetlre. Negrier). 12 Brigade-Generale der Heimalarmee. 1 Divisionsi-
general der Kolonial! ruppen.
Ein Offizier des ."s7. Infanterie-iu ;:i]nents hat einen neuen Tor- Neuer
nister konstruit-n, dw aus 2 von einander uiiabhiindgen Teile be- Torni-ter.
stehend, von denen der eine auf den Sehultrrblätteru. der andere in
der Taille aufliegt. Der dir Brust nicht einschnürende Tornister
wiegt 1.5 kg weniger, als der bisherige. Der obere Teil enthält
Wäsche und Sclmhi. der untere 2 eiserne Portionen. Wenn be-
sondere .Vnstrengungcn bevorstehen, kann man den oberen Teil auf
Wagen fidgen la.>sen. der Mann trägt dann nur Patronen und eiserne
Portionen bei sich und hat den oberen Teil des Rückens ganz frei.
Digiti-^cü by Google
362
UmscbAQ.
Der neoe Toruister biudert Übrigens in keiner Wdse das Schiefsen
im Liegen.
mlfrf**** Die Vorschrift vom Jl. November 1908, betreffend die Übungen
sihiersen. Beurlaubtenstandes, hat eine crgäilzeDde Erklärong des Kriegs-
ministers dabin erfahren, dafs die Reservisten der Truppen, die
gefeebtsmälsige Schiefsen abhalten, ohne daso Eisenbahntransport m
bedürfen, bezw. derjenigen, die ihre gefeehtsmiisigen Abteilungs-
schieisen wäbieod der Märsche zu den ManOvern, bezw. auf deo
Manöverfeldem abhalten, an diesen Schiefsen teilnehmen. In diesem
Falle werden die Kosten der Teilnahme der ReaenristeD ans don
Manöveifonds besahli
Reisekosten. Den Leuten im aktiTen Dienst, die verbdratet, oder Witwer
mit Kindern sind ond auf üuren Antrag aas entfernteren Garnisonen
in die Nttbe ihrer Familien versetzt werden, sollen in Znkanft, naeb
einer Verfügung des Kriegsministers, Reisekosten zustehen.
Küluiiiiii- Durch Dekret vom 39. Feliraar 1908, gezelebnet vom Kriegs-
trappen, Kolonialminister, sind die Bezttge der Offiziere und Uannsohaften
in den Kolonien niebt nnwesoitiieb gelindert worden. Die Genefalitftt
bOfst dabei ein (DiTbtonsgeneral 37 800 Frs. gegen 42 642, Brigade*
general 25 200 statt 26 800), alle Übrigen Dienstgrade gewinnen.
Die Obersten kommen yon 12700 anf 16 300, die ObersHentnants
von 10000 ant 18 000, die Minors von 9000 anf 11000^ die Hanpt-
lente von 6000 anf 10000 naeb zwölfjähriger nnd anf 9000 nach
aob^ähriger Zeit im Dienstgrade, Leutnants von 4900 anf 5400. Die
Adjntants steigen von 2,89 anf 4,18 Frs., Feldwebel 1,40 anf
2,05 Frs. tiigHeh. Fttr alle Dienstgrade ist die Besoldung derjenigen,
welohe bisher allein die Kolonialartillerie bezog, gleichgestellt worden.
Die Lente der Kolonialartillerie erhalten jetzt niekt mehr, als die-
jenigen der Infanterie. Im ganzen bringen die Neuerungen dem
Kolonialbndget Ersparnisse.
Dnreh Dekret vom 80. Dezember sind einige wichtige Ände-
mngen in dem Dekret vom 28. Dezember 1900 betreftend die Ab-
lösungen der in die Kolonie entsendeten OfBsiere ond Leute einge-
treten. Die AblOsnngen sollen von jetzt ab automatiseh erfolgen,
so zwar, dafa auf Grundlage der nach dem Budget znllssigen Ist-
stlfrke Offiziere nnd Mannsebaften in bestimmter Zahl zu derselbeu
Zeit abgehen, wie vorher diejenige, die sie ablOsen sollen. Hau
bat dabei den Vorteil, die Kadres in den Koltmien vollzählig zu
erhalten und femer, dals jeder Offizier nnd Unteroffizier genau weüs,
zu welcher Zeit er entsendet wird nnd darauf sieh vorbereiten kann.
Die sechsmonatlieben Urlaube nach Bttekkebr aus der Kolonie bleiben,
der bisher während dieser Zeit gewährte Sold naeb dem Satz fttr die
Digitized by Googl
Umschau.
363
Kolonien soll aber fortfallen. Bei Offiderea und Unteroffifieren, die
länger als Torgescbrieben in der Kolonie bleiben wollen, soll eine
äntildie UnterraohoDg stattfinden. Jede einem Ofliiier gestattete
VerlXngening des Verbleibeip in einer Kolonie ist spätestens
2 Honale Tor seiner sonstigen Bttekkebr naeh Frankreieb im „Jounai
Offieiel** bekapntzQgeben. der AbteUong Kolonialtrappen im
Kriegsminislerinm sind Listen aller Offiziere aller Waffen naeb Dienst-
grsden gdrennt fttr den Tnmus der Entsendungen in die Kolonien
sn ftbren. Diese Listen weiden im «Jonmal Offieiel" bekannt ge-
geben. Die Daner des Anfentbslts» ebne Hin* nnd Rttekfabrl^ die
die Offiziere in den Kolonien verbringen mttssen, beträgt fttr Indien,
Martiniqae, Gnadeloope, Böonion, Nen-Caledonien 3 Jabre, Indoebina,
Madagaskar, Gnyane, CSomoren 2 Jahre, ebenso Senegal nnd Somali-
käste, Westafrika, Sudan, Elfenbeinkttste, Dahomey, Kongo 20 Monate.
Offiziere, die naeb dem Gntacbten von 2 Militärärzten vorttbergebend
nieht in die Kolonien entsendbar sind, können dnrcb den Kriegs-
minister Anfbeknb Ton 8 Monaten erhalten, aber höchstens 4X3
Monate, wobd stets wieder ein ärztliebes Ontaebten nötig ist —
Fttr die Unteroffiziere bestehen gldehfalls KommandierroUen, an deren
Spitze die nen beförderten oder zn den Kolonialtrappen über-
getretenen Unteroffizieren eingeschrieben werden, die noch niebt in den
Kolonien gedient haben. Das erste Verbleiben in den Kolonien für
die Unteroffiziere ist festgesetzt, wie folgt:
Indien, Martiniqae, Gnadalonpe, Bennien, Nen-Caledonien 4 Jabre,
Indoehina, Madagaskar 3 Jabre, Gayane, Senegal 30 Monate, Somali-
käste, Comoren 2 Jabre^ in den Übrigen Kolonien 20 Monate. Ver-
la ngernng des Aufenthalts nnd Znlässigkeit ron seehsmonatliehen Ur-
lauber, wie bei den Offizieren, ebenso Anfsehub ans gesundheltliehen
Rtteksiehten. Fttr die Entsendung von Korporalen und Gemeinen
bestehen ebenfalls Listen, auf welche alle diejenigen erseheinen, die
21 Jahre alt sind und mindestens 6 Monate aktiv dienen. IHe
Reihenfolge der Eintragungen ist die folgende: dreyäbrig FreiwiUige^
vor dem dienstpflichtigen Alter Eingetretene^ Freiwillige, die vom
Landheere zur Kolonialarmee ttbergetreten, Leute, die sich freiwillig
auf 4 oder 5 Jahre ▼erpfliebten, Kapitulanten, die noch nicht in
den Kolonien gedient, en^eb Kapitulanten, die sehen in den Kolonien
waren. Bezttglieb der Dauer des ersten Aufenthalts in den Kolonien
gilt das bei den Unteroffizieren Gesagte«
Ziemlich dicht vor der Jahreswende hat ein Berliner Blatt die Di» Frage
Ansieht ausgesprochen, mit Annahme der zweQähiigen ^^^>^'^>^^^beim mobilen
gebe Frankreich den Wettkampf auf milittrisohem Gebiete ^fl^ösi-^^
mit uns endgültig auf. Dalb dies in bezog an! Bewaffnung nichtseben Heere.
Digitized by Google
364
Umielum.
der FaU ist, braacht nicht erst bewiesen zu werden. Aber ancb in
beza^ auf Zahl fttr das mobile Heer lätst sieh der Fehlschlnfs des
Berliner Blattes naebweisen and das Ist nm so nötiger, als, onwider-
8|iroeheo seine Behanptnng im Reiohstage bei Einbringung einer
nenen MilitttrTorlage TleUeieht za einer Plattform für die gnindsätiliehe
Opposition werden konnte. ZonHehst darf niebt tlbexsehen werden,
dais ancb in dem Tom Armee^Anssebnls der Kammer angenommeneu
Text, wie hier in den einanderfolgenden Beriebten siffermälsig naefa-
gewiesen worden, HaTsnahmen enthalten sind, die ein Sinken der
bisherigen DnrohsehnittBstSrke aneh bei nor 2 Rekmtenkontingenten
entgegenwirken, 2. dafe die Erklftmog des Kriegsministers im Armee-
aosschnfs, er wolle nieht baohstttblioh auf den 575 000 Hann der
beatigen Sollstärke bestehen, Sehwanknngen trilten ja schon in den
einzelnen Rekmtenkontingenten ein, — dorobaos nicht sagen will, man
werde eine Herabsetsnng der Sollstärke nm Zehntansend dulden,
was ja ancb schon ohne Änderung des Kadregesetses, die bisher
nicht beabsichtigt ist, onmOglich wäre, 3. die 210 000 Mann Darob-
schnitt des KekrntenkontiogentB, die General Andrö seinen Berech*
nongen zugrunde legte, nicht die Freiwilligen um&ssen, 4. was Heimat-
und Kolonlaltmppen in Frankreich angeht, man dort sehr viel mehr
Leute unter den Waffen hält, als wir, 5. während wir mit 7 Jahr-
gängen In aktivem Heer und Keserre rechnen, Frankreich in dengleicheii
Kategorien 13 — nach Annehmen der zweijährigen Dienstzeit 2 im
aktiven Heere, 11 in der Reserre verlangt, sein mobiles Heer t.
Linie also ans 13 Jahrgängen zusammensetzt Wo Ist da end-
gültiger Verzicht auf den Wettkampf auf militärischem Gebiete? Auch
bezllglich der Unteroffiziere in Deutschland und Frankreich, haut das
Berliner Blatt stark daneben. Die kapitulierenden Unteroffiziere,
die nach ihneu bei zweijähriger Dienstzeit das Ausbildnngspersonal aus-
machen sollen, steigen auf rund 43000, wenn man das vierte Viertel
des Unterofliziersollstandes hluzurechnet, dann aber beginnt der Dienst-
grad des „Unteroffiziers^ iu Frankreich erst mit dem Sergeanten
uud weist die grolsc Ziffer von Korporalen und Brigadiers, die
nach dem Bericht Herion Uber das Gesamtbudget 1904, auf 27 000
steigen sollen, als unsere jungen Unteroffiziere an Dienstalter und
dienstlicher Erfahrung gleichwertig betrachtet werden. Wir sehen von
den Gemeinkapitulanten, die nach dem Seuatetext auf 16 000 kommen
würden, ganz ab, obwohl ja anch sie Uber die gesetzmälsige Dienst-
zeit hinaus unter den Waffen bleiben und unsere Kapitulanten, dem
sie an Zahl ttberiegen, gleich gerechnet werden mOsseu. Von nur
35 000 Köpfen Ausbildnngspersonal In gleichem Werte wie unsere
Unteroffiziere kann also nicht die Rede sein, sondern nur Unter-
Digitized by Google
UaseUtt.
865
offi/iere, Korporale und Brigadien gereelwet} ron mindestens
60 OOO.
Die Mafsnahmc des Mariiieniinister.s, die Beniannang an Bord Mariae.
niedrig: zu halten, hat bei der beabsichtigten Entsendung- des Kreuzers
Sully nach Ostasien eine ziemlich drastische Illustration gefanden.
Am 15. Dezember fehlten an der normal 617 Köpfe betracrenden
Bemaonong des Sully nicht weniger als 25(» Köpfe. In den
Matrosendepots war nur sehr wenig mehr (i:'iO Mann) zusammen zu
rafle?j, man mufste auf die Schiffe des Mittelmeergeschw aders zurück-
greifen, um Sully rechtzeitig zu komplettieren. Bei dem ge-
naiiuten Kreuzer spielten sich Übrigens auch noch andere Dinge ab,
die nicht ohne Interesse sind. Schon vor längerer Zeit, einigen
Monaten, war dem Marineministerinm dienstlich gemeldet worden,
dafs eine Schraube des Sully nicht zuverlässig brauchbar sei. Darauf
war nichts erfolgt. Als nun Sully fUr die Entsendung nach Ostasien
bestimmt wurde, trat eiue technische Kommission unter Cnntreadrairal
Raovel zusammen und diese erklärte, dafs sie die Verantwortung für
die Entsendung des Kreuzers bei dem gegenwärtigen Zustand der
Schraube nicht Übernehmen könne. Pelletan beauftragte nun einen
Marineiiigenienr mit der Begutachtung des Sully, dessen Kom-
mandant übrigens seines Postens enthoben wurde. Das Ergebnis
war. dal's man das SchitY auf die Heede schleppte und für die Ent-
sendung bereit machte. Wie diese verlaufen wird, bleibt abzuwarten.
in Verwaltung und Zahlungswesen fUr die Mannschaften an
Bord hat ein Rundschreiben des Marineministers beachtenswerte
Vereinfacluiugen eingeführt. Soweit die bisherigen Nachrichten
übersehen lassen, hat mau in der französischen Marine den Verlost
des Transportschiffes Vienne zu beklagen.
Mitte Jauuar ist in Havre das zweite von den drei Torpedobooten Neues
abirelaufen. für welche 1901 Kontrakte gemacht worden waren, ;s7''Iang. ^^JJJ^^
4,5" breit, Maschinen von 20(X) indizierte Pferdekraft aufweisend,
soll das Boot, das Torpedolancier-Kohre und awei 37 cm Sobneli-
feuerkanonen trägt, 26 Knoten Fahrt erhalten.
-Am 17. Dezember YiHVA ist in Toulondie Patrie. das zweite Linien- $t»peU»iif.
schitf des Typs Kepublique, abgelaufen. 14 8()") Tons Deplacement,
17475 indiezierte Pferdekraft aufweisend, soll das Schiff 18 Knoten
laufen. Ks trägt ^ie^ ."^Ü,.") em Kanonen, achtzehn 16,4 cm. zwei-
undzwanzig 47 cm Sclinellfeuerkanonen, zwei o,7cm KevolvergeschUt/.e,
fünf Turpedolancier-Hobre. Irgend eine Feier, Taufe nsw. tand beim
ätapeilauf nicht statt.
Am IS. Februar erreichte der Chef des Admiralstabes Contre-AuaBcheiden.
adniiral Macquer die Altersgrenze und soll dorcb Contreadmirai
Jahrblltohtr fftr di« d«atMk« Anntt md Marine. 2f«. 9M. 24
Digiti-^cü by Google
366
Umschau.
Campion ersetzt werden. Eiu Teil der trauzobiseht n Fresse wirft
Pelletan bei Aofstcllung der Beförderung »listen gerade/^u offenkundige
Verletzung der bestehenden Bestimmungen des Beförderungsgesetzes
zum Vorteil von Giiustlingeu vor.
Über ein neuen Spreno:stoflf. das üe.sii, Uber Heactivii'ung in die
jyReform" versetzter Offiziere durch Dekret, Verstärkungen des Ge-
schwaders im fernen Osten und die Koiooialtruppen in Indochina im
nächsten Bericht 18.
Die letzte Zeit hat infolge Eneiehang der Altersgrenze wieder
Vei^derungen unter den kommandierenden Creneralen gebraeht und
stehen noch weitere bevor. Am letzten Tage des vergangenen
Jahres mnlste der Kommandierende des V. Armeekorps, Divisions-
General Farny zur 2. Sektion der Generalität übertreten. Sein
Armeekorps in Orleans hat Divisions-General Millet tlbernommen,
der 1848 geboren, IStil bei der Infanterie eingetreten ist. Er
war 8. Z. Infanterie-Direktor im Kriegsministerium. Am 27. Januar
1904 mußste der kommandierende General in Bordeaux PouIi6au,
der der Kavallerie angehörte, ausscheiden. Sein Nachfolger wurde
Divisions-General Lelorrain, der 1841 im Maas- Departement
geboren ist. Er trat 1860 bei der Infanterie ein und machte mit
seinem Regiment (87. der Linie) mehrere Expeditionen in Algerien
mit. 18G7 war er mit dein Ref?iment im Kirehcustaat, nahm aber
nicht am Gefecht von Mentuna teil, da sein Kcgiment Civita-Vecchia
zu decken hatte. Beim Ausbruch des Krieges 1870 sollte sein
Regiment erst zur .\rmee von Mac Mahou, erhielt dann aber Befehl
zur Besatzung von Strafsburg zu stolsen. dessen Verteidigunp: im
Regiment eine Hauptstütze erhielt, l^elorrain hat hier an verschiedenen
Ausfällen und an der Verteidig:uug der Angriftsfront teil genonnnen.
wo die Breschen gelegt waren. Nach der Uberg-abe wurde er in
Rastatt interniert. 17 Jahre hindurch bat er dem 87. Regiment an-
gehört. In der späteren Laufbahn finden wir ihn im Grolsen
Generalstab, als Regiments-Kommandant in Compiegne, als Hri;;ade-
Komniandant in V erduu. In St. Mihiel befehligte er die 40. Infanterie-
Division des Vi. Korps. Das XV III. Korps hat er am 29. Januar
übernommen.
In diesem Monat (27. Febr.) scheidet noch der kommandierende
General des IV. Korps in Lemans, Divisionsiieneral Lal lernen t
ans. Als seinen Nachtblger nennt man einen noch sehr jungen und
ungemein schneidiiren Kavallerie-General Oudard, der aus der
Infanterie hervorgegangen ist Kaum 56 Jahr alt, wird er noch
UmsohM. 367
j das Arinet korj)» hinaus geiangeu. Zurzeit hat er die Kavallerie-
DiNii'ion in Lyo».
Eiuer der fähigsten französischen Kavalleric-Geuerale, dvv fUr
uns darum ein besonderes Interesse hat, als er die 2. KavallfTle-
Division in Lanäville befehligte, ist kürzlich bei einem Kraykiaits-
Urlaob nach Lausanne unerwartet mit dem Tode abgegangen. Ks
war der 61jährige DiTisions-Getieral de Benoist. Welches An-
sehens und welcher Liebe er sich erfreute, zeigte sich bei seiner
Beisetzung: in Lnnt'ville, wo u. a. seiue l)('iden höchsten Vorgesct/.ten,
der konimajiiliHrende General Michal und der betreffende Armee-
Inspekteur General Donop in länj^eren Ansprachen ihm die letzten
Ehren verwiesen, ein schöner Gehrauch, den wir nicht haben. Nach
Luneville werden immer die besten Kavallerie-Generale gesandt, als
dem am weitesten gegen die deutsche Grenze vorj^escholx'nen
Poßten, es ist dies noch eine Reminiszenz aus der Zeit des gespannten
Verhältnisses zwischen den beiden Nachbarstaaten.
Eine eigentümliche militärische l'bunir hut kürzlich an der
frati/ösivch-bei^isehen Grenze stattgefunden. In i i ankreieh bestehen
im Anirnnengebiet Gesell scliaften für militärische Ausbildung
(Societes d'instruction militaire). Diejenigen zwischen Sedan und
Givet haben Versuche in der Giiü/.-Vrrteidi^iung gegen einen mar-
kierten Feind gemacht, der durch Belgien kuinniend durch das Ar-
deuiienloch (Tronic desArdennes) in Frankreicli einzudringen versucht.
Die .\ufgal»e war, den t\*ind auf der Grenze, von Givet ab. zu
überwachen und durch eine mobile Verteidigung seinen Marsch
gegen Charleville zu verzüf^ern, das einen wichtigen Knotenpunkt
Ton Kisenbahnen bildet. Die unter dem Namen ^Ardcuuen-Bataillon*'
gebildeten GeselLschaiteu haben teil an diesen Manövern genommen,
anter Leitunir der „Eclaireurs de la Semoy** und der ,. Kutants de
la Revanche', Alle Waldpfarie. alle Rergpässe waren durch
Schützen bewacht. Die Versannnluug wurde in Hargnies, einem
Dorf hart an der Grenze, bewirkt. Es ist das erstemal, dals diese
Art< n von Übungen stattgefunden haben. Wir haben es hier mit einer
Art freiwilligen Landsturms zu tun, Jedenialis ein Beweis, wie der
militärische Geist in Frankreich zugenonmien hatj ob die Sache
viel Nutzen bringt, bleibe dahiugesteilt. Schott.
Gro fb b ri tan iiien.
Panzerkrenzer des verbesserten ('ounty-Tvj)s sind im letzten Stapelläufe.
Vierteljahre vom Stapel gelaufen. Die ;J Sebifle waren im April U)(>2
in Auftrag gegeben und wurden am 1. September, L Oktober und
27. August auf Stapel gelegt Sie haben 10 700 Tons Deplacement
24*
Digrtized by Google
3G8 Literatur.
und soUeD mit Masehinea von 21000 Pferdekraft 22*/4 Knoten Fahrt
erhalten. Die Armierang wird aoB zwei 7,5*' ScbneUfeaergesehOtsen
in Barbetten von 6*' Panserstärke, zehn 6** SchneUfeaergeachtttsenr
8 Mitrailleneen, 2 Torpedoansstolsroliren bestehen. Jedes Schiff
kostet annähernd 17 Millionen Mark. Am 8. Desember ist in
Eiswiek der Krenzer I. Klasse Amethyst, 8200 Tons Deplacement.
Tnrbinensehiir mit 9500 indizierter Pferdekraft, 21,8 Knoten Fahrt
abgelaufen. 18.
Literatur.
I. Bücher.
Lehren aus dem russlseli-tfirkisohen Kriege 1877/78. Von Alfred
Krauss, Oberstleutnant im K. und K. Generalstabskorps. 1. Heft.
Uis zum Gefechte (1. Schlacht) bei Plewna am 20. Juli 1877.
Mit 14 Beilagen. Wien 1904. Seidel k Sohn. Mk. 6.-.
Kine mustergültige. kriegs.s:e<;chirhtliche Studie liogt In der Arbeit
des Oberstleutnant Kraiiss vom k. u. k. Generalstabskorps vor uns.
die in vortrefflicher Weise zei<?t. wie Kriegsgeschichte an einer
höheren militärisdieii {iil(iunp:sanstalt betrieben werden niufs. um nutz-
brinjLcend zu wirken und um nicht nur eine Sammlung von Tatsachen
zu bleiben. Das Brschemen des russischen Generalstabswerkes gibt
dem Herrn Vertlftsser die Orundlage IQr seine Studien, die keine ^un*
zeitgemäTse Kritik"* treiben, sondern nur die Lehren wiedergeben sollen,
die er aus den Ereignissen zieht. Seine Ansichten bringt er Uar und
bestimmt zum Ausdruck, er drückt sich nicht um ein Urteil herum,
sondern sagt mit dürren Worten, was er für richtig und was er für
falsch hält. Auf ©ine Ei-scheinungsform des Balkanfeldzuges sei be-
sonders hingewiesen. Im deutsch- französisclien Kriege forderte der
gliickliclie Feld/.ugsbpginn. das ViM-trauen auf das eigene Können, die
Stärke des Heercb auf dentsrhoi- Seite geradezu zu emer iietäligung
der Selbsttiitigkeit auf, so dafs h rtünier. rnterlassungen. ja selbst Fehler
der Füiuuug durch die Anordnungen der ünlertührer in ihren Folgen
abgeschwächt oder ganz aufgehoben wurden. Im russisch-törkbehen
Kriege fehlen diese günstigen Vorbedingungen aul beiden Seiten.
Digitized by Google
Litoratar.
36»
Der russischen Übt rmacht steht nicht die konig'uncnde Ober*
legenheit zur Seite. Es werden auf beiden Seiten von Anbeginn an
Fehler gemacht, deren FolLren sich in geradezu drastischer Weise ein-
stellen. Ks kommen Unterlassungen vor, deren mögliche Folgen durch
die Ereisrnisso so nahe irerückf werden, dafs sie auch mit Sicherheit
erkannl werden können, (icrade aus diesen (iininden bildet der bei
uns recht stiefmütterlich behandelte Krieg ein solcii reiches Feld des
Studiums. Er predigt uns die Lehre, daüs die Selbsttätigkeit aller
Führer keine Eigentümlichkeit dieser oder jener Armee sei. sondern
dafs es eine zarte Pflanze ist» die nur unter ganz besonders günstigen.
Lebensbedingungen gedeihen kann. Wie wBre sonst die Selbsttätigkeit
der französischen Führer 1869 und das Versagen der gleichen
Persönlichkeiten in dieser Richtung im deutsch-französischen Kriege
zu erklären? In Anlehniinj;^, aber doch auch in kritischer Verwertung
an<l»'r«'»- Veröfllentiichun;ren werden die beiderseitigen iStreitmittel ge-
schildert. Recht interessauL ist der Nachwei*?, wie wenig die Russen
die eigenen Erfahrungen aus früheren Peldzügen verwertet haben.
Ein Beweis, dafs die .Menschen selbst aus der eigenen Geschichte
nicht viel lernen, und- dafs selbst eigener Schaden nicht immer klug
macht Namentlich gilt dieses für den Einmarsch und für die Kämpfe
um die Donau. Der Ftufettbergang wird gut dai^tellt und eingehend
beurteilt Xun setzt die Eigenart des Buches ein, indem in grofsen
Zügen, aber durchaus erschöpfend die Obergänge von Alsen, Aspern,
Dettingen dem Donauübergange zur Seite gestellt werden. Wii* ver-
missen nur eine Frage, wfe ist der Übergang im grofsen Armeeverbande
auszuführen, wo Raum und Zeit für T.'iuschung^en des Gegners fehlen,
wie ist das Verhalten des Angreifers, wenn der erste i'bergangsv.M such
scheitert. Kann man diesen nicht nach Art eines abgeschiapu neu An-
grifle.s behandeln, d. h. dafs man ihn, wenn die anderen Bedingungen
zutreffen, sofort oder in der nächsten Nacht an der gleichen Stelle
wiederholt. Jedenfalls dürfte bei einer Wiederholung des Übergangs-
versuches an dieser Stelle die Auftnerksamkeit des Feindes recht
'gering sein. Nicht ganz einverstanden sind wir, wenn der Herr Ver-
fasser sich für die Möglichkeit eines FlufsUberganges am hellen Tage
'ausspricht Psychologiscfa lehrreich sind die Vorgänge bei Entsendung
des Avantgardenkorps Gurkos über dt n Balkan, dem andere Gebirgs-
Übergänge znr Seite gestellt werden. Vielleicht wäre es besser ge-
wesen, hier einmal die Ausführbarkeit v<»n „Raids" zu Vx'handeln. Mit
Recht tadelt der Herr Verfasser, dafs der türkische Führer im ^^chipk;ipafs
seine Stellung räumte, als er von Norden und Süden angegrifl'en wird.
Wir unterschreiben durchaus, wenn der Herr Verfasser sagt: «Unter-
kommandanten, welche auf solch wichtige Punkte gestellt werden —
und jede befestigte Pafsstralse ist eine wichtige Position — haben
nicht die Aufgabe, sich in strategische Kombinationen einsulassen und
zu erwl^en, ob die allgemeine Lage ihr weiteres Ausharren nötig oder
möglich macht, sie haben ihren Posten zu halten bis zur Erschöpfung
^ kjui^uo i.y Google
370
Litdratur.
des letzten Verleidj^unijüiinUolsl" Donau und Baikan zeigen» dafs die
mäctiUgsten natürlichen Hindernisse an sich relativ leiclit zu fiber-
winden sind. Die Übersetxung selbst des gewaltigsten Stromes und
das Oberschreiten des unwegsamsten Gebirges durch eine Armee»
ohne feindliche Gegenwirkung, sind nur eine Frage der Zeit und der
Arbeit Das einzige Hindernis, das unter Umständen nicht zu über-
winden ist, ist das Feuer des Verteidigers. Und nur in der richtigen
Verbindung dos natürlichen Hindernisses mit dem Peuer des Ver-
tciHic-"rs. nur in der Ausnützun^: des toten Hindernisses durch die
lebendige ivralt liegt die Kraft des Vertetdigers überhaupt. Die Türken
hatten d«her nicht das Recht, die rasclie ßevviiltigung der beiden Boll-
werke Ltonau und Balkan als schwere Schicksalsschläge aufzunehmen,
denn die Schuld lag nur in ihnen. Auch der Türkengott hilft nur
dem, der sich selbst hilft!
Auch den trefflichen Bemerkungen über die erste Schlacht von
Plewna, welche den Schlufs des vorliegenden Buches bildet, können
wir durchaus beipflichten, t>ei dem ungleichen Stttrkeverhältnis be-
rücksichtigt der Herr Verfasser nur die Schlachtanlage und nicht die
Schlachtdurchfflhrung. Wir hoffen, dafs recht bald ein 2. Hefl folgen
miSgc Piis Ruch dürfte jedem hochwillkommen sein, der sich ein-
gehend mit operativen Fragen beschäftigen will. B.
Die Eiitwiekeluiig der ätrategisdieu Wisseiiüeliaft im lU. Jalir-
kuidnC. Von t. Caemmerer, Generalleutnant z. D. BerUii
1904. Verlag von W. Baensch. Mk. 8,00.
Wenngleich Moltke von der Strategie sagt, dafs man sie kaum
eine Wissenschaft nennen könne, da ihre Lehren wenig über die
VordersHtze des gesunden Verstandes gehen, so hat die Kriegserfahrung
von Jahrhunderten, der Wechsel der Kriegsmittel, die Technik u. a.
den nie ruhenden menschlichen Geist doch Immer wieder dazu an-
geregt, sich den Pinl>kmen der Kriegführung zuzuwenden und sie
wissenschaftlich zu pt iifVn. l >afs die gewaltigen l^riege des 19. Jahr-
hunderts hier bestimmend eingewirkt haben, weist Verf. in seiner
vorliegenden Schrift überzeugend nach.
Während in Frankreich am Anfang des Jaln iiunde rls die alte
methodische Kriegführung, welche in möglichst unblutiger ^^'eise de«
Feldsug durch Manöverieren su gewinnen sachte, bereits überwunden
war und man hier die Bntscheidung durch Vernichtung des Gegners
eratr^te, hatte die erstere in Preufsen und Österreich noch viele An-
hänger. Einen besonders unheilvollen Binfluts schreibt Verf. in dieser
Hinsicht in Preufsen dem genialen Heinrich v . Bülow, dem Bruder des
Siegers von Denncwttz zu, welcher 1799 seme Ansichten in einem
Werk „Geist des neueren Kriegssystems usw." veröffentlichte.
Für Österreich und weit über dessen Grenzen hinaus wurde lange
Zeit Erzherzog Karl, der Siegel- von Aspern, durch seine iSchriiten,
besonders „Die Grundsalze der Strategie", inafsgebend, in welchen
I
Dlgltized bv Goor»Io
Utefttur.
371
der iSchiüsseltheürie und der Hodengestaltung mit dem Anstrich hoher
Gelehrsamkeit eine übertrieben hohe, vielfach sehr verderblich wirkende
Bedeutung zugewiesen war.
Von Napoleon meint Verf.« da& er eigentlich gar keine Grand-
eftt2e ffir seine KriegfBhrong selbst erfünden, sondern dieselben teils
den bei uns wenig bekannten älteren Schrlttstellern, Guibert» du Teil
und Bourcet, teils, von 1805 an, Jomini verdanke, dessen Schrift
„tniiti- dp gn'»nd<- trx'tiqiie usw." eine noch jetzt in Kraft beflndli<*h»»
W'irks; tnkcit orlanfft und z. B. 1866 die österreichische Kriegfühi-ung
mil ÜL'cmflufst hat.
Bei uns hat Chiusewitz. dessen Schüler Moltke war. in seinem
nachgelassenen Werk „Vom Kriege" das Fundament gelegt, auf dem
weiter gebaut wird. Die 1840 erschienene scharfsinnige, aber ein-
seitige und methodische «Theorie des grofeen Krieges*" von Willisen
konnte sich den geistvollen und freien Lehren von Clausewils gegen-
über nicht behaupten, xuroal Willisen 1849 durch die Sehlacht bei
Idstedt sein Ansehen verlor. Brst neuerdings wird wieder ö|(er auf
ihn verwiesen.
Verfasser fiiht-r Willisen als warnendes Beispiel dafür an. wohin
man mit einseitigen Theorien kommen kann. Derselbe war z.H. ein .solcher
»Gegner jeder F>etGnsivsclilactu. dafs er bei Idstedt, zu einer solchen
gezwungen, unnötigerweise den Rückzug belahl, welcher zur Vw-
•flichtung der sclileswi^-holsteinschen Armee führte.
Wenn Clautsewiiz oft angegriffen wird, weil er „die Verteidigung
als die stärkere Form mit dem negativen Zweck, den Angriff als die ,
schwächere Form mit dem positiven Zweek* hingestellt hat, so warnt
Verf. mit Recht vor einer falschen Auffassung dieses Salles, besonders
aber auch davor, das Vertrauen aur Verteidigung nicht su erschtitteni,
in die gerade wir bei einem Kriege nach mehi*eren Seiten leicht hlnein<«
gedrängt werden könnten. Dann mufs der Führer jeden Ranges und
seine Untergebenen zu der Wirksamkeit der Verteidigung volles Vor-
tranen iiaben. welches nicht erschüttert werden darf. Dem wird man
nur voll zustimmen können. Dasselbe gilt aber auch umgekehrt von
dem Schlichtrngschen Kardinalsatz, den Verfasser stets verteidigt.
,„dafs der frontale Infanterie-Angrifl" über die Eben«- jel/i eine Un-
möglichkeit geworden sei". Wohin wOrde es fiihi*en, wenn die Übei^
Zeugung von dieser Unmöglichkeit erst der Trappe in Fleisch ond
Blut Übergegangen wSre?
Naehdem der Einwirkung der Technik auf die Strategie des
19. Jahrhunderts ein besonderes Kapitel gewidmet ist, kommt Verf.
zu der viclumstrittenen Frage, ob ein grundsätzlicher Gegensatz
zwischen Moltkescher und Xapoleonischer Strategie bestehe*.' Wie
fi'uher, so vertritt pt auch hier warm die Schlichtingsche Lehre.
Ein weiteres Kapitel handelt vom Ausbau der Moltkeschen Lehr«
durch Schlichting, - wie er besondere in dessen ^taktischen und strarr t^t
sehen Grundsätzen der Gegenwart^ entwickelt und ausgeführt, dunu
Digitized by Google
372
Literatur.
aber auch im Exerzier- Re^ement fOr 'die Infanterie sum Ausdruck
gekommen ist.
Kurz und treffend werden unsere bedeutendsten neueren Militär^
sohriftsteller v. Verdy, v. Boguslawski, v. Scherfi, v. d. Goltz gewürdigt
Die inhaltsreiche Schrift des Generalleutnants von Caemmerer ist
überaus klar und interessant. In der Fassung leicht verständlich «re-
schrieben, wird sie nicht allein (ion Fnrhmännern. sondern auch allen,
welche sich lür militärische i'r.iu'L'n im grofsen, besonders die Krieg-
führung interessieren, sehr willkommen sein. v. Twardowski.
Die Festung iu der heutigen Kriegführung. Von Schröter, Major.
Mitglied des Ingcnieur^Komitees und der Studienkommission für
die MiiitSrtechnische Akademie. Zweite Auflage. Erste Abteilung.
Das Wesen des Festungsbaues. — Die Landbefeetigung. Mit
14 Texiskizzen und 8 Karten in Steindruck. Berlin 1903.
E. S. Mittler & Sohn.* Mk. 3,25.
Das treffliche Buch des M^or Schröter ist bereits nach dem Er-
scheinen seiner ersten Auflage im Jahre 1897 in diesen Blättern ge*
•würdi^rt unri allen Offizieren zum Studium dringend empfohlen worden.
Es erübrigt, auf die Änderungen und Erweiterungen hinzuweisen,
welche die zweite von der ersten Auflage unterscheiden. Im allgemeinen
ist der Wortlaut der beiden Teile, in die sich das Buch gliedert:
, Wesen des Festungsbaues" und „Landesbefestigung** unverändert ge-
, blieben; neben einigen anderen kleinen Zusätzen ist aber der neue
Schlufesait des vierten Kapitels («Bndzid der Festungsverteidigung
und ideale Auf^be des Pestungsbaues*) bemerkenswert. Er will be-
merkt sein, denn er ist in gesperrter Schrift gedruckt und wird noch
durch eine charakteristische Pu¬e erläutert, welche eine abfällige
Kritik des heutigen Festungsbaues enthält und weitere Erörterungen
.'in dor zweiten Abteilung in Aussicht stellt. Der Verfasser erblickt
die ideale Aufgabr des Festungsbauos in der weitestgehenden Vor-
bereitung der Hauptvt'rtei'ligungsstHlhmg und in Vorkehrungen, w^elche
eine geordnete Zurücknahme der Kauiplmitiel aus dieser Stellung und
die Weiterliilu cmg der Verteidigung imt geschwächten Mitteln unter-
stützen. „In beiden Beziehungen**, so lautet der bemerkenswerte Zu-
sats» «sind aber stets Befestigungsformen anaustreben, welche sowohl
dem vom Kommandanten im Ernstfälle zu wählenden Verteidigungs-
verfahren, wie einer zeitgemSlsen Entwickelung der Befestigungs*
anlagen im Frieden den grdfstmöglichen Spielraum gewähren.** Der
Verfasser tritt damit der Ansicht entgegen, dafs die Starrheit der
Pestungsforraen den Kommandanten auch an ein bestimmtes und vor-
her festzulegendes Verfahren binde, eine Ansicht, an deren Befolgung
die Kommandanieu der französischen Festungen ls70/71 raeist
scheiterten, da die .Xiafsnahmen des Angreifers nicht den dem Ver-
leidigungsplan zugrunde liegenden Annahmen efiLsprachon. Kr btinimt
damit der. auch von mir in meinen „Kriegsgeschichtlichen Beispielon
Dlgitized by Google
Litenter.
373
des Fostunsskrieges" iininor betonten Forderung zu, dafs das Vor-
leidigungsvtM'fnhren im Ernstfälle sich nach den Umständen richton
und der Konirnjuidant also föhig sein müsse, diesen gebühn-nd
Rechnung zu uagen. Wenn er nun weiter bei der Anlage der Be-
festigungen hierauf Rücksicht genommen und die Formen ihrer ein-
schränkenden Starrheit entkleidet wiesen will, so kann man dem wohl
zustimmen; es kommt aber sehr. darauf an, wie er dies schwierige
Problem lösen wird. Das soU ja im sweiten Teil kommen.
Einer weiteren Änderung, der (übrigens wortgetreuen) Übernahme
des Kapitels «Das heutige Festun crswesen und die Kriegsgeschichte*'
aus der zweiten in die erste Abteihinfr, kann man beistimmen. Den
Schlufs des Bandes bildet eine , Üb ersieht über die Landosbefestisrung
einiger Staaten I'luropas'*, und diese ist in dankenswerter Weise durch
die Aufnahme der Landesverteidigungs - Systeme der Niederhinde,
Österreich-Ungarns und Englands bereichert worden. Kleine farbige
Skizzen geben eine gute Übersicht Zu diesem Abschnitt möchte ich
aber einiges bemerken. Die Schwierigkeit ist nicht zu übersehen, die
sich der Aufgabe entgegenstellt, eine richtige Darstellung der Landes-
▼erteidigungssysteme zu geben, da darüber meist offizielle Ver-
dffentlichungon nicht bestehen und die bekannt werdenden Naohrichten^
nur mit grofser Vorsicht benutzt werden können. Ich mache also dem
V(»rfasser keinen Vorwurf daraus, dafs seine Zusammenstellungen
wahrscheinlich nicht nur Lücken, sondern auch P'ehler enthalten mögen.
Da sie aber ebenso wahrscheinlich vielfach als Quelle benutzt werden,
möchte ich darauf aufmerksam machon, da£$ für Frankreich ausnahms-
weise die Kenntnisnahme der Karten ziemlich zuverlässige Angaben
ermöglicht: und da würden einige Fehler wohl zu vermeiden gewesen
sein. Hierhin rechne ich z. B., dafs Brianfon mit seinen grofsartigen,
weitausgreifenden Anhigen nicht wohl als kleiner Platz oder als
Sperrfort« sondern als gröfeere Festung zu bezeichnen ist. dafe Bouig
St Maurice jedenfalls Aufnahme finden mufste, dafs Leseillon richtiger
mit Modane bezeichnet wird und die Befestigung des Aution nicht
weggelassen werden durfte. Einige feste Pl&tze» wie Valenciennes
und I^iurre Ghätel, sind meines Wissens eini!:eg:an{?en, andere sind auf
der Skizze nicht am richtigen Platze oder unrichtig bezeichnet, wie
St. Vincennes, St. Anloine. Ecluse, Hisoux, Joux. Für Grofsbritannien
ist zu bemerken, dafs die Zahl der 3 KriegshSfen. Plymouth. Portsmouth
und Themiie-Mündung, wohi /.urzeit nicht mehr stimmen möchte. Schon
die Klassifikation der den Armeekorps -Bezirken zugeteilten festen
HafenpUtze in Festungen und befestigte Hfifen (vgl. meinen LQbeU-
Bericht yon 1008) Ifilst das erkennen. Betreib der Osterreichischen
Befestigungen- In Tirol trifit die Vermutttng zu, dafs einige neue
Werke (auf den die Sellagruppe umgebenden Pissen) zu den früher
von mir angegebenen hinzugekommen sind.
Abgesehen von diesen aus der Schwierigkeit des Stoffes sich er-
gebenden Mängeln* die ich al^er im Interesse der Sache wolii nicht.
Dlgltlzed by Google
a74
Lttentor.
gut verschweigen durfte, verdient das Buch des Major Schröter volle
Anerkennung und Aufmerksamkeit. Frobenius.
La gnem NifolteBteuie. Pr^üt des campagnea. Tome l«'. Far
le GommaDdaDi Camon. Paris, Chapelot et Co. 1906.
Der erste Band eines grofs angelegten Werkes — die beiden
folgenden Bftnde sollen ,Die Schlachten*, sowie „Theorie und Technik"
bringen -^^ welches «Die KriegfQbrung* Napoleons L ihrem eigentlichen
Wesen nach darstellen will.
Gewifs ein sehr dankenswertrsl nteniehmen — jedoch so schwierig,
dafs Mufsergewöhnliche geistige Betahigung dazu gehört, um sie be-
friedigend zu lÖKen. Der HeiT Verfasser ist jedenfalls ein sehr fleifsiger
und belesener Arbeiter, er besitzt auch die einer ijiucn. knajipen
Dansielhinirs weise, und ;^erude der vurliegenae i^and. welcher sich mit
den Feldziigcn de« grofsen Kriegsmeisters beschäftigt, hätte ihui in
erster Linie Gelegenheit geben können, eine geniale, dabei objektive
AufTassung der Dinge su betätigen aber von letzterer ist nicht
▼lei zu bemerken. Überall macht sich die landliullge, speaiflsch fran-
zösisch geOrbte und deshalb einseitige Darstellung operatiTer Ver-
ginge bemerkbar. Wenn der Herr VeHhsser auf die «Correspondance*
als den eigentlichen Ausflufs der Ideen und Absichten Napoleons so
grofsen Wert legt, so hätte er doch wissen müssen, dafs bei der Her-
ausirabe sehr viele Stücke absichtlich unterdrückt woixien sind, weil
sie unbequem erschienen.
• Er hStte ferner sich »ha den tieiden unter Leituiiir lU s französischen
Generalstabes herausgegebenen ausgezeichneten Werken ..l/arnu'e de
rescnr'e 1800" und „La Campagnc 1809" von Saiski leichi überzeuge»
k9nnen, dafo die übliche strategische Verherrlichung Napoleons hn
Peldzugc von Marengo sich jetzt gar nicht mehr aufrecht erhalten tiUiit
Ähnliches gilt von dem sogenannten Peldsug von Regensburg* welcher
nicht durch das operative Geschick Napoleons, sondern durch die
taktischen Erfolge Davousts gewonnen worden ist. von dessen eigent-
licher, aufs äufserste gef&hrdeten Lage X j oleon bei Erlafs der ent-
scheidenden Befehle sich gar keine Rechenschaft gegeben hatte. Die
Jena-Auerstaedtepisode ist nicht durch die überlegene Strategie des
Kaisers zugun^^tf^n der Franzosen entschieden worden, sondern durch
die Energielosigkeit der Preufsischen Heeresleitung, durch die kriegeri-
sche Minderwertigkeit des Preufschen lieeres und speziell bei Aucr-
staedt durch die bewunderungswürdige Tapferkeit des Korps Davoust.
Eine brauchbare kriegswissenbchafi liehe Theorie läfst sich aber
offenbar nur dann aufstellen, wenn man sie auf eine durchaus un-
parteiliche, streng wissenschaftliche Kriegsgeschichts-
schreibung aulbant. Letsteres ist aber bei dem heutigen, ungemein
fortgeschrittenen Stande emster Kriegsgeschichlsschfeibung, welehe
weder einen »französischen", noch einen .»dentschen*, oder irgend
einen andern nationalen Standpunkt kennt» sehr wohl m^iich.
Literatur.
876
Ich finde aber nicht, dafs dieses aliein berechtigte Verfahren von
•dem Herrn Verßttser in dem sonst recht interessanten Buche eo zur
Anwendung gebracht worden ist. wie es die moderne militärische
Wissenschaft verlaniirt. Keim.
^Der Werdegang des preufsiseheu Heeres". Von Paul v. Schmidt»
Generalmajor z. D. \V. Schultz -Engelhard, Verlag filr Militar-
r.iteratur. Berlin. V^'. 35. Preis 7 Mk.
NiemaiKl diirt'to besser imstande sein, den Werdegang des pi*eufsi-
schen Heeres zu hchildern, als ein alter Angehöriger der Armee, der
mit seinem ganzen Denitefi derhelben so nahe sieht, wie General
V. Schmidt. Die Geschichte eines Heeres baut sich naturgemäfs aus
der Geschichte des betrefflmden Landes lieraus auf; sie voU und ganz
zu wttrdigen vermag aber nur derjenige, der die Bausteine und die
Baumeister in Betracht zieht Diese Bausteine sind für das preulaische
Heer mehr wie für ein andeies in erster Linie die Offiziere; in keinem
anderim Heere aber haben für den Ausbau des Heeres die Baumeister,
Pi^eufsens Herrscher, eine so bedeutsame lioile gespielt, wie in dem
Preu!-f»ns.
Wenn wir von diesem Standpunkte ausgehen, werden wir am
besten den „Werdegang des preufsischen Heeres" im Sinne des Herrn
Verfassers verstehen und es ihm, dem bewährten Streilir für die
nationale Sache, nachempfinden Icönnen» dafs er dem Werdegange des
preufsiachen Offiziertumes, wie sich derselbe an der Hand der preufoi-
sehen Herrscher vollzogen hat, den breitesten Raum einrftumt
Fehlen uns auch noch fOr die Gesamtgeschichte des preufsischen
Heeres die für eine solche grundlegenden archivalischen Forschungen,
so ist mit dem Herj-n Verfasser zu hoffen, dafs die Kriogsgeschichtliche
Abteilung de- ^Jiofsen (ieneralstahes durch ihre „l'riiundÜchen For-
schungen zur (»eseliichle des preuisisclie«) Heeres" weiter die Anregung
dazu geben werde, über alle Fragen der preufsischen Heeresverfassung
mein- und mehr Klarheit zu schaffen. Bis dahin, d. h. bis zur er^
schöpfenden Schilderung des pmufsiscben Heeres, wird aber noch viel
Zeit vergehen und wir können nur dankbar das ansehen, was in dem
vorliegenden Werke geboten wird.
Hat der „nationale Gedanke sich siegreich im brandenburgisch-
preufsischen Heere durchgerungen", so sind in der Folge die Re-
organisationen der preufsischen Könige als die Basis dafür anzusehen,
was das Heer späterhin wurde.
Wir finden diesen nationalen (kdanken sciuin 170& in der Ver-
ordnung, keiner solle das Bürgerreclit erwerben, bevor er sich nicht
Flinte, Degen und Wehrgehenke angeschafft habe; in der Hardenberg-
Bchen Verfügung von 1813. wonach kein junger Mann zu irgend euier
Stelle, Würde oder Ordenaauszelchnung kommen solle, wenn er nicht
ein Jahr aktiv gedient hat Wie gerecht ist der Gedanke Jobann
Siglamttnds, ein Wehrgeld einzuführen und doch sind wir heutzutage
Digltized by Google
876
Literatiir.
noch lange nicht so weit in dieser Richtung, wie damal>. Wie kehren
die Verordnungen darüber stetig wieder, welche die Sorge fiii die
Invaliden beireffen; wie wird zu allen Zeiten gegen den Luxus ge-
eifert; wie schon frühzeitig dem Schiefsen Wert beigelegt; dieWaoht-
vergehen streng geahndet; gegen Duelle eingeschritten etc.
Auf das richtige MaTs zurfickgeführt» wird der Wert der Landwehr-
-eliuichtung der Freiheitskriege und überzeugend nachgewiesen, wie
ihre spätere Verschmelzung mit dem aktiven Heere ein grofser Nach-
-teil für die Kriegsmacht war, deren Hälfte sie darstellte. Vor allem
wird immer wieder darauf hingewiesen, welch unheilvolle Einrichtung
ein Milizheer darsielk und Moltkes Rede vom 16. Februar 1874 wieder-
gegeben, in der überzeugend nachgewiesen wir«i. liufs die von Miliz-
heeren geführten Kriege sehr viel mehr Geld und Menschenleben kosten,
weil sie tatsächlich länger dauern als andere. Wer denkt hierbei nicht
an den nordamerikanlschen Sezessionskrieg, in dem das Vertniuen auf
die Miliz die Hauptursache der Niederlagen bildete.
* Mit Fteade haben wir es bestätigt gefanden, dafs die Erkenntnis
von der Reformbedflrfdgkeit der Armee vor den UnglQckstagen von 180d
sich schon Bahn gebrochen hatte und an Allerhöchster Stelle auch der
Entschlufs vorlag, mit dem Bisherigen zu brechen: es war gar Vieles
überstand ig und erst mit Scharnhorsts Reorganisation wird das preufsische
Heer ein nationales.
Dieser crsit n grundlegenden Idee reihte sich später die auf die
personlichste Kinwirkung des damaligen Prinz -Regenten unter dem
1. August 1859 begonnene zweite ReorgaiH.^ation der Armee an, welche
ihre Bewährung in den ruhmreichen Kriegen um die deutsche Einheit
fhnd. Nicht genug kann der Herr Verfasser dem späteren Kaiser
WUhefan dem Orofsen Dank zoUen fär dieses sein Lebenswerk und er
lügt in richtiger Weise auch weiter die Verdienste an, welche sich der
Prinz Friedrich Karl als Bildner und Erzieher seiner Truppen er-
worben hat.
Wir wollen uns hier nicht in Einzelheiten verlieren, müssen aber
erwähnen, wie schon einmal, nämlich zur Zeit Friedrichs des Grofsen,
zu viel Artillerie bestand, und zwar, wie der König selbst sagt, man
mufste so viele Geschütze haben, um nicht gegen den Feind in Nach-
teil zu geraten-. Er selbst, der grofse König, spricht von aileihund
Mifsständen, von einer Art der Erstarrung, die nach den gewaltigen
kriegerischen Ereignissen eingetreten sei. Wir fügen hinzu, eine
gefihrliche Untersch&tsung des Qegners.
Wie bereits erwfihnt^ legte der Herr Verfasser besonderen Wert
darauf, die Scbaming des Offlzierstandes zu schildern, was ihm
meisterhaft gelungen ist. Wir sehen das Bestreben der Herrscher,
mehr und mehr eine Einwirkung auf die Besetzung der Offlzierstellen
zu gewinnen, schon zur Zeit Georg Wilhelms. Gerade die Xotwendig-
keit, die Öelbstherrlichkeit der ehemaligen Kriegsobersten zu brech*'n,
führte zu manchen Kämpfen, aus denen der oberste Kriegsherr scliiiefs-
Digitized by Gooql
S77
Jich siegreich hen'orging. Wir haben gerade diese innere Entwiclv^lung
des Heeres mit p:rofsem Interesse vertolirt und dürfen hoffen, dafs das
vorliegende Werk manche noch nicht hinreichend geklärte Frage zur
Lösung bringen wird.
Im einzelnen msL^hcn wir ;iuf einige Kleinigkeiten aufmerksam,
die nur unwesentlicher Art sind und den Werl des Ganzen in keiner
Weise beeinträchtigen.
Seite 47 wird das 1626 gegründcic älteste Infanterie-Regiment benannt
^Grenadier-Regiment König Friedrich Wilhelm I. No. 4*. wäh-
rend es nach der Rangliste 190S «Grenadier-Regiment König
Friedrich der Grofse (8. Ostpreufs.) No. 4" heifst.
Seite 125. Aufser den j Bataillonen Garde wurde noch ein ^Garde-
Grenadier-Bataillon" fniniert.
Seite 84 ist angeführt, König Friedrich 1. habe sich die Offiziere vom
Regimentschef vorschlagen lassen und seihst die Kniennung
vollzogen, wäiirend der grofse Kurfürst die vom Obersten er-
nannten Offiziere nur bestätigt habe. Tns lie^^t in der
Regimentsgeschichte des oben erwähnten (htiiadier-Regiments
König Friedrieh der Grofse der Beweis dafür vor, dafs bereits
1626 das Ernennnngsrecht Sache des Kriegslierm war.
Wir liönnen nur hoffen und wünschen, dafs dieses Werk recht
viel gelesen werden möchte; es sollte in Iceiner Bibliothelc eines
Ofßzierltorps fehlen. 63.
Die Aiifualimc- Prüfung zur Kriegs- Akademie, unter besonderer
Berücksichtigung der für die K. bayer. Armee geltenden Be-
stimmungen von i.iHiwig Hetzel. Major im ii. bayer. Generai-
stabe. München 1*J04. Lilerar-ariibt. Anstalt. Mk. 3,20.
Aus dem Buche geht hervor, dafs die allgemeinen Grundsätze und
Anforderungen, nach denen die Aufhahme zur Kriegsakademie erfolgt,
sich in Preufsen und Bayern vollkommen decken; mit Ausnahme der
mfindlichen Prüfung, die man für die preufsische Kriegsakademie nicht
kennt. So hat das ausgezeichnete Buch nicht nur ein speziell bay^rt«
scbes Gepräge, sondern ist auch von Wert für jeden werdenden
Kriegsakademiker des deutschen Heeif»s.
Von allgemein militäriselicni Interesse sind die „Gesichtspunkte für
die Bearbeitung der Priit'ungsaulgaheir : in glücklicher ^\'eise ist hier
überall der Hauptton auf eine strarte L>iszipiinierung des Geistes und
ein scharfes Erkennen der Hauptsache gelegt; GesichLspunkle, die für
das Anfassen jeder militärischen .\ufgabe Geltung haben; die kurze
Anleitung (Hr das Lösen von Aufgaben in der angewandten Taktik
kann auf kleinem Raum kaum mehr bieten. Sie gibt Winke die au^h
für jeden, der im Kriegsspiel oder bei Übungen Aufgaben stellt oder
zu lösen hat, wertvoll sind.
Ein reichhaltiges Material von Aufgaben, die bei früheren Prüfungen
gestellt sind, gibt dem sich Vorbereitenden reichlich Gelegenheit zur
S78
Übung, und zur Anlegung eines Mafsstabos an seine Loistnnp:en. wenn
er sie mit den Musterbeispielen von Lösungen vergleiclit, die in dcni
Ruch gegeben sind. Ein glücklicher Gedanke ist es, diese Muster-
beispiele wirklichen Prülungsarbeiien zu entnehmen.
Was die Themata der miiitärisehen Aiitgaben betritl\, so bewegen
sie sich ganz in demselben Sinn und Geist, wie die von der preufsischen
pTttfungB-Konuniesion gestellten. Bs hatte sich im Qbrigen wohl em-
pfohlen» dem Buch die nötigen Karten beizugeben, deren nachträgliche
Beschaflüng immer etwas Umständliches und Zeitraubendes hat. Bei
den Oesehichtsaufgaben berührt von vaterländischem Standpunkte; aus
ringenehni, dafs bei einer grofsen Zahl derselben das National-Deutsche
im Vordergrund steht.
Wenn auch die mündliche Prüfung iiui- in Bayora stjtttfindt-i. so
sind die aus dieser wiedergegebenen Fragen doch für jedt. n werivoU
durchzuarbeiten, da sie in knapper Farm Aufschlufs über alle wichtigen
und modernen militärischen Fragen verlangen. Die mündliche
Prfifting an sich ist sicher für die Beurteilung zur Aufnahmefähigkeit
etwas sehr Outzuheifsendes; der persönliche Bindruek und rasche Auf-
fassungsgabe — wichtige Momente für einen Soldaten — können hier
die richtige Würdigung erfahren. Allerdings ist eine solche Prüfung
hei dor Zentralstelle in bezug auf Z»»it und Kosten bei nur 3 Armee-
korps einfacher und eher durchzufühi'eu wie bei einer Aspirantenzalil
aus 20 Armee- Korps.
Alles in allem ist das Ziel der Einberufung iür den sich Vor-
bereitenden bei der Gröfse des 8toflfes und bei dem Charakter «dnes
Konknrrenzexamens nicht leicht zu erreichen; um so dankbarer wird
er das vorliegende Buch zur Hand nehmen, das ihm aus der berufenen
Feder eines langjährigen Lehmrs an der Kriegsakademie ausgezeichnete
Ratschläge erteilt und den OflRzieren, die berufen sind, die Akademie^
aspir.mfrri vorzubereiten, wertvolle Winke gibt für eine zweckent-
spreclit-nde Ofstalttrng der Belehrungen.
Seiner ganzen .Vnlage nach aber kann sich das Buch ein weiteres
Ziel steekt'n; es gibt jedem ()nizier. der sich über die militärischen
WissenschalWn auf dem Laufenden erhalten will, die Anregung und
Anleitung für eigene militäiMsche Geisiesaibeit. So kann Verfasser mit
Recht sagen, dafs seine Arbeit »unserem grofsen Ziele — Ausbildung
fttr den Krieg — in erster Linie gewidmet sein soll" Ttz.
Im eavalerie et la telegraphie railitaire par le Lieutenant-Colonel
Picard. T.ibrairie militaire Berger- Levrault (c Cie. Paris et Nancy.
In der Schrift wird der Nutzen des Telegraphen für die I'ber-
mittelung von Befehlen und Nachrichten aller Art. insbesondere über
seitens der in vorderster Linie befindlichen Kavallerie bewertet. Im
Hinblick darauf aber geklagt, dafs das in der Praxis nicht genügend
geschweige denn durchschlagend zum Ausdruck gebracht werde. Die
Hauptschuld daran trage die Friedenspraxis, die die Nutzbarmachung
^ kj ui^ .o i.y Google
Uterator.
379
des Telögraphen in bezug aui tlön Feind und auf weite Entfernungen
gegen die reine Übermittelung von Befehlen etc. nur zu sehr in den
Hintergrund treten iassu.
Bs wird dana eingangs eines kurzen kriegsgeschlchtUchen Über-
blicks aosgeffihrt. wie man schon in den flrithesten Zeiten bestrebt
gewesen sei, sich auf weithin der Zeichensprache zu bedienen. Bis
sur ersten Anwendung von elektrischen räegraphen hat es somit»
langer Zeit bedurft Aber auch jetzt noch ist für militärische Zwecke
eine Kombination telegrap bischer, optischer und akustischer Telo<?r;iphie
geboten. Im Krimkriepce kam auch schon ein Meoieskabel in Betracht.
Länger verweilt der Herr Verfasser Imm dem Nordamerikanischen
Sezessionskriege, der wie in der weitgehendsten NuizbarmacliunLC der
Telegraphie für militärische Zwecke, so überhaupt auf niilitär-
teclmischem Gebiete bahnbrechend geworden ist. Audi das Auftan^^en
von Depeschen soll von dem berühmten Parteigänger Morgan bereits
ausgeführt worden sein. Die Verwendung auch der Ballons zu
dauernder Nachrichtenvermittelung erscheint besonders optunistisch.
Der Krieg 1866 gibt auf preufsiseher Seite wegen der gänzlich ent-
fallenden operativen TStigkeit der Kavallerie für den beregten Zweck
wenig Ausbeute, wenngleich die Militärtelegraphie an sich aus ihm
Lehren gezogen hat, die auch hinsichthch der Telegraphen-Organisationen
im Kriegre 1870/71 zum Ausdruck kninen, während hinsichtlich
dessen auf französiächer Seile alles nieiii- oder weniger impnn isiei-t
war. Die Forts von Paris waren unter sieh und mit der Kapitale
durch unterirdische Kabel verbunden: ein solches in der Seine führte
auch in die Provinzen, wurde dann aber entdeckt (par trahison d un
habitan du Pecq) und unbrauchbar gemacht. War auch 1870/71 der
Telegraph der kavalleristischen Aufkl&rung noch nicht nutzbar ge-
macht worden, wie das heutzutage durch Ausbildung der Kavalleri»
auch nach dieser Richtung hin vorgesehen wird, so diente er doch in
ausgiebigster Weise der Nachrichten- und Befehls- flljermittelung der
Kommandobehörden. Der russisch-türkische Kri^ 1877/78 läfst schon
eine gröfsere kavalleristische Nutzbarmachung erkennen. Zurzeit ist
die Militärtelegraphie in allen Staaten buch entwickelt Die optische
hat sich das Azetvlin und die Elektrizität als leuchtender Mittel dienstbar
gemacht, die akususche des Telephons und Mikrophons. Der draht-
losen Telegiaphie bedient sich bereits die deutsche Armee. Die Auf-
lüärungskavallerio wird mit einem möglichst leichten Feldtelegrapben
ausgestattet, der in erster Linie zur Übermittelung von Nachrichten
aus ihrer Zone dienen soll, neben dem zu solcher aller noch Brief-
tauben und Meldereiter (estafettes) eventuell auch Velozipedisten und
Automobilisten in Anwendung kommen. Sicherheit und Schnelligkeit
bei Kräfteerspamis gewährleistet aber auf grofse Entfernungen allein
der Telegi'aph.
Ks wird im weiteren auf die unterschiedliche personelle Hand-
habung des militärischen Telegraphendienstes in den verschiedenen
4
Dlgltized by Google
880
Utontur.
Staaten hingewiesen, nämlich oh und in welchen Zonen dieser Dienst
von Soldaten (Kombattanten) oder Beamten auszuüben sei.
In allen Fällen mufs die Gesamtanlage, bei völliger Ausnutzung
äes vorhandenen Netzes, eine niüglichst einfache sein und daau die
Zahl der durchgehenden Linien mit den verschiedenen Zonenmittel*
punkten möglichst beschrftnict sein,' wodurch einer schneiten und
dauernden Verbindung aller Teile einer Armee am besten Votschuh
geleistet wird.
Die Schrlfr schliefst mit der Abwägung der Vor- und Nachteile
der ^ erschiedenen Arten der Telegraphie. woraus hervtn-i2:eht. welcher
Alt bezw. welcliur Kombination man sich am zweclimälsigsten ge-
gebenenfalls bedient.
Wie aus der kurzen Inhaltägabe der 43 Seiten umfassenden Studie
hervorgeht, gewShrt dieselbe einen vortrefflichen Überblick über den
heutigen Stand der in Rede stehenden Materie und insbesondere be-
ztiglich der darQber bei unseren, westlichen Nachbarn herrschenden
Ansichten. Junk.
Die iStaiifibel. Ratschläge, erprobt in langjähriger l »ienstzeit dem Herrn
zunutze, dem (laul zii^Ue. Von W. v. Below. Generalmajor
z. D. Berlin (o. J.j. Verlag der Holbuchhandlung Karl Siegis-
mund. Kl. IV und 170 Seiten. Preis Mk. 2,00.
Zu Nutz und Frommen junger Offiziere aller Waffen, mögen sie
sich in Ausübung ihres Berufes beritten gemacht haben oder zu ihrem
Vei'gnflgen, teilt der Verfasser aus dem Vorräte seiner Erinnerungen
allerlei mit, was Jenen den Weg zur Selbständigkeit auf dem Gebiete
des Pferdewesens ebenen soll. Für sich selbst freut er sich der da-
durch ihm gebotenen (tflegcnheit. ^sein Steckenpferd zu tummeln**.
Die Arbeit handelt \ow ."^lalle. den an diesen zu stellenden Anforde-
rungen und seiner Kinrichlung, von der Wurtuiig ntid der Pllege des
Pferdes, vom Hufe und vom Beschläge, von Druckschaden und einigen
Krankheiten und vom Pferdekaufe. Sie ist keine, alle Teile des Pferde-
wesens umfassende, eingehende Darstellung des weiten Gebietes,
sondern knüpft nur an einzelne« den Verfasser hervorragend inter*
essierende, im Laufe seines Dienstlebens ihm besonders aufgefallene
Er.^t h einungen an. kann also aus diesem Grunde ihren oben erwähnten
Zweck nicht voll erlXIUen. 1 »afs manches, was die Ötallfibel empfiehlt,
nicht einwandfrei ist und auf Widerspruch stofsen wird, liegt in der
Matur der Verhfiltnisse; des Berichtei*statters Bedenken zum Ausdrucke
zu bringen, niangtlt hier der Platz.
Die im Buche angewendete Schreibweise ist wenig gewählt und
nicht die in ernstereii Büchern im allgemeinen übliche; das Wort
«Schepperine*", mit welchem der zwischen den Ohren über die Stirn
herabhangende Mähnenteil, der Schopf, bezeichnet ist» findet sieh in
keinem der in der königlichen Bibliothek zu Berlin vorhandenen Wörter*
blicher. 14.
Dlgitized by Google
Literataf.
381
Zum itiiifuiidzwauzigsteu Jahrestage der L borsiedelung der llauyt-
kadettoMBsttlt Tun Bofln moh ttivh-IlditerlUde^ Im Auf-
trage des Kommandos des Königlichen Kadetlenkorpa von Neuber,
Olieratteiitnant beim Stabe der Hauptkadettenanstalt Druck von
Qiesecke und Devrient, Leipsig und Berlin.
Das Ueine Hefl gibt auf 15 Druckseiten einen Überblick über die
Bntwickelung der Haupt- Kadettenanstali seit 1878. Die bedcutungs*
vollste seitdem ins Leben getretene Neuerung war die Einführung des
Lehrplans des Realfrymnasinm!^. so dafs den Zöglingen die Nföglichkeit
geboten ist. mit dem vollgültigen Reifezeugnis des Realgymnasiums
die Anstalt zu vorlassen und sich eventuell auch einem andern Lebens-
beruf zu widmen, als dem militärischen. Den Heeres verstiirkungen
und der Vermehrung der Voranstalten entsprechend wurden den acht
Im Jabre 1878 errichteten Kompagnien zwei neue hinzugefügt, Rfiume
daftlr geschaffen und das Personal /ermehrt.
Recht hflbsch und anschaulich ist die Schilderung des tSglichen
Lebens und Lernens der Kadetten, die Würdigung der unbestrittenen
Vorzüge der Kadettenerziehung.
Beigegeben sind treffliche Abbildungen der Anstalt» der Kirche,
des Marschallsaals und der dort angebrachten Reliefs.
Möge das Kadettenkorps auch in Zuknnft dem Heere so tüchtige
Offiziere liefern wie bisher. 0. P. v. S.
Taschenbuch des Kavalleristen. Enthaltend die Grundlagen der Pferüe-
kunde zum Selbststudium und zum Gebrauch an militärischen
Unterrichtsanstalten. Von Graf C. G. WrangeL Mit 197 Ab-
büdungen in Hobtschnitt 2. vermehrte und verbesserte Auflage.
Stuttgart 1908, Schickhardt und Bbner (Konrad Wittwer). Vm
und 318 Seiten. Preis Mk. 8,00.
Graf Wrangel, dessen schriftstellerische Leistungen in den Jahr*
bQchcrn schon mehrfach, zuletst im vorj&hrigen Pebruarhefte. nach
Verdienst gewürdigt wurden» bietet in dem „Taschenbuche des
Kavalleristen" ein weiteres Werk. Es liegt bereits in 2. Auflage vor,
obgleich eine X crw^TtflnnL'- /.um (iebraiichc an militärischen Unterricht.s-
anstalien in nciiiicnsweriem Umtana't! nicht stattgefunden haben kann,
weil Pierdekunde in ihren Lehrplanen gar keine oder eine müglichsl
bescheidene Rolle spielt. Um so uifiiger wird das Buch zum Selbst-
studium erworben sein und fUr diesen Zweck ist es in hohem Grade
geeignet, denn es enthält alles, was den Pferdebesitser interessiert, und
belehrt ihn in ebenso eingehender und erschöpfbnder wie leicht ver-
ständlicher und anregender Weise, wobei die vielen, vortrefflich aus-
geführten Abbildungen zum Verständnisse wesentlich beitragen. Die
Geschichte des Pferdes, seine Anatomie und Physiologie, die Zahn-
lehre, der Stall unA dio Stnilpflege. die Pütterungs- und die *Huf-
beschlagslehre, die gewüiinlichen Kranklieiton des Pferdes und deren
J&krbäolitr rir dl« dtalMk» Ana«« und lIiiriK«. M«. 99ü. 26
Digitized by Google
382
Uteramr.
Behandlung Bind die Überscliriflen der Kapitel, in welche der Stoff
gegliedert ist; ihre AnMblung deutet die Reichhaltigkeit des Inhaltes an.
Bs ist ein durchaus praktisches, von grofser Sachkenntnis sengendes
Buch, welches unter der grofsen Zahl ähnlicher Werke einen so hervor-
ragenden nats einnimmt, daT» wir iiim kein zweites an die Seite zu
stellen wissen und der Ari>eit weiteste Verbreitung wünschen.
14.
Die Kompagnie im Verlande. Von L. S. Mark. Hauptmann und
Komp. -Chef im König). Bayrischon 4. iDl'.'liegt». Metz. P, Müllers
Verlagsbuchhandlung. Preis l.bu Mk.
Verfasser hat mit der Arbeit beabsichtigt, die für die Führung
einer Kompagnie im Verbände einschlägigen Grundsätze des E. R., der
F. 0. und der Sch. V. an der Hand einiger Lehrbttcher und Fach-
schriften (die er voranttahrt) in einer für die Praxis geeignet gehaltenen
Form susammenzustellen.
Wir können in der Arbeit nichts entdecken, was für die Praxis
besonders anregend oder belehrend sein möchte.
Wir «stehen auf dem Stan(l]>unktp, finfs <'rfahj-nnp:ssremnfs solche
Arbeiten wenig praktischen Wert haben. Denn der gewiegte Front-
Offizier bedient sich ihrer nicht, weil er sich seine eigene Praxis schafft.
Der Neuling aber klammert sich nur zu leicht an solches Büchlein, in
dem er alles enthalten wäiini, dessen er bedarf; und doch mochten
wir gerade diesem letzteren den dringenden Rat geben, falls er eines
Ratgebers bedarf, sich an die betreffenden Vorschriflen selbst au
halten, sie recht dfrig lu studieren und sich dann selbst seine Praxis
zu schaffen. 63.
Winke fttr die Anfertigung von Krokis und Skizzen. Von Vischcr,
Major und Baldilions-Konimandeur im Inf.-Regt, König Wilhelm I.
(6. \VuiLtcnibergi8chü.s) Nr. 124. lieiJin 1903. R. EisenscUmidt.
An 3 Aufgaben aus dem Gebiete der Feldkunde bespricht der Herr
Verfksser in klarer und sehr sachlnmdiger Weise £e allmähliche,
stufenweise Entstehung der su den betreffenden Aufgaben gehttrigen
Krokis, wodurch die Schrift nicht den trockenen Charakter trägt, der
den Anleitungen zum Krokieren oft anhaftet. Zweifellos erhält der
junge Offlzier mit diesem Buche ein sehr brauchbares Hilfsmittel bei
der .\nfortigiing seiner Krokis und violleicht wird durch die fesselnde
Art und Weise, in welchei- das Buch geschrieben ist. *'in H-cHerer
Zweck erreicht, nanilich ihn zu veranlassen, aus freien ^lücki n <üe in
der Schrill angeführten Herstellungsarten durch Übung sich zu eigen
zu machen. Zwar stehen wir dieser letzteren, vom Herrn Verfosser
ausgesprochenen Erwartung recht pessünistisch gegenflber, ^nd mit
ihm aber vollständig der Ansicht« dafs die Zeichnenfertigkeit bei vielen
unserer jungen Kameraden noch sehr in den Windeln liegt Das Bueh
wird von vielen Kameraden mit grofsem Vorteil verwendet werden
können. St.
Digitized by Google
Utantnr.
383
Ii AinlMMia Zfetttcliriflpn.
Htfefflears OitemiekMe MIHtiriflelie ZeitBehiilt (Februar.)
Die Streitkrttfto der TOrkei und Bulgariens. ^ Das SohlachtsehifT der
Zukunft — Dil' Ft'ldgeschützfragc. — Streitkräfte Japans Tibet und
die etigllscho Expedition. — Custozza 1866- — Taktik*Aufgabe Nr. 10.
Journal des Scieneea militaires. (Januar.) Die zweijährige
r»ienstzeit und die Milizon. — Unterweisung der OHlzioro durch das
Kriegsspiel, i'hnn^ron auf der Karte und Kadre-Exerzieren im Oelünde.
— I>ie Organisation der Kolonialarmee. — Eine Episode aus der Schlacht
des 16. August 1870; die Brigade v. Wedell bei Mars-la-Tour. - Be-
lastung des Soldaten. — Die Schlacht von Colenso. — Der öster-
reichische Erbfolgekrieg 1740/48; Feldzug 1741/43. — Betrachtungen
Aber Peuerleitung.
Rtwmt BiUtalffe des Amees ^traugcres. (Februar.) Das Ab-
brechen ven Gefechten, nach Ansicht des deutschen Oeneralstabes. —
Die neue Remontierung der russischen Reiterei und Artillerie. — Die
Verwendung grofser Einheiten nach dem neuen italienischen Regle-
ment. Die japanische Armoo.
Revue d'histmre. (Januar.) [>ie Schlacht von Malplaquet. -
Die Schlacht beim Berge Tabor. — Der Krieg 1870/71. Der 1(>. August
in Lothringen.
Revue d'arüLlerie. (Dezember 1903.) Das akustische l*dd. —
Die Zufalle, welchen man bei Benutzung der Selbstfohrer ausgesetat
ist, und deren Abhilfe. 2. Teil. Was die Kasten eines Selbstfhhr-
wagens an QerStschafken und Brsatastilcken enthalten mfissen. (V. Mai
1901.) - Das Vanadium. Seine Entdeckung.
(Januar 1904.) Das akustische Feld (Schlufs). — Das Artillerie-
gefecht sonst uii'i Jf't'/t. Das Vanadium fSrhlufs).
Schweizerische Zeitschrift für Artiiieric und fienie. Nr. 1.
Notizen aus den Vortrag; Betrachtungen über das Enlfernungsüchälzon,
geliailun in der Offiziergesellschaft Winterthur und Umgebung. —
Der Festungskonmiandant. Von W. Stavenhagen. — Die Tätigkeit
der deutschen Festungsartillerie bei den Belagerungen« Beschielsungen
und Einschliefsungen fan Kriege 1870/71.
Sehwediselie AitUlefie-Zeitiahflll. IM. Heft 1. Der Br-
kundungsdienst der Feldartillerie. — Selbsttätige FeuerwafTen.
Heft 2 und 3. T^igeseinflufs auf das Schiefsen mit 6,5 mm Ge-
wehren und Maschinengewehren. Dessen Bedeutung in der Praxis.
— Der Brisanzgranaten Vorkommen, Anwendung. Wirkung, sowie das
Wurffeuer mit Schrapnell.s — Neuere Rirhtmittel und Richtmethodon
in der Feldartillerie — flehende ArtÜlone-l'atrouülen. — Miniaturziel.
— Das 11 mm Maschinengewehr Hntchkiss
Heft 4 und 5. Die Arliilerie der Üuren im südafrikanischen
Krieg. — Die NeubewaOtaung der Schweiser Feldartiltarie. — Von
Peldhaubitzen. — Schieben mit 12 cm Kanonen und Mörsern gegen
DIgitized by Go ^v,i'-
384
9
eine befestigte Feldstellung in der Schweix. — Sprengverauch in den
Skodaworken.
A1Ig:emeinß Selnveizprisclie MHitürzeitung. Nr. 2. Die koreanische
Armuo (nach dorn Russischen Invaliden). - Feuertaktik und Stofs-
taktik (Schlafs). — Militärischer Voi Unterricht. — Nochmals Vor-
unterricht. Nr. 3. Rufsland und .lapan. Er wird angenommen, dafs
der Krieg früher oder später ausbrechen mufs, wenn nicht Japan
gänzlich auf die Stellung verzichten will, die es sich mit so be-
wunderswerter Energie und grolsem Brfolge in den letzten Jahr-
zehnten erstrebt hat — Zur Frage der Kavallerievennebrung In
Deutschland. Wird nicht als Bedürfnis bezeichnet (?). Nr. 4. Die
Ausbildungsdauer. Admiral Alexejew. — Im Sattel durch Zentral*
asifn, Nr. 5. Phrase. Wendet sich gegen einen Artikel dos H»rner
„Bund", der Oberst Willo's geibrdcrte Voreinigung der höhern Truppen-
führung und der Militärverwaltung in einer ständig dazu bestellten
Person ablehnt und mit dem Satze schliefst: „Man bilde die Offiziere
gut aus und die jungen Generäle, die wir brauchen, werden sich s. Z.
von selber linden !** So ISricht wie möglich! — Waterloo. KnOpft an
Kaiser Wilhelms Rede in Hannover an.
W^jennili Bshonik. 1904. I. Zur Geschichte des Feldzuges
gegen Kokard (mit einer Karte) L ~ Bemerkungen über die Franzö-
sische Armee (1), — Der Kampf um die Geschützschilde. - Die artille-
ristische AufklHning vom FesselbaHon aus in der Festungs-Artillorie.
— Die Elemente der Befestigung an Feldstellungen. — An der afgha-
nischen Grenze (\). — Port- Arthur und seinf Intores.si n bis zur Kr-
richtung der Statthaltcrsehaft. (Mit Zeichnung.) Aus Japan.
Bu8skij Invalid. 1904. Nr. 17. Manöver-Bemerkungen. Bäckereien
im Felde. Hr. 18. Kavaileristische Bemerkungen. Die Hypnose als
Mittel zur Heilung des Alkoholismus In den Truppen. Nr. 19. Das
Verbandzeug in den verschiedenen europftischen Armeen. Nr. 80.
Marine und Landheer-Geschfitze. Nr. 22. Die ersten Nachrichten über
den Ausbruch der Feindseligkeiten. Betrachtungen über Wai-hai-Wai.
Revue du genie mllitaire. (Januar.) Eine neue Methode der
Berechnung für armierten Beton auf Grund kiir/Uch ausgeführter Ver-
suche. — Topographische Arbeiten der Genietruppe in Prankreich im
19. Jahrhundert (Schlufs). — • Hölzerne Wasserleitungsiohren. -— Nekrolog
des General Masselin. — Die elektrischen Einrichtungen in i'anzerforts
(Auszug aus dem gleichnamigen Artikel der Revue de Tarmee beige,
Januar-August 1903).
La Franee miUtalie. (Januar). Waterloo »Wellington hat Nichts
mit diesem Siege zu tun" ist das Schlufswort der Betrachtung. —
Kavallerie- und Fahrradtruppen, Manövererfahrungon. 3/4. — Die
taktische Lehre nach der Schrift „Die Vorbereitung der Artillerie zur
Schlacht von I^e Rond.** — Deutschlands politische Lage. 5. — Unsere
l'nlitik in Marocco von General Luzeux. 6. — Erinnoningen an 1870.
— Die Disziplin der deutschen Ti-uppen, bezieht sich auf die An-
Digitlzed by Google
Iilt»nilDr.
385
schuldigung des Generals v. Krotschmann gegdn heflstsohe Truppen
1870 in Sens und die betralTenden Proleste im Milii W.-Bl.. die
Pranoe will Ermittolungen venuilaeeen. 8. — Die Schulen der Soldalon-
kindor. — Der Sieg von Bapaump, 9. IMc oiiifjohoronon Matrosen,
10/11 - Die zweijährig« Dienstzeit und die Unterotn/if rt'raijt!. 12 —
Diedeulscht'ti kommandierenden Generale, von OberstleuUiant Pcroz. 13.
— Eine Hist-nbahn Tleukem-Kez in Marocco. 14. — Pferdotransporte 16.
— Japans ökonomische und tinanzieUe Lage. 18. — Die Englisch-
Französische Alliance, General Prudliomme, fflr event Untorstlltzung
Rufslands. ^ Oorea geographiscli. 32. — Coröa die Bevölkerung. 23.
Der landwirtschaftliche und handelspolitische Wert von Marocco. —
Jena oder Sedan, Besprechung des bekannten Buches. 94. — Der Vor>
schlag Lanessan (18 monatliche Dienstzeit). 28. — Besprechung des
Bilseschen Buches. (Nichts Neues, die I^eutschen sind alle so.) 26.
— Der Vorschlag Lanessan. 30. 31/1. — Winterfeldzfige.
Revue de Cavalerie. il^«>zember). Die Kavallerie der Zukunft^
Studie aus dei Vprpnnfrenheit. — Der Ursprung der IVanzösischen
Kavallerie (Forts ). — Paris— Rouen—l)eauvilie den 12., 13., 14. August
1903. — E)ie neue Lehre in der französischen Kavallerie vom General
V. Pelet-Nurbonne (übersetzt aus dem Deutschen).
III. Seewesen.
Mittelluugen aus dem Gebiete des Set^wesens. Nr. 2. Die
englischen Seemanöver 1903 — f'liei- den bSinflufs ein- odw auswärts
drehender Propeller auf dir Manö\ rieriahigkeit von Zweischrauhen-
schitT»'n L>ie taktische Verwortung der Schiffsartillerio (Schlufs). —
Die wii. Iii iirsiea iSei schiffahrt-Kanäle und Kanal- Projekte,
Arniy aiid Navy (iazette. Nr. 2295. Das „\V'alluroo"'-rngiuck.
— Französische Vorstärkungen für Ostasien. Nr. 2296. Der ver-
storbene Admiral Sir Henry Keppel. Nr. 2297. Die Ausweichregeln.
Nr. 2298. Unterseeboote. — Japanische SchifTsbestellungen in England.
Revue »oitiaie. pezember 1903). Der spanisch-amerikaniBche
Krieg auf den Philippinen (Portsetzung). — Die Blockade von Brest
1803--1805. — Rkiglische Seeoffiziere.
IV. Verzeicbnis der zur Besprechung eingegangenen BQcher.
(Di« *l»^fti%ng*wti BBcb«r »rfaliren »In« ßf>ipr*olinDgr nach Mafsgab« ihr«r R«d#ataiig and d«s irr>
ffigbaran Kanne«. Ein* Verpflichtung. j*d»> «ing*b*nde Hucb xa b*tpreQb»n. Abamitnmt <)i«
I>«itang d'^r ..Jihrbiirbor nickt, doüli wni Ti ■*■> 'l'ilpl hüntlicher Küchor nplist AnRnb« rr»i««>"
— a«f*n dietnr micget«tit ward« — hi«r r«nt>«rkt. Kino l.üfksMdiuig von Ubcliam findet oiekt itatt.)
1. Y. Schmidt. Das dcutschi' < iftizierkorps und seine Aufgaben in
der (iej^enwart. P.erlin 1904. tichultz-Kngelhard. Mk. 1 00.
2. lioewe. Biicherkunde der deutschen Geschichte. Berlin 1903.
J. Rüde. Mk. 3,0U.
Digitized by Google
S86
3. Unger, Löhneyscn, ein Meister deulacher Reitkunst. Stutlgart
1903. Schirkhiirdt & Ebner. Mk. 1,50.
4. Zobel, Das iJam >n-H(Mten, Ratschläge für Anfängerinnen in der
Kcitkunst. Ebenda. Mk. l.öO.
5. Berlin, Handbuch der W aiienlelire. Berlin 1904. xMittler & »Sohn.
Mk. 12,00.
6. Sdivabe, Mit Sehwert und Pflog in Deutseh-Sfidweetafrika* ^
% Auflage. Ebenda. Mk. U,00.
7. Iietlllw«Yorbeck, Napoleons Untergang 1816. I. Band. £lba- ^
Belle-AUiance. Berlin 1904. Ebenda. Mk. 14.00. ^
8. Der russisch •japanische Krieg. 1. u. 2. Beiheft zur Marine-
Rundschau. Ebenda. Mlc. 0,90. ^
9. WeifTenbach, ?]infUhrung in die Miiitärstrafgerichtsordnung. ^
Dritte Auflage. 1904. Ebenda. Mk. 3,00. .^iy
10. Meyer, bummlung praktischer Winke für dun Inranterie-Sciiicfs- ^-^»
lehrer. Berlin 1904. Voaaische Buchhdlg. Mk. 1,60. \.
11. T. d. OfllMi-SMlLeBf Milit&r. polit. Geschichte des Befreiungs-
krieges im Jahre 1813. Band IIa. Grofs-Görschen. Elbenda. Mk. 18.00.
12. Litzmann, Omziei-Pelddienstflbungen. 4. Auflage. Berlin 1904.
R. Eisenschmid. Mk. 3,00.
13. T. Poschinger, Bausteine zur Bismarck- Pyramide. Berlin 1904.
G. Stilke. Mk. 3,00.
14. Kaia^y,Canipague de Fempereitr Napoleon enEspagne 180Ö/9.
Vol. iii. I'aris 1903. Borger LevniulL & Co.
15. Brunswik von Rorompa, Kriegsgeschichtliche Beispiele zur
lUttstrimng unserer R^ements Heft 3. Wien 1904. Seidel ft Sohn. ' ^
Mk. 3,00. ^
16. Hinarelli Fitz -Gerald, Die Gefechte in Natal und der Kap*
Kolonie 1899. Ebenda. Mk. 4,00. ^
17. MayerhofTer Yom Vediopo^e, Österreichs Krieg mit Napoleon 1. ^
Ebenda. Mk. 10,(k). V
IS. 8cliroeter, Die Bedeutung der Festungen in der grossen ivriug-
fülirung. Berlin 1904. Mittler & Sohn. Mk. 4,50. %
• *•
- i - '»•ä*
Oraok von A. W. Hftjru's Krbeu, B«rUa und Potid»».
Digitized by Google
' ' ^lyui^LU Ly LiOOgle
4
i
I
I
t
i
XXI.
Die Tätigkeit des Marschalls Mac Mation vor der Schlacht
von Wörth.
Eine operative i^tadie.
Von
Obeistleatoaiit 6. Sehoeh des Bayeiiaclieii 1, Ini-Begts.
(Mil Skizze.)
II.
Beo:eben wir uns nuniiiebr wieder in das Quartier des Marsctialls
Mac Mahon, nach FröJschweiler, zurück. Dort hatte sich, seit das
dritte Telegranuii an den Kaiser nach dem Gefecht von Weifsenburg
unter dem Donner einiger ivanonensphtlsse redigiert worden war.
nichts von Redeiitunir ereignet. Voraussichtlich hat man mit Spannung
eins r Aulseruii^'^ der obersten Hcfrcpleitung entgegeniresehen ; nicht nur
war auf die Bi richte und Anträge wegen der t i^-i ik u Lage wM-h
keine Entscheidung erfolgt, sondern auch nichts Uber die Lage in
Lothringen bekannt geworden. Dort aber hatte sich das kaiserliclie
Hauptquartier — es war dies die letzte Machricht von dort-
her, abgegangen am 4. Augast 2 morgens') — fUr den
4. oder 5. Augnst eine i>chiacht erwartet. Hatte sie stattgefunden?
Wie war der Ausgang? Diese Fragen mochte man sich stellen,
vorausgesetzt, dals man imstande war, den Blick auiser auf die
ei|E^ne Situation auf die Gesarotlage der Armee, von der ja erstere
bis zu einem gewissen Grade bedingt wurde, zu richten.
Es wird B ^ nachmittags. Abermals hOrt man von der Auf-
stellung der Truppen her Gewehr- und Kaoonenfeuer, das nach
>) Vgl. S. 278 und 298 des 1. TeUes
JahrbiAbvr fOr die d«atMhe AmM iid4 MwiM. N«. 381. 36
Digitized by Google
388 Die Tätigkeit det Manolialli Mm Maina vor der SohlMht von WOrth.
koner Zeit wieder ▼entommt. EndUeh konmit ein Tetegmnm ans
dem kaiseifieben Hanptqnattier.*) £b irt die Bclion «rwlUmte, nm
12*" naefam. an die nebt Armeekorps abgegangene Mitleilang, daC»
▼on hente ab das 1., 5. and 7. Korps dem Marschall Mae Mabon,
das 2., 3. ood 4. Korps dem Marschall Bazaine in Benig aof die
milltäriBcben Operationen onterstellt sei.
Damil waren also zwei Armeen gebildel. An und für sieb
betrachtet, erscheint diese Mafisiegel dnrebans sweekmälsip: ; es war
gewifs sebwieiig genug, acht Armeekorps, eine Kavallerie- nnd
Artilleriereserve, mithin zehn Verbände, von einer Stelle ans
za dirigieren; data kam, dafs ein Teil dieser Kräfte - die
Trappen Mae Miihons — anf einem gesonderten Kriegssebaoplatz
standen. Aber die TeUnng erfolgte za spät; jetart war sie ebne
Reibungen nicht mehr zu vollziehen. Den nnn ernannten Armee-
ftthrem mnfsten Stäbe beigegehen werden, sie mofsten von dem
Kommando Uber üire Korps entbunden werden. Beides gesehab
nieht; auch wurde von den Marschällen nach dieser Richtung hin
weder ein Antrag gestellt, noch selbständige Mafsregeln getroffen.
So mufste also Mac Mahon an die 4 Infanterie- nnd die Kavallerie-
division, Rowie die Artilleriereserve seines Korps, die Reserve-
Kin nlleriedivisinn Ronoemains, das ö. Korps und, da das 7. Korps
ü:etreniit war, an dessen 1. Division fConseii Dumesnil) und den
Rest imtcr General F. Üouay unmittpHmr brfphlen.
Das sind scbliel'slisb. wciiii Much wichtige, so doch forninK-
Dinge. Die Hauptsache hingegen wäre irewesen, den Armeenihreru
zu Siifjen, was man von ilmm erwartete. Wie sah der Kni'jpr die
Gesamtlng-p an? Was beabsichtigte er. was war deiufreniafs di»'
Aufgabe der beiden Armeen? Diese Frag* ii mufsten erörtert werden.
Dafs in dieser Hinsicht nichts, aber auch s^ar nichts geschah, das
zeiirt. dafs am 5. August die Zügel der Üaiid des Kaisers Napoleon
vOiiig ent^^litten waren.
Nun hatte Mac Mabon erklart, dafs er mit Hilfe eines weitereu
i) Uae HahoB gibt in seinen Erinnerungen an, er habe das Telegramm
um 60 abrads erhalten. Das franz. Generaletabswerk macht darauf aufmerksam»
daf^ (i» r Marschall, der diese Erinnerungen einige .lahrp nach dorn F»'ldzug
niederschrieb, sich ^irrt haben müsse, gibt indes, die voraussichthche Ein-
treffestunde nicht an. Indes kann diese leicht festgestellt werden. In Au-
merktmg 2, Band VI, Seite 18 des franz. GeneralstabswerkeB wird festgestellt.
da& General Faillj erstmals um 4^ die Mitteilung des MarsrhalLs zuging,
das 5. Koqis st i ihm durch kaiserlichen Befehl unterstellt und solle sich
init ib*n vereinbaren Mac Mahon mnfs also don kai'^erlichen Befehl —
näniiich das TelegTamm von 12*0 nachm. — etwa um 8^ in Hiknden gehabt
haben.
Digltized by Go
Die Ttttgkeit des Mmhalls Hm lUioii vor der SohlMlit toh WdcOi. 389
Korps dob zur Offensive für befUbigt balle; diesen Plan scbeint nian
im kaiserlicben Haaptquartier gebilligt m baben, da die Unterstellung
eines Korps erfolgte. Aber war die V'ereiuignng mit den bei Wörftb
stehenden Trnppea denn sieber? Man wuIste in Metz durch die
Berichte des Marschalls ganz genau, dafs am Nachmittag des
4. August eine ganze Armee bei Weifsenbnrg: aufmarschiert war,
mithin näher am Aufstellungsplatz des 1. Korps stand, als das
eigene 5. Korps Was nun, wenn der Angriti der Deutschen
vor der Vereinigung edolgte? Erforderte die Gesamtlage das An-
nebiueu einer Schlacht auch ohne die Unterstützung des ö. Korps,
wie dies Mac Mahon als seine nächste Absicht in Aussicht
gestellt hatte? Und wenn der Rllckzug nötig wurde, sei es vor
oder infolge einer Schlacht, wohin wur er zu nehmen? Mit anderen
Worten, wie waren die rückwärtigen Verbindun-( ii einzurichten?
Sollte Mac Mabon auf die Hauptarmee zurückgeht ii, uilci wurde
deren rechte Flanke fUr stark genug erachtet, so dals etwa ein
exzentrischer Rückzug — auf Strafsburg — möglich war? Und wie
war es mit der Armee Bazaiues, was war hier tUr den ti. August
beabsichtigt?
Mac M; Ik ü hat nichts getan, um sich über diese Fragen Klar-
heit zu vt IS haften: weder an den Kaiser noch an Bazaine ist eine
Bitte um Aufklärung Uber die Lage abgegangen.
Der Marschall war sich indes Uber eines klar, dafs nämlich VI, IB
vor allem die Heranziehung des 5. Korps Fnillv nötig sei. Er
liels sofort nach Einirans: des Telegramms aus dem kaiserlichen
Hauptquartier als» kurz isach -~ au diesen General ein
Telegramm des liihältes abgehen, dafs das Korps durch kaiser- i. Tele-
lichen Befehl ihm (dem Marschall) unterstellt sei uud sich sobald gramm
als möglich mit ihm zu vereinigen habe. Failly erhielt die De- *° P«iUy.
pesche vor 4''. •)
Auch hier venDissen wir eine Au&age darüber, wo die ein-
zelnen Teile des 5. Korps stehen, nnd ob dieses etwa in Be-
rtthning mit dem Gegner gekommen sei, Mac Mahon yennotete)
wie er in seinen fitinnerungen ersähft, das Korps vollstilndig bei VI,20Amii.
Bilsch; das war nicht der Fall. Eine Brigade (Lapasset) war aof
Befehl des grofsen Hauptquartiers in Saaigemttnd zmückgeblieben;
den Best der «weiten DiTision (L'Abadie) hatte Cteneral Failly,
trots des am 4. Aogost erhaltenen kaiserlicben Befehls, er solle mit
dem ganzen Obrigeu Korps nach Bitseh marschieren, ans Besorgnis
1) Die Depesche ist in ilou französischen Archiven nicht enthalten,
dagegen Inhalt und Zeit des iiiintreffens in der Sclirift des Generals FailJy
Op^ntions et marcbes du 5« Corps angegeben. VI, 19 A.
26*
Digitized by Google
390 ^ Tätigiceit dw Manofaalls Hae Mahon vor d»T SeUMht vott WM.
Tor ÜbermUdoDg der Troppen nur bis Kohrbach marschieren lasseD
luid diese AoordDnng auch nicht aufgehoben, als er das oben er*
«ttliQte erste Telegramm Mae Mähens erhalten hatte.
Der Haisohall mnCs selbst gefühlt haben, dalh sein erstes
Telegramm ihm nicht die notwendigen Aoftchlttsse geben würde;
walusebetnlieh aof dem Ritt zu den Aafstellangen der Tmppen, den
er gegen 4*^ anternuhm, ist ihm dieser Gedanke gekommen: an den
General Failiy ging — die Abgangssselt ist nicht ersiebtlieb — folgen*
des Telegramm^) ab:
i}TeUen Sie mir sofort mit, an welchem Tage nnd anf welchem
Wege l^e sieh mit mir vereinigen werden. Es ist unerläfsUch
nnd dringend notwendig, dab wir unsere* Operationen in Öber^-
Stimmung bringen." —
Begleiten wir nonmehr den Marschall aof seinem Bitt zn den
Lagerplätzen der Trappen.
Seine erste Frage mag dem Ctewehr- nnd Geschützfener ge.
gölten haben, das er nm 3* TCniommen hatte. Feindliche Husaren^
waren südlich von WOrth ron den Vorposten der DiTisioo Baoolt
(3.) angeschossen worden, eine Batterie hatte einige Granaten anf
sie abgefenert. Gleichseitig hatte die Artillerieieserre ihre Pferde
zom Tittnken an die Saner g^ührt; das Schieisen hatte eine grofse
Panik anter den Mannschaften herrorgemfen, die sich anf die
Truppen in der Kühe von Froschweiler obertragen hatte; die Bagagen
hatten die Flacht nach allen Selten hin ergriffen. Indes war e»
bald gelangen, der grundlosen Anfregang wieder Herr zu werden.
Sonst hatte man vom Feind nnr sehr wenig erfahren. Das
Detachement Seh,*) das nunmehr wieder eingerückt war, hatte am
Vornuttag des 4. durch 2 '/« Bckadronen gegen Schleithal aufklären
lassen; diese hatten das Ubeischreiten der Grenze durch starke
Kräfte«) beobachtet
Auf VeranUssoog des Generals Lartigne (Kommandeur der
4. Division) waren zwei Züge des 6. Lanciersregimeuts gegen
Gunstett und DUrrenbaeh voigerltten« Sie waren zunächst von
*) Faiiiv eihieit es üacli seiner eigenen Ans^abe um b^^. \'f i inutlirh
ist die Ankuoft frdher erfolgt, uuuüich bevor das dritte Telegramm Mac
Mahons einging, in den Archiven hat das (zweite) Telegramm kein Datum.
VI, 49 A.
3) Eine I nteroffläerspatrouille der beiden Ton Oberst v. Seltauroth
geführten KskadrorK'n
») Vgl. ö. 28b des vorigen Heftes.
*) Das XI. Armeekorps.
Digitized by Google
IHe Titt^lMit des Maraeludlt Mao liihon vor d«r Schlaoht voa Wtfrth. 891
einer feindlichen UlaneDeskadroo ') zurück pretricbeu worden, allein
diese war hierauf in das Feuer einer Feldwache sreraten und
nach Verlust einiger Leute zurttckpe|s:anpt n Die franztisi^^cbe Ab-
teilung hatte dann bei ilinterfeld (südöstlich Morsbroon) einen ieind'
liehen Husarenpo8teii verUieben.
Das war alles, w&a bis 4® naohni. von der Kavallerie Mac
>!;ibau8 geleistet worden war.^) Zwei Kavallerie brigaden (Septeuii
and Michel) standen seit dem Vormittag völlig untäti^^ an ihren
Lagerplätzen. Vom Marschall selbst ist auch nicht eine Erkundung
angeordnet worden, obwohl er auch aui anderem Wege keine Kennt-
nis erlangt hatte, ob und auf welehen Stralsen die feindliche Armee
vorgerückt war.
Um 4° luichm. fand der Marschall das 1. Korps vollzalili^
vor; alle am Morgen noch fehlenden Teile waren unterdessen bei ihren
V^erbänden eingerückt. Von der 1. Division (Conseil Dumesnii) des
7. Korps waren die ersten Bataillone eingetroffen; die Aosladimg VJ. 192
hatte nachm. in Reicbshofen begonnen. Die DiTidon wiurde an-
gewiesen, westlieh Elsabliaiueii, zechte Deben der 2. Divirifm Fdlö
ihr Lager anfznMhlageo.
Auch die ReserrekavalMe^Tision Bonneoialiifl war um 8^ naehm. VI, ist, 176
Dordtotlieli tod Ueichshofea angekommen nnd hatte hier, da üur Aber
ihren Lagerplatz kehi Befehl zogegaogen war, einatweUen gehalten.
Die Divinon war in der Naelit ton Pfalsbnrg and Zabem abgerückt,
hatte in früher Horgeostonde Ragenan erreieht ond dort biwakiert;
mn 11^ Torm. war de wieder an%ebroehen. Bei Beidishofen ein-
getroffen, hatte der Kommandenr infolge der Panik bei den
Bagagen die Trappen anfinarachieren nnd die beiden Batterien in
Stellung geben lassen. Erst um 6^ ttberbraohte ein Generalatabs.
offizier den Befehl Mao Mabons, die Division solle, wo sie stehe,
biwakieren, morgen sei Ruhetag.
Hae Haben hat ttbrigens am 4^ nachm., als er die Stellongen VI, ist
seiner T^pen abritt, den Gedanken, daib möglicherweise am nSehsten
Tage ein Angriff des Feindes erfolgen kOnne, nkbt völlig von der
Hand gewiesen. Nach dem Tagebnoh der 4. Diririon Lartigae, ver-
falst Ton deren Generaletabsoffizier, dem Obersten d'Andign^, hat
dieser letztere, als Mac Mahon zur 4. Dirision kam, mit dem
General Oolsoo, dem Generalstabsehef des 1. Korps eine Unter-
*) 1./6. Ulaneu, Hittmeister v. Pelet-Narboiaue. üeueraistubbvverk 1,
$. 201/m
über das Ergebnis der geringen Tätigkeit der 6. Landers wShiead
des spaten Naehmittags nnd der Nacht, vgl S. 406.
Digitized by Google
392 Tätigkeit des Mareduüls Mac Mahon vor der ächiaebk toq Wörth.
redang gehabt. Ü Audignö sagte: ,.Wir werden wahrscbeinlieh an-
gegrifleu werden; denn die deutschen Aufklärer sind selir uiiter-
nehmend ; eben haben zwei Ulaaeo ihre Kühnheit mit dem Leben
gebttÜBt, aaf der grofsen Straüse, bi unserer Stellung" ^) Der General-
sftabschef entgegnete: „Der Marschall denkt, er werde morgen
aagegriifen werdeo; da er eine Niederlage des Angreifers ftlr
äeher hält, so hat er der Intendantur befohlen, ftlr drei Tage Lebeos-
mittel Tom Bahnhof Relehshofen oaeh FirOadiweiler Ymshaffen
zu lassen, nm sie naeh der Schlacht an die Trappen verteilen m
können.*'^
VI, 183 Aneh die fransdaisehen Unterfhhier haben troti des Befehls:
Morgen ist Rahetag! an die Möglichkeit eines Angriffes geglaubt.
Als General Dnorot dem Marseball vorscblng, GeUbideTerstürknngen
in der Stellung ausfuhren su lassen, ging der Marschall infolge des
fi»t einstimmigen Widerspruches der Generale hierauf nicht eu;
diese führten als Grand an, man dttrfe die Truppen am Vorabend
einer Seh lacht nicht mit derartigen Arbeiten ermtlden.^
Vermntlieh gelbgentlieh des Abreitens der Stellung, also um 4^
nachm., kam General Ducrot, dem der Marschall sein besonderes
Vertrauen schenkte, mit weiteren VorschUlgen an diesen heran. In
Gtegenwart des Sousehefe des Generalstal», General Faure, bean-
tragte Ducrot» man solle die infimterie des 5. Korps am nächsten
Tag mit der Bahn heranziehen, nm die grolse Strafoe illr den An-
marsch der Kavallerie, Artillerie und der Bagagen Terftlgbar zu haben;
der Marschall habe diesen Vorschlag — so erzählt Docrot — ledig-
lieh ans dem Grunde abgewiesen, weil man Scherereien mit dem
Bereitstellen des Wa<renmaterials habe und die Unannehmlichkeiten
des Ein- und Ausladens in Kauf nehmen rnttsse."*)
Dann hielt General Dacrot einen Vortragt) über seine Auf-
fassung der Lage. Diese sei nicht gttostig; zwischen dem 1. und
5. Korps befinde sich eine gangbare Lücke, der Gegner künne
hier massiert vorgehen ond sieb zwischen die beiden französischen
!) (ff^mpint ist offenbar eine von Hittmeiäler v. l:'elet-Narbonne vorge«
schickte Patrouille. Vgl. S. 391.
9) Diesen Vorgang bringt das franz. deoeralstabswerk nicht im Text,
sottdera nur in den Anlagen. Ich halte die Erafthlnng fOr völlig glaub*
würdig; da sie dazu beitrl^ die starken Schwankungen in den Au.^chau-
nn^n Mac Mahons su beleuchten, halte ich es für angexeigt, sie hier an-
zuführen.
') Dies entiiiuuuL das Ivixu/.. Cieneralrstab.svverk dem Buche: La vie mi-
Utnire du g^ndral Dncroi. II. 869.
♦) Ducrot II. 877.
*) Ducrot II, 878 u. ff.; franz. Generalstabswerk VI, 90^ Anm.vu. Vit, 8.
Digitized by Google
Dto TiCIgkctt des ManobaUs Mao Mihi» vor dar SeUaoht Toa WOrtfa. 393
Korps einschieben. Ilioizu stfinden ihm die Weire tiher Oh^r-
und Nieder-Stembacb, Dambacb, Neunhofen auf Philippsborg zur
Verfügung.
Wenn der Gegiicr diesen lei/tcreii StralstMikimtenpunkt als
OperatioDSziel wähle, so könne er sich seiner benuiihtiiTen und
dann über Bärentbai und Mutterhansen ^e^en die wichii^^t stuiiuag
von I^emberg vorgeben. Diese decke irlcit'hzciti^ die ^'roise Strafse
Rohrbaeh — Ingweiler nnd den Weg auf df in Hohfiikiuinn, der (Iber
Gittzenbrück, Meinenthal, Puberg und Lutzelstein tühre. Es sei da-
her vor allem nötig, die Flügel der Aofstellung beider Korps ein-
ander zu nähern und die Verbindnngspunkte stärker zu besetzen.
Zu dem Zw« ck schlage er vor, das .j. Korps solle Philippsbnrg
stark besetzen and die Masse seiner Kräfte nach Lemberg and
Mutterhausen verschieben. Leitender Gesichtspunkt mUsse sein,
dafs niaa stets sicher im Besitz des Höhenkamun s der Vogesen
bleibe, damit man sich von hier aus je nach IJmstuüdeu rasch nach
dein einen oder dem anderen Abhang des Gebirges wenden könne.')
Da Mac Mahon die hier geäntserten Ansichten am Morgen des
6. August in einem ausführlichen Hchreiben besprochen bat, so wird
bei dieser Gelegenheit auf die Ducrot'sche Auilaasung zurUckzu-
koramen sein. Es sei jet/t nur daraut hingewiesen, dals die Vorschläge
dieses Generals einen völligen Widerspruch iu sich tragen: einerseits
findet er, dafs die beiden Korps zu weit auseinanderstehen und
schlägt deshalb die Besetzung von Philippsborg vor; andererseits
soll die Masse des 5. Korps nach Lemberg und Mutterbausen ab-
rttcken, wodurch sie rom 1. Korps noch weiter getrennt wird, als
wenn sie bei Bitsch bleibt. Denn bei Bitsch stand das 5. Korps
wenigstens an der grolsen Stratse, bei Lemberg an einem damals
eddeehten Ortererbindiingsweg, &Ub es an das 1. Korps beian*
gezogen werden moCrte. —
„Nacb einer ziemlich langen Unterredung" — so beliebtet
General Dnorot — sei der Marsoball anf die von ihm ver-
tretenen Ansiehten eingegangen nnd habe demgemiUs an General
Failly befoblen; leider seien die Befehle weder genügend dringlich
nodi genügend bindend gewesen.
Das Telegramm, das Mac Mahoti uuumclji au General Failly
richtete, lautet f( 1^ ridermafsen:
„Wenn es Ihnen möglich ist, so besetzen Sie sofort die y Tele-
Stellung von Lemberg; es ist dies von der äuDsersten Wichtigkeit" i^r^aiux
im Failly.
V, 2Q
1) Vgl. hierzu den Anhaiig.
^uj ui.uo uy Google
394 IHe ntiffkflit des ManoluUi Mac lUhoii vor der SoUacbt ▼oa Wartk.
Das Telegramm kam gegen 5° iu die Hände Faiilys, mols
also spätestens 4'^ abgegangen neinJ)
Mac Mahoii hat zwar die Besetzung von Phiiippsburg nicht an-
geordnet, der \ orwurf aber, den ihm Dncrot macht, ist völlig
QnbegTtindet: dringlicher konnte der Befehl an Failly wohl
nicht sein. —
Um G*' wai im Schlosse von Fröschweiler Diner, zu dem alle
Generale geladen waren.-) Man mochte noch bei Tisch sitzen, als
die Antwort Faillys — datiert von 6° abends*) — an! das zweite.
Telegramm des Marschalls einlief. Sie lautete:
VT, 49 ,.Die Division Ijespart ist allein bei ßitHi'h und wird moriren
G*' vorm. zur Vereiniirung: mit Ihnen abrücken. Die amlcren
Divisionen werden auf der Stralsc nach Niederbronn abiUckeUf
sobald sie nach und nach in Bitsch eingetroffen sind."
VI, 49 Das franz. Generalstabswerk bemerkt hicrzn: „Ohne Zweifel be-
fand Hieb genau genommen die Division Lespait ,aIleiD bei Bitsch', aber
tatsächlich biwakierte die Division Goze bei dem Grebtfft Frendenbergy
das nnr 3 km Ton der genannten Stadt entCent Ist. Die Antwort
des Generals Failly war demnach nur dasa angetan, einen Iirtom
bei Maneball Mae Hahon Aber die tateSehHelie Lage des 5. Korps
herbeisnfllbren. Im ttbrigen kann man sieb Atg^Ueb nnr darttber
wandern, data General FaiUy anf die vor 4* eingegangene Anf-
Ibidemng, sieb sobald als möglieb mit dem I. Korps zn vereinigen,
den Aufbmofa der Division I^espart — im Monat Angost — eist
anf 6^ morgens am nicbsten Tage angesetst bat." —
Mae Mabon mniste sieb sagen, dais infolge seines dritten Tele-
grammes General Faillj wabrsebeinlich der Division Leapart den
Befebl gegeben baben mooble, niöht anf Üiedeibionn, sondern b
der entgegengesetsten Bichtnng, nacb Westen bin, anf Lemberg ab-
snrtteken. Nanmebr, gegen Ende des Diners, sebiea ibm plOtatteb
>) Das Td«gnuBtn wurde der Sicberheii wegen auf zwei veiachiedeaen
ÜDien aufgegeben, die erste Ausfertigung kam nach dem von Failly durch-
gesehenen Tagebuch des Korps um 6* an, die zweite von 8» abends da-
tierte Aubfertigung nach S'O.
3) Fröschweüer Chronik von Ptavr Klein, Seite 72. Auch Oberst
von Zanthier erzBhlt dies — Saite 812 — mit dem Bemevken, dafii hierbei
Lage und Aolgaben der Armee im KonversatioiiJistüe behanddi worden
8eien.
Vermutlich ist das Telegramm nicht gleich, naclideni es aufgegeben
war, von der Telegraphenstation abgefertigt worden, denn um war
Failly schon im Besitz des dritten Telegrainma, du ihm die Besetzung von
Lemberg auftrug. Es mufs also das hier in Frage stehende Telegramm
Failljs sehen vor verfaist worden sein.
Digitized bv CjOO<^Ie
JA» TUigfcelt des Haneiiills Hae Hahon yor der S«Uiehl von WMi. H9r>
diei nlebt das Richtige xo leln: er kam auf semea anfiiiglielieii
EotBeblnis zuttok, das 5. Koips an die Auiifcelliuig seiner Trappen
herannuiehen. Wodozeb diese rascke Sinnesindernng lieri^eigdOlnt
wurde» wie es kam, dafs der Manekall nan den mächtigen Eänflnfs
Dnerots von sieh abschuttelte, Ist aneh dnroh die VeiOffientüohnngen
des Iranz. Generalstabswerkes niobt an^klirt worden. )fan mOebte
glaabeoi dats das Herankommen des Gegners diebt vor die Front
der franztJsischeo Trappen die Veraolassang war: g:egen Abend
standen bei Mattstall Vorpoeten des 11. bayerischen Korps, längs '
der Sauer die des V. Korps; dessen Avantgarde hosetstc die Orte
GOrsdorf, Dieffenbach and Gnnstett.') Aber die Franzosen haben
Ton aUen diesen Vorgängen nach der Angabe des franz. Geoeralstabs-
Werkes nichts bemerkt, als dafs zwei prenfsische Kompagnien gegen
abends qnerfeldein Ton Sttden nach Norden marschierend GK)rs-
dorf besetzt hatten.
Man kann also nur vermnten, dals der gesunde Menschenverstand
Mac Mabons Uber die haltlosen Phantastereien eines Dncrot den
Sieg davon trag, als er am 8'° abends — vermatlich nach einer
Besprecbang mit seinem Intendanten — folgendes Telegramm ao
den General Failly absandte:
„Kommen Sie mit ihrem g'anzen Armeekorps nach 4. Tele-
Reichshofen und zwar so bald als mfiirlich. Wir haben j^^'^^^J^
Maugel an Lebensmitteln ; wenn Sie in Bitsch Vorräte haben, so yi, 22
beladen Sie einen Sonderzug mit I ehensmittfln aller Art; er soll
noch beute nacht hier ankommen, ihre Iruppen «ollen die
grofse Strafse benetzen; ich boife, dafs Si<> Rieh morgen
im Laute des Tasres mit mir vereinigen werden. Ich
ersuche am EmpfaugsbestätigDog."
Nnn aber sollte Mac Mabon die Früchte seines dritten Tele-
grammes ernten, das die Besetznng von Lemberg angeordnet hatte.
In der Nacbt trafen kurz nacheinander folgende Depeschen des
Generals Failly ein:
1- Ab Bitsch 5. August 8*' abends. VI, 100
„Ich kann in diesem Augenblick nur über ein Infanterie-
nnd ein Kavallerieregiment verfügen. Was soll ich nuch
Lemberg schicken?
2. Ab Bitsch 5. August 9^ abends. V1.21u,IOO
Nach vorgenommener Erkuüduug'j habe ich Gruud zu glauben,
>) üeneralstabswerk I (Seite 208 und 204).
2^ ♦>neral Faillj hatte nach Ein^^ang dos dritten Telegrammfs den
J^oiisrhef ^einos Gcneralstabes mit einer Husareneskadron zur Erkundimg
<ier Steliung von Lemberg abgeschickt, obwohl er sich gleich ge»mgt hatte.
Digitized by Google
396 iiiügkeit dvh Marschalls Mao M&hoa vor der 8oblaobt voa Wüiih.
daCs es tkh mohl um die Beeeteong der SteUnng Ton Lem-
berg, BabiutatioD im Sttden tob Bitscb, handeln keim. In dieser
Btebtang ist oiebts AnfiSUiges. Es rnnls sieh om Lembaoii, 32 km
Ostlieh Ton Bitsoh, liaodeki. lek eiseehe am Anoidnang Aber die
Starke der Trappen, die dortliin sa eatsendeB sind. lofolge der
KoosentratioDsbewegoDg, die sich anf Bitseh m vollsieht, weide
ieh morgen erst am 10* Aber die Division Lespart veilttgen kOnnen,
insofifirn es sieh am deren Abmaiseh handelt Sollen die Attülerie-
teserre and die Verpflegskolonnen ebenfalls abmanehteren? Es
ist onmOgliob, dafs die Division Lespavt an einem Tage 82 km sa-
rlleklegt, wenn sie einen Kriegsmaiseh ansftthrea mols. loh
habe hierüber sehen zwehaal eine trttbe Erlabrang gemaebt**^)
Yersetst man sieh in die Lage des Generals FaiUy, so kann
man es sehr wohl verstehen, dab er ao eine Verweefaselnng der Namen
Lemberg nnd Lembach glaubte. Ihm war voriier die sehlennige Ver-
einigung mit den bei Worth stehenden Trappen befohlen worden
(erstes Telegramm Mae Mabons); in diesen Gedankengang palste ein
Abmarsch anf Lembach. Was aber — so mochte er sieh frageo —
sollte seb Korps in Lemberg? Der Marsehall hatte ihn, genan
wie es das kidserÜche Haaptqoartier aoek xa tan pflegte, mit keinem
Wort Ober seine Absicht orientiert, Faillj konnte also nomOglich
wissen, dafs die Daerotsche Ansicht von der Wichtigkeit der Be-
herrscbnng des Yogesenkammes den Marschall tatsäehlieh sn dem
Befehl veranlatst hatte, Lemberg besetsen zn lassen.
Geradem nngehenerlich aber erscheint die Bemerkung, die
Division Lespart werde erst am 10^ von Bitscb abrttcken können.
Und dies noch dain angesichts der Mahnung Mac Mabons, der Abmarsch
nach Lemberg — wofUr Failly Lembach annahm — sei von der Kaiser*
sten Wich%keit. Das franzOsiche Generalstabswerk meint, dals Faillj
in Bitsch das Eintreffen der Divisionen Goze and Abadie von Flrenden-
bexg und Rohrbach abwarten sn mOssen glaubte, ehe er die Divi-
sion Lespart abmarschieren liefse! —
Wir sind nielit darttber unterriohtet, welchen Eindmek das
letcterwKhnte Telegramm des Generals Failly auf den Marschall
machte. Glaubte er trotz der Meldung, dafe die Division Lespart
erst um 10 ^ abrOcken kOnne, auf Grund seines letzten Telegrammes
daCs Lemberg, weaii auch an einem Vogesen-Defilee gelegen, docii /.u weit
südlich liege« um bedroht zu nein. VI, Sl.
1) Nach dem französischen Geneialstabsweric VI, 21 Anm.' bezieht sieh
dies auf die am 6. August vcm den Divisionen Goze und de l'Abadie znrflck-
gelegten Märsche. Diese hatten nur 25 and 20 km betragen.
Digitized by Google
Die TMlKkelt de» HanehellB Mao Mahon vor der Seldaolit TooWtfrtk. 397
(des vierteDK das FoiUy xn dieser Zelt noeh nielit eihalten hatte, ao
eiD HerattkommeD des 5. Korpe am oiohsten Tage?
Die Antwort des Generals liefs lange auf sieb warten; um
Mittemaeht war sie noch nicht eingetroffea. Mac Mahon soU nicht
zn Bett gegangen sein, sondern sich nnr saweilen «brütend^ aaf
ein Sofa gelegt haben.^) —
Begeben wir nns für einen Aagenbliek za den fransösisohen
Truppen. Am späten Nachmittag war die in Reiehshofen ausge-
ladene 1. Brigade der Dividon Conseii Dnmesnil in der Stellang
eingetrofien; sie bezog westlich Elsabhansen, rechts von der Division
Peild, Biwak.*) Bei den Truppen war, wie schon am 4. Angost» VI, 182
empfindlicber Lebensmittelmangel eingetreten; das vierte Telegramm
Mao Mahons an Failly fuhrt hierttber eine beredte Sprache. Am
5. Äogast gab es nach eioeni vom friinz. Geoeralstabswerk ange*
führten Berieht nur 6000 Portionen Ittr die bei Wörth versammelten VI. l«7
Kräfte. Gewaltmalsregeln der Einzelnen und Szenen von Indisziplin
waren die Folge.") Dazu kam, dals bei den Teilen der Armee, die
Naehtmärscbe aosgefubrt hatten,*) Mannschaften wie Pferde Uber-
mtldet waren.
General Bonual, der die Schlacht als Leutnant im 48. Infanterie-
regiment mitgemacht hat, schreibt^) Uber die Stimmung der Troppen:
„Die Hoffnung auf einen Sieg war am Abend und Morgen vor
der Schlacht groCs in onseren Reihen.
Niemals waren Truppen von grölserem Vertrauen auf sich selbst
und den Erfolg: beseelt.
Die moralische Kraft, die f^ewissermalsen durch die voraus-
gefraii^eneii, für unsere Wallen alle prinrreieh verlaufenen FeldzU^je
aufpesppichert war, gab unseren Keginirntmi ein Selbstvertrauen
und eiuc Veraehtunsr des Feindes, die man wahrscbeiDÜch so bald
nicht wieder sehen wird.
Ja. et« war sogar ein Übermafs von Dttnkel auf unserer Seite,
und in der Tat, man kann nur erröten, wenn man au die Kenom-
M Kleiu, Fröschweiier ('hrouik, Seite 72.
2) Da.s III. Bataillon des 21. Infanterieregiments war bei der Artillerie
der Di%'isinn. lüc laü':;e Zeit wegen t'berfnllung des Bahnhofes nicht aus-
geladen werden konnte und aa der iSchlacht — ebenso wie das Bataillon
— nielit tsilnalim. Das IL Bataillon liatte Hagenau am decken uod ging
«ptter naeh Strasburg sarflck; die Brigade war also nur fUnf BKtaiUone
stark.
Klein, Ki « ,>t hweiler Chronik, Seite 67 u. ff.
*) N'gl. Seite 2Ü8.
Seite 206 seines Werkes.
Digitized by Google
398 Die Tliiigkeit det Hamdialls Hie Malioii vor der Sehlaclit von Wdrth.
niistereien zarUckdenkt, die in naiver Weise in der Armee omlieleUt
ehe sie Rokanntschaft mit dem Feind gemacht hatte."
Hiezu i^t zn bemerken, dals die Division Kaoult, zu der
General Bonnal damals hörte, seit dem Naehmittns* des 4 August
bei Wörth stand, mitbin vülUg ausgeruht war; au('h waren vermutlieb
infolge ihrer längeren Anwesenheit die Yerpflegsvcrbältnisse bei ihr
noch am besten geordnet. So mochten in dieser Division die Wogen
der Stimmung höher «rehen. als bei tien anderen Truppenteilen.
Im übrigen hatu n sich sämtliche franzijsische Trnppeu am
6. August trotz voraiii:e^anL^pner grolser Anstrengangeu und un-
genügender Veipilegung vorzii-Hch geseblageu; auch die Truppen
der 2. Division Pelle haben, obwohl sie bei Weifsenbarg eine Nieder-
lage erlitten und teilweise einen übeisttirzten HUckzag aasgefUhrt
hatten, nichts an ihrer Gefeditskraft eingehüfst.^) —
Der Tag des 5. Aagast war schön und heifs gHwescn : nachts
zwischen 10 und 11^ entlad sich ein heftiges (<evvitter. Strömender
Regen ging nieder nnd dauerte bis zum Tagesanbruch; die franzö-
VT, 136 sischen Truppen, die die Erlaubnis, ihre Zelte auiznschlagen, nicht
erhalten hatten, wurden bis auf die Haut durcbnäfst. In das GerauRcb
des Regens aber mischte sich das Knattern von Gewehrschüssen,
mit denen die französischen, nur auf kurze Entfernungen vorge-
schobenen Vorposten das Vorgehen prenfsischer Patronillen abzu-
weisen suchten.^) Dieses Feuer nuig wohl auch Mac Mahou von
Zeit zu Zeit im Schlosse von Fröschweiler gehört haben.
0. Aogtist Erst als der Morgen des 0. August anbrach, erhielt der -Mari^ühall
von General Failly folgende um 3*^ morgens abir« taiste Autwort auf
sein am Abend um 8*^ abgesandtes (viertes) Telegramm:
VI* 2< „Ich kann nur Uber eine Division verfügen. Ich ziehe sie
ZQsammen und entsende sie aaf Reichshofen. Es ist möglich,
dafo sie in Niederbronn einen Halt machen mnfs. Ich schicke
Ihnen, da Festangsvonttte nicht Torhanden, die Verpflegsreserve
der 8. Di?irion mit fiabntruiipott. Dieser wird indes erst morgen
abgehen. Ich gebe Befehle snr Bildnng eines zweiten Lebens-
mlttelzoges. BHesbrtteken ist vom Feinde besetzt. INe tele*
graphisehe Verbindung mit Saaigemttnd ist nnterbroeben.'*
VI. *14 Das franzOsisehe Generalstabswerk bemerlLt hienm:
„So hielt sieh also der Fahrer des 5. Korps an sein Tele-
gramm TOn 6*^ abends nnd meldete dem JfarsohaU abermals, dats er
nnr Uber eme Division verlttge, obwohl er tatsKehlich ^e Bweite^
wenn anch nieht in Bitseh selbst, so doeh in der nnmitlelbaren Um-
^) Das Abbrechen von Gefechten, Seite 80.
*) Bonnal» Seite 209.
Digitized by Google
Die TJftigkeit des Mindialb Mao Mahon Tor der Seblaeht von Wtfcth. 399
^ebuiiLi dH'b( r Stadt stehen hatte; trotz des klaren und iiachdrttck-
licheo Befehls, den er nm 10® nachts erhalten hattej sandte er nach
Reichshofen nur die einzige Division Lespart."
Die (rrUndp, die Opneral FailJy teils in dem Tagebuch des
5. Korps, teils in beiaer Schrift über tlcssen Operationen aul-
ftihrt. werden in ]äng:erer Ausfhhrang vom französischen Gt neral-
siabswerke als völlig unstichhaltig zurUckfrewiesen. „Der (ieneral
wollte" — so wird znsainmentassend ansgetührt — „gleichzeitig Vi. 27
dem 1. Korpö zu Hilfe kommen, Bitseh') decken, die Stellaug von
Fleudenberg festhalten und den Schutz der Eisenbahn und der
OebirgslUcke bei Rohrbach übernehmen. Er glaubte so allen Ge-
sichtspunkten gerecht zu werden, anstatt sie dem einzigen Gedanken
unterzuordnen, der für die La^o malsgebend sein durfte, nämlich
dem erhaltenen Auftrag, so schnell als möglich mit seinem ganzen
Armeekorps nach Reichsbofen zn kommen. Er mulste alles ver-
SQcheu, um diesen Aaftrf^ zn erfüllen, selbst wenn der Feind yer»
sachte, ihn daran zo hindero; er gelangte aber nicht einmal zur Er-
fttllong seines Auftrages, fcrotidem der Feind gar iildit da war. Die
Verantwortung hierfttr triflt niebt eo sehr den Flihrer des 5. Korpe
als die Tenlteten Anscliaanngen , die damals in der franzO-
aiseheD Annee benBchten, nnd nach denen einem Pabf einem Tal^
einem StrabenluiotenpnnlLt, einem Piatean mÜitilrisciie Eigensehaften
an und für sieh, ein innerer Wert ankamen, so dab Iiiednreh der
Gedanke, man mttsse die Krttfte mm Zwecke der Seblaebt heran-
führen and insammenfassen, in den Hintergrund trat**
Das franiOsisohe Generalstabswerk spielt hier die Rolle, die
der Knnst im Prolog znm Wallenstein angewiesen ist:
„Sie stobt den Hensehen in des Lebens Drang
Und wähst die gröfsere Hälfte seiner Sebald
Den onglttekseligen Gestirnen zn.'*
Nach unserer deutschen Auffassung aber ist das Urteil des
frauzüsiseben Generalstabes ein recht mildes. Gewifs stand General
Failly, ebenso wie Mac Mahon und Duerot, unter dem Banne der
AutTassmigeu seiner Zeit — innerhalb Frankreichs. Aber abgesehen
davon, dafs Mäimer, denen im Kriege die Leitung von Armeekorps
und Armeen anvertraut wird, in ihr(*n Ansichten etwas Uber dem land-
lüutigen Durchschnitt stehen sollten, dafs ferner die grulsartigen Er-
folge Preulsens ?or wenigen Jahren diese Männer zum Studiani der
Ursachen solcher Erfolge nnd damit zum Studium des Krieges über-
1) IHeee kleäw B'estung, ganz fai Falsen gebant^ ist bekanntlich von
den Deutaehen trotz mehrfacher Tersudie nicht eingenommen worden.
Digitized by Google
400 ^ miglMit d6B MaraohalU Mm Mahoa vor der aciilAoht von Wörth.
baupt bäiieu veranlassen musseu — Failly sind zwei Fehler zur
Last zu legren, die von operativen Anscliauuugeu unabhängri^ sind.
Erstens hat er seinem Vorgesetzten zweimal gemeldet, er habe nur
eine Division bei Bitseh, das ist, da eine zweite dicht daneben
stand, nacii unseren Be^^rift'en einfach eine falsche Meld ung, bei der
zwar keine Absicht, wuld abw Fahrlässigkeit vorlag. — Zweitens ist
General Failly einem wiederholt aul da.s Bestioiuiteate ausgesprochenen
Befehl nicht nachgekommen. Von einem höheren Befehlshaber wird
kein sklavischer Gehorsam verlangt, mau erwiu'tet im Gegenteil von
ihm, dals er dann, aber auch nur dann von einem Befehl abweicl\^,
weon er die Überzeagung gewonnen hat, dals seit Erteilung des
Befehls eine Änderung in der Lage eingetreten ist^ mithin eine Vor-
anBfletKQug, unter der der Befebl erJassen wurde, nlelit mehr zo^
triift. So handelte am 6. Aagnst General Ton KIrdibacb, als er die
Seblaebt gegen den Befehl des Kronprhizen nioht abbraeh, und bober
Rnhm nmstrahlt seine Grestait ftlr alle Zeiten infolge dieses kühnen,.
yerantwortungsvoUen Entscblasses.*) Aber General Failly? Niebta
binderte ihn, dem Befehle seines Yorgesetaten naebatnlKommen ala
das Gefühl fbr die Wichtigkeit einiger GelSndepnnitte. Nun war
er, als der Befehl erstmals eintraf, in der glttokliehen Lage, seine
Anffassnng tat Spraehe bringen an kOnnen; er konnte telegraphtseh
heiiehten, ja selbst dam wäre Zeit gewesen, einen OfBuer seines
Stahes mit Bahn oder anoh an Pferde zn Mae Hahon an entsenden.
Darin, dala General Failly sieh niebt einmal die Mflhe nimmt, an-
zufragen, sondern tron Tornherein seine eigene Anffassnng
über den Befehl seines Vorgesetzten stellt, kann nichts an-
deres erblickt werden als ein Mangel an Disdplin.
So brachte also der Morgen des 6. Angnst dem Maraeball die
«Gewibbeit, dafs seine Erwartung, das 5. Korpe werde im Lanfe
des Tages zn ihm stolsen, sich niebt erfhUen werde. Sehr schwer
mag die Nachrieht nicht anf ihn gewirkt haben, da er — wenn anch
mit dnigen Schwankungen — die Ansiebt hatte, er werde an diesem
Tage nioht angegriffen werden. Gleichwohl machte er noch einen
sehwachen Versuch, das Herankommen des 5. Korps zn veranlassen^
indem er an General Failly — ab Reichsbofen 5 vorm. — fol-
gendes telegraphieren liels:
•) Im tlegensatz zu der Bemerkung »lt>s Generals Roimai (>^eitc 881),
General v. Kirchbach sei aus Besorgnis (tres anxicux; für <lie Lage de«
V. Korps zu seinem Entechlnfä gekommen, eignet i^ch das franzOsiadie
Generalstabgwerk das «neikennende Urteil des G^erals Woide an. (VII.
Seite 201.)
Digitized by Google
Die TItIgkeit dm Karachalls Hae Mahoa v«r dar Sohlaobk tob Wörth. 401
„Teilen Sie mir sofort mit^ ao welchem Tage und auf :,. Te\o-
welcbem Wege Sie Sich mit mir vereinigen werden. Es ist an-
erläfslich nnd dringend notwendig, dals wir ansere Operationea yn, 5
in ÜbereinstimmrinE: bringen."
Dieses Telegramm hat genau den gleichen Wortlaut, wie das
zweite, das an den General Failly abgegangen war. „Es stellte
ohne Zweifel" - so bemerkt das französische Generalstabswerk — VIU, 6
„eine Ah^phwächiniL'- des bestimmten Befehls dar, so bald als möglich
iiaeh Heichshülfii abzurücken. Wenn man jedoch den Sinn des
Telegramms brtraehtet. so war einleuchtend, dafs der Marschall
eiligst zu wissen wünschte, zu welchem Zeitpunkt er auf das ganze
5. Korps zur Verstärkung des 1. rechnen könnte. Es niufste ferner
klar sein, dafs der Marschall seine ersten Anordnune-en nur auf
Gmnd der Antwort des (ieuerals Failly abschw^ächte, von dem
er annehuien uiuiste. dal^j der grOlsere Teil seines Armeekorps noch
bei SaargemUüd stehe."'
Gewils, dem Sinne nach hat Mae Mahon auch jetzt noch ein
l)aldiges Herankümmen des 5. Korps als wünschenswert liinge-
sfcellt. Aber warum hat er nicht am Abend oder wenigsteub in
der Nacht, als das Telegramm einging, das eine Namensverwech-
selnng asmahrn, einen Nachrichtenoffizier nach Bitsch entsi ndet, mit
dem doppelten Aultrag, einerseits seinem Befehl wegen der Ver-
einigung Nachdruck zu verschaffen, andererseits sich Uber die
Aufstellung und Lage bei den einzelnen Teilen des 6. Korps zu
orientieren? Und wenn dies unterblieb, in der sicheren Voraus-
setzung, dals das Teleer nnn von 8^*^ abends keinen Zweifel mehr
lassen könne, warum ist jetzt, am Morgen, als die Meldung eintraf,
dafs nui Ii» Division Lespart kouimen werde, nicht endlich das er-
lösende Wort ausgesprochen worden:
Wo stehen die beiden anderen Divisionen?
Dem wäre beiziifiiiren gewesen, dafs sie sofort auf der Stral'se nach
Niederbronn in Bewe;,im- lu setzen seien; sofortige Meldung; Uber die von
ihnen voraussichtlich zu erreichenden Punkte und Zeit des Abrückens
der Division Lespart sei geboten. Dann wäre der Marschall endlich
za einer klaren Erkenntnis der Lage beim 5. Korps gekommen,
was ihm bis zum Beginn der Schlacht, allerdings nicht ganz ohne
Belli Verschulden, absolat nicht gelang trots des nnablttssigen De-
pesebenweebaele. Vielldebt wixe dann anoh ein ITailly za dem Ent-
seblofs gekommen, die Dirision Goze and die ArtülerieraseiTe der
Dillsion Lespart folgen zu lassen; sie Uttten Mlich erst za einer
Z^t*) anf dem Schlachtfeld eingreifen können, da der Sieg der
*) Das Telegramm Mac Maliom» von 5'* kam erst gegen 7® in die
HSade Faülys.
Digitized by Google
402 l^to Tätigkeit dM Maraoludls Mio Mtlioii tot dw SeUaebt Ton WOrtli.
Dentschrn schon entschitdeu war, aber eine völlige Zertrünuuerun^
der Truppen Mac Mahousi wäre vermieden worden, insbesondere,
wenn die Artillerie rechtzeitig voraosgesandt worden wäre.
VU, ä6S Angesichts dieser Möglichkeit wird ein l^uraer Blick auf das
tatsächliche Verhalten der Division Lespart von Interesse sein. Sie
wurde am Morgen des (i. August 6 ° vorm. von Generai Failly (an-
statt sofortiger Bildung der Marschkolonne) in eine Versamm-
laugsformation zusammengezogen. Da sich vor den Vorposten der
bei Frendenberg stehenden Division Goze schwache Kavallerie zeigte,
hielt General Failly die Division Lespart I is 7^° zurtick. Dann erfolgte
endlich der Abmarsch. Kurz vorher hatte man schon Kationen-
donner aus östlicher Kiehtuiig vernommen; er verstuininte wieder,
ii;thin aber dann bis f)**^ mehr und mehr /u. General l ailly, dem
nun oüeubar das Gewissen schlug, sandte der Division von Bitseh
aus mehrfach telegraphisch den Befehl zu, sie solle ihren Marsch
so viel wie möglich beschleunigen. Gleichwohl ging die Bewegung
nur mit einer „verzweifelten Langsamkeit"^) vor sich; zahl-
reiche Halte worden eingelegt. Die Division hatte keine Araiit-'
garde .Toraosgesohickt; an jeder Krenzoog der grolsen Straise mit
dnem nach Korden ftthrenden Weg wurden Anfkttrangaabteilougen
naoh dieser Biehtong abgesandt, unterdessen hielt die Kolonne.
Anberdem wurde die Truppe ron der Hitze, die in dem engen n
dnrohsofareitenden Waldtal faemchte, sehr mitgenommen. „Unter
diesen Umständen branohte die Division Le8]Murt anstatt sechs Stunden,
die hoch geieehnet snm Znrttefclegen der 22 km betragenden £nt*
femung von Bitseh naeh Niederbronn nötig sind, deren aeht und
eireiehte diesen Ort eist um 4^ zn einer Zeit, als die Sehlaeht un<>'
wiederbringlich verloren war.'*
Die Division besog bekanntlieh bei Niederbronn eine Anfnahme-
steUnog und hielt diese bis 7^ abends. Sie hat dort zur Deekong
des Rttokznges der Trttmmer der geschlagenen Armee nicht an*
wesentlioh beigetragen, insbesondere ein weiteres Vorreiten der
wttrttembergischen Kavallerie naeh ihren anftngliohen glänzenden
Erfolgen verhindert^)
Die Division ging auf Befehl Mae Mahons ezzentriseh zurllck;
die eine Brigade deekte als Airieregarde den Bttelczog der Armee
ani Zabem, die andere — Abatucei — zog naeh Bitseh ab. Dies
hat bekanntlioh veranlalst, dals man anfönglieb im Hauptquartier
der UL Armee und hn grolsen Hauptquartier der Ansicht zu-
Vom franz&sischeu Generulätabswerk aus dem Tagebuch des 68. lu-
ranterieregimento abemommen.
*) Genenüstabswerfc I, Seite 288.
Digitized by Google
Die Tätigkeit des M&rschaliä Mao Mabon vor der Schlacht vun Würth. 403
neigte, der ttberwiegende Teil der Aimee Mac Mabons aei in dieser
Richtong zurückgegangen.
Wie aber iLonnte aeb die Lage gestalten, wenn General FaiUy
dem Befebl Hae Hahona Tom 5. 8*^ abends Folge Idstete? Das
französische Genenüstabswerk beantwortet diese Frage wie folgt: Vn,
Die DiTision Lespait, die am 6. Angnst keine Tätigkeit gebaibt batte,
war am 6. Angnst 3* vorm. in Harseb an setsen, binter ihr nm
4"* die Artilleriereserre anter dtm Scbntxe eines Bataillons nnd
eines KaTallerieregiments, nm batte die Division Gme an folgen.
Die Abmarscbzeiten der rttckwürtigen Trappen sollen dnrob Annahme
einer breiteren Marsebformation erreiebt werden. Dann konnte der
Anfang der Division Lespart nm 9^ Jener der Reserveaitiilerie am
10 *^ jener der DivisiDn Goze am 11^ bei Bdchshofen eintreffen.
So wäre am das ganze 5. Korps, auimaisohiert^ bei diesem
Ort znr Verfllgnng des Marschalls Mao Mahon gestanden.
Es sind selir gttnstige Verhältnisse, die das französische General-
stabswerk hier annimmt, wie eine Naofaprilfnng mit dem Zirkel ergibt.
Ancb war von Heichshofen bis zar vorderen Gefeohtslinie noch ein
gutes Stttek Weg zorückzülegen. Aber selbst dann, wenn man den
angegebenen Zeiten noch 1 '/s Standen hinzusetzt, wird mau zageben
müssen, dafs ein Sieg der Franzosen dorchans wahrscheinlich war.
Generai Dacrot bat in einem Anisatz^) versucht, die Sebald an
dem NichtberankoniT^ien des 5. Korps von General Failly abzuwälzen
nod dem Marschali Mac Mahon in die Schabe zn schieben; dieser
habe sich zwar seine, Dnerots, Ansicht zn eigen gemacht, allein seine
Befehle hätten an Klarheit und Bestimmtheit zu wünschen tlbiig
irehissen. Dem gegen« her ist durch die jetzt veröffentlichten Akten
klar erwiesen, dafs Mac Mahon zwar dann, wenn er unter dem Banne
des unverantwortlichen Katirebers Dnerot stand, in seinen Ansichten
schwankend wurde, dafs er aber dann, wenn er sieh von diesem
unheilvollen Eintluls frei machte, auf das Hprankominf-n (Jes 5. Korps
gedruugren hat. Beweis sein viertes Telegramm an ( w neral Failly. —
Kurz nachdem Marschall Mac Mabon in seinem fünften Telegramm
einen nochmaligen, wenn auch wenig nachdrücklichen Versuch
gemacht hatte, sich die Unterstützung des 5. Korps zu sichern, ge-
langte er wieder zu einer anderen Auffassnng der I^age. Er liels
folgendes Schreiben an den General Failly abgehen: 28
„Liager hei Fröschweiler, 6. & Vorm.
Verehrter Herr General!
Sie sind dnrch den Kaiser unter meinen Befehl gestellt
1; La vie du general Ducrot II, a78. '
JaMBftor Ar 4to 4ratMli» Aibm vaA IIiiIm. Mt. »t. 27
Digitized by Google
404 Die TiUgkelfc d«8 Mftrwludls Mio Iktioii vor d<r SehlMbt tob WOrtii.
worden. Es ist vou der giOAten Wiehtigkeit^ dalii wir unsere
Operationen in Übereinstimmnog bringen.
Ich wurde vorgestern bei Weifaenburg von der Armee des
Kronprinzen, die mir sehr Überlegen war, angegriffen und genf^tigt,
mich bis in die Nähe von Reichshofen zurückzuziehen. Ks ist
dringend nötig, dufs wir uns Uber die Opf'rationen vereinigen.
Nach Na( lirichten,') in die man Vertrauen setzen kann, soll
der Feind eine Beweg^g inachei!, die den Zweck hat, sich des
Höhenkamins der Vocresen m bemächtigen und uns zu trennen.
Wenn diese Bewegunj; bestätigt wird, so müssen wir sie (d, h. die
Deutschen) in den Defileen augreifen. Wenn sie hingegen die
Stell ungeu von Weifsenburg bis Lembach besetzt halten^) und
mit d<'ni Hauptteil iiirer Kräfte in der i^jbeue stehen, so werden
wir gemeinschaftlich kämpfen, um ihnen ihre Stellunj^en zu ent-
reilseu. Setzen Sie also eine ihrer Divisionen iu Marsch. Ks
wäre wünschenswert, dafs »ie diesen Abend in I^hilippsburg-^)
nächtigte, wobei sie in ihrer linken Flanke die Stellungen zu
besetzen hätte, die die Strafse von Ktimhofen beherrschen.
Wenn die erste Annahme sieb bewahrheitet, su würde diese Di-
vision zuerst auf Neunhofen, von hier auf Obersteinbach zu rücken
iiiii)i'n. Dieser Ort würde am gleichen Tage von vier Brigaden
aüge^'fitl'en werden, die auf verschiedenen Anmareehwegeu vom
Biwak bei Keichshofen heraüz,urücken hätten.
Sobald Sie Kenntnis von der Ausführung dieser Bewegung
erhielten, würden Sie eine andere Division auf der grolsen Straise
^tsoh — Weitsenburg nach StUrzelbroun entsenden and so den Feind
TOT sioli hertieiben, der Sick »ol Msoher Tat*) ertappt und toü
allen Seiten umgangen Bähe.
Eine Brigade der letsteii (d. h. dritten) Division lilitte nacli
Lemberg absorneken» wo der Sohlflssel der Vogesen naeb dieser
Seite lün^) üegt; ihr wtfre eine Batterie miteogeben. Die andere
Brigade Itftte in Bitsob zn bldben, bereit, entweder naeb Sttlrzel-
broan oder naeb PhilippsbuR absarttcken, je naob den Eieig-
^) En ist unmöglich fentzustellea, woher der MarHcbali zu solchen
Nachrichtea gekommen sein wilL
*) Das fruizOflisehe Gheneralstabsweris bemertet hiezu: Sic
^ Die Besetzung dieses Ortes war am 5. dem Marschall von Ducrot
angeraten worden.
Damit dflrfte der dein Feinde unterstellte Versuch gemeint sein, »ich
zwischen das 1. und ö. Korps einzuschieben.
*) Gemeint dttrftesein: Der Teil der Vogesen, der für die beiderseitigen
Operationen in Betracht Icommt.
Digitized by Google
1)1« TäUgkeit des ManelnUB Mae Ifahoii vor der Seblaeht vim WOttll. 405
lUBBeD. Es wäre gut, wenn die Brigade von Lemberg sieb ver^
«ebaoflen würde. In liehtenbeig und Ltttzelskein ist Sebanzzeog
TorbandeUf je 1500 Stttek io jedem Flatee, womit diese Arbeit
ansgefttbit werden l^Oiinte.
Wenn hingegen der Kronprinz in der Gregend von Lembach
und in der Rheinebene yersammelt steht, so wäre die znerst ab*
gehende Division io Pbilippsbnrg nieht anzuhalten. <) Sie würden
dann die zweite Division und eine Brigade der dritten anf der
gleichen Stra&e abmarschieren lassen, die let/.te Brigade wäre anf
Lemberg abzusenden, von wo sie Ltttzelstein erreichen könnte,
wenn sie zum KUckzn^ gezwangen würde.
Senden Sie mir Antwort ii^i r drei verschiedene We^e, iob
schicke dieses Schreiben (gieichfaUs) anf drei verschiedenen
Wegen ab.
P. S. Kurz g^^'^agt, schicken Sie Ihre 1. Division sobald
als möglich nach Fbilippsborg and halten Sie die beiden anderen
marschbereit.
Wenn möglich, halten Sie Ihre Verbindung mit f bilippsburg
aufrecht."
Diejies Schreiben ireianorte gegen 3" naehm. in die Hände des V, 267
Generals Faill\ . Dirser \\;\t bei Ritsch, wo um 'l'^ die Brif:-ade V, 280
Maussioii seiner 2. Di\isi(iii von Kohrbach her eintraf, untiiiifr stehen
irebli«'h»'n. »^ii-'eich während df's iran/.i n Tages aus östlicher lÜchtQug
Kanoueudonuer immer stärker hrtrbar j-tnvorden war. —
Mac Mahon nimmt in seinem Schreiben an. dals sein Gegner
zweierlei tun k<inne: entweder werde er den Versuch machen, sich
zwischen das 1. und 5. Korps einznschiehen. oder aber, er halte die
Stellungen von Weifsenburg bis Ijembach li'st und stiebe mit dem
Hauptteil s»*iner Krät't«* in dor Kheincbene.
Mit der ersten Annahme stellt sich Mac Mahon vollständig auf
den Boden der Ansehauuuy'en, die von Heueral Üucrot am Nach-
mittag des 5. entwickelt worden waren und zu dem Befehl der Be-
setzung von Lemberg getührt hatten. Das h.ui/.ösisehe General-
stabswerk sagt Uber diese Auffassung: ,,Es war ohne Zweifel nicht VII, 8
unmöglich, dals der Kronprinz so operieren konnte, indes wenig
wahrscheinlich, dafs er sieh in Anbetracht der nuiiiiTischen Über-
legenheit der III. Armee und ihrer zahlreichen Artillerie entschlofs,
sich in die Berge hinein zu begeben, wo nur die Anfange der
Kolonnen kämpfen konnten." Schärfer wird von General l>onnaF)
genrteill. Ein Taktiker des XV III. Jahrhunderts hätte vielleicht au
^) D. h. sie soll »ach l'( u hsliofeu fortmar«;clüereü.
2» tVöschweiicr, Seite Ibö u. If.
27«
Digitized by Google
406 Titigkeit des Mandwlla Mac Msboo vor der Sehleoht von Wdrtlk
einein solchen Getiankensrang (des sich Hineinschieben^) l'reude ;re
habt, so fuhrt er aus und erinnert dann an die Aoffassuns: der
Gegner Fraiikreiehs währcim der Zeit der Revolution und des Kaiser-
reichs Uber den Wert des Geläudes und ,ireo^ra|)hi?>cher Pnnktt*.
wobei dm Plateaus von I^antrres and (Tueiscuaus hekauuter sarkastischer
Äurscruui; hierüber ^cedacht wird. \ Oii den feindlichen Streitkräften,,
die mau antrelVen könne, fei nirgends die Rede, alles beschriiuke sich
darauf, dafs das Dorf Obersteillbach von \ ier Brigaden, die auf vier
verschiedeneu Wegen von Heichshofen heranrUcken würden, ange-
grifien werden solle.
Gewifs. die Autiassunj:. dals der Besitz, des llühenkammes der
Vogesen und der Stellun^'^ von Leraberj: entscheidend sei. das ist
Theorie des X\ III. .lahrhuudc it«* uiid ein würdiges Seitenstüek zu
der iMnscliaUunLT des Plateaus von Laii^rres. Dals aber eine
ganze Armee — Ducrot hatte sie selbst auf 80000 Mann geschätzt
— sich auf ein oder zwei miserablen Gebirgswegen
zwischen zwei feindlichen Korps sozusagen durch-
schleichen werde, dieser Gedankengang übertrifit alles in dieses
Beziehung je Dageweseue und wird ein einzigartiges Verdienst dessen
bleiben, der ihn ausgeheckt hak
Die andere Annahme Uber das Verhaiten des Gegners ist offen-
bar das geistige Eigentum Mac Uabons selbst Danach sollte die
feindlieh Armee, die am 4. die Offensive ergriffen hatte und in einem
Gefecht siegreich geblieben war, nicht nur am 5. und 6. vGllig un-
tätig bleiben, sondern flberhaupt keinerlei Angxiffsabsichten haben,
sie sollte mit dem Gros ihrer KrI&fte ruhig in der Rheinebene stehen
bleiben, auf ihrem rechten Flügel aber „Stellungen festhalten**. Ein
derartiges Verhalten nimmt der französische Führer von einer Armee
an, die vier Jahre vorher die glänzendsten Beweise von zielbewotster
Energie, von raschestem Zugreifen gegeben hatte!
Mochte Mac Mafaon, ebenso wie das kaiseiiiche Haaptqoartier,
anfilnglich sich über die OperationsbereitBchaft der Deu^^hen
getäuscht haben, das Gefecht von Weifsenburg konnte keinen Zweifel
mehr bestehen lassen, dals diese zur Offensive bermt und entschlossen
waren. Aber die blutige Lehre, die dem Marschall dort erteilt
worden war, nützt nichts, ein Vorgehen des Gegners kann er sieh
nur zu dem Zwecke vorstellen, um sich der Stellung von liemberg
— ohne Kampf — zu bemächtigen; ist das nicht der Fall, nun, so
wird der Gejnier stehen bleiben I
In beiden Fällen will der Marschall die Oüensive ergreifen,
darüber aber, wann er den einen Fall, wann den anderen als gegeben
ansieht sagt er dem General Failly nichts; vergeblich fragt man.
d by Google
Die Tittfgkett dea MwtohaNs Xm Uahoa vor der Sehluht Ton Worth. 407
was von diesem erwartet wird; erst die Nachschrift gibt hierüber
Aufschlufs! eine Division soll auf Philippsbarg in Marsoh gesetzt
werden, die beiden anderen sind marschbereit zn halten.
Der Oedanite, dafs der Gegner die bei Wörth stehenden
Kratte augreifen ki'mne, der doch von Hause niis zu d^r Ein-
nahme einer Defensivstell unjr jrefiihrt hatte, wird nicht einmal
aestreift. Während der Marschali noch am Abend vorher nach-
drücklich das Herankommen des ganzen 5. Korps lordert, ist ihm
offenbar jetzt, am Morgen de«, (».. hieran nichts gelegen; auch die
eint* Division, die von (General i*ailiv als sofort verfügbar bezeichnet
worden ist, soll nur bis /u einem 18 km von Wörth eoUemteu
Tankte herang-ezogen werden.
Wie ist diese neue Sinnesändenino: entstandeiiV Das französische VU, 9
Oeneralstabswerk hält es für wahrscheinlich, dafs die Vorstellung,
der Oe^ner werde den Besitz des Höhenkammes der Vogesen an-
Mreben, die Meldung Faillys, er könne nur eine Division abrücken
lassen, und die Voranssctznn*r. der Gegner werde nicht angreifen,
man habe vielmehr alle Zeit, eine Vereinigung der getrennten Kräfte
nach Eingang von Nachrichten Uber den Feind zu vollziehen, gleich-
mäfsig auf den Marsehall eingewirkt liauen.
Der Entschlufs, den Mac Mahon jetzt ausspricht, ist durchaus
das, wa.-^ ihm General Ducrot schon am Nachmittag des ö, angeraten
hatte, nämlieh eine Auslüllung der zwischen dem 5. und 1. Korps
bestehenden Lttcke durch lieselzung von Fhilippsburg; dadurch aber,
uais in den vorausgehenden lietrachtuageu über die Lage die an
und für sieh schon merkwürdige Auffassung des genannten Generals
mit eigenen Anschauungen des Marschalls zusammengeworfen wird,
entsteht ein Schriftstück, das Oberst von Zanthier mit Recht als
-ganz konfus" bezeichnet —
Nach seinen Erinnerungen hat der Manchall am Morgen des VII, Sann.
6. August endlich darao gedaeht, die Aafkttrongfrt&tigkeit der
KaTallerie in Ansprneh su nehmen. Er kabe BrknndnngBabteilangen
aaf Lembaeh nnd Hagenau voigeBcbiekt; da de, ohne auf den
Feind geslofsen tn sein, znrttokgekekrt seien, so habe er an
einen feindlichen Angriff an diesem Tage nicht geglaubt. Aneb das
Tagebncfa des L Korps erwtthnt firkondnngsabteünDgen ; diese seien vii,i«an
mit Tagesaobmek sarttokgekehrt und bSilen anf dem linken Saner-
nfer nichts Tom Gegner angetroffen. Der Text des ftansQsisehen
Generalstabswerkes erwähnt diese Erkundungen nicht; wenn sie
aber abgegangen sind, so können sie nnr einige hundert Meter weit
geritten sein, sonst hätten sie aaf die dentseben Yor|»06ten Stoffen
mttssen.
Digitized by Google
408 i äti^keit des MarsobalLs Mac Mahon vor der Schlacht von Wörth.
