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Full text of "Monatshefte für Politik und Wehrmacht auch Organ der Gesellschaft für Heereskunde"

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Monatshefte  für  Politik  und 
Wehrmacht  [auch  Organ  der.,. 


I 


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Jahrbücher 


deutsche  Armee  und  Marine. 


Verantwortlich  geleitet 


1904 
Janmr  bis  JmL 


BfiRUN  W.  8. 

Verlagr  von  A.  Bath. 

Mohren-Straase  19. 

->i  t**<^  in  Ccrmany 


Ittr  die 


Keim, 


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I 


Inhalts  -  Verzeichnis. 


Soitp 


460 

Binder  von  Krlegl stein,  Haaptmann,  Über  moderne  iStrute^ie  .    .  . 

1 

V.  Blnme,  QeMnl der  Infanterie,  Der  Bedarf  an  Artillerie  für  die  Schlacht 

427 

von  der  Boeck,  Generallentnant  z.  D.,  Die  periodische  Militärliteratur  in 

V.  Cochcubansenf  Oberst,  Gamiaon-FelddienstUbungen  mit  gemischten 

218 

V.  Ger  sdorf  f,  Generalmajor.  Ein  Vorschlaif  zur  Vermehrung  der  deutschen 

17f» 

—  Reitschale  für  die  jüngsten  Offiziere  der  deutschen  Kavallerie    .  . 

882 

Junk,  Major,  Taktische  Unmöglichkeiten  

706 

222 

697 

81 

V.  Pflugk-Harttung,  Zu  Blüchers  Brief  an  den  EOnig  von  Prenlsen 

219 

V.  Quistorp,  Generalleutnant,  Zum  Herbstfeldzng  1818  68,  196 

Reisner   Freiherr  von  Liohtenstern,  Generalmajor,  Burenkrieg 

488 

—  Der  Einfluf»  der  Waflen  auf  die  Taktik  

644 

148 

—    Die  Wirkung  im  pefechtämälaigen  Abteilungsachieisen  der  Infanterie 

299 

—  Erfahnmgen    beim  gefeohtsmärsigen  Schiefsen  mit  Rohrriicklanf- 

Ö21 

Roskoten,  Oberleutnant,  Wider  oder  für  die  Feldhaubitze?  

820 

571 

Rüppell.  Major,  Ein  Vorschlag  zur  Ilaubitzfrago  

816 

V.  Sazenhofen,  General  der  Kavallerie,  Erinnerungen  und  Erwägungen 

557 

Scharr,  Major,  Die  Technik  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeit  einer 

650 

XY  Inhalts  •Verzeichnis. 

Seite 


Y.  N  CD  ml  dt,  (T6Qcraiiuftjor,  unsere  miicarmusiR  

i>  C  u  O  C  tl,   Ulv    X  aLlgKOll  Uub   ^UrSCUlUlo   iUHU   ülaliUEl   \  Ui    ilvi    r>(jUl<l(jUl   >  ÜU 

;J87 

oponr,  UDeroT,  sc  nanun^  einer  ivrieg^sreserve  »n  rieruen  lur  qas  aeutsctie 

184 

447 

V.  Zedlitz  und  Neukirch.  Freiherr,  Oberstleutnant,  Zorn  dritten  Male 

die  Trefforgebnisse  beim  getechtamäfaigen  Abteilungsschiefsen  der 

171 

526 

V.  Zepolin.  Generalmajor,  ßufaland  und  der  russisch -japanische  Krieg  581,  711 

IIH 

Bücherbesprechnngon  124,  261.  868,  495,  605. 

734 

750 

Seewesen                                                         189,  267,  885.  518.  63.'. 

753 

l 

lieber  moderne  Strategie. 

HaaplmaDii  d.  L.  Freiherr  Bilder  ? m  Kvi^gkteia. 


Eb  ist  eine  alte  Erfahnudg,  date  gnUae  kriegeilBelie  Perioden 
«ifaeblicb  iiacbinil(e&  and  die  wij^ebeD  oder  ▼ermeiiitliQlieD  Ldiieii, 
die  ihnen  entnommen  wnzdea,  in  der  folgenden  Priedenneit  in  einer 
Weise  amgebentet  weiden^  die  liitofifr  znr  Übertreibung  fthrt 
Es  sei  bier  oor  an  die  Taktik  Frtedrielis  des  Grolsen  erinnert^  deren 
rein  meehanisehe  ond  Snfseriiebe  Naobahmnng  die  Katastrophe  von 
1806  swar  nielit  alleia  Tersebnldet,  doch  aber  mit  herbeig^Uirt  hat 
Die  berttehtigten  Eebelons  sind  pabliei  Joris.  Mibverstandene  Folge- 
mngen  ans  der  Napoleoniscben  Strategie  beherrscbten  bis  1866  das 
ganze  anlberprenfsische  Europa.  Das  schlagendste  Beispiel  hierfür 
ist  wohl  der  Maisoh  Benedeks  1866  von  OlmUtz  an  die  obere 
Elbe,  wobei  er  ohne  jeden  Zweck,  aber  angeblich  uaob  Napoleo- 
niaehen  GnindafttnUy  sein  Heer  danemd  so  eng  Tersammelt  hielt, 
dafo  es  fast  bewegnngsonfähig  wnrde.  Der  lebhafte,  :&eitweise  sogitr 
erbitterte  Kampf  der  Geister  über  Moltkes  Einmarsch  1866  liefert 
den  weiteren  Beweis,  wie  sehr  damals  die  militärische  Welt,  und 
zwar  in  ihren  erleochtetsten  Persönlichkeiten,  in  angeblichen  Napoleo- 
niscben Anffassongen  von  der  Notwendigkeit,  versammelt  su  operieren, 
befangen  war  ond  noch  lange  nach  1866/70  blieb. 

Ks  liegt  im  RonserratismuR  der  menschlichen  Nator,  dals  man 
auch  im  Wehr-  and  Kriegswesen  an  der  Tradition,  die  hier 
hesonderf»  mächtig  ist,  möglichst  lange  festhält,  K^lhst  nnd  ^f'ra.Ae 
daoD,  wenn  sie  nur  in  Anlerrlichkeiten  bestände;  spielen  doch  auch 
diese  gerade  im  Soldatenwesen  eine  sTTofsf  Rnlle.  In  operativer 
Hinsicht  iiegt  es  nahe,  sich  an  bewahrte  Muntf  r  zu  halten;  vergegen- 
wärtigen wir  nns  doch  das  Leben  in  der  Armee!  Jeder,  dem  seine 
Stellung  lieh  ist  geht  durt,  wo  Zweifel  fäind,  stets  aaf  die  Vor« 
gänge  zurück  und  deckt  sich  damit.  Es  lie^t  ja  auch  ein  gesunder 
Kern  dann.    Aber,  wie  die  Geschichte  zeigt,  wird  darin  nicht  selten 

iWtktektr  ftr  di»  d*at«ck»  Ann*«  nsd  Maria».   No.  UH,  1 


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2  Über  uoderne  Strategie. 

viel  zu  weit  gegangen.  Einer  der  feinsten  nnd  schwierigsten  ße- 
fäbigangsuachweise  liegt  für  den  Miliar  dirin,  zn  erkennen,  wann 
nnd  wo  die  Anlehnnng  an  die  ttberkommene  sftrategisclie  Doktrin 
TeriftBsen  nnd  dne  neue  Babn  besebiltten  werden  mnfo.  HoUke  ist 
hierin  rorbüdlieh  gewesen,  fast  einzig  in  der  VomrteOslosigkelt^  mit 
der  er  sieb,  da  die  Bedingungen  der  Krieg^hmng  gcwedtselt 
hatten,  von  der  Napoleonisoheo  Sebablone  frdmmaehen  wniste. 
(Anfinanob  1866.)  Jlfitonter  ist  ein  solches  Voigeben  ftlr  den  kttbnen 
Nenerer  nioht  ohne  Gtefabr;  man  bat  Beispiele  ans  der  Zeit  vor 
1806,  dafs  Offinere  gemafsregelt  wnrden,  weil  sie  sich  erdreistet 
hatten,  an  der  ewigen  Danerbarkelt  der  alleinsellgmaebenden  fiideriai- 
anlsoben  Bevnetakttk  angesichts  der  Verbältnisse  der  Revolntlonskriege 
zn  zweifeln. 

Aneb  die  gewaltige  Epoche  von  1866/70  hat  strategisch  nach- 
gewirkt nnd  zwar  in  hohem  Grade.  Noch  stehen  wir  —  grolhen- 
teils  —  nnter  dem  Bann  der  damals  empfuigenen  Lebren  nnd  der 
LehrriUse,  welche  einzelne  Denker  ans  den  Ereignissen  sogen  nnd 
die  aHmÜhlich  mehr  oder  minder  Bttrgerreebt  erworben  haben.  Ge- 
wisse operative  Formen  nnd  Verfahren  worden  erst  nach  1870 
wissenschaftlich  entdeckt,  entwickelt,  fortgebildet,  vielleiebt  snwdlen 
Uber  das  richtige  Mals  hinaus. 

Sowohl  in  der  Literatur,  wie  sonst  im  Leben  der  Armee  haben 
sich  indo.s  auch  gelegentlich  OegenstrOmnngen  geltend  gemacht. 
Das  ist  z.  B.  in  der  Richtung  der  Fall  gewesen,  welche  kurz  als 
,.rage  du  norabre"  gekennzeichnet  wird.  Die  grofBo  Snbätznng  der 
Überlegenheit  an  Zahl  setzt  theoretisch  erst  nach  1870  ein  und 
manche  glauben  in  gewissen  Entwickelungen,  welche  die  Armee 
seither  durchgemacht  hat,  Zugeständnisse  an  die  „rage  du  nombre"* 
zu  erblicken.  Zweifei  tauchton  auch  auf  (2^ngenUber  der  allgemcinco 
TTttltigkeit  und  Brauchbarkeit  der  IJmf assnnirstheorie.  wolche  aus 
Soh IrrhtinfTN  Schriften  herausgelesen  wurde.  Unbestritten  und  bis 
zu  den  äulsersten  Konsequenzen  hat  sich  djifre^en  im  Lauf  der  Zeit 
die  An  griffstheorie  entwickelt,  strategisch  wie  taktisch  und  selbst 
der  junge  Rriegsakadeniiker  niTnint  als  Leitstern  für  Rei?io  t8kti«ehen 
Arbeiten  die  Parole  ,.Immer  angreiten*'  in  su  b  auf..  Minder  allgemein 
und  widerspruchslos  wurde  in  der  Armee  die  seit  einigen  Jahren 
nenhplebte  Beschäftis-unp:  mit  Operationen  des  Feldheeres  um 
Festungen  und  Ft  stu ngsgru ppen  aufgenommen,  die  in  der  Art. 
wie  sie  neuerdings  üleransch  in  die  Erscheinung  tritt,  allerdings  auf 
alles  eher  zurtlckweist  als  auf  die  ruhmreichen  Beispiele  von  1866 
nnd  1870.  in  der  neueren  preulsi sehen  Kriegsgeschiclue  finden 
wir  Analogien  dazu  nur  in  den  beiden  ergebnislosen  KheinfeidzUgen. 


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über  modme  Stntegi«. 


3 


1793/1794,  dereii  trauriger  V  erlauf  gerade  heute  aäher  bekanut  za 
sein  verdiente  als  er  es  leider  ist 

Noch  manche  strategische  Fra^sre  steht  gelegentlich  zur  Erörterung. 
Schon  die  Marschtechnik  allein  hiettt  hvi  der  (rrölse  der  zu  be- 
wegenden Massen  wichtige  ond  interessante  Probleme,  nainenilieh 
was  die  luHtradierong  grolser  Heereskürper  und  die  AuBOUtzuog  de» 
Wegenetzes  betrifift.  Viel  uiiiatritten  ist  ferner  die  Rolle  der 
grofsen  Kavalleriekörper,  namentlißb  die  Frage  nach  der  ein- 
heitliclien  Führiing  ganzer  Kavalleriekorps,  Enirtert  wird  das  Decken 
entlegener  Provinzen  gej^eii  überlegene  Feinde  mittelst  schwacher 
Armeegruppen  und  unter  Zuhilfenahme  künstlicher  Hindernisse. 
Lebhafte  Gegensätze  erregt  die  Frage  der  Frontausdehnungen 
und  Tiefengliederungen  im  Gefecht,  welche  auf  den  Anmarsch 
grofter  Heeresktfrper  von  gewichtigem  Einfluls  sind.  Die  aktaellen 
FngeD  liefseD  sieh  auf  operativeiD  Gebiet  leiclit  noeli  vervielftltigeD. 

Wir  woUen  indes  bei  den  oben  nngeschnittmen  4  Gegenetitnden 
bleiben,  deien  evste  did  wobl  mit  Fug  nnd  Reeht  nie  firbstlloke  dee 
Jabies  1870  angeMben  weiden  dürfen,  wiUmid  die  4.  FWige,  nim* 
lieb  das  Operieren  des  Feldbeeres  im  Ansehlofs  an  befestigte  Ab- 
sehnltleeiae  der  laenliBiseb-dentseben  Kriegsfuhrung  ToUkommen  neoe, 
am  niefat  ni  sagen  fremde  Eiseheinnng  ist  Wir  wollen  nns  be- 
mllbeny  die  abwetebenden  Staodimnkte  in  diesen  vier  Fragen  knapp 
tu  akinieren,  ebne  nns  eigene  UEtefle  anmafsen  za  wollen  anf  dnem 
Gebiet^  das  gans  so  erfassen  der  erieaebtelen  Eänsiebt  Aaseriesener 
vorbehalten  ist» 

Die  nRage  du  uombre**. 

Mit  diesem  Sebiagwort  bezeiobnen  manehe  Denker  die  Soebtr 
die  Entseheidnng,  den  Erfolg  im  Kriege  stete  nnd  mit  Vorliebe  aaf 
daa  Einsetzen  giüfeerer  MasBcn  als  der  Gegner  znrttckinftbren.  Die 
Gegner  dieses  Bestrebens  weisen  darauf  hin,  dais  die  grititten  Feld- 
herren aUer  Zeiten  häufig  mit  sobwächeren  Heeren  stärkere  Gegner 
besiegt»  dals  sie  die  Ursache  des  Sieges  mehr  in  der  Gute  der 
Heere  und  in  der  Geschicklichkeit  ihrer  Handbabang  gesucht  hätten^ 
als  in  ibrer  Überzahl  und  daSs  es  demnach  besser  sei,  weniger,  aber 
besser  organisierte  Truppen  an  haben,  als  an  Zahlstttrke  ttberiegene^ 
sobald  sich  die  VergrOIsemng  des  Heeres  auf  Kosten  seiner  Inneren 
Tüchtigkeit  vollzieht. 

Man  kann  die  Richtigkeit  dieser  Ausftlhrungen  im  allgemeinen 
gewilis  zugeben,  und  doch  dabei  zu  abweichenden  Ansichten  gelangen, 
sobald  es  sieh  nioht  nm  rein  akademische  Betfacbtangea»  sondern 

1* 


4 


Über  moderae  StnUegie. 


um  praktisehe  M alsiiahmen  der  HeereaaufbriiigQo«  soivie  der  Opera- 
tfooBweiae  handelt 

GewÜB  haben  giofae  Feldherren  mit  eehwltoheren  Heeien  geeiert 
das  läGsl  sioli  nieht  beetreiten;  gerade  aber,  daiis  man  sie  deswegen 
besondere  hooh  stellti  sdgt  klar,  dafs  das  ein  Knustetttek,  eine  Ans- 
nahmslflistong  ist.  Sieh  daranf  hente  sn  verlassen,  wäre  ein  sdiwamr 
Fehler,  sehen  allein  deswegen,  weil  kein  Staat  infolge  der  Seltenheit 
der  Kriege  ttber  erprobte  Feldherren  Terlhgt,  Uber  Feldhenen,  denen 
er  solehe  Ennststttoke,  wie  das  Sehlagen  Überlegener  Armeen,  an- 
trauen dar€  Es  ist  Dogemein  sehwer,  die  wirkliehe  Leistungsfähig- 
keit höherer  Führer  im  Frieden  abinsebätsen,  wenigstens  naeh  der 
positiven  Richtung  hin.  Selbst  wenn  nngewOhnliohe  Begabang  vor- 
handen ist,  fehlt  doch  die  Erfahrung,  welche  einem  Friedrieh  nnd 
Napoleon  httnfige  FeldzUge  gaben,  und  sich  in  modernen  raschen 
and  mit  Massen  geftlhrten  Kriegen  auf  das  Operieren  mit  schwächeren 
Kräften  gegen  stärkere  einzuschulen,  dasn  fehlt  die  Zeit,  auch  könnte 
es  nur  unter  der  Gefahr  von  Niederlagen  geschehen,  welche  hente 
emster  und  unwiderruflicher  sind  als  einst.  Sobald  es  aof  prak^che 
Mafsuabraen  ankommt,  wirkt  das  VerantwortlichkeitsgelUbl  sehr  schwer, 
welches  verhindert,  freiwillig  auf  eine  Hanptgarantie  des  Sieges 
zu  verzichten  —  die  tiberlegenheit  an  Zahl;  dafs  sie  bei  sonst 
gleichen  Rediuiriinaien  den  .Sie_i^  zwar  nicht  verbürgt,  aber  doch  er- 
leichtert und  wahzscheinlieh  maoht,  kann  beute  weniger  bestritten 
werden  als  je. 

J!>eit  dem  Auikomuicn  nationaler  Massen lu  f  i  e  hat  die  Übtrlei^eH- 
heit  an  Zahl  wiederholt  geradezu  ausschlaggebend  gewirkt  Napoleon  I. 
konnte  nur  durch  sie  niedergerungen  werden,  imd  I S70  war  sie 
schlechthin  ent'^cheich'nd;  dals  damals  die  Doutsclien  in  manchen 
siegreichen  Schlachten  die  Schwächeren  wiiren,  ändert  nichts  an  der 
Tatsache,  dafs  sie  ihrer  tiberlegenheit  bei  Kriegsbeginn  einen  groleen 
Teil  ihrer  Rrfoljre  verdanken,  weil  das  mehr  oder  minder  klare 
Bewufstsein  davon  die  Tatkraft  der  gegnerischen  Generale  lähmte 
und  sie  daher  aach  dort  glaabten,  einen  stärkeren  Feind  sich  gegen- 
über zu  haben,  wo  dies  nicht  der  Fall  war  (Spicheren,  Coiombey, 
Vionville).  Daw  jiUiremeine,  niederdrückende  GefUhl,  schwächer  als 
der  Feind  zu  sein,  lugte  die  französiscbeu  Kührer  fest,  machte  sie 
uubieher  und  verhinderte  sie  am  kecken  Zugreifen  auch  dort,  wo 
die  Gelegenheit  dazu  vorhanden,  der  Gegner  schwächer  war.  in 
den  Kriegen  der  letzten  100  Jahre,  die  mit  annähernd  gleichen 
Kräften  ausgefochten  wurden,  nehmen  wir  nicht  selten  eine  gewisse 
Unsulttngliobkeit  der  Ergebnisse  wahr,  so  namentlich  1859.  Nicht 
soll  geleugnet  werden,  daCs  es  aueh  hente  möglich  ist,  und  in  Zukunft 


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5 


inög^Hch  sein  wird,  als  Schwächerer  Siege  zu  erringeu,  aber  auf  diV 
Vorbedingungen  zu  einem  Cnstnzza  zu  rechnen,  seinen  Aafraarseh 
daranfhin  festzulegen  usw.,  würde  ein  schwerer  Fehler,  mindestens 
aber  ein  g-ewagtes  Spiel  sein.  Seit  den  Zeiten  der  g-rofsen  Revolution 
marschiert  der  Gott  der  Schlachten  mit  den  starken  RatjüUonen,  wenn 
es  natürlich  auch  Ausnahmen  von  dieser  Grundtendenz  gibt. 

Es  ist  bekannt  und  geht  ans  Moltkes  Schriften  zur  Genüge 
h*  rvur,  welch  hohen  Wert  der  Maibcliall  auf  die  Überlegenheit  an 
Zahl  legte;  bat  er  sich  doch  gerühmt,  die  Überlegenheit  an  Zahl  für 
die  Schlacht  bei  Kt)ni<rgTätz  bereitgestellt  zu  haben,  wo  sie  gar  nicht 
oder  d(i(  h  nicht  in  fühlbarem  Umfang  vorhanden  und  ohne  jeden 
Eintluis  auf  die  Entscheidang  war.  Die  ganzen,  von  Moltke  scharf 
erfafsteii  Verhältnisse  der  modernen  Kriegführung  steigern  die  Be- 
deotuug  der  Zahlüberlegenheit,  namentlich  im  Beginn  eint  s  Krieges 
und  bei  sonst  uiigc  tähr  gleichwertigen  Gegnern,  die  Vi  rbaltnisse  im 
zweiten  Teil  des  Krieges  1870/71  waren  ganz  ausnahmsweise  und 
können  hier  nicht  als  Gegenargnment  angeführt  werden.  Gerade 
bei  knrzer  Dienstzeit,  and  wenn  die  Kriege  selten  und  rasch  sind, 
steigt  die  Bedentnsg  der  Zahl;  ans  sehr  einfachen  GrUndeD.  Die 
flanpiraeke  ktmuni  auf  die  Anfangssohlaehten  eines  FeldiQgee  an; 
gewinnt  man  die,  dann  pflegt  eieli  alles  Obxige  von  selbst  in  maehen. 
Bei  der  SehneUigkeiti  mit  der  bentnitage  Kriege  ansbieelien,  nnd 
bei  der  SehwerfUJigkeit  des  Handhabens  sehr  grolser  Heeie,  deren 
Fllbrer  weder  im  Kriege  geübt,  noeb  exprobt  sind,  kann  man  sieh 
aber  nun  mokt  damit  sebmeiehetn,  dnrek  gesehicktes  Operieren,  an 
dner  Stelle  itberiegene  Kiiite  xnaammenballen  sn  können,  wenn 
man  niebt  ttberbanpt  stftrker  an  Zahl  ist  Kttnstliebes  Herstellen 
der  2iahl1lberiegenheit,  wie  es  die  Slteie  operative  Sebule,  Joroini 
naw.  lehrten,  IftÜBt  sieh  gewils  anob  heute  »münde  bringen,  aber  eine 
nnaiohere  Beehnang  bleibt  derlei  stets  nnd  sie  wird  desto  nnsieberer, 
je  mehr  das  Anwaehsen  der  Heere  nnd  der  Kosten  der  Krieg- 
nbrnng  m  sofortigem  Gebraneh  der  mobilgemaehten  Streitkrüfte  bei 
Kriegsbeginn  iwingt. 

Das  Bewu&tein,  bei  Beginn  der  Fefaidseligkeiten  die  Oberzahl 
—  natürlich  eine  operationsbereite  Obenabi  —  sn  haben,  bt  aofser- 
ordentlich  viel  wert,  aneb  dort  nnd  dann,  wenn  es  in  den  einzelnen 
Sehlaefateo  und  Gefechten  der  Ftthrang  nicht  immer  gelmgen  sollte, 
sie  aneb  Örtlich  bereit  an  stellen,  ht  man  stärker,  wissen  das  die 
Annee>  nnd  Korpsfllhrer,  and  am  lotsten  Ende  anch  der  Feind,  so 
operiert  es  sich  sehr  viel  leichter  und  freier  als  im  GegenfalL 
Gewifs  verbürgt  die  Zahlüberlegenheit  an  sich  nicht  den  Sieg,  aber 
sie  scheint  ans  doch  gerade  honte  besonders  wichtig  ond  eine  Ans- 


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6 


Über  moderne  Strategie. 


sieht  auf  den  Eifoig  zu  sein,  die  man  nieht  mit  Seldacpforten  be- 
kämpfen sollte.  Noeli  bis  in  die  Jenaer  Zeit  antenobiAiie  man  in 
PrenfHen  b  ganz  merkwllidiger  Weise  den  Wert  der  Zahl  Im  Kriege. 
Heute  sind  wir  davon  doch  wohl  zoiflolcgekommen,  wenigstens  alle 
di^enigeO}  welehe  die  Verantwortung  zn  tragen  haben,  raaeben  sich 
doch  wohl  klaTi  welehe  schwere  Schuld  es  gegen  Volk,  Heer  nnd 
Staat  bedeuten  würde,  dnreh  nnsweekmäfolgen  Gebraneh  der  Streit* 
kiftile«  etwa  dnreh  eine  Gleiehtellnng  derselben  nach  Ost  nnd  West, 
den  Fall  berbelEnfilhren,  dalS  unsere  Heere  gegen  überlegene  Massen 
den  Kampf  beginnen  mlllsten.  Das  wllide  hentsutage  Beibnngen  Im 
Oefolge  haben,  die  auf  dem  geduldigen  Papier,,  z.  B»  Im  Kriegsspiel, 
weder  anitraten  noch  nachzuweisen  sind. 

Oals  ^e  Bedeutong  der  Zahl  auf  dem  taktischeD  Qebiet  ge- 
wachsen ist,  wird  wohl  niemand  bestreiten  wollen.  Allerdings  ist 
Vionyille  ein  glänzendes  Beispiel,  das  sich  einem  Rotsbaeh  oder 
Lenthen  wttrdig  anreibt.  Wie  würden  aber  wohl  der  17.  und 
18.  Anlast  ausgesehen  haben,  wenn  dem  am  16.  eingesetzten  III. 
nnd  X.  Korps  die  Massen  der  ersten  nnd  zweiten  Armee  nicht  gefolgt 
sein  wtlrden?  Der  Sieg  des  16.  Aagust  ist  nur  denkbar  aaf 
der  Basis  der  deutschen  ZaliUiberlegenheit,  die  sich  selbst  im  Fall 
einer  Niederlage  des  III.  und  X.  Korps  am  16.  einen  oder  zwei 
Tage  später  doch  fühlbar  gemacht  haben  würde,  und  zwar  in  ent- 
scheidender Art.  Das  aber  ist  der  Vorteil  gröfserer  Massen,  dafs 
sie  gestatten,  kühner  zn  operieren,  und  ep  selbst  anf  Einzel kninpfo 
gegen  Überzahl  ankommen  zu  lassen,  die  wenn  man  sie  verliert, 
it-icht  zu  rcpariereDf  wenn  man  sie  aber  gewinn^  von  ganz  enormem 
Einflols  sind! 

Im  Gefecht  selbst  wirkt  die  Zahl  h-  ut  mehr  als  (  inst  Ks  ist 
wohl  nicht  mehr  moglicb.  im  Verhaiiuis  von  1 :  2  entscht  iddid  zu 
sL'hlageo.  sondern  dauu  ist  nur  ein  Sichbt'liauj)ten,  ein  st  halten 
oilt  r  ein  ZorUekwerfen  des  Gegners  möglich,  kein  Zertrümmern  des- 
selben. Die  Gründe  des  Steigen»  der  Bedentmiig  r  Zahl  im 
Gefecht  liefen  anf  der  Hand.  Es  sind  dies  zunächst  die  Aut- 
lösnnp:  der  taktischen  Formen,  welche,  wohl  weniger  den  einzelnen 
Manu,  wie  man  oft  hnrt.  als  vielmehr  kleine  und  kleinste  Ab- 
teilungen selbständig  machen  ;  das  Gefecht  wird  zu  einem  allmählichen 
Muderiniren.  welches  lang«*  währi.  und  la  welchem  das  Einsetzen 
neuer  und  das  Geltendmacheu  überlegener  Kräfte  nachhaltiger  wirkt 
als  in  den  aus  kurzen,  scharfen  Znsammenstöfsen  bestehenden  Trefien 
der  linearen  Zeit.  Auch  die  Kriegsnngewohnheit  der  FUbrer  und 
der  mangelnde  moralische  Halt  der  durch  die  allgemeine  Wehrpfliobt 
gesobaffenen  Trappen  knrser  Dienstaelt  mit  Ibrer  Yervrilsserong  dnreb 


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über  modenie  Strategie. 


7 


mMMaliafte  ÜMemo  lasseo  den  Einflnb  der  grO&eieD  Zahl  httben 
wie  drttben  doppelt  herroxtreten;  iai  sie  doch  das  eia&ohste,  xolieste, 
.aber  aneh  drohendste  IGttel  von  jeher  gewesen,  sieh  den  Sieg  sa 
siehen;  der  moralieahe  EänflaA»  den  das  Eisoheinen  ttberlegener 
feindlieher  Massen  im  Gefecht  anf  junge  Tmppen  berronrnft,  ist  ein 
sehr  tiefer;  andeis  steht  die  Sache,  wenn  diese  selben  jnngen  Tmppen 
durch  einen  slogreichen  Krieg  gefestigt  und  gesohlt  sind  nnd  dann 
vielleicht  einen  ans;  rasch  znsiimniengeralften  Angeboten  bestehenden 
Feind  zn  bekämpfen  haben. 

Ziehen  wir  die  Somme  des  Gesagten,  so  möchten  wir  meinen, 
dafs  die  Heeresleitung  gerade  heute  nieht  aaflitfreo  wird,  darnach  zn 
streben,  sich,  sei  es  gegen  den  einen  oder  den  anderen  Feind,  die 
Überlegenheit  an  Zahl  zn  sichern;  denn  sie  hilft  sehr  mit  znm 
Siege.  Hergestellt  wird  sie  durch  einen  entsprechenden  Anfinarseh, 
welcher  ohne  Scheu  nicht  nur  die  Korps  des  akäven  fieeies,  sondeni 
auch  möglichst  viele  Reservekorps  und  -Divinonen  von  vornherein 
für  den  Feldkrieg  bestimmt,  ohne  Scheu  vor  der  Minderwertigkeit 
der  Reservetruppen.  Steht  die  Schlacht,  dann  ist  d;is  Eingreifen  von 
ein  paar  noch  so  schlechten  Reservedivisionen  unendlich  mehr  wert, 
ais  die  Berufung  auf  den  höheren  Gefeehtswert  der  mobilen  Truppen 
dt's  aktiven  Heeres,  die  heut/utjige  durch  Abgabe  von  Offizieren  etc. 
und  Einschub  von  Reservrn  ohnehin  in  Vergleich  mit  dm  Friedens- 
verhältnissen arg  verwässert  werden,  weil  es  bei  der  ailgemeineii 
Wehrpflicht  eben  nicht  anders  geht. 

Hat  man  die  allgemeine  Wehrptiicht,  das  V()lk.>heer  und  so 
weiter,  so  sind  auch  alle  Foliieruna-en  daraas  zu  ziehen,  es  ist 
die  gröfstmöglicbe  Men^-^»  wthrhaiter  Mäiiaer  gleich  bei  Hejrinn 
des  Krieges  aufzubieten  und  fUr  die  Zwecke  des  Feidkrieges  auszu- 
nutzen: denn  dieser  entscheidet  über  das  Wohl  und  Wehe  der 
Nation,  nicht  etwa  die  Zahl  der  Reserve-,  Landwehr-  und  Ersatz- 
formationen, die  wir  im  Innern  zurückbehalten.  Besonders  für 
Deutschland,  das  sein  Heil  im  Kriege  weder  iu  einer  schwächlichen 
Abwehr,  noch  vollends  gar  im  Volkskriege,  sondern  nur  im  raschen 
Niederwerfen  erst  des  einen  Gegners,  lann  des  anderen  suchen  kann, 
ist  die  volle  Ausnutzung  seiner  Vulkskralt  für  das  Feldheer  eine 
Lebensfrage.  Vergleichen  wir  das  Feldheer  Frankreichs  mit  dem 
unseren,  halten  wir  40  Millionen  Bewohner  gegen  60  und  20  Korps 
gegen  23,  berücksichtigen  wir,  dal's  Deutschland  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  auf  zwei  Frouteu  wird  kämpfen  müssen,  so  dUrfle 
klar  werden,  dafs  von  einer  „rage  du  nombre^  beianslLeine 
Bede  sein  kann.  Sollte  die  Qualität  der  Armee  dnreh  die  zwei- 
j&hrige  Dienstaeit  gelitten  haben,  —  was  jedoch  von  erfahrnen 


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8 


Über  moderne  Strategie. 


Offiderai  bestritten  wiid  ^  so  gleicht  sieh  das  dadnreh  «is, 
daiB  aneh  in  Fkankveieli  die  dreijährige  Diensfeieit  aeit  Jahren  mir 
mehr  auf  dem  Pa^er  beeiaht  nnd  anläerdem  aneh  formell  bereits  so 
gat  wie  abgesohalit  ist  sogoosten  des  zweijährigen  Dienstes.  Dab 
aber  andererseits  anoh  unsere  swegährige  Infanterie  und  AztUlerie 
bei  der  Intensitll  der  Aosbildong  und  der  Intelligens  des  Mannaehafts' 
mateiials  mindestens  ebenso  gnt  ist,  wie  die  länger  dienende 
msnscbe,  ist  gar  niohl  zu  bezweifeln. 

Es  wird  uns  Dentsehen  im  Auslände,  namentlieh  in  der  mssisoben 
Hilitärliteratnr  nnn  noob  hftaiig  vorgeworfen,  dals  wir  die  „rage  da 
Dombre**  anf  dem  operatiFen  0ebiet  Übertrieben  pflegen,  d.  h., 
dals  die  operatiTe  AnsbÜdang  dnreh  die  Eriegsqiiele,  taküaeben  Auf- 
gaben usw.  darauf  hinausliefe,  für  jeden  taktischen  Akt  kltnstliob  die 
Überlegenheit  an  Zahl  herzustellen,  und  dafs  dies  nicht  selten  auf 
Kosten  des  irischen  Entschlosses  geschehe;  niunentlieh  im  Manöver 
werde  stets  derjenige  als  geschlagen  bezeiebnet,  der  es  mit  Ober- 
macht /AI  ton  bekäme.  So  weit  die  NanOver  in  ITrage  kommen, 
steckt  darin  ein  Kern  von  Wahrheit.  Aber  wie  soll  man  Uberhaapt 
schiedsrichterliche  Entscheidungen  irefTen,  ohne  sie  auf  die  mecha- 
nischen und  äaiseren  Verhältnisse,  wie  Benntsung  des  Geländes, 
ümfiissnng  n.  dergl.  zu  gründen^  da  ja  die  sogenannten  Impondera- 
bilien im  Frieden  nicht  hervortreten?  Zu  den  haoptsächlichsten 
Anhalten  fttr  Entscheidungen  der  Schiedsrichter  dient  nun  auch  daa 
Zahlverhältnis,  und  das  ist  vollkommen  richtig;  aber  jeder  Offizier 
weilti,  dafs  solche  Entscheidungen  stets  mit  dem  ausgesprochenen 
oder  nicht  ausgesprochenen  Vorbehalt  erfolgen,  dals  die  Sache  im 
blutigen  Ernstfall  ganz  anders  kommen  kann  und  der  durch  Uber- 
zahl besiegte  Manövergeueral  mag  sich  damit  trösten,  dafs  •t  im 
Krie^je  dorrh  seine  und  meiner  Truppen  Tapferkeit  das  ausgeglichen 
haben  vvtlrde,  was  in  dtr  Disposition  etwa  versehen  war.  Was  aber 
die  theoretische  taktischt!  AusbiiduD^,  die  auf  dem  Papier,  angeht, 
80  kann  mit  guter  Begründung  behauptet  werden,  dals  nach  dem 
Herstellen  der  Überlegenheit  an  Zahl  für  die  Schlacht  /.war  »tete» 
ge.strobt,  aber  niemals  dann  gebilligt  wird,  wenn  es  auf  Kosten 
der  Energie  des  Haudf  Ins  geschieht,  und  zu  Zeitverlust,  ITnschlUssig- 
keit  usw.  fuhrt.  Sehr  sorirfaltii^e  Erwägungen  des  Beurteilenden 
treten  dann  ein  und  mehr  ah  einmal  erhält  der  Kecht,  der  unter 
Verzicht  auf  Versammeln  aller  Kräfte  eine  günstige  Gelegenheit  beim 
Schüiit  gL[);ickt  hat.  Gerade  hier,  in  unserer  operativen  Auabildung, 
ist  von  einer  „rage  du  nombre"  nicht  eutterut  die  Kede;  wer  das 
Gegeoteü  behauptet,  kennt  sie  eben  nicht. 


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über  moderne  ^triOe^. 


Die  UtnfassaDgstheorie. 

DaCs  eine  solche  in  der  Armee  zur  Zeit  ia  vuUer  Ulüte  äteht. 
wird  niemand  leugnen  können.  Ks  p!t  creradezo  al8  Gruodsatz, 
dkiis  man  stets,  handelt  es  sieh  nun  auf  dem  l'apier  um  Armeen, 
oder  im  Manöver  um  Deiachemeuts,  umfassen  mufh ;  greift  uiati  an. 
80  ist  nur  die  Frage  die,  welchen  Flügel  des  Feindes,  dafs 
mao  aber  mindestens  versucht,  den  einen  zu  umfasset),  steht  \b\\\g 
aolser  Frage.  Ein  einfacher,  frontaler  Angriff  ist  schlankweg  falsch. 
Die  Fille  mehmi  sieh  eowobl  im  HanOver  ab  anf  dem  Papier^ 
dab  man  den  mfuBMideD  Gegner  oeaerdings  amfalst,  wen  nicht 
selteo  feeht  gekttnetelie  Minche  nm  seinen  änlseieD  Flügel  henim 
erfoideriieh  werden,  die  sieh  im  Kriege  wohl  entweder  von  selbst 
Teihielen  oder  aber  bitter  strafen  würden.  Sehen  hat  das  fert> 
geästete  Bestreben,  m  nrofassen,  an  Frontansdehnungen  gefthrt  — 
sowohl  anf  dem  Papier,  wie  bei  den  Obnngen,  die  yielfach  als  Uber- 
trieben ai^gesehen  werden,  aber  freilieh  aneh  noeh  anf  andere,  nament- 
lieh  tsktisohe  Verhllltaisse,  snniekanl&hren  sind. 

Mit  Aeehl  wenden  sahlreiefae  denkende  Ofifadere  gegen  die  Um> 
ÜMBongstheoiie  ein,  data  bei  der  greisen  Ausdehnung  der  heutigen 
Sehlaehtfelder  den  eintelnen  Heer-  und  Tmppent^&  die  Mdglieh- 
keit  so  umfassen,  sieh  sehr  selten  bieten  wird;  die  Divisiott,  Ja  selbst 
das  Korps^  feefaten  ia  einer  Sehlaeht  frontal,  aneh  dann,  wenn  sie 
operatiY  auf  die  gegneiisehe  FIsnke  angeseirt  sind. 

Fofseht  man  der  Entstehung  der  ünrfaosnngstheorle,  wie  sie  sieb 
im  Lauf  der  Jahre  in  der  Literatur  und  wohl  aneh  in  der  Phois 
auegebildet  hat,  nach,  so  stOlst  man  snniobst  an!  taktische,  oder 
vielmehr  psyeholegisebe  Ursachen.  Gegenüber  der  heutigen  Wafien« 
Wirkung  sei,  so  wird  ansgeftihrt,  der  frontale  Angiifr  ungemein  er- 
schwert, und  bei  deokuogslosem,  offenem  Gelände,  so  gut  wie  atts> 
eiehtslos;  es  sei  dringend  nötig,  bei  unserem  heutigen  Menschen- 
material, das  kriegsungewohnt  and  nur  von  kurzer  Dienstwit  ist, 
mit  Vorsieht  und  Schonung  zu  verfahren,  den  Truppen  unnötige 
Verloste  zu  ersparen  und  in  Ökonomischer  Weise  zu  siegen,  d.  h. 
mit  den  möglichst  geringen  Opittn.  £10  Haupihilfsmittel  dnzn  seien 
auaholende,  umlasseDde  Bewegungen,  welche  dem  Feinde  die  Flaniven 
abgewinnen  und  dergestalt  den  Gefeohtszweek  eireiohen,  ohne  üeka- 
komben  zu  bringen. 

In  allen  diesen  Behauptungen  steckt  zweifellos  Wahrheit;  man 
mnfs  nur  nicht  glauben,  dafs  die  Umfassuiigstheorie  etwas  Neues 
und  Radikales  ist.  Sie  wurde  gelehrt  und  gehandhabt  im  18.  Jahr- 
hundert, nachdem  Friedrich  sie  Eoropa  ad  oculos  demonstriert  hatte, 
in  einem  Jahrbondert  also,  wo  die  liUcksicht  aaf  die  Empfindlichkeit 


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10  Ober  ittodeffM  8tr«taigle. 

des  SoldatenmatorialB  Tolbttodig  znrttoklraly  da  dieses  Ja  lang  diente 
und  gut  aosgetnldet  war.  Ihreo  Gipfelpimkt  emiolile  die  Um- 
fassmigstlieorie  jedoeh  ersi  während  der  Rerolntioiiskiiege;  bei  den 
Franioeen  wandte  man  sie  aa,  weü  man  den  eigenen  Trappen  in 
der  bataiUe  rangte  nicbt  allsnviel  znmntete,  nnd  gelegentlich  aooh, 
Dm  die  Torbandene  Überzahl  zar  Qeltnng  sn  bringen.  Bei  d«n 
Österreiehern,  die  von  1792— 1809  den  Franzosen  fast  allein  an  der 
Klinge  blieben,  war  die  Umgebangs-  und  Umfassangstheorie  tbeoretiscb 
and  praktisch  bis  zu  einem  Grade  gesteigert  worden,  sn  dem  man 
vielleicht  nur  iu  den  Kriepspielen  der  allemenesten  Gegenwart 
Analogien  findet.  Die  Armeen  worden  damals,  in  dem  fast  krankhaften 
Bestreben,  alle  Marschstrafsen  auszunat/en,  reg^elmäCsig  in  viele 
Kolonnen  zerlegt  wodurch  es  zu  sranz  unverhältuisraäfsige!)  Fronten 
kam,  Solauge  die  P'ranzDSf^i  ebenso  verfuhren,  fielen  die  zahlreichen 
Schlachten  rles  letzten  Jahrzehnts  des  18.  Jahrhundeits  meist  ohne 
rechte  tntseheidungaus,  woftlrdieheote  naheza  vergesseneu  „Schlachten" 
bei  Maisch,  Ostrach  un<I  Siockach,  Loano,  besonders  aher 
Neresheim  schlafende  Exempel  sind.  Als  Napoleon  dieser  mit 
gebpreizleii  Kindern  tastend  verfahrt  Tult  r!  Taktik  die  |]^eballte  Kaust 
entgegensetzte,  d.  h.,  als  er  seine  Kräite  möglichst  beisammen  hielt 
und  rücksichtslos  schlag,  auch  wo  er  keine  AuHaicht  hatte,  zu  uui- 
lassen,  sondern  im  Gegrenteil  selbst  umfafst  war  (Moutenotte, 
Arcole,  RivolO.  da  tniir  er  refrelmäfsij?  den  Sieg  Uber  seine 
ungebührlich  in  die  lirnte  aus^^edehnten  Gegner  davon,  deren  zur 
Um^ehnog  und  Lmfassuntr  angesetzte  Nebenkolonnen  in  99  Fällen 
von  liKj  nicht  rechtzeitig  oder  auch  gar  uicht  zum  Eiugreifen  ge- 
kommen sind. 

Die  Umfassangstheorie  ist  abo  keineswegs  etwas  Neaes,  schon 
der  alte  Epaminondas  soll  ja  bekanntlich  damit  hantiert  haben. 
Wühl  lehrt  die  Geschichte,  dals  zahlreiche  bedeutende  Feld- 
herrn sich  der  Umgehung  und  Umfassung  bedienten,  der  letzteren 
vor  allem  Friedrich  der  Grofse.  Aber  eben  so  wahr  ist,  dals  noch 
viel  häufiger  die  dii  minonun  gentium  diese  naheliegende  Form 
geielitt  nnd  yersncht  haben.  Da  kann  man  nnr  sagen:  „8i  dno 
faenini  idem,  non  eil  id«n*^  Die  Dann-Lacysolie  UmfiMings« 
theorie  hat  in  ihrer  Ubertreibnng  znm  Kordonkriege  nnd  in  den 
BeTOlotionskriegen  zn  Niederlagen  gefUhrt,  wo  ihr  nioht  fthnHehe 
Umfassongspraktiker,  wie  Moreau  nnd  Jonrdan  eutgegentiaten« 
Die  napoleonisehe  Schule  braefale  es  zuwege,  dab  das  Bestreben,  zn 
umfassen,  immer  mehr  snrttektrat.  Erst  die  Kriege  1866/70  lielseQ 
sie,  freUidi  in  nie  geahnter  Orobarftigkeity  wieder  anflebea 

Hier  kommen  wir  nun  anf  die  zweite  Begründnug  der  gegen« 


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Ober  moderne  Stratege. 


11 


ivirtlfen  Umfassangstbeorie.  Neben  der  NotweDdigkeit»  die  Trappen 
so  fldKmen,  maeht  man  das  Beispiel  der  letzten  groben  Kriege  da- 
für  geltend,  daft  man  beute  gmndaälEiieb  umfaaaen  mitaae.  Die 
„Vorgänge''  treten  bier  in  ihr  Reebt,  die  im  Kriege  soTiel  gelten. 

Es  sei  ebne  wdteres  sogegeben,  dafs,  wenn  es  gelingt,  den 
Gegner  wirlisam  so  mnfasaen,  die  Ansaiebten  fttr  den  Sieg  beote 
bebe  shid;  denn  die  GiOfse  nnd  SebweifiUüglLeit  der  modernen 
Heere  maebt  es  seliwerar  als  einsl^  sidi  ebne  Sobftdignng  einer  Um- 
fittsong  za  entsieben,  wenn  sie  einmal  bis  aar  takttseben  Bedrobimg 
der  feindlioben  Flanke  Torgesebritten  ist.  Sebon  die  blolse  strate- 
gisobe  Bediobnng  der  feindlioben  Flanken  nnd  besonders  des  Rflekens 
wild  in  unserer  nerrftoen  Zeil  mdst  gttnstige  Wirkongen  ergeben. 
In  diesem  Sinne  ist  es  mit  Frende  za  begriUsen,  wenn  man  die 
Flllirer  aller  (jiade  smn  Umfassen  erziebi  Tlrotzdem  mnls  man 
sagen:  Est  modus  in  rebas. 

Sehen  wir  die  Kriegserf abrangen  von  1870/71  etwas  nlLber  an, 
90  werden  wir  finden,  dafs  fUr  die  wiederholten  Umfassnngen  ganz 
andere  Ursachen  mafsgebend  waren,  als  etwa  eine  gleicbniälsige 
theoreÜBcbe  Schnlang  der  höheren  Ftthrer  nach  dieser  Kicbtnn^. 
Erstens  warde  in  der  Zeit  7or  1866/70  die  Umfassangstheorie  nicht 
annähernd  in  dieser  Ansdehnang  and  Eindringlichkeit  gelehrt,  wie 
heate  —  man  sehe  die  taktischen  Aufgaben  Moltkes  — ,  zweitens 
waren  die  höheren  Ftthrer  gar  nicht  nnd  die  höherf  n  Generalstabs- 
offiziere nur  zoni  geringsten  Teile  durch  die  Moltkesche  Sehulo 
gegaugen.  der  man  die  Umfassangstheorie  hinterher  in  die  Sehnhe 
geschoben  hat.  Im  Grundo  jrenommen  kann  man  in  Berug  auf  die 
Mnltkesche  Zeit  von  einer  taklisch-oporativen  Ausbildung  im  höheren 
binu,  wie  sie  jetzt  betrieben  wird,  ah<  rhaupt  gar  nicht  sprechen. 
Heute  hat  jedes  Korps  alljährlich  sciin  ( Ipneralstabsreise,  es  gibt 
Festungsgeneralstabsreisen,  IntendanturUbungsreisen,  ganz  zu  ge- 
schweigen  von  den  grofsen  ( leneralstahsreisen  und  den  zahllosen 
KriegsspiehMi  nnd  taktischen  Aufgaben,  bei  welcher  Hauptleute  und 
Leutiinnts  Divisionen,  Korps,  ja  sogar  Armeen  führen.  Wie  bescheiden 
war  dagegen  in  dieser Beziehnnir  die MoltkescheZeit!  DerFcIdmarschall 
woiite  zwar  „strategische  Haisoiiuements"  bei  den  Korpsgeneralstabs- 
reisen  keineswegs  ausschliefseii,  doch  aber  sollte  für  diese  die  Division 
die  Grondlage  hildeu,  und  es  kam  nicht  auf  geniale  strategische  Ein- 
lalk^  der  Teilnehmer,  sondern  auf  systematisches  Durcharbeiten  des 
Technisch Lii.  also  der  Befehlgebung.  Auiklurung,  Sicherung,  Unter- 
kunft und  Verpflegung,  an.  Bei  den  grofseu  Generalstabsreisen 
handelte  es  sich  ehedem  ebenfalls  vor  allem  am  Schalung  des  Tech- 
niseben  in  der  Troppenftthrnng.   Die  operative  Aosbildong,  welehe 


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12  Über  luoderne  ätrfttogie. 

io  AaleluiQDg  an  wirUidie  oder  doeh  mOgUehe  Sriegslageii  erfolgk 
uid  junge  (HBsiereTor  EntBeblUflee  stellt^  die  in  der  WirklMikeit  nar 
Anueefnlireni  nkomiDeii,  ist  eine  Emngenfleliaft  der  neaeiteii  Zelt. 
Endlich  war  Moltke  schweigsam,  nnd  soviel  ans  bekannt  ist, 
Ueis  er  sich  ttber  sdne  eigentlichen  Absiebten  nnd  leitenden  Gedanken 
so  wenig  ans,  dais  de  weiteren  Kreisen,  anoh  des  Generalstabes, 
unbekannt  blieben  nnd  ein  SpeknliereD  strebsamer  JOogerer  Elemente 
anf  die  jeweiligen  nnd  angenblieklichen  operailyen  Neigungen  des 
Chefs  anagesehlossen  war. 

RaDD  man  somit  die  Sobalong  des  Generalstabes  durch  Moltke 
für  die  häufigen  Umfassnngen  1870  keineswegs  ins  Treffen  ftthren,. 
so  lehrt  ein  Blick  aoi  die  Vorgänge  selbst  klar,  dafe  da  andere 
Ursachen  im  ^iel  gewesen  sind.  Wir  omfalsten  wohl  bei  Wörth 
und  Sedan,  wo  uns  bedeutende  Überlegenheit  an  Zahl  zar 
Vertttgnng  stand,  nicht  aber  bei  Oolombey  und  am  16.  Angnst^ 
als  wir  die  Schwächeren  waren;  ebenso  wenig  bei  Conlmiers, 
an  der  Lisaine  nsw.  Wo  wirksame  Umfassang:eo  groisen  Stils 
zustande  kamen,  da  sind  sie  nicht  vorbedacht  und  künstlich  in 
Szene  gesetzt,  sondern  das  natürliche  und  einfache  Ergebnis  des 
Vorhandenseins  einer  allerding^s  energisch  nnd  zielbewnlst  geführten 
Überzahl.  Auch  wo  diese  vorhanden  war,  blieb  die  Umfaesnnpr 
zuweilen  in  den  Anfänf^pn  stecken,  wir  die  GlUmers  8.  Au^riist. 
Bei  Wörth,  bei  St.  Privat,  bei  Sedan  sind  die  nTulassuugen,  das 
konzentrische  Zusammenstroraeu  der  Kfdonnen  aut  die  i^'lanken  des^ 
festliegenden  Gegners  einfach  das  Jr'rodakt  der  Überzahl,  nicht 
die  brncht  tiefer  Kombinationen. 

Wir  schlielsen  daraus,  und  die  iwiu-  Kriegs^j^esehichtr  lehrt  of^ 
zur  GeuUge,  dal's  sowohl  strategische  wie  taktische  UmfasHimijen 
zwar  nicht  immer,  aber  doch  in  vielen  Fällen  nicht  von  lange  her 
erwogen  und  aosgettlftelt  sind,  sondt^rn  sich  beim  Uberlegenea 
and  in  der  Vorhand  operierenden  Teil  als  Frucht  der 
Initiative  von  selbst  einstellen.  Jahrzehntelang  war  man  Uber 
zeugt,  dals  Napoleon  1806  und  1809  in  Bayern  die  Absicht  gehabt  iiatte 
zu  umfassen,  es  galten  gerade  diese  beiden  FeldzUge  sozusagen  aU 
Musterbeispiele  der  strategischen  Umfassung;  und  doch  hat  die.  neuere 
Forbchuüg  gezeigt^  d^iis  er  weder  in  dem  einen  noch  iu  dem  anderen 
Fall  von  hause  aus  eine  Umfassung  entworfen  und  c^eplant  hatte, 
sondern  gerade  durchzubrechen  meinte  und  dal's  sich  die  llin- 
fiusung  nur  aus  der  Unbcweglichkeit  des  Gegners  im  Verein  mit 
Napoleons  Unkenntnis  der  Kriegslage  ergab.  £&  ist  ganz  charakte- 
ristisch, wie  sich  aus  dem  natürlichen  aber  entschiedenen  Vormarsch 
in  mehreren  getrennten  Kolonnen  die  Umfassung  auch  dort  ond 


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über  moderne  Strotegie. 


13 


gerade  dort  hmasbÜdet,  wo  sie  gar  niehl  Torbedacht  wai.  Nieht  die 
Unftnoogstheorie,  sondern  die  eoerglscbe  Initiative,  namentüeb 
die  mit  überlegenen  Kräften,  flUnt  wirksame  Umfanongen  beibsL 

Wir  leben  niebt  mebr  In  den  Zeiten  Fdedriebs  des  Grofben. 
Strategiseb  oder  gar  taktiseb  so  omfiMSsen,  wenn  man  sebwfteber 
Ist,  dffrfte  mit  den  beotigm  Armeen  ein  grofses  Knnststllek  sein. 
Auf  dem  Papier  macbt  es  sieb  sebr  sebön,  Armeen  grondsililieb 
g^n  die  Flanken  des  Fdndes  anansetm,  aber  wie  selten  weiis 
man  Im  Kriege,  wo  die  feindllalien  Flllg^  sind;  Ibre  Anfimdnng 
kann  niebt  dnreb  das  Bestreben,  a  priori  an  omfassen,  sondern  nor 
dnreb  eine  energisebe  Offensive  bewirkt  werden,  die  es  darauf 
ankommen  lifat,  aneb  frontal  ansnlanfon,  die  Offensive  mnls  Im 
Vordergrande  stehen,  nicht  die  Umfassongstbeorie;  aber  eine  Offen- 
sive freilich,  die  niebt  an  lokaler  Verteidignng  klebt,  sich  gana 
-beschränkte  Ziele  setzt  and  weniger  der  siegreiehen  Kraft  des 
Vorgebens  als  vielmehr  dem  Hintergedanken  tränt,  es  werde  sebon 
gelingen,  dem  Feinde  die  Flanke  absogewinnen. 

SeblichtingB  Werke  predigen  nnter  Anderem  die  Um- 
fassong  and  bieten  maneben  schätzbaren  Wink;  aber  bei  seiner 
ganzen  Strategie  mals  man  n.  JB.  doch  stets  vor  Aa^en  haben,  dals 
<^ie  nnr  dann  möglich  ist,  wenn  man  wie  1866/70  im  höchsten 
Mafe  die  Initiative  hat,  and  streng  genommen  nar  dann,  wenn 
man  an  Zahl  oder  Gttte  der  Trappen  erheblich  überlegen  ist. 
Aus  diesen  Gmndlagen  wachsen  die  Umfassnngen  hervor:  hoffen 
wir,  dafs  ans  diese  Omndlagen  in  ktlnftipren  Kriegen  abermals 
eigen  sein  werden.  Ohne  sie  würde  die  Theorie  des  Umfassens, 
und  würde  sie  anf  dem  Papier  auch  bis  zur  Vollendung  aasgebildet, 
wenig  nützen:  so  wie  die  Echelons  der  friderizianisohen  Zeit  I80f) 
versagten.  Löblich  ist  das  Streben,  stets  zu  umlassen;  anznerkennf  ii 
die  Ourchbildnng  dieser  Theorie  im  Frieden.  Aber  die  Erkenntnis 
darf  nicht  fehlen,  dafa  diese  atrateginclu  Form  an  sich  eine  Gewähr 
des  Sieges  nicht  bietet,  vielmehr  in  auffallender  Weise  von 
der  Energie  der  obersten  Ftthrnng  and  von  Zahl  wie  Wert 
-der  Kräfte  abhängig  ist  Eine  Yermehrang  der  Armee  and  ein 
Hinausschieben  des  Operationsziels  Uber  die  Grenzfestangen  des 
Oegners  wiegen  schwerer  als  die  theoretisch  geförderte  Absiebt, 
strategisch  und  taktisch  zu  umiassen. 

Die  Aogriffstbeorie. 

Wohl  Stilen  wird  in  einem  Heere,  und  zwar  in  allen  Schichten 
desselben  und  bei  jeder  Gelegeuiieit,  die  Offensive  derart  ge- 
predigt worden  sein  wie  jetzt  bei  ans.    Das  Eine  ist  jedenfalls 


X4  Über  moderne  Strategie. 

lüttht  sn  bestraiteD,  dftb  tot  den  Kriegen  1866  and  l&IO^  in  welehen- 
wir  die  OffeDeive  nnstergllltig  hnndiiabten,  nichl  aonähemd  m  viel 
Aber  nnd  ftr  den  Angpriff  gesebrieben  nnd  geredet  wnide,  wie 
Jelrt^  nl>nmer  angreifen''  isl  die  Loenng,  die  den  jongen,  streb- 
snmen  KSrnpfer  Ton  liente  —  der  seine  Kampflnst  freifieh  nnr  in 
der  Theorie,  Eriegqiiel  nsw,  betittigen  kann  —  in  den  meisten 
Füllen  san  Uolge  fuhrt 

In  dem  steten  Streben  naeh  der  OffenslTe  liegt  one  anfser- 
Ofdentliob  gesunde  Grnndstimmang^  die  in  der  dentsohen  Armee 
(}ott  sei  dank  natttriieh  von  Hause  aus  vorbanden,  nicht  etwa 
kttnBtlioh  hineingetragen  ist.  Mehr  als  die  schönsten  stiategisehen 
Theorien,  mehr  als  das  beharrlichnte  Streben  nach  Umfassung  z.  B. 
ist  die  Angrifflost,  der  Angriffsdrang  wert,  der  in  den  höheren 
Ftthrem  aller  Grade  sitzt,  and  der  im  Kriege  sieghaft  in  die  firscheiuong- 
tritt^  wenn  er  nnr  nicht  durch  eine  mangelhafte  Oberleitong  unter- 
bmideii  wird.  Hooh  gilt  heute  die  alte,  vom  groben  Köni«:  deotiieb 
aosgesproobene  Regel,  dafs  es  fllr  Preulsens  Trappen  nichts  Besseres 
gebe,  als  anzugreifen,  sobald  ihnen  der  Feind  nahe  sei. 

Man  darf  den  Persönlichkeiten,  denen  die  Ausbildung:  der  Armee 
obliegt,  daher  nur  dankbar  sein,  wenn  sie  auch  im  Frieden  die 
OftensiFP  mit  allen  Mitteln  hochhalten  und  fördern,  den  im  Manöver 
nicht  angreifenden  Führer  aiisni erzen,  den  im  Kriegsspiel  zllgernden 
Offizier  beseitigen.  Wenn  heutzutage  in  der  Theorie  des  Angriffs 
nicht  selten  sogar  über  die  Prnx'ia  von  1870/71  hinausgegangen 
wUrde,  wenn  der  Angrifi  an  sich,  um  seiner  selbst  willen,  auch  in 
hOcbst  ungünstigen  VerhältniBKPii  irefordert  nnd  {^epredio-t  wird,  sa 
Hegt  darin  eine  grolse  8tarke  und  eine  groise  (Gewähr  des  Sieges^ 
in  den  Kämpfen  der  Zukunft. 

Freilich  mag  die  Aussohlicislichkeit,  mit  der  heutzutagi-  der  Au- 
griff, strategiseh  wie  taktisch  gepflegt  wird,  zuweilen  zu  weit  ge- 
gangen werden;  namentlich  von  Leitenden  und  Aut'galieiiäteiiern,  die 
wenig  Phantasie  besitzen  and  sich  daher  in  allen  Lagen  an  das 
rettende  Seil  des  Angriffs  klammern;  einfach  ist  das  ja  allerdings. 
Oi>  auch  immer  richtig?  Schicken  wir  Noraus,  dals  das  Stellen 
taktischer  Aufgaben  —  ebenso  >vie  das  Leit(  u  von  Kriegsspielen  — 
Dicht  leicht  ist;  /.war  schatlt  das  selbstverständlich  jeder,  d(»r  damit 
beauftragt  wird,  denn  was  befohhtu  wird,  wird  bekanntlich  gemacht, 
es  kommt  aber  doch  auch  einigermalseu  aut  das  Wie  an,  wenn  wirk- 
Uebe  Belehrung  eintreten  soll.  Ich  widerstehe  der  Versuchung,  Bei- 
spiele recht  wenig  glücklicher  taktischer  Aufgabenstellung  anznführen,^ 
da  sonst,  bei  der  Ähnlichkeit  der  Muster,  nnllebsame  Bezugnahmen 
aof  da  oder  dort  tatsieUich  gestellte  Angaben  IsmerUn  niebt  aos*- 


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über  modenie  äteake^^.  Ij». 

gcsobloBBen  wäreii.  Das  mnfis  aber  gesagt  werden,  dals  die  Kriegs- 
lage Ml  eiidgennftbeii  auf  die  offeoalve  Lösung  hiodeaten  mala. 
Wenn  vca  einer  ganxen  Ansabl  Bearbeitern  oor  fäner  aogieift»  ob* 
wolil  dies  die  aogenannte  PatentUteang  ist,  so  durfte  öbeo  aa  der 
Anligabeiiateiliiiig  etwas  versebea  sein. 

Sb  kODDte  mmiOgtteb  richtig  enebeinen,  weoD  %,  B.  ron  einer 
auf  dem  hinbaUenden  Flllgel  eines  snr  Verteidigaogssohlaeht  bereit* 
gestellten  Heeres  entwieicelten  I^Tision  verlangt  wurde,  dals  sie  nock 
wibrend  des  Anmarsehes  des  Gegners  „selbsttätig*'  ans  Ihrer  Stellang 
10—15  km  Torgeht,  am  den  Feind  anisnsnchen  nnd  ansngreifen. 

Ebensowenig  wSre  es  sa  billigen,  wenn  gelordert  würde,  eine 
Oivisleii,  die,  im  November,  cvrisohen  den  Masorisohen  Seen,  den 
gamen  Tag  mit  Mlihe  den  Angriff  eines  feindlichen  Korps  ans- 
gehalten  hat,  solle  12  Uhr  Mitternachts,  weil  der  Mond  an^ht,  zor 
Verfd^gnng  antreten.  Die  Bernfong  an!  das  glorreiche  Beispiel  Von 
Belle^Alllaaee  kann  hier  doch  nicht  gelten,  denn  die  Verlilütnisse 
lagen  damals  gans  anders,  wie  die  nenere  Forscbang  inswisehcD  er- 
mittelt hat;  Legenden  sind  aber  kein  frnchtbarer  Boden  für  die 
operative  nnd  taktische  Ansbildnng. 

Aneb  ist  es  ferner  sehr  fraglich,  ob  es  wirklieb  gelingen  wttrde,. 
s.  B.  einen  Festongskosunandanten  dazn  sn  bewegen,  den  ihm  an- 
verläraaten  Platz  mit  der  Hauptreserve  sa  verlassen,  am  mehrere 
Münehe  weit  sar  Armee  zu  marschieren  nnd  dort  an  der  Scblacbt 
teilzonebmen.  Unsere  Führer  besitzen  gewifs  viel  Offensive  nnd 
Initiative,  ein  Goavemeur  ist  aber  doch  vor  allem  fttr  den  ihm  aa- 
vertraoten  Platz  verantwortlieh,  die  Organisation  and  AnsrOstang  der 
Besatwmg  ist  anf  die  lokale  Verteidigong  zagesobnitten,  so  dals  man 
an  ihre  nneingeschrttnkte  Verwendnngsfitbigkeit  im  freien  Felde  mir 
schwer  glanben  kann. 

Ahnlich  verbält  es  sieb  mit  dem  auf  dem  Papier  vielfach  ge^ 
forderten  und  geübten  Angreifen  überlegener  gegnerischer  Kräfte. 
In  der  Wirklichkeit,  im  Krie<re,  erklärt  sieh  dies  nur  aus  der  ün- 
kenntnis  tlber  den  Gegner,  aus  nichts  anderem! 

Ek  liegt  nns,  wie  eirpranirs  crwühnt,  sehr  ferne,  an  der  vor- 
treft'iichen  taktischen  Ausbiidung  der  Armee  irgend  eine  Kritik  übe* 
2u  wollen;  nsmentüch  die  im  Generalstabf  ist  Summa  euin  laude. 
Es  liegt  indes  im  Wesen  menf^ehlioher  Kiiirichtuogen  und  besonderfi 
jeder  Hierarchie,  dals  die  von  üben  kommenden  Stichworte  uuiea 
zaweilen  übertrieben  aasgelegt  und  angewendet  werden.  80  mag 
es  hier  und  da  mit  der  Parole  „Offensive"  geschehen. 

Auf  dem  Pa|}ier  immer  liiizu;^ reifen  erfordert  wenig  Kenntnisse, 
wenig  Geist  und  nicht  viel  Charakter;  artet  die  Offensive  zu  einer 


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16 


Übar  moderne  Strategie. 


wUititrueheii  Mode  aas,  so  werden  die  gewandteeteo,  am  niebt  m 
sagen  geriaseosteit  PentfnUebkeiten  dieaex  Mode  am  vollkornmeoetea 
and  gesohmddigsten  folgea,  aber  ob  das  dieselbeii  Leute  sind,  die 
Tor  dem  Feinde,  wenn  die  Verantwoitnng  sebwer  drllelLt,  und  es 
gOt,  Leib  ond  Leben  einansetsen,  vorne  weggeben,  ist  doeh  ooeb  die 
Pr^^e.  Wenn  eine  Armee  je  offensiven  Sinn  bewäbrt  hat,  so  war 
OB  die  onseie  1870  in  den  Aagnsttagen  und  was  sie  damals  an 
Offensive  entwickelt  hat,  vodient  die  bOehste  Anerkemumg,  eireiebt 
vielleiebt  das  Maximum  des  in  dieser  Hinsiebt  ttberbanpt  Erieieh' 
baren;  ein  Hinansgeben  Uber  diese  glotreichen  Beispiele,  em  Über- 
treiben des  AngriiSs  in  der  Theorie  anf  dem  geduldigen  Papier,  die 
kttnstliebe  Reinsuobt  der  gewissermalben  patentirten  Sieherhei^  die 
stets  angreift,  ohne  erst  sn  fragen  wie  die  Saeheo  stehen,  können 
wir  fllr  sweekmälsig  niebt  halten. 

Wohl  geben  wir  an,  dals  mau  die  Offensive  im  vidliieii  Mab 
fordern  mafs,  dafs  man  sie  im  Frieden  anoh  dort  verlangen  mnÜB,  wo 
ibr  Unterlassen  im  Kriege  nicht  gerügt  werden  konnte  —  ans  dem 
einlseben  Gmnde,  weil  man  beim  Militär  stets  mehr  verlangen  mafs, 
als  was  man  zu  erreichen  gedenkt;  die  ganze  Aasbildung  hcraht  ja 
doch  daran!.  In  diesem  Sinne  ist  also  die  Zttohtung  der  Offensive 
wohl  bereehtigt  und  anch  frachtbringend ;  allein  man  rnnüs  sich  stets 
vor  Augen  halten,  dafs  im  Kriege  in  den  meisten  fUllen  hinter  dem 
w&nsebenswerten  and  möglichen  Mafs  an  Offensive  zorfickgebliebeD 
wird,  nnd^  um  bei  den  angefahrten  Beispielen  zu  verbleiben,  solche 
Offensiven  in  der  Wirklichkeit  nicht  vorkommen;  da  bleibt  jeder  /.a 
Flaufse,  ist  froh,  dals  er  das  Leben  hat  und  htltet  sich  schwer,  Ofien- 
sivei)  za  unternehmen,  die  ihn  in  den  Geruch  der  Un/arpchntings- 
tähigkrit  hrin^rt  n  könnten,  abgesehen  von  anderen  tlblen  Folgen,  die 
sie,  wenn  unternommen,  haben  krmnten. 

Soll  man  also  etwa  in  tler  Fliedenstheorie  weniger  Offensive 
verluugCDV  Wir  glauben  es  nicht,  wenn  anch  gar  zu  weit 
getriebene  Offensiven  hesb^er  zu  vermeiden  sind,  weil  sie  doch 
niemand  ernst  nimmt,  sondern  f^ir  das  ansieht  was  sie  sind, 
nämlich  graue  Theorie.  Im  aligeuieinen  aber  bleibe  man  zu- 
verbicbtlich  bei  einem  »esnnden  Pflegen  der  Offensive.  Sind  die 
Führer  aller  Oradt  Ids  m  den  Jüngeren  heiah  von  dem  Wert  der 
Offensive  Uber/.eugt,  so  liegt  darin  immerhin  eine  grotse  Aussicht, 
dafs  die  Herren,  zwar  nicht  immer  und  überall,  aber  doch  in  einer 
grolsen  Zahl  von  Fällen  im  Kriege  offensiv  handeln  werden;  eine 
solche  Erziehang  zur  Offensive  mittelst  der  Theorie  ist  om  so  nötiger 
alß  die  Praxis  in  der  Armee  vielfach  riarauf  hinarbeitet,  das  aktive 
ubd  offensive  £lement  aus  dem  Offizier  herauszutreiben  und  ihn  zu 


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Übw  uoden6  Stntegle. 


17 


«ineoi  sanfte?!  Bürfrer  zu  machen,  der  nicht  unaogenehm  aatiiiUt. 
keinen  Streit  hat  ü,  s.  w.  Die  Verhältnisse,  in  dencMi  wir  leben,  (ier 
Eiiitiufs  der  sozialen  Entwickelune-  auch  aöf  die  Ariiieeu,  die  steigende 
Macht  der  Presse  und  der  l'arlarnrnisvvirtschaft  wirken  gleichmälsig 
zusamuieu,  um  auch  den  kühnen  Ottizier  zu  zähmen  ond  fromm  zu 
machen;  jedenfalls  ist  unsere  Zeit  nicht  darnach  aufretaiij  Helden 
grofszoziehen !  Es  schadet  endlich  auch  nicht  viel,  wenn  die  Köllen 
des  Angreifers  und  des  Verteidigers  gelegentlich  manchmal  in  einer 
Weise  von  vornherein  verteilt  werden,  dais  dem  Angreifer,  dem  man 
Wühl  will,  seine  Aufgabe  mehr  als  leicht  gemacht  wird,  während  sein 
Gegner,  der  aus  persönlichen  Gründen  geschlachtet  werden  soll, 
Defensivauf LTiben  erhält,  die  niemand  lösen  kann;  freilich  trägt  das 
nicht  gerade  dazu  bei,  die  Überzeugung  von  der  sieghaften  Kraft  der 
Offensive  mundgerecht  zu  machen,  eher  exemplifizieren  die  Teilnehmer 
and  Augenzeugen  auf  das  GiUck,  das  jeder  Soldat  haben  muls.  Es 
aei  endliok  darüber  hinweggesehen,  was  gesehShe,  wenn  ein  höherer 
Führer  im  ManOver  zur  Unselt,  d.  h.  in  einem  Augenblick,  der  militüriach 
zwar  dnrchans  ziehtig  ist,  aber  ans  irgend  einem  Grunde  der  Leitung 
nieht  palst,  offensiv  wird;  man  liebt  derlei  nicht,  und  solche  Offendven 
haben  kein  GlQck.  Im  allgemeinen  aber  kann  man  doeh  nor 
wiederholen,  da&  das  Streben  nach  der  Offensive  in  der  Aasbildnng 
richtig  ond  trotz  einzelner  Aoswttehse  anzuerkennen  und  zu  be- 
Ibidem  ist,  wenn  es  noch  natOrllöh  so  radikal  nicht  wirken  kann, 
wie  die  Erziehung  durch  den  Krieg,  durch  die  Wirklichkeit;  oder 
wie  das  Verfahren  des  englischen  Volkes  des  XWJL  und  XVIII.  Jabr- 
hmderts,  das  Generale  ond  Admizale,  die  es  nicht  wagten,  llherlegene 
XrSfte  anzugreifen,  anfkntipfte,  trotz  des  Widerstandes  des  Hofes. 

Wenn  also  eine  zielbewnlste  Eiziehnng  zur  Offennve  in  der  Armee 
nur  mit  Fanden  zu  begrttlsen  und  zu  befördern  Ist,  so  darf  anf  der 
anderen  Seite  doeh  nie  vergesseo  werden,  daÜB  die  Betttignng  dieser 
Offensive  im  männennordenden  Krieg  doch  noch  von  etwas  anderen 
Dingen  abhUngt  als  Ton  den  theoretischen  Lebren  des  Angrifies  im 
Frieden.  Die  Väter  sprachen  w^g  rom  Angriff  und  schrieben  fast 
nicht  darüber,  aber  sie  griffen  an,  bei  Nacbod,  WOrth,  ViooTÜle  usw. 
Die  Verhältnisse  waren  eben  danach.  Wenn  uns  auch  Tcrslchert 
worden  ist,  eine  Armee  wie  die  von  1866  habe  Prenfsen  seither 
nicht  wieder  gehabt  —  1870  schafften  wir  es  vielfach  mit  der  Zahl  — , 
so  trauen  wir  doch  darauf,  dafs  die  Armee  von  heute  den  Gegnern  von 
heute  an  Güte  ebenso  Uber  ist,  als*e8  damals  den  damaligen  Feinden 
gegenüber  der  Fall  war.  Noch  sind  und  bleiben  wir  an  innerer 
Ttlchti^keit  jedem  Feind  über.  Aber  das  g:enUgt  noch  nicht  zum 
biege,  und  namentlich  fUr  das  sieghafte  Entfesseln  der  Offensive 


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18  Über  modeme  Stnte^e. 

■ 

gentigt  es  nicht;  dazu  gehören  noch  andere  Dinge,  so  nngemein 
wichtig  die  überlegene  Güte  der  Truppen  für  den  Ernstfall  ist. 

Es  gehört  dazu  eine  entsprechende  Ftthrong,  vor  allem  der 
entschlossene  Wille,  die  Kraft  des  eigenen  Heeres  im  Aiigrill  unbe- 
denklich /.ü  entfelselü,  wozu  eine  gewisse  Freiheit  der  Anschaoun^ 
und  des  Verfahrens  sowie  ein  verständiges  Gewährenlassen  nötig  i^t. 
Darin  war  besonders  Moltke  grols,  der  eingesehen  hatte,  das  vonFtthrern, 
die  ängstlich  an  der  Strippe  gehalten  werden,  eine  entschlossene  Offen- 
sIy6  nidit  zu  erwarten  ist.  Zu  dieser  Freiheit  der  Auffassang  und 
des  Gewlbrenlaneiw  hilft  vor  allem  das  BewuÜBtsein,  dem  Gegner 
an  Kriegsmitleln  sowohl  als  in  der  Energie  des  Willens  ttb er- 
legen zu  sein;  hat  man  dieses  Bewolstsein,  dann  iVlst  man  die 
Saehe  laufen  und  es  entstehen  KiUnpfe  wie  die  rom  August  1870, 
die  nnter  anderen  Veihftitnissen  sehr  geflihrlieb  iMitfen.  Nnr  bei 
Freiheit,  nor  bei  einem  gewissen  Gewtthrenlassen  der  oberen  FIdirung 
ist  der  operative  und  taktisehe  Angriflsferieb  ansslehtsToU;  haftet  der 
Blick  des  Feldherm  Itngstiioh  an  der  gegnerisehen  Greose,  die  er  lücht 
ttbersehreiten  will  oder  soll,  reiefaen  seme  geographiseheo  Kenntnisse 
nieht  welter  als  Uber  einige  beschrilnkte  Grensbeiirke,  in  denen  nmaa" 
den  Krieg  za  beendigen  hoffti  ohne  gleich  bis  Paris  oder  gar  bis- 

Moskan  zn  lenfen  dann  wird  es  mit  der  selbstHUigen  Offen- 

sive  der  Unterftlbrer  zweifelhaft^  wo  nicht  misslicb  aussehen. 

Wenn  ans  den  lotsten  groihen  Kriegen  eine  Erbbmng  gezogen 
werden  kann,  so  ist  es  dooh  wohl  die,  dals  die  damals  geübte  Ofien- 
sive  nur  möglich  war  auf  der  Basis  der  damaligen  Verhttltnisse^ 
nämlich  einer  ansgesproohenen  Überlegenheit  an  Kriegs- 
mitlein und  einer  grofsen  und  kflhnen  Politik,  die  KSmpfe 
suchte.  Anders  steht  es  wohl  heute;  wir  sind  heute  ftoh,  wenn 
wir  Frieden  haben,  was  ja  politisch  vielleicht  —  aber  aneh  nnr 
yielleioht  —  richtig  sein  mag,  militärisch  aber  zweifellos  ein 
Machteil  ist.  Wir  glaaben  also  niobt^  dafs  sich  die  auf  die  Spitse 
getriebene  Offensive  der  Unterführer  nacbbaltig  nnd  wirksam  in 
einem  Kriege  äulsem  würde,  den  ^mnn"  nur  gezwungen,  gleichsam 
widerwillig,  ohne  grofse  positive  Ziele  und  eigentlich  nnr  deshalb 
ftlhrt,  weil  der  Feind  eben  dazu  zwingt.  In  aolchen  Kriegen,  deren 
Preulsen  immerhin  einige  geführt  hat  —  1793/94,  1806  würde 
die  Lehre  von  dem  allein  seligmachenden  Angriff  nicht  standhalten, 
sondern  nur  zu  vereinzelten  und  vergeblichen  Opfern  führen. 

Man  soll  darum  nicht  aufhören,  die  Offensive  zu  predigen  und 
zu  /lichten;  wohl  aber  müssen  sich  di(  jiMÜ^^eii,  die  ey  anseht,  recht 
klar  machen,  dafs  in  der  den  Unterführern  theoretisch  beigebrachten 
Ofi'eosiyteDdeDz  kein  Ersatz  ittr  Unterlegenbeit  in  der  Zahl  der 


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Uber  moderne  Strategie. 


19 


Trappen,  in  der  Bewaffnung  qbw.  zn  finden  ist,  und  dafa  sie  etete 
dort  veisagen  wird  mllMen,  wo  die  obere  nnd  oberste  Leitung  nicht 
TOD  einem  übnliehen  Streben  nach  Verniebtnng  beseelt  sind,  wie  in 
mieeren  letEten  grolaeo  Kriegen.  Wird  der  ganze  Krieg  mebr  de- 
fbnsiy,  oder  aneh  nur  mit  abgesebwäeliter  Entscblossenbeit  geführt, 
so  iMJst  sieh  der  selbsttttige  Angriff  gioisen  Stiles  eben  nieht  ent- 
lalten.  Hoffen  wir,  dafe  ans  die  nXehsten  Kriege  moht  darüber  die 
Angen  Offnen,  dals  die  Offensive  wie  sie  1866,  1870/71  auftrat^  mehr 
eine  Begleiteieeheinang  der  damaligen  gflnstigen  VerliilltDisBe  als 
eine  Waffe  ist,  die  sieb  auch  in  der  Hand  des  Sehwachen  und  Zagen 
beiriührtk 

Feldarmee  uucl  Festang. 

Gs  ist  wirklich  eigentUmiicb,  wie  plötzlich  manche  „Graodsätze** 
anikommen;  seit  nndenklicben  Zeiten  dachte  und  sprach  kein 
Mensch  bei  oos  davon,  bei  Operationen  gegen  unsere  künftigen 
Gegner  die  Feldarmee  an  Festangen  sn  koppeln,  und  die  Wissen- 
schaft, wie  man  das  VorhandeDsein  von  Festungen  beim  Offensiv- 
kriege fttr  die  OperatioDen  des  Feldheeres  ausnutzen  könne,  schlief; 
so  blieb  es  auch  bis  vor  wenigen  Jabren.  Da,  plötzlicb,  wie  auf 
den  Wink  eines  mächtigen  unsichtbaren  Zauberers,  traten  die  Er« 
örterungen  Uber  dieses  Thema  auf  den  Plan;  heute  gibt  es  schon 
eine  ganze  Literatur  darüber  und  Hand  in  Hami  mit  dieser  ße- 
wegan^:  ging  das  Erscheinen  der  schweren  Artillerie  des  Feldheeres, 
sowie  das  Auftauchen  der  leichten  Feldhaubit/.en.  Die  Vertreter  der 
neuen  Heilslebre  hoffen,  es  werde  sich  in  Zukunft  empfehlen,  die 
Hilismittel  des  Geländes  und  der  Befestigungskuiist  unter  alleu 
Verhältnissen  in  den  Dienst  des  Feldheeres  zu  stellen,  d.  h.  grofse 
kriegerischr  EuUcheidungeu  im  Ausehlufs  an  Festnngsgruppen  und 
Forlsimien  zu  suchen  Was  ist  vorgefallen,  um  diesen  fundamentalen 
Wandel  der  Atischauungen  hervorzurufen?  Die  Verhältni>se  auf  den 
grolsen  europaihckeu  Kriegsschauj)iätzeü  haben  sich  nicht  wesentlich 
geändert,  ebensowenig  das  Kräfteverhältnis  zwischen  uns  und  uuseren 
möglichen  Gegnern;  unsere  Politik  ist  dasselbe  was  sie  seit  1871  war, 
nämlich  eine  bewahrende  und  erhaltende.  Wohl  sind  an  der  Ost- 
grenxe  Frankreichs  und  an  dem  Westsanme  Rußlands  Festuugslinien 
und  befestigte  Abschnitte  entstanden,  al)er  nicht  eist  in  den  letzten 
Jahren;  lu  diesen  wurden  die  betretlendeu  Aulagen  nur  weiter  aus- 
gestaltet, nicht  etwa  neu  geschaöeu. 

Es  ist  schwer,  einen  Anlafs  zu  eiuem  so  radikalen  Wandel  der 
Ansichten  m  finden.  Derselbe  ist  auch  im  Auslande  nicht  unbekannt 
geblieben;  schrieb  doch  erst  in  diesem  Bommer  eine  fransösisehe 

2* 


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20 


Über  modtttne  Strategie, 


Zeitschrift  trinraphierend,  die  Deutschen  hätten  die  klassische 
Moltkesche  Op*  ration  eines  sofortigen  Einmarsches  in 
Frankreich  zum  Vorstols  auf  i'uris  ciidlich  aufgegeben 
nnd  sie  wären  zu  der  Absicht  gelangt,  sich  iu  Lothringen  verteidi- 
gend zu  verhalteu,  ulu,  auf  ihre  1  cbtungeu  gestützt,  deu  iranzösischen 
Angriff  zu  erwarten  und  ihm  mit  einer  Gegenoftensive  zu  beant- 
worten, anter  dem  Schatze  ihrer  Festangen,  die  nach  allem  was  mm 
bOre,  von  Jahr  za  Jahr  weiter  aasgestaltet  würden. 

Wenn  wir  aneli  Überzeugt  sind,  dals  sich  die  Franzosen  mit 
Boleben  Hofinnngen  auf  dem  Hotew^  befinden  nnd  dab  derartige 
Plttne  in  enietbaften  Köpfen  nicht  vorhanden  rand,  ao  ▼eidient  doch  die 
Fn$e  emateste  £rwägang,  ob  es  hente  ttberhanpt  möglieh  ist,  einen 
Krieg  in  dem  man  etwas  erreiehen  will  —  and  wer  hstte  Im  Erlege 
niehts  ra  eirdchen?  —  im  Ansohlnla  an  Befestigongen  xn  fttbren. 

Blleken  wir  auf  die  inreulsieohe  Kriegsgescblebte  sorttek,  so  finden 
wir  nnr  ein  Beispiel  einer  erfolgreiehen  Verteidigung  in  diesem  Sinn, 
nlimiieh  die  Friedrieh  des  Groben  in  den  Spätjabren  des  Sieben- 
jährigen  Krieges.  Jedeimann  weils,  dab  der  grobe  König  m.  emem 
solchen  Verfahren  nnr  ttnberst  ungern,  nnr  deshalb  gegriffen  bat^ 
weil  er  dasn  dnreh  die  Schwäche  seines  Heeres  geswnngen  war. 
Seitdem  haben  wir  nur  die  Bhelnfeldsllge  anseligen  Andenltens  ge- 
habt|  die  im  groben  Stil  mit  Befestigungen  arbeiteten  und  sie  haben 
kläglich  genug  geendet.  Wo  Preuben  wirklieh  etwas  errdobte,  da 
bt  es  offensir  gewesen,  da  hat  es  die  femdlicben  Festungen  ver- 
achtet, da  stieb  es  mit  seinem  Feldbeere  unbedenklich  in  das  Heis 
des  Gegners  vor,  und  wäre  zu  allerletst  anf  den  Gedanken  gekommen, 
sich  auf  seine  eigenen  Befestigungen  na  stiltacen,  um  mit  ihnen  und 
im  Anscblnfs  an  sie  einen  Feldzag  zu  führen.  Also  die  Kriegs- 
gesehiobte  spricht  offenbar  nicht  fUr  die  Verfechter  der  nenen  Lehren. 
Sie  zeigt,  dals  nur  der  strat^tsche  Angriff,  nämlich  einer  der  sich 
lohnt,  ein  kühner  Vormarsch  anf  die  feindliche  Hauptstadt  (1814, 
181Ö,  1866,  1870)  grobe  £rioIge  ergibt»  Erfolge,  die  das  KriegiOhren 
lohnen. 

Aber  vielleicht  sind  nun  die  Verhältnisse  andere  geworden  und 
vielleicht  fordern  gerade  die  heutigen  Umstände  dazu  auf,  sich  im 
Entscheidungskampfe  grolser  Staaten  an  Festungen  zu  klammern? 

Anf  dem  hohen  strategischen  Gebiet  ist  es  sehr  schwer,  klipp 
und  klar  etwas  zu  beweisen;  bekanntlich  gelten  schon  in  der  Taktik 
verschiedene  Ansichten,  und  erst  recht  in  der  Strategie.  Man  kann 
sagen,  der  lose  Zusammenhang  der  nindnrnen  Truppen  zwingt,  sie 
mit  Schonnng"  zn  irebranchen  und  es  sei  daher  geraten,  den  Gegner 
zunächst  an  den  eigenen  ikfestigongen  aulauien  zu  lassen,  um  dann 


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über  nodeme  Stratege. 


2i 


nur  OegenoffensiTe  ttbenngeheD.  Mail  kann  dmaf  rerweisen,  <!•& 
täiek  die  gro&e  Jf ftsse  der  heutigeQ  Reserretrappea  »ns  oabeli^gen- 
den  GrOnden  bei  einem  entachloBwneD  Yonuaiseh  in  Feiudeslaod 
nieht  so  ftr  die  Scblfteht  aasnflteen  läTst  als  wenn  man  sie  im  ei|;enen 
Lande»  swiscben  den  Festungen  festlegt,  ans  denen  man  dann  die 
Beservetrappen  —  womöglich  anofa  noeli  die  Grenze  stoherode 
Landwehren  —  im  liclitigen  Aogenblick  zur  Seblaeht  herbeiruft.  Man 
lumn  fem  er  sagen,  dab  es  nOtig  ist,  heutzutage  die  feindlichen 
FlUgel  nnd  Flanken  zu  umfassen  und  dals  das  bei  einem  beweglichen 
Gegner  nnd  im  freien  Felde  nicht  so  gnt  möglich  sei^  als  in  An« 
lehnong  an  eine  Festongsgmppe,  die  der  Feind  nrogehen  mnfs,  wo- 
bei man  ihm  dann  nnversebens  in  die  Flanke  fällt.  Schwaebe  Ge- 
müter, denen  es  mehr  um  das  Konservieren  der  Armee  als  um  ihre 
Aasnutzung  zum  Siege  zu  tan  ist,  mögen  endlich  sagen,  dafs  die 
Folgen  eines  Rückschlages  geringer  sind,  wenn  man  sieh  zwischen 
seinen  festen  Plätzen  befindet  als  im  freien  Felde.  Wie  man  sieht, 
es  iSTst  sich  8chlie(slich  alles  begründen,  selbst  die  Absicht,  um  den 
äuiseren  Flügel  des  ans  nmErehpiiden  Feindes  herurazuraarschieren, 
nm  ihn  desto  glänzender  zur  ätrecke  za  bringen.  Auf  dem  ii'apier 
geht  eben  alles! 

Ungei!i<  in  schwierig:  ist  es  dag(  ^j:*  ti,  auf  dem  Gebiet  der  Strategie 
und  in  konkreten  Fällen  von  vornherein  zu  sagen:  daR  ^eht  nicht. 
Denn  man  bat  bekanntlich  die  ungiaubiichsteu  iSachen  im  Kriege 
erlebt,  die  doch  gelungen  sind.  Wir  möchten  daher  im  folgenden 
unsere  Meinung  bescheiden  and  zurüekiiaitend  und  mit  aller  Reserve 
äolsem,  und  nur  in  akademischer  Weise,  ohne  Bezuguahin»  auf  be- 
stehende Verhältnisse,  die  uns  aufserdem  natürlich  nicht  bekaunt  sind. 

Der  greise  Nachteil  der  Defensive  ist  eben  das  ewige 
Zuspätkommen;  man  erfährt  die  Bewegungen  des  Feindes  so  spät, 
dafs  man  unausgesetzt  überrascht  wird,  und  die  Befehlgebung  im- 
gemein  erschwert  ist,  namentlich  bei  den  heutigen  Fronten  der 
Armeen.  Man  denke  sich  nur,  dals  z.  B.  ein  an  der  Westgrenze 
aofmarsohiertes  deutsches  Heer  von  etwa  20  Korps  eine  Front  von 
mindestens  200  km  einnimmt,  die  trotz  Feldtelegraph  and  Selbst- 
fahrem  der  Befehlgebung  fast  nnflberwindliebe  Schwierigkeiten  ent- 
gegenseht. Was  anf  dem  einen  FlUgel  passiert,  ertthrt  die  Leitong 
bestenfiüls  erst  naeli  mehreren  Stnnden  nnd  bis  ilire  Befehle  dahin 
gelangen,  dauert  es  ebenso  lange.  Deshalb  nnd  weil  bei  der  stra- 
tegischen Defensive  das  Anslaafenlaasen  der  Teilhandlnngen,  also 
der  Untemehmnngen  der  Unterführer,  nicht  in  dem  Mals  mOglieh  Is^ 
nie  bdm  Angriff,  ist  die  Fllhmng  in  der  Vert^dignag  am  so  viel 
lohwerer;  sie  kann  nnd  darf  nieht  soviel  JMheit  geben,  wie  beim 


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22 


Über  modern«  Strategie. 


Angriff»  sondern  sie  mols  dem  einen  Flügel,  namentlich  wenn  er  an 
einer  Featang  lehnt,  klipp  and  klar  sagen:  „Oa  bleibet  unter  allen 
Umstünden  stehen  and  deckst  das  and  das"  and  sie  mnls  mit  dem 
Loslassen  des  andern  Flügels  ganz  genan  den  richtigen  AngenbUek 
ahUppen,  sonst  kann  die  Sache  sehr  schlimm  ablanfen. 

In  der  strategisehen  Offensive  sind  dagegen  vereinzelte  £igen- 
mlfebtigkeiten  der  Unterführer  viel  weniger  gefährlich,  weil  sie  erstens 
den  Gegner,  indem  sie  ihm  imponieren,  festlegen  and  weil  iweitens 
die  ganse  ttbrige  Masse  nachrttckt  ond  wenn  sie  nnr  mit  einiger 
Bneigie  geführt  wird,  sehlieblich  sar  Entscheidang  herankommen 
mnia;  bei  der  Defensive,  and  wSre  sie  noch  so  sehr  mit  offensiven 
Motiven  dorchsetst^  ist  das  nie  üi  diesem  Mals  der  Fall,  kann  es 
nicht  sein,  trotz  aller  Mtthe,  die  man  sich  anf  dem  Papier  geben 
mag,  ein  defensives  Gesamtverhalten  mit  offensiven  TeilstOlsen  zn- 
sammenxakoppeln.  Es  kommt  weiter  noch  der  sehr  gewichtige  Um- 
stand in  Rechnong,  dals  die  Initiative  der  Unterfahier,  welche  nicht 
Dar  1870^  sondern  schon  in  vielen  früheren  Kriegen  schöne  Erfolge 
ergab,  bei  einer  defensiven  Gesamtanlage  nicht  annähernd  60  vor 
Enfaltong  kommt,  wie  in  der  Offensive.  Wissen  die  kommandierra- 
den  Generale,  dals  es  keineswegs  in  der  Absicht  der  Armeeleitang 
liegt,  rücksichtslos  in  das  feundlicbe  Land  einzudringeo  and  wenn  nOtig 
aach  die  FestungsUnien  anzugreifen,  so  gebt  ihnen  gerade  die  Taten- 
frendigkelt  verloren,  welche  in  der  Offensive  zwar  gewifp  zn  Wag> 
nlssen  und  geßihrlichen  Lagen  führt,  im  ganzen  aber  doch  der  Träger 
des  Sieges  ist. 

Cnstosza  ist  sehr  schön,  aber  aaf  Costozzas  zn  rechnen  wäre 
eine  gefährliche  Sache;  derlei  kann  gelhigen,  würde  aber  grofse 
Erfolge,  wie  wir  sie  bei  einem  Kriege  nach  zwei  Fronten  braoohen, 
nicht  ergeben,  sondern  bestenfalls  eine  glückliche  Improvisation, 
ein  Kunststück  bleiben,  aber  ein  Verfahren  ist  das  nicht,  worauf 
man  im  Kriege  grofser  Nationen  als  ein  entscheidendes  strategisdies 
Moment  hauen  kann.  Während  sich  die  heiis  angestrebte  Umfassung 
bei  der  Offensive  als  Fracht  derselben  fast  von  selbst  einstellt,  mnls 
sie  bei  der  Defensive  mit  gröfster  Geschicklichkeit  und  mit  (jlttck 
angesetzt  werden,  wenn  sie  gelingen  soll.  Und  wie  soll  endlich 
ein  Sieg  benutzt  werden,  den  man  im  eigenen  Lande  gegen 
den  Feind,  dessen  Grenzfestnngen  man  nicht  anzugreifen 
g:ewagt  hat,  erkämpft,  sobald  er  sich  in  eben  diese  Be- 
fi'stigongen  zurückzieht  und  uns  nun  erst  die  eigentliche, 
VC  LI  uns  gescheate  Aufgabe,  ihn  hier  za  fassen,  za- 
schiebt? 


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Obtt  nodene  SMegle. 


28 


Noch  bis  vor  weoigeD  Jahren  galt  die  Gl«uewitMohe  Aal- 

fasBODg,  dafs  Festnngslinien  oicbts  taagen,  was  er  des  weiteren  aa 
mehreren  Exempelo,  wie  den  berüchtigten  StoUbofeDor  and  Weirsea- 
burger  Linien,  die  nie  gehalten  werden  konnten,  sondern  stets  dm 
Angreifer  in  die  Hände  fielen,  belegt.  Die  VerbältaiBse  liegen 
beute,  trotz  der  Fortschritte  der  Technik,  nicht  anders  als  dazamal; 
aoch  beute  ist  es  zweifelloSi  —  am  bei  dem  gewählten,  rein  lehrhaften 
Beispiele  za  bleiben«  —  dafs  ein  entschlossener  Angreifer  den 
französischen  Festungsgürtel  an  einer  Stelle  sprengen  wird;  an d  dafs 
PH  daher  falsch  sein  würde,  etwa  zu  dem  kläglichen  Auskunftpmittel 
zu  greiten,  den  Gelmer  prst  in"'  pi^rene  Land  hereinzulocken,  uin  ihn 
hier  in  einer  vorbereiteten  Stellung  zu  schlai^cn  und  dann  wieder 
hinauszuwerfen.  Eine  solche  Strategie  kann  sehr  übel  enden,  und 
mit  vollem  Hecht,  denn  wer  den  Öieg  wirklich  will  und  saehl, 
bandelt  nicht  so. 

Es  scheint  uns  deshalb  auch  ein  Kardinalirrtum  zn  sein,  wenn 
man  annimmt,  dals  ein  politisch  abwehrender  Staat  auch  genötigt 
sei,  strategisch  defensiv  zu  verfahren,  in  dem  eben  angedeatelen 
Sinn.  Nein.  Der  politischen  Verteidigung  folge,  wenn  es  zum 
Aulsersten  kommt,  der  strategische  Angriff  auf  dem  Fuls,  aber  nicht 
ein  Angriff,  der  zögert  und  vor  feindlichen  Grenzfestungen  Halt 
macht,  und  sich  als  änlserstes  Ziel  höchstens  das  steekt.  Grenz- 
schlachten AU  gewinnen  und  dann  eine  oder  die  andere  Festung  zu 
bezwingen.  Gott  sei  Dank  denkt  wohl  kein  Malsgcbender  so!  Wer 
so  dächte,  wtlrde  mit  Kecht  als  Epigone,  als  HUckschrittler  be- 
/''ichnet  werden,  denn  gerade  Deutschland  kann  in  einem 
kriege,  der  ihm  ans  Leben  geht,  nur  dadurch  bestehen, 
dafs  es  in  der  Energie  der  Kriegfuhr u )i  l-  noch  erheblich 
Uber  das  1870  Geleistete  hinausgeht.  Das  heilst,  gegen  eioen 
der  Gegner,  mit  dem  es  zu  tun  hat,  zunächst  erdna  ivcnde  Über- 
legenheit an  Zahl  bereitstellt  unter  Vernachlässigung  des  anderen. 
Dann  muls  es  diese  Überlegenheit  zu  einer  Offensive  ausnutzen,  die 
ohne  Rücksicht  auf  die  zu  bringeuden  Opfer  deu  einen  Feind  radikal 
nieder vvirli;  gelingt  das,  so  wird  sich  die  Abrechnung  mit  dem 
audcren  schon  finden.  Aber  alles  zu  gleicher  Zeit  decken  wollen, 
und  versuchen,  ob  sich  nicht  durch  ausgetüftelte,  an  die  eigenen 
Festungen  gelehnte  Operationen  einzelne  Vorteile  erhaschen  lassen, 
welche  den  Gegner  von  weiterem  abschrecken,  würde  wohl  ein  Irr- 
wahn sein.  „Wer  alles  konservieren  will,  wird  nichts  konservieren" 
bat  Belum  der  grolse  König  gesagt,  und  das  gilt  für  die  beutige  Zeit 
genaa  so  wie  für  damals! 


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24 


Zur  ArtiUeriaf  ngtt. 


Aus  denselben  Gründen  dürfte  auch  die  „deutsche  moderne 
Strategie"  im  (Tegensatze  zu  der  von  französischer  Seite  ihr  onter- 
stellten  Absicht  festhalten  an  der  „klassischen  Moltkenclien  Operation*^ 
welche  gleichbedeutend  ist  mit  einer  Offensive  grolsen  Stiles  von 
Ihius»'  aus.  Denn  nicht  umsonst  hat  der  irrolse  Stratege  den  Aus- 
spruch getan:  Nur  Offensive  ist  wahre  Kriegf Ubruag. 


n. 

Zur  Artilleriefrage. 

Von 

H.  Rohne,  Generalieatnaot  z.  D. 
Einleitung. 

Kaaro  war  die  Bewaffnung  der  FeMartillerie  mit  der  Feldkanone 
96  und  der  Feldhaobitze  98  durchgeführt^  als  Deutschland  wieder 
vor  einer  Artilleriefrage  stand.  Die  Nachrichten  «her  die  Neu- 
bewaffnang  der  französischen  Artillerie  mit  dem  Feldgeschütz  m/f)7 
verTTiochten  frnilirh  noch  keine  Beunrubiguntr  hrrvorznrufrn:  sip  waren 
sehr  ungenau  und  widersprechend;  auch  wurden  die  dem  Geschütz 
anhaftenden  Mängel  geflissentlich  sehr  übertrieben.  Erst  als  die 
deutschen  (ieschützfabriken  mit  ihren  neuen  Konstruktionen  der  Kohr- 
rilcklaufgeschütze  an  die  ()ffentlichkeit  traten  und  man  sich  von  den 
anfseroriientlichen  Von^Ügen  des  neuen  Systems  iiberzeuireii  konnte, 
drängte  sieb  den  denkenden  Artilleristen  die  Ansicht  auf,  dals  die 
deutsche  Feldartülerie  notwendig  eine  abermalige  Änderung  ihrer 
Bewaffnung  werde  voi  iRlinieü  müssen,  wenn  sie  den  Kampf  mit  der 
französischen  Artillerie  mit  Aussicht  auf  Erfolg  aufnehmen  wollte. 
Von  audtrer  Seite  wurde  diese  Notwendigkeit  rundweg  geleugnet^ 
das  Alte  als  gmiz  vortrefflich  hiu^^'steilt,  und  da  nun  auch  die  Ver- 
treter des  Fortschritts  Uber  den  ciny-uschiagenden  Weg  verschiedener 
Aosichl  waren,  so  entwickelte  sich  hieraus  ein  lebhafter  Meinungs- 
angtansoli,  ja  stellenweise  ein  heftiger,  nicht  ohne  Leidenschaft  ge- 
fthiter  Federkrieg.  DeutBchland  stand  seit  dem  Jahie  1901  wieder 
▼or  einer  ÄrtUleriefiage. 


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Zur  AitiUeiiefra«e. 


25 


Ebenso  wie  die  soziale  Frage  nicht  durch  eine  kurze  Antwort 
m  Uteea  ist,  soodem  aas  einer  ganzen  Reihe  von  EinzeUragen  be- 
fllebt,  und  wie  die  BeMitwortang  jeder  einselDen  —  ähnliob  deo  ab- 
geeoblageiieii  Köpfen  der  leniäiBeheD  Schlange  —  immer  wieder 
neae  Fragen  berroiriift,  bo  löst  sieh  aoeb  die  ArtiUeriefrage  bei 
näherer  fietraehtong  in  eine  ganae  Bdbe  Ton  fiinaelfragen  anf,  von 
denen  der  ferner  Stehende  sieh  nnr  schwer  eine  Vorstellnng  maehen 
bann. 

L  Neubewafinung  der  Feldartillerie. 

Die  erste  Fraffp,  ob  eine  NenbcwatVmiufr  der  Feldartillerie  oder 
ricbtit^er  der  KaiuHieulmtk-rien  mit  KohrrücklaufgesehUtzen  notwendig 
ist,  kaiin  als  prinzipiell  entschieden  angesehen  werden.  Nach  längerer 
Prttfanf::  der  beiden  in  Frage  kommenden  Sy5!teme  —  Ehrhardt  uud 
Krupp  —  hat  in;tii  sieh  ftir  das  letztere  entschieden  und  im  ver- 
flossenen Sommir  und  Herbst  eine  grt^lsere  Zahl  von  Batterien  ver- 
sacbsweise  damit  bewaflfnet.  Über  den  Ausfall  dieser  Versuche  ist 
wenig  bekannt  geworden;  aber  nach  den  in  anderen  Ländern  ge- 
machten Erfahrungen  darf  wolü  angenommen  werden,  dals  sie  aaeb 
bi  Deatsehland  ^n  befriedigendes  Ergebnis  gehabt  haben. 

Durch  diese  Versnobe  ist  aneh  gleichseitig  entsebieden,  dals 
eine  rlSUige  Nenbewaffiftnng  keineswegs  erforderlich  ist').  Die 
ballistisobe  Leistung  der  Feldkanone  96  nnd  die  Wirkung  ihres 
Schrapneils  im  Einielsebnfs  stehen  so  Toükommen  anf  der  HOhe  der 
Zeit,  dafs  ihr  Rohr  nnd  ihre  Hnnitlon  bdbebaiten  werden  kOnnen» 
ESs  ist  also  lediglieh  die  Beschafinng  nener  Lafetten  —  eben  der 
RobirlleUanflafetteD  —  notwendig,  für  die  das  Rohr  sieh  leicht  um- 
ändern liUbt.  Dasn  kommen  noch  einige  Ändenmgen  der  Riohtein- 
licbtongen,  die  vom  Rohr  an  die  Wiege  zn  beilegen  sind,  um  sie 
mehr  za  schonen  nnd  das  Richten  zn  beschleonigen,  nnd  mit  ebiem 
Viaieifemrohr  und  yielleieht  einem  Winkelmefsinstrament  fUr  ge- 
nauere Messnng  wagerecfater  Wbikel  als  Eisats  der  RiehtllSche  su 
versehen  sind. 

Ein  geringfügiger,  Mangel  die  getrennte  Hnnition,  bleibt  zi^ar 
bestehen,  ist  aber  nicht  yon  grofser  Bedeutung.  Zweifellos  wird 
durch  eine  Einheitspatrone,  wie  sie  das  französische  Geschütz  besitzt» 
die Fenergesohwindigkeit  meh  mehr  gesteigert;  aber  diese  istobne- 
fain  grob  genug.  Die  fttr  Kolirrttcklauf  nmgelliiderte  Feldkanone  96- 

•)  V.  Hoffbauer,  General  der  ArtiUerie  z.  D.:  „Altes  und  neues  aus 
dsr  deutschen  Feidartiilerie",  Berlin,  1»08,  Emst  Siegfried  Mittler  &  Sohn». 
&  106  IT. 


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26 


Znr  Artiiidriefrage. 


hat  aber  den  grofsen  Vorteil,  dals  sie  ohne  Verankerung  (abatage), 
die  bei  dem  französischen  Feldgeschttte  nötig  ist  und  dadurch  die 
firOflhiLDg  des  Feii»B  sehr  verzögert,  beim  Schieben  imwaodelbar 
fevliteH  Die  Franzosen  haben  aieh  «Ueeee  VonogB  doreh  die  bebe 
ballistieebe  Leiatong,  die  sie  ihrem  OesobfltB  abrerlan]^  haben  (Ge- 
sefaofBgewiebt  7,2  kg,  Anfangsgesobwindigkeit  529  m)  begeben  nnd 
ttberdies  das  sehr  hohe  Gewicht  des  abgeprotzten  GesehtUses  in 
Kauf  nehmen  mtlssen. 

Die  zweite  sieh  anfdrihigende  Fhige  ist^  ob  an  den  Geschtttzen 
znm  Sebntz  der  Bedienung  Stablsehilde  aagebiacbt  wefden 
sollen  oder  nieht  und  wenn  ja»  in  welebem  Umfange  und  in  welcher 
Stärke.  Ober  diese  Frage  habe  ieh  mieb  erst  im  Oktoberheft  der 
„Jahrbtteher«*  so  eingebend  ansgesprochen,  dab  ieh  mieb  damit 
begnttgen  kann,  anf  jenen  Anftatz:  „Die  Stahiscbllde  and  ihre 
Gegner''  zn  verweisen.  Ich  bin  fttr  SchatzsehUde  eingetreten,  die  gegen 
frontales  Gewehrfeaer  bis  auf  etwa  400  m  und  damit  auch  gegen 
Sehrapnellkugeln  auf  allen  Entfernungen  decken.  Das  ist  mit  Schilden 
von  3  mm  Stttrke  nnd  einer  Mehrbelastung  des  Geschtit/.es  von  etwa 
50  kg  zu  erreichen.  Bin  Mehr  halte  ich  fiir  schädlich,  da  man  da- 
durch das  Gesohlltz  schwerer  machen  würde,  ohne  einen  eotsprechea- 
den  Vorteil  dagegen  emzntanschen. 

Im  engsten  Zusammenhange  mit  den  Schutzschiiden  an  den 
Geschtttzen  steht  die  Frage,  ob  auch  der  Munitionshinterwagen  zum 
Sebntz  der  Bedienung  zu  panzern  und,  wie  in  Frankreich,  dicht 
tiebeu  dem  Geschütz  aufzustellen  oder  ob  er  zweckmäfsiger  hinter 
der  Feuerlinie  zu  belassen  ist.  Meines  Erachtens  ist  es  riehtijr.  den 
Munitionshinterwagen  zu  panzern  und  in  der  Feuerstellung  dicht 
neben  das  (leschUtz  zu  stellen,  da  nur  auf  diese  Weise  das  Heran- 
Hchaifen  der  Manitiuü  au  die  Gesehiit/e  e^sichert  erscheint.  Von 
allen  anderweitig  vorgeschlagenen  Mittciu.  die  Patronen,  sei  es  durch 
ein  Tao  ohne  Ende  oder  auf  Schlitten  an  da:-  (  icschlitz  zu  beturdern, 
vermag  ieh  mir  im  Ernstfall  und  bei  schwierigem  Gelände  keinen 
Erfolg  zu  versprechen.  Die  Munitionszaträger,  die  sieh  frei  zwischen 
Wagen  und  Geschütz  bewegen,  würden  aber  sehr  bald  durch  das 
teindlicbe  Schrapnellfener  kampfunfähig  gemacht  sein. 

Man  hat  dieser  Aufstellung  den  Vorwurf  gemacht  dafs  dadurih 
die  Stellung  der  Batterie  zu  deutlich  bezeichnet  und  damit  dem 
Gegner  die  Beobachiuug  und  dai>  Einschielsen  erleichtert  wird.  In 
wechselndem  Gelände  —  nicht  auf  den  kahlen,  tl hersichtlichen 
Schieüsplätzen  —  wird  die  Artilleriestellung  faät  nur  durch  das  Auf- 


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Zur  Artilleriafrtge. 


27 


öiitzen  der  feuernden  rieschUtxe  erk;innt.  and  nnr  sehr  selten,  wenn 
sie  schweift.  Teilnehmer  an  (hu  Kaiscnnandveru,  die  ihr  Augen- 
merk hesoiiders  darauf  gerichtet  hauen,  waren  nicht  einmal  mit 
einem  scharfen  tilase  imstande,  Schildbatterien  als  solche  zu  er- 
kennen. Wenn  die  Batterien  allerding8  augedeckt  auf  eine  ganz 
kahle  Höhe  auffahren,  so  wird  man  sie  leicht  erkennen;  aber  das 
ist  doch  nicht  die  Kegel,  vielmehr  ganz  g:egen  jede  Heeel. 

Das  Kinnehmen  der  Feueiiitellung  einer  französischen  Batterie 
ist  nach  Berichten  von  Augenzeugen  ziemlich  zeitrauhend.  Der 
Grund  liegt  aber  nur  zum  geringsten  Teil  iu  der  Aufstellung  der 
Manitifuishifiterwagen  neben  den  Geschützen,  sondern  in  der  Not- 
^eudigkeit  die  Geschütze  zu  verankern  (abattre)  nnd  vornehmlich 
in  der  geringen  Zahl  der  zor  Verfügung  stehenden  Mannschaften, 
da  auf  den  GesehUtzeu  nnd  Mnnitionswagen  nur  je  drei  Mann  auf 
sitzen.  Es  liegt  aber  fUr  uns  kein  Grund  vor,  die  Zahl  di-r  aut 
unseren  Kahr/fu^'en  aufsitzenden  Kanoniere  herabzusetzen;  die  für 
diL  iicdit'üuiig  überflüssigen  Mannschaften  können  nach  dem  Ab- 
protzen mit  den  Gespannen  zurückgeschickt  werden. 

Man  hat  ferner  bemerkt,  dals  bei  einem  notwendig  werdenden 
A  orbringen  der  Geschtltee  der  Stellungswechsel  des  Munitiouswagens 
schwierig  ist.  da  lür  dessen  Fortbewegung  nach  dem  französischen 
Reglement  sechs  Mann  erforderlich  sind.  Das  ist  richtig;  aber  es 
ist  durchaus  gleichgültig,  ob  die  Munition^ wagen  neben  oder  hinter 
den  Geschützen  standen'). 

Die  Gefahr,  dafs  ein  Munitiouswagen  durch  einen  Volltreflfer  in 
die  Luft  gesprengt  w  ird  nnd  dadurch  grolse  Verwirrung  und  Verluste 
in  der  Batterie  hervorruft,  besteht  unleugbar;  aber  es  wird  für  die 
ganze  Batterie  kaum  einen  ITntLräthied  machen,  ob  der  Wagen 
in  der  Feuerlinie  oder  wenige  Schritte  dahinter  steht.  Besonders 
grofs  soll  die  Verwüstung  sein,  wenn  ein  mit  Sprenggranaten 
beladener  Wagen  getroffen  wird.  Darin  liegt  die  Aufforderung, 
Wagen  mit  Sprenggranaten  dem  fdndUohen  ArftUleriefeaer  möglichst 
za  entliehen,  mit  anderen  Worten,  den  Kampf  mit  der  feindlieben 
Artillerie  mit  aadem  Gewhoseen  ixl  fUbren. 


*)  Nach  dem  nenen  russisch«!!  Reglement  fttr  die  Feldartfllerie  st^ea 

die  abgeprotzten  Munition.swagen  in  der  Feuerstellung  neben  den  Ge- 
schützen. Da  weder  der  Wa^jen  noc  h  das  Geschütz  mit  Schutzschilden 
versehen  sind,  hat  diene  Aufstellung  lediglich  den  Zweck,  die  Munitions- 
▼ersorguug  ^jicher  zu  stellen.  Man  hat  sich  nicht  gescheut^  diese  als  so  ge- 
ffSlirlieh  gesehildwte  AufateUnng  anzanehmen»  obwol  man  nnr  einen  kleinen 
Teil  der  Vorteile  darans  ziehen  kann,  dwi  man  hei  Annahme  von  SchutB- 
Schilden  haben  wtirde. 


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1 


28  Z<ur  Aitillenelrage. 

3.  Der  Kampf  gegen  Schildbatterien. 

Das  führt  zu  der  dritten  Frage:  Wie  ist  der  Kampf  gegen 
Geschütze  mit  Schutzschilden  zu  fuhren?  Schrapnellkugeln 
darchschlagen  die  Schilde  nicht;  gröfsere  SprengstUcke  sind  sehr 
wenig  zahlreich.  Die  treffbare  Fläche  der  Bedienimg  ist  doroh  die 
Schilde  sehr  yeiringert,  sa  dab  nmr  ein  Braohteil  der  gegen  eine 
sohildJose  Batterie  ni  erwartenden  Wirkang  in  dieum  Kampfe  er- 
reicht werden  wird.  Generai  von  Hoffbaner  beeprioht  in  seinem  i»e- 
reils  angezogenen  Bnehe  (S.  110)  die  in  diesem  Kampfe  inbetraelit 
kommenden  nnd  Tersneiiten  Mittel  nnd  sagt:  „Das  nXchstUegende 
war  die  Abänderung  des  Sehielsrerlabrens  mit  der  vor- 
handenen Munition.  Etwas  tiefere  Sprengpnnkte  mit  einem  Streo- 
▼erfkbren,  das  die  Lagen  niofat  am  100  m,  sondern  nnr  nm  50  m 
auseinander  legt  und  entspreefaend  Termebrt,  bat  die  Sobnqmell-BK* 
SU  eriieblich  grOlseier  Wirkung  gegen  Sehild-Batteriea  befftblgt  IMe 
bei  diesem  Verfahren  unvermeidlieb  giOlseie  Zahl  an  Au&obligen 
ist  kein  NaohteiL  Auob  ein  Schrapnell  «As-Treffer  kann  einen  ge- 
fllliten  Munitionswagen  in  der  Praxis  snm  Explodieren  bringen,  wie 
Sebieisen  auf  dem  Truppenttbnugsplats  Jüterbog  xweifellos  ergeben 
haben,  fireilioh  ohne  Erlaubnis  der  Theorie,  die  noch  yor  kurzem 
sehr  sieher  behauptete,  dies  sei  ausgesebiossen,  weil  das  in  ihm  anf- 
schlagende  Sehrapaeli  erst  dahinter  zerspringen  kOnne.*) 

„Dab  mit  diesem  abgeänderten  Schieisreifabren  seibst  unsere 

*)  Ich  bedaure  lebhaft,  dafs  der  Herr  Verfasser  sich  in  seinem  sonst 
mit  wohltuender  Objektivität  geschriebeneo  Budie  hier  za  einem  meines 
Erachtens  unbegründeten  Ausfall  gegen  die  «Theorie*  yeraolalht  gesehen 

bat  leh  glaube  die  literator  Uber  diese  Frage  ziemlich  genau  zu  kennen 

und  kann  dieso  Bemerkung  nur  als  gegen  einen  Satz  gerichtet  ansehen, 
den  Generalleutnant  v.  Reichcnan  in  seiner  Schrift:  „Ein  flu  Ts  der 
Schilde  etc."  (S.  39),  geschrieben  hat.  Dort  heifst  es:  »Volltreffer  mit 
Schrapnells  rangieren  nicht  auf  der  gleichen  Stufe,  weil  das  Schiapndl 
nicht  unmittelbar  beim  Dorehsehlag  durch  den  Panzer  platzt,  sondern 
erst  einige  Meter  dahinter."  Hier  war  nur  die  Rede  von  einem  die  *^r>!ut7- 
Rchilde  des  OeschiitÄea  treffenden  ('roschols;  da  ein  MnnitiomMwagen  dem 
einschlagenden  Geschofs  einen  gröf^eren  Widerstand  entgegensetzt,  kann 
er  auch  recht  wohl  dnreh  ein  Schrapnell  zur  Explosion  gebracht  werden. 
Ich  habe  keine  Veranlassung,  den  GeneralleatnaDt  vea  Reichenau  besonders 
in  Schutz  zu  nehmen;  aber  keinesfalls  darf  man  ihn  ohne  weiteres  mit  der 
Theorie  identifizieren.  Er  seibst  würde  dagegen  wol  am  lebhafte.sieu  Ein- 
spruch erheben,  zumal  seine  Äu&erung  wahrscheinlich  auf  einem  Versuchs- 
ergebnis  beruht,  also  auf  rein  praktischem.  Wege  entstanden  ist  Man  kann 
wirklieh  die  »Theorie*  nicht  fQr  alle  Irrtümer  ▼erantwortlicb  machen. 
Die  fast  zur  Modesache  gewordene  Verachtung  wissenschaftlicher  Arbeit 
und  Kenntnisse  erhält  dnrrl^  solche  Bemerkungen  neue  Nahrung;  man 
sollte  dazu  lieber  ermuntern,  ais  davon  abschrecken. 


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Zar  Artiltoriefrag«. 


29 


J^chrapnells  mit  Hartbleiku^eln  ge^en  eine  Schild  -  Batterie  mit 
Manitiunw  aL:pn  in  fraazöBischer  AiiKstattung:  und  Aulslellang  darchaos 
nicht  SU  wirkan^los  sind,  wie  wohl  behauptet  worden  ist,  ergribt 
sich  aus  der  Tatsache,  dats  mit  derselben  Munition  wie  bisher  etwa 
50  pCt,  der  Chargen  und  der  Bedienung  erreicht  sind,  und  dals  grolse 
Sprengstucke  auch  die  Schilde  durchschlagen  haben.  In  einem  be- 
sonders günstigen  Falle  sind  sogar  75  pCt.  des  Personals  mit  20 
iSchrapnells  getroffen  worden.'* 

Zweifellos  wird  dieses  Schieisverfahren,  bei  dem  man  die  Wirkung 
von  kleinen  Sprengweiteu  und  -Höhen  erwartet,  bessere  Resultate 
ergeben,  als  das  in  der  Schielsvorschrift  enthaltene.  Dals  man  aber 
in  der  Begel  gegen  Schildbatterien  ein  so  hohes  Kesoltat  wie 
gegen  seMldlose  Batterien  erreteht  und  namentlieh  mit  denelbeii 
Mmitionsmenge  und  in  denellten  Zeit,  das  ist  geradem  ausgeseUosseB. 
Unter  sonst  gleielien  Umstftnden  mnls  das  ungesebtttzte  Personal 
einer  scbildlosen  Batterie  viel  melir  Tieffer  erhalten,  als  das  smn 
Teil  dnreh  Schilde  gedeckte  Personal  nnd  swai  anoh  dann,  wenn 
die  Schilde,  wie  dies  bei  dem  franxOsiscben  GeseblltB  der  Fall  ist, 
an  niedrig  sind  nnd  in  der  Mitte  eine  grolse  Lflcke  zeigen.  Das 
VeriiftltoiB  der  von  beiden  Zielen  angefangenen  Treffeizahlen  wird 
sieb  gana  nach  der  GiObe  ibrer  treffbaren  Fläeben  richten,  mögen 
die  Bontiniers  oder,  wie  sie  rieh  lieber  nennen,  die  Praktiker  noch 
so  viel  darüber  witseln.  Dais  dem  so  ist,  bat,  wie  im  Oktoberheft 
der  JabrbOeher  hervorgehoben  wurde,  ein  in  der  Schweiz  aasgeführter 
Veigleiohsversncb  gegen  ein  frastebendes  nnd  ein  mit  Sehntzsohilden 
veisehenes  Gtosohllta  nnwiderleglicb  gezeigt. 

Dieses  Schielsverfalixen  wird  aber  aoeh  nur  dann  angewendet 
werden  kOnnen,  wenn  die  beschossene  Batterie  onverdeokt  angestellt 
ist,  so  dafs  die  Beobacbtang  der  Sehttsse  nicht  nnr  in  bezog  anf  die 
Längen-  sondern  anch  besonders  ani  die  Seitenabweichnngen  sicher 
erfolgen  kann.  Denn  bei  den  allein  Wirkung  versprechenden 
Schüssen  mit  kleinen  Sprengweiten  wQide  die  ganze  Gesoholsgarbe 
wirknogslos  durch  die  Geschützzuischenränme  gehen,  wenn  nicht 
g-enau  Strich  geschossen  wird.  Einfach  ist  dies  Verfahren  jeden- 
iails  nicht. 

Jedes  andere  Mittel,  z.  B.  eine  veränderte  Gescholskonstraktion, 
durch  das  man  die  Wirkung  gegen  Schildbatterien  steigert,  wird 
zweifellos  eine  um  so  geringere  Wirkung  gegen  alle  übrigen  leben- 
den 2iiele  haben.  Da  Volltreffer  zu  selten  sind,  um  auf  sie  allein 
die  Hoffnung  zu  setzen,  wird  man  immer  und  in  erster  Linie  mit 
den  Sprengteilen  der  Streufreschosse  rechnen  müssen.  Diese  können 
oon  entweder  die  Schilde  doiohschiagen  oder  die  nur  von  vorn  ge- 


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30 


Zur  Artilleriefrage. 


sebtttote  Bedienung  Ton  oben  oder  von  der  Seite  her  treffen.  Sollen 
die  Sofailde  dmehaeUagen  werden,  ntsBen  die  Sprengteiie  eine  grolse 
I>arcb8chlag8kTaft,  also  ein  bobes  Gewieht,  grofoe  Härte  ond  eine 
groJee  Geschwindigkeit  bnben;  andererseitB  aber  mttssen  de  nbl- 
reieb  sein  ond  dürfen  sieb  nicht  aihsaweit  ausbreiten.  Die  Beding- 
ungen: hohes  Gewieht  nnd  grolse  Zahl  nnd  nur  schwer  mit  einander 
▼ereinbar.  Die  Krappseben  Scbrapneils  mit  FOilkngeln  ans  Hart- 
stahl  iaisten  z.  B.  statt  800  HaitbleiiLngeln  Ton  11  g  Gewicht  nnr  etwa 
260  oder  270  Stablkogehk  von  10  g.  Daher  wird  ihre  Wirkung 
gegen  andere  lebende  Ziele  um  mehr  als  10  Ftoient  hinter  der  der 
Schrapnells  mit  Bleikugeln  zurückstehen,  weil  aniser  der  geringeren 
Zahl  auch  noch  die  geringere  Diebtigkeit  den  Luftwiderstand  erhöbt, 
also  die  Wirkung  durch  Herahsetinng  der  Geschwindigkeit  beein- 
trächtigt. Endlich  soll  wegen  der  greiseren  Elastizität  der  Kugeln 
der  Strenungskegel  grölser  ausfallen,  wodurch  die  Dichtigkeit  der 
Trefler  und  damit  die  Trefierzabl  abermals  herabgesetxt  wird.  Bei 
den  von  der  Kmppschen  FahrÜL  mit  diesen  Geschossen  ansgeftlhrten 
ScbiefsTersuchen  auf  35(X)  m  erhielt  man  ein  recht  befriedigendes 
Resultat,  denn  etwa  die  Hältte  aller  tren'eiiden  Kugein  hatte  die 
Schilde  durchschlagen.  Freilich  waren  auch  hier  nur  die  SchUsse  mit 
kleinpn  Spreuii^weiten  wirksam,  so  dals  man  auch  hier  zu  einem 
Streuen,  bei  dem  die  Lagen  aar  am  50  m  aoseinaader  liegen  ge- 
nötigt sein  wird 

Eine  grölkre  GeschwiTidisrkeit  der  Kugeln  wäre  vielleicht 
durch  Anwendung:  eines  kra[ti::rii  Sprengrstofles  in  der  Hodenkanimer 
zu  erreichen.  Sobald  aber  die  Biechstärke  der  heliilde  auch  nnr  um 
1  mm  wächst,  was  mit  einem  Mehrtrewicht  vou  etwa  16  k^^  z,u  er- 
kaufen ist,  raUfste  man  die  Durchjjclilagskratt  der  Kuj^eln  noch  mehr 
erhöhen  und  damit  ihre  Zatil  und  zugleich  die  \Mrkung  gegen  frei- 
stehende Ziele  wiederum  verriQg:em. 

Sollen  die  Gescholssplitter  die  Bedienung  von  oben  oder  v(»n 
der  Seite  treffen,  so  ist  ein  sehr  grofser  Kegrelwinkel  erforderlich, 
wie  er  mithchrapm  lls  nie  m  erreichen  ist.  wir  ibn  aber  die  Sprenp- 
granate  insbesondere  der  Feldhaubitze  hat.  Aber  anch  hier  darf 
man  seine  Erwartungen  nicht  zu  hoch  spannen,  da  nur  solche  Ge- 
schosse, die  in  nächster  Nähe  der  Ziele  springen,  Wirkung:  ver- 
sprechen. Dals  die  Sprenggranate  im  Artiileriekampf  ein  zwei- 
schneidiges Sehwert  ist,  wurde  schon  oben  angedeutet 

Man  konnte  endlich  aadi  Gesehosse  probieren,  deren  Splitter 
sowohl  eine  {^Ise  Dnrebseblagskraft  als  auch  emen  grolhen  Kegel- 
winkel haben.  Solche  Geschosse  empfiehlt  neuerdings  die  Ehrhardt- 
sche  Fabrik  unter  dem  Kamen  „Streogesehofs^.  Es  ist  dies,  kora 


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2m  ArtiUMiefrftse. 


31 


gesagt,  eine  sttthlene,  mit  kräftigem  Sprengstofl  geladene  Doppelwand- 
oder Ringgianate.  Das  £brhardt'Bcbe  oder  richtiger  vielleicht  Reiche* 
nan'«cbe  5  om  Strengeschofs  von  2,1  kg  Gewicht  lieferte  etwa 
40  Splitter  von  15  g  und  darüber;  ein  7,7  em  Geschols  von  6,85  kg 
wtirde  kiemacb  etwa  ebensoviel  Splitter  von  50  g  und  mehr  er- 
warten lasm,  TOD  denen  ein  gröfserer  Teil  ancb  noch  die  Schilde 
durchschlagen  würde.  Die  Aassicht  von  oben  oder  von  der  Seite 
mit  diesem  Geschols  Splitterwirkung  zu  erhalten  ist  zwar  gr^lfser  als 
mit  dem  Schrapnell,  aber  kU'iner  als  bei  den  jetzt  pinp-eftlhrten  Spreng- 
grauaten,  weil  der  Koj^eiwinkel  jedenfalls  erheblich  kleiner  sein  wird. 
Ans  demselben  Grunde  wtirde  die  an  sieh  schon  sehr  wenisr  be- 
friedigende Wirkung  ge^en  gedeckte  Ziele  noch  mehr  herabgesetzt 
werden.  Vielleicht  leistet  einp  eitifnche  Polvergranate,  wie  wir  sie 
im  leidzuge  1870/71  führten,  iiniir/u  dasselbe. 

So  viel  ireht  ans  diesen  Austuhrungen  hervor,  dafs  es  nicht  ganz 
leicht  ist,  (  in  ^^i^ksames  Mittel  zur  Bekämpfung  der  Schildbatterien 
zu  tiuden  und  dals  man  mit  jedem,  auch  di m  ^te8ten  Mittel  gewisse 
Nachteile  mit  in  Kauf  nehmen  mnfs.  Niemais  aber  kann  man  da- 
ran (it  ijk»  n,  gegen  Schildbatterien  auch  nnr  annähernd  eine  solche 
Wirkung  zu  erreichen,  wie  gegen  freistehende  mit  Schrapnells.  Des- 
halb halte  ich  auch  die  Ansicht  des  Generals  v.  Hoffbauer*)  für  dnrch- 
aus  unrichtig,  dafs  „die  Weilt-rentwickelung  di  i  Mittel  zur  erfolg- 
reichen Bekämpfung  der  Batterien  mit  Schulzschilden  Uber  das  Weiter- 
bestehen oder  den  Fortfall  letzterer  in  der  Zukunft  entscheidet". 
Nichts  angenehmeres  könnte  dem  Feinde  passieren,  selbst  wenn  auch 
er  im  Besitz  eines  solchen  Mittels  wäre,  als  wenn  wir  im  Ver- 
trauen darauf  die  Schntzschilde  beseitigten.  Er  würde  sofort  seine 
HnnitionsansrUstung  and  sein  Schielbveifahren  vereinfaeben  und  da- 
durch einen  grolsen  Vorteil  voransbaben. 

Von  mancher  Seite  ist  die  Meinung  ausgesprochen  —  und  Ge- 
neral V.  üodbauer  scheint  sich  ihr  auch  zuzuneigen  —  dals  die 
deutsche  Feluurlillerie  mit  ihrer  jetzigen  Ausrüstung  deu  Kampf 
gegen  die  französischen  Schildbatttnen  aufnehmen  könne;  eine  An- 
sicht)  in  der  ich  nur  einen  gefährlichen,  unheilvollen  Optimismus 
zu  erblicken  vermag.  Man  tröstet  sich  mit  der  Hofinnng,  dals  es  der 
deotschen  Feldartillerie  gelingen  werde,  sich  schneller  einzuscbieÜBen 
als  die  französische;  aber  ieb  Tennag  leider  niobt  sa  seben,  wovani 
sieh  diese  Hoffnung  gründet.  Allerdings,  wenn  man  annimmt,  die 
deateebe  Artillerie  stebe  feuerbereit  in  Stellnog  and  die  transOsisebe 
maebe  den  Veraneb  ungedeckt  dagegen  abzuprotzen,  so  ist  freilicb 


>)  a.  a.  O.  8.  110. 


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32 


Zar  ArtiUeritifra^e. 


alle  Aoflsieht,  dals  die  fraDztfsiscbe  Batterie  gar  nicht  erst  sooi  Sebnls 
kommt.  Aber  in  solchen  FSSlm  ist  es  ganz  gleichgültig,  ob  die  Ge- 
scbtttse  Schilde  haben  oder  nicht.  Das  franzjteisohe  Reglement  legt 
aber  gerade  einen  ganz  besonderen  Wert  anf  das  Terdeekte  Ein- 
nehmen derStellongy  und  ttberdies  sind  die  französischen  Gresohtttse 
dnrch  ihre  Riehteiniichtangen  herTorragend  beüKhigt  som  Schielsen 
aas  soleheo  Stellmigen,  so  dafo  ein  solches  Verhalten  der  franzö- 
sischen Batterien  als  ein  seltener  Ansnahmefall  nnd  als  ein  be- 
deutender Fehler  sn  bezeichnen  sein  würde. 

Unter  sonst  glichen  Umständen  ist  die  Sehildbalterie  der  schild- 
losen gegenüber  dadoroh  im  Vorteil,  dals  Ittr  sie  ein  genanes  £m- 
schielten  nicht  erforderlich  ist.  dafe  vielmehr  ein  Bestrenen  des  Ge- 
ländes in  weiten  Ganzen  (tir  progresdff  avec  fanchage)  genügt, 
während  gegen  die  Sehildbatterie  nnr  dann  Wfrkong  sa  eiwarlen 
ist«  wenn  das  Einsehielsen  nach  Höhe  und  Seite  genan  erfolgt  ist 
Das  ist  natürlich  nicht  nnr  schwierig,  sondern  anch  zeitraubend. 
Gegen  mehr  oder  minder  yerdeckt  aufgestellte  Schildbatterien  ist 
ttb«han|»t  keine  nennenswerte  Wfrknng  zu  erreichen.  Das  franzö- 
sische Schiefsveriahren  führt  gegen  freistehende  Ziele  in  unglaublich 
kurzer  Zeit  eine  entscheidende  Wirkung  herbeL  In  meinem  Buche 
„Die  französische  Feldartillerie^'  (S.  58)  habe  ich  angenommen, 
dafs  eine  Ralale  einsoMelsUGh  Einsehielsen  4^2  Minute  dauert  and 
da£s  gegen  eine  sehüdlose  Batterie  von  sechs  Geschützen  auf  2500  m 
rund  24  Treffer  erwartet  werden  dürfen;  es  wird  dabei  etwa  Va 
Chargen  und  Bedienung  anfser  Gefecht  gesetzt  werden.  Meine 
Schätzung  war  aber,  wie  aus  den  in  Rumänien  mit  vier  Krappschen 
KohrrücklaufgeschUtzen  ausgeführten  Scbiefsen  hervorgeht,  autser- 
ordentlich  niedrig.')  Dort  waren  die  Verhältnisse  für  die  Beobachtung 
nnd  das  Einschielsen  allerdings  aoCserordentlich  brünstig.  Die  Ab- 
gabe des  Wirknngsfeuers  (tir  progressif  avec  faucbage)  im  Ganzen 
48  Schlisse,  hat  nicht,  wie  ich  annahm,  2  Minuten,  sondern  nur 
52  Sekunden  iredauert,  und  die  Treffer/.ahl  war  ^rölser  als  nach 
meiner  S(*h;it'/'un{<.  —  Bei  einem  späteren  Schier>t'n  mit  nnr  einem 
Geschütz  |i;e^en  eine  Batterie  ?ou  vier  Geschüti^üu  {ohne  Schilde) 
dauerte  (i;is  Einschielsen  nur  Minuten,  das  sieh  daran  an- 
Rchliefsende  Wirkungsfeuer  (12  Schüe»«e  auf  der  kuraen  Entteruuiig: 
der  lue  m  Gabel)  nur  I  Minute.  In  2V2  Minute  war  auf  2500  m 
Entfernung  die  ganze  lU  di<  nunp  der  Batterie  durch  69  Kugeln  ge- 
troffen. Ich  halte  ein  auch  nur  annähernd  su  günstiges  Ergebnis 
fUr  eine  Batterie  mit  LiaffettenrUcklauf  für  gänzlich  ausgeschlossen. 

1)  Vergl.  Novemberheft  der  „Jahrbücher  fOr  Armee  und  Marine".  190B. 


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Znr  ArfeiUeriefrtge. 


83 


4.  Das  Schiefsen  aus  verdeckter  Stellimg. 

Zweifellos  wird  die  gesteigerte  ArlUleriewirkung  mehr  als  wuisk 
zur  AnsDUtzimg  der  natttrlicben  Deckaogen  nötigen.  So  dräugt  siob 
die  vierte  Frage  aaf:  Welche  Bedeatong  hat  das  Schiefsen 
aas  verdeckten  Öteliungen  (das  indirekte  Feaer)  itti  die 
Feldartillerie? 

Die  Rep:lemeuts  aller  Staaten  sind  darüber  einig,  dals  das  direkte 
Feuer  vor  dem  indirekten  den  Vor/.ug  verdient  und  als  Kegel  aussn- 
sehen  ist.  Trotzdem  wird  diese  s  hänfiger  als  früher  zur  Anwendung 
kommen  und  zwar  aus  zwei  Grliuden,  weil  das  Feuer  der  modernen 
Artillerie  viel  wirksamer  geworden  ist  und  weil  die  Mittel,  aus  ver- 
deckten Stelluugeu  zu  schiefsru.  sehr  vervollkommnet  sind. 

Die  Wirkung  der  moderneu  Sehnt  lltcue;  !;^«  schütze  ist  durch  die 
\  crvollkoiKitiiiuug  der  Geschosse  nn(i  die  .Stt'i„'(  rung  der  Feuer- 
gesciiu  indigkeit  su  ^rofs  geworden,  dals  mau  mit  »jiner  Batterie  von 
\ier  lioUrrilcklaufgeschUtzen  einen  Kauui  von  2üü  ui  Breite  und 
öuu  ni  Tiefe,  also  eine  Flache  von  zehn  Hektar  in  einer  Minute 
mit  Ii  bis  IfjCXM)  Kugeln  bestreuen  kmn.  Die  hiervon  gegen 
lebende  Ziele  zu  erwartende  Trefferzahl  häugt  natürlich  von  der 
Entfernung  und  der  Grös8e  des  Zieles  ah.  Au!  2500  m  wird  ein  aus 
ganzen  Figurscheiben  bestehendes  Ziel  iwa  die  Hälfte,  ein  aus 
Brustscheiben  bestehendes  etwa  ein  sechbkl  siiiisji  Marke  verlieren; 
auf  ;;rnn)  m  Entfernung  wUrde  der  Verlust  etwa  ein  Drittel  bezw. 
ein  zehntel  der  Starke  betragen.  Voraussetzung  ist  natürlich,  dals 
das  Einscbielsen  gelungen  d.  h.  die  200  ra  6abel  richtig  gebildet 
ist.  die  Spreughöhen  richtig  sind  and  das  Feuer  gleichmäisig  verteilt  ist. 
Man  erreicht  also  eine  ToUkommea  aasreiohende  Wirkang,  wenn  man 
▼on  einem  genaoen  EinBchiebeD  nach  der  Hohe  nnd  Seite  abrieht 
und  ridi  begnttgt,  das  Gelinde  dmth  lageaweiaes  Vorgehen  and 
Weebael  der  Seitenriehtnng  anter  Feuer  m  nehmen  (tir  progrearif 
avee  lanehage). 

Andererseits  wird  das  Schiefsen  ans  verdeekten  Steilongen  er- 
leichtert  darch  die  Verbesserong  der  Bich^ieräte,  unter  denen  in 
erster  Linie  der  Goniometer  (Mefsinstrament  für  wagereehte  Winkel) 
sn  nennen  ist»  der  es  ermöglicht,  Koirektoien  der  Seitenriehtnng  nm 
1  Teil  (Vi«  Grad)  mit  grolser  Genanigkeit,  aaeh  beim  Sichten  nach 
Hfllfiaielen  ▼onanefamen. 

Die  einsige,  freilich  nnerlälsliehe  Bedingung  bei  einem  solchen 
äehielsen  ist  nnd  bleibt^  dals  die  Beobachtnng  der  Schusse  von  einem 
in  nächster  Nihe  der  Batterie  gelegenen  Pnnkt  ans  mOglleh  ist»  so 
dafe  von  dort  ans  auch  die  Batterie  kommandiert  werden  kann. 
Mtlfste  die  Beobachtong  yon  einem  weit  enflegenen  Punkte  ans  er- 

JakAOckw  ttt  41«  dratMilM  Anw«  «i4  Varin^.  Nv.  98a  8 


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84 


Zur  ArtiUeiiafrae«. 


folgen  nnd  der  Batu^rie  erst  durch  Zeichen  Übermittelt  werden,  so 
würde  dadurch  den  ^filsTerstäudnisBen  Tor  und  TUr  geöffnet  sein. 
„Im  Kriege  verspricht  nur  das  Einfaebe  Erfolg"  das  bleibt  stets  test- 
zuhalten. 

Meist  wird  das  Schielsen  nach  Hulfs/.ielen  vorkommen,  wenn  die 
Artilleriestelluug  anf  einer  Anhöhe  liegt  und  die  Geschtitze  soweit 
hinter  dw  Kammlinie  znrttckgezojren  sind,  dal's  bie  vom  Geurner  nicht 
gesehen  werden  können.  Hei  den  ..optischen  Visieren"  der  moder- 
nen Geschütze  ist  trotzdem  ein  direktes  Anvisieren  der  Ziele,  wenig- 
stens für  den  ersten  Schofs  möglich,  wenn  man  die  „Verlängemngs- 
stttoke"  anwendet  (vergl.  „Die  französische  Feldartillerie".  8.  12). 
Der  Baitetiekommandeiir  kann  dann,  wenn  er  ftlr  seine  Person 
gegen  den  Kamm  bo  weit  vorgeht,  dafe  er  oiefat  nar  das  Ziel  selbst, 
sondern  aneh  das  davar  gelegene  Gelände  seben  kann,  sowohl  be- 
obaekten  als  aneh  das  Fener  seiner  Batterie  leiten. 

Das  Besehieben  seh  mal  er  Ziele  ans  yerdeekten  Stellungen 
halte  ieb  nieht  fttr  mDglieb,  da  die  ZngiQhrer  die  Seitenabwetebnngen- 
ihrer  SehOsse  nicht  beobachte,  also  anch  nieht  korrigieren  kennen. 
Wenn  man  einwendet»  in  solchen  Fällen  müsse  der  Batteriekomman- 
denr  aneb  die  Beobaehtong  nnd  Korrektor  der  Seltenabweiehnngen 
ttbemehmen,  so  halte  ieh  das  bei  Friedensttbnngen  wohl  fttr  schwierig, 
aber  nicht  gerade  fttr  anmöglieh,  im  Ernstfälle  jedoch  fttr  gttndiob. 
aosgesehlossen«  Daraus  folgt,  dals  ein  ArtUleriekampf  ans  verdeckter 
Stellnng  wohl  gegen  eine  schiidlose,  nieht  aber  gegen  eine  mit  Sobots- 
Schilden  versehene  Batterie  geführt  werden  kann.  Denn  gegen  jene 
sind  Scbrapnellschttsse  mit  grolsen  Sprengweiten  nnd  Seiten- 
abweichnngen  wirksam,  während  gegen  Schildbatterien  unbedingt 
„Strich"  geschossen  werden  mnls.  wenn  eine  ausreichende  Wirkung 
erzielt  werden  soll;  denn  hier  sind  nnr  Volltreffer  oder  Schüsse  mit 
kleinen  Sprengweiten  wirksani.  Auch  das  ist  wieder  ein  Umstand, 
der  in  dem  Kami)fe  zwischen  Schildbatterien  nnd  schildlosen  sehr  so 
gnnsten  jener  ins  Gewicht  fallt. 

Für  das  Beschiefsen  sich  schnell  bewegender  Ziele  wird  man  die 
verdeckte  Stellang  aufgeben  nnd  die  Geschütze  vorbringen  mtissen. 
Dabei  spielt  dann  das  Gewicht  des  abgeprotzten  Geschützes  und  die 
schnelle  Feuerbereitschaft  eine  grofse  Kolle.  Naeh  diesen  Hiehtun{?en 
hin  wird  das  nach  Krupp'seheni  Muster  nmgeänderte  deutsehe  Feld- 
gesfliülz  (ioiii  tVanzösischen  GeschlU/.  <  rheblieh  überlegen  sein.  Die 
Munitionsw  iiicii,  die  zu  sehwer  sind,  um  den  Geschtitzen  schnell  in 
die  neue  St*  ilung  zu  folgen,  mllssen  nach  nnd  nach  vorgebracht 
werdeti  und  die  Geschütze  müssen  nötigenfalls  das  Feuer  aufnehmen, 
ohne  die  Wagen  abzuwarten.    Sie  sind  dann  in  genau  derselben 


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Zur  ArtiUeriefrage. 


35 


Lage,  wie  Qescbülze,  bei  denen  der  Wagen  nach  der  Vorschrift 
binter      GewhlllBliide  sIeM. 

Hbm  bezeiclinet  oft  die  Feldhanbifete  als  dasjenige  GescbtitZi  das 
TOimgtweiae  für  das  Feuer  ans  Terdeckten  SteUmigen  geeignet  ist^ 
eine  Ansieht^  die  nor  beding!  liehtlg  ist.  Die  Fähigkeit,  ans  Ter> 
deelKter  Stellung  an  scbietoi,  häugt  in  enter  Linie  davon  ab,  ob  nnd 
in  wie  weit  ein  Gesebttta  im  Stande  ist»  seine  Hohen-  nnd  Seiten* 
riebtnng  naeh  einem  vom  Oesobtttsstande  ans  niebt  siebtbaien  Ziele 
xn  nehmen;  in  dieser  Besiehnng  besteht  swisohen  den  beiden 
sebQtsarten  kein  grnndsStslleher  Unterschied.  F^üeh  kann  man 
mit  den  Hanbitsen  ans  Stellongen  schielten,  die  n&ber  an  der  vor- 
liegenden Deckung  liegeni  welche  dann  nnr  unter  Anwendung  grolser 
Brhöhnngs^kel  ttbeisehossen  werden  kOnnen.  Wesentlich  gröbere 
ErhOhnngswinkel  als  die  Kanonen  hat  die  Hanbitee  aber  nur  im 
Bogensebnlb.  Will  man  ans  solchen  Stellungen  NutMu  siehen,  so 
wird  man  davon  absehen  mttssen,  die  snr  annähernden  Ermittelung 
der  Entiemng  erforderliche  Gabel,  wie  es  die  Regel  ist,  im  Flacb- 
bahoBchnls  an  bOden;  man  wird  auch  hierfür  schon  inm  BogensehnCs 
greifen  mttssen.  Dann  allerdings  sind  die  Geschntxe  gegen  das  Fener 
aus  Kanonen  so  gut  wie  unverwendbar. 

5.  Die  FeldhaubitEe. 
Die  eigentliche  Bestimmong  der  Feldhaabitse  ist  aber  die  Be- 
sebieisnng  gedeckter  Ziele,  die  im  Gegensatz  zu  den  na r  der  Siebt 
entzogenen  verdeekteo  Zielen  sich  dicht  hinter  einer  Deckung  be- 
finden und  daher  nur  von  steil  einfallenden  Geschossen  getrofien 
werden  können.  Von  dem  Tage  ihrer  Entstehung  an  bat  die  Hau- 
bitze hegeisterte  Freunde  und  hefHg:e  Gegner  g-ehabt;  man  kann  da- 
her auch  von  einer  Feldhaubitzfrage  reden.  Ich  selbst  kenne 
das  Geschütz  aus  persönlicher  Anschauung  nicht;  man  wird  es  daher 
begreiflich  üadeu,  weua  ich  mit  meinem  Urteil  etwas  zurttck- 
haltend  hin 

Vor  kumjr  Zeit  bat  General U  utnant  \.  Alten  seine  >rh(in  früher 
ausgesprochene  Ansicht,  dafs  die  leichte  1  eUlbnubitze  übei-üiissig  sei. 
in  einer  besonderen  bcbrift  ..Wider  die  Feldliaubitze'*  mit  grolseny 
Nachdruck  begründet,  während  /ii  flerselben  Zeit  General  v.  Hofl- 
bauer  in  seinem  schon  mehrfach  erwähnten  Buche  niit  Wunne  fttr 
dieses  Geschütz  eingetreten  ist.  Leider  sind  beide  Scbiifteu  fast  an 
deni.seiben  Tage  erschienen,  so  dals  keiner  der  beiden  Herren  Ver- 
fasser auf  die  gegenteiligen  Ansichten  eingehen  konnte, 

Genera! Irutnant  von  Allen  hat  darin  ganz  recbt,  wenn  er  sagt, 
dafs  die  Feidbaubitze  „ihre   Geburt  nicht  eindrucksvoller  Kriegs- 

S* 


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36 


Zar  ArtiUerioirage. 


erfahrimg,  soodem  siouender  Oberlegong  verdankt,  die  einer  für 
möglich  gehaltenen  kttniHgen  Schwierigkeit  Toiaorglich  begegnen 
wollte.**  Diese  ist  herroigemfen  vomebmliob  doieh  die  Kämpfe  you 
Flewna,  bei  denen  «die  mit  grober  nonuneriseher  Überlegenheit  ans- 
gefllhrten  Angriffe  der  rossisehen  Infanterie  unter  dem  wirlcnngs- 
Teilen  Fener  der  tttrtusehen  Artillerie  und  Infanterie  zosammen 
brachen.  Die  msBische  Artillerie  hat  diese  Angrifie  natersttttzt  nnd 
die  vorgehende  Infanterie  nicht  begleitet;  sie  blieb  vielmehr  in  Ihren 
ersten  Stellungen  stehen  nnd  stellte  —  ans  Fnreht  die  eigenen 
Tmppen  tut  treffen  —  das  Fener  gerade  in  dem  Angenblicke  ein, 
wo  sie  es  hätte  verdoppeln  müssen.') 

In  Rnlsland  nnd  ebenso  m  den  meisten  anderen  Staaten  suchte 
man  aber  den  Grand  des  HUserfolges  nicht  in  der  mangelhaften 
Verwendung,  sondern  in  dem  mangelhaften  Material  der  Artillerie 
nnd  verlangte,  dals  diese  imstonde  sein  mttfete.  entweder  die  vor« 
liegenden  Deeltangen  an  zeistSren  od»r  die  nntätig  dahinter  befind- 
liehen Verteidiger  wirksam  zn  beschiefsen.  Die  Zerstttrong  der 
Deckongen  durch  schwere  Kanonen  nnd  Mdrser  stellte  sich  sehr  bald 
als  unmöglich  heraas,  und  so  sann  man  anf  Mittel,  die  hiuter  den 
Deckongen  befiodlieben  Verteidiger  durch  steil  einfallende  Geschosse 
zu  treffen. 

In  Deutschland  wollte  man  die  Aufgabe  zuerst  durch  Schrapnells, 
die  mit  kleinen  Ladungen  aus  Kanonen  verfeuert  werden,  lösen, 
mutste  aber  scblieislich  erkennen,  daCs  das  ein  Versuch  mit  untaug- 
lichen Mitteln  sei  und  ging  nunmehr  zur  Konstraktion  einer  12  cm 
Haubitze  oder  kurzen  Kanone,  wie  sie  damals  genannt  wurde,  Uber, 
die,  weil  sie  von  vorn  herein  auf  eine  gekrtlmmtc  Flugbahn  kon- 
struiert war,  günstigere  Aussichten  versprach.  Gegen  Ende  der  80er 
Jahre  war  die  Herstellung  kräftig  wirkender  Sprengstoffe  so  ver- 
vollkomnjuet,  dafs  man  daran  denken  konnte,  mit  solchen  Stoffen 
gefüllte  Geschofsp  auch  aus  Kanonen  zu  verfenorn.  In  dor  Tat 
ergaben  die  mit  Sprencrj^ranaten  durchgefllhrten  Vcrsnehc  roc  ht  gute 
ResüUate.  freilich  immer  nur  bei  günstiger  Lage  der  Sprengpunkte, 
aber  eitif  solcho  war  auch  bei  den  Schrapnells  der  kurzen  Ii  cm 
Kanone  uotw endig.  Die  £iufUbruug  der  kurzen  12  cm  Kauoue 
unterblieb  daher. 

*)  Übrigens  war  das  Schaitem  der  roasiacheii  Angriffe  nicht  lediglich 
Schuld  der  Artillerie;  auch  das  fehlerhafte  Verhalten  der  Infanterie  hat  das 

seinige  dazu  beigetrajE^n.  Mit  einem  richtigen  Angriffsverfahron  gelanj^  es 
Skobeloff  am  11.  Septt  luber.  sich  iu  den  teilweisen  Besitz  der  türkischen 
•Stellung  zu  setzen,  dio  er  aber  wegen  ungenügender  Unterattitzung  wieder 
aufgebfla  tnorete.  (Vergl.  y.  8ehlichting,  Taktische  und  strategische  Gmnd- 
sfttae  der  Gegenwart  I.  Teil,  8.  147.) 


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Zur  Artilleriefrag«. 


37 


In/^wischcn  hatte  die  FnfsartilU'rie  bespannte  Hatterien  schwerer 
Geschütze  erhalteu,  die  der  Feldarnun*  unmittelbar  folge»  sollten, 
Ulli  bei  dem  Äagriff  anf  die  an  der  Grenze  liepeudeu  Sperrforts  und 
andere  Befestigrun j;en  sofort  tut  Hami  zu  sein.  Der  Gedanke  lag 
nahe,  diese  GeschUt/.c  auch  bi  im  Kninpt  uni  befestigrte  Feld-Stellun^n 
zu  verwenden,  lu  der  15  cm  Haubitze  besafs  man  ein  Geschütz, 
das  der  Feldarmee  aul  nicht  zu  schwierigen  Wegen  folgen  und  ohne 
Bettongen  scbielsen  konnte;  es  war  also  fUr  diese  Zwecke  sehr  ge- 
eignet. Immeiiiin  durfte  man  bei  dem  hoben  Gewicht  der  MooitioD 
(Chnnate  40  kg)  nur  in  besoDdereo  AasoabmefHUen  anf  die  Mit* 
wirkang  dieses  Gesebttiies  leebnen. 

Seitent  der  Trnppeoflllntng  wmrde  nun  die  weitere  Fttrdening^ 
gestellt,  dab  die  Feidartillerie  aaeb  stark  gedeckte,  d.  b.  duob 
Eändeeknngen  gegen  die  yon  oben  einfallenden  Splitter  gedeckte 
Trappen  wirkaam  bekämpfen  mttase.  Diese  Aufgabe  war  nur  dniok 
ein  Steüfeneigeechtllz  ni  lOsen;  denn  eine  Sprenggranate  der  Kanone 
wttrde  bei  dem  klebien  Faltwinkel  eine  solche  Eindecknng  niemale 
tcelfen  kdnnen»  gans  abgesehen  davon,  dals  anch  ihre  Dnrobsehlags- 
kraft  daxn  viel  an  gering  wire. 

Man  entsefaied  sich  Jetet  aber  fttr  das  Kaliber  von  10,5  cm, 
Tomehmlioh  wol,  weil  dieses  bei  der  FnüBartillerie  das  12  em 
Kaliber  veidrSngte.  Das  nene  Geschflts  sollte  niefat  blols  im  Steil- 
fener  wirken,  sondern  auch  die  Kanone  in  allen  ihren  Aufgaben 
nnterstateen  können.  Dam  gehörte  vor  allem  ein  fcrSfHger  Schrapnell- 
Bchnlis,  anf  den  nnr  bei  einer  mhfiltnismafsig  flachen  Fingbahn  m 
leehnen  war. 

Die  anfgeprotste  10^  cm  Haubitze  hat  ein  Gewicht,  das  dem 
alten  Feldgeschütz  73  nahe  steht  (1950  kg);  abgeprotzt  beträgt  das 
€kwicht  1090  kg,  ist  also  sehr  hoch.  Sie  verfenert  Schrapnells 
(etwa  13  kg  schwer)  und  Granaten  (etwa  16  kp);  beide  Geschofs- 
arten  sind  mit  Doppelzttnder  versehen.  Von  den  Granaten  ist  etwa 
die  Hälfte  so  eingerichtet,  dals  sie  beim  Aufschlag:  sofort  („ohne 
Verzögerang**)  krepiert,  die  andere  Hälfte  so,  dals  sie  nach  einer 
gewissen  Zeit,  wenn  das  Geschofs  vollständig  in  das  Ziel  einge- 
drungen ist  („mit  Verzögerang")  krepiert.  In  dieser  Ausrüstung  mit 
drei  verschiedenen  Geschofsen  liegt  eine  grolse  Schwäche  des  Ge- 
schützes, die  um  so  mehr  ins  Gewicht  fällt,  als  die  Munitionsaus- 
rOstung  wegen  des  hohen  Geschofsgewichts  sehr  niedrig  bemessen  ist. 

Der  Schrapnellschufs  steht  an  Wirkuno^  dem  der  Kanone  nur 
wenig  nach;  die  Wirkung  des  einzelnen  Schusses  i-^t  vielleicht  sogar 
noch  grölser.  Der  Streukegel  ist  otiener,  aber  datUr  die  Zahl  der 
FttUkngelu  giöiser.   Die  Granaten  können  im  i*lachbahn-  oder  im 


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38 


Zur  ArtiUerielrage. 


Bogenschui's  d.  U.  mit  Terriogerter  Ladung  Terfeoert  werden.  Beim 
Flachbabnschafs  dient  das  Feoer  mit  AnfechlagzUnder  meist  nur  zam 
EiDscbieisen;  die  Wirkung  gegen  nur  tod  Tom  gedeelLte  Ziele  er* 
wartet  man  aasiiobUeliBlioh  vom  BiennsQndaffeaer.  Die  Wirkong  tritt 
hier  gauz  wie  bei  den  Kanonen  ein;  jedoch  ist  die  Haabitzgranate 
wegen  der  grQibeien  Zahl  Ton  Splittern  und  des  gröberen  Kegel- 
winkels viel  wirksamer  als  die  der  Kanone.  Gegen  Gesehlltie  mit 
Sehotssebtlden  versprieht  die  Granate  mit  Aofsoblag  aneh  bessere 
Wirkung)  als  die  mit  Brennzünder  nnd  yerdieot  namentlich  der  Ein- 
ftehfaeit  des  Schieisverfahrens  wegen  den  Yoisng.  Gegen  stark 
gedeokte  Ziele  ist  ansschlielslich  der  Bogensehais  anwendbar. 
Damit  die  Granate  eine  genügende  Dorohsohiagskraft  erhttlt»  mols 
ein  Fallwinkel  von  etwa  28  Grad  erreicht  werden.  Das  Geschttts 
kann  mit  rieben  yersehiedenen  Ladnngen  sohielsen;  mit  der  kleinsten 
Ladung  wird  der  nOtige  Fallwinkel  anf  einer  Entfemong  von  etwa 
2100  m  erteioht.  Zum  Binsehielsen  mnis  man  die  Granaten  „ohne 
Ven&dgerang*'  benntien,  da  die  ,,mit  VerzOgemng**  verfenerten  wegen 
Uizer  Eindringongstiefe  nicht  beobachtet  werden  können;  snm  Wirk* 
nngssohielsen  hingegen  werden  die  Granaten  „mit  Verzögerung"  ver- 
wendet. Wirkung  gegen  Eiodecknngen  (nach  der  Feldpionier-Vor- 
Schrift  12  -15  cm  starke  Rreozhölzer  and  60  cm  Erde)  ist  nur  ?on 
Volltrefi'ern  zu  erwarten,  die  aber  bei  der  geringen  Ansdehnung  des 
Zieles  —  oft  aar  6  Quadratmeter  —  stets  sehr  selten  sein  werden« 
Wenn  man  von  100  Schlissen  einen  Volltreffer  erreicht,  so  ist  das 
schon  ein  recht  gunstiges  Verhältnis. 

Keine  Armee  hat  für  diesen  immerhin  ontergeordneten  Zweck 
—  BescbiefsuDg  von  Truppen  hinter  Deckungen  —  so  viele  Mittel 
aufgeboteti,  wie  die  deutsche.  In  Frankreich  legt  man  hierauf  gar 
keinen  Wert.  Die  dort  ebenfalls  eingeführten  Sprenggranaten  der 
Kanone,  wie  der  knrzen  120  rara  Kanone,  sind  lediglich  zur  Zer- 
streuung widerstandstäbiger  Ziele  bestimmt  und  dnher  auch  nur  mit 
AufschlagszWnder  versehen.  Rüfsland  hat  fUr  diese  Aufgabe  iMörser- 
regimenter  formiert,  deren  (icschutze  trotz  des  Kalibers  von  15  em 
ein  sehr  leichtes  Geschofs  von  etwa  27  vf'rfenern.  England  hat 
eine  5züllige  (12,7  cm)  Haubitze  in  der  Feldartillerie,  die  Spieug- 
grauaten  von  22,5  kg  Gewicht  verfenern.  Ira  sttdafrik&uiscben  iüriegc 
haben  sie  nichts  üervorrageodes  geleistet,') 

*)  Am  meisten  hat  noch  eine  Haubitz-Batterie  in  Natal  geleistet,  wo 
sie  an  den  Gefechten  am  14.  bis  27.  Februar  1900  am  Tugela  beiefligt  war. 
Von  ernsten  Kftmpfen  war  hier  aber  gar  keine  Rede.  Die  Buren  traten 
den  BQckzug  an  und  gaben  die  Fiii>(  hlierRiin^::  von  Ladyamith  anf,  weil 
der  Feldzug  in  Orange  unglflcklicli  ausgefallen  war. 


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Zur  ArtUleriefrage. 


39 


NMb  »wei  Biebtangen  hin,  die  mao  aber  bei  der  EinfUhruog 
-der  Uaobitze  kaum  bertteksiehtigt  haben  kann,  ist  diese  der  Kaoone 
zweifelloe  ttberl^o.  Ihr  SehrapnellBehofs  eignet  Mi  zor  Beetreiehnng 
:rttekwJirtiger  Abhänge,  auf  denen  oft  Keserren  and  namentUeh  die 
Pkotzen  and  Staffeln  von  Batterien  Aabtellnng  laehen,  besser  als 
der  der  fiUmone.  Bei  dieser  fliegen  die  anter  flachen  Winkeln  Mob 
fortbewegenden  Kngeln  der  oberen  Kngelhälfte  ttber  die  dort  be- 
'flndliehen  Ziele  weg,  während  die  der  unteren  Kegeihftlfte  angehören- 
den Kngeln  bei  den  gelingen  Sprenghohen  aol  dem  vorderen  Abhang 
«ofBeUagen.  Bei  der  flaabitee,  dessen  Gesebolse  nnter  grO&eren 
Faiiwinkeln  niedergehen,  sind  diese  Verhältnisse  gttnstiger.  Bei 
einer  BOsohong  yon  Ittnf  Grad  wird  man  auf  2200  m,  wo  der  Fall- 
winkel der  Kanone  etwa  ebenso  grols  ist»  wenn  man  genaa  eiu- 
gesehoBsen  ist,  nnr  von  der  Hälfte  aller  Sohüsse  (deren  Fingbahn 
ttber  der  mittleren  liegt)  Whrkang  gegen  den  hinteren  Abhang  er- 
warten dürfen.  Bei  Bösobnngen  von  12 — 15  Grad,  wie  sie  auf  den 
Schlachtfeldern  von  Mets  dorohaos  nieht  selten  sind,  kann  aar  Ton 
der  Uanbitze  Wlrknug  erwartet  werden.  Versnehe  naeh  dieser 
Riehtong  hin  sind  meines  Wissens  noch  niemals  angestellt;  ob  sieh 
diese  rein  tbeoretiäcben  Betrachtungen  in  der  Praxis  bewahrheiten, 
kann  nur  durch  Versnehe  klargelegt  werden. 

Dals  die  Hanbitzgranate  im  Kampf  gegen  8childbatterien 
möglicher  Weise  mehr  leistet  als  die  der  Kanone,  ist  bereits  oben 
angedeutet  worden. 

Generalleutnant  v.  Alten  glaubt  nicht,  dals  die  Feldhauhitze  die 
au!  sie  gesetzten  Erwartungen  erfüllen  wird  und  weist  nun  auf  die 
dorch  ihre  EinfÜhrunjr  hervorgerufenen  Übelstände  hin.  In  erster 
Linie  steht  da  die  Durchbrechung  der  eiuheitiicheu  Bewaffnnn;:  der 
Feidartiilerie,  die  für  die  Ausbildung,  Organisation,  Mobilmachung, 
Führung  und  vor  allem  die  Munitionsversorgung  groise  Vorteile  hatte. 
Abgesehen  von  dem  hohen  Gewicht  der  Haubitzmunition  erschwert 
das  Vorbandensein  von  zwei  ?er8chiedeneu  Kalibern  die  Munitions- 
versorgung in  hohem  Mafse. 

Die  Huubitzen  sind  auch  die  Ursache,  dals  die  Infanterie-Divi- 
sionen versehieden  /.usammeugcsetzt  sind;  die  eine  verflis;t  Uber 
12  Kanonen-,  die  andere  über  9  Kanonen-  und  3  Haubitzbatterien. 
Das  beschränkt  entschieden  den  kommandierenden  General  in  der 
freien  Verwendung  seiner  beulen  Divisionen.  Die  Verwendung  der 
Haubitzbatterie  in  der  Schlacht  ist  eine  recht  schwierige  Sache,  die 
in  der  vor  jedem  Gefecht  herrschenden  Unklarheit  über  die  I^age 
begründet  ist.  §  287  des  Exerzier-Reglements  bestimmt,  dals  „die 
Feldhaubitzen  nur  dann  von  voruhereiü  wie  Kanonen- Batterien  ein- 


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40  Zur  AtüRerielhig«. 

EQeetzen  sind,  wenn  sieb  yoraoseehen  lälst,  dafs  sie  eine  ihrer  Eigen 
art  entsprechende  Vemvendang  nicht  finden  werden,"  und  §  353  ,,daTs 
bei  Beginn  des  Gefechts  (ge^en  eine  befestigte  Stellung)  noeh  nicht 
zn  tibefsehen,  welche  Teile  der  Stellung  dnrch  Haubitzen  bekämptt 
werden  müssen,  so  empfiehlt  es  sich,  die  Feldhaobitzen  vorläufig 
zurtlckzuhaltcn."  Diese  beiden  Sätze  zwingen  den  Divisionskomman- 
deur, seine  llaubitz.batterien  fast  stets  zurückzuhalten,  da  er  wohl 
?iirT!inls  vorher  wissen  knim.  ob  —  s-psclnvripo  (Iciiii  wo  - —  er  sie 
^^ehraucheu  wird.  Darum  wird  auch,  wie  GeueraUeutnant  v  Alten 
mit  Keebt  bemerkt,  der  Dienst  bei  der  Avantgarde  stets  vou  dem 
anderen  Regiment  übernommen  werden  müssen,  wenn  man  den 
Kegim enteverband  nicht  zerreitseu  will. 

Übrigens  nötigt  auch  die  ^erinere  MunitionsausrUstung  schon  dazu, 
sie  stets  an  letzter  Stelle  einzusetzen.  An  Granaten  hat  die  Haubitz- 
batterie pro  Geschütz  nur  32;  der  liest  (58  pro  Gescljutzj  beündet 
sich  bei  der  leichten  Monitionskolonne.  die  aui  ih  m  Marsche  in  der 
Regel  den  fechtenden  Truppen  der  Division  folgt.  Die  32  Schüsse 
sind  selbst  in  ruhigem  Feuer  in  etwa  drei  viertel  Stunden  verschossen 
und  es  ist  mehr  als  fraglich,  ob  in  dieser  schon  Ersatz  beschaiU 
sein  kann,  namentlich,  wenn  die  Haubitze  in  den  Kampf  gegen 
Schildbatterien  mit  Granaten  eingreifen  muls.  Die  jüngste  Abänder- 
ung der  Felddienstordnung  lalst  die  schwere  Artillerie  des  Feldheeres 
der  Infanterie  des  Gros  folgen,  also  vor  den  leichten  Mnnitions- 
kolonnen  marschieren,  die  dadurch,  wenn  nur  ein  Bataillon  schwerer 
Batterioi  vorliaBden  ist»  am  1100  m  in  der  MarBObkdoiiiie  sorllek- 
gesetzt  wild.  Maroehiert  die  Artillerie  der  Dirinon  zwischen  den 
beiden  Inianterie<-Brigaden,  so  befindet  sieh  zwisohen  dem  Tordenten 
CtesehtttB  and  dem  ersten  Wagen  der  leiehten  Manitiimskolonne  ein 
Banra  tob  etwa  7  Kilometer.  Das  reohtzeitige  Eintreffen  des 
MonitioBsersatBes  soheiBt  damit  doeh  reebt  in  Fraice  gestellt,  nament- 
lieb,  wenn  ein  Vordehen  im  Trabe  aosgeseblossen  Ist,  wie  das  gar 
nicht  selten  Torkommen  wird,  weil  die  schweren  Haobitzbatterien  aoi 
sdileobten  Wegen  nnr  im  Schritt  Torwürts  kommen. 

Dafs  die  Ansbildang  einer  Hanbitsbatteiie  schwerer  ist  als 
die  emer  Kaoonenbatterie,  kann  gar  keinem  Zweifel  onterliegen; 
denn  man  mag  sagen,  was  man  will,  das  Vorbandensein  ron  drei 
Tcrsohiedenen  Geschossen  mid  siebea  vevsdiiedenen  Ladungen,  m 
denen  recht  ▼ersehledene  Scbolbtafeln  gehören,  seist  eine  vor« 
trefflich  eingetkbte  Be^ennng  —  einschliefslieh  Offiziere  und  llnter- 
offiriere  —  voraus.  Ohne  eine  solebe  wird  die  Haubitze  niemals 
die  auf  sie  gesetzten  Erwartnngen  erfüllen. 

Wenn  Oeneraileotnant  von  Alten  hiernach  das  Aosscheiden  der 


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Zur  AztUtorlefng». 


41 


leichten  Feldhanbitze  fordert,  so  ist  das  sehr  begreiflich.  Er  ver- 
neint oben  die  Frago,  auf  die  rs  in  orster  Linie  ankommt:  „ist  es 
notwendig,  die  untätig  hinter  drr  Dpckung  verharrenden 
Truppen  des  Verteidigers  durch  Artil ierie  /.u  beschiersenV** 
Wird  aber  diese  Fras-e  von  der  höheren  Truppenfühmng  bejaht,  so 
ist  damit  (it  ni  Aitillrristen  die  Aufgabe  gestellt,  und  er  steht  nur 
noch  vor  der  If'rage,  wie  er  sich  damit  aiu  besten  abfindet. 

Meiner  Ansicht  nach  ist  ein  solcher  Reichtum  an  Mitteln,  wie 
die  deutsche  Armee  ihn  besitzt,  tlit  die  Lösung  der  Aufgabe  nicht 
erforderlich  und  daher  im  Interesse  der  Einfachheit  eiDSOflohräDkeD. 
1d  erster  Linie  halte  ich  für  diesen  Zweck  dir  Sprenggranate  der 
SanoneD  für  entbehrlich  und  wUrde  daher  für  ihre  Abschaffung  seb. 
Maa  wendet  mir  Tielleieht  ein,  dais  dies  Gesobols  fUr  den  Kumpf 
gegen  Schildbatterien  nneDtbebrlich  sei  und  darom  nieht  abgeschafft, 
sondern  im  Gegenteil  vermehrt  werden  müsse.  Andere  wiederum 
halten  die  Anwendoog  dieses  Geschosses  ttlr  diesen  Zweck  mit 
Ktlcksicht  ant  die  zerstörende  Wirkung  eines  V'olltrefiers  in  einen 
mit  Sprenggranaten  gefüllten  Munitionswageu  fUr  höchst  bedenklich. 
Jedenfalls  wtlrde  ich,  falls  die  Beibehaltung  dieses  Geschosses  zum 
Kampf  gegen  Schildbatterien  für  notwendig  erachtet  wird,  eine  ver- 
änderte Konstruktion  der  Granate  vorsehlagen,  die  schwMTere  Splitter 
liefert,  welche  die  Schilde  mit  grolserer  Wahrscheinlichkeit  zu  durch- 
schhigen  versprechen.  Die  Sprenggranntt-  der  Kanonen  für  die  Be- 
kämpfnng  gedeckter  Ziele  mnls  verschwinden. 

Die  leiebte  Feldbanbitse  mofs  dann  beibehalten,  aber  fttr  ibre 
eigentliebe  Aufgabe  besser  befähigt  werden.  Dazu  gehört  in  erster 
Linie  die  Absehafftang  oder  doeh  wenigstens  die  Herabsetzung  der 
SehrapnellansrOstung,  was  um  so  unbedenklioher  ist,  wenn  die  Ver- 
suche euie  wesentliche  Überlegenheit  der  Oranate  über  das  Schrapnell 
im  Kampfe  gegen  Schildbatterien  ergeben.  Die  Granaten  wtirden 
nur  noch  mit  Aufschlagzünder  zu  verfeuern  sein.  Da  man  niemals 
wissen  kann,  ob  in  der  befestigten  Stellung  Eindeckangen  vorhanden 
sind  oder  nieht,  ist  es  klug,  sich  anf  den  schwereren  Fall  einzu- 
richten. Der  Fortfall  des  Brennztlnders  wUrde  das  Schiefsverfahren 
wesentiioh  vereinfachen.  Durchaus  geboten  ist  eine  Einrichtung  des 
Zünders  derart,  dafs  die  Granaten  sowohl  „mit"  als  auch  „ohne 
Verzögerung"  verfeuert  werden  können;  man  wHrde  dadurch  an- 
nähernd dieselben  Vorteile,  wie  dnrob  eine  Verdoppelung  der  Muni- 
tionsaosrttstang  erreichen. 

Zweifellos  wird  die  Banbitze,  wenn  sie  nieht  ausscheidet,  wie 
die  Kanone  fUr  den  BolnrttoUanf  eingeriebtet  werdeo  nnd  Sehatz- 


42 


Zar  ArtOtoiiefnge. 


Gebilde  tUr  die  Bedienung  eihalteu  mUsseo;  das  wird  JLeioe  besoa- 
•deren  Schwierigkeiten  habeu. 

Inzwischen  ist  nueh  OpneraHeutnant  v.  Reiclienan  im  „Tag:" 
für  iiie  !•  eidhau hii/,e  eingetreten;  freilich  ist  er  dabei  nicht  besonders 
glücklich  ge^N  cst  n  Er  sagt  wörtlich  ,,Ihre  (der  Feldhaul)it/.eD )  Aut- 
gabe besteht  nun  nicht  darin,  sich  auf  das  Treffeo  einzelner  Hohl- 
räume zu  kapri^iereu,  sondern  sie  haben  den  anzngreifenden  Teil 
der  Stellung  pianmälsig  bestreuen,  um  so  den  i^oden  gewisser- 
mai'sen  mit  Eisen  zu  pflastern.  Bringt  man  auf  diese  Weise  auch 
nicht  Wirkung  in  alle  Deckungsgräben,  so  werden  doch  inlolge  der 
Einschüchterung,  die  einzelne  zwischen  den  Mannschaften  detonie- 
rende Granaten  hervorrufen,  diese  in  ihren  engen  Schlupfwinkeln 
festzuhalten.  Unter  dem  Eindruck  der  unaufhörlich  in  der  Nähe 
eiiuehlagendeD  Granaten  wird  niemand  geneigt  sein,  die  Deckung 
lu  verlassen  nsw."  Ich  glaube  nicht,  dals  man  sieh  die  Angabe 
der  Feldbanbitee  bei  ihrer  KoostroktiOD  so  gedacht  hat  Ist  die 
Zerstörung  der  Unteistttnde  nicht  beabsichtigt  oder  aaoh  nur  Heben- 
Kweck,  so  war  es  ein  Fehler,  Granaten  ^mit  Verzögerung"  einza- 
fltbren;  denn  bei  diesen  ist  die  Wirkung  der  Detonation  anf  die 
Herren,  sowie  die  Splitterwirknng  gegen  lebende  Ziele  sehr  abge- 
sehwäeht,  ebenso  wenig  wäre  .die  Anwendung  von  7  verschiedeuen 
Ladungen  gerechtfertigt;  man  wäre  mit  drei  oder  vier  Ladungen 
aosgekommen,  wie  bei  allen  iremdstaatlichen  HanbitKn.  Ja,  wenn 
es  sieh  blofii  darum  handelt,  die  Mannschaft  in  den  Deokangsgrfiben 
festzuhalten,  so  erreicht  man  das  mindestens  ebenso  gnt  dnreh 
Sehrapnellfener  aas  Kanonen.  So  sprechen  die  AnsfUbrongen  des 
Generallentnant  v.  Heicbenaa  weit  mehr  gegen  als  fOr  die  Feld- 
hanbitse. 

Ähnllehes  kann  man  von  den  Ansichten  Wilhelmis*)  sagen,  der 
in  Nr.  12  der  Hilitilr-Literaiiiiseitung  die  Altensche  Schrift  bespricht; 
denn  er  sagt  dort  wOrtiich:  „  Wollte  man  Unterstünde,  die  der  Ge^fner 
zerstrent  nnd  der  Sicht  entzogen  in  dner  ausgedehnten  Verteidignngs- 
tinie  aogelegt  hat,  durch  ein  Strenver&hren  mit  Bogenschietsen 
bekämpfen,  so  wttode  die  voransdchtliche  Wirkung  den  Munitions' 
aufwand  nicht  rechtfertigen.  Die  HttgUchkeit,  auch  gegen  stärkere 
Eindeckungen  wirken  su  können,  die  dem  Gegner  das  Bewnlstsein 
absoluter  Sicherheit  unter  ihnen  nimmt  nnd  ihn  zwingt»  sie  verdeckt 
anznlegeu,  ist  doch  immerhin  schätzenswert**,  d.  h.  es  wird  die 
geringe  Wirkung  des  Bogenschusses  zugegeben,  denn  man  darf  nicht 
voraussetzen,  da(s  der  Gegner  uns  den  Gefallen  tut,  seine  Unterstände 

*)  Bis  vor  kurzem  Lehrer  der  Feldartillerie<äcluef88chuie. 


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Zur  ArtiUeriefrago.  43 

• 

-80  aDsnlegen,  dals  mau  sie  von  weitem  deutlich  als  solche  erkennen 
kann,  um  so  weniger,  als  damit  fUr  ihn  nicht  der  geringste  Vorteil 
Terbnnden  sein  würde.  Bei  den  Sehielsttbaogen  soll  es  allerdings 
gar  nicht  so  selten  vorgekommen  sein,  dais  die  Unterstände  von 
weitem  deutlich  erkannt  wurden.  Dann  wird  natürlich  die  Wirkung 
erheblich  vergrölsert,  aber  man  züchtet  durch  ein  solelies  Verfahren 
geradezn  höchst  irefährliche  Illusionen  uud  tausc  ht  [udujch  «ich  und 
andere.')  Die  Möglichkeit,  einen  Zofullstrerttr  ;:;ii;en  iMiideckunjjen 
zu  erhalten,  steht  doch  in  einem  argen  MUsverhältiüs  zu.  dem  dafür 
in  Bewe^np:  gesetzten  Apparat. 

Wilhelnii  sieht  aber  den  Ilauptwert  der  Haubitze  nicht  im 
BogenschnTs,  sondern  in  der  vorzüglichen  Wirkung  ihres  Flachbahn- 
feoers  und  stempelt  sie  dadurch  zum  „Mädchen  für  alles",  und  man 
kann  mit  Kecht  die  Frjige  aufwerfen,  warum  denn  dies  vortictiliche 
Geschütz  nicht  an  Stelle  der  Kanonen  trete.  In  einer  IrUheren 
Studie  ..Zur  Feldhaubitzfrage  '  (Jahrbücher  März  1902)  habe  ich 
darauf  hingewiesen,  dafs  von  jeher  die  Ansichten  übt  r  die  Feld- 
hanbitzen sehr  geleiii  waren  und  den  Grund  darin  gclunden.  dafs 
die  ihnen  im  Feldkriege  zugemuteten  Aufgaben  nicht  klar  uud 
be»ijiiitni  eiiaisl  waren.  Schon  zur  Zeit  der  (platten  Geschütze 
unterschied  man  lange  und  kurze  Haubitzen.  Die  wichtigste 
Eigenschaft  der  langen  Haubitze  war  ihr  grölseres  Geschufsgewicht, 
die  der  kurzen  das  Steilfeuer.  Unleugbar  ist  die  leichte  Feld- 
hau üiize  98  wegen  ihres  Steilfeuers  eiugeluhrt,  keinem  Menschen 
wäre  es  eingefallen,  eine  Haubitze  wegen  ihrer  grursen  Wirkung 
im  Flachbahnfener  neben  der  Kanone  zu  konstruieren.  Sehr  richtig 
ist  die  Bemerkung  Wilhelniis:  „Bisher  ist  noch  kein  Feldzu^  mit 
einheitlichen  Feldgeschützen  geführt  worden" ;  er  hiitte  indes  hinzu- 
ittgen  können:  „aber  in  keinem  Feldzuge  hat  man  in  Bezug  auf  die 
Vmveodnng  der  leichten  und  schweren  Geschütze  einen  Unterschied 
fettsastellen  Termocht"  Hierin  lag  der  Gmnd,  dafs  man  unter  dem 
trisebeo  Eändrncke  der  Eriegserfahraogen  in  dem  1873  konstruierten 

*)  Die  ^Schiefsanleitung  für  die  Fufsartillerie"  enthalt  folgende  in  der 
ychii'fsvorschrift,  für  die  Feld-Artillerie  leider  fehlenden  wichtigen  Sätze: 
,Giit  angelegte  Schützengräben  werden  oftmals  erst  erkannt,  wenn  ihre 
Besatzimg  bei  naher  Berührung  mit  dem  Angreifer  un  der  Feuerlinie 
erscheint.  Auch  Masken  lassen  sich  oft  erst  denn  unterscheiden.  —  Ein' 
decknngen  in  den  Schfltaengraben  sind  von  anften  schwer  oder  gar  nicht 
m  erkennen." 

Wenn  trotz  der  reichon  Mittel  zur  Erkundung,  über  welche  die  Fuls- 
artiUerie  verfügt,  schon  das  Erkennen  des  Zieles  so  schwer  ist,  um  wie 
▼iel  schwieriger  mnfs  dann  das  Einscfaiefsen  dagegen  sein.  Man  wird 
•deshalb  fast  nur  ein  Stoeuverfahren  anwenden  können* 


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44       Erinneniiigen  and  Enrägtuig«!!  etnes  alten  liavaUerie*  Offiziers. 

> 

ArtÜleriesystem  fUr  die  fahrende  x\rtillerie  nur  ein  Kaliber  auiiahiu,. 
ein  Schritt,  der  von  fast  allen  Staaten  nachgemacht  wurde. 

Jedenfalls  erseheint  es,  namentlich  unter  Berücksichtigung  der 
von  Generalleutnant  v.  AlttMi  angeftlhrten  Gründe,  angezeigt,  die 
Ansicht,  dals  zur  Vorbereitung  des  Angriffs  auf  eine  befestigte  Feld- 
stellung auf  das  Beschieisen  der  gedeckten  Truppen  nicht  ver- 
zichtet werden  kann,  nochmals  zu  revidieren,  namentlich  angesichts 
der  Tatsache,  dsfo  aadi  nach  AnDabme  aller  Verbesseraogsvorsehläge 
die  Wirkung  etets  sehr  unsicher  bleibt,  und  dab  naeh  Eiofübning 
der  BohnHeklan^BchUfeKe  die  Wirkang  mit  Sebrapnells  gegen  frei- 
siebende  Ziele  (Sefatlken  im  Feuer)  so  gesteigert  ist,  dals  man  in 
weit  kttraerer  Zieit  die  Vorbereitong  des  Angriffs  bewiiken  kann. 

(Schlafe  folgt.) 


m. 

,  Ermnerungeii  und  ErwäguDgeo  eines  alten  Kavallerie- 
Offiziers. 

Von 

General  d.  Kav.  z,  D.  General-A^jatoot  breiberr  v.  SazenhtlbB. 

L 

In  langer  Dienstzeit,  in  allen  Stellungen,  welche  einem  Kavallerie- 
Offizier  übertragen  werden  können  (als  Eskadronsofßzier,  Divisions- 
adjntant,  Eskadrouschef,  Adjutant  beim  Generalkommando,  während 
zwei  FeldzUgen  1866  Eskadrouschef,  1870/71  Adjutant  beim  General- 
kommando, als  Kommandeur  der  Reitschule,  eines  Kav.MlIprie-Uegi- 
nionts,  Brigade  KonimfHKleur.  endlich  als  Kavallerie-  und  Kemonte- 
Inspekteur),  pnh  es  nur  riiie  kur/c  Kpoehe  mit  wirklich  kavalle- 
ristischen Anregungen  „als  i;r;j:iiiirnts  Kommandenr  in  Lothringen, 
bei  Übnni^pn  unter  einem  her\ orrageuden  Kavallerie  <  n  nt  ralc".  Fort- 
laufendes Studium  der  Kriegsgeschichte  und  in  den  vor  etwa  7Ü  Jahren 
erschieneueu  „Naehricbten  und  Retrachtungeu  über  Schicksale  und 
Tateu  der  Reiterei*'  hielten  das  Interesse  fllr  die  Waffe  wach; 
Uberall  machten  sich  jedoch  Hindernisse  benarkbar,  um  kavalle- 
ristische Angelegenheiten  zu  türdern.   Diese  Hindernisse  waren  um 


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ErinnflnuigMi  mid  Enrllgnngeo  «Inm  alleii  Kftvalfeilo-Offliiere.  45 


so  hedeatendtT,  je  mehr  diese  Augelegeubeiteu  die  großen  Au^abeu 

der  Kavallerit*  betrafen. 

Nach  der  glänzenden  Verwendung  und  KnciehunL',  den  ebenso 
glänzenden  An::rifl[en  (Irr  preulsiselien  Kavallerie  um  die  Mitte  des 
18.  Jahrhunde rtb,  war  es  schon  naeh  ;U)  Friedensjahren  in  den 
letzten  Krienfcn  dieses  Jabriiunderts  vorüber  mit  den  grolseu  Er- 
folgen der  Kavallerie;  aueh  im  verflossenen  Jahrhundert  Sachen  wir 
verirebens  nach  tcrolsen  Aktiuuen  von  ivavaileriemassen,  oder  nach 
wirk  lieb  kavaUeriötiscber  Verwendung  solcher  Massen,  wo  sie  be- 
standen. 

„^Jeder  direkte  AngriÖ',  jede  taktische  Oflensive  bedarf  ent- 
weder einer  \  orbereitnnsr  —  die  ErschUttt  rurig  des  Gegners  durch 
Feuer  —  oder  ^löirlichkeit  der  Überraschong."" 

Dieser  allircnieine  ^Ulti^c  alte  Grundsatz  iai  unter  den  heutigen 
Verhältnissen  noch  weit  wichtiger,  wie  er  y.n  jeder  früheren  Zeit 
war,  er  kauu  ganz  seibstverstäudlicli  auch  fUr  den  Augriff  der  Ka- 
vallerie auf  Infanterie  in  der  Kegel  nicht  entbehrt  werden.  Infanterie 
Bod  Artillerie  künaeo  diese  Erschtttternng  des  Angriffsobjektes  be- 
wirken; die  Kavallerie  kann  salebe  Ersohatterungeü  ausnützen.  Die 
Möglichkeit  rascher  Bewegung  kommt  ihr  hierbei  weeeDtlieh  za 
statten.  Die  Kriegsgesehiohte  seigt  und  die  EifUirang  beettttigt, 
dab  die  Zahl  und  der  Umfang  dnreb  das  Fenergefeebt  entstandener 
Krisen  im  Gefechte  der  In&nterie  nnd  Artillcfle  keineswegs  geringer 
geworden,  dals  sie  bei  länger  andanemdem  Fener-  and  Waldgefeebten 
bdnahe  stets  su  bemerken  sind,  dals  sie  ron  Ka?aUcrie  keineswegs 
ansgentttzt  wnrden.  —  Die  mcksiebtslose  Verwendong  von  Kavallerie- 
Massen  anter  Napoleon  I.  brachte  bei  sehr  bedeutenden  Verlosten 
auch  manche  bedentenden  Erfolge.  Nach  and  naeh  wurde  es  nieht 
mehr  Mode,  günstige  Momente  fllr  den  Angriff  der  Kayallerie  absn- 
warten.  KavaUeristische  Grondsütze  verschwanden  mehr  and  mehr 
in  den  allgemeinen  Anschaanngen  nnd  Dispositionen;  in  natttrlicber 
Folge  Teraebwanden  solche  Grandsätze  aber  leider  anoh  In  der  Ka- 
vallerie, der  es  gerade  in  dieser  Hinsieht  an  jeder  Anregong  gefehlt 
hat  Nebendinge,  so  ntttriieh  sie  sind,  wenn  die  Hanptsaohe  ge- 
fördert worden  wäre,  absorbierten  die  Kraft  der  Waffe,  l'/a  Menschen- 
alter im  praktiseben  Dienste  und  beinahe  2  Menschenalter  des 
Stndinms,  haben  die  grofse  Wichtigkeit  kaTalleristischer  GmndsitM 
io  stets  höherem  Grade  bestätigt.  Vergebens  suchen  wir  zweck- 
mälsige  Formation  und  gute  Schulung  von  Kavallerie-Massen  im 
Frieden,  deren  Verwendung  im  Kriege  ans  eigener  Initiative  der 
Führer. 

Die  Tätigkeit  der  mit  fiegina  des  Krieges  nenfonnierten  Ka- 


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46 


Erinneniiig«!!  und  ]finrS|ping«D  dnes  alten  K»TaUeil6*0lfisien. 


valleric-Divisionen  —  oiier  bess»^r  deren  Hrimirlcii  beschränkt 
Kieh  im  allfrcmeinon  auf  Angriffe  hei  Krisen  der  riireiH  ii  Trü]){ieii  — 
angeorfinet  von  den  hühereu  KommaDdoBteilen.  Diese  Augritie  soiUeu 
allerdiiigB  die  Ansnahme  bilden. 

Die  wichtiudte  der  zu  lösenden  Aufgaben  bleibt  die  Formation 
der  Kavallerie,  um  dieselbe  so  vorzubereiten^  damit  sie  im  Felde 
vollständig  entsprechen  kann. 

Die  Dienstk'iKtonjren  im  Felde  können  zusammeng-efafst  werden  r 
1.  „In  den  Aufkiarungsdienst  im  engeren  Rahmen  —  bei  Avant- 
garden, vor,  während  und  nach  den  Gefechten  —  2.  in  den  Aiif- 
klärangsdienst  vor  der  Fronte  der  Ariarn  und  II.  in  grüiseren  Ge- 
fechten und  Schlachten       Angrifi'e  und  Verfoiguno-en. 

In  der  deutschen  Armee  ist  die  Infanterie  und  auch  die  Ar- 
tillerie im  Frieden  so  organisiert,  wie  sie  im  Kriege  eingeteilt 
bleiben.  Die  Kavallerie  allein  entbehrt  dieser  Organisation.  Im  all- 
gemeinen kann  es  einem  Zweifel  nicht  nnterliegeu,  von  weloh  hoher 
Bedenlnng  die  DniehfQlinmg  dieses  GnindBatces  ist,  wie  eelur  Ver- 
wendung und  Ftthrong  der  Karallerie  ohne  dessen  Beacbtang  Iddeo- 
mnÜB.  Die  letzten  Kriege  haben  in  so  anffallender  Weise  nnd  in  allen- 
Heeren  manehe  Mängel  gezeigt,  dab  es  eigentlich  kaum  Yerstftndlicli' 
ist,  wie  Abhilfe  bis  znr  Stunde  nicht  dnrchgeathrt  wurde. 

Vor  allem  ist  zu  beachten,  dafs  man  mit  der  Organisation  nicht 
warten  soHte,  bis  die  Umstünde  erlaaben,  auch  die  KaTallerle  im- 
gleiclien  Verhältmsse  sn  Termehren,  wie  Infanterie  und  Artillerie. 
Dagegen  ronls  es  sieh  empfehlen,  die  Formation  anter  Beachtung 
der  einmal  bestehenden  Verhftltnisse,  strenge  nach  der 
Notwendigkeit  dnrobxnfithren. 

Diese  Formation  konnte  allenfalls  sein: 

I.  Korps-Kavaiierie,  Jager  zu  Herde. 
Gardf^korps  1  Brigade   2  Hegimeuter     6  Kskadrons^ 
22—25  Armeekorps  25        „  125 

Sa.  ]  Brigade  27  Begimenter  181  Eskadrons.. 

U.  Kavatlerie-Di Visionen, 
Gardekorps  1  Kav.-Kurps  2  Divisionen 

4  Brig.  10  Heg.    5<)  Eskadr. 
Linie  \  J  Divisionen  21     ..     60  .iiK) 

Sa.  \  Korps  14  Divisionen  28  Ikig.  70  Reg.  350  Eskadr. 
zasamnieu    1  Korps  14  Divisionen  29  Brig.  97  Reg.  481  Eskadr, 
Die  Kavallerie  bei  den  Armeekorps  wnrde  im  allgemeinen 
£0  5  Feldeskadrons  als  genügend  angenommen;  bei  der  Mobil- 


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Efiimeniiigen  und  Erwl|giiiig«ii  ehiM  «Itni  Kftvallerie-OfBiler>.  47* 

niacliuiiLr  wäre  bei  jedem  Armeekorps  eine  Ersatzeskadrnn  ui-u  auf- 
zustellen. Diese  Kavallerie  hätte  am  Sitze  der  Armeekorps,  Divi- 
sinnen  oder  Brig-aden,  ev  iitueU  der  Infanterie-Kefriment'T  zu  -arni- 
sonieren.  Ihre  Anfjrabe  beschränkt  sich  in  der  Hauptsache  ;uif  ileu 
Aufklärungsdienst  (ZiÖ.  1)  im  engeren  Rahmeü;  Regimeuts-kuiu- 
mandeur  dem  Korps-Kommaado  beizugeben. 

Die  Kavallerie-Divisionen  wurden  zu  je  einer  Brigade  mit  2, 
zu  einer  Brigade  mit  3  Regimentern  ä  4  Feld-  nnd  eine  Ersatz;. 
Eskadron  angenommen.  Diese  Formation  scheint  ausreichend  tUr 
die  Aufgaben  unter  7AÜ.  1  und  '2:  fUr  die  Aufgaben  unter  3  neheinen 
auch  Divisionen  /ii  l^epimcnl^'rn  /u  schwach;  2  Divisionen  /u 
5  Keiriraenteru  durften  gentigen.  Eine  Division  zu  1  Regimenter 
erstes  Treffen,  eine  gleiche  Division  Reserve,  die  beiden  rentierenden 
Regimenter  zweites  Treffen.  Zuteilung  von  reitender  Artillerie  und 
einer  Kompagnie  Radfahrer. 

5  Kavallerie-Inspekteoie  sind  im  Frieden  den  Armee-Inspektionen» 
im  Felde  den  Armee-Kommandos  beigegeben.  Diese  Inspekteure 
hätten  die  Aufgabe,  die  Ausbildung  der  in  dieser  Beziehung  den 
Armeeinspektionen  zu  unterstellenden  Kavallerie-Divi- 
sionen zu  Ubernehmen,  Antrage  fUr  deren  Übungen  zu  stellen.  Im 
Felde  den  Armee-Kommando*,  beigegeben,  haben  >ie  ausschliess- 
lich die  Befehle  an  die  i\avallenc-Divisionen  zu  beantragen  und 
frtlhzeiti-  jene  Aufklärungen  zu  veranlassen,  weiche  von  höchster 
Bedeutung  für  die  Verwendung  vrri  Kavallerie-Massen  in  der  Schiacht 
gerade  unter  den  heutigen  \  erhaitnissen  sind  Die  KUcksichten  auf 
alle  Verhältnisse,  auf  alle  von  den  Kavalli  ririiivitiiuueii  zu  losenden 
Aufjtrabeu  im  Felde,  bedingt  deren  Unterdteliung  bei  den  Armee- 
Kummaudos,  mindestens  als  Kegel. 

Die  Stäbe  der  Kavallerie-Inspekteure  htttten  vorerst  zu  besteheai- 
aus  einem  Obersten  der  Kavallerie  als  Generalstabsoffizier,  einem 
Stabsoffizier,  einem  Bittmeieter  als  Adjutanten.  Die  Stäbe  der 
Kavallerie-Divisionen  ans:  einem  Stabsoffizier  der  Kavallerie  als- 
Generalstabsoflizier,  einem  Rtttmeisler,  einem  Leutnant  als  A^Jo- 
tauten.^) 

Eine  derartige  Organisatioo  der  Kavallerie  kann  allein  jene 
Mifflfltliiide  ttberwiadeui  welche  in  den  neueren  nnd  neuesten  Kriegen 
so  nntrttglieb  zu  Tage  getreten  sind.^ 


*)  Diese  Formation  der  StSbe  empfiehlt  sich  unbedingt»  damit  gleiche 
Anschauangen  sich  rasdier  auszubreiten  vermögen.  Auch  in  dieser  Be- 
ziehung %eigt  die  Erfahmng  manche  Ifftngel. 


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48 


£riiuienuig«ii  and  Erwägungen  eines  alten  KavAUerie-Oflßtter». 


Ii. 

„Unter  allen  Veihaitniasen  scheint  es  im  Kriege  wie  bei  den 
Übangeu  notwendig,  auf  die  P>lialtung  deü  Pferdemuu  rials  iiücksicht 
zu  nehmen.  Bewegung  ist  ilas  Lebenselement  der  Kavallerie;  ahne 
Futter,  t*flege  und  Ruhe  wird  dieses  Element  geschädigt.  Aach 
SchriTtmärsche  iu  langen  Kolonneu,  insbesondere  hinter  der  Infanterie, 
i  iiiiiieren  die  Reiterei  physisch  und  moralisch;  getrenntes  Marschieren 
im  Trabe  iu  kleineren  Verbänden  erleichtert  Bewegung,  Unterkommen 
und  Verptieguug.  In  allen  Lagen  mit  Ausnahme  von  Gefechten, 
kann  sich  die  Kavallerie  fU glich  nach  der  Breite  and  der  Tiefe  aas- 
-dehnen;  nach  der  Breite  siad  für  einzelne  oder  mehrere  Eskadrons 
«.och  die  gewöhnliebsten  Wege  kein  Hindernis  und  die  MOgliehkeU 
ra&eher  Bewegung  gestattet  anf  reeht  delen  Ifibnehen  die  Aas- 
dehnnng  nach  der  Tiefe.  Unter  Beaehtung  dieser  Gesichtspunkte 
wird  die  Kavallerie  auoh  bei  grolsen  Mäisohen  geschont  and  frisch 
bleiben,  sowohl  die  Korps-Kavalleiie  wie  die  Kayallerie-DiTisionen. 

Die  vormarschierende  Armee  kann  die  Korps-KaTallerie  nach 
den  oben  genannten  GnmdsSIzen  vor  die  Avantgarden  des  Armee* 
korps  nehmen;  die  Earallerie-DiTisionen  etwa  einen  Tagemarsch 
voraus  anf  allen  benutzbaren  Wegen,  jeder  Teil  mit  Avantgarde 
Patioaillen  in  der  StSrke  von  10  bis  20  Pferden  aof  etwa  1  Vi  Tage- 
müischen  von  den  Avantgarden  der  Kavallerie^  marschieren  entweder 
vereinigt  oder  mit  klemen  Spfthepatronillen.  Ihnen  folgen  Beglies 
bis  zn  geschlossenen  Eskadrons  at^  den  Hanptwegen,  mit  sageteilten 
klemen  Radlahrerabteilongen. 

Zahlreiche  kleine  Spähepatronillen  sind  fttr  die  Anfklärong  he- 
FQhlnng  mit  dem  Gegner  am  xweckmftlsigsten.  Sehen  and  Melden 
ist  hier  die  wichtigste  Aufgabe;  gegenseitiges  Herangagen  und  Ver- 
folgen, auch  Kämpfen  sollte  ohne  besonderen  Grand  ttberhaupt  ver- 
mieden werden.  Radfahrer  befördern  die  Meldungen  von  den  Re- 
^Hes  zarUck,  jedenfalls  weit  schneller  wie  Reiter. 

Wird  die  Korps-Kavallerie  nach  Abstattnng  der  nötigsten  Melde- 
reiter  zu  den  Troppen kommandos,  vor  die  Avantgarde  der  Armee- 
korps uod  zwar  grondsiitzlich  Toraus^enommen,  Eskadrons  auch  auf 
Nebenwegen,  ist  der  folgenden  Avantgarde  des  Armeekorps  die  Auf- 
gabe ganz  wesentlich  erleichtert.  Bttoken  zwei  Armeen  mit  grülserem 
Zwischenräume  vor,  so  empfiehlt  es  sich  von  dem  FlUgel-Armeekorps 
zu  der  KaTailerie»  welche  die  Verbindung  herstellt)  Meldeabteilungen 
abzustellen. 

Bei  dem  Vormärsche  der  II.  und  Hl.  Armee  1870,  war  von 
der  Kavallerie,  welche  in  dem  Zwischcnranme  die  Verbindung  her- 
stellte, der  Abmarsch  der  Franzosen,  welcher  am  6.  Augast  des 


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Erinmemiigeii  und  Erwügniigen  einet  alten  KavallMie'Olfliiers'  49 


.'ihends  von  Bitscb  nach  Süden  erfolgte,  erst  am  7.  morgeus 
■-eütdf'c'kt  und  bei  der  II,  Armee  noch  am  s.  nnKekunnt! 

Es  dürfte  sich  aach  empfi'hlen,  bei  plötzlich  notwt  udiL'em  tiadern 
der  Marsehricbtnne-.  dafs  die  obersten  Armee- K um maDdos  Kelais- 
posten  in  den  verlassenen  Quartieren  zurücklassen,  uro  von  der 
Kavallerie  einiretfende  Meldunjicn  unverzüglich  an  diese  Kommandos 
weiter  zu  befördern.  Bei  dem  Abrücken  der  Maas-  und  III.  xirraee 
gegen  Norden,  kamen  Meldungen  der  Kavallerie-Divisionen  sehr  ver- 
spätet an  diese  Kommandos. 

Im  Kriege  1R66  war  die  Aufklärung  im  grolsen  äufserst  mangel- 
haft; 1870  wurde  der  Befehl  ..die  Kavallerie  weit  vorausznnehmeQ" 
mehrmals  gegeben.  Wenn  wir  nns  erinnern,  dals  vor  1866  im 
Marschsicberungsdienste  Vorhui,  \  ortrupp,  Spitze  —  Nachhut,  Nach- 
trupp. Nachgpitze  —  eini<>:e  Seitenpatronillen,  im  Vorpostendienste 
eine  grofse  Zahl  von  Patrouillen  bekannt  waren,  so  kann  es  nieht 
befremden,  dafs  die  weit  ausholende  Aufklärung  durch  Kavallerie 
nicht  geläufig  war.  Die  grölseren  Kavallerie-Verbände  blieben  bei- 
nahe stets  vereinigt,  bewegten  sich  vielfach  hinter  den  langen  Armee- 
kolonnen.  War  die  Kavallerie  votausbeordert»  so  mnlateii  in  der 
Regel  TOr  allein  deren  Massen  Tereinig^  werden,  am  sodann  in  der 
gewohnten  Weise  vorzorlleken,  anstatt  die  vorwärts  nnieigebraehten 
Eekadrons  zn  beanltragen,  Patronillen  sofort  In  breiter  FVont  vonn- 
treiben  and  diesen  Patronillen  als  Sontiens  zn  folgen.  Unter  dieser 
Voranssetznng  konnte  man  immer  noeh  den  Best  auf  einer  oder 
mehrere  Strafsen  vereinigen  nnd  mit  Vorbnt,  Vortrupp  nnd  Spitze 
anmarschieren. 

1870  waren  im  dentsehen  Heere  die  weit  voigeteiebenen  ^Pa- 
tronillen" naeh  knizer  Zeit  eingebürgert  nnd  vieUaeh  ganz  ent- 
spreehend  ansgeftthrt  worden,  wenn  aneh  das  mehrfach  angeord- 
nete Vorausnehmen  der  Kavallerie,  die  allgeroein  bierfllr  mangelnde 
Sieherlieit  erkennen  liels.  Die  erlassenen  Befehle  fUr  die  Kavallerie 
konnoi  vMfaeh  oiobt  kavalleristisch  genannt  werden.  Der  Befehl 
für  eine  Kavalleriedivision  mit  einer  Brigade  dahin,  mit  einer 
^anderen  dortbin  anfzaklKien,  verfuhrt  zn  ganz  annötigem  Ver- 
braoch  dieser  Verbände,  zn  verspätetem,  eiscbOpftem  £intrefien  auf 
dem  Gefechtsfelde.  Ein  Befehl  itlr  die  Kavalleriedivision,  in  einer 
•bestimmten  Richtung  .,voiza6torsen'S  verfahrt  nnr  zn  leicht,  ohne 
weiter  aoshoiende  Aafklämng  mit  der  Masse  sich  in  dieser  Bichtang 
vorznbewegen,  und  sodann  den  gleichen  Weg  wieder  znrttckznmachen. 
Diese  Masse  aber  „kann'^  unter  Umständen  in  mifsliche  Lagen 
kommen.  Eine  Kavalleriebrigade,  welehe  bei  einem  Armeekorps 
^eingeteilt  war,  stand  jeden  Morgen  marschbereit  im  Rendez-vons  des 

UkiMAn  ftr  dl«  4««tMt*  Arm—  wi4  IbrfM.  Nt.  SML  4 


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50       Krinnerungea  (lad  Erwägunifca  eines  alten  Kavallerie-Uffiziers. 

Arnieekurpis  uud  folgte  uach  laDgem  Zuwarten  am  Schlu.s.s(  dtr 
Kolonne,  am  in  später  Nacht  im  Quartier  oder  Biwak  anzulaugeu. 
Als  dem  yorzttglicb  tüchtigen  Generalstabaehef,  ehemaligem  Artillerie  ' 
offider,  die  Frage  gestellt  wurde  „ob  die  KaYallerie  nieht  sofort  und 
Tor  der  Avan^iarde  abreiten  köane'S  erwiderte  derselbe  „diese 
KaFalleiie  will  immer  etwas  Besonderes;  aneb  die  Artillerie  mols  in 
der  Kolonne  eingeteilt  marsebieren".  —  Nach  allem  ist  wiederholt  zo 
konstatieren,  dab  es  dorobans  niebt  leiebt  ist,  Uber  die  Kavallerie 
ka?alleti8ti8cb  sn  dispoDteren,  bierfUr  scheint  eingehende  Eifobrung 
nnd  reifliebes,  fortgesetztes  Oberlegen  aller  fllr  diese  Waffe  wichtigen 
Umstünde  nnerläfsliob.  Ist  hieiflir  Sorge  getragen,  indem  die  Or- 
ganisation ood  Formation  der  Waffe  wie  der  Stäbe  schon  im  Frieden 
Anregung  gibt,  kann  der  Natasen  nieht  ausbleiben. 

Es  bleibt  wohl  keineswegs  ein  Irrtnm  anzunehmen,  dafe  1866 
allgemein,  nnd  1870  namentlicb  bei  der  fransQsisehen  Armee  die 
mangelnde  Aniklftmng  im  groCsen  darauf  zurttckgefttbrt  werden  kann 
dafe  eben  eine  entspieehende  Organisation  und  entsprechende  Übung 
schon  im  Frieden  fehlte,  dals  die  notwendige  Routine  für  diese  Auf, 
klärong  Uberall  sehr  viel  zu  wünschen  liefe,  dab  aach  die  Tätigkeit 
auf  den  Schlachtfeldern  unkavalleristisch  blieb,  die  Verfolgung,  mit 
Aasnahme  des  Tretfens  von  Adua,  überall  seit  lan-rer  Zeit  voll- 
ständig versagte.  Es  ist  schwer  zn  sagen,  ob  der  Kavallerie  eines 
dieser  Heere  der  Vorwarf  gemacht  werden  kann,  dak  sie  an  Tapfer- 
keit und  Todesverachtung  Ubertroffen  wurde.  Das  gleiche  hat  aoeb 
in  Beziehung  auf  die  Führung  der  Kavallerie  Geltung.  —  Unter  diesen 
Verhältnissen  hat  es  ebensowenig  Nutzen  gebracht,  dafs  mit  der 
Mobilmachung  1870  Kavalleriedivisionen  formiert  wurden,  dafs  bei 
jeder  Infanteriedivision  ein  Kavallerieregiment  verblieh.  daLs  die  fran 
zösische  Kavallerie,  ganz  in  Divisionen  formiert,  den  Armeekorps 
unterstellt  war. 

Dais  aber  unter  den  geschilderten  V'erbüUiiissen  auch  die  jähr- 
liehen  Übungen  —  selbst  in  der  deutschen  Armee  —  nieht  von 
grofi^em  Erfolire  für  die  Klärung  der  Bejrritl'e  in  Beziehung  auf 
grol^f  Kav;iil(  rieverbände  si  in  konnten,  liejrt  auf  der  Hand,  trutzdera 
nach  den  Kriegen  auch  Ka^  ;ilieriedivisionen  vorübergehend  zusaninicfi- 
gestellt  wurden  und  an  eini2:e!\  Tag-en  bei  Manövern  in  Verwendung: 
traten.  Ein  Antrag  zur  Be.sprechnng  der  Situationen  nach  Beendi- 
gung: der  Manttvertage,  die  Unterführer  einer  Kavalleriedivision  an 
Ort  und  Stelle  zur  Verfügung  zu  behalten.  I  lii  h  uüheriicki-iehtigt, 
unter  Hinweis  auf  die  vorausgehende  Kavalleneiiljuugsreise.  Gerade 
aber  die  beantragte  Besprechung  wäre  für  das  gegenseitige  Ver- 
ständnis von  so  grölserem  Werte  gewesen,  nachdem  der  Einfluls  des 


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Erinnernngeo  und  Erwägungen  eines  alten  Ravullerie-Offizierg.  5X 


Fohren  der  KaTelleriedimoD  mit  dem  letxten  IfaDtfTcrtage  be* 
end%t  blieb;  die  Beepreobnng  fiÜLtiseber  Situationen  in  tektiseher 
Hinsieht  ist  weit  lehrreicher,  wie  Annahmen  bei  den  Obnngareiaen. 

Die  greisen  Obnngen  werden  nm  so  ntttslieher,  wenn  sie  ein 
mOgliehst  getrenes  Bild  des  wirkliehen  Kampfes  geben,  der  voraus- 
gehenden  nnd  nachfolgenden  Situationen.  — 

III. 

Es  kann  niefat  die  Absieht  sein,  die  Gesehiebte  der  lotsten 
Kriege  an  wiederholen,  wohl  aber  ersehet  es  nttladieb,  flüchtige 
Blieke  anf  dieselbe  za  werfen, 

„Eine  in  kavalleristiseber  Besiehnng  ergänzte  ZuRaiiiinoiisolzuag 
der  Kommandostälie  ttberbanpt,  entsprechende  Formation  der  Ka- 
vallerie and  Übnogen,  welche  auch  in  kavaUeristiKcher  Beziehung 
lehrreich  sind^  —  dieses  alles  Toransgesetet,  wäre  doch  wohl  an- 
znnehmen 

1.  dais  1866  die  Aufklärung  durch  Kavallerie  allgemein 
reehtseitig  angeordnet  nnd  sacbgemäls  durchgeführt  worden  wäre 
sowohl  am  Main  wie  in  Böhmen;  dafs  bei  Königgrätz  die  prenlslsohe 
Kavallerie  in  Massen  vereinigt  zur  Verfolgung  und  zum  Angriffe 
gegen  die  noch  auf  den  Höhen  westlich  von  Königgrätz  befindliche 
Artillerie  vorging,  und  zwar  des  breiten  von  dieser  Artillerie  be- 
herrechtfü  Grundes  wegen,  entweder  nach  Bekärapfong  derselben 
oder  durch  IJmgehiinir  fies  Grundes  in  südöstlicher  Richtung;  waren 
Massen  vereinigt,  konnte  itlgUch  auch  zum  sofortigen  Angriffe  ge- 
schritten werden. 

Dafs  die  österreichiaehf  ii  Kavalleriedivisionen,  weiebe  zum  Teile 
sich  in  Jenem  Grunde  zurückbewegten,  sotoit  kehrt  machten,  als  die 
Teten  der  preuMschen  Kavallerie  auf  il<  n  Hohen  erschienen,  zum 
Angriffe  »beringen  und  die  Verfolgung  Ins  in  das  Infauteriefeuer 
foriset7tpn.  war  unbedingt  sehr  tapfer.  Ohne  starke  Reserven  mulRte 
diese  Kavallerie  unter  den  schwersten  Verlusten  wieder  znrliik.  Die 
Frage  scheint  jedoch  gerechtfertigt:  „wäre  es  unter  den  goL-fbenen 
Verhältnissen  nicht  richtiger  gewesen^  wenn  vom  Armee-Küinmando 
eio  General  mit  Leitung  des  Gefechtes  betraut,  die  Kavallerie  sodann 
hinter  die  auf  den  Hohen  östlich  befindliche  Artillerie  zurückgewonnen 
worden  wäie  V"  Ky  konnte  das  Vurrücken  der  preufsischen  Kavallerie 
unter  denj  lu  iht  dieser  Artillerie  abgewartet,  der  Angriff  mit  der 
gesamten  Kavallerie,  mit  starker  Reserve  ausgeführt  werden,  wodurch 
die  Wirkung  der  eigenen  Artillerie  erzielt,  jene  der  preufsischen  be- 
deutend yermindert  wurde,  die  Reserve  aber  war  im  Falle  der  Ver- 

4» 


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52 


Erinntmiigeii  und  Efwügnngeii  eines  alten  lUvatterie-OffiBiert. 


folgung  des  geworfenen  Gegners  bereit^  gttnstige  Momente  anssnnflteen, 
nene  Angriffe  aaszattthren. 

War  die  Kavallerie  dieser  beiden  Heere  gut  vorbeieltot,  waren 
derselben  etnigermalscD  entsprechende  Befehle  zagegangen,  so  mnbte 
die  Steilling  an  der  Bistrltz  früher  entdeckt  werden;  auch  der  on- 
bemerkte  Vormarsch  der  .\rmee  von  Norden  und  die  vollkommen 
überraschende  Besetzung  der  Höhen  7on  Cblom  war  andenkbar. 
Man  hat  damals  und  namentlich  im  Heere  an  Maine  der  Kavallerie 
wie  deren  Führer  die  Beföbigung  vollkommen  abgesprochen,  hierbei 
.aber  ttberseben,  daüs  die  erlassenen  Befehle  an  die  Kavallerie,  wie 
auch  so  manche  andere  bereits  angeführte  Umstände,  vom 
nachteiligsten  Einflasse  sein  mufsten.  —  — 

Auch  die  Tätigkeit  der  österreichischen  Kavallerie  in  der 
Sohlacht  von  Custozza  bietet  höh»  "»  Interesse. 

Auf  deuj  rechten  FlHirel  werten  sich  H  Züge  l ; Janen  unU'v  Hitt- 
meister  Baron  Beehtolsheim  vollkommen  überraschend  auf  die 
Tete  einer  Kolonne  von  fünf  Bataillons  und  zersprengen  den 
grölsteu  Teil  derselben:  ^rolser  Verlust  aber  direkter  Erfolg. 

Anf  dem  linken  KlUgel  gehen  l(i  Eskadrons.  oine  Batterie  in 
2  Kolonnen  vor:  Brisrade  Pulz  —  8  Eskadrons,  eint  [Batterie  —  auf 
dem  rechten  Flügel  j^egen  Somma  campa;;na.  Brigade  Rnjanovics 
—  8  Eskadrons  — ^  in  2  Kolonnen  südlich  von  Tuk  auf  viilafranca. 

Bei  Beachtung  aller  Moment*',  welche  hier  in  Betracht  kommen, 
ist  zwar  die  Tapferkeit  bei  den  Angrifi'eu  Uber  alles  Lob  erhaben, 
dennoch  zeigen  jene  Momente  ganz  untrüglich,  dafs  kavalleristische 
Prinzipien  keineswegs  geläufig  sein  konnten.  Die  nicht  vereinigteu 
Brigaden,  der  Befehl  an  die  Ulanen  der  Brigade  Pulz  zom  Angriffe 
al  l  vor  Viilafranca  „  venu  ii t r  tc  "  Kavallerie,  der  Artilleriekampf 
mit  Iciudlichen  Batterien,  das  unvermuicte"  Eintreffen  vor  einer 
Tirailleurkette.  dahinter  gesehloääene  Abteilungen  und  Bataillons  in 
2.  Linie,  sind  solche  Momente. 

Die  vorhergegangene  Aktion  der  Brigade  Bujanovlcs  dUrite 
entsprechender  gewesen  sein.  Die  ganze  Bewegung  brachte  bei 
erheblichen  VerlDsten  kernen  direkten  Erfolg;  direkte  Erfolge  mnÜB 
aber  aneh  die  Earallezie  anstreben. 

Der  spftter  am  Nachmittage  erfolgende  Vozstols  der  veieimgten 
Brigaden,  in  der  Absieht,  Ewisuhen  ViUafraaea  md  Valeggio  duehsn- 
breehen»  die  nnbeabeiohtigte  Änderung  dieser  BUhtung,  der  emente 
Angriff  auf  die  Infanterie  hei  ViUafraaea,  geben  sehr  hemerkliehe 
Anbaltsponkte  darttber,  dals  kaTaUerxsUsche  Prinzipiell  und  Grnnd- 
sätae  Dicht  geläufig  waren,  dalb  die  herrorragendste  TapfiBrkeit  nur 
dann  direkte  Erfolge  beim  Angilile  anf  Infanterie  eningen  kann, 


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fiiinoeniBgeii  and  Erwägnogeii  «Ihm  «Iteii  KtTftUeile-Offiden. 


58 


„wenn  Obenafiehnng  möglich,  oder  roiDdeetens  das  ente  ÄDgriib- 
Objekt  dvrob  AitUlede  eraebttttert  wnrdo^. 

1870  waren  beim  reohteii  Flügel  der  III.  Armee  74  EekadroDs^ 
54  In  erster  Linie ;  nach  dem  Treffen  ron  Weilseoborg  konnten  aor 
4  Eskaditme  inr  Verfolgung  schreiten.  Die  KavalleriediFision, 
welcbe  „hinter"  3  Anneekurps  disponiert  war  und  maraoliierte,  fand 
selbstverständlich  alle  Wege  mit  Trappen  bedeckt.  Nur  zum  kleinsten 
Teile  kann  ihre  Führung  die  Sebald  des  verspäteten  Vorrttokens  treffen. 

Am  5.  August  konnte  von  einer  Verfolgung  des  geschlagenen 
Gegners  durch  die  KavalleriediviBion,  sohon  naeb  den  Meldungen 
vom  4.  nicht  wohl  die  Rede  sein.  Dagegen  war  entschieden  die 
Aufklärung  in  erster  Linie  nötig,  welche  auch  die  gewünschten  Re- 
sultate brachte.  Am  5.  nachts  oder  am  6.  morgens  war  diese 
Kavalleriedivision  an  der  Hagenaner  Strafse  südl.  von  Sulz  wieder 
vereinigt.  Die  Kämpfe  an  der  Sauer  begannen  am  frühen  Morgen 
des  G.  August.  Um  Mittag  konnte  fUglirh  die  Rekognoszierung  um 
den  rechten  französischen  Flügel  bis  zur  Stralse  Nicderbrouu-Zabern 
angeordnet,  die  Bereitstellung  mindcstt  iis  eines  Teiles  der  bereits 
verfügbaren  Kavallerie  —  Eskadrons  —  die  iintresaumte  Heran- 
ziehung der  K-avalieriedivision  verfügt  sein.  Denkbar  aber  waren 
diese  Verfflgungen  insbesondere,  wenn  ein  hoher  Kavallerieotiizier 
schon  im  Frieden  sich  mit  solcheu  V'erhältnis.sin  \  ertraut  gemacht, 
bei  den  Übungen  entsprechende  Tätigkeit  gehabt  hätte,  und  im 
Felde  beim  Anueekommando  speziell  mit  Verwendung  der  Kavallerie 
betrant  war. 

Während  der  Schlacht  kamen  nur  stärkere  Kräfte  der  fran- 
zösischen Kavallerie  zu  Angrifteu.  Die  erste  Attacke  der  Brigade 
Michel  —  angeregt  von  dem  Kommandeur  der  Infanteriedivision  bei 
derem  ungeordneten  Zurückgehen  —  auf  die  vor  Moorsbronn  er- 
schienene preulsische  Infanterie,  wurde  unter  den  denkbar  un- 
günstigsten Verhältnissen  tapfer,  ohne  jeden  Erfolg,  aber  mit  stärkstem 
Verluste  ausgeführt.  Entgegen  dem  unkavalleristischen  Wunsche  des 
Divisionskommandeurs,  den  Angriff  nur  mit  einem  Regimente  za 
machen. 

Auch  der  2.  Angriff  aas  der  Bereitstellnng  von  4  Kttrassierregi- 
raentem,  m  Gründe  sttdwestlieh  Ton  Fri^sehweiler  zeigt,  wie  un- 
beholfen Kmllerie  ohne  ganz  snehgemüsse  Voräbnng  nnd  Organi- 
saHon  bleibt.  Günstigere  Momente  snm  Angriffe  waren  vorhanden, 
beim  Heranatieten  der  preubisohen  Infanterie  ans  den  Waldgefeobten 
sttdlieh  der  Strafse  filsafthansen-Beiebshofen,  dann  bei  dem  anföngüeh 
erfolgreiehen  VorstoÜB  der  französiaehen  Reserve  aof  Elsafohansen. 
Beide  Momente  hätten  von  dem  Führer  der  Kttraasiere  erkannt 


54 


Eriiuiflntiig«!!  und  Enrlgimgeii  einei  tlten  iSATallaiie-Ofllalert. 


werden  mttsseD.  wenn  eutsprechende  Grundsätze  geläufig 
sein  konnten.  Als  sodann  der  Befehl  znm  Angriffe  eintrs^  waren 
die  aUgemeineu  Verhältnisse  höchst  ungünstig.  Regimentenveise 
stürmten  die  tapferen  Eskadrons  auf  das  Geratewohl  vorwärts,  und 
erlagen  jedesmal  dem  Feuer  der  wiedergeordneten  prenüsisehen  In> 
fanteiie  ans  den  besetzten  Objekten.') 

Die  vollständig  flüchtende  Armee  blieb  eigentlich  von  Verfolgung 
gänzlich  verschont 

Bei  drni  Ahmarsche  der  iransösiscben  Armee  von  Metz,  war 
es  nötig,  durch  Kavallerie  eine  weite  Aufklärung  auf  dem  linken 
Moselufer  nach  Süden  nnd  Westen  durchzuführen.  Einheitliche 
Leitung  dieser  Kavalleriedivisionen  wäre  unbedingt  sehr  nützlich 
gewesen.  War  ein  Kavallerie-General  dem  Armeekommando  bei- 
gegehen, so  wäre  derselbe  mit  allen  Verhältnissen  ansreichend  rer- 
trant  gewesen;  war  er  schon  im  Frieden  mit  Lösung  solcher  Auf- 
gaben beschäftigt,  so  ist  der  Führer,  sein  Stab  und  die  Truppe  vor- 
bereitet, die  Aufgabe  auch  im  Kriege  unzweifelhaft  zu  lösen.  Am 
frühen  Morgen  des  Abniarschtages  konnten  Patrouillen  und  Heplies 
den  Kavalleriedivisionen  vorauseilen,  den  Anmarsch  der  Abteil unjjen 
(.\rr  firpüFsisehen  5.  Kavalleriedivision  beobnchten  und  meldeu.  Die 
Kavailei  ii  divisionen  w;trpn  wohl  imstande  durch  ihre  (Jbermaebt 
jene  Abteilungen  noch  am  N  ormittaire  zurnek/uwerfen:  am  Nach- 
mittage konnten  neue  Kav{Ulerie-Ableiluiii:rii  licrnii^^c/oeen  sein, 
welche  Kavallerie  zudem  in  den  bei  Gravelotte  eiugetroüeueu  Korps 
kräftigen  RUcklialt  fand. 

Am  Morgen  des  Sehlachttag:es  Vionville — Mars  ia  Tonr  wnrde 
die  französisphe  Kavallerie  in  ihrem  Biwak  von  Vionville  durch  das 
Feuer  df  r  Artillf  rie  ö.  Kavnüeriedivision  „vollkommen  überrascht", 
uud  flüchtete  in  der  Kichtuiig  Hezonviüp.  Wäre  es  nicht  vorteilhafter 
gewesen,  wenn  die  preutsische  Kavallerie  in  zweckmälsiger  Ein- 
teilniij?  der  Krälte,  auter  MitwirkuujU'  der  Artillerie,  sofort  mit  dem 
Säbel  in  der  Faust  in  dieses  Biwak  eingebrochen  wäre,  den  tliebea- 
deii  Geg:ner  verfolgend,  die  weiter  zurttcktitebeudeu  Trappen  anfiel? 
Hierbei  konnte  möglicherweise  auch  die  südöstlich  eiu{;etrolTenc  f>. 
Kavalieriedivision  mitwirken.  Kähler  sagt  iu  seinen  Betrachtungen 
ganz  zutreffend:  ^es  tretiMi  Bilder  vor  die  Seele,  welche  an 
die  schönsteu  Taten  der  preulsiseheu  Kavallerie  erinnern!"  —  Im 
weiteren  Verlaufe  der  Schlacht  attakieren  zwei  Eskadrons,  angreregt 
durch  einen  Generalstabsoffizier,  die  aus  Flavigns  hiuausgeworleue 


')  Dieser  Augrüf  erinnert  lebhaft  au  Uiu  bei  den  Manövern  in  (Jhälons 

ansgefQbiten  Attacken. 

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Eriimertmgcn  und  Erwägungea  eiue»  alten  Kavallerie-Offiziers.  55 

Inuiztfsiflehe  infanteriew  Eine  Eskadioo  Terliert  70  Pferde,  die 
andere  hat  wobl  äbnliehen  Verlnsft.  So  gute  kompalLte  ZielponlLte 
mflssea  dem  lientigen,  ans  weitem  Umkreise  mO geliehen  In- 
ianteriefeaer  erliegen. 

Im  ZeDtram  eiacbottert  das  Krenafener  der  preolaiacben  Artillerie 
die  ^gneiisefae  Infanterie,  weleke  an4|1elö$t  snrttekgebt.  Vom  Armee* 
Kommando  wird  Kavallerie  zum  Angriffe  befoblen;  mebr  wie  60 
Eskadrons  waren  dort  disponibel.  5  Eskadrons  Garde-Kttrassiere 
maoben  den  Angriff  in  3  Staffeln,  erleiden  in  dem  freien  Teirain, 
die  empfindlichsten  Verinste  and  gehen  aoi^lOst  znrtlek.  Die  Brigade 
Redem  der  5.  KavalleriediTision  steht  in  dem  Grande,  welcher  sieh 
in  sOdwestlieber  Riehtnng  von  Flavigny  herabziebt;  sie  wird  von 
einem  GeneralstabsofBzier  zur  Verfolgung  der  fransösiseben  Kttrassiere 
aofgefordert.  Die  Brigade  entwickelt  sich,  gebt  «nr  Verfolgung  ror, 
deren  rechter  Flllgei  nimmt  eine  TOin  Armee  kommando  vorbeorderle 
Garde-Batferie,  nnd  dieses  Kommando  ist  io  grofser  G^iahr  ge- 
fangen genommen  za  werden.  Die  Brigade  setzt  ihre  Vcrfolgang 
bis  in  die  Gegend  von  Kc/.onvüle  fort,  wo  ihr  durch  iufanteriefeuer 
ein  Ziel  gesetzt  wird.  Ohne  bedeutendere  Verluste  kehrt  die  Brigade 
in  ihre  erste  ^^telluug  zurück.  Nur  eine  eotsprecbend  starke  Besenre 
hätte  auf  dem  rechten  Flügel  den  bereits  eraielten  Erfolg  festhalten, 
möglioherweise  bei  Rezonville  neue  Erfolge  erriogeq  können. 

Bei  dem  uugordneten  bereits  erwähnten  Rückzüge  der  fran- 
zösischen Infanterie,  war  an  die  ziemlich  weit  hinter  der  Schlacht- 
linie  haltende  0.  Kavalleriedivision  der  Befehl  geschickt  „zur  Ver- 
folgung: vorzuhri'chen'*.  Als  sie  am  linken  Flügel  der  Artillerieliaie 
südlieh  Flavi^'Dv  eintraf,  hatten  sich  die  Verhältnisse  geändert  und 
sie  ging  wiedfr  zurück. 

Di»'  beiden  ersten  Kavallerie- Auirriffe  zeigen  zwar  tapiere 
Truppeu,  aber  keine  Beachtiini:  der  heutigen  Feuerwirkun.i^  des 
In fanteriepre Wehres.  Der  AngritV  Redeni  beweist  die  Müf^lirhkfit 
der  Kavalleri»'-Verwendung,  unter  günstigen  Umständen  oIhh  be- 
deutendere \ » iluhte  zu  erleiden,  die  Notwendigkeit  einer  starken 
Reserve.  Das  verspätt-tt'  Kintrt  tVen  der  6.  Kavalleriedivisiou  konnte 
vermieden  werden,  durch  eine  andere,  nähere  Bereitstellung;  viel- 
leicht in  dem  von  Flavigny  herabziehenden  Grunde,  hinter  der 
Brigade  Redern;  sie  konnte  vermieden  werden  durch  eine  ütellung 
des  Führers  der  Division,  entfernter  \ou  uei  iruppe,  einer  Stellung 
des  Fuhrers,  welche  die  Beobachtung  des  Gefechtes  erlaubte;  sie 
konnte  endlich  vermieden  werden  dureh  ?iehukiD^  der  Truppe  nach 
ein  paar  Zeichen  des  Führers  sich  zu  bewegen  und  zu  formieren: 
„durch  sachgemalse  Formation  und  FriedeusUbuugen". 


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56        EriimeruDgtiii  uud  Erwägungan  eines  alten  Kavallerie-Olfiieierü. 

Auf  dem  lioken  BlU^l  <der  prenlaisohen  SteUnng  kftmpfteik' 
mehrere  BataUlone  (tatttch  der  TronWUer  Btteche,  {cegen  stets  gröbere 
Obermaobt  einen  yerlnstreieheD,  sehweren  Kampf!  Bewandemd  und- 
ergriffen  standen  wir  einige  Jalire  später,  an  der  Gräbeneilie  ron- 
Ol&sieren  dieser  tapferen  Bataillone,  in  der  Nähe  der  Sttdosteeke 
der  genannten  BOsehe.  Henlipb  ertreot  waren  wir,  dafs  die  Iran- 
sOsisobe  Kavallerie  nicht  rersnebt  hatte,  sieh  auf  diese  tapferen 
Bataillone  sn  werfen  etc.  Allerdings  aber  wäre  hierfür  nötig  gewesen,, 
dafs  Tom  Armee-Kommando  ein  KaTallerie-General  anf  diesen  Teil 
des  Sebladhtfeldes  mit  ausgedehnter  VoUmaobt  „in  Beziehnng  anf 
die  KaTallerie**  abgesendet  worden  urtixe.  Anch  in  späteren  Naob- 
mittagsstnnden,  bei  dem  anter  groJsen  Verlosten  abgeschlagenen. 
Angriff  der  prenfeiseben  38.  Infanterie-Brigade,  konnte  die  disponible 
französische  Kavallerie  recht  gttnstige  Umstände  benatzen,  wenn  Tmppe 
wie  Ftthmog  fttr  die  Tätigkeit  solcher  Massen  im  Frieden  vorbereitet 
worden,  wenn  wie  erwälmt  vom  Armee-Kommando  ein  Kavallerie- 
(kneial  dorthin  beordert  war,  om  die  Massen  m  vereinigen  etc. 

Ein  erhebender  Moment  mag  es  für  die  schwer  bediingten 
Infanterie-Bataillone  gewesen  sein,  als  östlich  der  Tronviiier  BOsohe- 
die  Brigade  Bredow,  westlich  dieser  Bttsche  das  erste  Garde- 
Dragoner-Regiment  aar  Attacke  vorging. 

Die  Brigade  Bredow  erhält  den  B^ehl  mr  Attacke  nördlich  der 
Strafse  Vionville-RezonviUe,  entwickelt  ihre  6  Eskadrons  und  stürmt 
dorch  Terrain-  ond  G^sohtsverhältaisse  begünstigt,  fort  dnreh  Ar- 
tillerie nnd  Infanterie,  bis  so  dem  Omude,  welcher  nach  Rezonville- 
Mnabzleht.  Hier  wird  sie  nach  der  langen  Attacke  T<Mi  den  zwei' 
dort  balteoden  KavalleriedivisioneD  angefallen.  Ohne  Reserve  mols 
sie  zurUck  nnd  erleidet  bei  dem  Rückwege,  auf  mindestens  som- 
Teile  sehr  erschöpften  Pferden,  die  schwersten  Verloste.^} 

Während  dieser  anbefohlenen  Attacke  hält  die  Brigade  Redern  nicht 
sehr  entfernt  im  Grande  südwestlich  Flavigny,  ond  4  Regimenter  der 
5.  Kavalleriedivision  sind  nördlich  dar  Tronviiier  Bttsche  mit' 
Beobachtung  der  dort  anrückenden  französischen  Trnppenkorps  be* 
sohäftigt;  sie  erhalten  Artilleriefeuer,  bald  anch  Feoer  der  Infanterie  und^ 
kehren  zurück.  Zar  Beobachtung  waren  ein  paar  Patrouillen 
oder  Eskadrons  doch  unbedingt  grenUgend.  Den  bedrohten 
Flügel  „decken",  womit  ja  die  Kavallerie  öfter  betrant  wird,  ist 
vielfach  eine  nnkavalleristische  Aufgabe.  Am  besteo  war  der  Flügel 


')  Jeddr  Kitvalkiisl  kann  sich  ein  Bild  von  diesem  KUck/.uge  inachen, 
ilie  schweren  Verluste  begreifen,  welche  die  tapferen  Heiter  hierbei  erlitten, 
haben. 


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fitinurnngeD  und  £nri(giiiig«B  eiiim  alten  K«TaUerie-OMiien. 


57: 


wohl  ^^('deckt  wenn  dipse  Ke^^inienter,  wie  aucli  die  Bri^Mdc  Kedero* 
deü  Erfolg  der  Keiter  Bredows  cresirbert  und  eririür/t  hätleu. 

Die  Tinrdlioh  eines  tieieii  Grundes  haltenden  Iranzösischen 
Kavalleriemassen  lieiseo  sich  auch  doreh  deu  Aogriff  der  Garde- 
Dragoner  aaf  die  nachdruckende  Inlanterie  nicht  zur  Attacke  ver- 
leiten. Kiner  wohlgeübten  Kavallerie  und  damit  erzielten 
übe  rl eirteii,  sicheren  Ftlhrunir,  konnte  die  L'het-sehreitnnr  des 
tiefen  (ii  undes  und  das  \  urüiechen  .  durch  die  eiirene  kämplende 
intanti  i  mit  einer  grolsen  Masse  keinerlei  Sehwn-riirkeit  bieten. 
Was  vtm  solchem  Vorbrecheu  möglicherweise  zu  erwarte«  gewesen 
wäre,  tiberlassen  wir  (ier  Überlefiröug  jedes  Kavaileristen. 

Mittlerweile  hatte  sich  westlich  des  von  Maib  hi  Tour  in  nörd- 
licher Kichtang  ziehenden  Grandes,  um  eine  dort  im  Feuer  befind- 
liche Garde-Batterie  und  eine  Eskadron  Garde  Drafroner.  durch 
den  Angriff  von  einem  Kegimente  Ghitsseurs  d'Atrique  eine  neue 
Episode  entwickelt.  Ein  herbeigerufenes  preufsisches  Dragoner- 
Regiment  wirft  die  Chassears  zurUck.  Ein  Teil  der  tranzösischen 
RdtennaBBep  ttberscbritt  weiter  oördlieh  jenen  Gnrnd,  während  9 
Eskadroos  der  Brigade  Barby  sttdlieh  Mais  la  Tonr  herumreiten, 
sodann  leehto  BehwmkeDf  aal  jenes  Gefechtsfeld  rQcken;  sie  wurden 
doreh  freiwiUif  herbeieüende  Eskadrons  und  Begimenter  rerstilrfct 
und  bewegten  dch  gegen  die  fraoilteiBehe  Kavallerie.  In  der  Höbe 
Ton  Ville  nur  Tron  kam  es  znm  ZoeammeDstols.  Die  größte  Attacke 
des  ganzen  Feldzuges  —  auf  jeder  Seite  einige  und  zwamig^ 
Eskadnms —  endigte  mit  der  Niederlage  der  Franzosen. 

Man  hat  unter  anderem  „Y<m  natzlosen  Balgereien  der  KavaUerie 
auf  den  Flttgeln  gesprochen*^  Diese  Anschannng  zeigt,  in  welcher 
Weise  die  Tätigkeit  der  RaTallerie  mitnntnr  beurteilt  wird.  Wir 
Beiter  können  allerdings  nur  bedauern,  wenn  im  Frieden  aus  nahe- 
liegenden Grttnden  solehe  Balgereieu  zwischen  KaTatlerie  protegiert, 
werden,  wenn  im  Kriege  Schlachtenangriffe  tob  Kavalleriemasseo 
zn  Teimissen  sind. 

In  später  Abendstunde  wurde  ein  nochmaliges  Vorrttcken  be- 
fohlen, bei  welchem  Begimenter  der  6.  Kayall^iedinBion  unter  er- 
heblichen Veriusten  attackieren.  Mit  ToUstündiger  Dunkelheit  erlischt, 
das  Gefecht;  Aufgabe  der  Korps-  oder  Divisions-KaTSllerie  blieb  es, 
nach  Anweisung  der  Korpskommandos,  die  Fühlung  mit  dem  Oeguer 
in  der  ganzen  Fronte  nicht  zu  verlieren.  Die  Kavaileriedivisionen- 
mulsten  sich  hierbei  beteiligen,  insbesondere  aber  hatten  dieselbea 
weiter  aasholende  llekognoszierangen  um  die  feindlichen  Flügel;  bis- 
in  den  Kücken  der  Gegner  darobzaftthren.  Natürlich  mufsten  die- 
Kavalleriedivisionen  hierzu  angewiesen  werden;  diese  Anweisung  war 


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.53       Krinnenuigea  und  £rw%iiiigea  eines  nUen  Kavallerie-OIfiBers;. 

uiiimiiingt  notwendig-  ,,weil  unter  den  gegebenen  Verhaltnissen  Prin- 
zipien für  diese  Tätigkeit  ki-ineswegs  geläutig  sein  konnten". 

Aach  am  Tag:e  nach  der  Schlacht  w.tr  die  Bühluiir:  luit  dem 
Gegner  nur  aul  dein  rechten  1  lu^ci  g;ewonnen;  selbst  am  Murgtii  dc^. 
Schlachttages  von  Gravelotte  war  die  Ausdehnung  der  französischen 
Steilong  nach  Norden  unbekannt.  Die  Grlinde  hierfür  wurden  in 
den  Torhergehenden  Sätzen  niedergelegt.  Man  vergiDst  nur  zu  häufig, 
,,,,dafs  naan  mit  YoUem  und  ganzem  Rechte  auch  ron  der  Kavallerie 
im  Kriege  nur  dasjenige  verlangen  kann,  woAlr  sie  im  Frieden  er- 
zogen worden  isi**** 

Zn  der  zweiten  Schlaeht  in  dieser  Blutgetittnkten  Gegend  be- 
merken  wir  nur,  dats  die  selir  exponiert  kämpfende  Korps-ArtiUerie 
nächst  Amanvillers  ein  reeht  günstiges  Angriffsobjekt  fllr  die  fran- 
itfsisehe  Kavallerie  gewesen  Ist;  aacb  ein  Angriff  gegen  die  anter 
schwersten  Verlnsten  kämpfende  Garde  vor  St.  Privat  molste  unter- 
nommen werden.  £in  franx(toisohes  Kavalleriekoips  mit  starker 
Artillerie  konnte  das  Anrttcken  des  XII.  Armeekorps  kanm  auf- 
halten, aber  anbedingt  bedeutend  verzOgem. 

Ob  es  kavalleristisch  ein  glttekllcher  Gedanke  war,  eine 
prenlslsehe  Kavalleriedivision  Ober  Giavelotte  anf  die  Hohen  Ostlieh 
voizoriefaen,  Überlassen  wir  der  Oberlegnng;  nor  das  Teten-R^^ent 
—  4.  Ulanen  —  eireiohte  die  Höbe  and  verliert  in  knmer  Zeit 
100  Pferde.  —  Ein  gans  ähnl|eber  Fall  war  bei  Spieheien,  dnieh 
die  Beorderong  eines  Hosaren-Regiments  anf  den  Spieherer  Berg 
geschaffen.  Verschiedene  andere  Lagen  seigen  den  Wert  der  frtther 
angegebenen  Grundsätze;  nicht  minder  aber  anob  das  unbedingt 
ganz  zweckmäldge  Verhalten  der  Kavallerie  der  Avantgarde,  beim 
VorrOoken  anf  der  Strafse  von  Saarbrtteken  nach  Mets.  Diese  Tätig- 
keit war  daroh  die  jährlichen  Truppen-Übungen  gans  unzweüelhaft 
geläufig. 

Ahnliche  ßetracbtungen  Ober  Verwendang  und  Tätigkeit  der 
Kavallerie  beider  Heorc  vom  Vormärsche  anf  Chalons  bis  Sedan 
und  gegen  das  von  Mezi^rcs  abrückende  französische  Korps,  Uber 
Auiklärung,  Treffen  und  Schlachten  im  Süden  von  Paris  und  an  der 
Loire  steigen,  dals  gerade  und  insbesondere  bei  der  Verwendang  wie 
Führung  der  Kavallerie  im  Frieden  Versäumtes,  im  Kriege,  selbst 
bei  längerer  Daner  desselben,  nicht  mehr  su  erreichen  ist.  Auch 
dieser  alte  Grundsatz  kann  ans  den  Kriegen  um  die  Ifitte  des 
18.  Jahrhunderts  erkannt  werden.  Nannte  doch  Friedrich  der  Grofse 
seine  Kavallerie  nach  dem  ersten  Kriege:  „das  geietloseste  Korps 
der  europäischen  Heere."  Sein  Werk  war  es,  aus  diesem  Korps 
das  bis  heute  nnerreiohte  Vorbild  für  Kavallerie  zu  schaffen.  Wir 


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üliiiuifiruogda  imü  £rwä£;iuageu  eiacs  alten  Kftvalierie-Oiäizien.  59 

köuneD  Dicht  fehlgehen,  iiKU m  wü  uuablässig  bemUht  bleiben 
ka\alk-ristische  Erwägungen  auzuätellen,  kavalleristische  Prinzipien 

m  vertreteu. 

Vor  21  Jahren  wurde  z.  B.  zuerst  die  Stelle  eines  Inspekteurs 
der  Kavallerie  nach  längeren  BemUhongen  geschafl'en;  vergeblich 
war  das  Bestreben  Air  diesen  Inspekteoi  einen  Wirkungskreis  zn 
erringen,  welcher  allein  der  Stelle  ihren  Wert  geben,  der  Armee 
wie  der  Waffe  NntEen  bringen  konnte.  Wenn  diiio  der  GrnndsatE 
xor  ToUen  Geltung  gekommen  wftre  „dab  man  im  Kriege  anoh  von 
der  Kavallerie  nnd  ihrer  Fttbrnng  nor  das  erwarten  darf,  wofbr  im 
Frieden  Prinadpien  anfgeetellt  and  gelftuiig  geworden  waren'*. 

Kritik  Uber  Personen  nnd  Unterlassangen  ohne  RttoksiehtDabme 
anf  allgemeine  Verhältnisse,  wird  stets  nngereeht  Lehrreieh 
müssen  dagegen  Erwfigongen  seb,  welebe  diese  Verhältnisse 
nnd  deren  Einflols  beaehten. 

Anoh  hente,  naeh  33  Jahren,  wird  noch  immer  Uber  die  Sehlacht 
▼on  Wörth,  resp*  ttber  das  2.  bayrisehe  Armeekorps  verhandelt»  trotz- 
dem die  ganxe  Angelegenheit  hOehst  einfach  liegt.  Nach  dem 
Generalstabswerke  wurde 

am  10  Uhr  von  24  Geschtttsen  des  XL  and  84  des  V«  Korps  das 
Fener  erOftnet.  Bald  naeh  Eröffnung  dieses  Feners  war 
die  französische  Artillerie  znm  Schweigen  gebracht, 
„es  trat  eine  Pause  im  (^esehfttBkaapfe  ein**. 

„Bei  dem  Stabe  des  2.  bayr.  Armeekorps,  welcher  nord- 
östlich Langensnlsbaob  anf  der  Höhe  841  —  etwa  eine  Meüe 
nördlich  von  Gonstett  —  hielt,  waren  diese  UmstKnde  nieht 
nnbemerkt  geblieben;  ebenso  das  aoffalleade  Zunehmen  des 
In&nteriefeners  bei  der  4.  Division." 

Um  lOVi  Uhr  wurde  der  Befehl  Uberbracht:  „das  Gefecht  abzu- 
brechen.**   Gegen  Wörth,  beim  W  Korps  war  das  Gefecht 
beinahe  verstummt;  es  blieb  wohl  keine  andere  Wahl  wie 
folgnug  des  Befehles*'. 

Wir  koDiien  französischen  Berichten  das  Vergnügen  lassen, 
von  einer  Flacht  der  bayrischen  Truppen  zq  sprechen;  dal's 
an  verschiedenen  Punkten  und  anf  verschiedenen  Strecken,  der 
Rtlcksug  von  Plänklerketteu  vielleicht  laufend  bewerkstelligt 
wurde,  war  wobl  sehr  angezeigt. 

Um  11 '/4  Uhr  traf  ein  Offizier  vom  Generalstabe  des  V.  Korps 
beim  kommandierenden  Generale  ein,  brachte  die  Mit- 
teilung' des  Entschlusses  zum  erneuten  Angritte,  die  Auf- 
forderung^ zur  UnterstUtzaiiii'.  Der  gr^fste  Teil  der  im  Kampfe 
geweseaeu  2.  Division,  war  schon  seit      Stunden  auf  dem 


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60       Eiiiinenuigon  uod  Erwägangen  eines  alten  Kavaliehe-Offizier». 

Rückmärsche.  Nachdem  Befehl  au  die  3.  Divisiun  aligesehickt 
war,  die  6.  Infanterie-  uod  Ulanen-Brigade  voraasenden,  ward 
ich  bestimmt  mit  jenem  Offizier  zum  f).  Korps  zu  reiten. 
Im  scharfen  Kitte  ging  es  Uber  Alte  Muhle  auf  die  Höben 
östlich  Ton  Wörth,  etwa  '/a  Meile  Loftlinie.  Eine  Infanterie- 
Brigade,  wurde  gerade  gegen  die  Sauer  —  WOrth  —  Torgeftihrt; 
der  Oenenlstabs-Gbef  Oberst  y.  d.  Esch  begleitete  diese  Be- 
wegung. Etwa 

11  Ubr  50  Minuten,  nach  kürzerem  Aufentlialte  hier,  nahm  icb 
den  BüelLweg;  die  Spitzen  der  1.  bayrisobeo  Division  -~  Pa- 
tronUlen  Tom  8.  GbeT.-Regt.  ond  Rlttnieisfeer  Ftirst  Wrede  — 
traf  ieb  westlich  OOrsdoif. 

Was  die  PersönlioblLeit  des  kommandierenden  Generals  anbelangt, 
so  war  General  Freiberr  ron  Hartmann  ein  guter  Soldat,  ein  geistig 
wie  kOrperUeb  —  trotz  seiner  75  Jahre  —  nngewöbnlieh  begabter, 
frischer  Ftthrer,  dabei  aneb  ein  goter,  sclmeidiger  fieiter  und  glücklich 
in  seinen  Unternehmungen.')  Noch  mehrere  Ottziere  sind  am  Leben,, 
welche  den  ganzen  Feldsng  in  dem  Stabe  mitgemacht  haben;  über- 
einstimmen werden  dieselben  nicht  nnr  in  dieser  Richtung,  sondern 
auch  in  der  Obeizengang,  daJs  General  Ton  Hartmanp  die  4.  Bivisioti 
troll  f enes  Befehles  nicht  ans  dem  schweren  Gefechte  anrttckgenommen 
hätte»  wäre  nicht  unglttoklieherweiBe  um  die  Zeit  als  dieser  Befehl 
dntnif,  eine  Pause  in  dem  Gesohlltskampfe  beim  5.  Korps  einge- 
treten, wie  aus  den  Zeitangaben  sehr  leicht  zu  ersehen  ist,, 
wie  ich  mich  ganz  zuverlässig  erinnere. 

IV.  Übungen. 

Vor  50  und  einü;en  Jahren  war  die  Heitansbildung  nicht  kavalle- 
ristisch betrieben.  Uberall  gab  es  recht  gute  Sehulreiter,  im  allge- 
meinen aber  gab  man  sich  zufrieden  mit  Vorführung  eingedrillter 
Formen.  Der  einfache  Grundsatz:  ,,Die  ganze  Beitfertigkeit  besteht 
in  der  klaren  Anwendung  und  Obereinstimmung  der  Hilfen  des 
Sitzes  und  der  ZtIgeP,  fand  eigentlich  keine  besondere  Beachtung. 
ETrfolg  war  nur  zu  erwarten,  wenn  jeder  einzelne  Reiter 
im  richtigen  Sitze  auf  dem  stehenden  Pferde  und  zwar  so 
lange  fortgesetzt  unterrichtet  worden  wäre,  bei  gleichem 
Verfahren  in  Beziehung  auf  die  verschiedenen  Hilfen,  bis 
er  das  volle  Verständnis  auch  während  der  Bewegung 
eines  Pferdes  gezeigt  hätte.  Die  Reitinstruktionen  beschreiben 

•)  Auch  der  Generulstabs-C  hef  des  Anneckorps  war  ein  unge'K'öhnlicb. 
euergischer,  tapferer  und  hochbegabter  Offizier. 


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Eiinnenmgen  und  Erwfigimgen  eines  alten  K&raUerie-Offlzier«. 


61 


zwar  die  kanstgerechten  Hilfen,  bei  voller  (  bereiDstininmDg  TOn 
Sitx-,  Gewiobt-,  Schenkel-  und  Zttgel-Hilfen,  sie  versobweigen 
«ber  wie  diese  KoDstferiigkeit  mit  Sieberheit  %n  er- 
reieben  ist. 

Die  EzerzierUbungen  hatten  jalinseiuiteiang:  keinerlei  Fort- 
schritte gemacht;  die  Gangarten  waren  entweder  abgekürzt  oder 
unrnbi^  geritten  worden.  Rei  der  Attacke  sollten  etwa  300  bis 
4(K»  tjchritte  im  Trabe,  löo  Schritte  im  Galopp  zurückgelegt  werden! 
Mitunter  wurdpn  sehr  frairliche  Kunststücke  bewundert.  So  war 
rühmend  erwähnt  woiden,  dals  ein  Kavallerie-KPLrimeQt  iii  brnach 
biirteiu  Keichr  in)  Frontuiarsübe  Galup]!  rechts  angeritteUf  daSs  üul 
Signal  d''r  Galopp  links  angenommen  warde!  — 

Bald  darauf  «rah  das  suireuannte  Edelsheimischr  System  An- 
reguutr  für  die  f^^anze  Ausbildung;  naeh  kiir/.pr  Zeit  gab  es 
rberti  I  iliunj^en  verschiedenster  Art.  Auf  der  Iteitschule  machten  die 
Manuscbafteu  alle  erdenklichen  Kunststücke;  auf  den  llbuu^t-plät/.en 
wurden  di«^  im  Systeme  liegenden  DaoerUbuugeu  im  Trabe  und 
Galoppe,  teilweise  ohne  richti^^e  \  urbereitung  der  Reiter  oder  der 
Pferde  Ubertrieben,  natürlich  /um  eraptindlichsten  Schaden  des 
Pferde -Materials.  Damit  konnten  die  »ehr  bedeutenden  Vorteile, 
welche  mit  drr  Verwertung  der  Anregungen  des  Systemes  ganz  un- 
zweifelhaft zu  erreichen  waren,  keineswegs  gewonnen  werden. 
Leider  kliltt'  die  kavalieris tische  Überwachun£r  oder  Oberleitun«:. 

Bei  Beachtung  der  gegebenen  Anregungen,  war  der  in  früherer 
Zeit  überhaupt  unbekannte,  auch  8]iäter  während  des  Winters  nie 
gerittene  räumige  Galopp,  wöchentlich  '2  bis  :i  mal  in  dieser  Jahres- 
zeit auch  im  Freien  geübt  worden,  sogar  mit  gezäumten  Pferden; 
zwar  zum  Schrecken  eines  oder  des  anderen  Reitkttnstlers,  aber 
ohne  jeden  Nachteil  für  die  Keitscbole,  dagegen  zum  ausgesprochenen 
Vortdie  für  die  kavalleristiscbe  Aosbiidiuig  der  Truppen.  Vlel&eh 
worden  diese  Bitte  snr  Wintemeit  mH  Zwdtdlniig  der  annttekenden 
Mannsebafteo  einer  Eakadron»  Formierang  auf  einem  Gliede, 
ausgeftibrt  Itatebans  niobt  eeUeo  war  es  mOglieb  Ezenderplata  and 
Wege  zu  Yerlassen  nsw.,  kldne  Patronillen  mit  der  Aufgabe  an 
betranen:  y^obne  sieb  seben  an  lassen,  eine  Stande  nadi  dem  Ein- 
rücken Heldong  ttber  ibre  Wabmebmnngen  in  maeben."  Es  ist 
begieifUeb,  wie  oneadiieb  günstig  solebe  Obongen  die  takttsebe 
AnsbQdnng  erlelebterten,  wie  leicbt  es  blieb  die  Bttnmiglieit  der 
mbig  gerittenen  Gangarten  Torttbergebend  bis  aol  die  grOlrtmOgliebe 
GesamtieiBtoiig  an  steigern.  Klebt  minder  Torteübaft  waren  diese 
Obongen  für  das  Überwinden  so  numeber  Sobwierigkeiten  un  Terrain. 
Es  bleibt  gaoa  erstannfieb^  was  Pferde  im  Klettern  anfwllrtB  oder 


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62 


ErlnneniiigeD  und  EnrJigiuigvii  elnM  alten  KAvalleiieXMBiien. 


abwärts  leisten,  wenn  sie  dnreb  Gewieht  nod  HUfeo  des  Reiten 
oieht  gestört  wenden,  in  einer  ihrem  Körperlmn  entepreebenden 
Haltong  geben  können,  dann  solche  Bösobangen  sogar  mit  aller 
Robe  in  höheren  Gangarten  Uberwinden.  Ähnlich  verhält  es  sich 
auch  mit  dem  Schwimmen  der  Pferde,  weiebes  mindestens  für 
Patronillen  nnd  ZarUckbringen  von  Meldungen  mitunter  von  der 
b<k)b8ten  Bedeutung  ist,  unter  Umstttoden  aber  niebt  minder  ittr  die 
ganze  Truppe,  trotz  Faltbooten  nnd  Überbrückungen  mit  solchen 
Booten.  Fttr  jeden  denkenden,  Tororteilfilreien  KavallerieoMizier 
waren  die  erwähnten  Anregungen  ein  ganz  unschätzbarer  Wegweiser, 
für  zahlreiche  unendlich  nützliche  Übnngen. 

Vor  Zeiten  waren  die  Exeraiervorschriften  lediglich  tllr  das 
Regiment  aufgestellt,  mit  zahlreichen  unkavalleristischen  Formen  und 
Bewegungen  belastet.  Dies  bat  sieb  ganz  wesentlich  zum  besseren 
geändert. 

Lans:^  Zeit  hinrlmcfi  aber  wunU  n  l'bungen.  analo;,'  wie  bei  der 
Infanterie,  und  durch  der  ganzen  OrgaDisatioii  bediiii^'t.  ..mit  Exerzier- 
Ubungen  der  Karalleriebrigadeu  beendigt**.  Nur  l)ei  der  l<.a\  aileric- 
divisioTi  des  XV.  Armeekorps  in  Elsafs-Lothringen  Uhteu 
vor  Zeiten  jährlich  beide  Pirigaden  zu  4  Regimentern,  2—3  Tage 
in  Brigaden  zu  2  Regimentern  und  8 — 4  Tage  in  der  Kavallerie- 
division -  5  Regimenter  zu  4  Eskadrons  — ,  auf  den  grol'sen 
Lbungöplatzen  bei  Metz  und  Hagenau.  Diese  Übungen  unter  Leitung 
eines  hervorragenden  Kavalleriegenerales,  braciiteu  grofses.  sehr 
bemerkenswertes  Selbstvertrauen,  sehr  wertvolle  Sicherheit  in  die 
schönen  lieginieuler.  Ähnliciie  I  bungen  für  die  im  Felde  aufzu- 
stellenden Kavalleriedirisionen  sind  von  uuberechenbareni  Werte,  ein 
wahres  Bedürfnis. 

Die  jahrlich  so  wichtigen  Khv  alieriedivisionsttbungen  bei  der 
uiibediiigl  notigen  Forniieruni:  dir'ser  Divisionen  un  Frieden,  sollten 
iu  ähnlicher  Weise  durihgeHihrt,  werden,  wie  vor  Zeiten  bei  dem 
XV.  Armeekorps.  Im  allgemeinen  sind  die  bisherigen  Bestimmungen  voll- 
kommen gentigend  in  Beziehung  auf  Stellung.  Bewegung  und  For- 
mierung, nach  feststehenden  Zeichen  des  Führers;  nachdem 
die  Oi?ision  auch  im  Kavalleriekorps,  im  Verhältnisse  als  1.  Treffen 
oder  Resem,  bei  den  Angriffen  gleiche  Formation  nach  den  Ob* 
jekten  aDsehmen  wird,  soheineQ  die  Übnngen  in  DiTirimien  anf  den 
gioisen  Truppenttbungsplätsen  genügend.  Die  KaYalleriedivision 
kann  anf  einem  Gliede  formiert  anoh  als  EaTalleriekorps  geübt 
werden.  — 

Bei  den  Angriffen  anf  Infanterie  dürfte  jedoch  an  bemerken 
sein:  „bei  vollständig  sieberer  Obenasobimg  oder  ToUstandiger  Anf- 


.  Kj       by  Google 


Eriiincraiigmi  uod  Enrlgwigai  elnM  alten  Kavaltorie-Oflliittn. 


63 


lüsimg:  der  Infaüterie,  ist  die  Fürm  selbstveratändlich  Nebensache 
Unter  anderen  Verbältnissen  mufs  es  sich  empfohlen  festzusetzen, 
dals  die  TetenzUge  dreier  Eskadrons  der  angreiteadcn  Ue^iriK  iitcr 
—  eventoell  auch  vom  2.  Treffen  —  ausfallen,  sieb  mit 
Zwiscbenranrn  der  Heiter  auf  ein  Glied  formieren,  dafs  von  Jeder 
Eskadron  der  folgende  Zup  auf  ein  Glied  formi»*rt  direkte,  die 
beiden  letzten  Ztige  ebensi»  lormiert  —  eventoell  rechts  und  \iuka 
debordierend  und  mit  grülserera  Abstände  folgen;  die  verbleibende 
geschlossene  Eskadron  aber  als  Spezialresene.  Beim  Kavalleriekorps 
bleibt  die  2.  Division  wie  bei  jedem  An^rriffe  Hauptreserve  auf  dem 
äufsern  FlUgrel,  \^;lllrclKi  das  2.  Treffen  ganz  uder  teilweise  am 
inneren  Flügel  luh^t,  wcun  ein  Befehl  nichts  anderes  verfUgt. 

Vor  einem  der  letzten  (Gefechte  in  Südafrika  bemerkte  man  bei 
einem  grölseren  englischen  Truppenkorps,  das  Erscheinen  vonUeitem  auf 
grofse  Entfernung.  Nach  Berichten  waren  dieselben  als  Feinde  er- 
kannt;  diese  Beiter  foimierten  sich  in  mehrere  geöifnete  Linien 
nod  stinnten  gegen  die  englisolien  Tmppen  vor.  Trote  AitUlerie- 
nnd  Infuiteriefener  drangen  diese  fieiter  ein;  waren  geschlossene 
Reserven  zur  Hand,  konnten  weiterere  iLaTallerlstiscbe  Erfolge 
niebt  ausbleiben.  Hätten  die  Bnren  gekannt,  dafs  die  Pferdebafe 
schon  allein,  abgesehen  Ton  Bewaffnung  der  Beiter,  imstande  sind 
Krisen  sehr  erfolgreich  ansasnnotKen,  konnte  so  manches  grOfsere- 
Clefeeht  zur  vollen  Entscheidong  geführt  werden. 

Bei  Angriffen  auf  die  Flanken  ieindliober  Tmppen  stehen  drei 
Brigaden  des  1.  nnd  2.  Treffens  znr  Verfügung.  Hier  sind  grO&ere 
fVontentwiekeInngen  anfSnglieh  nnnOtig,  während  die  Brigaden 
ZwisebenrSnme  nehmen,  welehe  den  Objekten  entsprechen.  Vom  Teten- 
regiment jeder  Brigade  formieren  sieh  swei  Eskadrons  nach  dem 
Objekte,  während  die  anderen  beiden  an  den  Flügeln  folgen  und 
das  2.  Begiment  als  Spesialreserre.  Die  2.  Division  bleibt  Haupt- 
reserve. 

Über  die  Verwendung  und  Einteilung  dieser  Kavalleriedivisionen 
bei  den  grölseren  Truppentlbungen ,  auf  Antrag  des  Kavallerie- 
inspekteurs der  betreffenden  Armeeinspektion,  wurde  bereits  bei  der 
Oq^nisation  Erwähnung  gemacht.  Im  allgemeinai  könnte  der 
Grundsatz  gelten:  „Bei  den  grofsen  Manövern  wird  mindestens  ein 
Kavalleriekorps  zu  40  Eskadrons  bei  den  Entscheidungskämpfen 
formiert,  bei  jedem  Korpsmanöver  wird  eine  Kavalleriedivision  zu- 
gcaogen  unter  besonderen  Umständen  auch  als  Kavalleriekorps  auf 
einem  Gliede."  GmndsätzUeh  aber  vmb  es  sich  femer  empfehlen, 
da£s  bei  jedem  Manöverkommando  unter  welchem  eine  Kavallerie- 
division  steht,  ein  höherer  Karallerieoffizier,  Inspekteur  der  Kavallerie 


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-64       Erfameniiigea  und  EnrKgniigeii  eines  alten  Kevttterie^ibien. 

oder  ein  Divisionekoraiuandear  der  Kavallerie  belge(]:ebeD  ist,  mit 
ähnlicher  StellaDg  wie  sie  im  Felde  für  den  Kavallerieinspekteur 
beim  ArineekommaDdo  als  beuoQdera  nützlich  bezeichnet  wnrde.  Nor 
^aof  diese  Art  scheint  es  denkbar^  dafs  bei  den  aasgedphnten  Auf- 
•marschfionten  der  heutigen  Heere,  bei  den  aasgedehnten  Schlacht- 
feldern, bei  den  selbstverständlich  die  Aufmerksamkeit  fesselnden, 
öfters  recht  sebwierigen  Episoden  des  Feaergelechtes^anf  die  Kavallerie 
mitunter  nicht  vergessen  wird,  dafs  Teile  der  ausgedehnten  Schlacht- 
felder bei  Krisen  im  Gefechte  des  Gegners  unbeachtet  bleiben,  wenn 
«odann  nicht  Kavalleriegenerale  mit  der  Vollmacht  abgesendet  werden, 
eventuell  auf  diesem  Teile  des  Gefechtsfeldes  ILavalleriekorps  zn 
vereinigen  und  zum  Angritle  zu  fuhren. 

Nachdem  fcdoeh  bei  den  FriedensUbungen  Krisen  sich  uicht  be- 
merklich machen,  welche  bei  langer  andauerndem  Feners^efechte,  in 
Zukunft  wohl  in  nicht  ,2"pr!n^ercr  Zahl  und  Ansdchiuiii^'  stattfinden 
werden,  der  ansL'»'flihrtt  Kavallerieangriff  im  Frieden  stets  von 
hettigstem  Feuer  empfangen  wird,  muls  es  sich  empfehlen  den  FUiirer 
der  Kavallerie  darüber  ,,stets"  zu  hftren:  ..aus  welchem  Grunde  er 
den  Anjrriff  unternommen  hat."  Nur  auf  diese  Art  wird  die  initiative 
ilebselbeu  erhalten  bleiben. 

Bei  Übungen  im  Elsafs  bekämpften  sich  zwei  Infanterielinien 
auf  kürzere  Entfern unjr.  Eine  in  der  Nähe  der  Infanterie  verdeckt 
haltende  Kavalleriebrigade  wurde  zum  Angriffe  vorgeführt,  in  der 
Voraussetzung,  dals  dieses  Feuer  eine  der  Infanterielinien  oder  auch 
beide  schwer  erschüttert  haben  nuisse.  Die  Brigade  wurde  durch 
den  Schiedsrichter  ohne  weitere  Erörteruii;^  aufser  Gefecht  gesetzt. 
Beim  Armeekorps  war  es  gebräuchlich  nach  den  Übungen  die 
Situationen  nochmals  zn  erörtern  und  den  Truppenteilen  die  Re- 
sultate bekannt  zn  geben.  In  dieser  Bekanntgabe  wurde  der 
KavaUerieangriff  als  besonders  gelangen  bezeiehnet»  welefae  Eot- 
aebeidnDg  doch  wohl  an  Ort  und  Stelle  hätte  erfolgen  sollen.  — 

Viele  Jahre  später  wurde  das  Bendezvoas  für  eine  Kavallerie- 
divisioD  etwa  1'/«  km  hinter  deren  Vorposten,  vor  dem  rechten 
Flttgel  des  vorrückenden  Armeekorps  bestiDimt.  Im  Rendezvous 
«rbielt  die  Kavalleriedivision  unter  Bezeichnung  des  Weges  den 
Befehl,  vor  den  anderen  Fillgel  zn  gehen.  Im  Angesicht  der  fieind- 
ichen  Vorposten  mnlsto  diese  Bewegung  ansgefnhrt  werden»  obgleich 
•der  angegebene  Weg  schon  vom  Glegner  besetzt^  der  hesUmmle 
Flttgel  auf  einem  von  diesem  Gegner  entfernteren  Weg  gewonnen 
wurde.  Hiermit  war  aber  der  ganze  Gefechtstag  Uli  die  Kavallerie- 
■division  verdorben.  War  ein  erfahrener  höherer  Kavallenei^Biler  der 
^ohen  Kommandostelle  heigegeben  nm  die  Befehle  an  die  Kavallerie 


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Erinnerangen  nad  ^rwUgmfsm,  etoea  allflii  K«v«Uet1e^flWeni. 


65 


EU  beantragen,  so  hätten  die  Anordniiiiges  in  Bezielmiig  auf  die 

Kavallerie  doch  wohl  anders  gelaotet. 

Bei  Angriffen  der  Kavallerie  gelegentlich  der  grttfiBeren  Trappen* 
ttbüDgai  besteben  jedoeb  verschiedene  Schwierigkeiten. 

Wird  ein  solcher  Angriff  aaf  Kavallerie  gerichtet,  sollte  der 
eine  Teil  nach  erfolgtem  Spruche  der  Schiedsrichter  mindestens 
1  Kilometer  zurückgeben,  diese  eine  Partie  oder  unter  UrastHnden 
beide  s:m\z  oder  teilweise  aulser  Gefecht  gesetzt  werden,  während 
die  siegende  Kavallerie'  ihre  Beweg'angeu  nebst  Yerfolgang  an- 
gebiudert  fortsetzen  oder  markieren  kann. 

Bei  Angriffen  auf  Infanterie  ist  es  stets  bchwif  riu  nach  dem 
Sprache  der  Schiedsrichter  resp.  den  Gründen,  welche  den  Angriff 
veranlaf^tPD.  für  die  siegreiche  Kavallerie  die  weiteren  Bewe^nn^en 
durchzuführen.  Diese  Schwiericrkeit  nimmt  selb-stverständlich  mit 
der  Stärke  der  angreifenden  Kavallerie  zu.  Allerdings  aber  sollten 
auch  diese  Bewegungen  vn»  Kavalleriekorps  und  Divisionen  zur 
AusfUhrun^r  gelangen  können,  indem  die  angreifenden  Abteilungen 
im  Trabe  die  Infanterie  durchreiten,  sodann  wieder  im  Galoppe 
den  Angriff  auf  nene  Objekte  fortsetzen,  unter  hesumieren  Umständen 
vielleicht  /.um  I- t  ut  rgefechte  ilhergehen;  die  Spezialn^serve  sich  vor 
der  Infanterie  aolK/Ht,  die  Hauptreserve  jener  Bewegung  folgt,  um 
neue  Angriffe  auszutahren. 

Auch  die  Uauptmomente  der  Verfolgung  nach  gewonnener 
Sehlaebt  könnten  zur  Darstellung  gelangen,  wobei  einzelne  Punkte 
im  Terrain  vom  Gegner  beselBt  bleiben  mOfoten,  die  «bileheiito 
Trappen  und  ihre  VerfaaBimg  aber  doreb  Flaggen  zn  markieren  wize. 

Alle  diese  Anfgabm  und  Bewegungen  der  Kavalleiie  dod  Ton 
00  großer  WIebtigkeit  nnd  Bedentnng,  dafe  deren  LOaong  nnmOgliob 
gefördert  wird,  wenn  Fttbrang  wie  Trappe  ganz  nnTOrbereitel  fOx 
dieselben  sind. 

Neoerer  Zeit  woide  ancb  mitanter  das  SebwSimen  filr  „berittene 
Infuilerie^  bemerkbar.  Es  ist  nnstrelfig  riebtig,  daib  die  KAYalleiie 
nnter  vielen  Umstttnden  von  der  Feoerwaffe  Gebiniieh  maeben  sollte. 
Die  MOgliebkeit  anoh  in  dem  sehwierigsten  Tenm  Mg  an  sein,  doreb 
die  rasebe  Bew^inngriUugkeity  scbon  bei  einer  Brigade  4 — 500  Fener- 
gewdire  Uberrasebend  in  Aktbn  bringen  an  kOnnen,  sollte  biofi- 
gere  Beaebtong  ibiden.  Zn  erwigen  difarfle  sein,  ob  nieht  die  besten 
Sebntsen  im  2.  Gliede  einsntsilen  wären,  mindestens  bei  einzelnen 
Regimenieni  oder  Btigadeo  die  Lanze  alnnlegm  hätten,  das  Seiten- 
gewehr am  Sattel,  den  Karabiner  anf  dem  Bttoken,  oder  statt  des 
Säbeln  mit  einem  tOchtigen  Yatagan  ansgerttstet  sein  könnten. 
Hierdnreh  wäre  die  Foraüeraog  snm  Feneigefeebte  bedeutend  er- 

JikifcMkfr  Mt  <!•  4«BtMht  Aimm  nad  Mnin*.  Vo.  IM.  & 


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66       Erinnemngen  tuid  ErwXguigai  etiiM  alten  KtvaUeiie*OfiBsien. 

leichtert,  nachdem  die  Pferde  der  abgesessenen  Maunschafton  von- 
den  Keitfiii  des  1.  Gliedes  ohne  Zeitverlast  zu  ttbernehmen  sind. 
Die  Feu*  i  linie  aber  kirnnte  im  Laufe  des  Gerechtes  leicht  verstärkt 
werden,  indem  nachfolgende  liegimenter  oder  lirii^nd*  i  inA?.  kora- 
piizierterem  Vertahren  beim  Absitzen  zur  Verwendung  kamen.  Der 
Gedanke  berittene  Infanterie  m  formieren,  fand  sich  schon  vor 
Jahrzehnten  in  einem  Dragoner- Korps  \erkorji<il.  Solih'  Truppe 
ganz  als  Infanterie  zq  verwenden,  bat  abgesclien  \ou  den  liTofsen 
Kosten  ihrer  Anfstelluuir,  so  manches  verlotlu  iKle,  namentlich  tUr 
luianlerie,  welche  ohne  l  nterstützuug  bleibend  ini  schwersten  Kampfe 
aosliarrt,  während  Kavailerie  nieht  selten  diesem  Kampfe  zusah.  Wir 
Reiter  können  diese  Geftihli  mitemplindeu;  wir  glauben  aber,  dal» 
bei  entsprechender  Organisation  die  wohlüberlegte  geschulte  FtJhrung 
der  Kavallerie,  in  sehr  vielen  solchen  Fällen  durch  einen  tüchtigen 
Angriff  nicht  nur  die  ersehnte  Hilfe,  sondern  ;tuch  die  völlige  Ent- 
scheidung des  schweren  Kampfes  hätte  hriugeu  können.  In  der 
Taktik  \on  Pz.  steht  der  zutreffende  Satz:  ..einige  tau.^uid  Pferde 
haben  in  \N''uigen  Minuten  mehr  erreicht,  wie  /ehntauseud  Gewehr» 
bei  stundenlangem  Feuer." 

Bei  der  Anikliirimg  überhaupt  und  namentlich  bei  der  80^ 
genannten  strategischen  Anfklimog,  haben  die  Patrouillen  eine  höchst 
wichtige  Aufgabe  zn  lösen.  Den  Gegner  anfsnohen  nnd  nie  Ii  t  mehr 
ans  dem  Ange  verlieren,  die  Wahmefamongen  zorlleknielden.  Im 
Feldznge  1870  hatte  eine  Patronille  von  der  Armee  des  Grolshenogs 
▼on  MeclKlenbnrg,  zahlreiehe  {ranzOsisehe  Truppenkorps  in  der  Percbe- 
entdeclLt  nnd  längere  Zeit,  belTsg  and  Naeht  TOrattglich  beobach- 
tet; httite  deren  Ftthrer  noch  mehrere  Standen  an^geharrty  konnte 
derselbe  den  Abnuusoh  jener  Korps  melden.  Die  bei  diesem  Dienste- 
nötigen  Bewegnngen,  wie  die  ganze  fieobachtnngstittigkeit  Terlangi 
Yon  dem  Ftthrer  eine  Flllle  von  Eigenschaften.  Bei  der  ganzen 
Obongszeit  konnte  diese  Tätigkeit  zwischen  benachbarten  Garnisonen 
ohne  jede  Schwierigkeit  znr  Aasfllbrang  gelangen,  Meldnngen  nach- 
bestfanmten  Anhaltsponkten  abgeschickt  werden.  Je  mehr  sieb  diese 
PatroaJllen  verdeckt  bewegen  and  verdeckt  beobachten,  je  weniger 
die  Ftthmng  wegen  Unterkonfts-  oder  Verpflegungsbeschafinng  ein- 
gescbrttnkt  isf^  am  so  ntttzlieher  mttssen  diese  Übungen  sein.  Ober- 
grobe  Anstrengongen  der  Pferde  können  in  der  Begel  vermieden, 
werden,  wenn  den  Patronilleu  bekannt  gegeben  wurde^  dafs  auf 
einer  bestimmten  Starafee  eine  Beplie  Abteilung  —  sicher  aber  ein 
Radfahrer  Relais  anzutreffen  ist.  -  Bei  den  grolsen  Truppenübungen 
nnd  im  Felde  wird  man  anbedingt  über  zahlreiche,  wobigeilbte  Kräfte 
zom  Aofklämngsdienste  verfügen.   Der  Patroniiienfübrer  wird  aber 


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Erinnerungen  und  Erwä^imgen  einetj  ultou  KAv«Uen»-0£fijd6n. 


67 


seine  Beobaebtimg  des  Gegners  nmrasgesetzt  fortfuhren^  nur  iu  ganz 
boondeien  lUloi  in  eigener  Pmon  eine  Meldung  zarttckbringen. 
Diese  besonders  wichtigen  Ponkle  solüen  aneb  bei  PatroniUeoritten 
im  FHedea  ?olkte  Beaebtnog  fiadcu,  damit  der  UnterseUed  in  der 
Anflüirong  im  engeren  Bahmen  —  Ziffer  l  —  ond  bei  der  Auf- 
klSnmg  Tor  der  Front  der  Armee  —  Sifer  2  —  niebt  verloren 
geben  kann. 

Als  leb  Tor  56  Jabren  bi  die  Kavallerie  eintrat»  waren  seit 
Beendigung  der  Freibeitslmfige  32  Jabre  vorttber  gegangen.  Die 
KaTallerie  batte  weder  Forleehrttte  gemaebt  in  der  Organisation, 
noeb  in  irgend  einer  anderen  Riebtang.  Vom  Bittmeister  aofwSrts 
batten  die  Offiiiere  die  Fddsttge  mitgemaebt;  mit  wenigen  Ans- 
nabmen  liielt  man  fest  an  gewohnten  Gebrftnoben,  Ansiebten  und 
Aasbildongametboden.  Für  die  unteren  Chargen  war  es  natHrlieb 
sebr  eisebwert»  einen  Maren  Blieb  an  erwerben.  Domoeb  war  leb 
naeb  kurzer  Dienstieit  ttberzengt^  dafs  wir  ans  anf  einem  Standpunkte 
bielteO)  der  StiHstaad  und  damit  Bttoksebritt  war.  Naeb  mebreren 
Jabren  besoebte  ieb  die  grölsereo  Truppenttbongen  in  benaebbarten 
Staaten,  konnte  jedocb  nürgendwo  Bemerkenswertes  entdeeken.  — 
Die  erste  kaFalleristiscb-reiterliobe  Anregung  kam  mit  dem  80> 
genannten  Edelsbeimisebea  Systeme  ans  Österreich.  Andere  Sebolong 
des  Materiales,  systematiseb  lietriebeue  Dauerttbungen  bei  kayalle- 
ristiscber  Verwertung  der  Oangarteo,  brachte  durchaus  günstige  Er- 
folge. Die  Übungen  —  namentlich  in  grölseren  Verbänden  blieben 
nngenttgeod  und  unkavalleristisch.  Wenig  war  man  überhaupt  auf 
einen  gesunden  Fortsehritt  fHi  die  Kayallerie  bedacht.  Schwache 
Friedensstände,  Errichtung  von  Depot-Eskadrons  und  Eiböhang  des 
Friedensstandes  der  Feldeskadrons  liei  Mobilmachungen,  durch  An» 
kaaf  von  jungen  Pierden,  Einstellung  yon  Rekruten,  Schuelldressuren 
etc.  ruinirte  so  recht  gründlich  die  Verwendbarkeit  der  Truppe.  Ein 
ebflufereicher,  höherer  Kavalierieoffizier  hatte  aus  den  FeldzUgen 
zu  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  die  Überzeugung  gewonnen  und 
behalten:  „dals  man  auch  Rekruten  auf  Remonten  Reiter  und 
Kavalleristen  nennen  könne."  Man  konnte  dies  allenfalls  im  Dranir«^ 
der  Verb ätnisse  in  einer  Zeit  annehmen,  in  weicher  man  auf  l  OOdai 
vom  Gpg:ner  entfernt  vom  ArtUlerietener,  auf  150  m  vom  Jji£aoterie- 
feuer  kaum  zu  leirien  hatte. 

Das  Gesetz  uIkt  die  Pferdeaushebang  änderte  dieses  bedenk- 
liche, für  die  Mobilmachung  der  lUvaUerie  geradezu  verderbliche 
Verfahren. 

Vor  1866  hatte  allein  di<  pi  t  ulsische  Armee  eine  entsprechende 
Schale  duieb  die  jätiriicheu  Truppeotlbangen.   Allerdiugs  wurden  bei 

5» 


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68 


Zum  HertMitCeldtqg  181t. 


denselben  grdfsere  Kavallerieverbändc  wie  Brifraden  nicht  formiert, 
ganz  wie  es  die  Friedensorganisatioii  mit  sich  brachte;  in  den  Feld- 
zQgen  fehlte  es  sodann  ganz  natürlich  In  der  Befeblserteilang  and 
Verwendung  ebenso,  wie  bei  der  FUhrong  der  erst  mit  der  Mobil- 
machnog  formierten  Kavalleriekorps  oder  -Dirisionen. 

Rente  haben  wir  abermals  82  Friedensjahre  hinter  uns,  nur 
einige  Brigade-Kommamkure  haben  den  letzten  Feldzug  mitgemacht. 
Auch  in  der  Kavallerie  ist  so  manches  erreicht,  was  ganz  ent- 
schieden als  ein  Fortschritt  bezeichnet  werden  muls.  Jeder  Still- 
stand ist  anch  für  die  Kavallerie  ein  Rückschritt. 