172 \om 6. Lancierregimeiit »iud auch in der Nacht vom 5. auf
6. Augast Erkuadnogen aosgefUhrt worden; sie beschränkten sich
auf die rechte Flanke und den Rücken der auf dem äufsersten rechten
Flügel stehenden 4. Division Lartigue. „Man hörte Tom Lager Am-'j
so berichtet die Geschichte des Hegimente, „während der Nacht eine
Anzahl ron SeblMsen, «Ueb de rtthrt^ von Vedetten her, die wenig
Eifohrong besagen und noeh daza durch die Finateniifl und das
eeUeehte Wetter eingesehttebteri warea.**
Im ganzeo steliteo die £rkondiiDgen des 6. Lanoierregiments
während des 5. Angnal nnd in der Nadil vom 3. aof 6. feil, daüs
der Gegner mit atarlcett Krilften Ton Gnnsftelt bis Walbarg stehe«
dafo sieh Trappen in der Gegend von Eechbaeh zeigten and dals die
Straise Hagenan— Reiebshofen yoin Feinde Tellig frei 8ei.>)
Diese Meldnog konnte der Marseball Mae Mahon in den Morgen-
itnnden des 6w Angnst haben. War dies der Fall, ao mnlate die
Naoiurieht von der Anwesenheit starker Kräfte ror seiner Front dem
franzOsisohen Fflhzer dooh Zweifel erweeken» ob seine Annalime, dals
der Feind entweder ins Gebirge abgerückt oder stehen geblieben
sei, zutreffend sei.
General Saonlt, dessen Division (3.) Worth and GOrsdorf gegen-
über lagerte and mit ihrem linken Flügel bis anf 1 km an Langeo-
snlxbaeb heranretcbte, hat in den Morgenstonden des 6. Angnst den'
Eindmek erhalten, dals starke Massen Tor ihm ständen.*) Ob damit
das V. Korps, dessen Gros bei Prenschdorf biwakierte, oder das
II. bayerisobe Korps, dessen Ayantgarde bei Mattstall sammelte nnd
nnd Teile gegen die Linie Langensnlzbaob -Kahbrücke (im Saaer-
tal) Torsebob*) gemeint war, ist nicht festsnstellen.
General Dncrot war — vielleicht schon am Abend des jeden-
falls aber am Moigen des 6. Angnst — vennatlicb aater dem Bin-
drack, da(s starke Kräfte des Gegners dicht vor der franzOsisehen
Front ständen, zu einer anderen Anffassnng der Lage gekommen.
Er sehreibt hierüber:^)
„General Ducrot erachtete es Ihr tollkühn, die Seblaeht in der
ätollnng von Frösch weiter mit so ungleichen Kräften anmnebmen.
Seiner Ansicht nach mnfste man den Kttelung auf Lemberg antreten,
um sich mit dem Korps FailJy zo vereinigen, nnd den Höhenkamm
der Vogeaen festhalten. Hier sei man jedem Angriff gewaebsen in
') Bei Giinstett standen Vorposten des V. Armeekorps, an den anderau
geuannten Orten kann .sich nur Kavallerie gezeigt haben.
3) \ gL die ErzSliIung des Grafen roa Leafiie. Seite 411.
S) Daa Abbrechen von Gefechten. Seite 181.
4) La Tie militaire du g^n^nU Doexot, Band II, Seite tSD.
Digitized by Google
DI« TStiffkeit dflt MarsduOls Mm MahOB vor 4«r Solilaeht von Wtfrtb. 409
den gewaltigen Stellungen, die er (l)ucrot) seit langer Zeit scbou
geprüft hatte, üian stehe in Verbindung mit der Armee des Kaisers
und sei endlich in der Lage, gegen die rückwUrtigen \ rrhiDdniigen
der in das Elsals eingedrnngenen Aniiee zu operii rt n, wenn sie den
Vormarseh auf Strafsbnrg fortsetze, oder aber gegen die Flanke der
anderen deutschen Masse v orzabrechen, wenn sie die baar Uber-
schreite.
Es wäre das die Ausftlbrung eines Planes gewesen, den er
(Dncrcvt) während iiu i Konimaudoftthrung in Strafsburg bis ins
einzelne ausgearbeitet h;ittr, eines Planes, den er dem Kriegsminister
und dem General Frofsard unterbreitet hatte.*'
Sowohl General Bonual, wie das französisehe Generalstahswi rk
sprechen sich über diesen Plan abfällig aus. Ersterer führt aus,')
dals die III. Armee nicht gezwungen gewesen wäre, den Marschall
iu der Stellung auf dem Vogeisiiikuumi anzugreifen; in Anbetracht
der geringen Zahl der durch die Vogesen führenden Strafsen nnd der
von ihnen gebildeten langen Defileen hätten einige Detacheraents, unter-
stützt von einem hinter ihnen steheudeii gröfseren Körper, genügt, die
Frauz(>sen an einem Vorgehen ins Elsais von Lemberg aus zu ver-
hindern. Der General hält es also für möglich, dafs die III. Armee
ihren Vormarsch in südlicher Richtnng vorgesetzt hätte. Der Gedanke
eines Angriffs gegen die II. Armee von Lemberg ans sei fehlerhaft,
weil ein Gebirgsstock keine Basis fttr eine moderne Armee mit ihren
Trains bilden kOnne.
Das franstfeische Oeneralstabswerk schliefst sich dem an ond VH, 2
ftigt uoob folgendes hinsn: Der Plan setaste voraus, dab die beiden
teindlichen Armeen nicht sn glelelier Zeit anf beiden Seiten der
Vogesen vorgehen würden. Wenn aber der Vonnaneh gleiehzeitig
erfolgte, oder die ilL Armee vor der II. vorans war, so konnte das
1. nnd 5. Korps entweder von iwei Seiten gepackt oder aber fest*
gehalten werden, so dafe — in letzterem Falle — das 7. Korps der
Zertrttmmening dnreh die III. Armee ansgesetst war; endlich konnte
das 1. nnd 5. Korps gegenllber den iothringisohen Krilflen nnd dem
7. Korps in ehie Lage versetzt werden, die tatsächlich beim 5. Korps
am 6. Angost eintrat, nimlich die dnes mfllsigen Zasclianers zwischen
zwei Schlaehten.
Was an diesen UrteQen aofiUlt, ist das, dals ein Vormarseh
der III. Armee fai sUdHoher Rlcbtong fUr möglieh gehalten wird,
anch wenn hier keine feindliche Armee mehr steht Wem? Sollt»
etwa das fibafs erobert, Stratsborg weggenommen werden? Das
>) Seite 188.
Digitized by Google
410 I>M Hügteit des ManekuUi Mac Mahoa ¥or der SoUacbt von Wörth.
wäre KriegfÜhniiig im Stile des XVIIl. Jahrhonderts gewesen, die
gerade General Bonnal als dem wahren Wesen des Krieges xowider-
Uurfendf so sehaif Temrteilt. Aach das sehwache framOeiaebe 7. Korps
wiie kdo OpeiatkifiBobjekt fllr eine ganze Imee gewaieii, Bobiige
ao der Saar die feiodliclie Haoptnacbt stand. Solehe Aboehten
bd der deBtoehen Heeresleitang foraiHaEoseteeD, heibt den Geist
Mdtkeecher Kriegsführang stark Terkennen.
Einen deotliehen Begriff davon, wie man nnf dentseber Seite
im FaUe eines Abmusebes Hac Habons nach Lemberg gehandelt
liaben wüide, gibt die Beapreehong der Lage am 3. Angast im
Generalstabswerk. ffier bei&t es:^ «Die AnfsteUong eines ansebn-
lieben Tmls der ficaosSsisobeB Stnitmacht im BUsab wies der IIL
Armee eine selbstündige AoJgabe n, wobei anf ihr nnmittelbares
ZnsammenwirkeQ mit den beiden anderen Armeen m der Hand
▼eniebtet werden mnCste. Dies galt solange, als sie ein ihrer
Stiirke angemessenes Angrifiisobjekt vor sroh hatte. Bestätigte sich
hingegen der Abmarseh der Truppen Mae Halions snm Ansebluls an
die iranaOsiscbe Hanptmaebt, so war es geboten, anoh die HI. Armee
znr Entsebeidongsseblacbt mit herannziehen; ihr weiterer Vormarsch
wäre dann ein Lnftstols geworden.'* Und weiter nnten: ,»Bestätigte
sich ... ein Abmarsch des Gegners durch die Vogesen, so beab-
siebtigte man, nnr ein Korps gegen Strafsborg stehen zn lassen, mit
allen ttbiigen aber längs der pfiüziaohen Grenze gegen die Saar
vorzorücken ..."
Die Absiclit. mögUohst viel Kräfte znr EntscheldoDg heran-
zntieben, wäre also sicher anf dentseber Seite auch dann festgehalten
worden, wenn Mac Mabon am 6. Aognst nach Lemberg abmarschiert
wäre. Nnr brauchte die UL Armee dann nicht mehr längs der
pfUlziscben Grenze nach Westen absnittcken, sie kuiinte auf einer
Anzahl von VogesenUbergängen gegen die Flanke des Gegners
angesetzt werden, während die nonmebr herangekommene iL Armee
gegen seine Front vorging. —
Es mag kurze Zeit nach der Absendung des Briefes an General
Failly*) gewesen s^mh. dafs sich General Ducrot entsehlols, den
Marschall Mac Mahon zum Abzug auf Lemberg zu bewegen.^) Er
wurde hierbei von dem General iiaoult und dem Grafen de Leufse
unterstutzt, der von seinem Schlosse Reichshofen nach rüscbweiler
VIJ, 9 hei iilMTgf ritten war. Es fand eine lange Unterredung statt,
während deren lebhaftes Gewehrfeuer von den Vorposten her za
') I. 1«5 u. 186
V;.,-!. die Zeitan','abe des Grafen de LeuTse weiter nntea.
^) Vgl hierzu den Aahang.
Digitized by Google
Dia Tätigkeit das lianoludU Uae Mahan tot dar Sahlaabt m WQiifa. 411
höreo war. Die fiSnzelheiten dieses Vorganges sind so lieseiolmeod
fOr die firaosOsische FlUirong, dab ich liier die Eizttlilnng des Grafen
de Lenlse — sie ist aom Teil im fraoifisisdien Oeneralsftabswerk,*)
sisi Teil in «la Tie militaize da g6n6ral Dnerot'' enthalten — im
WortUot wiedergebe.
„Herr d'Abzac'l and ich waren am 5^ auf nnd ritten nach
Früschweiler. Halbwegs waren die ersten KaDonenschtisse hörbar,*)
wir beschleonigten ansere Gangart. lob trat beim 3Iarschall ein,
den ich in einer Beratung mit dem Kommandeur der ArtiUerie
fand and sagte ihm, dab ich meine Eandscbaftemachricbten^) erst
später erhalten wtlrde; man werde sie mir sicher schicken and er
sie demgenriUs gleich diiraaf zor VerfUgang haben; er war bestürzt
nnd firagte aDanfbürlich, ob keine Nachrichten eingelaufen seien.
Er sagte mir, dais er drei Eilbotschaften seit dem Abend uo den
General Failly abgesandt habe, und dals er diesen mit Ungeduld erwarte.
Nach Verlassen des Schlosses traf ich vor dem Tore auf die (Unr rale
JDucrot und Kaoult; sie sprachen lebhaft miteinander und sagten
beide: ^.Man mols es noch einmal versacbeo and diesen BefebF)
erwirken?"
Als sie mich auf sie zukonimeu sahen, sagten sie mir, dafs der
General Raoult, dessen Division am weitesten vorn war,') grofse Massen
vor sich zu haben glaube, dals die Stellung zwar eine gute sei,
wenn sie von 50000 Mann jrf^gen die gleiche Zahl verteidigt würde,
dals sie aber zu ausgedehnt sei für 33000 oder 34000 Mann,^) und
») Nur zum Teil im Text (\T:I, 10), teilweise in den documents snnexes
(VII. 14 u ff.) enthalten ; fOr einen weiteren Teil wird auf Daczota Biographie
hingewiesen (II. Seite 363 \i. ff.i.
Oberstleutnant und Adjutant Mac Mabun».
3) Ungenaae Erinnerung des Grafen; das Geschfltsfeuer begann erst
nm um 5* kam es an der Bracbmtlhle mi einem Kampf zwischen Wasser
holenden Turkos und einer Komp. des preufs. 50. Inft.-Rgts. VII, 102 Anm.
♦) Als Bürpfermeister von Reichshofen hatte Graf de LeulVie die Kin-
holung von Nachrichten über den l'eind durch seine Organe und durch
£inirohner ttbemomaien.
J>as fraiuösische Generabtabawerk banerkb hierzu, da& die an
Failly gerichteten Telegramme gemeint waren.
«) Den Befehl zum HUcksog nach Lemberg (Anmerkung des franzAsi*
(Milien (ieueralstabswerkes).
') Vgl. Seite 286,
*) Nadi dem fraozödmshen Genwalstabswerk ▼erfttgte Mac Mahon am
6. morgens aber 46000 Kombattanten (MI, 16 Amn.); die tatsicUich in der
Schlacht eingesetzten Kräfte hätten betragen:
ör>(XK) Gewehre. 5 090 Säbel 181 Geschütze (VIT, 266)
Ulli düuuscher tSeitß 76687 » ö74Ü , 300 , (auf Grund
der Etnzelschrif t 9 des Grofsen QeneralstalMl).
Dlgitized by Google
412 Di« TStiglc«lt de» Manehalla Mm Maboii rw der SeUaebt von WML
dafe man den Rttckzng anlieteii mflsse» ebe die Sebladit entbiemie.
Der General Dnorot hatte sieh dieser Ansicht TOllig angreschlossen
und empfahl den Rttekztig an! Lemberg, wo man durch den General
Failly bedeotend verstärkt wUrde, femer die Vogesendeiileea ver-
teidigen und der Armee des Kaisers die Hand reichen konnte.
^Nnr Sie können (dem Marschall) diesen Eotschlals entreitsen'*
— so sagrten sie zn mir — ,,Öie liaben mit dem MarBchall eingehend
die Rttckzngslinie stndiert; Sie kennen das Gebirge; er bat Vertranen
in Ibie so gründliche Kenntnis des Landes; Sie rnttssen einen Yeraaeh
machen, wir werden Sie dabei anterstutzen.**
Wir gingen lange in der Allee rechts vom Schlosse Ton Presch-
weiler aaf und ab; ich weigerte mich, den Anstois zu einem der-
artigen Schritt zu geben und sagte: ,.Aber ich bin doch nur ein
einfacher Zivilist, der zwar das Land kennt, aber sonst nichts; wenn
Sie, die Sie Generale sind, nichts erreicht haben, was soll dann
ich tun ^
General Ducrot drang lel)haft in mich, er sagte, es sei jetzt
nicht mehr an der Zeit, Umstünde zu machen; die Lage sei ernst,
es sei meine Pflicht, (so v.u handeln); er berief sieh auf unsere
Freundschaft, auf meine Vaterlandsliebe; endlich entscblols ich mich
und ging w ieder zum Marschall, begleitet von den beiden Divisioua-
kommandeuren.
Ich setzte dem Marschall meine Auflassung der Lage auseinander:
die Stellung sei zu ausgedehnt, wir hätten beträchtliche Streitkräfte
vor unserer Front. Der Funkt, auf den hin wir unsereu Uiickzug
richten würden, hätte zwar den Nachteil, dals Strafsburg entblöfst
würde; aber zwischen Büsch und Pfalzburg, in den steilen Bergen,
verstärkt durch Failly, wUrden wir unüberwindlich sein. Ich bezeich-
nete auf der Karti die drei oder vier Strafsen, die ich schon am Abend
vorher ;i!s lUlckzugslinien namhaft gemacht hatte, und schlofs, indem
ich mich wegen meines kühnen Schrittes entschuldigte und mich
auf die Generale Raoult und Ducrot berief.
Der Marschall verteidigte seine Auffassang; er glaube nicht
mn eine Schlacht, es handle sich (beim Gegner) vielleicht nm eine
Demonstration som Zweek der Verschleienuig einer Bewegung; er
irilre gar nicht eratannt, wenn der Gegner, aof seinem rechten Flügel
abstehend, die Absicht hätte, sich mit der an der Mosel stehenden
dentschen Armee sn Teremigen;') endlich erwarte er den General
Failly, der schon anterwegs sein mttase.
In diesem Augenblick nahm das Fener an Lebliaftigkeit zu,
I) Mac Mahon hätie hieruach seine Ansicht aber das, was der Gregner
sa tun be»b8ichtige, abermals geändert
m« TXtigkeit dea Manwhillfl Mae HahQB yor d«r Soblaeht von WM. 418
besonders in der Richtong an! GOisdoff; Offidere kamen mit der
Meldung, dafs der Fenerkampf den Austrieb eioes emstUohen Qt*
feehtes annehme, dals man .viele Trvppen in der Bicbtang ani Gnn-
stett seh(* usw.
Eudlieh nach einein ziemlich langen Meinungsaastaasch zviseben
dem Marschall und den beiden Generalen fUgte sich dieser deren
Ansicht und bestimmte, dals General JSaoolt den fiUckzog sofort an-
treten sollte. . .
Es war (i^ vorm., als der Marschall sich snm Rückzug cntHcblolk VII, 10
indes wurde dieser nicht sofort angetreten, nur bei den Bagagen
hat die rückgängige Bewegung tatsächlich begonnen. Um 7^
waren die Troppen noch nieht im Besitze der AnordnoDgen zum
Rückzug.
In den Biwaks aber herrschte um diese Zeit trotz der vorau-
gegangeiieu Herlihrungcn mit dem Feind die frröl^^te Sorglosigkeit.
Viele Mannschafteu hatten vor der Keveille ihre Biwaks verlassen
und trieben sich in Wörth, das vor der V oq)ostenliuie lag, herum,
um Einkäufe /.n machen oder die Wirtschalten aufzusuchen.*) Auch VU, 27
nach Fröschwpüer waren einige Mannschaften unbefugt zurück-
L'egangen, Arbeitskonunandos verschif-di m r Truppen waren nach
beiden Orten entsendel worden, eiozeloe Batterien hatten ihre fferde
an die Sauer tllhren lassen.
Die 2. llriuade der Division Conseil Dumesuil war in der
Nacht und am frühen Morgen des tJ. August in Heichshofeu aus- VlU 180
geladen worrun; dort biwakierte sie bis 7° vorm. uud marschierte
dann aul Fröbchweiler ab. Die Artillerie der DiTisioii kam erst
zwischen 4 und 9° vorm. in Hagenau au, konnte wegen ÜberfUUung
1) Das fnnxOsisehe Generalstabswerk bemerlrt hiensu, wahrscheiiilieh
habe der Marschall in diesem Moment das Telegramm FaiUjB von VD« 10a
morgens erhalten, in dem das Abrtlcken nur einer Division des Tvoq^s
mitgeteilt wurde. In diest>r Anmerkung liegt ein direkter Widerspruch
zu der vorausgehenden Darstellung. Diese nimmt an, dafs das fünfte VU, 4
Telegiamin Mae Makons — abgefertigt um 6t* vom. — die Antwort auf
l^illTS Telegramm von 9^ gewesen sei; ebenso wird in den kritischeii VII, 9
Bemerlrongen zt» Mac Mähens Brief an Failly angenommen, dafs die Weisung
an diesen General, mit einer Divifriou nach Philippsburpj zu kommen, die
beiden anderen marschbereit zu haiteo, beoinflufst gewesen sei von dem
Inhalt des Telegramms Failljs von 8* vorm. Ich bin der im Text ge-
gebenen Darst^ong gefolgt, da diese alle Wabfseheinliclikflit fOr sieh hat:
das fanfte Telegramm des Marschalls kann wohl nur durch das Telegramm
Faillys von 8® erklärt werden. Auffr^llend bleibt. dafHi ein offizielleK W^rk
8ich an zwei kurz aufeinander folgenden Stellen hq verschieden über die
gleiche Sache äufsert.
*) Bonnal, Seite 227.
Digitized by Google
414 ^ tmgkelt des MMsefaaUs Mm HiIhni vor d«r Soblielit von WOrth.
des Bahnhofes erat von 10^ ab aasgeladen werden, braeh um 12^
QDter Bedeckung zweier Bataillone and zweier Eskadronen ') nach
VI!, 18t JBekhshofen anf. eireiehie aber das Seblaehtfeld nieht mehr reebt-
seitig.
Die Vorgftnge bei Wörth hatten an! deolseher Seite bei dem
Kommaiideor der prenlnsehen 20. Infanteiiebrigade» Genemlmajor
Ton Walther, der persönliob nm 4^ morgens erkundet hatte, den Ein>
drock hervorgerufen, dafo der Gegner m((glioberwei8e abziehen werde.
„Um sieh Grewiihbeit so yerscbaften, ordnete der General eine ge-
waltsame RekogDoszierun^ Uber Wörth hinaos an.'**) Die 6. Bat-
terie (Caspari) des Feldartillerieregiments Nr. 5 fuhr um 7" an
der Straise Dieffenbach — Wörth auf and feuerte zehn Granatoii
in letztgenannten Ort hinein. Alsbald brach unter den daselbst sieh
herumtreibenden iranzösiscben Soldaten eine wilde Panik aus ; einige
der Schlisse venirsachten Brände. Dann richtete die Batterie,
während gleichzeitig das II. Bataillon des Regiments No. 37 zum
Angriff in Richtung Wörth vorging, ihr Feuer gegen zwei Batte-
rien der Difision Raoolt, die mittlerweile m Tätigkeit getreten waren,*)
und zwang sie in kurzer Zeit zum Abfahren.
Noch gewaltiger aber war die Wirkung, dir das Feuer der
Batterie Caspari auf die Seele des feindlichen Feidherm aasUbte.
Er erachtete es für zu spät, den Rückzug anzutreten, änderte also
seine Ansicht abermals und beschlofs die Schlacht anzunehmen.
Auf diese Weise begann die Sohlaebt Ton Wörth, von der
General Woide mit Recht sagt, dafs durch sie in gewissem
Malse das Schicksal des ganzen Feldzuges entschieden wurde.^>
Denn am 6. August wurden fUnf französische Divisionen entscheidend
geschlagen, eine sechste (Lespart) wurde noch am Abend, der Rest
des Korps Failly in den folgenden Tagen in den Rückzug mit allea
seinen auflösenden Begleiterscheinungen verwickelt. Frankreich ver*
mochte anf Wochen hinaus der Iii. Armee keine Krifte mehr ent»
gegen zu stellen.
1) Je ein BaAullon des 8L nnd 50. lofanteriwegimenta VII, 181 ano.
und zwei Edndronen des 6. Lsneiemegiments TII, 82 Anm. 1.
Generalstabswerk I, Seite 327.
') Das Ceneralstabswerk I, 221 und „Abbrechen von Gefechten",
Seite 182. geben an, das vier französische Batterien das |Feuer erwideit
hätten, das französische General.sUbswerk erwähnt nur zwei Batterien
(VU, 18).
«) Band I, Seite 178.
Digitized by Google
4
Die Tätigkeit des Maraobaila Mac Mahon vor der SobUobt voa WOrtb. 415
BetrachtQB^fD.
Die Fra^'C, wie Mac Mahon dazu kam, seine Trujiptn hei Wörüi
7.11 versaninieio, ist laugst beantwortet, General Woide hat auf
Gruüd der Forfsehongeu Ton Derr^cagaix nachgewits< 11, dals der
<iefensive h eldzugsplaii des Generals Frofsard vom Jahre 1867 hie-
fitr bestimmend war. Dieser hatte eine ganze Reihe hintereinander
liegender 8telluniren oder so^^enannter Verteidigungslinien, die er
;ili!iHch wie eiin s der ineinander geschachtelten Festangssysteme von
» uemals eine nach der anderen /.n verteidigen ^^edacbte. Als ein
solches Vorwerk zur Verteidigung Lothringens galt ihm die soge-
nannte Stellung von Calenbronn') (südöstlich von Forbach); für das
£lsals war es die Laoterlinie (Pigeounier — Weifoenbarg— Laoterborg)
ond hinter ihr die Stelloog von WOrtb; die Lauterlinie sollte man
iiaeh der Ansieht Frofsards nar solange besetit halten, bia Feind
4lberlegene Killfte dagegen entwickelte; dann sollte man in die
zweite Stellnng bei Wörth zoillckgehen, sie befestigen nnd in ihr den
Kampf attfoebmen.*^ *
Das fransOeiecbe Generalstabswerk bestätigt diese Anfhasirag
unter Mitteilung der Vorteile, die Frolsard d^r Stellongnabme bei
Wörth beimUst ,,Unsere Armee konnte" — so bellbt es Im Feld-
zugsplan des Generals — „in dieser Stellnng Ton Worth ein Gefecht
auch gegen Überlegene Kräfte mit groisen Aussiebten anf Erfolg
dniehfUfaren . . . Ober Bitseh nnd Niederbronn würde sie der Armee
am anderen Abbange der Vorgesen die Hand reiehen. Von da
iiedrobt man anfserdem emstiieb rechte Flanke nnd Rücken des
ivegners, wenn er den Versnch machen sollte, auf Stralsbnrg Tor-
zudringen."
Der Feldzngsplan des Generals Frofsard erinnert lebhaft an den
^»Operationsplan der Nordarmee'*, ^der von General KrismaniS aus-
gearbeitet, den Operationen der Österreicher in Böhmen zngrande
lag. Hier wie dort wird eine Menge von Stellungen au%ef)ihrt
and besprochen — • in Österreich sind sie der bertthmten Landes-
beschreibnngskarte entnommen — dem Gelände „an und für sich"
wird ein gewaltiger Wert zugemessen; wo die Truppen — defensir
— schlagen sollen, wird tou Tomberein ohne Berttoksicbtignng des
') Jetzt Kalcnbrnnn j^eschiicben. f>iese Stellung hat am 6 August
tatHUchlich eine Rolle g^pieit; der Kommandeur der 2. DivLnion de»
^. Korps ist, als er bei Püttlingen stehend den Kanonendonner von
Spichern hörte, in nördlicher Sichtung abgerflckt, «weil er unter FeeU
Haltung der lUchtung auf den Kanonendonner den Vorteil hätte, nach
Kaienbronn zu kommen, dem wichtigsten strategischen Punkt dos IdUHdea»
<deni SoblttttHel der Stelloag swiechen liofeel und Saar." VIU, 2ia
416 TMti|;keit dea MarsobalU Mao Mahon vor der dohlaebt vua WOrth.
Verhaltens des Gegners bestimmt; kurz, die Theorie des XVIIL Jahr*
handerts leiert die üppigsten Triamphe.
¥^e Beiwdek „vor dem mUitäriseheo Schal wissen groben Hespekt
hegt^ wdl es ihm eine Art von Geheimlehre war/'* ) wie er sieh von Kris-
m«me, der alles so verstehen sehien, was ihm versagt war, an! das
Sehlaehtfdd fuhren lassen wollte, das die wissenschaftliche Strategie
als das geeignetste ansgewilt hatte, wie er aber dort die Kraft ent-
falten wollte, die er in sich fnhltej^) genao so ist es mit Mac Mabon
beeteilt Anoh er fttblt m dch die Eigenschaft, der Tmppe mit dem
Beispiel persönlicher Tiq»ferkeit voransogeh en, ihr seine Zähigkeit
nnd KallblQtigkeit einsnimpfen. Anch ihm, dem Manne ohne tiefere
militttnsche Bildung, imponiert das Wissen aes gelehrten Ingenieur-
generals Frobard, und als er, TOm kaiserlichen Uanptciaartler ohne
Anweisnng gelassen, TOllig anf sich selbst gestellt, operative Mafs-
nahmen treflen soll, da ftlhlt anch er sich der Lage nicht gewachsen,
er klammert sich an den Plan an, den ein anderer ansgearbeite
hat, onfiibig %n beofteilen, ob dieser Plan der Lage, wie sie sich
dnrdi die Maisnahmen des Gtegners, die %wr Verfttgnng stehenden
Streitkräfte and Ihre Grnppierong tatsftchlich gestaltet bat, aacb
wirklich entspricht.
Die Stell aog bei Wörth bot erhebliche taktische Vorteile, iu ope-
rativer Besdehnng deckte sie die Verbindangeii durch die ^ ( l esen.
eine Untersttttznog durch das 5. Korps war möglich. Allein als Mae
Mahon den Bntschlufs falste, sein Korps am Morgen des 5. Aogust
dort za versammeln, konnte er, wie schon erwähnt, keineswegs mit
Sicherheit daraaf reebnen, dals sein Antrag auf IJnterstellong des
5. Korps anch sicher werde genehmigt werden. Dieses war nidg-
licberwe!sf> auf der Westseite der Vogesen dringend benötigt.
Mac Mahon mufste sich also sagen, dafs er vielleicht auf seine
eigenen Kräfte angewiesen sein würde Nun hatte er seihst am
4, Angnst die Versammlung einer ganzen Armee — soooo Mann
ist seine Schätzung — bei Weilsenburg beobachtet Dals diese
Masse oprTationshfreit war, dals sie die Oflensive erofreifen wUrde,
darüber koiiuie nach dem Gefecht des 4. kein Zweifel sein. Worth,
der von Mae Mahon in Aussicht ^'enommene Versanunlungspunkt,
liegt auf dem direkten Wefie nur eiueu kleinen Tnir* iu;u.sch vom
€refecht8feld bei Weifsenburp^ ( Dtfernt; weiter ausgreiti ndi. Kolunneu
des Gegners hatten nicht mehr als die normale Leistung bis dahin
>) Kriedjvmg, der Kampf um dio Vorherrschaft in Deutschland, fünft«
Auflage, Band I, Seite 250.
Ebenda, Seite 258.
Digitized by Google
Die Tätigkeit des Marschalls Mao Mahon vor der Schlacht von Wdrtb. 417
zurliekzulegeii. Der Marschall iimlste also mit der Möglichkeit
rechnen, dals in den Vormittagsstuuden des ö. Aui^riist die feindliche
Armee vor Wörth erschien und ihn mittags angriff. Wie aber
standen Beine Aossiohteu dann? Er war lediglich auf das l. Korps
angewiesen das etwa 88000 Mann stark war; der grüiste
Tdl dimr Trappen aber war dnreli die vorausgegangenen Nacht-
mlftraebe erheblieb mitgenommen; bei einem Angriff des Gegners
mnfste sieb dies unbedingt geltend maoben. Znrflckgehen aber
konnte Mac Mahon niebt mehr, eben weil die Kriifte seher Trappen
sebon so stark angespannt worden waren — tat er ee gleicbwohl,
so konnte die Scblagfiihjgkeit seines Korps auf Tage hinaus in Frage
gestellt werden.
Unter welchen VoraoseetKungen konnte aof deutscher Seite ein
Angriff sebon am 5. Aagnst stattfinden? Offenbar nur dann, wenn
man am Abend des 4. Uber die Kräfteverteilung des Gegners nnter*
lichtet war. An Kavallerie stand der III. Armee, als das Gefecht
von Weilsenbnrg om 2^ zu Ende ging, zor Verfttgung: Vom V.
und Kl. Korps je 8, vom IL bayerischen Korps 20 Eskadronen,
die 4. KavalleriediviaioD mit 24 Eskadronen, endlich die Kavallerie
des Korpe Werder bei Lanterbnrg mit 22 Eskadronen, in Summa also
die gewaltige Masse von 82 Eskadronen. Diese konnte folgendermaisen
angesetzt werden: Die Kavallerie des II. bayerischen Korps ttber den
Plgeonnier gegen Klimbaeb nnd den Pfaflenschlickpals gegen Lembach,
die des V. Korps gegen Linie Reiehshofen— Morsbronn, die Kavallerie-
division Aber Snlz in allgemeiner Richtnng Hagenau, die Kavallerie de»
XL Korps ttstlich der gro&en Straü^ gegen den Uagenaner Wald, die
di'S Korps Werder anf der Stralse längs des Rheins. Dann konnte
bis' zum Abend beim Armeeoberkommando bekannt sein, da& ein
Teil des bei WeiCbenbnrg geschlagenen Gegners ttber den Pfaffen-
sehlickpars zurückgegangen war, daOi bei KUmbaeb und Lembach
ansehnliche Kräfte standen, dafs sich bei WOrtb eine feindliche Di-
vision befand. Auf der Hagenauer Strafse wäre der Abzug der
Brigade Montmarie testgestellt, vermutlich auch erheblich belästigt
worden; endlich konnte erkannt sein, dafs bei Selz einige Bataillone
mit Karallerie standen. Mochte das Hild auch im einzelnen nicht
vollständig sein, im allgemeinen etgab sieb, dafs der Gegner nicht
. versammelt, vielmehr Uber einen verbälfnismlirsip: gro(sen Raum
verteilt war. Nun konnte er entweder in westlicher Richtung Uber
die Vogesen, oder aber in südlicher auf Strai'sburg znrttckzngeben
^) Die ei8t«n Tiuppen der Division O>oseil Damesnil wurden, wie
t-rwühut, am f>. 'i" nacliin. in Kfichshofen aiisfrehidc-n, am Morjren iles 6.
die leULen Bataillone, die Artillerie traf erst zwischen 4^ imd i^^ in Hagenau
ein. Vgl. S. 418.
Digitized by Google
418 Tätigkeit des ManohiUs Mee Mabon vor der SehUehl von WQHli.
beabsichtigen, oder seine getrenuteu Gruppen in der Geg-end voq
Wörth vereinigen wollen. Erforderten die bciiicn i rsteren Möglich-
keiten ravsches Vorrücken, um deu Gegner nicht abziehen zu lassen,
oder ihm wenigstens mösrlichst viel Abbruch zu ton, so war dies
auch für den letztgenannten Fall angezeigt: wollte der Gegner sich
Tersaiuineln, so war ein energischer Vorstols das Mittel, ihn
daran /u bindern. Zunächst waren hit r/u allerdiujis nur drei Korps
verfügbar, zwei inuiöten in zweite Linie genommen werden, allein,
je länger mau zögerte, desto mehr Aussichten hatte der Gegner,
dafs seine Versammlnng gelingen werde; namuntllch konnte er von
Bitscb her, wo man starke Trappen wnfste, sowie auf der von Stideu
kommenden Bahn Verstärkungen an sich ziehen. Dem gegenttber
konnte die III. Armee in ähnlicher Weise am 5. in Bewegung
gesetek werden, wie es tatsSehlich geschab, nur wäre dem U. baje-
rieotaen Korps das Heronstreten ans dem GeMrge — bei Langen-
snlsbaeh nnter AiifklMrong gegen Biisch — allen drei Korps' der
ersten Linie aber der Auftrag zn erteüen gewesen, den Gegner an*
zugreifen, wo »an ihn finde.
Mit diesen Anseinandersetenngen wird keine KritilL der Fflbmng
der IIL Armee bezweckt^ es soll nor bewiesen werden, dafs bei ent-
sprechender AnfklSmng am 4. Hac Mabon am 5. angegriffen
werden konnte.
Im ttbiigen hätte es seihst aaf Grond des tatsScblieb ftr den
5. Angnst erlassenen Befehles bei früherem Anfbmeh zu einem An-
griff aaf die Trappen Mao Mahons kommen können. Denn dem
V. Korps ist als Marsehdel Ibr diesen Tag Ptensebdorf, Front
gegen Wörth, Torgesebrieben worden, die Vorposten sollten gegen
Reiehshofen ansgesetzt werden. Wenn die Abraarschzeit rom Armee-
Oberkommando nicht erst anf 8^ festgesetzt, ror allem aber, wenn
die Krenznng mit der Kolonne des XL Korps Tenmeden worden
wiCre, so konnte das V. Korps schon am Mittag bei Pkvnsch-
dorf eintreffen. Das Bestreben, die Vorposten dem erhaltenen Befehl
gemfib tonliehrt weit nach Westen Torzoschiehen, oder aber ähnllebe
Erscheinungen, wie sie General t. Walther am Morgen des 6. wahr-
znnehmen glanbte, konnten dann ebenso wie am 6, zn einem Ein-
setzen der Truppen zum Gefecht fbhren.
Auch für die Division Ducrot, die in der Hacht yom 4* zum
5. August bei Klimbach biwakierte, also nur 6 km von der Auf-
stellung des IL bayerischen Korps entfernt, bestand die Gefahr
am 5. Morgens eingeholt und angegriffen zu werden. Wenn es nicht
so kam. so ist dies der mangelbaflen Aufklärungstätigkeit der
bayerischen Kavallerie — sie brachte keine Meldung Uber die Di-
Digitized by Google
Die TSti^keit des MarüchallB Mao Mabon vor der ächlaobt von Würtb. 4j[9
Tiflion Diiorot — und der wohl Ueranf smüekziiflllireDden AnoidnaDg
des Anneeoberkomraandoe sumebieiben, dab das IL bajeriaebe
KoipB erst um 6^ anftnbrecben babe. Aber stellen wbr dds vor,
dab das Korps Hartmanü — wie Dnerot — ndt Tagesanbnieh
abntekt, dab es ihm gelingt, mit KaTallerie nnd Artillerie die Arriere-
garde der Fransosen etwa bei Lembach elnsoholen, welehe Folgen
mabte dies liaben? Der ans den Bergen herttbersehaliende Kanonen«
donner hätte das V. Korps zn frObseltigereni Anfbniob lind nt
lasehem Voigeben gegen die Saner veranlabt, weil nor so eine
Entlastong der Naehbarkolonne endebt werden konnte — die
Sehlacht wüie sieher entbrannt.
Die Gelriir, in die em Angrift am 6. sebe fibermttdeten nad
noch nicht yOllig vereinigten Truppen bringen konnte, hat Ifac Ifahon
nicht eriumnt» glaubt er doch im allgemeinen nicht einmal an einen
Angriff am 6. Angnst! In der Besetasaog der Stelloag von WOrth
sebeint ihm das Heil zn liegen, wobei der Banm, der ihn vom
Gegner trennt, nnd die Zeit, die dieser braacbt nm vor der Stellang
zn erseheinen, TOllIg nnberücksichtigt bleibt. „Das liefert einen
neuen Beweis^ — so schliefet General Woide seine Auseinander-
setzuDg-en Uber das Anklammern an den Gedanken Frofsards —
,fftlr die alte Wahrheit, dals es gefährlich ist, fertige schabionenbaite
£ntw1irie nnd Pittne Männern in die Hand zo geben, welche nicht
TOn einem eigenen völlig selbständigen Urteil geleitet werden.*^
Die An%abe, die sieh Mao Mahon am 4. August selbst stellen
mniste, als er, vom kaiserlichen Hauptquartier ohne Direktiven ge-
lassen, das Vorgehen der HL Armee wahrnahm, konnte keine andere
sein, als diesen Gegner am weiteren Vordringen zn bindern.
Gelang dies, so war damit gleichzeitig der Schatz der rechten
Flanke der lothringischen Armee erreicht: solange Mac Mahon im
nördlichen £lsab stand, war ein Abmarsch der UI. Armee nach
dem Hanptkriegsschaoplatz unmöglich; hatte der Gegner diese Ab-
sicht, so mnlste er zuerst die Truppen Mac Mahous schlafen.
Von einer Offensive, die in einer solchen Lage am ersten zum
Ziele fuhren würde, konnte für den 5. August natürlich keine Hede
sein, da das allein verfügbare 1. Korps dem Gejrner wesentlich unter-
legen war und noch dazu gänzlich verzettelt stand. Hlieh also nur
die Defensive: aber niicb für diese war das l. Korps allein zu
schwach, es mulste versucht werden, mügiichst viel Kräfte des
7. Korps mit der Bahn heranzuziehen. Die Vereinigung dieser
Kräfte mit dem 1. Korps mnfste so weit sUdlich statttinden,' dals
dieses nicht vereinzelt angegriffen werden konnte.
Letzterer Gesichtspunkt erheischte unbedingt, das 1. Korps am
JahrbOcbtr tUt die daatach« Arm«a nnd Maria«. No. 3dt. 28
Digitized by Google
420 Pie Tütigkeit des HandMlU Mae Mita vor der SobiMbt vob WOrth.
Morgen des 5. August bis hinter die nördliche Zinsel zuiUokzu
nehmen.') Die bei Klimbach stehende 1. Division malste, am am
nächsten Tage nicht abgeschnitten zu werden, noch an» 4. bis in die
Gegend von Lenibach und Langensulüliach zurückgenommen werden;
von hier hatte sie am frUhen Morgen des 5. mit den bei ihr be-
findlichen Teilen der 2. Division über Früsehweiler nnd Reichshofen
nach der Gegend südwestlich Gandershofen abzurücken; ebendahin
die 3. Division auf der Stralst über Wörth, die 4. Division und die
Brigade Montmarie der 2. Division von Hagenau aus; das De-
tachement Sek hatte Uber Sufflenbeim Hagenau zu erreichen. Die
Kavallerie-Brigaden Septeail ond Michel waren mit der Artillerie-
reserve bei Wörth zo vereiiiigien, am in Gstlioher und nordöstlicher
Richtung aa&aklftren, und dem Gegner Aufenthalt m beniteii, falls
er die Saner »i QberMlirdteii bealwifliitigte; Ihnen hatte sieh die
KaTilleiiediTislon Bonnemains nach ihrem EintreffeB ansosehHersen.
Wurde das 1. Korps in dieser Weise um Vormittag des ;>. August
vereinigt, so war imi Angriff des Gegners au diesem Tage ausge-
schlossen; vor dem Mittag des b. konnte ein solcher nicht erfolgen,
möglicherweise erst am 7. August: die Truppen hatten nur normale
Märsche am 5. August zurückzulegen. Der Kest dieses Tages konnte
znr Verstärkung der Stellung, in der man sieh schlaft wollte —
entweder hinter der S^nsel oder dem Bofbbach, je naeh dem Er-
gebnis der taktisehen Erkundung — verwendet werden.
Damit war auch die Zeit gewonnen, die zum irieranbringen der
weiter verfügbaren Kräfte uotig war.
Vom 7. Korpi> mufsten möglichst dessen beide im oberen Elsals
stehende Divisionen herangezogen werden ohne Rücksicht auf die
im südlichen Baden gemeldeten deutschen Truppen; denn ein Sieg
Mac Mahons hätte diese, wenn sie den Rhein überschritten bitten,
wieder zum Zurückgehen veranlafst. Abgesehen hiervon mnlste die
in Lyon befittdliehe 8. lUrieion des 7. Korps baldigst naeh Beifort
mit der Bahn TOigesehoben werden. Für die Truppen der 1. nnd
2, Division ergaben sieh als Ansladepnnkte Bagenao, Bmmath und
Zabem; ?ielleieht lionnte die in Beifort stehende Infanteriebrigade
Uber Vesoul nnd LnnövÜle naeh Zabem befördert werden nnd so
frtther ankoromeo.
') Dos fran/u^ibcht' Cieneralstabäw t-ik i.^t der gleichen Aiv^cliauuiij^
(VI, 148), der Bückzug soll aber erst am 5. August abends od«r am S. sehr
frOh erfolgen. Nach meiner Ansicht war die Versammlung bei Wörth von
vornhereii^ felilerhaft und nicht mehr gut su machen» wenn nicht das
6. £oips eintraf.
Digiti7wi hv Google
Die llitigkeii des Mar«oluai« Mao Mahon vor der Sohiaclit vua W ürtL 42I
Auf diese Weise konnte Mac Mahou bis zu einem Angriff de8
Gegners auf ö'/s — 6 Infanteriedivisionen rechnenj) Sehlen ihm
diese Zahl zur ErlfUlung des selbstgesteokten Zieles, die HL Armee
an weiterem Vordiingenzo hindern, anohin vorbereiteter Stellung
ul^ ansieiebend, dann allerdings blieb niohts anderes ttbiig, als
nm VerstKrliang doreh das 5. Korps naebinsnohen. Dieses Isonnte
Uber Lemberg nnd Ingweiler ohne Sehwierigkeiten herangezogen
werden.
Hae Mahon greift tun 4. Angost naobmittags den Plan des
Generais FroCuurd anf nnd Tersammelt demgemäls seine Truppen
bei Worth; welohe Menge von Zweifeln und Sohwanknngen, von
halben Enteehittssen nnd wldemdenen Anordnungen liegt swiseben
dem Versammlnngsbefehl and der Annahme der Schlaoht! ZnnSidist
lalst der Marsefaail die Defensive ins Ange, fast sobttehtem ersneht
er hteixu nm die Zuteilung ober Division; wenn er zum Bttekxng
gerwangen wird, will er nadi Lemberg snrttokgeben. Dann wild
xnr Auftiabme der Offensive die Mitwirkung eines Korps erbeten;
diese Bitte wird am nMofasten Tage wiederholt, anlserdem der Rtteksug
anf der Oslseite der Vogesen in Erwägung gesogen. Als das 5. Korps
dem Maisohall unleratellt wird, will er es snniohst bei Bdobshofen^
kune Zeit darauf bei Lemberg haben, spllter wiederholt er den
aniltnglich gegebenen Befehl für dieses Korps mit allem Nachdmek.
Als er am Morgen des 6. erföbrt, dafs nur eine Difision kommen
werde, ergeht er sich gleichwohl noch iu Angriffsplänen.
Der Marschall war vom Nachmittag des 4. bis nm o'*^ am
Morgen des 6. August vi^llig im Unklaren Uber das Verhalten des
Gegners. Daran war er selbst scbnld: denn er, der die Kavallerie
während der Schlacht so rttoksiehtslos einsuselsen wdls, denkt
während des Nachmittags des 4. und am ganzen 5. August auch
nicht einmal daran, ihre Aafklärongstätigkeit in Anspruch za nehmen.
Aber auch sonst muls es mit dem Nachrichtenwesen schlecht bestellt ge-
wesen sein; durch das Forst- nnd Zoilpersonal, durch die Tele-
graphen- und Eisenbshnbeamten, endlich dnroh die Einwohner des
') Der Ansiclit des Oberst v. Zantiiier (Seite 811 seines Huciiesj, dafs
Mae Mahon auch die Division Liebert aus dem oberen Elaafe hstte heran-
Kiebea sollen, kann man nur beipflichten; indes hitten nur Teile von ihr
noch in die Schlacht bei Wörth eingreifen kf^nnen. Denn der Bahntrans-
port der Division Conseil DnmosnU begann in iler NachL vom 4. auf 6. VI. 182
Die ersten Truppen wurden am 6. 2° nachm., die letzten in der Nacht vom
5. auf 6. in Beiehshofen ausgeladen; die ArtiUerie kam um 60 in Hagenau
an. Hierauf erst hatte die Division Ulbert mit dem Ausladen beginnen
können ; wihrend der Schladii aber konnte Beiefashof^ als Ansladepunkt
nicht mehr in Betracht kommen.
•28*
Digitized by Google
422 ^® Täüi^keit des Marsdiulk Mao Maboo vor der t>cbluchc von \\ ürtb.
Landes selbst hätte man bei bessmr Organisation entsefaiedra mehr
erfahren kOnnen.
In buntester Manni^altigkeit wechseln in dem Gehini dee
franiArisohen Ftthrers die VorstellaDgen über die ToranssiehHiehe
Tätigkeit des Gegners. Znn9ehst glanbt er wohl ganz im allgemeinen
an eine gegnerische Offensire, ohne indes tu berechnen, wann ihn
ein Angriff bei W<lrth treffen könne. Am 5» Angnst hält er — ob-
wohl anch da mit Schwankongen — an dem Gedanken fest, data
am nichsten Tage kein Angriff erfolgen werde. Dazwischen hinein
tandit die Ansiebt an^ dals der Gegner ihn durch Vorgehen ttber
Hagenau aus seiner Stellung hinaus manörerieien wolle, ferner, dafs
er die Absicht haben kSnne, sich Bwisehen dem 1-. und 5. Korps
durehsuawängen, um sieh des Kamraes der Yogesen zu bemächtigen.
Endlich hält es der Marschall für wahrscheinlich, dab der Geguer
Töllig passiv stehen geblieben sein könne. Dafs ein energischer, ziel-
bewnlster Gegner niohts anderes im Auge haben könne, als die
Zertrümmerung der elsässischen Armee dnreh das Grefeoht, dieser
Gedanke sehehit dem HarsebaU nicht gekommen zu sein.
Am Morü-eo des 6. Angrust um 6*^ iQfiket sich das Dunkel, in
das bis dahin die Ifalsnahmen des Gegners fttr den Marschall gehttllK
waren: die Anwesenheit starker ieindlioher Trappen, hart Tur der
französischen Front, wird ron zwei Unterführern testgeslellt. Mac
Mahon glaubt anfänglich aueli jetzt noch nicht an einen feindlichen
Angriff, lälst sich jedoch nach einigem Zögern den Betehl zum Rück-
zug entreUsen; wenige Tom Gegner abgegebene Kanonensebttsse
genttgen, um einen abermaligen Wechsel des Entschlusses herbeizn-
ftthreu — der Marschali bleibt stehen und nimmt die Schlacht an.
Der Cntsehlurs zum Rttckzug wurde um 6^ ^^efalst; um 7^ als
die preufsiscbe Batterie Caspari ihr Feuer eröffnete, war er noch
nicht in den Händen der Truppen. Das zeigt, das die Befehls-
technik auf einer sehr niedripren Stufe gestanden haben muls. Dabei
fllllt noch ins Crewieht. dals die Anwesenheit zweier Divisions-
kommandeure bei dem obersten Führer ein rasches Duichdringen
der Anordnungen wesentlich beijUnstigte.
In welch unvorteilhafte operative Lage der von Mac Mahoo
geplante Htiek/UL' auf Lemberg seine Armee gebracht haben würde,
ist schon besprochen worden. Erwähnt sei noch, dafs aut der Stralse
Bitscb— Niederbronn, die bei dieser Rttekzugsrichtuiii: für einen
grofsen Teil der Trufipen in Betracht kam. die Division Lespart
im Anmarsch begrillen war. Sie hätte also zunächst telegraphisch
zum Umkehren veran)a(st Tverden iulh;ien.
Vil. 10 Das französische Creueralstabswerk wirtt die Frage auf, ob das
Digitized by Google
Die Tätigkeit des Manohalls Mac Mabon vor der Schlacht von WOrth. 423
▼ereiiucelte Auftreten der Batterie Caspari em genügender Groiid
um den Marsoluül so einer abermaligen Entseblnliiltndenuig za
veranlaaeen nnd eieli dewgetD&fis dem Willen des Gegners nater-
soordnen. nGenllgte es niebt** so heibt es weiler — „nm in
aUer F^eibeU die bereite angeordnete BiLekzngsbewegnng dniebzn-
fuhren, vorlänfig die Oi^irion Baonlt in ibrer SteUong sn belassen
nnd ihr hn Verein mit den Kavalleriedividonen nnd der Artillerie-
reeenre die Bolle der Arrieregarde znznweisen? Alle Umstünde sprachen
gebieterisch zagnnsten dieser LOsong.'*
In der Tat erscheint es aof den ersten Blick angebenerfieb,
dais das Auitreten einer einzigen Batterie eine derartige Wirkung zur
Folge bat. Aber abgesehen davuD, dafs mit einem Abzag auf Lemberg
niehts gewonnen war — das firansdsiscbe Generalstabswerk ist an
anderer Stelle, wie oben erwSbnt» selbst dieser Aosicbt — fragt es
sieh doch, ob der Bttekzag so glatt vonstatten gegangen wäre,
wie angenommen wird. Der Abmarsch der südlich der Division
Haoalt befindliehen Tmppen (Divisionen Conseil Dasnesnil und Lar-
tigoe) hätte dem General v. Waltber, der die scharfe Rekognosziemng
leitete, von der Höhe von Dieflenbach nicht entgehen können. Dann
wäre wohl das V. Armeekorps alsbald eingesetzt worden: das
II. haycrische Korps trat auf die Flanke der Division Raoult: Befehle
y.LHii Abbrechen des Gefechts whrpn boi finer solchen I^age kaum
erteilt worden. Die deutschen Unterführer hätten sicher alles daran
gesetzt, den Gegner nicht leichten Kaufes entkommen zu lassen.
Die französische Arrieregarde wäre in eine höchst mifsliche Lage ge*
kommen; sie niulste stundeniantr ansharron, nur dann war es niis;:!! ch,
dals die auf engem Kaum zusanimenoreprersten Truppen dvb Gros
der Armee sich in Marschkolonnen setzten nnd Raum zwihclien sich
und den Gegner brachten. Unterdessen wäre auch das XI. Korps
gegen die rechte Flanke der an der Sauer stehenden Truppen vor-
gegangen; der Abmarsch des Gros wäre — wenn er Überhaupt
gelang — mit einer ernsten Jb^iederlage der Division Kaoult erkauft
worden.
Welche Wirkung aber hätte es gehabt, wenn zum zweitenmal
eine vorgeschobene Truppe dem Angriff eincb überlegenen Gegners
ausgesetzt uüti geschlagen worden wäre! Das \ ertrauen auf die
FUhroDi; iiiufste völlig verloren gehen, eine ernstliche Schädigung' des
Dioralischeü Elements der elsässischen Armee wäre ciügetreten,
Mac Mahon konnte der Entrüstung und des Hohnes von ganz
Frankreich sicher sein.
An anderer Stelle kommt das traitzösiscbe Generalstabswerk VI, 14B
im GegensatE zu der oben besproebenen Ansicht selbst zn der Anf-
Digitized by Google
424 Tiüf^kQit dea Marsoballs Mao Maboa vot der Sohlaeht von Würth.
iSMBQDg, dab Mao MahoD die Wahli ob er sich aeblagen wolle
oder aiebty am 6. Aiigatt niebt mebr oifeii «luid. Am Abend des
5., sptttesteos am Mhesten Morgen dee 6. hätte er, eo wird aoa-
gefOhrt, den RQekzug hinter die nOrdliebe Zineel ttlier Griesbach
mid OanderBbofen antreten mfleien. Dem gegenüber mnb hervor-
gehoben werden, dab am 5. Aogost von der Uehrcahl der Troppeu
80 erhebliehe Maisehleietangen Terlangt worden waren, dab ihnen
am Abend dieses Tages niehts mehr xngemntet werden konote. So
war der Marsehall am 5. an die Stellung ron W5rth gebannt
Das GIfick hatte ihn insofern begünstigt, als die Veisammlang
nicht nor des 1., sondern anch einer DiTision des 7. Korps gelang,-
seinen Tmpi>en die Rnhe snteil werde, deren sie so selir bedorfteo,
nnd sein Antrag auf Unterstelinng des 6. Korps Geoebmignng &nd.
Gelang es, dieses bis sum Mittag des 6. heranimnehen, dann h&tte
sieh der Fehler der Anlstellnng bei WOrtb nicht gerXebl Es ist
gezeigt worden, dafs hier das Versehnlden des Generals Falllj eln-
setst; aber aneh Mac Mahon trifil ein — allerdings geringerer —
Teil der Schuld, wdl er sich nicht ttber die Anfstellnng des 5. Korps
and dessen Lage gegenttber dem Feinde erkundigte, den General
Faillj nicht ttber seine Absiebten anterrichtete, nnd ihm Befehle zu-
gehen lieb, die röllig widerspreehend waren.
Als der Marschall am Morgen des 6. Aognst die Besttttignng
der schon frtther von Failly gemachten Meldung erhielt dals nur
eine Division des 5. Korps kommen werde, da war es für einen
freiwilligen Rttekzng an spät; der Wille des Gegners diktierte das
Gesetz.
Eine ganze Reibe von Faktoren haben m der Niederlage am
6. August geführt; der Keim zu ihr aber wurde durch die Ver-
sammlung bei Wörth gelegt Angeordnet, oline dals man wafste,
ob die erwarteten Verstärkungen rechtzeitig dort eintreflen würden,
brachte sie durch dir sreringe Entfernung vom Gegner den Marsehall
von vornherein in Abhängigkeit von dessen Maisnahmen. So ist iu
Ie(zt( r L nie gerade die »starke Stellung** von Wörth zum Verhängnis
fUr die elslissiscbe Armee geworden.
Anhan;?.
Wann liat General Dnerot tum KUckzug auf I^enibers- geraten?
Dns französische Gentralstahswprk hp^'innt den VII. Hand, der
die Sehlacht von Wörth beliaiKit lt, mit der Erzähluii::. dafs General
Üucrot seit dem 5. August hei Mac Mahon den Kiickzug in die
Vogeseo dorcbzosetzen versuebt habe. Ais Beleg fUr diese Behauptung
Digitized by Google
0ie lltigfceift des Manehali« Km Malwa vor der Sebtaoht voa Wtfftb. 425
dient lediglich das Buch „La vir militaire du geniärai Duerot d'apres
sa correspondanpp". Der wichtigste Aufsatz in dieRf^m ist für die
vorliegende Frage der im Band II, Seite 37S n. ft. enthalten: Note
du g^DÖral Dncrot an sujet des accusatious port^es contre le geuöral
de Failly. Er beginnt mit einer Schilderung der Lage des 1. und
5. Korps: zwischen beiden befinde sich eine sehr gangbare Lücke,
die der Gegner benutzen könne, um sich zwischen die Korps
hinein zu schieben und sich der gewaltigen Stellang von Lemberg:
zu bemächtigen. Seine eigenen Vorschläge falst Ducrot dahin
zusammen, dats Philippsbur^ stark zu besetzen und das Gros
des 5. Korps nach Lemberg und Mutterhausen zu beordern sei,
um di'u Vogesenkamm zu beherrschen und von da Je nach Be-
darf iü östlicher oder westlicher liichtuu^ ^orbrechen zu können.
Dann wird imgefUgt, Mac Mahon habe sich den entwickelten
Gründen gefügt und PaiJly aulgefordert, sich dem 1. Korps zu
nähern und die Stellungen von Lemberg und Philippsburg „solide^
zn beselBKii. Gegen den Marschall wird der Vorwurf erhoben,
seine Befehle hieni seien nielit genügend dringlich und bind«id
gewesen.
Wo ist hier die Rede von einem Abmarsch des 1. Korps naeh
Lemberg? Die Bedeutung der dortigen Stellung hat )a sehon Tor
dem Feldzug in dem Kopfe des Genenls Dncrot gespukt — er hatte
sie studiert — aber er hielt es offenbar fflr genügend, wenn das
5. Korps dort stand. Anderenfalles hätte er, der in dem ganxen
Anfeats bemttht ist» die äohnld an dem Verlnst der Sehiaeht Ton
Worth ron General Failly abznwldzen und dem Hanehall anficnbUrden,
sieber wie folgt ersählt: Ich habe Uae Mahon eindringlichst geraten,
nieht bei WOrtii stehen zu bleiben, sondern sich mit dem & Korps
bei Lemberg an yereinigen. — Ferner erzftblt Dncrot, er habe be-
antragt die Infanterie des 5. Korps mit der Bahn herankommen sn
laasen. Das stimmt nieht mit einem Antrag anf Abmarsch des
1. Korps nach Lemberg. (Übrigens ebensowenig mit einem Abmarsch
des & Korps dahin; Dncrot gerttt eben fortwährend in Widersprttehe.)
Gr will anch anf Yerstärknng der Stellung too WOrth gedrungen
liaben; anch das würde der Ansicht, man dfirfe nicht stehen bleiben,
widersprechen. Oder sollte das der General nur geraten haben fttr
den Fall, dals Mac Mahon nicht zurückginge? Dann hätte er es
sicher auch in seinem Aufsatz auf dieso \Veise enäbll.
Erst am Schlufs heifst es, es sei schwer zu erklären, warum
Mae Mahon nicht auf das 5. Korps zurückgegangen sei, wenigstens
uro 10 '/s Uhr, als das Gefecht bedeutend schwächer wurde. Damit
ist natlirlich der 6. August gemeint DemgenUÜs komme ich zn der
Digitized by Google
426 % Tiligkät des Manehills Mm Malmi vor der 8«lilMlit von WSrtli.
AnffiMsmig, dals Duerot erst am Morgen dieses Tages, als er
die Anweseabeit starker deniBeber Krifte anmitlelbar T«r der fran-
zOdscbea Front erfahr, Hae Mabon son Blickiage auf Lemberg zu
bewegen snohte. In diesem Sinne ersählte ja aneh der Graf
▼on Leobe, dessen „Eiinneraogen** dem Wortlaate oacb, soweit sie
sieb anf den Morgen des 6. August belieben, in das Baeb Ober des
Leben Daeiots übergegangen sind.
Oer zweite iu Betracht kommende Anbatz ist: Notes sor le
combat de Wilsemboorg extraites des papiers da gdn^ral Dacrot.*)
Hier wird am Scblals, nach Bescbreibong der Aafstellong der Trappen
am 5. Aagu8t erzählt, dafs Dacrot die. Annahme einer Schlacht bei
Frt^schweiler fUr tollkühn gehalten and znm Btteksng anf Lembeig
geraten habe. Dieser Passos ist schon an anderer Stelle wieder*
gegeben. Unmittelbar darauf geht der Text wie folgt weiter:
,^Nacb langem Zögern entschiols sich der Marschall anf die
dringenden Bitten der Generale Oacrot und Raoolt, die durch den
Grafen von Lcafse nnterstUtzt wurden, am 6. gegen 6® zum
Erteilen der Rückzugsbefehle . . D;iraus ist zu folgern, da(s sich
der ganze Passus auf die Auffassung bezieht, die dor General
Ducrot am Morgen des r». August über die Lag-e hef^'le, um so mehr»
als unmittelbar vorher ix richtet wird, Ducrot habe — am ö. — dem
Marschall die Ausführung von Geländeverstärkungea in der ätellung
von Wörth angeraten.
Ein drittes Dokunu ut ist: Lettre du marquis de la Kochet hulon.^)
Hierin wird von einer Luterreduug eiuejs Obersten berichtet, die dieser
am Abend vor der Schlacht von Worth mit General Ducrot
gehabt habe. Diesem wird allerdings die Aufserung in den Mund
gelegt, die Situatiuü erlürdere das Zurückgehen in die Vogesen, die
Stellung bei Wörth sei von Morsbronn her gefährdet, Ducrot sage
seit dem Morgen des 5. dem Marschall immer wieder, dafs man eine
Dummheit begebe. Allein der Brief ist nach einer Unterredung
niedergeschrieben, die im Jahre 1885 stattfand; Eriuneruugs-
täusch 11 II ^^cii sind also sehr leicht möglich gewesen.
Ausschlaggebend scheinen mir die von Ducrot selbst her-
rührenden Schriftstücke zu .sein; diese dürften beweisen, dafs der
General am 5. August noch nicht zum iiückzug geraten hat, sondern
erst am Morgen des G.
1) Band II, Seite 864 u. ff.
S) Band U, Seite 861 u. ff.
Der Bedarf an ArtiUerie für die Sohlaoht.
427
xxu.
Dar Bedarf an Artillerie für die Schlacht.
Von
TOI Bluie, 0«Dwa] der Ihfanterie cD.
Unter den zahlreichen wichtigen Fragen, die di»^ im Herbst
des vorigen Jahres erschienene Schrift des Herrn Generals der
Artillerie t. Hoffbauer ,. Altes and Neues aus der Deutschen l eid-
artillerip" behandelt, nimmt Datargemäfs die des z\veckmärsi<:en
ötärkeverbaltiiissps zwischen der Artillerie nnd den anderen WaÜen
einen hervorrajirenden Platz ein. Die l'nteria«:( n tllr die Be-
urteilung dieser Frage haben sich durch die technischen Vervoll-
kommnungen, die das Geschtitzwesen in der Neuzfit erfahren hat so
wesentlich verändert, dafs es jedenfalls bei Ausrübtuni; imsurer Feid-
artiilerie mit RohrrücklaufgeschUtzen sorgfaltiger Erwägung bedarl\
ob es ratsam ist^ an der bisherigen Ausstattung der deutschen
Armeekorps mit je 24 Feldbattericn zu sechs Geschtttzen festzuhalten.
Dt nii es wird allerseits auerkamit, dals bei dem zumeist zur An-
wendung kommenden Flttgelfeuer eine Batterie zu vier Geschützen
neuer Konstruktion da.sselbe wie eine solche von sechs Geschützen
zu leisten vermag. Die t\lnften und sechsten Geschütze der Batterien
sind jetzt im Flügelfeuer noovalenrs, weil schon vor Abgabe des
vierten ond nicht erst, wie früher, nach dem sechsten Schnis der
Batterie das enteOeschtttz wieder feuerbereit ist. Im Salven- nnd EUuel-
geBeb11tB-(SehneU-)Feuer steht zwar die Leistung einer Batterie von
vier GesdilltEen hinter der dner solehen von seeha Geechfitwn znrttok;
aber mit Material neaer Konstmktion ausgerüstet, übertrifft jene an
Wirkung immerhin noeli eine Batterie von secbs GesehQtBen älterer
Art. Salvenfeaer kommt selten, im Kampfe gegen Artillerie Einzel-
gesebütsfener fast niemals znr Anwendung. Und soll es Überhaupt
mOglicb sein» von der lete^edaehten Fenerart in bedeutenderem Um-
fange Gebraneh an maehen, so ist eine Vermehrong der Mnnitions*
fahrzenge nnvermeidlieh, Sie kann, wenn die Batterien nnr mit vier
Gesehatzen ansrtteken, niebt nor fllr jede von ihnen geringer sein als
für Batterien von seehs Geschtttzen, sondern in jenem Falle würde
auch, voraasgesetst dab die Zahl der Batterien unverändert bliebe,
^) Der Aufsatz ist vor dem Krscheinen der soeben zur Ausgabe ge-
langten Schrift des Oenenlleutmants v. Rohne ,,Znr Artillerielrage" (Miü-
Ukrisehe Ztitfngen, Heft 8) niedergmebrieben nnd nnvertodeit gelassen
woiden.
Digitized by Google
438
Der Bedarf an ArtiUerie tOt die SehUobt
in der Verminderung der Geschtltzzahl des Armeekorps von 144 aul
96 ein in mehrfacher Hinsicht sehr wichtiger Ausgleich für die
Belastung mit einer grölsereu Zahl von Monitionswagen gefunden
werden.
Naob Angabe der Im Eingang erwähnten Schrift hat man denn
anch in Frankieleh berdti die In der Zahl von 28 bei federn Armee-
korps vorhandenen Batterien der FeldartUierie von je fleehe GeaditttBen
auf deren je Tier Terringert nnd die AaafllbniDg der im Zusammen-
hang damit nrsinniflglieh gehegten Aheioht, die Zahl der Feldbatterien
bd den Armeekorps Ton 23 anf 80 zu erhöhen, TOriäniig aaagesetrt.
Sonaoh besteht die Feldartillerie der iranaOBlachen Armeekorps, deren
Stärke wesentlieh mitbestimmend fUr die Vermehmng unserer Feld-
artillerie in der neueren Zelt war, jetst ans 92 Gesehtltwn. Bei
Wiedermnfnahme dee Planes, sie um sieben neue Batterien sn ver-
stärken, wttrde sie auf 120 (stesehutze anwachsen. Sollen wir trota-
dem die bisherige Formation und Stärke unserer Feldartillerie —
144 Geschtttie beim Armeekorps — beibehalten?
Herr General t. Hoifbauer befürwortet, dies wenigstens vorläufig
zu tun. Nur in dem Falle, dalh man fai Frankreich auf den Plan,
die Armeekorps mit 30 Feldbatterien au vier Gesehtttsen auszustatten,
snrliekkommen sollte, würde nach seiner Ansicht au erwägen sehi,
ob es sieb fUr uns empfiehlt, die gleiche Formation ansnnebmen (s.
S. 158 Ziff. 10 seiner Schrift). Ich wttrde geneigt sein, dies dahin
zu Yerstehen, dafs wir uns nicht durch Qbereiltes Nachahmen des
firanzOslscheD I^eispiels in die miÜBliebe Lage bringen sollen, in Fiel-
leicht naher Zeit die Stärke nnd Gliederung unserer Artillerie aber-
mals ändern zu mUssen, wenn die EinzelansfttbraDgen der Schrift
nicht der Begründung der Ansicht dienten, dafs die dauernde Bei-
behaltung der bisherigen GeschUtzzabl unserer Feldartillerie notwendig
oder mindestens zweckmälsig sei. Es erscheint deshalb nicht ttber*
flässig, die hiergegen sprechenden Bedenken geltend zu id aeben.
FUr die Beurteilung der Sache kommen mannigfaltige Gesichts-
poukte in Betracht. Aber keine Frage ist dafür so wichtig als die,
wieviel Artillerie wir fUr die Schlacht nötig haben oder wenigstens
mit Vorteil in ihr verwenden können. Denn in ihrer Kampfkraft
besteht der grofse, aber auch der alleinige Wert der Artillerie; aofser-
halb des Kampfplatzes ist sie ein lediglich erschwerendes, die
Operutiuuslahigkeit des Heeres beeinträchtigendes Element der
Kriegs(\lhrung. Unter gttnstigen Boden- und Geländeverhältnissen
kann sie sich schneller wie die Infanterie fortbewegen und vermag
seihst sehr entfernte Ziele, lebende and tute, aufserordentlich wirksam
zu bescbieüseu. Aber iu bezog auf Maoövrieriäbigkeit von der Boden-
Digitized by Google
Der Bedart an AitiUerie tlir die äehUcht
429
ond GeUbidebesehaffenheltr in beiog auf KampfDLbigkeit tod nnbe-
hiD^rter Fenisielit wlir aÜftngig and nnOUiig zum Nabkamp!, bedad
sie bäafig des Sobotees anderer Wa£Rra. iDsbesoDdere beeintriobtlgt
die Ao^mbe dee Sebnteea aasgedebnter ArtUlerietroiiten io der Seblacht
oft in empfiedlieber Weise die Verwendbailceit eines Teiles der In-
iSuterie ffSx andere Zwecke. In den Marschkolonnen gemisehler
Waffen nimmt Artillerie noTerbttltnismUsifr Tiel Baum ein nnd ver-
zögert dadnrebt Ton anderen Naebteilen abgeseben, den Anfmarscb
der hinter ihr roarscblerenden Truppen sam Gefecht Sie vermehrt
den Trols des Heeres nnd bereitet ihrer zahlreichen Pferde wegen
oft Verpflegang88cbwierigkeile&. Znr LiOeoog der lahlrdcben Neben-
an%aben der KriegfÜbrnng, wie SicherheitB-, AnfkUraogs», Ordonnans-f
Etappendienst, Beitrelbaogen usw., kann sie nnr wenig beitragen.
Ans diesen und anderen Gründen wird man daranl veniohten
mtlsBen, den HeeikOipem soviel Artillerie mnteiien, wie in dieser
oder jener Kriegslage einmal von Nirtsen sein kann. Von Aossehlag
gebender Bedeutung ist der Bedarf in der lintsoheidnogssehlacbt.
wobei zu berücksichtigen bleibt, dafs dort mehr als je die Hauptrolle
der Infanterie zafiUlt, wiUirend die Artillerie im wesentlicbeo die
Aufgabe hat, jener vorzuarbeiten nnd sie zu onterstlltzen. Die
Armeekorps mit soviel Artillerie anszastatten, wie sie bierfUr anf
dem Sehlachtfelde In der Begel mit Vorteil verwenden können, ist
zweckinüfsig, darüber hinauszugehen mehr schädlich als nützlich.
Bei Ermittelung des Bedarfs an Artillerie für die Schlacht spielt
die Raumfrage eine wichtige Rolle. Im Kriege von 1870/71 bedurfte
die Artillerie eines deutschen Armeekorps bei einer Stärke von 90
Geschützen zum Aufmarsch mit normalen Abständen eine» Breitenraomes
von 1500 m; die Feldartillerie der heutigen, an Infanterie und Kavallerie
ungefähr o:leich starken Korps beansprucht für denselben Zweck
einen Hreitenraum von 2500 m. Ist anzunehmen, dafs ihr dieser oftmals
Überhaupt nicht oder doch nicht so frewährt werden kann, wie es
zur Erflllluntr ihrer Aüfiraben im Kähmen der Gesamthandlung not-
wendig wäre, sn ist dies ein nahezu eutacbeideudes Argument ftlr
die VerminderuriLc der Gescbützr.ahl.
Nun ist von verschiedenen SeitPM daranl hinjrewiesen worden, dals
«'S ^chon in den Schlachten des Krieges von 1870/71 trotz der damals
n l inirrrt II htarke unserer Armeekorps an Artillerie wiedti li ilt nicht
niöglieli üt'wesen ist. nlle verfUghareu Batterien zu verwenuen. In
der eingangs erwähnte n Schrift wird der Nachweis geführt, dafs
hieran ..nur" in sieben Schlachten des Krieges „lediglich" Raum-
mangel schuld gewesen ist. Wenn man bedenkt, dafs zugegebener-
ma(t»cn noch in einer nicht unbcträchlicben Zahl von Fällen — z. B.
Digitized by Google
430
Der Bedarf an ArÜUerie für die SeUaebt.
bei Orleans, le Mus, bei den EXmpfen 4er SOtUtmee» «if IraiiiOfli-
seber Seite an der Usaiae — ein mebr oder weniger gioleer Teil
der Torbandeoen ArtlUerie aos anderen Gründen — z.Bw wegen
UDgUnstiger Geläade-, Wege- oder fiodenbesebaffenbeit» wegen Dankel-
heit oder Nebel — nicht Terwendet werden konnte, 80 eebeinen mir
diese Erfahrungen des DentBeb^FVanzösiscben Kriegt;s wenig geeignet,
zngansten der Mitfilbrang von 144 G^httta^ hei den Aimeekorptf
verwertet zn werden. Der Herr Yerlaeeer bat dies denn anoh wobl
erkannt ond daher des weiteren den Naobwela zn fthreo gesncbt,
dafe in der Schlacht von Grarelotte— St. Privat aosreiehender Raun
tllr die Entwickelnng der gesamten Artillerie der in erster Linie
verwandten lUn! deutschen Korps auch dann vorhanden gewesen sein
würde, wenn die ArtiUerie dieser Korps ans je 144 Gesebtttaen be-
standen hätte.
Das Beispiel ist gut g:e\väblt, deun die Schlacht von Gravelotte-
St. Privat konimt einer geplanten Schlacht gegen einen Feind in vor-
bereiteter Stellung am nächsten, und dieser Fall erheisf'ht fliV »rröfste
Tiefenglieder 11 n;:^ des Angreifers, daher die gröfste räumliche Be-
schränkung der einzelnen Korps, wenigstens ihrer Mehrzahl. Wird
nachgewiesen, d;ils es selbst unter solchen Verhältnissen den Armee-
korps nicht jui Kaum zu vorteilhafter Verwendung von 1 44 Ooschlitzen
gebricht, so fällt damit das blärkste der für Verimudtrnug der Ge-
schtitzzahl geltend gemachten Argumente. Die Schrift behandelt
daher das genannte Beispiel sehr eintrehcüd. Allerdings bleibt, wenn
es auch als zutrefifend anerkannt werden könnte, dafs in jener Schlacht
144 Geschütze bei jedem der fünf Armeekorps erster Linie llauin
zu gleichzeitiger zweckmälsiger Verwendung gefunden haben würden,
noch zu bedenken, dals auch bei den drei Kescrvekorps noch je 144
Geschütze als vorhanden anzunehmen wären. Nun bat zwar die
Zurückhaltung einer ArtiJleriereserve bei Beginn der Schlacht heute
zweifellos grüfsere Berechtigung als im Jahre 1S70. Aber eine
Reserve von 4B2 Geschützt u liir fünf in erster Linie verwandte
Armeekorps ist des guten zu viel, wemi sie lediglich z,uiu Ersatz
von Verlusten dienen soll. Ein Teil davon hätte im Bedarfsfälle
unbedenklich zur Verstärkung der Artillerie der vorderen Linie ver-
wandt werden können, wie es bekanntlich 1870 geschah.
Daftr würde jedoeb, wenn alle Korps vit der bentigen Gescbtttz-
xahl veraeben gewesen wSren, am so weniger ein BedUrfnis vor*
gelegen haben, als idebt zugegeben weiden kann, dals sdbet nur
für die flinf Korp« der TOrderen Linie biniänglieber Saarn znr Eni-
wiekelnng too je 144 Gesebatzen m ihrer Kampffront Toifaanden
gewesen wäre. Anf dem Bogen vor dem zn omfanenden rechten
Digitized by Google
Der Beduit ua Artillerie für die Scblioht.
43t
Fittgel der FfanioMD reichte der Bama aUerdiogs nahesn ans, om
eine je 144 Geschlltoe etarice Artillerie des Garde- aad XIL Anneekoi|iB
gegen die feindliclie Stellmig in Tfttiglieit m eefaten, und nooh weniger
fehlte es hierfllr an Raum in der AngrüEtfront des IX. Anneekorpe.
Anders bei der L Armee. Dort füllten am 18. Angnst 1870 23
Batterien des YIL nnd YIIL Armeekorps den Ranm ror dem ieindliehen
linken Flttgel, anf dem rechten Manceafer, so ToUstKndig aas, dafs
die hier noch verfUgbaren weiteren Batterien nicht in Titigkeit
treten konnten. Der gr5i^re Wirkongsbereieh, den die bentigen
GesohtttBe haben, hätte Tielleicht gestattet, den linken FtOgel der
Aztüleriellnie der L Armee um einige Batterien za Terlängem. Aber
bei Ansstattnog der Armeekorps mit je 144 Gesohtttsen hlllte der
gröfste Teil der Artillerie des VII. Armeekorps auf den rechten Flttgel
der deatschen Front keinen Kaom gefanden.
Herr General v. Hoffbaaer ist nun der Ansicht, dafs diese Ar«,
tillerie sehr xweckniäfsig gegen die linke Flanke der französischen
Stellnng vor dem Nordrande des Bois de Vaox hätte verwandt
werden können. Dagegen ist zunächst sn bemerken, dals anf jener
Flanke, dorcbschnittlicb kanm 1000 m vom Rande des Bois de Vaox
entfernt, iVa DiTisionea des Korps Frossard in sehr starker Stellang
and oabmhafle Reserven nabe binter ibnen standen. Eine Artillerie-
roasse ohne entsprechend starke Infanterie gre^n jene Flanke zu
entsenden, wäre nicht ang^ängig gewesen. Die Einsetznng: beträcht-
licher Kräfte an dieser Stelle, wofür nur das VII. .\riTieekorps hätte
in Frage kumnien können, entsprach aber darobaus uioht den Ab-
sichten der obersten Heorp'^leitung.
Der seitens der letzteren am Nachmittage des 17. Anernst für
den folgenden Tag erlassene Befehl rechnete mit den beiden Mi'»?-
lichkeiteu, dals am 18. die feindliehe Armee kampfbereit auf den
Höhen westlich Metz stehe oder sieh im Abmarsch von dort in nord-
westlicher Richtung befinden wUrde. Deshslh sollte die II. Armee
um 5 Uhr früh antreten inid mit Staffeln muh linken Flügel zunächst
nordwärts vorgehen, iia< \ Iii. AnnLekorps sieh dieser Bewegung auf
dem rechten Flügel auschiielben, das VII. aber anfangs die Aufgabe
erfüllen, ^die Bewegungen der II. Armee gegen etwaige feindliobe
ünteruehmungen von Metz her zu sichern''.
Der ihm hiernach gestellten Aufgabe konnte das VII. Armee-
korps nur durch Einnahme einer Bereitscbaftsftelluug auf dem
rechten Manceufer, in der Gegend von Gravelotte. Front nach
OsteUf gerecht werden. Dort zog daher auch der kommandierende
») S. üeneralstabswerk S. 669.
Digitized by Google
4A2
Dw Badaif n AitfUmle fVr dto SoUaalK.
General die Haaptkrfilte aeioM Korps, insbesondere dessen ganze
Artillerie, losamraeD, nur die 26. lofu^iebrigade nebst einer Batterie
zur Sioberang des Moseltals hei Vanz belaaaead und Vortnippea in
das Bois de \'aax vorsebiebeod.
Als sich dann heraoMtellte, dals sich die feiadiiebe Armee aoeh
in Stellang aaf den Bühea weatUeb Meu befand, wurde beschlossen,
sie dort anzugreifen, aber ans guten GrUnden, nur in der Front and
rechten Flanke, also nicht doppelt nnifassend.') Hierron wäre
man sicherlich nicht lediglich za dem Zweck abgegangen, ttber-
schttssige Batterien zu verwenden. Dies um so weniger, als das
Gelände vor der französischen linken Flanke für den Augritf und
namentlich fUr die Verwendung: von Artillerie das denkbar nn
günstigste war. Nur wenige, fUr Artillerie teils ^nr nieht benutzbaj e.
teils änfserst beschwerliche Holzweg:e tiibrlen aus dem Mancetal
durch das Bois Ue Vaux den steilen Abhang hiiifiuf mit die Höhe.
Uie dort am Waldrande stehciidrii sclisv.ichen InfiiiiteriL'alitpiluugeu
babrn wäbitMiii der ganzen Dauer der bchlaeht lieliiires GrauattVucr aus
dem iiaiie gegeuüh*T betindiieht n leiudlichen 6teliuiii: :uisbalten müssen
und erlitten beträehliiche Verluste durch Chassepottt uer, sobald sie aus
dem Wuldraude vor/ubruchea verbuchten. Wo und wie hätte unter
diesen l'nisländen Artillerie vor dem Waldrande aulhiln cii und sich
behaupten künnenV Der geiicntilitidtehende Feind hatte vorher durch
Infanterieangriii ohne Artilleneunlerstützung aus seiner starken Stellung
vertrieben w erden mUssen, - eine Aufgabe, an der wahrscheinlich die
Infanterie eines ganzen Armeekorps gescheitert wäre. Hiernach bedarf
auch die vom Herrn General v, Hollbauer ausgesprochene Ansicht,
dafs schon zur .Siclieruiii:- dei' dureh das .Maiicelal fubreiiden Ver-
bindungslinie des Vll. Arinefkorps luil dem linken Moselufer die
Verwendung einer starken Artillerie vor dem Bois de Vaux erwUnscht
gewesen sein würde, keiner weiteren Widerlegung.
Nein, in der AngriffsEront der deutschen Armee bei Gravelotte-
St. Prirat wäre nieht ausreichender Raum vorbandeti gewesen, am
die Artillerie von fttnf Armeekorps gleichzeitig in Tätigkeit in aeteen,
wenn zn jedem Koip« 144 Gesefatitze gebört liätfeen. Die ans 482
Geaclitttien bestellende Artillerie der drei Besenreicoips aber liStle
in der SoUaeht wegen besebrinkten Banmes nnr iUr den Enats von
Verlobten Verwendung finden ktfnnen. Und günstigere Bannt* nnd
GelündeverhiUtniBBe als bei Grarelotte-St Frivat werden dob Ar den
Gebraacb der Artillerie in der Angrifissoblacht kaum Jemals bieten
Aber ist denn die Antwort auf die Frage, wieviel Artillerie in
^) Vgl Genendstabswerk $. 696—897.
Digitized by Google
Der Bedarf m ArüHarte für die ScfabMht
433
der AngriffMoUadit mU Vorteil verwende! werden kann, ttberhanpt
lediglieh von der GrOfoe dee m der iSulwiekelmigdiont ?ethandeneii,
fttr BatteiieeteUnngen geeigneten Baumes aUdlngig? Ist es so, dafo
die Artillerie oime BeeintcSohtigiiag der anderen Waffen and ohne
dnreh deren Gefeebtsttttigkeik am Feoem behindert in werden, jenen
ganzen Baum aasfttllen kann, und würde der Bedeatang und Schwierig*
keit der der Infanterie in der AngriffiBSCblaobt sniallenden Aufgaben
die Forderung entsprecbeu, dafs sie mit dem Baum, den die Artillerie
frei läfst, vorlieb nehme, ihre Gefeehtsttttigkeit d^ Ansbreitnng und
Verteilung der Batterien anpasse?
Die Entwickeiungsfront der Deutschen bei Gravelotte-St. Privat
— rechter Flflgd 1500 m südlich Gra?elotte, linker iOOO m östUcb
Monthois angenonunen — hatte eine Länge von wenig mehr als
15 ODO m. Es entfielen also auf jedes der fünf Armeekorps der vor»
deren Linie durchscbnittliob etwa 3000 m (auf das IX. Korps mehr,
auf die beiden Korps des rechten Flügels entsprechend weniger).
Den Angrifi mit weniger Infanterie als der von fünf Korps zu unter-
nehmen, wäre 187(1 nicht ratsam gewesen, und einem ebenso starken
riepner wie damals gegenüber heute noch weniger angängig. Wenn
nun auf einer Front von 'M)00 m 144 Geschütze verteilt sind, die
bei normalen Abständen 25ün m Frontlänge haben, so bleiben in
der Artillerielinie für den Durchzug von lufanterie noch Lücken von
'zusammen öOO m Breite, und zwar da, wo die Artillerie sie im Hin-
blick auf die GeliinuLlipsehaffenbeit crelassf u hat. Oft, aber nicht
immer, werden das die geeignetsten fttellen lür das Vorziehen von
Infanterie sein. Wenn aber die Masse der Infanterie zum Angrirt
schreitet, so kann sie des feindlichen GeBchüt/ieuers wegen über die
Linie der eigenen Artillerie nur in voller gefcchtsmäisiger Ent-
wickelung. in breiter Front die Zwischenräume der Geschütze benutzend,
hinausgehen. Diese Vorwärtsbewegung wird in zahlreichen, mit Ab-
stauden von mehreren 100 m einander folgenden Linien ausgeführt,
und währeitd der ganzen langen Dauer des Durch/ugs, bis die
hinterste Infanterielinie sich 400 m vor den Gebchutzmuudungen
befindet, sind die von tlum Durchzug betroffenen Batterien am Feuern
behindert. Für die Artillerie des Verteidigers gibt es keine günstigere
Gelegenheit, der Angritfsinfanterie Abbruch zu tun, und in dieser
schwierigen Lage muls letztere der Unterstützung eines Teiles, viel-
leicht des grölsten Teils der eigenen Artillerie entbehren! Zwar
sollen einige Batterien die vorgehende Infanterie begleiten. Aber
aneb dann füllt das Fener dieew Batterien filr längere Zeit aas.
Ähnliehe Sohwierigkeiten für daa Znaanunenwirken TOn 144 Gesehtttaen
mit 25 Bataillonen Infanterie anf dnem Rampffelde vm 8000 m
484
Der Bedarf an Artflterie lUr die SobUcht.
and seibek auf einem soiciheii too 4000 m Bi^te werden anoh in
andefen Oefeebtomomenten hlniig genng ittblbar werdeoi snmal das
ObendbieÜsen der Infimterie dnieh Arlflleiie troto der gesteigerten
IMbieherheit der letsteren doch an enge Gienxen gebanden bleibt
nnd namentlich in den entscheidenden Momenten des Inianterienab-
iuunpfes nicht anwendbar ist.
Die Verwendbarkeit von Artillerie in der Angrifiuehlacht hat
also nicht nnr eine abeolote ritamUche Greoxe, sondern es wächst
auch innerhalb dieser Grenze die Unterstützung, die die
Artillerie der Infanterie gewähren kann, niebt in gleichem
Verbttitais mit der Gescbtttssabl.
Nun ist zwar die Ansieht sehr rerbreitet^ dals jede Schlacht,
wenigstens die betderseits geplante, mit einem „Artüleriedoeil** be-
ginnen mflsse, weil von der rorgängigen NiederkAmpfong der Ver-
teidignngsartiileiie die Mögtiehkeit der weiteren Dnrchftlhning des
Angriffs abhänge; deshalb müsse die Artillerie so stark wie nnr
irgend möglich und in der Wahl ihrer Stellungen für diesen Artillerie-
kampf unbhängig von Btteksiebten anf die anderen Waffen sein.
Anf ein solches Artflledednell einzugehen, empfiehlt sich indes
für den Verteidiger nnr, wenn und so lange als er Hoffiinng hat,
die artillerisdBche Fenerttberlegenbeit zu erkämpfen. Was hätte er
wohl für Veranlassung, seine Artillerie der Vernichtung auszusetzen,
ehe die feuidlicbe Infanterie in ihren Scbalsbereich kommt? Bis
dahin kann er sie snrttckhalten oder doch die Gescbtitzbedienong
Deckung nehmen lassen, dies sogar Im weiteren Verlauf der Schlacht
vor dem Herannahen der Entscheidung in Momenten, die fllr die
Tätigkeit seiner Artillerie weniger gUnstig sind, zeitweise wieder-
holen. Gerade die Schlacht 7on Gravelotte bietet ein lehrreiches
Beispiel für solches Verfahren; denn dort eröfinete die Artillerie des
französischen linken Fltlgels, nachdem sie seit mehreren Standen
gm geschwiegen hatte und deshalb als kampfonföhig gemacht be-
trachtet wurde, bei Annäherung anseres II. Armeekorps ganz Über-
raschend mit nngescbwäcbter Kraft ihr Feuer. ^) Allerdings kann
die Artillerie des Angreiters, wenn die des Feindes schweigt^ unbe*
bindert ihr Feaer auf andere Ziele richten. Aber auch seine Infan-
terie läfst der Verteidiger erst in Steilong rtteken, wenn die feind-
liche Infanterie sich nähert, nnd Artilleriefener gegen unbesetzte
Örtliebkeiten und unstehtbare, in unbekannter Aufstellung befindliche
') Ks ist nicht richtig, dafs diese t^berraschung nur wegen der ein-
brechenden Dunkelheit möglich gewesen wäre, rielmehr war es noch hell
genug um deutlich in die Ferae sehen zu können.
Digitized by Google
Ow Bedarf id AiflUwIe für die SeUeelit.
4SS
Trappen ist aoeb beate TOn geringer Bedeutmig für deo Aiugug
der Schlacht.
Wenn also der Verteidiger ftir gat befindet, sich dem Artillerie*
daeil SU entziehen, so kommt die Artillerie des Angreifers nur noch
insoweit m Geltang, als sie das Vorgeben and den Kampf ihrer
Infanterie anmittelbar, ans seitlichen Stellangen oder Uber sie hin-
wegfeoemd, za ontersttttzen vermag. Wohl ist es erwünscht, hier-
für so viel Artillerie wie möglich in Tätigkeit zu setzen. Aber die
Möglichkeit ist, wie wir gesehen haben, zeitlich und örtlich begrenzt;
soviel Geschütze wie fllr ein einleitendes ArtilleriedoeU wird man
dafür schwerlich jemals verwenden können.
Anders lieg:en die Verhältnisse, wenn die Artillerie eines in
starker, vorbereiteter Stellung: betindlichen Verteidigers der des
Angreifers Uberlegen sein sollte. Für die Beurteilung diese« Falles
kommt zunächst in Betracht, dals der Angriff einer Stellung der
vorgedachten Art mit Aassicht auf Ertoig der 1\( L^el nat Ii nur von
einer der d samtstärke nach beträchtlich überie^i m n Streitmacht
nnternomnien werden kann, und zwar mufs die übrrl :;eüheit einem
aciitlcircn Gegner gegenüber auch zififermälsig, sowie gtlnstige Ge-
legenheit zu ihrer (Tcltendaiachong, womöglich zur Urafaspüng den
Gegners, vorhamien sein. Stölst eine ^irmee oder ein ArnRckoips
anf einen stjtrkeren Feind in vorteilhafter Stellong, so wird der
Fuhrer, wenn er die Sachlage erkennt und nicht nach der Gesamt-
situation zum Angriff auf jedes Wagnis bin gezwungen ist, von einem
solchen, bis zum Eintreffen von Verstärkungen oder, andere Ent-
schlüsse unter Berücksichtigung der Gesamtlage fassend, gänzlich
Abstand nehmen. Deshalb bedarf der Fall, dals die gröfsere Stärke
des Verteidigers an Artillerie im Zusammenhang mit der Lber-
legenheit seiner Gesamtstrt iikräfte steht, für den vorliegenden Zweck
keiuer besonderen Erörternng.
Näher zu erwägen ist dagegen der auch mögliche Fall, dafs
der Angreifer zwar an Iiitauterie die für den Angrift erforderliche
Überlegenheit besitzt, dafs aber die beiderseitige Artillerie im um-
gekehrten Stärkeverhältnis zu einander steht. In solchem Falle wird
der Verteidiger das Artilleriednell, wenn er dadurch herausgefordert
wird, um so bereilwilii^^Li a.iiüthinL'U, je grölser seine artilleristische
Überlegenheit ist. Gelingt es ihm, in diesem Zweikampf einen
grofeeu Teil der gegnerischen Artillerie kampfunfähig zu macheu,
80 wird die Darchführbarkeit des Angriffs zweifelhaft, jedenfalls wird
die Angriffsinfanterie im Vorschreiten schwere Verlaste dorch das
feindliche ArtUleriefeaer erldden. Da ist es ftlr den Angreifer
immer noeh Torteilhafier, seine Artillerie and In&nterie niehi naeh
Digitized by Google
436
Der Bedarf «n AitiUeito fOr die ScUeobt
einander, sondern •gleichzeitig eioEUsetzeu. In besonderem Malse
ladet aber die hier m Rede stehende Lage <leij An^'reiter zu dem
Versoche ein, seine stärkerf hiianterie unter dem Schutze der Nacht
nahe aD die feindliche Stellung^ iit raii/AiführtMi und dort einzunisten,
am beim Graueo de« Morerens, die Überlegenheit der Infanterie Uber
die Artillerie im Nahkampf ausnutzend, zum abgekürzten Angriff 2U
schreiten. Zu erwägen wird auch sein, ob es nicht möglich und
vorzuziehen ist, den Feind, unter Vermeidung des Angriffs auf seine
Stellang, durch Umgehung zum Rückzöge zu zwingen, um ihn auf
diesem in der Flanke iinzngreifen, wobei ihm seine zahlreioho
Artillerie mehr hinderlich als nUtelich sein wird.
Mau darf freilich nicht Ubersehen, dais die Freiheit, die der
oberste Befehlshaber einer Armee oder eines selbständi^^en Korps
bei Offensivoperationeii bei:üglich des Entschiasses, ob und wann er
angreifen will, in der strategischen Desensive bezHglich des Ent-
schlusses, wo er sich verteidigen will, in der Ik'^^cl liat, nicht in
gleichem Maise auch den Befehlshabern der Unterabteilungen zuteil
wird. Sie müssen kämpfen, wann, wo and wie die im Rahmen des
gröfseren Ganzen ihnen zufallende Aufgabe es erheischt. Saobe
der Oboldtang ist es, die Rollen ae sn TerleileD, dafe nach HOglieh-
keit deo einzelnen Gliedern ihren Erfiften entsprechende Aufgaben
mtaUen und die Kiifle an jeder Stelle den sn erfttllCTden Ebutet-
aafgaben entapreohea Za diesem Zweck kann es sich unter Um-
stünden empfehlen, ▼orttbergebend hier und da Änderungen ia dem
nomalen SUIrkeverhiltnis der verschiedenen Waften wa einander
eintreten »n lassen. Insoweit es sich hierbei nm KavaUerie bandelt
bieten bei einer Armee die KavalleriediTiBionen ein nahe liegendes
Ansgleiohmittel. Tnit fbr die Schlacht an einer Stelle Bedarf an
stürkerer Artillerie hervor, so kann und mnls ihm mit Hilfe der
Artillerie der Reserrekorps oder der schweren Artillerie des Feld-
heeres Genllge geleistet werden, wie es in der Sohlaeht von Giarelotte-
St. Privat im Zentrum der deutschen SehlaohtoidDong geschehen ist
Den Armeekorps organisationsmälhig soviel Artillerie snznteileD,
wie sie in solchen und äbnlitdien Aosnabmefifllen einmal mit Vorteil
verwenden können, würde, wie bereits an anderer Stelle gesagt
worde, feblerfaait sein.
Schliefiilieh sei in Kurse des Bedarfes an Artillerie für die
Begegnnngsscfalacbt gedaeht, die eine Armee mit einem Offinerlcocps
von überlegener Tttchtigkeit und Tatkraft eher an sacken als sn
jneiden hat.
In der Begegnungsschlacht ist die Eigenschaft der Artillerie,
eine Steilimg schnell erreichen und ans ihr weithin kräftig wirken
Digitized by Cloot^le
Der BdcUrt ua ArtiUerie fttr die Sehlaebt.
487
zu könneo, oft besondcos wertvoll, andererseits aber die Aassiebt,
gOnstige Bedinginigeii Air erfolgreiche YerweDdang einer grOimoen
ArlOleiiemaiie ni finden, geringer als in der geplanten Seblaeliti
für die der Verteidiger seine SteUong besonders naeh den Erfordernis
Men Sefanbleldes vor der F^t wihtt, was dam aneb der Artillerie
des Angrdfers zngate kommt. Nnr in AnsnabmefiUlen wird es
m(lgliob sein, in der BegegDtmgsseUaeht fttr die Artillerie eines
Armeekorps, wenn sie ans 144 GesohtttEen besteht, Banm za zweek-
niälsiger Entwiekelnng und erfolgreiehem Marken innerhalb der
Ansbrettnngsgrense in finden, von deren Einhaitang eme eneigisehe
Geieehtstätigkeit des Armeekorps abhängig ist. Die Gefahr liegt
nahe, dais besebleanigt TOrgesogene Artillerie von soleher Stärke
von Hanse ans dem Armeekorps eine schädliehe Breitenansdehnnng
aofnOtigl, sehädlieh am so mehr, als ein greiser Teil der snent aof
dem Kampfplats eintreffenden Infrnterie für die defensive Angabe
des Sehnties der langen Artillerielinie In Anspraeh genommen wird.
In T. II Nr. 80 des Infanterie-Exerzieneglements ist der sehr
wiehtige Grandsats aasgesprochen, dab im Begegnangsgefecht damt,
wenn der Gegner — wie es beim Znsammentreffen als Regel anzu-
nehmen sein wird — sieh ebenso wie wir noch in der Entwiekelnng
befindet, ihm womOglieh ein Vorsprang in der Entwiekelang ab'
«gewinnen ist» and gleichzeitig wird betont^ dafs der Angriff
dnreh die Entwiekelang so wenig wie mOgUeh aafgebalten
werden darf. Die AnsAlbrnng des Angriffs aber Ist Saehe der
Infanterie, ond während deren vordere Abtdiangen doroh die Anfgabe
des Schatzes der langen Artillerielinie an offensivem Handeln stark
behindert sind, treffen auch ihre, in der Maraehkolonne hinter der
Artillerie befindlichen VerstärkuDgen aof dem Kamp^latce nm so
später ein, je zahlreieher jene ist
Die Btteksieht aaf das Begeganngsgefeeht erfordert
besonders dringend weise Besehränkang in der Ans-
stattang der HeerkOrper mit Artillerie!
Tch s'lauhe fiachgewics>('u zu habeu, diils das Atti{lprie<ii:('ll in
kllufti^eii Schlachten nicht die entsch^^idf-nd? Rolle spielen wird, die
man ihm vipllach znschreiht; dals die i4aupiaufgabe der Artillerie
in der Sehlacht, namentlich in der An^rifisschlacht. nach wie vor in
der unmittelbaren TTntersttitzuug der luianterie besteht, der die eut-
tjchejdeiitie läiiirkt it zufallt; daXs daher in Aobetracbt der zahlreichen
Bedenken, die der Mittiihrune tibermälsig starker Artillerir K« 'd
entgegenstehen, es ratsam ist, deren Stärke aui das dorcii den ietst-
Digitized by Google
488 Bonokitog und Omütltoielitoliw.
geduliten Zweok bedingte HaIb wbl bemMnkeii. 34 FeUbatterien
za vier Geflohtttzen bei jedem Anneekorpe von zwei Divisionen
ddtften nach meinem Daittrhalteo unter bentigeD Verbältnissen om
so mehr «nneicben, als jetzt auch die schwere Artillerie des Feld-
beeres ta erweiterter TStigkeit benifen ist
xxni.
Burenkrieg und Qualitätsschielsen.
Von
Generalmajor Bdsner Freihemi toi liehtMUlera.
Kpiiipr der seit 1870/71 geführten Kriege hat eine so tief-
gehend c ^'^(Mstigre Bewegung: in allen Armeen hervorecnifpi), wie der
sttdafrikanische. DiszipHulose und von ihren fTt'i;niiii kulturell
g;eriu|r einpreschätzte l^auern umi Büiiicr sic^xtcn in deu taktisch
raafsgebeDden (Teleehten iilier die .ilten riifrlischeu Jl< jiraentcr mit
ihrer nihmvollen Tradition und ihreni hncliuespanntt'D belhstgefübl.
Bald wnrdf die I irsache der ubt^i raschcndrn Su ire riehtie- g-ewürdigi;.
Die Bureu -icKten in den frroiseu Aiii^u^'^skäni|(fen de.s Kriegs,
weil sie die Technik uud Taktik deh» inodeineu Kamplet besser
verstanden nnd beherrschten und weil sie für die eigenartige Krieg-
führung iu ihrem Lande vullkommener ausgerüstet waren ah» ihre
Gegner.
Schon die Charaktereigenschaften und die Lebensweise der
Buren waren einer glücklichen Durchtuhrung der heutigen Feuer-
taktik änlserst förderlich. Ihr ruhiges Temperament, ihre starken
Nerven, ihr scharfes Auge, — ihre ausgezeichnete Schiefskunst sind ja
allgemein bekannt. Auf Kaubtiere und Hochwild zu jagen, war
ihre Haupt- und Lieblingsbeschäftigung, W ik Jäger und Schtttzen.
waren sie von Jugend auf auch Reiter. Sie waren im Besitze
ausdauernder I'lerdr, kundig des ungeheuer ausgedehnten, wege-
uud wasseranucü Landes, vertraut mit dem Leben iu freier Natur
Digitized by Google
Bmenkiieg and OnatiatstohiafaeiL
489
und «bgefaMitet gegen den jäben Weehsel des sUdafinkuiiehen
Klima«. Sie Iwtten entwsliieden knegerteohe Sehnlmig. Bine ihnen
leindselig gesinnle eingelMnene, tepfeie BevOlkenuig erlaubte ihnen
nicht, eioh nogestOrt eines luiugen nnd friedlichen Lehens zn erfreuen.
Stets molsten sie gewSrUg sein, Familie nnd Eigentnm gegen An-
griffe der Wilden sn yerteidlgen. Bei diesen Eimpfen waren sie
in ihren weit serstrenten Siedelnngen anf ihre eigene Kraft an-
gewiesen.
Diese eigeDartigen VerbältDisse gahen ihren Kämpfen gegen die
Engländer das charakteristische Gepräge. In der Verteidigung wie
im Angriff nützten sie ihr Gewehr in taktischer ond schiefstechnischer
Heziebnog mit anlserordentlieber Elastizität and Torsflgliohem Ver-
ständnis ans. In der Verteidigang heberrschten sie, Ton den hoch
emporragenden Kopjes nns. in sehr geschickt angelegten Sehtttzen-
grttben dem Ange und der Kugel ihrer Feinde fast onerreichhar,
weitiiin das deckaogslose, steppenartige Angrifisfeld. Konnten sie
aber aas irgend einem Grande nicht die volle Sehofsweite des
Gewehres zur Geltung bringen, so rerbanden sie auf das geschick-
teste die materielle Wirkung des Nachfeuers mit der psychischen
Wirkung der Überraschung. Mehr nnch als die Verteidigung bot
ihnen der Angriff die Möglichkeit, ihr mit „unheimlicher-* Sicherheit
abgegebenes Fener vou mehreren Seiten auf einen Punkt m ver-
in igen: schleichend und pirschend, wie die wilden Tiere ihres Landes,
suchten sie den Gegner 7m nmfassen und einzukreisen and ihn so
dorcb konzentrisches Feuer zu UberwaltiLTu.
Die Engländer dagegen waren unkundig des Laudes. unvertraut
mit seinen Eigentümlichkeiten und in ihren Bewegungen an einen
zahlreichen Treis gebunden. Sie schössen sehlecht, benahmen sich
ungewandt im Gelände and waren im Banne einer rtlckstaudigeu
Bajouetttaktik befangen.
Alle Welt begeisterte sich fUr die kriegerischen Leistungen und
Krfolge der Boren. Ihren Taten wurde die Bedeutung eines Mark-
6teins in der Geschichte der Kriegskunst beigemessen.
Die Reaktion blieb freilich nicht aus. Das KriegsglUck wandte
sich. Die Buren wurden geschlagtit und verloren Tusition um Position.
Nun erging es ihntüi, wie weiland der Jungfrau von Orleans: mehr
uud mehr zerrann ihr Nimbus. Selbst der ihrer Schieiskunst. Euro-
päische ^Meistersinger'' hatten die taktischen Ereignisse iu jenem
fernen Weltteil immer mit Argwohn verfolgt. Sie vermifsten in der
regellosen Kunst der Bnren den „kurzen, lang' ond ttberlang' Ton,
die Schreibpapier- Scbwarz-OiDten- Weis'." Noch mehr sank die
anfiingliche Bewoodemog ftr die Bniensohlitsen, als geoanere 6e-
Digitized by Google
440
Barenkri«g and QuaUkttsMUata.
feohteboriehte stoÜBtiselie Naohweiie Aber die msterielleii Eigebnwie
Sing SefaleüBens and ihier Fenertaktik, alio lllMf die Verinste
bnehten, die de in ihren siegieielieD Klnpfen den EngUlndeni
sogeftlgt liaAlen. Denn diese Verlnete Uieben weit hinter denen der
greisen enropSisehen Kriege nrllek. Wie fnrohtbar bintig waren
Hiebt die Elmpfe YOn 1877/78 — obgldeb die Türken soenaagen
blindlings darauf lossebosaen mid memten, „Allah werde die Kugel
schon lenlcen'' nnd troiadem die Rossen die Kogel als ebe nTtfrin**
nilsaehteten ond nnr das Bigonett Vta „weise^ hielten! Nioht etwa,
dab in diesem Kriege daa B^onett die blotige Arbdt getan hiltte.
Verloste doreh die blanke Wafib waren Teisehwindend. Nein, das
Fener war aoeh damals das iasi anssehlielsliebe Kampfmittel gewesen.
Und ^e Boren hätten als Sehutzen weniger geleistet? Alle
Naefariobten Uber ihre erstannliche Scbielskanst, die von Tellnehmeni
ond AogeDzeu^en des sOdaMfcanischen Feldzages dieDstlich ond
privatim naeh Europa kameo, sollen aof Irrtom beruht haben? —
Keineswegs. Aber — der Sieger briugt eben dem Besiegten
om so weniger Verloste bei, je mehr er die Fähigkeit daza besitzt.
Das mag paradox erscheinen, hftogt aber innig mit der allgemein
anerkannten Tatsaehe zosammen, daEs sich mit der teehnisehen
VervoUkommnong der Feuerwaffen die Verloste Ferringcrn. Das
Ergebnis einer Schlacht ist, wie ich schon oft au!«geft1hrt habe, kein
Recbenezeropel. Niofat die Verlustziffem an sich entscheiden^ sondern
die Überzengong eines der beiden Gegner von seiner bevorstehenden
materiellen Yemichtnog. Je vollkommener nun die Waffen des Feindes
sind, je besser er schielst und je vollendeter er sein Feuer taktisch
verwertet: desto früher wird sich im Schwächeren die Überzeugung
bilden, dats ein fernerer Kampf aassicht^loR sei. Einer solchen
meist verfrtlbten, ja nicht selten gänzlich falschen, subjektiven Über-
'zengang^ k^nnenMannschaftcu wie Führer unterliegen. Der Schwächere
wird sich dann decken oder zurllekzieheu, bevor er sich weitere
Verluste zufügen läfst. Und er wird dies heute um so eher ton, als
die im ! Vu- r der Kepetierg^ewehre uotweiidigerweise lockeren Schützen-
linien der inuereu lüraft der früheren mehr gescblosseuen Formationeo
entbehren.
\on diesen initi nn X'orw-jiniren -ah schon der äulserr Verlauf
<!er siegreichen (tcti clite der Buren ein besonders autfallendes
Zeugnis, lu diescii (irt( i iiten fand kein dramarisehes Hin- und
Herwogen des Kanijilc^, \s'\v bisher in den europäischen Sehlat hteD,
statt. Ihr Stil war ein merkwürdig einfacher, mnn möchte sagen
geradliniger. Waren einmal die Engländer durch die Unerunst der
Verhältuisbe in Nachteil geraten, so zeigten sie nicht mehr das
Digitized by Googl
Boronkrieg und Qaaiitatoaokiefaen.
441
Beafaeben, eioen Umehwung ilinr Lage herbeinillihraii. Sie gidtea
deb endgültig für gesolilageii.
Nie TOilier Ist das inliuiteilsliMbe SeliielMii so iweekeDtspraehend
geltbt worden und Isl das SehieÜwii taktisoli so TvIrkuigsToU nr
Anwendung gelangt, wie von sdten der Bozen. Im slldafrikanidohen
Erlege wirkte nleht die weittragende and selmelifettemde SehiefB-
maschine als solebe: es war kein Qoantittts-, — es war ein Qnnlitttts-
sekiefsen. Die Wiikong ergab sIek ans der Art des SeUeÜMns
der Boren: der Bor blieb aaeb innerhalb der Menge, in der er sieb
befand, als Sobtttse eine PersOnliebkeii An die Steile seines Sigen-
wHiens trat nieht ledi^iok die Naehabninng von flaadlnngen
anderer. Die Persönliebl^lt nnd nioht der Herdentrieb bemehte
▼or. Dadnreb gewann das Fener der Boren niebt blofr eine giolse
IMstoherbelt, sondern aneh eine anisexordentUebe fienksamkeit.
Statt sebwerfiiUig an dem Ziele ballen in bleiben, anf das es einmal
geriditet war, weebselte es beweglnh seine Objekte, je naeb deren
taktisoher mektigkeit nnd teehnisober Verwondbarkdt
Als die wiebtigBte Folge des peradniieben nnd individnellen
Sebiefeens der Boren ergab sich die Konzentration ihres Feoers naeb
Ort and Zelt, im greisen wie im kleinen. Dieser Verelidgttqg der
Cr e schösse anf taktisch wertvolle und schiefsteohnisch erreichbare
Ziele verdankten die Baren vor allem ibre Gefeobtserfolge. Denn
die Konzentration des Feuers war es, die in so yieien Kämpfen bei
den beschosscDCD Engländern gewaltige depressive GeftthlseindrUoke
hervorrief, Gefublseindrücke, welebe zu überwinden, die ClngUinder
die innere Kraft nicht besa£sen.
Die Boren beeobossen also im allgemeinen solcbeZiele,die qualitativ
wertvoll waren, and die sie anch wirklieb treffen konnten. Daher
liefisen sie auf grOteereu Entfernangen vom Besohielsen niedriger
Schtltzenlinien ab, wenn sie nicht bald £rfolge erzielten und schössen
erst wieder, wenn sich diese L«inien zar Vorwärts- oder Rtlckwttrts-
bewegong erhoben, oder wenn sieb hinter ihnen Unterstützangen
in Manneshöhe zeigten, aut die sie dann ihre Gewehrlänfe richteten.
Selbst auf nahe Entfemongen vermieden sie, liegende, also schwer
zn treffende Schützenlinien ihrer ganzen Breite nach zu beschielsen.
Sie zogen es dann vor, ihr Feuer gegen solche Ziele innerhalb der
gedeckten Schützenlinien zu vereinigen, die sich deutlich abhoben.
Es warrn dies meist Offiziere und besonders beherzte Schützen, die
sich aullichteten, uui einen besseren Überblick und Ansschuis zu
fre Winnen, oder um der Kette den Anstois zu einem Sprunge nach
vurwiirts zu ge))en. Versuche der Rng-länder. Munition an dir feuern-
den Sehtttzen oder Batterien beranzubriogen, um den Kampf mit
Digitized by Google
442
Bomikxl^g and QnaUtittMohletteo.
imgeseliwliditer Kraft fottfUliieii m kOnneni Mheifteiten gewOhnttoh.
Buisohe Tnffriolieifaeil lief» es aelien zu, dab die Hnnitionstriiger
md, die Mmiitioiiswageii ihre Ziele eneiöhleii.
Der Sidolg dieser FeaertakÜk — die von der der enreiAiflefaen
Selüelsplätze so wesentiich abwich — war begreiflicherweise kein
quantitativ günstiger. Was wollte es, in Trefferzahlen aosgedrtickt»
sagen, wenn TOD einer SchUtzenlioie hauptsächlich nor solche Leate weg-
gesohossen wurden, die sich der Gefahr, getroffen sn werden, besonders
aussetzten? Anders stellt sich die Heohnung in qnalitatiyer Be-
ziehung. Die aniser Gefecht gesetzten Offiziere nnd Leute waren
das Kttckgrat der feindlichen Kampflinien gewesen. Mit ihrem Ver-
luste war der Gegner überhaupt seines inneren Haltes nnd seiner
Fähigkeit znr Initiative beraubt.
Das iüdividuelie Schiefsen der Buren trat in ihrem letzten Kriege
gegen die Engländer, im Jahre 1899, u. a. bei Magersfontein (11. De-
zember) besonders bemerkenswert herror. Die angreifende Hoch-
länderbrigade lag der Magersfonteinhöbe gegenüber. An ihrem Fulse
hatten sich die Buren eingenistet. Jeder der beiden Gegner war
ungefähr 2200 Mann stark. Ihre Entfernung von einander betrog
150 bis ()00 m. Nur wenn die Schotten versuchten, Vorstöfse gegen
die Burenstellong zu machen, entfesselten sie ein allgemeines Fcurr
gegen sich. Oder wenn sich ein Engländer aufrichtete, um übt r d;is
niedere Gestrüpp des Weidelandes hinweg srinrn (rccrner besser
bezieleii zu können, fielen sofort mehrere Schüsse gegen ihn. Sonst
schössen die Buren nicht. So ging es zehn StniHli n Innir fort. Bei
diesem spärlichen Feuer entstanden natürlicli, trotz der langen Dauer
des Kampfes, verhältnismäfsig nur geringe Verluste. Desto wirkungs-
voller war das Schielspn der Buren in psychischer Beziehung. Ihr
zwar seltenes, iloeh ^tets zielljewutstes und konzentriertes Feuer ver-
ursachte bei ihren Gegnern eine starke Wiileusdejires-iou. Die Hoch-
länder hörten nach und nach auf zu schiefsen. Auch physische Be-
schwerden st( ]lteTi sich bei ihnen ein. Immer grofser wurde ihre
körperliche Erschöpfung, immer unerträglicher die Hitite. Es konnte
nnr mehr eine Frage der Zeit sein, wann sicii ihr Gefühl der Un-
sicherheit, der Hofinunpslosigkeit, der Furcht in eine rückgängige
Bewegung auslösen werde. Der Anstofs hier/u Uat eiu, als eine
firisch eingetroffene Burenabteilung in ihrer rechten Flanke erschien.
Der Führer der Brigade wollte lediglich den rechten Flügel zurück-
nebiiien — : aber gebrochenen Willens folgten auch die Mitte und
der linke Flügel der rückgängigen Bewegung. Versuche, die zurück-
flutende Brigade wieder vorwärts /-u bringen, blieben erfolglos.
Freilich gestaltete sich die Sache iu dem Augenblicke anders.
Barenkrieg und QnHlhfttosohMfseiL
448
in dem die EngUider wegen des Gelttndes anlsentuide waren, sieb
zu decken oder zoraolusiisieken« Es gab dann die greise Zahl der
englisehen und die geringe Zahl der bnrisehen Verinete den Mafsstab
für die Oberlegenlidt der SebleÜBkanst der Buren ab. Am 28. Ko-
yember 1881 nabmea die Engttader, 860 Infanteristen, die Hoeb-
flSebe des Miynbaberges in BeaitK. Obgleieb die Bnren nur 200 Hann
stark waren, griffen sie doob sofort an. Gegen 90 Sobtitnn besefaossen
frontal ans guter Stellung anf etwa 800 m jeden Engl&nder, der sieb auf
dem Berge zeigte. Unter dem Sebutae dieser Feneestaffel erkletterten
80 Bnren den Hang in der Front, während eine dritte Abteilung, die
angeblieb nur 60 Bttehsen slUilte, swei Erbebongen erstieg, die In
der Flanke der Engländer lagen. Das anlängst ersebienene Helt 82
des preulrisebett Generalstabes ttber den sadafrikanisehen Krieg sagt:
, Jeder Versudi eines engliseben Seblltien, sieb aufzoriobten oder
seine Stellung zu Terlaesen, wurde durab das gnt gezielte febidliebe
Feuer verhindert. Die Buren überhöhten und nmfalsten also zum
Teil ihre Gegner, so dab nur eine geringe Anzahl von ihnen ent-
weichen konnte. Daher bei Majaba ausnahmsweise sehr grobe
Verloste der Engländer: von der 860 Mann starken englischen Ab-
teüUDg fielen 20 Offiziere — darunter der FOhrer, General GoUey
— und 234 Mann, also 60 v. H.; was nicht entfliehen konnte, ergab
sieh. Aber trotz dieser hohen materiellen Verlnste läfst sich doch niebt
verkennen, dafs auch hier die Gefühls- nnd WiUensseite der Feaer*
Überlegenheit nnd nicht ihr materieller Teil den Ausschlag gab:
während die Engländer fast aufgerieben worden, brachten sie ihren
Gegner nnr einen Verlast von — 1 Toten und 5 Verwundeten heil
Dieser aufserordentliche Kontrast weist darauf hin, dafs die Eng-
länder bald nach Beginn des Feuergefechtes ihre innere Widerstands-
kraft eingebttlst und damit ihre Fähigkeit, sich zu wehren, verloren
haben müssen.
Die GefUhlseindrUcke, die das individuelle nnd persönliche
Schiefsen der Buren bei den Engländern hervorrief, erfuhren noch
eine wesentliche Steigerung durch die ^ Leere des Schlachtleides'' in
Südafrika. Diese Leere bc/eichiiete ein englischer Offizier als dap
Peinlichste in der modmif n Anirriffsseblacht. Sie entstand durch
das rauehschwache Pulver, das in Südafrika znm ersten Male zar
Anwendung kam und durch die schon erwähnte vorzügliche Kunst
der Buren, sich dem Auge des Gcfjnera unsichtbar zu raachen. Ak
Angreifer habe man das Gefühl, einem nnBichtbaren Verhängnisse
entgegen zo geben, liegen das man selbst kaum eine Waffe besitze.
Wolle man bereits auf den weiteren Entfernungen feuern, so schiefse
man mehr oder weniger aufs Geratewohl. Der V erteidiger aber
444 Barenkrieg and QnalttituoUefiMii.
leaere. sobald man aah erhebe und Torwärts gehe, ohne dab man
Um selbAt sebeD könne. Bald komme der Aagenblick, wo jede
weitere Bewegang, gleichgültig ob vorwärts, seitwärts oder rttekwiitoi
aufhöre. So ergäben sich dann Feaerhalte, die Stunden lang dauerten.
ÜMptmaDn t. Luttwitz, der deutsche Militiürattachö bei der englischett
Armee, erzähll einen Fall ans dem Gefecbt am Modder River (28. No-
vember 1899), wo die Gardebrigade zwölf Standen lang im feindliohen
Feuer auf einer und deraelbeD Eatfeniiing von etwa 600 m vom
Feinde lag. Jede Bewegung war aufigesohlossen, weder Befehle
noch Munition kamen zur Scbtttzenlinie. Nachdem 29 Munitions-
träger erschossen waren, gab man es aal, Patronen heran-
aabrins:en.
Die materiellen Verluste, die hier die Engländer erlitten, waren
gerins:. Sie betrucren beiläatig 7 v. H. ihrer Stärke. Die bei
ät. Privat unter ähnlichen Verhältnissen in den Katui»! getretene
4. preulaische Gardeinfaiiti riebrip-ade bUfste 42 v. Ii. ihres Standes
ein? Nicht wenig-er die Kubsen utitt'r (reneral Skobelew, die am 11.
8ei)teiiiber 1877 die türkischen JSchaiizea westlich Plewna ersttlrmteu
und bis /um Nacbmittaor des folgenden l'agea behaupteten. Die
13 — 14 (XX) Mann .starke russische Infanterie verlor an GOC)0 Manu
tot ui>d verwundet; einipe Abteilungen verloren 60 v. H. der Gefechts-
stitrkf' und einige Kompagnien sogar l)i8 75 v. H. Auch diese
Einnahme der .Schanzen hatte ihren psychologischen Moment. Ein
verzweifelter Gei:( naiip:rifi der Türken gegen die rechte Flanke der
Hussen brachte den Kampf mm Stehen. Noch einige Minut ii -
und die Russen wären zurückgeflutet. Dem Pferde die .Sporen
gebend, sprengte General Skobelew zur vordersten fechtenden Linie.
Die günstig gewählte Minute, seine an die Trnppe glücklich ge-
sprochenen Worte und sein« teste Kutschlossenheit, zu sterben oder
bis zu den Türken zu gclatj^t n. taten iluc Wirkung: alles das erhob
und belebte die Kämpfeudeu zu ueueu Anstreuguogeu. Die Schanze
ward genommen.
Bätte sich dieser Vorgang im slldafnkaniseben Feldzuge abgespielt,
80 wJIte Skobelew steber ein Opfer der boriachen Geschosse ge-
woiden. Dann wiren die Yttloste te Bossen alleidiiigs sehr viel
geringer gewesen, aber die Seiiaoaen bfttten sie niehl erobert.
Ja, es wäre Skoiielew sohon gar nieht in den Sinn gekomnen, In
der Sehtttzenlinie sn Pferde sa bleiben. Za FtiÜBe aber bätte er nieht
▼ermoebt, sp iorttfkig auf seine Leute einznwirlLen, wie boob sn Bofii.
Selbst wenn er Ton Pferde gestlegen wäre, wttrde er sebwerlieb
glttekliob daTongekommen seln^ Beim Angriff der HoeUänderbrigade
aaf die MagersfbnleinbOhe, von dem wir scbon gesproeben baben,
Digitized by Google
BarMkitog und QoAliÜttMehiAlMiL
445
warf aoeb der Ftthrer dieser Trnppe, Genefal Wanehope, in eiDem
kiitisehen Ausblicke eeine Peiaon in die WagsobAle. Ale die
Brigade im Sebwaol^eii kam, begab er sieh in Fbis in die SeblltMn*
llnie, um sie pexeOnlieh nini Stiunn aof die feindliebe Stellung in
fObren. Die Geeoboaee der Buren streekten ibn, semen Qrdonnana-
oMiler nnd den Kommandenr des Torderen Bataillons lot in Boden.
Der Angriff kam ins Stocken nnd verwandelte sieb in das TOifaer
bereits erwähnte zehnstündige Feneigefeeht} in dem die Englinder
mit 80 geringen Verlusten aoterlagen.
Die Konzentration des Feaers im Gefechte erfahr ihre höchste
VoUendong durch die Feuernberfälie^ mit denen die Boren häufig
ihre Gegner überraschten. Mit einem Schlage trat dann der psychO"
logisebe Moment des Gefechte s (in: die innere Entscheidaog über
den Aoflgang fiel, bevor das Gefecht Uberbanpt reebt in Gang ge-
kommen war. Was dann der Überfallene später nnch untemabm,
geschah haoptsfii h1ieh nur nnter dem Einflüsse des Beharrongs-
Vermögens. Ohne beseligende Hoffnung des Gelingens, ohne jene
brennende Energie, die allein zum Siege fUhrt, strebten die ver-
blüfften Engländer noch nach dem erlittenen ner?9sen Ghok, gleich-
sam mechanisch, durch Standen hindurch den Gefechtszieleo zu, die
sie sieb zu erreichen einmal vorg:enommen hatteo. Dafs die Verluste,
die bei solch matter Durchführung des Kampfes entstanden, keine
besonders <rrnlseu sein konnten, ist selbstverständlich.
Allerdings hat es zu nllrii Zeiten, seit der Anwcndaug des
Pulvers in der ^>chJacht, F( Q( niherfjlle ;j:egeben. ich erinnere aus
der neuereu Zeit nur an die Episode am 18. August 1870 bei Ver-
neville, die uns Frenssen in seinem Jörn Uhl so meisterhaft schildert.
Aber alle diese FcuerUberfälle waren eben nur Episoden. Sie ent-
standen aus mein /ntalli^ren Ursachen und spielten sich auf verhiiltnis-
m&fsig: schmalem Gefecüisraume ab. (xanz anders die Fcucnllit rfalle
der Buren. Diese waren absichtlich herbeigeführt als Ausgang und
Mittelpunkt siegreicher Kämpfe. Sie blieben daher nicht anf be-
stimmte Plätze beschraukt. sondern erstreckten sich aut das ganze
Gefechtsfeld, wie ausgedehnt rs auch gewesen ^.cln mochte. Freilich
setzen, auf weiten Strecken absichtlich heriieigetührte Feuerüberfälle
eine grolse Sdiielsfertigkeit der Kämpfenden voraus. Nur das
Bewufstst'in dl I vollen Schiefsfertigkeit gibt die Selbstdisziplin und
das ft( Ihstvcrtrauen, deren der Schutze bedarf, um den Gegner st»
nahe heraukoromen zu lassen, dals er ihn mit plötzlichem Feuer
Uberfallen kann.
Ein grulsartiges Beispiel von Feuerüberfallen aus dem Buren-
kriege bietet das Gefecht von Colenso (15. Dezember 1899). Da»
446
BoniikiiAg md QniHlttMoldallMn.
soboo genuiDte Heft des G^neraUitebes schildert diese FeuerttberfäUe,
die aas so breiter Front erfolgten, eingebend. Ihr Erfolg ist
gemein bekannt. Der englische Führer, General Bnller, verlor gans
und gar die Besonnenheit. Er liels seine braven Tmppen einen
übereilten Rttekzng antreten, durch den die GeschOtM der beiden
Batterien, deren Rettung doch während des Gefechtes den fast aas-
scblielsiicben Gegenstand der Sorge Ballers bildete, und 9 gefüllte
Monitionswagen in die Hände des Feindes fielen! Nicht genag.
Boiler sandte auch noch ein Telegramm an General White naeh
Ladjsmitb, das den Adressaten in die Niederlage verstricken soUte.
White sollte nämlich ohne jeden zwingenden Grand seine Depeschen-
ehif^e verbrennen, alle Munition verfeuern und — sich dann mit
seinen 1()0(X) Mann den Buren ergehen. General White hielt diesen
durch den Heliographen Übermittelten ungeheuerlichen Befehl ittr eine
Kriegslist der Buren und befolgte ihn nicht.
Die Gesamtverluste der Engländer waren sehr gering:; sie betrugen
nur 6,4 v. H, Wie hätten sie auch gröfser sein können, da der
Oberbefehlshaber fast schon bei dem ersten feindlichen Schussp die
Hoffuaug auf das Gelingen verlor, beinahe die Hälfte seiner Infauttrie.
10 Bataillone gar nicht in den Kampf einsetzte und sie antätig hinter
der Gefeehtslinie stehen liefs! Und wäre General ^\'hite der Weisung
seines Vorgesetzten nachgekommen, so hätte die englische Armee bei
verschwindenden Verlusten eine Katastrophe erlebt
Mehr oder weniger unbestimmte, alier stets stark geftlhlsbetonte
Yorslell untren sind raaisgebend für den Ausgang der Gefechte. Die
Besorgnis vor materieller Vernichtung bildet den Hintergrund der
GreftlhlseindrUcke. So ist die Schlacht von psycho-physischer Art.
Das natürliche Ubergewicht des pssychischen PJements in diesem
Wechselspiel seelischer und materieller Vorgänge führt, wie der
Burenkrieg zeigt, zu der allerdiugs befremdlich erscheinenden Tat-
sache: dai's die Schlachten einen umso unblutigeren, umso psycho-
logischeren Verlauf nehmen, je vollkommener die Feuerwaffen
technisch und taktisch verwertet werden.
Digitized by Google
Takttsohe AuäbUiiuug der FeidaruUene-Offiziere.
447
XXIV.
Taktische Aosbildung der Feldartillerie-Offiziere.
M den ÜAnOTem tritt nioht sotten die EnoheimiDg «liage;
da&, sofern nieht eine bemdeie taktische Seholong der betieflRBnden
PersöDlichkeit vorausgegangen, die der Infanterie angehörenden
PutetfUhier ihre An^be im allgemeinen mit grölserer Gfewandtheit
lHoen, als solche der andern Wafien. Ganz abgesehen von Behand-
lung des Vorpostendienstes, welcher in der Hauptsache die eigenste
Domäne der Infanterie bildet, Teretehen die ans ihr herrorgegangenen
Führer den Kern der gegebenen Lage meist sicherer und schneller
herauszufinden, besonders aber das Gefecht in der beabsichtigten
Weise durchzuführen, als die der Karailerie oder FeldartiUerie ent-
stammenden O^ere.
Forscht man nach der Ursache dieser Ersoheinong, so wird
sie in einem Unterschiede der taktischen Befähigung von Hause aus
schwerlich zu suchen sein. Auch au den nächstliegenden Hilfsmitteln
zur Förderung der taktischen Ausbildung — KriegsspieL Lösung von
Aufgaben bei Übungsreiseu oder 1 bungsritten. Generalstabsreisen,
Besuch der Kriegsakademie — kann es nicht liegen, denn sie sind
Gemeinsrut ;iller Waffen. Oder sollte es, abgesehen von General-
stabsreiseu und Kriegsakademie, auf unzulängliche Anwendung dieser
Hilfsmite! hinauskommen V Hierbei spielen die personlichen Nei-
gungen, b äili^ke^ten und Kenntnisse der Vorgesetzten, in erster J Jnie
der Keginients-Komniaudeure, eiue entscheidende Kolle. Und wenn nun
auch die Kegitiientskommandeure der Infanterie augenblicklich über
gröfsf-rt' Dietistertahrungeü verl'iigen. da sie im Verirlfirh zu (icn beiden
andern Watfen um einige Jahre später zu der Stf üimg aufrücken, so hat
doch dies \ erhältnis keineswegs immer bestanden und kann nicht
zur Begründung der Verschiedenheit ausreichen. Bis zu einem ge-
wissen Mafse könnte der Grund als stichhaltig gelte [i, dais die Feld-
artillerie erst seit etwas Uber 4 Jahren in den \'erband der Dinsionen
eingereiht ist und deshalb ihre jetzigen Kumniaudeure noch nicht
zu der Stufe taktischer Schulung aufgestiegen wären, wie diejenigen
der andern Waflen. Denn wenn auch die Feldartillene trüber zu
den Manövern und GarnisonUbungeu ausrUckte, so war doch der
Einiluls der DiTisions-Kummandeure. in deren llund daö ZuMammen-
schweifsen der drei Waffen zum Gefecht in erster Linie gelegt ist, kein
so umfassender und nachwirkender, wie jetzt. Ganz von der Hand
448
Taktische Ausbildung der Feldartülerie-Ot'äziere.
sa weisen wird daher diese ßegrllDdang nicht sein and erat am
llDgerer Zeit der Unteratellaiig unter die DiTiaioneii «of weitere Vei^
ToHkommoimg des takdscheii Könnens gerechnet werden dürfen.
Det Hanptsaehe naeh aber wurzelt die besproehene Ersobeinnng
in der Verschiedenartiglieit der Gefechtsiweeke und TUtigkeit von
Infimterie nnd Feldartillerie und der daraus hervorgebenden Ans-
bfidnng, anf welehe später näher eingegangen werden soll. Ein
Vergleieh mit der Kandlerie nnterbleibt. Für sie liegen die Ver-
hältmsse nicht so günstig, wie bei der Infanterie, aber besser, ab
bei der Artillerie. Zunächst ooeh einige Worte Uber das Kriegs-
spiel nnd die Obangsritte.
Beide werden in der Waffe anter Leitang der Kommandeare
betrieben, abgesehen von etwaigen Kriegsspielen in der Gaimsoii,
an welchen rielleiobt nicht alle Offiriere teitoehmen können nnd die
ihrer Zahl nach meist sehr beschränkt sind. Nidit immer wird für
die genannten Übungen der richtige Rahmen innegebtüten. Operative
Kriegsspiele setsen das Verständnis für grofse Verhältnisse voraoe
nnd stellen die meisten Teilnehmer vor Aufgaben, welche in Wirk'
lichkeit kaum je an sie benmtreten werden. Sie überlasse man
dem Zusammenwirken in der Garnision unter bewährter Leitung. —
Beim Arbeiten mit gröfseren Truppe iik('»rpein, als Dinsionen, geht
leicht der Überblick verloren, das Eingehen auf Einzelheiten kommt
zu kurz und die Teilnehmerzahl reicht im Regimentsverbande wahr-
scheinlich nicht znr Besetzung aller Stellen aus. Greift man anderer-
seits 7M Stärken unter einer gemischten Infanterie- Brigade, so stOfst
das Schaffen einer kriegsmälsigen Gefechtslage auf Schwierigkeiten
nnd das VoriUbren des Znsammenwirkens der Waffen leidet. Des-
halb empiiehit es sich, derartige Übnngen in den Grenzen einer
Division, rielleicht anfangs einer gemischten Infanterie-Brigade sn
halten.
Während der Kommandeur die Kriegsspiele durch hierzu geeig-
giete Persönlichkeiten ohne Rücksicht auf das Dienstalter leiten lassen
kann, wird er die Anlage der I hungsritte meist selbst in die Hand
nehmen mlisscn. Da er indessen auch für die Weiterbildani: seiner
l'ntcrp'henen in diesem Dienstzweige verantwortlich bleibt, so kann er
öeine .Stabsoffiziere dazu heranziehen, doch wird es ihm obliegen,
dafür /u sorpren, dnfs möglichste Mannigfaltigkeit in den Kriegslagen
und in der Benutzung des Geländes eintritt, l'nd in dieser Beziehung
hat der Artillerist einen Vorteil vor dem Infanteristen, da er. weil
beritten, nicht mir in der Wahl des GeUinde?\bschuitte8 für die Übung
viel weiter ausgreifen, sondern sich auch während (itMsclben freier
bewegen kann. — Nebenbei bemerkt, sollte hierbei jede Gelegenheit,
Digitized by Google
iakUäciie AuübilduDg der FeldartiUehe>0fti2iere.
441)
sei es bei der Aii%Bbeii-£rteOii]if , sei es bei der Bespieolrnng, gmnd-
aililieh dam benntat werden, tod der betreffenden Stelle ans das
Lesen der Karle nnd des Gelftndes grttndlieb sa ttben.
Unter den Hflitelttefai rar FSidemng laktiseber Ansbildnng
war das YOisngsweiBe gedgnete bisber niebt erwttbnt: die Feld*
dienstttbnngen in swei Parteien, Ton denen Z. 7 der F^lddtensl-
Ordnung sagt: „Sie ▼errollkommnen den Offisler in der Beberr-
sebnng der Trappe, seblirfbn sein taktisebes YerstÜndDis nnd geben
ibm Geiegenbeit an selbstindigen fistsoblttssen nod Ansfllhningen."
Solebe Obnngen können innerbalb der eigenen Trappe
oder mit gemisebten Waffen yor sieb geben. Jene werden als
Vorstufe fllr diese dienen ond. Je mehr eine Trappe für sieh befUiigt
ist, selbständige GeÜBcbte anrategen nnd dnrobsnfttbren, desto
besser yoigebildet treten ihre Offiziere an Anlgabea mit gemisebten
WaflSBo heran. Der Naebdraok ist hierbei anf „selbständig* und
ndnzebfnhren*' zu legen, well darin der bedentnngSTolle Untencfaied
in der AntbUdang von Infanterie- nnd ArtiIlerie<Olifizieren für prak-
tische Trappenfttbrong besteht Das sei knrz näher begrUndei
Der Infanterie bieten eich vielseitige Felddienstanfgsben ans
dem Gebiete der Anfklärang, der Sicherung ond des kleinen Krieges,
welche für Patrouillen, einzelne Züge oder Kompagnien Gelegenheit
ZQ selbständigem Entscblals aiul Ilandclik geben. Das Wesentliebe
dabei ist der Umstand, dafs die Übung bis snm Znsammenstois ge^
trieben und dadurch den Führern die Überzeugung von der Zweck-
mäfstgkeit ihres Verfahrens beigebracht werden kann. Uuls freilich
auch der Leitende oder Schiedsrichter Uber die Wirkung des Ge-
wehrs £ntseheidQng tretTen. so treten doch alle die Umstände deutlich
Tor Augen, welche A)r den Erfolg oder Mifscrfolg aus offensivem
oder defensivem Verhalten, Wahl der Angriffsrichtung, Heranarbeiten
an den Gegner, Ausnutzung der angenommenen Feuer-Überlegenheit«
etc. entspringen. Der Vorgang gewinnt durch rlio wechselvollen
Lagen und Bewegungen gewissermafsen Fleisch und Biut. Dazu
kommt dafs solche Übungen häufig, zu jeder Jahreszeit nnd mit
geringstem Aufwände an Kräften nnd Vorbereitungen stattfinden
können. Nach vorheriger Erkundung durfte sieh ausnahmslos stets
ein Gelände erraitteln lassen, anf dem dieser oder jener Zusammen-
ütofs von Zügen oder Kompagnien ohne Flurschaden zu ermög-
lichen ist.
Weiterhin bietet sich während der Kompagnie- uud Bataülons-
Ausbildang Gelegenheit, auf dem Exerzier- oder Truppenübungs-
Platze, sowie während der An- uud Abmärsehi' zu denselben, den
Kompagoie- und ZagfUhrem Aufgaben zu stellen, welchen schnellen
Digitized by Google
460 TUctiMlie AmOMärng du Fä/äumuMMtn.
Boteehlulsi Befeblsfuhrun^, Ansnntznng des Geländes and kriegs-
märsiges HandelD fi^niern. Und mit forttolmiteiider Aasbildongauit
erhalten Bataillons- ond BegimeDtokommaDdenrc ihre Anfbüge, ao
dafe bia warn fiegino der ManOrer eine vielgestalti^p Scholong rom
Leatnant bis zum Stabsoffizier innerhalb der Wafie erreicht sein
kann and zwar immer mit dem Vorzöge^ dais eine selbständige
Gefecbtshandlang bis in die letzten Folgen yorzafUhren ist, ohne
einen gp-ofsen Apparat in Bewegung setzen zu müssen. Ja, die
Infanterie ist sogar in der Lage, ohne besondere UnnatUrliehkeiten
ihr Zusanirneuwirken mit Feldartillerie zur Darstelhinir y.u bringen,
will sir deren Kinfiufs auf die Kaiimvorhältnisse hfi der Entwiekelung,
Beherr-Hcbung des Geländes mit Feutr aut weite l^iitfernuu;:prt etc.
vernnsrhauMohen. Denn es genügt, in der Feuerstellung die liatte-
rien diireh FlaL^sren, vielleicht Kanoneusehlä^'e anzodenten, um die
Berücksichtigung ihres Krscheinens verlangen zu kennen. Dafa um-
gekehrt das Markieren der Infanterie für Übungen der Feldartiüerip
von minderem Werte ist, erhellt ohne weiteres daraus, dafs bezüg-
liche Flaggen keine N'orstellung von der Froutentwickelung und
Tiefengliederung, der Aasnutznng des Geländes, dem sprungweisea
Vorgeben etc. zu geben vermögen. \v*'8bÄlb sie wnh] für die erste
Entwickelung, nicht aber für die Forttührung des Getecbtes ein Aus-
kanftemittel bilden.
Wesentlieb ungünstiger liegen die \'erhältnisse für Felddienst-
ubungen in der Waffe bei der Feldartillerie. Das beniht auf
ihrer GefeehL^tütigkeit. welche sie nur in Verbindung mit anderen
Truppen iiufsern kann. Für sich allein vermag: sie den Verlauf
einer CTefechfshaiHllun;;- von der ersten Entwiekeluni: tiis zum Zu-
sammeustol's und darüber hinaus nicht zu veraii^chaulicbeu, ohne die
Vorstellung Ubermäl'sig in Anspruch zu nehmen. Es ist ein Unter-
schied, ob der Artillerist möglicherweise auf 3000 m Abstand vom
Gegner, der vielleicht wegen gut gewählter Aufelellang nicht einmal
2n sehen ist^ der Entscheidung des Ldtenden besw. SeMedsriohten
ttber die Wirkung einfach glanben muls, oder ob rieb dem Infan-
teriilen die Oberzeogung Ton dem EinflniB sdner Tätigkeit didnidi
▼on selbst einprägt, dafe er aie Sehritt für Sobritt vor sich riebt,
wenn aneb nidit die aus der Feuerwirkung entspringende, so doeh
die ans den Foraien. der GelMndebenQtsung, dem offbn8iTe& besw.
derensiven Verhalten eto. hervorgehende. Deshalb drängt steh der
Feldarüllerie das Mailiieien benaehbarter rigener Troppen anf, um
ein Bild sn sebalFen, in welehes sieb die Bsiterien» Abtoünngen ete.
mit einiger WahTBcbeinlichkeit einfttgen kOnnen. Dnfo solohes Ver-
fahren nur ein dürftiger Notbehelf sein kann, war sehen angedentet
Digltlzed by Google
■
TkkllMlia AubUdivg der FaldtiUlkito-Ollflrieie. 451
Während der Infanterist seine taktische Schnlang als PatroQUlffii-
oder Zugführer beginnt, hat es fttr den Artilleristen keine rechte
Bedeatnog, mit dem Zage zu flben. Wie er diesen der Gefeehtslage
eBtepraohend im Gelände anfzastellen hat, lernt er ausreichend als
Zugführer in der Batterie. Mit 2 Geschützen für sich lassen sich
die Schwierigkeiten nicht Teranschaulichen, welche in der BenutAung
des zugewiesenen Raumes, Erfassen der richtigen Front, Ausnutzung:
Ton Deckungen etc. verbunden sind. Dazu wird ibm zweckmäfsig
eine Batterie in die Hand frr^rehen, /nmal im Ernstlalle die Ver-
wendung einzelner Züge auch in Zukunft zu den seltenen Ausnahmen
gehören dürfte, ti ot/.dem aus (icr -ree-en früher sresteigerten Geschofs-
wirkung und Feut r^'^t'>,oh\\ inclitrkeit eine grölsere Gefechtskraft her-
geleitet werden kann. Wozu also etwas Üben, was in Wirklichkeit
kanm zur Anwendung: gelaugt und geirebenenfalls auch mit einem
Zuge frclinirt, wenn es in der Batterie beherrscht wird? Diiraus folgte
dafs der Artillerist seltener Übt, um so raehr, als sich das Ein-
nehmen einer Stellung der Gelände-Behauung wegen nicht bei jed-
^v( il( r (iplegenheit ermöglichen läfat, und dafs er von vomhereio un-
vermittelt vor grölsere Verhältnisse gestellt wird.
Ohne weiteres läfet sich erkennen, wie -vNünschenswert es wäre,
recht häufige Felddienstübungen in zwei l'art* i( n mit anderen
Waffen, in erster Linie der Infanterie, vui nthineii zu können. Die
kriegsmälbige Ver^venduug der Feldartillerie würde dadurch gewinnen
und ihren älteren Offizieren Grelegenheit ge^ioben werden können,
sich als Truppenf Uhrer zu betätigen. Aber auch hier heifst es:
„Leicht bei einander wohnen die Gedanken, doch hart im Kaume
Btofsen sich die Sachen^! Ganz abgesehen von den GarnisoneD, in
welehen Feldartillerie allein liegt und deshalb auf sich und Flaggen
ange^vieeen »t, gehOrt m einer einigermabeii kriegsmäfsigen An-
lage ndadeslens ein Infanterieregimeni
Diese Bebanptiing i>edaii ni&herer firUlaiterong.
Die Bedeatung soleher Übnngen in zwei Parteien berobt doch
banptelieblieb in Erlernung des Zuaammenwirkene nnd des Führens
der Tendiiedenen Waffen. Wollte oder könnte man auf jeder Seite
nur ein Bataillon nnd eine Batterie rerwenden, so wttrden sieb als-
bald Unzntrilgliehkeiten heraoBstellen. Fassen wir znn&ebst die
FeldaitiUerie ins Ange, so mnls die eine Batterie als etwas Unteil-
bares angesehen werden. Sie kann ihr Fener nicht zn ttberlegener
Wirkung yereinigen, nicht staffelweise Tor- oder znrttekgehen» indem
sie mit einem Teil das Feoer fortsetzt, mit dem anderen anf nKbere
fintfemnogen bezw. znr Begleitung des Infanterie-Angriffes Torgebt
oder in eine Aofiiahmestelliing abrileki Daher die oft nnnatUrlieken
JakiMikm Ar dit AtsttA* Aibm nd M ariat. »«. SM. 80
Digitized by Google
462
TaktiMti« Aiubadung der Feldartittoite-Oliisiet«.
Bilder, dafs die Batterie des Angreifers viel zu weit abgebiiebeu ist,
weoB sie iür UuterstUtzung der in die leiudlicbe Stellung einge-
drangenen Infanterie zur Haml sein soll, oder der Verteidiger keine
Artillerie in eine Auhiahmrbtellung entsenden krüiu, weil seine
Batterie zur Abwehr des Infanterie-Angriffes noch mitwirken mufs u.8.w.
Vom Standpunkte der Arlillerie wäre daher die Mitwirkung min-
destens einer Abteilung zu zwei Batterien auf jeder Seite zu fordern.
Und ähnlich verhält es sich bei der Infanterie, wenn sie nur in
Stärke eines Bataillun.^ ausrückt Die Pvntwickelunu desselben zum
Gefecht liegt in der Haud seines Kommandeurs. Nun imifs sich
aber der Führer in der Regel einen Teil, vermutlich eine Kom-
pagnie, zu seiner Verfolgung halten. Dadurch wird der Bataillons-
kommandeur in seinen Befugnissen eingeengt und die Verwendnng
seiner ihm Yerbiiebeoeo drei Kompagnien entbehrt leicht der nötigen
TiefengUedemog oder Bfeitenanadehnung.
Stehen aber ma zwei Balaillone zur Verfügung, so könnte,
sofern es sich om Angriff und Yerteidigong handelt» der Angreifer
1 Balaillone nnd eine Abteilung zu zwei Batterien stark gemacht^
der Verteidiger anf V« Bataillon nnd eine Batterie herabgesefeKt
werden. Dann iribren wenigntens auf einer Seite Verhftltnisse ge*
schaffen, welche ein Znsaninienwirken der Waffen nnd eine Gefecbts-
ttohning einigermafhen in die JBmoheinnng treten lassen können.
Behn Verteidiger wird es schon eher angängig sein, Flaggentmppen
sn TOrwenden, welche die Reserve andenten, nnd in FOiderster
Unie kann er mit zwei Koni|»agnien nod einer Batterie immerhin
eine FtontentwickeluDg von etwa 500 m vornehmen, gegen welche das
Ansetzen eines Angriffes ein leidUch kriegsm&fsiges ßUd vorführt
Es werden solehergestalt gleiehseitig aber anch StttrkeverhiUtnisae
gebildet, wie sie hei der hentigen Fenerwirkang gegeben sein
müssen, soll der Angriff auf einen entwickelten Feind Anssioht aaf
Ebrfolg versprechen.
Bis hierher wurde mit der Möglichkeit gerechnet, dais die lo-
ianterie annähernd in voller Friedensstärke ausrücken könne, die
Kompagnie etwa zn 120—180 Köpfen. Diese Voraossetznng triSt
aber fUr die Zeit von Entlassung der Reserven bis zur Einstellnng
der Rekmten, also von Ende September bis etwa Mitte Februar)
nicht zn. Und rechnet man, dafs die in die Kompagnien ein-
gereihten Rekruten zunächst einmarschiert werden müssen, so kommen
Aber fUn! Monate heraus, während welcher noch Abzug der Kom*
mandierten, Kranken etc., vielleicht nor eine vollbesetzte und drei
mit je einem Halbznge angedeutete Kompagnien von jedem Bataillon
zu den Übungen erscheinen können. Das bedeutet kaum etwas
Digiü^uu Ly Google
TUttladM Aiubildmifl: der Feldtrtil]erie-Ofllsi«re. 458
anderaa, als mit markierter Infaoterie arbeiten and fuhrt uur za
leicht za Teischobenen Bildern, indem die volle Kompagnie, welehe
sic h beim Anmarsch meist id der Avantgarde befinden wird, kriegs-
niäteig bandeln kann, während die drei anderen gewissermafsen nur
Statisten abgeben. Man erreicht anf diesem Wege jedenfalls nichts
Oanses, kaum etwas Halbes and weder der Führer noch die InfsDteiie
können entsprechenden Gewinn ans der Obnng ziehen.
Ist demnächst von Anfang März an die Möglichkeit gegeben,
(He Infanterie in zweckentspreehender Stärke ansrticken zu lassen,
so beschränkt nicht selten die Bebauung des Geländes eine häufigere
Anlage gröfserer Felddiciistnhunüren, ganz abgesehen davon, dals auch
die sonstiire Aasbildung mit knapper Zeit rechnen und diese voll aus-
genutzt werden niufs. Viel Geld zur Begleichung von Flurschäden steht
in der Kegf 1 nicht zur Verfügung und werden die rbiiii^t n so angelegt,
«lafs die Ent\vickehin«r auf den Exer/ierplätzeü ertblgen kann, so
l('id( t darunter die Vielseitiorkeit. Die ans der Gelände-Behauung
entstehenden Schwierigkeiten steigern sich bis zur T hnsiedeluiii: der
Regimenter auf die Truppenttl^unersplät/e I refleü nun auch liier
Infanterie and Artillerie zusann iien, su hat doch de Truppe rricliHt^h
mit Bewältigung der ihr zufallenden Aufgaben zu tun und kommt
es gleichwohl zu gemeinsamen Übungen, so hat der Infanterist gleiche
Anwartschaft auf die FUhrnng, wie der Feldartillcrist. Bei den za
dieser Zeit stattfinden Besichtigungen der Infanterie im Regiments-
nnd Brigade-Exerzieren werden wob] Hatterien und Abteilungeu
herangezogen; die Führung aber bleibt naiilriich den Kommandeuren der
iniantrie. Also auch bei dieser Gelegenheit krniitc aui i>auz ver-
einzelt mit Übertragung einer Truppenfiihning an einen Offizier der
Feldartilierie gerechnet werden. Die Besichtigungen der Feld-
artillerie im Schiefsen machen de Mitwirkung der Infanterie uutun-
lieb; sie könnte nur dazu dienen, den Rahmen ftlr die Entwickelnng
jjnr ersten Fenerstellung festzulegen, und die Feuereröffnung wtirde
verzögert, da das Vorgelände beim Scharfschiefsen im Frieden frei
sein mafs.
Zn ausgiebiger nnd kriegnniUsiger Anlage Ton Felddlenstllbangen
in gemisebten Waffen eignet sieh am besten die Zeit naeb Rtlokkehr
der Truppen von den Übnngspltttien bis snm Beginn der ManOrer,
besonders dann, wenn die sehon teilweise abgeernteten Felder
grOfftere Bewegungsfreiheit ermöglichen. Die Daner dieses Ab-
schnittes richtet sieh nach den Verhältnissen. Aber anoh hier wird
man zufrieden sein mflssen» wenn jeder Stabsoffiaer der Artillerie
ein- bis swehnal eine Ftthreirolle ttbemehmen kann, da ja die der
Infanterie angehörenden das gleiche Anrecht anf Übnng haben.
t 80*
Digitized by Google
464 TtkIMo AwMdnng d«r Feldiv01l«ile*Of8ttere.
Aus dem Gefragten ^eht hervor, dnfs. wenn die Garnison nicht
stark an Infanterie ist. die Schulung der Artilleristen in Kühriing
^raisebter Detjichenients keine allzubäafige sein kann und dals von
ihr in der Ueirel nur dir Stal>soffiziere Nutzen ziehen werden.
Nebenbei sollte ihnen nuvh (rele^enheik gcirehen werden, den Dienst
als Vorpostenkommaiuieur kennen 7AI ienu'u. Auch der erlernt sich
am besten aus der Praxis. Gelangen ArtUleristen im Erosttaile wohl
nie znr AnsUbnn^r dieses Dienstes, so müssen sie ihn doch als
Führer und Leikude (später beurteilen können.
Auf die Mitwirkung von Kavallerie wurde nicht gerUck-
sichtigt. Sofern sie in der Garnison vorbanden, kann sie in aus-
reichender Stärke sich beteiligen. Andernfalls vermag die Feld-
artillerie 80 viel Berittene zu stellen, wie zur Befehlsführung und
AntklMniug bei den kleinen Detachements benötiget werden. Dem
Führer ist es gleich, ob er seine Aufträge an Küvalleristen oder
Feldurlilleristen erteilt, und letztere sind tUr dit'se Tätigkeit im ent-
sprechenden Dienst ihrer Truppe genügend vorgebildet.
Muls nun zugegeben werden, dafs der Ausbildung der Feld*
artillerieoffiziere als Führer bei FelddienstUbungen enge Grenzen ge-
zogen sind, so wird das Streben darauf zu richten sein, sie schon
bei Kriegsspielen und Obungsritteo in der Technik der
Befehlsitthrnng sorgsam TOfmbilden and die Gelegenheiten, in
denen sie sieh als Ftthrer von Trnppeo betätigen kUnnen,
vielseitig aassnnntien.
Häufig sind bei Kriegsspielen nnd Ubnngsritten die Be-
treffenden, wenn sie Tor einen Entsohlafs gestellt werden, schnell
liei der Hand, sn erklären, sie wollen dies nnd jenes anordnen.
Dem sollte entgegengetreten nnd znerst eine firklämog yerlsngt
werden, wie sie die Lage beurteilen, wozn ihnen natorltch Zeit ge-
lassen weiden mob. Haben sie Klarheit hlerllber erlangt, so sollten sie
gehalten sdn, ihre Absichten in Befehlsform anssnsprechen nnd dabei
anzugeben, an welche Stellen sie ihre Befehle richten and anf
welchem Wege. Dadurch werden sie an scharfes Denken und an
knappen Ansdmek des Gewollten gewohnt, so dafs mit der Zeit
nicht erst die Felddienstordnung oder Handbücher, wie so olt, zu
Rate gezogen zu weiden brauchen, and nach und nach mehr an! die
angenommene Kriegslage eingegangen wird, anstatt gewissennalsen
mechanisch die in der Felddienstoidnong fUr den Inhalt eines Be-
fehles allgemein gegebenen Gesichtspunkte möglichst wortgetreu ftr
den besonderen Fall zu übertragen. Allniählich sind die Anforderungen
zu strigem dadurch, dafs der EDtschlnls schneller in Befehlsform
umgesetet und auch das KombinattonsreimOgen geschärft wird, indem.
Taktisohe AoBbUdiug der FeUUrtiUerto-OfÜsiere.
456
wie im Kriistfallo, zutreffende mit nicht znti elVendt n Meldungen an-
lang:en. aus denen dt r Termutlich wahre Kern erst herausgeschält
werden muls. Die boichergestalt Vorbereiteten finden späterhin, von
der Sor'.'e um das Formelle hefreit, mehr Ruhe nnd Mufse, »ich mit
der Oefechtslage zu beschäftigen und ihre Befehlsführung dieser an-
znpass* n Es ist kein Grund ersichtlich, warum derartig theoretische
Schulung bei den Offizieren der Feldartillerie weniger anschiageu
sollte, als bei denen anderer WaflFen, wobei es natürlich immer von
der Befähigung des Leitt;udeo und dem Fassungsvermögen der Be-
teiligten abhSugen wird, welcher Gewinn an Belehrung herauskommt.