Der  Initiative  Seiner  Msgestät  des  Kaisers  hat  es  die  deatsobe 
Kavallerie  zn  danken,  dafs  wie  vor  160  Jahien  Angriflfe  grofser 
KaTalleriemaBsen  angeregt  und  ansgeftllirt  werden.  DleMr  Umstand 
Ist  es,  welcher  dneo  alten  begeisterten  RnTallerieeffiiler  neuerdings 
Tennlafat  jene  Punkte  sn  berttbren,  welehe  Ihm  von  der  gitffsten 
Bedentong  erscheinen. 


IV. 

Zum  Herbstfeldzng  1813. 

Von 

üeneraileutuant  a.  l).  v.  (inistori». 


Die  Gescbicbtschreibüng  kann  natargemUfa  selbst  ttber  hinter 
uns  liegende  Perioden  nie  zum  Abscblnfs  kommen,  wenn  anob  ge- 
meinhin diejenigen  Arbeiten  als  abschiieisend  bezeichnet  werden, 
die  unter  Aasscheiden  des  Stoffes,  der  vor  der  Kritik  nicht  stand 
hält,  aus  allen  erreichbaren  Quellen  ttbersiebtUche  GesamtdarsieUongen 
schaffen. 

Fttr  Kriegsgeschichte  besteht  die  nächste  Aufgabe  darin,  die 
Dokumente  der  eigenen  Archive  nsw.  geordnet  an&nreihen  und 
damit  feste  Grundlagen  für  das  Tatsächliche  herzurichten,  wie  es 
neuerdings  in  langentbehrter  Weise  in  Frankreich  für  die  alt- 
napoleoniaohe  Zeit  geschieht.   Dieses  chronische  Verfahren  liefert 


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4 


Zum  Herbatfeldwg  1818.  (J9 

noch  Dicht  für  den  l.oser,  sondern  fllr  den  ForMcher  handliche  Er- 
^bnisse  and  bt  diirf  zu  eioeru  \  uilbild  nulwendi^^erweise  der  Er- 
güuzuug  durch  liele^e  der  gegnerischen  Partei,  welche  weniger 
leicht  und  vollständig  zu  beschaflen  sind.  Doch  hat  fortschreitende 
Ordnung  der  Archive,  vor  allem  aber  Ireiere  Auffassung  und 
allseitig  eigenes  Bedttifois  nach  Aofklärnng  und  Erkenntnis 
80  föidmd  gewirkt,  dafo  «neb  dem  fremden  Forscher  grölstes 
EntgegeokomneD  gewährt  zu  werden  püegt  Ttotnlem  bleiben 
immer  Ltteken  in  den  Akten»  ond  es  ist  Pflicht  des  SehriftstelletSf 
diese  sdbst  berronnheben,  den  Leser  auf  die  onsieberen  Stellen 
binsuwelseiiy  an  denen  er  sieh  nicht  anf  den  Verfasser  stdtaten  darf 
und  wo  ein  nachfolgender  Forseber  ehutasetasen  bat  Niebts  kam  dem 
ffistcniker  willkommener  sein,  als  wenn  nene  Qoellen  aufgedeckt 
werden,  welche  die  bisher  Ton  ihm  angenommenen  Tatsachen  be- 
richtigen oder  gar  beseitigen  nnd  damit  seine  Arbeit  fortentwickeln. 

Soviel  Aber  die  obrontstiscbe  Seite,  anf  der  alle  Geschichte  m 
falben  bat  Wenn  ancb  bei  ihr  schon  die  Kritik  wesentlich  in  An- 
spruch genommen  werden  mnls,  so  liegt  ihre  höhere  nnd  geistigere 
Angabe  doch  im  Würdigen  Ton  Ursache  nnd  Wirkung  geschieht- 
lieher  firaeheinnngen.  Dieses  GeMet  fordert  eine  Feinh^  des  Nach- 
empflndeos,  ein  menschenkeunendes  Urteil,  eine  Objektivitltt,  wo 
dodi  das  eigene  leb  Partei  «i  nehmen  gezwangen  ist»  denen  gerecht 
m  werden  zq  den  schwierigen  Aufgaben  gehOri  Es  ist  das  Feld 
der  Indizienbeweise  ond  der  Schlolsfolgerongen,  die  zu  angleichen 
Ergebnissen  ftihren  können.  Der  FOrderang  der  Sache  kann  es  nar 
dienen,  wenn  verschiedene  Gesichtspunkte  hervorgekehrt,  im  kontra^ 
diktorisehen  Verfahren  Abklärungen  herbeigeführt  werden.  Der 
eingangs  aufgestellte  Sats,  dafo  die  Geecbiehtschreibang  nicht  snm 
vollen  AlMoblnls  gelangen  kann,  findet  hier  seine  vonogsweise 
Geltung.  — 

Die  Geschichte  des  Herbstfeldzuges  1813  von  Major  Friederieb 

ist  eine  hocherfrenliche  Erscheinung.')  Ebenso  nach  Plan  als  Aus- 
führung bietet  sie  ein  klares  durchsichtiges  Bild  von  dorn  nnge- 
heuereii  Stoff,  und  besonders  erfreulich  i«?t  es,  dai's  dem  Urteil  Uber 
die  ^eisti^'-e  F)cweg'nng  in  dem  Gemälde  Uberwiegend  mit  Aner- 
kennung' l)eigetreteu  werden  kann.  Das  darf  jedoch  den  Sachkenner 
nicht  von  der  Pflicht  entbinden,  den  Blick  auf  die  Paukte  zu  lenken, 
wo  nach  seiner  Auffassung  das  Geleise  verlassen  ist,  und  den  Leser, 
dem  das  Material  zur  Yergleicbung  nicht  wie  dem  Forscher  zur 


t)  (TcsrhichtedesHerbfitleldxagee  laU.  Bearbeitet  von  Migor  Friederich, 
i.  Band  1908. 


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70  2um  Herbstfeldwif  1818. 

Hand  lie^  zur  eigenen  Urteilbildong  za  leiten.  Eine  neuere  Dar- 
steUviig  sohUefat  obnebin  leiebt  die  Vonuinetniig  dn,  weldie*i]i 
di^em  Falle  nicht  sntrifft»  dab  sie  auf  aea  endiloMene  DolcnmeDte 
gesttttrt  ist. 

Dieser  Umstand  drückt  dem  Verfasser  der  Geschichte  der  „Nord- 
Armee  im  Jaiure  1813,^  dessen  Arbeit  in  den  Bereich  yon  Major 
Fiiederieha  Wei^  fUlt,  die  Feder  in  die  Hand  nnd  TeranlalBt  Ihn, 
eingdiender  Uber  die  Politik  CSail  Johans  TOn  Schweden  sidi  za  ver- 
breiten,  als  für  die  eigene  Aibeit*  erforderlich  ersebienen  war. 

Dnroh  Umstände  und  ihm  günstiges  Vomrteil  hatte  der  Marsehall 

Bemadotte  den  Erfolg  irehabt,  znm  Kronprinzen  von  Schweden  er- 
wählt zu  werden,  ihm  als  Fremdling  lag  in  verdoppeltem  MaCse 
die  Verpflichtung  ob,  sieh  Vertiaiien  im  Lande  zn  yerdienen  und 
eine  feste  Stellung  zn  gewinnen.  Seine  Klagheit  und  kühle  Be- 
recbnnng  rieten  ihm  den  Plan,  ani  das  jüngst  verlorene  Finland 
endgültig  zn  verzichten,  seine  Schweden  nelmehr  durch  den  Erwerb 
des  günstiger  gelegenen  Norwegens  zn  entschädigen.  Liels  eich  das 
nicht  diplomatisch  erreichen,  so  muTste  es  unter  Machtentfaltnng 
geschehen,  und  Schwedens  Vorteil  forderte,  das  im  Anschlufs  an  die 
Interessen  anderer  Mächte  zu  verfolgen.  Dazu  waren  ihm  zunächst 
1812  von  Kufsland  die  Hanrl  geboten  und  Verpflichtungen  einge- 
gangen. Im  folgenden  Jahre  nach  Napoleons  Niederla!;»'  (Tweiterten 
Hicti  seine  Verträge  auf  alle  gegen  Frankreich  und  Dänemark  Ver- 
bündeten. An  die  Franzosen  banden  den  Kronprinzen  zwar  nationale 
.Sympathien,  wie  wir  unten  sehen  werden,  und  nnr  dem  Kaiser 
Napoleon  persönlich  war  er  Feind;  aber  der  Plan,  den  Dänen  Ge- 
walt anzntun,  ni/tigte  ihn,  zu  den  Gei;ricrii  seiner  frUhen  n  Lai)(l^- 
lente  sich  zu  halten.  Am  Niederwf  rfeu  der  Franzosen  hatte  Carl 
Jobau  nur  ein  sekundäres  Interesse  insoweit,  dafs  die  Dänen  isoliert 
und  seinem  Willen  gefügig  gemacht  werden  kunnten.  Ein  weiteres 
Zurückweisen  als  für  diesen  Zweck  berührte  Schwedens  Politik 
kaum,  und  der  Kroupiiiiz  blieb  deshalb  dem  Grundgedanken  der 
europäischen  Koalition  gegen  Fiaukreich  fremd.  Duiuit  erklärt  sich 
sein  Streben,  lediglich  den  Platz  in  der  grofseu  Verbindung  zu 
wahren,  ihr  Gewicht  tUr  sich  auszunutzen,  ohne  au  eigenen  Mitteln 
mehr  in  die  Wagschale  zn  werfen,  als  ihm  abgenötigt  wurde. 

Von  diesem  Gesichtspunkt  rechtfertigt  es  sich  temer,  dals  Carl 
.lohan  nicht  eher  tätig  wurde,  als  bis  das  europäische  Bündnis  ge- 
nügende Entwickelung  zeigte,  um  ihm  die  Hauptarlit-it  an  seinem 
Eroberungs-I'lan,  für  welche  die  eigenen  schwachen  Kräfte  genügen- 
des Gewicht  kaum  boten,  abzunehmen.    Er  verstand  den  Vorteil 


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Zum  Herbstfeldzug  1818. 


71 


für  sich  gelteod  so  maohen,  data  Kaiser  Alexander  nnr  von  einem 
n«iN>leoni9eben  General  Erfolg  in  der  Kriegfubrong  erwartete  und 
ibn  zn  hoch  einschätsete,  eine  SohwJlolie,  die  aneh  weitere  Kreise  nm 
sieh  sog.  Weit  überlegener  aber  erwies  sieb  seine  Dialektik. 
Er  wnlste  so  viele  Diplomaten  zn  bett^ren,  dals  sie  Überwiegend 
ihn  (tir  ein  anfriehtiges  lütglied  des  Bundes  gegen  Frankieieh  hielten 
-nnd  die  wenigen,  die  ilin  dniehschanten,  wie  Pom  di  Borgo,  beim 
rasohen  Gang  der  Begebenheiten  —  insbesondere  gegen  das  Vor- 
mieil  Alexanders  nnd  die  onsiehere  innere  Stellung  der  britisehen 
Regiemng  —  ibre  Ansiehten  znr  Geltaug  nicht  zn  bringen  yer- 
-mochten. 

Dafs  Carl  Joban  seine  Klagheit,  Gewandtheit  und  lebhafte 
Tätigkeit  gegen  die  grofsenteils  schwachen  Geister  der  Koalition 
als  Druckmittel  gebrauchte,  nm  sich  für  seine  abweichenden  Pläne 
die  gewflnsehte  Selbständigkeit  zu  sichern,  die  UoterstelloDg  der 
sugesagteo,  aber  noch  nicht  überwiesenen  Hilfskorps  zu  erzwingen, 
das  war  sein  gntes  Becht  nnd  lag  im  Interesse  der  schwedischen 
Politik,  wie  er  sie  anffalste.  Folgerichtig  setzte  er  zögernd  die 
schwedischen  Truppen  nach  Deutschland  Uber  und  wies  es  ab,  die 
Vorbllndeten  in  ihrer  Notlajsre  zu  stutzen,  insbesondere  dem  Verlust 
Hanihurgs  vorzubeugen,  solange  sie  niobt  seinen  Ansprüchen  will- 
fahrten (Nord-Armee  II.  :U0.  12). 

Der  inneren  Politik,  in  der  cinf  Partei  der  Peteiligung  am 
Krit'L'"^'  entsTf  i:!'!!  war,  ini^  Carl  Johan  damit  Rechnung,  dals  er 
hei  lien  i  t  indseligkeiten  si  inp  Truppen  aus  dem  Feuer  hielt  und  die 
Vorteile  Schwedens  mit  (Inn  Blute  seiner  Verbündeten  durchfechten 
liefs.  Es  gelang  ihm  wirklich,  aus  einem  der  verlustreichsten  Kriege 
sein  Armee- Krtf] IS  unversehrt  heim  zu  bringen. 

Soweit  war  die  schwedische  Politik  mit  ebenso  viel  zielbe- 
bewulöter  Klarheit  als  Beharrlichkeit  d  urchi:»  führt ;  ihr  Träger  ver- 
dient Zustimmung,  dals  er  die  Interessen  seiiit  -  Landes  in  erfolg- 
reicher Weise  wahrgenommen  bat.  Die  Verbündeten  trifft  der  \'or- 
wnrf,  dafs  sie  aus  Mangel  an  Einsicht  ihren  Feind  iu  den  Bund 
aufgenommen  haben  und  aus  Schwäche  sein  nachteiliges  Spiel  7U 
ihrem  Schaden  bis  zum  Schlufs  fortsetzen  iiefsen.  Schweden  hat 
also  reiche  Veranla>sung  zu  Duiikliarkeit  daJUr,  wie  Carl  Johan 
seine  geistige  Überlegenheit  Uber  die  mafsgebenden  Verbtlndeteu 
zur  Geltung  zu  bringen  wnfste.  nnd  wir  zollen  ihm  darin  volle  An- 
erkennung. Dagegen  gelangt  u  wir  auf  ein  ganz  anderes  Gebiet, 
wenn  jene  Dankbarkeits-Empündung,  unter  anregendem  Voran- 
schreiten Carl  Johans  selbst,  das  Streben  zeitigt,  ihn  nachträglich 
nih  dem  Glanz  eines  ruhmreichen  Feldherm  und  Ritters  ohne  Fnreht 


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72 


Zorn  Hmtetfddnig  1618. 


und  ohne  Tadel  zu  mnkleiden.  Die  Forscbuog  hat  andere  Seiten 
aoBbodeokeB,  als  der  damaligen  Zeit  zugänglich  waren.  Es  sind 
diejetiigon,  auf  denen  ieh  der  Friederiohaehen  Daistellong  entgegen 
treten  mnb. 

So  einfach  es  ist,  einen  aufrichtigen  Charakter  und  sein  Ver- 
foigeu  offener  Ziele  —  z.  B.  des  Generals  BUlow  —  zu  schiltlero, 
aach  wenn  er  zeitweise  aus  Oppoitunitäts-liiickbichtea  iu  die  Lage 
kommt,  die  Wahrheit  zu  verschweigen  oder  zu  unterdrücken,  ebenso 
schwierig  ist  es,  eine  hinterhältige  oder  falsche  Natur  zu  erfassen, 
welche  ans  Anlage  zu  Uuaufriehtigkeit  neigt  oder  ein  Interesse  hat, 
ihre  Beweggründe  und  Ziele  hinter  falschem  Schein  zu  berpren,  jedes 
Dokument  ihrer  wahren  GeHiiiiiuug  za  meiden.  Da  bli'ibt  uur  der 
mittelbare  Beweis  übrig,  ein  vorläutig  summarisches  Urteil  mit  dem 
Vorbehalt,  durch  Analysieren  der  Einzelhaiidiuugen  zu  ermitteln,  ob 
sie  mit  jenem  Urteil  im  Einklang  stehen  und  scbliefslicb  ihre  Gesamt- 
heit mit  ihm  harmoniert.  Diese  Art  der  Beweisführung  hat  es 
unumgänglich  gemacht,  die  ganze  Geschichte  der  Nord-Armee  hiii- 
doieh  anf  die  Umstände  hinzuweisen,  welche  meine  Ansieht  er> 
Übten  imd  —  wie  der  eebwedlsebe  Kritiker  Nordensran  mit  Reekt 
sieb  ansdrttckt  —  als  roter  Faden  dnrob  die  Sebilderung  fortlaufen» 

ZnDüehst  babe  ieb  die  SteUnng  sa  prüfen,  welebe  Carl  Joban 
sa  dem  Feldzngs-Plan  einnahm,  der  in  Traebenberg  seine  Fest- 
setanng  erhielt. 

In  den  Unteirednngen,  die  er  im  Mai  mit  Voam  di  Borge,. 
Kaickreatb  und  Haeke  bat,  sprieht  er  nur  die  Absiebt  ans,  sieb  nach 
Holstein  xu  wenden  und  die  Dünen  zu  unterweifen,  sobald  er  die 
angesagten  Büfskoipe  erhält  Er  begt  niebt  den  Plan,  Berlin  zu 
deeken,  aueb  flberbaupt  nicht  den,  das  Sehicksal  einer  Seblaebt  zu 
wagen,  sondern  ^ebieu  metbodisoben  Krieg  naeb  allen  Regeln  der 
Kunst  za  fllbren**  (N.A.  L  27.  29,  34).  Dieser  Ausdruck  findet  in 
dem  naebmaligen  Verbaltm  seme  Erklärung  dahin,  daCs  die  Schlaebt 
dorch  Ausweichen  vor  jedem  feindlioben  Angriff  gemieden,  nur  ein 
fimttdnngs-Veifsbfen  Teisucbt  werden  soll 

Kaiser  Alexander  entbrannte  darob  in  lebhaftem  Unwillen  und 
aebrieb  dem  Kronprinzen  am  81.  Mai:  leb  glaubte  eben,  Sie  wollten 
die  Untemebmuof  gegen  Dänemark  znrttokstellen  und  Ihre  Truppen 
gemeinschaftlieh  mit  uns  gegen  die  Franzosen  fuhren.  Da  ntnls  ieb 
sehen,  dals  Sie  uns  rücksiobtsloB  im  Stich  lassen  und  meine  35  000 
Mann  ausdrücklich  fordenn,  um  sie  bei  gregenwärtiger  Notlage  auf 
der  dänisehen  Halbinsel  zu  verwenden  (N.A.  1.  89.  40). 


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Zui,fiefbstf6ldzi]g  18ia. 


78 


Diese  Verstimmoug  Alexanders  suchte  Carl  Johan  durch  eiue 
gewandte  Antwort  zwar  zu  beßcbwichtigeu,  seiue  Teudenz  aber  blieb 
oBTerändert.  Denn  in  den  Plänen,  die  er  Mitte  Jani  durch  Oberst- 
lentnant  Ende  dem  König  Friedrieb  Wilhelm  yorscblagen  liels,  tritt 
kdif^eii  der  Wnueb  hervor,  entternt  ?ou  jedem  Znsammeostois  mit 
den  fiaMfOriaehen  Haoptheer,  an  der  unlweii  Elbe,  Weier  und  dem 
Bbein  im  Sinne  blolser  Drobiingen  Terwendet  zu  weiden;  Bereit- 
wUligketti  sieb  iigendwo  zn  einem  Waffengang  anzableteo,  ist  sorg- 
fUtig  vmeebwiegen. 

Naeb  den  Gesprächen  mit  Stadion  hat  Carl  Johan  swar  — 
ftr  den  Fall,  da(b  Kapoleon  in  Bttbmen  eindringen  sollte  —  energischen 
Angriff  anf  ihn  angeraten,  nod  er  selbst  wolle  dann  aneh  ttber  die 
Elbe  geben.  Aber  Li  der  LOwenbiefanBchen  Denksebrift  Uber  diese 
F^age,  deren  Abfusong  er  yeranlalst  bal,  sind  im  geraden  Gegen- 
teO  wieder  Solilaehten  abgeraten  nnd  in  unbestimmter  Weise  Be- 
drobongen  der  feindlieben  Flanke  und  des  Rttckens  Torgescblagen, 
welßhe  Entnebeidnng  nieht  bringen  konnten  (Friederieh  L  89-— 

Diese  inlbeningeD  vertragen  sieh  nieht  mit  dem  sebliefsUeben 
Hanptaatw  des  Traehenberger  Protokolls:  „Alle  yerbOndeten  Heere 
ergreifen  die  OflensiTe  mid  das  Lager  des  Feindes  ist  der  Ver- 
einigongs-Ponkt^.  Aus  dem  Gegensatz  der  Anschauungen  geht  hin- 
länglich hervor,  dnfe  der  Kronprinz  nicht  Urheber  dieses  Planes 
sein  konnte,  wenn  wir  aoch  keinen  verlässigen  Beriobt  darüber  lie- 
sitsen,  welcher  Anteil  anf  die  einzelnen  Mitwirkenden,  unter  denen 
erregte  Debatten  entbrannten,  fällt.  Dem  Kronprinzen  ist  Tielmebr 
ein  Plan  anfgenätigt,  den  er  nicht  wollte  nnd  dessen  Niohtans- 
ftbrung,  wie  die  nachmaligen  Tatsachen  erweisen,  seine  reservatio 
mentalis  blieb.  Nur  äulserlieh  sind  Bolsland,  Preulsen  nnd 
Schweden  tiber  ihren  Plan  einig  geworden;  in  Wahrheit  waren  sie 
es  nicht  (N.  A.  [.  75).  Die  wirkliche  Absicht  Carl  Jobans  müssen 
wir  dem  Inhalt  des  von  ihm  selbst  mitgeteilten  Zwiegesprächs  vom 
6.  August  mit  Moreau  entnehmen,  wenn  es  auch  wahrscheinlich  ist, 
dafs  manfbe  dem  letzteren  augesehriebene  Einwürfe  anf  dr-^  prst*^rpii 
Rechnung  zu  setzen  sind.  Sie  hesteht  in  Deckung;  Berlins  mir 
soweit,  als  es  durch  eine  Autsteliang  «südwärts  ohne  Schiacht  mög- 
lich ist;  aber  RUckzug  ohne  Begren/.utig,  sobald  diese  Voraus- 
setzung nicht  aufrecht  erhalten  werden  kann  (Fried.  I.  3t)6.  — 
N.A.  L  141). 

Eine  besondere  Rücksicht  dieser  negativen  Kriegführung  riet 
noch  die  Schonung  der  schwedischen  Trappen  hervor,  die  der  Prinz 
bereits  bei  der  Abreise  von  Stockholm  dem  am  das  Blut  seiner 


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^4 


Zun  Herb8tf«ldsa«  1818. 


Landsleate  besorgten  Grafen  Eugetitnim  zugesagt  hatte.  „Bembig'pn 
Sie  sich**,  waren  seine  Worte,  ..ich  betrachte  die  schwediscbe  Armee 
als  meine  Garde;  sie  soll  nur  im  äufsersten  Notfall  zar  Verwendung 
kommen"  (N.  A.  II.  127). 

In  den  Verträgen  hat  er  sieh  zwar  verpliichtet,  30tX)0  Mann 
Zinn  Kriege  zu  »teilen.  Sein  stiller  Gedanke  aber  ist,  den  Sinn 
dieses  Bündnisses  nicht  zu.  erfüllen,  seine  Truppen  nicht  schlagen, 
sondern  nur  figurieren  zu  lassen.  Diesen  Plan  hat  er  bis  zum  Ende 
durchgesetzt;  denn  selbst  da,  wo  er  die  Schweden  von  der  An- 
näbenmg  an  das  Schlachtfeld  nicht  länger  znrttck  zu  baltea  ver- 
jnocbte,  reistand  er  wenigstens  ihnen  diejenigen  Plätae  anzoweisen, 
an  denen  sie  anfii^lialb  des  Wirknngsbereiebes  blieben.  Oldob- 
zeitig  stellte  er  das  nissisebe  Korps  WIntiingeiode  dem  Fener  fem. 
Es  bestand  tOx  ihn  freilieb  keine  Veranlassung,  dieses  m  sebonen; 
wenn  aber  der  Kampf  eine  Wendung  nahm,  ^  auf  die  Beserre  sa 
greifen  nötigte,  dann  gab  das  mssisebe  Korps  Sieherbeit,  dafii  das 
sehwedisebe  nicht  in  Anspruch  genommen  zu  weiden  branohte;  es 
diente  als  Bedeckung  der  Schweden.  Eist  wenn  sieb  die 
Schlachten  zum  Ende»  die  Siege  an!  die  verbtlndete  Seite  neigten, 
dann  lag  es  in  Carl  Jobans  politischem  Interesse,  einige  Strahlen 
des  Böhmes  nnd  Glanzes  anob  anf  die  Schweden  abznldten.  Die 
Art  und  Weise,  wie  das  geschah,  drttckt  indessen  nnr  den  gleichen 
Gesichtspunkt  der  Schonung  ans. 

Sollten  die  Tage  von  Gr.  Beeren  und  Dennewitz  als  TCidienst- 
ToUe  Leistungen  Carl  Jobans  Terweziet  weiden,  so  war  es  zweck- 
mäisig,  auf  den  Anteil  seiner  Schweden  neisen  zu  kOnnen.  Dafs 
«s  sieb  nur  um  den  Schein  —  nicht  um  Wirkung  —  handelte,  geht 
aas  der  minimalen  Verausgabung  berror,  die  neben  den  anderen 
grolsen  Scblachteoköipem  so  gut  wie  unbemerkt  bleiben  mufste. 
Bei  Gr.  Beeren  haben  6  schwedische  Geschütze  und  1  Bataillon 
tätig  in  den  Kampf  eingegriffen  (N.  A.  I.  286.  297).  Während 
der  Schlacht  von  Dennewitz  hat  Carl  Johan  das  russische  und  das 
schwedische  Korps  so  lange  zurück  gehalten,  dafs  '^ie  nach  der  Ent- 
scheidung den  Wahlplatz  erreichten.  Nur  noch  russische'  Kavallerie 
und  Artillerie,  neben  schwedischen  Batterien,  konnten  sieh  an  den 
letzten  Momenten,  hauptsächlich  den  Vertolgunjrs-Gefechten  beteiligen 
(N.  A.  I.  521).  Am  18.  Oktober  in  der  Srhlaeht  bei  Leipzig 
sind  nachmittags  5  Uhr  drei  schwedische  Batterien  anter  dem  sehr 
eifrigen  Obersten  Cardeil  ins  Feuer  geschickt  nnd  bis  zur  Dunkel- 
heit tätic  geblieben.  Der  Gesamtverlust  des  Korps  bestand  in 
37  Mann,  wogegen  der  der  Uhrigen  IViippen  unter  des  Kronprinzen 
Befehl,  zu  denen  an  diesem  Tage  auch  das  Korps  Langeron  gehörte, 


Zum  Uerbstfeldstig  1818. 


75 


4833   betrng    (N.  A.  II.  255).       Am    fol<;ciideu  Taj^c,   zur  Er- 
stünnang  Leipzigs,  wich  Carl  Johans  Verfahren  ab  von  den  vor- 
tergehenden  Soblachten.   Den  Scblolsakt  des  Feldzuges  dachte  er 
damit  m  krOnen,  dab  er  an  der  Spitze  seines  Armee-Korps  in  die 
eratOznite  Stadt  eiozöge  and  vor  den  TerbOndeteD  Soaveräneu  para- 
dierte. Die  Garde  m  Fleide  itand  gegen  alle  Gewoboheit  weit  Tor- 
gezogeu  vorwärts  Volkmandoif  znr  Hand,  am  das  Geleit  des  Krön* 
piiozen  zu  bildea,  wihrmd  das  Korps  in  zweiter  Linie  hinter  dem 
korps  Bttlow  rieb  m  Paiade  bereit  maebte.  Des  angestrebten  Ein> 
droeka  halber  duften  aber  Schweden  hei  dem  Schlnisangriff  nicht 
fehlen.     Carl  Johan   stellte    dem  Generalstabsehef  Adlererents 
4  Bataillone  and  2  Kanonen  znr  Yerftlgang  nnd  sehiekte  ihn  per- 
sOnlieh  com  Beobaehten  Torana,  damit  er  den  Moment  nnd  Ort  wahr- 
nehme, wo  diese  Trappen  eindraeksroll  einsasefMn  iHbren.  In 
schweren  Kämpfen  drangen  preaCedsohe  Trappen  in  die  Giimmaer 
Vorstadt  ein,  and  Adlererentz  mnlste  sich  entschlielsen,  aach  die 
seinigen  herbelsaxiehen,  nm  ihren  AnteU  daran  sa  erwerben.  Da 
wollte  es  das  Unglttek,  dab  die  Jäger  der  Erwartung  nicht  ent- 
sprachen.  Das  hoch  anerkennenswerte  Verhalten  der  beiden  Ge- 
schfltze  konnte  diesen  Sehaden  nicht  wett  machen  nnd  es  mnlste 
der  Plan  aufgegeben  werden,  den  Anteil  der  Schweden  hd  der  Er- 
oberaug  Leipzigs  in  Belief  zq  stellen  (N.  A.  II.  274.  281.  805). 
Am  schlagendsten  tritt  der  Milsbraacb   fremder  Ttappen  behols 
•Schonang  der  eigenen  im  holsteinschen  Feldzag  zutage.   Jetzt,  wo 
es  sieb  allein  dämm  bandelte,  den  Sonderfeind,  die  Dänen  nieder- 
zukämpfen,  war  es   natürlich   und   selbstverstündlicb,  dals  die 
Schweden  bervortraten  und  die  Hanptarbeit  auf  sich  nahmen.  Carl 
Johan  aber  leitete  den  Feldzug  so,  dals  das  Gegenteil  gesohehen 
mnfste.   Dnrcb  Druck  oder  Umgehung  ihres  rechten  Flügels  in  der 
Richtung  auf  Rendsburg  kamen  die  Dänen  in  Gefahr,  den  Rückzug 
zu  verHeren,  und  hier  war  emster  Kampf  in  Aussicht.    Das  stärkere 
schwedische  Korps  stand  um  Mölln  schon  diesem  Flügel  gegenüber, 
das  schwnchfre  Wallmodens  rechts  davon  bei  Ratzebarg^.    Da  läfst 
Carl  Johan  die  Korps   kreuzen  und  ihre  Plätze  tauschen:  (Iberdies 
nimint  er  Wallmoden  die  schwedische  Division,  welche  zum  Bt  .stände 
seines  Korps  gehörte,  und  entzieht  sie  so  deo  Strapazen,  welche  er 
diesem  Korps  zudachte,    l'nter  dem  Vorgeben,  Lübeck  stürmen  zu 
äolK  n  —  was  nicht   erforderlieh    auch  nicht  znr  Ausführung  kam 
—  bleiben   die   Schweden  stehen,  während  Walimodeu  auf  dem 
weiteren  Wege  naeh   nnsä«,''lichen  Anstrengungen  allein  die  Eider 
erreicht.    Der  Parade-Äutiiiarsch   vor  Lübeck   diente  dem  Zweck, 
die  Schweden  aus  dem  Gefahr- Bereich  zu  bringen,  Wallmodens 


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76 


Zum  Herbstfeldzug  1818. 


Korps  ate  Stamboek  ffebr  sohwediaohes  InteroBse  TonoaebiebeD^ 
Jetet,  wo  der  FeldsQg  Mt  xom  Ende  neigte,  dittngte  deb  das  Be- 
dttiteie  ra  einer  eobwediecben  Waffentaft  tot.  Der  Kronprinz  lielb 
die  KayaUerie-DiTiBioii  Sigöldebmnd  den  Dünen  naobaetzen  nnd  das 
Gefeebt  bei  BornbOred  am  7.  Dezember  Uefeni.  Sobald  sie  sieb 
dorl  bewibrt  batte,  bielt  er  sie  wieder  an  nnd  verlangsamte  die 
MäiBobe  so,  dalis  kein  Sebwede  dem  mit  Darangeben  der  letzten 
KrXfie  voirttekenden  Wallmoden  zur  Unterstntzang  kam,  vielmebr 
das  nachteilige  Gefeebt  bei  Sebestadt  den  Feldzug  endete.  Darin 
bestand  die  BnndesgenosseuBchaft  Carl  Jobans  in  dem  für  schwedi- 
sches Interesse  aosgefochtenen  Kriege  gegen  Dänemark  (N.  A.  II.. 
423.  446.  468). 

Naehdem  ich  so  nachgewiesen  habe,  wie  Carl  Johan  in  der 
tatsächlichen  Ablehnung  des  Feldzugs-Plans  bebarrt,  wie  er  femer 
dorch  Versagen  der  schwedischen  Trappen  seinen  Bündnis-Ver- 
pflichtungen nicht  nachkommt,  bleibt  an  einigen  Haaptmomenton  zn 
zeif^en,  wie  er  sich  selbst  und  die  ihm  anvertraute  Armee  von  ent- 
scheidenden Kämpfen  fern  zu  halten  sucht,  Einipe  voran«; ire^^ohickte 
Ansseruiif;en  von  Zeitgenossen  ühpr  den  Charakter  Carl  .)ohan>-' 
werden  daxu  dienen,  sein  Verhalten  leichter  verständlich  y.u  machen. 

Aus  der  lievolntionszeit  bringt  Major  Friederich  (\.  353» 
TOn  ihm  folgendes  Bild:  .,8ein  biegsamer  Charakter,  st  in  Khrgeiz 
nnd  seine  8krupellosii:keit  in  (U  r  Wahl  der  Mittel  bewirkten,  dals 
jede  der  politisciieii  Parteien  insgeheim  auf  ihn  rechnete,  wenn  er 
eich  auch  oöen  den  radikalen  Jakobinern  anschlets.  Und  ein  Urteil 
von  1797  laotet:  „Glühend  ehrgeizig,  am  rkamit  tapfer,  hat  er  das 
Talent,  Offiziere  nnd  Soldaten  mit  sich  tortzureili.eu,  Despot  inner- 
halb seiner  Division,  hält  man  ihn  fttr  einen  niederen  Schmeichler 
denen  gegenüber,  die  er  braucht;  falscher  und  gefährlicher  Feind 
raubt  und  plündert  er  wie  jeder  andere,  ist  aber  im  übrigen  Freund 
der  Kevolution." 

Diese  mit  scharfen  Worteu  gezeichnete  Charaktensuk  \ermag 
ich  nicht  bis  an  ihre  ursprünglichen  Quellen  aufwärts  zu  verfolgen. 
Ich  trage  aber  kein  Bedenken,  sie  von  Major  Friederich  zu  über- 
nehmen und  als  Ausgangspunkt  obenan  zu  stellen,  weil  Carl  Johans 
ganzes  Verhalten,  so  wie  wbr  es  welter  kennen  lernen  werden,  binläng- 
lieb  damit  übereinstimmt,  wenigstens  nürgends  in  Widerspmch  gerät. 
Zar  YerrollstSndignng  führe  iob  einige  Urteile  in  mehr  gehaltener 
Sprache  von  1818  anf.  Gnetsenan  sebrieb  am  15.  September 
(N.  A.  I.  887):  „Dank  Ihnen  mein  lieber  Kottenbnrg  (Generalstabs- 
Chef  beim  Koips  Tanentilen)  für  ihre  Tertranliehen  Briefe,  die  gleiob. 


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Zum  HaAsIMdng  1818. 


77 


Intereesant  and  Diedenehlagend  sind.  Ww  Sie  von  Ihrer  docIigeD 
HaoptpeiBoii  sebretben,  hat  mioh  nicht  ttberraschl^  und  habe  ieh  das 
alles  dem  EOnig  vier  Woeben  vor  dem  Wiederaashmoh  der  Feind* 
seligkeiteD  geschrieben.  Ich  bin  indessen  niebt  geneigt,  die  dort 
-empfundenen  Übeln  Wirkaugen  dem  Verrat  zuzasoinreiben;  wohl  aber 
der  Charakterschwäche  and  dem  Einflafe  intriganter  [Imgehnngen". 

Am  27.  September  sebrieh  Kr(>asem;urck  an  Knesebeck  (N.  A. 
IX.  87):  ;,Die  InconveniensBen  der  Wahl  des  Kronprinzen  zum  General- 
Kommando  der  Armee  und  aar  Leitang  eines  wesentUoben  Teils  der 
Geeebäite  waren  voraos  za  sehen.  Gewiiis  scheint  mir  an  sein^  dab 
bei  jedweder  Gelegenheit  Er  sein  politisches  und  peiiOnlicheB 
Interesse  za  Kate  ziehen  wird  and  wir  weit  eher  annehmen  können 
daCs  er  das  öffentliche  Wohl  stets  dem  seinen  nnterzaordnen  bereit 
ist,  ah  dafs  er  je  dieses  letEtere  dem  öffentlichen  an  opfern  den 
WiUen  hat  - 

Und  am  5.  Oktober  (N.  A.  II.  58):  „Von  dem  milstrauisphrn 
uud  äolserst  reizban'n  Charakter  des  Kronprinzen,  sowie  von  seiner 
Art,  das  Ohr  einer  jeden  Klatscherei  zn  Irihen,  entsteht  viel  Unheil." 

Lassen  diese  ATifiihrnnacn  noch  Kaum  Übrig,  am  in  die  Worte 
Carl  Jobans  Vertrauen  zu  setzen? 

Eine  andere  Eigenschaft  zur  Erklärung  für  Carl  .Johann 
ireteu  sieht  Major  Friederich  (I.  353)  in  Mangel  an  Eotächlalskraft: 
Er  erwägte  noch,  wo  er  wagen  mnfste  und  liefs  die  Gnnst  des 
Ausrenhlicks  ungenutzt.  Kojen  (III.  104)  drückt  dasselbe  mit  den 
W(»rleti  aus:  Zum  Ft-ldbei  rn  fehlte  ihm  die  Klihnbeit  des  Handelns. 
Eine  Natur,  die  diese  Kraft  nicht  besitzt,  siebt  immer  nur  die  ge- 
tahriiche  Seite  einer  Kriegsanfgabe,  wird  dadurch  zuerst  zu  vor- 
herrschenden Verteidig ungs  Mafsregeln  and  über  diese  Brtlcke  in  das 
Gebiet  der  Untätigkeit  gedrängt. 

Bei  alledem  kann  es  indessen  ebensowohl  Oberlegende  Vorana- 
sieht  mid  Egoismas,  als  nnbewnfste  Sehen  gewesen  sein,  welche 
Carl  Johan  vom  Wagen  abhielten.  Ich  neige  zn  der  Anffassnng, 
dalb  in  dem  sehlanen  Kopfe  die  erstere  Riditong  mdstene  Überwog. 

Gleloh  bei  der  Zaeammeninmft  mit  den  prenfsisehen  Generalen 
in  Oranienborg  am  18.  Aagust  verfllbrt  Carl  Johan  im  Sinne  des 
Zwiegesprächs  mit  Morean:  Er  will  die  Armee  —  im  Gegensats  zom 
Traohenberger  Plan  —  hinter  die  Havel  nnd  Spree  snracksiehen 
und  Berlin  preiigeboi,  eher  nooh  der  Feind  einen  Schritt  TorwM 
:getan  hat.  Nor  der  heftige  Widerapmeb  Blilows  bewegt  ihn,  snnen 
TIan  soweit  fidlen  m  lassen,  dato  er  dessen  Korpa  vorlftailg  an  der 
Snthe-  nnd  Notte-Linie  aar  Deckung  der  Hauptstadt  stehen  UÜht; 


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78 


ZmB  HerbrtfeldsQg  1818. 


denn  er  niiils  besorgen,  den  Oberbefehl  der  eben  QberwieBeneDt 
Armee  seiner  ITand  entgleiten  za  sehen,  wenn  er  Bulow  weHer  za 
solchem  Widerstände  reizt  (Fried.  I.  368^365.  375—376.  —  N. 
1.  140). 

Carl  Johan  war  der  Meinong  gewesen,  dals  Napoleon  peiBtfii^ 
lieh  mit  Übermacht  sich  gegen  Berlin  wenden  wUrde.  Schon  un 
17.  Aogast  wurde  er  aufgeklärt,  dafs  der  Kaiser  sich  in  Schleien 
befand  uud  die  IStärke  von  Ondinots  Armee  7000Ü  Mann  betrog 
(Fried.  I.  379—380.  —  N.  A.  I.  207.  11.  24.  40).  Sein  Befehl 
vereinigt  am  22.  Aug-iist  morgens  die  Nord-Armee  bei  Saarmand  ai> 
der  linken  Seite  Oudinots  niid  dbt  den  Truppen  auf,  sich  zur 
Schlacht  bereit  zu  halten.  An  Blücher  schreibt  rr  imi  2'/»  Uhr 
morgens:  „Je  marche  pour  lui  (ä  renneini)  livrer  bataüie."  Sobald 
CS  ihm  aber  klar  wird  —  noeh  in  der  Naelit  vom  21. /22.  Ausrast  — 
dals  Oudinot  im  VorrUcketi  begrilFen  ist,  beschlielst  er,  die  Armee 
wieder  zurückzuftlhren  und  hinter  die  Spree  zu  zieheu.  Am  Morgen 
des  22.  August  bei  der  Besprechung  in  Philippsthal  teilt  er  diese 
Absichten  den  Geueraleu  mit  Da  tritt  ihm  liiih  unter  der  be- 
stimmten Erklärung  entgegen,  er  werde  nicht  über  die  Spree  folgen, 
bevor  nicht  zum  Schutze  der  Hanptstadt  eine  Schlacht  geschlagen 
sei.  Der  Kronprinz  sah  sich  genötigt,  ihm  abermals  soweit  nachzu- 
geben. dalK  die  Armee  einstweileo  nur  bis  Teltow  rUckwürts  gehen: 
sollte  (N.  A.  I.  141  —  143). 

Msjor  Friedericli  (1.  387)  verwirft  meine  Darstelhuig  von  der 
Besprechung  in  Philippsthal,  insbesouderc  die  Ab.^icht  Carl  Johans 
hinter  die  Spree  zu  weichen  und  die  Weigerung  Bülows  dahin  zu 
folgen.  Seine  Begründung  ist  indessen  nur  gutachtlich;  sie  ruht 
nielit  anf  BeweisstUokeo.  £r  deutet  darauf  hin.  dafs  das  Interesse 
des  Kronprinzen  einen  Sieg  forderte  und  die  Lage  dafür  so  günstig 
war,  dals  es  offener  Venat  an  der  Allianz  nnd  al»ord  gewesen  wäre, 
dieeo  Gelegenbdt  niolil  ansbenten  zu  wollen.  Damil  würde  ieb  dn- 
▼enlanden  sein  können,  wenn  ieh  ttberhanpt  imstande  wibne,  Carl 
Johane  Versiolienuigea  zum  Schlagen  Glanben  beizumessen.  Aber 
nnr  das  Gegenteil  sümmt  zu  seinem  anwahren  Wesen  nnd  seinem 
steten  Versagen.  Pomphaft  wie  ein  Fffaa,  der  sein  Bad  seblSgt» 
Terkllndet  er  die  Schlacht  in  jedem  Befehl  an  die  Generale  nnd  in 
den  Briefen  an  Blttcher;  nnd  doch  ist  tatsitehlleh  nicht  eine  ans 
seiner  InitiatiTe  hcffrorgcgangeD;  sie  mnfoten  ihm  jedesmal  Uber  dem 
Kopfe  weggenommen  werden.  So  lange  er  hoffen  dufte,  daih  die 
grolse  Koalitioa  Napoleon  niederwerfen,  ihm  Norwegen  ohne  sein 
aktives  l^tretea  verschaffen  wttrde,  brancbte  er  seinen  Feldbem- 
Rnbm  und  seine  sdiwedisehen  Soldaten  nicht  daran  zn  wagen.  Es. 


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Zorn  Herbstfeldsug  1818. 


7» 


kann  zagegeben  werdfio,  dafs  ebensosehr  der  fehlende  fintseblais^. 
als  Überlegung  ihn  der  Schlacht  aasweichen  liels;  denn  in  diesem 
Fall  ist  schwer  festzastellen,  welches  Motiv  Uberwog,  oder  ob  beide 
sieh  gegenseitig  veistärkten.  Was  aber  berechtigt  den  Geschichts- 
forscher, vor  dem  Wort  Yemit  zarttcksosehieefcen,  wenn  ihm  die 
Tatsache  begegnet? 

Ein  Charakter  wie  der,  mit  dem  wir  es  hier  zu  tan  haben,  bietet 
nicht  die  Rechtfertigung,  Zeugnisse  von  Weyrach  und  Vambagei^ 
Uber  einen  Vorgang,  der  seiner  Natur  and  seinem  Wesen  nach  za 
den  vorlieg-endrn  Vrrliältnissen  und  zu  den  handelnden  Personen 
palst,  gäü/.lirh  /u  \cr\\erten.  Zwar  ist  es  nicht  iniwahrsehfinlirh. 
dal's  beide  Bericlil(  rstalt(T  ülifM-  dif  n uirenöcheiulieh  in  Heftigkeit  und 
Aufregung  abgespielte  Szene  einen  zu  drastischen  Ton  angeschlagen 
haben,  darüber  aber  lärst  sieh  da;?  Wesentliche  des  Hergangs  nicht 
aus  der  Gesehichti-  unter  die  Legenth  ii  ve^^^etzen.  Es  entspricht 
doTchaub  Bülows  Jsatur,  dai's  er  weigert,  ohne  Schlacht  seine  Hanpt- 
stadt  dem  Feinde  zu  Uberlassen,  und  ebenso  Carl  Johans  biegsamem 
Wesen,  plötzlich  —  wenig«lcu^  -  nveit  es  den  kräftigen  Bülovv  b«'- 
trifft  —  mit  rii|)l(iiiuitischer  (icwaudtiieit  einer  Schlacht  vorwärts 
Berlin  vurlauiig  zu/,ustiinraen,  den  Abzugsbeiehl  teilweise  zurückzu- 
nehmen. Wir  werden  unten  noch  ganz  andere  Schwäche-Momente 
zu  zeichnen  haben. 

Ich  komme  /.um  Aui^u^L.  Au>  dein  Befehl  vom  22.  abeiiiis 
will  Major  Friederich  (1.  395.  S.)  klar  und  deutlich  ersehen,  dal's 
Carl  Johan  die  Üfleusive  von  der  Kuhlsdorf—Ileinersdorfer  Auf- 
stellung gegen  die  linke  Seite  des  ans  den  Wäldern  hervortretenden 
Feindes  beabsichtigt,  um  ihn  ostwärts  gegen  die  SUmpie  zwischen 
Köpenick  nnd  Wnsterhansen  na  werfen*  leh  kann  nicht  an  diese 
Absiebt  glauben,  blob  weil  Carl  Johan  das  sagt,  and  wo  die  Ana^ 
ttthruog  hier,  wie  bei  allen  anderen  Gelegenbetten  fehlt!  Wenn  e» 
ihm  Ernst  gewesen  wäre,  warnm  griff  er  denn  nieht  auch  seinerseita 
zo,  ab  BlUow  es  tat?  Carl  Johan  wnible  schon,  daib  das  Koipa 
Victor  ihm  nicht  gegenüber  stand,  sondern  in  Schlesien  war,  wa» 
VMjor  Fiicdeitch  an  dieser  Stelle  entgangen  bt  (N.  A.  L  207.  219). 
Wom  die  onhaltbaien  gesuchten  Kechtfertigungen  aof  Kosten  einea 
Uoterfeldhenn  ron  angewtthnlichem  Eifer  (Fried.  414)?  Sobald 
man  xvg^hti  dab  Carl  J<dian  ein  nnanfinchtiger  Charakter,  ein. 
widerwilliger  Verbündeter  war,  dab  er  hier  wie  ttberall  die  Sehlacht 
nicht  wollte  und  nor  stehen  geblieben  ist^  weil  es  keinen  anständigen. 
Vorwand  mehr  gab,  den  hi  den  Kampf  tretenden  Bttlow  Im  Stich  zu 
lassen,  dann  Üben  sieh  alle  Sehwieiigkeiten  zur  Beorteilong  seiner 
flandlnngen  und  deren  Motive;  was  gesobichtiiche  Widersprüche 


80 


ZmB  EßAMUMtmg  1819. 


gezeitigt  bat,  verbindet  sieb  gescbicbtlich  za  einem  bannonischen 
Bild.  Der  Forseber  darf  solcbe  Annalunc  nicbt  aaCser  Beachtung 
lassen»  wenn  Uisaobe  dazn  vorliegt;  nor  bat  er  die  AafgabC)  wahr- 
znDehmeo,  ob  sie  zoireffend  bleibt^  oder  dorob  widerspreebende  Vor- 
gänge in  Frage  gestellt  wird. 

Der  Sieg  über  ein  Korps  Oadinots,  der  im  Nacbtdonkel  endete» 
forderte  am  Morgen  des  24.  Angrnst  den  Aufbruch  der  Nord-.\rmee, 
nni  ihn  auf  die  ganze  Berliner  Armee  auszudehnen  oder  durch  Ver- 
folgen zu  vervollständigen.  Die  Lage  war  so  natürliph  g-ec^cben, 
daiis  ßülov^'  jeden  Augenblick  Befehl  dRzn  erwarten  nmlste  und  in 
Voraossicbt  dessen  einstweilen  Aufkliiiun^nn  abschickte  (Fried.  L 
417 — 419.  —  N.  A.  I.  310).  Der  unklare  l'>efehl  des  Kronprinzen 
von  4V2  Uhr  morgens  forderte  —  als  er  einging  -  nur  die  von 
BUlow  heroits  iretroffenen  Maferegelu;  df-nn  der  Ausdruck  „de  pousser 
vers  Trebbin"  bedeutet  nichts  anderes,  als  Abteilungen  vorzo- 
scbieben.  Hätte  das  Korps  gemeint  sein  sollen,  so  mufste  er  laaten; 
„de  marcher  vers  Trebbin".  Btllow  bandelte  den  gespannten  persön- 
lichen Verhältnissen  t  iitspK  i  hend,  indem  er  sich  dnrch  eine  Rück- 
frage versicherte,  ol>  er  mehr  tun  solle,  als  der  Wortlaut  des  Befehls 
vorschreibe.  Eine  Entscheidung  darauf,  die  binnen  einer  halben 
Stunde  eingehen  konnte,  kam  llberhaupi  nicht  uud  erweist,  dafs  Carl 
Joban  das  Vorrücken  des  Korps  nicht  beabsichtigte.  —  Wie  kann 
mau  bei  Bulows  Charakter,  bei  der  stets  vorwärts  drängenden  Uu- 
jiedüld,  sein  Stehenbleiben  am  24.  August  anders  auslegen,  als  dafs 
es  rücksichtsvoll  dem  Oberfeldherrn  nicht  nochmals  vorgreifen  zu 
mtlssen  glaubte  V  Ist  gegei^  die  Strategie  gesündigt  worden,  so  halte 
man  sieb  an  den  Sttnder  selbst  und  erbebe  nicht  Vorwurfe  gegen 
den  Uoterfeldbemi,  der  seiner  Katiir  harten  Zwang  antun  mnlste, 
am  sieh  den  Unterlassungen  an  beugen,  wddie  peFBUniMie  fitlek- 
siebten  ihm  anfleglen.  Kann  jemand  Blllow  physischer  oder  geistiger 
Ttllgheit,  oder  gar  der  UnentsehlossenfaeÜ  besttditigen,  weil  er  ni^t 
zngriff  (Fried.  L  4X8—419)?  Das  wOide  anf  Bntgleiseii  der 
OtgektiTitlt  hinaaslaafen. 

Miyor  Friederich  (I.  417—419)  strebt  Cari  Johaa  wegen  seiner 
UntttUgkeit  an  entschnldigen;  er  seheiol  Swedens*  Etnihib  Teiflallen 
sa  sein.  Doreh  die  am  Abend  des  28.  nnd  am  24*  Aogost  ein- 
gehenden Meldnngea  erfahr  der  Eronprins»  dafe  16000  Tamotm 
am  21.  Angast  ans  Magdebnrg  vorgebroehen  waren  nod  die  Ein- 
sehliefsongs-lVappen  anter  Pnilila  snm  Answeieheo  In  der  Blohtuig 
nat  Brandenbmg  veranlaist  hatten.  Er  bildete  sieh  die  Heinnng 
oder  gab  sie  Tor,  dals  Davoat  mit  einem  Teil  seiner  Trappen  avs 
Meelilenbnrg  über  Magdebnrg  im  Anroarseh  wSre,  obsefaon  kehie 


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Zur  Sobie(«aa6bilduiig  der  Infanterie.  Sl 

Meldung  vorliegt,  welche  dazu  bereehtig:te.  und  VL'ifU|^te  im  Laufe 
des  24.,  dafs  die  Division  Hirschfeld  nach  Brandenburg  rücke,  um 
das  feindliche  Korps  Uber  die  Elbe  zurückzuwerfen,  und  die  Kasakeu 
Tscberojschows  weiter  sttdUeh  auf  Beizig  beobachteten.  Damit  war 
nun  abör  —  bei  des  Kronprinzen  Anffusang  von  der  Lage  —  diese 
Seile  soweit  gedeckt^  dafs  die^  Zeit  blieb,  nm  mit  der  Nord*Annee 
einen,  selbst  zwei  Verfolgungs-Mltrsehe  zn  machen.  CSarl  Joban 
befimd  sieb  aof  den  inneren  Linien  zwiseben  dem  venneintliehen 
DaTont  nnd  Ondinot  Das  Magdeburger  Koips  —  am  21.  Angnst 
aulgebrochen  —  konnte  bei  ungehemmten  Märschen  die  15  Meilen 
nach  Potsdam  oder  Trebbin  bis  eiaschliefsiich  den  25.  Angnst 
snrQcklegen;  gegen  den  Widerstand  Hirscbfelds  nnd  Tschernysehows 
an  Wasseriänfen  and  Mooren  waren  weitere  zwei  Tage  zu  veran- 
schlagen. Die  Nord-Armee  konnte  also,  wenn  es  nötig  werden  sollte, 
die  Nnthe-Lime  zdtlg  genng  wieder  erreichen  imd  mit  der  Front 
gegen  Westen  yerteidigen.  In  Wirklichkeit  kann  indessen  die  €kfahr 
dnxeh  Davont  dem  Kronprinzen  am  24.  nachmittags  nicbt  mehr 
erheblich  erschienen  sein,  da  er  Hirschfeld  zumutet,  mit  seiner 
DiTision  ihn  ttber  die  Elbe  zn  werfen.  Selbst  wenn  er  das  russische 
und  schwedische  Korps,  gröfserer  Sicherheit  fttr  die  Flanke  halber, 
stehen  liefs,  so  hätte  er  doch  BUlow  und  Tanentzien  die  Anweisung 
zu  kräftigem  Verfolgen  geben  können.  Ob  der  Grond  zn  der  ?ölligen 
Untätigkeit  in  Mangel  an  E^tschlofs  allein  oder  auch  in  fehlendem 
WUien  zu  suchen  ist,  das  werde  ich  später  besonders  erörtern. 

(Scblnls  folgt). 


V. 

Zur  Schiessausbildmig  der  lafanterie. 

Von 

Meyer,  Hauptmann  nnd  Kompagniechef  im  K.  S.  11.  Inf.-Regt.  139. 

Streuung,  Schulübung  und  Schulscheibe. 

Man  kann   die  JScbuiUbungen,  welche   die  Schielsvorschrift  filr 
die  Infenti  ru'  vorschreibt,  rücksichklich  der  gestellten  Bedinguogeu 
.  und  unter  Vergleichung  der  letzteren  mit  der  Leistungsfähigkeit  der 

JakrbCeker  für  «Ii«  dtatsoha  Anate  nad  Marin«.    N<>.  S88.  6 


82 


Zur  SobiersmisbildnDs  dm  Infuitofie. 


Waffe,  also  der  GröGse  und  Gestalt  der  StreaoDgsfläeben.  to  zwei 
grnndsätEHoh  Yeiaehiedene  Qnippen  teilen: 

1.  solehe,  bei  denen  eine  Mindestleistung  des  einzelnen 
SchnsseSy  nnd 

2,  solehe»  bei  denen  eine  Gesamtleistung  aller  Sebllsse 
verlangt  wird. 

Bei  der  InÜEUiterie  geliören  zur  1.  Gruppe,  abgesehen  ¥on  den 
beiden  ersten  Hanptttbangen,  alle  Übungen  nnter  300  xnr  2.  Gmppe 
die  Übungen  anf  800  m  und  weiter. 

Vergleleht  man  nun  die  Bedioguageu  der  SefanlUbnngen  mit  der 
GiOCse  der  Streuungsfltfehen  auf  den  betreffenden  fintfemangen,  so  er- 
gibt sich,  snnäebst  bis  einscblieMeh  300  m,  dafe  die  gestelltea 
Anfoidemngen  im  Verbültnis  lur  Streuung  sehr  geringe  sind. 
Bei  Venneidnng  von  Zielfehlezn  ist  selbst  dann  die  ErfllUung  der 
Übung  gewährleistet,  wenn  sieb  die  3  Sehnis  der  Übung  auf  die 
äu&ersten  Grenzen  der  Streunngsfläche  verteilen  soUten. 

Nun  wird  es  aber  kaum  einen  Schützen  geben,  der  immer  und 
bei  jeder  Beleuehtung  Zielfehler  rermiede.  So  habe  ich  mebrfoeh 
festgestellt,  dab  grelle  Beleuehtung  der  Viaiereinrichtaog  auf  300  m 
einen  Zielfehler  naeh  der  Htthe  verantassen  kann,  weichem  eine 
AbwdehuDg  des  Gesohosses  um  40  bis  70  em  vom  erhofften  Treff- 
pnnkt  entspricht  Trifft  nun  z.  B.  ehi  Zielfehler  nach  oben  —  VoU- 
kom,  —  zufiUlig  auf  einen  SehufSf  der  boeh  sitzt,  so  kann  ein  Müs- 
ertolg  die  Folge  sein,  an  dem  die  Sehnld  nur  zur  HKIfte  der  SchtttEe, . 
zur  anderen  Hülfte  aber  die  Streuung  trSgt. 

Tatsächlich  ündet  also  eine  BenachteiliguDg  des  Sebtttzen  dadureb 
statte  daÜB  die  HVbenatreuang  grölser  ist,  als  die  Breitenstreuung, 
und  mit  der  Entfernung  wächst  diese  Benachteiligung,  da  die  Höhen- 
streuung Tie)  schneller  zunimmt,  als  die  Breitenstreunng. 

Unter  dieser  BenachteiligoDg  muls  gerade  d^  Anfiinger  am  ■ 
meisten  leiden,  bei  dem  doch  alle  Milserfolge,  die  ihn  mutlos  machen  . 
könnten,  vermieden  werden  mdehten.   Man  kann  dies^  Benach- 
teiligung dadurch  begegnen,  dafs  man  Abweichungen  nach  rechts 
oder  links  hoher  bewertet,  als  Abweichungen  naeb  oben  und  unten, 
die  man  müder  auftzlst.   Es  ergibt  sieh  daraus  mein  Vorschlag: 

die  Ring-,  Ringkopi-  und  Ringbrustsoheiben  mit  ova- 
len Bingen  zu  versehen,  derart,  dafs  auf  der  fttr  Jede 
Schuittbnng  bestimmten  Entfernung Htthen-  und  Brelten- 
durehmesser  der  Ringe  in  demselben  VerhUitnis  zu 
einander  stehen,  wie  Höhen-  nnd  Breitenachse  des 
entsprechenden  Streuungsbildes. 


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Zar  SehieliEMUubUdiing  der  Infmterie.  g$ 

Da  die  SchulUbaofreu  aaf  150  m  begiuruji  und  hier  die  Streu- 
ang  schoD  gfölaer  ist,  als  die  12,  so  könnte  raun  unter  Beibehaltung 
der  kreisförmigeu  Gestalt  der  12  mit  dem  iialbiuesser  5  cm,  und 
unter  Festhaltong  des  Grundsatzes,  dals  die  Halbmesser  dir  liiu^e 
in  der  ßreitenaasdehnong  immer  um  5  cm  wachseu  sollen,  folgender- 
malseii  rechnen: 

Hölu  DstreuuDg          x  (Höhendurcbmesser  des  betr.  Kluges) 

Breiteoätreaimg         Qnerdorcbmesser  des  betr.  Hiuges 

(Gröfse  wie  bisher) 
Also  auf  150  m  (vergi.  8chielä¥orschnft  S.  22): 
tttr  King  11: 

17  :  15  =  X  :  20 
22,67  =  X, 

d.  h.  Ring  11  hat  nicht  wie  bisher  20,  soodern  22,67  cm  Höhen- 
dorebmesaer. 

Fttr  die  Eingaohelbe  160  ezgttbe  das  folgende  HOhendareb- 
mener  der  eilitelneD  Hinge: 

Ar  Bing  1:  186    em  fttr  Bing  6:  79,88  om 

«     „   2:  124,67  „  „     „   7:   68  » 

„     „   8:  113,88  „  n     «   8:   56,67  « 

„     «   4:  102     ,  n     n   9:  46,88  „ 

n     n    5:   90,67  «  „     «  10:   B4  « 

„     n  11:   22,67  „ 

Setel  man  in  obige  Proportion  die  Werte  ttr  die  Strenaug  aof 
200,  besvr.  800  m  dn,  so  eigftbe  sieli  filr: 

Ring-  pp.  Scheibe  200  (s.  Flg.  2)         Bing-  pp.  Scheibe  800 
für  Ring  1:  150    cm  iOr  Bing  1:  184  emO 


n 

2: 

187,60 

t> 

11 

» 

2:  168,67 

n 

rt 

8: 

125 

it 

n 

»1 

8:  15S»88 

II 

4: 

112,60 

n 

n 

» 

4:  188 

1» 

» 

» 

5: 

100 

»1 

t* 

5:  122^67 

»» 

6: 

87,50 

1* 

n 

» 

6:  107,88 

n 

n 

7: 

76 

» 

n 

II 

7:  92 

1» 

» 

1* 

8: 

62,50 

II 

M 

11 

8:  76,67 

II 

n 

» 

9: 

50 

»» 

» 

1» 

9:  61,38 

II 

n 

n 

10: 

87,50 

n 

II 

>» 

10:  46 

II 

»f 

n 

11: 

25 

» 

I» 

11:  30^67 

II 

>)  Bleibt  die  Gesamthöho  der  Scheibe,  wie  bisher,  170  cm,  so  wird 
also  der  oberste  und  unterste  Tlü  1«  -  I^Jn^es  1  nieht  mehr  auf  der  Scheibe 
erscheinen,  was  jedoch  nicht  ins  Gewicht  fällt. 

%* 


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84 


Zur  SchieftwuMdmig  dar  lofintoiie. 


Die  EinfabniDg  derartiger  Scheiben  wlirde  eine  Erldchtemog 
für  den  Anftoger  bedeoten,  welche  idedemm  eine  Sftcigemng  der 
Anfordemagen,  wenigstens  gewisser  ubnngen,  wie  der  der  1.  nnd 
besondereD  SohielhUaBae,  erlauben  könnte.  Eine  noch  feinere  Diffe- 
renderong  in  den  Bedingongen  Heise  sidi  dueb  aosscfalieisliehe  Yer* 
Wendung  der  Bing-  pp.  Scheiben  zn  24»  statt  zn  12  Bingen  er- 
reichen. 

Wenn  ich  nan  eioe  solche  Erleicbtening  fUr  den  AnfUnger 
empfehle,  so  bin  ich  weit  davon  entfernt,  die  ans  den  Grdlsenver- 
hältnissen  der  Streuungshilder  entwickelten  Grundsätze  anch  auf  die 
Übungen  gegen  die  Sektionsscheiben  in  Anwendung  zn  bringen. 
Zwar  liegt,  wie  Fig.  1  zeigt,  keine  der  Strpnnngen  400,  50<)  und 
600  m  ganz  innerhalb  des  Qnerbandes  2  der  betreffenden  Sektions- 
scheibe; möglieh  ist  es  also,  dafs  ein  Hann  ohne  eigene  Sehold  si  ine 
Übun^  gegen  eine  solche  Scheibe  nicht  erfüllt.  Hau  moJs  aber 
folgendes  in  Rechnung  idehen: 

Der  Mann,  der  bis  zu  den  Übungen  gegen  Sektionsscheibe  vor- 
g:osehritten  ist,  kann  nicht  mehr  als  Anfänger  bezeichnet  werden;  er 
kennt  seine  und  seines  Gewehrs  Leistunsrsfähip^keit  und  ist  nicht 
^rleich  entmutigt,  wenn  der  erste  Schufs  tnilsliugt.  Sodann  ist  es  wohl 
eine  Seltenheit,  dafs*  bei  nur  ."j  Schuls  einer  wirklich  den  hooht^ten 
Punkt  des  Streuungsbildes  errfiebt  und  gleichzeitiL'  ein  anderer  den 
kürzesten,  vielmehr  sitzen  bei  iilt  ichbleibendeni  Haltepunkt  rim  so 
kleine  Zahl  von  Schtlsscn  meist  ziemlich  nahe  zugannmii.  1  nd 
endlich  bilden  doch,  wie  schon  früher  erwähnt,')  die  Übungen  gegen 
die  Sektionsscheiben  den  Übergang  zum  Sehiefsen  gegen  gefechts- 
mälsige  Ziele^  und  der  Schüti:e  mufs  in  fiiw  Lagt  versetzt  werden, 
wo  er  sich  sagt:  der  einzelne  Schuls  kann  Milscrfolg  haben,  trotz 
tadelloser  Tätigkeit  des  Schützen  — ,  um  so  besser  muLs  der  nächste 
sein!   Also  Selbstkorrektiir! 

Die  Erfahrung  lehrt  ja  auch,  dals  die  Übungen  gegen  die 
Sektionsscheiben  meist  von  den  Leuten  als  nicht  besonders  schwierig 
empfunden  werden.  An  sich  ist  das  kein  Nachteil,  vielleicht  sogar 
vom  psychologischen  Standpunkte  aus  ein  gewisser  Vorteil:  die 
tlbungen  auf  150  bis  30Ü  m  haben  dem  Schtltzen  nicht  un wesent- 
liche Schwierigkeiten  gemacht:  Jetzt  tritt  ihm  ein  beinahe  gefechts- 
mälisiges  Ziel  in  der  Sektionssclicibe  entgegen,  dessen  Best'hiefsung 
ihm  wenig  Schwierigkeiten  macht;  die  natürliche  Folge  ist  eine 
Stärkung  deb  \  ertrauens  zur  W&de  und  zn  sich  selbst,  welche  nur 
von  Vorteil  sein  kann. 


1/  Jahrbücher,  Heft  088,  S.  126. 


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Zar  SeldeAaiMbildiiiig  der  InfBaterie. 


86 


läne  wesentiiohe  Andenmgf  der  Sektionsseli^beo  400»  500  und 
600  halte  ieh  also  flii  niebt  aiigebraebt,  trote  der  erwähnten  Streu- 
ongaveihiltaiiMe.  Nor  aaf  die  von  mir  vorgesehlageDe  anderweite 
Beaemitiiicf  der  QuerbSiideri)  —  lUmiioh  befürwortet  vom  Ver&ner 
▼on  „Lehraehieben — SeholacbietBen"  aof  S.  188  der  genannten 
Nummer  der  JahrbQeher  —  sei  aach  hier  nochmals  bbgewieaen. 

VoraassetzQDg  hierbei  ist,  dafs  an  dem  GnindBata  fea%e- 
halten  wird,  den  ieh  an  den  Beginn  dieses  Aafsatzea  stellte:  dals 
nämlich  wirkliches  Ponktschielsen  in  den  Schalttbongen  der  Infan- 
terie nnr  bis  einschliefslich  200  m  betrieben,  also  nnr  bis  aal  diese 
Entfernung  eine  Mindestleistoag  des  einzelnen  Scbasses  verlangt  wird. 
£iner  späteren  Untersachong  darf  es  Torbebalten  bleiben,  das  Ftlr 
nad  Wider  zu  diesem  Onmdsata  g^neinander  absnwligen. 

Auge  und  Visiereinnolituiig. 

Das  mensohliohe  Auge  akkomodiert  sieh  der  Entfemnngf  aof 
die  es  ^en  Gegenstand  sieht»  d«  h.  die  Linse  nimmt  je  nach  der 
Entfemnng  verschiedene  Krttmmnng  und  hiennit  verschiedene  Breoh- 
QDgsfäbigkeit  ftlr  liohtstrahlen  an.  Nnr  diejenigen  Strahlen,  welche 
ans  der  Eotferaang  kommen,  auf  die  das  Ange  gerade  akkomodiert 
ist,  vereinigen  sich  an!  der  Netzhaut  za  Punkten,  erzeugen  also 
ein  seharfes  Bild,  während  alle  anderen  anf  der  Netzhaut  Kreise 
bilden,  sogenannte  Zerstreoungskreise,  die  versebwommene  Bilder 
geben.  Beim  Zielen  akkomodiert  sich  das  Ange  mit  dem  Ziel,  also 
müssen  Korn  ond  Visier  in  Zerstreuungskreiseu  erscheinen. 

Nun  besteht  das  Zielen  dario,  dafs  man  das  scharfe  Bild  des 
Haltepunktes  mit  den  Mittelpunkten  der  von  Visier  nnd  Korn  ge- 
bildeten Zerstreuungskreisp  tut  Deckung  bringt.  Diese  Tätigkeit 
wird  um  so  schwieriger  sein,  je  ungünstiger  die  Visiereinrichtung  zu 
diesem  Zwecke  gestaltet  ist.  Je  weiter  das  Visier  vom  Auge  entfernt 
je  näher  dem  Korn  es  steht,  um  so  mehr  werden  die  von  Visier  und 
Korn  gl' bildeten  Zerstreuungskreise  an  Grölse  sich  einander  näh&m, 
ihre  Deckung  im  Auge  also  eilt  ii  hteit  werden. 

Durch  ein  rerscbiebbares  Visier,  \\tlehesje  nach  der  Seh- 
scbärie  des  Mannes  weiter  vor-  oder  zurückgestellt  werden  konnte, 
wären  wesentliche  Vorteile  für  das  Zielen  wohl  zu  erreichen;  aber 
diese  Einrichtung,  welche  meines  Wissens  schon  an  Jagdwaffen  er- 
probt worden  i^^t,  eignet  sich  ans  technischen,  Ausbildunt.rs-  uiul  Vei- 
waitungsriicksichten  wohl  kaum  fUr  Kriegswaffen.  Wohl  aber  Heise 

»)  A.  a.  0. 


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86 


Zur  SehiaftaiMbikUmg  dar  Infiuiftecie. 


sich  durch  eine  andere  Gestalt  des  Kornes,  welche,  wenn  auch 
der  Zerstreuongskreis  nicht  zu  beseitigen  ist,  doch  eine  intensivere 
Einwirkung  auf  die  Netzhaut  hervorbringt,  und  hiermit  korrespon- 
dierend der  Kimme  des  Visiers  ein  günstigerer  Apparat  zum  genauen 
Zielen,  ganz  besonders  bei  ungünstiger  Beleachtong  schaffen.  Bild  1 
stellt  eine  solche  Visierung  dar.^) 


\ 


Unser  spitKs  Koni  wbd  sehr  sehnell  blank:  belle  Belenobtang 
Teranlalst  aebon  anf  800  m  Ztelfebler  Ton  90 — 60  ein  naeb  der  Hobe, 
ja,  bei  Leuten  ebne  bitenaive  Obong — der  Mebnabl  nnserer  Sebllteen 
im  EmstfaU,  —  noob  mebr.    Ant  den  gro&en  BnHenuingen,  anf 


1)  Diese  Gtestaltiuig  der  Visiereinrichtung  wurde  von  einem  Herrn  meines 
I^e^iments  an  (»inem  Jagdgewehr  und  einer  Scheibenbüchso,  von  mir  an 
einer  alten  JägerbüchBe  71  ausprobiert.  Übrigens  ist  die  Konstruktion  nicht 
neu:  man  kann  sie  an  Gewehren  (auch  Kriegs waffen)  früiierer  Jahrhunderte 
oft  genug  aeben.  Jedoch  hatte  sie  damals,  wo  vom  miUtlrisoben  Pnakt- 
sciiielben,  wie  wir  es  kennen,  noch  keine  Bede  war,  nicht  viel  xu  bodeoten. 


Zar  SoliieÜiimBbIkkmg  der  Infuteiie. 


87 


denen  wir  heutzutage  das  Gefecht  eröfliien,  veranlassen  solche 
Fehler  ein  Übersohielsen  des  Zieles  am  mehrere  Meter  oder  (in 
Kury.sebiefsen  um  <  ine  heträchtliehe  Strecke:  das  beste  Schätzen 
und  Messen  der  EntierQuniron  hilft  nichts,  erst  die  so  sohwierige 
Beobachtung  des  Zieles  bringt  die  K,orrektar,  nnd  kostbare  Zeit  geht 
im  Gefecht  verloren. 

BUd  2. 


Aber  aaob  bei  gtlDstiger  Beleaohtoog  ist  es  sebwieriger,  einen 
Funkt  —  denn  das  ist  doeb  onseie,  wenn  nncb  nicht  sehr  sebarfe  Koni* 
spitn,  —  riebtig  anf  das  Ziel  einsostellen,  als  einen  brelteien  Gegen- 
stand, wie  B.  B.  das  Eoin  nnseres  Bildes  1.  Das  Bild  des  Zieles, 
anf  welobes  das  Ange  akkomodiert  ist  nnd  daqenige  des  Yisier- 
kanuns  dnnb  seine  Massigkeit  bebeirschen  di«  Netsbaut  zn  sehr  im 
Yerbilltais  va  der  sarten  Komspitae.  Bin  breites  Korn  wird  es  also 
dem  Ango  ftlblbarer  maoben,  wenn  die  Einstellnng  falseh  ist»  als 
ein  spMses.  Vollkoxn,  Feinkorn,  geklemmtes  Korn  wirkt  im  Ange 
des  SchtttBen  bei  dieser  Konstruktion  geradesn  beleidigend ,  vgl. 


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88 


ümsolutL 


Bild  2.  Auch  der  schlechte  Schütze  erkennt  dies,  und  zwar  leichter, 
als  beim  spitzen  Korn.  Ich  halte  es  bei  dieser  Visiemng  für  aus- 
«reschlossen,  dafs  gvohe  Zielfehler  gemacht  werden,  selbst  bei  nu- 
günstiger  Beleuchtung,  Meine  Versuche  bestätigen  es.  Da«  Bild, 
der  Reiz  auf  die  Netzhaat,  ist  eben  beim  breiten  Korn  btiirker,  so 
dals  er  gegen  den  Reiz,  den  Ziel-  and  Visierkamm  ausüben,  nicht  zu 
sehr  znrttcktritt  und  der  Nachteil  der  Zerstreunngskreise  aul  diese 
Weise  wenigstens  einigennalsen  wettgemacht  wird. 

Nicht  unerwähnt  darf  bleiben,  dnls  diese  Konstruklion  wider- 
standsfähiger und  nicht  teurer  sein  durfte  als  die  jetzt  gebräuchliche. 
Die  Schärfe  des  Zielens,  um  auch  dies  uoch  zu  streifen,  hängt  übrigens 
durchaus  nicht  von  der  Feinheit  des  Kornes  ab.  Man  kann  mit 
einem  oben  breiten  Korn,  eben  seiiu  r  grölseren  Deutlichkeit  halber, 
eben  so  scbjirf,  wenn  nicht  schärfer  zielen,  wie  mit  einem  spitzen, 
and  der  Grundsatz,  Punktschielsen  zu  lehren,  braucht  durch  die 
vorgeschlagene  Visiereinrlohtiuig  keineswegs  Eiobnlse  za  leiden.  VO0 
diesem  Grandiatz  durften  wir  aber  aiieli  oline  Sohadea  für  die  Äna- 
bildnng  niemals  abgeliai. 


VI. 

Umschau. 

Deotsolilaiid. 

in  dem  Anlsehen  and  Befremden  za  gleichen  Teilen  erregenden 
Aofsatae  „Einiges  aar  Anfklttrang  ttber  Rolirrttoklanf  and 
Panser<*  (Milttär-Wocbenblatt  10  and  11,  1908}  war  hinsielidieli  der 
fianxOslBohen  Armee  behanptet^  »die  kleinstoo  Lente  sollen  ftlr  die 
FeldartiUerie  aa^gehoben  werden,  nm  mOgBchst  Sohata  hinter  dem 
Material  an  finden''  (8p.  820).  In  einem  merkwürdigen  Widerqimeh 
mit  dieser  fiesümmnng»  die  weder  doreh  Loebells  Jabresberiehte,  noeb 
dnreb  Irgend  eine  anderweitig  liekanat  gewordene  VerOffentUobnng 
bestätigt  wird,  steht  eine  im  Oktoberbeft  der  Bevae  d'artilleiie  mit- 
geteilte Verftigong  des  Kriegsministeriams  vom  8.  September  1908,. 
welche  festsetat,  daia  das  Mindestmaß  fOr  die  in  fahrenden. 


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UmMliMi. 


89 


Batterien  em/.iistelleuden  Freiwilligen  1,60  ni.  lilr  die  /um  Tel! 
ebenfalls  mit  Schutzschilden  verseheDen  reitenden  Hattciieu  so^'ar 
1,66  m  betiHL't  n  müsse.  Nur  fUr  die  Leute,  dif  als  Handwerker 
Verwendung  linden,  darf  unter  dieses  Malß  heruntergegangen 
werden.  Bekanntlich  ist  das  Mindestmafa,  mit  dem  die  Ke- 
krnten  in  Frankreich  (  iniXL^tf  llt  werden,  1,54  m,  wenigstens  für  die 
Infanterie.  Em  Maximalmals  für  die  einzostellenden  Freiwilligen 
ist  in  jener  Verfilmung-  nicht  vorgesehen  Bemerkenswert  ist.  dafs 
d\v--i'  Festsel/.uiig  über  die  Minini  a  l  i^rulse  der  Artilleristen  zum 
t  r-tfTi  Male  im  Jahre  IDO'J  gegeben  ist;  die  kriegsministerielle  Ver- 
tagung vom  Jahre  1!K)I,  welche  die  Einstellung  der  Freiwiiiigen 
regelt,  enthält  noch  keine  Festsetzung  über  die  Grökeumalse. 

Wenn  der  Verfasser  des  in  Hede  stehenden  Aufsatzes  im  Militär- 
Wochenblatt  nicht  die  Quelle  angibt,  aus  der  er  seine  Mittel! uu- 
geschupft  liat,  su  niuls  angenommen  werden,  dafs  er  statt  Mmimum 
gelesen  hat  ^Maximum'',  was  dann  aikidiügs  die  Zuverlässigkeit 
seiner  Angaben  in  keinem  vorteilhalteu  Lichte  erscheinen  lassen  würde. 


Pmikx6ioli. 

Das    aoterm   4.   September   1902    genehmigte   £xeriier-  Das  neue 
Reglement  fttr  die  Gebirgs-Artillerle  hat  eine  «hnliobe  Ein-  ^^^^^nt 
teilvng,  wie  dai  Beglenent  der  FeldaifOleiie,  nnd  pabt  deb  ihm  der;Gebirgs- 
nach  M5gUQbkeit  an.   Der  L  Teil  (mehr  innktischer  Natnr)  nnfafst:  »rtiUerie. 
Die  allgemeinen  Onmdlagen  der  Anabildung,  die  Ansbildnng  an  Fnlh, 
die  artilleiistiaebe  Avsidldnng,  die  Führung  nnd  die  Beladung  der 
Maultiere,  das  Bxenieren  der  anf  ManMere  verladenen  Batterien,  den 
Dienst  im  Felde,  Paraden  etc.    Der  II.  Teil  (mehr  theoretifleb) 
enthält:  Allgem^nea,  die  tragbaren  Waffen,  Material  der  Artillerie, 
Klebten  und  Sebieben,  Anebüdnng  and  Pflege  der  Tiere,  Besebirmng, 
Felddienat. 

Die  Gebirgskanone  Modell  1878  ist  in  ihrer  Einriehtang 
Sbnlieh  der  Feldkanone  Modell  1877;  sie  hat  keine  Neakonstmktion 
eifabren.  Der  Kaliber  ist  bei  beiden  80  mm. 

Die  Oebhrgakanone  ist  zerlegbar  nnd  besteht  ans  dem  Rohr, 
der  zweiteiligen  Lafette,  die  ans  dem  Stirnleil  nnd  dem 
Schwan  steil  gebildet  wurd,  den  Rädern  nnd  der  Gabeldeichsel. 
Das  GesehlltB  kann  gefahren  oder  getragen  werden.  Im  letzteren 
FaUe  trägt  dn  Manltier  das  Bohr,  eins  den  Stimteil  der  Lsfette, 
eins  aogldeb  den  Schwanzteil,  die  Räder  nnd  die  Gabeldeichsel. 

Das  Bohr  ist  ans  Stahl  nnd  hat  die  Bingkonstmktion,  den 
SehnnbenYerschlnlb  de  Bange,  mit  plastischer  Lidemng,  seitlieher 


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-90 


Unudiaa. 


Visierlinie,  Rohrlänge  15  Kaliber,  Kobrerewicht  105  kg.    Die  Lafette 

besteht  ans  Stahlblech.  Der  Stimteil  hat  ein  Gewicht  von  112  kir. 
der  Schwaiiztt  il  von  :U  kg,  beide  werden  zum  Fahren  nnd  Schieläeu 
dnrch  Scbliefse  und  Docke  verbunden,  die  Kader  wiej^en  54  kg, 
die  Gabeldeichsel  19  kg.  Zum  Transport  der  Mnnition,  Werk- 
zeutr  etc.  dienen  Kasten,  welche  auf  Maultieren  fortgebracht  werden, 
ebentso  die  Gebirgssclimiede,  an  Fahrzeugen  hat  mau  Faok-  und 
Lebeusmittclw  agen. 

Die  Geschosse  sind:  1.  das  Schrapnell  mit  Dopp elzttnder, 
ein  Riüghoblgescbors  (obus  ä  balles),  an  dessen  Stelle  auch  ein 
Schrapnell  mit  Vorderkammer  (obus  ä  mitraille)  treten  kann,  Gewicht 
H,3  bezw.  (>,D  kg;  2.  die  Langgranate  mit  Aufschlagzünder,  hat 
Menilit-,  oder  Cresylit  als  Sprengladung:  3.  die  Kartätsche.  Die 
Ladung  von  125  g  besteht  aus  rauchlot.em  i*alver  (BCNL)  in  einem 
verhrennbaren  Beutel.  Als  Ztuidung  dient  die  Reibseh  lagröhre. 
Zur  Munition  gehört  norh  die  Signalrakete  (mit  Stab).  Die 
Munitionskasten  nehmen  7  Schrapnells  bezw.  Langgranaten, 
R  bezw.  7  Kartätschen,  10  Schlagrühren  auf,  Gewicht  (iH  kg.  Die 
afrikanischen  Gebirgsbatterieu  haben  besondere  Kasten  fUr 
8  Kartätschen. 

Zu  den  Richtmitteln  gehören :  a)  Der  Richtbogen  Modell  1900, 
(nlveau),  der  ftir  den  Oeländewinkel  einen  in  300  gleiche  Teile 
geteilten  Kreis,  für  die  Entferoung  einer  solchen  von  0  bis  3900 
enthält;  b)  der  Kiehtkreis  (goniomötre),  dessen  Platte  (plateaui 
in  4  Quadranten  geteiJt  iit^  jede  mit  10  Teilungen  von  0,  100, 
'200  ....  90O,  welehe  die  Tmendstel  des  ViertelkiriseB  angeben. 
Dazu  gehört  ein  Visierfemrohr  (eollimatenr)  mit  Waise  (tambonr), 
•die  100  Teilstriehe  hat,  von  10  sn  10  beseiehnet;  g)  der  Mefsstah 
(rögrlette  de  diieetion)  aas  Hole  sam  Ermitteln  der  Seitenve^ 
sehiebnng  beim  Biohten  anft  Hülbsiele;  d)  das  Baiteriefernrohr, 
mit  dem  sieh  Seiten-  nnd  HOhenabwetcfanngen  messen  lassen;  es  UÜht 
sieb  «rie  der  Riehftreis  gebranehen.  Die  ZUnderstellmasehlne 
(döboQcboir)  hat  dieselbe  Bestimmung  und  fiinriobtnng,  wie  beim 
Feldgesehttti. 

Die  Tragesttttel  (bäts)  sind  in  3  TersohiedeDen  Modellen  vor- 
banden: solebe  ittr  das  GeBobtttBrohr,  lllr  die  Laifettei  ftr  die  Kasten. 
Man  bat  aneh  Tiagesältel  znm  Transport  von  Verwimdeten  oder 
Kranken  (oaoolels). 

Die  tragbaren  Waffen  nmiassen:  den  Karabiner  mit 
däbelbajonett,  den  Beyolrer  nnd  den  SäbeL  Der  Karabiner 
(monsqneton)  ist  fflr  Paketladang  eingerichtet  die  Patronen  werden 
zu  je  drei  in  ebiem  Babmen  rereinigt,  eingebraehl. 


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UiMehttL 


91 


Die  Bedienung  des  f'TeschUtzes  wird  durch  4  Kanoniere 
bewirkt:  der  Riehtkanonier  bedient  den  Verscbluls,  setzt  die 
Ladung  ein,  handhabt  den  lünhtkreis  und  richtet  das  Geschütz,  der 
Schielskauunier  handhaht  di  n  Klchtbo^en,  setzt  die  Zündung  ein 
und  feuert  ab,  der  Hilfsrichter  erteilt  die  grobe  .Seitenrichtnng, 
der  Munition skanonier  versorgt  das  Geschütz  mit  Schiefsbedarf. 
An  dem  Mnnitionskasten  belindet  sich  der  Zünderstcl  lor,  welcher 
die  Zünderstellmaachine  bedient  und  der  Zuträger,  welcher  die 
Munition  ans  dem  Kasten  entDiumit,  die  Stellmaschine  versorgt  und 
die  Munition  an  den  Munitionskanonit  r  weitergibt. 

Zum  iiemmen  des  Geschützes  beim  Schielsen  dient  die 
Nah enreibungs bremse,  welche  von  dem  Rieht-  und  dem  Schieis- 
kanonier bedient  wird.  Di«  S(  iteiirichtung  wird  mit  dem  Uicbtkjreis, 
die  liühenriohtung  mit  dem  iüchtbogen  genommen. 

Zwei  GeaehUt/e  bilden  einen  Zu^,  der  von  einem  Leutnant 
geführt  wird.  Das  (»eacliüt/,  hat  2  Munitionskasten;  beim  Schiefeen 
werden  beide  Geschütze  des  Zu^^es  durch  die  Kasten  eines  einzigen 
Geschützes  versorgt,  ein  ZUndersteller  genügt  ebenialls  llir  den  Zug. 
Gewühulich  wird  die  Munitionsversorgung  vom  Geschütz  links  aus- 
geführt, das  Geschütz  rechta  lälst  dann  die  Kasten  zur  weitereu 
Versorgung  aus  der  Munitionsstaffel  heranschaffen. 

Bei  gröfseren  Veränderungen  der  Stellung  des  Geschützes  wird 
die  Gabeldeichsel  angemacht  und  Rieht-  und  Schiefekanonier  ziehen 
di8  Gesehtttz  mit  den  Brostriemen.  —  Beim  Schieflien  wird  das 
Gesdittte,  weKches  Bttoklanf  bat,  nachdem  ee  enthemmt  ist,  vom 
Rieht«  ond  SebtefakanoDier  an  den  Bttden,  vom  HilfiKiAler  mm 
LafettenseliwamE  irieder  in  die  SteUnng  gebracht,  beim  Kartitoeh- 
eeliuls  kann  dies  unterbleiben. 

Beim  feststehenden  Ziel  wird  unterschieden; 

1.  Schuls  luit  Aufschlagzünder,  bei  dem  nur  Geländewinkel 
und  Entfernung  in  Betracht  kommen. 

2.  Schufs  mit  Brennzünder,  bei  dem  noch  die  Brennlänge 
hinzukommt.  In  beiden  Fällen  kOnnen  mehrere  Schüsse  hinter- 
einander ohne  besonderes  Komaiando  abgegeben  werden. 

3.  Streuschuls  (der  Tiefe  nach,  tir  progressif),  bei  dem  3  Salven 
oder  Kafalen')  von  Je  2  Schuls  hinte  reinander  abgegeben  werden, 
um  Je  lOU  m  auseinanderliegeud,  mit  der  kürzesten  beginnend, 
wobei  die  Zünderstellung  die  gleiche  bleibt. 

Gegen  bewegliche  Ziele  hat  man  die  Sebnlsarten  onter  L  und 

Die  Salve  entspricht  dem,  was  wir  Lage  nennen;  bei  der  Rafale 
wird  keine  Reihenfolge  beobachtet 


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92 


UoMChia. 


2.  und  ;i.  den  Kartätschschuls.  der  mit  der  K;irt;itsrhr  oder  mit 
dem  auf  0  gestellten  obus  ä  mitraille  abgegeben  werden  kann. 

£iDe  Batterie  besteht  ans  3  ZUgen  und  wird  von  einem  Haopt^ 
mann  kommandiert  Der  Hauptmann  leitet  das  Feuer;  er  muSs 
auf  sorgfältige  Beobachtung  der  Schüsse  und  auf  schleunige  Aus- 
führung seiner  Kommandos  halten.  Die  Zugführer  sorgen  fUr 
Ruhe  und  Sorgfalt  bei  der  Bedienung,  sie  tlberwaehen  die  Hand- 
habuLfr  der  ZUnderstelimaschine  und  kommandieren  das  Feuer  ihres 
Zuges  beim  Kinsehiefspn.  Grundsätzlich  haben  sie  die  Seiten richtung- 
und  die  Spn'ni:h(ihrii  /.u  regeln.  Die  Gesch ii t zt'ü h mr  tÜMTwachen- 
ilie  Bedieiiunii  ihrer  GesehUtze,  kontrollieren  die  ursprüngliche 
Kichtuiiu^  uml  späteren  Änderungen  an  den  Kh  nuMiten  des  Schiei'sens, 
sie  sorgen  für  die  Sicherheit  des  Ladens  und  Abfeuems.  Der 
Feuerwerker  (sous-chef  d'artificier)  überwacht  die  Ausgabe  des 
Schiefsbedarfs  und  sorgt  für  rechtzeitige  Ergäuzoug  aus  der  Staffel 
und  für  das  Fortschaffen  der  leeren  Kasten. 

Die  Anfangrs-Eleniente  des  ISehiffscus  sind: 

1.  die  Schuisweiie,  welche  von  der  llöheuriilitim^  ;ii)h;injrt; 

2.  die  Linie  des  bcbusses,  welche  doroh  die  Öeiteorichtuug^ 
bedingt  wird; 

3.  die  Spreng  ho  he.  welche  vom  Offnen  des  Brandlochs  des 
Zünders  (debouchage)  und  von  der  Stelloog  des  Schiebers 
(correcteur)  der  Stellmascliine  abhäjigt. 

Zur  Wiedergabe  der  Sehiefsvorschrift,  die  hierauf  folgt,  fehlt 
uns  der  Raum;  sie  deckt  sich  in  vielem  mit  der  der  Feldkanone. 
Wir  beschränken  uns  auf  wenige  ^Vngaben. 

Beim  Richten  wird  auch  hier  unterschieden:  1.  mit  gemein- 
samem Richtpunkt  (pointage  collectif),  2,  mit  verseil iedenen 
Richtpunkten  (pointage  indiTidael). 

Bei  der  Salve  (der  Lage  bei  uns  entsprechend)  sind  1  bis 
2  Sekunden  Schulsiutenall;  die  Rafale,  die  Gesamtheit  der 
Schusse  einer  Batterie  mit  gleichem  Aufsatz,  ohne  bestimmte 
Ordnang  abgegeben,  aber  mit  mehr  als  1  Sebofs  per  GesohOtz, 
entspriebi  dem  anis  htfebste  getriebenen  SehneUfener. 

Jedes  kriegsmäldge  Scbielsen  serfült  in  das  Einsehiefsen 
nnd  in  das  Wirknngssebielsen.  Beim  Einsehiefsen  handelt  es 
sieh  nm  die  Distanz,  welefae  als  Aosgangspunlst  des  Wirknngsschielsens 
dienen  soli^  nm  die  SeitenTerschieboog  jedes  einzelnen  Geschttircs 
(d^Ye),  sowie  nm  Regelung  der  Sprenf^öhe. 

W&htend  des  Einsehielseas  erfolgen  Zngsaken;  der  Hauptmann 
kann  einem  Zog  besonders  die  Regelung  der  SprengbOhe  llbertrsgen. 


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Umaeliiu. 


93 


Die  Kei^olung:  der  Schulsweite  erfolgt  im  allg:emeiueu  mit  Aotsehlag- 
«chflssen,  sonst  mit  BrennzUndersehüBsen   niedris2:en  Sprengpunkts. 

Das  W  i  r  k  ü  n  fr  s  ^  b  i  e  f  s e n  erfolgt  mit  allen  Geschützen  einer 
Batterie.  Es  muls  in  allen  P'ällen  mit  gröfstmö'rlieher  Feuer- 
geschwindigkeit ausgeführt  werden,  ohne  daf«  die  Genauigkeit  leidet. 

Der  Streuj^t  hufs  (tir  ef>lleetin  wird  ;itii;i wandt,  wenn  es 
vorteilhaft  ist,  das  Einschielseii  abzukiir/A  u.  den  Keind  in  der  ganzen 
Tiefe  seiner  Anfstellung  zu  fassen,  die  Irrtümer  zu  vermeiden,  welche 
f-ntstehen.  wenn  das  Ziel  uni^eiiiigend  sichtbar  ist,  wenn  es  seine 
bteliüug  verändert  und  wenn  die  Front  gebrochen  ist. 

Der  Sehuis  mit  einerlei  Aufsatz  (tir  sor  hausse  uuique) 
sviid  angewandt  gegen  tote  Ziele,  gegen  dUnne  Linien,  wenn  man 
Zeit  iiat,  eine  enge  Oahfl  zn  ersehieisen,  endlich  gegen  Ziele  in 
Bewegung,  weuu  mau  sie  beim  Dorchgaug  durch  einen  bestimmten 
Punkt  fai>sen  will. 

Endlich  steht  noch  zu  hemerkcu,  dais  das  Ueglemeut  keinen 
Schuls  mit  Wechseln  (faueher)  anfuhrt.  Es  hängt  dies  mit  dem 
Fehlen  der  Seitenrichtmaschine  beim  GebirgsgesehUtz  zusammen. 

In  dem  Abschnitt  ttber  F'Uhrung  und  Beladung  der  Maul- 
tiere heifst  es,  dals  zu  jedem  Maultier  eiu  Fuhrerkanonier  gehört 
(('ajionniei  cuiidueteur  muletier).  Zum  Beladen  etc.  müssen  sich 
immer  2  Führer  zusammentun.  Zur  Beladung  Uaim  auch  unter 
Umständen  das  Gepäck  der  Leute  kommen.  —  Wo  Stralken  sind, 
wird  das  Geschütz  gefahren;  das  Maultier  mit  den  ilädera  geht  dann 
in  der  Gabeldeichsel,  diis  mit  der  Lafette  ist  davor  gespannt.  Die 
betreffenden  Führer  gehen  neben  ihren  Tieren.  Das  Maultier  [Urs 
Rohr  wird  mit  den  Tornistern  der  Kanoniere  beladen. 

Als  Kegel  gilt  die  getragene  Batterie  und  dafUr  ist  auch 
das  Exerzieren  berechnet.  Die  Mittel  zum  Kommandieren  sind 
Zeichen  (gestes),  die  Stimme,  Blasinstrumente,  Meldereiter  (agents  de 
liawon).  Bei  einer  ausgebildeten  Batterie  macht  man  vorherrschend 
von  Zeieiieii  (Sebranch,  in  jedem  Falle  cur  Ergänzung  der  Stimme. 

Der  Zug  in  der  getragenen  Batterie  setzt  sich  zusammen  aos 
2  GtsebUtzen,  jedes  mit  2  Manitionskasteii  und  4  Maoltierea.  In  der 
BatteriesteUnng  haben  die  GeeebtllKe  7  n  Zwisehenranm  nnteninander. 

Die  Scbiefsbatterie  (batterie  de  tir)^  dnreb  einen  Hanpfanann 
befehligt,  hat  3  Züge,  der  1.  wird  dnreb  den  1.  Leotnaot,  der  3. 
dnrob  den  2.  Lentnaat,  der  2.  dnreh  den  Adjutanten  oder  den  Unter- 
lentoant  der  Besme  gefhhrt.  Die  Batterie  bat  einen  Oberwaebt- 
meiater  (maieobal  des  legis  chef),  welcher  die  Manltierkoionne 
eeUielst^  ebnen  Feuerwerker  (somhobef  artificier)  zor  Mnnltions' 
Tersofgnng,  einen  Trompeter  nnd  einen  Trupp  TOn  3  Bedlennnga- 


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94 


Umobaa. 


leateo  für  das  Batteriefernrobr  und  den  Eotfenmngsmesser.  Die- 
Zttge  üDtereioaDder  in  der  Batterie  haben  7  m  Zwischenraam. 

Das  Personal   der  Kriegsbatterie  ist  in   6  GescbUtz^Uge 

fpelotons  de  piece)  geteilt,  wir  nennen  es  Geschütze".  Jedes 
Geschütz  in  diesem  Sinne  ist  darch  einen  Wachtnuister  {maröehai 
des  logis)  liefrhligt,  mit  1  oder  2  Bombardieren  (brigadiers).  Jedes 
der  sechs  umfalst  das  eigentliche  Geschütz,  Mnnition*;k asten  und 
Vorratssachen;  das  1.  und  n.  Gesehnt/  trap-en  das  Werk/i  ut:,  das  G. 
aulserdem  die  Gebirgsschmiede,  Meuscheu-  und  Pferdemedizink;iaten, 
Lebensmittel  und  Gepäck.  Das  erste  Geschütz  bespannt  die  3  Wagpen,. 
Der  Adjntant  bleibt  zur  Verfügung  des  Hauptmanns. 

Aulser  den  Offizieren  hat  die  Kr itg.sbatterie  au  Personal: 
I  Adjutanten.  1  Hilfsar/.t,  l  Oberwacbtmeister,  10  Wachtmeister. 
1  Feuerwerker,  2  Quartiernieister  (fourriers),  10  Bombardiere. 
6  Munitionsgefreite  (artificiers),  3  Trompeter,  2  Eisen-,  2  Holz- 
arbeiter, 2  Snttier,  1  Knrschroied,  2  HUlfsschmiede,  1  Lazarett- 
gehilfen, 4  Krankenträger,  60  Bedienuugskanoniere,  86  Maultierführer, 
5  Fuhrerordonnanzen,  im  ganzen  200  Mann.  An  Tieren  sind  im 
ganzen:  0  Oftizierpferde,  7  andere  iiiitplerde,  6  Zugpferd*-,  ins- 
gesamt 19  Pferde  und  SU  Maultiere. 

Für  Marsch  und  (iefecht  teilt  sich  die  Batterie  in  die  Getechts- 
batterie  und  den  Regimentstraiu  (grofse  Bagage);  die  Gefechts- 
batterie  zerfällt  wieder  in  die  Schielsbatter ie  und  in  die 
Oefeobtsstaffel;  letztere  unter  dem  Adjutanten. 

Die  gewObnliehe  Marschformation  ist  die  Kolonoe  so  Einem; 
kommeD  anapahmgwdae  breitere  Strafeenxtlge  vor,  so  kann  maa 
anoh  in  Zngkotonnen  mit  der  Brdte  angepafoten  Zwisehenrttanen 
maraeUeren. 

Ea  wird  grolser  Wert  auf  Torherige  Erkandnng  der  Feaer- 
stellnng  gelegt,  die  Batterie  kann  inswisolien  eine  Erwartnngs- 
Btettiing  einnelunen  (poeition  d'atkente).  —  Bei  Überrasehnngen  in 
der  Marsehformatioo  ist  dae  Material  seUennigst  abzniadeo,  die* 
Maultiere  maoben  die  Strabe  frei  and  das  Feuer  wird  nnmittelbar 
eröffnet. 

So  lange  man  nieht  die  Fenerltberlegenheit  erlangt  hat,  mnlSi- 
niaa  den  Maultieren  eine  gesicherte  Stellung  anweisen,  die  aber 
nidit  weiter  als  3  Minuten  Ton  der  Batterie  entfernt  sein  darf  und 
auf  der  am  wenigsten  bedrohten  Flanke  liegen  soll.  Die  Munitions* 
staM  soll  hOeliatens  6  Iflnnlen  too  der  Batterie  entfernt  und  seit- 
wärts der  Strabe  stehen. 

Besondere  Formen  fttr  die  Abteilnng  (groupe)  bestehen  nicht;, 
stehen  mehrere  Batterien  unter  einem  StabsolBxier,  so  befehligt 


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UnMiitQ. 


95 


dieser  die  Abteilung  durob  Meidereiter  (agento  de  liaison)  aod  durch 

ane^grebenf!  Befphlp. 

Auf  den  letztfn  Air  uns  interessanten  Titel  des  1.  Teils  „Dienst 
der  Gebirir^^arti liehe  im  Felde"  kommeo  wir  bei  nächster  Ge- 
legenheit zurück.  Schott. 

Ungeachtet  der  bis  jetzt  konsequent  beobachteten  Zurückhaltung  Gewichte 
hinsichtlich  der  Zahlenangaben  über  die  Feldkanone  sickert  doch  ^ifii^oneif 
hin  und  wieder  etwas  durch.  Diesmal  ist  es,  wie  schon  einmal  M..  1897, 
hinsichtlich  der  Stärke  der  Schutzschilde,  die  France  niilitaire**. 
welche  eine  Auskunft  gibt,  die  den  Stt^mpel  der  Wjihrscheinlichkeit 
trä^rt.  In  der  No.  50r?9  hpilst  es  etwa  wie  folgt:  ,,Es  ist  in 
Deutschland  Mode  prewordcn,  unspru  Feldgeschützen  ihr  übertriebenes 
Gewicht  vorzuwerfen,  das  jedeufa!!:«  viel  höher  sei  als  das  der 
(i(  utsehen.  Nun  wiegt  unser  Geschütz  mit  Rttcklaufbremse  und 
Schild  ein  wenig  mehr  als  ISOO  kg,  das  deutsche,  welches  bei 
gleichem  (?)  Kaliber  jener  Einrü  htun-i  n  fiitbehrt.  1720  k'j  Will 
man  nun  das  deutsche  Geschütz,  soweit  es  iiir^'lic'h  ist.  mutleniisieien, 
S(»  wird  es,  durch  Schilde  und  Mechanismus,  schlecht  gerechnet,  um 
jene  80  kg  Unterschied  schwerer.  Worin  besteht  also  nachdem,  so 
ist  erlaubt  zu  fragen,  jem bedeutende  Mehrgewicht,  von  dem  unsere 
Nachbarn  so  gerne  reden?" 

Hierzu  ist  nun  zu  bemerken,  dals  es  sich  um  das  Fahrzeug- 
gewicht handelt,  also  die  Protzmunition  eine  Rolle  spielt.  Wir 
haben  36,  die  Franzosen  nur  24  Sehuis  in  der  Protze,  letztere  also 
12  weniger.  Bei  ebenso  gi  j  ingei  .VusrOstnng  würde  unser  Geschütz 
noch  um  etwa  8  •  12  —  9()  kg  leichter.  Wir  würden  dann,  auch 
mit  Schilden  und  Mechanismus,  doch  wieder  ein  ahuschulicb 
geringeres  Gewicht  haben. 

Nun  bezieht  sich  aber  der  Vorwurf  gegen  das  französische  Wechsel 
Xaterial  kanptsScblieh  auf  das  abgeprotzte  oder  fenenide  Geschütz,  ^e^orpt 
Jene  1820  kg  zugrunde  gelegt,  ergäbe  sieh  dieses  durch  Almehen  in  Moat- 
dee  Gewiehts  der  Protie,  das  nicht  genaa  bekannt  ist,  in  den  P^^- 
höchsten  Angaben  aber  mit  640  kg  Toikommi  Danach  blieben 
1180  kg  für  das  feuernde  Gescbtttz»  ein  jedenfalls  die  Grenzen 
des  ZaUasIgen  Hb  ersteigend  er  Betrag. 

Der  kommandierende  General  des  XVI.  ArmeekoipB  Division«- 
general  Pedoya  hatte  Ende  November  1908  die  Altersgrenze  erreicht. 
In  sebe  Stelle  trat  am  1.  Dezember  DiTisionsgeneral  Maria  Anton 
Eduard  Blancq,  der  bisher  die  4.  Infanterie-Division  m  Oompiigne 
befehligt  hatte.  Am  14.  Mai  1844  in  Naj  (Untere  Pjrienäen) 
geboren  kam  er  1864  als  Unterlentnant  zum  8.  Znaven^Regiment^ 


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^6 


Uauohau. 


bei  welchem  er  als  Leutoaiit  in  der  Schlarht  vdn  Wörth  (6.  August 
1870)  verwundet  wurde.  iud(  tu  ihm  ein  Granatsplitter  das  rechte 
Auge  weg'nahni.  In  Gefangenschaft  ^-ernten,  gelang  es  ihm  im 
Dezember  1870  r.u  entweichen.  Kr  nahm  Dienste  als  Flauptmann 
der  3.  Marsch-Zuaven  und  beteiligte  sieb  au  den  letzten  Operationen 
der  Übt  iVrmec.  Er  kehrte  dann  wieder  nach  Algerien  zurück,  wo 
er  zu  seinem  alten  Regiment  kam.  1875  wurde  er  ans  Algerien 
als  Bataillon&chef  nach  Europa  zum  Infanterie-Regiment  113  versetzt. 
Später  kommandierte  er  Doch  das  16.  Jäger-Bataillon  and  kam  als 
Obersflenfnnnt  znm  88.  Infanterie-RegimeDt,  das  er  1891  als  Oberst 
unter  seinen  Befehl  erbieH.  Als  Bn^rade-Ctoneral  batte  er  die 
65.  Infanteiie-Brigade  in  Agen.  Da  er  nooh  ttber  5  Jahre  bis  xnr 
Altersgrenie  hat^  so  dürfte  ihm  noch  eine  Bemfhng  in  höhere 
Stelinngeo  werden.  Sehott. 


Armeeaus-  Der  Armeeansschnls  der  Kammer  hat  zu  der  Zeit,  in  weleher 
2^'*^^^  der  diesmonatliehe  Bericht  geselirieben  wnrde,  sebon  die  wiehtig« 

DwoOiSt  Artikel  des  7om  Senat  angenommenen  Textes  des  Gesetz- 
entwürfe, betreffend  die  2jährige  Diensteeit  dnrehberaten  and 
sieb  in  manchen  semer  Beschlttsse  den  VorsohUlgen  des  Berieht- 
erstatten  fttr  das  Eriegsbudget  1904  Manjan  angeschlossen.  Wenn 
wir  von  den  freilich  an  Zahl  geringen  Artikeln,  in  denen  die  Ent^ 
sobetdnng  im  Ausschufs  noch  nieht  gefallen  ist,  ganz  abseben, 
wie  z.  B.  bezüglich  des  Aufschubs  des  DiensteintrittSi ')  so  ergeben 
die  bisher  gefafsten  Beschlüsse  des  Armee-Aosschosses  dnrch  ihre 
Abweichangen  von  dem  Senatstexte  und  den  bestimmt  ausgesprochenen 
Forderungen  des Kriegsministers  doch  schon  Reibungsflächen  genag 
zwischen  Kamroerausschuls  einerseits.  Senatstext  und  Kriegsmiotster 
andererseits.  In  einzelnen  Fragen  könnten,  wenn  das  Plenam  der  Kammer 
sich  die  Beschlüsse  seines  Armee-Ausschusses  zu  eigen  machte,  sogar 
emstliche  Konflikte  entstehen,  da  General  Andre  naeb  den  im  Senat  ab- 
gegebenen Erklärungen  auf  manche  seiner  als  Kompensation  für  die 
2jährige  Dienstzeit  bezeichneten  Forderungen  nicht  wohl  verzichten  kann. 
Wir  greifen  hier  nur  einige  der  wichtigsten  Punkte  heraus.  Zu 
diesen  gehört  der  vom  Armeeansschnfs,  entgegen  dem  Senatstext 
in  kurzsichtiger  Auffassung  des  Begritis  der  „Gleichheit  all^r  F'ran- 
zosen  vor  dem  Kekratierongsgesetz''  gefalste  Bescbluls»  daüs  auch 


^)  WiUirend  des  Druck»  i»t  die  Frage  der  EinfiteUuog  vor  dem  dienst- 
pflichtigen Alter  abweichend  von  den  Beschlllssen  des  Senats  gelltet  und 
sind  auch  die  Übergangsbestimmungen  vom  Armee-Ausiichidb  der  Eanmer 
mit  nicht  unwesentlich«!  Abweachungen  vom  Senatstexte  angenommen. 


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UMahML 


97 


•4ie  Sehttler  von  SiQrr  aod  der  polytechuischen  Schale,  derNoimal-, 
Zentral-,  Font-,  Bergschale,  sowie  der  Schale  fUr  Chaussee-  ond 
BrückenbaiiteD,  die  bis  Jetzt  als  aktive,  beiw.  Keserve-Offiziere  in 
'die  Armee  traten,  vor  der  Heförderang  siim  Offizier  2  Jahre  im 
MauDBehaftsstaDde,    als  Gemeine,    Korporale   ond  Unteroffiziere 
dienen  sollen.   Darin  liegt  eineateüs  eine  Oefahr  für  den  braach- 
•baisten  bisherigen  Ersatz  aD  fieserveofliiieieii,  da  4ie  ZOglinge  der 
genannten  Sohnlen  nicht  immer  Lost  zeigen  werden,  nach  einem  2. 
als  (Jnleroffizier  absolvierten  Oiens^ahr  anch  noch  die  Übungen  des 
Reserveoffiziers  auf  sieh  nehmen  za  wollen.  Der Beschlals  konnte  andem- 
teils  aber  auch  za  einer  GMabr  für  das  Ni?eaa  der  Allgemeinbildong 
des  aktiven  Offizierkorps  werden.  Wenn  man  bedenkt,  dals  die  Asf^- 
ranten  fUr  St.  Cyr  and  die  polytechnische  Schale  3  Jahre  Vorbereitong 
t^ür  die  AafiiahmeprUfnng  braachen,  dann  2  Jahre  Dienstzeit  im  Mann^ 
Schaftsstande,  sowie  2  Schuljahre  zu  absolvieren  haben,  Summa  7  Jahre, 
so  lipc-t  es  nahe,  dafs  die  meisten  es  vorziehen  werden,  ohne  die 
hohen  Anforderungen  an  Allgemeinwissen  nach  2 — Bjähriger  Dienst- 
zeit in  der  Truppe  sich  als  Unteroffizirrf  znr  Anfaahme  in  die  zur 
Heranbildung  von  Unteroffizieren  /.n  Offi/icrtMi   bestimmten  Schulen 
von  St  Maixent,  Saomur,  Versailles  zu  melden  und  so  rascher  und 
müheloser  die  Offiziergalons  zu  erwerben.    Der  Senatstext  verlangte 
bekanntlich   nur  l  Jahr  Dienstzeit  in   der  Truppe  vor  Besuch  der 
Schult  11     Wt  itei  wird   eine  Keibung   zwischen  Kri»  ^'sminister  und 
Kamnu  I  sehr  leicht  entstehen  bei  dem  Besehlusse  des  Armee-Äus- 
schubbes,  /iigleich  mit  der  Herabsetznng  der  Dienstzeit  auch  die  beiden 
Übungen  der  Ueservisten  nnd  die  eine  der  Landwehr  auf  die  Ilältte 
der  Dauer  zu  vermindern.     Besonders   stark   sind   die  Oesrensätze 
/wischen  den  Beschltlssen  des  Armee- Ausschusses  der  Kammer  und 
den  Forderungen  des  Kriegsministers  bei  den  Artikeln,  welche  Kapi- 
talanten,   Freiwillige  mit  einer  Uber  die  gesetelich  hinausgehende 
Dienstverpflichtang  sowie  die  ihnen  zu  gewährenden  Vielseiten  betreffen. 
Es  konnte  nnr  verständlich  erscheinen,  wenn  General  Andr6  bei  den 
Verhandlangeu  im  Senat  daraut  nachdrücklich  hinwies,  dals  als 
Kompensation  ftir  die  2jährige  Dienstzeit  ein  zahlreiches,  erfahrenes, 
länger  dienendes  Ansbildnngsperaonal  verlangt  werden  intisse.  und 
der  Senat  dieser  Forderung  beipflichtete,  ja,  in  einer  iiichtung  noch 
tiber  das  von  Andre  Verlaugte  hinausging.    Nach  dem  Senatstexte 
sollen  ^/^  des  Sollstandes  an  Unteroffideren  (75  ^/q)  Kapitulanten 
•sein  and       des  Sollstandch)  aa  Korporalen.    General  -\udre  hatte 
die  Hälfte  der  Korporale  und  Kapitulanteu  nur  hei  der  Kavallerie, 
bei  den  übrigen  Waffen  '/s  verlan^^    Nach  den  bisherigen  Be- 
.  stimmongen  durfte  in  den  Kompagnien.  Eskadrons,  Batterien  bei 

JsMMi»  fir  Um  JraMh«  imm  umd  Vmim.  K*.  38«.  7 


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98 


den  Unterstäben,  Sektionen  „hoT&  niug"  '/.^  (ier  Luterotfiziere  aus  ■ 
Kapitulanten  bestehen,  total  70  ^j^  des  SoilBtaudes,  zusanimen  29500.  . 
Die  Bescbltlsse  des  Kammer- Ausscliusses  erlauhon  nur  des  Total- 
standes  au  ünteroftizicren  aus  Kapitulanteu,  also  \M\  sie  rechuc« 
dabei  mit  diesem  Prozentsatz  sogar  als  Maxim  um,  du  Artikel  59 
sa^  können  erreicht  werden,  uicht  mit  eiuein  l  iximi.  wie 
der  Senat.  An  Korporalen  aus  KapituiaiUen  crlauhteii  tiie  Arnu-e- 
Aasschals- Beschlüsse  nur  '/„  setzen  also  auch  hier  die  Gebilieii  im 
Aasbiidoo^spersonal  sehr  wesentlich  herab.  Während  nach  dem 
Senatstext  5°/o  ünteroftizierkapitulanten  mehr  zu  verzeichnen  «gewesen 
wären,  31  615,  setzen  die  Beschlüsse  des  Arniee-Ausscbusises  bie  auf 
4*/o  weniger  als  bisher  zulässig,  26  712,  herab.  Statt  Vermehr- 
ung der  länjrer  dienenden  Unteroffiziere  also  Verminderung^ 
Was  ein  derartiger  Auslali  von  4908  länger  tlieiienden  rnteroffizieren 
gegenüber  dem  Senatetext  tUr  die  Anshildim^,:  lici  der  in  dieser  notwen- 
digen gesteigerten  Arbeit  bedeutet,  das  hrnucbt  wohl  hier  nicht  erst  be- 
wiesen zu  werden.  Die  treibende  Kratt  lai  die  Änderung  dieser  Artikel 
des  Seuatstextes  war  Maujaü.  Lr  führte  2  Gründe  t'Ur  die  Herabset/.utig 
der  vom  Senat  bewilligten  Zahl  von  Ünteroftizierkapitulanten  an. 
1.  sollen  möglichst  viele  Unteruitizierätelien  den  Leuten  erhalten 
bleiben,  die  bisher  nach  Artikel  23  nach  einem  Jahr  dispensiert  wurden, 
jetzt  aber  2  Jahre  zu  dienen  haben  werden.  Diese  im  2.  Dienstjahre  zu 
UoterofOzieren.  beföcderteo  Leute  kann  mao  aber  doeh  nicht  gut  als 
erfahrenes,  länger  dienendes  AnsbildnngsperBoual  betraehten»  2.  «iU . 
Haigaa  au  den  bei  2jKfatjger  DienstBeit  unabweisbaren  Mehrkosten 
möglichst  sparen.  Die  dnreb  den  Armee-Ansschnis  bewirkten  Ander- 
ungen  des  Artikels  60  werden  aneh  nioht  gerade  zum  Längerdienen 
ermnnteni.  Die  neue  Fassung  des  genannten  Artikels  will  »war  den 
Uber  die  gesetdidie  Zeit  anter  den  Fakneu  bleibenden  Unterofli- 
zieren  und  Korporalen  der  Kolonial»  und  Heimatannee  eine  dnreb  einen 
vom  KriegsminisCer  an  entwerfenden  Tarif  festsnsetxende  Soldzolage  be- 
willigen, den  Gemeinen  (deren  6000  mehr  ttber  2  Jahre  hinaos  dienen  < 
solleo)^  aber  nnr  bei  der  Kolonial-  und  den  berittenen  Truppen  der 
Heimatannee^  nieht  bei  der  Infanterie.  Die  Prämien,  die  dem  xn  längerer 
Dienstseit  sieb  Verpfliehtendeo  sogebüllgt  werden,  dürfen,  während 
diese  anter  den  Waffen  sind,  nnr  xa  7s  aasgexahlt  werden,  was 
man  dne  gate  ISrtiehong  som  Sparen  nennen  mab.  Wesentliche 
Abweicbongen .  v<»n  Senatstext  aod  einige  Härten  bringt  .die  neoe 
Fassong  der  Artikel  61— 6B.  Der  Senatstexl  erlaabte  Unterolfizieren 
bisher  mm  26.  Diens^ahre  im  aktiven  Dienst  an  bleiben  dod  dann 
mit  einer  netten  Pension  anssaseheideu.  Der  Armee- Aussehuls  will 
nnr  die         „commissioa4e<',  x.  B.  Begimentsscbneider,  Schoster, 


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ObimIum. 


99 


WalTeuarbeiter  über  15  Jahre  hinaus   im   aktiven  Dienst  helasseu, 
die  übrigen  Unteroffiziere  setzt  er  mit  dem  15.  Dienstjahre  anf  die 
Strafscj  will   allerdings   nach   lU  bezw.   15  Dienstjahren  eine  soir. 
„proportioneile  Pension-   iiewilligen.   Diese  Pensionszuweisung  kann 
man  nicht  als  unklug  bezeichnen,  sie  wird  aber  dem  Staate  /Jemlicb 
hoch  />u  stehen  kommen.    Nach  10  Jahren  erhält  ein  Unteroftizier 
rund  300  Frs.  Pension,  die  ihm  (Artikel  69—71)  auch  neben  den 
Bezügen  einer  Zivilstelle  bleiben  und  eine  ^-anz  nette  Versorgung 
ergeben,  zumal  der  Ausscheidende  dann  auch  noch  die  gesparten  ^/^ 
seiner  Prämie  erhält.    Büt  30    31  bezw.  35 — 36  Jahren  sind  die 
Leute  auch  noch  in  der  Yollkrait  ihres  Lebens  und  wohl  imstande, 
einen  Zivilberuf  einzuschlagen.  Wenn  der  Amiee-Ansschars  in  späteren 
SitziiDgL'n  auf  den  Hinweis  Berteaux"  hin,  dals  iiian  durch  die  vielen 
Andcriingeu  in  Kapitel  3  und  4  (Vorteile  für  Kapitulanten,  Zi\il- 
stellen  für  dicsL  j  gegenüber  dem  i3euatstext  das  Scheitern  des  Ge- 
setzes herbeiführen  könnte,  auch  beschloiü,  provisorisch  die  genannten 
Kapitel  in  der  Scuatsfassung  anzunehmen,  so   bedeutet  das  wenij,'. 
Bleiben  doch  die  nicht  zu  diesen  Kapiteln  gehörenden  Difiereuzeu 
mit  dem  Eiiegsminister  und  dem  Senat  beateken,  and  bat  doch  der 
AnssehtilB  bes^ossea,  in  aeiiiea  Beiiabt  auteiiiebmeii,  da&  er  auf 
der  Fiirderong  der  proporHoaelleii  "Peadim  naeb  10  Jabren  nnd 
seinem  ZaUmigsmodna  besteben  werde  and  data,  wemi  er  diese 
Forderangen,  am  das  Zostandekommen  des  Oesetiea  Bicht  aa  bindern, 
aaeb  niebt  aafnebme,  nob  doeb  Toibebalte,  in  dnem  sofort  anssn- 
arbeitenden  Geselientwarf  betreffend  ErgKnanng  des  Kadres  mit 
ibnen  so  kommen. 

Der  Anssobnb  bat  also,  wenigstens  moraliseb,  Kapitel  $ 
nnd  4f  aof  welobe  der  Kriegsminister  besonderen  Wert  legl^  ans 
dem  Gesetx  losgelöst.  Die  Webrstener  bat  der  Anssobnia 
einstimmig  naeb  den  VorsshUfgen  Uaigan-Sabaterie  angenommen^ 
der  Kriegsminister  soll  rieb  aber  noeb  Uber  die  xa  veriangenden 
finamieUen  firtilige  der  Steoer  inlsetn.  Unter  den  besOglieb 
der  „Obergangsbestimmnngen*'  gefalbten  Besoblllssen  des  Armee- 
Ansaebosses  widerspfeoben  mehrere  aneb  dem  Senatstext  nnd  den 
Fordemngen  des  Kriogsminiaters.  Beeoblossen  wurde  n.  a^  da(s 
1.  das'  Geseti  vom  1.  Jannar  naeb  seiner  Bekanntgabe  in  Kraft  toeten 
solle,  2.  das  nKebste  Bekrotenkontingent  naeb  der  Bekanntgabe  sebon 
am  1.  Oktolier  einmstellen  sei,  S.  die  Bestimmnngen  des  Titel  IV 
für  die  Kapitulanten  sofort  auch  anf  die  3 jährig-Freiwilligen  (die 
der  Senat  bis  nur  Einftlhrungdes  Geseiaes  noeb  dem  Gesetz  von  1889 
nnterworfen  sehen  wollte)  Anwendung  finden,  dabei  aber  die  Artikel 
22  nnd  33  des  QesetMS  ron  1889  (Familienstataten  nnd  sog.inteHi- 

7* 


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100 


Umaohaa. 


gente  Elemente  nach  1  Jahr  zn  dispensieren)  noch  bis  zum  Inkrafttreten 
des  neuen  Gesetzes  gelten  sollen.  Der  Senat  hatte  bekanntlich  be- 
stimmt, dato  die  neuen  BestimmnniJ^en  flir  Kapitulanten  sofort  gtlltig 
seien,  das  Gesetz  aber  sonst  erst  2  Jahre  nach  Bekaontgabe  —  und 
«war  vom  1.  Januar  nach  Bekanntgabe  rechnend,  —  in  Wirkung 
treten  solle.  Damit  wurde  dem  Kriegsminister  zwischen  dem  Grelten 
der  nenen  Bestimmangen  fttr  Kapitulanten  nnd  Inwirkoogtreten  des 
Bestes  des  Gesetzes  ein  Zeitraum  von  fast  3  Jahren  gegeben,  der 
ihm  «jaoben  flollte,  festeastellen,  ob  die  nenen  Vergünstigungen  fttr 
Kapitalnrtea  mgktMg  genug  seien,  die  erfoiderliobe  grübeie  Ztbl 
von  aolohen  so  aiebem.  Das  ist  aber  eine  aebr  wichtige  F^e,  in 
welcher  nach  den  BeBcblttssen  dea  AmsebiuseB  nnn  eine  Vorprobe 
nnmOglich  ist.  General  Andr*  igt  eifrig  bemttbt,  gerade  tOr  die 
ZivilTersorgung  der  länger  dienenden  Leute,  die  er  mit  Beeht 
al8  das  stttrlcste  Zngmittel  fllr  LKagerdienende  betrachtet,  möglichst 
▼iele  Qoellen  sn  erseblielsen.  Das  beweisen  die  Vertrüge,  die  er 
soeben  nüt  den  6  Privat  bah  ngesellschaften  abgeschlossen  nnd 
swar  auf  Orond  der  Vorarbeiten  durch  eine  gemischte  Kommission.  Die 
Babngesellsohaften  haben  alle  VorseMttge  der  gemiseblen  Kommission 
angenommen,  sie  sollen  in  Kraft  treten,  sobald  die  2jfthrige  Dieoetaeit 
genehmigt  worden  ist  Nach  diesen  Abmaehnngen  wHiden  die  6 
Bahngesellschaften  den  Korporalen  nnd  Lenten,  die  roindestons 
4  Jahre  alLtiT  dienten,  die  Hälfte  ihres  Bedarfs  an  Streokenarbeitem 
mr  Verfttgong  stellen,  freilich  unter  AnswaU  der  ftlr  diese  Zwecke 
geeigneten  Elemente.  Sehr  Wel  bindender  nnd  giOlsere  Garantien 
bietend  sind  die  Abmaehnngen  beilli^ch  der  kapitoliert  habenden 
Unteroffisiere.  Die  Gesellschaften  verpflichten  sich,  jllhilich  ftir  260 
Unteroffiziere,  die  10  Jahre  gedient  haben,  davon  4  Jahre  mindestens 
als  Unteroffiziere»  entsprechende  Stellen,  wie  Schalterbeamte, 
Schaffner,  Revisoren,  Listenftthrer  usw.  offen  zu  halten  nnd  die 
Militäranwtltter  bei  Besetzung  dieser  Bollen  tiberhaapt  in  die  erste 
Linie  zu  stelieti  Die  Militärverwaltung  soll  allein  die  Liste  der 
Anwärter  auf  die  Zivilstellen  bei  den  Bahngesellschaften  anbtellen. 
Die  BahngesellscbafteD  unterwerfen  die  Aspiranten  einer  Prttfnng 
ihrer  Eignung.  Danach  stellt  dann  (nach  Artikel  10  des  Bekm- 
tierangsgesetzes)  die  obere  Klassiemngskommission  fOrZivilversorgang 
die  Reihenfolge  auf  die  Liste  der  Anwärter  fest  nnd  die  Gesell- 
schaften halten  sich  an  diese  Reihenfolge.  Der  Vertrag  mit  den 
Bahngesellschaften  mnfs  als  ein  sehr  beachtenswerter  Erfolg  des 
Kriegsministers  betrachtet  werden. 
]),,^  t>.'-  ß^i  t^^i"  Heereserfordernis   li)04,   dessen  Hauptzüge  bei  Be- 

wiiiigU'   spreohung  des  Berichts  Marians  schon  im  vorigen  Bericht  beleuchtet 


Umsoliaia. 


101 


worden  und  da&  mit  wruigeu  naten  zu  behandelnden  And*  rungeu  Heereser- 
die  Biiligung  der  Kammer  ^'^efunden,  inufs  auch  auf  eim-a  anderen 
Beriolit  hingewiesen  werden,  der  besiuuders  die  Mehrkosten 
der  2jährifren  Dienstzeit  streitt,  und  einige  Vorschläge  zur  Herab 
uiioderung  dieser  Mehrausgaben  macht.  Wir  meinen  den  Bericht 
über  das  Gesamtbudget  1904  von  Merlon.  Er  dürfte  bei  der  Be- 
ratung des  Gesetze  s,  betreffend  die  2jährige  Dienstzeit  im  Plenum 
der  Kammer  berührt  werden,  da  er  die  Ansichten  der  Mehrheit  des 
AosschnsseH  für  die  Beratung  des  Gesamtbudgets  wiedergibt.  Merlou 
gebt  mit  seinen  Vorschlägen  zu  Ersparnissen  nicht  so  radikal  vor, 
wie  Manjan  und  streicht  vor  allem  nicht  einen  der  im  Senatstexte 
bewilligten  Kapitulanten,  and  nicht,  wie  Maigan,  alle  4.  Bataillone, 
Der  Bericht  scheidet  die  Mehrausgaben,  die  darefa  den  vom  Senat 
angenommenen  Text  des  Gesetzes,  betreffend  die  2jährige  Dienstzeit, 
in  der  Durchführung  eintreten  würden ,  in  2  grofse  Kategorien 
l.  solche,  die  unmittelbar,  d.  h.  slIiod  in  den  Budgets  der  nächsten 
5  Jahre  steigend  bemerkbar  würden,  2.  sulche,  die  erst  nach  Ablauf 
von  etwa  15  Jahren  eintreten  und  nach  30  Jahren  ihr  Maximum  erreichen 
kttnaten.  Die  erstere  Kategorie  unterscheidet  der  Bericht  wieder 
In  Forderaogen,  die  aaeh  ohne  die  2jäbrige  Dienstzeit  eintreten  würden 
und  solebe,  die  omnltlelliare  Felgen  der  Herabeetmiig  der  Dienstaseit 
«ein  mftsaen.  Naeh  den  eft  geSaiierten  WUnsohen  des  Pariaments 
—  und  bei  der  Beratoog  des  KriegsbndgetB  in  der  Kammer  ist  bei 
Kapitel  Sanitätewesen  eine  Besolation  (Nervals  angenommen  worden, 
die  Ar  das  nSehste  BekmtenlLODtingent  die  fiinstellnng  nicht  wieder 
im  Noyember  veriangt  —  würde  man  mit  Rttektieht  anf  den  SanitSls- 
nsland  der  Armee  nnbedingt  dasn  gekommen  sein,  die  fiekmten  schon 
im  Okiober  einzustellen.  Das  Gesets,  betreffend  die  äjUhrlge  IHenst- 
seit»  Terlangt  die  Emstellnng  in  der  Zeit  vom  1. — 10.  Oktober,  Mehr- 
kosten 8,8  Mlillonen.  Die  UntersHltnuig  von  büfBbedlIxfkigen  Familien 
7011  Etnbeerderten  will  der  Berioht  Air  das  1.  Jahr  aach  nicht  anf 
das  Konto  der  2jüirigen  Dienstseit  gesetst  sehen,  da  diese  sosiale 
Mafonahme  aneh  bei  der  bisherigen  einjährige  Diensbeit  der 
FamilienstOtaen  nötig  geworden  wttre.  Unmittelbar  dnieh  die  2 jährige 
Dienstseit  wetden  dagegen  bedingt  die  UnteisttttKnng  ftlr  die  Familien 
im  2.  Jahre,  das  fMr  die  FamilienstOtsen  hinzutritt,  die  Malsnabmeu 
ftr  die  Sicherstellang  der  Eadres  an  kapitulierende  Unteroffiziere, 
Korporale  und  Gemeine,  die  zusammen  etwa  11,5  Millionen  kosten 
wurden,  für  die  Vermehmng  der  eingeborenen  Soldaten  in  Algerien 
nnd  die  Bemonte-Reiter  aas  Kapitulanten  (znsammen  2,2  Millionen). 
Im  ganzen  beziffert  der  Bericht  die  unmittelbaren  Mehrausgaben 
auf  etwas  mehr  als  31  Millionen,  die  bis  anf  la  MUUonen  durch 


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102 


aodemeitige  Enpamiflse  im  Kiiegsbodget,  und  dnidi  die  za  vefor- 
mierende  bis  wm  45.  Lebensjahre  ansiadeliiMiide  Weh  rate  ner  und 
daxoh  eine  KiDdefloieiisteiier  gedeekl  weiden  wlliden.  Kategorie  II, 
mittelbare  Aoagaben,  erwaefasen  ans  PenaioDen  ftr  6000  kapitn- 
lierende  Unteroffissiere  mehr  nnd  solche  ittr  Eingeborene,  die  mnSehst 
ea.  8,8  IflUionen  eigeben  würden.  Deekuig  der  Hehransgaben  er* 
wartet  der  Berieht  1.  von  einer  Verringerong  der  heotigen  Dnroh- 
sehnitlsistBtiCrlce.  Das  Bekmtenkontingent  weide  die  vom  Kriegs- 
minister  seiner  Bereehnnng  sogionde  gelegte  Dnrehsolmitliistitirke 
von  210000  Mann  niefat  erreleben,  da  a)  von  1907  ab  die  Ziffer 
der  in  die  BekmtiemngBstammrolle  eingetragenen  Lente  nooh  mehr 
sbken  werde,  2.  die  vom  Parlament  veranlabte  sehsriere  Prttfiing 
der  Masterongskommissionen  auf  DienstfiUdgkeit  die  Zahl  der  Dienst- 
ttbigen  pro  Kontingent  von  76®/,  anf  66%  herabsetsen  werde. 
Xaa  mOsse  daher  ndt  mindestens  24000  Mann  weniger  Dorehsidmitts* 
stttrke  rechnen,  das  ergibe  8,4  Millionen  Ersparnis.  Versehwinden 
der  Leatnants  Aber  den  Etat  1,6  Millionen;  vom  Kriegsminister  ge» 
plante  Mafsnabmen,  wie  Reform  der  Mnsik  a.  s.  w.  nnd  AnfldMn  TOn 
68  Kompagnien  4.  Bataillone  lieferten  leicht  zusammen  l,5M0iionen. 
Reform  der  Webistener  nnd  Steuer  der  Kinderlosen  seien  weitere 
Einnahmequellen.  Von  Interesse  ist  die  dem  Bericht  beigefügte 
Tabelle,  weil  sie  erkennen  läist,  wie  sich  der  Ansschnls  ftlr  das 
Oesamtbodget  die  Vermehmng  der  Kapitulanten  usw.  bei  2jähriger 
Dienstaieit  denkt  nnd  die  Mehrausgaben  naeh  Kalorien  gliedert; 

A.  Unmittelbar  wirksam  werdende  Ausgaben. 
1.  unabhängig  von  der  2jährigeQ  Dienstzeit; 

fiiinstelinng  der  Rekruten  am  10.  Oktober  statt  15. 

November   8800000  Frs. 

Unterstlltumg  hilfsbedürftiger  Familien  von  eiube- 
orderteo  Familiensttttzen  (16  000),  S%  des  Re- 
kratenkontingents, zu  je  250  Frs.  im  ersten  Jahr    4000000  „ 
2.  bedingt  durch  die  2jährige  Dienstzeit: 

Unterstützung  hilfsbedürftiger  Familien  Ton  Familien- 

stUtzeu  im  2.  Jahre  (9458)   4864Ö00  „ 

Kapitulierende  Unteroffiziere  (6000  mehr  4  750  Frs. 

Zulagen  und  Prämien)   4  500  000  „ 

Kapitnliereude  Korporale  und  solche,  die  sich  auf 

längere  Zeit  verpflichten  (17000  mehrzu  '250  Frs.  i    4  250  000  „ 

KapitnUereode  Gemeine  (8000  mehr  zu  200  Frs.)  1200000 

an  übertragen  27  614  500  Frs. 


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UnsobAu. 


103 


Übertrag  27  614  500  Frs. 

Freiwilli^re  (Soldzulagen  imch  Ablauf  der  2jUhngen 

Dienstzeit)   löOOOOO 

Algerische  Eingeborone  (Soldzulügen,  Prfimii  u)  2  200 

mehr  zq  184  Frs   404  800  ., 

Remontereiterals  Kapitulauteu,  1800  zu  je  1000  Frs.    1800000  „ 

1.  and  2.  zosaiiimeu  31319  300  Fra. 

B.   Mittelbare,  d,  b.  nach   Ablauf  von  . 
eini^eo  Jahren  eiutreteude  Ausgaben: 

Pensionen  für  BODO  kapitulierende  Unteroffiaere  mehr  6000000  Frs« 
.  Proportionelle  FeDsioneii  ftlr  Eingeborene .   .   .   >    2210000  „ 

A  nnd  B  zoBanunen  89529800  FM. 

Wird  der  Beschlnb  des  KAmmefanssolinsseai  der  üie  Kapitu- 
lanten hernntersetEt^  Cteaets,  so  sinken  die  Betrüge  entspreehend, 

•  der  Bericht  rechnet  mit  88  000  Lenten,  die  Uber  die  gesetiltche 
Dienstselt  bleiben,  mehr  als  bisher. 

Wemi  das  Kriegsbndget  im  Plenam  der  Kammer  anch  tarn  grOCsten 
Teil  so  angenommen  worden  ist,  wie  der  Anssohnis  TorgeseUagei^ 
▼or  allem  aneh  mit  515  600  Mann  Friedensstärke,  ftr  welche  es  die 
DmrehschnittBbesoldung  «nsetet,  statt  521 640  Mann  1908,  dabd  mit 

*  einer  Brnttostfirke  von  618800  Mann  gegen  542600  im  Jahre  1908, 
sJflo  mit  24800  Mann  weniger,  so  sind  doch  bei  der  Beratung  im 
Plenum  noch  einige  Änderungen  Ton  Bedeutung  Toigenommen  worden. 
Was  die  Sttrke  angetcUit,  so  darf  man  nicht  übersehen,  dafls  sich 
in  Fhinkreich  Soll*  und  Iststärke  niemals  decken.  Man  uoter- 

.  scheidet  vielmehr  1.  die  legale  Stärke,  etwas  über  600000  Mann, 
'  wie  sie  die  genaue  Durchführung  des  Kadregesetzes  ergeben  wttrde, 
.  2.  die  reglementarische  Stärke,  die  aus  den  Bestimmungen  des 
Kriegsministers,  die  für  einige  Truppen  (Grenzbezirke)  die  Stärke 
erhoben,  fViT  andere  herabsetzen,  sich  ergibt,  hinter  der  legalen  aber 
im  ganzen  zurückbleibt,  3.  die  Iststärke,  die  sehr  wechselt,  4.  die 
Budgetstärke,  d.  h.  diejenige,  fttr  welche  die  Mittel  ausgeworfen 
werden.    Gegenüber  dem   Voranschlag  sind   an  Streichnng:rn  in 
Sektion  1  zu  verzeichnen:  bei  Centralverwaltang  rund  11  000,  Sondcr- 
Btäbe  der  .Artillerie  und  des  Genies  46  200,  Militärschulen  100  0(H), 
nm  die  Regiemog  zu  allen  denkbaren  Ersparnissen  zu  veranlassen, 
Besoldung  der  Infanterie  115  000,  in  der  Hauptsache  sich  ergebend 
-ans  erweiterten  Ofßzieruriauben  ohne  Sold,  Artillerie- Etablissement 
-50000,  Übungsniunition  80000,  Keniontiernno:  850  OOO   (lür  wf-it^-re 
161  ab/n«et7endn  Pferde)  +  82  000,  Bekleidung  1  122  (XK)  (da  1200 
-i'aar  Scbnürschobe   ans  den  Vorräten  geliefert  werde»  mß\U'U). 


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104 


BettenwMWD  271000  Fn,    Zage  setzt  wozdeD  50000  Fn.  bei^ 
Sanitilswesen,  5000  Fn.  bei  Sold  von  Artillerie,  Gesie.  Timfai  mA 
Verwaltnngstrnppeo  ftr  eiogeborene  Kjidres,  6000  Tn,  in  KapHel  28  • 
VenetBDiigskosteD,  900000  F^,  die  abgesetzt  wareo,  bei  Bemon< 
äenmg  ab  Pklbaiiea  fttr  Pferdesllcbter,  aiUberdem  veisebob  man 
250000  Fn.  aas  dem  Bztnoidlnariam  aof  Kapitel  29^  Bisenbabnen. 
Bei  SektioD  II,  Kolonialtrappeo»  traten  Änderangen  so  gnt  wie  gar- 
alebt  eb.  Im  Extnunrdlnariitm  striob  man  je  100  000  Fn.  bei  Ge- 
linden and  Ifasebinen  fttr  Artillerie,  sowie  bei  der  Befestigang  von  - 
BIserta,  setzte  dagegen  150000  Fn.  ftr  Oebftnde  in  Nancy  zn. 

Von  luteresse  waren  bei  der  Beratuüg  des  Huererfordernisaes  • 
in  der  Kammer  die  ErGrterongen  Uber  deo  GesaDdheitezastand  im 
Heere,  das  Verwerlea  des  Antrags  auf  Fortfall  der  Obnngen 
von  Beservisten  nnd  Landwebrlenten,  die  also  in  dem  im 
vorigen  Beiiobt  angegebenen  Umfange  einbeordert  werden,  die  Er- 
5rtemngen  Uber  dieGenendeo  derBeserve-Kadies  zugebilligten  125- 
Plerderatlonen,  die  670  Pferde  ftbr  315  Intendantnibeamte,  sowie 
ttber  Zaiassang  von  Priestern  in  die  Lazarette,  die  Bewilligung  einer  - 
PensioD  an  die  60  Jafare  alten  früheren  Soldaten,  die  unter  dem 
Begime  des  Gesetzes  von  1881  gedient  (Kosten  600000  Fn.),  die 
Besolationen,  die  angenommen  wurden  und  von  denen  eine  das 
„AaÜMsbabgesets'*  aof  die  llUitlrgeriebte  anwendet,  die  andere  den 
Einsteliangslermm  fttr  das  näebste  BebrntontLootingeot  frttber  gelegt 
sehen  will,  die  Gepiekfrage  beim  Soldaten  (beute  8,8  kg  schwer, . 
was  Minister  und  oberer  Kriegsrat  als  anzalSssig  betraehten). 

Der  Annee-AuBSchnrs  der  Kammer  hat  du*  vom  Kriegsminisler 
vorgeschlageoen  Erweiteruugeu  des  Natu^ailei^'tuugsgesetzes 
¥om  3.  Jnli  1B77  angenommen  und  werden  dieselben  demoäcbät  in 
der  Katmner  zur  Verhandlnnp:  stehen.  Die  Neuerungen  streben  an 
1.  Beschleunigung'  der  Mohiluiachung  und  Verminderung  liuanzieller 
Lasten,  welche  die  für  die  Mobilmachung:  erforderlichen  Pferde  dem 
Staate  auf  bUrdcii.  2,  Organisation  der  Ausnutzung^  der  Wasserstrafsen, 
analog  der  heutigen  Ausnutzung  der  Eisenbahnen,  3.  Befuguiö  tür- 
Militär-  nnd  Marinebehürden,  durch  Staatsingenieure  nicht  nur  Brenn- 
material sondern  auch  Bergwerke  und  ähnliche  Etablissements  mit 
ihrem  Material  und  Personal  fttr  eine  bestimmte  Zeit  fUr  militärische  - 
Zwecke  mit  Beschlag  belegen  zn  lassen. 

Ein  neues        Für  die  Gebirgsartillerie  ist  ein  neues  provisorisches  Expr/ier- 
Iteglement.  ßp^lf.j^pnt,   mit  ziemlich  derselben  Stofieinteiinng'  wie  dasjenige- 
fUr  die  Feldartiilerie,  in  die  Hand  der  Truppen  gelangt.  Selbst- 
verständliob  sind  die  EigeuiUmlicbkeiten  des  Gebirgskrieges  und  bei. 


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UmsoUau. 


X05 


dieMn  die  neueD  EifahiiingeD  iMrilekslfllitift  Das  Beglemeni  besteht 
«OS  2  dlliniD  Biadelien. 

Haebdem  die  Kammer  bei  Beratung  des  Kriegbbudgete  1904  Übungen 
unter  Verweifong  der  Anträge  auf  FortlUl  der  Übungen  der  Beser-  ^^„^^^j^jll^. 
▼isten  and  Laodwefarlente  die  für  Obnngen  von  871  600  Beserristen  de«  1904. 
(24a  OlBiieie,  4668  Mann  weniger  als  1908)  nnd  141325  Land- 
wehileiite  (gegen  167  726  die  lllr  1908  snnSehst  angeseilt  waren, 
die  der  Voneidag  ColHaid  anf  Strelehnng  1  HUlion  eingebraebt 
wurde)  ?eriangte  Snmme  liewUIigte,  bat  der  Kriegsminister  jetst 
die  Bestimmongen  für  die  Übungen  eriassen.  Es  werden  1904 
einbeoidert  1.  die  anf  Gmnd  der  Artikel  21,  22,  28  des  Geseties 
von  1889  dispensierlen  Jahrgangs  1900, 2.  JabiglSnge  1894  nnd  1897 
der  BeseiTe  der  Hefanat,  98  nnd  97  der  Kolenial*Armee,  1894 
nnd  1869  des  algeiiseben  Kontingents,  8.  JabrgXnge  1888  nnd  89 
der  Landwehr  Infantnie,  Kavallerie ,  Artillerie  Genie,  1888  des 
Tkains.  An  Kontrell-iiipeb  nehmen  teil  die  Jabigttnge  1888  des 
Landstums,  1888, 68, 98,  97, 1901  der  mifedienste.  Von  der  Uarine- 
Beserve  üben  im  Jnli  1904  die  JahfgSnge  1898  nnd  1899  4  Woeben, 
ebenso  die  1908  Dispensierten. 

Die  in  der  iransSeisehen  Faohinesse  ersebienenen  Kritiken  der  Manöver 
groben  Beii>8tttbnngen  1908  sind  znm  TeU  ledit  sebarfe.  Da  sie,  ^'^'''^eh- 
freüieh  mehr  Grau  in  Gran  malend,  sich  zum  groben  Teil  mit  Be*  presHe. 
merknngen  decken,  die  hier  sehen  in  einem  Sonderaufsatz  ersehienen 
sind,  80  heben  wir  nur  einige  henror,  besonders  Uber  die  Manöver 
im  Sttdosten.  Gktadelt  wird  1.  die  Anlage.  Die  den  OperationeD 
ngronde  liegenden  Annahmen  seien  strategisch  onwahrscheinliob 
gewesen.  Dem  XIV.  Korps  sei  ferner  während  der  Manövf  r  von  Korps 
g^eo  Korps  stets  pine  erfolglose  DefeDsive,  dem  XV.  Korps  stets 
eine  erfolgieiebe  Offensive  zudiktiert,  2.  die  Leitung.  Sie  liefs  es 
an,  dab  ein  ans  einer  Stellung  geworfener  Gegner  sehen  dicht  hinter 
deneltien,  olme  Eintreffen  von  Yerstärknngen,  eine  oene  Schlacht 
selilng,  einen  geordneten  Rückzug  Hels  sie  nie  dnrcbftlhreD.  Ihre 
Sebiedsriohter  binderten  absolote  taktische  Unmöglichkeiten  nieht, 
sie  tmgen  der  Waffenwirknng  keine  Heeknnng.  Einen  einheitlich  ge- 
leiteten  Angriff  eines  grö£seren  gemischten  Verbandes  haben  die 
ManOver  nicht  gebracht,  das  gewählte  Gelände  erlaubte  nur  EinzeU 
gefechte  von  Brigaden  neben  einander,  3.  die  erwarteten  Erfahrungen 
iu  Bezug  anf  die  Fingerzeige  des  Ezerzier-Reglemcnts  ftlr  die  In- 
fanterie für  Kampfesformen  und  KampfesfÜhrnng  haben  die  Manöver 
nicht  gebracht.  4,  das  gewählte  Gelände  erlaubte  der  Artillerie  nicht, 
ihre  volle  Fencracsnui/ung  aüf  weitere  Entfernungen  auszunutzen,  5. man 
hatte  2  KavalleiiediTisionen  herangezogen,  man  hätte  aber  mit  2  Kegi- 


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106 


mentern  ein  Amibogeo  gefooden,  dt  die  Anogaogslagen  die  Gegner 
oll  bis  auf  2  km  aneimoder  bnehteiif  für  welle  AnfUimig  dnieh 
giV&ere  Beiterkifiper  alao  kdn  Bmid  war,  das  Gelinde  aneh  die 
Verwendimg  giOteeier  Bdlermaesen  Terbot^  6.  vor  Beginn  der  tt^^ 
lieben  Operationen  ▼emammeite  man  die  grofm  Verbände  oft  in 
Venamminngsfomatlonen,  alall  naefaden  OztevnlerktlnftendieThippen 
in  die  Haraebkolonne  sieh  einreihen  an  lassen,  7*  die  Tmppeo  fanden 
bd  Ankunft  vor  den  Orlsnnleikfloften  die  Belegnng  noeb  niebt 
fertig  Terteill»  8.  die  kleinen  gemisoben  Avanlgaiden  Negrieis  haben 
Fiasko  gemaebl,  obwohl  man  Ihnen  die  Arbeil  erlelefaterte,  Indem  man 
yielfacb  dem  Gegner  die  Verteidignng  Torsehrieb,  9.  der  Begriff 
freie  Manöver  war  in  der  IVaxls  dnrehans  niebt  ttberall  zn  finden. 
^^  i  sctzung  Ein  firlais  des  Eriegsministers  vom  12.  Norember  dehnt  die  im 
von  Leuten.  vom  13.  Angusl  1908  gegebene  Bestimmang,  ftlr  die  Ein- 
stellnng  des  Jahrgangs  1902,  nach  welcher  yerheiratete  Rekruten, 
hezw.  Witwer  mit  Kindern  möglichst  in  den  Ihrem  Domizil  nächsten 
Troppeuteil  eingereiht  werden  sollen^  dahin  ans,  dafs  die  Brigade« 
generale  das  Reebt  haben  sollen,  aaf  Antrag  schon  eingestellte  Leute 
in  gleieher  Lage  so  versetzen  und  nur  die  kommandierenden  Generale 
daftir  sorgen  sollen,  dals  dnreh  diese  Mafonabmen  die  Istst&rken 
nicht  zn  Tersebieden  werden. 
Marine  und  Raummangels  wegen  können  wir  heute  nur  auf  das  Dekret  be- 
tiefiend  die  Beoiganisalion  des  Sanitätsdienstes  bei  der  Kolonial^ 
trappe,  den  vom  Armeeausschufe  des  Senats  angenommene  Qeseta- 
entwnrf  betreffend  Reform  des  Intendantur-  und  Sanitälskorps  bei 
der  Marine  hinweisen.  Der  Marineminister  hat  in  Toulon  und  Cher- 
bourg  je  3  neue  Unterseeboote  von  460  Tons,  also  200  Tons 
gröfser  als  die  bisherigen  gröfsten,  Gustave  Zödö,  in  Auftrag  ge- 
geben.  Uber  die  Dekrete  vom  9.  November  1903,  welche  die  Be- 
stinimunsren  des  Dekrets  vom  29.  Juni  1878.  betreffend  die  Diszi- 
plinar Räte  fitr  Offiziere  und  Unteroffiziere,  wesentlich  ändern,  .sowie 
über  die  Punkte  in  dem  g^rolsen,  hier  .schon  beleuchteten  Reformgesetz- 
entwurf  MpRsim}  ,  die  im  Parlament  vielleicht  angenommeo  werden, 
im  nächsteu  Bericht.  18. 


Italien. 

Pläne  de.s         Den  Eintritt  flet,  O-nerai  Pedotti  —  bis  dabin  konimandierender 
Krie^-    General  des  X.  Korps  —  in  das  Kabinett  (Tiolitti.  begleitete  die 
■ministers.  italienisebe  Presse  zum  Teil  mit  der  Behauptung,  der  neue  Krieers- 
niinistt  r  habe  die  Verpflichtnng  ttbemomraen.  das  Heereserfoniernis 
herabzusetzen.    Wer  mit  den  V  erhältnissen  des  italienisohen  Heeres 


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Lmächuu. 


107 


«tugenniflen  Teiiniit  ist»  dem  mollBte  diese  Naohrieht  von  ▼onberQin 
«b  Fabel  ereeheineD,  denn  das  ooeb  liia  1906  Teretobarte  konsoli- 
dierte  Badget  mit  375  IGUionen  Lire,  eineoblielaUob  Penebnen  (die 
fan  Darelnebnitt  mit  35^  BGIlioneB  in  Betraebt  komm^  mflesen),  ist 
ein  absolutes  Hinimnm.  Generml  Fedotki  ist  niobt  gewillt, 
von  dem  Heereeerfoidemis  etwas  absalassen,  wobl  aber  dürfte 
er  anf  fiispamisse  in  der  Verwaltong  sinnen,  die  der  Abkflrsong 
-der  Zeil  der  ,,fbtsa  minima**  sn  gute  kommen  würden.  Zngleieh 
mit  Beibebalt  des  sog.  „konsolidierten  Budgets**  bat  er  aneb  andere 
Flttne  seines  Votgängers  Ollolengbl  in^  den  seinlgen  gemaebt,  vor 
allem  den  Oesetsentwnrf,  betreffend  Änderungen  in  dem  beute 
geltenden  BekmttenmgsgesetK  (obwohl  im  Text  einige  Anderangen. 
emlreten  dürften  and  der  Entwarf  daber,  wie  aneb  deijenlge  betreffend 
das  Befbrdemngsgesetz  zanächst  noch  einmal  rarttekgezogen  wird) 
nnd  die  Reform  der  Militärdistrikte.  Wir  kommen  anf  die  letztoe 
weiter  nnten  zarück,  hier  sei  nur  bemerkt,  dafs  aneb  der  aoter  3  Kriegs- 
ministem  anf  seinem  Posten  gebiiebene  Unterstaatssekretär  ZaneUisn- 
rücktrat  und  dnrch  General  Spingardi  ersetzt  wurde,  femer,  dafs  man 
•einige  Zeit  annahm,  aneb  der  Chef  des  Generalstabes  der  Armee  Saletta 
werde  am  Enthehnn^  von  seiner  Stellang  bitten,  was  bis  jetzt  nicht  erfolgt 
ist  Die  heute  als  selbständige  Organismen  bestehenden  liiUtärdistrikte 
mit  einem  jährlich  um  3  Millionen  Kosten  verursachenden  Personal 
von  551  Offizieren,  420  Beamten,  261  Unteroffizieren,  haben  die 
Aufgabe:  1.  die  Rekruten  einznheordem  und  zu  instradieren,  2.  die 
planmäfsigen  Formationen  des  Landsturms  aufzustellen.  Diese  Di- 
strikte sollen  aufhören,  selbständig  zu  sein  und  zwar  einesteils  zur 
Vereinfachnng"  der  Verwaltung:  und  Kommandoftlhrun^,  anderntrils 
aber  auch  zur  Erzielimfr  riaer  Ersparnis  von  etwa  '/j  Million,  die 
den  Istständen  der  Kompagnien  zugute  kommen  soll.  Die  Aufgaben 
der  Distrikte  sollen  auf  die  .,Depots'-  der  Truppenteile  Ubergreheu, 
die  tu  diesem  Zwecke  eine  „Rekrutierungs-St  ktion"  erhaiti  n.  und 
in  dieser  auch  einen  Teil  der  hisberifr^n  Ollizirre  der  Distrikte  in 
Verwendung  bringen  sollen.  Eine  Verzögerung"  (h-r  Mohilmachinig  der 
Laudj^rurrn-Fiirmatinneu  trait  dureh  den  Fortfall  d*  r  Distrikte  nicht  ein. 
Schon  jft/t  crfolp:!  planmälsi-  (iie  ALifstclluiiM  dieser  Formationen  nicht 
gieich/.eitig  init  der  Ergänzung  (i(  .s  aktiven  Heeres  und  (lei  lUldung 
der  Landwehreinheiten,  die  8ache  der  Depots,  sondern  nach  dieseu, 
und  HO  wird  es  auch  bleiben,  so  dals  die  Depots  gleichzeitig  keine 
grölscrc  Bürde  tragen. 

Über  das  Personal  der  Depots,  wcicheb  die  abziebeodea  Begi' 
lueiiter  den  eintreüeuden  bei  Gamisonwechseln  sa  UberweiseK  Imbeii, 
hat  der  Kriegsminister  jüngst  ioigeude  BestimmaDgen  getisCea: 


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108 


Unadm. 


die  nea  ankommenden  Begimenter  sind  snrtteksaluBen:  die  OfBiiere 
der  Depots  d»  Infanterie  nnd  BeiaagUeri-Regimenter,  die  Magailn- 
oHiiiera  der  KaTallerie,  die  Enatsoffixieie,  die  ilire  erste  Obnng  ab- 
leisten nnd  nieht  mehr  als  16  Tage  nodi  xn  fiben  liaben,  Sehreiber 
nnd  Assistenten,  Kammeninteroffisiere,  die  frttber  den  Distrikten  an- 
gehörenden Unteroffiziere,  die  veriieirateten  nnd  verwittweten  Unter> 
Offiziere  und  die  Überzähligen  Unteroffiziere  der  Depots,  die  Einjäturig* 
Freiwilligen,  die  nicht  um  Erlaubuifs  bei  ihren  bisherigen  Regimeoteni 
sn  bleiben  bitten,  die  Ersatz-Offiziere-  und  Sergeanten-Lehrkarse, 
endlich  die  Mannschaften  der  Depots  der  Infanterie  nnd  Bersaglicri, 
die  fttr  die  Mobilmachang  eine  besondere  Bestimmung  haben.  Wie 
ans  der  Programmrede  des  Minister-  Präsidenten  Giolitti  ersichtlich 
wird,  will  der  Kriegsminister  noch  die  Mobiimachungsgelder  fttr 
Afrika  Saiden  nnd  die  Bezüge  der  Snbaltern-Offiziere  erliöben,  ohne 
eine  Steigemog  des  Kriegsbadgets  zunächst  za  fordern. 
tiinstuUung  Der  Kriegsminister  hat  angeordnet,  dafs  die  Rekruten  der  be« 
der^eritic"  Trappen,  ausgenommen  Train,  am  12.  Dezember  einiortteken 

ntn Truppen. haben.    Mit  dem  30.  No?ember  beginnen  die  Entlassungen  der 
Eni-     Leute  I.  Kategorie  Jahrgang  1880  mit  Sjähriger  Dienstverpflichtong 
lassungon.  eiDschliefsUoh  Freiwillige  und  derjenige  Jahrgang  1889  mit  2jähriger 

Dienstverpfiichtung,  die  der  Kavallerie  angehören. 
Ver&aderuog       Die  eingetretenen  Uniforra -Veränderungen  machen  die  Ausgabe 
(Tniformen  neuen  Bekleidungsordnnnp-  notwendig.    Erst  jüngst  hat  der 

Krip^sTninistpr  angeordnet,  dals  die  Passepoils  an  den  Ärmeln  d^r 
Mäntel  der  Artillerie,  an  den  falschen  Taschen  der  Infantprie  und 
Verptiegnno:8trnppen,  an  den  ialsfben  Taschen  nnd  Vi  hselklappen 
der  Alpentrup])pii  und  Bersaglieri  and  aulserdem  noch  an  der  linken 
Brnstspitc  der  Grenadiere,  am  Kra^ren,  falschen  Taschen  and  Achsel- 
klappen der  Artillerie  und  dpt  (ieiiies,  bei  der  Kavallerie  auf  der 
linken  Brost,  der  Achselklappen  und  den  falsclu  n  Taschen  bei  allen 
Ueginientern,  sowie  für  Kesriment  Savoia  au  Kra^'t  n  und  für  Regi- 
ment Guide  an  den  Armelaufbcbiägeu  lortfallen  sollen.  Weitere  Uni- 
forro-Vei^ndeningen  plant  der  Kriegsminister  nicht,  auch  sollen  die 
bisherigen  liüeke  noch  länger  aufgetragen  werden, 
Ncut;  Kc-g-  Unter  dem  12.  Oktober  ist  ein  neues  Disziplinar  -  Reglement- 
V<Mwhriften  eingeborenen  Truppen  in  Eritrea  erschienen  und  mit  ihm 

folgende  Beilagen:  1.  Reglement  für  die  Rekrutierung  der  einge- 
borenen Truppen,  2  Reglement  für  die  Beförderung  von  Eingeborenen, 
Aubhüdun;^  der  Eingeborenen  bei  den  Kompagnien,  der  Eskadrooa 
und  den  Batterien,  Ein  neues,  noch  von  Ottolengüi  herausgegebenes 
Reglement  für  die  Beurlaubungen  im  Heere  ^ibt  den  kommandieren- 
den Generalen  die  Befugnis,  Offizieren,  die  während  eines  ihnen  er» 


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Uatsohm.  109 

« 

teilten  Urlaobs  erkranken,  noeh  80  Tage  Nacborlaab  ohne  Gehalts- 
absqg  n  bewUllgen.  Inbesag  auf  BeatfanBiuigeii  ttber  QrQnde  ood 
Dauer  anlsergewOhnlielier  Urlaube  isl  niebts  geiadeit,  Priratrllek' 
eiebteo  mdaseD  aber  Tor  Dieoallieben  niftektreten. 

Den  Poeten  des  Marinemimiteis  im  Eabinet  Ololitti  bat  Kootre-    Neui  r 
Adniiial  Mirabelle  UberDommeny  er  genieÜBt  den  Ruf  einei  Mannes  ^jq^!.^^, 
4er  Pkaade.  —  An  dem  Unierwaas  erb  oot  im  Arsena]  Ton  Spena 
wild  derart  eifrig  gearbeitet,  dab  man  es  im  Mluahre  1904  seebereit 
baben  wird. 

Ostemioli-Üiigani. 

Der  Kommandant  des  XV.  Kerpe  in  Sarajevo,  KommaodieieDder  Wechsel  im 
General  and  Cbef  der  Landesregierong  in  Bosnien  nnd  der  Hen^gowina  ^J-  ^J^- 
Oenml  der  Kavallerie  Johann  Freiherr  von  Appel  ist  am  2.  De*  Bo^leu. 
zember  1908  in  den  Bobestaod  ttbeigetretmi,  nachdem  er  den 
wichtigen  Poeten  dnreb  21  Jahre  bekleidet  nnd  anf  eine  QesamC- 
•dienalseit  von  ttber  68  Jahren  anrUekbliekt.  Am  14.  November  1826 
geboren  kam  er  aebon  1840  als  Kadett  tarn  69.  Infimterie-Begimeiit. 
Als  janger  OfUmer  foeht  er  1848  nnter  MarsehaO  Badetaky  in  Ober- 
italien and  1849  in  Ungarn  n.  a.  bei  Komom,  Si6r^,  Temeavar 
nnd  Kwar  bei  der  Kavallerie.  Bei  Magenta  24.  Jan!  1859  aar  Be- 
.kognosuemng  des  Gegners  entsandt,  drang  er  bis  anm  feindliehen 
Banptqoartier  vor.  Doreh  einen  GewehrseholB  im  Getnebt  aehwer 
■verwundet»  trügt  er  seitdem  die  schwarze  Binde  anf  dem  linken 
Aoge.  Fttr  die  wackere  Reitertat  erhielt  Appel  das  Thereäeniorena. 
Den  Feldaog  1866  gegen  Prenlsen  bestand  Appel  in  der  KavaUerie- 
Division  Edelaheim.  Bis  an  seiner  Berofbng  nach  Sarajevo  wblLte 
^  vofstti^  in  Ausbildung  der  Bciterwaffe.  Er  besltat  die  höeheten 
KriegsdekoratlQnen. 

Der  Nachfolger  in  San^evo  ist  der  Feldaeagmeialer  Eugen 
Frhr.  von  Alborl,  bisher  Korps-Kommaadaat  in  Krakau  (1.  Korps). 
Er  ist  27.  Deaember  1828  in  Cattaro  geboren,  1867  als  Leotnaat 
zum  Kai&erjäger-Regiment  aasgemustert.  Das  Jahr  1864  sab  ihn 
^hon  als  Geoeralstabshauptmaim.  Beim  Storm  aal  Magenta  1859 
hatte  er  sich  das  Militär- Verdienstkreaz  erworben.  1866  erhielt  er 
als  GeoeralstabshaaptmanD  von  Philippovich  eine  Belobung.  Von 
1868  bis  1872  wirkte  er  als  Profegsor  der  Taktik  and  Kriegagesehichte 
au!  der  Hoehsehnle  von  W.  Neustadt  Demnichst  hatte'  er  ein 
Feldjäger-Bataillon.  Bei  der  Okkopationskampagne  1878  erwarb  er 
sieh  als  Stabschef  der  7.  Infanterie-Tti^eBdivigioQ  das  Bitterkreuz 
des  Leopold-Ordens  and  die  Beförderoog  zam  Oberatcu  anfser  der 
Tour.   187»  leitete  Aibori  als  Stabschef  des  Hcnogs  von  WOrttem- 


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herg  die  Okkspalion  des  Um-Gebietes.  1881  war  er  als  Chef 
des  operatlFen  Bureus  tHttg.  1884  befehligte  er  als  Cteaeral- 
nugor  eine  Infiuiterie-Brigade»  von  1889  ab  als  FeMmazsehaUleoteant 
eine  Iiifatiterie*TmppeB-DiTirioii.  Seit  1894  ist  er  kommandiereoder 
QeDeral  in  Krakau»  seit  1897  Feldzengmeister.  Im  Oktober  1908 
wurde  ihm  das  Grafskreiu  des  Lieopold-Ordens  mit  der  Krl^s- 
dekoratloD  verlleheD.  Sebott 


Heereseror-      Dag  Effordeniis  fUr  die  eislellhaotsebe  Landwehr  weist 
dernis  1904  ^3  ^  ^24  Knwen  anf,  1 441 018  Kr.  mehr,  als  1908.  Dieser  geringe 
Hehrbetrag  deatet  schon  an,  dals  man  nmfassende  Neaemngen  nicht 
beabsiebtigt.  Das  M ebrerfordemis  ist  aneb  nleht  die  Folge  der  dnreb 
Gesetz  70m  28.  Febraar  1903  bewilligten  Stdgernng  des  Bekmten- 
kontingentSi  ^'^^^  siAud  schon  im  Budget  1903  iu  Rechnung.  Die- 
Mehrausgabo  wird  vielmehr  beding:  1.  durch  die  ^'('r^l(  hrang  der 
Freistellen  fUr  Offizier- Aspiranten  der  Landwehr  an  der  Thereäiauiscben 
Akademie  um  18  und  der  Schtlierzahl  in  der  Landwebrkadettenschale 
Wien  You  450  auf  530,  2.  von  der  bewilligten -Znkcilung  von  115 
Oberlentnaiits  und  Leutnants,  12  Zahlmeistern  aii  die  Landwehr- 
Tenritorial-Behürden,  die  vom  1.  Mai  1904  ab  allmählich  dnrcbge- 
Itlhrt  wird,  3.  von  der  durch    die  neae  Militärstra^rozefsordnung 
bedingten  Vermehrung  der  Auditeure  der  Landwehr.    Nach  der  Mit- 
teilong  einiger  politischer  Blätter  beabsichtigt  die  lie^erung  1904 
nicht  mehr  als  das  bisherige  Rekrutenkontingent  einzustellen. 
Uns 'will  dies  nicht  wohl  angäng-ig:  erscheinen,  da  für  die  Regierung 
Notwendigkeiten  besteben,   denen  sie  sich  nicht  gut  wird  ent?:inhen 
können.  Die  Regierunc:  hr-intragte  1903  bekanntlich  eine  Venn ehrung 
des  bisherigen.  tOSlon  Köpfe    ausmachenden  Uekratenkontingeuts 
flir  das   fZ"P7n einsame  Heer  um   21  9(>0  Mnnn.    Von  diesen  sollten 
13  ÜOC)  verwendet  werden,  um  LUeken  im  Heere  m  schliefsen,  2000 
um  ebeusoviele  Leute  jährlich  zur  Disposition  in  die  Heimat  f^nt- 
lassen  zu  können,  5120  zur  Aufstt  lkm^  luuer  Feldhaubit/i- Batterien 
(42)  und  Gebirgsartillerie,  1100  tllr  die  Neubildung  von  2  Hataillonen 
Festungsartillerie  und  eines  Eisenbahn-  und  Telegraphen bataülüns, 
750  Mann  fUr  die  Vermehrung  des  Mannschaftsstandes  der  durch 
neue  Schitie  wei-hsoliidcn  Flotte.   Der  Heichsrat  genehmigte  auch  die 
Erhöhung  des  Rekruteukoutingeuts,  die  ungarische  Obstruktion  hinderte 
sif     Dhb  mindeste,  was  die  Regierung  fllr  1904,  wo  die  /engenden 
Bedürfnisse  noch  deutlicher  hervorta-eten  werden  als  lüÜ3,  fordern 
mufs,  sind  die  5870  Mann  für  die  neuen  Batterien,  für  welche  die 
Mittel  schon  fUr  das  letzte  Quartal  1902  und  da»  ganze  Jahr  1903 


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UnwdiMi.  III 

ausgeworfen  waren,  and  fUr  die  Marine,  die  absolut  au  Manuscbafts- 
mangel  leidet 

Durch  Handsebreiben  Tom  8.  November  bat  der  Kaiser  dem  £rzhei-zug 
Erzherzog  Frans  Fenfinaod  seine  Zufriedenheit  fttr  .die  Leitong  dar  >^er- 
Arbelten  snr  Yerbeeaemog  der  die  taktiaehe  Aosbiidimg  der  Fob-  dmand. 
trappen  betreffende  wlebtigeu  VoxaobiUleD''  auqgeapioelien.  Gemeint 
aind  damit  die  Arbeiten  in  dem  im  OlLtober  iieransgegebraen  Exer- 
zier-Beglement  für  die  k.  a«  k.  FnlBtrnp^en.  In  diese  biaebte 
der  Erzherzog  Ineofem  eine  neue  Metbode,  ala  anoh  in  weitem  Mafee 
die  Anaiebten  der  in  der  Praxia  der  Truppe  stellenden  Offiziere,  zam 
Teil  bis  snm  Kompagnieebef  bernnter,  gehört  und  verwendet  worden 
and  «so  ein  dnrehans  anf  modernem  taktiaehen  Boden  stehendes  Reg^ 
lement  entstand,  to  welebem  Theotie  nnd  Praxis  glttelüioh  vereinigt 
weiden. 

Eine  Nenaofiage  des  Absohnitts  „Disziplinar-Strafreeht^  des  DiszipUoar- 

nieht  nnr  filr  den  Frieden  die  Strafe  des  ^^^'««l't- 


Aabindcpa  nnd  des  „Sebliefeens  In  Spangen'*,  sondern  bringt  anch 
sonstige  Neaeningen.  Kadetten  werden  inbezng  anf  Strafe  oieht 
mehr  den  Feldwebeln,  sondern  den  Oflizieren  gleiehgesteUt,  ihre  Be- 
atrafong  wird  niebt  mehr  doreh  Tagesbefehl  bekannt  gegeben.  Bei 
Zngflibrem  nnd  KoiporaleQ,  die  freiwillig  weiterdienen,  soll  die  Strafe 
auf  Entziehung  der  freien  Verfügung  ttber  die  Löhnung  ondderEnt- 
aefaang  des  Urlaube  Uber  die  Betraite  anoh  nicht  mehr  strenger 
Arrest,  sondern  nur  nooh  Kasorren-,  Quartier-  nnd  einfacher  Arrest 
zur  Anwendung  kommen.  Einjährig-Freiwillige  und  Unteroffiziere 
sollen  in  Znkonft  ihre  Haft  gesondert  von  der  Mannschaft  Terbüfsen. 
Länger  dienenden  Unteroffizieren  kann  die  Warnung  mit  Androhnng 
der  Entlassung  nur  noch  dnioh  eine  besondere  ,4^i8ziplinar-Komniia* 
sion^  erteilt  werden,  die  ans  einem  M%jor,-  einem  Hanptmann  and 
einem  Oberleutnant  besteht. 

Auf  der  kaiserlichen  Werft  in  Pola  läuft  in  den  nächsten  Tagen  ifarine. 
(Anfang  Dezember)  ein  Panzerkreuzer  von  7300  Tons  ab,  der 
mit  „Kaiser  Karl  VL''  und  „Kaiserin  Maria  Theresia"  eine  Division 
bilden  soll.  Ende  19(K)  auf  Stapel  gelegt,  soll  das  117  m  lauge 
und  19,5  m  breite  Schiti  durch  Maschinen  von  13  000  indic.  Pferdo- 
kräften  21  Knoten  Fahrt  erhalten.  Otfensiv-  und  Dpftensivkraft  des 
hchifles  sollen  besonders  p-olse  sein.  Ais  Armierun^j  erhält  e^  zwei 
24  cm  Geschütze  in  Türmen,  flinf  19  em,  vier  15  cm  Schnellfeuer' 
kanoiicii,  25  Geschütze  kleineren  Kalibers. 

Eirte  durchgreifende  Änderung  in  den  Hestimuiuugen  t)lT  den. 
Jiilitär-Taxfoods  (Wehrsteoer)  ist  beabsichtigt.  18. 


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112 


UoiscbaiL 


OrolBbrltannieiL 

Die  ueue  Man  hatte  bisher  2  1  eldkaiionen,  beide  vom  Kaliber  7,62  om, 
•'eldkftnotte.  ^j^j^  15  Pflloder  füi  fahrende,  den  12  riüüder  fUr  reitende  Artillerie, 
beide  C/84,  95.  Beim  ersteren  ist  das  Rohr  30,8,  beim  letzteren 
21,9  Kaliber  lang,  die  Gewichte  entsprechend  855  kg,  bezw.  324  kg. 
Die  Fahrzeuggewiebte  sind  1760  kg  bezw.  157ö  kg,  die  Gewichte 
der  Sohrapnelis  6,371  besw.  5,669  kg,  erstere  mit  20o,  letztere 
mit  162  Hartbldkngelii  von  18  g.  Die  Hflndongsgesehwindigkeitea 
betragen  480  und  478  n. 

Im  Jahre  1^  wnide  die  Anbringung  der  EtteklanfliemBang 
System  Glarke  an  sKmflieben  reitenden  und  fidirenden  Batterien 
der  inlllnduehen  FeldartiUeiie  angeordnet.  Naeh  einer  ErlcUining 
des  BegiemngBYertreteis  im  Unterbaiue,  Ainil  1899,  eoUte  die  Dnreh- 
flüimng  dieser  UmSndenug  an  sUmtUehen  Feldlafettsn  gegenwirtigen 
Systems  behob  Erhtfhang  der  Fenergesohwindigkeit  bis  Ende  1899 
erfolgt  sein.  Nach  guter  QneUe  waren  bis  smn  21.  Apiii  1899 
14  amgeänderte  Peldbatterien  den  Truppenteilen  anm  Oebraoeb 
überwiesen. 

18  Batterien  7,62  cm  Sehnellfeaerkanonen  System 
Ehrhardt  wurden  Herbst  1900  ans  Dentsehland  betogen,  kanun 
aber  nicht  mehr  aaf  den  Kriegssehanplats.  Den  bdden  (Sesebttte- 
teien  Armstrong  nnd  VielterB,  Son  and  lüudm,  elienso  wie  dem 
Arsenal  Woolwieh  wirden  Versnehsbatteiien  in  Auftrag  gegeben. 
Etwas  Reelles  Ist  dabei  nieht  heransgekommen. 

Ende  September  1908  worden  dem  Feldmarsebail  Bari  Bobeite 
in  Dartmoor  Versuche  mit  einem  ganz  nenen  Feldgesehtttz  Tor- 
gefllhrt,  die  sehr  zolriedensteUende  Ergebnisse  geliefert  haben  sollen. 
Wie  „United  Service  Gasette"  vom  10.  Oktober  1903  schreibt,  ist 
das  nene  Feldgesebttts,  womit  die  englische  Artillerie  bewaffnet 
werden  soll,  eine  ausgezeichnete  Verbesserung  gegenüber  der 
jetzigen  BewatinuQg  und  besitzt  auch  die  Mehrheit  der  Eigeosehaften, 
welche  für  die  Erfindung  in  Anspruch  genommen  werden. 

Das  GesofatttB  ist  nach  einem  fransttsischen  Master  gebaut, 
hat  aber  in  gewissen  Beziehungen  umkonstroiert  werden  müssen, 
um  den  Elrfordernissen  des  Dienstes  gegenüber  Stand  zu  halten. 

Nach  derselben  QneUe  hat  das  Geschütz  den  verbesserten  Ver- 
schlulsblock  von  Oberst  Deport,  der  in  der  Form  dem  der  Marine 
ähnlich  ist  Er  besteht  aus  einer  flachen  Stahlscheibe,  welche  um 
eine  Achse  schwingt  (a  piain  steel  diac,  swinjring  on  a  pivot).  Das 
Öcbliefsen  des  Verschlusses  bewirkt  zn^leich  das  Abfpuprn,  docb 
kann  «Üen  auch  mit  der  Schnur  geschehen.  Das  Auswerfen  der 
i'atrooeahUl^  erfolgt  beim  Ueffuen  des  Verschlusses.   Der  Bttok- 


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DnMohao. 


113 


Stöfs  wird  fhireh  2  senkrofhte  Achsen  verschluckt,  wplche  mit 
Gl^ceriü  und  WnsstT  getUiit  sind.  So  wird  Verletzon^-en  der 
Kanoniere  vorgebeugt.  (?)  Heim  Ahfeuern  hebt  sich  das  Geschütz- 
rohr, sinkt  dann  unmittelbar  in  die  frühere  Lage  ^orttck,  bereit  ohne 
Zeitverlust  neu  geladen  m  werden. 

Die  öchulsweite  wird  zu  10  (KX>  Yards  (i)  143,8  ui)  angegeben. 
Die  Schrapnells  wirken  bis  bOod  Vards  tödlich.  Man  gab  20  Schuls 
(round«)  in  der  Minute  ab,  sogar  einmal  8  Schuf«  in  15  Sekunden. 

Nach  anderen  Quellen  wurde  die  Fabrikation  des  neuen  Ge- 
schützes den  Firmen  Armstrong  und  Vicker»  Ubertragen,  welche  im 
Augnst  1903  4  ikitterien  ablieferten.  Das  Geschütz  hat  Schut/schilde. 
Das  Geschols  des  fahrenden  GeschUtses  wiegt  l-S'/i  Pfund  gleich 
8.39  kg.  des  reitenden  12 '/g  Pfand  gleich  5,(>7  kg  (dies  wie  bisher). 
Das  Rohr  des  Geschützes  soll  l,5i7  m  lang  sein.  Das  fahrende 
Geschütz  hat  ein  übertrieben  greises  Geschofsge wicht  t^s,39  kg  gegen 
sonst  7,2  kg,  6,85,  kg,  6,5  kg,  6,36  kg).  Das  Geschütz  ist  mit 
einem  Teleskopvisier  versehen.  Nach  älteren  AiiL^aben  wollte  mmi 
eine  GeschoCsgeschwindigkeit  von  520  ni  haben  Dies  verlautete 
im  Herbst  1902,  als  die  englische  Abordnung  den  deutschen  Kaiser- 
manövern beiwohnte.  Schott. 


Sohweden. 

Die  beiden  reiiendeD  Batterien ,  wdehe  nisprSiiglieb  zu  KOnftige 
«  Oeflebtttseu  im  Kriege  foimiert  waren,  nahmen  bei  der  Ken-  ^"^T^^^id- 
i»ewafinang  mit  Sebnellfene^geselitltBen  in  Fedefspomlafetten  die  artil]0rie. 
FonnaMon  der  Batterie  so  4  Gesebfltaen  an  and  mm  enielitele'  eine 
dritte  Batterie  in  gleieber  StSrke.   Es  wurde  also  bei  Annalune  der 
4  geaehntrigen  Batterie  die  Gesamtiahl  der  Gesebttlae  im  Kriege 
beibehalten  und  jetet  sehen  anf  die  Frieden^tterien  ttbertragen. 

Das  gieiehe  ist  Air  die  mit  dem  Robrrttcklan^eaehlttB  anaia- 
rastenden  fahrenden  Batterien  heabsiobtigt  and  bei  2  Regimentern, 
dem  1.  Svea-  nnd  1..  Gltta-ArtiUerie-Regimeot,  8<dioa  ausgef^rt 
(Befehl  vom  26.  Joni  1908,  auszuführen  Oktober  1903).  Statt 

2  Abteilungen  xu  3  Batterien  ä  6  Geschützen  im  Kriege  haben  die 
Regimenter  von  gedachten  Termin  ab  3  Abteilungen  zu  3  Batterien 
k  4  Geschütze  (^cbon  im  Frieden).  Schweden  wird  nach  Durch- 
fQhruog  der  Maisregeln  56  fahrende  Batterien  (2  für  Gotlaad), 

3  reitende,  10  Reserve-,  20  Depotbatterien  (letztere  beide  Arten  nur 
im  Kriege)  haben.  Bei  den  aktiven  Batterien  ist  nach  obigem  durch- 
weg die  Getamtstärke  im  Kriege  an  Feldgeschützen  bei- 
4iehalten  worden.  Sehott. 

Ja|il»tetar  fl»  41*  «Mtaokt  Aibm  «ad  MvAa».  N«.  SSS.  8 


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114 


UnMoliiv. 


Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika. 

¥ie  Koteen-  Der  .Generalstab  hat  beseUoflMii,  den  militüriseheii  Erkaiidiiiigs-- 
lI  img  von  mittel-  und  sttdamerikamBCheD  Staaten  weiter  anssD- 

stabsoffi-  uenaeiL 

..,en  rKi<  h  Begründet  wird  diese  Mabnahme  mit  der  MQgiiolikeit,  dals  die 
laameri  a  Monroe-Doktzin  ein  militSrisdie«  Einsehjreiteni 

in  Sttdamecika  fordern  liOnnte. 

Von  Seiten  der  Vereinigten  Staaten  waren  bis  jetzt  nnr  zwei' 
Offitiere  vorübergehend  der  Gesandsobaft  in  Caracas  zugeteilt,  um- 
die  militäriseben  Verbältnisse  in  Veneznela  nnd  au!  dem  Isthmos  von. 
Panama  ta  erkunden. 

Diese  beiden  Offiziere  sind  vor  karzem  naeb  Washington  jsnrttck- 
gekehrt,  um  Bericht. zn  erstatten. 

An  ilirer  Stelle  werden  in  nächster  Zeit  4  jüngere  Offiziere  des 
Generalstabs  nach  SUdamerika  abgehen,  um  den  Gesandtsebafteu  der 
gridseren  sOdamerikanischeu  Staaten  zugeteilt  zu  werden. 

Die  hierittr  in  Aussiebt  genommenen  Hauptstädte  sind  noob 
nlebt  bekannt. 

'6ar  weite-       Oer  neue  Unterstaatssekretär  des  Krieges  Oliver,  von  dem  man 
[^^^^^^^bei  seinem  Amtsantritt  erwartete,  dals  er  sich  besonders  derOnroh- 
Miliz-    fttbmng  des  neuen  Bfilizgesetzes  widmen  wttrde,  hat  diese  iärwartnngen 
gesetzes.  getäuscht  und  zwei  wichtige  Anordnungen  erlassen. 

Er  hat  vom  Generalstab  die  Aufstellung  klarer  Bestimmungen 
ttber  die  Verwendung  nnd  die  Pflichten  der  organisierten  Miliz  Im» 
Kriegsfälle  getorderl. 

Den  (Gouverneuren  aller  Staaten  bat  er  ein  von  ihm  entworfenes' 
Milizgesetz  zur  Einftthrung  empfohlen,  um  eine  gleich mäfsige,  gesetz- 
geberische Grundlage  fttr  die  Bundesregierung  und  die  Einzelstaateni 
zu  schaffisn. 

^'etüisel  in  Generaimi^r  Gorbin,  Acyntant^General  nnd  1.  Gehilfe  des  Che& 
io^ando  *^^^  Generalstabes  ist  amm  Bdehlshaber  des  Ostdeparlements  ernannt 
stellen,   worden  nnd  hat  die  Dienstgeseliäfte  Ende  Oktober  tiieniommen. 

An  seine  Stelle  ist  der  bisherige  Kommandierende  dieses  De- 
partements, Generalmajor  Cbaffee  getreten. 

Letrterer  ist  zum  Naehfolger  des  im  Januar  1904  ausscheiden- 
den Generalleutnants,  Youog,  des  jetzigen  Generalstabsehefo,  ans*- 
ersehen. 

Maagel  an       Bei  den  gemeinsamen  Manövern  von  Armee  und  Maiioe  bei: 
^m^i  Fortland  im  August  d.  J.  bat  neb  als  fthlbarer  Mangel  das  Fehlen. 
^        '  der  nötigen  Besatzong  fttr  die  Kttstenbefestignngen  beraosgestellt. 
Man  ist  smh  der  Wiohti^keit  dieger  Angelegenheit  wohl  bewulst  und. 


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i 


L'uiscbau.  115 

Mrill  diesem  Obelstaode  durch  Tennefafte  Aasbildong  ron  Ifiliieo  im 
Kttstendieiist  abbelfen. 

Han  erwartet  den  Obertritt  von  Infanterie-MittsfonnatioiieD  znr 
Kttstenartlllerie. 

Admlral  Erm  bat  Befebl  erbaiten,  mit  der  asiatisebeD  Flotte,  MAOmahmeii 


die  3  Seblaebtsehiffe,  2  Monitora»  4  Kreuzer,  6  Kanonenboote  stark  ^^„e^Kln"^ 


uty  deh  in  den  nordebinesiseben  Ctewässem  bereit  an  balten,  nm  m^ts  zwi 
sofort  naeb  dem  Vertiagsbafen  Antong^  an  der  Talamllndang  geben  ^j^^ 
zo  können.  Amerika  will  doreh  diese  Mafsnahme  die  Integritlli  des  Ji^an. 
neoen  Bandetevertnigee  mit  Cbina  gewXbrlelsten. 

Der  Staatssekretär  der  Marine  bat  folgende  Bestimmungen  er-  i'rogranuu 
lassen:  ftirdieWin- 

Das  Seblaebtsebiffo,  Karaiblseh-  and  Kllstengesebwader  ver-  der  Flotte. 
f»ammeln  slob  am  1.  Deiember  im  Hampton  Eoads. 

Fabrt  der  beiden  eis^nannten  C^bwader  nacb  Gnlebra,  des 
letzteren  nach  Key  West,  woselbst  m  Laufe  des  Dezembers  Exer- 
zier- ond  ZielttboDgen  stattfinden. 

Anfang  Jaaoar  versammeln  sieh  unter  dem  Elefefal  des  Kontre- 
Admirals  Barker  das  Scblaehtschifi-,  Kandbisobe  nnd  silda^tiscbe 
Geschwader  mr  Vornahme  taktiaefaer  TJbangeii  bei  Enlebra. 

Von  dort  Ende  Januar  Fahrt  der  drei  Geschwader  zar  Vereioi- 
goDg  mit  dem  KUsten>  nnd  wabrscheinlicb  auch  dem  Sebnlsebiffge- 
schwader  naeb  dem  neaen  Flottensttttspnnkt  Gaantanamo  an  der 
SttdkOste  von  Kuba. 

Hier  werden   die  wichtigeren   taktiseben  nnd  strategisoben 
Cbnng:en  abgehalten. 

Am  1.  März  verläÜBt  die  Flotte  Gaantanamo  und  geht  durch 
den  alten  Bahama-Kanal  naeb  Key  West,  Im  Laufe  des  März  finden 
die  jährlichen  Schiefsttbnngen  and  die  neuen  l^isschielsen  statt. 

Admiral  Dewey  wird  die  Flotte  besichtigen  ond  einen  Teil  der 
Obnngen  beiwohnen,  den  Oberbefehl  selbst  aber  niehl  übernehmen. 


Huislazid. 

Im  Jnniheit  1903  hatten  wir  nach  nouen  Qoellea  einige  An-  Beld 
gaben  über  das  rassische  Feidgesc blitz  M/1900  gemacht  and  ff^^J^ 
zwar  nach  Potockgs  Veröffentlichong.  Wir  können  sie  im  folgenden  Nene  An- 
noch  ergänzen  nnd  berichtigen.  gaben. 

Die  Lafette  besteht  aus  zwei  Teilrn.  der  Unterlafette  und  df  r 
0 b erlaf f'tte.  Die  erstere  ist,  ähnlich  wir  bei  dem  abgeändfTten 
Geschütz  M  1  s9 5,  behufs  feiner  Seite nricbtun^r  auf  der  Lafettenachse 
Tersehiebbar.   Die  Oberlafette  geleitet  aof  einer  Bahn  der  Unter- 

8* 


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116 


Unuohaa. 


lafette  zurück  und  vor.  Der  Rücklauf  betrügt  üi  cm.  Die  Heiuiuung: 
des  Iftztcren  geschieht  durch  eine  Flüssigkeitsbremse  und  durch 
KautschukriiifTf  welche  auf  einem  lang-en  Dorn  siteen  und  durch 
Stiihlscbeibt  1)  voiiciaander  getrennt  sind.  Der  Kautschnk  verschlackt 
den  groisteu  Teil  der  Rtlckstolseuet^^ne.  so  dafs  selbst  ein  Scbadhaft- 
werden  der  Bremse  und  ein  Wrlust  an  l'lüüsigkeit  keinen  Nachteil 
bringt.  Reim  Abfeuern  springt  die  Lairttc  etwas  in  die  Höbe,  (iies 
hindert  ahn  r  nicht,  15 — 20  Schnfs  in  der  Minute  abzugeben.  Auf- 
satz und  Korn  sind  am  Rohr,  die  Richtraaschine  ist  an  der  Ober- 
lafette. Die  Unterlafette  ist  mit  einem  st;irken  Schwanzsporn  ver- 
sehen. Die  Lafette  bat  2  Achssitze:  Sitze  für  die  Bediennng  beim 
Schiefseu  fehlen,  dies  deutet  schon  auf  das  unruhige  Verhalten  des 
Geschützes  beim  Fenem. 

Däs  Rohr  \vit  i2:i  k^;  uud  bat  einen  Sehraubenverschlufs  mit 
einem  Ladegriti;  es  wird  Luit  Patronen  geladen.  Das  einzige 
Geachois  ist  das  Schrapnell,  welches  <i,5(i  kg  wiegt;  die  Mtindungs- 
gescbwindigkeit  ist  588  ni,  bei  einem  iiochstgasdruck  von  2250  Atmo- 
sphären. Der  Zunder  nnt  doppelter  Wirkung,  aus  Aluminium  her- 
gestellt, wiegt  273  g  und  iuttnnt  22  Sekuiuifii.  Es  sind  2  ^atz- 
stticke.  das  obere  fest,  das  untere  diehbiu"  und  beim  Schuls  durch 
einen  Kxpausionsriug  festgebalien.  Das  Einstellen  geschiebt  mit  der 
Hand.  Die  Gase  entweichen  durch  Löcher  im  Mundpfropfen :  die 
Anordnung  i^t  noti;:,  um  bei  den  grufsen  Geschofsgeschwindigkeiteu 
das  Ersticken  des  brcnnrndtn  Satzes  zu  verhüten.  Die  Breunzeit 
des  Zünders  reicht  bis  zur  Schulsweite  von  53(K)  m.  Das  Schrapnell 
enthält  260  Bleikugeln  von  10,66  g  Gewicht.  Das  Gewicht  der 
Füllung  beträgt  43°/q  des  Gescholsgewiehts. 

Die  Geschofsarbeit  an  der  MUndung  ist  infolge  der  grolseii 
Müiidungsgeschwindigkeit  mit  118,7  Metertonnen  aoTserordentlich 
hoch,  beträgt  sie  doch  beim  französischen  M/97  etwa  UX)  mt,  beim 
deutsoheo  96  nur  75,5  mt.  Hiermit  hängt  das  unruhige  Verhalten  beim 
Schiefsen  zusammen,  nicht  minder  das  hohe  Fahri^nggewicbt  von 
/       1884  kg. 

Der  Munitionswagen  stellt  eine  Doppelprotze  vor,  der  Hinler- 
wagen soll  in  der  Batterie  nahe  dem  Geschütz  stehen,  wie  es  in 
Frankreich  üblioh  ist;  als  nicht  gepanzert  aber  doch  wohl  nicht 
daneben. 

Schott. 


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Uinsehaa. 


117 


Soeben  Int  die  mssisohe  Heeieddtnog  die  amtliehe  Mittdlnog  Btidani^ 
eriaieen  ttber  die  Bildnng  der  neaerriebteteu  osteibirieeheo  sehüueD- 
SebfllsenregliDenter.  ragimenter. 

Hienaeb  eind  zwei  oMbirisohe  SohlltBeDbrigadeDy  die  7.  und 
die  8.,  eniebtei  Zu  der  ersteren  gebQrl  das  25^  26.,  27.,  28.,  su 
der  lelsteien  das  29.,  30.,  81.  und  82.  oatBibirisebe  Sebtttsenree^eoi 
Es  ist  nidit  vniDteresBaot»  ans  den  Beetämmimgen  sn  eiftbren,  dale 
die  BOdnng  der  Tnippenteile  bemte  Mitte  September  begonnen  und 
je  naeb  den  eioselnen  Kompagnieni  Me  in  den  NoTomlMr  bineln 
dnrebgefnbrt  worde.  So  wnxde  z.  B.  rom  28.  oatsibiriaeben  SebtttMn- 
regiment  die  8.  Kompagnie  am  18.,  die  2.  nnd  6.  am  20.  Septemlier, 
der  Begunentastab  and  die  NiebtfrDnt-Kompagnie  aowie  die  Rcgimenta- 
miuik  am  14.  Oktober,  nnd  die  9.  bia  12.  Kompagnie  erst  am 
1.  NoTem1>er  formierL 

Daa  29.  nnd  80.  ostoibirisebe  Sebtttunregiment  wniden,  nnd 
twar  am  18.  Oktobw,  m  dem  1.  nnd  2.  Wladiwostoker  Festangs- 
infanterieregiment gebildet,  das  23.  am  1.  NoTsmber  aas  dem  Port- 
Artbnrsehen  Festmigs-InÜBuiterieregiment.  Der  Kaiser  bat  auch 
sogleich  diesen  Regimentern  Fahnen  verliehen,  und  zwar  liaben  die 
ans  Festongsregimentem  gebildeten  die  ihrer  Stammregimeoter  er- 
balten,  so  dafs  das  29.  die  des  ehemaligen  1.  Wladiwostoker 
FestODgs-InfaDterieregiments  mit  der  Aatsebrift  „1771  bis  1871*^  nnd 
mit  dem  Alexandeijobilänmshande  fuhrt. 

Da  ein  Schützenregiment  auf  Kriegsstärke  350  Offiziere,  5  Arzte, 
Geistliche  nnd  Militärbeamte,  167  Unteroffiziere.  17  Hornisten, 
1720  Gemeine,  ho  Niehtstreitbare,  84  Reit-  and  Zogpferde  and 
14  Fahrzeuge  zählt,  so  hat  die  russische  Infanterie  im  „fernen 
Osten**  bieidnrch  eine  nicht  nnwiohtige  Verstärkung  erfahren,  pranz 
abgesehen  Ton  den  bereits  im  Laufe  des  Herbstes  aus  Enropa  nach 
Ostasien  transportierten  Truppen,  zu  denen  u.  a.  die  aus  den  Militär- 
bezirken Kijew  nnd  Moskau  dorthin  gesandten  Brigaden  der  31.  und 
35.  Infanterie-Division  mit  ihrer  Artillerie  sowie  die  neogebildeten 
fiisenbahnbataiilone  gehören. 

Wie  sehr  die  Rossen  dir  Hafenaniagen  in  Port-Arthur  ge-  Aj^j^dem 
fördert  haben,  p-^ht  ans  einer  Dt^ju  sche  vom  2ö.  November  hervor,  Oaten*. 
wonach  an  diesem  Tage  auf  der  dortigen  Newskij  Werft  das  Torpedo- 
boot „StatnUj",  das  letzte  der  dort  erbauten  i2  Geschwader-Torpedo- 
boote, vom  Stapel  lief.  Die  ersten  sechs  der  im  „fernen  Osten" 
erbauten  TorjxMlobooto  sind  schon  vollständig  kriegsmäisig  aus- 
gerüstet  und  rinlien  ihre  Fahrten  begonnen. 

In  Korea  bat  ein  ZusammenstoJs  rassischer  Matrosen 
des  KauoncDbootes  „Bohr''  in  Tscbcmulpo  mit  japanischen 


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118 


UmaohMi. 


Arbeitern  Htattgefunden.  Diese  Matrosen,  26  an  der  Zahi,  wareu 
in  der  Rtudt  von  einer  ^rofsen  IJeberzahl  Japaner  angegriffen  und 
hattLMi  nur  mit  MUbe  Kutter  erreichen  können,  welcher  sie  ao 
Bord  des  Kneg-sschiffes  brachte.  Die  russische  Rcdernnp:  hat  den 
Panzer  ^Poitawa"  und  mehrere  Torpedoboote  zur  Sicherung  der  in 
Tscbemulpo  ^na-esiedt  Uen  Rnsisen  nach  jenem  Hafen  gesmult. 

Um  das  r^^snri-Kasakenheer  andanernd  zu  verstärken,  ist 
nach  dem  „Wobtotsclinüj  Westnik*'  beschlos.sL-n  worden  im  künftigen 
Jahr  ansschHefslieh  Kasaken  des  Orenburger  Kasakenheeres  dort 
aozusiedeiu,  die  sich  unter  den  dortigen  Verhältnissen  als  die  besten 
Kolonisten  erwiesen  haben,  wahrend  die  Don-  nnd  Kobenkasaken 
sich  nach  den  Erfahrungen  der  letzten  Jahre  für  die  dortige  An- 
siedelung weni^  geeignet  gezeigt  haben  sollen.  Die  auf  rigene 
Kosten  und  Gefahr  übersiedelnden  Kasaken  erhalten  für  ihre  Ein- 
richtung in  der  neuen  Heimat  fUr  die  Familie  ein  Darlehen  von  je 
300  Kübel,  die  Übersiedelung  nach  dem  „fernen  Osten"  geschieht 
nach  dem  niedrigen  fUr  „Ubersiedler"  bestimmten  Tarif. 

Diejenigen  Kasaken,  welche  die  Übersiedelongskosten  seitens 
der  Kegiening  eAilten«  haben  kein  Recht  auf  freie  Wahl  ihres 
Ansiedelnngsortes. 

Um  Qoeh  mehr  Offiziere  mr  Verwendung  in  Ostasien  m  be- 
fäüiigen,  bat  man  die  bisher  dem  Ressort  des  Minisfteriams  des  Innern 
nntersteUten  „Oditierkarse  der  orientalischen  Sprachen^' 
die  Absicht,  dem  Generalstab  sn  nntersiellen,  weil  man  glaubt,  dafs 
darcb  die  Verbindong  dieser  Knrse  mit  der  asiatischen  Abteilung 
des  letzteren  die  militKrischen  Zweeke  mehr  gefttrdext  werden  dürften. 
Es  soll  femer  beabsichtigt  werden,  das  Programm  der  Anfoabme 
ond  der  Eorsnsprttfhngen  bedentend  zu  erweitem.  Der  Korsos  soll 
om  ein  Jahr  Terlttogezt,  anoh  die  so  geringe  Zahl  der  Teilnehmer 
(bisher  nnr  5)  vergrOIsert  werden.  Die  neuen  Knise  sollen  ihre 
Teilnehmer  Ar  die  Ueberoahme  höherer  Ämter  in  der  Verwaltung 
der  asiatischen  Gebiete  Rolhlands  Torbereiten. 

Nach  den  lotsten  Nachrichten  aos  dem  „fernen  Osten'*  befindet 
sieh  der  giOlste  Teil  der  Schifte  des  Geschwaders  des  Stillen 
Ozeans  zor  Zeit  in  Port^Arthor,  ond  Ton  ihnen  ein  Teil  in  armierter 
Reserre.  Der  Geschwader-Eommandeor,  Vize^Admiral  Starok,  hat 
seine  Flagge  auf  dem  Geschwader-Panzerschiff  „Fetropawlosk**  gehifert, 
während  die  jüngeren  Flaggmttnner,  Kontre-Adnural  Baron  Staekelberg 
und  Fürst  Ucbtoniski,  ihre  Flaggen  auf  dem  Kreuzer  „Rossga**  ond 
dem  Geschwader-Panzerschiff  „Peresswjet"  gehifst  haben. 

In  chinesischen  Häfen  befinden  sich  zur  Zeit  zwei  russische 
Kriegsschiffe,  in  den  koreanischen  nnd  japanischen  Gewässern  je  ein 


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IfaBobau. 


119 


solches.  Ein  T^sportsehilf  des  Geschwaders  krenxt  an  deo  Küsten 
der  Hnlbinsel  Kwantiin. 

Um  Siels  ttber  eine  gpenttgende  Beserre  yon  Ttansporlsehiffen  znr 
Beförderung  von  Truppen  auch  nach  Ostasien  ta.  besitzen,  hat  die 
JiaaptrerwBltnng  fttr  Seehandelssehlffahzt  und  Httfen  einen  Gesets- 
entirärf  ansgearbeitet,  der  nnter  Bewdiignng  von  sehr  gOnstigen  Be- 
düigangen  Atr  die  Reeder,  dem  Staate  die  Yerfttgnng  ttber  eine 
ansretehende  Anzahl  Fon  geeigneten  Schiffen  der  Privatreederei  zn- 
sichert. 

Lebhaft  besprochen  werden  in  der  rassischen  Presse  die  Nach- 
richten,  welche,  an'-^chpinend  anf  englische  Veranlassung,  Uber  die 
KnisJaod  in  der  Mandschurei  bedrohenden  Anneeo  der  chinesischen 
Generale  Ma  und  Jaanschikai  verbreitet  werden.  Während  aber  die 
„BirshewUja  Wedoniosti  '  wissen  will  dato  eine  „furchtbare  eblnesische 
Armee"  im  Entstehen  begriffe»  ist,  die  ..von  Japanern  and  Eoropäem 
geschnifS  bald  Millionen  von  Streitern  zählen  wird,  nehmen  andere 
Journale,  wie  die  ,.Feterbuig8kija  Wedomosti^^  diese  Nachrichtcu 
wenig  ernst.  Diese  Zeitung  sagt  wörtlich  von  einem  chinesischeo 
Feldzuge:  .,Ein  solcher  Feldzag  wäre  fUr  unsere  Soldaten  nur  ein 
Kinderspiel,  Nur  unsere  Fahnen,  nicht  die  Fahnen  des  europäiseheu 
Kon/.erts,  wUrdrii  dann  über  dem  erohortcn  Peking  wehen,  in  dem 
/weiten  schweren  Exil  wllrde  der  .Mandschu-Hof,  der  uns  jetzt  leider 
bitterer  halst  als  den  Freindläiider  aus  dem  Westen,  endJicU  er- 
kennen, dafs  die  Tage  der  Dynastie  selbst  irezäblt  siei^n." 

Ein  General,  dessen  Name  mehrfach  iu  diesen  lilättem  erwähnt  tiencral- 
war  and  dessen  Person  für  alle  Zeiten  mit  tier  Umformung'  der  marschall 
russischen  Armee  unter  Kaiser  Alexander  II.  verknllpft  ist  Oraf  Graf  D.  A. 
D.  A.  Miijntin,  feierte  in  alli  i  Stille  an»  21.  November  auf  seiner  ^'U***»°- 
Besitzung  in  der  Krim,  wo  er  seit  seinem  Rücktritt  von  der  Stellung 
des  KrieiTsniinisters,  die  er  bekanntiicli   nicht  weniger  als  zwanzig 
Jahre  hekieiciete,  in  stiller  Abgeschiedenheit  lebt,  sein  siebenzig- 
jähriges  Offizierjubiläum.    Der  Grat,  dem  diese  Standeserhühung 
für  seine  Wirksamkeit  während  des  rassisch-türkischen  Krieges  zu- 
teil wurde,  hat  jetzt  das  hohe  Alter  von  87  Jahren  erreicht 

Die  Feste  /.ur  Erinnerung:  an  die  fünfzigjährige  Wirder-Erinnenuig^ 
kehr  dos  Beginns  der  Ereignisse  des  Krimkrieges  haben|rj^jj|^^^j, 
begoiuirii.  Zunächst  feierte  man  die  P^innerung  an  den  Sieg  der 
Schwarzen  Meer  Flotte  bei  Sinope  Uber  die  türkische,  deren  dortiges 
Geschwader  bekanntlich  vernichtet  wurde.  In  Ssewastopol,  das 
doch  der  .Mittelpunkt  aller  dieser  Gedenkfeiern  sein  wird,  wurde  am 
31.  November  ein  Gottesdienst  in  der  Wladimirkirche  gefeiert,  den 
der  Bischof  von  Simpheropol  and  Taurien  Nikol^j  zelebrierte.  Dann 


I 

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120 


üiüäohau. 


worden  die  Jnhiliama-Geoig-Wimpel  und  StaDgen-Flaggen,  welche- 
der  Kaiser  der  SebwaneD  Meer-Flotte  raliehen  hatte,  eingeweiht 
und  auf  den  Kriegssehiffen  gehibt.  An  dieser  F^er  nahmen  die  am 
SO.  KoT^her  ihre  „Gampagne"  (Kainpanija,  Seereise  der  Kriegs-- 
schiffe)  beginnenden  Panaersobiffe  „Tsehessma**,  M^ostelaw^,  „Tri 
Swjatitelja'V  aof  welchem  Schiffe  der  GrotsfOrst  Alexander  MichäUo- 
witsch  anwesend  sein  wird,  and  die  schon  auf  der  Pahrt  begriffenen 
Panserschiffe  »^Kigils,  Potemkin,  Tawritschessky  und  der  Krenier 
,,Panvatj  MerkafQ<<  Teil. 

Am  Abend  fand  im  Marine-Ka^no  xnerst  ein  Festmahl,  dann 
ein  Ball  statt  in  Anweeenheit  des  Grolsfttrsten  Alexander  Miehailo- 
witsch  mit  seiner  Gattin,  der  Grolsfttrstin  KssenQa  Alexaadrowna. . 
Die  Veteranen  ans  dem  Mannsehaftsstande  des  Tages  von  Sinope 
und  der  Belagemng  von  Ssewastopol  feierten  durch  ein  gemeinsames 
Mabl.   In  den  Kasernen  der  Marine  fanden  Vorlesungen  Uber  die- 
Schlacht  bei  Sinope  statt.    Aach  in  St.  Petersburg  wurde  dieser  Tag 
festlich  unter  Anwesenheit  der  Spitzen  der  Marine  begangen. 
tTbei-  Am  25.  November  wurde  St.  Petersbnrg  infolge  der  vom 

'^^^^^"^^^Meere  her  der  Stadt  zugetriebenen  Wassermassen  von  einem  in  hohem 
Petersburger  Grade  verderblichen  Hochwasser  heimgesucht    In  ganz  besonderein 
bestuug.  wurde  auch  die  Festung  hiervon  betroffen.   Ein  stundenlang 

dauerndes  Feaem  der  Festungsgeschtltze  warnte  die  Bewohner  der- 
der  TTherschwemmung  ausgesetzten  Stadtteile  vor  der  ihnen  drohenden 
Gefahr.  Nach  dem  ,,Ru88kij  Inwalid"  wurden  nicht  weniger  als 
140  Schusse  gelöst,  davon  70  mit  acht  Pfund  Pulverladnn^en  und 
70  mit  vier  Pfund  Pul  Verladungen.  Von  1  Uhr  50  Minuten  nacb> 
Mitternacht  bis  4  Uhr  40  Minuten  mitta»'«  donnerten  die  Kanonen - 
der  Festnng".  Diese  selbst  befand  sich  wie  im  Belagerucfrszustand. 
Sie  war  von  Wasser,  das  die  Peter-Faui-Kathcdrale.  in  der  «ieli 
die  Hnhestattcn  der  Zaren  befinden,  erreicht  hatte,  volli^'^  umgehen. 
Über  dl  II  Platz  au  dieser  Kirche  konnte  man  weder  zur  Kathedrale 
noch  zur  Kommandantur  gelangen.  Mau  schlug  kleine  Brücken,  die 
aber  auch  bald  vom  Wasser  fortgerissen  wurden.  Die  Wachtposten 
ranfsten  eingezogeu  werden,  als  das  W^asiier  schon  bis  in  den 
Exerziersaal  der  5.  Kompagnie  des  Leibgardeschlltzen-Bataiilons 
eindrang.  Die  Wachen  selbst  wurden  in  den  oberen  Stockwerken 
untergebracht. 

Angriffe  In  Rufsland  sind  die  schamlosen  Angl id'e,  welchen  das  deutsche- 

^jg^^  Offizierkorps  zur  Zeit  in  der  Presse,  der  modernen  Belletristik  und 
auf  der  Bühne  ausgesetzt  ist,  zwar  unmöglich.  Daftlr  wurden  in 
der  letzten  Zeit  tätliche  Angriffe  gegen  Offiziere  ausgeführt,  die 
mehrfach  sich  nur  als  Ausdruck  des  Basses  gegen  die  Vertreter  der 


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ümaobaii. 


12t 


bestehenden  staatlichen  OrdnuDg  charakkrihieiku.  Einen  sehr 
trag:i8cfaeD  Ausgang  nahm  hierbei  der  Vorfall  in  St.  Petersburg, 
defisen  Opfer  der  Leutnant  Piotuch-Kublitzkij  von  der  Kwun 
tuügscben  Festungsartillerie  wurde.  Diesem  hatte,  als  er  seine 
Abteilung  nach  Beendigung  einer  militärischen  Leichenparade  vom 
Smolenski- Friedhof  zurllckftlhrte,  von  einem  Bnmmler  („Bossjak'"  lautet 
die  russische  BeMichnua^)  ohne  jede  Veranlassung  ein  Faustschlag 
ins  Gesicht  versetzt.    Es  ilei  Bitn  llende  sofort  arretiert;  der 

Offizier  hat  sich  aber,  anscheinend  weil  ihn»  Vorwürfe  gemacht 
wurden,  dals  er  den  Angreifer  nicht  mit  der  Wafle  niederschlug, 
einige  Tage  darauf  erschossen. 

Ein  ähnlicher  Fall  ereignete  sich  in  Kadom,  wo  ebenfalls  ein 
„Bossjak"  einem  Bataillons- Adjutanten,  dessen  Trappenteil  in  der 
Paradeaofstellung  den  Divisionskommandeur  erwartete,  vor  der  Front 
die  Mntae  vom  Kopfe  schlug.  Dieser  hatte  freilich  die  Gelegenheit, 
den  Beleidiger  durch  einen  Hieb  mit  dem  Säbel  unsehidlieli  zu 
maeben. 

Die  GeneraÜDspektiOD  der  Artillerie  ist  nunmehr  endgültig  Neuorguii- 
nen  oigaoiriert  worden.   An  ibrer  Spitase  stebt  als  General-Feld-  ^^^eaeraU*^ 
asengmeiBlery  der  frttbere  Statthalter  des  Kankasns  nnd  einstiger  Ober-  inspekUoft 
kommandierender  der  kankasiseben  Armee  im  Feldzage  1877/78,*^^^^'^^^"^ 
GioMreft  Miehail  Nikol^jewitsefa  mit  einem  ibm  als  Stellvertreter 
(Tawarisebtseb)  snr  Seite  gestellten  General  der  Artillerie  nebst 
einem  allein  ans  seobs  Creneralen  bestehenden  Stabe.   In  den  nenn 
Ssktionen,  welche  die  Angelegenbeiten  der  Waffs  bearbeiten,  sind 
alleni  87  StabsofSadere  besebäftigt    Znm  Ressort  der  General- 
inspektfon  (Glawnoje  artülerüsskoje  Uprawlenge)  gehören  n.  a.  das 
ans  12  Milgliedem,  von  denen  allein  5  Generale,  bestehenden 
ArtOleriekofflilee,  welehes  alle  das  Wafienwesen  and  die  Artillerie 
betreffenden  FVagen  bearbeitet.   Ihm  sind  aar  UntersttttEong  eine 
grofse  Anzahl  Offiziere  Überwiesen.   Femer  steben  nnter  der  General- 
lnspektion  die  Inspektion  der  teebniseben  Institate,  die  Redaktion 
des  JüÜUerÜBsky  Sbomal**,  die  Abnabmekommission  osw. 

General  Dragomiroff  setzt  m  dem  j^Aswjedtsehik'^  seine  (General 
ErOrternng  milittriseber  Fragen  fort.  Et  wendet  sich  in  einem  '^^^"^  * 
neneren  Artikel  gegen  die  znweilen  nnricbtlge  Gbarakteiistik  der 
Ofliziere  in  den  Kondniten  (Attestazüa)  seitens  der  Trappen- 
kommandenie.  Er  gebt  hierbei  von  der  AnfSsssnng  ans,  dafo  man 
die  Kondniten  nicht  entbehren,  sie  aber  anch  nicht  Offentlieb  abgeben 
kOnne. 

Nach  seiner  Meinnng  laden  diejenigen  Vorgesetzten  eine  grofse 
Schold  anf  ilir  Gewissen,  welche  Untergebene  nnr  in  dem  Bewnfetseia 


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1 


:luftschiff- 
fahrt 


VniBcliaa. 

ilirt  r  persönlicheD  Würde  vielleich  pedantisch  gehUtet#»r  Selbständig- 
keit schlecht  behandeln  und  ihnen  iingUostige  Konduiten  erteilen,  ja 
sif  sogar  zum  Austritt  aus  dem  Truppenteil  nötigen  (WtLkuriwajat 
is  Tschasti,  wörtlich:  sie  aus  dem  Truppenteile  „ausräuchern'*). 
Dragüiniroff  weist  darauf  hin,  dafs  solche  Vorgesetzte  die  innere 
Kraft  ihres  Truppenteils  erechUttem.  „Denn"  —  setzt  er  hinzu  — 
„in  schwierigen  Momenten  kann  mau  sich  aar  auf  etwas  attttzen, 
das  kräftig  genug  ist,  Widenrtand  za  leisten.  Darauf  wies  sebon 
Tor  langen  Zeiten  ein  greiser  Psycholog  bin.  Und  das  ist  in  der 
T^t  so.  Um  mieh  eines  Vergleiches  zu  bedienen,  so  ist  ein  Knüppel 
in  der  Hand  nicht  so  angenehm  wie  ein  biegsames  Bohr.  Aber, 
wenn  man  stolpert,  kann  man  sieh  aal  den  festen  Knüppel  stfltzen, 
aber  das  BohrskOokchen,  so  schön  es  sieh  anch  in  der  Hand  tragen 
nnd  mit  ihm  spielen  Iftlst,  wird  doch  aieht  vor  dem  Fall  scbtttsen  kOonen. 
Und  wenn  man  nachsinnt,  so  findet  man,  dafs  es  eme  Zeit  gab,  in 
welcher  man  die  selbsländigen  Charaktere  systemaiiseh  ausrottete  — 
von  der  Schalbank  des  Kadettenkorps  an.** 
Militär-  Der  Militftrlnftsohiffahrt  wird  in  Raistand  in  neuester  Zeit 
eine  besondere  Aofinerksamkeit  gewidmet  Namenflieh  sind  alle 
Festungen  mit  Lufteohiffeiabteilnngen  ausgestattet.  Wie  der 
^RuBsisehe  Invalide"  soeben  mitteilte,  wird  vom  1.  Januar  des 
kommenden  Jahres  ein  eigenes  Journal  fhr  die  Interessen  auch  der 
Militilriuftschi&hrt,  das  „Wossdneho|»lawatel^  erBcheinen,  das  in 
Monatsheften  herausgegeben  werden  wird  und  das  den  OfBzierkorps 
bringend  zur  Beschaffung  empfohlen  wird. 

Der  auf  der  Höhe  des  auf  der  Grenze  zwischen  Afglianistan 
und  Turkestan  liegenden  Pamirs  befindliche  russische  Posten  wurde 
im  Oktober  mehrfach  durch  stärkere  Erdbeben  beunruhigt. 
Trun  .^Russische  Invalide''  berichtet  über  eine  bevorstehende 

Neuorganisation  des  russischen  Trains,  dem  anch  alle  in 
Deatschiand  zur  Bagage  gehörenden  Fahrzeuge  zugerechnet  werden. 
Die  mit  der  Beratung  der  Neuordnung  betraute  Kommission  hat  ihre 
Vorschläge  bereits  dem  ICriegsrat  zur  Reprntachtung  vorgelegt. 

Es  bestehen  bisher  im  Frieden  5  Kadre  -  Trainhataillon 
zu  je  4  Kompagnien,  das  Kaukasische  Trainbataillon  zu  2  Kom- 
pagnien nnd  die  Sud  -  Ussorl- Trainkompagnie.  Jede  Kompagnie 
besteht  aus  5  Zli^^'  n. 

der  .Mobilmachung  erweitert  sich  jeder  Zug  zu  einem 
Trun  ]iürt,  die  den  deutscben  Etappen-  oder  Armeefuhrparkkolonnen 
entsprechen. 

Jeder  Kompag-nicohef  wird  Kommandeur  eines  so  gebildeten 
mobilen  Tfainbatailions  von  je  5  Transporten.    Die  Armee  hat  23 


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lim»chau. 


123 


solcher  Bataillone  im  Kriege  mit  zusammen  115  Transporten,  toq 
denen  jeder  einen  vierttfgigeD  Verpflegungsvorrat  ftlr  eine  Infanterie- 
Division  mit  dch  ftlbrt. 

Die  Trnppeniralns  bestanden  bisher  aas  Eegimentstrains, 
•etwa  nnseren  lileinen  nnd  grofsen  Bagag:en,  nnd  ans  den  DiTislons- 
traios,  etwa  mwefen  Tndns,  d.  b.  Verpflegungdkolonneu,  Feldlager- 
wesen usw.  entspiecbend.  Hleraos  ergab  sieb  ron  selbst  eine  An- 
bftnfnng  grofser  Massen  Trains  in  naber  Bntfemang  binter  der 
▼orderslen  Linie. 

Man  trennte  aaeb  fitr  Mlirsebe  in  der  Nftbe  des  Feindes  den 
Begimentetrain  m  2  Staffeln,  Ton  denen  die  erste  etwa  der  kleineren 
Bagage  der  dentseben  Armee  entspraob»  die  zweite  etwa  der  grolsen 
Bagage  and  mebrere  Kilometer  binter  den  Truppen  folgte. 

Die  Rommission  liat  nnnmebr  vorgeseblagen,  die  Truppen- 
trains einer  Dreiteilung  ul  nntenieben,  in  Regiments-,  Dividons- 
nnd  Korpstram.  DiTisionstratns  sollen  den  Infitnterie- Divisionen 
beigegeben  weiden.  Sie  bestehen  ans  dem  Verpflegongstrauspoit 
and  der  SanitKtsabteiUing.  Im  Verpflegnngstransporl  wird  aber  niebt 
mehr  wie  in  der  bisherigen  Verpflegongsabteilnng  ein  achttägiger 
Verpilog:iingBVorrat,  sondern  nnr  der  viertSgige  VerpAegongsbedarf 
gefobrl  Anberdem  in  dem  fünften  Zage  des  Verpflegnngstransports 
Fleisebkonserven  anf  xwei  Tage. 

Der  Korpstraini  weleber  jedem  Armeekorps  beigegeben  wird, 
fahrt  in  seinen  drei  ersten  .Zügen  den  dieittt|^n  Vorrat  an  Ver- 
pflegung nnd  Foarage,  im  vierten  Fleisch-  nnd  Gemüsekonserven 
flir  die  Kavallerie  des  Korps  mit  sieb.  Die  selbständigen  Kavallerie- 
koips  erhalten  auch  solche  Rorpstrains. 

Von  anderen  Einzelheiten  der  geplanten  neuen  Organisation  er- 
wähnen wir  die  Einführung  von  zweispännigen  Fahrzeugen  statt 
dreispännigen^  den  Forthll  der  Paekpferde  bei  der  Qebiigsbatterie 
.im  lotendaotnirevier  nsw. 

V.  Zepelin* 


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124 


Literatur* 


Literatur. 


I.  BüobM*. 

CoBStantin  v.  Aivenslebeu,  Genci-al  der  Infanterie.  Ein  militärische» 
Lebensbild  von  Thilo  Krieg,  Dr.  phil.  Berlin  1903.  S.  MiUler 
und  Sohn.    Preis  4  M. 

In  lancjen  Friedenszeiten  ptlogt  die  militärische  Routine  einen  un- 
j^oböhrliciien  und  sehr  olt  schädlichen  Binilufü  zu  gewinnen.  Da  ist 
es  eine  Erfrischung,  sich  mit  dem  Leben  und  Wirken  von  bedeutenden 
Kriegsmännem  zu  beschäftigen,  welche  im  übrigen  ausnahmslos  von 
jeher  dem  Wichtigtun  der  Rotitine  feindlich  gegenüberstanden.  Schon 
Jolins  Caesar  schreibt:  Minima  non  curat  Praetor.  Das  lieifat  auf 
deatsch:  Bin  liSlierer  OfBaier  eoU  kein  KommiSROldat  sein.  Unsere 
hervorragendsten  kommandierenden  Generale  im  Kriege  1870/71  waren 
unatreitig  v.  Goeben  und  v.  Alvensleben.  Beide  geniale  Soldaten  von 
den  gröfsten  militärischen  Verdiensten,  aber  auch  beide  weder  Exeizier- 
meister  noch  Pedanten,  beide  Feinde  taktischer  wie  strategischer  Schlag- 
wörter, aber  dafür  MHnner  von  unabhängigem  Charakter,  grofsem 
militärischen  Wissen  und  übenagender  Intelligenz.  Es  mufste 
deshalb  wünschenswert  erscheinen,  diese  Gesichtspunkte  besonders 
berQclulchtigt  zu  finden  in  dem  vorliegenden  Buch  zum  Frommen 
und  Nutseu  der  jetzigen  militärischen  Generation,  denn  schliefsllch 
soll  dieselbe  doch  in  erster  Linie  etwas  lernen  aus  dem  Lehen  und. 
der  geistigen  Beschaffenheit  von  Männern,  die  ftlr  sie  vorbildlich  za 
sein  verdienen.  Aus  diesen  Gründen  hätte  man  der  Ansicht  sein 
können,  dafs  ein  erfahrener  Militär  sich  mit  einom  militärischen  Lebens- 
bild von  f'onstantin  v.  Alvensleben  bes<;häfligt  hätte.  Denn  es  möchte 
scheinen,  dafs  nur  ein  solclier  imstande  sei,  das  Wesen  und  da» 
berufsmäfsige  Wirken  eines  hervorragenden  Generals,  die  Slcüung 
zu  den  verschiedenen  militärischen  Fragen  seiner  Zeit  Sachverstand  ig. 
d.  h.  innerlich  zu  erfassen.  Das  vorliegende  Buch  beweist  Jedoch*, 
dafs  auch  ein  NichtmilitSr  imstande  ist,  nach  dieser  Richtung  Vortreff- 
liches zu  leisten. 

Bbenso  mufs  anerkannt  werden,  dafs  es  dmt  Herrn  Verfasser 
gelungen  ist,  ein  fesselndes  Bild  zu  geben  nicht  nur  von  dem  äufseren. 
sondern  auch  dem  innerlichen  Lebensgang  und  besonders  von  dem 
Anteil  des  Generals  an  den  Ereignissen  des  Krieges  1870/71.  Die  zu 
lösende  Aufgabe  war  um  so  schwieriger,  weil  nennenswerte  hand- 
schrifLlichb  Beiagstücke  nicht  zur  Verfügung  standen.  Ooiisiautin 
V.  Alvensleben  hatte  nach  die^^r  Richtung  eine  besondere  Auflhssung. 
Br  glaubte  sich  kriegsgeschichtlichen  Brörterungen  fernhalten  zu  soUen, 
«da  er  nicht  Richter  sei  in  Sachen  des  Königs'*.  Dieser  Auffassung 
kann  jedoch  wohl  nicht  zugestimmt  werden  von  grofeen  Gesichts- 


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litetatur. 


J25 


pußkLca  aus,  denn  es  handelt  sich  doch  bei  Peststellung  kriegs- 
geschichtlicher Vorgänge  nicht  um  ein  Richtemmt  „in  Sachen  des 
Königs",  sondern  um  ganz  unpersönliche  Feststellung  der  Wahrheit 
und  Wirklichkeit  im  Interesse  der  Armee.  Letztere  kann  aber  nur  aus 
einer  Kriegsgeschichte  etwas  lernen,  welche  den  Tatsachen  möglichst 
entspricht,  während  umgekehrt  unrichtig  oder  zurechtgemacht  wieder- 
gegebene Tatsachen  su  falschem  Schlüsse  führen  mfissen  und  damit 
die  F<M*muHerung  zutrefTender  Lehren  hindern,  mindestens  aber  er- 
schworen. Deshalb  nützt  auch  in  letzter  Instanz  brauchbare,  d.  h.  der 
Wahrheit  und  Wirklichkeit  nachstrebende  Kriegsgeecbichte  mittelbar 
„der  Sache  de:s  Königs*. 

General  v.  Alvensleben  hat  die  Geneiui.s(*ibskamere  «remacht.  Kr 
war  als  Generulslabsoffizier  vorbildlich,  ii*  liebten  ihn  uUcishüiI  bis 
aar  Schwärmerei  und  haben  Yiel  von  ihm  gelernt,  denn  er  war  ein 
Feind  der  Pedanterie  und  Umstfindlichkeit  Die  Förderung  der  Sache 
stand  ihm  obenan:  ihre  formale  Behandlung  betrachtete  er  erst  in 
zweiter  Linie,  w&hrend  andere  es  oft  umgekehrt  machen  und  dabei 
den  Zweck  aus  den  Augen  verlieren."  So  schreibt  der  spätere  Kriegs- 
minister, General  v.  Hronsart  II.  der  unter  ihm  stand,  als  v.  Alvens» 
leben  Chef  des  Generalstabes  I.  Armeekorps  war. 

Ais  Abteilungschei'  im  Kriegsministerium  geriet  er  in  Meinungsver- 
schiedenheit mit  so  ziemlich  sämtlichen  militärischen  „Spitzen**  und  zwar 
in  Sachen  einer  beschleunigten  Mobilmachung  gegen  Frankreich.  Hier- 
bei Übte  er  auch  Kritik  an  einem  Feldzugsplan  des  Generals  v.  Moltke 
aus  dem  Jahre  1858,  der  allerdings  jetzt  merkwürdig  anmutet  Denn 
es  ist  ein  Defensivplan,  welcher  die  preufsische  Armee  in  drei  ge- 
trennten Gruppen  (Niederrhein.  Main,  Saale)  aufstellt  und  vorläufig 
„die  weitere  Bntwickelung  der  Dinge  abwarten  will".  Er  steht  in 
vollem  Gegensatz  zu  jiHon  \Ioltk*vschen  Entwürfen  ^pätorer  Zoit  und 
jeden  falls  war  der  Gogenentwurt  v.  Alvenslebens  damals  mehr  in  der 
Manier  gedacht,  welche  man  heutzutage  als  die  Moltkosche  bezeichnet. 

Was  den  Oberst  v.  Alvensleben  angeht,  so  ist  die  Schilderung 
seiner  Tätigkeit  als  Kommandeui*  des  Regiments  Alexander,  wie  sie 
Dr.  Krieg  gibt,  eine  so  vertiefte  und  psychologisch  feine,  dafe  es  ein 
wahrer  Genuls  ist,  dieselbe  su  lesen.  Sie  ist  auJeerdem  packend,  weil 
sie  bestimmte  Tatsachen  einflioht,  dto  allein  schon  'hinreichen,  um 
Oberst  v.  Alvensleben  geradezu  als  Vorbild  eines  Regimentskom- 
mandeurs erscheinen  zu  lassen.  Auch  als  taktischer  Ausbilder  und 
Führer.  Allordinir'-'  »'rwies  er  sich  dnhoi  als  erbitterter  Peind  aller 
uberlebten  Tiadition  und  nur  dem  menschenkundigen  Scharfblick 
seines  Könie;.^  ist  es  wohl  zu  verdanken,  dafs'  ein  so  unbequemer  Unter- 
gebener nicht  „ausgeforstet'*  wurde,  zumal  er  dem  Hixerzierdrill  nichts 
wehiger  als  hold  gesinni  war. 

Im  Kriege  1866  nahm  v.'  A.  als  Kommandeur  der  2.  Garde-Inf.- 
BHgade'  besonders  äuszeiohhun jpvöUen  Anteil  ah  der  Schlacht  von 
XdnigtfriUz.  Er  entwicicelte  hier  als  Fflhrer  der  Avantgarde  eine  ent- 


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126 


Uleratnr. 


schlossene  Selbsliätigkeii,  witj  niv  sein  soll.  Er  nahm  es  aut  sich, 
Befehlen  seines  Divisionskommandeurs  entgegen  zu  handeln,  weil  er 
als  klarer  Kopf  den  Zusammenhang  der  Dinge  und  die  Notwendigkeit 
rasdien  Handelns  in  diesem  Falle  besser  übersehen  konnte,  als  der 
Vorgeselste.  Sein  Bingreifen  hat  denn  aueh  wesentlich  zur  Entlastung 
der  im  harten  Gefecht  stehenden  7.  Division  beigetragen.  Übrigens 
bringt  bei  dieser  Gelegenheit  Dr.  Krieg  Einzelheiten  von  kriegs- 
geschichtlichem Interesse.  Sie  bestätigen,  dafs  im  Gegensatz  zu  der 
schweifalligon  Handhabung  des  1.  Arnieckorps  das  rücksichtsiose  Vor- 
gehen der  Garde  gegen  das  Zontrum  aer  österreichischen  Stellung  bei 
Chluni  es  in  erster  Linie  ermöglicht  hat.  die  im  allgemeinen  nur 
langsam  laukuonierende  operative  Tätigkeit  der  iL  Armee  um  3.  Juli 
1866  durch  glänzende  taktische  Erfolge  aaszugleiohen. 

pAuf  der  H9he  der  Ruhmeslaufbahn'*  kutet  die  Überschrift  des 
Abschnittes,  der  sich  mit  den  Feldzttgen  1870/71  beschilfUgt  Mit  Recht, 
denn  es  ist  erst  geraume  Zeit  nach  dem  Kriege  in  weiteren  Kreisen 
bekanntgeworden,  welchen  geradezu  entscheidenden  Anteil  die  Führer- 
tätigkeit des  bei  Ausbruch  des  Krieges  an  die  Spitze  des  III.  Armee- 
korps gestelltüii  Generalleutnants  v.  Alvensleben  mit  vollem  Recht 
beanspruchen  daii".  Das  gilt  in  erster  Linie  vom  IH.  August  1870. 
Hatte  sich  v.  A.  auch  ohne  Zweilei.  ebenso  wie  dat.  giofbc  liaupt- 
quailier  in  den  Tagen  vom  11—16.  August  strategisch  geiiTt,  was  die 
Vorgänge  beim  Veinde  anging,  so  erweist  er  sich,  nachdem  die  wk> 
liehe  Sachlage  am  Vormittag  des  16.  August  ihm  vor  die  Augen  tritt«, 
bei  Vionville  als  erstklassiger  Führer  in  Mner  selten  kritischen  Situation,, 
welche  an  Kopf  und  Nerven  aufserordentliche  Anforderungen  stellte^ 

Oluie  einzelne  Ausla.ssungen  über  die  Tätigkeit  speziell  des 
X.  Armeekorps  vom  Ifi  August  nls  ganz  einwandfrei  anzuerkennen, 
muCs  ich  doch  besonders  hervorheben,  dafs  dei-  Uwv  Verfasser  im 
wohltuenden  Gegensatz  zu  anderen  iJarstellorn  die  Verdienste  des  X. 
und  teilweise  auch  des  Vlll.  und  IX.  Armeekorps  voll  anerkennt  um. 
den  siegreichen  Ausgang  der  Schlacht.  Nach  dieser  Richtung  war 
auch  General  v.  Alvensleben  selbst  der  ebenso  vornehme  wie  gerecht 
denkende  Mann,  der  niemab  Äulserongen  gebilligt  haben  würde,  wie- 
sle spiter  und  bis  au!  die  neueste  Zeit  aus  Kreisen  in  die  öffentlich-- 
keit  gelangt  sind,  welche  1870/71  dem  kommandierenden  General  des 
lU.  Armeekorps  nahe  standen. 

Dafs  bf'i  den  Kämpfen  um  Orleans  und  Le  Mans  v  A  stets  als 
hervorragender  Führer  hervorgetreten  ist.  hat  zuerst  Hoemg  in  seinem 
Werke  „Der  Volkskrieg  an  der  Loire"  in  vollem  Umfange  nach-, 
gewiesen.  Abel  auch  bei  der  Churai^iensierung  des  Generals  werden 
diesem  die  P&higkeiten  eines  Peldherrn  zugesprochen  auf  Grund 
seiner  im  Frieden  wie  im  Kriege  bewiesenen  Geistesschftrfe  und  Tatkraft. 

Der  lotste  Abschnitt  (Nach  dem  Pbldzug—  Lebensabend)  des  wert- 
vollen Buches,  dem  die  weiteste  Verbreitung  in  militärischen  Kreisen 
zu  wünschen  Ist,  beschtttligt  sich  auch  in  mafsvoUer  Weise  mit  den 


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Literatur. 


127 


Gründen  des  Scheidens  des  (Jenorals  aus  dem  Heere.  Dafs  letztert-s 
s,  Z.  hferbei  viel,  sehr  viel  verloren  hat,  ütebt  auXser  Frage.  Auch 
hier  sollte  sich  die  alte  BrfUiniog  bestätigen,  dab  cbenktervolK 
bedeutende  Peradnlielikeiteii  in  »gewShnlioheD  Zeiten"  eich  nur  sohwer 
gegenüber  der  Mittolmäfoigkeit  und  der  Routine  zu  behaupten  ver^ 
mOgen.  Beide  sind  eben  von  jeher  die  Todfeinde  gewesen  von  allem, 
was  über  sie  hinausragt  oder  sich  ihnen  nicht  fügen  will. 

Keim. 

„Der  Schlachterioig,  mit  welchen  Mitteln  wurde  er  erstrebt f"* 
Herausgegeben  vom  Grofsen  Generalstabe,  Kriegsgesohioht- 
liche  Abteilung  I.    (III.  6d.  der  ..Studien  zur  Kriegs- 
geschichte und  Taktik**.]  Berlin,  1908,  E.  S.  Mittler  k  Sohn, 
t  Bd.  Text,  1  Bd.  Karten.  Preis  1«  M. 
In  der  Einleitung  zu  dieser  neuesten  Arbeit  des  Generulstabes 
heilst  es:  ^Die  vorliegende  Studio  hat  sich  zur  Aufgabe  gesteilt,  die 
Mittel  zu  untersuchen,  die  seit  Friedrich  dem  Gtofson  in  den  Kriegen 
des  europäischen  Keallundes  angewandt  worden  sind,  um  den  Sclilaclit- 
erfolg  zu  sichern.'*    Die  Worte  von  Clausewiiz  ..dif  Hauj)tschlHclit  ist 
als  der  konzentrierte  Krieg,  ais  der  Schvvurpuiikl  de«  guiizcii  Krieges 
anzusehen"  rechtfertigen  solche  Untersuchungen  zur  Genüge.  Diese 
Worte  geben  zugleich  die  Richtsehnur  für  die  Behandlung  des  StoiTes, 
Unter  Versieht  auf  eine  eingehende  Schilderung  des  Verlaufs  der  ein- 
zelnen Kftmpfe  und  unter  Ausscheidung  alier  sonstigen  Bedingungen 
kriegerischen  Erfolges  sollten  lediglich  der  Zusammenhang  zwischen 
Operation  und  Schlacht,  dif  Gruppiorung  der  Streitkräfte  und  die  Art. 
wie  sie  zur  Öchiacht  angesetzt  wuiden,  dargelej^rt  werden.  Konnte 
auf  diese  Weise  hinsichtlich  der  Truppen  im   wesenUicheu  nur  da« 
mechanische  Element  Berücksichiigung  linden,  so  war  dem  Handeln 
und  der  Iiniiativo  des  Feldherrn  um  so  breilerer  Uauni  li)  der  Be- 
trachtung zu  gewfthren. 

Wir  haben  somit  eine  weniger  für  den  Gebrauch  durch  den  Durch- 
schnitt der  OOlsiere,  selbst  der  Qeneralstabsoffiziere  geeignete,  als 
vielmehr  eine  durch  ihren  Inhalt  mehr  für  die  hohen  und  höchsten 
Führer,  für  den  oder  die  Strategen  bestimmte  Arbeit  vor  uns.  Die 
Taktik  «ntt  ebenso  zurück,  wie  die  operative  Technik,  es  handelt  sich 
nur  um  die  höchsten  Probleme  di-i-  Feldht  rrnkunst  und  zwar  fast  aus- 
sehliefslich  vrun  Standpunkt  der  obersten  h'ührung;  da  aber  im  Frieden 
auch  jüngere  Oihziere  in  die  Lage  kommen,  bei  theoretischen  Arbeilen. 
Armeen  zu  führen,  oder  ihre  Oedanken  über  die  Heerl'ührung  zum. 
Ausdruck  au  bringen,  so  werden  auch  sie  gut  tun,  sich  in  die  Arbeit 
zn  vertiefen,  um  sich  mit  den  augenblicklich  mafsgebenden  Anschau-. 
ttDg«n  Aber  HeerfOhrung  und  Schlaehtieitung  wohl  vertraut  zu 
machen. 

Dan  Buch  behandelt  folgende  Schlachten  bezw.  Operationen: 
Ulm  1S05,  Austeriitz  1806,  Jena  1806,  ßylau  1807,  Priediand  1807, 


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128 


lÜBKttiir. 


Rejrensburg  1809,  Aspern  un«!  Wagram  1Ö09,  Sinolensk  1812,  Boro- 
dino  1812,  aus  dorn  Jahr  181o  Grofs-Görschen,  Bautzen,  Dresden. 
Leipzig.  Ligny  und  Belle- AUiance  1815.  Novara  1840.  MagenU  und 
Solferino  1859.  Custozz.i  1866,  Königgrätz,  aus  1870  die  Grenzschlachten, 
Metz.  Sedan  und  die  Sehlftchton  an  der  Loire.  In  deir  Bioleitung 
-werden  die  Zeit  Friedrichs  dies  Orolsen.  die  RevolutionsBeit  und  Harenge 
beliandelt,  ein  Rfickblick  fafst  die  Ergebnisse  der  Porsehvng  susammen; 
•diese  beruht  ausschlierslich  auf  der  gedruckten  Literatur.  Bin 
prächtiger  Atlas  mit  66  ßuntdruckkarten  erleichtert  das  Verat&ndnis 
ungemein. 

Es-  i.st  natürlich,  dafs  diese  Arbeit  bei  ihrem  l'rsprung  vermeidet, 
allzuscharf  ausgeprägte  Urteile  und  von  Grund  aus  neue  Auffiussungen 
auszusprechen.  Sie  befleifsigt  sich  vielmehr  einer  grofsen  Klarheit, 
Sachlichkeit  und  Nüchternheit,  und  schränkt  etwa  aufgestellte  Be- 
hauptungen durch  Hinweise  auf  anders  geartete  Bespiele  in  der 
Regel  wieder  ein,  es  dem  Lehrer  flberlassend»  das  letste  Wort  und 
^ie  ftnjCsersten  Polgeningen  je  nach  seiner  (Srundstimmung  selbst 
zu  finden. 

Bs  ist  daher  nicht  ganz  leicht,  das  Leitmotiv  der  Schrift  ohne 
weiteres  7weitV>1.sfrr'i  zu  erkennen  Und  doch  ist  ein  solches  Leit- 
motiv voi  handun.  Es  kehrt  virliacli  in  den  Ht-ti  ;u  tituni^en  leise  wieder, 
wagt  sich  da  und  dort  herxor  und  läfst  sivh  endlich  in  deni  „Rück- 
blick" greifen.  Es  heifst  dort:  ^die  angeführten  Beispiele  bestätigen 
in  flberzeugender  Welse  die  alte  Wahrheit,  dafs  ein  gegen  die  Flanke 
des  Feindes  geführter  S^fs  und  die  Gefihrdnng  seines  RQckens  den 
gröfsten  Erfolg  verspricht*  Wenn  nun.  auch  sogleich  die  Binschrin- 
kung  folgt,  „dafs  es  nicht  immer  gelingt,  die  angestrebte  Umfassung 
XU  erreichen/'  so  führt  der  nächste  Satz  doch  wieder  auf  das  Leit- 
motiv 7,un'irk:  ..Nur  umso  höher  ist  darum  das  Verdienst  des  Peldherrn 
anzuschlagen,  der  trotzdem  beharrlich  danach  trachtet,  d^n  Vorteil 
der  Umfassung  zu  erlangen.** 

An  diesem  Grundsatz  worden  die  einzelnen  Schlachten  geprüft: 
es  wird  darauf  hingewiesen,  wie  hohe  Erfolge  Napoleon  bei  Jena  und 
Regensbuig  aus  der  Umfassung  zog  —  die  er  fMUeh  torher  weder 
überlegt  noch  beabsichtigt»  die  er  spftter  auch  nicht  gelehrt  hat,  die 
sich  vielmehr  aus  seiner  Überlegenheit  an  Streitmitteln  und  an  Bhergie 
des  Operierens  wie  aus  dem  Stillliegen  seiner  Gegner  von  selbst 
ergab  — ;  es  wird  gezeigt,  dafs  das  Fehlen  der  Umfassungstendens, 
oder  die  unzureichende  Energie  der  Umfassiin'jrF^nbtoilungcn  einzelne 
Schlachten  ergebnislos  gestaltet  habe,  wie  z.  B.  Magent«  und  Solferino; 
auch  wird  dargelegt,  wie  manche  umgehende  Bewegung  aus  äufseren 
Ursachen  nicht  zur  vollen  Entwickelung  kam,  wie  bei  Smolensk  und 
Bautzen;  wir  erfahren  endlich,  dafs  die  Schlacbterfolge  dort  am 
griSfsten  waren,  wo  die  Umfassung  am  vollkommensten  gelang.  Wie 
bei  Sedan.  , 

Natürlich  haben  .in  den  letsteren  PSUen.  noch  ganz  andere 


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199 


Kräfte  als  Kn(^rixi»'  d'  s  Sieges  gewirkt,  wio  dit-  theoretische,  wissen- 
schaftlich gepflügte  Krkenntnis  vom  Wert  der  Umfassung.  Bei  Wörth 
UBd  Sedan  führte  uns  die  vorhandene  deutsche  Überzahl  —  die  wir 
in  Zukunft  vielleicht  nicht  wieder  heben  werden  im  Verain  mit 
einem  enteelüoseenMk  an  den  Peind  ManchiereB  gani  natfiriieh  nur 
▼on  selbst  zur  UmAhseuDg;  wo  wir  nur  gleich  stark  oder  sehwllcher 
waren,  da  haben  wir  meist  nicht  umfarst,  undce  ist  das  auch  in  der 
Tat  gegen  die  Natur  der  Dinge,  namentlich  wenn  sich  der  Peind  be- 
wegl  I^jp  Form  war  es  nicht,  die  damals  zum  Siege  führte,  am 
allervvfmy:sten  eine  theoretisch  ausgeklügelte  und  festgelegte  Form, 
sondern  die  fast  heispiellose  Gunst  der  Oesamtverhältnisse,  die  in 
dieser  Art  schwerlich  je  wiederkehren  wird. 

Darum  sclittefot  die  Arbeit  u.  R  sehr  richtig:  »die  groben  Ver- 
bilder  kOnnen  uns  niemals  mehr  bieten  als  eine  Schulung  unseres 
Geistes.  Für  ihre  Anwendung  gilt  es,  an  die  Erscheinungen  derVer- 
gangeniieit  den  Mafsstab  heutiger  Verhftltoisse  anzulegen  und  die  ge- 
wonnenen Lehren  zeitgemäfs  fortzubilden  Das  gilt  auch  für  die  Hr- 
fahrnngen  der  Jahre  1870  und  1871  und  für  Moltkes  Anschauungen 
Diid  l^ehren  vom  Kriege.  Das  eine  aber  mögen  wir  lernen,  dafs  es 
in  ]t  dem  Fall  geraten  ist,  mit  Kühnheit  zu  verfahren,  das  Streben 
nach  der  eigenen  Sicherheit  hintanzusetzen  vor  dem  Streben  nach 
der  Vernichtung  des  Feindes.  Ks  gilt  das  umsomehr  zu  beherzigen, 
als  die  Oefaihr  besteht,  daCs  die  gewaltigen  Pronteo  heutiger  Maasen- 
beere  leicht  lu  ähnlichen  Kimpfen  iühren  kOnnen,  wie  sie  schon  vor 
Friedrich  und  vor  N^Kileon  stattfenden,  d.  i.  zu  einem  entscheidungs- 
loeen,  ausschlieCslieh  frontalen  Abneigen  der  Kräfte.  Kne  gesunde 
Auffassung  vom  Kriege  darf  es  dahin  nicht  kommen  lassen,  ihr  ist 
mit  Clausewitz  die  Hauptschlacht  um  ihrer  selbst  willen  da,  um  des 
Sieges  willen,  den  sie  sieben  soll,  und  der  in  iiir  mit  der  höchsten 
Anstrengung  gesucht  wird." 

Die  Knegsgeschichtliche  Abteilung  I  ist  zu  beglückwünschen;  sie 
hat  sich  der  ihr  gestellten  schwierigen  Aufgabe  mit  Hingebung  unter- 
zogen und  sie  mit  unverkennbarem  Geechick  gelöst 

C.  B.-K. 

Ber  Kavalleriedienst  im  Kriege.    Bearbeitet   und   heraus cegobea 
von  G.  V.  Pelet-Narbonne,  Generalleutnant  v.  d.  Kav.  z.  D. 
Zweiter  Teil:  Kavallerie  im  Sicherheitsdienst  und  in 
der  Schlacht.    Dargestellt  an  den  Ereignis.sen  von  Coulmiers 
im  Spätherbst  1870.   Mit  drei  Karten  und  einer  Kartenskizze  im 
TsKt  Berihi  1908.  Emst  Siegfried  Mittler  und  Sohn.  8<».  XU 
und  138  Seiten.  Preis  Mark  i.—*. 
Qenemlleutnant  t.  Pelet>Naibonne  hat  den  2.  Band  seines  «Kavalie- 
riedienst*,  dessen  Vorgänger,  die  ,^usbildung  im  Frieden*,  in  fünfter 
Auflage  vorliegt,  den  „Kavalleriedienst  im  Kriege",  nicht  wie  jenen  in 
akademischer  LiOhrweise  bearbeitet,  sondern  den  Gegenstand  applika> 

Jafeittgiw  Ar  «•  imAuit»  Aim«  wl  Uni»».  Kt.  M8  9 


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130 


torisoh  behanctelt,  indem  er  »einer  Unterweisung  tataSetdiebe  Qeocheh- 
niaee  «igninde  legte.  In  dieser  Art  wurden  im  1.  Teile  des  sweiien 
BandeSp  «n  dem.Vormatsohe  der  deutschen  Reiterei  von  der  Saar  über 
die.  Mosel  in  den  Tagen  vom  7.  bis  zum  15.  August  1870.  die  Vorbe- 

wegurtf!:,  die  Verfolgung  und  die  Aufklärung  geschildert;  in  dem  jetzt 
erschienenen  2.  Teile  sind  der  Sicherheitsdienst  und  das  Verhalten  in 
der  Schlacht  die  Gegenstände  der  Untersuchung,  Ihre  Darstellung  er- 
folgte unter  Zugrundelegung  der  Vorgänge,  deren  Schauplatz  von 
Mitte  Oktober  1870  an  bis  zu  der  am  9.  November  geschlagenen 
Seldacht  von  Coulmiers  die  Gegend  von  Orltena  war. 

Das  Beiapiel,  an  welchem  der  SioherheitBdienBt  dargestellt  tat,  enU 
spricht  dem  Zwecke  in  hervorragender  Weise.  Die  Auiisabe,  diesen 
Dienst  wahrzunehmen,  fiel  in  der  Hauptsache  der  preufsischen  2.  Ka- 
vallerie-Division Graf  Stolberg  au,  neben  der  spiter  auch  die  bayerische 
Kürassierbrigade  dazu  horan gezogen  wurde;  sie  ist  von  ihnen  vortrofT- 
lieh  gelöst  worden  liiinilten  einer  aufständischen  Bevölkerung,  man 
möchte  sagen  eine.s  Volkes  in  Waffen,  und  durch  ein  Gelände  be- 
hindert, weiches  auf  eine  Entfernung  von  nicht  voll  zwei  Meilen  von 
der  nach  Westen  gerichteten  Hauptfront  der  Stellung  jeglichen  Ein- 
blick in  Daa  unmöglich  machte,  was  w^terhin  geschah,  ist  die  deutsche 
Kavallerie  allen  Anforderungen  gerecht  geworden,  die  an  eine  wach- 
same, unternehmende  Reiterei  gesteUt  werden  können.  Die  erstere 
Eigenschaft  wurde  freilich  wenig  in  Anspruch  genommen,  da  der  Feind, 
wie  bei  dem  Inneren  Zustande  des  Mehrteiles  der  französischen  Truppen 
erklärlich  ist,  sich  wenig  tatcnlustig  crwios;  um  so  mehr  aber  kam  die 
andere  Eigenschaft  in  dem  Bestreben  Licht  zu  schatten  zur  (loltung. 
Auch  an  Beispielen  für  das  Vorhalten  im  Aufkläruiigsdienste  ^\h\  da- 
her die  besprochene  Zeit  eine  Menge  guter  Lehren.  In  einem  kunitigen 
Kriege  wird  ft^iiich  Vieles  anders  sein.  Die  Bewaffnung  und  die  Aus- 
bildung für  das  Gefecht  zu  Fufs,  Radfahrer  und  Maschinengewehre, 
sowie  die  geänderten  Dienstordnungen  können  nicht  verfehlen  mancher- 
lei VerhUtnisse  umzugestalten,  aber  die  Grundlehren  des  Krieges  bleiben 
die  alten  und  die  im  Jahre  1870  gemachten  Erfahrungen  werden  trotz- 
dem auch  noch  später  Verwendung  flndon. 

Genau  wie  am  9.  November  bei  Coulmiers  E:«^srhHh.  schliefst  sich 
an  die  im  ersten  Abschnitte  geschilderte  Wahrnehmung  des  Sieher- 
heiisdienstes  im  Buche  der  das  Verhalten  in  der  Schlacht  behandelnde 
Teil.  Leider  zeigt  er  nur  ein  negatives  Bild.  Obgleich  sowohl 
auf  französischer  wie  auf  deutscher  Seite  die  Waffe  zahb«ich  vertreten 
und  daa  Schlachtfeld  fttr  ihre  Verwendung  in  seltener  Weise  geeignet 
war,  kam  sie  niigendwo  zu  talsSohlicher  Wirksamkeit.  Dabei  erscheint 
die  erstere  Seite  in  weit  ungünstigerem  Licht  als  die  letztere.  Trotz 
der  ihr  winkenden  glänzenden  Aussichten  ersprießliche  Dienste  leisten 
zu  können,  verschwand  sie  von  der  Walstatt  ohne  dafs  sie  auch  nur 
den  Versuch  gemacht  hatte,  die  ihr  gebotene  Gelegenheit  zu  benutzen. 
Die  deutsche  Reiterei  ist  wenigstens  durch  mehrfaches  Anreiu>n  zur 


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litoratiir. 


181 


Attacke  ihrer  Infanterie  eine  wesentliche  Stütze  gewesen  und  hat 
während  der  Schlacht  im  Aufklärungsdiensto  Tüchtiges  geloistpt.  Dafa 
sie  nicht  ausschlaggebend  aufgetreten  ist  und  den  Franzosen,  bei  denen 
Führung  und  Auftreten  der  Reiterwafie  kläglich  genannt  werden  und 
um  so  mehr  auhallen,  wenn  man  sie  mit  den  an  den  Tagen  von  Wörth, 
von  VionviUe-Mars  la  Tour,  von  Beaamont  und  von  Sedan  zu  Ta^ 
getreteneD  Eracheinuogen  vergleicht,  nicht  ein  sweitee  Rofsbach  be- 
reitet hat,  lag  keineswegs  am  Gdsie  der  Trappe,  an  ihrer  Ausbildung 
und  ihrer  Tfichtigkeit»  von  denen  sie  genügende  Proben  abgelegt  hatte, 
sondern  an  ihrer  Verzettelung  und  Verwendung,  an  dem  Nichtvor- 
handensein eines  gemeinsamen  Oberbefehls  über  die  Waffe  und  an 
dem  Mangel  an  Schulung.  Die  damals  gemachten  Erfahrungen,  die 
von  General  v.  Pelct  auf  allen  Gebieten  nachgewiesen  fiind,  haben  be- 
wirkt, dafs  seitdem  die  Friedensausbildung  in  andere  Wege  geleitet  ist, 
HoiTentlich  wird  sie  auch  im  Ernstfalle  Früchte  tragen. 

Bine  vortreffliche  Ausstattung  mit  Plänen  trügt  dazu  bei  das 
Studium  des  lehireiohen  und  interessant  geschriebenen  Buches  au  er- 
leichtern. 14. 

La  Cavalerie  Amerieaue  daas  la  Ouerre  de  la  Secession.  —  Aveo 

deux  cartes.  —  Borger-T.evrault  et  Co.,  Paris.  2.50  M. 
Es  besteht  in  d^r  Kavallerie  eine  starke  Strömung,  die  dahin  geht, 
auf  einen  ^i  tiseren  Gebrauch  des  Fufsgefechts  bei  dieser  Walle  hin- 
zuwirken, und  sie  dadurch  vielhoitiger  und  verwendungstahiger  zu  ge- 
stalten. -  Über  den  Grad  einer  solchen  Kelorm  gehen  die  Ansichten 
allerdings  sehr  ausdnander;  walirend  die  eine  Richtung  dem  Kampfe 
SU  Puls  mit  der  Peuerwaffb  wie  bisher  nur  die  zweite  Stelle  einrttumte 
und  auch  bei  erweiterter  Anwendung  das  Gefecht  zu  Pferde  als  die 
Hauptkampftorm  betrachtet,  möchte  eine  radikale  Richtung,  die  be- 
sonders in  Frankreich  vertreten  ist,  die  Reiterei  zu  einer  Art  von  be- 
rittener Infant'^ri«'  umgestalten,  die  nur  zur  Zwecken  der  Aufklärung, 
sowie  ganz  ausnahmsweise  in  der  Schlacht  in  kleinen  Abteilungen  zu 
Pferde  angreift. 

Es  liegt  nahe,  dafs  man  sich,  um  zu  Klarheit  in  dieser  Hinsicht 
zu  gelangen,  dem  Studium  dee  Amerikanischen  Bürgerkrieges  zu- 
wandte, in  dem  sich  die  Pechtweise  der  Reiterei,  ohne  durch  Traditionen 
und  voi^fafste  Meinungen  beschr&nkt  zu  sein,  so  entwickelte,  wie 
ihre  PQhrer  dies  nach  Hafegal>e  der  bestehenden  Verhaltnisse  fär 
zweckentsprechend  erachteten.  —  Es  ist  auch  zweifellos,  dars  wenn- 
gleich die  besonderen  Verhältnisse  jenes  Feldzuges  ein  unmittelbares 
Übertragen  des  dort  Erfahrenen  und  Geübten  auf  den  europäischen 
Kriegsschauplatz  nicht  angängig  erscheinen  lassen,  die  Ereignisse  des 
Bürgerkrieges  gerade  in  bezug  auf  K'avallerleverwendung  viel  Lehrreiches, 
ja  Mustergültigeö  zeigen.  —  Ihr  lange,  auch  zum  Nachteil  unseres 
Gebrauchs  der  Waffe,  vemachlassigtes  Studium  wird  neuerdings  anch 
bei  uns  wieder  aufgenommen,  besonders  aber  in  Prankreich,  wo  im 

9» 


182 


Utafslnr. 


Meinungsaustausch  über  die  von  der  Reiterei  einzosclüagende  Richtung 
wir  dh  Hinweise  aiii  deren  Yerwettdang  in  jenem  Kriege  immer 

wieder  lindon. 

Jenem  Umst-ande  verdankt  anscheinend  auch  das  vorliegende  nur 
7  Bogen  starke  Heft  seine  Entstehung,  Verfasser  bringt  im  ganzen 
wohl  nicht  viel  Neues,  hat  auch  nur  tranzteische  Autoren  bei  seiner 
Arbeit  benntst»  vor  Allem  das  grofin  Werk  des  Oiafen  von  Paris: 
«Ifistoire  de  la  guerre  dvile  en  AmMque*.  —  Seine  Darstellung  er- 
fQUt  aber  voll  ihren  Zweck,  den  Lehrer  über  Organisation,  Ausbildungen 
und  Gebrauch  der  Reiterp i  auf  beiden  Seiten  im  allgemeinen,  wie  bei 
den  Torschiedenen  Kämpfen  ausreichend  su  orientieren. 

V.  Pelet-Narbonne. 


Das  französische  Generalätabswerk  über  den  Krieg  1870/71.  Wahres 
und  FUsohes,  besproohen  von  K  von  Sehmid,  Obentlentnani 
a.  D.  Mit  vielen  Skisien.  Heft  1.  Preis  broseh.  Mk.  8.—,  geb. 
Blk.  4.—.    Verlag  von  Friedrich  Luckhardt,  Berlin. 

Das  franzSsisebe  Oeneralstabswerk  bringt  endlich  die  noch  fehlen- 
den Ergänzungen  des  Krieges  von  1870/71,  die  notwendig  waren,  um 
dif>  G*»^ohirhte  dos  Krioircs  klar  übersehen  und  schreiben  zu  kennen. 
Das  französische  Weik  ist  altrr  so  umfangreich  auRijefalien,  dafs  es 
in  Deutschland  nur  wenige  Abnehmer  finden  dürfte.  Herr  Oberst- 
leutnant V.  Schmid  hat  es  nun  unternommen,  dies  Riesenwerk  kritisch 
zu  beleuchten  und  dabei  das  Wahre  und  Falsche  der  französischen 
Ausgabe  festzustellen. 

Sein  Werk  wird  in  zwanglosen  Abteilungen  erecheinen,  die  sieh 
voraussicbtlieh  auf  eine  Reihe  von  Jahren  verteilen,  da  sieh  der  Zeit- 
punkt der  Fertigstellung  der  französischen  Ausgabe  noch  nicht  be- 
stimmen läfst.   Jede  Abteilung  bildet  ein  selbständiges  Ganges. 

Heft  1  behandelt  nun  die  Vorgeschichte  des  Krieges  Plan  des 
Erzherzog  Albrecht  und  des  Generals  Frossard.  Vorbereitungen  der 
Franzosen  vom  .Inhre  1868  an.  Entstehung  des  Krieges  und  Ausbruch 
desseiberi.  Aulinaisch  des  französischen  Heeres  und  Gang  der  Mobil- 
machung. Verpflegung  der  Franzosen  im  Aufinarschgebiet  Zustand 
der  Truppen.  Der  fk«nzSsisebe  OberbefehL  Absichten  und  Pläne  des 
Kaisers  Napoleon.  Das  Nachrichtenwesen.  Spione.  Vorg&ige  in 
Bisafe  und  in  Lothringen  bis  zum  Beginn  der  Feindseligkeiten.  Das 
Gefecht  von  Saarbrücken  am  2.  August.    Das  Treffen  bei  Weifsenburg. 

Das  erste  Heft  vereinigt  also  auf  122  Seiten  den  Inhalt  der  ersten 
6  Bände  des  französiscbon  Werkes,  so  dafs  die  vorliegf^n do  Arhoil. 
welche  in  geschickter  Weise  das  für  die  Kenntnis  der  Ereignisse  Neue 
hervorhebt,  fiir  alle  diejenigen  von  Wert  ist,  welche  sich  nicht  allzu 
sehr  mit  den  Einzelheiten  beschüUigen  wollen.  Bemerkenswert  ist, 
dafs  die  recht  interessante  ftenz5&ische  Kritik  wenigstens  im  Auszüge 
gebracht  wird.  Abweichende  Aufbssungen,  sowie  nötige  Brlftuternngen 


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183 


«04  ifi  Anmerkungeii  wiedergegeben.  Das  Ganze  ist  ein  guter,  an- 
genehm lesbarer  Auszug-  des  eingehond  in  den  Jahrbüchern  gewürdigten 
französischen  Werkes.  Kecht  interessant  sind  dabei  noch  die  persöa- 
lichea  Beobachtungen  des  Vorfasserw  in  Paris  und  im  Lager  von 
ChaloQs  kurz  vor  Ausbruch  de»  Krieges.  Auf  S.  64  Anmerkung  haben 
vir  einen  kleinen  Fehler  gefunden,  wonach  Colonel  Thibaudin  bei 
Sedan  gefangen  eein  sollte,  tateSohlioh  ist  dieaee  in  Mets  geaobelieQ- 
Uttter  Bnieh  aaines  Ehrenwortes  entfloh  er  aus  deutscher  Oefonipon- 
sebaft  und  nahm  als  General  Comegny  an  dem  Feldaug  Bourbakis 
SOdosten  Prankreichs  teil.  —  Als  Hilfsmittel  aum  Studium  desKriQges 
Ton  1870/71  ist  das  Buch  recht  wertvoll 

AUtigliche  Keiterfragen  von  Max  Preiherrn  von  Redtwitz,  Ritt- 
meister und  persönlicher  Adjutant  Sr.  Kgl,  Hoheit  des  Herzogs 
Siegfried  in  Bayern.  München.  M.  Beckstein.  Grofsokt&v. 
44  Seiten.  (Preia  1  H) 
Bin  denkender  Reitersmann  erGrtert  hier  in  kurzer  Passung  und 
in  allgemeinTerstindUeher  Sprache  VerUUtniase  und  Voigfinge,  die 
Jeden  angehen,  der  ein  Rofs  im  Stalle  hat,  und  die  ihn  ohne  Unter- 
lafs  beschiftigen.  Das  Buch  erlNrtert  über  die  moralischen  Eigenschaften 
des  Reitern,  spricht  von  dor  Behandlung  im  Stalle,  von  den  Hülfs- 
zügoln  und  dt'in  von  ifnn  nicht  dazu  gerechneten  Martingale,  von  der 
Sattelung,  dem  Aufsitzen  und  dem  Sitze,  den  Bügeln  und  den  Hilfen 
durch  Schenkel,  Sporn  und  Zügel,  wobei  wir  die  mittelst  des  Gosäfses 
gegebenen  vermifst  haben,  vom  Springen,  vom  Gehorsam  und  den 
durch  Steigen,  Bocken  und  Durehgehen  an  den  Tag  gelegten  Unbol- 
mftfiigkeiten,  endlich  Tom  Leiohttnben.  Wir  haben  also  nicht  mit 
inem  Lehrt>uch  oder  einer  ersohftpfenden  Abhandlung  zu  tan,  sondern 
nur  mit  einigen  aus  dem  Gesamtgebiete  herausgegriffenen  Fragen,  deren 
h&ufiges  Hervortreten  den  Herrn  Verfasser  bewogen  hat,  sie  auf  Grund 
eigenen  Nachdenkens  und  der  Worte  eines  früheren  Lehrers,  „die  für 
ihn  Evanp:eliiim  geworden",  zu  beleuchten.  Mit  Recht  lep^t  er  grofsen 
Wert  auf  die  I'ersüiilichkeii  des  RidterH,  seine  Nerven,  sein  Tempera- 
ment und  seinuii  Charakter;  er  spiictn  d^ivoii  bei  der  Erörterung  der 
moralischen  Eigenschaften,  beim  Springen,  beim  Gehorsam;  dabei  ist 
iter  eine  Bigenaehaft  sn  wenig  beaobtet,  ee  iat  die,  welehe  durch  das 
Diohtsrwcrt  gekennaeicbnet  wird:  »Der  Sprung  gelingt,  nimmt  nur 
das  «Heu  den  Graben." 

14. 

CsMient  OD  obtient  1a  sop^riorite  du  fen.  Par  le  General  1  e  J  o  i  n  dre. 
Paris.  Henri  Ch  irles-Lavauzelle,  edite'jr  miiilair  Fr.  75  cts. 
Unsere  Le&er  kennen  den  wesentlichsten  Inhalt  dieser  Schrift 
bereits  aus  dem  Juliheft,  wo  selbst  der  Vei  lasser  der  Umschau  (S.  62) 
einen  Auszug  daraus  gegeben  hat  Der  General  le  Joindre  war  frOher 
Kommandeur  der  franaOslBchea  Sehiafasohuie  lOr  die  Infgnteiie.  Neben 


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134 


Literatur. 


der  praktischen  Erfahrung  beherrscht  er  aber  auch  die  Theorie  in 
seltener  Weise  und  ist  daher  berufen  wie  kein  anderer  über  diese 

wichtige  Frage  zu  sprechen. 

Im  allgemeinen  könnte  ich  mich  begnügen  auf  jenen  Auszug  hinzu- 
weisen, wenn  die  hier  erörterte  Frage  nicht  von  der  höchsten  Be- 
deutung" für  den  Infantcriekampf  wäre  und  wenn  darüber  eine  gröfsero 
Klarheit  herrschte,  woran  es  leider,  wie  meiirert?  in  neuerer  Zeit  er- 
schienene Literat ui*erzeugni8se  erkennen  hissen,  noch  sehr  fehlt.  Das 
Geheimnis  zur  Erringung  der  Feuerüberlegenheit  besteht  in  der  Kunst, 
dem  P^nde  möglichst  grofse  Verluste  beizubringen,  während  man 
selbst  nur  geringe  Verluste  erleidet.  Ven  ausschlaggebender  Bedeutung 
für  den  Erfolg  sind  die  nachstehenden  drei  Umst&nde: 

t.  die  Zahl  der  feuernden  Gewehre» 

2.  die  Qualitftt  des  Feuers  (Präzision,  Wahl  des  Visiers.  Ftouer> 

geschwindigkeit,  Feuerverteilun^, 

3.  die  Gröfse  der  TreflfTläche. 

Gelingt  es,  diese  drei  Umstände  zum  eigenen  Vorteil  zu  gestalten, 
so  darf  man  mit  Sicherheit  auf  die  Peuerüberlotrenheit  rechnen.  Selten 
aber  wird  bei  Priedensübung:en  die  Entscheidung  durch  die  Schieds- 
richter unter  Berücksichtigung  aller  dieser  Umstände  gefallt,  soudtia 
fast  immer  nur  unter  Berücksichtigung  der  Stärkeverhältnisse.  Das 
war  für  le  Joindre  der  Grund,  sich  eingehend  mit  dieser  Frage  zu 
beschäftigen,  um  den  Nachweis  zu  führen,  dafis  aueh  der  schwichete 
Teü  die  Feuerüberlegenheit  durch  richtige  Ausnutzung  der  übrigen 
Umstände  erringt. 

Ist  eine  Partei  z.  B.  doppelt  so  stark  wie  die  andere,  so  wird 
sie  dem  Gegner  unter  sonst  gleichen  Umständen,  d.  h.  bei  gleicher 
Qualität  des  Schiefsens  und  bei  gleicher  Aufstellung  (gleiche  Zwischen- 
räume der  Schützenlinie,  gleiche  Zielhöhe)  doppelt  so  grofse  Verluste 
beibringen  und  ihn  nach  einer  gCAvissen  Zeit  vernichtet  haben.  Der 
schwächere  Tr  il  wird  aber  dem  Gegner  nach  le  Joindre  die  gleichen 
Verluste  zufügen,  wenn: 

1.  er  doppelt  so  schnell  schiefsen  kann  uhne  an  Präzision  einzu- 
büfsen, 

3.  er  das  richtige,  der  Gegner  ein  um  100  m  falsches  Visier  wr- 
wendet, 

3.  er  bei  richtigem  Visier  efaie  halb  so  grofse  Streuung  wie  der 

Gegner  hat, 

4.  er  die  gleiche  Frontbreite  wie  der  Gegner  einnimmt, 

5.  er  bei  gleichen  Zwischenräumen  der  Schützenlinie  liegend, 

der  Gepner  stehend  schiefst, 

6.  wenn  er  in  einem  Schützengraben  oder  hinter  einem  Erdwall 
zur  Hällle  gedeckt,  der  Gegner  aber  frei  steht. 

Die  drei  ei'sten  Bedingung-en  beziehen  sich  auf  die  Qualität  des 
SchicTsens.  die  drei  letzten  uul  die  Gröfse  der  Trefffläche. 


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lüenliir. 


1SI5 


Erleiden  beide  Parteien  gleich©  Verluste,  so  bleibt  der  stärkere 
immer  im  Vorteil;  denn  sie  treffen  ihn  weniger  empfindlich  und  da« 
StfirkeTorhiltnis  verschiebt  sich  mehr  und  mehr  zu  seinen  Gunsten. 
Gleichgewicht  wird  erat  eintreten,  wenn  die  beidweeitigen  Verluste 
im  gleiehen  VerbXltaie  zur  Stärke  stehen,  wenn  der  etSrkere  Teil  also 
in  unaerem  Beispiel  doppelt  so  grobe  Verluste  erleidet,  wie  der 
schwächere.  Des  wird  der  Fall  sein,  wenn  es  dem  'schwicheren  Teil 
gelingt  von  den  aufgeführten  sechs  Bedingungen  zwei  zu  seinen 
Gunsten  zu  gestalten  oder  wenn  er  eine  doppelt  so  grofse  Front  (d.  h. 
viermal  so  grofse  Zwischenräume)  wie  dor  Gegner  annimmt  oder  end* 
lieh  wenn  seine  Mannschaften  so  gedeckt  sind,  dafs  ihre  Trefiftläche 
nur  ein  viertel  so  grofs  als  die  des  Feindes  ist.  Die  absolute  Peuer- 
überiegenheit  gewinnt  die  schwächere  Truppe,  wenn  sie  drei  der  aul- 
geführten  Bedingungen  fBr  sich  bat  oder  aneh  wenn  sie  bei  gleicher 
Frontbreito  durch  einen  Schfitaengraben  gedeckt  ist 

Die  sich  hieraus  ergebenden  taktischen  Folgerungen  liegen  aal 
der  Hand.  Wo  wie  im  Entecheidungskampf  der  zur  Entwickelung 
verfügbare  Raum  gegeben  ist,  empfehlen  sich  dichte  Schützenlinien, 
um  von  vornherein  so  viel  Gewehre  als  möglich  in  Tätigkeit  m  setzen; 
wo  wie  bei  den  Kinleituntrskämpfen  »md  Vor])ostens:efechten  der  Fnt- 
Wickelungsraum  unbeschränkt,  dagegen  die  zur  Vt^rlugung  stehenden 
Kräfte  gering  sind,  verdienen  dünne  Schützenlinien  den  Vorzug,  die 
^on  Zeit  zu  Zeit  durch  kleine  Abteilungen  verstärkt  werden,  um  die 
V^uste  SU  ersetsen.  Die  Orensen  für  die  Dichtigkeit  bezw.  der 
Frontbreito  der  su  entwickelnden  Schüteenttnien  sind  dadurch  gegeben, 
dals  die  Handhabung  der  Waffen  nicht  durch  zu  enge,  andererseito  die 
Feuerleitung  nicht  durch  zu  weite  Aufstellung  behindert  wird. 

Das  Studium  dieser  interessanten  und  trotz  des  geringen  Umfajiges 
(28  Seiten)  hoch  bedeutsamen  Schrift  ist  allen  Offizieren  dringend  ssu 
empfehlen.  St 

Die  Logik  in  der  Reitkunst.  Erster  Teil:  Über  die  Beziel\ungen  der 
Reit-  und  Dressurhilt'en  zu  der  anatomischen  Mechanik  des  Pferdes. 
Von  Oberst  a.  D.  Spohr.  Stuttgurt  1906.  Schickhardt  und 
Ebner  (Konrad  Wittwer).  Gr.  8^  VIU  und  112  Seiten.  (Preis 
Hk.  3,80.) 

Der  auf  verschiedenen  Gebieten  schriftstellerisch  sehr  tätige  Herr 
Verfasser  bietet  in  der  vorliegenden,  als  28.  Heft  der  in  der  Sammlung 
^Unsere  Pferde"  veröffentlichten  hippologischon  Abhandhingen  er- 
schienenen Arbeit  einen  Beitrag  zum  Ötuduim  dor  Rf  itkunst.  Der  Titel 
ist  nicht  ohne  weiteres  verständlich.  Eine  kurze  Kennzeichnung  des 
Inhaltes  wird  dem  Mangel  abhelfen. 

Die  Abhandlung  zerlaüL  in  zwei  Abschnitte.  L>er  erste  beschäftigt 
sich  mit  den  Muskeln,  soweit  sie  der  Fortbewegung  des  Pferdeüälrpers 
dioDen,  und  deutet  an,  Inwtefem  sie  unmittelbar  oder  mittelbar  durch 
4to  HiUbn  des  Reiters  m  beehiftussen  sind;  er  erleichtert  und  fördert 


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itm  VnMadom  dflr  im  «weHen  giboteneii  Amlym  «Uer  n«(flrltoh6D 

und  der  in  der  elementaren  Reitkunst  vorkommenden  künstlichen  Gänge 
des  Pferdes,  dabei  wird  geseigi,  wie  die  Reit-  und  Dressurhüfen  in  die 
Mechanik  des  Pferdekörpers  einj?:reifen.  Es  soll  mithin  eine  wiasen- 
BChaftliche  Grundlage  für  die  praktische  Reitkunst  geleert  werden. 

Aus  diesen  AndeutunKün  geiit  hervor,  dafs  dit>  Beschäftigung  rait 
dem  Buche  nicht  im  einfachen  Durchlesen  besteben  darf,  sondern  ein 
ernstes  Studium  bedingt.  Im  Vorworte  ist  fireilich  gesagt,  dafis,  wer 
«it  der  AiuitoiDie  dea  Pferdes  geDflgend  bekaont  kt^  oder  wer  nioht 
Lmt  hat»  eieh  mit  ilur  zu  beOuweii,  ohne  weiieree  an  dea  2.  Absoluiitt 
liemntieten  möge;  wer  aber  erostae  Streben  faat^  darf  letateiee  nioht 
▼ernachl&ssigen.  Denkenden  Reitern  wird  das  Buch  eine  wülkomneae 
Gabe  sein,  ihre  Zahl  ist  aber  beschränkt  und  das  Urnen  angesennisoe 
Studium  ist  keine  leichte  Aufgabe. 

Was  der  zweite  Teil  der  „Logik  iu  der  Reitkunst**  bringen  wird, 
ist  aus  dem  ersten  nicht  ersichtlich.  14. 


II.  Ausländische  Zeitschriften. 

Streirieurs  Österreichisebe  liiUtftrische Zeitschrill.  (Dezember.)- 

Alexander  Nyiri  v.  S^t^kely.  k.  ungar.  Landesvorteidigungsminister.  — 
Die  KorpRinanöver  in  Südungarn  1903.  —  Schnoüfeiier-Feldartülerie. 
—  Rufsland  und  Japan.  ■  Die  neuen  Diszipiinarvorschntten.  —  Taktik- 
Auigabe  Nr.  8.  —  Die  Kaisermanöver  in  Deutschland.  —  Die  fran- 
zösischen Manöver  des  14.  und  16.  Korps  bei  Montelimar  1903. 

La  ITranoe  militaire.  (November.)  Die  neue  ächitifävorsGiiiitl 
für  die  Kavallerie.  1/2.  —  PiDsnueUe  Wirlrang  des  Gesetaes  der 
0  Diens^ahre.  Die  4.  fiataillone.  8/4.  —  Inkeimann,  Die  Alpen- 
Regimenter.  6.  —  Die  Gefechtstaktik  bei  den  ManSvem  im  Süd- 
westen. General  Larenx  (Unnatürlichkeiten).  —  Die  Reserveoffiziere,  Br- 
gfinzung  des  Mangels  an  solchen  (geschätzt  als  fehlend  10—12000).  — 
Das  Budget  des  Krieges.  6,  8/9.  10.  11.  12.  —  Die  zweijährige  Dienst- 
zeit, ungenügende  K;idre.s.  —  Das  Projekt  Messimy.  7.  —  Unsere 
Reservisten  (lobend  deren  Leistung  bei  den  Übungen).  8/9.  —  Die  Er- 
gänzung der  Offiziere.  —  Die  Truppen  und  die  Strikes.  10.  —  Rufs- 
land, Studien  tiber  das  Land.  11.  20.  —  Die  Marschtaktik  bei  den 
Manttirem  im  Südwesten,  von  Oenersl  I<arettz.  18.  —  Sohiebabttogen 
der  ArtiUerie  im  ft'eien  Felde  (neue  EiDfQhmng).  —  Reiter  und  Heiser 
(Automobil  und  Wagen,  ▼ergleichender  Versuch,  diese  xn  stoppen).  — 
Ein  kleiner  militSrischer  Skandal  in  Deutschland  (vernünftige  Beur- 
teilung des  Fall  Bilse).  13.  —  Marschtaktik  bei  den  Manövern  im  Süd- 
westen. —  Die  Quellen  der  Rekrutierung  in  Frankreich  und  Deutsch- 
land. 14.  —  Kriegslisten  (Murat,  von  den  weifson  Brunken  und  Kutiiaow). 
17.  —  Die  Reserveoffiziere  der  Inianterie.  18.  -  Nach  Joni  Manöver, 
berittene  Infanteriuauikiarer.  Id.  —  Die  Manöver  im  Südwesten,  von 


LitarAtm. 


187 


General  Leraui.  90.  89/80.  —  Die  Kolonielarmee«  Voneblag  Meenray. 
90.  —  Unbegreiisle  Beurlanbang  (Sohaflüng  elfirkefer  Kadree  fftr  den 
Mobilmaohnngefall).  99/23.  —  GeneralstebBreisen,  fiesehreibnng  der 

Bmrichtung,  sollen  an  die  Stelle  der  Korps-  und  Armcomanöver  treten. 
24.  26.  —  Die  Ergänzung  der  Offiziere,  25  —  Die  deutsche  Infnnterie 
und  die  neue  Taktik.  27.  —  Die  Vorbereitung  der  Artillerie  zur  ächiacht^ 
t>e2ieht  sich  auf  das  Buch  des  Kapitän  Le  Rond.  28. 

Revue  de  Cavalerie.  (November.)  Die  neue  Schiersvorschrift  für 
die  Kavallerie.  —  Baucher  oder  d'Aure?  —  Die  Anfänge  der  fran- 
sSfliaehen  KarVallerie  (Ports.).  —  Die  deutsche  Annee,  die  Befehls- 
fllhrang,  der  Ofliaier.  —  Der  Start  Paris- Ronen -Deanville  (19.  bis 
15.  August  1903). 

La  revue  dIsflMiterle.  (November.)  EntwuH  des  Reglements 
über  das  Exerzieren  und  die  Manöver  der  Infanterie.  —  Über  Elite- 
schiitzen  und  Kntiemungsschätzen.  —  AppUkatoriBches  aus  dem  Dienst 
im  Felde  (Forts  ).  —  Studie  über  das  provisorische  Reglement  der 
Infanterie-Mauover.  —  Die  Takuk  der  Engländer  nach  den  Kriahrungen 
des  Burenliriöges  in  iliroa  neuen  Dienst voi'bchrifl^en. 

Jeninal  des  Seteneea  militaires.  (NoYomber.)  Der  Krieg  gegen 
die  feindiiehen  Verbindungen.  —  Bemerkungen  über  die  elementaren 
Formen  und  Bewegungen  der  Infiuiterie.  —  Die  Verwendung  der 
Reserven  auf  dem  Schlachtfelde.  —  Das  äufserste  Süd-Algerien.  — 
Studie  über  Marokko  (Forts.).  —  Wahrscheinliche  Erfolge  beim  Qruppen- 
schiefsen  (Forts.),  ■  Die  gemischte  Brigade  Lupasset  (Schlufs).  —  Die 
.Sehlacht  am  Colenso.  —  Der  österreichische  Erbfolgekrieg  1740/40 
(Forts.).  —  Der  Feldzug  1791/93. 

Revue  d'bistoire.  (November.)  Die  Feldzüge  des  Marschalls 
von  Sachsen  (Schlufs).  —  Die  Einnahme  von  Jaffa.  —  Der  Krieg  von 
1870/71.  —  Der  18,  August  in  Lottaiingen. 

ReT«e  im  gtele  militaire.  (November.)  Die  Eisenbahn  in 
Madagasiiar.  —  Topegraphisolie  Arbeiten  des  fruiaösiselien  Oeniekorps 
im  19.  Jahrhundert  (Forts.).  —  Über  die  WiderstandsfUugkeit  der 
Fufsböden  in  armiertem  Beton  etc.  (Schlufs).  —  Mit  Chrom  gegerbtes 
Leder.  —  Verfahren  bei  der  Anlage  von  Umgeliungsbahnen  (vei^ 
März  1903).       Nekrolog  de55  General  Hallier. 

RiTiHta  di  artiglieria  e  geiiio.  (November.)  General  Briainiunt, 
ein  Nekrolog  —  Die  allgemeinen  Regeln  für  die  taktische  Anwendung 
der  grofsen  iüriegs-EioheiteD,  in  Gegenüberstellung  zu  den  allgemeinen 
Regeln  für  die  Verwendung  der  8  Waffen  im  Oefeoht  —  Deiche^ 
Molen  und  Dooks  nach  den  Brfordemissen  der  heutigen  Kriegsmarine. 
—  Die  neuen  Apparate  der  Punkentelegraplile.  —  Zentral-Apparate 
fflr  die  Handhabung  der  Weichen  und  Signalstationen  bei  Eisenbahnen« 

Revue  d'artillerie.  (Oktober.)  Bemerkung  über  die  Richtfehler 
bei  Ge^^chiitzeu  mit  geneigter  Drohachso  der  seitlichen  Bewegung. 
Mit  letztfM  en  ist  tiie  Anordnung  unserer  Feldkanone  9ß  genieint,  mit 
dem  vertikalen  Drehzapfen  für  die  feine  Seitendrehung.   Hier  sollen 


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138 


Literatur. 


b«i  nachtrigllcher  Verttnderang  der  Lage  des  bereits  nach  der  Höhe 
gerichteten  Rohrs  nach  der  Seite  nicht  blo&  in  der  Höhen-»  sondern 

auch  in  der  seitlichen  fiichtang  Fehler  entstehen,  die  bei  Verschiebung 
der  Untt'ilafetto  auf  der  Lafettenachso  (fraiizösische.s  Feldgeschütz  97) 
vermieden  werden.  —  Die  Feldliaubitzen  in  Südafrika«  Übersetzung 
aus  Militär-Wochenblatt  Nr.  48  vom  16.  Mai  l'J03. 

Schweizerische  Zeitschrift  für  Artillerie  und  Geni«.  Nr.  11. 
Luftwiderstand  gegen  fliegende  Geschosse.  —  Die  Aufstellung  der 
Hunttionswagen.  —  Das  neue  flransösisehe  Feldartillerieregloment  1903. 
—  Die  Befestigungen  Italiens  (Ports.).  ^  Die  Behandlung  des  Dynamits. 

AUgnneine  Sohweimrisdi«  HUitineitaag.  Sr.  45.  Der  mili- 
tärische Vorunterricht.  Das  Gesetz  von  1874  hatte  den  zum  Militär- 
dienst vorbereitenden  Turnunterricht  für  alle  Jünglinge  vom  Schul- 
austritt bis  zum  20.  Lebensjahre  als  Sache  der  Kantone  auferlegt  Für 
die  2  altpston  Jahrgänge  sollte  der  Bund  aurh  Schiefsübungen  an- 
ordnen können.  Beide  Behörden  Uelsen  das  Gesetz  unausgeführt.  In 
den  achtziger  Jahren  wandelte  man  dies  in  den  freiwilligen  mili- 
tärischen Vorunterricht  um,  der  aber  auch  nur  ein  kümmerliches  Da- 
sein fristete.  Bs  kommt  nun  darauf  an,  bei  der  Feststellung  der 
Orundsfttae  für  eine  neue  Militftroiganisation  Aber  den  Vorunferrieht 
schlüssig  SU  werden.  Die  Zeitung  tritt  ernstlich  dafür  ein,  Turn- 
unterricht und  Schiefsfertigkeit  Mwcit  zu  fördern ,  dafs  man  fttr 
die  Rekrutenschule  körperlich  gewandte  Rekruten  bekommt. — Voraus- 
bestimmung des  Zeitaufwandes  für  Märsche  mit  Hilfe  der  SiegWed- 
Karte  (mit  Schichtlinien).  Nr.  46.  Die  Stellung  der  höheren  Führer. 
Die  SchwL'iz  hat  eine  iihnliche  Zentralisation  der  Verwaltung,  wie 
Frankreich  bis  1870  sie  zu  seinem  Unheil  besessen.  Daraus  entwickelt 
sich  Interesselosigkeit  und  Mangel  an  VerantwortlichkeitsbewuTstsein 
bei  den  höheren  Fahrern.  Das  Qesets  von  1874  Uefs  neben  der 
Leitung  der  Tnippenführer  die  Leitung  durch  die  Organe  der  MUitir- 
Verwaltung  fortbestehen.  l  >er  höhere  Führer  ist  allmählich  zu  einem 
Sohattenkönig  geworden.  Der  Hauptgrund  liegt  darin,  dafe  der  Milis- 
offizier  in  hoher  Kommandostelle  gar  nicht  die  Zeit  hat.  neben  den 
Pflichten  seiner  bürgerlichen  StoUung  seine  Kommandogewalt  auszu- 
üben. Man  will  auch  nicht  einmal,  dafs  er  seine  K(>mpetenzen  ganz 
ausübt,  die  Verwaltung  emptindet  dies  als  eine  Vermehrung  der  Friktion 
in  der  Maschine.  Verfasser  will  höhere  Führer  aus  der  Reihe  der 
Benifsofilziere.  —  Voransbestimmung  etc.  (Schluis  von  Nr.  46).  — 
Neubesetsangen  höherer  Stellen  in  der  deutschen  Armee.  Bs  ist  Br- 
ün dun  g,  dafs  der  kommandierende  General  III.  bayerisehen  Armee- 
korps. V.  Xylander,  in  Ponsion  gegangen  ist.  Vio  Nachrichten  über 
V.  Wittich  und  v.  Bissing  sind  nicht  verbürgt.  Nr.  47.  Die  Stellung 
der  höheren  Führer  (Eingesandt  eines  jüngeren  Offiziers).  —  Der  An- 
teil der  Offiziersgesellschaften  an  der  Heeresorganisation.  —  I>er  Ver- 
lauf und  die  Ergebnisse  der  diesjährigen  französischen  Armeemanöver. 
Kr.  48.    Die  .Niiiiuu-Kcorganisation  im  Volk.  —  Der  Veriaui  und  die 


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Utorator. 


139 


Brgebiiiafle  der  dittqfthrigen  fransösMien  ArmeemaDÖTer  (Sohliifs).  — 
Das  Krie^sbrot  fOr  die  fraBaöeieohe  Armee.  Ib.  49.  Der  Rflcktritt 
Qenenl  Dragomirows.  —  Unser  Taktaohritt.  —  Die  sehwere  ArtiUerie 
des  deutsehen  Feldheeres. 

Milteiluiigen  über  Gegenstände  des  AftUtefle-  mmä  Qeaie- 
Wesens.  (11.  Heft.)  Wasserdichte  Abdeckungen  von  Bauwerken  aus 
Stein  imd  Beton  nach  dem  Patente  Leisz-Zuffer.  —  Die  Riehtnüttel  der 
Geschui/i*   von  Anton  Kerzen  (Forts,  u.  Schlufs). 

Journal  d«»r  Verpiuifjrten  Staaten-ArtiUerip.  (September,  Ok- 
tober.) Hesiandigkeilsversuche  für  Nitroceliuiose  und  ihre  Pulver- 
arten. —  Bericht  über  Artillerie-Schiefsübung  in  Port  Monroe.  —  Ele- 
vaüons-Skala  für  Küstengeschütze.  —  Prüfungen  für  Artilleristen,  — 
Gefeehtssehielsen  einer  Batterie  nim&nischer  SchneUfeuergeschfltEe.  — 
Unter  der  Annahme  der  Wahrscheinliobkeit  ven  Raids  bei  einer  ftemden 
Seemacht,  welches  sind  die  besten  Veibereitnngen,  sie  surückittw^aen, 
insoweit  Baueinrichtung.  Bewaflhung  und  Verfassung  unserer  Kflsten- 
Verteidigung  in  Betracht  kommt. 

Wiyenniij  Ssbomik.  (November.)  Die  Seeschlacht  bei  Sinope 
und  die  Flotte  des  Schwarzen  Meeres  im  Herbste  1853.  —  1809.  Der 
Generalstab,  1,  —  Zur  Präge  der  Organisation  der  Ingenieurtruppen 
und  des  Korps  der  Militär- Ingenieure.  —  Aus  Japan.  II.  —  Die  mili- 
tärische Lage  im  Stillen  Ozean. 

Russkij  iuwaiid.  Nr.  230.  Zur  Abreise  des  zur  Bildung  der 
neuen  Ostsibirischen  Schützenregimenter  bestimmten  Kompagnien  nach 
dem  «Fernen  Osten**.  —  Die  Verwertung  der  Photographie  für  die 
Zweeke  der  Armee  und  Marine.  Hir.  284.  Über  die  taktischen 
Beseh&ftigungen  der  Offiziere.  Hr.  236.  Zur  Sefem  der  PeldarüUerie. 
Kr.  242.  Die  Schulbildung  der  russischen  Rekruten  1900.  —  Was  tut 
unseren  Festungen  not?  Nr.  243.  Fragen  der  reitenden  Artillerie. 
Hr.  247.  Die  Befestigung  der  Macht  der  Russen  im  Kaukasus. 


III.  Saewesea 

Mitteilungen  Ans  dem  Gebiete  des  Seewesens.  Nr.  12.  Einflufs 

der  Flufsbeherrschung  auf  Heeresoperationen.  —  Nochmals  das  Ver- 
fahren von  M?irr/]  de  Snint'Hilaire  und  die  Höhontafoln.  —  Über  ein 
neues  Verfahren  Nochis  zur  Veriilgung  von  Ratten  an  Bord  von 
Schilfen,  als  Mafsregel  ^oj^on  die  Einschleppung  der  Post.  —  Die 
Bergungsfahrzeuge  Obeielbe  und  Unterelbe  des  Nordischen  ßergungs- 
Vereins  und  die  Bergung  des  deutschen  Torpedobootes  „S.  i2^.  — 
Bin  teehnisehes  Laboratorium  für  die  Marine  der  Vereinigten  Staaten. 
—  Ober  Kohlenanfbewahmng. 

Amy  lad  N«T7  Gwtltt»  Hr.  2285.  Die  Transport-Medaille. 
Hr.  2286.  Marine-Fortschritte  in  Dcutschlmd  —  Eine  neue  Marine- 
Vorlege  (Kreuser)  in  Deutschland.  Hr.  2287.  Torpedoboote  und  Unter- 


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1^ 


«eebooie.  —  Die  ma»  deutsche  Marine- RiigjiHto.  Wt,  SSM,  Dir 
Bariolit  der  Unparteiischen  über  die  Flotten-Manöver. 

Berne  maritime.  (Olrtober.)  Die  Kontrolle  der  Marin everwaltang 

vor  der  öffentlichen  Meinung  und  vor  dem  Parlament  (Schlufs).  —  Der 
spaiiLsch-amerikanieche  Krieg  auf  den  Philippinen.  —  Die  Geschütz- 
Armierung  neue  BchilTe.  —  Der  Stand  der  hoUandischen  Manae  am 
ai.  Dezember  1902. 

Morskoj  Ssbormk.  Hr.  11.  Diu  strategischen  und  taktischen 
Grundlagen  des  Iram&ösischeD  bchi£[t>bauprograjnines  1900 — ld06.  — 
Das  Heizmaterial  dar  ZukunlL  —  Auf  dem  Kreuzer  .^^än"- 

IV.  VwrawMWilt  itr  nr  Beipreclwiig  einoegangeiitH  BMtar. 

(Dl«  «faif »fnifvMB  BtdMr  wMkmm       PtQinin  «Mk  Mallifik«  ttm  BtlMtwif  ««r- 

tlUWinii  HsTiTiiM.   Km  Verpfliektamf ,  jtd»*  sin^ktsd*  BiiAh  la  bMprMhan,  Ibwalnat 
Laitaag  der  .Jakrbaek*i**  aieJit,  do«h  werden  di»  Titel  ■Imtlioker  Btolier  BebatAafab«  dM  PniMa 
—  MtaB  ÜMw  BlIivMlt  wH«i  —  yw  tmmM.  M—  StiüMiii^  ?i«  BUfcwi  ■rtrt  iJttt  eiiiti) 

1.  T.  Scinddly  Die  KriegBartikel  vom  SS.  September  1909  für  den 
Dienstgebrauch  erkiftrt  Berlin  1908.  Uebelsche  Behhdlg.  Hk.  IJSO. 

2.  Hilken,  Exerzierhilfen  für  die  Binzelamsbildling.  Ebenda. 

3.  RudgiMh,  Die  militärische  Qelfindebearteilmig.  i.  Aufl.  Ebenda. 

Mk.  6,00. 

4  Erlebnisse  Heinrich  von  Schönfels'  als  Gf^neralstabsoffizier  bei 
der  Avantgarden-KavaUerie  1866  und  1870.  BerUn  1903.  R.  Bisen- 
schmidt.   Mk.  3,00. 

5.  Militär  und  ZiriL  Zeitgemä/se  Betrachtungen  von  einem  öster- 
feieher.  Wien  1909.  BnnmflUer  k  Sohn.  Iül 

9.  H«e  de  ünta,  Handbuch  der  Oesetigebung  in  Prenfaen  and 
tan  Deutschen  Reiche.  I.  Band.  Heer  und  Kriegsflotte.  Beiün  1909. 
J.  Springer.    Mk.  14,00. 

7.  Illustriertor  Dentsslier  llotteii-lUtoBder  1994.  Minden.  W. 
Köhler.   Mk.  1,00. 

8.  Tagebuch  Jospf  Steinmüllers  über  seine  Teilnahme  am  Feld- 
zug 1812.    Ucidulberg  1904.    Carl  Winter.    Mk.  1,20. 

9.  Cremat,  Signaturen -SchlösBel  zu  allen  Karten  des  rusi^chen 
Hauptstabes.    Leipzig  1904.    Raimund  Gerhard.    Mk.  0,60. 

19.  BberlBw  fiO  Uetaie  Aufgaben  ans  dem  Exerzier-Ref^ement  f.  d. 
k,  n.  k.  KavaUerie  mit  LOsungwn.  Wien  1904.  Seidel  fr  Sohn.  Mk.  9.40. 

11.  nur  Vedden»  Qeeeh.  des  1.  Hannov.  Infhnterie- Regi»entos 
Ko.  74  und  des  Tormaligen  kgl.  HannoT.  S.  Inflsaiterie-Regte.  Berlin  1909. 
E.  S.  Mittler  &  Sohn.  Mk.  14.00. 

12.  Bigge,  Geschichte  d.  Infanterie -Regiments  Kaiser  Wilhelm» 
9*  Grofsherz.  Hessisches  No.  116.    Kbenda.    Mk.  17,50. 

19.  V.  Müller,  U.,  Zur  Beschiofsung  von  Paris.  Ebenda.  Mk.  1,00. 
14.  T.  Schwerin,  Grai^  Der  A^jutantendienst    1904.  Ebenda. 
Mk.  3,75. 


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Ufeantar. 


141 


16.  KaHtol,  Uaiformenkundd.  XIL  Bd.,  Heft  10.  Ralhenow  IQOS. 

Mk.  1,60. 

16.  Die  kritischen  Tage  Ton  Oliiiütz  im  Juli  186d.  Mit  Benutzung 
der  Peldakten  des  k.  u.  k.  Kriegsarchivs  bearbeitet  von  einem  Oeneral- 
stabholiuier.    Wien  1903.    L.  W.  Seidui  k  bohn.   Mk.  6.Ü0. 

17.  H«ftMaa,  Du  Gewehr  98  mit  26  OrigtnaUbbildgiu  Münelieii 
1906.  R.  Oldenbouig.  Mk.  0^. 

18.  Geroaey  Die  itaUeD.-preuXsiaehen  Besieliungeii  und  die  Schlaeht 
bei  Cttstozza.   Berlin  1903.   Vossische  Buchh.   Mk.  6,00. 

19.  Batoeh-ZweagAr,  Leitfaden  f.  d.  J^eldkanonier.  68.  Aon.  Bbenda. 
Mk.  0,65. 

äO.  Be<"ker,  Dienstunterr.  f.  d.  Infant,    Ebonda.    Mk.  0,50. 

21.  Unger,  Hillsbuoh  f.  d.  Eiqj .-Freiwilligen  d.  Kavall.  Ebenda. 

Mk.  6.50. 

22.  V.  Ej'iialten,  Anleitung  z.  Knugtispiui.    Ebd.    Mk.  2,5ü. 

2t.  HStaaek,  Die  Vereinigten  Staaten  Nordamerika.  Leipzig  1906. 
Velhagen  k  Klasing.  Mk.  4,00. 

Si.  Miag;  Pfihrer  durch  Heer  und  Flotte.  BerUn  1904.  A.  Schall 
Mk.  1,25. 

25.  Uothsche,  Dit^  Königlichen  Qewehrfabriken.  Berlin  1904. 
Voasisohe  Huchh.    Mk.  3.00. 

26.  Schmid«  Das  französische  Generalstjibswerk  über  den  Krieg 
1870/1.  Heft  2:  Die  Schiacht  bei  Wörth.  Leipzig  1904.  F.  Luckhardt. 

Mk.  3,00. 

27.  T.  Meeräeheidt-iiüilesaem,  D.  Ausbildung  der  Infanterie.  1.  Teil, 
Die  Winterperiode.  Berlin  1904.  Mitüer  k  Sohn.  Mk.  2,36. 

SB.  Frobenius,  Kriegsgeeohichtliche  B^piele  dee  Pestungskriegee 
•US  dem  deutsch-lhinalisiaehen  Kriege  von  1870/1.  Achtes  Heft  Ebenda. 
BIk.  4,25. 

29.  Bondiek,  Gesch.  d.  Ostpr.  Train  •  Bataillons  No.  1.  Ebenda. 

Mk.  4,50. 

60.  Mataehena,  Gesch.  d.  Pomm.  Train-Bataillons  No.  2.  Ebenda. 

Mk.  7.00. 

'W.  Perkowski,  Get»ch.  d.  NiederschL  Train- Bataillons  No.  5.  Ebenda. 
Mk.  .3,50. 

32.  Reichert,  Gesch.  d.  Schles.  Train -Bataillons  No.  6.  Ebenda. 
Mk.  6,00. 

68.  Kaehae,  Gesch.  d.  Garde-Train-BataiUena.  Ebenda.  Mk.  6,60 


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Zur  Artilleriefrage. 

Von 

H.  Rohie,  GeDeralleataaDt  z.  D. 


6.  Die  Orgranisation. 

Eine  sich  bei  der  Erörterung  der  Neubewiiii'nung-  der  Feld- 
artillerie  aafdräng:ende  Frage  betriilt  deren  Organisation  Dafs 
diese  bei  einer  so  fandaroeotalen  Änderung  wie  die  Annahme  t  ines 
Sciint  llteuergeschUteee  ganz  nnverändert  bleiben  sollte,  ist  nicht  an- 
zaneiiüien.  Es  handelt  sich  darnm,  den  Vorteil  der  grofsen  Feoer- 
geschwindigkeit  oder  richtiger  gesagt  Feoerbereitschaft  möglichst 
aas^onatzen.  Meines  Grachtens  geschiehi  dua  am  besten  doroh 
Herabsetzung  der  Batteriestärke  von  sechs  auf  vier  Gescböt/e.  Es 
entsteht  aber,  falls  diese  Malsregel  als  zweckmälsig  anerkannt  wird, 
die  andere  Frage:  soll  die  Zahl  der  Batterien  vermehrt 
werden  bezw.  in  welchem  Umtange? 

Dals  die  Herabsetzung  der  Batteriestttrke  von  sechs  auf  vier 
Geschütze  nicht  nur  zulässig  ist,  sondern  sogar  grobe  Vorteile  bietet, 
wird  von  allen,  die  Uber  diese  Frage  nachgedacht  liaben,  zugegeben. 
Unbeatreitbar  leistet  eine  Batterie  von  vier  GeeehtttBea  mit  Bohr- 
rUcklaof  in  derselben  Zeit  mehr»  als  eine  eolebe  von  ae<äiB  Oeeehttteen 
mit  LafettenrUeklanf,  ja  sie  leistet  im  Fltt^elfener  daaeelbei  wie 
dne  Batterie  von  Beehs  GteeehtttMn  mit  Rohrrfleklaaf,  da  diese 
hierbei  niebt  in  der  Lage  sind,  ihre  Fenerbereitsohaft  ansBnnfltgBen. 
Sie  sind  dem  ieindiiehen  Fener  ansgesetit,  ohne  sellrat  sehiefeen  sn 
können;  sie  sind,  am  ein  SoUiehtingsohes  Wort  sn  gebrancben,  mehr 
Sebeibe  als  Sehtttse.  Ja  man  mols  sogar  «igeben,  data  eine  Batterie 
von  vier  GesefalltBeo  mit  Bohrrtteklanf  mehr  leistet,  nis  eine  solohe 
von  sechs  GesdiQtMn,  da  sie  wegen  der  verminderten  Beibang  besser 
in  der  Hand  ihres  Fttbiers  ist,  der  sie  leichter  mit  Aoge  and 
Stimme  behensoht;  anfserdem  aber  kann  eine  solche  Batterie  Ver- 
hältnis mAfsig  gröbere  Friedensstiimme  haben,  als  eine  Batterie 
von  sechs  Geschnhien.  Wenn  man  ehiwendet,  dafe  in  Zokanft  niehf 


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144 


Zur  AitUleilelktfAi 


das  Flügel-  sondern  das  geschützweise  Feoer  (Schnellfeoer)  die 
Begel  bilden  werde  and  dafs  darin  die  grofee  Batterie  der  kleinerea 
überlegen  sei,  so  kann  der  erste  Teil  des  Satzes  wohl  zugegeben 
werden,  denn  die  einzige  mit  Sehnellfeuergeschttteen  bewaffnete 
Artillerie,  deren  Reglement  bekannt  ist,  die  französische,  kennt  für 
das  Wirkongsschielsen  vorzugsweise  das  geschUtzweise  Schnellfeuer. 
Damit  ist  aber  noch  nicht  gesagt,  dafn  die  grofsp  Batterie  der 
kleinen  Überh  ört  n  ist.  wenn  sie  auch,  wie  nicht  za  bezweifeln  ist, 
eine  gröisere  Schulszahl  nb^ribt. 

Die  Steigerung  der  Feuerfrpsr'hwindigkeit  brin^'t  nur  dariii  Vor- 
teil, wenn  die  Zuverlässigkeit  der  Bedienung  nicht  darunter  ]( idet; 
anderntalls  führt  sie  nur  zur  Munitionsverschwendung.  Darum  ist 
gerade  bei  SchnellfenergeschUtzen  die  straff'sti'  I  ruerdieziplin  und 
Beaufwichtigung  der  Bedienung  geboten,  die  wohl  bei  einer  kleinen 
Batterit\  die  schon  im  Krit den  so  zusammengesetzt  ist.  wie  man  sie 
gegen  den  Feind  zu  führen  gedenkt,  Torhandeu  sein  kann,  niemals 
aber  bei  einer  grofsen  Batterie,  weil  hier  sehr  viele  Mannschaften 
des  Benrlanbtenstandes  eingestellt  werden  raUsseu.  Auiserdem  kann 
bei  einer  Batterie  von  vier  Geschiit/(  n  n  des  Geschütz  einem  Offizier 
oder  zuverlässigen  Offizierdiensttuer  unterstellt  werden;  dms.  bei 
einer  Batterie  von  sechs  GeschUteen  ausgeschlossen.  Bei  dit'fser 
würde  das  erste  Schnellfeuer  höchst  wahrscheinlich  zu  einer  voll- 
ständigen Schit  isanarchie  führen.  Das  französische  Scbiersveriabren, 
das  in  dem  Bestrenen  eines  Geländes  von  grosser  Breite  nnd  Tiefe 
besteht,  ist  bei  einer  Batterie  von  vier  Geschüteen  durchführbar, 
nicht  aber  bei  einer  solchen  von  sech»  Geschützen,  nnd  selbst,  wenn 
es  durchführbar  wäre,  brachte  es  nicht  einmal  Nutzen. 

Ich  halte  es  ftlr  Uberflüssig,  an  dieser  Stelle  die  Vorzüge  der 
kleinen  Batterien  noch  eingehender  zu  begründen;  sie  werden  von 
jedermann  zugegeben.  Nur  die  daran  geknüpfte  Folgerung,  dals 
die  Herabsetzung  der  Batteriestärke  erlaubt,  die  GeschUtzzahl  des 
Armeekorps  um  ein  volles  Drittel  herabzusetzen,  wird  bestritten. 
Man  will  von  der  vorbandeDen  Geschützzabl  nichts  aufgeben;  bei 
jedem  AnDeekorps  will  man  36  Batterien  zo  vier  Geschützen  an 
Stelle  der  24  33atteiieo  von  seehs  Geschützen  formieren,  weil  man 
glaubt,  dadoreh  die  Wirkong  noch  mehr  steigern  m  können.  Dals 
86  Batterien  mehr  leisten  als  24  Batterien,  ist  wahr;  aber  nur  unter 
swei  VoranssetEnngen ;  die  eine  ist  eine  genügende  Mnnltions- 
ansrttstnng,  die  andere  ein  ansreiohender  Ranm  für  die 
Entwiekeinng. 

Dals  die  Wirkaag  der  Artillerie  nieht  darob  die  Zahl  der 
ienernden  Geschtttse,  sondern  dnrcb  die  der  treffenden  Gesehosso 


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Zur  ArtiUeitofrtse. 


145 


berbeigeftahrt  wiid,  ist  aeboD  eb  Gemeinplatz  gewoiden.  Die  Ober- 
legenbeit  der  36  Batterien  ist  daber  aacb  nur  dann  snzngeben,  wenn 
deren  ManttiDnBaasrflBtang  wenigstens  annftbemd  so  groÜ»  ist,  wie 
die  der  24  Batterien.  Nimmt  man  an,  dab  in  einer  Seblaolit  nur 
mit  der  in  den  Batterien  'tmd  den  leiobten  MnnitlonslLoionnen  vor- 
handenen Honition  so  rechnen  ist,  so  ?eifllgt  dne  fehlende  Batterie 
TOD  seehs  Kanonen  darcbsebnittüob  ttber  1182  Sobnfs.  Fttbrt  man 
die  Batterien  Ton  vier  Gesebtttsen  ein  nnd  ersetzt  die  beiden  ans- 
fallenden  Gescbtllze  dnreb  Mnnitionswagen,  so  erbttbt  sich  die  verfUgp- 
bare  Mnnitionsmenge  auf  1236  Sebnls*)  oline  ErbObang  der  Zahl 
der  Gespanne  nnd  ebne  Veriängernng  der  Marsobkolonne. 
Bei  86  Batterien  za  vier  Geschützen  wttrde  jede  Batterie  nnr  ttber 
755  Schals  (also  weniger  als  die  schweren  Batterien  im  Feidzage 
1870/71)  ver^geo,  wenn  man  die  Gespanne  nicht  yermehren  will. 
Sollen  diese  36  Batterien  mit  Munition  so  ansgerttstet  werden  wie 
die  fobrenden  Batterien  heute,  so  mursten  Uber  160  Mnnitionswagen 
mehr  eingestellt;  d.  h.  bei  jedem  Armeekorps  —  ganz  abgesehen 
von  der  notwendig  werdenden  Vermehrang  der  ArtUlerie-Munitions- 
kolonnen  —  weit  über  900  Pfeide  mehr  aosgehoben  nnd  die  Maracb- 
kolonne  der  fechtCDden  Truppen  um  fast  3  Kilometer  verlSagert 
werden.  Eine  solche  Vermehrung  der  Fahrzeuge  nnd  Verl^nprerung 
der  Marschkolonne  ist  nicht  ohne  Bedenken.  Nnr  wenn  mit  Sicher- 
heit auf  die  damit  verbandenen  Vorteile  gerechnet  werden  kann, 
dürfte  man  sich  zu  einer  solchen  Malsregel  entschliefsen. 

Nach  meiner  Ansicht  ist  es  aber  sehr  zweifelhaft,  ob  eine  so 
groDse  Zahl  von  Geschützen  —  144  fUr  ein  Armeekorps  —  den 
fUr  ihre  Entwickelung  nötigen  Kaum  findet.  Bei  einer  dem  Regle- 
ment entsprechenden  Aufstellung  —  Geschütze  mit  20,  Batterien 
mit  30  Schritt  Zwischenraum  —  würden  36  Batterien  von  vier  Ge- 
schützen eine  Front  von  2G00  ni  beanspruchen.')  Ein  Armeekorps 
von  nonnaler  Zusammen.setzung  dürfte  wohl  eine  Front  von  4  km 
einnehmen.^)    Hiernach  wUrden  vou  der  ganzen  Front  des  Armee- 

^}  Die  französische  Batterie  von  4  Geschützen  verfügt  über  i24^ächuiä. 
S)  Für  dieAUeilung  erUftitdaB  Reglement  (Z  298)  grölsere  Zwiaoben- 
rftome  fflr  erwünscht.   „Bei  gestaffelter  AufsteUung  ist  der  Abetaad  nicht 

gröfser  als  der  Zwischenraum  zu  bemessen"  (Z.  297),  d.  h.  mit  anderen 
Worten,  wenn  das  Gelände  eine  Staffehuig  fordert,  so  sind  die  Zwischen- 
räume dem  Staffelabstand  entsprechend  zu  vergröfsern. 

*)  Genend  v.  Hofflmii«  nimmt  in  seinem  Buche  Altes  und  Neues  etc.** 
(S.  145)  5  bis  10  Mann  InAmterie  anf  ein«i  Schritt  der  Front  an;  das  würde 
bei  voller  Stärke  des  Armeekorps  2600  bis  5000  Schritt  oder  2000  bis  4000  m 
Frontbreite  entsprefhen  Major  Balck  nimmt  in  seiner  .,Taktik"  I,  S.  227 
5  bis  8  Mann  auf  Uen  Meter  Front,  also  eine  i'rontbreite  von  3125  bis 

10^^ 


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146 


Zur  ArtiUerlefrige. 


korps  reichlich  zwei  Drittel  auf  die  Artillerie  entfalieu.  Nun  gibt 
es  aber  wohl  kaum  ein  Of  laude,  wo  die  Artillerie  in  einer  einzigen 
UDfrebrocheneu  Linie  AutHteliuug  findet  Hodenwelieu  ubw,  nötigen  zu 
einer  Statielung  und  damit  zu  ^fsereu  Zwischenräumen  zwi8ch<'n 
den  Batterien  oder  Abteilungen;  Dörfer,  Wälder.  Weichlaud, 
Schluchten  usw.  eignen  sich  nicht  für  die  Aufstellung  der  Artillerie; 
kurz  es  ist  sehr  die  trage,  ob  selbst  bei  peinlichster  Ausnutzung 
des  Rauniüs  eine  so  grofse  ArtiUeriemasse  unterzubringen  ist.  Auf 
den  Ubuncr^plätzen  ist  das  allerdings  möglich,  aber  selbst  dort  nicht 
ohiK  Schwierigkeit.  Ich  erinnere  mich  einer  Schiefsbesichtigung, 
wo  die  ganze  Artillerie  eines  Armeekorps  in  einer  Linie  entwickelt 
w  urde,  die  rechnung:smä(8ig  die  erforderliche  Länge  hatte.  Es  gelang 
auch,  aber  nur  uaciideiu  Tags  zuvor  eine  (Generalprobe  gemacht 
war,  wobei  die  FlUgel  der  Abteilungen  durch  Merkzeichen  festgelegt 
wurden. 

Ich  habe  in  früheren  Schriften,  lusbesODdere  in  der  „Taktik 
der  Feldartillerie*'  daniif  hingewieBeo,  dafe  seboa  im  Kriege 
1870/71,  wo  die  Armeekorps  nur  mit  84  bis  90  OesebtttEeo  aoe- 
gestattet  waren,  in  mehreren  Schlachten  einielne  Batterien  ans 
Mangel  an  Baum  kdne  Verwendung  gefunden  haben.  (Gravelotle 
ani  dem  rechten  Flllgel  der  Deatsebeo,  Sedan  im  Osten  der  Stadt 
bei  der  Maasaimee  and  dem  1.  bayerischen  Korps,  aber  aaeb  bei 
Worth  erste  Stellnng  der  Korpsartillerie  des  XL  Armeekorps.  Es 
ist  mir  nieht  eingefallen,  zn  behaupten,  dats  schon  damals  eine  an 
starke  Artillerie  vorbanden  gewesen  wäre.  leb  gebe  ohne  weiteres 
zu,  dals  bei  besserer  Erkundung  und  besserer  Ausnutzung  des 
Baumes  einzelne  Batterien  wohl  noch  hätten  Verwendung  finden 
können;  aber  andrerseits  lälst  sich  doch  wohl  nieht  bestreiten,  dats 
eine  so  starke  Artillerie,  wie  wir  sie  jetzt  haben,  bei  ihrer  Enl- 
wiekelnng  auf  weite  grObere  Schwierigkeiten  stofeen  wird.  Wenn 
Generai  t.  Ho£Fbaner^)  nachweist,  daDs  nur  an  7  Tagen  unter  den 
41  Ton  ihm  untersuchten  Schlacbttagen  lediglieh  Baummangel  die 
volle  Entwiekelung  der  deutschen  Artillerie  reriiindert  hat,  so  darf 
daraus  doch  nicht  gefo^^ert  werden,  dals  in  den  34  ttbrii;  bleibenden 
Fällen  nun  aoeh  für  eine  om  60  bis  70  Prozent  grOfsere  Geschtttz- 
zahl  sich  keine  Baumschwierigkeiten  ergeben  haben  wttrden.  Auch 


5000  tn  an.  Da  aber  schon  in  den  ersten  Gefechten  die  wirklirhe  hinter 
der  Soilst;irk('  znrfickbleibt,  sn  ist  hiernach  eine  Frontbreite  von  4000  m 
für  ein  Armeekorps  schon  grul»  7.u  neonen.  DaLs  unter  besonderen  l  alleu 
die  Ausdehnung  sehr  viel  grOfaer  war,  ftadeit  daiaa  nichts  (Werder  hat  an 
der  Lisaine  mit  45000  Mann  eine  Stellung  von  23  km  Front  rerteidigt). 
1)  A.  a.  O.  S.  5. 


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Zur  ArtUleridfrage. 


147 


der  mit  Zirkel  und  Malsstah  i^i  lllhrte  Nachweis,  dais  aaf  dem 
Schlachtfelde  vom  18.  Anjerast  Kaura  ftlr  eine  noch  gröfsere  Zahl 
von  ( 7  esc  blitzen  vorhanden  war,  als  die  fünf  in  erster  Linie  be- 
teili^'tt  u  Armeekorps  heute  mit  aieh  ftlhren.  kann  meine  Ansicht 
nicht  beirren;  denn  eine  so  peinliche  Ausnutzung'  des  Raumes  ist 
auf  dem  Schlachtfelde  ausgeschlosöen.  Mau  umls  mit  einem  ziemlich 
bedeatenden  Übermals  rechnen,  wenn  man  nicht  zu  kurz  kommen  will. 

Von  mancher  Seite  wird  darauf  hingewiesen,  dals  nach  Ein- 
fthrnng  des  raoehsehwa^eil  Palvers  die  Verwendung  der  Artillerie 
in  zwd  linien  hiDterebander  mVf^iob  sei  (Z.  299  des  Exerzier- 
Beglements).  Das  bestreite  ich  nicht;  ich  glanbe  sogar,  dafs  im 
Verlaufe  des  Gefeobits  beim  staffelweisen  Voigebeo  der  Artillerie 
die  Tordere  Staffel  sieb  vor  die  bintere  seblebt;  aber  bei  der  ersten 
Entwiekelon^  der  Artillerie  halte  ich  solche  Etagenstellongen  nicht 
!tlr  zweckmiUsig.  Wenn  sie  bei  greisen  HanOTem  voigekommen 
dnd,  so  beweist  das  nur,  dals  Ranmschwierigkeiten  ttber?miden 
werden  mnlsten  nnd  dals,  da  nicht  scharf  geschossen  wnrde  ond 
keine  Mnnitionssttge  nnd  ätafleln  formiert  waren,  auch  keine  Un- 
sotrilglichkeiten  hierbei  hervorgetreten  sind.  Man  denke  nur  an  die 
Schwierigkeit,  ja  Unmöglichkeit  der  Fenerleitong;  es  ist  dabei  gar 
mebt  zu  rermeiden,  dals  die  Batterien  beider  Staffeln  anf  ein  und 
dasselbe  Ziel  sehieisen  nnd  dadurch  nicht  etwa  die  Whrknng  ver- 
doppeln, sondern  gar  keine  erhalten,  weil  sie  sich  gegenseitig  im 
Einscbielsett  sttfren. 

Ähnlich  steht  es  mit  den  Batterien,  die  wegen  Ranmmangel 
ans  Terdeckten  Stellangen  schiefsen  müssen.  Hin  und  wieder  wird 
man  sich  Vorteile  davon  versprechen  kl^nnen;  sehr  oft  aber  werden 
sieb  Schwierigkeiten  bei  der  Auswahl  eines  sowohl  fUr  die  Be* 
obachtung  als  auch  ftlr  die  Feoerleitang  geeigneten  Punktes  ergeben, 
wie  da»  bereits  oben  (S.  38)  hervorgehoben  ist. 

Nach  dem  Gesagten  ist  wohl  kanm  anzunehmen,  dafs  man  sich 
entsehlielsen  wird,  die  Batteriestärke  unter  Beibehalt  der  jetzigen 
Geschtttzaahl  herabzusetzen,  also  die  Zahl  der  Batterien  um  die 
Hälfte  zu  vermehren.  Es  bleibt  noeh  sn  erwägen,  ob  24  Batterien 
Ton  seohs  oder  ebensoviel  Batterien  von  vier  Geschützen  den  Vorzog 
Terdienen.  Wie  meine  Ansicht  lautet,  branohe  ich  nicht  noch  einmal 
zu  wiederholen;  sie  gebt  deatlich  ans  den  vorstehenden  Erörterungen 
hervor.  Wer  24  Batterien  von  sechs  Geschtltzen  vorzieht,  nimmt 
alle  mit  einer  so  grofsen  Geschützzahl  verbundenen  Nachteile  in 
Kauf,  ohne  sich  die  aus  der  kleineren  Batteriestärke  ergebenden 
Vorteile  zu  sichern.  Es  kann  nicht  oft  genug  gesagt  werden,  dals 
naoh  EinfUhmng  von  Sohnellfeaergesohtttzen  nicht  die  Zahl  der  in 


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148 


Zur  ArtUleciefnige. 


Tiligkeit  gefereleiieo  Gesobtttee,  sondeni  die  der  Batterien  von 
enteeheideader  Bedentiuig  ut,  wenigstenB  in  gewissen  Grenzen  und 
zwar  deshalb,  weil  eine  Batterie  von  vier  QesohtttMn  dasselbe  leistet^ 
wie  die  Ttm  sed»  Gesebttteen.  Zar  Bebebang  von  ZweKeln  schlage 
ich  Vergleiebssebieisen  zwischen  BatlerieD  von  vier  and  von  sechs 
Geschützen  vor;  dann  wird  sich  heraasstellen,  dals  der  Unterschied, 
wenn  Qberhaapt  vorbanden,  verschwindend  ist.  Besetzt  man  die 
lüemere  Batterie  mit  einer  gut  ansgebildeten  Bedienung,  die  gröbere 
dagegen  zu  einem  Drittel  mit  Mannschaften  des  Beuriaiibtenstaudea» 
wie  es  der  WirkliohlLeit  entsprechen  wttrde,  so  wird  sich  das  nocb 
dentlicher  beraosstellen. 

Welche  Vorzttge  die  Ideineren  Batterien  haben,  kann  man  sich 
ari)  hpsten  an  einem  Beispiel  klar  machen.  Am  18.  Angost  stand 
auf  dem  deutschen  rechten  Flügel  das  Vli.  Armeekorps,  von  dem 
aber  wegen  Kaammangel  nur  zehn  Batterien  —  also  60  Geschütze  — 
Aufstellung  gefunden  hatten.  Statt  jener  zehn  Batterien  von  sechs 
Geschützen  hätten  aber  dort  itlQ&ehn  Batterien  zu  vier  Geschützen 
Platz  gefunden  und  es  kann  keinem  Zweifel  nnterliegen,  dafs  bei 
Bewaffnung  mit  Schnellfenergeschützen  dann  eine  erheblich  grölsere 
Wirkung  erreicht  worden  wäre.  Solche  Fälle  lassen  sich  noch 
mehrere  aas  dem  Feldzuge  1870/71  anführen.  In  allen  Fällen,  wo 
der  Raum  nur  t\lr  höchstens  96  Geschütze  —  sechszehn  Batterien 
zu  sechs  Geschützen  —  ausreicht,  würden  die  kleineren  l^atterien 
eine  unbedingte  Überlegenheit  haben,  die  ich  bis  auf  das  anderthalb- 
fache schätze.  Wo  eine  ^rrüTsere  Zahl  von  rrcschtltzen  entwickelt 
werden  kann  —  ich  irlaube,  diese  Fälle  werden  selten  sein  — 
nimmt  die  Überlegenheit  der  kleinen  Batterien  ab,  ja  wenn  alle 
14i  (jreschiltze  entwickelt  werden  können,  will  ich  der  grolseren 
Geschützzahl  eint-  gewisse  Überlegenheit  zug^teben,  weil  deren 
Wirkung  auf  eine  kleinere  Frontbreite  vereinigt  ist,  als  die  Wirkung 
der  9()  Geschütze,  falls  diese  an  den  normalen  Zwisoheoräomen  fest- 
halten, was  dann  aber  nicht  einmal  ereboten  ist. 

Während  manche  iVrtilleristeD  (irr  ,,rap:e  du  nombre"  so  verfallen 
sind,  dals  sie  unter  keinen  Umständen  unter  die  Zahl  von  144  Ge- 
schützen herabgehen  wollen,  macht  General  v.  Hoft"bauer')  das  Zu- 
geständnis, dals  niitt  r  Umständen  120  GeRchlitze  in  8n  Batterien 
formiert,  144  Geschützen  in  24  Batterien  tomuert,  uberlegen  sein 
könnten  und  will  für  den  Fall,  dafs  die  Franzosen  ihre  Artillerie 
vermehren,  die  Zahl  unserer  Geschütze  von  144  auf  120  herab- 
setzen, sie  aber  ebenfalls  in  30  Batterien  formieren.    Das  ist  eine 

1)  A.  a.  O.  S.  156. 


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Znr  ArtUleriefrago.  149 

AotfassQDg,  die  der  laeinigen  aulserordeütlioh  nahe  kommt.  Denn 
wenn  30  Batterien  zu  vier  Geschtltzen  24  Battericu  zu  sechs  Ge- 
schtttzen  Überlegen  sind,  so  kann  man  wohl  auuekmen,  dafs 
24  Batterien  ron  vier  Geschtltsen  etwa  ebensoviel  leisten,  wie  24 
Batterien  zn  sechs  G^chtttsen.  leh  bin  ganz  einverstanden  damit, 
dab  diese  Frage  erst  doroh  Versaohe  geklftrt  wird. 

Es  ist  aber  not^^elJdi^^  auf  einen  Irrtum  in  tieiu  Buche  des 
Generals  v.  Hoflfbauer  hinzuweisen.  Der  Herr  Verfasser  geht  von 
der  Voraussetzang  aus,  dcds  die  französischen  Armeekorps  in  der 
Regel  über  23  Kano neu  hatte rien  verfügen  —  nämlich  2  Divisionen 
zn  je  6  Batterien,  die  Korpsartillerie  zo  9  fahrenden  und  2  reitenden 
Batterien.  In  der  Regel  aber  zählt  die  Korpsartillerie  nur  6, 
nieht  9  ftihrende  Batterien}  höchst  wahrscheinlich  sind  die  3  fahrenden 
Batterien,  die  bei  einselBen  Korps  mebr  yerhanden  sind,  nidit  mit 
75  mm  Kanonen,  sondern  mit  I^nrzen  120  mm  Kanonen  bewaffnet; 
so  daÜB  also  bei  den  ArmeelKorps,  d^en  KorpsnctiUerie  9  fahrende 
Batterien  z&lilt,  20  Kanonen  and  3  Hanbitxbatterien,  bei  den  übrigen 
aber  nnr  20  Kanonenbatterien  rorbanden  sind. 

Meine  Rechnong  stützt  sich  aal  Loebells  Jahresberichte  Bd.  29 
nnd  das  nene  französische  Exerzier-Regleroent.  Nach  jenem  bestellt 
die  franaOsisehe  Armee,  abgesehen  Ton  den  in  Algerien  etc.  gamiso- 
nlerenden  Trappen  ans  20  Armeekorps,  die  in  44  Inianteriedivisionen 
gegliedert  sind.  Nach  meiner  Annalime  würden  zur  Ansstattaag 
dieser  Trappen  mit  Artillerie  884  fahrende  Batterien  (264  für  die 
44  Divisionen,  120  fOr  die  KorpsartUlerie)  geboren,  naeb  Annahme 
des  Generals  t.  Hoffbaner  aber  453  (180  fOr  die  KorpsartiUerie). 
Nnn  zlUilt  die  französische  Feldartillerie  im  Frieden  aber  nnr  430 
fahrende  Batterien,  die  anch  mit  k.  120  mm  Kanonen  bewaflhet  sein 
können.')  Trifft  meine  Annahme  zu,  so  könnten  46  fahrende 
Batterien  dieses  GescbUtz  fahren;  ist  dagegen  die  Annahme  des 
General  t.  Hoffbaner  richtig,  so  würden  28  Batterien,  die  mit  dem 
75  mm  Geschütz  bewa&et  sind  and  sämtliche  k.  120  mm  Kanonen 
erst  formiert  werden  müssen.  Jedenfalls  wäre  es  dann  doch  anch 
höchst  merkwürdig,  dals  in  den  Beispielen  über  die  Marschordnnng, 
die  das  „Aide  memoire  de  l'officier  d*ötat  migor  en  campagne'* 
bringt,  die  Körpsartillerie  stets  zn  8  Batterimi (6  fahrende,  2  reitende) 
angenommen  ist.  Mir  scheint  es  am  wahrseheinlichstra,  dafs  die 
k.  120  mm  Batterien  dem  Kommando  der  Armee  unterstellt  sind. 


1)  Nach  dem  Vorwort  des  Reglement  „de  manoenvre  de  rartillerie  de 
campa  prne"  gUt  diese  Vorschrift  aach  fftr  die  mit  120mm  Kaaonen  bewafihieten 
Batteheu. 


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15a 


Zur  ArtiUeriefiniK«. 


das  sie  vorübergehend  eiDem  oder  mehreren  Korps  xttteüt»  wo  sie 
alsdauQ  die  vierte  Abteilang  der  Korpsartillerie  bilden. 

Hieraus  geht  bfrvrtr.  dals  nach  Herabsetzunj:  der  Batteriestarke 
die  deutsche  Artillerie  eiues  Armeekorps  der  französi>ehen  auch 
dann  noch  numerisch  überleg-en  sein  würde,  wenn  die  französischen 
Korps  über  23  Batterien  veriUgea,  was  nur  bei  einzelnen  Korps 
der  Fall  sein  kann. 

Was  zu  tnn  ist,  wenn  die  Franzosen  ihre  Artillerie  bis  auf 
80  Batterien^  d.  h.  also  nm  nicht  weniger  als  die  Hälfte  (nach  An* 
DAbme  des  Generals  Uoffbaner  am  etwa  30  Prozent)  vermehren 
wollen,  ist  eine  cara  posterior,  Ober  die  man  sich  heute  noch  nicht 
den  Kopf  zn  zerbrechen  braucht.  Ich  sehe  aber  nicht  ein,  warum 
es  sehwieriger  sein  sollte,  aus  24  Batterien  zo  4  Geschützen  30 
Batterien  von  gleicher  Stärke  zu  machen,  als  ans  24  Batterien  von 
6  Geschützen,  vorausgesetzt  natttrlich,  da(s  die  Friedensetats  in 
Summa  in  beiden  Fällen  die  gleichen  sind.  Höchstens  dürfte  der 
Übergang  nach  meinem  Vorschlafe  sehr  viel  einfacher  sein,  da  man 
wenigstens  keine  Änderung!:  der  Kegh'nients.  Schiefsvorschriften  etc. 
vorzunehmen  hätte,  da  diese  Arbeit  schon  jet/.t  geleistet  werden  soll. 
Jedenfalls  kostet  die  Nenbewaffnuuf  bei  Annahme  meiru-s  Vorschlages 
erheblich  viel  weniger,  da  bei  jedem  Armeekorps  nur  S4  nnd 
nicht  12(>  Geschüt/.e  umzuändern  sind.  Das  ist  freilich  ein  Gesichts- 
ponkt,  der  für  den  Soldaten  erst  in  zweiter  Reihe  kommt,  der  aber 
für  den  Steuerzahler  und  Keichstagsabgeordneten  doch  ins  Gewicht 
fällt. 

iäine  Vermehroog  der  Artillerie  Uber  die  24  Batterien  zu  4  Ge* 
sefaQzen  hinaus  wtlrde  nach  meiner  Ansicht  einen  sehr  zweifelhaften 
Wert  haben;  das  spreche  ich  offen  ans,  auf  die  Gefahr  hin,  einer 
argen  Ketzerei  beschuldigt  zu  werden.  Der  Gewinn  an  Wirkung 
würde  nur  unbedentond  sein,  ich  will  ganz  von  der  oben  genugsam 
erörterten  l'latzfrage  absehen.  Dnroh  Versnobe  ist  festgestellt  (vgl, 
den  Aufsatz:  Über  Schieisverfahren  bei  der  Feldartillerie 
(„Jahrbücher  t"Ur  Armee  und  Marine"  1903  S.  615),  dafsman  mit  einer 
Batterie  von  4  SchnellfeuergeschUtzen  einen  Kaum  von  30i)  m  Breite 
so  wirksam  unter  Feuer  halten  kann,  dafs  jede  sich  innerhalb  dieses 
Kaumes  aufhallende  (aufrecht  stehende)  Truppe  in  2^1 2  Minuten 
etwa  ein  Drittel  ihrer  ötärke  verliert.  Nimmt  man  nun  an.  dafs 
ein  Armeekorps  einen  Froutraum  von  -KXH;)  m  überspannt,  so  kann 
man  mit  (  4  Batterien  einen  solchen  Kaum  derart  mit  Blei  bestreuen, 
dals  keiiir  Iruppe  sich  unL^deekt  darin  aufhalten  kann.  Mau  ver- 
fügt alsUuun  noch  Uber  10  Batterien,  deren  Fener  man  gegen  Ziele 


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Zur  AitiUeriei'rai;«. 


151 


von  besonderer  Widerstandskraft  vereinigen  kann.')  Eine  uoch 
gröfsere  Zahl  von  Batterien  würde  kaum  nutzbringende  Verwendung 
finden  können. 

Der  Zuwachs  aD  Wirkung,  den  man  erbalteu  würde,  mülste 
sehr  teuer  bezahlt  werden.  Die  Vermebmng  der  Artillerie  um 
6  Batterien  —  also  um  25  Prozent  —  würde  eine  entsprechende 
Vermebrang  aller  ArtHlerieiahrzeiige  nach  sich  siehen.  Das  ist  die 
Kehrseite  der  Medaillei  die  man  nicht  ttbersehen  darf,  wenn  man 
TOD  einer  Vermehrung  der  Gescbfltze  Wirknng  erwartet  Im  Kriege 
1870/71  entfielen  anf  je  1000  Mann  der  Anarttekestärfce  hoeh  ge- 
rechnet 3,6  Geschütze  (25000  Mann  Infanterie,  90  Gesehtttze)  und 
7,2  Artilleriefahrzeuge  (Gesehtttze  nnd  Munitionswagen).  Nach  der 
lieoligen  Ansrttstnng  der  Armeekorps  sind  auf  je  1000  Mann  schon 
5,76  Gesehtttze  aber — einscblieblich  der  leichten  Mnnitionskolonnen — 
15,7  Artilleriefabrzenge,  also  mehr  als  doppelt  soviel  vorbanden.  Bei 
Herabsetznng  der  Batteriestärke  nach  meinem  Vorschlage  würde  die  Zahl 
der  Artilleriefabrzenge  nnrerändert  bleiben,  dA  an  Stelle  der  Gesehtttze 
eine  gleiche  Zahl  von  Munitionswagen  treten  soll.  Wird  aber  die 
Zahl  der  Batterien  anf  30  gebracht,  so  steigt  die  Zahl  der  Artillerie- 
fibrzeuge  anf  19,6,  die  eine  Marschtiefe  von  826  m  haben.  Sobald 
die  Stärke  der  Bataillone  anf  800  Mann  sinkt,  wttrde  die  Marsch- 
kolonne der  Artillerie  ebenso  lang  werden,  wie  die  der  Infanterie* 
Wenn,  wie  General  v.  Hoffbaner  mit  Hecht  hervorhebt,  im  Feldznge 
1870/71  die  Artillerie  sich  niemals  als  ein  bnpediment  fUübar 
gemacht  hat,  so  ist  doch  damit  noch  nicht  gesagt,  dals  eine  mehr 
als  2V9  mal  so  grolse  Zahl  von  Fahrzeugen  ihr  Schwergewicht  nicht 
doch  geltend  machen  kann. 

Wenn  man  mich  vor  die  Wahl  stellte,  ob  ich  vorzOge,  die  Zahl 
der  Batterien  eines  Armeekorps  anf  SO  zu  erhoben  oder  entsprechend 
Stämme  für  Reservebatterien  zu  schaffen,  so  wttrde  ich  kehien 
Augenblick  schwanken  und  mich  fttr  das  letztere  entscheiden.  Die 
mit  modernen  SehueUfeuergeschtttzen  bewaffnete  Artillerie  kann  gar 
nicht  gut  genug  sein;  denn  deren  Vorzttge  kOnnen  nur  bei  einer 
gut  ausgebildeten  Truppe  iu  die  Erscheinung  treten.  Je  weniger 
Abgaben  an  Stilmmen  für  Nenformationen  zn  leisten  sind,  um  so 
besser. 

Gut  ausgebildete,  reichlich  mit  Munition  ausgerüstete 
Batterien,  die  sicher  Raum  zur  Entwickelong  finden,  sind 

')  Die  Franzosen  halten  im  Tir  fauchant  einen  Kaum  von  200  m 
Braite  unter  Feuer:  ihre  20  Batteiisa  rdchea  gerade  aus»  den  von  6in6iD, 
AnneekorpB  diogenommeneii  fVontraimi,  freilich  mit  noch  giOfiMrer  Wiikimg^ 
onter  Feuer  sta  nehmen. 


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162 


Zw  AftUlwiefrice. 


wertvoller  »U  sahlreiehe  Batterien  mit  dürftiger  Honitions- 
ansrUstong,  die  wegeo  za  geringer  Friedensstärke  nicht 
gründlich  aasgebildet  siud  and,  weil  der  Entwickelangs- 
ranm  fehlt,  sehlief slich  nicht  einmal  alle  zur  Tätigkeit 

gelangen  können. 

£8  ist  noch  nötig,  einige  Worte  Uber  die  reitende  Artillerie  zu 
sagen.  Bekanntlich  haben  wir  aogeublicklich  11  reitende  Ab> 
teilnngen  an  2  Batterien,  die  den  Kayallerie-Divisionen  zugeteilt 
werden  sollen  and  6  Abteilungen  za  3  Batterien,  sowie  2  einzelne 
reitende  Batterien,  die  mit  fahrenden  Batterien  im  Abteilnngsverbande 
stehen,  also  in  Summa  20  reitende  Batterien,  die  auf  8  Infanterie- 
divisionen verteilt  siDd.  Von  den  48  Infanteriedivisionen,  die  das 
deotsohe  Heer  säblt,  mtissen  40  ohne  reitende  Artillerie  aaskommen; 
also  werden  die  anderen  8  Divisionen  sieb  anch  wohl  ohne  reitende 
Batterien  behelfen  können.  Wenn  die  20  reitenden  Batterien  sn 
fahrenden  gemacht  wUrden,  so  würden  dadurch  640  Reitpferde  verfüg- 
bar. Man  könnte  dann  den  an  Reitpferden  sehr  schwachen  fahrenden 
Batterien  mit  mittlerem  Etat  je  ein,  den  mit  niedrigem  zwei  Reit- 
pferde mehr  grebeii,  wodurch  einem  wesentlicheo  Bedürfnis  abge* 
bolfen  würde.  Reitende  Batterien,  die  im  Frieden  nur  4  bespannte 
GpschiUzp  hufx  ij,  werden  im  Krieche  nicht  viel  beweglicher  sein  als 
tahrendi  Hattt  li^n  mit  6  bespannten  Geschützen  im  Frieden.  Das 
Entschcideude  alt^  r  ist,  dafn  diese  reitenden  Batteli^^^l  nicht  anders 
wie  fahrende  verwendet  werden  können  und  duls  daher  die  auf  sie 
im  Frieilen  aufgewendeten  Mehrkosten  nicht  gerechttertigt  siud. 

Die  Kavalieriedivisinoen  sind  jetzt  aus  3  Brigaden  und  eine  Ab- 
teilung >*on  2  reileiidrii  l^-tterien  zusammengesetzt.  Ich  würde  es 
vorziehen,  die  Abteilung  künftig  aus  8  Batterien  zu  4  Geschützen 
bestehen  zu  lassen.  E>  wird  oft  vorkonmien,  dals  man  einer 
detachierten  Brigade  Artillerie  zuteilen  niufs:  man  steht  Jetzt  vor 
der  Alternative,  ihr  eine  Batterie,  also  die  volle  Hälfte  der  Artillerie 
mitzugeben  oder  aber  eine  Batterie  zu  zern-ifsen.  Die  Zalil  der 
Munitionswageu  braucht  darum  nicht  erhobt  werden;  denn  es  braucht 
nur  die  jetzt  für  *J  Batterien  ausgeworfene  8cbulszahl  auf  ;i  Batterien 
verteilt  zu  werden,  dann  ist  jedes  Geschütz  mit  pbensoviel  Munition 
ausgestattet  wie  jax/.i.  Während  ich  bei  deii  iahrenden  Batterien 
für  eine  stärkere  Munitionsausrüstung  eingetreten  bin,  halte  ich  eine 
solche  für  die  den  Kavalleriedivisionen  zugeteilten  reitenden  Batterien 
nicht  für  geboten.  Die  vou  diesen  vor  der  Front  der  Armee  ge- 
führten Gefechte  verlaufen  schnell  und  bedingen  nur  geringen 
Munitionsanfwuud.  In  den  gioisen  die  Munitionsmassen  \  erschlingendeu 
Schiachten   verbleiben  die    reitenden   Batterien    ihren  Kavallerie- 


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Zur  ArtUeriafrage. 


153 


diTisiooeD  and  werden  nur  auter  besonden  dringendeu  UmBtändea 

im  Anschluls  an  die  übrige  Artillerie  verwendet.  (Z.  376  des 
Exerzier  Reglements.)  Fttr  diesen  Fall  stehen  ihnen  aber  die  leiebten 

MnnitioDskoIonnen  ebenso  wie  den  übrigen  Batterien  zar  VerfUgang. 

Die  leichten  Manitionskolonnen  der  Kavalleriedivision  bestehen 
aus  9  Monitionswagen,  von  denen  6  mit  Schrapnells,  3  mit  Granaten 
beladen  sind.  leb  fbrchte  auf  keinen  Wideretand  zn  atolsen,  wenn 
ich  die  Granaten  für  diese  reitenden  Batterien  fUr  ganz  Überflüssig 
erkläre,  da  iob  mir  keinen  Fall  denken  kann,  dals  diese  gedeckte 
Ziele  beschiefsen  müssen.  Läfst  man  diese  3  Wagen  fortfallen  und 
Ubergibt  die  6  Schrapnellwagen  der  neu  zu  formierenden  dritten 
Batterie,  ersetzt  man  ferner  die  in  der  Protze  des  ersten  Vorrata- 
wagen  verladenen  Granaten  durch  Schrapnells,  so  verfügt  jede  der 

3  Batterien  über  708,  d.  h.  pro  GrschUtz  177  Schuls.  An^enhlick- 
lich  sind  lUr  jedes  Geschtttz  196  ächüsae,  darunter  aber  nur  168 
Schrapnells  verfügliar. 

Bei  Verwirklichung-  meines  Vorschlag-es  würde  die  Beweglich- 
keit der  Artillerie  durch  dif'  Gllederang  in  3  Batterien,  durch  den 
Fortfall  der  leichten  Aiuiiitiouskolonne,  durch  den  Fortfall  von 
?,  Munitionswairen  wachsen,  die  Ausrüstang  mit  Munition  aber  nicht 
knapper  werden,  weuigsteus  dann  nicht,  wenn  man  die  Granaten 
für  die  reitenden  Batterien  für  übeiiiüssig  hält. 

Nun  noch  einige  Worte  Uber  die  Friedensoriranisation!  Die 
erste  Forderung:  ist,  dals  in  Zukunft  ein  miudesteus  ebeusso  grol'ser. 
uo  möglich  aber  grülberer  Teil  der  Gefechtsbatterie  bespannt  ist, 
wie  bisher.  Das  ist  durchaus  notwendig,  denn  wie  bereits  mehrfach 
hervorgehoben,  kann  das  SehnellfeuergeschUtz  die  darauf  ^[esetzten 
Hoffnungen  nur  erfüllen,  wenii  die  Bedienung  gut  ausgebildet  und 
durchaus  zuverlässig  ist.  Augenblicklich  sind  bei  der  überwiegenden 
Mehr/.abl  der  Batterien  von  den  9  die  Gefechtsbatterie  bildenden 
Fahrzeugen  G  bespannt,  also  zwei  Drittel.  Nach  Bewaduung  mit 
Kohrrücklaufgeschützen   wird   die  Gefechtsbatterie  aus  mindestens 

4  Geschützen  und  4  Munitionswagen  bestehen,  zu  deren  Bespannung 
48  Zugpferde  erforderlich  sind.  Zwei  Drittel  würden  32  Zugpferde 
—  genau  die  Zahl,  die  bei  den  französischen  fahrenden  Batterien 
vorbanden  ist  —  ergeben.  Man  könnte  damit  4  Gesobtitse  mit  6 
und  2  Monitionswagen  mit  4  Pferden  bespanne.  Ans  spftter  za 
erörternden  Grttnden  wurde  ieb  vorzieben,  je  3  Qeseblltze  nnd 
Mnnitionswageu  pro  Batterie  an  bespannen.  Daan  würden  86  Zug- 
pferde notwendig  sein.  Reehnet  man  daan  noob  4  Reeerve-Zngpferde 
ond  16  Reitpferde  —  einsehlielslieh  Bemonten  —  so  kommt  man 
auf  66  Pferde.    Das  ist  kein  ttbergrober  Etat;  die  franzUsisebe 


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154 


Zur  ArUUerie&aj^e. 


fahrade  Batterie  zäUt  61  Pferde;  eine  Zahl,  die  wir  ^neeliUelslich 
5  KrflmperD  anch  eneiohen  würden. 

Der  Untereeliied  zwisclien  niederem  und  mittlerem  Etat  wfirde 
iKünlkig  Yereeliwinden;  dagegen  mttssen  die  Batterien,  die  eiob  jetzt 
anf  hohem  Etat  befinden,  künftig  mindeatens  die  ganze  Gefechts- 
batterie  —  also  4  (^escbtttaEe  und  4  Mnnitionewagen  —  bespannt 
haben.  Ich  wUrde  hier  ebnen  Etat  yon  etwa  76  Pferdeo  für  aa- 
gemenen  erachten. 

Die  reitenden  fiatlerien  müssen  sSmtlich  einen  hoben  Etat  er- 
halten^  wosn  etwa  110  Pferde  geboren. 

Die  deatsclie  Feldartiilerie  würde  littoftig  bestehen  ans 
38  reitenden  Batterien, 
12  fahrenden  Batterien  mit  hohem  Etat, 
540  fahrenden  Batterien  mit  niedrigem  Ktat, 

in  Summa      585  Batterien  ^^e^eii  ji  tzt  574  BaUcrieu. 

Dabei  sind  freilich  noch  nicht  alle  Divisionen  mit  12  Batterien 
Hii>iLM'«ta,ttet;  augenblicklich  haben  sinntliehe  bayerische  Divisionen 
nur  10,  die  37.  und  39.  Division  nur  je  «i  Batterien.  Tin  diese 
Divisionen  auf  denselben  wStaud  wie  die  übrigen  za  brtogen,  würden 
noob  24  Batterien  neu  zu  formieren  sein. 

In  Summa  wUrde  das  ein  Mehr  von  etwa  3000  Pferden  be- 
anspruchen. Dagegen  würde  der  Mannschaitsstand  bei  allen  Batterien 
etwas  herabgesetzt  werden  können,  so  dafs  trotx  Neuformation  ?ou 
Batterien  hier  k&um  eine  ü^höhung  einzatreteu  brauchte. 

General  v.  HoÜbauer  hat  in  seinem  mehrfach  angezogenen 
Buche  anch  die  Stellung  des  Inspekteurs  der  FeidartUlcrie  erürtert, 
die  seit  der  Unterstellung  der  Feldartillerie  unter  d'w  Divisionen 
sehr  an  Einfluls  eingebüfst  hat.  Früher  —  bis  zum  Jahre  J899  — 
war  der  Inspekteur  für  die  Ausbildung  der  Waflfe  im  Schiefsen  ver- 
antwortlich und  besichtigte  alljährlich  etwa  die  Hälfte  aller  Regi- 
menter im  Schielsen.  Jetzt  ruht  diese  Verantwortung  auf  den 
Schultern  der  Divisionskommandeure  und  kommandierenden  Generale 
und  der  Inspekteur  hat  den  Besichtigungen  nur  beizuwohnen.  So 
ist  ihm  wohl  die  Möglichkeit  geboten,  die  >iängel  in  der  Scbipfs- 
anshildung  kennen  zu  lernen  nnd  —  freilich  nur  indirekt  —  durcli 
seine  Hemerkangeu  und  die  SchieÜBSchnle  anf  deren  Beseitigung 
liinznarbeiteu. 

Die  Abgrrenznuir  der  Kompetenz  des  Inspekteurs  der  Feld- 
artillerie war  einer  der  schwierigsten  Funkte  bei  der  N(  uorduung 
der  Dinge,  Darüber,  ob  es  nötig  war,  die  Verantwortung  auch  für 
die  Schi  eis  aoBbUdoQg  den  DiTisionskommaudeuren  zu  Übertragen^ 


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Zur  ArtUlerie£ra|{e. 


166 


wird  laaü  verschieden  denken  können.*)  Da  es  aber  elumal  ^e.' 
öchehcD,  80  ist  die  notwendige  Konsequeo/«,  dafs  der  Inspekteur  das 
ScbielseD  nicht  mehr  besichtigt;  denn  niemand  kann  zwei  Herren 
dienen,  nnd  wenn  der  Divisionskommandeur  and  der  Inspekteur  Uber 
einzelne  Punkte  Tersohiedener  Ansicht  sind,  so  kann  es  keinem 
Zweifel  unterliegen,  daJs  die  des  DivisioiukoiiuDaDdeiirs  als  des 
direkten  Vorgesetrtea  fsac  die  Trappe  die  niftlsgebende  ist. 

In  den  aagenblieklieh  geltenden  Beatinimangen  liegt  allerdings 
eine  gewisse  Gefaiur,  dab  die  sebieisteebniBobe  Leistung  der  Feld- 
artilleiie  soiUckgeht.  Man  bat,  jedenfalls  nm  die  bebe  Bedentnng, 
die  das  Sebiefisen  für  die  Feldsötilieiie  bat,  bervonobeben,  diese 
Besicbtigang  nicht,  wie  bei  der  Infonteiie  den  Brigadekommandeuren, 
sondern  ansdmeklieb  den  DiTisionskommandenren  abertragen.  Non 
wird  man  angeben  mttssen,  dals  die  BenrteUnng  eines  Sebielsens 
bei  der  Artillerie  viel  sebwieriger  ist  nnd  viel  mehr  Sachkenntnis 
▼oranssetst,  als  bei  der  Infanterie.  Hanebe  Divisionskommandenre 
haben  in  der  Tat  ihre  Besiebtignng  ohne  die  genügende  Sachkenntnis 
abhalten  müssen;  denn  so  lehrreich  auch  der  Besuch  einer  Artillerie- 
aebieisttbnng  sein  mag,  wosn  ne  als  Brigadekommandenre  bereebtigt 
waren,  die  znr  Abgabe  emes  Urtuls  ttber  dn  gefechtsmälsiges 
Scbieisen  erforderliche  Einsicht  erwirbt  man  nicht  von  einem  solchen 
Znseben.  Ich  weib  sehr  wohl,  dafs  Brigade-  und  Oivisionskommaa- 
denre  nun  Besuch  der  Feldartillerie -ScfaielSsschnle  kommandiert 
werden,  wo  ihnen  die  Gelegenheit  geboten  wird,  das  Nötige  zu 
lernen;  aber  viele  Divisionskommandenre  haben  dies  Kommando  an- 
getreten, knra  ehe  sie  ans  dem  Dienst  schieden.  Es  dürfte  sich 
empfehlen,  in  einem  Jahre  mehrere  Informationskaise  hintereinander 
abanbalten,  bis  sttmtliehe  Divisionskommandenre  daan  herangezogen 
sind  nnd  von  da  ab  an  diesem  Kommando  nnr  noch  Brigade- 
kommandenre  anzulassen.  —  Es  bliebe  aach  za  erwägen,  ob  die 
Besichtigung  des  Schiefoens  nicht  wie  bei  der  Infanterie  den  Brigade- 
koromandenren  zu  Ubertragen  wäre.  Dem  Divisionskommandeur 
würde  es  ja  freistehen,  hin  ond  wieder,  wo  sie  es  fUr  wünschens- 
wert und  sich  ftkr  fähig  halten,  die  Aufgaben  zn  stellen  und  zu  be- 
urteilen. 

Ohne  der  alten  Organisation  mit  der  Qeneralinspektion  an  der 
Spitze  der  Feldartillerie  ein  Loblied  singen  zu  wollen,  einen  Vorzug 
hatte  sie  doch:  die  Ausbildung  der  ganzen  Feldartillerie  erfolgte 
nach  einheitlichen  Grundsätzen.  Die  Klagen  der  Infanterie,  dals  die 

I)  Man  könnte  z.  B.  auch  für  die  Infanterie  besondere  Sdu«l8inq»ekteore 
aastdlen,  die  iediglieh  die  Sehiefsaushildiiiig  flherwaehen  nnd  das  Schiefsen 
besichtigen.  Eine  deraitage  Einrichtnng  besteht  i.  B.  in  Rnbland. 


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166 


Zur  ArtlUeiiefrai^. 


indhidaellen  Ansichten  der  komraandierenden  Generale  zu  sehr 
Uberwaeherten,  dafs  man  z.  B.  jetzt  statt  einen  23  verschiedene 
Normalan^riffe  habe,  waren  der  Feldartillerie  fremd.  Neuerdings 
kann  mau  aber  auch  die  Klage  hören,  dafs  je  nach  den  Korps  ver- 
schiedene Ansichten  herrschten.  Sd  i.  B.  be\  or/u^t  der  eine 
kommandierende  General  die  verdeckten  Feut  rskllungen  und  ver- 
langt, dals  die  Batterien  sich  auch  bei  Abwehr  eines  Infanterie- 
angriffes nicht  zeigen  —  was  schlielslich  zu  einer  vollkommenen 
Umkehrung  des  Satees  „Wirknng  geht  vor  Deckung''  fObreo  moJts. 
Ein  anderer  dagegen  im  «m  Veitteliter  jeder  Decknng  und  legt  vor 
anem  Wert  auf  Schnelligkeit»  wonüt  die  Bttekkehr  snr  Taktik  der 
glatten  Gesehtttse  verlangt  wird,  die  aber  der  Wirkung  der  modernen 
Waffen  gegenüber  znm  Aisaaunenbrneh  der  die  Macht  der  TatBaoheo 
ignorierenden  Batterien  eohon  bei  ihrem  Aoffahren  führen  wflrde. 

Ich  mufs  gestehen,  dals  ich  in  Verlegenheit  geraten  wtlrde, 
wenn  man  von  mir  Vorschläge  zur  Abhilfe  dieses  Ubelstandes  rer- 
langte.  ^elleldit  ist  Ton  der  Zeit  Bessernng  m  erwarten;  vieUeieht 
aber  wäre  anch  eine  bindendere  Fassung  des  Reglements  von  Vorteil 
Ansdrtteklioh  aber  Terwahre  loh  mich  gegen  die  Annahme,  als  ob 
ich  der  Wiedeieinfahning  der  Generalinspektion  nnd  dandt  der 
SondersteUnag  der  FeldartUlerie  das  Wort  reden  wollte.  Die  Vor- 
teile, die  fllr  die  Verwendung  der  Waffe  ans  der  Unterstellung 
anter  die  DiTisionen  henrorgehen,  sind  doch  grOlser  als  die  Naeh- 
teile,  die  fttr  die  Anshildang  dadurch  entstehen. 

7.  Taktische  VerwencLuDg  der  FeldartUlerie. 

Ich  komme  nunmehr  zu  der  letxten,  für  die  Offiziere  der  anderen 
Waifeu  vielleicht  wichtigsten  Frage,  nämlich  nach  dem  Einflufs,  den 
die  £infilhrung  von  RohrrücklaufgeschUtzen  mit  Schutzschilden  auf 
die  Verwendung  der  Feldartillerie  haben  wird.  Es  ist  sehr 
natürlich,  dals  meine  Betrachtungen  an  die  in  dem  französischen 
Exerzierreglement  der  FeldartUlerie  ausgesprochen en  Grundsätze  an- 
knöpfen werden,  da  die  Franzosen  die  neue  Waße  jedenfalls  nach 
eingebenden  Versuchen  als  die  ersten  eingeführt  nnd  die  meisten 
Erfahrungen  damit  gemacht  haben,  ich  weifs  nicht,  ob  ich  mich 
gegen  den  Vorwurf,  ein  blinder  Verehrer  fremder  Einrichtungen  zu 
sein,  vorwahren  mufs.  Ich  glaube  in  meinem  Leben  genug  Beweise 
splhstäudigen  Denkens  gegeben  zu  haben  und  möchte  nur  daraat 
liiiiwcisen.  dafs  ich  schon  vor  15  Jahren,  also  lange  vor  der  Ein- 
führung des  neuen  französischen  Geschützes,  den  (bedanken  fui*- 
gesprochen  habe,  d^ls  die  Einführung  von  Schnellfeuergeschätzen 


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Zur  AxilUeriefrtge. 


167 


mit  Notwendigkeit  die  Herabsetzung  der  BatterieRtärke  nach  sieh 
ziehen  \\erdp.  Bei  meinen  weitprcn  llutersacboogen  gehe  ich  aach 
TOQ  der  Tiergeschtttzigeo  Batterie  aus, 

a)  F If inen tar  Taktik, 

Die  französische  ^hchielHbatterie",  unserer  Gefechtsbatteric  ent- 
spreeh^nd,  besteht  bekanntlich  nna  4  Oeschtitzen  und  (i  Munitions- 
wa::*'!!.  von  denen  die  4  ersten  mit  den  (xeschUtzen  4  UDtrrüuli.ire 
Kiiihi  itfn  bilden;  die  beiden  anderen  Wagen  sind  für  den  ersten 
Munitionsersatz  bestimmt.  Die  abijeprot/.ten  Miinitionshinterwagen 
stehen  bekauntlich  in  lit  r  Feuerstellung  dicht  neben  den  zugehörigen 
Geschützen;  von  den  beiden  übrig  bleibendt^n  Munitionswagen  steht 
der  eine  aof  einem  vouj  BatteriefUhrer  bestimn»teu  Platz;  ^on  dort 
beobachtet  dieser  auch;  der  andere  Wagen  steht,  ebenfalls  abge- 
protzt, hinter  dem  Geschütz  auf  dem  entgegengesetzten  Flügel, 

Meiner  Meinung  nach  »inu  mindestens  4  Munitinopwagen  der 
Gefechtsbatterie  zuzuteilen;  das  ist  schon  mit  KUcksicht  auf  den 
grofisen  unfehlbar  mit  Eiulührung  der  Schnellfeuergeschtttze  ein- 
tretenden Monitiousverbrauch  geboten.  Mit  ihren  H  Munitionshinter- 
wagen  hat  die  deutsche  Batterie  jetzt  nur  15(5  —  und  falls  die 
3  Wagenprotzen  vor  dem  Alitahren  entleert  werden,  2(34  —  Schuls 
in  der  Feuerstellung.  Die  fraiizösische  Batterie  hat  in  den  (>  in 
der  Feuerstellung  befindlichen  Munitionshinterwage n  4.i2  Schufs, 
davon  288  in  unmittelbarer  Nähe  der  Geschütze.  Wenn  bei  uns 
ktlnftig  vier  Munitionswagen  mit  in  die  Feuerstellung  genommen 
werden,  so  erhöht  sich  die  Schuüszahl  auf  208  und  unter  EiDBcUob 
der  nrotmumitioB  ani  352.0 

Die  StelloDg  der  ManitioDswagen  neben  dem  GesobtttB  ist 
meiner  Meinmig  naoh  der  da  lifo  t  er  yorxinieheii,  weil  nur  auf  diesem 
Wege  eine  nngefKlirdete  ManitioneTerBorgung  des  Geecbtttaes  eicber 
gestellt  ist.  Aber  gleiobriel,  wo  man  sie  anfstelit^  ich  balte  es  fttr 
geboten,  den  n^^S**  t^^^  wie  Jetzt  ans  swei  Gesobtttien,  sondern 
ans  einem  Qescbttts  und  einem  Hnnitionswagen  bestehen  ni  lassen 
und  einem  Lentnant  oder  Ofifisierdiensttner  zu  anterstellen,  wie  ich 
das  sefaon  vor  einem  Jahre  in  der  Sehrift  «Die  dentsebe  Feld- 
artillerie  vor  der  EBtsebeidaBg**  ansgefbbrt  habe.  Anf  diese 
Weise  ist  die  dorobaiis  notwendige  Beanfnehtigang  der  Bedieoong 

')  Beiläufig  ist  die  NntwenHIn^keit,  die  Gefechtsbatterie  reichlirh 
mit  Munition  auszustatten,  ein  (trund  mehr,  der  gegen  die  sechsgeschützige 
Batterie  spricht  Man  braucht  sich  nur  einmal  eine  Gefechtsbatterie  von 
6  GMcb&tieik  ond  6  Hunitionswagen  (Maisohlaefe  924  m)  Tonnstellent  um 
die  XTnmOg^dikeit  einer  solchen  Formation  an  begreifen. 


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158 


Zar  ArtiUeriefrage. 


gewidnleistet;  bei  lebhaftem  Feaer  ist  es  dem  Zagflihrer  Bohon  auf 
dem  SeMeÜBpUts  sielit  möglich,  seine  beiden  Gesetatttze  so  beanf- 
dcbtigeD ;  Im  lebhaften  feindlieben  Feaer  iat  ein  Hin«  and  Hergehen 
von  einem  €^hflls  lom  and^n  TOllig  aasgescblossen. 

* 

b)  SchiefsTerfahren. 

Bei  dem  Scbielsen  kommt  es  weniger  daianf  an,  die  grtffst- 
mögliche  Wirkang  so  eireleben,  was  ein  peinlleh  genaues  and 
leiftnuibeBdes  ESneddefien  eifordm  würde,  als  vielmehr  in  mOg- 
liehst  karzer  Zeit  eine  ansreiebende  Wirkung.  Man  maili  be- 
strebt  sein,  niehi  sowohl  die  Manition,  als  Tjelmebr  die  Zeit  mög- 
liebst ansBonatsen.  Das  SebiefoTerfahntn  ist  nm  so  besser,  je  fr  Uber 
die  Wirkang  eintritt»  d.  b.  je  sehneller  das  Einsebielsen  erledigt  ist 
Dieses  kann  abgeklint  werden,  wenn  man  sich  mit  einem  an- 
ni&bernd  genaaen  Einsebieisen  begnügt,  einen  Raom  von  grofser 
Aasdehnong  nnler  Fener  ninunt  and  die  Ennittelang  der  Eatleinang 
and  Breonliinge  meht  naeheinander,  sondern  glelobateitig  Toraimmt 

leb  habe  frflher^)  einmal  den  Vorsehlag  gemacht,  die  Entfemang 
(Erhöhung)  darcb  AafsehlagschQsse  mit  nur  einem  GesehtttB  zu  er- 
mitteln and  einem  andern  Cteschtttz  das  „Regeln  der  Sprenghöbe" 
(Ermitteiang  der  BrennUlnge)  sa  ttbertragen.  Zweifellos  wird  dadareb 
das  Einsebielsen  bedentend  abgekttrzt  Die  der  Beobacbtang  halber 
oft  notwendige  Konektar  der  Seitenabweiehang  ist  mit  dem  zweiten 
Schals  erledigt,  während  jedes  GescblltE  diese  Koirektor  einseln 
Tomebmen  mofo,  wenn  man  die  ganie  Batterie  zum  Einschlefsen 
benatzt.  Das  Regeln  der  SprenghOben,  das  jetzt  nach  der  Ermitte- 
lang der  Entfemang  stattfindet,  ist  eine  so  einfache  Sache,  dais  es 
vom  jüngsten  Zngfbbrer  ohne  Schwierigkeit  Torgenommen  werden 
kann,  wührend  der  Batterieftlbrer  sieh  eiuscbiefst.  Beim  Wirknogs- 
scbielsen  sollten  dann  die  GescbUtze  anf  Terschiedenen  Entfemangen 
schietsen  and  die  Seitenrichtang  von  Schofs  za  Schaf«  durch  Drehen 
der  Korbel  fQr  die  Seitenrichtmaschine  ttadern,  wie  das  beim  „tir 
fancbanl"  der  französischen  Artillerie  geschieht.  Während  jetzt  bei 
Abgabe  einer  Lage  ein  Raom  von  grolser  Breite  and  geringer 
Tiefe  unter  Feaer  gehalten  wird,  sollte  nach  meinem  Vorschlage 
dnrcb  eine  Lage  dn  Raam  von  greiser  Tiefe,  aber  geringer  Breite 
unter  Fener  genommen  werden.  Statt  mit  den  Lagen  nacheinander 
vorzogeben,  sollten  die  Lagen  sakzessive  nach  der  Seite  verlegt 
werden.   Dadorob  würde  die  Feaergesohwiodigkeit  anf  das  höchste 

1)  Vergl.  Mil.  Wochenbl.  Nr.  108,  liWl:  „Das  Schief8 verfÄhren 
bei  SchnellfouergeschUtZf a". 


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Zw  AitUleiiefras«* 


159 


Iftab  gwteigerl  weideo  kOnneo,  ohne  der  ZoTerläasigkett  der  Be- 
diennog  Abbrooh  sa  ton.*) 

Die  fraDiOsiBohe  Sebieferoisehrifl  für  die  FeldailiUerie  bat  einen 
anderen  Weg  eingeseblageo,  der  weit  aehärfer  mit  der  Vergangenheit 
brieht,  als  mein  Yonohiag.  Das  EraobielBen  der  Sebnlsweite  erfolgt 
in  der  Bogel  dnrob  Salven«  d.  b.  vier  in  korzen  Fenerpanaen  Yon 
einem  Fltlgel  ans  aufeinander  folgenden  Schieüsen;  gegen  lebende 
Ziele  mit  Brennzünder,  gegen  tote  Ziele  mit  Aaisoliiagztlndef.  Die 
Schielsv  orschrift  erklärt  die  Beobachtung  tief  gelegener  Sprenghohen 
für  leichter,  als  die  von  Aufseblägcn,  da  sie  unabhängig  Yon  der 
BodenbeschaÖenheit  und  der  Form  des  Geländes  sei,  und  ftlr  vorteil- 
hafter, weil  das  Begeln  der  Sprenghdhen  zogleieh  mit  der  Ermitte- 
lung der  Entfernung  vorgenomroeu  werden  kann.  Das  Einscbiefsen 
mit  Salven  kürzt  das  Einschielsen  nach  der  Öeite  ab,  da  dies  gieieh» 
zeitig  mit  der  Ennittelong  der  Entfemong  vorgenommen  werden 
kann.  Es  ist  aber  auch  zulässig,  sich  mit  nur  einem  Geschütz 
einzuschielseu.  Die  Korrektur  der  beiteuabweichungen  ist  wie  bei 
uns  Sache  der  Zugführer. 

Zum  Stellen  der  Zunder  bedient  mau  sich  einer  selbsttätig 
wirkenden  ZUnderstellmaschine ;  durch  Verschieben  einer  Zeigermarke 
kann  man  die  BreunlÄnge  g'ep:enUl)er  der  normalen  verlang:ern  oder 
verkürzen.  Bei  nurnialer  Hrennlän^e  erhält  man  Sprenghöheu,  die 
etwa  der  Entfernung  (auf  2400  m  also  etwa  7  m)  betragen. 
Beim  Einschief^^eii  sind  öprenH'höhen  von   ^  der  Entfern uiifi  er- 
wünscht, was  diiich  Verschiebung  der  Zeigermarke  um  ^  1  filstriche 
gegen  die  normale  .St(  Dung  erreicht  wird.  Mit  tiefen  >[)ri'ügpuukten 
sucht  man  das  Ziel  in  eine  Gabel  vuu  400  m  la  bringen,  die  dann 
bis  auf  200  m  verengt  wird.  Damit  eine  Entfernung  als  Gabel- 
grenze  gtiten  kann,  müssen  mit  der  betreöeuden  Erhöhung  min- 
destens zwei  Schlisse  übereinstimmend  beobachtet  sein.  Ist  ditse 
(rabe!  gebildet,  jsO  geht  man  zum  W irkung&scbiersen  Uber;  meist 
iinti  r  Anwendung  des  „tir  progressif*'  das  unserm  lagenweisen  Vor- 
geLcü  entspricht.  Man  beginiil  mit  einer  Entfernung,  die  um  lOU  m 
kürzer  ist.  als  die  kurze  Gabelentferuung  und  geht  dann  dreimal 
um  je  100  m  vor,  so  dafs  man,  wenn  z.  B.  die  Gabel  24(K>  26(X) 
gebildet  ist,  auf  2300,  2400,  2500  und  2600  m  schielst.  Dadurch 

i)  In  RnCUand  hat  im  rorigen  Sommar  ehi  Kampfschielbflii  awiaehea 
zwei  Batterien  stattgefonden,  bei  dem  eine  Batterie  das  normale  Sdaiets* 
Terfahren,  die  andere  ein  dem  oben  beschriebenen  ähnliches  .,5>kala verfahren* 
anwendetf'.  !>as  Hestiltat  war.  dafs  auch  bei  einer  Wiederhol un<^  des  Ver- 
suchs die  daLS  normale  Verfahieu  anwendende  Batterie  in  kürzester  Zeit 
(l^/j  hin  8  Minuten)  niedergekämpft  war. 


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Zur  AjtUleite&tge. 


wird  eine  grolse  Sicherheit  gewonnen,  data  das  Ikü  sieh  wirklich 
iDDerhalb  des  anter  Fener  genommeneD  Raumes  befindet.*)  Bei 
sehmalen  Zielen  —  bis  zn  100  m  Breite  —  gibt  Jedes  GeschutE 
ohne  die  Seitenricbtnng  zu  ändern,  aal  jeder  Entferoong  2  Schüsse 
ab.  Bei  breiten  Zielen  bis  za  200  m  Front  wird  das  Feoer  gleich- 
mäfsig  Ober  das  ganze  Ziel  verteilt;  es  werden  aof  jeder  Entfernang 
3  Schüsse  abgegeben,  wobei  die  Seitenrichtang  von  allen  Geschützen 
nach  jedem  Schals  zuerst  zweimal  dnrcb  Drehung  der  Kurbel  für 
die  Seitenrichtmaschine  nach  links  verlegt  wird.  Alsdann  geht  jedes 
Geschütz  mit  der  Entfernung  um  100  m  vor.  zunächst  ohne  die 
Seitenrichtung  zu  ändern  und  verlegt  dann  die  Seitenrichtung  wieder 
zweimal  nach  rechts,  wodurch  die  ursprüngliche  Richtung  wieder 
hergestellt  iRt  nsw.  Dieses  Wechseln  der  Seitenrichtung  wird  „taucher** 
(mähen)  geuauüt.  Im  „tir  protrressif  ohnf  Wec^hsel  der  vSeitenrichlung 
gibt  jedes  GesehlUz  also  8,  im  „tir  pro^^rrssii  et  fauchaut"  1 2  Schüsse 
ab,  und  zwar  findet  das  Wirkongsachirfson  stets  im  J^Lhnell teuer 
statt,  wobei  kein  Geschütz  auf  das  andere  Rücksicht  zu  nehmen 
hat.  Eine  so! die  Serie  von  SchttSBen  heilst  nrafale^,  worauf  dann 
von  selbst  eiue  Pause  eintritt. 

Gestatten  die  Umstände  z.  H.  beim  Hescliiefsen  von  Infanterie 
ein  genaueres  Einschlefsi n.  so  kann  die  Gabel  weiter  verengt  werden. 
Es  wird  dann  auf  einer  Eutlernung  eiue  vom  Batterietiihrei  kora- 
niaodierte  Schulszahl  (2,  3,  4  usw.  pro  Geschütz)  im  Schuellfeuer 
abgegeben  oder  auch  auf  sein  Kommaudo  mit  der  Elntfernuug  ge- 
wechselt. 

Man  hat  dem  ,.tir  progressif"  und  insbesondere  dieser  Schufsart 
in  Verbindung  mit  dem  .,tir  fauchaut/'  wodurch  ein  Raum  von  etwa 
200  lü  Breite  und  500  m  Tiefe  uuter  Feuer  gehalten  wird,  den 
Vorwurf  einer  ungeheuren  Munitionsverschwenduug  gemacht.  In 
meinem  Buche  „Die  französische  Feldartillerie  '  (8.  49  u.  ff.) 
habe  ich  bereits  nachgewieseu,  dafs  die  davon  zu  erwaiu  ude  Wir- 
kung eiue  recht  bt-hiedigende  genannt  werden  könne  Ks  versteht 
sieb  von  selbst,  dal's,  wenn  ein  Raum  von  200  m  Breite  und  500  m 
Tiefe  unter  Feuer  genommen  wird,  die  Wirkung  nur  den  vierten 
Teil  dt  rjt  uigeu  beträgt,  die  man  erwarten  darf,  wenn  man  eiuen 
Raum  von  100  m  Breite  und  250  m  Tiefe  unter  Feuer  nimmt,  wie 
das  z.  B.  der  Fall  ist,  wenn  eine  Batterie  von  6  Geschützen  nach 
der  deutschen  Schieisvorschrilt  schiefst.    Aber  dafür  kommt  man  bei 

>)  Diese  Sicherheit  kasn  noch  erhöht  werden  durch  Abgabe  einer 
,,Kontrollsalvo'\  die  namentlich  atich  dasQ  dient,  die  richtige  Feuerver- 
teiiong  vor  Beginn  des  Wirknngsachiefsenfl  zu  prflfen. 


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Znr  ArtiUeriefrage. 


161 


dem  französischen  Verfahren  früher  zar  Wirkung  und  hat  eine  viel 
grölsere  Chance  für  sich,  dals  das  Sehiefsen  kein  verfehltes  wird. 

Nach  dem  Master  4  der  deotscben  SchiefsvorBchrift,  das  eine 
Schiefsliste  Uber  ein  Scbieisea  gegen  eine  mit  50  Mann  besetzte, 
halb  verdeckte  Batterie  von  Jwohs  OesehfltaBen  eofhllt^  wird  der  erste 
BreonzUnderschuIs,  obwohl  daBSehielseD  durohans  normal  verlaafes 
ist  erst  nach  etwa  8'/|  Mioaten  abgegeben.  Naob  den  frainOiiselieii 
SchielsTei&lffeD  nimiDt  das  ganze  Sehiefsen  —  Bineebieisen  aod 
WiiltiingaBehieleeQ  —  kanm  mehr  aU  drei  Ifioaten  in  Anspmeh.  Ee 
ist  dabei  Aimicht  vorhanden,  etwa  40  Prozent  der  Bediennng  aniser 
Gefecht  zu  setzen  —  natürlich  eine  Batterie  ohne  SehntaEsohilde 
Toransgesetat.  Heine  8chilsnng  der  ron  einem  solofaen  ScbieCsen 
zu  erwartenden  Wirkung  ist  keineswegs  zn  hoch  gewesen;  das 
gebt  deutlich  ans  dem  Berieht  über  das  oben  erwähnte  Schielsen 
einer  romftniaoben  Batterie  herror.  Danaeh  nahm  das  Schieben  noch 
wenige  Zeit  in  Anspruch  and  ergab  eine  grttCsere  Whrknng,  als  ich 
geschfttzt  hatte. 

Ein  anderer  Vorwarf  durfte  gereohtfertigter  sein,  das  ist  der 
groffle  Monitlonsaafwaad,  den  das  Einsohiefsen  erfordert.  Bei 
richtiger  BUdnng  der  Gabel  nnd  wenn  kein  Begeln  der  SpreoghOhe 
DQtig  ist,  sind  mindestens  8«  in  der  Regel  aber  12  Schnsse  nOtig, 
ehe  man  zam  Wirknngssobielsen  fibergehen  kann.  Sind  gröbere 
SohütznngsfeUer  oder  fragliche  Beobachtungen  vorgekommen,  oder 
wird  das  Begeln  der  Sprenghohe  nötig,  so  kann  die  Zahl  der 
Schusse  leieht  anf  24  aod  mehr  Schlisse  steigen.  Dem  gegenüber 
steht  der  Vorteil  der  Schnelligkeit,  so  dafs  ein  einmal  anter  Feuer 
genommenes  Ziel  so  leicht  nicht  mehr  entrinnt,  wührend  das 
genauere  Einschieben  und  Regeln  der  SprengbOhe  mit  Einzebohttssen 
den  späteren  Eintritt  der  Wirkaag  zur  Folge  hat,  so  dab  im  Emst- 
lall das  Ziel  oft  Gelegenheit  findet,  sich  der  Wirkung  zu  entziehen, 
mithin  sehr  viel  Tergeblicbe  Anl&nfe  zum  Einschieben  gemacht 
werden,  die  schlieblich  anob  viel  Munition  verschlingen. 

Es  ist  unmöglich,  sieh  ohne  ausgedehnte  Versuche  fflr  das  eine 
oder  andere  Sehielsrerfahren  anszuaprechen.  Nur  das  steht  fest, 
dab  auch  die  deutsche  Feldartillerie  ein  Schiebverfahren  annehmen 
mnb,  das  in  möglichst  karzer  Zeit  Wirkang  verspricht,  aud  dafs 
es  nicht  sowohl  auf  Ausutttzung  der  Munition,  ab  vielmehr  der  Zeit 
ankommt. 

e.  Allgemeine  Grundsätze. 

FUr  das  Gefecht  lassen  sich  weniger  ab  je  feste  Kegeln  auf- 
stellen, da  man  sich  hier  meist  unvorhergesehenen  Lagen  gegenttber 

11* 


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162 


Zur  ArttUeriefrig*» 


befindet.  Dagegen  lassen  sich  gewisse  ans  den  charakteristischen 
Eigenschaften  der  Waffe  abgeleitete  GrondsKtie  anfsteilen^  die  einen 
Anhalt  für  das  Verhalten  geben  können.  Die  bemerkenswerten 
Eigenschaften  der  modernen  Artillerie  sind:  die  in  kUr/e^ter  Zeit 
eintretende  Wirkung  des  Feners,  als  Folge  der  groüsen  Wirkung 
des  einzrlnen  Schusses  und  der  grofsen  Feuergeschwindigkeit;  die 
Fähigkeit,  aus  verdeckter  Stellung  schieisen  zu  können  als  Folge 
der  vervollkommneten  Kiohtgeräte  und  damit  die  Möglichkeit  eines 
tlberra sehenden,  die  Wirkung  ganz  hedcnteiid  steigernden  Aaftretens 
und  f  ncilii  h  in  der  Feuerstellaug  die  geringe  Verwundbarkeit  gegen 
leiüdiiches  1*  rontalfeuer. 

Hieraus  folgt,  dals  der  Auswahl  und  Einnahme  der  Feuer- 
stellung eine  sehr  sorgfältige  Erkundnng  der  Stellung  selbst,  der 
Zu^'änge  uud  der  Zii  le  vorausgehen  mufs,  damit  man  nicht  beim 
Einnehmen  der  Stellung  durch  feindliches  Feuer  überrascht  wird  und 
mau  möglichst  schnell  eine  entscheidende  Wirkung  erreicht.  Wird 
man  beim  Abprut/en  beschossen,  so  ist  das  jius  ^wei  (xrilnden  viel 
nachteiliger  als  früher:  die  gesteigerte  Feuergeschwindigkeit  bringt 
an  sich  eine  grössere  Wirkung  hervor  nnd  es  ist  sich  in  diesem 
Augenblick  eine  gröfsere  Zahl  von  Menschen  und  Pferden  der 
Wirkung  des  feindlichen  Feuers  ausgesetzt. 

Vor  der  Eröffnung  des  Feuers  darf  man  womöglich  nichts  zeigen 
und  mufs  alle  Vorbereitungen  so  tretieu,  dafs  das  Elnschielsen  sich 
glatt  und  schnell  vollzieht  und  die  Wirkung  möglichst  früh  einsetzt 
Die  vervollkoniinneten  Riehtgeriite  bieten  die  Möglichkeit  dazu. 
Die  Stellungen  sind  möglichst  so  zu  wählen,  dals  sie  vom  Feinde 
nnr  an  dem  Aufblitzen  der  Schlisse  erkannt  werden,  womit  keines- 
wegs gesagt  sein  soll,  dals  man  sich  hinter  den  Höhen  verkrieeben 
inttftte.  Lange  zusammen  hängende  Artillerielinien  sind  mögliebst 
so  Tenneiden,  da  eine  solohe  AnfirteUung  dem  Fdnde  den  Obergang 
Ton  einem  Ziel  auf  das  andere  aebr  erleiebtert  nnd,  falls  er  Stren- 
feoor  mit  weeb«elnder  Seltenricbtong  (tir  faoohant)  anwendet,  sehr 
grofse  Verloste  berbelftthren  wird,  Aneb  das  spricbt  gegen  eine  so 
starke  Artillerie;  da  diese  oor  bei  gedrängtester  Aofetelloog  der 
Batterteo  in  dem  verfügbaren  Baume  nntersobriogen  ist 

Das  deotsche  EzerKier-Reglemeot  für  die  FeldartUlerie  stellt  in 
Z.  279  den  folgenden  Sati  an  die  Spitse  der  Allgemeinen 
Grnndsätze:  „GewOhnlieb  wkd  die  Feldartillerie  das  Feoer  erOffbeii. 
Ks  ist  dabei  in  den  meisten  FUlen  von  Wlditigkeit,  gleieb  anfangs 
eine  llberlegene  Geschtttzzabl  zn  entwiekeln  ond  frObseitig  eine 
Hasse nwirknng  so  entfalten/'  Dals  es  ron  Vorteil  ist^  von  Tom- 
berein  eine  dem  Feinde  nnmeriseb  Überlegene  Artillerie  anr  onmittel* 


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Zur  ArtiUeriefrage. 


168 


baren  Verftigimg  zn  haben,  unterliegt  keinem  Zweifel;  dape^ren 
kann  es  fraglich  sein,  ob  es  aacb  Torteilhaft  ist,  sie  von  Yornherein 
In  Tätigkeit  zq  setzen.  Man  verrät  dadorch  vielleicht  vorzeitig  dem 
Feinde  die  eigene  StIIrke  und  Aofetellong,  ohne  einen  entsprechenden 
Voiteil  dagegen  einzntanseben.  Jn,  die  IkOfinung  des  Feuers  einer 
groDsen  ArtUleriemasse  gegen  ein  sebmales  Ziel  hat  nnr  an  leicht 
anr  Folge,  dab  die  Batterien  sioh  gegenseitig  beim  ^sehiefsen 
atOren,  nnd  dab  statt  dner  Steigorong  eine  Vennindenmg  der 
Wirkung  eireleht  wird.  Denn  die  Wirkung  wird,  wie  bereits  oben 
erw&hnt,  nieht  dnroh  die  fenernden  Oesehttt£e,  sondern  durch  die 
treffenden  GeseboBse  berrorgebraebt;  ob  diese  ans  einer  oder  ans 
mehreren  Batterien  kommen,  bt  dnrehans  gleichgültig.  Da  das 
Sehnellfener  einer  Batterie  mit  Streuen  naeb  der  Seite  (tir  fauchant) 
eine  Fhint  von  mindestens  200  m  mit  soleber  Wirkung  unter  Feuer 
nimmt,  daia  sieh  keine  gesobloasene  IVuppe  dort  ungedeckt  erhalten 
kann,  so  ist  es  dnrehans  xweeklos,  das  Feuer  einer  grOlseren 
Artillerinmasse  gegen  ein  ffiel  von  dieser  Breite  in  richten.  Die 
Faasnug  des  französischen  Beglements,  die  zn  Begimi  des  Gefechts 
statt  einer  Nassenwirknng  die  Bereitstellnng  von  Artilleriemassen 
fordert,  von  der  nie  mehr  in  Tätigkeit  geaetit  werden  soll,  als  der 
l>eabsiebtigte  Zweck  dnrehans  verlangt,  bat  gewüs  ihre  Berechtigung. 
Nicht  dn  gleichzeitiges,  sondern  ein  schnelles  Oberrascbendes  Auf- 
treten,  das  einen  sofortigen  Erfolg  versprieht,  ist  das,  worauf  es 
ankommt  Dte  nicht  feuernden,  sondern  nnr  bereit  gestellten 
Batterie  müssen  sich  daher  so  einrichten,  dals  sie  das  Feuer  jeden 
Augenblick  gegen  jeden  Punkt  der  zugewiesenen  feindlichen  Front 
erOffiieD  können.  Darauf  wbrd  neuerdings  ein  ganz  besonderer  Wert 
gelegt. 

d.  Gesebtttzkampf. 

Die  Aufgabe  der  Artillerie  ist  die  Unterstfitxnng  des  Gefechte 
der  anderen  Thippen  instiesondere  der  In&ntmie.  In  der  Einleitung 
wird  diese  vonngsweise  durch  die  ArtOlerie  des  Gegners  aufgehalten, 
hieraus  ergibt  sieh  dann  das  Streben  nach  Beseitigung  dieses  Hinder- 
nisses, d.  b.  nach  Niederwerfong  der  feindlichen  Artülerie.  Sowohl 
das  firanzOffische,  als  anch  das  deutsche  Reglement  sprechen  »ich 
dahin  aas,  dais  die  Gefechte  zunächst  mit  einem  Artilleriekampfe 
eröfinet  werden.  Im  Kriege  1870/71  ist  es  der  deutschen  ArtiUerie 
sehr  leicht  geworden,  die  französische  Artülerie  nach  kurzer  Gtegen- 
welir  zn  oberwältigen.  £8  entwickelte  sich  bierana  die  Lehre,  dab 
ee  awisohen  den  beideneitigen  Artilierien  zu  einem  Kampfe  um  die 
Fenertberiegenbeit  kommen  werde  und  dab  erst,  nachdem  dieser 


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164 


Zur  Artilieriefrsge. 


mgefoobten,  die  Infanterie  des  ttberiegenen  Teils  mm  Angriff 
flehretten  könne.  £8  sei  dann  fttr  den  Angreifer  leiolily  die  feind- 
liche Artillerie  mit  einem  Teil  seiner  Artillerie  niederzuhalten,  die 
HaaptkriUte  aber  zur  Unterstatsnng  des  Inianterieangriffes  gegen  die 
Einbmchsstelle  einzusetzen. 

In  nenerer  Zeit  sind  Zweifel  darüber  lant  geworden,  ob  es 
möglieh  sein  werde,  eine  derartige  artüleristlscbe  Fenerttberlegenfaeit 
zn  erringen,  und  ob  der  Angreifer  die  Erringnng  dieser  Fenerttber- 
legenheit  abwarten  mttsse.  Zweifellos  haben  sich  die  Verhältnisse 
gegen  die  Zeit  von  1870/71  «oiserordentlicb  geSnderl.  Damals  war 
die  dentsehe  Artillerie  im  Besitz  eines  so  ttberiegenen  Materials, 
dais  die  Fenerttberlegenheit  eigentlich  von  Anfang  an  anf  ihrer 
Seite  war.  Die  französischen  Batterieen  wagten  es  kaum,  sich  mit 
den  deotschen  in  einen  längeren  Kampf  einznlasseu ;  sie  mafsten  den 
Kampf  sehr  bald  aufgeben,  wenn  sie  später  noch  einmal  zur  Unter- 
stützung ihrer  Infanterie  in  das  Gefecht  eingreifen  wollten.  Jetzt 
aber  ist  die  Bewafihnng  der  Artillerie  in  allen  Staaten  nahezu  gleich- 
wertig, wenigstens  wenn  das  KohrrUeklaafgeschUtz  mit  Schntzschilden 
seinen  Einzug  gehalten  hat.  So  lange  es  noch  keine  Scbolzschilde 
gab,  konnte  man  hoffen,  „durch  Schnelligkeit  in  der  Bewegung  und 
im  Einschielsen  ein  Übergewicht  zn  schaffen,  das  der  Gcgruer  schwer 
wieder  auszugleichen  vermag".  (Exerzier-Reglement  für  die  Feld- 
Artillerie  Z.  343  gesperrt  gedruckt.)  Diese  Hoffnung  dürfte  sich 
jetzt  Ott  als  trügerisch  erweisen;  denn  so  schnell  als  frllher  ist  die 
Niederwerfung  einer  Schiidbatteric  anf  keinen  Fall  möglich.  Wenn 
ein  gut  sitzendos  Schnellfeuer  im  ,.tir  pro^'ressif  avpc  faucha-je"  (pro 
Geschütz  12  Sehuls)  gegen  eine  freistehende  Batterie  von  scehs  Ge- 
schützen vielleicht  20  bis  25  Treffer  in  Aussicht  st»'llt  so  wird  eine 
Schildlmtt'  rif  höchstens  3  bis  4  Mann  verlieren  und  dadurch  noch 
nicht  weseuiiich  an  Gefechtskraft  eiubUfsen. 

Vergegenwärtigt  man  sich,  welche  N'erluste  die  Artillerie  in  den 
Hauptschlachten  des  Krieges  1870/71  erlitten  hat,  erwägt  man  ferner, 
dals  damals  die  bespannten  Protzen  unmittelbar  hinter  den  Grschut/en 
standen  und  einen  verhältnismälsig  grofsen  Teil  der  TrelVrr  aut  sich 
zogen,  dafs  femer  heule  die  Deckungen  des  GelauUes  weil  mehr  als 
damals  ausirenutzt  werden,  so  wird  man  zugeben  müssen,  dais  selbst, 
wenn  e.s  geläufre.  Geschosse  zu  konstruieren,  deren  Sprengteüe  die 
Schilde  durchschlagen,  die  Durehlulinin^^  des  GescbUtzkampfes  bis 
zu  völliger  Niederwerfung^  des  einen  Teils  so  gut  wie  unniögiicb  ist. 

Wohl  darf  mau  boöeu,  die  feindlichen  Hattcrien  in  ihren  Feuer- 
stellungen festzunageln,  und  ihnen  nicht  nur  den  Stellungswechsel, 
sondern  sogar  den  Munitiousersatz  unmöglich  zu  machen.  Das 


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Zur  ArtiUariafrige. 


166 


französische  Keglern  ent  sagt  daher  auch,  dalH  man  nach  einem  er- 
reic Ilten  Erfolge,  d.  b.  wenn  der  Feind  das  Feuer  eingesteüt  hat, 
nicht  ^iaaben  dürfe,  die  feindlichen  Batterien  endgültig  nieder- 
geworfen zu  haben,  sondern  dafs  man  sie  fortwährtmd  im  Auge 
behalten  müsse.  Andererseits  mulb  jede  Batterie,  die  infolge  von 
Überraschung  oder  vorüberorehender  llberlegenheit  der  feindlichen 
Artillerie  genötigt  war,  das  Feuer  zeitweilig  eiu/ustellen,  jede  Ge- 
legenheit benutzen,  es  wieder  aufzunehmen.  Das  Keglemeut  gestattet 
ausdrtlcklich,  dafs  die  Bedienung  in  den  Feuerpausen  sich  auf  Kom- 
mando hinter  den  Schilden  niederkauert.  Aber  es  fordert  aoch,  dals 
der  Kampf  gegen  ttberlegene  Kräfte  aufgenommen  wird,  wenn  die 
Untenittteimg  der  Infanterie  es  fordert  Dm  wird  der  modemen 
mit  SehatBsdnldeD  TeiaelieiieD  Artillerie  ?iei  eher  mOgüeh  eeiD  als 
frtlher;  tob  ihr  darf  und  miUs  man  verlangen,  dafs  sie  in  aolehen 
wichtigen  Augenblieken  das  aof  sie  geriehtete  Fener  ignoriert. 

So  wird  der  Artüleriekampf  lange  hin  und  herwogen,  and  ob 
scblielslieh  eine  solebe  Fenerttberlegenheit  ermngen  ist,  dals  es  der 
einen  Partei  gelingt,  den  Gegner  mit  nnr  dnem  Teil  der  Kräfte 
derartig  niedennhalten,  dafs  jeder  Versoeh,  ui  den  nnn  folgenden 
Infanteriekampf  einzngreifen,  von  Tomherein  nnteidrttekt  wird  ond 
die  feindlieben  Batterien  gezwungen  werden,  von  der  Infanterie 
absnlassen,  um  sieb  des  Artilleriefeners  zn  erwehren,  ersebeint  mir 
sehr  fraglieL  Von  der  „Robe  des  Kirchbofs*S  die  Ctonerallentnant 
von  Keichenaa  dnreb  seine  kleinkalibrige  Qranatkanone  sn  erzwingen 
boffk,  wird  sieher  keine  Rede  sein.  Im  sttdafrikaniseben  Kriege 
sohlen  es  den  Bngländero  oft,  das  anf  der  f eindlioben  Seite  die  Robe 
des  Kirebhofo  berrsohte;  die  Artillerie  der  Bnren  hatte  im  Bewnlst- 
sein  ihrer  nnmerisehen  Sehwttohe  das  Fener  eingestellt  und  lag  anf 
der  Laner,  um  sofort  aber  die  englisehe  Infanterie  herzufallen,  wenn 
diese  znm  Angriff  vorging. 

leb  glanbe  der  Satz,  die  artilleristiscbe  Fenerttberlegenheit  in 
dem  Sinne,  dafs  der  Vertmdiger  in  den  Infanteriekampf  gar  nicht 
mehr  Angreifen  könne,  mflsse  die  Vorbedingung  des  Angriffs  seüi 
—  ein  Satz,  den  leb  selbst  fiHber  verfoebten  habe  —  Ufst  sieh  fttr 
die  Zukunft  nicht  mehr  aufrecht  erhalten.  Nach  dieser  I^ehre  zerfiel 
die  Schlacht  in  mehrere  Einzeiakte,  in  denen  die  einzelnen  Waflfen 
ihre  Kämpfe  unter  einander  ausfochten.  In  Zukunft  wird  nur 
das  innigtse  Zusammenwirken  der  Waffen  einen  Erfolg 
hervorbringen  können.  Anf  diesem  Standpunkte-  scheint  das 
franstfsiscbe  Reglement  zu  stehen,  wenn  es  sagt  (Teil  I,  Z.  618): 
„Um  die  grotse  Feuergeschwindigkeit  der  Feldartillerie  auszunutzen, 
muls  man  durch  plötoUobes,  kurzes  und  lebhaftes  Feuer  (Ratalen) 


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166 


Zur  ArtlUeriefrage. 


wirken,  wodurch  man  dem  Gepmer  die  Freiheit  des  Handelns  ent- 
Teilst  und  es  den  anderen  Waffen  erleichtert,  sich  in  den  Besitz  des- 
jenigen Geländes  zn  Betzen,  das  allein  den  endlichen  Erfolg  sichert." 

In  Deutschland  sind  Uber  die  Mitwirkung  der  Artillerie  die  An- 
flichteo  der  Taktiker  geteilt.  Dab  es  das  wOnsohenawerteste  wäre, 
wenD,  wie  das  Reglement  es  als  Ideal  binstellt^  die  Artillerie  des 
ADgreifevB  die  Verteidigungsartillerie  ToUkonmeii  ttbennriltigte  und 
dann  die  feindliche  Lifenterieatellnng  dnrdi  Ihr  Fener  stnnnreif 
maelite,  darüber  kann  natOrlicb  kein  Zweifel  sein.  Wenn  aber  die 
Angiiffsartillerie  diese  beiden  Aufgaben  nioht  lOsen  kann,  und  das 
ist  wegen  der  gröberen  WiderstandslEraft  der  mit  Schntseehilden 
Teraebenen  ArtiUerie  sehr  wohl  denkbar,  so  entsteht  die  Frage,  soll 
sie  Qon  ihr  Bestreben  mehr  darauf  riehten,  die  eigene  Infanterie 
▼om  feindlieben  Artilleriefener  xn  entlasten,  oder  soll  sie  ihr  Feuer 
mehr  gegen  die  Einbrnohsatelle  richten,  nm  die  feindliche  Infanterie 
sn  ersebttttem.  General  von  Seheiff  glaubt  der  Artillerie  des  An- 
greifers Tomehmlich  die  erste,  der  sehweiaerische  Oberst  Wille  da- 
gegen mehr  die  zweite  Aufgabe  zuweisen  zn  sollen.  Wenn  man 
sieh  auf  den  Standpunkt  stellt,  dais  eine  völlige  Niederkttmpfang 
der  feindlichen  Artillerie  nicht  möglidi,  so  wird  man  einen  nm  so 
grüfseren  Wert  auf  die  direkte  Vorbereitung  des  Angrifis  durch  Be- 
sebielsung  der  Inianteriestellung  legen  müssen. 

Ich  sagte  oben,  man  kann  wohl  hoffen,  die  feindliche  ArtiUerie 
bewegungsunfähig,  aber  sie  nicht  kampfunfähig  zu  machen. 
ArtUleriekampf  wird  vom  Verteidiger  in  der  Kegel  aus  hall)  ver- 
deckten Stellungen  geführt  werden,  da  andernfalls  die  Chancen  fUr  ihn 
erbeblich  ungünstiger  liegen.  Die  vorgehende  Infanterie  des  Angreifers 
wird  für  die  (resohtitze  des  Verteidigers  sich  meist  im  toten  Winkel 
befinden;  bei  innigem  Zusammenwirken  der  Infanterie  und  Artillerie 
wird  es  dem  Angreifer  wohl  gelingen,  die  Verteidigungsartillerie  bis 
auf  den  Kamm  der  Höhe  zu  locken.  Wenn  es  dann  auch  vielleicht 
nicht  mög-lleh  ist,  sie  endgültig  zum  Schweigen  zu  bringen,  so 
geschieht  doch  jetzt  alles,  was  sie  vornimmt,  untt^r  den  Aug-en  des 
Anfrreifers.  Jede  Vorbereitung  zu  einem  Stellungswechsel,  jeder 
V'ersuch  des  Muniti(msersat/.e8  kann  dann  leicht  durch  einige  Schüsse 
verhindert  werden,  insbesondere,  wenn  es  dem  jVn^Teifer  ^-düngen 
ist,  sich  geiiaiH  T  eiuznschiefsen.  tSo  kann  der  Augreifer  die  Mit- 
wirk iine:  der  \  ertpidi^nn«:sartniorie  an  der  Abwehr  des  Infanterie- 
anpiüs  vielleicht  erschweren;  sie  ^'änzlich  zu  veriiiiidcrn  wird  ihm, 
wenn  die  Verteidigungsartillerie  nicht  ganz  minderwertig  ist,  wofal 
kaum  geliniren. 

Nach  meiner  Ansicht  werden  der  Artilleriekampf  und  der 


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Zar  Artilleriefrage. 


167 


lufanttTieangT-iÖ',  die  man  sich  bisher  als  zwei  g^esonderte  Akte  des 
Schlachteudramas  vorstellte,  unter  dem  Einfluls  dei  ^röfseren  Un- 
verwundbarkeit der  Schildbatterien,  mehr  in  einander  greifen:  die 
Infanterie  mnls  jeden  Erfolg  der  Artillerie  sofort  ansoiitzen,  die 
Artillerie  des  AngreifezB  wird  die  beiden  Aufgaben  —  Bekiimpfaug 
der  leindttoheii  Artillerie  nnd  Infanterie  —  gleichzeitig  zo  Ulien 
haben.  Auf  das  innige  Ziuamnienwfrfcen  der  beiden  Waffen,  wo  es 
aioh  nm  die  nnmittelbare  Vorbeieitiing  des  Infiuiterieangrifb  handelte, 
bal  das  Reglement  sebon  jetrt  bbugewiesen;  wabraefaeiDlich  wird  ein 
eolcber  Hinweis  ancb  für  den  Artilleriekampf  notwendig;  denn  nnr» 
wenn  die  Intanterie  mit  dem  Angriff  droht,  wird  der  Verteidiger 
reranlalst  werden,  seine  Artillerie  sn  zeigen.  Der  Hangel  an  diesem 
Zusammenwirken  der  beiden  Waffen  trat  sowohl  im  rnssiseh- 
ttirkisehen  Kriege,  besonders  bei  Plewna»  als  aneb  im  Bnreokriege 
dentlieb  za  Tage  nnd  hat  in  der  Hanptsaebe  die  Miberfolge  der 
msnsehen  nnd  englischen  Armee  Yerschoidei  In  beiden  Kriegen 
beschossen  die  mssisohe  nnd  die  englische  Artillerie  stunden-,  ja 
tagelang  die  feindliehen  Stelinngen  oder  richtiger  gesagt,  die 
Stelinngen,  in  denen  man  den  Feind  yerrnntete,  nnd  als  die  In- 
fanterie zum  Angriff  vorging,  erschienen  sowohl  die  feindliche 
Artillerie  als  anoh  die  Infanterie  wieder  anf  der  Wahlstatt  und 
wiesen  die  Angreifer  mit  blntigen  Köpfen  zorttck. 

General  von  Hoffbauer  hat  ganz  Hecht,  wenn  er  durch  eine 
derartige  Verwendung  der  Artillerie  an  die  napoleonische  Zeit 
erinnert  wird.*)  Niemals  hat  es  einen  gröberen  Meister  in  der 
Verwendung  der  Artillerie  gegeben,  und  dämm  ist  die  Rückkehr  zu 
seinen  Grundsätzen  noch  kein  Zeichen  des  Verfalles,  nnd  wenn  der 
Generai  weiter  sagt,  „dai's  die  sekundäre  Rolle  des  Artilleriezwei- 
kampfee an  die  Milsachtong  der  Kanonade  erinnert,  die  in  der  da- 
maligen Zeit  mit  derjenigen  von  Vaimy  inauguriert  wurde",  so  liegt 
auch  darin  sehr  yiel  wahres;  denn  die  Schilde  schwttchen  die 
Wirkung  des  Artilleriefeuers  so  bedeutend  ab,  data  man  yoq  einer 
tüchtigen  Artillerie  mehr  als  früher  erwarten  muis,  dafs  sie  es 
unbeachtet  lälst  und  sieh,  wie  es  die  Reglements  aller  Zeiten  und 
Staaten  verlangt  haben,  dadurch  nicht  von  ihrer  wichtigsten  Auf- 
gabe —  Unterstützung  der  Intanterie  —  abhalten  läfst  (Deutsches 
Exerzier- Keglemenl  Z.  346  Abs.  1,  359  Abs.  2;  französisches 
Rptrlprapnt  Z.  5**).    Freilich   ist  die   Wirkung   der  moderuen 

Artülene  gegen  die  infanteric  nm  vieles  furchtbarer  geworden  und 
es  wäre  ohne  Zweifel  sehr  zu  wttnschen,  die  eigene  Infanterie 
dagegen  zu  schützen. 

A.  a.  O.  S.  104. 


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168 


Zur  ArtiUeriefrai^e. 


e.  ManitioDiersats. 

Noch  ein  Wort  Uber  deo  MnnittoDsenate.  Die  Bewaffoong  der 
Feldaztillerie  mit  Sdinellfeaeigesobllteea  wird  jedenfalls  einen  gegen 
frtther  erhöhten  Monitionirerbranoh  nach  rieh  ziehen.  Dem  ist  auch 
daroh  eine  sti&rkere  Ansrttstnng  der  Batterien  bezw.  dnroh  die  Anf- 
stelloug  der  leiefalen  Monitionskolonnen  Beobonng  getragen.  Aber 
die  Hauptsache  ist  doch,  dafe  den  fenemden  GeBehOteen  die  Hnnition 
nicht  aasgebt.  Das  Dentsohe  Keglement  stellt  Z.  326  Tortreffliehe 
GmndBätie  für  den  Munitionseraats  anf.  Die  gesteigerte  Wirkung 
der  modernen  Artillerie  maeht  ihn  ab^  anoh  sehr  sehwierig,  ja^ 
man  kann  dreist  sagen»  im  wirksamen  feindlichen  Feuer  unmOglieh. 
Darin  liegt  die  dringeode  AufTorderung,  jeden  Augenblick,  in  dem 
das  feindliche  Feaer  nacblälst.  zar  Aaffrischang  der  Bestände  su 
benutzen.  Die  fransösisoben  Vorschriften  sind  meines  Eraehtens  nach 
dieser  Kichtnog  hin  mostergttltig.  Die  beiden  Munitionswsgen  fdi 
den  ersten  Ersatz  enthalten  zusammen  144  Patronen  und  gestatten, 
die  aus  den  neben  den  Geschützen  aufgestellten  Wagen  entnommene 
Munition  zu  ersetzen,  ohne  dals  ein  einziges  Gespann  in  die  Schiefsbatterie 
einrttckk  Jeder  feuerfreie  Augenblick  kann  und  soll  zur  Nachftlllung 
aus  diesen  beiden  Wagen  benutzt  werden,  die  dann  ihrerseits  wieder 
durch  zwei  Wagen  aus  der  Staflel  ersetzt  werden,  sobald  das  feind- 
liche Feuer  es  zuläfst 

In  der  deutschen  Artülprio  wird  der  Munitionsersatz  viel  za 
wenig  geübt.  Es  ist  noch  gar  nicht  lange  her.  dnfs  es  überhaupt 
unmöglich  war.  mit  kriegsmälsij?  beladenen  Prot/eu  und  Munitionswagen 
zu  fahren,  da  es  an  der  dazu  nötigen  Verpackungsmunition  fehlte. 
Das  ist  jetzt  wohl  besser  geworden:  immerhin  sind  Übungen  mit 
kriegsmälsig  beladeueu  Prot/on  etc.  wenig  beliebt,  weil  sie  natürlich 
Pferdefleisch  kosten.  ]Jud  doch  sind  sie  durchaus  nötig  und  zwar 
in  schwierio-em  Gelände,  da  nur  dort  die  Unteroflfiziere  etc.  lernen 
sich  zu  hcltni.  in  der  Schlacht  bei  Worth  „wurde  der  3.  reitenden 
Batterie  des  Regiments  No.  11  die  Munition  knapp,  weil  die 
Mnnitionswagen  auf  die  steile  Höhe  248  nicht  hinauikomraen 
konnten.  Erst  mit  vieler  MUhe  gelang  es  dem  Wachtmeister  Wenden- 
burg mit  zwölf  Pferden  eitieu  Munitiouswagen  glücklich  auf  die 
Höhe  zu  bringen**.  (Konz,  kriegsgeschichtliche  Beispiele  aus  dem 
deutsch -französischen  Kriege  von  1870/71  sechzehntes  Heft  S.  143.) 
Wie  viel  Zeit  mag  der  brave  Wachtmeister  mit  vergeblichen  Ver- 
suchen verloren  haben,  ehe  er  zu  dem  im  iner  Meinung  nach  recht 
unpraktischen  Au.skuiittsmittel  die  Bespannuug  zu  verdoppeln  griÜ. 
Einfacher  wäre  es  gewesen  und  schneller  wäre  er  zum  Ziel  gelaugt, 
w^eno  er  statt  des  einen  Wagens  zwei  Protzen  mit  der  gewöhnlichen 


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Zar  ArtUtoriefrag«. 


169 


Bespaiiiiun^  herautgebraciit  und  dann  die  Muoitioui^biiDterwa^eQ  tuU 
den  leereu  l*rotzen  nachgeholt  hätte. 

Die  Frauzüsen  üben  den  Munitioiisersatz  in  ^Tofeem  Stile,  wobei 
so^ar  die  Muiiitioiiskolonnen  beider  Staffeln  durch  einzelne  Wagen 
markiert  werden.  Ea  können  zu  dieseu  Übungen  die  Gespanne  der 
ganzen  Artillerie-Brigade  (20  Batterien)  zusammen  gezogen  werden. 

t  Keitende  Artillerie. 

Die  VerweuduDfT  der  reitenden  Artillerie  der  Kavallerie- 
Divisionen  wird  keine  {rrundsätzlichen  Änderungen  (iurch  die  Nea- 
bewaffnung  erleiden.  Du  das  französisflie  ^^ddireschutz  Modell  97 
sieh  nicht  für  die  der  Kavallerie  zugeteilten  Batterien  eignet.  )  sind  diese 
mit  dem  bisherigen  80  mm  GeschUz  Modell  77  bewalVnet.  wodurch 
die  deutschen  Batterien  eine  bedeutende  Überlegenheit  besitzen. 
Den  grftfsten  Nutzen  wird  die  Kavallerie  von  der  reitenden  Artillerie 
stets  dort  haben,  wu  sie  ein  stehendes  (iefecht  zu  führen  hat,  sei 
es  hei  den  Operationen  vor  der  Front  der  .\rmee  oder  bei  l'nter- 
nehinungen  gegen  Fiauke  und  Rücken  des  Feindes;  aulsrrd«-in 
natürlich  hei  der  Verfuigung.  Die  Neubewaffnung  befätu-t  die 
reitende  Artillerie  noch  mehr  als  früher  zur  Losung  wichtiger  Auf- 
gaben and  oft  —  insbesondere  bei  Untemehmnngen  gegen  Flanke  und 
Rucken  des  Feindes  —  wird  ihr  die  Hauptrolle  zufallen  (4.  Kavallerie- 
DivisioD  und  bajerisohe  Kürassier-Brigade  mit  snsammeD  vier 
reitenden  Batterien  bei  Loigny).  Auf  die  reitende  ArtUlerief  die 
bei  eiozelnen  lofanterie-DiTÜrionen  Yorliaoden  ist  —  ron  48  sind 
es  aebt  —  vermag  icb  im  Gegensats  zu  General  7on  Hofifbaoer 
keine  besonderen  £rwartangen  zn  setzen.  Im  Kriege  1870/71 
worden  freilioh  die  bei  der  Eorpsartillerie  aller  Armeekorps 
Torbandenen  reitenden  Batterien  mebriaeb  mit  besonderen  Aufgaben 
betrant^  die  m  aneb  glünzend  gelöst  baben.  Seitdem  baben  sieb 
die  Verhältnisse  gäozlieb  geändert.  Damals  bestand  eben  eine 
Korpsartillerie,  ttber  die  dem  kommandierenden  General  die  alleinige 
Ver^gong  zostandi  die  reitenden  Batterien  waren  m  allen  Korps  ver- 
treten, waren  also  etwas»  mit  dem  man  bestimmt  reebnen  konnte. 
Aber  die  jetzt  bei  einzelnen  Infanterie-Divisionen  vorbandene 
reitende  Abteilung  kann  dooh  beim  besten  Willen  nicbt  anders  ver- 
wendet werden,  als  eine  fahrende;  böclistens  konnte  man,  wenn  im 
Verlaafe  eines  langen  Feldzages  die  reitenden  Batterien  der  Kavallerie- 
Division  ihre  Leistongsfilhigkeit  eingebtt&t  liaben,  einen  Anstansob 

^)  Die  Gründe  h'egen  teils  in  dem  hohen  Gewicht,  mehr  aber  wohl  in 
der  liotwendigkeit  der  Verankerung,  die  einen  Zielwechsel  sehr  erschwerte 


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170 


Zur  ArtiUeriefnge. 


gewendeten  Ausgaben  besser  yerweilen,  wenn  man  die  Etats  der 
▼onebmeiL  Jedenfalls  würden  sieh  Im  Frieden  die  dafür  auf* 
fahrenden  Batterien  nm  ein  bis  swei  Pferde  erliöhte  and  diese 
reitenden  Batterien  zu  fahrenden  nmwandelte»  wie  das  bereite  oben 
ausgeführt  worden  ist.  leh  kann  in  den  reitenden  Batterien  der 
Infanterie-DlTisionen  nur  leistnngsunlMige  SehmarotEer  sehen. 

Schlufswort. 

Na<»hRtphpnd  fasse  ich  den  Inhalt  des  vorstehenden  noch  ein- 
mal kurz.  zribainEiien: 

1,  Die  Bewaffnanir  der  Feldartillerie  mit  HohrrücklaaigeschUt^en 
ist  geboten  und  für  dir  Kanoubatterien  (Inn^''lich. 

2*  Die  Ge5?phutze  ^ind  mit  .^chntzsehiideu  gegen  frontales  Gewehr- 
und Schrapiifllteuer  zu  versehen. 

3.  Der  Kampf  gegeu  Schild batterien  wird  kaam  zu  einem  ent- 
scheidenden Erfolire  führen.  Jedes  gegen  Schildbatterien 
Wirkunji  iu  Aussicht  stellende  Mittel  ist  gegen  alle  freistehenden 
lebenden  Ziele  des  Feldkrieges  von  geringerer  Wirkung. 

4,  Das  Schieiscü  aus  verdeckten  Stellungen  wird  in  Zukunft 
häufiger  vorkommen  nnd  verspricht  guten  Erfolg,  wenn  man 
sieh  damit  begnügt,  einen  Kaum  von  gröfserer  Ausdehnung 
unter  Feuer  zu  halten, 

6,  Die  leichte  Feldhaubitze  wird  gegen  von  vorn  nnd  von  oben 
gedeckte  Ziele  keine  sehr  grofse  Wirkung  haben.  So  lange 
aber  die  obere  Führung  an  der  Forderung  festhält,  dals  die 
Feldartillerie  derartige  Ziele  b  l  ämpft,  wird  man  sie  bei- 
behalten mtlssen,  da  sich  wesentlich  Besseres  schwer  finden 
läfst.  Gegen  Schild batterien  leistet  sie  vielleloht  mehr  als 
die  Kanone.  Jedenfalls  ist  eine  Vereinfachung  der  Munitions- 
ausrllstung  dringend  erwUnscht. 

6.  Die  grofse  Feuergeschwindigkeit  der  Rohrrtlcklaufgeschütze 
gestettet  die  Stärke  der  Batterien  von  sechs  aui  vier  Geschütze 
herabzusetzen.     Eine  Vermehiuiig    der  Batterien    ist  nicht 

boten  und  wtlrde  sehr  viele  Ubelstiinde  nach  sich  ziehtu; 
keinesfalls  erfordert  die  Rücksicht  auf  die  Nachbaretaaten  eine 
derartige  Vermehrung.  Nur  bei  den  Kavallerie-Divisionen 
halte  ich  eine  reitende  Abteilung  von  drei  Batterien  mit  vier 
Geschtitzen  unter  FortfaU  der  leichten  MonitionskoloDDeD  ftlr 
angezeigt. 

7.  Eine  Änderung  des  Seblefo?ei&khrenS)  die  den  Eigeotttmlidi- 
kdton  des  SohnaUfenergesoliltties  gereeirt  wird  nnd  nanenlUek 


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lM«8«lHiisM  beim  gtfaAtoählgwt  AbtaUoBgMoUaliMi  d«r  IiifiMt»ito.  171 

den  fr  u  h zeitigen  Emtrikt  der  Wirkimg  Terbttrgt,  halte  ioh 

für  geboten. 

8.  Ebeu  diesen  EigentUniüchkeiten  des  neuen  Geschützes  muls 
aneh  die  Verwendung  Keciinuug  tra^^eu.  Dahfr  irrörste  Sorg- 
falt bei  Erkundung  and  Einnahme  der  Feuersielluug,  früh- 
zeitiges Bereitstellen  überlegener  Artillerieniasseu,  die  aber  nur 
nach  Redarf  das  Feuer  eröffnen;  unter  Umständen  Nicht- 
beachtung des  feindlichen  Artilleriefeuers;  vor  allem  aber 
iOBiges  Zasammenwirkea  mit  der  lotauterie. 


vm. 

Zm  dritten  Maie  die  Irsffergeboisse  beim  gefechts- 
massigen  Abteilungsschiessen  der  Infanterie. 

Von 

Freiherr  von  Zedlitz  uud  iXeukirch. 
OberstleotDaot  beim  Stabe  des  lofanterie- Regiments  Kaiser  Wilhelm 

(2.  GroMerzogl.  Hess.)  No.  116. 


Id  No.  880  (Mal  1908)  dieser  ZeitocbrUI  hal  Herr  General- 
leatnant  Rohoe  anter  dem  Titel  „Zur  BenrteUoDg  der  Ttoffergeboisse 
beim  gefechtsnUlliBigen  ÄbteilmigsseUelBeii  der  Infanterie"  einen  Anl- 
aatK  yerttffentliebt,  worin  grundlegende  amtliebe  Versnebesablen  und 
daran  anBcUlelsend  aaoh  innere  Angelegenbeilen  der  Infanterie  eine 
naebdrUokliehe  Kritik  erfobren. 

Da  eine  mehrseitige  Beleaehtong  der  vorliegenden  Fragen  der 
Sache  nur  förderlieb  sein  kann,  so  boffe  ieb  aof  die  Zustimmang 
nicht  Dor  des  Lesers,  sondern  aaeb  des  am  unser  Sebiefsen  so  hoeb« 
verdienten  Herrn  Verfassers  selbst,  wenn  ieb  zu  seinen  Aasfilbrongen 
im  folgenden  als  Infanterist  Stellnng  nehme. 

Zum  Voraus  rotfebte  ich  betonen,  duh  sich  mein  Widerspmeb 
nnr  gegen  einzelne  springende  Punkte  richtet;  nichts  liegt  mir  femer, 
als  die  Absicht,  gegen  die  leitenden  Gedanken  oder  gegen  die  Ten* 
4ens  des  Gänsen  Einwendungen  zn  erbeben. 


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172    Trefiiiiri^ebaiäse  beim  ij^echtomärsii^eD  AbteUungsschielsen  üer  lAf&nterie. 

L 

Die  erste  Hälfte  des  in  Rede  fltebenden  Aufsatzes  bringt  eine 
Besprechung  der  Z.  169  der  ScbiefsTorscbrift,  deren  Zahlen  bekaiml- 
lich  die  TiefenaDsdebnnng  dee  „wirksam^*',  d.  b.  75°/o  aller  (leeeholb- 
bahnen  enthaltenden  Teils  der  GeBcbofegarbe  beim  AbteilaDg:sfeuer 
der  Infanterie  onter  normaloi  VerhXltnifleen  nnd  bei  mittelguten 
Sohtttasen  bedeuten.  Es  whrd  darin  dem  Zweifel  an  der  ZaTerlSaeig- 
keit  dieser  Zahlen  Anadmek  gegeben,  nnd  swar  suid  die  Bedenken 
dadnreh  Tenunaebt,  dals  die  HOhenslreunngen  „nieht  in  gesetamSbiger 
Weiae^  waebsen.  Es  ist  nieht  die  Infragestellung  der  Zahlen  an 
sieh,  wogegen  loh  mioh  wende,  denn  leb  weils  sehr  gnt^  dais  derartige 
YersDcbe,  zn  Tersehiedenen  Zeiten  nnd  mit  verMhiedenen  Mitteln 
ansgeXIÜurt,  leicht  erbeblieh  von  einander  abweichende  firgebniase 
zeitigen  kennen;  leh  mnib  dem  Heim  Ver&sser  sogar  sogeben,  dais 
bei  neneren  Versaeben')  die  HOhenstreanngen  anf  nahen  nnd  mittteren 
Entfernungen  tatsftchlieh  etwas  kleiner  anege&lleo  smd.*)  Was  iob 
beanstande,  ist  lediglich  die  Begründung:  nweil  das  Wachsen  der 
Höhenstreuungen  nicht  in  gesetzmäfsiger  Weise  erfolgf; 
denn  sie  sebUelst  den  Vorwort  eber  wissensebafttieh  inkorrekten 
Bearbeitung  der  Versnehsergebnisse  in  sich. 

Schon  Tor  einigen  Jahren  hatte  Herr  GeneraUeutnant  Böhne 
denselben  Einwand  erhoben.*)  Bald  darauf  erfolgte  ein  Versuch 
meinerseits,  fttr  die  Zahlen  einzutreten*),  wobei  allerdings  meine 
Beweisfttbmng  leider  lllckenbaft  ausfallen  mallste,  da  das  einsclililgige 
Versuchsmateiial  mir  swar  wohlbekannt,  aber  zo  der  Zeit  noeh 
„geheim"'  war. 

Diesmal  sacht  Herr  Generalleutnant  Bohne  seine  Behauptung  zu 
beweisen,  indem  er  ans  den  Ltopen^ttreuungen  der  Z.  159  die  zn ge- 
hörigen Höhenstreuungen  unter  Zabüfenahme  des  Verhältnisses  von 
Längen-  zu  Höhenstreuung  beim  Maschinengewehr  berechnet.  Hier 
möchte  ich  einschalten,  dals  dieses  Verfahren,  wobei  darebgehends 
mehr  oder  minder  stark  abgerundete  Werte  der  drei  Strennn^sgröfsen 
benutzt  wurden,  selbst  im  Falle  völliger  Übereinstimmung  der  Ein- 
üsllwinkel  bei  Gewehr  und  Maschinengewehr,  die  nrsprttngiicbe  Üeibe 

')  Vergl.  Krause:  Die  GeHtaltung der  Gescbo(sgarbe  der  Infanterie  beim 
gefeehtsmllsigen  Sehiefseii  unter  Anwendung  der  Wahrschelnlicbkeitalehre 
und  Behandlung  verschiedener  schiefstaktiscber  Fragen.  (Nadi  amtlichen 

Quellen  7u«nmnien^2:estellt.) 

3)  I  nter  nWen  rmstilndün  haben  so  kleine  l  iitei-schiede,  wie  sie  liier 
auftreten,  nur  eine  sehr  geriuge  Bedeutung  mit  Bezug  auf  die  praktische 
Verwertung  der  Zahlen. 

^)  Militär- Wochenblatt  1900,  No.  46  und  49. 

«)  Müitai^Wochemblatt  1900,  No.  67. 


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TnSetgMaM  bdm  gt/MkbttMOgtn  AlMSbngwtlhMkva  der  laCmtoile.  178 


der  Höhenstreuungen  beim  Abteilun^sfeuer  nur  in  sehr  ver- 
ßtUTiuiu  lter  Gestalt  wiederzugeben  vermag  (S.  537.  Zn>nTTtn)f  n- 
steiluni:  1)  Ich  nehme  davon  Abstand,  auf  diese  I  r4t^e  näher  eia- 
zug^eiieu,  da  mir  die  Sehufstafel  des  Maschineni:*  wehrs  riii-ht  genauer 
bekannt  ist.  vermag:  indessen  die  vorliegende  Streitfrage  aucii  ohne 
dab  /.II  entseheideu,  indem  ich  die  tatöächlichen,  unmittelbar  aus  den 
Versuchen  hervorgefrangenen  Höhenstreuungen  l>eim  Abteiluugsfeoer 
der  intanterie  beibringe,  aus  welchen  die  Zahlen  der  Z.  159  hervor* 
gegangen  sind: 


EntfeniDDg 

600 
700 
800 

1000 
1200 
1600 

2000 


50ö/oige 
flObenstreaong 
oni 

206 
245 
286 
B69 
458 
660 
1000 


Höbenstreaang 
om 

352 
419 
487 

631 
783 
1112 

1710 


Differenz 
für  je  100  m 


67 
68 
72 
76 
82 
148 


Die  HöheDStrenungen  beim  Abteilongsfener  gemäls 
Z.  169  bilden  somit  rine  geselxmäfBig  fortschreitende  Reihe 
mit  wacbsenden  Differenzen.  Von  0  bis  1600  m  sind  sie  zu 
^er  aritbmetisohen  Reihe  zweiter  Ordnung  aosgeglicben.  Die  Um- 
wandlang der  75^/oigen  Höhenstreuung  in  die  entsprechende  Tiefen- 
streonng  erfolgte  nach  Umsetzung  der  ersteren  in  Winkelmaff;  nach- 
stehenderweise: z.  B.  beträgt  auf  600  m  die  ganze  7r)°/^ige  Höhen- 
strenong  20.  die  halbe  also  10  Bogenminnten.  Der  Abgangswinkel 
fttr  600  m  ist  0**  45'.  Es  reicht  mithin  die  7r)**/oige  Tiefenstreaung 
von  derjenigen  Entfernung,  weiehe  einem  Abganpswinkel  von 
Of  45'  —  10'  =  0"  35'  entöpricht,  bis  zu  der  Entfernung,  welche 
man  bei  einem  Abgangswinkel  vn?i  0^*  45'  -f-  10'  =  0<^  55'  erhält, 
d.  b.  —  wie  man  mittelst  der  Abgangswinkelkurve  feststellt  —  von 
509  bi.'ä  fiSl  m.  beträft  also  91  4^  81  =  172  m.  Dieses  Verfahren 
ist  th(  luetisch  i:rnauer.  als  das  sitnst  tlbliche  und  auch  von  Geueral- 
lentnant  Kobm  angewandte  (Division  il(  r  11  ilunstreuung  durch  die 
Tangente  des  EiDfaliwinkelH).  In  Praxis  können  allerdings  bei  d»  la 
ersteren  Verfahren  kleine,  aber  unter  allen  Umständen  belanglose 


174  TreffecgeboJssa  beim  gefeohUmäliBigen  AbtoiloDgasobiefiiea  der  Infaatorie. 


Ungenauigkeitea  beim  Abk-seii  von  der  Kur u-  eiitöteheu.  Jedentalis 
unterscheiden  sich  die  nach  den  beiden  Methoden  erhaltenen  Ergeb- 
nisse FOü  einander  nur  aulaerordentlich  wenig: 


Die  Spalte  a  enthält  die  Erirt  Imi^sp  nach  di*r  ersten,  Spalte  b 
nach  der  zweiten  Methode.'}  Au.s  den  ersteren  sind  durch  Ahrundnng: 
auf  5  m  die  Zahlen  der  Z.  159  entstau  l«  n.  Hiermit  dürften  die 
Zweifel  an  deren  sachgemälser  Abfassung  alb  bebeitigt  anzusehen  sein. 


De.«»  weiteren  richtet  sich  die  Kritik  p:e^'en  eine  Ende  der  80er 
Jahre  von  der  Infanterie-Schielßischule  heransfreir*^'heDe  Tretferprozent- 
tahelle  (S.  Ö4ii  des  Maiheftes  i  Diese  Zusammenstellung  ist  schon 
seil  Jahren  ad  acta  geleyt  und  lan^-*.  vor  Erscheinen  des  Aufsatzes 
in  No.  380  durch  eine  andere  ersetzt  wurden,  welche  zuerst  „nur 
fttr  den  Dien^stgebrauch"  hestimint.  später  verößeutlicht  und  auch 
bereits  im  Anjj:ostheft  (No.  is:;,  der  „Jahrbtlcher"  durch  Herrn 
Generaileutuaut  iiobne  in  priuzipieii  zuütiuimendem  Sinne  besprochen 
wurde. 

Demnach  hatte  die  tragliche  Zusammensteiluiij»  uur  posthumes 
Interesse.  Es  bleibt  indessen  noch  festzustellen,  dals  sie  keineswegs 
Durchschnittszahlen  —  wie  in  jenem  Aufsätze  angenommen  wurde  — , 
sondeni  solche  Prozente  enthielt,  welche  tod  gut  ausgebildeten  Ab* 
teilungen,  hier  also  von  Teilen  der  aas  ausgesacbtestem  Material 
msammengesetefeeii  and  anf  einzig  dasteliende  HOlie  individneUer 
SchieÜBkanflt  gebraeliten  Skammliompagnien  der  Infanterie-Sebielii- 
sehnle  bei  xiehtig  ermitteltem  Viair  and  unter  günstigen  Witternnga- 
nnd  Belenehtongflrerbftttnisaen  erreicht  worden.  Die  Tafel  gab  also 
keine  DnrebsehnittS'  sondern  HOcbetzablen.  Sie  war  dem  Ge- 
danken entsprungen,  die  Truppe  vor  nnmOglioben  Fordemogen  in 

•)  P's  sind  hi«»r/ii  die  Abgranq^wiukel  des  Gow  98  benutzt,  welche  sich 
in  der  oben  Angezogenen  Schrift  von  Krause  S.  10  aufgeführt  finden. 


fintfemoDg 


Td^'/oige  TiefeustreauDg 


600 
700 
800 
1000 
1200 
1600 
2000 


a  b 

172  177 

158  168 

143  143 

116  121 

101  105 

77  80 


II. 


TnÜeigeHmiaa»  beim  giifMlitoiDlssig«ii  Abfc«jlinigBiohieas«ii  der  lotuM«.  175 

sehüizei).  In  diesem  Sinne  ist  sie  auch  bei  den  Kareen  auf  der 
Infanterie -Schiefsschüle  besprochen  und  es  ist  aasdrtlcklich  davor 
gewarnt  worden,  sie  als  Vergleich  smafs  st  ab  (\\r  die  Leistungen 
der  Truppe  zn  henut/rn.  Allerding«  sind  trotz  fortgesetzten  Wamens 
Mifsverständnisse  in  der  Armee  nicht  ansgebUeben,  und  eben  dieser 
Umstand  hat  zur  Aulserkraftbetzung  der  Tabelle  geführt.  Aöf  einem 
solchen  Mifsverständnis  beruht  auch  ihre  —  nunmehr  durch  ein 
D»^iikt)latt  reparierte  —  Aufnahme  in  den  „Leitfaden  für  den  Unter- 
richt in  der  Waffenlebre  auf  den  Königlichen  Kriegsschulen". 

Dem,  was  über  die  nachteiligen  Wirkungen  za  hoher  Darch- 
schnittsangabeu  gesagt  wird:  Überschätzung  der  zu  erwartenden 
eigenen  nnd  feindlichen  Feuerwirkung^  im  Kriege,  ttbertriebene  An- 
forderungen an  ilie  Truppe  im  Frieden,  ist  unbedingt  zuzustimmen. 
Die  iii  Kede  stehende  Zusammenstellung  wird  jedoch  von  solchen 
Vorwürfen  nur  insoweit  betroffen,  als  sie,  entgegen  dem  Willen  ihrer 
Urheber  nnd  entgegen  der  au  mafsgebender  Stelle  erfolgten  Aus- 
legung, zuweilen  milsverstanden  worden  ist. 

in. 

Zum  Schlüsse  kommt  der  Herr  Verfasser  auf  das  Kapitel  der 
„Wirkungen  auf  ethischem  Gebiet''  zu  sprechen,  welche  durch  zu  hohe 
Angaben  über  Feuerwirkung  yerorsacbt  werden  können.  £r  nennt 
dies  mit  Recht  „einen  sehr  heiklen  Punkt".  Wenn  er  aber  fortfährt: 
,wer  heilen  will  ood  wer  gesood  werden  will,  mute  den  Mut  der 
Wahrheit  beflttsen'S  eo  miilii  ich  als  lobateritt  gestehen,  daft  ich 
mich  dem  Gedankengange  dieses  Gleiebnisses  nicht  ansoUietsen  lunn. 

Gewifs  sind  »«Iirtllmer  und  Menselillobkdten*'  vorgekommen, 
sogar  ScUimmeres,  nnd  dergleichen  kann  niemals  ganz  ansgesdilossen 
sein  in  einer  so  irrofoen  Armee,  wo  so  grofser  Wert  anf  die  Treff- 
eigebnisse  gelegt  wird ;  ich  erkenne  sogar  gern  an,  dalh  in  der  über- 
triebenen Bedeutung,  welche  diesen  Ergebnissen  —  roOgen  es  Ringe 
sein  oder  FMMsente  —  hftufig  beigemessen  wird,  eine  nioht  zn  nnter- 
scb&tMnde  Gefiüir  liegt  Gans  entsebieden  aber  ist  dagegen  Ein- 
spruch sn  erheben,  dab  die  nicht  wegsnleiignenden  Einzelfälle 
stnflmren  Doldens  odtt  Handelns  als  ein  allgemeines  Obel,  alseine 
Krankheit  der  Ärmee^  gekennzeielmet  werden.  Vor  solcher  In- 
fektion sobttint  ans  nicht  nur  unsere  sehr  nachdrtteUich  gehandhabte 
Hygiene,  sondern  aneb  der  gesunde  Organismus  unseres  Qfltsierkorps. 

Die  von  Herrn  GeueraHeutnant  Bolme  vertretene  Auffassung 
UUst  sieh  fernerhin  m.  K  auch  nicht  durch  die  am  Schlüsse  (3. 646) 
mitgeteilten  drei  B^plele  begrllnden.  ZunSehst  schehien  mir  die 
dortigen  Angaben  ftlr  eine  erschöpfende  Beurteilung  der  FtfUe  nicht 

JakfMetor  für  dl»  dMtoak»  Ahm»  nd  Vaifa*.  Vm.  tm.  12 


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176    Treftergebnia««  beim  geteohtomli«si|rdn  AbteiloQi^BsehiesseQ  der  Infanterie. 

ansreiehend.  So  z.  B.  fehlt  die  Mitteilung  der  Schofszahleu,  deren 
ReDOtais  hier  sehr  wichtig  ist;  denn  es  leachtet  ein,  dals  bei  kleineu 
SfshnbBshlen  sohos  doieb  wenige  saviel  gesttUie  Treffer  eine  erheb* 
liebe  Steigerang  der  Pimnte  Temrsaoht  sein  kann«  wobei  solche  Irr- 
tOmer  dKreha«s  niebt  iramer  ein  aktim  öder  paasiTeB  Verseholdcu. 
war  Voraosaetnuig  haben  mltaseii.  Von  laleiesse  wMre  es  aoch 
gewesen,  zn  erbibren*  ob  die  IraglieheB  Ergebnisse  etwa  von  einem 
Pmftings-  besw.  Vergleichs-  oder  nnr  von  einem  gewOhnlicben 
Ubangasehieben  herrQhven,  letsterenfoUs  erscheint  eine  strafbare  Ab- 
siebt wenig  wabrschelnlieh  nad  eine  etwaige  Naehlüssigkeit  wiegt 
sicherlich  hier  weniger  sehwer.  Aber  selbst  schlimmstenfalls  bedeoten 
die  drei  Beispiele  doch  anch  nichts  weiter,  als  eine  vereinzelte  Aas- 
nähme  unter  jlihrÜch  vielen  tausend  Illllen. 

Schliefhlloli  machte  ioli  —  weniger  mit  Bezng  auf  die  drei  Fttlle,. 
als  Im  allgemeinen  besttglich  sehr  hober  Treffenahlen  —  der  ße- 
merknog  Banm  geben,  dafo  der  Herr  Verfasser  meiner  Ansiebt  and. 
Eifahmng  nacb  die  Steigerang,  weleher  die  Leistung  vonflgUcber 
Scbtttzen,  die  ihr  Gewehr  genau  kennen,  anter  günstigen  begleitenden 
Umstanden,  bei  freigegebenem  Haltepnnkt  anf  den  nahen  Ent- 
feraongen  Übig  Ist,  dock  ta  gering  bewertet.  Nloht  nnr  die  Höben-r 
streanng  kann  hierbei  aalserordentlleh  klein  aosfalien,  sondern  anch 
der  Koeffident,  welchen  die  nach  der  Metbode  von  Generalleutnant 
Bohne  errechneten  Tteffenmhien  gegenüber  Sohtttienltnien,  in  Wirklich- 
keit da  erhalten,  wo  avf  die  Scheiben  vefkäHnismäTsig  mehr  Treffer 
entfallen,  als  auf  die  Zwlseheniiome,  kann  sehr  erbebliehe  Werte 
annehmen. 

Ich  erklite  naehdrllcklich,  dals  mit  dieser  Bemerkung  nnr  tttr 
die  Möglichkeit  so  hoher  und  sogar  höherer  Treff'ersablen,  als  sie 
X.  B.  die  anter  IL  besprochene  Tabelle  fllr  Kopfziele  anf  nahen  Eni- 
feniungen  angibt,  eingetreten  werden  sollte.  Nichts  liegt  mir  ferner, 
als  Bo  hohe  SchieiiiplatKergebnisse  verherrlichen,  oder  auch  nur  als 
etwas  Erstrebenswertes  kenmseichnen  zu  wollen. 

IV. 

Es  gibt  ein  sehr  einfaches  Mittel,  alle  und  jede  üble  Wirkung- 
auf „etfaisc'beni  Gobief*  ein  für  alle  Mal  auszusehiielsen :  Man  ent- 
kleide die  Trelferprozente  der  mafsgebenden  Kollc,  welche 
sie  bei  der  Benrteiinng  einer  Trappe  im  Sobielsen  leider 
immer  noch  spielen. 

Soweit  mir  bekannt,  ist  anch  die  Infanterie -Schiefsscbule  seit 
längerer  Zeit  nnd  in  den  letzten  Jahren  mit  wachsendem  Nachdruck 
in  diesem  Sinne  tittig. 


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Twflwg»l>Bi6»e  beim  gefeehtamtoMgea  AhtofliingaaohieBaaa  der  Anftmterie.  177 

Es  soll  nicht  etwa  die  Bedeutimg  der  Treffergebnisse  verkanut 
werden;  sie  sind  sogar  sehr  wichtig,  nämlich  erstens  als  imentbebr- 
licfaes  Lehrmittel  nnd  zweitens  als  wirksamstes  Hilfsmittel  zur 
Belebung  des  Interesses  aller  Teile  an  dem  so  wichtifren  Uit  iist  des 
gefechtsmöfsifren  Schieiseuä.  Aber  zur  Beurteilung  der  Güte  einer 
Schielsleiatung,  ingbesondere  zar  vergleichenden  Bearteiinng,  sind 
die  Trefferprozentr  an  sich  darchaas  angeeignet. 

Der  Grund  hierfür  ist  folgender: 

Mälsige  Verkürzungen  oder  Verlängerungen  der  Schufsw  eite 
deren  Ursachen  weder  der  schieCsenden  Truppe  noch  dem  Leitenden 
zom  Bewolsftseln  kommen,  sowie  Fehler  oder  Irrtümer  bei  Bemessung 
der  wirklichen  Eutferuuugen  von  den  verschiedenen  Feuersveilungen 
bit>  zu  den  verschiedenen  Zielen,  vermögen  sehr  erhebliche  Ver- 
schiebungen der  Tretferge bnisse  zu  erzeugen,  und  zwar  uui  so  grölsere, 
je  genauer  geschossen  wird. 

Wie  das  des  nähereu  zu  verstehen  ist,  zei^i  das  folgende  Brudi- 
stück  einer  Trefferreihe;  es  gibt  die  Prozente  an.  welche  eine  Ab- 
teilung vorzüglicher  Schützen  mit  dem  \  isir  1200  m  gegenüber  einer 
maopshohen  Scheibenwand  zn  erwarten  hat,  wenn  die  wirkliche  Eut« 
fennnig  des  Zieles  1150  bezw.  1200  bezw.  1250  m  beträgt. 


KotferDDDg 

1150 

1200 

1260 

%  1 

1  6 

18 

2.6 

Man  siebt,  dals  biei  ein  VisierleUer  von  60  m,  mag  er  ans 
dner  V erleg^oiig  der  Sehnlsweifte  infolge  atmosiitiJIrischer  oder  sonstiger 
Etninrkaiigen  oder  ans  einem  Irrtum  besQgUeli  der  Entfemong  oder 
sebüelslioh  ans  einer  Kombination  beider  berrorgegangen  sein,  eine 
sebr  tiedentende  Verringerong  derPlrocente  bewirkt,  welcbe  oogleiob 
gidiser  ist,  als  die  dnreh  sehr  viel  sebleebteres  Sehielsea  an  sieb 
enengte.  Letstere  erkennen  wir  sofort,  wenn  wir  unter  denselben 
Verbältoissen  eine  Abteilung  mlttelmSisiger  SobUtsen  aebiefeen  lassen: 


ülotferoong 

1150 

1200  i 

1250 

/o 

8 

12  1 

6 

Befindet  siob  das  Ziel  auf  VisierBehu&weite,  so  treffen  allerdings 
die  mittelmälsigen  Scbtttsen  weniger  als  die  roizUglieben,  aber  bei 
Vorhandensein  eines  Visierfehlers  sinken  die  Prossente  der  mittel- 
mitlsigen  Schützen  in  sebr  viel  geringerem  Mafoe,  so  dals  sebon  bei 
60  m  Visierfebler  ihre  Ergebnisse  denen  Torsttglicber  Schlitzen  Über- 
legen sind,  nnd  zwar  bis  zum  Doppelten. 

Da  nnn  —  wie  schon  erwähnt  —  mäfsige  aber  dennoch  auf  die 
Prozente  betrttchtUchen  EinfluJs  Übende  Visierfebler,  welche  als  solche 

12» 


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178    Trefiergebnisse  beim  gefeobtsmässtgea  Abteiluag8sobies8«ii  der  Infanterie. 


YteUiibt  voll  dOB  SchieboideB  noob  von  dem  BeortelleDdeii  riebtig 
erkannt  weiden,  bftnfig  sa  erwarten  sind,  so  l&Irt  sich  ans  den  ▼oran« 
gegangenen  Betraditangen  folgern: 

1.  Beim  gefechtarnftfaigen  Abteilangsschiefsen  kann 
leioht  einmal  eine  vorsttgliok  ausgebildete  Abteilang  eben 
deabalb,.  weil  sie  Torzttglieb  aebieist,  sebr  wenig  treffen 
nnd  anok  Gefahr  lanfen,  tatsäeblieb  nngltnatig  benrteltt  an 
werden. 

2.  Beim  vergleiehenden  Abteilnngaaebiefaen  wird  bäofig 
die  sebleebter  aehiefaende  Trnppe,  eben  desbalb,  weil  sie 
sebleobter  aehiefat,  mehr  treffen,  ala  die  beaaer  aehiefaende 
nnd  anoh  lataäebiiob  gttnatiger  beurteilt  werden,  ala  dieae. 

Aber  niebt  nur  der  aohleebter  sebieiaenden  A  bteilnng  winkt 
dieae  Palme,  aondern  manebmal  aneb  dem  Ptthrer,  welcher  ent- 
eehieden  nniiebtige  Mabregeln  ergreift,  während  aeine  Baohgemäber 
baadehiden  Konkurrenten  rieb  mit  einer  geringeren  Note  bcgnttgen 
mttssen. 

Hierfllr  ein  erlebtes  Beispiel  aua  jttngster  Ptena:  Drei  Kom- 
pagnien Ton  etwa  gleieber  Seblelafertigkelt  sehoaaen  unmittelbar  hinter- 
einander nnd  unter  den  gleieben  Bedingungen  auf  der  festen  und 
bekannten  Entfernung  1800  m,  Ziel  eine  Schtltaenlinie.  Visierwahl 
war  freigegeben.  Bei  glühender  Hitie  nnd  leiebtem  Wind  von  lialb- 
rttckwürta  war  auf  betrSebtlioben  Weitsehnla  su  reehnen.  Infolge- 
dessen wühlten  awei  der  Kompagniefttbrer  die  Viriere  1200  und 
1800  m,  während  der  dritte,  entsebieden  nieht  gans  aaobgemi&er 
WeiBe,  mit  den  Visieren  1300  nnd  1400  m  scbolb.  Und  siehe  da, 
der  Mtte  ttberschols  die  beiden  anderen  nicht  onerhebUcb.  Diese 
eigentümliche  Ersoheinung  lieb  sich  nur  dadnrch  erklären,  dafe  der 
Einflals  einer  unergrttndeten  und  unkontrollierbaren  Ursache  dem 
Weitsehuis  nicht  nur  entgegengewirkt,  sondern  ihn  vermntlioh  sogar 
überwogen  bat.  Zum  Glück  haodelto  f  s  sich  hier  nicht  nni  einen 
Vergleich,  sondern  lediglich  am  ein  Versuehsschiefsen.  Wie  aber 
wenn  solche  Umatilnde  aneb  einmal  bei  einer  (relegenheit  eintreten, 
wo  die  Trefferprozente  einen  weitgehenden  Einflofs  auf  die  Beurteilung 
der  Führer  and  der  Truppe  aasttben! 

Man  sieht  alao:  Darob  Berücksichtigung  d^  einleitenden  Vor- 
schlages würde  man  der  Gerechtigkeit  niebt  weniger  dienen,  als  der 
Zweekmftfaigkeit,  der  Moral  oTid  der  Kameradsobaft. 

Wir  werden  williger  den  Trefterprozenteii  ein  geringerea  Gewicht 
bei  Bearteilang  der  Güte  einer  Schiefsleistnng  zuerkennen,  wenn  wir 
ans  darüber  klar  geworden  sind,  dafs  die  Schiefisplatzergebnisse 
einerseits  nnd  das  eigentliobe  Ziel  unserer  Sehieisausbildung,  nämlich 


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Kavtlleristisohe  Fragea. 


179 


das  Treffen  im  Kriege  aodereneito)  swel  gmodTeieebiedeDe  Dinge 
eindy  die  wenig  genng  miteinander  zn  ton  haben;  denn  dai  eine  isl 
▼om  andein  nieht  nnr  qnantüatiT,  sondern  aneh  seinem  Wesen  nach 
yerseliteden.  Was  im  Frieden  eine  sogenannte  nSehielskompagnie'* 
war,  liat  deshalb  noch  lange  nicht  die  Anwartsohafl  auf  grolsartige 
Kriegsieistmigen  in  der  Tasche,  nnd  omgeißehrt  kann  eine  Kompagnie 
mil  veeht  geringen  Sehieisplatsergebnissen,  wenn  sie  nnr  fllr  das 
Kriegssehieben  gnt  TorgebOdet  ist,  im  Felde  gegebenenfalls  den 
gegenflberstehenden  Feind  bei  miüsigem  Patronenanfwand  glatt  Ter> 
niflhten.  Das  kommt  daher:  auch  die  Bedingungen  des  Treffens 
sind  im  Frieden  nnd  im  Kriege  sehr  Tcrscldeden,  wie  sieh  das  ans 
der  Betraefainng  der  einschlägigen  ballistisohen  Momente  in  ihrer 
Weefaselwirknng  mit  den  p^ehologisehen  sweifeJsfrei  ergibt 

Ein  nllheres  Eingehen  anf  diese  Verhftltnisse  würde  hier  zn  weit 
fuhren,  nod  ich  sohlielhe  mit  der  Bemerkung,  dalh  es  eines  der 
wesentlichsten  Verdienste  der  neueren  Sehieblehre  ist,  auf  dem  thea 
berlihrten  Gebiete  neue  Gesichtspunkte  nnd  Ausblicke  ersohlossea 
zu  haben. 


IX. 

Kayalleristische  Fragen. 
I. 

Bin  Yonohlag  sur  Vemieliniiig  der  deutsohm  Kavall«rie, 

Ton 

Generalmiuor  z.  D.  r.  CiersdoiC 


Vor  knrzer  Zeit  ist  eitie  RrosehlJre  des  GenerRlmajors  Otto 
^Vorschläge  zur  Bildung  einer  kriegsreserve  von  Keilpferden  '  er- 
schieuen,  welche  den  Vorschlag  brachte,  die  der  deutschen  KavaPerie 
zur  Aulötellong  für  den  Kriegsfall  von  12  Kavallerie-Üivisioi  eo 
(6  Regimenter  za  je  4  Eskadr(jns)  nnd  48  Kavallerie  -  Divisions- 
liegimentern  noch  febiendeo  114  Eskadrons  aas  einer  bereits  im 


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180 


KamUeristMe  Fragen. 


Frieden  gesidierieD  Beseire  an  Mililllr|iferdeD  bei  Eintritt  der  Mobil- 
machimg  m  bilden. 

Dieser  wohlgemeinte  and  eiogeliCTd  begründete  VoieeUng 
erselieint  dämm  angreifbar,  weil  erstlieb  dieaen  nen  anbostellenden 
EakadronB  die  anagebildete  Fttbrersehaft  an  Offizieren  nnd  Unter- 
offiaieren  fehlt,  die  dnreh  Elemente  ans  dem  Benrlanbtenstand  nie 
ersetzt  werden  kann,  wenngleich  die  Beimischnn":  von  Offizieren  nnd 
Unteroffizieren  aas  der  Aktivität  eine  gewisse  Abhilfe  schafft.  Dem- 
nächst würden  aber  diese  neoformierten  Bskadroos  den  Friedens- 
eskadrone  auch  hinsichtlich  des  nicht  ständig  in  Dressur  nnd  Training 
sich  befindlioken  Fferdematerials  und  der  Mannschaften  nachstehen, 
die  doch  nnr  ans  mehr  oder  weniger  dem  Dienst  entwöhnten  Reser* 
Tisten  bestehen  könnten;  denn  ein  im  Mobilmachangsfall  onter- 
nommener  Anstansoh  zwischen  Aktiven  nnd  Reservisten  wttrde  die 
Mobilmachang  bedeotend  erschweren  nnd  verlangsamen. 

Da  es  unter  der  bestehenden  Flnanzlajs^  im  Reich  kaum  glanb- 
lich prschcint.  dals  die  Korderang:  von  114  neuen  Eakadrons  den 
Reichstag  passieren  wird.  inulV  nncb  einem  Modus  gesucht  werden, 
anter  dem  die  oben  erwähnte  Anforderung  der  Aufstellung  von 
12  Kavallerie -Divisionen  und  48  nivjsions-KnvnUerie-Keijimentem 
ohne  einf  so  erhebliche  Vermehrung  gewähriiist^t  werden  kainu 
Dies  erscheint  dei  Fall,  wenn  man  sieh  dazn  entschliefst,  diejenii^en 
Kavallerie-Kegimentpr  mit  sämtlieheti  5  Friedens-Eskadrons  ausrllcken 
/n  lassen,  welche  Itehut's  Fornnerung  von  Kav;i!lerie(iivisiuii('ii  Ver- 
wendnogfindea  sollen,  in  diesem  Fall  wären  die  Kavalleriedivisioneii 
statt  nns  6  Regimentern  zu  4  Eskadrons  nur  aus  5  Hegimentern  des 
Friedensstandes  zu  bilden  und  würden  die  Stärke  von  25,  statt 
24  Esk:ulr(tns  erreichen.  Zur  Bildung  der  3.  Brigade  ist  ein  Regi- 
tueut  m  o  Eskadrons  beim  Zusammentritt  der  Kavalleriedivision  m 
kombinieren. 

Eine  so  formierte  Kavalleriedivisiun  gibt  folgendes  Bild  in  der 
Treffeniorniation; 

1.  Treffen.  1.  Brigaiie.  1.  Regiment  zu  5,  2.  Regiment  /m  ö  Eskadrons. 

2.  Tretfeu.  2.  Brigade.  3.  Regiment  zu  4,  4.  Regiment  zu  4  Eskadrons. 

3.  Treffen.  3.  Brigade.  5.  Regiment  zu  4.  (>.  Regiment  zu  3  Eskadrons 

(kombiniert  aus  je  einer  Eskadron  des  3.,  4.,  5.  Regiments). 

Die  Stärkeverliältnisse  der  einzelnen  Brigaden  sind  hierbei  voll- 
kommen den  Antindemngen  dw  IVefientaktik  angepatsl  Allefdings 
ist  ein  T^effienweehsel  aasgeseblossen.  Dieser  aber  ist  ein  Friedens- 
epiel,  weloher  bei  genfigender  Anfklftrung  niebt  in  Anwendung  xn 
hotnmen  braneht. 

Sollen  die  Brigaden  innerhalb  der  Difisiooen  vor  fiugelweisen 


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Iümül6iiBtitdie  Fngn. 


181 


Verwendung  gelang'en,  so  g^ebort  die  Brigade  zu  7  Eskadrons  in  die 
Mitte,  die  beiden  stärkeren  Brigaden  auf  die  Flügel,  um  dort  eigene 
'Kesencn  und  Flankenstaffeluugen  ausscheiden  zti  können. 

Zur  Ertii Iking  selbständiger  Aufträge  während  der  Operation 
erscheint  eine  Brigade  zn  7  Eskadrons  zor  Not  auch  noch  stark 
penug,  vorhin sgpsetzt,  dafs  man  sjiarsiam  mit  Detacbierungen  umgebt 
oder  die  Kriegsgliedcruni:  einer  Kavallerie-Division  kann  unter  He- 
rUcksiübtigaDg  möglichst  gleicher  Ötärkeo  der  Brigaden  wie  folgt 
formiert  werden: 

1.  Brigade.    1.  Kegiment  zu  4  Eskadrons, 

6.  Uegiment  zu  5  Elskadrons.  (Formiert  aus  den 
5.  Eskadrous  der  5  Regimenter  der  Kavallerie- 
Division.) 

2.  Brigade.    2.  Regiment  zu  4  Eskadrons, 

a.  Hegiment  zn  4  Eskadrons. 

3.  Brigade.    4.  Regiment  /,u  4  Eskadrons, 

5.  Uegiment  zu  4  Eiskadrons. 

Die  5  Eskadrons  der  zur  Formierung  von  Kuvaiieriedivisionen 
bestimmten  Regimenter  rUcken  in  der  Friedensstärke  aus.  Die 
alten  Remonten  rticken,  vom  1.  Oktober  mit  ins  Feld.  In  der 
WiDterperiode  rttcken  die  bestansgebildeten,  im  Oktober  des  Vor- 
jahres eingestellten  Rekralen  TOm  1.  März  au  mit  ans.  Die  Be- 
krateDTakam  vom  EatiawiiDgBtermiDc  te  Beswfiflteo  bis  mr 
RekrnteneiiiflteUiiog  ist  mttgliebst  absokincii.  Vom  Zel^nmkt  ihier 
£iii8telliiiig  bis  zom  1.  April  weiden  die  Bekratea  In  der  Winter- 
periode  bei  den  Eskadrons  dnieh  Einstellung  von  Beserristen 
ersetzt  und  treten  als  attaehlert  snr  Eraats- Eskadron  woselbst 
sie  vorlSniig  nor  als  Aibeitssoldaten  Verwendung  finden»  oder 
sie  werden  snr  Verf  ügung  der  EisalsbehMen  ToilSnfig  In  ihre 
Heimat  entlassen. 

Die  Ersats-Eskadron  besteht  in  Ihrer  vollen  Etats-Slftrke  nnr 
ans  Aagmentationspfenien  und  Reservisten.  Ans  dem  Stande  des 
Regiments  weiden  ihr  Offiuere  nnd  Unteroffiziere  sageteili  Anber- 
dem  treten  sa  ihr  die  jnngen  Remonten,  die  kranken  nnd  dienst- 
nnbranchharen  Pferde  in  mögliehst  geringer  Zahl 

Als  attackiert,  wie  vorhin  gesagt,  sind  in  der  Winterpeiiode  die 
Rekroteo,  —  fslls  es  nieht  vorgesogen  werden  sollte,  sie  vorttufig  in 
ihre  Heimat  zn  entlassen,  —  auüberdem  die  kranken  Mannsehaften  des 
Regiments.  Der  Ersals  für  das  mobUe  Regiment  wird  seitens  der 
Ersatz-Eskadron  in  der  ersten  Zeit  des  mobilen  Verhältnisses  nor 
dnreh  Reservisten  geleistet,  deren  genttgend  vorbanden  sind^ 
«um  die  aene  Organisation  lebenskräftig  so  gestalten.  Selbst  das 


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182 


KAvallflrittl8flii0  Fkigm 


Zarttekgreifen  au!  jtlDgere  Landwehrjahrgänge  kann  als  kein  Ü  bei- 
stand aDgesehen  werdeo,  denn  diese  Leute  atad  in.  Pferde  aocb  voll- 
kommen  rüstig. 

Erst  dann,  wenn  die  Kescrristen  der  Ersatzeskadron  eine 
genügende  Anzahl  Augmeutationspferdc  nndReraonten  für  die  Rekrateu- 
ansbilduDg-  /ngeritten  habeu,  werden  bei  dieser  Rekruten  eicgestellt, 
und  erst  nach  Vollendung  deren  Aosbildang  gründet  sich  der  Ersatz 
für  da'^  mobile  Regiment  nicht  mehr  auf  Nachsendung  von  Reservisten^ 
sondern  auf  solche  von  Rekruten.  —  Die  Verstärkung  der  Feld- 
eskadrons  zu  150  Pf<  rdeii  uud  Köpfen  wird  den  Regimentern  grund- 
sätzlich erst  nach  vollendeter  Fürmalion  bei  der  Ersatzeskadron,  aber 
baldmöglichst  ins  Feld  nachgeschickt.  Sie  besteht  ans  den  besten 
Pferden  der  Augmentation  und  den  Heser^isten  der  jungereu  Alters- 
klassen, die  sich  noch  in  voller  (vaiiz(MuU)u[)^'^  betiuden. 

Es  ist  er^'Ünscht,  dals  die  Kavallerieregimenter,  welche  für 
Kavalieriedivisionen  bestimmt  sind,  nicht  dicht  au  der  Grenze  stehen, 
damit  sie  durch  Abgaben  für  den  Grenzschutz  nicht  geschwächt 
werden  müssen.  Die  für  die  Divisionen  bestimmten  Regimenter 
können  diese  Abgaben  besser  Ubtruchmeii,  weil  dieselben  erst  später 
an  den  Feind  koriiinen.  Ebenfalls  sind  die  für  Kavalieriedivisionen 
bestimmten  Regimenter  von  Abgaben  für  Zwecke  der  Pferdeaushebnng 
zu  entbinden.  Es  ist  dafür  borge  zu  tragen,  dais  die  Reservisten, 
welche  in  der  Winterperiode  an  Steile  der  noch  uuausgebildeten 
liekruten  zo  den  Feldeskadrons  treten,  noch  am  ersten  MobU- 
ma(  hungbtag  zum  Truppenteil  gelangen  kännen.  Für  Beschaffung 
der  Bespannpferde  am  ersten  Mobilmachungstage  durch  Aushebung 
in  der  Nähe  des  Standüits,  oder  freihändige,  kontraktlich  sicher- 
gestellte Lieferung  durch  Pferdehundicr  ist  ebeiitall.s  zu  sorgeu.  Auch 
hat  die  nötige  Anzahl  Trainsoldaten  am  ersten  Mubilmacbuügstag 
bereits  einzutreten.  Mit  der  Fürsorge  iUr  die  Feldequipage  des 
Stabes  des  bei  Zusammentritt  derKaTallericdiTision  neu  zu  formierenden 
Regiments  ist  das  Schwester- Regiment  der  betreffenden  Brigade 
za  beauftragen.  — 

Ad  den  KomeD  der  Mobilmachung  der  KavaUerieregimeiiter, 
welohe  m  den  DivisioneD  ala  DiidBionskandleiie  in  traten  haben, 
wird  lüebtB  geändert.  Die  6.  Eskadbni  bldbt  hier  ab  Enafaeakadien 
im  Standort  snrttok.  Die  vorgeschlagene  Änderung  der  Mobilmaefanng 
der  fkir  KsvalleiiediTisionen  bestimmten  Begimenter  ermöglicht  es 
aber^  dalii  Jeder  Division  im  Kriegafali  ein  KaTalieiieregiment  m 
4  Esltadrons  angeteflt  werden  kann.  — 

Falle  die  oben  yorgeechlagene  nene  Kriegsgliederung  der  fttr- 
die  dentsche  Armee  als  notwendig  angestrebten  12  Karalleriedivisionea. 


I 


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KftvallerilklMilio  Fngen. 


im 


ins  Leben  tritt,  so  kann  die  auf  119  E^kadiooi  berechnete  \  er- 
mebmng  der  deutBehen  Kavallerie  auf  58  EskadroDen  yerringert  werden. 

Nene  Kasememente  and  Garnisoneioriebtungen  sind  nur  fttr 
14  Regimenter  nötig.  Es  bleiben  bei  den  vorhandenen  Regimentern 
keine  Ställe  noch  Kasernen  nnbenntzt,  da  s&mtUehe  Begimenter  zu 
5  Friedens-Eekailrons  formiert  bleiben. 

Der  Obeigaog  der  für  die  KavalleriediyisioneD  bestimmten 
Begimenter  cor  Kriegsformation  ist  einfach;  die  Höbe  des  Plerde- 
bestandes,  mit  welchen  die  Eskadrons  dieser  Regimenter  znnitohsl  an 
den  Feind  gdangen»  ist  keine  geringere  als  die  irttber  bereehoete. 

In  Kaaf  ta  nehmen  ist  der  Nachteil,  den  die  Notwendigkeit  mit 
sieb  fthrt,  das  &  Regiment  der  KaTaUeriedivision  erat  bei  ihrem 
Zttsanunentritt  formieren  zo  kOnnen.  Indessen,  solche  Begimenter 
werden  bei  den  FriedensUbangen  der  KaTalleriediTisionen  Öfters 
ionnieit  nnd  haben  dort  ihren  Dienst  nie  TCfsagt.  — 

Nachstebende  Berechnung  beaweckt  die  Deckung  des  Stärke- 
bedarib  der  deutscben  Kavallerie  im  Kri^^all  nach  dem  im  vor- 
stehenden AnfBata  vorgeschlagenen  Mohilmacbnngspriaslp  nnd  Kriegs- 
gUedemag  nacbanweisen. 

a)  Berechnung  unter  Zugruudelage  von  Regimentern. 

Bedarf:  V2  Kavalleriedivisionen  za  5  Regimentern    60  Regimeutt-r 
4Ö  DivisionS'Kavallerieregimenter  48  Regimenter 

Summa  108  Regimenter 
Im  Frieden  zurzeit  vorhanden  einscbl.  des 

komb.  Jäger-Regiments  z.  H.  94  Regimenter 

Es  fehlen  mithin  nnd  sind  nen  an  formieren   14  Begimenter 

b)  Berechnuiifr  unter  Zu^^ruiideiegnng  von  Eskadions. 

Bedarf;  12  Kavalleriedivisioneu  zu  5  Res:imeuteru 

zu  5  Eskadron«!  (Hüintlicb  im  Felde)       300  £skadruus 
48  Divisions  -  Kavallerie  -  Kej^imenter  zu 

5  Eskadrons  (davon  eine  Ersatzeskadron)  240  Eskadrcii^ 

Summa   540  ÜSskadrons 

•  Im  Frieden  zurzeit  vorhanden  (einscbl iels- 

lich  der  Eskadrons  Jäger  zu  Pierdc)      482  Eskadrons 

Es  fehlen  mithin  nnd  sind  nen  au  formieren     58  Eskadrons. 


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184 


Kavaltoilatlmlie  Fngm, 


II. 

Sohafliing  einer  Kriegsreserve  an  Pferden 
für  das  dentsohe  Heer. 

Oberst  a.  D.  Spohr> 


In  einer  Zeit,  wo  die  V  ermehrang  der  Kavalieriewaffe  auf  der 
Tagesordnung  steht,  haben  von  sachv<  rst  uidi^er  Seite  kommende 
Vorsehläge,  welche  «ich  auf  da>  im  Titel  gf  nannte  Thema  beziehen, 
uiu  SU  mehr  Anspruch  auf  Beaclituug,  als  sie  mit  der  Lösung  jener 
Frage  gleichzeitig  die  als  notwendig  erkannte  Vermehrung  der 
Kavallerie  organisatorisch  und  finanziell  zu  erleichtern  beabsichtigen. 

Es  ist  auch  ganz  uaturgeniäls,  dal's  iu  einer  auf  der  allgemeinen 
Wehrpflicht  beruhenden  Armee  ein  gewiaaer  radikaler  Zug  dabin 
zielenden  Vorschlägen  eine  besondere  Amiehungskraft  verleiht. 
Andererseits  stehen  der  Ansitlhrung  solcher  wei%ehenden  Orga« 
DisatioDeii,  wie  sie  Genenl  Otto  In  besag  aof  obiges  Tliena  in 
«einer Sehrift:  „Armee-Remontiernng  und  Pferde-Anshebnng, 
'Vorschläge  snr  Bildung  einer  Kriegsreserve  von  Hilitttr- 
pferden''  (2.  nenhearbeitete  Anfinge,  Berlin  nnd  Leipzig,  bei 
Fr.  Lnckhudt,  84  S.  gr.  8^)  plant,  doch  manebe  Hindeimsse  entgegen, 
welche  dner  besonderen  Würdigung  bedOzfen. 

Ein  nicht  m  unterschättendes  Verdienst  der  Schriit  des  General 
Otto  ist  aber  zunächst,  dab  dureh  ihre,  allerdmgs  vielfaeh  nur  aof 
^bftfKung  beruhenden  statistischen  Angaben  und  Bereebnungen 
ÜbelstBnde  erneut  ans  Tageaüeht  gesogen  und  einer  kritischen 
Beurteilung  ausgesetst  weiden,  deren  durchgreifende  Abbttlfe  wehl 
Jeder  Reorganisation  unserer  KavaUeiie  voranegeben  mala,  aber  auch 
bei  gutem  Willen  keineswegs  schwielig  ist. 

Da  filllt  zunächst  die  Hohe  der  VerluatsUTer  auf,  welche  der 
Herr  General,  als  alljährlich  den  Ffierdestand  des  Heeres  trefliend, 
seinen  Berechnungen  sugmnde  legt 

W^enn  er  gidch  anfangs  (S.  6)  Ton  den,  den  Friedensstand 
bildenden,  105443  Dienstpferden  nur  81(X)0  als  kri^branchbar 
Annimmt^  so  scheint  das  doch  einigermafisen  Übertrieben.  Bis  jetzt 
wird  der  Ausfall  von  abgestandenen,  dienstunbrauchbaren  and  aus- 
rangierten Pferden  jährlich  durch  rund  10500  Remonten  gedeckte 
Da  nun  der  Abgang  an  gefallenen  und  dienstunbrauchbar  gewordenen 
Pferden  in  den  letzten  20  Jahren  durohachnittlich  rund  4°/o  betrug,  also 
rond  etwa  4000  Pferde,  so  würden  immerhin  bei  einer  Mobilmachung 
im  Fräbiabr  von  den  weiterbin  im  Herbst  noch  auszurangierenden 


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KtvaltoilstiMhe  Fngwi. 


185 


*6500  Pferden  iniDdestens  5000  noeh  als  kriegsbniiicbbar  sn  reohneo 
-sein,  80  dafs  einscblielslich  der  jflogsten  RemoDten  mnd  etira 
100000  kriegebranchbare  Pferde  Terbleiben.  Reobneft  man  den 
Jüngsten  Jabj^pang  der  Remonten  ab  —  was  nacb  dem  Sy entern  des 
Generals  Otto,  der  die  Remonten  nach  6 monatiger  Ansbildang  als 
völlig  kriegsbranohbar  einstellen  will,  eigentlich  nicht  n^tig  ist  • — 
80  würden  immerhin  ca.  90000  kriegsbraachbare  Pferde  yerbleiben. 

Noeb  aofiallender  stellen  sieb  die  darobsobnittliehen  Veiinst- 
'/iffern,  welche  der  Herr  Verfasser  uns  S.  14  in  einer  Tabelle  vor- 
tührt.  £r  berechnet  dieselben  mit  5**/o  jährlich  Hir  den  ersten 
Jahrf^ang  nnd  läist  sie  bis  zum  10  Jahrgänge  auf  17^/o  steigen,  so 
dats  sich  bei  einer  jährlichen  Einstellung  von  28697  Remonten  auf 
10  Jahrgänge  berechnet,  eine  Kriegsstärke  von  nur  207061  Pferden, 
also  ein  Vortust  von  ca.  80000  Pferden  (286970—207061)  binnen 
10  Jahren  ergeben  würde. 

Dals  aber  eine  Pferdepflege  und  eine  V  eterinärkunde, 
die  einen  solchen  Verlost  von  fast  (2H"i'j)  rIIot  ein- 
ireetellten  ri'crdf  in  10  Friedensjahre u  zur  Folge  hätten, 
einer  r  it □(!  J  i chen  Keiorm  bedürfen,  das  wird  wobl  niemand 
in  Zweilel  ziehen. 

Nun  ist  aber  die  Aimahine  des  Herrn  Verfassers,  dafs  die 
Kj:iegsur)!)iauchbarkeit  der  Pferde  pro  j)  ort  ioual  mitdem  Alter  stetie: 
zunehme,  dorcbaos  irrig.  Im  Gegenteil:  nach  erledigter  Kemonten- 
ansbildnno:  nimmt  bei  eini«?emiafsen  vernunftiger  Gesundheitsplle^^c 
•die  W  iderstandsfähigkeit  der  Pferde  vom  7.  bis  zum  12.  Lebensjahre 
ständig  zu,  bleibt  dann  unter  ^rlcieher  Voraussetzung  bis  zum  Ii». 
durchRchnittlich  konstant  und  nimmt  dann  erst  bis  zum  24.  wieder 
langsaii]  ali. 

Wo  da«  anders  ist,  da  trägt  daran  alle  in  falsche  Pferdepflege 
und  eine  leider  noch  in  mittelalterlichen  Anschauungen  befangene 
auf  Verwendung  von  innerlichen  und  äuiseren  Giften  beruhende 
Heilkunde  die  Schuld. 

Von  den  im  Alter  von  8-  lü  Jahren  vorhandenen  Pferden  der 
Stabswache  Kaiser  Wilhelms  1.  haben  sich  im  Kriege  1870/71 
die  12— 16jährigen  geradezu  am  besten  bewährt  und  die  Palme  hat 
unter  diesen  ein  16 jähriges  davongetragen.  Diese  ganze  Truppe 
aber  hat  bei  gröfsten  Anstrengungen  dii  mindesten  Verluste  gehabt. 

Der  zuli  tzt  als  Kommandeur  der  Gardekavallerie- Division  im 
Dienst  gestandene  Generalleutnant  von  Hontheim  hatte  den  Grund- 
-satz,  nur  12jährige  Pferde  für  sich  selbst  zu  kaufen.  „Wenn  diese 
gesund  und  knocbenrein  sind,"  so  änfserte  er,  ),daun  halten  sie 
.mindestens  noch  weitere  12  Jahre.^' 


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186 


KavaUeristimbe  Fugen* 


fch  ritt  1850  bei  der  Mobilmachnng  im  Winter  eine  iöjährige 
SeDoer-State,  welche  im  Dezember  bei  Soest  ein  Kirchtnrmrennen, 
bei  dem  mehrere  15—16  Fafs  breite  Hohlwege  übersprungen  werden 
raofsteii,  als  Sit^^eriii  glänzend  absulvierte.  Dieselbe  wurde  1860,. 
damaid  2b  Jahre  alt.  ausrangiert,  von  einem  sehr  flott  reitenden 
Stabsoffizier  der  Artillerie,  Major  G.,  gekauft  and  bis  zu  seinem 
o  Jabre  spater  erfolgten  Tude  im  Dienst  geritten.  Sie  war  auch 
damals  noch  ein  Uberaus  leistungsfähiges  Pferd. 

Als  der  ehemalige  luKpekteur  der  4.  Artillerie-Inspektion, 
Generalleutnant  von  Köhl,  starb,  wurde  sein  damals  ;iO]ahii;rer 
Hengst  von  einem  begeisteittu  .^purtamanne  gekauft,  iu  ät-iuem 
Temperament  aber  noch  immer  recht  heftig  und  schwierig  befunden. 

1871  kaufte  ich  einen  12  Jahre  alten  und  mit  „Strablkrebs** 
auf  beiden  Vorderhnien  behafteten  Gieljndiscky'er  Wallach.  Nachdem 
der  „Strahlkrebs**  in  natorgemäfser  Kor  binnen  2  Jahren  beseitigt 
war,  ohne  dab  der  Wallaeb  deslialb  auch  nur  einen  Ta^p  rersagt 
hittte,  ritt  ieh  das  edle  Tier  nooh  8  Jahre  bis  za  meiner  Zar- 
dispodlioiitteUnng.  leb  babe  b  diesen  10  Jahren  in  den  4  grolseQ 
Garnisonen,  in  denen  iob  stand,  niemais  ein  Pferd  geibnden,  welebea 
im  Trabe  nicht  von  ihm  geseblagen  worden  wUre,  nnd  als  ich  ihn 
1681,  damals  ab  22jährigen,  Terkanfte,  sebrieb  der  neue  Besitzer 
2  Jahre  später,  dals  in  seinem  ganaen  Beiirk  iLein  Pferd  sei,  welehes 
er  nicht  als  Beit-  wie  als  Tilbnxypferd  aastrabe. 

Ja,  ich  habe  ein  Pferd  gekannt,  weiches  1804  geboren  nnd 
1808  TOn  Napoleon  1.  dem  damaligen  Miyor  und  Kommandeor  des 
4.  franaOsiseben  Hnsarea-Regimenta  H.  gesebenkt,  nachdem  dieser 
es  als  Oberst  161S  als  einaig  ttbriges  ron  seinen  6  Pferden  ana 
dem  Bttekinge  ans  Bnbland  gerettet,  ron  ihm  noch  1862  (alsa 
58  Jahre  alt)  tIgUeh  am  die  Wallpromenade  in  Mttnster  i. 
geritten  wnrde. 

Nun  mag  man  alle  diese  Pferde  itlr  besondere  Aosnabmen  er- 
klttren,  das  aber  steht  nach  meiner  nnn  mehr  als  60jfthiigen  £r 
fahrong  bezüglich  Dauer  and  OebranehsfiQiigkeit  Ton  Pferden  fest,, 
daib  diese  „Aasnahraen"  weniger  der  besonders  wider- 
stand sf  Ith  igen  Eonstitation  der  sie  bildenden,  als  der  kflnst» 
lieh  abgeschwächten  nnd  beeinträchtigten  aller  ttbrigea 
Pferde  anzasebreiben  sind. 

Wenn  ein  geistvoller  Franzose  vom  Heawben  gesagt  hat:- 
»L'homme  ne  menrt  pas,  ü  se  tae**,  so  konnte,  man  von  den  Pferden 
sagen:  nies  ehcTanx  ne  menrent  pas,  ils  sont  täte  par  l'ignorance 
de  lenrs  possesseors'*.  Unwissenheit  nnd  Arzenetaberglanbe- 
toten  sie.  £s  würde  daher  nicht  schwer  sein,  namentlich  in  der  Anne» 


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Kavalierisüsehe  Fragen. 


ibl 


dnreb  EiBfUbraog  einer  „natorgemälsen  Gesandbeitspflege" 
<S«  3*  Auflage  dieser  meiner  Schrift,  erschienen  bei  Sobmorl  &  t. 
SeefeM  Haebfolger  178  S.  Pieis  2  M.)  die  Pferde  doiebsehntttlteb 
bis  zDm  20.  Lebensjjahre  felddienstlftbig  za  erhalten.  Und  diese 
Reform  halte  ich  für  diejenige,  welche  unbedingt  den  von 
Oeneral  Otto  gemachten  Vorschlägen  roransgehen  nnd  sn« 
l^rnnde  gelegt  werden  mttlste,  wenn  letztere  anch  in  dem, 
dnreh  die  Bticksieht  anf  die  Kriegsbranchbarkeit  unserer 
berittenen  Truppen  erforderten,  abgeschwächten  Mafse 
2ur  Binftthrnng  gelangen  sollten,  ohne  nnsern  finanziellen 
Ruin  berbeizufllbren. 

Die  Vorwhliige  des  Herrn  Generals  lauten  knra  gefSabt:  „Bin- 
ftthrnng einer  nnr  vieijährigen  aktiven  Dienstseit  ftr  Kayallerie- 
und  ArtiUeriepfeide»  Einstellung  einer  ca.  dreifachen  Remontezahl, 
wie  gegenwärtig,  nnd  zwar  TolQährig  (Im  Alter  Ton  5Vs — BV»  Jahren, 
Aasbildung  dieser  Remonten  binnen  6  Monaten  und  weitere  6e- 
nutning  als  Tmppenpferde  bis  nach  Ablauf  des  4.  Dienstjahres, 
dann  Verkauf  unter  der  Bedingung,  dars  sie  vom  Besitzer  noch 
6  Jahre  lang  als  Anneereserre  sur  Verfügung  der  Armee  im  Falle 
einer  Mobilmacbang  (gegen  Entschädigung  nach  Taxe)  and 
unentgeltlich  za  einer  jährlichen  etwa  8w0chigen  Übung  gestellt 
werden  mtlfsten." 

Aof  diese  Weise  will  General  Otto  die  oben  berechneten 
ca.  207000  Pferde  fUr  den  Kriegsfall  ausgebildet  bereit  stellen  bei 
einem  Friedensstande,  der  dem  heutigen  von  ca.  105500  Pferden 
entspricht,  aber  bei  einer  jährlichen  Bemontierung  von 
28697  Pferden. 

Er  heroft  sich  dabei  teils  auf  die  schweizerische  Kavallerie, 
teils  anf  die  in  Osterreich  mit  6  Landwehr-Ulanen-Regimentern  und 
Tuit  den  10  ungarischen  HouTedhasaren-Begimentern  gemachten  Er- 
lahrungen. 

Nun  i.st  die  sch^veizerische  Kavallerie  eine  reine  Miliz-Kavallerie, 
die  den  Ordonnanz  lif  nst  und  zur  Not  auch  den  Dienst  als  Divisions- 
knvallerie  unter  den  örtlichen,  die  Tätigkeit  der  Kavallerie  aulser- 
ordentHch  beschränkenden  schweiz»^rischP!i  Verhältnissen  allenfalls 
zu  versehen  vnrraag.  Die  Kavallerie  einer  Örofsmacht  aber,  die 
sich  auf  riietien  Standpunkt  /nrllckschnuibeo  liefse,  wärde  damit 
<;eg:enHber  den  Kavallerien  all-  r  aTuieren  Grolsmächte  förmlich  ab- 
danken und  eine  traurige  Rolle  spielen. 

Die  Leistungen  der  ungarischen  Honvedhusaren- Regimenter 
stehen  auf  einer  schon  wesentlich  höheren  Stufe,  was  sie  besonders 
ihrem  von  Jugend  auf  des  Reitens  und  der  Pferdepflege  kundigem 


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188 


KiTnlleriitiaeli«  Fngn. 


£raate  ad  Mannschaften  yerdankeo.  Ibre  Remonten  werden  aller- 
dings nur  6  Monate  lang  ansgrebildet,  dann  unentgeltlich  an  PriTate- 
ausgelielieOf  die  sie  alljährlich  zu  dreiwöchigen  Übungen  stellen, 
müssen,  woran!  sie  nach  6  Jahren  ihr  volles  Eigentum  werden.  Die 
Stuten  werden  meist  von  Königlichen  Gestütshengsten  belegt  und 
so  für  die  Zucht  nutzbar  gemacht.  Die  Leistungen  dieser  Houved- 
husaren-Regimenter  sind,  wie  mich  der  Augrenschein  in  llng-am  belehrt 
hat,  denen  der  schweizerischen  Milizkavallerie  zwar  entschieden, 
überlegen,  werden  aber  in  Ostcrreich-TInirarn  selbst,  ebenso  wie  die 
österreichischen  Landwchrulaneu-Kegimenter,  nur  als  ein  Notbehelf 
angesehen,  welcher  die  i'inanzen  des  Staates  wesentlich  entlastet, 
aber  keineswegs  eine  der  Liüienka?allehe  gleichwertige  Waffe 
hentellt. 

Beurteilen  wir  die  Vorschläge  General  Ottos  vom  Gresichtspunkte 
unserer  Verhältnisse  aus,  so  würden  der  3.  und  4.  Jahrgang, 
letzter^T  vollständig,  ersterer  etwa  m  7:i  <i'^  Rekri!ten]>t'e:  (Ic  hcTMit/t 
werden  müssen,  der  Kest  des  3.  und  rler  .);ihr;:aug  wiirdcu  wohl 
einer  Korrektor  be/w,  einer  wiederhültrn  iiciinmU'dressur  bedürfen, 
sodals  der  Wint^  rreitdienst  der  Schwadronen  in  Rekruten-,  Uemonte- 
und  Korrektur-K.iaäseu  zerfiele.  Dafs  nach  solcher  ZusanniiPiisr-tzun^- 
der  Schwadronen  deren  Exerzieren  im  Frühjahr  und  später  das 
Kegimentsexer/ieren  wesentlich  iiDttr  die  jetzige  Höhe  herabsinken 
roülste  und  unser  obiges  Urteil  rechtiertigeu  würde,  ist  wohl  un- 
bestreitbar. 

Die  verkauften  Pferde  des  5.  Jahrganges,  welche  tiach  den 
hier  hesfiroehenen  Vorschlägen  noch  6  Jahre  lang  als  Armee-Reserve 
zor  L)is})obitiun  des  Staates  im  Falle  einer  Mobilmachnnp-  bleiben 
sollen,  will  General  Otto  in  2  Serien  zu  3  Jahrgängen  teilen,  von 
denen  die  Pferde  der  jüngeren  Serie  nnr  innerhalb  des  Arme«'- 
korpsbezirks,  die  der  älteren  S<  rie  alier  i  ii  ii  c  rh  a  1  b  des  ganzen 
Deutschen  Reichs  weiter  sollen  verkauft  \serdeü  dürfen. 

Das  würde  nicht  nur  die  Kontrolle  ungemein  erschweren,  soridi  rn 
auch  allen  möglichen  Kuusigrilleü  der  Besitzer  Tür  and  l'or  ötiiu  n,. 
um  sich  durch  relative  Kriegsnnbraucbbarkeit  das  baldige  TÖlUge 
Eigentum  der  Pferde  zu  verschaffen. 

Die  Erfahrungen,  welche  die  preulsische  Artillerie  nu tangs  cier 
60er  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  Seemacht  hat  mit  dem  unent- 
geltlichen Ausleihen  von  Pferden  an  Landwirte  zur  beliebigen  Be- 
nutzung mit  der  Verpflichtung,  sie  gut  in  Futter  und  Pflege  zu 
halten,  sie  aber  bei  einer  Moliiliiiachung  der  Artillerie  zurUckzusteiieu, 
sind  so  ungünstige  gewesen,  dals  man  nach  2jährigen  Proben  diesen. 
Versuch  endgültig  aufgab. 

• 

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Kavallerifttlaolie  Fngon. 


Dabei  bat  doli  die  Bediogoi^,  dals  bei  Eintritt  irgend  einer 
V^tenng  oder  EranUieit  sofort  der  Tieranct  vx  Rate  gifzogeft 
werden  raolste,  keineewegs  so  ntttdieh  erwieteo,  wie  der  Staat 
vorannetrte.  Das  kann  aneh  nnmOgUob  der  Fall  sein,  so  lange  die 
Veterinärkande  an  einer  Heilmetbode  festbttlt,  die  ea  für  jeden  er> 
fabieDen  Pfeidebesitzer  zur  stehendeo  Regel  hat  werden  laflsen^  ,|eiik 
einmal  tieiiintlieb  behandeltes  Pferd  baldmögliehst  za  rerkanleD/' 

Erst,  wenn  richtige  Grandsätie  ttber  Pferdeg:csiiDd> 
heitspflege  and  KrankbeitabebaDdlnng  in  der  Tierheil- 
kunde Eingang  gefunden  ond  damit  aneb  den  Pferdebe- 
sitzern  geläufiger  geworden  sein  werden,  kOnnen  die  Vor« 
aebläge  des  Herrn  General  Otto  in  ihrem  gesunden  Kern 
aar  AnsfUhrong  gelangen.  Bis  dabin  würde  jeder  Versuch  in 
dieser  Richtang  jenen  ,,2.  Schritt  Tor  dem  ersten"  bedeuten,  den 
Friedrich  der  GroTse  an  Joseph  IL  so  sehr  tadelte. 

Der  gesunde  Kern  der  Ottoschen  Vorsehläge  erfordert  aber 
zunächst  eine  engere  Begrenzung  derselben  in  der  Richtung,  dals 
einerseits  die  gründliche  Ausbildun^r  der  Kavallerie  un«I  Artillerie- 
/u  ihrer  taktischen  und  strategischen  Verwendung:  nicht  nur  nicht 
Schaden  leidet,  sondern  durch  den  Zuwachs  von  mit  gründlich 
aosgebildcten  Reit-  hezw. Zugpferden  ausgerüsteten  Resen  r  Kiivallcrie- 
und  Artiilerif -Kf^imentern  einen  namhaften  Zuwachs  *  iluilt,  utuic 
daüs  die  l' inauzen  des  Reichs  Uber  Gebühr  angegrlfien  werden. 

In  einifjren  Punkten  muls  ich  dabei  allerdino:s  von  Ansichten 
ausgebeu,  weiche  von  denen  des  Crenerals  Otto  ziemiich,  aber  in 
gtinstiger  Richtung  abweichen. 

Nach  meiner  Erfahrung  lassen  sich  bei  einigermafsen  vernünf- 
tiger Pferdepflege  und  Krankheitsbehandlnng  (s.  in  dieiscr  iieziehung 
die  neuesten  Auflagen  über  „Bein-  und  Uufleiden  der  Pferde", 
l^eipzig  bei  Arvved  Strauch,  und  „Innere  Krankheiten  der 
Pferde  etc."  bei  Schuiorl  u.  v.  Seefeld  in  Hannover)  recht  wotil 
die  Abgänge  an  abstehenden  und  dienstnnbiauchbar  werdenden 
Pferden  von  ihrer  jetzigen  Hübe  von  l°/o  auf  2  hk  i'/a^/o  herab- 
mindern, wie  sie  denn  schon  vor  ca.  (JO  Jahren  nur  zwischen  1 — 2"/^ 
schwankten.  Ebenso  ist  die  Einstellung  der  Kemunten  im  Durch- 
schnittsalter von  5  Jahren  (4V2— «^V«)  der  von  General  Otto  vor- 
geschlagenen im  Alter  von  6  (5'/g — 6'/2)  Jahren,  entsohteden  vor* 
anziehen,  sobald  eine  rationelle  Auabildong  stattfindet  Denn  das- 
unausgebiidet  6)fthrig  gewordene  Pleid  setat  mit  seinen  aelb- 
stindig,  nieht  mit  fitteksieht  auf  seinen  demnäebstigen 
Beit-  and  Zuggebranoh,  ausgebildeten  Muskeln,  der  Dressur 
vidfaek  einen  Widerstand  entgegen,  welcher  weit  schwieriger  zu 


Ksvatl«rftllMha  nragvB. 


bewältigen  ist,  als  bei  dem  jttDgern  4^2— 5  Vi  jährigen  Pferde,  was 
die  Aosbildoog  recht  erbeblich  erschwert,  nicht  selten  aber  die  Ent- 
stehnng  von  Knochen-  und  Gelenkfehlern  begrttnstigt.  Andrerseits 
werden  g'erade  bei  rationeller  Dressur  (s.  rnpine  Schrift:  Die 
Lo<rik  in  der  JJfMtkunst.  I  Teil:  Die  Rezieh  u n  pr-n  der  Reit- 
und  DresHurhiÜeü  zur  aiiätornischen  Mechanik  des  Pterdes. 
(Stuttgiut  bei  Schiekhjmit  ii.  KUwr  190B),  bei  dem  jungen  Pferdt* 
seitgerecht  und  mit  f.eichtio:keit  die  Muskeln  gerade  so  gettbt,  wie 
sie  seinem  kihittiiren  riehraneh  besonders  dienen. 

Sodann  muls  nach  drr  S.  28  gemacliten.  offenbar  anthentischen 
Anj?abe,  wonach  1899  der  prentsischen  Renionteaukaufskoiüiiiission 
21 806  Pferde  vorgeführt,  von  denen  8000  lleraonten  angekauft 
wurden,  stark  bezweifelt  werden,  dals  das  Deatsche  Reich  28695 
H«  ii)onten  jährlich,  wie  sie  die  Ottoseben  Vorschläge  fordern,  Uber- 
haupt aus  eigenen  Beständen  anfznbringen  imstande  ist.  Es  wtirden 
wühl  8000 — 1  ()(>()()  Pferde  im  Auslande  angekauft  werden  müssen, 
wenigstens  in  den  ersten  Jahren.  Es  hleilit  aber  liuch  zu  bezweifein, 
dafs  sieb  bei  den  jetzi^^eii  Kulturverbältnissen  Deutschlands  die 
Pferdezucht  in  absehbarer  Zeit  so  bedeutend  heben  würde,  um  diese 
Anzabl  jährlicher  Remonten  m  liefern. 

Was  aber  die  sich  daran  kntlpfeude  vom  Verfasser  selbst  als 
^erbeblich^  bezeichnete  Vermehrung  der  Remontedepots  betrifft, 
so  würde  sie  durch  die  Termehrte  Anshebnog  auf  das  Dreifache 
^es  jetzigen  Bestandes  wacbseD^  aber  dureh  das  dorcbscbmttlich  am 
1  Jahr  längere  Verweilen  dieser  groDsea  Anxabl  Pferde  in  den 
Depots  anf  das  4^^  fache  gesteigert  werden,  was»  abgeeehen  von 
den  enormen  Rosten,  noeh  gewaltige  Sebwierigkelton  in  Bezug  anf 
Auswahl  der  Orte  nsw.  naw.  hervormfen  würde. 

Ebenso  würde  der  Vorschlag  S.  21,  allen  Snbaltemoflisieren 
je  a  Diens^rde  tn  überw^en  mit  der  Verpfliditong,  naeb  4  Jahren 
das  betreffende  älteste  als  BesenreofiBElerpferd  nnter  den  oben  ge- 
nannten Bedingungen  sngonslen  des  Fiskns  zn  veikaofsn,  im  Ver- 
gleich za  dem  bestehenden  Hodns  viel  höhere  Kosten  herFormfbn 
and  den  Bedarf  an  Remonten  noch  um  ea.  2000  SMek  jShrlleh  er- 
hüben. 

Dafs  der  anf  das  2*/»— S&ehe  gesteigerte  Bedarf  an  Bemonte- 
reitem  dnich  den  r^;en  Diensteifer  nnd  das  P0iehtgefllhl  der  Es- 
kadronS'  nnd  Batterieebeb  ansingleiehen  wiie,  wie  dar  Veiftaser 
<S.  31)  glanbt,  wird  kein  Erfahrener  nigeben.  Der  dabei  iß.  82) 
gegebene  Hinweis  auf  die  Schriften  0.  t.  Hontetons  nnd  Schilling 
7.  Cannstadts  Ist  nicht  sntreffend,  da  gerade  diese  beiden  Herren 
einer  sehr  systematischen  2  jifarigen  Remontedressnr  das  Wort  reden. 


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Kavalleristiaohe  Fragen. 


191 


Selbst  durch  andere,  der  anatomiscben  Mechanik  der  Pferde  g:eoaa 
an^epalste  uod  daher  weit  schnellere  und  sicherere  Resnltate  er- 
gebende Methoden  (s.  oben  meine  betr.  Schrift;  wäre  diese  Schwierig*- 
keit  deshalb  nicht  anszog:leichen,  weil  die  dadurch  iu  kürzerer  Zeit 
erreichbare  Sicherheit  and  Vollkommenheit  der  Ausbildung  eine  iiin 
so  i,'riuulJi(' hc  rc  und  Verständnis  v  uiiere  Ausbildung  der 
Keniontereiter  voraussetzt. 

Dals  der  28  geraachte  \  orschlair,  als  Kemonten  grundsätzlich 
nur  Stuten  anzukaufen  und  alle  Stuten  des  ältesten  Jahrganges 
vor  dem  Verkauf  durch  Hengste  aus  Staatsdepots  decken  zu  lassen, 
unausführbar  ist,  beweist  schon  der  Umstand,  dafs  so  viele  Stnten 
überhaupt  nicht  zu  beschaffen  sein  würden.  Und  was  sollten  dann 
die  Züchter  mit  ihren  Hengstfohlen  anfangen?  S.  29  wendet  sich 
dann  der  Verfasser  auch  so  sehr  dem  gegenteiligen  Gesichtspunkt 
zu.  dafs  er  anerkennt,  es  sei  für  den  Krieg  am  besten,  grund- 
sätzlich nur  Wallaobe  als  Remonten  einzustellen,  ein  Vorsclilag, 
der  natürlich  ebenso  unausführbar  ist. 

Dagegen  ist  der  Vorschlag,  alle  zum  Verkauf  kommenden  Stuten 
vorher  durch  Btaatsbengste  decken  «a  lassen,  ansftthrbar,  natzlioh 
and  ohne  alle  Bedenken.  Geschieht  dieses  Decken  zeitig  im  Früh- 
jahr (März/April),  so  werden  die  Tiere  fDr  dasseU>e  Jahr  ?01lig 
kriegsbranebbar  sein  and  erst  im  Jannar/Fehmar  des  nSelisten 
Jahres  einiger  Schonung  bedlifen,  Haben  itoeh  meine  bei  6  Mobil- 
machnogen  nnd  in  2  grofsen  Kriegen  gemachten  Ei&hrungen  er- 
geben, dals  selbst  hoehtrftchtige  Stoten  bis  snm  letsten  Moment  im 
Dienst  anshieiten,  gesnnde  Fohlen  —  xnweilen  noch  nnYermntet  — 
zur  Welt  brachten  nnd,  nnr  wenige  Tage  Tom  Beit-  nnd  Zugdienst 
rerschont,  wieder  aUes  mitmachten. 

Dagegen  halte  ich  wieder  die  Annahme  des  Verfassers  (S.  28), 
dafs  der  bisher  JShrlieh  durch  den  Mindererlos  ans  den  ausrangierten 
Pferden  ungedeckt  bleibende  Teil  der  Remonteankanftkosten,  den 
er  anf  8  MiUionen  Mark  berechnet,  doreh  den  Yerkanf  des  nach 
seiner  Reehming  schon  nm  ea.  5000  Pferde  Tormlnderten  vierten 
Jahrganges  (23824  Pferde)  völlig  gedeckt  werden  würde,  für  viel 
an  oplimistiseK  Dafs  diese  nnn  9— 10  jährigen  Pfeide  gegen  ihren 
Einkaufspreis  von  1000  Mk.  so  viel  mehr  erbringen  sollten,  nm  den 
Yerlast  von  fast  6  MiUionen  Hk.  zn  deeken,  erseheint  selion  doreh 
die  an  ihren  Yerkanf  geknüpften  Bedingungen  völlig  an^gesohlossen. 

Um  aber  naeh  all  diesen  Ansstellongen  nioht  dem  Vorwmüe 
des  „Ja  critiqoe  est  aisöe**  zn  verfallen  nnd  dem  gesnnden,  für 
nnsere  dnieb  die  politische  Sitoation  Dentsohtands  forderte  hohe 
WehrfUiigkeit  hochwichtigen  Kern  der  Ottosehen  Yorschläge 

Jktiibioktr  tu  41*  4«BtNkt  Aimt  «od  lf«ilMb  R«.  189.  18 


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192 


Kavalleriatische  Frage». 


Gerechtigkeit  widerfahren  zu  laeseii,  mOehte  ich  dieselben  hier  dem- 
Ijeser  in  derjenigen  modifiderten  Gestell  kurz  rorfOhreDi  wie  sie- 
sich  woU  anter  der  Voranssetsnng  einer  gründlichen  Reform^ 
der  Gesundheitspflege  der  Pferde  io  gesunden  and  kranken. 
Tagen  —  der  annmginglieh  nötige  "erste  Schritt  —  ver- 
wiikliefaen  lassen  würden. 

Die  nachstehende  Tabelle,  welcher  eine  Remontlerang  von 
16000  Pferden  (statt  bisher  10500]  ssngrande  gelegt  ist,  ergibt  fttr 
acht  erste  JalugKnge  die  F^iedensstttrke  der  Aimeepfeide  mit 
109124  Pferden  (mehr  gegen  jetst  3681  Pferde)  und  in  den  folgenden 
6  Jahrgüngen  dne  Kriegsreserre  von  70498  Pferden.  In  Kolonne  4* 
ist  der  jährlich  entstehende  Abgang  in  ^/o  vnd  absoluten  Zahlen  er- 
sichilich. 


1.  Frie- 
dens- 
sUfke 

Jahr- 
gMg 

Leben  sj  ah  le 
der 
Pferd© 

.Ifthrlipher 
in  Zuiiicu 

Zahl  der 
Pferde 

Bemeiisuageu 

I 

4'/i|-ö'/, 

41^/0  oil  600 

lölKX) 

Der  jiihr- 

i 

u 

&V2-6>/. 

30/0  od.  482 

14  400 

liche  Abgang 

III 

6i/a-7i/j 

2  O/o  od.  280 

18988 

in  der  ganzen 

IV 

20/,  od.  274 

18688 

Armee  wflrde 

109  124  V 

V 

20/0  od.  268 

18414 

daherbetragen 

1 

VI 

20/0  od  268 

18146 

2628 

VII 

lO'/s— ll'/2 

20/0  od.  268 

12  888 

Pferde  oder 

VI !  1 

ll'/j  -121/5 

•jO/„  0.1.  253 

12  625 

2.410  n 

II. 

Kriegs- 1 
reserve  1 

70498  / 

• 

IX 
X 
XI 
XII 
XIII 
XIV 

W!.,  -in>/j 

14»/8-16i/, 
15i/r-16«/, 

16V,-17«/8 
17«/,-  18»/, 

20/0  nd.  248 
2%  o«i.  248 
20/0  od.  288 
20/0  od.  *i88 
8  0/0  od.  842 
4«;o  od.  448 

12  872 
12  124 
U881 
11648 
11410 
11068 

Der  jähr- 
liche Verlust 

i.  d.  Hef-  bi  - 
trüge dahüi; 
1  747  Pferde 
od.  2A^%  d. 
£lee.-Best. 

Ich  gebe  zu  dieser  Tabelle  nachstehende  Erläoternngen: 

1.  Die  um  rund  4500  Pferde  vermehrte  Kemontienmg  wttrde 
Deutschland  wohl  aus  der  eigenen  Pferdezucht  vOllig  ohne 
Schwierigkeit  decken  können. 

2.  Der  Friedenspferdestand  wUrde  sich  mit  66000  Pfeideo  auf 
die  Kavallerie  =  120  RegimeDter  k  5  Eskadrons  ä  110  Pferde* 
und  43124  Pferde  auf  Artillerie  und  Train  verteilen. 


n  =  86  877  Pferde. 
*)  um  Pferde. 


Kavaiieriiititiohe  Fragen. 


3.  Um  «118  den  600  Fiiedenssehwadmeii  &  110  Pferde,  480 
Fbldsebwadronea  k  160  Pfezde  imd  ISO  finatzflohwadroiien 
4  120  Ffeide  sa  bilden,  wllide  a)  die  als  Eraaluchwadzon 
des  beMfenden  Rej^imente  beetinmte  antser  den  15  Pferden 
ibrer  jttngsten  Bemontiermig  noeb  15  Pferde  ibiee  Friedens- 
Standes  bebalten,  daan  je  60  Pferde,  im  ganien  6000  ans  den 
8  jüngsten  Jabxgingen  der  Feldreserre  einaieben  ond  sieb 
dnreb  je  40  Bemonten  anf  den  Stand  von  120  Pferden  er- 
gioien;  and  b)  aUe  Feldsebwadienen  je  20  Pferde  von  den 
Evsainobwadronen  (pro  Regiment  also  80,  im  gansen  9600 
Pferde)  nnd  ebensoviele  f^fbrde  ans  dem  jüngsten  Jabrgaiige 
der  Feidieserre  eimdebeo. 

4.  Bs  werden  sonach  den  a  jüngsten  Jahrgängen  der  Feldreserre 
(mit  in  Snmma  86877  Pferden)  entnommen  werden:  9800 
Pferde  ffir  die  Feldsebwadronen  nnd  6000  Pferde  für  die 
Brsatisehwadronen,  im  ganaen  15800  Pfierde:  ?erbleiben  würden 
ans  diesen  8  Jahrgängen  noch  20577  Pferde. 

ö.  Diese  mit  dem  Bestände  der  3  ältesten  Jahrgänge,  nämlich 
34  120  Pferden,  im  ganzen  rund  54500  Pferde,  würden  noch 
27  600  Pferde  zor  Bildmig  von  46  Feldreserve-Kavallerieregi- 
mentern k  4.  Schwadronen  zu  löO  Pferden  hergeben  können, 
worauf  noch  26500  zur  Komplettieroog  der  Artillerie  ver> 
bleiben. 

Auf  diese,  wie  auf  die  des  Traiii.s  naher  einzugehen,  ist 
vor  der  Hand  überllUseig,  solange  die  mit  der  Nenbewaffnuug 
dei  i  eldaitillene  mit  liobrrücklaufgeschützen  innig  verknttpfte 
Frage,  oh  die  liatterien  mit  4  oder  6  Geschützen  ausgerüstet 
werden  sollen,  noch  nicht  gelöst  und  beim  Train  dessc-n  wohl 
sicher  aof  ^j^  seines  Bestaiides  anzuschlagender  Ersatz  durch 
Automobilfahrzeu^r  nicht  feststeht. 

6.  Die  zur  Fekire>f  r  ve  Ubertretenden  Pferde  würden  wohl  /weck- 
ffläfsig  nicht  mehr  z«  vp rk.au fen,  sondern  an  zuverlussiiTc 
Landwirte  und  Pferdebesitzer  unter  nachstehenden  Bedingungen 
zu  verleihen  sein: 

a)  dri  l'f  sit/er  verptlii  htet  sich,  der  ausleihenden  Militärbehörde 
»Stand üi  t  und  \  (  r weudungsweise  des  Pferdes  bekannt 
zu  i:(  bt  ji.  rs  iKich  (lein  staatlich  zu  erlassenden  Keguiatir 
sorgfältig  zu  ernähren  und  zu  verpflegen; 

b)  er  verpflichtet  sich,  das  Pferd  im  Falle  einer  Mobilmachung 
an  dem  bestimmten  und  ihm  alljährlich  bekannt  zu  gebenden 
MobilmacbongstaKe  am  bestimmten  Ort  onentgeltlioh  m 

18* 


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194 


K«y«|]«lstiaeli«  Fragm 


prestellcD,  cbeDso  auf  Erfoidem  alljäbrlioti  einual  za  einer 
dreiwöchigen  IJbang; 

c)  er  verpflichtet  sich  terner,  das  ?ferd  alljährlich  einmal  zur 
Kontrolle  dem  von  Staatswegen  bestim inten  Aashebaogs- 
kommissar  auf  eine  W  Tage  zuvor  an  iho  ergehende  Auf- 
forderaDg  an  einem  bestimmten  Orte  vorführen,  auch  sieh 
eine  unvorhf  rirest  hciie  Kontrolle  am  Standort  des  Pferdes 
jederzeit  gefalien  zu  lassen; 

d)  er  hiuterlegt  eine  Kaution  von  10()\)  Mark  pro  Pferd,  von 
welcher  ein  aliqooter  Teil  verfällt,  wenn  nach  dem  Urteile 
der  Pferdeaushebungskommission  auf  Antrag  des  Musterungs- 
komniissars  das  Urteil  gefällt  wird,  dals  die  Haltung  des 
Pferdes  eine  na chlässige,  gegen  die  Pflichten  eines  ordent- 
lichen Besitzers  verstol'sende  gewesen  ist.  Zugleich  kann 
ihm  das  Pferd  dann  abgenommeu  und  einem  andern  Aus- 
ieiher  Ubergeben  werden.  Auf  jeden  Fall  ist  die  Kantion 
wieder  auf  ihren  vollen  Betrag  aü  ergänzen.  Die  Kaution 
vertallt  ^aiiz  dem  Staate,  wenn  das  Pferd  im  üienste  des 
Besitzers  absteht; 

e)  nach  6  jähriger  Dienstzeit  unter  vorstehenden  Bedingungen 
geht  das  Tier  in  das  unbediugte  Eigentum  des  Eat- 
leihers  Uber  und  die  hinterlegte  Kaution  wird  ihm 
znrttolsgegeben. 

Der  Entwurf  dieser  Bedin^uu^i  u  dürfte  einerseits  zei{j;en,  worauf 
die  Kontrolle  sieh  erstrecken  und  wie  sie  im  ganzen  eingerichtet 
werden  mufs,  andrerseits  aber  werden  dieselben  im  Verein  mit  dem 
unter  a)  erwähnten  staatlichen  Regulativ  viel  dazu  beitragen,  eine 
richtigere  Schätzung  and  Werthaltnng  des  Pferdes,  wie  eine  Ter- 
nttofligere  Pferdepflege  in  der  Bevölkerung  zn  verbreiten. 

Nur  eine  solche  seharfe  und  wirluame  Kontrolle  mid  der  evenl. 
fast  kostenlose  Enrerb  des  Tieres  dnreh  den  Besilser  würde  imstande 
seini  einen  wirklieh  branehbaren  Stand  von  Res^e-Kiiegspferden 
an  gewährleisten.  Der  bedingungsweise  Ankmnf  derselben  dnreh  die 
Besitzer  mit  dem  Rechte  des  Weiterverkaufe  wlirde  sowohl  die  Preise 
ttber  Gebühr  herabdrtteken,  wie  den  anverlXssigen  Bestand  einer 
solchen  Feldreserve  an  Kriegspferden  in  Frage  stellen. 

Vergleiehen  whr  nnn  den  finanaiellen  Effekt  der  hier  vorge* 
sehlagenen  Einrichtung  mit  der  von  General  Otto  vorgesehlageoeo^ 
so  ergibt  sieh: 


1)  Diese  Kaution  erscheint  ziemlich  gering ;  die  Erfahrung  wird  wabr- 
selt  einlieh  ergeben,  dafo  sie  erhöht  werden  kann  nnd  darf. 


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iUvaUaritCisohe  Ftugta. 


496 


1,  Durch  die  Miuderinilienstsiclluntr  voü  13697  Kcmonten  n  lOooMk. 
—  von  der  oben  berührten  iiulserst  zweifelhaften  Möglichkeit, 
diese  ans  unserer  Pferdezucht  zu  gestelleo,  gauz  abgesehen  — 
werden  13697000  Mk.  erspart. 

2.  Dagegen  entstehen  Mehrkosten  für  den  I'nterhalt  \oii  3G81 
Pferden,  welche  über  den  von  (Teneral  Otto  im  Frieden  vor- 
gesehenen Stand  von  10511;*.  Pferden  gehalten  werden  sollen. 
Dio^ps  Mals  alM  i  (  rsclieint  unbedingt  erforderlich,  wenn  unsere 
Kavallerie  die  dun  haus  nötige  Wrmehran<r  ertahrcn  soll,  selbst 
unter  der  Voraussetzung,  dals  die  Artillerie  auf  4  Gesehtttze 
ä  Batterie  reduziert  wird. 

Recht  hoch  mit  500  Mk.  pro  Pferd  jährlich  für  Stallonprs-, 
Fütternngs-  und  Pferdegeschirrkosten  vi  ransehlnErt,  ercribt  sirb 
die  Summe  von  1815500  Mk.,  welche  von  der  unter  I  herceh- 
neteu  Ersparnis  von  IB  697  000  Mk.  abgezogen,  noch  immer 
eine  solche  von  11881500  Mk.  übrig  läfst. 

Dafs  diese  Summe  durch  den  Verkauf  von  21  918  Pferden 
des  3.,  durchschnittlich  10  Jahre  alten  Jahrganges  unter  den 
obio-pn  lästiiren  Bedinfrinigen  sollte  gedeckt  werden  können, 
erscheint  mir  schon  zweifelhaft  (Durchschnittspreis  542  Mk,). 

8*  Ungemein  hoch  aber  steigen  die  Kosten  des  Olto'schen  Systems 
durch  die  dorohschnittlich  2'/3  Jahre  lang  erforderliche  Anf- 
steUoog  seiner  zahlreicbeo  Remonten.  Dadurch  würden  die 
beutigen  Kosten  derselben  auf  das  Vier-  bis  Fünffache  steigen, 
während  sie  Daeh  meinem  Vorschlage  noch  nicht  das  ändert- 
balblacbe  errelcben.  Die  giolsen  Schwierigkeiten,  welche  dabei 
die  zahlreichen  neu  einzurichtenden  Remontedepots^  deren 
Organisation  mit  Geländeankauf  usw.  erfordern,  sollen  hier 
gamicht  in  Betracht  gezogen  werden.  Diese  Kosten  der  ein- 
maligen Einrichtung  ganz  unbertlcksicbtigt  gelassen,  dürfte 
sich  die  Otto  sche  Einrichtung  auf  mindestens  20000000  Mk. 
jährlich  teurer  stellen,  als  meine  Vorschläire.  wobei  ich  auch 
von  der  Schwierigkeit,  diese  Masse  j untrer  Pferde  ausreichend 
und  richtig  zu  beschäftigen,  um  keine  Krankheiten  aufkommen 
zu  lassen,  ganz  absehen  will.  So  stellen  sich  also  die  Kosten 
meiner  zwar  etwas  reduzierten,  aber  eben  darum  um  so  leichter 
ausführbaren  Vorschlä<^e  mindestens  um  die  üälfte  niedriger, 
wie  die  des  General  Otto. 

Freilich  stehen  den  860  Feldeskadrons  der  letzteren  nach  meinen 
Vorschlägen  deren  nur  784  gegenüber.  Dafür  aber  bestehen  die 
JetikereD  ans  vollständig  auBgebildeteii  and  kriegsbraacbbaren  Pferden, 


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196 


Zum  üerbstfeidsug  1818. 


während  die  eisteren  eine  Milizkavallerie  vou  zweifelbafteiu  Werte 
darstellen. 

Bei  der  bevorstehenden  nnd  in  den  näch^kn  Jahren  unbedingt 
erforderlichen  Reorganisation  unserer  Kavallerie  und  Artillerie  (nach 
Einführung  der  Kohrrücklaufgeschütze)  scheint  eine  modifizierte  Auk- 
fühi  liu^'-  der  Otto'scheu  Gi  undidee  uuch  mir  als  der  gang- 
barste Wef4,  um  unseren  östlichen  und  westlichen  Nachbarn 
mit  diesen  Waffen  ebenbürtig  gegenüber  zo  treten. 

Als  unerläfsHche  Vorbedingung  aber,  das  betone  ich  nochmals, 
erscheint  dit'  ilebuii!?  unserer  gesamten  Pferdezucht,  nicht  durch 
reichlichere  Dotieruii^^  der  Rennen  und  tieigebigere  Gestattung  des 
Totalisators,  sondern  durch  Verbreitung  einer  vernünftigen  Pferde- 
gesundheitspflege und  Therapie,  wodurch  weit  Uber  meine  oben  sehr 
vorsichtig  angenommenen  Voranschläge  hinaus  mindestens  aller 
jetzigen  Ausfälle  von  Dienstpferden  durch  Tod  oder  Unbrauchbarkelt 
EU  vermeiden  sein  werden. 

Das  wird  dann  auch  von  weitreichendem  segensreichen  Einfluls 
auf  den  gesamten  Volkswohlstand  sich  erweisen. 


X. 

Zum  Herbstfeldzug  1813. 

Genenlleiitoaiit  a.  D.  t.  tliiiit«ip« 

(Schluls.) 

Ich  habe  die  Triebfedern  /ur  Zeit  der  Schlacht  von  Gr.  Beeren 
so  fin!?rlu'ii(I  zu  behandeln  gehabt,  weil  Major  Friederich  srerade 
bei  ihr  seine  abweichende  Auffassung  von  der  meinigen  stark  betont. 
Ich  darf  nun  die  Zwischenzeit  überspringen  und  auf  die  Schlacht 
von  Dennewitz  übergehen.  Denn  bei  dieser,  und  besonders  in  der 
Periode  vom  2b.  September  ab,  wo  Carl  Jobau  von  Blücher  mitge- 


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Zum  Httbitftldzug  1818. 


197 


zogen  wird,  tteteo  die  überlegten  Unwahxheiten  und  das  Tänsehen 
über  die  wirlclioben  Absiehteo  am  deatUebaten  ins  Liebt, 

Am  5.  September  stand  die  firanadOMbe  Amee  im  Bogen  Ton 
'/)  Meile  Radius  Torwäna  Wittenberg;  die  Noxd-Armee  omgab  de 
Icomcentnaeb  m  I  Meile  Abstand  von  der  Festung,  als  Ney  oatwärta 
in  der  Biebtnng  anf  Jttterbogk  anfbracb,  die  IHTiabn  DobsefaHts 
znrttekdiKngte  ond  die  Seblaebt  von  Dennewita  iierbeiftlbrie.  — 
Billow  meldete  Ton  BiBttag  ab  ans  Eropstidt  dem  Kronprinzen  oaeb 
Rabenstein  stOndlieb  die  Bewegung  des  Feindes,  und  um  6  Ubr, 
dais  er  selbst  auf  Euia-Iipsdorf  abmarsebiere,  um  dem  Feinde  zur- 
Seite  zu  bleiben  und  Tanentzien  zu  unterattttzen.  Zu^eieb  bat  er 
um  baldiges  Naebsenden  seiner  ibm  vorenthaltenen  Division  Boistell 
■and  Kaehfolgen  der  ganzen  Armee  zu  der  aiebtlieb  beroistehenden 
Seblaebt. 

Die  MeldoDgen  BUlows  wurden  darch  Tscheroyschow  bestätigt 
Dennoch  will  Carl  Jobau  ibnen  nicht  Glauben  schenken,  und  erst 
abends  10  Uhr  berücksichtigen  seine  Betehle  die  tatsftebliebe  Lage. 
Die  im  Laufe  des  liacbmittags  erlassenen  Anweisungen  zeigen  riel* 
mehr  Besorgnis  um  die  rechte  Seite  vor  gleiebzeitigem  Verbrechen 
des  Feindes  Uber  die  Elbe  zwischen  Magdeburg  und  Koslan,  obsobon 
er  vvells,  dafs  dort  keine  verfilgbaren  feindlichen  Truppen  stehen. 
Abends  10  Uhr  gibt  er  dem  General  Bulow  Befebl  zu  der  Kon- 
'wntrierong,  die  dieser  schon  5  Standen  frtlher  ausgeftlhrt  hat;  die 
.Division  Borstell  aber  soll  bei  Kdpenieb  noch  stehen  bleiben,  die 
Schweden  und  Küssen  sieh  am  Morgen  des  6.  September  erst  bei 
Lobbesse  Vj^  Meilen  von  Bttlow  vereinigen,  Woronzow  ond 
Tschernyschow  jedoch  gegen  Wittenberg  vorgehen  und  nur,  wenn 
sie  dort  anf  gamiebts  stolsen,  sieb  naehtrttglich  auf  den  etwaigen 
Schall  der  Kanonen  nach  Zahna  wenden.  Fttr  die  preoMschen 
Korps  enthielt  der  Befehl  nichts  weiter  als  die  Anweisung,  sieh 
•eines  feindlichen  Angriffs  so  lange  allein  zu  erwehren,  bis  sie  von 
dem  l'/o  Meilen  entfernten  Lobbesse  her  Untersttltznng  erhielten 
(N.  A.  L  467—471). 

Dieses  Veriahren  lälst  sich  nicht  durch  Maugel  an  EntschluÜB- 
'kraft  erklären,  von  dem  Mi^or  Friederich  (1.  353)  Carl  Johan  Uber- 
wiegend beeioflofst  zu  halten  neigt,  sondern  aus  planmäfsiger  Über- 
legung. Denn  verständlich  ist  es  nur  unter  der  Voraussetzung,  dals 
der  Kronprinz  in  die  bevorstehende  Schlacht  Uberhaupt  nicht  ver- 
wickelt werden  wollte.  Das  Niohtbeachten  der  Meldungen  und  das 
Vorschützen  von  Besorgnis  um  den  rechten  FlUgel  liefsen  wenigstens 
.ftor  diesen  Tag  noob  dem  Zasammensobieben  des  ausgereckten 


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198  Znm  Hefbstfddmg  1818. 

fleereB  naeh  dem  linken  Flügel  zn  vorbeugen,  wo  es  daon  am 
aodeien  Tage  anfeUbar  zu  einer  Schlacht  gekommen  wäre,  die  der 
Kronprinz  selbst  ni  schlagen  gehabt  hätte,  und  an  der  seine 
schwedischen  Truppen  teilnehmen  mulsten. 

£e  gelang  ihm  ancb  am  6.  September,  sich  vom  Schlachtfelde 
80  lange  femzahalten,  dafs  er  dem  Eingreifen  entging.  Seit  8  Uhr 
morgrens  standen  das  schwedische  und  russische  Korps  bei  Lobbesse 
verpiniETt  und  ruhten,  als  Martens  eintraf,  um  in  BUlows  Auftr;i^  den 
Krriiijiriir/en  zum  Vorgehen  zu  veranlassen.  Carl  .lohao  erwiderte 
nach  der  schwedischen  Quelle  (Schinkel  VII.  '242):  „Es  wandert 
mich  nicht,  dals  der  Feind  Sie  angreift,  it  Ii  liabe  das  vorans  gesehen; 
zeigen  Sie  nun,  was  die  prenfsische  Papferkeit  vermag,  und  sagen 
Sie  Ihrem  General,  dafs  ich  zeitig  genug  kommen  werde,  ura  ihn  zn 
entsetzen"  (N.  A.  I.  473.  5).  Wie  ist  das  Verfahren  vom  vorigen^ 
Tage  mit  dieser  Voraussicht  in  Übereinstimranng  zu  bringen? 

Um  10  Vi  Uhr  brachte  er  seine  Trupj^en  in  Bewegung  und 
erreichte  mit  den  Spitzen  um  2  Uhr  Eckmaniu^doit.  wo  sie  noch 
'/^  Meilen  hinter  der  Schlaclillinie  aufmarschierleii.  Ljnnggren 
berichtet,  dafs  der  Kr(in{)riiiz  persönlich  das  wenisr  in  Evolutionen 
geübte  schwedische  Korps  in  einer  ihm  ongewohuten  Wt  ise  «ich 
entwickeln  liefs,   dabei  sehr  heftig  wurde  und  viel  Zeit  vergeudete. 

Es  war  liegen  4  Uhr  geworden;  die  Preufsen  hatten  längst  ihre 
letzte  Reserve  in  den  Kampf  geworfen,  und  der  Kronprinz  stand 
noch  immer  untätig  mit  seineu  Korps  in  Parade  bei  Eekmannsdorf. 
Da  schickte  ßttlow  nochmals  zn  ihm  mit  der  Bitte  zum  Vorgehen, 
nnd  wieder  wurde  das  Ansinnen  abgelehnt  Er  setzte  zwar,  als  bald 
darauf  die  Erisis  eintrat  und  die  Preulben  mit  ihren  Kräften  den 
Feind  überwältigten,  seine  Armee  in  Bewegung;  aber  ne  «veiebte- 
den  Kampfplata  erst  nachdem  er  geräumt  war.  —  In  den  nächsten 
Tagen  blieb  die  Armee  bei  Jäterbogk  stehen;  nur  kleine  Abteilungen 
folgten  dem  Feinde  bis  Toigan  naeh  (N.  A.  L  511.  21.  22.  IL  13). 

Diese  Darlegung  von  Einzelheiten,  welohe  Carl  Jobans  Be- 
nehmen bei  der  Seblaeht  eharakterisieren,  verroUständige  ich  dnieh- 
die  zusammenfassende  Änfserong  eines  Zeitgenoasen.  Sein  penOn> 
lieher  Freund,  der  bei  ihm  beglaubigte  britisehe  Gesandte  Thomton, 
konnte  nicht  umhin,  am  8.  September  seiner  Begiemng  zu  berichten: 
dalh  der  Frins  das  grt^lste  Widerstreben  gezeigt  habe,  der  Schlacht 
eine  entacheidende  Wendung  zu  getien  nnd  den  Feldzug  in  dortiger 
Gegend  durch  eine  Niederlage  des  Feindes  zn  Ende  zn  bringen^ 
Der  Maisch  der  schwediMlien  Truppen  wäre  nicht  so  schnell  voll- 
fthttf  als  er  konnte;  and  als  die  mssisch^schwedischen  Truppen  auf 
dem  Platze  erschienen,  hätte  der  Kronprinz  unter  Scheingrttnden  den. 


Zun  HerlMtfeldBiv  1818. 


19» 


Aopiff  nm  H  bis  4  Stünden  verzögert.  General  Adlererput/  rrklarie 
selbst,  dal'^  die  ganze  franzosische  Armee  vernichtet  werden  nuifste. 
wenn  Schweden  und  Hassen  zu  rechter  Zeit  grehandelt  hätten.  — 
Lord  Castlereagh  erwiderte  auf  den  Bericht  mit  arofser  Hesorglich- 
keit,  dafs  Tbomton  an!  jede  Weise  versuchen  müsse,  die  Kenntnis 
von  diesen  Vorgängen  zu  unterdrücken.  Wäre  das  falsche  Spiel  de» 
Kronprinzen  damals  in  die  Öflentiichkeit  gelangt,  so  würde  die 
Opposition  sotort  die  hiitiscbe  Regierung,  welche  sieb  einem  solchen 
Bundesgenossen  verptiiebtet  hatte,  gestürzt  haben  (N.  A.  II.  310). 

Ans  dem  Benehmen  Carl  Juhaus  nach  der  Schlacht  bei  Deunewitz 
gewann  BlQcher  schlietslich  das  Urteil,  dafs  mau  von  ihm  Uberhaupt 
keine  Tätigkeit  erwarten  iiönne.  so  lange  er  ein  abgesondertes 
Kriegstheater  einnehme.  In  der  Überzeugung,  dafs  er  sich  zu  ihm 
wenden  mlisse,  um  ihn  mit  j^ich  über  die  Elbe  zu  ziehen,  verschafl'te 
er  sich  das  Eiiiverstiindiui,  des  Kaisers  Alexander  für  seinen  Plan 
und  setzte  ihn  ins  Werk  (N.  A.  II.  21). 

Als  Carl  Johan  von  dieser  Annäherung  Kenntnis  erhält,  schreibt 
er  den  29.  September  an  Blücher:  „Ich  wünsche  sehr,  dals  Sie  Ihre 
Bewegungen  zum  Übergang  auf  das  linke  Elbufer  beschleunigen 
könnten.  Ich  habe  zwei  Brücken  über  diesen  Fluls  schlagen  lassen. 
Sobald  die  Brückenköpfe  fertig  sind  und  ich  Sicherheit  für  meine 
Bewegungen  habe,  will  ich  mit  meiner  Armee  vorwärts  gehen; 
hoffentlich  geschieht  es  in  3  oder  4  Tagen.  Ee  wftre  sehr  wttnseheiu- 
wert,  dab  wir  in  Verbindung  treten  konnten,  um  auf  dem  linken 
Uler  unsere  Unternehmungen  in  £<inklang  zu  brilfgeD  und  auf  Leipzig 
im  manobieren.*' 

Am  folgenden  Tage  fllgle  er  hinan:  „Ich  glaube,  Herr  GenecaU 
daA  es  sehr  gnt  würCf  wenn  Sie  die  Elbe  bei  Elster  ttbersehreilen 
konnten.  Wenn  Ihre  MalBiegeln  mit  mdnen  Wttnseben  llberein- 
stimmen  sollten,  dann  würden  wir  snsanmien  eine  Hasse  von 
120000  .  Mann  aosmaeben,  die  rasoh  anf  Leipzig  losgehen  nnd  eine 
Seiilaebt  selbst  gegen  den  gröfseren  Teil  von  Kaiser  Napoleons  Streit- 
kxiften  wagen  konnte.' 

Die  Zusage  in  diesen  Briefen  ist  einfach;  es  hat  aneb  nicht  in 
der  Absieht  gelegen,  sie  zweideutig  eracbeinen  zu  lassen.  Ftlr 
Bttlow  aber  hatten,  nach  seiner  nllberen  Bekanntschaft,  Carl  Jobans 
gküsnerisobe  Worte  längst  die  Kraft  der  Tänsehnng  verloren.  Un- 
beint  doroh  jene  Yersicherangen  sagte  er  Bitleber  am  1.  Oktober 
vorans:  «Sehr  erfreut  ttber  die  Annftbernng  B.  £.  hoffe  ich  mu- 
dals  ee  nns  gelingen  wird»  den  Kronprinzen  von  Sebweden  an  mehr 
TMtigfceit  zu  bewegen.  Sind  es  politisebe  Gründe  oder  andere,  kurz 


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Zum  Herbsüeidzu^  1818. 


sein  System  ist  Nichtstun,  und  qui  auf  eine  g:e\valttätijfe  Weise  konute 
man  das  herbeiführen,  was  geschehen.  So  bin  ich  am  5.  September 
Ton  Manabme  ohne  seinen  Befehl  abmarschiert  und  habe  am  0.  bei 
Denaewitz  ohne  seinen  Betehl  geschlagen;  derselbe  Fall  war  bei 
Or.-Beeren.  Der  Kronprinz,  der  sich  gern  sicher  steUl,  wird  Dnn 
Sachen,  anter  dem  Schutz  E.  £.  Armee  die  Elbe  paaderea  und 
«0  bei  aUen  Gelegenheiten  dnrob  Sie  gedeckt  zu  operieren.  leb 
hoffe  indessen  so  Gott,  dafs  sich  eine  Gelegenheit  ereignen  wird, 
ibn  mit  fort  ziehen,  nnd  kann  es  nieht  anders  geschehen,  so 
werde  ich  mich  nicht  dnrch  die  Forohtsamkeit  emes  B^mndlings 
4ibbalten  lassen,  mit  meinem  Korps  für  daa  allgemeine  Beste  nütni- 
wirken. 

Bttlowa  Torans  gegebenes  Urteil  begann  sieb  sofort  an  heattttlgen* 
Die  versieherte  Bereitwilligkeit  Carl  Johana  zom  Übereobreiten  der 
Elbe  war  erbenchelt,  und  ebenso  sollte  es  im  Cemeren  Fortgang 
bleiben.  Schon  am  2.  Oktolier  wnfate  er  Bescheid  von  BMchers 
Übeigang  bei  Elster  snm  S.  Oktober  nnd  yon  dessen  wdteren  Plänen. 
Dennoch  führte  weder  er  selbst  die  Nord-Aimee  gldchieitig  anf 
seinen  Brücken  bintlber,  noch  fiel  bei  Aken  nnd  Boalan  ein  Kanonen- 
acbnlh,  nm  Blttchers  Unternehmung  sn  stützen  (N.  A.  II.  100—103). 

Aber  noch  weitere  Kreise  sog  die  List»  am  der  ErfttUong  der 
iür  die  Nord-Armee  ttbemommenen  Pflichten  an  der  Mittel-Elbe  zu 
'^tgehen.  Vm  diese  zu  verfolgen,  mtlssen  wir  ans  Torttbergehend 
tarn  Korps  Wallmoden  nach  Mecklenburg  begeben.  Carl  Johan 
hatte  jenem  Flanken-Korps  nur  zwei  Drittel  der  SUIrke,  Uber  welche 
dessen  Gegner  DavOat  mftigte,  gegeben,  ihm  anch  die  weniger 
verlllasigen  Truppen  oud  minderwertige  ArtUlerie  zugewiesen.  Den- 
noch verlangt  er  fortgesetzt  von  ihm  den  Angriff  des  Überlegenen 
Feindes  und  fordert  namentlich  Zerstören  der  Verbindnngs-Brttcke 
zwischen  Harburg  und  Hamburg.  —  Wallmoden  hält  ihm  das  Ge- 
wahrte eines  solchen  Angriffs  entgegen  nnd  die  Gefahr,  den  Feind 
aus  seiner  den  Verbündeten  so  titlt/.liehen  Ruhe  anf/nstören.  ihn  zu 
eigener  Tätigkeit  zii  rrizeu.  Einen  YerSQcb  auf  die  Hamburger 
Brtlcke  erklärt  er  ftlr  ganz  nnmö^licli.  —  Durch  solche  Vorstellungen 
liefs  Carl  Johan  sich  nicht  abhalten,  die  Aufforderungen  zu  wieder- 
holen, wenn  auch  eiastweilen  iu  der  Form  freondschaftlicbeo  Rats 

A,  IL  383). 

Das  änderte  sich  vom  28.  September  ab,  \\  o  Major  Kühle  seine 
Unterhaltung  mit  dem  Kronprinzen  hatte.  Sie  btellte  den  Ubergang 
der  schlesiscben  Armee  über  die  Elbe  in  nahe  Aussicht  und  damit 
das  Bevorstehen  der  Krisis,  an  welcher  die  Beteiligung  in  Carl  Johans 
Wünschen  nicht  lag.  Es  wird  erklärbar,  in  welchem  Grade  ihm  die 


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Zorn  Harbtkfelilii«  18ia. 


301 


Erlösung  aus  diesem  Dilemma  durch  Davont  dringeuci  erschien. 
Da  lordert  er.  dafs  Wallmodeu  dcii  Marschall  Davout  80- 
;gleich  eine  Schlacht  liefere,  deren  Gewinn  er  unter  geradezu  phan- 
tastischen Annahmen  als  leicht  hinstellt.  Er  will  Wallmodeu  in  ein 
ünternebnieii  stUrzeo,  bei  dem  er  aller  Wahrscheinlichkeit  Dach  zu 
Fall  kommen  maJjs.  ..Wenn  Wallmoden  uar  ausreift,"  äuiserte  er, 
„80  erhalte  ich  gleichviel  ob  er  siegreich  ist  oder  geschlagen 
wird  —  einen  guten  Vorwand  den  Verbündeten  gegenüber,  um  mich 
Toit  20000  Mann  nach  einem  Kriegstheater  za  wenden,  welches  mir 
^6äer  zusagt."  Noch  am  1.  and  2.  Oktober  wiederholt  Carl  Jobau 
-die  Anffoiti eräugen,  den  Gegner  nach  Hamborg  nnd  Lübeck  hinein 
zu  werfen.  Dann  tritt  ebenso  überraschend  am  4.  Oktober  ein  Um- 
schlag seines  Willens  ein;  in  scliineicbelndem  besrüti^^Mult  u  Ton 
nimmt  er  die  bishengeu  Befthk*  zurück;  er  will  keine  Krisis  mehr 
tu  Mecklenburg.  —  Haben  sich  denn  die  Umstände  geändert?  In 
Mecklenburg  freilich  nicht,  wohl  aber  an  der  Mittelelbe.  Seit  dem 
8.  Oktober  abends  liegt  die  Nachricht  von  der  Schlacht  yon  Warten- 
borg  Tor;  BIttohen  Armee  steht  Torwirte  der  Elbe,  nnd  es  gibt  für 
<M  Joiiaii  keinen  Vorwand  mtüu,  sich  der  Naehiolge  m  entzieheo. 
Jfag  aneb  die  Noffdarmee  noeb  einige  Tage  lögem,  sie  mnib  dennoeb 
hinllber  und  alles  Widecetrebens  nngeaebtel  anf  dem  anderen  Ufer 
bleiben.  Damit  ist  ihr  die  IfOgliehkeit  genommen,  sor  Anfiiahme 
*Walimodens  naefa  dem  Norden  sa  eilen,  wenn  dieser  sieh  eine  Nieder- 
lage dnreb  Onyoiit  ansieht;  er  kann  mne  solehe  jetit  nieht  mehr  ge- 
branehen.  So  vefstnmmen  mit  dem  4.  Oktober  die  Foidemngen,  an 
4er  Delvenan  Entseheidnng  herbeisaflihren  (N.  A.  II.  388— -87.  898). 

Carl  Johan  stand  nnn  ndt  den  feindliehen  Hanptkrilften  auf 
demselben  Uier,  und  die  HOgliehkeit,  bei  der  ^htlieh  nahenden 
iKatastrophe  in  den  ZosammenstofB  hinein  gesogen  xn  werden,  trat 
nahe.  Whr  sehen  ihn  fortan  den  Plan  verfolgen,  sdne  sehwedisehen 
Trappen  and  seine  Person  ans  dem  Bereiehe  der  Sehlaehl  an  bringen 
und  zn  dem  Ende  sieh  wieder  hinter  die  Elbe  zu  retten.  FceUieh 
will  er  darttber  die  materiellen  Vorteile  des  Krieges  nicht  einbttlsen 
■ond  den  moraliaeben  Bruch  mit  den  Bttndnispfliehten  nieht  offenbar 
werden  lassen.  Wir  werden  einer  Reihe  von  Auskünften  begegnen, 
-die  —  wie  am  3.  Oktober  —  von  Hintergehen  seines  BnndesgenoBsen 
Blücher  sich  schwer  unterscheiden  lassen  (N.  A.  II.  127). 

Die  Nachricht  am  8.  Oktober  abends  von  Napoleons  Anmarsch 
.anf  Leipxiü:  kreuzte  die  Verabredungen.  Als  Migor  Rühle  im  Auf- 
trage Blüchers  die  Mitteilung  davon  überbraciite,  wies  der  Kronprinz 
Jeden  Widersland  anf  dem  linken  Ufer  von  sieh  nnd  verlangte  all- 


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202  ^  HerbstfelduiK  1818. 

gemeinen  Abzog  hinter  die  Elbe.  Mit  Mttbe  nnr  erreichte  RUhle^ 
indem  er  den  Kückzug  entschieden  ablehnte,  Carl  Johan  zam  Nach- 
geben dahin  zu  bewegen,  dafs  er  niit  der  schlesischen  Armee  zu- 
sammen hinter  die  Saale  auszuweichen  versprach;  er  stellte  aber 
dazu  die  Bediii^ning:,  dass  BlUcher  den  gefährdeten  FliiL^el  nach 
Leipzig  zu,  die  Nordaraiee  den  abgewendeten  linken  Flügel  ein- 
nehmen solle.  Kuhle  war  vorsichtig  genug,  sich  einen  schriftlichen 
Antrag,  der  dieses  Abkommen  festlegte,  mitgeben  zo  lassen.  —  Dem- 
gemäls  marschiert  BlUcher  am  9.  Oktober  gegen  die  Saale  bis  Jeis* 
nilE  ond  fordert  Carl  Jobao  auf,  Halle  zd  besetzen.  Da  lebm 
letzterer  die  Bewegung  nach  der  Saale  llberhanpt  ab  and  behält 
sieh  die  Ruekragslinie  anf  Aken  —  hinter  die  Elbe  —  vor  (N.  A. 
IL  139 — 43).  —  Durch  diese  Absage  hat  er  ron  neuem  gezeigt, 
dais  auf  ihn  kehie  Rechnung  zn  machen  Ist.  Bltteber  verfolgt  fortan 
das  System,  den  gefährdeten  Posten  der  An^Ilnng  einsnnehmea 
nnd  dadurch  jedem  Verwand  Toizabengen,  anf  Gmnd  dessen  der 
Kronprinz  hinter  die  Elbe  zorOekkehren  nnd  ineh  der  Schlaeht  ent- 
ziehen konnte.  In  einer  am  10.  Oktober  mündlich  und  dieses  Mal 
recht  scharf  Terlanfenden  Anseinandersetznng  zwischen  beiden  Feld- 
herren wegen  des  Saalettberganges  vertrat  Blttcher  wie  bisher  die 
Ansicht,  sich  der  böhmischen  Armee  zn  nähern  nnd  dazn  eine 
Stellung  vor  Halle  einznnehmen;  Oarl  Johan  dagegen  sich  zu  ent* 
fernen  und  hinter  dem  Blosse  bei  Bembnrg  gegen  einen  Vorstofe 
Napoleons  sicher  za  stellen.  Man  einigte  sich  schlieiBlieh  anf  eine 
mittlere  Richtnng:  die  sehlesisobe  Armee  sollte  anf  Wettin  gehen, 
die  Nordamee  flnfsabwärlB  sich  nicht  weiter  als  bis  Alsteben  aas- 
dehnen. 

Die  AnsfUhrang  wnrde  aber  fereitelt  dnrch  Verspäten  der 
Bruckenschläge,  welche  der  Kronprinz  Übernommen  hatte.  Durch 
dieses  Mittel  erreichte  Carl  Johan  trotz  des  Übereinkommens,  dafs 
die  Schweden  —  statt  des  für  sie  bestimmten  Aislebens  —  sich 
dennoch  dem  Übergang  bei  Bernburg,  der  einem  RUckzng  nach 
Norden  am  nächsten  lag,  zuwendeten,  und  BlUcher  erhielt  von  dem 
unfertigen  Zustande  der  BrUcke  bei  Wettin,  welche  herzustellen  der 
Kronprinz  schon  am  9.  Oktober  (N,  A.  II.  143)  zugesagt  hatte,  keine 
Mitteilung.  Diese  Versiiumnisse  können  beabsichtigt  gewesen  sein. 
Denn  wpiin  F.Mirhpr  an  der  Saale  eintraf  ond  die  erwarti^ten  Über- 
gangsniiltei  nieht  i.inri,  so  konnte  er  möglicherweise  v(  rMiilalst 
werden,  der  NordaniK c  zu  folgen  und  so  schliefslich  doch  in  die 
]ii("htiHig  zu  geraten,  die  des  krnnprinzen  Ilherrfdunersgabe  nicht 
von  ihm  erreichte.  Das  sollte  nun  tn  ilicJi  gegen  Blüchers  Tatkraft 
nicht  gelingen.   Als  er  am  11.  Oktober  —  schon  nahe  vor  Wettin. 


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Zum  Herbatfeldsu^  ibiS. 


208 


—  erfüll r.  dals  keine  Brücke  g-eschlao:eu  wäre,  entschlofs  er  sich 
kurz.  üiLcli  der  entbchcidciKlrn  Wirhtuug  aufwärts  bei  Halle  den 
Überijaug  zu  gewinneu  (N.  A.  11.  147 — 52). 

Am  12.  Oktober  erhält  Carl  Johau  Nachricht  vom  Vorbrechen 
ftaozösischer  Korps  durch  Wittenberg  aof  das  rechte  Elbufer  und 
gleichzeitig  gegen  Dessau  aa(  dem  linken  Ufer,  auch  von  der  Än- 
ireseiiheit  Napoleons  in  DttlieD.  Sofort  ist  er  entschlossen,  die  Unter- 
oehmnng  nach  der  Saale  und  den  sie  beatimmendeD  Ctedanken  Uber 
Bord  za  weifen;  es  sieht  ihn  nnwidevstehüeb  wieder  bei  Aken  hinter 
die  £lbe  snrQok,  und  angsterflilit  sehreibt  er  Bitteber  am  18.  Ok- 
tober frtlh:  „Ich  darf  nicht  einen  Aogenblielii  verlieren;  ich  lasse  den 
Harsch  meiner  Trappen  besebleonigen,  nm,  wenn  es  noch  möglich 
ist.  meinen  Obergang  ohne  Verlost  anssnftthren.  Wenn  Sie  sich 
meiner  Bewegnog  anschlielsen  können,  so  hoffe  ich,  Herr  General, 
4ais  WUT  keinen  vergeblichen  Schritt  ton."  Zngleicb  forderte  er, 
mit  Bezog  auf  eme  frühere  Anfsenmg  des  Kaisers  Alexander,  daCa 
Blücher  sieb  anter  sein  Kommando  stellen  ond  ihm  folgen  solle. 

Die  BeTollmftebtigten  der  Verbttndeten  sehen,  als  unmittelbare 
Zeugen,  die  Haltlosigkeit,  welche  sich  des  Kronprinzen  bemächtigt 
batte.  Nach  vergeblichen  persönlichen  Bemfthnngen,  wenden  sie 
sich  an  Blttcher,  am  doreh  dessen  Einflnis  einer  sachlicheren  An- 
schauung Eingang  zn  verschaiFen.  Stewart  eilt  nach  Halle  sa  münd- 
licher KUckspracht-  und  Krasemarok  äufsert  schriftlich:  „Durch  General 
Stewart  werden  E.  E.  erfahren,  wie  sehr  die  Nachricht  von  dem 
Marsche  eines  starken  hraazOsisohen  Korps  anf  Wittenberg  nnd  die 
feindliche  Besitznahme  Dessaus  den  Kronprinzen  ans  aller  Fassung 
gebracht  nnd  wie  sehnlich  er  wünscht,  dals  Ihre  Armee  ihm  durch 
-eine  Bewegung  gegen  ß Itterfeld  zu  Hilfe  komme.  Es  wäre  ein  sehr 
Terdienstliches  Werk,  den  gesunkenen  Mut  des  Gnädigen  Herrn  za 
heben;  denn  schon  glaubt  er  alles  verloren.  E»  EL  bitte  ich  in* 
«täudigst,  ihn  eines  besseren  zu  belehren." 

Bis  zn  welchem  Grade  von  Kleinmut  Carl  Johau  herab  ge- 
sunken war,  darüber  besitzen  wir  noch  ein  Zeugnis  in  Boyens  Er- 
innernngen:  „So  sehr  der  Kronprinz  wünscht(s  über  die  Elbe  zu 
gehen,  so  suchte  er  doch  diesen  Kntschluls  als  eine  allgemein  ^e- 
f^hlte  Notwendigkeit  dnrznstrllfn  und  veraiilnsstp  deshalb  dt^n  14. 
vormittag  einen  Kricü;arat.  Er  erüdnete  ihn,  indem  er  das  ^efähr- 
liciie  unserer  augenblicklichen  Lage,  die  Notvirendigkeit  Berlin  zu 
decken,  sehr  ansfUhrlich  schilderte')  nnd  daraus  dir  Notwendigkeit, 
so  eilig  als  möglich  Uber  die  Elbe  zu  gehen,  ableitete.   Btilow  trat 

1)  Welcher  Gegensatz  zu  den  Absichten  in  Oranienbnrg  am  18.  und 
Philippsthal  am  22.  August! 


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204 


Zam  Herbstfeidzttg  1818. 


sehr  entschieden  dagegen  aaf;  er  zeigte,  dafs  —  wenn  der  Feind 
wirklich  mit  Übermacht  anf  dem  rechten  Ufer  stehen  sollte  —  ein 
Übergang  bei  der  einmal  abgebrochenen  Brücke  nur  mit  grolsen 
Schwierigkeiten  aaszuflihren  sei  und  doch  kein  Resultat  haben  würde, 
als  die  Streitkräfte  lu.  zersplittern,  und  dals  es  daher,  da  die  fran- 
zösische Hauptmacht  bei  Leipzig  sei,  notwendig  wäre,  dorthin  zu 
gehen  und  in  Vereinigung  aller  Armeen  eine  Hauptschlacht  zu 
liefern.  Diese  Ansicht  erhielt  die  allgemeine  Znstiromong,  und 
niemand  nntersttltzte  den  Vorschlag  des  Kronprinzen.  Dieser  wollte 
sein  Spiel  aber  doch  niolit  aufgeben  und  fing  seine  Bede  mit  laater 
sentimentalen  Gfinden  an:  „Also  sollen  wir  alles,  was  dem  Menschen 
heilig  nnd  teaer  ist,  aufgeben:  die  Yerbindang  mit  dem  VaterlandOi 
oaseren  Franen  nnd  Kiodem?'*  und  seine  Sprache  wurde«  so  on- 
glanblleh  es  scheinen  mag,  bis  snm  weinerliehen  Ansdmek  gesteigert^ 
indem  er  nnanfliOriiob  in  dem  Flnls  seiner  Bede  anf  jenö  Phrasen 
mrttekkebrte,  so  dafe  endlieb  der  alte  Stediogk,  am  dieser  Szene 
ein  finde  an  maehen^  halb  nnwillig  ansiief:  ,,Han  mnfs  bei  solchen 
Gelegenfaetleii  doch  auch  etwas  für  die  Ebre  ton!*"  Dies  war  nan^ 
da  es  ans  dem  Mnnde  eines  Schweden  kam,  dem  Kronprinzen 
doppelt  nnaagenehm;  er  nnterbraoh  seinen  Vortrag,  zog  sich  zn  einer 
besonderen  Bespreehnng  mit  Adlererentz  and  Tawast  m  die  Ecke 
des  Saales  zorllok  and  sandle  endlich  den  lelsteren  an  Stedingk,  nm 
ihn  wegen  des  Smnes  seiner  Worte  in  befiragen.  Dmr  Feldmatseball,. 
der  ein  gewandter  Mann  war,  gab  eine  dnlenkende  firfclllning,  und 
nachdem  der  Kronprinz  er^lt  hatte,  was  er  alles  fUr  Schweden 
getan  habe,  fand  eine  VersOhnnngsszene  statt.  Der  Kriegsrai  war 
darch  dieses  Hin-  nnd  Uerreden  aafgelüst." 

Bitteber  aber  antwortete  am  13.  Oktober  dem  Kronprinzen  anf 
seine  Zumatongen; 

,.lch  gestatte  mir,  £.  K.  H.  daran  zu  erinnern,  dats  Yon  Ihnen 
der  Vorschlag  zum  Übergang  über  die  Saale  ausgegangen  ist  nnd 
dafs  ich  ihn  Ihren  Wünschen  entsprechend  ausgeführt  habe.  Ich 
habe  auf  meine  Pläne  verzichtet,  nm  mich  nach  denen  E.  K.  H.  zu 
richten.  -  Der  Schlachtordnung?  gremäls  hätte  die  Armee  E.  K.  H. 
den  Platz  einnehmen  müssen,  auf  dem  ich  stehe.  Als  ich  sah,  dafs 
Sie  Wert  darauf  leirteii,  der  Elbe  nahe  zu  bleiben,  da  habe  ich 
keinen  Aug'enhiiek  irt  zögert,  mich  mit  der  Aufstellung:  /u  begnügen, 
die  E.  K.  H.  nicht  zusagte,  aber  doch  besetzt  werden  niulste.  um 
mit  der  frrnlscn  Armee  in  Verbindung:  zu  treten  und  durch  Sichern 
der  Übergänge  bei  Merseburg:  und  Halle  Herr  der  Saaielinie  zu 
werden.  —  E.  K.  H.  haben  die  Gnade  gehabt,  den  Major  Rtthle  zu 
erklären,  daüs  Sie  die  Brücke  bei  Roslau  verbrennen,  dals  Sie 


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Zum  üerbstfeldsng  1818. 


10  Bataillone  hei  Aken  stehen  lassen,  dals  Sie  nütiorenfalls  seihst 
die  Brücke  bei  Aken  opiern  und  sich  anf  das  linke  Ufer  der  Snale 
begeben  würden.  Ale  ich  E.  K.  H.  so  fest  entschlossen  sah,  hin 
ich  ohne  Schwanken  auf  den  Vorschlag  eingegaügen.  nach  dem 
linken  Saalenier  zu  marschierjen.  —  B.  K.  H.  benachrichtigen  mich 
nunmehr,  daTs  Sie  bei  Aken  ttber  die  Elbe  gehen  wollen.  Durch 
diese  Bewegung  werde  ieh  von  der  Elbe  abgeschnitten  und  es  bleibt 
mir  niebtH  Übrig,  als  tnieh  an  die  grobe  Armee  aozuschlieisen.  lob 
liübe  meiAeo  etsteii  Ad}atMitMi  in  S.  M.  den  Kaiser  Alexander  ge- 
schickt, am  ihn  yod  der  Lage  ODserer  Armee  und  der  Aofttellung 
des  Feindes  KeDotois  tn  geben,  und  ieh  mnfii  die  Befehle  S.  M.  ab- 
warten.'' 

Mit  dem  toh  flbertriebeaer  Besoignia  eingegebenen  Versaeh, 
Blfleher  dnroh  Inansprnehnahme  des  Oberbefehls  snm  Diener  seiner 
Sonderintevessen  zn  maehen,  liat  der  Kronprinz  sieh  diese  Znreebt- 
weisiing  sogeiogen.  Er  hatte  für  das  Sehreiben  iLcine  Antwort,  und 
der  Inhalt  dieses  Briefweehsels  wird  von  ihm  nie  mehr  berührt 
(N.  A.  IL  197—200). 

Wi&hrend  dieser  Zeit,  am  13.  Oktober,  war  die  Brttoke  bei 
Aken  nnterbroehen  wocdoif  wdl  der  Angriff  Sebastianis  ?om  reehten 
Ufer  her  sie  gefiUirdete.  Der  Verinst  dieses  Uberganges  brachte 
den  Kronprinien  ans  ailer  Haltung  und  am  14.  zu  wiederholtem 
Meiniuigsweehsel  ob  er  die  Sieherstellnng  seiner  Armee  nach  Norden 
hinter  der  Elbe  oder  lieber  nach  Sttden  hinter  der  sehMsehen 
Armee  soeben  solle.  Znnttohst  teilt  er  Blteher  mit,  dais  er  sich 
morgen,  16.  Oktober,  abends  mit  ihm  bei  Halle  vereinigen  werde. 
Bitteher  versneht,  ihn  tron  diesem  Plan  abzubringen  er  fordert  ihn  auf, 
vielmehr  naeh  der  Mulde  zu,  an  seinem  linken  Flügel  anfenmarschierea 
und  auf  Leipzig  vorznrflcken,  weil  die  fraozi^aisohe  Armee  die  ganze 
Nacht  hindoreh  nach  dieser  Stadt  marschiert  wäre.  Danach  mulste 
das  rechte  lUbnfer  vom  Feinde  frei  werden,  der  sieh  auch  von 
Aken  schon  zurückgezogen  hatte,  und  vielmehr  bei  Leipzig  ein 
grolser  Kampf  bevorstehen.  Wie  sollte  die  Nordarmee  dabei  un- 
beteiligt bleiben? 

Der  Kronprinz  änderte  abermals  seinen  Entsehlufs  und  wollte 
wieder  hinter  die  Elbe  gehen.  In  einer  Unterredong  am  Nachmittag 
(14.  Oktober)  mit  General  Stewart  gab  Carl  Johan  vor,  an  den 
Marsch  Napoleons  auf  Leipzig  nicht  zu  glauben,  und  begründete 
demgemä&  mit  seiner  Verpflichtung  Berlin  zu  schützen  die  Not- 
wendigkeit, sieh  nordwärts  zu  wenden.  Inmitten  dieser  Unter- 
haltung traf  eine  Fatronillenmeldnng  aus  Dessau  ein,  dafe  der  Feind 


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206 


Zum  Herbstfeidzui;  1818. 


•die  Stedl  um  4  Uhr  Terlassen  und  die  Hnldebrtteke  verbrannt  habe* 
Noll  geriet  der  Kronprinz  fireilieh  mit  seinen  Grttndoi  in  Verlegen- 
heit; aber  dennoeh  konnte  Stewart  snneit  niehts  von  ibn  eireieben. 

Am  Abend  kommt  noeb  ein  Sebreiben  ß^ttohera,  der  in  dem 
Marsch  ant  Halle  den  Plan  des  Kronprinzen  zn  erkennen  glanbl) 
sich  —  wie  Bttlow  Torans  gesagt  —  hinter  der  schlesiachen  Armee 
•der  Verwickelung  in  den  bevorstehenden  Kampf  an  entziehen.  £r 
bestätigte  alle  bisher  mitgeteilten  Naehriehten  nnd  forderte  Carl 
Johan  wiederholt  aof,  nicht  auf  Halle  an  marschieren,  sondern  den 
Feind  an  der  Moide  in  der  Kichtuug  uof  Leipzig  ansagreifen.  — 
Der  Kronprinz  antwortet  jetzt  in  so  seibstbewoistem  Ton,  wie  wenn 
er  nie  eine  andere  Absicht  gehabt  hätte,  als  zur  Sehlaeht  nach  Halle 
zn  rtteken,  nnd  der  Zwischenfall  mit  Greneral  Stewart  gar  nicht  vor- 
gekommen wire.  Wie  hätte  auch  der  äofsere  Anstand  gewahrt 
werden  sollen,  wenn  die  Absicht  eines  Rückzugs  onter  solehea  Um- 
ständen zugegeben  wäre!  (H,  A.  JUL  202—6.)  — 

Die  Disposition  Schwarzenbergs  bestimmte  den  1&  Oktober  zor 
näheren  Vereinigang  der  Heere,  den  16.  znm  gemeinsamen  Angriff 
gegen  Leipzig.  Sie  beauftragte  den  Kronprinzen,  mit  anbrechendem 
Morgen  des  Schlachttages  die  Aufmerksamkeit  nach  der  Mulde  za 
ziehen  und  den  linken  Flügel  Blüchers  kräftig  zu  unterstützen.  — 
Als  Carl  Johaii  auf  dem  Marsche  nach  Halle  am  15.  Oktober  diese 
Disposition  empfing  und  uun  sah,  dals  die  Sehlacht  bevnrstphe,  ver- 
erölserte  er  den  in  Aussicht  genommene  Abstand  dadurch,  dals  er 
sein  Heer  nicht  bis  Halle  führte,  sondern  2  Meilen  vorher  anhielt. 
Die  Bevollmächtigten  der  Verbündeten  \vnrd(ni  nach  ihrer  Ankunft 
in  Halle  mit  der  Xachricbt  übi  iniseht,  dafs  der  Kronprinz  ihnen 
nicht  folge.  Sie  beschlossen,  in  rmt  r  geiiif  insaiuen  Vorste  llung  ihn 
an  Erfüllung-  der  Pflichten  zn  mahiu  n,  die  er  im  Moment  tier  Ent- 
scheidung' seinen  Buu(U  sl;(  riosaen  schuldete.  Der  Krnuprin/.  alier 
veranschlagte  die  Achtung  der  Mit-  and  Nachwelt  neben  «einen 
peräüülicheu  Interessen  nicht  hoch  genu^,  um  sein  Verhalten  danach 
zu  richten.  Er  berücksichtip-te  die  Eingabe  ebensowenig,  wie  alle 
früheren  Aufforderungen,  und  land  nur  für  zweckmässig,  bei  den 
Monarchen  sein  unerwartetes  Stehenbleiben  damit  zu  rechtfertigen, 
dafs  er  Anstrengung  der  Truppen  vorschützte.  Sie  hatten  aber  tags 
vorher  Kuhe  gehabt,  der  Marsch  am  15.  betrug;  nur  2  '/..  bis  B 
Meilen,  und  das  russische  Kor]is,  welchem  ilvu  aLiaiidfrnden  Befehl 
zu  spät  erhielt,  brachte  den  Marscti  bis  Trotha  vor  lialie,  den  der 
Kronprinz  der  Armee  nicht  zumuten  zu  müssen  behauptete,  völUg 
ZD  £nde. 

Den  Auftrag  für  den  16.  Oktober,  Blüchers  linken  Flttgel  za 


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Zum  HerbBtfeldug  1818. 


207 


stlitzeii.  tührte  Carl  Johau  uieht  au>;  die  Nortlarmee  machte  nar 
einen  Marsch  von  i>  Meüon  bis  Landsberp  und  brachte  den  f^aiizt^n 
Ta;r  tlürüber  zu  Alle  Auftoi deruii^en  sich  zo  nähern,  hliebeu  wie 
bisher  erfolglos;  Hltlcher  mnfste  seine  blols  gegebene  Flanke  selbst 
durch  Zurückhalten  von  küttten  sichern  und  erlitt  Uber  diese 
Schwächung  in  der  Schlacht  bei  Mückern  unverhäitnismüisig:  schwere 
Verluste. 

Da  schrieb  Stewart  al»ends  9  L  hr  uii  Carl  Johaii:  ..Ich  erlaube 
mir  E.  K.  H.  inständigst  zu  bitten,  dafs  Sic.  sobald  Sie  dieisen  Brief 
erhalten,  aufbrechen  und  nach  Tauche  marsL'hieren  möchten.  Es  ist 
kein  Augenblick  zu  verlieren.  E.  K.  H.  haben  mir  es  versprochen» 
und  ich  rede  zu  ihnen  als  Freund.  Aber  ich  mufs  auch  als  Soldat 
aprecben;  Sie  wUiden  es  nur  bereaen  k(laaen,  wenn  Sie  nicht  jetast 
ihren  Mars^  antraten.** 

Der  YerletMode  Ton  dieses  Sehreibens  hätte  seinen  Zweek 
Yerfeblen  mttssen  nnd  der  drohende  Inhalt  würde  nnTerstSndlieh 
sein,  wenn  er  nieht  von  einem  realen  Hinteifmnd  getragen  wäre, 
fttr  den  Carl  Johan  empfänglicher  war,  als  ftlr  Annifen  seines  Pflicht- 
geftthls.  Stewart  hatte  den  Wink  fallen  lassen,  dass  onter  Um- 
ständen die  Snbsidien  eingestellt  werden  könnten.  Mit  einem  Sehlage 
war  die  Anscbannng  gelindert  nnd  der  Feldherr  der  Nordarmee  ent- 
schlossen in  die  Linie  m  rttcken.  Um  2  Uhr  morgens,  am  17.  Ok- 
tober, erteilt  er  Befehl  an  sofortigem  Anfbrneh,  nnd  nachmittags 
beaieht  die  Armee  8  Meilen  vorwttrts  bei  Breitenfeld  ihr  Lager. 

Carl  Johan  wollte  aber  dennoch  nicht  schlagen  nnd  sah  sich 
nnn  nach  anderen  Wegen  nm,  an!  denen  er  der  Teilnahme  am 
Kampfe  entschlüpfen  könnte.  Er  ging  daranf  ans,  die  an  der  Saale 
geforderte  nnd  erreiebte  Vertansehnng  beider  Heere  jetzt  abermals 
zu  wechseln  dergestalt,  dafs  er  wieder  den  rechten  Flügel  erhielte. 
Eine  solche  Malsregel  würde  die  unversehrte  Nordarmee  in  die 
Defensivgtellung  zwischen  Pletlse  nnd  Parthe  geführt  haben,  welche 
mit  geringeren  Mitteln  gehalten  werden  konnte  und  keinem  ernsten 
Kampfe  mehr  entgegensah,  während  jenseits  der  Parthe  gerade  die 
meisten  Krlifte  notwendifj  waren.  Blücher  ging  auf  das  Ansinnen  nicht 
ein.  —  Nun  lad  der  Kronprinz  —  im  Vertranen  auf  seine  Dialektik 
—  ihn  zu  einer  mündlichen  Besprechung.  Auch  diese  schlug  Blücher 
unter  recht  gering  schätzenden  Aniaeningen  gegen  den  Überbringer 
ab.  Bei  seiner  Zwangslage,  mithandeln  zu  müssen,  versuchte  in- 
dessen der  Kronprinz  in  später  Nacht  nochmals,  eine  Unterredung 
zu  erreichen,  indem  er  äufserte,  den  Angrifil  für  den  18.  verabreden 
zu  wollen.  Blücher  liels  sich  nun  herbei  nnd  suchte  ihn  ^egen 
Tagesanbruch  in  Breiteoleld  auf.    Die  Verhandlang  blieb  geraame 

JmkrbftoMr  fftr  di«  d*m(Mk»  AnM*  wd  Hkriii*.  N».  SM.  14 


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208 


Zum  Uorhöüeldzug  1818. 


Zeit  ohne  firgeboiB,  weil  der  Kronprinz  seine  Armee  snr  linken  der 
MlüefliBeben  als  Staffel  mrUekbalten  wollte  and  seine  BedefertiglKelt 
so  lange  anf  bot,  bis  Blttcber  sie  in  drastisebem  Unwillen  nnterbraeb. 
—  Da  wandte  Carl  Joban  siob  gesebtteidig  an  mem  anderen 
System.  Er  wolle  ohne  Sämnnis  den  veriaagten  Angriff  beginnen, 
wenn  Bitteber  ibm  dasa  80000  Mann  'ablirftte.  Die  Zomntnng  war 
ganz  darauf  angelegt,  am  sorttek  gewiesen  an  werden,  and  Bittober 
batte  mit  sieh  za  kämpfen,  bevor  er  ein  solches  Opfer  brachte. 
Aber  er  flberwand  ach.  Die  Oberlegang,  dais  er  in  drttngendeo 
Umstanden  doch  seinen  Einfloß  aar  Geltang  za  bringen  Yennttehte,  die 
Korps  Bttlow  and  Winlaingerode  von  selbst  der  Saohe  dienen 
wttrden,  wenn  sie  nur  erst  anf  dem  Schlaebtfeide  standen,  dal» 
scblielfiBeh  selbst  die  seblesiBcbe  Armee  ohne  Himatritt  der  Nord- 
annee  aa  Untätigkeit  genötigt  sein  kOnne,  bestimmten  ihn  endlieb, 
das  Korps  Langeron  an  ttberweisen.  Als  niebtsdestowenigef  der 
Kronprinz  seinem  Hedeflnfe  weitem  Lanf  lieb,  ohne  zam  Abseblola 
aa  kommen,  da  sersehnitt  Bitteber  bei  dem  sebon  nahen  Zeitpnnkt, 
wo  die  Sehlaoht  beginnen  sollte,  nogednldig  diesen  Wortsehwall, 
Indem  er  Rtthle  mit  den  Worten  zorttek  Heb:  «Bringen  sie  mir*s 
dgenbfindig  Tom  Kronprinzen  anterscbrieben  mit  ond  kommen  Sie 
bald  naeh''  (N.  A.  IL  207—13). 

Nach  Blttebets  Fortreiten  befiehlt  der  Kronprinz,  dab  die  Nord- 
annee  bei  Taaeha  ttber  die  Parthe  geben  and  Yon  dort  sich  gegen 
die  rechte  Seite  des  Feindes,  der  den  Flab  besetat  btc^lt,  wenden 
solle.  Die  Anweianng  Ittr  das  Korps  Langeron  lautete  dabin,  diesen 
Seltenmazseh  za  deeken,  deshalb  hinter  den  DOrtem  Bfookan  aod 
PIOMD  m  dw  Pwte  «telwn  zn  bMbeo  ond  «eineo  Übeixai«  ent  »■ 
erzwingen,  nachdem  der  Kronprinz  den  Kampf  jenseitB  begonnea 
hätte.  —  Die  Bewegung  ttber  Taucha  Terorsacbte  schon  fbr  das 
nächste  Korps  des  Nordheeres  eine  Meile  Umweg.  Bb  aber  die 
ttbrigen  sich  auf  dem  einen  Punkte  durchgezogen  hätten  und  das 
da^on  abhängig  gemachte  Vorrttoken  Langerons  zur  Austtthmng 
käme,  war  das  Hmscheiden  des  ganzen  Tages,  währenddessen  die 
Sohlaeht  im  Sttden  tobte,  zvl  erwarten.  Diesen  neuen  Versuch  Carl 
Johans,  der  entscheidenden  Mitwirknog  aaszuweieben,  zenib  Bitteher 
dadureb,  dab  er  ohne  Zögern  den  t^bergang  Langerons  auf  dem 
nächsten  Wege  ttber  Mockau  herbeiltthrte  und  Carl  Joban  am 
10  Uhr  melden  lieb,  dab  Langeron  die  weiteren  Befehle  jenseite 
des  Flusses  erwarte.  —  Die  Spitze  der  Nordarmee  erreichte  um 
2  Ubr  das  jenseitige  Ufer.  Die  Möglichkeit  zum  Fembleiben  war 
Carl  Johan  nun  entzogen.  Er  gestattete  Langeron  den  Angriff  und 
zeigte  sieh  persönlich  im  Feuer,  lieb  aber  —  während  das  Korpa 


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Zun  Herbstfeldnig  1818. 


209 


Lane-pro!)  das  Schwerg:e\vicht  des  Ta2:es  zn  trafen  hatte  —  vou 
seiuer  Armee  unr  Bruchteile  in  deo  Kampf  treten  (N.  A.  II.  229 — 82). 
Eine  erwähnenswerte  Koüe  hat  er  in  dieser  n:iiijitst*hlacht  des  Feld- 
zages  ebensoweiii|2:  als  in  den  früheren  Uberaummen.  -  Zur  Be- 
arteilönp  seines  Charakters  wie  seiner  Feldherrnh'istungen  frlaube 
ich  aber  uoii  so  ausreichendes  Material  vorgelegt  /n  haben,  dafs  es 
entbehrlich  wird,  solches  dnrch  Ansdebnen  aof  den  Feldza«:  in  Däne- 
mark und  bis  an  den  Hbein  zu  vermehren.  (Gelegenheit  dazu  würde 
iu  Fülle  geboten  sein.  —  Schon  im  Waflenstillstand  gab  Napoleon, 
der  beste  Kenner  seines  früheren  Feldmarschalls,  das  e^ering  schätzende 
FrogDOstikon :  Pour  celui-la,  il  ne  fera  que  piaöerl  Es  hätte  am 
Schlafs  des  Feldzuges  nicht  /ntreffender  gefällt  werden  können. 
Ebenso  hat  er  das  besondere  Schuneu  der  schwedischen  Truppen 
und  daraus  herrorgehende  Uneinigkeit  voransgesagt. 