Viel Wert ist bei diesen Vorbereitungen sowohl, als besonders
bei den Felddienstübungen auf einfache, klare und kriegsmälsige
Aufgabenstellung zu legen. Was Z. 572 der Felddienst-
ordnung für Anlage von Manöveiii ernpüchit. mufs unbedingt auch
Uli die hier in Rede stehenden Übungen festgehalten werden.
Vielerlei und weitgehende Voraussetzungen, bei denen Armeen mit-
spielen, nm weit ab von ihnen winzige Detachements aneinander
zu bringen, veranlassen die Führer nur zu leicht, In der Gefechtslage
Schwierigkeiten zu suchen, die gar nicht beabsiehtigt sind; ihre Ge-
danken beschäftigen sich dann oft mit dem Beiwerk, anstatt in den
Kein der Sache einzudringen. Und hier will es scheinen, als ob
die ans der FeldartiUerie hervorgegangenen Ldtenden sieb noeh
mehi an einfachere VeriUUtnisBe halten mttbten.
FOr die Übungen in 2 Parteioi werden in der Begei Tags
zuvor die Detaehementsbefehle eingereicht; sie bilden demnächst ftlr
den Verlaal der Handlung die Gfundlage. Da es aber in erster
linie darauf ankominl^ die Ftthrer vor Entschlüsse au stellen und
da sieh dieselben meist eine voigefafste Meinung von dem Verlauf
der Übung gebildet baben^ kann es illtlieh ersobeinen, die Lage mit
dem Beginne der Bewegungen dergestalt su ftndeni, dafs durchaus
nene BotschlielBnngen getroffen werden mUsseo, indem s. B. statt
einer Vor- eme Rttckzugsbewegung angetreten werden mnÜB oder
umgekehrt. Dadnzeh gelangt das Detachement dann auch in anderes
Gelltndey als es sieh der Fahrer Termutlich nach der Karte snreoht-
gelegt hatte, und seine Anordnungen gewinnen an KriegamlKsigkeit.
Je Öfter der Leitende auch weiterhin in die Gefechtslage durch
Nachrichten Uber den Feind oder Weisungen einer angenommenen
höheren Stelle Abwechselung m bringen Tcisteht und so erneut Ent*
sehlflsse herausfordert, desto interessanter und lehrreicher kann sich
die Übung abs|nelen. Jede Felddienstlibung sollte unter den dar-
gelegten Verhiiltnissen so nutsbrtngend als mOglich, gestaltet werden.
Eine uuTerhttltnismälsig lange Ausdehnung brauchte damit keines"
Digitized by Google
456 Taktiiche Atubildung der FeldartiUehe-Offtiiere.
wegs verbunden zu sein. Grandsätdich freilich dürfte man sich
nicht blolä mii der ersten Entwickelun^r und dem ZasammeDstols
begnügen, sondern mUlste auch das Verf olgungsfeuer ond die Ver-
folg:un^ selbst bezw. das Loslösen vom Feiudi, Einnehmen von Aul-
uaiiinetsteliuiigun und den Rückzugs etc. zur Austührung g^elan^en
lassen. Die dafür erforderlich«* Zeit sollte stets verfügbar sein; sie
macht sich bezahlt, weil der Führci gezwungen wird, sich aus den
verschiedeucQ Gefechtsabschuitten Kechenschaft Uber seine Lage zu
geben und daraus Anregung zu erneutem Haudelu zu nehmen. —
Femer kann es sich empfehlen, Offiziere zu bezeichnen, weiche nach
dem Enuesseo des Leiteodeo wUhreod des Oaoges der Übung die
Fflhmiig zn ttberDehmeD htttten» ihnlieh wie bei den Kanören dn
KonmiMidoweeliBel eintritt. Das bat den Vorteil, dab die Betreffenden
dem Verlaufe des Gefeebts mtt rersebMifler Ai^erlteamlLeit folgen,
am eintretendenfalls sattelfest zn sein. — Seblielblieb sollten Fttbier
nnd AitiUeriekommandenre gehalten sein, Uber die Obnng einen
Gefeebtsberiobt einsoreisben. Das fördert sie nicbt nur in Anwendung
der darüber gegebenen Vorsebriften nnd in Itlarem, knappem Ana-
draek, sondern Iftlbt sie die ganze Handlung noebmals dnrebdenken
und regt znr Selbstbeorteiinnfr an.
Wie bei Anlage nnd Dnrcbfbbnmg der fiinflals des Leitenden
scbwer ins Gewiebt föilt, so niebt weniger bei Be spreebang der
Übang. ZanSebst wird es sieb bierbet nm Beorteilong der gegebenen
Detaebementsbefeble bandeln nnd da diese meist Tags zuvor ein-
gereiebt sind, konnten sie eingebend dnrebgearbeitet werden und
erfisbren dementspreebend Würdigung bis in die Einzelheiten. Niebt
ganz so lieberoll werden in der Regel die Tersebiedenen Gefeehts-
befeble gewürdigt Und doeh lohnt es sieb der Mttbe, da rie die
Auffassung der Lage widerspiegeln, sebnellen fintscblufs verlangen
und davon Zeugnis ablegen, ob der Führer seine Truppen in der
Hand behielt und zu einheitlichem Ziele ansetzte.
Bei Erörterung des Verlaufes der Übung ist der Leiteode zu
natürlich j;eneigt, seine eigene Waffe in den Vordergrund zu stellen.
Dem sollte er entgegenarbeiten nnd zu besprechende Einzelheiten
besser späterer Erörterung mit seinen Offizieren rorbehalten. Worauf
CS ankommt, das sind die taktischen Verhältnisse und das Zusammen«
wirken der drei Waffen. Ob otTensives oder defeusives Verhalten
gerechtfertigt war, den Geläodeverbttitoissen und den Beiiehnngen
zu dem angenommenen grülseren Körper Rechnung «retragen wurde,
ein Wechsel der Gefechtslage richtig erkannt und entschlossen bezw.
xweckmäfsig ausgenutzt ist etc., bedarf der Erwägung; der Auf-
klärongsdienst der KaTaUerie, die Heehtzeitigkeit und Zuverlässigkeit
Digitized by Google
TaktiMhe Ausbttdoiig der FelcUrtilierie-Offiitore. 457
ihrer Meldang-en und deren Eintlufs aaf die Entschlüsse der Führung
sind einzuschätzen; die Entwickeinng der Infanterie, ihre Feuer-
wirkung, die Besitznahme von Abschnitten durch sie, ihre Kroataus-
dehüuüg und Tiefen^iiederuni::. der Schutz, welchen sie der Artillerie
gewährte, sind zu beiirteilen und diT Kinflufs der Artillerie aaf Ab-
lenken des Geschlitzleuers von der Intauteiie. L'üterstUtzimg ihres
\ orrUckens und in Besetzung der genommenen Stellung, Erleichteraog
de» Kückzuges etc. zu ensUbueu.
Bei Bewertung des Infanteriefeoers ist der aus der Artillerie
hervorgegangene Leitende ebenso anf dnreh eigenes Stadiam ge*
bildetes Urteil angewiesen, wie der Infanterist betreib des Artillerie-
feners. Da die grundlegende Aosbildong im Felddlenfli bei den
Begimentskommandenren steht, so wire zu. erwägen, ob olobl eine
Kommandienuig derjenigen der AitUleife zur Infiyiteries^Mioiiiile»
derjenigen der Infmleiie siir FeldaitillerieeehiefnebBle filr du gegen*
eeitige VenMadniB der eng aufeinander angewiesenen Seliwesterr
Waffen reebt viel Lobnendes liaben sollte. Das, was sie als Fkennde
Toneinander sn bofllM, als Feinde Toneinander sn ftfebten beben,
wttrden sie dnreb die Ansebanong kennen lernen. Aneb dtliflen
ne manebes für die Anlage and BenrMnng fciiegsmiilsiger Sebielben
Wissenswerte erfahren and deniniebst anf ihre Ttuppe ttbertragen.
In der eingangs dieses Aeftatoes aufgestellten Bebanptang war
die Einsohrinkong gemaebt: „soweit niebt eine besondere laiL*
tisebe Sebnlnng der betreffenden Persdnllelilceit ▼oransgegaugen.*'
Daliei wird niebt blols an solebe Offiziere sn denken sew, welebe
die Kriegsakademie besoebt und im Anseblnfs daran Ohnngen bei
anderen Waffen abgelegt haben, sondern aneb an A^ntanten, be-
sonders der Brigaden ond Regimenter. Omen ist in der Begel Ge-
legenheit gegeben, bei der Anlage von Felddlenstttbnngen nnd
BrigademandTem ihrem Kommandeur an die Hand in gehen, bei
Abfiusnog der Bdehle mitmwlrfcen, wenn diese als Führer Ver-
wendung finden, den Veriaof der Übnng an der Stelle mitEomaeben,
▼on welefaer Gefeehtsbeiehle ansgehen nnd wo die Meldungen in-
sammenfliefeen, die Eindrtteke nnd Erwägungen mit zu dnrehleben,
welebe den Leitenden oder Führer berllbren etc. Ihre Anfmerk-
samkelt bleibt anf den Zaaammenhang des Chuuen geriebtet nnd
wird niebt daieb die Tätigkeit einer elnielaen IVappe abgelenkt
Bei efaiiger Beanlagnng können sie anf diese Weise eine redit
gründliebe taktisefae Sehnlnag nnd swar ans der Pnuüs herans
daTontragen. Ihnen znnXehst stehen Ordonnanaoffidere höherer Stibe
ond aneb Sehiedsriebtergehilibn. Diesen allen ist gemeinsam, dafo
sie aas der Tmppe heran^gehoben, mit freiem Blieb die Verwendung
Digitized by Google
458 TaktfMl» AuMldiittg der FMdirtUlMMIIIiiaw.
der versdiifldeiieii Waffen mm und im Ckleebt veifolgeii und duceh
Qure Berlthnuig mit hoheven Offiiimn vieledeL Anlegung nnd Be-
iehroDg empfangen kOnnen.
Wie besebifinkt ist ibnen gegenüber der Gesichtskreis des an
seinen Zag oder seine Batterie gebannten OllfiiieiBl Empfiehlt aneb
Z. 249 der Sebiefevorscbrift dem Batteriefllbier, zeitweise die Fener-
leitnng etc. einem Offizier za übertragen, weil er bänfig ta sebr
dnrob die taktischen Aufgaben in Ansprneb genommen wird, so ist
seine Aofmerksamkeit doeb vorwiegend, wenn nicht anssebiielislich
den VoigäDprn zugewendet, welebe seine Batterie berflbren nnd da-
ber nnr einen Bmchteil der Gesamthandlang aasmachen.
Nnn besitzen die Artillerieoffiziere den grofsen Vorteil, beritten
za sein. Sie können also, ihre sonstige Geeignetheit TOirnnsgesetst, als
Ordonnanzoffiziere oder Schiedsriobtergehilfen berasgezogen weiden nnd
80 za einer Verwendung bei Felddienstttbnngen etc. gelangen, welche
das taktische Verständnis zn fördern geeignet ist. Da die Feld-
artillcrie während der Manöver in der Kegel über eine mehr als
ausreichende Zahl an Front- und RescrTeoffiziercn verfügt, kann es
ihr nicht schwer fallen, Leutnants yoti entsprechender Befähigung
naeh Bedarf zu solch m Kümmandis herzugeben. Ja, es mUlste
Hop:ar von den Kommamit uren die Anregung dazu ausgehen. Werden
gelegentlich während der Manöver einzelne Gefechtsbatterien gebildet,
am die Parteistärken za findern, so würde auch für ILmptleute Ge-
leg:enheit vorhanden sein, sich in entsprechriulcn Stellen taktisch zu
vervolikonimuen. FUr fiarnisonUbungen ist die Zahl verfügbarer
Offiziere meist dadurch eine reichliche, dals nur ein Teil der Batterien
ausrückt.
Ofliziere, welche die Kriegsakademie besuchen, genieCsen deu
grofsea Vorzug, die Erfordernisse, Leistungsfähigkeit uud Gefechts-
Verwendung der anderen Waften durch Dienstleistungen bei ihnen
aus eigener P>fahrung kenneu und abschätzen m lernen. Das
würde sich auch für einzelne Offiziere der Feldartiilerie kostenlos
erreichen lassen durch Konjmaiulierung solcher, welche Aussicht auf
Autrücken in höhere Stellungen bieten, zur Infanterie derseiben
Garnison vor und während der Manöver. Voraussetznns: bliebe»
dals die Betreöenden bei der eigenen Truppe verfügbar sind. Die
Infanterie, welche nicht immer alle Stellen mit Offizieren besttzA ii kann,
würde solchen vorübergehenden Zuwachs wahrscheinlich nicht ungern
sehen, ood in der Anleitung der zu ihr Kommandierten eine Gegenleistung
fStt die Reitaosbildong erblicken, welche ihre Leutnants in einigen
Ganisonen dnreb die Feldartillerie eibahen. Das gegenseitige Ver-
ständnis mtlbte dadnrob gewinnen, beide Teile sOgen darans Nntien
Diqitized by Gooqlc
Taitisobe Ausbildung der FeldaitUlerie-Offiziere.
459
und die Zthl der taktiseh besonden geeobntteo Offitiere der AitUleiie
erführe nacb und naeh eise Zniialime.
Auf einen Anetaoscli swiseben FeldarlUlerie und Kavallerie
wurde nicht eingegaugen. Unleugbar wttrde aneh ein soloher ver-
dienstroU und, sofern beide Waffen die gleiobe Ganniaoa teilen, ane-
fnhrbar Min. Die Hanptmaaae der FeldartiUerie wirkt aber mit der
Infanterie snsammen Sehnlter an Sehnlter, weshalb nShere Bekannt*
sehaft swiaehen ihnen in erster Linie steht. Dem Erknndnngs- and
Anflüämngsdienst der Kavallerie bringt der FeldartUlerist sndem
sehen ein gewisses Verstilndnis dnreh entsprechende An^ben für
die eigene Waffe entgegen nnd mit ihrer Gefeebtstftt^keit hat meist
nur die reitende Artillerie ntthere Bertthmngspnnkte» Diesen kann
dnreh Kommandos sa KaTaUeriettbongsreisen Reohnong getragen
werden.
Die Beiraebtangen zeigen, dals die Aossiebten, sieh dnrch Feld-
dienstnbnngra in swei Parteien taktisch Tervollkommnen za können,
für den Offizier der Feldartillerie nicht gttnstig liegen. LmerhAlb
der dgenen Waffe solche ansalegen, besilzt wenig Wert^ selbst
onter Zvhilfenahme von Flaggen znm Andeuten der anderen
TmppeD. Mindestens Infanterie mnls mit herangezogen werden und
deren Mitwirknng in ansreiohender Stärke ist an! verbältnismärsig
kurze Zeit beschränkt, sofern in der betreffenden Garnison nicht
mindestens ein Regiment steht. Folgerichtiger Aofban TOn kleineren
zu grOfeeren Übungen und deren Häufigkeit mttssen daruntc r leiden.
Das sind Verhältnisse, welche in der Eigenart der Feldartillerie
wnrzeln nnd deshalb nicht gewandelt werden können« Eine Ver-
Tollkommnong der taktischen Sebnlnng mnfs daher» neben viel-
Bettiger und gründlicher Aosnntznng Ton Garnisontlbnngen, mit den
zn Gebote stehenden anderweiten Hilfsmitteln erstrebt werden.
Diese, Kriegsspiele nnd Ubongsiitte, saehgemäfs geleitet und daza
benotzt^ die Beteiligten znr Beurteilung tob Gefechtslagen, ISntsebluis-
fassung nnd bestimmten BefeblsfUhrnng anzuhalten, sind geeignet,
schnelles Erfassen und Handeln zu fördern, die Grundsätze über
Truppenftlhruog zu vertiefen nnd Sicherheit in Anwendung der Vor-
scbriiten anzuerziehen.
Es soll nicht verkannt werden, dals sich für einzelne Leutnants
Geleiijenheit bietet, bei FelddienstUbungen und Manövern nh
Ordonnanzoffiziere von Stäben oder als Schindsrichtergebilfen durch
Seben und Hören ihr taktisches Verständnis zu hereichern. Sie zu
bolcber Verwendung zu bringen, sollte jeder AnlnTs ansgenntzt
werden. Auch ist nicht zu unterschätzen, dal's eine lir rittene Truppe
in der Wahl des Geländes dadurch bevorzugt ist, dads sie ihre
Digitized by Google
460 Bowertan^ der Bewafinnaf im rnssueb-japuiusciieii Kjiege.
Obuiigbritte weiter ab die Infanterie aoideluien und so einen
gxOleefenWeeliflel in Ctestaltnng der Kriegslagen eintraten lanen kann.
Ee liegt indessen anf der Hand, daÜB der Mangel an ansreiebender
SehniDDg in Fttlmmg ^on DetaelienientB dadnroli Mti wett gemaelit
werden kann, diese Laeke Tielmebr immer beeteben bldben wird.
Ein besseres Yerstlndnis fbr das Zosammenwiiken mit der
Infanterie konnte dmb Kemmandienmg eimelner geeigneter
Leutnants an dieser Waße Tor nnd wXhrend der MaaUver erstrebt
werden. Wiie ^on soleber Jlaisregel aneb kein sofortiger Anf>
sefawaog der taktiscben Aosbildong in erwarten, so doeb für die
Znknnft. Btteken die dort kommandiert Gewesenen später in
Stellnngen anl, in weloben sie als Fllbrer oder Ldtende anftreten,
so würde ihnen das Erlernte eine wertFolle Bereieliening für das
eigene Kennen nnd die Anleitung Untergebener um. Rr.
XXV.
BeweiluQg der Bewaffnung im russiscii-japanisclien Kriege.
Die \'erhältnisse des Kriegsschauplatzes ini feruen Osten brachten
PS mit sieb, dale sieh das alls'emeiüe Interesse zunächst den Fiotten
der Krie£rfllbrenden zuwtiHltn luulste. War die Herrschaft znr See
doch \ lirbedingun^' für die Japaner, ihr Heer dem Feinde entgegen
aoi das Festland tiberfUhreu und seine Erhaltung auf Kriegsfuls
sicher stellen zu können, für die Russen, dieses Überseteen zn ver-
hindern Dementsprecbend wurden mit Beirinn der Feindseligkeiten
Ang:aben über die Stärke und Verfügbarkeit der in Betracht
koniniendeu Flotten, ihre Besatzang und Armierung, kurz ihren Ge-
fechtsvvert veröffentlicht. Vorausgogan^'^eü waren oder folgten Mit-
teilungen Uber Ausbildung, Organisation und Ausrüstung der Heere,
welche ihre Kräfte gegen einander messen sollen. Auf die Beurteilung
ihrer Waden ist aber uoefa so gut wie gar nicht näher eingegangen.
Digitized by Go ^v,i>
B«wdrtiiiif der Bewa^ong im roMUeh-japaniaehon Kriege.
461
Und doch hängt von ihrer Wirkung&fahigkeit und Kriegsbraocb-
barkeit recht viel, wenn schon keineswegs alles ab. Denn erst
eine sachgemärse Ve^^veDllun^^ der Geist, in dem sie irefUhrt werden,
kaim die Leisluugcü, zu vvekheu sie der Konstrukteur befuhio^. iu
Tollem Umfange herausholen. Welche von beiden Parteien in der
FtthruDg ihrer Waffen der anderen voransteht, kann sich erst im
Laufe des Krieges erkenneD lassen. Hier soll nor die Bewafl&iimg
an Mk kniB besprochen werden nnd swar nur diejenige, durah
welebe die Entacbeidangr fällt, also die Gewehre und Gesehtttae.
BlnfMh liegen die VerhIttniBse beim Gewehr insofern, als anf
beiden Seiten für Infanterie nnd Kavallerie eine einheitliche Aos-
atattnng dnrchgefbbrt Ist and siemlicb zarerliBsige Angaben dartll»er
Yorliegen. Nachfolgende Obersiebt enthMlt die rar Benrteilnng der
Leistnngen notwendigsten Angaben.
Rnbland Japan
Beaeicliiuitig des Konstriiktionigahres
• * •
M/97
Seelendurchmesser Aber d^ Feldern
um
7.6
6.5
• • s
18,7
10,8
rauchschwach
Anfangsgeschwindigkeit des Gewehres
26 tn
620
70«
1 200 m 200
200
Bestrichener Kaum in m fOr 1,7 m Zld-
1 800
. 800
aoo
höhe auf Entfonung von . . .
\ 600
. 160
600
( 700
. 70
VK)
Bestrichener Raum in m fQr 0,6 m Ziel-
' 200
„ 110
•JOO
I 800
f 500
. 76
. 86
800
62
faöhe anf Entfernnngen von . .
Aas dieser Zusammenstellung folgt eine nicht nnwesentliclie
Überlegenheit auf selten der Japaner nach zwei Kichtongen hin,
einmal hinsichtlich der Monitionsansstattang and sodann in den
ballistischen Leistungen, Steht, wie anzunehmen, das Gewicht der
Patrone zu dem des Geschosses in entsprechendem Verhältnis, so
kann die Ansrllstunjr des Schlitzen au Zahl der Fatroneu bei ihnen
um dcis 1,3 lache höher veransohlagt werden, als hei den Russen.
Das ist für die Durchftihruug eines limgereu Feuergefeehtes nicht
zo unterschätzen. Der ein/eine Manu ist länger kampfbereit und
der MunitiuTssersatz unter sonst gleichen Verhältnissen reichlicher.
Vielleicht noch seliarfer tritt das rhergewicht in der) hnlüsti^rheu
Lpisturiireii hervor Das Mt idjii,! ehr M/97 hat eine aulserordeutlich
gf^treckte Flugbahn auf den Entfernungen, innerhalb welcher die
Ent>( tit idung fällt, d. h. bis etwa 700 m. Diese gnU'sere Rasanz
kann kleinere ehler im ächützeu der Entfernung and im Abkommen
Digitized by Google
462
Bewertung der BewaÖnuug im rustiisoh-japanisohea Kriege.
des Sehtttzen au^gleiehen, «d Vorzog von schwerwiegender Bedeotoug
ittr den Einst&Il.
' Angaben Uber die Ttaffgenauigkeit kOnnen nidit in Veigleieh
gestellt weiden, da solche für das mssisohe Gewehr nicht znr Vec-
fligimg stehen. Ohne weiteres ist aber anmndunen, dals anoh darin
das Mei^jigewehr Iceuieswegs Bnrackst^t
Daraus eigibt sieb für die japanische Infanterie nnd aneb illr
die Kavallerie, da diese mit einem dem Gewehre naefagebildelstt
Karabiner bewaffnet ist, eine tfit die Bewertung des Fenergefechts
nicht sn nntersohätzende Überlegenheit.
Nun hingt das Treffbigebnis aber, wie schon angedentet, nicht
in leteter linie von der SebieitansbihlQng nnd Fenerdisiiplin ab.
Das beste Gewehr yerüert seinen Wert m der Hand eines sehlechten
Schtttien nnd die Mnnition ist fruchtlos verknallt, wenn sie anf
falscher Entfexnnng veifenert wnrde. Es würde den Bahmen dieser
Betnchtnngen flbersehidlen, sn nntarsnchen, ob die Masse der
mssischen oder japanischen Infanterie in den Sehiebleistnngen höher
zu bewerten sei Kor das möge angedeutet werden, dals zur
höchsten Steigemng der Waffenwirknng ein nicht sn geringer Grad
an Intelligeoz gehört. Nach dem Aufschwänge zn orteiteD, welchen
die Japaner in politischer Beziehang, Wissenschaften, Industrie,
Handel und Gewerbe in den letzten Jahrzehnten genommen haben,
sind ihre geistigen Fähigkeiten allgemein hoch zn veranschlagen,
während man dies von der Masse des rassischen Volkes nicht be-
haupten -könnea wird.
Wie viele Maschinengewehrtruppen zur Verwendung kommen
werden, lälst sich nicht beurteilen. Raialand beeafo 1902 fhni Kom-
pagnien, von denen vier auf verschiedene Divisionen^ eine auf die
3. ostsibirische Schtttzenbrigade entfielen. Vermntlich weiden sie
alle oder grölstenteils auf dem Kriegsschauplatz erscheinen, da sie
mit kleinem Einsatw die Entfaltung einer starken Feuerkraft aus
beschränktem Räume gestatten. Bei den Japanern ist diese Waffe
zwar vorbanden, soll aber noch uicbt zur Bildung besonderer For-
mationen geführt haben. Bestimmte Angaben Uelsen sich darüber
nicht auffinden.
Nicht so klar, wie betreffs des Gewehrs liegen die Verhältnisse
hinsichtlich Bewaffnung: der P'eldartillerie.
Rulsland hat sich zur Annahme eines 7,6 m Schnellfeuer-
geKchlltzes M/()0 mit Rohrrücklauf, aber ohne iSchntzschilde ent-
schlossen, welches an«; der Putilowschen Fabrik hervorge^i^an^ren ißt,
dessen Fertigste] Um^'' aber hei weitem noch nicht bis zur vollen
UmbewaÜnung gediehen sein dürfte, Anzeichen sprechen dafür, dals
Digitized by Google
Bewwtnng d«r BewaUhuuig im nMiMh*j«|iaiil8eliMi Kitoge. üßS
/uprst dir BatterieQ der asiatischen Militärbezirke Amor und Kwantun
mit dem ucupd rteschntz iiusgerttstet sind. Danach wUrde es im
gegenwjirtiue[i Kriege seine Feuertaufe erhalten und (^ h/^enheit
finden, seine Leistungrsfiiliif^keit zu beweisen. Die vorliegenden An-
gaben Uber dasselbe sind spiirlieh. Es soll autgeprotzt ohne auf-
gesessene Bedienung 172o wiegren, einem Sehrapnell von 6,15 kg
mit 300 Kugeln eine Mündungsgesebwiudigkeit von ÖIO m erteilen
und in der Protze 36 Schafs (Uhren. In diese Zahlen werden einige
Zweifel za setzen sein. Denn bei der hohen MUndangsarbeit, welche
dem abgeprotzten Geechot'/ durch die Geschwindigkeit von 610 m
bei 6,15 kg Gescholsgewieht auferlegt wird, dürfte das System-
gewicht von 1720 kjr weit überticbritten sein. Fttr grölsere Schwere
spricht auch der l instand, dals man sich, anscheinend aus Sorge
um Überlastung, zum Aufgeben der Schutzöchilde entschlossen hat.
Um den Preis von rund 80 kg Mehrgewicht, weiches die Schntz-
scbilde zur Folge haben würden, wäre man wohl an das Gewicht
von 1800 kg herangegangen, am sich den Vorteil jenes Deckangs-
mittels za sichern. Oder aber, das angegebene Grewicbt trifft za;
dann ist die Mttndongsgesehwindigkeit Tiel geringer zq TenDflchlAgen.
Und UmHeh liegt es betreffs des Sehntpaells, Fafst es 300 Engeln
Ton 10 — 11 g Ctowieht^ so mnis es schwerer sein, oder aber es birgt
weniger Kugeln, sofern das Gescholsgewieht ^on 6fl5 kg zatrifft
Denn trots der hohen Hllndaugsgesehwindigkeit ist nicht anzunehmen,
dalh die einzelne FllIilLngel weniger als 10 g wiegt.
Vennntiieh hat man sich aber anch in Rofoland der Erkenntnis
nicht Terschlossen, dafo gegen freistebende lebende Ziele, im Kriege
die bei weitem wichtigsten nnd iiänfigsten, eine hohe Zahl an ans-
reiohend schweren Fnlllcngeln erstrebenswert ist Mit ihrer Zunahme
wMst die EHebtigkeit der Kngelgarbe des In der Lnft zum Springen
gebrachten Geschosses nnd damit die Wahrscheinlichkeit des Treffens.
Zn leichte Kngeln verlieren zn stark an Durchschlagskraft nnd
eine seiir grofee Mttndnngsgeschwindigkeit des Geschosses ttberan*
strengt nicht nnr das Gesehttti, sondern wird anch nnrerlilUtnis-
mälsig schnell aufgezehrt. ICan wird deshalb kaum fehl gehen, wenn
man das Mab der MtlndungsgesebwiDdigkeit erheblich herab« und
das Gewicht des Schrapnells etwas heranbetzt, so dab es etwa
300 Kngeln von 10 g Gewicht fassen kam.
Die Einfuhrung des Sehnellfeuergeschtttzes scheint sehr alU
raählich vor sich zu gehen, da in 1902 verfügt wurde, dab alle die-
jenigen schweren Batterien, welche nicht lur Neubewaflnong b^timmt
Bind, aUmlIhlich die leichten Geschtttze c/92 • 95 von 8,69 cm Seelen-
durchmesser erhalten sollen. Danach werden auch diese mit den
Digitized by Google
464 Bewertung der BewAfinoog im russucb-japanitobeB Kriege.
aus dem europäischen KuIsJaud bcraugezo^eneu Armeekorps er«
ticbeineii. Sie stehen nach Beweglichkeit und Wirkuii<j:, besonders
werfen des nach KugelfUUung uiul Hr('üDz,üud.L'rberL'ich mindtTwcrtigeu
Schrapnells den aus westländischea Waffentabrikeu hervorgegangenen
Konstruktionen wesentlich nach und reichen in ihren Leistungen nicht
an die frühere deatsohe Feldkanoue 73 • 91 heran. Deshalb lohnt
fiich ein näheres Eingehen anf sie nicht. Die der gleichen KonstniktiOD
angeböreDden Gesebtttze der reitenden BatteiieD besiteeD allerdings
hohe Beweglichkeit, doch noch nicht ganz die balüstiaeheD Leistungen
des lelcfateii Hatwials,
Es seheint nicht sn^gesehlossen, dafii die Gebirgsartillerie
in dem bergigen Gelünde des KiiegssehaopiatMS eine beaehtenswerte
Bolle so spielen bemfen ist, besonders aneh deshalb^ weil die Weg-
samkeit viel, wenn nicht alles sn wünschen ttbiig Ifilst. Rnfolaod
besitst im ganses, d. h. in Europa nad Asien 10 tehrende und
3 reitende Gebtrgsbatterien, welche mit einem 6,86 cm Bohre be-
wafinet sind und je acht GeschttiM Itthren. Ihre 4 kg sohweren
Schrapnells fassen etwa 1CX> Kugeln. Der Bereich des Bfennzdnders
reicht bis annShemd 2000 m. Die Wirkung ist sonach nicht hoch
etnznschiUKen.
Bestitigt sich die Annahme, dab die Bassen den Gegner in
einer Veiteidignngsstellnng aof dem rechten Ufer des Jalaflnsses
anlaufen lassen wollen, so können die Peldsteilfenergesehfltie
ihre nenestens stark angezweifelte Daseinsberechtigang so beweisen
in die Lage kommen. Denn es Ittfst sieh annehmen, dab Deckungen
aller Art in diesem Kampfe eine grofse Rolle spielen werden. Bots-
tand besitst im gansen 26 B^eldmörserbatterien m je sechs Ge*
schtttsen vom Kaliber 15.2 cm, die swar eine dem Gefechtszweck noch
genügende Beweglichkeit, sowie wuchtige Schrapnells and Melinit^
granateo, aber am deswillen nur untergeordnete Gefechtskraft be-
sitsen. weil ihre Schofsweite mit ungefähr 3500 m abschliefst.
Recht dürftig flielsen die Quellen Uber die Rewafifnong der
japanischen Artillerie. In 1898 wurden bei Friedr. Krapp in
Essen 220 7,6 cm Schnellfeuer - Feldkanonen in Lafetten, 400
7,6 cm vorgearbeitete Bohre zn solchen und 250 7,5 cm vor-
gearbeitete Gebirgskanonenrohre bestellt und einige 9 and 12 cm
Haubitzen von dort bezogen. Nach Berichten ans 1900 kann damit
gerechnet werden, dafs 600 dieser Geschütze verwendnogsbereit
waren. Seitdem dUrlte deren Zahl erheblich gestiegen und die
Nenbewaftnung durchgeführt sein. Bei dem hervorragenden An-
jia'^snnpgvprmögen der Japaner an abendländische Kultur wird man
in der Annahme nicht fehl gehen, dafs die im Artilleriearsenal zu Ojaka
Digitized by Go
Bewertung der Bewafiniuig im riiMiaoh-japAiiisobea £iiege. 465
Q&ch Kruppschem Mubter fertiggesteiilen Gescbtttze in der AuslühruDg
denen der Mutterfabrik kaum nacbstebcn. Es kommt nuu daran!
aii, lestenstellen, welcbes Modell für Schuellteuerfeldkanonen in 1898
von Krupp so durcbgearbeitet war. dafs es von den Japanern über-
nommen werden konnte. Dafiir g:ibt Scbiefsbericht 89 „die Ent-
wickelung" des Kruppscbtn 1 eldartilieriematerials von 1892 — 1897"
einen Anhalt, welcber eine leichte uud eine schwere ,,Nonualkon-
straktiou - fUr 7,5 cm i^chuellkuergesebütze beschreibt, Jn der
schweren derselben dürften wir das Muster für die fahrenden Batterien
ZQ soeben haben. Es steht in Beweglichkeit (Gewicht, ausgerüstet,
1770 kg) and Wirkung etwa aaf gleicher Höhe, wie unsere Feld-
kaoone 96, mit der es den weitreichenden, wuchtigeo SehrapDell-
mhnlB gemeiDsam baL Kann es sooaeh als eine i'oranasißhtlieb
kriegstUchtige Waffe angesehen werden, so reicht es im SchneUleaer
(bis za acht Schuk in der Minute) an RohrrttckUnfgeschtttze niebt
benn, wiewobl m rar H^mung des KOeklanfes einoi federnden
Sporn fttbrt.
Ober die Gebirgaartillerie worde nor bekannt^ dals sie
7^ em Bobre besitzt nnd deren, wie angefahrt, 250 StQok be-
zogen sind.
Aneh Ton den Ton Krnpp Termntliob ttbemommeuen Feld-
baabitzen wird man roratiBsetsen dttrfen, dals sie einen modernen
TjfiüM Terkörpein, mit einer Leiatiuigafilhigkeiti die nnaerer leiehten
Feldbanbitae nahe kommt and auf weite Entfemong bin noch gote
TreffergebniflBe liefert.
Mnlile für die Bewertung des Infanteriefeners darauf hinge-
wiesen werdeoi dafo seine Wirkung wesentlich naeh der ScbieCs-
fertigkeit des einxelnen Schützen einznscbätiea sei, so kommt es fiäx
BenrteOnng des Artilleriefeners Tomebmlich auf Verständnis und
Schulung der Offiziere an. Sicher ist für diese in Rufsland naob
Theorie und Praxis \iel geschehen, ob daduroh aber tüchtigere
Kräfte herangebildet sind, als in Japan, kann erst der E^olg lehren.
Mag das Putilowgescbtttz den Kanonen der Japaner in der Feuer-
geschwindigkeit voran-, in den sonstigen Leistungen annähernd
gleichstehen, so bleibt doch zu bedenken, dafs die Russen zum Teil
mit einem ihnen eben erst übergebenen Geschütze ausgerückt sind,
zu dessen ansgiebigster, der Feuerkraft entsprechender Wirkung an*
scheinend noch nicht ein angremessenes Schieis verfahren angenommen
wurde. Auch ob der Gebrauch und die Behandlung des neuen
Materials den Artilleristen vßllig geläufig' «geworden ist, darf in
Frage g'esteilt werden. Es hat seine Bedenken, mit FpnrnYaffen in
den Krieg zu ziehen, die man noch nicht gründlich beherrscht.
Digitized by Google
466
Bewertong der BevaffiBmig im nuatoeh-japwiachen Kriege.
Sehr unorelegren mafste es deo Roasen kommen, dafs der Beginn der
Feindseli^rke'iten in eine Umbewalfnnng fällt, so dafs sie mit Feld-
geschützeu gau/ verschicdt nca Kalibers und Leistnng^fähiorkeit auj>-
zurücken gezwuns^en sind, deren einer Teil noch dazu minderwertige
Geschosse besitz^t. Ganz im Rückstände aber sind sie mit ihren
Feldmörsern, wei< he zq den Fenerstellungen der japanischen Haubitz-
batterien veruiutlieb gar nicht hinreichen. Das ist um so ernster zu
nehmen, als sie anscheinend ttber eine unserer schweren Artillerie
des Feldheeres entsprechende Trappe nicht verfilmen.
Das wirksamste Geschütz verliert au Wert, wenn es nicht rechl-
zeitig in Stellnug sein kann. Für Benrteiluug der Beweglichkeit
spricht nicht allein sein Gewicht, sondern recht wesentlich auch die
Zagleistang der Bespannung mit. Da.^ Pferdematerial der Russen
kann für europltiscbe Verhältnisse als durchaus leistungsfähig gelten,
diis der Japaner si»ll miDdpr>vertig sein. Nun hängt aber sehr viel
ab von der Besclialienheit des Bodeus. den Profilverhältnissen und
der Wegsamkeit des Geländes, in welchem die Bewegungen statt-
finden. Korea und die .Maadschorei sind zum Teil gebirgig, die
Wege schlecht und für die Spurweiten, wenigstens der russischen
Artillerie, zu schmal. Mit Geröll, lehmigem Untergrund und bei
dem kalten Klima mit von Schnee und Eis bedeckten Stellen muls
gerechnet werden. Da drängt sich die Vermutung aul, dals Pferde
eftmals den Anforde rungen nicht gewachsen sein werdt u und au
ihre Stelle Maulesel treten müssen. Ob diese in ausreichender Zahl
mitgefübrt oder zu beschaÖeu sind, wird mindestens iilr die russische
.\rmee zu bezweifeln sein, wahrend es für die japanische deshalb
angenonmien werden darf, weil das eigene Land die erwnbuten
Eigenschaften aufweist und dadurch zur Einstellung von Mauleseln
in die Bespannung Anlals gegeben sein kann.
Es ist nicht ohne Interesse, hier auf einen .\usspruch hinzu-
weisen, welchen der französische Oberstleutnant Tariel in seinem
Buche „La campagne de Chine et le materiel de 75'' Uber den
UDtersehied in den Zngleistungen zwischen Pferden und Mauleseln
macht. Eüu 75 mm Geschütz M/97 nebst zugehörigem Munitions*
wagen, deren Gewicht dem der rassischen und japanischen Fahrzeuge
annähernd gleichsteht, sollte einen aofeergewöhnlich scharf ansteigenden
Gebirgsweg nebnen mit einer Geleisebreite von nnr 1,26 m, welche
▼erarsaelite, dtUi die Rider dn» Seite dnaernd «nf dem Stetten
Rande des tief eiogesebnittenen Weges Hefen. Wiewohl derselbe
für unpassierbar erl:]iit war, warde der Versoch doch mit ein-
gespaunten Hanleseln nntemommen nnd glückte. Das Urteil Uintele:
«Nach dieser Erfabrang kann man sieh ReebensobafI geben von den
Digitized by Google
Bewwtnng d«r Bewsffiiiuig Im laHlMh-JtpaoiMhca Kiltfe.
467
Leiatnogieiiy welche man von Mauleseln erwarten darf. Pferde würden
eine so lange and harte Strecke mit daneiiid stEmffen Tauen sieht
haben erklimmen kennen."
Wie starke Kräfte die KriegftlhrendeD zur Verwendung bereit
haben und in den einzelnen Gefechten einsetzen können, läfst sich
nicht veranschlagen. Uud erfahren wir anch demnSchst, wieviele
Divisionen sich gegenüberstanden, so erlaubt das noch keinen Scblal's
auf die Zahl der Gewehre, welche ins Feuer geführt wurden. Denn
der Abgang an Mannschaften wird nach Mafsgabe der kliuiatischen
und Verpflegungsyerhältnisse zweifellos ein ungewöhnlich starker sein.
Mit gröfeerer Wahrscheinlichkeit Ulfst sieh ans der Zahl der am
Gefecht beteiligten Divisionen auf die Märke der verwendeten
Artillerie schliefsen, weshalb der Vollständigkeit wegen noch einige
Angaben Uber ihre Zuteiluiij^ zu jenen folgen.
Nach Frhr. von Tettau „Ergänzung und Organisation der
russischen Armee in Krieg und Frieden*' scheint nach einem Frikas
vom März 1902 die Zahl der Batterien und Geschütze bei den
Divisionen der Feldarmee in Europa die gleiche zn bleiben wie
zuvor, nur dals sie in je 2 Kegimentern zu einer Brigade vereinigt
sind. Die eine Division jedes Armeekorps soll liatterien mit
64 Geschützen, die audere 6 mit 48 Geschützen führen, .wonach
entfallen auf mud 30 (.KX) Gewehre Sollstärke des Armeekorps 112
Geschütze oder auf 1000 Gewehre 3,7 Lieschütze. In Asien schwankt
die Zahl der Batterien in den 4 vorhandenen Artilleriebrigaden zwischen
4 bhs 8, darunter je 1—2 Gebirgsbatterien und im ganzen 1 Mörser-
batterie. Aniäerdem sind bei den ScfaUtzenbrigaden Abteilnngen von
je 2 bis 4 Batterien gebildet. 28 reitende nnd 16 KasakenbAtterien
dnd Dir die Karalleriendivisionen besw. Kaeakenheere bestimmt
Die japaniiebe Divieion der Feldarmee wird anf 14 000 Gewelire
gesobttit und ibre Artillerie im allgemeinen zn 1 Regiment Ten
6 fahrenden oder Gebirgsbatterien zn je 6 G^sehQtzen angegeben.
Es wurden sonaeb anf 1000 Gewehre etwa nnr 2,6 Gescbtttze ent-
fiiimL Ob die Gebbigsbatterien sn beetimmten Dtrielonen gehdren
oder mit den fbbrenden auf alle verteilt sbid, atebt nieht fest.
Ist schon die Ansstattnng der Feldarmee mit Geschtttsen im
YerhiUtnis zur In^terie bei den Russen niebt stark, so muls sie
mehr als knapp bei den Japanern beaeiehnet werden. Letzteren
kann sieb dies MilsTerbältnis nach grOfseren Rttcksehlägen un-
angenehm fühlbar machen.
Die angdtthilen Angaben lassen eikmien, dab die Russen
weder donh Bewaffnung der Infanterie^ noeh der Artillerie Aussieht
anf Erlanguug der Oberlegenheit besUien. Sie können nieht er*
JAiMfltor fir 41« H^tuü» Ahm» nd HkriM. N». Ml. 81
^uj ui.uo uy Google
468 OnuehwL
warteo, dalis sie die Mioderleistangeii ihres Gewehres durch bessere
Wirknng der Geschütze weUmaeben kutmen, wie es den Deatsoben
im französischen Kriege gelang. Ob sie doroh ihre Zahl und FUhmog
den Sieg an ihre Fersen fesseln werden? Br.
Umschau.
Österreicli-Üngani«
Znr Sehaflhiiig neoer Feldgeselilltee sind sowohl tob der Osler-
niohiselieD wie von der iiiigiimdi6& Oelog»tioii als anlseroidentUolier
Kredit fttr das Jahr 1904 15 Hülionen Kioneo bewilligt woxden.^
Welobe Summe für den Qesamtbedaif erfoiderlich iafe» soweit diese
Qbeihaapt im Toraos fixiert werden kann, geht ans dem Berieht des
nngarisehen Heeresanssohosses an die ungarische Delegation hervor.
Naeh dem ^^Neaen Wiener Tageblatt** wird diese Summe 166 Millio-
nen Kronen betragen and sich etwa wie folgt verteilen:
Gesohtttsrobre, Verschlors nnd Zngehttr . . 12800000 Kr.
Liafetten and Bestandteile derselben . . . 28000000 »
GeBchtttaaDsrllBtimgsgegenstllnde .... 2800000 „
Fahnenge (Protzen, Batterie-, Bataillons-
nnd Kolonnen»! Monitions-, Verproviautie-
rangs-, Worksengs-, Leiter- und Vecpflegs«
fohrwerke) 46 600 000 „
Beschimingen 11 220 000 „
Reitzeug 2 430 000 „
Batteriebau 35040 «
Munition und Verschlage 54 414 960 „
Sonstiges Yerpackaogseriordemis .... 2 500 000
Metall- und Lederzeug 1000000 „
TraDsporlhosten nnd Umgestaltung der Werk-
Stätten . 3 2U0 000 „
Zusammen 165 000000 Kr.
Die Bewilligung fand statt: im Osten-eichischen Heeresau9schuD>
am 19. Januar 1901: im Flenmii der flfltarreicliischen Delegation «m
20. Februar 1904; im ungaii'ichen Ueeresaasschufs am 12. Februar 1904:
im Plenum der ungarischen Delegation am 26. Februar 1904.
Umiiohau.
469
An Stelle der «ob vier Batterien mit Je aelit GesehttteeD be-
stehenden Begimenter sollen solche mit seehs Batterien zn je seebs
Qesobtttsen treten. Ferner ist die Nenerriehtong iwei» reitenden
Batteriedivisionen nnd drder Artillerieregimenter in Aassieht ge-
nommen. VorlAnfig aber ist die Konstrnktion des Materials, be-
sonders der Lafette, noch nieht in allen Teilen festgestellt, sondern
noeh ron dem Anafidl von Versnoben abbingig, die mit einer Probe-
batterie, die im Arsenal hergestellt wird, anegeftthrt werden sollen.
Die amtiiehe Denksefarift des Kriegsministers, die den Delegations-
mitgliedem gelegentlieb der Kammerrerbandlongeo, zur Information
Uber die Gesebtttsfrage ngestellt wnrde, spricht von einer Probe-
batterie von sechs Gesebtttm nnd seebs MnoitionswageQ, die noch
eingehenden Fahr- nnd Scbiel^Tersnoben unterzogen werden sollen.
Die Bohre dieser Arsenalgeschtttze besteben ans der bistorisoben
Bronze; daneben aber sollen aucb noch Stablkanonen der Skoda-
werke erprobt werden.
Äneh in der nngarischen Delegation bat man das Heeres- Krieg^-
erfordemis und die Forderung von 16 Millionen Krpnen für Um*
bewafinnng der FeldartUlerie, deren neuen Bohrrtteklauifyp man
den Delegierten praktisoh vorgefOhrt, naeh einer Beihe von
Beden nnd Widerreden bewilligt erhalten, daa Budget als solehes ist,
wie schon früher hier entwickelt, sebr beseheiden gehalten. Fttr die
Beibehaltung der Kommandospraebe ist naebdrUeklieh eingetreten
und betont worden, dais das Beiebskriegsmmisteriam keber Conoession
beipfliebten kifnne, die auf Einheitlicbkeit der Armee stOrend einwirken
wttrde. Die Lösung der Frage der zwegährigen Dienstzeit wurde
bei BSinbringnng des neuen Wehrgesetees, die man als ein dringendes
BedUrfiiis besdcbnen muls, in Aussicht gestellt. Der Kriegsminister
ist mit seinen ZngestftndniBse& soweit wie irgend mOglioh gegangen,
eis wdteres Nachgeben wttrde zur sprachlichen Zweiteilnng des
Heeres ftlbren. Der Unterriobt in allen nicht deutsoben Sprachen m
allen Jahrgängen der Kadettenscbalen, die Geneigtheit für die m
Ungarn nnd Kroatien vorhandenen Kadettensobulen eine grötsere Zahl
der allgemeinen Bildangsföcher ungarisch bezw. kroatisch, zu lehren,
während, wie auch in den letzteo Jahrgängen der in Ungarn liegenden
Militär-Unter-Realscbnlen die militärischen Fächer in der Dienstsprache
gelehrt werden, je eine neue Unter- und Gber-Militär-Reaischule in
Ungarn — sind Zugestilndnisse, die auf die Dauer schon die Einheit-
licbkeit und Gemeinsamkeit des Hecre«^ schädigen könnten. In Un-
garn ist auf energisches Eingreifen Tisza's und Drohen mit einer
Änderung der Heeresoidnung das Beluntenkontingent endlich auch
81*
Digitized by Google
470
beinlligk lud die Ausbebiisg roidatiert wordeo, so dals etwas
geoidneteie VeridUtnisse etotreten.
Cie})Hiter und Mit der Eilimtttigkeit, die maD io dem «ogaziseheti Beiehstage
in^ rn)^rD. ^>Biner liodet, sobald es deh am lein nngariache FVagea baadelt, lial
maa dort sehon ia der Sitznog des 14. Janoar 1904 die EMitfhaiig
der Gebtthrea der „aogartsoben Staatsbedieasteten** naeb kaom ein-
stOndiger Deliatte einstimmig bewilligt, obwobl damit nmd 27 IfilH-
ooen Mebraosgabe verbonden sind. Vom i. JaDoar ab werden daher
in Ungarn schon die höhere Besoldnng and die höheren Pensionen
gezahlt, welche die bisherigen am die Hälfte Ubersteigen nnd bei
den Pensionen das Doppelte deijenigen der Ofißsiere des k. nnd k.
Heeres erreiehen. 18
Italien.
Zulagen für Der König bat auf Vorschlag des Kriegsministers die ersten
Offiziere. Bestimmungen für die Verbessening der Lage der Schaltomoffiziere
genehniiort £s handelt sich sonäcbst am Keisekosten nnd Tagegelder,
die durch Verminderangen aas finanziellen Rücksichten nach ond
nach 80 niedrig geworden waren, dafs der Offizier nicht aasreichen
konnte, vielmeht stets aas eigener Tasche zalegen mafste. Die neaen
Bestimmanoren gehen dahin, dafs versetzte Offiziere fUr die ersten
15 Tage des Aufenthalts in der neuen Garnison die Tagegrelder
I. Klasse erhalten, ebenso die ersten 15 Tage des Aafenthalls am
Orte einer vorübergehenden Dienstleistang. Weiter wird die Marsch -
Zulage der Subalternoffiziere auch hei Verwendung im Dienst der
der öffentlichen Ordnung erhöht, die Keisekosten werden abgestuti.
wobei die Divisions- und Hrigadegenerale etwas weniger gut gestellt
werden, als bisher. In Zahlen umgesetzt bedeuten diese neuen ße-
stimniungen, dafs die Subalternottiziere. dip bisher die Tagegelder
nur für den auf 16 Stunden bemesseiieii Keisetafr mit 5 Lire
erhallen und dann auf 2,5 Lire pro Tag heruntersteigen, in Zukunft
für die ganze normale Dauer der isolierten Verwendung einzelner
Oftiziere aufserhalh der Garnison % Lire pro Tag erhalten Die
Marschzulage der ^ubalt< i nnffizit re <U'Uj:i von 2 auf 3 Lire, die Zu-
lage I. und II. Kategorie lUr HaLi[)tleLit( . .Majors, Oberstleutnants»
Oberste und kommandierende (xcneraie bleibt unveriindert. bei den
Divisionsgenemlpfi sinken die Tagegelder -Irr I. Kategorie von 18
auf 16, 11. Kateg(»rie von 9 auf 8, bei den Brigndegptieralen von 18
auf 14, bezw. von 9 auf 7 Lire. Hat damit der Kriegsminister einen
Teil seiner im Parlament gegebenen Znsicherungen, die Verbesserung
der Lage der Sabalterooffixiere za erreichen, gehalten, so tiuden sich
Digitized by Google
Umsoliaa.
471
doch noch genug Orgaue der Presse, die diese MafsDabmeu als uo-
znreicbend erklären nnd fordern, dafe das Verbleiben in dem Dienst»
grade des Sobalternoffizien Auf 12 Jahre bescbrttukt werde, eine
Fardemiigy die im weit grO^MieB deotaeken Heete heote schon an-
eifüllbar ist and nur MUbreigottgen und getünsebte Hoffoaugen
hiiDgen kann. Es nnterllegt keinem Zweifel, dab General Pedottl
aneh diese Seite der Verbesserang der Lage der Snludteroofliiiero
im Aage bebttlt^ aber von da bis znr sofortigen Bnttassnng von 700
bis 800 Offiiiereo der Infanterie, zor Sebaflnng von ebensoviel neuen
Stellen ftbr Haaptleate und Stabsoffiziere, snr AnflOsangvon Bataillonen
nnd Eskadrons behnfi Bescbafhmg der nötigen Mittel fttr ilure Be-
soldnng inneikalb des RalimeDS des bisberigen Kriegsbadgets ist
docb eine Klnft, die den Kriegsminister nnr aberbrfleken wird. Die
1902 voUsogene Ernennung von 400 Haoptlenten der Infanterie Uber
den Etat bat die Ziffer der Sabalteniolfisiere — wie dies notwendig
war, wenn niobt Mebransgaben entstehen sollten — sebon derart
berontergesetst, dafe am Sollstaad V4 ^^^1^ ^ man daam greifen
mnüs, Offialere des Beorlaabtenstandes anf längere Zeit nnter die
Waffen zn berufen, um die Ltteken im Ausbildungspersonal einiger*
malsen zu sehlielsen. Ptthre man auf dem Wege fort, so würde
man in absebbarer Zeit vor der Notwendigkeit stehen, mit einem
Schlage sehr starke OfSzierbefördeningen Torznoehmen wie das 1860
nnd 1866, 1882 und 1889 gesefaeben ist, nnd dadoioh ergeben sieb
dann später bedeutende Stoeknngen, wie man sie z. B. gegenwärtig
belüagt. Bei dem Infanterieregiment zu 12 Kompagnien hat man
heute 19 Hanptlente and zufrieden Ist man doch nicht. Die andern
Waffen sind der Ansicht, dafs das, was für die Infanterie recht, für
sie billig sei und dadnrch hänft sieh die Unzufriedenheit. Wie soll
man aus dieser Krise herauskommen? Neue Beförderungen ttber
den Etat zu gewähren, wurde die Gesetze betreffend Befördernng
nnd Organisation verletzen. Man verlangt, dals 900 Hanptlente den
Gadres entnommen nnd bei dem nationalen Schiels?erein verwendet
werden, woher die Mittel dazu nehmen, sagt man nicht, man verlangt
Herabsetznng der Altersgrenze, Erhöhung der Bezttgc, aber wo die
Mittel linden V; die doktrinäre Schule verlangt Beseitigung der Kriegs-
gerichtf, Her Lazarette usw., nm die Mittel aufzubringen, sie redet
von 1? jahriger Dienstzeit, ohne m bedenken, dals Itnlien schon die
ktirzeste Dienstzeit von dem europäischen Muster li;it, nämlich
20^/3 Monat im Durchschnitt, dafs man bei den KufstrLi|)pen schon
(> Monate im Jahr nur mit Skelettkadres rechnen muls. Der Kriegs-
minister bat im ganzen 13 Gesetzentwürfe zurückgezogen, von
deuen sich einige auf Ante und Veterinäre, andere auf die Be-
472
fbrderuDg der Generals tabsoffi/iere, wieder andere auf die Rekru-
tiernnjgr beziehen, er wird ihren Inhalt auf 2 — H Gesetzentwürfe
kondensieren. Mau liaif aber nicht verg:essen, dafs man bis 1906
mit dem sog. konsulidierten Kriegsbudget zq rechneu iiat und bis
zu diesem Zeitpunkte die Umbewafinnng der Feldartillerie durch-
geführt werden niuls. Der Kriegsminister hat den besten Willen
und grolses orgauisatorische^i Talent, mit einem Schlage alle Ver-
bessernngen durchzuführen meist aber aufeerstande. Die politische
Presse schadet daher mit übertriebenen Forderungen nur dem Heere
und auch dem Ofüzierkorps.^)
Ei^^nungs- Durch Dekret vom 4. Dezember 1903 waren Änderungen im
prafangoD. ßeförderungsreglement bewirkt worden, die Eignungsprüfungen fttr
die Beförderaug zum Major und zum Oberst vorschreiben. Unter
diesen Änderungen war aneh die, dab die Hauptleute, die aal die
BelörderoDg zum Major aspirierten, die Eignung zum Kegimenle*
kommandenr haben soUten. Das hat xa Reklamationm Staate-
ral Veranlasaang gegeben. Oer Kziegnuinister bat daher bestiniiit,
daia die Eignungsprüfungen der Obersttentnants za Obersten fort-
fallen, die Pmfnngen der Hauptlente zam Major aber, freilieh mit
etwas Terändertem Programm, beibehalten weiden sollen.
Artikel 5 des Geseties betreffend die Offiziere im Httlfsdienst
(z. D.) des permanenten Heeres bestimmt, dafs diese daoenid zor
Verfügung des Eriegsmlnisters stehen and je nach ihrer Eignnng za
folgenden Verwendangen benifea werden können:
1. Besondere Dienste» für welche in der gegenwärtigen Organisation
des Heeres ein Sonderpersonal nicht yoigesehen ist.
2. Territorialdienste durch Ersatz Ton mobüwerdendem Personal
des aktiTen Heeres z. B. stellyertretende Behörden.
8. Dienst bei der Landwehr ond dem Landstarm im eigenen
Lande oder aolserhalb desselben.
4. Halfidienst bei dem mobilgemachten Heere» Trappen oder
Etappen.
5. SonderanftrSge bei den Landstameinheiten.
Nan haben vieifiieh Offiziere, denen eine Designation fOr eine
dieser Verwendnogen mitgeteilt waide, Grttnde prlTSter Interessea
anfgeitthrt, am sich der Veipilichtong za entziehen. Der Kriegs-
minister hat daher bestimmt, dafs in solchen Fftllen, wenn nicht
besondere (z. B. Gesnndbeits-) Gründe angefilbrt werden, die be-
treffenden Ofifadere veiabsohiedet werden sollen. Ein Bandschreiben
des RriegsministerB macht den Tmppenkommandenren zor strengsten
ÜbtT die während des Drucks bekaaat gewonleneu Plane des Kriegs-
mmistetfi fftr die Beschleunigung der Beförderungen im afichsten Bericht.
Digitized by Google
UoMeluMi.
478
Pflicht, darüber za waelien. dafs Ofli/iere kurze oder längere Urlaube
nicht dazu benutzen, in Monte Carlo zu spielen, im Notfälle soll
strengsteoH bestraft werden. Andererseits bcstinmit der Kriegs-
minister, das« vom 1. Mära ab bei den Trupp i ntuilen die Offizier-
darlehnskassen wieder eingerichtet werden uud die Trappenkomman-
deore Uber Darlehen verfugen, ohne dal» die Offiziere ihre Gesuche
erst an den Minister zu richten brauchen.
Der Kriegsminister hat au die Truppenteile die Anfrage ge- Ver-
richtet, ob es zweckmäfsig sei, bezüglich der Kasemenausstattungeu ^ftUjJf*"
die Selbstverwaltung bei/.ubeljalteu oder Unternehmer herauzuzieheu.
Er bedarf diese Unterlage für die Aufstellung des Budgetvoran-
schlags. Eine andere Quelle der Ersparnisse hofft man in der Be-
kleidungswirtschaft zu finden. Versuchsweise eol! zunächst bei einer
Anzahl von Armeekorps die Bekleiduugswirtschaft — selbstverständ-
lich aar insoweit sie sich auf fertige Stücke bezieht, — der Kom-
pagnien, Eskadrons und Batterien unter Verantwortung ihn t Kom-
mandeure. Ubertrag^t n werden. Man will eigene Kammern für diese
Einheiten scharten und sie sollen mit eigenen Handwerkern die
kleinen Reparaturen und Änderungen bewirken. So soll ein be-
sonderer Fonds bei den genannten Einheiten geschaffen werden, in
welchem mau durch verständige sparsame Wirtschaft der Chefs der-
selben Ersparnisse zu erzielen hoflft.
Die Kam mir liat (if!) Gesetzentworf, betreffend die Ans- Aushebung,
bebuug des Jal,rga„g. 1884, der ja im übrigen von demjenigen -'»JgJ"«
bezüglich Jahrgang 1883 durchaus nicht abwich, genehmigt. Der
Ausschu(s zu seiner Beratung hatte mit liecht den Wunsch aus-
gesprochen, durch Änderung des Uekrutit rungsgesetzea baldigst zu
einem Dtlinitivuiu zu gelangen. Bezüglich Jahrgang 1883 hat der
Kriegsrainister auf Grund der durch Artikel 3 des Gesetzes vom
5. April 1903 gegebenen Befugnis bestimmt, dals die Zahl der Leute
1. Kategorie, die nur 2 Jahre unter den Fahnen zu bleiben brauchen,
48,7 ''/q der Mannschaften I. Kategorie des Jahrganges betragen
soll, die nach den Meldungen der Kommandeure der Distrikte am
1, Februar 1904 vorhanden sind. Die Verteilung der Leute auf den
Ersatz der einzelnen Distrikte bewirkt der Kriegsminister, die Ver-
teilung auf die Gemeinden ist Sache der Distriktskommaademe, die
dabei die einschlägigen Vorsobrifken streng zu beachten haben. Die
Bestimmungen für die ZtdasBnng von Eiqjfthrig-Freiwilligea 1904
sind ersohienen, die bei den berittenen Trappen Eintretenden haben
1600, die anderen 1200 Lire an den Staat in lahleo. Die Ein-
steUan^ der Rekruten des Jahrgangs 1888 der Fnfetruppen findet
am 24. nnd 26. Uta statt.
Digitized by Google
474
UibmIuw.
Offizier- Die Bistimmongen vom 14. Oktober 1903 einigennafoen ab-
aypirauteii- j^odernd, hat der Krieg^miniBter antreordnet, dafs beim 89. infanterie-
St-r^eanten-^^^*^^'^^ Neapel ein Ofti/.ieraspiraiitenlebrkursus voo 6 Monaten
Lebrkursv. Dauer am 8. Januar eingerichtet werden sollte, dafllr aber
Lehrkurse von gleicher Dauer bei zwei Infanterie-, drei Feldartiilerie-
re§:impDtern nnd Kurse von Qmonatlichpr Dauer bei drei Infanterie-,
eineiii Bersa^iierireirifnent in Fortfall koiuuieu, ferner bei zwei lofantene'
regimentem neue Ser^eauteaiehrkurse errichtet werden.
fiion<iorkredit Dir Kammer hat am 9. Februar den für das chinesische Ex-
g^*«^^^^ peditioiiskiiriis pro 1903/04 in der Höhe von 5391000 TJre ver-
korps in langten Souderkredit genehmigt. Dabei fielen einip-e Kritiken über
Ch ua. die Entspndnn«r einer F!xpedition überhiiapt und wurde der Wnnsch
aosgesprochen. die Laiidtmppen durch Leute des Eqoipageakorps
ersetzt zu sehen, weil diese geringere Kosten verursachen. Giolitti
konnte sich beztlgUch Weiterbestehens der besatzuugstrnppen aut
die i[)t( riiatn nalen Verträge stützen. In dem dem Parlament vor-
liegend tu (xeselzentwurf betreffend l'ntersttitznng der Familien der
in China gefalleneu oder verwundeten italienischen Soldaten hatte
die Regierung 505609 Lire verlangt, der Ausschuls sehlä^rt
1104159 Lire vor. Der Ausschuls will den Hinterbliebenen der
bei der Verteidigung der Gesandtsehait Gefallenen oder an Wundeu
Gestorbenen bezw. denjenigen der Teilnehmer an den \\ artentaten
von Tientsin und Laugtan 25 Jahrespensioneii zuu) Maximalsatz und
zwar kapitalisiert zu 4°/^ Zinsen gewähren, so dafs t. B. die
Hinterbliebenen des Linienschiffsonterleutnants CarioUo ü6000 Lire
erhalten. Total würde sich diese Katep:orie von Entschädigungen
auf 483290 Lire belaufen. Für die Hiiitrrbliebt nen von an Krank-
heiten Gestorbenen setzt der Ausscijul» im Gaumen 344150 Lire aus,
für bei Verteidigung der Gesandtschaft Verwundete 55250 Lire, für
die durch Zulalle Verwuudekn LiM.in Lire, aulserdem wird ein
UnterstUt/nngsfonds von 200000 Lire geschaffen. Die Versetzung
einer Anzahl von Leutnants, die mit der Untersuchung gegen den
Kommandeur des 5. Alpeurt-iments, Oberst Terzi, insofern in ur-
sächlichem Zusanimenhaug steht, als diesen Offizieren Verstölse des
Oberst Terzi bekannt geworden waren, sie aber eine Privatenquete
anstellten, statt aut dem Dienstwege Meldung zu erstatten, führte
am 19. Februar in der Kammer zu einer Interpellation, die der
Kriegsminister Pedotti mit rückhaltloser Offenheit beantwortete. Die
interpellaDteD erklärten sich mit der Auskunft zufrieden und damit
hat die Fnge ihre Erledigung gefunden.
Marine. Der Marioemiiiister Miiabello bat am 30. Januar der Kammer
einen Geaeteentwurf betreffend die Organisation der Zentral-
Digitized by Google
475
Verwaltung, des Admiralstabs, des Saiütrits kurps und der
Beamten der Mariue überreicht. Derselbe rechnet mit Aufnahme
der Kecbnungsofliziere dritter Klasse aus dem Extraürdinariuin in
das Ordiüariain des Budgets, 8 Ärzten mehr für den Aoswanderer-
dienst, Vermindeniog am 20 LinieoschiSsleQtDaDts (vom Parlament war
ihre Vermehrung beim Budget 1903/04 abgelehnt), dagegen Ver-
mehrung um 10 Schiffsflihnricbs, am diejenigen anzustellen, die schon
die Marine-Akademie absolviert haben. Mehrkosten entstehen durch
die Neuerongen nicht, Mirabello behält sich vor, zu geeigneter Zeit
einen Tollständigen Beformplan der Organe des Marine -Ministeriums
vorzulegen. Die mit viel Geräusch im Parlament angekündigte
Enquete Uber die Marineverwaltung scheint schlielslieh im Sande zu
TerUmien. Sehon zu verschiedenen angesetzten Sitzungen ist der
Aoasebnls nicht vollzählig erschienen. In den Untersnchnngsausscbals
traten Vertreter der Begierung ein.
Der Marineminister, der es übrigens verstanden hat, die Kohlen-
Mnmigen fUr die Flotte zu günstigen Preisen abzusohlieDaeD, bat
zum 10. Februar Ofirarten bezüglich Lieferung von Geschossen im
Werte yon 750000 Lire eingefordert. Beteiligt ilnd an der Lieferang
die Stahlwerke tob Temi nnd Peniioli, sowie ein Werk hi Breeela.
Admirai Mirabello beabdehtigt eine Reform der Maiine-KonstmktioDB-
Abteilnng, welche die Bezdehnnng „Obere teehniaehe Abteilung**
erhalten soll. In der nächsten Zeit sollen anf Staats werften
zwei Kreuzer neuen Typs von besondetB groiser OffeniiT-
ond DefenslTkraft in Ban gelegt werden. Der Marineminister
hat einen Ansaehnlb nnter seinem VorsitK einbemfen, der über
die Vwbesserang der Lohne der Werftarbeiter nach ihrer Dienst-
zeit in dieaem Benfe BeeefallliBe gefebt hat. Zn den Tersohiedenen
Kategorien, m welchen man die Sehifie biaher ehir^te, ist jetzt
die „AasrttatQng" getreten, um den Kommandanten der Sehiffe
zu erlauben, In der Periode, die der Armierung vorangeht,
die Eigensehaften nnd die Banart des Fahnenges genauer
kennen zn lernen, was ftr die Beeehlennigung der Arbeiten, die
FtthrUDg des Schiffes nnd eventnelle Reparaturen als sehr wichtig
betraebtet wird.
Gazetta Uffieiale TOm 10. Februar publiziert ein künigliehes Nene Ein-
Dekrefe» das eine neue Gliederung und Verteilung der FlottenkHIte ^""{II^J^^'
bringt zam Zwecke dauernden grölseren Sebutzes der Kolonien und y^t^'
der AoswandemDg.
Die Einteilung weist anf A) Flottenkraft Im Mittelmeer
unter einem Vize>AdnuraI, aus Uniensehiffen, Kreuzern und der
entipreehenden Anzahl von TorpedobootaJSgem und Hoehseetorpedo-
Digitized by Google
476
Umsoluia.
booten. Operationsbaaiä Spezia.iSeapel, Messina. B) Die Inspektion
des Tnrpedowesens wird anigelöst. iu Civitavecchia bleibt aber
das. Oberkouiinando der Torpedoflottilien nnter einem Kapitau zur
See mit der heute ihm unterstellten Zahl von Torpedobooten und
nnter Zuweisung eines Kreuzers zu dieser Statiou bestehen. C) Das
Kommando der Seefest ung Maddelena einschlipfslich der ihr
zugeteilten Fahrzeuge und Torpedoboote erhält eiü \ ize Admiral.
D) Die Ueservedi Vision aus Linienschiffen, KUstenverteidigern,
Kreuzern mit Unterstellung; der zahlreichen Toriiednhoote an der
adriatischeu Küste, fllr Operationen im adriatischen und jonischeu
Meer, Tarent als besondere Operationsbasis, Kommandant ein
Kontreadmiral. In Ain'uua \s[[d eine Torpedobootsstation errichtet.
E) Schiffsstation im Koten Meer uud im indischeu Oceau unter einem
Kapitän zur See, ausgestattet mit kleinen Kreuzern, Sambucken.
bestimmt die Sufsere Politik iu Eritrea, Zan/ibar, Benadir und Somali-
ktlste zu unterstützen. 1) Die sog. ozeanische Schiffsdivision
unter einem Kontreadmiral, zusammengesetzt aus Kreuzern neuesten
Typs und bestimmt dorthin entsendet zu entsenden, wo die änlsere
Politik eines Nachdrucks bedarf. Sie ist heute im fernen Osten.
6) Sobiffsstationen in Amerika, aus Kreuzern zusammengesetzt,
die an der Küste von Argentinien, Brasilien, Uruguay stationiert sind.
Kommandant heute ein KapiUln zur See. Man beabsichtigt aber,
wenn es nötig erscheint, in Amerika eine Schifisdivision unter einem
KontKadmtral zu stationieren. 18
Franicreioli.
Marine- Der HAiineminwIer PelleUn hat am 24. Febnuur in der Silnuig
PeHetoD Harinekommission der Kammer wenig angenehme Standen erlebt
Seme ErUlrong, er glaube alles getan sa haben, was die Umstünde
erbeisehten, seine Pfliehi voll erflUlt zq haben, die in IndoeUna
getroffenen Malsnahmen machten jede Landimg onmOglich, wnrde
nicht TOD allen Mitgliedern als bare MUnze genommen. Pelletan
wies weiter darauf bin, dafe die Marine tllr alle EventoafitSten bereit
sein mttsse — > ein Gnmdsatif an den er nieht immer gedacht hat
» sie verfüge jetrt Uber 5 Panzeraehiffe neneaten Typs nnd werde
in einigen Wochen (?) noeh 6 weitere bal)en, alle anf den Werften
im Ban befindliohen Torpedobootjäger gingen ihrer VoUendnng ent-
gegen, er habe den Ban Ton 6 weiteten Unterseebooten angeordnet,
TOD denen jedes vier* bis fttnfmai soviel Tonnen aufweisen werde,
als die bisherigen. Frankreich kdnne in Ostasien nicht ein so starkes
Gesohwader haben wie Japan, England und die Vereinigten Staaten,
9
Digitized by Google
Umscbatt.
477
aber 4 Torpedobootjäger (gemeint sind riötolet. Jeaveline, Mousqaet.
Fronde, er hätte auch hmzafügen gekonnt, dals der Kreu/.er Assas,
der auch MonitionsTorräte und Torpedos an Bord ueiimeu wird, sie
begleiten und die i'imzrrkreuzer d Estrees aud Bruix folgen würden)
seien /ur \'erstärkuiii: nach Obtasien abge^antjen. Nach Saigon sollen
auiberdeni starke Deiachements von Seeotfiziereu und Matrosen ab-
gehen, wie übrigens auch rund 1800 31ann der Kolonialtruppen,
die am l. März auf zwei gecharterten Dampfern eingeschifft werden.
Die mit einiger Übereilung betriebenen Verstärkungen können die
Tatsache die, wenn auch der Datiooalistische Deputierte Firmin
Faure seine Interpellation betreffend die längere Belassung Pelletans
an der Spitze der Marine wieder zurückgezogen hat, wohl noch
durch ein Mitglied der Majorität den Deputierten Ghanmet der Union
dömocratiqne, zur Sprache gebracht werden wird, nicht aus der Weit
schaden, dab Pelletan einen schweren Fehler begangen hat, als er
ans ErsparnisrUcksichten die Flottenreserre in Indoehina
auflöste. Als man vor einigen Monaten anf das Gefährliche dieser
Mafonahmen hinwies, antwortete Pelletan, dafis man ja die Be-
mannung der Flnfskanonenboote ron Indoehina anf die Reserveschiffe
bringen könne. Nan sind die Flulskauonenboote aber gerade in
Kriegszeiten der Anfsloht and Kontrolle wegen unentbehrlich. Die
franatfsisehtt Fachpresse teilt anoh Pelletans Ansicht ron der Un-
tnOgliobkeit von Landungen nicht» beseichnet vielmehr die Verteidigung
der Kttste in Indoehina als durobaus nieht Tollkommen. Die jetat
eiligst fttr Saigon Terlangten Sonderkredite weisen anch auf Lttoken
hin. Pelletan bat sieh bei den ?on ihm gefabten Beseblttssen duieh
den oberen Mario erat nicht beeinflussen lassen, er hat ihn, seit
er am Bnder, einfach niemals einbernfen, obgleich er ein Organ
der LandesTcrteidigung bildet, mit dem Chef des Admiralstabes die
0|»eration6entwürfe fttr den Seekrieg vorbereiten soll Der Chef des
Admiralstabes bt ein provborbeher und zwar eb Kontreadmiral.
Eb handelt sich jetst darum, die im ftnbersten Osten sehen Tor>
handenen und noch dahin an entsendenden FlottenkrSfle zweekmüll^
SU verteilen, das ist keine Verwaltnngs» und keine politische
Frage, sondern eine strategische, bei welcher dem Chef des Ad-
miralstabes das Gutachten des oberen Marinerates nur wertvoll sein
ktonte. Die Fachpresse mag dem Marineminister mit einiger Be-
ruhigung eine Reihe von Fehlgriffen vorweifen,*) das wird sie ihm
') Auf die mit amtlirhpn Dukuinenten belegton An'jfriffo pjffffn Pollotan
die im Hu<1nretau>isc-hufs 'ier Kammer wilhrend dos Drucke^ erfol;2:t .sind uti«l
die mau Utirchaus uiclit als haltlose Bes^chitidiguugtia bezeichueu kann,
kommen wir im nichsten Bericht zturQck.
Digitized by Google
478
lasseo mflssen, dafe im Allgemeinen die Reorganisation der
rDefentes mobiles" im letsteo Jabre grolse Fortscbritle
gemacht hat Die Proben der Torpedoboo^äger niid Torpedoboote
haben betsere Ergebnisse geliefert, als firttber und man hofll» dais
das Jahr 1904 die volle Verwizkliebiing der BeorganisaHon bringen
wird. Einer der Mdohtigsten Faktoren In den BadgetvoransdiUlgen
itlr 1904 bildet die definitiTO Orgnisation ron Divisionen sa
6 Torpedobooten mit 1 Torpedobootjäger anderSpitse, statt
eines Hochseetorpedobootes. In jedem Zentnim der „Defenses mobiles**
soU es möglich sein, drei Stunden nach d<mi Uobilmaohongsbetdil eine
oder mehrere Divisionen Torpedoboote oder Hoebseetorpedoboote,
je naeb den Hilfsmitteln des betreffenden Hafens, mit einem Toi^edo-
bootjäger, Typ Dnrandal, an der Spitie in See dampfen zn lassen.
Ein Bück anf die Znsammeuetsnng der „Deieawa mobiles** Im
Budget*' beweiBti da(s die alten Torpedoboote II. Klasse an
vielen Stellen schon dnrch neue I. Klasse ersetst worden sind
Qud in diesem Jahr wird das voll dnrcbgefllbrt werden. Am besten
organisiert in besng auf Zahl nnd Qnalitftt sind die mobilen Ver-
teidigungen von Brest nnd Tonion, die anch filr die Hochseeflotte
Torpedoboote liefern sollen. In Brest haben wir an verzeichnen:
Im Dienst Torpedoaviso Bombe, 2 Hochseetorpedoboote als Scbnle
flJr Piloten, 8 L, 8 U. Klasse Torpedoboote, Hochseetorpedoboot
Zonave und 1 Torpedoboot II. Klasee, Schule für Hetzer, in Dis-
poniblität, zn Offensivzwecken bestimmt, die Torpedoboot jäger
Yatagane, Escopette und 12 Torpedoboote I« Klasse, also 2 Divisionen,
in Reserve zum sofortigen firsata in erster Linie ausfallender Boote
bestimmt, 11 Torpedoboote 1. Klasse, 4 11. Klasse. Bei Tonion
weisen wir nnr darauf bin, daTs 3 Torpedobootsj&ger, 6 Hochsee-
nnd 6 1. Klaas e- Torpedoboote, also 2 Divisionen, sofort for Offensiv-
zwecke bereit sein sollen, in Bizerta 1 Division, in Gherbontg 2
Torpedoboolsjäger, 12 Torpedoboote L Klasse, also 2 Divisionen.
In Brest soll am 5. April 1904 das Linienschiff Dömocratie von
Stapel laufen.
Allgemeine Durch ein Kundscbreiben vom 24* Januar 1904 stellt der Kriegs-
ivii minister das baldige Erseheinen eines Nenabdmcks des Band 65
insbiilivmg! n^<>U^ Officlei'', betreffend die allgemeine Instruktion flir die
Ausbildung der Truppen in Aussicht. „Das Rundschreiben sagt
u. a. : Die seit zwei Jahren in Anwendung gewesenen „Allgemeinen
Vorschriften fUr die ManOver*' vom 29. Juli 1902 haben soviel Bellall
gefunden, dab es mOglieb geworden Ist, sehr vielen von Ihnen den
Charakter eines Definitivums zu geben nnd sie in die allgemeine
Instruktion für die ManOver anftnnebmen. Di^enigen, die nicht Im
Digitized by Google
UmMluii.
479
Neoabdrack des Bandes 55 enebeinen, sind dagegen als verworfen za
betrachten. Beseitigt ist n. a. die Bestimmung fhr die Infanterie,
nach welcher sie Drilliohhosen mit aal das Manöverfeld zo nehmen
hatte, fUr die Kavallerie die Weisung, dafs sie bei Attaken feindliche
Infuiterie und Artillerie durchreiten sollte. Feroer sollen die allzo
mu&Dgreichen Berichte, die jetzt m den verschiedensten Terminen
über Monöver, Sonderttbnngen, Feldpionierdienst nsv. einsumeben
waren, wesentlich beschränkt werden. Die Leiter von AraipemanOvem.
grolsen Kavallerietlbnngen, Korpsroanövem behalten aber die Befugnis,
in jedem Jahr zu einem bestimmten Termine an den Minister Uber
ihre Beobachtungen, Erscheinungen usw. zu berichten und auch
Vorschläge zu machen, die erlauben, die Schulung der Truppen
intensiver zu gestalten. — Um die Schwierigkeiten und den Zeit-
verlust der täglichen Versammlung der Offiziere zur Besprechung
bei grolsen N'erbänden und daher ausgedehnten Fronten zu vermeiden
soll bei Stärken Uber ein Armeekorps binuns, die mllndliche Kritik
durch schriftliche Notizen ersetzt werden, die den Beteili^^ton am
Abend des Manövertages zu zn^rehen haben. Der Leitende hat
anlserdem die Befugnis, an iiuheiagen die Offiziere bei sich zu ver-
einigen, die bei der Kritik besondes interessiert sind. Da ferner die
Benutzung von Uhungslagern durch die Truppen in jedem Jahre
zunimmt, so wird in dem Neuabdruck auch eine Notiz Uber die Be-
nutzunir von Übungsplätzen aufgenommen, die bis Jetzt allein in
der Hand der Generalkommandos war. — Die VerschUttuug einer
Anzahl von Leuten des Kegments 157 in der Nähe des Col de la
Pare bei einer Übim;^ in den Alpen, hat in der Kamuier zu einer
Interpellation i^etuhrt. div der Kru nMiiiuister mit dem Satze beant-
worten konnte, dafs, wo Holz gehakt wird, auch Späne fallen müssen,
die Alpentruppen hätten die Aufgaben zu jeder Jahreszeit in den
Bergen kämpfen und operieren zu können, rattlsten also im i^riedeu
das auch lernen.
Wenn mau auch annehmen darf, dals man sich in Frankreich Zweijährige
mit dem praktischen Übergang zu zweijähriger Dienstzeit so laim-e ^i®*****®***-
nicht ^'erade lirt-ilen wird, als der russisch-japauiächr Krit'^- tlauert.
bei dem doch iiumt r vhie Mtlglichkeit vorläge, dals Frankreich zur
Erhöbung seiuci FriLtleuspraseuz schreiten mlUste, so ist es doch
von Interesse fest/ustelleii, dafs der ArmeeaussLhuls der Kammer
die Revision des von iljin be^(. hlosseuen Gesetztextes beendet hat; nur
noch eini^'e Tabellen, betretiend die Posten fllr Zivilveisorgung von
länger dienenden Unteroffizieren, welche die Kegieruug nit ht rechtzeitig
geliefert, bleiben zu revidieren. Jedenfalls kann B6rteaiix demnächst
seinen Bericht zusammenstellen. Bezüglich Artikel 31, VVehrsteuer
Digitized by Google
480
UmaohaiL
hatte die Regieraug ciniire Bemerkungen übermittelt, mit welchen
sich der Armeeausschulh auch befaidtc, um der Kegieruug seiu Ent-
gegenkommcD zu beweiseu, aber im grofsen und ganzen, bei seinen
früheren Entschlusseu geblieben ist. Besuudeis die Bemeikungen
der Regierung zu der Steuer von Junggesellen lehnte der Aussehab
glatt ab und behielt bei, \va!> er irüber beschlossen liatte. Volle
Einigung zwischen Text des Senats und Text des Arnieeaussehusses
der Kammer bezw. auch Äwischen Kriegsminister und dem let/teren
nuils zunächst als nicht erzielt betrachtet werden. Differenzpunkte
besteben 1. bezüglich der Zeit, welche die Schüler der militärisch-
organisierten Schale im Mannscbaftsstande zu dienen haben sollen,
2. bezüglich der Dienstzeit der Algerier und Thunesier, 3. bezüglich
der Daner der Übungen der Fjeute des Beurlaubtenstandes, 4. betreffs
des Prozentsatzes der kapitulierenden Unteroffiziere und Kc^rporale,
sowie der rengagierten Gemeinen. Gerade diese Punkte bilden
aber wichtige Bausteine in dem neuen System des Kriegministers.
Neben dem Gesetzentwurf Lanessan, auf den wir hier schon
kurz hingewiesen haben und auf welchen wir später nochmals zurück-
kommen, ist übrigens die Kammer jetzt ein noch Tiel radikalerer
zufregangen, der beweist, dafs mau im Parlament auf die Dauer die
zweijährige Dienstzeit nur als eine Siufe :ll)\vall.>^ zur einjährigen
betrachten möchte. Lanessan begnügt sicli wenigstens noch mit
18 Monaten aktiver Dienstzeit, bewilligt alle Cadres aus Kapitulanten
und möchte das Rekrutif ningsgesetz vom 15. Juli 1889 entsprechend
umgestaltet sehen. Der Antr;!;: ( uaeo dDmano. und (Jenossen. unter
denen sich auch ein GeiiLral bt iindet, verlangt, dals die heute ein zweites
und drittes Jahr aktiv dienenden I^eute dnich Freiwillige ersetzt w'erden
sollen, die sicli auf fünf Jahre verptiichteu und eine l'rämie erhalten.
Einen derartigen Vorschlag kann die Regierung nur als eine pure Phan-
tasie betrachten, besonders auch in seinen Bcgriindunjfen, die u. a.
auch darauf hinweisen, dals im Kriegsfalle bei „zweijähriger Dienst-
zeit die Hälfte der Kavalleriereserristen in der Heimat bleiben mUfste *,
was der Regierung vorläufig nicht einfallen würde. Lanessans Vor-
schläge haben in der Fachpresse eine aufserodentlich scharfe Abweisung
erfahren und sind ihren Berech imngen Irrtümer gröbster Art nach-
gewiesen worden, Verwechselung von „aktiven Dienst** und „Dienst
mit der Wmffe'S Unmöglichkeit die 99 000 Rengagierten, die er
wlangt sicher zu stellen, wenigstens ohne sehr starke Steigerung
der Prämien und Soldsulagen, also ohne enorme Mehrkosten, Zu-
weisQng der Kapitalanten in der Hauptsache zu den Grenz-
koipb, ämoAt SehaffiiDg von zwei gaoz Tersehiedener Arten von
TroppeD.
•
Digitized by Google
UniMliM.
481
In der Sitzung vom 2. Februar nahm die Kammer die Sonriei-
Ordnong: der Kredite für 1003 im Gesamtbudget an. Bemeritens- ^^'^**^>^-
wert dabei war die Diskussion ttber Kapitel 26 des Kriegsbudsrets,
Fleisch, Konserven, 2 582 45.^ Frcs. in welchem Oberstleutnant
Roasset Streiuhnn^ von lÜU Fres. \ t'rlanirte. am damit anzudeuten,
dato io den Magazinen grofse \ orriite von Konserven la^jem, die
die Zeit ihrer Haltbarkeit schon tiberscbrittea haben, was sich bei
genauer Uutersachang als unrichtig ergab.
Die Kammer hat eine aafserordentlich wichtige Änderung desOffizieie uad
Artikel 1^^ des Gesetzes vom 14. Mai 1834 betreffend den Dieuststand
der Offiziere angenommen. Es handelt sich um Reaktivierune der
io die „Keform*' auf disziplinarischem Wege versetzten Offizii re und
ist die Neuerung dem aus dem Dreyfulsprozels bekannten Oberst-
leutnant Picquart wie auf den Leib znfi-esebnitteu. Der geänderte
.\riikel 1 sagt, die Reform ist diejenige isituation des Offiziers, in
welcher er, ohne dien<;tliche Verwendung, abgesehen von den in
Artikel 13 vorgesehenen Ausnahmen, nicht wieder in den aktiven
Dienst zurückberufen werden kann und kein Anrecht auf Pension bat.
Artikel 13, nach den vom Kriegsminister akzeptierten Änderungen
lautet dahin, dafs die Wiederberufuug in den aktiven Dienst mit dem
inne«:ehabten oder mit dem nächst höheren Dienstgrade durch ein
Dekret erfolgen kann , dafs der Kriegsminister nach Anhörun«]: des
Staatsrats herie ifuhrt. \ on verschiedenen Seiten wurde in der Kammer
verlangt, dafs an Stelle des Staatsrats ein neuer Dis^ipliiiarrat gehurt
werde, um nicht politische Elemente, wie die Mitglieder des Staatsrats
in Fragen rein militärischer Art hineinzuziehen. Der Kriegsniiuister
lehnte dies ab, da er doch das Versetxunpsdekret in die Reform
nach Anh(^rung eines Disziplinarrats erlassen, sich nicht durch einen
neuen Diszipiinarrat, also durch seinen militflrischen Untergebenen
kontrollieren lassen könne. Die Annahme erfolgte so. wie der Aus-
scbufs und der Kriegsminister die AndenmH- vorgeschlagen hatten.
In der Sitzung vom 8. Februar nahm die Kammer eine Änderung
des Etats der Militärärzte an. Dadurch werden die Gentraiärzte
voo einen auf drei vermehrt, ferner 11 Generalärzte, 45 Division-,
60 Oberstabs-, MO Stabsärzte I., 510 Stabsärzte II. Klasse, 406 Ober-
ärzte. 100 Assistenzärzte, davon 50 an der Applikationsschale von
Val de Grace kommandiert festgesetzt.
Der Kriegsminister bat au die konuuaudiereudcü Generale ein Be-
Rundschreiben gerichtet, in welchem er daranf hinweist, dals der
Finanzminister eine Bescbränkong der Aasgaben auf die im Budget ;^aben.
bewilligten Beträge verlange und im Parlament bei Beratung des
Hodg^ts die Verpflichtung tlbemommen habe; nor in den dringendsten
Digitized by Google
482
Ivoluuial-
ArtiUerie.
Artillerie-
Offixierc.
I;nter>
offissiere.
Notfällen Naihtrugskredite zu forderu und die FinanaausschüBse er-
klärteu, daib hie sich weigern würden, solche Kredite zu beraten.
Das Parlament müsse die Überzeagung gewinnen, dals die Ton ihm
bewillig^ten Kredite das Maximntn der Ausgaben darstellten und die
Regieruütr sei gewillt, darnach zu handeln. Jeder Trüppenkoniuiandeur,
der durch seine Anordiuiiifreu eine Überschreitung der zugebilligten
Ausgaben reranlassej mUsse daher für diese verantwortlieb gemacht
werden.
Die im Kriegsbudget 1904, wie schoji iVtlher hier ausgeführt,
eingetretene wesentliche Beschränkung der Mittel f^r Fourage erlaubt
dem Kriegsminister auch nicht mehr den (.Teneralen des Reserve-
cadres die für eine aktive Verwendung bei der Mobilmachung designiert
sind, ohne Zahlung eine Ration zu gewähren, Beschränkungen von
Rationsgewährung treten auch bei einer Reihe von aktiven Offizieren
ein. Wir können nach dieser Richtung aber auf das früher hier
Berichtete verweisen. Bei di n llauptleuten der Kolonialannee ist
die Einteilung in I. und II. Klasse beseitigt worden.
Durch Dekret vom 4. Januar 1904 haben die in den Kolonien
betiiuUkhen Regimenter der Kolonial- Artillerie im Anschlufs an die in
Frankreich selbst disloziertt n uiitl diu Kolouialkorps aiigehörendeu
folgende Numerierung^ iThalteu. Ilegriment in Tonkiii Nr. 4, Regiment
in IndoehiDii Nr. 5, Regiment in Frauzösich-Westafrika Nr. (j, Regi-
ment in Üstafrika Nr, 7.
Ein Rundschreiben des Kriegsministera an die kommandierenden
Generale weist darauf hin, dafs es notwendig sei, den Hauptleuten
der Artillerie früher Batterien zu geben, um die Ausnutzung der
besonderen Eigenschaften des Schnellfeuermaterials durch Chefs mit
der nötigen Frische und dabei doch ausreichender Erfahrung za
sichern. Man sei daher dazu gekommen, einer bestimmten Anzahl
von älteren Hauptleuten die Batterien zu nehmen und sie in Etablisse-
ments oder Acyntantenitellen sn vefwenden, die Batterie dafür in
die Hand von jttngeren Huptlenten sn geben. Dai Gleiche gelte tür
Abteilungskommandenre, die sehon eine Beihe ?on Jahren in dieeer
Verwendung seien. Wenn StnbwrfBdere nnter soleben Verbiltniasen
geneigt seien, die Fonktionen des Majors bei den Regimentern sn
ttbemebman, nm Yersetsungen sn Tenneiden, so soll ihien WttnsobeQ
mögllohst entsproehen werden.
Die Besflge der rengaglerten nnd kommlisionlerten Unteroffiiiei«
setsen sieh snsanunen ans der Besoldung und aas Brotgeld, Fleiseii-
geld usw. Nor In aktiven Dienst wurden ihnen aber froher diese
BntsehSdigungen geiahlt, bei Urlauben hatten sie nur Anspmoh anf
Sold nnd dieser leiehte nieht nm ihnen eb Auskommen an erianben.
Digitized by Google
(Jm»obaiL
488
Durch Erlais vom 2. Jnli 1903 wurde daher bestimmt, tlals aui^h die
Enfcschädigangen für Lebensmittel und Fleisch, also dm Beküstitrungs-
geld ihnen immer za zahlen eeiea, i^obaid ait aktiven Sold erhalten.
Diese Bestimniung erstreckt sieb alipr nar auf die Unterofliziere der
Heimatarmee. Ein Erlafs des Prui>i(ienten de i lit puhlik dehnt sie
auch auf die Uuterotfiaiere der Kolonialtruppen aus. Auch das An-
recht der Korporale und Gemeinen, die Kapitalaaten sind, auf Sold-
znlage bleibt ihnen bei Beurlaubungen.
Die Deputiertenkammer hat in erster Lesung einen Antrag an- JI??*'^
genommen, der den hilfsbedtlrftigen Familien tod zu Übungen ein- von
benifenen Leuten der Reserve und Landwehr eine Staatsuntersttitzung Familien,
gewähren will. Die Unterstützung von Familien von zum Dienst
«in he orderten FatnilieositUtzen bildet bekanntlich den Inhalt eines
Kapitels des Gesetzentwurfs, betreffend die zweijährige Dienstzeit
und zwar Sollen die Untersttttzuugtji aut volle zwei Jahre gewährt
werden. Diese Malsnahme kHiiu man anch nur als die notwendige
Folge des Fallenlassens jeder Befreiung aus bürgerlichen Rück-
sichten betrachten.
Ein Erlals des Ministeriums vom 6. Februar ordnet an, dals die
durch Dekret vom 3. September 1900 angeordneten Malsnahmen für culn^^*"
die Sicberstellung der Verpflegung von Truppen und Zivilbevölkerung
in festen Plätzen mittelst direkten Ankaufs vom Produzenten eine
Kontrolle an Ort und Stelle durch einen Generalintendanten erfahren
soll. Diese Kontrolle erstreckt sich auf den ganzen Verpflegungs-
dienst ond zwar sowohl auf die von den Kommissionen in den
Departements getroffenen Vorkehrungen als auch die von den
Behörden vorgesehenen AusfÜhrungsmafsregeln. Der Generalintendant
wird vom Minister liestimmt und dieser setzt auch jedes Jahr die
Departements fest, in denen die Kontrolle stattfinden soU. Die
Ptoduzenten werden vienehn Tage yorher durch das Kriegsministeriom
beoacbriehtigt. Der G^nerafintendant luit sich bei dem kommaa-
dieienden Genezal darüber zu orientiereD, wekhe Pankle besondere
Beaebtnng bedürfen.
Der Erlafe des Kriegsminisfteis» der die Ausftthm^bestiiiiiiuingen Re-
des Dekrete Tom 7. Januar 1904 betreifend Anshebnngssnsohals des
Jahrgangs 1908 bringt, ordnet n. a. aneb an, dafs das GesebSft am
22. Febmar beginnen nnd am 19. Mai abgeseUossen sein soll. Ver-
mehrt ist die Zahl der anantellenden Ante, bei 200 zu nntenneben-
den Lenteo sebon S ttber 200 sebon 3. Weiter wird dannf hin-
gewiesen, dab naeh dem £rlalb vom 8. Jannar 1902 twar aneb
Lente als tanglich anfltgehoben werden können» die sieh niefat ftlr
alle Waffen eignen nnd kdne Fehler haben, die den Dienst für dne
JmMtfltor fft 41* «wlMfet Am«» maä lf«iia«. V«. Wh S2
Digitized by Google
484
Umaohau.
der Waffen nicht stören bezw. die Betreficndeu für die Schreiber-
funktionen z. B nicht untauglich macheu, nicht aber solche, die über-
haupt für den DitJist im Heere unbrauchbar sind und bald wieder
alti uutauglicb entlassen werden müssen. Die Keyisioiiskoinmissionen
habeo zu auterscbeideu zwischen taaglicbeo, bedingt tauglichen, noch
soraeksiuteUendeD oder den HiUUneiisleo m ttberwäseBden ans
nnUHigliclien Leateii.
BasExerzier- Das Bzenieneglemeiit fllr die Kayallerie wird, wie das bei
'^fli^die"^ demjenigeD fUr Infinterie sehen im Werke^ in abselibtrer Zeit einer
KaTaUerie. NenbesrbeitaDg antenrorfHi werden. Den Vorsits In dem beireffenden
Anssdinls stdl Qenenl Ondard, jetct Kommsodenr der 6. EaTBllerie-
division, erbslten, der anoh beim Aosseheiden des Gtenend Lallemenl,
das wegen Enreiohens der Altersgraue diobt bevorstebt, an die Spitie
des IV.' Armeekorps treten sollte. Statt seiner eibiett General OndrI
die Stelle. • 18.
Neu- Untemi 11. März ist das dorcb den Übertritt des Divisions-
beseuung g^Q^ral Lallement sar 2. Sektion der Generalit&t frei gewordene
IV AiTiie.- IV. Armeekorps neu besetzt worden. Ernannt wurde der bisherige
Le'lfans 3- Infanteriedivision in Orleans Dinsioosgenerai
£mil Oadri (nicht Oudard von der Kavalleriedivision in Lyon, wie
es anfänglich hiefs). Derselbe ist am 11. Januar 1843 in Durtal
(Maine et Loire) geboren und kam nach Besuch der Spezialmilitär-
schule von St. Cyr 1862 als Unterleatnaot zum 31. Infanterieregiment.
Als Leutnant im Regiment nahm er am Krieg 1S70 gegen Deutsch-
land teil. Ursprünglich zum VL Korps bestimmt, gelaugte das
Ivt'priment später in den Verband des XII. ond nahm unter grofsen
Verlusten an der Sehlacht von Sedan teil. Oudri rettete mit einigen
Offizieren das Fahnentuch des Regiments. Als Kriegsgefangener
■kam er nach Deutschland. Zurückgekehrt wurde er 1872 Kapitän,
kam dann zor leichten afrikanischen Infanterie. 1881 war er in
Tunis, 1883 gehörte er als Nachrichtenoffizier dem Okkupationskorps
von Tunesien an. 1883 wurde er noch zum Major befördert und
kam 1884 zum 3. Turkosregimeot in Algerien. 1887 ging er an
der Spitze eines Znavenbataiilons nach Tonkin, wo er bis 1895
verblieb und sich mehriacb auszeichnete Als Oberst befehligte er
das 2. Fremdenregiment ron 1893 ab. 1895 schitlte er sich nach
Madagaskar ein, wo er an allen Operationen teilnahm. 1896 als
Brigadekomraandant unterdrückte er einen Aufstand und kam auf
den Tagesbefehl. 1896 kehrte er nach Frankreich zarück, übernahm
erst einf Hrigade in Algerien und 19U0 die 9. Infanteriedivision in
Orleans. Er besitzt eine grolse Menge, von Auszeichnungen.
Sohott.
Digitized by Google
UmtflliMi.
486
BtliUaad.
General Karopatkin bat das earopäiscbe Hufsland verbissen,
am die tob ihm mit soviel Erfolg innegehabte Stellang des Kriegs-
ministers, mit der des Oberkommandiereuden der mandschurischen
Armee zu vertauschen. Wir babes 1108 mit der Persönlichkeit
des Generals in diesen BlSttem so oft beschäftigt, dab wir
akbit mehr aof den Werdegang dieses so bedenkenden OMsieis
znrnckkammen. Wir erinnern nnr daran» daft (jteneiala^jatanl
Knropatkin andi infolge seiner letcta Rdse naeb dem rossiBehen
Asien eingehende Kenntnis ron den dortigen milittrisehen Verhält-
nissen gewonnen bat nnd für seine sieherUdi nntw den obwaltenden
VerhSltnissen sehr sebwierige Stellung gewils der richtige Mann ist.
Fast mit dem Tage der Abreise Knropatkins nach dem ^Fernen
Osten" fiel der Tod eines mit Recht in Hufsland h och i^e schätzten
Vorgrängers auf dem Posten des Kriegsministers zusammen; deö
Geuei al adjutanten Peter Ssemenowitscb VVannowskij.
Geboren 1822 ira Gouvernement Minsks hatte er seine ersten
kriegerischen Krfahruiigen schon im Orientkriege gemacht und war
1800 bereits auf den wichtigsten Posten des Kommandeurs der eben
gegründeten Offizier-Schielsschule berufen worden. Seine Tätigkeit
auf dem Grebiete des Militäronterrichtswesens im weitesten Sinne des
Wortes war seit jener Zeit eine hervorragende.
Während deb letzten russisch-tUrkiscben Krieges war er kom-
maudierender General des XII. Armeekorps, wurde aber nach liber-
8chreitnng der Donau zum Chef des Stabes der unter Befehl des
späteren Kaisers Alexander HI. stehenden Hustscbaker Armeeabteilang
ernannt. Die in dieser Stellong bewiesene Tüchtigkeit wnrde nicht
nur durch Verleihung des Georgsordecs o. Klasse anerkannt, sondern
gewann ihm auch das Vertrauen dieses Fürsten in solchem Malse,
dafs ihn derselbe nach seiner Thronbesteigung zum Kriegsminister
machte, und er bis 1898 blieb. Im Jahre 1901 wnrde er aus Ver-
nnlassong der studentischen Unruhen auf den verantwortlichen Posten
des Ministers der Volksaufklarung berufen, nm diese so schwierige
Aufgabe bis zum Jahre 1902 zu erfüllen. Seim^ Wirkens ist auch
in diesen Bl«1tt«rn wiederholt gedacht, namentlich seines hervor-
ragenden Aiitt'ilh an der Vermehrung. Neubewaffnung, Organisation
und der N'erbcssernng der Ausbildung der russischen Armee uuter
dem Zaren Alexander III.
Vom Kriegsschauplatz lauten, wie es nicht anders zu erwarten
ist. die Nachrichten spärlich. Die russische Armee wird andauernd
verstärkt; wenn auch bei den Verhältnissen der sibirischen Eisen-
82*
Digitized by Google
466
bahn im langsamen Tempo. Ebenso scheint die japanische Armee
noch immer nicht mit stärkeren Kräften im Norden Koreas angelangt
za sein. Dals eine Landung^ im Oolfe von Liautuug noch nicht
statt gefimden hat, steht fest. Ehe China nicht aus seiner Neutralität
herausgretreten ist, ersobeiot eine solche Landung auch mehr als an-
wahrscbeinlicb.
Die Verlan*: sainung der Konzentrierung der Kusseu
wie die der Japaner wird verursacht durch die militär-
geoL^ra))hisnben Verhältnisse des Kriegsschauplatzes.
Selten hat sich die Gewalt der Natar desselben so gellend
gemacht wie in dies« ni Kriege.
Mau hat die Leistungsfähigkeit der sibirischen Eisenbahn, je
nach dem politisch-militärischen ParteistandpunlLte bald Uber-, bald
unterschätzt.
Es sei dahiii^t sieilt, ob man nur täglich 4 Züge, wie die riiien
«»der 7. wie die arideren annehmen, oder ^ar 11 Züge mit Truppti
netorüeri) kann. Wir neigen uns nach Kenntnis der Dinge mehr der
kieineren wie der grülseren Zah! zu.
Man vergilst nur häufi":, dals mindestens ebenso erschwerend
wie die ireringe Leistungsfähigkeit der Bahn infolge ihrer Anlage
die rnterbrechung am Baikalsee ist. Bis zum April bat man die
Wahrscheinlichkeit, die Eisdecke ftlr den Transport von der Station
Baikai im Westen bis zur Station Mijsso\\aja bezw. Tauchoj, be-
nutzen zu können. Doch, wenn Optimisten anzunehmen scheinen,
dafs man in der Lage sei, die TruppenzUge direkt über das Eis zu
fuhren, so entspricht dies nicht den Tatsachen. Die lokale Fresse
Transbaikaiiens und Sibiriens berichtet nichts hiervon. Es sind die
Schienen auf der jetzt noch etwas über H8 Kiluiueter betragenden
Strecke gelegt. Der Versach aber, Lokomotiven auf das Eis zu
bringen und mit ihrer Hilfe die Zttge vorwärts zu bewegen, ist
nieht geglückt. Die Waggons werden von Pferden herübergezogen,
wodurch man in der Lage ist, eventneil auch etwas Kriegsmaterial
herUberzasehaffen und das rollende Material der Transhaikal- ond
der ostchinesischen Eisenbahn zu verstärken; die Truppen selbst
marschieren ttber den See. niUssen also an der Westseite desselben
die ZUge verlassen, uiu auf der Ostseite die Züge der Ostchinesiscben
Eisenhahü zu besteigen. Welches Hemmnis dieses Aus- und Eiu-
schifi'ei]. welche Strapaze der 38 Kilometer lange Marsch ist, bedart
keiner Erklärung.
Man darf sieb den Baikal im gefroreneu Zustande nämlich
niobt wie eine Schlittenbahn vorstellen, auf deren glatter Fläche
man ohne Hemmnisse dahinfliegt; sondern es finden sich auf ihni
Digitized by Google
UmiduHi.
487
die Eisschollen oft httgelgleicb UbereiDander geschoben and das Eis
durch Meter breite Risse unterbrochen. Hierzu kommen die Schnee*
stürme des eisigen sibirischen Winters, welche den Schnee aof-
tUrmten nnd den Marsch den oft bei einer Kälte von 20 Grad Celsias
und mehr den See abenehrehenden Trappen in hohem Malse
erschweren.
Die Truppen verbleiben nach ihrer Ankunft auf der Westseite
des Sees die Nacht in den Waggons nnd treten bei Tagesanbruch
den Marsch Uber den See an^ eine Leistung, die grofse Anforderungen
an die Wochen lang im Eisenbahnwagen sitzenden Leute stellt.
Nach Erklärung des den Transport Uber den See leitenden Offiziers
wird das Gepäck auf den kleinen sibirischen Bauemschlitten, die zu
diesem Zwecke massenhaft requiriert sind, fttr je ftlnf Mann der
Mannschaften nachgefahren, auch werden etwaige Marode auf sie
gesetzt. Da die 38 Kilometer in einem Tage zurückgelegt werden
müssen, so sind in der Mitte des Sees Wärmehallen errichtet, in
denen die Truppen einen grölseren Halt machen und mit warmer
Mahlzeit vorsehen werden. Ob diese Mafsregeln aber geeignet sind,
alle die Sehwierigkeiteu zu tiberwinden, welche der sibirisehe Winter
den Truppen (»ntp>irenstellt, stehe dahin I
Auch die Zugdistanz der anf der sibirischen Bahn verkehrenden
Transporte soll nach einer Meldung der ^Wostotschnoje Obosujeuije"*
das Eisen bah iiministerium dadurch zu verringern suchen, dals
es eine grölsere Zahl Ausweiehestelien anlegen liefs. Um die
^Vjrbeiten abzuktlrzen nnd schon zur Winterszeit von dieser Ver-
I»e8semng Vorteil /it hen zu können, soll man sieb entschlossen
haben, die Schienen neben dem bisherigen Eisenbahiidamm auf den
gewachsenen Roden zu legen und die Verbiudungsscbit neu zu ihnen
hinab und wieder hinauf zum Bahndamm zu legen Krst in der
waniieu Jabrtszr it will man den Bahndamm so verbreitern, dals die
Weiche auf ihm angebracht werden kann.
Der Vormarsch der Japaner durch Korea wird durch den
Zustand der Laudverbiudungen dieses Landen gehemmt, namentUeh
zur Winterszeit.
Korea hat. abgesehen von der 40 Kiiumeter langen Eisenbahn
'1 schemulpho-Soui, nur einige Strai'sen, auf denen zur Not zweirädrige
Karren vorwärts kommen können; es sollen im ganzen sechs sein,
unter ihnen die von Sun-tyär im iSttden Uber Tschön-tjiu-pu und
Kongtjiu, S?5ol, Pyöng-yang. Autjin nach Witschou (Widschou) am
Valu und die von Fasan über Tapku-pu, Koug-tiin auf Söul und
von dort über Wüusan und Haniheung nach Nordosten.
Brücken gibt es aber auch auf diesen kaum mit Ausuahme auf
Digitized by Google
488
Uiudchau.
der Stralse SM nun Tain, Bof weleher frOber al^ährUeli dem Kaiser
von (Mdm, dmeb eine GeBandtoebaft seiteos de« Vasallmtaals Korea
danabringeiideD Gescbeoke naeb Peking giogeo.
Die BrUflken besteben im allgemeinen noz anf ttber einige dUme
Stangen als BOeke gelegtes Beisig, das bei Hoebwasser — > also
gerade in der Zeit, wo tie GebirgiflUsse uiebt zu dnrobfiirten sind,
anf das Ufer gebraebt wird. Die anderen Wege des Gebirgs-
landes sind Sanm* bezw. Fnfiipfade. Welobe UInge die Kolonnen
annebmen müssen, deren Bagage von Trägem fortgesobafft werden
mnfs, liegt nabe.
Dies nnd manobes andere, wie mangelbafte Unterfconfl usw.
ersebwert die VorwürtsbewegaDg der Tmppen. v. Z.
OrobbritaniiieiL
Mturine. Der Korrespondent des Pariser Figaio bracbte jüngst ans
britiseben Harinekreisen die Nacbriebt, dafe man, naeb den Erfolgen der
japanisehen Torpedoboote gegen nissisebe Panzer rom Bao mäeb-
tiger Panzer abgekommen sei and am Soblnls des japaniacb-
rossisoben Krieges eine yOlllg neue Orlentiernng imSobIffsbao,
wie Übrigens aueb in der Organisation der Landstreitkrilite, die daan
in die erste Linie rtteken würden, erleben werde. Der Korrespondent
basiert seine Ansiobt n. a. aof eine jüngst in den Gewässern der
Insel Wigbt stattgebabte Übnng eines Gesobwadeis mit Torpedoboots-
jMgem ans Ghatbam, Portsmontb, Plymontb gegen eine Flottille roo
Unterseebooten (die sieb übrigens bei einer Obnng in der Verteidi-
gang ron Portsmontb wenig bewäbrt baben sollen) nnter Kapitän
Baeon. Man dnifte gegen diese Meldung, die übrigens aneh von sebr
emsiger Arbeit in den Arsenalen ricbttgerweise spraeb, sebon an nnd
' für sieb mifetraniseb sein. Das Marinebadget 1904/05, dessen Vor-
anscblag nnterdes bekannt geworden, zerstört alle Zweilei. Verlangt
werden 36889000 statt 84457000 £ im laufenden Jabre, rand 2^
Millionen £ mebr, and die Mebransgaben werden bedingt dnreb die
für den 1. April 1904 beabriditigte Restzabhing filr die gekauften
ebileniseben Schiffe nnd die Besobaflbng ibrer Munition für 1905.
11654172 £ sind aulserdem für Neubauten bestimmt, die 2 Seblaebt-
scbide, 4 Panzerkreuzer, 14 Torpedoboot^äger, 10 Unterseeboote
omfasaeo sollen. Die Bemannung der Flotte erfäbrt anfserdem eme
Vermehrung um 4000 Köpfe.
Hoch klang das Lied, das der Kriegsmbdsler Arnold-Forster
jüngst dem neuen definitiv angenommenen Hobrrüeklauf-Feld-
gesebuts, einem 18pfünder sang, ansebeinend ein 8 em, mit dem man
Digitized by Google
UbmIu».
489
schon im üochsommer 1904 die in der Heimat stehenden Feldbatterien
nrnzabewaffnen beginnen will. Er, der Ejicgsminigter, meinte, das
neue britische Feldg-escbtttz sei demjenigen alier Festlandmftchte
überlegen. Das Oesehtltz weist Schntzscbilde auf, anch will man die
Mnnitionshinterwagen panzern. Zweifelhaft will uns erscheinen, ob
das Geschütz, das eine «ranz achtenswerte Wirkuoic dt s KiQzelschusse>
liefern ma^. ohne dals man die Protzmunition zu sehr einschränken
mais, billigende Beweglichkeit als Fahrzeug nnd abgejirotzt besitzen
wird. Die britische Fachpresse he/.weitelt dies ebenfalls and meint,
man werde in absehbarer Zeit, dieüeü Typ annehmend, wohl wieder
za einer Umbewaffnung kommen mttssen. 18
Brasilien.
Zq den vielen Staaten, die eine Neubewafl&iung ihrer Feld- Schieöver-
artillerie vorzunehraeu gedenken, gehört auch Brasilien, Im Sommer **Rohr°"*
1903 tacden dort Versuche mit Rohrrückiaufgeschützen von Schneider- l Ucklauf-
Canet in ( Veuzot und Krupp statt. Über die Kmppschen Geschlltze g^«^**««»-
and einiire damit ansarefUbrte Versuche soll näheres mitgeteilt ^\ erden.
Zu den \'ersuehen ^v;^reü je rine 7.0 nnd 7,5 ein Kanone heran-
gezogeu; die ^viellti;:^slen Angaben Uber Abmessangeu und Gewichte
enthält folgende Übersicht
7 cm 7,5 cm
Länge des Kobra in Kalibern .... 30 2B
Geschofsgewicbt kg 5,3 5,5
Zahl und Gewicht der Schrapnellkogeln 235 ä 11 g 245 i II g
Anfangsgeschwindiorkeit m 480 49ü
Arbeitsleistung: an der Mündung . .m 62,4 67,5
Gewicht des abgeprotzten Geschützes kg 717*) 744*)
Gewicht des aufgeprotzten Geschützes kg 12690 1290*)
Scbnlszahl in der Protze 86 32
Der für die 7,5 cm Kanone konstruierte Manitionswagen nimmt
80 Sehofs auf und wiegt 1216 kg. Der Hinterwagen ist mit einem
4,6 mm starken Klapppanzer versehen.
Am 9. Oktober 1903 fand in Gegenwart des Präsidenten von
Brasilien ein Sobieüsen ans beiden Qesohtttzen gegen geleehtBrnttflrige
Ziele statt
Das erste Ziel — zwei Geschütze mit danebenstehenden Munitions
hinterwagen, besetzt mit je neun Mann, davon secbs am Geschütz,
drei am Munitionswan:en, alle hinter Stahlschilden — wurde aus der
7 cm Kanone mit 25 Schrapnells, von der 7,5 om mit 35 Spreng-
^) Ohne Schützschilde ; mit 4,6 mm starkeu .Schild etwa 70 kg mehr.
Digitized by Google
490
UbmIim.
granatt n auf 2500 m beschossen. Von den 18 Hann wurden 16
getroffen. Die 7 cm Kanone traf acht Mann durch 32 scharfe Kug-eln,
neon SprengstUcke; zwei Mann dairoD waren siebartig durchlöchert.
Das gute Treffresultat erklärt sich daraus, dais der vor dem Geschütz
aufirestellte Schutzschild umgeworfen war. — Die 7,5 cm Kanone
hatte ebenfalls acht Mann getrofieo, zum Teil durch aozähliob viel
Spreagstttcke.
Das zweite Ziel war eine Schützenlinie von 50 Scheiben, die
gegen Sohrapnellfeuer durch einen Erdaufwurf vollkoumuMi gedekt
waren; Entfernnog etwa 2500 m. Dnrch 50 Spreuggrauateu wordea
28 Scheiben mit 75 Sprengstückeu getrorten.
Dan dritte Ziel — vier Scheiben von '^0 m Breite, 2 ni Höhe
io Abständen von iuu m hintereinander — wurde mit 35 Schrapnells
beschossen. Zielentfernnng der vordersten Scheibe 2ui>0 m. Das
Ziel wurde dnrch 1541 tscharfe Kugeln 36 Spregstücke in Summa
also 1597 Treffer getroffen. Auf jede Scheibe entfallen somit rund
400 Treffer; pro Schufs 45.6 Treffer.
Das vierte Ziel besUud aus einer 4ü m langen Schützenlinie
mh 60 Schützenscheibeo von 50 cm Höhe. Mit 24 Schrapnells auf
1100 m wurden 38 Figuren durch 63 scharfe Treffer getroffen —
eine Scheibe war ganz zerstört.
Das letzte Ziel stellte einen Reiterangriff dar: 15 Rtitirseheiben
mit einem Schritt leichtem Zwischen! ;ium wurden auf 800 m durch
20 Schrapnells beschossen; davon 14 durch 57 scharfe Treffer ge-
troffen.
Diese Resultate sind recht gUnstig, namentlich wenn man das
geringe Gewicht dtr Geschosse berücksichtigt.
Von besonderem Interesse ist noch eine Gewaltprobe, der ein
Kruppsches Geschütz, freilich unbeabsichtigter Weise, unterwürfen
worden ist und die es glänzeud bestanden hat. In Realengo einem
kleinem Städtchen, wo die VersuchsgeschUtze mit ihrer Munition in
einem Schuppen untergebracht waren, brach am 11. August 1903
eine Feuersbrunst aus, die diesen Schuppen vollständig zerstörte.
Natürlich wurde auch die Munition — flber 1000 scharf geladene
darunter 50 Sprenggranaten — von dem Feuer ergriffen; die
Patronenladungen explodierten und schleuderten die Geschosse umher.
So wurden die Geschütze nicht nur durch das Feaer zerstOrt, sondern
erlitten auch durch die Geschosse oder deren Splitter manDigfaehe
Beschädigungen. Alle Holz- und Ledertelle des Gesofattlzes waren
ToUatilndig durch das Feoer serstOrt; die Eiaentdlei 1^ sar V^dftglllh-
Mize erwärmt, hatten meh stark rerbogen, das In der Rfteklanfbreiiise
befindliehe Glyzerin war TÖllig von dem gltlbendeo Stahl aofigesogen.
Digitized by Google
UmiduHBL
491
Bei dem LöschTersaeh wsreii gtoüie Maogen kalten Wassere aaf deo
glnhenden Stab! aosgegosseo, woranter detBen Qaalitttl nalttrltob
sehr leiden mulste. Trotzdem gebug et, das Oesebtttz, nachdem die
Lafette fast ganz auseinander geaemmen war, mit den geringen Hilfe-
roitteln der kleinen Stadt wieder soweit instand zu setzen, das es einige
Schüsse abgeben konnte. Die Stelle der verbrannten Räder vertrat
eine Holzonterlage für die Achsschenkel. Es zeigte sich, dals die
Bremse und die stark ausgeglühten Vorholfedem imstande waren,
dn9 Kohr selbst bei einer Erhöhung von 15 Grad wieder in die
Schielsstellung vorzubringen. Wohl niemals ist ein Geschütz einer
80 schweren Probe onterwoifeu worden and bat sie so glänzend be-
standen, wie hier. Bohne.
Ostasien.
In bezug auf die Ansrttstnng mit Feldgeschützen befindet sich
Kufslaüd noch in einem Übergangsstadium, insofern ist auch hierin f'eld-
der Krieg zu frUh ausgebrochen. Allerdings liat Rufsland bereits 1900 f ^^kJfet^.
sich für ein Kohrrücklaufgeschütz entschieden, welches als M/1900 führenden
bezeichnet, nach dem Fabrikationsort auch PutilowireschUtz genannt ^f^hte.*>
wird. Die Konstruktion kann aber nicht als tine sehr glückliche
gekennzeichnet werden; der Rohrrücklaut hat nicht die genügende
Länge, die ballistischen Anlc^rdt run^cn gehen /u hoch; das GescbUtz
steht beim Schiefeen nicht ruhiL^ genug und iöt sehr schwerfällig.
Man nimmt au, dafs lür die weitere Fabrikation ein passenderes
Muster gewählt ist. Wie weit die BevvaÜnuug gediehen, kann nicht
mit Sicherheit angej^eiien werden, ebensowenig wie es mit der Be-
waffnung der Feldartilierie in Ostasien geworden ist. Dal's dortige
Batterien mit diesem Geschütz ausgerüstet sind, steht wohl fest;
doch ist Uber die Zahl nichts bekannt.
Man kann wohl aunehmen, daCs die Mehrzahl der Feldbatterien
noch mit dem umgeänderten Geschütz M/95, welches 1900 in Paris
ausgestellt war, der sogenannten leichten Kanone und, soweit es die
reitenden Batterien betrifft, mit der EavallerielLanone, die noob er-
leichtert ist, bewaffnet sind. Das umfireänderte Gesobttts bat dorcb
Anbringung eines elastischeo Sebwanzeparns, Venebiebbarkeit des
Lafettenkörpers auf der Aebie behob feiner Seileiiriebtnng, Ver-
legung der Viaierlink nach yorwftite die Feaergeeebwindigkeit und
dnreh verbessole Ge8ehoMaiielroklio& die WirlLong edUfbl Es
lassen sieb bis vierSebnls in der Mioate abgeben. Im Zusammen-
hange mit dem grolben Kaliber von 8,7 em steht ein groibes Gesebob-
gewieht 8 leg, femer efai hohes Batterie- and Fahnenggewioht
*) Siebe auch Aufsatz Seite 480 u. ff.
Digitized by Google
492
tTuchaa.
(1065 kg bezw. 1986 kg), so dals das Geschütz mit einem zeit-
gernttbeo SehoelUeaergesohttte nicht in Wettbewerb treten kann.
W«8 nun das Schnellfenergesohtttz M/1900 betrifil, so sehreibt
man ihm eine Fenergeschwindigkeit von 15—20 Sohofs in der
Minote zu» gibt aber zn, dals es beim Sohielsen etwas nnruhig ist
Dies hängt anoh mit der sehr hohen Geseholsgeschwindigkeit von
689 m sosammen. Das Fahrzenggewioht wird mit 1884 kg an-
gegeben. Als Geschofs wird nnr ein Sehiapnell geftthrty das sweok-
entspieohend konstrniert ist.
Auf dem voranssiebtliehen Kriegssehanpiatz kommt infoige der
geringen Wegsamkeit die mssiscbe Artillerie dnreb die Gewiohts-
▼erbUtnisse beider GeBCbtttze in Verlegenheit Hier sind besondera
Gebiigsgesehtttse angebracht, mit denen man nnr nngenOgend ans-
gerttstet ist Von flerannehnng von Feldmörsem hat man noeh niebta
vernommen» sie würde wobl anoh znnäebst nieht am Platee sein.
Za bemerken bleibt noeh, daih das ScbnellfeaergesebfltK keine
Sehntuebüde fUirt, denen man in RnUsland ttl>erfaanpt abhold ist
— JSß fragt sieb noch, ob bei greiser Kälte die KaotsehnkpafTer
nicht den Dienst versagen.
In Japan war Ausgangs der 90er Jahre ein Wettbewerb um ein
modernes Scbnellfeuerfeldgesohutz aasgeschrieben. Beteiligt waren
^Vied. Krupp in Essen, tranzösische Firmen und japanische technische
Offiziere, daiuatir Arisaka, dessen KUcklaufbemmung zuerst in einem
System von Hemmschuhen bestand. Ans nationalen Grtlnden wählt
man eine Konstmktion von Arisaka^ aber mit Federspom, keinen
Rohrrücklauf. Das Kaliber ist das gewöhnliche von 7,5 cm. Das
Geschütz bat die günstigen Gewichtsverbältnisse moderner Sohnell-
feuergeschtttze and ist darin beiden mssisehen Gesoblttzen ttberlegen.
Die Konstroktion trägt den ungünstigen Wegeverbältinssea Reehnnng.
Die HersteUnng der GeschtttEe hat in Essen ans dem besten
Material stattgefiinden. Die Gebirgsgesehtttse» die in Japan sabirdeh
vertieten sind, haben dasselbe Kaliber and sind gleichfalls von
Aiisaka konstniiert. In liesohränktar Zahl sind Hanbitien von
12 om nnd von 15 om Kaliber vorhanden.
Wenu die ballistische und technische LeistungsfUhigk' it bei den
japanischen Geschützen keine so hohe ist als bei dem Pulilow-
geschUtz, 80 haben erstere daiUr den Vorteil, dafs sie sich den Ver-
hältnissen des Kriegsschauplatres besser anpassen, als die russischen
Geschütze. Auf keiner der beiden Seiten sind Schutzschilde ver-
treten, der Kuhn ücklaui mir auf Seiten liuislaads vorkommend, aber
auch nur in beschrauktem Umfang. FUrs erste ist wenig Aussicht,
Digitized by Google
UnsabMi.
493
besonders weitgehende Folgerangen fttr die FeldgesehQtzfirageD in
Europa aus dem Krieg im fernen Osten ziehen zo können.
Die Infanterie TOn Japan ftlbrte im Kriege gegen China 1894/95 Gewehr-
Muratagewehre M/80 und M/87. Erstere waren Einzellader vom ^^^^j^^H^^
Kaliber 11 mm, ähnlieh dem deutschen Maasergewehr M/71. Das fühn iidtm
M/87 hat ein Kaliber von 8 mm; es hat ein Röhren magazin für Mächt«,
acht Patronen, ähnlich dem Lebelirewehr. Die Läugre ist 1 ,22 m
ohne, 1,545 ni mit Bajonett, Gewicht 4.()H J kg, be/w. 4,88 kg. Der
Verschluls hat Drehbewegung. Das Hartbleigesrhofs mit Kupfrr^
mantel wiegt lö,42 g. die Ladung 2,53 g raoi hschwaches Pulver.
Die Mündongsjreschwindip-keit ist 504 ni, Reserve- und Landwehr-
truppen führen dies Gewehr noch heute. Es kann mit d^n nbriirt n
Gewehren der Kaliberstufe 8 bis 7,5 mm noch in Wettbewerb treten.
Getreu seinem Fortschrittsbestreben hat Japan für sein Heer
erster Linie bereits 1897 der weiteren Kaliberverminderung sich
aogescblossen, wie wir sie in ItaiieDi Rumänien, Holland, ächweden,
Norwegen, Spanien etc. finden.
Das Gewehr gehört der Oniiipe der 7 bis 6 nim-Gewehre an.
Unbeirrt durch die viel verbreitete Ansicht von der geringen Ver-
wnndungsfähigkeit solcher GewehrkaUher hat man ein solches von
6,5 mm anLiTuntinien. Man fr.strelUr ein ^^erinircres Gewicht der VVati'e
mit Bezui: iiahnie aul die ^'^eriniie Kürpcrlauge deis infanterieersatzes.
Ohne R;i|(»nett wiegt das (rewehr nur :i,9 kg Eine nationale Kom-
mission. Ht'lchi r (Iii; Ober^tPIl Arisaka, iiongo und der Ingenieur
Murata angehorten, verdankt das gemeinhin nach Arisaka benannte
Gewehr seine Entstehiing, das im wesentlichen ein Mehrlader nach
Mauser ist, mit veränderter Kammer und vielfuchrii sonstigen
Änderungen, so dafs man glaubt, es als eine Natioualwaffe be-
zeichnen zn dürfen. I^adestreifen mit fünf Patronen dienen zum
Laden des Gewehrs. Die drehbare Kammer hat ihre Warzen vorne.
Das Mantelgescholö wiegt 10.5 g und erlangt mit 2,14 g rauchlosen
Pulvers von Itabaski eine Mimdungsgeschwindigkeit von 725 m.
Das Geschofs hat einen Hartblei kern und einen Mantel von Neu-
silber. Das Visir geht Ton 40O bis 200U m. Das Gewehr hat ein
SäbeUta jonett von 55 cm Länge der Klinge, (iewieht des Gewehrs
mit Bajonett 4,U8o kg. Der Lauf hal einen hölzernen Handschutz.
Das Gewehr ist ohne Bajonett 1.27 m, mit solchem l,t>G m lang.
Die Patrone hat eine Lange von 7ü mm, ein Gewicht von 22.44 g.
Die Waffe hat eine grofise TreflfUhigkeit und Schnfsweite, der KUck-
Stöfs ist gering. Im Schnellfeuer lassen sich 30 — 40 Schul« iu der
Minute abgeben.
Die au sich nicht bedeutende japanische Kavallerie führt einen
Digitized by Google
494
entsprechend kanstraierten Karabiner mit Viaernag bis 1500 m,
der nm^ehiin^^t getragen wird.
Die ge^-amte russische iDfanterie ist mit dem Dreilinien-
gewehr M/f)j bewaffnet. Es g:ehärt der gleichen Kaliberklasse an,
wie unaer Gewehr von 88 und !)S. von 8 bis 7,5 mm. Geomi ist
der Kaliber 7,62 mm. Das Gewehr wiegt ohne Bajonett fast 4 kg,
mit solchem 4.8 kp. Es hat einen drehbaren Zvlinder\ erschlufs nnd
wird mit Ladestreifen von fllnf Patronen geladen, Magazin im Mittel-
scbaft. Visiernng irelit bis 1920 m. Das Geschols hat einen Nickel-
kapfermantel und wiegt 13,73 g, die Ladung 2,22 g. die Patrone
25,8 g. Die MUndungsgeecb windigkeit ist 635 m. Die Länge des
Gewehrs ohne Bajonett ist 1,29 ni, mit solchem 1,73 m. Die
regoläre Kavallerie hat das Dragonergewehr, welches gleichfalls mit
einem Hajonett versehen ist, es ist ca. 13 cm ktlrzer und ca. OJ35 kg
leichter als das Infaritenegewehr. Die Kasaken führen einen Kara-
hiiuT von gleichem Kaliber wie das (rewehr, um 0,72 leicliter
als das Infantenegewehr} im Übrigen ähnlich eingerichtet, ohne
lii^onett.
Vergleichen wir nnn die Handfeoerwafien beider kriegführenden
Mächte, so befindet sich Japan auf einer weiter vorgeschrittenen
Stufe, die den Vorteil grOlserer Rasanz und Tragweite, sowie eines
geringeren Patrouengewichts besitzt. In der Feuergeschwindigkeit
wird bei dem gleichen Lademodus kein erheblicher Unterschied sein.
Dagegen kann man einwerfen, dafs bei dem kleinen Kaliber des
japanischen Gewehrs attackierende feindlirhe Kavallerie nicht so
wirksam aufgehalten werden wird, als duroli das Dreilinionpewehr,
die Verwnnd untren durch das japanische Gewehr aneb le ichter heilen,
als die ilureh das rassische bcrrorgebrachten Hier, wo die beiden
Kaliber sich in der Hand ;j:rolser Armeen eulireireiitreten, wird man
jedenfalls lehrreiche Ertahrungen macheu, umfassender als im süd-
afrikanischen Kriege, wo auch schon beide Kaliberstufen einander
gegenttbertraten. Schott,
Digitized by Goor»?p
litwttnr.
Literatur.
495
1. BOcher.
Denkwürdigkeiten des Generals und Admirals t. StMOh» erster
Chef der Admiralität. Briefe und Tagebuchblätter herausgegeben
von Ulrich v. S losch, HauptmanQ a.D. Stuttgart und Leipsig.
Deutsche Verlagsanstalt 1904.
Diese Oenkwürdigkeiten waren schon früher in der „Deutschen
Revue" erscluenen, um Jetzt wie der Herr Herausgeijei- in einem
„Nachwort" schreibt, kontraktlicher Verpflichtung geraäfs in Buchform
in die Welt zu geben. Das ist dankenswert, denn man bekommt so
doch einen abgescUoss^nen Bindmok von dem We«en, der Denkungs-
art und auch von den Leistungen des Generals v. Stoech. Derselbe
war jedenftdls einer der bedeutendsten Persönlichkeiten welche 1866,
sowie 1870/1871 im Felde und spiter organisatorisch tätig gewesen
sind. Bin klarer Kopf, ein fester Charakter, ein entsclüossener Mann,
dem eine nicht gewöhnliche militäris('he Begabung, sowie ein reichoM
Wissen auszfi<-hneten. so wird General v. Stosch in der Geschichte
jener denkwürdigen Zeit dastehen. Soweit sie unbefangen ist.
Hier setzt das „aber" ein und dieses „aber** steht mit der polltischen
Tätigkeit v. Stoschs im Zusammenhange. Er war dem Kronprinzen
«seinem Herrn", wie er ihn öfters xu nennen pflegt, treu ergeben und
teilte durchaus dessen politische Ansiebten. Dafs diese nicht immer
diejenigen Bismarcks waren, ist bekannt, und so lag es eigentlich in
der Natur der Dinge, dafs t. Stosch politisch Öfters im Bismarck-
feindlichen Lager stand. Aber doch nur saohlieh, nicht in persön-
licher .Animosität. Wenigstens erhält man diesen Eindruck bei der
Lektüre der vielfach sehr interes.santen Denkwürdigkeiten. Selbst zu-
gegeben, dafs V. Stosch ein sogenannter „politischer" General war. so
waren das v. Manteuffel. v. Gerlach. v. Roon aucli und /.war in nocii
ausgesprochener Weise, wie v. Stosch. Allerdings in streng konservativem
Sinn, letzterer mehr in liberaler Kichtung. Genau wie der Kronprinz.
Kein Einsichtiger wird aber den Genannten aus ihrer politischen
Richtung einen Vorwurf machen wollen. Warum dem General
Stosch, weil er „liberal** war? Scharnhorst^ Gneisenau, Boyen
waren su Ihrer Zeit auch liberal. Und doch dankt ihnen das Vater-
land unendlich viel. Im übrigen ist das ganze neue Deutsche Reich
ein spezifisch liberaler Gedanke gewesen. Das soll man doch nicht
vergessen hei der Beurteilung von Männern, deren Königstreue und
Vaterlandsliebe genau so feststand, wie diejenige ihrer politischen
Gegner. Den Soldaten kann es deshalb weiter nicht abhalten, den
Verdiensten v. Stoschs gerecht zu werden und diese waren recht
vielseitige. Fast jede Seite der Denkwürdigkelten vom Jahre 1864 ab
Digitized by Google
496
bestätigt dies, ohne dafs irgendwo ein Vordrängen oder Wichtigtun
des Briel'schreibers bemerkbar ist, der aufserdem ein ebenso viel-
belesener, wie geistreicher und wisaenschaftlich hochgebildetor Mann
war. Bs wSre zu wfinschen, dafs die Armee recht viele solcher
Generale aufonweisen hAtte wie v. Stcsch einer war, der sieh auch
den adiwierigston Lagen gewachsen zeigte!
Die Gründe, warum Hauptmann v. Stosch nicht auch die Denit-
Würdigkeiten seines Vaters von 1872 ab erscheinen lassen will — er
tiefürchtüt ..neues Auslösen persönlichen Grolles" — sind mir nicht
ganz verstäin^lirh. I ber den persönlirhpn Rücksichten steht — zuma!
von den B» tLili^;!* ii wohl keiner mehr unter den Lebenden weilt —
für den Historiker die Wahrheit. Diese Pflicht hatte aber dei- Heraus-
geber - wie er selbst sagt - ■ seinem Vater gegenüber übernommen!
Keim.
KriegsgescAiehtildie BtnaeMirlflai. Heft S3. Herausgegeben vom
Grofsen Generalstabe. Kriegsgeschichtliehe Abteilang L
Berlin 1904. B. 8. Hittter k Sohn.
Die krieg^^BOhichtüche Abteilung 1 des Grofseu Generalstabes
hat mit der Überführung der kriegsgeschichtlichen Einzelschritten auf
das Gebiet zeit«»;enö8sischer Kriege -- Heft 33 behandelt ebenso wie
seine Vorgänger den südaft*ikanisfhHn Krieg 1899 bis 1902 — einen
sehr guten Grifl" getan. Ks lag das im intoresse der „Kriegsgeschicht-
lichen Einzelschriften" selbst, welche in den Heften 26—31 etwas
veraltete Stoffe behandelt und damit an praktischer Lehrhatligkeit
Verloren hatten. Letzteres ist und bleibt aber die Hauptsache flir
Kriegsgeschichte, welche für den Gebrauch in der Armee bestimmt
ist and nach dieser Richtung bringt Heft 83 eine ebenso reichhaltige
wie wertvolle Ausl^eute. Diesmal in erster Linie mehr vom operativen
StandpunlLte aus, weil es die ..Operationen unter Lord Roberts bis zur
Einnahme von Rloenfontein" behandelt — aber auch die taktische
Seile, die bei den Kämpfen am Pardeberg mehr hervortritt, ist selir
geschickt und wohl durchdacht berücksichtigt worden.
Keine mir bekannte Veröft'entlichung hat iu so kurzen, dabei treffen-
den Ausführungen das Wesen des Operationsplanes von Lord Koberis,
der bei seiner Ankunft auf dem Kriegsschauplatze am 10. Januar 1900
ehie sehr ungflnstlge Kriegslage vorfand, heraussuschilen verstanden,
wie das hier geschieht. Dabei ist alle „Sy8tem*'maclierei vermieden
und die strategische Tätiglfeit hier auf das zurttclc gefQhrt worden,
was sie nach Moltkes Ausspruch' bei Uchte besehen stets sein sollte
..ein System von Aushilfen" unter „Anwendung des gesunden Menschcn-
vei sf;indes'. Wer aus Strategie mehr machen will, dpr verkennt
durchaus das wahre Wesen der Strategie und wenn er noch so ge-
lehrt oder absprechend auftritt.
Ebenso hat das Ausschlaggebende des persönlichen Ele-
«ments im Kriege eine sehr richtige Einschätzung erfahren. Das muCb
aber gerade in langen Priedenszeiten immer wieder betont werden, weil
Digitized by Google
Uteclitar.
497
man solchen allzuleicht und allzusehr Wert auf System und Methode
legt. Und hier wir dan Lord Roberts, l^rd Kitchner und General
Prenoh in überzeugendster Weise das geradezu Ausschlaggebende der
P^önlichkeit naohgewiesen. Und smr nieht auf dringlich, sondern
an der Hand der Tatsachen. General Bnller andererseits Innn als der
Typ eines Generals gelten, der auf die p,Methode** schwor nnd awar,
teilweise auf eine solche nach deutschen Mustern. Er mag I' tztere
falsch verstanden haben, aber das geschieht stets, wenn ein General
nicht so viel Geist besitzt, um sein eigenes Muster sein zu können.
Taktisch ungemein interessant und leiiiToich ist dei- ifberzensrend
geführte Nachweis von der Möglichkeit grofser Erfolge geschickt ver-
wendeter Reiterei selbst gegen unerschiitterte Infanterie, wie der
l>urchbrucli der Kavaüeriedivisioii i'^runch mitten durch die Buren-
stellung am Moder River am 15. Februar 1900. Der Kampf gegen den
tapferen Kroi^e am Pardebet^, welcher mit der Waffenstreckung der
Buren endigte, ist eigentlich mehr psychologisch als taktisch bemerkens*
wert In dem Gefechte bei Oriefontein dagegen — ein englischer
Offizier nennt es das lehrreichste des ganzen Feldzuges — tritt lutage,
dafs ein einheitlich durchgefülirter Angriff, nachdem der Gegner
durch die FevH-rwirkung sturmreif geworden ist, auch heutzutage
noch durchfüiu'bar ist. Was sagen die „PorUonstaktik(»r'* dazu?
Keim.
Die unterseeiHchen Tele^raphenkabel in Kriegszeiten. Von Dr.
Bruno Kraenier. Leipzig. A. Deicliertsche Verlagsbuchhand-
lung, Nachf. (Geoi^ Böhme). 1908.
Bine kleine Schrift von nur 64 Druckseiten liegt vor uns. Und
doch, welche FttUe von Anregungen bietet sie, welches Studium in
der Literatur des Völkerrechte geht aus ihr hervor, so dafs es sich
wolil der Mühe lohnt, auf den interessanten, gut geordneten Inhalt
etwas näher einzugehen!
In der „Einleitung" geht der Herr Verfasser von der „weltum-
spannenden und we!tv<*rHndernden HtdcuiuriL^ des elektrischen Tele-
graphen" aus, der „in wenigen Jahrzehnieii zu einem der wichtigsten
Grundpfeiler der modernen Kultur geworden ist", nanientUch durch
die unterseeischen Kabel, die Kontinent mit Kontinent innig verbinden!
Sehr richtig wird betont, in welch umgekehrtem VerbUtnis die
Schnelligkeit der Entwickelung dieses Verkehrsmittels zur Langsamkeit
und SchwerfHlUgkelt der völkerrechtlichen Rechtsbildung steht» welche
wohl für Friedensseiten einige Rechtssätze geschaffen, nicht aber für
Kriegszeiten.
Im Kapito! I „(ieschichtliche Entwirkehmy:'* Hl<»r Kfihf^lschutz-
bestrebungen mi ailgemfinpn wird darauf iiini^cwiesrn, dais der Ge-
<lanke des Schutzes und sogar der Neutralisierung der Kabel so alt
ist, wie die Kabeiiegung selbst. (21. Juni 1866 erste Kabellinie
V'alentia bei Irland — Heards Content au{ Neufundland.)
Ein solcher Optimismus von Nentralitiltsbestrebungen konnte nur
Digitized by Google
498
litanfcar.
in den „Kindheitsiagen" der transozeaniecheti Kabel zutage li-eten.
Man hatte übersehen. daXs die Kabel nicht ausschliefslich friedliche
VerketumiiitteU sondern Kriegsmittel ersten Ranges seien. Infolge«
dessen kamen die VoraehlSge auf den Telegraphenkonferensen nicht
Ül>er den TOIkerreclktiichen Schuts der Kabel in Friedensseiten lieraus.
Völkerrechtlich ist in dieser Beziehung die Konferenz vom 14. Marz
1884 noch die bedeutendste für den modernen Verkehr und Handel.
Im Kriege dagegen bleiben alle Kabel vollkommen schutzlos und
votz:elfrei, wie dies vortrefllich im Kapitel II „Bisherige Behandlung
der i\abel im Kriege**, an dem Verlauf des chilenisch^peruanischen
Krieges 1879/1881 und huupisaclilich des spanisch-ftmerikanischen
Krieges 1898, schlierslich auch des Burenkrieges nachgewiesen wird.
Die sich daraus ergebenden Reehtaiusttnde sind tatsidiUoh höchst
dürftige, um so mehr, als hier im Kampfe zweier Mfichte völlig un-
beteiligte Dritte in unverdiente Mitleidenscliaft gesogen worden sind.
Da nun bis heute besondere BesUmmnngen Aber die Behandlung
der Katiel in Kriegszeiten fehlen, so können nach Ansicht des Herrn
Verfassers zunächst nur die allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätze
analoge Anwendung finden. Diese werden im Kapitel III „Die
Rechtsgrundsätzü pp.". im Kapitel IV „Die Mittel pp " und im
Kapitel V ^Die Rechtslülgen der willkürlichen Beeintlussung des
Kabelverkehrs im Kriege'' in logischer Weise auseinandergesetzt.
Im „Schlufs" zieht der Herr Verfasser das Ergebnis seiner geist-
reichen Untersuchungen und schlfigt eine sinngemSfse Anwendung der
aOgemeinen völkerrechtlichen Grundsfitze auf den Kabelverkehr im
Kriegevor, indem er 9 Thesen aufstellt die bei einer möglichst bald
zu wünschenden intemationiden Konferenz zweifellos eine annehmbare
Grundlage für Rechts- Bestimmungen bilden könnten.
Das Bestreben Dr. Kraemers, das Völkerrecht auf dieser terra
incognita tortentwickeln zu wollen, verdient gewifs volle .An-
erkennung. Es fragt sich nur. ab trotz alier Konferenzen, trotz Fest-
setzung rechtlicher und iuiiaaner Grundsätze ein wirklich zweck-
mäl^iges Schutzmittel der Kabel im i\nege geschaffen wird. Ein zu
grofaer Idealismus auf diesem Gebiete verträgt sich im Kriege schleoht
mit der Praxis, in der zumeist »Macht vor Recht" geht und gehen
wird. Deshalb sollte ein Staat einen wirksamen Kabelschuts — abge-
sehen von dem indirekten Schutz durch völkerrechtliche Grond*-
sfttze — hauptsächlich auf zwei anderen Gebieten suchen, nämlich:
1. in einer glücklichen Weiterentwickelung und gröfseren
Ausdehnung des eigenen Kubelwesens. um sich in Priedens-
und Kriegszeiten möglichst unabhängig von fremden Kabel-
wesen zu machen, und
2. in einem zuverlässigen direkten Schutz der Kabelenden.
Der spanisch-amerikanische Krieg hat bewiesen, dafs bedeutende
Meerestiefen das Auffinden der Kabel iufserst erschweren, ja trel2
aller vortrefflichen Ausrtlstungen zum Fischen der Kabel unmöf^ch
Dlgitlzed by Goo-?Ie
Utentur.
499
mAchen. -Die Bemühungen der amerikanischen Kriegsschiffe ^Man-
grove**, „Adria** und „St. Louis«* (s. S. 14 der Schrift) blieben erfolglos,
dio von Santiago nach Haiti und Jamaika führenden Kabeln zu fassen
und zu zerschneiden und damit die ganze Insel von der Verbindung
mit Spanien abzuschneiden. Man wird deshalb bei geringerer Meeres-
tiefe, also wuhi schoinlich in der Nähe der Ktiste die Zerstörung der
Kabel Torsunehmen versuchen. Dagegen kann man sich nur durch
zweekmäfsig angelegte Kflatenbefeatigungon flohfitsen. Dab ee
der J8t Louis* am 18. Mai 1898, eine SeemeUe von der Kfiste Ton
Santiago tataächlioh gelang, selbst unter dem Pouer der KüBtenforts
, ein Kabel zu fassen und zu kappen, kann als vollgültiger Beweis
nicht gelten. Wenn Küstenbefestigungen zweekmäfsig angelegt und
mit weittragenden Küstengeschützen auagerüstet 9ind, wenn bei Tage
ein guter Küstenbeobnrhtunc-sdienst. bei Naciu eine ausgiebigf^ Be-
leuchtung mit Scheinwciieni statttindet, mufs ein solches Unternehmen
bei der Länge der zur Zerstörung erforderlichen Zeit scheitern.
In Deutschland liegen die unterseeischen Kabelenden in der Ost-
see in Sabnlta, Arkona, Warnemünde und Ptthnenshaff (Alsen); in der
Nordsee sind die Inseln R5m, Sylt, Amrun, Hooge, PeUwom und Nord-
strand miteinander, die Fltigelinseln Rttm und Nordstnuid mit dem
Festland, sowie in der Mitte Amrun mit dem dahinterliegenden F9kt
und letzteres mit dem Festland durch Kabel verbunden. Weitere
Kabelenden liegen auf Helgoland, in Cuxhaven und Norderney. Die
gröfstc und wichtigste Kabelstation befindet sich jedoch auf Borkum
(5 Enden).
Von diesen Kabelstationen sind durch Küstenbefestigungen bereits
geschützt: Cuxhaven und Helgoland. Von einem besonderen Schutz,
in der Ostsee könnte man absehen. Anders verhält es sich mit den
wiebtigeren Kabelstationen der Nordsee, namentlich mit Borkum, aber
auch Sylt und PeUwom kämen in Betracht
So führt diese bemerkenswerte Schrift zu manoiien, durchaus
nicht nebensächlichen Untersuchungen. Wer daher seine Studien auf
dem Gebiete des Völkerrechts erweitern will, dem sei dies Werkchen
aufs wärmste empfolilen.
M^jur Scharr.
Anleitung für die rationelle Ausbildung der Kompagnie und ihrer
Teile im Felddienste. Von Johann Wolff, k. und k. Haupt-
mann im Inf.'R^. 89. Wien. S. W. Seidel 4b Sohn. 1904.
Preis 4 Mk.
Das voiliegende Buch ist im AnschiufB an „die gefechtsmftlsige
Ausbildung der Kompagnie** ein wertvoller Beitrag daau, wie in der
^terreichischen Armee der Pelddicnst betrieben wird.
Das Buch, welches sicli auf die modernsten, auch deutschen
Schriften über Taktik stützt, h'uAA gerade für uns, die wir noch
länger \vi<' flif^ «')stt»rrei«'hpr nur iiti Frieden Felddienst treiben, vielerlei
Jakrbürbcr tür die dvatsok» Arm«* and Uaiin«. Ko. 88
Digitized by Google
500
Lttemar.
Beacht4;nswertes. Ganz besonders gilt dies für den Abschnitt „Schu-
lungen des Auges", jene so enonn wichtige Vorübung iur das ge-
fechtsmäfeige Schiefsen. Wir finden hier den Mftnn der Praxis in dem
Verfasser und sind ihm dankbar fQr mancherlei Winke, die wir fOr
nns nuCsbar maehen k5nnen.
In dem zweiten Abschnitt über ^Sicherungen" finden wir nUMa
wesentlich Neues; nur zeigt sieb auch hier eine engere Anlehnung an
den Bmstfail als es im allgemeinen bei uns der Fall ist. Bs gQt dies
in Sonderheit bei dem Verhalten der „Verpatrouille", etwa unserem
Vortmpp entsprechend und findet sich auch in diesem Kapitel vieles,
das man beherzigen kann, vornehmlich über das Vorgehen von In-
fanteriepatrouiUen. Die letzten Betrachtungen über „Seitenhut". „Rück-
märsche" und nFlankenrnfirBche** sind etwas reichlich schematisch be-
handelt und zu lang.
Besonders interessant waren uns die Abhandlungen über die
„Vorposten" und glauben wir, dafs in dieser Hinsicht die deutsche
Pelddienstordiiung doch auf einem kriegsgemäfseren Standpuakie als
die österreichische steht. Hier findet sich noch manches Veraltete.
Die Österreicher kennen noch eine Tages- und eine Nachtstellung,
wihrend unsere Infanterie sofort die letztere einnimmt Warum der
Posten mit aufjgepflanztem Bigonett stehen mufs, ist uns ni<dit klar.
Ein Mann des Doppelpostens darf sich mit Bewilligung des Feldwacht>
lutbenden niedersetzen; dielieute der Feldwache, unseren selbständigen
Unterofßzierposton von 8—14 Mann ontspr»»ohond. bleiben mit dem
Gewehr in der Hand und behalten das Gepäck umgehänc;!: *'s dürfen
auch keine Zelte aulgeschlagen werden; es werden auch einzelne
Leute zum Palrouillendienst verwendet, was doch seine gi'ofsen
Schattenseiten hat; es sind für diese schwachen Abteilungen so viele
fitntsendungen vorgesehen, dafe der Zusatz ndtig wird, es sollten
aufser dem Doppelposten wenigstens noch 2 Mann bei dem Fdd-
wachthabenden verbleiben. Ferner will es uns als zu weilgehend be-
zeichnet sein, wenn vorgeschrieben wird, die Feldwachen seien alle
4 Stunden abzulösen.
Den asterreichischen Hauptposten entsprechen unsere Vorposten*
kompagnten; auch sie dürfen keine Zelte aufschlagen. Der vierte
Teil des Hauptpostens, bei Nacht dessen Hälfte, bleibt als Bereitschaft
in Reih und Glied und behält die Gewehre in der Hand. Auch die
Vorpostenrcserve, unserem Vorpostengros gleicliern! hat mindestens
den vierten Teil in derselben Weise wie die ilauptposten als i^reit-
schaft auszuscheiden. Wir sind der Meinung, dafs diese Mafsregel
zu weit gehl; sie wird als notwendig erachtet, weil die üsterreichischtt
Vorpostenaufstellung durch das Fehlen unserer Feldwachen der nötigen
Tiefe entbehrt Gerade hierin aber beruht die Garantie dafQr, dnls
die hinteren gröfseren Verb&nde rechtzeitig kampfbereit sind.
Im übrigen bieten die österreichischen Vorschriften Aber den
Digitized by Google
Literatur.
501
Sicherungsdiensl ruhender Truppen ungemein viel Ähnlichkeit mit den
deutschen.
Zum Schlufs hat Verfesser such aoch einen Absefanitt Aber
„Postierangen'', d h. Sidierungen lauitonierender Truppen und Aber
«Vorposten im Pestungskriege" beigefügt; besonders erstere sind von
aligeoieinem Interesse.
Wir sind der Meinung, dafs in einer Zeit, in der wir aus der
Wirklichkeit keine neuen Erfahrungen zu sammeln vf rmögen, Arbeiten
wie die vorliegende für uns besnn deren Wert haben müssen.
Denn wenn auch die Auffassungen in anderen Armeen wesentlich
von den unsrigen abweichen, sie haben gerade dann eine gewisse
Berechtigung, wenn sie sich wie hiei aui kriegerischen Ereignissen
aufbauen.
Wir empfetaien darum die voriiegende Arbeit dem eingehenden
Studium, denn wir können ans ilir gar manches lernen. 68.
Le Premier deploiement stmtftglqve des AUmuids en 1890. ^ Par
Pierre Lehautcourt.
Wie das in der „Revue d'Histoire" in monatlichen Lieferungen
veröflenllichto französische Generalstabswerk über den Krieg 1870/71,
so unternimmt es der französische Oberstleutnant Palat unter dem
Pseudonym Lehautcourt in einer soeben erschienenen Broschüre, das
.Verdienst der deutschen Heeresleitung, und besonders MoUkes, herab-
:6usctzen.
Lange liätte man bewundert; die Gröfse der erreichten Resultate
h&tte die Schwachen verborgen. Jetzt sei es klar, dafs die Erfolge
der Deutschen mehr den Fehlem der Pranzosen und ihrer inneren
Unterlegenheit zu danken seien, als dem gegen sie ins Werk gesetzten
Kriegssystem.
Moltke sei grofs erschienen durch die ganze Schwachheit der ihm
gegenöbergestellten Generale. Er sei ein sehr guter Genoralstabschef
aber kein pr'nialer Stratege «gewesen. Sein Verdienst sei freilieh die
tjiniieiiliche Ausbildung des Geaeralstabs, der Ivriegsakademie und da-
durch der ganzen Armee gewesen, und in dieser Einheitlichkeit sei
der Ursprung der üuerhürten Erfolge vielmehi- zu suchen als in oft
mittelmSJkigen (»parfois mMiocres**) strategischen Berechnungen. —
Lehautcourt wendet sich dann zu seinem Thema und bespricht den
Verlauf der Ereignisse der letzten Juli- und ersten Augusttage:
Wlihrend bei den FVanzosen die Unruhe infolge ungenügender Nach-
richten wuchs, besafsen die Deutschen einen ausgezeichneten Nach-
richtendienst: Moltke hatte die besseren Karten in der Hand. Der
Befehl an die Erste Armee. Trier zu halten (Korr. Nr. 72). war eine
Schwäche, denn Trier sei ein „centre adnünistratif und nicht als
nulltärisch wichtiger Punkt zu betrachten. Uns scheint, dafs Moltke
1) Aveo 4 eraqate hors texte. Paris 1908. Berier-I#ovraalt A Cle.
8t*
Digitized by Google
502
Litemar.
nicht den Wert auf das »centre administratif* gelegt hat, sondern
bei 6en Worteo hi dam kunen Tatogfsntm vom 29. Juli: .TUer gegen
feindlichen Angriff m halten" mehr den Ort hal beieicbnen wellen,
der, leieht proTiaerieeh hefeBtigt, ftlr eine Ofieneive der Breten Annee
nn Pklle des Vergehens der Praiisoeen gegen die Zweite ein ge^gneter
Ausgangspunkt sein konnte.