Indessen  bleibt  noch  eine  Seite  heraas  zn  heben,  weiehe  nieht 
in  den  Bereich  der  bisher  behandelten  nnd  berechtigten  schwedischen 
Politik  ttUt,  eine  Seite  anf  der  ich  wieder  von  der  Friederiehschen 
Auffassung  abweiche:  die  Stellung  Carl  Johans  zn  Frankreich  and 
den  Franzosen. 

MigoT  Fiiederi^h  (I.  349.  56)  weist  ab,  dab  Carl  Johan  den 
Thron  Frankreichs  angestrebt  habe  nnd  ans  Sympathie  ittr  die 
Fransosen  in  seiner  Kiiegitthrnng  beengt  worden  sei  Dem  wider- 
sprechen  die  folgenden  Akftenstttcke.  Am  Sl.  Mai  berichtet  der  ins 
sehwedisdie  Haaptqaaitier  geschickte  Migor  Kalckrenth  dem  König 
von  Prenfsen  ttber  seine  Unterredung  mit  Carl  Jobaa:  „Rohmsnoht 
und  tief  eingewoxzelter  Haie  gegen  Napoleon  beleben  den  Kron- 
prinzen ganz  nnd  erfüllen  seine  Seele.  Ob  Sehwedens  Interesse  aber 
dabei  allein  zugrunde  liegen  mag,  das  mag  wohl  das  G^imnia 
seines  Heizens  sein,'  was  noch  ni^and  durehschant  hal.  Norwegen 
ist  wohl  nur  eine  Art  Bestechung  zur  Ermunterung  seiner  Nation. 
Mir  scheint^  dals  die  Reue  den  franzlMsoken  Thron  1799  nicht  für 
sich  behalten  zu  haben,  was  er  —  wie  er  sagt  —  konnte,  nnd  die 
ihm  nicht  Himgespinnst  seheinende  Möglichkeit,  dies  Versehen  unge- 
sehehen  zu  machen,  die  einzige  geheime  Triebfeder  seiner  Hand- 
lungen isf*  (N.  A.  ].  38).  Die  hier  nur  angedeuteten  Hoffbnngen 
hat  Carl  Johao  spttter  bestimmter  wiederholt,  wie  ÄaCBeruogen 
gegen  den  bntisehen  Oberstleutnant  Gooke  im  Angnst  (Wilson, 
Diary  II.  74)  und  den  rulsiscben  Rocbechouart  im  September  er- 
weisen. Dem  letzteren  sagte  er:  „Frankreich  braucht  einen  König 
und  zwar  einen  König,  der  Soldat  ist.  Das  Oesohlecht  der  Bourbons 
ist  Terbraueht  nnd  wird  nie  wieder  an  die  Oberfläche  kommen.  Wer 

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210 


Zum  Uerbstfeidzug  Ibiü. 


aber  ist  besser  für  die  FratuEosen  geeignet  als  ieb^  (Boehecfaoiart 
260).  Im  Noyember  Iftbt  er  sieb  dem  Kaiser  Aleiaoder  direkt 
durcb  Fraa  Sta«l  nod  Friedrleh  Wilbelm  doreh  Kaickreotli  für 
den  Thron  anbieten.  Des  letzteren  Sebreiben  vom  22.  NoTember  laatet: 
„Der  Kronprinz  hat  mieb  sogar  beauftragt  zd  sagen,  wie,  Cslls  man 
80  gltteklieh  sei,  den  Kaiser  Napoleon  rom  Thron  von  Fraakreieh 
hefabzastUrzen,  AllerhOchstdieselben  Tielleiehi  seine  persOnlieben 
diesfiUligen  Hofihnngen  niebt  aUzn  kühn  finden  nnd  ebensowenig 
bezweifeln  mOebteo,  dals  ftlr  AJlerhöcfastdero  Honarcbie  seine  Er> 
bebung  ffir  einen  sehr  ▼orteilhaften  Taasoh  mit  der  Person  des 
Kaisers  Napoleon  gelten  kann**  (N.  A.  IL  SI9.  20).  —  Und  weiter 
ergreift  Carl  Johan  bei  den  Verhandlongen  Uber  den  Waffenstill- 
stand im  Dezember  sofort  die  Gelegenheit,  nm  aacb  den  noob  eben 
feindlieb  behandelten  KOnig  von  Dllnemark  fttr  dieses  Ziel  zn  ge> 
Winnen.  Der  Landgraf  yon  Hessen,  €k>nTemenr  Ton  Sehleswig,  be« 
richtet  am  11.  Dezember  seinem  König:  „Einen  gro(sen  Plan,  den 
der  Kronprinz  hat,  erzählt  mir  Kammerherr  v.  Hedemann,  um  ihn 
IhDPD  zn  vertraaen.  Napole<m  soU  herunter  vom  Thron,  and  Er 
will  französischer  Kaiser  werden;  nnd  dann  sollen  Sie  Schweden 
auch  erhalten"  (N.  A.  IL  470). 

Wenn  solche  Dokoroente  jeden  Zweifel  Uber  Carl  Jobans  Ab» 
siebten  aussohlielsen,  so  ist  es  selbstverständlich,  dals  seine  Sympathie 
bei  den  Franzosen  war,  nad  daCs  er  vermeiden  wollte,  persönlieh 
Im  ELampfe  gegen  sie  henrorzntreten,  ihnen  überhaupt  wehe  zn  tun. 
Daraas  entspringt  —  neben  anderen  Triebfedern  —  sein  stetes 
Zurückbalten  von  tätigem  Vorgehen,  und  aas  keinem  anderen  Grunde 
als  aus  diesem  das  Verhindern  der  Verfolgung  nach  den  Schlachten 
von  (ir.  Beeren  und  Dennewitz,  bei  der  weder  sein  Kriegsrubni 
noch  schwedische  Tnippen  in  die  Gefahr  gekommen  wären,  Rück- 
schläge zu  erleiden.  Im  Gegenteil  forderte  das  schwedische  hiteresse, 
da!«  diese  Siege  aufs  äuiserstc  aiisgennt/.t  wurden.  Das  afjiallige 
Urteil  Pozzo  di  Borgos  über  die  l.eitiinir  <ler  Schlacht  hei  Dennewitz 
klang  für  Thorntoni  so  ungtheucriieh,  dals  er  sich  anfangs  darin 
uieht  finden  konnte  «nd  Pozzo  aafmerksam  machte,  ein  wie  grofser 
Luterijchied  darin  bestände,  oh  ('arl  Joban  die  Schweden  oder  ob 
er  die  b'ran/osen  zu  schonen  bemüht  gewesen  sei.  Pozzo  erklärte, 
dafs  lieidp  Neigungen  gleichzeitig  gewaltet  hatten,  jedenfalls  der 
Widerwille,  den  Kampf  zu  entscheiden  nnd  zu  Ende  zn  bringen, 
offenbar  gewesen  wäre  und  fast  alle  Generale  in  diesem  Punkte 
Ubereinstinnnten  (N.  A.  II.  BIO). 

Der  schwedische  Kritiker  Nordensvau  sucht  den  ihm  Landsmann 
gewordenen  Carl  Johan  in  achtbarer  Weise  zwar  zu  rechtfertigen; 


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Zwn  BerbatfeldsDg  1818. 


211 


anf  die  firOrtening  des  langsamen  Vorrttckens  nach  den  Siegon  von 
Gr.  Beeroo  ond  Deimewits  liUsl  er  sieh  jedoch  nicht  (  in  und  zieht 
vor,  mch  mit  der  Bemerk ang  zu  begnügen,  wie  aaffallend  ond  sohwer 
verständlicb  es  wäre,  dafs  Carl  Johan  seinen  Gegner  entkommen 
heüj  ohne  ihm  einen  ttthlbarcn  Streich  zu  TerBeixen.  Ein  Loslassen 
der  Frcafsen,  wo  keine  Gefahr  vorbanden  war,  wo  sie  offenbar 
Frttchte  ihrer  blutigen  Siege  ernten  and  die  Bedrängnis  des  Feindes 
vermehren  konnten,  hätte  den  Kronprinzen  unleugbar  in  «in  vorteil- 
haftes Licht  gesetzt.  (KrigSTetenskapg  Akademiens  Handlingar.  Uaj 
1894.    S.  278.  283). 

Die  hier  dargelegten  Tatsachen  gehören  nicht  zur  schwedischen 
Politik,  wie  ich  sie  an  der  Spitsse  dieser  Abhandlung  entwickelt 
habe,  sondern  anter  Carl  Johans  persönliche  egoistische  Ziele. 
Schwedens  Thron  war  ihm  erwAnsoht,  so  lange  sich  ihm  nichts 
besseres  bot;  es  kostete  ihm  keine  Überwindnuir,  das  Land  seiner 
Wahl  beiseite  zu  werfen,  ihm  die  Treue  nicht  za  halten,  sobald  sein 
Begehr  anderweit  hllhere  Befriedigung  fand. 

Ich  gelange  nun  zu  folgendem  Schi ufs- Urteil:  Carl  Johans 
System  war  auf  einer  l)reiteu  Basis  von  Täuschung  und  Verhehlen 
der  Wahrheit  aufgebaut,  so  dals  es  damit  weit  in  den  militärischen 
Dienstverkehr  hineinreichte  und  endlose  Reibungen  hervorrief.  Seine 
Absicht,  die  selbstverständliche  Voraussetzung  eines  Kriejrshuodes 
nicht  zn  erföllen,  die  darin  besteht,  den  gemeinsamen  Feind  nieder- 
zukämpien  und  dazu  mit  allen  Kräften  einzutreten,  durfte  nicht  (er- 
kennbar werden  und  machte  ein  Gewebe  von  Unwahrlieiten  not- 
wendig, das  zunächst  Widerspruch  hervorrief  und  srhlifM'^lich  mit 
einem  Übeln  I  rteil  über  den  Charakter  endete.  Dazu  trat  eine 
Furcht  vor  Napoleon  und  überhaupt  ein  Mangel  an  Wagemut,  die 
seinen  Tütergeneralen  fremd  waren,  und  die  mitunter  selbst  in  kläg- 
lii  lit'fi  Szenen  zutage  traten.  Das  alles  schliefst  die  hohe  Meinung 
vou  einer  Feldherrn-Natur  und  ritterlichem  Sinn  ans.  Es  hieihen 
vergebliche  Versuche,  durch  Verseblei r-rn  dem  Bilde  ein  anderes 
Ansehen  zu  geben,  vielmehr  Aufgabe  der  gesehirhtlichen  Forschung, 
durch  Analysieren  der  Belege  die  Tatsachen  Uber  den  künstlich  ge- 
schatlt'iien  Nebel  emporzuheben  und  fest/ustellen.  ob  Carl  Johan 
als  Charakter  und  als  Feldherr  dieselbe  Anerkennung  beanspruchen 
dari.  die  ihm  in  der  schwedischen  Politik  zugebilligt  ist.  Nicht  durch 
ihn,  soitdr  ru  trotz  seines  Widerstandes  hat  die  Nord-Armee  ihre  Er- 
folge errungen. 

Die  Gescbichte  allein  vermag  dauerhafte  Ehrenzeichen  zu  ge- 
währen, und  ihr  fällt  es  zu,  solche  denen  nachträglich  zu  verleihen, 
die  yon  den  Zeitgenosse  verkannt  worden  sind.    Aber  sie  soll 


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212 


Zun  H€flMNfeld«ig  1818. 


auch  den  giftigen  GrUnspan  onechten  Glanzes  erkennbar  machen, 
die  SUbne  berbeitUhren  für  mifsbrauchte  Gewalt.  Die  Menschen- 
natur  besitzt  Empfänglichkeit  fUr  den  Nachrabm,  imd  der  erhabene 
Beruf  der  Geflchichte  beraht  darin,  ihn  za  gewähren  oder  m  ver- 
sagen,  so  wie  ihn  der  Heimgegangene  sich  selbst  bereitete.  Damit 
tibi  gle  aoi  die  Lebenden  ihre  erziehende  Kraft  aas.  — 

Es  prttbrifxt  eine  Beiiiri  kmifr  zu  zwei  Arbeiten,  die  auf  dem- 
selben Geliiet  entstanden  siml.  Der  Kezeüseut  im  Mil.  W.  Blatt 
(1902  Spake  2Ö53 )  tut  ihren  \  <  ilassem  Wiehr  and  SwederuR  viel 
Ehre  an,  Avenn  er  sie  als  „namhafte  Historiker**  bezeichnet.  Beiden 
sind  eingehende  Kritiken  gewidmet  (Mil.  Lit.  Ztg.  Mai  1893  Sp.  1<S7, 
nnd  März  1882  ISp.  132),  die  noch  heute  ihre  Gültigkeit  haben,  so 
dals  es  gentigt  auf  diese  zu  verweisen. 

Dem   ersteren   hat  Major   Friederich  (1.  ein  Schreiben 

des  Kronprinzen  an  Büiow  vom  23,  Aagast  10 '/a  morgens 
entlehnt: 

„In  diesem  Avgenhlick  ist  die  Kaebridit  eingielaafen,  da(h 
der  Feind  KL  Beeren  geränmt  hat  and  auf  Spntendorf  vonn- 
gehen  sehünt.   Diese  Bewegung  mols  den  General  Bttlow 
bestimmen,  sieb  nioht  von  Heinersdorf  za  entfernen". 
Hit  ßecht  wells  Major  Friederich  dieses  Schreiben  nicht  mit 
meinen  Angaben  in  Einklang  zu  setzen,  da  es  sich  aaf  falsche  Nach- 
richten  attttzt   In  Kl.  Beeren  hat  überhaupt  kein  Feind  gestanden; 
der  Ort  war  yieknelir  mit  einem  prenüsisclien  Bataillon  besetzt  (N. 
A.  I.  272),  ond  ebensowenig  bat  zn  der  Zeil  ein  Yonrtteken  des 
Feindes  anf  Spatendorf  stattgefnndeii.  Damit  wird  der  Zweifel  bin- 
föUig,  welchen  jenes  nicht  verwendbare  Sebrdhen  berrorrnft 

Oer  letztere  Sohriftsteller  Swederns  fuhrt  eine  nicht  angewandte 
Feder;  es  fehlt  ihm  aber  die  erste  Eigenschaft  des  Histoiiker»:  Die 
Abdcht,  Wahrheit  za  finden  and  ans  licht  za  ziehen.  Man  siebt  beun 
Vergieich  mit  den  Urqaellen  anf  Jeder  Linie  die  Tendenz,  daroh 
Vertaoschea  Ton  Ursache  nnd  Wirkong,  dorch  Verschieben  der 
logischen  Gedankenfolge  oder  der  Daten  Carl  Johan  znm  FeidhenD 
ond  Helden  za  schlagen»  woza  die  Belege  sich  nicht  herbeilassen 
wollen.  Zar  Zeit  der  Abfassang  seiner  Schrift  hatte  et  den  Vorteil 
▼oranS)  die  Stockholmer  Kriegsaktea  za  kennen.  Damit  wird  er  es 
endcfat  haben,  bei  dentschen  Historikern  mehr  Bedenken  über  gegen- 
sütsilicbe  Darstelinngen  herrorzaralen  ond  mehr  Einflnls  zn  gewinnen, 
als  seine  Leistnng,  besonders  seine  Tendenz,  reebtferligen  kann. 
Jener  Vorspning  ist  inzwischen  einholt;  ich  habe  die  schwedischen 
Akten  eingesehen  aad  bei  der  Übermrbeitong  der  Geschichte  der 


Giiiiiloii-PelddiiluttbiiiigMi  mit  gwoliwlrteit  Waffen.  218 


l^ord-Annee  verwendet,  AnderuDgen  im  Swederasschen  Sinne  aber 
dennoch  nicht  voraunehmen  gehabt  Vor  der  Benatznng  von 
s Uedems  ist  zu  warnen,  aaDser  wenn  er  ein  Aktenstück  wörtüeb 
abdruckt 

Ich  schliessr  diesen  Auibatz  mit  dem  Anerkenntnis,  dats  Major 
Friederichs  Werk  —  ungeachtet  der  AoHStellangeu,  welche  ich  zn 
machen  hatte  —  zu  den  wertvollen  Bereicherungen  der  Kriegs- 
G^cbichte  gebort. 


XL 

GarnisoB-Fslddienstübimgen  mit  gemischtea  WaffeL 

Von 

TM  CMheBbMMi,  Oberst  z,  D, 


Ebe  wir  in  die  Betrachtung  eintreten,  Hei  voransgesobickt,  dais 
das  Gesagte  die  Verbältnisse  so  dantellt,  wie  sie  m  Mittel-,  Slld- 
naä  Wesl-Deotseiilaiid  oliwatten,  wo  der  Winter  mh  seiner  die  Flor 
sehatsendeo  Sobneedeeke  sehr  kan  ist,  wo  alles  Laad  in  hoker 
Knltor  steht,  Unland  nnr  wenig  rorhanden  ist  Nor  wo  die  Ver- 
bltttniase  so  liegen,  benrsehen  die  unten  gesebildeiten  Znsttnde, 
stellen  sieh  aUe  Sehwierigkeiten  in  vollem  Ma&e  ein,  wihrend  sie 
selbstverstllndlieb  zum  Teil  iortfallen,  sobald  die  Gelände-  nnd 
Wiltemngs-YerbJUinisse  deb  gflosüger  gestelten. 

Es  gibt  kanm  etwas  Sehwierigeres,  als  die  Anlage  and  Lettang 
von  6araison*FeiddiensflllMingen  nut  gemisohten  Waffen,  wie  sie  die 
Fel^dienstordnang  Ziff.  30  aad  38  vorschreibt,  nnd  wie  sie  im 
Herbst  gleieh  oaeh  dem  Manftver  oder  im  Winter,  wenn  der  Boden 
hart  gefroren  ist  oder  im  Hochsommer,  wenn  hier  nnd  da  die 
Ernte  sehen  teilweise  eingeheimst  ist,  stattfinden.  Die  Sehwieiig- 
keiten  setzen  sieh  aas  folgenden  Faktoren  sasammen. 

1.  Truppen.  Wir  nehmen  an,  dafs  die  Garnison  ans  einem 
Infanterie-Regiment,  einem  Kavallerie-ßegiinent  und  einem  Feld- 
artillerie-Regiment besteht.  Der  Oberstleutnant  des  Infanterie- 
jBegimente  echlUI  ?ea  seinem  Rommaadenr  den  Anftrag,  eine  Feld- 


214 


Gamisun-Feiddienstttbungfln  mii  gemuotiten  Wafieo. 


dieostübuDg  anzulegen  und  za  Ifiivn,  bei  wekhei  das  gesamte 
lül'anterie-Refiriment;  aofserdem  Kavallerie  ujkI  Ftldartillerie  in 
beliebiger  Stärke  beteiligt  ist.  Die  Anwendung  von  Flagi^mtruppeo 
ist  gestattet,  aber  bis  auf  die  äulserste  Nctvvetiuigkeit  aü  be- 
schränk eu. 

Da  Kompagnien  von  60  Gewehreu  —  und  stärker  köiiüen 
sie  im  Herbst  nnd  Früh- Winter  nicht  aasrilcken  —  ein  Unding  .-.iiid 
unu  giinz  unmögliche  Bilder  bieten,  so  verwendet  er  auf  jed«*r  Seite  ein 
Bataillon  mit  Kompagnien  a  90  Gewehren.  un*l  ;^ibt  auf  der  Seite, 
wo  er  das  Übergewichi  wünscht,  einige  Flaj^genkompagnien  zu. 
Anders  ist  es  auch  wohl  kaum  zu  machen;  denn  von  dem  Bataillon 
aul  der  einen  Seite  z.  B.  1  Kompagnie  wegzuii»  bmen  und  sie  auf 
der  andern  Seite  zuzulegen,  ist  schon  deshalb  nicht  ml^glieh.  weil 
dem  schwächeren  Detachement  dann  immer  mehr  aus  Rücksicht  für 
den  Schutz  der  Artillerie  die  Bewegungsfreiheit  genommen  wird. 
All  K.ivallerie  wird  auf  jeder  Seite  eine  Eskadron,  au  Feldai'tillerie 
eine  Batterie  verwendet.  Wir  werden  später  Gelegenheit  nehmen, 
noch  etwas  näher  auf  die  Schwierigkeiten  einzugehen,  die  aus 
dieser  darch  die  Umstände  gebotenen  Zasammenstellmig  der  Truppea 
entstehen.  Einige  Zeit  später,  im  Dezember  oder  Januar,  wenn  die 
Rekruten  soweit  sind,  dafe  sie  mitlaufen  kMuen,  liegen  die  Ver> 
hältnisse  schon  günstiger;  man  hat  längere  Harsch- Kolonnen,  mehr 
Kompagnien  and  kann  ftof  die  Flaggentruppen  verzichten. 

Da  die  Trappen,  am  die  es  sieb  handelt»  nicht  nnter  einem 
Befehl  stehen,  so  hat  es  voriier  sefaon  grofee  Scbwieiigkeitra  gemacht, 
einen  Tag  herauszufinden,  der  allen  genehm  ist^  Jetzt  läfot  sich 
awei  Tage  vorher  z.  B.  ein  Yorgesetater  der  Kavallerie  anmeldeiL. 
Infolgedessen  mala  das  Kegiment  mitteilen,  da&  die  Eskadron  nicht 
gestellt  werden  kann.  Daa  ist  ein  sehr  onaiigenebmer  Zwisobenfall» 
Naoh  oben  gemeldet  ist  die  Übung  schon;  das  Wetter  ist  gttnstig. 
Da  laufen  nun  die  Adjutanten  hin  und  her,  der  Telegraph  arbeitet; 
es  ist  aber  niohts  zu  machen.  Noch  nicht  einmal  ein  paar  Melde- 
reiter sind  von  der  Kavallerie  zu  haben.  Endlich  bietet  sich  da» 
ArtUlerie-Begiment  an,  einige  Patrouillen  ond  Meldereiter  zu  stellen. 

Ist  das  Regiment,  welches  ptötitioh  Abhaltung  bekommt»  daa 
AitUlede-Kegiment,  dann  ist  leichter  Abhilfe  gesohafit.  Man  ladet 
auf  einen  Krttm perwagen  6  QeBchfita-Simulacres  nnd  gibt  eine 
Anzahl  Kanonensohlttge  daau.  Was  im  Interesse  des  Q-lttckens  und 
Nutzens  der  Übung  vom  Standpunkt  des  Infanterie-Re^ents- 
Kommaadeors  ans  verlangt  wird,  ist  aueh  auf  diese  Weise  inr  Not 
sicher  gestelli  Im  Gegenteil:  im  Omnde  genommen  ist  ihm  die 
Sache  nicht  unangenehm;  denn  nun  bat  er  Artülerie,  und  braucht 


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Uaraii^uii-FelddieastiUmugeu  uiii  i;ouiiBchten  Waüua. 


215 


nieht  aus  seinem  FoDds  den  Plonehaden  zn  sahlen,  der  eveni  dureb 
die  wirUiehe  Batterie  gemaeht  worden  witre. 

Wenn  die  Atiregang  tu.  der  Obong  Ton  der  KavaUerie  oder 
Artillerie  ans  gegeben  ist,  ond  das  Infanteiie-Begiment  mnb  aas 
iifend  einem  Grunde  absagen,  dann  ist  niehts  an  machen;  die 
Obnng  kann  nieht  stattfinden.  Denn  die  Infanterie  IttlBt  sieh  nieht 
anr  Not  ersetsen,  wie  wir  dies  yon  den  andern  beiden  Waffen  soeben 
geaeigt  haben.  Die  Trappen  sind  also  besehafit,  die  Übung  kann 
stattfinden. 

2.  Anlage  der  Übong.  Die  „Kriegslage**  bietet  nicht  weniger 
Schwierigkeiten.  £&  wird  ttberall  als  Hanptbedingong  für  die  Anf- 
gabensteUong  verlangt^  dafs  die  Parteiftthrer  vor  einen  eigenen 
fintsohlnls  gestellt  werden  ond  wenn  aach  nor  anf  wenige  Standen 
anf  die  ihm  anterstellten  Kräfte  angewiesen  sind.  Deshalb  kann 
man  die  Detaobements  nicht  als  Avant»  oder  Arriere-Garden  oder  Seiten- 
detaebemeDts  denken,  denn  diese  bekommen  dnreh  den  Befehl 
bestimmte  Auweisuug,  was  sie  zu  ton  haben,  wo  sie  marschieren 
sollen  etc.  Selbständige  Detaobements  von  eiuigen  KompagDien, 
einer  Eskadron  and  einer  Batterie  anf  jeder  Seite  sind  abw  sehr 
schwer  in  eine  wahrscheinliche  Kriegslage  hineinzabringen. 

Eine  weitere  Bedingung  ist,  dafs  die  Übungen  nicht  zo  an* 
strengend  sein  sollen.  —  Um  die  beideraeitigen  Kavallerien  einiger- 
mafsen  in  Stand  zn  setzen,  dals  sie  YOr  dem  Aafeinuudez^tofsen  der 
Detaobements  Meldung  schicken  können,  müssen  die  letzteren  vor 
dem  Antreten  mindestens  5 — 7  km  aaseinanderstehen.  Wenn  man 
dann  die  Kavallerien  ^4  Stande  frilber  antreten  läfst,  wie  die 
Infanterie,  dann  stimmt  es  für  gewöhnlich;  natürlich  kommen  auch 
Lagen  vor,  wo  andere  Malsregeln  ergriffen  werden  müssen,  am  zu 
vprhdtf'n,  dals  z.  B.  im  Nebel  die  Detachements  80()  m  vor  einander 
auttauehen,  ohne  dals  irgend  eine  Meldung  vorher  gemacht 
worden  ist. 

Der  einfachste  Kall  ist  der,  dals  mau  die  eine  l^artei  am  Tor 
der  Garnison  antreten  lälst,  die  andere  5  -7  km  davon  entfernt. 
ÜaB  ireht  «hfr  natürlich  nicht  immer;  and  wie  oft  passiert  es,  wenn 
man  ein  günstiges  Gefechtsfeld  gefunden  hat,  dals  man  es  nicht 
gehraachen  kann,  weil  man  keine  richtigen  Anmarschwege  finden 
kann.  Oder  eine  Eisenhalui,  die  bekanntlich  nur  an  den  Über- 
gängen passiert  werden  dürfen,  greift  störend  ein;  oder  der  Bauer 
hat  über  Nacht  Ituben  darauf  gesäet  etc.  Femer  soll  mau  doch 
zur  Mittagszeit  in  der  Kegel  wieder  zu  Hanse  sein.  Die  Truppen 
iii]  Spatherbst  und  Winter  vor  Morgens  7  Uhr  ausrücken  /.u  lassen, 
tmpüebit  aicii  auch  nicht.    £>o  sind  die  Hände  überall  gebunden. 


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216  Giralmii-Faldtfeiutttbimgen  mit  gemiflohfeen  Waffeo. 


WeoD  Schoee  gefalleu  ist,  liegen  die  VerbKltaiflse  erbeblioh 
günstiger;  dann  MbUtst  dieser  vor  Flarocbaden.  Troekner  Fh»t  Ist 
wieder  nngttnstig;  man  tritt  nioht  durch,  aber  die  Halme  der  anf- 
gegaogenen  Fmcht  sind  brUebig  wie  Glas  nnd  werden  gändioh 
abgetreten.  In  Sttddentsehland  wiedemm  lülst  der  Baner  nach  ein- 
geheimster Ernte  seine  Stoppel  im  Hochsommer  nicht  einen  Tag 
liegen,  sondern  er  pflttgt  sofort  wieder,  denn  der  Acker  soll  ihm 
zweimal  im  Jahre  teagen.  —  So  kommt  es  denn,  dafs  man  oft  für 
das  Zasammentreffen  der  beiden  Gegner  auf  den  Exerzier-Platz 
angewiesen  ist  oder  aaf  die  zwei  oder  drei  kleinen  Sttlckchen 
Unland,  welche  in  der  Umgebung  der  Garnison  liegen  und  nattirliob 
jedem  bekannt  sind.  Und  wenn  man  glaubt,  die  Aafgaben  noch 
so  klng  gestellt  an  haben,  so  heilst  es  doch  schon  am  Tage  vorher 
in  der  Garnison:  „Morgen  Felddienstttbaog  aof  dem  Exerzier-Platz 
oder  aof  der  Gänsewiese  bei  O  .  •  .  Nicht  selten  wird  die  Sache 
fUr  die  ParteiftUirer  dadurch  vereinfacht,  da&  den  Vorgesetsten 
nichts  daran  gelegen  ist,  die  Anroürsche  auzaseben  nnd  sie  Tcr- 
langen,  dafs  es  vorher  im  Parole-Befehl  heilst  z.  B.:  Zaschaaer  um 
9 "  auf  dem  Gemeinde- Anger  von  D  .  .  .  Das  heilst  dann :  Da 
treffen  die  beiden  Gegner  zusammen.  Dann  kann  man  aber  noch 
so  schöne  Anf^rabeu  Rtellon:  sie  marschieren  doch  beide  von  ihren 
Sammelplätzen  aas  auf  dem  kürzesten  Wege  nach  dem  Gemeinde- 
Anger  von  D  .  .  . 

Am  Tt\<ro  vor  der  Lbuns'  bekommt  der  Leiteüde  die  Befehle 
der  beiden  i^arteifUhrer.  Da  ist  es  nun  auch  ganz  merkwttrdig, 
was  allp8  passieren  kann.  Es  sriht  näralich  sehr  viele  Lentp.  die 
überall  eine  Falle  wittern,  die  einer  solchen  Anfgai»r  nicht  hannlofl 
gegenubertreten  und  infolgedessen  aui  ganz  eig-entilmliche  Lösungen 
stofsen;  oder  solche  die  sich  nicht  die  Präge  vorleeren:  wie  kannst 
dn  aul  die  einfachste  Art  diese  Aufgabe  lösen?  sondern:  wo  sit/t  lo 
der  Aufgabe  ire-end  ein  Wort,  das  vielleicht  nicht  pan/,  klar  ist? 
Daran  haken  sie  dann  an,  verstehen  falsch  und  liefern  die  unf^laub- 
lichste  Lösung.  Nun  heilst  es,  durch  Telegramme  und  Meldung-en 
beiden  oder  einem  der  Gegner  die  Wege  weisen,  dafs  er  Uberhaupt 
vorwärts  marschiert  u.  ä.  Ein  Fall  ist  uns  eriiHRrlich,  wo  der 
Fuhrer  der  einen  Partei,  der  durch  die  Aufgabe  darauf  hingewiesen 
war,  eine  Stellnng  zu  besetzen,  auf  die  Idee  kam,  Kehrt  zu  machen 
und  abzumarschieren,  infolgedessen  dann  beide  hintereinander  her 
marschiert  wären. 

3.  Leitong.  Oben  sagten  wir  schon,  die  Aufgabe  müsse  so 
gestellt  sein,  daTs  jeder  der  beiden  Partdftthrer  einen  selbstfindigen 
Bntseblnfo  fassen  mols.  Das  letrtere  kann  nalttriioh  nur  an!  G^ruid 


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Oamison-Felddiensttibimg^D  luit  gemischten  Watieu. 


217 


der  eintreffeDden  HeldoDgeD  geschehen  und  besteht  gewöhnlich  darin, 
oh  er  weitennaisehieren  soll  oder  Irgendwo  halten  nnd  weitete 
Meldungen  abwarten  oder  eine  Stellung  besetven,  ob  er  an  einer 
Krenznng  angekommen^  rechts  oder  links  manohieren  soll,  ob  er 
den  kttraeien  eingesehenen  oder  den  weiteren  nicht  eingesehenen 
Weg  wühlen  soll  etc.  IHe  Sorge  der  Leitung  besteht  nun  darin, 
dals  der  Führer  diese  Meldung  vor  dem  Punkt  bekommt^  wo  der 
betreffende  Entsehlulh  gefUst  weiden  mufs,  denn  wenn  er  sie  in 
spät  bekommt,  so  milsglttckt  —  da  das  Manohieren  aulserhalb  der 
Wege  des  Flursefaadens  wegen  in  den  meisten  Fällen  nicht  angängig 
—  unter  Umständen  die  ganze  Übung  dadurch,  dab  sich  die  Gegner 
entweder  gar  nicht  treffen,  oder  dals  sie  sich  an  falscher.  Steile  treffen. 
Dab  aber  die  Meldung  nicht  m  sjritt  kommt,  ist  toots  der  schönsten 
Berechnungen  nie  sicher  gestellt;  denn  das  mttlste  ein  meikwOrdlger 
Wachtmeister  sein,  der  den  Patrouillen  nicht  die  Privatanstnikdon 
mit  auf  den  Weg  gäbe:  „Heist  mir  die  iYerde  nicht  ab!  Beitet 
sie  mir  nicht  lahm!  Und  wenn  6  Kreuse  auf  dem  Kurert  stehen, 
es  wird  mir  nur  getrabt!^ 

Es  kommt  wohl  auch  vor,  dafe  nach  Empfong  der  Meidung 
ein  falseher  Entschiuls  gefalst  wird.  Nun  wäre  es  manchmal  Tiei* 
leicht  gaoB  instruktiv,  dem  Schicksal  seinen  L*anf  zu  lassen.  Das 
geht  aber  unter  keinen  Umständen,  denn  die  Vorgesetzten  und  Zu- 
schauer sind  doch  um  9^  auf  den  Gemeinde-Anger  Ton  D  .  .  . 
bestellt.  Da  gibt  es  nun  fttr  die  Leitung  kein  anderes  Mittel,  als 
an  die  entooheidende  Stelle  einen  Offizier  zu  stellen,  der  —  falls 
die  Meldung  durch  die  Kayallerie  nicht  schon  gemacht  ist  —  dem 
Führer  dieselbe  ttberbringt.  Dieser  Offizier  erhält  dann  oft  noch 
die  geheime  Weisung:  „Sie  sorgen  mir  unter  allen  Umständen 
dafär,  dab  der  Mi^or  X  den  richtigen  Entschlub  fabt«. 

Der  grobe  Moment  ist  gekommen,  die  beiderseitigen  Kavallerien 
haben  Ftthlnng,  die  Gegner  ziehen  sich  gegenseitig  an;  es  bt  sicher 
gestellt,  dab  sich  der  Kampf  da  abspielen  wird,  wo  man  ihn  liaben 
will  Wenn  dies  nun  ein  nicht  zu  bekannter  Ort  im  Gelände  ist, 
to  kann  die  Übung  ganz  natttriich  verlaufen.  Zu  grolse  Brdten- 
Ausdehnungen,  zu  geringe  Tiefen,  namentlieb  auch  was  den  Abstand 
der  Artillerien  von  der  vorderen  Unie  der  Infanterie  und  von  der 
gegnecbchen  ArtUierie  anbetrifll,  sind  die  Fehler,  die  fast  immer 
vorkommen,  die  aber  in  der  KIdnheit  der  Detaehementa  nnd  der 
geringen  Stärke  der  Kompagnien  ihre  Erklärung  finden.  Auch  der 
Fehler,  dab  Flaggentnippen  in  vorderer  linie  verwandt  werden,  bt 
meist  nicht  zu  vermeiden.  Die  Kavalierie  deckt  gewOlmlich  tatenlos 
einen  FittgeL 


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218  G«]itooii-FMddi0Qitttbi]Bg«n  ndt  gwrttiMihten  WaiM. 


Weniger  natUrlieh  ist  der  Hergang,  wenn  man  genötigt  iat^  das 
ZnaamnieDlreffen  anf  dem  Bzemerplatz  stattfinden  an  laaflen.  UnBere 
Ezemerplätee  Bind  meist  gänzlich  eben.  Die  Waldungen  und  die  Aeker, 
▼on  denen  aie  umgeben  sind,  dürfen  nnter  keinen  Umsfttfnden  betreten 
werden,  sondern  gelten  als  ungangbares  Gelände.  An  dem  einen 
Rande  des  Exenieiplatzes  liegt  nnn  der  eine  der  beiden  Geger  in 
Verteidigongsstellung  mit  4  Kompagnien  1  Eskadron  and  1  Batterie, 
der  andere  hat  7  Kompagnien  und  dieselbe  Stärke  an  Kavallerie 
nnd  Artillerie.  Der  letztere  ist  als  Angreifer  gedacht;  and  nachdem 
er  seine  Batterie  anfiMrhalb  den  Exerzierplatzes  auf  einem  Feld- 
wege an  einem  gana  nnwahrscheinlichen  Plats,  oder  öfters  (des  Flnr- 
Bchadens  wegen)  nur  ein  Gescbtttz  in  SteUong  gebraeht  hat,  tot  er 
auch  der  Leitung,  den  anwesenden  Vorgesetzten,  den  Zuschauern, 
der  eigenen  Truppe  und  sich  selbst  den  Gefallen  und  macht  einen 
schönen  Angriff,  obgleich  or  sich  in  Wirklichkeit  wohl  hüten  würde, 
über  die  freie  Ebene  nach  der  GeBamtlage  der  Verhältnisse  au- 
zogreiten. 

Es  ist  nötig,  hei  der  Wirkung  der  heutitriMi  t  cuei-wHllen  auf 
die  daraus  eutstelieude  Verwirraug  der  l^i  grille  aufmerksam  zu 
machen;  und  das  letztere  ist  ein  recht  unangenehmer  Nachteil,  der 
diesen  Übungen  anhaftet.  Wir  glauben  desh:i!b  die  dringende  Not- 
wendigkeit feststellen  zu  müssen,  dais.  wenn  die  \  erhaUnisse  so 
liegen,  jedesmal  bei  der  Besprechung  ausdrücklich  darauf  hin- 
gewiesen wird.  Daun  aber,  wenn  dies  geschieht,  kann  ein  der- 
artiger Angrifl"  auch  unbedenklich  gemacht  werden:  denn  der  Mann 
in  der  Front  und  der  gegenilberliegeude  Verteidiger  wollen  auch  — 
wenn  man  sich  so  ausdrucken  darf  —  für  ihr  Herumiauteu  bezw. 
die  JErdarbeiten,  iIk  g(  macht  sind,  etwas  haben,  die  Vorgesetzten 
nnd  Zuschauer  wollt  n  etwjis  sehen;  und  der  Ausbildung  schadet  es 
auch  nichts,  weuu  dtr  im  vergangenen  Frühjahr  vor  der  Bataillous*- 
Besichtigung  vielleicht  des  öfteren  schon  gemachte  AugriÜ  uocb 
einmal  gemacht  wird. 

Wir  möchten  uns  zum  8chluls  gegen  den  Verdacht  verwahren, 
als  seien  wir  Gegner  dieser  Übungen.  Das  ist  durchaus  nicht  der 
Fall;  im  Gegenteil,  wir  halten  dieselben  für  sehr  notwendig,  denn 
sie  haben  viä  Natsen  im  Gefolge,  ünaer  Zweek  war  nor,  die 
Sobwierigkeiten,  mit  denen  die  Leitung  za  kXmpfen  hat»  die  niebt 
n  mmddeadeii  Friktionen  nnd  die  falieben  Bilder,  die  dabei  mm 
Voncheln  kommen,  herronnheben.  Der  NotM»  den  die  Obongen 
bringen,  ist  lehr  Tieleeitig: 

Die  Troppe  kommt  m  einer  Zeit,  wo  dien  aonet  Yielleiobt  niebt 
gesehieht,  Tom  Kasemenplate  weg  in  das  Gelibide,  trägt  mnmal 


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2ft  BUtehtn  Brief  an  den  KOnif  vob  PtmOm. 


219 


wieder  das  Gepäck  ond  macht  eben  tQchtig^n  Marsch ;  gewöhnt  sich 
ferner  daran,  in  zoBammengewUrfelten  Verbänden  marschieren 
nnd  zu  kämpfen.  Die  Vorteile  für  die  Anshildung  der  Offiziere  sind 
fast  noch  o:ri»Iser:  Uie  Üienstalters-Verhültnisse  bringen  eine  andere 

aln  dip  erf'wöhnHphe  Besetziirsir  f!or  KnmnianfinstPÜen  mit  sieh. 
Leutnants  Uihrt  ii  KompafrnieD,  Hauptleute  tührf  ii  ÜtUaillone.  Majors 
tremisehteüetachements.  wozu  ihnen  sonnt  im  Manöver  keine  Gelegenheit 
„'t  boten  wird.  Auch  für  die  lU'^nnients-Kommandenre  und  die  Oberst- 
leutnants sind  die  Übungen  sehr  wertvoll,  nni  riif  Lritunp  zu 
erleroeu,  wozu  sie  «onst  pr^t  als  Hritra(!r  KominaiKii  ur  kommen. 
Es  kann  deshali)  hier  mir  der  Wonsch  aus^^rsproeheu  werden,  dals 
die  Ziffern  30  and  33  ner  i^elddienstordimog  tiberall  recht  gewissen- 
haft und  oft  befolgt  werden. 


Xli. 

Zu  Blüchers  Brief  an  den  König  von  Preufsen 
¥om  17.  Juni  1815. 

Von 

jHliu8  von  Pfloi^k-liarttiuig. 

Von  Wavre  aus  bat  Blücher  am  Tage  nach  der  Schlacht  bei 
Ligny  seinem  Könige  Bericht  erstattet.')  Es  heilst  darin:  ,^aer 
Majestät  Kriegsheer  hat  gestern  einen  UngltleksiaU  erlebt;  es  ist 
genöthigt  worden,  nach  einem  sehr  hartnäckigen  Gefecht  im  letzten 
Angenblicky  we  die  einbreebende  Naobt  schon  alles  sn  beendigen 
sebieo,  vom  SeUaebtfelde  soiHekcnweiehen.'*  Es  haben  blols  diel  Korps 
daran  teilgenommen,  das  vierte  war  noch  niebt  mr  Stelle.  ,,Ebenso 
war  die  Armee  des  Henogs  von  Wellington  wieder  Vermathen  ond 

1)  Ollech  162;  Lehmann  in  der  Bist.  Zeitachr.  Band  88.  S.  284. 


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220  ^  BUolMn  Brief  «n  dm  KOnig  timi  PnvAeiL 

Zusage  noch  nicht  ^un  f utrirt  ^eno^,  um  ^leichmäleig  gegt n  dva  Feind 
mitwirken  zo  könntn.  si(  hat  an  dip'^^'m  Ta^e  /war  ein  Gefecht 
g-eliefert,  welches  aiu  i  /um  Ausjzaiii:»'  des  Ganzen  nur  wenig  bei- 
trat:» n  konnte."  Wer  üen  Briel  genau  durehliest  erkennt,  wie 
.schriie  r/.lich  et<  dem  prenfsischen  Hanptquartiere  war,  eine  Niederlage 
einjreatehen  xu  nitlsseu.  Diese  wir«!  deshalb  so  milde  als  möglieh 
hingestellt.  Erst  als  alles  schon  glii  'klich  beendet  schien,  mulste  die 
Armee  nach  hartnäckigem  Gefechte  weichen.  Demnach  nur  „Gefecht*'; 
erst  im  nächsten  Satze  heilst  es  mehr  stilistisch  nebenbei: 
3  ersten  Ajttiee-Kor|is  haben  blos  an  dieser  Schlacht  Anthei! 
geüonirrien".  Aber  ,,S(»  unangenehm  der  Vorfall  ist,  so  kann  er  doch 
von  keinen  bedeutenden  Kolgen  sein".  Als  (rriinde  des  Milsg-eM'hn  ks 
werden  genannt:  1.  das  Ausbleiben  des  IV.  Korps,  woniiier  Uem 
Könige  die  Aktenstücke  nächstens  vorgelegt  werden,  und  2.  d>is 
Ansbleihea  Wellingtons,  dessen  Heer  wider  Vermuten  nnd  Zosage 
noch  nicht  konzentrirt  genng  war.  Wellington  hat  au  demselben 
Tage  zwar  aucli  ein  Gefecht  geliefert,  aber  von  gerinsreni  Werte 
für  das  Ganze.  Tm  preulsischen  Hauptquartiere  katmit  muii  Welling- 
tons Kampf  bei  Quairebra^i  noch  nicht  genügend  oder  unterschätzte 
ihn,  denn  in  Wirklichkeit  sind  dadurch  über  41)000  Mann  von  den 
Prenfsen  abgezogen,  was  sie  vom  l'ntergange  gerettet  hat. 

Zuerst  Lehmann  wies  auf  die  Tatsache  hin,  dal's  die  beiden 
Worte  .,und  Zasi^re  •  nachträglich  eingefügt  werden').  Kr  sagt:  beide 
seien  nicht  etwa  so  leichthin  gesehrieben,  sondern  nachträglich,  also 
nach  reiflicher  Überlegung  hinzugefügt.  Ich  fafste  die  Sache  in 
meinem  Aufsat'Ae:  „Die  Verhan(ilungen  Wellingtons  und  HlUcbers  auf 
der  Wiiiilmilhie  hei  Brye'*'^)  etwat«  anders,  nämlich  folgendermalsen: 
„Da  anzunehmen  ist,  daf^  ein  Mann  wie  Grolman'')  das  \Vichti<re 
sofort  niederschrieb,  so  wird  der  Zusatz  beim  Nachprüfen  au.>  irgend- 
welchen Gründen  gemacht  sein,  dürfte  an  Wert  dem  l 'rsprHnglich#»n 
mitbin  nicht  gleichkommen".  In  meinem  Buche:  \  otgochichte  der 
Schlacht  bei  Belle -Aliianee  bringe  ich  S.  222  ff.  f^ine  Abhandlung: 
,,Die  Auffassung  des  preufsischeu  Generalstabes  von  Wellingtons  Bei- 
stand", wo  ich  auslllbr lieber  in  dem  gleichen  Sinne  auf  den  Gegen- 
stand eingehe.  Ich  zeige,  wie  Grolraan  in  der  geschichtlichen  Dar- 
stellung der  Ereignisse  gerade  sehr  i»bjektiv  ist,  wie  der  ursjirllng- 
liche  Text  des  Briefes  sich  mit  neiner  Darstellung  deckt,  dafs  anders 
aber  Gneisenaus  Ansicht  gewesen,  die  sich  zanebmend  mehr  gegen 


»)  Hist  Zeitschr  284. 

2)  H tstoriüches  Jahrbuch  1902,  8.  94. 

')  Der  Schreiber  des  Kottseptes. 


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Zu  Blttehen  Bil«f  an  den  KOnig  von  Pnofimi. 


221 


Wellington  wandte.  Ich  meinte  deshalb:  „Demnach  erschiene  nicht 
nnwahrscheiDlieh,  dafs  der  Nachtrag  ,and  Zusage'  nicht  aaf  Grolmao 
nirttckgehe,  sondern  vielmehr  aaf  Gneisenans  Woosch  erfolgt  ist 
Man  darf  nicht  aufser  Acht  lassen,  dafs  die  ganze  Verantwortung  anf 
dem  Chef  des  Generalstabes  |rahte,  und  dals  er  sich  durch  das  eine 
Wort  seinem  Könige  gegen1|ber  stark  entlastete'^')  Näheres  ver- 
mochte  ich  nicht  anzugeben,  weil  das  betreffende  Aktenstttok  rerlieben 
war  nnd  lange  zorttckbehaUen  wurde. 

Ani'  meine  Bitte  ist  es  mir  jetzt  7on  der  Leitung  des  Kriegs- 
arehives  gUtigst  zugänglich  gemacht,  und  was  finde  ich  da?^)  In  das 
Orolman'sche  Konzept  hat  niemand  anders  als  Gneisenau  selber  die 
entscheidenden  Worte  „und  Zusage**  mit  danklerer  Tinte  and  vdilig 
abweichender  Hand  nachgetragen;  und  in  dieser  Form:  „wieder 
Vermntben  nnd  Zusage**  sind  sie  dann  in  die  Reinschrift  an  den 
KOnig  Übergegangen.')  Meine  Vermutung  bat  sich  demnach  in 
einer  so  glänzenden  Weise  bestätigt,  wie  ich  es  kaum  erhoffen 
durfte.  Dal's  die  beiden  Worte  von  Gneisenaus  Hand  sind,  kann 
dem,  der  Gneisenaus  Schrift  in  dem  Briefwechsel  an  seine  Frao^) 
wochenlan<r  unter  Händeu  gehabt  hat,  nicht  zweifelhaft  erscheinen. 
Sie  sind  etwas  flüchtig  eingeftlgt,  aber  alles  ist  Gneisenanseh: 
die  HandfUbrung  und  die  einzelnen  Buchstaben,  von  denen  d,  z  und 
g  am  meisten  bezeichnend  sind.  Wer  nachprüfen  will,  braucht  nur 
den  Brief  Gneisenaus  in  demselben  Manuskripte  S.  193  fl.  zu  a' er- 
gleichen. Kein  anderer  als  Gneisenan  oder  Blttcher  hätte  auch  wohl 
das  Konzept  des  Generalquartiermeisters  dniehkorrigieren  dürfen. 

Mit  diesem  Nachweise  gewinnt  meine  fr^m/e  Uotersuohnng  über 
Gneisenans  Anteilnahme  in  der  Antfassnng  Wellingtons  eine  bedent* 
same  Stttlse. 


»)  Vorgesch.  229. 

IV  C.  8.  II.  16». 
3)  Kbendort  189. 

*)  Befindet  sich  im  Uneiüunauschen  Archive  icu  Sommerscbenburg. 


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222 


Die  Lösung  der  FeldgeMhütasfrage  in  dea  Niederlanden. 


xm. 

Die  Losüog  der  Feldgeschfitzfrage  id  den  Niederlanden. 

Im  Dezemberheft  innn  der  „Jahrbücher*  wai-  gelegentlich  der 
dort  gegebenen  t^bt  isit  ht  übt  r  lüf  Kinführong  des  RohrrUcklaof- 
systeiiis  bei  deu  f  eldartilierien  der  •  uropHischeo  Staaten  mitgeteilt 
wordeu,  dafs  aneh  die  niederläudische  Kegierong  sich  für  die  Xeo- 
bewaffonng  der  Artillerie  mit  Kohrrttcklaafgeschtltzeu  und  zwar 
Kroppschen  Modells  entschieden  sowie  einen  dabingeheDdeo  Gesetz- 
entwari  deu  Kamern  vorgelegt  habe. 

inzwischen  ist  dii^  Annahnie  flpKvplhvii  m  beiden  Kammern  er- 
folgt nnd  somit  das  Kruppsche  KohrruekiaulgeschUlz  auch  in  ÜoUand 
Äur  Einführung  bestininit.  Zwar  hatte  die  ebenfalls  an  deu  Versuchen 
zur  Auswahl  eines  neuen  GeschUtzmodeilö  beteiligte  Rheinische 
Metaiiwarcn  und  Maschinenfabrik  auf  die  Entscheidung  einzuwirken 
gesucht,  indem  sie  in  einer  an  die  Kammer  gerichteten  Adresse 
gegen  die  Wahl  des  Kruppschen  Modells  Einspruch  erhob  und  die 
weitere  Erproliung  ihres  Systems  forderte.  Diesem  Gesuche  wurde 
jedoch  nicht  stattgegeben.  In  einer  Antwortdenkschrift  vom  6.  Januar 
1904  wies  der  holländische  Kriegsminister  dasselbe  zurück,  indem 
er  betonte,  dafs  auf  (Irund  genauer  Studien  und  ausgedehnter 
Vergleieiisv ersuche  die  Wahl  bereits  getroffen  sei  nnd  es  keinen  Sinn 
habe,  die  bereits  abgeschlossenen  Versuche  wieder  aufzunt  hiuen.  \  on 
( iui  r  weiteren  Erprobung  einer  Ebrhurdtschen  Batterie  könne  daher 
keine  Rede  sein. 

Ans  den  fernen  u  auch  technisch  interessanten  Ausführungen  des 
Ministers  —  welche  hier  wörtlich  und  voUstnndi^'^  wiederzugeben 
der  Kaum  verbietet  —  wurde  ersichtlich,  mit  welchen  (rrlinden 
die  Rheinische  Metallwaren-  utid  Maschinenfabrik  ihr  Gesuch 
unterstützt  hatte.  General  Bergansius  stellte  u.  A.  an  der  Hand 
TOD  Daten  fest,  dafs  dieser  Fabrik  die  beanspruchte  Prioritftt 
in  der  Konstraktion  der  RohrrUcklaufgeschUtze  im  Hinblick  auf  die 
Konstruktionen  der  französischen  Geschtltzindustrie  und  der  Firma 
Krupp  nicht  zuerkannt  werden  könne.  Es  könne  auch  nicht  ZQ- 
gegeben  werden,  da(s  die  niederländische  Armee  durch  die  Be* 
stiebungen  des  Banrats  Ehrhardt  aaf  artilleristischem  Gebiete,  be- 
sondere Vorteile  gehabt  habe,  und  es  sei  nicht  angängig,  ans  diesen 
▼ermeintiieheD  Vortdlen  ein  Beeht  auf  irgend  welche  Bel<Annng  in 
Form  einer  Bestelinng  abzuleiten. 

Auch  die  Uefening  der  Munition  kfkme  der  Dllsseldorfer  Fabrik 


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Die  Lösung  der  Koldgeschiits^rage  in  den  Niederlanden.  22^ 

nieht  ttbertragen  werden,  da  diese  mit  Aosnahme  von  '/s 
foiderliohen  SchiapnettB  and  Bämllicher  Doppelzflnder,  die  von  Kiap|> 
geliefert  werden,  im  eigenen  Lande  hergestellt  werden  soll.  Übrigens 
bestelle  nicht  die  Absicht,  die  genannte  Fabrik,  welche  berefts  wieder- 
holt bedentende  Bestellungen  zor  Zufriedenheit  ansgeftthrt  habe,  von 
der  Teilnahme  an  der  Lieferong  desjenigen  ICaterials  und  derjenigen 
Halbfabrikate  aasmschlielsen,  die  nicht  bei  der  Firma  Kropp  bestellt 
zn  werden  brauchten. 

Die  Ansicht,  dats  bei  den  hoüändisehen  Versuchen  der  Finna 
Krupp  günstigere  Bedingungen  gestellt  seien  als  der  Rheinischen 
Fabrik,  sei  nicht  richtig.  Die  den  Fabrikanten  bei  der  Einladung 
zu  der  Eonkunenz  gestellten  Bedingung  seien  Tielmehr  absolut  die 
gleichen  gewesen,  wie  ihnen  auch  die  Wttnsche  Hollands  bezflglicb 
des  Materials  in  ganz  gleicher  Weise  zur  Kenntnis  gebracht  worden 
seien.  Es  habe  also  in  der  Hand  der  Düsseldorfer  Fabrik  gelegen, 
ein  diesen  Wünschen  entsprechendes  Material  zu  stellen.  Wenn 
das  nicht  geschehen,  so  sei  daran  das  Kriegsministerium, 
welches  die  Bewerber  Uber  alle  von  Holland  an  das  Material 
gestellten  Anforderungen  genau  informiert  habe,  nicht  Schuld. 
Übrigens  btttten  die  Beschreibungen  und  Zeichnungen  für  das  Ehrhardt. 
Material  die  Bezeichnung  „HoUlladische  Modelle''  getragen,  woraus 
klar  hervorgehe,  dalia  die  Firma  sieh  mit  diesen  Ifodellen  bemüht 
habe,  den  Bedingungen  für  die  holländischen  Versuche  zu  ent- 
sprechen. 

In  bezug  auf  die  Gewichte  der  Kruppsehen  nnd  Ehrhardtschen 
Versnchsgeschütze  sei  zn  bemerken,  dafo  zwar  das  letztgenannte 
Material  etwas  leichter  gewesen  sei,  aber  nicht  so  viel,  dafe  ein 
merklicher  Unterschied  in  der  ManOveriettiUiigkeit  beider  Geschütze 
za  konstatieren  gewesen  wäre.  Abgesehen  davon  sei  es  auf  Grund 
der  bei  den  Vorversnchen  gemachten  Er&hmngen  nicht  unwahrschein- 
lich, dab  bei  dem  Ehrhardtsohen  Modell  eine  Verstttrknng  ver- 
schiedener Lafettenteile  htttte  eintreten  müssen.  Es  sei  also  die 
Frage,  welches  Material  sehlielslicb  das  schwerere  geworden  w8re. 
Jedenfalls  habe  das  von  Ehrhardt  an  Norwegen  gelieferte  Material 
ohne  Schilde  ein  Gewicht  von  1004  kg  gehabt,  wohingegen  das 
Gewicht  des  holUlndischen  Krupp-Modells  nur  ca.  1000  kg  mit 
Schild  betrage,  also  um  50 — 60  1^  geringer  sei. 

Gegenüber  dem  ihrem  BCaterial  gespendeten  Lobe  der  Rheinischen 
Metallwarenfabrik  sei  es  am  Platze,  auf  die  Ergebnisse  der  in 
Holland  and  in  anderen  Staaten  abgehaltenen  Vergleichs- 
versuche  hiozuw eisen.  Scblielslich  stellt  der  Minister  in  Abrede, 
dals  der  Ausgang  der  zwischenKmpp  und  Ehrhardt  sehwebendenPatent- 

JaktMiter  fir      dMtMh*  ArmM       MtiliM.  Ko.  10».  IS 


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224 


Die  UHeaag  der  Feldgvflebtttefrago  in  den  Niederlandee. 


Streitigkeiten  dem  Bezug  Kruppscher  Rohrrttcklaofgeselilltze  irgend- 
vv(  Iche  Schwierigkdten  in  den  Weg  stellen  könne,  und  spiiebt  in 
Übereinstimmung  mit  veiBohiedenen  Abgeordneten  die  Überzeugung 
ans,  dafs  an  einer  gewissenbaiten  firfttilang  deBVertragefl  dorob  die 
Finna  Krupp  kein  Zweifel  sei. 

Mit  dieser  vorstehend  in  AusBOg^  Widdergegebenen  Antwort  des 
Kriegsministers  erachtete  die  Kammer  den  erhobenen  Einspruch  für 
erledigt  und  stimmte,  wie  bereits  eingangs  erwiüiot,  dem  Vor- 
seblage  zur  Annahme  des  Kruppschnn  Modells  hei. 

Hinsichtlich  der  Neu-Organisation  der  Feldartillerie  wurde 
beschlossen,  dals  statt  der  bisherijren  3  Regrinienter  faiirender  Artillerie 
deren  4  formiert  werden  und  zwar  das  Kegiment  zu  '2  AbtiMlanirnn 
zu  je  'A  l'.itterien  zu  6  Geschtltzen  and  12  Munitionswagen.  Kür 
jedes  Kegiment  wurde  ferner  1  Depot  Batterie  mit  (>  Geschützen  uud 
12  Munitionswagen  vorf^esehrn.  Das  Korps  reitender  Artillerie  sollte 
2  Batterien  zu  je  (5  Geschützen  stark  sein,  denen  ebenfalls  je  1  i 
Mnnitionswagen  beizugeben  Hcicn.  Von  einer  Formierun;: 
kleinerer  Batterien  zu  4  oder  '6  Geschützen  sollte  vor- 
läufig Abstand  genommen  werden,  in  Anbetracht  dessen, 
dals  bisher  keine  ausreichenden  Erfahrungen  auf  diesem 
Gebiete  vorlägen,  und  eine  etwaige,  später  als  notwendig 
sich  herausstellende  Verringerung  der  GeschUtzzahl  in  der 
Batterie  leicht  durchzuführen  sei. 

Ferner  war  dem  Gesetzentwurf  eine  eingehende  Darstellung  über 
den  Verlauf  und  Aus-ua«;  dt  r  btatlu -liabten  Geschtttzvergleichsversuche 
beigefügt,  aus  der  folgendes  von  all^cnuincni  Interesse  erscheint: 

Nachdem  die  seit  1895  unternommenen  Vorstudien  erledigt  una 
alle  notwendigen  Vorbereitungen  beendigt  waren,  begannen  im  Jahre 
1900  die  Versuche  mit  Material  der  Firmen  Schneider-Creuzot,  Krupp 
und  Ooekerill.  Eßerbei  gelangte  man  zu  dem  Urteil,  dats  das  Mate- 
rial Ton  Sebneider  nicht  empfohlen  werden  könne«  weil  weder  die 
bydropnenmatisefae  Einrichtung  der  Bremse^  uoeb  der  VecBchlofe, 
noch  ecUieblieh  die  znm  Nehmen  der  feinen  Seitenrichtong  dienende 
Vorriohtong  —  Versebiebnng  der  Lafette  aof  der  Aehse  —  die 
Garantie  ftlr  gutes  Verhalten  biete.  Dagegen  schien  das  Kruppsche 
und  das  CockeriUsche  GesehtttK  durchaus  branehbarnnd  empfehlens- 
wert, doch  wurde  von  diesen  beiden  dem  Kruppschen  der  Vorzug 
gegeben.^)  Ebenso  wurde  auch  die  Kruppsche  Munition  in* 
folge  ausgezeichneter  Beschaflenheit  bevorzugt,  während  es  von 
der  der  beiden  anderen  Firmen  heilst,  dafs  sie  futt  eine  Wahl 

1)  Krupp  hatte  ein  FedersporugescliiltÄ,  Cockerill  eiu  Geschütz  in 
starrer  Lafette  mit  liadschuheu  vorgestellt. 


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Die  LOfliiBg  der  FtoldgMobfltefrai^  in  d«ii  Niedtriaadea.  225 

Stellt  in  Betracht  kommen  kamiten.  Infolge  der  mangelhaften  Qua- 
lität der  Sehneiderachen  Hnnition  hatten  die  Verenohe  mit  diesem 
Material  sogar  einmal  anterhroehea  weiden  müssen« 

Im  Winter  1901/02  worden  die  Versaehe  mit  Schneider-  and 
Kropp-Uaterial  Ton  neuem  aolgeDommen,  es  trat  als  weiterer  Kon- 
knnent  noch  die  Bheinitehe  Metallwaren-  nnd  Masefaineniabiik  in 
Düsseldorf  hinxn.  Jede  Firma  filhrte  2  Modelle  von  Rohrrltcklanf* 
gesehtitaen  vor,  die  Firma  Kropp  aolserdem  noch  2  Federsporo- 
gesehtttae.  Nach  dem  ersten  Teil  der  Erprobung  schieden  diese 
sowie  YOD  dem  Hohrrttcklaafsystem  die  Konstruktionen  von  Ehrhardt 
und  Sebndder  als  nicht  mehr  in  Betracht  kommend  aus,  and  die 
Versuche  wurden  nnr  noch  mit  den  Kruppschen  Rohrrückläufe- 
sehtttzen  weitergeführt. 

Im  einiehieD  worde  nämlich  festgestellt,  dals  die  Versehlufs- 
systeme  TOn  Schneider  ood  Ehrhardt  wegen  fehlerhafter  and  nament* 
lieh  auch  so  komplizierter  Ronstraktion  nicht  annehmbar  seien. 
Ferner  lasse  die  Manövrierfähigkeit  des  Schneider^schlltses  zu 
wünschen  ttbrig,  uud  seine  RohrrUcklaufbremse  stände  ebenso,  wie 
die  des  EhrhardtgeschUtzes  mit  der  des  Kropp-Modells  nicht  auf 
gleicher  Höhe.  Schlielslioh  sei  we  it  i  das  Ehrbardtsehe  noch  das 
Scbneldersche  Geschütz  in  bcznc^  auf  rnhigeu  Stand  und  leichte  Be> 
di^ung  dem  Krapp-Material  ebenbürtig,  das  aofserdem  darcb  seine 
gute  nnd  einfache  Konstruktion  eine  Garantie  tOr  gute  Erhaltung 
biete. 

Die  nun  folgenden  weitereu  Versuche  mit  dem  Krupp- 
schen Modell  dienten  gleichzeitig  der  Erprobung  der  Schutz- 
scbilde,  deren  Annahme  übereinstimmend  nnd  unbedingt 
empfohlen  warde.  Das  Versachsprogramm  umialste  2  Fahrver- 
soche  von  je  500  km  aut  hartem  Boden,  zwischen  die  ein  Schieis- 
versuch  eingeschoben  war,  in  dessen  Verlaufe  das  eine  üobr  einer 
Dauerschufserprobung  von  1058  Schuls  unterzogen  wurde.  Die 
Versuche  fanden  im  Herbst  1902  ihren  AbschluTs  und  l)estäti^ieD 
das  bereits  gewonnene  günstige  Urteil  über  das  lüroppsche  Material, 
dem  als  besondere  Vor/Uge  zuerkannt  wurden: 

V'öllig  ruhiger  Stand  der  Laffete  beim  Schufs,  bequeme  Hand- 
babong  ond  sehr  einfache  Zosammensetzung  des  Verschlusses, 
gutes  und  sicheres:  Funktionieren  der  RUcklaufbremse,  gut- 
geschützte  Lage  der  Gleitiläche,  aoi  der  das  Kohr  beim  Schafs 
zurückläuft,  vorzügliche  Munition. 

Wenn,  heilst  es  in  der  Denkschrift,  es  sich  darum  gehandelt 
hätte,  ein  Geschütz  nur  in  Hinsicht  auf  die  ballistischen  Eigenschaften 
ZD  wählen,  dann  wäre  die  Wahl  schwierig  gewesen,        die  Ver- 

15* 


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226 


Die  Uttnng  d«r  PeldgMohlUifrm«  in  dea  Niedfli-lttidftiL 


saohsgeBchtttze  in  baUistuober  Beziehnng  Dieht  so  wesentUeh  tod 

einander  verschieden  waren.  Der  Sohwerpankt  der  Frage  liege 
jedocb  nicht  im  Kohr  allein,  sondern  Tor  allem  in  denjenigen  Fak- 
toren, die  das  Wesen  eines  Schnellfeaergesch Otzes  bedingen,  d.  b.  in 
der  Konstraktion  der  Lafette  mit  der  Rück laaf bremse,  des  Ver- 
scblasses  und  in  der  Beschaffenheit  der  Miinilion,  and  gerade  in 
allen  diesen  Punkten  habe  das  Krappsche  Material  sich  dem  der 
anderen  Konkurrenten  entschieden  überleiten  gezeigt.  Wir  lassen 
zum  Schlüsse  noch  die  Uber  da8  angenommene  Feldgeschütz  mit- 


geteilten Mal'saugabeu  folgen; 

Kaiiber  des  Rolirs   75  mm 

Länge  in  Kalibern   30  „ 

Rohrgewicht   350  kg 

Feuerhöhe   933  mm 

Radhöhe   1300  „ 

Gewicht  der  Lafette   G(H)  kg 

„      des  abgeprotzten  Gescbtttzes  .    .    ,  950  „ 
der  aaagerUijteten  Protze  ebne  Gerät* 

schatten   8UU  „ 

Schufftizahl  in  der  Protze   40  » 

Gewicht  deä  ausgerüsteten  Geschützes  ohue 

Gerätschalten   1750  „ 

Gewicht  der  Granate  bezw.  des  Schrapnells  «  6  » 

Anzahl  FuUkugelii  im  Schrapueii    ....  270 

Gewicht  einer  solchen   11  ? 

Gewicht  der  G<    Ijützladung  ,  445  „ 

MUndungsgeschvviudigkeit   500  m 

Schrapnellbrennweite   5(300  „ 

Flugweite  der  Granate   6400  „ 

Gewicht  des  ausgerüsteten  Munitionswagens 

ohne  Gerätschaften   1800  kg 

ScbaÜBzahl   104 

QiObte  SchalszabI  pro  GesebtUas  in  einer  Minute  20 

Stiirke  des  Niekelttablsebtids   8—4  mm. 

Jedenfalls  bedeutet  die  jetzt  erfolgte  Einfühlung  t  ines  Kohr- 
rUcklaafgesehUtzes  in  den  Kiederiauden  —  welche  nach  mehrjährigeu 
höchst  sorgfältigen  Versuchen  erfolgt  ist  —  einen  neuen  eklatanten 
Sieg  des  liolirrUcklaufgeschützes.    Und  zwar  eines  RohrrUck- 

laufgeschützes  mit  Schutzscbilden!  A. 


Unweliaii. 


227 


XIY. 

Umschau. 

FrttQkreioh. 

Von  General  Andx6  veranlabte  Dekrete  des  Präsidenten  der  Disziplmar- 
Bepnblik  rem  8.  November  1908  haben  sehr  dnrobgietfende  Äade- 
rnDgen  in  die  bisberigen  BestimmaiigeD  für  die  Dissiplinar- 
rttte  and  das  Ver&hren  bei  deneelb^  gebraehi  IHe  Dekrete 
sind  vom  Staatsrat  darebberaten,  Tom  Bjiegsmimster  mit  ^  Ads- 
fitbrangabestimmongen  yerseben  worden.  Die  wesentlioben  Ander- 
QDgen  des  Dekrets  vom  29.  Jnni  1878»  die  sie  entbalten,  ver- 
dienen bei  den  weitgebenden  VoUmaebten  der  Diaaiplinarrttte 
in  bezog  auf  Vorschläge  xnm  Eiosebreiten  des  Kriegsministers 
gegen  Offiziere  und  des  kommandierenden  Generals  gegen  Unter- 
offisdere  eingehende  Belenchtnng.  Die  Neuerungen  gewinnen 
ferner  Bedentang  dnreb  den  sehwebenden  Fall  des  Divisions- 
generals der  Keserve-Sektion  Gomnlier-Lnehiiöre,  gegen  den  ein  Dis- 
zipUnarrat  schon  vor  Weihnaefaten  tagen  soUte;  man  molsle  das  Ver- 
fabrea  aber  aaÜBcbieben,  weil  das  KriegBmlnisteriam  die  Hitglieder 
des  Disziplinarrats  nicht  nach  den  nenen,  sondern  nach  den  alten 
Bestunmnngen  berolen  hatte.  Die  in  der  politischen  Presse 
Frankreichs  einige  Zeit  verbreitete  Ansiehti  General  Andrö  habe 
aus  Parteilichkeit  gegen  den  genannten  Gieneral  die  neaen  Be* 
Stimmungen  fttr  die  DIsziplinarräte  veranlafet,  mafo  freilieh  jedem 
als  Fabel  erscheinen,  der  diese  Bestimmungen  mit  den  trttheren  ver- 
gleicht^ da  erstere  fkir  den  Besohnldigten  sehr  viel  gtlnstigere  Yer- 
hsltnisse' schaffen.  Im  ttbrigen  Ist  der  Disziplinarrat  gegen  den 
General  Comnlier-LAciniöre  ans  General  N6grier  als  Vorsitzenden, 
dem  Blitgliede  des  oberen  Eriegsrats  Hetzinger,  den  kommandierenden 
Generalen  des  Korps  2  (Lanes),  11  (Grisot)  nnd  5  (Famy),  gebildet 
worden  nnd  lautet  die  von  ihm  zu  beantwortende  FVage:  Verdient 
General  Comulier-Laoini^re  zwangsweise  verabschiedet  zu  werden?^  ^) 
Wir  führen  die  Frage  hier  gleich  an,  weil  dies  das  Verstitndms  für 
den  unten  m  berührenden  Gang  des  Verfahrens  erleichtert.  FOr 
Offiziere  gibt  es  in  Zukunft  statt  der  8  bisherigen  Arten  von  Dis- 
zifdiiiaiTilten  nur  noch  eine,  denDisaiplinarrat  des  Korpsbezirks, 
der  sich  stets  aus  6  Hitgliedem,  davon  das  jüngste  Im  Bang  des 

^)  Die  EDtscbeiduug  ist  unterdcrs  in  Abwesenheit  des  Üescbuidigten 

gefalleu. 


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228 


Umsoüau. 


Beschuldigten,  aber  älter  als  dieser,  zusammensetzt.  Die  Generale 
der  Reserve- Sektion  nnterstehen  den  Diszipiinarraten,  w'w  Offiziere 
des  BeurlauhtcD.staüdes.  Aile  Offiziere,  die  allein  oder  im  Verein 
luit  anderen  eiue  Handlung:  begangen  haben,  die  zwangsweise  Ver- 
abschiednner  nach  sich  zu  ziehen  vennagj  können  vor  denselben 
Disziplinarrut  herufeii  werden,  dessen  Zusammensetzung  naturpremäfs 
naL'h  dem  Dienstgrad  des  Beschuldigten  wechselt.  Bis  zum  Dienst- 
grad lies  Leutnants  aufwärts  ist  der  Voisit/*  ude  ein  Oberst,  nicht 
mehr  ein  General.  Um  jeden  Schein  der  Farieilichkeit  auszuschlielisen, 
hat  der  SLaatsrat  Wert  darauf  gelegt,  die  Reihenfolge,  iu  welcher  die 
Mitglieder  des  Disziplinuirates  kommandiert  werden,  genauer  festzu- 
setzen. Xaeh  dem  Dekret  von  1878  hailf  ü  die  Vorgesetzten  des  Be- 
schüldi^'tt'U  beim  Durchgang  der  Klageverfiigung  hezw.  des  Herichtrs 
des  Disziplinarrats  nur  die  Befugnis,  ihr  Durchgangs- Visum  beizufügen. 
Der  Kriegsminister  bat  mit  Recht  die  Ansicht  geltend  gemacht  und 
durchgesetzt,  dafs  die  Berufung  eines  Offiziers  vor  einen  Disziplinar- 
rat  eine  derartig  entscheidende  Mafsnahroc  sei,  dafs  die  Beifügung 
des  Gutachtens  seiner  direkten  Vorgesetzten  geboten  erscheine.  Diese 
direkten  Vorgesetzten  können  dann  selbstverständlich  nicht  Mitglieder 
des  DiszipliDarrates  sein.  Nach  den  neuen  Bestimmungen  setzen  die 
kommanmerenden  Generale  nnr  noch  den  Ort  fest^  an  welchem  der 
Diflziplinarrat  tagen  soll,  nicht  mehr  das  Datnm,  dieses  ordnet  der 
Vorsitzende  an.  Den  Befehl  znr  Verweisung  eines  Olfiiiers  Tor  einen 
Disnplhaarrat  gibt  der  Eriegsminister,  er  schreitet  nach  dem  Gnt- 
aehträ  des  Disziplinairats  anch  gegen  den  Besehaldigten  ein,  er  be- 
stimmt auch  (s.  0.)  die  Fragen,  ttber  welche  das  Gntachten  des 
Disziplinarrats  sieh  aassiisprechen  hat.  Dem  Beschuldigten  smd  ab- 
schriftlich der  Befehl,  der  ihn  tot  den  Disziplinarrat  yerweist  nnd 
der  Befehl  fttr  die  Zasammensetanng  des  letzteren  za  Übergeben. 
Hatis  von  der  KommandierroUe  fttr  den  Disziplinarrat,  die  im 
Eorpsstabsqnartier  liegt,  abgewichen  werden,  so  sind  die  Grttnde 
dafür  in  dem  Befehl  für  die  Znsammensetzang  genau  anzugeben.  Der 
Beschnldigte  bat  damit  die  Möglichkeit,  sich  von  der  Gesetzmätsig^ 
kelt  des  ihn  beurteilenden  Disziplinarrats  sowie  der  Form  seiner  Zu- 
sammensetzung und  Berufung  zu  ttberzeogen.  In  Gegenwart  des 
Berichterstatters  erhftlt  der  Beschuldigte  jetat  auch  Einsicht  in  alle 
seinen  Fall  betreffenden  Akten,  während  er  früher  manches  eist  in  der 
Sitzung  des  DiszipUnarrates  selbst  erfhhr  und  sich  auf  Widerlegungen, 
Klärung  der  Verhältnisse  etc.,  Bernfiing  von  Entlastungszeugen,  nicht 
vorbereiten  konnte;  er  darf  auch  einen  Verteidiger  wählen,  mit  dem 
ihm  freier  Verkehr  auch  dann  zu  gestatten  ist,  wenn  er  verhaftet 
sein  sollte.  Dem  Verteidiger  muis  Einsicht  in  alle  Akten  gegeben 


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Umsohaa. 


229 


werden  und  dem  Berichterstatter  wird  es  zur  Pflicht  ^'einaeht,  nirht 
nur  die  fUr  den  Beschuidigten  uiigUustigen,  sondern  auch  die  lur 
ihn  günstigen  Tatsachen  genau  testzustellen  und  sich  in  äeiuem 
Bericht  jeder  Beeinflnssung  der  Ansichten  des  Disziplinarrats  sowie 
jeder  Einschüchtennie:  des  Beschuldigten  zu  enthalten.  In  der  Sitzung 
mols  der  ganze  lubalt  der  Akten  vorgelesen  werden.  Im  Gegensatz  m 
früher  hat  der  Vorsitzende  sich  lediglich  auf  die  Fragen  (s.  o.  )  m  be- 
schränken, die  in  dem  Überweisungsbefehl  angeführt  sind,  der  Kriegs- 
minister  kann  aber  bei  einer  Handlung:  mehrere  Fratren  zur  Beur- 
teilung geben.  Die  neuen  Bestimmungen  gewähren  dem  Beschuldigten 
zweifellos  g-rölsere  Garantien  un  I  weiteren  Spielraum  für  seine  Ver- 
teidiiiutiLT  i  iir  die  Truppen  mi  Felde  gelten  bezüglich  Zusammen- 
setzung" des  Disziplinarrats  etc.  Soudersorschritten.  Die  Verweisung 
vor  einen  Disziplinarrat  ordnet  hier  der  Armee-Oberkommandierende 
bezw.  bei  einem  selbständigen  Korps  der  kommandierende  General  an, 
bei  Generalen  als  Beschuldigten  aber  auch  hier  der  Kriegsmi nister.  Bei 
den  Disziplinarräten  für  Unteroffiziere  gibt  es  nicht  mehr  eine 
abweichende  Zusammensetzung,  je  nachdem  der  Beschuldigte  einem 
Truppenteil  oder  einer  Anstalt  angehört.  Die  Disziplinarräte  haben 
durchweg  5,  nicht  mehr  7,  Mitglieder,  davon  das  jüngste  im  Range 
des  Beschuldigten  und  älter  als  dieser  sein.  Die  Zusammen- 
setzung erfolgt  nach  dem  Dienstgrade  des  Bezichtigten  und  mofii 
die  Kommandierung  nach  dem  Dienstalter  im  Regiment  bezw. 
der  Anstalt.  Die  Verweismig  vor  einen  Disziplinarrat  befiehlt  der 
kommandierende  General.  Bezüglich  der  dem  BeBOhnldigten  sn 
macbeaden  Mitteilaogeo,  der  Einsicht  in  die  Akten,  des  Verlesens  des 
ganzen  Akteninhalts  In  der  Sitzung,  der  der  Benxteilong  so  anfteiv 
werfenden  Fragen  etc.  gilt  das  bei  den  OffiKieren  Gesagte.  Die 
neuen  Dekrete  regeln  aneh  das  Einsohreiten  gegen  Unteroffiziere,  M 
deren  Beorteilnng  der  Disuplioarrat  niekt  aof  Kassation  erkennt. 
Unfterolfiiiere,  die  nodi  niobk  15  Jahre  dienen,  sind  so  atlassen, 
soloke  die  Uber  15  Jakre  dienen,  werden,  onter  Beibehalt  der  Pen- 
^BsansprHebe,  nun  AnssebeideD  veranlabi 

Von  dem  groben,  liier  in  seinen  HauptzUgen  schon  berührten  Aimekm* 
Keformgeseteentwarf  Messimy  beginnt  die  poUtisehe  nnd  znm  Teil  auch  ^q^^ 
die  Fachpresse  jetsl  anannehmen,  dals  ein  Teil  desselben  im  Paria*  eatwnif 
menl  beraten  und  Tielleiekt  auch  angenommen  wird.  Damit  tritt  flir  ^'^•"buj' 
die  Beachtung  in  der  Fresse  der  Gesetientwurf  wieder  mehr  in  den 
Vordergrond  nnd  es  ist  von  Interesse,  die  Urteile  Uber  die  emielnen 
Teile  des  Entwürfe  herauszugreifen.   Dafo  die  von  Messimy  in  Aas- 
sieht  gestellten  185  MillioneD  Ersparnis  bei  DorchfUhrong  seiner 
Vorlage  auf  die  Kammer  eine  mächtige  Anziehnngskraft  ttben  werden, 


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230 


ünitehfttt. 


ist  Toranaxaseben.    Trotzdem  bekämpft  aocb  der  grOiste  Teil  der 
politisdieD  und  die  ganze  Fachprease  Daohdrtlcklicbst  stiDlichst  die 
von  Hesaimy  TorgescblageDe  Herabsetzung  der  Iststärke  der 
Heimatarmee  nm  rand  6000  Offiziere,  lOOCKK)  Maoo,  darunter 
12000  Kapitulanten,  die  VerminderoDg  der  Zahl  der  Friedens' 
einheiten  der  Infanterie  nnd  Kavalleriei  Beseitigung  des  l^aias» 
Venninderang  der  aktiven  Generale  TOn  800  anf  105,  der  Ärzte, 
die  tlberweisang   des    an   Stärke    za  verringernden    19.  Korp8 
in  Algerien  uiul  Tunesien   »in  die  Kolonlal-Armee.    Die  Fscb* 
presse  weist  Messimy   starke  Irrtümer   nach.    Unrichtig  ist  es 
z.  B.,  wenn  Messlmy  sagt,    die  Friedenskompagnien  hätten  im 
Cadregesetz  von  1875  einen  Sollstmu!  von  3  Offideren,  127  Mann 
erhalten.    Das  genannte  Gesetz  gab  jeder  Kompagnie  82  Mann, 
rechnete   aber   mit    18  Kompagnien   pro   itegiment,   der  8oU- 
staud  von  127  Mann  wurde  durch  Gesetz  vom  25.  Juli  1887  be> 
Htimmt,  wobei  die  R^menter  aber  nur  noch  12  Kompagnien  aof- 
wiesen.    Messiniy  sagt  weiter,  dal's  der  iHtstand  der  Kompagnien 
im  Innern  nur  108—110  Mann  auf  dem  Papier  betrage,  bemerkt 
dazu  aber  nicht,  dal's  mau  127  Mann  haben  rnttfiste,  wenn  man  ui 
den  Grenzkorps  nicht  Kompagnien  von   175  Mann  verlangte. 
Die  Behauptung  Messiniys.  durch  »einen  Keformentwnrf  erlitten  die 
„Troupes  de  couverture*'  keine  Sihwächnng,  ist  hiniäUig.  Der 
Entwurf  setzt  die  Zahl  der  Friedenskompagnien  pro  Regiment  auf  9^ 
pro  Jägerbatailion  von  6  auf  3  herab  und  macht  dabei  keinen  Unter- 
schied zwischen  den  Grenzkorps  und  den  Korps  im  Innern.    Er  will 
zwar  jedem  Korps  9  Uegimenter  Infanterie  anweisen  und  die  Zahl 
der  Kompagnien  bei  der  Mobilmaobnog  verdoppeln.    Für  die  Truppen 
dicht  an  der  Grenze,  bei  denen  man  mit  sofortijjpra  Ausrttcken  rechnet, 
kann  die  letztere  Malsuuhme  wenig  Wert  haben.    Gegenüber  dem 
heutigen  Stand  vermindert  Messimy's  Vorschlag  die  Greuzkompagnien 
von  175  anf  löö  Manu,  streiclil  auch  pro  Bataillon  eine  Kompagnie 
im  Frieden,  Herabsetzung  pro  Bataillon  175  -f  (3  X  20)  ÖU  =  235 
Mann.     Das  heute  in  den  Grenzbezirkeu  700  Mann  zählende  Ba- 
taillon käme  auf  4ttö  Mann  und  würde,  die  Stämme  für  die  neuen 
Kompagnien    bezw.    Abgän<re    abprerccbnct.    kaum    400  Gewehre 
zählen.    Bleiben  die  4.  Bataillone  der  Regional- Kegimenter,  als  zu 
Sonder/weeken  bestimmt,  aniser  Betracht,  so  zählt  z.  B.  das  6.  Korps 
heute  12,  das  7.  10,  das  20.  ^,  zusammen  80  Regimenter  gegen  27. 
die  das  Messimysche  Projekt  geben  würde.     Wie  sich  die  Verhält- 
nisse nach  diesem  gestalten  würden,  wird  am  leicbtesteu  aus  einer 
(TegenUberstellung  des  heutigen  Bestandes  und  des  von  Messimy 
gc^planten  klar. 


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Unucbau. 


231 


Heutiger  Bestuiui: 

6.  Korps 

12  l{«'giiiuiiti  i  zu  \2  KoiiipagDien  —  144  KoinpagoieD) 
5  Jägerbatailione  zu  Ü         „         =30  „ 

7.  Korps 

Ii)  }?f'«jni!*nter  zu  12  KoiQpagoieii  =  120  KoiDpagnieii, 

4  Jägerbataillooe  4  6         „         =24  „ 
20.  Korps 

8  Re^menter  k  12  KompagDien       s=  96  Kompagnien^ 

5  JägerbataiUoDe  Ä  6       „  =30 

Sa.  444  Kompagnien. 

Friedensbestand. 
Nach  dem  Vorschlage  Messimy: 
Korps  6,  7  aud  20  zu  Je 

9  Regimentern  4  9  Kompagnien   =  243  Kompagnien, 

14  Jägerbataillone  k  3  Kompagnien  =;   42  „  

Sa.  288  Kompagnien, 
ateo  ein  Minna  von  159  FYiedenskompagnien. 
Hienn  kommt,  dafs  jetrt  die  Friedenskompagoie  der 
„Troopes  de  eonveitare**  l&ö  Mann  besitzt,  444  Kompagnien  also 
rund  69000  Mann  liefern,  bei  Messimy  die  Friedenakompagnie  nacb 
Abgängen  aber  höchatena  140  Gewebre  aufbringen  könnte,  die  285 
Kompagnien  der  Korps  6,  7,  20  also  hOebttena  rond  40000  Mann. 
Bei  den  „Troupea  de  cooTertnre**  tritt  also  eine  Herabaetanng  nm 
rund  29000  Mann  des  Friedensstandea  der  Infanterie  ein.  Das  wird 
das  Parlament  niemals  zulassen.  Den  einsichtigen  Politikem 
leachtet  es  ein,  dafe  man  ohne  Friedensstimme  fttr  Nenbüdnagen  bei 
der  Infanterie  die  £inbeiteni  die  für  sofortige  Verwendung  bestimmt 
sind,  nicht  improTiaieren,  die  Zahl  der  Eskadrons  der  Dinsiona- 
ka^aUerie  nicht  Tcrdoppeln  kann.  Beifall  findet  dagegen  MessimTB  Ge- 
danke einer  Vermebmng  der  Feld-Artillerie  eines  Armeekorps  auf  30 
Batterien  im  Frieden,  je  ein  Regiment  zu  6  Batterien  für  jede  der  3 
Diyisionen,  1  Kegiment  KorpsartUlerie  zn  12  Batterien,  von  denen  bei 
der  Mobilmachung  3  als  Stämme  fttr  Kenbildnngen  dienen  sollen. 
4  X  23  =  92  Geschütze  betrachtet  man  als  eine  zu  schwache  Aus- 
stattung auArtillerielttr  ein  Armeekorps.  Allgemeine  Anerkennung  findet 
femer  die  Trennung  des  OfSzierkorps  der  Truppe  und  der  techniachen 
Laufbahn  bei  der  Artillerie  und  den  Ingenieuren  und  die  geplante 
£rriebtung  eines  Militftr-Ingenienrkorps  in  der  Weise,  dals  einer 
Zentraldirektion  des  Materials  im  Kri^sminiaterium  SubdirektioDen 


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232  ^  ÜmMhaiL 

fUr  Waffen.  Pulver,  militärische  Bauten  and  Befestigungen  unter- 
ständen. Allgemein  anerkennend  änfisert  sieh  die  Fachpresse  aaeb 
ttber  den  Gedanken  einer  Reform  des  Generalstabsdienstes.  Sie 
weist  darauf  hin,  dafs  heute  die  Generalskabsoffiziere  besonders  hei  den 
höheren  Tmppenstäben  mit  einer  Unmenge  von  Arbeiten  belastet 
werdeil,  die  nicht  in  ihr  Fach  schlagen  und  dals  die  Vorbereitung 
auf  die  ihnen  im  Kriege  zufallenden  Aufgaben  darunter  leidet.  Sie 
schliefst  sich  daher  dem  Vorschlage  Messimys  an,  die  General* 
Stabsoffiziere  in  2  Kategorien  zu  scheiden,  Offiziere,  die  an  der  oberen 
Kriegsschule  und  dann  im  Kommando  zum  Generalstabe  das  General- 
stabsbrevet  erwerben  und  alles  bearbeiten  sollen,  was  sich  auf 
Mobilmachung,  strategischen  Aufmarsch,  Transporte  und  Landes- 
Terteidigung  bezieht,  und  Verwaltungsoffiziere,  die  nicht  ganz  das 
dndy  was  wir  unter  Adjutanten  bei  höheren  Stäben  verstehen,  Kor- 
respondenz, laufendes  Kechnnngswescn.  Tagesbefehle  zu  erledigen 
hätten.  Widerspruch  findet  auch  in  der  politischen  Presse  die  Herab- 
setzung der  Altersgrenze  für  alle  Generale  auf  56  Jahre.  Wenn  die 
politische  Fresse  dem  Vorschlag,  den  Offizieren  die  Burschen  zu 
•  nehmen  und  ihnen  dnftir  eine  Eutschädi^an^  fllr  Dieoerhaltung  zu 
gewähren,  beipflichtet,  so  dürfte  sich  das  Blatt  wenden,  wenn  man 
sich  klar  macht,  mit  welchen  Mehrausgaben  das  Kriegsbudget  fllr 
diesen  Zweck  zu  belasten  wäre. 
Zi\nlbcamto  Um  die  Froutstärke  möglichst  hoch  zu  halten,  hat  der  Kriegs- 
im  Kriegs- niinigter  angeordnet,  dafs  nach  und  nach  die  Militärs  als 
Altere  aus-  Schreiber  aus  dem  Kriegsministeriura  verschwinden  sollen, 
scheidende  Zum  Ersatz  wird  zunächst  das  Zivilpersonal  auf  seine  Soll- 
off^re.  ^^^^^  gebracht,  dann  treten  aber  auch  Vereinfachungen  des 
Sehreibwesens  durch  umfassendere  Verwendung  von  Schreib- 
maschinen und  Ersatz  der  Korrespondenz  von  Bureau  zu  Bureau  durch 
Ferusprecher  ein.  Den  Militärbehörden  ist  aufgegeben  worden, 
zu  erwäireii,  inwiefern  durch  ähnliche  Mafsnahinen  bei  ihnen  eine 
Verniinderunir  des  Schreiberpersonals  aus  der  Truppe  möglich  ist. 
Bis  7Air  DurchtUlirung  der  2jährigeu  Dienstzeit  will  General  Andr^ 
darüber  Klarheit  haben  nnd  die  militärischen  Schreiber  soweit,  als 
irgend  tunlich,  den  Leuten  der  fliltsdienste  entnehmen.  Bei  denjenigen 
Schreiberstellen,  deren  Inhaber  mobil  werden,  würde  man  dadurch 
nicht  auf  Ililtsdicnstleute  zurückgreifen  dürfen.  Die  Mnfsnahme  der 
Verminderung  der  Soldaten  als  Schreiber  in  der  Zentral  Verwaltung 
hatte  (Tcnf-ral  Andre  schon  bei  der  letzten  Entlassung  des  ältesten 
Jahrir.iiii:s  aiii^ehahnt.  er  setzt  sie  jetzt  nur  fort.  Die  Kritiken,  die 
im  Senat  i  1h  ratung  des  (Tcsetzes  hetreffend  die  2jäbriL''e  Dienf^t- 
zeit^  in  der  Kammer  bei  Beratung  des  Kriegsbudgets  über  die  Unzahl 


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Umaohaa. 


283 


von  „tmhusqu^s**  zu  hören  waren,  mögen  eingewirkt  haben.  Im 
Gegensatz  zu  dem  Verfahren,  das  Billot  als  Kriegsminister  in  dem 
Knndschreiben  vom  2ß.  März  1897  gegenüber  den  15  Jahre  dienen- 
den Unteroffizier  eil  empfohlen^  nämlich  sie  zum  Ausscheiden  aus  der 
Truppe  zu  veranlassen,  sobald  sie  eine  Zivilstelle  nachgesucht  — 
eine  Mafsnabme.  die  oft  Unteroffiziere  einfach  auf  die  Stralse  gesetzt 
bat  —  beGtimiute  General  Andr6,  dals  die  lö  Jahre  dienenden  Unter- 
offiziere in  unbeschränkter  Zahl  in  der  Truppe  als  „commissiones" 
ihre  Zivilan-^-tellun^'  abwarten  aurten.  Znr  Aufnahme  in  die  zur  Vor- 
bereitung von  Unteroffizieren  zu  Olüziercn  bestimmte  Sektion  der 
Kavallerieschule  in  Saumur  hatten  sich  fast  200  Kavallerie-Unter- 
offiziere gemeldet.  In  militärischen  Kreisen  verlautete  jüngst,  dals  nor 
r?.^— 40  Aspiranten  aufgeuouimeD  werden  .sollten.  Da  man  in  die 
kav  allerie-Sektion  von  St.  Cyr  80  aufgenommen,  so  hallen  wir  diese 
Nachrieht  tiir  eine  auch  General  Andres  hisheriiren  Ansichten 
widersprechende  Fabel.    Zugelassen  sind  ta.tsächlich  52. 

Zu  den  im  vorigen  Bericht  ihrem  Umfange  nach  angegebenenf  i^^m^^p  ^]^^ 
Übungen  der  Leute  des  Beurlaubtenstandes  im  Jahre  1904  hat  der^^^urlaubten- 
Kriegsroinister  unterm  21.  November  die  Ausführungsbestimmungen^^^*^®^ 
erlassen.    Wir  heben  aus  denselben  nur  hervor,  dafs  zwar  die  Aus- 
DOtznng    der    Übungsperiode    für    eine    gründliche  Wiederholung 
des   im    aktiven   Dienst,   besonders    ftlr   Feldzwecke   Gelernte  in 
erster    Linie  stehen,   dabei   aber  doch    bei  der  Bestimmung  der 
i  bungszeit  auf  den  bUrgerliohea  Beruf,  Ernte  eto.  Kttcksiobt  ge- 
uommeD  werdea  soll. 

In  seioer  Sitoong  yom'  23.  Desember  bat  der  Senat  n.  a.  anch  Krieg»- 
das  Rriegsbndget  1904  erledigt  Der  von  ibm  bewilligte  Betrag 
bleibt  binter  dem  Ton  der  Kammer  angenommenen  um  nind 
4  Htl Honen  znrllek.  Bemerkenswert  war  in  der  Sitzung  Tom 
23.  Dezember  besonders,  dafs  es  dem  Knegsmiolster  nicbt  gelang» 
im  Kapitel  35  (Munition  für  Ubnngsawecke)  die  Wiedereiostellang 
der  Tom  Ftnansaasscbnls  gestrichenen  486600  Fres.  zn  erlangen, 
obwohl  er  besonders  naehdrUckUcb  berForbob,  data  diese  Summe 
lUr  die  L6snng  einer  anfserordentlieh  wichtigen  Frage  be- 
stimmt sei,  ttber  die  er  sieb  öffentlich  nicht  aussprechen  dttrie. 
Verworfen  wnide  auch  der  Antrag  eines  Senators,  für  Verbesserung 
der  Soldatenkost  13  Millonen  mehr  zu  bewilligen  und  der  Kriegs- 
minister  mniste  sieb  bequ^nen,  in  Kapitel  51  und  52,  „Inyalid^  der 
Armee",  zunächst  30000  Fros.  abzusetzen  als  Hinweis  darauf,  dab 
diese  Kapitel  mit  dem  Aussterben  der  Invaliden,  deren  Erhaltung 
durch  den  Staat  pro  Kopf  jährlich  8500  Frcs.  kostet^  Torsohwinden 


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234 


Umaehm. 


weiden.')  Voo  besondeiem  Interesse  sind  die  Angaben  im  Berieht  des 
Beriebterstatters  für  das  Gesamtbudget  1904  im  Senat,  Dnbost,  Uber 
die  Ausgaben  für  militäriscbe  Zweeke  im  Jabre  190S.  Wir  stellen 
die  Hanptdaten  bier  zusammen: 

Kriegsbadget  1903  681315494  Frcs.,  Naehtragskredit 
dazn  15456899  Fres. 

Marinebudget  1903  318111524  Fres.,  Nacbtragskredit 
daisn  1021336  Vrea» 

Militärische  Aasgaben  fttr  Kolonien  90544704  Frcs., 
Nachtragskredit  dazn  2375000  Ftcs. 

Pensionen:  Kriegsministerinm  103000000  Frcs.,  Martne- 
minlsterinm  38673000  Fros.,  Ergttnznng  zn  Pensionen 
4600000  Fres.,  anlserordentlicbe  Znscbtt'sse  zn  Pensionen 
4806504  Frcs. 

Milititriseher  Tdi  des  Soldes  der  Ehrenlegion  10918212  Ftea, 
Zasammen  Ausgaben  ftlr  militärische  Zwecke  1264  978  709  Frcs. 
Von  diesen  ZiSem  interesstort  vielleieht  die  eine  oder  andere  iinseni 
Reichstag  namentlich  aneh,  wenn  das  neue  MilitiLr^Pensionsgesetz  zar 
Vorlage  ond  Beiatnng  kommt 
ijuhn^r         Uns  vorbehaltend,  ein  Gesamtbild  der  vom  Senatstext  abweichen- 
M«Dirts«tt im^^^^  Beschlüsse  (leb  Armeeausschusses  der  Kammer  zo  geben,  ehe 
Au^s«;huis.  ^las  Gesetz  im  Plenum  der  Kammer  zur  Beratung  kommt,  bemeri^en 
wir  heuU'  nur  kurz,  dals  der  Armee-Ausschufs  auch  in  der  2.  Lesung 
bei  seinen  Beschlüssen  bezüglich  der  Auferlegung  2jiihriger  Dienst- 
zeit für  die  Zöglinge  der  militärisch  organisierten  Schulen,  der  Be- 
messung der  Kapitulanten  auf      des  Sollstandes  an  UnterotfzIeieD 
und  '/j  an  Korporalen  geblieben  ist.  Femer  hat  er  besdmmt,  daCs  bis  zu 
4  ^/o  des  Kontingents  (8000  Mann)  junge  Leute  von  18  Jahren,  die  völlig 
dtenstbrauchbar  sind,  vor  dem  dienstpflichtigen  Alter  eintreten  und 
nach  2  Jahren  entlassen  werden  kOnnen,  wenn  sie  die  Elgnnng 
zum  Unterolffizier  nachweisen.  Bezitglich  dar  Zeit,  za  welch»  Unter* 
of&ziere  mit  einer  entsprechenden  Pension  ans  dem  Heere  ansschetden 
BoH^ti,  will  der  Ansschnifo  noeh  den  Kriegsminist»  hören,  Aber  15  Jahre 
hinaus  aber  nar  ,,konzessionierte  Unteroffiziere"  um  Dienst  belassen. 
Betreffend  der  Rekrotierang  in  den  alten  nnd  neuen  Kolonien  hat  ideh 
der  Aussehnb  mit  dem  Kolonial'Minister  anf  den  Senatstext  geeinigt. 
Aimüo  Ini  Jahre  1904  werden    auf  2  Schauplätzen    in  Frankreich 

Armee-Manöver  «tattünden.     Diejenigen  des  7.  und  8.  Korps 

1)  Nach  Iftngeren  Verhandlangen  swisehen  Kammer  tmd  Senat  hat  der 
KriegsminiBier  schliefsllch  dicht  vor  JalireMchlufe  die  meiaten  Fordemngeii 
bewilligt  erhalten. 


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ÜBUOhtU. 


235 


(Besancon  und  Bour^e.s)  wird  der  Vizepräsident  des  oberen  Kriegs- 
rats, General  Bougere,  leiten,  die  des  'A.  (Kouenj  und  4.  (Le  Mans) 
Kor()s.  dir  in  der  Beauoe  sUMudea,  General  Hugroo,  Mitglied  des 
oberen  Kriegsrate. 

Zum  1.  JaDoar  weiden  an  Beförderongen  in  den  höheren  Dienst-  b 
stellen  erwartet  5  zn  Diviaioni-,  11  zn  Brigadegeneralen,  die  Be-'^"^^^ 
tördernngslisten  für  1904  dürften  wesentlich  kürzer  aasfallen  als  für 
die  frtthereo  Jahre,  da  die  Absicht  besteht,  in  dieselbe  nur  soviel 
Offiziere  einzatragen,  als  anter  im  allgemeinen  normalen  Verhältnissen 
in  einem  Zeitraum  toq  18  Monaten  ftlr  die  Beförderang  in  Frage 
kommen. 

in  seiner  Sitzung  vom  23.  Dezember  hat  der  Senat  aach  das  Marine  Marine- 
bodget  1904  angenommen,  aber  doch  nicht  genau  so.  wie  es  der  Marine-'^'^S®*' 
Minister  Pelletan  erwartet  hätte.  Wenn  man  auch  damit  rechnen  niul'8,i:rsatee8  der 
dafs  Pelletan  so  lange  in  seiner  Stellung  hleiben  dürfte,  als  der  „repabli-  tlotten- 
kanische  Block'"  im  Parlament  besteht,  so  ist  doch  andererseits  nicht 
zu  bestreiten,  dals  ihm  im  Senat  viel  schärfer  noch  als  in  der  Kammer 
bei  der  Beratung  seines  Budgets  Wahrheiten  gesagt  wurden,  die  nicht 
gerade  zu  den  angenehmen  gehören.  H^'zeichnend  mul's  es  dabei 
genannt  werden,  dals  besonders  die  Atluiiralp  Jaille  und  Cnverville 
gegen  seine  Amtsführung  die  heftigsten  Anklagen  crlieben.  Eigen- 
mächtige Verwendung  von  Mitteln,  die  für  die  grolsen  Flottenübninj-ea 
ausgeworfen  wap'n,  rn  anderen  Zwecken,  Unordnunsren  in  df  r  \  <  r- 
waltnnp-.  Indiszijiliu  nicht  nur  in  der  Verwaltung,  sondern  sogar  im 
Dienst  an  Bord.  Entscheidnngen,  die  den  l'titi  r^-rljpnen  «rrundsätzlich 
dem  Vorgesetzten  gegen  Uber  Hecht  geben,  schlechte  Ausnutzung  der 
ArbeitslLrafte  in  den  Arsenalen  —  das  sind  einige  der  Punkte  ans 
einer  recht  langen  Musterkarte  von  Anklagen.  Bei  seinen  Versuchen, 
von  den  durch  den  Fiuanzansschuls  in  seinem  Budget  gestrichenen 
BeTräs-en  einige  wieder  im  Plenum  des  Senats  in  das  Budget  auf- 
nehmen zn  lassen,  hat  JClh  tan  auch  starke  ^icblappen  erlitten,  die 
Vermehrung  der  Mechaniker  und  der  Besoldung-  der  Arheitpr^i  wurde 
glatt  ahueiehnt,  so  uaciidrücklich  Pelletan  ;nich  für  bit-  <  ifitrat.  Man 
wies  ihn  darauf  hin,  dal«  man  in  Frankreich  in  12  Millionen  Arbeits- 
tagen das  an  Arbeit  If  istc,  was  in  England  in  800000  Arbeitstagen 
erreicht  werde,  daher  sehr  viel  langsamer  und  sehr  viel  kostspieliger 
baue.  Nur  nach  2  Richtuni:iMi  hin  hatte  Pelletan  im  Senat  einen 
kleinen  Erfolg  zu  verzeichnen,  die  vom  Finauzausscbufs  abgesetzte 
Summe  im  Kapitf>!  ..  Ausstattung  von  Flottenstützpunkten"  (280000 Frcs.) 
wurde  bewilligt  und  ebenso  bei  Kapitel  46  der  Betrag  von  347942  Frcs. 


>j  Letztere  wurde  später  doch  bewilligt. 


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236 


UmsobiuL 


für  Martiniqae  und  die  mobile  Verteidiguiiir  der  weit  entfeniteD  Fiofcten- 
stützponkte.  Alles  in  allem  hat  Pelletan  wenig;  Ursache,  mit  deu 
Verhaii(iluti-i  n  Uber  sein  Budget  im  Seuat  zufrieden  zu  sein  und  für 
ein  nächstes  Üudget  haben  verschiedene  Senatureu  ihm  schun  ao- 
gekllndigt,  dals  sie  ihm  mit  viel  schärferen  Waflen  zu  Leibe  «rehen 
wollen;  Angriffspunkte  bieten  der  Maiäoemlnister  und  seine  Kiibiuetts- 
chef  ^enog.  Im  Übrigen  hat  sich  Pelletan  bereit  erklärt,  sSein 
Zentralkabiuütt  /.u  reformieren.  Auf  das  ,,Wie"  darf  man  einiger- 
mafsen  gespannt  sein. 

Die  bevorstehende  Aiuiahnie  der  2jährigen  Dienstzeit  fllr  das 
Laudhecr  läiBt  in  französisehen  Fachkreisen  die  Frage  des  Ersatz. es 
der  Flottenberaannuut;  :iktuell  werden  undtreten  nach  dieser 
Richtung  hin  ern.-^tere  Bef Urchtuiiiren  hervor.  Der  Ersatz  der 
franzfJsischen  Marine,  der  heute  im  Darchschnitt  jährlich  V<  5UU  Mauu 
uiiitalai,  —  aber  selbst  wenn  alles  hlii  la  ,  wie  es  heute  ist.  steijreu 
miifs.  sobald  der  Flottenerweiterungsplan  \oi\  1904  zur  DurchlUhi ung 
gekoiiuaen  —  fliefst  aus  2  Quellen,  ans  der  Eiubchreibun der 
seemännischen  Bevölkerung,  die  im  Durchschnitt  äOOi»  Mann 
liefert  und  ans  Freiwilligen,  die  sich  auf  .Inhre  meldm  und  heute 
im  Durchschniti  mit  4500  Köpfen  jährlich  /  ir  Einstellung  komnuni. 
Der  Text  des  Gesetzes,  betreffend  die  ::jahrige  Dienstzeit,  wie  er 
vom  Senat  angenommen  ist,  enthält  bezüglich  des  Ersatzes  für  die 
Flotte  nur  den  Hinweis,  „die  Ergänzung  d<'r  Marine  findet  nach  den 
für  diese  geltenden  Sondergesetzen  statt".  Im  Parlament  und  in  der 
politischen  Presse  tritt  aber  das  Bestreben  hervor,  das  eine  von 
diesen  Gesetzen,  die  „Einschreibung  der  seemännischen  Bevölkerung" 
vom  24.  Dezember  1896,  zu  ändern  bezw.  dessen  Bestimmungen  zu 
beseitigen  und  man  darf  nicht  vergessen,  dafs  Lanessau  als  Marine- 
mimster  a.  Z.  mit  dem  Voracblag  an  das  Parlament  herangetreteo 
ist^  die  Pfliohtigkeit  der  EiugescbriebeDen  der  seemännischen  Be- 
▼Ölkemog  Ton  5  aof  3  Jahre  herabzneeteen.  Im  4.  Jahre  sollten 
die  Ijeate  dann  allerdings  fittr  besondere  AnsnalimeföJle  noch  xnr 
Verfügung  des  Biaiine-Biinisters  bleiben.  £ine  Eotsebeidnng:  des 
Lanessansehen  Voraeblags  ist  damals  nieht  erfolgt.  Das  Schlag- 
wort von  der  „Gleichheit  aller  Franzosen  vor  dem  Rekmtieniugs- 
gesets**  kann  jetsst  andere  Ergebnisse  liefern.  Wir  kommen  weiter 
unten  aof  die  Frage  der  Möglichkeit  oder  Unmöglichkeit  einer  Be- 
seitigung der  Institntion  der  „Einsebreibnng  der  seemännischen  Be- 
vOlkemng",  bezw.  aneh  einer  Herabsetzung  der  Pflichtigkeitsdaner 
derselben  znraek.  Hier  sei  znidtehst  der  2.  Eirsatzqnelle,  der  Frei- 
willigen gedacht  Ihre  Einstellung  erfolgt,  da  das  Rekrntienings- 
gesetz  Ton  1886  bei  Annahme  der  2 jährigen  Dienstdaner  hinfällig 


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UnnohKi. 


237 


md,  auf  Onind  des  OeBetees  vom  22.  Juli  1886.  Es  enebeint 
mehr  als  fraglieb,  ob  maD  bei  2jiUiriger  Dienstieit  fVa  die  Armee, 
mit  dtti  bisbeiigen  Zngmittebi,  wie  erhöhtem  Sold,  auskommt^  am  die 
erforderliehe  Zahl  —  die  eyentaell  vennehrt  werden  mnfs  —  vaa 
IMwilligen  auf  5  Jahre  fOr  die  Marine  sicher  va  steilen.  Die 
höhere  Besoldung  konnte  sngkrttitig  wirken,  solange  der  Untersobied 
zwischen  dem  an  Gefabren  und  Anstrengongen  doeb  reicheren  Dienst  an 
Bord  nnd  dem  Dienst  an  Land  2  Jahre  betrog,  wird  als  Zogmittel 
schon  sehr  fraglicb,  wenn  der  Untersobied  3  Jahre  beträgt,  znmal 
der  Marinedienst  die  Leate  auch  weiter  von  der  Heimat  entfernt. 
Man  wird  bei  2  jahrigem  Dienet  in  der  Landarmee  wohl  daza  kommen 
mUssen.  die  Dieastdaner  in  der  Marine  unter  Beibehalt  der  höheren 
Besoldon«:  abzukürzen,  oder  aber  die  Besoldaog  sehr  viel  höher  zu 
stellen  als  bisher.  Mit  dem  Moment  der  Abkttnsnng  der  Pflichtigkeit 
der  FrehvilH^en  auf  8  oder  gar  anf  2  Jahre  mUrste  die  Zahl  der 
iäbrlicbeu  KinsteUongen  an  solchen  erheblich  wachsen.  Je  «röfser 
der  Bedarf,  um  so  gering»  aber  die  Aussiebt  ihn  mit  den  bis  heute 
gewährten  Vorteilen  sicher  zu  decken.  Auf  2  Jahre  die  Dienstdaner 
absnkttizen,  ersoheiot  im  übrigen  unzulässig,  schon  3  Jahre  reichen 
kaom  ans,  einen  unter  allen  Verhältnissen  und  auf  allen  SchiiTsarten 
brauchbaren  Matrosen  heranzubilden,  Spezialisten  mUsscn  aber  allein 
11  Monate  die  Spezialschulen  besuchen.  Man  rechnet  in  Fachkreisen 
Utt  allgemeinen  damit,  die  Leute  erst  nach  13  Monaten  an  Bord 
grofser  Schifte  zu  nehmen,  wo  der  Freiwillige  zunächst  ilann  anob 
noch  einiger  Zeit  des  Einlebens  in  die  völlig  veränderten  Verhältnisse 
bedarf.  Man  braucht  in  der  Marine,  bei  ihren  Anfgaben.  die  Kolo- 
nien, den  Handel  in  fernen  Gewässern  zu  schttts^n,  wenn  man  sich 
nicht  zn  oft  sehr  kostspielige  Ablösungstransporte  anfbtirden  will, 
Leute,  die  aaoh  aufserhalb  der  heimischen  Küsten  längere  Zeit  an 
Bord  bleiben  nnd  als  solche  könnte  man  doch  Freiwillige,  die  nar 
2  Jahre  dienen,  nicht  wohl  betrachten.  Um  eine  Verpflichtong  zn 
lüngerer  Dienstdaner  als  im  Landheere  von  Freiwilligen  yerlangen  zu 
kdnnen,  wird  man  aufser  höherem  Sold  auch  noch  Prämien  gewähren 
mUssen  und  diese  Art  der  Ergänzung  der  Marine  würde  eine  aulserordent- 
lich  kostspielige  werden.  Beseitigt  man  aber  die  Institution  der, .Ein- 
schreibung der  seemännischen  Bevölkerung",  so  ist  man  Icdi^'licii 
anf  Freiwillige  angewiesen,  von  der  seemännischen  Bevölkeriiog 
würden  dann  sehr  wenig  Leute  in  der  Kriegsmarine  sieb  anwerben 
lassen.  Diese  brauchbaren  Elemente  tinden  auf  TlandelsschiflVn 
lohnende  Beschäftigung  und  können,  nach  2  Jahren  Dienstz«3it  im 
Landheere,  auch  auf  diese  zurückkehren,  2jähriger  Dienst  an  Bnrd 
genügt  für  die  seemännische  BeTOlkenmg  ans  den  oben  angedeuteten 


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238 


Gründen  nicht.  Nach  dem  Gesetz  vom  '24.  Dezember  1806  währt  die 
Pliichti^keit  der  seemännischen  Bevölkerung  5  Jahre,  in  Wirklichkeit 
schwankt  die  Dienstzeit  zwisobeo  40  und  50  ^MtHiaten  and  betraf 
gegCBwärtig  44  Monate.  Gerade  in  diesem  Spielraum  in  der  Bemessung 
der  Dienstdauer  hat  das  Marine-Ministerium  die  Mögrlichkeit  der  Elastizität 
des  Iststandos,  die  geboten  erscheint,  da  die  Marine  ja  auch  dazu 
kommen  kann,  im  Dienst  der  Dipiomulie  ohne  Aufsehen  erregende 
Vorbereitungen  einen  Druck  au.sUben  zu  niüssen.  1900—1901  ge- 
nügte bei  dem  Ohinakrie«r  ein  die  Dienstzeit  etwas  aus- 
dehnendes Dekret,  um  im  äufse rsten  Osten  8000  Mann  Flotten- 
bemannun^  Uber  den  normalen  Staad  hinaus  halten  zu  können. 
Hätte  mau  nur  ein  Gesetz,  wie  dasjenige  v(m  18V>9  zur  Verfügung 
gehabt,  so  wäre  ein  Mobilmachnugsbefeh I  nöti^»- gewesen,  der  die 
politische  Lage  oft  sehr  zuspitzen  kann.  Hinzu  koiamt,  dals  die  Ein- 
beorderun^'^  von  Reservisten  in  die  Itui  gerlichen  Berufsarbeiten  sehr 
viel  tiefer  einschneidet,  als  ein  län<;eres  Indiensth allen  von  schon  an 
Bord  behndlichen  LeutLU  im  Kähmen  ihrer  Pflichtigkeit.  Setzt  iiiau 
aber  die  Ptiichtigkeit  der  seemännischen  Bevölkerung  auf  3  Jahre 
herab,  so  mufs  die  jährliche  Ersatzquote,  die  heute  ^/s  beträgt,  auf 
steigen.  Da  man  aber  der  seemänDlscben  Bevölkerung  schon 
alle  Tanglicbeu  entnimmt,  so  mttlste  man  das  Mehr  aas  Freiwilligen 
schaffen  and  itame  damit  in  eine  schwierige  Lage.  Die  Flotten* 
bemannang  isthente  eher  zu  gering  als  zu  hoch,  das  Nordseegeschwader 
läist  man  sohon  V2  anthätig,  mit  dem  Ifittelmeergeschwad» 
hatte  man  ähnliches  tot.*)  Eine  längere  Pflichtigkeit  der  seemSnniachen 
BerMkenmg  ut  aber  aneh  gerechtfertigt  gegentlber  den  der  Ein- 
geschriebenen gewShrten  Vorteilen:  Fisehereigerechtigkeit,  Pension 
mit  dem  50.  Lebensjahre,  wofttr  der  Staat  jäbrlieh  nind  18  Millionen 
aufwendet  nnd  die  sieb  aneh  anf  Witwen  nnd  Waisen  eistreekt. 
Man  wild  anf  die  Institution  der  nfiinsohreibung"  mit  Iftngerer  Dienst- 
zeit, als  bei  der  Landarmee,  nieht  reiziehten  kennen.  18 

Es  finden  in  diesem  Jahre  an  zwei  Stellen  Armee-ManOrer 
statt:  1.  im  Osten  unter  Oberleitung  des  Gleneral  BrngÖre,  Vize- 
VorsitKenden  des  Oberkriegsrats,  2.  im  Kordwesten  unter  Ober- 
leitong  des  General  Hagron,  Mitglieds  des  Oberkriegsrats. 

An  den  Armee-ManöTern  im  Osten  nehmenteil:  VII.  Armee- 
korps —  BesauQon,  Deekherr,  VIU.  Armeekorps  —  Bourges, 
Ban,  7.  KayalleriediTision,  Melun,  Bnrnez,  8.  Kavallerie- 

M  Au  <Ur  Hemannunc^  dos  nach  Ostasien  zu  entsendenden  Krou/.ers 
üully  fehlten  am  16.  Dezember  von  617  Mann  250.  Man  hat  sie  aus  dem 
ganz«!  Mittelmeergeschwader  zusammengeleaeu. 


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ümaohM. 


289 


(iivigion  (provisorisch  in  Dole).  Ferr^.  MarRchdivIsion.  bestehend 
au8  5.  Brigade  Koionialinfanterie.  Marschbrigade  2  Bataillone  Zaaven, 
1  Falsjäger,  Divisionsartillerie  von  der  19.  Artiileriebrigade. 

An  den  Arraee-Manövern  im  Nordwesten  uehmen  tnil: 
IIJ.  Armeekorps.  Ronen,  Serviere.  TV.  Armeekorps.  Le  Maus, 
LaJleoient,  1.  Ka\ aileriedivision,  Paris,  Valentin  de  la  Tour. 

Divisions-Manöver  von  14  Tagen  Dauer  finden  beim  I. 
(LUle),  V.  (Orleans),  VI.  fOhalonsi,  XI.  (Nantes),  XVI.  (Montpellier), 
XVII.  (Toulouse),  XVUI.  (Bordeaux).  XX.  (Nancy),  Armeekorps, 
sowie  bei  der  4.  Infanteriedivision,  Brigade-Manöver  von  12  Tagren 
beim  IX.  (Tours).  X.  (Kennes),  XII.  (Limoges).  XIII.  (Clermont 
Kerrand),  XIV.  (Lyon),  W.  (Marseille)  statt.  Die  3.  Infanterie- 
division hat  diesmal  keine  Manöver.  Die  Trappen  auf  Korsika  Üben 
10  Tage. 

Auf  Troppen-ÜbuQgspiätzen  werden  sich  in  1904  befinden: 
Sissonne  I.,  II.  Armeekorps,  Mailly  XX.  und  9.  Infanteriedivision 
vom  V.,  Chälons  VI.  und  3.  Infanteriedivision  vom  Ii.,  Coetqnidan 
X.  nnd  XI.  Armeekorps,  La  Coortine  Xil.  and  Xlli.  Anneekarp«, 
Larzac  XVI,  Armeekorps. 

Ein  grölseres  Kavalierie-ManöTer  von  Ii  Tagen  halten 
die  2.  nnd  3.  KavalleriediTiflion  (erstere  Luneville,  letztere  Chälous) 
anter  Leilnng  des  Präsidenten  des  teobnischen  Kavalleriekoniit^  ab, 
Divisionsgeneral  Ponllean.  Die  4^  5.  nnd  6.  Karaileriedivision 
(Sedao,  Keims,  Lyon)  haben  jede  3  DiyisionflmanOTer  von  9  Tagen 
Dauer.  Diejenigen  Kavalleriebrigaden  der  Armeekorps,  weiche  nicht 
au  Armee-ManOvem  teilnehmen,  haben  dnrch  8  Tage  Brigade- 
Evolutionen  und  nehmen  an&erdem  an  den  HerbstmaottTern  in  ihren 
KorpsbeziriLen  teil. 

Spexialmanöver  haben  statt  in  den  Alpen,  den  Vogesen,  in 
Algerien  und  in  Tnneslen. 

Die  Kolonialtrappen  nehmen  nach  Maisgabe  der  vorhandenen 
Mittel  an  den  ManöTern  in  der  Begion  des  Armeekorps,  In  der  sie 
stehen,  teil.  Ausgenommen  bleibt  die  5.  Koionial-lnianteriebiigade. 

Die  Infanterieregimeoter  rtteken  mit  ihren  4  BataUlonen 
ans,  aasgenommen  nnr  diejeuigen,  bei  welehen  keine  Kompagnie  des 
4.  Bataillons  normal  aafgestellt  ist 

An  den  Manövera  nehmen  nicht  teil:  die  4.  Bataillone  vom 
Infimterieregiment  138  (Paris),  die  vom  VL,  VIL,  XX.  Armeekorps, 
welehe  In  Festangen  oder  Forts  der  Grensregionen  stehen,  das 
159.  Regiment  nnd  die  Bataillone  der  Beglonalbrigade  von  Lyon, 
welehe  In  den  Alpen  stehen. 

iihiMalMr  Ar  dl*  taitNto  AiM«  vaA  MmIm.  H«.  tW.  16 


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240 


UmMbBn. 


Oas  Regiment  145  mandmerk  mit  einer  der  DlTinonen  des 
I.  Armeekorps. 

Die  Bataillone  der  Fnisjäger  nehmen  an  den  Manüvem  ihrer 
Armeekorps  teil  Sekott. 

Italien. 

Ifitteüungen      Bd  Beginn  der  Arbeiten  der  Zentralkommlssion  für  die  Zn- 
förderuQ    sammenstelinng  der  Befördemngerorsehlttge  hat  der  neue  Kriege* 
«ifl^im.  miniater  Pedotti  eine  Weiaong  erlaaaen,  die  als  eine  Erweiterong  der 
Bestimmnngen  dea  §  80  der  Instruktion  Ülr  die  AofsteUang  der 
Qnalifikation8*Beriekte  betrachtet  werden  mnls  und  in  der  Armee 
dankbar  empfanden  werden  wird.    Naob  §  30  soll  den  Offizieren 
▼on  besonders  günstiger  oder  besonders  ongttnsliger  Bearteilnng  im 
Eignimgsbericht  Kenntnis  gegeben  werden.  General  Pedotti  hat  nun 
der  Zentral-Komnteion  Weisung  gegeben,  täglieh  den  interessierten 
Offizieren  direkt  ron  den  über  sie  gefällten  Urteilen  Naehricht  zu- 
kommen zu  lassen.    Somit  wird  rechtzeitig  jeder  späteren  Ent-^ 
tänscbung  ▼orgebengt,  die  betreffenden  Offiziere  wissen,  was  sie  im 
kommenden  Jahre  nnter  normalen  Verhältnissen  zu  erwarten  habea 
und  JLtonen  dementsprechend  Entschlüsse  lassen.  —  Ein  Rundschreiben 
des  Kriegsministezs  an  die  Truppenkommandeure  betrifft  den  Gang^ 
der  Jahresansbildong,  ändert  die  bestehenden  Reglements  nicht  ab,, 
gibt  aber  Fingerzeige  für  ihre  zweokentspreehende  Anwendnng,  be- 
tont die  humane  Behandlung  der  Leute,  das  Einwirken  auf  das 
moralische  Element,  will  auch  die  Schulbildung  weiter  gefordert» 
die  Analphabeten  beseitigt  sehen  und  verlangt,  dats  jedem  ftb*  die 
Ansbildnng  Yeranfewortiiehen  auch  die  ihm  ankommende  Selbständigkeit 
gelassen  werde.  Ein  anderes  Rundschreiben  verbietet  den  Tmppen- 
kommandeuren  Sammlungen  bezw.  Abzflge  bei  ihren  Offizieren  zu 
Zwecken  yon  Geschenken,  Festen,  Gastereien  zu  gestatten,  da  sie 
daau  bei  ihrem  geringen  Solde  nicht  in  der  Lage  seinen.  ' 
Aufthebong      I'^r  am  8.  Dezember  vom  Kriegsminister  der  Kammer  Torgelegte 
'^^isS!^  Gesetzentwurf,  betreffend  die  Aushebung  des  Jabiganges  1884  unter- 
scheidet sich  Ton  den  entsprechenden  Vorlagen  für  die  Voijabre  nicht. 
Bemon-  '      D&e  Remontcdepot  Pahnanova  gibt  brennt,  dafo  die  Remonte- 
tiernng.  Kommission  in  Zukunft  kefaie  2jähr]geu  Fohlen  mehr  kaufen  und  ihr 

rorgeftthrte  branchbare  Wallache  hoher  im  Preise  stellen  wird. 
Finanz.  Bei  dem  Bericht  Uber  die  Finanzlage  hat  der  Btinister  LuzzattL 
bericht.  fur  1904/05  mit  einen  Überschols  von  7222000  Ure  gerechnet 
^Mlrin^'"'  Aus  der  Tatsache,  dafs  Kriegs-  und  Marinebudget  1904/05  hi  seinem 
hndget  Bericht  mit  keinem  Worte  erwähnt  werden,  kann  man  ersehen,  dals- 
1904/06.      ^^j^^  Budgets  als  „konsolidiert*^  betrachtet  und  eine  Darlegung  der- 


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Umsohau, 


241 


gelben  seinerseits  nicht  mehr  für  nötig  hält  Aus  dem  Bericht  des 
Ausöchusses  tUr  das  Marinebudget  1903/04,  dessen  Beratiuif?  im  Senat 
bereits  abgeschlossen  worden,  ist  herrorzaheben,  dals  der  Ausschuls  die 
Forderung  einer  Venuehrung  des  Seeoffiderkorps  um  20  Linienschiffs- 
leatnantSydie  nil  der  vemelurten  Sohiffbsahlbegrilodet  worden,  ablehnte, 
in  EA|4tel  28  daher  70000  Lire  absetete,  darauf  liinwdfleiid,  data  Im 
Aneoal-  und  ttberhaopt  im  Landdienst  sn  viel  0£Bzieie  dieses 
Dienstgrades  kommandiert  seien.  Der  UntsntaatBsekietftr  im  M arine- 
ICinisteriam  ist  znrttolcgetreten  nnd  dnrch  den  Kapitlln  snr  See  Anbry 
ersetat  worden.  Die  fieratnug  des  Marinebndget  im  Senat  begann 
am  9.  Dezember  mit  einem  VertranensfOtom  für  die  Marine  in  der 
Annahme  der  Tagesordnung  Cassevaro,  naebdem  mn  Milsverständnis 
des  früheren  Ministers  Modn  anfgeUArt  worden.  Das  war  ein  kleines 
Pflaster  für  die  in  den  letrten  Monaten  in  der  Presse  einer  gewissen 
Ittobnng  so  nngereobt  beorteilten  Marine.  Ober  Toranscbiag  für  Kriegs- 
nnd  Marinebndget  1904/05  im  nächsten  Berieht 

Der  Staatssoscbufs  ftlr  Eritrea  bat  1908/04  7  230800  Lire  d.  Erithrea- 
h.  400000  Lire  weniger  als  im  Vorjalire  betragen.  Um  die  Gesamt-  Kud^^et 
einnähme  ni  erhalten,  mnls  man  noeh  2369200  Ure  Einkttnfke  ans 
der  Kolonie  hinsnreehnen.  Diese  total  9600000  Lire  Terteilen 
sieh  bei  der  Aasgabe  mit  2595000  Ure  anf  die  ordentlichen  Ans- 
galien  der  Verwaltnng,  1658110  Lire  fttr  Offentliehe  Arbeiten, 
4738000  Liie  fttr  miUtirisohe  Zwecke,  770000  Lire  fttr  das  Pro- 
tektorat des  Somalllandes. 

Der  offizielle  Beriebt  Uber  die  Ansbebnog  des  Jahrgangs  1881  Manne« 
Iftfst  erkennen,  dals  von  den  in  diesem  Jahre  Geborenen  11687  anf  der  Aushebung 
Rekmtieningdiste  erschienen,  nach  Streicbongen  etc.  8881  blieben  '^^^f^ 
nnd  2524  Znrttekgestellte  früherer  Jahrgänge  die  Ziffer  anf  11405 
braehten.  Daron  waren  4053  Fischer,  8767  Seelente  fttr  grosse  Fahrt 
Tanglieb  befunden  fttr  den  Dienst  worden  6753,  davon  der  I.  Kategorie 
4571,  der  II.  1,  der  UL  2181  engewiesen.   Untanglieb  waren  1862» 
snrttclEgestellt  wurden  2393.  18 


Die  Orgiiui^aLioii  der  i i einsehen  Artillerie  bat  im 
vertrau  {jenen  Jahre  einige  Abänderungen  erlitten,  deren  Ergebnisse 
ni  iüigendem  enthalten  sind. 

Eine  jremeinsame  Direktion  entspricht  der  Artillerie-  und 
Geuiewafle  im  Kriefjsmini^k  riuni. 

Einer  (I-eneraiinspektidn  ri-lniri-n  ;in:  :i  Iiisju'ktidiit  ii  (Feld-, 
Küsten-  und  1  rstungs-Artillene.  Fabrikationen j,  die  ober*  \  .»rsuchs- 
komnübäion,  die  Zentral-ArtiUeriesohieCssohole,  die  Kommission  der 

16* 


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242 


UmMhtn. 


tragbaren  Waffen.  Die  4  Inspekteni«  bilden  ein  pennaaentes  be- 
ratendes Körnitz. 

Von  nenn  Kommandos  gehören  6  der  Feld-,  3  der  Kosten- 
ond  Festungs-Artillerie  an.  Sie  nmfossen  18  Dixektionenf  24  fahrende 
Hegimenter,  1  reitendes  Regiment,  1  Begiment  niid  eine  selbständige 
Abteilang  Gebirgsartillerie,  3  Kegimenter  nnd  eine  selbständige  Ab- 
t^^ilnng  Küstenartillerie,  3  Regimenter  Festnngsartilerie,  5  Kompagnien 
ArtUleiiehandwerlEer,  1  kleines  Kolonial-ArtUleriekorps  in  Eiythräa. 

Die  Zahl  der  Offisiere  der  Waffe  ist  folgende: 

45  OhentNi, 

70  Obeisttentnants, 
181  M^ors, 
540  Haaptleate, 
929  SnbalternoiliaereL 

Anlser  dem  Genenlinspektenr  gibt  es  den  Inspekteur  der  Feld-, 
der  Kosten-  nnd  Festungs-Artillerie  nnd  der  ArtUlerle&hrikationen. 
Die  Inspektion  der  Waffen  und  des  Materials  der  Truppen  ist  auf- 
gelöst worden. 

Die  fahrenden  Artillerieregimenter  zählen  je  8  Abteil- 
nngen:  eine  za  2  nnd  zwei  zu  3  Batterien.  Die  ersteren  sollen 
später  noeh  doich  eine  Feldhanbitsbatteiie  ergänzt  weiden.  Das 
reitende  Regiment  hat  3  Abteiinngen  za  2  Batterien.  Das  Gebiigs- 
regiment  bat  4  Abteilangen  za  3  Batterien  nnd  eine  selbständige 
für  Venetien  ?on  ^eichfalls  3  Batterien. 

Die  Abteiinngen  der  Kttstenartillerie  zählen  im  allgemeinen 
3  oder  4  Kompagnien,  aasgenommen  Savona  and  Oaeta  von  2  and 
der  nnabhängigen  von  Haddalena  für  Sardinien  Ton  6  Kompagnien. 
Die  Abteiinngen  der  Festangsartillerie  haben  je  3  Kompagnien,  aas- 
genommen Turin  nnd  Rom.  Das  3.  Festnngsregiment  scheint  fllr 
die  sebwere  Artillerie  des  Feldheeres  bestimmt;  es  ist  eine  Art 
BeiagerongsTegimeni 

Von  den  Handwerker- Kompagnien  gebort  die  1.  zar  Kon- 
stmktlonswerkstatt  von  Torin,  die  2.  zar  desgleichen  von  Neapel. 
Die  8.  nnd  4.  sind  Fenerw^skompagnien  ond  gehören  zn  den 
Laboratorien  von  Bologna  ond  Capna.  Die  5.  Kompagnie  (Waffen- 
schmiede) gehört  ZOT  Gewehrfabrik  Tenu. 

Die  Regunenter  der  KorpsartiUerio  (Nr.  1—12)  haben  je 
2  Trainkompagnien,  die  der  Dlvisionsartillerie  (13—24)  je  eine 
Trainkompagoie. 

Die  Kommandos  der  Feldarftillerie  in  1903  sind  6,  davon 
Mailand  mit  1.  nnd  HL  Armeekorps,  L  (Tnrin),  5.  and  17«  £khr.  R.« 


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UnuMhM. 


243 


Gebirgsreginienl  Turin.  III.  (Mailand)  reitendeB  Kegimeot 

(Mailand),        fahr.  Breacia. 
AlrKHandria  II.  Anneekorps  6.,  9.,  11.,  2H.  fahr.  Regim  ni 
Verona  IV.  i\j-u)i'ekürps  (Genua  k  4.,  15.,  21.  f.  Kegiment.  \.  Aru^oe- 

korps  (VerouaJ,  8.  uüd  20,  f.  Kegimeot,  Venet  Gebirgs- 

abteüuug. 

Bologna  M.  Armeekorps  i Bologna).  :\.  und       f.  Kegimeot,  VII. 

Armeekorps  (Anconaj.  2.  ujid  18.  f.  Regiment. 
Florenz  VlU.  Armeekurpti  (Flureuz)  7,  nnd  19.  f.  Kegiiueut,  IX. 

Armeekorps  (Korn)  l.  nnd  1'6.  f.  Regiment. 
Neapel  X.  Armeekorps  (Neapel),  10.,  12.,  24.  f.  Regiment.  XI. 

Aimeekorps  (Bari),  XII.  Armeekorps  (Palermo)  22.  f. 

Regiment. 

Das  XL  Korps  ^blt  nicht  eine  einzige  Batterie. 

deboti 


ÖBterreioh-Ungam. 

Dazeh  die  UiiinQg'lielikeit  der  reehtieitigen  Rekratenandiebiiiip  Besondere 
■mdmUDgamMalwalimeiiwieZnrttekbehaltiiii^  aoost  zu  bearlaabeDder^^''^^"^^!^ 
Lente,  Einbeoideroiig  von  Beeerviaten,  WaffenllbiiDgeti  der  Enate-  '^S*™* 
resernsten  zur  Erbaltung  der  normaleii  FrUseoiettcke  notwendig 
geworden,  über  welebe  die  poUtisobe  Pieese  ecbon  betiobtet  bat^ 
Uber  die  wir  ans  aber  Toibelialten,  eine  eingebende  Daietellong  zn 
geben,  sobald  der  genaue  Umfong  nnd  die  Daner  siffemmälng  be- 
kannt geworden  find. 

Eine  Änderung  des  Webrsteaergesetzes  ist  beabsichtigt Ketuim  der 
nnd  zwar  in  dem  Sinne,  dafs  die  ärmeren  Klassen  entlastet  bezw.  MilitHitaite. 
ganz  von  der  Zahlung  befreit,  die  wohlhabenden  dagegen  stärker 
herangezogen  werden.  Die  Wehrstener  wird  in  Zokonft  zerfallen  in 
eine  von  Wehrpflichtigen  selbst  za  zahlende  „Dieostersatztaxe'* 
ond  in  eine  Aszendententaxe,  die  Yon  den  filtern,  Grofseltem  etc. 
za  entrichten  ist  Die  Taxe  beginnt  erst  mit  dnem  Einkommen  ?on 
1200  Kronen,  die  mindeste  Taxe  soll  6  Kronen  betragen.  Von  da 
ab  steigt  die  Taxe  naeb  der  Einkommensteuer,  so  swar,  dafs  die 
XHeDstersalislaEe  7ö°yoi  AssendMitentaze  50^/o  der  Einkommen- 
stener  betrftgt.  Die  Erhebung  der  Webrstener  findet  am  1.  Oktober 
statte  im  Lanfe  des  Januar  haben  sieb  die  Taxpfiiehtigen  bei  ihren 
OrtBTOKStKnden  tu  melden,  wenn  sie  das  nickt  tan  oder  falsche  An- 
gaben ttber  ibfe  Binkommenstener  machen,  kOnnen  sie  mit  Strafe  bis 
m  2000  Kromm  belegt  werden.  Ende  1902  betrag  der  Bestand 
des  Taxfonds  in  beiden  ReiehsbiUten  über  91  IfiiUionen,  die  Jabres- 


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244 


Umschau. 


änBen  4  Millionen.  Die  Reform  des  TaxfoDdogeseties  bezieht  sieh 
nur  anf  Östenreieh,  niebt  auf  Ungarn. 

Eine  neae  Tnrnrorachrllt  fttr  die  k.  o.  k.  Falstrnppen  isl 
in  Kraffe  getreten. 

OffisieTOnatx  Einselne  politiselie  BIfttter  beriohten  von  Maugel  an  Offizier» 
aspiranten.  Demgegenüber  ist  festenstellen,  dab  der  Andrang  ein 
eebr  starker,  nur  bei  der  KaTallerie  nicht  ganz  ausreichender  ist.  Bei 
der  Infanterie  hat  man  die  Kadetten  von  1902  noch  nicht  einmal 
alle  zu  Offizieren  befördern  gekonnt  ans  Mangel  an  Vakanzen.  Die 
Militftr-Beabefaulen  mttasen  grofse  Zahlen  von  Aspiranten  ab- 
weisen. Zu  den  Infanterie-Eadettensohnlen  meldeten  sich  1200  junge 
Leute»  664  bestanden  auch  die  PrUiungen,  nur  fllr  577  war  Platz. 
Zu  den  Kavalleriekadettenschnlen  meldeten  sieh  30,  24  bestanden 
die  Frttfnngen.  Von  206  Aspiranten  fOr  die  ArtUleriekadettensehulen 
konnten  nur  159,  Ton  100  fttr  die  Pionierkadettenschuien  nur  48  Auf- 
nahme finden.  Die  Theresianisebe  Akademie  nahm  145,  die  militär« 
technisohe  87  Zöglinge  anf. 
^i^rin^.  Der  Stand  der  permanenten,  wie  der  im  Sommer  Torttbergehend 
▼eisttrkten  Obungseskadres  soll  1904  möglichst  hoch  gehalten 
werden.  Ans  der  yon  Kontreadmiral  Kneisler  kommandierten  Winter^ 
eskadre  scheiden  Kreuzer  Szigetrar  und  Torpedofahrzeug  Magnet 
Torttbergehend  zu  Reparaturen  aus,  zu  dem  bisherig«!  Übrigen  Be- 
stände Linienschift  Habsburg,  Turmsehiff  Aipad  kommen  aber 
Torpedokreuzer  Zenta,  Linienschiff  Monareh,  Torpedoiahrzeng  Satellit 
und  9  Torpedoboote,  die  eine  Division  fttr  sich  bilden.  Mit  Juni 
1904  werden  dann  weitere  3  Linienschiffe,  3  Kreuzer,  4  T<»pedo- 
fohizeuge,  6  Torpedoboote  in  Dienst  gestellt,  so  dals  yon  da  ab  ein 
Panzergeschwader  zn  2  Dtrisionen  ilottenttbungen  abhalten  kann. 
Das  in  Triest  auf  Stapel  liegende  Turmsohlaohtschifi  B,  das  im 
Februar  ablaufen  dllifte,  wird,  der  „Feldhermdirision'*  angehörend, 
Toraussichtlich  den  Namen  „Erzherzog  Friedrich**  erhalten. 

  18 

Eine  amtliche,  an  die  Mitglieder  der  Österreiobisch-Ungarischen 
Delegationen  verteilte  Schrift  ,,Die  Feldgesohntzfrage  in  Öster- 
reieb-Ungarn*'  enthlüt  in  den  zasammenfassenden  SchlnlsBätzen 
genau  dasselbe  Urteil  hinsichtlich  der  grofsen  Überlegenheit 
des  Bobrrttcklaufgeschtttzes  über  jedes  andere  Modell 
heifse  es  wie  es  wolle,  wie  es  die  unabhftogige  Fachpresse 
schon  seit  geraumer  Zeit  formuliert  hatte.  Speziell  fttr  die  „Jahr- 
bttcher^  ist  dieses  Urteil  durchaus  nichts  Keues,  denn  dieselben 
haben  die  gldcbe  Ansieht  schon  seit  zwei  Jahren  vertreten  und  — 
begründet.  Jene  Sätze  lauten: 


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245 


„EHe  Konstrnktion  der  neuen  Feldkanoue  mit  Kohrrlicklaul  be- 
zeichnet einen  anfserordentlicheD  Fortschritt.  Sie  stellt  wieder  das 
richtige  und  notwendige  Verhältnis  der  Wirkang  zwischen  dem  Ge- 
wehr and  dem  G^chtttze  za  Uberwiegenden  Gansten  für  letzteres 
her  und  berechtigt  auch  zu  der  Anniüime,  dais  eine  Rahepaose  im 
Fortschritte  der  VeiYolIkomrooiuig  der  Gesohtttze  eingetreten  ist. 
Die  Richtigkeit  dieser  ancli  vom  Standpuokte  des  Militärs  wünschens- 
werten Sachlage  gekt  anoh  ans  der  Tatsache  hervor,  dals  andere 
Staaten  die  bereüi  in  Angriff  gencNnmene  firzeagung  neuer  Bobr- 
rttcklanlfeldkanoneD  beaehlennigen  nnd  dals  diejenigen  Artillerien» 
welche  eist  tot  wenigen  Jabren  nene  Feldkanonen  mit  SjKinilafetten 
In  grofter  Zahl  eingeführt  haben,  bereits  an  die  Umgestaltmig  der- 
selben m  BohRfleklanfgeseblitEen  sehrdten.  IMe  YergfOtternng  der 
Sehnlsweite,  die  Terbeeiende  Wirkung  des  EinzelsehnsseB,  welche 
Jene  der  Mheren  Feldkanonen  ttberbietet,  die  Verbesserang  der 
Riobtmittel,  endlieh  die  Steigerung  der  Fenenobnelligkeit  Ton  2  bis 
2^3  aof  12  bis  16  SebOsse  in  der  Minnte  heben  die  Leistungsfähig- 
keit der  Artillerie  anf  ein  früher  nicht  geahntes  Kais  nnd  lassen 
darüber  keinen  Zweifel,  dals  jene  Artillerie,  welche  Aber 
solche  OeschUtze  nicht  yerfUgt,  trotz  aller  heroischen 
Eigenschaften  dem  besser  bewaffneten  Gegner  oknmftchttg 
nnterliegen  wird.**  R. 

Grobbzitannien. 
„United  Seryice  Gazette**  yom  19.  Dezember  ▼erttifentlicbt  im  Marine. 
Ansznge  ein  Rnndschieiben  der  Admiralitftt  an  alle  8elbstttndi|en 
Kommandanten,  das  eine  Reihe  wichtiger  Keneningen  bringt.  An- 
dernngen  in  den  bestehenden  Reglements  und  Voisebriften  sind  an- 
geordnet worden  nnd  treten  am  8.  Dezember  1908  bezw.  aneh  schon 
mit  Kttckwhrknng  am  1.  Jnli  1908  in  Kraft:  1.  bei  der  zwangs- 
weisen Verabschiednng  wegen  nnznreicbenden  Dienstes 
an  Bord.  Admirale^  Kapitäns  zur  See,  Korvettenkapitäne  nnd 
Linienschifisleotnants  können  zwangsweise  Terabschiedet  werden 
wegen  nnznreicbenden  Dienstes  an  Bord  nach  folgenden  Regeln:  A) 
Admtraie,  wenn  seit  ihrem  letztenDienst  an  Bord  5  Jahre,  Vize-Admirale, 
wenn  5  Jahre  verflössen  sind,  seit  sie  znletzt  als  Admirale  an  Bord 
Dienst  geleistet,  Kontre-Admirale,  wenn  3  Vs  Jahre  seit  ihrem  letzten 
Borddienst  nach  ihrer  Eniennnng  znm  Admiral  vergangen  sind.  Bei 
Kapitäns  zur  See  tritt  zwangsweise  Verabschiednng  dann  ein,  wenn 
sie  3Vs  Jahre  nicht  an  Bord  Verwendong  gefunden,  bei  Korvetten- 
kapitilns  nnd  Scbiffolentnants  ebenso  bezw.  wenn  3  Jahre  seit  ihrer 
Ememiiing  verflossen  sind  nnd  sie  an  Bord  in  dieser  Zeit  noch  nicht 


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246 


Umsohaa. 


Dienst  getan.  R)  Bei  den  Normen  für  freiwilliges  Ausscfaeiden: 
Freiwilliges  Ausscheiden  ist  fttr  Admirale,  KapitäDs  zar  See, 
Korvettenkapitäns  mit  Genehmigang  der  Admiratttäl  in  jedem  Alter 
möglich,  sie  erhalten  die  znstehende  Penaion.  0)  Bei  den  PensioDS- 
bestimmongen  fttr  Kapitilns  sar  See.  DiejenigeD,  die  51  Jakre 
nnd  darttber,  erhalten  beim  AuBScheideny  aolser  ihrer  sastündigeD 
Pension  nnd  einer  eroitii^en  Zulage  fttr  gute  Dienste  noch  eise 
Zulage  fttr  jedes  Jahr,  das  sie  ttber  das  reglementsmäfsige  Alter 
dienen  (bis  %vm  Maximum  von  5  Jahren)  nnd  xwar  von  15  Pfd.  Sterling. 
Diese  Bestimmung  bat  den  Zweck,  sie  mit  der  Altersgrenze  aaeh 
das  Maiimnm  der  Pennon  ihres  Dienstgrades  erreichen  sn  lassen, 
600  Pfd.  Sterling.  Kapitftns  xnr  See  im  Alter  von  45  Jahren,  die  8  Jahie 
in  Dienstgrad,  davon  2  als  Kommandanten  von  Schiffen,  erhalten  eme 
Minimal-Pension  von 425 Pfd. Sterling.  D)  Bei  Verwendung  im  Zivil- 
dienst. IMe  Definition  fttr  „Zivildienst^  wird  dahin  erweitert,  dab 
dieser  einsclilierslich  Verwendung  als  Marine-Attaehö  als  Dienstzeit 
gerechnet  wird,  die  die  zwangsweise  Verabschiedung  ausschlielsi 
£)  Bei  Dienst  an  Land.  Vom  8.  Dezember  ah  soll  kein  Marine- 
offizier länger  als  5  Jahre  an  Land  verwendet  werden,  ausgenommen  im 
Admuralittttsrat,  wo  die  Verwendung  7  Jahre  betragen  darf.  Bis  Ende 

1905  soll  der  Etat  an  Admiralen  von  8  Flotten-Admiralen,  12  Ad- 
miralen,  22  Vize-,  55  Kontre-Admiralen,  Summa  92  erreicht  werden. 

Ftir  die  Beschlennigong  der  Durchführung  der  Vermehraog 
in  einer  Anzahl  von  Dienstgraden  gelten  folgende  Regeln:  Die  Zahl 
der  Kapitäns  zur  See  wird  in  den  Jahren  1908—1906  jährlieh  um  8, 

1906  und  1907  um  je  7  vermehrt  und  wird  Ende  1907  das 
Maximum  von  258  erreichen. 

An  Korvettenkapitäns  sollen  vom  Jahre  1908  ab  jährlich  9  neue 
hinzutreten  bis  zum  Maximum  von  378.  Die  Bestimmungen  ftlr  die 
Besohlennignug  der  Vermehrung  erhalten  rttekwirkende  Kraft  bis 
zum  1.  Juli  1908.  18 

BiiJDslaiul. 

Die  La^e  Das  Hauptinteresse  der  Armee  ist  nach  wie  vor  auf  die  £nt> 
in  Ostwien.  ^l^l^^lQQg  ((er  Dinge  in  Ostasien  gerichtet.  Wer  die  tatsäch- 
liche mili^irifiohe  Lage  kennt,  der  kann  nicht  darttber  zweifelhaft 
sein,  dafs  Japan  trotz  seiner  „örtlichen''  militärischen  Überlegenheit  an 
Zahl  der  in  kurzer  Zeit  bereitzustellenden  Trappen  sehr  richtigtat, 
nicht  leichtsinnig  den  Waffengang  zu  wagen,  so  schwer  es  der  Regierung 
fallen  mag,  der  au^j^er^jten  öffentlichen  Meinung  zu  widerstehen.  Die 
Frage,  um  welche  es  sich  handelt,  ist  jedenfalls  mehr  die  um  den  Besita 
Koreas  und  die  Beherrschung  der  das  Japanische  mit  dem  Chine« 


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UnufliunL 


247 


eificheu  Meere,  Wladiwostok  und  Dalnij  (Talienwau)  und  Port-Arthur, 
verbindenden  Strafse  von  Korea  als  die  der  üemohaft  RuTsiands  io 
der  Mandsohorei,  die  in  gewissem  Sinne  eine  nnabweisbare  Folge 
der  £rbauQDg  der  Ostcbinesigoben  Bahn  sein  mnbi.  Wiil  aber  Japan 
Korea  in  seinen  Beeite  bringen,  so  rauTs  es  unweigerlich  seine  Armee 
aof  dem  Wasserwege  dorthin  schalfen,  während  Knlaland  in  der 
aufseronlentlich  gUnstigen  Lage  ist,  auf  dem  Landwp;ro  seine  Streit- 
kräfte in  jenes  Laiu!  ( inrUcken  zu  lausen  und  mit  seinem  in  Ost- 
ar^ien  versainnielten  „Geschwader  des  Stillen  Ozeans"  io  empfind* 
liebster  Weise  die  Überführung  der  japaniscben  Armee  von  diesem 
Ineellande  nach  Korea  zu  stiren,  wenn  nicht  überhaupt  gane  an  ver- 
kindeni.  Aber  sollte  Japan  diese  Aufgabe  auch  wirklich  gelingen, 
90  bleibt  doch  immer  noeli  die  andere  zu  lösen,  die  sehr  empfind» 
liebe  Etappeniinie,  auf  welcher  es  die  Verpflegiing,  den  Ersatz  an 
Munition  und  Mensohen  usw.  bewerkstelligen  mala,  gegen  die 
^tdrong  durch  rassische  Kreiuer  sn  sohlitsen. 

Und  Hnfsland  hakte  finde  Desember  eine  mächtige  Streitmacht 
im  See  in  Ostasien  yersammelt»  za  deren  Verstärkung  noch  eine 
stattliclie  Zahl  snm  Teil  bedeotender  Schiffe  vom  MntterUmde  unter* 
wegs  sind. 

Es  waren  nämlich  ku  der  genannten  Zeit  disloziert: 

1.  In  i'ort  Arthur:  Die  Geschwader- Panzer  ,,PetropawIowsk'\ 
„Pohawa-,  „Sewastopol",  Peres  wjät'\  „Kctwisan".  „Pobjada-. 
„Zessarewitsih" ;  die  grofser  Kreuzer  ,,Askuld'%  ..Pallada  *.  ..Diana", 
„WarjSg'\  ..Bajan";  die  2  kleinen  Kreuzer  ,,Nowik-',  ,,Sabiaka  •;  die 
Kaaoüeubuote  ..Gremjasehtsehij",  „Korejetz'';  die  Transportschiffe 
„Jeuespeij*'.  ,,Aiuur",  ..Ankara";  die  Torpedoboote  .J'^^^^^dnik", 
„Gaidaniak''.  12  ;rroIse  Torpedoboote   und  7  kleine  Torpedoboote. 

*2.  In  Wladiwostok:  Die  preisen  Kreuzer  ,,Ro88ija'-,  „Groniuboj", 
„Rurik";  der  kleine  Kreuzer  „Bogatyr";  da.sKanonenhoot„Mandschur*; 
das  TransportschiÜ  „Lena**;  3  Hochsee-  und  7  liafeutorpedoboote. 

3.  In  Dalnij:  Die  kleinen  Kreuzer  „Hasbojnik*^  nnd  „Dschigit  ". 

4.  In  Njatschwang:  Die  kuuoueubuotc  „Ouvaschnij'',  und 
,^iwut8ch". 

5.  In  Tschemulpo:  Kanoueuboot  „Bojarin". 

6.  lü  Nagasaki:  Kanonenboot  „(Tiijäk*'. 

7.  In  Masampo:  1  Kanoueuboot;  im  Nimrodsuud;  Kanonen- 
boot „Dschigif. 

Auf  der  Fahrt  nach  dem  ieruen  Ostfo:  In  Biserta  der 
beschwader-l*anzer  ..nssijaba*',  die  grolneii  Kit- u/er  ,,Awrora'  und 
»Dmitrij  Douskoj"  sowie  2  groüse  Hocbseetorpedo boote,   in  Algier 


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248 


ümMhan. 


4  «rrofsc  iin({  1>  kleine  Hochseetojrpedoboote.   Ijq  Brest  2  kieioe 

Bochscf  'tnrpt  du  boote. 

Die  Starke  der  Heninnnnnfr  des  Geschwaders  hpträort  znr  Zeit 
750  Offiziere  uud  13  200  Mann  in  ÖRtnsicn  selbst  iiinl  KM  <  >iü/äere 
3284  MauD  anf  den  zur  Ver»tärkuug  deä  GeschwadtTg  uuterwegs 
befindliclien  KriegsschiÖeu. 

Aas  der  Mandschurei  werden  andanemd  Kämpfe  mit 
Chuuehusenhanden  gemeldet  und  zwar  sowohl  im  Norden  wie 
im  Süden  dieses  Lsindes. 

Sie  werden  si  ll).sivei\staiidlieh  jedes  Mal  von  den  russischen 
Truppen  zersprengt,  ihre  Beseititrung  erfordert  aber  doch  stets  das 
Aufgebot  militärischer  Streitkräfte. 

Die  Strapazen  der  Trupjj  sind  bei  diesen  Verfolgungen  aber 
meist  sehr  grofa.  Das  gilt  aucli  oft  für  die  Tätigkeit  der  Truppen 
auf  dem  Roden  Sibiriens.  Bezeichoeod  hierfür  ist  ein  Befehl,  dvn 
Ende  des  vorigen  Jahres  der  Oberkommaudierendc  des  Sibirischen 
Militärbezirks.  Generalleutnant  Suchotin,  erliefs,  in  welchem  er  den 
1  rujipen  desselben  luitteilte.  dafs  er  das  abgelöste  Echelon  der 
ht  urlaubten  Rasaken  des  2.  sibirischen  Kasaken-Regimeut»,  liais  aus 
Dscharkent  im  Ssemiretschensk  Uebiet  nach  Omsk  zurückgekehrt  sei, 
nach  seinem  Einlreflfen  besichtigt  habe  und  ihm  unter  Berücksichtigung 
der  sehr  grolseu  Strapazen,  welche  diese  Abteilung  Uberstanden 
hätte,  seine  volle  Anerkennung  fllr  den  trefilichen  Zustand  von 
Mann  umi  Pferden  ausgesprochen  hätte. 

..Das  Dctaehement*'  —  so  hviht  es  in  dem  Kriefrshofehl  — 
..ii'i:tr  auf  einem  Marsche  von  (JS  Tagen    1720  Werst   /unick  und 
erduldete   auf  diesem  langen   Marsche  die    nianni^laltigsten  Ent- 
behrungen in  Folge  der  Hitze  im   Ssemiretschensk-Oebiete.  durch 
den    Wassermaugel    in    der    menschenleereji    Kirgisensteppe,  den 
Mangel  an  Tiebensmitteln  und  Fourage   und   durch  die  bedeuteudeu 
Fröste  uud  Schneestürme  im  Gebiet  von  Akmolinsk.  Nur  der  grofsen 
Erfahrung  des  Kommandeurs,  der  Ausdauer  der  Mannsnhaften  und 
der  Gewöhnang  der  Pferde  an  die  Anstrengungen  des  Marsches  ist 
die  glückliche  Durobführang  der  dem  Echelon  gestellt  gewesenen 
Aufgabe  zu  verdanken  gewesen." 
Änderungen       Unter  den  Spitzen  der  russischen  Armee  sind  in  letzter 
Ko*mmando^^®^*  einige  Veränderungen  von    besonderer  Wichtigkeit 
stellen,  Bieh  gegangen. 

Der  in  den  verschiedensten  FeldzUgen  auf  dem  Boden  Asiens 
erprolvte  Generallenttiaot  Zerpitzkij,  der  einstige  KoroiDandeor 
des  WyborgsclieD  Regiments  unseres  Kaisers,  bisher  Koromatideiir 
der   13.  InfaDterie-DivisioD    wurde  zum  kommandierenden 


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Umsohau. 


249 


Gt'neral  des  1.  turk estanisehen  Ariotiekorps  fTaachkiut) 
troannt.  Der  bisherige  kornniandierende  General  dieses  Korps, 
Oenerallentnant  Topornin  erhielt  das  19.  Armeekorps  (Brest- Litewsk). 
Gcneralleutriaut  Sykow.  Kommandeur  der  1.  Garde-Ka\ alierie- 
DivisioD,  wurde  zam  kommandierenden  General  des  2.  Kavailerie- 
Korps;  Generalleutnant  Saeharow,  Kninmandeur  der  4.  Kavallerie- 
Division,  zum  komniandiereruleii  (tcih  ral  des  1.  sibirischen  Armee- 
korps ernannt.  Es  haben  somit  2  Koip»  im  rugsisehen  Asien  ihre  kom- 
mandierenden Generale  gewechselt.  Der  bisherige  kommandierende 
General  des  19.  Armeekorps.  Generalleutnant  Krjakow.  wurdi'  zum 
Mitgliede  des  Alexander-Komitees  fUr  die  Versorgung  Verwundeter 
ernannt.') 

Ferner  ist  ein  Korps  durch  den  kur/lich  erfolgten  Tod  seines 
kommandierenden  Generals  nt  u  zu  besetzen.  In  Tiflis  starb  am 
10.  Dezember  vergangenen  Jahres  der  kommaiulitn  i de  General  de« 
1.  kaukasisehen  Armeekorps.  Generalleutnant  Fürst  Admirad- 
shibow.  Sein  Tod  wird  allgemein  bedauert,  weil  der  verstorbene 
Fürst,  aus  dem  Grusinischeu  Adel  des  Gouvernements  Tiflis  hervor- 
gegangen und  als  Gemeiner  in  das  heutige  15.  Grenadierregiment 
Tiflis  des  Grofsfilrsten  Konstautiu  Koustautino witsch  eingetreten,  nu-ht 
weniger  als  52  Jahre  im  Kaukasus  gedient  und  an  allen  Kamplen 
der  letzten  ftini  Jahrzehnte  teil  genommen  hatte. 

Generalleutnant  P'Urst  Adiniradshibow  war  1S54,  nachdem  er 
sich  vor  dem  Feinde  in  hervorragendem  Grade  ausgezeichnet  hatte, 
zum  Offizier  bef<1rdert  worden.  Bei  jeder  Gelegenheit  tat  sich  der 
junge  Oflizier  hervor.  Nach  dem  Krimkriege  nahm  Fürst  A.  an  den 
blutigeu  Kämpfen  gegen  die  Bergvölker  teil,  so  dals  mau  auf  seine 
Leistungen  aufmerksam  und  er  im  Jahre  IHiu  vom  GrofsfUrsten- 
Statthalter  als  Offizier  zu  besoinierefi  Aufträgen  bei  seiner  i'erson 
gewählt  wurde.  Im  türkischen  Feldzuge  1877/78  befehligte  er  das 
156.  Jelirsawltpolsche  iufanterieregiment,  mit  dem  er  an  fast  allea 
bedeutenden  Ereignissen  teilnahm. 

Der  verstorbene  Fürst  war  so  vertraut  mit  den  \  erhältnissen 
des  Kaukasus,  dafs  man  von  ihm  behauptete,  er  hätte  während  der 
Manöver  ohne  Karte  seine  Dispositionen  erteilt,  weil  er  selbst  die 
Eiuzelbeiteu  deb  Geländes  genau  kannte. 


Während  dieser  Bericht  in  Draek  ging,  meldete  der  Telt^^raph  den 
Tod  des  Oberkommandiereadcn  der  Truppen  dus  Militärbezirks  Odessa,  Ge- 
neral der  Kavallerie  Graf  M u  ssi  u-Puschkiu.  Nach  Zeitun;j;siiachrichten 
soll  der  bisherige  Gehilfe  den  Oberkommandierenden  General  der  Kavallerie 
Bttpon  Kanlban  zn  seinem  Nicbf olgcr  ansetselieii  sein. 


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2Ö0 


UmBehaii. 


K>  t  t  entv.  Bei  Gelegenheit  des  diesjährigen  Oeorgsfestes  worden 
jubiiAen.  ^.^^^  Anzahl  von  Regimentern,  welehe  anf  ihr  200jäbrige6 
Bestehen  anrllekblicken  können,  neue  Fahnen  mit  Jabi- 
länmsbänderu  verliehen.  Ee  sind  dies:  das  3.  Narwasebe  lo« 
fanteheregimeut  des  General-Feldmarschalis  Fürsten  Michail  Golizyn, 
das  27.  Witebskische,  das  38.  Tobolskisohe  Infanterieregiment  des 
Grolsfttrsten  Sergins  Alexandrowitscfa,  das  69.  RJäBanecbe  Infanterie- 
regiment des  Generalfeldmarscballs  FUrst  Alexander  Golizya  and  das 
138.  Boiohowsehe  Infanterieregiment. 

Femer  wurde  fUr  „ausgezeichnet  eifrigen  dreihundertjährigen 
Dienst""  dem  Sibirischen  nnd  dem  Ssemiretschenskischen 
Kasakeiibeere  Ueeresi'ahuen  mit  den  Jahressahlen  1582 — 1903 
und  dem  Alexauder-Newski-Ordeusband  verliehen. 

Feldküchen.  Die  Feldküchen  nach  dem  System  Bruhn  wurden  endgültig" 
eiuL'-cfilhrt,  nachdem  jahrelange  Kommissionsberatungen  und  praktische 
Erprobungen,  auch  im  Vergleiche  mit  anderen  N'orschlägen.  wie  die 
des  Kapitäns  Suwnmowitsch  und  des  HiTrn  Kautz  vorang«.  .raii-eu 
waren.  Diese  Feldktichcn  waren  während  des  chinesischen  Krieges 
probeweise  dort  beteiligten  Truppen  überwiesen  worden  und  hatten 
Hich  liierbei  aufserordentlich  bewährt.  Ebenso  günstie:  lauteten  die 
Berichte  der  Stäbe  (h's  ,Militarlu'Zlrk^  Kiit/\v  und  M^'-;kau,  deren 
Truppen  sie  während  der  grolseu  Manöver  d(?s  Jahres  lt)()2  zugeteilt 
waren.  Uber  den  Nntzen  für  die  schnelle  Verpflegung,  auch  unter 
schwierigen  \'erliältnissen. 

Die  Bagage  jeder  Kompagnie,  Kskadron  und  ßatu-ne  erhält 
einen  solchen  Kttchenwagen.  Ihrem  Gewichte  nach  hat  man  zwei 
Arten  eingeführt,  einen  schweren  KUchenwiigen,  1120  kg  schwer,  lur 
Infanterie  und  Artillerie,  und  eineu  leichteren,  784  kg  «ehweren,  ftlr 
Kavallerie.  Die  Kosten  fllr  die  Ausrüstung  der  Armee  mit  dieser 
Einrichtung  werden  mehr  als  G  Millionen  Kübel  betrjigen. 

Die  niwiische       Die  schamlosen  Angriffe,  welche  die  Herren  Beyerlein, 

d^^n  "iffe^*^^^         Genossen  in  Koman,  Karrikatur  und  Drama,  und 
auf  £s    ihre  Bundesgenossen  im  Reichstage,  sowie  in  derTagespresse 
deutfiche  gegen  das  deutsche  Offizierkorps  richten,  w^erden  von  der 
russischen  Presse,  auch  von  der  militärischen^  so  s.  B.  Tom 
,3a8wjedtschik",  der  sogar  das  Bild  dessn  traoriger  Berühmtheit 
gekommenen  Bilse  bringt,  zuweilen  in  einer  fttr  das  deutsche  Oifizier- 
koips  abfälligen  Weise  besproehen.  Esmnhijedoeh  hervorgehoben 
*  werden»  da&  das  amtliehe  „Jonmal  de  St.  Petersburg*  im  Gegensats 

hierzn  darauf  hinwelBt,  m  wie  nnwttrdiger  Weise  von  den  deutschen 
sosialistiaehen  und  demokratisehen  Agitatoren  jeder  nationale 
Gesichtspunkt  anber  acht  gelassen  und  das  deutsche  Offisierkorps 


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Uttntiir, 


251 


als  Halt  der  Natioo  gegen  die  Umatimpaiteien  systematiBeh  heninteiv 
l^esetrt  friid. 

Die  BrinnerangflfeierD  an  die  fttnfxigjftbrige  Wieder-Erinnemiig«- 
kehr  der  Ereignisse  des  Kriukrieges  haben  mit  der  Pei^r^Kmi^rhe^ 
des  Tages  von  Ssewastoi^el  begonnen.  D«r  Kaiser  bat  an  dem  ^'^^"^ 
Tage  der  Seeseblaebt,  1.  Dezember,  den  SeUffen  dw  Sebwarzeu 
3leer-Flotte  Gteoigs-Admirakflaggen,  Breitwimpel  and  Wimpel  ver^ 
lieben.    Die  Flotten-Equipagen  ftlbrten  bereits  Geoigsflaggen  mit  der 
Inselirift:  „Für  die  Veiteidigong  Ssewastnpols  vom  18.  September  1854 
bis  nun  27.  Anglist  1856".  r.  Zepeün. 


Literatur. 


I.  Bücher. 

Der  Feidzug  in  der  Pfalz  und  in  Baden  im  Jahr  IHifi.   Von  Wilhelm 
V.  Vof«,  üeneraiinajor  z.  D.  Berlin  1903.  R.  Eisen  Schmidt.  M.  13  — 
Eine  auf  Out^l'onstudiiim  beruhende  abgeschlossene  und  leidlich 
objektive  DaräteUuiig    der  Kämpfe  in  Baden  und  in  der  Pfalz  im 
Sommer  1849  hat  bis  jetzt  gefehlt.    Das  sehr  fleifeig  und  zuverlissig 
gearbeitete  Werk  des  Generals      VoCb  hat  nach  dieser  Richtung 
wirklich  eine  kriegsgeschichtliche  Lficke  ausgefällt,  zumal  eine  FfiUe 
▼on  Skizzen  und  Pl&nen  auch  das  taktische  Studium  der  immerhin 
zahlreichen  Gefechte  bis  ins  einzelne  gestattet   Dieses  Studium  ist 
aber  in  mancher  Beziehung  recht  lehrreich,  so  z.  B.  was  das  Gefecht 
von  Grofssachsen  (16.  Juni)  betrifft,  in  welchem  es  den  Aufständisrhf^n 
unter  Mieroslawsky  wiederholt  gelang,  die  Hundestruppen  in  ungünsugu 
Gelechtsiagen  zu  bringen.   Warum  ;    Weil  im  groJi>en  und  ganzen  die 
Leitung  des  Gefechtes  auf  heiten  der  Aufständischen  eine  einheit- 
lichere, geschicktere  und  energischere  war,  irie  auf  selten  der  Bundes- 
truppen.  Gleiches  gilt  von  dem  Gange  eines  Teiles  der  Operationen 
bei  den  Bundestruppen.  Namentlich  beim  Neckarkorps  lag  die  oberste 
Pflhrung  bei  General  v.  Peuoker  in  keineswegs  festen  Hfinden.  Seiner 
Unentschlosaenheii  blieb  es  z.  B.  in  erster  Linie  zu  verdanken,  dafs  es 
llieroalaw.sk y  zweimal  gelang,  sich  der  sicheren  Vernichtung  zu  ent- 
ziehen. Ähnlich  lagen  die  Verhältnisse  beim  11.  Preufoischen  Armeekorps 


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252 


Literatar. 


(Graf  V.  (i.  Uroeben),  denn  am  21.  Juni  bietet  sich  hier  das  meik- 
wflrdige  Schauspiel  izweites  Gefecht  bei  Ladenburg)  daCs  vier  Kom- 
pagnien Aufständische  mit  4  Oeschütsen  .ein  ganzes 
Preufsisches  Armeekorps  zwei  tap^elang  aufhalten! 

Auch  die  zielbewufste  Oberleitung  der  Gesamt-Operationent  welche 
in  den  Händen  des  Prinzen  von  PreuTsen  lag,  war  nicht  immer  imstande, 
dit«s(»n  Mnn^eln  in  der  Lfistiingsnihigkolt  zweier  Korpsführcr  abzu- 
helfen. Der  Herr  Yerfns'sor  ist  über  diese  Punkte  schonend  hinwee- 
gegangen.  Nach  meiner  Ansicht  ist  es  Fflieht  der  Kriegsgeschicht- 
schreibung, nach  dieser  Richtung  die  Rücksichtnaiime  auf  Personen 
nicht  zu  weit  zu  treiben  und  immer  wieder  auf  die  geradezu  ausschlag- 
gebende Bedeutung  des  persönlichen  Elementes  im  Kriege  hinzu- 
weisen. In  dem  Sinne,  dafs  gerade  die  tflchtigsten  und  intelligentesten 
Generale  gut  genog  sind,  um  verantwortliche  Pfihrerposten  zu  bekleiden. 
In  langen  Friedenszeiten  wird  in  dieser  Beziehung  aber  erfahrungs- 
gemäfs  öfters  gesiindigt. 

Nicht  genügend  hervorgehoben  erscheinen  mir  ferner  die  grofsen 
Verdienste,  welche  sich  die  grolsherzoglich-hessisrhe  Division  unter 
Führung  des  Generals  v.  Schaeffer-Bernstein  erworben  hat  in  jener 
Zeit,  als  sie  wochenlang  nahezu  isoliert  an  der  Bergstrafse  Wacht 
hielt  gegenüber  einem  weitfiberiegenen  Gegner,  dem  in  dtm  nahezu 
vollzählig  abergegangenen  badischen  Armeekorps  doch  eine  groDse 
Anzahl  festgefttgter  Truppen  zur  Verfügung  stand.  Dieses  Verdienst 
Ist  übrigens  von  dem  damaligen  Prinzen  von  Preufsen  und  auch  noch 
später  von  ihm  wiederholt  anerkannt  worden.  Den  Schlufsbetracht- 
iin5r»'n  des  vcr-li-Mistvollen  Werkes,  in  denen  wiederum  dem  persönlichen 
Eingreifen  des  Prinzen  von  i'reufsen  als  Oberbefehlshaber  das  Haupt- 
verdienst beim  schliefslichen  Uelintren  der  etwas  verwirrten  operativen 
Verhäiiiiisse  zugesprochen  wird,  kann  nur  durchaus  zugestimmt  werden. 

Keim. 

KriegsgesehiehtUohe  Beigpiele  am  dem  dratseh-finmalifliseheii  Kriege 
von  1830/71*  Von  Kunz«  M^or  a.  D.  Sechzehntes  Heft  Berlin 
1908.   B.  S.  Mitüer  &  Sohn.  M. 

Welche  ungeheuere  Arbeit  und  unerreichte  Sachkenntnis  in  den 
sechzehn  bis  jetzt  erschienenen  Heften  mit  „kriegsgeschichtlichen 
Beispielen"  stecken,  kann  nur  derjenige  richtig  beurteilen,  der  sich  selbst 
mit  kriegsgeschichtlichen  Oiit  Uenstudien  beschäftigt  liat.  Aber  auch 
fi <  !  praktische  —  namentlich  für  die  jüngeren  Offiziere  —  Nutzen  dieser 
lehrhaft  so  fruchtbaioii  und  in  ihrer  Zuverlässigkeit  mustergültigen 
Darstellungen  des  Miyor  Kunz  dürfte  nicht  ausbleiben.  So  bietet  auch 
das  vorliegende  Heft^  welches  die  Kämpfe  bei  Blsalshausen  behandelt, 
eine  Fülle  klein-taktischer  Belehrungen.  Solohe  sind  aber  vom 
Standpunkte  kriegemäfsiger  Hantierung  seitens  der  Infanterie  um 
so  wertvoller,  weil  die  Zahl  der  Offiziere,  welche  den  Krieg  aus  eigener 
Anschauung  kennen,  innerhalb  der  Armee  nur  noch  eine  sehr  be* 
schränkte  ist. 


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25a 


Aber  auch  kritisch-kriegsgeschichtlich  ist  das  vorliegende  Heft 
von  Interesse,  weil  Mtyor  Kunz  u.  a.  den  besiimjutcii  iNachweis  erbringt, 
dafe  die  bekannte  Dantellung  des  Generals  Bon  nal,  nacb  welcher  der  be- 
rühmt gewordene  Angriff  des  1.  Tiirko-Regiments  10--1SOOO  Preufsen 
in  Verwirrung  gebracht  habe,  vör  emster  Kritik  nicht  standhilt.  Wenn 
jedoch  Major  Kunz  glaubt,  hierbei  ftir  den  kriegsgeschichtlichen  Wert 
des  preufsischen  Generalstabswerkes  über  1870/71  noch  eine  besondere 
Lanze  brechen  zu  sollen,  so  kann  ich  ihm  hierbei  nur  teilweise  bei- 
pflichten. Es  war  eben  unmöglich,  so  rasch  nach  dem  Kriege  ein 
zuverlässiges  Werk  zu  schreiben  und  dieser  Umstami  vermindert 
doch  den  lehrhaften  Wert  des  Ueneralstabswerkes  sehr  bedeutend, 
denn  nur  richtig  wiedergegebene  kriegsgeschichtUche  Vorgänge  können 
lehrreich  wirken,  was  flbrigens  Major  Kunz  selbst  wiederholt  betont 
Eine  besonders  eingehende  Schilderung  haben  die  Kttmpfe  um  den 
Besitz  des  Wäldchens  NeugeiswoUer  gefunden  —  in  nachträglicher 
Ergfinznng  des  hierüber  in  Heft  13  Gesagtem.  Attchhier  haben  «Urquellen*^ 
in  Form  von  Oefechtsberichten.  Tagebüchern  usw.  seitens  Beteiligter 
l-ienutzung  finden  können.  Dasselbe  gilt  in  noch  höherem  Mafsp  von 
den  Ereignissen  bei  Elsafshfiusen,  welches  Dörfchen  schliefslich  zum 
Brennpunkt  der  Schlacht  wurde  —  allerdings  nachdem  in  der  Haupt- 
sache die  Entscheidung  schon  )B:etallen  wai-. 

Wer  aber  einmal  ohne  Öcliniinke  und  iietouche  die  laküschen  Vor- 
gänge in  einer  Sohlaoht  kennen  lernen  will,  dem  kann  nur  dringend 
die  „Schilderung  der  Ereignisse,  die  sich  von  37«  bis  4V4  Uhr  bei 
Bisafshausen  abgespielt  haben*  angeraten  werden.  Darnach  sieht  e» 
allerdings  in  einer  Schlacht  anders  aus,  als  die  um  jeden  Preis  „lorbeer- 
kranzflechtende"  Geschichtschreibung  es  darzustellen  beliebt  oder 
wie  die  Mechaniker  unseres  Berufes  es  leider  auch  bei  der  Friedens- 
Ausbildung  der  Truppen  /u  tun  pflepron.  I)iifs  Majoi-  Kunz  auch 
hier  der  mannhallen  Tapferkeit  der  Franzosen  —  besonders  was  das 
1.  Turko-Ftegiment  angeht  —  Gerechtigkeit  widerfahren  läfst.  macht  ihm 
als  vornehm  denkenden  Geschichtschreiber  alle  Ehre.  Aber  auch  als 
nutzbringenden  Geschichtschreiber,  denn  nichts  ist  verkehrter  —  vor 
allem  auch  verkehrt  im  Interesse  der  eigenen  Armee  —  als  wenn  man 
die  kriegerische  Leistungsfähigkeit  eines  Feindes  nicht  richtig  einsch&tzt» 
dem  nach  menschlichem  Ermessen  wir  Deutsche  wohl  nicht  zum 
letztenmale  auf  dem  Schlachtfelde  entgegen  getreten  sind.  L^ifs  die 
Deutschen  —  Preufsen  wie  Bayern  aber  auch  bei  WiMth  ihren 
Mann  gestanden  und  mindestens  t'f)ensü  tapfer  wie  die  Franzosen 
gefochten  haben,  dafür  erbringt  Heft  lö  genügende  sozusagen  akten- 
mäfsige  Beweise. 

Die  vortreflTlichen  „Betrachtungen'*  lese  man  selbst.  Die  viel- 
gerühmte  Selbsttätigkeit  im  Rahmen  des  Auflragverfahrens  hat  ala 
taktisches  Schlagwort  jedenfalls  bei  Wörth  mehr  geschadet  als  genützt! 

Keim. 


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264 


literttur. 


ffistoire  de  la  gutirre  de  l'^iü/il.  Tomo  III.  W'issembourg,  Fro^Kch- 
willer,  Spicheren.  Par  P.  Lehauteourt.  Paris,  Nancy  1^3. 
Berger-LeYrault.    M.  6. — . 

P.  Lehauteourt»  der  in  Wirklichkeit  ein  höherer  OfBsier  des 
IhuizÖBiflohen  Generalstabes  ist  und  nur  obiges  Pseudonym  gewihlt 
hat»  gehört  zu  den  fleifsigsten  Offizieren  in  ganz  Europa  und  besitzt 
©ine  geradezu  staunenswerte  Kenntnis  der  Literatur  über  den  Krieg 
von  1870/71.  Wenn  es  Tür  einen  krieß:sgeschichtlichen  Schriftsteller 
genügte,  die  einschlägige  Literatur  auf  das  Allergründlichste  zu  kennen 
und  nun  unter  Benutzung  der  besten  Quellen  ein  Buch  zusammen  zu 
Htellen,  dann  würde  man  Herrn  Lehauteourt  mindestens  unter  den 
ftansSsisehen  Schriftst^em  wohl  die  Palme  zuerkennen  mHasen.  In 
Wirklichkeit  bedarf  aber  der  kriegsgeschichtliche  Schriftsteller  in  erster 
Linie  ein  unbedingt  sicheres,  eigenes  Urteil,  völlige  Unparteilichkeit 
und  ein  aufsergewöhnliches  Geschick  in  der  klaren»  Übersichtlichen 
Anordnung  seines  Stofles. 

Bisher  durfte  man  an  Herrn  Lehauteourt  die  Unparteilichkeit 
rühmen,  er  liefs  den  (chauvinistischen  Zug.  der  seuien  Landsleuten  nun 
einmal  anhaftet,  in  erlieulicher  Weise  vermissen,  er  schrieb  gerecht 
und  vornehm. 

Leider  scheint  Herr  Lehauteourt  jetzt  unter  dem  Banne  des 
Generals  Bonnal  zu  stehen»  den  man  in  Frankreich  hie  und  da  für  den 
«kommenden  Mann**  hält.  So  ist  denn  das  neueste  Werk  Lehaut- 
oourts  zwar  ein  französisches  Oescbicbbswerk,  aber  gerade  deshalb 
kein  Qeschichtswerk,  weil  es  den  Schilderungen  Bonnais.  allzu  sehr,  den 
neuesten  deutschen  Forschungen  aber  gar  nicht  folgt. 

So  entspricht  denn  die  ijarstellung  der  Schlacht  von  Wörth  zwar 
den  Ansuiukuungen  der  Franzosen,  aber  keineswegs  überall  der 
Wahrheit,  nur  zu  olt  ist  die  Darstellung  geradezu  lalsch.  wie  aus 
meinen  Arheitea  ühei-  diese  bchlacht  lür  jeden  deutschen  Soldaten 
klar  hervorgeht.  Einen  wirklichen  Wert  vermag  ich  daher  dem  Buche 
Lehauteourts  für  Wörth  nicht  beizumessen;  für  uns  Deutsche  besteht 
der  Hauptwert  in  der  Erkenntnis,  dafs  selbst  ein  früher  so  unpartei- 
ischer Schriftsteller,  wie  Lehauteourt  es  war,  sich  der  chauvinistischen 
Stimmung  in  der  tVanzösischen  Armee  auf  die  l>auer  nicht  zu  ent- 
ziehen vermag  und  dafs  aus  dem  Saulus  ein  Paulus  geworden  ist. 

Der  Inhalt  des  ersten  Buches  besteht  im  Folgendem: 

1.  Der  3.  August. 

2.  Die  Division  Douay  bei  Weifsenburg. 
8.  Die  Deutschen  am  3.  August. 

4.  Erste  Anordnungen  Mac  Mähens. 

ö.  Das  Schlachtfeld. 

d.  Der  Beginn  des  Kampfes. 

7.  Eingreifen  des  V.  und  XI.  Armeekorps. 

8.  Rückzug  der  Turkos. 

9.  Rückzug  der  Brigade  Monimarie. 


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LttMitar. 


255 


10.  Einnahme  von  Weifsenburg.  ^ 

11.  Einnahme  von  Schlofs  Goisberg. 

12.  Mac  Mahon  und  Ducrot. 

13.  Betrachtungen. 

14.  Das  7.  französische  Ivürps  und  die  iJeulsrhen. 

Da  über  das  Gpfocht  von  Weifsc nburjar  iinsrleich  weniger  Meinungs- 
veröchiedeaheiL  in  Ueutöchland  und  Fiankreich  herrscht,  als  über  die 
Schlacht  von  Wdrth,  so  beaitzt  dieses  erste  Buch  einen  bedeutend 
höheron  Wert  als  das  dritte  Buch,  das  sich  mit  der  Schlacht  von 
Wörth  beschftaigt. 

Das  aweite  Buch  ist  Jß  contreooup  de  Wisaembours^  betitelt 
und  zerfölit  wiederum  in  16  verschiedene  Kapitel,  deren  Aufaählung 
überflüssig  erscheint.  Es  behandelt  die  Bewegungen  der  1.  und  2. 
deutschen  Armee  am  4.  und  5.  August,  eben.sü  die  Bewegungen  der 
diesen  Armeen  gegenüberstehenden  tranzösischen  Korps,  endlich  die 
Armee  Mac  Mahons  und  die  3.  deutsche  Armee  am  5.  August. 

Das  dritte  Buch  behandelt  in  :}()  Kapitehi  die  Schlacht  von  Wörth; 
für  (iie.ses  Buch  gilt  ganz  besonders  das  vorher  Gesagte. 

Das  vierte  Buch  beachiftigt  sich  in  25  Kapiteln  mit  der  Schiacht 
von  Spichem.  Über  diese  Schlacht  wichen  die  Anschaunngen  der 
Deutschen  und  Franzosen  gleichiUls  nicht  annähernd  schroff  von- 
einander ab,  wie  üt>er  die  Schlacht  von  Wörth,  es  ist  daher  durchaus 
lesenswert. 

Den  SchluTs  bilden  Ordres  de  Bataiiie,  ätärke-  und  Verlustnach- 
weisungen. 

Wenn  ich  mein  Urteil  zu saninu'n fassen  soll,  so  kann  dies  nur  in 
folgender  Weise  geschehen.  F^ie  Biicher  No.  1,  2  und  4  sind  von 
wirklichem  Werte,  wenn  auch  keineswegs  einwandfrei  oder  gar  den 
Stoff  erschöpfend,  das  3.  Buch  entbehrt  für  den  ernsten  Forscher  so 
Ziemlich  jeden  Wertes.  Die  beigegebenen  Karten  genügen  durchaus 
nicht  Wegen  der  erstaunlich  üeilsigen  Kompilation  aus  der  gesamten 
einschiigigett  Literatur  ist  jedoch  das  Werk  für  Jeden  ernsten  Pomoher 
geradezu  unentbehrlich.  Hermann  Kunz. 

iiBOOre  la  retraite  ä  Sedan.  RepUque  ä  la  „retraite  sur  Mezieres" 
par  uü  otticier  supt^rieur.  Par  Alfred  Duquet  Paris«  Nancy 
1903.    Berger-Levrault.    .VI.  2.—. 

Zu  den  Franzosen,  die  mit  vollem  Mannesniute  rücksichtslos  die 
Wahrheit  über  den  Krieg  von  1870/71  7ai  ergründen  suchen,  gehört 
in  allererster  Reihe  Alfred  Duquet.  Seine  neue  Scluift  ist  aufser- 
ordentllch  interessant,  sie  behandelt  nochmals  die  Frage,  ob  gröfsere 
Teile  der  französischen  Armee  sich  ins  Innere  Frankreichs  bitten 
retten  können  oder  nicht. 

Es  handelt  sich  besonders  darum,  ob  im  Wildchen  von  Falizette 
brauchbare,  von  Osten  nach  Westen  führende  Wege  vorhanden  waren. 
Duquet  hat  in  BojL^hntunjr  namhafter  Männer  der  Feder  und  des  Degens 

iahrbQebtr  f&r  di«  dautscht  Ama«  aad  Marin*.   No.  389.  17 


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^56 


Ltttratnr. 


nochmals  das  Schlachtfeld  besucht.  Solche  Wege  sind  vorhanden, 
aber  es  sind  gewöhnliche  chemins  vicinaux.  und  von  so  schlechter 
Besehaffenhdit,  dafa  es  Duquet  nicht  einmal  gelang,  sie  mit  seinem 
Wagen  zu  beDatzen,  weil  der  Kutscher  fOr  seinen  Wagen,  seine  Pferde 
und  den  Insassen  des  Wagens  fürchtete. 

Das  Ergebnis  dar  Untersuchungen  Duquets  besteht  darin.  d:ife 
statt  der  10000  Mann,  die  sich  wirklich  über  Belgien  nach  M^zieres 
retteten,  vit»11«Mrht  30  000  bis  40  000  Mann  auf  denselben  Wagen  hätten 
retten  könai n.  aber  nur  über  beigisches  Gebiet  und  durch  Verletzung 
der  Neutraluäl  Ht  Igiens.  dafs  aber  an  ein  Entkommen  der  Armee  mit 
ihrer  Artillerie  und  ihren  Trains  gar  nicht  zu  denken  war.  Leider 
hat  Duquet  seiner  Schrift  keinen  Plan  beigegeben,  das  ist  sehr  zu 
beklagen. 

Duquet  stellt  nochmals  fest,  was  uns  schon  l&ngst  bekannt  ist, 
dafs  die  nach  dem  Inneren  Frankreichs  entkommenen  Trappen,  Teile 

des  8.  Zuavenregiments,  des  3.  Turkoregiments,  des  56.  Linienregiments, 
13  Eskadrons  des  1.  Armeekorps,  9.  Hskadrons  des  5.  Armeekorps, 
5  Eskadrons  des  12.  Armeekorps  die  Artillerie  der  Division  rHeriller 
des  1.  Korps,  der  Artilleriepark  des  5.  Korps  etc.  nicht  etwa  den 
eisernen  Ring  der  deutschen  Heere  durchbrochen  haben,  sondern  daXs 
sie  beizeiten  das  Schlachtfeld  verliefsen. 

Wenn  aber  Duquet  glaubt,  dafe  es  den  Pnunosen  möglich  gewesen 
wSre,  die  Bayern  in  Baaeilles  zu  sennalmen  oder  in  die  Maas  zu  werfen, 
gleichseitig  das  sächsische  Korps  auf  der  Hochfläche  des  bois  Chevalier 
über  den  Haufen  zu  werfen  und  sich  die  Einwirkung  des  Gardekorps 
und  des  lY.  Armeekorps  zu  entziehen,  auf  diese  Weise  also  die  Armee 
vielleicht  zu  retten,  so  wird  er  bei  uns  Deutschen  schwerlich  Glauben 
finden.  Weder  die  Bayern  noch  die  Öach.sen  liaben  den  Franzo.sen 
Grund  zu  der  .\nnahme  gegeben,  dafs  sie  binnen  3  Stunden  völlig 
halten  ^ermainit  werden  können.  Allerdings  sagt  Duquet,  um  9  oder 
ID  Uhr  fHlh  sei  ein  Durehbruch  auf  Carignan  schon  unmöglich  ge- 
wesen, wohl  aber  zwischen  6  und  8  Uhr  frfih.  Er  rechnet  dabei  nicht 
mit  der  Widerstandsffthigkeit  unserer  bayerischen  und  sächsischen 
Divisionen,  noch  viel  weniger  aber  mit  den  Marschtiefen  einer  grofsen 
Armee  und  mit  der  Manövrierfähigkeit  der  zunächst  nicht  beteiligten 
preufsischen  K^rp-s. 

Die  Schrift  von  Üuquel  kann  ich  trotzdem  nur  auf  das  wärmste 
empfehlen.  Hermann  Kunz. 

„Stillgestanden!"  Gin  Wort  an  das  deutsche  Offizierkorps.  E,  Clausen, 
Hauptmann  a.  D.  Thüring.  Verlags-Anstalt  Eisenach  u.  Leipzig, 
1.— 8.  Tausend.   1903.  M.  1.—. 
Dieses  „Wort  an  das  deutsche  Offlziericorps"  soll  auch  ein  Beitrag 
zu  dieser  Bntwickelung  während  der  letzten  30  Jahre  sdn. 

Wir  wollen,  soweit  wir  es  von  unserem  im  wesentlichen  ab- 
weichenden Standpunkte  aus  vermögen,  uns  in  den  Gedankengang 


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Ltterfttur. 


257 


des  Verfassers  hinein  versetzen  und  dabei  davon  ausgehen,  dafs  wir 
annehmen,  er  habe  mit  seinen  AuseinanderaeUungen  wirklich  das 
Beste  der  Armee  im  Auge. 

Es  wfirde  den  Rahmen  einer  kuraen  Besprechung  überschreiten, 
wollten  wir  ihm  zu  erweisen  Tersuchen,  weshalb  wir  seine  Ansicht 
nicht  teilen,  dab  der  Offiziersersatz  ein  wesentlich  anderer  geworden  Ist 
Wir  müssen  es  aber  zurückweisen,  dafs  sich  die  Annahme  der  Offiziers- 
aspiranten auf  anderen  als  auf  den  bisherigen  Grundlagen  aufbaue, 
dafs  in  cewis.sem  Sinne  eine  Demokrulisierung  des  Oflizierkorps  statt- 
finde. Wir  stehen  vielmehr  auf  dem  Standpunkte,  dals  nach  wie  vor 
der  Offizierersatz  aus  den  Kreisen  erfolgt,  welche  der  Tradition  gemäfs 
dasn  in  etster  Linie  berufen  sind.  Wir  sind  auch  der  Meinung,  dafs 
in  einem  richtig  geleiteten  Offlzierkorps  alle  die  Mannes-  und  Soldaten- 
Tugenden  weiterhin  ihre  vornehmste  Pflan2st&tte  finden,  die  unser 
Heer  grofs  gemacht  haben.  Wo  dies  anders  sein  sollte,  tragen  die 
verantwortlichen  Leiter  die  Schuld  daran.  Wenn  es  heutzutage  vielen 
Familien  schwer  wird,  ihre  Söhne  standesgomäfs  zu  erziehen,  so  dürlte 
doch  immerhin  der  soldatische  Beruf  noch  am  schnellsit^n  zu  einer 
auskömmlichen  Existenz  führen.  Dafs  in  die  Armee  auch  Kiemente 
eintreten,  welche  früher  dorselben  ieni  blieben,  ist  noch  kein  Beweis 
dafOr,  dsfs  dieselben  einen  nachteiligen  Einflufs  auf  diejenigen  Offlsiere 
ausQben,  welche  der  Oberlieferung  gemftfs  ihr  zugehören.  Dor  Halt 
eines  Offlaierkorps  beruht  nicht  in  der  pekunittron  Oleichmärsigkeit,  auch 
nicht  darin,  dafs  ein  jeder  traditionell  diesen  Beruf  ergreift.  Er  liegt 
vielmehr  darin,  dafs  ein  jeder  sein  ganzes  Selbst  willenlos  dem 
grofsen  Ganzen,  dem  er  als  Teil  zugehört,  beugt.  Xoch  immer  bleibt 
dieses  Einsetzen  der  Persönlichkeit  die  Hauptsache.  l£s  würde  keiner, 
auch  der  reich  Begüterte,  diesi^n  Beruf,  der  heutzutage  ein  recht 
schwerer  ist.  ergreifen,  sich  allen  Enttäuschungen,  den  auireibendon 
Anstrengungen  einer  langen  Friedensdienstzeit  so  freudig  unterziehen, 
waltete  nicht  in  der  Gesamtheit  jetzt  wie  vordem  der  Geist  der  un- 
bedingten Pflichttreue,  würde  nicht  ein  jeder  gleicbm&fsig  darnach 
bemessen,  was  er  leistet,  nicht  wer  er  ist  oder  was  er  besitzt.  Zum 
Glück  stehen  wir  in  dieser  flinsicht  im  grofsen  und  ganzen  nicht  auf  einer 
anderen  Stufe  wie  die  Offiziere  von  ehedem  und  wenn  der  Einzelne 
aus  diesem  Rehmen  heraustritt,  dann  wird  dii'  Krziehung  innerhalb 
des  utlizierkorps  einzusetzen  haben  und  bald  Abhülfe  schaüen, 
wenn  ein  Offlzierkorps  richtig  geleitet  winl.  Wir  müssen 
auf  diese  Erziehung  innerhalb  des  Ot'özierkorps  das  Haupt- 
gewicht legen  und  glauben,  dafs  fiberall  dort,  wo  sie  geh^t 
und  gepflegt  wird,  es  ganz  unmöglich  ist,  dafs  ein  anderer, 
fremder,  ein  zersetzender  Geist  Raum  gewinnt  Wir  finden,  dafs  die 
Betrachtungen  darüber,  der  Offizier  stehe  heutzutage  dem  Manne  des 
Volkes  ferner  wie  früher,  einwandfreier  Grundlage  entbehren. 
Im  Gegenteil  wird  jetzt  weit  mehr  wie  früher  Wert  darauf  jjelegt. 
dafs  der  Offizier  der  Erzieher  seiner  Soldaten  ist.  Wenn  die  Üede  iRt 

17* 


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258 


Utentor. 


▼on  geisttötendem  Frage-  und  Antwortspiel  Im  Dienstunterricht,  so 
möchten  wir  dies  in  seiner  Allgemeinheit  bestreiten.  Was  soll  es 
endlich  hoifaen,  „der  H<»gts.-Konimdr.  reit«'  willkürlich  seine  Lieblings- 
?'t<'ckonpferde.  er  gewinne  in  der  kurzen  Zeil  seiner  Kommandoführung 
keinen  Einflufs  auf  das  ihm  unterstellte  Offizierkorps"  ?  Überall  dort, 
wo  Mifsstände  bestehen,  wie  sie  Verfasser  schildert,  mufs  jedenfalls 
Abhilfe  geschaffen  werden;  sie  bilden  aber  doch  die  Ausnahme  von  der 
Regel  und  gerade  heutzutage  findet  eine  aufserordentUch  wohlwollende 
Bewertung  des  Einzelnen  statt. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  den  ^VorschUgen**,  so  müssen  wir  un- 
bedingt daran  festhalten,  dafs  eine  Verminderung  der  Offlztersstellen 
zu  gnnsten  der  sogen.  „Offlzierfeldweber  schon  aus  dem  Grunde  ganz 
unausführbar  ist,  weil  der  letztere  „drillen'*,  niemals  aber  in  dem 
Sinne  „erziehen**  kann,  wie  der  Offizier.  Wohl  wird  ein  altgedientei 
Unlerüffizier  dem  Jungen  Offizier  in  manchen  Stücken  di-s  praktischen 
Dienstes  übeilegen  sein.  Aber  auch  der  jüngste  ullizier  bringt  von 
seinem  höheren  geistigen  Standpiinke  aus  ein  Moment  mit«  das 
auch  dem  besten  Unteroffizier  fehlt.  Bs  ist  dies  der  ideale  Standpunkt, 
von  dem  ans  jeder,  auch  der  jüngste  Offizier,  seinen  herrlichen  Beruf 
erfkfBt  und  der  ihm  allein  die  hohe  SteUung  im  Staat  und  in  der 
Gesellschaft  schafit. 

Wir  lehnen  es  ab,  die  ersten  3—5  hienstjahre  des  jungen  Offiziers 
als  Probedionstjahie  zu  betrachten:  wir  wählen  unsere  Offiziere  selbst, 
wenn  wir  sie  dazu  für  w  ürdig  erachten  und  sind  dafür  unserem  obersten 
Kriegsherrn  voran iwortUch. 

Wu-  wissen  gar  wohl,  wie  gern  einzelne  Parteien  es  sehen  wfirden, 
wenn  die  Armee  ein  Offizierkorps  von  zweierlei  Güte  hätte;  wir  fühlen 
in  uns  selbst  noch  Kraft  genug,  Elemente,  welche  unseren  Über< 
liefeningen  nicht  entsprechen,  rechtzeitig  abzulehnen  oder  später  ab- 
zustofsen. 

Wir  werden  allen  Bemühungen,  anderen  Gesinnungen  in  dem 
Offizierkorps  Eingang  zu  verschaflen.  selbst  die  Türe  weisen:  wir  sind 
der  .Meinung,  dals  selbst  wohlgemeinte  Versuche,  an  der  bisherigen 
Überlieferung  zu  rütteln,  der  .\rmee  bewufst  oder  unbewuisi  jschaden 
müssen  und  wir  hoffen  sicher,  daXs  das  Offlzierkorps  von  heute  in 
derselben  Weise  auch  im  Ernstfälle  seine  Pflicht  tun  werde,  wie  das^ 
jenige  vor  30  Jahren.  63. 

Weltgeschiehto  seit  der  Tölkerwandening.  In  neun  Bänden.  Von 
Theodor  Lindner.  Professor  an  der  Universität  Halle,  hritter 
Band    Stuttgart  und  Berlin  1903.  J.  0.  Cottascbe  Buchhandlung» 

M  0  50. 

Ijer  vorliegende  dritte  Band  des  ausgezeichneten  Werkes  umfafst 
die  Zeit  vom  dreizehnten  Jahrhundert  bis  zum  Ende  der  Konzile.  Also 
eine  Epoche  nicht  besonders  reich  an  grofsen  politischen  oder  kultur- 
rellen  Taten;  aber  doch  ungemein  wichtig,  weil  sie  auf  kirchlichem 


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1 


Ul6Mtiur. 


259 


Gebiet  den  Anfang  einer  Strömung  bedeutet,  welche  bis  auf  den 
heutigen  Tag  noch  nirh^  abgeschlossen  erscheint,  die  Befreiung  des 
geistigen  wie  ethischen  Slrebens  von  den  Fesseln  einer  alles  umfassen, 
allen  regeln  wollenden  kirchlichen  Vorherrschaft.  Allurdings  fSllt  in 
jene  Zeit  auch  der  höchste  Triumph  religiöser  Kinfliif««-  auf  die  Baukunst 
in  der  üotik.  I  'anoben  aber  auch  die  Veiknöcherung  der  christlichen 
Lehre  in  dem  Fonnelkram  und  den  öden  Spitzfindigkeiten  der  Scho- 
lastik. Politisch  ragen  noch  die  letzten  Kfimpfe  der  Hohenstaufen 
und  der  Ausgang  dieses  edlen  Geschlechtes  In  den  dritten  Band 
hinein,  dessen  ..zweites  Buch"  ich  als  eine  Perle  moderner  Geschicht- 
schreibung in  Sachen  geistiger,  wie  sozialer  Strömungen  und  deren 
historischer  Bewertung:  nennen  möchte.  Es  führt  die  Überschrift  „Die 
abendländische  Kultur  im  dreizehnten  Jahihundert"  und  behandelt 
u.  a.  ,,Wis;seiist  haft  und  Kunst**,  „Rittertum  und  I)ichtung'*.  «Die  Städte 
und  das  Bürgertum'*  in  ebenso  eigenartiger  wie  fesselnder  Weise. 

Das  dritte  Buch  beschäftigt  sich  mit  dem  Niedergang  der  poli- 
tischen Macht  der  Pftpste,  dann  folgt  eine  knapp,  aber  meisterhaft 
geschriebene  pragmatische  Geschichte  der  europ&ischen  Staaten.  Unter 
diesen  nahm  damals  Deutschland  —  abgesehen  von  dem  machtvollen 
Aufstreben  des  Bürgertums  —  keine  glänzende  Stellung  ein.  Seine 
Vorherrschaft  in  Europa  war  schon  zu  Ende.  Rs  erhielt  zwar  eine 
„teste"  Rciehsverfasöung  durch  Karl  iV  .  w«'lrhon  übrigens  Lindner 
günstiger  beurteilt  wie  dies  EfewöhnÜrh  Fall  ist,  aber  der  grofse 
nationale  Zug,  wok-lier  noch  die  ftiauier  auszeichnet,  ist  der  deutschen 
Politik  abhanden  gekommen.  Karl  IV.  ist  nicht  ohne  Unrecht  von 
Maximilian  I.  «Böhmens  Erzvater»  des  heiligen  rtfmischen  Reiches 
Erzstiefvater*  genannt  worden.  Unter  ihm  und  von  ihm  ist  der 
Grund  gelegt  worden  zu  dem  Tschesclientum,  das  heute  die  Deutschen 
in  Österreich  schwer  bedrängt,  und  so  war  dieser  Kaiser  ein 
sclüechtcr  Hüter  des  Deutschtums  in  der  Ostmark. 

Im  übrigen  hat  Deutschland  noch  ni*'mals  einen  Kaiser  od^r- 
auch  nur  ein^  n  Staatsmann  besessen,  welcher  rücksichtslos  lediglich 
deutsche  Politik  unter  grofsen  Gesichtspunkten  ffetrioben  hfttte. 
Selbst  Bismarck  Aaren  nach  dieser  Richtung  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  die  HSndt  gebunden.  Keim. 

HudlNiGfc  der  OeBetEgebnng  in  Prealhen  umä  den  Deatsohen  Beiehe. 

Von  Graf  Hue  de  Grais,  Berlin.  1904.  Julius  Springer,  m.  Teil: 

Heer  und  Kriegsflotte.  M.  14. 
Dieses  Handbuch  ist  wohl  das  grorsarti/rst  angelegte  sowie  zu- 
verlässigste Saminol-  und  Orientieninp'swerk  auf  dem  Gebiete  der 
Gesetzgebung  und  deren  Ausführungsbestimmungen.  Es  liegen  jetzt 
3  Teile  vor  Der  III.  Teil  beschäftigt  sich  mit  der  V\  ehrkraft  zu  Lande 
und  zur  äee.  Er  beliandelt  Wehrpflicht,  Heereseinrichtung  und  Rechts» 
verbtttiiisse  der  MiUtürpersonea,  Heereslasten,  Versorgung  der  MilitSr^ 
Personen,  endUeh  die  Kri^flotte.  Auf  785  Seiten  wird  dieser  un- 


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260 


Utantar. 


geheuere  Stoff  sehr  übersichtlich  und  doch  eingehend  dargestellt,  so 
dafs  zahüreiche  Beteiligte  alle  Vorschriften  vereinigt  finden,  deren  sie 

für  das  jewpilig  in  Frage  kommende  Gebiet  bedürfen.  Der  III.  Teil 
zerfällt  wiederum  in  2  Bände,  dessen  1  Band  vorliegi.  während  der 
2.  Band  sich  mit  dem  Militärstrafrecht  beschäftigen  wird.  Jeder  Band 
ist  einzeln  käuflich.  K. 

Haadbuch  für  die  Vorbereitung  zur  Kriegsakademie.   Zugleich  ein 

Ratgeber  für  die  wissenschaftliche  Beschäftigung  jüngerer  Offi- 
ziere von  Krafft.  Hauptmann  und  Lehrer  an  der  Kriegsschule 
Metz.  Berlin  1903.  Verlag  von  E.  MitUer  ii  Sohn.  314  S. 
Preis  6  Mk. 

In  Wettbewerb  mit  dem  bereits  in  8.  Auflage  vorliegenden  vor- 
treflUehen  Wedellschen  Handbuch  für  die  Vorbereitong  zur  Kriegs- 
Akademie  tritt  hier  ein  neues  Buch,  welches  natürlich  alle  mit  dem 
Wedellschen  Buche  gesammelten  Brlahrungen  verwerten  konnte.  Wir 

wollen  hier  nicht  die  Präge  aufWerfen,  ob  die  Herausgabe  eines  solchen 
Buches  ein  Bedürfnis  war,  sondern  uns  nur  mit  dem  Buche  als  solches 
beschäftigen.  Wir  finden  in  den  ersten  Abschnitten  tretlliche  und 
recht  beherzigenswerte  Winke  für  die  ersten  militärischen  Studien  und 
fi'ir  den  Betrieb  der  Krenidsprachen.  Gerade  für  letztere  h.ätten  wir 
eingehendere  Angaben  gewünscht;  empfehlenswert  .^lud  die  in  Münciien 
erscheinenden  f^mdsprachlichen  Unterrichtszeitungen  (s.  z.  B.  für 
Pransfisiach  llnterpr^te,  fOr  Italienisch  ,,la  Settimana",  auch  durften 
In  dieser  Sprache  die  Schriften  von  de  Amicis  nicht  fehlen).  Sehr 
gut  sind  die  Winke  für  Lösung  taktischer  Aufgaben.  Wenn  auf  S.  122 
auf  die  Wittesche  Waffeniehre  verwiesen  wird,  so  kdnnen  wir  dem 
nicht  beistimmen,  die  bietet,  abgesehen  davon,  dafs  sie  völlig  veraltet 
ist,  doch  nur  recht  wonig.  Einzig  und  allein  scheint  uns  hier  die 
Willesche  Waffenlehre  in  betracht  zu  kommen,  die  wohl  infolge  eines 
Vcrsühoiib  hier  aufzuführen  vergossen  ist,  auf  die  aber  bei  Losung 
der  Aufgaben  auf  S.  132  u.  f.  naturgemäfs  bezug  genommen  werden 
mulste,  und  welche  auf  S.  802  fdr  die  Vorbereitung  mit  Recht  als 
^unentbehrlich*  bezeichnet  wird.  Infolgedessen  können  wir  dem  Sats 
nicht  beistimmen:  «Ein  allen  Anforderungen  ffir  die  Vorbereitung  zur 
Kriegs- Akademie  entsprechendes  Lehrbuch  ist  bisher  nicht  vorhanden.* 
Dieses  trifft  eher  für  Befestigungslehre  zu.  Hier  hätte  auf  die  letzten 
Jahrgänge  der  von  Löbellschpn  Jahresberichte  verwiesen  werden 
müssen.  Sehr  zweekmäfsig  ist  ein  Besuch  von  Festungswerken  in 
kundiger  Begleitung,  leicht  wird  man  dann  das  Veraltete  erkennen 
und  die  Forderungen  der  Neuzeit  begründen  lernen.  Gut  und  wohl- 
durchdacht sind  die  Winke  f&r  die  Vorbereitaug  in  der  Oeschichte 
und  Geographie.  So  können  wir  das  Handbuch  als  ein  brauchbares  Hilfs- 
mittel fQr  die  Vorbereitung  zur  Kriegs-Akademie  bezeichnen.  B. 

Praktische  ^  inke  für  die  Aufhahmeprüfung  zur  Kriegs- Akademie 
und  für  das  Verhalten  während  des  Besuches  derselben.  Von 


Dlgltizeo  Ly  vjüogle 


Lilentur. 


261 


C.  BleyhueffHi.  Oberleutnant  im  Garde-Pufsartülerieregiment. 

Berlin  W.  Veilag  von  C.  Duncker.  123  S.  Preis  2.—  Mk. 
Ein  anspruchloses,  aber  sehr  zweckmAfoiges  kleioes  Buch*  welches 
in  ganz  voiirofllioher  Weise  von  der  eigenen  Vorbereitung  sur  PrOlung 
berichtet«  dann  die  Erfahrungen  des  Verfuaers  während  des  Besuehes 
der  Akademie  wiedergibt  Recht  braachbar  ist  der  Arbeitsplan  dee 
Verfassers,  sodann  auch  die  für  Befestigungslehre  gegebenen  Arbeiten. 
In  Ermangelung  eines  für  den  angehenden  Akademiker  brauchbaren 
Buche'^  in  dor  Befestigungslehre  sei  hierauf  verwiesen.  Wa*?  Vor- 
fasser  dann  für  das  Verhalten  auf  der  Akademie  und  w;ilirend  der 
Öchlufsreise  sagt,  möchten  wir  Wort  für  Wort  untfrschreibon.  Wir 
möchten  nach  unseren  eigenen  Erfahrungen  als  Schühsr  und  als  Lehrer 
an  der  Kiiugs- Akademie  das  Urteil  dahin  zusammeniabsen:  Das  Buch 
ist  ganz  ausgeaeichnet  und  kann  nur  Kriegsakademikem  und  sdohen, 
die  es  werden  woUen.  auf  das  Wärmste  empfohlen  werden.  B. 

Die  SeUIdwttt  (Aapidomaaia  iMamna)*  Bine  moderne  Artillerie- 
Krankheit  von  P.  Antiscutander.  Berlin  1904.  Verlag  von 
R.  Bisensclmiidt»  Verlagsbuchhandlung  für  Militärwissenscliaften. 

M.  5.- 

Dor  sich  unter  einem  Pseudonym  vorborgende  Verfasser  erklärt 
die  Beturworter  der  Schutzschilde  an  den  Feldgeschützen,  die  in 
Prankreich  eingeführt,  in  der  Schweiz,  in  Norwegen,  England,  Schweden. 
Dänemark  grundsätzlich  angenommen,  in  Deutschland  einem  Truppen- 
versuch unterworfen  sind,  fflr  verseucht,  von  einer  schweren  Krankheit» 
der  »SchUdwut"*  befallen,  die  «den  davon  Befallenen  hftuflg  den  natür- 
lichen Gesichtswinkel  verschiebt  und  auf  die  Schfitaung  der  einfachsten 
Dinge  mehr  oder  minder  verwirrend  einwirkt".  Der  ganze  Ton,  in 
dem  die  Schrift  abgefhfst  ist,  macht  es  unmöglich,  h'w  ernst  zu  nehmen: 
nirgends  findet  man  eine  ruhige,  sachliche  Widerlegung  entgegen 
stehender  Ansichten,  vielmehr  nur  Spott.  Hohn  und  geistreich  sollende, 
aber  recht  abgeschmackte  Witze:  So  z.  B.  spricht  der  Verfasser  von 
der  „einschneidenden  Operation  der  ersten  .Autorität'  des  Professor 
Dr.  Krieg**  und  meint  damit,  dafs  da  Schilde  im  Kriege  verschwinden 
wflrden.  Die  kleinkalibrigen  Maschinenkanonen  der  Buren,  die  unter 
-dem  Namen  Pompom  bekannt  geworden,  tauft  er  um  in  Bonbon- 
Qeschtttze,  ,da  sie  —  für  den  Peind  —  der  ,reine  Zucker*  sein  würden**. 
Ich  mufs  gestehen,  fQr  solche  Geschmacklosigkeiten  fehlt  mir  der  Humor. 

Einmal  wird  er  auch  sentimental  Für  unsere  Kanoniere,  die  ein 
abgeprotztes  Geschütz  von  1000  kg  Gewicht  in  Stellung  bringen  sollen 
fühlt  er  ein  tiefes  Mitleid:  „Die  armen  Kerls,  die  sich  so  fruchtlos  der 
Schildwut  opfern  sollen,  wie  die  hüfsenden  Inder  unter  den  zer- 
malmenden Rädern  des  gewichtigen  Dschagannatii-Wagens  in  Puri! 
£)ie  tun  mir  in  der  Seele  leid!"  Nun.  wir  waren  in  den  letzton  Kriegen 
hartherziger  und  muteten  unseren  armen  Kerls  mitleidlos  zu,  ein  um 
30  kg  schwereres  Geschütz  nicht  nur  einmal,  sondern  nach 


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262 


Uteratar. 


jedem  Schufs,  d.  h.  in  einer  Schlacht  bitt  an  160  mal  wieder  in- 
Stellung  za  bringen! 

Studien  Uber  den  Krieg.    Von  J.  v.  Verdy  du  Vernois.  Generat 
d.  Inf.  usw.  Dritter  Teil;  Stralogio.  Zweites  Heft,  Binxelgebiete 
der  Stratepitv    I.  Gruppe:  üporationsobj^'kte.   Basis-  und  -Lini*»n. 
h  Ahtoilun^:  0 perationsobjekto.   Mit  drei  Skizzen.  Berlin 
1903,  .Mittler  &  bohn.    M.  3.50. 
In   dt'm  vorliegenden  Heft  zieht  der  Herr  V»  rfasst  r  den  zweit»»n 
punischen  Krieg,  den  Feldzug  Türen neü  1074  und  die  österreichi- 
schen Operationsabsichten  beim  Beginn  des  Feldzugs  1859  in  den 
Kreis  seiner  Betrachtangen,  um  an  diesen  Beispielen  die  verschiedenen 
Arten  der  im  Kriege  vorkommenden  Operationsobjekte  dansustellen; 
Clansewitzsche  und  Moltkeeche  Auffassangen  bilden  Auagangspunkt 
und  Anhalt  für  die  Darstellung.   Verdy  führt  dabei  zahlreiche  Stellen 
aus  den  iSchriften  dieser  beiden  Generale  im  Wortlaut  an. 

Hannihals  Peidzug  219/18  bietet  Gelegenheit,  den  .Moltkeschen 
Satz,  dafs  der  Feldherr  srine  grofsen  Ziele  stets-  im  Xuf^e  b»«balt-Mi 
wird,  insofern  tMiizuschränken,  als  besondere  politische  und  miluarist  Ue 
Verhältnisse  im  Laufe  des  Feldzuges  zu  einem  Wechsel  des  oder  der 
Ziele  sich  zutragen  können;  gerade  darin  zeigt  sich  die  Kunst  des  Feld- 
herm.  Die  Niederwerfung  des  Feindes  ist  trotz  allem  was  darüber 
gesagt  wurde  und  war,  ebensowenig  immer  und  Überall  das  alleinige 
Operationsziel,  wie  das  feindliche  Heer  durchaus  nicht  unter  allen 
Verhältnissen  das  Operationsobjekt  zu  sein  braucht. 

Im  Kapitel  über  Turenne  ist  uns  die  Lesart  seiner  ÄuÜBerung  an 
Conde  1674,  das  Schlagen  von  Schlachten  betreffend,  als  neu  auf- 
gefallen: wir  hatten  sie  bisher  sc  verstanden,  dafs  Turenne  sagen 
wollte,  man  solle  dann  schlagen,  wenn  die  eigene  Armee  die  Über- 
legenheit an  Zaiil  und  Güte  erlana^t  hat;  aber  es  mag  ja  dei-  authen- 
tische Text  bei  dem  grofseii  Zeitraum,  der  uns  von  Turenne  trennt, 
schwer  festzustellen  und  vielleicht  in  verschiedener  Weise  auszulegen 
sein.  Sehr  hübsch  entwickelt  General  v.  Verdy  an  Turennes  Verfahren, 
¥rie  selbst  der  offensive  Feldherr  durch  die  Ungunst  der  VerhUtnisse 
gezwungen  werden  kann,  seine  Operationsziele  wenigstens  vorttber- 
gehend  niedriger  zu  stecken;  dies  schliefst  jedoch  das  kühne  GreiliNl 
nach  dem  Höchsten,  sobald  sich  die  Gelegenheit  dazu  bietet,  nicht  aus. 

1859  liefert  den  deutlichen  Beweis,  dafs  trotz  der  dem  Peldherrn 
erteilten  Direktive,  „die  fciardinische?i  regulären  Streitknifte  zu  zer- 
trümmern **  (wörtlich)  es  nicht  d;uu  kam.  Gyulai  vielmehr  in  die 
kläglichste  Defensive  verfiel;  mit  Schlagwurten,  Redensarten  und  Ter- 
minologien kann  man  aber,  und  wenn  sie  noch  so  volltönend  wären, 
im  Kriege  nichts  anfangen! 

Nach  einer  kurzen  lesenswerten  Zusammenfaasung  betont  General 
V.  Verdy,  dafs  seiner  Ansicht  nach  Moltke  sich  die  Ffihigkeit,  in  allen 
Kriegslagen  wichtige  strategische  Entschlilsse  zn  fassen,  dadurdt 


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Literatur. 


263 


erworben  hat.  riaf.«  er  Mch  jahrclnri"-  »'i'^tcehcnd  mit  tStudien  über 
<^peratii>!i>ziel('  usw.  helalsl  und  in  nicstiitHMi  vertieft  hat. 

Wir  empfehlen  die  anregende  Sciiiifi,  die  l<Ml\v«'isc  auch  einmal 
etwas  anderos  bringt,  als  die  bekannt.n  Ansichten  über  moderne 
Sirategie.  der  Aufmerksamkoit  unserer  Offiziere  und  freuen  uns  auf  das 
nächste  Heft.  C.  v.  B.-K. 

Der  Patrouillendienst  im  Felde  unter  besonderer  Beriiekslehtigung 

russischer VerhHltnisse.  Ziisanimengestellt  von  Frh.  v.  T.,  Major. 
Mit  7  Tafeln   in  Buntdruck  und  Abbildungen  im  Text.  Zweite, 
auf  Hand  d'T  nenon  Di'-'nstvorsehriften  ausgoarbnitote  und  ver- 
voiisiäiidigte  Aufhige.    j^oilm  190:1    l.iohel.    1  Mark. 
Die  kleine  Schritt  bietet  viel  mehr  al.s  ihr  Titel  •  :  warten  In'fst.  Der 
durch  seine  ebenso  gründlichen,  wie  für  die  Verbreiumg  der  Kenntnisse 
über  unsere  grofse  Nachbararmee  nützlichen  Arbeiten  bekannte  Ver- 
fasser gibt  einen  sehr  klaren  Überblick  Aber  das  für  den  deutsclien 
Soldaten  Wissenswerteste  der  Organisation,  der  Bekleidung  und  Be> 
wafTnunsr,  sowie  der  Taktik  der  russischen  Armee.  Insbesondere  macht 
er  uns  vortraut  mit  den  Verhältnissen  der  Grenztruppen  und  der  im 
Militärbezirk  Wilna  und  Warschau  stehenden  Kavallerie.    Das  ganze 
ist  durch  eine  grofse  Zfihl  rniform-Darstellungon  usw.  trefTlich  er- 
läutert.   Die  notwendi^Aon  russischen  Redensarten  bei  Erkundigungen 
nach  dem  Feinde  und  dem  W  ege  in  deutscher  Darstellung  ergänzen 
die  Angaben  über  dio  russische  Armee. 

Die  Arbeit  des  Frh.  v  T.  ist  eine  aufserordentlich  praktische 
Instruktionsbeihlllfe.  die  wir  warm  empfelilen  können,  um  so  mehr  da 
der  Preis  ein  so  sehr  wohlfeiler  ist  Z. 

Die  elelctrotechnisehen  länriehtvngen  moderner  SehiHÜe.  Von 

0.  C.  Roedder.  staatlich  geprüfter  Schiflbau-Ingenieur.  Balti- 
more, Md.,  U.  S.  Amerika.  Mit  222  Abbildungen  und  2  Tafeln 
im  Texte.  Wiesbaden.  C.  W.  Kroiders  Verlag.  1903  M.  8.60. 
Das  vorliegende  umfangreiche  Werk  gibt  einen  sehr  belehrenden 
und  interessanten  Überblick  über  alle  an  Bord  von  Krieirs-  unn  Handels- 
schiffen gebrauchlichen  elektrotechnischen  Einrichtungen,  wobei  eine 
überaus  grofsc  Zahl  vorzüglicher  Illustrationen  den  Text  verdeutlichen. 
Aus  dem  reichen  Inhalt  sei  folgendes  hier  aufgeführt:  Mit  den 
Dampfdynamos  deutschen,  englischen  und  amerikanischen  Ursprunges 
beginnend,  wobei  auch  die  Dampfturbinen-Dynamos  Erwähnung  finden, 
geht  Verfasser  auf  die  Akkumulatoren  verschiedener  Systeme  über  und 
bespricht  dann  das  Leitungsmaterial,  sowie  die  Elektrizit&tsanlagen 
auf  Schiffen  im  allgemeinen  mit  Angabe  der  Verwendung  und  der 
Vorteile  derselben  hinsichtlich  Gtiwichtersparnis  und  Ökonomie.  In 
weiteren  Kapiteln  folgt  schliefslich  eine  Beschreibung  der  Spezial- 
gebiete, auf  denen  die  Elektrizität  bisher  Anwendung  gefunden  hat, 
wie  Schin'ßartUlerie,  bteuermaschinen,  Scheinwerfer,  sowie  aller  mög- 


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liehen  zur  Innen-  und  Aussenkommunikation  dienenden  Einrichtungen. 
Das  SchlolBkapitel  behandelt  die  Punkentelegraphie.  Das  Buch,  nraLchea 
hauptsächlich  für  Laien  geschrieben  ist,  lunn  infeige  sahhreicher 
Tabellen  auch  dem  Elektrotechniker  ein  willkommenes  Nachschlage- 
werk  sein  und  ist  seine  Lektüre  nur  zu  empfehlen. 

Niessen. 

Darstellungen  aus  der  bayerischen  Krieges-  und  Heeresi^eschichte. 
Herausgegübon  vom  K.  B.  Khügsarchiv.  Heft  12,  Kuf stein» 
Kriegsjahre  1604,  1703,  1809.  Eine  Brinnerungsschrin  zur 
200jährigen  Wiederkehr  der  Erstürmung  der  tiroHschen  Greoz- 
feste  durch  die  Bayern  unter  Kurfürst  Max  Bmanuel  von  Maxi- 
milian Schlagintweit  K.  B.  Miyor  a.  D.  Tagebuch  des  königl. 
bayerischen  nouvomeurs  der  Bundesfestung  Mainz  vom 
18.  Juni  bis  26.  August  1866.  Mit  1  Titelkupfer,  1  Abbildung 
lind  5  Anlagen  1903.  M.  8.—. 
Von  diesen  beiden  Einzelschritten  ist  die  erste  ^kürzerej  besonders 

interessant. 

1504  wurde  die  Feste  Kulstein  nach  tapferer  Verteidigung  durch 
den  bayerischen  Kommandanten  Hans  von  Pingenau  nach  zwölf- 
tägiger Beschiefsung  von  den  Kaiserlichen  mit  Sturm  genommen. 
Kaiser  Maximilian  1.,  erbittert  durch  den  hartnäckigen  Widerstand,  wollte 
die  gesamte  Besatzung  durch  das  Schwert  hinrichten  lassen.  Als 
jedoch  der  tapfere  Pingenau  und  17  seiner  Getreuen  von  Henkershand 
gefallen  waren,  liefs  sich  der  „letzte  der  Ritter**  durch  Herzog  Erich 
von  Braunschweig  bestimmen,  dem  Hlutvergiefsen  Binhalt  zu  tun  und 
schenkte  den  übritrcn  26  <ierarigeneii  das  Leben. 

Am  20  Juni  1703  im  spnnisrhen  Krbfolgekriege  bemächtigten  sich 
die  Bayern  unter  Max  Emanuei  durch  iiühnen  Handstreich  der  damals 
für  uneinnehmbar  sreitenden  Feste. 

Endlich,  im  Feldüuge  von  lbü9,  verteidigte  der  bayerische  Kom- 
mandant, Major  von  Aicher,  die  Festung  gegen  alle  Angrifie  der 
Österreicher  —  Kufstein  blieb  bis  zum  Friedensschlufs  vom  10.  Juli  1814 
unangefochten  in  bayerischem  Besitz. 

Das  Tagebuch  des  Generals  Grafen  von  Bechberg  und  Rothen- 
töwen  schildert  in  anschaulicher  Weise  die  Erlebnisse  der  Bundes- 
festung  Mainz  und  ihrer  sehr  bunt  zusammengewürfelten  Besatzung 
w&hrend  des  Krieges  von  1866.  G.  P.  v.  S. 

II.  Ausländische  Zeltschrifloii. 

StreiTleurM  Österreichische  Milit&rische  Zeitächrift.  (Januar- 
hett.)  Eugen  Freiherr  v.  Albori.  —  Die  Wirren  in  der  europäischen 
Türkei.  HL  —  Infanteristische  Fragen  and  die  Erscheinungen  des 
Boerenkrieges.  —  Konimissionsbericht  über  den  südafirikaniachen 
Feldzug  1899—1902.  —  Die  Fortschritte  unseres  Kriegsschifbbaues. 


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UtorAtor. 


265 


—  Die  französischen  Eisenbahnen  im  Kriegsbetriebo  1870/71.  — 
Taktik-Aufgabe  Nr.  9.  —  Die  russischen  Kaisermanöver  bei 
Wlodawa  1808. 

ReTM  d'Iiilluitorle.  (Dezember.)  Entwurf  des  Reglements  ttber 
Exeraieren  und  Manöverieren  der  Infanterie.  —  Studie  Ober  das  pro- 
visorische Reglement  fflr  die  Manöver  der  Infanterie.  —  Taktische  Be- 
naerkangen.  —  Die  berittenen  Truppen  in  Süd-Oran.  —  Die  engliache 
Taktik  nach  der  neuesten  Vorschrift. 

Revae  d'histoirp.  (Dezembt^rhoft.)  Studie  über  den  Peld- 
ZUg  1790.  —  Der  Kriei^  1870/71;  <lvv  Ifx  Aupuöl  in  I.otfiringen. 

Kevue  miiitaire  des  Armee»  etrangeres  (Dezember.)  Di« 
deutsche  Armee  Ende  VMJZ.  —  Die  neue  Rcmontierung  der  russischen 
K^jiterei.  —  Die  deutschen  Kaisermünöver  i'Jüi.  —  Studie  über  den 
Südafrikanischen  Krieg  1899/1902. 

Jauval  des  SeleaeeB  militaires.  (D  e  a  em  b  e  r.)  Der  Krieg  gegen 
die  feindlichen  Vert>indungen.  —  Studie  über  positive  Taktik.  —  Die 
Verwendung  der  Reserve  in  der  Schlacht  —  Die  Handfeuerwaffen 
der  Gegenwart.  —  Studie  über  Marokko.  —  Die  Deutschen  wfthrend 
des  Loirefeldzuges  1870/71.  —  Die  Schlacht  von  Colenso. 

Allgemeine  Schweizerische  MüitSrzeitung.  Nr.  50.  Zur  neuen 
Miütärorganisaüon.  Hinweis  auf  einen  Leitartikel  in  Nr.  328  der 
.»^Vargauer  Nachrichten".  —  Bericht  aus  dem  Deutbchen  Reich.  — 
Taktschritt  und  Feldhchritl.  Nr.  51.  Bericht  aus  dem  Deutschen  Keich 
(Schlufs).  —  General  v.  d.  Goltz  über  den  Luxun  im  deutschem  Heer. 
Hr.  62.  Der  militärische  Voninterrioht  —  Ausbildungs-Grundsätze.  — 
Nochmals  Taktschritt  und  Peldschritt.  —  Bin  Oewaltversuch  mit  einem 
Rohrrücklaufgeschütz  (Krupp  in  Brasilien).  Nr.  1  (1904.)  Rückblick 
und  Ausblick. 

Beme  d'ArtUIerie.    (November.)    Italienische  Artillerie  1903. 

—  Bemerkung  über  ein  selbsttätiges  Verfahren,  die  ?chu^s^v.  it».  bei 
Schnellfeuer-Batterien  zu  regeln.  -  Bemerkuns:  über  Einschittuiig  von 
Maieriai  grofs*'n  Kalibers.  Neue  Methode  der  Verwendung  des  Ent- 
fern ungsmej>jsera  Goulier  mit  einem  einzigen  Beobachter. 

Revue  de  Tarmee  hel^e.  (September,  Oktober.)  Grofse 
Manöver  in  Fiankreich  1902  (Forts.)  —  Ansicht  des  General  v.  Hoff- 
bauer  über  Schnellfraer-FeldgesohüUe.  —  Theorie  der  Kolonisation 
1800  und  Rotte  des  Staats  in  den  Kolonien.  -  SchneUfeuer-Feldkanone 
System  Ehrhardt.  —  Belagerung  von  Barcelona  1713/14.  -  Studie 
über  Gehehnschrift.  —  Sammlung  technischer  Arbeiten  belgischer 
(Senieofflziere 

Journal   der   Verein.   Staaten -Artillerie.    (November  De- 
zember.)   Formeln  für  Geschwindigkeit   und  Gasdruck   in  der  Seele 
.eines  Rohrs  und  ihre  Ff>sfst«<llung  durch   neuere  Versuche.  —  Die 
neue  Feldartillene.  —  Fanoramarernrohr-Aulsalz.  —  Das  Turnier  190S 
bei  der  Appiikations-Schuie  für  Artillerie  und  Genie  in  Pontainebleau. 

—  Neue  Formen  von  Panzerforts. 


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266 


Literfttnr. 


Rusisisches  Artillerie-Journal.  Nr.  11.  Schiefsen  von  Ftld- 
l^atterien  nach  vordeckten  Zielen  mit  Gebrauch  des  Winkel meHsers.  — 
Das  vorläufige  Bxerzier^Regloment  der  französischen  Fddartillerie.  — 
Bemerkungen  zar  PestungsarttÜerie.  —  Das  Aufprotzen  der  Be> 
lagerungs-  und  FestungsgeschQtze.  —  Zum  Entwurf  des  Reglements 
des  äufseron  L)ieiistrs.  Ausgabe  1902.  —  Bemerkungen  aus  dem 
Gebiet  der  Artillerie-Technik.  —  Generalleutnant  Brialmont. 

Schweizerische  Zeitschrift  für  Artillerie  und  Genie.  Nr.  12. 
Schiefsversneho  <ier  russischen  Pcldnrtillorio.  —  Kampfschiefsen  der 
russischen  Festun jrsartillorie.  —  iMf  Befestigungen  Italiens  (Schlufs). 
—  Nfilitär-Eisenbuhn Wesen  in  den  europäischen  Grofsstaat-.\rmeen. 

Mitteilungen  über  Gegenstünde  des  Artillerie-  und  Genie- 
Wesens,  Nr.  12.  Bestimmung  von  Geschofsgeschwindigkeiten  mittelst 
aperiodischer  Kondensatoren-Bntladungen. 

W^ennfU  Sslionuk.  1908.  Desember.  1809.  Der  General  stab. — 
Die  Festungs-Infanterie  und  ihre  Au^ldung.  —  Die  militfirische 
Hygiene  und  ihre  .Xufgaben.  —  Drei  Wochen  unter  den  kaukasischen 
Bergvölkern,  —  Die  Chumhuson  der  Mandschurei  —  Übersicht  ttber 
die  astronomischen,  ureodätischen  und  topographischen  Arbeiten,  welche 
im  Laufe  des  Jahres  1901  von  dem  Korps  der  Militär-Topographen 
ausgeführt  wui-den. 

Morsiküj  Ssbornik  lOOS.  Dezember.  Ohne  Segel.  Zum  bevor- 
stehenden öO jährigen  Jubiläum  der  Verteidigung  von  Ssewastopol.  — 
Erinnerungen  aus  Veranlassung  des  fOnfzigjährigen  Jubiläums  der 
Seesohlacht  bei  Sinope.  —  Die  strategischen  und  taktischen  Grund- 
gedanken des  französischen  SchifTsbauprogrsmms  1900^1900.  —  Die 
Politik  und  der  Seekrieg.  —  Die  Ergebnisse  der  Verwendung  der 
Niclos-Kessel  auf  KriegsschifTen. 

Russky  Inwalid.  1903.  Nr.  271.  Die  VeHcidigiing  der  Küste 
des  „Fernen  Ostens".  Der  kavalleristischc  Renntiersport  Nr.  273. 
Über  die  Feldküchen.  Aus  den  Erinnerungen  i''\ncs  nnrdamerikanisciien 
Militärbevüllmächtigton.  Nr.  275.  Fürst  Zizianow.  Zur  Lage  der 
Reform  der  Feldartillerie.  Nr.  276.  Die  Mandschurei.  Nr.  277.  Reise- 
skizzen aus  Ägypten,  Ceylon  und  Indien.  Von  Osenburg  zum  Syr-Daija. 

La  Fnmee  militalre.  (Dezember.)  Die  Ausführung  der 
Generalstabsreisen.  1.  18/14.  —  Die  Ergänzung  der  Offiziere.  —  Die 
Unterofflzlerkapitulanten.  2.  10. 11.  —  Das  lenkbare  LuftschilT  (Gut* 
achten  des  Kapit&n  Renard).  4.  —  Die  Rekrutierung  in  den  Kolonien. 
10.  —  General  Dragomirolf,  die  Feldmörser.  11.  —  Die  Methode  des 
/  Dauerlaufs  des  Majors  de  Raoul  von  Dr.  Felix  Regnault.  i:^;14.  — 
Die  Sicherungstruppen  im  Projekt  Messiniv  16.  —  Die  Altersgrenze 
nach  dem  Vorschlag  Messimy.  —  Der  militärische  Dienst  in  den 
Kuiuuien.  16.  —  Die  Armee  von  Korea.  17.  —  Das  neue  Exerzier* 
Reglement  für  die  Infanterie,  Ankündigung  eines  solchen.  18.  — 
Deutschland  vom  finanziellen  Gesichtspunkt  betrachtet.  19.  —  Di« 
Erg&nzung  der  Matrosen.  20/21.  —  Der  General  Dragomiroff.  — 


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fitttratfir 


267 


Plaudereien  über  den  Barenkrieg.  22.  —  HeerMorganisation.  —  Sollen 
-wir  eine  aus  Reservisten  zusammengesetzte  Armee  haben  ?  24.  — 
Unsere  militärischen  Ausgaben.  —  Deutschland  vom  sozialen  Gesichts- 
punkt aus.  25/26.  -  -  Die  eingeborenen  Matrosen  29/30. 

BeTue  de  Cavalerie.  (November.)  Die  neue  Lohre  und  die 
grofsen  Manöver  des  Centram  (Gegen  die  „neue  Lehre"  und  dun 
General  de  N^grier.)  -~  Di««  neue  Schiefsvorsjchrift  für  die  Kavallerie 
(Ports.)  —  Man  lasse  uns  unseren  Säbel  und  unsere  fcJporenl  —  Der 
Ursprung  der  französisclien  Kavallerie  (Ports.).  —  Die  Mitrailleusen 
der  Kavallerie  (Ports.).  —  Neues.  Sport  (Sehr  sympathisch  gehaltener 
Bericht  über  die  Rennkarriere  des  Oberst  Heyden-Linden). 


III.  Seewesea 

MitleUungem  ans  dm  Gebiete  dee  Seewesens.  Hr.  t  1904. 
Kolumbus  und  die  Bntdecknng  der  Normannen  in  Nordamerika. 

Die  Ausbilduni?  zum  Seeoffizier.  —  Die  taktische  Verwertung  der 
Schiffsartillerie.  —  Die  Bedeutung  der  Hilfsflotten  für  den  Seekrieg.  — 
Börnesens  Torpedo- Viratnr.   —   Der  französische  Marinebudgei-Vor- 

anschlag:  für  d.-us  Jahr  1904.  —  T»ie  Weithandelsflotte. 

Anny  and  Navy  Irazette.  Nr,  2286.  Geburtstai^sehrungen  eng- 
lischer Admirale  durch  Ordensverleihungen.  —  Über  die  Beförderungs- 
W-rhältnisse  deutscher  Seeoffiziere.  Nr.  2290.  Der  Zustand  der 
französischen  Flotte.  —  Ankauf  zweier  chilenischer  Schifi'e  durch  die 
englische  Marine.  Feuer  an  Bord  des  Kreuzers  «Hermes**  im  Trocken- 
dock. Bau  eines  Untersee-Bootes  auf  der  Germania-Werft  in  Kiel 
und  eines  weiteren  auf  Grund  der  mit  ersterem  gemachten  ErfUirungen. 
Hr.  2291.  Bestrebungen  zur  Verjängung  der  englischen  Flagg-Offl- 
ziere.  —  Zufriedenstellende  Ergebnisse  eines  russischen  Cntersee-Boot*  < 
und  Nachbestellunpr  von  P>  weiteren  Pahrzeugen  dieser  Art.  Nr.  2292« 
Das  Marine-Jahr.  Nr.  2293.  Unsere  Plotten  und  Geschwader.  — 
Stapellauf  des  französischen  Linienschift's  Patrie.  —  Bin  deutscher 
Artikel  über  die  Inijenieur-Frage. 

Kevue  maritime:  November  \\>iJ'6.  I>ei  spaiiiseh-fimerikanische 
Krieg  auf  den  PhilippitM n  *  KoriselzunM"»-  —  Die  Hlockade  von  Brest 
1803 — 1805.  — Der  Jaiirtjsljericht  des  Admuals  Melville.  —  Sicherheits- 
vorrichtungen an  Bord  der  Auswandererschiffe  der  Hamburg-Amerika* 
Linie. 

Revue  du  genie  militaire:  Dezember  1903.  Die  Eisenbahn 
auf  Madagaskar  (Schlufs).  —  Topographische  Arbeiten  des  französischen 
Oeniekorps  im  19.  Jahrhundert  (Portsetxung).  —  Die  Freiballons  mit 
Ballonnet  (ein  lüeiner  Ballon  innerhalb  des  grofsen,  der  von  der  Gondel 
aus  voll  Luft  gepumpt  werden  kann,  um  letzterem  seine  pralle  Form 
trotz  Gasverlustes  zu  wahren).    Neueste  Versuche  von  1903.  — 


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268 


Ute^ttDr. 


Multiplex-Telegraphie.  System  Mercadier.  —  Telephonie  und  Telegraphie 
mittelst  elektrischer  Projektoren.  —  Vorläufige  Bestimmung  über  die 
Berechnung  von  Baugliedem  ans  armiertem  Beton  (6.  Dez.  190&). 


IV.  Veneichnis  der  lur  Besprechung  eingegangenen  Bücher. 

(l)ie  f'ingppangtin*'!!  Hürlisr  »rfuhrt^n  »in«'  7' i  jprorhuug  nxck  Mabgr^ix?  iliT?r  Bsdeatuiiff  und  litf«  var- 
ICigbarsD  Uaumeti.    Eine  V  e  r  p  1 1  i  c  h  t  uu  g  ,  «ingehende  Knab  zu  t>dtpreciieu,  ul'omimmt  «Ii» 

L&iinitg  d«r  .Johrblkolisr*'  nicht,  tlioh  wtrdVB  die  Titel  simtliehsr  Bflcker  n«b8t  Angabe  d«B  Preise« 
~  »efwni  iUvMr  mitgeteilt  wurde  —  hitr  vwasiftt.  Rine  Rfiokaendnn?  von  B&cheni  findet  nicht  Atatt.> 

1.  Deutseh-NmitlBelier  AlmaiiMh  1904.    Berlin,  BoU  k  Piokardt. 

Mk.  2.50. 

2.  Herrmaun»  Marengo.  Münster  180S.  Ascheodorfische  Bchhdlg. 
Mk.  6.00. 

3.  lletzel,  Die  Aufnahme  zur  Kriegsakademie.  München  1901. 
Th.  Riedel.    Mk.  3,20. 

4.  V.  Caemmerer,  Die  Entwicklung  der  strategischen  Wissenschaft 
im  19.  Jahrhundert.   Berlin  1904.  Wilhelm  Baensch,  Akt-Ges.  ML  8,00. 

&  Uxsyn-Fruiyaski»  Die  japanische  Wehrmacht.  Wien  1904. 
Seidel  &  Sohn.   Mk.  1,00. 

6.  y.  Stosch,  Denkwürdigkeiten.  Stuttgart  1904.  Deutsche  Verlags» 
Anstalt.   Mk.  6.00. 

7.  y.  Pelet-Narbonne,  Dci  Kavallerie-Unteroffizier.  Dritte  Auflage. 
Berlin  1904.    Mittl.T  k  Sohn.    Mk.  1,20. 

5.  Frobeniuä,  lu  legsgesohichtliche  Beispiele  des  Festungskrieges, 
8.  Heft.    Ebenda.    M.  4.25. 

9.  Kurzeil,  Die  Richtmittel  der  Geschütze.  Wien  1904.  Veriaij 
d.  Mitt.  d.  Artill.  u.  Geniewesens. 

m.  V.  BoguslAwski»  Nicht  Rede  aber  Fehde  wider  die  Sozial- 
demokratie. Berlin  1904.  H.  Walther.  M.  2.—. 

11.  T.  Bberhanl,  Nicht  Jena!  Sedan!  wie  immer!  Berlin  1904. 
Schultz- RnKolhardt.    M.  1.-. 

12.  Knütel,  lUiformenkunde.  XU.  Bd.  Heft  11.  Rathenow  1904. 
M.  Babenzicn.    M.  1.50. 

13.  V.  >ors,  l>ic  Kegimentsnamen  der  altpreulsischen  Armee. 
Berlin  19Ü4.    Ii.  Kisfiischmidt.    Mk.  2.00. 

14.  Vierteljahre»hefte  für  Truppenftihruug  uud  Heereskunde, 
Herausgegeben  vom  grofson  Generultslabe.  1.  Jahrgang,  1.  Heft. 
Beriin,  B.  S.  Mittler  &  Sohn.   M.  4.—. 


l>rack  von  A.  W.  Hayn  w  £rbt>n,  ücrliu  und  Fotiidaiu. 


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XV. 


Bie  Tätigkeit  des  Marschalls  Mac  Mahon  vor  der  Schlacht 

von  Wörth. 

Eioe  operative  Studie. 

Von 

Oberstleutuaut  <x.  Sehoek  des  Bayerischeo  l.  luf.-lie^s. 

(Mit  Skiaie.) 

I. 

Der  russische  Oeiieral  Woide  echrpibt  iu  sciiit-ui  bekannten 
Büch  „Die  Ursaphcn  und  Kiedorlaji-eu  im  Kriege  1870"  bei  der 
iihtiscbeu  iJetnichiuijg  der  bchiaciit  von  Wörth  folgendes: 

„Die  Niederlage  dieser  Division  (2.  Douayj,  die  ain  4.  August 
Ton  nn verhältnismässig  Überlegenen  deutschen  Streitkräften  ange- 
^riÖeü  worden  war,  und  das  gleich/eitig:f'  Krseheiueü  der  Deutschen 
bei  Lauterhurg  usw  hatte  dem  fraazusisehen  Führer  endlich  die 
Xq^cu  (itlnen  und  ihm  zeigen  niUsseu,  da£s  eine  ganze  Armee  gegen 
sein  Korps  vorrückte  

Es  ist  schwer  zu  sagen,  welche  Krwägungen  und  liereeliiiungen 
■d0D  Mars  liall  dt-nnofh  zu  dem  Entschiuls  veraulalst  haben  mögen, 
sich  unter  so  ungUnstiigen  l'mständen  auf  einen  Entscheid ungskanipt" 
mit  dem  Gegner  einzulassfMi.  Wahrsi  heinlich  trat  hier  die  Unkennt- 
nis  der  wirklichen  btärke  der  Di  iiischeu  zu  dem  hohen  Mafs  vou 
Selbstvertrauen,  um  nicht  zu  sagen  —  Dünkel  hinzu,  welches  (Vw 
Franzosen  unvorhereitcl  in  den  Krieg  hineingestolsen  hatte  und  nun 
auch  in  ihren  Handlungen,  wenigstens  zu  Anfang  des  Krieges,  zum 
Ausdruck  koiniiu n  mochte.  Eine  solche  Stimmung  bei  einem  ver- 
dientem und  tapteren  Kriegsniann.  der  die  besten  französischen 
(afrikanischen)  Truppen  unter  seinem  Kommando  hatte,  ist  am  so 
verständlicher,  als  der  Marschall  von  der  so  erli»  blichen  Überlegen- 
heit der  Gesamtzahl  der  deutschen  Streitkräfte  über  die  tranzösisobeu 
schwerlich  Kenntnis  hatte. 

JakrilbQtor  fikr  di«  dtaUoti»  Anne«  und  Marin«.  No.  300.  18 


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270  I>i6  TXUgkolt  dat  Mandiilb  Mte  Mahos  vor  dar  SoUiolit  von  WOrtli. 

Ans  dieeem  Gzonde  miüste  die  Niederlage  dner  einzeliiei» 
TnippeiialvIeUiuig  (der  Dividoii  Doaay)  den  MaiBOhall  Mao  Mahoih 
natörgemSla  viel  eKer  sun^  Kampfe  aof etaefaeliii  als  so  so  Toisiehtigen» 
EnfSgUDgeii  fuhren,  wie  sie  der  wirklichen  Lage  angemessen  ge- 
wesen wSren.  Und  so  mnb  man  den  Wnneoh  des  MaisehaUs,  sieb 
mit  den  Dentsehen  zn  messen,  als  wirkliob  Torhanden  gewesen^ 
annehmen.** 

S^on  das  Weik  des  fransOsisehen  Generals  Bennal  nFrOsehwiller*' 
gab  eine  Reihe  von  wertrollen  Anfsohlllssen  zn  der  hier  vorliegenden! 
Furage;  das  franztfsisehe  Generalsftahswerk  hat  nnn  nooh  mehr  Klar- 
heit gebracht.  Insbesondere  hriogen  die  „Docnments  aonezes*'  durch 
die  Widfflrgabe  von  amtliehen  Depesehen,  von  AoszQgen  ans 
Operations-Jonmalen  nnd  Tagehttehem,  von  bisher  nicht  verOffent-^ 
liebten  Lebeoserinnerongen  ein  sdir  schstsbares  MateriaL 

Da  sich  die  Tatsachen,  die  aber  die  Entstehnog  der  Schlacht 
von  Worth  AnfschlofB  geben,  an  den  veischledensten  Stellen  des> 
Werkes  vorfinden,  soll  im  folgenden  die  Tfttigkeit  des  fransOsischen 
Armee-Oberkommandos  vom  4.  Aognst  bis  snm  Beginne  der  Schlacht 
von  Worth  chronologisch  datgestellt  werden. 

Am  2.  August  ordnete  Mao  Mahon,  veranlafet  dnrch  eme 
Weisung  des  Kaisers,  das  1.  Korps  der  Grenze  zu  nähern,  haupt- 
sächlich aber  infolge  von  Verpfiegnngsschwierigkeiten  eine  Ver- 
schiebnng  seiner  Truppen  nach  Korden  an.  Es  sollten  abrücken: 
V,  1*)         1.  Division  Dnorot  am  4.  von  JReichshofen  nach  Lembach, 

„2.      n      Douay  am  4.  von  Hagenau  nach  Weiisenbnrg  und 
Gegend, 

„  3.      „      Ducrot  am  8.  von  Strafsbnrg  nach  Hagenau, 

am  4.  nach  Reichshofen, 
„    i.      „      Lartigne  am  4.  von  StraJsburg  nach  Hagenau. 

Von  der  Kavallerie-Division  Dahesme  batte  die  1.  Brigade 
(Septeuil)  am  4.  bei  der  2.  Division  anf  dem  Geibberg  bei  Weilsen- 
bnrg  einzQtretlen.  Die  2.  Brigade  (Nansooty)  wurde  geteilt;  ein 
Regiment  hatte  nach  Sols  snr  Überwachung  der  Grenze,  das  andere 
zur  4.  Division  nach  Hagenau  abzurücken;  die  3.  Brigade  (Michel) 
hatte  in  Brumath  xu  bleiben.  Die  Artillerie-  und  Genie-Reserve 
hatten  am  5.  Hagenau  zu  erreichen,  ebendabin  sollte  am  gleichen 
Tage  das  Korpshauptqnartier  verlegt  werden.  Durch  besondere  Ver- 
V.  i  fitgung  wurde  ferner  am  2.  die  2.  Division  (Douay)  dem  General 
Ducrot  (3.)  nntersteilt. 


1)  Die  dem  Text  beigenommeiieii  Zahlen  geben  den  Band  und  di« 
Seitenaahl  der  DaisteUiuig  des  franifiateehen  Generalstabswerkea  an. 


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Die  TlU4gicai(  des  MonelMUB  Mm  Mahoii  vor  der  SobiMht  von  Wörth.  271 

Am  Abend  des  2.  Ano-ust  erhiplt  Maf  Mahon  von  dem  T^nter-  V,  2 
präfekten  von  Weilsenburg  die  Mitteilung,  dals  bayrische  Triipj»eii 
das  Zollhaus  um  Landauer  Tor  in  Besitz  genommen  und  Bich  über 
die  in  .AlteT)stadt  (Vorstadt  von  Weifsenborpr)  vorhandenen  Vorräte 
vergewissert  hätten;  nach  ihren  Äalsernngren  sei  die  Besetzon^^  dieses 
Pnniites  innerhalb  24  Stunden  zu  erwarten.  Mac  Mahon  wies  hierauf 
durch  Telejrramm  von  12*"  vorm.  des  3.  August  den  (Tpneral  Üonay 
an,  schon  an  diesi  in  Ta^-c  mit  seiner  ganzen  Division  so  bald  als 
möglich  auf  Wciisrnliurg  abzurücken  mit  Ausnahme  der  hcidtn  nach 
Snlz  abgezweigten  Bataillone.  Die  zwei  in  Hagenau  betiiidlichen 
Elskadroneu  des  11.  Chasseur-Regiraents  sollt^^  der  General  mit- 
nehmen,  unterwegs  hatte  das  o.  Husaren-Regiment  in  6uh  sich  ihm 
anznscbliefseii.  (Es  waren  dies  die  Regimenter  der  Kavallerie- 
Brigade  Septeuil.) 

Gleichzeitiir  tidahl  der  Marschall  dem  General  Ducrot  (1).  er 
solle  die  Bewegung  des  Generals  Doii^iy  {-j)  unterstützen  und  sich 
über  das  Gebirge  mit  den  Truppen  der  2.  Division  in  Verbindung 
setzen. 

General  Ducrot  schickte  hierauf  folgende  Telegramme  gleich- 
zeitig  an  den  Marschall  nach  Strafsburg  und  an  den  General  Doaay 
na4!h  Hagenau: 

Reichshofen,  3.  August,  4^  vorm.  (abgegangen  6"). 
Gestern  abend  5°  war  ich  auf  dem  Pigeonuier.^j   Ich  konnte    V,  61 
mit  Fernrohr  Weifsenburg,  Altenstadt  und  die  ganze  angrenzende 
Ebene  beobachten,  habe  aber  keinen  einzigen  feindiiohen  Posten 
entdecken  können. 

Der  Oberst  de  Franohessin,^)  dessen  Patrouillen  bis  Uber 
die  Grenze  gehen,  der  ferner  durch  seine  Agenten  gut  unter- 
richtet ist,  hat  mir  versichert,  daüs  keine  beträchtliche  feindliche 
Abteilung  aut  kürzere  Entfernung  da  sei.  Die  Drohung  der 
Bayern')  erscheint  mir  demnach  als  eine  reine  Grofssprecherei; 
dessen  ungeachtet  schicke  ich  heute  das  13.  Jäger-Bataillon  und 
das  18.  iDfaoterie-Begiment  nach  Lembach;  der  Rest  der  Division 
wird  moigen  folgen   


<)  Höhe  westlich  von  Wei&enbnig,  von  der  Stadt  etwa  4  km  Luftlinie 

entfernt. 

-)  Kommandenr  iles  iu  Klimboch  stehenden  96.  Inteaterie-Regiments, 

das  zur  1.  Division  gehört«. 

^)  Bezieht  sich  auf  die  Mittoilung  des  Unterpräfekten  vou  Weilsenburg 
über  die  bevorstehende  Besetzung  von  Altenstädt. 

18^ 


272  ^  Tätigkeit  des  JUiMhalla  Mao  Mahoa  tot  der  SchUoht  von  Wörtb. 


Y  52  Auch  uri  den  oeoemannten  Soaschef  des  Generalstal)es  des 

1.  Korps,  (reneral  Faare,  schreibt  General  Ducrot  UDteriii  3.  Aagust 
iiD  gleichen  bione.  Es  sei  immer  nur  Herr  Hepp,  der  ünterpräfekt 
von  Weilsenbarg,  der  Lärm  schlage.  Er,  der  General,  .sei,  wie  er 
dem  Marschall  schreibe,  anf  Grund  seine  r  stem  vom  i^igeonnier 
aus  mit  einem  guten  Feriirdhr  gemachten  Beobachtungen,  auf  Grand 
zahlreicher  Auskünfte  überzeugt,  dals  der  Gegner  nirgends  in  einiger 
Stärke  in  der  Nähe  sei.  Indes  fllge  er  sich  den  uachts  erhaltenen 
Befehlen  und  werde  demgemäls  si  iiu  Division  morgen  (4.)  um 
Lembach  vereinigen,  mit  \  orposten  gegen  Nothweiler.*) 

^^  18  Mac  Maiioii      richtet  unterm  3.  August  (Datum  nicht  ersichtlich) 

an  das  grolse  Haupttiuartirr  /u  Metz  Uber  die  Depesche  des  Unter- 
präfekten  und  die  hierauf  von  ihm  verfllgten  Truppenverschiebuogeii 
eingehend,  scblie£st  sich  aber  der  Auf  fassang  des  Generals  Dnerot 
völlig  an: 

..Die  Nachrichten,^)  die  ich  diesen  Morgen  erhalten  habe, 
geben  mir  im  übrigen  die  volle  Irewilsheit,  dafs  die  BefUrchtuu^eii 
des  l'ntpi  iirätekteü  von  AV'eirsenburi,''  stark  tibertrieben  waren. 
Der  General  Ducrot  hat  keinerlei  Kenntnis  von  der  Anwesenheit 
einer  stärkeren  feindlichen  Abteilung  in  der  Umgegend." 
Mae  Mahon  mufste  in  der  Meinung,  dals  an  der  Nordgrenze 
alles  rnhig  sei,  dadurch  bestärkt  werden,  dals  am  3.  August  keinerlei 
Meldung  von  dort  einlief,  ebensowenig  in  der  Nacht  und  am  frllheu 
Morgen  des  4.    Am  Nachmittag  des  3.  hatte  aber  die  4.  ba\  rische 
lofauterie-Division  Bothmer,   die  an  diesem  Tage  nach  Bergzabern 
vorgeschoben  wurde,  Voqiosten  in  Linie  Schweigen — Schaidt  ausge- 
stellt.   Schweigen  ist  vom  Nordrand  von  Weifsenburg,  woselbst  ein 
französisches  Bataillon  ('2/74)  lag.  etwa  1200  m  entlernt. 

Dagegen  sollte  Mac  Malions  Aufmerksamkeit  in  der  Nacht  \om 
'A.  anf  dvu  4.  August  nach   einer  anderen  Seite  hin   in  Anspruch 
V,  101    genommen  werden.    Der  komniandierende  General  des  7.  Korps. 

General  F.  Douay,  telegraphiert--  aus  I5elfort,  dals  6000  WUrtteai- 
berger  in  Kandern  and  Neuenbürg  stäuden  und  eine  beträchtliche 


I)  Es  ist  bezeichnend  für  die  Aoffiussung  der  Lage  durch  den  General, 
•lafs  dio  "^'orposten  mit  Front  crepren  diesen  Ort  aufgestellt  werden  sollen, 
der  mitten  in  den  Beif^en  und  im  keiner  gröPseren  Strnlse  liegt ;  ein  Blick 
auf  die  Karte  mufste  dailuu,  dafs  die  einzig  mögliche  Anmarschrichtung 
des  Gegners  gegen  Ijembadi  die  aber  WeiCsenbtirg  war. 

')  »Renseignements.'*  E.s  ist  nicht  enichtlich,  ob  aufser  den  Mittoilimgeii 
DucroN  noch  andere  Nachrichten  eingegangen  sind. 

^>  Das  7.  Korps  war  seit  dem  2ü.  Juli  dem  Marschali  Mac  Mahon 
unterstellt.   Generalstabs  werk,  I,  88. 


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Die  Tätigkeit  des  MarücUalb»  Mac  Mahon  vor  der  Schlacht  von  Würth.  273 

Truppenabteiluiig  ^a'^eu  Lörrach  im  Anmarsch  sei.')  Alsbald  ordnete 
der  Marschall  an,  dals  bis  zum  Eintreffen  eines  anderweitigen 
Befehls  der  Abtransport  der  Division  Conseil  Duraesnil  (1(7)  nach 
Strasburg  und  der  der  1.  Brigade  der  Division  Liebert  (2/7)  nach 
Colmar  zd  oDterbleibeo  habe,  ferner,  dafs  das  87.  Infanterie-Regiment 
der  Division  Lartigue  (4/1)  in  Strafsbnrg  bleiben  solle.  Durch 
Telegramm  ab  Stralsbor^  4.  Aagast  2*  Torm.  wurde  der  Major  2S1 
general  von  diesen  abändernden  Anordnungen  in  Kenntnis  gesetzt 

Im  Norden  wollte  Mac  Mahon  selbst  nach  dem  Rechten  sehen. 
Er  telegraphierte  in  der  Nacht  vom  3.  anf  4.  an  den  General  V.  108 
Douay  (2.),  dafs  er  am  4.  nach  Weiisenburg  kommen  und  entscheiden 
werde^  ob  diese  Stadt  besetzt  bleiben  solle.*)  Um  3^  morgens  Uets 
Mac  Mahon  den  Vorstand  des  Bahnhofes  Strafsburg  ersuchen,  ihm  V,  190 
zu  diesem  Zwecke  einen  Sonderaug  zur  Verftlgung  zu  stellen;  er 
erhielt  den  Bescheid,  dafo  dies  wegen  starker  Inanspmehnahnie  der 
Linie  nicht  vor  9<*  vorm.  möglieh  sei 

6er»iime  Zeit^  ehe  Mac  Mahon  sein  Vorhahen  antfllhfen  konnte, 
wurde  er  dnreh  ein  Telegramm  des  Major  göntal  darauf  aofinerk* 
wtm  gemaeH  dafo  die  Lage  an  der  Noidgrme  mOg lidierwefae 
kritiflofa  weiden  kDnne.  „Selen  Sie  auf  Ihrer  Eni*"  —  so  hieb  es  V,  101, 38t 
in  dem  mn  2*^  Torm.  in  Metn  nbgefratigten  Telegramm  —  „es  ist 
möglieh,  dnla  die  Thippen  tot  Ihrer  Front  eine  offensiYe  Bewegung 
mnehen**.  Wie  man  im  fninOsisdien  Hauptquartier  wa  dieser  Anf- 
fassnng  kam,  ist  nioht  anfgeUXrt;  denn  an  Nachrichten  Uber  den 
Feind  wird  vor  den  «rwähnten  SalK  nur  angegeben,  dals  das  Vor- 
gehen TOD  40000  Mann  von  Trier  anf  Diedenhofen  oder  Saarlonis 
als  sicher  ansnsehen  sei;  man  hoffe  heute  oder  morgen  anf  eine 
,,einste  Afllxe'*  in  Lothringen;  am  Sohlnsse  wird  angefUhrt,  da& 
General  F.  Douay  gleichseitig  au  Mao  Makon  und  an  das  grobe 
Hauptquartier  Uber  Gerttcfate  berichtet  habe,  nack  denen  der  Feind 
den  Ober*Rbem  su  UherschreLten  beabsichtige;  der  Kaiser  überlasse 
es  dem  Marschall,  hierwegen  die  notigen  Anordnungen  su  treffen. 


*>  Die  Veranlassung  zu  diesen  .alarmierenden  Naehrichten"  (Ausdruck 
des  &an2.  GeneraLstabs -Werkes)  gab  die  Tätigkeit  der  fliegenden  Kolonne 
des  württemt».  Ober«t  v.  Seubert,  brstehend  aus  1  Lüfantene-T'ci^iment, 
l  Kmatz-Kskadron  und  1  Ersatz-Batterie,  (iegen  Neuenburg  stieiJto  am 
2.  August  eine  Kompagnie,  die  auf  Wagen  nach  Freiburg  mit  1  lieiterzug 
vorgegangen  war,  bei  Lörraeh  nKehtigten  2  Kompagnien.  Hier  sachte  man 
durch  wiederholtes  Rühren  der  Trommeln,  FackeUaragen  und  AnzQnden 
zahlrei(*her  Wachtfeuer  den  <;biiben  an  grOlaere  Troppepan Sammlungen  zu 
erweckin.    Goneralstabswerk,  J,  206. 

2)  Da."»  franz.  Generalstabswerk  fügt  bei,  dats  die  Entscheidung 
«Ueser  Frage  dem  Ermessen  des  Genenls  Douay  Oberiassen  werden  konnte. 


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274         Tätigkeit  des  MArschalla  Mac  Mahon  vor  der  Schlacht  vonWdrth. 


Das  Tel^amm  HaD  Uahonfl,  in  dem  er  das  Unterbleiben  des 
Transportes  der  Dinsion  Conseil  Domesnil  (1/7)  naeh  Strafaborg 
nnd  der  1.  Brigade  der  Division  Liöberft  nach  Colmar  meldete^  bat 
sieb  also  mit  dem  eben  erwähnten  des  giolsen  HanptqoartierB 

gekreuzt. 

Die  Wamnng  des  Major  gootoü  vor  einem  Angriff  des  Feindes 
bat  Uae  Wirltnng  anf  Mao  Mabon  niebt  Terfeblt  Er  telegraphierte 
—  offenbar  sofort  —  nm  5^  vorm.  (abgegangen  6^  yorm.)  folgendes 
an  den  General  Donay  naeb  WeitBenbnrg: 
V,  381  ^ben  Sie  diesen  Morgen  iigend  welebe  Naebricbten 

erbalten,  die  Ibnen  die  Ansammlnng  erbeblieber  KrUfte  vor  Ihrer 
Front  glanblich  ersobeinen  lassen?  Sofortige  Antwort  erbeten. 
Seien  Sie  auf  Ihrer  Hnt,  indem  Sie  Sich  bereit  halten,  Sieh  im 
Falle  eines  Angrifiies  sehr  überlegener  Klüfte  mit  dem  (General 
Dnorot  Uber  den  Pigeoonier  zn  vereinigen. 

Verstindigen  Sie  den  General  Dnerot,  der  im  Marsehe  auf 
Lembach  begriffen  ist,  er  solle  gleichfalls  anf  sdner  Hat  sein.** 
Dieses  Telegramm  hat  General  Donay  nm  7^  vorm.  in  seinem 
Stabsqnartler  Stelnsels  erhalten.^)  Er  gab  den  Inhalt  sofort  an 
General  Dncroi,  wie  befohlen^  weiter,  ond  traf  Anordnungen  für 
einen  allenfallsigen  RUcksog.  Dagegen  sehemt  an  den  MarBcball 
Mac  Mabon  das  verlangte  Antwort-Telegramm  nicht  abgegangen  zu 
sein;  dieser  worde  vielmehr  dorch  eine  Zivilperson,  wie  wir  hören 
werden,  von  dem  Angriff  des  Gegners  benachrichtigt. 

Gegen  8^  morgens  ist  Mac  Mabon  wieder  an  einer  mbigeren 
Anffassaug  der  Lage  bei  der  vorgeschobenen  2.  Division  gekommen, 
er  erwartete  offenbar  keinen  Angriff  am  heutigen  Tage  (4.),  wie 
ans  folgenden  beiden  Telegrammen  hervorgebt: 

An  den  Major  gönöral.  ab  Stralsburg;  4.  7**  vorm. 
V,  282  „Ich  belasse  die  Truppen  des  Generals  (A.)  Douay  zu  seiner 

VerlUgong.  Heute  abend  wird  die  4.  Division  des  1.  Korps 
ohne  das  87.  Infanterie-Regiment,  das  hier  bleibt,  uro  die  Be- 
satzung von  Stralsburg  zu  bilden,  die  Artillerie  •  Reserve  und 
die  KUrassierbrigade  (der  Division)  Duhesme  in  Hagenau  sein, 
ebenda  das  Armee-Hauptquartier.  Ich  reise  ab,  um  die  Postie- 
rungen VCD  Weifsenburg  bis  Reicbsbofen  nachzusehen^. 
An  den  General  Douay  in  Weilsenbuig-  ab  Stralsburg  4.  7*®  vorm. 
V,  232  „Ich  werde  um  9  Uhr  nach  Weil'senburg  fahren,  wo  ich  Sie 


^Das  Abbrechen  von  Gefechten,"  herausgegeben  vom  Gr.  General- 
sUb,  Seite  4,  gibt  dieses  Datua  anf  Grund  der  Bara  dliistolre  1901  an; 
das  frusösische  G^eralstabswerk  erwähnt  die  Zelt  des  Eingaqges  nicht, 


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Die  Tätigkeit  den  MarsohftUa  Mao  Mahon  vor  der  Schl«ohk  you  WOrth.  275 


zu  treö'en  hoffe.    Bestimmen  Sie  eiuen  Zug,  der  inioh  anf  melDem 
Ritt  zu  den  rustierungen  der  1.  und  2.  Division   zu  begleiten 
hat.    Dies! :  Zug  hat  in  ßeicbsbofen  za  nächtigen  und  wird 
morgen  wieder  einrücken." 
Beide  Telegramme  wurden  um  8**  abgefertigt. 
Mac  iM;ilinn  beirab  sich  gegen  9°  auf  den  Bahnhof,  um  die 
beabsichtigte  i*  alirt  uach  Weilsenburg  anzutrt  tt  n :  Offiziere  seines 
Stabes  und  die  nötigen  Pferde  wnrden  niitgenouinieü.    AJs  der  Zog 
•eben  abo^ehcn  sollte,  wurde  dem  Marsdiall  folgendes,  vom  Bahuhofe- 
Vorstaud  m  Weilsenburg  8^^  vorm.  aulgegebenes  Telegramm  Uber- 
^ben: 

,.k'h  lasse  den  Zug  Nr.  20  in  Sulz  auiialU  n;  man  beschiefst     V.  174 
in   diesem  Augeubiicke  die  Stadt;   die  Geschosse  kommen  bis 
züin  Bahnhof."*) 

Mac  Mahon  sandte  sofort  an  General  Ducrot  (1.  Division)  nach    V,174, 19C 
Lembach  und  an  General  Kaoult  (3.  Division)  nach  Reichshofen  den 
teiegraphischen  Befehl,  sich  marschbereit  zu  halten  und  reiste  dann  ab.^) 

Konnte  diese  vorläufige  Bereitstellung  der  1.  und  Division 
zu  einer  Unterstützung  der  Division  Douay  führen,  falls  diese 
emstlieh  angegrilTeu  wurde?  Der  Marschall  wulste  nach  der  oben 
angeführten  Meldung  des  Führers  der  1.  Division  (Ducrot),  dals 
(lieser  das  13.  Jäger-Bataillun  und  das  18.  Iniauterie-Kegiment  schon 
^stern  auf  Lembach  vorgeschoben  hatte,  dals  hingegen  das  Gros 
der  Division  erst  am  heutigen  Morgen  von  Heicbsbofen  auf  Lembach 
abgerückt  sein  wUrde.  Wenn  nun  Mac  Mahon  annahm,  dafs  er 
während  der  £isenbahnfahrt  weitere  Nachrichten  über  den  Stand 
der  Dinge  bei  Weilsenburg  erhalten  würde,  so  konnte  ein  Befehl 
die  Division  Ducrot  doch  frühestens  um  10®  erreichen.  Die 
£ntfemung  Lembach- Weilsenburg  beträgt  15  km  (nach  dem  franzd« 

>)  Der  Bahnhof  liegt  sftdJich  der  Stadt. 

2)  Nach  Bonnal  hat  Mac  Mahon  an  General  Uaoult  zwei  Telegramme 
abgesandt,  das  erste  um  „Ich  erhalte  die  Nacluricht  eine.s  Angriffes  auf 
Weifsenburg.  Ihre  Truppen  siad  so  bereit  zu  halten,  dafs  sie  beim  ersten  Befehl 
abmarschieren  kOnneB.  Idi  fahre  nach  Sulz,  Yon  dort  werde  ich  mich  zur 
Idnie  der  Voipoeten  b^ben.*  Daa  zweite  Telegramm  ab  10^  lautet;  „Ich 
fahre  mit  der  Bahn  nach  Weifsenburg.  Von  W^fiaenborg  aus  werde  ich 
TAI  Pf»'Hf'  liit  P' ■  ( iernnp^n  bis  Reichshofen  nachsehen;  dort  hoffe  ich  Sie 
zu  treffen."  [iiot-  beiden  Telegramme  enthalt  das  französische  (ieneralstabs- 
Werk  nicht,  ebensowenig  dai»  an  Ducrot  gericbtete.  Bonnal  gibt  die  Zeit 
dar  Abreise  des  Marschalls  anf  10*>  an,  wahrscbeinlieh  auf  Gnmd  des 
Datums  des  zweiten  Telegrammes  an  Baoolt.  Indes  dflrften  die  sKmtlidien 
Tele^amme  später  abgefertigt  worden  sein,  als  sie  aufgegeben  wurden. 
Verpr)  hierüber  die  oben  erwähnten  Telegramme  an  den  Major  gen^ml  und 
Oenerai  Douay. 


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276  I>to  TUigk«!!  des  XtraAbalte  Nm  lUhon  vor  der  Sohlacht  von  WM. 

sigcheD  Generalstabswerk).  Die  Spitzen  des  Gros  der  1.  Divisioii: 
konnten  also  dann  um  1^  anf  dem  Gefecbtsfeld  eintrefien;  im 
{Stanzen  hätten  die  Trappen  an  diesem  Tage  einen  Marsch  voiv 
30  km  zurückzulegen  gehabt.  Die  3.  Division  Raonlt  hatte  am 
^forgen  des  4.  von  Hagenau  nach  Reichshofen  zn  marschieren  (etwa 
18  km);^)  sie  hätte  wahrscheinlich  die  weitere  Leistung  von  30  km 
gar  nicht  mehr  ausfahren  können,  wenn  aber,  so  konnten  ihre 
Spitzen  vor  5  oder  6°  abds.  unmöglich  auf  dem  Gefechtsfeld  ein- 
treffen. Die  Bereitstellung  beider  Divisionen  war  also  eine  halbe 
Mafsregel;  wollte  Mac  Mahon  die  2.  Division  unterstützen,  so  war 
es  zur  Zeit^  als  er  die  Nachricht  von  dem  Augriff  auf  Weifsenburg 
erhielt  —  9^  v.  —  dringend  geboten,  die  I.  Division  sofort  in 
Bewegung  zu  setzen.  Auf  ein  Eingreifen  der  3.  Division  war  aber 
ancfa  um  diese  Zeit  nicht  mehr  zu  rechneu. 

Als  der  Sonder/ug,  der  den  Marschall  nach  Weifsenburg  bring^en 
V,  17Ö  sollte,  etwa  um  11'^^)  Sulz  erreichte,  liels  der  dortige  Bahnhofs- 
vorstand den  Zug  anhalten,  da  er  aus  Weifsenburg  die  Nachricht 
erhalten  hatte,  dafs  General  Donay  von  sehr  ttherleg:enen  Kräften 
angegrriffen  worden  und  die  Hahnverbindung  unterbrochen  sei. 
Während  der  Marschall  dieses  Telegramm  las,  erhielt  der  Bahnhofs- 
vorstand ein  weiteres,  das  besagte^  Weilsenburg  sei  vom  Feinde 
genommen.')    Die  telegraphische  Verbindung  versajrte  von  da  an. 

Mac  Mahon  fand  in  Sulz  das  III.  Bataillon  des  36.  Infanterie- 
Keiriments  vor,  das  von  der  ^.  Division  Baoult  mit  der  Besetzung; 
des  Ortes  beauftratrt  war;  er  <^:ih  dem  Kommandeur  Verhaltongs- 
madsregeln  Uber  die  Dnrchliibrang  des  Sicherheitsdienstes/)  Als- 

1)  Sie  i.st  um  6*  vorm.  abmuschiert  (V,  224),  wird  also  um  9«  Reichs- 
holen  erreicht  haben. 

3)  Die  Geschichte  des  11.  Chasseur-keginients  zu  Pferde  ^ribt  12^ 
an«  Von  Stralkburg  bis  Sulz  ist  die  EntfernuDg  öO  km  auf  der  Bahn. 
Yeimntlich  ist  Mac  Mahon  etwas  Mher  in  Suis  angekomment  wie  sich  aos 
folgenclem  eigibt.  Er  sah  vom  Pigeoimier  aus  die  Räumung  des  Chsife- 
berges,  die  um  8^  erfolgte.  Der  von  Sulz  auf  den  Pigeonnier  »urück- 
zulegendc  Weg  betrügt  etw  a  23  km,  dabei  sind  grofse  Steigungen  zurück- 
zulegen; nach  der  Ankunft  in  Sulz  erfol^^:»  das  Lesen  der  dort  eingetroffenen 
Telegramme,  feruer  die  Befehle  an  lIIjdG  und  G/11  C'hasseurs  zu  Pferde. 
Da  der  Marschall  zu  den  28  km  wohl  zwei  Stunden  brauchte,  wenn  er  andi 
^  vive  allure"  ritty  wie  es  in  seineu  Erinnerungen  heiist,  so  dUifte  er  etwa 
11     in  Sulz  an;::ekommen  sein. 

^)  Diese  Nachricht  war  ungenau;  die  Stadt  fiel  erst  gegen  20  in  die 
Hände  der  Bayern. 

*)  Dieser  Vorgang  ist  im  frauzüsischeu  Generalstabs- Werk  nicht  er- 
wähnt, dagegen  bei  Bonnal.  Es  ist  bezeichnend,  dafs  Mac  Mahon  in  diesem 
wichtigen  Augenbb'ck,  wo  die  grOfote  Eile  geboten  war,  um  auf  das  Gefechts«- 
feld  7.0  kommen,  aivh  mit  untergeordneten  Dingen  abgibt. 


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Die  Tlt|gk«tt  dM  Hirschaus  Mae  Hahon  vor  der  Schlacht  von  Witrtb.  277 

il6r  HanebaU  eben  so  Pferde  steigen  wollte,  meldete  sieb  bei  Ihm 
«He  6.  Eekadion  des  11.  Cfaasseiir*Regiments  sn  Pferd.  Sie  war  nm 
9*  Tonn.  Ton  General  Oonay  auf  dem  Geifiiberg  bei  WeUsenburg  ab* 
geeebiekt  worden  mit  dem  Aoflrage»  den  Hazaeball  anfsusoeben  und 
ihn  Uber  die  Lage  anfznkllren.  Leider  Ist  der  Inhalt  der  Meldang 
der  Eskadron  niebt  angegeben.  Um  9^  hatte  General  Donay  von 
den  8  ihm  zur  Yerfttgong  stehenden  Bataillonen  bereltB  6  ansgegeben, 
anlserdem  1  Batterie  elngesetat,  2  Bataillone,  2  Batterien  und  die 
KaTaOerie-Brigade  Septenil  standen  noeb  In  Beserre.  Bei  seinem 
Eintrefien  anf  dem  Gefeehtsfeld,  etwa  8*^  —  das  Stabsquartier  der 
2.  Difirion  befand  sieh  TOm  8.  anf  4.  in  Steinsek  —  hatte  der 
General  nleht  an  einen  emsthaften  Angriff  geglanbt,  vielmehr  das 
Unternehmen  des  Gegners  ftlr  eine  sttrkere  Erkundung  angesehen. 

Mao  MahoQ  gab  der  Eskadron  den  Anfkrag,  sofort  anf  das  V,  it2 
Gefeobtsfeld  snrttekznreiten  nnd  dem  General  Donay  m  sagen,  er 
solle  sieh  solange  als  möglieh  halten,  und  wenn  er  znm  Kttekzoge 
genötigt  würde,  diesen  In  gnter  Ordnung  ansftthren.  Die  Eskadron 
kam  in  der  Näbe  des  Geilsberges  erst  an,  als  das  Gefeeht  bereits 
m  Ende  gegangen  war,  konnte  sieh  also  ihres  Auftrages  nieht  mehr 
entledigen.  Sie  ritt  naeh  Snls  snrttek  nnd  vereinigte  sieh  am  v,  112  A. 
nächsten  Tage  wieder  mit  ihrem  Regiment  bei  FrOschweiler.') 

Hae  Mahon  ritt,  nachdem  er  die  erwühnten  Auftrüge  erteilt 
hatte,  nieht  anf  das  Gefeehtsfeld  vor,  wie  man  erwarten  sollte.  Die 
EatfemuDg  von  Sola  bis  «um  Geiftbe^  betragt  sowohl  auf  dem 
Wege  Uber  Bremmelbach  als  auch  auf  der  grofsen  Strafte,  die  su 
diesem  Zweck  vorKuaiehen  gewesen  wilre,  12  km;  der  Marschall 
konnte  also  nach  1<>  auf  dem  Gefechtsfelde  eintreffen;  tarn  Sohatse 
gegen  alleDfallsige  feindliche  Patrouillen  hfttte  er  die  Eskadron 
Chasseurs  mitnehmen  kOnnen.  Statt  dessen  ritt  der  Maisehall  „in  V,l7ß.l$K> 
lebhafter  Gangart''  —  wie  er  selbst  in  seinen  nnveröifentHchten 
Eriunernngen  erzählt  -  über  den  Pfaffenscblickpafs  nach  Lembach, 
am  dort  den  Fllhrer  der  1.  Division,  General  Dacrot,  zu  treffen. 
Die  Entfernung  Sulz — Lembach  beträ§:t  etwa  14  km,  dabei  mnis  die 
PafshObe  ttberwonden  werden,  die  das  ihr  vorgrela^erte  Hügelland 
um  rund  200  m  Uberragt;  gegen  Lembach  fuhrt  der  Weg  dann 
ebenso  steil  hinab. 

Mae  Mahon  durfte  bei  richtiger  Oberlegung  gar  nieht  erwarten, 


')  Diese  Episode  f^-ibt  das  französische  Genornl«:taHsweik  nach  der 
Geäcbichte  des  11.  Chassenr-Kegiments  zu  Pferd  wieder.  Die  Kskadron 
mnfii  keine  besondere  Eile  gehabt  haben,  auf  den  Gei&berg  zurückzukommen, 
sonst  hatte  sie  —  die  Entfernung  beträgt  12  Irai  —  geraume  Zeit  vor  Be- 
endigung des  Gefechtes  dort  eintreffen  mflssen. 


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.278        miigkeit  Hei  M ftnohalls  Hsc  Hahon  tot  dor  SehUeht  von  WM. 

den  General  Dncrot  bei  Lembach  za  treffen.  Denn  dieser  halle 
zwar  befeblsgeroäfs  am  beotigen  Tage  (4.)  mit  seiner  Dirision  von 
Reichsbofen  nacb  Lembacb  abzurücken,  da  ihm  aber  eeit  dem 
2*  Aogaet  auch  die  2.  Division  Doaay  unlersteUt  war,  so  war 
aDxanebmen,  dafs  er,  wenn  diese  uDgegrlffen  wurde,  zn  ihr  Torgeeilt 
sein  werde.  So  war  es  auch  in  der  Tat.  Ducrot  hatte  aof  seinem 
174  Marsche  den  Kanonendonner  niebt  geliert,  erst  als  er  etwa  nm  12^ 
nach  Lembacb  kam,  erhielt  er  tob  dem  Ftthier  des  nach  Klimbacb 
vorgeschobenen  96.  Regiments*)  Meldung  Uber  ein  Gefecht  der 
2.  Division  bei  Weifsenburg. 

Der  General  befahl  sofort  dem  Gros  seiner  Division,  auf 
Kümbach  TorzurUcken,  dem  96.  und  78.  Infanterie-Regiment,  den 
Pigeonnier  su  besetzen  und  ritt  fllr  seine  Person  naeh  diesem  Ans* 
siohtspunkt  vor. 

Mac  Mahon  fand  demgemäfs,  als  er  etwa  1'^  ^)  in  Lembach 
eintraf,  den  General  hier  nicht  vor,  wohl  aber  traf  er  anf  die  Marsch- 
iKOlonne  der  1.  Division.  Er  ritt  nun  ebenfalls  gegen  den  Pigeonnier 
vor  und  holte  unterwegs  den  General  ein,  beide  trafen  etwa  um  2**  ^ 
anf  der  weitbin  Überblick  geätattenden  Höbe  ein.  Von  Lembaeh 
ans  hatte  der  Marschall  ungefähr  9  km  zn  reiten  (gehabt. 
190  „Man  konnte  das  ganze  Geleehtsfeld  von  Weilsenburg  sehen", 

so  schreibt  Mac  Mahon  in  seinen  unveröffentlichten  Erinnerungen. 
(Der  linke  französische  Flügel  bestehend  aus  Teilen  der  2.  Infanterie- 
Brigade  [1«  algerisches  Schützen regiment]  oud  die  Kavallerie  Brigade 
Septeuil  war  om  diese  Zeit  im  Abzog  von  Steinselz  nach  Kleebarg 
begriät:n ;  in  Weilsenburg  fielen  eben  die  letzten  Schüsse,  bei  Steinselz 
feuerte  franzc^siscbe  Artillerie  [2  Kanonen-Batterien],  der  Geifsbei^ 
—  mit  Ausnahme  des  Schlosses  —  wurde  von  der  1.  Brigade 
V,  216  Montmarie  geräumt.)  Der  Ordonnanz-Offizier  dieser  Brigade  traf 
auf  dem  Pigeonnier  ein,  um  Uber  die  Lage  Bericht  zn  erstatten. 


1)  D«8  99.  Infanten' e-Hoc^iment  hatte  nm  Morgen  des  4.  Posticrun^en  nach 
dem  Pigeonnier  vorp;(>schoben  «nd  wnnlc  dort  von  dem  zur  2.  Division  ge- 
hörigen 78.  Infunti'ric-Hi'p^inient  ab^^elöst.  Obwohl  man  den  Kanonendonner 
hörte,  obwohl  muu  ilan  Gelticht  deutiich  sah,  ging  von  hier  keine  Meldung  nach 
Xlimbach  zurück.  Der  Oberst  des  96.  Jiegiraents  erhielt  diese  Bret»  ab  die 
Postierung  seines  fiegiments,  die  auf  dem  Pigeonnier  gestanden  hatte,  um 
110  in  Ombaeh  einrückte.  Auch  mufs  die  Weitergabe  der  Meldung  an 
den  Divisions-Kommandenr  —  diese  enthielt  übrigens  ni(  hts  über  den  Emst 
der  Situation  —  entweder  zu  spät  oder  sehr  laugsam  erfolgt  sein. 

Dic»e  Zeit  ist  von  mir  berechnet  nach  den  Angaben,  dais  Mac 
Uahon  am  12^  in  Suhc  abritt  und  an  der  Zeit  der  Rttumung  des  Geilk- 
betg»  (2<>}  auf  dem  Pigeonm«r  eintraf,  im  Znsammenhalt  mit  den  xurflck- 
aulegenden  Entfemnngen. 


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Die  TlligMi  ^6S  MifMbilte  Hm  MÜmmi  vor  d«r  SoUadit  m  Wörth.  279 


Mac  Ifahan  liOrte  die  Melding  in  6<c^nwart  des  Generals  Dnerol 
lud  des  Generals  Golson  an,  erbal  sieh  Ton  dem  tlberbiiDger  ein 
Kroki  „der  Stellungen  und  der  Bewegungen**  der  Kelomien,*)  dankte 
nach  dessen  FerCigstellong  und  sagte:  ,,Fttr8ie  (die  Dentschen)  das 
•eiste  Spiel,  ftlr  nns  das  sweite.*^ 

Spitter  konnte  der  Maisohall  rerrnntlieh  sehen,  da&  die  Truppen 
der  1.  Brigade  in  Btohtsog  anf  Steinsels  znrilokgingen. 

Vom  Gegner  heobaehte  der  Marschall  nicht  nnr  die  M  Weüsen- 
hnrg  nnd  gegen  den  Geilsberg  eingesetzten  Thippen  (II.  hayriscfaes 
nnd  y.  Korps),  sondern  aaeb  den  Anmarsch  einer  starken  Kolonne 
-Avi  der  Strafee  ?on  Lanterbnrg  (22.  Division  mit  4  Batterien  der 
Korps-Artillerie  XL  Armee-Korps). 

Um  2**  war  das  Gefecht  va  Ende.  (Anf  dentsoher  Seite  wnrde 
jom  die  Zeit  das  Signal  „das  Ganse  halt!.  Sammeln**  gegeben.) 
Man  erkannte,  dats  die  fransttsisehen  Trappen  nicht  Terfolgt  wurden. 
„Da  (snneit)  der  Anfang  der  Kolonne  der  Division  Duerot  erst 
•bei  Klimhach  war**,  sagt  Mac  Mahon  in  seinen  Eiinnemngeu,  „so 
wäre  es  nns  unmöglich  gewesen,  ihnen  su  Hilfe  zu  kommen**.^ 


1)  Erzählung  des  Ordonnanz  Offiziers,  des  späteren  G^neralB  P^doya. 

3)  Orncnl  Ducrot  hat  von  General  Douay  keinerlei  Meldung  über  das 
Gefecht  erhalu-n.  wie  aus  der  oben  erwähnten  '^Patsiiche  hervorquellt,  dafs 
Ducrot  trat  um  12^  von  anderer  Seite  Informiert  wurde.  Dies  ist  um  so 
auffallender,  aU  Donay  dem  General  Ducrot  unteratdlt  war.  Wohl  aber  bitte 
Ducrot  eich  nach  dem  Tagebuche  der  Grafen  von  Lenfse,  Besitzer  eines 
Schlosses  bei  Reichshofen,  der  Mitwirkung  der  8.  Di\n8ion  Raoult  versichern 
wollen.  Der  Graf  erzählt  (Bruchstück  des  unverriffentHrhten  Tagebuches 
in  den  Anlagen  des  französischen  Generalstabswerkes  V,  225): 

«Arn  4.  August  morgens  brachte  ein  Husar  im  Galopp  die  Meldung 
(wohin?)  von  einem  wahradieinlichen  Gerecht  bei  'Weifeenburg  nnd  einen 
Brief  des  Generals  Ducrot,  der  den  General  Kaoult  /nr  Hilfeleistung  auf- 
forderte, wobei  beigefüjrt  war,  dn^  er  (Ducrot)  ohne  Zweifel  am  nächsten 
Tage  die  ganze  feindliche  Arnn  r  mf  dem  Halse  haben  werde. 

Der  General  zögerte  nicht  und  sagte  zu  mir  (Leufse):  ,Ducrot  hat 
mir  keine  Befehle  su  geben;  ich  habe  den  Befehl,  Beichehofen  zu  beeetssen, 
aber  ich  werde  einen  Kameraden  nicht  im  Stiche  laeeen!  Ich  marschiere 
•anf  den  Kanonendonner  los,  das  ist  immer  da«:  Beste  in  einem  solchen  Falle!' 

Zwei  Stunden  später  kam  ein  anderer  Husar  nut  der  Meldung,  dalk 
bei  Weilsenburg  und  Kleeburg  gekämpft  werde. 

Wir  Imchen  anf,  ich  immer  als  S^viUst,  mit  der  Absicht,  den  lüusehall 
anfzusnchen,  der  an  dieson  Tage  in  Suis  sein  mufote. 

Kaum  waren  wir.  mit  der  Division,  eine  Viertelstunde  von  Heichshofen 
entfenit.  als  wir  einen  Oberstleutnant  des  Generalstabes  im  Galopp  heran- 
kommen sahen;  es  war  der  Marquis  d'Abzac:  er  kam  vom  Pigeonnier  in 
schärfster  Gangart,  um  dem  General  Jiaoult  den  Befehl  zu  überbringen, 
tnach  IVösdiweiler  an  rttcken  nnd  dort  stehen  sn  bleiben  .  .  .  .* 

Diese  EraftUnng  klingt  sehr  nnwahrscheudich.  General  Ducrot^  der 


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v,ii6,i«a 


280   Die  TlÜgkflik  dei  Mmluait  Mao  UOmo  vor  der  SeUtdit  von  Wfirth. 


r.  K^iHiniii  Der  Maneha]!  berichtete  sofort  aD  den  Kaiser  in  Dacbsteheodeni' 

an  den       TelegRimm,  das  vom  PjgeoDDier  2*^  datiert  ist  and  in  Hageoaa  5*<^ 
aufgaben  wurde: 

V,  288.  :,nie  Division  Douay  ist  bente  morgen  bei  WeÜBeiibiirg  von 

einem  Heeresteil  angegriffen  worden,  der  ans  mindesteDS  4  Dln- 
flionen  —  mit  starker  Artiilerie  —  besteht. 

Der  General  Douay  ist  sehr  sobwer  TerFTondet  worden. 
Seine  Di?ision  wurde  zum  RUckzng  genötigt. 

Gegenwärtig  sammelt  sie  sich  in  der  Nähe  des  PigeoDnier^ 
»wischen  Wörth  und  dem  Pigeonnier.^) 

Die  1.  Division  rückt  nach  vorwärts,  am  die  Stellung  von. 
KUmbach  zu  besetzen  und  jene,  die  sieh  von  Pigeonnier  gegen, 
den  Pfaffenscblickpals  hinzieht;  sie  wird  stark  besetzt. 

Ich  ^ebe  der  3.  Division  (Raonlt)^  den  Befehl,  deli 
zwischen  Görsdorf  und  Fröschweiler  aufzustellen. 

Endlich  rufe  ich  die  4.  Division  (Lartigue)')  heran,  die 
beute  Nacht  kommen  wird;  sie  wird  bei  Gnnstett  Aufstellnng^ 
nehmen. 


noch  am  Tage  vorher  die  La^u  so  sanguinisch  auffafkt  —  vgl.  den  JJricf 
an  General  Faure,  —  der  am  Morgen  des  4.  ruhig  mit  seiner  Division 
von  Reichshofen  naeh  Lembach  rettet»  soll  am  gleichen  Morgen  ein  Gefecht 
bei  WeUbenbnrg  fOr  wahndieiniich  halten!  In  d«r  Biographie  Ducrots  ist 
das  angebliche  Schreiben  an  Eaoult  nicht  erwähnt. 

General  Raonlt  hatte  am  4.  Atip^nst  von  Hagenau  nach  Ueiclishufon 
zu  marschieren.  Der  Aufbruch  erfolgte  um  ö^.  Wenn  die  Entälilung  «ies 
Grafen  von  Leulke  richtig  ist,  so  hat  der  General  ganz  entgegen  seino.u 
Worten  gehanddt,  denn  er  ist  nicht  gegen  das  Gefechtsfeld  hin  abgebogen« 
sondern  auf  Reichshofen  weiter  marschiert. 

Im  Text  <1es  fransösiscben  Genenüstabswerkes  ist  von  diesen  Vor> 
gängen  nichts  erwähnt. 

Das  franzosische  GeneraUtabswerk  gibt  auf  Seite  18'i  des  Bandes  \ 
an,  dais  am  Abend  des  4.  Augnat  die  1.  Brigade  der  2.  Division  (jetzt  Pelle) 
in  Pfaffenbronn,  die  2.  in  Sulz  gewesen  sei.  Dementgegen  wird  anf 
Seite  186  ensählt,  dafs  die  1.  Brigade  nach  dem  Punkt,  von  dem  si(> 
»bniBi"schiert  war,  nJlmlich  Hagenau,  nb/og.  wo  sie  um  11  ^  nachts  eintmr. 
die  *2.  Brigade  hingegen  über  den  Pfaffensclilickpafs  nach  irTalfenbruuu  und 
Lembach,  wo  sie  wälirend  der  Nacht  ankam.  Diese  letztere  Angabe  ist  die 
richtige,  vgl.  „das  Abbrechen  von  Gefechten"  Seite  92  nnd  Band  VI  de« 
französischen  GeneraLstabe-Werks,  Sate  182.  In  dnem  amtlichen  Werk 
sollten  solche  Unstimmigkeiten  nicht  vorkommen. 

'^1  Die  Division  hatte  am  heutigeji  M<tra:«»n  von  Hagenau  nach  Reichs- 
hofen zu  marschieren,  der  Aufbruch  w  ar  um  5^  erfolgt    V,  224. 

*)  Die  Division  hatte  am  heutigen  Morgen  von  Strafsburg  nach 
Hagenau  zn  marschieren  (Anlbruch  4*);  sie  traf  um  9^  hier  ein.  Am  späten 
Abend  erhielt  sie  den  Bef^l  zum  Abmarsch,  trat  um  an  und  kam  am. 
5.  August  um      morgens  bei  Gonatett  an.  V,  226,  176. 


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I>ie  iäügkeit  des  Marschaiiü  Mac  Maiiua  \  or  der  äcblaehl  von  Wörth.  281 

Die  6  Kllfasaiflr-Begiiiietiter')  und  die  Beserre- Artillerie 
werden  rttekwKrte  AiMellung  o^Bea  und  swer  reelite  Ten 
FrOeeliweiler,  auf  dem  rechten  Ufer  des  Sanerliaohes. 

Ich  gebe  den  Geaml  Donay  den  Befehl,  die  DiTimon 
CoDseil  Dameenil  naeh  HageDan  za  sdücken'.) 

Wir  fnardea  aasere  iteHongen  Terteidigen;  soUten  wir  zam 
Kttokzog  genötigt  werden,  so  wttrde  er  ttber  Lembach  and 
Meieenthai  anegeftthrt  werden. 

Wenn  ebe  Division  von  Bitseb  mittelst  Bahn  kommen 
konnte,  so  wSre  sie  in  Reichsbofen  ansznladen.** 

Aus  den  Aufschlüssen,  die  dieses  meines  Wissens  bis- 
her noch  nicht  Teröffentlichte  Telegramm  gil)t,  ist  folgendes 
besoDders  beachtenswert;  1.  Mac  Mahon  falst  unter  dem  Eindruck  des 
Gefechtes  von  Weilsenborg  sofort  den  Entschlafe,  seine  Truppen  bei 
Wörth  zu  vereinigen  und  dem  Gegner  hier  eine  Delensiv-Schlacht 
zu  lieiern,  2.  Er  will,  wenn  er  daselbst  zum  HUekzu?  freniitigt 
wird,  sich  an  den  rechten  FlUgel  der  lothringischen  Gruppe  des 
französischen  Heeres  heranziehen. 

An  die  3.  Division  Kaonlt  ist  der  Befehl,  von  Keichshofen  nach 
Fröschweiler  abzurücken,  offenbar  alsbald  nach  Mac  Mahons  Ein- 
tieften auf  dem  l^iireonnier  abgegangen,^)  da  er  nach  dem  Tagebuch 
der  Division  schon  um  3°  bei  dieser  eingeganL'-eii  s(  in  soll.  Wahr-  -^2:" 
s<'hi  iülirh  ist  dies  jedoch  etwas  später  der  Fall  irewescn,  da  die  Eot- 
lernuDg  i'igeonnier — Keichshofen  Uber  20  km  beträgt. 

Mac  Mahon  blieb  noch  geraume  Zeit,  nachdem  das  Gefecht  von  ^ i  l'ö 
Weifsenburg  zu  Ende  gegangen  war,  auf  dem  Pigeonnier. 

£r  liefe  das  78.  Infanterie-Regiment  (der  2.  Division),  sowie 
die  mittlerweile  herangekommene  Infanterie  der  1.  Division  (mit 
Ansnahme  eines  Begiments)  anf  dem  Berg  ond  den  gegen  Kleeburg 
abfallenden  Hüngen  (Bergwald  anf  der  französischen  Karte)  eine 
Bereitstellong  beziehen,  „nm  jeder  Möglichkeit  begegnen  za  können**. 
Der  Oedanke,  mit  diesen  Kräften  in  die  Ebene  bemnterzostofsen  — 
die  Franzosen  standen  nnmittelbar  in  der  Flanke  der  dentsehen 


>j  4  der  Besenre-KaTaUerie-Division  BoniiemtiixM,  2  der  Brigade  Michel 
(zur  KavaUerie-DiTiaion  Duhesme  des  1.  Korps  gehörig),  letztere  waren  am 
4.  in  Hagenau,  erstere  in  Pfalzburg  und  Zähem.    V,  182  und  177. 

Die  1.  Brigade  dieser  Division,  iler  1.  des  7.  Kurps,  stand  in  Mül- 
hausen, die  2.  in  Cohnar.  Der  Abtransport  auf  der  Bahn  erfolgte  in  der 
Nacht  vom  4.  zum  r>. 

>)  Der  Überbringer  des  Üefehls,  Oberstleutnant  des  Generalstabes, 
d'Abaac,  ist  in  schärfster  Gangart  geritten. 


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282  ^  TiUgkait  des  Ifanobills  Mae  MabMi  vor  der  SoUeebt  ▼«!  WQilb. 

läppen,  ohne  Ton  diesen  bemerkt  so  werden')  —  wurde  von  Ma& 
Hahon  in  Anbetnutbl  der  Stärke  des  Gegners  Terworfen. 

Der  Marsehall  and  General  Dncrot  beobaehteteo  tod  ihrem 
Oberriehtepankte  ans  lange  Zeit  die  Biwaks  des  Gegners sie 
sehätoten  die  anwesenden  Trappen  auf  80000  Mann.  Da  der  Befehl 
snm  Beziehen  der  Biwaks  auf  deatscber  Seite  am  3***  bei  Schaf  bnaeh 
anf  der  Hohe  des  GreUBberges  gegeben  wnrde,  mithin  die  entfernteren 
Trappen  wohl  erst  nach  4^  an  den  zugewiesenen  Plätzen  ankamen, 
so  mufs  Mac  Mahon  mindestens  bis  4**^  anf  dem  Pigeonnier  ge- 
blieben sein. 

Das  Hauptquartier  der  Armee  wurde  nach  Reichshofen  verleirt. 
Mac  Mabou  ist  Uber  Rlimbach,  Lembach  and  Mattstail  zurück- 
geritten.') 

Bei  FrüschweUer  traf  der  Marschall  auf  die  3.  Di?ision  Raoolt. 

V.  324  die  wie  erwähnt,  von  Reichshofen  hierher  beordert  und  um  5^*^  ein- 
getroffen war.   Der  Marschall  gab  dem  General  „noch  eingehendere 

V.  187  Weisungen**  —  Tcrmutlich  über  die  zu  nehmende  Anfstellnng  — 
und  ritt  dann  nach  Reichsbofen.  Ex  hatte  vom  Pigeonnier  ans  etwa 
28  km  snrttckznlegen,  ist  also  kanm  Tor  6^^  nachmittags  in  seinem 
Quartier  angekommen.  Im  ganzen  ist  Mac  Mabou,  der  im  Jahre 
1870  nahezu  62  Jahre  zählte,  am  4.  August  bei  schwUlem  und 
regnerischem  Wetter  etwa  46  km  geritten,  eine  ganz  tüchtige 
körperliche  Leistung,  wenn  man  bedenkt,  dafs  ihr  schon  seit  dem 
frttbesten  Morgen  eine  Reihe  der  schwerwiegendsten  Entscheidungen 
vorausging,  und  der  Abend  gleichfalls  durch  die  Befehle  für  den 
nächsten  Tag  in  Anspruch  genommen  wurde.  Man  sieht  also,  dals 
im  Kriege  neben  den  höchsten  Anforderungen  an  die  moralische 
Spannkraft  ancb  das  Erfordernis  körperlicher  Leistnngsfthigkeit 
selbst  an  sehr  hochstehende  Führer  herantritt. 

V,  191  Mae  Mabon  stieg  in  Keicbshofen  im  Schlosse  des  Grafen 
von  Lenise  ab,  der  Bttigermeister  des  Ortes  und  Abgeordneter  war. 


'»  Die  Vorposten  des  11.  Bayr.  Korps,  die  am  späteren  Naclimittag  ia 
Linie  Weiler — Rott  standen,  plänkelten  wiederholt  bis  gegen  Morgen  des 
o.  August  mit  den  im  Wald  gegenObor  stehenden  franzGsiscIien  Abteilungen. 
Generalstabswerk,  I,  198. 

-)  Das  II.  r>a\T.  Korp«;  laij:erte  mit  der  Infanterie  westlich  Weifsenburg, 
Kavallerie  und  Koq)s-Artillerie  nördlich  und  östlich  der  Stadt;  das  V.  Armee- 
korps blieb  südlich  Altenstädt,  seine  Korps-Artillerie  hinter  diesem  Ort. 
Vom  XI.  Armeekorps  biwakierte  die  21.  Division  suf  dem  Geifsbcrg.  die 
22,  Ostlich  der  Eisenbahn.  Generalstabswerk,  1»  198, 

S)  Bonns],  Seite  146. 


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Die  Tülgktie  468  Hanoluüls  Hm  Mihon  vor  der  SeUaeht      WOrtk.  283 

Bei  Tisehe  ragte  er,  „ds&  wir  gescUageD  worden  seien;  mdes  seien    V,  m- 
nnr  wenig  Trappen  liefteiligt  gewesen;  er  nehme  den  Ricksag  auf 
FrOBehweOer  nnd  reeiine  damit,  hier  den  Feind  aofisohalten".*) 

Am  Abend  worden  die  Befehle  flir  die  Vetsammlung  am  V,  176. 
nSolisten  Tage  erlassen. 

Die  1.  and  2.  Divisiou,  sowie  die  Kavallerie- Brigade  Sepieuil 
halten  über  Klimbach,  Lembach,  Mattstal!  und  Lan^ensulzbach  auf 
Fröschweikr  zialick  zu  gehen.  Die  .>.  Uivisioa  Raoult  sollte  östlich 
Früsch Weiler  Biwak  beziehen.  Die  4.  Division  Lartigae  erhielt 
Befehl,  noch  hente  auf  Gunstett  abzurücken.  Die  KUrassier-Brigade 
Michel  der  Kavallerie-Division  Duhesnie,  die  Artillerie  und  Geuie- 
Reserve  des  1.  Korps  sollten  von  Hagenau  unverzüglich  nach  Reichs- 
bofen  marschieren.  Die  Kavallerie-Brigade  Nansouty  and  die 
Detachemeots  in  der  Rheinebene  hatten  zu  ihren  Verbänden  abzu- 
rücken. Die  Reserve 'Kavallerie- Division  Bonnemains,  zurzeit  in 
Pfalzbnig  nnd  Zabem,  sollte  am  5.  mit  Tagesanbruch  bei  Hagenau 
eintreffen.  Der  kommandierende  General  des  7.  Korps  wurde  be* 
auftragt,  die  Division  Conseil  Dumesnii  (1.)  von  Colmar  auf  der 
Eiaenbahn  nach  Hagenao,  wo  sie  weitere  Befehle  treffen  würden, 
b^hdern  m  lassen.  Die  Einladung  hatte  noch  in  der  Nacht  za 
heginnen.  Der  Kommandant  yoq  Hagenau  erhielt  Befehl,  die  Wdter- 
fahrt  der  Division  bis  Reichsbofen  an  Teranlassen,  wenn  die  Bahn 
frei  sei;  entgegengesetzten  Falles  hatte  er  an  veranlassen,  dals  die 
Division  dieses  Ziel  mit  Fofsmarseh  erreiebe. 

Wir  sind  gewöhnt,  dnfs  jeder  operative  oder  taktische  Beiehl 
Mitti'ilQiiu-pn  über  den  Feind  und  die  ciL^one  Absicht,  sowie  Angaben 
Uber  die  Tätigkeit  der  Nachbar-AbtL iliiti;^en  neben  dem  Auftrag 
enthält;  das  war  in  der  elsässlscbon  Arna  c  nicht  üblich.  General 
Bonnal  schreibt  Uber  die  Befehisgeboug  bei  dieser:  ,.l)ir  t  lsUssisehe 
Armee  hat  nicht  einen  einzigen  allgemeinen  operativen  Beiehl  seit 
ihrer  Versammlung  bis  zum  Tage  der  Schlacht  von  Fröschweiler 
erhalten,  so  duls  Generale,  Offiziere  und  Soldaten  während  dieser 
ganzen  Zeit  wi  der  Uber  die  Tätigkeit  des  Feindes  noch  über  die. 
Absichten  des  .Marsehalls  unterrichtet  w^aren  .  .  .  Jeder  Divisiona- 
Kommandeur  schlägt  sein  Lager  lu  b^n  derjenigen  Division  auf,  dm 
er  schon  an  Ort  und  Stelle  eingerichtet  vürluidct.  und  wenn  er 
Befehle  erhält,  so  geben  sie  ihm  nur  für  seine  Feräou  ood  vertrau^ 
lieh  zo.*'^)  -- 


*)  Aus  dem  Tagebuch  des  Grafen  von  Leufse. 
^  Bonnal,  Seite  117—178. 


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284   ^  Titigkeit  dw  Mandialls  Ute  Nilioii  vvt  4er  8e1ü»eht  m  WOidi. 


V,  177  Am  Abend  richtete  Mao  MahoD  ein  Schreiben  an  den  Forst- 

beamten  zu  Higenan,  in  dem  er  Um  anttbiderte,  im  Hagenaaer  Wald 
Verhaae  anzalegen,  die  Brucken  sprengen  nnd  die  Eiaenbahn  am 
Eingang  des  Waldes  nnterbreehen  zn  lassen;  feriKr  worde  der 
Bahnhofs  vorstand  Ton  Hagenau  ersadi^  die  Schienen  aof  der  Strecke, 
von  Waiburg  angefangen,  entfernen  sn  lassen. 
V.  284  Endlieb  berichtete  der  llarschall  am  10^  nachts  an  den  Kaiser 

2.Telegramm  folgendes: 

fit^g^  iJ^rei^)  Begimenter  der  Division  Donay  nnd  eine  leichte 

KavaUerie-Brigade  sind  bei  WeiüBenbnrg  nnd  Gegend  von  sehr 
betrftchtliehen  KrSften  angegriffen  worden.  Diese  waren  in  deo 
Wäldern  versammelt  worden,  die  den  Lanf  der  Lauter  begleiten. 

Diese  Tmppen  haben  nahesn  swei  Standen  den  Angriffen 
des  Feindes  Stand  gehalten*)  nnd  dann  ihren  Rücking  befeUa- 
gemäls  anf  die  Höhe  des  Figeonnier  genommen,  die  die  Stralse 
nach  Bitsch  beheirschi 

Generai  Donay  ist  gefallen.  Wir  haben  empfindliche  Verlaste 
erlitten. 

Der  Feiüd  hatte  bei  Einbruch  der  Nacht  seine  Krätte 
gegenüber  den  Stellungen  der  1,  und  2.  Division  des  1.  Korps 
auiniarscbieren  lassen. 

(Chiffrierter  Teil.)  Die  Truppen  des  Gegners  sind  beträcht- 
lich. Sie  müssen  zum  mindesten  aus  zwei  Armeekürps  bestehen. 
Die  Oefantjenen  sagen  aus,  es  sei  die  Armee  des  Kronprinzen, 
znsauiiuengesetzt  aus  einem  preufsischen  und  zwei  Korps  der 
SUdarmee-'^)  Die  Artillerie  war  btirachtlich;  eines  unserer  Ge- 
schütze, dessen  Pferde  getötet  und  dessen  Lalette  gebrochen 
war,  ist  in  den  Händen  des  Gegners  geblieben. 

Nach  den  Absichten,  die  der  Gegner  znm  Angriff  auf  unsere 
Stellnnjren  getroffen  hatte,  habe  ich  geglaubt,  mich  nicht  in  dem 
Gebinde,  das  wir  besetzt  hielten,  halten  za  sollen,  da  wir  einer 
Umfassung  zu  sehr  ausgesetzt  waren.**) 

Mit  Einbruch  der  Dunkelheit  habe  ich  alle  Trains  hinter 
Fröschweiler  zarttciLgeheD   lassen;  morgen  vor  Tagesanbmeb 

V)  Bas  78.  Regiment  stand  auf  dem  Pigconiu'er  mit  drei  Kompagnien« 
mit  dem  liest  bei  KÜtnbach:  es  griff  nicht  in  da»  (Jefocht  ein. 

2)  Tatsächlich  dauerte  das  tief  echt  6*/j  Stunden. 

')  8olI  heiXsen:  der  Südstaaten. 
Hiermit  ist  wohl  gemeint,  dars  eme  Unterstütiuiig  der  Division 
Douay  durcli  die  nach  und  nach  am  Figeonnier  eintreffenden  Tmppen, 
zunächst  7S.  und  96.  Infanlerie-Begiment,  nicht  angezeigt  ersdueo. 


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Die  Tfttigkeit  4ea  ManduOis  Jdao  Maiioa  vor  der  SohUcht  von  Wörth.  285 


werden  sich  die  1.  uud  2.  Division  in  Marsch  setzen,  um  (dort) 
eine  Stellung  zu  beziehen.  Sie  ist  zum  Teil  schon  besetzt  durch 
die  Division  Raouit,  die  auf  dem  rechten  Ufer  des  Sauerbaches 
steht.    Hier  werde  ich  notigenialls  eine  Schlacht  liefern. 

Um  die  Offensive  mit  Vorteil  \vieder  aufnehmen  zu  können, 
bedurfte  ich  einer  Untersttltznng  von  wenigsteus  drei  Divisionen. 
Ich  habe  der  Division  Couseil  den  Befehl  zugchen  lassen,  von 
Colmar  heranzukommen.  Ich  wage  jedocii  noch  nicht  aui  sie  zu 
zählen.'* 

Vergleicht  man  dieses  Telegraimii  mit  dvm  (.Tsten.  das  auf  dem 
Pigeonnier  aiii^t  fal-it  wurde,  so  ergibt  sich,  dafs  Mac  Mahou  am 
Abend,  wohl  auf  Giuad  seiner  Beobachtung  der  feindlichen  Biwaks, 
die  Lage  ernster  auffaCst,  als  am  Nachmittag.  Zwar  wird  die 
Stärke  des  Gegners  jetzt  ebenso  wie  zuerst  aut  luindesteus  vier 
Divisionen  (zwei  Korps)  iiugegebeii.  alk  iu  die  Angabe  der  Gefangenen, 
flals  es  sich  um  drei  Armeekorps  handle,  bleibt  unwidersprochen. 
Der  Gedanke,  sich  bei  Wörth  defensiv  zu  schlagen,  wird  festgehalten. 
Aber  was  bedeutet  der  Beisatz  „nötigenfalls"  (s'il  le  faut)V  Glaubt 
der  Marschall  nicht  an  ein  weiteres  Vordringen  der  Deutschen?  ist 
er  noch  immer  wie  dies  am  Tage  vorher  nach  der  Ansicht  des 
französischen  Generalstabswerkes  der  Fall  war,  in  der  Ansicht  be- 
fangen, dals  die  Deutschen  zn  Operationen  grolsen  Stils  noch  nicht 
imstande  seien?  Das  Gefecht  von  Weilsenborg  konnte  hierüber 
wahrlich  keinen  Zweifel  mehr  bestehen  lassen. 

Der  Marschall  glanbt,  mit  einer  Yerstärknng  von  mindestens 
drei  Divisionen  die  Ofiensive  aafnebmeu  zu  können;  er  will  also  mit 
anderen  Worten  die  Hilfe  des  5.  Armeekorps  hiena  in  Ansprach 
nehmen.  Nach,  seiner  Meinung  beträgt  die  Stärke  der  feindlichen  Armee 
mindestens  vier,  naeh  den  Aassagen  der  Gefangenen  sechs  Divisionen; 
wenn  er  aan  das  5.  Korps  zu  drei  Divisionen  mit  seinem  eigenen 
vereinigte,  so  war  etwa  eine  Kräftegleichheit  gegeben,  dareb  das 
Heranziefaen  der  Division  Conseil  Dnmesnil  das  7.  Korps,  aat  die  er 
allerdings  noch  niebt  zu  zäbleD  wa^  wabnoheinlioh  eine  Überlegen- 
heit. Aber  dieser  Bereefanang  bftlt  das  franz.  Generalstabswerk  Vi«  189 
entgegen,  dafo  Mao  Mahon  sich  die  Frage  vorlegen  moJate,  ob  er 
auf  dem  Pigeonnier  die  ganze  ihm  gegenttbarstefaende  Armee  geseben 
habe;  die  Naohriebten  des  grolsen  Haaptqoartiers  hätten  schon 
unterm  30.  Jnli  dahin  gelanteti  dals  diese  aas  vier  Armeekorps  bestehe, 
nach  einer  weiteten  Angabe  vom  1.  August  sollte  sie  160000  Mann 
stark  sein.  Dieser  Einwand  mnls  als  darcbaos  berechtigt  bezeichnet 
werden. 

Fast  möchte  man  glauben,  dals  der  Gedanke  an  die  Offensive 

JiMMiw  flv  ai«  tentoA»  Amt«  vaA  Haiia«.  N«.  »80.  19 


286    ^it)  Tätigkeit  des  älar»chailä  Mac  Mahon  vor  der  Scblaeht  von  Wurth. 


not  flfloh%  bei  Mm  Htboii  anftuMliie  und  nur  ein  wUlkouDttier 
Vorwaad  war,  um  die  Unteistiltnuig  des  6.  Korps  zo  erhalten; 
denn*  der  Schlnb  des  Telegrammea  an  den  Eaber  klingt  niefats 
weuiger  als  znTenlebtlieb.  Troti  des  bildenden  Beleblea,  den  der 
Maraoball  der  1.  Division  dee  T.  Korps  hatte  Kogeben  lassen,  alsbald 
mittelst  Bahntransportes  an  ihm  m  stoisen,  wagte  er  doeb  nieht  aof 
sie  an  zählen.  Er  ma!b  also  die  HOgliohkeit  einer  Obersehreitnng 
des  Obeirbeios  dnreh  dentsobe  KrSile,  znm  mindesten  die  IJn- 
aasAlbrbarkeit  dee  Befehles  iofolge  einer  Bahnzerstfimng  befOrehtet 
baben-. 

V,  226  ^Wir  Terbraohten  üai  die  ganze  Nacht'*  —  so  erzählt  der  Grat 

von  Lenlse  —  MOttmlicb  der  Marschall^  der  General  Colson,  der 
General  Fanre^)  nnd  loh,  Uber  den  Karten,  wobei  diese  Herren  ebe 
Menge  von  Fragen  an  mieb  stellten,  die  ioh  nach  besten  Krilften 
beantwortete.^  Hierbei  worden  auch  die  allenfallsigen  KUckzugs- 
linien  besprochen;  der  Graf  beaeiobnete  3  oder  4  Straisen  —  offen- 
bar dnreh  die  Vogesen  —  als  geeignet  für  diesen  Zweck.*) 

Als  Gutsbesitzer  besars  dei  Grat  eine  gute  Kenntnis  der  Gegend, 
die  sich  nach  seiner  eiprencn  Meinunj:  anch  auf  da.s  taktische  Gebiet 
erstreckte:  er  berichtet,  er  habe  am  isaehmittag  des  4.  dem  General 
liaouU  ..die  Stelluiii;  von  Fröschweiler"  gezeigt. 
%.  August  Nach  einer  sehr  kurzeu  Nachtrnhe  stie«,'  Mar  Mahon  am  Morgen 

VI,  161     des  5.  August  uni  4  Uhr  zu  Pferde.    Das  Hauiitqiiaiticr  \Mirde  TOn 

Keicbshoien  nach  i'rüschweüer  verlegt,  der  Marschall  aber  \Nüllte  da.s 
Gelände  besichtigen,  in  dem  er  sich  zu  schlagen  beabsichtigte,  das 
er  bisher  nur  auf  der  Karte  studiert  hatte.*)  Er  wurde  von  dem 
Grafen  von  Leulse  begleitet,  später  beteiligte  sieh  auch  der  Führer 
der  1 .  Division,  Greneral  Ducrot,  an  der  P>kündung.  Beim  Weg- 
reiten von  Keichshofen  stiels  der  Marschall  zunächst  auf  die  Reserve- 
Artillerie  seines  Korps;  sie  hatte,  mittelst  Nachtmarsch  von  Hagenau 
kommend,  hier  ihr  Lajrer  aufgeschlagen.  ()stlich  Fröschweiler  traf 
man  auf  die  3.  Division  HaouU;  sie  war,  wie  wir  wissen,  am  Nach- 
V,  129  mittag  des  4.  hier  eingetroffen  nnd  stand  mit  dem  rechten  FlUgel  an 
Elsafshaasen  angelehnt,  mit  dem  linken  Görsdorf  gegenüber.  Aof 
dem  jenseitigen  Sauer- Ufer  und  zwar  aof  den  Höhen  nördlich  von 
y,i29j68    Gnnstett,  stund  die  4.  Division  Lartigoe;  sie  war  am  Abend  vorher 


')  Chef  und  Souichef  d»';<  Generalstabi  s  des  1,  /Vrmeekorps. 

2|  Üit's  nach  dem  Tagebu«  Ii  Ics  Grafen,  das  in  „La  vie  militaire  du 
gun^ral  Ducrot",  Band  II,  Seite  öt»8  u.  ff.  ausführlicher  gegeben  wird  als 
im  fratizüsischen  Generalstabsweik. 

>)  Angabe  in  seinen  „Erinnerungen".  VI,  16L 


Di»  'nttigfc«ifc  de»  Ihraehallft  Mm  Mahoa  vor  der  SohlMht  Ton  Wtfftli,  287 


um  9^  voQ  Hagenau  aoigebrocheu  uoti  om  3^  morgeos  hier  ein* 

getrotten. 

Die  Erknnduiig  der  Stellnng  brachte  ein  guustijres  Ergebnis, 
„Sie  eriüllte  die  Bedingungen"  —  so  schreibt  der  Marschall  —  V,  161,162 
^die  ich  voransgesctzt  hatte.  Ihre  Front  erstreckte  sieh  Uber  die 
Höhen  des  rechten  Sauer-Ufers,  die  jene  des  linken  IFfers  Uber- 
hf5hen.  Sie  gewann  an  Starke  durch  den  Laut  des  Haches,  der  ein 
wesentliches  Hindernis  bildete,  srleiehwohl  aber  vermittelst  der  vor- 
handenen Brucken  und  Furten  den  Lbergaiig  zur  IfegenoiTensire  ge- 
stattete. Die  Flanken  waren  au  Dörfer  angelehnt,  an  VValdui»t:en, 
die  die  Verteidigung  begünstigten.  \  »rwärts,  aof  dem  rechten  Flügel, 
und  zwar  auf  dem  linken  Ufer  befand  eich  das  Piateaa  von  Guu- 
Stett,  das  das  ganze  Tal  beherrschte." 

Anfänglich  wollte  Mac  Mahou  die  4.  Division  da.  wo  sie  stand, 
eben  auf  der  Höhe  von  Gnnstett,  lassen,  „da  sie  hier  alle  Trappen 
in  die  Flanke  nehme,  die  die  Stellung  am  jenseitigen  Ufer  angreifen 
Wörden."')  Um  7®  liefe  er  ihr  indes  den  Befehl  zugehen,  auf  das  V,  162 
rechte  Ufer  zorUckzageben  und  im  Anschlnfs  an  die  3.  Division 
Kaonlt  auf  dem  rechten  Flttgel  Aufstellung  /.u  nehmen.  Die  Division 
wollte  nuiiuiebr  .sich  bis  Morsbronn  ausdehnen,  wurde  jedoch  durch  V,  129,168 
Befehl  des  Maiöcballs  angewiesen,  ihren  rechten  FlUgei  aaf  der  Höhe 
nl^rdlich  dieses  Ortes  aufzustellen. 

Unterdessen  (7®)  war  die  Kurassierhriiiiide  Michel,  von  Bmmath    V,181, 17ü 
kommend,  mit  2  Eskadronen  des  6.  Lanciers  Keiriments.  nordwestlich 
von  Eberbach   eingetroffen.     Sie  stand  also  hinter  der  Division 
Lartigne;  dieser  wurden  die  beiden  Lanciers-Eskadroneu  als  Divisions- 
kavallerie zugeteilt. 

GeL'-en  9^  sah  der  Marschall  vermutlich^)  auf  beiden  Ufern  des 
Sauerbaclies  Kolonnen  von  Norden  Ii  er  im  Anmarsch  gegen  die 
schon  stehenden  Truppen;  auf  dem  rechten  Tfer  traf  die  1,  Division 
Ducrot  ein,  die  mit  Tagesanbruch  ans  ihren  ßiwaks  bei  Kümbach  V,  139 
abgerückt  war.  Sie  erhielt  Befehl,  sich  auf  dem  linken  Flügel, 
zwischen  Fröschweiler  und  Nehweiler.  anfznstellen.  Die  andere  Ko- 
lonne bestand  aus  der  2.  Brigade  und  der  Artillerie  der  2.  Division,  VM^164, 
deren  Kommaado  nach  dem  Tode  des  Generals  Dooajr  der  General 


Aus  den  „Erinnerungen".  (V,  182)  Dio  Division  wilre  voraus- 
sichtlich in  ihrer  Vereinzelung  zuerst  angegriffen  und  geschlagen  worden; 
sie  konnte  mit  Artillerie  vom  jenseitigen  Ufer  ans  kanm  nntecstHtst  werden. 

>)  6s  ist  nicht  mit  Bestinuntheit  zu  ereehen,  wann  Mac  Mahon  seinen 
Krknndungsritt  beendet  hat,  iudes  darf  angenommen  werden«  dafs  er  des 
Eintreffen  der  1.  und  2.  Division  abgewartet  hat»  da  erster«  den  Unken 
Flttgel  der  Schiachtlinie  2U  bilden  hatte. 

19* 


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288         Tätigkeit  des  Marschaus  Mio  jfmbon  vor  der  SohUoht  von  Wörth. 


Pelle  Übernommen  hatte,  und  der  ihr  zugeteilten  Kavalleric-Brigrade 
Septf  uil.  Diese  Truppen  hatten  am  Abend  nach  dem  Gefecht  bei 
rfaÖLiibrünn  und  Lembach  biwakiert,  waren  am  frühen  Morgen  des 
f).  abgerückt  und  wurden  nun  Uber  Wörth  beraii^rezotren.  Sie  hatten 
Südwestlich   von  Fröschweiler,    hinter   der  Mitte    der   3.  Division 

V,  im»    (Raonltj  als  Koserve  des  Marschalls  Änfsteilun^-  zu  nehmen. 

V.  182  Von  der  2.  Division  fehlte  am  Morgen  noch  die  Brigade  Mout- 

marie;  sie  war  vom  Geilsberg  aus  über  Sulz  nach  Hagenau  ziiröck- 
gegangen  und  hatte  hier  (Ankunft  11®  nachts)  genächtigt.  Sie 
wurde  am  Morgen  des  ö.  August  mit  Bahn  nach  Reichshofen  be- 
fördert and  erreichte  dann  mit  Fuismarsch  ihre  Division. 

V,  lai  Das   von   der        Division    nach    Sulz   abgezweigte  Bataillon 

(111/36)  war  schon  im  Laufe  der  Nacht  bei  dieser  wieder  eingerückt: 
das  nach  Sulz  entsendete  Detachement  (L  und  II.  Bataillon  36.  In- 
fanterie-Regiments, IL  Bataillon  50.  Infanterie-Regiments,  16.  Jäger- 
Balaiilun),  das  2.  Lanciers-Regiment  und  G  Züge  des  1 1.  Chasseurs- 
Regiments  zu  Pferd)  war  um  frühen  Morgen  des  5.  August  nach 
Hagenau  abgerückt;  von  dort  erreichten  die  Truppen  ihre  Verbände, 
wobei  die  Infanterie  mit  Bahn  nach  Reichshofen  befördert  wurde,  mit 
Ausnahme  des  II.  Bataillon  des  50.  Infauterie-Regimeuts,  das  in 
Hagenau  belassen  wurde.') 

So  hatte  also  der  Marschall,  wenn  er  etwa  um  9^°  vormittags, 
wie  angenommen  werden  dart^),  in  sein  Quartier  Frösehweiler  zu- 
rückgekehrt ist,  die  4  Infanterie-Divisionen,  die  Kavallerie-Division 
und  die  Reserve-Artillerie  seines  Korps  in  der  von  ihm  für  eine 
Schlacht  ausgewählten  Stellung  nahezu  vereinigt  gesehen;  er  konnte 
nm  diese  Zeit  wissen,  dals  die  wenigen  noch  fehlenden  Teile  im 
Laufe  des  Vormittags,  dafs  ferner  die  Reserve-Kavallerie-Division 
Bonnemains  im  Laufe  des  Nachmittags  eintreffen  würde;  vermutlich 
war  er  um  diese  Zeit,  jedenfalls  aber  am  späteren  Vormittag  davon 
unterrichtet,  dai's  der  Abtransport  der  1.  Division  des  7.  Korps 
(Conseil  Dumesnil)  aus  dem  oberen  Elsal's  befehlsgemäls  in  der 
^acht  begonnen  hatte  und  ohne  Störung  dnrch  den  Gegner  durch- 
geführt werden  konnte.  Dies  mochte  ein  verhältnismälsiges  Gefühl 
von  Sicherheit  geben;  andererseits  wird  dem  Marschall  die  Über- 
müdung des  grölsten  Teiles  seiner  Truppen  nicht  entgangen  sein. 
Vi,  186  Die  4.  Division,  die  Artillerie-Reserve  uud  die  Kavallerie-Brigade 
Michel  hatten  Nachtmärsche  zurückzulegen  gehabt,  die  Reserre- 
Kavallerie-Division  Bonnemains  war  nach  einem  solchen  noch  gar 
nicht  zur  Stelle;  die  1.  Division  war  gestern  fast  den  ganzen  Tag 

»)  Vir.  82;  VII,  2Ö6  Anm.  1;  VII,  181. 
3)  Vgl.  die  Anmerkung  1. 


^  j  .  ^ci  by  Google 


Die  Tätigkeit  des  MareofaaUa  Mao  Mahou  vor  der  Schlucht  von  Wörth.  289 


unterwegs  orewesen  und  hatte  heute  sehr  zeitig  aufbrechen  müssen; 
letzteres  war  auch  bei  der  2.  Division  der  Fall,  die  gestern  uu^^llick- 
lich  gefochteu  hatte,  von  der  ü  Batailloüc  der  1.  Brigade  noch 
fehlten.  Abt  i  dir  Marschall  glaubte,  deo  Truppen  morgen  einen 
Kühetag  ;j:L*hfn  zu  küuncn. 

Hierzu  wurde  folgender  gchriftlicber  Befehl  erlassen:  VI,  174 

„Fröscliweiler,  5.  August.') 

Morgen  ist  Ruhetag. 

A]Ie  Bagagen  werden  bei  ihren  Trnppenteilen  eintreffen  ond 
mttBsen  hienn  Ton  Beiehshofen  nm  7^  Tonn.  abrtteken. 

Die  Truppen  werden  morgen  die  doppelte  Fleieehportlon 
empfangen.** 

Um  10^  hörte  der  Marschall  tob  seinem  Quartier  ans  (tat* 
Itcher  Richtung  Gewehrfeaer,  dem  hald  daranf  einige  offisnhar  von 
der  eigenen  Artülerie  abgegebene  Kanoneneohttsee  folgten.  Dann 
wurde  es  wieder  säll.  Wenn  Mao  Mahon  Erkundigungen  einsog 
oder  Meldungen  erhielt,  so  hat  er  ei&hren,  daüB  hei  W5räi  feind- 
liehe Husaren  —  etwa  2  Zttge  —  Torgegaogen  und  von  Troppen 
der  Division  Rsonlt  besehossen  worden  waren.  vi,  i48 

Um  10*^  vorm.  ging  folgendes  Telegramm  des  MarsohaUs  von     VI.  It? 
Beiehshofen  an  den  Kaisa  ab: 

fßxk  habe  mein  AimeelKorps  bei  Frttoohweiler  vereinigt,  mein  s.Teiegrau 
rechter  Flllgel  ostreekl  deh  bis  an  den  Wald  vmi  Hagenau,  «n  den  Kaie 
Wenn  der  Gegner,  infolge  der  Bedrohung  seiner  rechten  FlanlLe 
aber  Hagenau  idebt  binansgeht,  so  bin  ieh  in  guter  Stellung;  geht 
er  über  Hagenau  binaus,  so  bin  ich  geswongeD,  weiter  sfldlieh 
Stellang  su  nehmen,  um  die  Engnisse  von  LotaMlstein  und  Zabm 
in  der  Hand  zu  behalten. 

Wenn  es  mOgiieh  sdn  sollte,  mir  eines  der  Korps  der  Mosel- 
armee Bur  Verfügung  zu  stellen  —  die  Vereinigung  wSre  auf 
der  Strecke  Uber  Bitsdi  oder  auf  der  Strafte  ttber  Ltttseistein 
zu  bewerksteliigen  —  so  würde  ich  imstande  sein,  die  Offensive 
adt  Vorteil  wieder  anbunehmen.** 
Dieses  Telegramm  klingt  wesentlich  zuversichtlicher,  als  das  am 
Abend  des  4.  von  Beiehshofen  abgesandte.  Die  glttckli<di  vollzogene 

Es  ist  nicht  er<=tichtHr>i.  zu  welcher  Stunde  der  Befehl  ausgegeben 
wunle ;  vermutlich  im  liaufe  dt's  Vormittap;s.  Am  Nachmittag  um  geht 
dieser  Befehl  der  lieserve-Kavallerie-Diviston  mUndlich  zu.  Es  ist  dies  der 
«tniige  eehiiftlieii«  Befehl  Mac  Mahons,  den  die  docaments  annexes  dea 
franzteiflcliea  Oeneralatabswerkosi  aofweisaiL 

*)  Die  Avantgarde  der  Eskadronen  des  2.  Lelb-Husaren-Regiment'^ 
^'o  2.  rlie  unter  Oberst  v.  Schauroth  gegen  Beiehshofen  aufzuklären  hatten. 
<'eueral»l»h8werk  1,  Seite  202. 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


200         Tätigkeit  des  M&rsobaUs  Mao  Mftbon  vor  der  Schlacht  voo  Wörth. 


Veremigung  der  bisher  weil  getrennten  Teile  des  t.  Korps,  die 
AoMicht,  dnieh  die  1.  Divisloii  dee  7.  Korpi  renHIrlct  m  werdeo. 
der  8oU«&,  dalli  die  YerldUtBiwe  im  Oberriiein  infolge  des  ob- 
geetOrtoo  Abtransportes  dieser  Division  niobt  gefabidrobend  seien; 
die  Tatsache,  dafo  der  Gegner  yon  WeUsenborg  nirgends  naefa- 
drängte,  endlieb  die  „gote  Stellnng**,  deren  StSrke  dnreb  die 
persönliebe  Erknodnng  bestätigt  wurde  —  all  das  mocbte  den 
Maisoball  die  Lage  ia  einen  besseren  Lieht  seben  lassen.  Dayon, 
die  Seblaebt  nnr  „nötigenfalls^  amiebmen  sa  wollen,  ist  niebt  mebr 
die  Bede;  die  Rttckzagsrichtang,  die  im  Telegramm  vom  4.  Angnsl 
naebmittags  besproeben  wird,  wird  niebt  mehr  erörtert;  Ilac  Mabon 
will  die  Schlacht  und  ist  offenbar  daron  Ubeneugt,  in  sdner  guten 
Stellnng  mit  d^  jetrt  veifllgbaren  KrSiten  den  ak  weit  llberlegeu 
erkannten  Trappen  des  Gegners  gewaebsen  an  sebi. 

Wehsbe  BiBdentang  der  ICaischali  d^  StelluDg  von  WOrth  in 
operativer  Hinsicht  beimab,  erfahren  wir  aas  dem  Bertohti  den  er 
am  Tage  naeh  der  Seblai^t  an  den  Kaiser  von  Zahm  ans  ab- 
Vll,20aiin.  sandte.  Es  beiist  dort,  die  Stellnngnahme  des  1.  Korps  s^  edolgt 
der  Absieht,  die  Eisenbahn  von  Stralhbnrg  naeh  BilNh  and  dio 
wichtigsten  Verbindangslinien  an  decken,  die  vom  Ostlichen  Abbang,, 
der  Vogesen  nach  dem  westüohen  hinttberfübrea^)  Aach  des  Um- 
standest daCs  das  1.  Korps  bei  Worth  in  einer  Flankenstellnng 
stand,  ist  sich  Mac  liahon  bewaiht;  es  ist  in  dem  eben  aogelahrten 
Telegramm  an  den  Kaiser  erwähnt,  dafs  der  weitere  Vormarsch  des 
Gegners  auf  Hagenan  in  der  reebten  Flanke  bedroht  seL  Aber  die 
Annahme  des  liarsehalls,  da(h  der  Gegner  an  dieser  Flankenstdlang' 
vorbeigeben  kOnne,  so  dals  er,  Mae  Mahon,  weiter  sOdlich  zar 
Oeekang  der  Deiileen  ron  Ltttaetetein  and  Zabem  SteUnng  nehmen 
müsse,  wirft  dn  bedenkliches  Licht  auf  die  operative  Anffassong 
des  framOsiseben  Fttbrers.  Scharf  aber  vOUig  antreffend  nrteili 
General  Bonnal:  -)  „Die  IIL  Armee  würde  also  die  Masse  der  firan- 
sOsiehen,  im  Elsals  stehenden  Trappen  anüBer  acht  lassen,  um  Uber 
die  Defiieen  von  Lttlaelstein  nnd  Zabem  in  die  Vogesen  onan- 
dringen?  Welche  Kenntnis  des  Krieges  besals  also  die  firaazOsische 
Armee,  wenn  der  berühmteste  ihrer  Marsebälle  geograpbisshen 
Pnnkteo,  wie  den  Pässen  von  litttielsteia  and  Zabem  eine  derartig 


>)  Im  deutschen  Generalstabswerk  Bd.  I,  Seite  316  wird  vom  Befehl  der 
in.  Armee  fOr  den  6.  .Vu;u:u.st  gesagt:  ^Diesem  Armeebefehl  lag  die  Vor- 

aitssetznnfj;  ztignimle.  ilals  der  Gegner  mit  seiner  Aufstellung  hinter  der 
Sauer  die  Eisenbahi^  von  Strafsburg  nach  Bitsch  und  die  Verbindungen 
durch  die  Vogesen  decken  woUe  . . 
>)  Seite  181. 


üigiiizea  by  GoOgle 


Die  Titigfceift  dat  Manelialts  Mao  Hahon  vor  der  SoUaalit  von  Wörth.  291 


falsche  Bedeutoug  lieimessen  könnte  Die  frair/^ösische  Armer  und 
nur  sie  war  das  Operationsubjekt  der  DeuiHcbco.  War  sie  \ernichtet. 
dann  war  alles  oboebiD  in  ihrer  Hand.  Man  glaube  ja  nicht,  dals 
bei  einer  solchen  Betrachtnng  der  Dioge  auch  nur  die  leiseste 
Eegang  von  Verkleinerungssucht  mitspricht.  Fem  lieg:t  mir  der 
€redanke,  den  Kahm  des  Helden  vom  Maiakowtnrm  verdunkeln  zu 
wollen. 

Nichtsdestoweniger  bat  man  die  Pflicht,  festzustellen,  welch 
irrtümiiehe  Vorstellungen  Uber  die  groisen  Operationen  in  unserer 
Armee  von  1870  herrschten. 

Niemand  entgeht  dem  Einfluls  der  Umgebung,  in  der  er  auf- 
wächst. Wenn  das  Studium  des  Krieges  in  Frankreich  in  Ehren 
gestanden  wäre,  wie  das  in  Preuisen  der  Fall  war,  so  wären  aus 
einer  Anzahl  der  Offiziere  unserer  Armee  mit  dem  Alter  und  der 
Erfahriiiip  1' uhrer  geworden,  die  mit  den  schönsten  Eigenseliaften 
des  Charakters  ein  tiefes  Verständnis  des  Krie^^es  vereinigt  hätten." 
Das  heifst  mit  anderen  Worten:  Mac  Mabon  war  ein  tapferer 
Soldat,  allein  zum  höheren  Führer,  zum  Feldberru  fehlte  ihm  vüllig 
die  Befähigung.  — 

In  seinen  uuverötfentlichten  Erinnerungen  sagt  Mac  Mabon  von 
der  Stellung  bei  Wörth:  „Sie  deckte  unsere  Verbindungen  sowohl  VI,  162 
mit  Metz  wie  auch  mit  Chalons.''  Am  5.  August  konnte  es  sich 
för  Mac  Mahoii  doch  nicht  um  die  Verbindungen  mit  Metz  handeln, 
sonderü  um  die  mit  der  französischen  Haupiarmee,  die  nordöstlich 
von  Metz  stand.  inwiefern  die  Deckung  der  Verbindungen  mit 
Chalons  für  die  elsässischen  Truppen  Überhaupt  in  Frage  kommen 
konnte,  ist  absolut  unverständlich;  denn  wenn  die  Verbindongen  mit 
diesem  I'unkt  iU>erhMupt  zu  decken  waren,  so  war  dies  Aufgabe  der 
französischen  liauptarmee,  da  bie  wesentlich  näher  au  Ghaions  stand^ 
als  die  Truppen  Mac  Mahons.  Auch  dieser  erst  Jetzt  bekannt  ge- 
wordene Satz  zeigt,  welche  Auffassungen  »tlber  die  groisen  Opera- 
tionen" dem  Marscliall  eigen  waren. 

In  taktischer  Beziehung  bezeichnet  Mac  Mabon  die  Stellung  als 
eine  gute  —  sowohl  in  seinem  Telegramm  au  den  Kaiser  als  auch 
in  seinen  Erinnerungen.  Das  deutsche  Generalstabswerk  teilt  diese 
Anschannng;  die  Stellung  sei  so  aulserurdentlich  stark  gewesen, 
heilst  es'),  dafs  man  sogar  einem  weit  überlegenen  Feinde  gegen- 
über auf  Erfolg  rechnen  konnte.  Major  Kunz  ist  dieser  Ansicht 
nicht;  General  Bouual  beschuldigt  in  unvuraehmer  Weise  Multke  der 
Unanirichtigkeit:^)  die  Aussiebten  der  Verteidigung  seien  absichtlich 

3)  Seite  204. 


^92  ^  TKtigkeit  dM  HtiMbaUi  Hm  Milwii  vor  «ter  SoUadit  tob  WOrtb. 


Übertrieben  worden,  am  die  Taten  der  Deatscben  in  am  so  hellerem 
Liebte  erstrahlen  zu  lassen.  Ohne  aaf  die  Einselbdten  der  ans- 
ftthrlicben  Erörterung  hier  einangebenf  sei  erwäbnt,  dab  ancb  das 

VlJt  IB  tranzOsiscbe  Geoeralstabswerk  —  im  übrigen  in  dorcbaos  sachlicher 
Weiee  —  die  Ansiebt  aosepricbt,  die  Vorteile  der  Stellung  Ton  Wörth 
seien  mehr  scheinbare  als  tatsächliche  gewesen;  begründet  wird  dies 
baoptsächlicb  damit,  dals  die  Höhen  des  linken  Sauemfers  der 
deutseben  Artillerie  eine  Torattgliche,  grOlstenteils  Überhöhende 
Stelinng  geboten  hätten.  — 

Die  Anfetellnng  der  Tmppen  erfolgte  —  es  mnls  dies  noch- 
mals betont  weiden  —  nach  damaliger  französischer  Ubting  an  den 
Plätien,  die  in  der  Schlacht  zn  verteidigen  waren.  TatsSohlieh 
worde  auch,  als  am  Morgen  des  6.  Angast  der  dentsehe  Angriff  nn- 

yn,  21  erwartet  erfolgte,  an  der  Anbtelinng  nichts  geändert;  anoh  war  die 
Armee  In  knnter  Zeit  gefeebtsbereii  Die  Veifilgnngen,  die  Mae 
Mahon  am  Morgen  des  5.  in  dieser  flinslcht  traf,  werden  vom 

VI,  188  IraazOsischen  Oeneralatabswerk  einer  Kritik  nnteraogen,  die  im 
u.  184  wesentlichen  folgende  Pnnkte  bertthrt:  Alle  Reserven  standen  hinter 
der  Mitte.  Die  Flttgel  waren  weder  an  Oeländeobjekte  iMigelebut, 
noch  durch  Staffelnng  von  Ttnppen  geschützt.  Insbesondere  hinter 
dem  leehten  Flügel  hätten  —  seitwärts  ttherragend  —  Kräfte  anf- 
gestellt  werden  müssen.  Die  Front  der  drei  in  enter  Linie  stehenden 
Divisionen  bildete  einen  Bogen»  der  gegen  Osten  hin  gewOlbt  war; 
dies  begünstigte  die  Umfassung.  Die  Vorposten  waren  nur  um 
500  m  (I)  vor  die  Verteidigungslinie  vorgeschoben.  Verstärkungen 
des  Geländes  wurden  keine  vorgenommen*),  auch  die  Brücken  ttber 
die  Sauer  nicht  zerstört.^ 

Man  wird  die  Berecbtigmig  dieser  Aasstellungen  nicht  in  Abrede 
steilen  können. 

Zum  zweiten  Male  beantragt  Mae  Mahon  in  s^em  Telegramm 
vom  Vormittag  des  5.  August  an  den  Kaiser,  dieser  möge  Ihm  ehi 
Armeekorps  zur  Wiederaufnahme  der  Offensive  zur  Verfttgung  steUen. 
Hierin  Hegt  für  deutsche  Anschauungen  ein  Obergriff  in  die  Sphäre 
des  grolsen  Hauptquartiers;  wir  sind  gewöhnt,  dais  dieses  die  Auf- 
gaben der  einzelnen  Armeen  festsetzt  und  hiemach  deren  Kräfte 
bemilst.  Mae  Mahon  kannte  am  Abend  des  4.  und  am  Morgen  des 

•  )  Das  (k'utsolip  Gcncralstabsw  erk  sagt  indes:  ^Aufsenlem  hatt<?n  es 
die  Frauzohi-a  nicht  verabsäumt,  das  Innere  der  Stellung  diur^b  geschickt 
angelegte  Feldbefestigungen  zu  zerstören.** 

2)  Man  wollte  die  BrQelee  bei  Oaastett  sprengen,  fand  aber  kein  Pulver 
in  den  Wagen  der  Pioniere  vor.  Die  BrOcke  von  Wörth  wurde  fiüehtig 
zerstört. 


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Die  TKtigkalt  d«a  MarMhaOa  Mao  Nabon  vor  der  Sehlaoht  tob  Wartli.  298 

^ö.  die  Lage  bei  der  Haaptarmee  nicht;  durch  ein  Telegramm  des 
grolsen  Hauptqnartiers  vom  Morpren  des  4.  war  ihm  mitgeteilt  worden, 
^lafs  das  Vorgehen  von  40000  Mann  auf  Diedenhofen  oder  Saarlouis 
«Is  sicher  anzunehmen  sei:  man  hoflfe  (in  Lotbringen)  heute  oder 
morgen  auf  ein  ernstliches  Gefecht.  Konnte  demgemäfs  die  Lage 
dort  nicht  den  Einsatz  aller  verfügbaren  Kräfte  erfordern,  und  war 
nicht  gerade  ans  der  Tatsache,  dals  der  Gegner  bei  Weilsenburg 
energisch  die  Offensive  ergriffen  hatte,  der  Schluls  zu  ziehen,  da& 
er  auch  an  der  Saar  operationsbereit  sein  werde? 

Wenn  Mac  Mabon  trotzdem  ein  Armeekorps  für  sich  erbittet, 
so  mag  ihm  für  diesen  ungewöhnlichen  Schritt  einigermafsen  zur 
Entschuldigung  dienen,  dafs  er  Uber  die  Gesamtabsichten  des  kaiser- 
lichen Hauptquartiers  völlig  im  Dunkeln  gelassen  wurde.  Er  kannte 
den  ursprünglichen  Plan  Napoleons,  in  einer  raschen  Eröffnung  des  Feld- 
zuges ein  Gegengewicht  gegen  die  voraussichtliche  Überlegenheit  des 
Cregners  herzustellen  und  demgemäfs  den  Rhein  nach  Versammlung 
der  beiden  anfänglich  getrennten  Heeresgruppen  bei  Maxau  zu  Über- 
schreiten.') Aber  in  kurzem  hatte  es  sich  gezeigt,  dass  man  einer- 
seits die  Schnelligkeit  des  feindlichen  Aufmarsches  bedeutend  unter- 
schätzt hatte,  andererseits  die  eigene,  immobil  an  die  Grenze  geworfene 
Armee  keineswegs  operationsf^hig  war.  Unterm  29.  Juli  war  Mac 
Mabon  die  Mitteilung  zugegangen,  dafs  der  Kaiser  vor  acht  Tagen 
keine  Operation  von  ihm  erwarte.^)  Trotzdem  die  Lage  sich  insofern 
veränderte,  als  man  die  Versammlung  starker  feindlicher  Kräfte  in 
der  Pfalz  erfuhr,  waren  dem  Marschall  keinerlei  Weisungen  darttber 
ZDgegangen,  was  man  jetzt  von  seiner  Heeresgruppe  erwarte. 

In  hohem  Grade  erregt  es  unser  Erstaunen,  dafs  Mac  Mabon 
am  Vormittag  des  5.  August  trotz  seiner  beiden  Telegramme 
vom  Tage  vorher  noch  immer  nicht  im  Besitz  einer  Antwort  aus 
dem  kaiserlichen  Hauptquartier  ist.  Die  Offensive  eines  feindlichen, 
auf  mindestens  4  Divisionen  geschätzten  Heeresteiles,  und  die  hier- 
durch herbeigeführte  Niederlage  einer  französischen  Division  war 
<lenn  doch  ein  so  wichtiges,  die  Gesamtlage  beleuchtendes  Ereignis, 
dafs  eine  nur  einigermafsen  zielbewufste  Heeresleitung  zu  einem 
entscheidenden  Schluls  kommen  und  der  angegriffenen  Heeresgruppe 
Direktiven  für  ihr  weiteres  Verhalten  zugehen  lassen  mnfste.  Zudem 
hatte  deren  Führer  in  seiner  ersten  Meldung  die  aufserordentlieh 
wichtige  Fra^^e  der  allenfailsigen  KUckzugsrichtung  aufgeworfen,  in 

•der  7^^  eiten  die  Bitte  am  Zuweisong  eines  Koxps  zu  offensivem 
Vorgehen  ausgesprooben. 

1)  Geneialstabswerk  I,  28. 
>)  GenenJstabaweilc  I»  4(. 


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294         Täti^fkeit  Uoa  Marttchails  2^  Mmhon  vor  der  Schlacht  von  Wörth. 


Werfen  wir  einen  kurzen  Bliek  auf  die  Vorgänge  im  kaiser- 
lichen Haaptqaartier  za  Mete,  soweit  rie  fOr  die  VerlUUtnisse  Im 
V.  266    Ulsab  Ton  Bedeotnng  sind.   Dort  wurde  am  frühen  Nachmittag*) 
ein  Befehl  für  das  2.,  3.,  4.  nnd  5.  Korps  ansgegeheOf  der  ans* 
nabmsweise  znnäehst  eine  Orientiernn«r  tlber  den  Gegner  gibt: 

„Man  inufs  stets  annehmen,  dafs  der  Ge?:ner  das  seiner  Lage 
AnL'-etn  essen  sie  tun  werde. -j  N;ieh  Mitteilungen  englischer  Zeitongeii 
soli  deiieral  Steinmetz  eine  zentrale  Stellung  zwischen  Saarbrücken 
Qod  ZweibrUeken  einnehmen  und  rückwärts  durch  ein  Korps  des 
Prinzen  Friedrich  Karl  unterstützt  werden ;  sein  (Steinnietz's)  linker 
Flügel  soll  in  Verbindung  mit  der  Armee  des  Kronprinzen  stehen^ 
die  sich  in  Khein-Bayem  befindet  .  •  . 

An  das  5.  Korps  wird  befohlen: 

.»Qeneral  de  Failly  wird  sich  (mit  einer  Division)  naeh  Bitscb 
m  seiner  dort  aohon  stehenden  Division  begeben;  diese  beiden- 
Divisionen  treten  -unter  den  Befehl  des  Marsohalls  Mac 
Mahon.  Die  in  Saargemttnd  bleibende  wird  sieh  mit  der  in 
Püttlingen  stehenden  in  Verbindung  setsen  nnd  nnter  dem  Befehl 
des  MaraohaUs  Baxaine  treten.^ 

Kadi  4  Uhr  erfuhr  der  Kaiser  „gerttehtwdse**  von  einem. 
Gefeeht  bei  WeUsenbnrg.')  Gegen  5  Uhr  lief  die  Naehrieht  ein, 
v,2f>8,297  dals  der  Gegner  bei  WeUsenbnrg  nnd  Bltsefa  angegriffen  habe.*) 
Der  Kaiser  lieis  hieran!  den  Kommandierenden  Generalen  des  B»,  4» 
nnd  Gaidekorps  Weisungen  zugeheo»  die  die  angebahnte  KriAever^ 
Schiebung  naeh  links  wieder  anflioben,  nnd  telegraphierte  an  den 
Führer  des  5.  Korps,  General  Failly,  er  solle  nieht  onr  mit  einer 
Division,  wie  am  frtthen  Naebmittag  befohlen,  sondern  mit  den  betden 
bei  Saargemtlnd  stehenden  Divisionen  naeh  Bitseh  abrtteken.  Dieser 
Befehl  wnide  später  dnroh  eine  Weisung  des  M^jor  göntel  dahin> 
geändert  dafo  die  Brigade  Lapasset  des  5.  Korps  bis  an  ihrer 


^)  Das  französische  Generalstabs  werk  weist  nach,  dals  dieser  Befehl 
■la  4.  4M  nadi».  in  Hftitden  des  Maradudls  Bkk^bb  war.  Das  Datum« 
wann  der  Befehl  expediert  wurde,  fehlt. 

S)  BekaanUich  andh  ein  Lehraate  Moltkes. 

£r  telegraphiert  dies  4'^  nachm.  an  Baaaine.  V,  258,  8S6. 

*  )  Woher  die  Nachrichten  »tammten,  konnte  ick  nicht  fe8tstellt;a:  voa 
Mac  Mahon  sind  sie  nicljt,  wie  oben  nachgewiesen  wurde.  Im  übri^i^en 
wufste  General  Failly  in  Saargemünd  «jchon  um  4*^  vom  Riu  kzug  der  2. 
Division  und  der  schweren  Verwundung  des  Generals  Douaj.  Diese  Mit> 
teilung  stammte  von  dem  in  Bitseh  stehemlen  General  Gnyot  de  Leapart^ 
Kommandcnr  der  R.  Diviston  des  6.  Korps.  V.  847. 


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DI«  TVti^eit      Uuselialto  Hio  Kahon  tot  dar  Sehkeht  Ton  WOrlli.  295 

Ablösung  doreli  eine  DirisioQ  des  3.  Korps  in  SaargemttDd  m 
bleiben  habe. 

Um  9  abds.  traf  beim  Armee-Oberkommando  das  eiste  Telegramm  V.  269 
Mac  Mahons  Uber  das  Gefecht  tod  WeiiseDbarg  ein,  jenes,  das  aat' 
dem  Pigeonnier  aufgesetst  worden  war,  «Im  grofsen  Hauptfjnai-tier^',  V,  26a- 
80  erzäblt  General  Lebmn,  „wo  die  Berichte  des  Marscliails  Mao 
Mahon  keineswegs  ein  so  traariges  Ereignis  Toraiisselien  Helsen, 
herrsobte  eine  wahre  Bestürzung,  auf  die  sofort  der  unwiderstehliche 
Drang  naeh  einer  entschiedenen  Offensive  an  der  Saar  folgte.  Es 
sei  non  nicht  mehr  an  der  Zeit  sa  warten,  so  änlserte  man  sieh, 
man  mflsse  Tielmchr  durch  einen  kühnen  Sohachsog  eine  glänsende 
Genngtnnng  nehmen.^' 

Kach  der  Saar  richteten  sich  denn  auch  die  Blicke  des  Kaisers; 
Bazaine  wurde  sofort  eine  Kräfteverschiebnng  aufgetragen,  die  snm 
Zweck  hatte,  Saargemtlnd  zu  decken,  das  durch  den  dem  Korps 
Failly  befohlenen  Abmarsch  nach  Bitscb  entbiöfst  war.  Mao 
Mahons  Telegramm  blieb  unerwidert.  In  der  Nacht  unter- 
breitete der  Major  g^ndral  Le  Boeuf  dem  Kaiser  den  Vorschla^^  mit 
fwei  bis  drei  Armeekorps  auf  Homburg  vorzoatolsen;  diese  Idee 
winde  jedoch  auf  Einspruch  des  Armee- Intendanten  aufgegeben,  da 
dieser  erklärte,  die  Verpflegung  sei  in  dem  vom  Feinde  schon  ans- 
gesogenen  liWdstrich  nicht  mttglieb. 

Wir  wissen  nichts  wann  das  zweite  Telegramm  Mac  Mahons 
vom  4.  August  nachts  im  kaiserlichen  Hanptqnartier  eingegangen 
ist,  Teimutlich  in  frtther  Morgenstunde.  Aber  auch  jetzt  geschieht 
nichts,  nm  in  die  Lage  im  Elsafo  einzugreifen^  der  ganze  Vormittag, 
des  T).  vergeht  Uber  Anweisungen  an  die  lothriogiechen  Korps.  Koa 
trifft  das  dritte  Telegramm  Mac  Mahons  ein,  das  TOn  10 ?onn.,  und 
jetet  endlich  entschliefst  sich  die  Armeeleituog  zn  einer  Antwort: 
nm  12^^  geht  an  die  acht  Armeekorps  das  bekannte  Telegranmi  ab, 
wonach  auf  Befehl  des  Kaisers  das  1.,  5.  und  7.  Korps  dem 
Marschau  Mac  Mahon,  das  2.,  3.  und  4.  Korps  dem  Marschall 
Bazaine  yom  heutigen  ab  „in  Hinsicht  auf  die  mUitäriscben  Opera- 
tionen^ nnterstellt  worden.  (Über  die  Garde,  das  6.  Korps  und  die 
Armee-Reserven  wurde  nicht  veifllgt^  sie  blieben  denwach  unter  dem 
nnmittelbaie&  Befehl  des  Kaisers. 

Das  framösische  Generalstabswefk  macht  darauf  aufmerksam,  v,  26B  A. 
(f  afs  schon  am  4.  Angost  swei  Divisionen  des  5.  Korps  dem  Marschau 
Mac  Mahon  nnterstellt  wurden.  Dieser  Befehl  wurde  etwa  um  5®  nachm. 
dahin  erweitert,  dafs  nicht  nnr  eine,  sondern  die  beiden  in  Saar- 
gemlind  stehenden  Divisionen  nach  Bitsch  marschieren  sollten.  Nach 
dem  Generalstabawerk  whcd  es  als  zweifeUiaft  hingestellt,  ob  Mac 


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296  ^  TStiff keift      Hancballs  Mae  Hfthon  vor  der  Sehlacht  von  Wdtth. 


Mahon  vor  dem  5.  Angast  von  dieser  Mafsregel  auterrichtet  wurde. 
Aber  aus  der  Tatsache,  dafs  Mac  Mahou  am  4.  Augnst  nachts  10'' 
um  die  Zuweisung  von  wenigrstens  drei  Divisionen  nachsucht,  dafis 
er  diese  Bitte  am  5.  Aug:ust  10''°  vorm.  wiederholt,  geht  mit  vollster 
Deutlichkeit  hervor,  dals  er  von  dem  an  das  5.  Korps  erlassenen  Befehl 
noch  keine  Kenntnis  hatte.  Wäre  dies  anders  gewesen,  so  hätte  der 
Marschall  sicherlich  nicht  versäumt,  dem  5.  Korps  schon  frtiher 
einen  Befehl  zugehen  zu  lassen,  als  dies  tatsächlich  der  Fall  war. 
Dämlich  am  Nachmittag  des  5.  August  etwa  nm  'd^.  Keine  einzige 
Stelle  der  Anlagen  des  französischen  Generalstabswerkes,  die 
gerade  für  den  4.  und  August  durch  die  Tagebücher  der  Kora- 
mandobehörden,  die  offizielle  Korrespondenz  und  die  Aufsfriingen 
der  an  den  Ereignissen  beteiligten  Personen  ein  scharfes  Bild  der 
Lage  geben,  läfst  auch  nur  im  entferntesten  die  Deutung  zu,  dals 
Mac  Mahon  vor  dem  Eintreffen  des  die  Bildung  zweier 
Armeen  anordnenden  Telegramms  von  der  üntersteiloog  des 
5.  Korps  unter  seinen  Befehl  gewufst  habe. 

General  Bonnal  nimmt  in  seinem  Werke  .,Fröschwiller''  an, 
dals  Mach  ^lahon.  als  er  am  5.  August  vorm.  die  Verfügung  Uber 
ein  Korps  der  ..Moselarmee"  erbat,  schon  von  seinem  \  erfUgungsrecht 
tlber  das  5.  Korps  gewufst,  mithin  die  Zusendung  eines  weiteren 
Korps  —  etwa  des  4.  —  erbeten  habe:  da  er  dann  Uber  elf  Divi- 
sionen (vier  des  1.,  drei  des  5.,  eine  des  7.  und  drei  des  4.  Korps) 
vertUgt  hätte,  sei  seine  Anschauung  von  dem  voraussichtlichen  Erfolg 
einer  Offensive  zutreffend  gewesen.  Diese  Annahme  fiillt  völlig  in 
sich  zusammen,  das  französische  Generalstabswerk  geht  aaoh  bei 
seinen  Betrachtungen  über  die  Lage  nicht  auf  sie  ein. 

Die  Tatsache,  dafs  Marschall  Mac  Mahon  erst  24  Stunden 
später  als  der  Befehl  abgegangen  war,  von  der  rntersteUung  des 
5.  Korps  unter  sein  Kommando  Kenntnis  erhalten  hat,  verdient  eine 
nähere  Beleuchtung.  Mochte  es  auch  im  französischen  Haoptquartier^ 
wie  der  Verfasser  des  Buches  ,.Metz,  campagne  et  n^gociations," 
VI,  141  A.  ein  höherer  Offizier  der  Kheinarmee  behauptet,  Grundsatz  sein,  die 
Korpsttthrer  von  der  Lage  bei  ihren  Nachbarn  nicht  zu  unterrichten, 
weil  man  sich  sagte,  daCs  diese  von  den  Vorgängen  bei  den  anderen 
Teilen  der  Armee  nichts  zu  wissen  brauchten;  hier  lag  der  Fall 
anders:  General  Failly  war  vom  4.  ab  der  Untergebene  Mac  Mahons, 
and  von  diesem  Unterordnungsverhältnis  mnlste  der  Marschall  sofort 
verständigt  werden.  Diese  Unterlassung  ist  sicher  nicht  absichtlich 
erfolgt,  sondern  hier  liegt  ein  schweres  Versäumnis  der  Offiziere  des 
kaiserlichen  Hauptquartiers  vor,  ein  „Expeditions-\  ersehen",  das 
lebhaft  au  die  bekaontea  Vorgänge  im  Hauptquartier  Benedei^s 


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Die  Titigkeit  des  MuraohaUs  U«o  MaImb  vor  der  Sohlieht  von  WSrtta.  297 

am  28.  und  29.  Juui  ISÜti  erinnert,  die  vou  Friedjung^  mit  dem 
chajakteriötischcn  Ausdruck  ., Schlamperei"  bezeichnet  wenlen. 

Nun  wurde  aber  auf  den  Feiiler,  den  man  bei  dt  r  Expedition  des 
kaiserlichen  Befehls  vom  frühen  Nachmittajjr  gemacht  hatte,  durch  die 
beredte  Sprache  der  Erci»^nisse  sozusap^eu  laut  aufmerk.Siua  gemacht: 
schon  um  5"  naehm,  weils  man,  dals  Mao  Mahon  an^reLTitVen  worden  ist; 
die  falsche  Naeliricht.  dals  auch  bei  Bitsch  ein  ieindlicher  Augritf 
stait^etundeu  habe,  mulste  aul'sertieni  dazu  auffordern,  de?i  Marschall 
nunmehr  wenigstens  davon  zu  verstiindigen.  dais»  er  hier  die  Leitung 
der  Operationen  zu  ttbemehnien  habe.  Aber  wiederum  wird  nur 
das  5.  Korps  benachrichtigt,  es  bedarf,  wie  aus  der  Darstellung  des 
Nachmittages  des  4.  und  des  Vormittages  des  5.  hervorgeht,  dreier 
Telegramme  Mac  Mahons,  bis  dieser  —  in  einer  aofserordentlich 
kritischen  Situation  —  endlich  erfährt,  daüs  er  liber  das  5.  Korps 
verfügen  könne. 

Aber  auch  das  Verhalten  des  Generals  Faillj  ist  unverständlich. 
Eö  war  zu  erwarten,  dals  er  alsbald  nach  Eindrang  des  kaiserlichen 
Befehls  an  seinen  neuen  Vorgesetzten,  den  Mar-chall  Mac  Mahon, 
meldete,  wie  die  Lage  bei  Bitsch  sei,  und  wann  die  vom  Kaiser 
dahin  befohlene  Division  von  SaargemUnd  dort  eiutretleu  werde. 
Eine  weitere  Meldung  wäre  nach  Eingang  des  abändernden  Befehls, 
dafb  beide  in  8aargemilnd  befindliche  Divisionen  nach  Bitsch  ab- 
rücken sollten,  geboten  gewesen.-)  Endlich  erheischte  dif^  Lage 
am  Nachmittag  des  4.  August  gebieterisch,  dais  Mac  Mahon  Uber 
Aufgaben  und  Absichten  der  nur  einen  Tagemarsch  links  von  ihm 
bei  Bitsch  stehenden  Division  Lespart  des  5.  Korps  Ei kuudigungen 
einsog;  hätte  er  dies  getan,  jedentails  aber,  wenn  er  beim  Korps- 


^)  Der  Kampt  um  die  Vorherrschaft  in  Deutschland.  6.  Auflage,  Bantl  11, 
Seite  167  tmd  ff. 

')  Der  Major  g^ndral  telegraphierte  am  6.  Augast  4**  nachm.  an 
General  Failly: 

..Der  Marschall  Mac  Mahon  teU';ijra[ »liiert  von  Kt'ichslif  tfea  an  den  Kaiser, 
er  aei  mit  llu'ei*  Hilfe  imstande,  ilie  Offensive  /u  ergreifen. 

Der  Kaiser  erneuert  seine  Aufforderung,  dafs  Sie  sofort  mit  dem 
Harachall  in  Verblndimg  treten  nnd  seinen  Befehlen  entsprechen  sollen.** 

Nach  diesem  Wortlaut  mOehte  man  glauben,  da&  schon  eine  ernte 
Anffordenmg  in  dieser  Beziehung  ergangen  sei.  Eine  solche  ist  aber  — 
nach  der  ausdrücklichen  Feststellung  des  französischen  Heneralstabs Werkes 
—  nicht  zu  finden.  Offenbar  nimmt  der  Major  general  an,  dafs  die  durch 
Befehl  vom  4.  nachm.  (s.  Seite  294)  befohlene  Unterstellung  des  5.  Korps  unter 
den  Befehl  Mac  Mahons  von  dessen  Fflhrer  dem  Marschall  gemeldet 
worden  sei,  was  nur  selbstverständlich  gewesen  wäre.  Um  80  Schürfer  tritt 
der  Fehler  hervor,  dafs  das  Haupttjuartier  eine  Uoterrichtung  Mac  Mahons 
unterlassen  hat.   VI,  ISA  und  99. 


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298         Tätigkeit  des  ManduUs  Mac  Mabun  Tor  der  Scblaobt  von  Würtb. 


korainuiido  selbst  angefragt  hätte,  so  konnte  er  Uber  die  Ändenmgr 
in  den  KOiniiiandoTerhäitDissen  schon  am  4.  Ango st  unterrichtet  sein. 
Zu  der  groiseo  Nachlässigkeit,  deren  sich  der  Stab  der  obtrsten 
Leitung  des  Heeres  schuldig  niacbt^  gesellt  sich  der  Mangel  an 
Kilhiigkeit  bei  den  Unterführern ;  e^  tritt  —  wie  bei  den  Österrei- 
chern im  Jabre  1866  —  nicht  nur  der  Fehler  eines  einzelnen, 
sondern  die  Mangelhaftigkeit  eines  ganzen  Systems  zutage. 

Die  Folgen  sind  nicht  ausgeblieben.  Mac  Mahon  hätte  —  dar- 
tlber  kann  nach  seinem  Telegranmi  vom  Abend  des  4.  kein  Zweilei 
sein  —  das  5.  Korps  za  der  V'ersammlnng  bei  Wörth  herangezogen; 
<iies  wäre  Toranssichtlich  glatt  vor  sich  geg  uigeu,  wenn  er,  wie  es 
ohne  die  erwähuttii  Fehler  möglich  war,  schon  am  Abend  des  4. 
die  hierzu  nötigen  Befehle  hätte  geben  können.  Dafs  raiv  Hilfe  des 
o.  Korps  der  Sieg  sieb  auf  Seite  der  Franzosen  neigen  konnte,  räumt 
sowohl  das  dentsehe  Generalstabswerk,  wie  auch  General  VVoide^ 
-ein.  Oberst  von  Zaulhier  (in  ^die  IV.  Armee  im  Elsafis,  Seite  31 
ist  der  .\nsicht,  dafs  „gegenüber  dem  planlosen  Angriff  der  Deutschen*' 
Mac  Maiiou  uiizvveileihaft  einen  glänzenden  Sieg  erfochten  haben 
wUnie,  dafe  aber  auch  bei  einem  aufs  beste  geplanten  und  aus- 
geführten Angriff  seine  Aussichten  noch  keineswegs  schlecht  ge- 
wesen seien. 

Welche  Wirkungen  ein  Sieg  der  Franzosen  bei  Wörth  gehabt 
hätte,  soll  hier  iiiclit  weiter  untersucht  werden;  eines  aber  steht 
fest:  ohne  die  oben  erwähnten  Fehler,  in  erster  Linie  das 
Kxped  iti  uns  versehen  des  kaiserlichen  Hauptquartiers,  wäre 
es  zu  einer  gänzlichen  Auiirisimg  der  Armee  Mac  Mahous, 
die  als  Folge  der  Schlacht  von  Worth  eintrat,  jedenfalls 
nicht  gekommen. 

(ScUiiBS  folgt.) 

1)  Erstüre.s  erörtert  nur  allgemon.  Band  I,  Seite  218,  die  Aussichtea 
Mac  MahoQs;  letzterer,  Band  I,  Seite  168 — 170,  nimmt  an,  dafs  Mac  Mahon 

.schon  am  4.  den  Genoral  Fäu!!^-  zur  Vereinigung  aufgefordert  liabp  (auf 
Grund  der  .Schrift  des  GeneraLs  Wimpffen  .Sedan").  Diese  Annahme  ist, 
wie  oben  nachgewiesen,  nicht  zutreffend. 


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Die  Wiilniaf  fan  gtÜBdittmlAigeii  Alrtciliiiigwddofteii  der  Inftiiiteito.  299 

XVI. 

Die  Wirkung  im  gefsehtsmäfsigen  Abteilungssdiielsen 

der  lofantaris. 

▼ob 

B.  IMmtj  GeDeialleittDaiit  z.  D. 


I. 

V^or  etwa  neun  Jahren  veröffentlichte  ich  ineino  erste  Studie  tiber 
(las  gefechtsmälsige  AbteiluDgsscbielseo  der  Infanterie^  in  der  ich, 
fuÜBend  an!  den  Gesetzen  der  Wahrscheinlichkeitslehre,  naohzaweisen 
belnUht  war,  welchen  Einfinfs  die  bei  jedem  Scbiefsen  weehseinden 
Umstände  auf  die  Trefferergrebnisse  haben.  Wenngleieb  von  vielfiii 
Offizieren  freudig  begrttlst,  erfahr  die  Studie  von  mancher  und  gerade 
reebl  eioflnisreicber  Seite  ans  eine  schroffe  Ablehnung.  Man  Teisehrie 
«ie,  was  ja  ebenso  beqnem  wie  wirksam  ist,  als  ,,graue  Theorie", 
die  mit  der  Praxis  durchaus  nicht  in  Einklang  stehe,  „als  gelehrten 
Unsion'S  der  vielleicht  für  die  Artillerie  p risse,  niemals  aber  anf 
infantertstisehes  Scbiefsen  Anwendung  finden  könnte. 

Nun  erscheint  jetzt  eine  kleine,  aber  inhaltsschwere  Schrift^), 
«die,  auf  umfassendes  Versnobsmaterial  gesttltst,  den  Nachweis  (tthrt, 
dafB  die  Gesetze  der  Wahrscheinlichkeitslehre  anch  nicht  vor  dem 
Schieiseu  der  Infanterie  Halt  maohen,  dafe  sie  anch  für  dieses  mil 
.Toller  Schärfe  gelten.  Wenn  mau  das  bisher  nicht  erkannt  hat,  so 
liegt  die  Ursaebe  dafür  nicht  in  der  Wahrheit,  sondern  in  der  Blind- 
heit derer,  die  aehtlos  daran  vorbeigegangen  sind  und  sich  nioht 
ttberzengen  lassen  wollen.  Dals  ich  diese  Schrift  mit  ganz  besonderer 
Freade  begrUfst  habe,  wird  mir  jeder,  der  jahrelang  lllr  eine  Ter- 
kannte  Wahrheit  gekämpft  bat,  nachfühlen. 

Der  Veriasser  der  Torliegenden  Schrift  ist  Mitglied  der  Gewehr- 
Prtlfnngs-Kommission  und  hat  sich  bereits  vor  etwa  anderthalb  Jahren 
4adnrch  ein  grofses  Verdienst  erworben,  dals  er,  gleichfalls  auf  Qmnd 
reichen  Versuchsmaterials,  zeigte,  welchen  Einflnfs  die  Witterungs- 
Terhftitnisae  aof  die  Gestalt  der  Fingbahn  haben.  Dadnrob  worden 

1)  Die  Uestaltung  der  GeschO fügarhe  dei  Infanterie  beim  gefechtüiuiirbigen 
SchieEsen  unter  Anwendung  der  Wahrscheinlichkeitslehre  und  Behandlung 
TetBchiedener  acbisbtalctischer  iVagen.  Nach  amtUcheii  Quellen  lusunmen- 
gestallt  von  Kianse,  Hanptmaim  und  Mitglied  der  Gewehr-Prahmgs-Kom- 
im'ssion.  E.  S.  Mittler     Sohn,  Kttni|^che  Hoflmdihaiidittiig. 


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300   ^6  Wirkung  im  gereoiltsmäfsigea  Abteiiangssobieisen  der  Inianterie. 

die  an  mancher  Stelle  herrschenden  übertriebenen  Vorstellungen  von 
der  Gröise  dieses  Einfiusses  auf  das  richtig'C  Mafs  zurUckgcfulirt. 
Ich  kauü  es  mir  nicht  versagen,  duiaüf  hinzuwcibCD,  dafs  auch  diese 
Schrift  lediglieh  das  bestätigt,  was  ich  zwei  Jahre  frllher  aut  Grund 
rein  theoretischer  BerecLiiuiip'  »Tmittelt  hatte. In  der  vorliegendeu 
Schrift  weist  der  Verfasser  aü  der  Hand  eines  reichen  Versnehs- 
materials  Uberzeuo:end  nach,  dafs  die  Verteilung  der  Sehnssf  in  der 
Gescholsgarbe  nach  ganz  bestimmten  Gesetzen  stattfindet,  ;:leichnel 
ob  die  Schufsweite  grofs  oder  klein,  die  Schützen  gnt  oder  schlecht, 
die  Garbe  en^  oder  weit. 

Die  sehr  iiiühsamen  Versuche  sind  mit  einem  grofsen  Aufwand 
von  Munition,  Arbeit  nnd  Zeit  diircb^eflthrt.  Es  wurden  au  60  Treff- 
bilder  von  je  2400  Schüssen  (im  ganzen  also  150000)  erschossen. 
Als  Ziel  dienten  Scbeihenwände  von  12  ni  Höhe  nnd  75  m  Breite, 
so  dafs  man  daranf  rechnen  durfte,  einen  sehr  grofsen  Teil  der 
Schüsse  (aut  den  ktlrzesten  Entfernungen  eigentlich  alle)  jeden- 
falls aber  den  Kern  der  Oescholsgarbe  aufzufangen.  Der  mittelste 
Treflpuukt  —  Uber  und  unter  dem  je  die  Hälfte  aller  Schils.se  sitzt  — 
wurde  ebenso  wie  die  mittlere  Höhenstrenun^.  d!  h.  die  Breite  eines 
wagerechten  symmetrisch  zum  mittelstenTreffpunki  gelegenen  Streifens, 
der  die  Hälfte  aller  abgegebenen  SchlSss«  aulnimmt,  durch  Abzählen 
ermittelt.  Es  ist  hier  eine  sehr  grofse  Arbeit  geleistet  wiu  ien,  die 
nur  der  zu  schätzen  weifs,  der  au  ähnlichen  \  ersuchen  mitgt  wirkt  hat. 

Sehr  oft  wird  behauptet,  die  Gesetze  der  Wahrscheinlicbkeits- 
lehre  gelten  wohl  bei  so  grofsen  Schuf szahlen.  wie  hier  abgegeben, 
konnten  aber  bei  kleineren  Zahlen  kirnen  Anspruch  auf  Richtigkeit 
machen.  Wer  so  spricht,  verkennt  das  Wesen  der  Wabrseheinlich- 
keitslehre  völlig.  Ihre  Gesetze  walte!»  stets,  aber  sie  treten  erst 
in  die  Erscheinung,  wenn  man  mit  grolseu  Zahlen  arbeitet.  Sie 
sind  Naturgesetze,  die  wie  das  Newtonsche  Gravitationsgesetz  an  un- 
zähligen Tatsachen  sichergestellt  sind  und  unbestritten  Geltung  haben. 
Aber  wie  z.  B.  das  Gravitationsgesetz  durch  den  l^uflwid erstand  nicht 
aufgehoben,  wohl  aber  einges(  in  äiikt  werden  kann,  so  können  auch 
die  Gesetze  der  Wahrsvlieiuliclikeitslebre  durch  störende  Einflilsse 
Uberkoiripensiert  werden.  Je  kleiner  die  Schufszabl  ist,  um  so  störender 
kann  eine  plötzlich  auftretende  Erscheinung,  wie  z.  H.  ein  sich 
erhebender  Wind,  das  Tr* ÜVrbild  beeinflussen  und  das  Gesetz  der 
Wahrscheiulichkeitslehre    verschleiern.     Der  Sachverständige  weils 

auch  sehr  genau,  dafs,  wenn  man  bei  einem  Schielseo  z.  B.  deo 

* 

')  ..Der  Einflufs  dt  r  W  itteru  nprs vorhältnisse  auf  die Gescholi».- 
bahii."    Kiiegätcchniäche  Zeii.NciinlL  1900,  8.  Heft. 


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Die  Wirkung  im  gefeobkmilMgeii  AbteilmigBMbiefteii  der  Infentotie.  90I 

niitketolen  Ttofl^iinkl  und  die  GrODae  der  Streniuig  emittelt  hat,  bei 
einer  Wiederholung  des  SohiefBens  nnter  mOgliebst  denselben  Um- 
Sünden  der  mittelste  Trefl)pnnkt  niemals  genan  mit  dem  anerst 
gefimdenen  ansammenlWt  nnd  dals  aueh  die  QrOfte  der  Streuung 
andern  —  greiser  oder  kleiner  —  ermittelt  wird.  Niebtsdesteweniger 
und  die  ermittelten  GrOisen  die  „wahrsebeinliehsten'*  ron  allen, 
wobei  es  ganz  gleichgttltig  ist»  ob  100  oder  10000  Sehtlsse  abgegeben 
sind.  Nnr  werden  die  Unterschiede  in  der  Lage  des  mittelsten  Treff- 
punktes nnd  der  GrOlse  der  Streuung  „wahrschein lieh*'  kleiner 
ausfallen,  wenn  man  grolse  Schu&sahlen  verwendet. 

Die  GrOise  der  „Tmppenstrennng  im  Abteilungsfeuer*'  ist  ftr 
swei  Kategorien  von  Sehtttaen  ermittelt  Einmal  sind  „Torzllgliehe'*, 
besonders  geschulte  Sohtttsen  ausgewiUilti  sodann  sind  die  Versuche 
mit  solohen  Sehtttsen  aosgeführt,  „welche  etwa  die  Sohie&leistung 
einer  Durehsohnitte^Infanterie-Eompagnie  aufweisen",  und  hier  anm 
Untersehiede  tou  ersteren  als  „mittlere**  beaeidmet  sind.  Die  Ver- 
suche sind  nur  unter  günstigen  Witterungsverh&ltniBsen,  bei  guter 
Zieidarstellung,  mit  ausruhten  Schttteen  und  aus  Rfloksioht  auf  die 
Zielaafiaasnng  „kniend'*  durohgefuhrt. 

Bei  den  Versuchen  ergaben  sieh  die  aus  ZusammensteUung  I 
ersichtliehen  60%  igen  Höhenstreuungen  als  Ifittelwertei  woraus  sich 
alsdann  durch  Multiplikation  mit  der  Kotongente  der  Fallwinkel 
die  SO^/oigen  Längenstrenungen  ergaben,  die  ebenfalls  dort  auf- 
geführt sind. 


Zosammenstellang  i. 


■ 

60%  ige  Höhenstreuung 

60%  ige  Länj^enstTenung 

IhtlflifnuBg 

vorzügliche 

mittlere 

vorzüglicht; 

inittloro 

* 

SchflUen 

SohOteen 

Schützen 

ächüta^u 

m 

B 

m 

a 

800 

0^66 

0,72 

10» 

119 

4W 

0»88 

92 

103 

500 

1,11 

1.28 

78 

no 

600 

1,84 

l.ö'.t 

67 

78 

*  700 

1,68 

1.91 

80 

72 

'  t.»  8W 

1,82 

2,2G 

E3 

66 

2,08 

2,64 

49 

62 

1000 

'^,86 

8,04 

45 

68 

1100 

2,6M 

3.47 

42 

66 

1800 

2,94 

ä,92 

89 

58 

a27 

4,41 

87 

60 

»•  1400 

4,;t4 

3r> 

48 

4,08 

ü,6l 

34 

4ä 

1S00 

4.64 

6.12 

88 

44 

,  17ui 

6,09 

(3.82 

a2 

48 

6.77 

7.66 

81 

41 

1900 

6,71 

8,74 

81 

41 

tooo 

10;84 

88 

41 

HM«  aa4  MailMi, 

N*.  990. 

20 

302  Di«  Wirkiug  Im  geüBOhtoinSMgflii  AbtoHnagwwliieften  der  InftaitoiiA. 


Der  Vergleioh  der  Streanogen  „vorzüglicher''  and  ^fldüA&mt* 
bchtttzen  weist  dot  geringe  Unterschiede  aof;  die  Streaung  der 
f^ittleren"  Sohtttseii  ist  nur  am  25—30  °Iq  gröfspr  als  die  der  ,,vorztlg- 
lichen".  Ich  vermag  mich  aber  der  Ansicht  des  Uanptmanns  Krause 
nicht  anzQschlielseD,  wonaeh  die  Grüise  der  Strenung  im  Frieden 
nur  in  ziemlich  engen  Grenzon  schwanken  werde.  Ich  bin  im  Gegen- 
teil der  Heinong,  dafs  nicht  hlols  die  Qualität  der  Schützen,')  sondern 
aneb  die  jeweiligen  Umständ«  i  Witterung,  Fenergesehwindigkeit,  Ziel- 
daietellnng,  Anschlag,  der  verfügbare  Kaom  —  ob  lockere  oder  dichte 
Linie)  recht  erbebUeb(>  \  d prangen  herbeiführen  können.  I£s  kann 
als  zweifellos  g:elten,  dals  die  modernen  Grewehre  (6,5  bis  S  mm 
Kniiber)  ballistisch  ziemÜLb  gleichwertig  sind.  Bis  zu  einer  Ent- 
fernung von  1000  m  —  darüber  hinaus  liegen  nnr  wenige  auf  ein- 
wandfreien Versuchen  beruhende  Angaben  TOr  —  lassen  sich  kaum 
Unterschiede  in  der  Grölse  der  Streuungen  nachweisen.  Dagegen 
seigen  die  Streuungen  im  Abteilongsscbielsen  der  verschiedenen 
Armeen  aebr  grofse  Unterschiede,  und  zwar  sind  diese  in  allen 
Armeen  grölser  als  in  der  dentsehen,  wie  ans  Znsanunenstellnng  Ii 
ersichtlich  ist 

Zusammenstelluim-  II. 


Knt- 

for- 


Deutschland 

vor/.ügj.  niittloro 
Schüt/ea ,  Schüt/en 


'ö 

iE 

1 
b4 


Uoüaud 


Oif.  (iein, 


Bemerkungen 


1.  Dl«  Ait^rmb««  dB4~«if 
eine  De:eim.tle  abgerundet. 

2.  l'Dr  tta!i(>n  u.  B*lg^i»n 
sind  die  Zablen  den  H  Chiefs - 
vornchrill«!!,  tiir  Krankraieb 
dnca  Kiiflie  des  Geoeral  L«- 
mirnuz  „>'<tude  »ur  l«  fusLl 
1886".  fiir  lIvllAnd  den 
„MüiMr«  •t>«ot«|«jC'.. 


400 
«00 
HOO 
1000 
V2W 
1600 
200 


0.9 

1.8 
2,86 

4.6 


1. Ü 

1.6 

2.  y 

8,0 
8.9 
6,1 

IM 


1,3 
2.1 

4.6 
6,1 
U.'J 

IM 


1,4 
2.2 
8,1 

ö.O 

IM 


6.6 
7.5 
10,8 

i;?,8 


2.2  ;  r».4 
8,4  ,  7.9 
6.45!  15.0 
10,7  124,9 


Man  kann  hiernach  nicht  behaupten,  duls  im  Frieden  keine 
bedeutenden  Untersebiede  in  den  Streuungsgrölsen  vorkommen;  die 
Streuun^r  der  bcluisrhen  Infanterie  ist  z.  B.  .'3^8  mal  so  groüs  als  die 
in  Deutschland  für  mittlere  und  fast  I'/,,  mal  so  grols  als  fllr  vor- 
zügliche Sohtit/pf)  angegeben.  .Sehr  Irhricii^h  in  dieser  Beziehung  ist 
auch  der  Linterschied  in  der  Streuung  der  hollandischen  Offiziere  und 
Gemeinen.  Es  ist  auch  möglich,  das<^  die  ^  (Thaltnissr,  unter  denen 
die  Yecsocbe  stattgefunden  haben,  sehr  .verschieden  waren j  so  ist 

1)  Unter  Qualität  der  Schützen  veistebe  ich  hier  nicht  nur  den  Gnd 
ilurer  Schielhansbildung,  sondern  auch  die  M MineBsuditk  den  kOipeilidhea 
und  seellsehen  Zustand  der  Mannschaft. 


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Die  Wlrinmir  In  geMtamiftlten  AbteUaagtMhledwii  d»  lafiMitaria.  308 


X.  B.  in  der  italienischen  Scbie&vorBchrift  gesa^.  dafs  bei  den  Yer- 
gaehen  im  Mittel  sechs  Schoss  von  jedem  Schützen  in  der  Mioote  ab- 
gegeben worden,  während  in  Deutschland  wohl  viel  ruhiger  geRchos-;en 
wurde.  Man  kann  höchstens  daraus  folgen),  dafs  in  Deutschland  die 
Ansbiidnng  der  Sebttfesen  ini  allgemeinen  auf  einer  so  beben  Stafe 
steht,  so  dafs  fttr  das  Abteilnngsscbiefiaen  eine  weitere  VervoU- 
kommnnng  im  Frttzisionssebiefsen  niebt  von  sehr  grofer  Bedeutun;^  ist. 

Der  Verfasser  eneebnet  dann,  ganz  wie  (Ihb  in  meiner  ,.Scbif  fs- 
lehre  für  die  Infanterie**  gesphehpii,  Trefferreihen",  die  eine 
sehr  klare  Vorstolliing  von  der  Tred Wirkung  im  Bereich  der  ganzen 
Geschofsgarbe  zu  geben  geeignet  sind.  £^  bemerkt^  dafs  die  Summe 
4er  Trefferzahlen  einer  Trefterreihe  unter  Umständen  die  Sisbl  der 
abgegebenen  Sobttsse  nleht  unwesentlieh  übersteigt.  Er  hätte  weiter 
gehen  können  and  sagen,  dafs  die  Smnme  der  Treffer  einer  TreiVer- 
reihe  gleich  dem  Produkt  ans  der  abgegebenen  Bchuiszahl  und  der 
Grölse  des  bestrichenen  Raumes,  geteilt  durch  den  Abstand  der 
Scheiben  voneinimder  ist.  Der  Beweis  ist  sehr  einfach:  Denkt  man 
sieb  liX)  Geschosse  gegen  mehrere  Seheibenwändc  verfeoert.  die  mit 
Abstünden  von  einem  Meter  hintereinander  stehen,  so  wird  jedes 
Ges<  iiofs  genau  soviel  Scheiben  dnrebschlagcD,  als  die  (rrüfse  des 
bestrichenen  Raumes  in  Metern  betragt.  Stellt  man  die  Scht  iben  mit 
Abständen  von  2,  3  ...  n  Metern  auf,  so  sinkt  die  Treflferzabl  auf 
die  Hälfte,  '/s  *  •  •  vorigen.    Natürlich  gilt  das  Gesetz  nur 

fttr  den  Fall,  dafs  die  Trefferreihe  vollständig  und  nicht  ab;.'<'brocl)en 
ist,  wie  das  bei  den  mit  niedrigen  Visieren  erBobossenen  Trefierreiben 
geschehen  ist. 

Summiert  man  z.  B.  die  Zahlen  der  Trefferreihe,  die  von  „Vor- 
zug liehen*'  Sohtttsen  mit  Visier  800  gegen  Scheiben  von  0,85  m 
Höhe  erschossen  werden,  so  ergibt  die  Summe  108,2,  die  von 
^mittleren''  Scbtttsen  107,7,  die  von  ^.mittleren  Schützen  mit 
doppelter  Streuung^'  106,0.  Der  bestrichene  Eanm  errechnet  sich 
ans  der  Tabelle  der  Flughöhen,  die  der  Verfasser  seiner  Berechnung 
sngmnde  gelegt  hat,  zu  26,5  m.')  Da  die  Scheiben  mit  Abständen 
von  25  m  anfgeekeilt  gedacht  sind,  mnss  man  von  100  Schüssen 
100  •  26,5 

- — —  =  I0()  Treffer  erhalten.  Die  kleiuen  ünterschiede  (108,2 

und  107,7)  sind  Folge  von  Abrundungen.  Es  steht  fest,  dals  die 
Summe  der  Treffer  ganz  unabhängig  von  der  Qualität  der  Schützen 
ist  und  lediglich  von  der  Gröfse  des  bestrichenen  Raumes  abhängt 
Bei  kleiner  Stienang  ist  die  Trefferzabi  in  der  auf  der  antreffenden 

1)  Nach  Ziffer  28  dor  Scbiefsvorachrift  beträgt  der  bestricheiie  Baum 
nur  26  m. 

2Ö* 


304  Die  Wirkmig  im  gefoobtemilUg«!!  AMaUvigiwUeaea  dw  lafntoci». 


EntfemuDg  stehenden  Scheibe  (der  Gipfel  des  Trefferberges)  hoch, 
vermindert  sich  aber  sehr  schnell  (die  Abfalle  des  Trefferberges  sind 
steil);  bei  grofser  Streuung  ist  die  Tretter/.ahl  in  der  am  meisten 
getroffenen  Scheibe  (der  Gipfel  des  Berges)  niedriger,  die  Treffer- 
zahlen sinken  langsamer  (die  Abfälle  des  Berges  sind  sanfter);  je 
getreckter  die  Oeschor$bahD,  um  so  sanfter,  je  gekrttminter  die  Bahn, 
om  so  steiler  die  Abfälle. 

Einen  bemerkenswerten  Unterschied  weisen  die  von  Hauptmann 
Krause  und  mir  errechneten  Trefferreihen  noch  anf  der  besonder« 
auf  den  kleinen  Entfernungen  und  ^Hij-en  höhere  Ziele  ins  Augre  fällt. 
Ich  hatto  hoi  infineu  Berechnungen  angenommen,  dals  die  mittelste 
Gescholsbaim  durch  die  Mitte  der  auf  der  Visiereutfernung  stehenden 
Scheibe  ginge  (Haltepunkt  ..Zielmitte"),  vväliroud  Hauptmann  Krause 
sie  durch  den  Fnfs  der  Seheibe  gehen  läfst.  was  dem  vorschrifts- 
mäfsigen  Haltepunkt  ,,Ziel  aufsit/.eu"  entspricht.  Theoretisch  ist  das 
richtiger,  aber  praktisch  ibt  dadurch  nichts  gewonnen;  im  Gegenteil, 
es  i-^t  schwieriger  anzugeben,  welches  Maxim n in  an  Wirkung  erreicht 
wei  dt  11  kann.  Bei  meiner  liechnuug  wird  die  grolstmögliche  Wirkung 
gegen  die  auf  der  Visierentfemung  auf^-estellte  Scheibe  erreicht. 
Schielst  man  z.  B.  gegen  mannshohe  Scheiben  auf  KV)  m  mit  \  isier 
biK)  und  Haltepunkt  ,,Ziel  aufsitzen",  so  srlilairt  dir  lialft«*  der 
Gescholsgarbe  vor  dem  Ziel  auf,  und  man  wünle  treiwillig  aul  die 
höchstmf'tgliche  Wirkung  verzichten,  wenn  man  —  falls  man  den 
Fehler  bemerkte  —  nicht  die  Gescholsgarbe  so  höbe,  dafs  die  mittelste 
i*1ugbahu  in  die  Zielmitte  fällt.  Dies  kann  durch  einen  Wechsel  des 
Visiers  oder  durch  eine  Änderung  des  Haltepunktes  (Scbiersvorschrift 
Ziffer  \m)  geschehen.  Df^r  Krfolg  —  auch  für  den  Verlauf  der 
TreÖerreihe       i«t  in  beidi  ii  Kiülen  derselbe. 

Hau]>tiiiann  Krause  fn  trachtet  dann  die  Bedeutung  der  Treff- 
wahrscheiniiehkeitslehre  für  die  Schiefspraxis.  Auch  diesen  Aus- 
lUbrungen  kann  .ich  im  grofsen  und  irnrnzen  nur  beistimmen,  so 
namentlich  hin'^ichtlich  der  Bewertung  der  theoretischen  Unter- 
fcüchungen  im  Vergleich  zu  Versuchsergebuissen.  Es  ist  sehr  richtig, 
dafs  alle  Versuchsergebnisse  von  gewissen  Zufälligkeiten  abhängen, 
die.  wenn  sie  nicht  erkannt  werden,  das  Urteil  verwirren,  statt  zu 
klaren.  Widerspricht  ein  Versuchsergehnis  dem  von  der  Theorie 
vorausgesagten  Resultat,  Sf»  darf  nicht  ohne  weiteres  das  Versuchs- 
ergebnis als  richtig,  die  Theorie  als  falsch  angesehen  werden,  was 
ja  leider  so  oft  und  gern  geschieht.  Hierin  darf  vielmehr  nur  die 
dringende  Aufforderung  gesehen  werden,  den  Fehlern  nachzugehen, 
die  den  Widerspruch  verschuldet  haben;  denn  Widersprüche  kennt 
weder  die  Katur  noch  die  Wissenschaft.  Es  m als  dauu  bei  Anlage 


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Die  Wirkung  im  gefaohtandirslgflii  ▲btoüiiiigweiüefflflii  der  Infanterie.  306 

oder  AQsftthrang  des  Versnehs  ein  wiebtiger  Umstand  Übersehen  oder 
die  Theorie  auf  einen  Fall  angewendet  sein,  wofttr  sie  nicht  palst. 
Gerade  solche  Ergebnisse  sind  die  lehrreichsten,  da  sie  die  Erkenntnis 
fQidcm;  aber  nar  jemand,  der  die  Wissenschaft  beherrscht,  ist  im- 
stande, den  Wide^^^p^ucb  aufzudecken.  Ohne  Wissenschaft  oder, 
wenn  man  will  ohne  Theorie,  ist  jeder  Fortsehritt  aus- 
geschlossen; die  reine  Empyrie  ist  Tüllig  impotent. 

Auch  das  entspriobt  meiner  Ansicht,  dafs  das  Priizisions-  oder 
Sehnlsohiefeen  für  das  gefeehtsmäbige  Schielsen  nar  erzieherischen 
Wert  hat,  dals  die  Wirkung  nur  selten  dnreh  eine  hohe  PdbdsioD 
gesteigert  werden  kann,  weü  die  Zielentfemmig  nur  gans  ansnahms- 
weise  genau  bekannt  ist. 

Was  die  Frage  anbetrifft,  ob  eine  oder  mehrere  VisiersteUiingeD 
an  wählen  rind,  nnd  wie  weit  sie  auseinander  liegen  sollen,  so  hSogt 
die  Beantwortung  ganz  daron  ab,  in  welchem  Maise  sich  die  Streunng 
im  Emstfalle  yergrOlsert  nnd  mit  welcher  Sicherheit  die  Zielentfemong 
ermittelt  oder  geschtttat  werden  kann.  Wer  an  die  Ml^glichkeit  gUnbt, 
im  Gefeeht  Entfernungsmesser  zu  verwenden  —  ich  möchte  sie  ver- 
neinen  — ,  der  branebt  fttr  diesen  Fall  nnr  mit  einem  einzigen  Visier 
zu  rechnen,  namentlich,  wenn  er  annimmt,  dais  sich  die  Streanng 
sehr  bedeutend  veigrOisert.  So  s.  B.  kann  man  bei  einer  Streuung, 
wie  sie  die  belgische  Infanterie  aufweist,  selbst  bis  1500  m  mit 
einem  Visier  auskommen,  aueh  dann  weun  der  Entfeniungsmesser 
eben  Fehler  von  8  maoht.  Ein  solcher  Fehler  würde  120  m  aus- 
machen; er  wird  oosebädlicb,  wenn  der  „wirksame  Teil  der  Gesehols- 
garbe"  (Zifl.  159  der  SchielSTOiBohrÜI)  noch  das  Ziel  erreicht.  Dieser 
wirksame  Teil  Ist  1,7  mal  so  grob  als  die  50*^/o]ge  Längenstreuung, 
die  nach  der  belgischen  SchieisYorschrift  168  m  beträgt.  Danach 
hat  also  der  „wirksame  Teil  d^  Geseholsgarbe*'  eine  Tiefe  von  268  m; 
bei  einem  Fehler  ron  120  m  befindet  sieh  also  das  Ziel  noch  un- 
bedingt in  diesem  „wirksamen  Teil'^  Die  Hauptsache  beim  gefeehts- 
mibigen  Schiefsen  ist  und  bleibt  richtige  SelÄteung  der  Entfernung 
und  riebtiges  Stellen  des  Tisien. 

Gkmz  besonders  freue  leb  mich,  dals  der  Herr  Verfasser  der  so 
beliebten  „Jagd  auf  die  Trefferprozente**  entgegentritt,  die  eine 
Folge  der  engherzigen  Bewertung  der  Truppe  nach  dem  Treffogebnis 
ist.  Aber  mit  solehen  platonisohen  Betrachtungen  allein  wird  niehts 
erreicht  Solange  noeh  Künsteleien  erlaubt,  ja  empfohlen 
werden,  um  die  Trefferproaente  au  steigern,  bleibt  alles 
beim  alten.  leh  hatte  es  geradezu  fOr  falseb,  beim  gefeehts- 
mäfs  igen  Schieben  die  Wahl  tou  awei  Yisieren,  die  nur  60  m  ans- 
-  einander  liegen,  au  emplehlen.  Entweder  geuQgt  ein  Virier,  weil 


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306  Die  Wltfcim;  im  ^eobtenUUaigem  AMlugsadüelMn  der  Infaaterie. 


die  Tiefe  der  Geschofsgarbe  grols  genug  ist,  um  Fehler  in  der 
JäcbätzQDg  der  Entfemnng  aosobädlioh  zu  maehen  oder  aber,  man 
mnis  die  Gescbolögarbe  energisch  recken,  was  nur  durch  zwei 
Vlaiere,  die  weiter  auseinander  liegen,  geschehen  kann. 

Die  deatscbe  Infanterie  hat  alle  Ursache,  dem  Hanptmann  Krause 
für  seine  mUhevolle  Arbeit  dankbar  zu  sein.  Wird  die  Arbeit 
gründlich  stndiert.  so  kann  der  Nutzen  nicht  ausbleiben,  und  das 
wird  der  schönste  Lohn  f\li  den  Herrn  Verfasser  sein,  dem  ich  diesen 
Erfolg  von  Herzen  wünsche. 

Wie  durch  Veröffentlichung  amtlicher  Versuchsergebnisse  die 
Wissenschalt  gefördert  werden  kann.  dafUr  liefert  diese  Schrift  wiederum 
einen  schlagenden  Beweis.  Es  bleibt  daher  zu  hoffen,  dafs  unsere 
Behörden  auf  dem  einmal  betretenen  Wege  fortfahren.  Die  Armee 
kann  nur  dabei  gewinnen,  wenn  mit  der  Geheimniskrämerei  endgültig 
gebrochen  wird.  Freilich,  manche  durch  ihr  Alter  festgewurzelte 
Anschauung  wird  durch  die  daran  geknUpften  Erörterungen  vernichtet 
werden;  aber  jede  Beseitigung  eines  Irrtums  ist  ein  Gewinn,  denn 
nur  auf  diesem  Wege  kann  man  zur  Wahrheit  gelangen,  und  nur 
die  Wahrheit  oder  wenigstens  das  Streben  danach  Termag  nns  vor- 
wärts zn  bringen. 

II. 

Die  vorstehende  Besprechung  der  Schrift  des  Hauptmann  Krause 
war  eben  abgeschlossen,  als  das  Febmarheft  der  „Jahrbücher"  und 
damit  der  Aufsatz:  ^Zum  dritten  Male  die  Treffergebnisse 
heim  gefechtsmärsigen  Abteilungsschiefsen  der  Infanterie'' 
aus  der  Feder  des  Oberstleutnant  Freiberm  v.  Zedlitz  und  Neukirch 
in  meine  Hände  gelangte.  Dieser  Aufsatz  beschäftigt  sich  eingehend 
mit  den  von  mir  im  Mai  und  August  vorigen  Jahres  an  dieser  Stelle 
veröffentlichten  Arbeiten  Uber  denselben  Gegenstand. 

Ich  innfs  befürchten,  die  Geduld  meiner  Leser  zu  sehr  in  An- 
spruch zu  nehmen,  wenn  ich  auf  alle  einzelnen  Punkte  eingehen 
wollte,  mit  denen  Oberstleutnant  v.  Zedlitz  in  diesen  Aufsätzen  nicht 
einverstanden  ist.  Ich  will  daher  nur  einen  Punkt  herausgreifen,  der 
jedenfalls  der  wichtigste  ist,  bei  dem  die  meisten  meiner  Leser  aus 
den  Kreisen  der  Infanterie  vorerst  wohl  auf  selten  des  Oberstleutnant 
v.  Zedlitz  stehen,  und  der  mir  schliefslich  die  Gelegenheit  zn  einigeo 
Betrachtungen  von  allgemeinem  Interesse  bietet. 

Es  wird  mir  (S.  176)  der  Vorwurf*  gemacht,  „die  Leistung  vor- 
zuglicher Schützen,  die  ihr  Gewehr  genau  kennen,  unter  günstigen 
begleitenden  Umständen,  bei  freigegebenem  Haltepunkt  auf  den  nahen 
Entfeninngen  .  .  .  zn  gering^  zn  bewerten.  „Nicht  nur  die  UOheo- 


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Die  Wirktmg  im  gefedttmaiäflilgen  AbieiluguebitlMB  dw  Infuterie.  307 


Streuung  kann  hierbei  aulserordentüch  klein  Husfalieo.  sondfru  auch 
der  Kopffi/ient.  wplehfn  die  nach  der  Methoilp  von  Opneralleutnaot 
Kohne  errfchiu-ti'triVetlprzahien  o:egeiiübpr  Schiitzpiiliiiieii,  in  Wirkürh- 
keit  da  erhalten,  wo  auf  die  8cheih 

entfallen  als  auf  die  ZwiseheDiäome,  kaoo  aebr  erbebliobe  Werte 

annehmen." 

Hier/n  bemerke  ich,  dals  nach  ZifT.  103  der  hciiielsvorsehritt 
ein  in  das  Belieben  des  Schützen  gestellter  Wechsel  des  HalteponkteH 
nur  zuläs'-ifr  ist.  wenn  keine  Fenprleitiintr  vorhanden  ist  Die  Schiel's- 
vorsehrift  r(  chnpt  meines  Erachtens  mit  Hecht  beim  gefechtsmäfsigen 
Abteilungsschielsen  nicht  mit  der  individuellen  Lpistnng  des 
einzelnen  Schützen,  sondern  mit  der  Garbe  der  Abteilung.  Auiser- 
dem  aber  s^laube  ich  niobt  an  die  Mfis-lichkeit,  dafs  die  Schlitzen  im 
gefechtsmälsigen  Abte iluugsschi eisen  auf  iMiltVnumjren  von  450  bis 
50()  m\)  und  dariihrr  imstande  sind,  ihre  hchUsse  so  zu  beobachten, 
dais  sie  so  feiiu  Korrektaren,  wie  der  Wechsel  des  Haltepunktes 
sie  bedingt,  vornehmen  kennen. 

Zum  Verständnis  des  tVtlL'cndeu  muls  ich  vorausschicken,  dafs 
ich  bei  Berechnung  der  m  erwartenden  TreÜ'er  angenommen  habe, 
die  Tretier  vrrteilten  sich  beim  Hesehielsen  von  SchtitÄcnUaien, 
dpfpu  einzelne  Scheiben  mit  gleichen  Abstanden  autgestellt  sind, 
u  leichmärsig  nach  der  Breite,  so  d;i(s  also  aut  die  Scheiben  eine 
ihrem  Gridsenverhä  Unis  entsprechender  Teil  der  Treft'er  entfiele.  Ich 
splbst  h.abe  in  meiiu  n  im  Mai  und  August  »  rsehieiu  uen  Aufsätzen 
darauf  aufmerksam  gemacht  dafs  eine  Anhaulung  von  Tretiern  in 
den  Scheiben  möglich  sei  hei  sehr  lockerpr  Aulstellung  des  Zieles, 
bei  sehr  langsamem  Feuer  der  .^chiit/cu  und  bei  sehr  gUnstigeo 
He<ii)a('litungsverhHltnissen.  Diese  Frage  ist  aber  von  so  grundlegender 
Bedeutung,  dafs  ich  ihr  Jptzt  näher  treten  will,  und  zwar  mittelst 
den  Gesetzen  der  Wahrscheinlichkeitslehre,  die  natürlich  für  die 
Breitenstreonng  ebenso  gelten  wie  für  die  Längenstrennng.  Meines 
Wissens  ist  diese  i«rage  bisher  in  der  Literatur  noch  nicht  erörtert 
worden. 

Denken  wir  uns  als  Ziel  eim  Im  rite  Scheibe  von  beliebiger 
Höhe,  die  durch  senkrechtp  Striche  in  !  i  Ider  von  40  cm  Breite  geteilt 
ist.  Es  werde  von  einer  Alireilnng  auf  das  mittelste  Feld  gezielt, 
die  mittelste  Flugbahn  gehe  (lur(  h  die  Mitte  des  Feldes  —  also  der 
güngstigste  Fall  —  so  wird  dieses  Feld  natürlich  die  meisten  Treffi  r 
erhalten;  weniger  Treffer  sitzen  in  den  beiden  Nacbbarfelderu,  noch 
weniger  in  den  weiter  abstehenden  Feldern. 

<)  Um  solelie  Entforuungea  oder  erheblich  gröfsert'  handelte  es  sich 
bei  dem  von  mir  angefochtenen  Treffeigebnis  (Maiheft  S.  645). 


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308         Wirkung  im  gefeobteuuU'aigea  AbbeiluugssohieUea  der  Infanterie. 


Ist  die  öO^lf^ige  Breitenstreaang  z.  Ii.  40  cm.  so  werden  iü  dem 
bezielt<  n  l  eide  50%  aller  Treffer  sitzen  (Wahrseheinlichkeitsfaktor=I); 
in  dtü  drei  oebeneinander  liegenden  Feldern  (den]  mittlerLTi  und  d*  n 
beiden  benachbarteu)  zasammen  96  ^(^  (Wahrscheinlicbkeitsfaklur  —  .j), 
in  den  tiinf  nebeneinander  gelegenen  sämtliche  Treffer,  also  UX) 
Denken  \sir  uns  die  Felder  der  Scheibe  uunuiiLTt  und  ist  aul  das 
Feld  No.  25  gezielt,  so  werden  100  Treffer  sich  wie  folgt  verteilen: 

No.  2ö  erhält  50  Treffer, 

„  24  und  26  je  23,  zusammen  46 
28   »    27  n    2f       tf  4 


II 


Summa  100  Treffer. 

IMe  naehstebettde  ZmammeDstolliiag  gibt  die  VerteUnng  der 
Treffer  auf  die  Tetsohiedenen  Felder  der  Seheibe  unter  VoranssetEong 
Tersehieden  gro&er  Streanngen  an. 

Zasammenbtelluug  Iii. 


W%igfi  Breiten- 


Von  je  100  Treffern  sitzen  in  den  Feldern  Nr. .. .  Treffer: 


17|18il9|20|2lj22|  28  |  24  |  25  |  26  |  27  |28|29|S0|8l|82 


40 
00 
80 
100 
120 
140 

leo 


iO.6 
iO,6|l 


1 

1  12 
0,6il,B4 

1  2.6|6 

2  |8  15.6, 


i  I  2 

|1  I  8 
I3.BII 

16  12 

;7  12 

8  ;n 

8 


28 
•28,6 
21,6 
Ii  8.6 
16 
14.0 
10,6118 


28 

2 

86 

28.6 

8 

1 

26 

21,6 

II 

8,6 

1 

21 

18,6 

12 

6 

2 

1 

18 

16 

12 

7 

4 

1.6 

0,6 

16 

14.6 

11 

8 

6 

2,6 

1 

0,6 

18 

18 

10,6 

8 

6,6 

8 

2 

1 

Man  erlLennt  dentlieh,  dab  —  wie  bei  den  Trefferreihen  —  je 
grölser  die  Streuung  ist,  mn  so  mehr  Felder  getroffen  werden,  dab 
aber  natttrlich  die  Zahl  der  Treffer  in  dem  besielten  Felde  um  so 
niedriger  wird. 

Beim  Ahiciluugsschiefsen  gegen  Schützenliuieü  wird  die  günstigste 
Wirkung  bei  ganz  gleichmäfsiger  Verteilung  des  Feuers  erreicht; 
d.  h.  wenn  auf  jede  SchUtzenseheibe  gleich  viel  gezielte  Schusse  ab- 
gegeben werden.  Wie  aus  der  Zusanimeustellujig  geschlossen  werden 
kann,  wird  nur  ein  Teil  auf  die  bezielte  Scheibe  selbst,  ein  anderer 
Teil  in  die  Zwischenräume  und  wieder  ein  anderer  Teil  die  benach- 
barten Scheiben  treffen;  vorausgesetzt  natttrlich,  dafs  kein  Seitenwind 
herrscht,  der  die  dichteste  Treffcrgmppe  in  die  Zwischenräume  ver- 
legt; es  wird  vielmehr  angenommen,  dals  die  mittelste  Grescholsbahn 
genau  durch  die  Mitte  der  bezielten  Scheibe  geht. 

Denkt  man  sich,  eine  in  numerierte  Felder  geteilte  Scheibe, 
wie  die  oben  beschriebene,  würde  von  einer  Schützenlinie  beschossen 


pi      j  Ly  Google 


Die  Wlrkong  im  ^t'eobtomiUirigea  AbteilungsscbieTaen  Oer  Iniiatehe.  30^ 

and  die  Schützen  seien  angewiesen,  aul  bestimmte,  ihnen  genauer 
bezeichnete  Felder  z.  B.  auf  die  mit  den  Nummern  2,  4,  6  usw. 
bezeicbeten  Felder  —  zu  zielen,  so  werden  die  Treffer  sich  in 
bezug  auf  die  Breite  nach  denselben  Gesetzen  verteilen,  als  ob  eine 
Schützenlinie  mit  vuilkomraenster  Verteilunir  des  Feuers  beschossen 
würde  und  zwar  in  dem  vorliegenden  Falle,  als  ob  di(>  einzelnen 
Schützenscheiben  rait  lichten  Zwischenräumen  von  40  cm  aufgestellt 
wären.  Wird  imu  auf  die  Felder  3,  ü,  9  usw.  (4,  8,  12)  gezielt,  so 
würde  die  Verteilung  der  Treffer  so  erfolgen,  als  ob  eine  Schtltzen- 
linie  mit  Zwischenniumen  von  80  (120)  cm  beschossen  würde  usw. 

Zielt  B.  der  Schutze  A  auf  Feld  No.  2,  B  auf  4,  C  auf  6 
usw..  so  vertt  il(  n  m^h  die  Treffer  bei  einer  mittleren  Streuung  von 
HO  cm  nach,  folgendem  öchema.  Von  je  100  Treffern  sitzen  in  den 
Feldern : 


1 

2 

8 

* 

5 

6 

7 

8 

10 

11 

12 

A 

86 

28.5 

8 

1 

B 

1 

8 

28,5 

35 

28,5 

8 

1 

C 

1 

8 

23,5 

35 

28,B 

8 

I 

D 

1 

8 

28,6 

85 

28,0 

8 

1 

1 

8 

28,6 

85 

28.6 

6 

F 

■ 

. 

1 

8 

28,6 

85 

84,5 

« 

1  «8 

61 

4>l 

61 

49 

61 

49 

61 

48 

48 

Mao  ttkemit  lekbt,  dals,  abgesehen  tod  den  an  den  Flügeln 
befindfiebeo  Felden  die  besielten  —  mit  geraden  Nammeni  bexeieh- 
neten  Felder  61,  die  anderen  49  ^/^  aller  Schttsse  aufnahmen. 
0le  Verfeeilnng  der  Treflfer  ist  in  der  Tat  absolut  gleiehmXIsig,  es 
siteea  in  den  1i«delten  Feldern  idebl  mehr  Treffer,  als  in  den  nicht 
beaelten  und  der  geringe  Untersobied  ist  lediglich  eine  Folge  der 
Jünrandnng.  Genauer  gereekn^  wttrden  sieb  nAmlioh  die  Sehttsse 
eines  Sohttteen  wie  folgt  ausbreiten:  1^  —  7,65  —  23,8  —  34,7 
—  28,8  —  7,65  -  1,2  and  es  iden  in  die  beiielten  und  nicht 
beaelten  Felder  genau  je  50  ^/^  Treffer. 

Bei  kleinerer  Streuuuf;  würden  die  bezielteii  I  eider  luehr 
Treffer  aufnehmen.  So  fallen  z,  B.  bei  einer  mittleren  Breiten» 
streuuDiT  von  40  em  in  die  bezielten  Felder  59,  in  die  nicht  bezielten 
41°/o  aller  TreÜ'er.  Wird  die  Streuung  grölser,  so  ändert  das  au 
der  Verteilung  der  Tretler  nichts;  sie  bleibt  absolut  gleichraäfsig. 

Bei  grdfseren  Zwischenräumen  hänfen  sich  natürlich  die  Treffer 
in  den  bezielten  Feldern  etwas  mehr.  Bei  Zwischenränmcn  von 
SO  cm  mtlisten  bei  gleichmälsiger  Verteilung  Vj  (^S'/sVo)  »Uer 
Treffer  in  den  bezielten,        in  den  nicht  bezieiten  Feldern  (den 


L 


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310         Wirkang  im  gefeohtemäi'sig^u  AbtoilungHsohieisen  der  Infanterie. 


ZwisehenittiimeD)  sitzeih  Man  erkennt  ab^  ]Mst,  dals  die  Zahl 
der  Treffer  in  den  bedelten  Feldern  bei  einer  mitHeren  Stremng  Ton 

40  om   ....  50 

60  I«  .  •  .  .  37  n 
80  „  nnd  darüber  83  „ 

betrügt 

Man  findet  das  Resultat  sebr  sclmell,  wenn  man  aoB  ZoBammen- 
Btellnng  8  die  Zahl  der  Treffer  In  den  Feldern  25,  28  nnd  22  (bei 
giOlseren  Streuungen  26,  28,  31  nnd  22,  19)  summiert,  d.  b.  also 
immer  zwei  Felder  ansl&fet 

Bei  Zwisehenrftuiaen  Ton  190  em  mttisten  bei  gleiebmilstger 
Verteilnng  25  aller  Treffer  in  den  beiieltea  Feldern  dtxen.  Ans 
Zusammenstellung  1  erkennt  man  (Snmmierung  der  Treffer  mit  Äns- 
lassnng  Ton  drei  Feldern),  dafe  die  TreffensaU  in  diesen  Feldern 
betrügt  bei  einer  mittleren  Streuung  Ton 

40  em   .   .   .  .  50% 
60  „    ,   .   .   •   85  „ 
80  ,1    •    •    •   •  28 
100  „  und  darüber  25  „ 
Bei  Zwiscbenräumen  von   180  cm  würde  ani  20*^/0  aller 
Treffer  su  rechne  sein.   Tatstteblieb  Ist  die  TrefferEahl  bei  mittleren 
Streuungen  unter  120  cm  bdfaer,  bei  einer  Streuung  Ton  dieser  GrOise 
erblilt  man  in  den  bezielten  Feldern  21  %  aller  Treffer,  bei  noeh 
etwas  grVfserer  Streuung  findet  eine  Töllig  glelchmftlsige  Ausbreitung 
der  Treffer  statt.  Bei  Zwiscbeni^umen  von  200  cm  tritt  diese  erst 
ein  bei  einer  mittleren  Streuung  von  140  em,  bei  Zwiacbenrüumen 
von  240  em  erst  bei  einer  solchen  von  180  em. 

Man  kann  hieraus  den  Scblufs  sieben,  dals  beim  Besebielsen 
von  SehUtsenlinien,  die  mit  den  ttblieben  Zwisehenrllumen  aufgestellt 
sind«  die  Vertdlung  der  Tirefier  auf  Scheiben  und  Zwisehemänme 
völlig  gleiehmSlsig  ist,  wenn  die  Zwisehenrünme  gleich  oder  kleiner 
als  die  mittlere  Breitenstreuung  sind.  Eine  nennenswerte  An« 
hüufung  der  Treffer  in  den  Scheiben  wird  erst  eintreten,  wenn  die 
Zwisehenritnme  mehr  als  doppelt  so  giolB  werden  als  die  mittlete 
Breitenstreuung,  weil  alsdann  die  besielten  Felder  nur  die  Treffer 
von  den  auf  sie  gesielten  Schttssen  erhalten  z.  B.: 
Zwisebenr.  80  em;  mittlere  Streuung  40  «  .  50     Treffer  statt  88  Vs 
»      120  „        „         „        80  .  •  85         „      „  25 
n      160  „         „         „        80..26,,       „  »20 
»      200  „         „         „       100  .  21,5  „       „       „  16,7 
»      240  „         „         „       120  .  18,5  „       „       „  14,3 


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Die  Wirkmg  in  gef«obtaiiittiajg«ii  AbteUniigssoliiafMii  der  Infanterie.  31|. 


Es  tragt  sich  ntin,  mit  weichen  Gröfsen  der  Hrt  iteustreuiui^ 
wird  man  beim  Abteilun^^sscbiersen  zu  rechnen  hal»- n?  In  der 
deutschen  Literatur  ist  darüber  nichts  enthalten;  es  bh  ila  eine  Äuf- 
^'ahf  der  Gewehr-PrUfun^^s-Kommission  hierüber  in  ähnlicher  Weise, 
wie  dies  für  die  Höhenstreuung  gresehehen,  Versuche  anszufUhren, 
die  einen  sehr  viel  ireringeren  Aufwand  von  Zeil  und  Mitteln  er- 
iordem  als  die  fUr  die  Erniitthins:  der  Ilüheustreuung:. 

Man  kann  aber  ans  Angaben  der  Ire mdstuutlichen  Literatur  zu 
einer  ziemlich  sicheren  Schätzung  dieser  Oröfse  irelanj^ren.  Der 
französische  General  Lamiraux  bemerkt  in  seinem  Huche  „Ktode 
8ur  le  fusil  modele  1886"  (S.  74,  Fufsuote),  die  Breitenstreauug 
bttra^jre  ungefähr  das  0.8  fache  der  Höhenstrenung;  nach  der 
italienischen  Schielsvorschrift  ist  b«*im  Abteil  un^ssehielsen  die 
bieitenstreuuii<r  bis  auf  die  Entfernung  von  Üüü  m  soirjur  grfilser, 
als  die  iidin  nsti (  uunjr  fanf  450  m  soirar  am  '/.,).  WCiin  ich  im 
nachstehenden  <iie  Hreitenstieuunj:  zu  80  ^'/o  ^^^'^  iiöbenstreuung 
„mittlerer"  Schützen,  wie  sie  Hauptmann  Krause  angibt  annehme, 
so  glaube  ich,  wird  man  mir  nicht  vorwerfen  können,  dals  ich  sie 
zu  grofs  eingesehätzt  habe.  Ich  bleibe  dann  noch  hinter  den  An- 
gaben zurück,  die  Lamiraux  für  die  Rreitenstrenung  ausgebildeter 
französischer  iSchüt/.en  im  Einzelfeuer  macht.  Auf  eine  Dezimale 
ah- «  rundet,  würde  also  die  mittlere  (50^/oige)  Breitenstreanng  im 
Abteilungsscbieiseu 


auf  300  m    ,  , 

.    zu  0,6 

m 

„   400  „  . 

,  0,8 

I» 

ff   oOO  • 

.    „  1.0 

r» 

„  600  „    .  . 

■  n 

11 

.     „  1.5 

»t 

1,    800  • 

.     „  1,8 

V 

j,  900  „    •  « 

>     «  2,1 

ff 

« 1000  „  . 

►  2,4 

»» 

anznnehmen  sein. 

Als  normale  Zwischenränme  flir  Sehützeiilinieii  geileu  nach 
Ziti.  LJH  (It'.s  E\fr/,ier-Rei:l(  iiionts  solche  von  1,2  m.  Bei  völlig  ^leich- 
mJilsi'rer  Au^bnitun^'^  dci  Treffer  müssen  also  '/^  aller  TretTer  in 
die  [)f7irlt<n  Felder,  ^/^  in  die  nicht  bezielten  fallen.  Nach  dem 
v(t?st(  hcii(l(Ti  tindct  das  bei  einer  mittleren  Streuung  von  1,00  m, 
nlso  Ijt'i  einer  Entfernung  von  500  ni  statt.  Auf  400  m  würden 
bei  strengster  Rechnung  28  anstatt  25  "/^  in  die  bezielten 
Felder  fallen  Man  kann  also  bei  ..mittieieu"  Schützen  sogar  noch 
auf  dieser  tntff  rnung  von  einer  nahezu  prleichmäfsigeu  Verteilung 
der  Treöer  reden,  wobei  ich  gern  zugebe,  dais  bei  „vonUglieheu'^ 


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312    l^id  Wirkung  im  getechtämüräigen  AbteilangBSchielsea  der  Infanterie. 


Schützen  (mittlere  Breitenstreaung  0,7  m)  schon  eine  slKrkere  An- 
bäofiiDg  in  den  bezieiteu  Feldern  in  die  Erscheioutig  treten  kann, 
nicht  mafs.  Aaf  800  m  werden  schon  35*^/0  aller  Treffer  (anstatt 
25)  in  den  bezielten  Feldern  zu  erwarten  sein. 

Mao  darf  bei  AusfUhrang  eines  Versnchs  natOrlieb  nicht  er- 
warten, dab  alle  bezieiten  Felder  die  gleiche  Treffemdil  erhalten; 
es  liegt  eben  im  Wesen  der  Wahrscheinlichkeit,  dafs  die  er- 
schossenen Resultate  erst  bei  sehr  grofsen  Zahlen  mit  den  theo- 
retisoh  gefundenen  übereinstimmen,  aber  man  wird  finden,  dals  sie 
ebenso  oft  darunter  als  darüber  liegen.  Ja,  Tieileicbt  liegt  die 
Treffeizabl  in  den  bezielteo  Feldern  bei  groben  Zwischenräumen 
oder  kleinen  Streuungen  oft  unter  den  errechneten,  weil  ein 
sehwacher  Seitenwind  hinreicht,  die  Mitte  der  Geschofsgarbe  toq 
dem  eigentlichen  Ziel  in  die  Zwischenräume  zu  yerlegen. 

Ich  hoffe,  durch  diese,  vielleicht  zu  ausführliche  Eirörterang  die 
Bedenken  des  Oberstlentoants  v.  Zedlitz,  die  er  gegen  meine  Methode 
tax  Ermittelung  der  gegen  Schützenlinien  zu  erwartenden  Treff- 
leniltate  hegte,  zerstreut  zu  haben,  wenigstens  wenn  es  sich  um 
fiotfeninngen  von  400  m  und  darüber  handelt  Dab  die  auf  diese 
Webe  enntttelten  Zahlen  Ubertroffen  werden  können,  das  su 
leugnen  fiUlt  mir  nicht  ein;  aber  ich  behaupte,  dab  die  wirklich  er- 
scboflsenen  Besnltate  meist  hinter  diesen  rechnerisch  ermittelten 
«irttekblelben  müssen^  weil  bei  diesen  der  Einflnb  eines  falsch 
gewühlten  Vbiers  rollstSodig  ausgeschaltet  ist,  während  er  beim 
gefeehtsmälsigcn  Schieben  das  Resultat  erheblieh  herabdrückt. 

Naeb  der  ab  bekannt  vorausgesetzten  Methode  (vergl.  meine 
„ScMefslehre  für  die  Infanterie^  S.  72  ff.)  errechne  ich  nnter 
Zngmndelegung  der  von  Hanptmann  Krause  für  „vorzügliche*^ 
Sehtttnen  angegebenen  mittleren  Höhenstreuung  die  gegen  Kopf< 
Bcheiben  mit  1,2  m  liebten  Zwiachenränrnen  zu  erwartenden 
Trefferxahlen.  Danach  sind  za  erwarten  von  100  Schüssen 


ani 

400  m 

2,3 

Treffer 

n 

600  „ 

1,8 

n 

t> 

600  „ 

1,5 

n 

n 

700  . 

1,3 

r 

800  „ 

1.1 

f» 

900  « 

1»0 

n 

1000  . 

0,9 

n 

1100  , 

0,76 

n 

Und  nnn  bitte  ieb  dieae  Zablen  zn  veigleioben  mit  denjenigen 
die  ab  „DttrebBohnittsresnltate  ohne  Bttekaiebt  ob  die  Entfer- 
nung geneiien  oder  gesebfttzt,  ob  gfine^  oder  nngUnstige  Witterung, 


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Die  Wirkung  im  gafeehtanlftlgeD  AbteiliiagweliieCiMo  4w  lofanteii«.  313 


ob  Viflier  richtig  oder  Dicht''  in  den  Jahren  1901  und  1902  eireiobt 
worden  sind.  (Augnstheft  190B  8.  107  u.  fi.) 

In  dieaen  Zahlen  sind  allerdings  noch  die  Qaerscbläger  einbe» 
grifien:  ich  will  daber  die  obigen  Zahlen  noeb  mit  1,3  multiplizieren. 
Jeder  Sachverständige  wird  mir  zngeben,  dats  ich  dabei  einen 
anfserord entlich  hohen  Prozentsatz  von  Qnerschlägern  annehme, 
der  über  das  Durohsebnlfttsmals  weit  binaiugeht.  Man  erbält 
alsdann 

für  400  m   8,0  "^(^  Treffer 


9 

500 

n 

2,3  „ 

ff 

600 

r 

1,95  „ 

'1 

m 

700 

IJ  » 

n 

if 

800 

n 

lA  „ 

« 

*i 

900 

n 

1,3  „ 

n 

r» 

lOOO 

n 

1/2  M 

»> 

n 

1100 

» 

1»0  „ 

» 

Aof  den  Entfernungen  von  400  bis  500  m  würde  man  also  auf 
2,66,  Yon  600  bis  600  m  auf  2,126*^/o  Treffer  erwarten  dürfen. 

Der  besseren  Obersicht  wegen  setze  ieh  die  miteinander  zn 
Tei^leicbenden  Zahlen  untereinander 


|450|  660 

660 

7 50 1860 {960 

1060  m 

TorsOfflidie  Schlitzen  bei  genau  zu« 

treffendem  Visier 

Durrhsrhnittserfi;('bnis9e    bei  gefechts» 
iaü.ssigem  Schiel'scn  ' 

2,66 
2,6 

2.125 
2,4 

I.B 

2.8 

1,66 

2,0 

1.86 
1.4 

1,26 
1,2 

1.1  % 

0,5  % 

Ich  verzichte  darauf,  Hpn  Widerspruch  /ai  erklären,  der  darin 
liegt,  dafs  die  Truppe  im  Durchschnitt  bei  Lrtechtauuilsiir^'m 
Schiefseu  d.  h.  also  doch  bfi  nnhekannter  Kntternun^  oder  doi-li 
nur  annähernd  zutrelleudi  r  \  isierstelluTia  auf  df  ii  Kntfemun^en 
zwischen  500  und  9()<)  m  h{>hcre  Treiiresnltate  erreicht  hat,  als 
uat'h  der  „Theorie*  vorzügliche  Schützen  unter  den  denkbar 
güustifrsten  Verhältnissen  d.  h.  nicht  nur  auf  bekannte  l>ntfernung, 
sondern  mit  genau  /utreftendem  Visier  und  bei  einem  ftir  Aut- 
schläfrer  vor  dem  Ziel  Uberans  gUnstigen  Boden  Uberhaapt  zuge- 
billigt werden  können. 

Diese  anffallende  Erscheinung  ist  nur  dadurch  zu  erklären, 
dH(s  entweder  in  meiner  Methode,  in  den  Angaben  des  Uaaptmann 
Krause  Uber  die  Streuung  oder  in  denen  Uber  die  erreichten  Treff- 
lesultate  ein  schwerer  Fehler  steckt.  Vielleicht  unterzieht  sich  Herr 
Oberstleutnant  y.  Zedlitz  der  Mttbe^  ihn  aufenfiDden.  leb  fUr  meinen 


314        Wirkimg  im  gefeohtomftfngen  AbtaUnngssoliierMii  der  liif«iil«iie. 

Teil  erkläre,  dafs  ich  dnrttber  mich  sehr  freuen  würde,  aocb  wenn 
mir  dieser  Fehler  nachgewiesen  wllrde.  da  die  Wisseosobaft  dabei 
tiaeu  groitten  Fortschritt  machen  mUitite. 

III. 

Ich  halte  es  für  angezeigt,  diese  Studie  zu  besobliefsen  mit 
einer  Zusammenstellung  Uber  die  Treflfresnltate,  die  naeb  den  von 
der  Gewehr Prtlfungs-Kommission  augestellten  Versuchen  von  ,,mitt- 
leren^^  Schützen  bei  zutreffendem  Visier  gegen  Schützenlinien  zu 
erwarten  sind.  Ich  werde  zunächst  die  Trefi^resultate  errechnen 
für  Schützenlinien,  bei  denen  auf  das  Meter  Front  eine  Scheibe  kommt 
(lichter  Zwischenraum  60  cm  )  und  daraus  die  gegen  ScbtttBenlinien 
mit  anderen  Zwisebenräomen,  ableiten. 

ZasammenfitelloDg  IV. 
Gegen  SebttteeolinleD  —  aaf  1  m  Fronthrdte  eine  Sehribe  —  sind 
TOD  ^mittleren"  Sehtttzen  bei  zatreffendem  Visier  von  je  100  SebfisseD 

.  .  .  Treff<ar  zn  erwarten. 


Entfemang 

400 

500 

fiOO 

700 

800 

900 

1000 

Kopfscheiben    .  . 

8,26 

2.0 

1.7 

1,4 

l,-2 

1.0 

02 

6,9 

B,4 

4,4 

8.6 

8.1 

2,65 

2,8 

2.0 

Humpfhcheiben  .  . 

14,0 

11.0 

».0 

ö,4 

6,6 

iß 

4.2 

l  in  die  Treffergebnisse  ge^^en  .Schützenlinien  mit  anderen 
Zwischenräumen  zu  finden,  ist  zur  OrOfse  der  Zwischenräume  die 
Breite  der  Scheiben  (0,4  in)  zu  addieren  und  mit  der  erbaltenen 
Zahl  in  die  vorstehenden  Zahlen  zu  dividieren. 


Zosammenstellnog  V. 

Gegen  Schützenlinien  sind  von  „mittleren*  Schützen  von  je 
100  Schüssen  .  ,  .  direkte  Treffer  zu  erwarten. 


EntfernuDig 

Kopfscheiben 

Bru 

Humiifscheiben 

0.4  1 

a4  ] 

OJH  \  1,2 

0.4  i 

03  i 

1.2 

ni 

m 

lichter  SSwtodieiuraiim 

400 

4,1 

2,7 

2,0 

8,6 

6.7 

4,8 

17.6 

11,7 

8,76 

600 

8,1 

*-M 

1,6 

6.75 

4.5 

8.4 

18,76 

9,2 

6.9 

600 

2,B 

1,8 

1,1'6 

5,5 

8,7 

2,75 

11,26 

7,5 

6.6 

700 

2,1 

1.8 

1,1 

4.& 

8.0 

2.26 

9,4 

6/25 

4.7 

800 

1,76 

1,^ 

0,0 

8.9 

1,9 

8.0 

6,3 

4,0 

900 

!,5 

1,0 

0,76 

8.8 

2,2 

1.7 

6.9 

4.6 

8,4 

1000 

1,25 

0.6 

0,6 

2,9 

1,9 

1,4 

6.0 

4,0 

8.0 

1000 

1,1 

0,7 

0,6 

2.6 

1.7 

1,26 

6,26 

8,6 

23 

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DI»  Wirkinff  im  gefoobtanlUsIgtii  AMnUaiffMeldafteB  d»  Infuiterio.  315 

HieizD  ist  noch  zu  bemerken,  da£s  diese  Zahlen  sieb  noch  am 
die  Qaerschläger  erhöhen,  deren  Vorkommen  Yomehmlicb  von  dem 
AufHchlagboden  am  Ziel  abhängt  Bei  fester  Grasnarbe  treten  sie 
häufiger,  bei  Sandboden,  Starzacker,  an  stei^ndem  Gelände  selten  auf. 

Wer  diese  Zusammenstellung  vergleicht  mit  den  Trefierzahlea, 
die  nach  einer  £nde  der  80  er  Jahre  heraiugegebenen  Tabelle  von 
gaten  Schützen  zu  erwarten  sein  sollten  (Maiheft  1903,  S.  543),  wird 
einen  gewaltigen  Unterschied  finden.  Jene  Zahlen  sind  znm  Teil 
swei-,  drei-,  ja  fünfmal  so  hoch. 

Wenn  Oberstleatnant  von  Zedlitz  (Februarhaft  S.  174)  sagt, 
jene  ZusammensteUong  sei  aufgestellt»  nm  die  Truppe  vor  unm<i;r- 
lichen  Anfordemn?en  zu  schützen,  so  würde  solohes  Verfahren  ein 
sehr  geringes  psycholoL^iscbes  Verständnis  beweisen,  ganz  abgesehen 
davon,  dalis  Jene  Trefferzahlen  zum  Teil  nur  unter  ganz  besonders 
günstigen  Umständen  erreichbar  sind.  Es  ist  ein  alter  Gnindsatz  in 
der  dentscheu  Armee,  das  Unmüglicbe  zu  fordern,  damit  das  Mögliehe 
erreicht  werde,  und  wohl  jeder  strebsame  Offizier  sachte  seine  Auf- 
gabe darin,  eben  jene  Kesultate  zu  erreichen. 

Ich  halte  es  aber  ittr  richtiger,  dem  Vorgesetzten  zu  sagen,  was 
er  billigerweise  von  seiner  Trappe  erwarten  darf  and  glanbe,  dals 
die  Zahlen  der  Zusammenstellung  V  dem  entspreeheo.  Auf  kleinen 
fintfemungen,  wo  kleine  Sohätznnirsfehler  von  geringer  Bedeutung 
sind,  kann  eine  recht  gut  aasgehildete  Truppe  mehr  Treffer  er- 
erreichen;  aber  !Ülzuhoch  darf  man  seine  Erwartungen  nicht  stellen, 
weil,  wie  Hauptmann  Krause  auf  Grund  seiner  Versuche  mit  Recht 
bemerkt,  der  Untersohied  in  der  Streaang  „vorzüglicher"  und 
«mitllerer"  Schützen  nicht  sehr  grofs  ist.  Auf  den  gröüseren  £nt- 
fernnngen  wird  das  Treffresnltat  durch  Schätznugsfehler  herabgesetzt; 
man  wird  also  hir  r  selbst  bei  guter  Präzisionsleistang  meist  geringere 
Treffinsnltate  aufweisen,  namentlich,  da  hier  ja  aoeh  mit  zwei  Visieren 
geschossen  wird.  Im  allgemeinen  aber  werden  die  erschossenen 
Besnitate  am  die  von  mir  ermittelten  Zahlen  schwanken. 


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316 


Zw  Feldlumbittfr^ge. 


xvn. 

Zur  Feldhaubitzfrage. 

T. 

Ein  Vorsclüag  zur  fiaubits&age. 

Villi 

Rfippell,  Major  a.  Abteü.-KoiiimaQdear  im  Ber^^h.  Feldari-Rgt.  Nr.  59. 

In  den  Kampf  fOr  ond  wider  die  leicbfe  Feidhanbitze  will  ieh 
nioht  eingreifen.  Sie  ist  da,  und  anBere  bObere  TmppenilUinuip 
Terlangt,  dafs  sie  ibien  beiden  Anfgalieni  Besobiefsen  von  Zielen 
diebt  binter  Deckungen  nnd  nnter  filndeekungen,  sowie  Besebie&en 
von  nngedeokten  Zielen  erftUt.  Und  das  kann  sie,  —  denn  sie  ist 
ein  oaeb  jeder  Hiebtang  yortreffUebes  GresebllfcE,  wenn  man  sie 
mil  einer  genügenden  Mnnitionsnenge  Tersiebi.  Das  Ist  der 
praktiscbe  Kern^  der  sieb  (br  den  Frontbanbiteier  ans  den  vielen 
ErOiternngen  ttber  die  Peldbanbitxe  beranssebiUi  Darin  erblicke 
ieb  das  Hanptverdiensl  der  t.  Altenscben  Brosebttre,  dafs  sie  anf 
dtenngeattgendeHnnitionsansrOstong  der  Feldbanbiiw  bingewiesenbat. 

Wenn  ein  GescbUtz  nacb  swei  yerscbiedenen  Riobtnngen  bin 
brancfabar  sein  soll,  mnb  man  es  Air  beide  Zwecke  mit  genügender 
Munition  yeiseben.  ZweifeUos  ist  aber  die  Ansrttstnng  der  Feld- 
baubitze  mit  Scbrapnells  (384  Sebnis  pro  Batterie),  sn  gering  be- 
messen, lob  kann  den  Ansftlbningen  B.8  in  Nr.  10  des  Hifititr- 
Wochenblattes  niobt  beistimmen.  Gewifo  bat  er  Becbt,  wenn  er  er- 
klMrt,  da(8  die  MnnitionsansrQstnng  einer  Hanbitaballerie  —  nnter 
Binznreebnnng  ibies  Anteils  an  der  leicbten  F.-Kolonne  ~  an 
Scbnlszabl  (meiner  Bereobnong  nacb  sogar  924  gegen  1088 
Schals)  der  einer  Ranonenbatterie  beträgt.  Er  bertteksicbtigt  dabei 
aber  niebt,  dab  ein  Teil  dieser  Gescbosse,  328  Granaten  mit  V.  sn 
jeder  anderen  Verwendung  als  gegen  Deckungen  nnd  Eindeckungen 
absolut  nnbrancbbar,  ein  anderer,  212  Granaten  o.  V.  gegen  lebende 
Ziele  nur  sebr  bedmgt  brancbbar  ist.  Die  Granate  o.  V.  ist,  mit 
Bz  verfeuert,  „sor  Bek&mpfnng  lebender  Ziele  dicbt  hinter  Deck- 
ungen, aoeb  stdeber  unter  Scbntewebren  verwendbar,^  mit  Az  dient 
sie  „zum  Einscbietsen,  zur  Nabverteidigung,  wenn  ein  Gesebolis- 
Wechsel  nicht  angttngigist,  und  zur  AnsbUIe  bei  Mangel  an  ScbrapnellsL'' 
So  unser  Reglemeni  Genaner  betrachtet,  isU  sie  zur  Aushille  bei 
Mangel  an  ScbrapneUa  aber  nur  unter  ganz  besonders  gOnstigen 
Bedingungen  verwendbar,  nämlicb  dann,  wenn  man  das  Ziel  selbst 
sehen  nnd  sich  genau,  auch  nach  der  Seite,  gegen  dasselbe  eb- 
sehieisen  kann.  Dies  ist  bei  der  greisen  Voriiebe  unserer  westUcben 


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Zor  FeldlutnUtafttg«. 


Nachbarn  für  indirekte  Stellungen  beim  Artilleriekampf  nur  in  seltenen 
Fällen  möglieh.  Erst  wenn  im  weiteren  Verlaufe  des  Kampfes  ein- 
zelne Batterien  zur  Begleitung:  des  Infanterieangriffs  in  ungedeckte 
Stellungen  vc^rgeheii,  kann  gegen  diese  und  auch  gegen  die  vor- 
gehenden feindlichen  Infanterielinien  die  Oranate  zur  Anwendung 
gelangen.  Gegen  die  Schildbatterien  der  Franzosen  erwartet  man 
sogar  von  ihr  besonders  gute  Wirkung.  In  jedem  Fall  ist  aber  ein 
länger  dauerndes  genaues  Einschiefeen  notwendig.  Ihre  Wirkung 
gegen  lufanteriermien  ist  der  des  SchrapoellS'Bz  um  so  mehr  ODter- 
legen,  je  grölser  die  Elutfernong  ist. 

Mit  Vorteil  ist  die  GranAte  gegen  ungedeckte  Ziele  —  al»- 
gesehen  vom  Kampf  gegen  freistehende  Sebildbatterien  —  anr  xor 
NabTerteidignng  und  auf  Entfeniongen,  auf  denen  der  Brennzünder 
des  Sehrapnells  niebt  aiureieht,  sn  Terwenden. 

Der  grobe  Voirat  Ton  924  GeseliOBera,  der  einer  Hanbitibatteiie 
snr  Veifllgnng  atebi,  scbmmpft  daher,  wenn  es  sieh  dämm  handelti 
sie  wie  ebe  Kanonenbatterie  zn  Terwenden,  ani  die  iMsebddene 
Zahl  ?on  384  Schnls,  das  sind  ^/(^  der  SobrapneUaosrllstnng  einer 
Kanonenbatterie  sosamnien.  Mit  diesen  884  Sebrapnells  soll  die 
Hanbüabatterie  unter  Umstttnden  allen  den  Angaben  des  Gdtoebts 
gerecht  weiden,  zn  denen  der  Kanonenbatterie  920  Sehrapnells  mr 
Verfhgang  stehen.  Mir  sebeini  dab  „das  Gespenst  der  Blatarmnt 
bei  nftbezer  Betrachtung  denn  doob  nicht  so  gans  in  Dnnst  zeiflieisl^*' 
and  dalB  ein  jeder  Kommaudenr  einer  Hanbitsabteiinnif  mit  einer 
gewissen  Sorge  ani  seinen  Mnnitionsvorrat  bücken  mnfo,  wenn  seinC 
Batterien  snr  LOsnng  der  Aufgaben  Ton  Kanonenbatterien  in  den 
Kampf  treten«  Hier  liegt  m.  E.  der  Kernpunkt  der  ganzen 
Hanbitzfrage,  deren  LOsnng  gebieterisch  die  Vermehrung 
der  Sobrapnellavsrilstang  der  Haabitzbatterien  yerlangk 

Zu  einer  Vermehrung  der  Muuitiouslahrzeuge  der  Artillerie 
werden  unsere  Truppenftthrer  kaum  ihre  Zustimmung  geben.  Aber 
auch  ohne  Vermehrung  ist  »  ine  zweekmäfsige  Hegelang  der 
Mnuitionsfrage  in  folgender  Weise  zu  erreichen. 

Als  erste  Forderung  ist  von  unserer  Technik  zu  vf  rlaiiL^eu,  dai's 
sie  uns  nun  endlich  von  den  beiden  Gescholsarten  (rranaten 
m.  V.  und  o.  V.  befreit  und  einen  ZUnder  konstruiert,  der 
nach  beiden  Kiehtungen  hin  beliebig  verwendbar  ist.  Man 
stelle  diese  Forderung  nur  entschieden  genug,  dann  wird  sie  erfüllt. 
Damit  bürden  bei  der  jetzigen  Ausrüstung  für  jede  Haabitzbatterie 
232  Geschosse  gewonnen^  die  in  gewissen  Fällen  zur  AusbiU'e  statt 
des  Schrapnells  verwendbar  sind. 

Jakrkftekar  f&r  di«  deatseke  Ana««  aad  Maria«.  Ko.  390.  21 


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318 


Zur  Fddhmliitsfnge. 


Das  Begimeoty  welobem  die  HanblteabteUung  angehört,  besitzt 
eine  leioiite  Kolonne  fttr  die  Kaoonenabteilnng  nod  eine  leieiite 
F.-Kolonne  für  die  Hanbitiabteilnng.  Letastere  leieht  mit  ihrem 
Mnnitionsrorrat  filr  die  Haabitseo  nieht  ans.  Dnreh  erstere  iet  die 
Kanonenabteilnng  nm  924  Sehnla  besser  gestellt  als  die  übrigen 
seefas  Kanonenabteilnngen  des  Korps  bezw.  die  eine  Brigade  besser 
gestellt  als  die  andere.  DaTs  ein  solcAier  Oberscbnis  bOobst  wttnsohens* 
wert  isty  kann  nicht  bestritten  werden,  notwendig  ist  er  niebt,  denn 
aaeb  ohne  ihn  hSlt  man  die  Ansrtlstnng  der  anderen  AbteUnngen 
bexw.  der  anderen  Brigade  für  genügend.  Unsweifelhaft  mnis  er 
ohne  Besinnen  angegeben  werden,  wenn  dorch  ihn  ein  empfindlieber 
Jfangel  an  anderer  Stelle  gedeckt  werden  kann.  Dieser  ist  bei  der 
Hanbitsabteünng  vorhanden.  Nimmt  man  daher  der  leichten  Kolonne 
des  BegimentB,  dem  die  Hanbitsabteilnng  angehört,  nenn  Mnnitions- 
wagen  und  Überweist  sie  der  leichten  F.-Kolonne,  so  beUUt  die 
Kanonenabteüong  noch  132  Sehnls  mehr  als  die  übrigen  Abteiinngen 
des  Armeekorps,  jede  HanbitEbatterie  kommt  dann  aber  anf  1098 
Schub. 

Die  bisherige  GranatansrOstong  einer  Hanbitsbatterie  betrügt 
540  Schnls.  M.  £.  kann  sie  ohne  Bedien  anf  504  Sebnb  herab- 
gesetat  und  snr  Hüllte  in  o.  Y.,  zur  Hüllte  in  m.  Y.  eingeteilt  werden. 
Die  Yermbdemng  der  GxanatEahl  nm  36  Sohuis  angnnsten  der 
SobrapnellanBrüstnng  ist  zweckmübig,  weil  in  der  Mehrzahl  der 
Fülle  der  Bedarf  an  Sebrapnells  ein  grüfserer  sein  wird  als  an 
Granaten.  Dafo  diese  Vermindemng  bei  den  Granaten  m.  Y.  vor- 
genommen nad  die  Zahl  derselben  sngnnsten  der  Granaten  o.  V. 
«n  weitere  40  Sobnfo  herabgesetzt  wird,  erscheint  aus  dem  Gmnde 
vorteObafk,  als  sich  stürkere  Eindecknngen  im  Feldkriege  denn  doch 
nicht  so  oft  vorfinden  werden. 

Für  die  Schn^nellaasrüstnng  bleiben  dann  594  Schnfs  (210  mehr 
als  bei  der  jetngen  Aosrüstnng)  pro  Batterie  —  etwa  der 
Scbrapneilschniiszahl  der  Kaaonenbatterien  Obiig.  Unter  Berück* 
sicbtignng  der  gröberen  Wirkung  des  HanbitachrapneUs  schein! 
damit  die  Hanbitzbaiterie  im  Kampfe  gegen  die  gewöhnlichen  Ziele 
des  Feldkrieges  einer  Kanonenbatterie  etwa  ebenbürtig.  Für  den 
Kampf  gegen  befestigte  Feldstellnngen  bt  etwa  die  Zahl  von  Granaten 
vorbanden,  welche  anch  früher  für  ansreichend  erachtet  wurde. 

Auch  binsiehilieh  der  Unterbringong  der  verschiedenen  Gesehesse 
ist  eine  Änderung  dringend  notwendig.  Bei  der  heutigen  Yerpacknng 
der  Sehn^neUs  in  den  Protzen  der  Geschütze  nnd  Munitionswagen 
der  Batterien  müssen,  wenn  die  Hanbitzbatterie  wie  eine  Kanonen- 
batterie verwandt  wird,  nach  dem  Abprotzen  vor  dem  Fortschicken 


Zur  FeldlumbitBflnii^. 


319 


der  Protzen  in  Deckung  entweder  die  MonitionBktfrbe  den  Protzen 
der  Mnnilionswagen  entnonomett  oder  die  Protzen  derselben  abge- 
spumt  werden.  Bddes  ist  zeiiraubendt  das  Abspannen  im  feind- 
lieben  Fener  sebwierig.  Daber  geboren  Sebrapneils  in  die  Mnnitions- 
binterwagen.  FQr  Granaten  mOgen  die  Ptotsen  der  Monitlonswagen 
besUnimt  bleiben.  Bei  Verwendung  ron  Granaten  wird  im  allgemeinen 
mebr  Zeit  und  mebr  Deckung  rorbandeUf  als  bei  der  von  Sebrapneils 
and  das  Auspacken  der  Muoitionskdrbe  bezw.  das  Abspannen  der 
Monitiooswagen  daber  leicbter  ansfttbrbar  sein. 

Für  die  Yerpaekung  der  gesamten  Munition  der  Batterie  scblage 
icb  lolgende  EiiüeUniig  vor: 


Sehrapnells 

Grün 
o.  V. 

ii  l  f  n 
m.  V*. 

8chuf>i7.ahl 
im  ganzcu 

6  Creschtttas-Protseii  .  . 

144 

144 

» 

• 

8  Mim.-Wag.-Protzen 

78 

78 

ll 

8  Mun^-Hint-Wag.   .  . 

96 

96 

8  Mim.--Wag.«Pl«tKen  . 

78 

78 

1 

8  Muii.-Hmter-Wagen  . 

96 

96 

1.  VorratBwag.oProtze  . 

26 

26 

der  1.  F.-KoloBae .  . 

282 

174 

174 

680 

Summe 

55)4 

262 

1098 

• 

1 

Mun.-Wageu  1—12  . 

696 

- 

_ 

B96 

• 

.    18-21   .  . 

622 

622 

1 

• 

,        ,    22~-80  .  . 

622 

128 

Das  Mebr  von  86  Schrapnells  unmittelbar  bei  der  Batterie  gegen 
die  jetzige  AusrUstiuig  kann  nur  als  ein  Vorteil  betrachtet  werden, 
denn  in  der  Mebrzabl  der  Fälle  wird  zunächst  die  Verweodnng  der 
Schrapnells  Regel  sein.  Beim  Angriff  aal  befestigte  Feldstellungen, 
wo  der  Gebrauch  der  Granaten  Torans  zu  sehen  ist,  unterliegt  es 
keinerlei  Bedenken,  Granaiwagen  der  leichten  F.-Kolonne  den 
Batterien  zuzuweisen^  e.  F.  gegen  MnnitionswageD  der  Batterien 
▼orttbergehend  auszutauseben. 

Mit  solcher  MunitloiiBansrttBtung  luuin  eine  Hanbitzabteilung 
getrost  ins  Feld  rflcken  und  jeder  vom  Truppenfllbrer  an  sie  ge- 
stellten Aa%abe  gerecht  werden.  Mit  solcher  MunltionsausrUstung 
kann  die  Feldbaubitze  sieb  als  das  erweisen  was  sie  ist:  ein  Tor* 
treffliches  Gescbtttz  in  gleicher  Weise  geeignet  fttr  Flaeh- 
bahn-  und  fttr  Bogenschurs. 


21* 


320 


2^  Feldhi^itifra^. 


n. 

Wider  oder  für  die  Feldhaubitze? 

Von 

Rtskoten,  Oberlealnant  im  Mmdensehen  FeldartOlerie-Reguneot  Nr.  58. 

Die  Haabitecirage,  welche  mit  der  Eiofübning  der  leichten  Feld- 
haabitze  bei  uns  eine  günstige  Ijösnng  gefunden  zu  haben  soMeo, 
tritt  jetsEt,  wo  die  Feldartillerie  iafolge  von  Boiirrttoklauf  und  Panzer 
▼or  einer  bedeutenden  Umwälzung  steht)  von  neuem  in  den  Vorder- 
grund. Eine  Sckrift  des  Generals  y.  Allen  ,yVVider  die  Feld- 
haubitze"/)  die  vor  einigen  Monaten  erschien,  erre^rte  um  so  mehr 
Aufsehen,  als  der  Herr  Verfasser  darin  der  leiehten  Feldhaubitze,  die 
eben  erst  eingeführt  war,  die  Daseinsberechtigung  abspricht  und  t\tr 
ihre  Abschaffung  eintritt.  Wenn  auch  bis  jetzt  sich  noch  keine 
„ganie  Litteratur''  daran  gekntipft  bat,  wie  es  der  General  Rohne 
vorauszusehen  glaubte,  so  mehien  sich  doch  die  Stimmen,  die  den 
General  v.  Alten  zu  widerlegen  trachten  und  für  die  Beibehaltnng 
der  leiebten  Feldhaubitze  eintreten.  Neben  einigen  Äntserungen  in 
der  Tagespresse  sind  hier  besonders  zu  nennen  ein  Aufsatz  im 
Miütär-Wochcnblatt  „Für  die  Feldbaabitze"  ^)  und  eine  Broscbttre 
„Für  die  leichte  Feldhanbitze" von  Hauptmann  Wangemann. 
Wenn  nuti  ein  Mann  Ton  der  Bedeutung  des  Generals  v.  Alten  so 
schroff  verurteilende  Ansichten  ausgesprochen  hat,  die  bis  jetzt  noch 
von  keiner  Seite  genügend  widerlegt  erscheinen,  so  ist  es  doch  wohl 
an  der  Zeit,  noch  einmal  das  pro  und  contra  in  der  Haubitzfrage 
gegeneinander  abssuwttgen  und  die  Lösung  vielleicht  in  der  Zukunft 
zu  sncbeo. 

Da  die  genannten  Entgegnungen  sieh  eng  an  den  Gedanken- 
gang der  Altensehen  Flngnohrift  anlehnen»  so  sei  dieser  nach  den 
nachfolgenden  AusfUhningen  zugrunde  gel^ 

Von  der  Vergangenheit  ausgehend  (Plewna),  falst  General 
T.  Alten  sKonächst  die  Entstehung  und  den  Zweck  der  leichten  Feld- 
hanhitse  ins  Ange.  Er  bezdehoet  von  yomherein  die  Ansieht,  dato 
die  Zukunft  erhöhten  Gebrauch  des  Spatens  Im  Feldkriege  .bringen 
Wörde,  dafe  man  also  den  Feind  auch  in  seinen  Deckungen  be- 
kämpfen mttsse,  als  eine  falsche  und  sucht  dies  Im  Schlulskapitel 

•)  Berlin.  Julius  Springer. 

»)  lCiL-W..BL  1904  Nr.  8,  9,  10. 

S)  Berlin«  A.  Bath. 


^  j  .  ^cl  by  Google 


Zur  FeldbMibitof^age. 


321 


seiner  Brnscht5re  auszuführen  und  zu  begründen.  Somit  venieint  t-r 
die  gruijdiegt'iide  Frajje,  ob  wir  Überhaupt  ein  WurfgeseliUtz  im 
Feldkriege  brauchen,  ob  es  Uberbaupt  notwendig  ist,  die  untätig 
hinter  oder  gar  unter  Deckungen  verbarrendea  Truppeu  des  Ver- 
teidigers durch  Artillerie  za  bekämpfen. 

Da  ein  Ja  oder  Nein  auf  diese  Frage  von  so  ausschlaggebender 
Bedeutung  ist,  dafs  andere  Hf  trat  lituufren  Uber  allenfalsige  Nachteile 
der  leichten  Feidbaubitze  in  den  Hintergrund  treten,  ao  sei  ilure 
Diskussion  voran  irestellt. 

Steilfeuer  aus  Kanonen  mit  Hilfe  kleiner  Ladungen  hatte  sich 
als  unniTitilich  erwiesen;  der  niiehste  iSchriit,  Ziele  dicht  hinter 
Deckungen  mit  einem  Brisanzgeschols.  der  Granate  Hz.,  aus  Kanonen 
zu  fassfn.  hatte  auch  nicht  zum  Ziele  firtiilirt.  Dagegen  hatte  unsere 
oberste  tieeresleituiii:  die  l'berzeugung  gewonnen,  dals  es  nicht 
allein  notwendig  sei,  in  Schützengräben  gednckte  Truppen  zu  trefien, 
sondern  dafs  die  Peldartillerie  auch  stark  von  oben  gedeckte 
Truppen  (mit  den  Mitteln  des  Feldkrieges  hergestellte  Unterstände) 
wirksam  zu  bekämpfen  imstande  sein  müsse.  Da  die  lö  cm  Hau- 
bitze der  schweren  Artillerie  des  Feldheeres  wegen  zu  geringer 
Beweglichkeit  nicht  geeignet  erschien,  der  Feldartillerie  zu  diesem 
Zwecke  eingegliedert  zu  werden,  war  die  Einführung  eines  leichteren 
Wurfgeschützes  in  die  Feldartillerie,  nachdem  diese  Forderung 
einmal  gestellt  war,  eine  absolute  Notwendigkeit.  Als  eine  grols- 
artige  technische  Leistung  mufs  man  es  dabei  bezeichnen,  diil^  es 
dem  Konstrukteur  gelungen  ist,  ein  Geschütz  zustande  zu  bringen, 
das  nicht  allein  für  diesen  Zweck  des  Wurffeuers  da  ist,  sondern 
anfserdcm  im  Flachbahnschul's  der  Feldkanone  96  in  allen  deren 
Aufgaben  würdig  an  die  Seite  treten  konnte. 

Damit  wäre  eigentlich  jede  Diskussion  Uber  die  Notwendigkeit 
der  leichten  Feldbaubitze  geschlossen.  Wenn  unsere  oberste  Heeres- 
leitung die  erwähnte  Uberzeugung  hat,  so  muis  sich  diese  auf  so 
gewichtige  Gründe  stützen,  dafs  eine  Abschaffung  der  Haubitze  nach 
wenigen  Jahren  wunderbar  erscheinen  raüfste  und  wir  uns  fhglich 
vertrauend  darüber  beruhigen  können.  Trotsdem  soll  mit  ein  paar 
Worten  darauf  eingegangen  werden. 

Es  mag  ja  sehr  schön  klingen,  wenn  der  General  v.  Alten  sagt, 
dafs  die  Infanterie  des  Angreifers  sich  ja  gar  nichts  besseres  wünschen 
könnte,  als  unbeschossen  von  einem  Gegner,  der  untätig  sich  in 
seinen  Schützengräben  und  Eindeckungen  verkriecht,  bis  auf  600 
bis  700  m  an  diesen  heranzukommen.  „Hand  aufs  Herz,  meine 
Herren  Regimentskommandeure,  Bataillonskommandeure  und  Korn- 
|.  gnieeheisl  Ist  Ihnen  der  Feind  nicht  lieber,  der  Sie  bis  auf  600 


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822 


Zur  Feldhaubltafrsge. 


oder  100  tri  berunkommen  lälst,  als  der,  dessen  Kugeln  das  weite 
Feld  der  Entwickelung  ond  des  Vorgehens  schon  ron  2(X)0  m  in 
bestreichen?"  (S.  83).  Und  doeb  ist  dies  ein  TrugscbliUs.  Mai» 
mQcbte,  im  Gegensaftz  so  General  t.  Alten,  den  HegimoDts-  nnd 
Rataillonskommandeuren  and  KonipagniechefB  zarafen:  „Hand  aofs 
Ben!  Ist  Ibnen  der  Feind  nicht  Heber,  der  aas  seiner  Deokong 
herausgetrieben  nnd  darob  die  Schrapnells  der  Artillerie  daranfbln 
xnQrbe  geinacbt  wird,  selbst  wenn  ihre  Truppen  beim  Voigeben 
einige  Verlaste  erleiden  und  sieb  ,heraoarbeiten'  mOflsen,  —  int 
Ihnen  ein  solcher  Feind  nicbt  lieber,  als  wenn  Ihren  Trappen,  wenn 
sie  auf  600  bis  700  m  herangekommen  sind,  plötzlich  ein  furcht- 
bares und  wirksames  Sehnelllener  von  einem  moralisch  und  numeriseb 
UDgesehwächten  Gegner  entgegenschlägt?''  Welche  Angriüstrappe 
vermag  einen  solchen  Chok  ansxnhalten?  Uan  denke  an  die  Hoch- 
länder-Brigade am  ModderriTor. 

So  müssen  wir  die  grandlegende  Frage  der  Notwendigkeit  der 
leichten  Feldhanbitze  bejahen. 

Nun  fragt  es  sich  weiter:  Sind  denn  ihre  Leistnngen  so  geiiqg, 
wie  der  General  v.  Alten  sagt,  bringt  sie  denn  wirklich  so  grobe 
Schäden,  dals  trotz  dieser  erkannten  Notwendigkeit  ihre  Abscbafltaiig 
empfohlen  werden  nmfs?  Oder  lassen  sich  die  erentnell  henror- 
tretenden  Nachteile  verbessern  nnd  vermeiden? 

Folgen  wir  wieder  den  AasfUhnmgen  des  Genends  v.  AHen 
and  seiner  Gegner. 

Hei  Besprechung  des  Kapitels  Uber  Leistoogen  der  leichten 
Feldhaubit/e  wendet  sich  Hauptmann  Wangemann  mit  Heftigkeit 
gegen  die  Hehauptui^g  des  Generals  v.  Alten,  dais  durch  die  leichte 
Feldhanbitze  der  ideale  Standpunkt  der  Feldartillerie,  die  bisher 
„aus  einer  einzigen  Feldkanone  eine  pinzige  Gescholsart,  das 
Schrapnell,  feuerte",  durchbrochen  sei.  Gewifs  liegt  in  dieser  ßo 
hauptung  des  Generals  sachlich  ein  Irrtum,  indem  neben  dem 
Schrapnell  96  auch  noch  die  Granate  96  vorhanden  ist,  es  vor  dieser 
Zeit  sogar,  wie  Hauptmann  Wangemann  richtig  sagt,  vier  Geschosse 
gegeben  bat.  Abgesehen  davon,  dals  Tergangenes  nicht  als  Gegen* 
beweb  angeführt  werden  kann,  mnls  man  dem  General  t.  Alten 
insofern  Hecht  geben,  als  das  Schrapnell  96  tatsächlich  das  Haupt- 
geschofs  der  Feldartillerie  ist,  die  Granate  96  nur  ftlr  Sonder- 
zwecke (Ziele  dicht  hinter  Deckungen)  dient,  was  sich  auch  in  der 
MonitionBanärURtung  und  Verteilung  ausprägt.  Wenn  auch  nicbt 
„ideal",  so  ist  doch  die  Bewaffnung  mit  einem  Geschttts,  das  ein 
Hauptgeschofs  verfeuert,  immerhin  besonders  zu  begrtiisen  gewesen 
nnd  es  ist  nicht  abzustreiten,  dais  das  Auftreten  der  leichten  Feld« 


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Zur  Feldhtiibitlfnige. 


323 


haabitze   im  eiuren   Hahroen  des  Kegimeutüverbaudes  dieses  Bild 
nngttnstig  verscbobeu  hat. 

Weiter  errechnet  f  rem  ral  v.  Alten,  «resttltzt  auf  einen  Aufsatz 
des  (irenerRl  K<^tliiie,  dals  gegen  Unterstände,  selbst  unter  jrt1nsti<rsten 
Umständen,  aut  höchstens  2%  Treffer  zu  rechnen  sei.  Wenn  [iaiipt- 
TTiann  Wan^remann  in  seiner  Ent<resrnung  behauptet,  dafs  dipse  srhuls- 
taielniäisi^e  Zahl  von  2"/,,  in  der  Praxis  sich  besser  gestalte  und" 
von  5"/^  spricht,  ohne  aber  diese  Zahl  zu  beweisen,  so  ist  dies 
nicht  verständlich.  Bis  jetzt  war  man  imn^T  ^^ewohnt,  fllr  die 
Wirklichkeit  von  den  Scharstafel-Annahrn  t  inen  »gewissen  Prozent- 
satz abzuziehen  So  wird  man  dem  General  v.  Alten  Hecht  geben 
mttf?8en,  insbesDndi  re,  wenn  man  die  Schwierigkeiten  der  Erkundung, 
die  Schwierigkeiten,  die  genaue  LaL'e  der  T'nterstände  zu  erkennen, 
in  Kech?iniiir  zieht.  Uber  dif '^('n  l'unkt  der  Erkundunir  ist  Haupt- 
mann Wangemann  in  seiner  Broschüre  vidlig  hinweggegangen,  der- 
selbe ist  aber  so  wichtig  als  Grundlage  tUr  das  ganze  Schiefseu, 
dais  es  sich  verlohnt,  einen  Augenblick  dabei  zu  verweilen. 

Solum  General  v.  Hotfbauer  hat  darauf  hingewiesen,  dal's  beim 
K.iiiipfe  um  befestigte  Stellungen  die  Mittel  zur  Erkundung  aus  der 
Ferne  leicht  versagen  können.    Auch  mit  scharfen  Gliisem  wird 
eine  befestigte  Stellung,  insbesondere  die  Lage  der  Unterstände, 
bei  einigemiafsen  ungUnsti£re?i  Vei  b  ilmisv»  n  nicht  leicht  entdeckt 
werden  und  selbst  der  Kesseiballou  kann  bei  starkem  Wind,  schlechter 
Beleiirhtunir  seinen  Dienst  versagen.   Und  djis  Erkunden  aus  gröl'serer 
Nähe  werden  die  Vorposten  des  Verteidigers  zu  hindern  wissen,  es 
sei   denn,  dals  sie   mit  Gewalt  zurückgedrängt  werden,  was  aber 
seine  greisen  fiefahren  in  sich  birgt.   Wenn  der  Herr  Verfasser  des 
vorn  genjinnten  Aufsatzes  im  Militär -Wochenblatt  als  Hilfsmittel  ftlr 
die  Erkundung  „VVagenverkehr  und  die  Ar\hUnfung  von  Arbeitern 
und  MateriaP'  anfUhrt.  so  vermag  man  ilini  i>ei  diesem  Gedanken- 
gang nicht  zu  foliren.    (Tewifs  wird,   wenn  der  Feind  schanzt,  ein« 
gewisse  Hewe-uni:   erknnnt  werden,   aber  daraus  die  genaue  Lage 
der  Schützengräben  und  Unterstände  teststelleu  zu  wollen,  wie  wir 
es  als  Grundlage  fllr  das  Schielsen  brauchen,   das  geht  doch  nicht 
an.    Mit   der  Unsicherheit   Uber  das  Ziel  wachsen  natürlich  die 
.Sehwierigkeiten   der  Beobachtung   und   de*{   Schiefsens.  man  wird 
daher  ftlr  solche  Fälle,  die  nicht  allzu  selten  sein  werden,  mit  dem 
General  v.  Alten  die  wahrscheinliche  Prozentzahl  der  Treffer  noch 
bedeutend  herabsetzen  müssen.     Ist  aber  deshalb  die  Feldhaubitze 
Ubertlüssig  wegen  zu  geringer  Leistüugeu.   wie  er  daraus  schliefst? 
Ich   glaube  doch  nicht.    Auch  wenn  die  Unterstände  selbst  nicht 
getroffen  werden,  so  ist  doch  die  moralische  Wirkung  der  rechta 


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324  Zar  FeldhanliifeifriKe. 

nnd  links  einschiageuden  GeRehosse  so  bedeutend,  dafs  mau  solange 
damit  zafriedeii  sein  kann,  l)is  es  geluiificii  ist,  im  Verlaufe  des 
ScbielBeiis  geuauere  Anhaltspunkte  zu  gewinnen.  Wer  linuial  in 
der  Nähe  eines  Zieles  gestanden  hat,  das  vuu  Haubitziriaaaten  unter 
Feuer  genommen  wurde,  kann  sich  des  Gefühls  nicht  erwehren,  dals 
die  ßesat/.una:  in  den  Unterständen,  selbst  wenn  sie  nicht  durch- 
schlagen werden,  nicht  ererade  /u  beneiden  sein  dürfte.  Und  ver 
läfst  sie  diese,  so  treten  dir  Schrapnells  der  Kanoneubatterien  auf 
den  Flau  Darin  bat  Hauptmann  Wangeniann  zweifellos  Recht, 
wenn  er  sagt:  „Wird  auch  nur  das  umliegende  Gelände  mit  Feuer 
belegt,  so  ist  schon  die  moralische  Wirkung  eine  verniehteiule.^ 

Aus  dem  Gesagten  geht  hervor,  dals  den  nun  folgenden  Aus- 
^hrongen  des  Generals  v.  Alten  nicht  zuzustimmen  ist,  wenn  er  •^a^rt, 
dafo  die  für  die  Hanbitzen  vorhandene  Granatraunition  nicht  genüge 
im  HiJiblic'k  auf  die  geringe  wahrscheinliche  Wirkung  von  wenigen 
durchschlagenen  Unterständen.  Wenn  er  von  achtzehn  Haubitzen 
„unter  Aufwendung  der  ganzen  Granatmunition,  d.  b.  i?HHO  Schufs" 
unter  c-ünstisren  Umständen  auf  dem  Schiefsplatz  18,  im  Ernstfalle 
10  TreÜer  in  besetzten  Unterständen  errechnet,  so  sei  entgegnet,  dafs 
da,  wo  28BO  Haubitzgranalen  ihr  Unwesen  getrieben  haben, 
der  Gegner,  der  es  da  ansgehalten  hat,  wohl  mürbe  ist. 

Was  die  Schwierigkeiten  des  indirekten  Schieisens  betrifft,  die 
er  weiter  hervorhebt,  namentlich  für  den  Bogenschnfs,  so  darf  der 
Artillerist  hier  stolz  widersprechen.  Abgesehen  davon,  dals  es  gar 
nicht  eri  udf  rlieh  ist,  im  Uo^'onschuls  stets  indirekt  zu  schiel'sen, 
bietet  das  indirekte  Feuer  ftir  uns  keine  hesoiidi  ren  Schwierig- 
keiten, wenn  ^^  ir  aucii  tiie  vorzüglichen  neuen  Kichtiiiitiel,  die  Haupt-  • 
mann  Wangeuiann  schon  als  vorhaiidea  anzune!:;iieü  scheint,  noch 
Dicht  allgemein  haben.  Ihre  Eintuhruntr  steht  aber  bevor.  Und 
—  schon  hier  sei  ein  Blick  in  die  Zukunft  gestattet  —  mit  An- 
nahme des  Kobrrücklaufis  auch  filr  die  Hanbitze  wird  die  Scheu  vor 
dem  indirekten  Sehufs  noch  mehr  verschwinden^  da  das  Gescbtttz 
Dicht  mehr  uachgerichtet  zu  werden  braiieht. 

Übergehend  zu  der  -tudereri  I  t  uerart  der  leichten  Febihaubitze, 
dem  Brefirizitnderfeuer  mit  Granaten  gegen  Ziele  dicht  hinter  Deck- 
ungen oder  unter  leichten  Schrapnellwehren,  spricht  (Jeneral  r  Alten 
auch  hier  dieser  die  Daseinsberechtigung  ab  Meines  Erachtens  mit 
Unrecht.  Wenn  auch  zweifellos  die  (^raiiale  Hz.  der  Feldkanone 
nicht  das  leistet,  was  man  von  ilu  i  rw  artet  hat,  so  tut  die  Haubitz- 
granate Bz,  das  doch  iu  völlig  genügendem  Mafse,  ihr  Kt  i^clwiTjkel 
von  200'^  läfst  sie  sogar  nach  rtlckwärts  wirken.  Mit  vollem  liecht 
weist  der  Verfasser  des  genannten  Aolsats&es  im  Militär-Wochciiblatt 


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Zar  FBldhMililtafrage. 


325 


dirauf  bio,  dals  iiiiBere  SehielsvorBehrift  sagt:  «Die  Granate  Bz.  ist 
befähigt,  Ziele  dicht  hbter  Deeknngen  la  treffen,  aneh  aolehe  unter 
SehnlKwehren.  Die  Granate  Bz.  der  Feldhanhitze  bt  in  der  WirlLOng 
degenigen  der  Feldisanone  erbeblieh  Überlegen."  Die  Feld» 
hanbifeEabteilnng  eines  Armeekorps  ist  daher  wohl  imstande,  —  viel- 
leieht  kOnnen  In  der  geplanten  Sehlaeht  so  diesem  Zwecke  die 
Haabltzabtetlnngen  mehrerer  Korps  Tereinigt  werden  ^  den  Feind 
in  Sehtttzengittben  an  der  „Einbrachsstelle"  wirksam  zu  bekämpfen, 
zn  ersehtlttem  nnd  scfalieblich  dem  Schrapnellfeaer  in  die  Arme  za 
treiben.  Wenn  der  Cteneral  Alten  nnn  weiter  behauptet^  dafo 
der  Begriff  „Einbraohsstelle**  illnsorisoh  sei,  dafo  kein  Ftthrer  im- 
stande sein  wttrde,  „in  den  Entwiokeinngsbefehlen  mit  einiger  Wahr- 
scheinlichkeit die  Stellen  so  bezeichnen,  wo  Hanbiiabatterien  den 
entscheidenden  Infanterieangriff  ▼orznbereiten  hittlen,"  so  mag  er 
Becht  haben.  Aber  Im  Verlaufe  des  Gefechtes  wird  es  mOglich 
sein,  den  Hanbitzen  die  Stellen  zur  Vorbereitnag  anzuweisen.  Freilich 
darin  muls  man  ihm  weiter  Recht  geben,  tritt  hierbei  als  Nachteil 
die  Schwierigkeit  henror,  wie  die  Haabitzen  ans  dem  Artillerie- 
kampf, in  dem  sie  sich  In  den  meisten  Füllen  bis  dahin  befinden 
haben  werden,  losgelöst  werden  sollen.  Von  der  Vermeidung  dieses 
Nachteils  später. 

Als  Interessant  sei  hier  nebenbei  auf  eine  Ausführung  des 
Hauptmann  Wangemaan  hingewiesen.  Er  sucht  nimlich  im  vor- 
stehenden Zusammenhang  dem  Angriff  des  Generals  t.  Alten  auf 
den  Granaten-Bi-SchnfB  der  Haubitze  gegen  Truppen,  „die  hinter 
Wüllen  und  Gräben,  das  Gewehr  Im  Arm,  den  Angriff  erwarten,'* 
durch  Hinweis  an!  den  Schrapnell- Bogensobufs  zu  begegnen.. 
Diese  Schnbart  haben  wir  aber  nicht,  der  Herr  Verfasser  sucht  also 
seinen  Gegner,  der  rieh  doch  auf  den  Boden  von  Tatsachen  gestellt 
hat,  mit  SebcingrUnden  abzatun.  Es  wäre  interessant,  zu  erlahren» 
wie  Hauptmann  Wangemann  zu  der  Ansicht  kommt,  dem  Schrapnell- 
Bogeneehuls  so  gute  Wirkung  beizumessen.  Ich  kann  mir  das  nicht 
denken,  denn  der  BogenschutB  raabt  doch  gerade  dem  Schrapnell 
seine  Eigenart,  die  Tiefenwirkung,  und  muls  Infolgedessen  ein  ge- 
nanes  Schiejsen  erfordern.  Ich  mochte  doch  glanben,  dab  da  die 
Hanbitzgranate  —  nicht  die  der  Kanone  —  wesentlich  mehr  zu 
leisten  Imstande  ist 

Die  Übrigen  Vorteile,  die  die  Haubitze  bringt,  werden  von 
General  v.  Alten  viel  zu  niedrig  bewertet  Wegen  Beschränktheit 
des  Baumes  muls  darttber  kurzer  hinweggegangen  werden.  Bei  ge- 
nägender  Beweglichkeit  leistet  die  leichte  Feldhanbiize  Erhebliche» 
gegen  Örlliebkelten,  gegen  Truppen  in  Wäldern  sowie  gegen  Sehild- 


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326 


Zar  PaMhanUtefrsge. 


batterien.  Nicht  za  unterschätzen  ist  aaeh  ihre  Fähigkeit,  Keserren 
in  and  hinter  Dürfen  oder  hinter  steilen  Hängen  zu  treffen.  Fre&ieb 
leistet  die  Kanone  anch  in  allen  diesen  Fällen  Genttgendee,  es  wire 
also  kein  Gmnd,  die  flaabitie  deshalb  einznttibren.  Gewifs.  Dm 
8ie  aber,  um  anderen  Zweeken  so  genUgen,  einoial  da  ist,  so  ist  es 
4och  nur  mit  Freade  so  begrülbeo,  wenn  sie  aneb  auf  diesen  Ge- 
bieten Gutes  leistet. 

Und  weshalb  in  der  Verteidi^anor  die  leichten  Feldhaabitsen 
oiobtB  leisten,  ja  sogar  schädlich  wirken  sollen,  wie  General  y.  Alten 
behauptet,  vennag  man  nicht  einzusehen.  Man  denke  nnr  an  Uae 
Wirkung  gegen  die  Schildbatterien  des  Angreifers»  ihre  Wlrkimg 
gegen  Ortlichkeiten  im  Vorgelände^  die  /ii  Stutzpunkten  fttr  den 
Angriff  werden  können.  Und  wenn  oben  die  Vereinigong  mehrerer 
Baubitzabteilungren  lieim  greplanten  Angriff  angedeutet  wurde,  „so 
wird,  am  mit  General  v.  Hoftrauer  zu  reden,  dies  dem  Oberbefehls- 
haber noch  leichter  in  der  geplanten  Verteidigangsschlaeht  sein.  Er 
wird  sie  in  ihr  Torteilhaft  einsetzen  können  gegen  diejenige  ArtUlerie 
des  Gegners,  die  den  Hanptangriff  des  Feindes  vorzubereiten  strebt, 
oder  die  der  eigenen  Gegenoffensive  besonders  binderlich  ist" 

Wenn  so  der  General  v.  Alten  die  Lichtseiten  der  lelobten 
Feldbaabitse  za  verdunkeln  sacht  and  zweifellos  ihre  Leistungen  la 
gering  bewertet,  so  hebt  er  andererseits  ihre  Schäden  in  anTer* 
hältnismälsiger  Weise  hervor.  Gtewils  ra niste  ihre  Einftüirang  maaeben 
Machteil  bringen.  Das  ist  aber  nun  einmal  nicht  zu  ändern.  Ein  Ideal 
gibl  es  nicht,  was  man  aof  der  einen  Seite  erreicht,  dafttr  muls 
man  anf  der  andern  Seite  manches  in  Kauf  nehmen.  Sind  aber  die 
Seiläden  wirklich  so  schlimm,  wie  der  General  sie  malt? 

Die  Organisation  der  Feldartillerie,  die  —  darin  hat  er  recht  — 
mit  der  Feldkanone  96  mit  ihrem  Hauptgeschois,  dem  Schrapnell, 
denkbar  einfach  war,  ist  dnreb  die  Einfügung  der  leichten  Feld- 
baabitse in  den  Regimentsverband  komplizierter  geworden.  Das 
Iftlst  sieh  nicht  abstreiten.  Aber  da  die  bdbere  Trnppenftthmng 
giOlsere  Mannigfaltigkeit  der  Wirkang  verlaiigte^  and  dab  sie  recht 
daran  tal,  glaul)c  ich  im  Gegensatz  zom  General  v.  Alton  bewiesen 
zu  haben,  so  fUhrte  diese  Forderung  selbstverständlich  zur  Temduten 
Kompliziening  der  Munition  nnd  ihres  Ersatses.  Sollte  man  des- 
wegen aber  auf  die  neue,  der  Feldartillerie  gestellte  Aufgabe  ver- 
aiohtenV  Nimmennebr.  Lieber  einen  kleinen  Naolitoil  in  &aof 
nehmen,  um  den  gröfseren  Vorteil  zu  erreichen.  Und  war  denn  die 
EintHgung  in  den  RegimenlsTerband  neben  die  Feldkancne  96  etwas 
so  Unerhörtes,  nachdem  es  dem  Konstrukteur  gelungen  war,  ein 
Oeschflts  xoslande  zu  bringen,  das  aneb  als  Flaehbabogeecbttte  der 


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Zur  PeldliMbitsfraffe. 


327 


FeldkanoDe  kaum  unterlegen^  in  einigen  Fällen  sognr  Oberlegen 
war?  Es  tanehle  doob  sogar,  der  beste  Beweta  flir  die  Vontigliebkeil 
des  GeschlltBes,  der  Voisehlag  anf,  die  Feldartillerie  nnr  mit  leichten 
FeldhanbitKen  tu  bewaffnen,  ein  Vorsehlag,  der  an  der  Schwere  des  Ge- 
sehlltses  nnd  Tor  allem  der  Mnnitiont  selieitem  mnfste.  So  vermag  ich 
in  ihrer  Nebenstellung  neben  die  Feldkanone  96  einen  so  grolsen 
Sehaden  nicht  zn  sehen.  Ob  es  allerdings  in  Znknnft  so  bleiben  kann, 
das  ist  eine  andere  Frage,  die  weiter  unten  besproohen  werden  soll 
Und  die  Schwierigkeiten  des  Sehielsens,  der  Ausbildung  nnd 
der  MobÜmaehnng  sind  doch  wahrlich  nicht  so  grob,  dals  sie  nicht 
tiberwnnden  werden  können.  Ich  stehe  seihst  bei  einer  Hanbiti- 
hatterie,  kann  also  ans  eigenster  Erfahrnng  sprechen.  Abgesehen 
ron  einigen  Kleinigkeiten  (z.  B.  Fehlen  der  Seitenrichtmaschine, 
Notwendigkeit  der  Seitenverschiebong  im  Gegensatz  cn  dem  seitlidi 
gebogenen  libellenanfsata  der  Fetdkanone,  Anwendung  des  Kicht- 
bogens)  ist  die  Bedienung  der  leichten  Feldhaubitxe  nicht  anders, 
als  die  der  Feldkanone  96.  Das  eiosige,  was  noch  hlnaukomnit, 
ist  der  Bogenschuis.  Derselbe  ist  aber  niclit  so  schwer,  weder  ftr 
die  Bedienung  noch  für  den  Schielaenden,  wie  der  General  r.  AHen 
anzunehmen  scheint.  Und  dafe  bei  einer  Mobilmachung  bei  den 
Hanbitebatterien  nur  soiobe  Leute  brauchbar  sehi  sollen,  die  hei 
ihnen  ausgebildet  sind,  vermag  ich  nicht  einzusehen.  So  „dUTerensiert** 
und  so  „Terfeinert"  ist  der  Dienst  gar  nicht,  als  dal^  nickt  auch 
ein  Mann,  der  Überhaupt  als  Kanonier  ausgebildet  ist,  ihn  schnell 
lernen  könnte.  Muls  ihm  doch,  wenn  er  Tom  Pfluge  oder  ans  der 
Fabrik  bei  einer  Mobilmachung  weggeholt  wird,  auch  bei  den 
Kanonenbattezien  alles  von  neuem  ins  GedJtohtnis  zurückgerufen 
werden!  Daüs  schlieMch  das  indirekte  Feuer,  dessen  Schwierigiceit 
der  General  v.  Alten  immer  wieder  in  den  Vordergrund  stellt,  ntehts 
Besonderes  Ist,  darauf  ist  oben  schon  hingewiesen  wcoden.  Auch 
bei  den  Kanonenbatterien  bestrebt  man  sich,  das  indirekte  ScUeiben 
nnd  die  HÜfsmlttel  dazu  zn  vmollkommnen  und  wird  dies  in  Zu- 
kunft  noch  mehr  tun.  Nebenbei  sei  hier  erwähnt,  dafs  in  diesem 
Zusammenhang  zum  zweiten  Male  der  Hauptmann  Wangemann  den 
General  v.  Alten  durch  etwas  zu  widerlegen  sucht»  was  gar  nicht 
▼orhanden  ist  Er  behauptet  nämlich,  data  eine  BeobachtungsIeÜer, 
speziell  ftlr  leichte  Peldhanbitsen,  ron  Krupp  bereits  konstruiert  sei, 
dalüi  dadurch  also  Tiele  Schwierigkeiten  ttberwunden  werden  können. 
Das  ist  ja  sehr  schön  nnd  ihre  Einfthrung  wäre  gewifs  mit  Freude 
zu  begrUÜBen,  wir  haben  sie  aber  doch  noch  nichtl  Mit  solchen 
Gründen  darf  man  doch  nicht  die  geistvollen  Ausführungen  des 
Generals  v.  Alten  wideriegen  wollen. 


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328 


Zur  FeUliMbililtee«. 


Wenn  es  dem  Fachmaan  in  diesen  artilleristischen  Ponkften 
TeriiHllniBmSiBlg  leiehi  fISIlt,  dem  General  t.  Allen  m  widersprechen, 
so  verdienen  seine  Ansfllhrangen  tlber  Hnnitionssetgen  and  Sehwierig- 
ketten  der  Ftthrang  emstesle  Beaclitiing,  insbesondere  im  Ansbliek 
in  die  Znknnft. 

Bio  Gesohtttz,  das  für  seine  Sondeisweeke  eine  reiehüehe  An« 
zahl  Ton  Mnnition  (Granaten  ebne  und  mit  Veizdferang)  braucht, 
ao/serdem  noeh  mit  Schrapnells  auszorasten,  f on  denen  es  doch 
anch  eine  ganse  Menge  nötig  hat,  ist  doch  eine  bedenkliche  Saehe. 
Wie  Ukht  konnten  da  ans  dem  Bestreben,  so  viel  eirdehen  an 
wollen,  nor  swei  Hüften,  aber  kein  elnbdtiiohes  Ganses  herans- 
kommen.  Der  Herr  Verfasser  des  genannten  Anisatzes  im  MilttKr- 
Wochenblatt  bereelinet  zwar  sehr  richtig  die  Gescholnahl  der 
Hanbitaabteilnng,  die  Ja  eine  eigene  leichte  Monitionskoloniie  hat, 
aof  degenigen  einer  Kanonenabteilnng.  Man  mag  femer  die 
Granaten  o.  V.  (ohne  VerzOgemng)  nnd  m.  V.  (mit  Verzögerung) 
mit  liinheitsiander  annehmen,  man  mag  anfahren,  dab  die  Granate 
Az.  die  verfenerten  Schrapnells  wohl  ersetzen  könne»  man  mag  be- 
haupten, dab  die  leichten  Mnnitionskolonneo,  so  weit  sie  anob  zorllck 
sind,  doch  steb  rechtzeitig  sor  Stelle  sein  werden,  man  mag  sagen, 
dab  das  gröbere  Kaliber  des  einzelnen  Geschosses  hu  zn  einem 
gewissen  Grade  die  Aofwendnng  einer  gröberen  Mnnitionsmenge 
unnötig  madie^  man  mag  schlleblieh  ebe  wesentiiehe  Steigerang 

Feaergesohwindigkeit  tlberiiaapt  abstreiten,  ich  halte  trotz« 
dem  die  Hnnitionsfrage  bei  der  leichten  Feldhanbitze  für  einen  sehr 
wanden  Punkt,  insbesondere  die  verschiedene  Munition  innerhalb 
des  JSegiments,  das  sieh  aus  Kanonen-  und  Hanbiteabteilong  zu- 
sammensetzt. Diesem  Übelstande  abznheUen,  daran  mub  emstlich 
gedacht  werden.   Uber  das  „Wie**  weiter  unten. 

Schliebiich  die  Ftthrang.  Der  Divisionskommandeur,  der  das 
„Glttek'*  hat,  die  Hanbilaabteilang  zu  seiner  Artillerie  za  zählen, 
wird  sieh  in  jedem  einzelnen  Falle  In  dnem  Dilemma  befinden, 
darin  kann  man  dem  Genemi  v.  Alten  nicht  widerspmehen.  Beim 
Angriff  aof  eine  befestigte  Stellung  erst  recht,  wdl  er  ja  nie  weib, 
wann  and  wo  die  Hanbitzabteilong  ittr  ihre  Sonderzwecke  verfhgbar 
sein  mnfo,  abgesehen  davon,  dab  es  nicht  so  leicht  bt,  sfe,  wenn 
sie  nicht  von  Anfang  an  znmokgebalten  Ut,  aus  dem  Artilleriekampf 
loszulösen.  Der  Baum  verbietet  leider,  den  interessanten  AasflUi- 
rungen  des  Generab  v.  Alten,  die  man  volbtiiadig  nntersebreiben 
kann,  ttber  Pllhmng  und  Verwendung  der  leichten  Feldhaubitzen  zn 
folgen.  Sie  fordern  jedenfalb  emstU^h  dazu  auf,  darüber  nach- 
zadenken,  wie  aach  diesem  Nachteil  abgeholfen  werden  kann. 


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Zur  Feldbanbitsfrige. 


329 


Unter  Zagrandelef^ang  des  gegenwttrligen  Zastandes  unserer 
FeldartiUerie  seien  die  Gedanken  pro  and  contra  noch  einmal  kurz 
aaeaminengeialiBt,  um  als  Grundlage  fttr  einen  Blick  in  die  Znkonft 

zn  dienen: 

1.  Wenn  die  FeldartUlerie  die  ihr  gestellten  Aufgaben  erfüllen 
soll,  und  das  mufs  sie,  so  ist  die  leichte  Feldhaabitie  not* 
wendig.  Das  ist  der  c^rundlegende  Gedanke  und  in  seiner 
Vernelnang  liegt  der  Grundirrtum  der  Altenschen  Broschüre; 

2.  die  Leistungen  der  leichten  Feldhaubitze  sind  so  gnte,  dals 
▼on  ihrer  Abschaffung  keine  Rede  sein  kann; 

a)  die  Beweglichkeit  ist  mehr  wie  genügend; 

b)  wenn  auch  im  Bopren^^churs  gegen  Unterstände  nnr  eine 
geringe  Anzahl  von  Treffern  erwartet  werden  kann,  so  ist 
doch  die  moralische  Wirkung  eine  so  grolse,  dafs  sie  diese 
Sehnlsart  rechtfertigt.  Die  technischen  Schwierigkeiten  des 
Bogenschusses  sind  gering; 

c)  die  Wirkung  der  Granate  Bz.  gegen  Ziele  dicht  hinter 
Deckungen  ist  eine  verhältnismäfsig  recht  gute; 

d)  die  Wirkung  gegen  Schildbatterien,  widerstandsfähige  Ziele, 
Ziele  hinter  steilen  Hängen  ist  der  der  Feldkanone  sogar 
überlegen; 

8,  ihre  Schäden  sind  nicht  so  grofs,  daCs  sie  ihre  Ahsohafiung 

fordern. 

Die  Schwierigkeiten  des  Schiefsens,  der  Bediennng,  der 
Aasbildong  und  der  Mohilm.ichang  sind  gering; 
4»  Als  wesentliche  Nachteile  bleiben  bestehen: 

a)  Durchbrechen  der  einheitlichen  Organisation  der  Feldartillerie 
durch  Eingliedernng  in  den  Regimentsverband,  Schwierig* 
keiten  fUr  die  Führung  und  Schwierigkeiten,  sie  aus  dem 
Artilleriekampf  loszulr^^en  und  anderweitig  zu  verwenden, 
oder  die  Notwendigkeit,  sie  untätig  zarttckznhalten; 

b)  Schwierigkeiten  des  Munitionsersatzes. 

So  kommt  man  im  Gegensatz  zu  dem  General  v.  Alten  zu  dem 
Schlufs:  Die  Vorteile  der  leichten  Feldhaubitze  tiberwiegen 
die  Nachteile,  sie  muis  deshalb  beibehalten  werden^  wir 
müssen  aber  versuchen,  die  hervorgetretenen  Nachteile  zu  Uberwinden. 

Auf  dieser  Grundlage  sei  mir  ein  Blick  in  die  Zukunft  und  ein 
Vorschlag  gestattet. 

Der  Rohrrücklauf  tritt  auf  den  Plan  und  mit  ihm  und  den 
dadurch  möglichen  Schilden  das  Schnell feuergeschutz.  Damit 
tritt  die  Feldartillerie  in  ein  ganz  neues  Stadium  und  steht  —  man 
mag  in  gewohntem  konservativen  Sinn  dagegen  sagen,  was  man 


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330 


Zur  FeidhMbiUfraf^e. 


will  —  vor  einer  gewaltigen  Umwälzung.  Uubediugt  H«cbt  hat 
der  General  v.  Alton,  wenn  er  den  Standpunkt  vertritt,  dafs  das 
bciiuellfeoer  (las  Keuer  der  Zukunft  sei.  Sonst  brauchten  wir  ja 
gar  kein  SchuelUeuer^eschUtz  einzuführen. 

Wird  aber  die  jeicbte  Feldbaubitze  mit  der  nuumebr  so  ver- 
änderten Feldkauone  gleichen  Schritt  halten  können,  wie  sie  es  bis 
jetzt  mit  dem  Feldgeschütz  96  vermochte?  Diese  Frage  kann  man 
Dor  verneinen. 

Tecbuisch  wäre  es  möglich.  Die  10.5  cm  Hanbitze  ist  von 
Krupp  schon  längst  mit  Rohrrücklauf  und  Schilden  versehen  und 
wiegt  nur  20  kg  ni«:hr  als  seine  7,5  cm  Feldkanone.  Wenn  sie 
al)er  neben  der  Feldkanone  als  SchnellfeuergeschUtz  wirken  soll, 
braucht  sie  .Munition  und  immer  wieder  Munition,  natürlich  Schrapnells. 
Für  ihre  S(>?iderzwecke  bedarf  sie  aber  einer  grolsen  Menge  Granaten. 
Es  lUirfte  unmöglich  sein,  diese  beiden  Forderongen  in  der  Praxi.s. 
PO  wie  es  bis  jetzt  nach  einigerroalsen  möglich  gewesen  ist,  in 
Zukunft  zu  vereinigen.  Eine  von  beiden  mnls  zurtlckstchen.  Ks 
kann  wohl  kein  Zweifel  sein,  dafs  dies  nicht  die  Mranate,  sondern 
nur  das  Schrapnell  sein  kan?t,  denn  für  die  Sunderzwecke  ist  die 
Haubitze  ja  notwendig  und  konstruiert,  kann  also  die  Granaten  nicht 
entbehren.  Ma?)  rüste  sie  daher  nur  mit  Granaten  aaa,  ein  Schritt 
weiter  auf  deni  Wege  zur  Einfachheit. 

Verliert  die  leichte  Feldhau bit/.c  so  ihren  (  iiarakter  als  hihiu  ll- 
fenergeschütz,  so  ist  ihre  organisatorische  Vereinigung  mit  der 
modernen  Koijrruckiautkanone  im  Regimentsverbande  ein  Undioir. 
Man  ersetze  sie  durch  Kanonenbatterieu  (ob  zu  4  oder  u  (u  .scbüt/.i  n. 
gehört  nicht  in  diese  Betrachtnng)  und  unterstelle  sie  direkt  dem 
Generalkommando  und  zwar  schon  im  Frieden  letzt  ist  die  Aus- 
bildung ihrer  Bedienune:,  das  Schielsen,  die  .Mobilmachung  nicht 
mehr  gleich  der  der  Kanone,  wie  es  beim  Feldgeschütz  96  der  Fall 
war.  die  leichte  Felubaubitze  wird  zum  Spezialgesch iUz  und  jeufs 
als  solches  behandelt  werden.  Ihr  Ausscheiden  aus  dem  engt-n 
Regimentsverb  and  hat  aulserdem  noch  Vemieidung  der  oben  be- 
rührten Nachteile  und  weitere  Vorteile  zur  Folge.  Die  Ausrüstung 
beider  Divisionen  des  Armeckurps  an  Artillerie  ist  gleich,  die 
Schwierigkeiten  der  FUhrnog  und  des  Ixjslö^ens  aus  dem  Artillerie- 
kampf  fallen  fort.  Dadurch,  dafs  die  Haubitzen  hinten  marschieren, 
stJiren  sie  die  Einheitlichkeit  nicht  und  sind,  dafür  bürgt  ihre  Be- 
weglichkeit^ ftlr  den  konmiandieren  General  für  ihre  .Sonderzwecke 
rechtzeitig  und  am  richtigen  Ort  verwendbar.  Und  tritt  diese  Sonder- 
verweuduug  nicht  ein  (Begegnuugsgefecht),  so  bilden  sie  als  eine 
Art  Korpsartillerie  eine  willkommene  Keserve  in  der  Hand  des 


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Zur  FeldluniUtefrage. 


381 


koramuidiereudeD  Generals,  denn  wemi  sie  aaeh  nicht  mit  Scbrapnelis- 
BehielseD,  so  können  sie  doeh  im  Flachbabnsohnfs  mit  Granaten  Ax. 
gegen  Ortlich keiten,  auf  dem  StolsflUgel,  gegen  Schildbatterien  nnd 
im  Nalikanipf  ein  gewichtige^  Wort  mitspreohen.  Fttr  diese  Zwecke 
gebfi  man  ihnen  die  Schilde,  die  b'w  tragen  können  und  den  Kolir- 
rttekiauf.  Dieser  letztere  bringt  auiserdem  noch  deu  Vorteil,  dals. 
er  (las  indirekte  Richten  erleiebtert  ond  tteim  Bogenscbnls  den  KOok- 
stols  nach  unten  auffängt. 

Gegner  dieser  Ansicht  werden  hier  auf  die  Platzfrage  hinweisen 
nnd  erschreckt  ansrnfen:  Noch  mehr  Artillerie!  Meiner  Ansicht  nach 
wird  die  Platzfrage  viel  sa  sehr  in  den  Vordergrund  gestellt.  Leider 
kann  ich  im  Rahmen  dieser  Abhandlung  diese  Ansiebt  nicht  n&ber 
begründen. 

Somit  wurden  die  leichten  Feldhaubitzeu  gewusermalsen  zur 
schweren  Artillerie  des  Feldheeres  treten.  Da  kann  man  mit  Hecht 
die  Frage  aufwerfen:  Brauchen  wir  denn  da  Uberhaupt  zwei  Kaliber, 
kann  nicht  eins  von  beiden,  die  sebwere  oder  die  leichte  Feld- 
baubitze,  allein  das  leisten,  was  vom  Wurfteaer  im  Feldkriege 
verlangt  wird?  Ist  es  nötig,  Feld-  und  Fufsartillerie  so  zu  verquicken? 
Wurde  nicht  ein  zwischen  beiden  liegendes  Kaliber  einer  fiinheits- 
Feldbaabitze  die  beste  Lr)sang  sein?  Es  sei  hier  hingewiesen  auf 
einen  sehr  beachtenswerten  Aufsatz  im  Deutschen  OfAzierblatt  (Nr.  G), 
der  diese  Gedanken  ausftlhrt  nnd  die  Lösang  in  einer  12  cm  Feld- 
baabitae  sncbt,  ohne  allerdings  auf  die  15  cm  schwere  Feldbaabitze 
si  verzichten.  Die  Antwort  auf  letztere  Frage  köontu  zunächst 
nnr  der  Konstrukteor  geben.  Meiner  Ansicht  naob  ist  aber  die 
sebwere  Feidhaubitze  geg^n  die  permanenten  Befestigungen,  i^  wir 
sie  an  unserer  Wes%renze  ündvn  werden,  nicht  zu  entbeiireu,  ich 
glaube  nicht,  dafs  ein  12  cm  das  leisten  wird.  Andererseits  kann 
ich  bei  einer  12  cm  Haubitze  an  so  genügende  Beweglichkeit  nicht 
giaaben,  dats  sie  imstande  ist,  die  oben  erwähnten  Aufgaben,  aach 
wenn  sie  Flachbuhnschufs  erhält,  aulser  ihrem  Sonderzweck  zu  er- 
füllen, scblieblicb  sehe  ich  als  wichtigsten  Gegengrund  in  der 
Munitionsmenge,  die  die  leichte  Feldhanbitze  für  ihre  Aufgaben  im 
Flachbahnscbnüi  nnd  Bogenschufs  braucht,  im  10,5  cm  Kaliber  die 
oberste  Grenze,  ^r  werden  so  Uber  die  beiden  Kaliber  nicht 
hinwegkommen  oder  wir  müssen  auf  deu  Flachbahnschufs  verzichten. 

Das  geht  a])er  nicht  an.  Der  Flachbahnschufs  der  leichten 
Feldhaubitze  scheint  mir  unbedingt  erforderlich,  einmal  da,  wo  ^jie 
für  ihre  Sonderzwecke  nicht  verwendet  wird  (Korpsartillerie),  dann 
aber  zur  Bekämpfung  von  Zielen  dicht  hinter  Deckungen  mit  Granaten 
Bz.   Aul  die  gute  Wirkung  der  leichten  Feldhanbitse  gegen  diese^ 


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ZB2     fieitsobole  ittr  die  jüngsten  Offiaiere  der  deatBohen  KavaUerie. 


Ziele  habe  ich  oben  bereits  fiingewiesen.  Damii  kiiunen  wir  aber 
€ineu  zweiten  Schritt  anf  dem  Wege  zur  Einfachheit  vorwärts  tiin, 
indem  die  Granaten  der  Keldkanonen  wejrfallen  and  diese  nur  mit 
Schrapuells  ausgerüstet  werden,  eine  Maisregel,  die  beim  Schnell- 
feaergeschUtz  nur  mit  Freude  zu  begrttfsen  ist.  Wie  wenig  die  ^ 
Oranate  Bz.  gegen  Ziele  dicht  hinter  Declcungen  leistet,  wollen  wir 
ons  nur  ruhig  eingestehen.  Und  gegen  widerstandsfähige  Ziele 
leistet  das  Schra]>Tip]l  A/.  ebensoviel.  Für  die  wenigen  Fälle,  wo 
es  gilt,  den  Im  iud  i  u  seinen  Deckungen  zu  fassen,  kann  die  leichte 
Feldhaubitze  alU  ii]  <  intrcteu,  da  hat  man  ja  auch  Zeit,  also  wird  sie 
rechtzeitig  da  sein,  ja  einer  VereioigUDg  mehrerer  Haubitzabteiloogea 
steht  nichts  im  Wege. 

So  scheint  mir  für  die  Zukuntt  eine  glückliche  LösuBg  der 
Feld  haubitzfrage  in  folgendem  zu  lieirin : 

1.  Umwandlung  der  leichten  Feldhaubitzeu  in  ein  Hohrrticklauf^ 
2-eschütz  mit  Schilden: 

2.  Ausscheiden  der  leichten  Feidhaubitzer)  aus  dem  Kegimeuts- 
verband,  Unterstellang  unter  die  Generaikümmandos,  Ersatz 
durch  Kanonenbatterien: 

3.  Ausrüstung  der  leichten  IVIdhanhitzen  nur  mit  Uranuten  (Az., 
Bz..  0.  V.  nnd  m.  V.  als  Kinheitsgeschofs): 

4.  Ausrtl'jtnng  der  Feldkanonen  nur  mit  Schrapnt  Iis. 

Aut  iliesr  Weise  sind  alle  die  Nachteile,  (leien  Xuchwei.'i  man 
•dem  (ienerai  v.  Alten  nicht  abstreiten  kr  nute,  vermieden,  dagegen 
nnabweisbare  Vorteile,  insbesondere  der  grül^ter  fiiiifiMsUieit,  erreicht. 


XVIll. 

Reitschule  Tür  die  jüngsten  Offiziere  der  deutschen 

Kavallerie. 

▼on 

Generalm^iar  z.  D.  v.  Gersdorff. 

Nach  den  bestehtitden  Allerhöchsten  Bestimmungen  wird  ein 
Offiziers -Aspirant  nach  sechsmonalichem  Dienst  bei  der  Truppe  zum 
Beanch  einer  Kriegsschule  zugelassen.   Auf  der  Kriegsachale  ver< 


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BettMknle  für  die  jttngttm  Ottiiere  der  deutsehen  KevaUerie.  333 


■vveiJt  derselbe  neun  Monate  und  erreicht  in  der  Regel  nach  Verlauf 
von  zwei  Monaten  nach  Abgang  von  derselben  den  Dienstgrad  eines 
Lentnants.  Der  J^ehrplan  der  Kriegsschulen  fafst  hauptsächlich  die 
Aasbildungdes  <  >ffi/ipr5^- Aspirniiten  in  kripL'swissenschaftlichen  Fächern 
ins  Aupro.  Znr  Erlaiiifung  praktischer  Dienstkenntnisse  bleiben  bei 
der  TiLijipe  vtwj  acht  Monatf'  /.iir  Verfügung,  Dies  sind  vier 
Monate  weniger,  als  für  die  Einjährig- I  rciwüligen  verfügbar  sind, 
weiche  doch  nur  die  Befähigung  zur  Beiördenuig  zom  Beserve*  and 
nicht  zum  BernfR-Oftizier  anstreben. 

Wohl  hat  der  Offiziers -Aspirant  zunächst  ein  Dienstzeugnis  auf- 
zuweisen, weiches  ihn  zur  Bpf'irdernnc  zum  P^iibnrich  qualifiziert, 
und  später  durch  die  Prüfung  im  Offiziers- P'.xaiiien  seine  wisscn- 
srhnftlich«».  wie  dienstliche  Reife  zur  Bef(irderuD;p  '/lun  Offizier  dar- 
zutun, indessen  liegt  es  in  der  KUrzf  der  Aushildurigsperiode  des 
Offizier?- Aspiranten  begründet,  dafs  Hian  von  dem  neu  prnnnnten 
Leutnant  lIct  Heiterwaffe,  weirbe  heut/utaice  die  verschiedenartigsten 
Üienstzweige  uinfafst.  keine  isere  Routine  bei  Beherrschung  seiner 
dienstlichen  Aufi:al)in  voiaus^tt/en  kann.  In  den  ersten  Jahren 
tritt  derselbe  mehr  als  Lfrnrncirr  wie  als  vollhcfahigter  Lehrer  in 
die  dienstliche  Arena.  Insbesondere  wird  er  Mangel  in  Beherrschung 
des  Winterdienstes  empfinden  und  nur  iu  AusnahinetalUn  liereits  in 
der  Lage  sein  ein  junges  Pferd  als  Heiter  seihstandig  auszubilden 

Für  seinen  KskadroDchef  ist  (In  neu  ernannte  Kavallerie-Offizier 
kaum  eine  Hilli'  bei  der  Winterausbiidung  (h  r  L-hadron.  Vielmehr 
wird  der  (Jhef,  falls  er  prewi-^senhaft  verfUhrt,  \ ael  Zeit  und  viel 
Muhe  auf  die  Weiterfürü(!run^-  st  int  h  JünGrsten  Leutnants  verwenden 
mttssen.  die  der  Gesamtheit  abgezogen  werden  rnnfs. 

Falls  dem  jungen  Offizier  da^  GlUck  nicht  blüht,  im  Regiment 
einen  yortrefTIiehen  Offizier-Reitunterricht  zu  geniefsen.  wird  er  vor- 
aussichtlich als  Kelter,  wie  als  Reitlehrer  ein  Stümper  bleiben,  bi«» 
er  später  auf  dem  Militär-Keitinstitut  Gelegenheit  bat,  sieh  das 
Fehlende  naciUräglich  anzueignen. 

In  Wtirdi^^ung  der  hier  beschriebenen  Verhältnisse  hat  die 
König!  ^äelisic  lie  Militärverwaltung  seit  Liutritt  Sachsens  in  die  neuen 
Reichsverhältnisse  in  Dresden  eine  Reitschule  ins  Leben  gerufen, 
bei  weicher  sämtliche  jungen  Kavallerie-Oiliziere  zu  einem  Winter- 
Kursus  vereinigt  werden,  die  im  Laufe  des  vergangenen  Jahres  zu 
Jjeutuauts  befördert  sind.  Dort  werden  diese  jungen  Offiziere  in  allön 
Dienstzweigeu  der  Kavalleriewutfe  nachgebildet,  insbesondere  als 
j/raktische  Remontereiter  und  Reitlehrer. 

Der  Erfolg  dieses  Instituts  wird  jedem  augenfällig,  der  hei  dem 
Königlichen  Reit-Institut  zu  Hannover  Gelegenheit  nimmt,  die  her- 

22 


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1 


384     fieitsobnie  ftir  die  jüngsten  Offiziere  der  deuigohen  KATAlleiie. 

vorragende  Reitfertigkeit  der  aus  den  Königlich  Sächsischen  Truppen - 
teilen  kommandierten  Offiziere  in  Augenschein  zu  nehmen. 

Waö  die  Sachsen  bezüglich  der  Förderung  ihrer  jungen  Kavallerie- 
f^ziere  durch  die  Reitschule  in  Dresden  erreichen,  streht  die  uns 
verbündete  und  benachbarte  ÖsterreifeH-Ungarische  Armee  durch 
Vereinigung  und  längere  Ausbildung  ihrer  Offiziers-Aspuranten  auf  den 
Kavallerie-Kadettenschulen  an. 

Bei  Gelegenheit  der  Vorlage  eines  neuen  Militär-Gesetzes  im 
Herbst  des  künftigen  Jahres  sollte  die  Veraulassung  nicht  versäumt 
werden,  den  Forderungen  fttr  die  Kavalleriewaffe  die  geringen  Kosten 
hinzuznjfttgen,  welche  zur  Errichtung  von  Korps*  bezw.  Divisions- 
Offizier-Reitschnlen  nach  Muster  des  Dresdener  Instituts  auch  für 
die  Übrigen  Kontingente  der  deutschen  Armee  erforderlieh  sind. 

GreringfÜgig  sind  solche  Kosten,  weil  Etatserhohungen  kaum 
einzutreten  brauchen.  Sie  beschränken  sich  auf  Erweiterungen  der 
Garnison-Einrichtungen  desjenigen  Kavallerie-Regiments,  dem  die 
neuen  Heitscbnlen  in  ökonomischer  Beziehung  angegliedert  werden 
sollen.  In  erster  Linie  wird  die  Erbauung  einer  Reitbahn  und  die 
Einrichtung  von  Ställen  und  Reitplätzen  in  Betracht  kommen.  Dem- 
nächst der  Mehrbedarf  an  Kommandozulagen  fUr  die  Komn laudierten 
und  die  Kosten  Ittr  Beförderungeu  derselben  mit  der  Eisenbaini  bezw. 
Fuistrcüibport. 

Sollte  der  Kavallerie  in  der  jZukunft  die  erwünschte  Gliederung 
in  Kavallerie-Divisionen  auch  im  Frieden  beschert  werden,  so  sollten 
die  neu  errichteten  Reitscbnlen  in  disziplinarer,  gerichtlicher  und 
dienstlicher  Beziehung  dem  Kommandeur  der  Kavallerie-Divisionen 
unterstellt  werden.  Dieser  wird  ein  ganz  besonderes  Interesse  au 
der  Ausbildung  der  jungen  Olfiziere  seines  Befehlsbereichs  nehmen. 
Als  Direktor  möge  man  einen  besonders  geeigneten  Major  beim 
Stabe  eines  der  an  der  Keitschule  beteiligten  Kavallerie-Regiments 
bestimmen,  der  bei  diesem,  solange  das  Kommando  dauert,  vertreten 
wird.  Als  Lehrer  irenUgen  zwei  abkommandierte  Oberleumauts, 
welche  mit  Vorteil  die  Reitschule,  bezw.  die  Tiirnschule  bebueht 
haben.  Wünsche iih wert  wäre  aulserdein  die  Konim;tiuii(  rniig  eine» 
Ingenieur-Offiziers  behufs  Erteilung:  des  Unterrichts  im  I'iüDier-  und 
Telegraphen-Dienstes.  Das  Kümmuiido  zur  l{<dtsehule  beginnt  am 
l.  Oktober  und  dauert  bis  zum  1.  April  jeden  Jahres.  Die  koDinian- 
dierten  Schüler  sind  sämtlich  behufs  Erleichterung  des  Reitunterriehts 
auf  gut  dressierten  AushUfspterden  der  Regimenter  beritten  /u  maehen 
und  erhalten  erst  das  ihnen  zuhtehende  Chargenpierd  iu  Natura 
nach  Rttokkehr  zum  Regiment.  Aufserdem  bringen  sie  ihr  eigene« 
Pfeid  mit.    Ein  drittes  Pierd  ftlr  dieselben  stellt  das  Kavallerie- 


üigiiizea  by  GoOglc 


Uiuere  MlliftänDiuik. 


d35 


Regiment,  dem  die  Heitschnle  angegliedert  ist,  oder  dasseihe  wird 
nebst  Pferdepflefrer  seitens  des  Kegiments  gestellt,  dem  der  komman- 
dierte Offizier  angehört. 

Der  Dienstplan  der  Ueitschate  regelt  sich  nach  dem  Bedürfnis 
der  Aosbildong  der  kuiniuaudieiten  Offiziere  zu  allseitig  brauch- 
bareu  Front-Offizieren  nnd  umfaist  dementsprechend  alle  Disziplinen 
des  Karallerie-Dienstes. 

Mithin  wären  auf  Reitschulen  zo  erteilen  bezw.  Torzunebmen : 
1.  Reitunterrieht  täglich  in  drei  Abteilungen.  2.  Unterricht  in  der 
aü^^eiueinen  Dienstkenntnifl,  im  Schiefs-Pionier-Telt'irraplK  ndienst  der 
Kavallerie,  in  der  Pferdekeontnis  und  Beschiagskunde  (durch  einen 
Rofsarzt).  3.  libungeii  im  Longieren  junger  Pferde.  4.  Waüen^ 
übung-en.  5.  Praktische  Übungen  im  Entfern ungnschätzen  und  im 
Seh  leise  II.  Im  Herbst  aniserdem  noch  Übungen  im  Gelände-  und 
Jagdreiteu. 

Es  steht  aolser  Zweifel,  dal's»  der  grolse  \  ürteil,  welchen  die 
Regimenter  von  den  Reitschnlen  durch  Ausbildung  ihrer  jungen 
Oftiziere  zu  in  allen  Sätteln  gerechten  und  allseitig  verwendbaren 
Diensttuern  erzielen  würden,  in  keinem  N'erhältnis  zn  deren  Kosten 
und  den  geringen  Nachteilen  stehen  wtlrde,  die  durch  die  notwendig 
werdende  halbjährige  Abkommandierung  der  Lehrkräfte  und  Schüler 
erwüchsen.  Auch  der  Nachteil,  welcbei  durch  die  zeitweilige  Los- 
lo8uag  der  iöngsten  Offiziere  ans  dem  Verband  des  eigenen  Oflfizier- 
korps  entstehen  kaiiu,  erscheint  dnrch  eine  treffende  Wahl  der 
Person  des  Direktors  niul  ilnrch  Angliedernng  der  Offiziere  der  Reit- 
»chnle  an  da8  Offizierkurps  iW^.  K'egiment"^,  dem  die  Reitschule  atta- 
cbiert  wird,  wenigstens  zum  gröisten  Teil  ausgleicbbar. 


XIX. 

Unssre  Militärmusik. 

Vau 

GeneralmiUor  VM  Sefcaidt» 


In  seinen  i^^eistvoUen  «Briefen  an  einen  StaatsniaDn  über  unsere 
raosikalische  Erziehung'*  spricht  der  groise  Kulturhistoriker  W.  H- 
Biehl  auch  von  der  „Heermusik",    Dort  heifst  es  u.  a. : 

„Der  Heerdienst  ist  ja  in  so  manchem  Stück  eine  Schule  t\lr 
das  Yolk^  wamm  nicht  auch  in  der  Musik V    Eiue  echte  ^iilitaimuäik 

22* 


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836 


Unsere  Milicarmti«ik. 


8oU  Volkaarasik  sein,  sie  soll  steh  eng  den  wirklieben  VolksUedem 
ansohlietsen;  das  gibt  recht  lustig  und  helltOnende,  recht  kriegerische 
Weisen.  Es  entspricht  zugleich  dem  nationalen  Charakter  des 
Heeres,  welches  sich  anch  mnsikaiisch  nicht  mit  geborgten  Lappen 
Bohmtteken  soll  Den  bild^en  ttnflns  der  eigenen  Volks- 
lieder nnd  echter  Soldatenweisen  auf  das  Heer  hat  man  tatsSchlich 
an«kannt;  denn  wohl  in  den  meisten  dentsehen  Armeen  bestehen 
besondere  SllogerebOre,  die  Soldaten  werden  zum  Singen  guter, 
friiehw  Ueder  angehalten,  and  manches  dieser  Lieder  nknmt  der 
ansgediente  Hann  In  die  Heimat  mit,  wo  es  nüt  den  originalen  Ge- 
sängen des  Volkes  nntrennhar  Terwilehst.  Aber  was  man  so  im 
Gesänge  gut  macht,  das  verdirbt  man  in  der  Instmmentalmnsik:  im 
Chore  singen  die  Soldaten  nationale  Weisen  nnd  anf  der  Parade 
wfard  ihnen  Doniatetti  nnd  Verdi  Torgeblasen  nnd  ein  ganzer  Hofball 
parfümierter  Polkas  nnd  Masnrkas.  Es  ist,  als  ob  für  die  Gemeinen 
gesungen  and  fllr  die  Offiziere  gespielt  wOrde.  Die  Wirknng  der 

Bfilitilrmasik  aof  die  Hassen  ist  aber  tief  and  weit  verzweigt.  

In  vielen  Gaaen  hat  der  eigene  Gesang  des  Volkes  längst  nicht  mehr 
standhalten  können  gegen  die  welsche  Openmelodie.  In  der  Kriegs- 
masik  sollen  sich  alle  echt  nationalen  Weisen  sammeb,  alles  Volk 
erhebend  and  begeisternd;  statt  dessen  schlügt  ans  diese  Masik  da» 
deatsehe  Volkslied  vollends  tot,  damit  sich  die  Lentoants  an  Arien 
and  Tanzstttcken  begeistern  können  ....  Wenn  mancher  alte  Hao- 
degen  von  Greneral,  der  znm  Glttck  anmasikalisoh  is^  die  ganze 
verkttnstelte  MiiitSrmasik  znm  Teaibl  wünscht,  so  liegt  diesem  frommen 
Wnnsche  ein  sehr  richtiger  Instinkt,  ja  ein  ganz  feiner  künstleri- 
scher and  soldatischer  Takt  zagninde.  Hals  denn  aach  nnser  natio- 
nales Selbstgeftthi  nicht  tief  beschftmt  werden,  wenn  wir  beate  oder 
morgen  den  Italienern  oder  Franzosen  entgegenrücken,  während 
nnsere  Mnsikkorps  denselben  KriegsmSrsche  entgegenblasen,  die  aas 
italienischen  oder  französischen  Opern  zosammengestohlen  sind?** 

So  scbriel)  Riehl  im  Jahre  1853.  Wie  würde  er  beute,  gerade 
ein  halbes  Jahrhundert  spater,  schreiben? 

Nun,  über  Eins  würde  er  sich  freuen:  dals  unser  Allerhöchster 
Kriegsherr,  der  in  Frankfurt  a.  Main  den  dentsehen  Sanges- 
genossenscbaften  die  Pflege  des  echten  Volksliedes  ans  Herz  legte, 
die  herrlichen  alten  Märsche  wieder  zu  Ehren  gebracht  bat,  mit 
denen  die  Streiter  Friedrichs  des  Gro£sen,  die  Kämpfer  der  Be- 
freinngskriege  in  die  Schlacht  zogen.  Der  Hoheofriedbergrer,  der 
Xoigaaer,  der  Yorkscbe  Marsch  —  das  hat  einen  andern  Klang,  als 
die  modernen,  verzwickt  tnstramentierten  Salonmftrsche,  nach  denen 


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UnsMe  Milltlimuik. 


3S7 


kein  Hensoh  manehieren  kOonte,  wenn  nielit  die  grolse  Pauke  den 
rfajtmiBehen  Dresohflegel  ab^be. 

Wie  Torteilliaft  steehen  die  Trompeterkorpe  der  EaTallerie  gegen 
misere  Infiuiterie-RegiraentsiDiidkeii  ab,  wählen  sie  doeh  aaeb  bei 
Paraden  mit  Yoriiebe  die  alten  majesttttieeben  Mürsche,  ans  denen 
SelbetbewnC^in  nnd  Siegeesnrersicbt  heianstOni 

An  nnsere  In&uiterie-Mo8ilüunrp8  wtlide  RIebl  bentiatage  ebenso- 
wenig Freude  baben,  wie  1853,  ja  vielleiebt  noeb  weniger.  Freilich 
▼erenehen  mh  ancb  manebe  strebsame  Stabe-Ttompeter  der  KavaUerie 
mitunter  an  Mosiksttleken,  die  fttr  sie  durebans  ungedgaet  und; 
aber  das  bleiben  vereiDselte  Experimente;  die  Instrameotienuig  der 
Trompeterkorps  weist  gebleteriseb  auf  einfaehe,  Volkstttmllcfae 
Weisen  bin. 

Wir  In&nteristen  liaben  Begimentsmnsikeny  die  Ka?allerie  freilloh 
aneh;  aber  wir  haben  12  Kompagnien,  die  Kavallerie  4  bexw.  5 
Sehwadronen.  Dabei  tOnt  die  Infanteriemusik  trotx  grolser  Trommel 
und  Beeken  auf  dem  Marsche  lange  niebt  so  laut,  wie  die  Trom- 
peten der  KaYallerie.  Nur  die  Tordersten  Kompagnien  des  be- 
treffenden Bataillons  hOren  etwas  von  der  Musik«  wenn  sie  nftmlich 
amr  Stelle  ist  Sie  bläst  das  Batallion  duxeb  die  Stadls  um  dann 
sofort  zu  versehwindeut  wenn  sie  nicht  2Eum  Oben  des  Parademaraehes 
gebrauebt  wird.  Beim  ManOrer  benutst  die  Reglmentsmusik  jede 
Hieb  irgend  bietende  Eisenbabnstrecke  und  marschiert^  wo  keine 
Eisenbahn  Torhaoden,  für  sich  aus  emem  Quartier  ins  andere.  Bei 
der  Truppe  eiaeheint  sie  nur  gelegentüeh  Im  Biwak,  findet  aber  da- 
Kwiaehen  Zeit,  um  in  passend  gelegenen  Städten  Konserte  an  geben. 

Der  Staat  besoldet  nur  die  etatsmälrigen  Uoboisten  und  auch 
diese  bei  Ihren  Ansprüchen  nicht  ausreichend.  Durch  Beiträge  der 
OfBiiere,  und  awar  meist  durch  recht  hohe  Beiträge  weiden  die  Zu- 
lagen fllr  Hoboisten  und  ffilfshobotsten  auljgebracbt.  Trotadem  muls 
die  Regimentsmusik  noch  von  Konzerten  nnd  Konzertreisen  leben 
wenn  sie  auf  der  nHOhe  der  Zeit**  bldben  und  den  Anforderungen 
Ihrer  ruhmbegierigen  Dhngenten  geniigen  will.  Mehr  und  mehr 
werden  cUe  KonaertaufltihruDgen  zur  Hauptau^g^abe  der  Militiirmuaik, 
während  der  Dienst  als  lästige  und  unbequeme  Fessel  empfunden 
wird.  Nattlrlieh  wird  fttr  den  Konzertsaal  auch  die  Streichmusik  ge- 
pfl^  und  mancher  Stabshobolst  engac^ert  sefaie  Künstler  haupt- 
sächlich nach  ihrer  Befähigung  als  VioUnisteo  oder  Cellisten,  während 
er  erst  in  zweiter  Linie  fragt,  welches  Blasinstrument  sie  spielen. 
In  den  Konzerten  wird  dem  Uoehgeehrten  Publikum  Verdis  Mas- 
oagni.  LeoneavaUo,  Wagner,  Lisst,  Richard  Strauis  und  Tom  Heuen 
stets  das  Neueste  geboten  —  wo  bleibt  da  die  TolkstOmliebe  Heer- 


338 


Urnen  Hawtmuitfk. 


mosik?  YoUutlimlieh  sind  bOobstens  die  grenlloheii  gleidi  emem 
Bagoat  sosaiiimeiigeBftoppelteD  Poti>oiiiru.  Auf  eioem  Pnfnmm  las 
leb  »Fftutaeie  ans  Wagnen  Sleffried  mit  Oonplet>£iidage"«  Also 
oiobt  immer  gute  KoDxertmnrik  wird  gepflef^t.  Niebt  einmal  in  den 
«popnUlren**  Konieiten  eiflillt  die  Regimentamoaik  die  Aufgabe,  das 
Volk  mnaikalieeh  sn  enieben.  Und  was  baben  die  OfiBzierkoipa 
von  ibier  Regimentsronaik,  4Ue  ibnen  Tielbicb  so  bebe  Opfer  anf- 
erlegt?  Kdnesfalls  stebt  das,  was  die  Begimentomnaik  im  Offiaer- 
Kasino  leistet,  im  VerbSltnis  sn  den  ani^wendeten  Kosten.  Und 
lUe  Offixierkorpa  der  detadiieften  ßataOlone?  Sie  beiablen  wom9g* 
lieb  noeb  eine  besondere  BataiUonsmnnk,  da  sie  die  Begimentsmnsik 
nur  bei  den  Herbstttbnngen  zu  btfren  bekommen. 

Aber  —  mit  Riebl  sei  es  wiederbolt:  die  Hilitttrmnsik  ist 
in  erster  Linie  fttr  unsere  Leute  da,  in  sweiter  Lüde  für  die 
Oflbiere  nnd  dann,  wenn  noeb  Zdt  llbrig  bleibt,  fUr  die  Konzert- 
anffttbrongen.  In  Wirkliebkeit  aber  findet  das  nmgekebrte  Ver- 
bUtnis  statt. 

Bei  der  Beorganisation  yon  1869 — 61  bestand  die  Absiebt^  die 
nen  formierten  Infanterie- Begtmenter  mit  einer  feldmSJaigeren  Musik 
aussnrOsten,  es  sollten  ss.  B.  alle  Holzinstrnmente  fortlallen.  Aber 
ebe  lebn  Jahre  vergangen  waren,  bOrte  man  in  den  Konzerten  der 
nenen  Begimentsmusiken  eitel  Klarinetten,  FlOten  und  Oboen. 

Wenn  nun  der  jetzige  Znsebnitt  der  Infanteiiemuslk  den  an  sie 
zu  stellenden  Anforderungen  niebt  entspriebt,  weil  sie  bei  nngebubr- 
lieber  Belastung  des  Offizierkorps  fttr  die  Truppe  zn  wenig  leistet, 
80  fimgt  sieb,  wie  den  Hftngeln  abzubelfen  ist, 

ZnnSobst:  alle  Holzinstrnmente  mttssen  Terscbwlnden 
und  an  die  Stelle  der  Begimentsmusiken  mttssen  Bataillons« 
Horum nsiken  treten,  die  lediglieb  aus  Staatsmitteln  Unterbalten 
werden,  ohne  flbrigens  den  Hilitfiretat  bOber  zu  belasten. 

Die  Bataillonsmusik  wird  gebildet  aus  den  etatsmftfsigeii  Hor- 
msten  des  Dienststaades  und  soviel  Kapitulanten,  dafo  aulser  dem 
Dirigenten  das  Musikkorps  aus  20  Mann  besteht.  Der  Dirigent, 
dem  die  AaffOhmng  eigener  Kompositionen  streng  verboten  ist, 
erbftlt  eine  anstindige  Besoldung,  die  Kapitulanten  angemessene  Zu* 
lagen.  Die  Kosten  einer  soleben  Batailtonsmnsik  werden  sieb  aaÜBer« 
ordentlich  niedrig  stellen,  aueb  wenn  sie  mit  Instramenten  bester 
Beeehaffenheit  ausgerüstet  wird.  In  erster  Linie  werden  Mttrsoh« 
und  Volkslieder  eingeübt  und  gespielt,  sodann  ein&ebe,  volks- 
tttmliche  Weisen  onserer  greisen  dentschen  Meister.  Aueb  firiaohei 
frObliebe  Tanzmusik  mag  zu  ihrem  Beebte  kommen,  ohne  allzusehr  zn 
ttberwuebem. 


.       -.Li  by 


ünaara  Millttnnfllk. 


889 


Jedenüdls  isl  die  Muik  nnzertrenniieb  tod  der  Trappe, 
begleitet  sie  ananahinslos  «nf  allen  Mineben  and  Übungeiu  6e- 
legentUehes  Konseirtieieii  mag  ihr  anverwehrt  bleiben,  wenn  der 
Pieoat  ee  gevtatteft;  jedoeh  darf  niemals  irgend  welche  Bflekaiobt 
darauf  genommen  weiden.   Ganz  ansgeaelileaBen  sind  Ronzertreiaen. 

Bei  Paraden  und  wo  das  Begimenft  veiaammeLt  ist,  kOnnen 
aasnahmsweiBe  die  drei  Bataillonsmosiken  zusammengestellt  werden; 
sie  können  dann  bei  feierlichen  nnd  featUeliea  Geiegenbeiten  eine 
benliebe  Klangwirkung  erzielen. 

Aach  für  die  Mitwirkung  beim  Grottesdienst  und  fttr  miiitftrisebe 
Begräbnisse  wird  sieh  die  Hommnslk  vortrefflich  eignen.  Cboittle 
klingen  Tiel  voller  and  schöner  Ton  Honunnsik,  als  von  yoUbesefater 
Be^mentsmasik  bisberiger  Art. 

Dann  wird  es  auch  nicht  mehr  vorkommen,  dafs  man  beim.fie- 
gilLbnis  eines  kriegsbewübrten  alten  Soldaten  dm  Obopinseben  Traoer- 
marseb  b((rt,  das  denkbar  un°:eeigDetste  Musikstück  zur  Ehrang 
eines  mannhaften  dentsehen  Helden.  Jeder  sebliobte  Cboral  ist  da 
besser  am  Platz. 

Vor  allem  ist  die  nach  obigen  GrnndsätKen  organisierte  Bataillons- 
Hornmasik  in  erster  Linie  fttr  unsere  Leute.  Wir  rnttssen 
Militäimnsiken  haben,  die  nach  Riehls  Ausdrack  Heermusik  bieten, 
nicht  aber  in  der  allgemeinen  Jagd  nach  scbellenlautem  und  klingen- 
dem  Erfolg  in  den  Wettbewerb  mit  den  Konsert-Orobestern  treten. 
Dann  wird  das  Publikum  darauf  verzichten  mOssen,  von  der  Militär- 
mnsik  symphonisobe  Dichtungen  zu  hören,  oder  beim  Ifaraob  durob 
die  Stadt  ein  ans  Offenbaohscben  Motiven  snaammengefliektes 
Potpourri. 

Die  Heennasik  ist  eben  so  wiebtig  als  soldatisches  Er* 
Siebungsmittel,  wie  der  Gesang,  nnd  es  Ist  nicht  gleichgllltig, 
welehe  Kost  unsera  meist  mit  offenem  Sinn  für  einfaehe  nnd  an- 
spieehende  Musik  begabten  Leuten  vorgesetaft  wird. 

Dies  die  frommen  Wttnsobe  für  eine  Reform  nnserer  Militär- 
musik, die  freilich  nicht  nach  dem  Geschmack  unserer  Musik- 
dirigenten ausfallen,  die  auch  bei  manrhen  Offizierkorps  nnd  beim 
mnrikliebenden  Publikum  vielfach  auf  Widersprach  Bioisen  würde. 

Und  doch  ist  solche  Reform  geboten  im  Interesse  der  Sache, 
damit  nicht  „fttr  die  Soldaten  gesungen  nnd  für  das  Konaert-Pobliknm 
gespielt  wird*. 


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d40 


Der  Krieg  in  üstasien. 


XX. 

Der  Krieg  in  Ostasien. 


i. 

Wir  wollen  vor  allem  TorancheD,  ein  objelLtlFes  Bild  der  alrategi- 
seinn  Lage  in  „Femen  Osten'*  und  der  einander  gegenttbentelienden 
StreitMile  an  geben,  am  denselben  später  eine  Sebildening  der 
kxiegeriseben  Ereignisse  folgen  an  lasten. 

Bnblands  Trappen  stehen  yerteilt  in  den  weiten  Gebieten  Ton 
der  Ifttndong  des  Amor  bis  in  der  Sttdwestepitae  der  Halbinsel 
Kwanfan,  geetlltei  anf  die  befestigten  Stellnngen  von  Port  Arthnr 
und  Dalny  anf  der  letzteren  nnd  Wladiwostok  im  Kllstengebieti  die 
sngleidi  die  Stationaorte  der  SohifEs  des  „Oesohwaders  des  Stülen 
Oieans^'  nnd  der  ,^ibiri8oben  Flotille"  sind.  Es  sind  die  weiten 
Gebiete  des  Generalgonverneoie  des  Amnr,  der  tateäohlich  von  den 
Russen  militlinseb  beherrsobten  Uandsebnrä  und  des  Paebtgebietes 
von  Kwanton,  Gebiete,  welebe  —  eiosefalieMeh  der  Insel  Sachalin 
—  eine  Oberiltfohe  von  nicht  weniger  als  8890000  Quadratkilometer 
haben,  wenn  wir  den  nOidlieh  des  Amor  liegenden  Teil  des  Kttsten* 
gebletes  einsehlieben* 

Dte  Gnipidemng  der  Streitkrttfte  anf  diesem  seehamal  das 
DeotBobe  Reioh  an  Ansdehnnng  ttbertreffenden  Gebiete  entriebt  sioii 
2imeit  selbstveistttndlieb  einer  latreffenden  Kenntnis.  Man  ditiito 
Jedoeh  nioht  fehl  geben,  wenn  man  annhnmt,  dafs  eine  Grappe  der 
Landstreltkrftfte  Im  Osten  auf  Wladiwostok  gestlltat  swischen  der 
Kllste  des  Japnniaehen  Heeres  nnd  dem  sehwer  zo  ttberscbreitendea 
Gebirgsmassiv  des  Tsebang-hai*Sehan  im  AnfmarBobe  begriffen  ist, 
eine  aweite  awisehen  Da]n\j  nnd  dem  Jaln-Flnls,  also  aaf  der  Halb* 
Insel  lian-tnng  sich  versammelt,  wohin  ihnen  die  in  Wladiwostok, 
besw.  Port  Arthur  endenden  SoUenenwege  die  aus  Eozopa  nnd  den 
anderen  asiatisohen  Gebieteteilen  Rnlslands  naehgesandton  Vor- 
stäifcnngen  znfllhien. 

Wollen  wir  uns  ein  Bild  machen  von  der  Stärke  der  aar- 
zeit  im  „Fernen  Osten"  verfügbaren  Streitkräfte  Bnfs- 
I  an ds,  80  müssen  wir  wieder  voraossehieken,  dafii  genaue  Zahlen 
schon  um  deswillen  nicht  zu  geben  sind,  weil  aller  Wahrseheinlidi- 
keit  nach  and  auch,  wenn  man  den  Zeitangsnaehriehlen  trauen  darf, 
bedeutende  Verstärkungen  andauernd  auf  der  Sibirischen  Eisenbahn 


üigiiizea  by 


Der  Kri0f  In  OatMleii. 


841 


nach  Ostaiiien  abgesandt  werden,  am  zoDäohflt  wohl  znr  Bildung  dos 
dritten  sibirischen  Armeekorps  Venvendung  zu  finden.  Mit 
Bestimmtheit  hat  aber  Kuisland,  abgesehen  von  den  auf  der  Bahn 
roUenden  MilikänQgen,  soneil  im  „Femea  Osten"  zur  Verfügung:*) 

1.  Die  Truppen  des  Militftrbesirks  Amor. 

£e  sind  dies  anilser  dem  ersten  sibirisehen  Armeekorps  die 
achte  osteibiiisehe  SchlltKenbrigade,  welche  die  Hauptreserve  ftlr 
Wladiwostok  bildet,  die  erste  sibirisobe  Reserve-Iafanteiiebrigade, 
die  Ussnri-Eisenbahnbrigade,  zwei  ostoibirisehe  fliegende  ArtUierie- 
parks  usw.  nnd  die  Sttd-Ussmri-Train^Eadrekonipagnie.  Ancb  scheinen 
die  beiden  in  Sonner  „zur  Erprobang  der  LeisUingsifthigkeit  der 
stbiriflchen  Eisenbahn^  mit  ihrer  Artillerie  an  der  koreanischen  Grenze 
südlich  Wladiwostok  disloodert  zn  sein.  Zn  diesen  Troppen  würden 
noch  die  Festnngstmppea  in  Wladiwostok,  mkoliyewitz  nnd  an  der 
Possjet-Bai  zn  rechnen  sein. 

2.  Die  Truppen  in  der  Mandschurei  nnd  im  Kwantun- 

Gebiet 

Aufser  dem  sehr  schwachen  zweiten  sibiribchen  Armeekorps 
Bind  dies  drei  ostsibirische  Suiiutzeubrigaden,  eine  seloständige 
(Trausbaikal  )  Kasackeubrit^ade,  die  ostsibirische  Schützen- Artillerie- 
abteilnn^,  ein  Sappenrbataillon  und  die  selitstandige  Kwantansche 
Sappeurkoiupagiiie,  die  transaraurisehe  Eiseuimhnbrifrade  und  die 
„Grenzwache  des  traiisamurischen  Bezirks'*,  d.  h.  die  etwa  oOOOO 
Manu  starke  Schutzwache  der  ostchiuesischen  Eisenbahn,  sowie  die 
Festungstruppen  in  Port  Arthur. 


>)  wahrend  wir  die^  niederächreiben,  bfingen  die  rosaischen  Zeitungen 

Mitteile n^^ron  üh«:  ;  N *  u f  o r  in at ionen. 

Durch  Allerh.  Ordre  vom  10.  Febniai-  wurde  das  dritte  sibirische 
Armeekorps  gebildet,  zu  dem  die  dritte,  vierte  und  die  neuformierte 
nennte  OHtsibirinche  Scbatasenbrigade  treten  und  dann  die  weatsibirische 
SehOtEenbrigade  und  das  ostaibiiische  SappenrbataiUon  Qberwiesen  werden, 
deesen  kommandierender  General  der  bisherige  Kommandant  von  P<Mt 
Arthur,  Greneralleutnant  Stöfsel»  wurde. 

Die  sibirischen  Sclnitzenroj^imcntor,  welchp  bisher  mit  woniii^en  AoB- 
nahmen  um  ^wci  Batmllone  hatten,  erhielten  zum  Teil  drei  Bataillone,  die 
in  Europa  formiert  wurden. 

Die  drei  sibirischen  Korps  und  die  neugebüdete  eiste  sibiriscbe  ün- 
i«lt^ediviHion  bilden  die  mandschurische  Armee. 

Aus  den  vier  Kasackenrcgimentem  zweiter  Kategorie  des  Transbaikal- 
kasackenheeres  wurde  eine  Transbaikalkaaackendivision  formiert. 


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342 


Der  Kriflg  in  Ottasioo. 


3.  Die  Reservetruppen  des  sibirischen  Militärbe:airlt8 
sowie  die  beiden  in  Irkut^k  und  Krassnojarsk  stehenden 

K  u  s  a  e  k  c  u  -  S  s  o  t  n  i  e  n. 

Es  sind  dies  im  panzeii  auf  dem  Friedensfuls  lOo  Bataillone, 
35  EskadroDs  bezw.  Ssotiiiej],  27  Batterieu  zu  je  8  GeschUt/eii  und 
8  Batailloue  techiiiseiher  Truppen  mit  -/nsanimen  1570<X)  Kö])feu, 
Im  Kriege  erweitern  sich  die  Kasaeken  und  die  Keservetruppen 
sehr  hedentend.  so  wird  aus  jeder  der  sibirischen  Resen-eJufanterie- 
brigadcn  zu  4  Bataillonen,  4  Reserve-Infanterieregimeutur  zu  je 
5  Bataillonen,  d  h.  20  Bataillone.  Die  TJnientruppen  ziehen  Ur- 
lauber und  Reservisten  ein.  Im  i,'anxen  würden  die  Gesamtstreit- 
kräfte, einschiielslieh  der  Grenzwache,  auf  dem  Kriegsfnfs  158 
Bataillone.  III  Eskadrons  bezw.  Ssutnien,  H5  Batterien  und  8 
Bataillone  technischer  Trappen  betragen  mit  zusammen  (^efren  '232t)00 
Köpfen  und  280  Geschützen,  von  denen  ein  nicht  uubedeutender 
Teil  der  soeben  eingeführten  bchnellfeuer-RobrrUcklauf-Konstrnktion 
angehört.  Vor  dem  Feinde  in  erster  Linie  würde  diese  Truppen- 
znbl  freilich  nicht  Verwendung  finden  können.  Denn  für  die  Siche- 
rnng  der  „Ostchinesischen  Eisenbahn",  welche  bekanntlich  in  einer 
Länge  vnn  etwa  2400  km  (2877  Werst)  durch  eine  chinesische 
Provinz  führt,  sind  die  Kräfte  der  zu  30(X)0  Mann  angenommenen 
Grenzwaehe  als  Etappentruppen  vollauf  erforderlich.  Sollten  durch 
den  japanischen  Krieir  auch  die  Chinesen  in  Bewegung  gesetzt 
werden,  so  würde,  auch  wenn  die  chinesische  Regierunjcr  nentral 
bliebe,  dennoch  bald  von  lebhafterer  Tätigkeit  der  .,Chuiichusen'* 
zu  hören  sein,  fUr  die  die  Kunstbauten  auf  der  so  langen  und  so 
empfindlichen  Strecke  gewifs  eine  hohe  Anziehungskraft  äufsem 
würden.  Ebenso  würden  die  sechs  Eisen bahnbataillone,  welche 
Rufsland  in  weiser  Voraussieht  im  ., Fernen  Osten"  vereinigt  hat, 
nicht  nur  auf  dem  Kriegsschauplatze  selbst,  sondern  sicher  auch 
„hinter  der  Front^'  auf  dieser  einzigen,  zu  allen  Zeiten  des  Jahres 
brauchbaren  und  auf  kürzestem  Wege  vom  Baikalsee  zum  Stillen 
Ozean  führenden  Etappenlinie  Verwendung  finden.  Die  Festungs- 
truppen endlich  würden  für  die  Verteidigung  der  vorhandenen  Be- 
festigungen ihrer  Bestinmiung  gemäls  zurückgehalten  werden.  Nun 
darf  man  die  Leistung  der  sibirischen  Bahn  nicht  ttbersohätzen. 
Die  Russen  gestehen  selbst  zu.  dafs  die  Fahrgeschwindigkeit  der 
Beschaffenheit  des  Unterbaues  und  der  Kunstbauten  wegen  eine 
verhiiltnismälsig  geringe  ist.  Man  mnls  femer  damit  rechnen,  dals 
alle  Züge,  da  die  Baikal-Ümgebnngsbahn  noch  nicht  vollendet  ist, 
nnf  der  Westseite  desselben  ihre  Passagiere  bezw.  Güter  auf  den 
Fähren  entladen  und  aaf  der  Ostseite  wieder  in  die  £iflenbaluis&ge 


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Der  Siteg  In  Osteslen. 


548 


▼erlftden  müssen.  Man  bat  daher  berechnet,  dals  Rnislaod  täglich 
ia  acht  ZUgeo  4800  Mann  nach  dem  ,^emeD  Osten*'  befördern 
kann,  d.  h.  dals  ein  Armeekorps  mit  seinem  letzten  Echelar  nach 
dem  Beginn  des  Transportes  in  Port  Arthur  oder  Wladiwostok  ein- 
treffen würde.  Neben  den  Tmppenbefbrdeningen  ist  auch  täglich 
aui  den  Verkehr  ron  zwei  Güterzügen  gerechnet,  unseres  Erachtens 
freilich  eine  zu  geringe  Zahl,  wenn  man  berechnet,  dals  Rofsland 
für  die  Kohlenznfnhr  für  seine  Kriegsschiffe,  für  den  Ersatz  der 
Munition  and  eines  grofoea  Teils  seiner  Veipflegiing  aof  die  sibizisohe 
Bahn  angewiesen  ist 

Aus  der  Darlegung  der  vorhandenen  Streitkräfte  Kuislands  er- 
klärte sich  für  Rnlsland  der  Wunsch,  den  Ausbruch  der  Feindselig 
keiteu  so  lange  hinzuziehen,  bis  sowohl  die  N  erstärkungen  auf  dem 
Schienenwege  wie  auch  die  für  die  Sicherstellnng:  des  Munitioos- 
nnd  Verpflep:unj,^ersatze8  erforderlichen  Vorräte  Ostasieu  erreicht  hätten. 
Japan,  das  zur  Zeit  sowohl  zu  Lande  wie  zur  See  Uberlegen  ist 
mnfste  umg:ekebrt  zu  dem  Entschlufs  gedrängt  werden,  die  von  Ta^ 
zu  Tag  sich  verringendeu  Vorteile  seiner  Lfifre  hrnntzend,  zum  An- 
griffe über/.ugehen,  ehe  Kulsland  durch  die  Herantührnng  seiner 
Verstärkungen  ein  numerisches  Übergewicht  erlangt  hätte.  Hieraus 
entsprari^^  der  Entschlufs.  ohne  die  diplomatischen  Venögeraagen 
abzuwarten,  die  Waffenentscheidung  aufzusuchen. 

Was  nun  die  japanischen  Streitkräfte  und  die  strategische 
La;^e  des  Landes  aiilani:^,  so  hat  diese  Macht  drn  \  orzug.  dem 
Kriegsschauplatz  mit  scim  ni  ganzen  Gebiete  unmittrlhar  benachbart 
zu  sein,  den  Nachteil,  das  umstrittene  Korea  (denn  um  dies  Land, 
nicht  mij  die  Mandseharei  handelt  es  sich  in  erster  Linie i.  uuv  auf 
dem  Wasserwf'ire  mit  seinen  Truppen  erreichen  zu  können,  die  dann 
den  Kampf  mit  dem  Laudheere  Kufislands,  das  Meer  im  HUoken, 
anfhebmen  müssen. 

Die  rnssischen  Landstreitkräfte  dagetrt  n  stehen  schon  jetzt  auf 
dem  Boden  Koreas,  wcuigrstens  an  der  Landp^rcnze  dieses  LandeSi 
ihre  Basis  bildet  die  Mandschurei  und  das  russische  Ostasien. 

Das  Inselreieh  besteht  allerdings  ans  einer  sebr  i^rofseu  Zahl 
mehr  oder  weniger  greiser  luselu,  deren  N  erteidi^'iing  einem  die 
See  beherrschenden  Oesrner  iregenliber  sehr  erschwert  sein  würde. 
Wie  wir  h<  i  der  Schilderung  der  japanischen  Flotte  -ehen  werden, 
dals  diese  zum  mindesten  dem  russischen  Geschwader  des  Stillen 
Ozeans  nicht  unterlegen,  an  Zahl  der  bchille  sü^far  überieL^en.  Ohne 
Beherrschung  des  Meeres  durch  den  (iegner  hat  Japan  xui  eiiieni 
Angrirt'  im  eigenen  Lande  ruchts  zu  befürchten.  Trotz  der  Zer- 
splitterung des  Gebietes  gereicht  ihm  bis  zu  einer  gewissen  G2«nae 


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344 


Der  Krieg  in  Ostaeien. 


seine  insulare  Lage  znm  Vorteile.  Übrigens  liegt  der  Schwerpunkt 
des  Staates,  was  die  BefestigUDgs-  nnd  sonstipre  Anlagen  der  Armee 
nod  (irr  Klotte  anlangt,  wesentlich  in  den  Inseln  Htmdo  ujid  Kiushin. 
Der  grölste  Teil  der  Landarmee  ist  im  Fricdt  n  auf  der  Insel  Hondo 
disloziert.  Man  hat  berechnet,  dafs  bei  dem  verhiiltnismälsig:  dichten 
Eisenhahnnetz  der  Insel  Hondo.  welches  zwar  meist  eingeleisig  ist^ 
aber  sehr  \iele  Ausweichstellen  besit2t,  und  den  viel  en  zur  Ein- 
schiffune"  (  iirneten  Häfen  die  Trnppen  der  für  eine  Invasion  des 
asiatischen  Festlandes  bestimniten  Truppen  und  Trains  in  14  Tniren 
nach  Aussprach  der  Mobüfflaebiuig  zur  Einschüinng  bereit  steben 
können. 

Der  Umstand,  dals  gesetzlich  zur  Transportflotte  alle  Schifte 
der  Dampfschiffahrtsgesellschaften  und  des  Staates,  dann  die  Segel- 
schiffe des  Staates  und  der  privilegierten  FischereigeseiJschaften  ge- 
hören, setzt  Japan  in  den  Stand,  ohne  Schwierigkeit  eine  Armee  auf 
das  Festland  überzuführen,  Ende  des  Jahres  1901  waren  im  eigent- 
lichen Japan  1395  Dampfer  mit  einem  Gehalt  von  28H  067  Tonnen 
vorhanden,  davon  9G9  ttbpr  1000  Tonnen;  4020  Segelschiffe  mit 
334  812  Tonnen,  davon  35Ö5  Uber  1000  TouneD,  aolserdem  1355  grolfie 
japanische  Dschunken. 

Die  Verteidigang  des  Inselreicbes  wird  somit  durch  die 
Dislokation  der  Trnppen  gefördert.  Wie  schon  erwähnt,  befindet 
sich  der  grülste  Teil  der  Armee  auf  der  Insel  Hondo.  AnTser  zwei 
Truppendivisionen  sind  alle  Truppen  entlang  der  Meeresküste  unter- 
gebracht, meist  auch  zugleich  an  den  Eisenbahnen,  so  dafs  es 
möglich  ist,  mit  greiser  Sclineliigkeit  jeder  beabsichtigteD  Landmig 
entgegenzatreten* 

Die  Landstreitkr&fte  Japans  bestehen  ans  dem  stehenden 
Heeie  mit  der  Beserre  nnd  der  firsatzreserre»  der  T^torialaimee» 
dem  Landstnime»  der  Miliz  der  Inseln  Jesso  nnd  Tschlsehima  sowie 
den  Milizen  der  Inseln  Goto  nsw. 

Eine  moderne  Armee  besteht  erat  seit  1867,  im  Jahre  1872 
wurde  die  allgemeine  Wehrpflicht  eingefllhrk  mit  Ausnahme  der 
halbwilden  Bevölkernng  des  Insel-Archipels.  Das  Rdoh  hat  das 
Territorialsystem,  demgemftls  es  in  12  DiTlsionsbezirke  eingeteilt  ist. 

Die  Kavallerie,  Artillerie  nnd  die  Hilfswaffen  ergänzen  sieb  aas 
dem  ganzen  Bezirke,  die  Infanterie  aus  je  einem  der  vier  Regiments- 
£rgänzttng8bezirke,  in  welche  jeder  Divisionsbezirk  eingeteilt  ist 
Die  Oiganisatlon  nnd  AnsbUdnng  schliefst  sich  im  allgemeinen  der 
dentsohen  an.  Was  die  Leistungen  der  Armee  anlangt,  so  hat  das 
junge  Heer  sowohl  In  dem  Jahre  1894/95  wie  aach  1900  VoztreffÜehes, 


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Dar  Kilacr  in  Oituien.  340 

freilich  g^en  eliieD  miDderweftigeo  Gegner,  geleistet  Wer  (Ue  Trappen 
im  Gefeeht  und  auf  Hänehen  gesehen  hat.  gewann  einen  gflnstigen 
^ndraek  Ton  ihnen. 

Die  Infanterie  hat  zwar  kleine  Mannsehaften,  die  aber  straff 
in  ihrer  Haltung  nnd  ansdanemd  in  ihren  Leiatnngen  sind.  Die 
Kavallerie  —  nomerisch  sehwaeh  —  wird  In  ilner  TätiglLelt  dnroh 
minderwertiges  Pferdematerial  beeintrliditigt  Japan  leidet  Mangel 
an  tmppenbranebharen  Pferden.  IHe  Hebnng  der  Pferdesnoht  war 
bisher  aoeh  niebt  mOgUeh.  Der  Site  der  Rdter  nnd  die  Sattelnng 
der  Pferde  lassen  viel  zu  wttnsoben  flbrig.  Die  Artillerie  ist  vor* 
treffUeb  ansgebildet  und  mit  guten  Gesefatttsen  yerseben,  die  webl 
den  rnssisohen  neuen  ScbneHfeuergesebtttien  gleiehwertig  sind.  — 
Doeb  leiden  die  Bewegungen  unter  dem  ungenügenden  Material  an 
Zugpferden. 

Oberbefehlshaber  der  Armee  ist  der  Kaiser.  Seine  unmittel- 
baren Organe  sind  drei  einander  gieioligeBtellte  Generale:  Der 
Kriegsminister,  der  Chef  des  Generalstabes  und  der  Chef  des 
Departements  fttr  die  Ausbildung  der  Truppen.  Der  die  An- 
gelegenheiten des  Landheeres  und  der  Marine  regelnde 
Bat  besteht  aus  dem  Kriegs-  und  Marineminister,  dem  Chef  des 
Generalstabes,  dem  Chef  des  Marinestabes  und  dem  Chef  des 
Departements  für  die  Ausbildung  der  Truppen. 

Der  Generalstab  besteht  ans  seehs  Abt^ungen.  Die  Chefs  Ton 
diel  derselben  mnd  sngleieh  Generalstabsohefb  der  drelVerteidigungs- 
besirke  des  Landes,  von  denen  jeder  vier  Divisionsliezirke  enthtit 
und  an  seiner  Spitse  einen  Marsi^ll  hat,  dem  Truppen  und  Ver- 
teidignngseinriehtnngen  unterstellt  sind. 

Die  Japanisebe  Armee  zählt  an  Feldtruppen:  4  Garde-  und 
48  Armee^Infanterieregimenter  zu  je  3  Bataillonen  4  4  Kompagiüen, 
zusammen  156  Infanteriebataillone;  1  Garde-  und  J  6  Armee-Kavallerie* 
regimenter  mit  55  Eskadrons,  1  Garde-  nnd  18  Feld-  und  Gebiigs- 
artillerieregimentern,  jedes  zu  6  Batterien.  Das  Gardeartillerie- 
xegiment  und  12  Armee-ArtillerieregimeDter  sind  mit  FeldgesehQtaen 
aosgerllBtet;  1  Regiment  bat  Feld-  nnd  Gebirgsgesehtttse,  4  Regimenter 
nur  GebirgsgesebOlae.  Jedes  Artillerieregiment  zerfällt  in  8  Ab- 
teilungen zu  je  2  Batterien  zu  je  6  Gesebtttzen. 

Die  Japanisebe  Armeeverwaltung  hat  erst  die  im  Vorjahre  be- 
endete Neubewafihnng  ihrer  ArtiUerie  ganz  im  stillen  darobzuftthren 
gewnlst  Wss  das  Material  anbetrifft,  so  sind  die  Feldkanonen,  die 
Japan  vor  einigen  Jahren  von  Krapp  bezogen  hat,  leichte  7,5  cm- 
Sebnellfenerkanonen  von  833  kg  Gewicht,  die  in  Japan  selbst  vom 
General  Arisaka  konstruiert  sind  nnd  den  Eigentümlichkeiten  von  Land 


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346 


Der  Krieg  ia  OiluleD. 


jind  Lenteo  in  Japan  (wobl  auch  in  dem  aehz  äboliche  Weg^  und 
OberfläehenTerhftltnisse  aafweisenden  Korea  nnd  der  Mandsobarei) 
Reefanong  tra^n,  nämlich  geringe Feoerj^be,  geringe Geleisbreile^grotee 
Beweglicbkeit.  Aacb  die  Gebirgsgeschtttze  von  gleicbem  Kaliber  sind 
Axisakascher  Konstraktiou.  Das  ^laterial  bierm.jat  ans  Europa  be- 
xog'en,  die  Fertlgstellnng  jedoch  erfolgte  in  Japan.  Hanbitaten  baben 
die  Japaner  nur  in  beschränkter  Zahl,  fia  sind  12  cm-  nnd  15  om- 
HaubitMii,  die  in  Gewicht  nod  Leistungen  den  in  der  Deutschen 
Armee  eingeHihrten  Hanbitzen  nicht  unähnlich  sind.  Weder  die 
Feld-  noch  die  andern  GeschtttK  sind  Rohrrttcklaufgeschtttze.  Die 
Japanische  Infanterie  ist  seit  dem  Jahre  1908  nit  dem  Meic^i*  (oder 
M<ydschi)  Gewehr  bewaffbet,  das  ein  Kaliber  Ton  6,5  mm  nnd  ein 
Magaiia  ftlr  fünf  Patronen  hat  und  samt  dem  Dolchbajonett  4,3  kg, 
ohne  dasselbe  3,9  kg  wiegt,  eine  Anfangsgeschwindigkeit  von  725  ro 
besitzt.  Es  wird  als  Tonttglich  scbiefsende  Waffe  gertlhmt.  Ein 
Teil  der  Keserretruppen  und  die  Territorialinfanterie,  auch  die 
Kavallerie  babea  noch  das  alte  Murata- Gewehr  und  -Karabioer  mit 
einem  Kaliber  tob  7^  mm  nnd  einem  Gewicht  von  4,5  kg. 

MaschineDgewebrbatterien  liat  die  Armee  zwei,  bei  der  1.  und 
2.  Division,  jede  Batterie  zn  sechs  Maschinengewehren  System 
Höstinp.  Die  Russische  Armee  hat  in  Ostasien  eine  solehe, 
Modell  Maxim,  bei  der  3.  Ostsibirischen  SchUtzenbrigade. 

An  Festungsnrtillerie  gibt  es  6  Festungsartillerie-Kegimenter 
nnd  3  selbständige  Bataillone,  im  gansen  24  Bataillone  sn  je  4  Kom- 
pagnien. 

Anfserdeni  sind  an  Feldtmppen  vorbanden  1  ArtiUeriebelage* 
nmgspark;  13  Geniebataillone,  1  Eisenbahnbataillon  zu  je  8Kom- 
IMigoien,  13  Train bataillone  nnd  12  Feldgendarmerieabteilnngen. 

Auf  der  Insel  Formosa,  wo  Japan  seit  ihrem  Erwerb  im  Jahre 
1895  andauernd  mit  den  Eingeborenen  zn  kämpfen  hatte,  stehen  — 
aas  der  Armee  abkommandiert,  also  voraussichtlich  aus  der  Feld- 
annee  ausfallend  12  Bataillone,  8  Eskadroos,  3  Gebirgsbatteiien  und 
3  Geniekompagnien. 

Die  Reservetruppen  werden  im  Mobilmachungsfalle  anfge- 
Ktellt  Es  sollen  an  solchen  vorhanden  sein:  52  Infanteriebataillooe, 
77  Eskadrons,  19  Batterien,  13  Genie-  nnd  13  Train kompagnien. 

Die  Territorialarmee  besteht  ans  52  Infanteriebataillonen, 
26  Eskadrons,  13  Artillerieregimentem,  13  Genie-  und  ebensoviel 
TrainbataiUonen.  Anf  den  Inseln  Jesso  nnd  Tsehnshima  bestehen 
Milizen. 

Die  Armee  formiert  im  Kriege:  13  Infanteriediyisionei^ 
2  Kavalieriebrigaden  nnd  2  selbständige  Artilleriebrigaden. 


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Biküraog. 


347 


Die  Stärke  der  Japftnlwheii  Armee  betrügt  im  Frieden 
gegen  6700  Ottdere,  188600  Hann,  im  Kriege  12000  Oifizier^ 
350000  Mann,  1116  GeeehOlie  und  82600  Heide;  nrnsh  Loebell 
aber  400000  Mann,  7on  deneb  Je  100000  Territorial-  and  Reserve- 
armee, 200000  Feldarmee. 

Es  sollen  im  Kriege,  an  dem  erst  anob  die  TenftoiiaUurmee 
als  Besatsnogstruppe  berangezogen  werden  dürfte,  Armeen  formiert 
weiden,  deren  Stübe  die  der  drei  Verteidigongsbestrke  büden 
würden« 


Erklamng. 

In  seiner  Besprcchune:  mt^inf-r  Schrift  „Altes  und  Neues  aus  der 
dentaeben  Feldartiiierie**  sagt  Herr  Generalleutnant  H.  Rohne  u.  si,: 
„Die  Prago  der  iSchiitzschilde  will  er  davon  abhängig  mauhen. 
ob  ein  Mittel  zur  wirksamen  Bokümpfung  der  Schildbatterien 
gelunden  wird.    Mit  einem  solchen  Mittel  glaubt  er  an  die 
Möglichkeit  eines  erfolgreichen  Kampfes  zwischen  einer  scbüd- 
losen  Batterie  gegen  eine  mit  Schutsschilden  versehene,  eine 
Ansieht^  die  ieh  allerdings  nicht  zu  tnlen  vermag." 
Wie  aus  meiner  Schrift  „Zur  Frage  der  SehneDfeuer^Földgeeohlltze 
und  ihrer  taktischen  Verwendung**  1902  hervorgeht,  habe  ich  mich 
hinsichtlich  der  Frage  des  Rohrrticklaufs  und  der  Schutzschilde  von 
vornherein  nuf  fi*»n  Standpunkt  der  sachlichen  Prüfung  durch  energisch 
betriebene  grimdlicho  Versuche  unserer  eigenen  Artillerie  gestellt.  Auf 
Grund  davon  hat  die  Schrift  „Die  Schiidwut  von  1*.  Antiscudander  1904" 
(Verlag  von  R.  Eisenschmidt)  mich  nicht  mit  Unrecht  zu  der  Gruppe 
der  „Halben'*  für  und  wider  die  Schilde  gezählt. 

Nach  dem  Stande  unserer  bisher  stattgefundenen  Versuche 
konnte  ich  in  meiner  letzten  Schrift  (S.  108*  S.  107)  der  Überzeugung 
Ausdruck  geben,  dafis  dem  durch  die  Industrie  inzwischen  verbesserten 
namentUch  erieichterten  Rohrrttcklauf-Qesehfltz  die  nahe  Zukunft  ge« 
höre.  Auch  habe  ich  mich  nicht  gegen  eine  vorläufige  Ein- 
führung in  der  Gegenwart  von  beschränkten  Schutzschilden 
ausgesprochen,  die  gegen  das  Durchschlagen  bisheriger  Schrapnell- 
kugeln  und  Inlanteriegeschosse  in  dem  Mafse  schützen,  wie  bei  una 
versucht  worden  ist  (S.  107  und  S.  110). 

Über  die  Frage  aber,  ob  in  der  Zukunft  die  Schuizschüde  weiter 
bestehen,  oder  wieder  in  Fortfall  kommen  werden,  „entscheidet** 
meines  Erachtens  „Die  Weiterentwickelung  der  Mittel  zur  erfolgreichen 
'  Bekämpfung  der  Batterien  mit  Schutzschilden*  (S.  110  und  S.  166). 
Vermag  auch  diese  ErkUrung  allein  Herrn  General  Böhne  nicht 
voll  zu  beftiedtgen,  ao  darf  ich  woU  sicher  in  einem  Punkte  auf  seine 
Zustimmung  rechnen: 


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348 


ÜBMihilL 


nur  eingehende  praktische  Sch iefsversuche  mit  den  weitor 
zu  entwickelndon  Mitteln  \on  Feldartillerie  und  Infanterie  aur 
erfolgreichen  Bt  kampfung  der  Batterien  mit  Schutzschildeii  dürfen 
über  das  Weiterbestehen  oder  den  Fortfall  letzterer  in  der  Zu- 
kunft entscheiden. 
Berlin.  9.  Februar  1904.  Holtbauer 

General  der  Artillerie  z.  D.  und  Chef  des 
l.  Poü.  Keidarl.-Regt.  No.  20. 


D  m  s  c  h  a  u. 

Deutschland. 