Aus der Lage heraus, wie sie am 31. Juli war. konnte, so ensäi^t
Lehautcourt weiter ein*^ t'ranzösische Oftensive nicht mehr von Erfolg
sein. Hätte sie sich über l^usi ndori-Rehlingen-Nonnweiler gegen die
Erste Armee gewandt, so verliefs sie die natürliche Operationsiinie.
und die Gefahr, von der sich zurückziehenden Ersten Armee zu weit
nach Nordtiii gelockt zu werden, mulste den Gedanken an ein Yot'
gehen in dieser Riehtung beseitigen. Ein Voigehen gegen die Zweite
Armee war wegen der drohenden Flankierung durch die Erste nnd
Dritte ausgeschlossen, mithin durfte Moltke auf «ne franaSslsche
Offensive nicht rechnen und mulste die Erste und Zweite Armee be-
schleunigt zum Angriff vorführen, während die Dritte im Elsafs offensiv
wurde. Aber Moltke rechnete noch mit einer französischen Offensive
und fafste sie auch in den folgenden Tagen wählend des Vorrückens
an die Saar ins Auge. Er gab seine Weisuntcen fin die .\rmeen so,
dafs er für diesen Fall die Truppen genügend \ t rsammelt hatte, um
den Kampf aufzunehmen. Er fügte jedoch auädiuckUcii ^Kurr. Nr. 94)
hinsu: „Allgemeine Ofibnsive beabsiehtigt". Lehautcourt stellt die
Mafsnahmen Moltkes in diesen Tagen als direkt auf die taktische
Defensive abzielend hin und sagt: „U prendrait aisement pour devise:
Strategie offensive, tactique defensive". Von einer beabsichtigten
Defensive ist unseres Erachtens. nachdem der Gedanke einer Stellung-
nahme hinter der Lauter aufgegeben war, nicht mehr die Rede. Wahr
ist. dafs Moltke. wie er es auch nach dem Kriege (Takt, strat. Aufs.
1867 — 1871 S. XIV> ausspricht, rein theoretisch betrachtet, um den
Peldzug nicht mit einer Niederlage zu beginnen, die taktische Üefeii-^iv»'
geeignet fand, um zunächst mehrere Angrifi'e des Feindes ubzusehiagen
und dann zur Offensive überzugehen. Nichtsdestoweniger ist er 1870
stets oUbnsiv gewesen. Wenn aber Moltke ein Vorwurf daraus ge-
macht wird, daTs er noch bis zum S. August eine franzlSeiache
Offensive für nicht ausgeschlossen hielt, obgleich er wissen mulste.
daÜB sie nur mit vier Korps hätte unternommen werden können, so ist
zu erwidern, dafs nach den Erfahrungen des Jahres 1859 eine Offen-
si\e <ier Franzosen durchaus nicht so unwahrscheinlich erscheinen
konnte, wie es jetzt. 33 Jahi'e nach dem Kriege behauptet wird, und
dafs. falls er für diese Offensive nicht stets durch geeignete Versamm-
lung vurbereitel gewesen, umi die Nachrichten der Franzosen besser
gewesen wären, sehr wohl eine solche die Zweite Armee bei ihrem
Vorgehen gegen die Saar in eine unangenehme Lage hatte bringen
kennen.
Als Moltke am 4. August die Überzeugung gewonnen hat, dafs
Digitized by Google
Utocalor«
508
die Franzosen an ein Vorgehen nicht mehr denken (Korr. Nr. 100),
schreibt f»r an dns Oberkommando der Zweiten Armee: .,es wird dor
Krwagung Hr. Kgl. Kohoit anhfiinigestellt. ob die Teten de^ dritten und
vierten Armeekorps baldigst bis in die Linie Ottweilei-Neunkirchen-
Homburg vorrücken" etc. Diese Entscheidung durfte, so erwägt
Lehautcourt, nicht dem Führer der Zweiten Armee überlassen weiden,
da diese ÜberlaBsung den Gmiid zu der vereinzetten Handlung von
Spicheni legte und die beabsiohtigte BntecheidungeeclilacHt vereitelte.
Diese beabsichtigte Schlaeht wäre fiberhaupt schwer zu bewerkstelligen
gewesen, da sie grofse Präzision in den Bewegungen erfordert hStte,
die mit der Nähe des Feindes nicht vereinbsr war. Moltlies Weisungen
'-rdon aufserdem dazu nicht bestimmt genug gewesen, und er sowie
Steinmetz, der sirh nicht an die Befehle hielt, seien Schuld an dem
NichtZustandekommen der Hauptschlacht. Dafs der geringe Erfolg
bei Spiohern überdies den Deutschen zufiel, habe an der Untätigkeit
Frossards und Bazaines gelegen.
Bs ist richtig, dafs Moltke Zusammenwirken aller drei Armeen
in der Schlacht ursprünglich beabsichtigte. Dafs es nicht zustande
kam, lag offenbar an dem zu fHIhzelÜgett Vorgehen der Ersten Armee
und dem langsameren Verlauf der Dinge im BlsaTs. Andererseits
konnte Moltke unmöglich strikte Weisungen geben, die dieses Zu-
sammenwirken verbürgt hätten, da sich die Lage beim Feinde immer
noch ändern konnte, und er ein selbständiges Handeln den ITmstnndcn
gemäfs bei den Armeen nicht durch hestimiiitf l^rli hh' unterhmden
durfte. Zudem hatte er vorher in Berlin Gelegenheil genommen über
die allgemeinen Absichten des Grofsen Hauptquartiers sich mit den
FQhrem oder deren Chefs zu besprechen und konnte sich somit im
Felde in der berechtigten Annahme, dab Uber diese Absichten Klarheit
herrsche, auf kurze Du^ktiven beachrftnken. Der Verlauf des Feld-
snges zeigte, dafs er da, wo er nicht vorher Gelegenheit gehabt
hatte, die Führer persönlich zu sprechen, hingehendere Weisungen er-
lassen hat.
Aus allem den Schlufs zu ziehen, dafs Moltkes Gedanken in dieser
Peldzu^speriode nirht über das Mittolmafs hinausgingen, ist kaum zu
rechtfertigen. Indem Lehautcoun aufser aclit läfst, dafs sich in jenen
Tagen doch erst die ganze Lage mehr entschleiern mufste, bevor die
deutschen Armeen in bestimmter liichtung mit beiaummten Betehlon
angesetzt werden konnten, um nicht aufs Geratewohl darauf loszugehen,
versteigt er sich am Schlüsse seiner Broschüre zu dem Satze: „Weit
entfernt» dem Gegner seinen Willen aufkuxwingen, ist er (Moltke)
bereit sich ilim zu beugen et&**
Dafs Moltke bei der Kühnheit, welche doch die weiteren Operationen
beweisen, im Anfange des Feldzuges die Vorsicht wahrte, aucli wenn
er, wie es heutt; sich leicht sagen lafst ,,alle Atouts in der Hand hatte*',
ist eine Tatsache, aus der man nicht ohne weiteres den obigen Vor-
wurf ableiten darf. Von einem Bereitsein, sich dem Willen des Gegners
Digltized by Google
504
UtBiMiir.
m beugen, kann wohl bei dem steten Betonen einer beabsiohtigten
allgemeinen Offensive nicht die Rede sein. P.
Erlebnisse Heinrich Ton SchSnfeis's als Generalstabsoffisicr bei der
Avantgardenkayallerie and 1870. Hf^raii^^ppGreben von L
v n Sch5nfels. Mit einem Bildnis in LicUtdruck. Berlin 1903.
Verlag von Bisenftchmidt. Mk. 3.
Die Gattin des noch in juneron Jahren aus dem Leben geschiedenen
Majors v. Schönfcls veröffeniliciit Peldzugsbriefe desselben aus den
Knegsjahren 1866 und 1870, eingeleileL durch ein Vorwort, das den
äufseren Lebensgang ihres Mannes wiedergibt
Die Armee kann Frau v. Schönfels für diesen ihren Entschhifs
nur dankbar sein, denn wir lernen durch das Buch nicht nur einen
gescheuten, tfichtigen Offizier und liebenswflrdigen Menschen kennen»
der als OeneralstabsofOsier nuch in der recht schwierigen SteUnng bei
der 6. Kavalleriedivislon 1870 das möglichste tat. Erfolge zu erzielen,
sondern oihalten auch einzelne neue Eindrücke bestätigender oder
aufklärender Art von kriegsgeschichtlichera Wert.
Im Feldzuge von 1866 war S. Generalstabsoftizier bei fior Knvallerie-
di Vision Hann von Wevorn des Kavalieriekorps. Bis zur Schlarht von
Königgrätz stets hinter den anderen Truppen zurückgehalten, hatte
diese Reiterei bis dahin nicht Gelegenheit, etwas zu leisten: hier, ob-
gleich nicht geschlossen eingesetzt, kam für die tüchtigen Regimenter
doch der Augenblick, sich zu bewähren, und wir sehen auch den
tapferen PQhrer der Division, wie er seinen Generaistabaoffisier zur
Seito, sich im Handgemenge tüchtig mit Osterreichischen Reitera
hemmhaut
Die Mitteilungen ttber die fireignisse nach der Schlacht lassen es
so recht erkennen, dafs das Versiumnis einer sofortigen Verfolgung
nach dem Brfolge, die S. *sehr gewünscht hatte, nie wieder gut zu
machen ist, nicht allein, dars der fliehende Gegner, der bekanntlich
mit Hinbonnieilenstiefeln marschiert, nicht wieder einzuholen ist, sich
sammelt, zur Besinnung kommt, die endlich vorgeholte Kavallerie findet
auch noch an zahkeichen Kolonnen, die die Wege verstopfen, höchst
unerwnnsrluen Aufenthalt Erst am 4. Juli 4 Uhr nachmittags erhielt
die Division den Befehl zum Vormarsch, und noch am folgenden Tage
gab es 80 viel Hindemisse, daCs man, um knapp drei Meilen surtlck-
znlegen, acht Standen brauchte. — Am 6. Juli sollte es schon wieder
einen Ruhetag geben, und als nun Mittag doch noch der Befehl sum-
Aufbruch kam, mufste S. die heftigsten Vorwttrfe der Regiments-
kommandeure ttber sich ergehen lassen. „Warum denn nie RuheV
— Sie werden uns noch gänzlich ruinieren!" — Na, es fehlte ja
manclies aber an das Blüchersche Wort: „An die Klagen der Kavallerie
mufs man sich nicht kehren. — Wenn es ein grofses Ziel zu erreichen
gilt, kann der ^taat wohl ein paar hundert Pferde verlieren l"". dachte
Digitized by Google
Utsrtliir«
505
man nicht — Man sollte dies Wort über jeden Kavallerie-
stall einmcifseln!
Er kam ja noch zu einzelnen Scharmützeln mit feindlicher
Kavallerie, aber «ein grofses Ziel zu erreichen" hatte man versäumt
So führen uns die Briefe bis zum Sclüub des grofsen Drama bei
Blmnenan, ein Oefeohf« deeeen Beginn S. für fehlerhaft und unnUtsea
Blutvergießen eraobtet, da man wufste, dals mittags 12 Ubr der
Waffenstillstand begann, und grabe Brfolge bis au dieser Zeit nicht
erreicht w erden konnten.
Den Feldzug von 1870 erlebte S. als Generalstabsofflzier der
6. Kavalleriedivision, deren Kommandeur der Herzog Wilhelm v.
Mecklenburg war. — S. vindiziert ihm „miiitarischea Ahnungsvermögen",
damit brachte er ja noch nicht viel in die Stellung mit. auch hätte
seine Begabung zu deren Ausfüllung wohl ausgereicht, wenn dies
,,Ahnung8vermögen" sich mit einer kleinen Dosis Unternehmungsgeist
verbunden hätte. — Aber so war er wohl der Schw&ohsten einer, die
jemals als Reiterführer verwendet worden sind. — Bs ist ein vor-
nehmer Zug in den Briefen, dafo 8. seinen verschiedenen Beobachtungen
nach dieser Richtung nicht besonderen Ausdruck ^bt, aber die schlichte
£rzählung der Tatsachen ist auch hier die beste Kritik. — Nicht
selten lesen wir, dafs der Heirzo^ persönlich zurückbleibt, wo sein
Generalstabsofflzier in vorderer Linie erkundet und sein Vorkommen
erwartete, dafs nur wiederholte Einwirkung auch von anderer Reite
ihm einen Entfichlufs zu dem gebotenen Vormarsch der Division abr ingt.
— S. ist unermüdlich, aber es gilt noch andere Schwierigkeiten zu
überwinden penSnlicher Art. Oberst v. Voigt-Rheti. Chef dee
Stabes bei dem S. Armeekorps, mochte Grund haben, in die Flhlg»
keiten und den Charakter des Henogs kein besonderes Vertrauen au
eetsen, sein Mifstrauen abw, das auch sein kommandierender General
V. Alvensleben teilte, ging so weit, dols er auch den Meldungen der
Division keinen Glauben schenkte, und dafs unter der persönlichen
Antipathie die Sache und natürlich auch der brave S. litt, für den ea
nicht niine Kränkungen abging. — Hier lernt man so recht die Im-
ponderabilien kennen, die im Kriege unmefsbar, eine gröfsere Rolle
spielen, als Fernstehende ahnen. — Die Cliaraiiteri&tik, die S. von
einaelnen höheren Offizieren gibt, ist vielfheh treflbnd und interessant.
Oberst v. Schmidt» der spStere tapfere Führer der Division Mdet
luror miiitaris, ein braver, gana fUr seinen Beruf lebender Mensch.**
Wie herrlich dieeer fhror militaris. der an anderen Stellen so
gftnzlich mangelte.
Sehr interrasant sind natürlich die Mitteilungen über die Schlacht
"Von Vionville und die dieser Schlacht vorausgehenden Tage. Selbst-
redend hat m;in immer zu berücksichtigen, dafs e? sich um frische
Eindrücke handelt, und die Mitteilungen nur in so weit von geschicht-
lichem Wert sind, als sie persönlich Erlebtes betreffen, anderes be-
darf der Nachprüfung.
Digitized by Google
606
Utentnr.
Es folgt die Schilderung der Katastrophe von Laon, die uns ein
sehr anschauliches Bild dieses in den Einzelheiten wohl noch nicht
ganz geklärten Ereignisses gibt — Bei dieser Gelegenheit erlitt S. eine
schwere Verwimdiing, indem dureh einen Rippenbroch die Lunge ver-
letzt war. — Nacli langem Krankenlager kehrte er Mitte MSn an-
eeheinend geheilt naeh Prankreich anrttck. — Nach dem Frieden nahm
er auch noch teil an den Arbeiten zur Schaffung eines neuen
Kavallerieexerzierreglements, aber seine durch die Verwundung er-
schütterte Gesundheit licfs ihn tödlich erkranken, und so verschied
dieser tapfere, von seinen vielen Freunden in der Armee sroschätzie
Mann am 24. Juni 1874 zu Montreux, wo er vergeblich Heilung ge>
sucht hatte. v. Pelet-iNarbonne.
Olttzierstamuiliste des Königlich PreufsLscheu Infanterieregiments
Yon Wittich (3. Kurhessischen) Nr. 1866—1903. Im Auf-
trage des Regiments bearbeitet durch Wall mül 1er, Oberleutnant
im Regiment. Abgeschlossen am 12. September 1903. Berlin
1903. E. S. Mitüer & Sohn.
Die vorliegende Stammliste ist der Regimentsgeeohiehte rasch ge>
folgt und bildet eine für die alten und neuen Regimentskameraden
willkommene Brgansung derselben. Die Offisiere sind in alphabeti-
scher Ordnung aufgeführt. Eine historische Reihenfolge (nach dem
Datum des Eintritts) hätte sich vielleicht mehr empfohlen, zumal ein
alphabetisches Register das Auffinden der Namen ohnedies erleichtert.
Die Personalnotizen sind vollständig und eingehend. Aufser sämt-
liclieu Ranglisten von 1866 — 1903 ist eine recht übcrsichliche und
interessante Zusamm risfA^Uung der Kommandeure, Stabsoffiziere, Haupt-
leute und Adjutanten beigegeben. Gewissenhaft sind die Oberst-
lieutenants von den Oberstleutnants getrennt. G. P. v. S.
Tagebuch Joseph Steluiuiiilers über seine Teilnahme am Russi-
schen F^'ldjsuge 1812. Herau.st;* ueben von Kurl Wild. Mit
4 Abbildungen und 1 ÜbersichUi^arte. Heidelberg 1904. Karl
Winter.
Das lagebuch wnrde vom Herausgeber im Archiv der Stadt
Karlsnihe aufgefünden. Sein Verthsser, ein geborener Mannheimer,
machte als Feldwebel des 2. Bataillons des damaligen Badischen In-
fanterioregiments „Grbgrofsherzog Nr. 2*" den Zug nach Rufsland mit.
Tag für Tag schrieb er seine Erlebnisse und Beobachtungen auf lose,
seinem Notizbuch entnommene Blätter nieder. Diese Aufzeichnungen
stellte er nach seiner Rückkehr zusammen. Da wohl nur wenige
Teilnehmer jenes entsetzlichen Rürkzu2:os aus don Reihen der Unter-
offiziere und Gemeinen, die Widersiandsfahigkcit guhaut haben werden,
ihre Beobachtungen in dieser konsequenten Weise niederzuschreiben;
dürfte die kleine Schrift für die Geschichte jenes verhängnisvollen
Jahres — wenn auch nur als „literarische Kleinmaterei" ^ nicht ohne
Wert sein. v. Z.
Digitized by Google
507
Die AosUldiiiig^ der Infiuiterie. L TeU. Die Winterperiode. ZeiU
gemiCie Brttrterangen gemiTs den Anferderungen des heutigen
Qefeehto und den VoffSnderungen im eosialen Leben von PrK.
von Meerscheidt- HüUeseem, General der Infimterie s. D.
Berlin 1904. B. S. Mittler u. Sohn.
Ein in Krieg und Frieden erprobter Offizier, aus seiner reichen
Erfahrung heraus, ist es, der /u uns redet. Wer wollte diesen Aus-
einandersetzungen nicht lauschen» wer ihnen die nötige Berechtigung
absprechen!
Nicht soll „bewährtes Altes" verworfen, vielmehr es „soll den
vertlnderten Verhältnissen zeitgemafs angepafst werden**, das ist die
Absicht dee VerfiMsers.
Aber gerade weil diese Absieht vorausgesetist wird und auch
überall durchblick. darf die Frage erörtert werdeo, ob es für die Armee
vorteilhaft ist. wenn von se hoher Stelle vieles als veraltet angesehen
^jrird, das noch heute als grundlegend für die Ausbildung gilt
Wir schliefsen uns dem vollkommen an, dafs „auf dem Gefeehts-
felde nicht» von dem wieder abgestreift werden dürfe, was auf dem
Exerzierplatze erlernt worden ist."
Wir geben ohne weiteres zu, dafs Übungen wie die Richtung
nach i^ointti, Chargierung von Gewehr über. Abbrechen in Sektionen
im IWtt entbehrlich sind für die Verwendung im Gefecht Wenn wir
aber aus Gründen der Exersierdisziplin an einem geschlossenen
Exeraieren im Tritt festhalten, dann dürfen wir hinsichtlich des
Marsches nicht hinter den Anforderangen des Reglements zurück-
bleiben. Wenn gefordert wird: „kein scharfes Herausbringen der
Beine, keinen Meterschritt, kein Anheben der Unterschenkel, kein
Durchdrücken des Knies in der Luft, kein festes Aufselzen der Püfso
usw.", so stimmen wir auch dem zu, denn es widerspricht ganz direkt
den Forderungen des iiegiements. Wenn dann aber weiterhin gesagt
wird: „Für die Marschbewegungen in den geschlossenen Verbänden
ist es ganz gleichgültig, ob mit gestreckten oder gekrümmten Knieen
marschiert wird", so widersprechen wir dem entscliiedeD. Nicht
etwa, weil wir allzusehr am »Alten* hSngen, sondern weil wir meinen,
dafs der vom Regiment geforderte Marsch, nämlich deijenige, bei dem
„das Knie beim Niedersetzen des F^fses auf die Erde durchgedrückt
wird**, der natürliche ist Wer das Reglement richtig auslegt, der
wird allen Übertreibungen abhold sein, also anrh denen im Marsch.
Wer es aber sinngemäfs anwendet, der wird finden, dafs es keine
„gesund heitsschädliche Übung ist", auch nicht, wenn man den vom
Verfasser so verpönten langsamen Schritt anwendet. Der Mann soll
durch den Marsch lernen, seinen gesamten Körper in den Schritt, den
er macht, wie wir das nennen, hineinzulegen. Die meisten Leute, die
wir erhalten, sind gewöhnt, mit krummen Knieen au gehen; sie tun
das, weil sie ihre Gliedmafsen nicht gleichmüfsig gebrauchen; woUten
whr das dem Soldaten weiter gestatten, er würde den Marschleistungen
Digltized by Google
608
Ufeenlnr.
des Krnstfalles nicht srowachsen sein. Vnä hier beflnHen wir utis im
Widerspruche mit dem Verfasser. Denn wir sind nncb wie vor der
Ansicht, dafs der Marsch, wie ihn das Reglement fordert, für die feld-
mäfsige Ausbildung des Infanteristen nicht entbehrt werden kann.
Wer nicht die richtige Verteilung des Körpergewichtes auf beiden
Beinen beim Marschieren lernte wird niemals die vorgeschriebene
SoIiritiiUtngo erlernen mid dieser bedürfen wir für die gleichmSTsige
Verwfirtabewegung der Massen, sei es auf dem Marsche, sei es im
Gefecht. Und weil wir dies fordern, müssen wir an dem gleicfalaogen
Schritt festhalten; daram üben und besichtigen wir den EinzelmarBch
mit einer Anzahl von Schritten Abstand, darum den Rottenmarsch,
dämm den in Gliedern. Wer mir einwendet, das könno man auch
„ohne Tritt" lernen, der dürfte sich doch irren und ich möchte ihn
VC! ein Bataillon Rekruten stellen, mit denen er längere Bewegungen
oder gar eine Marschübung machen soll.
Wenn nun aber gar davon die Rede ist, auch beim Parademarsch
würde es nicht auffhllen, wenn mit „gekrflmmten Knieen*' vorbei-
marschiert würde» so sind wir von nnserem „alten** inftoteristiseben
Standpunkte aus dieser Forderung zu folgen nicht mehr imstande.
Warum sollen denn die Frei- und GewehrQbungen der Rekruten,
wenn der Wert derselben als Mittel zum Zweck, z. B. fOr das Schieben
zugegeben wird, nicht mich be.sichtigt werden!
Sehr richtig ist es, dafs man Richtungen eigentlich bei jeder
Gelegenheit üben solltet um dadurch die Selbsttätigkeit der Leute zu
steigern.
Bei dem grofsen Wen, der auf die feldmäfsige Ausbildung des
Rekruten gelegt wird, finden wir den Abschnitt „zerstreute Ordnung**
etwas stieftnütterlich behandelt; wir hatten eigentlich geglaubt, hier
noch besonders Lehrreicbes xu finden. Es wird auf das Kapitel „Aus-
bildung als Schfitse im Qelftnde und Ausbildung im zerstreuten Ge-*
focht" bei den alten Leuten verwiesen; wir hätten gerade aber bei'
dem Kapitel Rekruten es gern gesehen, wie diese erste feldmAlsige
Ausbildung anzufassen sei.
Verfasser ist mit uns ein Verfechter des Turnens und des
Bajüiielttechtens; wir haben aber für letzteres nur das Ziel im Auge,
dem Manne eine Sicherheit in der Benutzung des Gewehres als Stofs-
waife beizubringen, zu einem „Mehr * werden wir es. vor allem aber
bei dem Rekruten, kaum bringen. S^n Schneid und die Zuversicht
SU sich selbst werden dadurch schon einen unsohfttsbaren Gewinn
eifthren, somit seine feldmiTsige Verwendbarkeit sich wesentlich
steijcem.
In dem Abschnitt Unterricht ist uns nicht genug Wert auf die-
jenige des Offiziers gelegt; wir halten seine persönliche Einwirkung
in erziehlicher Richtung gerade bei den jetzisren „Veränderungen im
sozialen Leben" für so grofs, dafs wir ihm den Dienstiinterricht be-
sonders gern anvertrauen möchten. Dieser Dienstzweig wird es ihm
Digltized by Google
lÜMatar.
509
mehr wie jeder andere ermöglichen, bereits auf die jungen Soldaten
vorteilhaft einzuwirken. Wir stimmen dem bei, dafe vielfach zu viel,
vornehmlich in dem Unterricht durch die Unteroffiziere, verlangt wird,
was nur Gedächtniskram ist; wo es geschieht, wird ein schwei'wiegender
Fehler begangen.
Ob die ,*Veri[Dderaikg8n im sosialen Leben** es tatsicblieh be-
dingen, dem Rekruten grOfsere Freiheiten aufser Dienst tn gewShren
als es im allgemeinen üblioh ist, lassen wir dahingestellt; die Zeit
dürfte dazu im allgemeinen nicht vorhanden sein, w^enn auch der
innere Dienst nicht leiden soll. Dasselbe gilt von dem Weihnachts-
urlaub. Gewifs kann man dem jungen Soldaten es gönnen, einmal
zu Hause zu sein, aber erst mufs er doch in seiner militärischen Er-
ziehung 80 weit vorgeschritten sein, da£s er nicht durch sein Austreten
auffällt.
Das grofse Publikum, in dem sich doch noch ein gut Teil alt-
gedienter Soldaten befindet, dürfte einer in dieser Richtung leicht su
weit gehenden naohsiohtigen Aufßusung seitens der militärischen Vor-
gesetzten kaum die Zustimmung entgegenbringen, die wohl vom Ver-
fasser erwartet wird und zudem sind heutzutage die jungen Leute oft
jahrelang in der FVemde, bevot es ihnen vergOnnt ist, wieder ein
Weihnachtsfest im Kreise der Famüie zu verleben. Der Rekrut aber
dient kaum zehn Wochen und mufs die Vergünstigung, schon als
solcher Weihnachten zu den Seinen reisen zu dürfen, lediglich seinem
persönlichen Wohlverhalten zu verdanken haben.
Was nun die .Aushildung der ..Alten Mannscliair anlangt, so
spricht Verl'asser eindringlich und ernst gegen den „Exerzierfanatis-
mus'*. Br ist der Meinung, die alten Leute würden im Winter unnötig
gedrillt; es sei dies „Zeitversehwendung**.
Oanz zweifellos mag in dieser Hinsicht ab und zu mehr gefordert,
also auch getan werden als nötig ist. Dafs es dringend nötig ist,
einen Dienstzweig nicht völlig aufser Acht zu lassen, ist selbstver-'
standlich: Verfasser wünscht aucli nur, dafs das Exerzieren im Detail
auf das Mafs beschränkt werde, das es verdient. Wir stimmen ilmi
zu: „Selten und kurz aber so schnff wie möglich".
Was über die Bewertung der hxerzierbesichtigunjieii ge>agi ist.
unterschreiben wir; dafs die Tüchtigkeit der Führer nur vun den
Zufälligkeiten des Parademai'sches oder einer Exeraierbesichtigung
abhängig gemacht wird« ist ein grobes Unrecht Aber immerhin gibt
doch die Art, wie ein Fflhrer die Truppe in diesem Dienst ausbildet
und TorfQhrt, wichtige, nicht zu untersch&tzende Anhaltspunkte für
seine Bewertung.
Dafs die höheren Vorgesetzten die Rekruten im Gelände besichtigen,
ist ein Wunsch, dem wir un<? ansohliefsen ; die Truppe braucht derartige
Prüfungen nicht zu scheuen.
Der bereits erwähnte Abschnitt über die Ausbildung als Schütze
im Gelände etc. bringt viel Bekanntes, bespricht in einem weiteren
Digitized by Google
310
Lit«r]itttr.
Passus den ElnfluCs des Bunnkrieges, lälist uns aber völlig im Un-
klaren, wie denn nan eigentlich diese feldmäfsige AuabOduog erfolgen
solle.
Warum der Paradeanabildttag der Oaraus gemacht mtdm aoU,
am BQ einer rationellen Fechtweise überzugehen, vermögen wir nicht
einzusehen. Wir können nicht zugestehen, daTs die erstere beiseite
geschoben werden soll, nur. wie Verfasser sagt, um ..F'eldsoldaten zu
nahen". Er geht hierin zu weil und scheint dies auch dadurcli ein-
dämmen zu wollen, dafs iT am Scluufs di» i>eb Abschnittes boloni. nicht
dem Portfalle der Parade werdu das \S ort geredet, sondern nur den
Auswüchsen bei den Truppen etc.
Dem Pelddienat wird beeonderer Wert beigelegt und kann bei
dieser Gelegenheit auch nach unserer Meinung nicht scharf genug auf
Strammheit gehalten werden.
Die für den Schielisdienst gegebenen Winke sind sehr behenigeos*
wert.
Wenn gesagt wird: ..Im Laufe des zweiten Dienstjahres wird
es unschwer gelingen, die Leute zu tüchtit^en Kontrafechtem auszu-
bilden", 80 wagen wir dies für die Gesanithoit zu bestreiten und
stützen uns in dieser Hinsicht auf die Offiziere, die bei der Müitär-
tuiuanstidl ausgebildet werden und von denen es doch nachweislich
nur wenigen gelingt, eine gewisse Fertigkeit zu erlernen.
Der Abschnitt »Unterricht*' betont hier mehr wie bei den Rekruten
die Einwirkung des Offiziers auf die Leute*
Unter den weiteren Kapiteln heben wir die vom Verftsser ein-
gehend behandelte sogenannte Burentaktik, die sich auch nach seiner
Ansicht nicht über das Versuchsstadium hinaushebt, hervor und so-
dann die Übungen in kriejrsstarken Verbänden.
Zum Schlufs müssen wir uns aber doch dagegen wenden, wenn
dem Offizierkorps der Vorwurf gemacht wird, es sei nicht mehr so
homogen wie früher. Wenn von so hoher Stelle daran gezweifelt
wird, diUb nach wie vor das Offizierkorps in sich gesciiloääon und
nach auben abgeschlossen ist, so ist das sehr bedauerlich; wu* weisen
es ernst und bestimmt surttck und wünschen der Armee, dafs wir
damit Recht behalten. 63.
Geschichte de.s 1. Hannoyerschen Infanteneregiments Nr. 7i
und des vormaligen Königlich Hannoverschen *V Infanterie«
regimeut^!!. Bearbeitet von zur Nedden. Maj. u, Batls.-Kdr. i.
6. Rhein. Inf.-Kegt. Nt. 6ö, früher Adj. des 1. Hann. Inf.-Regls.
Nr. 74. Berlin 1903. E. S. Mittler & Sohn.
Vor uns liegt eine Regimentsgeschicht^», die mit anerkennens-
wertem Fleifs und iiervorragcfider Uründlichkeit bearbeitet worden ist.
Bei der Frage, die sich jeder Verfasser einer solchen Geechichte vor-
xulegen hat, ob dieselbe nur das unbedingt Wissenswerte enthalten
soll, um bei niedrigstem Preis eine möglichst weite Verbreitung
Digitized by Google
UterAtar.
611 '
m ersielen, oder ob ohne Rttekeieht auf die Kosten alles auf den
Tnippenleil Beifigllehe bis in die Ideinsten Blnseiheiten sufxu-
nelutten ist, liat sieh der Herr Verfasser des yorliegenden Werkes fttr
die letztere Art der Bearbeitung entschieden. Damit hat er seinem
alten Regiment ein Xachschlagebuch geschenkt, das wohl kaum eine
das Roprimfnt betreffende Frage unbeantwortet lüfst.
Ob der Herr Verfasser aber liier und da nicht doch zu weit ge-
gangen ist, — Zweifel hierüber scheinen ihm seibor kommen zu
sein: das leider vorhandene Überniafs von Fufsnoten dputei wenigstenn
darauf hin. Gegen solche massenhaften, dui jeder Soile zahlreich
vorhandenen Pufsnoten kann aber nicht energisch genug Widerspruch
erhoben werden. Sie beeinträehtigen nioht nur den guten Bindroek,
den der fliebende Stil der Qesehlohte sonst hervormft^ sondern wirken
direkt stdrend beim Lesen.
Das Infanterieregiment Nr. 74, im Jahre 1866 aus den Regimentern
der 2. Division in Danzi^ formiert, erhielt als erste Garnison Cöln.
Der Ausbruch des Kviesres 1870/1871 forderte vom Regiment sehr er-
hebliche Marschleistungen, bis es sich in der Schlacht bei Spichern
seine ersten Lorbeeren erringen durfte. Lebhaft und klar führt uns
der Herr Verfasser die nuf verschiedenen Teilen des Schlachtfeldes
stattfindenden Kämpfe vor Augen. In stundenlangem, heldenhaftem
Ringen hielten die 1., 2., 6. bis 8. Kompagnie der 74er im Verein mit
Teilen anderer Regimenter auf dem reehten Flügel im verwirrenden
Wald- und Dorfjsefecht gegen überlegene KrSfle des Gegners stand,
bis die durcheinander geratenen und ersohöpften Truppen gegen
Abend einem mit starken frischen Kräften unternommenen feindlichen
Angriff weichen mufsten. Gleichzeitig führte das P/74, unterstützt
von der 3./74 den seinesgleichen suchenden Angriff auf den Roten
Berg dtirch und erstürmt die 4./74 das Zollhaus an der Forbacher
Chaussee.
Man kann dem Herrn Verfasser nur durchaus beistimmen, wenn
er diesen ruhmvollen Käuipten voUe.s Lob /iOlU; eine daraus gezogene
Sehlulsfolgerung darf aber nicht unwidersprochen bleiben. Bs kann
«nmdglich fflr eine „vorzügliche Ausbildung der Truppen" spreehen.
wenn diese ^wisserraafsen im feindlichen Feuer eine neue, den ver>
Anderten Verhältnissen Rechnung tragende Pechtweise** sich aneignen
müssen. Ihre Ausbildung ist vielmehr dann nach richtigen Gesichts-
punkten erfolgt, wenn die Truppe „auf dem Gefechtsfeld nichts von
dem wieder abzustreifen hat» was sie auf dem Exerzierplatz erlernte**.
{E. R. 11. 125.)
Die Belagerune: von Metz mit ihrem aufreibenden Dienst, die dann
in schneller Folge sich anschliefsenden Eroberungen der Festungen
an der französischen Nordgrenze, endlich die Tätigkeit des Regiments
bei der SQdarmee, bei der es ihm versagt war, sich auf dem Ge-
feehtstbld neuen Ruhm zu erwerben, sind in anschaulicher Weise, wenn
auch stellenweis etwas weitschweifig, geschildert Nachdem darauf
Digitized by Google
512
seine ZugehdriglMit zur Okkapftüonsarmee beendet war. wurde dem
Regiment Hannover als Garnison zugewiesen, wo ihm die Ehre zuteil
wurde, Ihre Königliche Hoheit die Prinsessin Marie von PreoliBen als
Chef zu erhalten.
Die Treschichte des eheraali)oren Hannüverschen Infanterie-
re^menis, dessen t'berlieferungen durch die A.K 0. vom 27. Januar 1899
dem Regiment 74 zugewiesen »ind, ist leider nur sehr skizzeuhaft be-
handelt, obgleich auch hier gewKs manche ruhmvolle Tat ans den
Kämpfen von Waterloo und Langensalza zu erwShnen gewesen wire.
Karten, Krokis und in den Text gedruckte Skizzen, wie auch die
Uniformbflder erlelehtem das Verständnis, die Bildnisse der 3 Kaiser,
der Chefs des Regiments und des alten Hannoverschen 8. Regiments
und mehrere andere Bilder geben dem Werk eine vornehme Aus-
stattung. Zahlreich sinr! auch die Anlagen, die demselben beigefügt
sind. Ein Anhang bringt die Liste der Offizif^re, Sanitätsoffizierf^ und
Zahlmeister des RogimentB und des Hannoversclien siHinmregimenis,
sowie ein Ver/,eichnis der Reserveoffiziere. Der Anoidnung der Offi-
ziers»- usw. Listen, in vveiclieu sich die Namen nach dem L'aLum des
Eintritts des Betreffendeu in das Regiment folgen, kann jedoch nicht
sagestimmt werden, da hierdurch die AutBndung eines Namens sehr
.erschwert wird.
Die vorliegende Gesehiidite gibt vielerlei Anregung und manchen
Aufschlufs über die verschiedensten Zeiten und Verhaltnisse, so dafs
ihr Studium den weitesten Kreisen nur empfohlen werden kann.
D.
AichteinrielitTin^n für Feldgeschütze. (Friedr. Krupp, Aktien-
gesellschaft. 1903.)
Mit der .Stei;;eiu ng der ballistischen Leistungsfähigkeit der Ge-
schütze haben auch die Richtvorrichtungen im allgemeinen gleichen
Schritt gehalten. Das Feldgeschütz der Zakunft, das RohrrttcUauf-
geschfitz, das einen gewaltigen Schritt nach vorwärts bedeutet und,
technisch betrachtet, zum vollwertigen FrSzisionsinstniment wird, er-
laubt auch in den Richtvorrichtungen diesen Schritt mitznmaeh^,
indem die Verminderung bezw. Aufhebung des Rückslofses es gestattet,
die Richtinsiruniente in ihr»-!- Präzision ganz bedeutend zu voi^einern.
vor allem durch Anwpndurm <'ines Fernroh r=; die Tätigkeit des mensch-
lichen Auges zu verbessern und FelüerqueÜen auszuschalten, in
dankenswerter Weise hat die Firma Priedr. Krupp in einer kleinen
Broschüre die verschiedenen Arten der verbesserten Richtvornchtuiigeu
zusammengestallt. Bs ist interessant, den Ausführungen dieser
Broschüre, die die Beschreibung von sieben Aufsatzarten enthilt, zu
tolgen, man ersieht daraus, welch gewaltigen Fortschritt die Technik
auch hierin gemacht hat
Hervorgegangen sind die Rieht Vorrichtungen aus:
1. dem Libellenaui'satz mit Korn,
zu dessen ursprünglicher Gestaltung Einrichtungen verschiedenster
Digitized by Google
513
Art hinzugefügt worden sind, die zur Vervollkommnung der Richt-
mittel am Foldß;esrhüt7 dienen. Im allgomoinen entspricht dio Ein-
richtung des Libellenaufsatzes derjenigen bei unserem Poldgeschütz 96.
Doch waren für die VerwenduniEr beim Rohrrücklauf goschütz einige
Änderungen nötig. Da der Richtkanonier auf einem Sitz an der linken
Lafetten wand sitzt, von dem er sich während des Kichtens nicht er-
heben 0oU, so mu&te die Visiereinrichtung an die Unke 8eito des Qe-
sohfitses gelegt und nieht am Rehr, sondern an der behn RfieUaiif
feetelehenden Wiei^e befostigt werden. Aufeerdem war es Ddtig, die
UbeUe nicht mehr am Kopf des Aufsatzes, sondern tiefer, etwa in der
Mitte d r Aultotasstange. anzubringen, damit der Richtkanonier sie
vom Lafettensitz aus bei allen Stellungen des Aufsatzes bequem von
oben beobachten kann und nicht aufzustehen braucht (Srhild!). Be-
merkenswert ist ferner eine Einrichtung zur Ausschaltung des schiefen
iiaderstandes durch eine Ow©rlibelle und die Bewegung der inneren
Aufsatzstange in der Mufseren zum Regeln der Sprenghöhen. Bs wird
hier in der eigentlichen Aufsatzstange, die die Entfemungseinteilung
trSgt, eine innwe duroh eine PlÜgelsohraabe verschoben, und zwar
nach oben, wenn die Sprengpunkte zvl niedrig, nach unten, wenn sie
za hoch sind* Hierin liegt der Vorteil, dafs ein Umstellen des Auf»
Satzes beim Regeln der Sprenghdhen, wie jetzt noch beim Geschütz 96.
nieht mehr erforderlich ist.
Mit dem beschriebenen Aufsatz ist schon ein bedeutender Grad
der Vollkommenheit erreicht. Die Technik isf aber weiter gegangen
und die Kruppsche Fabrik hat noch folgende Verbesserungen und
Verfeinern URon — kurz angedeutet — angebracht:
2. Liüüiienaulsaiz mit Fernrohr und Korn.
Der Wert der Libelle gründet sich auf die vorhergegangene ein-
malige direkte Richtung. Durch die vergröfserten Oefeehtsentfemungen
einerseits und das Streben nach gedeckter Aufteilung andererseits
verliert aber das Wehten Uber Visier und Korn gegen früher erheb-
lich an Oenaui^eit. Es wird daher eine wesentliche Vervollkomm-
nung des Libellenaufsatzes durch Hinzufügung eines Ziollernrohrs er-
reicht. I>urc)i ein solches wird d;is Auffassen wenig sichtbarer ode:-
schwer erkennbarer Ziele erleirhtnt iiii'i die GenauiL'keit der direkten
Richtung gegen das vergi-öfserte Ziel erlieblich gesteigert.
Das Zielfernrohr ist ein kurzes Prismen fern rohr, welches anstatt
der zwei Prismen der gewöhnlichen Porro-Fernrohre nur ein einziges,
besonders gestaltetes Prisma enthält, woduroh eine erhöhte optische
Leistung erzielt wird, mit dreifkcher Vergrdfserung und 13 Qrad
wahrem Gesichtsfeld. In dem Prismenfemrohr ist ein Fadenkreuz an-
gebracht, dessen Mittelpunkt in der optischen Achse des Fernrohrs
liegt und beim Richten sich mit dem Ziel decken mufo. Bei Dunkel-
heit kann es von der Seite beleuchtet werden. Die parallel zur
Visierlinie über Visier und Korn liegend*« optische Achse des Fern-
rohrs bildet somit die eigentliche Visieriinie. Die ächragstellung der
Digltized by Google
614
Aufsatzstange, dio beim Libellenaufsatz zur Ausreichung der natür-
lichen Gesf hofsMbwpirhunj): dien*f^. i"?! aurh hier beibehalten und be-
wirkt beim Nehmen der Erhöhung eine der SchiüLr^tcllung entsprechende
Drehung tJer optischen Achse des Fernrohrs in wagerechter Richtung.
Das Vorhandensein von Visier und Korn gibt die Möglichkeit, jeder-
aeit, z. B. gegen bewegliche und nahe Ziele, direkt su richten. Za
erwihnen bleibt noch fttr das Richten nach einem HUlbsiel das Auf-
aaftarerlingeningsstack, das sich anstatt des Fernrohrs aufBohieben
läTst, oben ein drehbares Richtdiopter fiber einer horizontalen, mit
Binteilnng versehenen Scheibe (RichtlareiB) trägt und so hoch ist, dals
man über die R&der Oder Schilde hinweg das betreifende HiUsziel an*
visieren kann.
Über die nächsten. o\nf^ weitere Vervollkommnung bedeutenden
Arten sei kürzer hinweggegangen. Es sind dies:
3. Libellenaufsatz mit Fernrohr ohne Korn.
Durch Wegfall des Korns, also alleinige Benutzung des Ziel-
fernrohrs, dessen optische Achse nunmehr allein die Vislerlinie bildet,
ist als hauptsichlichster Vorteil erreicht, daüB der Kopf des Auftataes
als Richtkreis aasgebildet werden kann, auf dem das Fernrohr In
einer senkrechten Achse drehbar ist Zum Nehmen der groben Rich-
tung oder zum Richten nach rasch sich bewegenden Zielen dient an
der rechten Seite des Fernrohrs ein Hilfsvisier, bestehend aus einem-
Oiopter-Lineal.
4. Libellenaufsatz mit Sucher und Fernrohr.
Das Richten über Visier und Korn bei der unter 2. genannten
Konstruktion oder das Hilfsvisier kann einsetzt werden durch ein
optisches Instrument, den sogenannten ,,Sucher*.
Bs wird hier durch Spiegelung das Bild eines hellen Kreuzes
in das Ange des Sehenden geworfen, so dafo es beim Durchsehen
auf dem Ziele liegend erscheint, ohne daCs das Sehrohr vergröfeemde
Wirkung hat. So ist, in Verbindung mit einem wahren Gesichtsfelde
von 20 Grad, ein tnißt Überblick über das Gefecbtsfeld und dabei
die Möglichkeit genauen Richtens gewährleistet. Da die optische
.\chse des zur Sflie zu klappenden Fernrohrs mit der des Suchers
zusammenfällt, so kann jederzeit das Fernrohr eingeschaltet und durch
die dadurch erreichte Vergröfserung die Richtung verbessert werden.
5. Libellenaufsatz mit Pano ramafernrohr.
Die beim IHehten nach seitwftrts gelegenen Hilfssielen nötige
Drehung des Fernrohres könnte Unbequemlichkeiten und Erschwerungen
fttr den Richtkanonier sur Folge haben. Deshalb wird beim Panorama-
fernrohr nur das Objektiv bewegt, wShrend die Stellung des Okulars
und damit der Einblick in das Fernrohr unverändert bleibt. Ohne
seine Stellung zu ändern, kann so der Richtkanonier sogar über seinen
Kopf hinweg nach einem rückwärts gelegenen Hilfsziel richten
Stellen die angeführten Arten eine stufenweise fortschreitende
Vei-feinerung des Libellenaufsatzes dar, so treten uns in den beiden
Digitized by Google
Liter»ittr.
515
letzten in der Broschüre angegebenen Kichlvorriehtungen andere Prin-
zipien entgegen. Bs sind diee:
5. Libellenaufsatz mit Winkelmesser und Fernrohr»
von dem rumftnischen Migor Qhenea erflinden. Der grundsfitzUche
Uoterschied gegen die bisherigen Aufefitse beniht darin, dab die Er-
höhung nicht durch Auf- und Abbewegen der Antsatzstange, sondern
durch Sehwingen derselben in einer senttrechten, der Seelenachse des
Rohres parallelen Rhene genommen wird. Um den Winkel, um den
die Aufsatzstange nach vorn ^resrbwuneren wird, mufs das Rohr erh5ht
werden. Der Vorfeil dicsf i Kinrichtun^r besteht darin, dafs sie einen
sicheren und schn^^lli p. Lberganjz: von einer Kntfemung zur andern ge-
währleistet, wie es beim Streufeuer durchaus erforderlieh ist.
7. Die .sogenannte „unabhängige Visierlinie", ein Ubellen-
aufsatz mit Fernrohr zum Richten des Geschützes mit davon unab-
hängiger Einstellung der Erhöhung des Rohres.
Hauptzweck ist der, die Arbeit des eigentlichen Richtens vor der
des Bin- und Umstdlene der Erhöhung zu trennen. Der Fernrohr-
aufeatz ist mit der äuTseren Richtschraube so verbunden, dafs durch
ein Handrad auf der linicen Seite der Lafette das Rohr mit Wiege und
Aufsatz durch den Richtkanonier l>ewegt wird, ohne dafs dieser auf
die Enlfemungseinteilung zu achten hat. während durch ein Handrad
rechts der rechtssitzende Kanonier („Verschlufswart") das Rohr auf
die befohlene Erhöhung einstellt, ohne die .srenommeno Richtung zu
berühren. Die grofson Vorteile dieser Einrichtung liegen auf der Hand.
Abgesehen von dem Zeitgewinn durch die Arbeitsteilune^ kann der
Richtkanonier seine Auftnerksamkeit ungeteilt dem Ziele und dem un-
unterbrochenen Einrichten der Visierlinie zuwenden, kann bei rasch
sich bewegenden Zielen dauernd denselben folgen. So hat diese Art
der Ricbteinrichtung vielleicht die Zulcunft flir sich, die Franzosen sind
ja diesen Weg schon gegangen, ob mit Recht, wird sich zeigen.
Bei Betrachtung der andeutungsweise beschriebenen Richtvor-
richtungen wird man sich zunfiobst des Bindrucl» einer gewissen
Kompliziertheit nicht erwehren können. Oewifs. Das Fernrohr, mit
dem man sogar nach rückwärts richten kann und die unabhängige
Vifiierlinie bilden einen gewaltigen Unterschied gegen unser altgewohntes
Richten über Visier und Korn. Aber, wenn auch der ^[('^•hanismus
komplizierter wird, so wird doch auch entsprechend m In Lcek-istot.
Portwährend sind unsere Waffen verfeinert worden und den jedes-
maligen Vorwuil der Nioht-Kriegsbrauchbarkeit hat meist sehr bald
ein neuer Fortschritt verstummen machen. So war es beim Richtbogen,
so war es beim Libellenaufeatz, so wird es l>efm Pemrohraufsatz
auch werden. Praktische Versuche — das bisherige Ergebnis mufs
leider verschwiegen werden — mflssen entscheiden, es ist zu hoffen,
dafs die ausgezeichneten Leistungen der Firma Krupp auch auf diesem
Gebiete für die Praxis so weit nutzbar zu machen sind, dafs die
iaMtimifr »t i\9 4»iitMte ArmM «•« M«rtM. N*. m. 84
Digitized by Google
516
Literaiar.
samtteistung des ZukttoftageBchfitseB durch solche vonOsUehe Rtehtvoi^
richtttogen eine hemmif;ende Steigerung erllbrt
Wegen der Kriegsbrauchbarkeit braucht man sich keinem Be-
denken mehr hinzugeben. Seit mehreren Jahren haben, wie aus den
verschiedenen Berichten militärischer Zeitschriften bekannt ist, eine
Anzahl Staaten ihro Feldartillerie neu und ^wnr mit Rohrrürklaut'-
gcschützen bewaffnet und zu diesem Zwecke utntangi'oiche, auf Jahre
ausgedehnte (Schweiz 8 Jahrei Versuche niit Geschützen der ver-
schiedenen Oeschützfabriken ausgetuhrt. Ks kann somit als sicher
angenommen werden, dafs die als Ergebnis dieser Versuche von den
Staalmi eingefahrten Geachütae aioh in allen, in den Versoehen aom
Anadrack gebrachten Kriegslagen als vonQglich bewihrt haben. Wie
aus den einaelnen Berichten hervorgeht, dnd die Geschatze über
mehrere 1000 km fiber absichtlich ausgewähltes Gelände in erhöhter
Gangart gefahren worden, die eigentlichen Schiefsversuche haben unter
allen, im Kriege möglichen Verhältnissen stattgefunden Djifs nun alle
dieso Staaten (Schweden, Dänemark, Schweiz u. a m.) für ihre nf^iien
Geschütze einen Libellenaufsatz mit Zielfernrohr angenommen
haben, bietet den sicheren Beweis, dafs diese Aufsätze sich nicht nur
in jeder Beziehung als kriegsbrauchbar, sondern auch in ihrer Hand-
habung als einfach und zuverlässig erwiesen haben.
Oberleutnant Roskoten.
II. AutlftiNlisebe Zaitociirifteii.
Streffleurs Ösierreichische MilitÄrisehe Zeitschrift. (M ü r z h e f t.)
RufBlimd und Indien. — Gedanken über den Nutzen kriegsgeschiclit-
liehen Studiums. — Vorträge: I)ie Wasserstrafson nsterreichs. — Leichte
Truppen im 2. Schlosischen Kriege. — Betrachiuiigen über den Krieg
1812. — Kampfsehiofsen bei der Artillerie. — Fortschritte bei fremden
Armeen 1903 (Deutschland, Rusfland). — Der Feldzug im Somaliland. —
Russich-japaniacher Krieg.
Beme d'HiatoiTa. (FebruarhefL) Die Schlacht Ton Malphujuet
nach der Korrespondena des Herzogs von Maine.
Jiivnial des Sdances militaires. (Fobrua .heft.) Die angeb-
lichen neuen Strömungen in der deutschen Armee. — Die Tininssibirische
Bahn. — Die Marine-Artillerio. — Die Vorwendung dor Reserven auf
dem Schluchtfelde. — Studio über Clausowitz. — Das Recimungswesen
der Truppenteile. — Zum nt iu n K<7;lniumt für die Infanterie. — Die Rolle
der detachierten Korps im muderncn Kriege.
Revue du gerne militaire. (Februar.) Die Erwerbung von
Immobilien durch das Kriegs-Departement — iW Zyklograph Ferguson
(ein Instrument, das, am Zweünd befestigt, aelbstt&tig eine zurfldKgeiegte
Wegstrecke auitrSgt). — Eingehende Besprechung von Roechi .Traccla
Digitized by Google
Ulentnr.
517
per In sLudio düilc fortificazinn o permanünte" mit Hervorhebung seiner
Beispiele von Bofestigungswerkon. — Die deutschen Lnftsrhiffer (Aus-
zug aub dem Luftschiffer-ExerzieiTüglement von 1901). — Drehbrücke
(eine BehilfskonstniltUotit mittols der, auoh im Felde, ein fester BrAolien-
Steg in eine Drehbrtteke umgeändert werden kann). — Bogenlampe
mit schwachem Strom.
IDtteilnngen fflber UagmatKnile dMArllUerle« umd Q«iie-WeMB8.
(I. Heft) Der Kriegsschauplatz zwischen dem Rhein und der Seine
und die Hauptaufgabe seiner Befestigungen. — Über ballistische Appa-
rate. — Messen der Goschofsfluiry.eit^'n Nt**ssen der Gesohofsge-
schwindigkeiten mit f^lektromiiji^notischcn Fallapparaten. (II. Heft.)
Krliiutorungen zu den neuen Schiefstaleln. Von R. Edler v. Forten-
schlag Lederniayer. — I )or Kriegsschauplatz zwischen dem Rhein und
der Seine und die Hauptaufgabe seiner Befestigungen (Sclilufs).
Allgemeiae Mwefaierieelie MiUtSraeltanf. Hr. 6. Persönlich
und sachlich. Bemerkungen von U. Wille über verschiedene Artikel,
die seinen Ansichten über das neue Wehrgesetz entgegentraten. —
Militärreformen in Bngland. — Die Unbereitschaft Rufslands zum Krieg.
Hr. 7. Der miUtärische Vorunterricht. — Rufslands Streitkräfte in
Ostasien. — Die englische Tibet-Expedition über den Himalaya. Nr. 8.
Der Elfolg Japans zur See Die Darstelhing leidet an f^int^v Über-
schätzung der japanischen Krfolgf, bezw. an einer zu iiiii;ün8tigen
BeurtiMlnns dos Verhaltens ui}d der Einbufscn der Russen. Die
Höchstkuiiiniandierenden und die Truppen im russisch-japanischen
Kriege. Wohigelungene Darstellung. — Mission auf dem Kriegsschau-
plata. Wird nach den Absichten des Bundesrats in beide Lager ent-
sendet werden. Beiheft I. Lassen die Lehren aus dem fiurenkrieg
eine Änderung unseres Infanterie-Exerzierreglements wOnschenswert
erscheinen? Von iligor Schaeppi. Hf. 9. Korrespondenz aus Deutsch-
land. P&llt zu sehr in den Geist und die Sprache der gegen die Arraee-
ieitung gerichteten Opposition. Das Positive ist nicht alles verbürgt.
- Ein<» nrno militärische Zoitsrhrifl. betrifft die Viortoljahrhefle für
Truppenführung und Heeie.skunde vom proufsischen gnifsen Heneral-
stab. — Ein Übungsritl über die frische Nehrung, vom kommandieren-
den General 1. Armeekorps geleitet.
Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und (xenie. (Februar.i
Mitteilungen Ober unsere Armee, speziell Artillerie und Genie betrefTend.
— Der Bhiflufs dir Neubewaflhung der Artillerie in taktischer und
organisatorischer Beziehung. — Notteen aus einem Vortrag: Betrach-
tungen Uber das Bntfernungsschftlzen, gehalten in der OfftzierBgesell-
schaft Winterthur und Umgebung. — Gegenwärtiger Stand der Feld-
geschtitzfrage in Österreich-Ungarn. — Militär-Automobile. — Drittes
Skironnen in Glarus. — Ein Gewflltvereuch mit einem Rolirrücklauf-
geschütz. — Das Panorama-Fernrohr.
Schwedische Artillerie-Zeitschrift. Heft VI. Einige Erfahrungen
betreffend feldmafsiges Schiefsen mit unserer neuen Feldkanone. —
34*
Digitized by Google
518
Uterator.
FüidgeschüUfrage in psterroich- Ungarn (nach den Jahrbüchern). —
Eine deutsche Ansicht über Schilde. — Schiefsen im Dunkeln.
Lft France nUitalre. (Februar.) Das Projekt Lanessan 3, 3, 4,
10. — Die Zusammensetaung der Remonte-Ankaufskommision 2. —
Die russische Armee 1903. — Die verkürzte Dienstzeit und Algier*
Tunis. — Die Arlillerieschiefsübungen im Gelände. 4. Ersparnisse
bei der zweijährigen Dienstzeit, die Kapitulanten nach dem l^Jekt
Lanessan 5, 9. — General Langlois Beurteilung seiner Ideen durch dio
Rovista miliUire italiana 6. — Was die zweijährige Dienstzeit kosten
wird. — Da.s >\iarscbieren in der Armee. Die vum Mantin ins Werk
gesetzte Konkurrenz 7/8, 10. — Die deulücho Armee. Bilses Buch
von Oberstleutnant Prerox sehr sachlich beurteilt 7/8. — Die Verteidi-
gung indo-Chinas. — Krieg im Schnee. — Erfahrungen 10. Korea,
Geschichte 11. — Vor Jena. — Die Kriegshäfen Japans 12. — Die
Eroberung des Tchad, ein Vortrag 18. ^ Die verkfinte Dienstseit von
General Laniiraux 17. — Die Verteidigung der Kolonien (Vorbereitung
der franaösischen hierzu) 19. — Die Vondöme-Säulo, ihre Geschichte 24.
- Kin neuer Gesetzvorschlag für verkürzte lJ>ienstzeit 2h. — Deutsche
Ansichten, Zustimmung zu einem Aufsatz dos Generals v. Pelut im
Miütär-Wochenblatt. — Die gelbe Gefahr. — Zitierung japanischer
Kriegsiieder 26. — Der Franko-iSiamesische Vertrag. General Prud-
homme hält ihn für ungünstig 27. — Die Erkundungen der Kavallerie
28/29.
Rivista di artigUerU e geaio« (Januar.) Das Ingenieurwesen
in Spanien und der Belagerungskrieg. ~- Die Belagerung von Porto-
ferriUO, Mal 1801— Juni 1802. — Bemerkung Ober die Anwendung von
Maschinengewehren in sehr bedeckten Ebenen. — ESsernes Hebeaeug
für Artillerie.
Revue de Cavalerie. (Januar.) Den Frciindün der Srategie —
Plaudoroi. - Hin Haid im äufsersten Süden (Pfordo und Mahara-Kanicle)
— Die Entwickelung der französischen Keiterei (Forts.). — Paris — Reuen
-Meaudeville (12., 13., 14. August 1903) (Schlufs). — Die deutsche Armee
(Forts.).
Journal der Vereinigten Staaten- Artillerie. (Jan., Febr. 1904.)
Bestimmung der Lilngenabweichungen beim ArtillerieschteTsen mit Hilfe
von Photographie. — Das halbautomatische Visler. — Verdeckte Stellung
von KQstenbatterien, ihr Wert und die Beaiehung von Verschwind-
geschOtsen dazu. — Feldartillerie-Bewaffnung. — Der gepanzerte Mu-
nitionswagen für Feldartilleric. — Die Entwickelung von Rücklauf- und
Vorlaufap parat <-n für Feldgeschütae mit langem Rohrrücklauf. — Neue
Formen von Panzerforts.
III. Seeweteii
Nachrichten aus deiu («ebiete de» Seewesens. Nr. 3. Fort-
schritte un Schiefswesen. — Bericht der Schiedsrichter über die eng.*
Digitized by Google
Uterilnr.
519
lischon Flottenmanöver. — Börresens Torpedo. — Virator. — Die
russische „FreiwilliRo Flotte'. — Dio russisrhc Schifls-Arlillerio. —
Die Reform der nautisclion Schulen in Östn reich. — Das Stone-Lloyd-
Sj'stem zum c:leichzeitigen und automatischun Ahschliefsen aller wasser-
dichten Türen auf Schiffen. — Ein fiettungsboot mit Dampfbetrieb. —
Über den Gebrauch der Waöserrohrkessel auf Kriegsschiffen.
Amy aad K»?jr Gacetto. Hr. 2294. Die Ne^jallrobel&rde^ungen.
— Die Portsohritte Deutsclilands im KrtogssctiifTbau. Hr. 2300. I »er
seemännische Ausbliclt auf den russisoli-japaniechen Krieg. — Über
die russischen Flottenfahrer in Oetasien, Nr. 2801. Der Marine-Vor-
anschlag.
Revue mAritime. flfinior 1904.) r>cr .spanisch-amerikanisch«?
Krieg auf den l*hilippinen (Schlufs). — Die Blockade von Btv^t 1803 bis
1805 (Schlufs). — Zu was können die LunduD^truppen dienen ;! —
Operationen über See.
IV. Verzoichiiis der lur Besprechung einiegangenen BUcher.
(l>i« eingegangenen H i i t r »rfjiiren eine Ueaprechang nach M.ir$iga!>e ibrnr i;cMl<>utiir<r^ i ul >I»ii \er-
figbaren Kaamea. Kinn V * r i cb lang, jede« eingebende Kueh xu beaprechon. ul>eriümmt die
LtitUBg der .JabrbOeker" nieht, do«b werden di« Titel aämUiober Bfiober nebat Angabe dea Treiaea
— aefetn diewr mitgeteilt wurde — hier viiraif>rl;t. Kine Itfickaendung von il&rbem findet niobt etatt.)
1. Cramer, Militärische und freiwillige Kranltenpflege. Stuttgart
1904. F. Knkc. Mk. 1.20.
2. V. Meersfheidt-Hüllessera. Die Ausbildung derlnlanterie. 11. Teil.
Die Frühjahrs Feriode. Heiliii 1904. Mittler k Sohn. Mk. 2,40.
3. Yeltxe, Die Schlacht bei Adua 1. März lb96. Wien 1904.
Seidel & Sohn.
4. SenititBihefleht fSr die Kgl. hayerisehe Arne« für die Zeit
vom 1. Oictober 1898 bis 30. September 1809, bearbeitet von der
Medisinai-Abteilung des KriegBrniniateriums. München 1904.
5. Fried« Kmpp» A. G., Richteinrichtungen für PeldgeschütKe.
Essen 1903.
6. Zobel, Praktisches und Theoretisches zum Reitunterricht für
die Otfiziero dei Fufstruppen. Leipzig 1904. Zuckschwordt k Co. Mk. 3,00.
7. V. MonieteB, Die Mathematik in der Plerde-Dressur. Ebenda.
Mk. 1,60.
8. Sclteenbeek, Das Scheuen der Pferde, debsun Ursaclien. Folgen
und AbhUfe. Ebenda. Mk. 1,60.
9. Noalhaty les sous-marins ei ia prochaine guerre navale. Paris
1904. Berger Levrault k Co. 8 frs. 50 c.
10. EnStel, Uniformenkunde. XII. Band. Heft 12. Rathenow 1904.
M. Babenzien. Mk. 1,50.
11. Krause, Die Gestaltung der Geschofsgarbe der Infanterie beim
gefechtsmätsipMi Prhi. fsi n. HrHin 1904. E. S. Mittlei- & Sohn. Mk. 2,25.
12. Auf^^abt^ii der Auf riahineprüfunsff^n für die Kriegs-Akadeuie
l\mß mit Lösungen. Oldenburg 1904. G. Staliing.
Digitized by Google
520
Uterator.
13. Die Völker Russlaiids in Waffen. Leipzig. W. Malende.
14. Immanuel. 225 taktische Aufpibon für Übungen aller Art und
Kriügsspioi. Herlin 1904. Mitfl^T A- Sohn. Mk. 9, — .
15. Verdy du VernoiSy Studien über den Krieg. III. Teil. Strategie.
Ebenda. Mk. 3,60.
16* Anleitung cur StolTgliederuHg beim Lnterrielit über Kriege*
lurtikd. Ebenda. Mk. 0,50.
17. Dresky, Praktische Anleitung zu richtigen HUfsstellungeD bei
gymnastischen Übungen. 8. Aufl. Ebenda. Mk. 0,60.
18. Hoppenstedt, Der Unteroffizier ißr Infanterie im Aufsendienst.
KbendH Mk. 0,60.
VX (üeschichte Krandenburg l*reuHsens. I.tfd für don (if schichts-
Unterricht in den l nterol'ftzierschulen usw. Kbenda. Mk. 1,76.
20. Hoppeu8tedt, Übungsritte in Aufgaben. 1 Jurchführung uncl
Berichten für Offiziere aller Waffen. Mit einer Karte in Steindruck.
Berlin 1904. .MiUler d; Sohn. Mk. 3,25.
21. Kunz, Kriegsgoscbichtliche Beispiele aus dem deutsch-fran-
zösischen Kriege von 1870/71. Siebzehntes Heft. Ebenda. Mk. 5,25.
82. KriegsgeaehiehtUehelSiutelsehflilen« Heft 33. Ebenda. Mk.2,80.
23. Roth's, Jahresberioht über die Leistungen und Portschritte auf
dem Gebiet des MilitSr-SanitStswesons. 28. Jahrg. Ebenda.
24. V. Otto, Geschieh to des Jäger- Bataillons von Neumann und
seiner Stammtruppon. Ebenda. Mk. 10.00
25. V. d. tvoltz, Die Ausbildung der Infanterie für den Angrilf.
Ebenda Mk. 1,60.
2(J. Hsueh Chi Tsehoug, Kunversationsbuch in drei Sprachen,
deutsch. IninzübiHch, chinesisch. Wien 1904. llartiobens Verlag.
Mk. 2.-.
27. KiattsSy Karte von Japan, Korea, Ostebina und der Mand*
sehurei. Leipzig 1904. Bibliogr. Institut. Mk. 0,80.
28. FlrobeBiiiSy Militfiriexikon. Brgftnz. Heft 2. Berlin 1904.
M. Oldenbourg.
29 V. Kalinowsld, L)er Kri(>g zwischen Rnfsland und Japan.
1. Heft. Berlin 1904. Liehelsrho Rurhhdl^r. Mk. 1.20
30. Freusis, Reform der militärischen Fabriken in Preufsen. Berlin
1904. H. Schröder. Mk. 0,50
31. Schon, Major. I >er Kriegsschauplatz zwischen dem Rhein und
der Seine. Wien 1904. Seidel & Sohn.
22. T. GulowItB-lluLen, Einteilung und Dislokation der russischen
Armee. 14. Ausgabe April 1904. Leipzig. Zuokschwerdt & Co.
22. LyeoBdlSy le Systeme do canons demontables. Athen 1903.
Meissner k Kargadouris.
Dmok TOB W. n«jrii's Brbeii. Beriia «nd Potsdfta.
Digitized by Google
XXVI,
Eriahruageo beim gefechtsmäfsigeo Schielsen mit Bohr-
rficklaafgeschützen.
Ii. Eohne, Geoeralleutoaot z. D.
Die Vorteile des Schnellfeuerirf Schlitzes wird nur der ausnukzeü
können, der versteht sich scbuell einzttschielsen. Dafs unser
jpt'/i«?es Schieisrerfahren viel m viel Zeit in Anspruch nimmt, liann
nur jemand ieugnen, der nie darüber nai^lii^-cdai lit hat. Die IVnnzö-
siche Feldartillerie b:if deshalb mit dem alten System - Bilden und
Verengen der (xabei, im Az.-Feuer, Ubergang zum Bz., schliefslit^h
Keireln der Sprenghöhen — völlig gebrorhen nnd ein anderes Ver-
fahren angenommen, das ein schnelles Einschit i^t ii gewährleistet und
eine völlig ausreichende, freilich nicht die höchst mögliche Wirkung
des Schrapnellfeuers verspricht Die im Novemberheft (190H) er-
schienene Betrachtung über das Schicisen der rumänischen Artillerie
zeigt, wie schnell man mit diesem Verfahren zam Ziel gelaugt, und
welch hohe Wirkung es in Aussicht stellt
Inzwieeh^n hat der schwedische Oberst Wennerberg in der in
Stockholm erscheinenden Artilleri-Tidskrift" fi. Heft 1903 die
beim feldmäfsigen Schielsen mit dem neuen Geschütz ^-fniachten Er-
fahrnn^en veröflFentlicht. Bekanntlich ist dies Geschütz die Kruppsche
7,5 cm Kanone mit Rohrrttcklauf, das dem voraussichtlich in kürze-
ster Zeit l)ei uns eingpftlhrten „Kompromifsgef=;chUtz" anfserordentiich
ähiiliih ist. Aber abgesehen davon ist dieser Aufsat/, deshalb be-
merkenswert, weil sein Verfasser nicht nur Kommaudeur eines
Feldartiilerieregiments. sondern auch seit Jahren Leiter der jähr-
JAttrkAeliar fir di« dvotaoke Armee aad Uarlne. Ko. 393, 86
Digitized by Google
522 £ilAhruii|{eD t>eim gefeehUrnüfsigeB HchieiMii mit BohrröokiAuf^dsctiüUiMu
lieben Offizier- Schiefsscholkurse in Sehweden igt. Es steht ihm also
eioe reiche Erfahrimg za Grebote; diese hält iho aber nicht ab,
soDdern ist vielleicht gerade die VeraiüassQDg tttr ihn, die Schiefs-
fragen aach „theoretisch^ grttndlieh m studieren. Für mich ist m
ime groSae Genngtaiuig, dab dabei die BeieelmiiDg der treffbaren
Fläeiie der Ziele und der Dieliftigicelt der Streogmrbe, ttber die
die itontiiiiefB aleli so wohlfeile Witae «rlanliteD^ eine grofae RoUe
spieH. Der sebwedlaelie Oberst bnldlgt aidit blo& dem Gmadsafse
„Probieren gebt ttber Stadieren»^ sondeni aneb dem leider so oft
anlser aebt gelaaseneii: «Erst «tadSereiit dann probieren!*^
Es ist LtuD interessant, dafs aocb die Schweden zn der Über-
zengong; gelangt sind, dals das Einscbielsen mit Bz. im allgemeioeD
den Vorzug vor dem Einscbielsen mit Az. verdient, weil man bei
einer Bz.-Grabel von 200 m wahrscheinlicli früher vorteilhafte Spreng-
weiten erhält als mit einer Az.- Gabel von 100 m. Während ia
Frankreich alle vier Geschütze zur Gabelbildung benutzt werden,
halt man es in Schweden fUr zwLckraäfsiger. die Gabel mit nur zwei
Geschützen zu bilden, weil man dabei weniger Munition verbraacht
und weil zwei Schüsse leichter zu beobachten sind als vier, die
vielleicht seitlich weit auseinander liegen. — Es wird empfohlen,
▼on vornherein eine Gabel von 400 m zu bilden und diese aof
200 m ZQ verengen. Gelingt das nicht, so hängt das weitere Ver*
fahren von der Beschaffenheit des Zieles ab.
Nach den französischen Schiersregeln folgt der (Tabelbilduog ge-
wöhnlich ein Schiefsen auf mehreren Entfernungen (tir progressif),
während bei Zielen ohne Tiefe nach den schwedischen Regeln der
Versuch gemacht werden soll, durch lagenweises V or- oder Zurück-
gehen diejenige Entfernung zu ermitteln, die die beste Wirkung in
Aussicht stellt. Nach den Beispielen sollen dabei sogar Korrektnreo
um 50 Meter ausgeführt werden, was nach unseren Erfahrungen
weder nötig, noch im Ernstfall ausführbar ist. Solche feine Korrek-
turen erschweren das Schiefsen unnötig.
Gelingt die Hilduug einer Gabel von 200 m nicht, so kann man
vielleicht cinf solebe von 300 m bilden, wodurch man unter Um-
ständen den unter Feuer zu nehmenden Raum so tMiisi hränken kann,
dals man mit vier verschiedenen Entiemuugen auskommt. Ist z. B.
die Gabel wie folgt gebildet
3000 — —
^400 + +
3200 ? ?
so wttrdeo die Frauoeea entweder lagenweise auf das Kommaodo
Digitized by Googl
Ejrfahnui|;ea beim gefeohtsnüUaigeii Sohielaeii mit Bohrrttokbuifgeiohtttatea. 528
des Batteriffiihrers vou 29C)0 ra beginuend vorgehen bis 3400 m,
weDD sie nicht vorher bereits vSchtisse hinter dem Ziel erhalten oder
zweimal ein „tir progressif" mit 2900 bezw. 3100 beginnend ans-
fübren. Der schwedische Oberst schlägt vor zunächst eine Lagt* auf
3100 oder 3300 m abznsreben. Kann eine von diesen beobachtet
werden, 8o lälst sich der unter Feuer zunehmende Raam einschränken
und damit Munition ersparen. In jedem Fall, wo die l^ildung einer
200 Metergabel nicht geiimgeu ist, müssen die Greii/oo der 400
Metergabel koutrulliert sein, so daib zwei Übereinstimmende Beob-
achtungen vorliegen.
Geht man lagenweise um jno m vor, so erhält man, wie durch
Rechnung festgestellt ist eine Dichtigkeit von mindestens 1 Treffer
pro Quadratmeter, wenn man auf jeder Entfernung zwei Schüsse ab-
gibt. Gp<ren eine mit 24 Figurseheiben besetzte uugepanzerte Batterie
von vier Geschttteen sind bei einer 'MX) Metergabel auf 8000 m etwa
21, auf 4000 m In Treller zu erwarten, also mehr als rrfordprlit^h,
um die Batterie zum Schweigen zn bririfren Ausgeführte bcbufs-
versuche bahieii die Richtigkeit der Recbnong bestätigt. (Wirkiuigs*
sehielseD 32 Schafs.)
Auch bei Bildung einer 200 Metergftbel Ist ein SeMeben mit
mehreren Aafsatzstellnngen (tir progreseif) angexeigt, wenn man sicher
weiÜB, dals das Ziel eine gro&e Tiefe hat, bezw. da& sieh hinter
ihm treffhare Ziele befinden, was man z. B. bei Schützenlinien
immer 'annelunen darf. Eän gutes Beispiel von der Wirkung, die man
beim Bestreuen eines Bamnes Ton greiser Tiefe erhält, liefert ein
gegen Schützen ausgeführtes Sehiefaen. Das Ziei bestand ans tttnf
SehtttKnUnien hintereinander:
auf m)0 m 70 Schtttzen (0,6 m hoch Tre^äche 0,2 qm)
9»
2900
»»
70
n
)»
n
»f
n
2980
n
120
V
(0,9
n
>»
ti
0,85
»
n
3900
n
70
w
(0,6
n
n
n
0,02
»»
»
8400
tt
70
»•
ff
n
n
»
19
ff
Man bildete gegen die Torderste allein sichtbare Linie die Gabel
2400 — ^2800 nnd gab als dann sweimal ein Sehnellfener mit weeh-
sehider JEntfeninng (tir progiessif) ab: Das erste anf 2800, 2400,
2500, 2600; das zweite auf 2600, 2700, 2800 und 2900 m; auf
jeder Entfernung zwei Schüsse pro Geschütz. Die Gabelbildnng war
mit 12 Schossen erfolgt ; das Wirkongssehiefseo erforderte 64 Sehttsse;
Summa 76. Die Wirkung betrag gegen die
66^
Digitized by Google
524 £rCihniiig«ii b«i4B gefedüMiUUgea SekMMB nit EabnllioUmlgmiUUui^
i. Linie 88 Trefier
8. „ 110 „
4. 11 }i
5. 5
Summa 253 Treffer
als pro bchuis 3,3 Treffer.
Das erhaltene Resultat stimmte ziemlich genan mit dem eireoh*
neten (pregen die drei vorderen Linien 246 Treffer) überein.
Während bei sehmalen Zielen das Feaer ohne Änderung der
Seitenrichtung: der Geschütze ausreicht, ma(s man bei breiten Zielen
die SpitPiirichtuno: von Schul's zu Schuls ändern, was dem franzö-
sischen ,.tir fauchant"" entspricht. Die Breite der Ziple, die ohne
Änderung: der vSeitenrichtung von einer Batterie von vier Geschützea
wirk'iam beschossen werden kann, ist auf mindestens HU Meter, auf
den näheren Entfernungen aber erheblich höher zu veranschlagen.
Die Änderung der Seitenriehtung erfolgt ohne Umstellung der
Kichtmittel lediglich durch Umdrehung der Kurbel für die Spitpn
ricbtmaschine. Eine solche Umdrehung verlegt den Treffpunkt um
acht ^Teile^^) (^/j Grad). Man rechnet darauf auf den Entfer-
nungen von 2000—5000 m Ziele bis lu. 360 m Breite unter Feuer
nebmen zu können.
Es mulö dazu das Geschütz allerdings mit fünf verschiedenen
Kichtungen feuern: nach Abgabe des ersten Schusses wird /weimal
nach rechts gc^phwenkt, dann durch Zurückdrehen der Kurbel die
ursprüngliche Richtung wieder genommen und nun zweimal nach
links ireschweukt.
interessant sind die Treffresultate, die man bei diesem Verfahren
erhielt Auf :](MM) m wurde eine Batterie von acht Geschützen
mit Muniti(tn^\\ atreii. besetzt mit 40 Figursebeihen, Frontbreite
175 ra. beschossen. Beim Sehiefeen mit einmaligem ^>chwenken (Ab-
gabe von drei Schuls pro Geschütz auf jeder Entfernung) erhielt
man in den Figuren 24 Treffer, bei zweimaligem Schwenken (sechs
bchuls ;inf jeder Entft nuiii^j 37 Treffer.
Auf 1850 m wurde eine Schützenlinie von 200 m Frot be-
schossen, in der 140 Figuren von ^/s "^d Mannshohe aufgestellt
waren; dahinter standen auf 2030 m und 2100 Suutiens von je 70
Figuren von halber Mani!sh<»he. Die Gabel wurde mit 1600 und
1800 gebildet und das .sc-hicfsen auf 1500, 1600, 1700 und 180*) m
ausgeführt. £j9 wurde iuer mit Schwenken nach rechts und links
0 1 «Teil* gleich t/iooo der VIsierltnien.
Digitized by Coogl^
Erfahnmgea beim gefechtsmä£ugeo Sohieüien mit RohrrttoklaalgescbUtaKeiL 525
g«0Qlio8seii; jedes GemhUte gab also 24 Schals ab. Man erhielt
M IMter in der eisten, 88 in der «weiten, 36 in der dritten Lioie,
in Summe also 169 Tteffer; pro Seknb also 1,76 Traffier, ein sehr
IfUnstigeB Beenltat^ naaentHob wenn man bertlekiiditigt, dab die
mdsten Selillsse selur gtalb/t Sprengweiten hatten.
Bei UeiaenZieleDtfernangen kann man mit dieser MeHmde
nur sehr sohmale Fronten nnter Fener hatten; anl 1000 m wiid
durah zweimaliges Schwenken der Trefi^nnkt nnr nm S2 m ?er-
legt Man hat daher ein gans neues Vei&hren ersonneni hei dem
ein einzelnes Geschttts aof 1000 m Eotfeninng hesL einer mittleren
Sprengweite von 100 m eine Front von 120, eine Batterie von vitt
GesehntMn also tob 480 m wirksam unter Fener nehmen kann. Es
gesohieht dies aaf das Kommando: nMctfa^ (ICHhen). Die Front-
breite des Ziels wird nadi Handlndten ahgesehitst (dne Hand gleiek
120 „Teile*') and die Feaerrerteihug beispielsweiBe wie folgt ange*
ordnet: „Sehtttzen^ rotes Hans, eine Hand links davon } Stront vier
FSogerl** Die Flttgelgesdilltie werden aoi dnen Punkt gerichtet»
der nngefiihr zwei Finger breit (60 Teile) innerhalb der Front liegt;
die andern Gesehtttze Je Tier Finger breit (120 TeUe) weiter nach
innen. Sobald die Gesefaflize die grobe Richtong ndt dem Bich^
bäum erhalten haben, werden die Yisierlttcher der Schilde durch
Klippen geschlossen. Die HOhenrichtung wird mit der Libelle ge>
gehen, die Seitenrichtnng der folgenden Schüsse durch die Kurbel
der Stttenricfatmaschine. Mit der ersten Lage wird das EiBSchie(se&
besorgt» und zwar muls man daftlr sorgen, daCs jedes Geschtttz die
smniihemd richtige Sprengweite erliSit, die bei so breiten Fhmten
und nahen Enliemuiigen die Qesehfltze des ebien Flllgels recht wohl
vm 100 m und mehr yeKschiedene Sinengweiten haben können«
Man darf nicht zu früh mit dem Schnellibaer beginnen, da es sonst
ohne Wirkung bleiben könnte. Die Zeit dazu ist vorhanden, da die
Ibfimterie gegen die ge|Mnzerte Batterie mit geblendeten Visier«
Utohem keine Wirkong hat Bei diesem „Mähen** gibt jedes Gesehatz
acbt Schule ab and verlegt den Trefiponkt nach jedem Schnls am
zwei Umdrehungen (16 „Teile**) nach der Seite^ soweit es die Lafette
zollllst und geht dann wieder zurttck.
Bä ränem Scfaiefsen auf 860 m gegen eine ans 260 Vt Vi
Figuren bestehende Schlltzenlinie von 400 m Front Breite erhielt man
mit 86 Schttssen 128 Treffer bi 71 Flgoien.
Bei einem zweiten Schielsen auf glddier Entfernung» wo 28|^
fthnliche Figuren auf 800 m Front vertdlt waren, erreichte man mit
derselben Seholszabl sogar 187 Treffier in 99 Figaren. In beiden
FUien hatte das Schielsen nicht ganz eine Minute gedauert
Digitized by Google
526
Fngm des luGuiteriflicblefMiis.
Es ergibt sich aus dieseD Beispielen, dals man in der Tat mit
den modernen Sehnellfeoei^schützen io aulserordentlich kurzer Zeit
gegen Ziele von ^rolser Breite eine sehr bedeutende VVirkuuj; er-
reicht, vvriiii inau iior annähernd, aber sicher eing-eschossen ist.
In allen Einzelheiten steht das Schiefsvt liahren noch nicht fest;
sieber ist aber, dals auch hier das Bestreuen grofser Räume mit lilei
nach dem französischen Muster ancrenomroen ist, ftlr das man bei
ODS stellenweise nur ein mit!eidi<^es Achselzucken halte.
Bemerkenswert ist endlich noch, dafs die schwedische Batterie
nur vier Geschütze stark ist. um so lehrreicher, als man nach den
ersten Versuchen zur Beibehaituu^^ (it r sechsgeschlitzigeu Batterie
entschlossen war. Die Vorteile der kleineren Batterien haben sich
aber so deatUcii bemerkbar gemacht, dals man sie nicht ignorieren
konnte.
xxvu.
Fragen des Infanteriescliiersens.
Von
FreUlem tob ZMUits lud Menkireh,
Obentientiiuit beim Stabe des Infriiterie-BegimeDtB Kaiser Wilbein
(2. GrofiaheROgl. Hess.) Nr. 116.
^^^^^^^^^
I.
Zur Theorie und Praxis
deB gefechtamäfirigeii AbteilnngiacliieCiBenfl.
Da ich wobl annebmeD darf, dab die in den Toiansgegangenen
Heilen der ,^abrbtt6her*< gebracbten Abbandinngen Uber die Trefr-
wirlLnog beim gefeehtemäfalgen AbteüongsaebieAen der Intoteiie
den Lesern dieser Zdlen niebt nnbekannl geblieben sind, so mOge
es erlaubt sefai, nnler Vermeidnog langatmiger Wiederholungen gleieb
m meäiias res einzutreten.
Digitized by Google
Fngea dea InfiuiteriesohieiMBs.
527
Wenn im Märzheft') (Ö. 306) Herr Greueralleutiiant Hohne meineo
Aufsatz Nr. YIII im Februarhett erwähnt und dabei Uber die
Mehrheit meiner Ausfülimngen — ohne zu ihnen Stellung zu nehmen
— hinweggeht, um „die Geduld der Leser nicht zu sehr in Anspruch
ZQ nehmen", so kann ich dieser Httcksicbtnahme nur zustimmen,
denn auch ich bin der Ansicht, dafs nach meiner Widerlegung der
vorausgegangenen Kritiken wenig mehr über die fraglichen Punkte
zu sagen bleibt. Ich wlirde deshalb unter allen Unisiänilf ü ver-
niied( 11 haben, noch einmal auf das Thema „Treff ergebnisisc " /.liiiick-
zukummcn. wenn nicht der Aüfsat/ im Märzheft eine an mich direkt
und persönlich gerichtete Aulfurdf run^- enthielte CS. 313/.'314), wekber
ich mich au,^ nahrlie^'-enden Urllndi-ii brichst uugern entziehen würde.
So erbitte ich mir denn nocLi einmal das Wort in der Hufinung,
dals es mir gelingen wird, die Lösung meiner Aufgabe so zu ge-
stalten, dals dabei dem viel besprochenen Stoffe einige neue Gesichts-
punkte von allgemeineiii Interesse abgewonnen werden.
Zunächst noch wenige Zeilen aer Erläuterung zu meiner Ent-
gegnung im i:* ebruarbeft. leb hatte dort S. 174 am Anfang des
Abschnittes II gesagt, dals die von Herrn Geueralleutuant Hohne
abfällig beurteilte TrefferprozenUahelle „schon seit Jahren ad acta
gelegt und lange vor Erscheinen des Aufsatzes im Maiheft (1903)
durch eine andere ersetzt" worden wäre. Man hat mich darauf
aufnierksHiii gemacht, dafs diese Fussanir Veranlassung zn MiLs-
verstanduissen geben könnte, und mit Bei^ug hierauf erkläre ich
gern, dafs das in dem antrefUhrten Satz enthaltene Wort „lange*
nicht in absolntem Sinne ^^eiiteiTjt war und auch gar nicht 80 geroeint
sein konnte, da die Knde 190:^ hei ausgegeliene üjreatztabelle aui
dem Titelblatt zweimal die Jahreszahl 1903 trägt.
Ebenso kurz kann ieh ndoh bei ReohtfertigiiDg meiner im MUn-
heft S. 806 n. 1 beangtandeten Bemerknngen ttber die Leistnnga-
filhigkeii Tontlglicher Sehttteen auf nahen Entfemangen fiiaeen. Ea
hat mir fleibatrentttndlioii dorohaos fem gelegen, Bedenken gegen
die Hetbode von Heirn Generalleninant Bohne erbeben zn wollen,
leb hatte Tielmebr ledigUeb — wie an der betreffenden Stelle
(S. 176) genau angegeben ist — fsr die Möglichkeit so hober
Trefferprozentzablen, wie sie die besprochene Tabelle enthielt» einzn-
treten beabaiebtigti gegenüber den Anaftthmngen aof d. 643/644
>) Jahrgang 1908 Maiheft S. 68& und Augastheft S. 109 sowie Jahr*
gang 1901 Fehruafhefi & 171 «ad Mliihelt 9. 89a
Digiii^cü by Google
628
Fngtn des InfniteiiMdüelMDs.
UD Haihefl 1903, wonach diese ZahleD nur darob Annabme eine»
FeUen bei der Bearbeitnug der ZiiHMninf>n«teiliing erklärbar seia
aoUten.
Dafe die Mehrzahl der InfanteriBten mir znatimmen wird^ glaobe
iefa anch^ ganz besonders di^enigen, welche Gelegenheit gehabt
haben, die Leistungen einer ans fiUtem^lltsen bestehenden Truppe
ane eigener Anschannng genauer kennen sn lernen. Diese Zu»
Stimmung dürfte auch doroh die Ausführungen auf S. 307 u. t. keine
Einbnfse erleiden, denn gerade diese briugen ja den wissen-
schaftliohen Nachweis tflr meine Behauptung, dafe bei vorzUg»
lietien Schützen au! nalien Entfernungen „der Koeffizient, welchem
die naeh der Methode von Generalleutnant Kohne errechneten Treffer-
zahlen gegenüber Schützenlinien in Wirklichkeit da erhalteni we
au! die Scheiben verhältnismälsig mehr Treffer entfallen, als anf
die ZwisebenriUime, sehr erbebliche Werte annehmen kann*'.
lob wende mieb nnn zn der mir gesteilten Aufgabe, wobei e»
sieh nm folgendes handelt:
Der Herr Veriasser berechnet anf Gmnd der ron Hanplman»
Krause*) mitgeteilten Hokenstmungen Tonsagliober Sehfllsen und
naeh der in seiner „Sobielslehre fBa die Infanterie** S. 72 u. 1 an-
gegebenen Methode die gegenüber Kojrfbcfaeiben mit 1,2 m lichten
Zwisobenrfiamen für eine Beihe von Entfernungen m erwartendenr
Ttofferprocente und stellt diese in Vergleich mit den entsprechendem
Angaben der auf rdnen Schielsergebnissen beruhenden Tabelle der
Infanteiieschlelhsehnle von 1903. Die fragliche GegenttbeisteUnng^
findet sich auf S. 818. Im AnscUuls daran eigeht an mich die
Aufforderung, den Widerspruch zu erklSren, der darin liegt, «dab
die Ttuppe im Durch sclinitt bei gelecbtsmälbigem Scbieiben, d. b.
also doch bei unbekannter Entfernung oder doch nur annfthemd
zutreffender VlsiersteOung auf den Entfemungen zwischen 500 und
900 m höhere Treffresuitate errdcbt hat, als nach der ,Theorie^
Torzttgliohe Schtttzcn unter den denkbar günstigsten Verhältnissen,
d. k. nicht nur auf bekannte Entfernung, sondern mit genau zu-
treffendem Visier und bei einem fttr die AufiMblttger vor dem Ziel
ftultaerst günstigen Boden überhaupt zugebilligt werden IcOnnen".
Nun muls ich zwar befürchten, dab zur Erfüllung dieser Auf*
gäbe gerade ich besonders ungeeignet bin, denn ich habe immer
Die Gestaltung der Gescho&garbe der Infanterie beim gefechts»
mäfsigon Schiefsen etc. von Krause, Hauptmann und Mitglied der G^wehr--
prüfuDgskommission. Berlin liM>4. K S. Mittler & Sohn. S. 7.
Dig'itized by
Fragen des infiatenesobiefseiu.
den Standpunkt vertreteu, dals zwischen einem Schiefsergebnis einer-
seits nnd einem Rechenergebnis nach den Kegeln der Schiefslehre-
andererseits ein Widerspruch im allgemeinen deshalb nicLt bestehen
kann, weil eine vollkommene Harmunie zwischen beiden — an»
Grttnden, die später ersichtlich werden sollen — ttberhaapt nicht
yerlangt uüd erwartet werden darf. Das soll mich aber von dem
Versuch, einen etwa vorhandenen Kehler auf die Spur zu kommen^
nicht abhalteu.
Nach Ansicht des üerrn Vertassers muh entweder in seiner
Methode, in den Angaben des Hauptmann Krause Uber die Streuung
oder in denen über die erreichten TreÖerprozente ein schwerer
Fehler stecken.
Die leiste der drei Möglichkeiten scheidet für mich von vom-
herein ans, denn die fragliche Trefilerprozenttabelle bringt eme ein-
ÜMlie Hlinfnng von TatMehen, wobei ibrer Herkonfk nach ein iigendwie
nennenswerter Irrtam ansgesohlossen erscheinen mxih. Das gleiche
wird jeder, der in der Krauseschen Schrift die Bearbeitong der
Versochsergebnisse veriolgt hat, bezüglich der dortigen Strennngs-
zahlen anerkennen müssen. Wenn sonach m. E. nor der erste der
drei genannten Fälle in Betracht kommen kann, so möchte ich doch
sehr nachdrücklich erklären, dals ich den Fehler nicht etwa in der
Methode von Generallentnant Rohrie suche; die Methode ist unan-
tastbar, denn sie fulst auf ewig und unwandelbar gültigen Natur-
gesetzen und der scheinbare Widerspruch kann nur daraus entstanden
sein, dafs entweder nicht alle Faktoren, welche in Whrklichkeit anf
die Gestaltung der Schielsergebnisse Einflufs üben, bei der Rechnung
berücksichtigt werden konnten, oder aber, dafs der eine oder der
andere dieser Faktoren mit unrichtigen Zahlenwerten in die Eeobnnng
eingeführt worden ist.
Vielleieht sehen wir mit Bezug hieran! Jdaier, wenn wir nna
nicht an! die Diaknsaion der Treffentahlen bei EopfiseheibeD be*
sehzSnken, sondern, alles von der Proaenttabelle gebotene Material
benutzend, den Vergleich der Ergebnisse auch auf die mit 1,2 m
lichten Zwischenräumen aufgestellten BroBt- nnd Rnmpfscheiben ans*
dehnen. Die hier folgende ZusammeDstellung 1 entfatttt die ent-
spraebendeu Ergebnisse, wobei genao nach der S. 312 und 313 an-
gegebenen Weise yerfahren ist nnd gemäls der „SeiiiefBlebre fttr die
Inianterie'* S. 72 etc folgende „Trefifläcben*' angenommen worden:
fttr Kop&eheiben 0,06 qm
„ BmstBobeiben 0^18 „
„ Rnmp&ebeiben 0,27 „
Digitized by Google
530 Fngsn das InfiultriaMhMteM.
ZasammenstenoDg 1:
Entfernung m
400 600
bis bis
500 1 600
600 1 700
bis 1 bis
100 i MO
800 900
biri j bis
900 : 1000
1000
bis
1100
Kopf-
scheiben
^ Vorzügliche Schfltzen b'-i
^enim zulrt'ffeii'leiii \ isiui
gefechtsniAlng^m ScbiefiMa
- , *
2,4
1,8
1.6
2.0
■
l.Ö ^ 1,2
1,4 ' 1,2
l
1.1
Brust-
Scheiben
^ Vonsflg^iche Schützen bei
genau zutreffendem Visier
g DurchschnittsergebnisHe bei
gefecbtsmälkigem SchieGsen
6.7
6,0
4.«
4.6
4.0
M
8.0
2.9
2.Ü
2.6
1.6
^8
0.5
Rumpf-
scheiben
^ Vorzügliche Schützen bei
genau aotreffondem Visier
g DuFchscbnittMugebniaae bei
gefecbtsDUUBigem Schielaeii
M
8.0
1
7.9
7.0
6,8
6,0
6,0
5,6
6,8
4.0
4,7
2.5
Wie man siebt, gestaltet sich jetzt das Gesamtbild weseotlieh
änderte und der Umstand, dals der vorbezeichnete Widerspruch fast
ansschlieislich auf den Vergleich bei Kopfscheiben beschränkt bleibt,
legt die Vermutung: nahe, dals derjenigen Zahl ein Irrtum anhaftet,
welche als treffbare Fläche der Kopfscheibe in die Rechnung ein-
gesetzt wurde, riui das i«t auch tatsächlich der FalL Schon eine
tiberschlägige Rechnung auf Grund der S. 28 der Sehielsvorschrift
ftlr die Figurscheihe aii^nM^t bfiiPti Mafse läfst eriiLennen, dafs der
P'l;ic[ieninhalt der Kopt'srheitx' nicht 0,06 sondern /wischen O.oT und
(i,i)s (jni beträgt, und eine genautn' Nachprüfung auf Scbeibeubildern
aus der bekannten Neu-Ruppiner Fabrik bat im Mittel eiuen Inhalt
von rund 0,074 qm ergeben.*)
Es kommt ein weiterer Umstand hinzu, den aus irrtümlicher
Bf itK -^sung des Flächeninhaltes entstandenen Fehler zu Tergrölsern.
Die theoretisch ermittelten Trefferzahleu beziehen j^ich nämlich nnr
auf die in die ScheibpTifläcbe selbst fallenden Treffpunkte,
wobei der „Punkt" in des Wortes matheuiatiseher Bedeutung zu
verstebt ii ist In Wirklichkeit aber haben wir nicht nur niii diesen
Punkten, sondern mit Schufslrichern von einem bestimmten Dureb-
messer zu reohueo, und es entstehen auch da Treffer, wo der Treff-
' ) Bei den in der Aimee sehr viel, wenn ich nioht iite, fast ana-
schliefelich beim {;efechtsnnäfsip:en Sohiefsen benutzten sogenannten , Dresdener
Scheiben" habe ich sogar einen Flftoheninhalt von fast 0^ t^m festgestellt.
Digitized by Google
Fnigeo dM infanfeeiieMhiefMiis.
531
puLki aatserbalb der ScbeibeDfläcbe nnd in einen diese rin^
umgebenden Streifen von der Breite des Geschorshalbuiesäers fälU.
Dieser Streifen enthält bei der Kopfsf^heibe etwa 60 qcm. Die
treflfbare Fläche der letzteren ist also anstatt mit rund 0,06 qm mit
rund 0,074 -f- 0,006 = 0,08 qm in die Recbnong einzasetzen. Mit
anderen Worten: die nach der „Schietelehre für die Infanterie"
errechneten Treffereahleo gegenüber Kopfischeiben fallen um rund
33®/o aus.
Indem ich die veränderten Ma£se ancb bei den anderen iScbeiben
berttclisichtige. setze ich:
fttr deo Inhalt der Brnstscheibe 0,141 anstatt 0,13 qm
„ „ „ „ Rurapfacheibe 0,284 „ 0,27 „
und wiederhole nun die Beebnnog gemäls Zasammensteliiing 1:
Zusammenstellung 2:
Entfernung
m
400
bis
500
500
bis
600
600
bis
700
700
bis
800
800
bis
»00
900
bis
1000
1000
bis
1100
a
•1 «»
VonO^che Schätzen bei
genau zutreffendem Visier
8,6
2.9
2,4
2,1
1,8
1.6
1,4
c -5
g DurclisrhnittsergebiiiHse bei
gefechLsmarsigem Schiefsen
2,5
2,4
2,8
2,0
1,4
1,2
0,5
Brust«
Scheiben
^ Vorzügliche Schützen bei
genau zatreffendeni Visier
6,2
5,0
4,2
8.6
8,2
2,7
g DurchächnittBergebniase bei
gefechtsmafstgem Sduefsen
5,0
4,6
4.0
3,0
2.0
1.5
0,6
Rumpf-
scheiben
Vorzügliche Schützen bei
genau zutreffendem Visier
9.9
8,8
7,2
6,8
5.6
4,7
^ Durchbchnittäergebnihäe bei
grfeehtsmUfaigem Schielbtti
8,0
7,9
6,0
5,5
4,0
2,6
Wie man sieht, sind JeM die DnrebeehnittseigebniMe nirgends
melir hoher, ab diejenigen Tontlgliolier Sehütien anf liekannter Ent-
femong. Dab die Überlegenheit der letosfeeren erat mit waeinender
Entfernung erhebliehe Werte annimmt, eraeheint mir dnrehana er-
kUrbar.
Man wird angeben mfiaeen, dab die nrsprUngliebe Unstimmigkeit
jetKt anm wenigsten stark berabgemindert bt Dab sie beseitigt
wSre, wage iob niebt la behaupten, und ebensowenig kann mir das
Gegenteil bewiesen werden. Diese Frage vennOebte nur der n ent-
Digitized by Google
532
Fragen det Lrf«ttrtiichiafteM.
flehddeii, weleber inntande wMre, die Wirknngon der sabUoseo das
8eble(ieD b^leiteiideii and die EigelmiBfle beelnflnBnenden ümstinde
«nianiitatiT riebtig mbzoiohitteeD und bd der tbeoretiseben Ermittehiiig
beiw. bei der Beniteilafig der Treffeiproseiite in Anaats an bringen.
Ein Ding der UnmÖ^chkeit! Sobon deabalb weil jene Wirkungen
sieb mm emen Teil gar nicht aahlenmttfiwg liewerteD laaoen, mm andern
TeU deb der Kontrolle ttbeibanpt entsieben. Von aeleben Tcxiliegeiiden-
taila einwirkenden Faktoren nenne ieb n. a. den wabiaebeinliehen
SobHlningafebler beim PrtlibngBsebielBen derTrnppe and beim Sebieben
der Staamikempagnie der lolanterieaebiefBaebnle anf der eben
Sdte, nnd den Einflnfo dea dnrebgebenda knieenden Anaoblagea und
der eintretenden firmOdnng bei Abgabe einer grolaen Sehnlkaiü
bintereinander in dieaem Anaoblage mnf der anderen Sdte.^) Aneb
der Froaentaate der an den tumittelbaren Treffern binzatretenden
nnd von „Anfaeblligem* bentbrenden indirekten Treffer gebort an
dieaen Imponderabilien. Htorbd bnlte ich einen dorebaebnitt-
1 leben Znaddag Yon 90*/« za den dgentUeben Treffern, wie ihn
Generallentnant Bobne aeinen Zahlen an gmnde leg^ keineawegs ftir
an bodi gegrifibn, aowdt es sich om nahe Entfemvngen handeil
Diese Anaiefat aMttrt aieh anf Mitteilangen eines gewiegten Versochs-
praktikera, weleber Gelegenbdt hatte, feldmäldge Ziele während
dea Besebneses von der Seite an beobaebten. Danach hatte sieh
bd kleinen Eintallwinkdn geaeigt, dnia sehr Tiele Anfiwblftger
Sehnlslöcher erzeugen, die faat rund und beim Anzeigen yon den
wirklichen Rondtreffem nicht zu onteraebeiden sind. Mit andern
Worten: in solchen Fällen ist der Prozentsatz der yon Aofscblägem
henrilbrenden Treffer tatafteblieh grOIaer, als ee den FhitokoUen
naeh scheint.
Der Leser wird jetzt Yersteben, wie es gemeint war, wenn idi
einganga bdmnptet hatte, es könne yon yomberein gar nteht er-
wartet werden, dafs ein Ergebnis praktiaeben Sebieisens einerseits
nnd das Ergebnis theoretischer Berechnung andererseits sich yöllig
deeken. Wenn dieeee Bedenken schon in bezug auf den Vergleich
Ton erschossenen und erreebneten Durchschnittszahlen besteht^
80 wttrde ea iii erheblich yermehrtem Maise sich geltend maehen,
wollte man ein einzelnes Schieisergebnis mit dem eat^preehendea
Kecbnun^ergebnia in Vergleieh atdlen oder gar die Gtite der
Schieisleistung an dem letateren messen. Znm mindesten erfordert
diese Anwendung neben so subtiler Anlage und Behandlung dea
einaelnen Falles, wie sie m jmm gar niebft dnrebiflbrbar ist, eine
>) Kraasa S. fi und 7.
Fragen des InfnoterteeohiefiMos.
533
80 vollständige praktische und theurriische Beherrschaug des StüÖes,
wie sie Dur der hierftlr besonders Vorg:ebildete sich anzaeifrnen ver-
mag, and selbst dann wttrdeo Irrtümer and TragsoblUsse nicht
immer ym vermeiden sein.
Man wird mir nicht vorwerfen dUrfen, dafs ich die hohe Be-
dentnng einer wissenschaftlichen Behandlung der Fragen unseres
Scbiei'sens unterechätze, nur ist dieselbe meiner Überzeugung nach
auf Gebieten zu suchen, die von Klippen, wie die eben geschilderten,
frei sind. Ich nenne zunächst das Lehrgebiet. Welche hochwichtige
Rolle die Infanterieschiefslehre hier zu spielen berufen ist, wird
leider immer noch sehr verkannt; und doch sind die Zeiten längst
vorüber, wo es dem Infanterieoffizier möglich war, den wichtigsten
Teil seiner BeriiLstiitijikeit allein aus der Ertabrung und unter
Verzicht auf luatbeiDatischea Denken und Urteilen zu beherrschen.
Nicht minder bedeutsam für uns ist die TreflFwahrscheinlichkeitslehre
als Hilfsmittel auf dem Gebiete des Versuchswesens, da wo es sich
am AbwaL'iiiig der Vor- und Kachteile einer Malsregrel schiefs-
taktischif, waffentechnischer oder aucii formal taktischer Natur ^a'gen-
über einer anderen handelt. Hier leisten häufig wenige Federstriche
mehr, als die ausgedehntesten und kostspieligsten Versuche. Als
vorbildlich auf beiden Gebieten erscheinen mir neben zahlreichen
Untersuchungen des Herrn Verfassers der „Schiefslehre fUr die
Infanterie'' neuerdings auch die Beispiele in der Krausesohen Schrift.
Zum Schlüsse — um auf den Punkt znrttckzukommeD, von dem
die vorstehenden Betrachtungen ausgingen — noch wenige Worte
Uber TrefferprozeDttabellen im allgemeinen. Selbstverstftndlioh ist
es für die Truppe erwünscht, zo wissen, wieviel ungef&hr nnter
gegebenen Verbftltoiseen von ihr erwartet werden darf. Ob man
sieb sn diesem Zwecke der Trefferprozenttabelle der LufaDteriesebieis-
eebnle oder der von Herrn Generallentnant Robne beieebneten (S. 314)
bedient, Ist m. E. nicht von besonderem Belang, denn beide genügen
der Forderung: „nngefttbr«' fai binreidiendem Halbe. Jede Treffer-
prozenttabeÜe aber — gleicbviel ob erscbossen oder erreebnet —
würde nicbt nnr Ibren Zweck veifeblen, sondern geradesn Sdiaden
stiften von dem Angenblick ab, wo man sie dazn benntste die
Ergebnisse eines bestimmten ScbieÜBens, sei es ein Prttfnngs- oder
ein gewObnliebes Abteilangssebielsen, dann sn messen; denn die
Trefferproientleistnng an sieb ist anter keinen Umsttndm, wie leb
das in meinem Anfsats VIII S. 176 ansmfllbren versnebt batte, ein
sicherer MalMtab, weder fttr die AnsbOdnng der Tmppe noob fter
das Können des FObrera
Aniserdem aber mttlste eine solche Verwendung der Treffer*
Digitized by Google
634 Die Teohnlk Im Diout der «»pentlvea Tttlgkett einer KATtUorledMaioii.
pvoEenttabellen mit NatamotweDiUgkeit so dam fuhren« wm von ndr
in Tollster ObereinetiininnDg mit Herrn Genenllentnaat Bolme nie
ein Obel nnd eine Geftlir beieiohnet worde: mm Streben nnek
lioben TreffeipnxKentublen nnd mr KonlLorrenswirtMliaft
xxvm.
Die Teclmik im Dienst der operativen Tätigkeit
einer KavaUeriedivision.
KiTie applikatorische Studie imter iiertlekBiehtignng des Nord-
amerikamsiht n Sezessionskrieges in VirgiDieii, mit einer Ubersichts-
Skizze uud einem Plan, sowie 35 Abbildongen im Text.
Von
Sehanv M^jor nnd Militäriehrer an der Kriegsaludemie.
Über Stärke und Zosamnensetzoog eioer KavalleiiediTiBioD sind
erst Im Feldzage 1870/71 geoQgende Erfahrongen gesammelt worden,
anf denen in der nnn folgenden Friedensseit die weitere Organisation
aufgebaut wurde.
Dentsoberseits verfugte die fleeresleitnng im Kriege ttber sechs
selbständige, den Armeeoberkommandoe onmittelbar onterstellte
KaTalleriedivisiooeD, deren Stärke zwischen vier Regimentern mit
nnr einer Batterie nnd nenn Regimentern mit zwei Batterien
schwankte. £ine Pionierabteilung war nach der Kriegs»
gliederung nirgends dauernd zugeteilt Handelte es sich um
schwierige Ausführungen technischer Art, so wurden in jedem ein-
zelnen Falle den Kavalleriedivisionen besondere Pioniertruppen
Überwiesen, welche den Infsnteriedivisionen genommen nnd diese
an den sowieso gering bemessenen technischen Truppen schwächten.
Da ferner bei der KaTuUerie nicht alle Reitergattungen mit dem
Karabiner ausgerdstet waren, so mufste in vielen Fällen vom Armee-
oberkommando auch noch Infanterie angefordert werden, um
unter dem Schutz des Artillerie- und Infanteriefeners den technischen
Auftrag mit Sicherheit lösen zu kennen.
Kurz, die KavaUeriedivision war im Kriege 1870/71 infolge
ihrer Organisation nnd Aosrttsknng noch nicht selbständig genug, so
Digitized by Google
Die Technik im Dieaat der operativen lltigkeit einer KavaUeriediviaioiL. 535.
daXs sie sich den Anforderaogen nicht immer yoII gewachsen zeigen
konnte.
Der Hauptgrand lag, wie schon an^dentet, in der onznlängr-
lichen Bewaffnnng:.*) Es fehlte eine weittragende Schnlswalie
Kttnissiere und Ulanen führten lediglich die Pistole als Feuerwaffe,
nur Husaren und Dragoner waren mit dem ZUndnadelkarabiner M/57
ausgerüstet, welcher aber auf Entfernungen über 300 m keine Wir-
küDg mehr hatte. Rührige Kavallerieführer, wie General v. Schmidt,
soohten diesem Mangel dadurch abzuhelfen, dafs die Kavalleristen
teilweise mit erbeuteten Chassepotgewehren ausgestattet wurden.
Aber trotz aller Bestrebungen auf diesem Gebiet war der Erfolg
nicht alizugrofs, es fehlte eben der Reiterei damals noch eine gründ-
liche Ausbildung im Gefecht zu Fuls.
Sie besafs ferner nur gerinire tfi-hnische Mittel, um tech-
nische Aufträge glatt lösen zu künuen. Erst durch nachträgliche
Zuteilung von Pionieren gelang dies, aber mit welchen Schwierigkeiten,
ja Unzuträglichkeiteii, denn das Znsammenarbeiten von Fofstnippen
mit einer Keitertruppe mnfste \iolfach lähmend wirken. So waren
die Pioniere sowohl wie die iidanterie nach den Worten des Keiter-
generals v. Schmidt stets „ein Bleigewicht an den Füfsen,"*) selbst
wenn sie auf beigetriebene Wagen gesetzt wurden. Sie waren nicht
nur eine ,.Belastung", sie wurden allzaleicht zur „Belästigung'* ^) fUr
die Kavalleriedivision.
Aber gerade diese Mifsstfinde im Feldzuge 1870/71 bahren den
Anstois zu einer anderweitierrn Opstaltüng und AusrUstmii: unserer
KaTalleriedivisionen gegeben und nach dem Friedenssehl uls zum
inneren Ausbau dieses Truppenkörpers ircfllhit. Bahnbrechend in
dieser Bezichyng ist der auf kavalleristischeni Gebiet iih Autorität
geltende OeruTal \. Schmidt irewesen. der bald nach dem Kriege
mit seineii „Betrachtungen über die Kelterei nach dea Ertahrungen
des FeldzüL'cs 1870/71" hervortrat. Kr steckte den Kavallerie-
divisionen weite Ziele und forderte f?1r sie urrdse Sel[)8tändigkeit,
um ihre Selbsttätigkeit zu erhöhen. Hören wir ihn selbst:
„Eb muTs onserer KaTallerie eine gröisere Selbständigkeit ge-
1) Kriegsgeschichtliche Eiuzelscluiften. Heft 8: „Der Zug der sechsten
Kavalleriedivision durch die Sologiie vom R bis 15. Dezember 1870."
Heft 11: „Infanteriedienst bei den Kavalleriedivisionen, insbesondere
die Tätigkeit der in den Monaten September, Oktober und November 1870
äex vieitftn, fünfteii und sechsten KavaHeriedivision inget^ten bajerischeB
Infiuiteiie.**
S) Exiegefseschiehtliche Binsetochrilt Heft 11, 8. 684 und 685.
Digitized by Google
^6 Die Technik im IMeiuft der operttiven Tätigkeit einer Kftvallerie^TiaioB.
geben werden, man mulä sie bei der heatigen Kriegr^^hrang. bei
ihrer bentigen Verwendung vor der Armee zur Atfklaruag, Ver-
folgung, Beschäftigung des Feindes, zu besonderen selbstän-
digen Aufträgen, grölseren Haids, im KUckea uud in den
Flanken des Gegners, auf weite Entfernungen voraas, bei
den vielfach vorkorameiulen Terraiu Verhältnisse a , wie
man sie im Jahre 1870 in der Perche. Bretagne, Vendce uiid Sologue
gefunden, unabhängiger von der Infanterie stellen, es mufs
nur notwendig sein, ihr reitende Artillerie beizugeben.
Sie mul's imstande sein, im durchschnittenen Gelände nicht allein
vorwärts zu kommen, sie mnfs Ortschaften nehmen and sie
verteidigen können, sie mufs sich ihre Quartiere selbst vom
Feinde erobern können und darin auszndauem imstande sein; es
muls nicht stets der Ruf nach Infanterie laut werden, damit sie nur
luhig schlafen könne, sie mufs sich dessen entwöhnen, hilflos da-
zustehen, weno ihr nieht Infanterie beigegeben ist, sie mufs sieb
selbst völlig ausreichend, auch unter den schwierigsten Verbältnisseii
nnd In den Übelsten Situationen zn führen vermögen; die Kavallerie
»nfo den Oedanken ganz fahren lassen, als sei ihr die Infanterie
In vielen FftUen absolut notwendig zn ihrem Anshanen, sn ihrer
Existenz; sie mnfs selbst sich dieses Gedankens völlig entschlagen
nnd sich ganz und gar anf die eigenen Fafse stellen, wenn
sie ihre Aufgabe erfttllen will.''')
Es darf nieht Wunder nehmen, dafs bei ihm neben der Forde-
rung um Zuteilung von reitender Artillerie, nicht anch der Huf nach
^berittenen Pionieren" lant wird. Durch die spälere Eot-
wickelung der Sprengtecbnik uud ihre Dienstharniachuug fUr mili-
tärische Zwecke ist die Bedeutung der Pioiiirrf iu den letzten Jahr-
zehnten sehr gewachsen.''') Wenn der weilscliauende, vorurteilslose
General heute noch lebte, würde er vermutlich der erste gewesen
sein, der fUr die Kavcüieriedivision eine starke, reitende Pionier-
abteilung gefordert hätte, um dadurch seine ir^diebte Watfe noch
Uiiabixaugiger und für andere wichtigere Zwecke leistungsfähiger zu
machen.
Nach seinen Vorschlägen ist 8ieiu auf Stein aufeinandergetiigt,
zu einem schönen Ganzen verbunden, und wenn auch heute noch
im einzelnen Wttusebe zur Vervollkommnung auf diesem Gebiete
1) Ebenda. S. 486.
*) S. „Brückenzerbtörungeu im Kückzugsgefecbt einst und jetzt!*'
Yon Migor Sehair. S. 21.
Digitized by Google
Die Tecbnilc im Dienst der operativen Tätigkeit einer Kavalleriediviaion. 537
kuit werden — wo wire «Ues niebt In einer nicht rastenden und
danuD nicht rostenden Anneel — so sind sehen bente unsere
KavaUeriediTislo^eQ dnrob Ansrttstnng mit einer welttragendeD,
wenn aneh Terbessernngsfthigen Sebnlswaffe, durch Hit-
gäbe von Sebanzieog, Eisen babnserstOrnngswerkzeng,
Spreng- und Ztindniitt^lnf Kavailerietelegrapb, Kavallerie-
brttelLeDgerät, sowie dnreb die stttndlge Zuteilung einer
reitenden Artillerieabteilung und einer Pionierabteilung
inabhingig von der nach! olg enden Infanterie, uabhängig
▼on der Teebnik geworden, so dais Dentsehlands Heer auf
sebe Kavallerie stols sein Iiann, wenn sie auch numerisch ver-
biUtniBmiUsig sebwaeb Ist.
Es ist deshalb wohl der Mühe wert, die Orgjinisation und
tecbnische Ausrüstung einer modernen Kavalleriedivision (s. I.),
Diiher zu hf irachte^n und durch dio applikatorische Behandlung nach
einer euLspreclieiuien Kriegslage (s. II.) m unterbuchen, was sie
deninnch auf technischem Gebiet zur UntersttttzuDg der höheren
FUiiruag leisten kann.
!• Organisation und technische Ausrüstung einer
Kavalleriedivision.
a) Organisation.
Eine Kavalleriedivision besteht aus:
drei Brigaden sn swei Regimentern xu vier Eskadrons, einer
reitenden Abteilung zu swei fiatterien su sechs GesobOtsen,
emer Flonierabtellnng (ein Offizier, drei Unteroffiziere, dreilsig
Mann), einer lelebten Hunitlonskolonne und den Feldver-
waltungsbehttiden.
Haschinengewehrabteilungen kOnnen zugeteilt werden.
im ganzen beträgt die Stärke einer KavallLritdivisiou:
ca. 4950 Manu, 525U Pferde,') 1H2 Fahrzeuge.')
1) Infolge der Umwandlung de» sechsjapäimigen Faltbootwagens in
zwei vierspännige Kavaileriebrückenwagen und durch Einstellung eines
sweispännigen KavallerietelegraphrawageiiB fOr jedes Regiment (s. Mllitir-
Wochenblatt Nr. 15 vom 19. Juni 1908) sind die Pferde und Fshraeuge
«iner KaTaUeiiedivision um S4 bezw. 12 vennehrt.
SiMMm ftr di* 4«itNto Anw« nad Hario*. N«. tM. 86
Digitized by Google
(88 IHa Teelnik im Dtenit d«r npetillYen TiUgkett «inw KavaUMiedtfiikNi.
b) Technische AuarOstung.
Spaten
a
1
1
— 1
Tnippenteü
o
c
'53
a>
J4
ü
c
V
tf
7.
a
Schrot- und
Tronnsägen
o
^ jö
s
c
.2
's)
c
fö
E
Bemeckon^jen
1. Kin Kavallerieregimcknt
2u 4 K'-kadron»:
b) bei der Ueinen
e) bei der grofben
Baga^ ....
1
4
32
—
1
1 <; 1
32
4
Hl
—
—
1')
—
—
—
-
■iNach A.
R Nr. 15 V. le,
6. 1908 werden
f ortan ^zu-
sammenleg-
bare Sügea"
fOrdieAibeitaa
der EaiTmbb
imFeldAaiil^
führt
(4ipri n i^f pis
bedeutender
Forschritt w
erblicken.
8a.:
Also 6 liegimoDlor zu
12
Ii
82
1 QO
1
6
16
96
46
276
—
1')
6>)
—
2. Eine ruilundo Batterie
Also die reitende Abtei-
lung
38
76
—
81
62
11
22
32
64
8. Die Pionierabteilimg :
b) auf den Geitte-
wagen
18
O
u
ö
1 j
o
2
2
60
200
1
Sa.:
18
6
20
8
2
.1
F.O
LMoj 1
4. Die leichte Munitions-
24
24
9
34
ö, Eine Maüchinonge-
wehrabteilucg . . .
12
3
12
10
' —
Alse SebaiiBzeDg im ^ansea:
1. 6 Kavallerieregimenter
:i^u 4 Eskadxons . .
2. ]>ie reitende Abtei*
8. Die Pionierabteilung .
4. Die leichte Munttioii»-
Kolonnr ....
b. Kine Ma-sciiinenge-
wehrabteilimg . . .
72
76
18
24
i
il92
l
24
6
62
6
24
12
96
22
20
\)
3
276
64
8
34
12
. —
2
10
61)
2
—
&0
20C
1
•*
• • ««-
Sa.:
IK
i)6
54
|38£
12
l «
1 60
20C
I
•■■-Jü
Digitized by Google
Die Technik im Dlenit der operativen Tätiglceit einer K&valleriediviaioa. 53g
Dniob die Mitgabe diesee geriogen SeiumiieiigeB wird die
KaTalleriediTirion nicht ttberl astet Für die meistoii „AiMen im
Felde" wird ee aurdelien. Wo dies nieht der FUl Ist, werden
Beitreibaiigen das mitgeflllirte tragbare SebannoDg und das der
kleinen Bagage — denn anf dieses ist in Tielen Fftllen ge*
wOhnlieb nur za reohnen — erginsen.
Bild 1. BiJd 8.
Schützengraben für knieende Schützen unteor
Benutzung von Heclcen als Masken.
Dnrch das mitgefubrte Schanzzeug soll die Kavalleriedivision
nach Ziffer 3, 4 und 5 der „Anleitaog') ftlr die Arbeiten der
Kavallerie im Felde v. 6. April 1903" befähigt sein,
1. die Verteidigongsrähigkeit von QrtUchkeiten dnrch An-
wendung der einiac baten Formen nnd Mittel zn erbOhen
(Büd 1—3);
2. die notwendigsten Lagereinriebtongen and leiebtesten Ar>
beiten von Wegebessenmgen anscnfthren, sowie die Be-
nntsnng von Porten nnd Eisdecken zn ermOglieben;
8. leicbte Arbelten im Feldbrttekenban schnell so erledigen,
um die Leistongsfidiigkeit des mitgefBhrfcen Kavallerie-
brttckengerftts zu erhöben oder ohne dieses kldne Brucken
zn banen. (Bild 4 — 6).
^) Augenblicklich in Umarbeitunji; begriffen.
86»
Digitized by Google
540 IMe Tedmik im Dienst der opentivea Titigkeit einer Kavalleiiedifirioiu
BearteiluDg.
Man malB sich stets fragen: .,Wird darob die AasAibnuig von
teehniscben Arbeiten durch Kavalleristen die taktische nod
sintegiscbe Tätigkeit der Kavalleriedi?isioD beeinträehtig:t?"
Bei Arbeiten ftlr Babe and Unterkunft kommt eine £nt-
'ff,
ff:
BUd 4.
Pfahljoch mit Seiteiistreben.
BUd 6.
Pfab^odi mit Sdiwertlatten.
T y [ 1 I a I I
nrt
Bild 6.
ziehnng von Kräften überhaupt nicht in Betracht, ebensowenig bei
Verteidigungsein richtungren von Ortlich kei ten. sofern die
Kavalleriedivision durch die Kriegslage an solche Orte gebunden ist,
auch nicht bei Herstellung von Brücken mit dem Kavallerie-
brtic kengerät oder aus Behelfsmaterial; denn ehe die Truppe den
Flui's nicht Überschritten hat, kann von einer Sciüachtentätigkeit keine
Hede sein.
Digitized by Google
Die Technik im Dienät der operativen Tätigkeit einer KaviUleriedivision. 54X
Dagegen werden bei Amfaluniiig folgender teehniscber ArbdteQ
mehr oder minder Kiftfte der Kayallerie ftr Uure tektieche Ver-
wendung entzogen:
1. Beim Abban der KavaUeriebrUcken ond Bergung dieses
Gerftts aof den EavalleriebrückeDwagen ;
2. bei Verteidigungseinrichtungen von Brückenköpfen zur Offeü-
haltong für die nachfolgende lufanterie oder zor Benatzang
durch die Kavalleriedivision selbst, voraugaweise bei einem
Rückzug, wenn die Division zunächst vorwärts noch operiert.
Schwierige technische Arbeiten auf diesen (Tclnetcri
kann die Kavalleriedivision tlherhaupt nicht ausfuhren. Hierfür
ist die schwache Fiouierabteilung (1 Offizier, 3 Unterofiiziere, 30 Mann)
Torgesebeo,
2. Spreng- und Zündmittel.
Tnipp«nteil
s
a
Ii
a
5
c
0
u
c-
y;
Sprengpatronen-
zünder
Sprengkapseln
Glühzünder
3
<©
c
ra
1
= fl
^ A
C «
X. ^'
tJ
/
Ui
Glühzündapparat |
mit Leitungsprüfer |
BraojBrktiagsn
1. Ein Kavallerieregiment
zn. 4 Eskadroua . . .
3'2')
401)
40«)
') In 8 Spreng-
patronen- und 8
Z ü n dertaschen ver-
packt und rmf
den beiden ivuvtii-
leriebrückenwagen
des Regiments — •
je zur Hälfte —
untergebracht.
2] A lf jedem Pa-
trouenwagen be-
f i nden8ich4Spreng-
patroneutascnen u.
4 Ztindertaschen.
(Büd 7 u. 8.)
3) Es i.st dies der
5. Wagenzug dor
leichten Munitionä-
kolonne.
Also 6 KaTallerieregi-
iiicnter . .
2 In den Lnfanterie-Pa-
tronenwagen Nr. 1 und
2*) der leichten Muni-
Üoaskoionne'^ . . .
6. Di« Fioiu«r»bteaung
in dem Gerfttowagen
192
112
1080
240
100
240
100
900
25
100
50
1
Also die Kavallerie-
iifiaiM Ib gm«i ■
Anmerkiing: Eine
Etappemiuinittoi»-
3<>4
262
laso
lOSOO
im
doo
540
idoo
S5
600
lOO
1200
50
1200
1
Die Spzengpatronentasolien und Zllndertascben der Kavallerie*
regimenter und der Infanteiiepatronenwagen Nr. 1 und 2 sind so
eingeriebtet^ dafB de ohne weitere Vorbereitang doroh die Keiter an!
ihren Pferden aogebraeht woden können.
Digitized by Google
542 ^ Teehnik im Dienst der operativen Tit|gk6it einer KavaUehedivision.
BearteiloDg.
Infolge der AasrOstnng mit Sprengmimitloii sind die einzelnen
Kavallerieregimenter In der Lage, Unterbrechongen des Oberbaoee
an Eisenbahnen (Bild 9) nnd Sper-
rungen an Brucken, Wegettber-
fahmngen und BaioUftssen auera-
fuhren, ZeritVrnngen dagegen Bir
an solchen Bauwerken eiifiuher nd
leiehter Renstmktion, a. B.
ao einfachen Pfahljochlirttcken,
an nicht za starken GrewOlbebOgen,
an BrUckenpfeilem nur, wenn
sich in denselbeii Torbereilete
Minenkammem befinden,
an einfachen eisernen Brtteken-
konstmktlonen.
Jede andere, schwierige Zer-
störung mnCs der Pionierabteiliuig
Ubertragen werden.
Es hängt dies zusammen:
1. mitdeDDmfangreichenSprengnngs-
yorarbeiten,
2. mit dem Mangel an nötigem Werkzeug und IfineuigerÜ und
3. deui geringen Vorrat der Kayallerieregimenfter an Sprengmunitioo.
Bikl 7.
Verpackung von 2 Spreng-
patxonentaschen mit je 4
Sprengpatronen in einem
kleinen Paftnmenkasten n.A.
£riäuterung.
a 4 ZOndertanchen, je 2
übereinander (mit je 1
Zünderbüchse, enthalt.
6 Zünder und 6 Spreng-
kiftseln).
h UO Zunder in 6 Bollen
sn 6.
e 1 Blenhkistehen mit 40
SpieDf^mpeela.
BUd 8.
UnteEbringung der Zftndertaschen, KaTalleriesprengpatronen-
sflnder imd Spieng^mpflelB in einem Meinen, Man ange-
striehenen Petroaenkastea n. A.
Digili^Cü by LjOO
Die Tedmik Im Dknrt der vptnüwm TUgkalt einer KmlieriedMihm. 543
Aber anch mehrere gleichseitig anszafübrende Sperrungen
werden nnter Umständen eine Menge Sfurengmonilion eifoideiii. Des-
halb ist die Frage eines
schnellenErsatzes än (serst
wichtig, wenn nicht die
Operationsfäbigkeit der
KavalleriediviBioü daran»
ler leiden soll.
Die Kavallerieregi-
menter ergänzen ihre 32
Sprengpatronen etc. aas
den Beständen des In-
fanteriepatroneuwagens
Nr. 1 und 2 der leichten
Mnnitionskolonne, welche
BUd 9.
auf jedem Wagen 56 Sprengpatronen etc. mit sich fuhrt. Der Ge-
rätewagen der Pionierabteilang TeifUgt nicht Uber Sprengpatronen.
a 1 Brechstange mit Gaislale.
b 1 Gaisfnfs, knner.
« 1 Hammer (KreoMchlag- beiw. Vor-
schlag-).
4 8 Meirsel.
« 1 Meifselstiel.
/ 1 Schraubenschlüssel, englischer.
^ 2 SchraabeiMchlflseel f flr Sdinnibeii-
nSgeL
Der kiince Gaisfufs. der englische
Schraubenschlüssel, der MeilselHtiel
und die Meifel in ihren Lagern durch
Weig oder Hbliwolle festgelegt; die
Bndwtange und der Hammer festge-
ednaUt.
Bad la
Verpadrong des Kisenbahnneratttruagswerkieaga.
Digitized by Google
544 ^ Teoboik im Dienst der operativea Tätigkeit einer KAvallehedivUiuo.
Eine weitere iM^räuzun^^ kanu in der Regel erst aus den Beständen
der näciibtliegenden EtappeDmunitionskolonne erfolgen.
3. Das Euenbahnzerstöningswerluea^.
In dem Üinterwagen des Infanteriepatronenwagens Nr. 1 und 2
der leichten Munitionskolonne ist je ein Satz Eisenbahnzeistt^nuigs-
werkzeng in 2 Kästen onteigebraehL (S. Bild 10.)
Jeder Kasten enthält:
1 Brechstange mit GaieiiiiB (a), also im ganzen
4
1 knnen GaiefoXs (b) . . « • „
4
1 schweren Kreoaschlag- besw.
VoKSchlaghammer (c) . . . „ „
4
bei der
12
Kavalierie«
»
4
diTislon.
1 engliaeben Sehranbenschlttssel (f) „
4
2 SohranbenschlttsselfOrSohranben-
tifigel (g) „ „
n
6
Beurteilung.
Das Eisenbahnzerstörongswerkzeug wUrde logisch besser als
„Eisenbahnsperrwerkzeag" bezeichnet, denn Zerstörungen im
Sinne der F. 0. 518 können mit ihm nii^bt vorgenomüien werdeu.
sondern nur Sperrungen, und auch diese nur untergeordneter Natur,
z. B. Umwerfen von Gieibstrecken, Beseitigen einzelner Schienen-
lagen, Spurverenperungen und Spurerweitemngen.
Wirksamt re Sperrun|::tMi nach ZiflTfr 519 F. 0., sowie Zer-
störungen nach Zitfer 518 F. 0. miisseu durch Sprengiuigea aas-
geführt werden.
Trotzdem ist das J^isenbahnzerstörongswerkseug sowohl fur die-
KaTalleriere^menter wie für die Pionierabteilong der KaTalierie-
diyjsion ron besonderem Wert in folgenden FäUen:
1. wenn die SprengmnnÜion der Regimenter nicht reehtieitig^
ergänzt werden kann nnd die Pionierabtdlnng rftomlich an
weit entfernt ist, nm die Sprengnng anssoAlhren;
2. wenn es sich darum handelt, die Entglelsang eines feind*
liehen EUenbahnznges in der NiÜie des Feindes herbeiza*
führen. Jede Sprengung Temrsaoht Lttim nnd wird die-
Aofmerksamkeit des Feindes an! sich ziehen.
Ist dagegen Sprengmnnition vorhanden, so fUhren in solehem
Falle „Kontaktminen** am schnellsten nnd sicbezsten zum Ziel, sofera
Digitized by Google
Die Teebnik Im Dlwat der openÜTM TStigkeit einer KavelleriadMiioii. 545
ihre Anbringang nieht dnich Patrouillen oder BAhnpenonal entdeckt
wird.
4. Der KavallerietelegTaph.^)
Darch den KavallerietelegrapbeD soll die KavailerledinBion auf
dem KriegsschaaplatB befUbii^ aeio,
1. Torgefandene ständige Telegraphenanlagen sowie Feldtele*
grapbenieitongen anszunutzen,
2. dieselben erlorderlicheufalls flttobtig zu zerstören,
3. zerstört Torgefondene Leitaogen flflcbtig wieder bensastellen
nnd,
4. falls die Wit lerberstellnng zerstörter Leitungen verblUtni»-
mäfsig viel Zeit and Arbeit erfordert, eigene Leitnngen —
KaTaUerieieitiingeii ^ anznlegen.
Ani 1., 3. nnd 4. ist das Hanptgewieht an l^en, um so sobnelL
als mOglieh mit den in Betraeht kommenden Dienststellen in Ver^
bindnng an treten, nnd zwar:
1. zwisehen voiigesebobenen Abteilungen nnd den rttckwttttigen.
Konunandostellen,
2. zwischen letzteren ond den nächsten Feldtelographenstationca
nnd Uber diese nach den Oberkommandos,
8. ansnahnisweise zwischen einzelnen EayalleziedifiBionen.
Das Telegraphengeittt eines KATaUerier^giiienfs, welehes sieh ini
1. das Patrouillengerät,
3. das Gerät für besondere Zwecke and znm Vorrat
gliedert, wird in dem TOr kurzem eingestellten zweispännigen
Kavalletietelegrapbenwagen mitgeftthri (S. A. V* Bl. Nr. IS.
19. Jnni 1908.)
In jedem Kayallerieregiment sind vier Untenrffiziere und Tier
ICann als Telegraphenpatronille ansgerttstet ond ansgebildet
Jede KaTalleriediTision stellt danernd eine Telegraphen-
patronille unter Führung eines OilizierB auf. Die übrigen fttnf
Telegraphenpatronillen werden je nach der Lage aafgestellt ond ver^
wendet
Steht die Verwendung einer Telegraphenpatronille in Aossioht,
80 wird hieran zunächst nur das PatroulUengerät benutzt, welche»
in Satteltaschen nnd Futteralen verpackt von der Patrouille am
Pferde oder auf dem Backen des Beiters mitgefitthrt wird, von der
ständigen Patrouille stets, von den übrigen fttnf Patrouillen erst im
^) s .V(jr>chi ift für die HADdbabang und Verwendung des &avaUene<^
telegraphen v. 28. Mai 1908".
Digitized by Google
546 ^ Teohnlk im Diaatt der optritlveB Tltlgkfllt
Bedacb&Ue; bis dabin ist et in dem xvreiiiAnnigen Kavalleiie-
telegimpbenwagen ontergebiaobt
Bfld 11.
Endstation einer Kavallerielflitiing
mit dem PatrouiUenappftnt.
Brllaterungeii.
« Fatromllenapparat mit Telephon
oben, Mikrophon unten und
Stunmervorrichtuug im Innern
das Gablnsea.
h Kaifidlettobattorie.
c Kopftalepboii.
d Leitung.
e Erdleitung.
Bad 12.
ErlAnteruBgeiL
a Patrouillenapparat.
b Kavalleriebattecie.
c Kopftelephon.
d Ständige Leitung,
e Erdleitung.
f AnMbaltMAT.
ff üBolieiig^oclB, darunter
bügel.
A Anschlufsrolle.
i AnsohaltkabeL
Digitized by Google
INto Toehnlk im Dionat der oparativm Tlttigkiil «iD^r KftvallflitodlTliloiL 547
Die Patrouille fttbrt 8 km 0,5 nun uterkeii Leitungsdraht
KaTalleriedraht — auf aebi Böllen ä 1000 m, und eiu Kavallerie-
kabel von 350 m Länge z\m Legen dnroh Waaserlänfe mit sich.
Da ein Teil des Drahtet anf WegekrttmmoDgen, Umwickeln von
Bänmen und Darchbang verloren gefat^ kann bei Benrteilnng der
Leistongstäbigkeit einer Patcooille nnr anf etwa 7 km Leilnnga-
Ittnge geieobnet weiden.
An StakiooBappaxaten ibd iwei Patronillenappanite mit zwei
Kopftetepbonen and iwei KaTalleriebatterien erforderlieb. (Bild 11.)
Die mit Kavalleriedraht hergesieiiteu Leitungen können
nnr mit dem Patrouillen apparat betrieben werden. Der
Fatrüuillenaparat \ ereinigt in 8ich Telephon, Mikrophon and Summer,
and gestattet daher nnr mttndlicheu nnd Sammerverkehr. Er
bietet aber den gToFsen Vorteil, dals er auf allen, auch schlecht
isolierten, sogar aut blanken, au tier Erde liefen deii Leitungen ver-
wendet werden kann. Bei trockenem Wetter oder Frost ist der
Suiiniierverkehr hiü auf etwa Hi) km, der Mikrophon verkehr
aul iü — 20 km möglich. Bei Regenwetter and nassem Erdboden
verringern sich uaturgemäls die Leistungen.
Der Patrouillenapparat ist ferner wertvoll beim Anschalten an
gut isolierte Leitungen unter Verwendung der Anscblorsrolle
mit Ansehlülskahel unil Anschaltfeder, ohne dabei den <:1 eich-
zeitigen Morsebetrieb auf diesen Leitungen zu stören. Die Ver-
etändigün^' ist dabei mit dem Summer Iii*? auf 150 km durchfuhr-
bar, mit dem Mikrophon jedoch der NebeugeräUBube wegen nicbt
immer gesiobert. (Bild 12.)
Es können endltcb mit dem Patrouülenapparat feindliche De-
peschen an Leitungen mit Tele'pbon oder Snmmerbetrieb
dnrob ABsehattcn eines TeleplionB mitgebört weiden. —
Beiehl das Patronillengerftt fttr den Ban dner KaTallezie-
leittmg niflfal ans, so wird es dnieb das Gler&t fttr besondere
ZweelLe and snm Vorrat eigSnst. Es ist jedoob niebt sn em-
pfobien, eine Pationille mebr als hMiteis 10 km banen an lassen,
damit sie die Sfreoke aneh ttberwaohen und unterbalteD kann.
Im f^Gerlt fttr besondere Zweeke und zom Vorrat" befindet sieb
anter anderem ein leiobter Feldftelegrapben apparat 91. Mit ibm
kann nnr ein e Station erriebtet weiden. AlsGegenstation mofs ein
Torgefnndener Morseapparat oder der leiebte Feldtelegraphenapparat
ekies andern Regiments oder der Apparat einer Feidtelegraphen-
statioo dienen; ein PatroaUlenappant ist iiieht verwendbar.
Digitized by Google
548 I^i^ Technik im Dienst der operativen Tätigtceit einer Kavallehedivisioa.
Der leichte Feldtelegrapbeoapparat bietet folgende Vorteile:
1. Ennöglichong des schriftlichen Verkehrs,
2. Abfangen feindlicher Depeschen in Verbiudang mit der
Einschalte Vorrichtung.
Er hat aber den Nachteil, dafs er nur auf gut isolierten Lei-
tungen, dann aber auf allen in Betracht kommenden Entfemoiigen
verwendet werden kann. (Bild 13.)
Brauchen die Regimenter Ergänzung oder Ersatz von Tele-
graphengerät, 80 wird auf das im Gerätewagen der Pionierabteilung
mitgefübrte Telegraphengerät zurUckgegriflfen, das zur Verfügung des
Divisionskommandeurs steht.
Eine Kavalleriedivision ist mit den mitgeflihrten Grerät imstande,
167 km Kavallerieleitungen
anzulegen. Die Ausrüstung der Division mit den wichtigsten Gegen-
ständen für Apparate und Leitung geht aus nachfolgender Tabelle
hervor:
Apparate
Für
Leitung
Truppenteil
•
es
^ «
1?
» *^
et
P.
«
S
&
"2
o
u
m
Qu
a
o
ja
a.
c
Pt
o
i4
• 2
l. cg
*t Ol
og «
M a
c- c
Ii
'S °
-1
a
«
"3
b
.9
0
•3
o
c
a
<
c
M
H
M
u
a
a
•<
w
-3
u
■
<
a
i •
a
f-
.SC
HS
>
e
ja
<
C
"3
>
km
■o o
® S
•
km
M
a
S-a
§S
km
Bemerkungen
1. Ein Kavallerieregi-
ment verfügt im
zweispännigen Ka-
vallerietelegraphen-
wagen über . . .
1
2
2
4«)
4
4
4
2
1>)
0.85
28
21,6
«) Pro Patroail-
leaapparat 2 Bat-
terien.
») Nur in Ver-
bindung mit dem
loichton Peldtele*
graphonapparaU
■) 2 Ringe eu je
MO m.
«) Werden aol-
gr^braucht nnd bei
NeubeMchaflFang
ALso 6 Kavallerie-
regimenter über
6
12
12
24»)
24
24
24
12
6»)
2.10
168
129
2. Die Pionierabtei-
durch Kopftele*
phone ersetst.
lung hat im vier-
spännigen Geräte-
wagen
2
4
4
4«)
10
r>
6
4
*2')
0.70'
60
88
Also die Kavallerie-
division im ganzen
8
16
16
28«)|84
86
86
16«)
83)
2,80
218
167
Beurteilung.
Der Kavallerietelegraph ist im Kriege ein wertvolles technisches
Hilfsmittel für die Kavalleriedivision und die Armeeleitung zur
schnellen Durchführung ihrer Absichten. Dabei werden im Ver-
Die Teohidk Im Dtonrt der operattven Tiligkeit einer KAvalleriediritloii. 549
gleii'h zu den /u erreichenden Vorteilen nur woni»: Kräfte der
DiTisiou entzoii^en. nämlich pro Regiment 4 Unleroftiziere, 4 Mann,
im ganzeü also 24 l' nteroffiziere. 24 Manu.
Bis Tor knnem war der Kayalleiietelegraph iu dem schwer-
flUli^en sechsspännigen Faltbootwagen des Regimeots onter*
gebracht Seit EinfUhrnng des leieht beweglichen zweisp innigen
Kavallerie-Telegraphen Wagens (A.-V.-Bi. TOm 19. Joui 1903)
ist dieser Übelstand beseitigt, und
es wird dadurch in Znkanfl
die Operationsfähigk'eit einer
Kavalleriedirision wesent-
lich erhöht werden können.
Bei den Truppenübungen im Frieden
ist der Wert des Kavallerietele-
graphen nicht immer genügend er-
kannt bisweilen auch abfällig be-
urteilt worden. Es mag dies zum
grolsen Teil an der biskerigen Or-
ganisation gelegen haben.
5. Dan neue Kavalleriehrftcken-
Da durch A.-V.-Bl. vom 19.
Juni 1903 die Einfuhrung des neuen
„ Kavallcriebrlickengerätes " an
Stelle des wenig praktischen Falt-
bootgerätes befohlen ist, soll in
dieser Studie auch nur ersteres
Gerät besprochen und verwendet
werden.
€t) Organisation.
Jedes KaTslk«ieregiment ver-
fügt Uber zwei vierspännige „Ka-
TaileriebTttekenwagen". Jeder
Wagen entblUt zwei Halbboote,
drei Hohne (davon einer als Uier-
balken), vier Brtteken tafeln,
zwei Unterzüge^ drei GeUiiderBtäbe^ einen Anker von 80 kg Sebwere
<— der bisherige war nnr 22 kg sokwer nnd graste Idcht — ),
seobs Rnder» seehs Radergabeln, vier Sinken, zwei Ankerleinm, aobt
6e]ilnde^ oder fitodeieinen, vier Sobnttrleinen; anberdem '/a
Bild
Erläuterungo n.
a Leichter Feldtelegraphenapparat
96.
^ Einsöhaitevonrifditaiig.
; Ständige Leitung, n a h A nbrin gung
der EinschaltevorhchtuBig unter-
brochen.
{ Leitung durch Wachsdraht
Digitized by Google
550 ^ Tedmik int DieiiBt der «p«ratk?«i Tll|gk«tt einer KftriUeiMIvWoB.
der unter I. b. 2. aolgefOliilen Sprengmanition des Begimenti
und eine eintägige Raiion.
1 /
1
^ 1
U" LU U
BUd 14.
schwimiueuden
Gaozboot) uod
Brttckensteg.
A Leistungsfihigkeit
1. Im Brttekenbao.
Die Spannung beträ^
stet» 4 m. Eiu Kegiment
kann mit scinein Kavallerie-
brttckeogerät herstellen:
1. einen Brllekensteg, 1 m
breit, 20 ra lang bei 4
schwimmeüden UnterslüU-
iin^en (Halbboote) nnd 5
BrUckentafelu (s. Bild 14).
Bei Verwendung %'ou 8
Behelfsnnterstützangenl am
besten l'fuhljnohe, siehe
Bild 4 und .ji. kaaii der
Steg bib ^2 ni verlängert
werden (SBröckentafelo X
4 m = 82 m); oder
eine LaofbrUcke. 2 m
breit, IG m lang bei 3
Unterstutzungen (abwechselnd ein HiUbboot und
B BrliukeutafelD (siebe Bild 15); oder
BUd 16. Laufbracke.
Digitized by Google
INe Tedndk im DIeart d«r oper«tb«n TfüglMlt etawr Katvtltoiledivtoi«». 651
8. eine Kolonnenbrücke, 8 m breit, 8 m lang bei Einbau eines
Ganzbootes and 6 Brttokentafeln (Bild 16). Werden die noch
übrigen BrUckentafeln — 2 Stück — als dritte Strecke (Land-
strecke, diese nar 2 m breit) und das zweite Ganzboot mitein-
gebanti so wird die Koloonenbrtteke 12 m lang (siehe Bild 17).
BUd 16. Bild 17.
Koloxmenbrücke. Kolonneubrücke.
Bild 18.
Die Ravalleriedivision kann daher ans dem Gerät ihrer
6 Regimenter herstellen:
einen BrUckensteg vou 120 m Länge oder
eine LanfbrUcke von 96 m Länge oder
eine KolonnenbrUcke von 48 m Länge (Bild 18),
wobei ein Ganzboot zum Werfen and Liebten der Anker — wenigstens
Digitized by Google
562 Dl« Teeluilk im Diaiufc der opertttven Tittigiceit «Iner Ksvalleriedhrliloni
oberstrom — verfügbar bleibt. Wird aacb dieses eiogebaat^ so
Tergröfsert sich die Brtickenlängre um 4 m.
TheoretisL'h ht die Herstellung eines Bröckensteg-es von
120 III Länge möglich, praktisch aber wegen der Schwankungen
selbst bei geringer Strorageschwindigkeit nicht empfehlenswert.
Bei mittlerer Stromgeschwindigkeit kippt er um. Auch bei Lauf-
brflckpn vou 9G m Länge ist \ orsieht geboten; man tut gut, hie
and <l;i zwei riim/boote hintereinander einzubauen und die tehlendm
UnterstUtzuntren duri ii Jirhelf'^jnaterial (Pfahljoche — diese in der #
Jb^äbe des IJ^ff rs nach l^ild i und 5) — zu ersetzen.
Zum Kiiiltan des Kavalieriebrttckengeräts eines Regiments in
eine Koionnenbnicke von s bis 12 m Länge sind mindestens
1 Unteroffizier 16 Manu crfoKicrlicii. Hau/eit etwa '20 Minuten.
Der Bau einer 48 m langen Kolonuenbrücke aas dem gesamten
Oerät wird selbst bei schwierigen Verhältnissen kanm länger als
eine Stund f dauern. Hauptsache ist, dals das Gerät von sämt-
lichen spch> Kt'gimentern pr?iktisph abgeladen werden kann.
Wenn auch in den meisten Fällen pro Hegiiiw nt l Unteroffizier,
16 Mann zum Brückenbau für erforderlich erachtet werden, so kann
der baiiltitende K ■ivallerielcDtnaut doch mit einer geringeren Zahl
bei eiiiem grrix ren ßrUckenschlag auskommen. Ais Einbeils-
Sätze seien folgende als Anhalt emptohien:
Für jedes Boot 2 Mann als Fahrer.
t)ii sämtliche Boote, die in eine Brücke eiogebant werden,
1 Unteroffizier als Führer.
fi\r (I n iirU( kensteg als Trägertrupp 1 Unteioff. 4 MaDOf
für die LaufbrUrke „ „ 1 » 8 „
tür die KolonueubrUcke „ „ 1 „ 12 ^
Aulserdem für jede BrUoke eine kleine Reserve zum Bau
von Behelfsstrecken. WegebessemngeD, für oDvorbeigesebene Fälle nsw.
unter FtthmDg eines Unteroffiziers.
Wenn z. B. zwei KolonnenbrUcken zu je 24 m Länge geschlagen
werden sollen, so sind Itlr jede Brücke als Personal erforderüeh:
Als Baidetter 1 Off.
Für das Bän- and Ausfahren der Boote — „ 1 Unteroff.
Fttr 6 Boote als Fahrer ....— „— 12 Mann
Als Trägerfanpp — n ^
12 »
Als Reserve — „ 1 „ 10
Sa. 1 Off. 8 Unteroff. 84 Kann
Also für zwei KolonnenbrUcken zu je 24 m Länge
2 Ofi., 6 Lüteruff., 68 Mann.
Digitized by Google
Die Techaik im Dienst der operaüvea TXtic;keit einer JUvalieriediviMon. 553
2. Im Übersetzen.
Aaf einer aus zwei Ganzbüoten mit vier aufgeknagrgrteu Hnicken-
tafeln hergestellten, 16 qm Graudfläobe eoftbaltendeii Fähre (siebe
Bild 19) kann Ubergesetzt werden:
1. ein kriegstiiilfi^ig' beladenes Geschütz mit Frotze einsohlielflliob
Bedienungsmannschaften oder
2. vier Pfrrdp mit PfprdchaUen] oder
3. ein KavaUehebrttckeuwageu oder soDstiges TruppeDfabrzeag.
oder
4. fünfzig Sättel, Gepäck und
Ausr 11 s t LI n von ebeosoTiel
Kavalier i.stf[i oder
5. dreilsig Jüiiaiikeristeu mit Ge^
päck.
Bei starkem Strom, Wind oder
Bild 19
Fähre.
WeUeitöcblag sind diese Zableo eutsprecbead za ermälsigen.
y) Verhalten der Truppen bei Benutzung von „Kavailerie-
brücken".
1. Der Brücke Dsteg dient als ÜbergaDg für den einzelneii
Reiter mit Sattel ood Gepäck, während die Pferde an den
Iicinen anterstrom daneben scbwininien. Die Verankerung
unterstrom fällt dann fort.
2. Die Lanfbrtteke wird tlberscbritten
a) Ton abgesessener Kavallerie zo einem mit Abstand»
b) Ton Infanterie zu zweien ohne Tritt,
e) Ton leeren leichten Fahrsengen« welebe hinttbeigesogen
werden.
3. Die Kolonnenbrfioke wird Qbersehritten
a) Ton einzelnen Reitern,
b) yon abgesessener Kavallerie za einem, dieht anf ge-
sehlos sen; bei kurzen Briieken und gttnstigen Strom-
und Windverbttltnissen Mtmaluwweise za zweien, dicht
aufgeschlossen.
Sofern Zelt vorbanden ist, an beiden SMten der Brfleke
ohne Materialbesebädigiuig eine BehellMdelug anzubringen,
können die Pferde anch anf längeren Brtteken be-
dingnngslos zn zweien hinttbergefilhrt werden. Ist eme
solche BOdelnng nicht vorhanden, so liegt Gefahr vor, dab die
Pferde bei Schwankungen unruhig werden, ttber Bord treten
und ins Wasser stürzen;
Jakrbiflhtr ftr di« dMtooto Am«* oad Kkitac. Ko. sn^ S7
Digitized by Google
554 ^ TediBik im Dicmt der opertÜTeo Tftü^eit etn«r KavaUeciadMiiott.
c) voD Infanterie zu viereu mit doppeltem Gliederabstaod ohne
Tritt;
d) VOD FeldgescbUtzea, Munitions- and iniaaterie •Fatroneo-
wagen, und zwar:
?ou den Protzen, weluhe durch die Stangenpferde mit
Äufgesessenen Fahrern gezogen,
von den Hinterwagen und Geschützen, welche voa
den Mannschaften geschoben werden;
von Vorder- und Mitteipterdeu dicht autgeschlossen zu
einem;
von Truppe II Fahrzeugen, welche durch die Staugeo-
pferde mit äufgesessenen Fahrern gezogen and wobei
«ulserdem die Pferde geführt werden.
Bearteilnng.
Das neue Kavalieriebrttckengerät ist beweglicher, wider-
Btandsfähiger, leistangsfähiger, leichter nnd schneller zn
handkaban als das bisherige schwerflUli^ nnd leicht verletzbare
Faltbootmaterial. Darob eine sachgemäße Verwendung in Ver-
bindung mit BdieUhgerttt werden aneh längere ftHeken ala 48 m
geschlagen werden können. Dadurch gewinnt die KavalleriediTiiloB
an Selbständigkeit und Operationsfreibeit zun Nutzen der
AnneeidtaDg.
Als Naebtell wäre zu bezeiehnen, dab pro Regiment 1 Unter-
offizier, 16 Hann, im ganzen also der KaYalleriedivision
6 Unteroffiziere, 96 Mann
ftr taktische and strateglsebe Zwecke zeitweise entzogen weiden.
Es empfiehlt sioii, die Fionierabteilnng zum Brttokenschlag heran-
znzieben, wenn sie in der Nähe ist
Hier ist ein koizer Hinweis anf das tnaMM» Kavallerie*
brflck enge rät von Interesse, welches soeben eingeführt wird.
In Frankreich waren seit 1902 Parallelversuche mit einem
Faltbootgerät von J. Veyry and mit einem Stahlbootgerät
nach den Vorschlägen des Generals Donop im Gange. Diese
Versuche sind zugunsten des letzteren Geräts ansgefallen.
Das französische neue Kavalleriebrückengerät besteht
ans Einheiten. Jedem Kavallerieregiment wird eine Einheit za-
geteilt. Diese besteht aas:
4 Stahlbooten (nar 2,80 bis 3,00 m lang nnd 1^ m brdt,
nur 90 kg schwer, von 2 bis 8 Mann leiobt sn handhaben),
5 Oberbaaelementen (4 m lang, 0,75 m breit), von denen
4 ans Belag and 2 Tragbalken festver banden (also
Digitized by Google
Die Teehidk im Dienst der opentivea TItigkett einer KAvalleriedivisioD. 555
Brnokentafeln!), das fünfte miTerbaoden (c) zur Ver-
weDdoDg als Verbindnngsstreeke mitgefttbit werden.
Eine Einheit wird anf einem sweispinigei KaTaUeriebracken-
wagen Terladen, and swar
die Stahlboote ineinandergeeetrt in der Mitte des Wagens,
.die Oberbanelemente beiderseits der Stablboote.
Ans einer Einheit läfst sich ein einfacher Steg von 20 m
Länge nnd 0,75 m Breite bauen, Stahlboote mit Karabinerhaken an
ein Soherseil (a^b) befestigt.
Zorn Ban eines Doppelsteges (Laui-
brtteke) von 20 m Länge nnd 1,50 m
Breite werden 2 Einheiten — die
Obeibaaeleinente neben einander —
▼erwendet (siehe Bild 20).
Ans einer Einheit ttirt sieh eine
Fähre anter Verwendnng von 4 Stahl-
booten — 2 an den Süden, 2 in der
Bild 21.
Mitte mit dem stumpfen Hinterkaffeu (d) verbunden — und 3 Oberban-
elementen zusammensetzen. Kaum Ülr 35 Maon bei our 9 qm (Bild 21),
beim deutschen Gerät 16 qm!
Das iranxösische Gerät ist in den vogährigen Manövern benätzt
worden.
Es wurde ttber den Ardennenkanal in 13 Minuten, vom Ein-
treffen der Wagen an gereehnet» ein Doppelsteg (Laofbrücke) gebaot,
der sowohl von abgesessener wie aiij^esessener Kavallerie Uber-
schritten warde. Anf einer Fähre waren vorher 35 Mann, daninter
26 vollkommen ansgerttstete Badiahreieappenre der Genietmppe
übergesetzt worden.^)
1) S. .»Mitteilungen über Oegenst&nde des Artillerie- und Geniewesens,*
Jahrgang 1904. 8. Heft. S. 268 bis 270 und »Mü-W.-Bl." Nr. 48/1904.
87*
Digitized by Google
556 Dte Technik im Dienst der operativNi Tltigkeit einer KavtUeriediTMoa.
Ein Vergleich beider Kavalleriebrttokengeiftte in besag auf
LeistiiDgsilUiigkeU^ Festigkeit mid Bewegliohkeil eigibt Bich Ton
selbst.
6. Die PionierabteUnng.
a) Aufgaben.
Die PioDierabteüung ist zur Aasftthnmg techDisoher Arbeiten
bestimmt, um die Kavalleriedivieioo sa entlasten nnd um haaptsächlieh
da eioausetzen, wo die Befähigung und Mittel der Kavallerieregi-
menter oielit aiuieiehen. Derartige eehwierige teebiüsebe Arbeiten
sind:
Zergtöning von stark konstruierten EieenbabobrUcken und
ständigen schweren Holzbrücken,
Zerstörung von starken steinernen firtlcken, haapteäehlioh
solcher ohne Minenanlagen,
Wiederherstellung von zerstörten Brücken,
Herstellung von Behelfsbrücken und mit dem Kavallerie-
bruckengerät hergestellten Brttoken onter sckwieiigen
Umständen,
Anlage von Verteidigangseinriobtnngen zur Aatnahme der
KavalieriediTision obw.
ß) Organisation und Ausrüstung.
Die Fiomerabtoiluii^'^ besteht aus: 1 Offizier (Leutnant als Führer),
3 Unteroffizieren, 3U Pionieren, 3 Trainsoldaten, 6 Flerden und einem
vierspännigen Gerätewageu (khegsmäikig aosgerttstet 2079 kg
schwer).
Über Ausrüstung s. l. b. 1., 2. und 4.
Der Leutnant ist beritten, die iMonicrmannBCbafken mttssen aof
drei bereitgestellten Wagen betördert werden.
Benrteil n u g.
Die Abteilung ist dem Etat nach schwach, die Leistnngsiähig-
keit hat bald ihre Grenzen.
Hemmend wirkt die Beförderung ant Wagen. Erwünscht wäre
eine stärkere, berittene Pionierabteilung, wie einige Staaten — Eng-
land, Japan, Nordamerika — sie bereits im Frieden eingeführt haben,
Rufsland eine solche während des Krieges 1877/78, „der Not ge-
horch end'^, in Giurgewo schleunigst organisierte, ehe Gurko seinen
denkwürdigen Balkanübergang antrat.')
0 S. »Brückenzerstörongeii im Bficksugsgefecht wnst und jetxt* Ton
Jiiyor SehaiT. S. 88.
£riiiMninge& und Erwlgiagtii etnes «Iten KaviU«fieolilii«n. 557
Wenn nnn auch einer Pionierabteilune wie der einer dent^chen
KavalleriediYision infolge des Diedrigen Etats und der Art der He-
f^)rderuri^^ ^^ewisRP Schwächen anhaften, so soll gerade gezeigt werden,
was selbst eine so kleine Abteilang leisten, welche Vor-
teile sie der höheren Führung bringen kann, wenn sie von
dieser rechizeitig am richtigen Platz eingesetzt wird.
(Schlols folgt.) ,
XXIX.
Eriimeruügefl und Erwägungen eines alten
KavaUerieoffiziers.
Von
Geneial der KayaUerie z. D. und GeoeralacyiitaDt Fxeiheir
TM SabciüioIni.
HL
In den iiühereü Aolsätzen habe ich einige Betracbton^^en Uber
die kavalleristische Tätigkeit in den letzten Kriegen an<refllhrt und
einige:' Übungen erwähnt, lediglich in der Absicht, um die Nützlich-
keit der betreöenden Formationen zu bekräftigen.
Es besteht darüber wohl kein Zweifel, dals im Laufe der Zeit
in den Gefechten keineswegs unbedeutende Schwierigkeiten fUr die
Verwendung grolser Kuvalleriemassen sich bemerklich gemacht haben.
Insbesondere die grolse Tragweite und Treffsicherheit der heutigen
Feuerwaffen mufs selbstverständlich von EinflulB auf die Bewegungen
der Kavalleriemassen vor dem eigentlichen Angrifie sein, sie werden
bei dem Angriffe selbst von noch gröfserer Bedeutung.
In der Zeit glänzendster Erfolge der Kavallerie waren nicht nur
diese Verhältnisse in hohem Grade günstiger, sondern anoh jene
Umstände, welche die geringe Stärke der Heere bedingten. BJMdl
war aber dem Führer der Kavallerie sehr erleichtert, das ganze
Gefechtsfeld zu übersehen, die Vorteile des Geländes und jene Ver-
hältnisse auszunutzen, welche dem Angriffe von KavaUeriemaBsen
gtlnstig waren.
Digitized by Google
558 EiittMruiiKen vaA Erwägungen «hm alten Kafallttieollliien.
Für Armeekommuidos ibd unter den bentigeo VerblUtaiflsen
ganz fthnllebe Sehwierigkeiten» wie dieselbeD für EaTallerle beslebei^
rnebt ZQ yerkennen. »Infolge dieser Umstände morsten int-
besondere anch für das Gefeebt selbst, die Armeekorpa
eine stets bObere Bedentnng gewinnen.**
Das b der neueren Zeit bedeutend vetftnderte ZaUe&Terfaaltds
der KayaUerie gegenüber den anderen Waffen, die wesentliob andere
Kampfesweise derselben, mnlb fllr EinteUong nnd Verwendnng der
Kavallerie Veittndeningen mit sich bringen.
Waten yor 160 Jabren der Initiatiye yon KavaUeriefllhrem die
sebönsten Erfolge der Waffe an yerdanken, so ist leieht an erkennen,
wie dieser Initiatiye ancb die grölkte Sorgfalt angewendet blieb.
Unter den Creieobtsyerhältnissen, wie deb dieselben seit dieser Zeit
gestaltet haben, mnlste diese Initiatiye stets bObere Bedentang ge-
winnen ; sie kann nur geweekt nnd erhalten werden, wenn die Grnnd-
bedingnngen, dnrob welebe dieselbe gelbrderl werden kann, onablässig
beaebtet bldlben.
Zn diesen Groodbedingnngen mnfs unbedingt gesfthlt werden —
wir wiederholen diese hier — :
1. sweekentspreeboDide Organisation;
2. Znsammensetsnng der Stilbe^ weldie den Anforderungen der
Gegenwart entspriebt;
8. saehgemJUse Vorübungen nnd
4. entsprechende Verwendung bei den grdlsereii Thippen-
ttbungen.
Im wesentUdien wurden diese Punkte bereits bespro<^en.
Spesiell aber sebeint es n»ti(^, daCs die Stftbe der KayalleridObrer
derartig zusammengesetat sind, dals deren Mitglieder mit den Inten-
tionen der Führer ganz und yoUkommen yertrant sein können, damit
sie imstande sind Beobachtungen dort zu maehen, wo das Auge des
Führers nicht hmreioben kann; zugleich aber aneh nm unter Berllsk-
sichtignng der Geländeverhältnisse für Bewegung der Massen an jene
Ponkte^ yon welohen der Angriff auazufbhren bleibt^ als Fttbrer oder
Wegweiser dienen zu können.
Was die Bewegung dieser greisen Verbände anbelangt, somub.
die ganze Erziebong dahin zielen, dals die Unterführer bis zn deo
Eskadronscbefs herab, ohne jedes Zandern die Schwierigkeiten des,
Geländes, des Anbanes und Gefechtes überwinden oder die sich
bietenden Vorteile ausnutzen lernen. Selbstverständlich kann sieh der
Führer der Kavallerie nicht um alle diese Einzelheiten kttmmem, weil
seine Aofmerksainkeit notwendigerweise anf die Geteebtslage ge-
richtet ist. IHese Ziele sind nur zu erreiehen, wenn die grolsen
Digitized by Google
EliDBanaigea nd Erwlfnfca ciMt alten KsfallarieolMait. 559
Kavallerieverbande an den TruupetiUburii^^t'n teilnehmen, weoo diese
übuDgeu auch ^Yi^klich als Schale betrachtet werden.
Bei den Formationen für eine Angriflfsbewe^uiig: müssen nicht
«eilen die eijrenen im Kampfe begrittenen Truppen der Infanterie
and auch Terrainahschnitte durchritten werden, welche die uuaus-
bleibiicbeo Merkmale des Feuergefecbtes tragen. Eh ist hierbei Dicht
zu venneiden. dafs solche Bewegongen mitunter wirlüicb rtteksichti-
ios durchgeführt werden müssen.
Verhältnisse, wie sie eine Kavalleriedivision bei Beanne la Rn
laude fand; ,.tief anf^reweiehter Boden, mit Wein bewachsene Hänge
Tordeni Angritiöubjekle," können die vollige l Iiitätiirkeit der Kavallerie
nicht < ntscbnldigen, „wenn Organisation and Erziehung karalleristisch
waren.
Selbst an bewachsenen Hängen ist ein Fortkommen mit Eska-
drons denkbar, wenn dieses Gelände anch die Angriffseutwickeinng
errrifsen r Verbände im strengen Sinne und in gewohnter Weise nicht
gestattet, ist die Kavallerie mit eiuem guten Feuergewehre ausge-
rüstet, so ist dessen Gebrauch in manchen Fällen selbst Uber sumptige
Strecken des Geländes nicht ausgeschlossen, welches dem Fort-
kommen geaobiosaener KavaUeriekörper im höchsten Grade hinder-
itob ist.
So manche Untätigkeit neuformierter ond improvisierter
Kavallerieverbände dürfte auf derartige Gründe zurückzuführen sein.
Selbst die bestgeleiteten Übungen künnen über einen Teil dieser
Schwierigkeiten nicht hinweghelfen; immerhin ist es aber unbedingt
notv^endig, dals F'Uhrer wie Trappe auch auf solche Lagen vor-
bereitet sind.
Wenn auch bei Einführung von neuen Organisatiouen nicht er-
wartet werden kann, dals sofort wesentliche ReHseruag in verschie-
denen Kichtungen zu bemerken ist, so wird im Laufe der Zeit diese
Besserung kaum ausbleiheu könneni wenn es an bezüglichen Anre-
gangen nicht fehlt.
Werden diese Organisationen mitanter auch erst spät in das
Leben gerufen, so kann es für dieselben nur dann zu spät sein, wenn
die Zeit fehlt, am den vollen Nutzen erwachsen za sehen.
Der Unterschied der Gefechtslagen in den letzten 150 Jahren
ist allerdings ein sehr bedeutender. Nach allen Tatsachen kann es
jedoch kaum bezweifelt werden, dais anter den gleichen Vorans-
setzungen grofae Kavallerieangriffe in der Schlacht nach wie vor
grlludliche Entscheidungen herbeiführen werden, denn die Krisen im
Feuergefechte sind auch heute recht bemerkbar. Wurde vor Zeiten
der Initiative des KavalleriefUhrers der höchste Wert zugemessen,
Digitized by Google
560 ürinnenuigeii and £rw%uogen ewds aitea Kavalleheoffiiüers.
so kann heute eine Frage Uber die Bedeutung dieser Initiative kaom
beeteben, wob! aber darüber wie dieselbe schon im Frieden ttinlichst
gefordert werden kann. Befehle, welche bei den Friedensübungcü
der Kavallerie zugehen, mtlssen sohin die Waffeneigenttlinlichkeiten
vollständig berücksichtigen; sie dürfen in erster Linie die Initiative des
Führers in keiner Weise mehr einschränken, wie nnbedinfrt ^eboteu ist.
Die wichti^'stf' imd stets durchfuhrbare Aufcabe der Kavallerie bleibt
auch ohue besondere Anordnung, die Aufklärung für die All-
gemeinheit, wie speziell für die Tätigkeit der grolsen Verbände
selbst Hierfür uiuls und kann die Initiative der ahrer stets mehr
und mehr geweckt werden. So verlangt die Bereitschaitestellang in
der Nähe eines Flügels der Gefechtslinie — aooh ohne bezüg-
liche Weisungen — , die Aufklärung nach den Richtungen aas
welchen der Anmaneh feindliober Truppen denkbar ist, der Auf-
klärung am den treffenden Flügel herum, bis in den Rücken der
gegnerischen Stellang, endUeh der Anüdttmng in Beziehung auf die
eigene Geleelitrtfttigk^ diese inabeeondefe dnzeb Of6siere dee
Stnbes.
Nachdem die Deckung ebes Pnnkles ein rebe defensive Auf-
gabe ist, kann die KaTftUerie eine Deeknng in strengem Sinne nur
anter gewissen Voranssetenngen aosttbeo, in der angegebenen Weise
aber onter allen VerhUteissen dnreh Aofklftrang anf weite Strecken
rieh sehr nlltelieh maohen; unter entspreohenden Umständen rar
Attacke sehreitea, gleiehgttltig ob diese UsratlCnde in Krisen beisi
Gegner oder bei den eigenen Truppen besteben, abgesehen ron
andern, für einen Angriff günstigen VeiliilltoiBsen. In frttheien Anf-
stttien wurde bereits erwähnt» dnieh welebe Eäarlehtaogen diese rein
kaTilleristisehen FHtgen nach unserer Obeneagang einer entspreohen-
den Losung zugeführt werden konnten.
Ab den Oefechtstagen können die SanunelplAtie der grolMn
KavaUeriererbllnde nieht mehr tot den Anmaiseblfaiien der Aimee-
korps festgesetrt werden, wenn noch PatrooUlen und hOobstens deren
Replies am Feinde bleiben; dueh die Initiatl?e des Führers der
Kavallerie kOnnen sodann aul Grand eigener Wahrnehmung oder
eingehender Meldungen Bewegungen und Angriffe ansgefllhrt werden»
Während der Qeiechte selbst werden die grolte Ka?aUerieTer-
bände, sowohl bei dem allgemeinen Angriffe, wie bei DefensiT'
gefeohten, Berdtschaftsstellungen, hinter der Gefeehtslinie ein-
nehmen.
Bei Angrülbgefeehten, insbesondere gegen starke oder kOnstiieh
verstärkte Stellungen, werden BtteksehUge wohl nie gänsUeh m
▼ermeiden sein. Einem entschiedenen Naehdrängen dee
Digitized by Google
i
Erixmerongen und Enritgtmgen emea «Iten lUviUMtoofBitora. 561
Gegners müssen Keserven eotgegentreten; gröfsere Kavallrriever-
bände sind hierfür wohl oabeskeitbar sehr geeignet, schon allem
wegen der Beweglichkeit.
In gleichem Maf^K^ sind diese Verbände auch L^eei^et, ans
der DefensiTStellung mit grol'scn Krfolgon tätier zu soin, insbesondere
dann, wenn deren Stärke auch hier die AosHcbeidong ?oii Keserven
gestattet. \)
Die V( rwcndang solcher K.avalieriemas8en an oder vor den
Flügelii kauD ebenso nUt/,lich werden, wenn die Anzahl der
Kavallerie beide Verweud uugsarten möglich macht, oder
starke Tra[)peüreserven für die Gefechtslinie verfügbar sind. In
den letzteren FäUeo kann die Kavallerie der Zateilong voo Artillerie
kaam entbehren.
Warum waren die Anschauungen. wp!ebe in den ..Nnchrichten
und Betrachtungen" etc. vor 70 Jahren Uber die Aufklärung und Tätig*
keit der Kavallerie niedergelegt wurden, schon nach 30 Jahren in
den Feldzügen onberücksichtif.'-t creblieben? Doch wohl nur allein
deshalb, weil es an kavalleristischen Anregungen in diesen 30 Frie-
denfijahren vollständig gefehlt hat.
Anstatt dieser kavalleristischen Anregungen wurden die Stimmen
stets lauter und lauter, welche wegen Vervollkommnung der Feuer-
waffen etc. ganz einseitig verkündeten: „es ist vorUber mil der
Scblacbtentätigkeit der Kavallerie.'*
Nach diesen Betraektungen Ist ea vielleiehl DtttiUeb, einig»
fdmipieo featenhalteo.
1. Die ganze Organisation mufs ermOglicbenf dals bei Er»
aebang and Verwendung der Kavallerie kavalleristisolie
Grondsätze in erster linie beacblet bleiben;
2. unter dieser Bedingung wird es leicht sein, dafs in der
Truppe die Übenengung der Unwiderstehlichkeit ihres
Angriffes stets erhalten bleibt nnd wttefast, dals namentlieb
im Beginne eines Feldsnges Angriffe der Kavallerie
*) Von dem höchsten Interesse bleibt in diesen Hinsichten die Schlacht
von Kunersdorf Eine anbefohlene Attacke kann sehr leicht zu früh oder
zu Hp&t erfolgen. Selbst die sieggewöhntesten Truppen und i^rer aber
kömieii unter solchen Verhftltoissen daen Erfolg kaum erringen.
Marmgo beweist ^nentits, dab grolbe KaTBÜeriamblDde tot allem
auf das Schlachtfeld gehören und nicht an Stelle von Patroiiillen zur Auf-
klärung etc. verwendet werden sollten; andererseits ist in jener Schlacht der
Beweis zu finck'ii, dafs die Kavallerie einer bereits zu '/4 geschlagenen
Armee durch den Angriff aus eigenur imuative ihres Führers, einen voU-
sttedigen Umschwimg der I^ige herbeilOhven kana.
562 EdnaaraDgai mnd Enrlgnngen «foes alten KtrallMtooffifadeH.
Inn Hell»! veimieden werden, wdehe, troti aller indicekmi
Befolge, jene Obenengnng eher nntergraben, wir ftrden;
8. Anlgsbe der Fttbrong mnls es sohin bleiben, diesen Punkte
sorgfifltlgsle Beaebtang aoinwenden, nnter allen Füllen aber
jene Massen bereibinbaltett oder zn yereinigen, welebe alkia
imstande rind,* greise Entseheidnngen berbeixni^en; alldi
nnter diesen Voranssetsangen sogar aneh in scbwierigefen
Lagen.
Alle Verbällttisse nnd alle Zelten liefern den Beweis, dals keine
andere Waffe in höherem Maise der fortlaufenden mSehtig«
sten Untersttitsong bedarf wie die Karallerie, damit die
elnfaehsten Grnndstttse ihrer Tätigkeit nicht Terloren
gehen können.
Die Tätigkeit der Kavallerie bei den TruppenttboDgeo, in Be-
siehang auf die Angriffe gegen andere Waffen, kOnnen sieh, wie
metefaob angefahrt, in recht vielen Fällen nur auf Voraus-
Setzungen begründen. Diese YoranssetsungeD spielen ebe um so
wichtigere BoUe, nachdem sie in der Bogel dem angegriffenen Fahrer
unbekannt, und keineswegs sympathisch sind, um so weniger,
je kayalleristiseher Angriffe durehgefttbrt wurden.
Solche Verhältnisse mögen mit Ursache sein, daCs die Kämpfe
der Kavallerie mit Kavallerie begünstigt werden, auch dann be-
güDstigt werden, wenn denselben eine besondere Bedentong nicht
zugesprochen werden kann.
Die Kavallerie ist eine ritterliche Waffe, denn ritterlich ist der
€^anke: „in kühnem Kitte auf den Gegner za stürzen, denselben
mit der blanken Waffe zu bekämpfen." Dieser ritterliche Gedanke
war and wird im höchsten Grade bedenklich, wenn er verleitet
unter allen Verhältnissen durch rücksichtsloses Darauf-
gehen den Gegner an/ufalUn. in der Hoffnung, denselben Uber-
raschen und besiegen zu können.
Dem ritterliehen Gedanken widerstreitet auch die Notwendig-
keit, dais Kavallerie (tfters berufen ist — wie nachdem glücklichen
Zusamraenstofse mit Kavallerie, bei Krisen des Gefechtes und bei
der Verfolgung nach gewomieuer Schlacht, — in konfuse, wirre nnd
erschöpfte Massen einzubrechen, unter denselben so viel wie nur
immer möglich aafznrauraen.
Auch der Gedanke kann vielleicht störend einwirken, dafs mit-
onter schon auf dem Wege an den Gegner zahlreiche Eirscböptte und
Verwundete Oberritten werden niUssen.
Je mehr die Führer der Kavallerie auch theoretisch mit diesen
Digitized by Google
Erinnerungen und ErwSgangeu etnes alten KtTaUtrieolBriert. 563
VerfajUtDiasen rerknuit bleibeo, ihre Truppen fUr dieselben erziehen,
um 80 weniger störend werden sich dieselbea bemerklich machen.
Die Ksvallerie Ist die einz%6 Waffengattang, in welcher Fohier,
Unterführer and Trappe bis zum letzten Reiter herab, schon im
Frieden für die kriegerische Tätigkeit ToUkomme n vorbereitet und
sicher sein mttssen. Vor und während dieser Tätigkeit ist die Mttg-
Uobkeit beinahe immer ausgeschlossen, mit Inatmktionen, Erläute-
rangen oder sonst einmwirken. Im Lärme der Gefechte etc. ist
sogar aaf £rtellang von Befehlen während der Aktion selbst keines-
wegs mit Sicherheit zu rechnen, um wo giOAere Bedentong gewinnt
die EntsohloBseDhelt aller Unterführer.
Die Tor 150 Jahren erlassenen Instraktionen sind unbedingt
lehneich nnd naohahmongswert.
Mit der Formation der Heere in Ameekorps wnrde ein ganz
wesentlicher Fortschritt erreicht. Die kommandierenden Generale
sind zumeist in jahrelangem, einflnfsreichem Verkehre mit den Ofli'
zieren ihrer Stäbe, mit sämtlichen Unterführern and Trappen ihrer
Armeekorps. Die systematisch aufgebauten, jährlich sich wieder-
holenden Trnppeoü bangen sind von dem höchsten Werte. Sie molsten
von ungleich höherer Bedeutung werden fttr das Gefecht selbst, wie
dies bereits frUher erwähnt wurde. Abgesehen von dem mehr strate-
gischen Einflüsse der höchsten Konimandostellen, kann diesen Ein-
richtungen doch unbedingt ein wesentlicher Anteil bei den erzielten
lilrfoigen zage«;ehrieben werden.
..Sollten analoge Einrichtungen fUr die Kavallerie sieh
nicht ebensr» ntitzlirh erweisen?"
Mit welcher Zuversiebt worden die Führer der Kavallerie das
Zeichen /.um Anpriff geben, wenn sie ihre Massen längere Zeit fhr
deren Tätigkeit vorbereitet und erzogen haben; nur unter dieser Be-
dingong scheint deren Initiative überhaupt denkbar. Auf dieser
Initiative beruhen auch in Zakonit groise £rfolge der Kavallerie,
weit mehr wie in Jeder früheren Zeit,
Kegiementäre Bestimmungen können dieses Ziel nie erreichen ;
unter Umständen werden sie sogar hindt rli( h sein, wenn sie anstatt
insbesondere Grundsätze aufzustellen, zahlreichere Formen festsetzen.
Formen müssen sich den Verhältnissen anpassen, Grundsätze können
unter allen Umständen verwertet werden, sollten tunlichst geläufig
geworden sein. Mängel in diesen Richtungen machten sich natürlich
geradezu btMleuklieh hciiierkbar in einer Zeit, in welcher der Kavallerie
nicht ausreichende Gelegenhiit ^a boten war, von don rbeneu li^erzier-
plätzen weg, sich in unelicueiii, un bekanntem Terrain zu hi» wegen,
namentlich auch in grölsereu and grcüsen Verbänden. Die grolsen
Digitized by Google
564
Erinnerungen und Erwägimgen eines alten Ravaiierieuffisuers.
Kosten, welche bei den EidtnmiliSltDiMeD sehr hlndemd wam^
iind mit Benatniig der grobeD lYoppenttbnngsplätie vermieden. Die
HinOTer im Herbste bieten sodann Gelegenheit, dafii die Karallezie-
▼erbinde Bewegangen in nnbekanntem Gelünde ansfbbien nnd die
allgemeinen GefeebtsiageD anenttlBen, welche meisteoa nor anf
VoraAsaelnuigen bernben weiden. Solohe YoransaetEongen sind
natUriieh von der hOeheten Bedentang. Bei diesen Gelegenheiten
wird ein tibermftfeiges Festhalten an Exenierformen sich von selbst
Terbieten. In froheren AoiiiUBen wurden bereits einige Gesichts-
pnnkte hierftr niedergelegt; wird dem Führer der KaTallerie Ge-
legenheit gegeben mit den Unterftbrem die Lagen nnd Yomas-
setsnngen an Ort nnd Stelle an besprechen, wird gerade diesea Ver-
lahreo ganz wesentUeben NntEOn bringen.
Jeder Kavallerie offizier, weicher die angeführten Übelstände mit
erlebt, sodann auch die wechselnden Epochen der mageren und fetten
Jahre durchgemacht hat, welcher gesehen, wie ein lebhafterer Zog
von verschiedenen Führern gefordert worde, dann aber rieliach
\vi( tltr die Vorwiirfe Uber den Verbrauch der Pferde hindernd ein-
wirkten, weiis ganz genau, dals diese höheren Anforderungen an die
Truppe einer jahrelangen Leitung} Vorbereitung nnd Grondlegang
bedürfen.
In taktischer Hinsicht bestehen die gleichen Verhältnisse.
Bei einer KayalleriediTisionsttbung wurde ein Flttgelregiment
während einer Angriffsbewegnng der Division gegen eine Batterie
geführt. Der Brig-adpkommandenr war über diesen Entschluls empört»
Es war nnter den obwaltenden Verhältnissen nicht geboten, das
Regiment fUr diesen Angriff an verwenden, anstatt einer Eskadron.
Unter dieser Einschränkang war der Wert des Entschlusses unbedingt
der Anerkennung wttrdig.
Bei einer anderen Gelegenheit hatte sieh die EaTaileriedivision
in emem fachen Grunde formiert; in deren rechter Flanke befond
sieb ein am Hange bewaldeter mälhiger HOhensug; auf demselben
war bereits gegnerische Infiuiterie und Artillerie Toigerflckl^ während
das Gros folgte. Em Ref^ment aus dem iweiten Treffen der KaTallerie-
diTistott war bereits auf jene Höhe aagesetat worden. IHe Division
selbst erhielt im Voiiltcken mäfinges Feuer aus dem bewaldeten Hange.
Die Eskadron am rechten FlOgel schwenkte gegen den Bang, ge-
langte durch den Wald anf die H5he und llberraaehend in eine
Batterie, während das erwähnte Begiment eben&Us snm irootden
Angriffe Überging, nachdem es einen Torliegenden Grund und die
jenseitige BOsehung im räumigen Galoppe flbersehritten hatte.
Digitized by Goo
Eriimernngen and £rwi^gea eines alten KavaUerieoffiziers. 5^5
Dieses selbstibidige EingreifeD vou Flttgeleskadrons Ist bei äd-
giüTen anf Kavalkrie gefordert; waram sollte es bei andero Gelegen-
heiten verpODt seiD? Geiade bei den TrappenUbangen mjib solches
Verhalten um so bestimmter anerkannt werden, nachdem es bei den
vorbereitenden Obnngen nnr sehr schwer danastellen ist.
In langen Jahrxehnten niedergelegte Koticea ther mitgemaehta
oder beobachtete sablreiohe TrappenUbangen sind anbedingt sehr
lebneieh, namentlich wenn sie mit kziegsgescbichtliehen Stadien
yerknttpft blieben and die Fortschritte bei den andern Waffen be-
achtet werden.
Ans diesen aaUreiehen Notiien seien noch ein paar Obongstage
Ton KavalleriediTisonen erwfthnt, welche ebenfaUs ron Interesse sein
durften.
Kayail^edi^ion A steht im RendesTons; 1 — 2 km vorwürts
in Biehtong nach Südosten ist die gröbte Erhebung eines ilachen
HOhenxnges, welche die ganze Umgebang beherrscht. Eine Brigade
mit reitender Batterie wird sofort als Avantgarde dahingefuhrt und
verdeckt anfgestellt; das Gros folgte. Von der Höhe wurde der
Anmarsch der Dirision B lieoliaohtety welche eich in nordwestlicher
Riehtang bewegt; anf etwa 2'/3 km filhrt die reitende Batterie dieser
Division auf nnd eröffnet» getttascht durch einige Zasohaaergruppen
anf jener Hohe, das Feuer. Die Division setst die Bewegung m
beseichneter Richtung fort Das Gros der Diviston A erhSlt Befehl,
in einer nordostlich aiehenden Bodensenkung vorsurttcken. Die T6te
der Division B hatte insvrisehen einen Punkt etwa 2 km nOrdlich
von der Avantgarde der Division A erreicht. Erstere nimmt Bereit-
schaftsform mit Froat nach Sflden und rückt in dieser Formation im
Trabe vor» withrend m von der Batterie A fortlaufend beschossen
wird. Nunmehr ist auch das Gros der Division A in die rechte
Flanke der massierten Division B gelangt, ohne diese günstige
Lage SU erfassen; der Führ» von A mul^ hinzueilen, um den Angriff
SU befehlen, welcher dann im Vereine mit der Avantgardebrigade
auf die Jelit entwickelte Division B ansgeflthrt wird.
Geschulte Kavalleriedivisionen vorausgesetrt^ mnJhte der älteste
Brigadekommandeur vom Gros der Division A, mit diesem Gros so-
fort zum Angriffie übergehen, nachdem die Flanke der Division B
erreicht war; die Avantgarde von A m der gleichen Zeit vorbrechen.
Mit dem ersten Kanonenschnls der Batterie A moJste die Division B
mit der Tdtenbrigade Eakadronskolonnen formieren, einige TdlenzOge
zum Angriff auf Artillerie ausfallen lassen und im rftomigsten Galoppe
vorrücken; die beiden anderen Brigaden folgten etwa auf dem
üuisem rechten Flügel. Vollstftudig unbeachtetes Arlilleriefeuer einer-
Digitized by Google
aadereraeits, waico die DiiiitMulLmali bei dieser Üh«i|^'|
DieM Bcmdini^ n z^i^o aber nbediB^-t. iish nnr dann aof
eine fpaa <ul>|weefcec > Tlti|;fceit der grolseo Karailerierer bände
zQ redmeD bl wenn die^Ibeo praklinh i^boh sein kflMew. Dm
Zasamin^balieo der Kräfte in einer nksaa^en Form mnk inter
L'msUodeo bedenkficb sein; die Gelegenbeh zo ■^hrtimtigea Ed(>
gebllMen Tprlaogt gesebiitte Uoterftibrer. Beide Bewegno^eo waren
lebrreicfa, kbneiek m der fakliechfQi wie in der Mfigtirbkrit aodercr
DurebflÜnnQ^
Karallenedinsion A steht gedeckt aaf dea reckten, Kavallerie-
division B auf dem linken FlQfel der im Kampfe begriffenen Lnfaxiierie
zweier Armeeteile; A aof eiDem ^^eti B abfidlendeß oieden» BökeA»
■m^f . Da« Oefeekl der Infanterie B war auf elw» 800 ■ von der
Karallene A TorgerOekt; ifieee Division, welcbe, roraassetatf
daf^i Infanterie A schwer and Terii^treiek kimpft. KaTalleriedirisioD
B aiier aof dem bezeichneten Ponkte eben dngetroffen i^ oitwickelt
fleh in drei Treffen und geht im räomigsten Galoppe gerade vor.
KavalleriedirLsioD B bimbt massiert, — wohl in der Annahme, daijs der
Angriff gegen den linken Flügel der Infanterie gerichtet werde, — wird
aber in der genannten Form angefallen, während sich zweites und drities
Tr#*ff*'n dfr Division A gegen die Infanterie wenden. Die Divi.sii>D A
war in ihrer Bereitschaftstellun^ hinter jenem Höhen/u^re vollkommen
g^edeckt; die Beobachtonr dps ganzen vorliesrenden Geländes Wiir
ToilBtandi^ mög-lir-h; die Angriflfsliewegung dieser Division vi ;ir dorch
da« Gelände sf-hr begünstigt, es war sogar möglich, in einer ^rt kang^
eine Lnterbrecbnng der Galoppbewegnng einznschalten. DieKavailerie-
division B war in ihrer BereitschafLnstelluiig einige hundert Meter
öeitwärts-rückwärts ihrer Infant* rie \ rill^tiindi^r einire^eh^-n; sie koaule
aUeofalk gegen die Division A eme tiaukiereuUe bewegong halblinlia
i> Bei richtiger AofUinuig konnte B mit 8 Brigaden Uber jene t ron
A herfallen. Raoches Erfaesen der Lege^ rascher Ent^tdünfii isst mcasfceas
der wicbtigHte Punkt. Dies war sogar möglirh ohne bedeutendere '^töning
dnrrh 'lie Artillerie von A. War die Divi-iou .V vereinigt in der Nähe ihr^r
Artillerie in BereitMchaftä.sielliuig und hätte sich B in der zuletzt erwähnten
Foim in Achtung auf A voriMwegt, so konnte diese Divinon frfik zeitig
mit den Haaptkrtflen eine flanUerende Bewegung ii«lHinfci aneftium^
während einige Schwadronen sich in den letzten Momenten auf die
(iegner waufen, welrhe direkt die Artillerie ;in;^riffen. Hierdurch würci»- die
Wirkung dieser Artiiierie nicht behindert, soudera sogar bedeutend erhöht
worden Hein, da Division B mit den Hauptkräften unter dem unausgesetzten
Feuer von Batterie A eine Frontvertaderang hJttte ansfflhren mtkasen.
Digitized by Google
I
firkmenun^en and firwi^ungen eines atten KaTallerieoffiuera. 5(>7
aoflflUiieii, welek« diese swisebeD In&itleiie imd Eavalleiie brachte,
In keiaem Falle aber In der BereHBebaAsfoim ?ttliBiveii.
Die ▼oiafteheaden Obnogstage fielen in den Beginn eioer kniien
Epocbe, welobe jSbiUehe KaYalleriettbnngen nnter den gleieben
Fttbrern nnd der gleieben Leltong braehte.
Troti teUweieen Hangel der kavalleristiaeben Yertrefenng bei
den leitenden Stellen der Tmppenttbuugen, machte sick der Nntnn
jener Epoohe inebesondere in enterer Hiniiobt reebt bemerklieh;
da kamen nene Bestnumongen, welehe gleiebe Fflbmng nnd gleiehe
Leitung kemeewega förderten. Anstatt der begründeten Hofibnng
an! weitere VOToUkommnong» mnfote der Thermometer ftlr karalle-
ristiBOhe Titigkeit ins Sinken geraten.
In der Sohrift: ^der grolae KaTaUeriekampf bei Streaetili** sprioht
der Verfaaser bei sonat wokl antveffiender SebUdenmg von dem nniale-
baren Nebelbild des KaTalleriekampfea, nnd wir fanden dieae Beaeieh*
nnng gans antreffend. Ea iat leiebt begreütteb, dab Beiiohte ans den
beteiligten Abteiinngen aebr grofte Veraebiedenbeiten ttber Kltmpfe
der Kavallerie bringen. Allein daa gettbte kavalleriatiaebe Ang»
kann bei der Mitgliebkeit roUgster Beobaehlung» den tataMohlleben
Verlauf featstetlen. Infolgedessen ist es aneb erklSiiieb, da(s bei
dem Stndinm der Kiiegsgesebiebte nnr ein richtiges kavalleristisebes
Geftbl so manche verwlokelte Lage an erklfiren vermag.
Bei FtiedensIlbmigeD mnfe es folgerichtig von der höchsten Be-
dentong sein, wenn die Tätigkeit der Kavallerie von kavaUeristiscb
gettbtem Blicke verfolgt wird and ihre Bearteilung erfahrt. Leider
waren wir in der Kavallerie selbst darchaas nicht so einig, dafs es
hätte verhütet werden können, von einem Nachfolger in einer mals-
gebenden Stellung die Grandsätze seines Vorgängers verworfen zu
sehen. Hierfür bedarf die Kavallerie einer Einrichtung nnd Organi-
sation, welche einen derartigen Mifsstand verhütet. Wir werden nnter
diesen VoraussetzungeD bestimnit erfahren, dals auf den Schlaoht-
feldem groise und glttckliohe Angriffe gemacht werden, dafs dagegen
die eakadrons-, regimenter- oder brigadeweise versplitterte Kavallerie
weit mehr verschwindet, ebenso wie sehr verlustreiche Angrüfe mit
wirklichen oder fraglichen indirekten Eriolgenl
Die Organisation, Formation und Übangsgrnndsätze für die
Kavallerie, vrie sie in früheren Aufsätzen angedeutet wurden, scheinen
nach unserer Überzeugung nnd Eriahrnng allerdings einige Sicher-
heit za bieten, damit die bezüglichen Fragen und Anforderungen
einer sehr wünschenswerten Förderung zugeführt werden können.
Durch diese Förderung wird erst das beste Material, werden die
vorsttgJiehsten Reiter, Eskadrons, Begimenter nnd Brigaden zur vollsten
Digitized by Google
Eriiineruogen und i:j,rw%imgeu emes allen Kavallerieufnxitträ.
Yerwertnog anefa im Gefeehte befilbigi So wkbtig muk alle anderen
Anl^ben aind, sie bleiben doeb nnr Yoibeieitang Air
„die Entaebeidnng anf dem Scblaohlfelde*'.
In der Ideentaktik von Blamaiek abid naebatebende Gedanken
ausgesproeben:
„So lange die Reiterei niebt ale eb Ganses verbunden lat^ so
lange ibr ein Mittelpunkt (Prinzip) feblt eto., werden die Klagen
gegen de niebt aa&Oren. Be bat der Reitern wenig Vorteil gebracbti
daft gnte Arbeiter die teobniseben und taktiaeben Füeber ete. einieln .
beransnabmen, tüebtig dnrobaibeiteten ete. So ntttsUah and Terdienat»
voll diese Arbeiten anob waren, so feblte doeb noeb Weif daTaaneb
diese yersobiedenen Fäeber selbst wieder in ein Ganses veibaadenf
einem nnd demaeiben Prinzip onteigeordnet worden.**
Roaenbeig Iwdanert etwa ein balbes Jabrbnndert spiter in
seinen snaammengewUrfelten Gedanken, dals die Gmndstttze Ton
SddÜtB Uber die Reltanablldong niebt bekannt blieben. Diese
Gmndstttse mögen ttberbanpt bOehst einfteb nnd prakliseb gewesen
sein; ist es doeb bekannt, da(s s. B. der Galopp links erst im Beginn
des abgelaufenen Jabrbnnderts nnd spftter ao manebe Sebolgänge in
die Reitinstroktionen Anfnabme hnden, dais solebe Sehnlgilnge sogar
bei den scbwttobsten Abteilongen beteieben worden. Solebes Ton
kann aber lediglieb einen nntzlosen, ja sebädlicben Drill fördern. Das,
worüber die Ideentaktik in Besiebnng anf die Dnrebarbeitong der
teebniseben ond taktiseben Fäeber aiob anssprieht, ist aoeb snr Zeit
Ton Rosenbeig noob reebt antreffend, wie ans dessen vorzUgliehen
GManken nmsweifeUiaft so entnebmen ist. Diese Dnreharbeltongen
beben der KaTallerie einen Nnteen niebt gebraebt, wobl aber daio
beigetragen, die ganse Saebe yerwiekelter, stets mehr ond mebr
onyerstilndlieb sn maeben. Trotz aller Gelebrsamkeit, Knnst ond
Wissensebaft, bleiben eben einsig nnd allein die einfaebsten Gmnd-
^tse ond Systeme von dnrebseblagendem Werte. Solebe Systeme sind
flir die Gtesamftbeit, fUr Lebrer wie Sebttler, letebt so eifosaen, denn
es kommt, om mit Rosenberg so spreobeo, weit weniger daraof an,
einige besonders gote Reiter faeranasobüden, wohl aber die Massen
braoehbar so maeben In der knnen gebotenen Zeil
Ansb ftr die Taktik gelten gant «bnliebe GrandsiUBe. Es ist
ja begreUileb, dab bei Nenorganiaationen die praktisohe Verwertung
doaelben, an den wesentllobsten Ornndstttsen festhaltend,
bei sachgemSIser elnbeltlieher Leitung und Beurteilung,
erst im Laufe d» Zeit sich entwiekeln kann.
In der Ideentaktik keifst es femer:
»Wenn kein Einklang zwiseben jenem, der als Chef befiehlt.
Digitized by Google
£riiui«niiigeii und ErwSgmigea eliMa tltmi KavtltoiiooflisiMt. 569
uüd denen, die seine Bpfehle vollziehen, vorbanden ist, wenn BOTnit
das Vertranen, welches nur dadurch L^t woiiiien wird, dafa es goir^ ii-
Beiti^ ist, fehlt, so kann keine Unternehmung, kein Manöver gelin j:< ii,
in (lieser Beziehung sind alle diejenisren im Irrtum, die glauben,
Talen wären verbürgt, wenn der materiellen Organisation nichts
mangelt. Diese Orgauisatioii der Truppen . so notwendig an sich,
kann oline den Impuls des Befehles zu keiuen Taten gelangen. Der
Wert und die einflnfsreiche Wichtigkeit des Obergenerales
der Reiterei scheint noch immer verkannt, dem Materiellen
wird zo viel Wert gegeben, dem Geistigen zu wenig, dem
Pedantismus za viel, dem Idealisieren zu wenig. Die Phan.
tasie den Obergenerales ist das Schaffende und Zeugende, ans dem
die Taten hervorgeben. Der Verstand reicht hier nicht aas; wenn
er auch erkennt, so bleibt die Reiterei doch tot ond nngebrancht,
wenn nicht Energie und Willen (tiefes praktisches Verbtundnis) hin-
zutritt, ihr Lehen gibt uud sie zur Ilandlun^^ erhebt.**
Das erste und wichtigste Prinzip für dem Kavallerief Uhrer war
and bleibt: „rasches Erfassen einer Situation und ungesäumtes, ent-
schlossenes Eingreifen, sodann auch mit dem Leben nicht, geizen
und dem GlUcke vertrauen.** „Ideentaktik: Die Geschichte zeigt
ein Heldenbild der Feme (Seidlitz) und was aus ihm herrorging)
80 oft er in den Hittelpiuikt dtt ^ndlung trat.**
Der Kayalleile wocde bereits iB/heta Torgeworlen, dab es ihr an
Fflhrem gefehlt habe, dab sie stets von Seidlits ond seinen Taten
sehwürme. Wenn wir aber die G^esehiofate Torurteilslos anflsssen
können, ist es nieht seliwer kavall eristisehe Untersehiede zwiseben
jener glänzenden Epoehe nnd der späteren Zeit an finden.
Organisation, Übungen nnd die Instmklionen des Königs — ganz
abgesehen Ton littnfigen Kriegen — haben dooh wolü beigetragen,
daCs tttebtige Bdterfthrer sieh herangebildet haben, unter weiehen
SeidlitB nnbestritten den ersten Bang einnbnmt
Obgleieb den grofsen Kavalieriererbänden sobon mehrmals im
Lanfe des abgelaufenen Jahrhunderts das Todesurteil gesprochen
worden ist, besteht die Kayalierie noch immer ui allen Heeren in
oiner 25ahl, welche die Formierung grober Verbände nicht ausschlielst
Waren auch yor Zeiten die Verhältnisse günstiger für Verwendung
der Massen, so kOonen doch jene Grundbedingungen heute nur an
Bedeutung gewinnen. Unter besonders günstigen Umständen haben
▼ereinBelt auch kleinere und kleine Verbände glänzende Erfolge in
neueren Kriegen eirungen, wie Kellermann-Marengo, LasaUe-RiToli,
Bechtolsheim-Costozza. In den neuesten Kriegen gibt es aber
kein Beispiel von einem Scblachtenangriff grOfserer
itMMOM fir 4tt amtaete krmt u4 MaiiB«. Ho. SM. 88
570 ErimMrangeB and Erwi^paagm eliiea alten KsrnUerieottsiert.
Ma^*8en, eines Angriffes, der kavalleristisch grots angelegt tmd durch-
geführt worden wäre, — ja es m hu gelt sogar das Beispiel fttr
die tüchtige Verfolgung einer geschlagenen Armee.
Unter entsprechend lt Berücksichtigang aller einschlägigen Grund-
bedingungen wird es weder an Beispielen über sachgemäfee Lösiiag
dieser Aufgaben, noch an geeigneten Führern fehlen. Allerdin^
aber darf man nicht untätig sein, nicht resigniert auf einen Seidliti
warten, anstatt unablässig bemüht zubleiben, jene Gruiulhediugungen
ZD erkennen und wieder in das Leben zu mUm. auf welchen eine
erfolgreiche Tätigkeit möglich war und auch in Zakooft mögUch sein
wird.
Versetzen wir uns im Geiste aul das Schlachtfeld, denken wür
uns einen jener aufreibenden, schweren, erschöpfenden Kämpfe, in
welchem die letzten Kräfte eingesetzt sind. Im weiten Umkreise
erscheint jetzt Kavallerie, welche sich in räumigster Gan^rt rasch
und immer rascher nähert — wenn auch vielleicht in nicht vuilig
geschlossener Linie, dem Gelände etc. angepalst mit Zwiscbenräanieu
einzelner Regimenter oder Brigaden — sollte dann uiciit auch in
Zukunft der Scbreckensruf erschallen:
„Kavallerie.**
Bei einem Angriffe auf Kavallerie sind die Grundsätze die
gleichen wie vor 150 Jahren; die Bewaffnung mit Lanzen bedingt
die grölste Geschlossenheit. Die infantorir kämpft nicht mehr in
Inneren geschloHsen^n Unien, formiert keineswegs Verteiditrungs-
kolonnen und Klumpen zur Abwehr von Kavallerieangrifien, Flanke
und Kücken "^ind die sebwiiehston Pnnkto aller Truppen, welche
mit Feuerwatten kämpfen. Für den Führer der Kavallerie kommt
es keineswegs darauf an, stets zu erwägen, was in einem günstigen
Momente unbestreitbar das Beste ist, was und wie es aus-
zuführen, sondern weit mehr daraoi, ,,dals es kayalleristisch nicht
ausgesprochen verkehrt ist," dafs Entschlufs und Handlung sofort
eintreten. Haben Übungen wie Kritiken auch nur diese Faokte klar-
gelegt, 80 wareu dieselben von dem höchsten Werte."
Digitized by Google
Neae Riohtmittel für Feldgesobtttze.
571
XXX.
Neue Richtmittel für Feldgeschfitze.
Von
ftoskoten, Oberleotnanft im Mmdeoschen Feldaräüerieregiiueiit Nr. 58.
Die im Laufe der letzten Jahre immer mehr geförderte Steige-
rung der Feaerschneliigkeit nod ballistischen Leisteng der Feld-
geschütze hat mit dem HohrrUcklaafgeschUtz, das ja aach fttr uns
das Feldgesebtttz der Zukunft bedeutet, eine Höhe erreicht, welche
die Waffe znm vollwertigen Präzisionsinstrument macht. Will man
aber diesen Vorzug der Waffe voll ausnutzen, so müssen auch die
Richtmittel dem Fortschritt folgen. Was nützt es, dals es der
Technik gelungen ist, die Fehler des Geschützes immer mehr zu
vermindern, wenn die RichleiriHehtnnerpn eine Quelle bedeutender
Abweichungen, die Ursache von ungeuaueni und ungleichraälsigem
Richten sind! 80 gteheu wir auch jetzt, bei EiiifUhnme: des neuen
Ge^^rhUtzes, vor der Notwendigkeit, unsere Riehtvorrichtungeu auf
ihren Wvrt hin zu prüfen und erforderlicheufalls durch das von der
Technik «rebotene Neue zu ersetzen.
Was versteht man denn eigentlich unter iiichten? Die Antwort
daraui selieint sehr einfach: Der Richtkanonier bringt durch sein
Auge den oberen Rand der Visierkimme, die Kornspitze und den
Fufspnnkt des Ziels in eine Linie. Auch dies erscheint sehr einfach
und ist es doch keineswegs, wenn man den physiologischen Vurgang
dabei etwas näher betrachtet. Wenn das Auge des Richtkanoniers
eiu Ziel z. ß. auf 3000 m sieht, so ist es dafür „eingestellt," d. b.
das Bild des Zieles erscheint scharf auf der Netzhaut and wird
von da durch den Sehnerv ins Gehirn übermittelt, ein Vorgang, den
wir „Seheo** nennea. Wenn dasselbe Auge nun aber einen ganz
oaben Gegenslaiid, wie es die Visierkimme oder das Korn ist, sokarf
sehen will« so molii es sieb vwcmQge seiner Akkomodatioiisfthigkeit
anl diese naben EntfenmngeD ^eiDStelleo**, damit ist es aber fUr
den entfernten Gegenstand, in diesem Falle das Ziel, nicht mehr
akkomodieri Umgekebrt wird der Richtkanonier» der sein Auge
ani das Ziel einstellen maShf om dies ttberbanpt an sehen, Visier
und Eomspitw nicht scharf sehen können. Ein gleichzeitiges Scharf-
seben der drei Punkte Viner, Km, 2Ael ist für das mensebliche
Ange ttberhaapt nnmOglicb, in dem Verlangen, dieselben dareb
Virieren in eine Linie zn bringen («Richten*), liegt also eine Fehler-
88*
Digitized by Google
572
Nene Biolifenittol Ar FeldfesehtttM.
queiie ailerschlimmster Art Es ist naeh;,'»' wiesen, dals der Fehler,
— deo man als den „natttrliobeu Kichtfehler" bezeiclmet, zom
Zeichen, dals loau sich damit abfindet, — bis za fUof Minnten
beträgt.
Docb damit noch nicht grenng. Eine weitere, sehr wes( utlicbe
Fehlerquelle liegt in der fast unkontrollierbaren Möglichkeit des
Richtens mit „feinem" oder „vollem" Kom an Stelle des „gestrichenen"
Korns. Eine Berechonng der hierdnrch reranlafsten Anderongen der
Schüfsweite ergabt eine bedeutende Überschreitung der schufstafel-
märäigen Gesaratlängenstrennng.*) Ds^u kommen noch alle die
Fehler, die durch iiulsere Einflüsse veranlaist werden, wie Beleuch-
tung, Witterung, die vergröfserten Gefechtsentfemungen und das er-
höhte Streben nach verdeckter Aufstellung. Welches Mafs von
Übung gehört für das ungeübte Auge des als Richtkanonier aus-
zubildenden Mannes dazu, welche Ftllle von Arbeit ist nötig, um
einen gewissen Grad der Vollkommenheit in der Ausbildung zu
eneiehent Und trotz aller Übung wird er nie erreicht werden
kOniieii, da dne weseMlMehe UiMohe der Fehler im menschlichen
Aoge Belbflt Hegt Und nnn bedenke man weiter, da& In einem
Feldnige die Zahl der grOodUoh «usgebild^en Biehtluaianiere dueh
YerlnsCe nnd Krankheit vennindert wird und ongettbte Leute, bei
denen die Fehler Tiel greiser werden, an ihre Stelle treten. So
wird man sieh des Eindmoks nieht erwehren können, daih die
Fittzision des Kichtenz mit der sonstigen FtSslBlon der Waife nichl
im Einklang steht
Han mala also darauf sinnen, die mensehliehe UnyoUkommeD-
heit dnzeh Instrmnente zn nündem nnd dadnreh die Tätigkeit des
Richtens von den Mängeln, die in der Nator dee mensohliehen Auges
nnd des Richtenden liegen, mOgliehst unabhängig zn maehen.
Der erste Sehritt hierzn ist bereits mit EinfQhning des Libellen-
auf Satz es gesohehen, wie wir ihn an unserem Feldgesehllts 96
kennen. Bahnbrechend ist hierin der Oberst v. KretBchmar gewesen,
indem von ihm sehon 1890 ein brauehbarer LIbellenanftatz kon*
stmiert wurde«*) Das Prinzip dieser Instrumente beruht darin, durch
feste Verbindung des Aufimtzes mit einer Libelle, welche unabhängig
▼om Richtenden und der Beobachtungsfihsgkdlt des Zieles die Rich-
tigkeit, Gtenauigkeit und Gleiehmftbigkdt der Richtung anzeigt, eine
absolute Bans fUr die Richteinrichtnng zu sehafiien. Auf die Ein*
richtoug aller der auf Ornnd dieser Gedanken konstruierten, ver-
*) Vgl. Wille, Friedr. Krupps Schnellfeaerkauoao C/99.
s) NihereB siehe Wille, Krapps Sehnellfeaeilniione C/99 und Wille.
Waffenlehre 1901, 2. TeQ.
Digitized by Google
Nene Kichtmittel für FeldgeicblitM.
573
Bchiedeiiarftigen LibeUenaiifsätze sei aioht dngegaDgen, es sei nur
der ftr BobnUeklMi^eMbttlKe begtimmte Krappsche libellenMifuli
km beBebrieben, weil er die Grundlage MÜet ftlr aUe weiteren
TerbeeaeniDgen der fiiebtautlel.
Die AolBalutange, die oben daa VisiersttteiE tittgl, IbI am die
Korospitze kreiBfUrmig gebogen nnd anr seibatljttigen AofleobaUnng
der natürlieben OeaeboTsabweiobnng sebräg gestellt. Eine Qner*
libeUe dient dazu, den Anftati in seine Nonnalstellang an bringen
and somit den fSnflnCi des sebielen Bftdexstandes an beseitigen.
Znm Begeb der Sprenghtfben dient niobt ein Aofsaksehieber, sondern
die Aof- nnd Abbewegong einar inneren in der ttofiieren Anftatz-
staage.
An der inneren Aoibatutsnge ist etwa in der Mitte die LibeUe
aagesebimnbi Sie sitst also niobt mebr am Kopf der An&atntanger
wie beim Fddgesöhftta 96» sondern so tief, dafe der Biebtkanonier,
ebne von s«nem Sits an der linken Lafettenwand anikostehen, sie
Too oben seben kann, wttbrend ibre Befestigung an der bewegliohen
inneren Anbatistange ihr selbsttttiges Mitgeben beim Segeln der
Spxenc^Oben anr Folge bat, was bei der Anwendung eines Aoftats-
sebiebers, wie ibn a. B. die dentsebe FeldhanbitM 96 bat» niobt der
F^ sein wttide. Da der Biehtkanonier links sitit^ ist natdrlieh die
ganae Blobteinriebtnng links am OeseblllB aogebraobt.
Die Vorteile des LitteUenanfBatus sind ja schon doxeb seine
Elnfllhning beim Gesekttta 96 anerkannt» es sei aber zoaammen-
lassend noch einmal darauf hingewiesen:
1. Ist das erste Mal gerichtet, so ist fikr die weiteren Richtungen
Dor das Nehmen der Seitenriohtnng dnrch den Richtkanonier
nötig, die Httbenrichtnng wird dnroh Einspielenlassen der
libelle genommen. Das Instrument vermeidet so die Felder
des mensciilichen Auges, es arbeitet genauer, besonders gegen
schlecht sichtbare Ziele und vereinfacht dadurch die Bedienung.
2. Die bei einem Geschütz ermittelte Libellenstellung lälst sieh
auf die anderen Geschütze der Batterie übertragen, da geringe
flttbennntersehiede ihrer Aufstellung keinen Einfluls haben.
Also auch hierdurch wird grOisere Genauigkeit nnd Gleicb-
mäfsigkeit der Richtungen aller Gesehtttse der Batterie und
erhöhte Einfachheit erzielt
8. Eine schnelle, dauernde und zuverlässige Überwachung des
Richtkanoniers auch während des Richtens ist leicht ausführbar,
was beim Richten über Visier and Korn nicht möglich ist.
4. Die Ausbildung der Richtkanoniere ist einfacher, das Hiebt-
instmment arbeitet auch bei Verlosten, bei minderwertiger ße-
Digitized by Google
574
Nene Richtmhtol für Feldgesohtttze.
diennn^ ebenso genau und irotAdem es komplizierter geworden,
ist durch seine V'erweDdung eine Yereiofacboog and Verbesse-
rung' der Bt'dienujifir erreicht
o. Die anfiin^licii auigetretcnen Zweifel an der Kriegsbrauch bar-
keit, insbesondere, ob die Libelle die Erscbütteningen des
Schusses und des Fahrens aushalten wtlrde, hat die Praxis
seit langem beseitigt
Mit cUesen unbestraitbareD Vortdlen der libelle stfanmt es aller-
dings oichti wenn unsere Sohietsronchrifl in Zifler 208 sagt: ,4>a8
Gesobtttz erkUt die n^henrlelitoDg mit der Libelle, wenn das Ziel
scbleeht siebtbar oder gar niobt ttber Visier und Koro zu sehen
ist*' Wanna will man denn die nnbestreitbaren Vorteile, die das
Instrament anob in allen anderen Fällen des Bicbtens bietet niebt
stets ansnotasen?
Der Wert der Libelleoeinstelinng nnd damit des Libellenaof-
satses llberbaopt berobt nun auf der Genanigkeit der ersten direkten
Biebtnng ttber Visier und Korn. Die Sobwlerlgkeit dieser direkten
Riobtong wächst mit Zonabme der Meebtsentfenrangen nnd der
Anwendung verdeckter Stellnngen. Um daher einerseits das Alf-
finden nnd Anfiassen wenig siebtbarer oder sefawierig erkennbarer
Ziele zn erleichtein nnd andererseits die Genauigkeit der ersten direkten
Richtung zu steigern, lag der G^edanke nahe, als weiteres Hilfsmittel filr
das Ange ein Fernrohr zn Terwenden. Die Vetsnehe bei der Kmpp-
acheni^brik mitZielfemrohren und Femrobranf Sätzen gehen bis ins Jahr
1894 znrtlok. Dats die daraus gewonnenen Ergebe issr erst seit einigen
Jahren bekannt geworden sind nnd dais das Zielfernrohr, das bei
Kttsten- nnd Schififsgeschtltzen fUr deren weitere Gefeohtsentfemnngen
schon Ulnger in Gebrauch hi, erst in den letzten Jahren in die Feld-
artillerie Eingang zn findeo beginnt, liegt nicht sowohl daran, dals
erst mit Überwindung des starren Lafettensystems, also mit der Ein-
führung von Rohrrltcklaufl afetten, die Anwendung des Femrohrs über-
haupt möglich gewesen wäre. Das ist auch beim starren Lafetteu-
system möglich ir^^^vcsen, die meisten Staaten zögerten aber, Libellen-
und Fernrohraulyätze einzuführen, weil sie zur Zeit ihres F'rscheinens
schon mit Versuch pii mit dem neuen Lafettensystem beschäftigt
waren und erst deren Resultate abwarten wollten. Allerdings ist
die Anbringnug der Fernrohraufsätze beim KohrrUcklaufeystem be-
deutend erleichtert, da bei diesem der ganze Hichtapparat an der
beim Schuls feststehenden Wiege angebracht werden kann, also
durch den ROckstofs Überhaupt nicht mehr in BfütleidenschafI gezogen
wird. Eine zweite Hauptschwierigkeit lag in der Anwendung des
terrestrischen Fernrohrs. Dieses wurde zwar durch vielfache Ver-
Digitized by Google
Nene RMitmlttel fHr FetdfeMbBtM.
575
besaenmgeii bedeatead rerkttni» aber die Bernttbangeii, dn gtm
kvnes Fennohr tob mittlerer VeigiOlseruig bei Msreicbeiider Liebt-
eMrke mit genttgend grotsem Geeiebtefeld bennitelleii) fthrten Hiebt
n dem gewttnaebleii Ergebois. Dae Femrobr mnfiite eine bestimmte
LXnge bebalten, damit al»er war es, besonders bei seiner Ansflliming
mit dünnwandigen BObren, nnmOglicb, es so zn beiesUgen, dab
optische Acbse bei den Ersebntlenuigen des Fabrens nnd SWefsens seine
dauernd ihre riebtige Lage behielt, woranf ja seine Zuverlässigkeit
beruht Gelöst wurde diese Aufgabe erst durob die Anwendung der
Prieme nfernrobre nach dem Porroschen System. In der weiteren
Entwiokelung: und im Znsammenarbeiten mit den eptiseben Werk-
stätten von Carl Zeifs in Jena gelangte die Firma Kmpp dasn, in den
jetat gebrauchten Zielfemrohren nieht mebr zwei, sondern ein ein-
ziges, besonders gestaltetes Prisma zu verwenden, wodurch die
optische Leistung verbessert and die äulsere Gestalt des Fernrohrs
noch günstiger wird. Das Prismenfemrohr hat in der Brennebene
des Objektivs ein in eine Glasplatte ein^eätztes Fadenkreuz, dessen
Mittelpunkt in der optischen Achse des Femrohrs liegt und beim
Richten sieh mit dem Zielpunkt decken mnls, und oben und unten
je einen senkrechten Faden zum seitlichen Richten nach sehr hoch
oder sehr tief gelegenen Hilfszielen. Deshalb braucht das Femrohr
keine Bewoo^nng in einer Vertikalebene zu babeni es kann also viel
besser befestigt werden.
Die optische Achse dfs Fernrohrs bildet die Visierlinie. Wenn
diese auch viel klirzer ist, als diejenige Uber Visier ond Korn, so
kann doch die Hichtnn^ durch das Fernrohr mit Fadenkreuz gegen
das vergrülsert erscheinende Ziel viel genauer genommen werden,
auch vom un^eüiittMi Auge, denn es ist doch wahrlich keine Kunst,
das Fadenkreuz auf den beabsichtigten, im Fernrohr vergröfsert er-
scheinenden Zielpunkt einspielen zu lassen. Hier wird somit der ein-
gangs erwähnte Manirei des direkten Richieus, der in der Unmög-
lichkeit begründet ist, das Aoge gleichzeitig auf die drei auf ver-
schiedenen Entfernungen lieiienden Punkte — Visier, Korn, Ziel —
einzustellen, völlig venniedt n, denn das Auge betrachtet im Fern-
rohr nur ein Bild, Dämlich das in der Brennebene des Objektivs
erscheinende und hier mit dem Fadenkreuz zusammenfallende ver-
grölserte Bild des Zieles.
Im Übrigen entspricht die Einrlchtong des Fernrobraufsatzes
der des oben beschriebenen Libellenanfsatzes, auch die Schräg-
stellung der Aufsatzstange ist beibehalten, der zufolge das Femrohr
beim Nehmen der Erhöhung um einen der Erhöhung entsprechenden
Winkel in wagerechter Beziehung gedreht nnd dadurch in die Lage
^ uj ui^ .o i.y Google
.576
Neu» RlehtaBtttel für FeiageMhfltse.
gebracht wird, weiche der achalstafelmäDaigeü Seitenverscbiebaog^
entspricht.
Die in Ziikontt hänfi^^ere Anwendung von verdeckteo StellungeD
wird es öfter als früher nötig machen, nach einem Hilfsziel zu
richten. Ich e-lanbe sogar, das indirekte Richten wird nicht mehr
AasDahme, soucieni Hegel bilden. Grand genug, unsere Instrumente
anch bei den Feldgeschütz«'!! tiir diesen Zweck zu verfeinern. Ein
für das indirekte Richten g-üiisti^'-er Umstand liegt darin, dals infolg-e
des RohrrUcklauis das einmal gerichtete Geschütz seiue lüchtuug
nicht nach jedem Schnls ändert, sondern dals es feststeht. So kommt
es in der Hauptsache darauf au, die erste Richtang so genau als
möglich zu nehmen. Dals unsere jetzige Kichtöäche, die nebenbei
bemerkt, nur eine beschränkte Anwendung von Hilfszielen gestatiet,
ftlr die Zukunft den erhöhten Ansprüchen nicht mehr geuUgen kann,
ist klar. Man wird zum Richtkreis Ubergeben müssen. Das
ist eine kreislürmige, wagtircchiu, mit einer Einteilung des Umfange»
versehene Scheibe, auf der ein Diopterlineal drehbar ist, so dafs
man den durch die Visierlinien Geschütz-Ziel und Geschütz-Hilfs-
ziel gebildeten Winkel genau ablesen und auf die anderen Ge-
schütze Ubertragen kann. Tritt au Steile des Diopterlineals das
Fernrohr selbst, so wini in Verbindang mit einer Mikrometertrieb-
schraube die Möglichkeit gegeben, auch geringe Korrekturen
präzise auszuführen. Der Richtkreis wird auf einem Verlängerungs-
stück, welches so lang ist, dafs man über Räder und Schilde
hiDwcgvisiereo kann, auf den Aofsatzkopf aufgesetzt und dadurch
erbSht
Da, wie bereitB erwMlint, die dofoh die optlsehe Achse ilea
Fernrohrs gebildete Yisierlinie, trotzdem sie sehr km ist, genauer
arbeitet als die lange Uber Visier mid Koni, so durfte als weiterer
Fortsohritt das Biobten mit dem Femrolir allein die Regel bilden.
Nur fOx das Biehten naeh raseh sieh bewegenden Zielen ond anf
nahe Entfemnngen, also z. B. gegen anreitende Kavallerie, kann
die ans Visier und Korn bestehende Biehteinriohtnng mit Vortsfl
beibehalten werden. Hierza kann aber auch ein knrses Hil6diopter
dienen, so dalh das Kon ganx wegfoUen kann. Es ergeben sieh
hierans onter Beibehaltnng' der bisher besprochenen EinriohtungeD
folgende Vereinfaohnngen:
1. die AnfsatBstange branoht nicht mehr in einem Bogen ge-
krümmt za sein, dessen Mittelpunkt in der Komspitw Bogt
nnd dessen Halbmesser dnrch die Visierlinie gebildet wird,
ihre Krümmung kann Tielmehr beliebig gewtthlt werden, waa
eine Erleichterung der technischen Herstellung bewirkt;
^ kjui^ .o i.y Google
Neue BldiliBittel flfr FaldgeiolilltMe.
6TT
2. die Drelmiig des Aufsalus sor Ausehaltiuig des sohieien
BftdeniaDdes braucht nicht mehr am eine Aehee ftOsgefUbrt m
werden, die in der Visierlinie liegt sondern kann um irgend
eine beliebige, znr Seelenacbse dee fiobies parallele Aehse er-
folgen;
8. da das Visier mit seiner Einrichtung ftlr die Seitenyer-
schiebnng wegföUt, kann der AQ£Baliko|ii selbst als Rieht«
kreis aasgebildet nnd das Fernrohr, am mne senkrechte Achse
drehbar, darauf angeordnet werden. Es wird also das Hüfs-
Instrument entbebriioh, ein Vorteil der niohi genug hervor-
gehoben werden kann, nnd das Aufsatzverlängerongsstttck dient
nunmehr nnr dazu, den Anftatskopf erforderlichenfalls zu er-
höhen. Das HiUarisier an der rechten Seite des Fernrohrs,
besteht aus einem kurzen Diopterlioeal mit in Ringen ge-
fafsten Fadenkreuzen. Das Gesichtsfeld des Femrohrs (13 Grad)
ist erfahrungsgemäfs aosreichend und seine Vergröfsening
(dreifach) genügt reichlich für den praktischen Gebrauch.
Das Hilfsvisier kann mit Vorteil ersetzt werden dnreh ein sehr
sinnreiches optisches Instrument, den sogenannten „Sucher". Durch
Spiegelung wird das Bild eines hellen, stehenden Kreuzes, das als
Zielmfirke dient, in das vor dem Okular befindliche \n^e des Rich-
tenden geworfen, ohne dals das Instrument vergrölsemde Wirkung
hat. Das Kreuz erscheint in der Mitte des Gesichtsfeldes frei
schwebend und bei Betrachtung eines entfernten Gegenstandes, z. B.
des Zieles, in gleicher Entfernung wif dieses, der Richtende hat
also den Eindruck, dals die Zielmarke mit dem wirkliehen, unver-
änderten Bilde des Zieles zusammenfällt. Geschieht dies, so geht
die durch die Achse des Suchers gebildete \ isieriinie durch das
Ziel. In Verbindung mit einem Gesichtsfelde von 20 Grad ist so
die Möglichkeit schneller Zielauffassung und bequemen nnd doch
genauen Richtens gegeben. Der Vorteil des Instruments liegt darin,,
dafs der „natürliche Kichtfehler** vermieden wird, denn das Auge
hat sich nnr auf das Ziel selbst t iii/ui^tellen, mit dessen Bild ja die
an! der Kelz haut erzeugte Ziehuarke zusammenfallt, es kann also
viel schärfer sehen und richten, l'm aber bei feststehenden Zielen
eine noch grölsere Genauigkeit der lüchtung zu erzielen, ist ein
„Vorschlagsferiirdhr" so mit dem Sucher verbunden, dafs es vor
dessen Okuliirofinung geklappt werden kann. Die optischen Achsen
beider Instrumente fallen dann zusamruen uud durch die vergröfsernde
Wirkung des Fernrohrs ist ein Verbessern der mit dem Sucher be-
reitö ausgeführten Richtung ermöglicht
Nicht unerwähnt bleiben darf die von der optischen Anstall
Digitized by Google
578
Nene Biohtnitt»! für FetdgMchtttM.
Ooerz ansgefUhrte Konstraktioii des PaDoramafemrohrs. Beim
Richten nach seitlichen oder rückwärts gelegenen Hilfszielen bringt
die Drehung des Fernrohrs an! dem Kichtkrei« für den Richtkanonier
UnbeqnemlichkeiteOf wodarch das gleichzeitige Bedienen der Höhen-
und Seitenrichtmasc hine fttr ihn erschwert and das Richten verlangsamt
werden könnte. Onreh eine sinnreiche Anordnung von Prismeo, aaf die
genauer einzugehen zd weit itthren wtlrde, ist die Einrichtung getroffen,
dafs nar das Objektiv des Femrohrs im Kreise bewegt wird, während das
Okular stehen bleibt, so dafs der Richtkanonier also stets nach vorn siebt
Dabebei findet sich das drehbare Objektiv senkrecht so weit ttber dem
Okalar. dafs der Mann sogar Uber seinen Kopf hinweg nach rflek-
wärts visieren kann. Ob diese gewifs sehr geistroiehe, aber in ihrem
konstruktiven Aafbau sehr empfindliche Einrichtung:, die nr-henhei
noch sehr teuer ist, fUr den Feldgebrauch sich hewäbreu wird, das
müssen ausgedehnte Versuche wohl erst beweisen.
Libelle und Zif^lfernrohr werden die Gnindlag-e für alle m-
kllnftifren K (Mistruktioneii der Richtinittel für Feldgeschütze hücira
müssen. Es erscheint aber ounötig, auf die zahlreichen tlbri^^eti
Konstruktionen naher einznirehen. die von der besf^hrielienen Krapp-
schen nur in Kin/elheiten mehr o'ier weniger abweichen. Besondere
Erwähnung verdient nur noch der vr>n dem rumänischen Major
Ghenea erfundene Aufsat/,, ebenfalls ein Libeilenaufsatz mit Fernrohr
und Richtkreis, bei dem aber das Prinzip der Auf- und Ahbewegong
zur Einstellung der Aofsatzhöhe, um dem Hohre die Erhöhung zu
geben, verlassen ist. Die Aufsatzstange, die in Nullstellung senk-
recht zur Seelenachse des Kohrf»s steht, schwingt vielmehr nach
vom in einer Ebene, die der Hohrachse parallel ist. Je weiter sie
nach vorn schwingt, um so tiefer mufs das VcrschlaOBstttck gesenkt,
die Mündung des Rohres also erh()ht werden, damit die Lit)elle
wieder einspielt. Ein Trieb mit Trommel dient /ur Bewegung der
Aufsatzstange und zum Einstellen auf die Entferiiungszahlen. Bei
Versuchen hat sich dieser Aufsatz, der auch von der Kruppschen
Fabrik angefertigt wurde, mehrfach sehr gut bewährt, da er schnell
und dabei li-enau arbeitet.
Eine ganz eigenartige und von allen bisherigen Kiehtmitteln
abweichende Einrichtung wurde zuerst heim iranzösischeu Feld-
geschtttz 97. dem ersten in der Praxis angewendeten Rohrrücklauf-
geschtttz, angebracht, die sogenannte „unabhängige Visieriinie.*^
Wenn das Ziel nicht im MUndnngshorizont des Rohres, sondern hSber
oder tiefer steht, so ändert sieh die fttr die betreffende Ebtfemong .
nfitige ErhOhnng am den QeUndewinkel; es mnls bei jeder Ent-
femungsänderoDg die eigentliehe EriiOhang nm diesen Winkel Yer*
^ujui^uo i.y Google
Neae Richtmittel für Feldgeachtttze.
579
mehti oder Tenmndeiti also jedenmal die gesamte HOhenriobtong
▼OD neaem genommen werdeo. Da dqd ans einer bestimmten
Stellong gegen dasselbe Ziel der Gelftndewinkel stets derselbe bleibt»
andererseits Ar eine jede Entfexnnng der Erhöhnngswinkel des
Robres jedesmal der gleidbe ist, bat man beides getrennt: Die Er-
höhung wbrd naob einer Gradbogeneinteiinng dem Bohre gegeben,
onabbAngig von der Tätigkeit des Biebtensi nnd die Yisierlinie wird
▼ermittelst des Biebtfeiniobres dnreh das Ziel gelegt, unabhängig
ron der Erhöbaog des Rohres. Indem der rechts sitzende Kanonier
(Verschlafswart) die Rohrerhöbnng, der links sitzende Richtkanonier
das Richten ansfbhrt^ beide in ihrer Tätigkeit nnabhän^ig: von ein-
ander, hat man eine günstige Arbeitsteilung erreicht. Die konstruk-
tive u Einzelbeiten gehören nicht hierher. Der Vorzug des Rohrrttck-
laufsysteras wird hier in vollem Malse ausgenutzt und die unab-
hängige Visierlinie zeigt ihre Vorteile namentUeb bei einem Strea-
yerfahreu, das ja schnelle Entfernungsänderungen verlangt, aolser'
dem beim Ricbteii gegen bewegliche Ziele, denen der Richtkanonier
dauernd, also auch bei Entfernungsändeningen, mit der ViHierlinie zu
folgen vermag. Man bat dieser Einrichtung, abgesehen von
gr?5fserer Kompliziertheit, vielfach den Vorwurf gemacht, da(s die
Arbritsteilnns: im Interesse der Schnelligkeit des Richtens ja sehr
schtm sei, dals man aber statt des einen nunmehr zwei Richtkanoniere
brauche, was sich bei Verlusten doch sehr unangenehm fühlbar
machen könne. Diesen Nachteil vermajr ich nicht einzusehen. Die
Tätigkeit des \ erschlufswarts beschränkt sich doch nur auf das
mechanische Einstellen der kommandierten Entlernuügen au einer
Teilung, was nicht schwerer ist als das Zttnderstellen auch nnd mit
dem eigentlichen Richten gar nichts zu tun hat. Im Gegenteil,
gerade bei \ erlusten treten die Vorteile der unabhängigen Visier-
linie besonders hervor: ist einmal auf das Ziel gerichtet, so ist
nichts weiter nötig, als mechanisch das Hohr auf die Entfernungen
einzustellen, was von jedem ausgeführt werden kann und so schnell
gebt, dals dieser Mann auch noch Laden und Abfeuern bequem be-
sorgen kann. So kann nötigenfalls das Geschütz mit zwei Manu
noch bedient werden. Es eufctieht sich vorläufig unserer Kenntnis,
welche Erfahrungen die Franzosen mit ihrer unabhängigen Visierlinie
gemacht haben, ancb sonst liegen nnr wenig Ergebnisse ?on Ver-
suchen bis jetzt vor. Man dttrfte aber doeb wohl nioht fehlgreifen»
wenn man der unabhängigen Visiedinie die Aikunil vorbersagt.
Wie unsere Biebtroniobtungen in Zukunft sieh gestalten werden,
darüber werden erst ausgedehnte Versnehe entsebeiden. Die Vor-
teile des Zielfernrohrs, das als neues Element der Libelle an die
Digitized by Go
580
Neue Biohfcmittel ffir Fal4geMhtttM.
Seite tritt, glaube ich genügend hervorgehoben za haben. Wie alles
neae, hat es auch seine Gegner und mannigfach sind die Vorwurfe
und Bedenken, die gegen das neue Richtmittel erhoben werden.
Gewilb ibt vom einfachen Stabaufsatz mit Korn des Feldgeschützes 73,
ja selbst vom Aufsatz der Feldkanane 96 zum Libellenaufsatz mit
Zielfernrohr und Kichtkreis des Zukunftsgeschtttzes ein weiter Schritt,
und auf den ersten Blick ist man verbucht, au einer für den Krieg
nötigen Einfachheit dieses Aufsatzes zu zweifeln. Und doch, wenn
auch das Werkzeug, den Fortschritten der Technik folgend, kom*
pliderter scheint, wieviel einfacher wird die Tätigkeit des Bieht-
kaooniers, meriel leieliter seine Ansbildimg, wieyid besser ist er
sa eisetsen, ohne dab die Bedienung des GeselmtMS darunter leidet!
Die £infaehheit, wie sie der Krieg fordert, ist für die Bedienimg
dnrehdie VerTOllkommnnng des Instramentes eir^ebt. Wennleta-
leres nur imstande ist, den Anforderungen auf Haltbarkeit, die der
Krieg stellt^ so gentigen!
Dies ist das zweite Bedenken, das erhoben wird. Da sei zu-
nächst daraui hingewiesen, dais unsere Fnrsartillerie bereits
die schärfsten Versuche mit Zielfernrohren am Aufsatz ausgeführt
hat. Die Einführung dieser Aufsätze an allen ihren Geschützen be-
weist, dälü die Versuche vollkommen deren Brauchbarkeit erwiesen
haben. Ferner haben nach ausgedehnten Versuchen unter anderen
die Schweiz, Schweden, Dänemark, Türkei sich zur Annahme der
FenurohranfsätEe enlschJossen. Das kurze Femrobr liftt sieh so gaft
befestigen, dab VeraohlebnngeD der optischen Aehse aneh naeb
längerem Gebianeb niobt sa beflliobten sind. Bis sn 6000 Sebn(s
haben einige FennehraafBätK der Krappeehea Fabrik berdts ans-
gehalten» ebenso Fahrrersaebe ansgexdehnet überstanden. Aueb In
S$ebweden haben die Zleifenuohre nach zweijährigem Truppen-
gebranoh keinen Anlab zn lif;end weloben Ansstellnngen gegeben,
sieh vielmehr danemd, aneh bei swel Winterknrsen der FeldartlUerle*
sobleltoehale vorstlglieh bewährt.
Andere Einwürfe, dals das Femrobr durch Regen unsichtig
würde, bei Nebel seinen Dienst versage, überhaupt leicht beechlage,
sind gegenüber den bedeutenden Vorteilen, die es bietet, nicht ent-
scheidend. Gegen die Einflüsse des Regens kann eine leicht anzu-
bringende Kappe schützen, bei Nebel versagt das menschliche Auge
beim direkten Richten erat recht and lumn nur eine kräftige Unter-
sttttnmg dnroh ein helMehtIges PrismenliBflnrohr frendig begruben,
and gegen Beschlagen beim Schiefiwn sollte doeh wohl Abwischen
helfen.
Rulalaad and der rnssiaob-japaaische Krieg.
581
So kommt mao za folgenden Schlüssen:
1. Unsere modernen Präzisionsgeschttkze gestatten und
verlangen die Anwendung der Libellenanfsätze mit
Fernrohr nnd RiebtkreiB» deren zweokmftlsigste Formen
sieh ana praktischen Verenehen ergeben haben;
2. die Eriegsbranehbarkeit der Jetst von der Teolintk ge-
botenen Fernrohranfstttse steht anreer allem Zweifel;
3. trots seheiabarer Kompliaiertheit derselben wird die
Aasbildnng der Riebtkanoniere vereinfaeht nnd den-
noeh die Gute nnd Oleiehmftfsigkeit des Biehtens auf
ein hohes Ifafs der Vollkommenheit ^^ebracht.
XXXI.
Rulsland und der russisch-japanisciie Krieg.
Von
Generalmajor von Zepelin.
IL
Seit unserem letiten fieriohte haben die Dinge za Lande den
Fortgang genommen, den wir nach der Kenntnis des Kriegssohan-
platzes nur erwarten konnten. Die Operationen auf dem ostasiatischen
Kriegsscbaaplatze stehen eben wie selten anter dem mächtigen, ja
tibermächtigen Drucke der Natur desselben. Wenn je die Grewalt
der militärgeographischen Verhältnisse sich geltend gemacht hat,
dann ist es hier der Fall. Mühsam arbeiten sich die Japaner aaf
der Strafse Söul-Phöng-8an-Phy?^ng'-jan^-Andschu auf Widschu vor-
wärts. Es ist diese Strafse, wie wir es frUher erwähiiteii, die ver-
liältnisniäfsig am besten erhaltene von all( n Strafsen Koreas, weil
— auf ihr die Gesandtsehafton ihren We^: nahmen, die die rrrschenlie
an den Hof von rekiuir luachlen, welche oft das einzige Zeichen
der Aiirrkennung der Überhoheit Chinas tiber das ,,Land der Morgen-
röte^' und — lucos a non lacendo ~ „des stiilea Friedens" waren.
Digitized by Google
682 ^
Bnftland und der niitfMli-j»piiilMlie Kiieg.
Aber auch diese Strafse, Damentiieb zn dieser JahreRzeit, befindet
sich in einem Zustande, der jeder Beschreibong spottet. Die
japanische Annee mals daher dem Soldaten den Wegebaaer in Ge-
ßtalt des Pioniers und /-ahlreicher Arbeiterkolonnen vorangehen lassen,
am Brücken /ii hniirn, dir fast völlig fehlen und die engen Oebir^^-
strafsen für die Artillerie und die Trains, welche keine Armee,
welche ninht auf die notwendige Freiheit der Bewegung verzicbtrn
will, entbehren kann, instand setzen zu lassen. Hierzu kommen
Verptieguii^s- und Unterbringungssohwierigkeiten; kurz — auch ohne
einen Feind sich gegenüber zn haben — werden die Märsche lU-n
Schneckeii{^'Hii;i; aiiitehmen, den mau nattlrlich auf einem europäiachen
Kriegsschauplätze nicht kennt.
Man hatte zuerst japanischerseita Tschemnlpho /um Hafen für
die Anss( bit!ung der Hauptkräfte gewählt, nls man durch deu Ver-
lan! der Ereignisse zur See immer mehr der KUcksichtnahme auf
die russische Flotte überhoben zu sein glaubte, wählte man
Tschinampho zum Ausscbittun^^s])iatz. Am 4. April erreichten die
japanischen Spifaeu den Yalu bei dem vielgenaniileu Yongampho
(Jouampo) und Widschu am unteren Yalu, da wo er sich inyiele Arme
teilt, die eine grölsere Zahl mehr oder weniger bedeutender Inseln
umscblielsen. Bei Yongampho scheinen die Japaner die Anlagen
der russischen Gesellschaft, welche sicbmit der Verwertung der dor-
tigen Waldungen beschäftigt, zerstört zu haben. Wenigstens geht
dies aus den Berichten der russischen Presse henor, die auch
behaupu t, d:iU die russische Niederlassung in Yongampho keines-
wegs sich der WaldverwUstung schuldig gemacht hätte, dals im
Gegenteil im Yalugebiet noch herrliche Waldungen beständen.
Bezeichnend für den Vormarsch der Japaner ist auch wohl der
Umstand, dafs sie von Andschu nach Widschu — etwa 130 Kilometer —
14 Tage gebrancht haben, also etwa 10 km täglich zorttckgeiegt
haben.
Dafs die Küssen am Yalu den Angriff mit ihren Hauptkräften
entgegentreten werden, scheint kaum wahrscheinlich, ebenso selbst-
verständlich erscheint es abrr auch, dafs sie dort Vortroppen stehen
lassen, die den Japanern s*dange als möglieb AutVaihalt bereiten.
Die rassischen ,,Jagdkonmiandos'" haben hirr ein vortreffliches
Feld ihrer Tätigkeit, und der Kampf aof den Inseln der Mündungs-
arme des Yalu, so unbedeutend auch die von beiden Seiten be-
teiligten Kräfte sind, hat bereits eine Menge interessanter Momente
ergeben.
Der dort kommaudierende General Katscbaliosky^ wie General-
Digitized by Google
Kofsland und der russiäob-japiuiisohe Krieg. öSSt
mntant Alexijew am 18. April dem Kaiser meldet^ batte In der
Nacht «un 8. April Ftetwilligenkommaiidos auf das linke Ufer des
Yaln gegenüber Widscbn gesandt. General Katsehalinskij befeUigl
die dritte ostsLbizisohe Sehtttaenbrigade, bente zur Division gemaebl^
naebdem ihre Beglmenter TerBtilrfct nnd ibr mebr Batterien sngeteih
worden. Die Freiwilligen baben in anfterordentlicb kflbner und ge-
scbickter Weise ihre Anlgaben geltet Der Leutnant Demidowitsebf
weleber naeb der Meldung des Generals Koropatkin in sehr erfolg-
leieberwelse den Japanern auf den Strominseln entgegentrat, ist
hierbei ein Opfer seines Wagemutes geworden.
Nach nnkontrollierbaren Zeitungsnachrichten soll die mit einer
swdten Japanisehen Armee (l., 3. nnd 4. Division?) abgesandte
Transportüotte in der HOhe von Tsobinampbo angebalten sein. Man
deutet diesen Umstand mit der Absiebt, diese Armee sn einem An-
griff auf die rechte Flanke der am Tain vermuteten russischen
Truppen zu verwenden, nnd sie zu diesem Zweeke im Mündangs-
gt'biete dieses Flusses landen zu lassen. Dies kOnnte unseres Erachtens
doch wohl nur zwischen Antung auf dem rechten Ufer des Yaiu
und Tatnngkon der Fall sein, um von dort gegen die Strafse Widsohn-
FUnchantechen, d. h. die Verbindung der rnssisohen Vortruppen am
Yaln mit den Hanptkräften bei Laojan-Mnkden vorzugehen. Nun
darf man sich keiner Täoschnng über die Schwierigkeit einer
Landung an der hier eine soleiie keineswegs begünstigenden sttd-
mandsoburischen Küste hingeben. Die Küste des koreanischen
Golfes gestattet eine Annäherung von Schiffen mit einem Tiefgange
von 6 bis 9 m nicht näher wie bis auf 8, mehrfach aber sogar nur
bis auf 10 km. Es kOnnen daher oft nicht nur flachgehende See-
schiffe, sondern auch sogar japanische Schalanden bei allen Punkten
und bei jedem Wetter bis unmittelbar an die Küste herankommen.
Die UmsHamung der KUste bilden nicht hohe, aber steil zum Meere
abfallende HUgel. Die sie trennenden Niederungen bestehen oft aus
sumpfigem Torfboden. 20 bis 25 km von der Küste steigen die
niandschnrisehen Gebirge auf. Im Feldzuge 1894, wo sich die Ver-
teidiger der SUdmandsehnrei, die Chinesen, bekanntlich sehr passiv
verhielten, landeten die Japaner bei Hwa-juan-Kou. Die Landung
an der Mündung des Yalu, wo ebenfalls japanische Trappen ans
Land gesetzt wurden, soll sehr schwierig gewesen sein.
Nach den uns zur Verfügung stehenden Nachrichten scheint die
fast völlig unverständliche Zögeruog der Japaner, eine zweite Armee
landen zu lassen, sich nur durch das Gefllhi erklären zu lassen,
dai's mit der Übernahme des Belehis durch den Adrnirai Makarow
eine Offensive der rassischen Flotte nicht ausgeschlossen war, and
Digitized by Google
584 Ba&laiid nnd der rosdsoh-jftpaiiiMbe Krieg.
man nioht in der Lage wv, ehe die Seeherrschaft ToUatiodig er-
TDogeD, eine Landong, die ohnediea einer aftaiken nnd eneiigiaeben
Armee gegenüber immerhin Ihre Bedenken biit, doreiizafltbren. Ob
die Yerinafte, weldie die nuaiaohe Flotte erlitten hatte, namentlieh
-aber der Tod Ihres ansgeseiohneten Admirala Maluurow^ dessen an-
regender Ebünls sieh ttberall in Pott Arthur geltend maehte^ ihre
Tätigkeit soweit gel&bmt haben sollten, dalh sie anf eine oiensiTe
Bolle, die ihr allerdings dnrek ihre nnmerisehe Unterlegenheit er*
Schwert wird, Terzicbten sollte, stehe dahio. MOglieh aber, dafs bei
der Teränderten Lage die Landung der sweiten japaoisehen Armee
nnn doch anageftthrt wird.
Die Untätigkeit der Japaner, namentliob aber ihre partielle
Jfobibnaehnng, ist ferner dnmb folgende Umstünde sn erklären:
1. Dnreh die richtige Benrteilong der Natnr des koreaaisehea
Kriegssehanplataes, der eine Vorbewegnng grOiserer Thippenmassen
anf der einen voiliandenen, einigermalsen benntsbaren Stralse ron
SQnl nach Widscbn, in dieser Jahresseit nur im langsamstem Tempo
gestattete und dnreh die Absieht, dem Gros der Armee den sehinetigen
Landweg zu sparen, sowie die Kriegslage genügend geklärt war,
2. Dnreh Rtteksioht anf die flnanalage des Landes.
dfapan ist kein reiches Land. Man spart daher anch im
Frieden in fast nnwUrdiger ond fttr den Staat nicht vorteilhafter
Weise mit den Aasgaben für die Beamten ond Offiziere, deren Unter-
halt teUwdse für alle die AngdiOrigmi der besseren Klassen, welohe
ihr Leben dem der Enropäer anpassen müssen, sehr tener ist Man
hat s. B. im Jahre 1908 zwei Ministerien von ehiem Beamten ver-
walten lassen. Es wnrde statistisch berechnet, dais der Krieg
absolnt Japan weniger kosten wird wieBofsland, dals auf Schienen-
wegen Ton 8000—10000 Werst Truppen und Munition aus Enropa
hezanziehen mnls, dab aber dies Bild sich ganz anders gestaltet,
wenn man das Verhättnis der Kosten des Krieges zu den Jahres-
einnahmen des Staates ins Auge fa&t.
Dann wttrden die Kosten, welohe Japan für einen sechs
Monate dauernden Krieg zu zahlen hat, mehr betragen als
die ganze Jahreseinnahme des Landes. Für Kolsiaiid wttrden
sie sich aber nur auf den sechsten Teil des Reichsbndgets belaufen«
Aritbmetisoli lassen sich solche Aufstellungen freilich nicht be-
grQnden.
Nun ist anch die Bede davon gewesen, dafe die Japaner den
Golf von Ijantnng, insondeilieit das Mündungsgebiet des Ijaohee,
znm Platz fbr ihre Landung wählen würden. Die rassische Heeres-
Digitized by Google
Bnfilaiul und der niaaiiMb-jipiiiisolie Kri^g.
585
leitong scheint diese Möglichkeit nicht fttr aufgeschlossen za halten,
wenigstens hat sie den Hafen von Njutechwang in den Belagernngs*
zustand erklärt and befestigt Wir wollen aaf die Schwierigkeiten,
welche eine Landong auch dort haben wttide, an dieser Stelle nicht
eingehen. Sollte es den Japanern gelingen^ in einem Teile des
Golfes von Ljautong zu landen, so würden hierdnreh allerdings die
Verbindungen der Rossen empfindlich bedroht, Port Arthurs Isolierung
ermöglicht und eine Umgehung der etwa mit der Front zum Yalu
aufgestellten Armee ermö^-nr>ht sein. — Aber ob dies angesichts der
von Tag /u Tn'^ in ihrer Stärke wachsenden russischen Armee mög-
lich ist, stehe daiiin'
Diese Armee iuil antiaut rud Verstärkungen erhalten, wobei man
in besonderem (irade auch auf die sibirischen Truppen zürtlckge-
griöeii zu haben scheint. FUr«?t Chilkows Energie und praktische
Erfahruiiir hat die groben Unterlassungssünden der Techniker an der
BaikaluriiL^chungsbabn durch die Legung des eigenartigen Schienen-
veges iihcr das Eh den Sees und durch die vortrefflichen Anordnungen
nui der grolsen Etappeniinie wieder gut zu machen gewulst. Wenn
es auch nur gelang, die Feld -Eis-Eisenbahn hauptsächlich für die
HerllberschaflFung von rollendem Material zu verwerten, so hatte
doch die Erreichung dieses Ergebnisses grofse Bedeutung. Vom
2. März bis zum 28. März sind nicht weniger als 250O Eisenbahn-
wagen aller Art und gegen 100 Lokomotiven über den See geschafft
darch welches das rollende Material der Transbaikal-, der Ostcbine-
sischen und der Ussuribahn, auch fttr Zwecke der Truppenver-
schiebnngen usw., verstärkt wird.
Zurzeit ist beim Aulgauge des Eises die Verbindung Uber den
See allerdings am lueisten erschwert. Fürst Chilkow hat sich von
neuem uach dem Baikal begeben, um auscheinend ncuv Aushilfs-
maisregelü für die Herüberschaffuiig der Truppen und die Be-
schleunigung der Arbeiten an der Umgehnngsbahn zu betreiben.
in richtiger Erkenntnis der Wichtigkeit des Schutzes der Eisen-
bahn bat man seitens der russischen Heeresleitung umfassende Mals-
regeln zum Schutze derselben getroffen.
Vom Osten des europäischen Radsiaods ab ist die von ihr
dnrchschritteue Gegend in Kriegsznatand erkliit, in der Mand-
schurei sind neben der 6renswa<^ freiwillige Drasehinen Itlr den
Dienst an der Bahn anfgebeten worden. Die ehinesieben GonTemeore
haben strenge Befeiüe an die BerOlkemng erlassen, sich nicht allein
Jeder Störung des BahnTerkebrs, sondern aneh Jeder Begünstigung
einer solehen dnieh die Chnnchosen sn enthalten. Gegen diese
sind die strengsten Strafen ToHstreefct worden, ebenso gegen
JaMI«ter ftr il« d«ata«hi AiVM an« MnlM. V«. IM. 89
Digitized by Google
686
BaAlaad und der roMMi-Jq^iaMA Kiltf .
japauiecbe Offiziere, denen verdächtige Annäherung au die Bahn
nachgewiesen war.
Die V^erstärkang der Landarniee ond die jetuge Dislokation
«od Organisation der mssisehen Truppen in Oatatien behalten wir
uns (ÜT eine spätere Besprechung vor.
Wir wenden uns zorn Scblnis noch mit einigen Worten ni der
Lage in und Tor Port Arthur.
Mit der Emennong des Admiials Makarow war ein frisoberer
Zng in die Leitong der Flotte gekommen. Ifit begeistemden hoff-
nungsvollen Artikeb hatte die ms^he Presse die Berufung dea
Admirals anf den so schwierigen Posten als Führer des in seiner
Tätigkeit so gelähmten Gesebwaders des stillen Oseaas begrttiht.
Und non die jähe Yemicbtang dieser Hoffiinngen und das Ende
dieses ta|rferen ond ontemehmnngslnstigen Admiials!
Wahrlich, der Soldat kann die Trauer Knislands mitempfinden.
Nach dem Ablage der japanischen flotte am 27. März war
Admiiat Ifakaxow mit seinem Ckttobwader wiederholt in See gegaugeor
die Japaner hatten sich aber gaaa stUl verhalten.
In der Nacht snm 12. April sandten die Japaner drei Torpedo-
bootsdivisionen mit dem Ißnendampfer „Koryo Mam" naebderBheede
von Port Aitbnr, wo sie an verseUedenen Stellen Streaminen legten^
ohne dab die Bassen dies bemerkten.
Als die msslscben VorpostenbooCe in den Hafen bei Anbmcb
des Tages sorttekkehrten, trafen zwei, die mrilhrend der Nacht von
ihrer Dividon abgekommen waren, anf die Japan«:.
Diese machten Jagd anf letstere, wobei der „Straschn^^, eke
ihm der MBiyan" zn Hilfe kommen konnte, nnterging. Als dieser
wachthabende Kreaier gegen die Japaner vorging, sogen sich diese
aaf ihre Krenser snrttck.
Admiral Makarow ging nnn mit den IJnienschiffen «Petro-
pawlowsk**, „Peresswjät** nnd „Pobjada**, „B^jan^ nnd sechs kleinen
Fabnengen gegen die japanischen Kienier vor, die etwa 16 See-
meilen zurückgetrieben wurden.
Als aber sechs japanische Linienschiffe nnd zwei grolse Kreazer
herankamen, ging der Admiral znrflck, um vor der „Solot^a Ck»ra'^
die Schlachtordnung einzunehmen.
Hierbei traf der „Petiopawlowsk" auf eine Mine und ging mit
fast allen Offizieren nur der Groüsfürst Kyrill Wladimirowitsch
ond einige Offiziere retteten sich — nnd Mannschaften anter; die
„Pobjäda" wurde beschädigt.
Wir haben schon oben erwähnt, welches Unglück iOr Bolsland
d by Google
Umschau. 5{^7
der V«rlii8t des ,,PetropawlowA;^ mur. Die nusiBehe Flotte wurde
bieraaf den Japanern gegenüber nnterlegener als irOher.
Die Znknnft wird lehren, ob Admiial Skrydlow, der soeben
ernannte Naebfolger Blakarows das SeUeksal wenden kann.
Umschau.
Uns ging naohstehende Znscbzift zu:
Redaktion der » Jabrbtteher ftlr die Deataehe Armee and Marine*
Berlin.
In der Nr. 3 1904 Ihres geehrten Blattes sind ErlSatomngen
Uber ein KompromiliBgeflchttts gegeben worden, welche als anxa-
treffend beieielmet werden mflssen. Tatsieblioh hat seine £ixielleni|
der Herr Kriegsminister, das snkllnfllge HodeU des deotseben Feld-
gesebtttaes als ein KomproniKsgeseiitttB Kmpp-Ebrhaidt beidobnet,
was aneb den tatsllobliehen VerbSltnissen entopricht.
Wir ersnefaen bofliehst, auf Grand des Frelsgeselses in der
Bttobsten noeb nicht dniekfertigen Nammer Ihres geehrten Blattes
diese Beriebtignng verOffentliehen za wollen.
Ein Exemplar der «KObiiseben Zeitong* Nr. 28« liegt zur gefl.
Einsieht bei. Hoebacbtungsvoll
gex. Heinrieb Ehrhardt,
Geb. Baarat.
Die hier angezogene Nommer 236 der „Kölnischen Zeitang**
enthält eioe „Berichtigung" ähnlichen Inhalts wie vorstehende Za-
schrift. Die Leitung der „Jahrbttcher fttr die deutsche Armee und
Manne" bemerkt zu letzterer, dafs die ersten durch obige Zusohrifk
angefochtenen und ins Märzheft der „Jahrbücher^' übernommenen
Angaben der „Kölnischen Zeitung*' No. 164 sich naehgeprttft — wie
aaeh in jenem Heft ausdrücklich bemerkt war — als zutreffend
herausgestellt hatten. Diese Nachprtlfang ist nochmals erfolgt und
hat wiederam zu dem fc^rgebnis geführt, dals nach der bestimmten
Erklärong eines Mitgliedes der Bndgetkommission in der betreffenden
Sitsong der Bndgetkommission der preulsische Kriegsminister nur
den Aosdruck ,^KompronütBge8ohtllz'' gebraoebt hat, ohne den Zusatz
„Krnpp-EbrhardfS
SS*
Digitized by Google
588
ümscbau.
ItaUen.
Ver- Die im letzten Berieht beleuchtete SteigeroDg der Reisekosten
le?Weler°°^ Tagegelder für Offiziere, anber GeneraUtät, bat der Kriegs-
Subatt«fn- minister am 21. März in der Kammer zwei weitere Votsebläge zur
offisieie. YerbeBBening der Lage der Snbaltemofliziere folgen lassen, die
In einem Gesetzentwarf „Vorkebrnngen fttr die Snbaltern-
offiziere des Heeres" znsammengefabt sind. Gleiehzeitig legte
General Fedotti einen andeien Gesetzentwurf betreflfend Ändern ngen
in der Besoldung nnd den festen Zulagen im Heere Tor,
der dnieb Brspanisse in den Kapitetai Bekleidung und AnsrtlBtung
(kommt aneh bei dem vorhin genannten Gesetz in Frage), ermöglicht
durch Vorhandensein der nötigen Voiritte und durch billigere Be-
sehafinng in Zukunft^ die Mittel schaffen will um 1. den VeipflegnngB*
suscbuTs flir alle Mannschaften um einen Centeaimo täglich zu steigem,
2. die Marschälle (8,16 Lire täglich) und die T^mpeter nnd die
Tambours zu bezahlen, 8. die LazarettTerpflegong auf täglich 1^ Lire
Ausgaben zu yerbessein und diese Neuerungen am 1. Juli m B^fk
treten zo lassen.
Was den Gesetzentwurf, betreffend die Subaltemofffziere, angeht,
so kÖDDen wir beute Haammaogels wegen, nnr seinen Inhalt skizzieren
und aal die vom Kriegsminister vorausgeschickte Begründung nicbt
so ausgiebig eingeben, wie dies wünschenswert erschiene. Der
Kriepminister gebt davon aus, dafs eine Verbesserung des Grund-
gehalts der Subalternoftiziere unabweisbar nötig, weil es 1. nicht mehr
den heutigen Anforderungen an Lebeosbaltung entspreche, 2. aber
auch diese Offiziere in den subalternen Stellen ungewöhnlich lange
bleiben und so sehr weit hinter Zivilbeamten in gleichem Lebens-
alter zorttckstehen. Wir haben daher zunächst eine Steigerung des
Grundgebalts um je 200 Lire zu verzeichnen, so dafs der Unter-
leutnant auf 2000, der nen ernannte Leutnant auf 2400, der neu
beförderte Hauptmann auf ^^0 Lire kommt. Weiter wird fUr beide
letzgenannten Dienstgrade eine Steigerung des Gehalts nach je füof
Jahren im Dienstgrade um je 300 Lire beabsichtigt, so dafs der
Leutnant nach fünf Jahren auf 2700, nach 10 Jahren auf 80O0 Lire
— also nur 400 wenijrer, als der neu hefiirderte Hauptmann der
Hauptmann nach fünf Jahren auf 3700, nach 10 Jahren auf 4fMMi Lire
kommt. Speziell diese letztere Steigerung hat hohe Bedeutung, da
bei Beförderung lediglich nach dem Dienstalter schon die Alters-
gren/f eino ernlRf» Anzahl von Offizieren als Uauptleute ausmustert.
Selbstverständlich wachsen mit dem Gehalt auch die Pt iisioin a.
Der Gesetzentwurf strebt aber auch noch anderes an, uämiicb eine
. Kj ^ .d by Goo
589
BesehleanigQDg der Lanfbahii der SabaUnnoffiikre, die heate
lelatiT sebr lange auf die Beförderang nun Stabsoffizier warfen
mtlflsen. Am diesem Grunde batte man Ja 1902 die JSrnennang ron
400 Hanpflenten der Inlanteiie Aber den Etat ale AasUlAinittel
bewilligt, miib sieb aber darttber klar sein, dab man, schon mit
Btteksieht aof den Bedarf an Leutnants ftr Friedensscbnlung und
HobÜmaebnog, anl dem Wege nieht weitergeben kann. Dem Kriegs-
minister bleibt also nur der Answeg einer rigorosen Entfernung
aller niefat mebr Ibre Dienststellnng toU ansfliUender Elemente ttbrig.
Naeb dem Gesetat kOnnen diese Offisiere nur dann deSnitiT in den .
Enbestand veraetst werden, wenn sie dienstonfttbig sind. Der Gesets-
entworf sebafit daher in Artikel 3 die sog. «prorisorisebe
Pension iernng'*, bei welcber die von Jeder Beförderung ans-
gesebloBsenen Oflfadere '/^ ihrer aktiven Bezüge, ohne Watibnzalage
und Pfeidegelder, erhalten, dem KriegsoiiniBter snr Veifllgang stehen
nnd die in dieser Lage Terbraehte Zeit als pensionsftinge Dienstseit
aagereohnet erhalten. Sie stehen sieb während der prorisoilBohen
Pensionierong mit */» dor Bezüge günstiger, als wenn sie definitir ver-
absehiedet wiien nnd erhalten beim Ansseheiden dnroh die Altersgrenze
ancb eine höhere Pension. Eine besondere Härte liegt also nieht vor nnd
sie bleiben in der provisorischen PeDsioniernng bis znr Altersgrenze.
Gleiebzeitig mit deigenigen der aktiven Offiziere werden anch die
Besttge der m Übungen einbeorderten Oifiziere des Beurlaubten-
Standes etwas erhöht. Die Mehrausgaben ftlr die Gebaltssteigerung
werden auf 3,3 Millionen angegeben, die der Kriegsminister durch
Ersparnisse in den Kapiteln Bek]eidang und Ausrüstung (480000)^
Beservelebensmittel (250000), Remontedepots (40000), Etablissements
der Artillerie und des Genies (350000) und Militärtribunale (Be-*
seitigong des Obertribunals und eines Tribunals, 70000) decken will.
Der Gesetzentwurf, betreffend Aushebung des Jahrgangs 1887 AnsbebiuiK.
ist auch Tom Senat genehmigt worden. Mit dem 1. April werden die
Offiziere der Rerserve, die als ProvinzialinspelLteore der nationalen
Schieisvereine fungieren, durch Offiziere z. D. ersetzt. Für die
Beschaffung von Lagerstroh und Brennmaterial in den Kasernen beim
VL, VII., VIII., XL, XIL Korps nnd Insel Sardinien sind neue Be-
stimmungen erfolgt.
Zum ersten Kursus der Marineakademie können 25 Schüler zu- Karins,
gelassen werden. Vom Lehrfrang 1905/06 ab wird das Zulassungs-
alter um ein Jahr herabgesetzt. Im Marinemiuistenum arbeitet man
Anderuüiren in der Uniform der Marineoffiziere aus. Bei den Sab
miseionfii auf Lieferang von Panzerplatten, zu dem sich auch sieben
aosländische Firmen gemeideti haben die Stahlwerke von Terui den
Digitized by Google
590
Umsobau.
Zuschlag erhalten. Dnrch Dekret vom 17. Dezember sind die
Beamten der Marine in bezug aut Dienstrang den Offizieren der
Flotte nnd des Landbeeres gleicb^stellt worden. 18
Frankreich.
Zweijährige Am 21. Mttis hal der Deputierte Berteanx der Kammer seinen
Dwoe^t ^fj^i uti^ ^QQj Armeeaiusohiils besohlosBene Fassong des
OeseteeDtwurfs, betreffend die zweijährige Dienstzeit, ttber-
reichl and wollte der ArmeeaiisschnfB wenige Tage darauf die
Kammer veranlassen, baldigst in die Beratung des fintwnrfs eiosa-
treten. Dasselbe beabsichtigten die Depotierfeen Klotz, Gervais,
8embat, aber mit der Tendenz, den TOm Senat genehmigten
Text en bloc zur Annahme wo, bringen, anter der Begrttndong,
dals die aufserord entlieh wichtige nnd durchgreifende NeoemBg
baldigst in die Wirklicliiieit tbergeftthrt werden müsBe. Der Armee-
anssehols war entschlossen, die von ihm beschlossene Fassung nieht
fallen zu lassen, da diese vor dem Senatstext den Vorzug habe,
nicht nur dieselbe Dorehschnittsstärke wie nnter dem Regime des
Kekrutierungsgesetzes von 1889, sondern sogar eine um 5160 Mann
höhere zu liefern, und die vom Senatstext bedingten unmittelbar
aus dem nenen System sich ergebenden Mehrkosten ?on 30 Milüuien
jälirlioh, aal 13 bezw. 14 Millionen berabusetien.
Die Einleitnng^ die Berleanz sebem Berieht Tonuuelnekt nnd
welelie die verschiedenen Bekmtiemngs^ysteme Ton der franzOsiiehen
JRevolntlott bis heote belenebtet, enthält neben anderem aneh den
Irrtum, die Begriffe der allgemeinen Dlenstpflieht als von
der Revolution geboren zu beaeiebnen. Er vergilbt dabei die
Stellvertreter, die „böros de cinq cents livres", verwechselt Kon-
skription und allgemeine Webrpfliobl, Dafs die Berufsannee, die
sieb nach den Befreinngskriegen in Frankreich ausbildete, eine
eigene Kaste im Staate darstellend, ttlr den modernen Krieg, der
neben Qualität auch eine Zrih! an Streitern verlangt, die im Frieden
dauernd nicht unter den Waffen gehalten werden kann, nicht mehr
genttgte, dem Ideal eines freien Volkes niobt mehr entspracb,
lassen wir hier aufeer Betracht, Ein schweres Mifsgeschick, so
fuhrt der Bericht Berteanx' aus, die Mederlage von 1870/71 war
notwendig, um die französische Nation znm „Volk in Waffen" zum
ersten Male seit der Revolntion zurückzuftihren, das allein den
heutigen Verhältnissen entsprechen könne. Gewils habe schon das
Rekratierangsgesetz von 1872 den Gnindsatz der allgemeinen
Digitized by Google
*
UmMhaa.
591
Wehipfliclit aufgestellt und das Gesete tod 1889 IbD welter
avBgeätaHet; beide Gesetze lOgen aber niebt die voUen
Folgemngen ans Ibm, indem sie nicht allen StaatBbtIrgem
gleiche Pflichten gegenüber der Rekmtierong auferlegten, beide
Gesetze eine ungleichartige Belastung der ßevölkemng duldeten,
wodurch sie einesteils nicht absolut gleichartige geschulte
Leute in die Reserve^ die die Masse der mobilen Streitkräfte
darstellt, Qberfttbrten, andemteils durch die verschieden be-
messene Dauer des aktiven Dienstes die Neiguug ftlr den Dienst
in Frage stellten. Das Gesetz von 1872 duldete neben Leuten, die
uominiell fünf Jahre dienten, solche die nur ein Jahr unter den
Waffen blieben; das- (Teset/ von 1889 kennt Leute, die drei Jährt*
dienen und solche, die, nur zum kleinen Teil Farailiensttitzen. als
Vertreter der sog. intelligenten Klassen mit einem Jahre aktiven
Dienstes fortkonimen. so dafs gt rade die bemittelten Leute weniger
Lasten tragen, endlich Leute der Hilfsdienste, deren ^anze Dienst-
leistung im Frieden eigentlich nur aus Kontroll Versammlungen be-
stehe. Demokratischen Grundsätzen widersprechend, kann, so
ftthrt der Bericht aus, das Gesetz von 1889 nicht weiter besteben,
hat doch auch Freycinet, welcher der Vater dieses Gesetzes genannt
werden kann, im Senat erklärt, dafs, man die einzige dastehende
Gelegenheit ausnutzen solle, um die Armee mit einem Rekrutierungs-
gesetz auszustatten, welches diesen Reim der Schwäche nicht
«nthalte. die Konsolidierung der militärischen Institutionen erlaube.
Die Popularität, welche sich gerade die Gleichmälsigkeit in dtr
Belastung schon dem Senatetext erworben hatte, will der Armee-
ausschuls, durch seine Fassung, noch steigern, die Gleichheit
aller Franzosen, welchen Ständen und Bildungsgraden sie auch
angehören, noch scbäifor bervorbeben, die Beroizugung der bb-
heiigen Pllvilegierlen beseitigen. Die SehUler der ndUtKrisob orga-
nisletten Sehnlen babeo die Pffiebt» für das Mebr an Bfldnng,
das Urnen gegeben wird, mindestens dte gleiche Diensteeit, wie die
flhrigen IVamosen an flbefnelunen. Def Berteanxaebe Beriebt tt&t
dann eine tbeoretisclie Betraebtnng Uber die sweysbrige DIenstaeit,
die Bedingungen ftlr Ibre Organisation nnd die Vorteile, die man
▼on fiir enrarten kann, folgen. Nor eine vollstllndige Gleiclihdt
für alle in besag anf Dtenstseit and Ansbildang Termag der Armee
die TOllig gleiefawertige Resem sa geben, die ftlr den modernen
Krieg erforderlloh, am der oberen Flllirang ein Instrament in die
Hand sn geben, das in allen seinen Teilen gleiehartig ist. ZweijUirige
Dienstiait belastet swar einige Kategorien stiriLer, z. B. die Famülen-
stttteen, die fortan zwd Jahre statt eines sa dienen haben werden,
Digitized by Google
5^
OmduML
deren Familien sich ja aber der Staat und die Gemeinden auch
anzuiK hiui ii briben, ferner die bis jetzt nach Artikel 21, 23, 5^> dps
Gesetzes \ it^^ii üisprnsii rttiü; für die grolse Masse tritt aber eine
bebr wesentliche P>rleicliif run": uro ein volles Jahr ein, die Aiigemein-
belastuDg durch das neue Gesetz ist doch leichter and alle tragen
sie gleichmäfsig:. Nach Berteaux' Bericht werden als Resultat der
zweijährigen Dienstzeit die Maximalknifte der Nation au braachbaren
Soldaten gleiehmälsig ausgebildet, sich ergeben zumal die gleich lange
dienenden Leute im Frieden dorch nichts von ihrer \orbereitung
ant den Kriep: abzuziehen sind. Die bisherigen zahlloseu „enibosqnfe**
oder .^fricoteurs" bei den Kegimeutern werden verschwinden und
Berteaux errechnet, daSs man bei zweijähriger Dienstzeit nach dem
vniii Arraeeansschnfs der Kammer vorgeschlagenen System, fUr die
Leut(* aui rund 60Ü fiir die Schularii: nutzbare Tage komme, da
uur die Soiiti- umi Feiertage aosfieh^ni (der GeseUeuiwud sieht aber
doch auch oU Tage Urlaub wäiirend der 2 Jahre voraus), die Leute
auch P/j Monate früher eingestellt wLirden, gegen 546 Lbungstage
bei der heutigen dreijährigen Dienistzeit, d. h. 54 Tage mehr. Wir
stehen dieser Berechnung freilich skeptisch gegenüber. Der Be-
richt weist dann weiter auf die Notwendigkeit einer geringen
yemehrang der kapitnlierenden Unteroffiziere, einer Vermebrang
der kapitolierendeii Korporale «nf die während dea Orncks Tev*
{^«itUchteii Teile des Beriokte Berfeeanz, endlkli auf die im-
ndttellMur auB der EiofUbnini; der zwdjäluigeii DienetMit sieli
ergebenden Meliraavgaben von 13 bis 14 HiUiooen fitr den Staat»
2,6 IGUionen für die Gemeliiden und Departements hin» Der
Staat soll 75^/0, die Gemeinden nnd Departements sollen lo^lf^
bezw. 15"^;, der Beibttlfe für HttlfBbedllil^ FamiUen von aotir
dienenden FamilienTfttem, besw. Reservisten Landwehiienten, die
ttben, tragen.
Ba- Die Ziffer der Ztfglinge der für die Heranbildnng TOn Unter-
^ ir^^^^f^ offisieren zu Offizieren bestimmten Sefanlen von 8aint-lfaizen% Sanmnr»
Versailles, die die Schinfspfttfnng bestanden liaben ond mit dem
1. April als Unterlentnants in die Tmppe treten, betdigt in diesem
Jahre 287 fllr Infisnteiie, 68 iOr KaTalieiie, 66 für Heimatsartilleiier
28 ihr KolonialartUierie ~ 16 für die S^meisterbranehe. lleehnel
man die flir die kombattanten Waffen bestimmten sosammen, so
ergeben sich 851. In diesem Jahre werden an Saint-Maixent m*
gelassen 202 Offizieraspiranten der Infanterie ans dem Unterotliaier-
Stande.
Die Befördemngsvorsehlagslisten ftr 1904» die im allgemeineB
in allen Diens^praden eine geringere Zahl an Vorgesehlageaen aal*
Digitized by Google
Dmaohan.
69a
weisen, lassen die grofsen Unterschiede in Lebens- und Dienstalter
bei den einzelnen VVaö'en Uüd auch den verschiedenen Waffen gegen-
einander erkennen. Wir geben im folgenden nur einige Beispiele.
Bei der Inlaiilerie ist von den 66 zur Beförderung zum Oberst vor-
geschlagenen Oberstleutnants der älteste 57 Jabrt ; dpr Jüngste
49 Jahre alt, Alter im Dienstgrade 8 bezw. 2 Jahre, eiuL-r der
Vorgeschlagenen ist aus dem Unteroffizierstande hervur^'egangen; bei
der Kavälierie ist der älteste der V'orgeäChläg(:ucu 55, der jüagüte
46 Jahre alt, Alter im Dienstgrade 6 bezw. 2 Jahre; bei der Artillerie
stellen sich die Verhältnisse 55 bezw. 49 Jahre, 7 bezw. 2 Jahre.
Bei den Majors der Infanterie hat der älteste 58 Jahre, der jtlngste
38 Lebensjahre, 12 bezw. ä Jahre im Dienstgrade auf dem Kücken;
bei denen der KATallerie 54 Jahre Maximal-, 43 MinimaUüter, 10 bezw.
3 Jabie im Dienstgrade, Artillerie 55 bezw. 47, 7 bexw. 2 Jahre
Im Dienstgrade. Von den (144) cor Beförderung Torgeschlagenen
Banptlenten der Infanterie, von denen 81 ans dem Dnteroflisier-
stande hervorgegangen, ist der älteste 52, der jUagste 36 Jabre alt,
12 besw. 5V2 <^abr im Dienstgrade; Ton den Rittmeistern ist der
älteste 52, der jüngste 40 Jahre alt, 18 besw. 6 Jahre im Dienstgrade,
bei der Artillerie sehwanlLt das Alter zwisehen 48 — 89» die Zeit im
Dienstgrade swisehen 15 nnd 7 Jabre. Bei der ArttUerie ist keiner
der vorgeseblagenen Stabsoffiziere nnd sbid nur 5 Hanptlente ans
dem UttterofGzierstande bervorgegaogen. Leutnants werden snr Be-
fördetnng vorgeschlagen 166 (gegen 211 also ^45) bei der Infanterie,
100 (gegen 106 also — 6) bei der Kavallerie, abgesehen von SSahl-
meislerbranche, 46 (gegeo 56 also — 10) bei der Artillerie ohne
Train, 85 (gegen 29 also + ^) bei dtt Geniewaffe. Von den zur
Befbrdernng vorgeschlagenen Leutnants der Infanterie Ist der älteste
38Vi9 der jttngste 28'/« J^o alt, 10 bezw. 5'/s J^bie im Dienst-
grade, 48 sind ans dem UnteroflizierBtande hervorgegangen, 81 be-
sitzen das Generalstabsbrevet, ^86 erschienen sehen anf den Vor-
schlagslisten fttr 1908. Bei der Kavallerie ist von den Vorgeschlagenen
der älteste 42, der jttngste 28 Vt Jahre, 12 bezw. 57« im Dienst-
grade, bei der Artillerie weist der älte 377t, der jttngste 81 Jahre
anf, 10 bezw. 7 Jahxe im Dienstgrade, 10 sind ans dem Unteroffizier-
staode hervorgegangen. Bei den Kolonialtmppen werden 11 Oberst-
leotnants der Infanterie zur Beförderung vorgeseblagen^ davon fünf
frühere Unteroffiriere, der älteste ist 54, der jttngste 45 Jahre alt,
der älteste ist 6, der jüngste 2Vs Jftbre im Dienstgrade; von 19 snm
Oberstleutnant vorgeschlagenen sind 5 frühere Unteroffiziere, das
Lebensalter schwankt zwischen 47 nnd 36 Vi? das Dienstalter im
Orade zwisoben 6 Vi nnd 3 Jahren, von 23 VorgieschlageiieD sind
Digitized by Google
594
CJmiehaii.
15 ans Aem Untt Tüftizierstaade hprvorL''pgriFm^en. Von 32 znr Be-
förderung: zu Hauptieuten Vorgeschlii^enen ^in<i (> au«? dem Unter-
offiziersUnde hervorgegangen, das Lebensaller sjichwankt zwischen
36 und 27 Jabreo, 6 and 5 Jahren im Dienstgrade. \ on 6 zur Be-
förderung zum Oberst vorgeschlagenen Oberstleutnants der Kolonial-
artüierie sind 8 frühere l^nteroffiziere. das Lebensalter »cli wankt
zwisehen 57 und 43 'jj Jabrtni, Aller im Dienstgrade 7 bezw. 5 Jahre.
Zum Oberstleutnant sind 9 vorgeschlagen, darunter 4 frühere Unter-
offiziere, das Lehensalter schwankt zwischen öi'/^ und 41 '/v- ^ ^^^'^
3 Jahre im Dienstgrade. Haoptleute sind zu Majors vorgeschlagen 13,
darunter 2 frühere Unteroffiziere, I^ebensalter 43'/t and 35 V2 Jahre.
10 bezw. 4 Jahre im Dienstgrade. Hält mao ~ oor die Heimat-
trappen berft€ksl«ihtigl dag bei der Befifardeiung zum Haaptmaon
be^heade DnrebsebiiittolebeiiBalter, das DorobBcbnittBalter im Diensl-
grade des Hanptmanns sasammeo, so erkeimt man leiebt, bi welehem
Verbältais dIeLanfbabn Ar Offiziere !o Fraokreicb mit demHauptmann
absehlieben mnls scbon wegen der Altersgrenze. Die Betreffenden
können ihr militürisebes Ende sdion längere Zeit Tor Erreichen der
Altersgrenze voransseben ond wir sind der Ansieht, dals das nieht
gerade znr Hebnng des Interesses ond Dienstdfeis anspornen kann.
Truppen- Ein Rnndscbreiben des Kriegsministers» betreffend die Ganison-
flbuogan. „um^y^ gemiseblen Waffen 1904 die ttbrigeos in Fhmkreieb
eine 1>eaohlensweffe Aasdebnnng finden — weist daranf bin, dab
besonders aneb der gtündlieben Sehnlnng im Vorpostendienst, Ter^
bonden mit ^waks ond niebtliehen Untemehmmgen, Anftnetk-
samkeit zn widmen sei Bei den groisen Berbstllbnngen bin-
derten vieifaeb Ermttdnng der Trappen ond Witterung an der Toilen
Ansbildong in diesem an&erordentlieh wiobtigen Dienstnreige aod
zwänire manchmal dazu, nnr ein Skelett der Vorposten anfitnslellea.
Bei den Gamisonttbnogen liegen die Gründe für die Schonung der
Tmppe nicht vor. Der weite Aafklärungsdienst funktioniert, nach
dem Rundschreiben des Kriegsministers im allgemeinen zur Zufrieden-
beit, die Aufgaben desselben werden wenigstens rerstanden. Lücken
zeigen sich noch in der Anwendung der zweckmäisigsteo Büttel zur
Übermittelung der Meldungen. Nach dieser Richtung hin sollen bei
den GarnisonUbungen Relais usw. erprobt werden. Endlich betont
das Handschreiben, dafs man aus Mangel an genügenden Gespannen
bei den HerbstÜ bangen nicht in drr Lage sei, die Munitionsstaffeln
zu bespannen, was aber hei den GarnisonUbungen möglich und da-
her der Munitionsersatz bei Infanterie und Artillerie grün di ich za-
üben sei, — Korpsgeneralstabsreisen finden in diesem Jahre bi^i
allen Armeekorps, eioschlieislieh Kolonialkorps und Gonvemement
Digitized by Googl
UniMtaau.
595
■von Paris, statt, bei den Korps der Alpenarniee (14 und 15) erhalten
sie eine besondere (rrundlau^e. Kadremanörer im Divisionsverbande
sind vorgesehen hei allen aktiven Divisionen and bei einer Reserve-
divisiou tUr das Arnieekorpa. Kadrernanüver im Korpsverbande i'ailen
in diesem Jabre ans. Kavallerieübnngsreisen werden bei allen
Kavalleriedivisionen abgehalten; die KorpskaYalleriebrigaden ueiimeii
au den Kadreinaiicivern einer Division ihre« Armeekorps teil. Beson-
deres Interesse werden neben den Armeeman ivt m in diesem Jahre
die HerbgtUbuugen des VI. (Grenz-; Korps beaiisprucheu. Die 12.,, 40..
42. liifaDterie, die 4. und 5. Kavallerie-Divisiuü halten von 6. — 13.
September Manöver für sich ab, dann die 5 Divisionen vereinigt
Qnter Leitong des Generals Dalsteio. Nach einer Vereiobaning mit
dem FviaicteDten des toebiÜMhen CATallerie-Comitös, General Boniez
4er grobe Sondembnngen in Bereieh des VL Coipe Idtet, weidßü
vom 4. — 7./9. noeh die G^yalteiiediTisioDeii 2 nnd 3 an diesen
UanÖTeni tellnehmen, sodafo swisehen Bkune nnd Maas die Infanteri-
divisioneo 12, 40. 42 mit 22 lofanlerie-Begimentem, 6 Jügerbatafllonea,
4 KaTalieriediTisioneD, einer starken £or|islutvaUerie-Brigade, 26
Batterien, 8 Pieiiiertmppea ttben. Bei Laogres finden im Juli oder
Angnst groise Übungen in Angriff nnd Verteidigung fester Pl&tze
statt, an denen die simtttehen FMbartiileriebataillone in Frankreich
beteilig sein werden.
Ftlr die von Biagtee sn leitenden Armeemanttrer der ver-
stSrkten Koips YU nnd YIII in der G6te d'Or ist nnn anch das nilfaere
P^ogamm bekannt geworden. Sie beginnen mit zweitigigen Divisions-
manövem, Dir welehe lieim VIIL Korps anob eUie Marsohdivision
geMldet wird; der 7. September ist Hnhetsg, aber niebl für die 7.
nnd 6. KaTalleriedivisioa. Die ManOyer von Korps gegen Korps
danem von 8. September bis 13. September, die 8. KavaUeriediTision
wird dabei dem VII., die 7. dem VIII. Korps ingeteilt. Am 14. and 15.
•September operieren die vereinigten Korps unter Brogöres Leitung
■gegen einen markierten Feind. Die Maalhrer scblielsen mit einer
Parade bei Dijon.
Nach der Rangliste ftlr die Kavallerie sind die Kavaiierie-
regimenter (13 Kürassier-, 31 Dragimer-, 21 Chassms*, 14 Uosaren-,
6 Chassenrs d'Afriqne-, 4 Spahisregimenter) in gröf^ere Verbände wie
folgt eingeteilt: Chassenrs d'Afrique nnd Spahis gehören mit 3 Bri-
gaden znm 10. Anneekorps, mit einer Brigade zur Besatzangsdivision
Tonis. Die übrigen 79 Kavallerierepinienter in Frankreich selbst
verteilen sieh auf 19 Korpskavallpriebri^^adon, davon die 4.. 6. und
7. zu 3 Kegimentern, 8 Kavalleriedivisionen im allgenieinpü zu einer
schweren ond einer leichten Brigade, 2 reitende Batterien, die 1.
Digitized by Google
ümschaa,
tmd 5. Divisioo zu 3 ßrigadeo, die leichte Brigade der 2. Dinson
za 3 Regimeotera. Bei gleichmälsiger ZasammenBetzong aller
DlviflioneD m 2 Brigaden könote nuui noch eine 9. und den gitflslen
Teil dner 10. Diviston anfstelleii.
Dit neve Die neue taktische Sebule hat in einer der leteten NnniDem der
^ .scü^ef nlte^c Deuz HoodeBi'' aogeoseheiDlich doreh die Feder des
Generals Nögrier, onter der Obenehrifl „L'^olntlon aetoelle de la
taetiqne** einmal wieder ein Lel»en8zeieben von neh gegeben, nnseier
Andcht nach niebt mit besserem Erfolg, als bisher. Wir liOmien
hier natOrlieb nur einzehie Paukte anfuhren, mflssen das aber
aneb, da diese bewdsen, in welehem £zlrem man kommti wenn
man ans den Erfabrnngen des Boienkrieges &tsehe Seldfisse zieht
N^grier kommt sonttobst dazu, die Btickkehr som Beglement
1676 zn empfehlen. Damit kSme man znm Anheben der oiSansiTen
Tendenz, die man seither in Fiaokreich so gepflegt, denn das
genannte Beglement stellt das Vermeiden TOn Verlosten in die
erste Unie nnd drttokt das Stieben naeh Offensive entsebieden herab.
Die Kritiken, die man gegen das Reglement 1875 richtete, so lange
es bestand, haben doeh hente erst recht Geltang; das Beglement
lehrte weder Offensive noch Defensive, es lehrte einen MiBehmaseh,
der möglichst entscheidende EntsohlQsse vermied and bei dem der
Ansdmck »Blntschen'^ am Platze wäre, die Vorsiebt stand in
1. Linie. Das Werk der heutigen Neataktiker, so sagt ein franzö-
sisohes Fachblatt, wtirde eine moralische Depression Ähnlich wie
naeh einer Niederlage sein. „Als Kampf gegen einen nnsiohtharea
Gegner^' bezeichnet die „Revue des Deux Mondes" den Krieg der Zu-
kunft. Auf weiter als 200 m höre man keinen Knall mehr, die Kugrel
pfeife nicht mehr, sondern gebe einen Ton ähnlich einem Peitflchpn-
knalle. Die erkundende Kavallerie wird zum Halten gebrarlit. ehe
sie den Gegrner sieht und ohne dafs sie weifs, woher sie Feuer » r-
hält. Damit mUisie man also von der Voraussetzung ausgehen, dai's
der Gegner niemals mar.sehiere, unbeweglich in seinen Löchern lä^e.
Wenn er marschiert, mufs er ötralsen benutzen und muTs die
Kavallerie ihn auch sehen. Nach der „Revue des Deux Mondes" sitzt
eine Patrouille, die Feuer erhält, ab und schleicht sich von Deckung
zu Deckung in der Richtung auf den Gegner heran. Zu Pferde
konnte sie, nach der „Revae des Deux Mondes" die Kichtuug, aus
welcher die Schüsse fielen, nicht ahnen; abgesessen, wird die Pa-
trouille plötzlich hellbörend nnd bellsehend nud erkennt die wahr-
scheinliche iüchtuii^^ des Gegners. Die Kriege in Ruropa werden
wohl kaum je „goerres de petits paqueta'' sein, Masstiu werden sich
bewegeu und über Massenbewegnngeii hut mauj die verschieden-
Piqitizofi hv C "innere
Umwhra.
597
BteD Mittel, sich zu orientieren. Die Gegner der ETolattoDisteD
wollen keineswegs dem Karabiner seiDen Wert absprechen, sie wollen
aber Dicht, dsfs die Kavallerie das, was sie selbst leisten kaoD und
mafs, anderen Waffen itberlälsi Die ETolutionisten verlangen bei
der Erkondang der Kavallerie grundsätzlich das Fenerfrrfeeht. Dazu
braucht man aber doch immer Abteiloogen von einiger Feuerkraft
nnd das mnby wenn die Abteilongen so zahlreich sein sollen, wie sie
wttnseben, zur Zersplitterung f\lbren. Die Evolutionisten wollen den
Kampf zn Pferde nnr als eine Ausnahme betrachten und gehen da-
mit sogar Uber den Gedanken des geistigen Urhebers des Reglements
von 1875 hinaus, der 1897 die Übungen zweier Kavalleriedivisionen
leitete und u. a. sagte: Lassen Sie die Leute mathematische Be-
trachtungen Uber die Gewalt des Feuers anstellen. Sie bleiben die
Waffe des Chocs, die Krfolg^e erzielen kann, wenn sie put geführt
wird." Seit 1897 hat aber die Bewaftnun«; der Infanterie nicht
wesentlich gewechselt. Die Adepten der evolutionistisehen Schale,
haheü allerdinfrs erklärt, dafs der Kiic^- der Massen ausgespielt habe,
und man nur von einer ^fruerre de rideaux" sprechen könne. Eine
Erklärung für diese „rideanx'* finden wir in der ..Kevue do^; Denx
Mondes". Die rideaux (Schh irr, Kulissen) werden im aligemeinen
dnrch schwache, aber aus allen Watlen zusaiitiaengesetzte Detachenients
— nach dem Gelände und den Verhältnissen wechselnd — ^^clnldet.
Sie neliiiien das ganze iu der Kichtung auf den Feind führende
Strafsennetz ein und decken auch die Flecken. Sie schaffen in weitem
Kadius um die Armee herum eine Siclierungszone, innerhalb
welcher die Führung Truppen vorschieben, die Marschrichtung ändern,
kurz manövrieren kann, ohne dals der Gegner es merkt. (?) Die
Fltigelgroppen, die der Führer nach seinem Willen staflt It können
sowohl die Umfassung des Gegners bewirken, als dessen \ ersuch
zur Umfassung scheitern lassen.'* Hat man ein stark entwickeltes
Netz von Straisen, auf deren jeder ein Detachement aus allen Waffen
vorgeschoben ist, so muls man zu einem starken Kräftever-
brauch kommen, l^^inzelue von diesen Detaciieuients treffen auf
den Gegner, andere nicht, diese sin dalso überflüssig, statt zur Ökonomie
der Kräfte, käme man /.u Kraftevergeudung. Soll der Führer
Mauövrierfreiheit für seine Gros behalten, so mUbben die Verbände, die
zwischen dem Gros und dem Gegner sich befinden, einen genügenden
Grad von Widerstandsfähigkeit haben. Diesen haben die Schleier
der evolutionistischen Schule aber nicht. Denkt man sich eine Armee,
die nur die Schleier der Evolationisteo vor sieh hat, gegenüber einer
Armee, welcher Kavalleriediririon^ Toransgehen nnd die normale
Avantgarden vorgesohoben hat Die Antklinmg der letiteien wird dnroh
598
Umdiaii.
die Schieier durch, bezw. an ihnen vorbei jjrf bing'en und die eigene
Armee zeiti^r benachriL-liti^en. Stöfisk Dan die Armee durch, so bleibt
dem Schleiern nichts Ul)ri;.'. als zu weichen und falls die Armee, der sie
voraasgingen. nicht eiin Schlaeht annehme wird,aueh wenn .sit- nicht will,
das Gesetz des Handelns vom Gegner empfangen. Die Schleier ent-
sprechen nur der Taktik der vorgefalsten Meinungen, es sei denn,
dafs man ihnen starke Avantgarden folgen lasse. Was der Artikel an
annehmbaren Vorschlägen bringt — und es ist wenig genug — hat
nicht den Reiz der Neuheit. Zudem sind die Ansichten, die ent-
wickelt werden, auch nicht frei von Widersprüchen in sich. Wenn
an einer Stelle gesjigt wird, dals der Impuls zum Angriff nicht durch
Druck von rllckwärts gegeben werden könne, so lesen wir an einer
anderen : Sache der Fuhrung ist es. die lieserve so zu dirigieren, dafs
sie den Angriff dort unterstützt, wo er Aussicht hat, durchzudringen
— also Drnck von rückwärts. Die Unterstützung, die die Artillerie
der Vorbewegang der Infanterie gewähren kann, Übergeben die
Adepten der eTolatlonisoben Bohnle mit Schweigen.
Trappen- Die Ftohpreflse beklagt sieh über den Mangel an groben
piäS^ Tmppenttbangsplätzen, deren man, Ton den veralteten nnd tOUI^
ungenügenden von Sfttoiy, Vineennes, Valbonne abgeeeben, nur aehl
besitie. Davon Lame (16. Korps) nnd la Conrlüie (12. Korps)
noch nicbt fertig gestellt. Die schon befohlenen praktischen Obongen
an der Konnalscblelsschale im Lager von (Mlons fallen fttr 1904 ans.
AuriaBning Der Kriegsminister hat der Kammer einen Oesetwntwnrf tiber-
fesU^if en ^'^^ der die Aoflassnng eines Teils der Festangswerke von Per-
' pignan sowie nach AnhOmng des Vertoidignngskomitees einer Aniabl
von veralteten Werken an der Fyrenjtengrenze voisobltigt. In
Flage kommen die Plätee Frälo de Molle, Fort tes Bains» VUle-
francbe de Conflent, Saint Jean Pied de Port, Bayonoe, aniser
Gitadelie, Batterie Serrat d*en Vaqner bei Perpignan, die Werke
von Port Vendres, Collionre, aosgenommen die neneren Werke, die
die Gebirgspässe zwischen Col de Banyols nnd deren Meere sperren.
Kolonial Die Notwendigkeit der Verstärkung der Kolonialtrappen in
truppen. indochina während des japanisch-russischen Krieges, wozu aas Frank-
reich schon nind 1800 Mann Infanterie und Artillerie von den
dortigen KolonialregimeDtern abgegangen sind, sowie die Erörterangen
ttber den Schatz der Kolonien im ßudgetausschufs der Kammer hei
Gelegenheit der Interpellation über den Zostajid der Marine, auf die
wir unten zorUckzukommen haben werden, brachten die Frage der
Kolonialtmppen Überhaupt auf das Tapet. Am 1. Janaar 1904
waren auf Madagaskar l französisches Kolonialregimeot (12 Kom-
pagnien], 1 Feldartilleiieregiment, ä maigaschische Tirailieorr^*
Digitized by Google
Umsciulu.
59»
menter zu 12 Kompu^uieu, ein Senegal-Tirailleurregiment 16 Korn-
pagnieD, 1 selbständiges Tiraillenrbataillon. Nach fraiizösisehen
Fachblätteru braucht man dort aber 2 volle Divisionen, in Indo-
cbina 7 Kolooialinfanterie-, 2 Kolonifilartillerieregimenter, 4 Regi-
menter Tonkin , 2 Regimenter Anamtirailleare, je 1 Bataillon chineti-
Bcber and Cambodgetiraillears, beide za 2 Kompagnien, während
3 Tookinregimenter Je 16, das 4. sogar 20 Kompagnien ferner
1 Musehiegiment der ^Fremdenlegion und dne Reeervebrigade. Die
Franee Militaire verlangt 4 volle Divitionen, also 6 Regimenter
mehr. Doreh Erlafe vom 19. September 1908 ri&d bekaontUeh die
Kolonialregimenter 14 and 15 aufgelöst worden. In Westafrika
waren je 1 Infanterie- nnd 1 Ärtillerieregiment der Kolonialarmee,
3 Senegai-TirailleQrregimenter, 2 SfMÜüaeekadrons, 1 Bataillon von
Zinder. Bnlletin oMeiel bringt eine Veroidnang vom 18* Febmar,
betreffend Ersati und TiUigkeit der KolonialtelegrapheoBektion. Bie
besteht ans einem Depot in Frankreieh nnd Detaehements in den
Kolonien. Das Depot in Frankreieh nmfaJst SO Offisiere, 100 Mann
nnd 28 Mann Alasoite. Naeh Indoohina sind abgesweigt: 2 Offiziere,
116 Mann, nach Westafrika 1 Offizier, 58 Mann, naeh Ostafrika
1 Offiaer, 43 Mann, znsammen 4 Offiziere, 217 Mann. Ergünziinif
findet dnxeh Freiwillige statt, die sieh anf 5 Jahre verpfliehten.
Marineminister Pelletan hat, wie dies der letzte Bericht voraos* Marine,
sagte, in der zweiten Hälfte BCiiiz im Bndgetanssehnis der Kammer
schwere Stunden erlebt^ die Frage des Znstandes der Marine
nnd der Flottensttttzpnnkte hat aneh noch nieht ihre Erledigung ge*
fnnden, der Austrag steht vielmehr im Plenum der Kammer za er*
warten nnd es ist durchaus nicht sicher, ob nach den Diskussionen
dort Pelletan länger in seiner Stellung bleiben kann. Die selur
heftigen Erörterungen kntipflen sich an die Sonderkredite für die
Marine an, von denen derjenige fttr 1904 nur 125000 Franks fttr
Arbeiten im Hafen von Brest verlangte. Fttr 1903 wurden dagegen
8005 000 Franks neuer Kredite gefordert. Daf^ sollten aber
7231000 Franks, als nicht verbrancht, abgesetzt werden. Die
neuen Kredite sind ftlr die Mascbinistenoflßziere (1,33), Tisohgelder
(65000), Transporte, Löhne von Werftarbeitern (310000) bestimmt^
abgesetzt sollten werden bei Kapitel Artillerie 2,7, bei Torpedos 0,7,
bei Schififsbaoten 2,7 Millionen. Auf die vom Figaro veröfi'entliohten
offiziellen Dokumente — auf welche wir später znrttckzokonmien
haben werden — bauten die Deputierten Etienne Lockroy, Cbaumet^
später auch Lanessan und andere ihre Anfrage bezüglich der
Leitung der Marine durch Pelletan auf. Diese amtlichen Schrift-
fitttcke waren eigentiioh ebensoviele Anklagen gegen die Amtsftlbrung
Digitized by Google
600
UmMhan.
Pelletins, welcher Saumseligkeit, Eigenmächtijxkeit, Mangel an Sorsr-
fall, Schuld an der nicht ausreichenden Bereitschaft der Geschwader
und der FlotteustUtzpuükte vorgeworfen wordeu. Da sind znnäcbbt
Briefe des Marinepräfekten von Toulon, Vizeadmiral Rienaim«^ und
seines Stabschefs Konteradmintl Uavel, die bekunden, dals der
Marineminister anf die Reantwortang von Gesuchen um Keparatnr
eines ^ hitTes oft monatelang die Antwort schuldig blieb, oder au^'h
gar luciit antwortete, Berichte von Kouier;i(liiiir;il Ravel und Vize-
admiral Bienaim6 Uber Mangel au Persoiial Kin Bericht vom
17. November 1903 konstatiert, dafs an dem Sollstand des Reserve-
geschwaders von 1071 Köpfen niobt weniger als 624 fehlen, ein
Beriekt ▼<nii 10. Felanar 1904 sieOi fest, dab man mit dem Personal
des Seseiregeschwadere nicht die drei Rrenser Amiial Cbames,
Cassard, DeBcartefl zn bemannen vermöge, ein Berieht vom 16. Febmar
1904, nach welchem der Mangel an Penonal niebt nur die Eriial-
tang des Materials in Frage stelle, sondern ancb die Stimme für
die Mobilmacbnng. Ein anderer Berieht meldet, dafo man fttr die
Bemannung der eiligst naeh Oataeien bestimmten Torpedobootsjäger
Moasqoet and Fronde auf das Bküwe Geschwader sorttckziehen
mUsse. Nach einem Dekret Tom Desember 1901 war das Verbleiben
der Eingeeehriebenen der seemftnnischen BevOlkenmg im Dienet aof
47 Monate festgesetzt, Pelletan rednzierie es am 1. Aogast 190S
anf 45 Monate, am 9. Oktober 1908 anf 44 Monate nnd nach dem
Bericht des Konteradmirals fiayel am 17. November 190S fand
merkwttrdigerweise eine weitere Herabsetning auf 42 Monate statt.
Der Ansbmch des japanisch -mssischen Krieges veranlabte Pelletan
dann am 13. Februar 1904 die Daaer wieder anf 44 Monate zn
steigern. Jetzt ist, da man nicht ansreiohend Matrosen hatte, um
das Reservegeschwader zn bemannen, zu Anfang April die Zeit
schon wieder auf 46 Monate erhöht, ein eklatanter Beweis dafür, dals
Pelletan experimentiert. Dann folg:en Berichte, die bekunden, dafs die
Lage beim Nordgeschwader nicht besser ist. Ein Bericht des Vizeadmirals
Caillard, Kommandant des Nordgeschwaders, Gesamtbericht Uber
das Personal," konstatiert eine Lockerung der Disziplin, also genau
das, was Lockroy anfUhrt, der zweite Bericht, der vom Konteradmiral
Melchior, Chef des Stabs in Brest, herrührt, und das „Funktionieren
des Dienstes und Personals der Reserre im zweiten Bezirk'' betrifft,
spricht sieh ähnlich aus, wie Ravel tlher die Zustände in Tooloa.
Dem Budgetausschuls sind ferner zahlreiche Berichte vofi Marine-
offizieren vorgelegt wordeu und zwar durch den Deputierten Hrmon.
Einer von dioBpii Berichten knüpft an die von Pelletan im Mariii *-
aosschuls gegebene Erklärung an, nach welcher das Nordgeschwader
Digitized by Google
Umschau.
601
und die Unteiseebooke sehr beaobteiwwerte Kräfte dantelleQ. Auf
dem Papier, ao mgt der Beridit^ besMil das Gkadiwader ans drei
LiDienschÜfen, drei PanierkllsleBwitobtetD, drei Kremen» Beobs
Torpedobootejigem, iD Wirklichkeit jetit ans swei Kttsteawftebtenii
swei EienievD, vier Torpedobootjägem, Mass^oa, Henri IV. und
Jeanne d*Are sind nie hl verfügbar, Formidable kann bei hober
See seine Artillerie niebt gebraneben, hKtte naob dem Budget aneh
Bobon dnieb einen modernen Panser ersetit sein sollen, Janr^gaiben^ ,
der anf dem Papier som NordgoBobwader gebttrl, ist in Tonion snm
KeeselenalE. Die wenigen bleibenden Sehiife sind b Wirklichkeit
niebt armiert. Sie k&nnen am 1. April niebt wie sie sollten, roll
bemannt sein, da das Peisonai mangelt. Der Hange! ist so grois,
dafe man, nm den kleinen Kreuzer d'Assas so bemannen, der naob
Ostasien abging, im Hafen Ton Brest alle Lente der Sebi£fe in
Reserve nehmen nnd doob aneh aof das Nordgeschwader snrllek-
greifen mofste. Anf den Sobiffen in Reserve ist das Posonai so
gering, dals es zar Erbaltong des Materials niebt langt Pelletan
hat, indem er das Personal der Reserve rednxierte, gegen die Be-
Stimmungen des Dekrets vom 16. nnd 17. April 1902 veistoisen.
Das Personal der Reserve ist onangreifbar, es ist nOtig snr Erbal-
tnng der Sobiffe. Die Misohnng des Personals anf dem d'Assas hat
das Platzen eines Eesseliohres veranlabt. Ein anderer Beriebt sagt,
dafs grofise Flottenmanöver seit Jnli 1902 niobt stattgefimdeD, der
am 7. Jnni 1902 ans Rnder gekonunene Minister Pelletan konnte
die sehen befohlenen kombinierten ManOver des Nord* nnd Mittel-
meergeschwaders 1902 nicht mehr abbestellen, machte sie aber so
wenig fmehtbringend wie mögliob, indem er keiner Partei, keinem
Hafen die gemachten £r{ahrongen mitteilte, die Berichte in den
Aktenfäebem des Ministerioms liegen Uels. Im folgenden Jahre liels
Pelletan sogar die GeschwadermanOver ansfalleo. Als Pelletan ans
Rnder kam, hatte das Mittelmeergeschwader acht Erenier nnd er
liels swei abrüsten, da dr«"! weitere entsendet worden, so sank die
Krenzerdivision auf ziemlicli Nall herab. Unsere Geschwader haben
seit achtzehn Monaten ao Übong, Kohftsion ond Erfahrnng verloren.
Ans Ersparnisgründen hat man die grofsen Manöver ausfallen lassen,
ans denselben Gründen hat man das Personal derartig herabgesetzt,
dals der Zustand ein bedenklicher ist. Und dieses aof ein Minimom
herabgesetzte Personal ist nicht einmal vorbanden. Aof telegrapbiscbe
Order kann nicht ein volles Geschwader in See stechen. Bemerkens-
wert war auch die Erklärung des frühereu Marineniinisters Lanessan.
die den Bemerkungen zweier anderen Deputierten Uber den Zustand
von Bizerta folgte. Als Lanessan 1899 ans Rader kam, waren uur
Jabibtftktr fOr di* d«atMh* Am*« nad Maria*. N«. IM. 40
Digitized by Google
602
Umsoluui.
ftobt ÜDtenee- oder Tanohboote vorliandeD, davon swei, Gynmote
und Gustave ZM im Dienst leelis im Bau, darunter Tandibool
Narval. Diesee war im Joni 1900 Beeberelt» die beiden anderen
1901. Am 26. September 1899 onteneiebnete Laneeaan den Kontrakt
fllr den Ban von Tier Unterseebooten, die 1901 in Dienst traten.
Mit den Tanobboolen batte man grOlsere Sobwierigkeiten, sie
braaehten sn lange Zeit, nm so taneben, erst im Hai 1900 konnte die
Order nm Bau too swei weiteren gegeben werden, die 1901 ibre
Probefabrten machten. Naeb weiteren Verbesserungen stellte Lanessan
den Ban von dreiiebn solchen Booten in das Bndget 1902 eio, als
er ans Roder kam, stellte Pelletan den schon begonnenen Ban einr
Lanessan konstatiert, dals im Mai 1902 die Pläne für die Untereee- .
boote YöUig festgelegt waren, der Ban bOcbsteos zwei Jahre danem
sollte, dafis er an den Plänen der UnieDSchiffe Patrie, £4|mbli%ne,
Justice, Yöritä IMmoeratie nichts geändert, weil er ein homogenes
Geschwader anstrebte, den Ban TOn TorpedolK>oten ebenso Temacb-
lässigt, als die der Unterseeboote.
Am 16. März erschien dann Pelletan, der sich übrigens weigerte,
seine Korrespondei» mit den Admiralen nnd den Häfen dem Aus-
schnls vorzulegen, vor dem Budgetansschnls, begleitet von Admiral
Campion, der nicht immer dasselbe bekundete, wie der Minister»
Pelletan erklärte zunächst, dais er das Geschwader im fernen Osten
aus modernen Schiffen zusammengesetzt, es weise heute drei Panzer-
kreuzer neuesten Typs, drei Kreuzer zweiter Klasse, zu dem noch
der d'Assas treten werde, auf, er habe aufserdem beschlossen, eine
Division aus sechs Torpedobootsjägem dortbin zu entsenden. 4 seien
sogar nnterwoL'f. ^wfi wUrden folgen. Der Minister kam dana
zu der l^rage der i^lottensiUtzpunkte. Fllr sie hatte das Parlament
total 159 Millior)pn ausgeworfen, davon 1« für 1902 nnd 2(i für
1903. Aus finanziellen GrUnden hat ni;in 1902 ins Budget nur
9 MüiiotH !! und 1903 erst 26 Millionf u eingestellt. Daa Budget
1904 enthalt l3'/a Million. Man habe allerseits verlangt, dafs zu-
nächst Hizerta ItfriU'ksichtigt werde. Seine Vorgänger hätten auf
dieses 16 MillioiK d verwendet, er 14 Millionen in zwei Jahren. Die
Arbeiten wUrd* [i bald beendet sein und man sich dann mit Diego
Snarez und Dakar beschäftigen. Anfserordf ntlich wichtig seieu die
„Döfenses mobiles^, sie machten die Kolonien unangreifbar, daher
habe er iinmer Mittel fllr Torpedo- und Unterseeboote verlaugt.
Bevor er Minister geworden, habe e.i auf Anüfriin^- des Flotten-
prograrams gedrungen, das 392 Millionen fUr neue Arbeiten, 72 für
Umbau veralteter Scbifle enthielt Die grolseu Scbifle sollten nicht
Tor 1905 und 1906 fertig sein, auf seinen Antrag habe die Kammer
UntMbML
608
50 Miliiüiien hinzagefUgt, so daTa sich 116 Millionen tUr Torpedo-
uod Unterseeboote ergäben. Mit ünrecbt sei ihm Schuld gegeben
worden aü der Verzögerung der Fertigsten uug der Torpedoboote.
Auf Rat der Direktion der Schifisbanten habe er das von Lanes«!an
onterxeichnete Dekret /orUckgezogen, im Januar 19()B seien die
ueuen Kontrakte unterzeichnet worden und bis 1906 würden 23
Torpedoboote von gröfseren Abmessungen fertig sein. Ftir dieses
Jahr habe er die Mittel verlangt, 50 solcher in Baa zu legen. Für
Unterseeboote habe man in 6 Jahren 6 IfiUionen ausgegeben, er
habe 1908 allein mehr angewendet. Die Verzögerungen im Ban
des Emest B^nan erklärt Pelletan mit dem Hinweis anf die wesenl-
liehe Verbesserung des Banplansi der dem Seliiff zu geringe Ge-
schwindigkeit gegeben, and anf Verzögerungen nnter anderen Minl-
steiiea Die VeraOgemngen im Ban der Linienschiffe seien geringer
als nnter fruheren Ministerien, sie hfttten zn bedeolenden Erspar-
nissen nnd besserer Amdening geflihrt Die Bemannung zeige
weniger Ltteken ab sonst» statt 46585 Mann habe man 46000, also
nnr 10 P^. Manko, anf den Sohtllen in Reserve 8000 Mann statt
3500, also 17 Pros. Manko, statt 20 im Jahre 1900. Die Mittel-
meerflolte sei stiirker, als Jemals hrllber, das Nordgesehwader aneh
berelti sie konnten anf telegraplusche Order In See gehen. Pelletan
weigeät sieh dann, eine Aniahl der von dem Aossehnls verlangten
Dokumente an liefern. Hier nnd bei der Kritik Lockroys,, Lanessans
und der tthrigen Mitiglieder des Aussehuases wird die Diskussion im
Plenum der Kammer einsetzen, wo der AusschuCs bei Beratung der
Sonderkredite für die Marine die Fragen alle zur Sprache bringen
will. Die nationalistische Ghmppe hat zudem erklärt, dals sie nicht
eher ein Qehen der Kammer in die Osterferien dulden werde, ehe
die Frage entschieden sei, ob Pelletan noch länger an der Spitze
der Marine bleiben dürfe. Man wird in der Kammer sich auf leb-
hafte Diskussionen gefalst machen müssen, Pelletan steht Jedenfalls
weniger fest, als früher. Während des Druckes ist man nach sehr
heftigen Enlrterungen im Plenum der Rammer durch Eingreifen des
Mini^^terprä^sidenten zn firm Besehlals gekommen, eine ausserparla-
menta^i•^'che IJntersuchuiii: über den Zustand der Marine seit 1894
einzuleiten. Die Konunissiou ist aus 6^^ Mitgliedern, darunter viele
Freunde Pelletans, aber auch Opg-ner, zusammengesetzt. Sie hat
sieh zunächst bis 26. Mai vertagt. Pelletans Gejrner geben das
Spiel aber durchaus nicht für Terloren, sie hoffen ihn zu Fall m
bringen und das Einschreiten Pelletans ge^en die Admirale Bienaime
und Havel, die ihrer Posten enthoben wurden, macht die Lage Pelle-
tans nicht gerade besser. 18
40*
Digitized by Google
6(H
UnuttbM.
Vereinigte Staaten von Nordamerika.