In  der  Feld^esofaUtzfrage  ist  insofero  eine  Entscheidung: 
getroffen  worden,  als  der  preulsische  Kriegsminister  die  fiioftthriing 
eines  Robrrtlcklaufgeschützes  mit  Scbntzschildeu  —  wie  es 
schon  vor  zwei  Jahren  in  den  Jahrbüchern'^  befürwortet  worden 
war  —  als  bevorstehend  ankündigte.  Und  zwar  geschah  dies  in 
der  Bndgetkommissions  •  Sitzung  des  Reichstages  vom  16.  Februar. 
Die  bezüglichen  Erklärungen  lauteten  nach  Angaben  der  „Kölnischen 
Zeitung",  welche  nachgeprüft  sich  als  zutreffend  herausstellten, wie  folgt: 

„Die  heutige  Sitzung  war  von  anfserordentlichem  Interesse 
durch  die  Mitteilungen,  welche  der  Kriegsminister  über  die  Frage 
der  KohrrticklaufgeschUtze  machte.  Kr  stellte  fest,  da(s  das  Ehr- 
hardtsche  Geschütz  anränglich  völlig  unbrauchbar  gewesen  sei.  1899 
BPien  infolge  einiger  Verbesserungen  zwei  Geschütze  bei  Ehrhardt 
bestellt  worden,  deren  Lieferung  sich  aber  bis  1900  verzögert  habe, 
in  demselben  Jahre  habe  auch  Krupp  ein  neues  Rohrrücklauf- 
geschüt?  angeboten,  von  dem  zwei  Geschütze  bestellt  seien,  die  so 
schnell  fertiggestellt  wurden,  dals  sie  gleichzeitig  mit  den  Ehrhardt- 
schen  zwei  Geschützen  im  Winter  1900/01  versucht  werden  konnten. 
Darauf  seien  bei  Ehrhardt  und  bei  Krupp  je  eine  Batterie  bestellt 
worden,  deren  Lieferung  ira  November  1901  nach  Jüterbog  erfolgte, 
wo  eine  einfrehende  Prüfung  vorgenommen  wurde,  die  im  Juni  190*2 
soweit  gediehen  war,  dafs  ein  Urteil  möglich  erschien.  Die  Artillerie- 
prUfnngskommission  und  die  Schiefsschule  verwarfen  beide  das  Ehr- 
liardtäsche  Geschütz  und  sprachen  sich  für  das  Kruppsche  aus.  da 
letzteres  nach  dem  Schufs  auf  jedem  Boden  stehe,  während  das 
Ehrhardtsche  Geschütz  stets  nach  jedem  Schufs  neu  gerichtet  werden 
molste.  Im  Januar  wurde  beschlossen,  zu  Truppenversuchen  Uber- 
zQgelien,  und  es  worden  bei  Krapp  sieben  Batteheo  besteUti  die 


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349 


seboD  im  Mäiz  1908  abgeliefert  und  den  Truppen  ttbergebeo  worden. 
Sie  baben  eich  antserordentlieh  bewährt,  und  die  ArtiUerieprttfuügs 
kominissioa  bat,  oaehdem  die  Geeobtttse  sebr  strapaziert  worden 
waren,  nur  einzelne  Mängel  festgestellt,  z.  B.  Einlanfeo  Ton  Wasser, 
das  Springen  einer  Vorbolfeder  nsw.  Dann  wurde  mit  den  GescbtttMo 
wieder  anhaltend  an!  Sohiefoscbnle  geschosBen.  and  das  Er- 
gebnis war,  dais  diese  sieben  Batterien  als  dniobans  kriegsbranehbar 
beseicbnet  werden  mttssen.  Es  worden  dann  weitere  Versnebe  an- 
gestellt  ond  ein  Komp lomilsgeseblltz  hergestellt,  das  sich  gegen- 
wärtig in  einer  Batterie  in  Oebraneh  befindet  Es  wird  danaeb  ein 
Modellgesehutz  angefertigt  werden,  das  im  Frtiluabr  dem  Kaiser  vor- 
gestellt werden  soll.  Der  Kriegsminister  fllgte  hinzn,  dals  wir 
Schntzschiider  einznfttbren  gezwungen  seien,  weU  die  Franzosen  sie 
bereits  haben,  aber  im  Kriegsfalle  seien  wir  nicht  etwa  wehrlos, 
denn  das  französische  Geschtitz  sei  zo  schwer  nnd  das  Kruppsche 
Oeschlltz  dnrcbans  kriegstttchtig." 

Inzwischen  sind  vielfach  in  der  deotschen  Presse,  anknüpfend 
an  den  vom  Kriegsminister  v.  Einem  gebraoehten  Aosdmck  „Koni- 
promilsgescbtttK**,  nnzotreflende  FoigeroDgen  gezogen  worden  hinsicht- 
lich des  znkttnftigen  Modells  der  deotscben  FeldartUlerie.  Es  worde 
gesagt,  das  neue  Geschütz  bedeote  einen  Kompromife  der  Modelle 
Kropp-Ehrhardt.  Diese  Anffassong  ist  jedoch,  wie  wir  feststellen 
konnten,  dorchans  nnzatreffend.  Die  Lafette  des  künftigen  Ge- 
sebtttzes  —  und  das  ist  der  springende  Ponkt  —  dürfte  in  ähn- 
lieher  Weise  wie  bei  dem  Geschütze  M/96  auf  einer  Kon- 
struktion der  Regierongswerkstätten  berohen,  bei  der  alle 
die  Erfahrongen,  die  bei  den  voraufgegangenen  Versuchen 
gemacht  worden,  Verwendung  finden.  Was  das  Hohr  des 
OeschOtz-Modells  1904  angeht,  so  wird  dasselbe  das  seitherige  von 
Krupp  gelieferte  bleiben,  welches  auf  die  neue  Lafette  aptiert  werden 
mufs  und  wahrscheinlich  einen  modernen  Verschlnfs  erhalten  dtlrflc. 

Bis  vor  kurzem  besafsen  die  französischen  Kohrrücklaufgescbtttze 
vor  den  Kruppschen  den  Vorzog  der  „unabhängigen  Visierlinie^,  d.  h. 
die  HOhenriehtmasehine  war  so  eingerichtet,  dab  man  die  Neigun^^ 
des  Kohrs  zur  Wagerechten  anabbäiigig  von  der  der  Visierlinie  ändern 
konnte.  Man  vermag  hier  bei  einem  gerichteten  Geschütz  die  Erii5bung 
des  Rohres  einfach  durch  Drehung  eines  Handrades  beliebig  /.a  ändern, 
während  die  Visierlinie  onverändert  auf  das  Ziel  gerichtet  bleibt. 
Dem  Richtkanonier  fällt  die  Aufgabe  zu,  die  Visierlinie  auf  das  Zvtl 
m  richten,  dem  Versehlnfswert  dagegen  die,  dem  Rohre  die  der 
kommandierten  Entfernung  entsprechende  Erhöhung  zn  geben.  Beide 

JahrhB«b«r  Ar  di*  itatteh»  Ana««  vnd  Waiiatw  K«.  190.  28 


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360 


Umsdum. 


arbeHen  ganz  imabliiloglg  von  einander;  der  Richtkanonier  ist  wesent- 
lieb  eoHiatot)  die  Bedienang  yereiniacht  and  beechleanigt.  Während 
bei  eiDem  Gceebttts  obne  diese  fiinrichtaiig  zur  Änderung  der  Schals- 
weile ent  der  AnftatE  oder  der  Richtbog:en  anf  die  befohleDe  Ent- 
femimg  angestellt  und  dann  dem  Rohr  die  Erhöhung  gegeben  wird, 
bis  die  ViaierUnie  das  Ziel  trifft  oder  die  Libelle  einspielt,  ist  bei 
einem  Gesefattts  mit  nnabbängiger  Visierlinie  nur  die  Drebmig  einer 
Ewbd  nötig,  bis  eine  ZeigermarlEe  mit  der  befohlenen  £rbObnng 
absehnddel. 

Die  Kmppsebe  Fabrik  hat  das  Problem  der  imabbiiDgigen 
Visieriinie  aal  eine  sehr  ein&che  Weise  geltfst;  die  iänriebtiuig 
sefaeint  sehr  solide  and  baltbar  und  bedingt  nnr  dn  Hehrgewiebt 
▼on  12  Kflogramm.  R. 


Die  PolTerladong  der  Oescbtttse  befindet  sich  bekanntlieb  in 
einem  Beotel  ans  Seidentacb  and  wird  entweder  direkt  oder  nach- 
dem sie  in  eber  Messinglittlse  befestigt  ist,  in  das  Gesebttlsrohr  ein- 
gesetet.  Dieses  Seidentnch  verbrennt  nicht  immer  roUständig;  die 
im  Gesebttts  eorttekbleibenden  naehsebwelenden  Zeogreste  kOnnen 
zn  ernsten  UngltteksfiUlen  Yeranlassong  geben,  wenn  die  nlehste^ 
Ladung  eingesetet  wird.  Befindet  sich  das  Polver  in  einer  Hessing- 
hülse,  80  können  die  Zengieste  Ladehemmangen  hervorrofen. 

Uro  diese  Obelstfinde  zu  beseitigen,  fertigen  die  Vereinigten 
KOb-Bottwetler  Pdvedbbiiken  neuerdings  „ Pol verge webe ^  an, 
das  znm  Ersatz  des  Seideatnebes  dienen  soll.  Das  raoobsehwaebe 
Sebielspalyer  bestebt  bekanntlieh  ans  Sobielswolle,  die  dnreb  ein 
liOsnngsmittel  (Essigätber,  Nitroglyzerin  ete.)  in  eine  gallertartige 
Bfasse  verwandelt  wird.  Diese  Masse  wird  darok  aofterordeatlieb 
feine  KapillairObren  geprebt,  wodnrob  Fäden  von  der  Stirke  eines 
sebr  dOnnen  Haares  enteteken,  die  gesponnen  und  dann  gewebt 
werden.  Das  Pnlvergewebe  wird  in  zwei  Stftrken  für  kldne  and 
grolse  Ladungen  liergestellt;  es  bat  eine  gelbweilse  Farbe  und  be- 
sitzt einen  sehr  sebOnen  seidenartigen  Glans.  Die  Kartnsohbeutel 
werden  mit  Garn  ans  Pulyerfilden  genidit  und  mit  Pnlverseknur  zn- 
gebunden.  So  ist  niekt  nnr  das  y9llige  Verbrennen  des  Kartnseh- 
bentels  gewährleistet,  sondern  es  sind  ancb  die  sogenannten  „Naeh- 
brenner^  ausgeschlossen,  die  entstdien,  wenn  die  Flamme  des  Zttnd- 
mlttels  den  Boden  der  Kartosohe  nicht  sofort  dnrobsefalägt.  Ein 
YOrzeitiges  Öffnen  des  Verseblussee  bat  dann  sehen  oft  sekwere 
Uniälle  kerbefgefnbrt.  —  Die  staiken  Ladungen,  die  ans  greisen 
Würfeln  oder  aoch  aus  Makaroai-Pulver  besteken,  bedürfen  einer 
am  Boden  der  Kartosebe  lagernden  «Beiladung*'  ans  SekwaizpulTer, 


Unsehao. 


weil  diese  PulTenorteo  scliwer  entEttndlieh  sind.  Die  Beiladang 
kftDD  foitAD  aa§  Polvergewebe  hergestellt  werdeo;  dadnxoh  wird 
nieht  nur  die  Anfertigaiig  der  Kutosehffli  vereiofoebl»  sondern  es 
werden  anch  manche  Mingel,  die  das  Sehwazzpolver  besitzt  (Ranob- 
entwiekelnng,  Empfindlidikejfc  gegen  NSsse)  bcädtigt 

Das  PnlTergewebe  besitet  efaie  Haltbarkdt»  die  der  des  Seiden- 
tnchs  nabesteht,  was  dnxeh  ausgedehnte  RttttelTersnche,  die  das 
Fahren  anf  sehieehtem  Pflaster  ersetsen,  dargetan  baben.  Es  ist 
Yridefstandsfiüiig  gegen  den  Elnflnlb  sehr  hoher  Temperaturen  nnd 
der  Feaebtigkett;  in  ballistischer  Hinsieht  hat  es  dnrebaiiB  befriedigt;, 
nstllrlieh  mala  das  Gewicht  des  Beotels  anf  die  Ladsng  in  An- 
reebnnng  gebracht  werden.  R. 

Öftterreloh-UngariL 
Den  Delegationen  ist  eine  vom  Retchskriegsministeriom  vertafste  Heeres  Ver- 
25  Seiten  zählende  Broehttre  Übergeben  worden»  in  welcher  nameotlich  ^'^^'«»g- 
AbsefanitI  X  von  Interesse  ist  Er  handelt  Ton  Zentrali  si  er  an  g 
and  Desentralisiernng  in  derHeeresrerwaltang.  Aof  dem  Kriegs- 
minister  lastet  eine  sweükche  Veiantwortang,  die  militttrische,  die 
stete  Bereitschaft  der  Armee  und  Vorbereitong  an!  den  Krieg 
berührende,  nnd  die  finansieile,  die  Innebaltang  der  fttr  die  Wehr- 
kraft ausgeworfenen  Kredite  betreffend,  letztere  sorgfaltige  Über- 
waohang  and  Kontrolle  notwendig  machend.  Etatsttbersebreitn&gen 
mofs  rechtseitig  entgegengetreten  werden,  bei  einem  Verwaltnngs- 
kOrper,  wie  ihn  das  Heer  darstellt,  ist  es  schon  an  und  filr  sieh  keine 
leichte  Aufgabe,  besonders  schwierig  aber  bei  der  aof  dem  Gnmdsatx 
des  Doalismas  ausbauten  staatsrechtliehen  Organisation  der 
llonarchie.  Eine  Reihe  von  Resolntionen  der  Delegationen  zwingen 
den  Kriegsminister,  beide  Staaten  der  Monarchie  in  dem  VerlilUtQiB 
an  dem  Verbranch  der  Geldmittel  fttr  das  Heer  teilnehmen  m  lassen, 
in  welchem  sie  zd  diesen  Mitteln  bessteuem.  Das  ist  aber  nur 
möglich,  wenn  die  Verwaltung  des  Heeresvoranseblags  in  der  Hand 
des  Reiehskriegsministers  xentralisiert  ist  Eine  Dezentralisation 
ianerbalb  der  Grenzen  des  centralisterten  Gesamtheeresverwaltang 
ist  aber  doch  eingettthrt^  in  dem  die  Armeekorps  bezw.  Divisionen 
einen  eigenen  Verwaltnngsapparat  schon  im  Frieden  besitzen  nnd 
die  Armee-Oberkommandos  bei  der  Mobilmachnng  einen  solchen 
erhalten.  Diese  Dezentralisation  wird  bedingt  dorcb  Stellong  und 
Aufgaben  der  höheren  Führer  im  Kriege.  Die  grolse  Verantwortung, 
die  ihm  obliegt,  wird  der  Armee-Oberkommandierende  nur  dann 
Obemehmen  k&nnen,  wenn  er  in  sehiett  Entschlüssen  unabhängig  von 

•iS» 


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862 


ümsohan. 


lähmendcD  äulseren  Einflüssen  ist.  Operationen  and  Verpflegung 
und  Nachschub  stehen  aber  in  innigen  Wechselbeziebangen.  Der 
Armee- Oberkommandierende  mub  daher  die  militärische  and  die 
adininistraÜYe  Spitze  bilden.  Im  engeren  Sinne  |rilt  dirs  <iaoh  für 
die  Armeekorps  und  die  Divisionen,  der  Grundsatz  findet  daher  auch 
in  der  Orgranisation  der  Armee  Ausdruck.  Die  Vorbereitung  mnls 
aber  im  Frieden  erfolgen,  die  Organisation  der  Heeresverwaltang  mals 
alBO  schon  im  Frieden  derjenigen  im  Kriege  möglichst  entsprechen. 

I>«  i  Kne<<s  Feldmarschall  Leutnant  von  Pitreicb  hat  mit  seinen  Erörtemngen 
"In' deT  *  *°        österreichischen  Delegation  im  Heere  «rrfilsere  Zustimmung 

lU'legation.  gefundct),  als  in  der  politischen  Pres^se.  Die  Mittel,  die  er  fUr  die 
Wehrkraft  des  Reiches  beansprucht,  sind  bescheiden,  für  1904  in 
Heeres-  and  Marinebudget  467.3  Millionen  Kronen.  Seine  Aus- 
führungen in  politisch-staatsrechtlicher  Beziehung  haben  sieh  durcbau;« 
gedeckt  mit  denjenigen  des  österreichischen  Ministerpräsidenten. 
Seine  £rkiänuigen  im  Budgetausschufs  der  österreichischen  Delegation 
waren  dnrchans  sachlich,  den  Standponkt  der  obemtcn  Heeresleitung 
in  den  wichtigen  Fragen  genau  präzisierend.  Der  die  Verantwortung 
fUr  die  Kriegsbrauohbarkeit  der  Wehrkraft  tragende  Kriegsminister  hat 
die  Notwendigkeit  prrundsätzlieher  Einheit  der  Armee  deutlich  hervor- 
gehoben, die  Unzulänglichkeit  des  Rekrutenkontingents  tritt  ins  rechte 
Licht,  betont}  dafs  alle  gesetzgebenden  l^aktoren  die  V^erantwortung 
dafür  tragen,  wenn  die  Kriegsrttstnng  im  Kampf  in  Sein  oder  Nicht- 
sein der  Nation  sieb  als  nnznlänglich  erweist.  Der  Delegation  blieb 
kein  Zweifel,  dals  eine  Daner  der  heutigen  Zustände  aueh  auf  die 
Armee  schädifrend  einwirken  muls.  Auch  in  der  Sprachenfrage  hat 
Feldmarschall  Leutniuit  vou  Pitreicb  seinen  Standpunkt  nachdrücklich 
yertreten.  Kommando-  und  Dienstsprache  einheitlich  als  absolute 
Notwendigkeit  hinstellend,  von  der  Rop:imentsspracfae  sie  trennend, 
ein  Ktttteln  an  der  Stellung  des  obersten  Kriegsherrn,  wie  es  von 
gewisser  Seite  versacht  wird,  mit  scfaarfeu  Worten  abweisend, 
an  Deak  und  Audrassy  erinnernd,  die  bei  Festeilung  der  Ausgleichs- 
gesetze  den  Fortbestand  der  Monarchie  nnversehrt  gewahrt  wissen 
wollten,  da  der  Zufall  preisgegeben  würde,  wenn  mehrere  Dienst* 
sprachen  das  Heer  in  mehrere  Heere  zerlegten.  Die  Kon«eB8aonen, 
welche  die  Heeresleitung  den  Schreiern  jenseits  der  Leitha  zu  machen 
im  Begrifi'e  steht,  sind  trotzdem  weitgehend  genug  nnd  die  Forderung 
des  Reichskriegsraiuister.s  nach  grundsät/liciier  Erhaltung  der  Ge- 
roeinsamkeit und  Einheitlichkeit  des  k.  und  k.  Heeres  kommt  Ungarn 
zudem  mehr  zngnte  als  Österreich,  das  bei  gleichen  Antwendungen  ftlr 
das  Heer  immer  noch  Ororsmaeht  bleibt,  während  Ungarn,  bei  gleichem 
Budget,  zu  einem  Staate  H.  Ranges  militärisch  herabsänke.  18. 


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353 


s 


n 

Maansebafteu  Soll* 

„  Budget- 


Stärke 


1903/04 

1904/05 

14  198 

13  974 

18  788 

13  923 

266  800 

265  901 

204  502 

20?  162 

1 1  555 

1 1  564 

8  648 

^<  541 

40  152 

40  351 

86  656 

86  916 

Olfixierpferde  Soll-  i 
Budget-  ) 

Troppeoplerde  boll-      |  . 

Budget.  \  ^^^^ 

In  der  Budp*etstHrkf'  finden  wir  also  185  Offiziere.  "ifiGO  Mann 
mehr,  ! 94  Oflfi/ierplerde  \veni*:rr,  tiagegen  350  Truppeupferde  mehr, 
oiü  Beweis  dafür,  dafs  der  Minister  bestrebt  ist,  die  Durcbsehnitts- 
iststärke  zu  hebeu.  lo  die  Durehsrhnittsstärke  sind  die  ÜbaogSUlge 
«ier  Leute  des  Bearlaubteastaudes  nicht  eingerecbuet. 


Italien. 

Der  dem  Parlameat  vorgelegte  Voranschlag  fUr  das  Kriegsbnilget  K)  ie^>- 
1904/05  weist,  einsohliefelioli  35  119000  Lire  fttr  PenaioneD,  den  be-  ^^Ulf^^ 
kannten  koneoiidierteo  Betrag  von  275  Millionen  anl,  wie  wir 
uoob  (s.  a)  bei  der  Marine  das  sog.  konsolidierte  Bndget  wieder- 
finden werden.  Von  den  Bet^geu  des  Kriegsbndgets  entfallen 
223  881  000  auf  das  Ordinariom,  16  Millionen  auf  das  Bztraordinariam. 
Die  eigentliche  Ausgabe  für  das  Heer  sinkt  aber  —  nach  Absng 
von  66  894154  Lire  flGir  rein  fignrative  Ausj^abeo,  Carabiuinieri, 
nationale  Scbielsvereine,  anf  190  115  842  im  Ordinariuni.  16  Millionen 
im  Extraordinariom,  zusammen  203 118  842  Lire.  Beachtenswert 
sind^  anlser  den  unten  ycrgleichsweise  7m  gebenden  Posten  im  Ordt- 
uariam,  400  Hanptlente  der  Infanterie  Uber  den  Etat,  dagegen  260 
auf  Spezialwartegeld  beurlaubt,  sowie  654  Vakanzen  bei  den  Snb> 
altemofiizieren,  eine  Lttcke,  die,  wie  wir  unten  sehen  werden,  zu  be« 
«onderen  Mafsnahmen  veranlalst.  Bei  den  Pensionen  finden  wir  eine 
Steigerang  um  50000  Lire,  bei  den  Zulagen  nach  6  in  demselben 
Dienstgrade  verbrachten  Jahren  ein  Mehr  von  200  00<)  Lire.  An 
liCnften  des  Beurlaubtenstandes  sollen  auf  im  Durchschnitt  20  Tage 
60  000  (früher  meist  89  000)  einbeordert  werden,  eine  Herabsetzung 
der  Zahl  der  Übenden,  welche  die  in  der  italienischen  Presse  er- 
ifchienene,  ireilieh  noch  nicht  offiziell  bestätigte  Nachricht  als  nicht 
unwahrscheinlich  betrachten  läfst,  dafs  Armee-Manöver  im  Umlang 
der  vorigjährigen  nicht,  wohl  aber  die  gewöhnlichen  Feldnmnöver 
tattiinden  werden  und  man  bei  den  Alpentruppen,  nnter  Heran- 
/iehang  auch  von  Einheiten  des  Landsturmes,  grtflsere  Manöver  in 
Gruppen  abhalten  wird.  Soll-  und  Bodgetstärke  stellen  sieh  1903/04 
zu  1904/05  wie  folgt: 

Offiziere  Soll-      i  ^  , 
Bndget-  \  ""^'^^ 


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854 


Umschaa. 


Im  Eztraordiaaxiam  Intereidert  besonders  die  Znweisan^ 
fflr  neues  FeldartilleriematerUl  mit  13  HiUiotieD.  Da  1900/01 
8,  1901/02  9,9,  1902/03  9,5,  1908/04  5,5  MilUoiien  verbraaebt  sbd, 
1904/05  18  MUüoDen  angeseilt  sind,  so  bleiben  Air  das  lettte  Jabr 
des  Sexemdnms  noeb  14,1  ron  den  dureb  Oesets  vom  5.  Mai  1901 
bewilli^n  60  Millionen  fbr  nenes  FeldartUleriemateiial  flbrif. 
Die  Karte  von  Italien  ist  iertig,  die  Oberscbttsse  and  die  letale  Be- 
willigung fUr  dieselben  sollen  mr  Anfbessening  des  Pferdestandes 
bei  der  Feldartiilerie  verwendet  werden.  Von  Interesse  änd  die  An- 
gaben Uber  die  Verftolsernngen  von  veralteten  Waffen,  sowie  von 
fidcalisebem  Gelfinde.  Bis  zum  15.  Oktober  190S  waren  eingenommen 
1  245  000  Lire,  davon  98000  Lire  filr  WalSen.  Der  Betrag  wurde 
den  Kapiteln  52  nnd  53,  Kflstenverteidignngsanlagen  nnd  Spenforfe, 
zugewiesen.  Für  die  Jahre  1908/04  and  1904/05  reobnet  man  mit 
einem  Ertrag  von  6  Milliooen  für  in  verkaufendes  Gelünde,  der  Er- 
trag des  Verkaufs  in  Waffen  Üllst  sieb  niebt  bestimmt  voranssehen. 
Mit  dem  Finanzjahr  1905/06  schliefst  die  Periode,  fUr  welche  eine 
Binigaug  auf  ein  konsolidiertes  Bnd^t  erfolgt  war.  Die  im  Budget- 
voraosehlag  1904/05  erfolgte  Steigeroog  der  Iststürke  an  Leuten 
und  Pferden  beweist  deutlieh,  dafs  der  Kriegsminister  hier  niebt  die 
Betrüge  Oir  Erhöhung  der  Bezttge  der  Subaltemoffiziere  und  die 
Mobifanaehungsgelder  für  Afrika  sparen  will. 
Garoii^on-  Glomale  MlUtarc  gibt  eine  Verfügung  des  Kriegsminlsteis  be- 
wechüel.  kannt,  naeh  weleher  1904  Gamisonweehsel  von  Infantertebrigaden 
und  Bersagliere-Regimentem  nberhaupt  niefat,  bei  der  Kavallerie 
nur  bei  2  Begimentem  stattfinden.  Esereito  Italiano  hebt  besonders 
hervor,  daCs  darin  nicht  ein  entscheidender  Schritt  auf  dem  Wege 
des  bedrksweisen  Ersatzes  mit  festen  Garnisonen  zu  erblicken  sei. 
Dienst.  In  den  letzten  Tagen  des  Dezember  1908  hat  der  Kriegsminister 
ler^  Eulitz-  ^^"^  autserordentlich  wichtige  Verfügung  betreffend  die  Dienstleistungen 
(Reserve-!  der  Ersatz-  (unserer  Reserve)  Offiziere  erlassen  und  ist  diesellM  in 
Offiziere,  den  letateu  Personalverftndemngen  schon  zum  Teil  zum  Ausdruck 
gekommen.  Bedingt  wird  die  Neuerung  gegenüber  den  ttblich  ge- 
wordenen Verhältnissen  durch  den  Mangel  an  Snbaltenoffizieren  bei 
der  Infanterie,  dann  aber  aneb  durch  Rücksicht  auf  die  Verbältuisse 
bei  der  Mobilmaehung.  Nach  dem  Gesetz  vom  25.  Januar  1888, 
b^reffend  die  Dieustverpfilcbtnng  der  Offiziere  des  Beurlaubtenstandes, 
hat  der  Kriegsminister  die  Befugnis,  die  Ersatzoi&ziere  bis  zur  Ab- 
leistung der  vollen  Verpflichtung  der  I.  Kategorie  unter  den  Waffen 
zu  behalten.  Von  dieser  Befngnis  Ist  bis  jetzt  so  gut  wie  kein  Ge- 
brauch gemacht  worden,  um  die  betreffenden  Offiziere  ihrem  bürger- 
lichen Beruf  nicht  zulange  zu  entziehen,  dann  aber  auch,  solange 


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UmseftM. 


355 


der  Oflizieretat  voll  war,  aus  flnauzieller  Rücksicht.  Im  Prinzip 
betrug  die  Dauer  der  ersten  Übung  nach  der  Ernennung  6  Monate, 
in  der  Praxis  3.  Heute  veranlalRt  das  Manko  an  Subaiternoffizieren 
der  Infanterie  die  Kticksicht  auf  die  Schulung  der  Truppen  nnd  die 
Notwendigkeit  gntgeschulter  Cadres  für  die  Mobilmachung  zur  Aus- 
dehnung (ier  Dienstleistungen  nach  der  Ernennung,  tlir  diejenigen 
Erhatzolti/iere,  die  ans  den  Offizieraspirauten-Lehrgängen  hervor- 
gehen. Das  Handschreiben  vom  19.  Dezember  hat  daher  für  die 
Zöglinge  der  am  5.  Januar  1904  beginnejideu  Kur^e  der  Oitizier- 
aspiranten  Lehrgänge  bestimmt,  dafs  diejpni^^cii  der  Gmonatlichen 
Kurse  mil 2jähriger  Verpflichtung  vom  I.Mai  bis  16.  September  1905, 
d.  h.  7'/^  Monate,  mit  3jähriger  Verpflichtung  vom  1.  Jaunar  bis 
8.  Dezember  1905,  also  12  Monate,  diejei)ii;eu  der  9monatlichen 
Kurse  4'/o  bezw.  9  Monate  ihre  erste  Dienstleistung  nach  der  Er- 
nennung absolvieren  sollen.  Diese  Anordnung  deckt  das  Manko  an 
Subalternoftizieren  in  der  Auf^bildung  der  Truppen,  gibt  der  Lauf- 
bahn der  aktiven  Snbalternofliziere  ei!ii;re  Schiebung,  führt  Erspar- 
nisse herbei,  indem  (ier  Etat  die  Subalternoftizierf  nieht  das  ganze 
Jahr  voll  erhalten  wird,  entspricht  den  Forderungen  der  Organisation 
der  miibileu  Stndtkriiftf,  die  in  einem  bedeutenden  Prozentsatz  mit 
Oiiiziereü  des  Beuriaubteustande.s  rechntii  iiiuf;>;  endlich  hat  sie  für 
die  mobile  Verwendung,  den  Vorteil,  Offiziere,  die  als  solche  7,9 
und  12  Monate  im  Frieden  >rf  dient  nnd  zweifellos  erfahrener  sind 
als  die.  ^^  eiche  nur  30  Taire  gedient,  zur  Verfügung  m  st(  llen.  Die 
Zögiiiif:»-  der  Offizier! ehrgäuge  von  1903  sollen  eine  erste  Ofüzier- 
dienstlt  istung  von  4'^,  Monaten  absolvieren.  Der  Krieiisminister 
bleibt  mit  seiner  Anordnung  völlig  im  gesetzlichen  Rahmen  und  be- 
ansprucht nicht  einmal  die  volle  Zeit  die  er  verlangen  dürfte. 

Nach  einer  oltiziellen  Publikation  des  Kriegsministers  setzt  sich  T't'er  nach 
das  Beer  am  1.  Januar  1904  nach  Jahrgängen  wie  folgt  zusammen:  'in^^f.^fn? 
Aktive  Armee  und  ihre  Reserve:  Jahrgänge  1883  bis  1875,  bei  15K)4. 
Kavallerie  auch  1874.    Landwehr:  Jahrgänge  1874 — 1871  L  und 
II.  Kategorie.    Landsturm:  1870— 1865  1.  und  Ii.  Kuteuorie,  durch- 
weg ausgebildet,  aulserdem  direkt  der  III.  Kategorie,  damit  dem 
Landsturm  Ubervtiesen  Jahrgänge  1883 — 1865,  nur  als  grofaes  Ersatz- 
Keservoir  zu  betrachten. 

Ein   Erlafs  des  Kriegsministers  bringt,  im  Einvernehmen   mit  l'^rsatz, 

"  Dienst>v6iv 
dem    Minister    des    Aufsern,    folgende    neue    Bestimmungen    fUr  pfiichtun^r. 

Ersatz,   Beförderung,   Dienstverpflichtung   der   italienischen  OffiziereBetörderung 

nnd  Mannschaften  der  Truppen  in  der  Kolonie  Eritrea.    Der  Ersatz 

un  Offizieren  erfolgt  durch  freiwillig  sich  Meidende,  oder  durch 

solche^  die  durch  Befehl  entsendet  werden.    Auf  ihre  Meldung 


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356 


Umschwi. 


hin  entseudete  Offiziere  sollen  im  allgemeinen  4  Jahre  in  der  KoloDie 
bleiben,  die  ohne  freiwilli^;e  Meldung  euteeudeten  2  Jabre.  Sie 
können  nicht  wieder  entsendet  werden,  wenn  sie  nicht  vorher  be- 
fördert oder  4  Jahre  in  Italien  «reblieben  sind.  Die  Offiziere  der 
eingeborenen  Eskadron  werden  aus  der  Kavallerie  entiiomnien.  Die 
italienischen  Mannschaften  der  Truppen  in  der  Kolonie  ergänzen 
sich  1)  aus  Freiwilligen,  die  im  aktiven  Dienst  stehen,  2)  aas  Frei- 
willigen 1.  KaUj,'orie  des  Benrlaubtenstiuides,  3)  aus  Leuten,  die  in 
der  Kolonie  wohnen  und  uiu  Einstellung  in  die  Truppen  bitten,  4) 
auch  aus  ohne  freiwillige  Meldung  aus  den  aktiven  italienischen 
1  ruppen  Gewählten,  die  aber  mindestens  noch  18  Monate  zu  dienen 
haben.  Die  aus  dem  Beurlaubt*  n-liindi  (tewählten  mtlssen  mindestens 
12  31ünate  gedient  haben,  noch  nicht  länger  als  4  Jahre  verab- 
schiedet sein,  gute  Führung  autweisen,  ledig  und  tropendienstfähig 
!-ein  nnd  sich  ftlr  die  Waffe  eignen,  zo  der  sie  sich  melden.  Von 
(ien  aktiv  dienenden  Leuten  können  sich  alle  diejenigen  der  kora- 
itattanten  Waffen  und  Dieustzweige  melden,  ausnenuinineu  Zöglinge 
der  ^eiiitanten-  und  Offizierlehrkurse.  Freiwillig  sich  meldende  Leute 
übernehmen  die  Verpflichtung,  3  Jahre  in  der  Kolonie  zu  dienen, 
wenn  sie  den  Karabininierie,  2  Jahre  wenn  sie  den  andern  Waffen 
augehören.  Di«.-  Dienstzeit  rechnet  vom  1.  des  Monats  ab,  der  der 
Abreise  von  Neapel  folgt.  Die  Dauer  des  .Vufenthalts  der  zwaui^s- 
weise  in  die  Kolonie  entsendeten  Leute  bleiben  maximal  dort.  2 
.fahre,  wenn  sie  nicht  weiter  auf  2  Jährt'  kapituiieren  bis  uuixinml 
/Ann  3i'y.  Lebensjahre  bei  Unierol'tii^ieren,  B2.  bei  Korporalen  uiul 
fiemeinen,  Italiener,  die  eingeboreut  u  i  orraationeu  zu^'eteUt  werden. 
i:rh(  ii  mit  dem  Monat  eiue  neue  2jährij^e  Verpflichtung  ein.  Die 
Leiürderungen  zu  Luteroftiisiereu  erfolgen  im  Auftrag  des  Kriegs- 
ministers durch  den  Kommandeur  der  Truppen  in  der  Kolonie,  die- 
jenigen zu  Korporalen  durch  den  Kommandeur  der  selbständigen 
Einheiten.  Offiziere  des  Beuriaubtenstaudes  oder  verabschiedete,  die 
iu  dii  Kolonie  wohnen,  werden  dem  dortigen  Tiuppenkorps  zuge- 
rechnet, sie  müssen  auch  Einbeuiüerungen  Folge  leisten.  Dasselbe 
gilt  für  Leute  des  Beurlaubteustandes,  die  in  der  Kolonie  wohnen. 
Für  eingeborene  Leute,  die  in  dem  Truppenkorps  gedient,  erläJOst 
das  Kommando  der  Truppen  entsprechende  Bestimmungen. 
Utiorut-  Durch  jetzt  bekannt  gegebenes  Dekret  vom  i;>.  Dezember  H)OH 

prUfun^'n.  Abänderung   ii(  s  Keglements  lür   die  Beförderung  im  Heere 

besuninit  worden,  dais  die  Ilaupileute  der  kombattanten  Waffen,  die 
mit  Erfolg  die  Kriegsschule  (unsere  Knrpsakademie)  absolviert  haben. 
Ein  königliches  Dekret  %oui  21.  Januar  hebt  die  Bestimmungen  vom 
Jabre  1902  auf,  nach  welchen  llaaptleute  und  Majors,  die  in  den 


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UmeohAti. 


857 


höbeni  DieDstgrad  beföideit  werdeo  soUten,  die  Eignoog  zum  Kegi- 
mentskommandeor  haben  mnssten  von  der  Ablegnng  der  EigonngB- 
pfttfaDg  inm  Major  befreit  sein  sollen. 

Im  Kriegsmioisteriam  tat  jüngst  ein  Bnrean  znr  Orientiernng  Abteilung 
der  Presse  ttber  milititrisohe  Fragen  gesebaffen  worden.  Presse! 

Unter  lieitnng  der  Transportabteilnng  des  Generalstabs  finden  Eisenbahn- 
i-om  14.  Februar  ab  Ekenbahnstationskurse  statt,  zn  denen  Haupt-statlonakurst- 
iente  und  Snbalternoffiziere  der  kombattanten  Waflen  kommandiert 
werden.  Von  den  mnd  50  Tagen  der  Kurse  fallen  10  anf  den 
tbeoretlsobeo  Teil,  40  auf  den  praktischen  Teil.  Letsterer  wickelt 
sieb  in  8  Gruppen  anf  Stationen  mit  den  Zentren  Turio,  Bologna, 
Neapel  ab. 

Infolge  der  Altersgrenze  scheiden  aas  dem  Heere  1904  ans    aik  is 
1   Generalleutnant,  1  Genezalmiyor  und  40  Oberste.  Die  letzt-  ^^'"^"^ 
genannte  Zahl  geht  Uber  die  normale  weit  binans.   Vom  1.  Jannar 
bis  81.  Dezember  1903  haben  424  Unteroffiziere  definitiv,  80  provi- 
sorisch  eine  ZlTilsteUang  erhalten,  Summe  604.   Am  1.  Januar  1904 
warteten  1648  Unteroffiziere  anf  Versorgung,  davon  788  beuriaobt. 

Eine  Verordanng  des  Marine-Ministers  bestimmt,  dals  die  Kriegs-  Marine, 
scbifl'e  in  Zukunft  einen  granschwafzen  Anstrich  erhalten  sollen. 
Das  Marinebudget  1904/05  weist  im  ganzen  genau  dieselbe 
ZiffSer  auf,  wie  1908/04,  nftmlicb,  abgesehen  tod  Giroteilen  nnd 
Kapitalbewegnng,  rund  121  Millionen,  das  Ordinarium  ist  aber  mit 
115  946  367  nm  406  843  JLÄre  höher,  als  das  YOijährige,  das  Extra- 
ordmarinm  nm  dieselbe  Ziflü&r  niedriger.  Fttr  Indienststel langen 
erscheinen  6  070  000  Lire,  mit  denen  im  Mittelmeer  24,  im  atianti- 
sehen  Ozean  3,  im  Boten  Meer  6,  in  der  Levaute  2,  aulserdem  B 
Schnlscbifi^e  in  Dienst  gehalten  werden  sollen.  Das  Equipagenkorps 
soll  rnnd  25000  Mann  aufweisen,  davon  18  229  an  Bord.  Der 
Gesamtwert  des  Flottenmaterials  wird  am  1.  Januar  1904  mit 
550  926  277  Lire  angegeben.  Von  der  Flottenliste  sollen  gestric  hen 
werden  4  Torpedoboote  III.  Klasse,  der  alte  Panzer  Fonnidabile 
nnd  das  Transportschifl  Washington.  Für  Sebiffbersatzban  sind 
21,2  Millionen  ausgeworfen.   Sie  finden  \erwendung  tUr: 

1.  Ausrüstung  des  kleinereu  Liniensohifies  Francesco  Ferroecio,. 
Venedig. 

2.  Bau  und  Ausrüstung  der  Linienscbifl'e  Vittorio  fimaouele,  Regina 
Elena,  Roma,  Napoli,  alle  desselben  Typs. 

3.  Bau  eines  weiteren  Lmienschiffes  Typ  Vittorio  Emanuele  in 

Castellamare. 

4.  Bau  und  Ausrüstung  des  Unterseebootes  Glaoco,  von  2  anderen 
schon  für  1908/04  beschlossen,  sowie  2  neu  hinzutretenden. 


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858 


ÜmMdiaii. 


5.  Bau  und  Aturttataiig  toh  2  KohlenteDdern  bei  Orlando  io 
Livorno. 

6.  Aasrtistaiig  von  2  Torpedoboot^jSgeni  ZeMro  und  Espero  bei 
PattiBOD  und  im  Arseoftl  tod  Neapel. 

7.  Baa  und  AnsrlletQng  ron  8  Torpedobooteo  I.  KlaBse,  die  sehoD 
fttr  1903/04  yorg:eseheD  waren  und  tod  6  wdteren,  zDsaBimeD 
14,  die  jetzt  die  Beaeiehoui^  a — n  tragen. 

8.  Bau  and  Aoerttatang  TOn  2  ZiatcrncnsLhiöen  za  80  Tons,  2 
Laganenkanonenbooten,  sowie  Yon  Uiilsacbiffeii. 

Dorcb  Dekret  Tom  24.  Desember  1908  eind  im  Etat  der  Marine- 
Intendantur  folgende  Yeründenrngeu  eingetreten:  Intendanten  IL 
Klasse  21  statt  24,  Intendantanttte  L  Klasse  120  statt  107,  IL  Klasse 
100  statt  107,  Intendantor^Assessoren  16  statt  28. 

1». 

Frankreicli. 

Hethst-  Etwas  verspätet  bat  der  Kriegsmioister  ein  Dekret  vom  16.  De- 
»bungea.  jj^iuber  1903  bekannt  gegeben,  das  sich  anf  die  Herbstübungen 
1904  be2.ieht.  Io  diesem  Jahre  werden  in  2  verschiedenen  Gegenden 
Prankreichs,  im  Osten  and  im  Nordwesten,  Armee-Manöver  statt» 
finden,  die  Hin*  nnd  Rttckmaiseh  11  Tage  dauern.  An  den  Armee- 
Manövern  im  Osten  nehmen  das  7.  (Besan^on)  and  8.  Korps  (Bonigea) 
teil.  Geleitet  werden  diese  Manöver  durch  den  Vizepräsidenten  des 
oberen  Kriegsrats  Brugdre.  Za  den  Manövern  werden  herangesogea 
die  7.  und  8.  Kavali^edivision,  ferner  eine  Marscbdivision  nnter 
Fttbmng  des  Kommandears  der  1.  Rolonialdivlsiou,  zusammengesetzt 
aos  der  5.  Kolonialbrigade  nnd  einer  Marsobbrigade  aus  den  in 
Frankreich  vorhandenen  4  Zcavcnbataillonen  nnd  dem  26.  Jäger* 
bataillon,  die  Artillerie  dieser  Division,  die  voraussichtlich  dem  8. 
Korps  zugeteilt  wird,  da  das  7.  schon  im  Frieden  3  Divisionen  be- 
setzt, wird  von  einem  Regiment  der  19.  Brigade  geliefert.  Die 
Artillerie  der  beiden  Korps  wird  durch  je  2  Abteilungen  von  anderen 
Brigaden  anf  normale  Stärke  ^^ehracbt  Die  Armee -Manöver  im 
Nordosten  werden  von  General  Hagron,  Ifitglied  des  oberen  Kriegs- 
rats, geleitet.  Beteiligt  sind  an  demselben  das  8.  Korps  (Hoaen) 
und  4b  Korps  (le  Mans).  die  1.  Kavalleriedivision,  sowie  zur  Ver- 
stitrkung  der  Artillerie  aaf  normalen  Stand  je  2  Abteilnngeu  von 
anderen  Brigaden.  Brigademanöver  in  der  Dauer  von  12  Tagen, 
Hin-  und  Rttckmarseb  eingerecbnet,  finden  bei  6  Korps,  Divisions* 
manöver  in  der  Dauer  von  14  Ttigen,  Hin-  und  Kttckmarseh  einge- 
rechnet, bei  8  Korps  und  der  4.  Division  des  2.  Korps  statt.  Die 
8.  Division  des  2.  Korps  nimmt  nicht  an  den  Manövern  teil,  sie 


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Umseh«!. 


359 


ttbt  im  Lager  \on  Cb&lons  nnd  scheiut  bestimmt,  in  genüsebten 
grOfserD  Verbäudeu  neue  Grundsätze  ftlr  Kampfesfühm&g  und  ver- 
äoderfte  KamptesformeD  im  Sintie  des  Geralstabserlasses  vom  De- 
zember 1902  auszaproben.  Die  Maa^Ter  der  10.  Division  finden 
bereits  im  August  statt  and  nehmen  an  ihnen  die  Zöglinge  Ton 
St.  Cyr  teil.  Die  Infanterie-fiegimenter  nehmen  an  den  Mantf?em 
mit  4  Bataillonen  teil,  aasgenommen  diejenigen,  bei  denen  anob 
niokt  eine  Kompap^ttif  der  4.  Bataillone  besteht,  ein  4.  Bataillon  ans 
PnriB,  die  Bataillone  des  6^  7.,  20.  Korps,  die  in  Grenzbefestigangen, 
die  Regioalbrigade  Ton  Lyon,  die  4.  Bataillone  des  14.  und  16. 
Korps.  Die  Jägerbataillnnf'  nehmen  an  den  ManOTOm  ihrer  Korps 
teil,  3  Alpenbataillone  des  14.,  2  des  lö.  werden  sn  den  Manöveni 
herangezogen.  Von  Übnngslagern  weiden  Sissonne  vom  1.  and 
2.,  Chalons  vom  6.  Korps  nnd  der  3.  Division,  Mailly  vom  20.  Korps 
and  der  9.  Division,  OoStqaidan  Tom  10.  und  11.  Korps,  La  Courtine 
▼om  12.  and  13.  Korps,  Larzae  Tom  16.  Korps  bennt/t.  Bei  der 
Kayall^e  sind  Ton  Sonder  Übungen  vorgesehen:  lltägige,  Ma- 
növer der  vereinigten  2.  nnd  3.  Kavalleriedinsion  unter  Leitung  des 
Präsidenten  des  technischen  Kavallerie-Komitees,  SonderUbungen  der 
3.,  5.  und  0.  Kavalleriedivision  von  9  Ta^'en  Dauer,  endlich  Stägige 
Evolutionen  der  Korps-Kavallerie-Bri|raflen  der  Korps,  die  nicht  an 
Armee-Manövern  beteiligt  sind.  FUr  die  besonderen  Manöver  in  den 
Alpen,  Yogesen,  in  Algerien  und  Tunesien  ergehen  noch  Weisungen 
des  Kriegsministers.  Die  Kolonialtruppeu,  aasgenommen  die  an 
Armee-Manövern  beteiligte  ö.  Brijrade,  nehmen  an  den  Manövern 
der  Armeekorps  teil,  in  deren  Bereich  sie  stehen,  die  Kosten  werden 
vom  Budget  der  Kolonialtruppen  getragen. 

Durch  Dekret  vom  10.  Dezember  ist  in  Indochina  ein  Kemonte-Kavallene  in 
reiterzug  aus  Eingeborenen  geschaffen  worden,  das  Kadrepersonal 
wird  der  französischen  Kavallerie  entnommen,  der  Ersatz  an  Kemonte- 
reitern  erfolgt  aus  der  Eskadron  fUr  Indochina  and  aus  eingeborenen 
Fahrern  der  Artillerie.  Der  Zug  zählt  1  Offizier,  9  Unteroffiziere 
nnd  Professionisten  an  Franzosen,  49 — 76  Eingeborene.  Gleichzeitig 
wird  definitiv  eine  Kavallerie-Eskadron  ftlr  Indochina  errichtet  an 
Stelle  der  1809  durch  Dekret  des  Oeneralgonverneurs  ans  Einge- 
borenen provisorisch  gresehaffeneii,  deren  Kosten  anlserdem  im  Kolonial- 
hudget  schon  erscheinen.  Das  fraozösifichp  Personal  dieser  Eska- 
dron wird  der  heimischen  Kavallerie  entnoinnieii  und  zwar  durch 
den  Kriegsniinister  auf  zifrenna(sif,^es  Ansuchen  des  Kolouialministers. 
Die  Kirjgeborenen  werden  ausgehoben,  bezw.  treten  freiwillifr  ein, 
können  auch  kapitulieren.  Die  Unitorm  ist  diejenig:e  der  Seneijai- 
bpabis,  die  Bewaflnung  besteht  ans  Säbel  und  Karabiner,  die  Pferde 


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a60 


UmBobav. 


werden  im  Lande  selbst  angekauft.  Der  Etat  der  Eskadron  ist  zu- 
nächst auf  4  Offiziere,  15  Unteroffiziere  und  Professionisten  an  Fran- 
zosen, 13  eingeborene  Unteroffiziere,  80 — 1^0  Maoa  £iD^eborene, 

115 — 126  Pferde  festgesetzt. 

Ann..}- Au-         Der  Armee-Ausschols  der  Kammer,  der  seine  Beschlüsse  be- 
!  "^a.h"v'  zUglich  des  Gesetzes  Uber  die  zweijährige  Dienstzeit,  jetzt  einer 

Dieii'itsieiT.  Kevision  unter/ieht  und  bei  der  Beratung  des  Januar  seine 
Fassnnfr  der  ersten  20  Artikel  unverändert  jrelassen  bat.  falste  am 
21.  Januar  bezüglich  der  Dienstzeit  der  Alirerier  und  Tunesier  nach 
Anhiirnnjr  der  alp:eriselien  Deputierten  einen  von  den  \'orscliiajren  des 
Senats  und  auch  st'iueni  eigenen  ursprünglichen  Text  wesentlich  ab- 
weichenden Beschluls.  nämlich  den  Status  (|U0  beizubehalten,  also 
imr  ein  Jahr  aktiver  Dienstzeit  zu  verlangen,  das  in  Frankreich  ab- 
geleistet werden  soll.  Um  aber  zu  vermeiden,  dais  Franzosen  m 
grolser  Zahl  nach  Algerien  -  Tunesien  dicht  vor  der  Aushebung 
auswandern,  um  der  kürzeren  Dienstzeit  teilhaft  zu  werden  und  dann 
nach  Frankrcieh  zurllckzukehren,  ist  hestininit  worden,  dais  die  Leute 
bis  zu  ihrem  Übertritt  in  die  Landwehr  in  Algerien  •  Tunesien 
wohnen  müssen,  sich  ohne  Erlaubnis  nicht  über  (iO  Tage  aus  dem 
Gebiet  entfernen  dürfen  und  auch  kürzere  Ab>\esenheit  den  militäri- 
schen Behörden  melden  sollen.  Der  am  28.  Dezember  lOö:^  von 
dem  früheren  Minister  T^anessau  eingp!>rachte  Gesetzentwarf,  der  dahin 
zielt,  durch  Änderung  des  Hekrutierungsgesetzes  von  1889  nacii  und 
nach  zu  einer  1  Smonatiichcn  aktiven  Dienstzeit  zu  gelangen,  ist 
vom  Armeeaussehnfs  mit  sehr  geringer  B^'geisterung  anfirenommen 
worden.  Das  ist  auch  begreiflich,  da  er  in  letzter  Linie  zu  einer 
steten  Vermehrung  d^^r  Leute  der  Hilfsdienste,  also  der  bedingt  Taug- 
lichen käme,  in  'ier  Sitznn«!  von»  16.  Januar  hat  der  Armee- 
Aussehnfs  in  voller  rhereiiistimmuiig  mit  dem  Kriegsminister  auch 
die  Frage  der  reforuaert*  n  Wehrs  teuer  entschieden  und  die  ge- 
fafsten  Beschlüsse  hätten  auch  für  unsere  Verhältnisse  Wert.  Die 
Wehrsteuor  soll  o  Jahre  entrichtet  werden  und  zwar  2  Jahre  fUr 
die  aktive  Dit^nstzeit  und  1  Jahr  für  die  sonst  im  Beuriaubtt  ii>t;nide 
za  leistenden  Dienstübangeu.  Um  der  W<  hrstruer  den  m<'lir  persön- 
lichen Charakter  zu  nehmen,  soll  sie  '^■>'^/,i  der  Staatssteuer  lit-tragen^ 
so  /war.  dnh  Einkoromen  unfer  200  Fr«,  von  jeder  Zahlung  der 
se  lben  befreit  i)bil)eu.  Anf  diese  Weise  kann  man  von  der  Ein- 
richtung einen  ansehnlichen  Ertrag  erwarten. 

I'    fanrer-        Wie  aus  den  Beratungen  des  bewilligten  Knegsbudgets  für  1904 
l..it;ullon.  hervorgeht,  bat  man  dem  Kriegsminist«  i  (iic  geforderten  Beträge  für 
HadfahnTtruppen   nur   unter  der   Bedingung   bewilligt,   dais  keine 
neuen  Kompagnien  geschaffen  werden,  bis  mau  grtlndliebe  Versache 


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Umsebau.  3G1 

mit  eiiieiit  Radfahrer  Bataillou  angestellt.  General  AihIfh  wird  des- 
halb dt'innäehst  aus  den  verschiedenen  Jäirerbjitaillonen  zu^eteiUer 
Kadlahrerkompagnien  ein  Hataillun  füiiuiereii.  Et»  handelt  sich  be- 
dem  Versuch  nirlit  um  um  Fragen  der  Organisation,  sondern  auch 
vor  allem  der  Verwendung  im  hiuue  einer  beritteneu  Infanterie,  in 
Oflfensive  ond  Defensive.  Aafklärun«rsdienst.  Rückhalt  für  ka\allprie 
im  Sinne  der  bekannten  hclirift  des  Kapitän  (icrard.  Fachzeitschriften 
weisen  dabei  darauf  hin.  dals  ein  Kadfahrerbataillon  ebensoviel  Ge- 
wehre ins  Feuer  brinsre.  als  eine  ganze  Kavalleriedivision,  im  weiteren 
Sicheruugsdienst  den  (lesner  aufhalte,  zu  vor/eitiger  EntwiekeluiiL^ 
veranlassen,  die  eijjene  Marschkolonne  dabei  vor  Einsicht  lier  feind- 
lichen Kavallerie  schützen  könne,  ein  unentbehrliches  Instrument  der 
KriegftlhniniT  nach  heutigen  ürnndsUtzen  darstellen. 

Der  Kiiegsminister  hatte  bestimmt,  dals  in  die  BeturiicrunL'-s-  ^ 
Vorschlagslisten  fUr  1904  nnr  soviel  Offiziere  jedes  Dienstirradrs Y^J^"* 
aufgenommen  werden  sollen,  als  in  18  Monaten  unter  norinais  u 
V^erhältnissen  befordert  werden  kiiuncn.  Die  Fachpresse  findet 
auch  diese  Zahl  noch  zu  hoch,  will  den  Bedarf  nur  für  15  Monate 
unter  norrnah»n  Verhältnissen  angesetzt  sehen  und  liriu^rt  zum  Be- 
weise die  Beförderungslisten  und  Beförderungen  von  lUUo.  Mit  den 
Beförderungen  der  letzten  Tage  des  Dezeml)er  sinkt  die  Betorderungs- 
liste  für  lüOH  in  die  Vergessenheit  und  es  ist  zweifelhaft,  ob  alle, 
die  auf  derselben  gestanden,  aber  noch  nicht  befordert  wurden,  sich 
auf  derjenigen  für  11)04  wiederfinden.  1903  stellt  sich  das  Ver- 
hältnis der  zur  Bcfördernni:-  NOrgeschlagenen  zu  den  wirklich  Be- 
[ijrflertrn  hei  der  Infanterie:  Oberstleutnaiit-s  81  :  32,  Majors  105  :  52, 
Hauptleute  150  :  Sl,  Leutnants  211  :  122.  Kavallerie:  Oberstleutnants 
28  :  20.  Majors  87  :  24.  Rittmeister  54  :  34.  Artillerie:  Oberst- 
leutiiaiiü.  ;?0  :  25.  Majors  47  :  27.  1  i  uij  tleute  4f;  ;  28.  Genie:  Oberst- 
leutnants 12  :  s.  Majors  18  :  9.  liaupllrute  29  :  8.  An  die  Alters- 
grenze gelangen  1904  LS  Divisionsirenerale  (darunter  noch  Lauglois. 
ßoipdetlre.  Negrier).  12  Brigade-Generale  der  Heimalarmee.  1  Divisionsi- 
general  der  Kolonial! ruppen. 

Ein  Offizier  des  ."s7.  Infanterie-iu  ;:i]nents  hat  einen  neuen  Tor-  Neuer 
nister  konstruit-n,  dw  aus  2  von  einander  uiiabhiindgen  Teile  be-  Torni-ter. 
stehend,  von  denen  der  eine  auf  den  Sehultrrblätteru.  der  andere  in 
der  Taille  aufliegt.  Der  dir  Brust  nicht  einschnürende  Tornister 
wiegt  1.5  kg  weniger,  als  der  bisherige.  Der  obere  Teil  enthält 
Wäsche  und  Sclmhi.  der  untere  2  eiserne  Portionen.  Wenn  be- 
sondere .Vnstrengungcn  bevorstehen,  kann  man  den  oberen  Teil  auf 
Wagen  fidgen  la.>sen.  der  Mann  trägt  dann  nur  Patronen  und  eiserne 
Portionen  bei  sich  und  hat  den  oberen  Teil  des  Rückens  ganz  frei. 


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362 


UmscbAQ. 


Der  neoe  Toruister  biudert  Übrigens  in  keiner  Wdse  das  Schiefsen 
im  Liegen. 

mlfrf****  Die  Vorschrift  vom  Jl.  November  1908,  betreffend  die  Übungen 
sihiersen.  Beurlaubtenstandes,  hat  eine  crgäilzeDde  Erklärong  des  Kriegs- 
ministers dabin  erfahren,  dafs  die  Reservisten  der  Truppen,  die 
gefeebtsmälsige  Schiefsen  abhalten,  ohne  daso  Eisenbahntransport  m 
bedürfen,  bezw.  derjenigen,  die  ihre  gefeehtsmiisigen  Abteilungs- 
schieisen  wäbieod  der  Märsche  zu  den  ManOvern,  bezw.  auf  deo 
Manöverfeldem  abhalten,  an  diesen  Schiefsen  teilnehmen.  In  diesem 
Falle  werden  die  Kosten  der  Teilnahme  der  ReaenristeD  ans  don 
Manöveifonds  besahli 
Reisekosten.  Den  Leuten  im  aktiTen  Dienst,  die  verbdratet,  oder  Witwer 
mit  Kindern  sind  ond  auf  üuren  Antrag  aas  entfernteren  Garnisonen 
in  die  Nttbe  ihrer  Familien  versetzt  werden,  sollen  in  Znkanft,  naeb 
einer  Verfügung  des  Kriegsministers,  Reisekosten  zustehen. 
Küluiiiiii-  Durch  Dekret  vom  39.  Feliraar  1908,  gezelebnet  vom  Kriegs- 
trappen,  Kolonialminister,  sind  die  Bezttge  der  Offiziere  und  Uannsohaften 
in  den  Kolonien  niebt  nnwesoitiieb  gelindert  worden.  Die  Genefalitftt 
bOfst  dabei  ein  (DiTbtonsgeneral  37  800  Frs.  gegen  42  642,  Brigade* 
general  25  200  statt  26  800),  alle  Übrigen  Dienstgrade  gewinnen. 
Die  Obersten  kommen  yon  12700  anf  16  300,  die  ObersHentnants 
von  10000  ant  18  000,  die  Minors  von  9000  anf  11000^  die  Hanpt- 
lente  von  6000  anf  10000  naeb  zwölfjähriger  nnd  anf  9000  nach 
aob^ähriger  Zeit  im  Dienstgrade,  Leutnants  von  4900  anf  5400.  Die 
Adjntants  steigen  von  2,89  anf  4,18  Frs.,  Feldwebel  1,40  anf 
2,05  Frs.  tiigHeh.  Fttr  alle  Dienstgrade  ist  die  Besoldung  derjenigen, 
welohe  bisher  allein  die  Kolonialartillerie  bezog,  gleichgestellt  worden. 
Die  Lente  der  Kolonialartillerie  erhalten  jetzt  niekt  mehr,  als  die- 
jenigen der  Infanterie.  Im  ganzen  bringen  die  Neuerungen  dem 
Kolonialbndget  Ersparnisse. 

Dnreh  Dekret  vom  80.  Dezember  sind  einige  wichtige  Ände- 
mngen  in  dem  Dekret  vom  28.  Dezember  1900  betreftend  die  Ab- 
lösungen der  in  die  Kolonie  entsendeten  OfBsiere  ond  Leute  einge- 
treten. Die  AblOsnngen  sollen  von  jetzt  ab  automatiseh  erfolgen, 
so  zwar,  dafa  auf  Grundlage  der  nach  dem  Budget  znllssigen  Ist- 
stlfrke  Offiziere  nnd  Mannsebaften  in  bestimmter  Zahl  zu  derselbeu 
Zeit  abgehen,  wie  vorher  diejenige,  die  sie  ablOsen  sollen.  Hau 
bat  dabei  den  Vorteil,  die  Kadres  in  den  Koltmien  vollzählig  zu 
erhalten  und  femer,  dals  jeder  Offizier  nnd  Unteroffizier  genau  weüs, 
zu  welcher  Zeit  er  entsendet  wird  nnd  darauf  sieh  vorbereiten  kann. 
Die  sechsmonatlieben  Urlaube  nach  Bttekkebr  aus  der  Kolonie  bleiben, 
der  bisher  während  dieser  Zeit  gewährte  Sold  naeb  dem  Satz  fttr  die 


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Umschau. 


363 


Kolonien  soll  aber  fortfallen.  Bei  Offiderea  und  Unteroffifieren,  die 
länger  als  Torgescbrieben  in  der  Kolonie  bleiben  wollen,  soll  eine 
äntildie  UnterraohoDg  stattfinden.  Jede  einem  Ofliiier  gestattete 
VerlXngening  des  Verbleibeip  in  einer  Kolonie  ist  spätestens 
2  Honale  Tor  seiner  sonstigen  Bttekkebr  naeh  Frankreieb  im  „Jounai 
Offieiel**  bekapntzQgeben.  der  AbteUong  Kolonialtrappen  im 
Kriegsminislerinm  sind  Listen  aller  Offiziere  aller  Waffen  naeb  Dienst- 
grsden  gdrennt  fttr  den  Tnmus  der  Entsendungen  in  die  Kolonien 
sn  ftbren.  Diese  Listen  weiden  im  «Jonmal  Offieiel"  bekannt  ge- 
geben.  Die  Daner  des  Anfentbslts»  ebne  Hin*  nnd  Rttekfabrl^  die 
die  Offiziere  in  den  Kolonien  verbringen  mttssen,  beträgt  fttr  Indien, 
Martiniqae,  Gnadeloope,  Böonion,  Nen-Caledonien  3  Jabre,  Indoebina, 
Madagaskar,  Gnyane,  CSomoren  2  Jahre,  ebenso  Senegal  nnd  Somali- 
käste,  Westafrika,  Sudan,  Elfenbeinkttste,  Dahomey,  Kongo  20  Monate. 
Offiziere,  die  naeb  dem  Gntacbten  von  2  Militärärzten  vorttbergebend 
nieht  in  die  Kolonien  entsendbar  sind,  können  dnrcb  den  Kriegs- 
minister Anfbeknb  Ton  8  Monaten  erhalten,  aber  höchstens  4X3 
Monate,  wobd  stets  wieder  ein  ärztliebes  Ontaebten  nötig  ist  — 
Fttr  die  Unteroffiziere  bestehen  gldehfalls  KommandierroUen,  an  deren 
Spitze  die  nen  beförderten  oder  zn  den  Kolonialtrappen  über- 
getretenen Unteroffizieren  eingeschrieben  werden,  die  noch  niebt  in  den 
Kolonien  gedient  haben.  Das  erste  Verbleiben  in  den  Kolonien  für 
die  Unteroffiziere  ist  festgesetzt,  wie  folgt: 

Indien,  Martiniqae,  Gnadalonpe,  Bennien,  Nen-Caledonien  4  Jabre, 
Indoehina,  Madagaskar  3  Jabre,  Gayane,  Senegal  30  Monate,  Somali- 
käste,  Comoren  2  Jabre^  in  den  Übrigen  Kolonien  20  Monate.  Ver- 
la ngernng  des  Aufenthalts  nnd  Znlässigkeit  ron  seehsmonatliehen  Ur- 
lauber, wie  bei  den  Offizieren,  ebenso  Anfsehub  ans  gesundheltliehen 
Rtteksiehten.  Fttr  die  Entsendung  von  Korporalen  und  Gemeinen 
bestehen  ebenfalls  Listen,  auf  welche  alle  diejenigen  erseheinen,  die 
21  Jahre  alt  sind  und  mindestens  6  Monate  aktiv  dienen.  IHe 
Reihenfolge  der  Eintragungen  ist  die  folgende:  dreyäbrig  FreiwiUige^ 
vor  dem  dienstpflichtigen  Alter  Eingetretene^  Freiwillige,  die  vom 
Landheere  zur  Kolonialarmee  ttbergetreten,  Leute,  die  sich  freiwillig 
auf  4  oder  5  Jahre  ▼erpfliebten,  Kapitulanten,  die  noch  nicht  in 
den  Kolonien  gedient,  en^eb  Kapitulanten,  die  sehen  in  den  Kolonien 
waren.  Bezttglieb  der  Dauer  des  ersten  Aufenthalts  in  den  Kolonien 
gilt  das  bei  den  Unteroffizieren  Gesagte« 

Ziemlich  dicht  vor  der  Jahreswende  hat  ein  Berliner  Blatt  die  Di»  Frage 
Ansieht  ausgesprochen,  mit  Annahme  der  zweQähiigen  ^^^>^'^>^^^beim mobilen 
gebe  Frankreich  den  Wettkampf  auf  milittrisohem  Gebiete  ^fl^ösi-^^ 
mit  uns  endgültig  auf.  Dalb  dies  in  bezog  an!  Bewaffnung  nichtseben  Heere. 


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364 


Umielum. 


der  FaU  ist,  braacht  nicht  erst  bewiesen  zu  werden.  Aber  ancb  in 
beza^  auf  Zahl  fttr  das  mobile  Heer  lätst  sieh  der  Fehlschlnfs  des 
Berliner  Blattes  naebweisen  and  das  Ist  nm  so  nötiger,  als,  onwider- 
8|iroeheo  seine  Behanptnng  im  Reiohstage  bei  Einbringung  einer 
nenen  MilitttrTorlage  TleUeieht  za  einer  Plattform  für  die  gnindsätiliehe 
Opposition  werden  konnte.  ZonHehst  darf  niebt  tlbexsehen  werden, 
dais  ancb  in  dem  Tom  Armee^Anssebnls  der  Kammer  angenommeneu 
Text,  wie  hier  in  den  einanderfolgenden  Beriebten  siffermälsig  naefa- 
gewiesen  worden,  HaTsnahmen  enthalten  sind,  die  ein  Sinken  der 
bisherigen  DnrohsehnittBstSrke  aneh  bei  nor  2  Rekmtenkontingenten 
entgegenwirken,  2.  dafe  die  Erklftmog  des  Kriegsministers  im  Armee- 
aosschnfs,  er  wolle  nieht  baohstttblioh  auf  den  575  000  Hann  der 
beatigen  Sollstärke  bestehen,  Sehwanknngen  trilten  ja  schon  in  den 
einzelnen  Rekmtenkontingenten  ein,  —  dorobaos  nicht  sagen  will,  man 
werde  eine  Herabsetsnng  der  Sollstärke  nm  Zehntansend  dulden, 
was  ja  ancb  schon  ohne  Änderung  des  Kadregesetses,  die  bisher 
nicht  beabsichtigt  ist,  onmOglich  wäre,  3.  die  210  000  Mann  Darob- 
schnitt  des  KekrntenkontiogentB,  die  General  Andrö  seinen  Berech* 
nongen  zugrunde  legte,  nicht  die  Freiwilligen  um&ssen,  4.  was  Heimat- 
und  Kolonlaltmppen  in  Frankreich  angeht,  man  dort  sehr  viel  mehr 
Leute  unter  den  Waffen  hält,  als  wir,  5.  während  wir  mit  7  Jahr- 
gängen In  aktivem  Heer  und  Keserre  rechnen,  Frankreich  in  dengleicheii 
Kategorien  13  —  nach  Annehmen  der  zweijährigen  Dienstzeit  2  im 
aktiven  Heere,  11  in  der  Reserre  verlangt,  sein  mobiles  Heer  t. 
Linie  also  ans  13  Jahrgängen  zusammensetzt  Wo  Ist  da  end- 
gültiger Verzicht  auf  den  Wettkampf  auf  militärischem  Gebiete?  Auch 
bezllglich  der  Unteroffiziere  in  Deutschland  und  Frankreich,  haut  das 
Berliner  Blatt  stark  daneben.  Die  kapitulierenden  Unteroffiziere, 
die  nach  ihneu  bei  zweijähriger  Dienstzeit  das  Ausbildnngspersonal  aus- 
machen sollen,  steigen  auf  rund  43000,  wenn  man  das  vierte  Viertel 
des  Unterofliziersollstandes  hluzurechnet,  dann  aber  beginnt  der  Dienst- 
grad des  „Unteroffiziers^  iu  Frankreich  erst  mit  dem  Sergeanten 
uud  weist  die  grolsc  Ziffer  von  Korporalen  und  Brigadiers,  die 
nach  dem  Bericht  Herion  Uber  das  Gesamtbudget  1904,  auf  27  000 
steigen  sollen,  als  unsere  jungen  Unteroffiziere  an  Dienstalter  und 
dienstlicher  Erfahrung  gleichwertig  betrachtet  werden.  Wir  sehen  von 
den  Gemeinkapitulanten,  die  nach  dem  Seuatetext  auf  16  000  kommen 
würden,  ganz  ab,  obwohl  ja  anch  sie  Uber  die  gesetzmälsige  Dienst- 
zeit hinaus  unter  den  Waffen  bleiben  und  unsere  Kapitulanten,  dem 
sie  an  Zahl  ttberiegen,  gleich  gerechnet  werden  mOsseu.  Von  nur 
35  000  Köpfen  Ausbildnngspersonal  In  gleichem  Werte  wie  unsere 
Unteroffiziere  kann  also  nicht  die  Rede  sein,  sondern  nur  Unter- 


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UaseUtt. 


865 


offi/iere,   Korporale  und  Brigadien  gereelwet}  ron  mindestens 

60  OOO. 

Die  Mafsnahmc  des  Mariiieniinister.s,  die  Beniannang  an  Bord  Mariae. 
niedrig:  zu  halten,  hat  bei  der  beabsichtigten  Entsendung-  des  Kreuzers 
Sully  nach  Ostasien  eine  ziemlich  drastische  Illustration  gefanden. 
Am  15.  Dezember  fehlten  an  der  normal  617  Köpfe  betracrenden 
Bemaonong  des  Sully  nicht  weniger  als  25(»  Köpfe.  In  den 
Matrosendepots  war  nur  sehr  wenig  mehr  (i:'iO  Mann)  zusammen  zu 
rafle?j,  man  mufste  auf  die  Schiffe  des  Mittelmeergeschw  aders  zurück- 
greifen, um  Sully  rechtzeitig  zu  komplettieren.  Bei  dem  ge- 
naiiuten  Kreuzer  spielten  sich  Übrigens  auch  noch  andere  Dinge  ab, 
die  nicht  ohne  Interesse  sind.  Schon  vor  längerer  Zeit,  einigen 
Monaten,  war  dem  Marineministerinm  dienstlich  gemeldet  worden, 
dafs  eine  Schraube  des  Sully  nicht  zuverlässig  brauchbar  sei.  Darauf 
war  nichts  erfolgt.  Als  nun  Sully  fUr  die  Entsendung  nach  Ostasien 
bestimmt  wurde,  trat  eiue  technische  Kommission  unter  Cnntreadrairal 
Raovel  zusammen  und  diese  erklärte,  dafs  sie  die  Verantwortung  für 
die  Entsendung  des  Kreuzers  bei  dem  gegenwärtigen  Zustand  der 
Schraube  nicht  Übernehmen  könne.  Pelletan  beauftragte  nun  einen 
Marineiiigenienr  mit  der  Begutachtung  des  Sully,  dessen  Kom- 
mandant übrigens  seines  Postens  enthoben  wurde.  Das  Ergebnis 
war.  dal's  man  das  SchitY  auf  die  Heede  schleppte  und  für  die  Ent- 
sendung bereit  machte.  Wie  diese  verlaufen  wird,  bleibt  abzuwarten. 

in  Verwaltung  und  Zahlungswesen  fUr  die  Mannschaften  an 
Bord  hat  ein  Rundschreiben  des  Marineministers  beachtenswerte 
Vereinfacluiugen  eingeführt.  Soweit  die  bisherigen  Nachrichten 
übersehen  lassen,  hat  mau  in  der  französischen  Marine  den  Verlost 
des  Transportschiffes  Vienne  zu  beklagen. 

Mitte  Jauuar  ist  in  Havre  das  zweite  von  den  drei  Torpedobooten  Neues 
abirelaufen.  für  welche  1901  Kontrakte  gemacht  worden  waren,  ;s7''Iang.  ^^JJJ^^ 
4,5"  breit,  Maschinen  von  20(X)  indizierte  Pferdekraft  aufweisend, 
soll  das  Boot,  das  Torpedolancier-Kohre  und  awei  37  cm  Sobneli- 
feuerkanonen  trägt,  26  Knoten  Fahrt  erhalten. 

-Am  17.  Dezember  YiHVA  ist  in  Toulondie  Patrie.  das  zweite  Linien-  $t»peU»iif. 
schitf  des  Typs  Kepublique,  abgelaufen.  14  8()")  Tons  Deplacement, 
17475  indiezierte  Pferdekraft  aufweisend,  soll  das  Schiff  18  Knoten 
laufen.  Ks  trägt  ^ie^  ."^Ü,.")  em  Kanonen,  achtzehn  16,4  cm.  zwei- 
undzwanzig 47  cm  Sclinellfeuerkanonen,  zwei  o,7cm  KevolvergeschUt/.e, 
fünf  Turpedolancier-Hobre.  Irgend  eine  Feier,  Taufe  nsw.  tand  beim 
ätapeilauf  nicht  statt. 

Am  IS.  Februar  erreichte  der  Chef  des  Admiralstabes  Contre-AuaBcheiden. 
adniiral  Macquer   die  Altersgrenze  und  soll  dorcb  Contreadmirai 

Jahrblltohtr  fftr  di«  d«atMk«  Anntt  md  Marine.  2f«.  9M.  24 


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366 


Umschau. 


Campion  ersetzt  werden.  Eiu  Teil  der  trauzobiseht  n  Fresse  wirft 
Pelletan  bei  Aofstcllung  der  Beförderung  »listen  gerade/^u  offenkundige 
Verletzung  der  bestehenden  Bestimmungen  des  Beförderungsgesetzes 
zum  Vorteil  von  Giiustlingeu  vor. 

Über  ein  neuen  Spreno:stoflf.  das  üe.sii,  Uber  Heactivii'ung  in  die 
jyReform"  versetzter  Offiziere  durch  Dekret,  Verstärkungen  des  Ge- 
schwaders im  fernen  Osten  und  die  Koiooialtruppen  in  Indochina  im 
nächsten  Bericht  18. 

Die  letzte  Zeit  hat  infolge  Eneiehang  der  Altersgrenze  wieder 
Vei^derungen  unter  den  kommandierenden  Creneralen  gebraeht  und 
stehen  noch  weitere  bevor.    Am  letzten  Tage  des  vergangenen 
Jahres  mnlste  der  Kommandierende  des  V.  Armeekorps,  Divisions- 
General  Farny  zur  2.  Sektion  der  Generalität  übertreten.  Sein 
Armeekorps  in  Orleans  hat  Divisions-General  Millet  tlbernommen, 
der  1848  geboren,  IStil  bei  der  Infanterie  eingetreten  ist.  Er 
war  8.  Z.  Infanterie-Direktor  im  Kriegsministerium.    Am  27.  Januar 
1904  mußste  der  kommandierende  General  in  Bordeaux  PouIi6au, 
der  der  Kavallerie  angehörte,  ausscheiden.    Sein  Nachfolger  wurde 
Divisions-General    Lelorrain,    der   1841    im    Maas- Departement 
geboren  ist.    Er  trat  1860  bei  der  Infanterie  ein  und  machte  mit 
seinem  Regiment  (87.  der  Linie)  mehrere  Expeditionen  in  Algerien 
mit.    18G7  war  er  mit  dein  Ref?iment  im  Kirehcustaat,   nahm  aber 
nicht  am  Gefecht  von  Mentuna  teil,  da  sein  Kcgiment  Civita-Vecchia 
zu  decken  hatte.    Beim  Ausbruch   des   Krieges   1870  sollte  sein 
Regiment  erst  zur  .\rmee  von  Mac  Mahou,  erhielt  dann  aber  Befehl 
zur  Besatzung  von  Strafsburg  zu  stolsen.   dessen  Verteidigunp:  im 
Regiment  eine  Hauptstütze  erhielt,    l^elorrain  hat  hier  an  verschiedenen 
Ausfällen  und  an  der  Verteidig:uug  der  Angriftsfront  teil  genonnnen. 
wo  die  Breschen  gelegt  waren.    Nach  der  Uberg-abe  wurde  er  in 
Rastatt  interniert.   17  Jahre  hindurch  bat  er  dem  87.  Regiment  an- 
gehört.    In   der  späteren   Laufbahn  finden  wir  ihn   im  Grolsen 
Generalstab,  als  Regiments-Kommandant  in  Compiegne,  als  Hri;;ade- 
Komniandant  in  V  erduu.    In  St.  Mihiel  befehligte  er  die  40.  Infanterie- 
Division  des  Vi.  Korps.    Das  XV III.  Korps  hat  er  am  29.  Januar 
übernommen. 

In  diesem  Monat  (27.  Febr.)  scheidet  noch  der  kommandierende 
General  des  IV.  Korps  in  Lemans,  Divisionsiieneral  Lal lernen t 
ans.  Als  seinen  Nachtblger  nennt  man  einen  noch  sehr  jungen  und 
ungemein  schneidiiren  Kavallerie-General  Oudard,  der  aus  der 
Infanterie  hervorgegangen  ist    Kaum   56  Jahr  alt,  wird  er  noch 


UmsohM.  367 

j  das  Arinet  korj)»  hinaus  geiangeu.    Zurzeit  hat  er  die  Kavallerie- 

DiNii'ion  in  Lyo». 

Eiuer  der  fähigsten  französischen  Kavalleric-Geuerale,  dvv  fUr 
uns  darum  ein  besonderes  Interesse  hat,  als  er  die  2.  KavallfTle- 
Division  in  Lanäville  befehligte,  ist  kürzlich  bei  einem  Kraykiaits- 
Urlaob  nach  Lausanne  unerwartet  mit  dem  Tode  abgegangen.  Ks 
war  der  61jährige  DiTisions-Getieral  de  Benoist.  Welches  An- 
sehens und  welcher  Liebe  er  sich  erfreute,  zeigte  sich  bei  seiner 
Beisetzung:  in  Lnnt'ville,  wo  u.  a.  seiue  l)('iden  höchsten  Vorgesct/.ten, 
der  konimajiiliHrende  General  Michal  und  der  betreffende  Armee- 
Inspekteur  General  Donop  in  länj^eren  Ansprachen  ihm  die  letzten 
Ehren  verwiesen,  ein  schöner  Gehrauch,  den  wir  nicht  haben.  Nach 
Luneville  werden  immer  die  besten  Kavallerie-Generale  gesandt,  als 
dem  am  weitesten  gegen  die  deutsche  Grenze  vorj^escholx'nen 
Poßten,  es  ist  dies  noch  eine  Reminiszenz  aus  der  Zeit  des  gespannten 
Verhältnisses  zwischen  den  beiden  Nachbarstaaten. 

Eine  eigentümliche  militärische  l'bunir  hut  kürzlich  an  der 
frati/ösivch-bei^isehen  Grenze  stattgefunden.  In  i  i ankreieh  bestehen 
im  Anirnnengebiet  Gesell scliaften  für  militärische  Ausbildung 
(Societes  d'instruction  militaire).  Diejenigen  zwischen  Sedan  und 
Givet  haben  Versuche  in  der  Giiü/.-Vrrteidi^iung  gegen  einen  mar- 
kierten Feind  gemacht,  der  durch  Belgien  kuinniend  durch  das  Ar- 
deuiienloch  (Tronic  desArdennes)  in  Frankreicli  einzudringen  versucht. 
Die  .\ufgal»e  war,  den  t\*ind  auf  der  Grenze,  von  Givet  ab.  zu 
überwachen  und  durch  eine  mobile  Verteidigung  seinen  Marsch 
gegen  Charleville  zu  verzüf^ern,  das  einen  wichtigen  Knotenpunkt 
Ton  Kisenbahnen  bildet.  Die  unter  dem  Namen  ^Ardcuuen-Bataillon*' 
gebildeten  GeselLschaiteu  haben  teil  an  diesen  Manövern  genommen, 
anter  Leitunir  der  „Eclaireurs  de  la  Semoy**  und  der  ,. Kutants  de 
la  Revanche',  Alle  Waldpfarie.  alle  Rergpässe  waren  durch 
Schützen  bewacht.  Die  Versannnluug  wurde  in  Hargnies,  einem 
Dorf  hart  an  der  Grenze,  bewirkt.  Es  ist  das  erstemal,  dals  diese 
Art<  n  von  Übungen  stattgefunden  haben.  Wir  haben  es  hier  mit  einer 
Art  freiwilligen  Landsturms  zu  tun,  Jedenialis  ein  Beweis,  wie  der 
militärische  Geist  in  Frankreich  zugenonmien  hatj  ob  die  Sache 
viel  Nutzen  bringt,  bleibe  dahiugesteilt.  Schott. 

Gro  fb  b  ri  tan  iiien. 
Panzerkrenzer  des  verbesserten  ('ounty-Tvj)s  sind  im  letzten  Stapelläufe. 
Vierteljahre  vom  Stapel  gelaufen.    Die  ;J  Sebifle  waren  im  April  U)(>2 
in  Auftrag  gegeben  und  wurden  am  1.  September,  L  Oktober  und 
27.  August  auf  Stapel  gelegt   Sie  haben  10 700  Tons  Deplacement 

24* 


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3G8  Literatur. 

und  soUeD  mit  Masehinea  von  21000  Pferdekraft  22*/4  Knoten  Fahrt 
erhalten.  Die  Armierang  wird  aoB  zwei  7,5*'  ScbneUfeaergesehOtsen 
in  Barbetten  von  6*'  Panserstärke,  zehn  6**  SchneUfeaergeachtttsenr 
8  Mitrailleneen,  2  Torpedoansstolsroliren  bestehen.  Jedes  Schiff 
kostet  annähernd  17  Millionen  Mark.  Am  8.  Desember  ist  in 
Eiswiek  der  Krenzer  I.  Klasse  Amethyst,  8200  Tons  Deplacement. 
Tnrbinensehiir  mit  9500  indizierter  Pferdekraft,  21,8  Knoten  Fahrt 
abgelaufen.  18. 


Literatur. 


I.  Bücher. 

Lehren  aus  dem  russlseli-tfirkisohen  Kriege  1877/78.  Von  Alfred 
Krauss,  Oberstleutnant  im  K.  und  K.  Generalstabskorps.  1.  Heft. 
Uis  zum  Gefechte  (1.  Schlacht)  bei  Plewna  am  20.  Juli  1877. 
Mit  14  Beilagen.  Wien  1904.  Seidel  k  Sohn.  Mk.  6.-. 
Kine  mustergültige.  kriegs.s:e<;chirhtliche  Studie  liogt  In  der  Arbeit 
des  Oberstleutnant  Kraiiss  vom  k.  u.  k.  Generalstabskorps  vor  uns. 
die  in  vortrefflicher  Weise  zei<?t.  wie  Kriegsgeschichte  an  einer 
höheren  militärisdieii  {iil(iunp:sanstalt  betrieben  werden  niufs.  um  nutz- 
brinjLcend  zu  wirken  und  um  nicht  nur  eine  Sammlung  von  Tatsachen 
zu  bleiben.  Das  Brschemen  des  russischen  Generalstabswerkes  gibt 
dem  Herrn  Vertlftsser  die  Orundlage  IQr  seine  Studien,  die  keine  ^un* 
zeitgemäTse  Kritik"*  treiben,  sondern  nur  die  Lehren  wiedergeben  sollen, 
die  er  aus  den  Ereignissen  zieht.  Seine  Ansichten  bringt  er  Uar  und 
bestimmt  zum  Ausdruck,  er  drückt  sich  nicht  um  ein  Urteil  herum, 
sondern  sagt  mit  dürren  Worten,  was  er  für  richtig  und  was  er  für 
falsch  hält.  Auf  ©ine  Ei-scheinungsform  des  Balkanfeldzuges  sei  be- 
sonders hingewiesen.  Im  deutsch- französisclien  Kriege  forderte  der 
gliickliclie  Feld/.ugsbpginn.  das  ViM-trauen  auf  das  eigene  Können,  die 
Stärke  des  Heercb  auf  dentsrhoi-  Seite  geradezu  zu  emer  iietäligung 
der  Selbsttiitigkeit  auf,  so  dafs  h  rtünier.  rnterlassungen.  ja  selbst  Fehler 
der  Füiuuug  durch  die  Anordnungen  der  ünlertührer  in  ihren  Folgen 
abgeschwächt  oder  ganz  aufgehoben  wurden.  Im  russisch-törkbehen 
Kriege  fehlen  diese  günstigen  Vorbedingungen  aul  beiden  Seiten. 


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Litoratar. 


36» 


Der  russischen  Übt  rmacht  steht  nicht  die  konig'uncnde  Ober* 
legenheit  zur  Seite.  Es  werden  auf  beiden  Seiten  von  Anbeginn  an 
Fehler  gemacht,  deren  FolLren  sich  in  geradezu  drastischer  Weise  ein- 
stellen. Ks  kommen  Unterlassungen  vor,  deren  mögliche  Folgen  durch 
die  Ereisrnisso  so  nahe  irerückf  werden,  dafs  sie  auch  mit  Sicherheit 
erkannl  werden  können,  (icrade  aus  diesen  (iininden  bildet  der  bei 
uns  recht  stiefmütterlich  behandelte  Krieg  ein  solcii  reiches  Feld  des 
Studiums.  Er  predigt  uns  die  Lehre,  daüs  die  Selbsttätigkeit  aller 
Führer  keine  Eigentümlichkeit  dieser  oder  jener  Armee  sei.  sondern 
dafs  es  eine  zarte  Pflanze  ist»  die  nur  unter  ganz  besonders  günstigen. 
Lebensbedingungen  gedeihen  kann.  Wie  wBre  sonst  die  Selbsttätigkeit 
der  französischen  Führer  1869  und  das  Versagen  der  gleichen 
Persönlichkeiten  in  dieser  Richtung  im  deutsch-französischen  Kriege 
zu  erklären?  In  Anlehniinj;^,  aber  doch  auch  in  kritischer  Verwertung 
an<l»'r«'»-  Veröfllentiichun;ren  werden  die  beiderseitigen  iStreitmittel  ge- 
schildert. Recht  interessauL  ist  der  Nachwei*?,  wie  wenig  die  Russen 
die  eigenen  Erfahrungen  aus  früheren  Peldzügen  verwertet  haben. 
Ein  Beweis,  dafs  die  .Menschen  selbst  aus  der  eigenen  Geschichte 
nicht  viel  lernen,  und- dafs  selbst  eigener  Schaden  nicht  immer  klug 
macht  Namentlich  gilt  dieses  für  den  Einmarsch  und  für  die  Kämpfe 
um  die  Donau.  Der  Ftufettbergang  wird  gut  dai^tellt  und  eingehend 
beurteilt  Xun  setzt  die  Eigenart  des  Buches  ein,  indem  in  grofsen 
Zügen,  aber  durchaus  erschöpfend  die  Obergänge  von  Alsen,  Aspern, 
Dettingen  dem  Donauübergange  zur  Seite  gestellt  werden.  Wii*  ver- 
missen nur  eine  Frage,  wfe  ist  der  Übergang  im  grofsen  Armeeverbande 
auszuführen,  wo  Raum  und  Zeit  für  T.'iuschung^en  des  Gegners  fehlen, 
wie  ist  das  Verhalten  des  Angreifers,  wenn  der  erste  i'bergangsv.M  such 
scheitert.  Kann  man  diesen  nicht  nach  Art  eines  abgeschiapu neu  An- 
grifle.s  behandeln,  d.  h.  dafs  man  ihn,  wenn  die  anderen  Bedingungen 
zutreffen,  sofort  oder  in  der  nächsten  Nacht  an  der  gleichen  Stelle 
wiederholt.  Jedenfalls  dürfte  bei  einer  Wiederholung  des  Übergangs- 
versuches an  dieser  Stelle  die  Auftnerksamkeit  des  Feindes  recht 
'gering  sein.  Nicht  ganz  einverstanden  sind  wir,  wenn  der  Herr  Ver- 
fasser sich  für  die  Möglichkeit  eines  FlufsUberganges  am  hellen  Tage 
'ausspricht  Psychologiscfa  lehrreich  sind  die  Vorgänge  bei  Entsendung 
des  Avantgardenkorps  Gurkos  über  dt  n  Balkan,  dem  andere  Gebirgs- 
Übergänge  znr  Seite  gestellt  werden.  Vielleicht  wäre  es  besser  ge- 
wesen, hier  einmal  die  Ausführbarkeit  v<»n  „Raids"  zu  Vx'handeln.  Mit 
Recht  tadelt  der  Herr  Verfasser,  dafs  der  türkische  Führer  im  ^^chipk;ipafs 
seine  Stellung  räumte,  als  er  von  Norden  und  Süden  angegrifl'en  wird. 
Wir  unterschreiben  durchaus,  wenn  der  Herr  Verfasser  sagt:  «Unter- 
kommandanten, welche  auf  solch  wichtige  Punkte  gestellt  werden  — 
und  jede  befestigte  Pafsstralse  ist  eine  wichtige  Position  —  haben 
nicht  die  Aufgabe,  sich  in  strategische  Kombinationen  einsulassen  und 
zu  erwl^en,  ob  die  allgemeine  Lage  ihr  weiteres  Ausharren  nötig  oder 
möglich  macht,  sie  haben  ihren  Posten  zu  halten  bis  zur  Erschöpfung 


^  kjui^uo  i.y  Google 


370 


Litdratur. 


des  letzten  Verleidj^unijüiinUolsl"  Donau  und  Baikan  zeigen»  dafs  die 
mäctiUgsten  natürlichen  Hindernisse  an  sich  relativ  leiclit  zu  fiber- 
winden sind.  Die  Übersetxung  selbst  des  gewaltigsten  Stromes  und 
das  Oberschreiten  des  unwegsamsten  Gebirges  durch  eine  Armee» 
ohne  feindliche  Gegenwirkung,  sind  nur  eine  Frage  der  Zeit  und  der 
Arbeit  Das  einzige  Hindernis,  das  unter  Umständen  nicht  zu  über- 
winden ist,  ist  das  Feuer  des  Verteidigers.  Und  nur  in  der  richtigen 
Verbindung  dos  natürlichen  Hindernisses  mit  dem  Peuer  des  Ver- 
tciHic-"rs.  nur  in  der  Ausnützun^:  des  toten  Hindernisses  durch  die 
lebendige  ivralt  liegt  die  Kraft  des  Vertetdigers  überhaupt.  Die  Türken 
hatten  d«her  nicht  das  Recht,  die  rasclie  ßevviiltigung  der  beiden  Boll- 
werke Ltonau  und  Balkan  als  schwere  Schicksalsschläge  aufzunehmen, 
denn  die  Schuld  lag  nur  in  ihnen.  Auch  der  Türkengott  hilft  nur 
dem,  der  sich  selbst  hilft! 

Auch  den  trefflichen  Bemerkungen  über  die  erste  Schlacht  von 
Plewna,  welche  den  Schlufs  des  vorliegenden  Buches  bildet,  können 
wir  durchaus  beipflichten,  t>ei  dem  ungleichen  Stttrkeverhältnis  be- 
rücksichtigt der  Herr  Verfasser  nur  die  Schlachtanlage  und  nicht  die 
Schlachtdurchfflhrung.  Wir  hoffen,  dafs  recht  bald  ein  2.  Hefl  folgen 
miSgc  Piis  Ruch  dürfte  jedem  hochwillkommen  sein,  der  sich  ein- 
gehend mit  operativen  Fragen  beschäftigen  will.  B. 

Die  Eiitwiekeluiig  der  ätrategisdieu  Wisseiiüeliaft  im  lU.  Jalir- 
kuidnC.  Von  t.  Caemmerer,  Generalleutnant  z.  D.  BerUii 
1904.  Verlag  von  W.  Baensch.  Mk.  8,00. 

Wenngleich  Moltke  von  der  Strategie  sagt,  dafs  man  sie  kaum 
eine  Wissenschaft  nennen  könne,  da  ihre  Lehren  wenig  über  die 
VordersHtze  des  gesunden  Verstandes  gehen,  so  hat  die  Kriegserfahrung 
von  Jahrhunderten,  der  Wechsel  der  Kriegsmittel,  die  Technik  u.  a. 
den  nie  ruhenden  menschlichen  Geist  doch  Immer  wieder  dazu  an- 
geregt, sich  den  Pinl>kmen  der  Kriegführung  zuzuwenden  und  sie 
wissenschaftlich  zu  pt  iifVn.  l  >afs  die  gewaltigen  l^riege  des  19.  Jahr- 
hunderts hier  bestimmend  eingewirkt  haben,  weist  Verf.  in  seiner 
vorliegenden  Schrift  überzeugend  nach. 

Während  in  Frankreich  am  Anfang  des  Jaln  iiunde rls  die  alte 
methodische  Kriegführung,  welche  in  möglichst  unblutiger  ^^'eise  de« 
Feldsug  durch  Manöverieren  su  gewinnen  sachte,  bereits  überwunden 
war  und  man  hier  die  Bntscheidung  durch  Vernichtung  des  Gegners 
eratr^te,  hatte  die  erstere  in  Preufsen  und  Österreich  noch  viele  An- 
hänger. Einen  besonders  unheilvollen  Binfluts  schreibt  Verf.  in  dieser 
Hinsicht  in  Preufsen  dem  genialen  Heinrich  v .  Bülow,  dem  Bruder  des 
Siegers  von  Denncwttz  zu,  welcher  1799  seme  Ansichten  in  einem 
Werk  „Geist  des  neueren  Kriegssystems  usw."  veröffentlichte. 

Für  Österreich  und  weit  über  dessen  Grenzen  hinaus  wurde  lange 
Zeit  Erzherzog  Karl,  der  Siegel-  von  Aspern,  durch  seine  iSchriiten, 
besonders  „Die  Grundsalze  der  Strategie",  inafsgebend,  in  welchen 

I 


Dlgltized  bv  Goor»Io 


Utefttur. 


371 


der  iSchiüsseltheürie  und  der  Hodengestaltung  mit  dem  Anstrich  hoher 
Gelehrsamkeit  eine  übertrieben  hohe,  vielfach  sehr  verderblich  wirkende 
Bedeutung  zugewiesen  war. 

Von  Napoleon  meint  Verf.«  da&  er  eigentlich  gar  keine  Grand- 
eftt2e  ffir  seine  KriegfBhrong  selbst  erfünden,  sondern  dieselben  teils 
den  bei  uns  wenig  bekannten  älteren  Schrlttstellern,  Guibert»  du  Teil 
und  Bourcet,  teils,  von  1805  an,  Jomini  verdanke,  dessen  Schrift 
„tniiti-  dp  gn'»nd<-  trx'tiqiie  usw."  eine  noch  jetzt  in  Kraft  beflndli<*h»» 
W'irks;  tnkcit  orlanfft  und  z.  B.  1866  die  österreichische  Kriegfühi-ung 
mil  ÜL'cmflufst  hat. 

Bei  uns  hat  Chiusewitz.  dessen  Schüler  Moltke  war.  in  seinem 
nachgelassenen  Werk  „Vom  Kriege"  das  Fundament  gelegt,  auf  dem 
weiter  gebaut  wird.  Die  1840  erschienene  scharfsinnige,  aber  ein- 
seitige und  methodische  «Theorie  des  grofeen  Krieges*"  von  Willisen 
konnte  sich  den  geistvollen  und  freien  Lehren  von  Clausewils  gegen- 
über  nicht  behaupten,  xuroal  Willisen  1849  durch  die  Sehlacht  bei 
Idstedt  sein  Ansehen  verlor.  Brst  neuerdings  wird  wieder  ö|(er  auf 
ihn  verwiesen. 

Verfasser  fiiht-r  Willisen  als  warnendes  Beispiel  dafür  an.  wohin 
man  mit  einseitigen  Theorien  kommen  kann.  Derselbe  war  z.H.  ein  .solcher 
»Gegner  jeder  F>etGnsivsclilactu.  dafs  er  bei  Idstedt,  zu  einer  solchen 
gezwungen,  unnötigerweise  den  Rückzug  belahl,  welcher  zur  Vw- 
•flichtung  der  sclileswi^-holsteinschen  Armee  führte. 

Wenn  Clautsewiiz  oft  angegriffen  wird,  weil  er  „die  Verteidigung 
als  die  stärkere  Form  mit  dem  negativen  Zweck,  den  Angriff  als  die  , 
schwächere  Form  mit  dem  positiven  Zweek*  hingestellt  hat,  so  warnt 
Verf.  mit  Recht  vor  einer  falschen  Auffassung  dieses  Salles,  besonders 
aber  auch  davor,  das  Vertrauen  aur  Verteidigung  nicht  su  erschtitteni, 
in  die  gerade  wir  bei  einem  Kriege  nach  mehi*eren  Seiten  leicht  hlnein<« 
gedrängt  werden  könnten.  Dann  mufs  der  Führer  jeden  Ranges  und 
seine  Untergebenen  zu  der  Wirksamkeit  der  Verteidigung  volles  Vor- 
tranen iiaben.  welches  nicht  erschüttert  werden  darf.  Dem  wird  man 
nur  voll  zustimmen  können.  Dasselbe  gilt  aber  auch  umgekehrt  von 
dem  Schlichtrngschen  Kardinalsatz,  den  Verfasser  stets  verteidigt. 
,„dafs  der  frontale  Infanterie-Angrifl"  über  die  Eben«-  jel/i  eine  Un- 
möglichkeit geworden  sei".  Wohin  wOrde  es  fiihi*en,  wenn  die  Übei^ 
Zeugung  von  dieser  Unmöglichkeit  erst  der  Trappe  in  Fleisch  ond 
Blut  Übergegangen  wSre? 

Naehdem  der  Einwirkung  der  Technik  auf  die  Strategie  des 
19.  Jahrhunderts  ein  besonderes  Kapitel  gewidmet  ist,  kommt  Verf. 
zu  der  viclumstrittenen  Frage,  ob  ein  grundsätzlicher  Gegensatz 
zwischen  Moltkescher  und  Xapoleonischer  Strategie  bestehe*.'  Wie 
fi'uher,  so  vertritt  pt  auch  hier  warm  die  Schlichtingsche  Lehre. 

Ein  weiteres  Kapitel  handelt  vom  Ausbau  der  Moltkeschen  Lehr« 
durch  Schlichting, -  wie  er  besondere  in  dessen  ^taktischen  und  strarr  t^t 
sehen  Grundsätzen  der  Gegenwart^  entwickelt  und  ausgeführt,  dunu 


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372 


Literatur. 


aber  auch  im  Exerzier- Re^ement  fOr  'die  Infanterie  sum  Ausdruck 
gekommen  ist. 

Kurz  und  treffend  werden  unsere  bedeutendsten  neueren  Militär^ 
sohriftsteller  v.  Verdy,  v.  Boguslawski,  v.  Scherfi,  v.  d.  Goltz  gewürdigt 

Die  inhaltsreiche  Schrift  des  Generalleutnants  von  Caemmerer  ist 
überaus  klar  und  interessant.   In  der  Fassung  leicht  verständlich  «re- 

schrieben,  wird  sie  nicht  allein  (ion  Fnrhmännern.  sondern  auch  allen, 
welche  sich  lür  militärische  i'r.iu'L'n  im  grofsen,  besonders  die  Krieg- 
führung interessieren,  sehr  willkommen  sein.      v.  Twardowski. 

Die  Festung  iu  der  heutigen  Kriegführung.  Von  Schröter,  Major. 
Mitglied  des  Ingcnieur^Komitees  und  der  Studienkommission  für 
die  MiiitSrtechnische  Akademie.  Zweite  Auflage.  Erste  Abteilung. 
Das  Wesen  des  Festungsbaues.  —  Die  Landbefeetigung.  Mit 

14  Texiskizzen  und  8  Karten  in  Steindruck.    Berlin  1903. 
E.  S.  Mittler  &  Sohn.*  Mk.  3,25. 
Das  treffliche  Buch  des  M^or  Schröter  ist  bereits  nach  dem  Er- 
scheinen seiner  ersten  Auflage  im  Jahre  1897  in  diesen  Blättern  ge* 

•würdi^rt  unri  allen  Offizieren  zum  Studium  dringend  empfohlen  worden. 
Es  erübrigt,  auf  die  Änderungen  und  Erweiterungen  hinzuweisen, 
welche  die  zweite  von  der  ersten  Auflage  unterscheiden.  Im  allgemeinen 
ist  der  Wortlaut  der  beiden  Teile,  in  die  sich  das  Buch  gliedert: 
, Wesen  des  Festungsbaues"  und  „Landesbefestigung**  unverändert  ge- 
,  blieben;  neben  einigen  anderen  kleinen  Zusätzen  ist  aber  der  neue 
Schlufesait  des  vierten  Kapitels  («Bndzid  der  Festungsverteidigung 
und  ideale  Auf^be  des  Pestungsbaues*)  bemerkenswert.  Er  will  be- 
merkt sein,  denn  er  ist  in  gesperrter  Schrift  gedruckt  und  wird  noch 
durch  eine  charakteristische  Pu&note  erläutert,  welche  eine  abfällige 
Kritik  des  heutigen  Festungsbaues  enthält  und  weitere  Erörterungen 
.'in  dor  zweiten  Abteilung  in  Aussicht  stellt.    Der  Verfasser  erblickt 
die  ideale  Aufgabr   des  Festungsbauos  in  der  weitestgehenden  Vor- 
bereitung der  Hauptvt'rtei'ligungsstHlhmg  und  in  Vorkehrungen,  w^elche 
eine  geordnete  Zurücknahme  der  Kauiplmitiel  aus  dieser  Stellung  und 
die  Weiterliilu  cmg  der  Verteidigung  imt  geschwächten  Mitteln  unter- 
stützen.  „In  beiden  Beziehungen**,  so  lautet  der  bemerkenswerte  Zu- 
sats»  «sind  aber  stets  Befestigungsformen  anaustreben,  welche  sowohl 
dem  vom  Kommandanten  im  Ernstfälle  zu  wählenden  Verteidigungs- 
verfahren,  wie  einer  zeitgemSlsen  Entwickelung  der  Befestigungs* 
anlagen  im  Frieden  den  grdfstmöglichen  Spielraum  gewähren.**  Der 
Verfasser  tritt  damit  der  Ansicht  entgegen,  dafs  die  Starrheit  der 
Pestungsforraen  den  Kommandanten  auch  an  ein  bestimmtes  und  vor- 
her festzulegendes  Verfahren  binde,  eine  Ansicht,  an  deren  Befolgung 
die   Kommandanieu    der    französischen    Festungen    ls70/71  raeist 
scheiterten,  da  die  .Xiafsnahmen  des  Angreifers  nicht  den  dem  Ver- 
leidigungsplan  zugrunde  liegenden  Annahmen  efiLsprachon.    Kr  btinimt 
damit  der.  auch  von  mir  in  meinen  „Kriegsgeschichtlichen  Beispielon 


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Litenter. 


373 


des  Fostunsskrieges"  iininor  betonten  Forderung  zu,  dafs  das  Vor- 
leidigungsvtM'fnhren  im  Ernstfälle  sich  nach  den  Umständen  richton 
und  der  Konirnjuidant  also  föhig  sein  müsse,  diesen  gebühn-nd 
Rechnung  zu  uagen.  Wenn  er  nun  weiter  bei  der  Anlage  der  Be- 
festigungen hierauf  Rücksicht  genommen  und  die  Formen  ihrer  ein- 
schränkenden Starrheit  entkleidet  wiesen  will,  so  kann  man  dem  wohl 
zustimmen;  es  kommt  aber  sehr. darauf  an,  wie  er  dies  schwierige 
Problem  lösen  wird.  Das  soU  ja  im  sweiten  Teil  kommen. 

Einer  weiteren  Änderung,  der  (übrigens  wortgetreuen)  Übernahme 
des  Kapitels  «Das  heutige  Festun crswesen  und  die  Kriegsgeschichte*' 
aus  der  zweiten  in  die  erste  Abteihinfr,  kann  man  beistimmen.  Den 
Schlufs  des  Bandes  bildet  eine  ,  Üb  ersieht  über  die  Landosbefestisrung 
einiger  Staaten  I'luropas'*,  und  diese  ist  in  dankenswerter  Weise  durch 
die  Aufnahme  der  Landesverteidigungs  -  Systeme  der  Niederhinde, 
Österreich-Ungarns  und  Englands  bereichert  worden.  Kleine  farbige 
Skizzen  geben  eine  gute  Übersicht  Zu  diesem  Abschnitt  möchte  ich 
aber  einiges  bemerken.  Die  Schwierigkeit  ist  nicht  zu  übersehen,  die 
sich  der  Aufgabe  entgegenstellt,  eine  richtige  Darstellung  der  Landes- 
▼erteidigungssysteme  zu  geben,  da  darüber  meist  offizielle  Ver- 
dffentlichungon  nicht  bestehen  und  die  bekannt  werdenden  Naohrichten^ 
nur  mit  grofser  Vorsicht  benutzt  werden  können.  Ich  mache  also  dem 
V(»rfasser  keinen  Vorwurf  daraus,  dafs  seine  Zusammenstellungen 
wahrscheinlich  nicht  nur  Lücken,  sondern  auch  P'ehler  enthalten  mögen. 
Da  sie  aber  ebenso  wahrscheinlich  vielfach  als  Quelle  benutzt  werden, 
möchte  ich  darauf  aufmerksam  machon,  da£$  für  Frankreich  ausnahms- 
weise die  Kenntnisnahme  der  Karten  ziemlich  zuverlässige  Angaben 
ermöglicht:  und  da  würden  einige  Fehler  wohl  zu  vermeiden  gewesen 
sein.  Hierhin  rechne  ich  z.  B.,  dafs  Brianfon  mit  seinen  grofsartigen, 
weitausgreifenden  Anhigen  nicht  wohl  als  kleiner  Platz  oder  als 
Sperrfort«  sondern  als  gröfeere  Festung  zu  bezeichnen  ist.  dafe  Bouig 
St  Maurice  jedenfalls  Aufnahme  finden  mufste,  dafs  Leseillon  richtiger 
mit  Modane  bezeichnet  wird  und  die  Befestigung  des  Aution  nicht 
weggelassen  werden  durfte.  Einige  feste  Pl&tze»  wie  Valenciennes 
und  I^iurre  Ghätel,  sind  meines  Wissens  eini!:eg:an{?en,  andere  sind  auf 
der  Skizze  nicht  am  richtigen  Platze  oder  unrichtig  bezeichnet,  wie 
St.  Vincennes,  St.  Anloine.  Ecluse,  Hisoux,  Joux.  Für  Grofsbritannien 
ist  zu  bemerken,  dafs  die  Zahl  der  3  KriegshSfen.  Plymouth.  Portsmouth 
und  Themiie-Mündung,  wohi  /.urzeit  nicht  mehr  stimmen  möchte.  Schon 
die  Klassifikation  der  den  Armeekorps -Bezirken  zugeteilten  festen 
HafenpUtze  in  Festungen  und  befestigte  Hfifen  (vgl.  meinen  LQbeU- 
Bericht  yon  1008)  Ifilst  das  erkennen.  Betreib  der  Osterreichischen 
Befestigungen-  In  Tirol  trifit  die  Vermutttng  zu,  dafs  einige  neue 
Werke  (auf  den  die  Sellagruppe  umgebenden  Pissen)  zu  den  früher 
von  mir  angegebenen  hinzugekommen  sind. 

Abgesehen  von  diesen  aus  der  Schwierigkeit  des  Stoffes  sich  er- 
gebenden Mängeln*  die  ich  al^er  im  Interesse  der  Sache  wolii  nicht. 


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a74 


Lttentor. 


gut  verschweigen  durfte,  verdient  das  Buch  des  Major  Schröter  volle 
Anerkennung  und  Aufmerksamkeit.  Frobenius. 

La  gnem  NifolteBteuie.  Pr^üt  des  campagnea.  Tome  l«'.  Far 
le  GommaDdaDi  Camon.  Paris,  Chapelot  et  Co.  1906. 

Der  erste  Band  eines  grofs  angelegten  Werkes  —  die  beiden 
folgenden  Bftnde  sollen  ,Die  Schlachten*,  sowie  „Theorie  und  Technik" 
bringen  -^^  welches  «Die  KriegfQbrung*  Napoleons  L  ihrem  eigentlichen 
Wesen  nach  darstellen  will. 

Gewifs  ein  sehr  dankenswertrsl  nteniehmen  — jedoch  so  schwierig, 
dafs  Mufsergewöhnliche  geistige  Betahigung  dazu  gehört,  um  sie  be- 
friedigend zu  lÖKen.  Der  HeiT  Verfasser  ist  jedenfalls  ein  sehr  fleifsiger 
und  belesener  Arbeiter,  er  besitzt  auch  die  einer  ijiucn.  knajipen 

Dansielhinirs weise,  und  ;^erude  der  vurliegenae  i^and.  welcher  sich  mit 
den  Feldziigcn  de«  grofsen  Kriegsmeisters  beschäftigt,  hätte  ihui  in 
erster  Linie  Gelegenheit  geben  können,  eine  geniale,  dabei  objektive 
AufTassung  der  Dinge  su  betätigen  aber  von  letzterer  ist  nicht 
▼lei  zu  bemerken.  Überall  macht  sich  die  landliullge,  speaiflsch  fran- 
zösisch geOrbte  und  deshalb  einseitige  Darstellung  operatiTer  Ver- 
ginge bemerkbar.  Wenn  der  Herr  VeHhsser  auf  die  «Correspondance* 
als  den  eigentlichen  Ausflufs  der  Ideen  und  Absichten  Napoleons  so 
grofsen  Wert  legt,  so  hätte  er  doch  wissen  müssen,  dafs  bei  der  Her- 
ausirabe  sehr  viele  Stücke  absichtlich  unterdrückt  woixien  sind,  weil 
sie  unbequem  erschienen. 

•  Er  hStte  ferner  sich  »ha  den  tieiden  unter  Leituiiir  lU  s  französischen 
Generalstabes  herausgegebenen  ausgezeichneten  Werken  ..l/arnu'e  de 
rescnr'e  1800"  und  „La  Campagnc  1809"  von  Saiski  leichi  überzeuge» 
k9nnen,  dafo  die  übliche  strategische  Verherrlichung  Napoleons  hn 
Peldzugc  von  Marengo  sich  jetzt  gar  nicht  mehr  aufrecht  erhalten  tiUiit 
Ähnliches  gilt  von  dem  sogenannten  Peldsug  von  Regensburg*  welcher 
nicht  durch  das  operative  Geschick  Napoleons,  sondern  durch  die 
taktischen  Erfolge  Davousts  gewonnen  worden  ist.  von  dessen  eigent- 
licher, aufs  äufserste  gef&hrdeten  Lage  X  j  oleon  bei  Erlafs  der  ent- 
scheidenden Befehle  sich  gar  keine  Rechenschaft  gegeben  hatte.  Die 
Jena-Auerstaedtepisode  ist  nicht  durch  die  überlegene  Strategie  des 
Kaisers  zugun^^tf^n  der  Franzosen  entschieden  worden,  sondern  durch 
die  Energielosigkeit  der  Preufsischen  Heeresleitung,  durch  die  kriegeri- 
sche Minderwertigkeit  des  Preufschen  lieeres  und  speziell  bei  Aucr- 
staedt  durch  die  bewunderungswürdige  Tapferkeit  des  Korps  Davoust. 

Eine  brauchbare  kriegswissenbchafi liehe  Theorie  läfst  sich  aber 
offenbar  nur  dann  aufstellen,  wenn  man  sie  auf  eine  durchaus  un- 
parteiliche,  streng  wissenschaftliche  Kriegsgeschichts- 
schreibung aulbant.  Letsteres  ist  aber  bei  dem  heutigen,  ungemein 
fortgeschrittenen  Stande  emster  Kriegsgeschichlsschfeibung,  welehe 
weder  einen  »französischen",  noch  einen  .»dentschen*,  oder  irgend 
einen  andern  nationalen  Standpunkt  kennt»  sehr  wohl  m^iich. 


Literatur. 


876 


Ich  finde  aber  nicht,  dafs  dieses  aliein  berechtigte  Verfahren  von 
•dem  Herrn  Verßttser  in  dem  sonst  recht  interessanten  Buche  eo  zur 
Anwendung  gebracht  worden  ist.  wie  es  die  moderne  militärische 
Wissenschaft  verlaniirt.  Keim. 

^Der  Werdegang  des  preufsiseheu  Heeres".  Von  Paul  v.  Schmidt» 
Generalmajor  z.  D.   \V.  Schultz -Engelhard,  Verlag  filr  Militar- 
r.iteratur.  Berlin.  V^'.  35.    Preis  7  Mk. 
NiemaiKl  diirt'to  besser  imstande  sein,  den  Werdegang  des  pi*eufsi- 
schen  Heeres  zu  hchildern,  als  ein  alter  Angehöriger  der  Armee,  der 
mit  seinem  ganzen  Denitefi  derhelben  so  nahe  sieht,  wie  General 
V.  Schmidt.   Die  Geschichte  eines  Heeres  baut  sich  naturgemäfs  aus 
der  Geschichte  des  betrefflmden  Landes  lieraus  auf;  sie  voU  und  ganz 
zu  wttrdigen  vermag  aber  nur  derjenige,  der  die  Bausteine  und  die 
Baumeister  in  Betracht  zieht  Diese  Bausteine  sind  für  das  preulaische 
Heer  mehr  wie  für  ein  andeies  in  erster  Linie  die  Offiziere;  in  keinem 
anderim  Heere  aber  haben  für  den  Ausbau  des  Heeres  die  Baumeister, 
Pi^eufsens  Herrscher,  eine  so  bedeutsame  lioile  gespielt,  wie  in  dem 
Preu!-f»ns. 

Wenn  wir  von  diesem  Standpunkte  ausgehen,  werden  wir  am 
besten  den  „Werdegang  des  preufsischen  Heeres"  im  Sinne  des  Herrn 
Verfassers  verstehen  und  es  ihm,  dem  bewährten  Streilir  für  die 
nationale  Sache,  nachempfinden  Icönnen»  dafs  er  dem  Werdegange  des 
preufsiachen  Offiziertumes,  wie  sich  derselbe  an  der  Hand  der  preufoi- 
sehen  Herrscher  vollzogen  hat,  den  breitesten  Raum  einrftumt 

Fehlen  uns  auch  noch  fOr  die  Gesamtgeschichte  des  preufsischen 
Heeres  die  für  eine  solche  grundlegenden  archivalischen  Forschungen, 
so  ist  mit  dem  Herj-n  Verfasser  zu  hoffen,  dafs  die  Kriogsgeschichtliche 
Abteilung  de-  ^Jiofsen  (ieneralstahes  durch  ihre  „l'riiundÜchen  For- 
schungen zur  (»eseliichle  des  preuisisclie«)  Heeres"  weiter  die  Anregung 
dazu  geben  werde,  über  alle  Fragen  der  preufsischen  Heeresverfassung 
mein-  und  mehr  Klarheit  zu  schaffen.  Bis  dahin,  d.  h.  bis  zur  er^ 
schöpfenden  Schilderung  des  pmufsiscben  Heeres,  wird  aber  noch  viel 
Zeit  vergehen  und  wir  können  nur  dankbar  das  ansehen,  was  in  dem 
vorliegenden  Werke  geboten  wird. 

Hat  der  „nationale  Gedanke  sich  siegreich  im  brandenburgisch- 
preufsischen  Heere  durchgerungen",  so  sind  in  der  Folge  die  Re- 
organisationen der  preufsischen  Könige  als  die  Basis  dafür  anzusehen, 
was  das  Heer  späterhin  wurde. 

Wir  finden  diesen  nationalen  (kdanken  sciuin  170&  in  der  Ver- 
ordnung, keiner  solle  das  Bürgerreclit  erwerben,  bevor  er  sich  nicht 
Flinte,  Degen  und  Wehrgehenke  angeschafft  habe;  in  der  Hardenberg- 
Bchen  Verfügung  von  1813.  wonach  kein  junger  Mann  zu  irgend  euier 
Stelle,  Würde  oder  Ordenaauszelchnung  kommen  solle,  wenn  er  nicht 
ein  Jahr  aktiv  gedient  hat  Wie  gerecht  ist  der  Gedanke  Jobann 
Siglamttnds,  ein  Wehrgeld  einzuführen  und  doch  sind  wir  heutzutage 


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876 


Literatiir. 


noch  lange  nicht  so  weit  in  dieser  Richtung,  wie  damal>.  Wie  kehren 
die  Verordnungen  darüber  stetig  wieder,  welche  die  Sorge  fiii  die 
Invaliden  beireffen;  wie  wird  zu  allen  Zeiten  gegen  den  Luxus  ge- 
eifert; wie  schon  frühzeitig  dem  Schiefsen  Wert  beigelegt;  dieWaoht- 
vergehen  streng  geahndet;  gegen  Duelle  eingeschritten  etc. 

Auf  das  richtige  MaTs  zurfickgeführt»  wird  der  Wert  der  Landwehr- 
-eliuichtung  der  Freiheitskriege  und  überzeugend  nachgewiesen,  wie 
ihre  spätere  Verschmelzung  mit  dem  aktiven  Heere  ein  grofser  Nach- 
-teil  für  die  Kriegsmacht  war,  deren  Hälfte  sie  darstellte.  Vor  allem 
wird  immer  wieder  darauf  hingewiesen,  welch  unheilvolle  Einrichtung 
ein  Milizheer  darsielk  und  Moltkes  Rede  vom  16.  Februar  1874  wieder- 
gegeben, in  der  überzeugend  nachgewiesen  wir«i.  liufs  die  von  Miliz- 
heeren geführten  Kriege  sehr  viel  mehr  Geld  und  Menschenleben  kosten, 
weil  sie  tatsächlich  länger  dauern  als  andere.  Wer  denkt  hierbei  nicht 
an  den  nordamerikanlschen  Sezessionskrieg,  in  dem  das  Vertniuen  auf 
die  Miliz  die  Hauptursache  der  Niederlagen  bildete. 
*  Mit  Fteade  haben  wir  es  bestätigt  gefanden,  dafs  die  Erkenntnis 
von  der  Reformbedflrfdgkeit  der  Armee  vor  den  UnglQckstagen  von  180d 
sich  schon  Bahn  gebrochen  hatte  und  an  Allerhöchster  Stelle  auch  der 
Entschlufs  vorlag,  mit  dem  Bisherigen  zu  brechen:  es  war  gar  Vieles 
überstand  ig  und  erst  mit  Scharnhorsts  Reorganisation  wird  das  preufsische 
Heer  ein  nationales. 

Dieser  crsit  n  grundlegenden  Idee  reihte  sich  später  die  auf  die 
personlichste  Kinwirkung  des  damaligen  Prinz -Regenten  unter  dem 
1.  August  1859  begonnene  zweite  ReorgaiH.^ation  der  Armee  an,  welche 
ihre  Bewährung  in  den  ruhmreichen  Kriegen  um  die  deutsche  Einheit 
fhnd.  Nicht  genug  kann  der  Herr  Verfasser  dem  späteren  Kaiser 
WUhefan  dem  Orofsen  Dank  zoUen  fär  dieses  sein  Lebenswerk  und  er 
lügt  in  richtiger  Weise  auch  weiter  die  Verdienste  an,  welche  sich  der 
Prinz  Friedrich  Karl  als  Bildner  und  Erzieher  seiner  Truppen  er- 
worben hat. 

Wir  wollen  uns  hier  nicht  in  Einzelheiten  verlieren,  müssen  aber 
erwähnen,  wie  schon  einmal,  nämlich  zur  Zeit  Friedrichs  des  Grofsen, 
zu  viel  Artillerie  bestand,  und  zwar,  wie  der  König  selbst  sagt,  man 
mufste  so  viele  Geschütze  haben,  um  nicht  gegen  den  Feind  in  Nach- 
teil zu  geraten-.  Er  selbst,  der  grofse  König,  spricht  von  aileihund 
Mifsständen,  von  einer  Art  der  Erstarrung,  die  nach  den  gewaltigen 
kriegerischen  Ereignissen  eingetreten  sei.  Wir  fügen  hinzu,  eine 
gefihrliche  Untersch&tsung  des  Qegners. 

Wie  bereits  erwfihnt^  legte  der  Herr  Verfasser  besonderen  Wert 
darauf,  die  Scbaming  des  Offlzierstandes  zu  schildern,  was  ihm 
meisterhaft  gelungen  ist.  Wir  sehen  das  Bestreben  der  Herrscher, 
mehr  und  mehr  eine  Einwirkung  auf  die  Besetzung  der  Offlzierstellen 
zu  gewinnen,  schon  zur  Zeit  Georg  Wilhelms.  Gerade  die  Xotwendig- 
keit,  die  Öelbstherrlichkeit  der  ehemaligen  Kriegsobersten  zu  brech*'n, 
führte  zu  manchen  Kämpfen,  aus  denen  der  oberste  Kriegsherr  scliiiefs- 


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S77 


Jich  siegreich  hen'orging.  Wir  haben  gerade  diese  innere  Entwiclv^lung 
des  Heeres  mit  p:rofsem  Interesse  vertolirt  und  dürfen  hoffen,  dafs  das 
vorliegende  Werk  manche  noch  nicht  hinreichend  geklärte  Frage  zur 
Lösung  bringen  wird. 

Im  einzelnen  msL^hcn  wir  ;iuf  einige  Kleinigkeiten  aufmerksam, 
die  nur  unwesentlicher  Art  sind  und  den  Werl  des  Ganzen  in  keiner 
Weise  beeinträchtigen. 

Seite  47  wird  das  1626  gegründcic  älteste  Infanterie-Regiment  benannt 
^Grenadier-Regiment  König  Friedrich  Wilhelm  I.  No.  4*.  wäh- 
rend es  nach  der  Rangliste  190S  «Grenadier-Regiment  König 
Friedrich  der  Grofse  (8.  Ostpreufs.)  No.  4"  heifst. 

Seite  125.   Aufser  den  j  Bataillonen  Garde  wurde  noch  ein  ^Garde- 
Grenadier-Bataillon"  fniniert. 

Seite  84  ist  angeführt,  König  Friedrich  1.  habe  sich  die  Offiziere  vom 
Regimentschef  vorschlagen  lassen  und  seihst  die  Kniennung 
vollzogen,  wäiirend  der  grofse  Kurfürst  die  vom  Obersten  er- 
nannten Offiziere  nur  bestätigt  habe.  Tns  lie^^t  in  der 
Regimentsgeschichte  des  oben  erwähnten  (htiiadier-Regiments 
König  Friedrieh  der  Grofse  der  Beweis  dafür  vor,  dafs  bereits 
1626  das  Ernennnngsrecht  Sache  des  Kriegslierm  war. 
Wir  liönnen  nur  hoffen  und  wünschen,  dafs  dieses  Werk  recht 

viel  gelesen  werden  möchte;  es  sollte  in  Iceiner  Bibliothelc  eines 

Ofßzierltorps  fehlen.  63. 

Die  Aiifualimc- Prüfung  zur  Kriegs- Akademie,  unter  besonderer 
Berücksichtigung  der  für  die  K.  bayer.  Armee  geltenden  Be- 
stimmungen von  i.iHiwig  Hetzel.  Major  im  ii.  bayer.  Generai- 
stabe.    München  1*J04.    Lilerar-ariibt.  Anstalt.    Mk.  3,20. 
Aus  dem  Buche  geht  hervor,  dafs  die  allgemeinen  Grundsätze  und 
Anforderungen,  nach  denen  die  Aufhahme  zur  Kriegsakademie  erfolgt, 
sich  in  Preufsen  und  Bayern  vollkommen  decken;  mit  Ausnahme  der 
mfindlichen  Prüfung,  die  man  für  die  preufsische  Kriegsakademie  nicht 
kennt.   So  hat  das  ausgezeichnete  Buch  nicht  nur  ein  speziell  bay^rt« 
scbes  Gepräge,  sondern  ist  auch  von  Wert  für  jeden  werdenden 
Kriegsakademiker  des  deutschen  Heeif»s. 

Von  allgemein  militäriselicni  Interesse  sind  die  „Gesichtspunkte  für 
die  Bearbeitung  der  Priit'ungsaulgaheir :  in  glücklicher  ^\'eise  ist  hier 
überall  der  Hauptton  auf  eine  strarte  L>iszipiinierung  des  Geistes  und 
ein  scharfes  Erkennen  der  Hauptsache  gelegt;  GesichLspunkle,  die  für 
das  Anfassen  jeder  militärischen  .\ufgabe  Geltung  haben;  die  kurze 
Anleitung  (Hr  das  Lösen  von  Aufgaben  in  der  angewandten  Taktik 
kann  auf  kleinem  Raum  kaum  mehr  bieten.  Sie  gibt  Winke  die  au^h 
für  jeden,  der  im  Kriegsspiel  oder  bei  Übungen  Aufgaben  stellt  oder 
zu  lösen  hat,  wertvoll  sind. 

Ein  reichhaltiges  Material  von  Aufgaben,  die  bei  früheren  Prüfungen 
gestellt  sind,  gibt  dem  sich  Vorbereitenden  reichlich  Gelegenheit  zur 


S78 


Übung,  und  zur  Anlegung  eines  Mafsstabos  an  seine  Loistnnp:en.  wenn 
er  sie  mit  den  Musterbeispielen  von  Lösungen  vergleiclit,  die  in  dcni 
Ruch  gegeben  sind.  Ein  glücklicher  Gedanke  ist  es,  diese  Muster- 
beispiele wirklichen  Prülungsarbeiien  zu  entnehmen. 

Was  die  Themata  der  miiitärisehen  Aiitgaben  betritl\,  so  bewegen 
sie  sich  ganz  in  demselben  Sinn  und  Geist,  wie  die  von  der  preufsischen 
pTttfungB-Konuniesion  gestellten.  Bs  hatte  sich  im  Qbrigen  wohl  em- 
pfohlen»  dem  Buch  die  nötigen  Karten  beizugeben,  deren  nachträgliche 
Beschaflüng  immer  etwas  Umständliches  und  Zeitraubendes  hat.  Bei 
den  Oesehichtsaufgaben  berührt  von  vaterländischem  Standpunkte;  aus 
ringenehni,  dafs  bei  einer  grofsen  Zahl  derselben  das  National-Deutsche 
im  Vordergrund  steht. 

Wenn  auch  die  mündliche  Prüfung  iiui-  in  Bayora  stjtttfindt-i.  so 
sind  die  aus  dieser  wiedergegebenen  Fragen  doch  für  jedt.  n  werivoU 
durchzuarbeiten,  da  sie  in  knapper  Farm  Aufschlufs  über  alle  wichtigen 
und  modernen  militärischen  Fragen  verlangen.  Die  mündliche 
Prfifting  an  sich  ist  sicher  für  die  Beurteilung  zur  Aufnahmefähigkeit 
etwas  sehr  Outzuheifsendes;  der  persönliche  Bindruek  und  rasche  Auf- 
fassungsgabe —  wichtige  Momente  für  einen  Soldaten  —  können  hier 
die  richtige  Würdigung  erfahren.  Allerdings  ist  eine  solche  Prüfung 
hei  dor  Zentralstelle  in  bezug  auf  Z»»it  und  Kosten  bei  nur  3  Armee- 
korps einfacher  und  eher  durchzufühi'eu  wie  bei  einer  Aspirantenzalil 
aus  20  Armee- Korps. 

Alles  in  allem  ist  das  Ziel  der  Einberufung  iür  den  sich  Vor- 
bereitenden bei  der  Gröfse  des  8toflfes  und  bei  dem  Charakter  «dnes 
Konknrrenzexamens  nicht  leicht  zu  erreichen;  um  so  dankbarer  wird 
er  das  vorliegende  Buch  zur  Hand  nehmen,  das  ihm  aus  der  berufenen 
Feder  eines  langjährigen  Lehmrs  an  der  Kriegsakademie  ausgezeichnete 
Ratschläge  erteilt  und  den  OflRzieren,  die  berufen  sind,  die  Akademie^ 
aspir.mfrri  vorzubereiten,  wertvolle  Winke  gibt  für  eine  zweckent- 
spreclit-nde  Ofstalttrng  der  Belehrungen. 

Seiner  ganzen  .Vnlage  nach  aber  kann  sich  das  Buch  ein  weiteres 
Ziel  steekt'n;  es  gibt  jedem  ()nizier.  der  sich  über  die  militärischen 
WissenschalWn  auf  dem  Laufenden  erhalten  will,  die  Anregung  und 
Anleitung  für  eigene  militäiMsche  Geisiesaibeit.  So  kann  Verfasser  mit 
Recht  sagen,  dafs  seine  Arbeit  »unserem  grofsen  Ziele  —  Ausbildung 
fttr  den  Krieg  —  in  erster  Linie  gewidmet  sein  soll"  Ttz. 

Im  eavalerie  et  la  telegraphie  railitaire  par  le  Lieutenant-Colonel 

Picard.  T.ibrairie  militaire  Berger- Levrault  (c  Cie.  Paris  et  Nancy. 
In  der  Schrift  wird  der  Nutzen  des  Telegraphen  für  die  I'ber- 
mittelung  von  Befehlen  und  Nachrichten  aller  Art.  insbesondere  über 
seitens  der  in  vorderster  Linie  befindlichen  Kavallerie  bewertet.  Im 
Hinblick  darauf  aber  geklagt,  dafs  das  in  der  Praxis  nicht  genügend 
geschweige  denn  durchschlagend  zum  Ausdruck  gebracht  werde.  Die 
Hauptschuld  daran  trage  die  Friedenspraxis,  die  die  Nutzbarmachung 


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Uterator. 


379 


des  Telögraphen  in  bezug  aui  tlön  Feind  und  auf  weite  Entfernungen 
gegen  die  reine  Übermittelung  von  Befehlen  etc.  nur  zu  sehr  in  den 
Hintergrund  treten  iassu. 

Bs  wird  dana  eingangs  eines  kurzen  kriegsgeschlchtUchen  Über- 
blicks aosgeffihrt.  wie  man  schon  in  den  flrithesten  Zeiten  bestrebt 
gewesen  sei,  sich  auf  weithin  der  Zeichensprache  zu  bedienen.  Bis 
sur  ersten  Anwendung  von  elektrischen  räegraphen  hat  es  somit» 
langer  Zeit  bedurft  Aber  auch  jetzt  noch  ist  für  militärische  Zwecke 
eine  Kombination  telegrap bischer,  optischer  und  akustischer  Telo<?r;iphie 
geboten.  Im  Krimkriepce  kam  auch  schon  ein  Meoieskabel  in  Betracht. 
Länger  verweilt  der  Herr  Verfasser  Imm  dem  Nordamerikanischen 
Sezessionskriege,  der  wie  in  der  weitgehendsten  NuizbarmacliunLC  der 
Telegraphie  für  militärische  Zwecke,  so  überhaupt  auf  niilitär- 
teclmischem  Gebiete  bahnbrechend  geworden  ist.  Audi  das  Auftan^^en 
von  Depeschen  soll  von  dem  berühmten  Parteigänger  Morgan  bereits 
ausgeführt  worden  sein.  Die  Verwendung  auch  der  Ballons  zu 
dauernder  Nachrichtenvermittelung  erscheint  besonders  optunistisch. 
Der  Krieg  1866  gibt  auf  preufsiseher  Seite  wegen  der  gänzlich  ent- 
fallenden operativen  TStigkeit  der  Kavallerie  für  den  beregten  Zweck 
wenig  Ausbeute,  wenngleich  die  Militärtelegraphie  an  sich  aus  ihm 
Lehren  gezogen  hat,  die  auch  hinsichthch  der  Telegraphen-Organisationen 
im  Kriegre  1870/71  zum  Ausdruck  kninen,  während  hinsichtlich 
dessen  auf  französiächer  Seile  alles  nieiii-  oder  weniger  impnn  isiei-t 
war.  Die  Forts  von  Paris  waren  unter  sieh  und  mit  der  Kapitale 
durch  unterirdische  Kabel  verbunden:  ein  solches  in  der  Seine  führte 
auch  in  die  Provinzen,  wurde  dann  aber  entdeckt  (par  trahison  d  un 
habitan  du  Pecq)  und  unbrauchbar  gemacht.  War  auch  1870/71  der 
Telegraph  der  kavalleristischen  Aufkl&rung  noch  nicht  nutzbar  ge- 
macht worden,  wie  das  heutzutage  durch  Ausbildung  der  Kavalleri» 
auch  nach  dieser  Richtung  hin  vorgesehen  wird,  so  diente  er  doch  in 
ausgiebigster  Weise  der  Nachrichten-  und  Befehls- flljermittelung  der 
Kommandobehörden.  Der  russisch-türkische  Kri^  1877/78  läfst  schon 
eine  gröfsere  kavalleristische  Nutzbarmachung  erkennen.  Zurzeit  ist 
die  Militärtelegraphie  in  allen  Staaten  buch  entwickelt  Die  optische 
hat  sich  das  Azetvlin  und  die  Elektrizität  als  leuchtender  Mittel  dienstbar 
gemacht,  die  akususche  des  Telephons  und  Mikrophons.  Der  draht- 
losen Telegiaphie  bedient  sich  bereits  die  deutsche  Armee.  Die  Auf- 
lüärungskavallerio  wird  mit  einem  möglichst  leichten  Feldtelegrapben 
ausgestattet,  der  in  erster  Linie  zur  Übermittelung  von  Nachrichten 
aus  ihrer  Zone  dienen  soll,  neben  dem  zu  solcher  aller  noch  Brief- 
tauben und  Meldereiter  (estafettes)  eventuell  auch  Velozipedisten  und 
Automobilisten  in  Anwendung  kommen.  Sicherheit  und  Schnelligkeit 
bei  Kräfteerspamis  gewährleistet  aber  auf  grofse  Entfernungen  allein 
der  Telegi'aph. 

Ks  wird  im  weiteren  auf  die  unterschiedliche  personelle  Hand- 
habung des  militärischen  Telegraphendienstes  in  den  verschiedenen 


4 


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880 


Utontur. 


Staaten  hingewiesen,  nämlich  oh  und  in  welchen  Zonen  dieser  Dienst 
von  Soldaten  (Kombattanten)  oder  Beamten  auszuüben  sei. 

In  allen  Fällen  mufs  die  Gesamtanlage,  bei  völliger  Ausnutzung 
äes  vorhandenen  Netzes,  eine  niüglichst  einfache  sein  und  daau  die 
Zahl  der  durchgehenden  Linien  mit  den  verschiedenen  Zonenmittel* 
punkten  möglichst  beschrftnict  sein,'  wodurch  einer  schneiten  und 
dauernden  Verbindung  aller  Teile  einer  Armee  am  besten  Votschuh 
geleistet  wird. 

Die  Schrlfr  schliefst  mit  der  Abwägung  der  Vor-  und  Nachteile 
der  ^  erschiedenen  Arten  der  Telegraphie.  woraus  hervtn-i2:eht.  welcher 
Alt  bezw.  welcliur  Kombination  man  sich  am  zweclimälsigsten  ge- 
gebenenfalls bedient. 

Wie  aus  der  kurzen  Inhaltägabe  der  43  Seiten  umfassenden  Studie 
hervorgeht,  gewShrt  dieselbe  einen  vortrefflichen  Überblick  über  den 
heutigen  Stand  der  in  Rede  stehenden  Materie  und  insbesondere  be- 
ztiglich  der  darQber  bei  unseren,  westlichen  Nachbarn  herrschenden 
Ansichten.  Junk. 

Die  iStaiifibel.  Ratschläge,  erprobt  in  langjähriger  l  »ienstzeit  dem  Herrn 
zunutze,  dem  (laul  zii^Ue.  Von  W.  v.  Below.  Generalmajor 
z.  D.  Berlin  (o.  J.j.  Verlag  der  Holbuchhandlung  Karl  Siegis- 
mund.  Kl.  IV  und  170  Seiten.  Preis  Mk.  2,00. 
Zu  Nutz  und  Frommen  junger  Offiziere  aller  Waffen,  mögen  sie 
sich  in  Ausübung  ihres  Berufes  beritten  gemacht  haben  oder  zu  ihrem 
Vei'gnflgen,  teilt  der  Verfasser  aus  dem  Vorräte  seiner  Erinnerungen 
allerlei  mit,  was  Jenen  den  Weg  zur  Selbständigkeit  auf  dem  Gebiete 
des  Pferdewesens  ebenen  soll.  Für  sich  selbst  freut  er  sich  der  da- 
durch ihm  gebotenen  (tflegcnheit.  ^sein  Steckenpferd  zu  tummeln**. 
Die  Arbeit  handelt  \ow  ."^lalle.  den  an  diesen  zu  stellenden  Anforde- 
rungen und  seiner  Kinrichlung,  von  der  Wurtuiig  ntid  der  Pllege  des 
Pferdes,  vom  Hufe  und  vom  Beschläge,  von  Druckschaden  und  einigen 
Krankheiten  und  vom  Pferdekaufe.  Sie  ist  keine,  alle  Teile  des  Pferde- 
wesens umfassende,  eingehende  Darstellung  des  weiten  Gebietes, 
sondern  knüpft  nur  an  einzelne«  den  Verfasser  hervorragend  inter* 
essierende,  im  Laufe  seines  Dienstlebens  ihm  besonders  aufgefallene 
Er.^t  h einungen  an.  kann  also  aus  diesem  Grunde  ihren  oben  erwähnten 
Zweck  nicht  voll  erlXIUen.  1  »afs  manches,  was  die  Ötallfibel  empfiehlt, 
nicht  einwandfrei  ist  und  auf  Widerspruch  stofsen  wird,  liegt  in  der 
Matur  der  Verhfiltnisse;  des  Berichtei*statters  Bedenken  zum  Ausdrucke 
zu  bringen,  niangtlt  hier  der  Platz. 

Die  im  Buche  angewendete  Schreibweise  ist  wenig  gewählt  und 
nicht  die  in  ernstereii  Büchern  im  allgemeinen  übliche;  das  Wort 
«Schepperine*",  mit  welchem  der  zwischen  den  Ohren  über  die  Stirn 
herabhangende  Mähnenteil,  der  Schopf,  bezeichnet  ist»  findet  sieh  in 
keinem  der  in  der  königlichen  Bibliothek  zu  Berlin  vorhandenen  Wörter* 
blicher.  14. 


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Literataf. 


381 


Zum  itiiifuiidzwauzigsteu  Jahrestage  der  L  borsiedelung  der  llauyt- 
kadettoMBsttlt  Tun  Bofln  moh  ttivh-IlditerlUde^  Im  Auf- 
trage des  Kommandos  des  Königlichen  Kadetlenkorpa  von  Neuber, 
Olieratteiitnant  beim  Stabe  der  Hauptkadettenanstalt  Druck  von 
Qiesecke  und  Devrient,  Leipsig  und  Berlin. 
Das  Ueine  Hefl  gibt  auf  15  Druckseiten  einen  Überblick  über  die 
Bntwickelung  der  Haupt- Kadettenanstali  seit  1878.   Die  bedcutungs* 
vollste  seitdem  ins  Leben  getretene  Neuerung  war  die  Einführung  des 
Lehrplans  des  Realfrymnasinm!^.  so  dafs  den  Zöglingen  die  Nföglichkeit 
geboten   ist.  mit  dem  vollgültigen  Reifezeugnis  des  Realgymnasiums 
die  Anstalt  zu  vorlassen  und  sich  eventuell  auch  einem  andern  Lebens- 
beruf zu  widmen,  als  dem  militärischen.    Den  Heeres verstiirkungen 
und  der  Vermehrung  der  Voranstalten  entsprechend  wurden  den  acht 
Im  Jabre  1878  errichteten  Kompagnien  zwei  neue  hinzugefügt,  Rfiume 
daftlr  geschaffen  und  das  Personal  /ermehrt. 

Recht  hflbsch  und  anschaulich  ist  die  Schilderung  des  tSglichen 
Lebens  und  Lernens  der  Kadetten,  die  Würdigung  der  unbestrittenen 
Vorzüge  der  Kadettenerziehung. 

Beigegeben  sind  treffliche  Abbildungen  der  Anstalt»  der  Kirche, 
des  Marschallsaals  und  der  dort  angebrachten  Reliefs. 

Möge  das  Kadettenkorps  auch  in  Zuknnft  dem  Heere  so  tüchtige 
Offiziere  liefern  wie  bisher.  0.  P.  v.  S. 

Taschenbuch  des  Kavalleristen.  Enthaltend  die  Grundlagen  der  Pferüe- 
kunde  zum  Selbststudium  und  zum  Gebrauch  an  militärischen 
Unterrichtsanstalten.  Von  Graf  C.  G.  WrangeL  Mit  197  Ab- 
büdungen  in  Hobtschnitt  2.  vermehrte  und  verbesserte  Auflage. 
Stuttgart  1908,  Schickhardt  und  Bbner  (Konrad  Wittwer).  Vm 
und  318  Seiten.  Preis  Mk.  8,00. 
Graf  Wrangel,  dessen  schriftstellerische  Leistungen  in  den  Jahr* 
bQchcrn  schon  mehrfach,  zuletst  im  vorj&hrigen  Pebruarhefte.  nach 
Verdienst  gewürdigt  wurden»  bietet   in   dem   „Taschenbuche  des 
Kavalleristen"  ein  weiteres  Werk.    Es  liegt  bereits  in  2.  Auflage  vor, 
obgleich  eine  X  crw^TtflnnL'-  /.um  (iebraiichc  an  militärischen  Unterricht.s- 
anstalien  in  nciiiicnsweriem  Umtana't!  nicht  stattgefunden  haben  kann, 
weil  Pierdekunde  in  ihren  Lehrplanen  gar  keine  oder  eine  müglichsl 
bescheidene  Rolle  spielt.   Um  so  uifiiger  wird  das  Buch  zum  Selbst- 
studium erworben  sein  und  fUr  diesen  Zweck  ist  es  in  hohem  Grade 
geeignet,  denn  es  enthält  alles,  was  den  Pferdebesitser  interessiert,  und 
belehrt  ihn  in  ebenso  eingehender  und  erschöpfbnder  wie  leicht  ver- 
ständlicher und  anregender  Weise,  wobei  die  vielen,  vortrefflich  aus- 
geführten Abbildungen  zum  Verständnisse  wesentlich  beitragen.  Die 
Geschichte  des  Pferdes,  seine  Anatomie  und  Physiologie,  die  Zahn- 
lehre, der  Stall  unA  dio  Stnilpflege.  die  Pütterungs-   und  die  *Huf- 
beschlagslehre,  die  gewüiinlichen  Kranklieiton  des  Pferdes  und  deren 

J&krbäolitr  rir  dl«  dtalMk»  Ana««  und  lIiiriK«.  M«.  99ü.  26 


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382 


Uteramr. 


Behandlung  Bind  die  Überscliriflen  der  Kapitel,  in  welche  der  Stoff 
gegliedert  ist;  ihre  AnMblung  deutet  die  Reichhaltigkeit  des  Inhaltes  an. 

Bs  ist  ein  durchaus  praktisches,  von  grofser  Sachkenntnis  sengendes 
Buch,  welches  unter  der  grofsen  Zahl  ähnlicher  Werke  einen  so  hervor- 
ragenden nats  einnimmt,  daT»  wir  iiim  kein  zweites  an  die  Seite  zu 
stellen  wissen  und  der  Ari>eit  weiteste  Verbreitung  wünschen. 

14. 

Die  Kompagnie  im  Verlande.  Von  L.  S.  Mark.  Hauptmann  und 
Komp. -Chef  im  König).  Bayrischon  4.  iDl'.'liegt».  Metz.  P,  Müllers 
Verlagsbuchhandlung.    Preis  l.bu  Mk. 

Verfasser  hat  mit  der  Arbeit  beabsichtigt,  die  für  die  Führung 
einer  Kompagnie  im  Verbände  einschlägigen  Grundsätze  des  E.  R.,  der 
F.  0.  und  der  Sch.  V.  an  der  Hand  einiger  Lehrbttcher  und  Fach- 
schriften (die  er  voranttahrt)  in  einer  für  die  Praxis  geeignet  gehaltenen 
Form  susammenzustellen. 

Wir  können  in  der  Arbeit  nichts  entdecken,  was  für  die  Praxis 
besonders  anregend  oder  belehrend  sein  möchte. 

Wir  «stehen  auf  dem  Stan(l]>unktp,  finfs  <'rfahj-nnp:ssremnfs  solche 
Arbeiten  wenig  praktischen  Wert  haben.  Denn  der  gewiegte  Front- 
Offizier  bedient  sich  ihrer  nicht,  weil  er  sich  seine  eigene  Praxis  schafft. 
Der  Neuling  aber  klammert  sich  nur  zu  leicht  an  solches  Büchlein,  in 
dem  er  alles  enthalten  wäiini,  dessen  er  bedarf;  und  doch  mochten 
wir  gerade  diesem  letzteren  den  dringenden  Rat  geben,  falls  er  eines 
Ratgebers  bedarf,  sich  an  die  betreffenden  Vorschriflen  selbst  au 
halten,  sie  recht  dfrig  lu  studieren  und  sich  dann  selbst  seine  Praxis 
zu  schaffen.  63. 

Winke  fttr  die  Anfertigung  von  Krokis  und  Skizzen.  Von  Vischcr, 
Major  und  Baldilions-Konimandeur  im  Inf.-Regt,  König  Wilhelm  I. 
(6.  \VuiLtcnibergi8chü.s)  Nr.  124.  lieiJin  1903.  R.  EisenscUmidt. 
An  3  Aufgaben  aus  dem  Gebiete  der  Feldkunde  bespricht  der  Herr 
Verfksser  in  klarer  und  sehr  sachlnmdiger  Weise  £e  allmähliche, 
stufenweise  Entstehung  der  su  den  betreffenden  Aufgaben  gehttrigen 
Krokis,  wodurch  die  Schrift  nicht  den  trockenen  Charakter  trägt,  der 
den  Anleitungen  zum  Krokieren  oft  anhaftet.  Zweifellos  erhält  der 
junge  Offlzier  mit  diesem  Buche  ein  sehr  brauchbares  Hilfsmittel  bei 
der  .\nfortigiing  seiner  Krokis  und  violleicht  wird  durch  die  fesselnde 
Art  und  Weise,  in  welchei-  das  Buch  geschrieben  ist.  *'in  H-cHerer 
Zweck  erreicht,  nanilich  ihn  zu  veranlassen,  aus  freien  ^lücki n  <üe  in 
der  Schrill  angeführten  Herstellungsarten  durch  Übung  sich  zu  eigen 
zu  machen.  Zwar  stehen  wir  dieser  letzteren,  vom  Herrn  Verfosser 
ausgesprochenen  Erwartung  recht  pessünistisch  gegenflber,  ^nd  mit 
ihm  aber  vollständig  der  Ansicht«  dafs  die  Zeichnenfertigkeit  bei  vielen 
unserer  jungen  Kameraden  noch  sehr  in  den  Windeln  liegt  Das  Bueh 
wird  von  vielen  Kameraden  mit  grofsem  Vorteil  verwendet  werden 
können.  St. 


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Utantnr. 


383 


Ii  AinlMMia  Zfetttcliriflpn. 

Htfefflears  OitemiekMe  MIHtiriflelie  ZeitBehiilt  (Februar.) 
Die  Streitkrttfto  der  TOrkei  und  Bulgariens.  ^  Das  SohlachtsehifT  der 

Zukunft  —  Dil'  Ft'ldgeschützfragc.  —  Streitkräfte  Japans  Tibet  und 
die  etigllscho  Expedition.  —  Custozza  1866-  —  Taktik*Aufgabe  Nr.  10. 

Journal  des  Scieneea  militaires.  (Januar.)  Die  zweijährige 
r»ienstzeit  und  die  Milizon.  —  Unterweisung  der  OHlzioro  durch  das 
Kriegsspiel,  i'hnn^ron  auf  der  Karte  und  Kadre-Exerzieren  im  Oelünde. 

—  I>ie  Organisation  der  Kolonialarmee.  —  Eine  Episode  aus  der  Schlacht 
des  16.  August  1870;  die  Brigade  v.  Wedell  bei  Mars-la-Tour.  -  Be- 
lastung des  Soldaten.  —  Die  Schlacht  von  Colenso.  —  Der  öster- 
reichische Erbfolgekrieg  1740/48;  Feldzug  1741/43.  —  Betrachtungen 
Aber  Peuerleitung. 

Rtwmt  BiUtalffe  des  Amees  ^traugcres.  (Februar.)  Das  Ab- 
brechen ven  Gefechten,  nach  Ansicht  des  deutschen  Oeneralstabes.  — 
Die  neue  Remontierung  der  russischen  Reiterei  und  Artillerie.  —  Die 
Verwendung  grofser  Einheiten  nach  dem  neuen  italienischen  Regle- 
ment.      Die  japanische  Armoo. 

Revue  d'histmre.    (Januar.)    [>ie  Schlacht  von  Malplaquet.  - 
Die  Schlacht  beim  Berge  Tabor.  —  Der  Krieg  1870/71.  Der  1(>.  August 
in  Lothringen. 

Revue  d'arüLlerie.  (Dezember  1903.)  Das  akustische  l*dd. — 
Die  Zufalle,  welchen  man  bei  Benutzung  der  Selbstfohrer  ausgesetat 
ist,  und  deren  Abhilfe.  2.  Teil.  Was  die  Kasten  eines  Selbstfhhr- 
wagens  an  QerStschafken  und  Brsatastilcken  enthalten  mfissen.  (V.  Mai 

1901.)  -  Das  Vanadium.   Seine  Entdeckung. 

(Januar  1904.)  Das  akustische  Feld  (Schlufs).  —  Das  Artillerie- 
gefecht sonst  uii'i  Jf't'/t.       Das  Vanadium  fSrhlufs). 

Schweizerische  Zeitschrift  für  Artiiieric  und  fienie.  Nr.  1. 
Notizen  aus  den  Vortrag;  Betrachtungen  über  das  Enlfernungsüchälzon, 
geliailun  in  der  Offiziergesellschaft  Winterthur  und  Umgebung.  — 
Der  Festungskonmiandant.  Von  W.  Stavenhagen.  —  Die  Tätigkeit 
der  deutschen  Festungsartillerie  bei  den  Belagerungen«  Beschielsungen 
und  Einschliefsungen  fan  Kriege  1870/71. 

Sehwediselie  AitUlefie-Zeitiahflll.  IM.  Heft  1.  Der  Br- 
kundungsdienst  der  Feldartillerie.  —  Selbsttätige  FeuerwafTen. 

Heft  2  und  3.  T^igeseinflufs  auf  das  Schiefsen  mit  6,5  mm  Ge- 
wehren und  Maschinengewehren.  Dessen  Bedeutung  in  der  Praxis. 

—  Der  Brisanzgranaten  Vorkommen,  Anwendung.  Wirkung,  sowie  das 
Wurffeuer  mit  Schrapnell.s  —  Neuere  Rirhtmittel  und  Richtmethodon 
in  der  Feldartillerie  —  flehende  ArtÜlone-l'atrouülen.  —  Miniaturziel. 

—  Das  11  mm  Maschinengewehr  Hntchkiss 

Heft  4  und  5.  Die  Arliilerie  der  Üuren  im  südafrikanischen 
Krieg.  —  Die  NeubewaOtaung  der  Schweiser  Feldartiltarie.  —  Von 
Peldhaubitzen.  —  Schieben  mit  12  cm  Kanonen  und  Mörsern  gegen 


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384 


9 


eine  befestigte  Feldstellung  in  der  Schweix.  —  Sprengverauch  in  den 

Skodaworken. 

A1Ig:emeinß  Selnveizprisclie  MHitürzeitung.  Nr.  2.  Die  koreanische 
Armuo  (nach  dorn  Russischen  Invaliden).  -  Feuertaktik  und  Stofs- 
taktik  (Schlafs).  —  Militärischer  Voi  Unterricht.  —  Nochmals  Vor- 
unterricht. Nr.  3.  Rufsland  und  .lapan.  Er  wird  angenommen,  dafs 
der  Krieg  früher  oder  später  ausbrechen  mufs,  wenn  nicht  Japan 
gänzlich  auf  die  Stellung  verzichten  will,  die  es  sich  mit  so  be- 
wunderswerter  Energie  und  grolsem  Brfolge  in  den  letzten  Jahr- 
zehnten erstrebt  hat  —  Zur  Frage  der  Kavallerievennebrung  In 
Deutschland.  Wird  nicht  als  Bedürfnis  bezeichnet  (?).  Nr.  4.  Die 
Ausbildungsdauer.  Admiral  Alexejew.  —  Im  Sattel  durch  Zentral* 
asifn,  Nr.  5.  Phrase.  Wendet  sich  gegen  einen  Artikel  dos  H»rner 
„Bund",  der  Oberst  Willo's  geibrdcrte  Voreinigung  der  höhern  Truppen- 
führung und  der  Militärverwaltung  in  einer  ständig  dazu  bestellten 
Person  ablehnt  und  mit  dem  Satze  schliefst:  „Man  bilde  die  Offiziere 
gut  aus  und  die  jungen  Generäle,  die  wir  brauchen,  werden  sich  s.  Z. 
von  selber  linden !**  So  ISricht  wie  möglich!  —  Waterloo.  KnOpft  an 
Kaiser  Wilhelms  Rede  in  Hannover  an. 

W^jennili  Bshonik.  1904.  I.  Zur  Geschichte  des  Feldzuges 
gegen  Kokard  (mit  einer  Karte)  L  ~  Bemerkungen  über  die  Franzö- 
sische  Armee  (1),  —  Der  Kampf  um  die  Geschützschilde.  -  Die  artille- 
ristische AufklHning  vom  FesselbaHon  aus  in  der  Festungs-Artillorie. 

—  Die  Elemente  der  Befestigung  an  Feldstellungen.  —  An  der  afgha- 
nischen Grenze  (\).  —  Port- Arthur  und  seinf  Intores.si  n  bis  zur  Kr- 
richtung  der  Statthaltcrsehaft.    (Mit  Zeichnung.)       Aus  Japan. 

Bu8skij  Invalid.  1904.  Nr.  17.  Manöver-Bemerkungen.  Bäckereien 
im  Felde.  Hr.  18.  Kavaileristische  Bemerkungen.  Die  Hypnose  als 
Mittel  zur  Heilung  des  Alkoholismus  In  den  Truppen.  Nr.  19.  Das 
Verbandzeug  in  den  verschiedenen  europftischen  Armeen.  Nr.  80. 
Marine  und  Landheer-Geschfitze.  Nr.  22.  Die  ersten  Nachrichten  über 
den  Ausbruch  der  Feindseligkeiten.  Betrachtungen  über  Wai-hai-Wai. 

Revue  du  genie  mllitaire.  (Januar.)  Eine  neue  Methode  der 
Berechnung  für  armierten  Beton  auf  Grund  kiir/Uch  ausgeführter  Ver- 
suche. —  Topographische  Arbeiten  der  Genietruppe  in  Prankreich  im 
19.  Jahrhundert  (Schlufs).  — •  Hölzerne  Wasserleitungsiohren.  -—  Nekrolog 
des  General  Masselin.  —  Die  elektrischen  Einrichtungen  in  i'anzerforts 
(Auszug  aus  dem  gleichnamigen  Artikel  der  Revue  de  Tarmee  beige, 
Januar-August  1903). 

La  Franee  miUtalie.  (Januar).  Waterloo  »Wellington  hat  Nichts 
mit  diesem  Siege  zu  tun"  ist  das  Schlufswort  der  Betrachtung.  — 
Kavallerie-  und  Fahrradtruppen,  Manövererfahrungon.  3/4.  —  Die 
taktische  Lehre  nach  der  Schrift  „Die  Vorbereitung  der  Artillerie  zur 
Schlacht  von  I^e  Rond.**  —  Deutschlands  politische  Lage.  5.  —  Unsere 
l'nlitik  in  Marocco  von  General  Luzeux.  6.  —  Erinnoningen  an  1870. 

—  Die  Disziplin  der  deutschen  Ti-uppen,  bezieht  sich  auf  die  An- 


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Iilt»nilDr. 


385 


schuldigung  des  Generals  v.  Krotschmann  gegdn  heflstsohe  Truppen 
1870  in  Sens  und  die  betralTenden  Proleste  im  Milii  W.-Bl..  die 
Pranoe  will  Ermittolungen  venuilaeeen.  8.  —  Die  Schulen  der  Soldalon- 

kindor.  —  Der  Sieg  von  Bapaump,  9.  IMc  oiiifjohoronon  Matrosen, 
10/11  -  Die  zweijährig«  Dienstzeit  und  die  Unterotn/if  rt'raijt!.  12  — 
Diedeulscht'ti  kommandierenden  Generale,  von  OberstleuUiant  Pcroz.  13. 

—  Eine  Hist-nbahn  Tleukem-Kez  in  Marocco.  14.  —  Pferdotransporte  16. 

—  Japans  ökonomische  und  tinanzieUe  Lage.  18.  —  Die  Englisch- 
Französische  Alliance,  General  Prudliomme,  fflr  event  Untorstlltzung 
Rufslands.  ^  Oorea  geographiscli.  32.  —  Coröa  die  Bevölkerung.  23. 

Der  landwirtschaftliche  und  handelspolitische  Wert  von  Marocco.  — 
Jena  oder  Sedan,  Besprechung  des  bekannten  Buches.  94.  —  Der  Vor> 
schlag  Lanessan  (18  monatliche  Dienstzeit).  28.  —  Besprechung  des 
Bilseschen  Buches.    (Nichts  Neues,  die  I^eutschen  sind  alle  so.)  26. 

—  Der  Vorschlag  Lanessan.  30.  31/1.  —  Winterfeldzfige. 

Revue  de  Cavalerie.   il^«>zember).    Die  Kavallerie  der  Zukunft^ 

Studie  aus  dei  Vprpnnfrenheit.  —  Der  Ursprung  der  IVanzösischen 
Kavallerie  (Forts  ).  —  Paris— Rouen—l)eauvilie  den  12.,  13.,  14.  August 
1903.  —  E)ie  neue  Lehre  in  der  französischen  Kavallerie  vom  General 
V.  Pelet-Nurbonne  (übersetzt  aus  dem  Deutschen). 

III.  Seewesen. 

Mittelluugen  aus  dem  Gebiete  des  Set^wesens.    Nr.  2.  Die 

englischen  Seemanöver  1903  —  f'liei-  den  bSinflufs  ein-  odw  auswärts 
drehender  Propeller  auf  dir  Manö\  rieriahigkeit  von  Zweischrauhen- 
schitT»'n  L>ie  taktische  Verwortung  der  Schiffsartillerio  (Schlufs).  — 
Die  wii.  Iii iirsiea  iSei  schiffahrt-Kanäle  und  Kanal- Projekte, 

Arniy  aiid  Navy  (iazette.    Nr.  2295.    Das  „\V'alluroo"'-rngiuck. 

—  Französische  Vorstärkungen  für  Ostasien.  Nr.  2296.  Der  ver- 
storbene Admiral  Sir  Henry  Keppel.  Nr.  2297.  Die  Ausweichregeln. 
Nr.  2298.  Unterseeboote.  —  Japanische  SchifTsbestellungen  in  England. 

Revue  »oitiaie.  pezember  1903).  Der  spanisch-amerikaniBche 
Krieg  auf  den  Philippinen  (Portsetzung).  —  Die  Blockade  von  Brest 
1803--1805.  —  Rkiglische  Seeoffiziere. 

IV.  Verzeicbnis  der  zur  Besprechung  eingegangenen  BQcher. 

(Di«  *l»^fti%ng*wti  BBcb«r  »rfaliren  »In«  ßf>ipr*olinDgr  nach  Mafsgab«  ihr«r  R«d#ataiig  and  d«s  irr> 
ffigbaran  Kanne«.  Ein*  Verpflichtung.  j*d»>  «ing*b*nde  Hucb  xa  b*tpreQb»n.  Abamitnmt  <)i« 
I>«itang  d'^r  ..Jihrbiirbor   nickt,  doüli  wni  Ti  ■*■>  'l'ilpl  hüntlicher  Küchor  nplist  AnRnb«  rr»i««>" 

—  a«f*n  dietnr  micget«tit  ward«  —  hi«r  r«nt>«rkt.  Kino  l.üfksMdiuig  von  Ubcliam  findet  oiekt  itatt.) 

1.  Y.  Schmidt.  Das  dcutschi'  <  iftizierkorps  und  seine  Aufgaben  in 
der  (iej^enwart.    P.erlin  1904.    tichultz-Kngelhard.    Mk.  1  00. 

2.  lioewe.  Biicherkunde  der  deutschen  Geschichte.  Berlin  1903. 
J.  Rüde.    Mk.  3,0U. 


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S86 


3.  Unger,  Löhneyscn,  ein  Meister  deulacher  Reitkunst.  Stutlgart 
1903.    Schirkhiirdt  &  Ebner.    Mk.  1,50. 

4.  Zobel,  Das  iJam  >n-H(Mten,  Ratschläge  für  Anfängerinnen  in  der 
Kcitkunst.    Ebenda.    Mk.  l.öO. 

5.  Berlin,  Handbuch  der  W  aiienlelire.  Berlin  1904.  xMittler  &  »Sohn. 
Mk.  12,00. 

6.  Sdivabe,  Mit  Sehwert  und  Pflog  in  Deutseh-Sfidweetafrika*  ^ 
%  Auflage.  Ebenda.  Mk.  U,00. 

7.  Iietlllw«Yorbeck,  Napoleons  Untergang  1816.  I.  Band.  £lba-  ^ 
Belle-AUiance.   Berlin  1904.    Ebenda.    Mk.  14.00.  ^ 

8.  Der  russisch  •japanische  Krieg.   1.  u.  2.  Beiheft  zur  Marine- 
Rundschau.    Ebenda.    Mlc.  0,90.  ^ 

9.  WeifTenbach,  ?]infUhrung  in  die  Miiitärstrafgerichtsordnung.  ^ 
Dritte  Auflage.    1904.    Ebenda.    Mk.  3,00.  .^iy 

10.  Meyer,  bummlung  praktischer  Winke  für  dun  Inranterie-Sciiicfs-  ^-^» 
lehrer.  Berlin  1904.  Voaaische  Buchhdlg.  Mk.  1,60.  \. 

11.  T.  d.  OfllMi-SMlLeBf  Milit&r.  polit.  Geschichte  des  Befreiungs- 
krieges im  Jahre  1813.  Band  IIa.  Grofs-Görschen.  Elbenda.  Mk.  18.00. 

12.  Litzmann,  Omziei-Pelddienstflbungen.  4.  Auflage.  Berlin  1904. 
R.  Eisenschmid.    Mk.  3,00. 

13.  T.  Poschinger,  Bausteine  zur  Bismarck- Pyramide.  Berlin  1904. 
G.  Stilke.    Mk.  3,00. 

14.  Kaia^y,Canipague  de  Fempereitr  Napoleon  enEspagne  180Ö/9. 
Vol.  iii.    I'aris  1903.    Borger  LevniulL  &  Co. 

15.  Brunswik  von  Rorompa,  Kriegsgeschichtliche  Beispiele  zur 
lUttstrimng  unserer  R^ements  Heft  3.  Wien  1904.  Seidel  ft  Sohn. '  ^ 
Mk.  3,00.  ^ 

16.  Hinarelli  Fitz -Gerald,  Die  Gefechte  in  Natal  und  der  Kap* 
Kolonie  1899.    Ebenda.   Mk.  4,00.  ^ 

17.  MayerhofTer  Yom  Vediopo^e,  Österreichs  Krieg  mit  Napoleon  1.  ^ 

Ebenda.    Mk.  10,(k).  V 

IS.  8cliroeter,  Die  Bedeutung  der  Festungen  in  der  grossen  ivriug- 
fülirung.    Berlin  1904.    Mittler  &  Sohn.    Mk.  4,50.  % 

•  *• 

-  i     -    '»•ä* 


Oraok  von  A.  W.  Hftjru's  Krbeu,  B«rUa  und  Potid»». 


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XXI. 

Die  Tätigkeit  des  Marschalls  Mac  Mation  vor  der  Schlacht 

von  Wörth. 

Eine  operative  i^tadie. 

Von 

Obeistleatoaiit  6.  Sehoeh  des  Bayeiiaclieii  1,  Ini-Begts. 

(Mil  Skizze.) 


II. 

Beo:eben  wir  uns  nuniiiebr  wieder  in  das  Quartier  des  Marsctialls 
Mac  Mahon,  nach  FröJschweiler,  zurück.  Dort  hatte  sich,  seit  das 
dritte  Telegranuii  an  den  Kaiser  nach  dem  Gefecht  von  Weifsenburg 
unter  dem  Donner  einiger  ivanonensphtlsse  redigiert  worden  war. 
nichts  von  Redeiitunir  ereignet.  Voraussichtlich  hat  man  mit  Spannung 
eins  r  Aulseruii^'^  der  obersten  Hcfrcpleitung  entgegeniresehen ;  nicht  nur 
war  auf  die  Bi  richte  und  Anträge  wegen  der  t  i^-i  ik  u  Lage  wM-h 
keine  Entscheidung  erfolgt,  sondern  auch  nichts  Uber  die  Lage  in 
Lothringen  bekannt  geworden.  Dort  aber  hatte  sich  das  kaiserliclie 
Hauptquartier  —  es  war  dies  die  letzte  Machricht  von  dort- 
her, abgegangen  am  4.  Augast  2 morgens')  —  fUr  den 
4.  oder  5.  Augnst  eine  i>chiacht  erwartet.  Hatte  sie  stattgefunden? 
Wie  war  der  Ausgang?  Diese  Fragen  mochte  man  sich  stellen, 
vorausgesetzt,  dals  man  imstande  war,  den  Blick  auiser  auf  die 
ei|E^ne  Situation  auf  die  Gesarotlage  der  Armee,  von  der  ja  erstere 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  bedingt  wurde,  zu  richten. 

Es  wird  B  ^  nachmittags.  Abermals  hOrt  man  von  der  Auf- 
stellung der  Truppen  her  Gewehr-  und  Kaoonenfeuer,  das  nach 

>)  Vgl.  S.  278  und  298  des  1.  TeUes 
JahrbiAbvr  fOr  die  d«atMhe  AmM  iid4  MwiM.  N«.  381.  36 


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388  Die  Tätigkeit  det  Manolialli  Mm  Maina  vor  der  SohlMht  von  WOrth. 


koner  Zeit  wieder  ▼entommt.  EndUeh  konmit  ein  Tetegmnm  ans 
dem  kaiseifieben  Hanptqnattier.*)  £b  irt  die  Bclion  «rwlUmte,  nm 
12*"  naefam.  an  die  nebt  Armeekorps  abgegangene  Mitleilang,  daC» 
▼on  hente  ab  das  1.,  5.  and  7.  Korps  dem  Marschall  Mae  Mabon, 
das  2.,  3.  ood  4.  Korps  dem  Marschall  Bazaine  in  Benig  aof  die 
milltäriBcben  Operationen  onterstellt  sei. 

Damil  waren  also  zwei  Armeen  gebildel.  An  und  für  sieb 
betrachtet,  erscheint  diese  Mafisiegel  dnrebans  sweekmälsip: ;  es  war 
gewifs  sebwieiig  genug,  acht  Armeekorps,  eine  Kavallerie-  nnd 
Artilleriereserve,  mithin  zehn  Verbände,  von  einer  Stelle  ans 
za  dirigieren;  data  kam,  dafs  ein  Teil  dieser  Kräfte  -  die 
Trappen  Mae  Miihons  —  anf  einem  gesonderten  Kriegssebaoplatz 
standen.  Aber  die  TeUnng  erfolgte  za  spät;  jetart  war  sie  ebne 
Reibungen  nicht  mehr  zu  vollziehen.  Den  nnn  ernannten  Armee- 
ftthrem  mnfsten  Stäbe  beigegehen  werden,  sie  mofsten  von  dem 
Kommando  Uber  üire  Korps  entbunden  werden.  Beides  gesehab 
nieht;  auch  wurde  von  den  Marschällen  nach  dieser  Richtung  hin 
weder  ein  Antrag  gestellt,  noch  selbständige  Mafsregeln  getroffen. 
So  mufste  also  Mac  Mahon  an  die  4  Infanterie-  nnd  die  Kavallerie- 
division,  Rowie  die  Artilleriereserve  seines  Korps,  die  Reserve- 
Kin  nlleriedivisinn  Ronoemains,  das  ö.  Korps  und,  da  das  7.  Korps 
ü:etreniit  war,  an  dessen  1.  Division  fConseii  Dumesnil)  und  den 
Rest  imtcr  General  F.  Üouay  unmittpHmr  brfphlen. 

Das  sind  scbliel'slisb.  wciiii  Much  wichtige,  so  doch  forninK- 
Dinge.  Die  Hauptsache  hingegen  wäre  irewesen,  den  Armeenihreru 
zu  Siifjen,  was  man  von  ilmm  erwartete.  Wie  sah  der  Kni'jpr  die 
Gesamtlng-p  an?  Was  beabsichtigte  er.  was  war  deiufreniafs  di»' 
Aufgabe  der  beiden  Armeen?  Diese  Frag*  ii  mufsten  erörtert  werden. 
Dafs  in  dieser  Hinsicht  nichts,  aber  auch  s^ar  nichts  geschah,  das 
zeiirt.  dafs  am  5.  August  die  Zügel  der  Üaiid  des  Kaisers  Napoleon 
vOiiig  ent^^litten  waren. 

Nun  hatte  Mac  Mabon  erklart,  dafs  er  mit  Hilfe  eines  weitereu 

i)  Uae  HahoB  gibt  in  seinen  Erinnerungen  an,  er  habe  das  Telegramm 
um  60  abrads  erhalten.  Das  franz.  Generaletabswerk  macht  darauf  aufmerksam» 

daf^  (i»  r  Marschall,  der  diese  Erinnerungen  einige  .lahrp  nach  dorn  F»'ldzug 
niederschrieb,  sich  ^irrt  haben  müsse,  gibt  indes,  die  voraussichthche  Ein- 
treffestunde nicht  an.  Indes  kann  diese  leicht  festgestellt  werden.  In  Au- 
merktmg  2,  Band  VI,  Seite  18  des  franz.  GeneralstabswerkeB  wird  festgestellt. 
da&  General  Faillj  erstmals  um  4^  die  Mitteilung  des  MarsrhalLs  zuging, 
das  5.  Koqis  st  i  ihm  durch  kaiserlichen  Befehl  unterstellt  und  solle  sich 
init  ib*n  vereinbaren  Mac  Mahon  mnfs  also  don  kai'^erlichen  Befehl  — 
näniiich  das  TelegTamm  von  12*0  nachm.  —  etwa  um  8^  in  Hiknden  gehabt 
haben. 


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Die  Ttttgkeit  des  Mmhalls  Hm  lUioii  vor  der  SohlMlit  toh  WdcOi.  389 


Korps  dob  zur  Offensive  für  befUbigt  balle;  diesen  Plan  scbeint  nian 
im  kaiserlicben  Haaptquartier  gebilligt  m  baben,  da  die  Unterstellung 
eines  Korps  erfolgte.  Aber  war  die  V'ereiuignng  mit  den  bei  Wörftb 
stehenden  Trnppea  denn  sieber?  Man  wuIste  in  Metz  durch  die 
Berichte  des  Marschalls  ganz  genau,  dafs  am  Nachmittag  des 
4.  August  eine  ganze  Armee  bei  Weifsenbnrg:  aufmarschiert  war, 
mithin  näher  am  Aufstellungsplatz  des  1.  Korps  stand,  als  das 
eigene  5.  Korps  Was  nun,  wenn  der  Angriti  der  Deutschen 
vor  der  Vereinigung  edolgte?  Erforderte  die  Gesamtlage  das  An- 
nebiueu  einer  Schlacht  auch  ohne  die  Unterstützung  des  ö.  Korps, 
wie  dies  Mac  Mahon  als  seine  nächste  Absicht  in  Aussicht 
gestellt  hatte?  Und  wenn  der  Rllckzug  nötig  wurde,  sei  es  vor 
oder  infolge  einer  Schlacht,  wohin  wur  er  zu  nehmen?  Mit  anderen 
Worten,  wie  waren  die  rückwärtigen  Verbindun-(  ii  einzurichten? 
Sollte  Mac  Mabon  auf  die  Hauptarmee  zurückgeht  ii,  uilci  wurde 
deren  rechte  Flanke  fUr  stark  genug  erachtet,  so  dals  etwa  ein 
exzentrischer  Rückzug  —  auf  Strafsburg  —  möglich  war?  Und  wie 
war  es  mit  der  Armee  Bazaiues,  was  war  hier  tUr  den  ti.  August 
beabsichtigt? 

Mac  M;  Ik  ü  hat  nichts  getan,  um  sich  über  diese  Fragen  Klar- 
heit zu  vt  IS  haften:  weder  an  den  Kaiser  noch  an  Bazaine  ist  eine 
Bitte  um  Aufklärung  Uber  die  Lage  abgegangen. 

Der  Marschall  war  sich   indes  Uber  eines  klar,  dafs  nämlich    VI,  IB 
vor   allem    die   Heranziehung   des   5.  Korps   Fnillv  nötig  sei.  Er 
liels  sofort  nach   Einirans:   des  Telegramms  aus  dem  kaiserlichen 
Hauptquartier       als»  kurz  isach        -~  au   diesen  General  ein 
Telegramm  des  liihältes  abgehen,  dafs  das      Korps  durch  kaiser-     i.  Tele- 
lichen  Befehl  ihm  (dem  Marschall)  unterstellt  sei  uud  sich  sobald  gramm 
als  möglich  mit  ihm  zu  vereinigen  habe.    Failly  erhielt  die  De-    *°  P«iUy. 
pesche  vor  4''.  •) 

Auch  hier  venDissen  wir  eine  Au&age  darüber,  wo  die  ein- 
zelnen Teile  des  5.  Korps  stehen,  nnd  ob  dieses  etwa  in  Be- 
rtthning  mit  dem  Gegner  gekommen  sei,  Mac  Mahon  yennotete) 
wie  er  in  seinen  fitinnerungen  ersähft,  das  Korps  vollstilndig  bei  VI,20Amii. 
Bilsch;  das  war  nicht  der  Fall.  Eine  Brigade  (Lapasset)  war  aof 
Befehl  des  grofsen  Hauptquartiers  in  Saaigemttnd  zmückgeblieben; 
den  Best  der  «weiten  DiTision  (L'Abadie)  hatte  Cteneral  Failly, 
trots  des  am  4.  Aogost  erhaltenen  kaiserlicben  Befehls,  er  solle  mit 
dem  ganzen  Obrigeu  Korps  nach  Bitseh  marschieren,  ans  Besorgnis 

1)  Die  Depesche  ist  in  ilou  französischen  Archiven  nicht  enthalten, 
dagegen  Inhalt  und  Zeit  des  iiiintreffens  in  der  Sclirift  des  Generals  FailJy 
Op^ntions  et  marcbes  du  5«  Corps  angegeben.  VI,  19  A. 

26* 


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390   ^  Tätigiceit  dw  Manofaalls  Hae  Mahon  vor  d»T  SeUMht  vott  WM. 

Tor  ÜbermUdoDg  der  Troppen  nur  bis  Kohrbach  marschieren  lasseD 
luid  diese  AoordDnng  auch  nicht  aufgehoben,  als  er  das  oben  er* 
«ttliQte  erste  Telegramm  Mae  Mähens  erhalten  hatte. 

Der  Haisohall  mnCs  selbst  gefühlt  haben,  dalh  sein  erstes 
Telegramm  ihm  nicht  die  notwendigen  Aoftchlttsse  geben  würde; 
walusebetnlieh  aof  dem  Ritt  zu  den  Aafstellangen  der  Tmppen,  den 
er  gegen  4*^  anternuhm,  ist  ihm  dieser  Gedanke  gekommen:  an  den 
General  Failiy  ging  —  die  Abgangssselt  ist  nicht  ersiebtlieb  —  folgen* 
des  Telegramm^)  ab: 

i}TeUen  Sie  mir  sofort  mit,  an  welchem  Tage  nnd  anf  welchem 
Wege  l^e  sieh  mit  mir  vereinigen  werden.  Es  ist  unerläfsUch 
nnd  dringend  notwendig,  dab  wir  unsere*  Operationen  in  Öber^- 
Stimmung  bringen."  — 

Begleiten  wir  nonmehr  den  Marschall  aof  seinem  Bitt  zn  den 
Lagerplätzen  der  Trappen. 

Seine  erste  Frage  mag  dem  Ctewehr-  nnd  Geschützfener  ge. 
gölten  haben,  das  er  nm  3*  TCniommen  hatte.  Feindliche  Husaren^ 
waren  südlich  von  WOrth  ron  den  Vorposten  der  DiTisioo  Baoolt 
(3.)  angeschossen  worden,  eine  Batterie  hatte  einige  Granaten  anf 
sie  abgefenert.  Gleichseitig  hatte  die  Artillerieieserre  ihre  Pferde 
zom  Tittnken  an  die  Saner  g^ührt;  das  Schieisen  hatte  eine  grofse 
Panik  anter  den  Mannschaften  herrorgemfen,  die  sich  anf  die 
Truppen  in  der  Kühe  von  Froschweiler  obertragen  hatte;  die  Bagagen 
hatten  die  Flacht  nach  allen  Selten  hin  ergriffen.  Indes  war  e» 
bald  gelangen,  der  grundlosen  Anfregang  wieder  Herr  zu  werden. 

Sonst  hatte  man  vom  Feind  nnr  sehr  wenig  erfahren.  Das 
Detachement  Seh,*)  das  nunmehr  wieder  eingerückt  war,  hatte  am 
Vornuttag  des  4.  durch  2 '/«  Bckadronen  gegen  Schleithal  aufklären 
lassen;  diese  hatten  das  Ubeischreiten  der  Grenze  durch  starke 
Kräfte«)  beobachtet 

Auf  VeranUssoog  des  Generals  Lartigne  (Kommandeur  der 
4.  Division)  waren  zwei  Züge  des  6.  Lanciersregimeuts  gegen 
Gunstett  und  DUrrenbaeh  voigerltten«    Sie  waren  zunächst  von 


*)  Faiiiv  eihieit  es  üacli  seiner  eigenen  Ans^abe  um  b^^.  \'f  i inutlirh 
ist  die  Ankuoft  frdher  erfolgt,  uuuüich  bevor  das  dritte  Telegramm  Mac 
Mahons  einging,  in  den  Archiven  hat  das  (zweite)  Telegramm  kein  Datum. 
VI,  49  A. 

3)  Eine  I  nteroffläerspatrouille  der  beiden  Ton  Oberst  v.  Seltauroth 

geführten  KskadrorK'n 

»)  Vgl.  ö.  28b  des  vorigen  Heftes. 
*)  Das  XI.  Armeekorps. 


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IHe  Titt^lMit  des  Maraeludlt  Mao  liihon  vor  d«r  Schlaoht  voa  Wtfrth.  891 


einer  feindlichen  UlaneDeskadroo ')  zurück pretricbeu  worden,  allein 
diese  war  hierauf  in  das  Feuer  einer  Feldwache  sreraten  und 
nach  Verlust  einiger  Leute  zurttckpe|s:anpt  n  Die  franztisi^^cbe  Ab- 
teilung hatte  dann  bei  ilinterfeld  (südöstlich  Morsbroon)  einen  ieind' 
liehen  Husarenpo8teii  verUieben. 

Das  war  alles,  w&a  bis  4®  naohni.  von  der  Kavallerie  Mac 
>!;ibau8  geleistet  worden  war.^)  Zwei  Kavallerie brigaden  (Septeuii 
and  Michel)  standen  seit  dem  Vormittag  völlig  untäti^^  an  ihren 
Lagerplätzen.  Vom  Marschall  selbst  ist  auch  nicht  eine  Erkundung 
angeordnet  worden,  obwohl  er  auch  aui  anderem  Wege  keine  Kennt- 
nis erlangt  hatte,  ob  und  auf  welehen  Stralsen  die  feindliche  Armee 
vorgerückt  war. 

Um  4°  luichm.  fand  der  Marschall  das  1.  Korps  vollzalili^ 
vor;  alle  am  Morgen  noch  fehlenden  Teile  waren  unterdessen  bei  ihren 
V^erbänden  eingerückt.  Von  der  1.  Division  (Conseil  Dumesnii)  des 
7.  Korps  waren  die  ersten  Bataillone  eingetroffen;  die  Aosladimg  VJ.  192 
hatte  nachm.  in  Reicbshofen  begonnen.  Die  DiTidon  wiurde  an- 
gewiesen, westlieh  Elsabliaiueii,  zechte  Deben  der  2.  Divirifm  Fdlö 
ihr  Lager  anfznMhlageo. 

Auch  die  ReserrekavalMe^Tision  Bonneoialiifl  war  um  8^  naehm.  VI,  ist,  176 
Dordtotlieli  tod  Ueichshofea  angekommen  nnd  hatte  hier,  da  üur  Aber 
ihren  Lagerplatz  kehi  Befehl  zogegaogen  war,  einatweUen  gehalten. 
Die  Divinon  war  in  der  Naelit  ton  Pfalsbnrg  and  Zabem  abgerückt, 
hatte  in  früher  Horgeostonde  Ragenan  erreieht  ond  dort  biwakiert; 
mn  11^  Torm.  war  de  wieder  an%ebroehen.  Bei  Beidishofen  ein- 
getroffen,  hatte  der  Kommandenr  infolge  der  Panik  bei  den 
Bagagen  die  Trappen  anfinarachieren  nnd  die  beiden  Batterien  in 
Stellung  geben  lassen.  Erst  um  6^  ttberbraohte  ein  Generalatabs. 
offizier  den  Befehl  Mao  Mabons,  die  Division  solle,  wo  sie  stehe, 
biwakieren,  morgen  sei  Ruhetag. 

Hae  Haben  hat  ttbrigens  am  4^  nachm.,  als  er  die  Stellongen  VI,  ist 
seiner  T^pen  abritt,  den  Gedanken,  daib  möglicherweise  am  nSehsten 
Tage  ein  Angriff  des  Feindes  erfolgen  kOnne,  nkbt  völlig  von  der 
Hand  gewiesen.  Nach  dem  Tagebnoh  der  4.  Diririon  Lartigae,  ver- 
falst  Ton  deren  Generaletabsoffizier,  dem  Obersten  d'Andign^,  hat 
dieser  letztere,  als  Mac  Mahon  zur  4.  Dirision  kam,  mit  dem 
General  Oolsoo,  dem  Generalstabsehef  des  1.  Korps  eine  Unter- 

*)  1./6.  Ulaneu,  Hittmeister  v.  Pelet-Narboiaue.    üeueraistubbvverk  1, 

$.  201/m 

über  das  Ergebnis  der  geringen  Tätigkeit  der  6.  Landers  wShiead 
des  spaten  Naehmittags  nnd  der  Nacht,  vgl  S.  406. 


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392         Tätigkeit  des  Mareduüls  Mac  Mahon  vor  der  ächiaebk  toq  Wörth. 

redang  gehabt.  Ü  Audignö  sagte:  ,.Wir  werden  wahrscbeinlieh  an- 
gegrifleu  werden;  denn  die  deutschen  Aufklärer  sind  selir  uiiter- 
nehmend ;  eben  haben  zwei  Ulaaeo  ihre  Kühnheit  mit  dem  Leben 
gebttÜBt,  aaf  der  grofsen  Straüse,  bi  unserer  Stellung"  ^)  Der  General- 
sftabschef  entgegnete:  „Der  Marschall  denkt,  er  werde  morgen 
aagegriifen  werdeo;  da  er  eine  Niederlage  des  Angreifers  ftlr 
äeher  hält,  so  hat  er  der  Intendantur  befohlen,  ftlr  drei  Tage  Lebeos- 
mittel Tom  Bahnhof  Relehshofen  oaeh  FirOadiweiler  Ymshaffen 
zu  lassen,  nm  sie  naeh  der  Schlacht  an  die  Trappen  verteilen  m 
können.*'^ 

VI,  183  Aneh  die  fransdaisehen  Unterfhhier  haben  troti  des  Befehls: 
Morgen  ist  Rahetag!  an  die  Möglichkeit  eines  Angriffes  geglaubt. 
Als  General  Dnorot  dem  Marseball  vorscblng,  GeUbideTerstürknngen 
in  der  Stellung  ausfuhren  su  lassen,  ging  der  Marschall  infolge  des 
fi»t  einstimmigen  Widerspruches  der  Generale  hierauf  nicht  eu; 
diese  führten  als  Grand  an,  man  dttrfe  die  Truppen  am  Vorabend 
einer  Seh  lacht  nicht  mit  derartigen  Arbeiten  ermtlden.^ 

Vermntlieh  gelbgentlieh  des  Abreitens  der  Stellung,  also  um  4^ 
nachm.,  kam  General  Ducrot,  dem  der  Marschall  sein  besonderes 
Vertrauen  schenkte,  mit  weiteren  VorschUlgen  an  diesen  heran.  In 
Gtegenwart  des  Sousehefe  des  Generalstal»,  General  Faure,  bean- 
tragte  Ducrot»  man  solle  die  infimterie  des  5.  Korps  am  nächsten 
Tag  mit  der  Bahn  heranziehen,  nm  die  grolse  Strafoe  illr  den  An- 
marsch der  Kavallerie,  Artillerie  und  der  Bagagen  Terftlgbar  zu  haben; 
der  Marschall  habe  diesen  Vorschlag  —  so  erzählt  Docrot  —  ledig- 
lieh ans  dem  Grunde  abgewiesen,  weil  man  Scherereien  mit  dem 
Bereitstellen  des  Wa<renmaterials  habe  und  die  Unannehmlichkeiten 
des  Ein-  und  Ausladens  in  Kauf  nehmen  rnttsse."*) 

Dann  hielt  General  Dacrot  einen  Vortragt)  über  seine  Auf- 
fassung der  Lage.  Diese  sei  nicht  gttostig;  zwischen  dem  1.  und 
5.  Korps  befinde  sich  eine  gangbare  Lücke,  der  Gegner  künne 
hier  massiert  vorgehen  ond  sieb  zwischen  die  beiden  französischen 

!)  (ff^mpint  ist  offenbar  eine  von  Hittmeiäler  v.  l:'elet-Narbonne  vorge« 
schickte  Patrouille.    Vgl.  S.  391. 

9)  Diesen  Vorgang  bringt  das  franz.  deoeralstabswerk  nicht  im  Text, 
sottdera  nur  in  den  Anlagen.  Ich  halte  die  Erafthlnng  fOr  völlig  glaub* 
würdig;  da  sie  dazu  beitrl^  die  starken  Schwankungen  in  den  Au.^chau- 
nn^n  Mac  Mahons  su  beleuchten,  halte  ich  es  für  angexeigt,  sie  hier  an- 
zuführen. 

')  Dies  entiiiuuuL  das  Ivixu/..  Cieneralrstab.svverk  dem  Buche:  La  vie  mi- 
Utnire  du  g^ndral  Dncroi.  II.  869. 
♦)  Ducrot  II.  877. 

*)  Ducrot  II,  878  u.  ff.;  franz.  Generalstabswerk  VI, 90^  Anm.vu.  Vit,  8. 


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Dto  TiCIgkctt  des  ManobaUs  Mao  Mihi»  vor  dar  SeUaoht  Toa  WOrtfa.  393 


Korps  einschieben.  Ilioizu  stfinden  ihm  die  Weire  tiher  Oh^r- 
und  Nieder-Stembacb,  Dambacb,  Neunhofen  auf  Philippsborg  zur 
Verfügung. 

Wenn  der  Gegiicr  diesen  lei/tcreii  StralstMikimtenpunkt  als 
OperatioDSziel  wähle,  so  könne  er  sich  seiner  benuiihtiiTen  und 
dann  über  Bärentbai  und  Mutterhansen  ^e^en  die  wichii^^t  stuiiuag 
von  I^emberg  vorgeben.  Diese  decke  irlcit'hzciti^  die  ^'roise  Strafse 
Rohrbaeh — Ingweiler  nnd  den  Weg  auf  df  in  Hohfiikiuinn,  der  (Iber 
Gittzenbrück,  Meinenthal,  Puberg  und  Lutzelstein  tühre.  Es  sei  da- 
her vor  allem  nötig,  die  Flügel  der  Aofstellung  beider  Korps  ein- 
ander zu  nähern  und  die  Verbindnngspunkte  stärker  zu  besetzen. 
Zu  dem  Zw«  ck  schlage  er  vor,  das  .j.  Korps  solle  Philippsbnrg 
stark  besetzen  and  die  Masse  seiner  Kräfte  nach  Lemberg  and 
Mutterhausen  verschieben.  Leitender  Gesichtspunkt  mUsse  sein, 
dafs  niaa  stets  sicher  im  Besitz  des  Höhenkamun  s  der  Vogesen 
bleibe,  damit  man  sich  von  hier  aus  je  nach  IJmstuüdeu  rasch  nach 
dein  einen  oder  dem  anderen  Abhang  des  Gebirges  wenden  könne.') 

Da  Mac  Mahon  die  hier  geäntserten  Ansichten  am  Morgen  des 
6.  August  in  einem  ausführlichen  Hchreiben  besprochen  bat,  so  wird 
bei  dieser  Gelegenheit  auf  die  Ducrot'sche  Auilaasung  zurUckzu- 
koramen  sein.  Es  sei  jet/t  nur  daraut  hingewiesen,  dals  die  Vorschläge 
dieses  Generals  einen  völligen  Widerspruch  iu  sich  tragen:  einerseits 
findet  er,  dafs  die  beiden  Korps  zu  weit  auseinanderstehen  und 
schlägt  deshalb  die  Besetzung  von  Philippsborg  vor;  andererseits 
soll  die  Masse  des  5.  Korps  nach  Lemberg  und  Mutterbausen  ab- 
rttcken,  wodurch  sie  rom  1.  Korps  noch  weiter  getrennt  wird,  als 
wenn  sie  bei  Bitsch  bleibt.  Denn  bei  Bitsch  stand  das  5.  Korps 
wenigstens  an  der  grolsen  Stratse,  bei  Lemberg  an  einem  damals 
eddeehten  Ortererbindiingsweg,  &Ub  es  an  das  1.  Korps  beian* 
gezogen  werden  moCrte.  — 

„Nacb  einer  ziemlich  langen  Unterredung"  —  so  beliebtet 
General  Dnorot  —  sei  der  Marsoball  anf  die  von  ihm  ver- 
tretenen Ansiehten  eingegangen  nnd  habe  demgemiUs  an  General 
Failly  befoblen;  leider  seien  die  Befehle  weder  genügend  dringlich 
nodi  genügend  bindend  gewesen. 

Das  Telegramm,  das  Mac  Mahoti  uuumclji  au  General  Failly 
richtete,  lautet  f(  1^  ridermafsen: 

„Wenn  es  Ihnen  möglich  ist,  so  besetzen  Sie  sofort  die  y  Tele- 

Stellung  von  Lemberg;  es  ist  dies  von  der  äuDsersten  Wichtigkeit"  i^r^aiux 

im  Failly. 

  V,  2Q 

1)  Vgl.  hierzu  den  Anhaiig. 


^uj ui.uo  uy  Google 


394  IHe  ntiffkflit  des  ManoluUi  Mac  lUhoii  vor  der  SoUacbt  ▼oa  Wartk. 

Das  Telegramm  kam  gegen  5°  iu  die  Hände  Faiilys,  mols 
also  spätestens  4'^  abgegangen  neinJ) 

Mac  Mahoii  hat  zwar  die  Besetzung  von  Phiiippsburg  nicht  an- 
geordnet, der  \  orwurf  aber,  den  ihm  Dncrot  macht,  ist  völlig 
QnbegTtindet:  dringlicher  konnte  der  Befehl  an  Failly  wohl 
nicht  sein.  — 

Um  G*'  wai  im  Schlosse  von  Fröschweiler  Diner,  zu  dem  alle 
Generale  geladen  waren.-)    Man  mochte  noch  bei  Tisch  sitzen,  als 
die  Antwort  Faillys  —  datiert  von  6°  abends*)  —  an!  das  zweite. 
Telegramm  des  Marschalls  einlief.    Sie  lautete: 
VT,  49  ,.Die  Division  Ijespart  ist  allein  bei  ßitHi'h  und  wird  moriren 

G*'  vorm.  zur  Vereiniirung:  mit  Ihnen  abrücken.    Die  amlcren 
Divisionen  werden   auf  der  Stralsc  nach  Niederbronn  abiUckeUf 
sobald  sie  nach  und  nach  in  Bitsch  eingetroffen  sind." 
VI,  49  Das  franz.  Generalstabswerk  bemerkt  hicrzn:  „Ohne  Zweifel  be- 

fand Hieb  genau  genommen  die  Division  Lespait  ,aIleiD  bei  Bitsch',  aber 
tatsächlich  biwakierte  die  Division  Goze  bei  dem  Grebtfft  Frendenbergy 
das  nnr  3  km  Ton  der  genannten  Stadt  entCent  Ist.  Die  Antwort 
des  Generals  Failly  war  demnach  nur  dasa  angetan,  einen  Iirtom 
bei  Maneball  Mae  Hahon  Aber  die  tateSehHelie  Lage  des  5.  Korps 
herbeisnfllbren.  Im  ttbrigen  kann  man  sieb  Atg^Ueb  nnr  darttber 
wandern,  data  General  FaiUy  anf  die  vor  4*  eingegangene  Anf- 
Ibidemng,  sieb  sobald  als  möglieb  mit  dem  I.  Korps  zn  vereinigen, 
den  Aufbmofa  der  Division  I^espart  —  im  Monat  Angost  —  eist 
anf  6^  morgens  am  nicbsten  Tage  angesetst  bat."  — 

Mae  Mabon  mniste  sieb  sagen,  dais  infolge  seines  dritten  Tele- 
grammes  General  Faillj  wabrsebeinlich  der  Division  Leapart  den 
Befebl  gegeben  baben  mooble,  niöht  anf  Üiedeibionn,  sondern  b 
der  entgegengesetsten  Bichtnng,  nacb  Westen  bin,  anf  Lemberg  ab- 
snrtteken.  Nanmebr,  gegen  Ende  des  Diners,  sebiea  ibm  plOtatteb 


>)  Das  Td«gnuBtn  wurde  der  Sicberheii  wegen  auf  zwei  veiachiedeaen 
ÜDien  aufgegeben,  die  erste  Ausfertigung  kam  nach  dem  von  Failly  durch- 
gesehenen Tagebuch  des  Korps  um  6*  an,  die  zweite  von  8»  abends  da- 
tierte Aubfertigung  nach  S'O. 

3)  Fröschweüer  Chronik  von  Ptavr  Klein,  Seite  72.  Auch  Oberst 
von  Zanthier  erzBhlt  dies  —  Saite  812  —  mit  dem  Bemevken,  dafii  hierbei 
Lage  und  Aolgaben  der  Armee  im  KonversatioiiJistüe  behanddi  worden 
8eien. 

Vermutlich  ist  das  Telegramm  nicht  gleich,  naclideni  es  aufgegeben 
war,  von  der  Telegraphenstation  abgefertigt  worden,  denn  um  war 
Failly  schon  im  Besitz  des  dritten  Telegrainma,  du  ihm  die  Besetzung  von 
Lemberg  auftrug.  Es  mufs  also  das  hier  in  Frage  stehende  Telegramm 
Failljs  sehen  vor      verfaist  worden  sein. 


Digitized  bv  CjOO<^Ie 


JA»  TUigfcelt  des  Haneiiills  Hae  Hahon  yor  der  S«Uiehl  von  WMi.  H9r> 


diei  nlebt  das  Richtige  xo  leln:  er  kam  auf  semea  anfiiiglielieii 
EotBeblnis  zuttok,  das  5.  Koips  an  die  Auiifcelliuig  seiner  Trappen 
herannuiehen.  Wodozeb  diese  rascke  Sinnesindernng  lieri^eigdOlnt 
wurde»  wie  es  kam,  dafs  der  Manekall  nan  den  mächtigen  Eänflnfs 
Dnerots  von  sieh  abschuttelte,  Ist  aneh  dnroh  die  VeiOffientüohnngen 
des  Iranz.  Generalstabswerkes  niobt  an^klirt  worden.  )fan  mOebte 
glaabeoi  dats  das  Herankommen  des  Gegners  diebt  vor  die  Front 
der  franztJsischeo  Trappen  die  Veraolassang  war:  g:egen  Abend 
standen  bei  Mattstall  Vorpoeten  des  11.  bayerischen  Korps,  längs  ' 
der  Sauer  die  des  V.  Korps;  dessen  Avantgarde  hosetstc  die  Orte 
GOrsdorf,  Dieffenbach  and  Gnnstett.')  Aber  die  Franzosen  haben 
Ton  aUen  diesen  Vorgängen  nach  der  Angabe  des  franz.  Geoeralstabs- 
Werkes  nichts  bemerkt,  als  dafs  zwei  prenfsische  Kompagnien  gegen 
abends  qnerfeldein  Ton  Sttden  nach  Norden  marschierend  GK)rs- 
dorf  besetzt  hatten. 

Man  kann  also  nur  vermnten,  dals  der  gesunde  Menschenverstand 
Mac  Mabons  Uber  die  haltlosen  Phantastereien  eines  Dncrot  den 
Sieg  davon  trag,  als  er  am  8'°  abends  —  vermatlich  nach  einer 
Besprecbang  mit  seinem  Intendanten  —  folgendes  Telegramm  ao 
den  General  Failly  absandte: 

„Kommen  Sie  mit  ihrem  g'anzen  Armeekorps  nach  4.  Tele- 
Reichshofen  und  zwar  so  bald  als  mfiirlich.    Wir  haben j^^'^^^J^ 
Maugel  an  Lebensmitteln  ;  wenn  Sie  in  Bitsch  Vorräte  haben,  so    yi,  22 
beladen  Sie  einen  Sonderzug  mit  I  ehensmittfln  aller  Art;  er  soll 
noch  beute   nacht  hier  ankommen,    ihre    Iruppen  «ollen  die 
grofse  Strafse   benetzen;  ich  boife,  dafs  Si<>  Rieh  morgen 
im  Laute  des  Tasres  mit  mir  vereinigen  werden.  Ich 
ersuche  am  EmpfaugsbestätigDog." 

Nnn  aber  sollte  Mac  Mabon  die  Früchte  seines  dritten  Tele- 
grammes  ernten,  das  die  Besetznng  von  Lemberg  angeordnet  hatte. 

In  der  Nacbt  trafen  kurz  nacheinander  folgende  Depeschen  des 
Generals  Failly  ein: 

1-  Ab  Bitsch  5.  August  8*'  abends.  VI,  100 

„Ich  kann  in  diesem  Augenblick  nur  über  ein  Infanterie- 
nnd    ein  Kavallerieregiment   verfügen.      Was  soll  ich  nuch 
Lemberg  schicken? 
2.  Ab  Bitsch  5.  August  9^  abends.  V1.21u,IOO 
Nach  vorgenommener  Erkuüduug'j  habe  ich  Gruud  zu  glauben, 

>)  üeneralstabswerk  I  (Seite  208  und  204). 

2^  ♦>neral  Faillj  hatte  nach  Ein^^ang  dos  dritten  Telegrammfs  den 
J^oiisrhef  ^einos  Gcneralstabes  mit  einer  Husareneskadron  zur  Erkundimg 
<ier  Steliung  von  Lemberg  abgeschickt,  obwohl  er  sich  gleich  ge»mgt  hatte. 


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396  iiiügkeit  dvh  Marschalls  Mao  M&hoa  vor  der  8oblaobt  voa  Wüiih. 


daCs  es  tkh  mohl  um  die  Beeeteong  der  SteUnng  Ton  Lem- 
berg, BabiutatioD  im  Sttden  tob  Bitscb,  handeln  keim.  In  dieser 
Btebtang  ist  oiebts  AnfiSUiges.  Es  rnnls  sieh  om  Lembaoii,  32  km 
Ostlieh  Ton  Bitsoh,  liaodeki.  lek  eiseehe  am  Anoidnang  Aber  die 
Starke  der  Trappen,  die  dortliin  sa  eatsendeB  sind.  lofolge  der 
KoosentratioDsbewegoDg,  die  sich  anf  Bitseh  m  vollsieht,  weide 
ieh  morgen  erst  am  10*  Aber  die  Division  Lespart  veilttgen  kOnnen, 
insofifirn  es  sieh  am  deren  Abmaiseh  handelt  Sollen  die  Attülerie- 
teserre  and  die  Verpflegskolonnen  ebenfalls  abmanehteren?  Es 
ist  onmOgliob,  dafs  die  Division  Lespavt  an  einem  Tage  82  km  sa- 
rlleklegt,  wenn  sie  einen  Kriegsmaiseh  ansftthrea  mols.  loh 
habe  hierüber  sehen  zwehaal  eine  trttbe  Erlabrang  gemaebt**^) 

Yersetst  man  sieh  in  die  Lage  des  Generals  FaiUy,  so  kann 
man  es  sehr  wohl  verstehen,  dab  er  ao  eine  Verweefaselnng  der  Namen 
Lemberg  nnd  Lembach  glaubte.  Ihm  war  voriier  die  sehlennige  Ver- 
einigung mit  den  bei  Worth  stehenden  Trappen  befohlen  worden 
(erstes  Telegramm  Mae  Mabons);  in  diesen  Gedankengang  palste  ein 
Abmarsch  anf  Lembach.  Was  aber  —  so  mochte  er  sieh  frageo  — 
sollte  seb  Korps  in  Lemberg?  Der  Marsehall  hatte  ihn,  genan 
wie  es  das  kidserÜche  Haaptqoartier  aoek  xa  tan  pflegte,  mit  keinem 
Wort  Ober  seine  Absicht  orientiert,  Faillj  konnte  also  nomOglich 
wissen,  dafs  die  Daerotsche  Ansicht  von  der  Wichtigkeit  der  Be- 
herrscbnng  des  Yogesenkammes  den  Marschall  tatsäehlieh  sn  dem 
Befehl  veranlatst  hatte,  Lemberg  besetsen  zn  lassen. 

Geradem  nngehenerlich  aber  erscheint  die  Bemerkung,  die 
Division  Lespart  werde  erst  am  10^  von  Bitscb  abrttcken  können. 
Und  dies  noch  dain  angesichts  der  Mahnung  Mac  Mabons,  der  Abmarsch 
nach  Lemberg  —  wofUr  Failly  Lembach  annahm  —  sei  von  der  Kaiser* 
sten  Wich%keit.  Das  franzOsiche  Generalstabswerk  meint,  dals  Faillj 
in  Bitsch  das  Eintreffen  der  Divisionen  Goze  and  Abadie  von  Flrenden- 
bexg  und  Rohrbach  abwarten  sn  mOssen  glaubte,  ehe  er  die  Divi- 
sion Lespart  abmarschieren  liefse!  — 

Wir  sind  nielit  darttber  unterriohtet,  welchen  Eindmek  das 
letcterwKhnte  Telegramm  des  Generals  Failly  auf  den  Marschall 
machte.  Glaubte  er  trotz  der  Meldung,  dafe  die  Division  Lespart 
erst  um  10  ^  abrOcken  kOnne,  auf  Grund  seines  letzten  Telegrammes 

daCs  Lemberg,  weaii  auch  an  einem  Vogesen-Defilee  gelegen,  docii  /.u  weit 
südlich  liege«  um  bedroht  zu  nein.  VI,  Sl. 

1)  Nach  dem  französischen  Geneialstabsweric  VI,  21  Anm.'  bezieht  sieh 
dies  auf  die  am  6.  August  vcm  den  Divisionen  Goze  und  de  l'Abadie  znrflck- 
gelegten  Märsche.  Diese  hatten  nur  25  and  20  km  betragen. 


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Die  TMlKkelt  de»  HanehellB  Mao  Mahon  vor  der  Seldaolit  TooWtfrtk.  397 

(des  vierteDK  das  FoiUy  xn  dieser  Zelt  noeh  nielit  eihalten  hatte,  ao 
eiD  HerattkommeD  des  5.  Korpe  am  oiohsten  Tage? 

Die  Antwort  des  Generals  liefs  lange  auf  sieb  warten;  um 
Mittemaeht  war  sie  noch  nicht  eingetroffea.  Mac  Mahon  soU  nicht 
zn  Bett  gegangen  sein,  sondern  sich  nnr  saweilen  «brütend^  aaf 
ein  Sofa  gelegt  haben.^)  — 

Begeben  wir  nns  für  einen  Aagenbliek  za  den  fransösisohen 
Truppen.  Am  späten  Nachmittag  war  die  in  Reiehshofen  ausge- 
ladene 1.  Brigade  der  Dividon  Conseii  Dnmesnil  in  der  Stellang 
eingetrofien;  sie  bezog  westlich  Elsabhansen,  rechts  von  der  Division 
Peild,  Biwak.*)  Bei  den  Truppen  war,  wie  schon  am  4.  Angost»  VI,  182 
empfindlicber  Lebensmittelmangel  eingetreten;  das  vierte  Telegramm 
Mao  Mahons  an  Failly  fuhrt  hierttber  eine  beredte  Sprache.  Am 
5.  Äogast  gab  es  nach  eioeni  vom  friinz.  Geoeralstabswerk  ange* 
führten  Berieht  nur  6000  Portionen  Ittr  die  bei  Wörth  versammelten  VI.  l«7 
Kräfte.  Gewaltmalsregeln  der  Einzelnen  und  Szenen  von  Indisziplin 
waren  die  Folge.")  Dazu  kam,  dals  bei  den  Teilen  der  Armee,  die 
Naehtmärscbe  aosgefubrt  hatten,*)  Mannschaften  wie  Pferde  Uber- 
mtldet  waren. 

General  Bonual,  der  die  Schlacht  als  Leutnant  im  48.  Infanterie- 
regiment  mitgemacht  hat,  schreibt^)  Uber  die  Stimmung  der  Troppen: 

„Die  Hoffnung  auf  einen  Sieg  war  am  Abend  und  Morgen  vor 
der  Schlacht  groCs  in  onseren  Reihen. 

Niemals  waren  Truppen  von  grölserem  Vertrauen  auf  sich  selbst 
und  den  Erfolg:  beseelt. 

Die  moralische  Kraft,  die  f^ewissermalsen  durch  die  voraus- 
gefraii^eneii,  für  unsere  Wallen  alle  prinrreieh  verlaufenen  FeldzU^je 
aufpesppichert  war,  gab  unseren  Keginirntmi  ein  Selbstvertrauen 
und  eiuc  Veraehtunsr  des  Feindes,  die  man  wahrscbeiDÜch  so  bald 
nicht  wieder  sehen  wird. 

Ja.  et«  war  sogar  ein  Übermafs  von  Dttnkel  auf  unserer  Seite, 
und  in  der  Tat,  man  kann  nur  erröten,  wenn  man  au  die  Kenom- 

M  Kleiu,  Fröschweiier  ('hrouik,  Seite  72. 

2)  Da.s  III.  Bataillon  des  21.  Infanterieregiments  war  bei  der  Artillerie 
der  Di%'isinn.  lüc  laü':;e  Zeit  wegen  t'berfnllung  des  Bahnhofes  nicht  aus- 
geladen werden  konnte  und  aa  der  iSchlacht  —  ebenso  wie  das  Bataillon 
—  nielit  tsilnalim.  Das  IL  Bataillon  liatte  Hagenau  am  decken  uod  ging 
«ptter  naeh  Strasburg  sarflck;  die  Brigade  war  also  nur  fUnf  BKtaiUone 
stark. 

Klein,  Ki « ,>t  hweiler  Chronik,  Seite  67  u.  ff. 
*)  N'gl.  Seite  2Ü8. 

Seite  206  seines  Werkes. 


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398  Die  Tliiigkeit  det  Hamdialls  Hie  Malioii  vor  der  Sehlaclit  von  Wdrth. 


niistereien  zarUckdenkt,  die  in  naiver  Weise  in  der  Armee  omlieleUt 
ehe  sie  Rokanntschaft  mit  dem  Feind  gemacht  hatte." 

Hiezu  i^t  zn  bemerken,  dals  die  Division  Kaoult,  zu  der 
General  Bonnal  damals  hörte,  seit  dem  Naehmittns*  des  4  August 
bei  Wörth  stand,  mitbin  vülUg  ausgeruht  war;  au('h  waren  vermutlieb 
infolge  ihrer  längeren  Anwesenheit  die  Yerpflegsvcrbältnisse  bei  ihr 
noch  am  besten  geordnet.  So  mochten  in  dieser  Division  die  Wogen 
der  Stimmung  höher  «rehen.  als  bei  tien  anderen  Truppenteilen. 

Im  übrigen  hatu  n  sich  sämtliche  franzijsische  Trnppeu  am 
6.  August  trotz  voraiii:e^anL^pner  grolser  Anstrengangeu  und  un- 
genügender Veipilegung  vorzii-Hch  geseblageu;  auch  die  Truppen 
der  2.  Division  Pelle  haben,  obwohl  sie  bei  Weifsenbarg  eine  Nieder- 
lage erlitten  und  teilweise  einen  übeisttirzten  HUckzag  aasgefUhrt 
hatten,  nichts  an  ihrer  Gefeditskraft  eingehüfst.^)  — 

Der  Tag  des  5.  Aagast  war  schön  und  heifs  gHwescn :  nachts 
zwischen  10  und  11^  entlad  sich  ein  heftiges  (<evvitter.  Strömender 
Regen  ging  nieder  nnd  dauerte  bis  zum  Tagesanbruch;  die  franzö- 
VT,  136  sischen  Truppen,  die  die  Erlaubnis,  ihre  Zelte  auiznschlagen,  nicht 
erhalten  hatten,  wurden  bis  auf  die  Haut  durcbnäfst.  In  das  GerauRcb 
des  Regens  aber  mischte  sich  das  Knattern  von  Gewehrschüssen, 
mit  denen  die  französischen,  nur  auf  kurze  Entfernungen  vorge- 
schobenen Vorposten  das  Vorgehen  prenfsischer  Patronillen  abzu- 
weisen suchten.^)  Dieses  Feuer  nuig  wohl  auch  Mac  Mahou  von 
Zeit  zu  Zeit  im  Schlosse  von  Fröschweiler  gehört  haben. 
0.  Aogtist  Erst  als  der  Morgen  des  0.  August  anbrach,  erhielt  der -Mari^ühall 

von  General  Failly  folgende  um  3*^  morgens  abir«  taiste  Autwort  auf 
sein  am  Abend  um  8*^  abgesandtes  (viertes)  Telegramm: 
VI*  2<  „Ich  kann  nur  Uber  eine  Division  verfügen.    Ich  ziehe  sie 

ZQsammen  und  entsende  sie  aaf  Reichshofen.  Es  ist  möglich, 
dafo  sie  in  Niederbronn  einen  Halt  machen  mnfs.  Ich  schicke 
Ihnen,  da  Festangsvonttte  nicht  Torhanden,  die  Verpflegsreserve 
der  8.  Di?irion  mit  fiabntruiipott.  Dieser  wird  indes  erst  morgen 
abgehen.  Ich  gebe  Befehle  snr  Bildnng  eines  zweiten  Lebens- 
mlttelzoges.  BHesbrtteken  ist  vom  Feinde  besetzt.  INe  tele* 
graphisehe  Verbindung  mit  Saaigemttnd  ist  nnterbroeben.'* 
VI.  *14         Das  franzOsisehe  Generalstabswerk  bemerlLt  hienm: 

„So  hielt  sieh  also  der  Fahrer  des  5.  Korps  an  sein  Tele- 
gramm TOn  6*^  abends  nnd  meldete  dem  JfarsohaU  abermals,  dats  er 
nnr  Uber  eme  Division  verlttge,  obwohl  er  tatsKehlich  ^e  Bweite^ 
wenn  anch  nieht  in  Bitseh  selbst,  so  doeh  in  der  nnmitlelbaren  Um- 

^)  Das  Abbrechen  von  Gefechten,  Seite  80. 
*)  Bonnal»  Seite  209. 


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Die  TJftigkeit  des  Mindialb  Mao  Mahon  Tor  der  Seblaeht  von  Wtfcth.  399 


^ebuiiLi  dH'b(  r  Stadt  stehen  hatte;  trotz  des  klaren  und  iiachdrttck- 
licheo  Befehls,  den  er  nm  10®  nachts  erhalten  hattej  sandte  er  nach 
Reichshofen  nur  die  einzige  Division  Lespart." 

Die  (rrUndp,  die  Opneral  FailJy  teils  in  dem  Tagebuch  des 
5.  Korps,  teils  in  beiaer  Schrift  über  tlcssen  Operationen  aul- 
ftihrt.  werden  in  ]äng:erer  Ausfhhrang  vom  französischen  Gt  neral- 
siabswerke  als  völlig  unstichhaltig  zurUckfrewiesen.  „Der  (ieneral 
wollte"  —  so  wird  znsainmentassend  ansgetührt  —  „gleichzeitig  Vi.  27 
dem  1.  Korpö  zu  Hilfe  kommen,  Bitseh')  decken,  die  Stellaug  von 
Fleudenberg  festhalten  und  den  Schutz  der  Eisenbahn  und  der 
OebirgslUcke  bei  Rohrbach  übernehmen.  Er  glaubte  so  allen  Ge- 
sichtspunkten gerecht  zu  werden,  anstatt  sie  dem  einzigen  Gedanken 
unterzuordnen,  der  für  die  La^o  malsgebend  sein  durfte,  nämlich 
dem  erhaltenen  Auftrag,  so  schnell  als  möglich  mit  seinem  ganzen 
Armeekorps  nach  Reichsbofen  zn  kommen.  Er  mulste  alles  ver- 
SQcheu,  um  diesen  Aaftrf^  zn  erfüllen,  selbst  wenn  der  Feind  yer» 
sachte,  ihn  daran  zo  hindero;  er  gelangte  aber  nicht  einmal  zur  Er- 
fttllong  seines  Auftrages,  fcrotidem  der  Feind  gar  iildit  da  war.  Die 
Verantwortung  hierfttr  triflt  niebt  eo  sehr  den  Flihrer  des  5.  Korpe 
als  die  Tenlteten  Anscliaanngen ,  die  damals  in  der  franzO- 
aiseheD  Annee  benBchten,  nnd  nach  denen  einem  Pabf  einem  Tal^ 
einem  StrabenluiotenpnnlLt,  einem  Piatean  mÜitilrisciie  Eigensehaften 
an  und  für  sieh,  ein  innerer  Wert  ankamen,  so  dab  Iiiednreh  der 
Gedanke,  man  mttsse  die  Krttfte  mm  Zwecke  der  Seblaebt  heran- 
führen and  insammenfassen,  in  den  Hintergrund  trat** 

Das  franiOsisohe  Generalstabswerk  spielt  hier  die  Rolle,  die 
der  Knnst  im  Prolog  znm  Wallenstein  angewiesen  ist: 

„Sie  stobt  den  Hensehen  in  des  Lebens  Drang 
Und  wähst  die  gröfsere  Hälfte  seiner  Sebald 
Den  onglttekseligen  Gestirnen  zn.'* 

Nach  unserer  deutschen  Auffassung  aber  ist  das  Urteil  des 
frauzüsiseben  Generalstabes  ein  recht  mildes.  Gewifs  stand  General 
Failly,  ebenso  wie  Mac  Mahon  und  Duerot,  unter  dem  Banne  der 
AutTassmigeu  seiner  Zeit  —  innerhalb  Frankreichs.  Aber  abgesehen 
davon,  dafs  Mäimer,  denen  im  Kriege  die  Leitung  von  Armeekorps 
und  Armeen  anvertraut  wird,  in  ihr(*n  Ansichten  etwas  Uber  dem  land- 
lüutigen  Durchschnitt  stehen  sollten,  dafs  ferner  die  grulsartigen  Er- 
folge Preulsens  ?or  wenigen  Jahren  diese  Männer  zum  Studiani  der 
Ursachen  solcher  Erfolge  nnd  damit  zum  Studium  des  Krieges  über- 

1)  IHeee  kleäw  B'estung,  ganz  fai  Falsen  gebant^  ist  bekanntlich  von 
den  Deutaehen  trotz  mehrfacher  Tersudie  nicht  eingenommen  worden. 


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400   ^  miglMit  d6B  MaraohalU  Mm  Mahoa  vor  der  aciilAoht  von  Wörth. 

baupt  bäiieu  veranlassen  musseu  —  Failly  sind  zwei  Fehler  zur 
Last  zu  legren,  die  von  operativen  Anscliauuugeu  unabhängri^  sind. 
Erstens  hat  er  seinem  Vorgesetzten  zweimal  gemeldet,  er  habe  nur 
eine  Division  bei  Bitseh,  das  ist,  da  eine  zweite  dicht  daneben 
stand,  nacii  unseren  Be^^rift'en  einfach  eine  falsche  Meld ung,  bei  der 
zwar  keine  Absicht,  wuld  abw  Fahrlässigkeit  vorlag.  —  Zweitens  ist 
General  Failly  einem  wiederholt  aul  da.s  Bestioiuiteate  ausgesprochenen 
Befehl  nicht  nachgekommen.  Von  einem  höheren  Befehlshaber  wird 
kein  sklavischer  Gehorsam  verlangt,  mau  erwiu'tet  im  Gegenteil  von 
ihm,  dals  er  dann,  aber  auch  nur  dann  von  einem  Befehl  abweicl\^, 
weon  er  die  Überzeagung  gewonnen  hat,  dals  seit  Erteilung  des 
Befehls  eine  Änderung  in  der  Lage  eingetreten  ist^  mithin  eine  Vor- 
anBfletKQug,  unter  der  der  Befebl  erJassen  wurde,  nlelit  mehr  zo^ 
triift.  So  handelte  am  6.  Aagnst  General  Ton  KIrdibacb,  als  er  die 
Seblaebt  gegen  den  Befehl  des  Kronprhizen  nioht  abbraeh,  und  bober 
Rnhm  nmstrahlt  seine  Grestait  ftlr  alle  Zeiten  infolge  dieses  kühnen,. 
yerantwortungsvoUen  Entscblasses.*)  Aber  General  Failly?  Niebta 
binderte  ihn,  dem  Befehle  seines  Yorgesetaten  naebatnlKommen  ala 
das  Gefühl  fbr  die  Wichtigkeit  einiger  GelSndepnnitte.  Nun  war 
er,  als  der  Befehl  erstmals  eintraf,  in  der  glttokliehen  Lage,  seine 
Anffassnng  tat  Spraehe  bringen  an  kOnnen;  er  konnte  telegraphtseh 
heiiehten,  ja  selbst  dam  wäre  Zeit  gewesen,  einen  OfBuer  seines 
Stahes  mit  Bahn  oder  anoh  an  Pferde  zn  Mae  Hahon  an  entsenden. 
Darin,  dala  General  Failly  sieh  niebt  einmal  die  Mflhe  nimmt,  an- 
zufragen, sondern  tron  Tornherein  seine  eigene  Anffassnng 
über  den  Befehl  seines  Vorgesetzten  stellt,  kann  nichts  an- 
deres erblickt  werden  als  ein  Mangel  an  Disdplin. 

So  brachte  also  der  Morgen  des  6.  Angnst  dem  Maraeball  die 
«Gewibbeit,  dafs  seine  Erwartung,  das  5.  Korpe  werde  im  Lanfe 
des  Tages  zn  ihm  stolsen,  sich  niebt  erfhUen  werde.  Sehr  schwer 
mag  die  Nachrieht  nicht  anf  ihn  gewirkt  haben,  da  er  —  wenn  anch 
mit  dnigen  Schwankungen  —  die  Ansiebt  hatte,  er  werde  an  diesem 
Tage  nioht  angegriffen  werden.  Gleichwohl  machte  er  noch  einen 
sehwachen  Versuch,  das  Herankommen  des  5.  Korps  zn  veranlassen^ 
indem  er  an  General  Failly  —  ab  Reichsbofen  5  vorm.  —  fol- 
gendes telegraphieren  liels: 

•)  Im  tlegensatz  zu  der  Bemerkung  »lt>s  Generals  Roimai  (>^eitc  881), 
General  v.  Kirchbach  sei  aus  Besorgnis  (tres  anxicux;  für  <lie  Lage  de« 
V.  Korps  zu  seinem  Entechlnfä  gekommen,  eignet  i^ch  das  franzOsiadie 
Generalstabgwerk  das  «neikennende  Urteil  des  G^erals  Woide  an.  (VII. 
Seite  201.) 


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Die  TItIgkeit  dm  Karachalls  Hae  Mahoa  v«r  dar  Sohlaobk  tob  Wörth.  401 


„Teilen  Sie  mir  sofort  mit^  ao  welchem  Tage  und  auf     :,.  Te\o- 
welcbem  Wege  Sie  Sich  mit  mir  vereinigen  werden.    Es  ist  an- 
erläfslich  nnd  dringend  notwendig,  dals  wir  ansere  Operationea    yn,  5 

in  ÜbereinstimmrinE:  bringen." 

Dieses  Telegramm  hat  genau  den  gleichen  Wortlaut,  wie  das 
zweite,  das  an  den  General  Failly  abgegangen  war.  „Es  stellte 
ohne  Zweifel"  -  so  bemerkt  das  französische  Generalstabswerk  —  VIU,  6 
„eine  Ah^phwächiniL'-  des  bestimmten  Befehls  dar,  so  bald  als  möglich 
iiaeh  Heichshülfii  abzurücken.  Wenn  man  jedoch  den  Sinn  des 
Telegramms  brtraehtet.  so  war  einleuchtend,  dafs  der  Marschall 
eiligst  zu  wissen  wünschte,  zu  welchem  Zeitpunkt  er  auf  das  ganze 
5.  Korps  zur  Verstärkung  des  1.  rechnen  könnte.  Es  niufste  ferner 
klar  sein,  dafs  der  Marschall  seine  ersten  Anordnune-en  nur  auf 
Gmnd  der  Antwort  des  (ieuerals  Failly  abschw^ächte,  von  dem 
er  annehuien  uiuiste.  dal^j  der  grOlsere  Teil  seines  Armeekorps  noch 
bei  SaargemUüd  stehe."' 

Gewils,  dem  Sinne  nach  hat  Mae  Mahon  auch  jetzt  noch  ein 
l)aldiges  Herankümmen  des  5.  Korps  als  wünschenswert  liinge- 
sfcellt.  Aber  warum  hat  er  nicht  am  Abend  oder  wenigsteub  in 
der  Nacht,  als  das  Telegramm  einging,  das  eine  Namensverwech- 
selnng  asmahrn,  einen  Nachrichtenoffizier  nach  Bitsch  entsi  ndet,  mit 
dem  doppelten  Aultrag,  einerseits  seinem  Befehl  wegen  der  Ver- 
einigung Nachdruck  zu  verschaffen,  andererseits  sich  Uber  die 
Aufstellung  und  Lage  bei  den  einzelnen  Teilen  des  6.  Korps  zu 
orientieren?  Und  wenn  dies  unterblieb,  in  der  sicheren  Voraus- 
setzung, dals  das  Teleer  nnn  von  8^*^  abends  keinen  Zweifel  mehr 
lassen  könne,  warum  ist  jetzt,  am  Morgen,  als  die  Meldung  eintraf, 
dafs  nui  Ii»  Division  Lespart  kouimen  werde,  nicht  endlich  das  er- 
lösende Wort  ausgesprochen  worden: 

Wo  stehen  die  beiden  anderen  Divisionen? 

Dem  wäre  beiziifiiiren  gewesen,  dafs  sie  sofort  auf  der  Stral'se  nach 
Niederbronn  in  Bewe;,im-  lu  setzen  seien;  sofortige  Meldung;  Uber  die  von 
ihnen  voraussichtlich  zu  erreichenden  Punkte  und  Zeit  des  Abrückens 
der  Division  Lespart  sei  geboten.  Dann  wäre  der  Marschall  endlich 
za  einer  klaren  Erkenntnis  der  Lage  beim  5.  Korps  gekommen, 
was  ihm  bis  zum  Beginn  der  Schlacht,  allerdings  nicht  ganz  ohne 
Belli  Verschulden,  absolat  nicht  gelang  trots  des  nnablttssigen  De- 
pesebenweebaele.  Vielldebt  wixe  dann  anoh  ein  ITailly  za  dem  Ent- 
seblofs  gekommen,  die  Dirision  Goze  and  die  ArtülerieraseiTe  der 
Dillsion  Lespart  folgen  zu  lassen;  sie  Uttten  Mlich  erst  za  einer 
Z^t*)  anf  dem  Schlachtfeld  eingreifen  können,  da  der  Sieg  der 

*)  Das  Telegramm  Mac  Maliom»  von  5'*  kam  erst  gegen  7®  in  die 
HSade  Faülys. 


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402   l^to  Tätigkeit  dM  Maraoludls  Mio  Mtlioii  tot  dw  SeUaebt  Ton  WOrtli. 


Dentschrn  schon  entschitdeu  war,  aber  eine  völlige  Zertrünuuerun^ 
der  Truppen  Mac  Mahousi  wäre  vermieden  worden,  insbesondere, 
wenn  die  Artillerie  rechtzeitig  voraosgesandt  worden  wäre. 
VU,  ä6S  Angesichts  dieser  Möglichkeit  wird  ein  l^uraer  Blick  auf  das 

tatsächliche  Verhalten  der  Division  Lespart  von  Interesse  sein.  Sie 
wurde  am  Morgen  des  (i.  August  6  °  vorm.  von  Generai  Failly  (an- 
statt sofortiger  Bildung  der  Marschkolonne)  in  eine  Versamm- 
laugsformation  zusammengezogen.  Da  sich  vor  den  Vorposten  der 
bei  Frendenberg  stehenden  Division  Goze  schwache  Kavallerie  zeigte, 
hielt  General  Failly  die  Division  Lespart  I  is  7^°  zurtick.  Dann  erfolgte 
endlich  der  Abmarsch.  Kurz  vorher  hatte  man  schon  Kationen- 
donner  aus  östlicher  Kiehtuiig  vernommen;  er  verstuininte  wieder, 
ii;thin  aber  dann  bis  f)**^  mehr  und  mehr  /u.  General  l  ailly,  dem 
nun  oüeubar  das  Gewissen  schlug,  sandte  der  Division  von  Bitseh 
aus  mehrfach  telegraphisch  den  Befehl  zu,  sie  solle  ihren  Marsch 
so  viel  wie  möglich  beschleunigen.  Gleichwohl  ging  die  Bewegung 
nur  mit  einer  „verzweifelten  Langsamkeit"^)  vor  sich;  zahl- 
reiche Halte  worden  eingelegt.  Die  Division  hatte  keine  Araiit-' 
garde  .Toraosgesohickt;  an  jeder  Krenzoog  der  grolsen  Straise  mit 
dnem  nach  Korden  ftthrenden  Weg  wurden  Anfkttrangaabteilougen 
naoh  dieser  Biehtong  abgesandt,  unterdessen  hielt  die  Kolonne. 
Anberdem  wurde  die  Truppe  ron  der  Hitze,  die  in  dem  engen  n 
dnrohsofareitenden  Waldtal  faemchte,  sehr  mitgenommen.  „Unter 
diesen  Umständen  branohte  die  Division  Le8]Murt  anstatt  sechs  Stunden, 
die  hoch  geieehnet  snm  Znrttefclegen  der  22  km  betragenden  £nt* 
femung  von  Bitseh  naeh  Niederbronn  nötig  sind,  deren  aeht  und 
eireiehte  diesen  Ort  eist  um  4^  zn  einer  Zeit,  als  die  Sehlaeht  un<>' 
wiederbringlich  verloren  war.'* 

Die  Division  besog  bekanntlieh  bei  Niederbronn  eine  Anfnahme- 
steUnog  und  hielt  diese  bis  7^  abends.  Sie  hat  dort  zur  Deekong 
des  Rttokznges  der  Trttmmer  der  geschlagenen  Armee  nicht  an* 
wesentlioh  beigetragen,  insbesondere  ein  weiteres  Vorreiten  der 
wttrttembergischen  Kavallerie  naeh  ihren  anftngliohen  glänzenden 
Erfolgen  verhindert^) 

Die  Division  ging  auf  Befehl  Mae  Mahons  ezzentriseh  zurllck; 
die  eine  Brigade  deekte  als  Airieregarde  den  Bttelczog  der  Armee 
ani  Zabem,  die  andere  —  Abatucei  —  zog  naeh  Bitseh  ab.  Dies 
hat  bekanntlioh  veranlalst,  dals  man  anfönglieb  im  Hauptquartier 
der  UL  Armee  und  hn  grolsen  Hauptquartier  der  Ansicht  zu- 

Vom  franz&sischeu  Generulätabswerk  aus  dem  Tagebuch  des  68.  lu- 
ranterieregimento  abemommen. 

*)  Genenüstabswerfc  I,  Seite  288. 


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Die  Tätigkeit  des  M&rschaliä  Mao  Mabon  vor  der  Schlacht  vun  Würth.  403 


neigte,  der  ttberwiegende  Teil  der  Aimee  Mac  Mabons  aei  in  dieser 
Richtong  zurückgegangen. 

Wie  aber  iLonnte  aeb  die  Lage  gestalten,  wenn  General  FaiUy 
dem  Befebl  Hae  Hahona  Tom  5.  8*^  abends  Folge  Idstete?  Das 
französische  Genenüstabswerk  beantwortet  diese  Frage  wie  folgt:  Vn, 
Die  DiTision  Lespait,  die  am  6.  Angnst  keine  Tätigkeit  gebaibt  batte, 
war  am  6.  Angnst  3*  vorm.  in  Harseb  an  setsen,  binter  ihr  nm 
4"*  die  Artilleriereserre  anter  dtm  Scbntxe  eines  Bataillons  nnd 
eines  KaTallerieregiments,  nm  batte  die  Division  Gme  an  folgen. 
Die  Abmarscbzeiten  der  rttckwürtigen  Trappen  sollen  dnrob  Annahme 
einer  breiteren  Marsebformation  erreiebt  werden.  Dann  konnte  der 
Anfang  der  Division  Lespart  nm  9^  Jener  der  Reserveaitiilerie  am 
10  *^  jener  der  DivisiDn  Goze  am  11^  bei  Bdchshofen  eintreffen. 
So  wäre  am  das  ganze  5.  Korps,  auimaisohiert^  bei  diesem 
Ort  znr  Verfllgnng  des  Marschalls  Mao  Mahon  gestanden. 

Es  sind  selir  gttnstige  Verhältnisse,  die  das  französische  General- 
stabswerk hier  annimmt,  wie  eine  Naofaprilfnng  mit  dem  Zirkel  ergibt. 
Ancb  war  von  Heichshofen  bis  zar  vorderen  Gefeohtslinie  noch  ein 
gutes  Stttek  Weg  zorückzülegen.  Aber  selbst  dann,  wenn  man  den 
angegebenen  Zeiten  noch  1  '/s  Standen  hinzusetzt,  wird  mau  zageben 
müssen,  dafs  ein  Sieg  der  Franzosen  dorchans  wahrscheinlich  war. 

Generai  Dacrot  bat  in  einem  Anisatz^)  versucht,  die  Sebald  an 
dem  NichtberankoniT^ien  des  5.  Korps  von  General  Failly  abzuwälzen 
nod  dem  Marschali  Mac  Mahon  in  die  Schabe  zn  schieben;  dieser 
habe  sich  zwar  seine,  Dnerots,  Ansicht  zn  eigen  gemacht,  allein  seine 
Befehle  hätten  an  Klarheit  und  Bestimmtheit  zu  wünschen  tlbiig 
irehissen.  Dem  gegen« her  ist  durch  die  jetzt  veröffentlichten  Akten 
klar  erwiesen,  dafs  Mac  Mahon  zwar  dann,  wenn  er  unter  dem  Banne 
des  unverantwortlichen  Katirebers  Dnerot  stand,  in  seinen  Ansichten 
schwankend  wurde,  dafs  er  aber  dann,  wenn  er  sieh  von  diesem 
unheilvollen  Eintluls  frei  machte,  auf  das  Hprankominf-n  (Jes  5.  Korps 
gedruugren  hat.  Beweis  sein  viertes  Telegramm  an  ( w  neral  Failly. — 

Kurz  nachdem  Marschall  Mac  Mabon  in  seinem  fünften  Telegramm 
einen  nochmaligen,  wenn  auch  wenig  nachdrücklichen  Versuch 
gemacht  hatte,  sich  die  Unterstützung  des  5.  Korps  zu  sichern,  ge- 
langte er  wieder  zu  einer  anderen  Auffassnng  der  I^age.  Er  liels 
folgendes  Schreiben  an  den  General  Failly  abgehen:  28 

„Liager  hei  Fröschweiler,  6.  &  Vorm. 
Verehrter  Herr  General! 
Sie  sind  dnrch  den  Kaiser  unter  meinen  Befehl  gestellt 

1;  La  vie  du  general  Ducrot  II,  a78.  ' 
JaMBftor  Ar  4to  4ratMli»  Aibm  vaA  IIiiIm.  Mt.  »t.  27 


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404  Die  TiUgkelfc  d«8  Mftrwludls  Mio  Iktioii  vor  d<r  SehlMbt  tob  WOrtii. 


worden.  Es  ist  vou  der  giOAten  Wiehtigkeit^  dalii  wir  unsere 
Operationen  in  Übereinstimmnog  bringen. 

Ich  wurde  vorgestern  bei  Weifaenburg  von  der  Armee  des 

Kronprinzen,  die  mir  sehr  Überlegen  war,  angegriffen  und  genf^tigt, 
mich  bis  in  die  Nähe  von  Reichshofen  zurückzuziehen.  Ks  ist 
dringend  nötig,  dufs  wir  uns  Uber  die  Opf'rationen  vereinigen. 

Nach  Na(  lirichten,')  in  die  man  Vertrauen  setzen  kann,  soll 
der  Feind  eine  Beweg^g  inachei!,  die  den  Zweck  hat,  sich  des 
Höhenkamins  der  Vocresen  m  bemächtigen  und  uns  zu  trennen. 
Wenn  diese  Bewegunj;  bestätigt  wird,  so  müssen  wir  sie  (d,  h.  die 
Deutschen)  in  den  Defileen  augreifen.  Wenn  sie  hingegen  die 
Stell ungeu  von  Weifsenburg  bis  Lembach  besetzt  halten^)  und 
mit  d<'ni  Hauptteil  iiirer  Kräfte  in  der  i^jbeue  stehen,  so  werden 
wir  gemeinschaftlich  kämpfen,  um  ihnen  ihre  Stellunj^en  zu  ent- 
reilseu.  Setzen  Sie  also  eine  ihrer  Divisionen  iu  Marsch.  Ks 
wäre  wünschenswert,  dafs  »ie  diesen  Abend  in  I^hilippsburg-^) 
nächtigte,  wobei  sie  in  ihrer  linken  Flanke  die  Stellungen  zu 
besetzen  hätte,  die  die  Strafse  von  Ktimhofen  beherrschen. 
Wenn  die  erste  Annahme  sieb  bewahrheitet,  su  würde  diese  Di- 
vision zuerst  auf  Neunhofen,  von  hier  auf  Obersteinbach  zu  rücken 
iiiii)i'n.  Dieser  Ort  würde  am  gleichen  Tage  von  vier  Brigaden 
aüge^'fitl'en  werden,  die  auf  verschiedenen  Anmareehwegeu  vom 
Biwak  bei  Keichshofen  heraüz,urücken  hätten. 

Sobald  Sie  Kenntnis  von  der  Ausführung  dieser  Bewegung 
erhielten,  würden  Sie  eine  andere  Division  auf  der  grolsen  Straise 
^tsoh — Weitsenburg  nach  StUrzelbroun  entsenden  and  so  den  Feind 
TOT  sioli  hertieiben,  der  Sick  »ol  Msoher  Tat*)  ertappt  und  toü 
allen  Seiten  umgangen  Bähe. 

Eine  Brigade  der  letsteii  (d.  h.  dritten)  Division  lilitte  nacli 
Lemberg  absorneken»  wo  der  Sohlflssel  der  Vogesen  naeb  dieser 
Seite  lün^)  üegt;  ihr  wtfre  eine  Batterie  miteogeben.  Die  andere 
Brigade  Itftte  in  Bitsob  zn  bldben,  bereit,  entweder  naeb  Sttlrzel- 
broan  oder  naeb  PhilippsbuR  absarttcken,  je  naob  den  Eieig- 


^)  En  ist  unmöglich  fentzustellea,  woher  der  MarHcbali  zu  solchen 
Nachrichtea  gekommen  sein  wilL 

*)  Das  fruizOflisehe  Gheneralstabsweris  bemertet  hiezu:  Sic 

^  Die  Besetzung  dieses  Ortes  war  am  5.  dem  Marschall  von  Ducrot 
angeraten  worden. 

Damit  dflrfte  der  dein  Feinde  unterstellte  Versuch  gemeint  sein,  »ich 
zwischen  das  1.  und  ö.  Korps  einzuschieben. 

*)  Gemeint  dttrftesein:  Der  Teil  der  Vogesen,  der  für  die  beiderseitigen 
Operationen  in  Betracht  Icommt. 


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1)1«  TäUgkeit  des  ManelnUB  Mae  Ifahoii  vor  der  Seblaeht  vim  WOttll.  405 

lUBBeD.  Es  wäre  gut,  wenn  die  Brigade  von  Lemberg  sieb  ver^ 
«ebaoflen  würde.  In  liehtenbeig  und  Ltttzelskein  ist  Sebanzzeog 
TorbandeUf  je  1500  Stttek  io  jedem  Flatee,  womit  diese  Arbeit 
ansgefttbit  werden  l^Oiinte. 

Wenn  hingegen  der  Kronprinz  in  der  Gregend  von  Lembach 
und  in  der  Rheinebene  yersammelt  steht,  so  wäre  die  znerst  ab* 
gehende  Division  io  Pbilippsbnrg  nieht  anzuhalten.  <)  Sie  würden 
dann  die  zweite  Division  und  eine  Brigade  der  dritten  anf  der 
gleichen  Stra&e  abmarschieren  lassen,  die  let/.te  Brigade  wäre  anf 
Lemberg  abzusenden,  von  wo  sie  Ltttzelstein  erreichen  könnte, 
wenn  sie  zum  KUckzn^  gezwangen  würde. 

Senden  Sie  mir  Antwort  ii^i  r  drei  verschiedene  We^e,  iob 
schicke  dieses  Schreiben  (gieichfaUs)  anf  drei  verschiedenen 
Wegen  ab. 

P.  S.  Kurz  g^^'^agt,  schicken  Sie  Ihre  1.  Division  sobald 
als  möglich  nach  Fbilippsborg  and  halten  Sie  die  beiden  anderen 
marschbereit. 

Wenn  möglich,  halten  Sie  Ihre  Verbindung  mit  f  bilippsburg 
aufrecht." 

Diejies  Schreiben  ireianorte  gegen  3"  naehm.  in  die  Hände  des    V,  267 
Generals  Faill\ .    Dirser  \\;\t   bei  Ritsch,  wo   um  'l'^  die  Brif:-ade     V,  280 
Maussioii  seiner  2.  Di\isi(iii  von  Kohrbach  her  eintraf,  untiiiifr  stehen 
irebli«'h»'n.   »^ii-'eich  während  df's  iran/.i  n  Tages  aus  östlicher  lÜchtQug 
Kanoueudonuer  immer  stärker  hrtrbar  j-tnvorden  war.  — 

Mac  Mahon  nimmt  in  seinem  Schreiben  an.  dals  sein  Gegner 
zweierlei  tun  k<inne:  entweder  werde  er  den  Versuch  machen,  sich 
zwischen  das  1.  und  5.  Korps  einznschiehen.  oder  aber,  er  halte  die 
Stellungen  von  Weifsenburg  bis  Ijembach  li'st  und  stiebe  mit  dem 
Hauptteil  s»*iner  Krät't«*  in  dor  Kheincbene. 

Mit  der  ersten  Annahme  stellt  sich  Mac  Mahon  vollständig  auf 
den  Boden  der  Ansehauuuy'en,  die  von  Heueral  Üucrot  am  Nach- 
mittag des  5.  entwickelt  worden  waren  und  zu  dem  Befehl  der  Be- 
setzung von  Lemberg  getührt  hatten.  Das  h.ui/.ösisehe  General- 
stabswerk sagt  Uber  diese  Auffassung:  ,,Es  war  ohne  Zweifel  nicht  VII,  8 
unmöglich,  dals  der  Kronprinz  so  operieren  konnte,  indes  wenig 
wahrscheinlich,  dafs  er  sieh  in  Anbetracht  der  nuiiiiTischen  Über- 
legenheit der  III.  Armee  und  ihrer  zahlreichen  Artillerie  entschlofs, 
sich  in  die  Berge  hinein  zu  begeben,  wo  nur  die  Anfange  der 
Kolonnen  kämpfen  konnten."  Schärfer  wird  von  General  l>onnaF) 
genrteill.  Ein  Taktiker  des  XV III.  Jahrhunderts  hätte  vielleicht  au 

^)  D.  h.  sie  soll  »ach  l'(  u  hsliofeu  fortmar«;clüereü. 
2»  tVöschweiicr,  Seite  Ibö  u.  If. 

27« 


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406        Titigkeit  des  Mandwlla  Mac  Msboo  vor  der  Sehleoht  von  Wdrtlk 


einein  solchen  Getiankensrang  (des  sich  Hineinschieben^)  l'reude  ;re 
habt,  so  fuhrt  er  aus  und  erinnert  dann  an  die  Aoffassuns:  der 
Gegner  Fraiikreiehs  währcim  der  Zeit  der  Revolution  und  des  Kaiser- 
reichs Uber  den  Wert  des  Geläudes  und  ,ireo^ra|)hi?>cher  Pnnktt*. 
wobei  dm  Plateaus  von  I^antrres  and  (Tueiscuaus  hekauuter  sarkastischer 
Äurscruui;  hierüber  ^cedacht  wird.  \ Oii  den  feindlichen  Streitkräften,, 
die  mau  antrelVen  könne,  fei  nirgends  die  Rede,  alles  beschriiuke  sich 
darauf,  dafs  das  Dorf  Obersteillbach  von  \  ier  Brigaden,  die  auf  vier 
verschiedeneu  Wegen  von  Heichshofen  heranrUcken  würden,  ange- 
grifien  werden  solle. 

Gewifs.  die  Autiassunj:.  dals  der  Besitz,  des  llühenkammes  der 
Vogesen  und  der  Stellun^'^  von  Leraberj:  entscheidend  sei.  das  ist 
Theorie  des  X\  III.  .lahrhuudc  it«*  uiid  ein  würdiges  Seitenstüek  zu 
der  iMnscliaUunLT  des  Plateaus  von  Laii^rres.  Dals  aber  eine 
ganze  Armee  —  Ducrot  hatte  sie  selbst  auf  80000  Mann  geschätzt 

—  sich  auf  ein  oder  zwei  miserablen  Gebirgswegen 
zwischen  zwei  feindlichen  Korps  sozusagen  durch- 
schleichen werde,  dieser  Gedankengang  übertrifit  alles  in  dieses 
Beziehung  je  Dageweseue  und  wird  ein  einzigartiges  Verdienst  dessen 
bleiben,  der  ihn  ausgeheckt  hak 

Die  andere  Annahme  Uber  das  Verhaiten  des  Gegners  ist  offen- 
bar das  geistige  Eigentum  Mac  Uabons  selbst  Danach  sollte  die 
feindlieh  Armee,  die  am  4.  die  Offensive  ergriffen  hatte  und  in  einem 
Gefecht  siegreich  geblieben  war,  nicht  nur  am  5.  und  6.  vGllig  un- 
tätig bleiben,  sondern  flberhaupt  keinerlei  Angxiffsabsichten  haben, 
sie  sollte  mit  dem  Gros  ihrer  KrI&fte  ruhig  in  der  Rheinebene  stehen 
bleiben,  auf  ihrem  rechten  Flügel  aber  „Stellungen  festhalten**.  Ein 
derartiges  Verhalten  nimmt  der  französische  Führer  von  einer  Armee 
an,  die  vier  Jahre  vorher  die  glänzendsten  Beweise  von  zielbewotster 
Energie,  von  raschestem  Zugreifen  gegeben  hatte! 

Mochte  Mac  Mafaon,  ebenso  wie  das  kaiseiiiche  Haaptqoartier, 
anfilnglich  sich  über  die  OperationsbereitBchaft  der  Deu^^hen 
getäuscht  haben,  das  Gefecht  von  Weifsenburg  konnte  keinen  Zweifel 
mehr  bestehen  lassen,  dals  diese  zur  Offensive  bermt  und  entschlossen 
waren.  Aber  die  blutige  Lehre,  die  dem  Marschall  dort  erteilt 
worden  war,  nützt  nichts,  ein  Vorgehen  des  Gegners  kann  er  sieh 
nur  zu  dem  Zwecke  vorstellen,  um  sich  der  Stellung  von  liemberg 

—  ohne  Kampf  —  zu  bemächtigen;  ist  das  nicht  der  Fall,  nun,  so 
wird  der  Gejnier  stehen  bleiben I 

In  beiden  Fällen  will  der  Marschall  die  Oüensive  ergreifen, 
darüber  aber,  wann  er  den  einen  Fall,  wann  den  anderen  als  gegeben 
ansieht  sagt  er  dem  General  Failly  nichts;  vergeblich  fragt  man. 


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Die  Tittfgkett  dea  MwtohaNs  Xm  Uahoa  vor  der  Sehluht  Ton  Worth.  407 


was  von  diesem  erwartet  wird;  erst  die  Nachschrift  gibt  hierüber 
Aufschlufs!  eine  Division  soll  auf  Philippsbarg  in  Marsoh  gesetzt 
werden,  die  beiden  anderen  sind  marschbereit  zn  halten. 

Der  Oedanite,  dafs  der  Gegner  die  bei  Wörth  stehenden 
Kratte  augreifen  ki'mne,  der  doch  von  Hause  niis  zu  d^r  Ein- 
nahme einer  Defensivstell unjr  jrefiihrt  hatte,  wird  nicht  einmal 
aestreift.  Während  der  Marschali  noch  am  Abend  vorher  nach- 
drücklich das  Herankommen  des  ganzen  5.  Korps  lordert,  ist  ihm 
offenbar  jetzt,  am  Morgen  de«,  (»..  hieran  nichts  gelegen;  auch  die 
eint*  Division,  die  von  (General  i*ailiv  als  sofort  verfügbar  bezeichnet 
worden  ist,  soll  nur  bis  /u  einem  18  km  von  Wörth  eoUemteu 
Tankte  herang-ezogen  werden. 

Wie  ist  diese  neue  Sinnesändenino:  entstandeiiV  Das  französische  VU,  9 
Oeneralstabswerk  hält  es  für  wahrscheinlich,  dafs  die  Vorstellung, 
der  Oe^ner  werde  den  Besitz  des  Höhenkammes  der  Vogesen  an- 
Mreben,  die  Meldung  Faillys,  er  könne  nur  eine  Division  abrücken 
lassen,  und  die  Voranssctznn*r.  der  Gegner  werde  nicht  angreifen, 
man  habe  vielmehr  alle  Zeit,  eine  Vereinigung  der  getrennten  Kräfte 
nach  Eingang  von  Nachrichten  Uber  den  Feind  zu  vollziehen,  gleich- 
mäfsig  auf  den  Marsehall  eingewirkt  liauen. 

Der  Entschlufs,  den  Mac  Mahon  jetzt  ausspricht,  ist  durchaus 
das,  wa.-^  ihm  General  Ducrot  schon  am  Nachmittag  des  ö,  angeraten 
hatte,  nämlieh  eine  Auslüllung  der  zwischen  dem  5.  und  1.  Korps 
bestehenden  Lttcke  durch  lieselzung  von  Fhilippsburg;  dadurch  aber, 
uais  in  den  vorausgehenden  lietrachtuageu  über  die  Lage  die  an 
und  für  sieh  schon  merkwürdige  Auffassung  des  genannten  Generals 
mit  eigenen  Anschauungen  des  Marschalls  zusammengeworfen  wird, 
entsteht  ein  Schriftstück,  das  Oberst  von  Zanthier  mit  Recht  als 
-ganz  konfus"  bezeichnet  — 

Nach  seinen  Erinnerungen  hat  der  Manchall  am  Morgen  des  VII, Sann. 
6.  August  endlich  darao  gedaeht,  die  Aafkttrongfrt&tigkeit  der 
KaTallerie  in  Ansprneh  su  nehmen.  Er  kabe  BrknndnngBabteilangen 
aaf  Lembaeh  nnd  Hagenau  voigeBcbiekt;  da  de,  ohne  auf  den 
Feind  geslofsen  tn  sein,  znrttokgekekrt  seien,  so  habe  er  an 
einen  feindlichen  Angriff  an  diesem  Tage  nicht  geglaubt.  Aneb  das 
Tagebncfa  des  L  Korps  erwtthnt  firkondnngsabteünDgen ;  diese  seien  vii,i«an 
mit  Tagesaobmek  sarttokgekehrt  und  bSilen  anf  dem  linken  Saner- 
nfer  nichts  Tom  Gegner  angetroffen.  Der  Text  des  ftansQsisehen 
Generalstabswerkes  erwähnt  diese  Erkundungen  nicht;  wenn  sie 
aber  abgegangen  sind,  so  können  sie  nnr  einige  hundert  Meter  weit 
geritten  sein,  sonst  hätten  sie  aaf  die  dentseben  Yor|»06ten  Stoffen 
mttssen. 


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408         i  äti^keit  des  MarsobalLs  Mac  Mahon  vor  der  Schlacht  von  Wörth. 

172  \om  6.  Lancierregimeiit  »iud  auch  in  der  Nacht  vom  5.  auf 

6.  Augast  Erkuadnogen  aosgefUhrt  worden;  sie  beschränkten  sich 
auf  die  rechte  Flanke  und  den  Rücken  der  auf  dem  äufsersten  rechten 
Flügel  stehenden  4.  Division  Lartigue.  „Man  hörte  Tom  Lager  Am-'j 
so  berichtet  die  Geschichte  des  Hegimente,  „während  der  Nacht  eine 
Anzahl  ron  SeblMsen,  «Ueb  de  rtthrt^  von  Vedetten  her,  die  wenig 
Eifohrong  besagen  und  noeh  daza  durch  die  Finateniifl  und  das 
eeUeehte  Wetter  eingesehttebteri  warea.** 

Im  ganzeo  steliteo  die  £rkondiiDgen  des  6.  Lanoierregiments 
während  des  5.  Angnal  nnd  in  der  Nadil  vom  3.  aof  6.  feil,  daüs 
der  Gegner  mit  atarlcett  Krilften  Ton  Gnnsftelt  bis  Walbarg  stehe« 
dafo  sieh  Trappen  in  der  Gegend  von  Eechbaeh  zeigten  and  dals  die 
Straise  Hagenan— Reiebshofen  yoin  Feinde  Tellig  frei  8ei.>) 

Diese  Meldnog  konnte  der  Marseball  Mae  Mahon  in  den  Morgen- 
itnnden  des  6w  Angnst  haben.  War  dies  der  Fall,  ao  mnlate  die 
Naoiurieht  von  der  Anwesenheit  starker  Kräfte  ror  seiner  Front  dem 
franzOsisohen  Fflhzer  dooh  Zweifel  erweeken»  ob  seine  Annalime,  dals 
der  Feind  entweder  ins  Gebirge  abgerückt  oder  stehen  geblieben 
sei,  zutreffend  sei. 

General  Saonlt,  dessen  Division  (3.)  Worth  and  GOrsdorf  gegen- 
über lagerte  and  mit  ihrem  linken  Flügel  bis  anf  1  km  an  Langeo- 
snlxbaeb  heranretcbte,  hat  in  den  Morgenstonden  des  6.  Angnst  den' 
Eindmek  erhalten,  dals  starke  Massen  Tor  ihm  ständen.*)  Ob  damit 
das  V.  Korps,  dessen  Gros  bei  Prenschdorf  biwakierte,  oder  das 
II.  bayerisobe  Korps,  dessen  Ayantgarde  bei  Mattstall  sammelte  nnd 
nnd  Teile  gegen  die  Linie  Langensnlzbaob  -Kahbrücke  (im  Saaer- 
tal)  Torsebob*)  gemeint  war,  ist  nicht  festsnstellen. 

General  Dncrot  war  —  vielleicht  schon  am  Abend  des  jeden- 
falls aber  am  Moigen  des  6.  Angnst  —  vennatlicb  aater  dem  Bin- 
drack,  da(s  starke  Kräfte  des  Gegners  dicht  vor  der  franzOsisehen 
Front  ständen,  zu  einer  anderen  Anffassnng  der  Lage  gekommen. 
Er  sehreibt  hierüber:^) 

„General  Ducrot  erachtete  es  Ihr  tollkühn,  die  Seblaeht  in  der 
ätollnng  von  Frösch weiter  mit  so  ungleichen  Kräften  anmnebmen. 
Seiner  Ansicht  nach  mnfste  man  den  Kttelung  auf  Lemberg  antreten, 
um  sich  mit  dem  Korps  FailJy  zo  vereinigen,  nnd  den  Höhenkamm 
der  Vogeaen  festhalten.   Hier  sei  man  jedem  Angriff  gewaebsen  in 

')  Bei  Giinstett  standen  Vorposten  des  V.  Armeekorps,  an  den  anderau 
geuannten  Orten  kann  .sich  nur  Kavallerie  gezeigt  haben. 

3)  \  gL  die  ErzSliIung  des  Grafen  roa  Leafiie.  Seite  411. 
S)  Daa  Abbrechen  von  Gefechten.  Seite  181. 

4)  La  Tie  militaire  du  g^n^nU  Doexot,  Band  II,  Seite  tSD. 


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DI«  TStiffkeit  dflt  MarsduOls  Mm  MahOB  vor  4«r  Solilaeht  von  Wtfrtb.  409 

den  gewaltigen  Stellungen,  die  er  (l)ucrot)  seit  langer  Zeit  scbou 
geprüft  hatte,  üian  stehe  in  Verbindung  mit  der  Armee  des  Kaisers 
und  sei  endlich  in  der  Lage,  gegen  die  rückwUrtigen  \  rrhiDdniigen 
der  in  das  Elsals  eingedrnngenen  Aniiee  zu  operii  rt  n,  wenn  sie  den 
Vormarseh  auf  Strafsbnrg  fortsetze,  oder  aber  gegen  die  Flanke  der 
anderen  deutschen  Masse  v orzabrechen,  wenn  sie  die  baar  Uber- 
schreite. 

Es  wäre  das  die  Ausftlbrung  eines  Planes  gewesen,  den  er 
(Dncrcvt)  während  iiu  i  Konimaudoftthrung  in  Strafsburg  bis  ins 
einzelne  ausgearbeitet  h;ittr,  eines  Planes,  den  er  dem  Kriegsminister 
und  dem  General  Frofsard  unterbreitet  hatte.*' 

Sowohl  General  Bonual,  wie  das  französisehe  Generalstahswi  rk 
sprechen  sich  über  diesen  Plan  abfällig  aus.  Ersterer  führt  aus,') 
dals  die  III.  Armee  nicht  gezwungen  gewesen  wäre,  den  Marschall 
iu  der  Stellung  auf  dem  Vogeisiiikuumi  anzugreifen;  in  Anbetracht 
der  geringen  Zahl  der  durch  die  Vogesen  führenden  Strafsen  nnd  der 
von  ihnen  gebildeten  langen  Defileen  hätten  einige  Detacheraents,  unter- 
stützt von  einem  hinter  ihnen  steheudeii  gröfseren  Körper,  genügt,  die 
Frauz(>sen  an  einem  Vorgehen  ins  Elsais  von  Lemberg  aus  zu  ver- 
hindern. Der  General  hält  es  also  für  möglich,  dafs  die  III.  Armee 
ihren  Vormarsch  in  südlicher  Richtnng  vorgesetzt  hätte.  Der  Gedanke 
eines  Angriffs  gegen  die  II.  Armee  von  Lemberg  ans  sei  fehlerhaft, 
weil  ein  Gebirgsstock  keine  Basis  fttr  eine  moderne  Armee  mit  ihren 
Trains  bilden  kOnne. 

Das  franstfeische  Oeneralstabswerk  schliefst  sich  dem  an  ond  VH,  2 
ftigt  uoob  folgendes  hinsn:  Der  Plan  setaste  voraus,  dab  die  beiden 
teindlichen  Armeen  nicht  sn  glelelier  Zeit  anf  beiden  Seiten  der 
Vogesen  vorgehen  würden.  Wenn  aber  der  Vonnaneh  gleiehzeitig 
erfolgte,  oder  die  ilL  Armee  vor  der  II.  vorans  war,  so  konnte  das 
1.  nnd  5.  Korps  entweder  von  iwei  Seiten  gepackt  oder  aber  fest* 
gehalten  werden,  so  dafe  —  in  letzterem  Falle  —  das  7.  Korps  der 
Zertrttmmening  dnreh  die  III.  Armee  ansgesetst  war;  endlich  konnte 
das  1.  nnd  5.  Korps  gegenllber  den  iothringisohen  Krilflen  nnd  dem 
7.  Korps  in  ehie  Lage  versetzt  werden,  die  tatsächlich  beim  5.  Korps 
am  6.  Angost  eintrat,  nimlich  die  dnes  mfllsigen  Zasclianers  zwischen 
zwei  Schlaehten. 

Was  an  diesen  UrteQen  aofiUlt,  ist  das,  dals  ein  Vormarseh 
der  III.  Armee  fai  sUdHoher  Rlcbtong  fUr  möglieh  gehalten  wird, 
anch  wenn  hier  keine  feindliche  Armee  mehr  steht  Wem?  Sollt» 
etwa  das  fibafs  erobert,  Stratsborg  weggenommen  werden?  Das 


>)  Seite  188. 


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410   I>M  Hügteit  des  ManekuUi  Mac  Mahoa  ¥or  der  SoUacbt  von  Wörth. 

wäre  KriegfÜhniiig  im  Stile  des  XVIIl.  Jahrhonderts  gewesen,  die 
gerade  General  Bonnal  als  dem  wahren  Wesen  des  Krieges  xowider- 
Uurfendf  so  sehaif  Temrteilt.  Aach  das  sehwache  framOeiaebe  7.  Korps 
wiie  kdo  OpeiatkifiBobjekt  fllr  eine  ganze  Imee  gewaieii,  Bobiige 
ao  der  Saar  die  feiodliclie  Haoptnacbt  stand.  Solehe  Aboehten 
bd  der  deBtoehen  Heeresleitang  foraiHaEoseteeD,  heibt  den  Geist 
Mdtkeecher  Kriegsführang  stark  Terkennen. 

Einen  deotliehen  Begriff  davon,  wie  man  nnf  dentseber  Seite 
im  FaUe  eines  Abmusebes  Hac  Habons  nach  Lemberg  gehandelt 
liaben  wüide,  gibt  die  Beapreehong  der  Lage  am  3.  Angast  im 
Generalstabswerk.  ffier  bei&t  es:^  «Die  AnfsteUong  eines  ansebn- 
lieben  Tmls  der  ficaosSsisobeB  Stnitmacht  im  BUsab  wies  der  IIL 
Armee  eine  selbstündige  AoJgabe  n,  wobei  anf  ihr  nnmittelbares 
ZnsammenwirkeQ  mit  den  beiden  anderen  Armeen  m  der  Hand 
▼eniebtet  werden  mnCste.  Dies  galt  solange,  als  sie  ein  ihrer 
Stiirke  angemessenes  Angrifiisobjekt  vor  sroh  hatte.  Bestätigte  sich 
hingegen  der  Abmarseh  der  Truppen  Mae  Halions  snm  Ansebluls  an 
die  iranaOsiscbe  Hanptmaebt,  so  war  es  geboten,  anoh  die  HI.  Armee 
znr  Entsebeidongsseblacbt  mit  herannziehen;  ihr  weiterer  Vormarsch 
wäre  dann  ein  Lnftstols  geworden.'*  Und  weiter  nnten:  ,»Bestätigte 
sich  ...  ein  Abmarsch  des  Gegners  durch  die  Vogesen,  so  beab- 
siebtigte  man,  nnr  ein  Korps  gegen  Strafsborg  stehen  zn  lassen,  mit 
allen  ttbiigen  aber  längs  der  pfiüziaohen  Grenze  gegen  die  Saar 
vorzorücken  ..." 

Die  Absiclit.  mögUohst  viel  Kräfte  znr  EntscheldoDg  heran- 
zntieben,  wäre  also  sicher  anf  dentseber  Seite  auch  dann  festgehalten 
worden,  wenn  Mac  Mabon  am  6.  Aognst  nach  Lemberg  abmarschiert 
wäre.  Nnr  brauchte  die  UL  Armee  dann  nicht  mehr  längs  der 
pfUlziscben  Grenze  nach  Westen  absnittcken,  sie  kuiinte  auf  einer 
Anzahl  von  VogesenUbergängen  gegen  die  Flanke  des  Gegners 
angesetzt  werden,  während  die  nonmebr  herangekommene  iL  Armee 
gegen  seine  Front  vorging.  — 

Es  mag  kurze  Zeit  nach  der  Absendung  des  Briefes  an  General 
Failly*)  gewesen  s^mh.  dafs  sich  General  Ducrot  entsehlols,  den 
Marschall  Mac  Mahon  zum  Abzug  auf  Lemberg  zu  bewegen.^)  Er 
wurde  hierbei  von  dem  General  iiaoult  und  dem  Grafen  de  Leufse 
unterstutzt,  der  von  seinem  Schlosse  Reichshofen  nach  rüscbweiler 
VIJ,  9  hei iilMTgf  ritten  war.  Es  fand  eine  lange  Unterredung  statt, 
während  deren  lebhaftes  Gewehrfeuer  von  den  Vorposten  her  za 

')  I.  1«5  u.  186 

V;.,-!.  die  Zeitan','abe  des  Grafen  de  LeuTse  weiter  nntea. 
^)  Vgl  hierzu  den  Aahang. 


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Dia  Tätigkeit  das  lianoludU  Uae  Mahan  tot  dar  Sahlaabt  m  WQiifa.  411 

höreo  war.  Die  fiSnzelheiten  dieses  Vorganges  sind  so  lieseiolmeod 
fOr  die  firaosOsische  FlUirong,  dab  ich  liier  die  Eizttlilnng  des  Grafen 
de  Lenlse  —  sie  ist  aom  Teil  im  fraoifisisdien  Oeneralsftabswerk,*) 
sisi  Teil  in  «la  Tie  militaize  da  g6n6ral  Dnerot''  enthalten  —  im 
WortUot  wiedergebe. 

„Herr  d'Abzac'l  and  ich  waren  am  5^  auf  nnd  ritten  nach 
Früschweiler.  Halbwegs  waren  die  ersten  KaDonenschtisse  hörbar,*) 
wir  beschleonigten  ansere  Gangart.  lob  trat  beim  3Iarschall  ein, 
den  ich  in  einer  Beratung  mit  dem  Kommandeur  der  ArtiUerie 
fand  and  sagte  ihm,  dab  ich  meine  Eandscbaftemachricbten^)  erst 
später  erhalten  wtlrde;  man  werde  sie  mir  sicher  schicken  and  er 
sie  demgenriUs  gleich  diiraaf  zor  VerfUgang  haben;  er  war  bestürzt 
nnd  firagte  aDanfbürlich,  ob  keine  Nachrichten  eingelaufen  seien. 

Er  sagte  mir,  dais  er  drei  Eilbotschaften seit  dem  Abend  uo  den 
General  Failly  abgesandt  habe,  und  dals  er  diesen  mit  Ungeduld  erwarte. 
Nach  Verlassen  des  Schlosses  traf  ich  vor  dem  Tore  auf  die  (Unr  rale 
JDucrot  und  Kaoult;  sie  sprachen  lebhaft  miteinander  und  sagten 
beide:  ^.Man  mols  es  noch  einmal  versacbeo  and  diesen  BefebF) 
erwirken?" 

Als  sie  mich  auf  sie  zukonimeu  sahen,  sagten  sie  mir,  dafs  der 
General  Raoult,  dessen  Division  am  weitesten  vorn  war,')  grofse  Massen 
vor  sich  zu  haben  glaube,  dals  die  Stellung  zwar  eine  gute  sei, 
wenn  sie  von  50000  Mann  jrf^gen  die  gleiche  Zahl  verteidigt  würde, 
dals  sie  aber  zu  ausgedehnt  sei  für  33000  oder  34000  Mann,^)  und 

»)  Nur  zum  Teil  im  Text  (\T:I,  10),  teilweise  in  den  documents  snnexes 
(VII.  14  u  ff.)  enthalten ;  fOr  einen  weiteren  Teil  wird  auf  Daczota  Biographie 
hingewiesen  (II.  Seite  363  \i.  ff.i. 

Oberstleutnant  und  Adjutant  Mac  Mabun». 

3)  Ungenaae  Erinnerung  des  Grafen;  das  Geschfltsfeuer  begann  erst 
nm  um  5*  kam  es  an  der  Bracbmtlhle  mi  einem  Kampf  zwischen  Wasser 
holenden  Turkos  und  einer  Komp.  des  preufs.  50.  Inft.-Rgts.  VII,  102  Anm. 

♦)  Als  Bürpfermeister  von  Reichshofen  hatte  Graf  de  LeulVie  die  Kin- 
holung  von  Nachrichten  über  den  l'eind  durch  seine  Organe  und  durch 
£inirohner  ttbemomaien. 

J>as  fraiuösische  Generabtabawerk  banerkb  hierzu,  da&  die  an 
Failly  gerichteten  Telegramme  gemeint  waren. 

«)  Den  Befehl  zum  HUcksog  nach  Lemberg  (Anmerkung  des  franzAsi* 
(Milien  (ieueralstabswerkes). 

')  Vgl.  Seite  286, 

*)  Nadi  dem  fraozödmshen  Genwalstabswerk  ▼erfttgte  Mac  Mahon  am 

6.  morgens  aber  46000  Kombattanten  (MI,  16  Amn.);  die  tatsicUich  in  der 
Schlacht  eingesetzten  Kräfte  hätten  betragen: 

ör>(XK)  Gewehre.  5  090  Säbel  181  Geschütze  (VIT,  266) 
Ulli  düuuscher  tSeitß  76687  »  ö74Ü  ,  300  ,  (auf  Grund 
der  Etnzelschrif  t  9  des  Grofsen  QeneralstalMl). 


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412   Di«  TStiglc«lt  de»  Manehalla  Mm  Maboii  rw  der  SeUaebt  von  WML 


dafe  man  den  Rttckzng  anlieteii  mflsse»  ebe  die  Sebladit  entbiemie. 
Der  General  Dnorot  hatte  sieh  dieser  Ansicht  TOllig  angreschlossen 
und  empfahl  den  Rttekztig  an!  Lemberg,  wo  man  durch  den  General 
Failly  bedeotend  verstärkt  wUrde,  femer  die  Vogesendeiileea  ver- 
teidigen und  der  Armee  des  Kaisers  die  Hand  reichen  konnte. 

^Nnr  Sie  können  (dem  Marschall)  diesen  Eotschlals  entreitsen'* 
—  so  sagrten  sie  zn  mir  —  ,,Öie  liaben  mit  dem  MarBchall  eingehend 
die  Rttckzngslinie  stndiert;  Sie  kennen  das  Gebirge;  er  bat  Vertranen 
in  Ibie  so  gründliche  Kenntnis  des  Landes;  Sie  rnttssen  einen  Yeraaeh 
machen,  wir  werden  Sie  dabei  anterstutzen.** 

Wir  gingen  lange  in  der  Allee  rechts  vom  Schlosse  Ton  Presch- 
weiler  aaf  und  ab;  ich  weigerte  mich,  den  Anstois  zu  einem  der- 
artigen Schritt  zu  geben  und  sagte:  ,.Aber  ich  bin  doch  nur  ein 
einfacher  Zivilist,  der  zwar  das  Land  kennt,  aber  sonst  nichts;  wenn 
Sie,  die  Sie  Generale  sind,  nichts  erreicht  haben,  was  soll  dann 
ich  tun  ^ 

General  Ducrot  drang  lel)haft  in  mich,  er  sagte,  es  sei  jetzt 
nicht  mehr  an  der  Zeit,  Umstünde  zu  machen;  die  Lage  sei  ernst, 
es  sei  meine  Pflicht,  (so  v.u  handeln);  er  berief  sieh  auf  unsere 
Freundschaft,  auf  meine  Vaterlandsliebe;  endlich  entscblols  ich  mich 
und  ging  w  ieder  zum  Marschall,  begleitet  von  den  beiden  Divisioua- 
kommandeuren. 

Ich  setzte  dem  Marschall  meine  Auflassung  der  Lage  auseinander: 
die  Stellung  sei  zu  ausgedehnt,  wir  hätten  beträchtliche  Streitkräfte 
vor  unserer  Front.  Der  Funkt,  auf  den  hin  wir  unsereu  Uiickzug 
richten  würden,  hätte  zwar  den  Nachteil,  dals  Strafsburg  entblöfst 
würde;  aber  zwischen  Büsch  und  Pfalzburg,  in  den  steilen  Bergen, 
verstärkt  durch  Failly,  wUrden  wir  unüberwindlich  sein.  Ich  bezeich- 
nete auf  der  Karti  die  drei  oder  vier  Strafsen,  die  ich  schon  am  Abend 
vorher  ;i!s  lUlckzugslinien  namhaft  gemacht  hatte,  und  schlofs,  indem 
ich  mich  wegen  meines  kühnen  Schrittes  entschuldigte  und  mich 
auf  die  Generale  Raoult  und  Ducrot  berief. 

Der  Marschall  verteidigte  seine  Auffassang;  er  glaube  nicht 
mn  eine  Schlacht,  es  handle  sich  (beim  Gegner)  vielleicht  nm  eine 
Demonstration  som  Zweek  der  Verschleienuig  einer  Bewegung;  er 
irilre  gar  nicht  eratannt,  wenn  der  Gegner,  aof  seinem  rechten  Flügel 
abstehend,  die  Absicht  hätte,  sich  mit  der  an  der  Mosel  stehenden 
dentschen  Armee  sn  Teremigen;')  endlich  erwarte  er  den  General 
Failly,  der  schon  anterwegs  sein  mttase. 

In  diesem  Augenblick  nahm  das  Fener  an  Lebliaftigkeit  zu, 

I)  Mac  Mahon  hätie  hieruach  seine  Ansicht  aber  das,  was  der  Gregner 
sa  tun  be»b8ichtige,  abermals  geändert 


m«  TXtigkeit  dea  Manwhillfl  Mae  HahQB  yor  d«r  Soblaeht  von  WM.  418 


besonders  in  der  Richtong  an!  GOisdoff;  Offidere  kamen  mit  der 
Meldung,  dafs  der  Fenerkampf  den  Austrieb  eioes  emstUohen  Qt* 
feehtes  annehme,  dals  man  .viele  Trvppen  in  der  Bicbtang  ani  Gnn- 

stett  seh(*  usw. 

Eudlieh  nach  einein  ziemlich  langen  Meinungsaastaasch  zviseben 
dem  Marschall  und  den  beiden  Generalen  fUgte  sich  dieser  deren 
Ansicht  und  bestimmte,  dals  General  JSaoolt  den  fiUckzog  sofort  an- 
treten sollte.  .  . 

Es  war  (i^  vorm.,  als  der  Marschall  sich  snm  Rückzug  cntHcblolk   VII,  10 
indes  wurde  dieser  nicht  sofort  angetreten,  nur  bei  den  Bagagen 
hat  die   rückgängige   Bewegung  tatsächlich  begonnen.     Um  7^ 
waren  die  Troppen  noch  nieht  im  Besitze  der  AnordnoDgen  zum 
Rückzug. 

In  den  Biwaks  aber  herrschte  um  diese  Zeit  trotz  der  vorau- 
gegangeiieu  Herlihrungcn  mit  dem  Feind  die  frröl^^te  Sorglosigkeit. 
Viele  Mannschafteu  hatten  vor  der  Keveille  ihre  Biwaks  verlassen 
und  trieben  sich  in  Wörth,  das  vor  der  V oq)ostenliuie  lag,  herum, 
um  Einkäufe  /.n  machen  oder  die  Wirtschalten  aufzusuchen.*)  Auch  VU,  27 
nach  Fröschwpüer  waren  einige  Mannschaften  unbefugt  zurück- 
L'egangen,  Arbeitskonunandos  verschif-di m  r  Truppen  waren  nach 
beiden  Orten  entsendel  worden,  eiozeloe  Batterien  hatten  ihre  fferde 
an  die  Sauer  tllhren  lassen. 

Die   2.   llriuade  der  Division  Conseil  Dumesuil  war  in  der 
Nacht  und   am  frühen  Morgen  des  tJ.  August  in  Heichshofeu  aus-  VlU  180 
geladen  worrun;  dort  biwakierte  sie  bis  7°  vorm.  uud  marschierte 
dann  aul   Fröbchweiler  ab.    Die  Artillerie  der  DiTisioii   kam  erst 
zwischen  4  und  9°  vorm.  in  Hagenau  au,  konnte  wegen  ÜberfUUung 

1)  Das  fnnxOsisehe  Generalstabswerk  bemerlrt  hiensu,  wahrscheiiilieh 
habe  der  Marschall  in  diesem  Moment  das  Telegramm  FaiUjB  von        VD«  10a 

morgens  erhalten,  in  dem  das  Abrtlcken  nur  einer  Division  des  Tvoq^s 
mitgeteilt  wurde.     In  diest>r  Anmerkung  liegt  ein  direkter  Widerspruch 
zu  der  vorausgehenden  Darstellung.     Diese  nimmt  an,  dafs  das  fünfte     VU,  4 
Telegiamin  Mae  Makons  —  abgefertigt  um  6t*  vom.  —  die  Antwort  auf 
l^illTS  Telegramm  von  9^  gewesen  sei;  ebenso  wird  in  den  kritischeii     VII,  9 
Bemerlrongen  zt»  Mac  Mähens  Brief  an  Failly  angenommen,  dafs  die  Weisung 
an  diesen  General,  mit  einer  Divifriou  nach  Philippsburpj  zu  kommen,  die 
beiden  anderen  marschbereit  zu  haiteo,  beoinflufst  gewesen  sei  von  dem 
Inhalt  des  Telegramms  Failljs  von  8*  vorm.    Ich  bin  der  im  Text  ge- 
gebenen Darst^ong  gefolgt,  da  diese  alle  Wabfseheinliclikflit  fOr  sieh  hat: 
das  fanfte  Telegramm  des  Marschalls  kann  wohl  nur  durch  das  Telegramm 
Faillys  von  8®  erklärt  werden.    Auffr^llend  bleibt.  dafHi  ein  offizielleK  W^rk 
8ich  an  zwei  kurz  aufeinander  folgenden  Stellen  hq  verschieden  über  die 
gleiche  Sache  äufsert. 
*)  Bonnal,  Seite  227. 


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414  ^  tmgkelt  des  MMsefaaUs  Mm  HiIhni  vor  d«r  Soblielit  von  WOrth. 

des  Bahnhofes  erat  von  10^  ab  aasgeladen  werden,  braeh  um  12^ 
QDter  Bedeckung  zweier  Bataillone  and  zweier  Eskadronen ')  nach 
VI!,  18t    JBekhshofen  anf.  eireiehie  aber  das  Seblaehtfeld  nieht  mehr  reebt- 
seitig. 

Die  Vorgftnge  bei  Wörth  hatten  an!  deolseher  Seite  bei  dem 
Kommaiideor  der  prenlnsehen  20.  Infanteiiebrigade»  Genemlmajor 
Ton  Walther,  der  persönliob  nm  4^  morgens  erkundet  hatte,  den  Ein> 
drock  hervorgerufen,  dafo  der  Gegner  m((glioberwei8e  abziehen  werde. 
„Um  sieh  Grewiihbeit  so  yerscbaften,  ordnete  der  General  eine  ge- 
waltsame RekogDoszierun^  Uber  Wörth  hinaos  an.'**)  Die  6.  Bat- 
terie (Caspari)  des  Feldartillerieregiments  Nr.  5  fuhr  um  7"  an 
der  Straise  Dieffenbach  —  Wörth  auf  and  feuerte  zehn  Granatoii 
in  letztgenannten  Ort  hinein.  Alsbald  brach  unter  den  daselbst  sieh 
herumtreibenden  iranzösiscben  Soldaten  eine  wilde  Panik  aus ;  einige 
der  Schlisse  venirsachten  Brände.  Dann  richtete  die  Batterie, 
während  gleichzeitig  das  II.  Bataillon  des  Regiments  No.  37  zum 
Angriff  in  Richtung  Wörth  vorging,  ihr  Feuer  gegen  zwei  Batte- 
rien der  Difision  Raoolt,  die  mittlerweile  m  Tätigkeit  getreten  waren,*) 
und  zwang  sie  in  kurzer  Zeit  zum  Abfahren. 

Noch  gewaltiger  aber  war  die  Wirkung,  dir  das  Feuer  der 
Batterie  Caspari  auf  die  Seele  des  feindlichen  Feidherm  aasUbte. 
Er  erachtete  es  für  zu  spät,  den  Rückzug  anzutreten,  änderte  also 
seine  Ansicht  abermals  und  beschlofs  die  Schlacht  anzunehmen. 

Auf  diese  Weise  begann  die  Sohlaebt  Ton  Wörth,  von  der 
General  Woide  mit  Recht  sagt,  dafs  durch  sie  in  gewissem 
Malse  das  Schicksal  des  ganzen  Feldzuges  entschieden  wurde.^> 
Denn  am  6.  August  wurden  fUnf  französische  Divisionen  entscheidend 
geschlagen,  eine  sechste  (Lespart)  wurde  noch  am  Abend,  der  Rest 
des  Korps  Failly  in  den  folgenden  Tagen  in  den  Rückzug  mit  allea 
seinen  auflösenden  Begleiterscheinungen  verwickelt.  Frankreich  ver* 
mochte  anf  Wochen  hinaus  der  Iii.  Armee  keine  Krifte  mehr  ent» 
gegen  zu  stellen. 


1)  Je  ein  BaAullon  des  8L  nnd  50.  lofanteriwegimenta  VII,  181  ano. 
und  zwei  Edndronen  des  6.  Lsneiemegiments  TII,  82  Anm.  1. 

Generalstabswerk  I,  Seite  327. 

')  Das  Ceneralstabswerk  I,  221  und  „Abbrechen  von  Gefechten", 
Seite  182.  geben  an,  das  vier  französische  Batterien  das  |Feuer  erwideit 
hätten,  das  französische  General.sUbswerk  erwähnt  nur  zwei  Batterien 
(VU,  18). 

«)  Band  I,  Seite  178. 


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4 


Die  Tätigkeit  des  Maraobaila  Mac  Mahon  vor  der  SobUobt  voa  WOrtb.  415 


BetrachtQB^fD. 