Der am 12. April d. J. ao Bord des Ver. Staaten-Kriegsschiffes
„MissoQri" vorgekommene schwere Geschützanfall, welcher 81
Menschen das Leben kostete, hat allenthalben berechtigtes Anf-
Behen prrprrt. Mit Befriedigung; entnehmen wir der ,.Natinnal7PitQng-
vom '20, A[)ril 1904, dals ein solcher Unfall bei uns unmöglich
wäre infoige der in der deutschen Marine bis zu den
höchsten Kalibern verwendeten MetallhtilHen, in welchen
die Pu 1 verladu ngen eingeschlossen sind. Im Gegensatz hierzu
sind die Geschtltzladuugen bei der amerikanischen Marine lediglich
in Beuteln aus Seidentnch eingenäht (Beuteikartuschen). Der Vor-
gang beim Unfall an Bord der „Missouri" scheint etwa folgender
gewesen zu sein: Im Augenblick, als nach einem eben abgegebenen
Schnfs hinten der Verschluls des Geschützrohres geöffnet wnrde,
entstand ein Luftzug durch das Rohr, der darin zurückgebliebene
Rückstände zum Flammen brachte. Bei der wahnsinnigen Kckord-
wut der araerikanischcn Geschützbedienung, um schnell /u schiefsen.
wurde anscheinend in ditscm Augenblick auch bereits wieder geladen.
Die ßeutelkartusche entzündete sich während dieser Manipulation
und durch ihre Explosion wurden auch die anderen im Turm in
Bereitschaft stehenden Beutelkartuschen zur £xplosion gebracht, was
die grobe Zahl der OetOteten erklärt. Hätten die Amerikaner wie
bei ans MetaühttlseD gehalvt, so hätte erstens die neu los Bolir ein-
geführte Kartasehe sieb nieht entBOnden können, und sweitens wäre
eine EntKOndnng anob der in Bereitsebaft stehenden, in ihren Metall-
btUsen eiogesohlossenen Ladungen gans ansgesehloasen gewesen.
Gegen die Anwendung der Hlllsen erwähnen deren Ct^er baapt-
sächlich den erbebliohen Preis mid das tote Qewiebl Diese Nach-
teile sollten unseres Eraehtens gegenttber der hoben Gefahr Itei
Niohtanwendnng Ton Hälsen — die der Unfall an Bord der fjUissouri'*
in eiBcbreekender Weise von neuem erwiesen bat — bi den Hhiter^
grund treten. Vldlelebt spricht aber Im Ausland, wo man mit der
Fabrikatton der Hetallblllsett noch nicht soweit ist wie in Deutsch-
land, anob die Schwierigkeit ihrer Herstellung im eigenen Lande mit.
K.
QrodBbritaimieiL
Marine. Die Beilagen, die dem Marinebodget 1904/O.Ö l)ei^^efu^^t sind.
geben einige interessnntt' AofschlUsse Uber iiautaligkeit und Ist-
stärken. Die Flottenbemannung, die 1903/04 total 127000 Köpfe
beträgt, Flottenreserven 8575. wachst 1904/05 um 4000 Köpfe,
darunter 3 730 Heizer und Matrosen. Vom 1. April 1903 bis
Literatur.
606
31. Uän 1904 önd aeebereil gewoiden imd der Elottenreserre llber-
wiesen: 6 LipicDBehttfe, 9 Fioseikreiiier, 8 Kreuzer IL Klaaeei
2 Koipe, 11 Tmrpedobootjäger, 8 Torpedo-, 8 UnterBeebooke. Am
1. Aprü 1904 dnd im Baa: 8 Lioieoflefaiffe, 18 Panzeitoiiier,
1 Kreiner II., 4 OL Ekase, 8 AnfkUUer, 28 TorpedobooQiger,
18 UnterBeeboote, 1 FlnlskAOonenboot, 1 Taebt Nen in Bau gelegl
werden im FInanzjabr 1904/05: 2 linienaebiffe, 1 Famerkreiizer,
14 Ttapedoboo^Sger, 11 Unleneeboote. % snm nUebsten 81. Min
aoU der Umban der liniensohiffe Barfienry Oentniion, sowie die
Llniensobiffe der Boyal-Sovereign-Klasse anber Bepnlse nnd Hood
bewirkt sein. Die AdmiraUtm bat Anftrag gegeben, die drei Linien-
eebiffe des Programms 1908 naob 1^ Edward ViL in Portsmontb,
Pljmontb, Gbatham in Bau so legen, sie beifisen Britannia, Africa,
Hibemia, ftlr die drei neuen Panzerkreuzer I. Klasse, Achilles,
Cocbrane, Natal, sind die Kontrakte abgost-hlossen, das vierte iit
Pembroke in Bau, alle vier gebttrea der Edinboorgb-Klaase an.
18
L i 1 1 r a t n r.
I. BOeher.
i^apoleons Untergang 1S15. Von v. Lettow-Yorbeck, Generalmeyor
a. D. Erster Band. Elba— Belle- AUiance. Mit 10 ICartenbeilagen
in Steindraek nnd 6 Skizien im Ttot Berlin 1904. E. 8. MitUer
und Sohn, KOiugtiebe Hofbachliandlung. llk. 14.—
Von der in vier Btnielwerken eneheinenden Oesoliiebte der Be»
fireiuDgekriege, mit deren Herausgabe sich die Verlagsbuchhandlung
ein 80 grofses Verdienst erworben hat, liegt jetzt der erste Band des
den Abschlufs bildenden Werkes über den Peldzng von 1815 vor. Bei
dem Ruf, den der inzwischen leider auf so tragische Weise ums
Leben gekomment' \ erlasser als Kriegshistoriker genofs, wurdf d^ra
Erscheinen gerade dieses Werkes von allen Seiten mit begreillicliür
iSpanuuiig entgegongoseben. Diese Erwartungen zu erfüllen ist General
V. Lettow aielitiieb bestrebt gewesen, und bat er, am es zu können,
die ganze etnseiiligliobe Litemtnr studiert and die Arobive darohforaeht
Digitized by Google
606
Utentur.
Sogar das den preufsisohen OfAzieren bisher Tenchlossene Material
dos Pariser Kriegsarchivs hat er sich zugänglich gemacht. So bringt
er denn auch manches neues, widerlegt manchen Irrtum und Itl&rt,
manches auf, was bisher unbegreiflich enschien.
Da es wenige Feldzüge gibt, in denen die politischen Verhältnisse
in einem so innigen Zusammenhange mit den militärischen stehen
wie im Jahre löl5. bei dessen Darstellung eine Trennung beider
geradezu unmöglich ist» so hat sich der Verfasser auch nicht mit der
Wiedergabe der letzteren begnfigt, sondern ein Bild der ganzen in
Betracht kommenden Zeit entrollt. Er bringt ans somit nicht nur
eine Geschichte des Feldzuges von 1815, sondern eine solche der
»Hundert Tage**.
In dem sieben Kapitel umfassenden vorliegenden Bande gelangen
die Vorgeschichte und die Ereignisse vom 15. bis 20. Juni, d. h. der
Feidzug in Belgien, zur Darstellung, Im ersten Kapitel sehen wir den
gestürzten HeiTscher auf Elba und lernen dann das Europa bis an den
Hand eines allgemeinen Krieges bringende Getriebe des Wiener Kon*
gresses, sowie die durch die VerhUtnisse und die Mifsgrififb der neuen
Regierung erzeugte Unhaltbarkelt der Zustände in Frankreich kennen.
Das zweite Kapitel ist dem Adlerfluge Napoleons von Elba nach Paris
gewidmet, der wie sonst nichts in seiner wunderbaren Laufbahn von
der Gewalt seiner Persönlichlceit zeugt. Seine an den Inneren Zuständen
des Landes, vornehmlich nn dessen militärischer und flnanzifller Er-
schöpfung scheiternden Bemühungen, Frankreich für den nicht zu
vermeidenden Kampf gegen das ganze übrige Kuropa vor7.ubereiten.
bilden den Inhalt des dritten Kapitels; treffend wird hier Napoleon mit
einem gefesselten Adler verglichen, der sich in sein Element empor-
schwingen möchte, aber durch die Ketten niedergezogen wird. Die
Versammlung der preufsischen und der eagüBCh-niederlAnd&ichen
Armee in Belgien gelangt in dem viel neues bringenden vierten Kapitel
zur Darstellung, in dem wir zugleich die leitenden Anschauungen der
verschiedenen Hauptquartiere und die ersten Keime eines sich — wie
hei Koalitionsheeren so oft — aus der Verschiedenheit der Interessen
ergebenden Zwiespalts zwischen ihnen kennen lernen. Das fünfte
Kapitel enthält eine vortrefifliche Charakteristik der drei Armeen, sowie
ein ebensolches Charakterbild Wellingtons. Weiter kommen in ihm
vornehmlich noch der französische Aufknarsch tmd Napoleons auf den
Durchbruch berechneter Operationsplan zur DarateUung.
• In den beiden letzten Kapiteln wird der kurze Peldzug in Belgien
geschildert. Wiewohl sich Napoleons Vormanoh am Ib* nlohl ohne
llifsgrifTe und Reibungen vollzieht, glückt es ihm doch die Sambre zu
überschreiten, doch können die völlig überraschten preufsischen Vor-
ü*uppen ihren Rückzug auf Ligny bewerkstelligen. Weniger trut als
©eine — von Franzosen bedienten — Gegner über die Verhältnisse
des Feindes — namentlich in bezug auf Heeresstiirken — unierriehtet.
niuaiii er am Morgen des 16. die erheblich unterschätzten Preulsen im
Digitized by Google
Literatur. 607
Rlleksuge anf LtttCich an und will sieh nun auf BrUasel wenden«
dessen Besetanin^ er bei sefner ungflnstigen Meinung von der engüsoli-
niederlftndischen Armee nicht für schwierig hält. Aber Biflcher, der
anf Wellingtons Hilfe rechnet, hat den gröfsfcen Teil seiner Armee bei
Ligny versammeH So mufs ihn Napoleon zuvor angreifen: Ney, den
«r in jener Richtune: hat vorti:ehcn lassen, soll nach Bewältigun;^ des
ihm bei Qu;itt\'-Bras gnptnül>ür.stehenden Feindes gep;on Blüchers
Planke und Kucken einschwenken. Doch hierzu kommt er nicht, denn
Wellington, der sich inzwischen verstfirl^t hat, weist ihn surück.
Trotadem fesselt Napoleon bei Ligny noch einmal den Sieg an seine
Adler, ftoilioh keinen solchen, wie er ihn gebraucht und auch erringen
kann. Br venrollständigt ihn aber auch nicht einmal durch eme
energische Verfolgung. Zu spät wird Orouchy am 17. zu dieser angesetzt,
so dafs die Preufsen auf Wawre zurückgehen können, wo sie nicht
rechtzeitig entdeckt werden Und ebenfalls zu spät bricht Napoleon
gegen Wellington auf, der intnl>r( d*»ssen ungestört in die Stellung süd-
lich von Waterloo zurückgehen kariii, vor der die französische Armee
ao spät eintrifft, daTs sie am 17. iiichi mehr zum Autmarsch kommt.
So kann Napoleon seinen Gegner am 18. erst gegen Mittag an-
greifen. Im VertrauMi auf die ihm von Blfioher angesagte KUfls hilt
dieser Stand. Und diese Hilfe erscheint rechtaeitig. Gleich bei Beginn
der Schlacht matB Napolieon einen Teil seiner Annee gegen das seine
rechte Flanke bedrohende Korps Bülow entsenden, und als dann in
dem gewaltigen fVontalen Ringen die Franzosen trotz ihrer nunmehrigen
Minderzahl doch noch den Sieg an sich zu reifsen scheinen, erscheint
auch noch dfis Korps Zielen. Vergebens setzt Napoleon, der klar er-
kannt hai. dais, wenn er hier nicht entscheidend siegt, es tür immer
um ihn geschehen ist, seine letzten Reserven ein, wodurch er sich
auch noch des Mittels begibt, der das Verderben vollendenden rastlosen
Verfolgung durch die Preufoen einen Damm su setaen. Von der
gansen Armee kehren nur die HeerteUe unter Grouchy, die am 18. und
19. bei Wawre gegen das prou£risohe Korps Thielmann gefochten haben,
in geordnetem Zustande Aber die Grenze zurück.
Dies über den Stoff und seine Anordnung. Die Darstellung ist
eine überaus fesselnde, die Form eine geradezu vollendete. Auch in-
haltlich sind höchstens zu den beiden letzten Kapiteln einige Bemer-
kungen zu luaciien. Wenn in ihnen der Hauptwert auf die intellektu-
ellen Faktoren und die strategischen Verhältnisse gelegt wird, so ist
im allgemeinen dagegen kaum etwas zu sagen. Trotzdem ist — gerade
bei dem hervorragenden Talent des Verfhssers fttr Forschung, Beur-
teilung und Darstellung — zu bedauern, dafs die taktischen Verliftltnisse
nicht etwas eingehender behandelt sind» und dals er nicht z. B. das
noch immer über der Schlacht von Ligny schwebende Dunkel mit
Hilfe der Truppenberichte gelichtet hat. So bleibt hier eine Lücke,
die auszufüllen sich nur schwer ein berufenerer Autor finden wird.
An der Beurteilung der strategischen Verhältnisse dürfte kaum
Digitized by Google
608
Litantor.
etwas aufltufietzen sein. Vielleicht hätte es noch mehr hervorgehoben^
werden können, dafe bei der konzentrischen Anordnung des französi-
schen Vormarsches am 16. mit einem starken Widerstände bei Char!*^roi
gerechnet ist. Ein zweiter Einwand, zu dem gerade die Behnuptuni;
des Verfassers, Napoleon stehe 1815 noch auf der früheren Hohe,
Veranlassung gibt, kuanit^ vielleicht hinsichtlich der Beurteilung des
am 16. geplanten Marsches aui BruKtiei geuiaclil werden, die nicht
genügend von Napoleons AuflkeBmig der Lage anesugehen echeint, da
sonst die 8. 828 entwickelte Ansieht wohl entschiedener in den Vorder-
gmnd gestellt wire.
Der Sehwerpunkt der Ausführungen des Generals v. Lettow möchte
in seiner Beurteilung der drei Feldherren liegen, durch die seiner
ganzen Darstellung der Weg gewiesen wird. Der T.eser h;it den Ein-
druck. dafR der General schonungslos ihre Fehler auideckt, aber in
(durchaus berechtigter Weise beniiiht ist, sie aus ihrer Individualität
und den Verhältnissen heraus zu erklären; die angeführten Zeugnisse
sprechen fast alle für seine Auilaasung. Dals er hierbei für den volks-
tflmliehen Marsehall Vorwtrts» den er Übrigens nnabh&ngiger von
Qneisenau hinsustelleo snoht, als bisher angenommen wurden eine
griÜBere Vorliebe als für den steifen eisernen Henog an den Tag legt^
ist verständlich und sogar berechtigt Wenn er aber Wellington, von
dem er im fünften Kapitel ein durchaus sutreifendes Charakterbild
getreben hat, in seiner Tätigkeit als einen — man möchte sagen —
raiÜLanschen Jesuiten hinstellt, dem der Zweck auch dem Verbündeten
gegenüber die Mittel heiligt, so kann dem denn doch nicht unbedingt
zugestimmt werden, denn die beiden hauptsächlichsten Vorwüife. die
— abgesehen von seiner Beurteilung der preuCsischen Armee uad der
▼on ihr geleisteten Hilfe — gegen ihn erhoben werden, sind niclit ein>
wandfrei: die erst geplante Versammlung bei NItsIIbs war itebtig,.
denn die Ausdehnung der prenlnseben Vorposten bis Binohe zeigt»
dafs die Strafse Charleroi-^Mssel durch die Preufsen zu decken war»
und dann ist es durchaus nicht erwiesen, dafs er Blfloher am 16..
seine Hilfe zugesagt hat. es sprechen auch gewichtige Zeugen dagegen,
als möglich konnte er sie aber wohl am Morgen des 16. hinstellen.
Dafs gegen die Darbtelluns des Verfassers von unterrichteter Seite
sehr bald lebhafter Widerspruch erhoben wwden wird, steht sicher zu
erwarten.
Gans neu ist die AufSusung, die Qeneral v. Lettow von Napoleoa
hat. Mit Entschiedenheit verwurft er die Annahme, derselbe habe
1815 geistig und körperlich nicht mehr auf der fHiheren Höhe ge-
standen. Er begründet seine Auffsssung durch Vergleiche aus den
ihm besonders geläufigen Feldzügen von Jena und Priedland, in denen
Napoleon dieselben Fe hler gemacht habe, die dort nur anders beurteilt
seien, da er den Erfolg für sich pchnbt habe. Zweifellos bildet der
Erfolg häufig den Mafsstab der Kniik, und ebenso zweifellos hat
Napoleon auch schon früher Fehler gemacht, trotzdem kann der Auf-^
Digitized by Google
Utoratar.
609.
ftssung des Verftwsers nicht unbedingt beigepflichtet werden. Unter»
scheidet man nur zwischen geistigen und körperlichen Fähigkeiten,
dann gehören zu ersteren auch die des Charakters, und gerade
diese sind es. die bei Napoleon im Jahre IHlfi ziiHickstehen. Wohl
besals er noch die ihm auch von keiner Seite abgesprochene Fähigkeit,
grofse Entwürfe zu machen, aber die nötige Gharakterstari^e, um sich
in deren Ausführung nicht beirren zu lassen, hatte er bereits 1812
bei Smolen8l[ und Ualo-JarMlaweta — nieht mehr besessen, und der
Verlauf der seitherigen PeldsUge, die Eändrüeke des Bxils und das ihm
für den Fall des Unterliegens drohende GeschiclE waren nicht daiu an-
getan» sie ihm wiederzugeben. Und gibt General v. Lettow dies nicht
selber zu, wenn er S. 131 sagt, sein sonst so starker Wille sei gebeugt
und sein Vertrauen auf seine Kraft er«ichüttert gewesen? Geist und
Charakter sind in diesem Zusammenhange nicht zu trennen. Und
ebenso war er auch körperlich nicht mehr der frühere, dafür berichten
zu gewichtige Zeugen, die nicht leicht abzulun oder mit Stillschweigen
zu übergehen sind, über seine Sctilafsucht und seine sonstigen Leiden.
Wie 1808 in 3i Standen 19 Meilen zu Pferde znrOekzulegen, wäre ihm
1815 unmöglich gewesen. Wire er der frohere Napoleon gewesen»
hatte er seine Batwürfo und Befehle nachte angefertigt, wiire am 16.
und 17. (Hih morgens zu Pferde gewesen, liitte sich am 16. selber
überzeugt, ob es der Feind oder Erlon, der nahte, welchen letzteren
er dann ohne Zögern zur Vernichtung der Preufsen eingesetzt hätte»
und hätte nicht am 18. Ney trotz dessen erkannter Unfähigkeit und
Fehler die Leitung fast der ganzen Schlacht tiberlassen. Ks sind dies
Funkle, die nicht ubergangen werden können. Dafs er Ney und ürouchy
de» Befahl über die beiden Flügel übergab, iuuin überhaupt niclift
scharf genug getadelt werden, Davout und Soult hfitto er statt ihrer
wühlen und letzteren als m^or-gtoM durch Suchet — nicht aber
„oder durch Monthion", wie der Verfasser meint, denn dieser hatte
sich 1818 als Oeneralstabschef des Vizekönigs gar nicht bewährt —
ersetzen müssen, der Erfolg wäre ein anderer gewesen. Wie die Be-
urteilung Wellingtons, so wird auch di^jemge Napoleons kaum ohne
eine lebhafte Kontroverse bleiben.
Zieht man aus den vorstehenden Ausführungen die Schlufsfolgerung,.
80 wird dieselbe dahin lauten, dalü das Werk zwar einen hohen Wert
besitat und in der Literatur über die napoleonischen Kriege einea
bleibenden Plate einnehmen wird, dafs es aber nicht als ein abschUefsendes
Weifc Über den zwar nur kurzen, aber doch so hochinteressanten Feld-
zug anzusehen ist.
Nicht unerwähnt bleiben dürfen die wertvollen Beilagen und die
vortrefflichen Karten. Die Wiedergabe der Karte von Capitaine ist
dankenswert anzuerkennen, wenngleich zu bemerken ist, düfs sie sich
ungemein schwer liest, und dafs rs sich daher vielleicht empfohlen
hätte, die Karte 9 etwas weiter auszudehnen oder die Übersichtskarte
etwas aublührlicher zu gestalten. 0«
Digitized by Google
610
UlMitiir.
TMi 1870/71. Von Kunz, Msgor a. D. Siebsdhntes H«ft
Berlin 1904. E. S. Mittler und Sohn.
Tn Hifsem Hefte, welches „Die Kämpfe bei Fröschweiler und die
Verl iliTTi Iii:: der Franzosen" behandelt, steckt mehr wirkliche, lehr-
hafte und bi auehbare Kriegsgeschichte als in vielen dickleibigen
"Werken über den Krieg 1^!70/71, weiche über eine mehr oder minder
„verbindliehe* Art der Kriegsgeschiehtasobreibung nicht hiQWQgkommoii.
Das Heft 17 bringt nSmlieh neben peinlich gewissenliaftmr nnd unpsrtei-
isoher PeslsteUung der kriegerischen Tatsachen anch Kritik. Diese
aber ist das wahre Salz der Kriegsgeschichte und schon Kant schreibt
im Jahre 1784 (»Über Aufklärung") „Es kann einem Offizier billigermafsen
nicht verwehrt werden, als Gelehrter tiber die Fehler im Krieg-f^
Anmerkungen zu machen und diese seinem Publikum zur Beurteilung
vorzulegen".
Die Peststeil u [lg der kriegerischen Vorgänge am hin de der Schlacht
▼Ott W5rth war aufserordentUch schwor, weil es galt, eine Unmenge
BinzelaBgabeii, die sieh teilweise widerspraehen, su prüfen und ans
ihnen ein branchbares, nngetShr zntrelfendes Gesamtbild sn gewinnen.
Das ist Major Kunz YortreflTlich gelungen. Br gibt dabei wiedefbolt
ohne Schönlirl>erei eine nach Truppenteilen geordnete Zusanunen-
Btellung der verschiedenen Kampfgruppen zu bestimmt<^n '/eiten nif<»^
Zusammenstellungen — deren Schwierigkeiten nur der ermessen kann,
welciier sich mit ähnlichen Arbeiten beschäftigt hat — reden deutlicher
wie langaiinige Erörterungen von der aligemeinen Auflösung der
taktischen Verbände auf deutscher Seite. Solche Erscheinungen
müssen unter allen Umsitnden in dem Umlhnge, wie sie Major Knni
ittr WOrth nachweist, unsererseits für sukünftige Kriege Tennieden
werden, sonst sind Niederlagen nnTenneidlich. Die deutsche Inihnterie
war 1870 nicht kriegsmäCsig ausgebildet, dran Hinterlader gegraüber.
auch nicht was die taktische Führung bis zum Brigadeverband angeht.
Das hat schon Hoenig treffend für den 18. August 1870 nachgewiesen
und Major Kunz tut es mit lapidarer Deutlichkeit für die Schlacht von
Wörth. Man kuinme also niclu iuiiuer wieder mu (icm abgeleierten und
gefährlichen Schlagwort „Tradition", was taktische Dinge und taktische
Friedensaosbildnng angeht, sonst sind ihnliche BrschsiDungen, wie die
hier berührten, unausbleiblich.
M^jorKunz weist femer nach, dalb eine irgendwie geschlossene
Reserve, welche diesen Namen verdient, auf deutscher Seite vor
der Eroberung von Fröschweiler nicht vorhanden war. Zieht man
in Betracht dafs — wie Ohprstleutnant Schorh in den März- und
Aprilheften der Jahrbücher überzeugend nachgewiesen hat — es
lediglich von einem Zufalle abgehangen hat. dafs das fünfte fran-
zösische Armeekorps nicht rechtzeitig auf dem Schlachtfelde von
IVürth eingstroiTen ist, so ergibt sich das Weitere Ton selbst, wenn
llao Ifahon g^p dasBnde der Schlacht noch Ober Reserven verfügt hitte
Dlgitized by Google
Jitoratiir.
6U
Sehr zu Danke verpflichtet ist weiterhin die Kiiegsgeschichto dem
Verfasser des Hcftos 17, dafs er wiederholt klipp und klar die Unter-
la8sung:J?siinden des (ipnorals von Biumenthal als Chet des Stabes des
ni. Armeekorps v. ahi t iid der Schljichl von Wörth festlegt. Es ist mir.
offen gestanden, inemais vei^Ktiiiiulicli gt^N csen. worin denn eigentlich
die Verdienste des Generais von blunieniliul in der ganzen Zeit vom
4. — 7. August 1870 bestanden haben und ich freue mich, dafs Major
Kuni für diese meine Auffeseong fieUge beibringt Über den Per<
eonen muCe die ehrliche und furchtlose Absicht stehen die
Wahrheit zu suchen — sonst stecke man lieber dieganste Kriegs-
geschichtsschreiberei auf — , allerdings stets in vornehmer, niemals
persönlich verletzender Form. Nach dieser Richtung — in Sachen
de-< Suchens nach kriegsgeschirhtlirhor Wahrheit — bringt Heft 17
auch einen sehr bemerkenswerten Beitrag. Seither wurde allgemein
angenommen, dafs das Abweichen des Generahiiajors von Starckloft',
Kommandeur der 2. Württembergischen Feldbrigade, von dem Befehl
des Oberkommandos, auf Reichshofen vonustofsen, ein Fehler gewesen,
weil hierdurch eine unmittelbar wirlcsame Verfolgung der Fransosen ver-
säumt worden sei. Diese Auffassung, welcher ich auch s. Z. in einer
taktisch-kritischen Studie „Wörth" Ausdruck gegeben hatte, stellt Major
Kunznunmehr als irrig dar. Ich habe hierzu zweierlei zu bemerken.
Erstens: dafs jene mifsbilligenden Urteile vollkommen berechtigt waren
nach dem iStande der damaligen Kriegsgeschichtsschreibiinp: über Wörth.
Major Kunz hat selbst in seinem „Wörth" diesen Standpunkt eingenom-
nien und ist selbstredend jetzt ritterlich genug, seinen Irrtum einzusehen.
Das werden ebenso selbstredend alle diejenigen tun, die nunmehr eines
besseren belehrt sind. Bs wiie taftsiehlich unmöglich für die Brigade
▼on Starckloir gewesen, durch einen Vorstofs auf Reichshofen der
geschlagenen französischen Armee noch besondere Verluste beisubringen.
Ebenso ist es richtig, dafs General von StarcUoiT in erster Linie durch
die dringende Vorstellungen des Generals von Sandrari und dann auch
durrh persönlichen Eindruck die Überzeugung gewonnen hatte, dafs
seine Hille bei iilsafshauson sehr wünschenswert sei.
Aber trotzdem möchte ich den Grundsatz als richtig aufrecht
erhalten, dafs ein General, welcher auf die Rückzugs! i nie des
Feindes eingesetzt ist, sich durch alle Gesuche um „Hille mcht von
seinem höheren Ziele, den Feind vernichten m helfen, abbringen
lassen darf. Dafs General vonStarckloS aus Gründen schwierig verstopfter
Wege usw. dieses Ziel nur in besohrSnktem HaCBO zu erreichen Aussiebt
hatte, konnte er im voraus nicht wissen. Auch mufs ich entschieden be-
streiten, dafs durch das Nichteingreifen der Brigade Starckloff bei
PrÖSchweilor die Schlacht hätte wieder verloren gehen können. Eis
h&tte dann vielleicht noch ein kui'zer Rückschlag zugunsten der
Franzosen eiiitreLen können, aber die nachdrängenden deutschen Massen
waren zu grofs um das Schicksal des Tages in Frage zu stellen. Im
Gegenteil würde dieser Zeitgewinn eines kurzen iranzösischen Rück-
Digitized by Google
612
Utenlnr.
scblageB dem Genend von StareUoff bei seiner ihm xugedaehten
Rolle ruißrute gekommen sei.
Zum Schlufs halte ich es für meine Ulicfit, das auf S. 102—106
von Major Kunz in bezug auf die Zusammensetzung der Feld-
armee. Ausstattung mit Chargen und Entziehen der besten
Kräfte des Friedensstandes durch unendliche Neuformationen
Gesagte als gendesu goldene Worte m beaetohnen. Sie aeUlefaen dut^
«HS berechtigt gerade an die Schlacht von WOrth an. Denn alle dieee
Mifsetinde, die damals sohon sich bemerkbar machten, mfllsten sieh
jetzt, weil die Neuformationen gegen 1870 ungeheuer gewachsen sind,
mit Naturnotwendigkeit in noch viel höherem Grade fühlbar machen.
Und dafs die ethischen Faktoren im Heere gegen 1870 eine Ver-
änderung erfahren haben, auch das hebt Mi^or Kunz durchaus richtig
hervor. Keim.
mi Beiwict nd Fllig in BetttMiMidwttrtallrika. Von Hauptmann
Schwabe. Zweite Auflage. Berlin 1904. B. 8. Mittler und
Sohn.
Das gut geschriebene mit zahlreichen Abbildungen versehene und
sehr hfibfich ausgestattete Buch hat gerade in der jetzigen Zeit
besonderes Interesse. Die Hereros, welche jetzt in so niederträchtiger
Weise unsere Landsleute überfallen, Mord und Verwüstung in weite
Gebiete des deutschen Schutzgebietes getragen haben, sind alte Be-
kannte des Hauptmann ächwabe. Er hat die erste gröfsere Militärstation
Otyimbingue im Hererogebiet angelegt, die Hereros im Frieden und
Krieg kennen gelernt — es war schon ehimal im Jahre 1896 ein Auf-
stand derselben niedersuschlagen — und sehi UrteQ fiber dieselben
lautet nichts weniger als günstig. Er nennt sie mifstrauisch, dflnkel-
h^ stolz und wiederum bettelliafl hündisch. Itignerisch und treulos,
gewalttätig und grausam. Dafs gegen ein solches Volk Milde und die
von den Nichtkennern afrikanischer Verhältnisse so oft am grünen
Tisch oder in den Parlamenten empfohlene „Humanität" durchaus
nicht am i'iatze ist, haben ja inzwischen die Ereignisse allzudeuUich
gelehrt!
Auch das so oft gehdrte Schlagwort vom JMIUtarfsmus* in unseren
Kolonien soUte man etwas vorsichtiger gebrauchen. Nach Durehleeen
des ebenso interessanten wie liebenswllrdigen Buches des Hauptmann
Schwabe wird jeder Unbefangene die gröfstc Hochachtung empfinden
ftir die rastlose und selbstverl^'Uf^nonde Tätigkeit unserer Schutztruppe
und vor allem ihrer Offiziere im Intt ref^se des Deutschtums in unseren
Kolonien. Ohne diesrn „Militarismus ' würde es eine deutsche Herr-
schaft in Südwestafrika gar nicht geben, denn sie mufs voriäuüg mit
den Waffen in der Hand Yorteidigt werden. Die groben Verluste an
heldenhaft gestorbenen Offizieren und Uannschaften reden da eine
beredte Sprache! Nach Jahrsehnten mag das anders werden. Aber
bis auf weiteres kann weder der deutsche Ansiedler noch der deutsche
Digitized by Google
Literatur.
613
Kaufmann das militiriadie Element» als durohaua unentbehrlieh, in
SlldwestafHka nicht missen. Wertrolle statistische» volkswirtschaftliche,
ethnographische usw. Notizen und AusfQhnmgen sind in dem Buche
zu finden. Ein Beweis, dafs unsere Offiziere und Beamte in den Kolonien
für die Aufschliefsung und Nutzbannachen derselt)en offenen Blick und
pnüctiscbes Verst&ndnis besitzen. Keim.
Die Ausbildung für den Krieg. II. Teil. Die Übungen derTriippen,
mit 6 Karten von Frhr. v. Faikeahausen, Gun. «i. init. z. D.,
zuletst komm. Qen. des Xm. (Rgt. Württemberg) Armeekorps.
Berlin 1904. B. S. Mittler & Sohn.
Während der I. Teil dieses Werkes die Übungen (Qr die höheren
Führer umf^st, ist Verf. jetzt von den Übungen gröllsten Umfhngs
stufenweise bis zu den ersten Anflängen der Ausbildung herabgestiegen,
indem er bei joder Stufe die auf ihr zu erzielende kriegsgemäfse Aus«
bildung aus den Aufgaben der nächst höheren Stufe ableitet und
nachweist
Zunächst werden die Korps-, LüVisions- uud Brigademanöver durch-
genommen und an Aufgaben mit Verlauf und Besprechung erUtuterL
Der leitende Gedanke ist hierbei, dafs das Zusammenwhrken der ver^
schiedenen Waffengattungen in der Hand der höheren Ftthrer nach
dem Vorbilde kriegerischer Tfttigkeit in gröfserem Rahmen erzielt wird.
Die Korpsmanöver seien die wichtigsten, die anderen Vorbereitung zu
denselben, aber als solche unentbehrlich. Die Brig'ademanöver lassen
sich wegen der viertägigen Dauer und der geringen Truppen mit täg-
lichem Zusammenstofs am schwersten kriegsähniich gestalten. Hier
wird häufigere Änderung in der Kriegslage empfohlen. Der Über-
legenheit an Zahl dürfe keine ausschlaggebende Bedeutung boigolegt
werden — (was wohl am zutreffendsten fQr die Artillerie gilt; nur zu
oft entscheidet in der Kritik eine Batterie mehr!).
Der II. Abschnitt behandelt die Übungen grtilaerer Verbände (Bri-
gaden und Regimenter) der einzelnen Waffengattungen auf den Truppen-
übungsplätzen oder im Gelände. Durch sie soll die unmittelbare Vor-
bereitung für die kriegerische Einheit der Division zum Kampfe in
grufseren Verbänden bewirkt werden. Insbesondere handele es sich
bei der Infanterie um Erlernung des einiioitlichen Angriffs, bei der
Kavallerie um Aufklärung und geschlossene Attacken, bei der Artillerie
um einheitlichee geschicktes Auftreten. Die Brigaden und Regimenter
sollen bei Anlage der Übungen in der Regel als Teile der höheren
Truppenverbftnde betrachtet, besonders auch die Mitwirkung eigener
und feindlicher Artillerie in bestimmter Weise angenommen werden.
Je gröfser der Verband, desto wichtiger sei die Übung des Überganges
aus der Marschkolonne /um Gefecht. Mehrere lehrreiche Aufgaben
veranschaulichen die Ausführungen des Verf.
In den darauffolgenden „grundlegenden Übungen in den Stand-
orten" tritt der rein disziplinäre Zweck, die Erzielung der Manneszucht
Digitized by Google
614
Utentnf.
hervor, ohne welche die Truppe im Kriege versagt Für die gefechte-
mäfsige Ausbildung der Bataillone und Kompagnien halt Verf. unsere
Unterscheidnner, ob der Ex*T7,inrplatz als Gelände oder nicht als Ge-
lände anzunehmen sei. auf ürund vieler Erfahrungen für unzweckmäßig,
betont aber besonders, dafs es richtiger sei. die Ansicht über die Un-
möglichkeit des Angrifl's unter schwierigen Verhältnissen (über die
Ebene in der Front) zu bekämpfen, als ihr Vorschub in toiaten. Auch
die Kavallerie und Artillerie könnten sonst dam kommen, Attaekei
bezw. Auffohren in eine Stettung „ohne Deckung* als unmöglich
bezeichnen. — Verf. stellt sieh damit in Oegensats su Schlichting —
will aber in keinen doch nur onfraohtbaren Meinungsaustausch ein-
treten.
Der IV. Abschnitt bespricht die Schiefsübungen. Hervorgehoben
wird die Wichtigkeil, wirklich kriegsgemäfse Ziele, die aber doch noch
einige .\ussicht auf Treffer haben, bei dem gefechtsmäfsigen Schiefsen
aufzustellen, also breite und niedrige, in angemessener mitüeier Ent-
fernung. Bei der Artillerie herrscht die Neigung vor, zu hohe und
zu deutlich sichtbare Zäele zu wühlen, um bessere Treffergebnisse zn
erzielen. — Gleichseitige Schiefsttbungen gemischter Waffen werden
verworfen, da die erforderlichen Sicherheitsmabregeln einen wirklich
kriegsgemftfsen Verlauf einer solchen Gefechts- und Schiefsübung doch
hindern. Ebenso wird im V. Abschnitt über Schiefsübungen <\n
Pufsartiil' rif^ im Kampf um befestigte Feldstellungen die Kombination
einer SchiefsUbung mit einer Truppenübung nicht befürwortet.
Recht ansprechend ist das Schhifswort, in welchem Verf. empfiehlt,
bei den Untergebenen besonders die Initiative, die Selbstätigkeit und
selbständige Auffassung zu erziehen, eine sehSdliche Oberspannung
der Krftfte infolge unzweokmäbiger Woge zu vermeiden, und bei Be-
sichtigungen anregend und fördernd zu vrirken, ohne Ififsmut zu er-
regen oder Besorgnis zu erwecken.
Die Anschauungen und Ausführungen des Verf. stehen fast durch-
weg im Kin klang mit unseren Bestimmungen und enthalten di-- Er-
fahrungen eines hochbedeuienden. u. a. bei Moltke und Goeben ge-
schulten Offiziers, der zwei Kriege mitgemacht und in weciiselvoller
Dienstzeit die höchste militärische Stufe erreicht hat. Leicht ver-
ständlich und geistvoll geschrieben, wird dieser II. Teil seines Werkes
Beifall in weiten Offizierskreisen finden. v. Twardowski.
Beiträge zur taktiaehen Ausbildung «ttsenr Onafere. I. Offizier-
felddienstübungen. Von Litzmann, Generalleutnant und Direktor
der Kriejjsakadeinie. 142 S. Mit 1 Kroki, 2 Skizzen und Bl.itt
Cosel ifr deutschen Keichskarte. Viorte durchgesehene Aullage.
Berlin 1094. Verlag von U. Eisenschmidt. Preis 3 Mk.
Ein Werk, welches in vierter Auflage vorliegt, bedarf keiner Worte
der Empfehlung, es hat seinen festen Platz in dor Militärllleratur cre-
wonnen und wird ihn auch zweifelsohne dank seiner Eigenart in Zu-
Digitized by Googl
literatnr.
615
kunlt behaupten. Hannigfaehe Änderungen sind in der 4. Auflage
Yorgenoramen, Sorgföltige Beräcksiohtigung haben alle neuon Dienst-
irorschriften. sowie auch die Erfahrungen dea Burenkrieges gefunden,
indem durchwe«j: den neue^t^n Anschauungen über das Infanterie-
getecht Rechnung getragen wurde. Die bisherigen Beispiele sind
noch einmal nach Inhalt und Form übergearbeitet. Recht lohrreich
ist die Aufgabe 4 aus dem Etappenkrieg ohne einen tatsächlichen
Gegner, Zu den sieben bislang vorhandenen Aufgaben ist eine neue
getreten, welche dnen beherzigenairerteD Fingerzeig für unsere Priedens-
ausbildung gibt, die TStigkeit von OfBaierpatrouiUen angesichts einer
befestigten Feldstellung, welehe auf einen Obnngsritt erkundet, dann
8, T. fertiggestellt, besetzt und angegriffen wurde. Diese Aufgabe gab
Gelegenheit. Anfertigung der vom Exerzierreglement für die Feld-
artillerie lö99 Ziffer 3öl empfohlenen Ansichtsskizzen einmal praktisch
zu üben.
Der trefl"lich klarguicgte Unterschied zwischen Gefechts- und Peld-
dienslübungen sei besonderer Beachtung empfohlen, ein Verkennen der
hier niedergelegten Grundsätze kann zum Mifsglücken an und l'ür sich
sonst gut veranlagter Übungen beitragen.
Voll und ganz wird man femer dem beipflichten, was der Herr
Verf. tiber Anlage, Leitung und Besprechung von Felddienstaufgaben
sagt; ein scrgßUtiges Studium des Buches kann allen denen empfohlen
werden, weiche berufen sind, die Ausbildung der Truppe in dieser
Richtung zu leiten. Sorgfältigste Zeitausnutzung ist aber hier geboten,
gerade dir» Pelddienstausbildung der Truppe bedarf eines sorgfältigen,
wohl überlegten Planes, wenn der Zweck erreicht werden soll. Sklavi-
sche Nachahmung des hier gebotenen kann nicht zum Ziele führen,
gerade in dieser Richtung, welche in dem „non multa sed multum'*
gipfelt, erbliid^en wir einen besonderen Vorzug des Buches, indem es
nicht ein geistloses Schema bietet, sondern geradezu die eigene Selbst-
tätigkeit hervorruft. In dieser Weise benutzt, wird das Buch von her^
vorragendem Nutzen sein und wirksam die taktische Ausbildung un-
seres Offlaierkcrps fördern. B,
Das deutsihe Offizierkorps uud seine Aufgaben in der Gegenwart.
Den Kameraden gewidmet von Paul von Schmidt. General-
major z. D. W. Schultz - Engelhard, Verlag für Militärliteratur.
Beriin 1904.
Dankbar begrflfst die Armee die Stimmen ihrer alten Kameraden,
weiche es sich zum Ziele setzen, das Offlzierkorps auf seine idealen
Orundanschauungen hinzuweisen und dasselbe dadurch fSr seine vor^
nehmste Aufgabe, die „Erziehung des Soldaten**, zu rüsten.
Wer wäre dazu mehr berufen als diejenigen, die ihr lebelang als
Erzieher des* Offizierkorps wirkten.
Hatte der Herr Verf. bereits vor zwölf Jahren in seiner Schrift:
«Das deutsche Offiziertum und die Zeitströmungen" dafür gestritten.
Digitized by Google
«16
Literatur.
dafs die Ati^ben des Ottsien nur unter Festhalten an den idealen
iSrundansohaunngen seines Standes zu ISsen sind, lieute ist sein Maiin-
wort erst reelii am Platae.
Nictait das Bestreben etwa, die in Frage kommenden Punkte mit
nlljEremeinen Redewondunj»en nhzutun, sondern die wichticen Prag:en
so zu srhildern. wie sio sich in Wirklichkeit gestalten, hat ihn geleit^»l.
Er sehn cid Ol den ( Hiizierersatz. die Zukunft des Offiziers, das gesamte
dienstliche und private Leben des Offiziers nicht nur flüchtig an; er
tritt vieimelir frei und offen mit seinen Ansichten über den Luxus,
Ofllsierlrasinosp Qeldlieiraten, den Offizier in Zivil u. dgL lienror und
verficht Imitftvoll den alten bewfthrten .Standpunkt der ESInfoehheit und
Soblichtheit im Leben der Kameraden. Wer m5ohte ihm da nieht bei-
etimmen !
Ah*»r er geht noch weiter. Elr berührt „die höchsten Aufgaben
des Otlizirrk M pp", die »Stpllung des Offiziers als „Krzieherund Lehrer**.
Wie segensreich hat der Herr Verf. bereits gewirkt in bezug auf
diese erzieherischen Aufgaben des Offiziers! Wer seine Schriften über
die lüriegsartikel, im besonderen die Pfiiohtenlelire gelesen hat, dem
werden sie eine uneraehöpfliche Fundgrube, eine Anregung zu eigener
Oedankenarbeit geworden sein.
Ist doch der OlBsler, heute noch mehr wie früher, dazu berafeUt
durch seine Auffassung der eigenartigen Berufspflichten seines schönen
Standes, durch sein eigenes Beispiel erzieherisch auf seinf* Umgebung
einzuwirken. Wer wollte leugnen, dafs er hierzu auch imstande istl
Auch der jüngste der i\ameraden kann seine Leute durch söine ideale
Auffassung der Berufspflichten zum guten anfeuern, in ihnen jene Be-
geisterung entfachen, die sie vom bösen fernhält Dann wird auch
die Stellung su seinen Soldaten die richtige sein, MÜshandlungen werden
mehr und mehr abnehmen und gar maneher, der von den staatsfbind-
lieben Parteien eines anderen belehrt war, wird voller Vertrauen lu
seinem Offizier aufiichauen lernen.
In diesem Vertrauen aber gipfelt die Aufgabe des Offiziers; dieses
macht den gemeinen Mann willfährig in dem Alltäglichen des FViedens-
dienstes; es wird aber dazu beitragen, dab er im Ernstfälle wilienloe
seinem Führer in den Tod folgt.
Möchte die vorliegende Schrift den reichen Segen stiften, der der
guten Sache zu wünschen ist 63,
Unsere Pioniere. Bine historische und organisatorische Studie von
Karl Schweninger, KgL Bayr. Oberst a. D. Berlin 1904.
A. Bath. 1,50 Mk.
Als Generalleutnant v. Beeck im vorigen Jahr die wichtigsten Er-
fordernisse der Armee skizzierte und beleuchtete, auf welche die närhste
Militärvorlage werde Rücksicht nehmen müssen, übersah er erfreu! u her-
weise auch die Pioniertruppe nicht und liefs ein helles Streifliclu auf
deren q^uantitatives Mifsverhältnis fallen, indem er bereciinete, dafs
Literatur.
617
«unsere 26 Bataillone nicht einmal den Bedürfnissen der Feldarmee zu
genügen vermöchten: es fehlen hierzu nicht weniger als 6 Bataillone,
•und tur j^elagerungsformationen sowie KeBlungsbesatzung ist auch
daim nooh kein Mann ttbrig. Aus dar obeffliehfielien Art, wie er die
Pioniere im Vergleich mit den anderen Waffen behandelt» ist aber zu
'entnehmen, daes man an jener Stelle, wo der General geraume Zeit
t£tig war, vielleicht die Notwendigkeit einer Vermehrung der Pioniere
•endlich eingesehen hat, für die Fragen ihrer Organisation, ihrer Aus-
rüstung und Verwendung aber noch gar kein Verständnis hat. Wie
gering dies bei den Truppen tuhrern noch ist. zeigt das Buch des
(lenerals v. Palkenhaiisen „Ausbildung für den Krieg", das sich auf
das äurgimligäte mit allen Truppenübungen biä zu den ächiefsübungen
-der Puls- und PeldartiUerie bescUlftigt, aber für die gröberen Pionier-
Übungen kein Wort dbrig hat, und bei den behandelten zahlreichen
Herbatttbungen nicht ein einziges Mal Gelegenheit findet, die Pioniere
in zweckentsprechender Weise zu verwenden, obgleich das Gelände
vielfach geradezu hierzu aufforderte. Und auch die Kritik hat im all-
gemeinen daran keinen Anstofs genommen: für die Armee ist die
Kriegstechnik noch immer eine zu vernachlässigende Nebensache.
Da tritt Ober.st Schweiiinger mit ernst mahnenden Worten auf den
Plan, um die seit hundert Jahren schwebende und immer dringlicher
^wordene Frage der technischen Waffe der LiSsuiig näher zu fahren,
indem er geechichtlich nachweist, welche Hemmnisse, welche kritischen
Lagen unseren Armeen ans deren YemachlSssigung erwachsen sind,
welche Gefahren ihnen in Zukunft lievorstehen, wenn nicht endlich
•die „Grofstat ersten Ranges" ihrer zweckentsprechenden Organisation
in die Wege geleitet wird. Der erste Schritt ist ja dank dem Wagemut
des Generals v, d. Goltz mit der endlich ausgeführten Losreifsung der
Pioniere von dem Ingenleui ktit ns s^etan. und eine freiere Entwickeking ist
unter der Leitung eigener Brigadekunimundeure ermöglicht; aber die Zahl
Bataillone ist bei weitem nidit ausrechend, um den enorm ge-
steigerten Ansprüchen an ihre Leistungen zu entsprechen, und die
Ausbildung Ist auf einen fiüschen Weg geraten, die Kriegsvorbereitung
entspricht nicht der Kriegsaufgabe, welche den Pionieren gestellt ist.
Schweninger kann so weit der vollen Zustimmung der Waffe und
aller bisher für ihre Neuorganisation eingetretenen Schriftsteller sicher
sein, aber über seine Vorschläge wird man sich nicht ohne weiteres einig
sein, denn sie weichen von bisherigen in einigen ni<'ht unwesentlichen
l'uniiten ab: Aufstellung von 2 Bataillonen im Regimenlsverbande für
Jedes Armeekorps, und deren Unterstellung unter die Generalkommandos,
in technischer Beziehung unter die Pionierinspekteure, deren Spitze
eine „Generalinspektion der Pioniere** bildet Jedoch erscheint es nicht
unzweckmärsig, die beiden Häupter, d. h. Generalinspekteure der Pioniere
ttnd der Festungen durch ein drittes» den „Chef des Ingenieurstabes
der Armee" überragen zu lassen, ^der dnnü nirht mehr Ingenieur ist,
sondern einer jener Generale sein iniifs. der unabhängig von der Waffe,
J&lirb&elMr f&r die doaUche Armee und Uarine. Ko. Mt. 41
Digitized by Google
6X8
.Uteratur.
aus der er stammt» auf der hohen Warte der Kriege und Heerftlhrang
und ihrer Vorbereitung im Frieden steht* Die AnsbUdung als «Bln-
heitepionier", welehe Sohwenhiger als Rilcksehritt belraehtot, ist ange-
sichts der Überlastung mit technischen Dienstsweigen nieht mehr
durchführbar. Von anderer Seite war deshalb voi^eschlagen worden,
neben den hauptsfichlich als Pontoniere auszubildenden Peldpionieren
Festungspioniere aufzustellen, dcnon neben dem eip-enüichen Pionier-
dienst hauptsächlich die Bedienung des olurmgeräieb zufallen würde.
Der Verf. ist dagegen der Ansicht — und ich nehme kein Bedenken,
ihm darin Recht zu geben — dafs eine Verminderung der Pontoniere
mit Rfieksioht auf den Bedarf wohl angängig und mit Rücksicht auf
den BrsatB nur vorteilhaft wfire; pro Armee][orps wQrden 2 Kompagnien
vollständig genügen. Die anderen Kompagnien würden als Pioniere
auszubilden und demnach wieder Fachkompagnien zu bilden sein», wie
sie z. B. auch Frank reich wieder einzuführen im Begriff ist. Der vom
Pontonierdienst befreite Pionier würde im Feld- und Festungskrieg
verwendbar sein und die AulsteUung von Festungspionieren entbehrlich
machen.
Im Kriege erhält jede Division je 1 Pontonier- und 1 Pionier-
kumpagniü, dazu je einen Brückentruiu, jede Armee eine „Pionierreserve
des Feldheeres**, welehe als Avantgarde der «Pioniertruppe für den
Pestungskrieg** (in Stirlce von mindestens 6 Bataillonen) ssu betrachten
ist. Hierzu liommen Etappenpionierkompagnien und neben den Ersata-
die Besatzangstruppen, welche aus Reserve- und Ijandwehrformationea
bestehen können. Der Bedarf der Feldarmee würde sich auf etwa
150 Kompasrnien belaufen und ungefähr dieselbe Zahl ergeben, wie sie
v. Beeck berechnet, wenn man seinen 32 Feldbataillonen noch eine
entsprechende Anzahl für Belagerungsformationen hinzurechnet. Die
Pionierinspekteure treten zu den Armeeoberkommandos, die Regiments-
kommandeure zu den Generalkommandos. — loh räume ein, dafs diese
Vorsohlüge durchaus sweckmäfsig sind, dafs bei dieser O^gaiüsation
auch die Pestungspioniere entbehrlich sind, und sohlleiM mich auf
dieser Basis Sehweningers Adresse an den Chef der preulsisehen
Kriegävorwaltung an: ^Möge er endlich auch den Pionieren nach
hunder^ährigem mühevollen Kampfe mit schwierigsten Verhöltnissen
zu ihrem Rechte verhelfen, zum Heile der Armee und ihrer vollkom-
menen Kriegsvorbereitung in allen Teilen für die gewaltigen Aufgaben
eines zukünftigen Krieges!'' H. Frobenius.
Die Biehtmittel der Gesehltae. Von Anton Korsen, k. u. k. Ar-
tillerieoberingenieur und Lehrer an der Kriegsschule. Mit 12
Tafeln. Sonderabdruck aas den «Mitteilungen über Gegenstände
des Artillerie- und Geniewesens". Wien 1904. Im Selbstverlage
der Redoktion obiger »Mitteilungen". Wien VI in Kommission bei
R. v. \\'aldheim.
Die Vervollkommnung der Geschütze hat sich auerst auf die Er-
Digitized by Google
Literatar.
619
höhung der baUistiBohen Leistung, sodann auf diederPeuergeschwindig-
keit erstreckt, die durch die Annahme des Rohrrücklaufs eine schwer-
lich zu überbietende Höhe erreicht hat. Neuerdings hat man auch
der Vervollkommniinp; der Richtraittcl seine Aufmerksamkeit zugewendet,
nicht nur um die Präzision des Richtens zu erhöhen, sondern auch
um die dazu erforderliche Zeit abzukürzen. Die gesteigerte Wirkung
der modernen Feuerwaffen nüugt zu vermehrter Ausnutzung der
Deelmngen und bat dadurch eine ganz neue bis düiin unbeikaiinta
Klasse von Richtmitteln ins Leben gerufen, die daxu dienen, Gesohfilaen»
von denen aus das Ziel gar nicht au sehen ist, eine genaue Richtung
sowohl nach der Seite als auch nach der Höhe zu geben. Über alle
diese Richtmittel, sowolü für Feld- als auch Festungs- und Küsten-
geschütze, gibt das vorliegende Werk nach den besten Quellen (Patent-
schriften etc.) eingehende Auskunft, d. h. nicht nur eine Beschreihiing,
sondern auch eine Beurteilung. Es hat vornehmlich für Offiziere» die
sich eingehend mit der ArtUlerietechnik beschäftigen wollen, Wert
Sannlng taktbwliet Anflgalieii alt USwagtut, Pttr Offlsiere aller
Waffen zur Verbereitung fflr Prüfungen und Aufls&bensteUung
im Frontdienst. Mit 2 Karten, einer Über ich tsskizae und einer
Skizze im Text. Von Hoppenstedt, iliuptmnnn und Lohrer
an der Kriegsschule Potsdam. Berlin 1903. E. S. Mittler & Sohn.
Mit unermüdlichem Eifer sorgt der bewährte Kriegsschuliehrer
datür, weit über den Rahmen seines augenblicklichen Wirkungskreises
hinaus anregend zu wirken.
Das vorliegende Buch enthält eine Sammlung von Aufgaben nebst
Lösungen, welche jedem Offizier reichen Stoff zum Studium bieten.
Besonders interessant sind eine Anzahl von Prflftangsaullsaben zur
Kriegsakademie, die zum Teil aul das Gebiet von Meta, in dem sich
auch die übrigen abspielen, übertragen sind.
Möchte die Sammlung nicht nur denen, welche sich zur Kriegs-
akademie vorbereiten, sondern allen Offizieren, besonders auch hin-
sichtlich kriegsgemälser Au^abensteUung, von Nutzen sein! 63.
GeaeUehte te HuioTflnehea Jfigerbatailloiis Nr. 10. Von von
Oottberg, Hauptmann, von Bschwege. Hauptmann. Mit
Abbildungen, Textskizzen und Karten. Berlin 190S. B. J. Mittler
u. Sohn, Hofbuchhandlung.
Das vorliegende Werk gibt mit der Geschichte des heutigen
Königlich Preufsischen Hannoverschen Jäc-erbataillons als Vorgeschichte
desselben auch die Geschichte der ehedem Königlich Hannoverschen
Jäger (Garde-. 1., 2. und 3. Jägerbataillon). Seine Majestät Kaiser
Wilhelm II. hat bekanntlich unter dem 24. Januar 1699 bestimmt, daSs
die preuürischen Thippenteile, welche die alten hannovenchen Soldaten
in sieh aul]senommen hatten, die Trfiger der Überlieferungen der
firttheren hannoverschen Regimenter sein und deren Auszeichnungen
41*
^uj ui.uo uy Google
620
Lttwatur.
weiter führen sollten. Das 10. Jägerbataillon sollte als eins mit dem
obengenannten hannoverscbon iHjrern rtnir^sphen werden und den
19. Dezember 1803 als StiltungsutK > rhiilroii Die Namen: „Peninsula.
Waterloo. Venia del Pozo" an der Kopibedeckung erinnern an die Aus-
zeichnungen der alten hannoverschen Jäger.
In eingehender Weise, gestützt auf treffliche Quellen, ist die Ge-
scbiobto der althannoTorschen Jäger von 1808—1866 geechüdert. Bine
Reihe von Kartenskizzen, Oefechtsplänen, ja bildliche Darstellungen
erl&utem den gewandt geschriebenen Text« der ein interessantes BOd
der Schicksale der Königlich Hannoverschen Jäger, namentlich die sehr
wechselnden der leichten Bataillone im Verbände der „Deutschen Legion
des Königs", gibt. Der zweite Teil enthält in sorgfältiger und lebens-
voller Weise ein Bild des Lebens in Krieg und Frieden. Sogar kleine
Episoden, wie die Expedition des Hauptmanns Reichmei.ster. zweiten
Jngenieui'ofliziers beim Güneralkonmiundu des X. Armeekorps, mit
Leutnant Runnebaum und 82 JSgem zur ZerstQmng der Bahn Tours—
Le Mans am 10. Januar 1871 haben Auihahme gefünden.
G. V. Zepelin.
Die kritischen Tage von Ohniitz Im Juli JSW>. Vom Rintrefli n des
Hauptquartiers der Nor lirir.t-e in Olmütz vom 9. bis zum .Vhcnrl
des 15. Juli. — Mit Benutzung der Feldakten des I\. und k.
Kriegsarchivs bearbeitet von einem Generalstabsoffizier.
Mit 25 Beilagen. Wien, 190a, Seide! u. Sohn. 6 Mk.
Ein Buch, über das ein iäuchveiatändiger eine ganze Broschüre
schreiben könnte; vielleicht gescliidit das sogar. Anlafs genug läge
dazu vor. Mir als Berichterstatter liegt das allerdings fem, obwohl ich
mit der Olmütaer Episode der kaiserlichen Nordarmee 1866 insofern
vertraut bin, als ich dort gestanden habe; das Singen und Sagen über
diesen Gegenstand hat Jahrzehnte gedauert Nun Hegt etwas amt-
liches, kondensiertes darüber vor. iMe neueste Arbeit des k. und k.
Generalslabes macht zunächst einen recht günstigen Kindruck; aus-
reichende Benutzung der gedruckten ljuellen — bei den ungedruckten
kann der Aufsenstehende das natürlich nicht erkennen. Klare und
knappe Schreibweise, recht zuverlässige Darstellung, voi zugliche
Karten und Pläne. Übersichtliche Gliederung des Stoffes erleichtert
die Duroharbeit sehr.
Die Schilderung beginnt mit dem Eintreffen der Nordarmee in
Olmfltz. Dafs sie tief erschüttert war, geht aus allem, was man darüber
hört, neuerdings hervor; mit ihr Benedek, der in seiner HUflosig»
keit nnch der Schlacht nichts besseres zu tun wufste. als die Armee
„so gut als möglich" vvi<Mier nach Olmütz zurückzubringen, wie er dem
Kaiser .schrieb. Kaum emgelroflen. erhielt er den Befehl aus Wien,
noch ein Korps (das X. befand sich bereits im Abtransport) nach Wien
zu senden, mit dem Rest, also 6 Korps und 1 Kavulieriedivision in
Olmtfti SU bleiben, „nach Tunllchkeit aktiv zu wirken" um den Feind
^ kj ui^uo i.y Google
Utenlur.
621
vom Vordringen aul" Wien abzuhalien, „dabei aber mit Vorsicht
und Überlegung vorzugehen, um die Armee vor weiterem Ungh'ick zu
bewahren". Bonedek bestimmte infolgedessen das III. Korps zum
Bfthntransport nach Wien, die erste Btalfel sollte am 11. abgelten.
Aber schon am 10. Juli kam ein neuer Befehl aus Wien; der
von Vicenza herbeieilende und zum Oberbefehlshaber bestimmte Erz-
herzog Albrecht war mit der Bdassung der Nordannee in Olmatz
ganz und gar nicht einrerstanden nnd hatte vennittelBt des Tetegraphen
seinen Einflub im Sinne einer HeramMmng des ganzen Heeres an
die !>anau geltend gemacht Infolgedessen telegraphierte am 10. der
Erste Generaladjutant Graf Crenneville an Bc-ncdek. er solle sämt-
liche Korps mit Ausnahme der voUständi^rcn und noch zu verstärken-
den Besatzung von Olmütz mit der Bahn nach Wien beJÖrdern, die
Trains jedoch auf dem linken Marchufer zu instradieren und mit den
Truppen zum Fufsmarsch übergehen, falls der Gegner die Bahn
Olmtttz— Prerau— Wien unterbreche. Zugleich traf an diesem 10. —
aum zweitenmal in diesem Peldzuge — der Ob.-Lt. Beck aus Wien bei
Benedeie ein, ging ihm an die Hand und arbeitete einen Entwurf fttr
den Abmarsch dee Heeres aus, da die Bahn nur fQr den Transport
noch eines Korps ausreichte. Diese Arbeit Becks, die allerdings nicht
vorliegt, gibt dem Herrn Verfasser Gelegenheit, die operativen Talente
Becks, des jetzigen Chefs des k. und 1l Oeneralstabes, mit Nachdruck
zu rühmen.
Der 11. Juli verging mit Feststellung' der Tatsache, dafs die Bahn
wirklich nicht viel leisten könne und mit den einleitenden Befehlen,
wobei aber Benedek den Beginn des Abmarsches erst für den Ii.
ins Auge iafste, da die Truppen notwendig einer Frist zu ihrer
Retabliemng bedurfton. Am IS. berichtete darauf Benedek drahtlich
nach Wien, er könne nicht fahren, müsse marschieren; Grennevilla
erwiderte umgehend, die Bahn leiste das Erforderliche, man wisse
es in Wien ganz genau, es mtee also gefahren werden. Wie
schade, dafs der Ob.-Lt. Beck schon am 10. nach Wien zurückgekehrt
war. andernfalls würde er sicher einen Ausweg aus der verwickeltet^
Lage gefunden haben!
Am 13. Juli erklärte Raming, der das Pestungskommando in
Olmütz zu übernehmen hatte, er könne das ausgedehnte v<^r!^rhanzte
Lager nur verteidigen, wenn er mindestens 3 Korps und 1 Kavallerie-
division erhalte. Zweifel über die Stärke der in Olmütz zu belassen-
den Besatzung veranlafste Benedek zu einem weiteren Depeschen-
Wechsel mit Wien. Da traf von dem eben in Wien etsohienenen
Bnheraog Albreeht der Befehl ein, Benedek soUe sofort «ohne Wider-
rede* alle Truppen »hinter der March" nach Preisburg, erforder-
lichenfalls durch das Wagtal und ttber Komorn in Marsch setzen,
Benedek antwortete, die Dispositionen für den Rückmarsch des gröfsten
Teils des Heeres westlich der March seien ebenso wie die Vorsorgen
Digitized by Google
622
UtHitnr.
für die Verpflecrung bereits getroffen, Änderungen nichi nn hi möglich
und müsse es daher bei dem Befohlenen sein bewenden haben.
Am 14. begann der Abmarsch der Armee; um 7*^ abends traf bei
Benedeii ein weiteres Telegramm des Erzherzogs Albrecht ein, aus
dorn der k. und k« GeneralffUb nur ein kunes Bmchstflck zu veröffent-
lichen für gut befinden liat . . . «Bei gegenwärtiger Sacblage dringend
notwendiger als je, die Deckung der Marchlinie durch ein Korps be-
sorgen SU lassen.** Vgl. oben die Anweisung ,,hinter der March** au
marschieren; der k. und k. Generalstab hält sich jedoch überzeugt,
dafs der Erzherzop: snc^tn wollte „Marchiinie"; war das der Fall, dann
mufs schon das Konzept des betreffenden Befehls, das dem Herrn
Verfasser sicher vorgelegen hat, einen Fehler aufgewiesen haben, dem
Telegraphen kann die Schuld nicht beigemessen werden, iiouedek
jedoch konnte all das nicht ahnen; er telegraphierte daher surttck:
3itte um Bekanntgabe, um welclie Strecke der Marchlinie es sich
eigentlich handelt,* und er mag auch verblüHt genug gewesen sein,
da er ja mit den Hauptkräften rechts des Flusses marschierte. Der
k. und k. Generalstab aber sagt: „Das Oberkommando sah sich
somit gänzlich mifsverstanden, mnn wnr in Olmiitz an dem
Wortlaute Marchlinie nach engster Bedeutung hängen cre-
blieben In Wien wurde jetzt daran gezweifelt, das Ober-
kommando iii der kurzen Julinacht noch für die eigene
grofszligigere Anschauung gewinnen zu können; man ant-
wortete durch folgendes, mehr f ormaJer Rttcksicbt Rechnung
tragendes Telegramm: Lundenburg schon heute bedroht,
Iflr morgen Angriff erwartet, dort Brigade Mendel, daher
jetzt Prerau-Göding, wenigstens bis Uendisch." Alle diese
Orte liegen an der March!
Wenn auch demnächst die Gefechte hei Tobi tschau und
Rokütoinitz in recht gelungener Weise ges hil lert werden, so hat
doch, wie wii- fürchten, der k. und k. Generalsiao mit dieser Schrift
einen besonders glücküchen Griff nicht getan. Wer nur einigermaßen
mit der Materie Yertraut ist, wird den Kopf recht h&uflg schütteln
küssen. Auch ist ganz bestimmt bei weitem nicht alles gesagt, was
zu sagen war; es wirkt doch höchst sonderbar, wenn man gerade aus
den wichtigsten und entscheidendsten Depeschen des Erzherzogs Albrecht
nur kurze Bruchstücke vorgesetzt erhält, statt sie vollständig kennen
zu lernen. Aus dem wenigen neuen aber, was geboten wurde, ist
abermals der unheilvolle Kinfluf.s des Telegraphendrahts im Kücken
eines Heeres und die Gefahr eines HoJ"kiiegsrats redivivus zu ersehen.
Die Arbeit des k. und k. Generalstabes freilich bestrebt sich
alle und jede Schuld dem unglficklichen Benedek in die Schuhe zu
schieben. Dalis er kein Feldherr war, ist Ungst erkannL Darfiber
hinaus aber wird es nicht gelingen, die unparteische Geschichte Ton
einer Schuld des beklagenswerten, aber braven Mannes zu überzeugen.
Vollends gar der Versuch zu beweisen, dafis fienedek die Lage noch
Utenfeur.
628
CHtcli dem 9. Juli Terikhreii und der Brehenog Albrecht imstande ge-
wesen «Üre, sie zu wenden, wird sielierlieh mirslingen. Fflhlte der
Sieger von Custozza auch Kraft 2um Siege gegen Preufsen, und ver-
sagte der Telegraph — ja» wanim hat er sich denn dann nicht auf
die Xordbahn gesetzt, um nach Olmfita vi fahren, und selbst nach
dem Rechten zu sehen? C. v. B.-K.
Die nunmehr etöchienene S.— 5. Lieferung des von Koppmann-
Weigel sehen Ko«n«ktan lui IDtttibnlarailgeMtalnieh fBr
das Dentsdie IMeh» enthaltend die §§ 64 — 166, reiht sich in
ihren Vonügen ebenbürtig den bereits besprochenen Vor-
gftngerinnen an.
Die Übersicht über das jetzt vorliegende Qesamtwerk rechtfertigt
^das Urteil, dafo die Weigelsche Bearbeitung des Koppmannschen
Kommentars, wenn auch in den bewährten Bahnen der früheren Auf-
lagen sich bewegend, nicht sowohl eine Ergänzungsarbeit, als vielmehr
eine geradezu monumental© Kigenschöpfung darstellt. Ks bedarf zum
Beweise dieser Behauptung wohl nur des HinweiRes auf die umfassende
Heranziehung der neuesten, insbeäondere völkerrechtlichen, zivilrecht-
Uchen und strafirechtUdien Literatur, der auslAndischen Gesetagebungt
der attf Marineverhiltnisse beaflgliohen Bestimmungen in allen Teilen
des Boches. Die Stellungnahme zu den einseinen streitigen Fragen
ist stets eine durchaus genaue und wissenschaftliche, dabei aber prak-
tisch militftrisohe. Bs würde su weit führen, solche wichtige Streit^'
punkte in Hinigermaf5?en ausgedehnterem Umfange hier berühren zu
Wüllen. Hingewiesen mag beispielsweise nur werden auf die Aus-
führungen über diH vr»lkerrechtlichen Begrifl'e der Beute, der Plünderung,*
der Requisition u. a., über die zivilrechtlichen FVagen des Besitzes,
Mitbesitzes u. dgl. bei Diebstahl und Unterschlagung, über die viel-
umstrittenen Bestimmungen des militfirisehen Walfengebrauchs. Wie
die Anführung der Zustftndigiceit des Standgerichts oder des Kriegs-
^richts bei jedem Paragraphen gewifs als zweckdienlich begrQist
werden wird, so dient ein TorzSgliCh bearbeitetes Sachverzeichnis der'
raschen Auffindung.
Der Koppmann-Weigelsche Kommentar erscheint daher als ein einzig
dastehendes, durchweg erschöpfendes und verlässiges \N ork aut dem
Gebiete der militärstrafrechtlichen Literatur. Seine Vorzüge werden
ihn bald in den Kreisen der Theort Liker und Praktiker unentbehrlich
machen und ihm einen stets wachsenden Eriuig sichern. ' '
JUaiuidTierBig Jahre in Indien*. Von Peldmarschall Roberts of
> Kandahar. Zwei Bände. Berlin 1904» Verlag der Hofbuch-
• handlung Karl Sigismund.
Ein ausgezeichnetes und sehr lesenswertes Buch, sowohl nach
■der kulturhistorischen als der militärischen Seite, vor allem aber nach
•der menschlichen Seite bin. Denn der hochverdiente Soldat und
Digitized by Google
624
LMetamr.
siegreiche Feldherr zeigt sich in den vorliegenden Schilderungen fOOt
persönlichen Erlebnissen und weltgeschichtlichen Ereignissen, voi>
denen er „vom Subalternofßzier bis zum Oberbefehlshaber" — diesen
Zusatz trägt der Titel des Buches — erzählen kann, stets als ein
ritterlicher, liebenswürdiger Mann. Dafs er seinem Berufe und seinem
Vateriande glühend ergeben ist, kann das günstige Urteil über ihn
nur verstärken. Aber unter einem recht wichtigen aUgemelnen Qesichte-
punkte verdienen diese Denl^würdigkeiten erwähnt va. werden» Der
Feldmaraohall seigt sich hier ven neuem als ein Mann, der neben dem
Sehwerte auch die Feder sehr gut zu Hihren weifs. Er hat diee sohoa
einmal getan in einem sehr bemerkenswerten Werke über Indien.
Allerdings ist diese Erscheinung, dafs bedeutende Kriegsmänner auch
als „Militörschriftsteller** aufgetreten sind, schon seit Julius Caesar
nichts Neues. Auch Friedrich der Grofse gehört nebst anderen nam-
haften Feldherren in diese Kategorie und es scheiui uiciii unauge-
bracht, hieran bei dieser Gelegenheit »i erinnern — angeeichte einer
geradeiu banausisehen Richtung, welche mUitiriBcfae geistige Arbeit,
sowie sie sich schriftstellerisch iufiBcrt, gleichsam als etwas Un-sol-
datiflohes ansieht
Lord Roberts entstammt einer alten bürgerlichen Soldaten-
familie. Sein Vater stand als General in Indien und dort trat der
junge Huberts im Jahre 1852 bei der bengalischen Artillerie ein.
Er hat seine glanzende Laufbahn svtMier Protektion noch Zufall zu
verdanken, sondern er hat sich öciinii tur Schritt heraufgearbeitet
durch unermOdlichen Diensteifer, seharfe Beobachlangsgabe, gesundea
Urteil und energisches Handeln in kritischen Lagen. So zeigt ihn auch
der südafrikanische Krieg. Für den Soldaten ist es Im übrigen «aa
Genufshi den «Denkwürdigkeiten" so vielen anigeseichneten englischei»
Offizieren zu begegen. welche Lord Roberts meistens handelnd schildert.
Namentlich während des blutigen Sepoy- Aufstandes im Jahre 185Öw
Ohne Zweifel ist es nur dem kaltblütigen, umsichtigen Handeln und
dem über jedes Lob erhabenen jitM^onlichen Beispiel der fiihr^uidea
Offiziere zu verdanken, dafs der Aufstand nicht gröfsere Dimensionen
annahm. Und wo Ausnahmen angedeutet werden» da sind es sonst
verdiente Persönlichkeiten, welehen aber die inseitige Routine de»
Dienstes den wdten Blick getrübt hatte.
Wir finden Lord Roberts als jungen Offizier im Brenn|mnkt dbr
Kimpfe des Jahres 1856, d. h. vor Delhi. Diese Belagerung und die-
Kämpfe um Delhi sind spannend, lehrreich und ungemein anschaulich,
geschildert. Vor allem kommt auch das persönliche Element zur
vullt-n Geltung. Auch in der Kritik. Ks wird da nicht vom ,Ober^-
kommando", „Generalkümmatiiiu" usw. gesprochen, sondern die leitenden
und verantwortlichen Personen treten lebendig in die Erscheinung.
Überwiegend zu ihrem Vorteil und jedenfalls plastisch genug, um zu
zeigen, welche Bigenschaften es denn hauptsÜchUoh im Kriege sind,,
welche den ausgeeeiobneten Offizier und erfolgnichen Führer aus-
Diqitized by Google
Lltmtw.
625-
maehen. Sie decken sich nicht immer mit den im Frieden hoch ein-
geBcbJttzten und begrünstiglen Oifliieren.
Der Sturm auf Delhi ist eine der tapfersten Taten der neuen
Kriegsgeschichte. Die Schilderung desselben ist Lord Roberts meister-
haft gelungen. Nicht zu %iel und nicht zu wenig. Dann folgen die
Kampfe bei Luknow und hei ( oNvnpore. Beide bekannt durch die
entsetzlichen (jrausamkeiten der Aufständischen.
Im zweiten Band schildert er die Umbeylarexpedition, dann die
Buschaiexpedition, führt uns nach Afghanistan und schildert in
fesselndster Weise die verschiedenen Kämpfe, welche erst mit dem
entscheidenden Siege von General Roberts bei Kandahar (1. 9. 1880)
ihren AbsehluXs fanden. Den Schlafs der militärischen Schilderangr
bildet der Feldziig in Birma im Jahre 1888.
Es sind nicht nur nicht die militärischen Dinge, welche die «Er-
innerungen** lesenswert und vom Standpunkte des Fachmannes so wertF-
voll mache. Es sind auch die vielfach eingestreuten politischen
Bemerkun^rcn und AuHassungen, sowohl was da.s Verhältnis Englands
zu Indien betrifft in administrativer Hinsicht, als anch die freimütigen
Äufserungen über die diplomatischen Kämpfe Hufslands und Englands
um den entscheidenden EinfluDs in Afghanistan. Über dieses auch
gerade jetat vielleicht wieder aktuell werdende Kapitel bandelt ein
dokumentenreicher besonderer »Anhang*. Keim.
Hilltir mul ZItU. Zeitgemäfse Betrachtungen von einem öaterreieher..
Wien und Leipzig. Braumüller. 1904.
Der ungenannte Verfasser bespricht zuerst «Den Kampf gegen
das Militär**, wie es von den radikalen Parteien, hf^sonders den
Sozialdemokraten seit Jahr und Tag gegen die Ai moo gf j iini wird
und er bringt eine Bliitenlese aus der Fülle falscher Anschulditrungen^
Verdrehungen und Entstellungen, weiche von den miiiiiirieindiichen
Parteien gegen die Armee erhoben worden sind. Er zeigt dabei das-
systematische Bestreben, die Wehnnacht herabsusetaen und ihren
Kredit in der Öffentlichkeit an vernichten, um damit die festeste Stfltie
von Thron und Altar aus dem Wege au rftumen.
Im zweiten Abschnitt kommen «Die Sünden des Militftrs" an
die Reihe. Verfasser bespricht hierbei die Soldatenmifshandlungen an
der Hand österreichischer und deutscher Statistiken, die Säbelaffairen,.
die Duelle, und manches andere. Er bemüht sich, die gegen die
Arme© und besonders das Offlzierkorps erhobenen Anschuldigungen
zu entkräften, uder mindestens zu zeigen, dafs einzelne MiXsstände im
Wesen der Institution selbst liegen und von ihr unzertrennlich sind.
Endlich bespricht er die Reserveoffisiersfrage in Österreich;,
die Zustände sollen nach dieser Richtung hin in unserem Naehbarlande
geradeau unhaltbar sein.
Die Schrift ist hauptaiehlioh auf ttstenrelohiaohe YerhÜtiiias»
Digitized by Go -v,!'-
626
Utentnr.
gemünzt, enthält aber auch für uns manches Beachtenswerte; sie ist
flott und malsvoU geschrieben und kann daher empfohlen werden.
C. V. B.-K.
ChiaalOft. ErlebnisBe und Eindiücke von der Expedition 1900/190L
Von Rudolf 0 lehr 1, Leutnant im l^gl. bayer. 2. Inf.-Rgt Kron-
prinz. Mttnchen. Lindauersche Buchhandlang.
Wie der internationale Kriegszug nach China handeUpolitiaehe
Vorteile erzielte, so brachte er in militärischer Beziehung Unternehmungs-
geist und Anspannung der Wehrkraft zur Geltung. Beim Fehlen einor
ausreichenden, im deutschen Kolonialgebiet vert^Mlton, stets -«rhlrii;-
fertigen Truppe, war es eine musterhafte Leistung, genügende aircit-
kräfte zur Formation der vom Deutschen Reiche zu stellenden Ost-
asiatischen Division rechtzeitig nach dem fernen Kriegsschauplatze
zu schaffen. Unter dem Zwange der Ereignisse wurde ein sofortiges
Aufgebot deutscher Landstreitkrttfte gleichsam als Kolonialtroppe fQr
flberseeisohe Zwecke in Bewegung gesetzt Zur Beseitigang jener
weltpolitisclien Verwickelung war Eile dringend geboten und um so
reichere Erfahrungen in betreff der Organisation und Ausrüstung
überseeischer Truppentransporte konnten gemacht werden.
Freilich fehlte der Kriegsführun^i; \n China, wie rl<'r Oberbefehls-
haber Graf V. Waldersee selbst gesagt haben soll „ i» : Zuir ins Grofs«-".
weshalb auch jüngere Offiziere vielfach Gelegenheit ianden mit rh;u akier-
bildender Wirkung selbötandig aulzutreten. So auch der Veriasser,
welcher seine kriegerischen Erlebnisse und Beobachtungen über Land
und Leute in diesem IQtestea und bevölkertsten, aber doch fremden Teil
der Erde, IHsch und anregend zu schildern weifs. Mit Hilfe photo-
graphischer Apparate hat er seine Niederschrift durch bUdliche Da^
Stellungen unter Beigabe von Kartenskizzen bereichert
Nach einem kurzen Überblick über Vorbereitungen zur Expedition,
Sepivist^ - im chinesischen Meere inmitten eines schweren Taifun — .
Lrimlungen mit kurzem Aufenthalt in Ceylon, Üingapore. Shanghai und
im September 1900 xVnkunft auf der Reede des kur^; zuvor eroberten
Hafenplatzes Taku tritt der Chinakrieger in die Handlung ein. Zunächst
als Führer eines Beitreibungsuntemehmens im Gelfinde uOrdlich von
Tientsin, wobei ein erster Einblick in die Verhältnisse des chinesischen
platten Landes gewonnen wird. Bs folgt gemeinsam mit einer fran>
sösischen Tnippenabteilung während des Winters 1900/01 ein Üngeres
Kantonnementsleben in Paoting, ohne ersichtliche Bekräftigung besserer
Beziehungen findet doch erträglicher Verkehr mit den französischen
Kameraden statt. l.Ue Einwohner Poatincrs snwio die Bevölkerung der
Umgegend bezeigen sich im allgemeinen IViedlich, so dafs selbst aus-
gedehnte Streifzüge nur auf geringen Widerstand stofsen. Schliefslich
langweilt man sich und ein Ausflug nach Peking kommt da sehr will-
kommen! Die alte Residenzstadt mit ihrer fruchtbaren, sohOnen Um-
^ung, ihren vier durch Mauern von einander getrennten StadtteUen.
Digitized by Google
Uteiatar.
627
ihren wunderbaren Palästen u. a. m. wird besichtigt, auch der Pctang
(christliche Misaionsanstalt), welcher in der Schreckenszeit 1900 von
einer kleinen Anzahl Wehrfähiger gegen überwältigende chinesische
Massen glänzend verteidiirt wurde.
Zu ernster Begegnung mit dem Feinde kommt es erst an dem
Riegenwerk, der Groben Mauer, welche sieh am Oetrande des Wu-tai
Oebii^s binziehend, die strate^sch wichüge Landschaft Pelschili mit
Peking begrenst. Die Bodenbesolialfenheit des höchst vsrteidignngs-
fiihigen Gebirgsabschnittes begünstigte hier den Guerillakrieg der Chi-
nesen. Verfasser hatte als Patrouillenführer in mehr oder minder
greiserem Gefechtsbereiche, mancherlei Kämpfe mit AnErchörigen des
regulären chinesischen Heeres zu bestehen, zum Teil mit Hilfe franzö-
sischer Mannschaften.
In:£wi8chen machte sich die Einwirkung der Diplomatie bemerkbar
und der Krieg ging zu Ende* ehe man es gedacht Nun wurde der
Soldat clunamfide und sehnte sich nach der Heimat aurfick. Das
1. Bataillon 4. Ostaaiatischen Infanterieregimi*nt8, dem der Verfasser
angehörte, trat um Mitte August 1901 auf einem österreichischen Dampfer
die Heimfahrt an. Wieder wurden die Sehenswürdigkeiten der grofsen
Soeetappenlinie, diesmal auch die in üppigster Vegetation prangende
malaiische Residenz Johore in Augenschein genommen. Kin glänzender
und gastlicher Empfang wurde dem Bataillon in Triest seitens der
österreichischen Militärbehörde bereitet, nur noch in Wien überliolien
durch dto Huld Kidser Franz Josephs, der sich die Cliinakrieger in^
Gefechtsübung und Parade vorführen liels. Bald darauf, anfangs
Oktober 1901 erfolgte auf dem Truppenübungsplatz bei Neifse die Auf-
lösung des Bataillons. . -
L»ie Arbeit bildet einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der
China-Expedition. In sachlich ruhij^er Ausführung sind Erlebnisse und
Eindrücke erörtert, wobei die mi Vll. Kapitel einer zii-arnnieni'assenden
Betrachtung unterzogenen kriegerischen Vorgänge In s nviers beachtens-
wert erscheinen. Die Schrift verdient wärraste i:^mptehmng auch in
nichtmilitftrischen Kreisen.
Hildebrandtt Oberstleutnant z. D.
Weltgeschiehte des Krieges. Ein Volksbuch von Leo Frobenius,
Hannover, Gebrüder Jänecke. 13. bis 25. (Schlufs-) Lieferung.
Die- ersten zwölf Hefte dieses Werkes, die zum gröfston Teil die
„Urgeschichte des Krieges" behandelten, sind in den Jahrbüchern
bereits besprochen worden. Wenn in der „Urgeschichte" eine gewisse
Ungleichartigkeit der zum Teil etwas weitläufigen Darstellung hervor-
getreten war, so ist das bei dem 11. Buch des Werkes, das in grofsen
Zügen die Qescliichte der Landkriege gibt, nicht der Fall Mit kun-
digem Blick sind diejenigen Kriege herausgegiiiTen und in kuraen,
charakteristischen Zfigen geschildert, die ^oehemachend fflr die
Oeschichte der Kriegskunst waren. Das Altertum ist km aber ans«
Digltized by Google
628
Utemuf.
reichend in Beiracht gezogen und wird mit der Überschrift „Bogen
und Schwert" charakterisiert, während die Kämpfe des Mittelalters die
Überschrift „Speer und Schwert** trogen. Die Nefoieit wird über-
schrieben „Kugel und Schwerf. Zosammenftissendo JfcüekbUtke* auf
FtotungB- und Oesohfitswemn sind nur bei d«r Schilderung dee
Mittelalters gegeben. Die Kapitolfibersobrillen des dritten Teile, d^
Bich mit der Nemeit beschäftigt, lassen die getroffene Auswahl er-
kennen: Renaissance — Der dreifsigj ährige Krieg — Ludwig XIV —
Der grofse Kurfürst — Die Türkonkriege, Prinz Eugen — Friedrich
der Grofse — Napoleon I., des Sternes Aufgang — Napoleon I.. des
Sternes Niedergang — Der Krimkrieg — Der Krieg um die Hegemonie
in Deutschland — Der deutsch-irauzuaiäclje lirieg, Ktunpl mit dem
Kaiserreieh ^ Der deutaeh-fransÖBieehe Krieg, Volkslaieg — Der
mssisoh-tflrkisehe Krieg.
Während die Daratellung Ihst durchweg Uar und flbersiehtlieh ist»
Bind die zum Teil guten üluBtrationen gans wilUcflrIieh yerteflt, ais
lifttle man sie aus einem groliran QeOfB Über die Druckbegien des
«LandkriegM* ausgeselilittet
Im «dritten Buch", das sich mit der Geschichte der Seelcriege
beschäftigt und eine ganz vortreffliche Übersicht tiber die Entwickelung
der maritimen Kriepsfiihning gibt, stehen die Illustrationen an richtisrer
Sielie, lassen aber muunter zu wünschen übrig, da die vielfach nur
schematischen Darstellungen für ein Volksbuch nicht zweckentsprechend
smd.
Eine besondere Betrachtung wird den „Überseekriegen" zuteil.
Dort werden auch — sehr kurs — der Burenkrieg und der KAeg in
China beeproohen. VieUeieht hätten diese Kriege ein wenig eingebender
behandelt werden kOnnen.
Immerhin kann das Probeniussehe Werk in seiner Gesamtheit als
eine recht verdienstvolle Arbeit bezeichnet werden, als ein Volksbuclu
das belehrend und anregend wirken kann.
Die Ausstattung ist recht gut, der Preis, 60 Pfennig für das Heft,
durchaus nicht su hoch. 0. P. v. S.
II. AusIMtoehe ZeittclirmBn.
Streffleurs Österreichische Militärische Zeitschrift. (Aprilheft.)
Rnfsland und Indien (Ports.). — Taktikaufgabe. Hr. U — Portschritt»
fremder Armeen. — Streitkrifte Chinas. — Rossisch-Japanisoher Krieg.
— Zur Duellfrage. — Verhütung ftlscher MasehinenmandTer auf
Schiffen.
^omial iee M&mtm mlUtafaraa. (M&rsheft) Angebliche neue
Bestrebungen in der deutschen Armee. — Der Ottiler als Bnieher.
Digitized by Google
Utaratar.
629
— Die Armee der Zukunft; die Kadres. — Die Oreanisation der
Kolon ialaruiee. Die Marineartillerie. — Unterweisung der Offiziere
▼ermittelst des Kriegsspiols, des Exerzierens auf der Karte und desKadree-
exerzierens im Qelftnde. — Die RoUe des detachierten Kerps im modernen
Krieg. — Der (toterreiebische Sesessionslorieg 1790/98. — Die deutsphe
Kavallerie wahrend des Loire-Peldzugea 1870/71.
ReTve d*Histolre. (Mars.) OeschichtUche Studie über die
Regimentsartillerie. — Der Krieg 1870/71, der 16. August in Lothringen.
Revue militaire des Armees etrangeres. (Mars.) Das Abbrechen
von Gefechten nach Ansicht des deutschen Grofsen Generaistabs. — Der
Entwurf des russischen Reg:lements über den Dienst im Felde. Die
deutschen Vorschriften über die Tätigkeit der LuftschifTer. — Reorgani-
sation der bulgai ischiMi Armee. (April.) Deutsche Godnnken über
Aiiigabe und Vürweruiuiig der Kavallerie. — Der Kauvui t einer russi-
schen üefechtsvorschrift. — Vorgeschlagene Veränderungen im öster-
reichisch-ungarischen Heere. — Das Abbrechen von Gefechten nach
Ansicht des deutschen Grofsen Oeneralstabes.
La reTue dlnlkiiteile. (März.) Die Armee der Zulninfl. — Das
moderne Gefbcht — Das Vorrdclcen der Truppe unter dem Feuer. —
Lösung der Taktikaufgabe im Examen für die Kriegsakademie. (ApriL)
Die grodaen Manöver im Jahre 1903. — Die Armee der Zukunft
(Ferts.). — Die Vereinfachung der Vorschriften für die Manöver der
inlanterie. — L>as Vorgehen der Truppen unter Feuer.
Rivista di artiglieria e genio. (Februar.) Da.s Problem des in-
direkten Richtens der Belagerungsartillerie. — Das Problem der Binnen-
schiffahrt in Italien. Führung und Abrichtung der Kundschafter der
Artillerie. — Vorbereitung der Artillerie auf die Schlacht. Bezieht sich
auf das Gelandeschiefben.
Mitteilungen Uber Gegenstinde des Artillerie- und Geniewesens,
(in. Heft) Übersicht der in den Jahren 1902 und 190S im technischen
MilitSrkomitee auf dem Gebiete des Genie- und Pionierwesens durch-
geführten Versuche. ~ Über ballistisohe Apparate. — Messen der
Geschofsgeschwindig^eiten mit elektromagnetischen Fallapparaten. —
Zur Bekämpfung der Mauerfeuchtigkeit.
Revue d'artillerie. fFebruar.) Studie über die Molekularver-
Snderungcn einer dem Zug unterworfenen Stahlstange. — Das Vanadium
(Fortsetzung). — Grundsätze und Verfahrungsweise bezüglich der
methodischen Dressur dfs Pfordes.
Schwedische Artillerie-Zeitschrift. (I. und II. Heft 1904.) Schlacht
bei Spicheren t$. August 1870 mit besonderer Beziehung auf die Wirk-
samkeit der deutschen Artillerie. — Die schwere Artillerie des Feld-
heeres. — Der offislelle Bericht Aber den Krieg in Südafrika. —
Maschinengewehre und Maschinengewehrtruppen. » Der Kampf der
modernen Feldartillerie. — Eine deutsche Ansicht fiber die russische
PeldariiUerie und die russischen Feiddienstübungen.
630
Literatur.
' AllgemeiBe Selursisnisehe Hllltiniltiiag« Hr. tL Binzelfeuer
mit MagaziDladttng. — Die Bewafltaiiiig der Russen und der Japaner.
— Die Ordre de BataiUe der masifiehen-ostasiatiechen Armee. — Die
Führer Japans zur See. (Hierzu Literaturblatt.) Nr. 12. Miliz und
Disziplin. Wendet sich gegen ein IVtoi] liber Miüzsysteme Überhaupt
in dem Heft 33 der kriegsgeschichüichen Einzelschritten des deutschen
iieneralstabs. betreffend Erfahrungen aus dem südafrikanischen Kriege
1899—1902. — Zur sozialdemokratischen Militärinitiative. — Vorschläge
für neue Bekleidung. Die vum MiliUirdeparteinent aufgestellte Kom-
mission für Vorsebllige von Reformen in der Bekleidung der eid*
genössisehen Truppen ist mit ihren Arbeiten soweit gediehen» dafs im
Laufe des Sommers in den Relffutensehulen grSfiaere Versaehe mit dem
aulgestellten ModeU stattfinden können. Nr. 18. Nachruf an Oberst
Conrad von Orelli, f 19* Mftrz 1904 in Neapel, Chef der technischen
Abteilung der eidgenössischen Kriegsmaterial- Verwaltung. — 7iir nniien
Militärorganisation. ~ Zur Gliedf^rung unserer Feldarmee. Nr. 14- Uber
die Uefochtsmethode der Inianterie. — Die „Xowoja Wremja* über
die Kriegführung der Japaner. — Zur neuen Müiiarorganisalion. — Bei-
lage. II. lieft. Migor Karl Suter.
Sehwelieniaehe ZiltBehiift flr AitiUeiie vad Genie. (M&rs.)
Oberst Hans Conrad von OrelU f. — Zur Taktik der Peldartillerie. —
Gegenwärtiger Stand der Feldgeschütafrage in Österreich-Ungarn. -
Militärische Betrachtungen Ober die Binführung des elektrischen Be-
triebes auf Vollbahnen. — Bin neues Binschiefsverfahren. — Moderne
Artilleriebesch irning.
Russisches Artillerie-Jouriial. Nr. 12. Der Entfernungsmesser-
Sextant des französischen Leutnant Ober. — L)as provisorische Exerzier-
reglement der französischen Peldartillerie (Fort«.). — Eine Fabrik-
inspektion über die Werke des Kriegsressorts. — Merkzeichen aus dem
Gebiet der Artillerietechnik. Nr. 1 (1904.) Der TVansport derBelagerungs-
artUlerie. — Merkzeichen aus dem Gebiet der Artillerietechnik. —
Das provisorische Bxeraierreglement der franslisischen Peldartillerie
(Forts.). — Die Bestimmung des Bndwinkels bdm Winkelmesser. Nr. 2.
Das Schnellfeuergeschütz als Entfemungs- und Höhenmesser. — Der
Winkelmesser des Kommand»»urs. — Mein erstes Schiefsen mit dem
Winkelmesser. — Vom 6. Bewrrh um die Prämie auf den Namen des
Generalleutnant Heinrich Antonowiisch Leer.
La France militaire. (März.) Das französische Hole Kreuz,
Bericht über dessen Hilfsquellen und Tätigkeit. 1. Die Marschkonkurrenz
(Sport). 8. Die aohtaehnmonatliche Dienstaeit. — Die Remontepfleger
(5 Komp. in den Depots). S. Bin OffensivstofSt beaieht sich auf einen
Artikel fiber Taktik im Sinne der neuen Lehre in der Revue des deux
Mondes (Negrier). Das Reknitierungsgeeetz von General Lamiraux. 4. —
Die Beförderungen eines Jahres in der Kavallerie. 6/1. — Die neue Lehre,
im Auslande, Deutschland und England, letzteres sehr sarkastisch be-
handelt. — Die Unterseeboote. 8. — Die Kelterei nach der neuen Lehre
^ kjui^uo i.y Google
Literatur.
631
Polemik gegen einen Auisatz in der Kevue des deux Mondes. 10. —
Jüie Bildung kolonialer Infonterie. 13/14. — AnBichlen flber das ita-
lieniache InfantfOrie-Exersierreglement. — Notwendigkeit der Speilal-
ausbildung bei der Pioniertruppe. 16. — Die Reiterei naeh der neuen
Lehre. Vorteile einer Anglledorung der Kolonialinfanterie an die Linien-
infanterie. 17. — Die neue Taktik dt r Vorhänge (gegen die Artikel des
Generals- Nögrier, der nicht genannt ist, in der Revue des deux N?ondos,
und lur General Langlois). Der Bericht Berteaux über die zweijährige
Dienstzeit. 20. 21. 22. 24. — Der Kampf nach der neuen Lehre. 23.
— Uber die Marschkonkurrenz am 29. Mai. Kolon ialoffiziere. 24. —
Die zweijährige Dienstzeit, der Bericht Berteaux. 25. 2d. 27/28. 29. '60.
31. — Die Verminderung der Ingenieurinspektionen. 27/28. — Der
Berictit Berteaux vom General Prudhomme, Gegner. 29. 31. — Der
Bericht Berteaux vom General Lamiraux, Gegner. 80.
Revue du Cavalerie. (Februar.) Signalflagge oder Standarte;
die letztere soll durch die erstere ersetzt werden. — Nochmals die
KavHl]*»rio und das Nrandarinentum (der Generalstab). — ! >ie Geschichte
der französischen ixavrtllnrip (Forts ). — Die n»'iii» Srhiersvurschrifl für
die ivavallerie (Schlufsi. — (iespräche von Nachzüglern von einem Major.
— Neues, Bibliographie, Sporte; Nekrologe der Generale de Bensit und
L'Hotte sowie von van Jules Norberg. — Beförderungen.
Wi^enniy Ssbornlk« ML Febnittr. Prinz Eugen Beauhamais
an der Spitze der groben Armee (Forts.). — Zur Geschichte des Feld-
zuges gegen Kokand (mit Karte). — Bemerkungen über die franziisische
Armee (Forts.). — Die Sanitätseinrichtungen der nichtrussischen Armeen
im Frieden (Schlufs). — An der Afghanischen Grenze, Reiseskizzen
aus Zentralasien (mit Karte) — Port-Arthur und seine Interessen bis
zur Errichtung der Statthalterschaft (mit Skizzen). — Skizze des Feld-
zuges 1829 in der Türkei. Marz. Auf dem Amur und in der Mandschtn-oi.
^ Bemerkungen über die französisclie Armee (Forts.). — Die Oigaiii-
sation der Etappenlinien. — Port-Arihnr und m^ne Interessen bis zur
Errichtung der Statthalterschaft (Schlufs). — Chinesisches Leben auf
der Halbinsel Kwantun. — Der Bericht des Grafen Toll flber das
Ende des P-Mmarschalls Grafen Diebitsch.
Rufskij Invalid. Ständigen Artikel in allen Nummern
bildet „Der Krieg gegen Japan". Nr. 47. Die Atamantzii und Graf
Paul Alexandruwitsch StroganoflT 1807 und 1809. Nr. Ö6. Über die
Fähigkeit der Japaner zu langdauernden Märschen. Nr. 66. Von
Port-Arthur bis Irkutsk. — Feldküchen. Ein Geschenk an die Truppen
der Mandschurischen Armee. Nr. 57. Von Port-Anliur bis Irkutsk. —
Über die weifse Farbe det Uniformierung der russischen Trappen.
Vr. M. Über weite Pterdetransporte auf der Bisenbahn.
Mmkoj SshoiBÜL. 1904. Vt. 2. Die Baltische Flotte vor 60
Jahren im Feldzuj^e 1854—1855. — Die Kriegserklärung. Nr. 3. Die
Ausbildung der Marine-Offiziere in Japan. — Die Kriegsmittel Englands
in den Revolution«- und Napoleonischen Kriegen.
Digitized by Google
«32
Uterotnr.
■IttailuigiA M8 dem Gebiete des Seeweeese. Mr. 4. Betraeh-
tungen über dea RuBSisch-Japenischen Krieg. — NSchfliehe Kimm-
tiefen-Beobachtungen . ^ Über Draobenverwendung zur See. — Cber
eine vom Ingenieur P. Tami vorgeschlagene Metbode för die nautische
Bestimmung der Ortszeit aus Siernbeobachtungcn. — Das Vereinigte
Staaten Unterseeboot „Protector". — Die Cunningham-Seatonmethode
zur Kohlenübemahmo von Schifien auf See. — Ein neuer Schlacht-
schiffstyj). — Über die Ausgaben für die Kriegf?marine im Verhältnis
zur Handelsmarine. — Zunahme der Seeunt'älle. — Internationaler
Fteebereikongrers in Wien 1906.
Axmj and Hary CNuette. Hr. 8802. Die Prinsipien der Kfisten-
Terteidigttng. Vr. 2808. Die Marine-Lesungen. — Die Unterseeboot-
Manöver. Nr. 2304. Schiefsergebnisse der englischen KriegsseWffe im
Jahre 1903. Nr. 2305. Das Unterseeboot-Unglück. — Die von den
Japanern /^rstorten drei russischen Torpedoboots-Zerstörer. Nr. 2306.
Marine-Öchiffbaumeister in Konferenz.
IV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher.
(Die eiogoi^angrnen Bücher erfahr«» ein« He^prffolianir ii»rh Hafugalie ihrer ßedeatung und de« ver.
Tugbaren Uaiune«. Kln<^ V e rp f l i c h t d n g , jedes eingeliende Bach za besprechen, übernimmt di«
l.«ttoaf 4«r «J«lwt»a«k«r nicht, äooh weraen die Tlt«! s&mniolitr Bt«lMr Babit Aofsb« dm PrtiaM
— nf*n di«Mr ■Hfctoilt «rofd» — U«r vemMtt. KIne BftekMndaiv Bftekmtedct al«kl ■tmtt)
1. Ton FallLenhausen, Freiherr, Ausbildung für den Krieg. II.
Teil: Die Übungen der Truppen. Berlin 1904. Mittler k Sohn. Mk. 10, — .
£• Beyedela, Bilse und Genossen. Berlin 1904. Ebenda. Mk. 0,40.
8. Iioebell*» Jahreebeifelite fiber die Verinderangen und Port-
echritte im Militfirwesen. 80. Jahrgang. Ebenda. Mir. 11,--.
4. Janson, A. t., Die Wehrkraft Japans, begründet in der Eigen-
art von Land und Leuten. Ebenda. Mk. 1,75.
8pohn, Luxus und Wohlleben im deutschen Otlßzierkorps. Berlin
1904. H. Walther. Mk. Ü.öO.
6. KscAles, Das Schwarzpulver und ähnliche Mischungen. Leipzig
1904. Gusuiv Kock.
7. Die ««toiiMtlselie PMole System 0. Roth (Muster II). Wien
1904. L. W. Seidel & Sohn.
8* Bintelliiiig nnd Studorte des Deutschen Heeres, der Kaiserl.
Marine, der Kaiserl. Schutztruppen und der Ostasiatiachen BesatsungSo
brigado. Berlin 1904. A. Bath. Mk. 1,—.
9. Schweninger, Unsere Pioniere. Eine historisrh^ und organi-
satorische Studie für Offiziere aller Waffen. Berlin 1904. A. Bath.
Mk. 1.60.
10. Schoch, Die Tätigkeit des Marschalls Mac Mahon vor der
8ehlaeht von WOrth. Eine operative Studie. Berlin 1904. A. Bath.
Mk. 1,60.
Digitized by Google
Utaratur.
638
11. ilyeru, v., Anhaltspunkte f. d, Ausbildung als Schütze dor Kotte
und der Gruppe. 4. Autlagu. Üerlin 1904. £. S. MilÜur & Sobn.
Mk. 1,80.
12. Port» Kriegsverbandsehole. Stuttgart 1904. PenUnand Buke.
Mk. 1.20.
18. Liman, AufklSrung und Sieherung vor der Front Berlin 1904.
R. Srtirnilor. Mk. 1,—.
14. Waicker, Butrachtungen über r]a<; moderne Militärwesen und
Völkerlebon Sondershausen 1904. F. A. Eupol. Mk. 3, — .
15. l^ehmanu, Freiherr von Stein. U. Teil: Die Reform 1807—1808.
Leipzig 1903. S. Hirzel. Mk. 12.—.
16. Schön, Militär. -geogr. Übersicht des Kriegsschauplatzes in
Ostasien. Wien 1904. Seidel & Sohn. Mk. 1^.
17. Cuif eano» Versuch einer Milltirpsychologie. Bukarest 1904.
Typographia Clementa.
18. Ullrich, Die Mandschurei. Berlin 1904. K c^ismund. Mk. I.—
19. Hurtig, Bonaparle vor Mantua» finde Juli 1796. Rostock 1904.
Ötillersche Ifnfbohhdlg. Mk. 6 — .
20. Morvan, lu soldal imperiai 1800—1814. Tome L Paris 1904.
Plon-Nourrit & Co.
21. .Navez, les champs de bataiile historiques de la Belgique. 2 vis.
BrQssel. J. Leböque A Ck».
tt, TIerteUahnhefto fBr TruippeiitBhnmg und Heereskunde.
1904. 2. Heft Beriin. B. S. MitUer & Sohn. Mk. 4,—.
23. Moltke*s Militärische Werke. Herausgegeben vom Grofsen
Generalstabe, Kriegsgeschichtliche Abteilung I. Gruppe III. Dritter
Teil: Der Italionische Feldzug des Jahres 1^59. Kbenda. Mk. 10,—.
24. Uoniu, v., Grundzüge der Rechtsv 'i lassung in den deutschen
Meeren zu Beginn der Neuzeit. Weimar iU04. H. Bühlaus Nachtg.
.Vik. 4.—.
25. Zobel, Die Landespflerdexueht In Deutschland und die Remon-
tierung der deutschen Armee. Leipzig 1904. Richard Carl Schmidt
& Co. Mk. 5.—.
M. Der Russisch-Japanische Krieg (7. Beiheft zur Marine-Rund-
Schru]). Berlin 1904. E. S. Mittler & Sohn. Mk. 0.20.
27. Hchwertfeger, Der Kgl. hannov. Generalleutnant August Frietl-
rich Frhr. v. d. Busche-Ippenburg. Hannover. Hahnsche Buchhdig.
Mk. 3,50.
28. Maealik 6l Langer, Der Kampf um Uürtelfestungen. 4. Heft:
Der Nahkampf und Entsatz von Königgrätz. Wien 1904. Seidel & Sohn.
Mk. 8p60.
Wi MittellittgQn des k. n* k. EriegssrehiTB. HL Folge. 8. Band.
Bbenda. Mk. 8,—.
tfS» ■ ■
Jakrbbebar tlr dia denUch« Ano»t aod Muln«. No. SW. 42
Digitized by Google
*
Dmek von A. W. llajra'a Erb«», Berlin und Potidam.
Digitized by Google
xxxn.
Die periodisciie Militärliteratur m Dsutscbland.
V. der Boeck, Generalieatnaut z. D.
Wiederholt t8t io der Presse der Ansieht Atudmek gegeben
worden, dab es mit der periodisohen Hiiitftrliterstnr in
Dentsehland niehl glttnsend bestellt sei, wir in dieser Bedehnng
hinter Frankreioh, Österreieh*Ungam, ja sogar hinter der kleinen
Schweiz erheblich zarttekständen, so dats selbst der aktive dentsobe
Offizier sich aoeh in der Tagespresse nach Ersatz nmzusebon ge-
nötigt sei, wenn er ein anabhftngiges Urteil in militärischen Dingen,
namentlich aber in HeeresanL^« legenbeiten hören wolle.
Wenn man diese Behauptang unbefangen prüft, so wird man
leider ihre Richtigkeit nicht bestreiten können; es dürfte daher an-
gezeigt sein, einmal vororteilsfrei den Gründen für diese befremdende
Erscheinung näher zu treten, denn aus der Erkenntnis der Ursachen
derselben werden sich Vorschlägre ableiten lassen, welche es Deutsch-
land ermfiglichen, auch auf diesem wichtigen Gebiete den Rang
wieder zu gewinnen, drr ihm nach der ganzen Entwickelung seineT
Heeresgesehichte gebührt und den es früher tatsächlich auch einge-
nommen hat. Es ist niimlich lucht zu bestreiten, dals unsere perio-
dische Militärliteratui früher ( in weit sriUseres Ansehen ireiinfs als
heute, dalö es Zeiten gegeben hat, zu denen nicht eine, !s<jiid< m
mehrere deutsche Militärzeitschriften Hervorragendes leisteten, im in-
nnd Aiislande stark verbreitet waren und ihreu \ eriegem einen
nenueuBwerieu Gewinn abwarfen. Jetzt ist das leider anders ge-
worden. Abgesehen vom Militär -Wochenblatt, auf das ich später
noch zurückkouime. fristen die meisten unserer Militärzeitschriften
ein kümmerliches Dasein. Wir haben daher in deu letzten Jahren
JjLlixtiaok*r für di« dtotMk* AraM und Haria«. No. SM. 48
Üigilizeci by LiOOgle
686
Die periudisohe Militärliteratur in Deotsebiand.
mehrere Militärzeitschrifteu, welche sich früher eincD ^iamen iu der
Militärliteratnr za machen verstanden hatten, eingehen, und neue
Unternehmaugen auf diesem Gebiete, die einen Tielversprecheodeu
Anlauf nahmen, bald wieder venehwindra sehen.
Gebt man den Grilnden tttr diese bedanerliehe Erseheinnsg^
naeh, so entsteht Tor allem die Frage, ob etwa inneifaald der deiit-
Beben Armee den E^engnissen der periodischen Hilitilrliteratnr oder
der Hilitftrpnblizistik nberbanpt niobt das erforderliebe Interesse ent-
gegengebracht wird?
Man bdrt h&afig den im Vergleich zn anderen Armeen höheren
BildongsstandpnniLt nnd das grOÜBere Streben naeh wissenscbalUiober
Fortbildang des dentsoben Offizieriiorps rühmen; ersteres triffk be-
sonders deiyenigen Armeen gegenüber zweifellos zn, welche ihren
Offizierersatas znm Teil ans dem Unterofiizierkorps entnehmen nnd in-
folgedessen die Ansprüche an die wissensohaltliehe VorbUdnng der
öffizieraspiranten nieht allzn hoch stellen können; das gröbere
Streben nach wissenschaftlicher Fortbildnng mnfs hinsichtlieh eüies
Teiles des deutschen Offizierkorps zwar aach anerkannt, für die
gröbere Masse desselben aber bestlitten werden. Ja, ich möchte
sogar glauben, dafs ernstes Streben nach wissenschaftlicher Weiter-
bildung in den letzten Dezennien bei uns im allgemeinen nnd somit
auch im deutschen Offizierkorps eher ab- als nigenommen bat;
in erster Linie ist diese bedanerliehe Erscheiimnp: dem zunehmenden
Materialismus sowie dem mehr auf Äulserlichkeiten gerichteten Zuge
unserer Zeit, dann aber dem Umstände zuzuschreiben, dafs die
dienstlichen Anforderungen an den Offizier, besonders an den Truppen-
offizier, sich ge^ren früher derartig: gesteigert haben, dafs ihm nicht
viel Zeit zu grtindlieher wissenschaftlicher Tjttierkeit verbleibt.
Das dienstlichf Sommerh;^l}>inhr. an und für sich schon wcüiter
zum Aufenthalt im Stuairr/iuimer geeignet, ist durch die Ausbildung
der Truppen im Gelände und im Schiefseu sowie die dadurch be-
dingte längere Anwesenheit auf (icn Truppenai unirs- und Schief'^-
plätzen voll in Anspruch genommen; dazu koniincii dir mehrere
Wochen dauernden Manöver, nach deren Beendigung wenigstens
einem Teile des Offizierkorps eine kleine Erholungspause gelassen
werden mufs. In dieser, mit fortgesetzt grolsen körperlichen An-
strengungen verbundenen Dienstperiode bleibt daher ftlr den Truppeu-
oftizier kaum noch Ztat lür ernstt- wissenschaftliche .Arbeiten, und
selbst derjenige, der hierzu bewunderen Drang in sich iuhien sollte,
wird nicht oft ein freie« Stündchen erübrigen, das er auch nur einer
ernsten Lektüre widmen kann. Die Erzeugnisse der periodischeu
Bülitärliteratnr bleiben deshalb in dieser Dienstperiode meist onbe-
Digitized by
Die periodische MUitHrlitoratur in Deatschland.
637
rtthrt auf den Lesetisebeo der Kasinos und in den Bttohereien liegen,
oder werden nicht selten aneh für die Sommermonate abbestellt^ so
dab man in diesem Sinne ancb von einer saison morte der perio-
diseben Militiirliteratnr sprecben konnte. So bleibt noob das Winter-
balbjabr für die weitere wissenscbaftlicke Ansbildnng des Offiziers.
Da ist nnn zooäcbst sn berttekaichtigen, dafs — von der fie-
kmtenansbildung ganz abgesehen — die praktiseke Tmppenansbildnng
hente wegen der kntzen Dienstzeit nnd wegen der Forderung, die
Truppe jedeneit kriegsbereit za halten, ancb in den Wintermonaten
keineswegs mht, wenngleich sie ancb nicht in dem MaGse, wie in
den Sommermonaten betrieben wird; daneben aber ist die freie Zeit
des Offiziers durch die zwangsweise gebotene Beschäftigung mit
wissensebaftUchen Arbeiten, wie Winterarbeiten, Vorträge, Kriegs-
spiel etc. ttberreicblicb inAnspmob genommen, so. dafs er, wenn
er den geselligen Vergntlgnagen nicht ganz entsagen will, ancb nicht
allzaTiel Zeit zn privater wissenscbaftlicber Tätigkeit behält. Offiziere,
welche sich für den Besuch der Kriegsakademie Torbereiten wollen,
pflegen sich deshalb Ton allen geselligen Vergnttgnngen fem zu
halten, ja mitaDter längeren Urlaub zn nehmen, am die Zeit fttr
ibre wissenschattlicheD Arbeiten zu gewinnen. Dflrfke hieraus schon
zur GrCntlgc hervorg-eben, dafs Ittr die grolse Masse nnscrer Offiziere
eine wesentliche VorbedingunL' fllr ernste wissenschaftliche Tätigkeit,
Dämlich die nötige Zeit meist fehlt, so darf man sich nicht wundem^
wenn das Interesse nach dieser Richtung kein ttbermäfsig grolses
ist. Damit im Zusammenhange steht aber das Interesse nn der
Doilitärischeu Publizistik Überhaupt und im besonderen an der Militär-
zeitsehriflenliteratur.
Dazn kommt, daCs man in manchen militärischen Kreisen nicht
selten einer rückständigen Auflassung von dem Wesen und den Auf-
gaben der militärischen Publizistik begegnet nud deshalb besonders
die periodische Militärliteratur in der Armee nicht die nötige Unter-
sttttzuno; findet, um sich auf der Höhe zu halten, welche sie ein-
nehmen mttlste. Dies zeigt sich anch dari», dafs verhältuismäfsig
wenige aktive Offiziere ftlr diese Literatur tätiir '^ind; hauptsächlich
schreiben bei uns inaktive Offiziere fllr die periodische Militärliteratur.
Es lie^t mir selbstverständlich fern, diesen die Befähigung für diese
Tätigkeit abzusprechen; im (Gegenteil möchte ich betonen, dafs wir
aus ihrem Kreise eine g-anze Keihe hervorragender Militärschrift-
stelier besitzeu, deucn die Armee mir dankhar sein kann, dafs sie
ihre Zeit, ihre Feder und ihre Erfahrdn^tn nach ihrem Ausscheitien
aus dem aktiven Dienst noch den tieeresangelegenheiten widmen.
Indel3 das Überwiegen der inaktiven Offiziere bei der Mitarbeit an
4ö*
Digitized by Google
63Ö
Die periodisohe Militärliterator in DeatBohUDCl
den Eneagoissen der Militärpoblizistik bat doch immer den kaum
20 beatreitenden Naebteil, daÄ sie nieht mehr in der Praxis stehen
und ihnen deshalb mit der Zeit die riehtige fienrteilnng vieler mili-
tttrisoher Frageu, besonders der anf dem Gebiet praktiseber Truppen-
ansbildong liegenden, Terloreu geht. Dadnreh erklSrt es sich aoeh,
dais viele sehriftstelleriscb tätige inaktive Offiziere sieh später kiiegs-
gesobiehilichen Darstellungen mwendeo. Dringend wäre aber m
wttnschen, dals akÜTe OfSziezey soweit sie Neigimg und Fähigkeit
dasn besitzen, sieh an der nnabbängigen periodiseben Militär-
literator mehr als bisher beteiligten. Es fehlt in der Armee an
solehen Offineren dorehaos nicht, aber es lassen sich viele von
sehiiftstellerisoher Tätigkeit dadurch abhalten, daüB — vne ich sehoa
erwähnte — vielfach eine rückständige Änffassnng von dem Wesen
and den Aufgaben der liilitärpabUnstIk obwaltet, nnd manche ängst-
liche Vorgesetzte es anter keinen Umständen zageben, dafii einer
ihrer Untergebenen Offsntlich Aofiassongen vertritt, die mit den be-
stehenden Dienstvorschziften nicht im vollsten Einklänge stehen. Wir
können aber, wie einer nnserer bedentendslen HiiitärBdirilisteller.
General der Infanterie v, Blnme^ vor knzzem im Militär-Wochenblatt
aosfilbrte, eia frisches anfserdieustUches Geistesleben des Oflfizierkorps
nnd deshalb das Hilfsmittel einer anregenden nnd vielseitigen Miiitir-
literatar nicht entbehren. Selbstverständlich — heilst es da welter
— bestehen fOr die Öffentliche Besprechong militärncher Einrichtongen
und Fragen sachliche nnd formale Schranken, die nicht ttbersohritten
werden dflrfen. Aber sie sind nicht so eng, dals nicht Banm aach
fhr einen freimütigen kritischen Meiunngsaustaasch bliebe, der ein
so wichtiges Hilfsmittel fortschreitende Erkenntnis ist. Sind doch
jPflichttreue and Gehorsam bei uns stark genug, um jeder Vorschrift
und jedem Befehl gewissenhafte AnsfÜhrnng auch bei abweichender
Ansicht zu sichern. Ich mOchte glauben, dafiB diese Worte durchaus
das Richtige treffen.
Bei der Berataug des Militäretats ld04 im Reichstage worde
diese Frage auch gestreift und dabei von einer Seite auf Frankreich
yerwiesen. wo den Offizieren viel grölsere Freiheiten in der öffent-
lichen Erörtemng militärischer Angelegenheiten ond nicht zum Nach-
teile des Heeres nnd der Marine gelassen seien. Ich möchte in
dieser Beziehang betonen, dafs sogar in Ralsland dem öffentlichen
freimütigen kritischen Gedaukenaostaasoh kaam hemmende Fesseln
angelegt sind, ohne dals sich dies nachteilig bemerkbar gemacht hätte.
Es wäre daher dringend za wünschen, dals sich die Erkenntnis
von der Notwendigkeit eines freimütigen kritischen Meinongsaus-
tausehes in den fär eine öffentliche Besprechung gebotenen
Üigitizeci by LiOOgle
i>ie periodische Mllitiirliteratiir in DeateoUaad.
689
Grenzeu mehr umi mehr Geltnng im deotschen Heere verschaftte
uod als Vo]^e davon eine grörserc Beteiligung aktiver Oftiziere an
der Militiirpublizistik stattfände. Damit würde zweifellos in der
Armee das Interesse an unserer Miütärliteratar. welches angen-
blicklioh, wie wir sahen, ein allzn groises nicht ist, eine wirksaiTie
Fördernng erfahren, mid ihre Erzeugnisse wUrden in der Arraee
gröfsere Beachtiiug liiitlcü, insoweit die den Offizieren verfügbare
freie Zeit dies zulälst.
Aber hierauf allein kann der Niedergang unserer periodischen
Militärliteratur nicht zurückzuführen sein, vielmehr müssen noch
andere Faktoren dabei mitgewirkt haben, die festziutelleD für die
hier erOiterte Frage von Nutzen sein dürfte.
Als einen dieser Faktoren möchte ich die zunehmende Be-
sprechong mllit&riBelier EHgen in der politischen Tagesprösse be-
xeicbnen. Während diese sieb früher nur ausnahmsweise mit mili-
täriseben Angelegenheiten besehftHigte, kann man hente kanm eine
giüIiBere poUtisebe Zeitung in die Hand nehmen, in der sieb nieht
ein milittriscber Artikel befindet, und aneh niobtmilitiirisohe Zeit-
sebriften bringen viel häufiger wie früher milittrisebe Abhandlungen.
Einerseits ist dies ja eine erfreuOcIie Erscheinung, indem sie zeigt,
dafo das deutsche Yolli an seinen anf der Grundlage allgemeiner Wehr-
pflieht aufgebauten Heereselnriebtnngen das lebhafteste Interesse nimmt»
und ttl»er alles Wichtige unterrichtet sein will, was im Heer und in
der Flotte vor sieh geht. Lälst sich somit eine gewisse Bereehfi-
gang dieser Erscheinung nicht bestreiten, so biigt sie doch anderer-
seits Gefahren^ welche im Inteiesse unserer miütiliischen Publizistik
nieht ttbeisehen werden dürfen.
Fast jede grölsere politische Zeitung beschäftigt hente einen oder
mehrere ständige militärische Berichterstatter, neben denen auch
andere Müttätsohriflsteller oder solche, die es werden möchten, ge-
legentlich Beiträge liefern; die Honoriemng dieser Beiträge seitens
der politischen Tagespresse ist meist eine wesentlieb besseref als
die der liilitärzeitschriften, ein Umstand, der manchen auf Neben>
einnahmen neben seiner kärglichen Pension angewiesenen Offizier
▼enmlatbt, seine literarischen Erzengnisse in erster Unie den Zeitungen
aiUBubieten, wo sie noch Aussicht haben, früher Terüffeutlicht zu
werden als in einer nur einmal wöchentlich oder g:ar monatlich er-
seheinenden Militäraeitschrifik. Nun sind bekanntlich die Chef-Kedak-
teure unserer groDsen politischen Zeitungen keine Militärs und ver-
stehen natnrgemäfs, mit seltenen Ansnahmen, von militärischen Dingen
recht wenig, sie sind daher bei der Prüfung militärischer Beiträge
auf das Urteil ihrer ständigen militärischen Mitarbeiter angewiesen.
Digitized by Google
640 Di« peiiofUaobo IDfitirliteratar in DeutMUand.
Sind dies iuaktive Offiziere, denen neben schriftstelleriseber Begabaog
auch die erforderliche Erfahrung und ITrteilsfKhigkeit in railitäriscben
Dingen zu Gebote steht, so wird die betreflfende Zeitung in dieser
Beziehung gut beraten sein. Ist man aber bei der Anstellung stän-
diger militärischf-r BorichttTstatter in den Redaktionen politischer
Zeitiniixen nicht Y0^sichti^^ dann werden dort nicht «elten Offiziere
beschäftirrt sein, denen die erforHrrlichen Eifrensehaftcn ftir diese
Tätiirkeit fehlen, die ■sieh in der Bearteilunjr grewisser niilii;ni<;('her
Fragen sogar von Erbitternuf? über ihr — nach ihrer Meinuni: -
vorzeitiges .Ausseheiden aus dem aktiven Dienst leiten, und der
Tendenz der betreffenden Zeitung- entsprechend, in eine Riebtang
dräniren lassen, welche den AnflFassunfren ihres Standes oft geradezo
zuwider läuft. Dadurch erklärt es sieh, dafs wir mitunter in der
politischen Tagespresse .Vulseruniren inaktiver Offiziere über mili-
tärische Fragen begegnen, die wir nur mit Kopfschlitteln lesen
können und die geignet sind nicht nur der Allirenuinheit, sonderu
auch dem jüngeren Offizier, der sein geringes Bedürfnis an mili-
tärischer IjPktUre lediglich aus der Zeitunjr deckt, falsche Auf-
fassungen über unsere Heereseinriehtuugen bei/.ubringen. In dieser
Hinsicht Vw^t allerdings keine geringe Gefahr iu der zunehmenden
Erörternng militärischer Fragen in der politischen Tagespresse, durch
die zugleich eine bedauerliehe Schädigung der periodischen Militär-
literatur herbeigeführt wird. Diese, von nichtigen, sachverständigen
Kedakicuren geleitet, ist ganz anders wie die politische Tagespresse
in der Lage, die eingehenden Beiträge zn prüfen und die Spreu von
dem Weizen zu unterscheiden; iiat tiie Leitung sich dann aulserdera
die nötige Unabhängigkeit zu wahren gewufst, so wird jedenfalls der
Offizier besser tun, seine Belehrung Uber militärische Fragen aus
den militärischen Blättern, nicht aber aus der politischen Tagespr^ae
zu schöpfen, und selbst der Laie durite es nicht verschmähen, seio
Urteil in milifärischen Dingen durch einen gelegentlichen BUok in
unsere MüitärzeitsohrifteD zo berichtigen und zu erweitem.
Aber noeb ein anderer Faktor bat bei dem Niedergang nnseier
periodiseheii MilitKrlileratQr mi^ewirkty der bei Eä^rtnaog dieser
Ftege nieht autser acht gelassen werden darf, selbst auf die Geiafar
bin, damit an Traditionen zn rtttteln, denen eine gewisse ßereehti-
gang aacb Ton mir niebt abgesprocben werden soll
Schon im Eingänge meiner Aosfltbnmgen babe lob daranl bin-
gewiesen, dafs in der Armee weder von der grofeen Masse der
Offiziere noeb von den BebOrden der MilltSzpnbllzistik greises Inter-
esse entgegengebracht wird. Besonderer F^rdemng ihrer Bestre-
bungen von dieser Seite hat sieb die periodische Miliilrllterslar in
Digitized by Google
Die periodidcbe MiUiürüteratar In Deataohlaiid.
641
Deatsehland kanm za erfreuen ; das einzige Zugeständnis, welches einigen
Militärzeitscbrifien gemacht worden ist, besteht in der vom Kriege-
rainisterium erteilteu Genehmigung, dais sie die Namen der Verfasser
ihrer Artikel nicht anzugeben brauchen, wenn sie sich verpflichten, sie
dem Kriegsministerium auf Befragen mitzuteilen. Irgendwelche
weitere ideelle oder materielle Unterstützung durch die Behörden ge-
nie&t die periodische HüiHlriiterstiir in DeotscUand oieht.
Die eimige Auniabme in dieaer Bedefaang maeht das Militär-
Woobenblatt, indem daaaelbe das Vorreeht geniefiit, gegen
einige geringfügige Verpfliohtangen des Veilegers die PenonalTO-
Mndeningen in der Aimee zuerst TerGfientlloiien zn d&rfen, and
der Abonnementsbetrag für das Blatt znm Teil ans Dienstgeldern
bestritten werden darf, was einer Snb?entioniemng mit amtlieben
Mitteln gleicbkommt Dnreb diese anberordentliebe Bevorzugung
erbttlt das MilitKr-Woebenblatt in gewisser Weise einen amtlichen
Cbaimkter, der sich natnrgem&lB aneb anf seinen joornalistiscben Teil
flbertrSgt; infolgedessen wird das Blatt von allen Behörden, Bibllo-
tbeken, Leserirkeln^ Kasinos, Botels nnd RestanrantSi In denen Offi-
ziere verkehren, sowie von vielen Offiaeren gehalten, so dals es an-
bestritten die am weitesten verbreitete Militttizeitsobrift Deatschlands
ist and den ttbrigen nnabhttngigen HilltlIrzeitBObriften den Wettbewerb
aolserordentUcb ersokweri Non ist es eine bekannte Tatsache,
dafs das Uilitär -Wochenblatt von vielen nnr der PersonalverüDde-
mngen wegen gelesen wird nnd daher der Jonmalistlsohe Teil weniger
Beaebtong findet. Aach bOrt man bin nnd wieder die Ansicbt ans-
spieohen, dafs der Jonrnalistische Inhalt des HilitSr*Wochenblattes
manches zn wttnschen ttbrig lasse nnd daslnteiesse an militttriiterariscben
Erzeognissen niobt genügend anrege. Ich will hier nicht entsobelden,
ob nnd inwieweit diese Ansicht, die vereinzelt In ziemlich scharfer
Weise aneb in der Presse schon znm Ansdraok gekommen ist, rtebtig
oder faisck ist; bei vornrteüsfreier nnd gerechter Beurteilung wird
man indes anerkennen müssen, dab die Redaktion des Militllr^
Wochenblattes, besonders in den letzten Jahren, bemüht gewesen ist,
den Inhalt des jonmalistiscben Teiles des Blattes vielseitig and lehr-
reich zu gestalten nnd anoh im ttbrigen mancherlei Verbesserungen
nnd Erweiterangen vorgenommen iiat, welch (> diesem Blatt einen
hervorragenden Platz in unserer periodischen Militärliteratur sichern.
Andererseits kann nicht bestritten werden, da£s diese Militär-
zeitscbrift we^cn der Kücksicbten, die sie infolge ihres amtlichen
Charakters uaoh manchen Richtungen hin nehmen mute, Uber viele
Fragen sich gar nicht oder doch nicht so freimütig äufeera darf, wie
dies ftlr ein die Interessen der Armee und besonders des Offizierkorps
Digitized by Google
642
Die periotüscbe Militäriitoratax in DeatoohUad.
gegenüber der Öffeutlichkeit vertretendes Blatt o;eboten wäre, ho
z. B. findet man im Militär -Wochenblatt höchst selten Erörternngen
Uber organisatorische und gesetzgeberische Fragen; in deu seit Jahr
imd Ta^ so lebhaft geführten Kampf am ein nenes Militärpensions-
gesete hat dasRelbe nicht eingegriffen und ttberbanpt zu dieser, das
aktire wie inaktiTe Offiderkorps so tief enegenden Frage gar nicht
Stellang genommen. Man wird daher nicht behaupten können, dals
das MiUtftr-Wochenblatty obwohl es einen herForragenden Fiat» in
unserer Militärliteratnr einnimmt, die Interessen der Armee in voUem
Umfange wahrnimmt; dazu ist nur eine unabhängige Militärzeit-
schrift in der Lage. Unter den anabhängigen HUitäizeitBchriikeu,
welche wir z. Zt. besitKen» sind einige, deren Ldtang sieb in sehr
tllehttgen Händen befindet uod die daher wohl in der Lage wären,
unserer periodiseben Militärliteratur mit der Zeit die Stelle znrQck
zu erobern, welche sie früher eingenommen hat; aber auch diese
Zeitschriften kranken mehr oder weniger an den vorstehend von mir
dargelegten nngOnstigen Verhältnissen.
Als dem Militär-Wochenblatt das grolse Vorrecht der eraten
VerOffentlichang der PersonalYCränderangen eingeräumt wurde, be-
salsen wir noch kein amtliches Organ fär derartige Bekanntmaehiingen,
seitdem wir aber ein Armee -Verordnungsblatt eingeftthrt haben, ist
nicht einzusehen, warum die Personalverändenmgen nicht durch dieses
der Armee bekannt gegeben werden, wie das in anderen Staaten,
Ja selbst innerhalb der deutschen Armee, z. K in Bayern, der Fall
ist. Es würde diese Art der Veröffentlichung sogar den Vorteil haben,
dais alle weiteren amtlichen lOtteilaagen der PersonalveiäDdmngen
auf schriftlichem oder telegraphisebem Wege ttberflOssig wttrden und
doch die Bekanntgabe derselben schneller als bisher erfolgen könnte.
Allerdings würde hierdurch das Militär -Wochenblatt voraussichtlich
zunächst eine Einbufse an Abonnenten erleiden, die sich aber bei
tüchtiger Leitung des Blattes aicher bald wieder einbringen lassen
wird, da dasselbe dann als unabhängige Zeitschrift in freien Wett-
bewerb mit deo übrigen Militärzeitschriften treten und die Interessen
der Armee uneingeschränkt wahrnehmen könnte.
Leider scheint an maisgebender Steile z. Zi in dieser Beziehung
eine andere Auffassung: zu herrschen, denn sonst würde man nicht
dem halbamtlichen Militär-Wochenblatt eine ganz amtliche Militäizeit-
Schrift hinzugefügt haben.
Wie bekannt, läfst der Grofse Generalstab seit Beginn dieses
Jahres Tierteljülirlicli eine Militärzeitschrift erscheinen, die den Titel
trägt: „Vierteljahresschriit für Truppenfuhrong und Heeres-
knnde." Nach dem ausgegebenen Ftospekt wird diese neue Zeit»
Digitized by Google
Die periodisehe MiUtärUteratur in i^eutäohiand.
643
aduift Anfsätee taktisohen und kriegsgesohiolillioheD Inhalts aowie
Naeluriehteii Ober intereraaDte Tni|»p6D0biuigeD imd HitteiiiiDgeD ttber
fremde Armeen enthalten; bei letiteren boU tot allem Gewicht ge-
legt werden auf die Wiedergabe des ftr die Organisation, Ansbildong
and Fahning Wesentliolien ond Lehneiohen and zwar In der Form
«uammenhliigender Anftätae. Diese werden bemüht sein, den Leser
fortlaafend ttber alle innerhalb der fremden Armeen beobaebteten
Bestrebungen und Erseheinnngen auf militttrisehem Gebiete zu
nnterrichten, sowie auch snr Klärnng wiebtiger operativer und
taktischer Fragen beantragen snchen. Die Aufsätze kiiegsgesehiobt«
liehen Inhalts solle» die firfabmngen der neueren Kriegegeschiebte
fiir (He Truppeiinihmiig nutzbar machen. Die Schriftleltang der
Zeitschrift ist der kriegsgesehichtlichen Abteilnng I übertragen. Die
Hefte erscheinen im ersten Munat eines jeden Viertr li ihrc«. ebenso
wie das Militär-Wochenblatt im Verlage irr Königlichen Hofbuch-
handlang von E. Q. S. Mittier ^l- Sohn. Berlin. Die AnkUndigong
des firseheinens dieser neuen Mititärzeitscbrift ist dnroh das Armee-
Yerordnongsblatt erfolgt, ein Umstand, der auf das Abonnement nicht
ohne fordernden HünfluTB geblieben sein dürfte. Die ersten beiden
Hefte sind inzwischen erschienen und entspricht deren Inhalt dem
Vorpresag-ten ; die Verfasser sind mit einer Aosnahme dem (reneral-
etabe angehörifre oder zu demselben koiiiniandierte, meist jüngere
Offiziere. Ob an der Absieht, nur der akliven Armee angehörende
Offiziere als Mitarbeiter au dieser Zeitschrift zuzulassen, auf die Dauer
festg-ehalten werden kann, mufs bezweifelt werden; dem V^ernehmeu
sollen bereits vom 1. Jnü d. Js. ab einige bevorzugte Militar-
schriftsteller des inaktiven Standes zur Mitarbeit aufgefordert
worden sein.
Wenn es auch einerseits mit Genngtuung begrUlst werden kann,
dafs sich hier der Generalstab mit seinen reichen Kenntnissen und
Erfahrungen auf den bezeichneten Gebieten in den Dienst der
Militärjonrnalistik stellt und hauptsachlich aktive Offiziere das Material
ftir diese \ ierteljahrsschriften liefern werden, so kann doch der hier
eingeschlagene Weg als ein richtiger nii ht bezeichnet werden. Wir
haben so mit dieser neuen Militärzeitschrilt neben dem halbamtlichen
Militär- Wochenblatt, das ursprünglich ja auch vom Generalstabe
geleitet wurde, eine zweite amtliche Bfilitärzeitscbrift erhalten, die
in weitgehendster Weise Rücksichten wird nehmen mtlssen und des-
halb niemals eue anabhängige Zeitschrift wird ersetsen können.
Gut geleitete, dnrcb die Armee selbst nnterstttttte unab-
hängige MiliCftrseitsehriften ist aber d^s, was wir vor allem
gebraachen nnd gerade diesen wird mit dem neaen Unter«
Digitized by Google
644
Der Einflars der Waffen auf die Taktik.
nehmea ein amilicher Wettbewerb eDtgegengesetzt; ballen
viele MUitSnEeitsebriften sehoa bisher unter der erdrOekeiideQ Kon-
kurrenz des MUitilr-WoeheDblattea einen sehweren Stand, so werden
diese gegen die GeneralBtabs-VierfteUabrBsobriften den Kampf mne
Dasein kaam noch mit Erfolg fortfuhren kttnnen. Von diesem Ge-
sichtspnnkte aus betrachtet^ mnls ich den hier besehiitteoen Weg
wiederholt als einen nnrichtigen bezeichnen, der eeine nachteiligen
Folgen auf ansere schon seit geraumer Zeit mit grofseu Sohwierig:-
keiten kämpfende unabhängige MilitaiseitBchriftenliteratar bald
ftthibar machen wird.
Mao sollte meines Brachtens den entgegengesetaten Weg ein^
schlagen, indem man nnsere Militärseitseliriftenliteratnr von der
Konkurrenz der mit einzelnen Vorrechten ausgestatteten amtliehen
Militärzeitschrifken befreit nnd alle amtliehen Veröffentlichongen
künftig Dor noch durch das amtliche Armee -Verordnaogsblatt be-
wirken läfst. Damit wUrde man eine gleiche Grandlage für aUe
unsere Militärzeitschriften schaffen, welche als die N'orbedingung fttr
einen der Sache forderlichen Wettbewerb bezeichnet werden rauls.
Dann wird die periodische Militiirüteratnr anch in sich selbst wieder
die Kraft finden, om sich den ihr gebührenden Platz in unserem
Geistesleben zortlck zu erobern, das Interesse fUr sie innerhalb der
Armee neu zu beleben nnd damit auch die politische Tagespresse
der Notwendigkeit entheben, sich mit militärischen Fragen ein-
gebender zu befassen, als dies im Interesse der Allgemeinheit
erforderlich ist
xxxm.
Der Einflttfs der Waffen auf die Taktik.
Studie
von
Geueraim^jo^ Keiijuer Freiherr von liichtenätem.
¥Äu uiil iiiL- t erschienenes gclBtvolles nnd empfehlenswertes Werk
des Oberstleutiiaut Crouzin^'or Uber „Die Probleme des Krieges" ')
') Die Prnbleme des Krieges. Von Paul fVeuzinger, Oberstleutnant
a. D. Erster Teil. Das Problem der Taktik. Leipzig 1908. Wilhelm
EngelmaiiD.
Digitized by Google
Der Einfliifa der Wafen auf die Taktik.
645
geht von der Anschauang aii8. dals in der Taktik die Seelenkräfte
das eigentlich wirkende Prinzip seien nnd daher die Wallen „un-
berücksichtigt'' hleihen dürften. — Wie meine /.ahlreichen Abhand-
lonjren auf diesem Gebiete dartun, bin ich Rehr weit entfernt, den
hohen Wert des geistigen und moralischen Elements im Kampfe
irgendwie iu Abrede zu stellen. Gleichviel, ob zwei Menschen oder
ganze Heere niiieinander kämpfen: es liegt in der Natur des
Kampfes auf Leben nnd Tod, daii> der wiUensstörkere, rücksichts-
losere und iiiutiirere Teil die grölsere Siegesaussicht besitzt. Aber
man dari in der Wertschätzung des psychischen Faktors auch nicht
zu weit gehen. Man soll nicht glauben, in der Taktik das Geistige
vom Technischen trennen zu können. Ich kann nun und nimmer
zagebeu, dats (Vir die Taktik die Beschafienbeit derWafien als Nah-
oder Femwaffen, ihre technische Verrollkomiiinmigy die Kunst ihres
G«braaches, kurz, ihre materieHe WirkoDg Uberhaapt tod nur „sekon-
därer^, ontergeordneter Bedeutung: seien. Ein so ansseUielsiieh auf
die Seelenkräfte zugespitzter Standpunkt, eine so extrem pajeho*
logische Gesamtansehannng scheint mir die taktischen Beziehungen
nicht genügend zn umfassen.
Crenzinger bebt richtig hervor, dals Zentralisienuig und Indi-
vidualisierung Hanptformen der Betätigung der Trappen im Kampfe
sind; sie bilden seine eigentliche innere Struktur. Bei laktisoher
Zentralisierung sind die Kräfte der Kämpfenden gebunden, es herrseht
gewissermaben nur eine Idee, ein Wille, der des Führers. Bei
taktischer Individualisierung hmgegeu findet eine freiere Entfaltung
der Kräfte statt. Die einzelnen Glieder des Heeres verfolgen hierbei
mannigfaltigere Ziele, verausgaben sich vollständiger nnd ntttzen ihre
Kraft besser ans, als die zentralistiseb gebundene Hasse.
Auf diese beiden taktischen Hauptformen ttben natllrlich die
verschiedensten Verhältnisse Einfluls: die kulturelle Höbe und die
politische Verfassung des Staates, das WehnQrstem, der Zug der
SSeit, die Gefühle der Kämpfenden — ihr Patriotismus, ihr Mut — ,
ihre individuelle Zuverlässigkeit, ihre Intelligenz, Selbsttätigkeit,
Einzelausbildung. Aber anch der materielle Faktor: die Wafte, be-
dingt die eine oder andere Kampfform. Es mnls ihm also eine
melir als „sekundäre", selbst eine ausschlaggebende Bedeutung für
die Art der Betätigung der Truppen in der Schlacht zagesptoohen
werden.
Das vollendetste Beispiel einer zusammenfassenden Kampfart
zeigt uns das Heer Friedrichs des Grofsen. Heer und Staat standen
in Preufsen im grölsten Einklang nuteinander. Der Gedanke der
absoluten Monarchie war vollständig verwirklicht. Ebenso war das
(>46
Der Biufliift der Wafim auf die Tiktlk.
Geftge der Armee durch den aolserordeiitiieh gepflegten MaMendiill
za einer nnttbertreffliehen Festigkeit gediehen. Wie bitte raeh hier«
bei der Art der Anfhringnng der Ttappe dnrob Werbung niw., ein
taktiseher iDdiTidiuliemne Rnom gewinnen kOnnen! D«8 Genie des
königliehen Feldberrn belebte nnd dnrcbgeifitigte die grobe Heeres-
maseliine nnd befiUiigte sie zn den ruhmvollsten Taten. Allein die
glänzenden Siege des prenlsiscben Heeres kJinncn dach nicht Uber
die Tatsache binwegtänschen, dals die strafi dnrchgefbhrte Zentrali-
Biefang mit der Natnr der Bewaflnong der Infanterie teilweise in
Widerspruch stand.
Der Nahkampf mit dem Baioi^ett fUhrt zur engen Massieron«:
der Trappe und demnach zur Zentralisierong des Gefechts. Der
Fernkampf mit der Rngel aber hätte schon damals eine gewisse
Vereinzelung der Beschossenen und Schiefsenden erfordert. Die Zu-
fälligkeiten des Bodens müssen vom Schtltzcn znr Deckunsr pegen
d»Mi fpindlichcn Schufs und zur Tr< flsic^hercn Ab^^abo des eigenen
verwertet wt-rdcn; es niuls dem Scbützcn freifrejcebcn «ein, in welchem
Augenblicke und genau gegen weUdics Ziel er Vciwr geben will.
Die Vereinzelung der Sthützen hat eine Individuaüsiemng des
Sehiltzenkampfep zur F(di:e. l)i<'<-^p Individualisierung kommt in dnr
Srlbsitatigkeit der Kommandoeinheiten bis zum einzelnen Sehut/.eu
herab und in der aiil-erordentliehen Differenzierung des Kampf-
verfahreus zum Ausdruck. Desgleichen bedingt das räumliche Getrennt-
sein der Schützen voneinander, die lockere SchUtzenorduunir, eine
individualisierende Ausbildung. Ftlr die Ausbildung zum Scbiit/en-
kain})!' ist der stets gleichfiirmige. weil immer auf dieselben Fälle
geriebtete Drill, der die kuriterliehen und i)sycbiscben Kräfte des
Schützen Ubermäfsig einengt wertlos. Kbenso ist bei der Einübung
des Schützenkampfes ein „Normal verfahren" im Angrifl' oder in der
Verteidigung, d. h. eine Übertragung des Drills auf das taktische
Gebiet, durchaus verwerflich.')
Da, wo beim Gebrauch von Schulswafifen der natürliche taktische
Zug zur Individualisierong gehemmt wird, kann Krieg mit Aassicht
auf Erfolg nur gegen einen Feind geführt werden, der, wie die
Östeireieher im debenfährigen Kriege, eben&Us die Individuellen
Kritfte einsehrünkt nnd unterbindet. Wenn es aber der Gegner ver*
Bobmäbt, seinen Sehfltzen eist gleiohsam alles Leben anssiitieiben»
nm sie genügend znTerlttssig ersehefaien zn lassen, wenn er in
*) Dagegen behält das „üben" — die Vcn.vcrtunfr von Mechanismen —
seiDen nnschStzbaren Wort. I>eun im An;^nfi wie in der Verteidigung
kehren imuier diecielbeu Typen wieder, ao liaik bei einem bestimmtan.
UkÜscfaMk Fall an andere bekannt« Falle angeknfipft weiden kann.
Digitized by Go
Der Einifaili der Wiflen inf dfo Taktik.
647
Gegenteil ihre lebendige Kraft in den Dienst des Kampfes i^tellt:
dann mala es froher oder später snm Zosammenbnieh desjenigen
Heeres kommen^ dessen Kämpfer mehr oder weniger zu willeDlosen
Maschinen gedrillt sind. Bei Jena und Aaerstädt erfolgte der Zu-
sammenbrocb der zentralisierenden Lineartaktik der preuCsischen
Armee. Es ist mir nicht anbekannt, dafs noch andere mifsliche
Verbältnisse an der Katastrophe Schuld trugen. Den Anstofs und
die nächste Veranlassung gab aber doch der Widerstreit zwischen
Bewaffnung und Taktik.
Gegenwärtig befiiideu wir uns abermals in einer taktischen
Übergangszeit. Die Fernwaflfe der Intaiitorie ist als Mehrlader zu-
gleich Nahwaffe geworden. Während früher, in der napoleonischeu
Zeit, dir ^rliiitzpn nur einen Bruchteil der fechtenden Truppeu aus-
machten und sich uur abgegrenzte taktische Ziele setzen konnten,
beherrschen sie heute ausnahmslos den Infanteriekanipf. Die kämpfen-
den lufauteristen sind /.u huiidt rt Prozent Schützen ^vwanlru. Und
doch wird die deutliche Sprache der Zahl nicht geniiiiriui bcaclittt
— Der soldatische Charakter liebt rasches, impuisivi s Handeln.
Dieser Neigung eüts|)richt im Angriff flottes Vorwärtsdringen und
der Kampf mit dem Bajonett. Der Erfolg des Feuergefechtes er-
fuiderl aher ruhige und unerschiitterliche Zähigkeit. Die Entwicke-
luQg zur konsequenten und uneingeschränkten Feuertaktik bedentet
also, wie andere Ent\wekeiungeu, vor allem eine Umwertung innerer
Werte. Eine solche pffegt iudesaen nur sehr langsam vor sich zu
gehen. Die Instinkte eines Heeres ändern sich langsamer, als die
technischen Eründungen einzelner taleufc? ulier Kopie aufeinander-
folgen.
Aber wenn es schon immer gefährlich war. mit der Fechtart
gegentlber der Waffe des Gegners im Rückstand zu sein, so ist dies
heute, bei der liohen Vollkommenheit der Feuerwaffen und ihrer
ausschlielslichen Herrschaft, noch weit mehr als früher der 1 all.
Eine grolse und nie dagewesene Mannigfaltigkeit an ^umütlichen
Depressionen ist charakteristisch für unsere taktische Üburgaugszeit,
in der die Taktik mit der Bewaffnung uicht immer im Einklang
steht. Es waren vorzugsweise Überraschnngen durch neuartige
Waffenwirkongeu, die in den Kämpfen der letzten Zeit die Ent-
scheidung herbeiführten. — Vor Plewna zeigten sich die Russen, ein-
geschllobteit dnzeh die anerwartete Wirkung der ttirkisehen Hinler*
lader nnd Hehrlader, teilweise so kraftlos, dals man sich erstannt
trügt, ob denn das die Nachkommen der Helden von ZomdorCj
Kunersdorf nnd Borodlno waren? Aach die Türken waren bei
ihrem Ftontalnngriff auf die griechische Stellnog ron Dhomokos
648
Dtr Einflni» d«r Waftn auf die Taktik.
(17. Mai 1897) — mit Ausnahme der Nisambrigade — nicht mehr
auf ihrer früheren Höbe. EiügUedrige ScbützeulinieD, deren sie sich
dabei vernünftigerweise gegenüber der modernen griecbisehen Be-
watiüung bedienten, sind kein so geeignetes Milien für jene rllck-
sicUtölose Wiliensenergie und bis zum äufsersten Fanatismna ge-
steigerte Geftlhlserregung, wie die Kolonuen und Massen, in denen
sie vor Plewna ihre bewunderungswUi digea Gegenangriffe auf die rück-
staudig hewaiiiieten Russen ausführten. Einen anderen, neuen Inhalt
aber in das Sehlitzengefeeht zu legen: den geschickter Verbindung
steten, unaufhaltsamen Vorwiü i-drmgeus ma ruhiger und treffsicherer
Verweiulüü^^ des Gewehrs, waren sie nicht imstande. Und die i^ng-
liiuder in Südaliika! ') Zur Zeit, als General Uoberts im Jaunar 19()0
das Oberkommando übernahm, hatte sich ihrer ein niederdrückendes
und lähmendes GefUhl der Inferiorität bemächtigt. Die Bewaffnung
beider Armeen war eine ungefähr gleich gute. Aber während die
Buren sich der Bewaffnung anpafsten, suchten die Engländer das
Heil in veralteten taktischen Formen. So kam es, dafs sie den
Boren gegenüber zo kräftigem taktischen Handeln on^ig waim
Aber auch das neoe Oberkommando seheint keineswegs von Pesd-
') Die Engländer empfingen vielfach ähnliche Eiiidrflcko wie die
PreulVfii hei Jena. (Ifn^ r illentnant von d. r Marwitz errShlt al-^
zeuge in seinem „Nachia,sse* über diestj Schiacht: ..Die (französit-chen)
Tirailleure liefen bis an unsere Linie vor, ihr lebhaftes Feuer vorzüglich
auf die Offiuefe richtend. Ungeachtet der Verlust schon merklich zu werden
anfing, salien w ir doch wenig vom Feinde, dt r zu unserem grö&ien Nach*
teile wie liintcr i'iner Oardine Toclit. Seine Tirailleure bentitztcn jede T'n-
ebeuheit <le,s Terrains, und auch die (le.srliütze waren SO plaziert. daiV« man
weuig mehr als die Alimduugen wanxuahni. Gegen diesen unsichtbaren,
beweglichen Feind begannen wir mit Echelons vom linken FlOgel zu avan*
eieren. . . . Die Infanterielinie stand gegen Vieizehnheiligen fortwlhiend
im heftigsten Feuer, ohne zu wanken, und erwiderte dasselbe durch Salven,
deren Krfolg nur gering sein konnte. Das Grenadierbntaillnn Hahn, die
iiegimenter Hohenlohe, Zastrow, Grawert verloren unendlich viele Offiziere
und Manaschsflen, meisb die HSlfte ihres Bestandes. . . . Nun geschah es.
dafs einige fransOsische SchUtsen mn VienebnheÜigeii herum durch die
Büsche schlichen und mit Wirkung in das Begiment Samts zu schiefscn
begannen. Dasselbo hatte bishor viele Fassung bewiesen, wurde aber durch
die wenigen Schüsse so überrascht, dafs es umk( hrte. Die OffimorP tat^ n
ihr Möglichstes, der Fürst (Hohenlohe) mit seiner gauzeu Umgebung unter-
stützte sie, doch half es immer nur ftlr kurze Zeit, denn sobald wieder
einige Kugeln einschlugen, kehrte das Regiment aufs neue um. Jetzt
wurde das bei Saalfeld halb vernichtete IJegiment MüffliDfz:, welches bisher
zurückgehalten worden, vorwärts und in die Linie geführt, folg^ aber bald
dem übleu Beispiele. Die Lücken wuchsen immer mehr, und da nunmehr
der Feind anzudringen begann, kehrten audi die Begimentttr Zastrow und
Grawert um. . . .**
. Kj by Google
D«r EidlaA dar Waten «nf die Taktik.
64»
mismus frei gewesen zu sein. Creneral Roberts wollte nicbt die bei
Magersfontein onter General Cronje lafrernden, an Zahl so schwachen
Raren angreifen, am sie entscheidend zq schlagen. Die Baren sollten
nur aus ihrer Stellang heraasmanöveriert werden. Dafs sie sich
später, hei Paardeberfr. p:efan£:en g-eben mnfsten. war lediglich die
Schuld fVofijps. der sich nie entsc'hlie[sen konnte, seine Lagei-
ateilangen zur rechten Zeit zu verlassen.
Am Taye nach dem mifsglUckten englischen AiigrifiT auf die
Flufsufer des Modder Kiver bei Paardelierp: erklärte der Geiieral-
stabschef Lord Kitchener: ,,Weiin ich ^'■estern früh das gewufst hätte,
was ich heate weifs, so würde ich die Buren im Flnfstal nicht an-
gegriffen h;(]»pfi; es ist eben unniöfrlieh •reg'en das moderne (Teweiir. "
Und eini<:e Ta^'^e darauf, aiii 7. März 19U(), im sogenannten (refecht
von Popiar Grove, konnten die Eti^Händer, die Uber H( )()(»() Manu
stark waren und Uli (ieschut/e hesalsen, tatsächlich die Buren
nicht mehr angreifen, dereu btärke vom amerikanischen Militär-
attache. Kapitän Reichmann, auf 7 Geschütze und 25(X) Mann au-
j::egeben, vom preulsischen (reueralstab auf 7000 Mann berechnet
wird. Die EnL'länder umfafsten die wohlverschanzte Burensteiluug
und warteten bis die Kavalleriedivision wirksam werden wtirde,
statt dafs die lufauteriebrijjraden den Feind der Reiterei entgegen-
getrieben hätten! Wer weils, welches Knde das Gefecht ^'enomuien
hätte, wenn nicht die Buren ancresichls der erdrückenden feindlichen
Übermacht das Feld geräumt hatten. Üie Buren, die bei Pojilar
Grove nach der Absicht (ics nbtrkommandos vernichtet werden
sollten, verloren 18 Tote und Verwundete.*)
Wenn sich der südafrikani-^ehe Krieir, dessen schliefslicher Aus-
gftog bei den unermei'slichen üiifsmitteln Kn-huKi^ ja nie zweifelhaft
sein konnte, so Mehr in die Län^e zog, so lag der Grund hiervon
grölstenteils in dem voii uni t rwähnten Widerspruch /wischen Be-
waffnung und Taktik auf Seite der Kufrländer. — Keine Armee
darf sich den bieg versprechen, wenn sie sich einer anderen gegen-
tlber gestellt sieht, die es besser, als sie, versteht, zur rechten Zeit
mit deo alten Formen and Anschaaungen zn brechen and ihre
Taktik und Aasbildang der Kenbewaffimog anzupassen.
Siehe üher die Operationen unter Lord Roberts bis zur Einnahme
▼on. BAoemfontein das Beft 88 der «Kriegsgeschichtlichen Einzekchhften*.
J650 ^ Teobnik im Dianat der operatiTea TUgkeife einer EtvallttledlvUwt
XXXIV.
Die Teclmik im Dienst der operativen Tätigkeit
einer Kavalleriedivision.
Eine applikatorische Studie anter Bertloksicbtignng des Nord-
•amerikanibchen Sezessionskrieges in Virginien, mit einer ÜberaiohtB-
skixze ood eioem Plao, sowie S5 Abbildnogeii im Text.
Seharr, Migor ood Militärlehrer an der Kriegsakademie.
(Schlufe.)
n. T&tigkeit und Leistnngsf&higkeit der Ksvallerie-
dMflioii auf teohniBohem Gebiet.
Kriegaiage. ^)
Eine blaoe Armee, die sieh in dem Baum Kolmsee— Brieaen —
GiandeDs TerBammeln wiU, befördert die 1. KavaileriediTiaion an
80. Joni imd 1. Juli naeb Soldaa Toraiu mit dem Anftiage:
den ans der Linie Pnltiuk— Roeean— Ostiolenka sn erwarten-
den feindliehen VonnarBeb anftnldliren nnd sn Terzögero.
Kriegsgliederung
der 1. Kavallerie-Diviöiou (0 — 24 — 2).
I) Hienn eine Überaichtsakitse 1 : 600000 und eüi Plan t : tOOOOO.
Digitized by Google
Die TeohBlk im DimuA der openttvea Tätigkeit einer EimtUeriedMeioiL 55t
Der !• Ja Ii.
A. Anordnungen der
Bis zun Abend des 80. Jnol
io Soldan:
Di?isioii8stab,
Stab der 1. Kavalleriebrigade,
Ktirassierregimnnt l,
«tab, 1. u. 2./KUr. 2,
Magchinen^ewehrabkeilaiig,
Pionierabttilun«?.
inlaiiteriepatrüDtnwageu Nr. 1 j
nnd 2 der leicbteu MtmitioDS-
kolonae.
f. Kavalleriedivieion.
waren enlladeo
in Gr. Roeoblaii:
Stab der 2. Kavalleriebrigade,
Dragonerregiuient 1,
Reitende Abteiloog.
1. Entsendung von AnfklMrnn^seskadrons.
Offizierpatrouillen waren noch am 30. Juui nachmittags
gc^en die Narewlinic entsandt, ihnen folgten am 1. Juli früii Auf-
kiäronsrsrskadrons:
l./Kür. i mit Infanteriepatronen wagen Nr. 1 über Mlawa —
Ziechanow aut Pultusk mit dem besonderen Auftrag, die Eisen bahn-
brtlcke bei Mlawka und die Bahn weiter südöstlich zu sperren;
je nach der Konstruktion der BrUcke und tit r verfUg:baren Zeit sei
an einer Stelle eiue Z er st 01 im vorzunehmen, vorher etwa noch
vorhandenes rollendes Material nach Soldan zurückzuführen.
Der Eskadron war anlserdem die Telegraphenpatronille
des Regiments mit dem sweiep. Karallerie-Telegraphenwagen
ZQgeteilt.
L/KUr. 2 Uber Mlawa-Prasnysoh aof Makow;
l./Drag:. l Uber Neidenbnrg — Cborsbele anf Krafsnosielz.
Allen 3 Eskadrons war eine leichtere Unterbrechung der
Telegraphen — hauptsächlich durch Anbringung versteckter
Leitungsfehler (Kav. Tel. Ziff. 72—75) ausdrücklich befohlen,
„sobald es sich darum bandelte, den Verkehr der feindlichen Armee,
sowie der Beyölkenmg unter sich zu unterbreeben^ (F. 0. 528).
Dementsprechend waren diese beiden Eekadiona mit Gegen-
ständen ans dem „Gerit des Regiments für besondere
Zwecke und znm Vorrat'' auszurüsten, damit niebt die LeistungS'
fäbigkeit der Tom Kür. 2 nnd Drag.*Rgt. I spilter aofzusteilenden
und mit dem „Patrouillengerät*' auszurüstenden Telegraphen-
patrouillen beeinträchtigt würde, nämlich mit:
Digitized by Google
652 reolmik im Diemat der oi»eraüvdn Tätigkeit einer KavaUeriediviaioiu
Steigeisen nebst Sicberbeitsleiue,
Steighaken nebst Fonragierleine,
1 dreikantigen Feile,
1 Flachzange,
1 Bolle feiaem Kuplierdnüit usw. (K«y.-Tel. Ziff. 26—46,
71—79 und 161—103.)
2. VoTtni^ des taeralstibsslIiMini.
Am VonDittag des 1. Juli war der Qeneralstalieoffisier sam Vor-
trag belohleo. Er seUog yor:
„Vormarseh der DiTislon am 2. Juli Uber HUwa auf Zieehanow
gegen den verrnnteten feindlichen linken FlVgel in der Absieht, etwa
Tom befindliobe feindliche Kavallerie sn wetfen nnd Eiabliok sc
gewinnen in den feindlichen Yoimarseh, insbesondere in dessen
linke Flanke.
Von dem Erfolg nnd der Voimarsohrichtnng des Gegners wlirde
es abhingen, wo dernnSehst Aofentfaalt m bereiten sei Nach der
Karte kSme — anf feindlidim Ctobiet — die Ljdynja and die
Mlawka, spSter kommt jedenfalls die Soldan — Neide-Linie in
Betracht Aof Gmnd persfinlioher Erkundung wird Yoigesehlagen,
zur Ansoniaang der Zeit an dieser Linie noch heute vorbereitende
Arbeiten auBfUhren ku lassen, nftmlich:
a) von *1 f r l'ionierabteiluug:
1. Zerstörang der Soldauübergange ' ) nordwestlicij und nördiiclt
KöDigsbagen — vier Brücken und ein BiUikensteg — .
2. Vorbereitung der Brücken bei Kurkau — wenigstens d»*r
beiden östlichen — and der Stralsenbrttcke bei Soldaa zur Zerstörung.
3. Entfernung des Belags der beiden iL-isenbahubrücken daselbst.
4. Zerstftrung der drei luirtl liehen Neidettbergänge nordwestlich
Cfaorapp und einer Brücke bei Wuiia.
b) von der 1. Kavalleriebrigade:
1. Zerstörung der NeidetbeqiSnge von aussohl. Wolla bis
einachL Piontken — im gansen drei Obeiginge.
2. Erkundung des Neideabsebnitts nOrdiich Ködenborg.
Die entsandten Teile können sich am 2. Juli Uber Kandien auf
Mlawa an die Division heranziehen.
Nach Genehmigung der Vorsehllige dnreh den Divislonskom-
mandeor wurde:
1) Bei den BrUeken in Laadwegea sind Pteh^ochbrUeken mit
JodbMo von fOnf Jochpffthlen nnd swei Seitenstreben, jochweiee weehaelnd»
aagraommen, wenn nidits anderes angegeben ist. Speanuag b m.
Digitized by Google
Dia Teohnik im Dienst d«r opentiv«B Tätigkeit einer Kavalleiiedivifllon. 668
3. Eine telegrapMsche Meldung an d&s Armeeoberkommando
in Graudenz
über die Absiebten und Anordnongen gesandt, zugleich
4. Ein Antrag,
durch das Goa?ernement Thorn Spreng- and ZUndmittel, haupt-
sächlich Sprengpatronen, zur Ergänzung der Bestände der Division,
(r. I. b. 2) mittelst Eisenbahn nach Soldau schaffen zo lassen, bis
die Division auf die Vorräte der ihr /u^ewiesenen Etappenmnnitons-
koionne (s. 1. b. 2) zurückgreifen könne.
B. Tätigkeit der Pionierabteilung am 1. Juli.
Der Führer der Abteilung traf folgende Anordnungen:
„1. Ein Unteroffizier, sechs Pioniere le^en drei Stollen
an dem einzigen Strompfeiler ' i der steinernen Strarsen brücke von
Soldau an (15 m Spannung']; vorbereitete Minenkammern fehlen.')
(BUd 22).
BUd 22.
W — 1,86 I
e = 4,00 • 1,8 ! = L (EinzeUadang) = 1,85' • 6,2 . 1,6 = 20,47 kg
lA 1 £ — 108 Sprengkörper,
also 8 £ B 8 • 108 3B aOO Sprengkörper.
Das erforderliche Mineurgerät ist vom Gerätewagen abzuladen,
für etwa fehlendes oder während der Arbeit unbrauchbar gewordenes
in Soldau Ersatz beizutreiben. Das Einbringen der Ladungen erfolgt
später. Wasserdichte Holzkästen sind aber schon jetzt anzufertigen.
2. Ein Unteroffizier, acht Mann verladen auf einem in
Soldan beizntreibenden Wa^jen
2 Kästen mit Sprenirmanition^),
1 Werkzeugtasche mit Gurt,
50 Sprengkapseln,
10 m Gottaperchazüudschnur,
ao m Seluiellsttndschnur,
€hittaperchapapier, Bindfaden usw.
Annahme.
S) Jeder Kasten enthalt 120 Sprengkörper in vier Lagen.
44*
L.y,.,^uo Ly Google
Ö54 ieoimik im Diomt der operativen Tätigkeit einer KavaileriedivigioxL
ODd MontOren grUndlioh cUe NeidettbergäD|ce nordweetlicb Cborapp
und bei WoUa.
d. Ein UDteroffisier, 16 Hann mancbiieo*) unter meiner
Fabrong mit dem Crerfttewagen und dem Infuiterie|iatroneowageQ
Nr. 2 Uber Niederbof naeh den Brucken noidwestlieb und nOrdiieb
KVnigshagen and lerstOran diese doreb Sprengkörper. Sofein es
eieb lobnt, wird die wesllieh KOnigsbngen durch die alte Soldan
fttbrende Fnrt ungangbar gemaebt (Bild 28).
Naeb Anaftbrnng dieser Arbeiten wird an den beiden OstUehen
Brtteken bei Knrkan je ein Joeb mit Spiengpatronen geladen und
ZOT Zttodnng dundi Leitfeuer Torbeieitei
Naeb Bttekkebr in Soldan wud der Belag der beiden fitsenlialm-
brltoken abgenommen und Terbranni"
Büd 28.
XlDgangbannacbung der Fnrt westUoh Königshagen
dnrch Drabtnets mid Eggon.
C. Anordnungen der 1. Kavalleriebrigade am 1. Juli.
Es handelt sich am die Zerstörang dreier Brücken — bei
Schiemanen, Ueidemtthle ood Piontken. Die beiden KUrasaieiTegi'
menter rerftlgen tlber 2 X 82 = 64 Sprengpatronen nebst den nOti-
geu ZUodera (s. I. b. 2). Hiervon sind 2 X 8^= 16 Sprengpatronen
der rechten und mittleren Anfklärangseskadron (l./Kttr. 1. und
l./Kttr. 2) mitgegeben. Es stehen sondt 48 Sprengpatronen sor
Vertngang.
Die Neide ist auf dieser Flnisstreeke 20—26 m breit, 2 m tief.*)
Werden an jeder Brtteke swei Joche sersittrt, so erreiebt man ebe
Unterbreehang der Fahrbahn von 16 m LKnge. Bei Spannung von
5 m reiebt bei fal^lMmen Brtteken in Lsndwegen eine Sprengpalrone
zur Sprengung eines Jocbpfobles Tellig ans. Es sind ^bo Ar swd
Joohe an jeder Brtteke 5 + 7 = 12 Sprengpatronen eiforderlieb, fttr
1 ) Alf^ MnfbchleistuDgen tiind im «Ugemeioen 10 km in der ätunde zu-
grunde geitigt.
*) Annahme.
Digitized by Go
Bto TMuiilE in DiMHt dar opatÜTBa TMgkfltt «iMr KavaUMiediftiton . 655
drei BrOoken 3 X 12 = Sprengpatronen. Der angenbltoUiehe
Voml der Brigade genttgi AndeienfaUa mnbte die Dividon am
den Beettnden des InfuteriepalrenenwagenB Nr. 2 beigeben«
Der Brigadel^ommandenr befahl:
«Jedes Begiment stellt einen Sprengtrupp yon sehn Hann, nnler
einem iiteren Unteioffiuer. IKe gefüllten Sprengpatronen- nnd
Zttndertaaoben') (mit dem Gesamtbeelaade der Brigade) weiden an
den Pferden angebnusbt
Die Ftthnmg dee Spiengkommandos Ubemimmt Leutnant L, vom
Kttrasaienegiroent 1.
AbmarBch: 1^ naebm. Ton Vorstadt FiBcbeiei.
Es sind die Brtteken bei Sebiemanea, Heidemllble and Piontken
— mOgliebst zwei Joobe an jeder Brtteke — in serstOren, aoiserdem
ist der Neideabsebnitt oordwestUcb Neidenbnrg tia eriinnden.
Das Kommando bat sieb bis morgen 7*^ vorm. an die Brigade
naob Hlawa beranzozieben.*'
D. Tätigkeit des Kavalieriesprengkommandos.
Das Kommando ritt um 1^ nachm. von Vorstadt Fischerei ab
and langte am 2'^ nachm. an der Brücke von Schiemanen an. Hier
verblieb ein Sprengtrapp. Der Führer bezeichnete die beiden zu
sprengenden Joche and skizzierte die Anbringnng der Ladung {r.
Bild 24). Er wies darauf hin, dafs bei der Stärke der Pfähle von
20 cm und deu Entfernungen von 1 m voneinander eine Spreng-
patrone gie i ehzeiti i: als Ladung nnd zur tlbertraguiig der Deto-
nation auf die N'achbarladung ausreiche. Anlserdem ordnete er an,
Belag und Balken an den nächsten stehenbleibenden Jochen zu losen,
damit die Zerstörung um so irrilndlicher wirke; aoch seien nach der
Sprengnng alle losgelösten Hokteile, soweit sie nicht flofHahwärts
getrieben wären, an das Ufer zu ziehen und zu veniiehteu. Nach
Ausfühning habe der Trupp über Heidemühle und Piontken zn reiten,
dort zu unterstützen, darauf in Neidenburg auf dem Bürgermeisteramt
Ortsuuterkunft (geschlossen) anzufordern.
Mit dem anderen spreiifrtrupp ritt der Führer nach Heidemübie
and Piontken und traf dort ähnliche Anordnungen.
Er selbst nahm zwei Kttiasdeie mit «ob nnd erkundete die
Neide flolatifvvärta.
Am Abend war den Kommaodo in Neidenbnrg yeieammelt.
1) s. BUd 7 und 8.
Digitized by Google
656 Di« Teebnik im Dlemt der operstlTen TStlgkelt einer KaviUtriedhUML
E. Nachrichten, die bis Mitternacht 1./2. «luli eingehen:
a) yon der Offisierpatronille L/Eftr. 1.
Hitftags — I. „tan 90. Juni abends bei Mlawa feindliehe Dragtmer-
patromlle.**
Abends — II. ,,8in 1. Juli früh von Wola-^ohydlowska aaf Ziech»*
now weiterreitend, bei Tsehemehy-iPniewo von feiadliober
Eskadron mm Aosweiehen genötigt
b) Yon Anfklärangseskadron l./Kar. 1.
Naebm. — I. „Sprengung der BIlawkaer Eisenbabnbrtloke niebt
geglückt"
Büd 24.
LäugsprofU der Neide (Annahme).
Anbringung der .Sprengpatronenladung au der PfahJjochbrücke bei Schiemanen
Heide>Mfllile und Piontken.
Erläuterungen: a .cVnfangsladung mit 6 SprengpatronenzUnder.
e Folgeladung mit d offener SgrengkapseL
e Latte zum Befestigen der EinzelUdungen.
Abends — II. „am I.Juli nacbm. nngünRti^ verlaufenes Gefecht
mit feindlicher EiskadrOD südlich Mlawka. Eskadron hält
lüawka.** (Telegramm ab Illowo.)
e) Tom Armeeoberkommando (Telegramm ab Grrandenz).
Abends — I. „Vom 2. Jali mittags an sollen mittelst Eisenbahn
eintreffen:
in Neidenbarg: 2. KaralleriediTision,
in Soldaa: Generalkommando L Armeekorps nnd
1. InfanteriediviBlon.
Digitized by Google
Die TMhnik In Dfonit dm o|»cratif«n TlUgkilt elMr KaTtltoriedivlBioiL 657
Der kommandierende General übernimmt den Be«
fehl über beide KavalleriediriBionen."
Spät abends — II. ^Beantragte Sprengmnnition soll am 3. JnU roim,
in Soldan aein.^
Betrachtnn^en.
Zu A. l. Ki8eubahDzerätörao|;«u bezw. SperriuigeD.
Die Eisenbahn Warscha — Mlawa — Soldau ist die einzige im
V'orniarschpebiet des Ffindps. Grund genu^r, ihre Benützung seitens
des Feindes so früh wie möglich zu unterbinden! Der Divisions-
kommandeur, vom Armeeoberkommando nach F.-O 518 vorläufig
mit den Befugnissen eines selbständio: kommandierenden Generals
versehen, hatt<' sich für eine Zerstörung" möglichst weit feindwärts
entschieden, dn die blaue Armee vor dem 15. Joli die Bahn als
Nachscbnblinie schwerlich benutzen könnte.
Schnelligkeit der AnsfUhrung der Zerstörong ist die Haupt-
sache, ganz gleichgültig, ob es bei Mangel an Zeit und Mitteln nur
zD t iiM r Sperrung kommen sollte. Deshalb fiel diese Zerstörung
demjenigen Teil der Kavalleriedivision zu, welcher am weitesten
Torans war — der rechten Aulkiäruugtieskadrou (l./KUr. 1) — ganz
im Sinne der F.-O 518:
„In der Regel werden hieran Ei8enbahntru|)peu oder Pioniere
verwendet. Namentlich im weiteren Bereich der Armee wird
diese Aufgabe aber auch der Kavallerie zufallen."
Die Eskadiuu vertilgt nur Uber acht Sprengpatronen etc. (s.
1. b. 2). Diese Sprengmittel sind zu einer Zerstörung von Eisen-
bahnen nicht ausreichend. Es wurde ihr deshalb zur Lösung des
Auftrages einer der beiden lulaütt ri 'jiatronenwagen zugeteilt, in
welchem 56 Sprentipatruuen nebst Zundmitteln, uulserdem ein Satz
„Eisenbahnzerstörüijgswerkzeug" euthaileu ist (s. ib. 2. u. 8.)
Zn A. 1: Leichtere Unterbreehnng der Telegrapben-
an lagen.
AHt Recht hatte der Diyisionskommandeur besonders darauf
hingewiesen, den telegraphischen V erkehr der feindUohen Truppen-
teile, wie anoh der feindlichen Zivilbehörden nnier sioh zn
unterbrechen.
Wie notwendig gerade letzteres ist, geht z. B. aus dem ,,Zag
der 6. Ravalleriedivision durch die Sologne vom 6. bis 15. Dezember
1870" hervor.') Die Division wollte neben Ausführung anderer
Aufgaben den Feind ttber die Bewegungen der deutschen IL Armee
S. .Kriegsgosehichtliche EinMlachrifien''. Heft 8. 8. H8.
Digitized by Google
658 Di« TMlnik im DiMiat der opmthr« Titfgkdt aiMr KmaltoriadifMM.
täaseheo. Letzteres wäre ihr vielleiebt eher ^"cluiigen, wenn sie
beweglicher gewesen wäre und dir 1'('|pp-rapiieiiaDlage& in om-
fingreieherer Weise hätte anterbrt cbrn kunum:
„Der Depescheiiweehsel zwischen deniKrieg:sdeiegiert[ u 1 rf yeinet,
dem Kriegsnjiiiistf r (Tambetta und dem General Honrhaki, snwfit
derselbe verötlentlicht i.st, tut nämlich dar. dalb Uab Knegsministerium
dnrcb die Meldungen der Orts-, Eisenbahn- und Telegraphenbehörden
über die dtutsehen Trappen immer gnt nntcrrichtet war, sobald
letztere, wenn auch nur vorübergehend, zur Bube kamen.*
Zu A. 4: Antrag wegen Oberweisang toq Spreng- and
Zttndmitteln.
Die Dinnoik war mn die ErgitusoDg der Sprengnmnition be>
BOigt. Ea wird dem Generalatalisolfiiier der DiTiBlon unter Mit-
wirkung des Fahren der Fienierabteiliuig die Aufgabe inbülen» sieb
rechtseitig den yorauBslobtlieben Verbianob an Sprengromution
klar in maehen.
Am 1. Juli wird Obendilttglidi gebranekt:
Fllr 2 PfahljochbrUcken nord-
westL Königahagen (je 8 Joche
zu 20 Sprengkörpern) . • 2 • 8 • 20 = 120 Sp.-Kp. — Sp.*Patr.
Ftlr 2 PfabljocbbrUcken nOrdlioh
Königshagen desgl.. . . . 2 • 8 * 20 = 120 n — n
Für 2 PfahljochbrUcken westUeh
Korkan (je 1 Joch su 7
Spreng.Patr.) 2 • 7 =r — - „ 14 „
Für 3 Pfahljochbrücken nord-
westlich Chorapp und zwar
an der BrUcke über die Neide
(3 Joche zu 20 Sprengkörpern), 8 • 20= 60
an 2 Brucken nördlich davon
(je 2 Joche zn 201 . . . 2 • 2 • 20 = 80
Ftlr die Pfabljocbliniida' bei
VVülla (2 Joche zu 20) . . 2 • 20= 40
Ftlr 3 PfahljochbrUcken bei
Schiemauen, HeidemUhle und
Piontken (je 1 - ."> f 1 • 7) . 3 • 12 = — „ 86 „
Fttr die steinerne Brücke bei
Soldau {^8. Bild 22) ... 309
»
n
Sa. 729 8p.-Kp. 50 Sp.-Patr.
Der Brtlckensteg nördlich Köuigshagen sollte mittelst Axt und
Säge zerstört werden, die Brttcke nordweetüdi Ohoiapp (attdlieb der
Digitized by Google
Dto Teohmik im Vkault der operaflTflo Tlll|rkflit einw KsvaUetiediTlrioii. 859-
Neide) stehen bleiben, da nach der Karte ihre Zerstttnug keinen
Wert hatte.
Die Division verfügt angenblicklieh ttber
die Sprengmnnition des GerKtewagens 1060 Sp.-Kp., — Sp.-Patr»
r n n Inf. -Patronen-
wagene Nr. 2 — „ 66 „
die Sprengmanition des Kttraaeier-Beg.
Nr. l tt. 2') > . — » 48^ „
Sa. 1080 Sp.-Kpn 104 Sp^-Patr.
Ab ToiaoBsiehtl. Verbranoh am 1. Joli 729 „ 60 „
Bestand ftr 2. Juli 861 Sp.-Kp., 64 Sp.-PMr
Dasn tritt die Sprengmnnition der vier
Kavallerieregimenter der 2. nnd
8. Kavalleriebrigade . . . . . — 120-)
Also Bestand ftlr 2. Jnli 861 Sp.-Kp., 174 Sp.-Patr.
Die fbr den ersten Operatioostag benötigte Sprengmnnition er-
sehdnt hoch. Bei Brtteken stärkerer Konstruktion, x. B. bei hOl-
aemen Brücken in Ghansseen, erhebt sieb das Quantum. Kann
Ersatimnnition niobt recbtseitig bereit gestellt werden, so mnfs die
Abtellnng sieb anf andere Weise zn keifen wissen. Jedenfalls ist
Sparsamkeit geboten. Im vorliegenden Falle wllre es angängig^
während die Einzelladnngen vorbereitet werden, die änlseren PiäUe
eines jeden Joehes mit der Säge zerstören zn lassen, ebne daXs
dadurch Zelt verloren gebt An jeder Brücke aber zwei oder
drei Joche zu fünf oder sieben Jocbpfthlen dnrcb Sägearbett zer-
stören zn wollen, würde derart Zelt erfordern, dals die Zerstümng
der Brücke wahrscheinlich nicht znr rechten Zeit fertig werden
würde. Es leuchtet ein, welche Vorteile die Sprengmunition
für firückenzerstörungen bietet
Die Abteilung könnte aber nötigenfalls an der Brücke nord-
westlieh nnd nördlich Königsbagen, sowie nordwestlich Chorapp nnd
bei WoUa 42 Joehpfähle nmsägen lassen und dadurch
4*42=168 Sprengkörper
sparen, welche den Aufträgen für den 2. Jnli soguto kämen.
Die Sprengpatrouillen der Kavallerieregimenter körnten derartig
nieht verfahren. Sie besitzen nicht das nötige Werkzeug, sind zu
') Die AufklÄrung^seskadrnns l./Kür 1. u. I./Kür. 2 hatten ihre
fällten Sprengpatront'ii- und Zündertaschen zu Pferde mitgenommen.
(2 • 82 — 2 > 8 s 48 Sprengpatronen.)
*) Desgl. die AnlUftrongseakadron L/Dreg. 1 |«*SS 128 Sprenge
Patronen — 8 Sprengpatronen (fttr l./Dreg. 1.) = 120 Sprengpetvonen.]
Digitized by Google
5^ Die Teohnik im Dieo&t der operatiTen Tätiglke^ einer lüivaUeriediTiiiioii.
schwach und kÖDoen im Interesse der operativen Tätigkeit der
Kuvalieiiedivisiou nicht starker gemacht werden.
Zq B: Ttttigkelt der Pionierabteilong.
Der Führer der Abteilong hatte für einige BrBelten Spreng-
liOrper, fttr andere Spreogpatronen zur Ladiug befohlen. Es
war daa nicht wililLtlrUeh, sondern llberlegt geschehen:
Die Sprengpatrone stellt, abgesehen Yon dem schnell an be-
wirkenden Einsetzen des Zttndeia, eine fertige, vermöge ihrer
Bleehnmhttllnng gegen die Unbilden der Witterang geschtttste Ladoog
dar, die an bedingt da angewendet werden mols, wo es s&oh om
Sehnelliglieit der AasflUirUDg yon Sprengongen iiandelt» oder wo
vorbereitete, frei angelegte Ladungen längere Zeit liegen mflssen,
ehe rfe anr Zttndnng gelangen.
Deshalb waren fttr die Brfleken bei Knrkan Ladungen mit
Sprengpatronen, fttr die Brttoken bei Königshagen, Ghorapp und
WoUa dagegen Ladungen mit Sprengkörpern angeordnet; elienso
für die steinerne Brttoke bei Soldau. Bei letzterer bleiben aller-
dings die Sprengkörper auch längere Zeit liegen, aber nicht frei,
sondern sie werden in verpicbten, gegen Feuchtigkeit geschtttzten
Holzkästen in die Stollen eingesetzt.
Für die Sprengpatrooillen der Kavallerieregimenter kommen
diese Überlegungen nicht in Betraeht, da die Kavallerie nur mit
Sprengpatronen aasgerUstet ist.
Zu H: Tätigkeit der l'iouierahteiluu^ und
D: TätiL'keit des Kavallerie-S{)i eii^ komiiiaudos.
Die Führer der Pionierabteilung und de> Kavallerie-Spreug-
kommandos hatten auf eine Vernichtung der losen Holzteile der zer-
störten Brücken hin^^ewiesen.
Wie notwendig dies ist, geht aus der unzureiehendeu Brllcken-
zerst()rung der bayerischen 8. Division Zoller vom \ II. l^undeskorps
im .luli TSfiR an der fränkischen Saale südlich Kisöingen hervor.
Die Ba>eni hatten den Belag am Ufer liegen lassen. Nachdem der
Pionierzng einer lui.interiekumpagaie der prenfpisehen Brigade
Wrangel auf den obendrein liegen gebliebenen Streekbalkeu hinüber-
geklettert war, wurde mit dem Belag die Bruckenbahn schnell uot-
dUrftig wiederhergestellt, so dals nun 2\/j Bataillone — allerdings
nur zu einem — übergehen konnten, gegen den SUdeingaiig von
Kissingen vordratigeu, die Bayern zum RUek/.ug zwangen und so
die Entscheidung brachten.')
1) f^. V. Goeben; „Das Treffen von Eissingen am 10. Juli 1S66.*
. Kj ^ .d by Google
J)ie Teobnik im Dienst der operativen Ttttigkeit einer lUvMUeriediviuon. 661
Die \ crnichtuiig des Belaj^s von Eisenbabubrücken ist be-
souders ratsam. Derartijre Hrückeubahnen es sind dies meist
Holztatelu — niUsseu der Eisenteile halber sorgfältig zugeHcbaitten
werden nnd erfordern geraume Zeit ^ur Wiederherstellung. Nach
dem Gefecht von AscbafTenbarg am 14. Juli IHGG war während de»
liückzu^'es der Grofsberzoglieh hessischen Division von den lufiinterie-
pionieren des 2. Bataillons des hessischen Leibgarderej^iuients in
aller P'.ile der Belag der EisenbahnbrUcke bei Stockötadt abgenommen
und vernichtet worden, wodurch die Benutzung der Brücke seitens
der verfolgendeo Preulseu für Kavallerie und ArtiUerie gesperrt
wurde. ^)
Der 2. Jali
A. Ereignisse bei der 1. Kavallertedlvision.
Anordnongen.
Nooh am Abend des 1. Juli war die 2./Ktlr. l snr Verstärkung
der 1. Eskadron nach Mlawka vcngegangen. Der Bahntelegraph
bis lilowo blieb Uber Naebt in Betrieb.
Am 2. J nli frttb ritt die 1. KaTalleriediTidon von Kyschienen
(Sammelplatz) auf Hlawa vor. Die feindliehe Eskadron wich ans
nnd wnide bei Stnpsk Ton einer roten KaTalleriedivision anf-
genommen. Dort kam es znm Gefecht:
Die rote KaTalleriedivision wnrde geworfen nnd verfolgt^ sie sog
sieh bei Zieohanow fll»er die L^'dynja znrttck, deren Uber^nge besetzt
haltend.
Die blaue Kavalleriedivision bezog ein Biwak bei Tscberuchy-
nnd Wiel-Pniewo, mit Vorposten ge^en Zieohanow.
Die Verbindung der Vorposteueskadrons mit dem Div.-St.-Qu.
in Wiel-Pniewo und von da bis Konopki erfole-te fhirch den
„Kavallerietelpgraphen •• (s. I. b. 4), von Kuju pki ab durch den
Bahntelegruphe n bis Soldau — Korps-li.-Qu. — , welchem
Meldung erstattet wurde.
Der Karallerietelegraph wurde am 1. Juli verwendet:
S. »Kriegsgeschichtliche Kinzelf*chriften", Heft 22 luid 28 S. Sb9 und
M0> und «Brflckensenttfrungen im Bflckzugngefedit einst und jetzt" von
Major Scharr.
662 Die Tednik im Dienrt dar opanttroi TWgMt «taar KarndteMMsten.
nur Verbindimg zweier Vorposteneskadrons
mit dem Div.-St.-Qu. (Wiel-Pniewo and
je einer Zwisohenstatton in TBohenieby-
Pniewo) 3 Telegr.-Patr.
zur N erbiudung des Div.-St. -Qu. mit dem
Bahntelegraphen auf Bhf. Konopki ... 1 ^
bei der recbteo Aofkläraiigseskadron
(l./KUi. X) 1 „
Sa.: 6 Telegr.-Pak.
Also nooli zar VerlttgODg . . . . . 1 „
Sa. 6 Telegr.-Pafr.
B. Nachrichten, wdche bis Mitternacht 2./3. Juli eingehen
a) von der aittleren AnfklärangBeskadron (l./Kttr. 2.):
I. „Eine feiodliohe KaTalleriedlTisioD ging am 2. Juli ttber
PrasDjsch-Moliowo auf der StndiBe naeh Janow vor. Verbleib
noch nnbekanni"
Bild 36.
EbenbahnbrO«^ aber die MUiwIca bei Mlawk« (Annehme).
a und b Sprengeteilen.
II. „Feindlicbe Infanterie mit Artillerie eireicbte am 2. Juli auf
der Stralbe yon Makow kommend:
Scbtschaki-Bogatc. "
b) Ton der linken Aafkiärongseskadron (L/Drag. 1.):
Noch keine Nachricht.
C. Tätigkeit der Pionierabteilung am 2. Juli.
Die Pionierabteilong batte von der Division den Aaltrag er-
halten, die solide BiaenbahnbrUcke bei Mlawka (Bild 26), deren
Zeralilning der Aafklärnngseokadron (l./Kttr. 1) nicht geglückt war,
in zerstören und an der lllawka Stauwehre hersnatellen.
Digitized by Google
1
Die Technik im Dienst der operativen Tätigkeit einer KavaUeriedivision.
Die Wastermenge, das OeflÜle (naeh dem Plan auf 1 km 2 m); die
xalilreieben MflUen bei lOawka, Zworadea ond Slomka, sowie der
enmpfige WieeengTond yerapreehen Erfolg dnreli Anstamuig, am
die sdion liestehende Ansnmpfiiiig ooeh sa TeigiOlaeni.
Die AbteUnng war am Morgen des 2. Juli der KaTaUerlediTisioii
bie Mlawka amnittelbar gefolgt. Hier yerbfiebOD ein Unterofliiier,
sebn Pioniere mit dem Infanteiiepatronenwagen Nr. 2 ond zerstörten,
naeb Entnahme des Glttbxttndapparates und Leitnngsprttfers,
sowie sonstiger Spreng- nnd ZOndmittel ete. ans dem Gerltewagen,
unter Leitang des Fttbrers die Briieke» deren ZersMffiing der Aof-
klttmngseskadron wegen der Stirke der KonstamktionsteUe niebt
gelangen war.
Bild 26.
Eisenbahnbrlicke bei Konopki (Annahme),
a und h Sprengstellen.
Zwei Unteroffiiiere, swamdg Pioniere wurden mit dem Geräte-
wagen naeb der lUawka yoransgesebiekt, nm die erforderlieben
Vorbereitungen Dir die Anlage der Stanwebre sn trelFen.
Naeb Ansftbrong der BrUekensprengnog folgte der Führer mit
seinem Trapp nach, am die Arbeiten an der HlawlEa zn fördern.
Es bandelte sieb am Aasltthrong einfaeber teebnisober Arbeiten,
nikmlieb:
an den Brücken Ton KL Tana nnd Lewiezyn nm Versatz
der Brückenöffnungen ond Einriebtang von Oberfallwebren,
an der Uüble ba Slomka ond Zworaden nm Niederlassen
der Sebleasensebtttsen am Müblenteteb.
.Naeb Aasfübnmg dieser Aafträge zog sieb die Abteilaog aot
der Stralbe Kl. Tarza— Wola/Schydiowska— Zieobanow an die DiTision
heran, zerstörte anf ihren Befehl gegen Abend die Eisenbahnbrücke
bei Konopki (Bild 26) über einen rechten NebenflaüB der Lydynja
Digitized by Google
654 Teobuik im Dieaüt der uperativen Tätigkeit einer Kavalleriedivlai«».
and bezog darauf ein Biwak beim Gros der Diyinon bei Wid-
Pbiewo.
BetrachtnnjE^en.
Zn C: Tätigkeit der Pionierabteilung.
1, Unterschied zwischen Zerstörung und Sperrung einer EiBenbahn*
brücke mit eisernem Oberbau in technischer Beziehung.
Den BestimmangCD der F.-O. .tIR, „Zerstürung einer
Eisenbahn zur Verhindenmg des Betiiebeb auf möglichst lange Zeit
(Wochen. Monate)" und F.-O. 519. „Sperrung einer Eisenbahn,
um den l^t trieb auf ivUr/f rc Zeit (Stunden, Tage) zu hindern" müssen
anc h die Formen imd Wirkungen der techuiscliett Unterbrechungen
ent^sprechen.
Zerstörungen werden am sichersten und nachhaltigsten an
bedeutenden Kunstbauten der Eisen! ahn, wie Brucken und Tunnels
ausgeführt — und zwar stets durch Sprengung. Die zur Aus-
fHhruug der Zerstörung nötige Zeit ist seit l.intllhrunp: der Spreng-
technik in das Heer gegen früher bedeutend hcrabgeniindt rt. Am
wenigsten Zeit erfordert eine Zerstörung von Eisenbahnbrücken mit
gemauerten Pfeilern, sofern im Frieden vorbereitete Minen-
kammern vorhanden sind. (Sprengvorschrift Ziff. 115 und i4.b),
oder von EisenbahnbrUckcn, an denen nur der eiserne Oberbau
zerstört werden soll.
Erste re ist auch die Kavallerie imstande zu zerstören,*) sofeiB
ihr Bestand au Sprengmunition ausreicht. Zur Zerstörung eines
Pfeilers sind je nach seiner Breite zwei oder mehrere Ladangen
erforderlich (s. aaob Bild 22). Die Gröfee der einzebien Ladangen
richtet sich naeh der Störke des Pfeilers und der Entferonng der
Ladungen yoneinander. Die Zabl der erfcoderlieben Siirengpatronen
iat ans der folgenden Tabdle ersiebtUeb:
Starke des zu sprengenden
Pfeilers
Zahl der für eine Ladung erforderlichen Spreng-
patronen bei einem Abstände der Ladixi^en von
m
2,00 m
8,00 m
4,00 m
6,00 m
a.00 m
1,B0
4
5
2.00
6
9
12
2,60
10
15
16
21
8,00
16
21
27
82
37
8,50
26
82
89
45
51
0 s. M Anleitung für Arbeiten der Kavallerie im Felde" Ziff. 64.
^ kjui^ ^o i.y Google
Die Technik im Dienst der operativen Tätigkeit einer KavaJleriedivision.
Den eisernen Oberbau Termag die Kavallerie nur dann zu zer-
BtOren, wenn derselbe in sdner Konstrnktlon nicht zn kompliziert ist
Soll jeder EiBenbabnTerkehr nachhaltig unterbrochen werden^ so mflssen
in dem Gitter- oder Fachwerksträger beide Gnrtnngen — obere
ond untere Gnrtnng (s. Bild 25 und 26) — durohsohlagen werden.
Man wählt hierzu solche Stellen, wo der reine tragende Quer-
schnitt nicht durch Stossplatten oder andere Verbindungsteile ver^
stiirkt ist. Wichtig ist eine richtige Anbringung der Ladungen der-
art, dais sie ttber den ganzen zu durchschlagenden Quer-
schnitt reichen, jedoch nur eiiueitjg auf demselben wirken
(s. ,yAnleitung etc.** Züf. 60). Sonst kOmien sich die Sprengwir-
kungen gegenseitig aafheben, die Gurtungen werden nicht ToUständig
zerstört, nur angebrochen, das Ergebnis ist keine Zerstörung, höchstens
eine Sperrung.
SchnUt a-h.
BUd 27.
Sperrung einer Eiüenbahabrücke durch Sprengung der unteren Gurtuqg
und des Haoptblechs des Qnertrflgara Q am senkrechten Stab»
Erlättternngen: ^ Querträger.
< Sprengpatrone nzünder.
S^IS: Sprengpatronen.
F'ür eine Sperrung genfl^ dagegen schon die Sprengung einer
einzigen Gnrtung — obere oder untere — zur Not auch das
Üarchschlajxen der in einem Knotenpunkte /.usammen-
laulenden Stäbe oder eines oder mehrerer Querträger Q. Der-
artige Sperrungen erfordern wenig Zeit und Munition, an einer
unteren Gurtunpr nach Bild 27 z. B. nur fünf Sprengpatronen.
Es kam darauf an, den Unterschied von Zerstörungen und
Sperrungen hervorzuheben, weil unter Sperrnngen von Eisenbahnen
vielfach nur Unterbrecbangen des Oberbaus auf der Strecke ver-
standen werden, wie
Digitized by Google
666 I>i» Tedmik Im Dienst der oper«tiT«n TttiglMit einer EM^MoOMtm,
1. Sprengen tob SoMenmlOlBeD und WeiebeOf
2. Umwerfen von Gleintrecken,
8. 8piirerw«iteniiigen und Sporrerengeningen,
4. Aufbringen von Hindemuseii aaf die Schienen,
5. Beseitigen tod Schienen,
nicht aber (Jnterbrechnngen des Btsenbahn- nnd Fahrrerkehic auf
den Brucken selbst dar eh Sprengung einer Gartnng.
Vor Spemugen 1 — 6 miifs flbrigens gewarnt werden, weui
es sich nm eine sweigietsige Bahn handelt Darob eine derartige
Sperrung wird wenig erreicht. Man nimmt von dem einen Gleis
die ertorderlioben Scblenenpaare weg, legt sie auf das zerstSrte
Gleis nnd stellt dadnrcb den Betrieb — wenigstens fttr eio-
gleisigen Verkehr — in sehr kurzer Zeit wieder her.
Diifs auf diesem Gebiete erst der Krieg die nötige Roatioe
verscbailt, geht aus den kriegerischen Ereignissen des nordameri-
konischen Sezessionskrieges in Virginien unzweifelhaft hervor. Wenn
irgendwo in einem Feldznge, so hat dort die Kavallerie auf beiden
Seiten viel in Eisenbahnnnterbrechungen geleistet ~ trotz der Un-
Tollkommenheit der damaligen Technik — nnd wenn aaeb
in den ersten drei Kriegsjahren nicht viel errdcbt wntde. Erst von
1864 ab wurden „die Eisenbabnjxrstöruogen YOn Shermans Trappen
{„Kayalleriekorps'' Sheridan, bestehend aus den KayaUerledivisioneB
Torbert sn drei, Gregg und Wilson so Je swei Brigaden = 12000
Reiter) mit besonderer Grilndlichkeit betriebeD, damit nicht, wie
bisher stets In diesem Kriege, der Feind sie binnen knrser
Zeit wieder herstellen konnte.***)
2. Wert Ton Staawshren Im Feldkriege.
Bei dem Worte ^Stauwehr'' denkt man im allgemeineD so
«twas nicht „Feldmäfsiges". Freilich, wenn man die langwierige
Anlage eines Staudammes im Auge hat, der obendrein eise
nene Verbindnag für den Feind schafft. Fttr den leicht be-
weg^ehen Feldkrieg sind Anstauungen nnr dann tob Vinctdl, wcds
— abgesehen von genügendem WassenafloDi — das Wehr mit ein*
fachen Mitlein schnell hiergestellt werden kann. Dies ist bei
kttneren FfahUoehbrttoken möglich. Nan will man aber die Pfahl-
jochbrttcke selbst zerstören, wenn der Feind anrttckt, am namentlich
seine Artillerie aafzohalten. Dareh die ZerstOrong der Brtteke wird
*) 8. „Studien über Kriegfflhrung". Von Major Frhr. \. Froytag-Loring-
hovun 8. Heft. S. 115. über wenig u irksaine BisenkMthnzerstifiniiigsa
». 1. Heft, S. 104. 2. Heft, S. 59. 8. Heft, 18.
Digitized by Google
Die Technik Im Dienst der operattven Tttlgleeil einer KeveUeriedlTieiea. 667
das Staowebr mitzerstört, das Wasser flielst ab. Ein solches Hin-
dernis ist also nur dann von Wert, wenn das den Fluls begleitende
Gelände von Natur sampfig ist. und durch die Anstaiinnir die An-
sumpfung vergrölsert wird. Es wird dann vermutlich auch der feind-
liehen Infanterie schwer werden, neben der zerstörten Brücke
das angesuinpfte Gelänrlp zu übersehreiten, seihst wenn die Be-
satzung den Rückzug angetreten hat und das Hiudernis nicht mehr
bestheben werden kann. Ein solcher Fall liegt hier Tor. (Bild 28.)
Bild 28. 1 : lee
LiQgqpioftl der MUwIn (Annahme).
FeldmlCdgee SUrawelir mit Überfallwehr an der Pfahliochbraeke
von Lewicasjn.
Erlftuternngen: a Veraatzhölzer (liier 14 Stück).
h Vorschlaijpfalil
c Erde, Dünger pp. zur Abdichtung.
EisenbahnbrUcken eignen sich wegen ihren grölseren Span-
oiingen im Feidkriege oiebt sar Anlage roii Stanwehren, wohl aber
steinerDe Brucken mit geringen Spannungen, wie sie z. B.
1871 an der Usaine anagenntsfe worden sind. Freiliob ist zn be*
denken, das Sprengnngen von Brückenbogen mit geringer Spannung
wenig oder keinen Wert haben — falls man das Stanwehr,
welcbee seine Stützen an den RrUckenpfeiiem findet, erhalten will
— da die gesprengten Stellen (Spannangen von 4 — 6 m LAnge)
durch Überbringen von Balken oder Schienen sofort wieder gangbar
gemacht werden können.^)
2) S. »Anleitnng Iflr Arbeiten der Kavallerie fan Felde*. Ziff. 66.
JtMBskvr Ar dl« dvvtMk« Am*» and HubM. IT«. W. 45
Digitized by Google
608 I»« Teohnik im Dienit der openllTen Tätigkeit ^er K4v«Uerie<Uvialon.
Der a. JalL
A. Ereignisse bei der 1. Kavallerfedivision. Anordnungen.
Der Feind hielt üin-r Nacht 2./H. Juli die Lvdynja bei Ziechanow
besetzt. Die 1. Kavalleriedivisiou, am JuU früh gegen Ziecbanow
vorgehend, erhielt dort Artillerie- und auch lu taiiteriefeaer und
brachte ihre reitende Abteilung iii Stellung. Bald trat sehr liber-
legene feiüdüche Artillerie anf. Blau brach das Gefecht ab und
ging abschnittsweise vor starker feindlicher Infanterie und Artillerie
zurück, benatzte das hügelige GeUlnde zn vdederholleni Frontmaehen,
sn ttbeRasehender Verwendong der reitenden Artillerie aof kaise
Zelten, drohte mit der Attaeke und nötigte den Gegner iminer wieder
snr Entwiekelang namhafter Erüfie, znm ZeitTerlnst £iniebie
Eskadrons und deren Patronlllen safhen dem Gegner in den Flanken
nnd erkondeten im Lanfe des Tages seine Stärke ani die eines
Armeekorps (Lü). Patronillen, südwärts bis zur Sona streifend,
sperrten die Bahn nnd nnterbraehen die Telegraphenleitnngen au
mehreren SteUen.
Die Pionierabtei Inng^ dem Rfleksnge vorausgeschickt, hatte
an Hohe 814 sttdlkh Konopid für die reitende Abteilung, Hasobineii-
gewehrabteilung ond Karabinerschtttsen eine Stellang mit so vor-
Kflgliehem Schnfiafeld hergeriohtet (s. Bild SO), dais der Feind sieh
sn zeitraabender Umfassung mit Infanterie dnroh den selüeoht gang-
baren Wald entsehlielsen moiste. Der Bahntelegraph zwisehen ZIe*
ehanow and Wyschyny worde wieder betriebsnnfftbig gemaeht.
Das rote (III.) Armeekorps kam an diesem Tage nicht ttber
Konopki binans, mit Vorposten anf den Höhen von Bahnhof Konopki
and an den Waldrändern westlich davon.
Die blaue 1. Kavulleriedivision bezog OrtHbiwaks inMlawa
(Div, St. Q.) und Modla, mit Vorposten in der l.iiiic Wisuiewo —
Wysohyny— Wola/Scbydlüvvska — Wald von Schydlowo, nud sandte
Meldungen an Armeeoberkommando in Graudenz und General-
kommando L Armeekorps in Soldau, letzterem mehrmals.
B. Nachrichten, welche bis Mitternacht vom 3./4. Juli in
Miawa eingehen.
a) von der mittleren Aufkiärungseskadron (l./Kttr 2):
„Die am 2. Juli bei Schtschaki ond Bogate gemeldete Kolonne,
anscheinend mehr als eine Division, setzte den Marsch am
3. Juli tlber Prasnyseh nach Tsohemioe Borowe fort. Vortrappen:
Gradosk.''
^ujui^uo i.y Google
Dia Teehnik im Dienat der openti?en Tfttigkeit einer lUvalleriedivüioiL 669
b) vom GeDeralkommando I. Armeekorps (Telegramm ab
Soldan):
Naebm. — I. „Fechtende Teile der 1. I ufauteriedivisioü werdeü
hei Soldao, der 2. Kavalleriedivision bei Neidenburg
bis 3./4. Juli nachts eingetroffen sein. — Königsha^ren,
Karkaa, Kyschienen sind mit Infanterie beseUt Zur etwaigen
Anfnabme der 1. Kavalleriedivision wurde l./Ul. 1. (Divi-
sionskavallerie) nach Bahnhof üh»wo vorgreschoben.**
Nachm. — U. „7" abends trifft in Mlawa frische Sprengmimition
und dUnner Draht (Ersatz fUr Kavalleriedraht) ein.
Sprengmnnitionsdepot wird am 4. Jali von Soldaa nach
Lantenburg zurilek verlegt."
Abends — III. ,,10® abends wird der Chef des Generalstabes
I. Armeekorps im Divisiunsstabsqaartier Mlawa eintreffen,')
behufs Bttckspracbe Uber weitere Operationen/'
C. Rücksprache in Mlawa 10^' abends.
1. Mittdlang des €Jiei3i des tieueralstabes I. Armeekeips.
„Am 3. Jnli nachmittags haben die bis dahin eingetroffenen
TeUe der 2. Kavalleriedivision auf den Hohen westlich Neidenbnrg
mit Erfolg den Angriff einer von Osten kommenden leindliehen
Kavalleriedivision abgewehrt. Ein feindliehes Anneekorps soll von
Ostrolenka ani Chorshele marschiert sein.
Der kommandierende General will mit der 1. Infanterie-
division und 2. Kavalleriedivision sich in der Linie Soldan —
Neidenbnrg behaupten, bis der Gegner überlegene Kräfte entwickelt,
dann hinter die Welle, Linie Neuhof — Rumiansee, snittekgehen. Er-
knndungen und fortifikatoriscbe Verstärkungen, diese namentlioh
zwischen Soldaniinls bei Nenhof und Grondysee, sind bereits ein-
geleitet
Mit der Absicht der 1. Kavalleriedivision: dem Gegner in
der Flanke zu bleiben, nötigenfalls Uber Zielun auszuweichen, ist der
kommandierende General einverstanden. Notwendig bleibt die
lUnemde Verbindug der Division mit dem Generalkommando*
Hierzu wird letzteres morgen (4. Juli) vormittag die Fernsprech*
stelle Neu-Zielun besetzen lassen. Die Kavalleriedivision soU
eine gesicherte Verbindung dortliin — Kavallerietelegraph, nötigen-
falls Relais, vielleiebt beides — so rechtzeitig herstellen lassen,
dals die Verbindong nicht mit dem Eisobeinen des Feindes bei
Soldan abreilst."
1) Mittolsb «Selbstfahrer*.
ib*
Digitized by Google
670 Teoimik im Ditaat der operativen TX^kait einer KaTatleriediriiioiL
2. Anordjiangen de.s Divisionskommandeors.
a) Befehl zur Hcrslellong: der Verbindung zwischen der
DiTisioQ (Modla) and der FeriiBprechstelle Nea-Zielan.
Mlawa, den 3. Juli 10^^ il onds.
„Morgen, mit Tagesanbruch, wird mit der Herstellang der
telegraphiscben oad BelaU- Verbind uDHp swisebeR der Dividon und
dem GeneralkonimaDdo I. A.-K. begonnen nnd zwar durch:
1. Legen der Relaislinie Modla — Kl. Tnrza — Sarnowo
(1. Kavalleriebrigade).
2. Herstellang einer KavallerieleitangSanowo— Dlntowo— Nea«
Zielao mit Zwisobenstation Dlntowo und zwar Linie Sar-
nowo^Dlntowo (3. Kavalleriebrigade), Unie Dlntowo— Nea-
Zielao (2. Kavaileriebrigade).
Das Patrouillengerät wird zu Pferde mitgenommen, ittr je
1 Patrouille aurserdem 2 Rollen Yorratsdrabt.
Sämtliche Arbeiten mtlasen nm 8" voim. beendet sein."
b) Ergänzung der Sprcnpmnnition der Kavaiierieregimenter
und der PionicrabteiluDg
(schon seit 7*^ abends im Gange).
Hierzu waren die 12 KavalleriebrUcken wagen der Kavallerie-
regimenter, der Gerätewagen der Pionierabteilung und der Infanterie-
patroneuwag-en No. 2 in das Biwak bei Mlawa heran«:ezogcn. Der
bei der rechten Aufkliirungseskadron fl./KUr. 1) befindlichp Infanterie-
patronenwagen No. 1 wurde, weil dort jpt/t entbelirlich. ringe-'
zogen, die Krgänzangen an Sprengmunition für ihn bereit gelegt,
D. Tätigkeit der Pionierabteilung am 8. Juli.
Der Fohrer der Abteiluug war schon am 2. Juli abends im
Biwak bei Wiel-Pniewo vom Divisinnskonimandeur über die Ab-
sichten für den 8. Juli verständi^'t worden.
Der Aufbruch der Abteilung wurde für den 3. .Juli 6° rorm.
befohlen. Der Führer ritt bereits 5'" vorm. ab und erkundete die
Stellung. Nach Eintreten der Abteilung ordnete er nn:
1. „1 Unterotlizier, 4 Pioniere mit Infauteriepatronen wagen No. 2
zerstören die Lydynja-BrUcke (1 Joch) nordöstlich Wiel-
Fniewo nnd verbessern im Anschlnls hieran das Öchuls-
feld bis Wiel-Pnii wo
2. 1 Unferoftizier, 8 Mann legen auf beiden Wegen im Walde
südwestlich ünhe 314 flüchtige Wegesperreo an. Die
Digitized by Google
Die Teobnik im Dienst der uperativen Tätigkeit einer KavaUeriediviaion. 67 x
beiden SeluDlBilgen ans dem Geritewagen Btnd mitennehmen,
außerdem b Wiel-Pkiiewo noeh 2 Sägen beisntreiben, ebenso
Draht mltlleror Sttrke.
3. Die reitende Abteilimg wird aaf Höbe 314 Stelloog nehmen.
GescbUtzdeckaDgen werden Uberhaapt niobt, Deckungs-
gräben für die Bediennngsmannschaflen erst nach Fertig-
stellnng der Sohfltzengräben ausgehoben.
4. 1 Unteroffizier, 18 Pioniere legen an den von mir bezeichneten
Stellen Schützengräben für knieende Schützen an und zwar
bei I und III zu je 50 ni Länge (nach Bild IJ, bei II für die
Masehiiiengewehrabtrilung (nach Bild 29). Die SehUtzeu-
gräljen sind bei ^utem Schufsfeld so zu legen, dafs eine
Anlage von A nnäherunirswegen unbedingt erspart wird.
Der Gerätewageu hält nördlich des Sattels östlich Höhe 314.**
(S. BUd 30).
BÜd 29.
Schützengraben für die Masrhinengewehrabteilimg auf Höhe 814
südlich EonopkL
Nachdem die Kavalleriedivision in den Nachmittagsstunden Vor-
posten in der Linie Wisniewo — Wysthyny — Wola-Schydlowaka — Wald
von Schydlowo aasgestellt hatte, richtete die Pionierabteilung nörd-
lich Wola-Schydlowska unter geschickter Benutzung der Waldränder
eine Verteidigungsstellung, ähnlich wie bei Höhe 314, ein. Dieser
Stellung konnte ein höherer Grad von Widerstandsfähigkeit gegeben
werden, da Kavalleristen als „Hilfsarbeiter'' zn den Befestigongs-
arbeiten herangezogen wurden.
Am Spätabend war die Abteilung im Biwak bei Mlawa nnd ei^
gttnste die Sprengmnnttion etc.
Digitized by Google
672 Di» Teeliiiik im Dleiufe der opentlv«ii Tlligkell einer KA^alleitodivIsloB.
BetraektiiigeB.
Zn A.: Ereignisse bei der 1. KmTaUeriediTisioii. Tiltigkeit
der reehten AnfklArongseskadron (L/Kttr. 1).
Von der dieser Eskadron sageteUten TelegraphenpatroniUe
Bild 80.
Stellung iler 1. KaviiHeriedivision bei Höhe 814 uordweHtlich Wiel-Pniewo.
Streifte eine Grappe (2 Unteroffislere, 2 Mann s. L b. 4 nnd 2Sfi.
20 nnd 21 des Ka?.-Tel.) an der Eisenbahn cwisehen der Sona ond
LydyDja. Eine sttrkeie Patronüle mit Sprengmnnition nnd dem
. Kj by Googl
Die Teelmik Im Dleut d«r opentiTeii Tltigkeit einar KtTillMMiTiaittii. 673
EisenbahDKer8ti)rQDg8werkseQg(8.1.b. 8), beides an den Ff erden
beiestigt« hatte sieb angesehlosBen.
Die Gruppe der Telegraphenpatrouille hatte mit der Ein schalte -
Torrichtung and dem leichten Feldtelegraphenapparat, sowie
dnrch Anschaltang von Telephonen zum Mithören, an dem
Waldstück südöstlich Ziechanow, der Sicht entzogen (Kav.-Tel. Ziff.
131) eine Abfangstation (s. Bild 13) eingerirhtot, unter Leitung des
Otfi/,iers df'n feindlichen Vorkehr behorcht und eine Depesche
abgefangen (Kav.-Tel. Zitl i:^;> — 138, 93 — 94), wonach ein von
Warschan ali Liegau gener >fiiriiti'>nszug jrfviren Mittag in Ziechatjow
eintreffen sollte. Nach Mitteilung der Nachricht an die Zerstörungs-
patroaille bejrann It t/ts rt* sofort ihr Zerstrtrungswerk, Um jedoch
das Babnpensuüal und feindliche Patrouillen nicht dnrch den Knall
einer vorzeitigen Sprengung anfnurksam zu machen, wurde in
diesem Falle das Eisenbahnzerslörungnwerkzeug (s. I. b. 3) angewendet,
nm den Zug durch eine Sporerweiterung an! dem hohen Damm
nordöstlich Wiel — Mienschki zur Entgleisung zu bringen. Die Zeit
reichte jedoch nicht ans. der Plan milslang.
Dafs solche Unternehmungen verhältnismäfsig viel Zeit kosten
und nicht immer das gewünschte Ergebnis haben, niufste auch
Stuart auf seinem ersten Haid erlabren. Am 14. Jnni 1862 liefs
er durch seine auf technischem Gebiet äuiserst geschickten Kavalle-
risten bei Tnnstalls Station die Schienen anfreilseu, um einen heran-
nahenden Eisenbahnzng zur Entgleisung zu bringen. Doch die Zeit
reichte nicht ans.*)
Das kann auch in Zukunft vorkommen. Deshalb wird die Ver-
wendnng des EisenbahnzentDrnngswerkzeuges stets eine beschränkte
bleiben und in solebem Fall (Ue Anlage Ton Kontnktmlnen f onn*
stehen sein« deren Knall erst hOrbar wird, fast gleichseitig mit der
Entgleisung.
Wie wertroll übrigens das Mitlesen von feindlichen Depeschen
istf darüber gibt ans die Kriegsgeschichte bemerkenswerte Vor-
gänge:
Einer der ersten, der die Technik trote ihrer damaligen noch
geringen Entwickeinng gründlich fttr die Karallerie aosnatste, war
Morgan, ein ans den Orenzkriegen mit den Indianern als energisch
and gewandt bekannter Ftthrer. Er hatte sieh eine nnr kleme be-
rittene Trappe von 900 Mann ansgebildet, mit der er im Joli 1862
einen Strelteng Ton 470 km in 8 Tagen sorQeklegte. Anf diesem
Znge las s. B. ein Telegraphist eme feindliche Depesche an den
1) S. .Studien Uber Kriegfflhrung''. Von Miyor Friir. v. fVejtBgwLoriiig-
hoven. 1. Heft» S. 62.
Digitized by Google
674 ^ TMhnik in Di«ntt d«i opmtivai TMilgfcelt einer JUvaUeriadiviaioik
Leituiii:rn mit, es wurden darauf einirehend sofort Depesclieo zurück-
gegeben, (He den Keiud völlii; irrefüiirk*ii.')
Auch btuart machte von dem Mitlesen von Depescheo öfters
Gebrauch. Im Anmarsch auf Frederick City (Ii Oktober 1862).
gelang' es ihm, eine feindliche Depesche abzulesen, aus der hervor-
ging, dafs der Gegner über die Richtung seines Marsches uoco
völlig im Unklaren war. Sofort fafste er den Eutschluls, den Mono-
cacy zu überschreiten und den Marsch die Nacht bindurcli Ubi-r
New Market auf Monrovia fortzusetzen, wo Telegraph und die Bai-
tiraore — Ohio- Hahn irriindlieh zerstört und am 12. Oktober bei
Ta|,'( biiui)ruch bei Hyattsville die nach Washington führende Etappei»-
utralse der feindlitiitu Armee erreicht wurde.')
Es sollte hier nur auf die Wichtigkeit der Aufklarungseskadrons
hiflgewiesen werden. In erster Linie ftlr taktische Zwecke hesiimmt
— Aufklärung — , wäre es zu bedauern, wenn sie nicht mit ge-
rinj^en personellen Mitteln die Technik für die Taktik ausnutzen
würden. Je nach der Kriegslage wird eine solche Verwenduntr ver-
schieden sein. Hier tritt die Tätigkeit der rechten Aufklaruugs-
eskadron besonders hervor. Sic mufs. weil im Vormarsch an dor
einzigen Eisenbahn, am weitesten voraus, noch dazu gegen die
Flanke des Vormarsches der feindlichen Armee angesetzt, technisch
sorgfältig nnd aasreichend ausgerüstet sein, aber auch die
tedudsehe Auerttstoog zur recbteo Zeit and am riehtigen Ort
flioher «I bandhaben Teratehen.
Zo D.: Tfttigkeit der Pionler-AbteiloDg.
Mit einer 8 UnterolMere 30 Mann stariLen Pionier-AMeiliuig
kann man fttr eine KaTalleriediTision niobt starke Feldstellungeii
mit nmfiangEeiehen Befestigungsanlagen aasbeben, man will ea aneh
niobt) selbst wenn die Abteilang sOrker wäre. Die dentsebe Beiterei
wird nach wie vor das Qefeebt zn Ffeide als die Haaptkampfform
betraobten, dem Kampf zn Fnls mit der Feuerwaffe die zweite Stelle
einriUimeB. Es bandelt sieb niebt nm einen Massenkampf sn Fnby
sondern nm Fenergefeebte von nur geringen Teilen der Divinon«
Für eine solebe Kampfweise wird selbst eine sebwaebe Pionier-
abteilang sieb der KavalleriediTision nntzUeh erweisen kOnnen.
Es standen etwa 6 Arbeitsstunden snr Verfügung. Bei 1 ständiger
Arbeitseeit kann ein Pionier bei mittlerem Boden etwa OfiO ebm
>) S. «IKe Haida der Kavallerie.« Beiheft 47 rar lBtemaüoiiale& Bevu«
ttber die gesamten Armeen und Flotten. Januar 1894. S. S. " - -
S. .Studien Uber KriegfOhning.*' 2. Ueft^ S. 18.
Digitized by Google
Die Technik im iiieuät der operativen T&tigkeit einer Kavalleriedivision. Q75
BodeoaiiBsobaelituig lebten, in 6 Staden also 3,60 cbm; mithin 18
Pioniere nind 66 ebm oder 100 Ude. m SohlltKeagraben ftlr knieendo
Sobtitseo (naeh BOd 1). Das ist fteilich eine nur geringe Ans-
debnnng, trotidem nnsreichend, wenn die iLonen Stücke an tak-
tisch richtigen Stellen liegen. Eme wesentliobe Unterstlltznng
wird in soloben Lagen die der Dividon beigegebene Maschinen'
gewehrabteilnng bieten.
An Hastdlong ron Annäbernngswegen ist nicht ni denken.
Trotzdem nmTs es den KaTalleiisten ermöglicht werden, gedeckt
in die Stellung nnd gedeckt ans der Stellnng berane sn
ihren Pferden sa gelangen. Es empfiehlt sich, nnter solchen Ver-
bttltDissen die Sehtttzengräben nicht sn weit anf den vorderen Ab-
bang Tonnschieben, wie man es sonst bei Infanteriestellongen tat,
sondern näher am Kamme der Hohen ansnlegen. SelbstreistSnd«
lieh darf dadnroh das Scbnlsfeld nicht beeintrSchtigt werden. Dem
kann aber dorch zweekmäfsige Lage der einzelnen Schlüge Torge-
bengt werden, die sich infolge ihrer Kürze viel günstiger dem Ge-
lände anpassen lassen, als längere Linien (s. Bild 80).
Eine weitere Soige ist gnte Sicherung der Flanken. Man
will ja den Femd zn zeitranbenden Umgebnngen zwingen. In der
linken Flanke flielst anf 2V3 km Entfernung lUe Lydjnja. Auf
dieser Strecke ist nor eine Brücke nordöstlich Wiel-Pniewo vor-
banden. Durch eine ZerstOmng der Brücke werden umgehende feind-
liche Tmppen aofgebalten nnd zum übersetzen nnd Brückenschlag
gezwangen. In der rechten Flanke macht sich der ausgedehnte
Waid nnangeaehm bemerkbar. Er ist aar 800 m von der Siellang
entfernt^ aolserdem führen 2 Wege an die Stellung heran (Annahme).
In solchem Falle kann man durch flüchtige Wegesperren in
kurzer Zeit tatsächlich viel leisten. Man sägt einige starke Bäume
nm, lälst sie mit den Wipfeln feiodwärts kreuzweise über den Weg
werfen, mit Draht verfleebten und darcb eiuige abgesessene Kavalle-
risten verteidigen — natürlich nur anf karze Zeit! —
So hatte z, B. die konföderierte Eavalleriedivisiou Fitzbogh Lee-
bei Alsop nordwestlich Spottsylvania an einem grofsen Wegeknoten»
punkt (5 Wege!) Wege sperren vermittelst gefällter Baumstämme
angelegt und besetzen lassen. In der Nacht stiefs die Brigade
Meritt der ICavalleriedivision Torbert („KaTalleriekorps** Sheridan)
anf diese We^esperren, die der nord staatlichen Kelterei das Vorwärts-
kommen wesentlich erschwerten.')
Für die Artillerie wird die Stellung nur erkundet. Zu einem.
') S. „Studien über Kriegführung." 8. Heft, S. 29.
Digitized by Google
676 Teohnik im DieaBt der operaUven Tätigkeit einer Kav«lleriediyin<m.
Ausheben von GesehUtzdeckun^en durch die Pioniere wird es nie
kommen. Es ist dies anch nicht unbedingt nötig. Bei den vielfach
nur kurzen Gefechtsmomenten wird die Artillerie aoch ohne Deckungen
fUr die Geschütze aaskommen. Soll länger, wie hier z. B. Wider-
btaiid geleistet werden, so empiiehlt es sieh, wenifrstetis Mann*
scbaftsgräben für die Geschützbedienung anzulegen. (Bild
31.) Eine solche Anlage dauert in mittlerem Boden, von der Geschütz-
bedienung selbst hergestellt, etwa 30 Minuten.*) Da die reitende Ab-
Bild 81.
Mannächaftsgräben für die Geschützbedienung der reitenden Abteilung
auf Höhe 814 südlich Konopki.
teOoD^ stetsSYor der Kavallerie In der Stellunf eintreifeo^wSrd, so
durfte die siir HerstelliiDg soleher Anlagen notwendige Zeit io den
meisten raien gewonnen werden«
Der 4. Jnli.
A. Ereignisse bei der 1. Kavallenedivision. Meidungen.
Anordnungen.
Während am Frühmorgen des 4. Juli die TelegraphenpatrouilleB
die Verbindung zwischen der Division (Modla) and dem 1. Armee-
korps fNeu Zielon) herstellten, die PioDier-Abteilnng an der Mlawka
in Tätifrkeit war, wo in der Linie Kl. Turza — Zworaden weiterer
Aufenthalt bereitet werden soll, besetzte die Division die am 3. Juli
geg-en Abend hinter den Vorposten eingerichtete Verteidigangs-
Stellung nördlich Wola — Schydlowska. Gegen 9° Torin. eot-
0 S. Feldbefestigungs-Voreehtifi (F. V.) Ziff. 71.
Digitized by Google
IHe Teohnik im Dienst der operativen Tätigkeil einer ivavaUeriediviaion. 677
wickelte sich hier das Gefecht mit dem aorUckendea roteu (1X1.)
Armeekorps.
Sobald der Gesrner die Umfassang" einiareleitet iuitu , ra,unite die
Division die Stellung und besetzte die iieut- in der Linie Kl.
Tur/.H — Zworaden. Die von der PioDierabteilung zur Zerstörung
Torbereiteten Brücken vor der Front wurden gesprengt. Das rote
(III.) Armeekorps folgte Uber Modla, Mlawa rechts lassend.
Während des in den Naehmittagsstunden sich entwickelnden
Gelee Iiis an der Mlawka t^iiii: die .Meldung eiu. dals starke
feindliche Kavallerie mit Artillerie aus Richtung Zuromin bei
Lubowidz eingetroffen sei. Die 1. Kavalleriedivision brach das
Gelecht ab, ging Uber Kenczewo zurück, traf bei Sarnowo über-
raschend auf den ihr entgegenkommenden B>iod und warf ihn:
Es war dir* schon am 2. .luli geschlagene rote (2.) Kavallerie-
Division, welche, in Richtung Ülutowo verfolgt, nach Süden auswich,
nachdem am Soldauabschuitt viele Getangene gemacht, ihr auch
einige Geschütze abgenommen waren. Zuvor aber hatte die rote
Kavalleriedivision Telegraphenpatroaillen nnd Relaisposten
mehrfach anfgehoben und die Soldanttbergänge bei Lubo*
widz, Roda nnd Zlelon zerstört!
Die am feindlichen Iii. Armeekorps gebliebenen Patronillen
meldeten, dals dieser seine Vorposten in der Linie Lipowiec — Krempa
ZQ entwickeln begränoe.
Der Divisidiiskommandeur traf folgende Anordnougeu:
„1. Bao /.Weier Kolonnenbrtlcken mit dem Kavallerie-
Brlickengerät und Anlage eines l^rückenkoj'fes bei
Zielun durch die Pionierabteilung und Hilfsmannschalteu der
Kavallerie. (Von jeder Brigade i Trupp zu 1 Unteroffizier
12 Mann.)
2. Die Division geht in den Kaum Straszewy — Dlutowo — Wylaz-
lowo — Zielun in Ortsbiwaks, 1 Eskadron (3. Kavalleriebrigade)
vorgeschoben nach Sarnowo. Leichte Munitionskolonne nach
F^rgan/,ung der GesohUt/ imd Rarabinernuiiiiiiou nach Zielun!
(Rechtes Soldanufer.) Div.-St.-Q.: Wronka.
y. Herstellung der Verbindungen des Di?.-St.-Q. mit der Fem-
sprechstelle Neu-Zielan, den Brigade - St. - Q. und der nach
Sarnowo vorgeschobenen Eskadron durch den Kavullerie-
telegraphen. Leitunji: üb. Lt. iM. vom Drag.-Kgt. 2.
4. F>gan/,ung der Sprentrinunition der Kavallerieregimenter
und der Pionierabteilung 8*^ abends in Zi don. wohin die Be-
stände aus dem Sprengmnnidonsdepot Lauteuburg — ebenso
Digitized by Google
076 Technik im Bieast der operativen iätigkeit einer Kavalleriedivmoa
dttnner EUendraht als Ersats fflr KaTalleriediaht —
vorgezogen werden."
Am Naehmittag war fitnndeolaD; Geschtttzdonner Ton Sol-
daa her Temommen worden. Über Nen-Zielnn ging vom General-
kommando des L Armeekorps Mitkeüong ein von erfolgretehen
Kämpfen bei Soldan (gegen das rote [IL] Armeekorps) nnd bei
Neidenborg (gegen die rote [1.] EavalleriediTiflion). Da vor Soldan
bis znm Abend das ganse IL rote Armeekorps entwlokett war,
vor Neidenbnrg die Spitaten des L roten Armeekorps eintrafen
und die 1. rote Kayall eriedivision in Riefatong Ronizken vor-
gebend, den linken Flttgel der Steiinng der 1. Infanieriedivtsion
nmfa&te, treten die blaue 1. Infanteriedivision und 2. Kavallerie-
division anter dem Sebnts der Dunkelheit den Rflokzog an und swar:
die 1. Infanteriedivision anf Neahof— Wompiersk mit
Generalkommando in Laatenbnrg.
die 2. Kavalleriedivision in die Gregend von Usdan, Sol-
dan and die Obergiinge der Skottan nnd des Lindenaner
Fliefises vorläufig leiebt besetst haltend.
Der Kommaodeor der 1. Kavalleriedivision meldete hierauf
die Ereignisse des heutigen Tages nach Soldan surttek, sowie die
Absieht, für den 6. Juli snniohst noch auf dem linken Ufer der
Soldaa su bleiben^ den Vormarsch des feindÜehen (III.) Armeekorps
in der linken Flanke fortgesetzt m beunruhigen, einem Angriff aber
aussuweichen und gedrängt, anf das reohte Soldannfer ttbenugeben.
Gleiehieitig wurde angefragt, ob für den 6. Juli anf die Unter*
Stützung dureh ein Infanteriebalaillon bei Zteiun gereehnet
werden dürfe.
B« Tätigkeit des Kavatlerietelegraphen am 4. JulL
1. Herstellung der Verbindung Modla— Nen-Zielnn.
Da zor Übermittelung von iMeldungen aut der ca. 4u kiü laugen
Strecke Modla- Nen-Zielnn eine FerneprechverbinduDg allein nicht
ausreichend »icher erschien, wurde in unmittelbarer Nähe des Feindes
die Einrichtung einer Relaislinie (Modla — Kl. Turza — Saruuwo) ge-
wählt, an die der Kavallerietelegraph bis Neo-Zielon anschl Js
Nach F.-O. 100 „genUgen bei K avaii eri erelais für kür/,ere
Zeit und vorübergehende Zwecke Relaisposten von einigen Heitern,
die in Abstand von etwa 20 km zur Abnahme und schnellen Weiter-
beförderung der Schriftstücke Ix^reit stehen."
Hier waren die Abstände kür/t r bemessen wurden — 9 bezWi.
13 km — mit KUcksicbt auf die Nähe des Feindes.
^ujui^ -^o i.y Google
Die Teohnik tan Dimat der operallTeii HUgkeit einer Kmlleriedlrieimi. 679
Ein FostoD stand bei ModU ao da Brücke Uber den Sentoiy
der nächste bei Kl. Tniza an der Brücke Uber die Mlawkn, der
dritte bei Samowo an der Brtteke Aber den PnyJipnicabach.
Die einxelnen Posten hatten sich so eingerichtet, dafs
swei Mann zu Fois die Sichcrnn<: uheroahmeD, zwei Uaon stets
zum Reitea bereit standeu, währeod der Rest mbte oder von Zeit
ZQ Zeit sich vergewisserte) ob die Nacbbaiposten noeh standen
(F..0. 100 n. 102).
Da es sich nur nro ein Kavallerierelais bei Tage handelte,
80 erschien die Aafstellang der einzelnen Posten in den Ortschaften
anbedenklich (F.-O. 102).
In Sarnowo schlofs der Kavallerietelegraph an. DaStaats-
telegraphenleitongen nicht vorhanden waren, so malfiteu
Kavallerieleitungen gelegt werden (Kav.-Tel, Ziff. 9).
Beide Leitungen — Sarnowo— Dlutowo (9'/^ J^^i) and Dlu-
towo — Przyrotki — Neu-Zielun (7 km) — wurde« normal, d. h. von
der Mitte aus, ohne die Dörfer Sarnowo, Zalesie, Dlutowo und
Pr/.yrotki zn berühren, nach den Endpunkten gebaut und daselbst
uiit den Patrouilienapparaten Endstationen nach Bild 11 errichtet.
(Kav.-Tel. Ziff. 12, 47—66, 80 und Hl. 11(5 — 127.) Bei Przyrotki
fand durch die Soldan hindurch ein Kavallerickabel (350niiang
S. I b. 4) Verwendung (Kav.-Tel., Ziff. 12 n. 122).
Die zweispännigen Kavallerie-Telegrapheuwa§en waren den
Telegrapheupatrouillen nicht beigegeben.
2. VerweadoBg des Kavallerietele^aphen in dem Ortsbiwalu der
Division am 4. Jali abends.
Wronka (Div.-St. Q. a. St-Q. der 1. Ka?.-
Brig.) — Wald von Hakan — Fray-
rotki— Nen-Zielun (I. A.-K.) .... Kav.-Tel. Kür.-Rgt. 2
Wronka— Dlutowo (St. Q. d. 2. Kav.-Brig.) . „ Dragitgt. 1
W r onka— Wyiazlowo (St.-Q. d. 3. Kav.-Brig.) « „ 2
Dlntowo— Samowo (rorgesohobene Eskadron) „ Hus.-Kgt. i
Sa. 4 Kav.-Tel
Bei der rechten Anfklärungseskadron (l./Kttr. 1.) l Kav.-Tel.
Dnreh die rote (2.) Kav.-Div. im Qefecht am Naob-
mittag des 4. Jnli aushoben . . . . . 1 »
Sa. 6 Kav.-Tel.
Ftlr die Obermittelnng von Meldungen nnd Befehlen an die
kleinen Ortsbiwaks Konsilasy Harste wnica^ Zdroiek, Nick, Przyrotki
and Zielnn worden Radfahrer nnd Meldereiter bereit gestellt.
Digitized by Google
680 X>to Teobnlfc in Dleoit «tor operattren TKttgkeit elMr KavaUsitodtviiloa.
C. Tätigkeit der Pionierabteilung am 4. Juli.
L EiBiiehtmig der Veiiei4ignigi8t«Uiui£ Kl. TuiM-Zwtndei«
MaJsgebend fttr den Umfuig der BelesttgODgaarbeiten sind «neb
hier die zur Veifttguogr stebeoden Arbeitskräfte und die Arbeite-
seit Unter der Annabme, dab die Anlagen gleiebseiCig mit dem
Aofbroeb des Feindes von Kouopki beginnen, würde nnf etwa
8 Arbeitsstunden zn reobnen sein (5'/a Standen Anmarsch und
Standen Aufenthalt während des Marsebes nnd an der Stellung
nOrdliob Wola — Sobydlowska).
Es sind sor Zerstörung vorzubereiten:
2 bintereinanderliegende Brileken bei Kl. Tuiza,
1 Brtloke bd Slomka-MUble,
1 „ LewicKyU}
1 « Zworaden,
Sa. 5 Brueken,
simtlioh Pfahljoehbrttoken (Annahme).
Die ca. 600 m iiürdiieh Lewiczyn au eiDem Nebenarm der
Mlawka liegende Brüeke war, weil für die Operationen wertlos und
für die Stauanlagen entbehrlich, bereits am 2. Joli mittelst Axt und
Säge zerstört worden.
Taktisch am wiebtigsten, weil hinter dem reehten Flügel
der Stellung nOrdUeb Wola — Sehydiowska, ersebienen die Brileken
bei Kl. Torza. Eine Vorbereitung fttr eiektrisebe Zündung war
hier empfehlenswert^ während für die Übrigen dne Vorbereitang zur
Zlindung duieb Leitfeuer genttgte.
Solche Zerstörangsvorbereltungen lassen sieb — namentlicb M
Verwendung von Sprengpatronen — an Pfoh^ocbbriteken in ver-
bältnismärsig kurzer Zeit — etwa 2 Stunden — ausführen,
wenn die Vorbereitungen an sämtUcben Objekten gleichzeitig in
Angriff genommen werden. Die übrigen 6 Stunden standen zu
Verteldigungseiniiehtungen der Stellung selbst znr Verfügung.
Für die reitende Abteilung wurde etwa Vf^ km nOrdlieh
Kl.-Tnrza eine Stellung erkundet mit vorlretfUcbem Sehulafeld nach
Nordosten, Osten und Südosten zur Bestreichung der wichtigen
Anmaisebstrabe Media — Kl.-Turza, der vorUegenden Waldritnder und
der Mlawka in ihrem Oberlani
Von der Maschinen gewehrabteiinng sollte ein Zug von
KL Tarza, zwei Züge von Lewiczyn aus die Mlawka und die Wald-
ränder bestreichen und sicli In ihrem Feuer ergänzen.
Von der Kavallerie brauchten nur geringe Teile bei KI.
Tnzza nnd Lewiozin — unter geschickter Benutzung einzelner Dorf-
Digitized by Google
Die Tedinik im IHenst der operativen Titigfcelt einer KaveUeriediviiion. ö81
teile — sowie auf den Höhen nordwestlieh Zworaden — nur dort
war Krdarheit zu leisteu — in J>tellunfr za geheu, um datt Feuer
der Artillerie und Maschinengewehre /.ii unterstützen.
Von diesen Punkten aus konnten dit- KavalleriHleu gedeckt,
ohne dals Annähern ugswe^e anzulegen waren, zu ihren Pferden
gelangen. Bei Slomka-Muhh' war dies uicht der Fall, deshalb
unterblieb dort die Anlage von Schützengräben, der wichtige Über-
gang wurde aber doppelt llaakiert.
So liefs es sich ermöglichen, auch für die Gesehütz-
bediennngen Mannsohafltsgräbeu anzulegen, welche bei diesem Ge-
lände nötig waren.
BUd 82.
dkizee der beiden Kolonnenbracken «tu dem KavalleriebrfickeDgerit
bei Zielunober> und -vatentroin ägx serstditen Ptah^ioehbrfldke.
Ü. Br&ckensehlag mit dem Kavalleriebrückengerät bei Zielim und
Einrichtung eines Brückenkopfes daselbst.
Die Breite der Soldau betrug hier etwa 22 m (Annahme). Das
„Kaval!erie-Brücken|:erät'* (s. I. b. 5) reichte bequem für
swei Brücken aas und ersparte einen xeitranbendeo firgänsongsban
Digitized by Google
^g2 Di« Tedmlk im Dtaiat der operativen TItigkeit einer K«TtlleriedivWoD.
durch ßebelfsmaterial. Da die PionierabteilDDg snr Stelle war,
80 Übertrag der DiTisioDskommandeur den Pionieren, als den ge-
tlbtereo, den Bao der beiden Kolonnenbrttcken (s. Bild 32).
An Mannschaften waten fitr eine Brücke erfordeiüoii:
Für dan Elnfiüven von 6 Booten I Unterol&sier 12 Mann
Als TrSgertrupp 1 « 12 «,
Als Kesenren ete. ... . . 1 „ 10 „
Sa. 3 UnterofOziere 34 Mann
Also ftr zwei KolonnenbrOeken: 6 ünteioffiztoe 68 Blann
Es inuf^ten deshalb von der Kavallerie an Brttckentmpps
3 Unteroffiziere 38 Mann gestellt werden.
Der Brückenschlag, an beiden Stellen gleichzeitig be-
gonnen, dauerte im ganzen 35 Minuten. Nachträglich brachten die
Pioniere eine behelfemäisige Ködelang an, damit die ILa?alierie
die Brücken zu Zweien benutzen konnte (s. I. h. 5).
Nach Beendigung des Brückenschlags legten sämtliche Mann-
schaften zunächst einen kleinen Ertlichen Brück ensch utz** an,
nm die Brücken gep-en Zerstörunjrspatrouillen zu sichern, so-
dann einen BrUfkeukopf unter geschickter Bf^mtzunL'" Hps öitHchpii
und büdlicheii liandes des Waldes von Kakarz, r.ni der ELavaiierie
während des Kampfes den Uferwecbsel zu sicheru.
BetraehtingMi.
Zn A: Ereignisse bei der 1. KaTallerledlTisioa.
IMe Dimlon hatte in Lantenbnig dttnnen Etsendraht als Eisats
fhr nicht wieder anfgenommenen „Kavallerledraht" beitreiben
lassen. Es kann nümlich anf den Rttekban des KaTalleriedrahtes
nicht immer gerechnet werden, da das Anlwiekeln des Drahtes anf
die Drahtrolle snr nochmaligen Verwendung mehr Zeit erfordert,
als der Telegraphenpatrooille vlelfaefa snr YerfUgang stehen wird,
wenn ihre Beweglichkeit nicht darunter leiden soll. Wenngleich
nach Kav.-Tel. Ziffer 131 jeder Ftthrer einer Tdegiaphenpalroinlle
daraof bedacht sein soll, jede sieb bietende Gelegenheit anr Be-
schalinng dttnnen Eisendrahtes zn erfassen, so ist es doch praktiseh^
wenn die IHTision selbst diesen Gegenstand nicht ans dem Ange
yerliert.
Im übrigen ist eine TelcgraphenpatroniUe zunächst nicht in Ver-
l^ipenbeity selbst wenn der Draht einer Kavallerieleittmg weder anf-
genommen, noch ergänzt werden kann. Das Regiment verfügt im
ganzen Uber 28 km KaTalleriedraht^ die Patrouille ist also imstande,
Digitized by Google
Die Teehnik im Dleost der operaüvea iäti^lieit einer Kavallehedirision. 6gS
drei Leitungen zu 7 — 8 km Lauge, WindoDgen etc. mitemgerecbuei,
nach einander zu legen (s. l. b. 4).
Zn B: Tätigkeit des Kavallerie -Telegraphen.
An der Einriolitiing der Verblndiing Media— Nen-Zielnn (40 km)
sollte daigetan werden, wie sehwer es ist» Iftngere Kayallerie-
leitongen, naneitiieh bei starken TrnfpevbewegiiBgeii, gegen
^entOmngen sn sohfltien. Der Kay.-Tel. Ziff. 140 aobnibt eine
„sekftrfere Bewaehnng'* Tor. Auch eine solobe würde dem Auftreten
der feindlicben KayalleriedlTision gegenüber wenig Erfolg gebabt
haben.
Es fragt sich, ob es nicht ratsamer war, für den Vor- nnd
Nachmittag des 4. Juli zanSehst eine kfirzero Verbindaogslinie —
etwa ^fodla — Lewic^n — Krempa— Gnoyno — Wald östlich Graszka —
Soldaufiols — Thiergarten— Grodtken — za wählen and erst gegen
Abend den Anschlufs an die Fernsprecbstelle Neo-Zielan za Sachen.
Freilich hätte sich die 1. Infanteriedivision (mit DivisionskaYallerie)
erbieten müssen, bei Grodtken an der Cbaussee-Telegraphenleitung
den Anschlais mittelst Anschlnssroile (nach Bild 12) zo bewerk-
stelligen, sodann eine Karallerieleitung von Grodtken Uber den
Facbsberg nach der Soldan zn legen und durch die Soidaa hindurch
das Kavallerie kabel einzobaaen. Auf dem linken Ufer — ge-
deckt im Walde — errichtete dann eine Gruppe einer Tele-
^raphenpatrouille der 1. Kavaliericdivision eine Endstation (nach
Bild 11) und hieran schlols die Relaislin ie Wald östlich Grnszka —
Jvrempa (14 km) und Krempa— Modla (12 km) an.
Unter Umständen würden schon 2 „SignalstatifuiP!» •• — am
Fuchsberg und im Walde rtstüoh Oraska — am Ta^e ausgereicht
haben, um bei der kurzen Entieruung von 1 km -- selbst bei
trübem Wetter — vorteilhaft von den „Winkerflaggen"*) Ge-
brauch zu machen.
Solcher Signalstationen h:it sich (reneral Lee im Sezessions-
kriege vielfach bedient. Er war intolgedessen über die Bewegungen
des Gegners stets gut unterrichtet So wurde er z. B. durch die
Mt'itiüugen Heiner Signaislationen frühzeitig benachrichtigt, dafs
Grant im Mai 18H4 seinen Vormarsch in stldlicber Richtung wieder
autnabm. Lee kam ihm zuvor und legte sich bei Hannover
Juuktiou vor.")
Wenn erst die KavalleriedivisioQ mit „Funken wagen" aas-
>) S. KaT.-i:^L Ziff. 19 und „Vonefanft fOr den Oetnuch von Winker-
flüggen".
') „Studien über Kriegführung." 8. Heft 8. 89.
J»krbft«ii«r ttt di» dsatiolia AniM uad Mario«. No. 39>. 46
Dlgltized by Google
Die Teohnik im Dieoit der operatiTen Tätijrkeit einer K*T*Ueriedi?iaigiL
gestattet sein wird, um den „Kavallerie-Telegraphen*' durch
die „Fuii iitele^rraphie" zu ergänzen, wird es nicht schwer
fallen, selbst noch längere Linien als die hier besprochenen, vor
feindlichen Zersiorungea zu bewahren. In vollem Umfange wird dies
freilich erst möglich sein, wenn es gelungeu ist, die Fuukeuwii^'eu
beweg:!i(*her zn gestalten und die Stärke der elektrischen
Wellen so zü bemessen, dafs sie nicht über die eigeueu
Apparate binaus<:ehen. In beiden Beziehungen ist man auf dem
richtigen Wege. Gelingt es endlieh — und die neuesten Versucht
deuten daraut hin — den sich ausbreitenden abgestimmten Welleo
eine ganz beHtimmte Richton^ zu geben, so dafs jedes Mitlesen vou
Depeschen durch den Feind ausgeschlossen ist, so würde die militä-
rische Beuut^barkeit der Funkentelegraphie in jeder Beziehung ge
währleistet sein. Welchen Vorteil sie besonders für die Verbindung
der Aufklämngseskatirüub mit dem Gros der Ktivaileriediyision iiabcn
wtlrde, liegt aul der Hand.^)
Za C: Tätigkeit der Pioni r rabteilung.
1. Brückenaerstoj ungen.
Aul der 5 km langen Mlawkustrecke waren sämtliche fUüf
Brücken zur Zerstörung vorbereitet worden. Wie verderblich es
werden kann, wenn man auf dem Kückzug eine Brück enzerstilruog
Übersieht oder eiiuT solchen wenig Bedeutung beimilst, beweiseii die
letzten Tage des Sezessionskrieges:
Am 6. April 1865 trat die kouföderierte Armee Lee 's auf d;is
linke Ufer des Appomatox Uber. Die unmittelbare Verfolgung durch
die P^öderierten stockte bald, weil die Brii i ke Uber den Appo-
matox abgebrochen und der Flufs bei dem augenblick-
lichen Hochwasser nicht zu durchfurten war. Weiter nördlich
gelang es indessen dem II. Korps Humphrey, eine nocii auwr-
sehrtt' BrUckc in die Hand zu bekommen. Dadurch entstand neuer
Aufemball, es gewann Sheridans Kavaileriedivision Meritt Zeit, süd-
lich Uber Prince Eduard C. H. ausholend, sich am 8. April abends
bei Appomatox Station quer Uber die femdiiche liückzugsstraüe
vorzulegen, wodurch am 9. April die WafiTenstrecknog der Armee
von Nordvirgiuien herbeigeführt wurde. ^)
' ) S. „T>ie Telegrn])hie im Kriege." Von Schott, Oberleutnant im Telt*-
grapht:ubataülon No. Ö. Kne^stechni.sche Zeitschrift 1908 10 lieft 8. 599
bis 614. [Kavallerie-Telegraph S. 640, Optische Telegraphie (Wiiikerflaggen
und das ,«grofse'< Feldsignalgerib) S. 006—610, Funkentelegraphie
S. 610—618 ] Ferner: «Die Anwendung der Elektrixit&t fOr mflitiriecbe
Zwecke." Von Dr. Friedrich Wllchter. Lelpiüg 1904. (Von besonderem
Interei^He 2. Abschnitt.)
S. »Studien über Kriegfuiirung." Ä. Heft. S. 1Ö4 u. m.
Digitized by Google
Die Techixik im JJiuoHt der operaiiven iütigkeii eiaor KavaUeriedivitiioa. t)85
Teebniseb ist an der Hlawka die VerwendiiDg des Oltth-
xUiidapparats niehl ohne Interesse. Wie sobon erwähnt, sind die
Brucken bei Kl Torza die wichtigsten. Sie werden Toraoasichtlieb
am längsten benntxt, deshalb ist ihre Erhaltung so lange als mOglioh
notwendig. Nnn bietet die elektrische ZOndnng taktisch den
grolsen Vorteil, dals sie Ton einer fern gelegenen Zttndstelle
aas in jedem gewttnschten Angenbliek vorgenommen
werden kann, sie ist also bei Rttcksngsgefechten» namentlich bei
der grolsen Beweglichkeit einer KaTalleriediyision, von nnschätas-
barem Vorteil. Da die beiden Brucken dicht hintereinander
liegen, so ist es mOglich, beide gleichzeitig za sprengen. Denn
der Gltthztlndappaiat ist imstande, bei Gesamtleitnngslänge bis zn
1200 m — Leitnngsdraht der Feldaasrttstnng — die gleichzeitige
Zttndnng von 50 mit Glllbzttndern ver> _
sehenen Einzel ladongen zn bewirken.*) (v^^TT"
Bechnet man Ar jede Brttcke 3 Joche zn 7 I- « ^ ■ 8
Pfählen, so ergeben sieb als GesamtUulnng Bild 38.
2 • 3 - 7 s= 42 Einzelladongen, welche anf Sprengpatrone neueier
einmal zar Detonation gebracht werden
küiioen.
Die übrigen H BrUckeii bei Slomka-Mühle. Lewiczyn ond Zwo-
raden mUs^eu durcli Leitteuer zerstört werden. Da hier Versager
vorkommen können, empfiehlt es sich, jedes Joch mit eiuer Reserve-
zUndung zn versehen, nm nötigenfalls sofort weiiigäteiis eine
BrUckensperre darcb Sprengung eines Joches herbeizuführen und
dadurch den Feind aufzuhalten. Wie verderblich das Unterlassen
der Anbringung einer ReservezUndung werden kann, beweist die
Kriegsgeschichte Öfters.*) Seit EinÄlhmDg der neuen Spreng-
patrone — mit 3 Zttndkanäleo statt mit einem (Bild 33 j — ist
die Anbringung einer ReservezIlDdung erleichtert nnd die Deto*
nationsflbertragung mehr gesicberik.
Erscheint dem Divisionskommandeur die mögliehst lange Er-
haltung der Brücke von Lewiczyn ebenso wiehtig als die der Brücke
von Kl. Turza, so bleibt der Pionierabteilung nichts anderes übrig,
als etwa nach IVüd :54 zu verfahren und beide Brucken sowohl fUr
elektrische Zündung' wie für Leitfeuer vorzubereiten, da
*rnan im vorau-^ aieht wissen kanu, an welcher Stelle der einzige
GiüJüzuudapparat der Abteilung verwendet werden wird. Eine Um-
1) S. „SprengTorschriit** Anhang U. Ziffer 6.
*) S. Goetse. Tätigkeit der dentsdian Ingenieure und teehnischea
Trappen im deotacb-fnnzCsischeo Kriege 1870/71. II. TeSL**
46^
686 i^iö Teobnik im Dienst der operativen Tätigkeit «Anw KwalltiMvlilaa.
wHiidluitg des 48p., noch dazu 2079 kg sohweien und dadnnb
schwerfälligen Gerätewagens io Bwel 28p. Fabneoge mit je der
Hälfte Inhalts würde der AMImig auch 2 CftttliatodappaMte nr
Verlugun^' stellen, ganz abgesehen daTOO, dafa dadiuroh die Beweg-
lichkeit der Pionierabtollimg erbObt weiden kttonte.
Erläute rungo n:
n Glühzünder l«ür elcklrLnche Zaadan«
? mit
6 Kreisleitung (Detou»tion»ül»ertni,giu»f
c Sprengkapseln zur Detonationsüber*
tragung für elektrische Ztta-
dang oder für ZOndnng doieb
Leitfenert
d Zündnng durch Leitfeuer (GutU-
perchazündschnur m, Sprengkapsel)
Gleichzeitig IteservezünduDg.
falls die elektrische Zündung nüts-
lingen sollte.
Für unvorhergesehene Fälle müssen
aulserdem 2 gestreckte Ladungen
in Breite der ganaen Brückenbahn
bereitgehalten werden.
BUd 84.
Vorbereitung einer Pfahljochbrücke «nr ZerBtörung durch elekbfiBdie
Zündung oder durch Leitfeuer.
2. VerteidlgunsssteUiiiigea einer Kavalleiiedivision.
„VerteidiguDgssleUnng** und „operative Tätigkeit einer
KavaUeriedivision'* passen sobeinbar wenig zueinander. Aber nor
seh^nbar! Die Worte W. 52 des IL TeUs des Ex.-Bglt8. fhr die
Infanterie:
«Bei der gegenwiitigen Wirknng der Fenerwafifen gewinnen
kOnstliobe Deekangen erhöhte Bedeutung. BechtEeitig am
itehtifieB Plüls hergestellt, leisten sie den Ttappen und ihrer Fuh
rong wichtige, znweUen nnentbebrliche Dienste« richten sich ebenso
gut aneb an eine KaTalleriedivisieo, vielleicht mit noch mehr Be-
rechtignng. Die Kayatterledivision Ist dank ihrer BewegUehkeit in
der Uge, Befestigimgen reehtseitig hcisteUen zu lassen. Das
schnell Hergestellte, Nene nnd Ungeahnte wird aber dem
Digitized by Google
Die Teohnik im Dioiist dm operttüven TItigIcelt «ln«r KmvMMüMoi^ 687
Feinde unbequem sein, ihm imponieren, wie es die Tage von Sebasto-
po! mid Plewua bewiesen haben. Einfach freilich und doch wirk-
sam müssen die Befestigangsf ormen sein, welche ein Kavallerie-
divisionskonmiandeur anordnet. Trotz geringen Umfangs der einzelnen
Befestigungsanlagen kann die Aasdehnimg der Stellung einer Ka-
valleriedivision eine weit gröfsere sein, als die einer infauterie-
division, namentlloh seit Beigabe von Maschinengewehrabteilungen,
die künftig dem Führer es ersparen werden, einen Teil der Reiter
absitcen zu lassen und vielleicht opfern zu müssen. So stehen
Verteidigungsstellungen von Infanteriedivisionen und Ka-
valleriedivisionen im umgekehrten Verhältnis zu den Ge-
feofatsstärken, Material, Zeit und Widerstandsfähigkeit.
Dafs durch derartige vStellungen in früherer Zeit Krbebiiobes
geleistet wordeu ist, beweist ebenfalls der Sezessionskrieg:
Im Mai 1861 gelang es Stnarts's Aeitem unter geschickter Aos-
natzong der Feldbefestigung die Unionsannee unter Somner derart
aafzahalten, dafs sie an diesem Tage nicht zum Anfmarsch zur
i^kiaobt bei WiUiamsborg kam:
„Als sich am 4. Mai nachmittags die bei Longstreets Division
befindliche, 1200 Pferde starke Kavalleriebrigade anter Befehl des
Obersten Stuart toq Stonemanns Reitern gedrängt sah, liefs ihr
Führer sie in dem waldigen Gelände zum Fulsgefecht absitzen
und seine reitende Batterie (Pelheam) in eine östlich Williamsburg
angelegte Verschanzung einfahren. Dieses Werk bildete mit
mehreren anderen eine zweite Verteidigungslinie, die sich hinter dem
Queens Oreek (juer über die Halbinsel erstreckte . . . Stonemann
konnte aut diese VV'eise nichts ausrichten und sah sich ge-
TH>tigt, das Eintreffen der föxderierten Infanterie abzu-
warten.')
In noch grttfserem Malsstabe nutzte Sheridans „Kavaileriekorps"
— lOCKX) Reiter in 3 Divisionen — die Feldbefestigung aus, und
zwar derart, dals die Vorposten gute Stelluiiiren auswählten, leicht
befestigten and so den Feind dorob Feuergefecbt aufhielten.
3. Brückenschlag mit dem Kavalleriebrückengerät bei Zielim.
Eine Kavallerie, welche in ein von Ft inden besetztes Gebiet
eifibrielit, um den feindlieben Vormarsch zu erschweren, den Gegner
zu beunruhifren und zu schädigen, wird damit rechnen müssen, dafs
sie ihren Rückzug verlegt findet. In einer solchen schwieri^n-n Lage
befand sich Stuart am 12. Oktober 1862 in Pennsylvanien, als
1) S. ,3tudien aber Kriegfühnuig- . I. Heft, 6. 46 und 47.
Digitized by Google
688 I^i® Technik im Dienst der operativen l'ätigtiLcit einer KavaUeriedit'ision.
StoiiemaDDs Heiter und PleasontonB Kavalleiiebrigadc ihm den Rück-
zog zwischen der MoDOcacy-MUodimg und Poolesville dareli die
einzige dort vorhandene Fort im Potoroae Terlegten. Kacbdem
Stuart die Karalleriebrigade Pleasonton geworfen nnd die 200 Mann
lofuiterie, welche die Furt besetat hielten, dorch das Fener seiner
reitenden Batterien Tertriebeu, ^ilaug es ihm. glücklich das reehte
Ufer des Potomae zo erreichen, ehe die von Poolesville anrückende
Kavallerie Stonemanns znr Stelle war. Die Fort erwies sich als
gangbar und der den Flnfs begleitende Kanal war aasgetrocknet.
Bei nngttnstigen Wasserverbtttnissen wäre Stoart ohne Aasrttstnng
mit Brttckenmaterlal schwerlich davongekommen.')
Daher ist die AnsrUstang heotiger Kavalleriedivisionen mit
leichtem Kavalleriebrttck engerät von besonderem Wert^
namentlich znm Überbrttcken schmaler Flösse, wo das GerSft znm
Brttckenschlag ansreicht^ doch anch breiterer Waaserlänfe nnter Br-
gänznng doroh Behelfsmaterial. Aber selbst bei Obersehreitnng von
sehr breiten Fitlasen wird eine Kavalleriedivision sich za helfen
wissen. Es werden sich Stellen finden, wo die Kavallerie den
Strom durchforten oder dnrchschwimmen kann, während die Artillerie
und MascbiuengewehrabteiloDg auf den 6 Rnderfähren ttbergesetzt
werden. Freilich bedarf die Führung der grolsen Bagage ond der
leicht n Munitionskolonne besonderer Überlegung.
Von Hedeatong ist die ittr den Übrnrang oder das IJbersetzen
erforderliche Zeit. In unserem Beispiel konnten bei Zielon aof
Jeder Brtlcke tibergehen (s. 1. b. 5):
3 Kavallerieregimenter = 10 Eskadrons = 10 • 90 • 2,40 2160 m
1 reitende Batterie (Gefeehtsbatterie) 300
'/a Masobinengewehrabteilang 150 ^
'/i leichte Mnnitionskolonne 200 »
V, grolse Bagage . 1000 ^
Sa. 3810 m
rond 4000 »
oder 1 Stunde Kberg«i;i;8daner.
Diese Zeit mols durch das Fenergefeeht der Brückenkopf-
beaatanng anf dem linken Soldannfer gewonnen werden, während
die Division tlbergehi Nach dem Blicksog der Brttckenkopfbesainmg
selbst handelt ee sich nm Bergung des KavalleriebrIIckengeräte —
etwa '/a Stunde. In solchen Lagen werden sich gerade die Ma-
schinongewehrabteilungen künftig recht nützlich erweisen können.
Es leuchtet ein, welchen Wert eine indinkte Verfoignng hat
1) S. „Studien über üriegführung'*. 2. Heft, S. 12—16.
Digitized by Go -v^i'-
Die Technik im Dienst der operativen Tätiglieit einer KavaUeriedivision. 689
neben einer direkten. Eine den Feind unmittelbar verfolgrende
Kavallerie wird schon am nächsten Abschnitt aut Widerstand stufsen
und fortgesetet selbst durch schwächere Arrieregarden anfgehalteu
werden. Mehr Erfolg wird sie haben, wenn sie dem zartlckgehenden
€^^^er die Flanke abgewinnt, wie es z. B. nach der Schlacht von
ManaBsas (SO. Augnst 1862) geschah, wo Lee die Ravalleriedivieion
Stuart biigadeweiee gegen die Flanken des Feindes vorgeben liefsJ)
Den grOfeten Erfolg heimst die veHolgende Reiterei ein, wenn es
ihr gelingt, in den Rtteken deB feindlichen Rückzugs zn kommen,
wie z. B. die KavaUeriediTision French vor der Kapitnlation Grolles
bei Paardeberg^ oder die KaTaUeriedivision Orook vom ^Karallerie-
korps" Sheridan bei Appomatox Station *) Es genttgit zwar, wenn
die Kavalleriediiision bei solcher Lage ttberhaapt da ist, der Erfolg
ist aber wohl am grOfsten, wenn sie an einem Abschnitt im Rücken des
Feindes sieh vorlegen, BrIlekenzerstOrongen Tomebmen kann und den
Feind so lange anfhält, bis die nachfolgende Infanterie nnd Artillerie
den Sieg vollenden.
Der 5. J a 1 i.
A. Ereignisse bei der 1. Kavalleriedivision. Nachrichten.
Anordnungen.
Bri Zielun war am FrUhmorgen des 5. Juli nach anstrengendem
Nachtmarsch ein Bataillon und eine Batterie der 1. Infanterie-
division eingetroffen. Diese Truppen besetcten den Brttckenkopf von
Zielon nnd sicherten die dortigen KavaUeriebrtloken.
Die L Kavalleriedi Vision sammelte sieh morgens östlich
Straszewy und ging nach Sarnowo vor, welches von der Pionier-
abteilung^ fluchtig zu Verteidignng eingerichtet wurde.
Kacbdem es gelungen, hier einigen Aufenthalt zu bereiten, wich
die Division nach Zielon a aus. Der Kavallerietelegraph auf dem
linken Soldaunf er war vorher zurUckgebaut. Die leichteMunitions-
kolonne verblieb vorläufipr in Zielun nnd ergänzte ihre Bestilnde
ans dem Munitionsdepot Lauten bürg.
Nach den Meldungen der Aofklärongseskadrons und den Mit-
teilnngen des Generalkommandos 1. Armeekorps war die Lage der
roten Armee am Nachmittag folgende:
1) S. .«Stadien Aber Kriegfflhnmg». I.Heft» S. 119—118 u. S, 1$S->188.
*) Ebenda. B, Heft, S. 188—184 u. S. 141—142.
Digitized by Google
690 ^ Teobnik im Dienst der operttfrea Ttttigkeit einer KtTaUerfedlfiriM.
„Das III. Aimeekojrps ging ui Lesern Tage oieht Uber die
Linie Cboyaowo — Saniowo — Lonzek iiiiiwu,
dae IL Aimeekoipfi nieht tlliw Hohendorf— Skoipien — ^Ifiosloj.
Das I. Änneekorps enelobte das Lindenanei Flieft.
Vor dem roten L Armeekorps war die rote 1. Karallerie-
di^ision ttber Thalheim anf Usdan vorgegangen, jedoeh tw der
blanen 2. KavalleriediTision bei Obersebreitong des Grabena
awiscben Frödau/Usdau angefallen nnd geworfen worden/'
Alle Meldungen lieisen erkennen, dab die rote Armee eine
Lanksscbwenkang ansgefbbrt batte.
Der RommaDdeur der blaneo 1, KaTalleriedivision traf am
Naebmittage folgende Anordnungen:
Die Division ^geht in ein Ortsbiwak bei Zoromin.
Die kleinen Ortschaften Cierpigorz (2. KaT,*Bng.), Dombrowa (L Kay.*
Brig.), Wiadrowo (3. Kav.-Brig.) können mitbelegt werden.
1 Eskadron (1. Kay.-Brig.) hält Zielona besetzt.
2. Die Fionierabteilnng stellt bei Lubowidz über die
Soldan zwei Brtteken ans unvorbereitetem Material her und
bereitet sie zur Sprengung vor. Das Dorf wird heate Abend
durch eine Kompagnie vom Zieloner Bataillon besetat nnd zur
Verteidigung eingerichtet.
3. Durch den Kavailerietelegraphen werden folgende Ver-
bindungen hergestellt:
Staatstelegraphenleitung') Zoromin — Lubowida dnreb eine
Telegraphenpatrouille der 2. Kav.-Brig.,
Kavallerieleitung Znromin — ^Zielona dnreb eine Telegrapben-
Patrouille der 1. Kav.-Brig.,
Kavallerieleitnng Lnbowidz — Zielon doreb eine Telegrapben-
patrouille der 3. Kav.-Brig.
4. Die reitende Abteilang hat leere Munitionswagen naek
Lnbowidz zurückzuschicken, wo 9° abends die leicbte Mnnitions*
kolonne (bis jet/J in Zielun) eingetroffen sein wird.
5. Die Kavalttrieregimenter ergänzen ibren Bedarf an Spreng-
munition ans dem Int'anteriepatronenwagen Kr, 2, welcher zur Neu-
fuilung nach Lubowidz anrttckgeht, wohin vom SprengmnnitLonsdepot
Lanteoburg Bestände Torgezogen werden."
B. Tätigkeit der Pionierabteilung bei Lubowidz.
Sehon beim Ausweioben der Division nach Zielona hatte der
Diviflionakommandenr den Fttbrer der Pionierabteilang daianf bin-
Mittekt Anschiufsroile nach Bild 12.
Digitized by Google
Dil TMhnik i» Dianat der openttven T&fcigkeit emer KaviUeriediviakm. 691
gewiesen, dafe voraassichtlich uoch heute ein Brückenschlag bei
Labowidz erforderlich werden würde. Der Führer der Abteilung
hatte daher einen Unteroffizier (Radfahrer) unter Bedeckung dreier
Kürassiere nach Zurorain und Brudnice entsandt mit dem Auftrag,
Bebel fsmaterial (auch Touueo) beizatreiben und aof Wagen nach
Lubowidz — dort auch Beitreibang! — zu befördern.
Die
Pionierabteilung
traf gegen
5° abends
in Lubowidz ein.
Der lüfanteriepatronenwagen Nr. 1 — am 4. Juli in Lautenburg
neu gefüllt — war mit der leichten Munitionskolonne von Zielun
nach Lubowidz herangezogen, so dafs zu den ZerstörongBrorberei-
tangen Sprengpatronen verwendet werden konnten.
In Lubowidz wurde zunächst die vom Feinde zerstörte Brttcke
(nach Bild wiederhergestellt, am so schnell wie mOglich wenig-
stens eine feste Verbindung sn haben. Die
Breite der Soldau betrag hier ca. 35 m (An-
nähme). Die Brttcke war in 3'/a Stunden —
gegen 9° abends — heigestelli Sobald ein-
zelne Pioniere verfügbar worden, Uefs der
Ftthrer vorbereitende Arbeiten für den in
der Frtthe des 6. Jnli ananifllhienden Bau
einer zweiten Brtteke Yomehmen (Anasnehen
der HOhser, Zuzpiteen der Pflhle Air die m rammenden Pfahl-
joehe new.).
Um 10® abends bezog die Abteilung Oilebiwak in Lnbowidz,.
geaiehert dnreh die von Zielon gegen 8® abends eingetroiPene In»
fimteriekompagnie.
BUd 86.
Betrachtungen.
Zn B: Tätigkeit der Pionierabteilnng.
Ans dem mit Behelfsmaterial ansgefilhrten Braekensohlag bei
Lnbowidz geht herror, wie wertFoll das „KaTalleriebrlleken-
gerftt*" flir ebe KavalleriediTision ist. Letrteres war bd Zielnn
dngebant. Die dort hergestellte, dnreh In&nterie nnd Artillerie be-
setzte Brfleke maehte die KaTalleriediTision in ihren OperaSimien aat
dem linken Soldanoler nnabhingiger. Wilie das KaTaUeriebitteken-
gerSI bei Lnbowidz zum Einbau ▼erfligbar gewesen, so bitten sieh
folgende Vorteile ergeben:
l BohnelUgkflit das Brflekenscrtilagea.
Bd Verwendung toh Behelfsmaterial wurden etwa 4 Stunden
Digitized by Google
^92 ^ Teeimik im Dienst der operatlTea llttigkeit eioer Kavatteriedirite.
gebrancht. Mit dem KaTalleiiebrttckeogerät wäre die Brtteke in
spätestens 1 Stande fertig gewesen.
2. WegfUl der Vorbereitungen fOr die BruekeDBerstörangen, da
durch den Rlickbaa des KaTalleriebrttckengerfttB gleiehzeitig eine
BrUckenzerstttrang in giOlstem Umfange herbeigeführt wird.
Es ist fragUeh, ob bei Verwendung von Behelfsgerät immer so
viel Zelt xnr Vetfbgimg stehen wud, wie hier angenommen. Dann
mnfs man sieh mit den einfachsten Mitteln begnügen, wie es x. B.
Stuart auf seinem ersten Raid tai Er war mit 1200 Reitern and
2 Gesehtttaen der reitenden Batterie Pelheam am 13. Jnni 1862
•Östlich Bichmond anfgebroehen, tibeiritt am 14. Juni bei HannoTer
C. H. die feindlichen Vorposten, zersprengte 2 feindliche Eskadrons,
zerstörte die Eisenbahn White Hoose-Ricbmond and erreichte am
15. Juni den Chickahomini. Hier traf die Meldung ein, daCs die
feindliche Kavalleriebrigade Averill im Anmarsch sei. Zeit war
nicht zu Ter Heren. Stnait liels einen Teil seiner Reiter eine
AnderegardenstellaDg nehmen. Die flbtigen Mannschalten flUIten schnell
Bäume und stellten einen 90 m langen Brttekensteg her. Die
dort befindliche Brtteke war gründlich zerstört worden, eine in der
Nähe befindliche Furt erwies sich als ungangbar, und an die Her-
stellung einer Kolonnenbrttcke war nicht zu denken.
Auf diesem schnell errichteten Brückensteg gingen die Nicht-
schwimmer mit Waffen, Sätteln und Ge|Aek Uber. Die Schwimmer
brachten inzwischen die Pferde schwimmend Uber den Fluls. Die
zuerst ttbergegangeneD Eskadrons Ter breite rten dann Tom rechten
Ufer ans den Brttekensteg, so dais es — treilicb unter greisen
Schwierigkeiten — möglich wurde, selbst die Gesohtttze hinflberzn-
schaffen, bevor die Brigade ATeriil herangekommen war.')
Auf nordstaatlicher Seite hatte man den Wert eines proTisorischen
KaTalleriebrttckengerätes rechtzeitig erkannt. So war das „Kavallerie-
korps^ Wilson — 18000 Pferde nnd 18 Geschtttze — mit einem
Brttckentrain von 60 Wagen, auf ihnen 30 Leinwandpontons
— also schon damals Faltboote! — ausgerttstet. Ohne einen solchen
Brttckentrain wttrde es schwer gehalten haben, in 28 Tagen 860
km zurttckznlegen und dabei 4 grOfsere Flttsse zu ttbersohreiten.*)
<) S. J9tMdie Uber KriegfOhrung*. 1. Heft, S. 62—64.
S) Ebenda. 8. Heft, S. III u. „Die Raids der Kavallerie*. Beiheft 47
zur internationalen Revue über die geeamten Armeen und Flotten.
Januar 1904. S. 24 u. 25.
Digitized by Google
Die Technik im Dienst der operativen Tätigkeit einer KavalieriediTieion. 693
Der 6. Jali.
A. Tätigkeit der Pionierabteilung.
In der Frühe des 6. Juli baute die Abteilonc: eine I'fjihlioeh-
brucke (Spannuni: 5 m, Joebe mit je P, Pfühlen und aijvvccliselnd
2 Seitenstrehen) und /war dicht neben der wiederhergestellten
Brücke, um für beide BrUekenspren^'unpen eine jremeinsanie Leitnog:
benutzen und die Ladungen beider Brücken gleichzeitig zUnden zu
köDUin.
Die neue i^faliljoebbrUcki' war iri -ofj Vorm. fertigg'estellt.
Schon während de^ Rrückeüschliiges waren die Vorberei f ung^en
zur Zerstörnn<r trcironnen, die unter Leitung des Führers durch
1 Unteroff. 10 Mann beendet wurden. Die übrigen 2 Unteroflf.
20 Fionirre l)egaben sieb nach Zieiun, um die mit dem Kavallerie-
brUckensre rät herirestellten BrUcken /u rückzabaueu, sobald
die Division ihrer nicht mehr bedurft»'.
Die bei Lubowidz stehende Infaiitcriekoiupagnip h^tte vom
Frilhmnrfren an das Dorf Huchtig zur Ve rteidigun * 1 m i i c htet.
Die dort verblieheneM Pioniere ergänzten später die Arbeiten,
indem sie deu >iordrand des Dorles ööbeten.
B. Ereignisse bei der I. Kavalleriedivision.
Nachrichten. Anordnungen.
Die 1. Kavalleriedi?i8ion sammelte sich um 6^ moi^ens bei
Zielooa. Eine Eskadron war voraosgesandt, um Goseiska sn be-
setsen. Als die Division slldlieli dieses Ortes eintraf, trat die Spitze
einer feindUeliea Avantgarde aas Choyaowo heraus. Die reitende
Abteilung nahm westlich des Fiiesses Stellung und swang den Feind
mr Entwickelang. Als auch von Samowo eine f(ändUelie Kolonne
aller Waffen in westlicher Richtnng vormarBchierto, wurde die Stellung
geränmi Eine Eskadron besetste den Waldrand am Wege Gosdska
— Marssewnica nnd bereitete hier abermals Aufenthalt, während die
DivMon den südliche Weg Gosoiska— Straaeewy einschlug. Von
hier ans wandte sich die Division gegen die nördliche Kolonne,
lieb die reitende Abteilang in Stellung gehen, zwang den Feind
nach Süden sich sn entwicken, sam Zeitverlust! Nachdem es der
sQdliehen Maischkolonne gelangen war, den Widerstand der Eska^
dron am Waldrande nordwestlich Gosciska zu brechen, als femer
Meldung einging, die rote (2.) Kavalleriedivision sei auf Kudz-
buxg — Zielona in Anmarsch, brach der Divisionskommandeur gegen
Mittag das Gefeeht ab und ging nach Lubowidz zurttck und dort
Digitized by Google
694 Die Teohnik im Dienst der operativen Tätigkeit einer K&valleriediTiuoa.
auf diu rechte Soldaanler. Die Infanteriekompagnie verblieb sa-
näcbst Doeb anf dem ÜDken Uferi die Brneken woiden nicht
gesprengt.
Von Lubowldz ans wnide nach Zielnn telepbonisch der Befehl
nun Bofortii^en Rttckbao der beiden KaTalleiiebrItcken gegeben,
darauf eoUte die dortige Pionierabteilnng (2 Untff., 20 Hann) mit
den 12 EaTaUeriebraekenwageo ttber Adl. Brinek nach Bessnitta
rlloken and dort weiteren Befehl abwarten.
Die rote Armee ttbenohrltt an diesem Tage den Soldan — Welle-
Absehnitt niehi
Sie erreiehte mit Vortnippen:
III. AnneekorpB die Linie Siraesewy— Koalae — Wald von
Rakan — Pncyrotki— Wy lazlowo ;
II. Armeekorps die Linie Oft, Lensk — MoritEmh — Borken;
I. Armeekorps die Linie EX Taneisee— €rr. Eoschlan — Seeben.
Der Verbleib der roten 1. EaTalleriediTision war an bekannt
Am Nachmittag ging vom Generalkommando L Armeekorps m
Lantenbnrg ttber Zielon — Lnbowldz folgende telephonisohe Nach*
zieht ein:
„Die 1. Infanteriedivision geht in der Nacht anf die Linie
Gorzno — Braniza^Httndaog snrttck, mit deo Hanptkrttiten nach
Oorzno, daselbst Korps-H. Q.
Die 2. KayalleriediTision — bente bei Wompiersk —
wird Yorlftofig in dieser Gegend belassen and den feindlichen Vor*
maisch in der rechten Flanke bennrohlgen.
Der 1. KavallertediTision Terblelbt die bisherige Aotgabc
Das Sprengmnnitionsdepot wird hente abend von Laaten-
borg nach Strasburg anrttokTerlegt.^
Die 1. EaTalleriediTision beiog hieranf Ortsbiwaka in dem
Banm Gseski— Slniagora (DIt. Si Q.) — Domhzowioe mit Vor-
posten in der Linie Bondzyn— Dsiwy— Pontki, VerUndnng mit der
Infanteriekompagnie in Lnbowida.
Die rechte Aaiklttrangseskadron (l./Ettr. 1) Terblieh an! dem
linken Soldannfer» besetste BrndnieCi stellte dnroh die dauernd
ttberwiesene Tel^graphenpatronille die Verbindung Brndnice— Sima^
gora her und bereitete ein Joch an der Brücke bei der Muhle Ton
Bmduice zur ZerstOrong Tor.
Die mittlere und linke AulkUlnuigseskadron (l./Ellr. 2 u.
L Drag. 1) waren» weil durch die 2. EaTaüeiiediTinon eraetsti lu
ihrer Dirision znrttcktreten.
Die Linie Siniagora^Gorsno wurde durch den EaTallerie^
telegraphen hergestellt und zwar:
Digitized by GoogI<
Die Teofaidk tan Dtontt der opeMtiren TIttigkeit einer KaTelleriedMeion. 696
Kavallerieleiinng Siniagora — ^Plodemo (2. Kav.-Hrig.).
„ Plociczno — Gorano (3. Kav.-Brig.),
Sobald in Gorzno der Anschlafs an die Chaasseetelegraphen-
IdtaDg (Bild 12) und dadarch die YerbindoDg mil Lautenbarg
erreicht war, worde die Linie Zielan — Labowidz zarilckgebaat oad
daAlr die neue Verbiadang Labowidz — Pontki — Dziwy — Siniagora
(I>iT.-H..Q.) gelegt.
In der Naobt vom 6./7. Juli ging TOm Armeeoberkommando
(Telegramm ab G^iandenz) folgende Naebricbt ein:
,,Die YerBammlnng der Armee (IL III. IV. A.-K. n. 2. IdL-DIt.)
iit am 7. Jnli beendet Am 8. Jnll beginnt der Vormaiscb ans
der Linie Enlmsee — ^Briesen — Rheden, mit dem reehten Flttgelkorps
ttber Gollnb anf Rypia» mit dem linlLen nnd der 2. Infanteriedivision
Uber Stiasborg. Die Etappenmunitionnkolonne gebt morgen von
Orandens naoh Jablonowo.
Generalkommando L Armeekorps wird ersneht, das Defil^
von Strasbnrg fUr den linken Flügel der Armee offen sn halten.**
SeUiljsbetraclitangen.
In der Studie ist der Versneh gemacht worden zu zeigen, in
welcher Weise dnrch die hentige teehnisohe Ansrttstting einer
Kavalleriedirision die Offensive und Defensive noterettttzt werden
kann. Dafo hierfür die teehnisehen Hilfsmittel vollkommener
sein, bei geringen Organisationsändemngen zweekmäfsiger ver-
wendet werden köDnten, wird niemand bestreiten wollen. Dies m
nntersneben, lag nicht in der Aufgabe* Es sollte nur nachgewiesen
werden, welchen Schatz die Kavalleriedivision in den ihr
durch die augenblieidiehe (h^anisatien aberwiesenen teoh-
niscben Mitteln besitzt, am darch ihre rechtzeitige Ver-
wendung an richtigem Platz sowohl der Trappe wie ihrer
Fuhrang wichtige, zuweilen unentbehrliche Dienste zu
leisten."
Manchem werden die Anforderangen, die der Kavalleriedivision
hier aaf technischem Gebiet fi^estellt sind, za hoch erscheinen. Es
dürfte aber praktisch sein, sich stets an die höchsten Leistungen zu
halten — gerade in einer langen Friedenszeit — . Nur was
im Frieden grtlndlich geübt wird, verspricht im Kriege Erfolg!
„Im Kriege aber stimmt sich", so sagt Claosewitz,') dnrch den Ein-
flafs unzähliger kleiner Umstünde* die auf dem Papier nie gehürig
1) „Vom Kriege*, 1. Buch, 7. Kapitel.
Digitized by Google
696 Oie Tecbnik im Dienst der operativen Tätigkeit einer JbUvaileriediviüoa.
in Betracht komiueD kduneU| alles herab, aod maa bleibt weil imxter
dem Ziel.''
Zur Veransehanlichoiig sind vielfach die kriegsgeschichtUchen
Ereignirise uu» dem iiürdanierikauibuhcn Sezessionskriege in Virginien
aiifT^^'/tijrcn worden. Gerado dieser Krit'jx, auf beiden Seiten zwar
Hill mit Milizen geführt, die aber während des vierjiihrifren Krieges
gui p'>chulte Soldaten wurden, dürfte für alle diejeni^reu Offiziere,
welche dereinst in einer Kavalleriedivision täti^^ sein werden, be-
sonderes Interesse erwecken. Erstreekten sieh doch die Operationen
dieses Krieges Uber ein Gebiet von mehr als der zehnfachen Aus-
deiiuuii^ des deutschen Reiches! ,.Für den Nachschub waren die
Armeen in hohem Grade von den Eibenbahnen, den schiffbaren
Strömen und Kanälen abli;!n^n^% und der Besitz dieser Verkehrsmittel
wurde daher entscheidend für die Operationen."')
Alle Mittel der daiiiaii^^eu Technik wardeu io zweck-
mäfsiger Weise angewendet.
So verfügte z. B. der nordstaatliche General Sherman Uber
eine wohlorganisierte Telegraphentruppe, um das Ober-
kommando fortgesetet mit den Korpsstäben zu verbinden, über
Eisenbahnbuukomp agni en in ausreichender Weise, so dals
die Unionstruppen durch die Zerstörangen der Konlöderierten oft
nur nnerbeblicb aufg^ehalten worden.^)
Die Kavalleristen, namentlich die der Konfbderierten, waren
, ebenso gesohicktePioaiere, wie gnte&eiter und SebllUea"*)
Das Kavalleriekorps Wilson aal norctetaatlicher Seite besab,
wie schon erwähnt, sogar einen leichten KaTal)erie-BrttckeD>
train von dreifsig Leinwandpontons.
„Wenn anoh die besonderen Verhältnisse jenes Feldsnges ein
nnnittelbaies Obertragen des dort Erfahrenen nnd Gettbten anf den
eoropäisehen KrlegBSchanplatE nioht angängig enebeinen lassen, so
zeigen die Ereignisse des Bttrgerkrieges gerade in bezng auf
KayalleriOTerwendnng viel Lehmicbes, ja MnstergttttigM/' so
nrteilt General t. Pelel>Narbonne Uber „La GaTalerie Amerieaine
dans la Gnerie de la Seeession.^*)
Gerade das Anwachsen der Heere, die Verwendnog von sab!-
reichen Reserve- nnd Landwehrtmppen in Torderster Linie, die Fort-
») S. „Studien über Kriegführung", 1. Heffc^ S. 16.
Kbeiulu. 8. Heft, JS. 12 u. 18.
3) Ebenda. 1. Heft. S. 68.
*) S. ^ahrbftcher fOr die Deutsche Armee und Sffanne" Nr. 888, 1904,
Januarheft.
Digitized by Coogl
Batt^heu m 6 oder 4?
697
entwiekelong der TecbDik und ihre Nutsbarmachiuig für eine m-
künftige Kriegftthnmg mabDen an ein eiDgebendeB Stndiam dieses
eigenartigen Krieges, der schon beinahe der Vergessenheit anheim-
gefaUen war.
Nenbelebt wnrde dies Stadinm dorob die im Torigen Jahre er-
sehienenen nnd hier vielfach angezogenen
„Stadien Uber Kriegfttbmng auf Grundlage des Nordameiikaniseben
SexessionsiLrieges in Virginien**.
,,Nach wie vor/* so sagt Uber dieses Werk des M^ois Freiherm
fVcytag-Lonugboven ein Anonymas im H.-W.-B1. Nr. 6, 1903,
S. 172, „bleibt der Sezessionskrieg trete «llei* Fortsehritte der
Technik einiß nahezo nnersehöpfliche Fnndgrnbe für alle
Fragen der Krlegitthrong'*.
XXXV,
Batterien zd 6 oder zu 4?
Von
Mari, Leatuaot im 3. lothr. Feidartilicrie-HegimcDt üi. 69,
komm. Kriegsakademie.
Zwei verschiedene Ziele erstreben die Anhänger der kleinen
Gesohtttzzabl. IHe einen wollen bei Erhaltung der Gesam^esehtttz-
zahl die Batterien in solche m 4 umwandeln, die anderen nach dem
Beispiele Frankreichs die GesamtgeschOtmhl nm ein Drittel herab-
setzen und dafllr mehr Wagen einstellen. Die erstere Absicht mag
ja in rein orgaoisatorischer Hinsicht manche Vorteile haben — dals
Ihre Ausführung in taktischer und fenerteohnischer Hinsicht jedoch
anoh eine gewisse Erschwerung bedeuten würde, darauf sei km
hingewiesen. Jetzt haben 24 Geschtttze 5, beim Aaffahren fest-
zulegende BatterieflQgel, dann hätten sie 7! Jetzt haben 24 Ge-
schtttze 4 Batteriechefs, die Befehle bekommen müssen, 4 Einschiefs-
pnnkte und 4 Zielabschnitfee, dann aber hätten sie deren 61 Und
Digitized by Google
698
B«tterieo zu 6 oder 4?
der letztere Umstaud fällt besonders Ids Gewicht ist es doch
schon bei den Frieden sschielsUbnngen im Masseiiverbaude oft mit
Schwierijsrkeiten verbünden. GabelschUsse uud Zielabschnitte ans-
einander zu halten. Die N'orteile dieses Projekts sollen zugleich
mit denen des anderen betrachtest werden. Zunächst aber die Nach-
teile des letzteren. Die Geschütz/^hl wird um ein Drittel vermindert
und damit auch die Geeamtgefecbtskraft. „Gefecbtskrafl*^ — das
Wort wird man beanstanden and daranf liinweisen, daf^ doch daflir
die HnnitioD Termebrt werde, einmal absolut dnreh die Scbailnng
der beiden nenen Wagen, dann aber aoeli noch relatiT dnreh die
Verminderong: der Gesehtttzzabl. DaGi die alMBolate Vermehrong
einen Vorteil bedeutet, ist nicht so bestreiten, dieser Punkt soll
später noch berührt werden, den Vortefl der relativen Vermehrong
aber kann ich nicht recht einsehen. Denn es kommt doch schliefb«
lieh ani die Gesamtsumme der Munition, die zur Entscheidung
Torhanden ist, an und nicht darauf wie sich diese auf die einzelnen
CkscbUtze verteilt Ist nicht auch bei der Infanterie die Manitions*
frage brennend? Und doch ist deshalb niemand an! den Gedanken
gekommen, den dritten Teil der Leute ohne Gewehr, aber dafür
mit doppelter Patronenzahl geben zu lassen, nur tun dadurch die
relative Sohalszahl des Gewehres zu vermehren. Gilt aber ähnliches
nicht auch für uns? — Zur Erfüllong des Grefeohtszweckes» also zu«
niohst zur Niederkämpfung der gegenüberstehenden Artillerte, brauchen
die Batterien eine bestimmte Anzahl Scbttsse, sagen wir jede Batterie
X Scbuls im ganzen. Bei den grofsen Batterien versehiefst davon
jedes Geschütz X/6, bei den kleinen X/4. Also das einzelne
Geschütz der kleinen Batterie verschielst dabei andertbalbmal soviel
Schüsse, als das der grolsen, die Gesamtzahl bleibt gleich und
höchstens die Zeiten sind verschieden, können verschieden sein.
Denn das darf wohl nicht bezweifelt werden, dals in allen
Lagen, in denen man die Feuerkraft der Batterien voll ausnutzt,
Batterien zu 6 in derselben Zeit das Anderthalbfache der Leistung
der Batterie zu 4 liefern können.
Man hat dies allerdings bestritten und darauf hingewiesen, dafs
die Batterie zu 4 bei Sohnellfeuermaterial ebenso rasch schiefst wie
die zu n. Dals aber beim französischen Schiefsverfabren, das jetzt
Uberall als Konsequenz der TTmhewaffnano^ gefordert wird, beim ge-
schutzweisen Streufeuer, sechs Geschlltze im Vergleich zu veren die
anderthalbfache Mnnitionsmenjje in der gleichen Zeit herauswerfen
werden, liept nun doch auf der Hand und ebenso ist es bei richtigem
v^chneilfeuer" auf Nahziele, ohrie ZUnderweebsel. Und in i unserm
Verfahren, bei lageoweisem FeuerV üier miilsten beim SebueU-
^ kjui^uo i.y Google
Battarioi m 6 ochr 4?
699
feaermaterial die KlUgelgeschUtze, schon fertig gemaehti warten,
bis ,,Fener durch kommtf wird behauptet. Dae ..Dittssen" läfst
sich aber bestreiteD. Denn wenn man statt des Kommandoe
„Geschtttz-Feaer!" einen Wink der Zngfllhrer einführt, liann die
Feaergescbwindigkeit so enorm gesteigert werden, dafs auch bei den
Batterien zu 6 das Flttgelgeschtttz l^aam wieder fertig sein kann.
Bei aofmerksamen Zugführern klingt dann die Lage wie eine schlecht
abgezogene Salve und braucht ca. drei Sekunden. Kann nun in
dieser Zeit auch beim Kohrrtlcklaufgeschütz der ZUnder nen 'gestellt
(wir mtl'^sen wohl bei Beibehaltung der Munition 96 mit der jetzigen
Stellvorrichtung recliiu ii!), eingesetzt und der Verschluls geschlossen
werden V Dazu die Kommandos zur nächsten Lage, die doch wegen
der Zahlen besonders gedehnt und deutlich iregeben werden mtSs«en!
Aach wird der Batteriechef doch oft die neue Lage erst komman-
dieren, wenn ein paar Schüsse von der jetzigen beobacht-et sind.
Man probiere dieis doch beim Geschiit/.exer/ieren aus, indem mau
KohrrUcklaufgeschütze annimmt, also das Austreten der Leute und
das neue Richten wegfallen lalst. Immer wird bei einer solchen
Feuergeschwindigkeit im lagenweisen Fener selbst bei 6 Geschützen
eine Pause entstehen, umsomehr naiUrlich bei 4 Geschützi n nnd —
bei Verlusten in der Batterie! Also nicht die hohe Geschlitzzahl ist
es. welche die Batterie daran hindert das Schnellfeuermaterial ganz
auszunützen, sondern die Technik des lagenweisen Feuers ist
es, die schon bei sechs und mehr noch bei vier Sohnell-
feuergescbtttzen diese Ausnutzung hindern kann. So ist
denn bei dem französischen Verfahren die Wirkung in derselben
Zeit die anderthalbfache, beim lagenweisen Fener bietet die Steige-
rnng der Fenergesoh windigkeit die M5gliebkeit, jedes „Warten"
eines Gesohtttses zn yermeiden — daker ancb hier die andertbalb-
faehe Schnlszahl in derselben ZeaU Dalb also nnr die kldne
Gesohttimhl die bessere AasnUtsang des Selmellfeaennaterials er-
laube, lä&t sieb wobl bestreiten. F^dlieh ist ss eine andere Fmge,
inwieweit man diese grtJlsere Feuerkraft, die man Terwerten kann,
aueb ansntttsen wird, ZweifeUos wird man sie im ArtUleriekample
iiOobstens im Anfang, nioht aber dauernd ansntltien wollen. Will
man sie aber niebt ausnutzen, dann kommen allerdings Momente,
in denen die sechs Gesehtttie nioht mehr leisten als vier. Aber
diese NichtausnOtaung der Feuerkraft ist doch an sieh kein Nach-
teil, so wenig wie das NichtausnUtien des Gewel^res, wenn von den
swei Leuten der Botte immer nur einer abweohaelnd sebielst — hu
beiden FttUen bleibt doeh der Vorteil, dafe die grOIsere Anzahl Ge-
schtltse bezw. Oewehre fllr kritisehe Momente, als Ersatz fttr Ans-
700
Battorkn n 6 oder la 4?
iall a. a. zur Stelle Ut. Der Nachteil, der in der Anweeenheift
ceitweise nicht ganz ausgenutzter Geschlltze liegl, kann nor aaf
anderen Gebieten gesnoht werdea. Dies ftthrl ans so der taktiacben
Seite der Fra^.
Dnrch die Verringerung der GeschUtzzahl wird die Front nra
ein Drittel kürzer. An sieh ein Vorteil, kein Zweifel, aber ist es
unbedingt nöti^r? Wenn hierbei so oft die Erfahrungen des Jahres
1H70. ins'hpsondrro die von Gravelotte, zitiert werden, so sei zu-
nächst daran ( rinnei t. dafs doeb anch die Gefechtsausdehnung der
vor der Artiii rir lichtenden Infanterie seit 70 gewachsen ist.
Die südalrikanischen Erfahrungen haben zweifellos, das geben auch
die eifrigsten Anhänger der Tiefengliederung zu, der ganzen Ent-
Wickelung dieser Frage wieder einen frewissen Ruck nach der Seite
der Breiteimusdehnung zugegeben. Wenn wir nun für eine Infan-
teriei)rigade nur 1500 m Breitenausdehnnng annehmen, eine Aus-
dehnung, die immer erst gestattet, von den t>oou Schützen der
Brigade 2(X)() in erster Linie zu entwickeln, 4000 aber zum Auf-
ftlllen zurückweist, so ergibt das für ein angelehntes Korps, das
wohl alle 4 Brigaden einwii kein wird, 6 km. In diesem itaume
muis die je nach dta Gesciiutzzwischenräuraen ca. 1300 bis 2600 m
lange Artillerielinie untergebracht werden. Daaach würde also
schliefslich hinter der Infanterie eines AriiK ckorps die Artillerie von
'6 Armeekorps entwickelt werden können, wenn dort etwa lange
Höhenzuge liegen, im Bereiche der beiden Nachbarkorps aber über-
haupt keine Artilleriestellungen siud.^) Was nun den viel zitierten
18. August betrifft, so müssen bei der Betrachtung dieses Tages
wie aach aoderer Gefechtstage, die ähnliche Bilder aufweisen, doch
immer die Fälle ansgeBohaltet werden, in denen nieht nnr die Ar^
lUleiie, sondern mmsIi dfe Infanterie der betreffenden Truppenteile
keinen Plate gefunden hfttte, • wie es bei den Korps der hinteren
Linie am 18. Angnst doeb sehlieMoh der Fall war. Und ebenso
die Fülle, wo ein waldiges GelXnde — wie beim VII. Korps — die
Verwendung der ArtiUerie bebinderte. Wald seblielst die Verwen-
dimg der Artillerie ntin einmal ans, das bewetet aber doeb niebta
gegen die Notwendigkeit^ starke ArtiUerie ftlr die Fttlle des offenen
Geländes mIttnDlbren.
Nnn die andere Furage: Wird der Infanterie die Bntwiekelnng
dnreb die langen Fenerlinien der Artillerie ersehwert? In der
Theorie sieher, in der Praxis aber sehen wir es fast nie, weil dann
die sogenannte „Sehlenkentaktik** der Infimterie mitsprioht. Die
^) Haben die Korps auch Reservedivisionen, so gestalten sich die V«r>
hlltoisse noch gOnstiger.
Digitized by Google
Bittttkii sa 6 oder m 47
701
Artillerie kfDnt die offenen Hohen, die In&nterie würde auch olme
dies nielit Uber diese Tonnanehieren, rie benntet die daswischen
liegenden Mnlden mit ihiea Kolonnen. In der Theorie ist dies
seiiwer so beweisen, aber fast jeder ManOTertag seigt es.
Und noeh eins: Es kommt doeh nicht auf die GescbOtOBahl
eines ArmeelKorps, sondern anf die Gesamtgesohlltsisabl bei der Ent-
scheidung an. Man reebnet bei Veigleichen mit Frankreich immer
mit den beiderseitigen Zahlen pro Armeekoq)s — hat man schon
einmal nmgerechnet, wieviel Geschütze bei eiaem Kampfe nach zwei
Fronten nos fWi die Westfront bleiben — ist dann die Überzahl
noch so grols, dafs wir ohne weiteres ein Drittel dieser
Geschütze abschaffen können?
Anf den nabeliegenden £inwaod, dafs sohlieJslich in einem be>
stimmten Kanm doch immer nar ein Armeekorps gegen ein Armee-
korps kämpfen kOnne, lälst sich erwidern, dab der an Zahl Unter-
legene doch oft, wenn er sich nicht der Umfassung aassetzen will,
gezwangen sein kann, in der Front eine gjfifsere Breitenansdehnang
als der Gegner zu nehmen, wobei ihm eine starke Artillerie un-
gemein ZQ Statten kommen kann.
Als nrpinisatorischen Vorteil der kleinen Batterie hat man es
ferner bezeichnet, dals die erste liit nuii;: hei f'incr solchen sorg-
fältiger zusammpna-esetzt werden künnte. Freilich wird einr /u vier
Geschützen und acht Munitionswag^n aasrllckende Batterie ihre erste
Geschützbedienung hesser aussuchen kennen, als eine Batterie zu
sechs Geschützen and sechs Manitiouswagen ron gleich starkem
Friedensetat — indessen bleibt zu bedenken, dafs es nicht nnr auf
die erste Bedienung, sondern anf die gute Ausbildung sämtlicher
Kanoniere des Friedeusstandeb ankommt. Und die mnls bei gleichem
Etat an Mannschaften in der Batterie za sechs doch eine bessere
sein, da dort stets sechs statt vier Lafetten zar Aosbildang zur Yer-
fttgang stehen.
Ebenso läfst sich die Behanptnng angreifen, dain die kleine
Batterie viel besser in der Hand des Führers bleibt. Der ßatterie-
tübrer hat Uberhaupt wenig Einflufs auf die liattcrie, da er, ununter-
brochen durcl) die Beobachtung der Schüsse uiul des Feindes in
Anspruch genommen, kaum einen Blick auf die Batterie werfen
kann und beim Massenfeuer kaam den Nachbarzug mit der Stimme
beherrscht. Daran ändern die vier Geschütze auch nichts. Und
dann, was die FlUgelgeschtttze stOrt nnd hindert, ist nicht ihre Ent-
fernung vom Batteriechef, sondm die Kaohbarbatterie mit ihrem
Feuer nnd Ihren anderen SLommandos. Das ist aber bd Batterien
sn vier genaa dasselbe. Der Flügel ist dem Baiterieehef allerdings
47*
Digitized by Google
702
B«tl«ri«a so 6 oder m 4?
□m zwei GeschUtzabstände näher gekommen, dafür aber rttekt die
dort stehende Nachbarbatterie um ebensoviel näher heran.
Als Vorteil der kleinen Batterien bleibt uar die oben erwähnte
absolute Vermehrung der Munition durch die beiden neuen Wageo.
Aber lielse sich nicht dasselbe ohne Wegfall der Geschütze erreichen,
könnte mao nichts anderes wegfallen lassen? ich glaube wohl: die
Granatwagen und »^'nen Teil der Vorratswagen. Welche Gründe
alle für ein Wegtaileii der Kauouengranate sprechen, das ist so
häufig in der letzten Zeit erörtert worden, dals hierauf nicht näher
eingegangen werden soll. Will man die Granaten auch nicht ganz
aasschalten, so könnte man sie doch wenigstens aus den leichten
Kf>lonnen verschwinden l;\c<fn. sich mit den in den Artülerie-
Muüitionskolounen bpfindiichea begna2:en und der leichten KolouDe
nnr Schrapmvls geben. Zur Hand wären sie doch im Gebrauchs-
falle, denn eiiK befestigte Stellung entsteht nicht Uber Nacht OBd
vor dem Gebrauch der Granaten kommt die Erknndung, der An-
marsch, der Aufmarsch und der Artilleriekampf. Als ..Granatfall'
wird immer das Schweigen der französischen Infanterie bei Point
du jour angeführt, welches das Vorgehen der 1. Kavall* liedivision
verursachte. Hätten wir nun. die heutige Erkundungstiitiirkeit der
Kavallerie am 17. August vorausgesetzt, am Nnchmittage des 17..
in der Nacht and am Morgen des 18. August walirt nd des Artillerie-
kani|tr*'s [licht Zeit genug gehabt, die Granatwagen aus den ALrtillerie-
MunitioDskulonnen vorzuziehen? Also aus den leichten Kolonnen
könnten sie wohl ohne Gefahr ausgeschaltet werden — m. E. aller-
dings licfsen wir sie am besten gauz wegiallen. Werden nun die
neun Granatwagen der leichten Kolonne durch neun Schrapnel-
wagen ersetzt, so hat jede Batterie schon l'/j Schrapnelwagen
mehr, bei Regimentern mit Haubitzen sogar drei. Dazu könnte bei
einem Teil der Batterie der erste Vorratswageu kommen. Im Ge-
fecht lassen sich grofse Stücke duch nicht austauschen und auch
ein Zurückziehen der Lafette während des ArtiUeriekampfes zq
Reparaturzwecken ist wohl ausgeschlc^sen. Was man aber sofort,
ohne Waflfeumeister, ersetzen kann, fuhrt man am Geschütz bei sich.
Nrbciibei ist der Vorratswagen recht schwer zu fahren, weil er im
Trabe nicht zu bremsen ist und einen hohen Aufbau hat, seine Aus-
schaltung erhöhte also auch die Beweglichkeit der StaÜelu. Nimmt
man nun zwei Batterien der Abteilung diese Wagen weg und ver-
teilt die n(itig8ten Stücke auf die Munitionswagen bezw. auf die
Protze des Vorratswagens der 3. Batterie (jetzt mit Granaten ge-
füllt), so sind damit wieder vier Wagen pro Regiment für Schrapuels
gewonnen. Wir brauchen aber nur drei, um mit den neun Granat-
Digitized by Google
BittMkn so 6 odsr in 4?
708
wagen zasammen sw9lf neae W^en für das Kampfgeschots za er-
halten, also pro Batterie ebensOTiel wie bei der ßatteiie su Tier,
die zwei GeaehtttKe in Wa^n amgewandell bat.
Gröfser noch könnte die Manitionsyerroehrang weiden, wenn
bei der Umbewaffhang etwa eine Verschiebung derart voigenommen
würde, data die leichten Feldbaabitzbatfteiien, ersetzt dnrch Kanonen-
batterien, mit ihren Kolonnen zur schweren Artillerie des FeldheereB
nnd Ton dort eine entsprechende Anzahl schwerer Haubitzbatterien
mit ihren Kolonnen za den BclagernngsformationeQ ttbertreten würden.
Durch eine solche Verschiebuno: würde alles, was die leichten
F. Knlonnen und die F. Kolonnen jet7t an Rnnm in der Marschkolonne,
wie iinch an Leuten und Werden der Keidartillerie absorbieren, frei
und könnte zur ^enaatstellimg von Kanonenacbiapneiwagen rer»
wendet werden.
Freilich ist nun der Einwand naheliegend, dafs doch immerhin
eine noch i^^nUsere Munitionsvermehrune: dadurch möglich sei, dals
neben allen diesen Mitteln auch noch das Mittel der Umwandlung
der fünften und sechsten Geschütze angewendet wllrde. Darauf läfst
sich entgegnen, dals es doch noch fraglich ist, ob durch die Ura-
bcwatiüuug dti Monitionsbedarf Uberhaupt so gewaltig wachsen
wird. Die Beantwortung dieser Frage hängt nicht zaletzt ab von
der Gestaltung, die unsere Schielsregeln annehmen werden.
Die französischen Scbiefsregeln mit ihren viel Munition erfor-
dernden weiteren Gabelgrenzen nnd ihrem geschUtz weisen Strenfener
haben bei uu« viele Anhänger gefunden, so ist in der letzten Zeit
ein detaillierter Vorbclilag liir neue Schielaregoln , die auf der
2(X) m-Gabel basierten, erschienen. Es scheint nun aber doch ein
gewisser innerer Widerspruch darin zu liegen, gerade in der Zeit
der BinfUbrnng von Schildmaterid weitere Gabeigrenzen za ver-
langen. Denn
1. gewährt die Deckung der Batterie doch eher die Möglichkeit,
einen Augenblick länger mit Wirkung zu warten, wenn
diese nacblier dafür am ao besser wird nnd
2. verlangen doch eigentlleh gerade Bohildbalterien, denen
die Zone der wirksamen Schüsse yertileinert ist, engere Gabel-
grenzen.
Wenn die Frnniosen das grobe SehieiSBreiUfen annalimen, so
war dies Follkommen bereohtigt, denn wir dürfen nielit yergessen,
dafo ihre jetzigen Schie®eln auf nnserem schildlosen Ma-
terial 96 als Ziel basieren, wie aneb wolil die jetzige fran-
zOsisebe ArtQIerietakllk mit ihrem Zurückhalten von fiatterien und
der Forderung so firttbzeitigen Eängreifens in den Infanteriekampf
Digitized by Google
704
Batteiiea m. 6 oder au 4?
basiert auf der Unterschätzang unseres Materials 96! £^ ist wuhi
darcbaas nicht ausgeschlossen, dafs sich nach anserer UmbewatTimDg
die französische Artillerietaktik ändert nnd dals die Schielsre^eln
wieder zu engeren Gabelgrrenzen zurückkehren. Bei Schildbatterieu
wird uiaü iiu allgemeineu damit rechnen uiusötu. dafs nur eine
Entfernung die wirksauien Schüsse liefert. Es wechselt dann bei
der 100 m- Gabel die wirksame EntfernuDg stets mit einer, bei der
200 m-6abel aber mit zwei unwirkaamen Eatferanngen. Daram
glaabe ich, die Forderung, der BatteriefOhrar dürfe aioh zwar aof
die Kldang der 100 m-G«bel dIgIiI Terbeiben, rnttsse diese Bfldimg
aber immer versneheti, wird wohi aaeb in ZolLiiiift beetelieD bldben.
Nmi bat alleidiegs die 200 m-Gabel eioen Vorteil: man kenunt
raaober sam Bz. Aber daaeelbe lielee sieb atieb bei der 100 m»
Gabel dnroh eine Ändenrng der Tecboili der Gabelbildiuig erreiebeo,
dnrob BenotEiuig der BestaiifsebUtge. Wir denken nns das Verfabren
Bo: ist die 200 m*6abel gegltlckt» sagen »wir 2400/2600, so kom>
mandiert der BatteriefUhrer: „Ha-altt 2500! Bobre frei!** oder
m2500! Anafenem!" Dann! riebtet jedes Geaebtlts aaf 2600 nnd
fenert Die Scbllsse kommen nngefiihr wie eine sebleebt abgeiogene
Salve ans Ziel nnd geben dadnreb jedenfalla die BeobaebtangsfiÜiig-
keit einer Salye, die doeb der des einzelnen Sohnsses Uber ist. So
wird die 100 m-Qabel oft noeb gltteken nnd alle Bobre sind aofint
anr Anfoabme des Brennzünders bereit. Ja, es kann sogar naeh
dem lyAnsfenem^ soüart Bz. 2600 eingesetart werden, ebe die Besl-
anfeeblUge das Ziel erreieben« Liegen sie plns» dann beginnt das
Fener eben auf der weiten Gabelentfemnng, liegen sie minns oder
geteilt, so würde das Fener ja doch auf 2500 beginnen.
Wäre es auf diese oder andere Weise aber möglich, die 100 m-
Gabol beizabebaiten, so fiele ein Hauptgrund itlr den stärkeren
Munitionsverbrancb weg. £b fragt sich jetzt noch, wie man m
Bz.-Feuer scbieÜsea soll, mit ^rafales** oder mit „Lagen**. Ich
glaube, die Frage wird am besten beantwortet, wenn wir an Stelle
des „oder*" ein „nnd" setzen. Im Anfang nach den Regeln der
Sprengliöben dürften siob einige „rafales" empfehlen, ebenso in be*
sonderen Gefechtsmomenten. Aber daneben wird man das lagen-
weise Feuer doch in irgend einer Gestalt beibehalten mtlssen, zu-
nächst zur Regelung der Sprenghöhen. Ein Regeln der Sprenghöben
zugleich mit dem Einschiefsen im Bz. setzt ganz wunderbare Zünder
nnd Streuungen voraus, ein Regeln ira Schnellfeuer aber geht nicht,
solange die Stellvorrichtung für „höher" und „tiefer" sich am Auf-
satz betindet, also jedesmal eine Andernug der Eutferuung notwendig
macht. Kin Anbringen der äteUvorrichtang am Zünder aber wttrde
Digitized by Google
Bittiritti n 6 od«r so 4?
705
sebwere Naehteile mit sich bringen. Das Stellen liegt dann nicht
mehr in der Hand der intelligenteren Richtkanoniere, sondern bleibt
den MaDitionsnommern Uberlaseeo, bildet aalserdem, da es bei jedem
Sohnfe wiederholt werden muts, eine daaemde Fehlerquelle. So
wird man som Begein der Sprenfj^böhen nicht um lagenweises Fener
beramkommen. Aber auch nach den ersten „rafales** mnls man
wobl wieder zam lagen weisen Feaer zarückkebren, denn man kann
doch nicht an! die Gefahr hin, dafs die Gabel falsch ist, immer
weiter in dem schnellen Feaer bleiben — wieder mttssen wir hin>
softogen: gerade gegen Scbildbatterien. Kurzum — abgesehen
▼on einigen Momenten, wird das Feuer wobl nicht Tiel schneller
werden als früher. RohrrUcklaofgescbUtze verlangen za ihrer Aus-
nutzung ein grobes schnelles Schielsen^ Schildgescbiltze aber zu
ihrer Bekämpfung: eher ein feines, langsames — beide Forderangen
werden sich wohl im allf^emeinen kompensieren. Eher schon dürfte
sich aas der Ifinireren Dauer der Bekämpfung von Sohiidbatterien
ein etwas gröiserer Munitionsbedarl ergeben.
Wir glauben also, dals sich ans der Umbewaffnnng zweifellos
ein gewisser Mehrbedarf an Kampfmonition (Scbrapnels) ergibt, daüs
aber die Grölse dieses Mehrbedarüs nicht dazu zwingen wird, neben
den oben angeftlhrten Mitteln auch noch das Mittel des Aufgebens
von Geschützen anzuwenden. Wir hnlten die Anwendnng- dieses
Mittels deshalb für nicht vorteilhaft, weil wir ^'lauben, dals eine am
Batterien zu sechs bestehende Artillerie immer noch die audertbalh-
fache (xetechtskraft einer aus ebensoviel Batterien zu vier bestehenden
Artillerie darstellt — eine Gefechts kraft, deren volle Ausnutzung
auch beim neuen Material stets möglich und oft — nameatUch
beim Kampfe gegen Überzahl — notwendig sein wird.
Digitized by Google
I
706 TdEMw VflmQgUohkeflmL
XXXVl.
Taktische Dnmoglichkeiten.
Eine Skixse
▼OD
Jnk, M^or a. D.
Der sechste Band des französischen Generalstabswerks bebandelt
auf nicht weniger denn 465 Seiten, von denen allerdings 186 auf
die Anlagen entfallen, die Schlacht bei Wörth. Dieser entneiime
ieb einzelne Angaben bezüglich der taktischen Verwendung der
Kavalleiie an jenem, fttr die Fransosen so anhetlToIl gewordenen
Tage.
Den Attackenbefehl für die Richtung Morsbronn hatte der den
rechten Flügel der französischen Schlachtstellung: befehligende General
Larti^ne erteilt, denjenigen bei Eisalshaosen am Ausgange der
Schlacht Marschall Mac Mahon in Person.
Sowohl der hei der Kavalleriebrigade Michel befindliche General
Dübesmc, wie auch der General Girard hatten die befohlenen An-
griffe von Anfang an ^r aassichtsloH, daher fUr unausführbar erklärt
Der den Keim des Todes bereits in sich tragende, Rchwerkranke
General üuhesme — er starb am 27. August — erwiderte dem den
Befehl Uherbringeuüen Generalstabschef Obersten d'Antigue: Sagen
Sie unis ilimmelswillen Ihrem General, dals er eine Torheit begrehe
und meine Kürassiere um nichts vernichte." Erst auf des Befehls-
Uberbrinpers Einwand, dals es kein anderes Mittel gebe, den ßttck-
zog der Keste der Division Lartigne sicher zu stellen, die Kürassiere
aber selbst wohl nicht untätige Znsehauer des Unterganges der
Schwesterwaffe sein wollten, willigte (Teneral Dohesme schweren
Herzens in die Ausführung des Befehls ein.
Die eigentliche Attacke hatte etwa eine Länge vun ibOO Schritt,
die von Höhe 75C östlich Eberbach bis Morsbronn gerechnet sind.