Die  Fra^'C,  wie  Mac  Mahon  dazu  kam,  seine  Trujiptn  hei  Wörüi 
7.11  versaninieio,  ist  laugst  beantwortet,  General  Woide  hat  auf 
Gruüd  der  Forfsehongeu  Ton  Derr^cagaix  nachgewits<  11,  dals  der 
<iefensive  h  eldzugsplaii  des  Generals  Frofsard  vom  Jahre  1867  hie- 
fitr  bestimmend  war.  Dieser  hatte  eine  ganze  Reihe  hintereinander 
liegender  8telluniren  oder  so^^enannter  Verteidigungslinien,  die  er 
;ili!iHch  wie  eiin  s  der  ineinander  geschachtelten  Festangssysteme  von 
» uemals  eine  nach  der  anderen  /.n  verteidigen  ^^edacbte.  Als  ein 
solches  Vorwerk  zur  Verteidigung  Lothringens  galt  ihm  die  soge- 
nannte Stellung  von  Calenbronn')  (südöstlich  von  Forbach);  für  das 
£lsals  war  es  die  Laoterlinie  (Pigeounier — Weifoenbarg— Laoterborg) 
ond  hinter  ihr  die  Stelloog  von  WOrtb;  die  Lauterlinie  sollte  man 
iiaeh  der  Ansieht  Frofsards  nar  solange  besetit  halten,  bia  Feind 
4lberlegene  Killfte  dagegen  entwickelte;  dann  sollte  man  in  die 
zweite  Stellnng  bei  Wörth  zoillckgehen,  sie  befestigen  nnd  in  ihr  den 
Kampf  attfoebmen.*^  * 

Das  fransOeiecbe  Generalstabswerk  bestätigt  diese  Anfhasirag 
unter  Mitteilung  der  Vorteile,  die  Frolsard  d^r  Stellongnabme  bei 
Wörth  beimUst  ,,Unsere  Armee  konnte"  —  so  bellbt  es  Im  Feld- 
zugsplan des  Generals  —  „in  dieser  Stellnng  Ton  Worth  ein  Gefecht 
auch  gegen  Überlegene  Kräfte  mit  groisen  Aussiebten  anf  Erfolg 
dniehfUfaren  . . .  Ober  Bitseh  nnd  Niederbronn  würde  sie  der  Armee 
am  anderen  Abbange  der  Vorgesen  die  Hand  reiehen.  Von  da 
iiedrobt  man  anfserdem  emstiieb  rechte  Flanke  nnd  Rücken  des 
ivegners,  wenn  er  den  Versnch  machen  sollte,  auf  Stralsbnrg  Tor- 
zudringen." 

Der  Feldzngsplan  des  Generals  Frofsard  erinnert  lebhaft  an  den 
^»Operationsplan  der  Nordarmee'*,  ^der  von  General  KrismaniS  aus- 
gearbeitet, den  Operationen  der  Österreicher  in  Böhmen  zngrande 
lag.    Hier  wie  dort  wird  eine  Menge  von  Stellungen  au%ef)ihrt 

and  besprochen  — •  in  Österreich  sind  sie  der  bertthmten  Landes- 
beschreibnngskarte  entnommen  —  dem  Gelände  „an  und  für  sich" 
wird  ein  gewaltiger  Wert  zugemessen;  wo  die  Truppen  —  defensir 
—  schlagen  sollen,  wird  tou  Tomberein  ohne  Berttoksicbtignng  des 

')  Jetzt  Kalcnbrnnn  j^eschiicben.  f>iese  Stellung  hat  am  6  August 
tatHUchlich  eine  Rolle  g^pieit;  der  Kommandeur  der  2.  DivLnion  de» 
^.  Korps  ist,  als  er  bei  Püttlingen  stehend  den  Kanonendonner  von 
Spichern  hörte,  in  nördlicher  Sichtung  abgerflckt,  «weil  er  unter  FeeU 
Haltung  der  lUchtung  auf  den  Kanonendonner  den  Vorteil  hätte,  nach 
Kaienbronn  zu  kommen,  dem  wichtigsten  strategischen  Punkt  dos  IdUHdea» 
<deni  SoblttttHel  der  Stelloag  swiechen  liofeel  und  Saar."   VIU,  2ia 


416         TMti|;keit  dea  MarsobalU  Mao  Mahon  vor  der  dohlaebt  vua  WOrth. 

Verhaltens  des  Gegners  bestimmt;  kurz,  die  Theorie  des  XVIIL  Jahr* 
handerts  leiert  die  üppigsten  Triamphe. 

¥^e  Beiwdek  „vor  dem  mUitäriseheo  Schal  wissen  groben  Hespekt 
hegt^  wdl  es  ihm  eine  Art  von  Geheimlehre  war/'* )  wie  er  sieh  von  Kris- 
m«me,  der  alles  so  verstehen  sehien,  was  ihm  versagt  war,  an!  das 
Sehlaehtfdd  fuhren  lassen  wollte,  das  die  wissenschaftliche  Strategie 
als  das  geeignetste  ansgewilt  hatte,  wie  er  aber  dort  die  Kraft  ent- 
falten wollte,  die  er  in  sich  fnhltej^)  genao  so  ist  es  mit  Mac  Mabon 
beeteilt  Anoh  er  fttblt  m  dch  die  Eigenschaft,  der  Tmppe  mit  dem 
Beispiel  persönlicher  Tiq»ferkeit  voransogeh  en,  ihr  seine  Zähigkeit 
nnd  KallblQtigkeit  einsnimpfen.  Anch  ihm,  dem  Manne  ohne  tiefere 
militttnsche  Bildung,  imponiert  das  Wissen  aes  gelehrten  Ingenieur- 
generals  Frobard,  und  als  er,  TOm  kaiserlichen  Uanptciaartler  ohne 
Anweisnng  gelassen,  TOllig  anf  sich  selbst  gestellt,  operative  Mafs- 
nahmen  treflen  soll,  da  ftlhlt  anch  er  sich  der  Lage  nicht  gewachsen, 
er  klammert  sich  an  den  Plan  an,  den  ein  anderer  ansgearbeite 
hat,  onfiibig  %n  beofteilen,  ob  dieser  Plan  der  Lage,  wie  sie  sich 
dnrdi  die  Maisnahmen  des  Gtegners,  die  %wr  Verfttgnng  stehenden 
Streitkräfte  and  Ihre  Grnppierong  tatsftchlich  gestaltet  bat,  aacb 
wirklich  entspricht. 

Die  Stell aog  bei  Wörth  bot  erhebliche  taktische  Vorteile,  iu  ope- 
rativer Besdehnng  deckte  sie  die  Verbindangeii  durch  die  ^  (  l esen. 
eine  Untersttttznog  durch  das  5.  Korps  war  möglich.  Allein  als  Mae 
Mahon  den  Bntschlufs  falste,  sein  Korps  am  Morgen  des  5.  Aogust 
dort  za  versammeln,  konnte  er,  wie  schon  erwähnt,  keineswegs  mit 
Sicherheit  daraaf  reebnen,  dals  sein  Antrag  auf  IJnterstellong  des 
5.  Korps  anch  sicher  werde  genehmigt  werden.  Dieses  war  nidg- 
licberwe!sf>  auf  der  Westseite  der  Vogesen  dringend  benötigt. 

Mac  Mahon  mufste  sich  also  sagen,  dafs  er  vielleicht  auf  seine 
eigenen  Kräfte  angewiesen  sein  würde  Nun  hatte  er  seihst  am 
4,  Angnst  die  Versammlung  einer  ganzen  Armee  —  soooo  Mann 
ist  seine  Schätzung  —  bei  Weilsenburg  beobachtet  Dals  diese 
Masse  oprTationshfreit  war,  dals  sie  die  Oflensive  erofreifen  wUrde, 
darüber  koiiuie  nach  dem  Gefecht  des  4.  kein  Zweifel  sein.  Worth, 
der  von  Mae  Mahon  in  Aussicht  ^'enommene  Versanunlungspunkt, 
liegt  auf  dem  direkten  Wefie  nur  eiueu  kleinen  Tnir*  iu;u.sch  vom 
€refecht8feld  bei  Weifsenburp^  (  Dtfernt;  weiter  ausgreiti  ndi.  Kolunneu 
des  Gegners  hatten  nicht  mehr  als  die  normale  Leistung  bis  dahin 


>)  Kriedjvmg,  der  Kampf  um  dio  Vorherrschaft  in  Deutschland,  fünft« 
Auflage,  Band  I,  Seite  250. 
Ebenda,  Seite  258. 


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Die  Tätigkeit  des  Marschalls  Mao  Mahon  vor  der  Schlacht  von  Wdrtb.  417 

zurliekzulegeii.  Der  Marschall  iimlste  also  mit  der  Möglichkeit 
rechnen,  dals  in  den  Vormittagsstuuden  des  ö.  Aui^riist  die  feindliche 
Armee  vor  Wörth  erschien  und  ihn  mittags  angriff.  Wie  aber 
standen  Beine  Aossiohteu  dann?  Er  war  lediglich  auf  das  l.  Korps 
angewiesen das  etwa  88000  Mann  stark  war;  der  grüiste 
Tdl  dimr  Trappen  aber  war  dnreli  die  vorausgegangenen  Nacht- 
mlftraebe  erheblieb  mitgenommen;  bei  einem  Angriff  des  Gegners 
mnfste  sieb  dies  unbedingt  geltend  maoben.  Znrflckgehen  aber 
konnte  Mac  Mahon  niebt  mehr,  eben  weil  die  Kriifte  seher  Trappen 
sebon  so  stark  angespannt  worden  waren  —  tat  er  ee  gleicbwohl, 
so  konnte  die  Scblagfiihjgkeit  seines  Korps  auf  Tage  hinaus  in  Frage 
gestellt  werden. 

Unter  welchen  VoraoseetKungen  konnte  aof  deutscher  Seite  ein 
Angriff  sebon  am  5.  Aagnst  stattfinden?  Offenbar  nur  dann,  wenn 
man  am  Abend  des  4.  Uber  die  Kräfteverteilung  des  Gegners  nnter* 
lichtet  war.  An  Kavallerie  stand  der  III.  Armee,  als  das  Gefecht 
von  Weilsenbnrg  om  2^  zu  Ende  ging,  zor  Verfttgung:  Vom  V. 
und  Kl.  Korps  je  8,  vom  IL  bayerischen  Korps  20  Eskadronen, 
die  4.  KavalleriediviaioD  mit  24  Eskadronen,  endlich  die  Kavallerie 
des  Korpe  Werder  bei  Lanterbnrg  mit  22  Eskadronen,  in  Summa  also 
die  gewaltige  Masse  von  82  Eskadronen.  Diese  konnte  folgendermaisen 
angesetzt  werden:  Die  Kavallerie  des  II.  bayerischen  Korps  ttber  den 
Plgeonnier  gegen  Klimbaeb  nnd  den  Pfaflenschlickpals  gegen  Lembach, 
die  des  V.  Korps  gegen  Linie  Reiehshofen— Morsbronn,  die  Kavallerie- 
division Aber  Snlz  in  allgemeiner  Richtnng  Hagenau,  die  Kavallerie  de» 
XL  Korps  ttstlich  der  gro&en  Straü^  gegen  den  Uagenaner  Wald,  die 
di'S  Korps  Werder  anf  der  Stralse  längs  des  Rheins.  Dann  konnte 
bis'  zum  Abend  beim  Armeeoberkommando  bekannt  sein,  da&  ein 
Teil  des  bei  WeiCbenbnrg  geschlagenen  Gegners  ttber  den  Pfaffen- 
sehlickpars  zurückgegangen  war,  daOi  bei  KUmbaeb  und  Lembach 
ansehnliche  Kräfte  standen,  dafs  sich  bei  WOrtb  eine  feindliche  Di- 
vision befand.  Auf  der  Hagenauer  Strafse  wäre  der  Abzug  der 
Brigade  Montmarie  testgestellt,  vermutlich  auch  erheblich  belästigt 
worden;  endlich  konnte  erkannt  sein,  dafs  bei  Selz  einige  Bataillone 
mit  Karallerie  standen.  Mochte  das  Hild  auch  im  einzelnen  nicht 
vollständig  sein,  im  allgemeinen  etgab  sieb,  dafs  der  Gegner  nicht 
.  versammelt,  vielmehr  Uber  einen  verbälfnismlirsip:  gro(sen  Raum 
verteilt  war.  Nun  konnte  er  entweder  in  westlicher  Richtung  Uber 
die  Vogesen,  oder  aber  in  südlicher  auf  Strai'sburg  znrttckzngeben 

^)  Die  ei8t«n  Tiuppen  der  Division  O>oseil  Damesnil  wurden,  wie 

t-rwühut,  am  f>.  'i"  nacliin.  in  Kfichshofen  aiisfrehidc-n,  am  Morjren  iles  6. 
die  leULen  Bataillone,  die  Artillerie  traf  erst  zwischen  4^  imd  i^^  in  Hagenau 
ein.    Vgl.  S.  418. 


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418        Tätigkeit  des  ManohiUs  Mee  Mabon  vor  der  SehUehl  von  WQHli. 

beabsichtigen,  oder  seine  getrenuteu  Gruppen  in  der  Geg-end  voq 
Wörth  vereinigen  wollen.  Erforderten  die  bciiicn  i  rsteren  Möglich- 
keiten ravsches  Vorrücken,  um  deu  Gegner  nicht  abziehen  zu  lassen, 
oder  ihm  wenigstens  mösrlichst  viel  Abbruch  zu  ton,  so  war  dies 
auch  für  den  letztgenannten  Fall  angezeigt:  wollte  der  Gegner  sich 
Tersaiuineln,  so  war  ein  energischer  Vorstols  das  Mittel,  ihn 
daran  /u  bindern.  Zunächst  waren  hit  r/u  allerdiujis  nur  drei  Korps 
verfügbar,  zwei  inuiöten  in  zweite  Linie  genommen  werden,  allein, 
je  länger  mau  zögerte,  desto  mehr  Aussichten  hatte  der  Gegner, 
dafs  seine  Versammlnng  gelingen  werde;  namuntllch  konnte  er  von 
Bitscb  her,  wo  man  starke  Trappen  wnfste,  sowie  auf  der  von  Stideu 
kommenden  Bahn  Verstärkungen  an  sich  ziehen.  Dem  gegenttber 
konnte  die  III.  Armee  in  ähnlicher  Weise  am  5.  in  Bewegung 
gesetek  werden,  wie  es  tatsSehlich  geschab,  nur  wäre  dem  U.  baje- 
rieotaen  Korps  das  Heronstreten  ans  dem  GeMrge —  bei  Langen- 
snlsbaeh  nnter  AiifklMrong  gegen  Biisch  —  allen  drei  Korps'  der 
ersten  Linie  aber  der  Auftrag  zn  erteüen  gewesen,  den  Gegner  an* 
zugreifen,  wo  »an  ihn  finde. 

Mit  diesen  Anseinandersetenngen  wird  keine  KritilL  der  Fflbmng 
der  IIL  Armee  bezweckt^  es  soll  nor  bewiesen  werden,  dafs  bei  ent- 
sprechender  AnfklSmng  am  4.  Hac  Mabon  am  5.  angegriffen 
werden  konnte. 

Im  ttbiigen  hätte  es  seihst  aaf  Grond  des  tatsScblieb  ftr  den 
5.  Angnst  erlassenen  Befehles  bei  früherem  Anfbmeh  zu  einem  An- 
griff aaf  die  Trappen  Mao  Mahons  kommen  können.  Denn  dem 
V.  Korps  ist  als  Marsehdel  Ibr  diesen  Tag  Ptensebdorf,  Front 
gegen  Wörth,  Torgesebrieben  worden,  die  Vorposten  sollten  gegen 
Reiehshofen  ansgesetzt  werden.  Wenn  die  Abraarschzeit  rom  Armee- 
Oberkommando  nicht  erst  anf  8^  festgesetzt,  ror  allem  aber,  wenn 
die  Krenznng  mit  der  Kolonne  des  XL  Korps  Tenmeden  worden 
wiCre,  so  konnte  das  V.  Korps  schon  am  Mittag  bei  Pkvnsch- 
dorf  eintreffen.  Das  Bestreben,  die  Vorposten  dem  erhaltenen  Befehl 
gemfib  tonliehrt  weit  nach  Westen  Torzoschiehen,  oder  aber  ähnllebe 
Erscheinungen,  wie  sie  General  t.  Walther  am  Morgen  des  6.  wahr- 
znnehmen  glanbte,  konnten  dann  ebenso  wie  am  6,  zn  einem  Ein- 
setzen der  Truppen  zum  Gefecht  fbhren. 

Auch  für  die  Division  Ducrot,  die  in  der  Hacht  yom  4*  zum 
5.  August  bei  Klimbach  biwakierte,  also  nur  6  km  von  der  Auf- 
stellung des  IL  bayerischen  Korps  entfernt,  bestand  die  Gefahr 
am  5.  Morgens  eingeholt  und  angegriffen  zu  werden.  Wenn  es  nicht 
so  kam.  so  ist  dies  der  mangelbaflen  Aufklärungstätigkeit  der 
bayerischen  Kavallerie  —  sie  brachte  keine  Meldung  Uber  die  Di- 


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Die  TSti^keit  des  MarüchallB  Mao  Mabon  vor  der  ächlaobt  von  Würtb.  4j[9 

Tiflion  Diiorot  —  und  der  wohl  Ueranf  smüekziiflllireDden  AnoidnaDg 
des  Anneeoberkomraandoe  sumebieiben,  dab  das  IL  bajeriaebe 
KoipB  erst  um  6^  anftnbrecben  babe.  Aber  stellen  wbr  dds  vor, 
dab  das  Korps  Hartmanü  —  wie  Dnerot  —  ndt  Tagesanbnieh 
abntekt,  dab  es  ihm  gelingt,  mit  KaTallerie  nnd  Artillerie  die  Arriere- 
garde  der  Fransosen  etwa  bei  Lembach  elnsoholen,  welehe  Folgen 
mabte  dies  liaben?  Der  ans  den  Bergen  herttbersehaliende  Kanonen« 
donner  hätte  das  V.  Korps  zn  frObseltigereni  Anfbniob  lind  nt 
lasehem  Voigeben  gegen  die  Saner  veranlabt,  weil  nor  so  eine 
Entlastong  der  Naehbarkolonne  endebt  werden  konnte  —  die 
Sehlacht  wüie  sieher  entbrannt. 

Die  Gelriir,  in  die  em  Angrift  am  6.  sebe  fibermttdeten  nad 
noch  nicht  yOllig  vereinigten  Truppen  bringen  konnte,  hat  Ifac  Ifahon 
nicht  eriumnt»  glaubt  er  doch  im  allgemeinen  nicht  einmal  an  einen 
Angriff  am  6.  Angnst!  In  der  Besetasaog  der  Stelloag  von  WOrth 
sebeint  ihm  das  Heil  zn  liegen,  wobei  der  Banm,  der  ihn  vom 
Gegner  trennt,  nnd  die  Zeit,  die  dieser  braacbt  nm  vor  der  Stellang 
zn  erseheinen,  TOllIg  nnberücksichtigt  bleibt.  „Das  liefert  einen 
neuen  Beweis^  —  so  schliefet  General  Woide  seine  Auseinander- 
setzuDg-en  Uber  das  Anklammern  an  den  Gedanken  Frofsards  — 
,fftlr  die  alte  Wahrheit,  dals  es  gefährlich  ist,  fertige  schabionenbaite 
£ntw1irie  nnd  Pittne  Männern  in  die  Hand  zo  geben,  welche  nicht 
TOn  einem  eigenen  völlig  selbständigen  Urteil  geleitet  werden.*^ 

Die  An%abe,  die  sieh  Mao  Mahon  am  4.  August  selbst  stellen 
mniste,  als  er,  vom  kaiserlichen  Hauptquartier  ohne  Direktiven  ge- 
lassen, das  Vorgehen  der  HL  Armee  wahrnahm,  konnte  keine  andere 
sein,  als  diesen  Gegner  am  weiteren  Vordringen  zn  bindern. 

Gelang  dies,  so  war  damit  gleichzeitig  der  Schatz  der  rechten 
Flanke  der  lothringischen  Armee  erreicht:  solange  Mac  Mahon  im 
nördlichen  £lsab  stand,  war  ein  Abmarsch  der  UI.  Armee  nach 
dem  Hanptkriegsschaoplatz  unmöglich;  hatte  der  Gegner  diese  Ab- 
sicht, so  mnlste  er  zuerst  die  Truppen  Mac  Mahous  schlafen. 

Von  einer  Offensive,  die  in  einer  solchen  Lage  am  ersten  zum 
Ziele  fuhren  würde,  konnte  für  den  5.  August  natürlich  keine  Hede 
sein,  da  das  allein  verfügbare  1.  Korps  dem  Gejrner  wesentlich  unter- 
legen war  und  noch  dazu  gänzlich  verzettelt  stand.  Hlieh  also  nur 
die  Defensive:  aber  niicb  für  diese  war  das  l.  Korps  allein  zu 
schwach,  es  mulste  versucht  werden,  mügiichst  viel  Kräfte  des 
7.  Korps  mit  der  Bahn  heranzuziehen.  Die  Vereinigung  dieser 
Kräfte  mit  dem  1.  Korps  mnfste  so  weit  sUdlich  statttinden,'  dals 
dieses  nicht  vereinzelt  angegriffen  werden  konnte. 

Letzterer  Gesichtspunkt  erheischte  unbedingt,  das  1.  Korps  am 

JahrbOcbtr  tUt  die  daatach«  Arm«a  nnd  Maria«.   No.  3dt.  28 


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420  Pie  Tütigkeit  des  HandMlU  Mae  Mita  vor  der  SobiMbt  vob  WOrth. 


Morgen  des  5.  August  bis  hinter  die  nördliche  Zinsel  zuiUokzu 
nehmen.')  Die  bei  Klimbach  stehende  1.  Division  malste,  am  am 
nächsten  Tage  nicht  abgeschnitten  zu  werden,  noch  an»  4.  bis  in  die 
Gegend  von  Lenibach  und  Langensulüliach  zurückgenommen  werden; 
von  hier  hatte  sie  am  frUhen  Morgen  des  5.  mit  den  bei  ihr  be- 
findlichen Teilen  der  2.  Division  über  Früsehweiler  nnd  Reichshofen 
nach  der  Gegend  südwestlich  Gandershofen  abzurücken;  ebendahin 
die  3.  Division  auf  der  Stralst  über  Wörth,  die  4.  Division  und  die 
Brigade  Montmarie  der  2.  Division  von  Hagenau  aus;  das  De- 
tachement  Sek  hatte  Uber  Sufflenbeim  Hagenau  zu  erreichen.  Die 
Kavallerie-Brigaden  Septeail  ond  Michel  waren  mit  der  Artillerie- 
reserve bei  Wörth  zo  vereiiiigien,  am  in  Gstlioher  und  nordöstlicher 
Richtung  aa&aklftren,  und  dem  Gegner  Aufenthalt  m  beniteii,  falls 
er  die  Saner  »i  QberMlirdteii  bealwifliitigte;  Ihnen  hatte  sieh  die 
KaTilleiiediTislon  Bonnemains  nach  ihrem  EintreffeB  ansosehHersen. 

Wurde  das  1.  Korps  in  dieser  Weise  um  Vormittag  des  ;>.  August 
vereinigt,  so  war  imi  Angriff  des  Gegners  au  diesem  Tage  ausge- 
schlossen; vor  dem  Mittag  des  b.  konnte  ein  solcher  nicht  erfolgen, 
möglicherweise  erst  am  7.  August:  die  Truppen  hatten  nur  normale 
Märsche  am  5.  August  zurückzulegen.  Der  Kest  dieses  Tages  konnte 
znr  Verstärkung  der  Stellung,  in  der  man  sieh  schlaft  wollte  — 
entweder  hinter  der  S^nsel  oder  dem  Bofbbach,  je  naeh  dem  Er- 
gebnis der  taktisehen  Erkundung  —  verwendet  werden. 

Damit  war  auch  die  Zeit  gewonnen,  die  zum  irieranbringen  der 
weiter  verfügbaren  Kräfte  uotig  war. 

Vom  7.  Korpi>  mufsten  möglichst  dessen  beide  im  oberen  Elsals 
stehende  Divisionen  herangezogen  werden  ohne  Rücksicht  auf  die 
im  südlichen  Baden  gemeldeten  deutschen  Truppen;  denn  ein  Sieg 
Mac  Mahons  hätte  diese,  wenn  sie  den  Rhein  überschritten  bitten, 
wieder  zum  Zurückgehen  veranlafst.  Abgesehen  hiervon  mnlste  die 
in  Lyon  befittdliehe  8.  lUrieion  des  7.  Korps  baldigst  naeh  Beifort 
mit  der  Bahn  TOigesehoben  werden.  Für  die  Truppen  der  1.  nnd 
2,  Division  ergaben  sieh  als  Ansladepnnkte  Bagenao,  Bmmath  und 
Zabem;  ?ielleieht  lionnte  die  in  Beifort  stehende  Infanteriebrigade 
Uber  Vesoul  nnd  LnnövÜle  naeh  Zabem  befördert  werden  nnd  so 
frtther  ankoromeo. 


')  Dos  fran/u^ibcht'  Cieneralstabäw  t-ik  i.^t  der  gleichen  Aiv^cliauuiij^ 
(VI,  148),  der  Bückzug  soll  aber  erst  am  5.  August  abends  od«r  am  S.  sehr 
frOh  erfolgen.  Nach  meiner  Ansicht  war  die  Versammlung  bei  Wörth  von 
vornhereii^  felilerhaft  und  nicht  mehr  gut  su  machen»  wenn  nicht  das 
6.  £oips  eintraf. 


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Die  llitigkeii  des  Mar«oluai«  Mao  Mahon  vor  der  Sohiaclit  vua  W  ürtL  42I 

Auf  diese  Weise  konnte  Mac  Mahou  bis  zu  einem  Angriff  de8 
Gegners  auf  ö'/s — 6  Infanteriedivisionen  rechnenj)  Sehlen  ihm 
diese  Zahl  zur  ErlfUlung  des  selbstgesteokten  Zieles,  die  HL  Armee 
an  weiterem  Vordiingenzo  hindern,  anohin  vorbereiteter  Stellung 
ul^  ansieiebend,  dann  allerdings  blieb  niohts  anderes  ttbiig,  als 
nm  VerstKrliang  doreh  das  5.  Korps  naebinsnohen.  Dieses  Isonnte 
Uber  Lemberg  nnd  Ingweiler  ohne  Sehwierigkeiten  herangezogen 
werden. 

Hae  Mahon  greift  tun  4.  Angost  naobmittags  den  Plan  des 
Generais  FroCuurd  anf  nnd  Tersammelt  demgemäls  seine  Truppen 
bei  Worth;  welohe  Menge  von  Zweifeln  und  Sohwanknngen,  von 
halben  Enteehittssen  nnd  wldemdenen  Anordnungen  liegt  swiseben 
dem  Versammlnngsbefehl  and  der  Annahme  der  Schlaoht!  ZnnSidist 
lalst  der  Marsefaail  die  Defensive  ins  Ange,  fast  sobttehtem  ersneht 
er  hteixu  nm  die  Zuteilung  ober  Division;  wenn  er  zum  Bttekxng 
gerwangen  wird,  will  er  nadi  Lemberg  snrttokgeben.  Dann  wild 
xnr  Auftiabme  der  Offensive  die  Mitwirkung  eines  Korps  erbeten; 
diese  Bitte  wird  am  nMofasten  Tage  wiederholt,  anlserdem  der  Rtteksug 
anf  der  Oslseite  der  Vogesen  in  Erwägung  gesogen.  Als  das  5.  Korps 
dem  Maisohall  unleratellt  wird,  will  er  es  snniohst  bei  Bdobshofen^ 
kune  Zeit  darauf  bei  Lemberg  haben,  spllter  wiederholt  er  den 
aniltnglich  gegebenen  Befehl  für  dieses  Korps  mit  allem  Nachdmek. 
Als  er  am  Morgen  des  6.  erföbrt,  dafs  nur  eine  Difision  kommen 
werde,  ergeht  er  sich  gleichwohl  noch  iu  Angriffsplänen. 

Der  Marschall  war  vom  Nachmittag  des  4.  bis  nm  o'*^  am 
Morgen  des  6.  August  vi^llig  im  Unklaren  Uber  das  Verhalten  des 
Gegners.  Daran  war  er  selbst  scbnld:  denn  er,  der  die  Kavallerie 
während  der  Schlacht  so  rttoksiehtslos  einsuselsen  wdls,  denkt 
während  des  Nachmittags  des  4.  und  am  ganzen  5.  August  auch 
nicht  einmal  daran,  ihre  Aafklärongstätigkeit in  Anspruch  za  nehmen. 
Aber  auch  sonst  muls  es  mit  dem  Nachrichtenwesen  schlecht  bestellt  ge- 
wesen sein;  durch  das  Forst-  nnd  Zoilpersonal,  durch  die  Tele- 
graphen- und  Eisenbshnbeamten,  endlich  dnroh  die  Einwohner  des 

')  Der  Ansiclit  des  Oberst  v.  Zantiiier  (Seite  811  seines  Huciiesj,  dafs 
Mae  Mahon  auch  die  Division  Liebert  aus  dem  oberen  Elaafe  hstte  heran- 
Kiebea  sollen,  kann  man  nur  beipflichten;  indes  hitten  nur  Teile  von  ihr 
noch  in  die  Schlacht  bei  Wörth  eingreifen  kf^nnen.  Denn  der  Bahntrans- 
port der  Division  Conseil  DnmosnU  begann  in  iler  NachL  vom  4.  auf  6.  VI.  182 
Die  ersten  Truppen  wurden  am  6.  2°  nachm.,  die  letzten  in  der  Nacht  vom 
5.  auf  6.  in  Beiehshofen  ausgeladen;  die  ArtiUerie  kam  um  60  in  Hagenau 
an.  Hierauf  erst  hatte  die  Division  Ulbert  mit  dem  Ausladen  beginnen 
können ;  wihrend  der  Schladii  aber  konnte  Beiefashof^  als  Ansladepunkt 
nicht  mehr  in  Betracht  kommen. 

•28* 


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422    ^®  Täüi^keit  des  Marsdiulk  Mao  Maboo  vor  der  t>cbluchc  von  \\  ürtb. 


Landes  selbst  hätte  man  bei  bessmr  Organisation  entsefaiedra  mehr 
erfahren  kOnnen. 

In  buntester  Manni^altigkeit  wechseln  in  dem  Gehini  dee 
franiArisohen  Ftthrers  die  VorstellaDgen  über  die  ToranssiehHiehe 
Tätigkeit  des  Gegners.  Znn9ehst  glanbt  er  wohl  ganz  im  allgemeinen 
an  eine  gegnerische  Offensire,  ohne  indes  tu  berechnen,  wann  ihn 
ein  Angriff  bei  W<lrth  treffen  könne.  Am  5»  Angnst  hält  er  —  ob- 
wohl anch  da  mit  Schwankongen  —  an  dem  Gedanken  fest,  data 
am  nichsten  Tage  kein  Angriff  erfolgen  werde.  Dazwischen  hinein 
tandit  die  Ansiebt  an^  dals  der  Gegner  ihn  durch  Vorgehen  ttber 
Hagenau  aus  seiner  Stellung  hinaus  manörerieien  wolle,  ferner,  dafs 
er  die  Absicht  haben  kSnne,  sich  Bwisehen  dem  1-.  und  5.  Korps 
durehsuawängen,  um  sieh  des  Kamraes  der  Yogesen  zu  bemächtigen. 
Endlich  hält  es  der  Marschall  für  wahrscheinlich,  dab  der  Geguer 
Töllig  passiv  stehen  geblieben  sein  könne.  Dafs  ein  energischer,  ziel- 
bewnlster  Gegner  niohts  anderes  im  Auge  haben  könne,  als  die 
Zertrümmerung  der  elsässischen  Armee  dnreh  das  Grefeoht,  dieser 
Gedanke  sehehit  dem  HarsebaU  nicht  gekommen  zu  sein. 

Am  Morü-eo  des  6.  Angrust  um  6*^  iQfiket  sich  das  Dunkel,  in 
das  bis  dahin  die  Ifalsnahmen  des  Gegners  fttr  den  Marschall  gehttllK 
waren:  die  Anwesenheit  starker  ieindlioher  Trappen,  hart  Tur  der 
französischen  Front,  wird  ron  zwei  Unterführern  testgeslellt.  Mac 
Mahon  glaubt  anfänglich  aueli  jetzt  noch  nicht  an  einen  feindlichen 
Angriff,  lälst  sich  jedoch  nach  einigem  Zögern  den  Betehl  zum  Rück- 
zug entreUsen;  wenige  Tom  Gegner  abgegebene  Kanonensebttsse 
genttgen,  um  einen  abermaligen  Wechsel  des  Entschlusses  herbeizn- 
ftthreu  —  der  Marschali  bleibt  stehen  und  nimmt  die  Schlacht  an. 

Der  Cntsehlurs  zum  Rttckzug  wurde  um  6^  ^^efalst;  um  7^  als 
die  preufsiscbe  Batterie  Caspari  ihr  Feuer  eröffnete,  war  er  noch 
nicht  in  den  Händen  der  Truppen.  Das  zeigt,  das  die  Befehls- 
technik auf  einer  sehr  niedripren  Stufe  gestanden  haben  muls.  Dabei 
fllllt  noch  ins  Crewieht.  dals  die  Anwesenheit  zweier  Divisions- 
kommandeure bei  dem  obersten  Führer  ein  rasches  Duichdringen 
der  Anordnungen  wesentlich  beijUnstigte. 

In  welch  unvorteilhafte  operative  Lage  der  von  Mac  Mahoo 
geplante  Htiek/UL'  auf  Lemberg  seine  Armee  gebracht  haben  würde, 
ist  schon  besprochen  worden.  Erwähnt  sei  noch,  dafs  aut  der  Stralse 
Bitscb— Niederbronn,  die  bei  dieser  Rttekzugsrichtuiii:  für  einen 
grofsen  Teil  der  Trufipen  in  Betracht  kam.  die  Division  Lespart 
im  Anmarsch  begrillen  war.  Sie  hätte  also  zunächst  telegraphisch 
zum  Umkehren  veran)a(st  Tverden  iulh;ien. 
Vil.  10  Das  französische  Creueralstabswerk  wirtt  die  Frage  auf,  ob  das 


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Die  Tätigkeit  des  Manohalls  Mac  Mabon  vor  der  Schlacht  von  WOrth.  423 

▼ereiiucelte  Auftreten  der  Batterie  Caspari  em  genügender  Groiid 
um  den  Marsoluül  so  einer  abermaligen  Entseblnliiltndenuig  za 
veranlaaeen  nnd  eieli  dewgetD&fis  dem  Willen  des  Gegners  nater- 
soordnen.  nGenllgte  es  niebt**  so  heibt  es  weiler  —  „nm  in 
aUer  F^eibeU  die  bereite  angeordnete  BiLekzngsbewegnng  dniebzn- 
fuhren,  vorlänfig  die  Oi^irion  Baonlt  in  ibrer  SteUong  sn  belassen 
nnd  ihr  hn  Verein  mit  den  Kavalleriedividonen  nnd  der  Artillerie- 
reeenre  die  Bolle  der  Arrieregarde  znznweisen?  Alle  Umstünde  sprachen 
gebieterisch  zagnnsten  dieser  LOsong.'* 

In  der  Tat  erscheint  es  aof  den  ersten  Blick  angebenerfieb, 
dais  das  Auitreten  einer  einzigen  Batterie  eine  derartige  Wirkung  zur 
Folge  bat.  Aber  abgesehen  davuD,  dafs  mit  einem  Abzag  auf  Lemberg 
niehts  gewonnen  war  —  das  firansdsiscbe  Generalstabswerk  ist  an 
anderer  Stelle,  wie  oben  erwSbnt»  selbst  dieser  Aosicbt  —  fragt  es 
sieh  doch,  ob  der  Bttekzag  so  glatt  vonstatten  gegangen  wäre, 
wie  angenommen  wird.  Der  Abmarsch  der  südlich  der  Division 
Haoalt  befindliehen  Tmppen  (Divisionen  Conseil  Dasnesnil  und  Lar- 
tigoe)  hätte  dem  General  v.  Waltber,  der  die  scharfe  Rekognosziemng 
leitete,  von  der  Höhe  von  Dieflenbach  nicht  entgehen  können.  Dann 
wäre  wohl  das  V.  Armeekorps  alsbald  eingesetzt  worden:  das 
II.  haycrische  Korps  trat  auf  die  Flanke  der  Division  Raoult:  Befehle 
y.LHii  Abbrechen  des  Gefechts  whrpn  boi  finer  solchen  I^age  kaum 
erteilt  worden.  Die  deutschen  Unterführer  hätten  sicher  alles  daran 
gesetzt,  den  Gegner  nicht  leichten  Kaufes  entkommen  zu  lassen. 
Die  französische  Arrieregarde  wäre  in  eine  höchst  mifsliche  Lage  ge* 
kommen;  sie  niulste  stundeniantr  ansharron,  nur  dann  war  es  niis;:!! ch, 
dals  die  auf  engem  Kaum  zusanimenoreprersten  Truppen  dvb  Gros 
der  Armee  sich  in  Marschkolonnen  setzten  nnd  Raum  zwihclien  sich 
und  den  Gegner  brachten.  Unterdessen  wäre  auch  das  XI.  Korps 
gegen  die  rechte  Flanke  der  an  der  Sauer  stehenden  Truppen  vor- 
gegangen; der  Abmarsch  des  Gros  wäre  —  wenn  er  Überhaupt 
gelang — mit  einer  ernsten  Jb^iederlage  der  Division  Kaoult  erkauft 
worden. 

Welche  Wirkung  aber  hätte  es  gehabt,  wenn  zum  zweitenmal 
eine  vorgeschobene  Truppe  dem  Angriff  eincb  überlegenen  Gegners 
ausgesetzt  uüti  geschlagen  worden  wäre!  Das  \  ertrauen  auf  die 
FUhroDi;  iiiufste  völlig  verloren  gehen,  eine  ernstliche  Schädigung'  des 
Dioralischeü  Elements  der  elsässischen  Armee  wäre  ciügetreten, 
Mac  Mahon  konnte  der  Entrüstung  und  des  Hohnes  von  ganz 
Frankreich  sicher  sein. 

An  anderer  Stelle  kommt  das  traitzösiscbe  Generalstabswerk  VI,  14B 
im  GegensatE  zu  der  oben  besproebenen  Ansicht  selbst  zn  der  Anf- 


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424         Tiüf^kQit  dea  Marsoballs  Mao  Maboa  vot  der  Sohlaeht  von  Würth. 

iSMBQDg,  dab  Mao  MahoD  die  Wahli  ob  er  sich  aeblagen  wolle 
oder  aiebty  am  6.  Aiigatt  niebt  mebr  oifeii  «luid.  Am  Abend  des 
5.,  sptttesteos  am  Mhesten  Morgen  dee  6.  hätte  er,  eo  wird  aoa- 
gefOhrt,  den  RQekzug  hinter  die  nOrdliebe  Zineel  ttlier  Griesbach 
mid  OanderBbofen  antreten  mfleien.  Dem  gegenüber  mnb  hervor- 
gehoben werden,  dab  am  5.  Aogost  von  der  Uehrcahl  der  Troppeu 
80  erhebliehe  Maisehleietangen  Terlangt  worden  waren,  dab  ihnen 
am  Abend  dieses  Tages  niehts  mehr  xngemntet  werden  konote.  So 
war  der  Marsehall  am  5.  an  die  Stellung  ron  W5rth  gebannt 

Das  GIfick  hatte  ihn  insofern  begünstigt,  als  die  Veisammlang 
nicht  nor  des  1.,  sondern  anch  einer  DiTision  des  7.  Korps  gelang,- 
seinen  Tmpi>en  die  Rnhe  snteil  werde,  deren  sie  so  selir  bedorfteo, 
nnd  sein  Antrag  auf  Unterstelinng  des  6.  Korps  Geoebmignng  &nd. 
Gelang  es,  dieses  bis  sum  Mittag  des  6.  heranimnehen,  dann  h&tte 
sieh  der  Fehler  der  Anlstellnng  bei  WOrtb  nicht  gerXebl  Es  ist 
gezeigt  worden,  dafs  hier  das  Versehnlden  des  Generals  Falllj  eln- 
setst;  aber  aneh  Mac  Mahon  trifil  ein  —  allerdings  geringerer  — 
Teil  der  Schuld,  wdl  er  sich  nicht  ttber  die  Anfstellnng  des  5.  Korps 
and  dessen  Lage  gegenttber  dem  Feinde  erkundigte,  den  General 
Faillj  nicht  ttber  seine  Absiebten  anterrichtete,  nnd  ihm  Befehle  zu- 
gehen lieb,  die  röllig  widerspreehend  waren. 

Als  der  Marschall  am  Morgen  des  6.  Aognst  die  Besttttignng 
der  schon  frtther  von  Failly  gemachten  Meldung  erhielt  dals  nur 
eine  Division  des  5.  Korps  kommen  werde,  da  war  es  für  einen 
freiwilligen  Rttekzng  an  spät;  der  Wille  des  Gegners  diktierte  das 
Gesetz. 

Eine  ganze  Reibe  von  Faktoren  haben  m  der  Niederlage  am 
6.  August  geführt;  der  Keim  zu  ihr  aber  wurde  durch  die  Ver- 
sammlung bei  Wörth  gelegt  Angeordnet,  oline  dals  man  wafste, 
ob  die  erwarteten  Verstärkungen  rechtzeitig  dort  eintreflen  würden, 
brachte  sie  durch  dir  sreringe  Entfernung  vom  Gegner  den  Marsehall 
von  vornherein  in  Abhängigkeit  von  dessen  Maisnahmen.  So  ist  iu 
Ie(zt(  r  L  nie  gerade  die  »starke  Stellung**  von  Wörth  zum  Verhängnis 
fUr  die  elslissiscbe  Armee  geworden. 

Anhan;?. 

Wann  liat  General  Dnerot  tum  KUckzug  auf  I^enibers-  geraten? 

Dns  französische  Gentralstahswprk  hp^'innt  den  VII.  Hand,  der 
die  Sehlacht  von  Wörth  beliaiKit  lt,  mit  der  Erzähluii::.  dafs  General 
Üucrot  seit  dem  5.  August  hei  Mac  Mahon  den  Kiickzug  in  die 
Vogeseo  dorcbzosetzen  versuebt  habe.   Ais  Beleg  fUr  diese  Behauptung 


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0ie  lltigfceift  des  Manehali«  Km  Malwa  vor  der  Sebtaoht  voa  Wtfftb.  425 

dient  lediglich  das  Buch  „La  vir  militaire  du  geniärai  Duerot  d'apres 
sa  correspondanpp".  Der  wichtigste  Aufsatz  in  dieRf^m  ist  für  die 
vorliegende  Frage  der  im  Band  II,  Seite  37S  n.  ft.  enthalten:  Note 
du  g^DÖral  Dncrot  an  sujet  des  accusatious  port^es  contre  le  geuöral 
de  Failly.  Er  beginnt  mit  einer  Schilderung  der  Lage  des  1.  und 
5.  Korps:  zwischen  beiden  befinde  sich  eine  sehr  gangbare  Lücke, 
die  der  Gegner  benutzen  könne,  um  sich  zwischen  die  Korps 
hinein  zu  schieben  und  sich  der  gewaltigen  Stellang  von  Lemberg: 
zu  bemächtigen.  Seine  eigenen  Vorschläge  falst  Ducrot  dahin 
zusammen,  dats  Philippsbur^  stark  zu  besetzen  und  das  Gros 
des  5.  Korps  nach  Lemberg  und  Mutterhausen  zu  beordern  sei, 
um  di'u  Vogesenkamm  zu  beherrschen  und  von  da  Je  nach  Be- 
darf iü  östlicher  oder  westlicher  liichtuu^  ^orbrechen  zu  können. 
Dann  wird  imgefUgt,  Mac  Mahon  habe  sich  den  entwickelten 
Gründen  gefügt  und  PaiJly  aulgefordert,  sich  dem  1.  Korps  zu 
nähern  und  die  Stellungen  von  Lemberg  und  Philippsburg  „solide^ 
zn  beselBKii.  Gegen  den  Marschall  wird  der  Vorwurf  erhoben, 
seine  Befehle  hieni  seien  nielit  genügend  dringlich  und  bind«id 
gewesen. 

Wo  ist  hier  die  Rede  von  einem  Abmarsch  des  1.  Korps  naeh 
Lemberg?  Die  Bedeutung  der  dortigen  Stellung  hat  )a  sehon  Tor 
dem  Feldzug  in  dem  Kopfe  des  Genenls  Dncrot  gespukt  —  er  hatte 
sie  studiert  —  aber  er  hielt  es  offenbar  fflr  genügend,  wenn  das 
5.  Korps  dort  stand.  Anderenfalles  hätte  er,  der  in  dem  ganxen 
Anfeats  bemttht  ist»  die  äohnld  an  dem  Verlnst  der  Sehiaeht  Ton 
Worth  ron  General  Failly  abznwldzen  und  dem  Hanehall  anficnbUrden, 
sieber  wie  folgt  ersählt:  Ich  habe  Uae  Mahon  eindringlichst  geraten, 
nieht  bei  WOrtii  stehen  zu  bleiben,  sondern  sich  mit  dem  &  Korps 
bei  Lemberg  an  yereinigen.  —  Ferner  erzftblt  Dncrot,  er  habe  be- 
antragt die  Infanterie  des  5.  Korps  mit  der  Bahn  herankommen  sn 
laasen.  Das  stimmt  nieht  mit  einem  Antrag  anf  Abmarsch  des 
1.  Korps  nach  Lemberg.  (Übrigens  ebensowenig  mit  einem  Abmarsch 
des  &  Korps  dahin;  Dncrot  gerttt  eben  fortwährend  in  Widersprttehe.) 
Gr  will  anch  anf  Yerstärknng  der  Stellung  too  WOrth  gedrungen 
liaben;  anch  das  würde  der  Ansicht,  man  dfirfe  nicht  stehen  bleiben, 
widersprechen.  Oder  sollte  das  der  General  nur  geraten  haben  fttr 
den  Fall,  dals  Mac  Mahon  nicht  zurückginge?  Dann  hätte  er  es 
sicher  auch  in  seinem  Aufsatz  auf  dieso  \Veise  enäbll. 

Erst  am  Schlufs  heifst  es,  es  sei  schwer  zu  erklären,  warum 
Mae  Mahon  nicht  auf  das  5.  Korps  zurückgegangen  sei,  wenigstens 
uro  10 '/s  Uhr,  als  das  Gefecht  bedeutend  schwächer  wurde.  Damit 
ist  natlirlich  der  6.  August  gemeint  DemgenUÜs  komme  ich  zn  der 


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426  %  Tiligkät  des  Manehills  Mm  Malmi  vor  der  8«lilMlit  von  WSrtli. 


AnffiMsmig,  dals  Duerot  erst  am  Morgen  dieses  Tages,  als  er 
die  Anweseabeit  starker  deniBeber  Krifte  anmitlelbar  T«r  der  fran- 
zOdscbea  Front  erfahr,  Hae  Mabon  son  Blickiage  auf  Lemberg  zu 
bewegen  snohte.  In  diesem  Sinne  ersählte  ja  aneh  der  Graf 
▼on  Leobe,  dessen  „Eiinneraogen**  dem  Wortlaate  oacb,  soweit  sie 
sieb  anf  den  Morgen  des  6.  August  belieben,  in  das  Baeb  Ober  des 
Leben  Daeiots  übergegangen  sind. 

Oer  zweite  iu  Betracht  kommende  Anbatz  ist:  Notes  sor  le 
combat  de  Wilsemboorg  extraites  des  papiers  da  gdn^ral  Dacrot.*) 
Hier  wird  am  Scblals,  nach  Bescbreibong  der  Aafstellong  der  Trappen 
am  5.  Aagu8t  erzählt,  dafs  Dacrot  die.  Annahme  einer  Schlacht  bei 
Frt^schweiler  fUr  tollkühn  gehalten  and  znm  Btteksng  anf  Lembeig 
geraten  habe.  Dieser  Passos  ist  schon  an  anderer  Stelle  wieder* 
gegeben.  Unmittelbar  darauf  geht  der  Text  wie  folgt  weiter: 
,^Nacb  langem  Zögern  entschiols  sich  der  Marschall  anf  die 
dringenden  Bitten  der  Generale  Oacrot  und  Raoolt,  die  durch  den 
Grafen  von  Lcafse  nnterstUtzt  wurden,  am  6.  gegen  6®  zum 
Erteilen  der  Rückzugsbefehle  .  .  D;iraus  ist  zu  folgern,  da(s  sich 
der  ganze  Passus  auf  die  Auffassung  bezieht,  die  dor  General 
Ducrot  am  Morgen  des  r».  August  über  die  Lag-e  hef^'le,  um  so  mehr» 
als  unmittelbar  vorher  ix  richtet  wird,  Ducrot  habe  —  am  ö.  —  dem 
Marschall  die  Ausführung  von  Geländeverstärkungea  in  der  ätellung 
von  Wörth  angeraten. 

Ein  drittes  Dokunu  ut  ist:  Lettre  du  marquis  de  la  Kochet hulon.^) 
Hierin  wird  von  einer  Luterreduug  eiuejs  Obersten  berichtet,  die  dieser 
am  Abend  vor  der  Schlacht  von  Worth  mit  General  Ducrot 
gehabt  habe.  Diesem  wird  allerdings  die  Aufserung  in  den  Mund 
gelegt,  die  Situatiuü  erlürdere  das  Zurückgehen  in  die  Vogesen,  die 
Stellung  bei  Wörth  sei  von  Morsbronn  her  gefährdet,  Ducrot  sage 
seit  dem  Morgen  des  5.  dem  Marschall  immer  wieder,  dafs  man  eine 
Dummheit  begebe.  Allein  der  Brief  ist  nach  einer  Unterredung 
niedergeschrieben,  die  im  Jahre  1885  stattfand;  Eriuneruugs- 
täusch  11  II ^^cii  sind  also  sehr  leicht  möglich  gewesen. 

Ausschlaggebend  scheinen  mir  die  von  Ducrot  selbst  her- 
rührenden Schriftstücke  zu  .sein;  diese  dürften  beweisen,  dafs  der 
General  am  5.  August  noch  nicht  zum  iiückzug  geraten  hat,  sondern 
erst  am  Morgen  des  G. 


1)  Band  II,  Seite  864  u.  ff. 
S)  Band  U,  Seite  861  u.  ff. 


Der  Bedarf  an  ArtiUerie  für  die  Sohlaoht. 


427 


xxu. 

Dar  Bedarf  an  Artillerie  für  die  Schlacht. 

Von 

TOI  Bluie,  0«Dwa]  der  Ihfanterie  cD. 


Unter  den  zahlreichen  wichtigen  Fragen,  die  di»^  im  Herbst 
des  vorigen  Jahres  erschienene  Schrift  des  Herrn  Generals  der 
Artillerie  t.  Hoffbauer  ,. Altes  and  Neues  aus  der  Deutschen  l  eid- 
artillerip"  behandelt,  nimmt  Datargemäfs  die  des  z\veckmärsi<:en 
ötärkeverbaltiiissps  zwischen  der  Artillerie  nnd  den  anderen  WaÜen 
einen  hervorrajirenden  Platz  ein.  Die  l'nteria«:(  n  tllr  die  Be- 
urteilung dieser  Frage  haben  sich  durch  die  technischen  Vervoll- 
kommnungen, die  das  Geschtitzwesen  in  der  Neuzfit  erfahren  hat  so 
wesentlich  verändert,  dafs  es  jedenfalls  bei  Ausrübtuni;  imsurer  Feid- 
artiilerie  mit  RohrrücklaufgeschUtzen  sorgfaltiger  Erwägung  bedarl\ 
ob  es  ratsam  ist^  an  der  bisherigen  Ausstattung  der  deutschen 
Armeekorps  mit  je  24  Feldbattericn  zu  sechs  Geschtttzen  festzuhalten. 
Dt  nii  es  wird  allerseits  auerkamit,  dals  bei  dem  zumeist  zur  An- 
wendung kommenden  Flttgelfeuer  eine  Batterie  zu  vier  Geschützen 
neuer  Konstruktion  da.sselbe  wie  eine  solche  von  sechs  Geschützen 
zu  leisten  vermag.  Die  t\lnften  und  sechsten  Geschütze  der  Batterien 
sind  jetzt  im  Flügelfeuer  noovalenrs,  weil  schon  vor  Abgabe  des 
vierten  ond  nicht  erst,  wie  früher,  nach  dem  sechsten  Schnis  der 
Batterie  das  enteOeschtttz  wieder  feuerbereit  ist.  Im  Salven-  nnd  EUuel- 
geBeb11tB-(SehneU-)Feuer  steht  zwar  die  Leistung  einer  Batterie  von 
vier  GesdilltEen  hinter  der  dner  solehen  von  seeha  Geechfitwn  znrttok; 
aber  mit  Material  neaer  Konstmktion  ausgerüstet,  übertrifft  jene  an 
Wirkung  immerhin  noeli  eine  Batterie  von  secbs  GesehQtBen  älterer 
Art.  Salvenfeaer  kommt  selten,  im  Kampfe  gegen  Artillerie  Einzel- 
gesebütsfener  fast  niemals  znr  Anwendung.  Und  soll  es  Überhaupt 
mOglicb  sein»  von  der  lete^edaehten  Fenerart  in  bedeutenderem  Um- 
fange Gebraneh  an  maehen,  so  ist  eine  Vermehrong  der  Mnnitions* 
fahrzenge  nnvermeidlieh,  Sie  kann,  wenn  die  Batterien  nnr  mit  vier 
Gesehatzen  ansrtteken,  niebt  nor  fllr  jede  von  ihnen  geringer  sein  als 
für  Batterien  von  seehs  Geschtttzen,  sondern  in  jenem  Falle  würde 
auch,  voraasgesetst  dab  die  Zahl  der  Batterien  unverändert  bliebe, 

^)  Der  Aufsatz  ist  vor  dem  Krscheinen  der  soeben  zur  Ausgabe  ge- 
langten Schrift  des  Oenenlleutmants  v.  Rohne  ,,Znr  Artillerielrage"  (Miü- 
Ukrisehe  Ztitfngen,  Heft  8)  niedergmebrieben  nnd  nnvertodeit  gelassen 
woiden. 


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438 


Der  Bedarf  an  ArtiUerie  tOt  die  SehUobt 


in  der  Verminderung  der  Geschtltzzahl  des  Armeekorps  von  144  aul 
96  ein  in  mehrfacher  Hinsicht  sehr  wichtiger  Ausgleich  für  die 
Belastung  mit  einer  grölsereu  Zahl  von  Monitionswagen  gefunden 
werden. 

Naob  Angabe  der  Im  Eingang  erwähnten  Schrift  hat  man  denn 
anch  in  Frankieleh  berdti  die  In  der  Zahl  von  28  bei  federn  Armee- 
korps vorhandenen  Batterien  der  FeldartUierie  von  je  fleehe  GeaditttBen 
auf  deren  je  Tier  Terringert  nnd  die  AaafllbniDg  der  im  Zusammen- 
hang damit  nrsinniflglieh  gehegten  Aheioht,  die  Zahl  der  Feldbatterien 
bd  den  Armeekorps  Ton  23  anf  80  zu  erhöhen,  TOriäniig  aaagesetrt. 
Sonaoh  besteht  die  Feldartillerie  der  iranaOBlachen  Armeekorps,  deren 
Stärke  wesentlieh  mitbestimmend  fUr  die  Vermehmng  unserer  Feld- 
artillerie  in  der  neueren  Zelt  war,  jetst  ans  92  Gesehtltwn.  Bei 
Wiedermnfnahme  dee  Planes,  sie  um  sieben  neue  Batterien  sn  ver- 
stärken,  wttrde  sie  auf  120  (stesehutze  anwachsen.  Sollen  wir  trota- 
dem  die  bisherige  Formation  und  Stärke  unserer  Feldartillerie  — 
144  Geschtttie  beim  Armeekorps  —  beibehalten? 

Herr  General  t.  Hoifbauer  befürwortet,  dies  wenigstens  vorläufig 
zu  tun.  Nur  in  dem  Falle,  dalh  man  fai  Frankreich  auf  den  Plan, 
die  Armeekorps  mit  30  Feldbatterien  au  vier  Gesehtttsen  auszustatten, 
snrliekkommen  sollte,  würde  nach  seiner  Ansicht  au  erwägen  sehi, 
ob  es  sieb  fUr  uns  empfiehlt,  die  gleiche  Formation  ansnnebmen  (s. 
S.  158  Ziff.  10  seiner  Schrift).  Ich  wttrde  geneigt  sein,  dies  dahin 
zu  Yerstehen,  dafs  wir  uns  nicht  durch  Qbereiltes  Nachahmen  des 
firanzOslscheD  I^eispiels  in  die  miÜBliebe  Lage  bringen  sollen,  in  Fiel- 
leicht naher  Zeit  die  Stärke  nnd  Gliederung  unserer  Artillerie  aber- 
mals ändern  zu  mUssen,  wenn  die  EinzelansfttbraDgen  der  Schrift 
nicht  der  Begründung  der  Ansicht  dienten,  dafs  die  dauernde  Bei- 
behaltung der  bisherigen  GeschUtzzabl  unserer  Feldartillerie  notwendig 
oder  mindestens  zweckmälsig  sei.  Es  erscheint  deshalb  nicht  ttber* 
flässig,  die  hiergegen  sprechenden  Bedenken  geltend  zu  id aeben. 

FUr  die  Beurteilung  der  Sache  kommen  mannigfaltige  Gesichts- 
poukte  in  Betracht.  Aber  keine  Frage  ist  dafür  so  wichtig  als  die, 
wieviel  Artillerie  wir  fUr  die  Schlacht  nötig  haben  oder  wenigstens 
mit  Vorteil  in  ihr  verwenden  können.  Denn  in  ihrer  Kampfkraft 
besteht  der  grofse,  aber  auch  der  alleinige  Wert  der  Artillerie;  aofser- 
halb  des  Kampfplatzes  ist  sie  ein  lediglich  erschwerendes,  die 
Operutiuuslahigkeit  des  Heeres  beeinträchtigendes  Element  der 
Kriegs(\lhrung.  Unter  gttnstigen  Boden-  und  Geländeverhältnissen 
kann  sie  sich  schneller  wie  die  Infanterie  fortbewegen  und  vermag 
seihst  sehr  entfernte  Ziele,  lebende  and  tute,  aufserordentlich  wirksam 
zu  bescbieüseu.  Aber  iu  bezog  auf  Maoövrieriäbigkeit  von  der  Boden- 


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Der  Bedart  an  AitiUerie  tlir  die  äehUcht 


429 


ond  GeUbidebesehaffenheltr  in  beiog  auf  KampfDLbigkeit  tod  nnbe- 
hiD^rter  Fenisielit  wlir  aÜftngig  and  nnOUiig  zum  Nabkamp!,  bedad 
sie  bäafig  des  Sobotees  anderer  Wa£Rra.  iDsbesoDdere  beeintriobtlgt 
die  Ao^mbe  dee  Sebnteea  aasgedebnter  ArtUlerietroiiten  io  der  Seblacht 
oft  in  empfiedlieber  Weise  die  Verwendbailceit  eines  Teiles  der  In- 
iSuterie  ffSx  andere  Zwecke.  In  den  Marschkolonnen  gemisehler 
Waffen  nimmt  Artillerie  noTerbttltnismUsifr  Tiel  Baum  ein  nnd  ver- 
zögert dadnrebt  Ton  anderen  Naebteilen  abgeseben,  den  Anfmarscb 
der  hinter  ihr  roarscblerenden  Truppen  sam  Gefecht  Sie  vermehrt 
den  Trols  des  Heeres  nnd  bereitet  ihrer  zahlreichen  Pferde  wegen 
oft  Verpflegang88cbwierigkeile&.  Znr  LiOeoog  der  lahlrdcben  Neben- 
an%aben  der  KriegfÜbrnng,  wie  SicherheitB-,  AnfkUraogs»,  Ordonnans-f 
Etappendienst,  Beitrelbaogen  usw.,  kann  sie  nnr  wenig  beitragen. 

Ans  diesen  und  anderen  Gründen  wird  man  daranl  veniohten 
mtlsBen,  den  HeeikOipem  soviel  Artillerie  mnteiien,  wie  in  dieser 
oder  jener  Kriegslage  einmal  von  Nirtsen  sein  kann.  Von  Aossehlag 
gebender  Bedeutung  ist  der  Bedarf  in  der  lintsoheidnogssehlacbt. 
wobei  zu  berücksichtigen  bleibt,  dafs  dort  mehr  als  je  die  Hauptrolle 
der  Infanterie  zafiUlt,  wiUirend  die  Artillerie  im  wesentlicbeo  die 
Aufgabe  hat,  jener  vorzuarbeiten  nnd  sie  zu  onterstlltzen.  Die 
Armeekorps  mit  soviel  Artillerie  anszastatten,  wie  sie  bierfUr  anf 
dem  Sehlachtfelde  In  der  Begel  mit  Vorteil  verwenden  können,  ist 
zweckinüfsig,  darüber  hinauszugehen  mehr  schädlich  als  nützlich. 

Bei  Ermittelung  des  Bedarfs  an  Artillerie  für  die  Schlacht  spielt 
die  Raumfrage  eine  wichtige  Rolle.  Im  Kriege  von  1870/71  bedurfte 
die  Artillerie  eines  deutschen  Armeekorps  bei  einer  Stärke  von  90 
Geschützen  zum  Aufmarsch  mit  normalen  Abständen  eine»  Breitenraomes 
von  1500  m;  die  Feldartillerie  der  heutigen,  an  Infanterie  und  Kavallerie 
ungefähr  o:leich  starken  Korps  beansprucht  für  denselben  Zweck 
einen  Hreitenraum  von  2500  m.  Ist  anzunehmen,  dafs  ihr  dieser  oftmals 
Überhaupt  nicht  oder  doch  nicht  so  frewährt  werden  kann,  wie  es 
zur  Erflllluntr  ihrer  Aüfiraben  im  Kähmen  der  Gesamthandlung  not- 
wendig wäre,  sn  ist  dies  ein  nahezu  eutacbeideudes  Argument  ftlr 
die  VerminderuriLc  der  Gescbützr.ahl. 

Nun  ist  von  verschiedenen  SeitPM  daranl  hinjrewiesen  worden,  dals 
«'S  ^chon  in  den  Schlachten  des  Krieges  von  1870/71  trotz  der  damals 
n  l  inirrrt  II  htarke  unserer  Armeekorps  an  Artillerie  wiedti  li  ilt  nicht 
niöglieli  üt'wesen  ist.  nlle  verfUghareu  Batterien  zu  verwenuen.  In 
der  eingangs  erwähnte  n  Schrift  wird  der  Nachweis  geführt,  dafs 
hieran  ..nur"  in  sieben  Schlachten  des  Krieges  „lediglich"  Raum- 
mangel schuld  gewesen  ist.  Wenn  man  bedenkt,  dafs  zugegebener- 
ma(t»cn  noch  in  einer  nicht  unbcträchlicben  Zahl  von  Fällen  —  z.  B. 


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430 


Der  Bedarf  an  ArÜUerie  für  die  SeUaebt. 


bei  Orleans,  le  Mus,  bei  den  EXmpfen  4er  SOtUtmee»  «if  IraiiiOfli- 
seber  Seite  an  der  Usaiae  —  ein  mebr  oder  weniger  gioleer  Teil 
der  Torbandeoen  ArtlUerie  aos  anderen  Gründen  —  z.Bw  wegen 
UDgUnstiger  Geläade-,  Wege-  oder  fiodenbesebaffenbeit»  wegen  Dankel- 
heit  oder  Nebel  —  nicht  Terwendet  werden  konnte,  80  eebeinen  mir 
diese  Erfahrungen  des  DentBeb^FVanzösiscben  Kriegt;s  wenig  geeignet, 
zngansten  der  Mitfilbrang  von  144  G^httta^  hei  den  Aimeekorptf 
verwertet  zn  werden.  Der  Herr  Yerlaeeer  bat  dies  denn  anoh  wobl 
erkannt  ond  daher  des  weiteren  den  Naobwela  zn  fthreo  gesncbt, 
dafe  in  der  Schlacht  von  Grarelotte— St.  Privat  aosreiehender  Raun 
tllr  die  Entwickelnng  der  gesamten  Artillerie  der  in  erster  Linie 
verwandten  lUn!  deutschen  Korps  auch  dann  vorhanden  gewesen  sein 
würde,  wenn  die  ArtiUerie  dieser  Korps  ans  je  144  Gesebtttaen  be- 
standen hätte. 

Das  Beispiel  ist  gut  g:e\väblt,  deun  die  Schlacht  von  Gravelotte- 
St.  Privat  konimt  einer  geplanten  Schlacht  gegen  einen  Feind  in  vor- 
bereiteter Stellung  am  nächsten,  und  dieser  Fall  erheisf'ht  fliV  »rröfste 
Tiefenglieder  11  n;:^  des  Angreifers,  daher  die  gröfste  räumliche  Be- 
schränkung der  einzelnen  Korps,  wenigstens  ihrer  Mehrzahl.  Wird 
nachgewiesen,  d;ils  es  selbst  unter  solchen  Verhältnissen  den  Armee- 
korps nicht  jui  Kaum  zu  vorteilhafter  Verwendung  von  1 44  Ooschlitzen 
gebricht,  so  fällt  damit  das  blärkste  der  für  Verimudtrnug  der  Ge- 
schtitzzahl  geltend  gemachten  Argumente.  Die  Schrift  behandelt 
daher  das  genannte  Beispiel  sehr  eintrehcüd.  Allerdings  bleibt,  wenn 
es  auch  als  zutrefifend  anerkannt  werden  könnte,  dafs  in  jener  Schlacht 
144  Geschütze  bei  jedem  der  fünf  Armeekorps  erster  Linie  llauin 
zu  gleichzeitiger  zweckmälsiger  Verwendung  gefunden  haben  würden, 
noch  zu  bedenken,  dals  auch  bei  den  drei  Kescrvekorps  noch  je  144 
Geschütze  als  vorhanden  anzunehmen  wären.  Nun  bat  zwar  die 
Zurückhaltung  einer  ArtiJleriereserve  bei  Beginn  der  Schlacht  heute 
zweifellos  grüfsere  Berechtigung  als  im  Jahre  1S70.  Aber  eine 
Reserve  von  4B2  Geschützt u  liir  fünf  in  erster  Linie  verwandte 
Armeekorps  ist  des  guten  zu  viel,  wemi  sie  lediglich  z,uiu  Ersatz 
von  Verlusten  dienen  soll.  Ein  Teil  davon  hätte  im  Bedarfsfälle 
unbedenklich  zur  Verstärkung  der  Artillerie  der  vorderen  Linie  ver- 
wandt werden  können,  wie  es  bekanntlich  1870  geschah. 

Daftr  würde  jedoeb,  wenn  alle  Korps  vit  der  bentigen  Gescbtttz- 
xahl  veraeben  gewesen  wSren,  am  so  weniger  ein  BedUrfnis  vor* 
gelegen  haben,  als  idebt  zugegeben  weiden  kann,  dals  sdbet  nur 
für  die  flinf  Korp«  der  TOrderen  Linie  biniänglieber  Saarn  znr  Eni- 
wiekelnng  too  je  144  Gesebatzen  m  ihrer  Kampffront  Toifaanden 
gewesen  wäre.  Anf  dem  Bogen  vor  dem  zn  omfanenden  rechten 


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Der  Beduit  ua  Artillerie  für  die  Scblioht. 


43t 


Fittgel  der  FfanioMD  reichte  der  Bama  aUerdiogs  nahesn  ans,  om 
eine  je  144  Geschlltoe  etarice  Artillerie  des  Garde-  aad  XIL  Anneekoi|iB 
gegen  die  feindliclie  Stellmig  in  Tfttiglieit  m  eefaten,  und  nooh  weniger 
fehlte  es  hierfllr  an  Raum  in  der  AngrüEtfront  des  IX.  Anneekorpe. 
Anders  bei  der  L  Armee.  Dort  füllten  am  18.  Angnst  1870  23 
Batterien  des  YIL  nnd  YIIL  Armeekorps  den  Ranm  ror  dem  ieindliehen 
linken  Flttgel,  anf  dem  rechten  Manceafer,  so  ToUstKndig  aas,  dafs 
die  hier  noch  verfUgbaren  weiteren  Batterien  nicht  in  Titigkeit 
treten  konnten.  Der  gr5i^re  Wirkongsbereieh,  den  die  bentigen 
GesohtttBe  haben,  hätte  Tielleicht  gestattet,  den  linken  FtOgel  der 
Aztüleriellnie  der  L  Armee  um  einige  Batterien  za  Terlängem.  Aber 
bei  Ansstattnog  der  Armeekorps  mit  je  144  Gesohtttsen  hlllte  der 
gröfste  Teil  der  Artillerie  des  VII.  Armeekorps  auf  den  rechten  Flttgel 
der  deatschen  Front  keinen  Kaom  gefanden. 

Herr  General  v.  Hoffbaaer  ist  nun  der  Ansicht,  dafs  diese  Ar«, 
tillerie  sehr  xweckniäfsig  gegen  die  linke  Flanke  der  französischen 
Stellnng  vor  dem  Nordrande  des  Bois  de  Vaox  hätte  verwandt 
werden  können.  Dagegen  ist  zunächst  sn  bemerken,  dals  anf  jener 
Flanke,  dorcbschnittlicb  kanm  1000  m  vom  Rande  des  Bois  de  Vaox 
entfernt,  iVa  DiTisionea  des  Korps  Frossard  in  sehr  starker  Stellang 
and  oabmhafle  Reserven  nabe  binter  ibnen  standen.  Eine  Artillerie- 
roasse  ohne  entsprechend  starke  Infanterie  gre^n  jene  Flanke  zu 
entsenden,  wäre  nicht  ang^ängig  gewesen.  Die  Einsetznng:  beträcht- 
licher Kräfte  an  dieser  Stelle,  wofür  nur  das  VII.  .\riTieekorps  hätte 
in  Frage  kumnien  können,  entsprach  aber  darobaus  uioht  den  Ab- 
sichten der  obersten  Heorp'^leitung. 

Der  seitens  der  letzteren  am  Nachmittage  des  17.  Anernst  für 
den  folgenden  Tag  erlassene  Befehl  rechnete  mit  den  beiden  Mi'»?- 
lichkeiteu,  dals  am  18.  die  feindliehe  Armee  kampfbereit  auf  den 
Höhen  westlich  Metz  stehe  oder  sieh  im  Abmarsch  von  dort  in  nord- 
westlicher Richtung  befinden  wUrde.  Deshslh  sollte  die  II.  Armee 
um  5  Uhr  früh  antreten  inid  mit  Staffeln  muh  linken  Flügel  zunächst 
nordwärts  vorgehen,  iia<  \  Iii.  AnnLekorps  sieh  dieser  Bewegung  auf 
dem  rechten  Flügel  auschiielben,  das  VII.  aber  anfangs  die  Aufgabe 
erfüllen,  ^die  Bewegungen  der  II.  Armee  gegen  etwaige  feindliobe 
ünteruehmungen  von  Metz  her  zu  sichern''. 

Der  ihm  hiernach  gestellten  Aufgabe  konnte  das  VII.  Armee- 
korps nur  durch  Einnahme  einer  Bereitscbaftsftelluug  auf  dem 
rechten  Manceufer,  in  der  Gegend  von  Gravelotte.  Front  nach 
OsteUf  gerecht  werden.    Dort  zog  daher  auch  der  kommandierende 


»)  S.  üeneralstabswerk  S.  669. 


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4A2 


Dw  Badaif  n  AitfUmle  fVr  dto  SoUaalK. 


General  die  Haaptkrfilte  aeioM  Korps,  insbesondere  dessen  ganze 
Artillerie,  losamraeD,  nur  die  26.  lofu^iebrigade  nebst  einer  Batterie 
zur  Sioberang  des  Moseltals  hei  Vanz  belaaaead  und  Vortnippea  in 
das  Bois  de  \'aax  vorsebiebeod. 

Als  sich  dann  heraoMtellte,  dals  sich  die  feiadiiebe  Armee  aoeh 
in  Stellang  aaf  den  Bühea  weatUeb  Meu  befand,  wurde  beschlossen, 
sie  dort  anzugreifen,  aber  ans  guten  GrUnden,  nur  in  der  Front  and 
rechten  Flanke,  also  nicht  doppelt  nnifassend.')  Hierron  wäre 
man  sicherlich  nicht  lediglich  za  dem  Zweck  abgegangen,  ttber- 
schttssige  Batterien  zu  verwenden.  Dies  um  so  weniger,  als  das 
Gelände  vor  der  französischen  linken  Flanke  für  den  Augritf  und 
namentlich  fUr  die  Verwendung:  von  Artillerie  das  denkbar  nn 
günstigste  war.  Nur  wenige,  fUr  Artillerie  teils  ^nr  nieht  benutzbaj  e. 
teils  änfserst  beschwerliche  Holzweg:e  tiibrlen  aus  dem  Mancetal 
durch  das  Bois  Ue  Vaux  den  steilen  Abhang  hiiifiuf  mit  die  Höhe. 
Uie  dort  am  Waldrande  stehciidrii  sclisv.ichen  InfiiiiteriL'alitpiluugeu 
babrn  wäbitMiii  der  ganzen  Dauer  der  bchlaeht  lieliiires  GrauattVucr  aus 
dem  iiaiie  gegeuüh*T  betindiieht  n  leiudlichen  6teliuiii:  :uisbalten  müssen 
und  erlitten  beträehliiche  Verluste  durch  Chassepottt  uer,  sobald  sie  aus 
dem  Wuldraude  vor/ubruchea  verbuchten.  Wo  und  wie  hätte  unter 
diesen  l'nisländen  Artillerie  vor  dem  Waldrande  aulhiln  cii  und  sich 
behaupten  künnenV  Der  geiicntilitidtehende  Feind  hatte  vorher  durch 
Infanterieangriii  ohne  Artilleneunlerstützung  aus  seiner  starken  Stellung 
vertrieben  w  erden  mUssen,  -  eine  Aufgabe,  an  der  wahrscheinlich  die 
Infanterie  eines  ganzen  Armeekorps  gescheitert  wäre.  Hiernach  bedarf 
auch  die  vom  Herrn  General  v,  Hollbauer  ausgesprochene  Ansicht, 
dafs  schon  zur  .Siclieruiii:-  dei'  dureh  das  .Maiicelal  fubreiiden  Ver- 
bindungslinie des  Vll.  Arinefkorps  luil  dem  linken  Moselufer  die 
Verwendung  einer  starken  Artillerie  vor  dem  Bois  de  Vaux  erwUnscht 
gewesen  sein  würde,  keiner  weiteren  Widerlegung. 

Nein,  in  der  AngriffsEront  der  deutschen  Armee  bei  Gravelotte- 
St.  Prirat  wäre  nieht  ausreichender  Raum  vorbandeti  gewesen,  am 
die  Artillerie  von  fttnf  Armeekorps  gleichzeitig  in  Tätigkeit  in  aeteen, 
wenn  zn  jedem  Koip«  144  Gesefatitze  gebört  liätfeen.  Die  ans  482 
Geaclitttien  bestellende  Artillerie  der  drei  Besenreicoips  aber  liStle 
in  der  SoUaeht  wegen  besebrinkten  Banmes  nnr  iUr  den  Enats  von 
Verlobten  Verwendung  finden  ktfnnen.  Und  günstigere  Bannt*  nnd 
GelündeverhiUtniBBe  als  bei  Grarelotte-St  Frivat  werden  dob  Ar  den 
Gebraacb  der  Artillerie  in  der  Angrifissoblacht  kaum  Jemals  bieten 

Aber  ist  denn  die  Antwort  auf  die  Frage,  wieviel  Artillerie  in 

^)  Vgl  Genendstabswerk  $.  696—897. 


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Der  Bedarf  m  ArüHarte  für  die  ScfabMht 


433 


der  AngriffMoUadit  mU  Vorteil  verwende!  werden  kann,  ttberhanpt 
lediglieh  von  der  GrOfoe  dee  m  der  iSulwiekelmigdiont  ?ethandeneii, 
fttr  BatteiieeteUnngen  geeigneten  Baumes  aUdlngig?  Ist  es  so,  dafo 
die  Artillerie  oime  BeeintcSohtigiiag  der  anderen  Waffen  and  ohne 
dnreh  deren  Gefeebtsttttigkeik  am  Feoem  behindert  in  werden,  jenen 
ganzen  Baum  aasfttllen  kann,  und  würde  der  Bedeatang  und  Schwierig* 
keit  der  der  Infanterie  in  der  AngriffiBSCblaobt  sniallenden  Aufgaben 
die  Forderung  entsprecbeu,  dafs  sie  mit  dem  Baum,  den  die  Artillerie 
frei  läfst,  vorlieb  nehme,  ihre  Gefeehtsttttigkeit  d^  Ansbreitnng  und 
Verteilung  der  Batterien  anpasse? 

Die  Entwickeiungsfront  der  Deutschen  bei  Gravelotte-St.  Privat 
—  rechter  Flflgd  1500  m  südlich  Gra?elotte,  linker  iOOO  m  östUcb 
Monthois  angenonunen  —  hatte  eine  Länge  von  wenig  mehr  als 
15  ODO  m.  Es  entfielen  also  auf  jedes  der  fünf  Armeekorps  der  vor» 
deren  Linie  durchscbnittliob  etwa  3000  m  (auf  das  IX.  Korps  mehr, 
auf  die  beiden  Korps  des  rechten  Flügels  entsprechend  weniger). 
Den  Angrifi  mit  weniger  Infanterie  als  der  von  fünf  Korps  zu  unter- 
nehmen, wäre  187(1  nicht  ratsam  gewesen,  und  einem  ebenso  starken 
riepner  wie  damals  gegenüber  heute  noch  weniger  angängig.  Wenn 
nun  auf  einer  Front  von  'M)00  m  144  Geschütze  verteilt  sind,  die 
bei  normalen  Abständen  25ün  m  Frontlänge  haben,  so  bleiben  in 
der  Artillerielinie  für  den  Durchzug  von  lufanterie  noch  Lücken  von 
'zusammen  öOO  m  Breite,  und  zwar  da,  wo  die  Artillerie  sie  im  Hin- 
blick auf  die  GeliinuLlipsehaffenbeit  crelassf  u  hat.  Oft,  aber  nicht 
immer,  werden  das  die  geeignetsten  fttellen  lür  das  Vorziehen  von 
Infanterie  sein.  Wenn  aber  die  Masse  der  Infanterie  zum  Angrirt 
schreitet,  so  kann  sie  des  feindlichen  GeBchüt/ieuers  wegen  über  die 
Linie  der  eigenen  Artillerie  nur  in  voller  gefcchtsmäisiger  Ent- 
wickelung.  in  breiter  Front  die  Zwischenräume  der  Geschütze  benutzend, 
hinausgehen.  Diese  Vorwärtsbewegung  wird  in  zahlreichen,  mit  Ab- 
stauden  von  mehreren  100  m  einander  folgenden  Linien  ausgeführt, 
und  währeitd  der  ganzen  langen  Dauer  des  Durch/ugs,  bis  die 
hinterste  Infanterielinie  sich  400  m  vor  den  Gebchutzmuudungen 
befindet,  sind  die  von  tlum  Durchzug  betroffenen  Batterien  am  Feuern 
behindert.  Für  die  Artillerie  des  Verteidigers  gibt  es  keine  günstigere 
Gelegenheit,  der  Angritfsinfanterie  Abbruch  zu  tun,  und  in  dieser 
schwierigen  Lage  muls  letztere  der  Unterstützung  eines  Teiles,  viel- 
leicht des  grölsten  Teils  der  eigenen  Artillerie  entbehren!  Zwar 
sollen  einige  Batterien  die  vorgehende  Infanterie  begleiten.  Aber 
aneb  dann  füllt  das  Fener  dieew  Batterien  filr  längere  Zeit  aas. 
Ähnliehe  Sohwierigkeiten  für  daa  Znaanunenwirken  TOn  144  Gesehtttaen 
mit  25  Bataillonen  Infanterie  anf  dnem  Rampffelde  vm  8000  m 


484 


Der  Bedarf  an  Artflterie  lUr  die  SobUcht. 


and  seibek  auf  einem  soiciheii  too  4000  m  Bi^te  werden  anoh  in 
andefen  Oefeebtomomenten  hlniig  genng  ittblbar  werdeoi  snmal  das 
ObendbieÜsen  der  Infimterie  dnieh  Arlflleiie  troto  der  gesteigerten 
IMbieherheit  der  letsteren  doch  an  enge  Gienxen  gebanden  bleibt 
nnd  namentlich  in  den  entscheidenden  Momenten  des  Inianterienab- 
iuunpfes  nicht  anwendbar  ist. 

Die  Verwendbarkeit  von  Artillerie  in  der  Angrifiuehlacht  hat 
also  nicht  nnr  eine  abeolote  ritamUche  Greoxe,  sondern  es  wächst 
auch  innerhalb  dieser  Grenze  die  Unterstützung,  die  die 
Artillerie  der  Infanterie  gewähren  kann,  niebt  in  gleichem 
Verbttitais  mit  der  Gescbtttssabl. 

Nun  ist  zwar  die  Ansieht  sehr  rerbreitet^  dals  jede  Schlacht, 
wenigstens  die  betderseits  geplante,  mit  einem  „Artüleriedoeil**  be- 
ginnen mflsse,  weil  von  der  rorgängigen  NiederkAmpfong  der  Ver- 
teidignngsartiileiie  die  Mögtiehkeit  der  weiteren  Dnrchftlhning  des 
Angriffs  abhänge;  deshalb  müsse  die  Artillerie  so  stark  wie  nnr 
irgend  möglich  und  in  der  Wahl  ihrer  Stellungen  für  diesen  Artillerie- 
kampf unbhängig  von  Btteksiebten  anf  die  anderen  Waffen  sein. 

Anf  ein  solches  Artflledednell  einzugehen,  empfiehlt  sich  indes 
für  den  Verteidiger  nnr,  wenn  und  so  lange  als  er  Hoffiinng  hat, 
die  artillerisdBche  Fenerttberlegenbeit  zu  erkämpfen.  Was  hätte  er 
wohl  für  Veranlassung,  seine  Artillerie  der  Vernichtung  auszusetzen, 
ehe  die  feuidlicbe  Infanterie  in  ihren  Scbalsbereich  kommt?  Bis 
dahin  kann  er  sie  snrttckhalten  oder  doch  die  Gescbtitzbedienong 
Deckung  nehmen  lassen,  dies  sogar  Im  weiteren  Verlauf  der  Schlacht 
vor  dem  Herannahen  der  Entscheidung  in  Momenten,  die  fllr  die 
Tätigkeit  seiner  Artillerie  weniger  gUnstig  sind,  zeitweise  wieder- 
holen. Gerade  die  Schlacht  7on  Gravelotte  bietet  ein  lehrreiches 
Beispiel  für  solches  Verfahren;  denn  dort  eröfinete  die  Artillerie  des 
französischen  linken  Fltlgels,  nachdem  sie  seit  mehreren  Standen 
gm  geschwiegen  hatte  und  deshalb  als  kampfonföhig  gemacht  be- 
trachtet wurde,  bei  Annäherung  anseres  II.  Armeekorps  ganz  Über- 
raschend mit  nngescbwäcbter  Kraft  ihr  Feuer.  ^)  Allerdings  kann 
die  Artillerie  des  Angreiters,  wenn  die  des  Feindes  schweigt^  unbe* 
bindert  ihr  Feaer  auf  andere  Ziele  richten.  Aber  auch  seine  Infan- 
terie läfst  der  Verteidiger  erst  in  Steilong  rtteken,  wenn  die  feind- 
liche Infanterie  sich  nähert,  nnd  Artilleriefener  gegen  unbesetzte 
Örtliebkeiten  und  unstehtbare,  in  unbekannter  Aufstellung  befindliche 


')  Ks  ist  nicht  richtig,  dafs  diese  t^berraschung  nur  wegen  der  ein- 
brechenden Dunkelheit  möglich  gewesen  wäre,  rielmehr  war  es  noch  hell 
genug  um  deutlich  in  die  Ferae  sehen  zu  können. 


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Ow  Bedarf  id  AiflUwIe  für  die  SeUeelit. 


4SS 


Trappen  ist  aoeb  beate  TOn  geringer  Bedeutmig  für  deo  Aiugug 

der  Schlacht. 

Wenn  also  der  Verteidiger  ftir  gat  befindet,  sich  dem  Artillerie* 
daeil  SU  entziehen,  so  kommt  die  Artillerie  des  Angreifers  nur  noch 
insoweit  m  Geltang,  als  sie  das  Vorgeben  and  den  Kampf  ihrer 
Infanterie  anmittelbar,  ans  seitlichen  Stellangen  oder  Uber  sie  hin- 
wegfeoemd,  za  ontersttttzen  vermag.  Wohl  ist  es  erwünscht,  hier- 
für so  viel  Artillerie  wie  möglich  in  Tätigkeit  zu  setzen.  Aber  die 
Möglichkeit  ist,  wie  wir  gesehen  haben,  zeitlich  und  örtlich  begrenzt; 
soviel  Geschütze  wie  fllr  ein  einleitendes  ArtilleriedoeU  wird  man 
dafür  schwerlich  jemals  verwenden  können. 

Anders  lieg:en  die  Verhältnisse,  wenn  die  Artillerie  eines  in 
starker,  vorbereiteter  Stellung:  betindlichen  Verteidigers  der  des 
Angreifers  Uberlegen  sein  sollte.  Für  die  Beurteilung  diese«  Falles 
kommt  zunächst  in  Betracht,  dals  der  Angriff  einer  Stellung  der 
vorgedachten  Art  mit  Aassicht  auf  Ertoig  der  1\(  L^el  nat  Ii  nur  von 
einer  der  d  samtstärke  nach  beträchtlich  überie^i m  n  Streitmacht 
nnternomnien  werden  kann,  und  zwar  mufs  die  übrrl  :;eüheit  einem 
aciitlcircn  Gegner  gegenüber  auch  zififermälsig,  sowie  gtlnstige  Ge- 
legenheit zu  ihrer  (Tcltendaiachong,  womöglich  zur  Urafaspüng  den 
Gegners,  vorhamien  sein.  Stölst  eine  ^irmee  oder  ein  ArnRckoips 
anf  einen  stjtrkeren  Feind  in  vorteilhafter  Stellong,  so  wird  der 
Fuhrer,  wenn  er  die  Sachlage  erkennt  und  nicht  nach  der  Gesamt- 
situation zum  Angriff  auf  jedes  Wagnis  bin  gezwungen  ist,  von  einem 
solchen,  bis  zum  Eintreffen  von  Verstärkungen  oder,  andere  Ent- 
schlüsse unter  Berücksichtigung  der  Gesamtlage  fassend,  gänzlich 
Abstand  nehmen.  Deshalb  bedarf  der  Fall,  dals  die  gröfsere  Stärke 
des  Verteidigers  an  Artillerie  im  Zusammenhang  mit  der  Lber- 
legenheit  seiner  Gesamtstrt  iikräfte  steht,  für  den  vorliegenden  Zweck 
keiuer  besonderen  Erörternng. 

Näher  zu  erwägen  ist  dagegen  der  auch  mögliche  Fall,  dafs 
der  Angreifer  zwar  an  Iiitauterie  die  für  den  Angrift  erforderliche 
Überlegenheit  besitzt,  dafs  aber  die  beiderseitige  Artillerie  im  um- 
gekehrten Stärkeverhältnis  zu  einander  steht.  In  solchem  Falle  wird 
der  Verteidiger  das  Artilleriednell,  wenn  er  dadurch  herausgefordert 
wird,  um  so  bereilwilii^^Li  a.iiüthinL'U,  je  grölser  seine  artilleristische 
Überlegenheit  ist.  Gelingt  es  ihm,  in  diesem  Zweikampf  einen 
grofeeu  Teil  der  gegnerischen  Artillerie  kampfunfähig  zu  macheu, 
80  wird  die  Darchführbarkeit  des  Angriffs  zweifelhaft,  jedenfalls  wird 
die  Angriffsinfanterie  im  Vorschreiten  schwere  Verlaste  dorch  das 
feindliche  ArtUleriefeaer  erldden.  Da  ist  es  ftlr  den  Angreifer 
immer  noeh  Torteilhafier,  seine  Artillerie  and  In&nterie  niehi  naeh 


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436 


Der  Bedarf  «n  AitiUeito  fOr  die  ScUeobt 


einander,  sondern  •gleichzeitig  eioEUsetzeu.  In  besonderem  Malse 
ladet  aber  die  hier  m  Rede  stehende  Lage  <leij  An^'reiter  zu  dem 
Versoche  ein,  seine  stärkerf  hiianterie  unter  dem  Schutze  der  Nacht 
nahe  aD  die  feindliche  Stellung^  iit  raii/AiführtMi  und  dort  einzunisten, 
am  beim  Graueo  de«  Morerens,  die  Überlegenheit  der  Infanterie  Uber 
die  Artillerie  im  Nahkampf  ausnutzend,  zum  abgekürzten  Angriff  2U 
schreiten.  Zu  erwägen  wird  auch  sein,  ob  es  nicht  möglich  und 
vorzuziehen  ist,  den  Feind,  unter  Vermeidung  des  Angriffs  auf  seine 
Stellang,  durch  Umgehung  zum  Rückzöge  zu  zwingen,  um  ihn  auf 
diesem  in  der  Flanke  iinzngreifen,  wobei  ihm  seine  zahlreioho 
Artillerie  mehr  hinderlich  als  nUtelich  sein  wird. 

Mau  darf  freilich  nicht  Ubersehen,  dais  die  Freiheit,  die  der 
oberste  Befehlshaber  einer  Armee  oder  eines  selbständi^^en  Korps 
bei  Offensivoperationeii  bei:üglich  des  Entschiasses,  ob  und  wann  er 
angreifen  will,  in  der  strategischen  Desensive  bezHglich  des  Ent- 
schlusses, wo  er  sich  verteidigen  will,  in  der  Ik'^^cl  liat,  nicht  in 
gleichem  Maise  auch  den  Befehlshabern  der  Unterabteilungen  zuteil 
wird.  Sie  müssen  kämpfen,  wann,  wo  and  wie  die  im  Rahmen  des 
gröfseren  Ganzen  ihnen  zufallende  Aufgabe  es  erheischt.  Saobe 
der  Oboldtang  ist  es,  die  Rollen  ae  sn  TerleileD,  dafe  nach  HOglieh- 
keit  deo  einzelnen  Gliedern  ihren  Erfiften  entsprechende  Aufgaben 
mtaUen  und  die  Kiifle  an  jeder  Stelle  den  sn  erfttllCTden  Ebutet- 
aafgaben  entapreohea  Za  diesem  Zweck  kann  es  sich  unter  Um- 
stünden  empfehlen,  ▼orttbergebend  hier  und  da  Änderungen  ia  dem 
nomalen  SUIrkeverhiltnis  der  verschiedenen  Waften  wa  einander 
eintreten  »n  lassen.  Insoweit  es  sich  hierbei  nm  KavaUerie  bandelt 
bieten  bei  einer  Armee  die  KavalleriediTiBionen  ein  nahe  liegendes 
Ansgleiohmittel.  Tnit  fbr  die  Schlacht  an  einer  Stelle  Bedarf  an 
stürkerer  Artillerie  hervor,  so  kann  und  mnls  ihm  mit  Hilfe  der 
Artillerie  der  Reserrekorps  oder  der  schweren  Artillerie  des  Feld- 
heeres Genllge  geleistet  werden,  wie  es  in  der  Sohlaeht  von  Giarelotte- 
St.  Privat  im  Zentrum  der  deutschen  SehlaohtoidDong  geschehen  ist 
Den  Armeekorps  organisationsmälhig  soviel  Artillerie  snznteileD, 
wie  sie  in  solchen  und  äbnlitdien  Aosnabmefifllen  einmal  mit  Vorteil 
verwenden  können,  würde,  wie  bereits  an  anderer  Stelle  gesagt 
worde,  feblerfaait  sein. 

Schliefiilieh  sei  in  Kurse  des  Bedarfes  an  Artillerie  für  die 
Begegnnngsscfalacbt  gedaeht,  die  eine  Armee  mit  einem  Offinerlcocps 
von  überlegener  Tttchtigkeit  und  Tatkraft  eher  an  sacken  als  sn 
jneiden  hat. 

In  der  Begegnungsschlacht  ist  die  Eigenschaft  der  Artillerie, 
eine  Steilimg  schnell  erreichen  und  ans  ihr  weithin  kräftig  wirken 


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Der  BdcUrt  ua  ArtiUerie  fttr  die  Sehlaebt. 


487 


zu  könneo,  oft  besondcos  wertvoll,  andererseits  aber  die  Aassiebt, 
gOnstige  Bedinginigeii  Air  erfolgreiche  YerweDdang  einer  grOimoen 
ArlOleiiemaiie  ni  finden,  geringer  als  in  der  geplanten  Seblaeliti 
für  die  der  Verteidiger  seine  SteUong  besonders  naeh  den  Erfordernis 
Men  Sefanbleldes  vor  der  F^t  wihtt,  was  dam  aneb  der  Artillerie 
des  Angrdfers  zngate  kommt.  Nnr  in  AnsnabmefiUlen  wird  es 
m(lgliob  sein,  in  der  BegegDtmgsseUaeht  fttr  die  Artillerie  eines 
Armeekorps,  wenn  sie  ans  144  GesohtttEen  besteht,  Banm  za  zweek- 
niälsiger  Entwiekelnng  und  erfolgreiehem  Marken  innerhalb  der 
Ansbrettnngsgrense  in  finden,  von  deren  Einhaitang  eme  eneigisehe 
Geieehtstätigkeit  des  Armeekorps  abhängig  ist.  Die  Gefahr  liegt 
nahe,  dais  besebleanigt  TOrgesogene  Artillerie  von  soleher  Stärke 
von  Hanse  ans  dem  Armeekorps  eine  schädliehe  Breitenansdehnnng 
aofnOtigl,  sehädlieh  am  so  mehr,  als  ein  greiser  Teil  der  snent  aof 
dem  Kampfplats  eintreffenden  Infrnterie  für  die  defensive  Angabe 
des  Sehnties  der  langen  Artillerielinie  In  Anspraeh  genommen  wird. 
In  T.  II  Nr.  80  des  Infanterie-Exerzieneglements  ist  der  sehr 
wiehtige  Grandsats  aasgesprochen,  dab  im  Begegnangsgefecht  damt, 
wenn  der  Gegner  —  wie  es  beim  Znsammentreffen  als  Regel  anzu- 
nehmen sein  wird  —  sieh  ebenso  wie  wir  noch  in  der  Entwiekelnng 
befindet,  ihm  womOglieh  ein  Vorsprang  in  der  Entwiekelang  ab' 
«gewinnen  ist»  and  gleichzeitig  wird  betont^  dafs  der  Angriff 
dnreh  die  Entwiekelang  so  wenig  wie  mOgUeh  aafgebalten 
werden  darf.  Die  AnsAlbrnng  des  Angriffs  aber  Ist  Saehe  der 
Infanterie,  ond  während  deren  vordere  Abtdiangen  doroh  die  Anfgabe 
des  Schatzes  der  langen  Artillerielinie  an  offensivem  Handeln  stark 
behindert  sind,  treffen  auch  ihre,  in  der  Maraehkolonne  hinter  der 
Artillerie  befindlichen  VerstärkuDgen  aof  dem  Kamp^latce  nm  so 
später  ein,  je  zahlreieher  jene  ist 

Die  Btteksieht  aaf  das  Begeganngsgefeeht  erfordert 
besonders  dringend  weise  Besehränkang  in  der  Ans- 
stattang  der  HeerkOrper  mit  Artillerie! 


Tch  s'lauhe  fiachgewics>('u  zu  habeu,  diils  das  Atti{lprie<ii:('ll  in 
kllufti^eii  Schlachten  nicht  die  entsch^^idf-nd?  Rolle  spielen  wird,  die 
man  ihm  vipllach  znschreiht;  dals  die  i4aupiaufgabe  der  Artillerie 
in  der  Sehlacht,  namentlich  in  der  An^rifisschlacht.  nach  wie  vor  in 
der  unmittelbaren  TTntersttitzuug  der  luianterie  besteht,  der  die  eut- 
tjchejdeiitie  läiiirkt  it  zufallt;  daXs  daher  in  Aobetracbt  der  zahlreichen 
Bedenken,  die  der  Mittiihrune  tibermälsig  starker  Artillerir  K«  'd 
entgegenstehen,  es  ratsam  ist,  deren  Stärke  aui  das  dorcii  den  ietst- 


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488  Bonokitog  und  Omütltoielitoliw. 

geduliten  Zweok  bedingte  HaIb  wbl  bemMnkeii.  34  FeUbatterien 
za  vier  Geflohtttzen  bei  jedem  Anneekorpe  von  zwei  Divisionen 
ddtften  nach  meinem  Daittrhalteo  unter  bentigeD  Verbältnissen  om 
so  mehr  «nneicben,  als  jetzt  auch  die  schwere  Artillerie  des  Feld- 
beeres  ta  erweiterter  TStigkeit  benifen  ist 


xxni. 

Burenkrieg  und  Qualitätsschielsen. 

Von 

Generalmajor  Bdsner  Freihemi  toi  liehtMUlera. 


Kpiiipr  der  seit  1870/71  geführten  Kriege  hat  eine  so  tief- 
gehend c  ^'^(Mstigre  Bewegung:  in  allen  Armeen  hervorecnifpi),  wie  der 
sttdafrikanische.  DiszipHulose  und  von  ihren  fTt'i;niiii  kulturell 
g;eriu|r  einpreschätzte  l^auern  umi  Büiiicr  sic^xtcn  in  deu  taktisch 
raafsgebeDden  (Teleehten  iilier  die  .ilten  riifrlischeu  Jl<  jiraentcr  mit 
ihrer  nihmvollen  Tradition  und  ihreni  hncliuespanntt'D  belhstgefübl. 
Bald  wnrdf  die  I  irsache  der  ubt^i raschcndrn  Su  ire  riehtie-  g-ewürdigi;. 
Die  Bureu  -icKten  in  den  frroiseu  Aiii^u^'^skäni|(fen  de.s  Kriegs, 
weil  sie  die  Technik  uud  Taktik  deh»  inodeineu  Kamplet  besser 
verstanden  nnd  beherrschten  und  weil  sie  für  die  eigenartige  Krieg- 
führung iu  ihrem  Lande  vullkommener  ausgerüstet  waren  ah»  ihre 
Gegner. 

Schon  die  Charaktereigenschaften  und  die  Lebensweise  der 
Buren  waren  einer  glücklichen  Durchtuhrung  der  heutigen  Feuer- 
taktik änlserst  förderlich.  Ihr  ruhiges  Temperament,  ihre  starken 
Nerven,  ihr  scharfes  Auge,  —  ihre  ausgezeichnete  Schiefskunst  sind  ja 
allgemein  bekannt.  Auf  Kaubtiere  und  Hochwild  zu  jagen,  war 
ihre  Haupt-  und  Lieblingsbeschäftigung,  W  ik  Jäger  und  Schtttzen. 
waren  sie  von  Jugend  auf  auch  Reiter.  Sie  waren  im  Besitze 
ausdauernder  I'lerdr,  kundig  des  ungeheuer  ausgedehnten,  wege- 
uud  wasseranucü  Landes,  vertraut  mit  dem  Leben  iu  freier  Natur 


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Bmenkiieg  and  OnatiatstohiafaeiL 


489 


und  «bgefaMitet  gegen  den  jäben  Weehsel  des  sUdafinkuiiehen 
Klima«.  Sie  Iwtten  entwsliieden  knegerteohe  Sehnlmig.  Bine  ihnen 
leindselig  gesinnle  eingelMnene,  tepfeie  BevOlkenuig  erlaubte  ihnen 
nicht,  eioh  nogestOrt  eines  luiugen  nnd  friedlichen  Lehens  zn  erfreuen. 
Stets  molsten  sie  gewSrUg  sein,  Familie  nnd  Eigentnm  gegen  An- 
griffe der  Wilden  sn  yerteidlgen.  Bei  diesen  Eimpfen  waren  sie 
in  ihren  weit  serstrenten  Siedelnngen  anf  ihre  eigene  Kraft  an- 
gewiesen. 

Diese  eigeDartigen  VerbältDisse  gahen  ihren  Kämpfen  gegen  die 
Engländer  das  charakteristische  Gepräge.  In  der  Verteidigung  wie 
im  Angriff  nützten  sie  ihr  Gewehr  in  taktischer  ond  schiefstechnischer 
Heziebnog  mit  anlserordentlieber  Elastizität  and  Torsflgliohem  Ver- 
ständnis ans.  In  der  Verteidigang  heberrschten  sie,  Ton  den  hoch 
emporragenden  Kopjes  nns.  in  sehr  geschickt  angelegten  Sehtttzen- 
grttben  dem  Ange  und  der  Kugel  ihrer  Feinde  fast  onerreichhar, 
weitiiin  das  deckaogslose,  steppenartige  Angrifisfeld.  Konnten  sie 
aber  aas  irgend  einem  Grande  nicht  die  volle  Sehofsweite  des 
Gewehres  zur  Geltung  bringen,  so  rerbanden  sie  auf  das  geschick- 
teste die  materielle  Wirkung  des  Nachfeuers  mit  der  psychischen 
Wirkung  der  Überraschung.  Mehr  nnch  als  die  Verteidigung  bot 
ihnen  der  Angriff  die  Möglichkeit,  ihr  mit  „unheimlicher-*  Sicherheit 
abgegebenes  Fener  vou  mehreren  Seiten  auf  einen  Punkt  m  ver- 
in  igen:  schleichend  und  pirschend,  wie  die  wilden  Tiere  ihres  Landes, 
suchten  sie  den  Gegner  7m  nmfassen  und  einzukreisen  and  ihn  so 
dorcb  konzentrisches  Feuer  zu  UberwaltiLTu. 

Die  Engländer  dagegen  waren  unkundig  des  Laudes.  unvertraut 
mit  seinen  Eigentümlichkeiten  und  in  ihren  Bewegungen  an  einen 
zahlreichen  Treis  gebunden.  Sie  schössen  sehlecht,  benahmen  sich 
ungewandt  im  Gelände  and  waren  im  Banne  einer  rtlckstaudigeu 
Bajouetttaktik  befangen. 

Alle  Welt  begeisterte  sich  fUr  die  kriegerischen  Leistungen  und 
Krfolge  der  Boren.  Ihren  Taten  wurde  die  Bedeutung  eines  Mark- 
6teins  in  der  Geschichte  der  Kriegskunst  beigemessen. 

Die  Reaktion  blieb  freilich  nicht  aus.  Das  KriegsglUck  wandte 
sich.  Die  Buren  wurden  geschlagtit  und  verloren  Tusition  um  Position. 
Nun  erging  es  ihntüi,  wie  weiland  der  Jungfrau  von  Orleans:  mehr 
uud  mehr  zerrann  ihr  Nimbus.  Selbst  der  ihrer  Schieiskunst.  Euro- 
päische ^Meistersinger''  hatten  die  taktischen  Ereignisse  iu  jenem 
fernen  Weltteil  immer  mit  Argwohn  verfolgt.  Sie  vermifsten  in  der 
regellosen  Kunst  der  Bnren  den  „kurzen,  lang'  ond  ttberlang'  Ton, 
die  Schreibpapier- Scbwarz-OiDten- Weis'."  Noch  mehr  sank  die 
anfiingliche  Bewoodemog  ftr  die  Bniensohlitsen,  als  geoanere  6e- 


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440 


Barenkri«g  and  QuaUkttsMUata. 


feohteboriehte  stoÜBtiselie  Naohweiie  Aber  die  msterielleii  Eigebnwie 
Sing  SefaleüBens  and  ihier  Fenertaktik,  alio  lllMf  die  Verinste 
bnehten,  die  de  in  ihren  siegieielieD  Klnpfen  den  EngUlndeni 
sogeftlgt  liaAlen.  Denn  diese  Verlnete  Uieben  weit  hinter  denen  der 
greisen  enropSisehen  Kriege  nrllek.  Wie  fnrohtbar  bintig  waren 
Hiebt  die  Elmpfe  YOn  1877/78  —  obgldeb  die  Türken  soenaagen 
blindlings  darauf  lossebosaen  mid  memten,  „Allah  werde  die  Kugel 
schon  lenlcen''  nnd  troiadem  die  Rossen  die  Kogel  als  ebe  nTtfrin** 
nilsaehteten  ond  nnr  das  Bigonett  Vta  „weise^  hielten!  Nioht  etwa, 
dab  in  diesem  Kriege  daa  B^onett  die  blotige  Arbdt  getan  hiltte. 
Verloste  doreh  die  blanke  Wafib  waren  Teisehwindend.  Nein,  das 
Fener  war  aoeh  damals  das  iasi  anssehlielsliebe  Kampfmittel  gewesen. 

Und  ^e  Boren  hätten  als  Sehutzen  weniger  geleistet?  Alle 
Naefariobten  Uber  ihre  erstannliche  Scbielskanst,  die  von  Tellnehmeni 
ond  AogeDzeu^en  des  sOdaMfcanischen  Feldzages  dieDstlich  ond 
privatim  naeh  Europa  kameo,  sollen  aof  Irrtom  beruht  haben?  — 

Keineswegs.  Aber  —  der  Sieger  briugt  eben  dem  Besiegten 
om  so  weniger  Verloste  bei,  je  mehr  er  die  Fähigkeit  daza  besitzt. 
Das  mag  paradox  erscheinen,  hftogt  aber  innig  mit  der  allgemein 
anerkannten  Tatsaehe  zosammen,  daEs  sich  mit  der  teehnisehen 
VervoUkommnong  der  Feuerwaffen  die  Verloste  Ferringcrn.  Das 
Ergebnis  einer  Schlacht  ist,  wie  ich  schon  oft  au!«geft1hrt  habe,  kein 
Recbenezeropel.  Niofat  die  Verlustziffem  an  sich  entscheiden^  sondern 
die  Überzengong  eines  der  beiden  Gegner  von  seiner  bevorstehenden 
materiellen  Yemichtnog.  Je  vollkommener  nun  die  Waffen  des  Feindes 
sind,  je  besser  er  schielst  und  je  vollendeter  er  sein  Feuer  taktisch 
verwertet:  desto  früher  wird  sich  im  Schwächeren  die  Überzeugung 
bilden,  dats  ein  fernerer  Kampf  aassicht^loR  sei.  Einer  solchen 
meist  verfrtlbten,  ja  nicht  selten  gänzlich  falschen,  subjektiven  Über- 
'zengang^  k^nnenMannschaftcu  wie  Führer  unterliegen.  Der  Schwächere 
wird  sich  dann  decken  oder  zurllekzieheu,  bevor  er  sich  weitere 
Verluste  zufügen  läfst.  Und  er  wird  dies  heute  um  so  eher  ton,  als 
die  im  !  Vu-  r  der  Kepetierg^ewehre  uotweiidigerweise  lockeren  Schützen- 
linien der  inuereu  lüraft  der  früheren  mehr  gescblosseuen  Formationeo 
entbehren. 

\on  diesen  initi nn  X'orw-jiniren  -ah  schon  der  äulserr  Verlauf 
<!er  siegreichen  (tcti clite  der  Buren  ein  besonders  autfallendes 
Zeugnis,  lu  diescii  (irt(  i  iiten  fand  kein  dramarisehes  Hin-  und 
Herwogen  des  Kanijilc^,  \s'\v  bisher  in  den  europäischen  Sehlat  hteD, 
statt.  Ihr  Stil  war  ein  merkwürdig  einfacher,  mnn  möchte  sagen 
geradliniger.  Waren  einmal  die  Engländer  durch  die  Unerunst  der 
Verhältuisbe  in  Nachteil  geraten,  so  zeigten  sie  nicht  mehr  das 


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Boronkrieg  und  Qaaiitatoaokiefaen. 


441 


Beafaeben,  eioen  Umehwung  ilinr  Lage  herbeinillihraii.  Sie  gidtea 
deb  endgültig  für  gesolilageii. 

Nie  TOilier  Ist  das  inliuiteilsliMbe  SeliielMii  so  iweekeDtspraehend 
geltbt  worden  und  Isl  das  SehieÜwii  taktisoli  so  TvIrkuigsToU  nr 
Anwendung  gelangt,  wie  von  sdten  der  Bozen.  Im  slldafrikanidohen 
Erlege  wirkte  nleht  die  weittragende  and  selmelifettemde  SehiefB- 
maschine  als  solebe:  es  war  kein  Qoantittts-,  —  es  war  ein  Qnnlitttts- 
sekiefsen.  Die  Wiikong  ergab  sIek  ans  der  Art  des  SeUeÜMns 
der  Boren:  der  Bor  blieb  aaeb  innerhalb  der  Menge,  in  der  er  sieb 
befand,  als  Sobtttse  eine  PersOnliebkeii  An  die  Steile  seines  Sigen- 
wHiens  trat  nieht  ledi^iok  die  Naehabninng  von  flaadlnngen 
anderer.  Die  Persönliebl^lt  nnd  nioht  der  Herdentrieb  bemehte 
▼or.  Dadnreb  gewann  das  Fener  der  Boren  niebt  blofr  eine  giolse 
IMstoherbelt,  sondern  aneh  eine  anisexordentUebe  fienksamkeit. 
Statt  sebwerfiiUig  an  dem  Ziele  ballen  in  bleiben,  anf  das  es  einmal 
geriditet  war,  weebselte  es  beweglnh  seine  Objekte,  je  naeb  deren 
taktisoher  mektigkeit  nnd  teehnisober  Verwondbarkdt 

Als  die  wiebtigBte  Folge  des  peradniieben  nnd  individnellen 
Sebiefeens  der  Boren  ergab  sich  die  Konzentration  ihres  Feoers  naeb 
Ort  and  Zelt,  im  greisen  wie  im  kleinen.  Dieser  Verelidgttqg  der 
Cr e schösse  anf  taktisch  wertvolle  und  schiefsteohnisch  erreichbare 
Ziele  verdankten  die  Baren  vor  allem  ibre  Gefeobtserfolge.  Denn 
die  Konzentration  des  Feuers  war  es,  die  in  so  yieien  Kämpfen  bei 
den  beschosscDCD  Engländern  gewaltige  depressive  GeftthlseindrUoke 
hervorrief,  Gefublseindrücke,  welebe  zu  überwinden,  die  ClngUinder 
die  innere  Kraft  nicht  besa£sen. 

Die  Boren  beeobossen  also  im  allgemeinen  solcbeZiele,die  qualitativ 
wertvoll  waren,  and  die  sie  anch  wirklieb  treffen  konnten.  Daher 
liefisen  sie  auf  grOteereu  Entfernangen  vom  Besohielsen  niedriger 
Schtltzenlinien  ab,  wenn  sie  nicht  bald  £rfolge  erzielten  und  schössen 
erst  wieder,  wenn  sich  diese  L«inien  zar  Vorwärts-  oder  Rtlckwttrts- 
bewegong  erhoben,  oder  wenn  sieb  hinter  ihnen  Unterstützangen 
in  Manneshöhe  zeigten,  aut  die  sie  dann  ihre  Gewehrlänfe  richteten. 
Selbst  auf  nahe  Entfemongen  vermieden  sie,  liegende,  also  schwer 
zn  treffende  Schützenlinien  ihrer  ganzen  Breite  nach  zu  beschielsen. 
Sie  zogen  es  dann  vor,  ihr  Feuer  gegen  solche  Ziele  innerhalb  der 
gedeckten  Schützenlinien  zu  vereinigen,  die  sich  deutlich  abhoben. 
Es  warrn  dies  meist  Offiziere  und  besonders  beherzte  Schützen,  die 
sich  aullichteten,  uui  einen  besseren  Überblick  und  Ansschuis  zu 
fre Winnen,  oder  um  der  Kette  den  Anstois  zu  einem  Sprunge  nach 
vurwiirts  zu  ge))en.  Versuche  der  Rng-länder.  Munition  an  dir  feuern- 
den Sehtttzen  oder  Batterien  beranzubriogen,  um  den  Kampf  mit 


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442 


Bomikxl^g  and  QnaUtittMohletteo. 


imgeseliwliditer  Kraft  fottfUliieii  m  kOnneni  Mheifteiten  gewOhnttoh. 
Buisohe  Tnffriolieifaeil  lief»  es  aelien  zu,  dab  die  Hnnitionstriiger 
md,  die  Mmiitioiiswageii  ihre  Ziele  eneiöhleii. 

Der  Sidolg  dieser  FeaertakÜk  —  die  von  der  der  enreiAiflefaen 
Selüelsplätze  so  wesentiich  abwich  —  war  begreiflicherweise  kein 
quantitativ  günstiger.  Was  wollte  es,  in  Trefferzahlen  aosgedrtickt» 
sagen,  wenn  TOD  einer  SchUtzenlioie  hauptsächlich  nor  solche  Leate  weg- 
gesohossen  wurden,  die  sich  der  Gefahr,  getroffen  sn  werden,  besonders 
aussetzten?  Anders  stellt  sich  die  Heohnung  in  qnalitatiyer  Be- 
ziehung. Die  aniser  Gefecht  gesetzten  Offiziere  nnd  Leute  waren 
das  Kttckgrat  der  feindlichen  Kampflinien  gewesen.  Mit  ihrem  Ver- 
luste war  der  Gegner  überhaupt  seines  inneren  Haltes  nnd  seiner 
Fähigkeit  znr  Initiative  beraubt. 

Das  iüdividuelie  Schiefsen  der  Buren  trat  in  ihrem  letzten  Kriege 
gegen  die  Engländer,  im  Jahre  1899,  u.  a.  bei  Magersfontein  (11.  De- 
zember) besonders  bemerkenswert  herror.  Die  angreifende  Hoch- 
länderbrigade lag  der  Magersfonteinhöbe  gegenüber.  An  ihrem  Fulse 
hatten  sich  die  Buren  eingenistet.  Jeder  der  beiden  Gegner  war 
ungefähr  2200  Mann  stark.  Ihre  Entfernung  von  einander  betrog 
150  bis  ()00  m.  Nur  wenn  die  Schotten  versuchten,  Vorstöfse  gegen 
die  Burenstellong  zu  machen,  entfesselten  sie  ein  allgemeines  Fcurr 
gegen  sich.  Oder  wenn  sich  ein  Engländer  aufrichtete,  um  übt  r  d;is 
niedere  Gestrüpp  des  Weidelandes  hinweg  srinrn  (rccrner  besser 
bezieleii  zu  können,  fielen  sofort  mehrere  Schüsse  gegen  ihn.  Sonst 
schössen  die  Buren  nicht.  So  ging  es  zehn  StniHli  n  Innir  fort.  Bei 
diesem  spärlichen  Feuer  entstanden  natürlicli,  trotz  der  langen  Dauer 
des  Kampfes,  verhältnismäfsig  nur  geringe  Verluste.  Desto  wirkungs- 
voller war  das  Schielspn  der  Buren  in  psychischer  Beziehung.  Ihr 
zwar  seltenes,  iloeh  ^tets  zielljewutstes  und  konzentriertes  Feuer  ver- 
ursachte bei  ihren  Gegnern  eine  starke  Wiileusdejires-iou.  Die  Hoch- 
länder hörten  nach  und  nach  auf  zu  schiefsen.  Auch  physische  Be- 
schwerden st(  ]lteTi  sich  bei  ihnen  ein.  Immer  grofser  wurde  ihre 
körperliche  Erschöpfung,  immer  unerträglicher  die  Hitite.  Es  konnte 
nnr  mehr  eine  Frage  der  Zeit  sein,  wann  sicii  ihr  Gefühl  der  Un- 
sicherheit, der  Hofinunpslosigkeit,  der  Furcht  in  eine  rückgängige 
Bewegung  auslösen  werde.  Der  Anstofs  hier/u  Uat  eiu,  als  eine 
firisch  eingetroffene  Burenabteilung  in  ihrer  rechten  Flanke  erschien. 
Der  Führer  der  Brigade  wollte  lediglich  den  rechten  Flügel  zurück- 
nebiiien  — :  aber  gebrochenen  Willens  folgten  auch  die  Mitte  und 
der  linke  Flügel  der  rückgängigen  Bewegung.  Versuche,  die  zurück- 
flutende Brigade  wieder  vorwärts  /-u  bringen,  blieben  erfolglos. 

Freilich  gestaltete  sich  die  Sache  iu  dem  Augenblicke  anders. 


Barenkrieg  und  QnHlhfttosohMfseiL 


448 


in  dem  die  EngUider  wegen  des  Gelttndes  anlsentuide  waren,  sieb 
zu  decken  oder  zoraolusiisieken«  Es  gab  dann  die  greise  Zahl  der 
englisehen  und  die  geringe  Zahl  der  bnrisehen  Verinete  den  Mafsstab 
für  die  Oberlegenlidt  der  SebleÜBkanst  der  Buren  ab.  Am  28.  Ko- 
yember  1881  nabmea  die  Engttader,  860  Infanteristen,  die  Hoeb- 
flSebe  des  Miynbaberges  in  BeaitK.  Obgleieb  die  Bnren  nur  200  Hann 
stark  waren,  griffen  sie  doob  sofort  an.  Gegen  90  Sobtitnn  besefaossen 
frontal  ans  guter  Stellung  anf  etwa  800  m  jeden  Engl&nder,  der  sieb  auf 
dem  Berge  zeigte.  Unter  dem  Sebutae  dieser  Feneestaffel  erkletterten 
80  Bnren  den  Hang  in  der  Front,  während  eine  dritte  Abteilung,  die 
angeblieb  nur  60  Bttehsen  slUilte,  swei  Erbebongen  erstieg,  die  In 
der  Flanke  der  Engländer  lagen.  Das  anlängst  ersebienene  Helt  82 
des  preulrisebett  Generalstabes  ttber  den  sadafrikanisehen  Krieg  sagt: 
, Jeder  Versudi  eines  engliseben  Seblltien,  sieb  aufzoriobten  oder 
seine  Stellung  zu  Terlaesen,  wurde  durab  das  gnt  gezielte  febidliebe 
Feuer  verhindert.  Die  Buren  überhöhten  und  nmfalsten  also  zum 
Teil  ihre  Gegner,  so  dab  nur  eine  geringe  Anzahl  von  ihnen  ent- 
weichen konnte.  Daher  bei  Majaba  ausnahmsweise  sehr  grobe 
Verloste  der  Engländer:  von  der  860  Mann  starken  englischen  Ab- 
teüUDg  fielen  20  Offiziere  —  darunter  der  FOhrer,  General  GoUey 
—  und  234  Mann,  also  60  v.  H.;  was  nicht  entfliehen  konnte,  ergab 
sieh.  Aber  trotz  dieser  hohen  materiellen  Verlnste  läfst  sich  doch  niebt 
verkennen,  dafs  auch  hier  die  Gefühls-  nnd  WiUensseite  der  Feaer* 
Überlegenheit  nnd  nicht  ihr  materieller  Teil  den  Ausschlag  gab: 
während  die  Engländer  fast  aufgerieben  worden,  brachten  sie  ihren 
Gegner  nnr  einen  Verlast  von  —  1  Toten  und  5  Verwundeten  heil 
Dieser  aufserordentliche  Kontrast  weist  darauf  hin,  dafs  die  Eng- 
länder bald  nach  Beginn  des  Feuergefechtes  ihre  innere  Widerstands- 
kraft eingebttlst  und  damit  ihre  Fähigkeit,  sich  zu  wehren,  verloren 
haben  müssen. 

Die  GefUhlseindrUcke,  die  das  individuelle  nnd  persönliche 
Schiefsen  der  Buren  bei  den  Engländern  hervorrief,  erfuhren  noch 
eine  wesentliche  Steigerung  durch  die  ^ Leere  des  Schlachtleides''  in 
Südafrika.  Diese  Leere  bc/eichiiete  ein  englischer  Offizier  als  dap 
Peinlichste  in  der  modmif  n  Anirriffsseblacht.  Sie  entstand  durch 
das  rauehschwache  Pulver,  das  in  Südafrika  znm  ersten  Male  zar 
Anwendung  kam  und  durch  die  schon  erwähnte  vorzügliche  Kunst 
der  Buren,  sich  dem  Auge  des  Gcfjnera  unsichtbar  zu  raachen.  Ak 
Angreifer  habe  man  das  Gefühl,  einem  nnBichtbaren  Verhängnisse 
entgegen  zo  geben,  liegen  das  man  selbst  kaum  eine  Waffe  besitze. 
Wolle  man  bereits  auf  den  weiteren  Entfernungen  feuern,  so  schiefse 
man  mehr  oder  weniger  aufs  Geratewohl.    Der  V  erteidiger  aber 


444  Barenkrieg  and  QnalttituoUefiMii. 

leaere.  sobald  man  aah  erhebe  und  Torwärts  gehe,  ohne  dab  man 
Um  selbAt  sebeD  könne.  Bald  komme  der  Aagenblick,  wo  jede 
weitere  Bewegang,  gleichgültig  ob  vorwärts,  seitwärts  oder  rttekwiitoi 
aufhöre.  So  ergäben  sich  dann  Feaerhalte,  die  Stunden  lang  dauerten. 
ÜMptmaDn  t.  Luttwitz,  der  deutsche  Militiürattachö  bei  der  englischett 
Armee,  erzähll  einen  Fall  ans  dem  Gefecbt  am  Modder  River  (28.  No- 
vember 1899),  wo  die  Gardebrigade  zwölf  Standen  lang  im  feindliohen 
Feuer  auf  einer  und  deraelbeD  Eatfeniiing  von  etwa  600  m  vom 
Feinde  lag.  Jede  Bewegung  war  aufigesohlossen,  weder  Befehle 
noch  Munition  kamen  zur  Scbtttzenlinie.  Nachdem  29  Munitions- 
träger erschossen  waren,  gab  man  es  aal,  Patronen  heran- 
aabrins:en. 

Die  materiellen  Verluste,  die  hier  die  Engländer  erlitten,  waren 
gerins:.  Sie  betrucren  beiläatig  7  v.  H.  ihrer  Stärke.  Die  bei 
ät.  Privat  unter  ähnlichen  Verhältnissen  in  den  Katui»!  getretene 
4.  preulaische  Gardeinfaiiti  riebrip-ade  bUfste  42  v.  Ii.  ihres  Standes 
ein?  Nicht  wenig-er  die  Kubsen  utitt'r  (reneral  Skobelew,  die  am  11. 
8ei)teiiiber  1877  die  türkischen  JSchaiizea  westlich  Plewna  ersttlrmteu 
und  bis  /um  Nacbmittaor  des  folgenden  l'agea  behaupteten.  Die 
13 — 14 (XX)  Mann  .starke  russische  Infanterie  verlor  an  GOC)0  Manu 
tot  ui>d  verwundet;  einipe  Abteilungen  verloren  60  v.  H.  der  Gefechts- 
stitrkf'  und  einige  Kompagnien  sogar  l)i8  75  v.  H.  Auch  diese 
Einnahme  der  .Schanzen  hatte  ihren  psychologischen  Moment.  Ein 
verzweifelter  Gei:(  naiip:rifi  der  Türken  gegen  die  rechte  Flanke  der 
Hussen  brachte  den  Kampf  mm  Stehen.  Noch  einige  Minut  ii  - 
und  die  Russen  wären  zurückgeflutet.  Dem  Pferde  die  .Sporen 
gebend,  sprengte  General  Skobelew  zur  vordersten  fechtenden  Linie. 
Die  günstig  gewählte  Minute,  seine  an  die  Trnppe  glücklich  ge- 
sprochenen Worte  und  sein«  teste  Kutschlossenheit,  zu  sterben  oder 
bis  zu  den  Türken  zu  gclatj^t  n.  taten  iluc  Wirkung:  alles  das  erhob 
und  belebte  die  Kämpfeudeu  zu  ueueu  Anstreuguogeu.  Die  Schanze 
ward  genommen. 

Bätte  sich  dieser  Vorgang  im  slldafnkaniseben  Feldzuge  abgespielt, 
80  wJIte  Skobelew  steber  ein  Opfer  der  boriachen  Geschosse  ge- 
woiden.  Dann  wiren  die  Yttloste  te  Bossen  alleidiiigs  sehr  viel 
geringer  gewesen,  aber  die  Seiiaoaen  bfttten  sie  niehl  erobert. 
Ja,  es  wäre  Skoiielew  sohon  gar  nieht  in  den  Sinn  gekomnen,  In 
der  Sehtttzenlinie  sn  Pferde  sa  bleiben.  Za  FtiÜBe  aber  bätte  er  nieht 
▼ermoebt,  sp  iorttfkig  auf  seine  Leute  einznwirlLen,  wie  boob  sn  Bofii. 

Selbst  wenn  er  Ton  Pferde  gestlegen  wäre,  wttrde  er  sebwerlieb 
glttekliob  daTongekommen  seln^  Beim  Angriff  der  HoeUänderbrigade 
aaf  die  MagersfbnleinbOhe,  von  dem  wir  scbon  gesproeben  baben, 


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BarMkitog  und  QoAliÜttMehiAlMiL 


445 


warf  aoeb  der  Ftthrer  dieser  Trnppe,  Genefal  Wanehope,  in  eiDem 
kiitisehen  Ausblicke  eeine  Peiaon  in  die  WagsobAle.  Ale  die 
Brigade  im  Sebwaol^eii  kam,  begab  er  sieh  in  Fbis  in  die  SeblltMn* 
llnie,  um  sie  pexeOnlieh  nini  Stiunn  aof  die  feindliebe  Stellung  in 
fObren.  Die  Geeoboaee  der  Buren  streekten  ibn,  semen  Qrdonnana- 
oMiler  nnd  den  Kommandenr  des  Torderen  Bataillons  lot  in  Boden. 
Der  Angriff  kam  ins  Stocken  nnd  verwandelte  sieb  in  das  TOifaer 
bereits  erwähnte  zehnstündige  Feneigefeeht}  in  dem  die  Englinder 
mit  80  geringen  Verlusten  aoterlagen. 

Die  Konzentration  des  Feaers  im  Gefechte  erfahr  ihre  höchste 
VoUendong  durch  die  Feuernberfälie^  mit  denen  die  Boren  häufig 
ihre  Gegner  überraschten.  Mit  einem  Schlage  trat  dann  der  psychO" 
logisebe  Moment  des  Gefechte  s  (in:  die  innere  Entscheidaog  über 
den  Aoflgang  fiel,  bevor  das  Gefecht  Uberbanpt  reebt  in  Gang  ge- 
kommen war.  Was  dann  der  Überfallene  später  nnch  untemabm, 
geschah  haoptsfii  h1ieh  nur  nnter  dem  Einflüsse  des  Beharrongs- 
Vermögens.  Ohne  beseligende  Hoffnung  des  Gelingens,  ohne  jene 
brennende  Energie,  die  allein  zum  Siege  fUhrt,  strebten  die  ver- 
blüfften Engländer  noch  nach  dem  erlittenen  ner?9sen  Ghok,  gleich- 
sam mechanisch,  durch  Standen  hindurch  den  Gefechtszieleo  zu,  die 
sie  sieb  zu  erreichen  einmal  vorg:enommen  hatteo.  Dafs  die  Verluste, 
die  bei  solch  matter  Durchführung  des  Kampfes  entstanden,  keine 
besonders  <rrnlseu  sein  konnten,  ist  selbstverständlich. 

Allerdings  hat  es  zu  nllrii  Zeiten,  seit  der  Anwcndaug  des 
Pulvers  in  der  ^>chJacht,  F(  Q( niherfjlle  ;j:egeben.  ich  erinnere  aus 
der  neuereu  Zeit  nur  an  die  Episode  am  18.  August  1870  bei  Ver- 
neville,  die  uns  Frenssen  in  seinem  Jörn  Uhl  so  meisterhaft  schildert. 
Aber  alle  diese  FcuerUberfälle  waren  eben  nur  Episoden.  Sie  ent- 
standen aus  mein  /ntalli^ren  Ursachen  und  spielten  sich  auf  verhiiltnis- 
m&fsig:  schmalem  Gefecüisraume  ab.  (xanz  anders  die  Fcucnllit  rfalle 
der  Buren.  Diese  waren  absichtlich  herbeigeführt  als  Ausgang  und 
Mittelpunkt  siegreicher  Kämpfe.  Sie  blieben  daher  nicht  anf  be- 
stimmte Plätze  beschraukt.  sondern  erstreckten  sich  aut  das  ganze 
Gefechtsfeld,  wie  ausgedehnt  rs  auch  gewesen  ^.cln  mochte.  Freilich 
setzen,  auf  weiten  Strecken  absichtlich  heriieigetührte  Feuerüberfälle 
eine  grolse  Sdiielsfertigkeit  der  Kämpfenden  voraus.  Nur  das 
Bewufstst'in  dl  I  vollen  Schiefsfertigkeit  gibt  die  Selbstdisziplin  und 
das  ft(  Ihstvcrtrauen,  deren  der  Schutze  bedarf,  um  den  Gegner  st» 
nahe  heraukoromen  zu  lassen,  dals  er  ihn  mit  plötzlichem  Feuer 
Uberfallen  kann. 

Ein  grulsartiges  Beispiel  von  Feuerüberfallen  aus  dem  Buren- 
kriege bietet  das  Gefecht  von  Colenso  (15.  Dezember  1899).  Da» 


446 


BoniikiiAg  md  QniHlttMoldallMn. 


soboo  genuiDte  Heft  des  G^neraUitebes  schildert  diese  FeuerttberfäUe, 
die  aas  so  breiter  Front  erfolgten,  eingebend.  Ihr  Erfolg  ist 
gemein  bekannt.  Der  englische  Führer,  General  Bnller,  verlor  gans 
und  gar  die  Besonnenheit.  Er  liels  seine  braven  Tmppen  einen 
übereilten  Rttekzng  antreten,  durch  den  die  GeschOtM  der  beiden 
Batterien,  deren  Rettung  doch  während  des  Gefechtes  den  fast  aas- 
scblielsiicben  Gegenstand  der  Sorge  Ballers  bildete,  und  9  gefüllte 
Monitionswagen  in  die  Hände  des  Feindes  fielen!  Nicht  genag. 
Boiler  sandte  auch  noch  ein  Telegramm  an  General  White  naeh 
Ladjsmitb,  das  den  Adressaten  in  die  Niederlage  verstricken  soUte. 
White  sollte  nämlich  ohne  jeden  zwingenden  Grand  seine  Depeschen- 
ehif^e  verbrennen,  alle  Munition  verfeuern  und  —  sich  dann  mit 
seinen  1()0(X)  Mann  den  Buren  ergehen.  General  White  hielt  diesen 
durch  den  Heliographen  Übermittelten  ungeheuerlichen  Befehl  ittr  eine 
Kriegslist  der  Buren  und  befolgte  ihn  nicht. 

Die  Gesamtverluste  der  Engländer  waren  sehr  gering:;  sie  betrugen 
nur  6,4  v.  H,  Wie  hätten  sie  auch  gröfser  sein  können,  da  der 
Oberbefehlshaber  fast  schon  bei  dem  ersten  feindlichen  Schussp  die 
Hoffuaug  auf  das  Gelingen  verlor,  beinahe  die  Hälfte  seiner  Infauttrie. 
10  Bataillone  gar  nicht  in  den  Kampf  einsetzte  und  sie  antätig  hinter 
der  Gefeehtslinie  stehen  liefs!  Und  wäre  General  ^\'hite  der  Weisung 
seines  Vorgesetzten  nachgekommen,  so  hätte  die  englische  Armee  bei 
verschwindenden  Verlusten  eine  Katastrophe  erlebt 

Mehr  oder  weniger  unbestimmte,  alier  stets  stark  geftlhlsbetonte 
Yorslell untren  sind  raaisgebend  für  den  Ausgang  der  Gefechte.  Die 
Besorgnis  vor  materieller  Vernichtung  bildet  den  Hintergrund  der 
GreftlhlseindrUcke.  So  ist  die  Schlacht  von  psycho-physischer  Art. 
Das  natürliche  Ubergewicht  des  pssychischen  PJements  in  diesem 
Wechselspiel  seelischer  und  materieller  Vorgänge  führt,  wie  der 
Burenkrieg  zeigt,  zu  der  allerdiugs  befremdlich  erscheinenden  Tat- 
sache: dai's  die  Schlachten  einen  umso  unblutigeren,  umso  psycho- 
logischeren Verlauf  nehmen,  je  vollkommener  die  Feuerwaffen 
technisch  und  taktisch  verwertet  werden. 


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Takttsohe  AuäbUiiuug  der  FeidaruUene-Offiziere. 


447 


XXIV. 

Taktische  Aosbildung  der  Feldartillerie-Offiziere. 

M  den  ÜAnOTem  tritt  nioht  sotten  die  EnoheimiDg  «liage; 
da&,  sofern  nieht  eine  bemdeie  taktische  Seholong  der  betieflRBnden 

PersöDlichkeit  vorausgegangen,  die  der  Infanterie  angehörenden 
PutetfUhier  ihre  An^be  im  allgemeinen  mit  grölserer  Gfewandtheit 
lHoen,  als  solche  der  andern  Wafien.  Ganz  abgesehen  von  Behand- 
lung des  Vorpostendienstes,  welcher  in  der  Hauptsache  die  eigenste 
Domäne  der  Infanterie  bildet,  Teretehen  die  ans  ihr  herrorgegangenen 
Führer  den  Kern  der  gegebenen  Lage  meist  sicherer  und  schneller 
herauszufinden,  besonders  aber  das  Gefecht  in  der  beabsichtigten 
Weise  durchzuführen,  als  die  der  Karailerie  oder  FeldartiUerie  ent- 
stammenden O^ere. 

Forscht  man  nach  der  Ursache  dieser  Ersoheinong,  so  wird 
sie  in  einem  Unterschiede  der  taktischen  Befähigung  von  Hause  aus 
schwerlich  zu  suchen  sein.  Auch  au  den  nächstliegenden  Hilfsmitteln 
zur  Förderung  der  taktischen  Ausbildung  —  KriegsspieL  Lösung  von 
Aufgaben  bei  Übungsreiseu  oder  1  bungsritten.  Generalstabsreisen, 
Besuch  der  Kriegsakademie  —  kann  es  nicht  liegen,  denn  sie  sind 
Gemeinsrut  ;iller  Waffen.  Oder  sollte  es,  abgesehen  von  General- 
stabsreiseu  und  Kriegsakademie,  auf  unzulängliche  Anwendung  dieser 
Hilfsmite!  hinauskommen  V  Hierbei  spielen  die  personlichen  Nei- 
gungen, b  äili^ke^ten  und  Kenntnisse  der  Vorgesetzten,  in  erster  J Jnie 
der  Keginients-Komniaudeure,  eiue  entscheidende  Kolle.  Und  wenn  nun 
auch  die  Kegitiientskommandeure  der  Infanterie  augenblicklich  über 
gröfsf-rt'  Dietistertahrungeü  verl'iigen.  da  sie  im  Verirlfirh  zu  (icn  beiden 
andern  Watfen  um  einige  Jahre  später  zu  der  Stf  üimg  aufrücken,  so  hat 
doch  dies  \  erhältnis  keineswegs  immer  bestanden  und  kann  nicht 
zur  Begründung  der  Verschiedenheit  ausreichen.  Bis  zu  einem  ge- 
wissen Mafse  könnte  der  Grund  als  stichhaltig  gelte [i,  dais  die  Feld- 
artillerie erst  seit  etwas  Uber  4  Jahren  in  den  \'erband  der  Dinsionen 
eingereiht  ist  und  deshalb  ihre  jetzigen  Kumniaudeure  noch  nicht 
zu  der  Stufe  taktischer  Schulung  aufgestiegen  wären,  wie  diejenigen 
der  andern  Waflen.  Denn  wenn  auch  die  Feldartillene  trüber  zu 
den  Manövern  und  GarnisonUbungeu  ausrUckte,  so  war  doch  der 
Einiluls  der  DiTisions-Kummandeure.  in  deren  llund  daö  ZuMammen- 
schweifsen  der  drei  Waffen  zum  Gefecht  in  erster  Linie  gelegt  ist,  kein 
so  umfassender  und  nachwirkender,  wie  jetzt.    Ganz  von  der  Hand 


448 


Taktische  Ausbildung  der  Feldartülerie-Ot'äziere. 


sa  weisen  wird  daher  diese  ßegrllDdang  nicht  sein  and  erat  am 
llDgerer  Zeit  der  Unteratellaiig  unter  die  DiTiaioneii  «of  weitere  Vei^ 
ToHkommoimg  des  takdscheii  Könnens  gerechnet  werden  dürfen. 

Det  Hanptsaehe  naeh  aber  wurzelt  die  besproehene  Ersobeinnng 
in  der  Verschiedenartiglieit  der  Gefechtsiweeke  und  TUtigkeit  von 
Infimterie  nnd  Feldartillerie  und  der  daraus  hervorgebenden  Ans- 
bfidnng,  anf  welehe  später  näher  eingegangen  werden  soll.  Ein 
Vergleieh  mit  der  Kandlerie  nnterbleibt.  Für  sie  liegen  die  Ver- 
hältmsse  nicht  so  günstig,  wie  bei  der  Infanterie,  aber  besser,  ab 
bei  der  Artillerie.  Zunächst  ooeh  einige  Worte  Uber  das  Kriegs- 
spiel  nnd  die  Obangsritte. 

Beide  werden  in  der  Waffe  anter  Leitang  der  Kommandeare 
betrieben,  abgesehen  von  etwaigen  Kriegsspielen  in  der  Gaimsoii, 
an  welchen  rielleiobt  nicht  alle  Offiriere  teitoehmen  können  nnd  die 
ihrer  Zahl  nach  meist  sehr  beschränkt  sind.  Nidit  immer  wird  für 
die  genannten  Übungen  der  richtige  Rahmen  innegebtüten.  Operative 
Kriegsspiele  setsen  das  Verständnis  für  grofse  Verhältnisse  voraoe 
nnd  stellen  die  meisten  Teilnehmer  vor  Aufgaben,  welche  in  Wirk' 
lichkeit  kaum  je  an  sie  benmtreten  werden.  Sie  überlasse  man 
dem  Zusammenwirken  in  der  Garnision  unter  bewährter  Leitung.  — 
Beim  Arbeiten  mit  gröfseren  Truppe iik('»rpein,  als  Dinsionen,  geht 
leicht  der  Überblick  verloren,  das  Eingehen  auf  Einzelheiten  kommt 
zu  kurz  und  die  Teilnehmerzahl  reicht  im  Regimentsverbande  wahr- 
scheinlich nicht  znr  Besetzung  aller  Stellen  aus.  Greift  man  anderer- 
seits 7M  Stärken  unter  einer  gemischten  Infanterie- Brigade,  so  stOfst 
das  Schaffen  einer  kriegsmälsigen  Gefechtslage  auf  Schwierigkeiten 
nnd  das  VoriUbren  des  Znsammenwirkens  der  Waffen  leidet.  Des- 
halb empiiehit  es  sich,  derartige  Übnngen  in  den  Grenzen  einer 
Division,  rielleicht  anfangs  einer  gemischten  Infanterie-Brigade  sn 
halten. 

Während  der  Kommandeur  die  Kriegsspiele  durch  hierzu  geeig- 
giete  Persönlichkeiten  ohne  Rücksicht  auf  das  Dienstalter  leiten  lassen 
kann,  wird  er  die  Anlage  der  I  hungsritte  meist  selbst  in  die  Hand 
nehmen  mlisscn.  Da  er  indessen  auch  für  die  Weiterbildani:  seiner 
l'ntcrp'henen  in  diesem  Dienstzweige  verantwortlich  bleibt,  so  kann  er 
öeine  .Stabsoffiziere  dazu  heranziehen,  doch  wird  es  ihm  obliegen, 
dafür  /u  sorpren,  dnfs  möglichste  Mannigfaltigkeit  in  den  Kriegslagen 
und  in  der  Benutzung  des  Geländes  eintritt,  l'nd  in  dieser  Beziehung 
hat  der  Artillerist  einen  Vorteil  vor  dem  Infanteristen,  da  er.  weil 
beritten,  nicht  mir  in  der  Wahl  des  GeUinde?\bschuitte8  für  die  Übung 
viel  weiter  ausgreifen,  sondern  sich  auch  während  (itMsclben  freier 
bewegen  kann.  —  Nebenbei  bemerkt,  sollte  hierbei  jede  Gelegenheit, 


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iakUäciie  AuübilduDg  der  FeldartiUehe>0fti2iere. 


441) 


sei  es  bei  der  Aii%Bbeii-£rteOii]if  ,  sei  es  bei  der  Bespieolrnng,  gmnd- 
aililieh  dam  benntat  werden,  tod  der  betreffenden  Stelle  ans  das 
Lesen  der  Karle  nnd  des  Gelftndes  grttndlieb  sa  ttben. 

Unter  den  Hflitelttefai  rar  FSidemng  laktiseber  Ansbildnng 
war  das  YOisngsweiBe  gedgnete  bisber  niebt  erwttbnt:  die  Feld* 
dienstttbnngen  in  swei  Parteien,  Ton  denen  Z.  7  der  F^lddtensl- 
Ordnung  sagt:  „Sie  ▼errollkommnen  den  Offisler  in  der  Beberr- 
sebnng  der  Trappe,  seblirfbn  sein  taktisebes  YerstÜndDis  nnd  geben 
ibm  Geiegenbeit  an  selbstindigen  fistsoblttssen  nod  Ansfllhningen." 

Solebe  Obnngen  können  innerbalb  der  eigenen  Trappe 
oder  mit  gemisebten  Waffen  yor  sieb  geben.  Jene  werden  als 
Vorstufe  fllr  diese  dienen  ond.  Je  mehr  eine  Trappe  für  sieh  befUiigt 
ist,  selbständige  GeÜBcbte  anrategen  nnd  dnrobsnfttbren,  desto 
besser  yoigebildet  treten  ihre  Offiziere  an  Anlgabea  mit  gemisebten 
WaflSBo  heran.  Der  Naebdraok  ist  hierbei  anf  „selbständig*  und 
ndnzebfnhren*'  zu  legen,  well  darin  der  bedentnngSTolle  Untencfaied 
in  der  AntbUdang  von  Infanterie-  nnd  ArtiIlerie<Olifizieren  für  prak- 
tische Trappenfttbrong  besteht   Das  sei  knrz  näher  begrUndei 

Der  Infanterie  bieten  eich  vielseitige  Felddienstanfgsben  ans 
dem  Gebiete  der  Anfklärang,  der  Sicherung  ond  des  kleinen  Krieges, 
welche  für  Patrouillen,  einzelne  Züge  oder  Kompagnien  Gelegenheit 
ZQ  selbständigem  Entscblals  aiul  Ilandclik  geben.  Das  Wesentliebe 
dabei  ist  der  Umstand,  dafs  die  Übung  bis  snm  Znsammenstois  ge^ 
trieben  und  dadurch  den  Führern  die  Überzeugung  von  der  Zweck- 
mäfstgkeit  ihres  Verfahrens  beigebracht  werden  kann.  Uuls  freilich 
auch  der  Leitende  oder  Schiedsrichter  Uber  die  Wirkung  des  Ge- 
wehrs £ntseheidQng  tretTen.  so  treten  doch  alle  die  Umstände  deutlich 
Tor  Augen,  welche  A)r  den  Erfolg  oder  Mifscrfolg  aus  offensivem 
oder  defensivem  Verhalten,  Wahl  der  Angriffsrichtung,  Heranarbeiten 
an  den  Gegner,  Ausnutzung  der  angenommenen  Feuer-Überlegenheit« 
etc.  entspringen.  Der  Vorgang  gewinnt  durch  rlio  wechselvollen 
Lagen  und  Bewegungen  gewissermafsen  Fleisch  und  Biut.  Dazu 
kommt  dafs  solche  Übungen  häufig,  zu  jeder  Jahreszeit  nnd  mit 
geringstem  Aufwände  an  Kräften  nnd  Vorbereitungen  stattfinden 
können.  Nach  vorheriger  Erkundung  durfte  sieh  ausnahmslos  stets 
ein  Gelände  erraitteln  lassen,  anf  dem  dieser  oder  jener  Zusammen- 
ütofs  von  Zügen  oder  Kompagnien  ohne  Flurschaden  zu  ermög- 
lichen ist. 

Weiterhin  bietet  sich  während  der  Kompagnie-  uud  Bataülons- 
Ausbildang  Gelegenheit,  auf  dem  Exerzier-  oder  Truppenübungs- 
Platze,  sowie  während  der  An-  uud  Abmärsehi'  zu  denselben,  den 
Kompagoie-  und  ZagfUhrem  Aufgaben  zu  stellen,  welchen  schnellen 


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460  TUctiMlie  AmOMärng  du  Fä/äumuMMtn. 


Boteehlulsi  Befeblsfuhrun^,  Ansnntznng  des  Geländes  and  kriegs- 
märsiges  HandelD  fi^niern.  Und  mit  forttolmiteiider  Aasbildongauit 
erhalten  Bataillons-  ond  BegimeDtokommaDdenrc  ihre  Anfbüge,  ao 
dafe  bia  warn  fiegino  der  ManOrer  eine  vielgestalti^p  Scholong  rom 
Leatnant  bis  zum  Stabsoffizier  innerhalb  der  Wafie  erreicht  sein 
kann  and  zwar  immer  mit  dem  Vorzöge^  dais  eine  selbständige 
Gefecbtshandlang  bis  in  die  letzten  Folgen  yorzafUhren  ist,  ohne 
einen  gp-ofsen  Apparat  in  Bewegung  setzen  zu  müssen.  Ja,  die 
Infanterie  ist  sogar  in  der  Lage,  ohne  besondere  UnnatUrliehkeiten 
ihr  Zusanirneuwirken  mit  Feldartillerie  zur  Darstelhinir  y.u  bringen, 
will  sir  deren  Kinfiufs  auf  die  Kaiimvorhältnisse  hfi  der  Entwiekelung, 
Beherr-Hcbung  des  Geländes  mit  Feutr  aut  weite  l^iitfernuu;:prt  etc. 
vernnsrhauMohen.  Denn  es  genügt,  in  der  Feuerstellung  die  liatte- 
rien  diireh  FlaL^sren,  vielleicht  Kanoneusehlä^'e  anzodenten,  um  die 
Berücksichtigung  ihres  Krscheinens  verlangen  zu  kennen.  Dafa  um- 
gekehrt das  Markieren  der  Infanterie  für  Übungen  der  Feldartiüerip 
von  minderem  Werte  ist,  erhellt  ohne  weiteres  daraus,  dafs  bezüg- 
liche Flaggen  keine  N'orstellung  von  der  Froutentwickelung  und 
Tiefengliederung,  der  Aasnutznng  des  Geländes,  dem  sprungweisea 
Vorgeben  etc.  zu  geben  vermögen.  \v*'8bÄlb  sie  wnh]  für  die  erste 
Entwickelung,  nicht  aber  für  die  Forttührung  des  Getecbtes  ein  Aus- 
kanftemittel  bilden. 

Wesentlieb  ungünstiger  liegen  die  \'erhältnisse  für  Felddienst- 
ubungen  in  der  Waffe  bei  der  Feldartillerie.  Das  beniht  auf 
ihrer  GefeehL^tütigkeit.  welche  sie  nur  in  Verbindung  mit  anderen 
Truppen  iiufsern  kann.  Für  sich  allein  vermag:  sie  den  Verlauf 
einer  CTefechfshaiHllun;;-  von  der  ersten  Entwiekeluni:  tiis  zum  Zu- 
sammeustol's  und  darüber  hinaus  nicht  zu  veraii^chaulicbeu,  ohne  die 
Vorstellung  Ubermäl'sig  in  Anspruch  zu  nehmen.  Es  ist  ein  Unter- 
schied, ob  der  Artillerist  möglicherweise  auf  3000  m  Abstand  vom 
Gegner,  der  vielleicht  wegen  gut  gewählter  Aufelellang  nicht  einmal 
2n  sehen  ist^  der  Entscheidung  des  Ldtenden  besw.  SeMedsriohten 
ttber  die  Wirkung  einfach  glanben  muls,  oder  ob  rieb  dem  Infan- 
teriilen  die  Oberzeogung  Ton  dem  EinflniB  sdner  Tätigkeit  didnidi 
▼on  selbst  einprägt,  dafe  er  aie  Sehritt  für  Sobritt  vor  sich  riebt, 
wenn  aneb  nidit  die  aus  der  Feuerwirkung  entspringende,  so  doeh 
die  ans  den  Foraien.  der  GelMndebenQtsung,  dem  offbn8iTe&  besw. 
derensiven  Verhalten  eto.  hervorgehende.  Deshalb  drängt  steh  der 
Feldarüllerie  das  Mailiieien  benaehbarter  rigener  Troppen  anf,  um 
ein  Bild  sn  sebalFen,  in  welehes  sieb  die  Bsiterien»  Abtoünngen  ete. 
mit  einiger  WahTBcbeinlichkeit  einfttgen  kOnnen.  Dnfo  solohes  Ver- 
fahren nur  ein  dürftiger  Notbehelf  sein  kann,  war  sehen  angedentet 


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■ 


TkkllMlia  AubUdivg  der  FaldtiUlkito-Ollflrieie.  451 

Während  der  Infanterist  seine  taktische  Schnlang  als  PatroQUlffii- 
oder  Zugführer  beginnt,  hat  es  fttr  den  Artilleristen  keine  rechte 
Bedeatnog,  mit  dem  Zage  zu  flben.  Wie  er  diesen  der  Gefeehtslage 
eBtepraohend  im  Gelände  anfzastellen  hat,  lernt  er  ausreichend  als 
Zugführer  in  der  Batterie.  Mit  2  Geschützen  für  sich  lassen  sich 
die  Schwierigkeiten  nicht  Teranschaulichen,  welche  in  der  BenutAung 
des  zugewiesenen  Raumes,  Erfassen  der  richtigen  Front,  Ausnutzung: 
Ton  Deckungen  etc.  verbunden  sind.  Dazu  wird  ibm  zweckmäfsig 
eine  Batterie  in  die  Hand  frr^rehen,  /nmal  im  Ernstlalle  die  Ver- 
wendung einzelner  Züge  auch  in  Zukunft  zu  den  seltenen  Ausnahmen 
gehören  dürfte,  ti  ot/.dem  aus  (icr  -ree-en  früher  sresteigerten  Geschofs- 
wirkung  und  Feut  r^'^t'>,oh\\  inclitrkeit  eine  grölsere  Gefechtskraft  her- 
geleitet werden  kann.  Wozu  also  etwas  Üben,  was  in  Wirklichkeit 
kanm  zur  Anwendung:  gelaugt  und  geirebenenfalls  auch  mit  einem 
Zuge  frclinirt,  wenn  es  in  der  Batterie  beherrscht  wird?  Diiraus  folgte 
dafs  der  Artillerist  seltener  Übt,  um  so  raehr,  als  sich  das  Ein- 
nehmen einer  Stellung  der  Gelände-Behauung  wegen  nicht  bei  jed- 
^v(  il(  r  (iplegenheit  ermöglichen  läfat,  und  dafs  er  von  vomhereio  un- 
vermittelt  vor  grölsere  Verhältnisse  gestellt  wird. 

Ohne  weiteres  läfet  sich  erkennen,  wie  -vNünschenswert  es  wäre, 
recht  häufige  Felddienstübungen  in  zwei  l'art*  i( n  mit  anderen 
Waffen,  in  erster  Linie  der  Infanterie,  vui nthineii  zu  können.  Die 
kriegsmälbige  Ver^venduug  der  Feldartillerie  würde  dadurch  gewinnen 
und  ihren  älteren  Offizieren  Grelegenheit  ge^ioben  werden  können, 
sich  als  Truppenf Uhrer  zu  betätigen.  Aber  auch  hier  heifst  es: 
„Leicht  bei  einander  wohnen  die  Gedanken,  doch  hart  im  Kaume 
Btofsen  sich  die  Sachen^!  Ganz  abgesehen  von  den  GarnisoneD,  in 
welehen  Feldartillerie  allein  liegt  und  deshalb  auf  sich  und  Flaggen 
ange^vieeen  »t,  gehOrt  m  einer  einigermabeii  kriegsmäfsigen  An- 
lage ndadeslens  ein  Infanterieregimeni 

Diese  Bebanptiing  i>edaii  ni&herer  firUlaiterong. 

Die  Bedeatung  soleher  Übnngen  in  zwei  Parteien  berobt  doch 
banptelieblieb  in  Erlernung  des  Zuaammenwirkene  nnd  des  Führens 
der  Tendiiedenen  Waffen.  Wollte  oder  könnte  man  auf  jeder  Seite 
nur  ein  Bataillon  nnd  eine  Batterie  rerwenden,  so  wttrden  sieb  als- 
bald Unzntrilgliehkeiten  heraoBstellen.  Fassen  wir  znn&ebst  die 
FeldaitiUerie  ins  Ange,  so  mnls  die  eine  Batterie  als  etwas  Unteil- 
bares angesehen  werden.  Sie  kann  ihr  Fener  nicht  zn  ttberlegener 
Wirkung  yereinigen,  nicht  staffelweise  Tor-  oder  znrttekgehen»  indem 
sie  mit  einem  Teil  das  Feoer  fortsetzt,  mit  dem  anderen  anf  nKbere 
fintfemnogen  bezw.  znr  Begleitung  des  Infanterie-Angriffes  Torgebt 
oder  in  eine  Aofiiahmestelliing  abrileki  Daher  die  oft  nnnatUrlieken 

JakiMikm  Ar  dit  AtsttA*  Aibm  nd  M ariat.  »«.  SM.  80 


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462 


TaktiMti«  Aiubadung  der  Feldartittoite-Oliisiet«. 


Bilder,  dafs  die  Batterie  des  Angreifers  viel  zu  weit  abgebiiebeu  ist, 
weoB  sie  iür  UuterstUtzung  der  in  die  leiudlicbe  Stellung  einge- 
drangenen  Infanterie  zur  Haml  sein  soll,  oder  der  Verteidiger  keine 
Artillerie  in  eine  Auhiahmrbtellung  entsenden  krüiu,  weil  seine 
Batterie  zur  Abwehr  des  Infanterie-Angriffes  noch  mitwirken  mufs  u.8.w. 
Vom  Standpunkte  der  Arlillerie  wäre  daher  die  Mitwirkung  min- 
destens einer  Abteilung  zu  zwei  Batterien  auf  jeder  Seite  zu  fordern. 
Und  ähnlich  verhält  es  sich  bei  der  Infanterie,  wenn  sie  nur  in 
Stärke  eines  Bataillun.^  ausrückt  Die  Pvntwickelunu  desselben  zum 
Gefecht  liegt  in  der  Haud  seines  Kommandeurs.  Nun  imifs  sich 
aber  der  Führer  in  der  Regel  einen  Teil,  vermutlich  eine  Kom- 
pagnie, zu  seiner  Verfolgung  halten.  Dadurch  wird  der  Bataillons- 
kommandeur  in  seinen  Befugnissen  eingeengt  und  die  Verwendnng 
seiner  ihm  Yerbiiebeoeo  drei  Kompagnien  entbehrt  leicht  der  nötigen 
TiefengUedemog  oder  Bfeitenanadehnung. 

Stehen  aber  ma  zwei  Balaillone  zur  Verfügung,  so  könnte, 
sofern  es  sich  om  Angriff  und  Yerteidigong  handelt»  der  Angreifer 
1  Balaillone  nnd  eine  Abteilung  zu  zwei  Batterien  stark  gemacht^ 
der  Verteidiger  anf  V«  Bataillon  nnd  eine  Batterie  herabgesefeKt 
werden.  Dann  iribren  wenigntens  auf  einer  Seite  Verhftltnisse  ge* 
schaffen,  welche  ein  Znsaninienwirken  der  Waffen  nnd  eine  Gefecbts- 
ttohning  einigermafhen  in  die  JBmoheinnng  treten  lassen  können. 
Behn  Verteidiger  wird  es  schon  eher  angängig  sein,  Flaggentmppen 
sn  TOrwenden,  welche  die  Reserve  andenten,  nnd  in  FOiderster 
Unie  kann  er  mit  zwei  Koni|»agnien  nod  einer  Batterie  immerhin 
eine  FtontentwickeluDg  von  etwa  500  m  vornehmen,  gegen  welche  das 
Ansetzen  eines  Angriffes  ein  leidUch  kriegsm&fsiges  ßUd  vorführt 
Es  werden  solehergestalt  gleiehseitig  aber  anch  StttrkeverhiUtnisae 
gebildet,  wie  sie  hei  der  hentigen  Fenerwirkang  gegeben  sein 
müssen,  soll  der  Angriff  auf  einen  entwickelten  Feind  Anssioht  aaf 
Ebrfolg  versprechen. 

Bis  hierher  wurde  mit  der  Möglichkeit  gerechnet,  dais  die  lo- 
ianterie  annähernd  in  voller  Friedensstärke  ausrücken  könne,  die 
Kompagnie  etwa  zn  120—180  Köpfen.  Diese  Voraossetznng  triSt 
aber  fUr  die  Zeit  von  Entlassung  der  Reserven  bis  zur  Einstellnng 
der  Rekmten,  also  von  Ende  September  bis  etwa  Mitte  Februar) 
nicht  zn.  Und  rechnet  man,  dafs  die  in  die  Kompagnien  ein- 
gereihten Rekruten  zunächst  einmarschiert  werden  müssen,  so  kommen 
Aber  fUn!  Monate  heraus,  während  welcher  noch  Abzug  der  Kom* 
mandierten,  Kranken  etc.,  vielleicht  nor  eine  vollbesetzte  und  drei 
mit  je  einem  Halbznge  angedeutete  Kompagnien  von  jedem  Bataillon 
zu  den  Übungen  erscheinen  können.    Das  bedeutet  kaum  etwas 


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TUttladM  Aiubildmifl:  der  Feldtrtil]erie-Ofllsi«re.  458 


anderaa,  als  mit  markierter  Infaoterie  arbeiten  and  fuhrt  uur  za 
leicht  za  Teischobenen  Bildern,  indem  die  volle  Kompagnie,  welehe 
sic  h  beim  Anmarsch  meist  id  der  Avantgarde  befinden  wird,  kriegs- 
niäteig  bandeln  kann,  während  die  drei  anderen  gewissermafsen  nur 
Statisten  abgeben.  Man  erreicht  anf  diesem  Wege  jedenfalls  nichts 
Oanses,  kaum  etwas  Halbes  and  weder  der  Führer  noch  die  InfsDteiie 
können  entsprechenden  Gewinn  ans  der  Obnng  ziehen. 

Ist  demnächst  von  Anfang  März  an  die  Möglichkeit  gegeben, 
(He  Infanterie  in  zweckentspreehender  Stärke  ansrticken  zu  lassen, 
so  beschränkt  nicht  selten  die  Bebauung  des  Geländes  eine  häufigere 
Anlage  gröfserer  Felddiciistnhunüren,  ganz  abgesehen  davon,  dals  auch 
die  sonstiire  Aasbildung  mit  knapper  Zeit  rechnen  und  diese  voll  aus- 
genutzt werden  niufs.  Viel  Geld  zur  Begleichung  von  Flurschäden  steht 
in  der  Kegf  1  nicht  zur  Verfügung  und  werden  die  rbiiii^t  n  so  angelegt, 
«lafs  die  Ent\vickehin«r  auf  den  Exer/ierplätzeü  ertblgen  kann,  so 
l('id(  t  darunter  die  Vielseitiorkeit.  Die  ans  der  Gelände-Behauung 
entstehenden  Schwierigkeiten  steigern  sich  bis  zur  T  hnsiedeluiii:  der 
Regimenter  auf  die  Truppenttl^unersplät/e  I  refleü  nun  auch  liier 
Infanterie  and  Artillerie  zusann iien,  su  hat  doch  de  Truppe  rricliHt^h 
mit  Bewältigung  der  ihr  zufallenden  Aufgaben  zu  tun  und  kommt 
es  gleichwohl  zu  gemeinsamen  Übungen,  so  hat  der  Infanterist  gleiche 
Anwartschaft  auf  die  FUhrnng,  wie  der  Feldartillcrist.  Bei  den  za 
dieser  Zeit  stattfinden  Besichtigungen  der  Infanterie  im  Regiments- 
nnd  Brigade-Exerzieren  werden  wob]  Hatterien  und  Abteilungeu 
herangezogen;  die  Führung  aber  bleibt  naiilriich  den  Kommandeuren  der 
iniantrie.  Also  auch  bei  dieser  Gelegenheit  krniitc  aui  i>auz  ver- 
einzelt mit  Übertragung  einer  Truppenfiihning  an  einen  Offizier  der 
Feldartilierie  gerechnet  werden.  Die  Besichtigungen  der  Feld- 
artillerie im  Schiefsen  machen  de  Mitwirkung  der  Infanterie  uutun- 
lieb;  sie  könnte  nur  dazu  dienen,  den  Rahmen  ftlr  die  Entwickelnng 
jjnr  ersten  Fenerstellung  festzulegen,  und  die  Feuereröffnung  wtirde 
verzögert,  da  das  Vorgelände  beim  Scharfschiefsen  im  Frieden  frei 
sein  mafs. 

Zn  ausgiebiger  nnd  kriegnniUsiger  Anlage  Ton  Felddlenstllbangen 
in  gemisebten  Waffen  eignet  sieh  am  besten  die  Zeit  naeb  Rtlokkehr 
der  Truppen  von  den  Übnngspltttien  bis  snm  Beginn  der  ManOrer, 
besonders  dann,  wenn  die  sehon  teilweise  abgeernteten  Felder 
grOfftere  Bewegungsfreiheit  ermöglichen.  Die  Daner  dieses  Ab- 
schnittes richtet  sieh  nach  den  Verhältnissen.  Aber  anoh  hier  wird 
man  zufrieden  sein  mflssen»  wenn  jeder  Stabsoffiaer  der  Artillerie 
ein-  bis  swehnal  eine  Ftthreirolle  ttbemehmen  kann,  da  ja  die  der 
Infanterie  angehörenden  das  gleiche  Anrecht  anf  Übnng  haben. 

t  80* 


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464  TtkIMo  AwMdnng  d«r  Feldiv01l«ile*Of8ttere. 


Aus  dem  Gefragten  ^eht  hervor,  dnfs.  wenn  die  Garnison  nicht 
stark  an  Infanterie  ist.  die  Schulung  der  Artilleristen  in  Kühriing 
^raisebter  Detjichenients  keine  allzubäafige  sein  kann  und  dals  von 
ihr  in  der  Ueirel  nur  dir  Stal>soffiziere  Nutzen  ziehen  werden. 
Nebenbei  sollte  ihnen  nuvh  (rele^enheik  gcirehen  werden,  den  Dienst 
als  Vorpostenkommaiuieur  kennen  7AI  ienu'u.  Auch  der  erlernt  sich 
am  besten  aus  der  Praxis.  Gelangen  ArtUleristen  im  Erosttaile  wohl 
nie  znr  AnsUbnn^r  dieses  Dienstes,  so  müssen  sie  ihn  doch  als 
Führer  und  Leikude  (später  beurteilen  können. 

Auf  die  Mitwirkung  von  Kavallerie  wurde  nicht  gerUck- 
sichtigt.  Sofern  sie  in  der  Garnison  vorbanden,  kann  sie  in  aus- 
reichender Stärke  sich  beteiligen.  Andernfalls  vermag  die  Feld- 
artillerie 80  viel  Berittene  zu  stellen,  wie  zur  Befehlsführung  und 
AntklMniug  bei  den  kleinen  Detachements  benötiget  werden.  Dem 
Führer  ist  es  gleich,  ob  er  seine  Aufträge  an  Küvalleristen  oder 
Feldurlilleristen  erteilt,  und  letztere  sind  tUr  dit'se  Tätigkeit  im  ent- 
sprechenden Dienst  ihrer  Truppe  genügend  vorgebildet. 

Muls  nun  zugegeben  werden,  dafs  der  Ausbildung  der  Feld* 
artillerieoffiziere  als  Führer  bei  FelddienstUbungen  enge  Grenzen  ge- 
zogen sind,  so  wird  das  Streben  darauf  zu  richten  sein,  sie  schon 
bei  Kriegsspielen  und  Obungsritteo  in  der  Technik  der 
Befehlsitthrnng  sorgsam  TOfmbilden  and  die  Gelegenheiten,  in 
denen  sie  sieh  als  Ftthrer  von  Trnppeo  betätigen  kUnnen, 
vielseitig  aassnnntien. 

Häufig  sind  bei  Kriegsspielen  nnd  Ubnngsritten  die  Be- 
treffenden, wenn  sie  Tor  einen  Entsohlafs  gestellt  werden,  schnell 
liei  der  Hand,  sn  erklären,  sie  wollen  dies  nnd  jenes  anordnen. 
Dem  sollte  entgegengetreten  nnd  znerst  eine  firklämog  yerlsngt 
werden,  wie  sie  die  Lage  beurteilen,  wozn  ihnen  natorltch  Zeit  ge- 
lassen weiden  mob.  Haben  sie  Klarheit  hlerllber  erlangt,  so  sollten  sie 
gehalten  sdn,  ihre  Absichten  in  Befehlsform  anssnsprechen  nnd  dabei 
anzugeben,  an  welche  Stellen  sie  ihre  Befehle  richten  and  anf 
welchem  Wege.  Dadurch  werden  sie  an  scharfes  Denken  und  an 
knappen  Ansdmek  des  Gewollten  gewohnt,  so  dafs  mit  der  Zeit 
nicht  erst  die  Felddienstordnung  oder  Handbücher,  wie  so  olt,  zu 
Rate  gezogen  zu  weiden  brauchen,  and  nach  und  nach  mehr  an!  die 
angenommene  Kriegslage  eingegangen  wird,  anstatt  gewissennalsen 
mechanisch  die  in  der  Felddienstoidnong  fUr  den  Inhalt  eines  Be- 
fehles allgemein  gegebenen  Gesichtspunkte  möglichst  wortgetreu  ftr 
den  besonderen  Fall  zu  übertragen.  Allniählich  sind  die  Anforderungen 
zu  strigem  dadurch,  dafs  der  EDtschlnls  schneller  in  Befehlsform 
umgesetet  und  auch  das  KombinattonsreimOgen  geschärft  wird,  indem. 


Taktisohe  AoBbUdiug  der  FeUUrtiUerto-OfÜsiere. 


456 


wie  im  Kriistfallo,  zutreffende  mit  nicht  znti  elVendt  n  Meldungen  an- 
lang:en.  aus  denen  dt  r  Termutlich  wahre  Kern  erst  herausgeschält 
werden  muls.  Die  boichergestalt  Vorbereiteten  finden  späterhin,  von 
der  Sor'.'e  um  das  Formelle  hefreit,  mehr  Ruhe  nnd  Mufse,  »ich  mit 
der  Oefechtslage  zu  beschäftigen  und  ihre  Befehlsführung  dieser  an- 
znpass*  n  Es  ist  kein  Grund  ersichtlich,  warum  derartig  theoretische 
Schulung  bei  den  Offizieren  der  Feldartillerie  weniger  anschiageu 
sollte,  als  bei  denen  anderer  WaflFen,  wobei  es  natürlich  immer  von 
der  Befähigung  des  Leitt;udeo  und  dem  Fassungsvermögen  der  Be- 
teiligten abhSugen  wird,  welcher  Gewinn  an  Belehrung  herauskommt. 

Viel  Wert  ist  bei  diesen  Vorbereitungen  sowohl,  als  besonders 
bei  den  Felddienstübungen  auf  einfache,  klare  und  kriegsmälsige 
Aufgabenstellung  zu  legen.  Was  Z.  572  der  Felddienst- 
ordnung für  Anlage  von  Manöveiii  ernpüchit.  mufs  unbedingt  auch 
Uli  die  hier  in  Rede  stehenden  Übungen  festgehalten  werden. 
Vielerlei  und  weitgehende  Voraussetzungen,  bei  denen  Armeen  mit- 
spielen, nm  weit  ab  von  ihnen  winzige  Detachements  aneinander 
zu  bringen,  veranlassen  die  Führer  nur  zu  leicht,  In  der  Gefechtslage 
Schwierigkeiten  zu  suchen,  die  gar  nicht  beabsiehtigt  sind;  ihre  Ge- 
danken beschäftigen  sich  dann  oft  mit  dem  Beiwerk,  anstatt  in  den 
Kein  der  Sache  einzudringen.  Und  hier  will  es  scheinen,  als  ob 
die  ans  der  FeldartiUerie  hervorgegangenen  Ldtenden  sieb  noeh 
mehi  an  einfachere  VeriUUtnisBe  halten  mttbten. 

FOr  die  Übungen  in  2  Parteioi  werden  in  der  Begei  Tags 
zuvor  die  Detaehementsbefehle  eingereicht;  sie  bilden  demnächst  ftlr 
den  Verlaal  der  Handlung  die  Gfundlage.  Da  es  aber  in  erster 
linie  darauf  ankominl^  die  Ftthrer  vor  Entschlüsse  au  stellen  und 
da  sieh  dieselben  meist  eine  voigefafste  Meinung  von  dem  Verlauf 
der  Übung  gebildet  baben^  kann  es  illtlieh  ersobeinen,  die  Lage  mit 
dem  Beginne  der  Bewegungen  dergestalt  su  ftndeni,  dafs  durchaus 
nene  BotschlielBnngen  getroffen  werden  mUsseo,  indem  s.  B.  statt 
einer  Vor-  eme  Rttckzugsbewegung  angetreten  werden  mnÜB  oder 
umgekehrt.  Dadnzeh  gelangt  das  Detachement  dann  auch  in  anderes 
Gelltndey  als  es  sieh  der  Fahrer  Termutlich  nach  der  Karte  snreoht- 
gelegt  hatte,  und  seine  Anordnungen  gewinnen  an  KriegamlKsigkeit. 
Je  Öfter  der  Leitende  auch  weiterhin  in  die  Gefechtslage  durch 
Nachrichten  Uber  den  Feind  oder  Weisungen  einer  angenommenen 
höheren  Stelle  Abwechselung  m  bringen  Tcisteht  und  so  erneut  Ent* 
sehlflsse  herausfordert,  desto  interessanter  und  lehrreicher  kann  sich 
die  Übung  abs|nelen.  Jede  Felddienstlibung  sollte  unter  den  dar- 
gelegten Verhiiltnissen  so  nutsbrtngend  als  mOglich,  gestaltet  werden. 
Eine  uuTerhttltnismälsig  lange  Ausdehnung  brauchte  damit  keines" 


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456  Taktiiche  Atubildung  der  FeldartiUehe-Offtiiere. 

wegs  verbunden  zu  sein.  Grandsätdich  freilich  dürfte  man  sich 
nicht  blolä  mii  der  ersten  Entwickelun^r  und  dem  ZasammeDstols 
begnügen,  sondern  mUlste  auch  das  Verf  olgungsfeuer  ond  die  Ver- 
folg:un^  selbst  bezw.  das  Loslösen  vom  Feiudi,  Einnehmen  von  Aul- 
uaiiinetsteliuiigun  und  den  Rückzugs  etc.  zur  Austührung  g^elan^en 
lassen.  Die  dafür  erforderlich«*  Zeit  sollte  stets  verfügbar  sein;  sie 
macht  sich  bezahlt,  weil  der  Führci  gezwungen  wird,  sich  aus  den 
verschiedeucQ  Gefechtsabschuitten  Kechenschaft  Uber  seine  Lage  zu 
geben  und  daraus  Anregung  zu  erneutem  Haudelu  zu  nehmen.  — 
Femer  kann  es  sich  empfehlen,  Offiziere  zu  bezeichnen,  weiche  nach 
dem  Enuesseo  des  Leiteodeo  wUhreod  des  Oaoges  der  Übung  die 
Fflhmiig  zn  ttberDehmeD  htttten»  ihnlieh  wie  bei  den  Kanören  dn 
KonmiMidoweeliBel  eintritt.  Das  bat  den  Vorteil,  dab  die  Betreffenden 
dem  Verlaufe  des  Gefeebts  mtt  rersebMifler  Ai^erlteamlLeit  folgen, 
am  eintretendenfalls  sattelfest  zn  sein.  —  Seblielblieb  sollten  Fttbier 
nnd  AitiUeriekommandenre  gehalten  sein,  Uber  die  Obnng  einen 
Gefeebtsberiobt  einsoreisben.  Das  fördert  sie  nicbt  nur  in  Anwendung 
der  darüber  gegebenen  Vorsebriften  nnd  in  Itlarem,  knappem  Ana- 
draek,  sondern  Iftlbt  sie  die  ganze  Handlung  noebmals  dnrebdenken 
und  regt  znr  Selbstbeorteiinnfr  an. 

Wie  bei  Anlage  nnd  Dnrcbfbbnmg  der  fiinflals  des  Leitenden 
scbwer  ins  Gewiebt  föilt,  so  niebt  weniger  bei  Be spreebang  der 
Übang.  ZanSebst  wird  es  sieb  bierbet  nm  Beorteilong  der  gegebenen 
Detaebementsbefeble  bandeln  nnd  da  diese  meist  Tags  zuvor  ein- 
gereiebt  sind,  konnten  sie  eingebend  dnrebgearbeitet  werden  und 
erfisbren  dementspreebend  Würdigung  bis  in  die  Einzelheiten.  Niebt 
ganz  so  lieberoll  werden  in  der  Regel  die  Tersebiedenen  Gefeehts- 
befeble  gewürdigt  Und  doeh  lohnt  es  sieb  der  Mttbe,  da  rie  die 
Auffassung  der  Lage  widerspiegeln,  sebnellen  fintscblufs  verlangen 
und  davon  Zeugnis  ablegen,  ob  der  Führer  seine  Truppen  in  der 
Hand  behielt  und  zu  einheitlichem  Ziele  ansetzte. 

Bei  Erörterung  des  Verlaufes  der  Übung  ist  der  Leiteode  zu 
natürlich  j;eneigt,  seine  eigene  Waffe  in  den  Vordergrund  zu  stellen. 
Dem  sollte  er  entgegenarbeiten  nnd  zu  besprechende  Einzelheiten 
besser  späterer  Erörterung  mit  seinen  Offizieren  rorbehalten.  Worauf 
CS  ankommt,  das  sind  die  taktischen  Verhältnisse  und  das  Zusammen« 
wirken  der  drei  Waffen.  Ob  otTensives  oder  defeusives  Verhalten 
gerechtfertigt  war,  den  Geläodeverbttitoissen  und  den  Beiiehnngen 
zu  dem  angenommenen  grülseren  Körper  Rechnung  «retragen  wurde, 
ein  Wechsel  der  Gefechtslage  richtig  erkannt  und  entschlossen  bezw. 
xweckmäfsig  ausgenutzt  ist  etc.,  bedarf  der  Erwägung;  der  Auf- 
klärongsdienst  der  KaTaUerie,  die  Heehtzeitigkeit  und  Zuverlässigkeit 


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TaktiMhe  Ausbttdoiig  der  FelcUrtilierie-Offiitore.  457 

ihrer  Meldang-en  und  deren  Eintlufs  aaf  die  Entschlüsse  der  Führung 
sind  einzuschätzen;  die  Entwickeinng  der  Infanterie,  ihre  Feuer- 
wirkung, die  Besitznahme  von  Abschnitten  durch  sie,  ihre  Kroataus- 
dehüuüg  und  Tiefen^iiederuni::.  der  Schutz,  welchen  sie  der  Artillerie 
gewährte,  sind  zu  beiirteilen  und  diT  Kinflufs  der  Artillerie  aaf  Ab- 
lenken des  Geschlitzleuers  von  der  Intauteiie.  L'üterstUtzimg  ihres 
\  orrUckens  und  in  Besetzung  der  genommenen  Stellung,  Erleichteraog 
de»  Kückzuges  etc.  zu  ensUbueu. 

Bei  Bewertung  des  Infanteriefeoers  ist  der  aus  der  Artillerie 
hervorgegangene  Leitende  ebenso  anf  dnreh  eigenes  Stadiam  ge* 
bildetes  Urteil  angewiesen,  wie  der  Infanterist  betreib  des  Artillerie- 
feners.  Da  die  grundlegende  Aosbildong  im  Felddlenfli  bei  den 
Begimentskommandenren  steht,  so  wire  zu.  erwägen,  ob  olobl  eine 
Kommandienuig  derjenigen  der  AitUleife  zur  Infiyiteries^Mioiiiile» 
derjenigen  der  Infmleiie  siir  FeldaitillerieeehiefnebBle  filr  du  gegen* 
eeitige  VenMadniB  der  eng  aufeinander  angewiesenen  Seliwesterr 
Waffen  reebt  viel  Lobnendes  liaben  sollte.  Das,  was  sie  als  Fkennde 
Toneinander  sn  bofllM,  als  Feinde  Toneinander  sn  ftfebten  beben, 
wttrden  sie  dnreb  die  Ansebanong  kennen  lernen.  Aneb  dtliflen 
ne  manebes  für  die  Anlage  and  BenrMnng  fciiegsmiilsiger  Sebielben 
Wissenswerte  erfahren  and  deniniebst  anf  ihre  Ttuppe  ttbertragen. 

In  der  eingangs  dieses  Aeftatoes  aufgestellten  Bebanptang  war 
die  Einsohrinkong  gemaebt:  „soweit  niebt  eine  besondere  laiL* 
tisebe  Sebnlnng  der  betreffenden  Persdnllelilceit  ▼oransgegaugen.*' 
Daliei  wird  niebt  blols  an  solebe  Offiziere  sn  denken  sew,  welebe 
die  Kriegsakademie  besoebt  und  im  Anseblnfs  daran  Ohnngen  bei 
anderen  Waffen  abgelegt  haben,  sondern  aneb  an  A^ntanten,  be- 
sonders der  Brigaden  ond  Regimenter.  Omen  ist  in  der  Begel  Ge- 
legenheit gegeben,  bei  der  Anlage  von  Felddlenstttbnngen  nnd 
BrigademandTem  ihrem  Kommandeur  an  die  Hand  in  gehen,  bei 
Abfiusnog  der  Bdehle  mitmwlrfcen,  wenn  diese  als  Führer  Ver- 
wendung finden,  den  Veriaof  der  Übnng  an  der  Stelle  mitEomaeben, 
▼on  welefaer  Gefeehtsbeiehle  ansgehen  nnd  wo  die  Meldungen  in- 
sammenfliefeen,  die  Eindrtteke  nnd  Erwägungen  mit  zu  dnrehleben, 
welebe  den  Leitenden  oder  Führer  berllbren  etc.  Ihre  Anfmerk- 
samkelt  bleibt  anf  den  Zaaammenhang  des  Chuuen  geriebtet  nnd 
wird  niebt  daieb  die  Tätigkeit  einer  elnielaen  IVappe  abgelenkt 
Bei  efaiiger  Beanlagnng  können  sie  anf  diese  Weise  eine  redit 
gründliebe  taktisefae  Sehnlnag  nnd  swar  ans  der  Pnuüs  herans 
daTontragen.  Ihnen  znnXehst  stehen  Ordonnanaoffidere  höherer  Stibe 
ond  aneb  Sehiedsriebtergehilibn.  Diesen  allen  ist  gemeinsam,  dafo 
sie  aas  der  Tmppe  heran^gehoben,  mit  freiem  Blieb  die  Verwendung 


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458  TaktfMl»  AuMldiittg  der  FMdirtUlMMIIIiiaw. 


der  versdiifldeiieii  Waffen  mm  und  im  Ckleebt  veifolgeii  und  duceh 
Qure  Berlthnuig  mit  hoheven  Offiiimn  vieledeL  Anlegung  nnd  Be- 
iehroDg  empfangen  kOnnen. 

Wie  besebifinkt  ist  ibnen  gegenüber  der  Gesichtskreis  des  an 
seinen  Zag  oder  seine  Batterie  gebannten  OllfiiieiBl  Empfiehlt  aneb 
Z.  249  der  Sebiefevorscbrift  dem  Batteriefllbier,  zeitweise  die  Fener- 
leitnng  etc.  einem  Offizier  za  übertragen,  weil  er  bänfig  ta  sebr 
dnrob  die  taktischen  Aufgaben  in  Ansprneb  genommen  wird,  so  ist 
seine  Aofmerksamkeit  doeb  vorwiegend,  wenn  nicht  anssebiielislich 
den  VoigäDprn  zugewendet,  welebe  seine  Batterie  berflbren  nnd  da- 
ber  nnr  einen  Bmchteil  der  Gesamthandlang  aasmachen. 

Nnn  besitzen  die  Artillerieoffiziere  den  grofsen  Vorteil,  beritten 
za  sein.  Sie  können  also,  ihre  sonstige  Geeignetheit  TOirnnsgesetst,  als 
Ordonnanzoffiziere  oder  Schiedsriobtergehilfen  berasgezogen  weiden  nnd 
80  za  einer  Verwendung  bei  Felddienstttbnngen  etc.  gelangen,  welche 
das  taktische  Verständnis  zn  fördern  geeignet  ist.  Da  die  Feld- 
artillcrie  während  der  Manöver  in  der  Kegel  über  eine  mehr  als 
ausreichende  Zahl  an  Front-  und  RescrTeoffiziercn  verfügt,  kann  es 
ihr  nicht  schwer  fallen,  Leutnants  yoti  entsprechender  Befähigung 
naeh  Bedarf  zu  solch m  Kümmandis  herzugeben.  Ja,  es  mUlste 
Hop:ar  von  den  Kommamit  uren  die  Anregung  dazu  ausgehen.  Werden 
gelegentlich  während  der  Manöver  einzelne  Gefechtsbatterien  gebildet, 
am  die  Parteistärken  za  findern,  so  würde  auch  für  ILmptleute  Ge- 
leg:enheit  vorhanden  sein,  sich  in  entsprechriulcn  Stellen  taktisch  zu 
vervolikonimuen.  FUr  fiarnisonUbungen  ist  die  Zahl  verfügbarer 
Offiziere  meist  dadurch  eine  reichliche,  dals  nur  ein  Teil  der  Batterien 
ausrückt. 

Ofliziere,  welche  die  Kriegsakademie  besuchen,  genieCsen  deu 
grofsea  Vorzug,  die  Erfordernisse,  Leistungsfähigkeit  uud  Gefechts- 
Verwendung  der  anderen  Waften  durch  Dienstleistungen  bei  ihnen 
aus  eigener  P>fahrung  kenneu  und  abschätzen  m  lernen.  Das 
würde  sich  auch  für  einzelne  Offiziere  der  Feldartiilerie  kostenlos 
erreichen  lassen  durch  Konjmaiulierung  solcher,  welche  Aussicht  auf 
Autrücken  in  höhere  Stellungen  bieten,  zur  Infanterie  derseiben 
Garnison  vor  und  während  der  Manöver.  Voraussetznns:  bliebe» 
dals  die  Betreöenden  bei  der  eigenen  Truppe  verfügbar  sind.  Die 
Infanterie,  welche  nicht  immer  alle  Stellen  mit  Offizieren  besttzA  ii  kann, 
würde  solchen  vorübergehenden  Zuwachs  wahrscheinlich  nicht  ungern 
sehen,  ood  in  der  Anleitung  der  zu  ihr  Kommandierten  eine  Gegenleistung 
fStt  die  Reitaosbildong  erblicken,  welche  ihre  Leutnants  in  einigen 
Ganisonen  dnreb  die  Feldartillerie  eibahen.  Das  gegenseitige  Ver- 
ständnis mtlbte  dadnrob  gewinnen,  beide  Teile  sOgen  darans  Nntien 


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Taitisobe  Ausbildung  der  FeldaitUlerie-Offiziere. 


459 


und  die  Zthl  der  taktiseh  besonden  geeobntteo  Offitiere  der  AitUleiie 
erführe  nacb  und  naeh  eise  Zniialime. 

Auf  einen  Anetaoscli  swiseben  FeldarlUlerie  und  Kavallerie 
wurde  nicht  eingegaugen.  Unleugbar  wttrde  aneh  ein  soloher  ver- 
dienstroU  und,  sofern  beide  Waffen  die  gleiobe  Ganniaoa  teilen,  ane- 
fnhrbar  Min.  Die  Hanptmaaae  der  FeldartiUerie  wirkt  aber  mit  der 
Infanterie  snsammen  Sehnlter  an  Sehnlter,  weshalb  nShere  Bekannt* 
sehaft  swiaehen  ihnen  in  erster  Linie  steht.  Dem  Erknndnngs-  and 
Anflüämngsdienst  der  Kavallerie  bringt  der  FeldartUlerist  sndem 
sehen  ein  gewisses  Verstilndnis  dnreh  entsprechende  An^ben  für 
die  eigene  Waffe  entgegen  nnd  mit  ihrer  Gefeebtstftt^keit  hat  meist 
nur  die  reitende  Artillerie  ntthere  Bertthmngspnnkte»  Diesen  kann 
dnreh  Kommandos  sa  KaTaUeriettbongsreisen  Reohnong  getragen 
werden. 

Die  Beiraebtangen  zeigen,  dals  die  Aossiebten,  sieh  dnrch  Feld- 
dienstnbnngra  in  swei  Parteien  taktisch  Tervollkommnen  za  können, 
für  den  Offizier  der  Feldartillerie  nicht  gttnstig  liegen.  LmerhAlb 
der  dgenen  Waffe  solche  ansalegen,  besilzt  wenig  Wert^  selbst 
onter  Zvhilfenahme  von  Flaggen  znm  Andeuten  der  anderen 
TmppeD.  Mindestens  Infanterie  mnls  mit  herangezogen  werden  und 
deren  Mitwirknng  in  ansreiohender  Stärke  ist  an!  verbältnismärsig 
kurze  Zeit  beschränkt,  sofern  in  der  betreffenden  Garnison  nicht 
mindestens  ein  Regiment  steht.  Folgerichtiger  Aofban  TOn  kleineren 
zu  grOfeeren  Übungen  und  deren  Häufigkeit  mttssen  daruntc  r  leiden. 
Das  sind  Verhältnisse,  welche  in  der  Eigenart  der  Feldartillerie 
wnrzeln  nnd  deshalb  nicht  gewandelt  werden  können«  Eine  Ver- 
Tollkommnong  der  taktischen  Sebnlnng  mnfs  daher»  neben  viel- 
Bettiger  und  gründlicher  Aosnntznng  Ton  Garnisontlbnngen,  mit  den 
zn  Gebote  stehenden  anderweiten  Hilfsmitteln  erstrebt  werden. 
Diese,  Kriegsspiele  nnd  Ubongsiitte,  saehgemäfs  geleitet  und  daza 
benotzt^  die  Beteiligten  znr  Beurteilung  tob  Gefechtslagen,  ISntsebluis- 
fassung  nnd  bestimmten  BefeblsfUhrnng  anzuhalten,  sind  geeignet, 
schnelles  Erfassen  und  Handeln  zu  fördern,  die  Grundsätze  über 
Truppenftlhruog  zu  vertiefen  nnd  Sicherheit  in  Anwendung  der  Vor- 
scbriiten  anzuerziehen. 

Es  soll  nicht  verkannt  werden,  dals  sich  für  einzelne  Leutnants 
Geleiijenheit  bietet,  bei  FelddienstUbungen  und  Manövern  nh 
Ordonnanzoffiziere  von  Stäben  oder  als  Schindsrichtergebilfen  durch 
Seben  und  Hören  ihr  taktisches  Verständnis  zu  hereichern.  Sie  zu 
bolcber  Verwendung  zu  bringen,  sollte  jeder  AnlnTs  ansgenntzt 
werden.  Auch  ist  nicht  zu  unterschätzen,  dal's  eine  lir  rittene  Truppe 
in  der  Wahl  des  Geländes  dadurch  bevorzugt  ist,  dads  sie  ihre 


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460       Bowertan^  der  Bewafinnaf  im  rnssueb-japuiusciieii  Kjiege. 


Obuiigbritte  weiter  ab  die  Infanterie  aoideluien  und  so  einen 
gxOleefenWeeliflel  in  Ctestaltnng  der  Kriegslagen  eintraten  lanen  kann. 
Ee  liegt  indessen  anf  der  Hand,  daÜB  der  Mangel  an  ansreiebender 
SehniDDg  in  Fttlmmg  ^on  DetaelienientB  dadnroli  Mti  wett  gemaelit 
werden  kann,  diese  Laeke  Tielmebr  immer  beeteben  bldben  wird. 

Ein  besseres  Yerstlndnis  fbr  das  Zosammenwiiken  mit  der 
Infanterie  konnte  dmb  Kemmandienmg  eimelner  geeigneter 
Leutnants  an  dieser  Waße  Tor  nnd  wXhrend  der  MaaUver  erstrebt 
werden.  Wiie  ^on  soleber  Jlaisregel  aneb  kein  sofortiger  Anf> 
sefawaog  der  taktiscben  Aosbildong  in  erwarten,  so  doeb  für  die 
Znknnft.  Btteken  die  dort  kommandiert  Gewesenen  später  in 
Stellnngen  anl,  in  weloben  sie  als  Fllbrer  oder  Ldtende  anftreten, 
so  würde  ihnen  das  Erlernte  eine  wertFolle  Bereieliening  für  das 
eigene  Kennen  nnd  die  Anleitung  Untergebener  um.  Rr. 


XXV. 

BeweiluQg  der  Bewaffnung  im  russiscii-japanisclien  Kriege. 

Die  \'erhältnisse  des  Kriegsschauplatzes  ini  feruen  Osten  brachten 
PS  mit  sieb,  dale  sieh  das  alls'emeiüe  Interesse  zunächst  den  Fiotten 
der  Krie£rfllbrenden  zuwtiHltn  luulste.  War  die  Herrschaft  znr  See 
doch  \  lirbedingun^'  für  die  Japaner,  ihr  Heer  dem  Feinde  entgegen 
aoi  das  Festland  tiberfUhreu  und  seine  Erhaltung  auf  Kriegsfuls 
sicher  stellen  zu  können,  für  die  Russen,  dieses  Überseteen  zn  ver- 
hindern Dementsprecbend  wurden  mit  Beirinn  der  Feindseligkeiten 
Ang:aben  über  die  Stärke  und  Verfügbarkeit  der  in  Betracht 
koniniendeu  Flotten,  ihre  Besatzang  und  Armierung,  kurz  ihren  Ge- 
fechtsvvert  veröffentlicht.  Vorausgogan^'^eü  waren  oder  folgten  Mit- 
teilungen Uber  Ausbildung,  Organisation  und  Ausrüstung  der  Heere, 
welche  ihre  Kräfte  gegen  einander  messen  sollen.  Auf  die  Beurteilung 
ihrer  Waden  ist  aber  uoefa  so  gut  wie  gar  nicht  näher  eingegangen. 


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B«wdrtiiiif  der  Bewa^ong  im  roMUeh-japaniaehon  Kriege. 


461 


Und  doch  hängt  von  ihrer  Wirkung&fahigkeit  und  Kriegsbraocb- 
barkeit  recht  viel,  wenn  schon  keineswegs  alles  ab.  Denn  erst 
eine  sachgemärse  Ve^^veDllun^^  der  Geist,  in  dem  sie  irefUhrt  werden, 
kaim  die  Leisluugcü,  zu  vvekheu  sie  der  Konstrukteur  befuhio^.  iu 
Tollem  Umfange  herausholen.  Welche  von  beiden  Parteien  in  der 
FtthruDg  ihrer  Waffen  der  anderen  voransteht,  kann  sich  erst  im 
Laufe  des  Krieges  erkenneD  lassen.  Hier  soll  nor  die  Bewafl&iimg 
an  Mk  kniB  besprochen  werden  nnd  swar  nur  diejenige,  durah 
welebe  die  Entacbeidangr  fällt,  also  die  Gewehre  und  Gesehtttae. 

BlnfMh  liegen  die  VerhIttniBse  beim  Gewehr  insofern,  als  anf 
beiden  Seiten  für  Infanterie  nnd  Kavallerie  eine  einheitliche  Aos- 
atattnng  dnrchgefbbrt  Ist  and  siemlicb  zarerliBsige  Angaben  dartll»er 
Yorliegen.  Nachfolgende  Obersiebt  enthMlt  die  rar  Benrteilnng  der 
Leistnngen  notwendigsten  Angaben. 


Rnbland  Japan 

Beaeicliiuitig  des  Konstriiktionigahres 

•      *  • 

M/97 

Seelendurchmesser  Aber  d^  Feldern 

um 

7.6 

6.5 

•  •  s 

18,7 

10,8 

rauchschwach 

Anfangsgeschwindigkeit  des  Gewehres 

26  tn 

620 

70« 

1  200  m  200 

200 

Bestrichener  Kaum  in  m  fOr  1,7  m  Zld- 

1  800 

.  800 

aoo 

höhe  auf  Entfonung  von  .  .  . 

\  600 

.  160 

600 

(  700 

.  70 

VK) 

Bestrichener  Raum  in  m  fQr  0,6  m  Ziel- 

'  200 

„  110 

•JOO 

I  800 
f  500 

.  76 
.  86 

800 
62 

faöhe  anf  Entfernnngen  von  .  . 

Aas  dieser  Zusammenstellung  folgt  eine  nicht  nnwesentliclie 
Überlegenheit  auf  selten  der  Japaner  nach  zwei  Kichtongen  hin, 
einmal  hinsichtlich  der  Monitionsansstattang   and  sodann  in  den 

ballistischen  Leistungen,  Steht,  wie  anzunehmen,  das  Gewicht  der 
Patrone  zu  dem  des  Geschosses  in  entsprechendem  Verhältnis,  so 
kann  die  Ansrllstunjr  des  Schlitzen  au  Zahl  der  Fatroneu  bei  ihnen 
um  dcis  1,3 lache  höher  veransohlagt  werden,  als  hei  den  Russen. 
Das  ist  für  die  Durchftihruug  eines  limgereu  Feuergefeehtes  nicht 
zo  unterschätzen.  Der  ein/eine  Manu  ist  länger  kampfbereit  und 
der  MunitiuTssersatz  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen  reichlicher. 

Vielleicht  noch  seliarfer  tritt  das  rhergewicht  in  der)  hnlüsti^rheu 
Lpisturiireii  hervor  Das  Mt  idjii,!  ehr  M/97  hat  eine  aulserordeutlich 
gf^treckte  Flugbahn  auf  den  Entfernungen,  innerhalb  welcher  die 
Ent>(  tit  idung  fällt,  d.  h.  bis  etwa  700  m.  Diese  gnU'sere  Rasanz 
kann  kleinere   ehler  im  ächützeu  der  Entfernung  and  im  Abkommen 


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462 


Bewertung  der  BewaÖnuug  im  rustiisoh-japanisohea  Kriege. 


des  Sehtttzen  au^gleiehen,  «d  Vorzog  von  schwerwiegender  Bedeotoug 
ittr  den  Einst&Il. 

'  Angaben  Uber  die  Ttaffgenauigkeit  kOnnen  nidit  in  Veigleieh 
gestellt  weiden,  da  solche  für  das  mssisohe  Gewehr  nicht  znr  Vec- 
fligimg  stehen.  Ohne  weiteres  ist  aber  anmndunen,  dals  anoh  darin 
das  Mei^jigewehr  Iceuieswegs  Bnrackst^t 

Daraus  eigibt  sieb  für  die  japanische  Infanterie  nnd  aneb  illr 
die  Kavallerie,  da  diese  mit  einem  dem  Gewehre  naefagebildelstt 
Karabiner  bewaffnet  ist,  eine  tfit  die  Bewertung  des  Fenergefechts 
nicht  sn  nntersohätzende  Überlegenheit. 

Nun  hingt  das  Treffbigebnis  aber,  wie  schon  angedentet,  nicht 
in  leteter  linie  von  der  SebieitansbihlQng  nnd  Fenerdisiiplin  ab. 
Das  beste  Gewehr  yerüert  seinen  Wert  m  der  Hand  eines  sehlechten 
Schtttien  nnd  die  Mnnition  ist  fruchtlos  verknallt,  wenn  sie  anf 
falscher  Entfexnnng  veifenert  wnrde.  Es  würde  den  Bahmen  dieser 
Betnchtnngen  flbersehidlen,  sn  nntarsnchen,  ob  die  Masse  der 
mssischen  oder  japanischen  Infanterie  in  den  Sehiebleistnngen  höher 
zu  bewerten  sei  Kor  das  möge  angedeutet  werden,  dals  zur 
höchsten  Steigemng  der  Waffenwirknng  ein  nicht  sn  geringer  Grad 
an  Intelligeoz  gehört.  Nach  dem  Aufschwänge  zn  orteiteD,  welchen 
die  Japaner  in  politischer  Beziehang,  Wissenschaften,  Industrie, 
Handel  und  Gewerbe  in  den  letzten  Jahrzehnten  genommen  haben, 
sind  ihre  geistigen  Fähigkeiten  allgemein  hoch  zn  veranschlagen, 
während  man  dies  von  der  Masse  des  rassischen  Volkes  nicht  be- 
haupten -könnea  wird. 

Wie  viele  Maschinengewehrtruppen  zur  Verwendung  kommen 
werden,  lälst  sich  nicht  beurteilen.  Raialand  beeafo  1902  fhni  Kom- 
pagnien, von  denen  vier  auf  verschiedene  Divisionen^  eine  auf  die 
3.  ostsibirische  Schtttzenbrigade  entfielen.  Vermntlich  weiden  sie 
alle  oder  grölstenteils  auf  dem  Kriegsschauplatz  erscheinen,  da  sie 
mit  kleinem  Einsatw  die  Entfaltung  einer  starken  Feuerkraft  aus 
beschränktem  Räume  gestatten.  Bei  den  Japanern  ist  diese  Waffe 
zwar  vorbanden,  soll  aber  noch  uicbt  zur  Bildung  besonderer  For- 
mationen geführt  haben.  Bestimmte  Angaben  Uelsen  sich  darüber 
nicht  auffinden. 

Nicht  so  klar,  wie  betreffs  des  Gewehrs  liegen  die  Verhältnisse 

hinsichtlich  Bewaffnung:  der  P'eldartillerie. 

Rulsland  hat  sich  zur  Annahme  eines  7,6  m  Schnellfeuer- 
geKchlltzes  M/()0  mit  Rohrrücklauf,  aber  ohne  iSchntzschilde  ent- 
schlossen, welches  an«;  der  Putilowschen  Fabrik  hervorge^i^an^ren  ißt, 
dessen  Fertigste] Um^''  aber  hei  weitem  noch  nicht  bis  zur  vollen 
UmbewaÜnung  gediehen  sein  dürfte,   Anzeichen  sprechen  dafür,  dals 


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Bewwtnng  d«r  BewaUhuuig  im  nMiMh*j«|iaiil8eliMi  Kitoge.  üßS 

/uprst  dir  BatterieQ  der  asiatischen  Militärbezirke  Amor  und  Kwantun 
mit  dem  ucupd  rteschntz  iiusgerttstet  sind.  Danach  wUrde  es  im 
gegenwjirtiue[i  Kriege  seine  Feuertaufe  erhalten  und  (^  h/^enheit 
finden,  seine  Leistungrsfiiliif^keit  zu  beweisen.  Die  vorliegenden  An- 
gaben Uber  dasselbe  sind  spiirlieh.  Es  soll  autgeprotzt  ohne  auf- 
gesessene  Bedienung  172o  wiegren,  einem  Sehrapnell  von  6,15  kg 
mit  300  Kugeln  eine  Mündungsgesebwiudigkeit  von  ÖIO  m  erteilen 
und  in  der  Protze  36  Schafs  (Uhren.  In  diese  Zahlen  werden  einige 
Zweifel  za  setzen  sein.  Denn  bei  der  hohen  MUndangsarbeit,  welche 
dem  abgeprotzten  Geechot'/  durch  die  Geschwindigkeit  von  610  m 
bei  6,15  kg  Gescholsgewieht  auferlegt  wird,  dürfte  das  System- 
gewicht von  1720  kjr  weit  überticbritten  sein.  Fttr  grölsere  Schwere 
spricht  auch  der  l  instand,  dals  man  sich,  anscheinend  aus  Sorge 
um  Überlastung,  zum  Aufgeben  der  Schutzöchilde  entschlossen  hat. 
Um  den  Preis  von  rund  80  kg  Mehrgewicht,  weiches  die  Schntz- 
scbilde  zur  Folge  haben  würden,  wäre  man  wohl  an  das  Gewicht 
von  1800  kg  herangegangen,  am  sich  den  Vorteil  jenes  Deckangs- 
mittels  za  sichern.  Oder  aber,  das  angegebene  Grewicbt  trifft  za; 
dann  ist  die  Mttndongsgesehwindigkeit  Tiel  geringer  zq  TenDflchlAgen. 

Und  UmHeh  liegt  es  betreffs  des  Sehntpaells,  Fafst  es  300  Engeln 
Ton  10 — 11  g  Ctowieht^  so  mnis  es  schwerer  sein,  oder  aber  es  birgt 
weniger  Kugeln,  sofern  das  Gescholsgewieht  ^on  6fl5  kg  zatrifft 
Denn  trots  der  hohen  Hllndaugsgesehwindigkeit  ist  nicht  anzunehmen, 
dalh  die  einzelne  FllIilLngel  weniger  als  10  g  wiegt. 

Vennntiieh  hat  man  sich  aber  anch  in  Rofoland  der  Erkenntnis 
nicht  Terschlossen,  dafo  gegen  freistebende  lebende  Ziele,  im  Kriege 
die  bei  weitem  wichtigsten  nnd  iiänfigsten,  eine  hohe  Zahl  an  ans- 
reiohend  schweren  Fnlllcngeln  erstrebenswert  ist  Mit  ihrer  Zunahme 
wMst  die  EHebtigkeit  der  Kngelgarbe  des  In  der  Lnft  zum  Springen 
gebrachten  Geschosses  nnd  damit  die  Wahrscheinlichkeit  des  Treffens. 
Zn  leichte  Kngeln  verlieren  zn  stark  an  Durchschlagskraft  nnd 
eine  seiir  grofee  Mttndnngsgeschwindigkeit  des  Geschosses  ttberan* 
strengt  nicht  nnr  das  Gesehttti,  sondern  wird  anch  nnrerlilUtnis- 
mälsig  schnell  aufgezehrt.  ICan  wird  deshalb  kaum  fehl  gehen,  wenn 
man  das  Mab  der  MtlndungsgesebwiDdigkeit  erheblich  herab«  und 
das  Gewicht  des  Schrapnells  etwas  heranbetzt,  so  dab  es  etwa 
300  Kngeln  von  10  g  Gewicht  fassen  kam. 

Die  Einfuhrung  des  Sehnellfeuergeschtttzes  scheint  sehr  alU 
raählich  vor  sich  zu  gehen,  da  in  1902  verfügt  wurde,  dab  alle  die- 
jenigen schweren  Batterien,  welche  nicht  lur  Neubewaflnong  b^timmt 
Bind,  aUmlIhlich  die  leichten  Geschtttze  c/92  •  95  von  8,69  cm  Seelen- 
durchmesser erhalten  sollen.  Danach  werden  auch  diese  mit  den 


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464       Bewertung  der  BewAfinoog  im  russucb-japanitobeB  Kriege. 

aus  dem  europäischen  KuIsJaud  bcraugezo^eneu  Armeekorps  er« 
ticbeineii.  Sie  stehen  nach  Beweglichkeit  und  Wirkuii<j:,  besonders 
werfen  des  nach  KugelfUUung  uiul  Hr('üDz,üud.L'rberL'ich  mindtTwcrtigeu 
Schrapnells  den  aus  westländischea  Waffentabrikeu  hervorgegangenen 
Konstruktionen  wesentlich  nach  und  reichen  in  ihren  Leistungen  nicht 
an  die  frühere  deatsohe  Feldkanoue  73  •  91  heran.  Deshalb  lohnt 
fiich  ein  näheres  Eingehen  anf  sie  nicht.  Die  der  gleichen  KonstniktiOD 
angeböreDden  Gesebtttze  der  reitenden  BatteiieD  besiteeD  allerdings 
hohe  Beweglichkeit,  doch  noch  nicht  ganz  die  balüstiaeheD  Leistungen 
des  lelcfateii  Hatwials, 

Es  seheint  nicht  sn^gesehlossen,  dafii  die  Gebirgsartillerie 
in  dem  bergigen  Gelünde  des  KiiegssehaopiatMS  eine  beaehtenswerte 
Bolle  so  spielen  bemfen  ist,  besonders  aneh  deshalb^  weil  die  Weg- 
samkeit  viel,  wenn  nicht  alles  sn  wünschen  ttbiig  Ifilst.  Rnfolaod 
besitst  im  ganses,  d.  h.  in  Europa  nad  Asien  10  tehrende  und 
3  reitende  Gebtrgsbatterien,  welche  mit  einem  6,86  cm  Bohre  be- 
wafinet  sind  und  je  acht  GeschttiM  Itthren.  Ihre  4  kg  sohweren 
Schrapnells  fassen  etwa  1CX>  Kugeln.  Der  Bereich  des  Bfennzdnders 
reicht  bis  annShemd  2000  m.  Die  Wirkung  ist  sonach  nicht  hoch 
etnznschiUKen. 

Bestitigt  sich  die  Annahme,  dab  die  Bassen  den  Gegner  in 
einer  Veiteidignngsstellnng  aof  dem  rechten  Ufer  des  Jalaflnsses 
anlaufen  lassen  wollen,  so  können  die  Peldsteilfenergesehfltie 
ihre  nenestens  stark  angezweifelte  Daseinsberechtigang  so  beweisen 
in  die  Lage  kommen.  Denn  es  Ittfst  sieh  annehmen,  dab  Deckungen 
aller  Art  in  diesem  Kampfe  eine  grofse  Rolle  spielen  werden.  Bots- 
tand  besitst  im  gansen  26  B^eldmörserbatterien  m  je  sechs  Ge* 
schtttsen  vom  Kaliber  15.2  cm,  die  swar  eine  dem  Gefechtszweck  noch 
genügende  Beweglichkeit,  sowie  wuchtige  Schrapnells  and  Melinit^ 
granateo,  aber  am  deswillen  nur  untergeordnete  Gefechtskraft  be- 
sitsen.  weil  ihre  Schofsweite  mit  ungefähr  3500  m  abschliefst. 

Recht  dürftig  flielsen  die  Quellen  Uber  die  Rewafifnong  der 
japanischen  Artillerie.  In  1898  wurden  bei  Friedr.  Krapp  in 
Essen  220  7,6  cm  Schnellfeuer  -  Feldkanonen  in  Lafetten,  400 
7,6  cm  vorgearbeitete  Bohre  zn  solchen  und  250  7,5  cm  vor- 
gearbeitete Gebirgskanonenrohre  bestellt  und  einige  9  and  12  cm 
Haubitzen  von  dort  bezogen.  Nach  Berichten  ans  1900  kann  damit 
gerechnet  werden,  dafs  600  dieser  Geschütze  verwendnogsbereit 
waren.  Seitdem  dUrlte  deren  Zahl  erheblich  gestiegen  und  die 
Nenbewaftnung  durchgeführt  sein.  Bei  dem  hervorragenden  An- 
jia'^snnpgvprmögen  der  Japaner  an  abendländische  Kultur  wird  man 
in  der  Annahme  nicht  fehl  gehen,  dafs  die  im  Artilleriearsenal  zu  Ojaka 


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Bewertung  der  Bewafiniuig  im  riiMiaoh-japAiiisobea  £iiege.  465 

Q&ch  Kruppschem  Mubter  fertiggesteiilen  Gescbtttze  in  der  AuslühruDg 
denen  der  Mutterfabrik  kaum  nacbstebcn.  Es  kommt  nuu  daran! 
aii,  lestenstellen,  welcbes  Modell  für  Schuellteuerfeldkanonen  in  1898 
von  Krupp  so  durcbgearbeitet  war.  dafs  es  von  den  Japanern  über- 
nommen werden  konnte.  Dafiir  g:ibt  Scbiefsbericht  89  „die  Ent- 
wickelung"  des  Kruppscbtn  1  eldartilieriematerials  von  1892 — 1897" 
einen  Anhalt,  welcber  eine  leichte  uud  eine  schwere  ,,Nonualkon- 
straktiou  -  fUr  7,5  cm  i^chuellkuergesebütze  beschreibt,  Jn  der 
schweren  derselben  dürften  wir  das  Muster  für  die  fahrenden  Batterien 
ZQ  soeben  haben.  Es  steht  in  Beweglichkeit  (Gewicht,  ausgerüstet, 
1770  kg)  and  Wirkung  etwa  aaf  gleicher  Höhe,  wie  unsere  Feld- 
kaoone  96,  mit  der  es  den  weitreichenden,  wuchtigeo  SehrapDell- 
mhnlB  gemeiDsam  baL  Kann  es  sooaeh  als  eine  i'oranasißhtlieb 
kriegstUchtige  Waffe  angesehen  werden,  so  reicht  es  im  SchneUleaer 
(bis  za  acht  Schuk  in  der  Minute)  an  RohrrttckUnfgeschtttze  niebt 
benn,  wiewobl  m  rar  H^mung  des  KOeklanfes  einoi  federnden 
Sporn  fttbrt. 

Ober  die  Gebirgaartillerie  worde  nor  bekannt^  dals  sie 
7^  em  Bobre  besitzt  nnd  deren,  wie  angefahrt,  250  StQok  be- 
zogen sind. 

Aneh  Ton  den  Ton  Krnpp  Termntliob  ttbemommeuen  Feld- 
baabitzen  wird  man  roratiBsetsen  dttrfen,  dals  sie  einen  modernen 
TjfiüM  Terkörpein,  mit  einer  Leiatiuigafilhigkeiti  die  nnaerer  leiehten 
Feldbanbitae  nahe  kommt  and  auf  weite  Entfemong  bin  noch  gote 
TreffergebniflBe  liefert. 

Mnlile  für  die  Bewertung  des  Infanteriefeners  darauf  hinge- 
wiesen werdeoi  dafo  seine  Wirkung  wesentlich  naeh  der  ScbieCs- 
fertigkeit  des  einxelnen  Schützen  einznscbätiea  sei,  so  kommt  es  fiäx 
BenrteOnng  des  Artilleriefeners  Tomebmlich  auf  Verständnis  und 
Schulung  der  Offiziere  an.  Sicher  ist  für  diese  in  Rufsland  naob 
Theorie  und  Praxis  \iel  geschehen,  ob  daduroh  aber  tüchtigere 
Kräfte  herangebildet  sind,  als  in  Japan,  kann  erst  der  E^olg  lehren. 
Mag  das  Putilowgescbtttz  den  Kanonen  der  Japaner  in  der  Feuer- 
geschwindigkeit voran-,  in  den  sonstigen  Leistungen  annähernd 
gleichstehen,  so  bleibt  doch  zu  bedenken,  dafs  die  Russen  zum  Teil 
mit  einem  ihnen  eben  erst  übergebenen  Geschütze  ausgerückt  sind, 
zu  dessen  ansgiebigster,  der  Feuerkraft  entsprechender  Wirkung  an* 
scheinend  noch  nicht  ein  angremessenes  Schieis  verfahren  angenommen 
wurde.  Auch  ob  der  Gebrauch  und  die  Behandlung  des  neuen 
Materials  den  Artilleristen  vßllig  geläufig'  «geworden  ist,  darf  in 
Frage  g'esteilt  werden.  Es  hat  seine  Bedenken,  mit  FpnrnYaffen  in 
den  Krieg  zu  ziehen,  die  man  noch  nicht  gründlich  beherrscht. 


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466 


Bewertong  der  BevaffiBmig  im  nuatoeh-japwiachen  Kriege. 


Sehr  unorelegren  mafste  es  deo  Roasen  kommen,  dafs  der  Beginn  der 
Feindseli^rke'iten  in  eine  Umbewalfnnng  fällt,  so  dafs  sie  mit  Feld- 
geschützeu  gau/  verschicdt  nca  Kalibers  und  Leistnng^fähiorkeit  auj>- 
zurücken  gezwuns^en  sind,  deren  einer  Teil  noch  dazu  minderwertige 
Geschosse  besitz^t.  Ganz  im  Rückstände  aber  sind  sie  mit  ihren 
Feldmörsern,  wei<  he  zq  den  Fenerstellungen  der  japanischen  Haubitz- 
batterien veruiutlieb  gar  nicht  hinreichen.  Das  ist  um  so  ernster  zu 
nehmen,  als  sie  anscheinend  ttber  eine  unserer  schweren  Artillerie 
des  Feldheeres  entsprechende  Trappe  nicht  verfilmen. 

Das  wirksamste  Geschütz  verliert  au  Wert,  wenn  es  nicht  rechl- 
zeitig  in  Stellnug  sein  kann.  Für  Benrteiluug  der  Beweglichkeit 
spricht  nicht  allein  sein  Gewicht,  sondern  recht  wesentlich  auch  die 
Zagleistang  der  Bespannung  mit.  Da.^  Pferdematerial  der  Russen 
kann  für  europltiscbe  Verhältnisse  als  durchaus  leistungsfähig  gelten, 
diis  der  Japaner  si»ll  miDdpr>vertig  sein.  Nun  hängt  aber  sehr  viel 
ab  von  der  Besclialienheit  des  Bodeus.  den  Profilverhältnissen  und 
der  Wegsamkeit  des  Geländes,  in  welchem  die  Bewegungen  statt- 
finden. Korea  und  die  .Maadschorei  sind  zum  Teil  gebirgig,  die 
Wege  schlecht  und  für  die  Spurweiten,  wenigstens  der  russischen 
Artillerie,  zu  schmal.  Mit  Geröll,  lehmigem  Untergrund  und  bei 
dem  kalten  Klima  mit  von  Schnee  und  Eis  bedeckten  Stellen  muls 
gerechnet  werden.  Da  drängt  sich  die  Vermutung  aul,  dals  Pferde 
eftmals  den  Anforde  rungen  nicht  gewachsen  sein  werdt  u  und  au 
ihre  Stelle  Maulesel  treten  müssen.  Ob  diese  in  ausreichender  Zahl 
mitgefübrt  oder  zu  beschaÖeu  sind,  wird  mindestens  iilr  die  russische 
.\rmee  zu  bezweifeln  sein,  wahrend  es  für  die  japanische  deshalb 
angenonmien  werden  darf,  weil  das  eigene  Land  die  erwnbuten 
Eigenschaften  aufweist  und  dadurch  zur  Einstellung  von  Mauleseln 
in  die  Bespannung  Anlals  gegeben  sein  kann. 

Es  ist  nicht  ohne  Interesse,  hier  auf  einen  .\usspruch  hinzu- 
weisen, welchen  der  französische  Oberstleutnant  Tariel  in  seinem 
Buche  „La  campagne  de  Chine  et  le  materiel  de  75''  Uber  den 
UDtersehied  in  den  Zngleistungen  zwischen  Pferden  und  Mauleseln 
macht.  Eüu  75  mm  Geschütz  M/97  nebst  zugehörigem  Munitions* 
wagen,  deren  Gewicht  dem  der  rassischen  und  japanischen  Fahrzeuge 
annähernd  gleichsteht,  sollte  einen  aofeergewöhnlich  scharf  ansteigenden 
Gebirgsweg  nebnen  mit  einer  Geleisebreite  von  nnr  1,26  m,  welche 
▼erarsaelite,  dtUi  die  Rider  dn»  Seite  dnaernd  «nf  dem  Stetten 
Rande  des  tief  eiogesebnittenen  Weges  Hefen.  Wiewohl  derselbe 
für  unpassierbar  erl:]iit  war,  warde  der  Versoch  doch  mit  ein- 
gespaunten  Hanleseln  nntemommen  nnd  glückte.  Das  Urteil  Uintele: 
«Nach  dieser  Erfabrang  kann  man  sieh  ReebensobafI  geben  von  den 


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Bewwtnng  d«r  Bewsffiiiuig  Im  laHlMh-JtpaoiMhca  Kiltfe. 


467 


Leiatnogieiiy  welche  man  von  Mauleseln  erwarten  darf.  Pferde  würden 
eine  so  lange  and  harte  Strecke  mit  daneiiid  stEmffen  Tauen  sieht 
haben  erklimmen  kennen." 

Wie  starke  Kräfte  die  KriegftlhrendeD  zur  Verwendung  bereit 
haben  und  in  den  einzelnen  Gefechten  einsetzen  können,  läfst  sich 
nicht  veranschlagen.  Uud  erfahren  wir  anch  demnSchst,  wieviele 
Divisionen  sich  gegenüberstanden,  so  erlaubt  das  noch  keinen  Scblal's 
auf  die  Zahl  der  Gewehre,  welche  ins  Feuer  geführt  wurden.  Denn 
der  Abgang  an  Mannschaften  wird  nach  Mafsgabe  der  kliuiatischen 
und  Verpflegungsyerhältnisse  zweifellos  ein  ungewöhnlich  starker  sein. 
Mit  gröfeerer  Wahrscheinlichkeit  Ulfst  sieh  ans  der  Zahl  der  am 
Gefecht  beteiligten  Divisionen  auf  die  Märke  der  verwendeten 
Artillerie  schliefsen,  weshalb  der  Vollständigkeit  wegen  noch  einige 
Angaben  Uber  ihre  Zuteiluiij^  zu  jenen  folgen. 

Nach  Frhr.  von  Tettau  „Ergänzung  und  Organisation  der 
russischen  Armee  in  Krieg  und  Frieden*'  scheint  nach  einem  Frikas 
vom  März  1902  die  Zahl  der  Batterien  und  Geschütze  bei  den 
Divisionen  der  Feldarmee  in  Europa  die  gleiche  zn  bleiben  wie 
zuvor,  nur  dals  sie  in  je  2  Kegimentern  zu  einer  Brigade  vereinigt 
sind.  Die  eine  Division  jedes  Armeekorps  soll  liatterien  mit 
64  Geschützen,  die  audere  6  mit  48  Geschützen  führen,  .wonach 
entfallen  auf  mud  30  (.KX)  Gewehre  Sollstärke  des  Armeekorps  112 
Geschütze  oder  auf  1000  Gewehre  3,7  Lieschütze.  In  Asien  schwankt 
die  Zahl  der  Batterien  in  den  4  vorhandenen  Artilleriebrigaden  zwischen 
4  bhs  8,  darunter  je  1—2  Gebirgsbatterien  und  im  ganzen  1  Mörser- 
batterie.  Aniäerdem  sind  bei  den  ScfaUtzenbrigaden  Abteilnngen  von 
je  2  bis  4  Batterien  gebildet.  28  reitende  nnd  16  KasakenbAtterien 
dnd  Dir  die  Karalleriendivisionen  besw.  Kaeakenheere  bestimmt 

Die  japaniiebe  Divieion  der  Feldarmee  wird  anf  14  000  Gewelire 
gesobttit  und  ibre  Artillerie  im  allgemeinen  zn  1  Regiment  Ten 
6  fahrenden  oder  Gebirgsbatterien  zn  je  6  G^sehQtzen  angegeben. 
Es  wurden  sonaeb  anf  1000  Gewehre  etwa  nnr  2,6  Gescbtttze  ent- 
fiiimL  Ob  die  Gebbigsbatterien  sn  beetimmten  Dtrielonen  gehdren 
oder  mit  den  fbbrenden  auf  alle  verteilt  sbid,  atebt  nieht  fest. 

Ist  schon  die  Ansstattnng  der  Feldarmee  mit  Geschtttsen  im 
YerhiUtnis  zur  In^terie  bei  den  Russen  niebt  stark,  so  muls  sie 
mehr  als  knapp  bei  den  Japanern  beaeiehnet  werden.  Letzteren 
kann  sieb  dies  MilsTerbältnis  nach  grOfseren  Rttcksehlägen  un- 
angenehm fühlbar  machen. 

Die  angdtthilen  Angaben  lassen  eikmien,  dab  die  Russen 
weder  donh  Bewaffnung  der  Infanterie^  noeh  der  Artillerie  Aussieht 
anf  Erlanguug  der  Oberlegenheit  besUien.  Sie  können  nieht  er* 

JAiMfltor  fir  41«  H^tuü»  Ahm»  nd  HkriM.  N».  Ml.  81 


^uj ui.uo  uy  Google 


468  OnuehwL 

warteo,  dalis  sie  die  Mioderleistangeii  ihres  Gewehres  durch  bessere 
Wirknng  der  Geschütze  weUmaeben  kutmen,  wie  es  den  Deatsoben 
im  französischen  Kriege  gelang.  Ob  sie  doroh  ihre  Zahl  und  FUhmog 
den  Sieg  an  ihre  Fersen  fesseln  werden?  Br. 


Umschau. 


Österreicli-Üngani« 

Znr  Sehaflhiiig  neoer  Feldgeselilltee  sind  sowohl  tob  der  Osler- 
niohiselieD  wie  von  der  iiiigiimdi6&  Oelog»tioii  als  anlseroidentUolier 
Kredit  fttr  das  Jahr  1904  15  Hülionen  Kioneo  bewilligt  woxden.^ 
Welobe  Summe  für  den  Qesamtbedaif  erfoiderlich  iafe»  soweit  diese 
Qbeihaapt  im  Toraos  fixiert  werden  kann,  geht  ans  dem  Berieht  des 
nngarisehen  Heeresanssohosses  an  die  ungarische  Delegation  hervor. 
Naeh  dem  ^^Neaen  Wiener  Tageblatt**  wird  diese  Summe  166  Millio- 
nen  Kronen  betragen  and  sich  etwa  wie  folgt  verteilen: 

Gesohtttsrobre,  Verschlors  nnd  Zngehttr  .    .   12800000  Kr. 
Liafetten  and  Bestandteile  derselben  .  .   .   28000000  » 
GeBchtttaaDsrllBtimgsgegenstllnde    ....     2800000  „ 
Fahnenge  (Protzen,  Batterie-,  Bataillons- 
nnd  Kolonnen»!  Monitions-,  Verproviautie- 
rangs-,  Worksengs-,  Leiter-  und  Vecpflegs« 

fohrwerke)   46  600  000  „ 

Beschimingen   11  220  000  „ 

Reitzeug   2  430  000  „ 

Batteriebau   35040  « 

Munition  und  Verschlage   54  414  960  „ 

Sonstiges  Yerpackaogseriordemis  ....     2  500  000 

Metall-  und  Lederzeug   1000000  „ 

TraDsporlhosten  nnd  Umgestaltung  der  Werk- 

Stätten   .     3  2U0  000  „ 

Zusammen  165  000000  Kr. 

Die  Bewilligung  fand  statt:  im  Osten-eichischen  Heeresau9schuD> 
am  19.  Januar  1901:  im  Flenmii  der  flfltarreicliischen  Delegation  «m 
20.  Februar  1904;  im  ungaii'ichen  Ueeresaasschufs  am  12.  Februar  1904: 
im  Plenum  der  ungarischen  Delegation  am  26.  Februar  1904. 


Umiiohau. 


469 


An  Stelle  der  «ob  vier  Batterien  mit  Je  aelit  GesehttteeD  be- 
stehenden Begimenter  sollen  solche  mit  seehs  Batterien  zn  je  seebs 
Qesobtttsen  treten.  Ferner  ist  die  Nenerriehtong  iwei»  reitenden 
Batteriedivisionen  nnd  drder  Artillerieregimenter  in  Aassieht  ge- 
nommen. VorlAnfig  aber  ist  die  Konstrnktion  des  Materials,  be- 
sonders der  Lafette,  noch  nieht  in  allen  Teilen  festgestellt,  sondern 
noeh  ron  dem  Anafidl  von  Versnoben  abbingig,  die  mit  einer  Probe- 
batterie, die  im  Arsenal  hergestellt  wird,  anegeftthrt  werden  sollen. 
Die  amtiiehe  Denksefarift  des  Kriegsministers,  die  den  Delegations- 
mitgliedem  gelegentlieb  der  Kammerrerbandlongeo,  zur  Information 
Uber  die  Gesebtttsfrage  ngestellt  wnrde,  spricht  von  einer  Probe- 
batterie von  sechs  Gesebtttm  nnd  seebs  MnoitionswageQ,  die  noch 
eingehenden  Fahr-  nnd  Scbiel^Tersnoben  unterzogen  werden  sollen. 
Die  Bohre  dieser  Arsenalgeschtttze  besteben  ans  der  bistorisoben 
Bronze;  daneben  aber  sollen  aucb  noch  Stablkanonen  der  Skoda- 
werke erprobt  werden. 

Äneh  in  der  nngarischen  Delegation  bat  man  das  Heeres-  Krieg^- 
erfordemis  und  die  Forderung  von  16  Millionen  Krpnen  für  Um* 
bewafinnng  der  FeldartUlerie,  deren  neuen  Bohrrtteklauifyp  man 
den  Delegierten  praktisoh  vorgefOhrt,  naeh  einer  Beihe  von 
Beden  nnd  Widerreden  bewilligt  erhalten,  daa  Budget  als  solehes  ist, 
wie  schon  früher  hier  entwickelt,  sebr  beseheiden  gehalten.  Fttr  die 
Beibehaltung  der  Kommandospraebe  ist  naebdrUeklieh  eingetreten 
und  betont  worden,  dais  das  Beiebskriegsmmisteriam  keber  Conoession 
beipfliebten  kifnne,  die  auf  Einheitlicbkeit  der  Armee  stOrend  einwirken 
wttrde.  Die  Lösung  der  Frage  der  zwegährigen  Dienstzeit  wurde 
bei  BSinbringnng  des  neuen  Wehrgesetees,  die  man  als  ein  dringendes 
BedUrfiiis  besdcbnen  muls,  in  Aussicht  gestellt.  Der  Kriegsminister 
ist  mit  seinen  ZngestftndniBse&  soweit  wie  irgend  mOglioh  gegangen, 
eis  wdteres  Nachgeben  wttrde  zur  sprachlichen  Zweiteilnng  des 
Heeres  ftlbren.  Der  Unterriobt  in  allen  nicht  deutsoben  Sprachen  m 
allen  Jahrgängen  der  Kadettenscbalen,  die  Geneigtheit  für  die  m 
Ungarn  nnd  Kroatien  vorhandenen  Kadettensobulen  eine  grötsere  Zahl 
der  allgemeinen  Bildangsföcher  ungarisch  bezw.  kroatisch,  zu  lehren, 
während,  wie  auch  in  den  letzteo  Jahrgängen  der  in  Ungarn  liegenden 
Militär-Unter-Realscbnlen  die  militärischen  Fächer  in  der  Dienstsprache 
gelehrt  werden,  je  eine  neue  Unter-  und  Gber-Militär-Reaischule  in 
Ungarn  —  sind  Zugestilndnisse,  die  auf  die  Dauer  schon  die  Einheit- 
licbkeit und  Gemeinsamkeit  des  Hecre«^  schädigen  könnten.  In  Un- 
garn ist  auf  energisches  Eingreifen  Tisza's  und  Drohen  mit  einer 
Änderung  der  Heeresoidnung  das  Beluntenkontingent  endlich  auch 

81* 


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470 


beinlligk  lud  die  Ausbebiisg  roidatiert  wordeo,  so  dals  etwas 
geoidneteie  VeridUtnisse  etotreten. 
Cie})Hiter  und  Mit  der  Eilimtttigkeit,  die  maD  io  dem  «ogaziseheti  Beiehstage 
in^  rn)^rD.  ^>Biner  liodet,  sobald  es  deh  am  lein  nngariache  FVagea  baadelt,  lial 
maa  dort  sehon  ia  der  Sitznog  des  14.  Janoar  1904  die  EMitfhaiig 
der  Gebtthrea  der  „aogartsoben  Staatsbedieasteten**  naeb  kaom  ein- 
stOndiger  Deliatte  einstimmig  bewilligt,  obwobl  damit  nmd  27  IfilH- 
ooen  Mebraosgabe  verbonden  sind.  Vom  i.  JaDoar  ab  werden  daher 
in  Ungarn  schon  die  höhere  Besoldnng  and  die  höheren  Pensionen 
gezahlt,  welche  die  bisherigen  am  die  Hälfte  Ubersteigen  nnd  bei 
den  Pensionen  das  Doppelte  deijenigen  der  Ofißsiere  des  k.  nnd  k. 
Heeres  erreiehen.  18 


Italien. 

Zulagen  für  Der  König  bat  auf  Vorschlag  des  Kriegsministers  die  ersten 
Offiziere.  Bestimmungen  für  die  Verbessening  der  Lage  der  Schaltomoffiziere 
genehniiort  £s  handelt  sich  sonäcbst  am  Keisekosten  nnd  Tagegelder, 
die  durch  Verminderangen  aas  finanziellen  Rücksichten  nach  ond 
nach  80  niedrig  geworden  waren,  dafs  der  Offizier  nicht  aasreichen 
konnte,  vielmeht  stets  aas  eigener  Tasche  zalegen  mafste.  Die  neaen 
Bestimmanoren  gehen  dahin,  dafs  versetzte  Offiziere  fUr  die  ersten 
15  Tage  des  Aufenthalts  in  der  neuen  Garnison  die  Tagegrelder 
I.  Klasse  erhalten,  ebenso  die  ersten  15  Tage  des  Aafenthalls  am 
Orte  einer  vorübergehenden  Dienstleistang.  Weiter  wird  die  Marsch - 
Zulage  der  Subalternoffiziere  auch  hei  Verwendung  im  Dienst  der 
der  öffentlichen  Ordnung  erhöht,  die  Keisekosten  werden  abgestuti. 
wobei  die  Divisions-  und  Hrigadegenerale  etwas  weniger  gut  gestellt 
werden,  als  bisher.  In  Zahlen  umgesetzt  bedeuten  diese  neuen  ße- 
stimniungen,  dafs  die  Subalternottiziere.  dip  bisher  die  Tagegelder 
nur  für  den  auf  16  Stunden  bemesseiieii  Keisetafr  mit  5  Lire 
erhallen  und  dann  auf  2,5  Lire  pro  Tag  heruntersteigen,  in  Zukunft 
für  die  ganze  normale  Dauer  der  isolierten  Verwendung  einzelner 
Oftiziere  aufserhalh  der  Garnison  %  Lire  pro  Tag  erhalten  Die 
Marschzulage  der  ^ubalt<  i  nnffizit  re  <U'Uj:i  von  2  auf  3  Lire,  die  Zu- 
lage I.  und  II.  Kategorie  lUr  HaLi[)tleLit(  .  .Majors,  Oberstleutnants» 
Oberste  und  kommandierende  (xcneraie  bleibt  unveriindert.  bei  den 
Divisionsgenemlpfi  sinken  die  Tagegelder  -Irr  I.  Kategorie  von  18 
auf  16,  11.  Kateg(»rie  von  9  auf  8,  bei  den  Brigndegptieralen  von  18 
auf  14,  bezw.  von  9  auf  7  Lire.  Hat  damit  der  Kriegsminister  einen 
Teil  seiner  im  Parlament  gegebenen  Znsicherungen,  die  Verbesserung 
der  Lage  der  Sabalterooffixiere  za  erreichen,  gehalten,  so  tiuden  sich 


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Umsoliaa. 


471 


doch  noch  genug  Orgaue  der  Presse,  die  diese  MafsDabmeu  als  uo- 
znreicbend  erklären  nnd  fordern,  dafe  das  Verbleiben  in  dem  Dienst» 
grade  des  Sobalternoffizien  Auf  12  Jahre  bescbrttukt  werde,  eine 
Fardemiigy  die  im  weit  grO^MieB  deotaeken  Heete  heote  schon  an- 
eifüllbar  ist  and  nur  MUbreigottgen  und  getünsebte  Hoffoaugen 
hiiDgen  kann.  Es  nnterllegt  keinem  Zweifel,  dab  General  Pedottl 
aneh  diese  Seite  der  Verbesserang  der  Lage  der  Snludteroofliiiero 
im  Aage  bebttlt^  aber  von  da  bis  znr  sofortigen  Bnttassnng  von  700 
bis  800  Offiiiereo  der  Infanterie,  zor  Sebaflnng  von  ebensoviel  neuen 
Stellen  ftbr  Haaptleate  und  Stabsoffiziere,  snr  AnflOsangvon  Bataillonen 
nnd  Eskadrons  behnfi  Bescbafhmg  der  nötigen  Mittel  fttr  ilure  Be- 
soldnng  inneikalb  des  RalimeDS  des  bisberigen  Kriegsbadgets  ist 
docb  eine  Klnft,  die  den  Kriegsminister  nnr  aberbrfleken  wird.  Die 
1902  voUsogene  Ernennung  von  400  Haoptlenten  der  Infanterie  Uber 
den  Etat  bat  die  Ziffer  der  Sabalteniolfisiere  —  wie  dies  notwendig 
war,  wenn  niobt  Mebransgaben  entstehen  sollten  —  sebon  derart 
berontergesetst,  dafe  am  Sollstaad  V4  ^^^1^  ^  man  daam  greifen 
mnüs,  Offialere  des  Beorlaabtenstandes  anf  längere  Zeit  nnter  die 
Waffen  zn  berufen,  um  die  Ltteken  im  Ausbildungspersonal  einiger* 
malsen  zu  sehlielsen.  Ptthre  man  auf  dem  Wege  fort,  so  würde 
man  in  absebbarer  Zeit  vor  der  Notwendigkeit  stehen,  mit  einem 
Schlage  sehr  starke  OfSzierbefördeningen  Torznoehmen  wie  das  1860 
nnd  1866,  1882  und  1889  gesefaeben  ist,  nnd  dadoioh  ergeben  sieb 
dann  später  bedeutende  Stoeknngen,  wie  man  sie  z.  B.  gegenwärtig 
belüagt.  Bei  dem  Infanterieregiment  zu  12  Kompagnien  hat  man 
heute  19  Hanptlente  and  zufrieden  Ist  man  doch  nicht.  Die  andern 
Waffen  sind  der  Ansicht,  dafs  das,  was  für  die  Infanterie  recht,  für 
sie  billig  sei  und  dadnrch  hänft  sieh  die  Unzufriedenheit.  Wie  soll 
man  aus  dieser  Krise  herauskommen?  Neue  Beförderungen  ttber 
den  Etat  zu  gewähren,  wurde  die  Gesetze  betreffend  Befördernng 
nnd  Organisation  verletzen.  Man  verlangt,  dals  900  Hanptlente  den 
Gadres  entnommen  nnd  bei  dem  nationalen  Schiels?erein  verwendet 
werden,  woher  die  Mittel  dazu  nehmen,  sagt  man  nicht,  man  verlangt 
Herabsetznng  der  Altersgrenze,  Erhöhung  der  Bezttgc,  aber  wo  die 
Mittel  linden V;  die  doktrinäre  Schule  verlangt  Beseitigung  der  Kriegs- 
gerichtf,  Her  Lazarette  usw.,  nm  die  Mittel  aufzubringen,  sie  redet 
von  1? jahriger  Dienstzeit,  ohne  m  bedenken,  dals  Itnlien  schon  die 
ktirzeste  Dienstzeit  von  dem  europäischen  Muster  li;it,  nämlich 
20^/3  Monat  im  Durchschnitt,  dafs  man  bei  den  KufstrLi|)pen  schon 
(>  Monate  im  Jahr  nur  mit  Skelettkadres  rechnen  muls.  Der  Kriegs- 
minister  bat  im  ganzen  13  Gesetzentwürfe  zurückgezogen,  von 
deuen  sich  einige  auf  Ante  und  Veterinäre,  andere  auf  die  Be- 


472 


fbrderuDg  der  Generals tabsoffi/iere,  wieder  andere  auf  die  Rekru- 
tiernnjgr  beziehen,  er  wird  ihren  Inhalt  auf  2 — H  Gesetzentwürfe 
kondensieren.  Mau  liaif  aber  nicht  verg:essen,  dafs  man  bis  1906 
mit  dem  sog.  konsulidierten  Kriegsbudget  zq  rechneu  iiat  und  bis 
zu  diesem  Zeitpunkte  die  Umbewafinnng  der  Feldartillerie  durch- 
geführt werden  niuls.  Der  Kriegsminister  hat  den  besten  Willen 
und  grolses  orgauisatorische^i  Talent,  mit  einem  Schlage  alle  Ver- 
bessernngen  durchzuführen  meist  aber  aufeerstande.  Die  politische 
Presse  schadet  daher  mit  übertriebenen  Forderungen  nur  dem  Heere 
und  auch  dem  Ofüzierkorps.^) 
Ei^^nungs-  Durch  Dekret  vom  4.  Dezember  1903  waren  Änderungen  im 
prafangoD.  ßeförderungsreglement  bewirkt  worden,  die  Eignungsprüfungen  fttr 
die  Beförderaug  zum  Major  und  zum  Oberst  vorschreiben.  Unter 
diesen  Änderungen  war  aneh  die,  dab  die  Hauptleute,  die  aal  die 
BelörderoDg  zum  Major  aspirierten,  die  Eignung  zum  Kegimenle* 
kommandenr  haben  soUten.  Das  hat  xa  Reklamationm  Staate- 
ral  Veranlasaang  gegeben.  Oer  Kziegnuinister  bat  daher  bestiniiit, 
daia  die  Eignungsprüfungen  der  Obersttentnants  za  Obersten  fort- 
fallen,  die  Pmfnngen  der  Hauptlente  zam  Major  aber,  freilieh  mit 
etwas  Terändertem  Programm,  beibehalten  weiden  sollen. 

Artikel  5  des  Geseties  betreffend  die  Offiziere  im  Httlfsdienst 
(z.  D.)  des  permanenten  Heeres  bestimmt,  dafs  diese  daoenid  zor 
Verfügung  des  Eriegsmlnisters  stehen  and  je  nach  ihrer  Eignnng  za 
folgenden  Verwendangen  benifea  werden  können: 

1.  Besondere  Dienste»  für  welche  in  der  gegenwärtigen  Organisation 
des  Heeres  ein  Sonderpersonal  nicht  yoigesehen  ist. 

2.  Territorialdienste  durch  Ersatz  Ton  mobüwerdendem  Personal 
des  aktiTen  Heeres  z.  B.  stellyertretende  Behörden. 

8.  Dienst  bei  der  Landwehr  ond  dem  Landstarm  im  eigenen 
Lande  oder  aolserhalb  desselben. 

4.  Halfidienst  bei  dem  mobilgemachten  Heere»  Trappen  oder 
Etappen. 

5.  SonderanftrSge  bei  den  Landstameinheiten. 

Nan  haben  vieifiieh  Offiziere,  denen  eine  Designation  fOr  eine 
dieser  Verwendnogen  mitgeteilt  waide,  Grttnde  prlTSter  Interessea 
anfgeitthrt,  am  sich  der  Veipilichtong  za  entziehen.  Der  Kriegs- 
minister  hat  daher  bestimmt,  dafs  in  solchen  Fftllen,  wenn  nicht 
besondere  (z.  B.  Gesnndbeits-)  Gründe  angefilbrt  werden,  die  be- 
treffenden Ofifadere  veiabsohiedet  werden  sollen.  Ein  Bandschreiben 
des  RriegsministerB  macht  den  Tmppenkommandenren  zor  strengsten 

ÜbtT  die  während  des  Drucks  bekaaat  gewonleneu  Plane  des  Kriegs- 
mmistetfi  fftr  die  Beschleunigung  der  Beförderungen  im  afichsten  Bericht. 


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UoMeluMi. 


478 


Pflicht,  darüber  za  waelien.  dafs  Ofli/iere  kurze  oder  längere  Urlaube 
nicht  dazu  benutzen,  in  Monte  Carlo  zu  spielen,  im  Notfälle  soll 
strengsteoH  bestraft  werden.  Andererseits  bcstinmit  der  Kriegs- 
minister,  das«  vom  1.  Mära  ab  bei  den  Trupp i  ntuilen  die  Offizier- 
darlehnskassen  wieder  eingerichtet  werden  uud  die  Trappenkomman- 
deore  Uber  Darlehen  verfugen,  ohne  dal»  die  Offiziere  ihre  Gesuche 
erst  an  den  Minister  zu  richten  brauchen. 

Der  Kriegsminister  hat  au  die  Truppenteile  die  Anfrage  ge-  Ver- 
richtet, ob  es  zweckmäfsig  sei,  bezüglich  der  Kasemenausstattungeu  ^ftUjJf*" 
die  Selbstverwaltung  bei/.ubeljalteu  oder  Unternehmer  herauzuzieheu. 
Er  bedarf  diese  Unterlage  für  die  Aufstellung  des  Budgetvoran- 
schlags.  Eine  andere  Quelle  der  Ersparnisse  hofft  man  in  der  Be- 
kleidungswirtschaft zu  finden.  Versuchsweise  eol!  zunächst  bei  einer 
Anzahl  von  Armeekorps  die  Bekleiduugswirtschaft  —  selbstverständ- 
lich aar  insoweit  sie  sich  auf  fertige  Stücke  bezieht,  —  der  Kom- 
pagnien, Eskadrons  und  Batterien  unter  Verantwortung  ihn  t  Kom- 
mandeure. Ubertrag^t  n  werden.  Man  will  eigene  Kammern  für  diese 
Einheiten  scharten  und  sie  sollen  mit  eigenen  Handwerkern  die 
kleinen  Reparaturen  und  Änderungen  bewirken.  So  soll  ein  be- 
sonderer Fonds  bei  den  genannten  Einheiten  geschaffen  werden,  in 
welchem  mau  durch  verständige  sparsame  Wirtschaft  der  Chefs  der- 
selben Ersparnisse  zu  erzielen  hoflft. 

Die  Kam  mir  liat  (if!)  Gesetzentworf,  betreffend  die  Ans- Aushebung, 
bebuug  des  Jal,rga„g.  1884,  der  ja  im  übrigen  von  demjenigen  -'»JgJ"« 
bezüglich  Jahrgang  1883  durchaus  nicht  abwich,  genehmigt.  Der 
Ausschu(s  zu  seiner  Beratung  hatte  mit  liecht  den  Wunsch  aus- 
gesprochen, durch  Änderung  des  Uekrutit rungsgesetzea  baldigst  zu 
einem  Dtlinitivuiu  zu  gelangen.  Bezüglich  Jahrgang  1883  hat  der 
Kriegsrainister  auf  Grund  der  durch  Artikel  3  des  Gesetzes  vom 
5.  April  1903  gegebenen  Befugnis  bestimmt,  dals  die  Zahl  der  Leute 
1.  Kategorie,  die  nur  2  Jahre  unter  den  Fahnen  zu  bleiben  brauchen, 
48,7 ''/q  der  Mannschaften  I.  Kategorie  des  Jahrganges  betragen 
soll,  die  nach  den  Meldungen  der  Kommandeure  der  Distrikte  am 
1,  Februar  1904  vorhanden  sind.  Die  Verteilung  der  Leute  auf  den 
Ersatz  der  einzelnen  Distrikte  bewirkt  der  Kriegsminister,  die  Ver- 
teilung auf  die  Gemeinden  ist  Sache  der  Distriktskommaademe,  die 
dabei  die  einschlägigen  Vorsobrifken  streng  zu  beachten  haben.  Die 
Bestimmungen  für  die  ZtdasBnng  von  Eiqjfthrig-Freiwilligea  1904 
sind  ersohienen,  die  bei  den  berittenen  Trappen  Eintretenden  haben 
1600,  die  anderen  1200  Lire  an  den  Staat  in  lahleo.  Die  Ein- 
steUan^  der  Rekruten  des  Jahrgangs  1888  der  Fnfetruppen  findet 
am  24.  nnd  26.  Uta  statt. 


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474 


UibmIuw. 


Offizier-  Die  Bistimmongen  vom   14.  Oktober  1903  einigennafoen  ab- 

aypirauteii-  j^odernd,  hat  der  Krieg^miniBter  antreordnet,  dafs  beim  89.  infanterie- 
St-r^eanten-^^^*^^'^^       Neapel   ein  Ofti/.ieraspiraiitenlebrkursus   voo  6  Monaten 
Lebrkursv.  Dauer   am    8.    Januar     eingerichtet    werden    sollte,     dafllr  aber 
Lehrkurse  von  gleicher  Dauer  bei  zwei  Infanterie-,  drei  Feldartiilerie- 
re§:impDtern  nnd  Kurse  von  Qmonatlichpr  Dauer  bei  drei  Infanterie-, 
eineiii  Bersa^iierireirifnent  in  Fortfall  koiuuieu,  ferner  bei  zwei  lofantene' 
regimentem  neue  Ser^eauteaiehrkurse  errichtet  werden. 
fiion<iorkredit       Dir  Kammer  hat  am  9.  Februar  den  für  das  chinesische  Ex- 
g^*«^^^^  peditioiiskiiriis  pro  1903/04   in   der  Höhe  von  5391000  TJre  ver- 
korps  in    langten  Souderkredit  genehmigt.     Dabei  fielen  einip-e  Kritiken  über 
Ch  ua.     die  Entspndnn«r  einer  F!xpedition  überhiiapt  und  wurde  der  Wnnsch 
aosgesprochen.   die  Laiidtmppen  durch   Leute  des  Eqoipageakorps 
ersetzt  zu  sehen,  weil  diese  geringere  Kosten  verursachen.  Giolitti 
konnte  sich  beztlgUch  Weiterbestehens  der  besatzuugstrnppen  aut 
die  i[)t(  riiatn  nalen  Verträge  stützen.     In  dem  dem  Parlament  vor- 
liegend tu  (xeselzentwurf  betreffend  l'ntersttitznng  der  Familien  der 
in  China  gefalleneu  oder  verwundeten  italienischen  Soldaten  hatte 
die  Regierung  505609    Lire    verlangt,    der    Ausschuls  sehlä^rt 
1104159  Lire  vor.     Der  Ausschuls  will  den  Hinterbliebenen  der 
bei  der  Verteidigung  der  Gesandtsehait  Gefallenen  oder  an  Wundeu 
Gestorbenen  bezw.  denjenigen  der  Teilnehmer  an  den  \\  artentaten 
von  Tientsin  und  Laugtan  25  Jahrespensioneii  zuu)  Maximalsatz  und 
zwar  kapitalisiert  zu  4°/^  Zinsen  gewähren,   so  dafs  t.  B.  die 
Hinterbliebenen  des  Linienschiffsonterleutnants  CarioUo  ü6000  Lire 
erhalten.     Total  würde  sich  diese  Katep:orie  von  Entschädigungen 
auf  483290  Lire  belaufen.    Für  die  Hiiitrrbliebt  nen  von  an  Krank- 
heiten Gestorbenen  setzt  der  Ausscijul»  im  Gaumen  344150  Lire  aus, 
für  bei  Verteidigung  der  Gesandtschaft  Verwundete  55250  Lire,  für 
die  durch  Zulalle  Verwuudekn   LiM.in  Lire,  aulserdem  wird  ein 
UnterstUt/nngsfonds  von  200000  Lire  geschaffen.     Die  Versetzung 
einer  Anzahl  von  Leutnants,  die  mit  der  Untersuchung   gegen  den 
Kommandeur  des  5.  Alpeurt-iments,  Oberst  Terzi,  insofern   in  ur- 
sächlichem Zusanimenhaug  steht,  als  diesen  Offizieren  Verstölse  des 
Oberst  Terzi  bekannt  geworden  waren,  sie  aber  eine  Privatenquete 
anstellten,  statt  aut  dem  Dienstwege  Meldung  zu  erstatten,  führte 
am  19.  Februar  in  der  Kammer  zu  einer  Interpellation,  die  der 
Kriegsminister  Pedotti  mit  rückhaltloser  Offenheit  beantwortete.  Die 
interpellaDteD  erklärten  sich  mit  der  Auskunft  zufrieden  und  damit 
hat  die  Fnge  ihre  Erledigung  gefunden. 
Marine.         Der  Marioemiiiister  Miiabello  bat  am  30.  Januar  der  Kammer 
einen  Geaeteentwurf  betreffend  die  Organisation  der  Zentral- 


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475 


Verwaltung,  des  Admiralstabs,  des  Saiütrits  kurps  und  der 
Beamten  der  Mariue  überreicht.  Derselbe  rechnet  mit  Aufnahme 
der  Kecbnungsofliziere  dritter  Klasse  aus  dem  Extraürdinariuin  in 
das  Ordiüariain  des  Budgets,  8  Ärzten  mehr  für  den  Aoswanderer- 
dienst,  Vermindeniog  am  20  LinieoschiSsleQtDaDts  (vom  Parlament  war 
ihre  Vermehrung  beim  Budget  1903/04  abgelehnt),  dagegen  Ver- 
mehrung um  10  Schiffsflihnricbs,  am  diejenigen  anzustellen,  die  schon 
die  Marine-Akademie  absolviert  haben.  Mehrkosten  entstehen  durch 
die  Neuerongen  nicht,  Mirabello  behält  sich  vor,  zu  geeigneter  Zeit 
einen  Tollständigen  Beformplan  der  Organe  des  Marine -Ministeriums 
vorzulegen.  Die  mit  viel  Geräusch  im  Parlament  angekündigte 
Enquete  Uber  die  Marineverwaltung  scheint  schlielslieh  im  Sande  zu 
TerUmien.  Sehon  zu  verschiedenen  angesetzten  Sitzungen  ist  der 
Aoasebnls  nicht  vollzählig  erschienen.  In  den  Untersnchnngsausscbals 
traten  Vertreter  der  Begierung  ein. 

Der  Marineminister,  der  es  übrigens  verstanden  hat,  die  Kohlen- 
Mnmigen  fUr  die  Flotte  zu  günstigen  Preisen  abzusohlieDaeD,  bat 
zum  10.  Februar  Ofirarten  bezüglich  Lieferung  von  Geschossen  im 
Werte  yon  750000  Lire  eingefordert.  Beteiligt  ilnd  an  der  Lieferang 
die  Stahlwerke  tob  Temi  nnd  Peniioli,  sowie  ein  Werk  hi  Breeela. 
Admirai  Mirabello  beabdehtigt  eine  Reform  der  Maiine-KonstmktioDB- 
Abteilnng,  welche  die  Bezdehnnng  „Obere  teehniaehe  Abteilung** 
erhalten  soll.  In  der  nächsten  Zeit  sollen  anf  Staats  werften 
zwei  Kreuzer  neuen  Typs  von  besondetB  groiser  OffeniiT- 
ond  DefenslTkraft  in  Ban  gelegt  werden.  Der  Marineminister 
hat  einen  Ansaehnlb  nnter  seinem  VorsitK  einbemfen,  der  über 
die  Vwbesserang  der  Lohne  der  Werftarbeiter  nach  ihrer  Dienst- 
zeit in  dieaem  Benfe  BeeefallliBe  gefebt  hat.  Zn  den  Tersohiedenen 
Kategorien,  m  welchen  man  die  Sehifie  biaher  ehir^te,  ist  jetzt 
die  „AasrttatQng"  getreten,  um  den  Kommandanten  der  Sehiffe 
zu  erlauben,  In  der  Periode,  die  der  Armierung  vorangeht, 
die  Eigensehaften  nnd  die  Banart  des  Fahnenges  genauer 
kennen  zn  lernen,  was  ftr  die  Beeehlennigung  der  Arbeiten,  die 
FtthrUDg  des  Schiffes  nnd  eventnelle  Reparaturen  als  sehr  wichtig 
betraebtet  wird. 

Gazetta  Uffieiale  TOm  10.  Februar  publiziert  ein  künigliehes  Nene  Ein- 
Dekrefe»  das  eine  neue  Gliederung  und  Verteilung  der  FlottenkHIte  ^""{II^J^^' 
bringt  zam  Zwecke  dauernden  grölseren  Sebutzes  der  Kolonien  und  y^t^' 
der  AoswandemDg. 

Die  Einteilung  weist  anf  A)  Flottenkraft  Im  Mittelmeer 
unter  einem  Vize>AdnuraI,  aus  Uniensehiffen,  Kreuzern  und  der 
entipreehenden  Anzahl  von  TorpedobootaJSgem  und  Hoehseetorpedo- 


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476 


Umsoluia. 


booten.  Operationsbaaiä  Spezia.iSeapel,  Messina.  B)  Die  Inspektion 
des  Tnrpedowesens  wird  anigelöst.  iu  Civitavecchia  bleibt  aber 
das.  Oberkouiinando  der  Torpedoflottilien  nnter  einem  Kapitau  zur 
See  mit  der  heute  ihm  unterstellten  Zahl  von  Torpedobooten  und 
nnter  Zuweisung  eines  Kreuzers  zu  dieser  Statiou  bestehen.  C)  Das 
Kommando  der  Seefest ung  Maddelena  einschlipfslich  der  ihr 
zugeteilten   Fahrzeuge  und  Torpedoboote  erhält  eiü  \  ize  Admiral. 

D)  Die  Ueservedi Vision  aus  Linienschiffen,  KUstenverteidigern, 
Kreuzern  mit  Unterstellung;  der  zahlreichen  Toriiednhoote  an  der 
adriatischeu  Küste,  fllr  Operationen  im  adriatischen  und  jonischeu 
Meer,  Tarent  als  besondere  Operationsbasis,  Kommandant  ein 
Kontreadmiral.    In  Ain'uua  \s[[d  eine  Torpedobootsstation  errichtet. 

E)  Schiffsstation  im  Koten  Meer  uud  im  indischeu  Oceau  unter  einem 
Kapitän  zur  See,  ausgestattet  mit  kleinen  Kreuzern,  Sambucken. 
bestimmt  die  Sufsere  Politik  iu  Eritrea,  Zan/ibar,  Benadir  und  Somali- 
ktlste  zu  unterstützen.  1)  Die  sog.  ozeanische  Schiffsdivision 
unter  einem  Kontreadmiral,  zusammengesetzt  aus  Kreuzern  neuesten 
Typs  und  bestimmt  dorthin  entsendet  zu  entsenden,  wo  die  änlsere 
Politik  eines  Nachdrucks  bedarf.  Sie  ist  heute  im  fernen  Osten. 
6)  Sobiffsstationen  in  Amerika,  aus  Kreuzern  zusammengesetzt, 
die  an  der  Küste  von  Argentinien,  Brasilien,  Uruguay  stationiert  sind. 
Kommandant  heute  ein  KapiUln  zur  See.  Man  beabsichtigt  aber, 
wenn  es  nötig  erscheint,  in  Amerika  eine  Schifisdivision  unter  einem 
KontKadmtral  zu  stationieren.  18 


Franicreioli. 

Marine-  Der  HAiineminwIer  PelleUn  hat  am  24.  Febnuur  in  der  Silnuig 
PeHetoD  Harinekommission  der  Kammer  wenig  angenehme  Standen  erlebt 
Seme  ErUlrong,  er  glaube  alles  getan  sa  haben,  was  die  Umstünde 
erbeisehten,  seine  Pfliehi  voll  erflUlt  zq  haben,  die  in  IndoeUna 
getroffenen  Malsnahmen  machten  jede  Landimg  onmOglich,  wnrde 
nicht  TOD  allen  Mitgliedern  als  bare  MUnze  genommen.  Pelletan 
wies  weiter  darauf  bin,  dafe  die  Marine  tllr  alle  EventoafitSten  bereit 
sein  mttsse  — >  ein  Gnmdsatif  an  den  er  nieht  immer  gedacht  hat 
»  sie  verfüge  jetrt  Uber  5  Panzeraehiffe  neneaten  Typs  nnd  werde 
in  einigen  Wochen  (?)  noeh  6  weitere  bal)en,  alle  anf  den  Werften 
im  Ban  befindliohen  Torpedobootjäger  gingen  ihrer  VoUendnng  ent- 
gegen, er  habe  den  Ban  Ton  6  weiteten  Unterseebooten  angeordnet, 
TOD  denen  jedes  vier*  bis  fttnfmai  soviel  Tonnen  aufweisen  werde, 
als  die  bisherigen.  Frankreich  kdnne  in  Ostasien  nicht  ein  so  starkes 
Gesohwader  haben  wie  Japan,  England  und  die  Vereinigten  Staaten, 


9 


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Umscbatt. 


477 


aber  4  Torpedobootjäger  (gemeint  sind  riötolet.  Jeaveline,  Mousqaet. 
Fronde,  er  hätte  auch  hmzafügen  gekonnt,  dals  der  Kreu/.er  Assas, 
der  auch  MonitionsTorräte  und  Torpedos  an  Bord  ueiimeu  wird,  sie 
begleiten  und  die  i'imzrrkreuzer  d  Estrees  aud  Bruix  folgen  würden) 
seien  /ur  \'erstärkuiii:  nach  Obtasien  abge^antjen.  Nach  Saigon  sollen 
auiberdeni  starke  Deiachements  von  Seeotfiziereu  und  Matrosen  ab- 
gehen, wie  übrigens  auch  rund  1800  31ann  der  Kolonialtruppen, 
die  am  l.  März  auf  zwei  gecharterten  Dampfern  eingeschifft  werden. 
Die  mit  einiger  Übereilung  betriebenen  Verstärkungen  können  die 
Tatsache  die,  wenn  auch  der  Datiooalistische  Deputierte  Firmin 
Faure  seine  Interpellation  betreffend  die  längere  Belassung  Pelletans 
an  der  Spitze  der  Marine  wieder  zurückgezogen  hat,  wohl  noch 
durch  ein  Mitglied  der  Majorität  den  Deputierten  Ghanmet  der  Union 
dömocratiqne,  zur  Sprache  gebracht  werden  wird,  nicht  aus  der  Weit 
schaden,  dab  Pelletan  einen  schweren  Fehler  begangen  hat,  als  er 
ans  ErsparnisrUcksichten  die  Flottenreserre  in  Indoehina 
auflöste.  Als  man  vor  einigen  Monaten  anf  das  Gefährliche  dieser 
Mafonahmen  hinwies,  antwortete  Pelletan,  dafis  man  ja  die  Be- 
mannung der  Flnfskanonenboote  ron  Indoehina  anf  die  Reserveschiffe 
bringen  könne.  Nan  sind  die  Flulskauonenboote  aber  gerade  in 
Kriegszeiten  der  Anfsloht  and  Kontrolle  wegen  unentbehrlich.  Die 
franatfsisehtt  Fachpresse  teilt  anoh  Pelletans  Ansicht  ron  der  Un- 
tnOgliobkeit  von  Landungen  nicht»  beseichnet  vielmehr  die  Verteidigung 
der  Kttste  in  Indoehina  als  durobaus  nieht  Tollkommen.  Die  jetat 
eiligst  fttr  Saigon  Terlangten  Sonderkredite  weisen  anch  auf  Lttoken 
hin.  Pelletan  bat  sieh  bei  den  ?on  ihm  gefabten  Beseblttssen  duieh 
den  oberen  Mario  erat  nicht  beeinflussen  lassen,  er  hat  ihn,  seit 
er  am  Bnder,  einfach  niemals  einbernfen,  obgleich  er  ein  Organ 
der  LandesTcrteidigung  bildet,  mit  dem  Chef  des  Admiralstabes  die 
0|»eration6entwürfe  fttr  den  Seekrieg  vorbereiten  soll  Der  Chef  des 
Admiralstabes  bt  ein  provborbeher  und  zwar  eb  Kontreadmiral. 
Eb  handelt  sich  jetst  darum,  die  im  ftnbersten  Osten  sehen  Tor> 
handenen  und  noch  dahin  an  entsendenden  FlottenkrSfle  zweekmüll^ 
SU  verteilen,  das  ist  keine  Verwaltnngs»  und  keine  politische 
Frage,  sondern  eine  strategische,  bei  welcher  dem  Chef  des  Ad- 
miralstabes das  Gutachten  des  oberen  Marinerates  nur  wertvoll  sein 
ktonte.  Die  Fachpresse  mag  dem  Marineminister  mit  einiger  Be- 
ruhigung eine  Reihe  von  Fehlgriffen  vorweifen,*)  das  wird  sie  ihm 

')  Auf  die  mit  amtlirhpn  Dukuinenten  belegton  An'jfriffo  pjffffn  Pollotan 
die  im  Hu<1nretau>isc-hufs  'ier  Kammer  wilhrend  dos  Drucke^  erfol;2:t  .sind  uti«l 
die  mau  Utirchaus  uiclit  als  haltlose  Bes^chitidiguugtia  bezeichueu  kann, 
kommen  wir  im  nichsten  Bericht  zturQck. 


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478 


lasseo  mflssen,  dafe  im  Allgemeinen  die  Reorganisation  der 
rDefentes  mobiles"  im  letsteo  Jabre  grolse  Fortscbritle 
gemacht  hat  Die  Proben  der  Torpedoboo^äger  niid  Torpedoboote 
haben  betsere  Ergebnisse  geliefert,  als  firttber  und  man  hofll»  dais 
das  Jahr  1904  die  volle  Verwizkliebiing  der  BeorganisaHon  bringen 
wird.  Einer  der  Mdohtigsten  Faktoren  In  den  BadgetvoransdiUlgen 
itlr  1904  bildet  die  definitiTO  Orgnisation  ron  Divisionen  sa 
6  Torpedobooten  mit  1  Torpedobootjäger  anderSpitse,  statt 
eines  Hochseetorpedobootes.  In  jedem  Zentnim  der  „Defenses  mobiles** 
soU  es  möglich  sein,  drei  Stunden  nach  d<mi  Uobilmaohongsbetdil  eine 
oder  mehrere  Divisionen  Torpedoboote  oder  Hoebseetorpedoboote, 
je  naeb  den  Hilfsmitteln  des  betreffenden  Hafens,  mit  einem  Toi^edo- 
bootjäger,  Typ  Dnrandal,  an  der  Spitie  in  See  dampfen  zn  lassen. 
Ein  Bück  anf  die  Znsammeuetsnng  der  „Deieawa  mobiles**  Im 
Budget*'  beweiBti  da(s  die  alten  Torpedoboote  II.  Klasse  an 
vielen  Stellen  schon  dnrch  neue  I.  Klasse  ersetst  worden  sind 
Qud  in  diesem  Jahr  wird  das  voll  dnrcbgefllbrt  werden.  Am  besten 
organisiert  in  besng  auf  Zahl  nnd  Qnalitftt  sind  die  mobilen  Ver- 
teidigungen von  Brest  nnd  Tonion,  die  anch  filr  die  Hochseeflotte 
Torpedoboote  liefern  sollen.  In  Brest  haben  wir  an  verzeichnen: 
Im  Dienst  Torpedoaviso  Bombe,  2  Hochseetorpedoboote  als  Scbnle 
flJr  Piloten,  8  L,  8  U.  Klasse  Torpedoboote,  Hochseetorpedoboot 
Zonave  und  1  Torpedoboot  II.  Klasee,  Schule  für  Hetzer,  in  Dis- 
poniblität,  zn  Offensivzwecken  bestimmt,  die  Torpedoboot jäger 
Yatagane,  Escopette  und  12  Torpedoboote  I«  Klasse,  also  2  Divisionen, 
in  Reserve  zum  sofortigen  firsata  in  erster  Linie  ausfallender  Boote 
bestimmt,  11  Torpedoboote  1.  Klasse,  4  11.  Klasse.  Bei  Tonion 
weisen  wir  nnr  darauf  bin,  daTs  3  Torpedobootsj&ger,  6  Hochsee- 
nnd  6 1.  Klaas  e- Torpedoboote,  also  2  Divisionen,  sofort  for  Offensiv- 
zwecke bereit  sein  sollen,  in  Bizerta  1  Division,  in  Gherbontg  2 
Torpedoboolsjäger,  12  Torpedoboote  L  Klasse,  also  2  Divisionen. 

In  Brest  soll  am  5.  April  1904  das  Linienschiff  Dömocratie  von 
Stapel  laufen. 


Allgemeine  Durch  ein  Kundscbreiben  vom  24*  Januar  1904  stellt  der  Kriegs- 
ivii      minister  das  baldige  Erseheinen  eines  Nenabdmcks  des  Band  65 

insbiilivmg!  n^<>U^  Officlei'',  betreffend  die  allgemeine  Instruktion  flir  die 
Ausbildung  der  Truppen  in  Aussicht.  „Das  Rundschreiben  sagt 
u.  a. :  Die  seit  zwei  Jahren  in  Anwendung  gewesenen  „Allgemeinen 
Vorschriften  fUr  die  ManOver*'  vom  29.  Juli  1902  haben  soviel  Bellall 
gefunden,  dab  es  mOglieb  geworden  Ist,  sehr  vielen  von  Ihnen  den 
Charakter  eines  Definitivums  zu  geben  nnd  sie  in  die  allgemeine 
Instruktion  für  die  ManOver  anftnnebmen.  Di^enigen,  die  nicht  Im 


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UmMluii. 


479 


Neoabdrack  des  Bandes  55  enebeinen,  sind  dagegen  als  verworfen  za 
betrachten.  Beseitigt  ist  n.  a.  die  Bestimmung  fhr  die  Infanterie, 
nach  welcher  sie  Drilliohhosen  mit  aal  das  Manöverfeld  zo  nehmen 
hatte,  fUr  die  Kavallerie  die  Weisung,  dafs  sie  bei  Attaken  feindliche 
Infuiterie  und  Artillerie  durchreiten  sollte.  Feroer  sollen  die  allzo 
mu&Dgreichen  Berichte,  die  jetzt  m  den  verschiedensten  Terminen 
über  Monöver,  Sonderttbnngen,  Feldpionierdienst  nsv.  einsumeben 
waren,  wesentlich  beschränkt  werden.  Die  Leiter  von  AraipemanOvem. 
grolsen  Kavallerietlbnngen,  Korpsroanövem  behalten  aber  die  Befugnis, 
in  jedem  Jahr  zu  einem  bestimmten  Termine  an  den  Minister  Uber 
ihre  Beobachtungen,  Erscheinungen  usw.  zu  berichten  und  auch 
Vorschläge  zu  machen,  die  erlauben,  die  Schulung  der  Truppen 
intensiver  zu  gestalten.  —  Um  die  Schwierigkeiten  und  den  Zeit- 
verlust der  täglichen  Versammlung  der  Offiziere  zur  Besprechung 
bei  grolsen  N'erbänden  und  daher  ausgedehnten  Fronten  zu  vermeiden 
soll  bei  Stärken  Uber  ein  Armeekorps  binuns,  die  mllndliche  Kritik 
durch  schriftliche  Notizen  ersetzt  werden,  die  den  Beteili^^ton  am 
Abend  des  Manövertages  zu  zn^rehen  haben.  Der  Leitende  hat 
anlserdem  die  Befugnis,  an  iiuheiagen  die  Offiziere  bei  sich  zu  ver- 
einigen, die  bei  der  Kritik  besondes  interessiert  sind.  Da  ferner  die 
Benutzung  von  Uhungslagern  durch  die  Truppen  in  jedem  Jahre 
zunimmt,  so  wird  in  dem  Neuabdruck  auch  eine  Notiz  Uber  die  Be- 
nutzunir  von  Übungsplätzen  aufgenommen,  die  bis  Jetzt  allein  in 
der  Hand  der  Generalkommandos  war.  —  Die  VerschUttuug  einer 
Anzahl  von  Leuten  des  Kegments  157  in  der  Nähe  des  Col  de  la 
Pare  bei  einer  Übim;^  in  den  Alpen,  hat  in  der  Kamuier  zu  einer 
Interpellation  i^etuhrt.  div  der  Kru  nMiiiuister  mit  dem  Satze  beant- 
worten konnte,  dafs,  wo  Holz  gehakt  wird,  auch  Späne  fallen  müssen, 
die  Alpentruppen  hätten  die  Aufgaben  zu  jeder  Jahreszeit  in  den 
Bergen  kämpfen  und  operieren  zu  können,  rattlsten  also  im  i^riedeu 
das  auch  lernen. 

Wenn  mau  auch  annehmen  darf,  dals  man  sich  in  Frankreich  Zweijährige 
mit  dem  praktischen  Übergang  zu  zweijähriger  Dienstzeit  so  laim-e  ^i®*****®***- 

nicht  ^'erade  lirt-ilen  wird,  als  der  russisch-japauiächr  Krit'^-  tlauert. 
bei  dem  doch  iiumt  r  vhie  Mtlglichkeit  vorläge,  dals  Frankreich  zur 
Erhöbung  seiuci  FriLtleuspraseuz  schreiten  mlUste,  so  ist  es  doch 
von  Interesse  fest/ustelleii,  dafs  der  ArmeeaussLhuls  der  Kammer 
die  Revision  des  von  iljin  be^(.  hlosseuen  Gesetztextes  beendet  hat;  nur 
noch  eini^'e  Tabellen,  betretiend  die  Posten  fllr  Zivilveisorgung  von 
länger  dienenden  Unteroffizieren,  welche  die  Kegieruug  nit  ht  rechtzeitig 
geliefert,  bleiben  zu  revidieren.  Jedenfalls  kann  B6rteaiix  demnächst 
seinen  Bericht  zusammenstellen.    Bezüglich  Artikel  31,  VVehrsteuer 


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480 


UmaohaiL 


hatte  die  Regieraug  ciniire  Bemerkungen  übermittelt,  mit  welchen 
sich  der  Armeeausschulh  auch  befaidtc,  um  der  Kegieruug  seiu  Ent- 
gegenkommcD  zu  beweiseu,  aber  im  grofsen  und  ganzen,  bei  seinen 
früheren  Entschlusseu  geblieben  ist.  Besuudeis  die  Bemeikungen 
der  Regierung  zu  der  Steuer  von  Junggesellen  lehnte  der  Aussehab 
glatt  ab  und  behielt  bei,  \va!>  er  irüber  beschlossen  liatte.  Volle 
Einigung  zwischen  Text  des  Senats  und  Text  des  Arnieeaussehusses 
der  Kammer  bezw.  auch  Äwischen  Kriegsminister  und  dem  let/teren 
nuils  zunächst  als  nicht  erzielt  betrachtet  werden.  Differenzpunkte 
besteben  1.  bezüglich  der  Zeit,  welche  die  Schüler  der  militärisch- 
organisierten  Schale  im  Mannscbaftsstande  zu  dienen  haben  sollen, 
2.  bezüglich  der  Dienstzeit  der  Algerier  und  Thunesier,  3.  bezüglich 
der  Daner  der  Übungen  der  Fjeute  des  Beurlaubtenstandes,  4.  betreffs 
des  Prozentsatzes  der  kapitulierenden  Unteroffiziere  und  Kc^rporale, 
sowie  der  rengagierten  Gemeinen.  Gerade  diese  Punkte  bilden 
aber  wichtige  Bausteine  in  dem  neuen  System  des  Kriegministers. 

Neben  dem  Gesetzentwurf  Lanessan,  auf  den  wir  hier  schon 
kurz  hingewiesen  haben  und  auf  welchen  wir  später  nochmals  zurück- 
kommen, ist  übrigens  die  Kammer  jetzt  ein  noch  Tiel  radikalerer 
zufregangen,  der  beweist,  dafs  mau  im  Parlament  auf  die  Dauer  die 
zweijährige  Dienstzeit  nur  als  eine  Siufe  :ll)\vall.>^  zur  einjährigen 
betrachten  möchte.  Lanessan  begnügt  sicli  wenigstens  noch  mit 
18  Monaten  aktiver  Dienstzeit,  bewilligt  alle  Cadres  aus  Kapitulanten 
und  möchte  das  Rekrutif  ningsgesetz  vom  15.  Juli  1889  entsprechend 
umgestaltet  sehen.  Der  Antr;!;:  (  uaeo  dDmano.  und  (Jenossen.  unter 
denen  sich  auch  ein  GeiiLral  bt  iindet,  verlangt,  dals  die  heute  ein  zweites 
und  drittes  Jahr  aktiv  dienenden  I^eute  dnich  Freiwillige  ersetzt  w'erden 
sollen,  die  sicli  auf  fünf  Jahre  verptiichteu  und  eine  l'rämie  erhalten. 
Einen  derartigen  Vorschlag  kann  die  Regierung  nur  als  eine  pure  Phan- 
tasie betrachten,  besonders  auch  in  seinen  Bcgriindunjfen,  die  u.  a. 
auch  darauf  hinweisen,  dals  im  Kriegsfalle  bei  „zweijähriger  Dienst- 
zeit die  Hälfte  der  Kavalleriereserristen  in  der  Heimat  bleiben  mUfste  *, 
was  der  Regierung  vorläufig  nicht  einfallen  würde.  Lanessans  Vor- 
schläge haben  in  der  Fachpresse  eine  aufserodentlich  scharfe  Abweisung 
erfahren  und  sind  ihren  Berech imngen  Irrtümer  gröbster  Art  nach- 
gewiesen worden,  Verwechselung  von  „aktiven  Dienst**  und  „Dienst 
mit  der  Wmffe'S  Unmöglichkeit  die  99  000  Rengagierten,  die  er 
wlangt  sicher  zu  stellen,  wenigstens  ohne  sehr  starke  Steigerung 
der  Prämien  und  Soldsulagen,  also  ohne  enorme  Mehrkosten,  Zu- 
weisQng  der  Kapitalanten  in  der  Hauptsache  zu  den  Grenz- 
koipb,  ämoAt  SehaffiiDg  von  zwei  gaoz  Tersehiedener  Arten  von 
TroppeD. 


• 


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UniMliM. 


481 


In  der  Sitzung  vom  2.  Februar  nahm  die  Kammer  die  Sonriei- 
Ordnong:  der  Kredite  für  1003  im  Gesamtbudget  an.  Bemeritens-  ^^'^**^>^- 
wert  dabei  war  die  Diskussion  ttber  Kapitel  26  des  Kriegsbudsrets, 
Fleisch,  Konserven,  2  582  45.^  Frcs.  in  welchem  Oberstleutnant 
Roasset  Streiuhnn^  von  lÜU  Fres.  \  t'rlanirte.  am  damit  anzudeuten, 
dato  io  den  Magazinen  grofse  \  orriite  von  Konserven  la^jem,  die 
die  Zeit  ihrer  Haltbarkeit  schon  tiberscbrittea  haben,  was  sich  bei 
genauer  Uutersachang  als  unrichtig  ergab. 

Die  Kammer  hat  eine  aafserordentlich  wichtige  Änderung  desOffizieie  uad 
Artikel  1^^  des  Gesetzes  vom  14.  Mai  1834  betreffend  den  Dieuststand 
der  Offiziere  angenommen.  Es  handelt  sich  um  Reaktivierune  der 
io  die  „Keform*'  auf  disziplinarischem  Wege  versetzten  Offizii  re  und 
ist  die  Neuerung  dem  aus  dem  Dreyfulsprozels  bekannten  Oberst- 
leutnant Picquart  wie  auf  den  Leib  znfi-esebnitteu.  Der  geänderte 
.\riikel  1  sagt,  die  Reform  ist  diejenige  isituation  des  Offiziers,  in 
welcher  er,  ohne  dien<;tliche  Verwendung,  abgesehen  von  den  in 
Artikel  13  vorgesehenen  Ausnahmen,  nicht  wieder  in  den  aktiven 
Dienst  zurückberufen  werden  kann  und  kein  Anrecht  auf  Pension  bat. 
Artikel  13,  nach  den  vom  Kriegsminister  akzeptierten  Änderungen 
lautet  dahin,  dafs  die  Wiederberufuug  in  den  aktiven  Dienst  mit  dem 
inne«:ehabten  oder  mit  dem  nächst  höheren  Dienstgrade  durch  ein 
Dekret  erfolgen  kann ,  dafs  der  Kriegsminister  nach  Anhörun«]:  des 
Staatsrats  herie  ifuhrt.  \  on  verschiedenen  Seiten  wurde  in  der  Kammer 
verlangt,  dafs  an  Stelle  des  Staatsrats  ein  neuer  Dis^ipliiiarrat  gehurt 
werde,  um  nicht  politische  Elemente,  wie  die  Mitglieder  des  Staatsrats 
in  Fragen  rein  militärischer  Art  hineinzuziehen.  Der  Kriegsniiuister 
lehnte  dies  ab,  da  er  doch  das  Versetxunpsdekret  in  die  Reform 
nach  Anh(^rung  eines  Disziplinarrats  erlassen,  sich  nicht  durch  einen 
neuen  Diszipiinarrat,  also  durch  seinen  militflrischen  Untergebenen 
kontrollieren  lassen  könne.  Die  Annahme  erfolgte  so.  wie  der  Aus- 
scbufs  und  der  Kriegsminister  die  AndenmH-  vorgeschlagen  hatten. 

In  der  Sitzung  vom  8.  Februar  nahm  die  Kammer  eine  Änderung 
des  Etats  der  Militärärzte  an.  Dadurch  werden  die  Gentraiärzte 
voo  einen  auf  drei  vermehrt,  ferner  11  Generalärzte,  45  Division-, 
60  Oberstabs-,  MO  Stabsärzte  I.,  510  Stabsärzte  II.  Klasse,  406  Ober- 
ärzte. 100  Assistenzärzte,  davon  50  an  der  Applikationsschale  von 
Val  de  Grace  kommandiert  festgesetzt. 

Der  Kriegsminister  bat  au  die  konuuaudiereudcü  Generale  ein  Be- 
Rundschreiben  gerichtet,  in  welchem  er  daranf  hinweist,  dals  der 
Finanzminister  eine  Bescbränkong  der  Aasgaben  auf  die  im  Budget  ;^aben. 
bewilligten  Beträge  verlange  und  im  Parlament  bei  Beratung  des 
Hodg^ts  die  Verpflichtung  tlbemommen  habe;  nor  in  den  dringendsten 


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482 


Ivoluuial- 
ArtiUerie. 


Artillerie- 
Offixierc. 


I;nter> 
offissiere. 


Notfällen  Naihtrugskredite  zu  forderu  und  die  FinanaausschüBse  er- 
klärteu,  daib  hie  sich  weigern  würden,  solche  Kredite  zu  beraten. 
Das  Parlament  müsse  die  Überzeagung  gewinnen,  dals  die  Ton  ihm 
bewillig^ten  Kredite  das  Maximntn  der  Ausgaben  darstellten  und  die 
Regieruütr  sei  gewillt,  darnach  zu  handeln.  Jeder  Trüppenkoniuiandeur, 
der  durch  seine  Anordiuiiifreu  eine  Überschreitung  der  zugebilligten 
Ausgaben  reranlassej  mUsse  daher  für  diese  verantwortlieb  gemacht 
werden. 

Die  im  Kriegsbudget  1904,  wie  schoji  iVtlher  hier  ausgeführt, 
eingetretene  wesentliche  Beschränkung  der  Mittel  f^r  Fourage  erlaubt 
dem  Kriegsminister  auch  nicht  mehr  den  (.Teneralen  des  Reserve- 
cadres  die  für  eine  aktive  Verwendung  bei  der  Mobilmachung  designiert 
sind,  ohne  Zahlung  eine  Ration  zu  gewähren,  Beschränkungen  von 
Rationsgewährung  treten  auch  bei  einer  Reihe  von  aktiven  Offizieren 
ein.  Wir  können  nach  dieser  Richtung  aber  auf  das  früher  hier 
Berichtete  verweisen.  Bei  di  n  llauptleuten  der  Kolonialannee  ist 
die  Einteilung  in  I.  und  II.  Klasse  beseitigt  worden. 

Durch  Dekret  vom  4.  Januar  1904  haben  die  in  den  Kolonien 
betiiuUkhen  Regimenter  der  Kolonial- Artillerie  im  Anschlufs  an  die  in 
Frankreich  selbst  disloziertt  n  uiitl  diu  Kolouialkorps  aiigehörendeu 
folgende  Numerierung^  iThalteu.  Ilegriment  in  Tonkiii  Nr.  4,  Regiment 
in  IndoehiDii  Nr.  5,  Regiment  in  Frauzösich-Westafrika  Nr.  (j,  Regi- 
ment in  Üstafrika  Nr,  7. 

Ein  Rundschreiben  des  Kriegsministera  an  die  kommandierenden 
Generale  weist  darauf  hin,  dafs  es  notwendig  sei,  den  Hauptleuten 
der  Artillerie  früher  Batterien  zu  geben,  um  die  Ausnutzung  der 
besonderen  Eigenschaften  des  Schnellfeuermaterials  durch  Chefs  mit 
der  nötigen  Frische  und  dabei  doch  ausreichender  Erfahrung  za 
sichern.  Man  sei  daher  dazu  gekommen,  einer  bestimmten  Anzahl 
von  älteren  Hauptleuten  die  Batterien  zu  nehmen  und  sie  in  Etablisse- 
ments  oder  Acyntantenitellen  sn  vefwenden,  die  Batterie  dafür  in 
die  Hand  von  jttngeren  Huptlenten  sn  geben.  Dai  Gleiche  gelte  tür 
Abteilungskommandenre,  die  sehon  eine  Beihe  ?on  Jahren  in  dieeer 
Verwendung  seien.  Wenn  StnbwrfBdere  nnter  soleben  Verbiltniasen 
geneigt  seien,  die  Fonktionen  des  Majors  bei  den  Regimentern  sn 
ttbemebman,  nm  Yersetsungen  sn  Tenneiden,  so  soll  ihien  WttnsobeQ 
mögllohst  entsproehen  werden. 