Unter der Einwirkung des preulsischen Infauteriefeuers vom Albrechts-
häuserhof, sowie desjenigen der Artillerie von Gnnstett her lockerte
sich die Ordnung zusehends. Das der Attaeke Überaus ungünstige
Getilnde trug dazu nooh beL An dem Feuer der zum Teil sehen
ans Moisbronn herausgetretenen l>esw. um das Dorf henungegangenen,
teils noch in demselben befindlichen preolbischen Infanterie braeb
sich der Ansturm der Pameireiter, die nm das Dorf hemm und in
Digitized by Googlg
T«kllioiia ÜBmggttolikdtoa.
707
dasselbe hiaemreiteiicl) anter fnrcbtbaren Verlasteo das Freie wieder
ZQ gewinnen sachten. BekanntUob stiefs eine Grappe der zurück-
flutenden Kürassiere bei Uegeoej ani die 13. Hasaren der preafsi-
sehen 22. Infanteriedivision. Dieselben schwenkten sofort aas der
Ketrimentskolonne, in der sie sich gerade befanden, mit Zügen kehrt
und warfen sich zag- and eskadronsweise den feindlichen Kürassieren
entgegen, die nach kurzem Handgemenge vollends unterlagen. Die
sohnpl! wieder gesammelte erste Husareneskadron ging darauf einem
ziemlich geschlo.^sen gebliebenen KUraasiertrupp ent^re^'m, der es
aber zum Znsammenstofs nicht kommen lirfs, sondern vorher schon
abschwenkte. Den Versuch einer andertii frauzösisohpn Reiter-
abteiluag auf Laubach /.u entkommen, vereitelte die vierte Jb^skadrou
der Husaren, ohne dals es auch hier zum Kampfe kam.
Das französische G^eneralstabswerk knüptt an den Zusaninien-
stols der Husaren und Kürassiere folgende«, in dem Werk nicht ver-
einzelt gebliebenefj (7('S( tiichtchen an. ßtM le Parteien hätten auf
zehn Schritte vuneinaiuli r Halt gemacht und minutenlang unschlüssig
einander gegenüber gestanden bis schliefsHch die Kürassiere zu ihren
Pistolen gegriffen, sich mit den Hasaren eine Zeit lang herum-
geschossen und solcher Art sich zum Teil durchgeschlagen hätten.
Die Verluste der 8. Kürassiere betragen übrigens 15 Offiziere,
280 Mann, der 9. Kürassiere 30 Offiziere, 3B6 Mann und der beiden
Ulanenscbwadronen 11 Offiziere and 191 Mann.
Die Attacke der Brigade Michel und der Ulanen — der General
erreichte mit einem kleinen Häufchen seiner lieiter des Abends
11 l'hi Zabirij war und für sich nicht unmöglich, denn sie
ist ja geritten worden, sie konnte über uanh luium und Ztii, kurz iu
der angenblicklichen Gefecbtslage nimmer gelingen. Bezug auf die-
selbe nehmend, habe ich mich in dem Aprilheft 1898 der „in^i^'
natioDaleQ Bevae über die gesamten Armeen und Flotten" dabin ge-
änfsert, dafb die Attacke d«r Brigade Iflehel zam mindesten vor-
zeitig gewesen sei. Das eigme Feuer wmrde maskiert and dadareh
der Entwiekelong der pranlsisehen Infanterie gegen die reelite Flanke
der Dividon LArtigne Vorsehnb geleistet. Der Wirksamkeit der
Attacke standen aneh Ton Anfang an Entfernung nnd Verfassung des
Gegners, das olTene, der Attseke wegen seiner DnrcliselinittenhMt
nngllnstige Gelinde nnd die Formationen der franiOsisehen Kayallerie
bindenid im Wege. Hatte de das weitere Vorgehen der prenfiiisehen
Infanterie abgewartet nnd wflie ne gegen deren Flanke etwa ans
dem slldOstUeb Eberbaeb gelegenen Waldstllek nüt einigen Eskadron«
ttberrasehend kerrorgebrooken, so btttte ein so gefilbrter Angriff
bessere, allerdings selbst im günstigsten Falle — sebon im Hinbltok
Digitized by Google
706
TikÜMlM FimiffgHfhirfltrB
Meb anf <Ue strategische Lage — nor TorttbergefaeDde Anssichten
des Erfolges gehabt. Er wäre dann aber jedenfalls akbt unmöglich,
ja sogar Tom Gesichtspunkte des Zosammenwirfceiia der drei fiaapt»
waffeD in der Gefeehtsbaudiimg geboten gewesen.
Ähnlieh Safeerte sich ttbrigens später einmal die franzMisehe
Presse in einem „Die Attacken der franxOsischen KaTallerie am
6* Angost 1870" benannten Artike]. Oer franxlMiscbe Actor
wendet sich in seinen AosMbrnngen gegen difgenigen seiaer
Iisndslente, die im Hinblick anf die Attacken des 6. Aigast der
KaTallerie jede Sehlachtent&tigkeit absprechen wollen. In den seiner
Betrachtung angronde liegenden Aofaeichnongen yon Angenieogea
heilst es wOrtlieh: „Das GelJinde, Uber das die Attacke geritten
wurde, war vorher nicht erknndet worden. Es war sehr bedeckt
nnd TOn zahlreichen Orttben durchzogen nnd lange Reihen sehr hoher
Bäume, die zwischen uns nnd unserer Infanterie lagen, hinderten
diese, unsere Attacke zu unterstützen. Die deutsche Infonterle stsad
dagegen in guter Deckung in einem Dorfe. Die Attacke wnide
gegen siegreiche nnd gut geordnete Infanterie geritten. Wäre der
Befehl des General Larttgue weniger kategorisch gewesen, ao wärde
der unsere Kavallerie kommandierende GUsneral haben abwarten kOanen
bis die feindliche Infanterie mehr in nördlicher Biehtung Toigegaogen
wäre. Sie wttrde dann ein fBr die Attacke günstigeres Gelände ge-
funden haben und hätte auch durch unsere Infanterie besser unterstätit
werden köDDen. Es wäre aacb Zeit zar Vorbereitung der Attacke
durch Artillerie gewesen und scbliefslich hätte man auch noch mehr
Kavallerie für den Torliegenden Zweck heranziehen kdnnen (9).
Wenn alle diese Dinge beobachtet and bertlcksicbtigt worden wäreut
wttrde TOraussiohtUch das Endresultat ein anderes gewesen sdn.
Bei genauer unparteiischer Frttfun^ mufs man der Ftthmng der
Kayallerieattacke bei Morsbronn drei Fehler zum Vorwurf machen:
1. die sofortige Auslährong des dringenden Befehls des den rechten
FIttgel kommandierenden französischen Generals;
2. den Mangel jeglicher Fenervoritereitong;
8. den Mangel an hinreichender Kavallerie fttr den zu erreichenden
Zweck."
Bei Eisafflbaoseu zeitigte die dortige Bedrängnis beim Aasgan^
der Schlacht einen Befehl für die KavalleriediTision lioimemaius,
dessen AosfÜhrong in der Tat uuinö^^lich war. Dieser dem kooiiDan«
deur der 1. Kavalleriebrigade, dem Geuerai Giraid, voiu Marschall Mac
Mahon persönlich erteilte Befehl hatte folgenden Wortlaut: „Lassen
ISie Ihr erstes Kegiment, Schwadron aaf Schwadron, angreifen, am
Digitized by Coogl^
Taktistth« DiurtlgllolilLeiten.
709
den eraehttifcerten Trappen, die schon zarttckweichen, wieder Ver-
trauen einzQfl<>£sen.^ General Girard, der nur die feindlich m Schützen
sah, bat am nähere Bezeichnung eines Ziels, worauf der Marschall
den Befehl wie folg^ änderte: «Ich verlange von Ihnen nnr Sobein-
augriffe, au simple galop, ohne die Attacke durchzuflUiren, denn ich
will nnr Zeit gewinnen. Der Verlaoi dieser Attaoken, die in einem
Ton Bchwer kq überwindenden Orttben durchzogenen Gelände nnd
ron den 1. and 4. Kürassieren, also der 1. Brigade in Eskadrons>
staffeln, den 2. and 3. Kürassieren der 2. Brigade aber in Staffeln
zu halben Hegimentern geritten wurden, ist bekannt. Sie scheiterten
sämtlichst. Nicht ein Kürassier ist an die preulsische Linie heran-
geschweige denn hineingekommen. Die Verluste betrugen im Durch-
schnitt der Regimenter 32 "/q. Die AasfUhrung des vom Marschall
Mac Mahon gegebenen Befehls war unmöglich, weil Kavallerie keine
Scbeinatigriffe machen kann. Sie kann wohl in Flanke und Rücken
des Feindes demonstrieren, sich dort zeigen und den Gegner somit
um Flanke und Kücken besorgt machen, wie die 4. Kavallerie-
divisiou das mit bestem Erfolge am 2. Dezember 1870 in der Schlacht
bei Loigny tat, aber eine einmal gegen einen wirklichen Feind be-
gonnene Attacke kann nicht in einem beliebigen Moment abgebrochen
werden, ganz abgesehen davon, dals ein derartiges Hinopfern der
Kavallerie ganz zwecklos wäre. Wohl können Krisen eintreten, die
Sülches Hinopfern zum endlichen Erfolge nötig machen. dRiin wird mau
aber nur mit ausgerittenen Attacken, wie denen am 16. August
preuisiscberseits, etwas erreichen. Die Attacken der Brigade Bredow bei
Vionville und der 1. Garde-Dragoner bei Mars la Tour waren derartige
Todesrittr. Ihnen wende ich mirh nun zu. Mit der [Jezticbnung
und dir Sac^hf ;iri utkI für sich wende ich mich gleichzeitig gegen
'^^aior liakk s diesbezügliche Ausführungen in dem kavalleristischen
Teile seines Taktikwerkes und das 18. Heft der krietr^treschicht-
lichen Einzeisehriften „Das Generalkommando des Iii. Armeekorps
bei bpichern und Vionville".
Das Wort „Todesritt" ist sowohl fl)r die Attacke der Brieade
Bredow, wie auch die der 1. Garde-Dragoner die einzig riehtifxe Be-
zeichnung, weil die Sache kennzeichnend. Snw ohi der Diehter als aach
der Voiksmund haben von Anfang an das durchaus richtige Emptinden
bekundet. Das muls man eben selbst mit erlebt habeti. \'on ,.Siege8-
ritten" im eigentlichen Sinne des Wortes konnte weder bei den d*/,
der au der Attacke der Brigade Bredow beteiligten Eskadruns, noch
den drei der 1. Garde-Dragoner zur Zeit ihres lutätigkeiitretens die
Rede sein. Das zu erkennen, genügt schon die oberflächlichste be-
trachtong des Verlautes der Öchlacht
Digitized by Google
710
TakCiMhe UnmllglkaikfiltoB.
Aas den Worten des Generals v. Voigla-Khetz bezüglich des
Attackenbefehls für die 1. Garde-Dragoner an den General Grafen
V. Hrandenburtr: „Das Regiment soll auch irar nicht reüssieren, aber
wenn es den Ffiiid auch nur 10 Minuten aufijalt und dabei bis auf
den letzten Mann tiillt, dann hat es seinen Auftrag und soineD Berof
eiiüllt" geht zweifellos der Zweck der Attacke hervor.
Wenn nun in dem angezogeni'n Heft (kr kriegsgeschichtlicheri
Einzelschriften aiis^reführt wird, dals dem AttackenhefVhl der Brigaae
Bredow ein Opti rn derselben nicht zugrunde gelegen habe, der An-
griti \ielmehr erst infolge Keiner weiten Ausdehnung zum sogenannten
Todesritt geworden sei, so bezieht sieh das h diglich auf das be-
zeichnete Objekt, nämlich die zu attackierenden Batterien a!\ der
Römerstrasse. Aber diese Batterien befanden sich bereits in Schlacht-
ordnung, daher im Decknngshereieh anderer Truppen. Diese mufsten
also gleichzeitig mit der Attacke getroffen werden, wollte man jene
nnschädlich machen. Das aber mnfste doch mindestens die Wirkung
des AngrifiFes sein, anderenfalls derselbe zwecklos gewesen wäre.
Wie es also kam, mnfste es kommen, der Angritt mulste die Ad8-
dehnung bekommen, die er nahm. Das war taktisch gar nicht anders
möglich. Die Artillerie wurde im weseuilicben von den Kllrassiereu
zusammengrhauen, dabei machte sieh aber schon das Schnellfeuer
des 9, fraiiZüsiscben Jägerltatailluiis geltend. ,,Mais rien ne semble
de?oir les arreter." Die Attacke brauste weiter and traf zunächst
das 93. französische Linienregiment, durch dessen Reihen bereits
eine von Kürassieren verfolgte fliehende Batterie mit ihren sechs
Geschützen, ohne Protzen, gerast war, was natürlich eine imge-
heare Unordnung zor Folge hatte. Die von diesem Vorfall nicht
betroflenen Bataillone des 93. Regiments warf die Attacke der
Ulanen nieder, weiche danach erst auf abfahrende französische
Artillerie stiefsen. Djer entfesselte Strom war schon Uber das
zweite französische Treffen hinweggegangen, als er sich endlich an
dem Wege Villers aux Bois-Rezonville au den dort befindlichen fran-
zösisehen Kavalleriedivisionen Forton und Valabrögne brach. Dafs
jede Ordnung and somit überhaupt heitungsfahigkeit aufgehört hatte,
aufgehört haben meiste, bedarf wohl kaum der Erwähnung. Der
Kttckritt der Bredow'sohen Trümmer hätte weniger Opfer gefordert,
wenn man Teile der sonst noch zur Hand befindlichen Kavallerie
hätte folgen lassen. Das Generalkommando des III. Armeekorps
hatte zweifellos die Verfü^'uug über alle erreichbaren Truppen. Doch
das nur nebenbei. iSo wie sie tatsächlich verlaufen, würde eine
solche Attacke, wie oben bereits gesagt wurde, aber immer wieder
verlanfeu, selbst weun die fliehende feindliche Artillerie nicht bäUe
Digitized by Googl
£iiftlMi<i «od <l«r rvsaiseli-japaiüMlie Krieg.
711
verfolgt werden müssen. Eioo gänzliche Vernichtnno: der in ähn-
lichen Zwecken eingesetzten Kavallerir ist daau aber nicht ausge-
schlossen. Der Gedanke daran hätte einen t'eklherrn wie den General
V, Alvenslebeu aber doch sicherlieh oicbt ahgi'halten, so zu handeln,
>\'ie er es pflichtgemäls getan bat. „D»-r Gpneral v, Alrenslehen
wollte infolge richtiger eiserner Durchführung der grofsen Aufgabe,
welche er sich im Hinblick auf das Ganze gestellt hatte, sidange
er konnte, der Angreifer bleiben oder wenigstens dem Gegner er-
scheinen.** Dais ein so hohes Ziel im Zeitpunkte der Bredow"t>chen
Attacke nur mit Opfern, mit aufsergewoiiuiichea sogar, weiter zu
Terfolgen war, ist doch einleuchtend. Wer würde es wohl wagen,
dem General v. Alv* iislr l»i u deshalb den geringsten \ orwurt zu machen!
Jeder, der das Glück hatte am IG. August zu den Reitern der
^Brigade Bredow" zu gehören, ist stolz darauf sein Lebelang. Will
die Armee auch in Zukunft grofse Taten vollbringen, Ideale sieh
eiiUlleu sehen, dann rnuls sie sich von Üumanitäts- und Gefühls-
duseleien, die heutzutage die Welt überwuchern und nicht selten
gerade entschlossene Charaktere in schwierige Lagen bringen, ganz
fernhalten. Nur rücksichtslose, bis zur Aufopferung gespannte
Anforderungen kftnnen grolse Erfolge zeitigen, wie auch den bei
Vionville-Mars la Tour. Er bleibt ein ewiger Ruhmestitel fUr die
preul'sische und im weiteren Sinne auch die deutsche Armee.
Aber gerade im Hinblick darauf ist es nützlich, den Malsstab
fUr das taktisch Mögliche bözw. nur iuit besonderen Opfern zu er-
reichende nicht aus dem Auge zu verlieren, auf dafs die Tragweite
solcher umfassenden Befehle richtig eingeschätzt und gewürdigt werde.
xxxvn.
Rursland und der russisch-japanische Krieg.
"Von
Generalmigor «. D. Zepelia.
m.
Seit noseicm leteten Beriahle baben die Dinge zo Lande eine
bedentBune Wendung genommen: Die Japaner baben ibren Anfinaneb
am Jalo, sowdt bei den Weger^bSltniaaen von einem aoleben im
712
Jäufsland und der russisoh-japaalsobe Krieg.
engeren Sinne des Wortes Überhaupt die Rede sein kaun, beendet
and sind über diesen Fliifs in dir Sud-Maudscharei ein^udrungen,
die roBsische — 18 batailloiu' und 5 Batterien starke^ Division —
zieht sirh. im Kampfe hierzu gezwungen, anscheinend in di r Rich-
tuDi: aul Ljaujan, oder doch in das ätromgebiel dea Ljaobo,
zurück.
Gleichzeitig, und zwar mit anerkeuuenswerter Schnelligkeit, hat
Japan Truppen auf der Halbinsel Liautung- gelandet und nach aos
Tokio kouuiu nden Nachrichten die Verbiodaog Fort Arthars aach zn
Lande abgeschnitten.
Zur See hat pin neuer und zwar mit gröfsprer Stärke als frttber
unter nnmmener BriiiKlpraiiirrirt zur VerspprniDi: der Ausfahrt aus
dem inneren Halen zur Heede auf diesen Kriegshafen stattgetunden,
nach japanischen Nachrichten, wenn auch mit Opfern, so doch mit
Erfolg, Hnssischerseits wird dies bentritten. Die klare Antwort
können nur die künftigen Ereignisse geben, obwohl auch ohne
Sperrung der Hafeneinfahrt die augenblickliche erdrückende Über-
legenheit der Japaner zur See das aktive Auftreten des im HntVn
TOD Port Arthur betindiicheu Geschwaders kaum gestatten dürfte.
Der zum Oberkommandierenden des Geschwaders des Stilleo
Oseans an Stelle des Admirals Makarow ernannte Admiral Skrydlow
dtlrfte, darf man den Japanischen, immerhin nicht unwahrscheinlichen
Naobrichten yon der Zerstörung der auf Port Arthur führendea
Eisenbahn trauen — jetzt sein Kommando nicht mehr Übernehmen.
Die Huldigungen, welche man ihm in St. Petersburg und Ssewastopol
In echt russischer, zuweilen etwas Überschwenglicher Weise, dar-
gebracht wurden und seine Abschiedsfeiem haben den für sehr
energisch und tüohüg geltenden Admirai an seiner sohlennigen Ab-
reise verbindert.
Admiral Alexejew, weleber einstweilen das Oberkommando Uber
das Geschwader übernommen balle, soU naob den neoesten Nach-
richten mil dem von den Japanern beidta beeclioaaenen Zage nacb
Ljaojan gegangen sein.
Naeb mssiseben Qnellen aoU der Konteradmiral W. K. WitlbOl^
bisbeiiger Cbef des Harinestabes des Staltbaltera, den Befehl ttber
das Geaebwader in Port Artbnr ttbenommen beben.
Admbral Witdittft ist 1847 geboten, 1866 in den Dienst ge-
treten. Er war naeb seiner Beförderang «im Kontecadmixal Chet
der Harineabteilnog des OberlLommandlerenden der Tmppea des
Kwantnngebietes und nahm als soleher tttigea Anteil an der Unter-
werfbng des Boxeranibtandes.
Digitized by Googl
BulAlaad and der roMriMh-Japaiiiiohe Krieg.
713
Am 6. März hatte der Admiral Kamimuia, wt kher das monate-
lang verschwundene Gesehwader von Wladiwostok bis dahin ver-
geblich gesacht hatte, Wladiwostok bomljai diert, wohl in der Hort-
Dung, die Schiffe des Admirais Jessen, fails sie iü diesem Kriegs-
haten lägen, zum ErscbeioeD zu veranlassen.
Wir schicken yaraoB, da(s die Lage des „Goldenen Horns**
(Solotoj Rog), des inneren Hafens von Wladiwostok, welcher in
seinem (Etlichen Teile den nusisoheD Kriegsschiffen als Ankerplatz
dient und die DoekB, Werften and andere Marine-Eftablisseraents
enthfilty eine gegen einen Angriff von der See her anfserordentlich
geschntste ist. Wladiwostok liegt bekanntlich auf der sich in den
Basen Peters des Groben hineinerstreckenden Halbinsel, der
„Marawiew Poluostrow", nnd zwar an deren südwestlichsten durch
den ^ Wostotscbniy Bosfor" von der sttdUch desselben liegenden ^Kusskij
oder Ostrow-Kasakewitscha'' getrennt. Durch den „Wostotschnty
Bosfor" gelangt man in den inneren Hafen von Wladiwostok. Dieser
Zugang ist aber durch die sowohl auf der Russeninsel wie auf dem
Festlande liegenden Forts und Batterien iür eine Flotte gesperrt.
Die in dem Wladiwoetoker Hafen liegende Flotte ist in der Lage,
unbemerkt vom Gegner, wenn derselbe nicht in genügender Stärke
▼or beiden Ausgängen des Wostoteobn^l Bosfor Wache hält, doieh
einen derselben aasEalaofen.
• Ans diesem Grunde sah sich der japanische Admiral Teranlalst,
in den Ussurijbnsen, d. h. die Einbuchtung des Meeres östlich der
Mntawiew-Halbinsel einzulaufen, um so von Osten her das hier
iieilieb noch immerhin 5 bis 6 km landeinwärts liegende „Goldene
Horn'' SU bombardieren. Es ist bekannt, dafe die Wlrknng der
Gesobosse, die Yon einer Au&tellnng ans gesebleadert wurden, die
noeh 8000 m Too der Käste entfernt war, fast gleich Noll war«
Aach gelang es meht, das Geschwader bemmoloeken. Hätte man
aiebt — wie es dem Schreiber dieser Zeilen erging — in der
,,Kowoje Wren^a" den Ostergmlh von dem Offizierkorps zweier
Schüfe des Gesebwaders an ihre Angehörige daheim gelesen, viel-
iaieht eine etwas onvorsiohtige F^reondschaftsbeieagung, man hätte
nicht gewufst, wo dies Geschwader geblieben. Ende April machte
ee sieh aber dnreh eine gnt geleitete Kxenserfabrt bemerkbar. Es
mag fttr mssiscbe Hersen, die die Flotte des Gegneia überall in
Tätigkeit, die ihrige aber zur mehr oder weniger untätigen Abwehr
▼erorteilt sahen, grolse Genugtuung erregt haben, als die Kacbricht
^trai^ dals das Wladiwostoker Cteschwader 7or dem Hafen Yon
Oensan erschienen und sozusagen TOr der Nase des inr dem Japamschen
Digrtizeo Ly <jOOgIe
714
Rafslaad und der rassisoh-japanisobe Krieg.
Meere befindlichen japanischen Geschwaders einen ihrer Trappeo-
transportdampfer oud mehrere andere Schiffe genommen hätte.
Hier kam den Kassen der Umstand zognte, dafs sie in diesem
Geschwader schnellere Kreuzer zur Verillgang haben als die
Japaner.
Solange diese ihre Kräfte im Gelben Meere zasammenhalten
müssen, am das russische Port Arthnr-Gesebwader za Terhindero,
ihren See-Etappenweg nach der Sttd-Mandseborei mid Kord-Kom
va BtOren, weiden sie in dem Japanischen Meere keine entsoheideodefi
Erfolge ezzielen können.
Wenn die Rassen aneh keinen grOiseien mAteriellen Erfolg vor
Gensan sa veneiebnen hätten, so haben sie onstreitig, nach Ter-
sohiedenen Richtungen bin, einen moralischen Erfolg errangen.
Die Japaner werden aber alle ihre KiUle auf die Lahmlegung
Pott Ärthnrs Terwenden; d. h. aaf dessen Erobening, mit der ihoeo
das dortige rassische Geschwader in die Hände fallen wftrde. Für
Rolslaod ist die Erbaltang Port Arthars am so wichtiger, als ea
ein neoes Geschwader aasrttstei Wenigstens deatet daranf die
soeben erfolgte Eroennnng des Vizeadmirals und bisherigen älteren
Flaggmanns der „2. Flottendivision des Baltischen Meeres**, Peter
Alexejewitsch Besobrasow, znm Kommandierenden des I. Ge-
schwaders der Flotte im Stillen Ozean and des Konteradndxab
S. Roshestwensky, bisher stellvertretender Chef des Admiralstabss,
som Kommandierenden des IL Geschwaders im Stillea Ozean. Dies
letstere Geschwader wttrde ans den fttr eine Verwendnng in Ostasioi
▼erftlgbaren Schiffen der „Flotte des Baltischen Heeres** gebildet
werden. Es sind dies die mit dem Admiral Wirenias als Ver-
stärkongsgescbwader anf der Fahrt naeh Ostaelen sarttekgehalteDen
Schiffe and die sieben Linienschiffe, vier grolse ond fünf kleine
Kreozer, sowie die vier im fian begriffenen Linienschiffe neoester
Konstmkdon, falls diese bis dahin fertig gestellt sein sollten.
Da diese Flotte nar anter MitfUirang von Koblendampfenit
dnxoh die sie onabhängig von dem Anlaufen nentraler HSfea nnd
der Beobachtnng der Bestimmongen fOr die Kiiegfübrendeo wird,
ihre Reise antreten kann, so ist Rnisland geiwange% eine neoe
Flotte von Kohlendampfero aaf dem weiten Wege naeh Oatasien
folgen sa lassen, die ihrerseits wieder andaaerader Deckung dareb
deren Kriegsschiffe bedürfen wird. Man sagt^ dals neben den
Dampfern der «Freiwilligen Flotte", die zorzelt in Odessa nnd
Ssemutopol liegen, Koblendampfer in England gesoharterl and |
Ankäufe in Dentsdiland erfolgt smd. Jedenfalls mala RnCsland
sich beeilen, damit dies Geschwader nicht evst eintrifit, naeh-
Digitized by Googl
BuIsUnd und der rnssisoh-japaiüiiobe Krieg.
715
dem das I. Geschwader des „iStillen Ozeans" mit Tort Arthar in
die Hände der Japaner gefallen ist.
Dies za eireicben, setzt Japan alle Kräfte daran. In manchen
besorgten Gemtttem des mssischen Volkes steigt die bange Sorge
auf, ob Fort Aithnr oicbt tHr dies Oesehwader des Stillen Ozeans
ein zwdtes S8ewaBto{»ol werden durfte.
Die Gesobiebte lehrt ja, dalb einst die Sebwaize Meer-Flotte
rieb freiwillig dorcb Versenken ihrer Sobifte za dem Zeitpunkte im
Haien Ssewastopols einsperrte, als die Verbündeten ttber das ihnen
von einem franiOsiseben Offizier vorgelegte Projekt berieten^ naeh
welchem wie heute dnrcb Brander, so damals dnreh eine Flottille
▼on mit Steinen nsw. beladenen and im Hafeneingange za ver-
senkenden Schiffen die Schwane Meer-Flotte eingosperrl werden
sollte.
Die Operationen zn Lande haben die oben kon skiziierte
Wendung genommen.
Kachdem man lange Zeit im onklaren war, wieviel Truppen
die Japaner zur Verwendung in erster Linie verftlgbar hfttten, scheint
jetzt infolge der letzten Ereignisse der Schleier von diesem Ge-
heimnis genommen za sein.
Am Jalu haben die Japaner, soweit die rassischen Berichte
Äolscbiars zn geben vermögen, drei Divisionen in das Grefeoht ge*
ftthrt: die I. Armee nnter dem General Karoki.
Die Bassen hatten an dem Jala seit Beginn der B'eindselig*
keiten anscheinend aar eine Schützendivision and Kasaken vorge-
schoben, die ihre Jagdkommaados weit in das nördliche Korea
hineintrieben.
Dals es, sobald die Japaner tatsächlich eine Armee ver-
einigt hatten, hier zum Kampf kommen könnte, mafste den Kassen
klar sein. Es wäre daher von der mssischen Führung sachgemäls
g-ewesen. sobald man ühfrsehen konnte, dafs man es mit sehr über-
legenen Kräften zu tun iiatte, das Gefecht abzubrechen. Denn um
ein entscheidendes Gefecht konnte es sich nach der ganzen Kriegs-
lage niemals handeln.
Wir haben früher gesao^t. rials die Hussen daher kein Interesse
daran haben konnten, sich in Teiikämpfe vor der Front ihrer Armee
einznlas«en. Jeder Tag', den man für die Herankanft der auf der
sibirischen Bahn gesandten Verstäjrkangen gewann, wird ein Vorteil
für (If I) Tag der Entscheidung sein. Die Hussen haben nun aller-
din*,^s mit dem Umstände zu rechnen jreliabt, dafs die Aufgabe der
slhllii lien Mandschurei die Verbindun^n n mit Port Arthur gefährden
and ihre Prestige bei den Asiaten erschüttern könnte. Aus diesem
Digitized by Google
716
BuTsland and der rassUob-japamsobe Krieg.
Grunde mnlsten sie pich entschliefsen, In einer taktisch vielleicht nicht
vorteilhaften La^c ;inszuharren, bis die Japaüische ÜberlegeDheit ein
läügeres Vtiharn n am Jalu unmöglich machte.
iUkkzngs- und Abziigsgefechte gehören unstreitig zu den schwie-
rigsten Aufgaben der Führung, namentlich in einem so UDÜbersicbt-
licheu Gelände wie bei TUrentscheu und PotetUutsji und ohne Opfer
läljst sich die Räamung einer hartnäckig verteidigten Stellang schwer
ansfUbren.
Was den Verlast von 22 Geschützen mit 8 MaschinengewebreD
ftai russischer Seite anlangt, so neigen wir der Ansicht zo, dafs die
Verloste an Geschützen nicht immer der betreffenden Trappe zun
Vorwurf gereieben dtlrfen, dais ein Geschütz, welches bis zum letzten
AngenbUcke dem Feinde Verloste beigebracht hat, seine Angabe
besser eilttUt hat, iioob wenn es verloren geht, als ein solehes,
welehes, ohne dies zu tbnn, sieh in Siefaetfadt bringt.
Aber man frSgt siob nnwiUkttrlieh, ob der Einsatz, welober
yon General Sassnlitscb geleistet wnrde, dem (Gewinn entspraeh, das
Vordringen des doeh niobt mehr «nfEnballenden dteitaeh uberlegenen
Gegners ein wenig zo verlangsamen.
Im ganzen batten die Bassen hier nor 5Vt Sehntzenregimenter,
das 9., 10., 11., 12. nnd 22., sowie ein Bataillon des 24. den mit
mehr als drei Diyiiiionen angreifenden Japanern gegenttberzosteltea.
Nan kam aber binzo, dais die Japaner die linke Flanke der
Rossen nmgingen nnd so nor drei Regimenter, das 11.» 12. nnd 22.,
den Stofe aoszohalten hatten. An Artillerie standen hier drei Batterien
(8. der 8. ostsibiiiseben Artilleriebrigade , die 2. nnd 3. der
6. Brigade) nnd eine Masebinengewehrkompagnie des 8. Sehtttzen-
regfanents zor Verfügung.
Die Verloste — 70 Ofifiziere ond 2820 Mann nach rossisoben
Berichten, — sowie die gesamten Gescbtttze, ron deren Bespannong
221 Pferde getötet waren, ist last nor von diesen Trappen getragen,
da die llbiigen anf dem rechten FlOgel bei Antnng stehenden oder
in Reserve befindlichen nnr ganz anbedeotende Verloste erlitten.
Die Tapferkeit der Rossen ist ttber allen Zweifel erhaben aoeb
in diesem Gefechte; die Führong scheint ihr aber sehr nachzostehea.
Den Japanern kann man nach dieser Rlcbtong hin die Anerkennong
nicht versagen.
Gleiebzeitig mit dem Überschreiten des Jalo unternahmen die
Japaner mit ihrer zweiten Armee anter General Oka bei FItsewo
aof der Halbinsel Ljaotnng, nordöstlich Talienwan, eine Landung.
Sie haben die Bahn- ond TelegrapbenTerbindnng zwischen Port
Arthur ond Ldaojan zerstört nnd sind damit beschsfdgt, die von den
Digitized by Google
Bofsland und der nusisoh-japaabobe Krieg.
717
RosBen zum Schlitze der Einfahrt in die Bneht von Talienwan ver-
eenkten Minen in beseitigen, um den mit so idelen Kosten Ton
Bnisland snm Welt-H«ade]sb«fen bestimmten Hafen m nehmen.
Die Rnssen zogen sieh nof Fenhnantscheng znrttok. Die Japaner
drängten naeh nnd folgten den Ton diesem Orte in der Biehtong
anf LJaojan Zurückgehenden bis Ssinyan.
Das Oeländei welches sie nnn zu durchsobieiten haben, ist die
Wassersoheide zwirohen dem GoÜe yon Korea nnd dem Golfe Ton
Ijantnng, ein nicht leicht zn passierendes Beigland, Von den es
Tom Jfaln in der Biehtnng anf die Eisenbahn dnrehziehenden Stralsen
ist die für militärische Zwecke branchbaiste die Uber Fenhnantscheng
(anoh FOnghwangtsehOng) anf Ljaojan.
Von der inzwischen an der Ostkttste der Halbinsel Uaotnng
gelandeten aweiten Armee haben sieh Teile nach Sttden gewendet
and die Rassen am 26. BCai bei Kintschaa nach hartem Gefecht auf
Port Arthur zarttekgedrängt Ein anderer Teil ist anf Haitsehong
in Marsch gesetzt worden.
Am Jaia seheint übrigens von Streifkorps der den Japanern so
aberlegeoen mssischen KaTallerie noch immer eine Art von Partei-
gäogerkrieg geftihrt zo werden, nnd auf der von der Possjet-Bai
her auf Gensan tUhreoden Strafise im Nordosten Koieas stehen
Rossen.
Es ist kaum anzunehmen, dals diese DlTcrsionen die Operationen
der Japaner beeinflussen könnten.
Endlich werden Kämpfe mit den Chunchusen, d. h. chinesischen
Räuberbanden, gemeldet, die in letzter Zeit an verschiedenen Punkten
anfgretreten sind. Unter der Maske des Chunchusen verbargen sich
1900 bekanntlich oft chinesische Soldaten. Wieweit die benach-
barten \ izekönige dem Antlrini^-cn Japans nachgeben werden, es
offen oder im geheimen zu unterstützen, steht dabin. Das Kinirreifen
Chinas in der rechten Flanke der russischen Armee würde für die
Operationen der Küssen in so hohem Grade störend >eiu, dals wir
es uns versa^^t n müssen, die weittragende Bedeutung dieser Wendung
der Ereignisse au dieser äteiie zu erörtern.
48*
Lioogie
718
Umaehftu.
Umschau.
Italien.
Zulassang Naeb einer Verittgung dea KriegsminiMten kOnnen im Schi^jalire
Militär''- 1^/1^^ ^ 1- Karslis der Militüraehnle 815 OfBsienmwSrtor ftr
schulen. Infanterie and Kavallerie and awai 270, besw. 45 fUr die beiden
Waffen, zam 1. Kaisas der Hilitiirakademie 90 Anwärter für ArMlerie
nnd Pioniere zngelassen werden. In enter Linie werden die Jangen
Lente bertteksiehtigt, die bei mindestens 17, bOebstens 22 Jahrea
Alter and körperlieber Eignang, die SeblalsprUiongen eines 6ym-
nadoms oder eines teobniseben Institats bestanden baben. bezw. ans
den Hilitttrkollegten berrorgeben.
Schieb- Naeh einem Erlab des Kriegsministeis scbieben die Begimenter
^i^'J'jl^^^^^fabrender and reitender Artillerie sowie das 8. Feetangs-CBelagerangs-)
^ Regiment in diesem Jabre aof 8 Sebietsplätsen im allgemeinen im
Begimentsrerbande Je 14 Tage. Das GeMtgsreglment hält seine
Sebiebttbnng im Gebirge ab. Das 18. Feldartillerieregiment sehielst
nach zu erwartender Weisong des Kriegsrainisters in der Nähe von
Aquila im Gelände, aneb für eine Anzabl von anderen FeldartUlerie-
regimentem sind onter AbkUrzong ihrer SchielsObangen anf den
Seblefsplätzen, Geländeschiefsen in der Nähe ihrer Garnisonen yor-
gesehen. Das 1. ond 2. Festangsartillerieregiment sehielsen ans
Sperrforts. Näheres im folgenden Beriebt.
Xoderungen Jetzt bekanntgegebene Gesetz vom 17. März 1904. betreffend
des Be- Änderungen des bestehenden ßefördemngagesetzes für die Marine,
^"gegpiSSfl^ bestimmt i\. n., dals das Auirtlcken zam Fregattenkapitän und den
der Marine. Beamtenanstellungen gleichen Grades zu naeh dem Dienstalter,
nach Wahl, das AohHoken zum Korvettenkapitän und der Beamten
gleichen Ranges zn nach dem Dienstalter, Vs Wahl erfolgen
soll, anfserdem die Beförderung nach Wahl sich nur auf die Offiziere
erstrecken kann, die im ersten Drittel der Alterslisto erscheinen.
FUr die Offi/aere des j^Equipagenkoips" werden 50 Jahre als Alters-
grenze festgesetzt.
Uber einige wichtige Ändernugen im Reg^h ment für die grolsen
Militärtransporte, sowie Eignangs-Prttfangen zur Befördemog im
näcbten Bericht. 18
Fr&nkrGioli.
Bericht Beseblttsse des Armeeaasscbusses der Kammer ent-
Berteanx. haltende nnd die Grundlage der demnäebst begmnenden Beratungen
Digitized by Google
Unuehau.
719
im Plenum der Kammer bildende Bericht Berteanx hat für die vor-
aussiciitlicbe Gestaltnnir der Wehrverhältnisse in Franlireieh eine der-
artig weittragende Hedeutung, dals es uns. wie schon im letzten
Monatsbericht bemerkt, geboten erscheint, die wichtigsten Neuerunirt n,
die er bringt, hier zu belenchten. Der vorige Monatsbericht kt nnlf^
nar das allgemeine der Einteilnng des Berteauxschen Berichts bringen.
Wir übergehen bei unserer Beleachtnng Veryohicdenheiten von ge-
ringerer Bedeutong vom Seuatstext. Wir wt isf ii zunächst darauf
bin, dafs der Armeeausschurs die frühere Bestimm uii;r. nach welcher
die Leute zur Losung in dem ..Kantonshauptort" '/uöanimenz.uk ommen
hatten, obwohl die Losung als solche bei zweijfihrigcr Dienstzeit
fortfällt^ dazu benutzt hat, um eine Musterungskommission eiu-
znrichten. die ans einem Beamten der Regierung des De])artements,
einem Offi/icr ilcs R( krutierungsdienstes und einem Militärarzt be-
steht und der Aushebungskommission direkt vorarbeitet (Artikel 15),
sodals deren Tätigkeit in mancher Beziehung beschleunigt werden kann
ond doch an Gründlichkeit gewinnt. Die doppelte ärztliche Unter-
suchung bürgt auch dafür, dals nur dienstbrauchbare Leute zum
Dienst mit der Waße gelangen. Die Artikel 18^ 19 und 20 des
Senatstextes betreffend die KUs.sierung der jungen Leute haben im
Armeeausschufs durchgreifende Änderungen erfahren. Man gewinnt
bei dem Text des Armeeausschusses den Eindruck, dafs dieser von
den Dienstpflichtigen, selbst von den nicht Eingestellten, den denk-
bar grölsten Nutzen für den Dieost ziehen will. Die Kiassierung
weist folgende .") Klassen auf:
1. tauglich für den Dienst mit der Watie, werden auf zwei
Jahre eingestellt;
*2, tanglich für Hilfsdienste, junge Leute, die bei sonst kräftiger
Konstitution einen kleineu Fehler haben und auf zwei Jahre den
Hilfsdiensten tiberwiesen werden;
3. zurückgestellte Leute mit zu schwacher Körperbeschaffenheit,
die aber kräftiger werden können und daher eventuell mehrere Jahre
hintereinander vor der Revisionskommission ihres Kantons zu er-
scheinen haben. Sie zerfallen in drei Klassen, nämlich a) diejenigen,
die einmal zurückgestellt, im zweiten Jahre für den Dienst mit der
Waflfe tauglich befunden werden und dann zwei Jahre aktiv dienen
müssen, b) solche, die nach einjähriger Zurückstellung immer noch
nieht flir den Dienst mit der Waffe wohl aber für die Hilfsdicneta
tangUoh befanden und für diese auf zwei Jahre eingestellt werden.
Nach einem Jahre in diesen werden sie wieder untersnobt iin4
leisten, wenn dann tauglich befunden, ihr letztes Jahr im Waffen*
dienst, sonst in den Hilfsdiensten, c) die Leute, die auch nach swei-
Digitized by Google
720
Um»cbau.
maliger Znrtickstellung noch fllr keineo Dienst tauglich smd, bis zoid
25. Lebensjahr aber in jedem Jahr Tor der BevisioDskommisslon za
erscheinen haben, die sie jfür den Krieg als „mobilmachungsfähig^
erklären kann. Sie haben dann die Dienstpflicht ihres Jahrgangs
im Landstorm. Die den HUftdiensteo ttberwiesenea Leale kOnneo
dreimaligen Anfaehab der EinstelJnng Teriangen, indem sie erklSieiii
dals sie, wenn sie tot dem 25. Jahre tanglidi befhnden weiden, ndt
der Wafie dienen wollen. Sie sind dabei aber za zweijährigeoi
Dienst Terpiliehtet. Der Armeeanssehnfii ist» wie aieb hier deotUdi
ergibt, mit allen Kräften bemttht gewesen, dem Dienst mit der Waffe
mltgliehst viele Leate znsnfQhren;
4. juüge Leute, welche ihn- allgtinieine Körperbescbaffenbeit
oder gewisse Fehler für jeden Dienst untaoglieli mai lieji. die über
erwerbsfähig sind. Sie werden vom Dienbt beireit, zabieu aber VVebr-
steuer (s. n.);
5. junge Leute, deren Gebrechlichkeit oder organische Fehler
sie fUr allen Dienst an brauchbar machen nnd aacb ihre Erwerbs*
föhigkeit in Frage stellen.
Artikel 20 bestimmt, dals die jungen Leute, die Tor ihrem
Diensteintritt als FamilienstUtsen erklärt worden sind, bis höchstem
za 8 Proz. des Kontingents ihre Familien während ihres aktirai
Dienstes 0,75 Frs. Beihilfen für jeden Tag versorgen könnes.
Der Staat trägt von diesen Beihilfen 75 Proz., die Gemeinden
10 Proz., die Departements 15 Proz. Von den Leuten unter des
Waffen können 2 Proz. ihren Familien, wenn sie ihre E^n-
schaft als Familienemährer nachweisen, denselben Vorteil ver-
scbafien. Die früheren Dispensierten finden BerUcksichtigang doieh
bis zu vier Anischttbeu in der Einstellung nnd wie wir später sehen
werden, dorch Znlassnng des Eintritts vor dem dienstpflichtigen
Alter. Leute, die anf eigenen Antrag Anfschnh erhalten, werden b
bezog auf Dienstpllicht dem Jahrgang angereehnet, mit dem sie wirk-
lieb in den Dienst treten; solche, die Yon der Revisionskommission
wegen noch nicht hinreichender körperlicher Entwicklung zurück-
gestellt werden, rechnen in bezug anf Gesamtdienstpflicbt in ihren
eigentlichen Jahrgang hinein. Die Mobiimachnng macht alle Aiii>
schtlbe hinfällig.
Von giolser Tragweite cdnd die in Artikel 28 des Armeeanssohnfs-
textea niedergelegten Bestimmungen für die Sehttler der MOitänchalea.
Wir müssen dabei anch gleich die Bestimmungen Ihr die im Artikel 23
des Senatsteztes bezeiehneten militirisdi organisierten SehoIen^Zentcal-»
Foiatsebale, Sehnlen ftlr Chaossee- nnd Bittekenhan nsw. erwähnen,
Digitized by Google
ÜIMOllllL
721
weil die B«wbltt88e des Senatetextos hier eine yOUige Umgettattimg
erfehren. Artikel 28 des Armeeaiusobiilstextes lastet: Die Jungen
Leate» welche die AafDahmeprtthmg iQr die Spesdalseliiile ron St. Cyr
bezw. die polyteeliDische Selinle bestanden haben, gehen mit frtthestens
17 Jabren eine niindesteDs vierjl&hiigen Dienstrerpfliebtnng ein und
haben zwei Jabie im MannsobaitHstande za dienen beror sie in die
Sohnlen eintreteo. Die, welche am Schlafs ihres «weiten Dienst»
Jahres die Prttfong zum Zagfllbrer bestehen, treten in die Schalen
als Unterleutnants der Reserve ein. Bestehen sie die SchluisprUfung
der Schale, so treten sie mit ihrem J>ienstgrad in die aktiTe Armee ein,
die gesetzlich ftlr die Beförderang zum Lentnant Torgescbriebenen
zwei Dienstjabre im Grade des Unterleatnants werden dann Ton
Huer Fatentiernng als Unterleatnant der Reserve ab gerechnet. Der
Armeeansschals lehnt alle übrigen Lösangen der Frage ab. Zanächst
diejenigen den Scbttlern der bisher privilegierten Zi?ilsohalen ihre
zwegährige Dienstverpfliobtnng in den Trappenteilen zerlegen zu lassen,
so zwar, dats sie ein Jahr vor Besuch der vScbale im Mannschaftsstande
das zweite Jahr, wenn Zöglinge der Spezialschule von St Cyr, oder
der polytechnischen Schale, die sich dem aktiven Dienst widmen
wollten, als aktive Offiziere in der Armee, wenn Zöglinge der sonstigen
militärisch organisierten Sehalen oder der polytechnischen Schule, die
nicbt aktiv weiter dienen wollten, als Reserveoffiziere abgeleistet
hätten. Auf diese Weise wäre aber für die letztere Kategorie im
zweiten Jahr nur ein wirklicher Dienst von vier Monaten heraos-
gekomoen. Das System hatte den Vorteil, den Nachwuchs an Reserve*
Offizieren zo erleichtem, es liefert aber nicht den vollen Bedarf, der
sich (s. o. bei Kapitalanten) anf jährlich 1900 — 2000 belauft, sondern
nnr etwa 500. Die Mitglieder des Armeeansschusses erblickten femer
in der Tatsache, dsis diese jungen Leate ein Jabr weniger \m Mann-
scIiaftsstauUe zaznbringen hätten, eine Rückkehr zn den alten Privi-
legien der Gesetze von 1872 und 1889. Der ArmeeanssobnliB beriet
dann die Teilung der beiden Pflichtjahre, so dafs die jangen Leute
auch das zweite Jahr im Mannschaftsstande zubringren sollten. Dabei
konnte msn aber mit den Zö^^Iingen der Militärschulen nicht anders
verfahren, als mit denen der bisher privilegierten militärisch organi-
derten and bemerkte im Armeeaussohuis, dafs es ein Odium ftlr die
OfBzieranwärter bedeuten wflrde, wenn sie, die später die bernfenen
Lehrer der Mannschaften sein sollten, kürzere Zeit mit diesen in
Bertthrong blieben, als die Reserveoffiziere und sie nicht dieselben
Pflichten auf sich nähmen, wie die Leute, die zwei Jahre dienten,
zumal sie nicht ihren eigentlichen Beruf durch die zwei Jahre Dienst
unterbrächen. Der Ansschois hat sich dabin entschieden, die Zög-
Digitized by Google
722
Vmwhtii.
Unge aller groben Sohnlen gleich za behaodeliL Die ZaIllsBigkeit
der Anfisohttbe bis mm Alter vod 25 Jahren einerseits, die MOglicb-
keit nach ArtÜLel 50 Yor dem dienetpiUehtigeii Alter einzatreten und
die Dienetpflieht vor dem Besnob der Univerdtäteii mw. sn erledigen,
aodererseitB, erecheiDen dem Aossobnls genttgend, am ernste Schädi-
gangen des Stadinms aoszoschliefsen. Alle im Artikel 23 des Senats-
textea zugelassenen AusDabmen jfür die Zöglinge der militärisch organi-
sierten Sehnlen wttrden daher beseitigt ood allgemeine Gleichheit fest-
gesetzt. Der Bericht Berteaux weist darauf hin» dafs die vom Armee-
ansschaljB im Artikel 23 niedergelegte Lösung vor dem Senatsteii^
der den aktiven OffizieisanwSrtem Ton St. Cyr and der polyteebnischen
Schnle die Verpflichtung auferlegt, ein Jahr in der Tmppe zo dienea,
dann zwei Jahre die Schule zn besnchen, sie am Sehlasse der
Schnyahre dann als Unterlentnants in die Armee bringen wollte,
wo sie bis zum Leutnant zwei Jahre zu dienen hatten, ihnen
also fünf Jahre Dienstzeit bis zur Bef^)rderung zum Leatoant
auferlegte, den Vorzog habe, den jungen Leuten ein Jahr früher
das Aufrflcken zum Leutnant möglich zo maehen. Auf diese
Weise vermeidet der Armeeaussohnis die sonst zn erwartende Er-
scheinung, dals zahlreiche junge Leute vorziehen wttrden des
•Weg der Offi/ieranwärter durch Saint Maixent, Saamnr nnd
Versailles zu wählen nnd man dadurch das Niveau der Allgemein-
bildung herabgesetzt hätte. Den Reserveofßderaspiranten macht man
die Grreiehung des Unterlentnants der Ueserre entschieden sohwieriger
als bisher.
Der Grundsatz Gleioheit der aktiven Dienstdaoer macht
auch in den Bestimmungen fttr den Naobwuchs an Ärzten, Veteri-
öftren und Apothekern Änderungen nötig. Artikel 25 bestimmt: die
Kandidaten der Medizin, die Apotheker und Veterinäre Uberoehmeo
beim Eintritt in die betreffenden Schulen die Verpflichtung, in der
aktiven Armee wenigstens 6 Jahre zu dienen, wenn sie die Schlofe*
prüfnng bestehen und mindestens 3 Jahre, wenn sie die Sehlals-
prUfung nicht besteben. Von diesen G Jahren nach Schluls der
Schule dienen sie 2 Jahre im Mannscbaftgstande der Trappe, dano
die folgenden Jahre an der Applikationssehoie, bezw. als Arzte,
Veterinäre in einem Truppenteil.
Die Artikel 26, 27, 2?^. 29 (u. a. auch die Kantonal-Rekruticrungs-
liste mit 8 Kategorien berührend) und 30 weisen wesentliche Ab-
weichungen vom Senatstext nicht auf. VöUio: neu ist dagegen Ar-
tikel 31, betretfend die Wehrsteuer; er bringt eine völlige Ände-
rung des Artikel 35 des Kekrntierungsgresetzes von 1889 und seiuer
Ergänzungen. Die Vorschrüten des neuen fraozösisoheo Gesetzes Id
Digitized by
UnMehatt. 723
besag an! die Webrskener sind um so uateressanter, als vor kurzer
Zeit bei ans im Reiebstage der Hinweis aaf diese Steuer als
Einnabmeqaelle für BeibUfen an Kriegsteilnebmer von anderer Seite
mit dem Bemerken beantwortet warde« die Steaer treffe die „be*
sonders Hilfsbedürftigen", dann aber anch, weil man in Frankreiob,
trotz scbfttfster Heranzlehong aller irgendwie Dienstfähigen and Be-
seitigung aller Dispense, den bisherigen Ertrag der Wefarstener, 1903
rund 2,3 Millionen, auf das Doppelte^ 4,8 Millionen, zu steigern ge-
denkt and dabei doch nicht von den „ besonders Bilfsbedürfkigea^
spricht, die sie treffen soll. Man darf nieht vergessen, dafs bei uns
1. in jedem Jahre sehr viel mehr Dienstpflichtige vorbanden sind,
2. die bttrgerlioben Verhältnisse in sehr viel liberalerer Weise berück-
sichtigt werden als in Frankreich, wir auch noch völlig dienstfähige
nnd abkommliche Über/äblige haben, 3. der jährliche Hekrntenjahr*
gang bei uns nicht in dem Verhältnis h()her ist als der französische,
wie die deutsche Bevölkerung die französische tibertrifft. Bei An-
wendung der Grundsätze, die in Franlueiob für die Wehrstener gelten
sollen, millsten sieb bei ans daber, ebne jede Härte, sebr viel
bObere Erträge aus dieser gerechtesten aller Steuern ergeben. Man
lasse daher bei uns alle Sentimalitäten bei Seite nnd ziehe die
werbdäbigen und im Besitze eines gewissen jährlichen Mindestein-
kommens befindlichen Lente, die nicht im Soldatenrock dem Vater-
lande dienen, wenigstens dazu heran, dafs sie za einem Bbrensolde
fttr die EriegsinTaliden durch eine Wehrsteuer beitragen. Man kann
das, wenn man nnr die Mehreinnahmen bertlcksichtigt, die diese
Leute während der 2 Jahre, die ihre Altersgenossen unter den Waffen
zubringen, erwerben, sowie die Minderausgaben an Zuschüssen, die
die £ltem der Nichtdienenden während zweier Jahre für ihre Söhne
haben. Nach Artikel 31 des Textes des Armeeausschnsses haben
Wehrstener zu zahlen diejenigen Leute, die wegen „irnpotence fonctio-
nelle partielle", d. h. weg^en ..teilweiser organischer Gebrechlichkeit"
von allem Dienst betreit, aber in ihrem Zivilbemf erwerbsfähig und
nicht in die Hilfsdienste eingresteUt sind, wenn ihre Personalsteuer
vom bpweglicben Vermög:en. oder diejenigen ihrer, oder eines ihrer
Versvandteu 1. Grades, soweit die Staatssteuer in Frage kommt,
nicht unter 10 Frs. beträjrt. Wir weisen hier nocbraals darauf hin.
dafs man Überzahlio-e, oder aus bUrn-erlichen liUcksichten Befreite in
Frankreich in Zukuntt nicbt mehr kennt, da ja selbst die FamilienstUt/.en,
die tauglich, zu 2 Jahren Dienst unter den Fahnen heningezo^jen werden.
Die genannten Leute haben Wehrstener auf :\ Jahre, beginnend vom
1. Januar des Jahres ihrer detinitiven Befreiung ab. zu zahlen und
wird diese Steuer bemessen auf den 2'/s fachen Satz ihrer Personal-
Digitized by Google
724
ümMhaa.
Staatssteuer, bezw. auf das 2'/siaebe der Personalstaatsstener des
Höchstbesteaerten ihrer Verwandten I. Grades, dividiert durch die
Zahl seiner lebenden Kinden Dabei kommt selbst das Vermögen
eines Stiefvaters in Betracht, wenn die verwitwete Mutter eines
solchen Befreiten wieder geheiratet hat. Bezüglich der Zahlung der
Steuer hält sich der Staat an die Verwandten I. Gr«ides. die ihrer-
seits auf den Befreiten zurück jrreifen können. Zn jedem Franken
Steuer werden 10 Centimes für Kosten der Krhcbung gegchlagen.
Die zur Zahlung der Steuer Verpflichteten werden den Gemeinden
von (Ipii Militärbehörden in jedem Jahre vor dem 1 Jannar mitge-
teilt und haben die Militärbehörden die Befugnis, Auskunft über Ver«
mögens- und Steuerverhältnisse zu verlangen. Die iri naimie Stener
haben also auch die in dir Hilfsdienste t hirctt ihcn l.eute zu zahlen,
wenn sie nicht — da der Kriegsmiui>t( r ja nur 70u(t heranzuziehen
gedenkt — in den Üien»it berufen werden. Die Zifii r der Befreiten
rechnet der Berteanxschc l'xi icht auf jährlich rund M i k )i ). Neben dieser
Wehrsteuer der Befreiten wird eine andere Steuer eingerichtet, die
man eigentlich Janggedelleusteuer nennen kann. Sie ist von den-
jeniizt ij zu zahlen, die beim Übertritt zur Landwehr, im Durchschnitt
mit dem 34. Lebensjahre, iiieht nachweisen können, dafs sie ver-
heiratet, oder Witwer mit Kindern sind und eine Personal -Staate-
stf'oer von unter 10 Frs. zahlen. Die von ihnen auf 12 Jahre zu
entrichtende Steuer wird bemessen nach dem doppelten Satze der
zahlenden Personal -Staatssteuer. Die Begründung der Wehrsteoer
speziell der Befreiten — aber wie wiederholt nicht für den Dit nsi
Tauglichen — im Berteaiixschen Bericht, verdiente auch in unserem
Keichsta^'e «rolesen zu werden, sie spricht klar ans. dals jeder er-
werbsiähige Mann, der nicht mit seiner i'ijrbuü dem Staat seineo
militärischen Tribut zahlt, eine Kompensation in Geld zn leisteu hat
Wir !i rubren nur flüchtig Titel IV des Textes des Arnieeausschusses.
betreäend den ,. Militärdienst", blofs bemerkend, dals der Ausschais
einige Artikel des Senatstextes zusammengefaist, andere ergänzt hat.
So z. B. ist der Ausschuis dagegen, dafs, nm mögliche Über-
schreitungen der Budgetstärke zu vermeiden, unter den Leuten der
Hilfsdienste eventuell gelost und auf diese Weise der Überschufs ent-
fernt Vierden soll, wie der Artikel 31 des Senatütextes dies wollte.
Der Kriegsminister habe Unterlagen genug, durch Bemessung der
Ziffer der einzustellenden Leute der Hilfsdienste derartige Über-
schreitungen auszuschlielsen. Beibehalten ist die Bestimmung, dals
das Kekrutenkontingent spätestens am 10. Oktober eingestellt werden
soll, der älteste Jahrgang gleich nach den Manövern eotlasst^u werden
kann, beibehalten ferner die Befugnis des Marine- and iüiegsmiiiister»
Digitized by Google
UnMohaii.
726
(Artikel 88), in roieoi in denen dies die VefbUtniese gebieten» den
ftlteeten Jahrgang, der seine gesetdiohe aktive Dienelseit abgeecbiofoen
lialf linger nnter den Waffen an halten, dem Parlament ist aber
daron luddigst Mitteilnng zn machen, weiter die Befugnis, nnter
g^cben Verhftltnissen mit Zustimmung des Ministerrats die Leute
des Jüngsten Jabrgangs der Reserve dnreb Einselordres nnter die
Waffen sn berufen ^ d. b. die Mobilmachung unauffftUIg vor-
au bereiten. Artikel 85, der ron dem einsustellenden Bekmten-
kontingent handelt, ist einigermalBen geündert, indem der Armeeans-
sebuis dem Satie des Senats: „Das einmsteUende Kontingent wird
gebildet aus den Leuten, die im 1. und 2. Teil der Kantonal-Rekru-
Menmgslisten erscheinen'*, binsufilgt, sowie ans denjenigen, die snrttck-
gesteUt worden sind, besw. AuMiub erhalten haben, wenn dieser
Aufechub abgelaufen ist, sowie endlich ans deigenigen, die als An*
wSrter auf die Militfti«»hnlen, die äntlicbe, Apotheker- oder Veterinär*
lanibabn sieh zu besonderem Dienst TerpHichtet haben. Geblieben
ist Im Artikel 87 bei dem Ecsata der Xolonialtruppea auch die Be-
stimmung, dab, wenn die übrigen Ersatequellen nickt ausreichen,
auch Leute, die ansgekoben sind, den Kolonialtruppen angewiesen,
aber nur mit ihrer Zustimmung in den Kolonien Tcrwendet werden
können.
Wie im letsten Bericht schon erwähnt, bat Berteanx als Vonug
der 2jäbrigen Dienstzeit o. a. auch anfgeltthrt, dals die Leute bei
2jäbriger Dienstseit nach den VorseblVgen des Arm eeausscb asses im
ganzen 60o wirkliche Ansbildnngstage erlebten, gegen 546 bei
Sjähriger bisher, d. h. 54 Tage mehr. Zu diesem Ergebnis kommt
er anf eine etwas sonderbare Weise. Bei 8jähriger Dienstz^t» £in«
Stellung am 14. November, Entlassung am 21. September, berechnet
er im ersten Ausbildungsjabre nach Abgang ?on 54 Sonn- und Fest-
tagen 258 Ansbüdongstage, im 2. Jahre, TOm 22. September bis
21. September nur 144 solche. In der Zeit von der Entlassung des
ältesten Jahrganges bis Ende Janaar, 132 Tage, hat der 2. Jahr-
gang alle Gestellungen zn liefern und alle 8 Tage Wache zn geben.
Die Waebttage, 44, rechnet Berteanx sn den Aasbildungstagen.
Während der ttbrigen 234 Tage kommen nach Berteanx die alten
Lente nnr jeden 2. Tag (?) zn Übnngen und man mnls noch Ittr
Sonntage absieben, so dals sich 100 4- 44 = 144 als wirkliche Aus-
bildongstage ergeben. FUr das 3. Jalnr wird dieselbe Zeit angesetst,
80 da(s Berteanx total 546 Tage herausreehnet. Zu den 600 Tagen
bei 2jäbriger Dienstzeit kommt Berteanx, indem er die Ein-
stellung anf den 8. Oktober setzt. Vom 8. Oktober bis 81. De-
zember des ersten Jahres 86 Tage, vom 1. Januar bis 31. Deaember
Digitized by Google
726
(TniBetaAiL
des folgoiden 866 Xage^ rom 1. Jannar bis 28. September des
folgendeo 264 Tage, zusammen 714 Tage, tod denen nur Sonn- and
Festtage 12 4-69 + 48=114 Tage für die Ausbildnog verloren
gehen, 600 bleiben. Dabei ttbersiebt Berteanx, dals 1. 30 Tage
Urlaub abgeben, 2, daJs doch aocb die Tage ansialleD, die die Leute
des 2. Jahrganges aatserbalb des Frontdienstes Verwendung finden
in Diensten, fUr welche die 7000 Mann der Hilfodieaste, die der
Kriegsminister einstellen will, doch bei weitem nicht aosreicben.
Das, was Berteanx bei Sjähriger Dienstseit von den Leuten des
8. Jahrganges sagt, mufs doch mit einer geringen Absokwftohnng bei
2jäbiiger Dienstzeit auf die Lente des 2. Jahrganges angewendet
werden nnd dnmit JLommt man dann weit nnter die von Berteanx
hereehnete Ziöer von wirkliehen Ansbildongstagen bei 2jäbriger
Dienstzeit. Wenn Berteanx sagt, dal» jetzt bei Sjähriger Dienstzeit
der 3. Jahrgang der Kavallerie ttberhaapt nur wenig Lente in der
Front belassen hätte, den ganzen Rest aber als Burschen berittener
Offiziere, Pferdepfleger in Bemontedepots, an Militärschnlen nsw. ab*
g^ben luibe, so wird man einen grolsen Teil des 2. Jahrganges
hei 2jähriger Dienstzeit fUr diese Zwecke ansetzen müssen, wiederom,
weil die Lente der Hilfsdienste für diese Zwecke doch nioht aus-
reichen und sich doch anoh znm grofsen Teile nicht eignen werden.
Mit der Vermehrung der Ansbildangstage bei 2jäbriger Dienstzeit hat
es also gute Wege. Kommen wir jetzt za der aufserordentlicb wich-
tigen Kapitulantenfrage, so müssen wir auf diese etwaf^ nähor ein-
gehen, da sich hier grundsätzliche Unterschiede zwischen Seuatstext
Forderungen des Kriegsministers und Text des Armeeausschusses
ergeben. Festzuhalten ist ohne Zweifel, dafs die 2jährige Dienstzeit
dem Ausbildungspersonal gröfsere Lasten aufbürdet, schon weil die bis-
her aus dem 3. Jahrgang hervorgehenden ITnterofßziere in derFront eben
fortfallen. Der Armeeausscbufs der Kammer will an Kapitulanten
nicht das bewilligen, was der Senat und der Kriegsminister fUr nötig
halten, er muls sein abweichendes L'rtei! also begründen. Der Grund,
Verminderung der Mehrkosten der 2jährigen Dienstzeit, würde im
Senat nicht durchschlagend wirken. Die Verraindenmcr :ui Ivapitu-
lanten, die der Armeeausschuls gegenüber den Sat/eii des benats
bewilligen %vill, beträgt allein bei Unterofli/i« reu und Korporalen
6000, bezw. 48000 total irep-en 54000. Gemeine Kapitulanten setzt der
Armeeausscliufs in der Hauptsache nur tUr berittene Trupjien und
liilauterie der Grenzkorps fest, während der Senat sie allen Truppen
geben will, bei den Grenzkorps in einem etwas höherem Prozenti^atz,
Der Sollstand an ünteroftizieren des aktiv en Heeres beträgt rund
41000. You diesen wollen Senat und Kriegümiuister ^/«i rund 31000
Digitized by Coogl^
727
ans Kapitiüiiiit6D bestehend wiraeii, d. b. aUgemein betnohtet, auB
Bolehea Unteiofifisieraiy die in der Hebixabi 10 bis 16 Jalire nnter den
Wafien bleiben. Der niedrigste Dienstgrad der Unterolfisieie ist in
BVankreiob bekanntUeb deijemge des Sergeanten. Die vom Senat
angesetste Ziflfer von 75 Pros, weist 3700 l^apitniierende Unter-
eHisiere mebr auf» als die bisber gesetelieh zulässige tod 66Vt
(27300, Erklämng des Regierangskonunlssars im Senat) und rand
6000 nefar, als man in der Praxis ans Eostoigrttnden wirklich zn-
liels (25800, Freycinet im Senat). Diese 6000 kapitulierenden Unter-
efifizieie mehr sind es aneli, die in dem Bericht Merloa ttber das
Gesamtbndget 1904 mit rund 1,5 Milliooen Mebransgaben bei 2jäbriger
Dienstzeit erscheinen. Der Arroeeaasschais gebt von dem Gedanken
ans, dals jtthrlieh roud 10000 Unteroffiziere nach dem vom Kriegs-
minister angesetzten Bedarf in die Reserve tibertreten mfllsten. Beim
Eingehen aof das Verlangen des Senats komme man dazo aber nicht,
da man noch 1900 Stellen für Reserveoffizieranwibrter, 500 Air
Scbttler der militärisch organisierten Schnlen, zusammen 2400 ab-
ziehen mttsse, weil diese Leute nicht als ReserveunteroüGziere, sondern
als Reserveotfiziere dauernd in Betracht kämen. Der Armeeausscbufs
zieht von den 41000 Unteroffizieren des Sollstandes zunächst 6500
sog. „kommissionierte*' ab und will von dem Rest, 34501), ^/,, d. h.
23000 bewilligen, mit den 6500 Mkommissionierten'' also 29500, d. b.
1500 weniger, als der Senat zugestanden, aber 2200 mebr, als nach
dem bisherigen ^/,-Satz gesetzlich zulässig waren. Nach Abzog von
2400, die als Offiziere in die Reserve Ubertreten, bleiben dann noch
11500 — 2400=^9100, die, aus den im 2. Jahre dienenden Leuten
hervorgegangen, als Unteroffiziere in die Reserve versetit würden,
also weniger, als der Kriegsminister verlangt Wenn man diese
spätestens im 2. Diens^ahre befbrderten, nicht kapitulierenden Unter-
offiziere als Ausbildungspersonal betrachten will, weil sie nach dem
Bericht znm grolaen Teil den sog. „ intelligenten Klassen entstammen,
die bisher nach Artikel 21 und 28 „dispensiert" wurden, so kiinnen
wir dem nicht beipflichten. Das Schulungspersonal braucht längere
Ohong, um brauchbar zu werden. Die ^/j des Sollstandes an. kapitu-
lierenden Unteroffizieren will übrigens der Armeeansschuls auch als
HOchstmals betrachtet wissen, nicht als bindende Zahl, wie der Senat
seine 'Z^.
Umfassender sind noch die Abstriche bei den Korporalskapitu-
lanten, die nach ihrem Dienstalter mit Fug und Recht unseren jün-
geren Unteroffizieren gleichgestellt werden können. Von dem Soll-
Stande von 46000 Korporalen bezw. Bri^'adiers des aktiven Heeres
wollte der Senat '/a = 23000 an Kapitolanten genehmigen. Der
Digitized by Google
728
Dmidimi.
ArnaeeamsehofB seilt smillohst 5000 wog, „kommissioDieite'' ab und
will von dem Rest 41000, '/« = 18600 «n Kapitalanteil zabilUgen»
80 dais siob noob im gansen 13500 + 5000 (konmüsiooierte) = 18500
ergehen. 4500 weniger, als der Senat fUr nötig bidt und subilligte.
Zq seinem Satz kommt der Anneeaosscbals, indem er verlangt, dafs
am Schlafe des 2. Dienstjabres jährlich 14000 Korporale ans den
Rekrutenkontingenten in die Reserve ttberträten, 2100 Korporale als
Nachscbnb für die kapitulierenden Unteroffiziere gerechnet werden,
12400 Korporalsteliea für Leute offen za halten sind, die im 1. Dienst^
jabre za Korporalen befördert, im 2. za Unteroffizieren aafrttcken
und am Scblals des 2. Jahres als nicht kapitalierende Unteroffiziere
entlassen werden. Nach den Senatssätzen könnten also 23000 H- 14800
Korporale nicht am Schlafs des Jahres zur Reserve Ubertreten,
sondern nur 46000 — 37500 = 8500. Als Ausbildungspersoual kann
man die im 1. Jahre beförderten Korporale nicht recht ansehen.
Da sich Armeeaasschuls und Senat bezUirlich der kapituüprcnden
Geraeinen auf lOOOÜ zu einigen scheinen, so verlangt der Staat
gegen heute im gan/ei! 31000 + 230<^>0 -|- 10000 an kapitulierenden
Unteroffizieren. Korporalen und Gemeinen, d. h. HOc)ü 1 ntt roffiziere,
1700U Korporale. 10000 Geraeine, zusammen 33000 Kapitulanten
mehr, und da die Ziffer der Lente. die über ihre gesetzmälsige Dienst-
zeit hinaas im ^permanenten ?)tamm*' der Annec bisher blieben,
nach Herteaux' Berieht 53000 betrug, so wUrde man nach dem
Senatsifiatz 53000 -j- 33 (K)0 = HHUDU Leute zu rechnen haben, die
im Mannschaftsstande über ihre gesetzmalsige Dienstzeit hinaus
anter den Waffen bleiben und als Ausbildungspersonal betrachtet
werden können. Nach den Sätzen des Armeeaasschusses stellen
sich die Ziffern wie folgt: 29500 Unteroffiziere, 18 500 Korporale,
10000 Gemeine für berittene Watfen und ,.Troupe8 de couverture",
also =27000 Kapilulantau (1500 + 12500 + 10000) mehr, mit
den bis jetzt ein „permanenter Stamm" der Armee vorhande-
nen 53000, also im ganzen 80000 Leute, die Uber 2 Jahre
binaoB im Heere bleiben. Man darf dabei nicht vergessen, dafs die
Oemeinekapitnlanten nnseren Kapitulanten entsprechen, also bei der
Ansbildang als Hilfspersonal gelten können. Innerhalb der 2jährigea
Dienstzeit wäien dann weiter 89000 Korporale und Unterotfoeie
▼orbandeo, von denen im Dniobsebnitt jsbriiob 25000 mit ifarem
Jahrgang in die Reserye übertreten, wiUirend 2400 als Reaeryeotiizier-
anwärter sn betraebten sind.
Beibebalten bat der Armeeanssebnlb — nnd dieser Pimkt wird
ebenfalls an Reibongen mit Senat nnd Kriegsmüiiater filbren — aoeli
die Bestimmnog, naeh weleber die Beservislen zweinud ni je 15tägiger
^ kjui^uo i.y Google
Umschau.
729
(Bio- und Rttoktransport nicht gerechnet) Tölnahme ao den llAnOTern,
die Landwefarlente einmal m sechstSgiger Obong (Ankanfte- nnd
Entlassnngstag nicht gerechnet) einbeordert werden können, eine
Zeit, die bei xweijfthriger Dienstdaaer yiel so niedrig bemessen
scheinl Geblieben ist aach die Bestimmnngy dafe bei drohendem
Angriff, besw. bei Versamminng feindlicher Streitkrüfte in den
gegnerischen Grenzgebieten, die Einbeorderong der Leute des Be-
nriaobtenstandes, nach Waffenbmchteilen, Waffen, nach Kantonen,
8nbdiviflionen, sowie der Umgebnng Ton festen Plätzen oder Be-
festigongswerken in einzelnen Klassen oder allen Klassen gleichzeitig
erfolgen kann nnd zwar anf Befehl der kommandierenden Generale
bezw. aoch der GouTemenre von Festungen. Befreit kOnnes von
£iDbeorderaogen im Frieden werden die Iicnte, die als nnentbehr-
liche Familiensttttzen darum bitten, bis zn 6 Proz. der gleichzeitig
Einbeorderten. Werden diese Leute trotzdem einbeordert, so wird
Ihren Familien eine Beihilfe von 1 Fcs. nnd so oftmal 25 Centimes» als
sie Kinder haben, täglich gewährt. Von dieser Unterstützung tragen
die Gemeinden 5 Proz., Departements 10 Pro/., der Staat 85 Proz.
Der Berteauxscbe Bericht berücksichtigt die Bruttodurch-
schnittsstärke, die sich bei zweijähriger Dienstzeit nach den Vor-
schlägen des Armeeausschusses ergibt, nicht, er verzeichnet nur die
Stärke, für welche das Budget die Mittel nach Tagen bewilligt und die
Bruttodürchschnittsstärke wird während des grflfsten Teils des Jahres
höher sein, als die liodgetstarke. Erstere hat fUr uns hier eine ura
80 höhere Hedcatun^, als auch der neue der Kammer vorirrlcrrte
Opsptzfntwurf Cuneo d'Ornano (der einjährisr^ DienstzfMt und sehr viel
Kapituiuntpn fordert) und Genossen wieder aut dir Fonleran^ des
Krif'psrtiiiiisters, 575 (KJO Manu :nieh hei zweijahri^-^^r Dienstzeit zu
erreiclicn, hinweist. Bei der B^'rtrauxst'lirii l-icn-chuuüg der Iststärke
pr*^r!if i[U'ii dir lu-idrti Hpkrutenk.ontin^ente mit je 210000 Mann. Er
kommt zu dieser Zitier, indem er 19ÖO0O Mann als Ertrag der Aas-
hehnnff, ohne Freiwilligen (von denen nach ihm rund 20000 auf
drei, vier und fünf Jahre jährlich vor Erreichen des dienstpflichtigen
Alters in die Heimatariuee eintreten) bei Anle^jen eines sehr strengen
Malsstabes an die Diensttaugiichkeit ansetzt, dazu 7(KX) Leute der
Hilfsdienste, 5000 Mann von den Leuten dit l i-h r um ihre Dienst-
pflicht baldigst zu erledigen, vor dem dienstptlichti^^en Alter auf tirei
Jahre eineretreten sind, nach dem neuen (^Tesetze entweder auf ihre
Aush( Iniui: ^varten, oder aber von der Möglichkeit voraeitigen Ein-
tritts uach Artikel 50 Gebrauch macheu werden, endlich 3000 Leute,
die bisher aut Grund des Artikel 23 vor dem dienstpflichtigen Alter auf
ein Jahr eingetreten sind. Zwei solche Kontingente ergeben 420000
Digitized by Google
730
Umshm.
Mann. Ilier/u kommen 4500 Leute des traDzösiscbeu KontmgeDts aas
Algeriea-TuDesieo (die man zanäcbstaacbxwei Jahre dieoeo lassen wollte,
was daoD 9000 ergäbe). 1000 Leate, die wegen erlittener Strafen länger
dienen milssen, endlieh der „permanente Stamm^ der Armee, der nach
Berteanx heute 115000 Köpfe aufweist. Wie man sieht, e mahnt
Berteanx Bericht nicht die im Durchschnitt 3000 Leute, die unter
1,54 cm grols, früher den Hilfsdiensten Uberwiesen wurden, jetzt
aber, infolge Fortfall des Mindestmafscs als völlige dienstfähig ein-
gestellt werden. Durch die Vermehrung der Kapitulanten wäch'-t drr
„permanente KStamm" der Armee auf 115000+3300U(Seuat) = 14ÖUUÜ
bezw. 142000 (Arnippnusschuls). Man erhielte also an Brottostärke
nach dem Senat H n *^ J5<k> |" 10<>0 rl48000 = 573500 und unter
ninzureehnung von 2x3000 Lt uit ii die durch Fortfall des Miudest-
mafses einsrestellt werden, 57^)r)()(i hr/.w. nach dem Anneeausschufs,
der mit bUUO Kapitulanten weuiger rechnete, 573 500 Manu. Damit (d. h.
mit letzterem) bliebe man hinter der bisherigen BrattosoH.^tarke um ein
Geringes zurlick, bezw. Uberschritte sie nach den Ansätzen des Senats
sogar. Zu der Budgetstärkc iür 1904 mit 515800 Mann bemerkt der Be-
richt BerU aux, dafs sie eine papierne sei. Abzuziehen seien 8 Proc.
an Kranken. Beurlaubten usw., ftlr die man im Ileereserfordemis
auch gleich die Ausgaben absetze, d. h. 41250 Manu, so dals man
nur für 474350 die Mittel bewillige. Bei zweijähriger Dienstzeit
könnten, da die langen Urlaube und die Zwischenzeit zwischen Ent-
lassung und KinstüUuiig so gut wie fortfallen, nur 5 l'roc. Abgang
gerechnet weideu, so dafs inaii 479 500 Mauü, d. h. 5150 mehr als
bei dreijähriger Dienstzeit jetzt erhielte, für welche die Mittel be-
willigt werden mUlsten. Diese 5150 Mann — nnd damit kommen
wir zn der geldlichen Rechnung, die Berteanx tttr das Geeete, be-
treffend die zweijährige Dienstseit naeh den Voiseblägen des Heeies-
ansschnsses an&tellt, — Terorsaehen jährlich 2163000 Franken
Helffkosten. Welterod an Mebransgaben an reelmen: 11,8 MÜlionen
für die Unterstlltinng hiUsbedttrftiger Familien, davon 10 Fm, anf die
Geroeindeo, 16 Fkoi. an! die Departements enttallend, 8^ Hilltonen
für die yennehrte Ziffer an Kapitnlanten, 1 Million ftr die Unter-
lentnants der fieserve, die als Offideranwürter illr das stehende Heer,
nach Ihren swd Jahren Dienshseift im HannschaftBStande als solche
die Speiialscfanle TOn St. Oyr beiw. die polytechnische Sehole be-
saoben (800 bexw. 400 zosammen 700, die aber doeh auch iriUirend
ihrer Diensteeit im Mannschaftsstande Im Heeresetfordemis in Rech-
nnng kommen mttssen, ebenso wie die Kapitulanten ftlr die Fener*
wehr TOn Paris nnd die Bemontereiter). Zosammen ergeben sich
26287 600 Franken BCehrkosten. Ihnen stehen an ErspainiBsen gegen-
Digitized hv Coo<^le
I
ITmstthra. 781
Uber 48&0000 Fmoken dareb die Abkflnmiig der Obnogen der Leute
des BenrlaDbtenBtandeB d. b. 2X1S Tage fUr die Reservisten, 1X7
Tage fUr die Londwebrlente, 4,8 UUlionen Ertrag der geftnderten
Webrstener. Endlieb mUseen Doob abgesetst werden die Betrilge,
die Gemeinden und DepartementB zn den UntentIliKnngen bilfe-
bedtlrftiger Familien beizutragen haben. Fttr den Staat bUeben
damit als Mebraosgaben 13785000 Franken jJUnlteh. Dabei iit die
Vermehrong der RnhegehlUter, die sieb durch die Steigerang der
Kapitalauten ergeben mafe, nooh nicht eingerecbnet Ww, wie dies in
einzelnen deutschen Blfttteni geschehen ist, schliefsen wollte, dafs
der Armeeausscbnls an eine Herabsetzong der OnrchflchnittestMrke
durch die zweijährige Dienstzeit dächte, mols nach dem Berteanxscben
Bericht wohl seine Ansicht ändern. Mit elf Jahrgängen Beserre ist die
französische niobile Armee in erster Linie wohl etwas älter, aber dnrcli-
auB nicht schwächer als die ansenge. Das darf man nicht yergessen.
Während die Schweiz unter Vermehrnng der Zahl ihrer Batterien (Vsi hntz 91
anf 72 sich entschlossen hat, die kriegsstarke Batterie ans ?ier Ge- Giiedeniiig
schützen znsammenzasetzen, brachten jüngst einige deutsche Blätter der kriegs*
die Nachricht dals man in Frankreich einesteils Anderangen am ^Jjjj^
Geschütz 97 bewirke, andernteils die kriegsbereite fahrende Batterie
nicht mehr mit vier, sondern mit sechs solchen Geschützen in das
Feld sende, FrauzösisThc Facbhlätter haben eine derartige Nachricht
zwar noch nicht gebracht, das t rkl in sich von selbst, wir halten sie
aber ans mehreren Gründen nicht für unwahrscheinlich. Die Ände-
rungen am (losrliiit/, durften sich auf die Lalrttni hr/ieben und an-
streben, diese zu erieichttMii, durch Armkr.ift Itichter beweglich
und die „abattuge", Verjiiikcrung am Boden, unnötig zu machen, wm
allerdings Änderungen im Aufban des Schielsgerüstes bedingt. Die
Ausstattnno: der aul Kriegsstjirke gebrachten Batterien nicht mehr
mit vier, sondern mit sechs Geschützen durfte, obwohl das Reglement
vom 8. Juni 1903 sich anf der viergeschUtzigeu Batterie auf-
baut, folgende Krwägungen zur Grund läge haben. Man hatte in
Frankreich, als mau sich fttr die Zusaiuniensetzung der kriegsstarken
Batterie ans vier schildgeschUtzten Schnellfeuergescbtltzen, 12 Moni-
tions-, je l Vorratswagen, 1 Feldschmiede, 3 Lebensmittel-, 1 Futter-
wagen entschied, damit gerechutt, die lieutc im Durchschnitt 28 be-
tragende Zahl von Batterien der ^Vrmeekorps zu zwei Divisionen •
schon im PMeden auf 30 zu bringen, also um sieben zu vermehren.
Das kriegsstarke Armeekorps hätte dann 120 Geschütze ins Feld
gebracht. Mittlerweile hat sick aber ergeben, dafs man bei
der kentigen Stftrke der Bekrntenjäkrgänge und namentlicb
auch bei zweijähriger Dienstzeit nioht den erforderlicken
JikiklohM n? II* «MtMiM Ahm* HariaSk H«. IN. 49
Digitized by Google
732
UnaoluiQ.
Ersats fttr 7X10 = 138 neue BatterieD des Friedensstandes
finden ond anch von der VolksTertretang die Melirkoeten für die
Veimehraog der Batteriesahl am V4 kiaim errelehen weide, je sieben
flUr sofortige Verwendung in erster Linie branehbare Batterien bd
der Mobilmaehnng aber kamn aafskellen kann. Mit 4 X 23 92
Geechtttien fttr das Aimeekoips, 144 dentaehen, snmal wenn anob diese
Bobrrfleklanf ond Sebatssebilde anfwdsen, gegenüber m treten, bat
man denn doeh woM nioht fttr sweekmilaig geludten. Vqd Einflnfr
tat vieUeioht ancb die firwfigang gewesen, dafe eine Batterie zu Tier
Ctesehtttsen, bei weleher ein solehes kamplnnflüiig wird, '/i ^'^'^
Gefeclitfletttrke verliert, eine Batterie «1 seebs nnter gletebeo Ver-
biUtDiflsen aber nur 7f Selbetveratttndlicb wflrde man bei einer
Batterie sn sechs Geschtttzen nicht mehr drei Hnnitionswagen pro
Gesehttti unmittelbar bei der Batterie haben können, da man sonst
Batterien za 30 Falinengen erhielte. Dabei verminderten sich die
812 Sobnis pro Gesebttts unmittelbar bei der Batterie aber auch
auf 216.
Die Nachricht findet mittelbar eine Bestätigung in einer
anderen, die sich aof die Gliederung der französischen Feld-
artillerie in Krieg und Frieden bezieht. Ein französisches Faohblatt
meldety dafs man naeb längeren Beratangeo im KriegsmiDisteriam
zu dem Ergebnis gekommen sei, im Frieden beide Feldartülerie*
regimenter des ans 2 Divisionen zusammengesetzten Armeekorps den
Dirisionen za anteistellen. Heote ist bekanntlich das frohere Divisions-
ertUlerieregiment zu 12 Batterien in 2 Halbregimenter za je 6 Batterien
in 2 Abteilungen geteilt und den Divisionen auch im Frieden schon
unterstellt, das Korpsartillerieregiment von meist 11 Batterien, das
dem Artilleriegeneral des Armeekorps unterstellt geblieben, abgesehen
von den Herbstttbungen, von der Verbindung mit der Infanterie ge-
trennt, nicht dauernd in der Lage, sich mit dieser Waffe einzuleben, wie
diea das innige Zusammenwirken auf den Gefechtspark verlangt
Gerade mit Rttcksicht aui möglichst gleiche Unterordnungsverhältnisse
im Frieden und Krieg, und auf das Einleben mit der Infanterie bat
man aber in Frankreich die Zerlegung des Divisionsregiments in 2
Haibregimenter vorgenommen. Mit diesen Halbregimentem hat man
nun nach vielen Kicbtongen hin wenig gute Erfahrungen gemacht
' Sie in YoUregimenter umzuwandeln, d. h. 20 nene Regimentsstibe za
sebaffen, hält der Kriegsminister ans Rttcksicht auf die Mehrkosten
Air untunlich, noch weniger ist eine Vermehrung der Zahl der
Batterien auf 30 zu 4 Geschützen flJr das Armeekorps, Gliederung
in 4 Regimenter pro Korps, also Schaffung von 20 neuen Brigade-
und 40 neuen Begimentsstäben zulttssig. Die Unterstellung ontei
UmMhao.
738
die Divisinnen im Frieden will man aber auch nicht aufgeben, viel-
mehr aui das hishprifro Knrp?nrtillerieregiraent ausdehnen. Die Ent-
scheidung' ist d iht r, nach dtMn franzf)sisehen Fachbiatt, dahin gefallen,
jeder Division ein Kegiment schon ita Frieden zu Uberweisen. Bei
der Mobilmachung soll jedes der beiden Regimenter mit Stab und
8 Battt rit n bei seiner Divisinn bleiben, für das bei der Mohümachnn^
erst zusanioienzustcllendc Korpsregiment zu 7 — 8 Batteritn aber
1 — 2 Abteiliiii^'eii aljizcheij. Dem Nachteil der Bildung des Kurps-
regiroents erst bt i der Mobilmachung .stehen zweifellos Vorteile gegen-
tlber, näiiiiich i. dal's man auch die bisherige Korpsartillerie dauernd
mit der Infanterie in denselben \ t rband. also in dauernde Verbiutiung,
bringt, 2. dafs die Divisionsartiilerie im Kriege stärker. 3. die Korps-
artillerie handÜL'her wird. War ein Korpsregiment zu 11 l'>atterien
bisher za 4 Geschützen im Kriege mit 44 Geschützen ein immer
noch übersehbarer Körper, so wird diese Ubersicht bei 11 Batterien
zu 6, zusammen 60 Geschützen, ausgeschlossen. Ein Korpsregiment
zu 7 X ^> = 42 oder 8 X 6 = 48 Geschützen kann noch übersehen
werden. Die Divisionsartillerie wächst zu 8 X 6 = 48 Geschtltzen
für jede Division aus, was ia Frankreich uiU Kücksicbt auf die Aus-
stattung der deutschen, ja bald auch RohrrUcklaufgeschütze führen-
den Divisionen and anf die in Frankreich beliebte „Ökonomie der
Krftfte" als wünschenswert bezeiebnet wird.
Ein jtlDgst bekannt gewordenes Rnndscbreiben des Kriegs- Befugnisver.
ministers bringt eine weitere Verteilung der Befugnis der höheren ^ü^'^Ä-
Befehlshaberstellen. Eine zu starke Beschränkung der Befugnisse
auf die kommandierenden Generale schädigt, nach dem Rundschreiben,
die rasche Erledigung schwebender Fragen, zuweilen werden auch
Entscheidungen erfolgen müssen, ohne Beangenscheinigung der ört-
lichen Verhältnissp. Das Ansehen der Divisions- und l'ri^^ide-
kommandeure kann Schädigungen erleiden. Die kommandierenden
Generale sollen daher den unterstellten Generalen soviel (von Ge-
richtsbefugnissen abjL^est iien) von den ihnen bis jetzt allein zustehen-
den Befugnissen übertragen kimnen, als es dienstlich wünschenswert
erseheint, siie können sie auch mit Besichtigung bestimmter Dienst-
zweige beaoftragen und ergibt sich dazu der Kreis von seltjst, indem
man gesetzlich den Korpsbereicb in „Sabdivisionen" geteilt hat, deren
Zahl deijenigen der Inlanterieregimenter entspricht, ftlr die Dinsion 4,
Brigade 2 usw.
Ein ErUtfo rom 22. April errichtet eine neae Saharakomp agnic Sahara
in Beni-Abbei und zwar mit Hilfe von Eingeborenea, die zum Teil^o°»P««^®*»
auf Pfeiden, loin Teil auf fieitkameeleD beritten gemacht werden,
49*
Digitized by Google
734
Utantor.
zum Teil auch zur Bedieuuug der üeschtttee bestimmt sind, welebe
die Kompagnie erhält.
Hilitlirätzte. Präsident Lonbet hat nnterm 15. April das Ton Senat and
Kammer genehmigte Gesetz in Kraft gesetzt, nach welchem die
Armee in Zukunft 3 Generalstabsär/tf». 14 Gtiieralär/.te 1., 42 11.
Klasse, 60 GenerHlobprärzte, 540 OlM rstabs-, 510 Stabsärzte, 400
Ober-, 100 Assistcuzärate, zusaniinen 1475 Arzte zählen soll.
Marine. Am 30. April ist in Brest das Lioieoscbiff „Dömocratie'' vom
ätapel gelaufen. 18
Literatur.
I. Bücher.
Die Ansbildattg der InftmCerie. Zweiter Teil: Die FruhJahnperiode.
Zeitgemärse Erörterungen gemftfe den Anforderungen des beutigen
Gefechts und den Veränderungen im sozialen Leben. Preih. von
MeorRcheidt-HüUessom . General der Infanterie a. D, Berlin
1904. K. S. MiUlor <t Sohn.
Di'i' vorliefjende zw cito Teil soll auf der im ersten für die
Einzelausbildung der Rekruten und für den Dienst der alten Mann-
schaften im Winter geschalienon Grundlage die kriegsgemäfse Aus-
bildung der Kompagnie und des Bataillons fördern. Dabei wird der
Nachweis beabsichtigt, dafs mit einer solchen Ausbildung die Parade
sehr wohl vereinbar, ohne dafs fQr Paradezwecke eine besondere
Schulung erforderiich sei.
Wir wollen zunächst betonen, dafs es sich nicht nur um die
Prübjahrspcriode. wie dies der Titel angibt, handelt, sondern um die
ganze Zrii von Einstellung der Kokruten in die Kompagnie bis zu
den Herbstübungen. Mancherlei gehört auch l)ereiis, wie Verfasser
dies selbst zugesteht, in den dritten Teil, was bchon im zweiten Er-
wähnung fand, wie z. B. das Biwak. Wiederum andere Abschnitte,
wie Offizier- und Unterofflsier-Pelddienstflbungen, beziehen sich auf
das ganze Jahr. Immerhin ist es von Interesse, auch liierflber wie
im besonderen Uber Besichtungen ein kompetentee Urteil zu hören.
Wir möchten vor\vc<r bemerken, dafs wir in diesem Teil aufoer>
ordentlich viel geAinden haben, was selbst Hlr dei^enigen mustergültig
Digitized by Google
Litomur.
785
sein wird, der noch auf dem bisherigen Standpunkte steht, dafs fUr
Paradeswecke eine besondere Scbiiluiig erforderlich sei.
Im Grunde steht ja auch der Verfasser auf dem altpreu&iseheu
Standpunkte, dafs ein gewisser Grad von Paradedrill neben dem kriegs-
mafsigen erhalten bleiben mfisse. Wir meinen nur, dafs er doch
darin vielleicht ein weni^? zu weit geht, wenn er z. B. sagt:
^Die Kompagnie, die in allen ihren Gliedern nach diesen (nämlich
den von ihm aufgestellten Grundsät7en) ausgebildet ist —
deren Parademarsch mag ausfallen wie er will — steht
auf der Höhe der äiLuaüun etc., vermutlich wird sie aber auch
im Parademarsch nicht versagen.'*
Wir glauben nicht» dafs ohne fortgesetzte Übung, die doch ffir
jede Fertigkeit erforderttch ist, der Parademarsch cur Allerhöclisten
Zufriedenheit ausfallen kann, und dafs es nicht gleichgOltig ist, wie
er ausfällt.
Aber auch wir stimmen der Ansicht voll und ganz zu. dafs Parade-
zwecke nicht die fillein wichtigen der Ausbildung sind; vielmehr gilt
die Hauptarbeit denjenigen Dingen in erster Linie, die wir für den
Ernstfall brauchen.
Beides ist sehr wohl zu vereinigen. Wir meinen darum, jede
Gefechtsübung sollte stets, nicht wie der Verlksser sagt „atlenfalls"
mit einem Parademarsche enden, der sich, und sei es in der Marsch-
formation in jedem Gelände ausführen läCsi und dazu geeignet ist, die
Truppe sum Sohlufs eines solchen Gefechts wieder in Haltung zu
bringen.
Wir stimn:''n dem zu. dafs „Richtung nach Points, Reilienmarsch,
AI tu i ( lit 11 des Zuges im Tritt und Kompagniekarree entbehrlich sind
und duls der Hauptwert auf die Geschlossenheit und Beweglichkeit
der Kompagnie in den Formationen zu legen ist, die wir im Gefecht
brauchen.
Beim Bataillon verlangt Verfasser, dafs es ,in der Hauptsache nicht
mehr exerziert, sondern geübt werde.* Solange wir das jetzt gültige
Exerzierreglement besitzen, werden wir wohl auch das Bataillon exer-
zieren müssen ; zugegeben sei aber auch hier, dafo es zweifellos fehler-
haH ist, hierin zu viel zu verlangen.
Bevor der .Vbschnitt der eigentlichen Fruhjahrsperiode seinen Ab-
schlufs findet, befürwortet Verfasser eine Erhohingszeit der Mannschaft.
„Der Mittwochnachmittag mufs der MannschalL grundsüLzlich frei-
gegeben werden.** Abgesehen davon, daÜs solche Pordemng sich
praktisch als undurchführbar erweist, sind wir gegen solches „Frei-
geben** überhaupt. Als Belohnung nach besonders guter Besichtigung
gebe man den Leuten einen Nachmittag ganz frei, sonst nicht.
Im „Sommerdienst" finden wir den Wunsch ausgesprochen, das
Gruppenschliefsen der alten Mannschaften in die Winterperiode zu
verlegen. I>em steht durch die Schiefsvorschrift nichts im Wege;
praktisch hallen wir diese Mafsregel nicht, denn die Leute werden
Dlgltized by Google
786
Literatur.
dann bis sum Zugsohiefsen im Sommer auf dem Obungsplatse Ober-
haupt nicht mehr im Abtoilungsachielaen geübt Wir halten es auch
nicht für gutk einen Rekrutonzug sum Schiefsen zu formieren; in
dieser Periode mflssen beide Jahrgfinge auch in diesem Dienstzweige
bereits eng mit einander verschmolzen sein.
Im Pclddicnst ist von dem „Pikett" die Rede, dieser Ausdruck ist
in der F.-O. durch „Vorpostenkompagnie etc.'* ersetzt Audi kennt
die P.-O. nur Infanterifpatrouiiien über die Postenkette und solche
innerhalb derselben; die früher gebräuchlichen Bezeichnungen:
Schleich-Visitierpatrouillen und PaU^uillen zu den Nebenfeldwachen
sind danach in Wegfall gekommen.
Verfitsser hfilt die Berichte Aber OfBzierQbungen innerhalb dee
Begimenta fQr entbehrlich. Wir mochten glauben, dafs die Anlage
der Übung einer Besprechung, mündlich oder schriftlich gleichviel,
zu unterziehen sein wird; es bedarf dazu eines Berichtes nicht. Wohl
aber sollte nach jeder Übung ein Gefechtsbericht erfni dort werden,
wio soirbp P.-O. 74 näher erklärt; sie werden im Ernstfalle von
höciisieiii Nutzen sein, bedürfen also auch im Frieden .stetiger Übung.
Den Wunsch des Verlassers, Besichugungen sollten ein für alle
Mal in den Ezerziergarnituren stattfinden, können wir nur auf solche
im Qelftnde besohrinicen. Ein Besiohtigungstag im formalen Bzer-
zieren soU auch eine Prüfung dafQr sein, in welcher Weise der Soldat
dch auch in seinem Äufseren zeigt; auch wird solcher Tag, an dem
ein jeder sein Bestes tut, um zulHedenzustellen, nicht dadurch gehoben,
dafs die Leute in ihren Alltagsgarnituren erscheinen.
Wenn wir vorstehend einige Punkte anführten, in denen wir nicht
mit dem Verfasser übereinstimmen, so sei doch nochmals betont,
dafs wir gerade diesem zweiten Teile der Arbeit besonderen Wert
beimessen.
Zweifellos wird sie .dazu beitragen, die Ausbildung unserer stolzen
Waffe auf die höchste Stufe kriegerischen Wertes su stellen". 68.
Sammlung praktischer Winke für den Infantericschiersletarer von
Meyer, Hauptmann und Kompagniechof im 11. Königlich
Sächsischen Infanterieregiment No. 139. Berlin 1901. Yossische
Buchhandlung. Mk. 1,60.
Es ist immer erfireulich. eine Stimme zu hören, die eine echt
infanteristische Meinung verlriLu HaupLuiann Meyer spricht sich ent-
schieden fttr die Pflege des Genausohusees aus. Das ist ein Seichen
sehfltzenmftlsigen Denkens. Ballistiker, in denen das Gefühl fflr das
praktische Schiefsen vielleicht nicht immer sehr lebendig ist^ legen
allerdings der Präzision des Schusses eine nur „erzieherische" Be-
deutung bei. Sie versuchen, für ihre Ansicht rechnerische Nachweise
zu erbringen. Dabei lassen sie jedoch wichtige Faktoren, die sich
raathematischer Passung entziehen, aufser Betracht, so dafs ihre Hewois-
führungen und SchluTslolgerungen nicht selten lückenhaft und teilweise
Digitized by Gooqlc
Literatur.
737
laiäch sind. Hauptmann Meyer iührt aus, dals dem Genauschufs ein
sehr realer Kampf wert zukommt. Er hat Recht Abgesehen von den
Erwägungen, die er anstellt: eine tfiehtige Infonterie eikfimpft die
Bntseheidang des Schlaebttages auf den Nahentfemungen. Je nfther
aber sie dem Gegner kommt, desto bedeutungsvoller wird treflklcheres
Schiefsen des Einzelnen. Die englischen OfBsiere brachten, um nicht
ein sicheres Opfer der burischen Qesehosse tu werden, ihre Grad-
abzeichen rückwärts an den Uniformen an; von vorne, dem Foinde zu,
unterschieden sie sich in nichts von den übrigen Scliiitzon. Schon im
Jahre 1870 drängte sich mir die Tatsache auf: dafs gerade in den
schwierigsten und entscheidenden Momenten des Kampfes der „vor-
zügiiche" Schütze mehr giit, als der nur „mittlere". Ja, sclion bei Jena
hatten die prenfsischen Offiziere durch die SteinschloJsgewehre der
französischen Tirailleure schwer zu leiden.
Hauptmann Meyer zieht die Konsequenzen aus der WertscbStzung
des Qenauschusses: er ist, zumal im Hinblick auf unsere Ausbildungs-
verhiltnisse, für ein grundsätzlich ruhiges Tempo des Schiefsens und
ist, wie es scheint, kein Freund des Drills. Sein Büchlein verfolgt
den besonderen Zweck, ..für die Schiefsausbildung eine Anzahl viel-
leiciu nocii nicht allerwärts bekannter Kunstgriffe zur Kenntnis eines
gröfseren interessenkreises zu bringen." „Er will dem Schüler das
Schiefsen durch möglichste Abwechslung und Anschaulichkeit so nahe
wie möglich bringen, um in ihm Liebe zur Sache zu wecken und zu
erhalten."
Zu diesem Behufe klirt Heyer den Mann Uber den Zweck der
Anordnungen der SchiefsvorsehHft auf und verwendet eine grSlsere
Anzahl von Geräten nach seiner Konstruktion, die die Unterweisung
im Zielen, im Abtommen usw. erleichtem und befestigen sollen. Er
spricht in seiner Schrift auch über den Munitionshaushalt, bringt
Übungen zur writoren Ausbildung in VorschlaL' vnd behandelt endlich
noch die wichiigt- Kunst des Entfernungsschätzens.
Das vorliegende Büchlein wird vielen eine dankenswerte Hilfe in
dem so schwierigen Schiefsunterricht sein und darf dem näheren
«Interessenkrelse" aul das beste empfohlen werden.
Reisner von Uchtenstem.
EliifGhrung in die HilitürstrallKeriehtsofdBUg. Handbuch fflr
Offiziere. Militärjustizbeamte. Verteidiger etc. von Professor Dr.
Julius Weiffen bach, Senatspräsident beim Reich-^miÜtärfrericht,
Berlin 1904, E. S. Mittler k Sohn, ist nunmehr in dritter er-
weiterter Auflage erschienen.
Das in der I'raxis bereits riihinlich bekannte iiuch bietet eine
systematische Darstellung d<'s liilialts der MilitärstratVerichtsordnung
mit Beifügung der Ausführungsbesimiuiungen für Heer und Marine,
der Begründung des Entwurfs des Gesetzes, der Reichstagskommissions-
beschlösse, des Reichsmilitäigesetzes, der Heer- und Wehrordnung,
Digltized by Google
738
JMmtar.
sowie des Reiehsbeamten- und RichterdiszipliDSfgeeetees. Ohne kom-
mentatorische Weitläufigkeit sind bei den einzelnen Bestimmungen der
Militilrstrafgerichtsordnung kurz© Erläuterungen und Bemerkungen an-
geffigt, welche Hinweise teils auf die entsprechenden Vorschriften der
bürgerlichen Strafprozefsordnung, teils auf die Rechtsprechung dm
Reichsniilitärgerichts und Reichsgerichts enthalten und zur Behebung
von Zweifeln und zur praktischen Handhabung sehr dienlich erscheinen.
Diesem Zwecke entspricht auch die Beifügung einer Zusammenstellung
der Rechtsprechung des ReichsmÜitärgeriehts und der neueren be-
merkenswerten Entscheidungen des Reiehsgeriohts als Anbang zu
dem Buche.
Berficksichtigung hierbei haben gefunden die vier BSnde der Ent-
scheidungen des Reichsmilitärgerichts, die fünf Prfifungsergebnisse
dieses Gerichts und Ji6 Bände der Entscheidungen des Reichsgericht?.
Ein sehr genau und umfassend bearbeitetes Sachregister dient einer
raschen Aufßndnnp der einzelnen Bestimmungen
Das Buch kann somit als ein praktisches und zuverlässiges HiUs-
mittel zum Studium und bei Handhabung des Gesetzes bestens em-
pfohlen werden. End res.
Hilitiriaeh-poUtiBelie Gesohiehte des Befrelugskrleges im lahrs
181t. Von Prhr. d. Osten-Sscken und v. Rhein. Band IIa.
Der Prtthjahrsfeldsug, Orofs-Qftrsohen. Vossisehe Buch>
handlung. 1904.
Ein Werk des Herrn Oberstleutnants Frhr. v. d. Osten begrülse
ich st«'ts mit CTnfstor Freude, ist der Herr Verfasser doch tür die Zeit
des Heireiungski ieges eme anerkannt erstklassige Autorität. Es dürfte
\vi 11 wenitre deutsche Offiziere geben, die dem Hen-n v. d. Osten den
Ruhm bUciLig machen kunalen, am tiefsten in die inneren \ erhal missen
der napeleonisehen Armee jener Zeiten eingedrungen zu sein.
Zahlen sind den bei weitem meisten Menschen ein noH me tangere^
sie schrecken vor ihnen zurück, wie der harmlose Wanderer vor einer
Giftschlange. Herr v. d. Osten beherrscht das weite Gebiet der
Statistik in vollendeter Weise, spielend findet er sich darin znrecht,
spielend bringt er dem Leser klare und richtige Bilder, und nur der
Kenner weifs. welche riesenhafte Arbeit vorausprepangen sein mnls.
um das gewaltige Material der Zahlen in so meisterhafter Form dem
Leser darbieten zu können.
In der Tat, Herr v. d. Osten versteht zu arbeiten, ihm ist die Arbeit
ein Genufs, wie allen fleifsigen Männern. Dafs es ihm leicht wird,
unter solchen Umständen seinen Lesern einen grofsen Qenufs su Ye^
schaffen, ergibt sich ganz von selbst. Schade nur, dab die VerlagB»
buchliandlung den Druck der erläuternden Pufsnoten so entsetilich
klein und für die Augen so anstrengend gestaltet hat Könnte in
Zukunft hier nicht gröfsere Rücksicht auf die Selikraft der Leser vo^
walten?
Digltized by Go
LiMtnr.
739
Band IIa hat folgenden Inhalt:
Erstes Buch: Einleitung.
Zweites Buch : Die Ereignisse an der unteren Elbe
Drittes Buch: Möckern.
Viertes Buch: Wittgenstein und der Vizekönig in der Zeit vom
6. bi8 26, April.
Fünftes Buch: Blücher und die liauptarniee in der Zeit vom 6. bis
2b. April
Sechstes Buch: Die IransQsisohe Hauptannee in der Zelt bis zum
35. April.
Siebentes Buch: Das Vordringen der Franzosen Aber die Saale.
Achtes Buch: Grofs-Görschen.
Neuntes Buch: Der Rückzug: der Verbündeten hinter die Elbe.
Auf den Inhalt des Werkes näher einzugehen würdp falscli sein,
man mufs es eben selbst lesen. Ganz besonders warm empföhle ich
das achte Kapitel, in dem Herr v. d. Osten zeigt, dafs er die Taktik
ebenso beherrscht, wie die Statistik. Gute Pläne und klare Skizzen
erieichtem wesentlich das Verständnis. Ich wfinsche den weiteren
Fortschreiten des verdienstvollen Werkes den Erfolg, den es verdient,
er wird und kann nicht ausbleiben.
Hermann Kunz.
moht Rede — aber Fehde wider die ^ozialdenokrmtle. Von A.
V. Boß'uslawski, Berlin. Hermann Walther.
In seiner bekannten frischen und schlagkräftigen Redeweise be-
trachtet der vielbewährte Verfasser die innerpolitische Lage und die
Zustande, wie sie sich durch den Terrorismus der Sozialdemokratie
entwickelt haben, und beiürwortet die Notwendigkeit, den Kampf gegen
sie mit Taten, nicht blofs mit Worten zu fahren.
Dem Verfasser auf das politische Oebiet zu folgen ist nicht die
Aufgabe einer milit&rischen Zeitschrift. Daher zunftchst nur einige
Bemerkungen zu dem Kapitel: „Vom Heere." Da wird am Eingang
die Frage gestellt: „Ist unser Heer noch des grofsen Kaisers Heer,
noch das Heer von 1866 und 1870/71?** Die Antwort, die der Herr
Verfasser in seinen darauf folgenden Ausführungen gibt, ist kein un-
bedingtes Ja, noch weniger aber ein pessimistisches Nein. Die
Gefahr, dafs es abwärts gehen kann mit dem Geist des Heeres, ist
vorhanden; aber noch ist es Zeit, dieser Gefahr zu begegnen — vldeant
consules! Ernste Qef)Bihren bringt die Unterwühiung des Heeres durch
die Sozialdemokratie, ernste Oefkhren die übelwollende und mafslose
Kritik von unliebsamen Vorgängen im Heere, wozu sich noch die
bösen Tendenzromane und die fast noch schlimmeren Bühnenstücke ä
la „Zapfenstreich** gesellen. Was der Verfasser tiber die PSlle
Mörciungen, Marten, Hüssener, Breidenbach usw. sagt, kann man fast
ausnahmslos unterschreiben. Dafs der Hilsu-Roman ein Pamphlet ist,
hat neuerdings sogar ein recht verslündigcr Artikel in der sonst sehr
chauvinistischen „FVance militaire** ausgesprochen.
Digitized by Google
740
litanter.
Wenn wir dem Herrn Verfasser fast überall beisiimmeo, ^ mvkhieD
wir unsererseits noch besoodeis betonen, dele onsar dentselies OlBte«-
korpe angenehte der von General ▼<« Boguelawsld so eingehend und
drastisch geschilderten Zustande die Anfgnbe hnt, nnch seinerseits im
Kampf gegen den Umsturz mitzuarbeiten, nicht im öffentliclien Leben,
nicht in der Presse, wohl aber bei der jetzt um so viel sohwenr und
wichtiger gewordenen Ersiehung des SoldateD.
0. P V S
Kriegfiihninjr lieprweseu und yateriändi>t hn Kriegsgeschichte
Zehn Vortrage, gehalten in d^n Räumen der Gehe-St-ftung auf
Veranlassung der wissenschaftlichon Leitung derselben von
Moritz Exner, Oberstleutnant z. D. und Vorstand des Kriegs-
ArchiTs. Mit 6 lithographischen Karten. Auf vielseitigen Wnnseh
dem Druck Qbergeben. Der Reinertrag kommt Invaliden und
Peldsngsteilnehmem sngute. Dreaden-N^ C. Heinrich. IMS.
TMe Vorträge wurden vor einem gebildeten Publiiram der sSchsi*
sehen Hauptstadt gehalten. FVei von Partikularismus und voller Sym-
pathie für das neue deutsche Reich und seine Streitmacht wenden sie
sich doch zunächst an die Bewohner des Königreichs Sachsen.
Die ersten fünf Vorträge, welche über die Bedeutung der nationalen
Wehrkralt, die Entwickelung des deutschen Heerwesens von 1822 bis
jetzt, über Ausbildung and Kriegführung, über materielle Kriegsmittel,
endlich Aber des fransSeisehe und über das russische Heer orientierende
Überaichten und Mitteilungen bringen» sagen swar dem militirischen
Leser wenig Neues, sind jedoch wohl geeignet» diejenigen Leser in
belehren und aufzuklären, die gern über militärische Dinge mitreden,
obschon ihre I Vteile nach Bismarcks Ausdruck «durch keine Spur von
Sachkenntnis getrübt" sind.
Die zweite Hälfte der Vorträge ist ausKchliofslich dem sächsischen
Heer gewidmet und dürfte für alle Kameraden der deutschen Armee
interessant sein. So der Vortrag über die Entwicklung des sächsischen
Heerwesens von seinem Ureprung bis sur Gegenwart, die Danteilung
der Feldsflge seit 1683 bis 1815. Sehr kurs susammengefalst Ist die
BrzShlung der Ereignisse von 1849 und 1866, etwas ausfOhriicher die
Anteilnahme des sächsischen Heeres am Kriege gegen Frankreich
1870/71 geschildert.
Bei der Darstellung der Dresdener Maikfimpfp 1849 hätte wohl
dem heldenmütigen und besondei"s erfolgreichen Kingreifen des
Füsilitirbataillonä Alexander eine eingehendere und anerkennen-
dere Würdigung zuteil werden können.
Die den Peldsugschilderungen beigegobenen Kartensidssen voran*
schaulichen durch graphische Darstellung die Bewegungen der
sachsischen Heeresteile.
Die Vorträge des klarblickenden und wohl unterrichteten sSchsischen
Offiziers sind ansprechend und lesenswert.
G. P. V. S.
Digltized by
Utontur.
741
Der Küsteiikric^, Von Sigmund M ieü chhofer, Hauptmann im k.
und k. Festungs-Artillerie-Regimönt Nr. 4. Mit 25 Textabbildungen
und 1 Ökizze als Beilag^e. Wien, Seidel & Öohn. 1903. Preis
6 Mk.
Der Verfasser hat in vorliegendem Buche seine bekannten Slteren
Arbeiten einheitlich susammengefafsi and damit das erste «isammen-
hängende Werk deutscher Sprache Aber KQstenbefestigung geschaffen.
Bs wird deshalb überall willkommen geheifsen werden. Er bespricht
im ersten Teil Angriff und Verteidigung eines Kriegshafens, im zweiten
Landungen und deren Abwehr in allgemein verständlicher und das
Ubermafs technischer Einzelheiten vermeidender Weise.
Aus dem reichen Inhalt will ich wenige l^uukie herausgreifen,
weiche einigen Zusammenhang haben mit Fragen, die neuerdings in
diesen Blfittem angeschnitten wurden. Der Ldwenanteil bei der Ver-
teidigung eines Kriegshafens (Sllt der AftUlerie zu» da der Nachdruck
noch melir als bei der Verteidigung einer Festung darauf zu legen ist,
den Gegner, d. h. die feindliche Flotte in möglichster Perne zu halten,
und da seine Ofiensivmafsregein, wie die Erkundungen und Versuche
zum Abräumen der Hindernisse auch hauptsächlich durch Artilleriefeuer
zu bekämpfen sind. l>pm Puell, dafs der Angreifer durch den Beginn
einer Beschiefsung der Kusienwerke anbietet, mufs von diesen jeden-
foila angenommen werden, und dies ist ein wesentlicher Unterschied
gegenflber dem Festungskrieg, wo der Verteidiger unter Umständen
vorteilhaft seine Geschtttze nicht demaskiert, sondern unberührt für
ein spftteres Stadium aul^art Bs mufs angenommen und durch-
gefochten werden, denn es soll dem Angreifer dazu dienen, die
Stellung des Verteidigers sturmreif zu machen, und die Organe,
welche den Sturm, d. h. die Forcierung der Einfahrt ausführen, sind
dieselben, weiche auch die Beschiefsung beginnen, diu gepanzerten
Schitte : deren möglichst viele noch vor dem drohenden NahangrifT
unschiidlich zu machen, ist also das Interesse des Verteidigers, und
dies ist nur durch einen erfolgreich durchgeluhrten Geschützkampf zu
erreichen. «Diese Aufgabe erfordert die Ausübung einer mächtigen
Wirkung** sagt Mielichhofer. „Die Wirkung ist nun ein Resultat der
Bnergie des einzelnen Projektils und der Masse der Geschosse, welche
das Ziel treffen, und nachdem bei einer nach Anzahl und Kaliber
bestimmten Armierung die Energie eine feststehende Oröfse ist, so
könnte nur die Masse eine Steiperunc: erfahren. Diese kann jedoch
nur durch die Vergröi°seruug der Feuerschneliigkeit gesteigert werden,
und daraus ergibt sich die Forderung, dafs in diesen Momenten des
ivampfüs bei allen Hauptgeschützen die gröüstmögUche Feuerschnei lig- v
keit angewendet werden mufs.**
Ans dieser starken Aetonung der Feuergeschwindigkeit ist un-
mittelbar zu folgern, dafs nach PeststeUung der GeschQtzarten und ihrer
Kaliber ihre Laffetierung und Aufstellungsart von der gröfsten Wichtig-
keit ist Da nun die Aufstellung in Panzertürmen schon an und für
Dlgltized by Google
742
Literatur.
sich eine gröfsere Feuergeschwindigkeit gestattet, der für Bedienung
und MuTiitionsversorgung gewährte Schutz aber auch die Gewähr da-
für übern Hl Jini, daXs ihre vollständige Ausnutzung nicht gestört werden
kann, so Hegt der Vorteil der Panzerung für die KflstangeschütEe auf
der Hand. Mielichhofer will deshalb alle acliweren Oeschütze, wenn
die Batterien niedriger aJa 60 m Uber dem Meerosflpiegel liegen, panaern.
Die gegen ungepanserte oder schwaohgepanserte gröfsere Schiffe wir-
kenden mittleren Kalibers will er flberliaapt niohi höher als 20 m über
Wasser stellen und immer panzern; die gegen kleine Fahrzeuge
wirkenden 5—7 cm Schnellfeuerkanonen sollen in Einzelpanzern tief
am Strande stehen. Es bleiben danaeh nur die in gröfserer Höhe
ihren Standort findenden schweren Kanonen und die Steil feuergeschütze
für die Aufstellung: in offenen Batterien übrig. Dies ist dasselbe Er-
gebnis, zu dem ich in meinem Aufsatz ^Der heutige Standpunkt der
Panserbefeetigung" gekommen bin.
Des Weiteren verlangt die Sicherstellung dm- gröfetmögjichen
Feuergeschwindigkeit so zahlreiche Krttfte, dafs durch hinreichende
Ablösungen einer Überanstrengung vorgebeugt wird, woraus <Ue Not>
wendigkeit folgt, für die Geschütze der offenen Batterien ebensogut als
für die der Panzortürme dreifache Ablösung in Rechnung zu stellen,
und dies umsomehr, als sie durch das feindliche Feuer viel mehr Ab-
gänge haben werden. Da nun, wie ich nachgewiesen habe, die ge-
panzerten Geschütze des erleichterten Munitionsersatzes wegen weniger
Bedienungsmannschailen brauchen, als die der offenen Batterien, er-
fordern letztere eine stärkere Artillerietruppe, und wenn man in Er-
wägung zieht, dafs diese nicht wie bd der Armee ftlr Zwecke der
Festungen erst im MobÜmaehungsfalle auf die erforderliche StMe
gebracht werden, sondern nach Möglichkeit im Fdeden schon bereit
gehalten werden mtifs (vergl. S. 251). um ebenso rechtseitig zur Ab-
wehr bereit zu sein, als die feindliche Flotte aufzutreten vermag, so
kann man sich der Ansicht nicht verschliefsen. dals die Ersparnis an
Truppen die Mehrkosten der Geschützpanzer wohl aufwiegen möchte.
Krlbrdern doch sechs lö cm Kanonen in oflener Batterie bei dreilacher
Ablösung 252 Mann, dagegen vier derartige Rohre in Panzern nur
108 2dann Bedienung, und letztere vermögen in der Minute 32, jene
sechs nur 80 Schüfe abzugeben.
Bei Betrachtung der einzelnen Angriffsarten und Aktionen kommt
der Verfasser su dem Ergebnis, dafs alle Fortschritte, welche in
maritimer und artilleristischer Beziehung in jüngster Zeit gemaclit
worden sind, weit mehr dem Verteidiger als dem Angreifer zum \ot-
teil crereichen, dafs die Angriffsmittel hinter den Mitteln der Verteldi-
iriiiiL'- zuriickfjeblieben sind, und dafs deshalb Unternehmungen gejren
i\ustenbefei»tigungen nicht von der Flotte allein durchzuführen, sondern
durch einen Angriff von der Landseite, also durch Landungen zn
unterstützen sind, dafs sogar in den meisten Fallen der Angntl zu
Lande die Haupt-, jener zur See die Nebenaktion sein wird. Freilieh
Digltized by Google
Literatur.
743
setzt er hierbei vollkommen modern erbaute und ebenso eingerichtete
KriegBfaifen voraus, und die in dieser Beziehung von ihm gestellten
Aniorderungen möchten doch in recht vielen Fällen auch nicht an-
nfthemd erfüllt sein. Das Buch ist deshalb geeignet, zu einer ernst-
haften Prüfung unserer Küstenbefestigungen anzuregen. Sein Studium
kann auch den Offizieren der Armee nur dringend empfohlen werden.
Frobenius.
Ueneral GoTone, Die italieuiscli-prcursischen Kezieliungen und die
Schlackt bei Custoza 1SG6. Aus dL-m Italienischen von
V. Bruchhausen, Major a. D., Berlin 1904, Vossische Buch-
handlung.
Die vorliegende Übersetzung bringt einen Auszug aus dem in
Turin bei Pres. Casanova erschienenen Werk: „Ii generale Giuseppe
Qovone", welches der Sohn des Generals aus dessen Nachlafs an Auf-
zeichnungen, Tagebüchern, Briefen, Berichten und Arbeiten zusammen-
gestellt hat. Das Hauptinteresse verdienen die amtlichen Berichte,
welche als Anlage beigefügt sind.
Aus der Einleitung ersehen \\'n\ dafs Gnvone einer alten Adels-
familie entstammte, frühzeitier in den (leneraislab kam, die Kriege
1849, 1859 und 1866 in llulien, 1853—1855 in der Krim mit Au.s-
zeichnung mitmachte, besonders als Kommandeur der 9. Division bei
Custoza die völlige Niederlage der italienischen Armee verhinderte
und dafs er mehrfach in diplomatischen Missionen Verwendung fand.
1867 wird er Chef des Generalstabes der Armee, 1869 Kriegsminister.
1872 starb er, erst 46 jährig.
Bei uns ist Govone durch seine Sendung nach Berlin im Frühjahr
1866 zum Abschlufs des italienisch-preufsischen Bündnisses besonders
bekannt; deshalb ist auch der auf diese Zeit bp/ily:liche Teil des vor-
liegenden Werkes für weitere Kreise besonders interessant.
Wir entnehmen demselben die immerhin auflallende Tatsache,
dafs das tiefM:ehendste Mifstrauen die damaligen mafsgebenden
italienischen Kreise, besonders La Marmora, den Gesandten am Berliner
Hof Graf Barrai und Govone gegen Bismarck und seine Politik er-
fflUten. Idan fürchtete, dafs das italienisch-preufsische Bündnis nur
dasu dienen sollte, Österreich einsuschflchtem, ohne dafo Preufsen
selbst zum Kriege zu schreiten gedächte, in den es Italien hinein-
drangen wollte.
Und doch hatte Bismarck gleich bei seiner ersten Unterredung
mit Govone mit einer erstaunlichen Offenheit die Ziele und Wege
seiner Politik, sowie die Schwierigkeiten, welche sich ihm entgegen-
stellten, klargestellt. Nach seiner Heimkehr sciirieb Govone denn
auch „ich mufs anerkennen, dafs Herr v. Bismarck immer den Weg
gewandelt ist. den er mir am ersten Tag bezeichnet hat".
Nach Bismarck hat dem italienischen General am meisten Moltke
durch seine eiserne Ruhe und Siegeszuversicht imponiert. Govonee
lebhafte Vorstellungen, welche Oefohren die beabsichtigte Zweiteilung
Digitized by Google
744
Literatur.
der preufsischen Armee berge, machen auf Moltke gar keinen Eindruck.
Er ist sicher, die gesamte eng geschlossene österreichische Armee zu
schlagen, auch wenn die preufsischen Kräfte nicht sämtlich zur Stelle
sein sollten, damit fiele ganz Deutschland und Prankreich würde nachher
erledigt.
Erst nach Königgrätz kommt Govone darauf, dafs man die Vor-
teile des mit dem Frontalangriff zu verbindenden überraschenden
Flankenangriffs wieder in Erwägung ziehen müsse „nachdem man das
in den Kriegen des Kaiserreichs nur allzusehr vergessen habe!**
Bezüglich des Feldzugs 1 866 in Italien sollte er mit seiner Warnung
vor der Zweiteilung der Armee Recht behalten. Es fehlte eben hier
an der Meisterhand der Leitung. Im übrigen befürwortete er mit
Heftigkeit den nicht zur Ausführung gekommenen, etwas abenteuer«
liehen Plan, mehrere Divisionen zur See, ohne deren Herr zu sein,
nach Triest zu werfen.
Ende Juli 1866, noch vor der Seeschlacht bei Lissa, wurde Govone
ins preufsische Hauptquartier nach Nikolsburg entsendet, um für Fort-
setzung des Krieges zu wirken.
Tief empfand er hier denWechsel, den wenige Wochen hervorgebracht
hatten. Jetzt stand er nicht mehr dem ein Bündnis Nachsuchenden,
sondern dem glänzenden Sieger gegenüber, der mit Geringschätzung
auf den Verbündeten herabsah, welcher geschlagen und dann ganz
untätig geblieben war. Das Mifstrauen, welches Govone im Frühjahr
gegen Preufsen gehegt hatte, fand er jetzt Preufsischerseits gegen Italien
gekehrt, von dem man beim evtl. Krieg gegen Prankreich nichts
mehr als eine „wohlwollende Neutralität und eine Österreich beun-
ruhigende Haltung" verlangte.
Das Buch enthält eine Menge interessanter Mitteilungen und
wertvoller Beiträge zur Geschichte und kann nur sehr empfohlen
werden. v. Twardowski.
Studien über den Krieg von J. v. Verdy du Vernois, General
der Infanterie, 3. Teil, Strategie, 2» Heft, Operationsbasis, Berlin
1904, E. S. Mittler & Sohn.
Im vorliegenden Heft untersucht General v. Verdy zunächst, was
man unter Operationsbasis zu verstehen habe und zeigt am Beispiel
von Clausewitz und von Moltke, welchen verschiedenen Auslegungen
dieses Wort unterworfen sein kann. Er will danach eine „allgemeine"
und eine „operative oder Operationsbasis" unterscheiden. Erstere
soll nur die, ich möchte sagen, administrative Seite umfassen, letztere
wie es das Wort sagt, die operative. Erstere würde also nach unserer
Organisation in das Gebiet des Kriegsministeriums, letztere in das des
Generalstabs fallen.
Unter „allgemeiner" Basis soll nämlich das Hinterland verstanden
werden, aus welchem ein Heer im Felde seinen Ersatz und seine Be-
dürfnisse aller Art bezieht, insofern der Nachschub organisiert und
Uteratar.
745
gesichert ist, also im inathemaüsohen Sinoe eine PlSohe, während die
«Operationsbasis* eine Linie darstelle, die man sicli meistens am
Rande dieser Fliehet nach dem Feinde au, denken müsse. Beide sind
danach rftumlich von einander ttntrennt>ar.
Die »Operationsbasis** in diesem engeren Sinne ist am einfhchsten
als Frontseite der aufmarschierten oder operierenden Armee zu ver-
stehen. Sie kann mit der Landesgrenze oder mit einem rückwärtigen
grofsen Strom mit Festungen, wie dem Khein, als Verteidigungs-
linie gedacht, zusammeafailen, sie kann das Ufer wechs^^in, die Front
verändern.
Aui ihre Gestalt, wenn sie mit dem Auftnarsch der Armee Sil-
sammenfallt, Itonunt es m. B. doch wesentlich an, wofOr die Beispiele von
1866 and 1870 angeftthrt sein mögen. Die im stumpten Winkel ge-
brochene preufsische Opeiationsbasis, d. h. Auftnarschlinie, ermöglichte
den berfihmten getrennten Anmarsch mit der Vereinigung bei König-
gr&tz und 1870 war unsere Operationsbasis doppelt gebrochen, um mit
dem rechten Plilgel (I. Armee) zu umfassen, mit dem linken (III. Armee)
auß dorn Defensivflügel zur Offensive (iber7ucehen und zwar letzteres
auf ürund der von Moltke ganz ricliug verniuieten französischen Ope-
rationsbasis mit deren rechten uns flankierenden Flügel bei Strafsburg,
— In dieser Hinsicht sind Jorainis Ausführungen wenn öie auch über-
trieben bezüglich ihrer Wirksamkeit sein mögen, nicht von der Hand
zu weisen und Glausewits, welchem Verf. beipflichtet, ist wohl nur in
seiner Polemik gegen Herrn v. Bülow und dessen Winkeltheorien so
scharf geworden, dergleichen als wertloseSpitsflndigkeiten su bezeichnen.
Glausewita hat im übrigen, wie auch später Moltke dem sogenannten
geometrischen Element in der Kriegtfllirung immer besondere Auf-
merksamkeit geschenkt
Verdy beleuchtet nun an charakteristischen Skizzen der Feldzüge
von 1864, 1866, 1870/71, den Perser-Kriegen Alexanders des Grofsen,
Caesars Bürgerkrieg'), Napoleons Feldzügen in Ägypten. Syrien und
IbiS in anschaulichster Weise die Eigentümlichkeiten seiner ver-
schieden benannten Basen. Er zeigt, dafs die Rücksicht auf die
Operationsbasis die Bewegungen des Heeres awar beeinflußt, aber
nicht von sich abhängig macht, da die Basis entsprechend den
Operationen verlegt werden kann, mit und auch ohne Anigabe der
ersten Operatlonslmsis, so dafs auch gleichzeitig mehrere Basen bestehen
können.
Die „allgemeinp** Basis ist von dem Heere untrennbar als Er-
nährungsquelle, sie ist aber crmfser Aiisdehnung nach vorn zu fähig,
z. B. bei überseeischen Unternehmungen, wenn man das Meer be-
herrscht, oder im Jetzigen russisch-japanischen Krieg mit der bÖOO km
langen Sibirischen Bahn.
Bei nicht gesicherter oder gar gans unterbrochener Verbindung
1) Precis de lart de la guerre. Cap. III. Art. 18.
») Bier steht 8. 70 zweimal Antonius statt Pompejus.
746
Läteratar.
der Operationsbasis mit der allgemeineD Basis aber, wie bei den Peid-
Zügen Alexanders und Napoleons in Ägypten und Syrien, hingt die
Möglichkeit, den Kampf fortzusetzen davon ab, ob jenseits der Unter-
brechung eine neue «allgemeine" Basis geschaffen werden kann. Als
Napoleon Ägypten verlassen hatte, scheiterten daran seine Stell-
vertreter.
Im pranzen gonommeii hat aber jetzt im Zeitalter der Eisenbahnen
und Telegraphen m. H. die „allgemeine" Bai>is doch einen stabileren
Charakter angenommen, indem nicht nur besonders vorbereitete Ab-
schnitte, möpen sie nun zur Operationsbasis liegen, wie sie wollen,
sondern das ganze Heimatland den Bedarf für das Heer liefern kann
und wird.
Als Beispiel für die Sicherung der allgemeinen Basis wird das
Zurücklassen von Heeresteilen gegen Österreich und Dänemark bei
Beginn des Krieges 1870 angefOhrtf welche dann. als. die Gefahr
sehwandt nachgezogen wurden.
Man kann wohl sagen, dafs die Frage, wieviel man zur Sicherang
der Basis mindestens zurücklassen mufs und wieviel man höchstens
zurücklassen darf, ohne sich zu sehr zu schwächen, eins der wichtigsten
und schwersten Probleme der Kriegskunst ist. Napoleon will sich
mit einem Mindestmals begnügen und beruft sich auf Hannibal und
Caesar.
Von Alexander tragt er, was ihm sein methodisches Vorgehen
genutzt hätte, wenn er eine einzige Schlacht verioren hStte? Napoleon
selbst hat aber den russischen Peldzug verloren und seine Armee ein-
gebüfst, weil er bei der ungeheuren Ausdehnung, den seine allgemeine
Basis beim Vordringen bis Moskau genommen, zu wenig für deren
Sicheriu'it getan halte. Trotzdem greift er auf St. Helena die .\n-
sichlen des Generals Rogniat heftig an, der hintereinandor li^ende
Operationsbasen und Reservearmeen zur Sicherung empiiehlt.
Inzwischen haben bei den grofsen europäischen Armeen die
Organisationen von Besatzungstruppen etc. diese Schwierigkeiten ja zum
Teil gelöst.
Die überaus interessante und eingehende Studie bietet noch eine
Fülle von Anregungen aller Art, auf welche einzugehen der hier ver-
fOgbare Raum verbietet^ Nur zwei Punkte möchte ich noch hervor-
heben:
An der offensiv-defensiven Blbverteidigung im Jahre 1813 z«gi
Verdy, dafs einer solchen Aufgabe selbst Napoleon erlag und besweifdi
mit Bezug auf die Moltkeschen Rhein- und Elbverteidigungspline in
dessen Operationsentwürfen, deren AusfOlirbarkeit mit grofsen Heeren.
— Die Entwürfe stammen nun allerdings aus der Zeit, in welcher
Moltke den Krieg nur theoretisch kannte, in späteren Jahren ist er
immer einfacher geworden und von Bewegungen dieser Art ist nichts
mehr bei ihm zu ünden. Es ist aber sehr zu begrüfsen, wenn eine
Digitized by Google
Uteratur. 747
Autoritftt wie General v. Vordy, wenn anoh in sehr gehaltener Pom»
sich tm hierflber ausspricht
Zuletzt gesteht der Herr Vcvl. ein, dafo ihm die Trennung der
Kriegswissenschaft in Strategie und Taktik aus verschiedenen QrQnden
überflüssig und unzweckmäfsig scheine und fordert zur Prüfung auf,
ob man den Sondorhegriff der Strategie, welcher sich mit dem der
Taktik ganz criit vereinigen lasse, nicht fallen l;i<ssen könne?
Der Vorschlag erscheint recht beherzigenswert.
V. Twardowski.
Freiherr yom Stein. Von Max Lehmann. Zweiter Teil: 1807—1808.
Leipsig, S. HirzeU 1908.
Ober grofse Männer wird nicht immer grofs geschrieben. Aber
einor der gröfsten Deutschen aller Zeiten, der Freiherr vom Stein« za->
sammln mit Scharnhorst der eigentUche Schöpfer dos Preufsens der
Befreiungskriege, hat nunmehr ;uich feinen würdigen Hiocraphen ge-
funden. Max Lehmann, der hochverdiente Verfasser eines der besten
historischen Bücher „Scharnhorst" .schildert in dem zweiten Teil seines
monumeniaien Werkes die Zeit der „Reform". Auch diesen Band zu
lesen ist ein Oenufs, trotz der vielen statistischen, persönlichen und
sachlichen Einaelheiten. Das Preulsen von 1807 war eben ein kleiner
Staat geworden und es genfigte nicht, genisle Ideen über eine Reform
grofsen Stiles zu haben; sie mufeten bis ins kleinste durchdacht werden»
zumal gemessen an der finanziellen Not des Staates. Aber trotzdem
steht doch immer das Grofse in den Ideen, Taten, und vor allem in
dem Persönlichen der Reformer selbst im Vordergrund der Dar-
steHuriK- Militärische Dingo werden in dem Buche natiirgeniäfs nur
in grofsen Zügen gestreift. Das Wichtige und Fachmännische auf
diesem Gebiete ist eben schon in „Scharnhorst*' abgehandelt worden.
Militärisches lindet sich berührt in dem Abschnitt ^Das alte
Preufsen*. Dieser ganze Abschnitt ist ein Meisterstück knapper
und doch inbaltvoller Schilderung des Priedericianischen Staates, diesem
Gemisch von feudalem und modernem Wesen von AufUSrung und Eng-
herzigkeit, der seinem ganzen Wesen nach einen einseitigen mili*
tärischen Zuschnitt aufweisen mufste, den dem Geiste des neuen
preufsischen Staates anzupassen den Reformern mit die gröfsten
Schwierigkeiten machte. Erst als es dem EinHufs Steins gelang, den
vortragenden Fliigeladjutanten, den Oberstleutnant Lottum, im Jahre
1808 zu beseitigen und an seine Stelle den Obersten Scharnhorst zu
setzen, war eine durchgreifende militärische Reform gesichert. Ohne
eine solche konnte es aber eine Erhebung Preufsens überhaupt nicht
geben, denn nur die Waffen waren imstande, das letzte entscheidende
Wort zu sprechen.
Der Abschnitt «Heerwesen*^ behandelt die OrundzQge der bezilg>
liehen Reform unter Steins Ministerschaft Er zeigt aber auch, welche
tief einschneidenden Gegensfitze selbst zwei Jahre nach Jena noch be-
Digitized by Google
748
Literatur.
.standen zwischen den Anhängern des alten Systems und den Re-
formern. Er zeigt ferner, dafs die Bureaukraten unter den Reformern
{loch Ideologie geflUuiicher Art trieben, wenn sie es fQr ein Zeichen
von Staatsweisheit hielten, den Soldatenstand gering zu sch&taen. Zu
diesen gehörte auch der GeheinuratStigemann, der die Meinung iulserte,
dafs man die Verlängerung der militärischen Dienstzeit als Strafe ver-
hängen dürfe. Hierzu machte Stein die Randbemerkung: „Ich halte
es für ein tiefes Versinken in Egoismu.s, wonn man den Soldatenstand
nicht für den ehrenvollsten hfilt zu jeder Zeit seines Lebens." Ich
kann auch nicht einer hieran ^^ekniipfton Bemerkung Lehmanns zii-
ptUchten, welche diese Sentenz, die suwohl dem Patrioten als dem
Realpolitiker Stein alle Ehre macht, augenscheinlich nur mit einer
gewissen Binschrinkung gelten lassen will. Es war ja gerade eine
der verhfingnisToUen Schwfichen des Friedericianischen Staates, dafs
der Soldatenstand in den Augen der Nation nicht eis da* ehrenvollste
galt! Keim.
Im Verlag der liuchhanulung des Waisenhauses in Halle a. 8. ist
eine Schrift: Das mlUtSrlflehe Freihandaelchnen, von Sprösser,
Oberstleutnant im Infhnterie-Regiment Alt-WQrttemberg, mcliieneD,
deren Zweck es ist, eine Anleitung 2ur Anfertigung von perspektivischen
Ansichtsskizzen bei Erkundungen zu geben.
Es unterliegt keinem Zweifel, dafs eine derartige Skizze vorzüglich
dazu geeignet ist, das Resultat einer Erkundung in nicht mifszuver-
stehender Weise wiederzugeben, dach bedarf ihre Anfertigung einen
geübten Zeichner von einigem Talent. Dem r)urchschnitts- und gar
dem untdlentierten Zeichner dürlto die Anfertigung einer Ansichtsskizze
grofse Schwierigkeiten bieten und wird derselbe mit einer Skizze in
der Planmanier grSfsere Deutlichkeit erzielen. Die perspektivische
Ansichtsskizze bleibt demnach ~ entgegen der Ansicht des Heim
Verfassers — trotz der sehr sachgem&Tsen, klaren und leicht verstlnd»
liehen Anleitung immer noch das Monopol der guten Zeichner, diesMi
letzteren aber sei darum die Schrift auch besonders warm empfohlen.
St.
Die erste brandenburgriMehe Flotte im schwedi8ch-polni.seheii Kriege
1648— lt)60 und ihr Kommandour Obrist Johann von Uill^
Von Roessei, üeiieraiieutnant a. D. Mit einem Porträt. Berlin
1903. Verlag von Ii. Eisenschmidt
Es ist ein glückliches Zusammen treifen, dals mit der Etuhullung
der BOste des Ohristen von Hille vor der Marine-Akademie in Kiel
gelegentlich der dieqfthrigen Kieler Woche das voriiegende Buch
erschienen ist, welches des Lehen und Wirken dieses ersten Korn*
mandeurs der ersten brandenburgisohen Flotte in ttberaus flasselndcr
Weise schildert.
Aus allen Begebenheiten, bei denen der Obrist Hille beteiligt war.
aus allen Berichten von. ihm sowie von seinen Vorgesetzten tritt die
Digitized by Gt)
Uteratiur.
749
<Laf serordentliche militärische Begabung des Genannten, seine Tapfer-
keit, EnteeUossenlieit und ' Auffassungsgabe klar zutage. Bb kann
4aher nicht Wunder nehmen, daCs der Orofse Kuifttrst diesen seltenen,
in allen Lagen aufs Beste erprobten Hann überall dort Yerwendete,
wo für ihn Wichtiges auf dem Spiele stand.
Neben einer, in der sonderbaren Art der Berichte jener Zeil
überaus spafsig klingenden ausführlichen Erläuterung der Tätigkeit
der damaligen ersten brandenburgischen Flotte, zeigt das Buch, wie
zielbewufst der Grofse Kurfürst an die Schaffung einer Flotte ging,
trotz der geringen ihm zu Gebote stehenden Mittel und trotz der
Sehvierigkeiten seiner Lage. Man erkennt daraus den weitsehauenden
Bliek Jenes hervorragenden Herrschers, und jeden guten Deutsehen
mufs es mit Genugtuung erfüllen, su sehen, dafo es damals Minner
gah» die sich mit Leib und Seele ihrer Aufgabe widmeten!
Das Buch kann jedermann nieht warm genug aur Lektüre
empfohlen werden.
Une marine rationelle. — La flotte utile. — Les reiormes necessairos
de notre organisme naval. — Par J. L* de Maeenge. Paris,
Berger^Leviwalt & Cie., Bditeurs 1908.
Der Verfasser des sehr interessanten Werkes geht, — im Ansehlub an
«inen, in einer angesehenen franxOsischen Zeitung anonym erschienenen
Artikel, — Ton der Frage aus, in welche Lage Prankreich im Kriege
geraten würde und zwar einmal gegen England, das andere Mal gegen
Deutschland bezw. den Dreibund. Ganz richtig bemerkt er, dafs im
«rsteren Falle England Prankreich zu Lande nichts anhaben, daher
Äuch keinen Todesstofs ins Herz des Landes führen könne. Die
Hauptereignisse würden sich zur See abspielen, während im anderen
Falle die Kntficheidung aul dem Laude fallen miifste, die Marine also
nur eine Nebenrolle spielen könnte.
Der Verfasser veitennt aber, dafs wie die Oescbichte zur Genflgi»
lehrt, das Unterbindefi der Zuführ ttber See bei einem Kriege mit
England das Land Frankreich so selilldigen kann, dafs es Jahrzehnte
brauchen wird, um sich zu erholen, andererseits, dafs die Nebenrolle
der Marine in einem Kriege gegen den Dreibund doch von aiifser-
ordentlichpr, nnter Umständen sotruT' ;iusschlaggebender Hedeulung
werden kann, ist Frankreichs iSeeoiacht gebroclien, so werden auch
in diesem Fall© ihm alle Hilfsmittel von Übersee (Amerika) leicht ab-
geschnitten werden können und die Folge wäre eine viel raschere
Entscheidung auf dem Lande zwar, aber su Ungunsten Prankreichs.
Demnach ist wohl die Behauptung gerechtfertigt» dafe Verlasser
den Wert einer starken Plotte und ihre Bedeutung uufserordentUch
unterschfitzt.
Dies beweisen auch seine Schlufsfolgerungen, die zeigen, dafs es
in Prankreich immer wiedr^r Leute gibt, welche die Zwecke und Ziele
einer Flotte ganz falsch beurteilen und der Marine eine Gestalt geben *
50*
750
literttur.
wollen, welche nichts mehr und nichts weniger als ein Aofiieben Jeder
Offensive in milltSrischer Hinsicht bedeutet.
Wenn der Verfasser auf den eigentlich doch längst abgetanen
Standpunkt zurückkommt, dafs FVankroich in jedem Falle nur Unter-
seeboote, Torpedoboote und schnelle Panzerkreurer brauche, so zeigt
er damit, dafs er gegen die Lehren der Geschichte unempfänglich ist
und in dem Glauben, Frankreich durch Ersparunc; der Kosten des
buut's und der Unterhaltung von Linienschiffen einen Ijien&l zu er-
weisen, ihm tatsächlich den schlechtmöglichsten Dienst leistet —
Glaubt er denn wiridicb, dab Frankreich sieh mit den von ihm
empfohlenen Mitteln ohne LiniensohUTe erfolgreich lur See behaupten
besw. verteidigen kann? Dann irrt er gewaltig.
IL AutMiNntelie ZeHscbriflm.
StrefTleur's Österreichische MiütKrische Zeitschrift Mai-Heft.
Rufsland und Indien. — Taktikaufgabe Nr. 12. — Vorbräge: Die Mit-
teilungen des K. u. K. Kiiegsarchivs. Flüchtige Skizze über die K.
u. K. Pioniertruppe. — Die englische TibetexpeiUtion. — NiehtMeher
SicherungsdienBt bei Seefestungen. — Russisch-Japanischer Krieg.
Journal des Sdeaoes mllltaires. April. Der militfirische Dienst
in den Kolonien. — Die Belagerung und Verteidigung Dansigs 1807
und 1813. — Die tragbaren Feuerwaffen der Gegenwart und ihre
Munition. — Marine-Artillerie. — Die Rolle des Morvan bei der Ver-
teidigung Frankreichs. — Der Österreichische Erbfolgekrieg 1740/48.
— Eine deutsche Infanteriedivision im Gefecht. — Das Gepäck des
Soldaten. — Die Sättel der Artillerie.
Mai. Die Verteidigung der Kolonien. — Die Belagerung und
Verteidigung Danzigs 1807 und 1813. — Die Verwendung der Reserven
in der Schlacht — Die Rolle des Morvan bei der Verteidigung Frank-
reichs. — Die Marine*Artillerie. — Unterweisung der Offiziere ver-
mittelst Kriegsspiel, Obungen auf der Karte und Kadre-Bxeraieren im
Gelände. — - Eine deutsche Infanteriedivision im Gefecht. — Zum neuen
Reglement für die Infanterie. ^ Die deutsche Kavallerie während des
Loirefoldzuges 1870/71.
Revue d'histoire. April. Geschichtliche iStudien über die
Regimentsartillerie. — Denkwürdigkeiten des Obersten Leclaire. —
Der Krieg 1870/71. Der Ib. August in Lothringen und der 17«
August.
Revue militaire des Armees etrangeres. Mai. Berittene Infan-
terie in Snglandi — Deutsche Ansichten fiber KaTaUerie-Verwendnng»
Die Ausnutsung der Bisenbahnen durch die Deutschen 1870/71.
La TOTue d'Infinittiie. Mai. Die grofsen iferbstflbungen 1908.
— Die Armee der Zukunft. — Vereinfachung der Bestimmungen über
Manöver der Infanterie. — Kritische Tage: Der Tag von YionvUle.
Digitized by Google
751
BiTiflte di «rtigUeii» e gaüo. (Uftrs.) Die Yerwendunff der
ilrüllerte im Behigeraiigskriege und die BeeenderiiAiton der PeeluBgs»
artiUerie. — Die Mauern Yon Lvccai — Über dio Wirksamkeit des
Schusses mit den Maschinengeweliren. — Geschichtliche Angaben über
Taddoo dolla Volpe aus Imola. — Neue selbsttätige Feuerwaffen.
Revue d'artillerie. (März.) Die Fortschritte in der LuftschifTahri
mittelst geregelten Fluges seit 1898. — Das Vanu lium. (Forts.).
Allgemeine Schweuterisehe Militärzeitung. Nr. lö. Neues Wehr»
gesetz und Reform der Venraltong. — Taeobenlateme. — Die Memoiren
Generei von Stoselis und Feidniareeball Wolseleye. Kr. 16. Neue Regle*
mente« Es iat eine neue Pelddienetofdnung provieorieeh genehmigt
und die Neuherausgabe dee KevaUeriereglements verfügt. — Eine An-
regung betreffend Schiefswesen. — Admiral Togo. — Als Beilage:
T.iteraturblatt. Nr. 17. Richtige Auffassungen. — Die neueston Stärke-
angaben über die Landstreitkräfte Japans und Riifslands auf dem
Kriegsschauplatze. Nr. 18. Winterübungen. — Militärischer Bericht
aus dem Deutschen Reiche. — Die neue französische Schiefsvorschrift
für die Kavallerie (nach Militär-Wochenblatt).
Seiiireiierlflefce jEetteeliiift fir AvtUleiie lud OobIo. (April.)
Ergebnisse von Schiefsversachen mit 12 em SchneUfetter>Peldhaubitze
L/12 von Krupp in Rohrrücklauf lafette zur Bestimmung ihrer Wirkung
gegen feldmäfsige Ziele und Peldwerke stärkerer Form (16. bis 20,
November 1908) in Thun. — Die Luftschiffertruppe im deutschen
Heere.
Mitteilungen über Uegenstfinde des Artillerie- und Geniewesens.
(4. Helt). Zur Lehre und Anwendung der Holzkonservierung im Hoch-
bau. — Die Verwendung von Automobilen bei den Manövern im
Jahre 1903.* — VoUBtftnUigcr Aufeats Uber die Auerttstung der k. k.
PeldartiUerie fQr einen sukflnftlgen Krieg vom Jahre 1767. Nach einem
alten Manuskripte.
Journal der Vefeisigten Staaten-Artillerie. (März, April 1904.)
Das ^Grubb"-Visier. — Der Geschütz-Korrektor und die verbesserte
Ablenkimi^srskala. — Vorgeschlagenes System von Feuerleitung. —
FeuerleituiiL'ssystem im Gebrauch in der Sullivan-Batterie, Fort
William, Maine. — Genauigkeit und Wahrscheinlichkeit des Geschütz-
feuers. — Der gegenwäi'tige Stand der Neubewaffnung der Peld-
artillerie.
• Lft Fttaee miUtiiTe. (April.) Versehleiening durch Radfahrer
(nach einer Brosohfire des Migor Qerard). — Der Bericht Berteaux Aber
die zweijährige Dienstzeit, fast durch alle Nummern. — Die taktische
Stroitfrage 3/4, 7, 10/11, 12, 13. 20. — Der Bericht Berteaux vom
General Prudhomme, 5/6. 10/11, 17, 18, 19 2a. 28, 30. — Besprechung
von „une petite garnison trancaise**. ein Buch nach Bilsescher Art, 7.
— Der Bericht Berteaux vom General Lamiraux, 8. — Die Finanzen
Japans, General Lureux. — Die Mitraiiieuse und das automatische
Feuern. — Die Indo-ehinesisohen Bisenbahnen, 14, 16. — Der Berich^
Digitized by Google
752
Literatur.
Berteaux» 21» 22i — Die bewaffnete Naüon, General Ladmirault, 9i/85.
— Adel und Bürgertum im deutaclien Heere, 26. — Die DiTisioos*
artillerie, 97. — Die ^^ole auperieur de guefre.** Besprechung der
Vorschrifk für die Zulaaaung aar Kriegsschule vom 5. Apnl 1904. 28.
KeTue de CaTalerie. (MSrz.) Behaltet Buren Sftbel und die
Sporen. — Den Liebhabern von Strategie vom General Cardot. (Forts.)
— Der Ursprung der fVanzösischen Kavallerie. (Ports.) — Studien über
die französischen Pferderassen im französischen Soudan vom KapitSn
C. Borteau-lioussel-Bonneterre. — Versuch eines Reglements für die
reitende Artilleri<^ von Leutnant G. .\. — Die Art der Wagenlenkung.
Revue du geiiie militairo. (März.) Die Erwerbung von Immo-
bilien durch das Kriegsdepartement. (Schlufs.) — Schacht- und Hohr-
brunnea in der Sahara. — Nelirolog des Generals BoissunaeL — Mas-
kierte Strandbatterfen. (Die Vorteile der amenkaoiaehen Batterien
mit Verschwindungalaletten nach .Journal of the United States Ar-
tiUery**). ~ Deutsche fiefestlgungeii bei Basel (berichtet von fünf
fertigen Werken und einer Anzahl weiterer geplanter Anlagen). —
Wasserversorgung eines Ports in Lissabon. — Uber Ausnutaung den
▼erfügbaren Kraft von Wasserfällen mittelst elektrischer Transmission.
— (April.) TrasiprunfTsarbeiten bei der Eisenbahn »n der Elfenbein-
kQste. — Flüchtige Koutenaufnahme mit Mefsschnur und SchaU. —
Selbsttätige Wasservereorgung von Reinlichkeitsanstalten. — Eine
L ampf-Bodenwurfmaschine. — Die militür technische Akademie in Berlin
(Auszug aus Dienst- und Lehrordnung). — Bestimmungen über Anlage
und Betrieb selbsttfitiger Latrinengruben System Meuras.
Wajenniij Ssbomik. 1904. (April.) Prinz Eugen Beauharnai«
an der Spitze der groben Armee vom 16. Januar bis 1. Mai 1813. —
Auf dem Amur und durah die MandsehureL — Unterbaltungen mit
einem angehenden Bskadronsehef. — Die Elemente der Befestigung
von Feldstellungen. — Über die Grundsätze des Sanititadienates in
der Armee. — Die Organisation der Militärverbindungen. Die
Japaner. (Versuch einer Thnrakterisiening derselben).
Rufskij Invalid. Np. 74. Im Kriege. — Aus dem Tagebuche
einer barmherzigen Schwester. — Artilleristische Bemerkungen. —
Kr. 78. Bei Port Arthur am 26. und 27. (nach mitteleuropäischer Zeit).
— Odessa vor einem Jahrhundert. — Roiseerinnernns;en. — Nr. 8ö.
Die Ästhetik des Krieges. — Mitteilungen über dua Personal und die
Materialien dea im Laufe des April nach dem „fernen Oalen" gesandten
Abteilungen des Roten Kreuzea.
Moxakoj Ssbonük. 11NM. (April) Der SohilTbau bei uns und
im Auslande. — Das englisehe Marinebudget 1904—1906. — Die
Seeluftschiffahrt in Frankreieh. — Das Laboratorium sur PriUung von
Materialien in Spezia. — Die Chronik der kriegerischen Ereignisse
zur See im fernen Osten. — Die psychologischen Faktoren bei des
siegreichen Seeschlachten.
Digitized by Google
Utoffatnr.
768
III. Seewesen.
Xtttfliliuigeii MS den Gebiete dee Seeweeens.- Betrachtungen
über den rassisch-japanischen Krieg, (erste Fortsetzung.) — Ober
Drachen Verwendung zur See (Schlufs). — Die Fortschritte in der
ßntwickelung des Schiffspanzfrs und der Marine-Artillorie ira Jahre
1902. — Budget der k. und k. Kriegsmarine für das Jahr 1904.
Anny and Navy Gazette. Nr. 2307. Internationale Betrachtungen
über den Krieg, im besonderen über die Zulässigkeit der Eröfinung
der Feindseligkeiten vor der Kriegserklärung und das Beschiefsen
ofiTener Städte. — Die neuen grofsen Kreuzer mit 24 Knoten Geschwindig-
keit — Dentschlanda Ehrgeiz, eine mSchtige Kriegsflotte au besitsen.
Nr. 2908. Kreuzer und Unterseeboote. — Trauer um den Tod Maka-
rofis. — lEr« 2309. Die Wel-Hai-Wei-Frage. — Über die Ursachen
des Unterganges des Petropawlowsk. — Nr. 2310. Die Marine und
die Presse. — Nr. 2311. Kapitän Mahan über den Krieg.
Revue maritime. (März 1904.) Die heimische Plagge im
äufsersten Osten. — Über die Verwendung der Unteroffiziere in der
Kriegsmarine.
Digitized by Google
V
Digitized by Google
I
I
^uj ui^ .o i.y Google
Digitized by Google
Annex a au« i
Forrestal
ANNEX
Spring, 1984
Digitized by Google