Die  Besflge  der  rengaglerten  nnd  kommlisionlerten  Unteroffiiiei« 
setsen  sieh  snsanunen  ans  der  Besoldung  und  aas  Brotgeld,  Fleiseii- 
geld  usw.  Nor  In  aktiven  Dienst  wurden  ihnen  aber  froher  diese 
BntsehSdigungen  geiahlt,  bei  Urlauben  hatten  sie  nur  Anspmoh  anf 
Sold  nnd  dieser  leiehte  nieht  nm  ihnen  eb  Auskommen  an  erianben. 


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(Jm»obaiL 


488 


Durch  Erlais  vom  2.  Jnli  1903  wurde  daher  bestimmt,  tlals  aui^h  die 
Enfcschädigangen  für  Lebensmittel  und  Fleisch,  also  dm  Beküstitrungs- 
geld  ihnen  immer  za  zahlen  eeiea,  i^obaid  ait  aktiven  Sold  erhalten. 
Diese  Bestimniung  erstreckt  sieb  alipr  nar  auf  die  Unterofliziere  der 
Heimatarmee.  Ein  Erlafs  des  Prui>i(ienten  de  i  lit  puhlik  dehnt  sie 
auch  auf  die  Uuterotfiaiere  der  Kolonialtruppen  aus.  Auch  das  An- 
recht der  Korporale  und  Gemeinen,  die  Kapitalaaten  sind,  auf  Sold- 
znlage  bleibt  ihnen  bei  Beurlaubungen. 

Die  Deputiertenkammer  hat  in  erster  Lesung  einen  Antrag  an-  JI??*'^ 
genommen,  der  den  hilfsbedtlrftigen  Familien  tod  zu  Übungen  ein-  von 
benifenen  Leuten  der  Reserve  und  Landwehr  eine  Staatsuntersttitzung  Familien, 
gewähren  will.    Die  Unterstützung  von  Familien  von  zum  Dienst 
«in  he  orderten  FatnilieositUtzen  bildet  bekanntlich  den  Inhalt  eines 
Kapitels  des  Gesetzentwurfs,  betreffend  die  zweijährige  Dienstzeit 
und  zwar  Sollen  die  Untersttttzuugtji  aut  volle  zwei  Jahre  gewährt 
werden.    Diese  Malsnahme  kHiiu  man  anch  nur  als  die  notwendige 
Folge  des  Fallenlassens  jeder  Befreiung  aus  bürgerlichen  Rück- 
sichten betrachten. 

Ein  Erlals  des  Ministeriums  vom  6.  Februar  ordnet  an,  dals  die 
durch  Dekret  vom  3.  September  1900  angeordneten  Malsnahmen  für  culn^^*" 
die  Sicberstellung  der  Verpflegung  von  Truppen  und  Zivilbevölkerung 
in  festen  Plätzen  mittelst  direkten  Ankaufs  vom  Produzenten  eine 
Kontrolle  an  Ort  und  Stelle  durch  einen  Generalintendanten  erfahren 
soll.  Diese  Kontrolle  erstreckt  sich  auf  den  ganzen  Verpflegungs- 
dienst ond  zwar  sowohl  auf  die  von  den  Kommissionen  in  den 
Departements  getroffenen  Vorkehrungen  als  auch  die  von  den 
Behörden  vorgesehenen  AusfÜhrungsmafsregeln.  Der  Generalintendant 
wird  vom  Minister  liestimmt  und  dieser  setzt  auch  jedes  Jahr  die 
Departements  fest,  in  denen  die  Kontrolle  stattfinden  soU.  Die 
Ptoduzenten  werden  vienehn  Tage  yorher  durch  das  Kriegsministeriom 
beoacbriehtigt.  Der  G^nerafintendant  luit  sich  bei  dem  kommaa- 
dieienden  Genezal  darüber  zu  orientiereD,  wekhe  Pankle  besondere 
Beaebtnng  bedürfen. 

Der  Erlafe  des  Kriegsminisfteis»  der  die  Ausftthm^bestiiiiiiuingen  Re- 
des  Dekrete  Tom  7.  Januar  1904  betreifend  Anshebnngssnsohals  des 
Jahrgangs  1908  bringt,  ordnet  n.  a.  aneb  an,  dafs  das  GesebSft  am 
22.  Febmar  beginnen  nnd  am  19.  Mai  abgeseUossen  sein  soll.  Ver- 
mehrt ist  die  Zahl  der  anantellenden  Ante,  bei  200  zu  nntenneben- 
den  Lenteo  sebon  S  ttber  200  sebon  3.  Weiter  wird  dannf  hin- 
gewiesen, dab  naeh  dem  £rlalb  vom  8.  Jannar  1902  twar  aneb 
Lente  als  tanglich  anfltgehoben  werden  können»  die  sieh  niefat  ftlr 
alle  Waffen  eignen  nnd  kdne  Fehler  haben,  die  den  Dienst  für  dne 

JmMtfltor  fft  41*  «wlMfet  Am«»  maä  lf«iia«.  V«.  Wh  S2 


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484 


Umaohau. 


der  Waffen  nicht  stören  bezw.  die  Betreficndeu  für  die  Schreiber- 
funktionen z.  B  nicht  untauglich  macheu,  nicht  aber  solche,  die  über- 
haupt für  den  DitJist  im  Heere  unbrauchbar  sind  und  bald  wieder 
alti  uutauglicb  entlassen  werden  müssen.  Die  Keyisioiiskoinmissionen 
habeo  zu  auterscbeideu  zwischen  taaglicbeo,  bedingt  tauglichen,  noch 
soraeksiuteUendeD  oder  den  HiUUneiisleo  m  ttberwäseBden  ans 
nnUHigliclien  Leateii. 
BasExerzier-  Das  Bzenieneglemeiit  fllr  die  Kayallerie  wird,  wie  das  bei 
'^fli^die"^  demjenigeD  fUr  Infinterie  sehen  im  Werke^  in  abselibtrer  Zeit  einer 
KaTaUerie.  NenbesrbeitaDg  antenrorfHi  werden.  Den  Vorsits  In  dem  beireffenden 
Anssdinls  stdl  Qenenl  Ondard,  jetct  Kommsodenr  der  6.  EaTBllerie- 
division,  erbslten,  der  anoh  beim  Aosseheiden  des  Gtenend  Lallemenl, 
das  wegen  Enreiohens  der  Altersgraue  diobt  bevorstebt,  an  die  Spitie 
des  IV.'  Armeekorps  treten  sollte.  Statt  seiner  eibiett  General  OndrI 
die  Stelle.    •  18. 

Neu-  Untemi  11.  März  ist  das  dorcb  den  Übertritt  des  Divisions- 

beseuung  g^Q^ral  Lallement  sar  2.  Sektion  der  Generalit&t  frei  gewordene 
IV  AiTiie.-  IV.  Armeekorps  neu  besetzt  worden.    Ernannt  wurde  der  bisherige 
Le'lfans  3-  Infanteriedivision  in  Orleans  Dinsioosgenerai 

£mil  Oadri  (nicht  Oudard  von  der  Kavalleriedivision  in  Lyon,  wie 
es  anfänglich  hiefs).  Derselbe  ist  am  11.  Januar  1843  in  Durtal 
(Maine  et  Loire)  geboren  und  kam  nach  Besuch  der  Spezialmilitär- 
schule  von  St.  Cyr  1862  als  Unterleatnaot  zum  31.  Infanterieregiment. 
Als  Leutnant  im  Regiment  nahm  er  am  Krieg  1S70  gegen  Deutsch- 
land teil.  Ursprünglich  zum  VL  Korps  bestimmt,  gelaugte  das 
Ivt'priment  später  in  den  Verband  des  XII.  ond  nahm  unter  grofsen 
Verlusten  an  der  Sehlacht  von  Sedan  teil.  Oudri  rettete  mit  einigen 
Offizieren  das  Fahnentuch  des  Regiments.  Als  Kriegsgefangener 
■kam  er  nach  Deutschland.  Zurückgekehrt  wurde  er  1872  Kapitän, 
kam  dann  zor  leichten  afrikanischen  Infanterie.  1881  war  er  in 
Tunis,  1883  gehörte  er  als  Nachrichtenoffizier  dem  Okkupationskorps 
von  Tunesien  an.  1883  wurde  er  noch  zum  Major  befördert  und 
kam  1884  zum  3.  Turkosregimeot  in  Algerien.  1887  ging  er  an 
der  Spitze  eines  Znavenbataiilons  nach  Tonkin,  wo  er  bis  1895 
verblieb  und  sich  mehriacb  auszeichnete  Als  Oberst  befehligte  er 
das  2.  Fremdenregiment  ron  1893  ab.  1895  schitlte  er  sich  nach 
Madagaskar  ein,  wo  er  an  allen  Operationen  teilnahm.  1896  als 
Brigadekomraandant  unterdrückte  er  einen  Aufstand  und  kam  auf 
den  Tagesbefehl.  1896  kehrte  er  nach  Frankreich  zarück,  übernahm 
erst  einf  Hrigade  in  Algerien  und  19U0  die  9.  Infanteriedivision  in 
Orleans.   Er  besitzt  eine  grolse  Menge,  von  Auszeichnungen. 

Sohott. 


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UmtflliMi. 


486 


BtliUaad. 

General  Karopatkin  bat  das  earopäiscbe  Hufsland  verbissen, 
am  die  tob  ihm  mit  soviel  Erfolg  innegehabte  Stellang  des  Kriegs- 
ministers, mit  der  des  Oberkommandiereuden  der  mandschurischen 
Armee  zu  vertauschen.  Wir  babes  1108  mit  der  Persönlichkeit 
des  Generals  in  diesen  BlSttem  so  oft  beschäftigt,  dab  wir 
akbit  mehr  aof  den  Werdegang  dieses  so  bedenkenden  OMsieis 
znrnckkammen.  Wir  erinnern  nnr  daran»  daft  (jteneiala^jatanl 
Knropatkin  andi  infolge  seiner  letcta  Rdse  naeb  dem  rossiBehen 
Asien  eingehende  Kenntnis  ron  den  dortigen  milittrisehen  Verhält- 
nissen gewonnen  bat  nnd  für  seine  sieherUdi  nntw  den  obwaltenden 
VerhSltnissen  sehr  sebwierige  Stellung  gewils  der  richtige  Mann  ist. 

Fast  mit  dem  Tage  der  Abreise  Knropatkins  nach  dem  ^Fernen 
Osten"  fiel  der  Tod  eines  mit  Recht  in  Hufsland  h och i^e schätzten 
Vorgrängers  auf  dem  Posten  des  Kriegsministers  zusammen;  deö 
Geuei  al  adjutanten  Peter  Ssemenowitscb  VVannowskij. 
Geboren  1822  ira  Gouvernement  Minsks  hatte  er  seine  ersten 
kriegerischen  Krfahruiigen  schon  im  Orientkriege  gemacht  und  war 
1800  bereits  auf  den  wichtigsten  Posten  des  Kommandeurs  der  eben 
gegründeten  Offizier-Schielsschule  berufen  worden.  Seine  Tätigkeit 
auf  dem  Grebiete  des  Militäronterrichtswesens  im  weitesten  Sinne  des 
Wortes  war  seit  jener  Zeit  eine  hervorragende. 

Während  deb  letzten  russisch-tUrkiscben  Krieges  war  er  kom- 
maudierender  General  des  XII.  Armeekorps,  wurde  aber  nach  liber- 
8chreitnng  der  Donau  zum  Chef  des  Stabes  der  unter  Befehl  des 
späteren  Kaisers  Alexander  HI.  stehenden  Hustscbaker  Armeeabteilang 
ernannt.  Die  in  dieser  Stellong  bewiesene  Tüchtigkeit  wnrde  nicht 
nur  durch  Verleihung  des  Georgsordecs  o.  Klasse  anerkannt,  sondern 
gewann  ihm  auch  das  Vertrauen  dieses  Fürsten  in  solchem  Malse, 
dafs  ihn  derselbe  nach  seiner  Thronbesteigung  zum  Kriegsminister 
machte,  und  er  bis  1898  blieb.  Im  Jahre  1901  wnrde  er  aus  Ver- 
nnlassong  der  studentischen  Unruhen  auf  den  verantwortlichen  Posten 
des  Ministers  der  Volksaufklarung  berufen,  nm  diese  so  schwierige 
Aufgabe  bis  zum  Jahre  1902  zu  erfüllen.  Seim^  Wirkens  ist  auch 
in  diesen  Bl«1tt«rn  wiederholt  gedacht,  namentlich  seines  hervor- 
ragenden Aiitt'ilh  an  der  Vermehrung.  Neubewaffnung,  Organisation 
und  der  N'erbcssernng  der  Ausbildung  der  russischen  Armee  uuter 
dem  Zaren  Alexander  III. 

Vom  Kriegsschauplatz  lauten,  wie  es  nicht  anders  zu  erwarten 
ist.  die  Nachrichten  spärlich.  Die  russische  Armee  wird  andauernd 
verstärkt;  wenn  auch  bei  den  Verhältnissen  der  sibirischen  Eisen- 

82* 


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466 


bahn  im  langsamen  Tempo.  Ebenso  scheint  die  japanische  Armee 
noch  immer  nicht  mit  stärkeren  Kräften  im  Norden  Koreas  angelangt 
za  sein.  Dals  eine  Landung^  im  Oolfe  von  Liautuug  noch  nicht 
statt gefimden  hat,  steht  fest.  Ehe  China  nicht  aus  seiner  Neutralität 
herausgretreten  ist,  ersobeiot  eine  solche  Landung  auch  mehr  als  an- 
wahrscbeinlicb. 

Die  Verlan*:  sainung  der  Konzentrierung  der  Kusseu 
wie  die  der  Japaner  wird  verursacht  durch  die  militär- 
geoL^ra))hisnben  Verhältnisse  des  Kriegsschauplatzes. 
Selten  hat  sich  die  Gewalt  der  Natar  desselben  so  gellend 
gemacht  wie  in  dies«  ni  Kriege. 

Mau  hat  die  Leistungsfähigkeit  der  sibirischen  Eisenbahn,  je 
nach  dem  politisch-militärischen  ParteistandpunlLte  bald  Uber-,  bald 
unterschätzt. 

Es  sei  dahiii^t  sieilt,  ob  man  nur  täglich  4  Züge,  wie  die  riiien 
«»der  7.  wie  die  arideren  annehmen,  oder  ^ar  11  Züge  mit  Truppti 
netorüeri)  kann.    Wir  neigen  uns  nach  Kenntnis  der  Dinge  mehr  der 
kieineren  wie  der  grülseren  Zah!  zu. 

Man  vergilst  nur  häufi":,  dals  mindestens  ebenso  erschwerend 
wie  die  ireringe  Leistungsfähigkeit  der  Bahn  infolge  ihrer  Anlage 
die  rnterbrechung  am  Baikalsee  ist.  Bis  zum  April  bat  man  die 
Wahrscheinlichkeit,  die  Eisdecke  ftlr  den  Transport  von  der  Station 
Baikai  im  Westen  bis  zur  Station  Mijsso\\aja  bezw.  Tauchoj,  be- 
nutzen zu  können.  Doch,  wenn  Optimisten  anzunehmen  scheinen, 
dafs  man  in  der  Lage  sei,  die  TruppenzUge  direkt  über  das  Eis  zu 
fuhren,  so  entspricht  dies  nicht  den  Tatsachen.  Die  lokale  Fresse 
Transbaikaiiens  und  Sibiriens  berichtet  nichts  hiervon.  Es  sind  die 
Schienen  auf  der  jetzt  noch  etwas  über  H8  Kiluiueter  betragenden 
Strecke  gelegt.  Der  Versach  aber,  Lokomotiven  auf  das  Eis  zu 
bringen  und  mit  ihrer  Hilfe  die  Zttge  vorwärts  zu  bewegen,  ist 
nieht  geglückt.  Die  Waggons  werden  von  Pferden  herübergezogen, 
wodurch  man  in  der  Lage  ist,  eventneil  auch  etwas  Kriegsmaterial 
herUberzasehaffen  und  das  rollende  Material  der  Transhaikal-  ond 
der  ostchinesischen  Eisenbahn  zu  verstärken;  die  Truppen  selbst 
marschieren  ttber  den  See.  niUssen  also  an  der  Westseite  desselben 
die  ZUge  verlassen,  uiu  auf  der  Ostseite  die  Züge  der  Ostchinesiscben 
Eisenhahü  zu  besteigen.  Welches  Hemmnis  dieses  Aus-  und  Eiu- 
schifi'ei].  welche  Strapaze  der  38  Kilometer  lange  Marsch  ist,  bedart 
keiner  Erklärung. 

Man  darf  sieb  den  Baikal  im  gefroreneu  Zustande  nämlich 
niobt  wie  eine  Schlittenbahn  vorstellen,  auf  deren  glatter  Fläche 
man  ohne  Hemmnisse  dahinfliegt;  sondern  es  finden  sich  auf  ihni 


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UmiduHi. 


487 


die  Eisschollen  oft  httgelgleicb  UbereiDander  geschoben  and  das  Eis 
durch  Meter  breite  Risse  unterbrochen.  Hierzu  kommen  die  Schnee* 
stürme  des  eisigen  sibirischen  Winters,  welche  den  Schnee  aof- 
tUrmten  nnd  den  Marsch  den  oft  bei  einer  Kälte  von  20  Grad  Celsias 
und  mehr  den  See  abenehrehenden  Trappen  in  hohem  Malse 
erschweren. 

Die  Truppen  verbleiben  nach  ihrer  Ankunft  auf  der  Westseite 
des  Sees  die  Nacht  in  den  Waggons  nnd  treten  bei  Tagesanbruch 
den  Marsch  Uber  den  See  an^  eine  Leistung,  die  grofse  Anforderungen 
an  die  Wochen  lang  im  Eisenbahnwagen  sitzenden  Leute  stellt. 
Nach  Erklärung  des  den  Transport  Uber  den  See  leitenden  Offiziers 
wird  das  Gepäck  auf  den  kleinen  sibirischen  Bauemschlitten,  die  zu 
diesem  Zwecke  massenhaft  requiriert  sind,  fttr  je  ftlnf  Mann  der 
Mannschaften  nachgefahren,  auch  werden  etwaige  Marode  auf  sie 
gesetzt.  Da  die  38  Kilometer  in  einem  Tage  zurückgelegt  werden 
müssen,  so  sind  in  der  Mitte  des  Sees  Wärmehallen  errichtet,  in 
denen  die  Truppen  einen  grölseren  Halt  machen  und  mit  warmer 
Mahlzeit  vorsehen  werden.  Ob  diese  Mafsregeln  aber  geeignet  sind, 
alle  die  Sehwierigkeiteu  zu  tiberwinden,  welche  der  sibirisehe  Winter 
den  Truppen  (»ntp>irenstellt,  stehe  dahin  I 

Auch  die  Zugdistanz  der  anf  der  sibirischen  Bahn  verkehrenden 
Transporte  soll  nach  einer  Meldung  der  ^Wostotschnoje  Obosujeuije"* 
das  Eisen  bah  iiministerium  dadurch  zu  verringern  suchen,  dals 
es  eine  grölsere  Zahl  Ausweiehestelien  anlegen  liefs.  Um  die 
^Vjrbeiten  abzuktlrzen  nnd  schon  zur  Winterszeit  von  dieser  Ver- 
I»e8semng  Vorteil  /it  hen  zu  können,  soll  man  sieb  entschlossen 
haben,  die  Schienen  neben  dem  bisherigen  Eisenbahiidamm  auf  den 
gewachsenen  Roden  zu  legen  und  die  Verbiudungsscbit  neu  zu  ihnen 
hinab  und  wieder  hinauf  zum  Bahndamm  zu  legen  Krst  in  der 
waniieu  Jabrtszr  it  will  man  den  Bahndamm  so  verbreitern,  dals  die 
Weiche  auf  ihm  angebracht  werden  kann. 

Der  Vormarsch  der  Japaner  durch  Korea  wird  durch  den 
Zustand  der  Laudverbiudungen  dieses  Landen  gehemmt,  namentUeh 
zur  Winterszeit. 

Korea  hat.  abgesehen  von  der  40  Kiiumeter  langen  Eisenbahn 
'1  schemulpho-Soui,  nur  einige  Strai'sen,  auf  denen  zur  Not  zweirädrige 
Karren  vorwärts  kommen  können;  es  sollen  im  ganzen  sechs  sein, 
unter  ihnen  die  von  Sun-tyär  im  iSttden  Uber  Tschön-tjiu-pu  und 
Kongtjiu,  S?5ol,  Pyöng-yang.  Autjin  nach  Witschou  (Widschou)  am 
Valu  und  die  von  Fasan  über  Tapku-pu,  Koug-tiin  auf  Söul  und 
von  dort  über  Wüusan  und  Haniheung  nach  Nordosten. 

Brücken  gibt  es  aber  auch  auf  diesen  kaum  mit  Ausuahme  auf 


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488 


Uiudchau. 


der  Stralse  SM  nun  Tain,  Bof  weleher  frOber  al^ährUeli  dem  Kaiser 
von  (Mdm,  dmeb  eine  GeBandtoebaft  seiteos  de«  Vasallmtaals  Korea 
danabringeiideD  Gescbeoke  naeb  Peking  giogeo. 

Die  BrUflken  besteben  im  allgemeinen  noz  anf  ttber  einige  dUme 
Stangen  als  BOeke  gelegtes  Beisig,  das  bei  Hoebwasser  — >  also 
gerade  in  der  Zeit,  wo  tie  GebirgiflUsse  uiebt  zu  dnrobfiirten  sind, 
anf  das  Ufer  gebraebt  wird.  Die  anderen  Wege  des  Gebirgs- 
landes  sind  Sanm*  bezw.  Fnfiipfade.  Welobe  UInge  die  Kolonnen 
annebmen  müssen,  deren  Bagage  von  Trägem  fortgesobafft  werden 
mnfs,  liegt  nabe. 

Dies  nnd  manobes  andere,  wie  mangelbafte  Unterfconfl  usw. 
ersebwert  die  VorwürtsbewegaDg  der  Tmppen.  v.  Z. 

OrobbritaniiieiL 
Mturine.  Der  Korrespondent  des  Pariser  Figaio  bracbte  jüngst  ans 
britiseben  Harinekreisen  die  Nacbriebt,  dafe  man,  naeb  den  Erfolgen  der 
japanisehen  Torpedoboote  gegen  nissisebe  Panzer  rom  Bao  mäeb- 
tiger  Panzer  abgekommen  sei  and  am  Soblnls  des  japaniacb- 
rossisoben  Krieges  eine  yOlllg  neue  Orlentiernng  imSobIffsbao, 
wie  Übrigens  aueb  in  der  Organisation  der  Landstreitkrilite,  die  daan 
in  die  erste  Linie  rtteken  würden,  erleben  werde.  Der  Korrespondent 
basiert  seine  Ansiobt  n.  a.  aof  eine  jüngst  in  den  Gewässern  der 
Insel  Wigbt  stattgebabte  Übnng  eines  Gesobwadeis  mit  Torpedoboots- 
jMgem  ans  Ghatbam,  Portsmontb,  Plymontb  gegen  eine  Flottille  roo 
Unterseebooten  (die  sieb  übrigens  bei  einer  Obnng  in  der  Verteidi- 
gang  ron  Portsmontb  wenig  bewäbrt  baben  sollen)  nnter  Kapitän 
Baeon.  Man  dnifte  gegen  diese  Meldung,  die  übrigens  aneh  von  sebr 
emsiger  Arbeit  in  den  Arsenalen  ricbttgerweise  spraeb,  sebon  an  nnd 
'  für  sieb  mifetraniseb  sein.  Das  Marinebadget  1904/05,  dessen  Vor- 
anscblag  nnterdes  bekannt  geworden,  zerstört  alle  Zweilei.  Verlangt 
werden  36889000  statt  84457000  £  im  laufenden  Jabre,  rand  2^ 
Millionen  £  mebr,  and  die  Mebransgaben  werden  bedingt  dnreb  die 
für  den  1.  April  1904  beabriditigte  Restzabhing  filr  die  gekauften 
ebileniseben  Schiffe  nnd  die  Besobaflbng  ibrer  Munition  für  1905. 
11654172  £  sind  aulserdem  für  Neubauten  bestimmt,  die  2  Seblaebt- 
scbide,  4  Panzerkreuzer,  14  Torpedoboot^äger,  10  Unterseeboote 
omfasaeo  sollen.  Die  Bemannung  der  Flotte  erfäbrt  anfserdem  eme 
Vermehrung  um  4000  Köpfe. 

Hoch  klang  das  Lied,  das  der  Kriegsmbdsler  Arnold-Forster 
jüngst  dem  neuen  definitiv  angenommenen  Hobrrüeklauf-Feld- 
gesebuts,  einem  18pfünder  sang,  ansebeinend  ein  8  em,  mit  dem  man 


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UbmIu». 


489 


schon  im  üochsommer  1904  die  in  der  Heimat  stehenden  Feldbatterien 
nrnzabewaffnen  beginnen  will.  Er,  der  Ejicgsminigter,  meinte,  das 
neue  britische  Feldg-escbtttz  sei  demjenigen  alier  Festlandmftchte 
überlegen.  Das  Oesehtltz  weist  Schntzscbilde  auf,  anch  will  man  die 
Mnnitionshinterwagen  panzern.  Zweifelhaft  will  uns  erscheinen,  ob 
das  Geschütz,  das  eine  «ranz  achtenswerte  Wirkuoic  dt  s  KiQzelschusse> 
liefern  ma^.  ohne  dals  man  die  Protzmunition  zu  sehr  einschränken 
mais,  billigende  Beweglichkeit  als  Fahrzeug  nnd  abgejirotzt  besitzen 
wird.  Die  britische  Fachpresse  he/.weitelt  dies  ebenfalls  and  meint, 
man  werde  in  absehbarer  Zeit,  dieüeü  Typ  annehmend,  wohl  wieder 
za  einer  Umbewaffnung  kommen  mttssen.  18 

Brasilien. 

Zq  den  vielen  Staaten,  die  eine  Neubewafl&iung  ihrer  Feld-  Schieöver- 
artillerie  vorzunehraeu  gedenken,  gehört  auch  Brasilien,    Im  Sommer  **Rohr°"* 
1903  tacden  dort  Versuche  mit  Rohrrückiaufgeschützen  von  Schneider-   l  Ucklauf- 
Canet  in  ( Veuzot  und  Krupp  statt.    Über  die  Kmppschen  Geschlltze  g^«^**««»- 
and  einiire  damit  ansarefUbrte  Versuche  soll  näheres  mitgeteilt  ^\ erden. 

Zu  den  \'ersuehen  ^v;^reü  je  rine  7.0  nnd  7,5  ein  Kanone  heran- 


gezogeu;  die  ^viellti;:^slen  Angaben  Uber  Abmessangeu  und  Gewichte 
enthält  folgende  Übersicht 

7  cm  7,5  cm 

Länge  des  Kobra  in  Kalibern  ....     30  2B 

Geschofsgewicbt  kg      5,3  5,5 

Zahl  und  Gewicht  der  Schrapnellkogeln    235  ä  11  g  245  i  II  g 

Anfangsgeschwindiorkeit  m   480  49ü 

Arbeitsleistung:  an  der  Mündung    .    .m     62,4  67,5 

Gewicht  des  abgeprotzten  Geschützes  kg    717*)  744*) 

Gewicht  des  aufgeprotzten  Geschützes  kg  12690  1290*) 

Scbnlszahl  in  der  Protze                          86  32 


Der  für  die  7,5  cm  Kanone  konstruierte  Manitionswagen  nimmt 
80  Sehofs  auf  und  wiegt  1216  kg.  Der  Hinterwagen  ist  mit  einem 
4,6  mm  starken  Klapppanzer  versehen. 

Am  9.  Oktober  1903  fand  in  Gegenwart  des  Präsidenten  von 
Brasilien  ein  Sobieüsen  ans  beiden  Qesohtttzen  gegen  geleehtBrnttflrige 
Ziele  statt 

Das  erste  Ziel  —  zwei  Geschütze  mit  danebenstehenden  Munitions 
hinterwagen,  besetzt  mit  je  neun  Mann,  davon  secbs  am  Geschütz, 
drei  am  Munitionswan:en,  alle  hinter  Stahlschilden  —  wurde  aus  der 
7  cm  Kanone  mit  25  Schrapnells,  von  der  7,5  om  mit  35  Spreng- 

^)  Ohne  Schützschilde ;  mit  4,6  mm  starkeu  .Schild  etwa  70  kg  mehr. 


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490 


UbmIim. 


granatt  n  auf  2500  m  beschossen.  Von  den  18  Hann  wurden  16 
getroffen.  Die  7  cm  Kanone  traf  acht  Mann  durch  32  scharfe  Kug-eln, 
neon  SprengstUcke;  zwei  Mann  dairoD  waren  siebartig  durchlöchert. 
Das  gute  Treffresultat  erklärt  sich  daraus,  dais  der  vor  dem  Geschütz 
aufirestellte  Schutzschild  umgeworfen  war.  —  Die  7,5  cm  Kanone 
hatte  ebenfalls  acht  Mann  getrofieo,  zum  Teil  durch  aozähliob  viel 
Spreagstttcke. 

Das  zweite  Ziel  war  eine  Schützenlinie  von  50  Scheiben,  die 
gegen  Sohrapnellfeuer  durch  einen  Erdaufwurf  vollkoumuMi  gedekt 
waren;  Entfernnog  etwa  2500  m.  Dnrch  50  Spreuggrauateu  wordea 
28  Scheiben  mit  75  Sprengstückeu  getrorten. 

Dan  dritte  Ziel  —  vier  Scheiben  von  '^0  m  Breite,  2  ni  Höhe 
io  Abständen  von  iuu  m  hintereinander  —  wurde  mit  35  Schrapnells 
beschossen.  Zielentfernnng  der  vordersten  Scheibe  2ui>0  m.  Das 
Ziel  wurde  dnrch  1541  tscharfe  Kugeln  36  Spregstücke  in  Summa 
also  1597  Treffer  getroffen.  Auf  jede  Scheibe  entfallen  somit  rund 
400  Treffer;  pro  Schufs  45.6  Treffer. 

Das  vierte  Ziel  besUud  aus  einer  4ü  m  langen  Schützenlinie 
mh  60  Schützenscheibeo  von  50  cm  Höhe.  Mit  24  Schrapnells  auf 
1100  m  wurden  38  Figuren  durch  63  scharfe  Treffer  getroffen  — 
eine  Scheibe  war  ganz  zerstört. 

Das  letzte  Ziel  stellte  einen  Reiterangriff  dar:  15  Rtitirseheiben 
mit  einem  Schritt  leichtem  Zwischen!  ;ium  wurden  auf  800  m  durch 
20  Schrapnells  beschossen;  davon  14  durch  57  scharfe  Treffer  ge- 
troffen. 

Diese  Resultate  sind  recht  gUnstig,  namentlich  wenn  man  das 
geringe  Gewicht  dtr  Geschosse  berücksichtigt. 

Von  besonderem  Interesse  ist  noch  eine  Gewaltprobe,  der  ein 
Kruppsches  Geschütz,  freilich  unbeabsichtigter  Weise,  unterwürfen 
worden  ist  und  die  es  glänzeud  bestanden  hat.  In  Realengo  einem 
kleinem  Städtchen,  wo  die  VersuchsgeschUtze  mit  ihrer  Munition  in 
einem  Schuppen  untergebracht  waren,  brach  am  11.  August  1903 
eine  Feuersbrunst  aus,  die  diesen  Schuppen  vollständig  zerstörte. 
Natürlich  wurde  auch  die  Munition  —  flber  1000  scharf  geladene 
darunter  50  Sprenggranaten  —  von  dem  Feuer  ergriffen;  die 
Patronenladungen  explodierten  und  schleuderten  die  Geschosse  umher. 
So  wurden  die  Geschütze  nicht  nur  durch  das  Feaer  zerstOrt,  sondern 
erlitten  auch  durch  die  Geschosse  oder  deren  Splitter  manDigfaehe 
Beschädigungen.  Alle  Holz-  und  Ledertelle  des  Gesofattlzes  waren 
ToUatilndig  durch  das  Feoer  serstOrt;  die  Eiaentdlei  1^  sar  V^dftglllh- 
Mize  erwärmt,  hatten  meh  stark  rerbogen,  das  In  der  Rfteklanfbreiiise 
befindliehe  Glyzerin  war  TÖllig  von  dem  gltlbendeo  Stahl  aofigesogen. 


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UmiduHBL 


491 


Bei  dem  LöschTersaeh  wsreii  gtoüie  Maogen  kalten  Wassere  aaf  deo 
glnhenden  Stab!  aosgegosseo,  woranter  detBen  Qaalitttl  nalttrltob 
sehr  leiden  mulste.  Trotzdem  gebug  et,  das  Oesebtttz,  nachdem  die 
Lafette  fast  ganz  auseinander  geaemmen  war,  mit  den  geringen  Hilfe- 
roitteln  der  kleinen  Stadt  wieder  soweit  instand  zu  setzen,  das  es  einige 
Schüsse  abgeben  konnte.  Die  Stelle  der  verbrannten  Räder  vertrat 
eine  Holzonterlage  für  die  Achsschenkel.  Es  zeigte  sich,  dals  die 
Bremse  und  die  stark  ausgeglühten  Vorholfedem  imstande  waren, 
dn9  Kohr  selbst  bei  einer  Erhöhung  von  15  Grad  wieder  in  die 
Schielsstellung  vorzubringen.  Wohl  niemals  ist  ein  Geschütz  einer 
80  schweren  Probe  onterwoifeu  worden  and  bat  sie  so  glänzend  be- 
standen, wie  hier.  Bohne. 

Ostasien. 

In  bezug  auf  die  Ansrttstnng  mit  Feldgeschützen  befindet  sich 
Kufslaüd  noch  in  einem  Übergangsstadium,  insofern  ist  auch  hierin  f'eld- 
der  Krieg  zu  frUh  ausgebrochen.  Allerdings  liat  Rufsland  bereits  1900  f ^^kJfet^. 
sich  für  ein  Kohrrücklaufgeschütz  entschieden,  welches  als  M/1900  führenden 
bezeichnet,  nach  dem  Fabrikationsort  auch  PutilowireschUtz  genannt  ^f^hte.*> 
wird.    Die  Konstruktion  kann  aber  nicht  als  tine  sehr  glückliche 
gekennzeichnet  werden;  der  Rohrrücklaut  hat  nicht  die  genügende 
Länge,  die  ballistischen  Anlc^rdt  run^cn  gehen  /u  hoch;  das  GescbUtz 
steht  beim  Schiefeen  nicht  ruhiL^  genug  und   iöt  sehr  schwerfällig. 
Man  nimmt  au,   dafs  lür  die  weitere  Fabrikation  ein  passenderes 
Muster  gewählt  ist.    Wie  weit  die  BevvaÜnuug  gediehen,  kann  nicht 
mit  Sicherheit  angej^eiien  werden,  ebensowenig  wie  es  mit  der  Be- 
waffnung der  Feldartilierie  in  Ostasien  geworden  ist.    Dal's  dortige 
Batterien  mit  diesem  Geschütz  ausgerüstet  sind,  steht  wohl  fest; 
doch  ist  Uber  die  Zahl  nichts  bekannt. 

Man  kann  wohl  aunehmen,  daCs  die  Mehrzahl  der  Feldbatterien 
noch  mit  dem  umgeänderten  Geschütz  M/95,  welches  1900  in  Paris 
ausgestellt  war,  der  sogenannten  leichten  Kanone  und,  soweit  es  die 
reitenden  Batterien  betrifft,  mit  der  EavallerielLanone,  die  noob  er- 
leichtert ist,  bewaffnet  sind.  Das  umfireänderte  Gesobttts  bat  dorcb 
Anbringung  eines  elastischeo  Sebwanzeparns,  Venebiebbarkeit  des 
Lafettenkörpers  auf  der  Aebie  behob  feiner  Seileiiriebtnng,  Ver- 
legung der  Viaierlink  nach  yorwftite  die  Feaergeeebwindigkeit  und 
dnreh  verbessole  Ge8ehoMaiielroklio&  die  WirlLong  edUfbl  Es 
lassen  sieb  bis  vierSebnls  in  der  Mioate  abgeben.  Im  Zusammen- 
hange mit  dem  grolben  Kaliber  von  8,7  em  steht  ein  groibes  Gesebob- 
gewieht  8  leg,  femer  efai  hohes  Batterie-  and  Fahnenggewioht 

*)  Siebe  auch  Aufsatz  Seite  480  u.  ff. 


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492 


tTuchaa. 


(1065  kg  bezw.  1986  kg),  so  dals  das  Geschütz  mit  einem  zeit- 
gernttbeo  SehoelUeaergesohttte  nicht  in  Wettbewerb  treten  kann. 

W«8  nun  das  Schnellfenergesohtttz  M/1900  betrifil,  so  sehreibt 
man  ihm  eine  Fenergeschwindigkeit  von  15—20  Sohofs  in  der 
Minote  zu»  gibt  aber  zn,  dals  es  beim  Sohielsen  etwas  nnruhig  ist 
Dies  hängt  anoh  mit  der  sehr  hohen  Geseholsgeschwindigkeit  von 
689  m  sosammen.  Das  Fahrzenggewioht  wird  mit  1884  kg  an- 
gegeben. Als  Geschofs  wird  nnr  ein  Sehiapnell  geftthrty  das  sweok- 
entspieohend  konstrniert  ist. 

Auf  dem  voranssiebtliehen  Kriegssehanpiatz  kommt  infoige  der 
geringen  Wegsamkeit  die  mssiscbe  Artillerie  dnreb  die  Gewiohts- 
▼erbUtnisse  beider  GeBCbtttze  in  Verlegenheit  Hier  sind  besondera 
Gebiigsgesehtttse  angebracht,  mit  denen  man  nnr  nngenOgend  ans- 
gerttstet  ist  Von  flerannehnng  von  Feldmörsem  hat  man  noeh  niebta 
vernommen»  sie  würde  wobl  anoh  znnäebst  nieht  am  Platee  sein. 

Za  bemerken  bleibt  noeh,  daih  das  ScbnellfeaergesebfltK  keine 
Sehntuebüde  fUirt,  denen  man  in  RnUsland  ttl>erfaanpt  abhold  ist 
—  JSß  fragt  sieb  noch,  ob  bei  greiser  Kälte  die  KaotsehnkpafTer 
nicht  den  Dienst  versagen. 

In  Japan  war  Ausgangs  der  90er  Jahre  ein  Wettbewerb  um  ein 
modernes  Scbnellfeuerfeldgesohutz  aasgeschrieben.  Beteiligt  waren 
^Vied.  Krupp  in  Essen,  tranzösische  Firmen  und  japanische  technische 
Offiziere,  daiuatir  Arisaka,  dessen  KUcklaufbemmung  zuerst  in  einem 
System  von  Hemmschuhen  bestand.  Ans  nationalen  Grtlnden  wählt 
man  eine  Konstmktion  von  Arisaka^  aber  mit  Federspom,  keinen 
Rohrrücklauf.  Das  Kaliber  ist  das  gewöhnliche  von  7,5  cm.  Das 
Geschütz  bat  die  günstigen  Gewichtsverbältnisse  moderner  Sohnell- 
feuergeschtttze  and  ist  darin  beiden  mssisehen  Gesoblttzen  ttberlegen. 
Die  Konstroktion  trägt  den  ungünstigen  Wegeverbältinssea  Reehnnng. 
Die  HersteUnng  der  GeschtttEe  hat  in  Essen  ans  dem  besten 
Material  stattgefiinden.  Die  Gebirgsgesehtttse»  die  in  Japan  sabirdeh 
vertieten  sind,  haben  dasselbe  Kaliber  and  sind  gleichfalls  von 
Aiisaka  konstniiert.  In  liesohränktar  Zahl  sind  Hanbitien  von 
12  om  nnd  von  15  om  Kaliber  vorhanden. 

Wenu  die  ballistische  und  technische  LeistungsfUhigk' it  bei  den 
japanischen  Geschützen  keine  so  hohe  ist  als  bei  dem  Pulilow- 
geschUtz,  80  haben  erstere  daiUr  den  Vorteil,  dafs  sie  sich  den  Ver- 
hältnissen des  Kriegsschauplatres  besser  anpassen,  als  die  russischen 
Geschütze.  Auf  keiner  der  beiden  Seiten  sind  Schutzschilde  ver- 
treten, der  Kuhn ücklaui  mir  auf  Seiten  liuislaads  vorkommend,  aber 
auch  nur  in  beschrauktem  Umfang.    FUrs  erste  ist  wenig  Aussicht, 


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UnsabMi. 


493 


besonders  weitgehende  Folgerangen  fttr  die  FeldgesehQtzfirageD  in 
Europa  aus  dem  Krieg  im  fernen  Osten  ziehen  zo  können. 

Die  Infanterie  TOn  Japan  ftlbrte  im  Kriege  gegen  China  1894/95  Gewehr- 
Muratagewehre  M/80  und  M/87.     Erstere  waren  Einzellader  vom  ^^^^j^^H^^ 
Kaliber  11  mm,  ähnlieh  dem  deutschen  Maasergewehr  M/71.    Das  fühn  iidtm 
M/87  hat  ein  Kaliber  von  8  mm;  es  hat  ein  Röhren magazin  für  Mächt«, 
acht  Patronen,  ähnlich  dem  Lebelirewehr.    Die  Läugre  ist  1 ,22  m 
ohne,  1,545  ni  mit  Bajonett,  Gewicht  4.()H  J  kg,  be/w.  4,88  kg.  Der 
Verschluls  hat  Drehbewegung.    Das  Hartbleigesrhofs   mit  Kupfrr^ 
mantel  wiegt  lö,42  g.   die  Ladung  2,53  g  raoi  hschwaches  Pulver. 
Die  Mündongsjreschwindip-keit  ist  504  ni,    Reserve-  und  Landwehr- 
truppen  führen  dies  Gewehr  noch  heute.    Es  kann  mit  d^n  nbriirt  n 
Gewehren  der  Kaliberstufe  8  bis  7,5  mm  noch  in  Wettbewerb  treten. 

Getreu  seinem  Fortschrittsbestreben  hat  Japan  für  sein  Heer 
erster  Linie  bereits  1897  der  weiteren  Kaliberverminderung  sich 
aogescblossen,  wie  wir  sie  in  ItaiieDi  Rumänien,  Holland,  ächweden, 
Norwegen,  Spanien  etc.  finden. 

Das  Gewehr  gehört  der  Oniiipe  der  7  bis  6  nim-Gewehre  an. 
Unbeirrt  durch  die  viel  verbreitete  Ansicht  von  der  geringen  Ver- 
wnndungsfähigkeit  solcher  GewehrkaUher  hat  man  ein  solches  von 
6,5  mm  anLiTuntinien.  Man  fr.strelUr  ein  ^^erinircres  Gewicht  der  VVati'e 
mit  Bezui: iiahnie  aul  die  ^'^eriniie  Kürpcrlauge  deis  infanterieersatzes. 
Ohne  R;i|(»nett  wiegt  das  (rewehr  nur  :i,9  kg  Eine  nationale  Kom- 
mission. Ht'lchi  r  (Iii;  Ober^tPIl  Arisaka,  iiongo  und  der  Ingenieur 
Murata  angehorten,  verdankt  das  gemeinhin  nach  Arisaka  benannte 
Gewehr  seine  Entstehiing,  das  im  wesentlichen  ein  Mehrlader  nach 
Mauser  ist,  mit  veränderter  Kammer  und  vielfuchrii  sonstigen 
Änderungen,  so  dafs  man  glaubt,  es  als  eine  Natioualwaffe  be- 
zeichnen zn  dürfen.  I^adestreifen  mit  fünf  Patronen  dienen  zum 
Laden  des  Gewehrs.  Die  drehbare  Kammer  hat  ihre  Warzen  vorne. 
Das  Mantelgescholö  wiegt  10.5  g  und  erlangt  mit  2,14  g  rauchlosen 
Pulvers  von  Itabaski  eine  Mimdungsgeschwindigkeit  von  725  m. 
Das  Geschofs  hat  einen  Hartblei  kern  und  einen  Mantel  von  Neu- 
silber. Das  Visir  geht  Ton  40O  bis  200U  m.  Das  Gewehr  hat  ein 
SäbeUta jonett  von  55  cm  Länge  der  Klinge,  (iewieht  des  Gewehrs 
mit  Bajonett  4,U8o  kg.  Der  Lauf  hal  einen  hölzernen  Handschutz. 
Das  Gewehr  ist  ohne  Bajonett  1.27  m,  mit  solchem  l,t>G  m  lang. 
Die  Patrone  hat  eine  Lange  von  7ü  mm,  ein  Gewicht  von  22.44  g. 
Die  Waffe  hat  eine  grofise  TreflfUhigkeit  und  Schnfsweite,  der  KUck- 
Stöfs  ist  gering.  Im  Schnellfeuer  lassen  sich  30 — 40  Schul«  iu  der 
Minute  abgeben. 

Die  au  sich  nicht  bedeutende  japanische  Kavallerie  führt  einen 


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494 


entsprechend  kanstraierten  Karabiner  mit  Viaernag  bis  1500  m, 

der  nm^ehiin^^t  getragen  wird. 

Die  ge^-amte  russische  iDfanterie  ist  mit  dem  Dreilinien- 
gewehr  M/f)j  bewaffnet.  Es  g:ehärt  der  gleichen  Kaliberklasse  an, 
wie  unaer  Gewehr  von  88  und  !)S.  von  8  bis  7,5  mm.  Geomi  ist 
der  Kaliber  7,62  mm.  Das  Gewehr  wiegt  ohne  Bajonett  fast  4  kg, 
mit  solchem  4.8  kp.  Es  hat  einen  drehbaren  Zvlinder\  erschlufs  nnd 
wird  mit  Ladestreifen  von  fllnf  Patronen  geladen,  Magazin  im  Mittel- 
scbaft.  Visiernng  irelit  bis  1920  m.  Das  Geschols  hat  einen  Nickel- 
kapfermantel  und  wiegt  13,73  g,  die  Ladung  2,22  g.  die  Patrone 
25,8  g.  Die  MUndungsgeecb windigkeit  ist  635  m.  Die  Länge  des 
Gewehrs  ohne  Bajonett  ist  1,29  ni,  mit  solchem  1,73  m.  Die 
regoläre  Kavallerie  hat  das  Dragonergewehr,  welches  gleichfalls  mit 
einem  Hajonett  versehen  ist,  es  ist  ca.  13  cm  ktlrzer  und  ca.  OJ35  kg 
leichter  als  das  Infaritenegewehr.  Die  Kasaken  führen  einen  Kara- 
hiiuT  von  gleichem  Kaliber  wie  das  (rewehr,  um  0,72  leicliter 
als  das  Infantenegewehr}  im  Übrigen  ähnlich  eingerichtet,  ohne 
lii^onett. 

Vergleichen  wir  nnn  die  Handfeoerwafien  beider  kriegführenden 
Mächte,  so  befindet  sich  Japan  auf  einer  weiter  vorgeschrittenen 
Stufe,  die  den  Vorteil  grOlserer  Rasanz  und  Tragweite,  sowie  eines 
geringeren  Patrouengewichts  besitzt.  In  der  Feuergeschwindigkeit 
wird  bei  dem  gleichen  Lademodus  kein  erheblicher  Unterschied  sein. 
Dagegen  kann  man  einwerfen,  dafs  bei  dem  kleinen  Kaliber  des 
japanischen  Gewehrs  attackierende  feindlirhe  Kavallerie  nicht  so 
wirksam  aufgehalten  werden  wird,  als  duroli  das  Dreilinionpewehr, 
die  Verwnnd untren  durch  das  japanische  Gewehr  aneb  le  ichter  heilen, 
als  die  ilureh  das  rassische  bcrrorgebrachten  Hier,  wo  die  beiden 
Kaliber  sich  in  der  Hand  ;j:rolser  Armeen  eulireireiitreten,  wird  man 
jedenfalls  lehrreiche  Ertahrungen  macheu,  umfassender  als  im  süd- 
afrikanischen Kriege,  wo  auch  schon  beide  Kaliberstufen  einander 
gegenttbertraten.  Schott, 


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litwttnr. 

Literatur. 


495 


1.  BOcher. 

Denkwürdigkeiten  des  Generals  und  Admirals  t.  StMOh»  erster 

Chef  der  Admiralität.  Briefe  und  Tagebuchblätter  herausgegeben 
von  Ulrich  v.  S  losch,  HauptmanQ  a.D.  Stuttgart  und  Leipsig. 

Deutsche  Verlagsanstalt  1904. 

Diese  Oenkwürdigkeiten  waren  schon  früher  in  der  „Deutschen 
Revue"  erscluenen,  um  Jetzt  wie  der  Herr  Herausgeijei-  in  einem 
„Nachwort"  schreibt,  kontraktlicher  Verpflichtung  geraäfs  in  Buchform 
in  die  Welt  zu  geben.  Das  ist  dankenswert,  denn  man  bekommt  so 
doch  einen  abgescUoss^nen  Bindmok  von  dem  We«en,  der  Denkungs- 
art  und  auch  von  den  Leistungen  des  Generals  v.  Stoech.  Derselbe 
war  jedenftdls  einer  der  bedeutendsten  Persönlichkeiten  welche  1866, 
sowie  1870/1871  im  Felde  und  spiter  organisatorisch  tätig  gewesen 
sind.  Bin  klarer  Kopf,  ein  fester  Charakter,  ein  entsclüossener  Mann, 
dem  eine  nicht  gewöhnliche  militäris('he  Begabung,  sowie  ein  reichoM 
Wissen  auszfi<-hneten.  so  wird  General  v.  Stosch  in  der  Geschichte 
jener  denkwürdigen  Zeit  dastehen.  Soweit  sie  unbefangen  ist. 
Hier  setzt  das  „aber"  ein  und  dieses  „aber**  steht  mit  der  polltischen 
Tätigkeit  v.  Stoschs  im  Zusammenhange.  Er  war  dem  Kronprinzen 
«seinem  Herrn",  wie  er  ihn  öfters  xu  nennen  pflegt,  treu  ergeben  und 
teilte  durchaus  dessen  politische  Ansiebten.  Dafs  diese  nicht  immer 
diejenigen  Bismarcks  waren,  ist  bekannt,  und  so  lag  es  eigentlich  in 
der  Natur  der  Dinge,  dafs  t.  Stosch  politisch  Öfters  im  Bismarck- 
feindlichen Lager  stand.  Aber  doch  nur  saohlieh,  nicht  in  persön- 
licher .Animosität.  Wenigstens  erhält  man  diesen  Eindruck  bei  der 
Lektüre  der  vielfach  sehr  interes.santen  Denkwürdigkeiten.  Selbst  zu- 
gegeben, dafs  V.  Stosch  ein  sogenannter  „politischer"  General  war.  so 
waren  das  v.  Manteuffel.  v.  Gerlach.  v.  Roon  aucli  und  /.war  in  nocii 
ausgesprochener  Weise,  wie  v. Stosch.  Allerdings  in  streng  konservativem 
Sinn,  letzterer  mehr  in  liberaler  Kichtung.  Genau  wie  der  Kronprinz. 
Kein  Einsichtiger  wird  aber  den  Genannten  aus  ihrer  politischen 
Richtung  einen  Vorwurf  machen  wollen.  Warum  dem  General 
Stosch,  weil  er  „liberal**  war?  Scharnhorst^  Gneisenau,  Boyen 
waren  su  Ihrer  Zeit  auch  liberal.  Und  doch  dankt  ihnen  das  Vater- 
land unendlich  viel.  Im  übrigen  ist  das  ganze  neue  Deutsche  Reich 
ein  spezifisch  liberaler  Gedanke  gewesen.  Das  soll  man  doch  nicht 
vergessen  hei  der  Beurteilung  von  Männern,  deren  Königstreue  und 
Vaterlandsliebe  genau  so  feststand,  wie  diejenige  ihrer  politischen 
Gegner.  Den  Soldaten  kann  es  deshalb  weiter  nicht  abhalten,  den 
Verdiensten  v.  Stoschs  gerecht  zu  werden  und  diese  waren  recht 
vielseitige.   Fast  jede  Seite  der  Denkwürdigkelten  vom  Jahre  1864  ab 


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496 


bestätigt  dies,  ohne  dafs  irgendwo  ein  Vordrängen  oder  Wichtigtun 
des  Briel'schreibers  bemerkbar  ist,  der  aufserdem  ein  ebenso  viel- 
belesener, wie  geistreicher  und  wisaenschaftlich  hochgebildetor  Mann 
war.  Bs  wSre  zu  wfinschen,  dafs  die  Armee  recht  viele  solcher 
Generale  aufonweisen  hAtte  wie  v.  Stcsch  einer  war,  der  sieh  auch 
den  adiwierigston  Lagen  gewachsen  zeigte! 

Die  Gründe,  warum  Hauptmann  v.  Stosch  nicht  auch  die  Denit- 
Würdigkeiten  seines  Vaters  von  1872  ab  erscheinen  lassen  will  —  er 
tiefürchtüt  ..neues  Auslösen  persönlichen  Grolles"  —  sind  mir  nicht 
ganz  verstäin^lirh.  I  ber  den  persönlirhpn  Rücksichten  steht  —  zuma! 
von  den  B»  tLili^;!*  ii  wohl  keiner  mehr  unter  den  Lebenden  weilt  — 
für  den  Historiker  die  Wahrheit.  Diese  Pflicht  hatte  aber  dei-  Heraus- 
geber   -  wie  er  selbst  sagt  -  ■  seinem  Vater  gegenüber  übernommen! 

Keim. 

KriegsgescAiehtildie  BtnaeMirlflai.  Heft  S3.  Herausgegeben  vom 
Grofsen  Generalstabe.  Kriegsgeschichtliehe  Abteilang  L 
Berlin  1904.  B.  8.  Hittter  k  Sohn. 

Die  krieg^^BOhichtüche  Abteilung  1  des  Grofseu  Generalstabes 
hat  mit  der  Überführung  der  kriegsgeschichtlichen  Einzelschritten  auf 
das  Gebiet  zeit«»;enö8sischer  Kriege  --  Heft  33  behandelt  ebenso  wie 
seine  Vorgänger  den  südaft*ikanisfhHn  Krieg  1899  bis  1902  —  einen 
sehr  guten  Grifl"  getan.  Ks  lag  das  im  intoresse  der  „Kriegsgeschicht- 
lichen Einzelschriften"  selbst,  welche  in  den  Heften  26—31  etwas 
veraltete  Stoffe  behandelt  und  damit  an  praktischer  Lehrhatligkeit 
Verloren  hatten.  Letzteres  ist  und  bleibt  aber  die  Hauptsache  flir 
Kriegsgeschichte,  welche  für  den  Gebrauch  in  der  Armee  bestimmt 
ist  and  nach  dieser  Richtung  bringt  Heft  83  eine  ebenso  reichhaltige 
wie  wertvolle  Ausl^eute.  Diesmal  in  erster  Linie  mehr  vom  operativen 
StandpunlLte  aus,  weil  es  die  ..Operationen  unter  Lord  Roberts  bis  zur 
Einnahme  von  Rloenfontein"  behandelt  —  aber  auch  die  taktische 
Seile,  die  bei  den  Kämpfen  am  Pardeberg  mehr  hervortritt,  ist  selir 
geschickt  und  wohl  durchdacht  berücksichtigt  worden. 

Keine  mir  bekannte  Veröft'entlichung  hat  iu  so  kurzen,  dabei  treffen- 
den Ausführungen  das  Wesen  des  Operationsplanes  von  Lord  Koberis, 
der  bei  seiner  Ankunft  auf  dem  Kriegsschauplatze  am  10.  Januar  1900 
ehie  sehr  ungflnstlge  Kriegslage  vorfand,  heraussuschilen  verstanden, 
wie  das  hier  geschieht.  Dabei  ist  alle  „Sy8tem*'maclierei  vermieden 
und  die  strategische  Tätiglfeit  hier  auf  das  zurttclc  gefQhrt  worden, 
was  sie  nach  Moltkes  Ausspruch' bei  Uchte  besehen  stets  sein  sollte 
..ein  System  von  Aushilfen"  unter  „Anwendung  des  gesunden  Menschcn- 
vei sf;indes'.  Wer  aus  Strategie  mehr  machen  will,  dpr  verkennt 
durchaus  das  wahre  Wesen  der  Strategie  und  wenn  er  noch  so  ge- 
lehrt oder  absprechend  auftritt. 

Ebenso  hat  das  Ausschlaggebende  des  persönlichen  Ele- 
«ments  im  Kriege  eine  sehr  richtige  Einschätzung  erfahren.  Das  muCb 
aber  gerade  in  langen  Priedenszeiten  immer  wieder  betont  werden,  weil 


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Uteclitar. 


497 


man  solchen  allzuleicht  und  allzusehr  Wert  auf  System  und  Methode 
legt.  Und  hier  wir  dan  Lord  Roberts,  l^rd  Kitchner  und  General 
Prenoh  in  überzeugendster  Weise  das  geradezu  Ausschlaggebende  der 
P^önlichkeit  naohgewiesen.  Und  smr  nieht  auf  dringlich,  sondern 
an  der  Hand  der  Tatsachen.  General  Bnller  andererseits  Innn  als  der 
Typ  eines  Generals  gelten,  der  auf  die  p,Methode**  schwor  nnd  awar, 
teilweise  auf  eine  solche  nach  deutschen  Mustern.  Er  mag  I'  tztere 
falsch  verstanden  haben,  aber  das  geschieht  stets,  wenn  ein  General 
nicht  so  viel  Geist  besitzt,  um  sein  eigenes  Muster  sein  zu  können. 

Taktisch  ungemein  interessant  und  leiiiToich  ist  dei-  ifberzensrend 
geführte  Nachweis  von  der  Möglichkeit  grofser  Erfolge  geschickt  ver- 
wendeter Reiterei  selbst  gegen  unerschiitterte  Infanterie,  wie  der 
l>urchbrucli  der  Kavaüeriedivisioii  i'^runch  mitten  durch  die  Buren- 
stellung  am  Moder  River  am  15.  Februar  1900.  Der  Kampf  gegen  den 
tapferen  Kroi^e  am  Pardebet^,  welcher  mit  der  Waffenstreckung  der 
Buren  endigte,  ist  eigentlich  mehr  psychologisch  als  taktisch  bemerkens* 
wert  In  dem  Gefechte  bei  Oriefontein  dagegen  —  ein  englischer 
Offizier  nennt  es  das  lehrreichste  des  ganzen  Feldzuges  —  tritt  lutage, 
dafs  ein  einheitlich  durchgefülirter  Angriff,  nachdem  der  Gegner 
durch  die  FevH-rwirkung  sturmreif  geworden  ist,  auch  heutzutage 
noch  durchfüiu'bar  ist.   Was  sagen  die  „PorUonstaktik(»r'*  dazu? 

Keim. 

Die  unterseeiHchen  Tele^raphenkabel  in  Kriegszeiten.  Von  Dr. 
Bruno  Kraenier.  Leipzig.  A.  Deicliertsche  Verlagsbuchhand- 
lung, Nachf.  (Geoi^  Böhme).  1908. 

Bine  kleine  Schrift  von  nur  64  Druckseiten  liegt  vor  uns.  Und 
doch,  welche  FttUe  von  Anregungen  bietet  sie,  welches  Studium  in 
der  Literatur  des  Völkerrechte  geht  aus  ihr  hervor,  so  dafs  es  sich 
wolil  der  Mühe  lohnt,  auf  den  interessanten,  gut  geordneten  Inhalt 
etwas  näher  einzugehen! 

In  der  „Einleitung"  geht  der  Herr  Verfasser  von  der  „weltum- 
spannenden und  we!tv<*rHndernden  HtdcuiuriL^  des  elektrischen  Tele- 
graphen" aus,  der  „in  wenigen  Jahrzehnieii  zu  einem  der  wichtigsten 
Grundpfeiler  der  modernen  Kultur  geworden  ist",  nanientUch  durch 
die  unterseeischen  Kabel,  die  Kontinent  mit  Kontinent  innig  verbinden! 

Sehr  richtig  wird  betont,  in  welch  umgekehrtem  VerbUtnis  die 
Schnelligkeit  der  Entwickelung  dieses  Verkehrsmittels  zur  Langsamkeit 
und  SchwerfHlUgkelt  der  völkerrechtlichen  Rechtsbildung  steht»  welche 
wohl  für  Friedensseiten  einige  Rechtssätze  geschaffen,  nicht  aber  für 
Kriegszeiten. 

Im  Kapito!  I  „(ieschichtliche  Entwirkehmy:'*  Hl<»r  Kfihf^lschutz- 
bestrebungen  mi  ailgemfinpn  wird  darauf  iiini^cwiesrn,  dais  der  Ge- 
<lanke  des  Schutzes  und  sogar  der  Neutralisierung  der  Kabel  so  alt 
ist,  wie  die  Kabeiiegung  selbst.  (21.  Juni  1866  erste  Kabellinie 
V'alentia  bei  Irland  —  Heards  Content  au{  Neufundland.) 

Ein  solcher  Optimismus  von  Nentralitiltsbestrebungen  konnte  nur 


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498 


litanfcar. 


in  den  „Kindheitsiagen"  der  transozeaniecheti  Kabel  zutage  li-eten. 
Man  hatte  übersehen.  daXs  die  Kabel  nicht  ausschliefslich  friedliche 
VerketumiiitteU  sondern  Kriegsmittel  ersten  Ranges  seien.  Infolge« 
dessen  kamen  die  VoraehlSge  auf  den  Telegraphenkonferensen  nicht 
Ül>er  den  TOIkerreclktiichen  Schuts  der  Kabel  in  Friedensseiten  lieraus. 

Völkerrechtlich  ist  in  dieser  Beziehung  die  Konferenz  vom  14.  Marz 
1884  noch  die  bedeutendste  für  den  modernen  Verkehr  und  Handel. 
Im  Kriege  dagegen  bleiben  alle  Kabel  vollkommen  schutzlos  und 
votz:elfrei,  wie  dies  vortrefllich  im  Kapitel  II  „Bisherige  Behandlung 
der  i\abel  im  Kriege**,  an  dem  Verlauf  des  chilenisch^peruanischen 
Krieges  1879/1881  und  huupisaclilich  des  spanisch-ftmerikanischen 
Krieges  1898,  schlierslich  auch  des  Burenkrieges  nachgewiesen  wird. 
Die  sich  daraus  ergebenden  Reehtaiusttnde  sind  tatsidiUoh  höchst 
dürftige,  um  so  mehr,  als  hier  im  Kampfe  zweier  Mfichte  völlig  un- 
beteiligte Dritte  in  unverdiente  Mitleidenscliaft  gesogen  worden  sind. 

Da  nun  bis  heute  besondere  BesUmmnngen  Aber  die  Behandlung 
der  Katiel  in  Kriegszeiten  fehlen,  so  können  nach  Ansicht  des  Herrn 
Verfassers  zunächst  nur  die  allgemeinen  völkerrechtlichen  Grundsätze 
analoge  Anwendung  finden.  Diese  werden  im  Kapitel  III  „Die 
Rechtsgrundsätzü  pp.".  im  Kapitel  IV  „Die  Mittel  pp  "  und  im 
Kapitel  V  ^Die  Rechtslülgen  der  willkürlichen  Beeintlussung  des 
Kabelverkehrs  im  Kriege''  in  logischer  Weise  auseinandergesetzt. 

Im  „Schlufs"  zieht  der  Herr  Verfasser  das  Ergebnis  seiner  geist- 
reichen Untersuchungen  und  schlfigt  eine  sinngemSfse  Anwendung  der 
aOgemeinen  völkerrechtlichen  Grundsfitze  auf  den  Kabelverkehr  im 
Kriegevor,  indem  er  9  Thesen  aufstellt  die  bei  einer  möglichst  bald 
zu  wünschenden  intemationiden  Konferenz  zweifellos  eine  annehmbare 
Grundlage  für  Rechts- Bestimmungen  bilden  könnten. 

Das  Bestreben  Dr.  Kraemers,  das  Völkerrecht  auf  dieser  terra 
incognita  tortentwickeln  zu  wollen,  verdient  gewifs  volle  .An- 
erkennung. Es  fragt  sich  nur.  ab  trotz  alier  Konferenzen,  trotz  Fest- 
setzung rechtlicher  und  iuiiaaner  Grundsätze  ein  wirklich  zweck- 
mäl^iges  Schutzmittel  der  Kabel  im  i\nege  geschaffen  wird.  Ein  zu 
grofaer  Idealismus  auf  diesem  Gebiete  verträgt  sich  im  Kriege  schleoht 
mit  der  Praxis,  in  der  zumeist  »Macht  vor  Recht"  geht  und  gehen 
wird.  Deshalb  sollte  ein  Staat  einen  wirksamen  Kabelschuts  —  abge- 
sehen von  dem  indirekten  Schutz  durch  völkerrechtliche  Grond*- 
sfttze  —  hauptsächlich  auf  zwei  anderen  Gebieten  suchen,  nämlich: 

1.  in  einer  glücklichen  Weiterentwickelung  und  gröfseren 
Ausdehnung  des  eigenen  Kubelwesens.  um  sich  in  Priedens- 
und  Kriegszeiten  möglichst  unabhängig  von  fremden  Kabel- 
wesen zu  machen,  und 

2.  in  einem  zuverlässigen  direkten  Schutz  der  Kabelenden. 
Der  spanisch-amerikanische  Krieg  hat  bewiesen,  dafs  bedeutende 

Meerestiefen  das  Auffinden  der  Kabel  iufserst  erschweren,  ja  trel2 
aller  vortrefflichen  Ausrtlstungen  zum  Fischen  der  Kabel  unmöf^ch 


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Utentur. 


499 


mAchen.  -Die  Bemühungen  der  amerikanischen  Kriegsschiffe  ^Man- 
grove**,  „Adria**  und  „St.  Louis«*  (s.  S.  14  der  Schrift)  blieben  erfolglos, 
dio  von  Santiago  nach  Haiti  und  Jamaika  führenden  Kabeln  zu  fassen 
und  zu  zerschneiden  und  damit  die  ganze  Insel  von  der  Verbindung 
mit  Spanien  abzuschneiden.  Man  wird  deshalb  bei  geringerer  Meeres- 
tiefe, also  wuhi  schoinlich  in  der  Nähe  der  Ktiste  die  Zerstörung  der 
Kabel  Torsunehmen  versuchen.  Dagegen  kann  man  sich  nur  durch 
zweekmäfsig  angelegte  Kflatenbefeatigungon  flohfitsen.  Dab  ee 
der  J8t  Louis*  am  18.  Mai  1898,  eine  SeemeUe  von  der  Kfiste  Ton 
Santiago  tataächlioh  gelang,  selbst  unter  dem  Pouer  der  KüBtenforts 
,  ein  Kabel  zu  fassen  und  zu  kappen,  kann  als  vollgültiger  Beweis 
nicht  gelten.  Wenn  Küstenbefestigungen  zweekmäfsig  angelegt  und 
mit  weittragenden  Küstengeschützen  auagerüstet  9ind,  wenn  bei  Tage 
ein  guter  Küstenbeobnrhtunc-sdienst.  bei  Naciu  eine  ausgiebigf^  Be- 
leuchtung mit  Scheinwciieni  statttindet,  mufs  ein  solches  Unternehmen 
bei  der  Länge  der  zur  Zerstörung  erforderlichen  Zeit  scheitern. 

In  Deutschland  liegen  die  unterseeischen  Kabelenden  in  der  Ost- 
see in  Sabnlta,  Arkona,  Warnemünde  und  Ptthnenshaff  (Alsen);  in  der 
Nordsee  sind  die  Inseln  R5m,  Sylt,  Amrun,  Hooge,  PeUwom  und  Nord- 
strand miteinander,  die  Fltigelinseln  Rttm  und  Nordstnuid  mit  dem 
Festland,  sowie  in  der  Mitte  Amrun  mit  dem  dahinterliegenden  F9kt 
und  letzteres  mit  dem  Festland  durch  Kabel  verbunden.  Weitere 
Kabelenden  liegen  auf  Helgoland,  in  Cuxhaven  und  Norderney.  Die 
gröfstc  und  wichtigste  Kabelstation  befindet  sich  jedoch  auf  Borkum 
(5  Enden). 

Von  diesen  Kabelstationen  sind  durch  Küstenbefestigungen  bereits 
geschützt:  Cuxhaven  und  Helgoland.  Von  einem  besonderen  Schutz, 
in  der  Ostsee  könnte  man  absehen.  Anders  verhält  es  sich  mit  den 
wiebtigeren  Kabelstationen  der  Nordsee,  namentlich  mit  Borkum,  aber 
auch  Sylt  und  PeUwom  kämen  in  Betracht 

So  führt  diese  bemerkenswerte  Schrift  zu  manoiien,  durchaus 
nicht  nebensächlichen  Untersuchungen.  Wer  daher  seine  Studien  auf 
dem  Gebiete  des  Völkerrechts  erweitern  will,  dem  sei  dies  Werkchen 
aufs  wärmste  empfolilen. 

M^jur  Scharr. 

Anleitung  für  die  rationelle  Ausbildung  der  Kompagnie  und  ihrer 
Teile  im  Felddienste.  Von  Johann  Wolff,  k.  und  k.  Haupt- 
mann im  Inf.'R^.  89.  Wien.  S.  W.  Seidel  4b  Sohn.  1904. 
Preis  4  Mk. 

Das  voiliegende  Buch  ist  im  AnschiufB  an  „die  gefechtsmftlsige 
Ausbildung  der  Kompagnie**  ein  wertvoller  Beitrag  daau,  wie  in  der 

^terreichischen  Armee  der  Pelddicnst  betrieben  wird. 

Das  Buch,  welches  sicli  auf  die  modernsten,  auch  deutschen 
Schriften  über  Taktik  stützt,  h'uAA  gerade  für  uns,  die  wir  noch 
länger  \vi<'  flif^  «')stt»rrei«'hpr  nur  iiti  Frieden  Felddienst  treiben,  vielerlei 

Jakrbürbcr  tür  die  dvatsok»  Arm«*  and  Uaiin«.   Ko.  88 


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500 


Lttemar. 


Beacht4;nswertes.  Ganz  besonders  gilt  dies  für  den  Abschnitt  „Schu- 
lungen des  Auges",  jene  so  enonn  wichtige  Vorübung  iur  das  ge- 
fechtsmäfeige  Schiefsen.  Wir  finden  hier  den  Mftnn  der  Praxis  in  dem 
Verfasser  und  sind  ihm  dankbar  fQr  mancherlei  Winke,  die  wir  fOr 
nns  nuCsbar  maehen  k5nnen. 

In  dem  zweiten  Abschnitt  über  ^Sicherungen"  finden  wir  nUMa 
wesentlich  Neues;  nur  zeigt  sieb  auch  hier  eine  engere  Anlehnung  an 
den  Bmstfail  als  es  im  allgemeinen  bei  uns  der  Fall  ist.  Bs  gQt  dies 
in  Sonderheit  bei  dem  Verhalten  der  „Verpatrouille",  etwa  unserem 
Vortmpp  entsprechend  und  findet  sich  auch  in  diesem  Kapitel  vieles, 
das  man  beherzigen  kann,  vornehmlich  über  das  Vorgehen  von  In- 
fanteriepatrouiUen.  Die  letzten  Betrachtungen  über  „Seitenhut".  „Rück- 
märsche" und  nFlankenrnfirBche**  sind  etwas  reichlich  schematisch  be- 
handelt und  zu  lang. 

Besonders  interessant  waren  uns  die  Abhandlungen  über  die 
„Vorposten"  und  glauben  wir,  dafs  in  dieser  Hinsicht  die  deutsche 
Pelddienstordiiung  doch  auf  einem  kriegsgemäfseren  Standpuakie  als 
die  österreichische  steht.  Hier  findet  sich  noch  manches  Veraltete. 
Die  Österreicher  kennen  noch  eine  Tages-  und  eine  Nachtstellung, 
wihrend  unsere  Infanterie  sofort  die  letztere  einnimmt  Warum  der 
Posten  mit  aufjgepflanztem  Bigonett  stehen  mufs,  ist  uns  ni<dit  klar. 
Ein  Mann  des  Doppelpostens  darf  sich  mit  Bewilligung  des  Feldwacht> 
lutbenden  niedersetzen;  dielieute  der  Feldwache,  unseren  selbständigen 
Unterofßzierposton  von  8—14  Mann  ontspr»»ohond.  bleiben  mit  dem 
Gewehr  in  der  Hand  und  behalten  das  Gepäck  umgehänc;!:  *'s  dürfen 
auch  keine  Zelte  aulgeschlagen  werden;  es  werden  auch  einzelne 
Leute  zum  Palrouillendienst  verwendet,  was  doch  seine  gi'ofsen 
Schattenseiten  hat;  es  sind  für  diese  schwachen  Abteilungen  so  viele 
fitntsendungen  vorgesehen,  dafe  der  Zusatz  ndtig  wird,  es  sollten 
aufser  dem  Doppelposten  wenigstens  noch  2  Mann  bei  dem  Fdd- 
wachthabenden verbleiben.  Ferner  will  es  uns  als  zu  weilgehend  be- 
zeichnet sein,  wenn  vorgeschrieben  wird,  die  Feldwachen  seien  alle 
4  Stunden  abzulösen. 

Den  asterreichischen  Hauptposten  entsprechen  unsere  Vorposten* 

kompagnten;  auch  sie  dürfen  keine  Zelte  aufschlagen.  Der  vierte 
Teil  des  Hauptpostens,  bei  Nacht  dessen  Hälfte,  bleibt  als  Bereitschaft 
in  Reih  und  Glied  und  behält  die  Gewehre  in  der  Hand.  Auch  die 
Vorpostenrcserve,  unserem  Vorpostengros  gleicliern!  hat  mindestens 
den  vierten  Teil  in  derselben  Weise  wie  die  ilauptposten  als  i^reit- 
schaft  auszuscheiden.  Wir  sind  der  Meinung,  dafs  diese  Mafsregel 
zu  weit  gehl;  sie  wird  als  notwendig  erachtet,  weil  die  üsterreichischtt 
Vorpostenaufstellung  durch  das  Fehlen  unserer  Feldwachen  der  nötigen 
Tiefe  entbehrt  Gerade  hierin  aber  beruht  die  Garantie  dafQr,  dnls 
die  hinteren  gröfseren  Verb&nde  rechtzeitig  kampfbereit  sind. 

Im  übrigen  bieten  die  österreichischen  Vorschriften  Aber  den 


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Literatur. 


501 


Sicherungsdiensl  ruhender  Truppen  ungemein  viel  Ähnlichkeit  mit  den 
deutschen. 

Zum  Schlufs  hat  Verfesser  such  aoch  einen  Absefanitt  Aber 
„Postierangen'',  d  h.  Sidierungen  lauitonierender  Truppen  und  Aber 
«Vorposten  im  Pestungskriege"  beigefügt;  besonders  erstere  sind  von 
aligeoieinem  Interesse. 

Wir  sind  der  Meinung,  dafs  in  einer  Zeit,  in  der  wir  aus  der 
Wirklichkeit  keine  neuen  Erfahrungen  zu  sammeln  vf  rmögen,  Arbeiten 
wie  die  vorliegende  für  uns  besnn deren  Wert  haben  müssen. 

Denn  wenn  auch  die  Auffassungen  in  anderen  Armeen  wesentlich 
von  den  unsrigen  abweichen,  sie  haben  gerade  dann  eine  gewisse 
Berechtigung,  wenn  sie  sich  wie  hiei  aui  kriegerischen  Ereignissen 
aufbauen. 

Wir  empfetaien  darum  die  voriiegende  Arbeit  dem  eingehenden 
Studium,  denn  wir  können  ans  ilir  gar  manches  lernen.  68. 

Le  Premier  deploiement  stmtftglqve  des  AUmuids  en  1890.  ^  Par 

Pierre  Lehautcourt. 

Wie  das  in  der  „Revue  d'Histoire"  in  monatlichen  Lieferungen 

veröflenllichto  französische  Generalstabswerk  über  den  Krieg  1870/71, 
so  unternimmt  es  der  französische  Oberstleutnant  Palat  unter  dem 
Pseudonym  Lehautcourt  in  einer  soeben  erschienenen  Broschüre,  das 
.Verdienst  der  deutschen  Heeresleitung,  und  besonders  MoUkes,  herab- 

:6usctzen. 

Lange  liätte  man  bewundert;  die  Gröfse  der  erreichten  Resultate 
h&tte  die  Schwachen  verborgen.  Jetzt  sei  es  klar,  dafs  die  Erfolge 
der  Deutschen  mehr  den  Fehlem  der  Pranzosen  und  ihrer  inneren 
Unterlegenheit  zu  danken  seien,  als  dem  gegen  sie  ins  Werk  gesetzten 
Kriegssystem. 

Moltke  sei  grofs  erschienen  durch  die  ganze  Schwachheit  der  ihm 
gegenöbergestellten  Generale.  Er  sei  ein  sehr  guter  Genoralstabschef 
aber  kein  pr'nialer  Stratege  «gewesen.  Sein  Verdienst  sei  freilieh  die 
tjiniieiiliche  Ausbildung  des  Geaeralstabs,  der  Ivriegsakademie  und  da- 
durch der  ganzen  Armee  gewesen,  und  in  dieser  Einheitlichkeit  sei 
der  Ursprung  der  üuerhürten  Erfolge  vielmehi-  zu  suchen  als  in  oft 
mittelmSJkigen  (»parfois  mMiocres**)  strategischen  Berechnungen.  — 
Lehautcourt  wendet  sich  dann  zu  seinem  Thema  und  bespricht  den 
Verlauf  der  Ereignisse  der  letzten  Juli-  und  ersten  Augusttage: 
Wlihrend  bei  den  FVanzosen  die  Unruhe  infolge  ungenügender  Nach- 
richten wuchs,  besafsen  die  Deutschen  einen  ausgezeichneten  Nach- 
richtendienst: Moltke  hatte  die  besseren  Karten  in  der  Hand.  Der 
Befehl  an  die  Erste  Armee.  Trier  zu  halten  (Korr.  Nr.  72).  war  eine 
Schwäche,  denn  Trier  sei  ein  „centre  adnünistratif  und  nicht  als 
nulltärisch  wichtiger  Punkt  zu  betrachten.   Uns  scheint,  dafs  Moltke 

1)  Aveo  4  eraqate  hors  texte.  Paris  1908.  Berier-I#ovraalt  A  Cle. 

8t* 


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502 


Litemar. 


nicht  den  Wert  auf  das  »centre  administratif*  gelegt  hat,  sondern 
bei  6en  Worteo  hi  dam  kunen  Tatogfsntm  vom  29.  Juli:  .TUer  gegen 
feindlichen  Angriff  m  halten"  mehr  den  Ort  hal  beieicbnen  wellen, 
der,  leieht  proTiaerieeh  hefeBtigt,  ftlr  eine  Ofieneive  der  Breten  Annee 
nn  Pklle  des  Vergehens  der  Praiisoeen  gegen  die  Zweite  ein  ge^gneter 
Ausgangspunkt  sein  konnte. 

Aus  der  Lage  heraus,  wie  sie  am  31. Juli  war.  konnte,  so  ensäi^t 
Lehautcourt  weiter  ein*^  t'ranzösische  Oftensive  nicht  mehr  von  Erfolg 
sein.  Hätte  sie  sich  über  l^usi  ndori-Rehlingen-Nonnweiler  gegen  die 
Erste  Armee  gewandt,  so  verliefs  sie  die  natürliche  Operationsiinie. 
und  die  Gefahr,  von  der  sich  zurückziehenden  Ersten  Armee  zu  weit 
nach  Nordtiii  gelockt  zu  werden,  mulste  den  Gedanken  an  ein  Yot' 
gehen  in  dieser  Riehtung  beseitigen.  Ein  Voigehen  gegen  die  Zweite 
Armee  war  wegen  der  drohenden  Flankierung  durch  die  Erste  nnd 
Dritte  ausgeschlossen,  mithin  durfte  Moltke  auf  «ne  franaSslsche 
Offensive  nicht  rechnen  und  mulste  die  Erste  und  Zweite  Armee  be- 
schleunigt zum  Angriff  vorführen,  während  die  Dritte  im  Elsafs  offensiv 
wurde.  Aber  Moltke  rechnete  noch  mit  einer  französischen  Offensive 
und  fafste  sie  auch  in  den  folgenden  Tagen  wählend  des  Vorrückens 
an  die  Saar  ins  Auge.  Er  gab  seine  Weisuntcen  fin  die  .\rmeen  so, 
dafs  er  für  diesen  Fall  die  Truppen  genügend  \  t  rsammelt  hatte,  um 
den  Kampf  aufzunehmen.  Er  fügte  jedoch  auädiuckUcii  ^Kurr.  Nr.  94) 
hinsu:  „Allgemeine  Ofibnsive  beabsiehtigt".  Lehautcourt  stellt  die 
Mafsnahmen  Moltkes  in  diesen  Tagen  als  direkt  auf  die  taktische 
Defensive  abzielend  hin  und  sagt:  „U  prendrait  aisement  pour  devise: 
Strategie  offensive,  tactique  defensive".  Von  einer  beabsichtigten 
Defensive  ist  unseres  Erachtens.  nachdem  der  Gedanke  einer  Stellung- 
nahme hinter  der  Lauter  aufgegeben  war,  nicht  mehr  die  Rede.  Wahr 
ist.  dafs  Moltke.  wie  er  es  auch  nach  dem  Kriege  (Takt,  strat.  Aufs. 
1867 — 1871  S.  XIV>  ausspricht,  rein  theoretisch  betrachtet,  um  den 
Peldzug  nicht  mit  einer  Niederlage  zu  beginnen,  die  taktische  Üefeii-^iv»' 
geeignet  fand,  um  zunächst  mehrere  Angrifi'e  des  Feindes  ubzusehiagen 
und  dann  zur  Offensive  überzugehen.  Nichtsdestoweniger  ist  er  1870 
stets  oUbnsiv  gewesen.  Wenn  aber  Moltke  ein  Vorwurf  daraus  ge- 
macht wird,  daTs  er  noch  bis  zum  S.  August  eine  franzlSeiache 
Offensive  für  nicht  ausgeschlossen  hielt,  obgleich  er  wissen  mulste. 
daÜB  sie  nur  mit  vier  Korps  hätte  unternommen  werden  können,  so  ist 
zu  erwidern,  dafs  nach  den  Erfahrungen  des  Jahres  1859  eine  Offen- 
si\e  <ier  Franzosen  durchaus  nicht  so  unwahrscheinlich  erscheinen 
konnte,  wie  es  jetzt.  33  Jahi'e  nach  dem  Kriege  behauptet  wird,  und 
dafs.  falls  er  für  diese  Offensive  nicht  stets  durch  geeignete  Versamm- 
lung vurbereitel  gewesen,  umi  die  Nachrichten  der  Franzosen  besser 
gewesen  wären,  sehr  wohl  eine  solche  die  Zweite  Armee  bei  ihrem 
Vorgehen  gegen  die  Saar  in  eine  unangenehme  Lage  hatte  bringen 
kennen. 

Als  Moltke  am  4.  August  die  Überzeugung  gewonnen  hat,  dafs 


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Utocalor« 


508 


die  Franzosen  an  ein  Vorgehen  nicht  mehr  denken  (Korr.  Nr.  100), 
schreibt  f»r  an  dns  Oberkommando  der  Zweiten  Armee:  .,es  wird  dor 
Krwagung  Hr.  Kgl.  Kohoit  anhfiinigestellt.  ob  die  Teten  de^  dritten  und 
vierten  Armeekorps  baldigst  bis  in  die  Linie  Ottweilei-Neunkirchen- 
Homburg  vorrücken"  etc.  Diese  Entscheidung  durfte,  so  erwägt 
Lehautcourt,  nicht  dem  Führer  der  Zweiten  Armee  überlassen  weiden, 
da  diese  ÜberlaBsung  den  Gmiid  zu  der  vereinzetten  Handlung  von 
Spicheni  legte  und  die  beabsiohtigte  BntecheidungeeclilacHt  vereitelte. 
Diese  beabsichtigte  Schlaeht  wäre  fiberhaupt  schwer  zu  bewerkstelligen 
gewesen,  da  sie  grofse  Präzision  in  den  Bewegungen  erfordert  hStte, 
die  mit  der  Nähe  des  Feindes  nicht  vereinbsr  war.  Moltlies  Weisungen 
'-rdon  aufserdem  dazu  nicht  bestimmt  genug  gewesen,  und  er  sowie 
Steinmetz,  der  sirh  nicht  an  die  Befehle  hielt,  seien  Schuld  an  dem 
NichtZustandekommen  der  Hauptschlacht.  Dafs  der  geringe  Erfolg 
bei  Spiohern  überdies  den  Deutschen  zufiel,  habe  an  der  Untätigkeit 
Frossards  und  Bazaines  gelegen. 

Bs  ist  richtig,  dafs  Moltke  Zusammenwirken  aller  drei  Armeen 
in  der  Schlacht  ursprünglich  beabsichtigte.  Dafs  es  nicht  zustande 
kam,  lag  offenbar  an  dem  zu  fHIhzelÜgett  Vorgehen  der  Ersten  Armee 
und  dem  langsameren  Verlauf  der  Dinge  im  BlsaTs.  Andererseits 
konnte  Moltke  unmöglich  strikte  Weisungen  geben,  die  dieses  Zu- 
sammenwirken verbürgt  hätten,  da  sich  die  Lage  beim  Feinde  immer 
noch  ändern  konnte,  und  er  ein  selbständiges  Handeln  den  ITmstnndcn 
gemäfs  bei  den  Armeen  nicht  durch  hestimiiitf  l^rli  hh'  unterhmden 
durfte.  Zudem  hatte  er  vorher  in  Berlin  Gelegenheil  genommen  über 
die  allgemeinen  Absichten  des  Grofsen  Hauptquartiers  sich  mit  den 
FQhrem  oder  deren  Chefs  zu  besprechen  und  konnte  sich  somit  im 
Felde  in  der  berechtigten  Annahme,  dab  Uber  diese  Absichten  Klarheit 
herrsche,  auf  kurze  Du^ktiven  beachrftnken.  Der  Verlauf  des  Feld- 
snges  zeigte,  dafs  er  da,  wo  er  nicht  vorher  Gelegenheit  gehabt 
hatte,  die  Führer  persönlich  zu  sprechen,  hingehendere  Weisungen  er- 
lassen hat. 

Aus  allem  den  Schlufs  zu  ziehen,  dafs  Moltkes  Gedanken  in  dieser 
Peldzu^speriode  nirht  über  das  Mittolmafs  hinausgingen,  ist  kaum  zu 
rechtfertigen.  Indem  Lehautcoun  aufser  aclit  läfst,  dafs  sich  in  jenen 
Tagen  doch  erst  die  ganze  Lage  mehr  entschleiern  mufste,  bevor  die 
deutschen  Armeen  in  bestimmter  liichtung  mit  beiaummten  Betehlon 
angesetzt  werden  konnten,  um  nicht  aufs  Geratewohl  darauf  loszugehen, 
versteigt  er  sich  am  Schlüsse  seiner  Broschüre  zu  dem  Satze:  „Weit 
entfernt»  dem  Gegner  seinen  Willen  aufkuxwingen,  ist  er  (Moltke) 
bereit  sich  ilim  zu  beugen  et&** 

Dafs  Moltke  bei  der  Kühnheit,  welche  doch  die  weiteren  Operationen 
beweisen,  im  Anfange  des  Feldzuges  die  Vorsicht  wahrte,  aucli  wenn 
er,  wie  es  heutt;  sich  leicht  sagen  lafst  ,,alle  Atouts  in  der  Hand  hatte*', 
ist  eine  Tatsache,  aus  der  man  nicht  ohne  weiteres  den  obigen  Vor- 
wurf ableiten  darf.   Von  einem  Bereitsein,  sich  dem  Willen  des  Gegners 


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504 


UtBiMiir. 


m  beugen,  kann  wohl  bei  dem  steten  Betonen  einer  beabsiohtigten 
allgemeinen  Offensive  nicht  die  Rede  sein.  P. 

Erlebnisse  Heinrich  Ton  SchSnfeis's  als  Generalstabsoffisicr  bei  der 
Avantgardenkayallerie         and  1870.   Hf^raii^^ppGreben  von  L 

v  n  Sch5nfels.  Mit  einem  Bildnis  in  LicUtdruck.  Berlin  1903. 
Verlag  von  Bisenftchmidt.   Mk.  3. 

Die  Gattin  des  noch  in  juneron  Jahren  aus  dem  Leben  geschiedenen 
Majors  v.  Schönfcls  veröffeniliciit  Peldzugsbriefe  desselben  aus  den 
Knegsjahren  1866  und  1870,  eingeleileL  durch  ein  Vorwort,  das  den 
äufseren  Lebensgang  ihres  Mannes  wiedergibt 

Die  Armee  kann  Frau  v.  Schönfels  für  diesen  ihren  Entschhifs 
nur  dankbar  sein,  denn  wir  lernen  durch  das  Buch  nicht  nur  einen 
gescheuten,  tfichtigen  Offizier  und  liebenswflrdigen  Menschen  kennen» 
der  als  OeneralstabsofOsier  nuch  in  der  recht  schwierigen  SteUnng  bei 
der  6.  Kavalleriedivislon  1870  das  möglichste  tat.  Erfolge  zu  erzielen, 
sondern  oihalten  auch  einzelne  neue  Eindrücke  bestätigender  oder 
aufklärender  Art  von  kriegsgeschichtlichera  Wert. 

Im  Feldzuge  von  1866  war  S.  Generalstabsoftizier  bei  fior  Knvallerie- 
di Vision  Hann  von  Wevorn  des  Kavalieriekorps.  Bis  zur  Schlarht  von 
Königgrätz  stets  hinter  den  anderen  Truppen  zurückgehalten,  hatte 
diese  Reiterei  bis  dahin  nicht  Gelegenheit,  etwas  zu  leisten:  hier,  ob- 
gleich nicht  geschlossen  eingesetzt,  kam  für  die  tüchtigen  Regimenter 
doch  der  Augenblick,  sich  zu  bewähren,  und  wir  sehen  auch  den 
tapferen  PQhrer  der  Division,  wie  er  seinen  Generaistabaoffisier  zur 
Seito,  sich  im  Handgemenge  tüchtig  mit  Osterreichischen  Reitera 
hemmhaut 

Die  Mitteilungen  ttber  die  fireignisse  nach  der  Schlacht  lassen  es 
so  recht  erkennen,  dafs  das  Versiumnis  einer  sofortigen  Verfolgung 
nach  dem  Brfolge,  die  S.  *sehr  gewünscht  hatte,  nie  wieder  gut  zu 
machen  ist,  nicht  allein,  dars  der  fliehende  Gegner,  der  bekanntlich 

mit  Hinbonnieilenstiefeln  marschiert,  nicht  wieder  einzuholen  ist,  sich 
sammelt,  zur  Besinnung  kommt,  die  endlich  vorgeholte  Kavallerie  findet 
auch  noch  an  zahkeichen  Kolonnen,  die  die  Wege  verstopfen,  höchst 
unerwnnsrluen  Aufenthalt  Erst  am  4.  Juli  4  Uhr  nachmittags  erhielt 
die  Division  den  Befehl  zum  Vormarsch,  und  noch  am  folgenden  Tage 
gab  es  80  viel  Hindemisse,  daCs  man,  um  knapp  drei  Meilen  surtlck- 
znlegen,  acht  Standen  brauchte.  —  Am  6.  Juli  sollte  es  schon  wieder 
einen  Ruhetag  geben,  und  als  nun  Mittag  doch  noch  der  Befehl  sum- 
Aufbruch  kam,  mufste  S.  die  heftigsten  Vorwttrfe  der  Regiments- 
kommandeure ttber  sich  ergehen  lassen.  „Warum  denn  nie  RuheV 
—  Sie  werden  uns  noch  gänzlich  ruinieren!"  —  Na,  es  fehlte  ja 
manclies  aber  an  das  Blüchersche  Wort:  „An  die  Klagen  der  Kavallerie 
mufs  man  sich  nicht  kehren.  —  Wenn  es  ein  grofses  Ziel  zu  erreichen 
gilt,  kann  der  ^taat  wohl  ein  paar  hundert  Pferde  verlieren  l"".  dachte 


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Utsrtliir« 


505 


man  nicht  —  Man  sollte  dies  Wort  über  jeden  Kavallerie- 
stall  einmcifseln! 

Er  kam  ja  noch  zu  einzelnen  Scharmützeln  mit  feindlicher 
Kavallerie,  aber  «ein  grofses  Ziel  zu  erreichen"  hatte  man  versäumt 

So  führen  uns  die  Briefe  bis  zum  Sclüub  des  grofsen  Drama  bei 
Blmnenan,  ein  Oefeohf«  deeeen  Beginn  S.  für  fehlerhaft  und  unnUtsea 
Blutvergießen  eraobtet,  da  man  wufste,  dals  mittags  12  Ubr  der 
Waffenstillstand  begann,  und  grabe  Brfolge  bis  au  dieser  Zeit  nicht 
erreicht  w  erden  konnten. 

Den  Feldzug  von  1870  erlebte  S.  als  Generalstabsofflzier  der 
6.  Kavalleriedivision,  deren  Kommandeur  der  Herzog  Wilhelm  v. 
Mecklenburg  war.  —  S.  vindiziert  ihm  „miiitarischea  Ahnungsvermögen", 
damit  brachte  er  ja  noch  nicht  viel  in  die  Stellung  mit.  auch  hätte 
seine  Begabung  zu  deren  Ausfüllung  wohl  ausgereicht,  wenn  dies 
,,Ahnung8vermögen"  sich  mit  einer  kleinen  Dosis  Unternehmungsgeist 
verbunden  hätte.  —  Aber  so  war  er  wohl  der  Schw&ohsten  einer,  die 
jemals  als  Reiterführer  verwendet  worden  sind.  —  Bs  ist  ein  vor- 
nehmer  Zug  in  den  Briefen,  dafo  8.  seinen  verschiedenen  Beobachtungen 
nach  dieser  Richtung  nicht  besonderen  Ausdruck  ^bt,  aber  die  schlichte 
£rzählung  der  Tatsachen  ist  auch  hier  die  beste  Kritik.  —  Nicht 
selten  lesen  wir,  dafs  der  Heirzo^  persönlich  zurückbleibt,  wo  sein 
Generalstabsofflzier  in  vorderer  Linie  erkundet  und  sein  Vorkommen 
erwartete,  dafs  nur  wiederholte  Einwirkung  auch  von  anderer  Reite 
ihm  einen  Entfichlufs  zu  dem  gebotenen  Vormarsch  der  Division  abr  ingt. 
—  S.  ist  unermüdlich,  aber  es  gilt  noch  andere  Schwierigkeiten  zu 
überwinden  penSnlicher  Art.  Oberst  v.  Voigt-Rheti.  Chef  dee 
Stabes  bei  dem  S.  Armeekorps,  mochte  Grund  haben,  in  die  Flhlg» 
keiten  und  den  Charakter  des  Henogs  kein  besonderes  Vertrauen  au 
eetsen,  sein  Mifstrauen  abw,  das  auch  sein  kommandierender  General 
V.  Alvensleben  teilte,  ging  so  weit,  dols  er  auch  den  Meldungen  der 
Division  keinen  Glauben  schenkte,  und  dafs  unter  der  persönlichen 
Antipathie  die  Sache  und  natürlich  auch  der  brave  S.  litt,  für  den  ea 
nicht  niine  Kränkungen  abging.  —  Hier  lernt  man  so  recht  die  Im- 
ponderabilien kennen,  die  im  Kriege  unmefsbar,  eine  gröfsere  Rolle 
spielen,  als  Fernstehende  ahnen.  —  Die  Cliaraiiteri&tik,  die  S.  von 
einaelnen  höheren  Offizieren  gibt,  ist  vielfheh  treflbnd  und  interessant. 
Oberst  v.  Schmidt»  der  spStere  tapfere  Führer  der  Division  Mdet 

luror  miiitaris,  ein  braver,  gana  fUr  seinen  Beruf  lebender  Mensch.** 
Wie  herrlich  dieeer  fhror  militaris.  der  an  anderen  Stellen  so 
gftnzlich  mangelte. 

Sehr  interrasant  sind  natürlich  die  Mitteilungen  über  die  Schlacht 
"Von  Vionville  und  die  dieser  Schlacht  vorausgehenden  Tage.  Selbst- 
redend hat  m;in  immer  zu  berücksichtigen,  dafs  e?  sich  um  frische 
Eindrücke  handelt,  und  die  Mitteilungen  nur  in  so  weit  von  geschicht- 
lichem Wert  sind,  als  sie  persönlich  Erlebtes  betreffen,  anderes  be- 
darf der  Nachprüfung. 


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606 


Utentnr. 


Es  folgt  die  Schilderung  der  Katastrophe  von  Laon,  die  uns  ein 
sehr  anschauliches  Bild  dieses  in  den  Einzelheiten  wohl  noch  nicht 
ganz  geklärten  Ereignisses  gibt  —  Bei  dieser  Gelegenheit  erlitt  S.  eine 
schwere  Verwimdiing,  indem  dureh  einen  Rippenbroch  die  Lunge  ver- 
letzt war.  —  Nacli  langem  Krankenlager  kehrte  er  Mitte  MSn  an- 
eeheinend  geheilt  naeh  Prankreich  anrttck.  —  Nach  dem  Frieden  nahm 
er  auch  noch  teil  an  den  Arbeiten  zur  Schaffung  eines  neuen 
Kavallerieexerzierreglements,  aber  seine  durch  die  Verwundung  er- 
schütterte Gesundheit  licfs  ihn  tödlich  erkranken,  und  so  verschied 
dieser  tapfere,  von  seinen  vielen  Freunden  in  der  Armee  sroschätzie 
Mann  am  24.  Juni  1874  zu  Montreux,  wo  er  vergeblich  Heilung  ge> 
sucht  hatte.  v.  Pelet-iNarbonne. 

Olttzierstamuiliste  des  Königlich  PreufsLscheu  Infanterieregiments 
Yon  Wittich  (3.  Kurhessischen)  Nr.         1866—1903.    Im  Auf- 
trage des  Regiments  bearbeitet  durch  Wall mül  1er,  Oberleutnant 
im  Regiment.   Abgeschlossen  am  12.  September  1903.  Berlin 
1903.   E.  S.  Mitüer  &  Sohn. 
Die  vorliegende  Stammliste  ist  der  Regimentsgeeohiehte  rasch  ge> 
folgt  und  bildet  eine  für  die  alten  und  neuen  Regimentskameraden 
willkommene  Brgansung  derselben.  Die  Offisiere  sind  in  alphabeti- 
scher Ordnung  aufgeführt.   Eine  historische  Reihenfolge  (nach  dem 
Datum  des  Eintritts)  hätte  sich  vielleicht  mehr  empfohlen,  zumal  ein 
alphabetisches  Register  das  Auffinden  der  Namen  ohnedies  erleichtert. 
Die  Personalnotizen  sind  vollständig  und  eingehend.    Aufser  sämt- 
liclieu  Ranglisten  von   1866  —  1903  ist  eine  recht  übcrsichliche  und 
interessante  Zusamm  risfA^Uung  der  Kommandeure,  Stabsoffiziere,  Haupt- 
leute  und  Adjutanten   beigegeben.     Gewissenhaft  sind  die  Oberst- 
lieutenants von  den  Oberstleutnants  getrennt.  G.  P.  v.  S. 

Tagebuch  Joseph  Steluiuiiilers  über  seine  Teilnahme  am  Russi- 
schen F^'ldjsuge  1812.  Herau.st;*  ueben  von  Kurl  Wild.  Mit 
4  Abbildungen  und  1  ÜbersichUi^arte.    Heidelberg  1904.  Karl 

Winter. 

Das  lagebuch  wnrde  vom  Herausgeber  im  Archiv  der  Stadt 
Karlsnihe  aufgefünden.  Sein  Verthsser,  ein  geborener  Mannheimer, 
machte  als  Feldwebel  des  2.  Bataillons  des  damaligen  Badischen  In- 
fanterioregiments  „Grbgrofsherzog  Nr.  2*"  den  Zug  nach  Rufsland  mit. 
Tag  für  Tag  schrieb  er  seine  Erlebnisse  und  Beobachtungen  auf  lose, 
seinem  Notizbuch  entnommene  Blätter  nieder.  Diese  Aufzeichnungen 
stellte  er  nach  seiner  Rückkehr  zusammen.  Da  wohl  nur  wenige 
Teilnehmer  jenes  entsetzlichen  Rürkzu2:os  aus  don  Reihen  der  Unter- 
offiziere und  Gemeinen,  die  Widersiandsfahigkcit  guhaut  haben  werden, 
ihre  Beobachtungen  in  dieser  konsequenten  Weise  niederzuschreiben; 
dürfte  die  kleine  Schrift  für  die  Geschichte  jenes  verhängnisvollen 
Jahres  —  wenn  auch  nur  als  „literarische  Kleinmaterei"  ^  nicht  ohne 
Wert  sein.  v.  Z. 


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507 


Die  AosUldiiiig^  der  Infiuiterie.  L  TeU.  Die  Winterperiode.  ZeiU 
gemiCie  Brttrterangen  gemiTs  den  Anferderungen  des  heutigen 
Qefeehto  und  den  VoffSnderungen  im  eosialen  Leben  von  PrK. 

von  Meerscheidt- HüUeseem,  General  der  Infimterie  s.  D. 
Berlin  1904.   B.  S.  Mittler  u.  Sohn. 

Ein  in  Krieg  und  Frieden  erprobter  Offizier,  aus  seiner  reichen 
Erfahrung  heraus,  ist  es,  der  /u  uns  redet.  Wer  wollte  diesen  Aus- 
einandersetzungen nicht  lauschen»  wer  ihnen  die  nötige  Berechtigung 
absprechen! 

Nicht  soll  „bewährtes  Altes"  verworfen,  vielmehr  es  „soll  den 
vertlnderten  Verhältnissen  zeitgemafs  angepafst  werden**,  das  ist  die 
Absicht  dee  VerfiMsers. 

Aber  gerade  weil  diese  Absieht  vorausgesetist  wird  und  auch 
überall  durchblick.  darf  die  Frage  erörtert  werdeo,  ob  es  für  die  Armee 
vorteilhaft  ist.  wenn  von  se  hoher  Stelle  vieles  als  veraltet  angesehen 
^jrird,  das  noch  heute  als  grundlegend  für  die  Ausbildung  gilt 

Wir  schliefsen  uns  dem  vollkommen  an,  dafs  „auf  dem  Gefeehts- 
felde  nicht»  von  dem  wieder  abgestreift  werden  dürfe,  was  auf  dem 
Exerzierplatze  erlernt  worden  ist." 

Wir  geben  ohne  weiteres  zu,  dafs  Übungen  wie  die  Richtung 
nach  i^ointti,  Chargierung  von  Gewehr  über.  Abbrechen  in  Sektionen 
im  IWtt  entbehrlich  sind  für  die  Verwendung  im  Gefecht  Wenn  wir 
aber  aus  Gründen  der  Exersierdisziplin  an  einem  geschlossenen 
Exeraieren  im  Tritt  festhalten,  dann  dürfen  wir  hinsichtlich  des 
Marsches  nicht  hinter  den  Anforderangen  des  Reglements  zurück- 
bleiben. Wenn  gefordert  wird:  „kein  scharfes  Herausbringen  der 
Beine,  keinen  Meterschritt,  kein  Anheben  der  Unterschenkel,  kein 
Durchdrücken  des  Knies  in  der  Luft,  kein  festes  Aufselzen  der  Püfso 
usw.",  so  stimmen  wir  auch  dem  zu,  denn  es  widerspricht  ganz  direkt 
den  Forderungen  des  iiegiements.  Wenn  dann  aber  weiterhin  gesagt 
wird:  „Für  die  Marschbewegungen  in  den  geschlossenen  Verbänden 
ist  es  ganz  gleichgültig,  ob  mit  gestreckten  oder  gekrümmten  Knieen 
marschiert  wird",  so  widersprechen  wir  dem  entscliiedeD.  Nicht 
etwa,  weil  wir  allzusehr  am  »Alten*  hSngen,  sondern  weil  wir  meinen, 
dafs  der  vom  Regiment  geforderte  Marsch,  nämlich  deijenige,  bei  dem 
„das  Knie  beim  Niedersetzen  des  F^fses  auf  die  Erde  durchgedrückt 
wird**,  der  natürliche  ist  Wer  das  Reglement  richtig  auslegt,  der 
wird  allen  Übertreibungen  abhold  sein,  also  anrh  denen  im  Marsch. 
Wer  es  aber  sinngemäfs  anwendet,  der  wird  finden,  dafs  es  keine 
„gesund heitsschädliche  Übung  ist",  auch  nicht,  wenn  man  den  vom 
Verfasser  so  verpönten  langsamen  Schritt  anwendet.  Der  Mann  soll 
durch  den  Marsch  lernen,  seinen  gesamten  Körper  in  den  Schritt,  den 
er  macht,  wie  wir  das  nennen,  hineinzulegen.  Die  meisten  Leute,  die 
wir  erhalten,  sind  gewöhnt,  mit  krummen  Knieen  au  gehen;  sie  tun 
das,  weil  sie  ihre  Gliedmafsen  nicht  gleichmüfsig  gebrauchen;  woUten 
whr  das  dem  Soldaten  weiter  gestatten,  er  würde  den  Marschleistungen 


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608 


Ufeenlnr. 


des  Krnstfalles  nicht  srowachsen  sein.  Vnä  hier  beflnHen  wir  utis  im 
Widerspruche  mit  dem  Verfasser.  Denn  wir  sind  nncb  wie  vor  der 
Ansicht,  dafs  der  Marsch,  wie  ihn  das  Reglement  fordert,  für  die  feld- 
mäfsige  Ausbildung  des  Infanteristen  nicht  entbehrt  werden  kann. 
Wer  nicht  die  richtige  Verteilung  des  Körpergewichtes  auf  beiden 
Beinen  beim  Marschieren  lernte  wird  niemals  die  vorgeschriebene 
SoIiritiiUtngo  erlernen  mid  dieser  bedürfen  wir  für  die  gleichmSTsige 
Verwfirtabewegung  der  Massen,  sei  es  auf  dem  Marsche,  sei  es  im 
Gefecht.  Und  weil  wir  dies  fordern,  müssen  wir  an  dem  gleicfalaogen 
Schritt  festhalten;  daram  üben  und  besichtigen  wir  den  EinzelmarBch 
mit  einer  Anzahl  von  Schritten  Abstand,  darum  den  Rottenmarsch, 
dämm  den  in  Gliedern.  Wer  mir  einwendet,  das  könno  man  auch 
„ohne  Tritt"  lernen,  der  dürfte  sich  doch  irren  und  ich  möchte  ihn 
VC!  ein  Bataillon  Rekruten  stellen,  mit  denen  er  längere  Bewegungen 
oder  gar  eine  Marschübung  machen  soll. 

Wenn  nun  aber  gar  davon  die  Rede  ist,  auch  beim  Parademarsch 
würde  es  nicht  auffhllen,  wenn  mit  „gekrflmmten  Knieen*'  vorbei- 
marschiert würde»  so  sind  wir  von  nnserem  „alten**  inftoteristiseben 
Standpunkte  aus  dieser  Forderung  zu  folgen  nicht  mehr  imstande. 

Warum  sollen  denn  die  Frei-  und  GewehrQbungen  der  Rekruten, 
wenn  der  Wert  derselben  als  Mittel  zum  Zweck,  z.  B.  fOr  das  Schieben 
zugegeben  wird,  nicht  mich  be.sichtigt  werden! 

Sehr  richtig  ist  es,  dafs  man  Richtungen  eigentlich  bei  jeder 
Gelegenheit  üben  solltet  um  dadurch  die  Selbsttätigkeit  der  Leute  zu 
steigern. 

Bei  dem  grofsen  Wen,  der  auf  die  feldmäfsige  Ausbildung  des 
Rekruten  gelegt  wird,  finden  wir  den  Abschnitt  „zerstreute  Ordnung** 
etwas  stieftnütterlich  behandelt;  wir  hatten  eigentlich  geglaubt,  hier 
noch  besonders  Lehrreicbes  xu  finden.  Es  wird  auf  das  Kapitel  „Aus- 
bildung als  Schfitse  im  Qelftnde  und  Ausbildung  im  zerstreuten  Ge-* 
focht"  bei  den  alten  Leuten  verwiesen;  wir  hätten  gerade  aber  bei' 
dem  Kapitel  Rekruten  es  gern  gesehen,  wie  diese  erste  feldmAlsige 
Ausbildung  anzufassen  sei. 

Verfasser  ist  mit  uns  ein  Verfechter  des  Turnens  und  des 
Bajüiielttechtens;  wir  haben  aber  für  letzteres  nur  das  Ziel  im  Auge, 
dem  Manne  eine  Sicherheit  in  der  Benutzung  des  Gewehres  als  Stofs- 
waife  beizubringen,  zu  einem  „Mehr  *  werden  wir  es.  vor  allem  aber 
bei  dem  Rekruten,  kaum  bringen.  S^n  Schneid  und  die  Zuversicht 
SU  sich  selbst  werden  dadurch  schon  einen  unsohfttsbaren  Gewinn 
eifthren,  somit  seine  feldmiTsige  Verwendbarkeit  sich  wesentlich 
steijcem. 

In  dem  Abschnitt  Unterricht  ist  uns  nicht  genug  Wert  auf  die- 
jenige des  Offiziers  gelegt;  wir  halten  seine  persönliche  Einwirkung 
in  erziehlicher  Richtung  gerade  bei  den  jetzisren  „Veränderungen  im 
sozialen  Leben"  für  so  grofs,  dafs  wir  ihm  den  Dienstiinterricht  be- 
sonders gern  anvertrauen  möchten.   Dieser  Dienstzweig  wird  es  ihm 


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lÜMatar. 


509 


mehr  wie  jeder  andere  ermöglichen,  bereits  auf  die  jungen  Soldaten 
vorteilhaft  einzuwirken.  Wir  stimmen  dem  bei,  dafe  vielfach  zu  viel, 
vornehmlich  in  dem  Unterricht  durch  die  Unteroffiziere,  verlangt  wird, 
was  nur  Gedächtniskram  ist;  wo  es  geschieht,  wird  ein  schwei'wiegender 
Fehler  begangen. 

Ob  die  ,*Veri[Dderaikg8n  im  sosialen  Leben**  es  tatsicblieh  be- 
dingen, dem  Rekruten  grOfsere  Freiheiten  aufser  Dienst  tn  gewShren 
als  es  im  allgemeinen  üblioh  ist,  lassen  wir  dahingestellt;  die  Zeit 
dürfte  dazu  im  allgemeinen  nicht  vorhanden  sein,  w^enn  auch  der 
innere  Dienst  nicht  leiden  soll.  Dasselbe  gilt  von  dem  Weihnachts- 
urlaub. Gewifs  kann  man  dem  jungen  Soldaten  es  gönnen,  einmal 
zu  Hause  zu  sein,  aber  erst  mufs  er  doch  in  seiner  militärischen  Er- 
ziehung 80  weit  vorgeschritten  sein,  da£s  er  nicht  durch  sein  Austreten 
auffällt. 

Das  grofse  Publikum,  in  dem  sich  doch  noch  ein  gut  Teil  alt- 
gedienter Soldaten  befindet,  dürfte  einer  in  dieser  Richtung  leicht  su 
weit  gehenden  naohsiohtigen  Aufßusung  seitens  der  militärischen  Vor- 
gesetzten kaum  die  Zustimmung  entgegenbringen,  die  wohl  vom  Ver- 
fasser erwartet  wird  und  zudem  sind  heutzutage  die  jungen  Leute  oft 
jahrelang  in  der  FVemde,  bevot  es  ihnen  vergOnnt  ist,  wieder  ein 
Weihnachtsfest  im  Kreise  der  Famüie  zu  verleben.  Der  Rekrut  aber 
dient  kaum  zehn  Wochen  und  mufs  die  Vergünstigung,  schon  als 
solcher  Weihnachten  zu  den  Seinen  reisen  zu  dürfen,  lediglich  seinem 
persönlichen  Wohlverhalten  zu  verdanken  haben. 

Was  nun  die  .Aushildung  der  ..Alten  Mannscliair  anlangt,  so 
spricht  Verl'asser  eindringlich  und  ernst  gegen  den  „Exerzierfanatis- 
mus'*. Br  ist  der  Meinung,  die  alten  Leute  würden  im  Winter  unnötig 
gedrillt;  es  sei  dies  „Zeitversehwendung**. 

Oanz  zweifellos  mag  in  dieser  Hinsicht  ab  und  zu  mehr  gefordert, 
also  auch  getan  werden  als  nötig  ist.  Dafs  es  dringend  nötig  ist, 
einen  Dienstzweig  nicht  völlig  aufser  Acht  zu  lassen,  ist  selbstver-' 
standlich:  Verfasser  wünscht  aucli  nur,  dafs  das  Exerzieren  im  Detail 
auf  das  Mafs  beschränkt  werde,  das  es  verdient.  Wir  stimmen  ilmi 
zu:  „Selten  und  kurz  aber  so  schnff  wie  möglich". 

Was  über  die  Bewertung  der  hxerzierbesichtigunjieii  ge>agi  ist. 
unterschreiben  wir;  dafs  die  Tüchtigkeit  der  Führer  nur  vun  den 
Zufälligkeiten  des  Parademai'sches  oder  einer  Exeraierbesichtigung 
abhängig  gemacht  wird«  ist  ein  grobes  Unrecht  Aber  immerhin  gibt 
doch  die  Art,  wie  ein  Fflhrer  die  Truppe  in  diesem  Dienst  ausbildet 
und  TorfQhrt,  wichtige,  nicht  zu  untersch&tzende  Anhaltspunkte  für 
seine  Bewertung. 

Dafs  die  höheren  Vorgesetzten  die  Rekruten  im  Gelände  besichtigen, 
ist  ein  Wunsch,  dem  wir  un<?  ansohliefsen ;  die  Truppe  braucht  derartige 
Prüfungen  nicht  zu  scheuen. 

Der  bereits  erwähnte  Abschnitt  über  die  Ausbildung  als  Schütze 
im  Gelände  etc.  bringt  viel  Bekanntes,  bespricht  in  einem  weiteren 


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310 


Lit«r]itttr. 


Passus  den  ElnfluCs  des  Bunnkrieges,  lälist  uns  aber  völlig  im  Un- 
klaren, wie  denn  nan  eigentlich  diese  feldmäfsige  AuabOduog  erfolgen 
solle. 

Warum  der  Paradeanabildttag  der  Oaraus  gemacht  mtdm  aoU, 
am  BQ  einer  rationellen  Fechtweise  überzugehen,  vermögen  wir  nicht 
einzusehen.   Wir  können  nicht  zugestehen,  daTs  die  erstere  beiseite 

geschoben  werden  soll,  nur.  wie  Verfasser  sagt,  um  ..F'eldsoldaten  zu 
nahen".  Er  geht  hierin  zu  weil  und  scheint  dies  auch  dadurcli  ein- 
dämmen zu  wollen,  dafs  iT  am  Scluufs  di»  i>eb  Abschnittes  boloni.  nicht 
dem  Portfalle  der  Parade  werdu  das  \S  ort  geredet,  sondern  nur  den 
Auswüchsen  bei  den  Truppen  etc. 

Dem  Pelddienat  wird  beeonderer  Wert  beigelegt  und  kann  bei 
dieser  Gelegenheit  auch  nach  unserer  Meinung  nicht  scharf  genug  auf 
Strammheit  gehalten  werden. 

Die  für  den  Schielisdienst  gegebenen  Winke  sind  sehr  behenigeos* 
wert. 

Wenn  gesagt  wird:  ..Im  Laufe  des  zweiten  Dienstjahres  wird 
es  unschwer  gelingen,  die  Leute  zu  tüchtit^en  Kontrafechtem  auszu- 
bilden", 80  wagen  wir  dies  für  die  Gesanithoit  zu  bestreiten  und 
stützen  uns  in  dieser  Hinsicht  auf  die  Offiziere,  die  bei  der  Müitär- 
tuiuanstidl  ausgebildet  werden  und  von  denen  es  doch  nachweislich 
nur  wenigen  gelingt,  eine  gewisse  Fertigkeit  zu  erlernen. 

Der  Abschnitt  »Unterricht*'  betont  hier  mehr  wie  bei  den  Rekruten 
die  Einwirkung  des  Offiziers  auf  die  Leute* 

Unter  den  weiteren  Kapiteln  heben  wir  die  vom  Verftsser  ein- 
gehend behandelte  sogenannte  Burentaktik,  die  sich  auch  nach  seiner 
Ansicht  nicht  über  das  Versuchsstadium  hinaushebt,  hervor  und  so- 
dann die  Übungen  in  kriejrsstarken  Verbänden. 

Zum  Schlufs  müssen  wir  uns  aber  doch  dagegen  wenden,  wenn 
dem  Offizierkorps  der  Vorwurf  gemacht  wird,  es  sei  nicht  mehr  so 
homogen  wie  früher.  Wenn  von  so  hoher  Stelle  daran  gezweifelt 
wird,  diUb  nach  wie  vor  das  Offizierkorps  in  sich  gesciiloääon  und 
nach  auben  abgeschlossen  ist,  so  ist  das  sehr  bedauerlich;  wu*  weisen 
es  ernst  und  bestimmt  surttck  und  wünschen  der  Armee,  dafs  wir 
damit  Recht  behalten.  63. 

Geschichte    de.s   1.  Hannoyerschen    Infanteneregiments   Nr.  7i 
und  des  vormaligen  Königlich  Hannoverschen  *V  Infanterie« 
regimeut^!!.    Bearbeitet  von  zur  Nedden.  Maj.  u,  Batls.-Kdr.  i. 
6.  Rhein.  Inf.-Kegt.  Nt.  6ö,  früher  Adj.  des  1.  Hann.  Inf.-Regls. 
Nr.  74.    Berlin  1903.    E.  S.  Mittler  &  Sohn. 
Vor  uns  liegt  eine  Regimentsgeschicht^»,  die  mit  anerkennens- 
wertem Fleifs  und  iiervorragcfider  Uründlichkeit  bearbeitet  worden  ist. 
Bei  der  Frage,  die  sich  jeder  Verfasser  einer  solchen  Geechichte  vor- 
xulegen  hat,  ob  dieselbe  nur  das  unbedingt  Wissenswerte  enthalten 
soll,  um  bei  niedrigstem  Preis  eine  möglichst  weite  Verbreitung 


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UterAtar. 


611  ' 


m  ersielen,  oder  ob  ohne  Rttekeieht  auf  die  Kosten  alles  auf  den 
Tnippenleil  Beifigllehe  bis  in  die  Ideinsten  Blnseiheiten  sufxu- 
nelutten  ist,  liat  sieh  der  Herr  Verfasser  des  yorliegenden  Werkes  fttr 

die  letztere  Art  der  Bearbeitung  entschieden.  Damit  hat  er  seinem 
alten  Regiment  ein  Xachschlagebuch  geschenkt,  das  wohl  kaum  eine 

das  Roprimfnt  betreffende  Frage  unbeantwortet  lüfst. 

Ob  der  Herr  Verfasser  aber  liier  und  da  nicht  doch  zu  weit  ge- 
gangen ist,  —  Zweifel  hierüber  scheinen  ihm  seibor  kommen  zu 
sein:  das  leider  vorhandene  Überniafs  von  Fufsnoten  dputei  wenigstenn 
darauf  hin.  Gegen  solche  massenhaften,  dui  jeder  Soile  zahlreich 
vorhandenen  Pufsnoten  kann  aber  nicht  energisch  genug  Widerspruch 
erhoben  werden.  Sie  beeinträehtigen  nioht  nur  den  guten  Bindroek, 
den  der  fliebende  Stil  der  Qesehlohte  sonst  hervormft^  sondern  wirken 
direkt  stdrend  beim  Lesen. 

Das  Infanterieregiment  Nr.  74,  im  Jahre  1866  aus  den  Regimentern 
der  2.  Division  in  Danzi^  formiert,  erhielt  als  erste  Garnison  Cöln. 
Der  Ausbruch  des  Kviesres  1870/1871  forderte  vom  Regiment  sehr  er- 
hebliche Marschleistungen,  bis  es  sich  in  der  Schlacht  bei  Spichern 
seine  ersten  Lorbeeren  erringen  durfte.  Lebhaft  und  klar  führt  uns 
der  Herr  Verfasser  die  nuf  verschiedenen  Teilen  des  Schlachtfeldes 
stattfindenden  Kämpfe  vor  Augen.  In  stundenlangem,  heldenhaftem 
Ringen  hielten  die  1.,  2.,  6.  bis  8.  Kompagnie  der  74er  im  Verein  mit 
Teilen  anderer  Regimenter  auf  dem  reehten  Flügel  im  verwirrenden 
Wald-  und  Dorfjsefecht  gegen  überlegene  KrSfle  des  Gegners  stand, 
bis  die  durcheinander  geratenen  und  ersohöpften  Truppen  gegen 
Abend  einem  mit  starken  frischen  Kräften  unternommenen  feindlichen 
Angriff  weichen  mufsten.  Gleichzeitig  führte  das  P/74,  unterstützt 
von  der  3./74  den  seinesgleichen  suchenden  Angriff  auf  den  Roten 
Berg  dtirch  und  erstürmt  die  4./74  das  Zollhaus  an  der  Forbacher 
Chaussee. 

Man  kann  dem  Herrn  Verfasser  nur  durchaus  beistimmen,  wenn 
er  diesen  ruhmvollen  Käuipten  voUe.s  Lob  /iOlU;  eine  daraus  gezogene 
Sehlulsfolgerung  darf  aber  nicht  unwidersprochen  bleiben.  Bs  kann 
«nmdglich  fflr  eine  „vorzügliche  Ausbildung  der  Truppen"  spreehen. 
wenn  diese  ^wisserraafsen  im  feindlichen  Feuer  eine  neue,  den  ver> 
Anderten  Verhältnissen  Rechnung  tragende  Pechtweise**  sich  aneignen 
müssen.  Ihre  Ausbildung  ist  vielmehr  dann  nach  richtigen  Gesichts- 
punkten erfolgt,  wenn  die  Truppe  „auf  dem  Gefechtsfeld  nichts  von 
dem  wieder  abzustreifen  hat»  was  sie  auf  dem  Exerzierplatz  erlernte**. 
{E.  R.  11.  125.) 

Die  Belagerune:  von  Metz  mit  ihrem  aufreibenden  Dienst,  die  dann 
in  schneller  Folge  sich  anschliefsenden  Eroberungen  der  Festungen 
an  der  französischen  Nordgrenze,  endlich  die  Tätigkeit  des  Regiments 
bei  der  SQdarmee,  bei  der  es  ihm  versagt  war,  sich  auf  dem  Ge- 
feehtstbld  neuen  Ruhm  zu  erwerben,  sind  in  anschaulicher  Weise,  wenn 
auch  stellenweis  etwas  weitschweifig,  geschildert  Nachdem  darauf 


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512 


seine  ZugehdriglMit  zur  Okkapftüonsarmee  beendet  war.  wurde  dem 
Regiment  Hannover  als  Garnison  zugewiesen,  wo  ihm  die  Ehre  zuteil 
wurde,  Ihre  Königliche  Hoheit  die  Prinsessin  Marie  von  PreoliBen  als 
Chef  zu  erhalten. 

Die  Treschichte  des  eheraali)oren  Hannüverschen  Infanterie- 
re^menis,  dessen  t'berlieferungen  durch  die  A.K  0.  vom  27.  Januar  1899 
dem  Regiment  74  zugewiesen  »ind,  ist  leider  nur  sehr  skizzeuhaft  be- 
handelt, obgleich  auch  hier  gewKs  manche  ruhmvolle  Tat  ans  den 
Kämpfen  von  Waterloo  und  Langensalza  zu  erwShnen  gewesen  wire. 

Karten,  Krokis  und  in  den  Text  gedruckte  Skizzen,  wie  auch  die 
Uniformbflder  erlelehtem  das  Verständnis,  die  Bildnisse  der  3  Kaiser, 
der  Chefs  des  Regiments  und  des  alten  Hannoverschen  8.  Regiments 
und  mehrere  andere  Bilder  geben  dem  Werk  eine  vornehme  Aus- 
stattung. Zahlreich  sinr!  auch  die  Anlagen,  die  demselben  beigefügt 
sind.  Ein  Anhang  bringt  die  Liste  der  Offizif^re,  Sanitätsoffizierf^  und 
Zahlmeister  des  RogimentB  und  des  Hannoversclien  siHinmregimenis, 
sowie  ein  Ver/,eichnis  der  Reserveoffiziere.  Der  Anoidnung  der  Offi- 
ziers»- usw.  Listen,  in  vveiclieu  sich  die  Namen  nach  dem  L'aLum  des 
Eintritts  des  Betreffendeu  in  das  Regiment  folgen,  kann  jedoch  nicht 
sagestimmt  werden,  da  hierdurch  die  AutBndung  eines  Namens  sehr 
.erschwert  wird. 

Die  vorliegende  Gesehiidite  gibt  vielerlei  Anregung  und  manchen 
Aufschlufs  über  die  verschiedensten  Zeiten  und  Verhaltnisse,  so  dafs 
ihr  Studium  den  weitesten  Kreisen  nur  empfohlen  werden  kann. 

D. 

AichteinrielitTin^n  für  Feldgeschütze.    (Friedr.  Krupp,  Aktien- 
gesellschaft. 1903.) 

Mit  der  .Stei;;eiu  ng  der  ballistischen  Leistungsfähigkeit  der  Ge- 
schütze haben  auch  die  Richtvorrichtungen  im  allgemeinen  gleichen 
Schritt  gehalten.  Das  Feldgeschütz  der  Zakunft,  das  RohrrttcUauf- 
geschfitz,  das  einen  gewaltigen  Schritt  nach  vorwärts  bedeutet  und, 
technisch  betrachtet,  zum  vollwertigen  FrSzisionsinstniment  wird,  er- 
laubt auch  in  den  Richtvorrichtungen  diesen  Schritt  mitznmaeh^, 
indem  die  Verminderung  bezw.  Aufhebung  des  Rückslofses  es  gestattet, 
die  Richtinsiruniente  in  ihr»-!-  Präzision  ganz  bedeutend  zu  voi^einern. 
vor  allem  durch  Anwpndurm  <'ines  Fernroh r=;  die  Tätigkeit  des  mensch- 
lichen Auges  zu  verbessern  und  FelüerqueÜen  auszuschalten,  in 
dankenswerter  Weise  hat  die  Firma  Priedr.  Krupp  in  einer  kleinen 
Broschüre  die  verschiedenen  Arten  der  verbesserten  Richtvornchtuiigeu 
zusammengestallt.  Bs  ist  interessant,  den  Ausführungen  dieser 
Broschüre,  die  die  Beschreibung  von  sieben  Aufsatzarten  enthilt,  zu 
tolgen,  man  ersieht  daraus,  welch  gewaltigen  Fortschritt  die  Technik 
auch  hierin  gemacht  hat 

Hervorgegangen  sind  die  Rieht  Vorrichtungen  aus: 
1.  dem  Libellenaui'satz  mit  Korn, 
zu  dessen  ursprünglicher  Gestaltung  Einrichtungen  verschiedenster 


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513 


Art  hinzugefügt  worden  sind,  die  zur  Vervollkommnung  der  Richt- 
mittel am  Foldß;esrhüt7  dienen.  Im  allgomoinen  entspricht  dio  Ein- 
richtung des  Libellenaufsatzes  derjenigen  bei  unserem  Poldgeschütz  96. 
Doch  waren  für  die  VerwenduniEr  beim  Rohrrücklauf goschütz  einige 
Änderungen  nötig.  Da  der  Richtkanonier  auf  einem  Sitz  an  der  linken 
Lafetten  wand  sitzt,  von  dem  er  sich  während  des  Kichtens  nicht  er- 
heben 0oU,  so  mu&te  die  Visiereinrichtung  an  die  Unke  8eito  des  Qe- 
sohfitses  gelegt  und  nieht  am  Rehr,  sondern  an  der  behn  RfieUaiif 
feetelehenden  Wiei^e  befostigt  werden.  Aufeerdem  war  es  Ddtig,  die 
UbeUe  nicht  mehr  am  Kopf  des  Aufsatzes,  sondern  tiefer,  etwa  in  der 
Mitte  d  r  Aultotasstange.  anzubringen,  damit  der  Richtkanonier  sie 
vom  Lafettensitz  aus  bei  allen  Stellungen  des  Aufsatzes  bequem  von 
oben  beobachten  kann  und  nicht  aufzustehen  braucht  (Srhild!).  Be- 
merkenswert ist  ferner  eine  Einrichtung  zur  Ausschaltung  des  schiefen 
iiaderstandes  durch  eine  Ow©rlibelle  und  die  Bewegung  der  inneren 
Aufsatzstange  in  der  Mufseren  zum  Regeln  der  Sprenghöhen.  Bs  wird 
hier  in  der  eigentlichen  Aufsatzstange,  die  die  Entfemungseinteilung 
trSgt,  eine  innwe  duroh  eine  PlÜgelsohraabe  verschoben,  und  zwar 
nach  oben,  wenn  die  Sprengpunkte  zvl  niedrig,  nach  unten,  wenn  sie 
za  hoch  sind*  Hierin  liegt  der  Vorteil,  dafs  ein  Umstellen  des  Auf» 
Satzes  beim  Regeln  der  Sprenghdhen,  wie  jetzt  noch  beim  Geschütz  96. 
nieht  mehr  erforderlich  ist. 

Mit  dem  beschriebenen  Aufsatz  ist  schon  ein  bedeutender  Grad 
der  Vollkommenheit  erreicht.  Die  Technik  isf  aber  weiter  gegangen 
und  die  Kruppsche  Fabrik  hat  noch  folgende  Verbesserungen  und 
Verfeinern URon  —  kurz  angedeutet  —  angebracht: 

2.  Liüüiienaulsaiz  mit  Fernrohr  und  Korn. 

Der  Wert  der  Libelle  gründet  sich  auf  die  vorhergegangene  ein- 
malige direkte  Richtung.  Durch  die  vergröfserten  Oefeehtsentfemungen 
einerseits  und  das  Streben  nach  gedeckter  Aufteilung  andererseits 
verliert  aber  das  Wehten  Uber  Visier  und  Korn  gegen  früher  erheb- 
lich an  Oenaui^eit.  Es  wird  daher  eine  wesentliche  Vervollkomm- 
nung des  Libellenaufsatzes  durch  Hinzufügung  eines  Ziollernrohrs  er- 
reicht. I>urc)i  ein  solches  wird  d;is  Auffassen  wenig  sichtbarer  ode:- 
schwer  erkennbarer  Ziele  erleirhtnt  iiii'i  die  GenauiL'keit  der  direkten 
Richtung  gegen  das  vergi-öfserte  Ziel  erlieblich  gesteigert. 

Das  Zielfernrohr  ist  ein  kurzes  Prismen  fern  rohr,  welches  anstatt 
der  zwei  Prismen  der  gewöhnlichen  Porro-Fernrohre  nur  ein  einziges, 
besonders  gestaltetes  Prisma  enthält,  woduroh  eine  erhöhte  optische 
Leistung  erzielt  wird,  mit  dreifkcher  Vergrdfserung  und  13  Qrad 
wahrem  Gesichtsfeld.  In  dem  Prismenfemrohr  ist  ein  Fadenkreuz  an- 
gebracht, dessen  Mittelpunkt  in  der  optischen  Achse  des  Fernrohrs 
liegt  und  beim  Richten  sich  mit  dem  Ziel  decken  mufo.  Bei  Dunkel- 
heit kann  es  von  der  Seite  beleuchtet  werden.  Die  parallel  zur 
Visierlinie  über  Visier  und  Korn  liegend*«  optische  Achse  des  Fern- 
rohrs bildet  somit  die  eigentliche  Visieriinie.   Die  ächragstellung  der 


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614 


Aufsatzstange,  dio  beim  Libellenaufsatz  zur  Ausreichung  der  natür- 
lichen Gesf hofsMbwpirhunj):  dien*f^.  i"?!  aurh  hier  beibehalten  und  be- 
wirkt beim  Nehmen  der  Erhöhung  eine  der  SchiüLr^tcllung  entsprechende 
Drehung  tJer  optischen  Achse  des  Fernrohrs  in  wagerechter  Richtung. 
Das  Vorhandensein  von  Visier  und  Korn  gibt  die  Möglichkeit,  jeder- 
aeit,  z.  B.  gegen  bewegliche  und  nahe  Ziele,  direkt  su  richten.  Za 
erwihnen  bleibt  noch  fttr  das  Richten  nach  einem  HUlbsiel  das  Auf- 
aaftarerlingeningsstack,  das  sich  anstatt  des  Fernrohrs  aufBohieben 
läTst,  oben  ein  drehbares  Richtdiopter  fiber  einer  horizontalen,  mit 
Binteilnng  versehenen  Scheibe  (RichtlareiB)  trägt  und  so  hoch  ist,  dals 
man  über  die  R&der  Oder  Schilde  hinweg  das  betreifende  HiUsziel  an* 
visieren  kann. 

Über  die  nächsten.  o\nf^  weitere  Vervollkommnung  bedeutenden 
Arten  sei  kürzer  hinweggegangen.    Es  sind  dies: 

3.  Libellenaufsatz  mit  Fernrohr  ohne  Korn. 

Durch  Wegfall  des  Korns,  also  alleinige  Benutzung  des  Ziel- 
fernrohrs, dessen  optische  Achse  nunmehr  allein  die  Vislerlinie  bildet, 
ist  als  hauptsichlichster  Vorteil  erreicht,  daüB  der  Kopf  des  Auftataes 
als  Richtkreis  aasgebildet  werden  kann,  auf  dem  das  Fernrohr  In 
einer  senkrechten  Achse  drehbar  ist  Zum  Nehmen  der  groben  Rich- 
tung oder  zum  Richten  nach  rasch  sich  bewegenden  Zielen  dient  an 
der  rechten  Seite  des  Fernrohrs  ein  Hilfsvisier,  bestehend  aus  einem- 
Oiopter-Lineal. 

4.  Libellenaufsatz  mit  Sucher  und  Fernrohr. 

Das  Richten  über  Visier  und  Korn  bei  der  unter  2.  genannten 
Konstruktion  oder  das  Hilfsvisier  kann  einsetzt  werden  durch  ein 
optisches  Instrument,  den  sogenannten  ,,Sucher*. 

Bs  wird  hier  durch  Spiegelung  das  Bild  eines  hellen  Kreuzes 
in  das  Ange  des  Sehenden  geworfen,  so  dafo  es  beim  Durchsehen 
auf  dem  Ziele  liegend  erscheint,  ohne  daCs  das  Sehrohr  vergröfeemde 
Wirkung  hat.  So  ist,  in  Verbindung  mit  einem  wahren  Gesichtsfelde 
von  20  Grad,  ein  tnißt  Überblick  über  das  Gefecbtsfeld  und  dabei 
die  Möglichkeit  genauen  Richtens  gewährleistet.  Da  die  optische 
.\chse  des  zur  Sflie  zu  klappenden  Fernrohrs  mit  der  des  Suchers 
zusammenfällt,  so  kann  jederzeit  das  Fernrohr  eingeschaltet  und  durch 
die  dadurch  erreichte  Vergröfserung  die  Richtung  verbessert  werden. 
5.  Libellenaufsatz  mit  Pano ramafernrohr. 

Die  beim  IHehten  nach  seitwftrts  gelegenen  Hilfssielen  nötige 
Drehung  des  Fernrohres  könnte  Unbequemlichkeiten  und  Erschwerungen 
fttr  den  Richtkanonier  sur  Folge  haben.  Deshalb  wird  beim  Panorama- 
fernrohr nur  das  Objektiv  bewegt,  wShrend  die  Stellung  des  Okulars 
und  damit  der  Einblick  in  das  Fernrohr  unverändert  bleibt.  Ohne 
seine  Stellung  zu  ändern,  kann  so  der  Richtkanonier  sogar  über  seinen 
Kopf  hinweg  nach  einem  rückwärts  gelegenen  Hilfsziel  richten 

Stellen  die  angeführten  Arten  eine  stufenweise  fortschreitende 
Vei-feinerung  des  Libellenaufsatzes  dar,  so  treten  uns  in  den  beiden 


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Liter»ittr. 


515 


letzten  in  der  Broschüre  angegebenen  Kichlvorriehtungen  andere  Prin- 
zipien entgegen.  Bs  sind  diee: 

5.  Libellenaufsatz  mit  Winkelmesser  und  Fernrohr» 
von  dem  rumftnischen  Migor  Qhenea  erflinden.  Der  grundsfitzUche 
Uoterschied  gegen  die  bisherigen  Aufefitse  beniht  darin,  dab  die  Er- 
höhung nicht  durch  Auf-  und  Abbewegen  der  Antsatzstange,  sondern 
durch  Sehwingen  derselben  in  einer  senttrechten,  der  Seelenachse  des 
Rohres  parallelen  Rhene  genommen  wird.  Um  den  Winkel,  um  den 
die  Aufsatzstange  nach  vorn  ^resrbwuneren  wird,  mufs  das  Rohr  erh5ht 
werden.  Der  Vorfeil  dicsf  i  Kinrichtun^r  besteht  darin,  dafs  sie  einen 
sicheren  und  schn^^lli  p.  Lberganjz:  von  einer  Kntfemung  zur  andern  ge- 
währleistet, wie  es  beim  Streufeuer  durchaus  erforderlieh  ist. 

7.  Die  .sogenannte  „unabhängige  Visierlinie",  ein  Ubellen- 
aufsatz  mit  Fernrohr  zum  Richten  des  Geschützes  mit  davon  unab- 
hängiger Einstellung  der  Erhöhung  des  Rohres. 

Hauptzweck  ist  der,  die  Arbeit  des  eigentlichen  Richtens  vor  der 
des  Bin-  und  Umstdlene  der  Erhöhung  zu  trennen.  Der  Fernrohr- 
aufeatz  ist  mit  der  äuTseren  Richtschraube  so  verbunden,  dafs  durch 
ein  Handrad  auf  der  linicen  Seite  der  Lafette  das  Rohr  mit  Wiege  und 
Aufsatz  durch  den  Richtkanonier  l>ewegt  wird,  ohne  dafs  dieser  auf 
die  Enlfemungseinteilung  zu  achten  hat.  während  durch  ein  Handrad 
rechts  der  rechtssitzende  Kanonier  („Verschlufswart")  das  Rohr  auf 
die  befohlene  Erhöhung  einstellt,  ohne  die  .srenommeno  Richtung  zu 
berühren.  Die  grofson  Vorteile  dieser  Einrichtung  liegen  auf  der  Hand. 
Abgesehen  von  dem  Zeitgewinn  durch  die  Arbeitsteilune^  kann  der 
Richtkanonier  seine  Auftnerksamkeit  ungeteilt  dem  Ziele  und  dem  un- 
unterbrochenen Einrichten  der  Visierlinie  zuwenden,  kann  bei  rasch 
sich  bewegenden  Zielen  dauernd  denselben  folgen.  So  hat  diese  Art 
der  Ricbteinrichtung  vielleicht  die  Zulcunft  flir  sich,  die  Franzosen  sind 
ja  diesen  Weg  schon  gegangen,  ob  mit  Recht,  wird  sich  zeigen. 

Bei  Betrachtung  der  andeutungsweise  beschriebenen  Richtvor- 
richtungen wird  man  sich  zunfiobst  des  Bindrucl»  einer  gewissen 
Kompliziertheit  nicht  erwehren  können.  Oewifs.  Das  Fernrohr,  mit 
dem  man  sogar  nach  rückwärts  richten  kann  und  die  unabhängige 
Vifiierlinie  bilden  einen  gewaltigen  Unterschied  gegen  unser  altgewohntes 
Richten  über  Visier  und  Korn.  Aber,  wenn  auch  der  ^[('^•hanismus 
komplizierter  wird,  so  wird  doch  auch  entsprechend  m  In  Lcek-istot. 
Portwährend  sind  unsere  Waffen  verfeinert  worden  und  den  jedes- 
maligen Vorwuil  der  Nioht-Kriegsbrauchbarkeit  hat  meist  sehr  bald 
ein  neuer  Fortschritt  verstummen  machen.  So  war  es  beim  Richtbogen, 
so  war  es  beim  Libellenaufeatz,  so  wird  es  l>efm  Pemrohraufsatz 
auch  werden.  Praktische  Versuche  —  das  bisherige  Ergebnis  mufs 
leider  verschwiegen  werden  —  mflssen  entscheiden,  es  ist  zu  hoffen, 
dafs  die  ausgezeichneten  Leistungen  der  Firma  Krupp  auch  auf  diesem 
Gebiete  für  die  Praxis  so  weit  nutzbar  zu  machen  sind,  dafs  die 

iaMtimifr  »t  i\9  4»iitMte  ArmM  «•«  M«rtM.  N*.  m.  84 


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516 


Literaiar. 


samtteistung  des  ZukttoftageBchfitseB  durch  solche  vonOsUehe  Rtehtvoi^ 
richtttogen  eine  hemmif;ende  Steigerung  erllbrt 

Wegen  der  Kriegsbrauchbarkeit  braucht  man  sich  keinem  Be- 
denken mehr  hinzugeben.  Seit  mehreren  Jahren  haben,  wie  aus  den 
verschiedenen  Berichten  militärischer  Zeitschriften  bekannt  ist,  eine 
Anzahl  Staaten  ihro  Feldartillerie  neu  und  ^wnr  mit  Rohrrürklaut'- 
gcschützen  bewaffnet  und  zu  diesem  Zwecke  utntangi'oiche,  auf  Jahre 
ausgedehnte  (Schweiz  8  Jahrei  Versuche  niit  Geschützen  der  ver- 
schiedenen Oeschützfabriken  ausgetuhrt.  Ks  kann  somit  als  sicher 
angenommen  werden,  dafs  die  als  Ergebnis  dieser  Versuche  von  den 
Staalmi  eingefahrten  Geachütae  aioh  in  allen,  in  den  Versoehen  aom 
Anadrack  gebrachten  Kriegslagen  als  vonQglich  bewihrt  haben.  Wie 
aus  den  einaelnen  Berichten  hervorgeht,  dnd  die  Geschatze  über 
mehrere  1000  km  fiber  absichtlich  ausgewähltes  Gelände  in  erhöhter 
Gangart  gefahren  worden,  die  eigentlichen  Schiefsversuche  haben  unter 
allen,  im  Kriege  möglichen  Verhältnissen  stattgefunden  Djifs  nun  alle 
dieso  Staaten  (Schweden,  Dänemark,  Schweiz  u.  a  m.)  für  ihre  nf^iien 
Geschütze  einen  Libellenaufsatz  mit  Zielfernrohr  angenommen 
haben,  bietet  den  sicheren  Beweis,  dafs  diese  Aufsätze  sich  nicht  nur 
in  jeder  Beziehung  als  kriegsbrauchbar,  sondern  auch  in  ihrer  Hand- 
habung als  einfach  und  zuverlässig  erwiesen  haben. 

Oberleutnant  Roskoten. 


II.  AutlftiNlisebe  Zaitociirifteii. 

Streffleurs  Ösierreichische  MilitÄrisehe  Zeitschrift.  (M  ü  r  z  h  e  f  t.) 
RufBlimd  und  Indien.  —  Gedanken  über  den  Nutzen  kriegsgeschiclit- 
liehen  Studiums.  —  Vorträge:  I)ie  Wasserstrafson  nsterreichs.  —  Leichte 
Truppen  im  2.  Schlosischen  Kriege.  —  Betrachiuiigen  über  den  Krieg 
1812.  —  Kampfsehiofsen  bei  der  Artillerie.  —  Fortschritte  bei  fremden 
Armeen  1903  (Deutschland,  Rusfland).  —  Der  Feldzug  im  Somaliland.  — 
Russich-japaniacher  Krieg. 

Beme  d'HiatoiTa.  (FebruarhefL)  Die  Schlacht  Ton  Malphujuet 
nach  der  Korrespondena  des  Herzogs  von  Maine. 

Jiivnial  des  Sdances  militaires.  (Fobrua  .heft.)  Die  angeb- 
lichen neuen  Strömungen  in  der  deutschen  Armee.  —  Die  Tininssibirische 
Bahn.  —  Die  Marine-Artillerio.  —  Die  Vorwendung  dor  Reserven  auf 
dem  Schluchtfelde.  —  Studio  über  Clausowitz.  —  Das  Recimungswesen 
der  Truppenteile.  —  Zum  nt  iu  n  K<7;lniumt  für  die  Infanterie.  —  Die  Rolle 
der  detachierten  Korps  im  muderncn  Kriege. 

Revue  du  gerne  militaire.  (Februar.)  Die  Erwerbung  von 
Immobilien  durch  das  Kriegs-Departement  —  iW  Zyklograph  Ferguson 
(ein  Instrument,  das,  am  Zweünd  befestigt,  aelbstt&tig  eine  zurfldKgeiegte 
Wegstrecke  auitrSgt).  —  Eingehende  Besprechung  von  Roechi  .Traccla 


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Ulentnr. 


517 


per  In  sLudio  düilc  fortificazinn o  permanünte"  mit  Hervorhebung  seiner 
Beispiele  von  Bofestigungswerkon.  —  Die  deutschen  Lnftsrhiffer  (Aus- 
zug aub  dem  Luftschiffer-ExerzieiTüglement  von  1901).  —  Drehbrücke 
(eine  BehilfskonstniltUotit  mittols  der,  auoh  im  Felde,  ein  fester  BrAolien- 
Steg  in  eine  Drehbrtteke  umgeändert  werden  kann).  —  Bogenlampe 
mit  schwachem  Strom. 

IDtteilnngen  fflber  UagmatKnile  dMArllUerle«  umd  Q«iie-WeMB8. 
(I.  Heft)  Der  Kriegsschauplatz  zwischen  dem  Rhein  und  der  Seine 
und  die  Hauptaufgabe  seiner  Befestigungen.  —  Über  ballistische  Appa- 
rate.  —  Messen  der  Goschofsfluiry.eit^'n  Nt**ssen  der  Gesohofsge- 
schwindigkeiten  mit  f^lektromiiji^notischcn  Fallapparaten.  (II.  Heft.) 
Krliiutorungen  zu  den  neuen  Schiefstaleln.  Von  R.  Edler  v.  Forten- 
schlag  Lederniayer.  —  I  )or  Kriegsschauplatz  zwischen  dem  Rhein  und 
der  Seine  und  die  Hauptaufgabe  seiner  Befestigungen  (Sclilufs). 

Allgemeiae  Mwefaierieelie  MiUtSraeltanf.  Hr.  6.  Persönlich 
und  sachlich.  Bemerkungen  von  U.  Wille  über  verschiedene  Artikel, 
die  seinen  Ansichten  über  das  neue  Wehrgesetz  entgegentraten.  — 
Militärreformen  in  Bngland.  —  Die  Unbereitschaft  Rufslands  zum  Krieg. 
Hr.  7.  Der  miUtärische  Vorunterricht.  —  Rufslands  Streitkräfte  in 
Ostasien.  —  Die  englische  Tibet-Expedition  über  den  Himalaya.  Nr.  8. 
Der  Elfolg  Japans  zur  See  Die  Darstelhing  leidet  an  f^int^v  Über- 
schätzung der  japanischen  Krfolgf,  bezw.  an  einer  zu  iiiii;ün8tigen 
BeurtiMlnns  dos  Verhaltens  ui}d  der  Einbufscn  der  Russen.  Die 
Höchstkuiiiniandierenden  und  die  Truppen  im  russisch-japanischen 
Kriege.  Wohigelungene  Darstellung.  —  Mission  auf  dem  Kriegsschau- 
plata.  Wird  nach  den  Absichten  des  Bundesrats  in  beide  Lager  ent- 
sendet werden.  Beiheft  I.  Lassen  die  Lehren  aus  dem  fiurenkrieg 
eine  Änderung  unseres  Infanterie-Exerzierreglements  wOnschenswert 
erscheinen?  Von  iligor  Schaeppi.  Hf.  9.  Korrespondenz  aus  Deutsch- 
land.  P&llt  zu  sehr  in  den  Geist  und  die  Sprache  der  gegen  die  Arraee- 
ieitung  gerichteten  Opposition.  Das  Positive  ist  nicht  alles  verbürgt. 
-  Ein<»  nrno  militärische  Zoitsrhrifl.  betrifft  die  Viortoljahrhefle  für 
Truppenführung  und  Heeie.skunde  vom  proufsischen  gnifsen  Heneral- 
stab.  —  Ein  Übungsritl  über  die  frische  Nehrung,  vom  kommandieren- 
den General  1.  Armeekorps  geleitet. 

Schweizerische  Zeitschrift  für  Artillerie  und  (xenie.  (Februar.i 
Mitteilungen  Ober  unsere  Armee,  speziell  Artillerie  und  Genie  betrefTend. 
—  Der  Bhiflufs  dir  Neubewaflhung  der  Artillerie  in  taktischer  und 
organisatorischer  Beziehung.  —  Notteen  aus  einem  Vortrag:  Betrach- 
tungen Uber  das  Bntfernungsschftlzen,  gehalten  in  der  OfftzierBgesell- 
schaft  Winterthur  und  Umgebung.  —  Gegenwärtiger  Stand  der  Feld- 
geschtitzfrage in  Österreich-Ungarn.  —  Militär-Automobile.  —  Drittes 
Skironnen  in  Glarus.  —  Ein  Gewflltvereuch  mit  einem  Rolirrücklauf- 
geschütz.  —  Das  Panorama-Fernrohr. 

Schwedische  Artillerie-Zeitschrift.  Heft  VI.  Einige  Erfahrungen 
betreffend  feldmafsiges  Schiefsen  mit  unserer  neuen  Feldkanone.  — 

34* 


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518 


Uterator. 


FüidgeschüUfrage  in  psterroich- Ungarn  (nach  den  Jahrbüchern).  — 
Eine  deutsche  Ansicht  über  Schilde.  —  Schiefsen  im  Dunkeln. 

Lft  France  nUitalre.  (Februar.)  Das  Projekt  Lanessan  3,  3,  4, 
10.  —  Die  Zusammensetaung  der  Remonte-Ankaufskommision  2.  — 
Die  russische  Armee  1903.  —  Die  verkürzte  Dienstzeit  und  Algier* 
Tunis.  —  Die  Arlillerieschiefsübungen  im  Gelände.  4.  Ersparnisse 
bei  der  zweijährigen  Dienstzeit,  die  Kapitulanten  nach  dem  l^Jekt 
Lanessan  5,  9.  —  General  Langlois  Beurteilung  seiner  Ideen  durch  dio 
Rovista  miliUire  italiana  6.  —  Was  die  zweijährige  Dienstzeit  kosten 
wird.  —  Da.s  >\iarscbieren  in  der  Armee.  Die  vum  Mantin  ins  Werk 
gesetzte  Konkurrenz  7/8,  10.  —  Die  deulücho  Armee.  Bilses  Buch 
von  Oberstleutnant  Prerox  sehr  sachlich  beurteilt  7/8.  —  Die  Verteidi- 
gung indo-Chinas.  —  Krieg  im  Schnee.  —  Erfahrungen  10.  Korea, 
Geschichte  11.  —  Vor  Jena.  —  Die  Kriegshäfen  Japans  12.  —  Die 
Eroberung  des  Tchad,  ein  Vortrag  18.  ^  Die  verkfinte  Dienstseit  von 
General  Laniiraux  17.  —  Die  Verteidigung  der  Kolonien  (Vorbereitung 
der  franaösischen  hierzu)  19.  —  Die  Vondöme-Säulo,  ihre  Geschichte  24. 

-  Kin  neuer  Gesetzvorschlag  für  verkürzte  lJ>ienstzeit  2h.  —  Deutsche 
Ansichten,  Zustimmung  zu  einem  Aufsatz  dos  Generals  v.  Pelut  im 
Miütär-Wochenblatt.  —  Die  gelbe  Gefahr.  —  Zitierung  japanischer 
Kriegsiieder  26.  —  Der  Franko-iSiamesische  Vertrag.  General  Prud- 
homme  hält  ihn  für  ungünstig  27.  —  Die  Erkundungen  der  Kavallerie 
28/29. 

Rivista  di  artigUerU  e  geaio«  (Januar.)  Das  Ingenieurwesen 
in  Spanien  und  der  Belagerungskrieg.  ~-  Die  Belagerung  von  Porto- 
ferriUO,  Mal  1801— Juni  1802.  —  Bemerkung  Ober  die  Anwendung  von 
Maschinengewehren  in  sehr  bedeckten  Ebenen.  —  ESsernes  Hebeaeug 

für  Artillerie. 

Revue  de  Cavalerie.  (Januar.)  Den  Frciindün  der  Srategie  — 
Plaudoroi.  -  Hin  Haid  im  äufsersten  Süden  (Pfordo  und  Mahara-Kanicle) 

—  Die  Entwickelung  der  französischen  Keiterei  (Forts.).  —  Paris — Reuen 
-Meaudeville  (12.,  13.,  14.  August  1903)  (Schlufs).  —  Die  deutsche  Armee 
(Forts.). 

Journal  der  Vereinigten  Staaten- Artillerie.  (Jan.,  Febr.  1904.) 
Bestimmung  der  Lilngenabweichungen  beim  ArtillerieschteTsen  mit  Hilfe 
von  Photographie.  —  Das  halbautomatische  Visler.  —  Verdeckte  Stellung 
von  KQstenbatterien,  ihr  Wert  und  die  Beaiehung  von  Verschwind- 
geschOtsen  dazu.  —  Feldartillerie-Bewaffnung.  —  Der  gepanzerte  Mu- 
nitionswagen für  Feldartilleric.  —  Die  Entwickelung  von  Rücklauf-  und 
Vorlaufap parat <-n  für  Feldgeschütae  mit  langem  Rohrrücklauf.  —  Neue 
Formen  von  Panzerforts. 

III.  Seeweteii 

Nachrichten  aus  deiu  («ebiete  de»  Seewesens.  Nr.  3.  Fort- 
schritte un  Schiefswesen.  —  Bericht  der  Schiedsrichter  über  die  eng.* 


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Uterilnr. 


519 


lischon  Flottenmanöver.  —  Börresens  Torpedo.  —  Virator.  —  Die 
russische  „FreiwilliRo  Flotte'.  —  Dio  russisrhc  Schifls-Arlillerio.  — 
Die  Reform  der  nautisclion  Schulen  in  Östn  reich.  —  Das  Stone-Lloyd- 
Sj'stem  zum  c:leichzeitigen  und  automatischun  Ahschliefsen  aller  wasser- 
dichten Türen  auf  Schiffen.  —  Ein  fiettungsboot  mit  Dampfbetrieb.  — 
Über  den  Gebrauch  der  Waöserrohrkessel  auf  Kriegsschiffen. 

Amy  aad  K»?jr  Gacetto.  Hr.  2294.  Die  Ne^jallrobel&rde^ungen. 

—  Die  Portsohritte  Deutsclilands  im  KrtogssctiifTbau.  Hr.  2300.  I  »er 
seemännische  Ausbliclt  auf  den  russisoli-japaniechen  Krieg.  —  Über 
die  russischen  Flottenfahrer  in  Oetasien,  Nr.  2801.  Der  Marine-Vor- 
anschlag. 

Revue  mAritime.  flfinior  1904.)  r>cr  .spanisch-amerikanisch«? 
Krieg  auf  den  l*hilippinen  (Schlufs).  —  Die  Blockade  von  Btv^t  1803  bis 
1805  (Schlufs).  —  Zu  was  können  die  LunduD^truppen  dienen  ;!  — 
Operationen  über  See. 

IV.  Verzoichiiis  der  lur  Besprechung  einiegangenen  BUcher. 

(l>i«  eingegangenen  H  i  i  t  r  »rfjiiren  eine  Ueaprechang  nach  M.ir$iga!>e  ibrnr  i;cMl<>utiir<r^  i  ul  >I»ii  \er- 
figbaren  Kaamea.  Kinn  V  *  r  i  cb  lang,  jede«  eingebende  Kueh  xu  beaprechon.  ul>eriümmt  die 
LtitUBg  der  .JabrbOeker"  nieht,  do«b  werden  di«  Titel  aämUiober  Bfiober  nebat  Angabe  dea  Treiaea 

—  aefetn  diewr  mitgeteilt  wurde  —  hier  viiraif>rl;t.  Kine  Itfickaendung  von  il&rbem  findet  niobt  etatt.) 

1.  Cramer,  Militärische  und  freiwillige  Kranltenpflege.  Stuttgart 
1904.    F.  Knkc.    Mk.  1.20. 

2.  V.  Meersfheidt-Hüllessera.  Die  Ausbildung  derlnlanterie.  11.  Teil. 
Die  Frühjahrs  Feriode.    Heiliii  1904.    Mittler  k  Sohn.    Mk.  2,40. 

3.  Yeltxe,  Die  Schlacht  bei  Adua  1.  März  lb96.  Wien  1904. 
Seidel  &  Sohn. 

4.  SenititBihefleht  fSr  die  Kgl.  hayerisehe  Arne«  für  die  Zeit 
vom  1.  Oictober  1898  bis  30.  September  1809,  bearbeitet  von  der 
Medisinai-Abteilung  des  KriegBrniniateriums.  München  1904. 

5.  Fried«  Kmpp»  A.  G.,  Richteinrichtungen  für  PeldgeschütKe. 

Essen  1903. 

6.  Zobel,  Praktisches  und  Theoretisches  zum  Reitunterricht  für 
die  Otfiziero  dei  Fufstruppen.  Leipzig  1904.  Zuckschwordt  k  Co.  Mk.  3,00. 

7.  V.  MonieteB,  Die  Mathematik  in  der  Plerde-Dressur.  Ebenda. 
Mk.  1,60. 

8.  Sclteenbeek,  Das  Scheuen  der  Pferde,  debsun  Ursaclien.  Folgen 
und  AbhUfe.    Ebenda.    Mk.  1,60. 

9.  Noalhaty  les  sous-marins  ei  ia  prochaine  guerre  navale.  Paris 
1904.  Berger  Levrault  k  Co.  8  frs.  50  c. 

10.  EnStel,  Uniformenkunde.  XII.  Band.  Heft  12.  Rathenow  1904. 
M.  Babenzien.   Mk.  1,50. 

11.  Krause,  Die  Gestaltung  der  Geschofsgarbe  der  Infanterie  beim 
gefechtsmätsipMi  Prhi.  fsi  n.  HrHin  1904.  E.  S.  Mittlei- &  Sohn.  Mk.  2,25. 

12.  Auf^^abt^ii  der  Auf  riahineprüfunsff^n  für  die  Kriegs-Akadeuie 
l\mß  mit  Lösungen.    Oldenburg  1904.    G.  Staliing. 


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520 


Uterator. 


13.  Die  Völker  Russlaiids  in  Waffen.    Leipzig.    W.  Malende. 

14.  Immanuel.  225  taktische  Aufpibon  für  Übungen  aller  Art  und 
Kriügsspioi.    Herlin  1904.    Mitfl^T  A-  Sohn.    Mk.  9, — . 

15.  Verdy  du  VernoiSy  Studien  über  den  Krieg.  III.  Teil.  Strategie. 
Ebenda.   Mk.  3,60. 

16*  Anleitung  cur  StolTgliederuHg  beim  Lnterrielit  über  Kriege* 
lurtikd.  Ebenda.  Mk.  0,50. 

17.  Dresky,  Praktische  Anleitung  zu  richtigen  HUfsstellungeD  bei 
gymnastischen  Übungen.  8.  Aufl.  Ebenda.  Mk.  0,60. 

18.  Hoppenstedt,  Der  Unteroffizier  ißr  Infanterie  im  Aufsendienst. 
KbendH    Mk.  0,60. 

VX  (üeschichte  Krandenburg  l*reuHsens.  I.tfd  für  don  (if  schichts- 
Unterricht  in  den  l  nterol'ftzierschulen  usw.    Kbenda.    Mk.  1,76. 

20.  Hoppeu8tedt,  Übungsritte  in  Aufgaben.  1  Jurchführung  uncl 
Berichten  für  Offiziere  aller  Waffen.  Mit  einer  Karte  in  Steindruck. 
Berlin  1904.    .MiUler  d;  Sohn.    Mk.  3,25. 

21.  Kunz,  Kriegsgoscbichtliche  Beispiele  aus  dem  deutsch-fran- 
zösischen Kriege  von  1870/71.  Siebzehntes  Heft.  Ebenda.  Mk.  5,25. 

82.  KriegsgeaehiehtUehelSiutelsehflilen«  Heft  33.  Ebenda.  Mk.2,80. 

23.  Roth's,  Jahresberioht  über  die  Leistungen  und  Portschritte  auf 
dem  Gebiet  des  MilitSr-SanitStswesons.   28.  Jahrg.  Ebenda. 

24.  V.  Otto,  Geschieh to  des  Jäger- Bataillons  von  Neumann  und 
seiner  Stammtruppon.    Ebenda.    Mk.  10.00 

25.  V.  d.  tvoltz,  Die  Ausbildung  der  Infanterie  für  den  Angrilf. 
Ebenda    Mk.  1,60. 

2(J.  Hsueh  Chi  Tsehoug,  Kunversationsbuch  in  drei  Sprachen, 
deutsch.  IninzübiHch,  chinesisch.  Wien  1904.  llartiobens  Verlag. 
Mk.  2.-. 

27.  KiattsSy  Karte  von  Japan,  Korea,  Ostebina  und  der  Mand* 
sehurei.  Leipzig  1904.  Bibliogr.  Institut.   Mk.  0,80. 

28.  FlrobeBiiiSy  Militfiriexikon.  Brgftnz.  Heft  2.  Berlin  1904. 
M.  Oldenbourg. 

29  V.  Kalinowsld,  L)er  Kri(>g  zwischen  Rnfsland  und  Japan. 
1.  Heft.    Berlin  1904.    Liehelsrho  Rurhhdl^r.    Mk.  1.20 

30.  Freusis,  Reform  der  militärischen  Fabriken  in  Preufsen.  Berlin 
1904.    H.  Schröder.    Mk.  0,50 

31.  Schon,  Major.  I  >er  Kriegsschauplatz  zwischen  dem  Rhein  und 
der  Seine.    Wien  1904.    Seidel  &  Sohn. 

22.  T.  GulowItB-lluLen,  Einteilung  und  Dislokation  der  russischen 
Armee.  14.  Ausgabe  April  1904.  Leipzig.  Zuokschwerdt  &  Co. 

22.  LyeoBdlSy  le  Systeme  do  canons  demontables.  Athen  1903. 
Meissner  k  Kargadouris. 


Dmok  TOB     W.  n«jrii's  Brbeii.  Beriia  «nd  Potsdfta. 


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XXVI, 

Eriahruageo  beim  gefechtsmäfsigeo  Schielsen  mit  Bohr- 

rficklaafgeschützen. 

Ii.  Eohne,  Geoeralleutoaot  z.  D. 


Die  Vorteile  des  Schnellfeuerirf  Schlitzes  wird  nur  der  ausnukzeü 
können,  der  versteht  sich  scbuell  einzttschielsen.  Dafs  unser 
jpt'/i«?es  Schieisrerfahren  viel  m  viel  Zeit  in  Anspruch  nimmt,  liann 
nur  jemand  ieugnen,  der  nie  darüber  nai^lii^-cdai  lit  hat.  Die  IVnnzö- 
siche  Feldartillerie  b:if  deshalb  mit  dem  alten  System  -  Bilden  und 
Verengen  der  (xabei,  im  Az.-Feuer,  Ubergang  zum  Bz.,  schliefslit^h 
Keireln  der  Sprenghöhen  —  völlig  gebrorhen  nnd  ein  anderes  Ver- 
fahren angenommen,  das  ein  schnelles  Einschit  i^t  ii  gewährleistet  und 
eine  völlig  ausreichende,  freilich  nicht  die  höchst  mögliche  Wirkung 
des  Schrapnellfeuers  verspricht  Die  im  Novemberheft  (190H)  er- 
schienene Betrachtung  über  das  Schicisen  der  rumänischen  Artillerie 
zeigt,  wie  schnell  man  mit  diesem  Verfahren  zam  Ziel  gelaugt,  und 
welch  hohe  Wirkung  es  in  Aussicht  stellt 

Inzwieeh^n  hat  der  schwedische  Oberst  Wennerberg  in  der  in 
Stockholm  erscheinenden  Artilleri-Tidskrift"  fi.  Heft  1903  die 
beim  feldmäfsigen  Schielsen  mit  dem  neuen  Geschütz  ^-fniachten  Er- 
fahrnn^en  veröflFentlicht.  Bekanntlich  ist  dies  Geschütz  die  Kruppsche 
7,5  cm  Kanone  mit  Rohrrttcklauf,  das  dem  voraussichtlich  in  kürze- 
ster Zeit  l)ei  uns  eingpftlhrten  „Kompromifsgef=;chUtz"  anfserordentiich 
ähiiliih  ist.  Aber  abgesehen  davon  ist  dieser  Aufsat/,  deshalb  be- 
merkenswert, weil  sein  Verfasser  nicht  nur  Kommaudeur  eines 
Feldartiilerieregiments.  sondern  auch  seit  Jahren  Leiter  der  jähr- 

JAttrkAeliar  fir  di«  dvotaoke  Armee  aad  Uarlne.   Ko.  393,  86 


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522    £ilAhruii|{eD  t>eim  gefeehUrnüfsigeB  HchieiMii  mit  BohrröokiAuf^dsctiüUiMu 

lieben  Offizier- Schiefsscholkurse  in  Sehweden  igt.  Es  steht  ihm  also 
eioe  reiche  Erfahrimg  za  Grebote;  diese  hält  iho  aber  nicht  ab, 
soDdern  ist  vielleicht  gerade  die  VeraiüassQDg  tttr  ihn,  die  Schiefs- 
fragen  aach  „theoretisch^  grttndlieh  m  studieren.  Für  mich  ist  m 
ime  groSae  Genngtaiuig,  dab  dabei  die  BeieelmiiDg  der  treffbaren 
Fläeiie  der  Ziele  und  der  Dieliftigicelt  der  Streogmrbe,  ttber  die 
die  itontiiiiefB  aleli  so  wohlfeile  Witae  «rlanliteD^  eine  grofae  RoUe 
spieH.  Der  sebwedlaelie  Oberst  bnldlgt  aidit  blo&  dem  Gmadsafse 
„Probieren  gebt  ttber  Stadieren»^  sondeni  aneb  dem  leider  so  oft 
anlser  aebt  gelaaseneii:   «Erst  «tadSereiit  dann  probieren!*^ 

Es  ist  LtuD  interessant,  dafs  aocb  die  Schweden  zn  der  Über- 
zengong;  gelangt  sind,  dals  das  Einscbielsen  mit  Bz.  im  allgemeioeD 
den  Vorzug  vor  dem  Einscbielsen  mit  Az.  verdient,  weil  man  bei 
einer  Bz.-Grabel  von  200  m  wahrscheinlicli  früher  vorteilhafte  Spreng- 
weiten  erhält  als  mit  einer  Az.- Gabel  von  100  m.  Während  ia 
Frankreich  alle  vier  Geschütze  zur  Gabelbildung  benutzt  werden, 
halt  man  es  in  Schweden  fUr  zwLckraäfsiger.  die  Gabel  mit  nur  zwei 
Geschützen  zu  bilden,  weil  man  dabei  weniger  Munition  verbraacht 
und  weil  zwei  Schüsse  leichter  zu  beobachten  sind  als  vier,  die 
vielleicht  seitlich  weit  auseinander  liegen.  —  Es  wird  empfohlen, 
▼on  vornherein  eine  Gabel  von  400  m  zu  bilden  und  diese  aof 
200  m  ZQ  verengen.  Gelingt  das  nicht,  so  hängt  das  weitere  Ver* 
fahren  von  der  Beschaffenheit  des  Zieles  ab. 

Nach  den  französischen  Schiersregeln  folgt  der  (Tabelbilduog  ge- 
wöhnlich ein  Schiefsen  auf  mehreren  Entfernungen  (tir  progressif), 
während  bei  Zielen  ohne  Tiefe  nach  den  schwedischen  Regeln  der 
Versuch  gemacht  werden  soll,  durch  lagenweises  V  or-  oder  Zurück- 
gehen diejenige  Entfernung  zu  ermitteln,  die  die  beste  Wirkung  in 
Aussicht  stellt.  Nach  den  Beispielen  sollen  dabei  sogar  Korrektnreo 
um  50  Meter  ausgeführt  werden,  was  nach  unseren  Erfahrungen 
weder  nötig,  noch  im  Ernstfall  ausführbar  ist.  Solche  feine  Korrek- 
turen erschweren  das  Schiefsen  unnötig. 

Gelingt  die  Hilduug  einer  Gabel  von  200  m  nicht,  so  kann  man 
vielleicht  cinf  solebe  von  300  m  bilden,  wodurch  man  unter  Um- 
ständen den  unter  Feuer  zu  nehmenden  Raum  so  tMiisi  hränken  kann, 
dals  man  mit  vier  verschiedenen  Entiemuugen  auskommt.  Ist  z.  B. 
die  Gabel  wie  folgt  gebildet 

3000  —  — 

^400  +  + 

3200  ?  ? 

so  wttrdeo  die  Frauoeea  entweder  lagenweise  auf  das  Kommaodo 


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Ejrfahnui|;ea  beim  gefeohtsnüUaigeii  Sohielaeii  mit  Bohrrttokbuifgeiohtttatea.  528 

des  Batteriffiihrers  vou  29C)0  ra  beginuend  vorgehen  bis  3400  m, 
weDD  sie  nicht  vorher  bereits  vSchtisse  hinter  dem  Ziel  erhalten  oder 
zweimal  ein  „tir  progressif"  mit  2900  bezw.  3100  beginnend  ans- 
fübren.  Der  schwedische  Oberst  schlägt  vor  zunächst  eine  Lagt*  auf 
3100  oder  3300  m  abznsreben.  Kann  eine  von  diesen  beobachtet 
werden,  8o  lälst  sich  der  unter  Feuer  zunehmende  Raam  einschränken 
und  damit  Munition  ersparen.  In  jedem  Fall,  wo  die  l^ildung  einer 
200  Metergabel  nicht  geiimgeu  ist,  müssen  die  Greii/oo  der  400 
Metergabel  koutrulliert  sein,  so  daib  zwei  Übereinstimmende  Beob- 
achtungen vorliegen. 

Geht  man  lagenweise  um  jno  m  vor,  so  erhält  man,  wie  durch 
Rechnung  festgestellt  ist  eine  Dichtigkeit  von  mindestens  1  Treffer 
pro  Quadratmeter,  wenn  man  auf  jeder  Entfernung  zwei  Schüsse  ab- 
gibt. Gp<ren  eine  mit  24  Figurseheiben  besetzte  uugepanzerte  Batterie 
von  vier  Geschttteen  sind  bei  einer  'MX)  Metergabel  auf  8000  m  etwa 
21,  auf  4000  m  In  Treller  zu  erwarten,  also  mehr  als  rrfordprlit^h, 
um  die  Batterie  zum  Schweigen  zn  bririfren  Ausgeführte  bcbufs- 
versuche  bahieii  die  Richtigkeit  der  Recbnong  bestätigt.  (Wirkiuigs* 
sehielseD  32  Schafs.) 

Auch  bei  Bildung  einer  200  Metergftbel  Ist  ein  SeMeben  mit 
mehreren  Aafsatzstellnngen  (tir  progreseif)  angexeigt,  wenn  man  sicher 
weiÜB,  dals  das  Ziel  eine  gro&e  Tiefe  hat,  bezw.  da&  sieh  hinter 
ihm  treffhare  Ziele  befinden,  was  man  z.  B.  bei  Schützenlinien 
immer  'annelunen  darf.  Eän  gutes  Beispiel  von  der  Wirkung,  die  man 
beim  Bestreuen  eines  Bamnes  Ton  greiser  Tiefe  erhält,  liefert  ein 
gegen  Schützen  ausgeführtes  Sehiefaen.  Das  Ziei  bestand  ans  tttnf 
SehtttKnUnien  hintereinander: 

auf  m)0  m    70  Schtttzen  (0,6  m  hoch  Tre^äche  0,2  qm) 


9» 

2900 

»» 

70 

n 

)» 

n 

»f 

n 

2980 

n 

120 

V 

(0,9 

n 

>» 

ti 

0,85 

» 

n 

3900 

n 

70 

w 

(0,6 

n 

n 

n 

0,02 

»» 

» 

8400 

tt 

70 

»• 

ff 

n 

n 

» 

19 

ff 

Man  bildete  gegen  die  Torderste  allein  sichtbare  Linie  die  Gabel 
2400 — ^2800  nnd  gab  als  dann  sweimal  ein  Sehnellfener  mit  weeh- 
sehider  JEntfeninng  (tir  progiessif)  ab:  Das  erste  anf  2800,  2400, 
2500,  2600;  das  zweite  auf  2600,  2700,  2800  und  2900  m;  auf 
jeder  Entfernung  zwei  Schüsse  pro  Geschütz.  Die  Gabelbildnng  war 
mit  12  Schossen  erfolgt ;  das  Wirkongssehiefseo  erforderte  64  Sehttsse; 
Summa  76.   Die  Wirkung  betrag  gegen  die 

66^ 


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524   £rCihniiig«ii  b«i4B  gefedüMiUUgea  SekMMB  nit  EabnllioUmlgmiUUui^ 

i.  Linie   88  Trefier 

8.     „     110  „ 

4.  11  }i 

5.  5 

Summa  253  Treffer 
als  pro  bchuis  3,3  Treffer. 

Das  erhaltene  Resultat  stimmte  ziemlich  genan  mit  dem  eireoh* 
neten  (pregen  die  drei  vorderen  Linien  246  Treffer)  überein. 

Während  bei  sehmalen  Zielen  das  Feaer  ohne  Änderung  der 
Seitenrichtung:  der  Geschütze  ausreicht,  ma(s  man  bei  breiten  Zielen 
die  SpitPiirichtuno:  von  Schul's  zu  Schuls  ändern,  was  dem  franzö- 
sischen ,.tir  fauchant""  entspricht.  Die  Breite  der  Ziple,  die  ohne 
Änderung:  der  vSeitenrichtung  von  einer  Batterie  von  vier  Geschützea 
wirk'iam  beschossen  werden  kann,  ist  auf  mindestens  HU  Meter,  auf 
den  näheren  Entfernungen  aber  erheblich  höher  zu  veranschlagen. 

Die  Änderung  der  Seitenriehtung  erfolgt  ohne  Umstellung  der 
Kichtmittel  lediglich  durch  Umdrehung  der  Kurbel  für  die  Spitpn 
ricbtmaschine.  Eine  solche  Umdrehung  verlegt  den  Treffpunkt  um 
acht  ^Teile^^)  (^/j  Grad).  Man  rechnet  darauf  auf  den  Entfer- 
nungen von  2000—5000  m  Ziele  bis  lu.  360  m  Breite  unter  Feuer 
nebmen  zu  können. 

Es  mulö  dazu  das  Geschütz  allerdings  mit  fünf  verschiedenen 
Kichtungen  feuern:  nach  Abgabe  des  ersten  Schusses  wird  /weimal 
nach  rechts  gc^phwenkt,  dann  durch  Zurückdrehen  der  Kurbel  die 
ursprüngliche  Richtung  wieder  genommen  und  nun  zweimal  nach 
links  ireschweukt. 

interessant  sind  die  Treffresultate,  die  man  bei  diesem  Verfahren 
erhielt  Auf  :](MM)  m  wurde  eine  Batterie  von  acht  Geschützen 
mit  Muniti(tn^\\  atreii.  besetzt  mit  40  Figursebeihen,  Frontbreite 
175  ra.  beschossen.  Beim  Sehiefeen  mit  einmaligem  ^>chwenken  (Ab- 
gabe von  drei  Schuls  pro  Geschütz  auf  jeder  Entfernung)  erhielt 
man  in  den  Figuren  24  Treffer,  bei  zweimaligem  Schwenken  (sechs 
bchuls  ;inf  jeder  Entft nuiii^j  37  Treffer. 

Auf  1850  m  wurde  eine  Schützenlinie  von  200  m  Frot  be- 
schossen, in  der  140  Figuren  von  ^/s  "^d  Mannshohe  aufgestellt 
waren;  dahinter  standen  auf  2030  m  und  2100  Suutiens  von  je  70 
Figuren  von  halber  Mani!sh<»he.  Die  Gabel  wurde  mit  1600  und 
1800  gebildet  und  das  .sc-hicfsen  auf  1500,  1600,  1700  und  180*)  m 
ausgeführt.    £j9  wurde  iuer  mit  Schwenken  nach  rechts  und  links 

0  1  «Teil*  gleich  t/iooo  der  VIsierltnien. 


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Erfahnmgea  beim  gefechtsmä£ugeo  Sohieüien  mit  RohrrttoklaalgescbUtaKeiL  525 

g«0Qlio8seii;  jedes  GemhUte  gab  also  24  Schals  ab.  Man  erhielt 
M  IMter  in  der  eisten,  88  in  der  «weiten,  36  in  der  dritten  Lioie, 
in  Summe  also  169  Tteffer;  pro  Seknb  also  1,76  Traffier,  ein  sehr 
IfUnstigeB  Beenltat^  naaentHob  wenn  man  bertlekiiditigt,  dab  die 
mdsten  Selillsse  selur  gtalb/t  Sprengweiten  hatten. 

Bei  UeiaenZieleDtfernangen  kann  man  mit  dieser  MeHmde 
nur  sehr  sohmale  Fronten  nnter  Fener  hatten;  anl  1000  m  wiid 
durah  zweimaliges  Schwenken  der  Trefi^nnkt  nnr  nm  S2  m  ?er- 
legt  Man  hat  daher  ein  gans  neues  Vei&hren  ersonneni  hei  dem 
ein  einzelnes  Geschttts  aof  1000  m  Eotfeninng  hesL  einer  mittleren 
Sprengweite  von  100  m  eine  Front  von  120,  eine  Batterie  von  vitt 
GesehntMn  also  tob  480  m  wirksam  unter  Fener  nehmen  kann.  Es 
gesohieht  dies  aaf  das  Kommando:  nMctfa^  (ICHhen).  Die  Front- 
breite  des  Ziels  wird  nadi  Handlndten  ahgesehitst  (dne  Hand  gleiek 
120  „Teile*')  and  die  Feaerrerteihug  beispielsweiBe  wie  folgt  ange* 
ordnet:  „Sehtttzen^  rotes  Hans,  eine  Hand  links  davon }  Stront  vier 
FSogerl**  Die  Flttgelgesdilltie  werden  aoi  dnen  Punkt  gerichtet» 
der  nngefiihr  zwei  Finger  breit  (60  Teile)  innerhalb  der  Front  liegt; 
die  andern  Gesehtttze  Je  Tier  Finger  breit  (120  TeUe)  weiter  nach 
innen.  Sobald  die  Gesefaflize  die  grobe  Richtong  ndt  dem  Bich^ 
bäum  erhalten  haben,  werden  die  Yisierlttcher  der  Schilde  durch 
Klippen  geschlossen.  Die  HOhenrichtung  wird  mit  der  Libelle  ge> 
gehen,  die  Seitenrichtnng  der  folgenden  Schüsse  durch  die  Kurbel 
der  Stttenricfatmaschine.  Mit  der  ersten  Lage  wird  das  EiBSchie(se& 
besorgt»  und  zwar  muls  man  daftlr  sorgen,  daCs  jedes  Geschtttz  die 
smniihemd  richtige  Sprengweite  erliSit,  die  bei  so  breiten  Fhmten 
und  nahen  Enliemuiigen  die  Qesehfltze  des  ebien  Flllgels  recht  wohl 
vm  100  m  und  mehr  yeKschiedene  Sinengweiten  haben  können« 
Man  darf  nicht  zu  früh  mit  dem  Schnellibaer  beginnen,  da  es  sonst 
ohne  Wirkung  bleiben  könnte.  Die  Zeit  dazu  ist  vorhanden,  da  die 
Ibfimterie  gegen  die  ge|Mnzerte  Batterie  mit  geblendeten  Visier« 
Utohem  keine  Wirkong  hat  Bei  diesem  „Mähen**  gibt  jedes  Gesehatz 
acbt  Schule  ab  and  verlegt  den  Trefiponkt  nach  jedem  Schnls  am 
zwei  Umdrehungen  (16  „Teile**)  nach  der  Seite^  soweit  es  die  Lafette 
zollllst  und  geht  dann  wieder  zurttck. 

Bä  ränem  Scfaiefsen  auf  860  m  gegen  eine  ans  260  Vt  Vi 
Figuren  bestehende  Schlltzenlinie  von  400  m  Front  Breite  erhielt  man 
mit  86  Schttssen  128  Treffer  bi  71  Flgoien. 

Bei  einem  zweiten  Schielsen  auf  glddier  Entfernung»  wo  28|^ 
fthnliche  Figuren  auf  800  m  Front  vertdlt  waren,  erreichte  man  mit 
derselben  Seholszabl  sogar  187  Treffier  in  99  Figaren.  In  beiden 
FUien  hatte  das  Schielsen  nicht  ganz  eine  Minute  gedauert 


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526 


Fngm  des  luGuiteriflicblefMiis. 


Es  ergibt  sich  aus  dieseD  Beispielen,  dals  man  in  der  Tat  mit 
den  modernen  Sehnellfeoei^schützen  io  aulserordentlich  kurzer  Zeit 

gegen  Ziele  von  ^rolser  Breite  eine  sehr  bedeutende  VVirkuuj;  er- 
reicht, vvriiii  inau  iior  annähernd,  aber  sicher  eing-eschossen  ist. 

In  allen  Einzelheiten  steht  das  Schiefsvt  liahren  noch  nicht  fest; 
sieber  ist  aber,  dals  auch  hier  das  Bestreuen  grofser  Räume  mit  lilei 
nach  dem  französischen  Muster  ancrenomroen  ist,  ftlr  das  man  bei 
ODS  stellenweise  nur  ein  mit!eidi<^es  Achselzucken  halte. 

Bemerkenswert  ist  endlich  noch,  dafs  die  schwedische  Batterie 
nur  vier  Geschütze  stark  ist.  um  so  lehrreicher,  als  man  nach  den 
ersten  Versuchen  zur  Beibehaituu^^  (it  r  sechsgeschlitzigeu  Batterie 
entschlossen  war.  Die  Vorteile  der  kleineren  Batterien  haben  sich 
aber  so  deatUcii  bemerkbar  gemacht,  dals  man  sie  nicht  ignorieren 
konnte. 


xxvu. 

Fragen  des  Infanteriescliiersens. 

Von 

FreUlem  tob  ZMUits  lud  Menkireh, 
Obentientiiuit  beim  Stabe  des  Infriiterie-BegimeDtB  Kaiser  Wilbein 

(2.  GrofiaheROgl.  Hess.)  Nr.  116. 

^^^^^^^^^ 

I. 

Zur  Theorie  und  Praxis 
deB  gefechtamäfirigeii  AbteilnngiacliieCiBenfl. 

Da  ich  wobl  annebmeD  darf,  dab  die  in  den  Toiansgegangenen 
Heilen  der  ,^abrbtt6her*<  gebracbten  Abbandinngen  Uber  die  Trefr- 
wirlLnog  beim  gefeehtemäfalgen  AbteüongsaebieAen  der  Intoteiie 
den  Lesern  dieser  Zdlen  niebt  nnbekannl  geblieben  sind,  so  mOge 
es  erlaubt  sefai,  nnler  Vermeidnog  langatmiger  Wiederholungen  gleieb 
m  meäiias  res  einzutreten. 


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Fngea  dea  InfiuiteriesohieiMBs. 


527 


Wenn  im  Märzheft')  (Ö.  306)  Herr  Greueralleutiiant  Hohne  meineo 
Aufsatz  Nr.  YIII  im  Februarhett  erwähnt  und  dabei  Uber  die 
Mehrheit  meiner  Ausfülimngen  —  ohne  zu  ihnen  Stellung  zu  nehmen 
—  hinweggeht,  um  „die  Geduld  der  Leser  nicht  zu  sehr  in  Anspruch 
ZQ  nehmen",  so  kann  ich  dieser  Httcksicbtnahme  nur  zustimmen, 
denn  auch  ich  bin  der  Ansicht,  dafs  nach  meiner  Widerlegung  der 
vorausgegangenen  Kritiken  wenig  mehr  über  die  fraglichen  Punkte 
zu  sagen  bleibt.  Ich  wlirde  deshalb  unter  allen  Unisiänilf ü  ver- 
niied(  11  haben,  noch  einmal  auf  das  Thema  „Treff ergebnisisc  "  /.liiiick- 
zukummcn.  wenn  nicht  der  Aüfsat/  im  Märzheft  eine  an  mich  direkt 
und  persönlich  gerichtete  Aulfurdf  run^-  enthielte  CS.  313/.'314),  wekber 
ich  mich  au,^  nahrlie^'-enden  Urllndi-ii  brichst  uugern  entziehen  würde. 
So  erbitte  ich  mir  denn  nocLi  einmal  das  Wort  in  der  Hufinung, 
dals  es  mir  gelingen  wird,  die  Lösung  meiner  Aufgabe  so  zu  ge- 
stalten, dals  dabei  dem  viel  besprochenen  Stoffe  einige  neue  Gesichts- 
punkte von  allgemeineiii  Interesse  abgewonnen  werden. 

Zunächst  noch  wenige  Zeilen  aer  Erläuterung  zu  meiner  Ent- 
gegnung im  i:*  ebruarbeft.  leb  hatte  dort  S.  174  am  Anfang  des 
Abschnittes  II  gesagt,  dals  die  von  Herrn  Geueralleutuant  Hohne 
abfällig  beurteilte  TrefferprozenUahelle  „schon  seit  Jahren  ad  acta 
gelegt  und  lange  vor  Erscheinen  des  Aufsatzes  im  Maiheft  (1903) 
durch  eine  andere  ersetzt"  worden  wäre.  Man  hat  mich  darauf 
aufnierksHiii  gemacht,  dafs  diese  Fussanir  Veranlassung  zn  MiLs- 
verstanduissen  geben  könnte,  und  mit  Bei^ug  hierauf  erkläre  ich 
gern,  dafs  das  in  dem  antrefUhrten  Satz  enthaltene  Wort  „lange* 
nicht  in  absolntem  Sinne  ^^eiiteiTjt  war  und  auch  gar  nicht  80  geroeint 
sein  konnte,  da  die  Knde  190:^  hei  ausgegeliene  üjreatztabelle  aui 
dem  Titelblatt  zweimal  die  Jahreszahl  1903  trägt. 

Ebenso  kurz  kann  ieh  ndoh  bei  ReohtfertigiiDg  meiner  im  MUn- 
heft  S.  806  n.  1  beangtandeten  Bemerknngen  ttber  die  Leistnnga- 
filhigkeii  Tontlglicher  Sehttteen  auf  nahen  Entfemangen  fiiaeen.  Ea 
hat  mir  fleibatrentttndlioii  dorohaos  fem  gelegen,  Bedenken  gegen 
die  Hetbode  von  Heirn  Generalleninant  Bohne  erbeben  zn  wollen, 
leb  hatte  Tielmebr  ledigUeb  —  wie  an  der  betreffenden  Stelle 
(S.  176)  genau  angegeben  ist  —  fsr  die  Möglichkeit  so  hober 
Trefferprozentzablen,  wie  sie  die  besprochene  Tabelle  enthielt»  einzn- 
treten  beabaiebtigti  gegenüber  den  Anaftthmngen  aof  d.  643/644 


>)  Jahrgang  1908  Maiheft  S.  68&  und  Augastheft  S.  109  sowie  Jahr* 
gang  1901  Fehruafhefi  &  171  «ad  Mliihelt  9.  89a 


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628 


Fngtn  des  InfniteiiMdüelMDs. 


UD  Haihefl  1903,  wonach  diese  ZahleD  nur  darob  Annabme  eine» 
FeUen  bei  der  Bearbeitnug  der  ZiiHMninf>n«teiliing  erklärbar  seia 
aoUten. 

Dafe  die  Mehrzahl  der  InfanteriBten  mir  znatimmen  wird^  glaobe 
iefa  anch^  ganz  besonders  di^enigen,  welche  Gelegenheit  gehabt 
haben,  die  Leistungen  einer  ans  fiUtem^lltsen  bestehenden  Truppe 
ane  eigener  Anschannng  genauer  kennen  sn  lernen.  Diese  Zu» 
Stimmung  dürfte  auch  doroh  die  Ausführungen  auf  S.  307  u.  t.  keine 
Einbnfse  erleiden,  denn  gerade  diese  briugen  ja  den  wissen- 
schaftliohen  Nachweis  tflr  meine  Behauptung,  dafe  bei  vorzUg» 
lietien  Schützen  au!  nalien  Entfernungen  „der  Koeffizient,  welchem 
die  naeh  der  Methode  von  Generalleutnant  Kohne  errechneten  Treffer- 
zahlen gegenüber  Schützenlinien  in  Wirklichkeit  da  erhalteni  we 
au!  die  Scheiben  verhältnismälsig  mehr  Treffer  entfallen,  als  anf 
die  ZwisebenriUime,  sehr  erbebliche  Werte  annehmen  kann*'. 

lob  wende  mieb  nnn  zn  der  mir  gesteilten  Aufgabe,  wobei  e» 
sieh  nm  folgendes  handelt: 

Der  Herr  Veriasser  berechnet  anf  Gmnd  der  ron  Hanplman» 
Krause*)  mitgeteilten  Hokenstmungen  Tonsagliober  Sehfllsen  und 
naeh  der  in  seiner  „Sobielslehre  fBa  die  Infanterie**  S.  72  u.  1  an- 
gegebenen Methode  die  gegenüber  Kojrfbcfaeiben  mit  1,2  m  lichten 
Zwisobenrfiamen  für  eine  Beihe  von  Entfernungen  m  erwartendenr 
Ttofferprocente  und  stellt  diese  in  Vergleich  mit  den  entsprechendem 
Angaben  der  auf  rdnen  Schielsergebnissen  beruhenden  Tabelle  der 
Infanteiieschlelhsehnle  von  1903.  Die  fragliche  GegenttbeisteUnng^ 
findet  sich  auf  S.  818.  Im  AnscUuls  daran  eigeht  an  mich  die 
Aufforderung,  den  Widerspruch  zu  erklSren,  der  darin  liegt,  «dab 
die  Ttuppe  im  Durch sclinitt  bei  gelecbtsmälbigem  Scbieiben,  d.  b. 
also  doch  bei  unbekannter  Entfernung  oder  doch  nur  annfthemd 
zutreffender  VlsiersteOung  auf  den  Entfemungen  zwischen  500  und 
900  m  höhere  Treffresuitate  errdcbt  hat,  als  nach  der  ,Theorie^ 
Torzttgliohe  Schtttzcn  unter  den  denkbar  günstigsten  Verhältnissen, 
d.  k.  nicht  nur  auf  bekannte  Entfernung,  sondern  mit  genau  zu- 
treffendem Visier  und  bei  einem  fttr  die  AufiMblttger  vor  dem  Ziel 
ftultaerst  günstigen  Boden  überhaupt  zugebilligt  werden  IcOnnen". 

Nun  muls  ich  zwar  befürchten,  dab  zur  Erfüllung  dieser  Auf* 
gäbe  gerade  ich  besonders  ungeeignet  bin,  denn  ich  habe  immer 


Die  Gestaltung  der  Gescho&garbe  der  Infanterie  beim  gefechts» 
mäfsigon  Schiefsen  etc.  von  Krause,  Hauptmann  und  Mitglied  der  G^wehr-- 
prüfuDgskommission.  Berlin  liM>4.   K  S.  Mittler  &  Sohn.   S.  7. 


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Fragen  des  infiatenesobiefseiu. 


den  Standpunkt  vertreteu,  dals  zwischen  einem  Schiefsergebnis  einer- 
seits nnd  einem  Rechenergebnis  nach  den  Kegeln  der  Schiefslehre- 
andererseits  ein  Widerspruch  im  allgemeinen  deshalb  nicLt  bestehen 
kann,  weil  eine  vollkommene  Harmunie  zwischen  beiden  —  an» 
Grttnden,  die  später  ersichtlich  werden  sollen  —  ttberhaapt  nicht 
yerlangt  uüd  erwartet  werden  darf.  Das  soll  mich  aber  von  dem 
Versuch,  einen  etwa  vorhandenen  Kehler  auf  die  Spur  zu  kommen^ 
nicht  abhalteu. 

Nach  Ansicht  des  üerrn  Vertassers  muh  entweder  in  seiner 
Methode,  in  den  Angaben  des  Hauptmann  Krause  Uber  die  Streuung 
oder  in  denen  über  die  erreichten  TreÖerprozente  ein  schwerer 
Fehler  stecken. 

Die  leiste  der  drei  Möglichkeiten  scheidet  für  mich  von  vom- 
herein  ans,  denn  die  fragliche  Trefilerprozenttabelle  bringt  eme  ein- 
ÜMlie  Hlinfnng  von  TatMehen,  wobei  ibrer  Herkonfk  nach  ein  iigendwie 
nennenswerter  Irrtam  ansgesohlossen  erscheinen  mxih.  Das  gleiche 
wird  jeder,  der  in  der  Krauseschen  Schrift  die  Bearbeitong  der 
Versochsergebnisse  veriolgt  hat,  bezüglich  der  dortigen  Strennngs- 
zahlen  anerkennen  müssen.  Wenn  sonach  m.  E.  nor  der  erste  der 
drei  genannten  Fälle  in  Betracht  kommen  kann,  so  möchte  ich  doch 
sehr  nachdrücklich  erklären,  dals  ich  den  Fehler  nicht  etwa  in  der 
Methode  von  Generallentnant  Rohrie  suche;  die  Methode  ist  unan- 
tastbar, denn  sie  fulst  auf  ewig  und  unwandelbar  gültigen  Natur- 
gesetzen und  der  scheinbare  Widerspruch  kann  nur  daraus  entstanden 
sein,  dafs  entweder  nicht  alle  Faktoren,  welche  in  Whrklichkeit  anf 
die  Gestaltung  der  Schielsergebnisse  Einflufs  üben,  bei  der  Rechnung 
berücksichtigt  werden  konnten,  oder  aber,  dafs  der  eine  oder  der 
andere  dieser  Faktoren  mit  unrichtigen  Zahlenwerten  in  die  Eeobnnng 
eingeführt  worden  ist. 

Vielleieht  sehen  wir  mit  Bezug  hieran!  Jdaier,  wenn  wir  nna 
nicht  an!  die  Diaknsaion  der  Treffentahlen  bei  EopfiseheibeD  be* 
sehzSnken,  sondern,  alles  von  der  Proaenttabelle  gebotene  Material 
benutzend,  den  Vergleich  der  Ergebnisse  auch  auf  die  mit  1,2  m 
lichten  Zwischenräumen  aufgestellten  BroBt-  nnd  Rnmpfscheiben  ans* 
dehnen.  Die  hier  folgende  ZusammeDstellung  1  entfatttt  die  ent- 
spraebendeu  Ergebnisse,  wobei  genao  nach  der  S.  312  und  313  an- 
gegebenen Weise  yerfahren  ist  nnd  gemäls  der  „SeiiiefBlebre  fttr  die 
Inianterie'*  S.  72  etc  folgende  „Trefifläcben*'  angenommen  worden: 

fttr  Kop&eheiben  0,06  qm 
„  BmstBobeiben  0^18  „ 
„  Rnmp&ebeiben  0,27  „ 


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530  Fngsn  das  InfiultriaMhMteM. 


ZasammenstenoDg  1: 


Entfernung  m 

400  600 
bis  bis 
500  1  600 

600  1  700 
bis  1  bis 
100  i  MO 

800  900 
biri  j  bis 

900 : 1000 

1000 
bis 
1100 

Kopf- 
scheiben 

^  Vorzügliche    Schfltzen  b'-i 
^enim  zulrt'ffeii'leiii  \  isiui 

gefechtsniAlng^m  ScbiefiMa 

- ,  * 

2,4 

1,8 

1.6 
2.0 

■ 

l.Ö  ^  1,2 

1,4  '  1,2 

l 

1.1 

Brust- 
Scheiben 

^  Vonsflg^iche    Schützen  bei 
genau  zutreffendem  Visier 

g  DurchschnittsergebnisHe  bei 
gefecbtsmälkigem  SchieGsen 

6.7 
6,0 

4.« 

4.6 

4.0 

M 

8.0 

2.9 

2.Ü 

2.6 

1.6 

^8 

0.5 

Rumpf- 
scheiben 

^  Vorzügliche   Schützen  bei 
genau  aotreffondem  Visier 

g  DuFchscbnittMugebniaae  bei 
gefecbtsDUUBigem  Schielaeii 

M 

8.0 

1 

7.9 

7.0 

6,8 
6,0 

6,0 

5,6 

6,8 

4.0 

4,7 

2.5 

Wie  man  siebt,  gestaltet  sich  jetzt  das  Gesamtbild  weseotlieh 
änderte  und  der  Umstand,  dals  der  vorbezeichnete  Widerspruch  fast 
ansschlieislich  auf  den  Vergleich  bei  Kopfscheiben  beschränkt  bleibt, 
legt  die  Vermutung:  nahe,  dals  derjenigen  Zahl  ein  Irrtum  anhaftet, 
welche  als  treffbare  Fläche  der  Kopfscheibe  in  die  Rechnung  ein- 
gesetzt wurde,  riui  das  i«t  auch  tatsächlich  der  FalL  Schon  eine 
tiberschlägige  Rechnung  auf  Grund  der  S.  28  der  Sehielsvorschrift 
ftlr  die  Figurscheihe  aii^nM^t  bfiiPti  Mafse  läfst  eriiLennen,  dafs  der 
P'l;ic[ieninhalt  der  Kopt'srheitx'  nicht  0,06  sondern  /wischen  O.oT  und 
(i,i)s  (jni  beträgt,  und  eine  genautn'  Nachprüfung  auf  Scbeibeubildern 
aus  der  bekannten  Neu-Ruppiner  Fabrik  bat  im  Mittel  eiuen  Inhalt 
von  rund  0,074  qm  ergeben.*) 

Es  kommt  ein  weiterer  Umstand  hinzu,  den  aus  irrtümlicher 
Bf  itK  -^sung  des  Flächeninhaltes  entstandenen  Fehler  zu  Tergrölsern. 
Die  theoretisch  ermittelten  Trefferzahleu  beziehen  j^ich  nämlich  nnr 
auf  die  in  die  ScheibpTifläcbe  selbst  fallenden  Treffpunkte, 
wobei  der  „Punkt"  in  des  Wortes  matheuiatiseher  Bedeutung  zu 
verstebt  ii  ist  In  Wirklichkeit  aber  haben  wir  nicht  nur  niii  diesen 
Punkten,  sondern  mit  Schufslrichern  von  einem  bestimmten  Dureb- 
messer  zu  reohueo,  und  es  entstehen  auch  da  Treffer,  wo  der  Treff- 

'  )  Bei  den  in  der  Aimee  sehr  viel,  wenn  ich  nioht  iite,  fast  ana- 

schliefelich  beim  {;efechtsnnäfsip:en  Sohiefsen  benutzten  sogenannten  , Dresdener 
Scheiben"  habe  ich  sogar  einen  Flftoheninhalt  von  fast  0^  t^m  festgestellt. 


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Fnigeo  dM  infanfeeiieMhiefMiis. 


531 


puLki  aatserbalb  der  ScbeibeDfläcbe  nnd  in  einen  diese  rin^ 
umgebenden  Streifen  von  der  Breite  des  Geschorshalbuiesäers  fälU. 
Dieser  Streifen  enthält  bei  der  Kopfsf^heibe  etwa  60  qcm.  Die 
treflfbare  Fläche  der  letzteren  ist  also  anstatt  mit  rund  0,06  qm  mit 
rund  0,074  -f-  0,006  =  0,08  qm  in  die  Recbnong  einzasetzen.  Mit 
anderen  Worten:  die  nach  der  „Schietelehre  für  die  Infanterie" 
errechneten  Treffereahleo  gegenüber  Kopfischeiben  fallen  um  rund 
33®/o  aus. 

Indem  ich  die  veränderten  Ma£se  ancb  bei  den  anderen  iScbeiben 
berttclisichtige.  setze  ich: 

fttr  deo  Inhalt  der  Brnstscheibe    0,141  anstatt  0,13  qm 
„     „      „      „    Rurapfacheibe  0,284     „     0,27  „ 

und  wiederhole  nun  die  Beebnnog  gemäls  Zasammensteliiing  1: 


Zusammenstellung  2: 


Entfernung 

m 

400 
bis 
500 

500 
bis 
600 

600 

bis 
700 

700 

bis 
800 

800 

bis 
»00 

900 
bis 
1000 

1000 
bis 
1100 

a 

•1  «» 

VonO^che  Schätzen  bei 
genau  zutreffendem  Visier 

8,6 

2.9 

2,4 

2,1 

1,8 

1.6 

1,4 

c  -5 

g  DurclisrhnittsergebiiiHse  bei 
gefechLsmarsigem  Schiefsen 

2,5 

2,4 

2,8 

2,0 

1,4 

1,2 

0,5 

Brust« 
Scheiben 

^  Vorzügliche  Schützen  bei 
genau  zatreffendeni  Visier 

6,2 

5,0 

4,2 

8.6 

8,2 

2,7 

g  DurchächnittBergebniase  bei 
gefechtsmafstgem  Sduefsen 

5,0 

4,6 

4.0 

3,0 

2.0 

1.5 

0,6 

Rumpf- 
scheiben 

Vorzügliche  Schützen  bei 
genau  zutreffendem  Visier 

9.9 

8,8 

7,2 

6,8 

5.6 

4,7 

^  Durchbchnittäergebnihäe  bei 
grfeehtsmUfaigem  Schielbtti 

8,0 

7,9 

6,0 

5,5 

4,0 

2,6 

Wie  man  sieht,  sind  JeM  die  DnrebeehnittseigebniMe  nirgends 
melir  hoher,  ab  diejenigen  Tontlgliolier  Sehütien  anf  liekannter  Ent- 
femong.  Dab  die  Überlegenheit  der  letosfeeren  erat  mit  waeinender 
Entfernung  erhebliehe  Werte  annimmt,  eraeheint  mir  dnrehana  er- 
kUrbar. 

Man  wird  angeben  mfiaeen,  dab  die  nrsprUngliebe  Unstimmigkeit 
jetKt  anm  wenigsten  stark  berabgemindert  bt  Dab  sie  beseitigt 
wSre,  wage  iob  niebt  la  behaupten,  und  ebensowenig  kann  mir  das 
Gegenteil  bewiesen  werden.  Diese  Frage  vennOebte  nur  der  n  ent- 


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532 


Fragen  det  Lrf«ttrtiichiafteM. 


flehddeii,  weleber  inntande  wMre,  die  Wirknngon  der  sabUoseo  das 
8eble(ieD  b^leiteiideii  and  die  EigelmiBfle  beelnflnBnenden  ümstinde 
«nianiitatiT  riebtig  mbzoiohitteeD  und  bd  der  tbeoretiseben  Ermittehiiig 
beiw.  bei  der  Beniteilafig  der  Treffeiproseiite  in  Anaats  an  bringen. 
Ein  Ding  der  UnmÖ^chkeit!  Sobon  deabalb  weil  jene  Wirkungen 
sieb  mm  emen  Teil  gar  nicht  aahlenmttfiwg  liewerteD  laaoen,  mm  andern 
TeU  deb  der  Kontrolle  ttbeibanpt  entsieben.  Von  aeleben  Tcxiliegeiiden- 
taila  einwirkenden  Faktoren  nenne  ieb  n.  a.  den  wabiaebeinliehen 
SobHlningafebler  beim  PrtlibngBsebielBen  derTrnppe  and  beim  Sebieben 
der  Staamikempagnie  der  lolanterieaebiefBaebnle  anf  der  eben 
Sdte,  nnd  den  Einflnfo  dea  dnrebgebenda  knieenden  Anaoblagea  und 
der  eintretenden  firmOdnng  bei  Abgabe  einer  grolaen  Sehnlkaiü 
bintereinander  in  dieaem  Anaoblage  mnf  der  anderen  Sdte.^)  Aneb 
der  Froaentaate  der  an  den  tumittelbaren  Treffern  binzatretenden 
nnd  von  „Anfaeblligem*  bentbrenden  indirekten  Treffer  gebort  an 
dieaen  Imponderabilien.  Htorbd  bnlte  ich  einen  dorebaebnitt- 
1  leben  Znaddag  Yon  90*/«  za  den  dgentUeben  Treffern,  wie  ihn 
Generallentnant  Bobne  aeinen  Zahlen  an  gmnde  leg^  keineawegs  ftir 
an  bodi  gegrifibn,  aowdt  es  sich  om  nahe  Entfemvngen  handeil 
Diese  Anaiefat  aMttrt  aieh  anf  Mitteilangen  eines  gewiegten  Versochs- 
praktikera,  weleber  Gelegenbdt  hatte,  feldmäldge  Ziele  während 
dea  Besebneses  von  der  Seite  an  beobaebten.  Danach  hatte  sieh 
bd  kleinen  Eintallwinkdn  geaeigt,  dnia  sehr  Tiele  Anfiwblftger 
Sehnlslöcher  erzeugen,  die  faat  rund  und  beim  Anzeigen  yon  den 
wirklichen  Rondtreffem  nicht  zu  onteraebeiden  sind.  Mit  andern 
Worten:  in  solchen  Fällen  ist  der  Prozentsatz  der  yon  Aofscblägem 
henrilbrenden  Treffer  tatafteblieh  grOIaer,  als  ee  den  FhitokoUen 
naeh  scheint. 

Der  Leser  wird  jetzt  Yersteben,  wie  es  gemeint  war,  wenn  idi 
einganga  bdmnptet  hatte,  es  könne  yon  yomberein  gar  nteht  er- 
wartet werden,  dafs  ein  Ergebnis  praktiaeben  Sebieisens  einerseits 
nnd  das  Ergebnis  theoretischer  Berechnung  andererseits  sich  yöllig 
deeken.  Wenn  dieeee  Bedenken  schon  in  bezug  auf  den  Vergleich 
Ton  erschossenen  und  erreebneten  Durchschnittszahlen  besteht^ 
80  wttrde  ea  iii  erheblich  yermehrtem  Maise  sich  geltend  maehen, 
wollte  man  ein  einzelnes  Schieisergebnis  mit  dem  eat^preehendea 
Kecbnun^ergebnia  in  Vergleieh  atdlen  oder  gar  die  Gtite  der 
Schieisleistung  an  dem  letateren  messen.  Znm  mindesten  erfordert 
diese  Anwendung  neben  so  subtiler  Anlage  und  Behandlung  dea 
einaelnen  Falles,  wie  sie  m  jmm  gar  niebft  dnrebiflbrbar  ist,  eine 


>)  Kraasa  S.  fi  und  7. 


Fragen  des  InfnoterteeohiefiMos. 


533 


80  vollständige  praktische  und  theurriische  Beherrschaug  des  StüÖes, 
wie  sie  Dur  der  hierftlr  besonders  Vorg:ebildete  sich  anzaeifrnen  ver- 
mag, and  selbst  dann  wttrdeo  Irrtümer  and  TragsoblUsse  nicht 
immer  ym  vermeiden  sein. 

Man  wird  mir  nicht  vorwerfen  dUrfen,  dafs  ich  die  hohe  Be- 
dentnng  einer  wissenschaftlichen  Behandlung  der  Fragen  unseres 
Scbiei'sens  unterechätze,  nur  ist  dieselbe  meiner  Überzeugung  nach 
auf  Gebieten  zu  suchen,  die  von  Klippen,  wie  die  eben  geschilderten, 
frei  sind.  Ich  nenne  zunächst  das  Lehrgebiet.  Welche  hochwichtige 
Rolle  die  Infanterieschiefslehre  hier  zu  spielen  berufen  ist,  wird 
leider  immer  noch  sehr  verkannt;  und  doch  sind  die  Zeiten  längst 
vorüber,  wo  es  dem  Infanterieoffizier  möglich  war,  den  wichtigsten 
Teil  seiner  BeriiLstiitijikeit  allein  aus  der  Ertabrung  und  unter 
Verzicht  auf  luatbeiDatischea  Denken  und  Urteilen  zu  beherrschen. 
Nicht  minder  bedeutsam  für  uns  ist  die  TreflFwahrscheinlichkeitslehre 
als  Hilfsmittel  auf  dem  Gebiete  des  Versuchswesens,  da  wo  es  sich 
am  AbwaL'iiiig  der  Vor-  und  Kachteile  einer  Malsregrel  schiefs- 
taktischif,  waffentechnischer  oder  aucii  formal  taktischer  Natur  ^a'gen- 
über  einer  anderen  handelt.  Hier  leisten  häufig  wenige  Federstriche 
mehr,  als  die  ausgedehntesten  und  kostspieligsten  Versuche.  Als 
vorbildlich  auf  beiden  Gebieten  erscheinen  mir  neben  zahlreichen 
Untersuchungen  des  Herrn  Verfassers  der  „Schiefslehre  fUr  die 
Infanterie''  neuerdings  auch  die  Beispiele  in  der  Krausesohen  Schrift. 

Zum  Schlüsse  —  um  auf  den  Punkt  znrttckzukommeD,  von  dem 
die  vorstehenden  Betrachtungen  ausgingen  —  noch  wenige  Worte 
Uber  TrefferprozeDttabellen  im  allgemeinen.  Selbstverstftndlioh  ist 
es  für  die  Truppe  erwünscht,  zo  wissen,  wieviel  ungef&hr  nnter 
gegebenen  Verbftltoiseen  von  ihr  erwartet  werden  darf.  Ob  man 
sieb  sn  diesem  Zwecke  der  Trefferprozenttabelle  der  LufaDteriesebieis- 
eebnle  oder  der  von  Herrn  Generallentnant  Robne  beieebneten  (S.  314) 
bedient,  Ist  m.  E.  nicht  von  besonderem  Belang,  denn  beide  genügen 
der  Forderung:  „nngefttbr«'  fai  binreidiendem  Halbe.  Jede  Treffer- 
prozenttabeÜe  aber  —  gleicbviel  ob  erscbossen  oder  erreebnet  — 
würde  nicbt  nnr  Ibren  Zweck  veifeblen,  sondern  geradesn  Sdiaden 
stiften  von  dem  Angenblick  ab,  wo  man  sie  dazn  benntste  die 
Ergebnisse  eines  bestimmten  ScbieÜBens,  sei  es  ein  Prttfnngs-  oder 
ein  gewObnliebes  Abteilangssebielsen,  dann  sn  messen;  denn  die 
Trefferproientleistnng  an  sieb  ist  anter  keinen  Umsttndm,  wie  leb 
das  in  meinem  Anfsats  VIII  S.  176  ansmfllbren  versnebt  batte,  ein 
sicherer  MalMtab,  weder  fttr  die  AnsbOdnng  der  Tmppe  noob  fter 
das  Können  des  FObrera 

Aniserdem  aber  mttlste  eine  solche  Verwendung  der  Treffer* 


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634  Die  Teohnlk  Im  Diout  der  «»pentlvea  Tttlgkett  einer  KATtUorledMaioii. 

pvoEenttabellen  mit  NatamotweDiUgkeit  so  dam  fuhren«  wm  von  ndr 
in  Tollster  ObereinetiininnDg  mit  Herrn  Genenllentnaat  Bolme  nie 
ein  Obel  nnd  eine  Geftlir  beieiohnet  worde:  mm  Streben  nnek 
lioben  TreffeipnxKentublen  nnd  mr  KonlLorrenswirtMliaft 


xxvm. 

Die  Teclmik  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeit 
einer  KavaUeriedivision. 

KiTie  applikatorische  Studie  imter  iiertlekBiehtignng  des  Nord- 
amerikamsiht  n  Sezessionskrieges  in  VirgiDieii,  mit  einer  Ubersichts- 
Skizze  uud  einem  Plan,  sowie  35  Abbildongen  im  Text. 

Von 

Sehanv  M^jor  nnd  Militäriehrer  an  der  Kriegsaludemie. 

Über  Stärke  und  Zosamnensetzoog  eioer  KavalleiiediTiBioD  sind 
erst  Im  Feldzage  1870/71  geoQgende  Erfahrongen  gesammelt  worden, 
anf  denen  in  der  nnn  folgenden  Friedensseit  die  weitere  Organisation 
aufgebaut  wurde. 

Dentsoberseits  verfugte  die  fleeresleitnng  im  Kriege  ttber  sechs 
selbständige,  den  Armeeoberkommandoe  onmittelbar  onterstellte 
KaTalleriedivisiooeD,  deren  Stärke  zwischen  vier  Regimentern  mit 
nnr  einer  Batterie  nnd  nenn  Regimentern  mit  zwei  Batterien 
schwankte.  £ine  Pionierabteilung  war  nach  der  Kriegs» 
gliederung  nirgends  dauernd  zugeteilt  Handelte  es  sich  um 
schwierige  Ausführungen  technischer  Art,  so  wurden  in  jedem  ein- 
zelnen Falle  den  Kavalleriedivisionen  besondere  Pioniertruppen 
Überwiesen,  welche  den  Infsnteriedivisionen  genommen  nnd  diese 
an  den  sowieso  gering  bemessenen  technischen  Truppen  schwächten. 
Da  ferner  bei  der  KaTuUerie  nicht  alle  Reitergattungen  mit  dem 
Karabiner  ausgerdstet  waren,  so  mufste  in  vielen  Fällen  vom  Armee- 
oberkommando auch  noch  Infanterie  angefordert  werden,  um 
unter  dem  Schutz  des  Artillerie-  und  Infanteriefeners  den  technischen 
Auftrag  mit  Sicherheit  lösen  zu  kennen. 

Kurz,  die  KavaUeriedivision  war  im  Kriege  1870/71  infolge 
ihrer  Organisation  nnd  Aosrttsknng  noch  nicht  selbständig  genug,  so 


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Die  Technik  im  Dieaat  der  operativen  lltigkeit  einer  KavaUeriediviaioiL.  535. 

daXs  sie  sich  den  Anforderaogen  nicht  immer  yoII  gewachsen  zeigen 
konnte. 

Der  Hauptgrand  lag,  wie  schon  an^dentet,  in  der  onznlängr- 
lichen  Bewaffnnng:.*)  Es  fehlte  eine  weittragende  Schnlswalie 
Kttnissiere  und  Ulanen  führten  lediglich  die  Pistole  als  Feuerwaffe, 
nur  Husaren  und  Dragoner  waren  mit  dem  ZUndnadelkarabiner  M/57 
ausgerüstet,  welcher  aber  auf  Entfernungen  über  300  m  keine  Wir- 
küDg  mehr  hatte.  Rührige  Kavallerieführer,  wie  General  v.  Schmidt, 
soohten  diesem  Mangel  dadurch  abzuhelfen,  dafs  die  Kavalleristen 
teilweise  mit  erbeuteten  Chassepotgewehren  ausgestattet  wurden. 
Aber  trotz  aller  Bestrebungen  auf  diesem  Gebiet  war  der  Erfolg 
nicht  alizugrofs,  es  fehlte  eben  der  Reiterei  damals  noch  eine  gründ- 
liche Ausbildung  im  Gefecht  zu  Fuls. 

Sie  besafs  ferner  nur  gerinire  tfi-hnische  Mittel,  um  tech- 
nische Aufträge  glatt  lösen  zu  künuen.  Erst  durch  nachträgliche 
Zuteilung  von  Pionieren  gelang  dies,  aber  mit  welchen  Schwierigkeiten, 
ja  Unzuträglichkeiteii,  denn  das  Znsammenarbeiten  von  Fofstnippen 
mit  einer  Keitertruppe  mnfste  \iolfach  lähmend  wirken.  So  waren 
die  Pioniere  sowohl  wie  die  iidanterie  nach  den  Worten  des  Keiter- 
generals  v.  Schmidt  stets  „ein  Bleigewicht  an  den  Füfsen,"*)  selbst 
wenn  sie  auf  beigetriebene  Wagen  gesetzt  wurden.  Sie  waren  nicht 
nur  eine  ,.Belastung",  sie  wurden  allzaleicht  zur  „Belästigung'*  ^)  fUr 
die  Kavalleriedivision. 

Aber  gerade  diese  Mifsstfinde  im  Feldzuge  1870/71  bahren  den 
Anstois  zu  einer  anderweitierrn  Opstaltüng  und  AusrUstmii:  unserer 
KaTalleriedivisionen  gegeben  und  nach  dem  Friedenssehl uls  zum 
inneren  Ausbau  dieses  Truppenkörpers  ircfllhit.  Bahnbrechend  in 
dieser  Bezichyng  ist  der  auf  kavalleristischeni  Gebiet  iih  Autorität 
geltende  OeruTal  \.  Schmidt  irewesen.  der  bald  nach  dem  Kriege 
mit  seineii  „Betrachtungen  über  die  Kelterei  nach  dea  Ertahrungen 
des  FeldzüL'cs  1870/71"  hervortrat.  Kr  steckte  den  Kavallerie- 
divisionen weite  Ziele  und  forderte  f?1r  sie  urrdse  Sel[)8tändigkeit, 
um  ihre  Selbsttätigkeit  zu  erhöhen.    Hören  wir  ihn  selbst: 

„Eb  muTs  onserer  KaTallerie  eine  gröisere  Selbständigkeit  ge- 


1)  Kriegsgeschichtliche  Eiuzelscluiften.  Heft  8:  „Der  Zug  der  sechsten 
Kavalleriedivision  durch  die  Sologiie  vom  R  bis  15.  Dezember  1870." 

Heft  11:  „Infanteriedienst  bei  den  Kavalleriedivisionen,  insbesondere 
die  Tätigkeit  der  in  den  Monaten  September,  Oktober  und  November  1870 
äex  vieitftn,  fünfteii  und  sechsten  KavaHeriedivision  inget^ten  bajerischeB 
Infiuiteiie.** 

S)  Exiegefseschiehtliche  Binsetochrilt  Heft  11,  8.  684  und  685. 


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^6   Die  Technik  im  IMeiuft  der  operttiven  Tätigkeit  einer  Kftvallerie^TiaioB. 

geben  werden,  man  mulä  sie  bei  der  heatigen  Kriegr^^hrang.  bei 
ihrer  bentigen  Verwendung  vor  der  Armee  zur  Atfklaruag,  Ver- 
folgung, Beschäftigung  des  Feindes,  zu  besonderen  selbstän- 
digen Aufträgen,  grölseren  Haids,  im  KUckea  uud  in  den 
Flanken  des  Gegners,  auf  weite  Entfernungen  voraas,  bei 
den  vielfach  vorkorameiulen  Terraiu  Verhältnisse  a ,  wie 
man  sie  im  Jahre  1870  in  der  Perche.  Bretagne,  Vendce  uiid  Sologue 
gefunden,  unabhängiger  von  der  Infanterie  stellen,  es  mufs 
nur  notwendig  sein,  ihr  reitende  Artillerie  beizugeben. 
Sie  mul's  imstande  sein,  im  durchschnittenen  Gelände  nicht  allein 
vorwärts  zu  kommen,  sie  mnfs  Ortschaften  nehmen  and  sie 
verteidigen  können,  sie  mufs  sich  ihre  Quartiere  selbst  vom 
Feinde  erobern  können  und  darin  auszndauem  imstande  sein;  es 
muls  nicht  stets  der  Ruf  nach  Infanterie  laut  werden,  damit  sie  nur 
luhig  schlafen  könne,  sie  mufs  sich  dessen  entwöhnen,  hilflos  da- 
zustehen, weno  ihr  nieht  Infanterie  beigegeben  ist,  sie  mufs  sieb 
selbst  völlig  ausreichend,  auch  unter  den  schwierigsten  Verbältnisseii 
nnd  In  den  Übelsten  Situationen  zn  führen  vermögen;  die  Kavallerie 
»nfo  den  Oedanken  ganz  fahren  lassen,  als  sei  ihr  die  Infanterie 
In  vielen  FftUen  absolut  notwendig  zn  ihrem  Anshanen,  sn  ihrer 
Existenz;  sie  mnfs  selbst  sich  dieses  Gedankens  völlig  entschlagen 
nnd  sich  ganz  und  gar  anf  die  eigenen  Fafse  stellen,  wenn 
sie  ihre  Aufgabe  erfttllen  will.''') 

Es  darf  nieht  Wunder  nehmen,  dafs  bei  ihm  neben  der  Forde- 
rung um  Zuteilung  von  reitender  Artillerie,  nicht  anch  der  Huf  nach 
^berittenen  Pionieren"  lant  wird.  Durch  die  spälere  Eot- 
wickelung  der  Sprengtecbnik  uud  ihre  Dienstharniachuug  fUr  mili- 
tärische Zwecke  ist  die  Bedeutung  der  Pioiiirrf  iu  den  letzten  Jahr- 
zehnten sehr  gewachsen.''')  Wenn  der  weilscliauende,  vorurteilslose 
General  heute  noch  lebte,  würde  er  vermutlich  der  erste  gewesen 
sein,  der  fUr  die  Kavcüieriedivision  eine  starke,  reitende  Pionier- 
abteilung gefordert  hätte,  um  dadurch  seine  ir^diebte  Watfe  noch 
Uiiabixaugiger  und  für  andere  wichtigere  Zwecke  leistungsfähiger  zu 
machen. 

Nach  seinen  Vorschlägen  ist  8ieiu  auf  Stein  aufeinandergetiigt, 
zu  einem  schönen  Ganzen  verbunden,  und  wenn  auch  heute  noch 
im  einzelnen  Wttusebe  zur  Vervollkommnung  auf  diesem  Gebiete 


1)  Ebenda.    S.  486. 

*)  S.  „Brückenzerbtörungeu  im   Kückzugsgefecbt  einst  und  jetzt!*' 
Yon  Migor  Sehair.  S.  21. 


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Die  Tecbnilc  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeit  einer  Kavalleriediviaion.  537 

kuit  werden  —  wo  wire  «Ues  niebt  In  einer  nicht  rastenden  und 
danuD  nicht  rostenden  Anneel  —  so  sind  sehen  bente  unsere 
KavaUeriediTislo^eQ  dnrob  Ansrttstnng  mit  einer  welttragendeD, 
wenn  aneh  Terbessernngsfthigen  Sebnlswaffe,  durch  Hit- 
gäbe  von  Sebanzieog,  Eisen babnserstOrnngswerkzeng, 
Spreng-  und  Ztindniitt^lnf  Kavailerietelegrapb,  Kavallerie- 
brttelLeDgerät,  sowie  dnreb  die  stttndlge  Zuteilung  einer 
reitenden  Artillerieabteilung  und  einer  Pionierabteilung 
inabhingig  von  der  nach! olg enden  Infanterie,  uabhängig 
▼on  der  Teebnik  geworden,  so  dais  Dentsehlands  Heer  auf 
sebe  Kavallerie  stols  sein  Iiann,  wenn  sie  auch  numerisch  ver- 
biUtniBmiUsig  sebwaeb  Ist. 

Es  ist  deshalb  wohl  der  Mühe  wert,  die  Orgjinisation  und 
tecbnische  Ausrüstung  einer  modernen  Kavalleriedivision  (s.  I.), 
Diiher  zu  hf  irachte^n  und  durch  dio  applikatorische  Behandlung  nach 
einer  euLspreclieiuien  Kriegslage  (s.  II.)  m  unterbuchen,  was  sie 
deninnch  auf  technischem  Gebiet  zur  UntersttttzuDg  der  höheren 
FUiiruag  leisten  kann. 


!•  Organisation  und  technische  Ausrüstung  einer 

Kavalleriedivision. 

a)  Organisation. 

Eine  Kavalleriedivision  besteht  aus: 

drei  Brigaden  sn  swei  Regimentern  xu  vier  Eskadrons,  einer 
reitenden  Abteilung  zu  swei  fiatterien  su  sechs  GesobOtsen, 
emer  Flonierabtellnng  (ein  Offizier,  drei  Unteroffiziere,  dreilsig 
Mann),  einer  lelebten  Hunitlonskolonne  und  den  Feldver- 
waltungsbehttiden. 

Haschinengewehrabteilungen  kOnnen  zugeteilt  werden. 

im  ganzen  beträgt  die  Stärke  einer  KavallLritdivisiou: 
ca.  4950  Manu,  525U  Pferde,')  1H2  Fahrzeuge.') 


1)  Infolge  der  Umwandlung  de»  sechsjapäimigen  Faltbootwagens  in 
zwei  vierspännige  Kavaileriebrückenwagen  und  durch  Einstellung  eines 
sweispännigen  KavallerietelegraphrawageiiB  fOr  jedes  Regiment  (s.  Mllitir- 
Wochenblatt  Nr.  15  vom  19.  Juni  1908)  sind  die  Pferde  und  Fshraeuge 
«iner  KaTaUeiiedivision  um  S4  bezw.  12  vennehrt. 

SiMMm  ftr  di*  4«itNto  Anw«  nad  Hario*.  N«.  tM.  86 


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(88  IHa  Teelnik  im  Dtenit  d«r  npetillYen  TiUgkett  «inw  KavaUMiedtfiikNi. 


b)  Technische  AuarOstung. 


Spaten 

a 

1 

1 

— 1 

Tnippenteü 

o 

c 

'53 

a> 
J4 

ü 

c 

V 

tf 

7. 

a 

Schrot-  und 
Tronnsägen 

o 
^  jö 

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c 

.2 
's) 

c 

fö 

E 

Bemeckon^jen 

1.  Kin  Kavallerieregimcknt 
2u  4  K'-kadron»: 

b)  bei  der  Ueinen 

e)  bei  der  grofben 
Baga^  .... 

1 

4 

32 

— 
1 

1  <;  1 

32 
4 

Hl 

— 
— 

1') 

— 

— 

— 
- 



■iNach  A. 

R  Nr.  15  V.  le, 
6.  1908  werden 
f  ortan  ^zu- 
sammenleg- 
bare Sügea" 
fOrdieAibeitaa 
der  EaiTmbb 
imFeldAaiil^ 
führt 

(4ipri n  i^f  pis 

bedeutender 
Forschritt  w 
erblicken. 

8a.: 

Also  6  liegimoDlor  zu 

12 
Ii 

82 

1  QO 

1 

6 

16 
96 

46 
276 

— 

1') 
6>) 

— 



2.  Eine  ruilundo  Batterie 

Also  die  reitende  Abtei- 
lung   

38 
76 

— 

81 
62 

11 

22 

32 
64 

8.  Die  Pionierabteilimg : 

b)  auf     den  Geitte- 
wagen  

18 

O 

u 
ö 

1  j 

o 

2 

2 

60 

200 

1 

Sa.: 

18 

6 

20 

8 

2 

.1 

F.O 

LMoj  1 

4.  Die  leichte  Munitions- 

24 

24 

9 

34 

ö,  Eine  Maüchinonge- 
wehrabteilucg  .   .  . 

12 

3 

12 

10 

' — 

Alse  SebaiiBzeDg  im  ^ansea: 

1.  6  Kavallerieregimenter 
:i^u  4  Eskadxons     .  . 

2.  ]>ie  reitende  Abtei* 

8.  Die  Pionierabteilung  . 
4.  Die  leichte  Munttioii»- 

Kolonnr  .... 
b.  Kine  Ma-sciiinenge- 
wehrabteilimg  .    .  . 

72 

76 
18 

24 

i 

il92 

l 

24 

6 

62 
6 

24 
12 

96 

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20 

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3 

276 

64 
8 

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12 

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10 

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Sa.: 

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Die  Technik  im  Dlenit  der  operativen  Tätiglceit  einer  K&valleriediviaioa.  53g 

Dniob  die  Mitgabe  diesee  geriogen  SeiumiieiigeB  wird  die 
KaTalleriediTirion  nicht  ttberl  astet  Für  die  meistoii  „AiMen  im 
Felde"  wird  ee  aurdelien.  Wo  dies  nieht  der  FUl  Ist,  werden 
Beitreibaiigen  das  mitgeflllirte  tragbare  SebannoDg  und  das  der 
kleinen  Bagage  —  denn  anf  dieses  ist  in  Tielen  Fftllen  ge* 
wOhnlieb  nur  za  reohnen  —  erginsen. 


Bild  1.  BiJd  8. 

Schützengraben  für  knieende  Schützen  unteor 
Benutzung  von  Heclcen  als  Masken. 


Dnrch  das  mitgefubrte  Schanzzeug  soll  die  Kavalleriedivision 
nach  Ziffer  3,  4  und  5  der  „Anleitaog')  ftlr  die  Arbeiten  der 
Kavallerie  im  Felde  v.  6.  April  1903"  befähigt  sein, 

1.  die  Verteidigongsrähigkeit  von  QrtUchkeiten  dnrch  An- 
wendung der  einiac baten  Formen  nnd  Mittel  zn  erbOhen 
(Büd  1—3); 

2.  die  notwendigsten  Lagereinriebtongen  and  leiebtesten  Ar> 
beiten  von  Wegebessenmgen  anscnfthren,  sowie  die  Be- 
nntsnng  von  Porten  nnd  Eisdecken  zn  ermOglieben; 

8.  leicbte  Arbelten  im  Feldbrttekenban  schnell  so  erledigen, 
um  die  Leistongsfidiigkeit  des  mitgefBhrfcen  Kavallerie- 
brttckengerftts  zu  erhöben  oder  ohne  dieses  kldne  Brucken 
zn  banen.  (Bild  4 — 6). 


^)  Augenblicklich  in  Umarbeitunji;  begriffen. 

86» 


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540  IMe  Tedmik  im  Dienst  der  opentivea  Titigkeit  einer  Kavalleiiedifirioiu 


BearteiluDg. 

Man  malB  sich  stets  fragen:  .,Wird  darob  die  AasAibnuig  von 
teehniscben  Arbeiten  durch  Kavalleristen  die  taktische  nod 
sintegiscbe  Tätigkeit  der  Kavalleriedi?isioD  beeinträehtig:t?" 

Bei  Arbeiten  ftlr  Babe  and  Unterkunft  kommt  eine  £nt- 


'ff, 


ff: 


BUd  4. 

Pfahljoch  mit  Seiteiistreben. 


BUd  6. 

Pfab^odi  mit  Sdiwertlatten. 


T  y    [    1    I  a    I  I 


nrt 


Bild  6. 

ziehnng  von  Kräften  überhaupt  nicht  in  Betracht,  ebensowenig  bei 
Verteidigungsein richtungren  von  Ortlich kei ten.  sofern  die 
Kavalleriedivision  durch  die  Kriegslage  an  solche  Orte  gebunden  ist, 
auch  nicht  bei  Herstellung  von  Brücken  mit  dem  Kavallerie- 
brtic kengerät  oder  aus  Behelfsmaterial;  denn  ehe  die  Truppe  den 
Flui's  nicht  Überschritten  hat,  kann  von  einer  Sciüachtentätigkeit  keine 
Hede  sein. 


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Die  Technik  im  Dienät  der  operativen  Tätigkeit  einer  KaviUleriedivision.  54X 


Dagegen  werden  bei  Amfaluniiig  folgender  teehniscber  ArbdteQ 
mehr  oder  minder  Kiftfte  der  Kayallerie  ftr  Uure  tektieche  Ver- 
wendung entzogen: 

1.  Beim  Abban  der  KavaUeriebrUcken  ond  Bergung  dieses 
Gerftts  aof  den  EavalleriebrückeDwagen ; 

2.  bei  Verteidigungseinrichtungen  von  Brückenköpfen  zur  Offeü- 
haltong  für  die  nachfolgende  lufanterie  oder  zor  Benatzang 
durch  die  Kavalleriedivision  selbst,  voraugaweise  bei  einem 
Rückzug,  wenn  die  Division  zunächst  vorwärts  noch  operiert. 

Schwierige  technische  Arbeiten  auf  diesen  (Tclnetcri 
kann  die  Kavalleriedivision  tlherhaupt  nicht  ausfuhren.  Hierfür 
ist  die  schwache  Fiouierabteilung  (1  Offizier,  3  Unterofiiziere,  30  Mann) 
Torgesebeo, 


2.  Spreng-  und  Zündmittel. 


Tnipp«nteil 

s 

a 

Ii 

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5 

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c- 

y; 

Sprengpatronen- 
zünder 

Sprengkapseln 

Glühzünder 

3 

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1 

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X.  ^' 

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/ 

Ui 

Glühzündapparat  | 
mit  Leitungsprüfer  | 

BraojBrktiagsn 

1.  Ein  Kavallerieregiment 
zn.  4  Eskadroua  .   .  . 

3'2') 

401) 

40«) 

')  In  8  Spreng- 
patronen- und  8 
Z  ü  n  dertaschen  ver- 
packt  und  rmf 
den  beiden  ivuvtii- 
leriebrückenwagen 
des  Regiments  — • 
je  zur  Hälfte  — 
untergebracht. 

2]  A  lf  jedem  Pa- 
trouenwagen  be- 
f  i  nden8ich4Spreng- 
patroneutascnen  u. 
4  Ztindertaschen. 
(Büd  7  u.  8.) 

3)  Es  i.st  dies  der 
5.  Wagenzug  dor 
leichten  Munitionä- 
kolonne. 

Also  6  KaTallerieregi- 

iiicnter  .  . 

2  In  den  Lnfanterie-Pa- 
tronenwagen  Nr.  1  und 
2*)  der  leichten  Muni- 
Üoaskoionne'^    .    .  . 

6.  Di«  Fioiu«r»bteaung 
in  dem  Gerfttowagen 

192 
112 

1080 

240 
100 

240 

100 
900 

25 

100 

50 

1 

Also    die  Kavallerie- 
iifiaiM  Ib  gm«i  ■ 
Anmerkiing:  Eine 
Etappemiuinittoi»- 

3<>4 
262 

laso 

lOSOO 

im 
doo 

540 

idoo 

S5 
600 

lOO 

1200 

50 
1200 

1 



Die  Spzengpatronentasolien  und  Zllndertascben  der  Kavallerie* 
regimenter  und  der  Infanteiiepatronenwagen  Nr.  1  und  2  sind  so 
eingeriebtet^  dafB  de  ohne  weitere  Vorbereitang  doroh  die  Keiter  an! 
ihren  Pferden  aogebraeht  woden  können. 


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542   ^  Teehnik  im  Dienst  der  operativen  Tit|gk6it  einer  KavaUehedivision. 


BearteiloDg. 

Infolge  der  AasrOstnng  mit  Sprengmimitloii  sind  die  einzelnen 
Kavallerieregimenter  In  der  Lage,  Unterbrechongen  des  Oberbaoee 

an  Eisenbahnen  (Bild  9)  nnd  Sper- 
rungen an  Brucken,  Wegettber- 
fahmngen  und  BaioUftssen  auera- 
fuhren,  ZeritVrnngen  dagegen  Bir 
an  solchen  Bauwerken  eiifiuher  nd 
leiehter  Renstmktion,  a.  B. 
ao  einfachen  Pfahljochlirttcken, 


an  nicht  za  starken  GrewOlbebOgen, 
an  BrUckenpfeilem  nur,  wenn 
sich  in  denselbeii  Torbereilete 
Minenkammem  befinden, 
an  einfachen  eisernen  Brtteken- 
konstmktlonen. 

Jede  andere,  schwierige  Zer- 
störung mnCs  der  Pionierabteiliuig 
Ubertragen  werden. 

Es  hängt  dies  zusammen: 
1.  mitdeDDmfangreichenSprengnngs- 
yorarbeiten, 

2.  mit  dem  Mangel  an  nötigem  Werkzeug  und  IfineuigerÜ  und 

3.  deui  geringen  Vorrat  der  Kayallerieregimenfter  an  Sprengmunitioo. 


Bikl  7. 

Verpackung  von  2  Spreng- 
patxonentaschen  mit  je  4 
Sprengpatronen  in  einem 
kleinen  Paftnmenkasten  n.A. 


£riäuterung. 

a  4  ZOndertanchen,  je  2 

übereinander  (mit  je  1 
Zünderbüchse,  enthalt. 
6  Zünder  und  6  Spreng- 
kiftseln). 

h  UO  Zunder  in  6  Bollen 
sn  6. 

e  1  Blenhkistehen  mit  40 
SpieDf^mpeela. 


BUd  8. 

UnteEbringung  der  Zftndertaschen,  KaTalleriesprengpatronen- 
sflnder  imd  Spieng^mpflelB  in  einem  Meinen,  Man  ange- 
striehenen  Petroaenkastea  n.  A. 


Digili^Cü  by  LjOO 


Die  Tedmik  Im  Dknrt  der  vptnüwm  TUgkalt  einer  KmlieriedMihm.  543 


Aber  anch  mehrere  gleichseitig  anszafübrende  Sperrungen 
werden  nnter  Umständen  eine  Menge  Sfurengmonilion  eifoideiii.  Des- 
halb ist  die  Frage  eines 
schnellenErsatzes  än  (serst 
wichtig,  wenn  nicht  die 
Operationsfäbigkeit  der 
KavalleriediviBioü  daran» 
ler  leiden  soll. 

Die  Kavallerieregi- 
menter  ergänzen  ihre  32 
Sprengpatronen  etc.  aas 
den  Beständen  des  In- 
fanteriepatroneuwagens 
Nr.  1  und  2  der  leichten 
Mnnitionskolonne,  welche 


BUd  9. 


auf  jedem  Wagen  56  Sprengpatronen  etc.  mit  sich  fuhrt.  Der  Ge- 
rätewagen  der  Pionierabteilang  TeifUgt  nicht  Uber  Sprengpatronen. 


a  1  Brechstange  mit  Gaislale. 

b  1  Gaisfnfs,  knner. 

«  1  Hammer  (KreoMchlag-  beiw.  Vor- 
schlag-). 

4  8  Meirsel. 

«  1  Meifselstiel. 

/  1  Schraubenschlüssel,  englischer. 

^  2  SchraabeiMchlflseel  f flr  Sdinnibeii- 
nSgeL 


Der  kiince  Gaisfufs.  der  englische 
Schraubenschlüssel,  der  MeilselHtiel 
und  die  Meifel  in  ihren  Lagern  durch 
Weig  oder  Hbliwolle  festgelegt;  die 
Bndwtange  und  der  Hammer  festge- 
ednaUt. 


Bad  la 

Verpadrong  des  Kisenbahnneratttruagswerkieaga. 


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544   ^  Teoboik  im  Dienst  der  operativea  Tätigkeit  einer  KAvallehedivUiuo. 

Eine  weitere  iM^räuzun^^  kanu  in  der  Regel  erst  aus  den  Beständen 
der  näciibtliegenden  EtappeDmunitionskolonne  erfolgen. 

3.  Das  Euenbahnzerstöningswerluea^. 

In  dem  Üinterwagen  des  Infanteriepatronenwagens  Nr.  1  und  2 
der  leichten  Munitionskolonne  ist  je  ein  Satz  Eisenbahnzeistt^nuigs- 
werkzeng  in  2  Kästen  onteigebraehL  (S.  Bild  10.) 

Jeder  Kasten  enthält: 


1  Brechstange  mit  GaieiiiiB  (a),  also  im  ganzen 

4 

1  knnen  GaiefoXs  (b)  .  .  «  •  „ 

4 

1  schweren  Kreoaschlag-  besw. 

VoKSchlaghammer  (c)    .   .  .  „  „ 

4 

bei  der 

12 

Kavalierie« 

» 

4 

diTislon. 

1  engliaeben  Sehranbenschlttssel  (f)  „ 

4 

2  SohranbenschlttsselfOrSohranben- 

tifigel  (g)  „  „ 

n 

6 

Beurteilung. 

Das  Eisenbahnzerstörongswerkzeug  wUrde  logisch  besser  als 
„Eisenbahnsperrwerkzeag"  bezeichnet,  denn  Zerstörungen  im 
Sinne  der  F.  0.  518  können  mit  ihm  nii^bt  vorgenomüien  werdeu. 
sondern  nur  Sperrungen,  und  auch  diese  nur  untergeordneter  Natur, 
z.  B.  Umwerfen  von  Gieibstrecken,  Beseitigen  einzelner  Schienen- 
lagen,  Spurverenperungen  und  Spurerweitemngen. 

Wirksamt  re  Sperrun|::tMi  nach  ZiflTfr  519  F.  0.,  sowie  Zer- 
störungen nach  Zitfer  518  F.  0.  miisseu  durch  Sprengiuigea  aas- 
geführt  werden. 

Trotzdem  ist  das  J^isenbahnzerstörongswerkseug  sowohl  fur  die- 
KaTalleriere^menter  wie  für  die  Pionierabteilong  der  KaTalierie- 
diyjsion  ron  besonderem  Wert  in  folgenden  FäUen: 

1.  wenn  die  SprengmnnÜion  der  Regimenter  nicht  reehtieitig^ 
ergänzt  werden  kann  nnd  die  Pionierabtdlnng  rftomlich  an 
weit  entfernt  ist,  nm  die  Sprengnng  anssoAlhren; 

2.  wenn  es  sich  darum  handelt,  die  Entglelsang  eines  feind* 
liehen  EUenbahnznges  in  der  NiÜie  des  Feindes  herbeiza* 
führen.  Jede  Sprengung  Temrsaoht  Lttim  nnd  wird  die- 
Aofmerksamkeit  des  Feindes  an!  sich  ziehen. 

Ist  dagegen  Sprengmnnition  vorhanden,  so  fUhren  in  solehem 
Falle  „Kontaktminen**  am  schnellsten  nnd  sicbezsten  zum  Ziel,  sofera 


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Die  Teebnik  Im  Dlwat  der  openÜTM  TStigkeit  einer  KavelleriadMiioii.  545 

ihre  Anbringang  nieht  dnich  Patrouillen  oder  BAhnpenonal  entdeckt 
wird. 

4.  Der  KavallerietelegTaph.^) 

Darch  den  KavallerietelegrapbeD  soll  die  KavailerledinBion  auf 
dem  KriegsschaaplatB  befUbii^  aeio, 

1.  Torgefandene  ständige  Telegraphenanlagen  sowie  Feldtele* 
grapbenieitongen  anszunutzen, 

2.  dieselben  erlorderlicheufalls  flttobtig  zu  zerstören, 

3.  zerstört  Torgefondene  Leitaogen  flflcbtig  wieder  bensastellen 
nnd, 

4.  falls  die  Wit  lerberstellnng  zerstörter  Leitungen  verblUtni»- 
mäfsig  viel  Zeit  and  Arbeit  erfordert,  eigene  Leitnngen  — 
KaTaUerieieitiingeii  ^  anznlegen. 

Ani  1.,  3.  nnd  4.  ist  das  Hanptgewieht  an  l^en,  um  so  sobnelL 
als  mOglieh  mit  den  in  Betraeht  kommenden  Dienststellen  in  Ver^ 
bindnng  an  treten,  nnd  zwar: 

1.  zwisehen  voiigesebobenen  Abteilungen  nnd  den  rttckwttttigen. 
Konunandostellen, 

2.  zwischen  letzteren  ond  den  nächsten  Feldtelographenstationca 
nnd  Uber  diese  nach  den  Oberkommandos, 

8.  ansnahnisweise  zwischen  einzelnen  EayalleziedifiBionen. 

Das  Telegraphengeittt  eines  KATaUerier^giiienfs,  welehes  sieh  ini 
1.  das  Patrouillengerät, 

3.  das  Gerät  für  besondere  Zwecke  and  znm  Vorrat 
gliedert,  wird  in  dem  TOr  kurzem  eingestellten  zweispännigen 
Kavalletietelegrapbenwagen  mitgeftthri  (S.  A.  V*  Bl.  Nr.  IS. 

19.  Jnni  1908.) 

In  jedem  Kayallerieregiment  sind  vier  Untenrffiziere  und  Tier 
ICann  als  Telegraphenpatronille  ansgerttstet  ond  ansgebildet 

Jede  KaTalleriediTision  stellt  danernd  eine  Telegraphen- 
patronille unter  Führung  eines  OilizierB  auf.  Die  übrigen  fttnf 
Telegraphenpatronillen  werden  je  nach  der  Lage  aafgestellt  ond  ver^ 
wendet 

Steht  die  Verwendung  einer  Telegraphenpatronille  in  Aossioht, 
80  wird  hieran  zunächst  nur  das  PatroulUengerät  benutzt,  welche» 
in  Satteltaschen  nnd  Futteralen  verpackt  von  der  Patrouille  am 
Pferde  oder  auf  dem  Backen  des  Beiters  mitgefitthrt  wird,  von  der 
ständigen  Patrouille  stets,  von  den  übrigen  fttnf  Patrouillen  erst  im 

^)  s  .V(jr>chi  ift  für  die  HADdbabang  und  Verwendung  des  &avaUene<^ 
telegraphen  v.  28.  Mai  1908". 


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546   ^  Teohnlk  im  Diaatt  der  optritlveB  Tltlgkfllt 


Bedacb&Ue;  bis  dabin  ist  et  in  dem  xvreiiiAnnigen  Kavalleiie- 
telegimpbenwagen  ontergebiaobt 


Bfld  11. 

Endstation  einer  Kavallerielflitiing 
mit  dem  PatrouiUenappftnt. 

Brllaterungeii. 

«  Fatromllenapparat  mit  Telephon 
oben,  Mikrophon  unten  und 
Stunmervorrichtuug  im  Innern 
das  Gablnsea. 

h  Kaifidlettobattorie. 

c  Kopftalepboii. 

d  Leitung. 

e  Erdleitung. 


Bad  12. 

ErlAnteruBgeiL 

a  Patrouillenapparat. 
b  Kavalleriebattecie. 
c  Kopftelephon. 
d  Ständige  Leitung, 
e  Erdleitung. 
f  AnMbaltMAT. 
ff  üBolieiig^oclB,  darunter 

bügel. 
A  Anschlufsrolle. 
i  AnsohaltkabeL 


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INto  Toehnlk  im  Dionat  der  oparativm  Tlttigkiil  «iD^r  KftvallflitodlTliloiL  547 

Die  Patrouille  fttbrt  8  km  0,5  nun  uterkeii  Leitungsdraht 
KaTalleriedraht  —  auf  aebi  Böllen  ä  1000  m,  und  eiu  Kavallerie- 
kabel von  350  m  Länge  z\m  Legen  dnroh  Waaserlänfe  mit  sich. 
Da  ein  Teil  des  Drahtet  anf  WegekrttmmoDgen,  Umwickeln  von 
Bänmen  und  Darchbang  verloren  gefat^  kann  bei  Benrteilnng  der 
Leistongstäbigkeit  einer  Patcooille  nnr  anf  etwa  7  km  Leilnnga- 
Ittnge  geieobnet  weiden. 

An  StakiooBappaxaten  ibd  iwei  Patronillenappanite  mit  zwei 
Kopftetepbonen  and  iwei  KaTalleriebatterien  erforderlieb.   (Bild  11.) 

Die  mit  Kavalleriedraht  hergesieiiteu  Leitungen  können 
nnr  mit  dem  Patrouillen apparat  betrieben  werden.  Der 
Fatrüuillenaparat  \  ereinigt  in  8ich  Telephon,  Mikrophon  and  Summer, 
and  gestattet  daher  nnr  mttndlicheu  nnd  Sammerverkehr.  Er 
bietet  aber  den  gToFsen  Vorteil,  dals  er  auf  allen,  auch  schlecht 
isolierten,  sogar  aut  blanken,  au  tier  Erde  liefen deii  Leitungen  ver- 
wendet werden  kann.  Bei  trockenem  Wetter  oder  Frost  ist  der 
Suiiniierverkehr  hiü  auf  etwa  Hi)  km,  der  Mikrophon  verkehr 
aul  iü — 20  km  möglich.  Bei  Regenwetter  and  nassem  Erdboden 
verringern  sich  uaturgemäls  die  Leistungen. 

Der  Patrouillenapparat  ist  ferner  wertvoll  beim  Anschalten  an 
gut  isolierte  Leitungen  unter  Verwendung  der  Anscblorsrolle 
mit  Ansehlülskahel  unil  Anschaltfeder,  ohne  dabei  den  <:1  eich- 
zeitigen Morsebetrieb  auf  diesen  Leitungen  zu  stören.  Die  Ver- 
etändigün^'  ist  dabei  mit  dem  Summer  Iii*?  auf  150  km  durchfuhr- 
bar, mit  dem  Mikrophon  jedoch  der  NebeugeräUBube  wegen  nicbt 
immer  gesiobert.    (Bild  12.) 

Es  können  endltcb  mit  dem  Patrouülenapparat  feindliche  De- 
peschen an  Leitungen  mit  Tele'pbon  oder  Snmmerbetrieb 
dnrob  ABsehattcn  eines  TeleplionB  mitgebört  weiden.  — 

Beiehl  das  Patronillengerftt  fttr  den  Ban  dner  KaTallezie- 
leittmg  niflfal  ans,  so  wird  es  dnieb  das  Gler&t  fttr  besondere 
ZweelLe  and  snm  Vorrat  eigSnst.  Es  ist  jedoob  niebt  sn  em- 
pfobien,  eine  Pationille  mebr  als  hMiteis  10  km  banen  an  lassen, 
damit  sie  die  Sfreoke  aneh  ttberwaohen  und  unterbalteD  kann. 

Im  f^Gerlt  fttr  besondere  Zweeke  und  zom  Vorrat"  befindet  sieb 
anter  anderem  ein  leiobter  Feldftelegrapben apparat  91.  Mit  ibm 
kann  nnr  ein e Station  erriebtet  weiden.  AlsGegenstation  mofs  ein 
Torgefnndener  Morseapparat  oder  der  leiebte  Feldtelegraphenapparat 
ekies  andern  Regiments  oder  der  Apparat  einer  Feidtelegraphen- 
statioo  dienen;  ein  PatroaUlenappant  ist  iiieht  verwendbar. 


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548    I^i^  Technik  im  Dienst  der  operativen  Tätigtceit  einer  Kavallehedivisioa. 


Der  leichte  Feldtelegrapbeoapparat  bietet  folgende  Vorteile: 

1.  Ennöglichong  des  schriftlichen  Verkehrs, 

2.  Abfangen  feindlicher  Depeschen  in  Verbiudang  mit  der 
Einschalte  Vorrichtung. 

Er  hat  aber  den  Nachteil,  dafs  er  nur  auf  gut  isolierten  Lei- 
tungen, dann  aber  auf  allen  in  Betracht  kommenden  Entfemoiigen 
verwendet  werden  kann.    (Bild  13.) 

Brauchen  die  Regimenter  Ergänzung  oder  Ersatz  von  Tele- 
graphengerät, 80  wird  auf  das  im  Gerätewagen  der  Pionierabteilung 
mitgefübrte  Telegraphengerät  zurUckgegriflfen,  das  zur  Verfügung  des 
Divisionskommandeurs  steht. 

Eine  Kavalleriedivision  ist  mit  den  mitgeflihrten  Grerät  imstande, 
167  km  Kavallerieleitungen 
anzulegen.    Die  Ausrüstung  der  Division  mit  den  wichtigsten  Gegen- 
ständen für  Apparate  und  Leitung  geht  aus  nachfolgender  Tabelle 
hervor: 


Apparate 

Für 
Leitung 

Truppenteil 

• 

es 

^  « 

1? 

» *^ 

et 

P. 
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km 

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§S 

km 

Bemerkungen 

1.  Ein  Kavallerieregi- 
ment   verfügt  im 
zweispännigen  Ka- 
vallerietelegraphen- 
wagen über  .    .  . 

1 

2 

2 

4«) 

4 

4 

4 

2 

1>) 

0.85 

28 

21,6 

«)  Pro  Patroail- 
leaapparat  2  Bat- 
terien. 

»)  Nur  in  Ver- 
bindung mit  dem 
loichton  Peldtele* 
graphonapparaU 

■)  2  Ringe  eu  je 
MO  m. 

«)  Werden  aol- 
gr^braucht  nnd  bei 

NeubeMchaflFang 

ALso     6  Kavallerie- 
regimenter über 

6 

12 

12 

24») 

24 

24 

24 

12 

6») 

2.10 

168 

129 

2.  Die  Pionierabtei- 

durch Kopftele* 
phone  ersetst. 

lung  hat  im  vier- 
spännigen Geräte- 
wagen   

2 

4 

4 

4«) 

10 

r> 

6 

4 

*2') 

0.70' 

60 

88 

Also  die  Kavallerie- 

division im  ganzen 

8 

16 

16 

28«)|84 

86 

86 

16«) 

83) 

2,80 

218 

167 

Beurteilung. 

Der  Kavallerietelegraph  ist  im  Kriege  ein  wertvolles  technisches 
Hilfsmittel  für  die  Kavalleriedivision  und  die  Armeeleitung  zur 
schnellen  Durchführung  ihrer  Absichten.    Dabei  werden  im  Ver- 


Die  Teohidk  Im  Dtonrt  der  operattven  Tiligkeit  einer  KAvalleriediritloii.  549 


gleii'h  zu  den  /u  erreichenden  Vorteilen  nur  woni»:  Kräfte  der 
DiTisiou  entzoii^en.  nämlich  pro  Regiment  4  Unleroftiziere,  4  Mann, 
im  ganzeü  also  24  l' nteroffiziere.  24  Manu. 
Bis  Tor  knnem  war  der  Kayalleiietelegraph  iu  dem  schwer- 
flUli^en  sechsspännigen  Faltbootwagen  des  Regimeots  onter* 
gebracht  Seit  EinfUhrnng  des  leieht  beweglichen  zweisp innigen 
Kavallerie-Telegraphen  Wagens  (A.-V.-Bi.  TOm  19.  Joui  1903) 
ist  dieser  Übelstand  beseitigt,  und 
es  wird  dadurch  in  Znkanfl 
die  Operationsfähigk'eit  einer 
Kavalleriedirision  wesent- 
lich erhöht  werden  können. 
Bei  den  Truppenübungen  im  Frieden 
ist  der  Wert  des  Kavallerietele- 
graphen nicht  immer  genügend  er- 
kannt bisweilen  auch  abfällig  be- 
urteilt worden.  Es  mag  dies  zum 
grolsen  Teil  an  der  biskerigen  Or- 
ganisation gelegen  haben. 

5.  Dan  neue  Kavalleriehrftcken- 

Da  durch  A.-V.-Bl.  vom  19. 
Juni  1903  die  Einfuhrung  des  neuen 
„  Kavallcriebrlickengerätes  "  an 
Stelle  des  wenig  praktischen  Falt- 
bootgerätes befohlen  ist,  soll  in 
dieser  Studie  auch   nur  ersteres 

Gerät  besprochen  und  verwendet 
werden. 


€t)  Organisation. 

Jedes  KaTslk«ieregiment  ver- 
fügt Uber  zwei  vierspännige  „Ka- 
TaileriebTttekenwagen".  Jeder 
Wagen  entblUt  zwei  Halbboote, 
drei  Hohne  (davon  einer  als  Uier- 
balken),  vier  Brtteken tafeln, 
zwei  Unterzüge^  drei  GeUiiderBtäbe^  einen  Anker  von  80  kg  Sebwere 
<—  der  bisherige  war  nnr  22  kg  sokwer  nnd  graste  Idcht  — ), 
seobs  Rnder»  seehs  Radergabeln,  vier  Sinken,  zwei  Ankerleinm,  aobt 
6e]ilnde^  oder  fitodeieinen,  vier  Sobnttrleinen;  anberdem  '/a 


Bild 

Erläuterungo  n. 
a  Leichter  Feldtelegraphenapparat 
96. 

^  Einsöhaitevonrifditaiig. 

;  Ständige  Leitung,  n  a  h  A  nbrin gung 
der  EinschaltevorhchtuBig  unter- 
brochen. 

{  Leitung  durch  Wachsdraht 


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550  ^  Tedmik  int  DieiiBt  der  «p«ratk?«i  Tll|gk«tt  einer  KftriUeiMIvWoB. 


der  unter  I.  b.  2.  aolgefOliilen  Sprengmanition  des  Begimenti 
und  eine  eintägige  Raiion. 


1  / 

1 

^  1 

U"     LU  U 

BUd  14. 


schwimiueuden 
Gaozboot)  uod 


Brttckensteg. 

A  Leistungsfihigkeit 

1.  Im  Brttekenbao. 

Die  Spannung  beträ^ 
stet»  4  m.    Eiu  Kegiment 
kann  mit  scinein  Kavallerie- 
brttckeogerät  herstellen: 
1.  einen  Brllekensteg,  1  m 
breit,    20  ra  lang   bei  4 
schwimmeüden  UnterslüU- 
iin^en  (Halbboote)  nnd  5 
BrUckentafelu  (s.  Bild  14). 

Bei  Verwendung  %'ou  8 
Behelfsnnterstützangenl  am 
besten  l'fuhljnohe,  siehe 
Bild  4  und  .ji.  kaaii  der 
Steg  bib  ^2  ni  verlängert 
werden  (SBröckentafelo  X 
4  m  =  82  m);  oder 
eine  LaofbrUcke.  2  m 
breit,  IG  m  lang  bei  3 
Unterstutzungen  (abwechselnd  ein  HiUbboot  und 
B  BrliukeutafelD  (siebe  Bild  15);  oder 


BUd  16.  Laufbracke. 


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INe  Tedndk  im  DIeart  d«r  oper«tb«n  TfüglMlt  etawr  Katvtltoiledivtoi«».  651 

8.  eine  Kolonnenbrücke,  8  m  breit,  8  m  lang  bei  Einbau  eines 
Ganzbootes  and  6  Brttokentafeln  (Bild  16).  Werden  die  noch 
übrigen  BrUckentafeln  —  2  Stück  —  als  dritte  Strecke  (Land- 
strecke,  diese  nar  2  m  breit)  und  das  zweite  Ganzboot  mitein- 
gebanti  so  wird  die  Koloonenbrtteke  12  m  lang  (siehe  Bild  17). 


BUd  16.  Bild  17. 

Koloxmenbrücke.  Kolonneubrücke. 


Bild  18. 


Die  Ravalleriedivision  kann  daher  ans  dem  Gerät  ihrer 
6  Regimenter  herstellen: 

einen  BrUckensteg  vou  120  m  Länge  oder 
eine  LanfbrUcke  von  96  m  Länge  oder 
eine  KolonnenbrUcke  von  48  m  Länge  (Bild  18), 
wobei  ein  Ganzboot  zum  Werfen  and  Liebten  der  Anker  —  wenigstens 


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562  Dl«  Teeluilk  im  Diaiufc  der  opertttven  Tittigiceit  «Iner  Ksvalleriedhrliloni 

oberstrom  —  verfügbar  bleibt.    Wird  aacb  dieses  eiogebaat^  so 

Tergröfsert  sich  die  Brtickenlängre  um  4  m. 

TheoretisL'h  ht  die  Herstellung  eines  Bröckensteg-es  von 
120  III  Länge  möglich,  praktisch  aber  wegen  der  Schwankungen 
selbst  bei  geringer  Strorageschwindigkeit  nicht  empfehlenswert. 
Bei  mittlerer  Stromgeschwindigkeit  kippt  er  um.  Auch  bei  Lauf- 
brflckpn  vou  9G  m  Länge  ist  \  orsieht  geboten;  man  tut  gut,  hie 
and  <l;i  zwei  riim/boote  hintereinander  einzubauen  und  die  tehlendm 
UnterstUtzuntren  duri  ii  Jirhelf'^jnaterial  (Pfahljoche  —  diese  in  der  # 
Jb^äbe  des  IJ^ff  rs  nach  l^ild  i  und  5)  —  zu  ersetzen. 

Zum  Kiiiltan  des  Kavalieriebrttckengeräts  eines  Regiments  in 
eine    Koionnenbnicke   von    s    bis   12   m    Länge   sind  mindestens 

1  Unteroffizier  16  Manu  crfoKicrlicii.  Hau/eit  etwa  '20  Minuten. 
Der  Bau  einer  48  m  langen  Kolonuenbrücke  aas  dem  gesamten 
Oerät  wird  selbst  bei  schwierigen  Verhältnissen  kanm  länger  als 
eine  Stund f  dauern.  Hauptsache  ist,  dals  das  Gerät  von  sämt- 
lichen spch>  Kt'gimentern  pr?iktisph  abgeladen  werden  kann. 

Wenn  auch  in  den  meisten  Fällen  pro  Hegiiiw  nt  l  Unteroffizier, 
16  Mann  zum  Brückenbau  für  erforderlich  erachtet  werden,  so  kann 
der  baiiltitende  K ■ivallerielcDtnaut  doch  mit  einer  geringeren  Zahl 
bei  eiiiem  grrix  ren  ßrUckenschlag  auskommen.  Ais  Einbeils- 
Sätze  seien  folgende  als  Anhalt  emptohien: 
Für  jedes  Boot  2  Mann  als  Fahrer. 

t)ii  sämtliche  Boote,  die  in   eine  Brücke  eiogebant  werden, 

1  Unteroffizier  als  Führer. 
fi\r  (I  n  iirU(  kensteg      als  Trägertrupp  1  Unteioff.  4  MaDOf 
für  die  LaufbrUrke  „  „  1       »       8  „ 

tür  die  KolonueubrUcke   „  „  1       „     12  ^ 

Aulserdem  für  jede  BrUoke  eine  kleine  Reserve  zum  Bau 
von  Behelfsstrecken.  WegebessemngeD,  für  oDvorbeigesebene  Fälle  nsw. 
unter  FtthmDg  eines  Unteroffiziers. 

Wenn  z.  B.  zwei  KolonnenbrUcken  zu  je  24  m  Länge  geschlagen 
werden  sollen,  so  sind  Itlr  jede  Brücke  als  Personal  erforderüeh: 

Als  Baidetter  1  Off. 

Für  das  Bän-  and  Ausfahren  der  Boote  —  „   1  Unteroff. 

Fttr  6  Boote  als  Fahrer    ....—  „—  12  Mann 

Als  Trägerfanpp  —  n  ^ 

12  » 

Als  Reserve  —  „    1       „  10 

Sa.    1  Off.  8  Unteroff.  84  Kann 

Also    für   zwei   KolonnenbrUcken   zu  je   24  m  Länge 

2  Ofi.,  6  Lüteruff.,  68  Mann. 


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Die  Techaik  im  Dienst  der  operaüvea  TXtic;keit  einer  JUvalieriediviMon.  553 


2.  Im  Übersetzen. 
Aaf  einer  aus  zwei  Ganzbüoten  mit  vier  aufgeknagrgrteu  Hnicken- 
tafeln  hergestellten,   16  qm  Graudfläobe  eoftbaltendeii  Fähre  (siebe 
Bild  19)  kann  Ubergesetzt  werden: 

1.  ein  kriegstiiilfi^ig'  beladenes  Geschütz  mit  Frotze  einsohlielflliob 
Bedienungsmannschaften  oder 

2.  vier  Pfrrdp  mit  PfprdchaUen]  oder 

3.  ein  KavaUehebrttckeuwageu  oder  soDstiges  TruppeDfabrzeag. 
oder 


4.  fünfzig  Sättel,  Gepäck  und 
Ausr  11  s  t  LI  n  von  ebeosoTiel 
Kavalier i.stf[i  oder 

5.  dreilsig  Jüiiaiikeristeu  mit  Ge^ 

päck. 

Bei  starkem  Strom,  Wind  oder 


Bild  19 


Fähre. 


WeUeitöcblag  sind  diese  Zableo  eutsprecbead  za  ermälsigen. 


y)  Verhalten  der  Truppen  bei  Benutzung  von  „Kavailerie- 

brücken". 

1.  Der  Brücke Dsteg  dient  als  ÜbergaDg  für  den  einzelneii 
Reiter  mit  Sattel  ood  Gepäck,  während  die  Pferde  an  den 
Iicinen  anterstrom  daneben  scbwininien.  Die  Verankerung 
unterstrom  fällt  dann  fort. 

2.  Die  Lanfbrtteke  wird  tlberscbritten 

a)  Ton  abgesessener  Kavallerie  zo  einem  mit  Abstand» 

b)  Ton  Infanterie  zu  zweien  ohne  Tritt, 

e)  Ton  leeren  leichten  Fahrsengen«  welebe  hinttbeigesogen 
werden. 

3.  Die  Kolonnenbrfioke  wird  Qbersehritten 

a)  Ton  einzelnen  Reitern, 

b)  yon  abgesessener  Kavallerie  za  einem,  dieht  anf ge- 
sehlos sen;  bei  kurzen  Briieken  und  gttnstigen  Strom- 
und  Windverbttltnissen  Mtmaluwweise  za  zweien,  dicht 
aufgeschlossen. 

Sofern  Zelt  vorbanden  ist,  an  beiden  SMten  der  Brfleke 
ohne  Materialbesebädigiuig  eine  BehellMdelug  anzubringen, 
können  die  Pferde  anch  anf  längeren  Brtteken  be- 
dingnngslos  zn  zweien  hinttbergefilhrt  werden.  Ist  eme 
solche  BOdelnng  nicht  vorhanden,  so  liegt  Gefahr  vor,  dab  die 
Pferde  bei  Schwankungen  unruhig  werden,  ttber  Bord  treten 
und  ins  Wasser  stürzen; 

Jakrbiflhtr  ftr  di«  dMtooto  Am«*  oad  Kkitac.  Ko.  sn^  S7 


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554  ^  TediBik  im  Dicmt  der  opertÜTeo  Tftü^eit  etn«r  KavaUeciadMiiott. 

c)  voD  Infanterie  zu  viereu  mit  doppeltem  Gliederabstaod  ohne 
Tritt; 

d)  VOD   FeldgescbUtzea,  Munitions-  and  iniaaterie  •Fatroneo- 
wagen,  und  zwar: 

?ou  den  Protzen,  weluhe  durch  die  Stangenpferde  mit 
Äufgesessenen  Fahrern  gezogen, 

von  den  Hinterwagen  und  Geschützen,  welche  voa 
den  Mannschaften  geschoben  werden; 

von  Vorder-  und  Mitteipterdeu  dicht  autgeschlossen  zu 
einem; 

von  Truppe  II  Fahrzeugen,  welche  durch  die  Staugeo- 
pferde  mit  äufgesessenen  Fahrern  gezogen  and  wobei 
«ulserdem  die  Pferde  geführt  werden. 

Bearteilnng. 
Das  neue  Kavalieriebrttckengerät  ist  beweglicher,  wider- 
Btandsfähiger,  leistangsfähiger,  leichter  nnd  schneller  zn 
handkaban  als  das  bisherige  schwerflUli^  nnd  leicht  verletzbare 
Faltbootmaterial.  Darob  eine  sachgemäße  Verwendung  in  Ver- 
bindung mit  BdieUhgerttt  werden  aneh  längere  ftHeken  ala  48  m 
geschlagen  werden  können.  Dadurch  gewinnt  die  KavalleriediTiiloB 
an  Selbständigkeit  und  Operationsfreibeit  zun  Nutzen  der 
AnneeidtaDg. 

Als  Naebtell  wäre  zu  bezeiehnen,  dab  pro  Regiment  1  Unter- 
offizier, 16  Hann,  im  ganzen  also  der  KaYalleriedivision 

6  Unteroffiziere,  96  Mann 
ftr  taktische  and  strateglsebe  Zwecke  zeitweise  entzogen  weiden. 
Es  empfiehlt  sioii,  die  Fionierabteilnng  zum  Brttokenschlag  heran- 
znzieben,  wenn  sie  in  der  Nähe  ist 

Hier  ist  ein  koizer  Hinweis  anf  das  tnaMM»  Kavallerie* 
brflck  enge  rät  von  Interesse,  welches  soeben  eingeführt  wird. 

In  Frankreich  waren  seit  1902  Parallelversuche  mit  einem 
Faltbootgerät  von  J.  Veyry  and  mit  einem  Stahlbootgerät 
nach  den  Vorschlägen  des  Generals  Donop  im  Gange.  Diese 
Versuche  sind  zugunsten  des  letzteren  Geräts  ansgefallen. 

Das  französische  neue  Kavalleriebrückengerät  besteht 
ans  Einheiten.  Jedem  Kavallerieregiment  wird  eine  Einheit  za- 
geteilt.   Diese  besteht  aas: 

4  Stahlbooten  (nar  2,80  bis  3,00  m  lang  nnd  1^  m  brdt, 
nur  90  kg  schwer,  von  2  bis  8  Mann  leiobt  sn  handhaben), 

5  Oberbaaelementen  (4  m  lang,  0,75  m  breit),  von  denen 
4  ans  Belag  and  2  Tragbalken  festver banden  (also 


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Die  Teehidk  im  Dienst  der  opentivea  TItigkett  einer  KAvalleriedivisioD.  555 


Brnokentafeln!),  das  fünfte  miTerbaoden  (c)  zur  Ver- 
weDdoDg  als  Verbindnngsstreeke  mitgefttbit  werden. 
Eine  Einheit  wird  anf  einem  sweispinigei  KaTaUeriebracken- 
wagen  Terladen,  and  swar 

die  Stahlboote  ineinandergeeetrt  in  der  Mitte  des  Wagens, 
.die  Oberbanelemente  beiderseits  der  Stablboote. 

Ans  einer  Einheit  läfst  sich  ein  einfacher  Steg  von  20  m 
Länge  nnd  0,75  m  Breite  bauen,  Stahlboote  mit  Karabinerhaken  an 
ein  Soherseil  (a^b)  befestigt. 

Zorn  Ban  eines  Doppelsteges  (Laui- 
brtteke)  von  20  m  Länge  nnd  1,50  m 
Breite  werden  2  Einheiten  —  die 
Obeibaaeleinente  neben  einander  — 
▼erwendet  (siehe  Bild  20). 

Ans  einer  Einheit  ttirt  sieh  eine 
Fähre  anter  Verwendnng  von  4  Stahl- 
booten —  2  an  den  Süden,  2  in  der 


Bild  21. 


Mitte  mit  dem  stumpfen  Hinterkaffeu  (d)  verbunden  —  und  3  Oberban- 
elementen  zusammensetzen.  Kaum  Ülr  35  Maon  bei  our  9  qm  (Bild  21), 
beim  deutschen  Gerät  16  qm! 

Das  iranxösische  Gerät  ist  in  den  vogährigen  Manövern  benätzt 
worden. 

Es  wurde  ttber  den  Ardennenkanal  in  13  Minuten,  vom  Ein- 
treffen der  Wagen  an  gereehnet»  ein  Doppelsteg  (Laofbrücke)  gebaot, 
der  sowohl  von  abgesessener  wie  aiij^esessener  Kavallerie  Uber- 
schritten warde.  Anf  einer  Fähre  waren  vorher  35  Mann,  daninter 
26  vollkommen  ansgerttstete  Badiahreieappenre  der  Genietmppe 
übergesetzt  worden.^) 


1)  S.  .»Mitteilungen  über  Oegenst&nde  des  Artillerie-  und  Geniewesens,* 
Jahrgang  1904.   8.  Heft.  S.  268  bis  270  und  »Mü-W.-Bl."  Nr.  48/1904. 

87* 


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556  Dte  Technik  im  Dienst  der  operativNi  Tltigkeit  einer  KavtUeriediTMoa. 


Ein  Vergleich  beider  Kavalleriebrttokengeiftte  in  besag  auf 
LeistiiDgsilUiigkeU^  Festigkeit  mid  Bewegliohkeil  eigibt  Bich  Ton 
selbst. 

6.  Die  PionierabteUnng. 
a)  Aufgaben. 

Die  PioDierabteüung  ist  zur  Aasftthnmg  techDisoher  Arbeiten 
bestimmt,  um  die  Kavalleriedivieioo  sa  entlasten  nnd  um  haaptsächlieh 
da  eioausetzen,  wo  die  Befähigung  und  Mittel  der  Kavallerieregi- 
menter oielit  aiuieiehen.  Derartige  eehwierige  teebiüsebe  Arbeiten 
sind: 

Zergtöning  von  stark  konstruierten  EieenbabobrUcken  und 

ständigen  schweren  Holzbrücken, 
Zerstörung  von  starken  steinernen  firtlcken,  haapteäehlioh 

solcher  ohne  Minenanlagen, 
Wiederherstellung  von  zerstörten  Brücken, 
Herstellung  von  Behelfsbrücken  und  mit  dem  Kavallerie- 

bruckengerät  hergestellten  Brttoken  onter  sckwieiigen 

Umständen, 

Anlage  von  Verteidigangseinriobtnngen  zur  Aatnahme  der 
KavalieriediTision  obw. 

ß)  Organisation  und  Ausrüstung. 
Die  Fiomerabtoiluii^'^  besteht  aus:  1  Offizier  (Leutnant  als  Führer), 
3  Unteroffizieren,  3U  Pionieren,  3  Trainsoldaten,  6  Flerden  und  einem 
vierspännigen  Gerätewageu   (khegsmäikig   aosgerttstet   2079  kg 
schwer). 

Über  Ausrüstung  s.  l.  b.  1.,  2.  und  4. 

Der  Leutnant  ist  beritten,  die  iMonicrmannBCbafken  mttssen  aof 
drei  bereitgestellten  Wagen  betördert  werden. 

Benrteil  n  u  g. 

Die  Abteilung  ist  dem  Etat  nach  schwach,  die  Leistnngsiähig- 
keit  hat  bald  ihre  Grenzen. 

Hemmend  wirkt  die  Beförderung  ant  Wagen.  Erwünscht  wäre 
eine  stärkere,  berittene  Pionierabteilung,  wie  einige  Staaten  —  Eng- 
land, Japan,  Nordamerika  —  sie  bereits  im  Frieden  eingeführt  haben, 
Rufsland  eine  solche  während  des  Krieges  1877/78,  „der  Not  ge- 
horch end'^,  in  Giurgewo  schleunigst  organisierte,  ehe  Gurko  seinen 
denkwürdigen  Balkanübergang  antrat.') 

0  S.  »Brückenzerstörongeii  im  Bficksugsgefecht  wnst  und  jetxt*  Ton 
Jiiyor  SehaiT.  S.  88. 


£riiiMninge&  und  Erwlgiagtii  etnes  «Iten  KaviU«fieolilii«n.  557 


Wenn  nnn  auch  einer  Pionierabteilune  wie  der  einer  dent^chen 
KavalleriediYision  infolge  des  Diedrigen  Etats  und  der  Art  der  He- 
f^)rderuri^^  ^^ewisRP  Schwächen  anhaften,  so  soll  gerade  gezeigt  werden, 
was  selbst  eine  so  kleine  Abteilang  leisten,  welche  Vor- 
teile sie  der  höheren  Führung  bringen  kann,  wenn  sie  von 
dieser  rechizeitig  am  richtigen  Platz  eingesetzt  wird. 

(Schlols  folgt.)  , 


XXIX. 

Eriimeruügefl  und  Erwägungen  eines  alten 
KavaUerieoffiziers. 

Von 

Geneial  der  KayaUerie  z.  D.  und  GeoeralacyiitaDt  Fxeiheir 

TM  SabciüioIni. 

HL 

In  den  iiühereü  Aolsätzen  habe  ich  einige  Betracbton^^en  Uber 
die  kavalleristische  Tätigkeit  in  den  letzten  Kriegen  an<refllhrt  und 
einige:'  Übungen  erwähnt,  lediglich  in  der  Absicht,  um  die  Nützlich- 
keit der  betreöenden  Formationen  zu  bekräftigen. 

Es  besteht  darüber  wohl  kein  Zweifel,  dals  im  Laufe  der  Zeit 
in  den  Gefechten  keineswegs  unbedeutende  Schwierigkeiten  fUr  die 
Verwendung  grolser  Kuvalleriemassen  sich  bemerklich  gemacht  haben. 
Insbesondere  die  grolse  Tragweite  und  Treffsicherheit  der  heutigen 
Feuerwaffen  mufs  selbstverständlich  von  EinflulB  auf  die  Bewegungen 
der  Kavalleriemassen  vor  dem  eigentlichen  Angrifie  sein,  sie  werden 
bei  dem  Angriffe  selbst  von  noch  gröfserer  Bedeutung. 

In  der  Zeit  glänzendster  Erfolge  der  Kavallerie  waren  nicht  nur 
diese  Verhältnisse  in  hohem  Grade  günstiger,  sondern  anoh  jene 
Umstände,  welche  die  geringe  Stärke  der  Heere  bedingten.  BJMdl 
war  aber  dem  Führer  der  Kavallerie  sehr  erleichtert,  das  ganze 
Gefechtsfeld  zu  übersehen,  die  Vorteile  des  Geländes  und  jene  Ver- 
hältnisse auszunutzen,  welche  dem  Angriffe  von  KavaUeriemaBsen 
gtlnstig  waren. 


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558      EiittMruiiKen  vaA  Erwägungen  «hm  alten  Kafallttieollliien. 

Für  Armeekommuidos  ibd  unter  den  bentigeo  VerblUtaiflsen 
ganz  fthnllebe  Sehwierigkeiten»  wie  dieselbeD  für  EaTallerle  beslebei^ 
rnebt  ZQ  yerkennen.  »Infolge  dieser  Umstände  morsten  int- 
besondere  anch  für  das  Gefeebt  selbst,  die  Armeekorpa 
eine  stets  bObere  Bedentnng  gewinnen.** 

Das  b  der  neueren  Zeit  bedeutend  vetftnderte  ZaUe&Terfaaltds 
der  KayaUerie  gegenüber  den  anderen  Waffen,  die  wesentliob  andere 
Kampfesweise  derselben,  mnlb  fllr  EinteUong  nnd  Verwendnng  der 
Kavallerie  Veittndeningen  mit  sich  bringen. 

Waten  yor  160  Jabren  der  Initiatiye  yon  KavaUeriefllhrem  die 
sebönsten  Erfolge  der  Waffe  an  yerdanken,  so  ist  leieht  an  erkennen, 
wie  dieser  Initiatiye  ancb  die  grölkte  Sorgfalt  angewendet  blieb. 
Unter  den  Creieobtsyerhältnissen,  wie  deb  dieselben  seit  dieser  Zeit 
gestaltet  haben,  mnlste  diese  Initiatiye  stets  bObere  Bedentang  ge- 
winnen ;  sie  kann  nur  geweekt  nnd  erhalten  werden,  wenn  die  Grnnd- 
bedingnngen,  dnrob  welebe  dieselbe  gelbrderl  werden  kann,  onablässig 
beaebtet  bldlben. 

Zn  diesen  Groodbedingnngen  mnfs  unbedingt  gesfthlt  werden  — 
wir  wiederholen  diese  hier  — : 

1.  sweekentspreeboDide  Organisation; 

2.  Znsammensetsnng  der  Stilbe^  weldie  den  Anforderungen  der 
Gegenwart  entspriebt; 

8.  saehgemJUse  Vorübungen  nnd 

4.  entsprechende  Verwendung  bei  den  grdlsereii  Thippen- 
ttbungen. 

Im  wesentUdien  wurden  diese  Punkte  bereits  bespro<^en. 
Spesiell  aber  sebeint  es  n»ti(^,  daCs  die  Stftbe  der  KayalleridObrer 
derartig  zusammengesetat  sind,  dals  deren  Mitglieder  mit  den  Inten- 
tionen der  Führer  ganz  und  yoUkommen  yertrant  sein  können,  damit 
sie  imstande  sind  Beobachtungen  dort  zu  maehen,  wo  das  Auge  des 
Führers  nicht  hmreioben  kann;  zugleich  aber  aneh  nm  unter  Berllsk- 
sichtignng  der  Geländeverhältnisse  für  Bewegung  der  Massen  an  jene 
Ponkte^  yon  welohen  der  Angriff  auazufbhren  bleibt^  als  Fttbrer  oder 
Wegweiser  dienen  zu  können. 

Was  die  Bewegung  dieser  greisen  Verbände  anbelangt,  somub. 
die  ganze  Erziebong  dahin  zielen,  dals  die  Unterführer  bis  zn  deo 
Eskadronscbefs  herab,  ohne  jedes  Zandern  die  Schwierigkeiten  des, 
Geländes,  des  Anbanes  und  Gefechtes  überwinden  oder  die  sich 
bietenden  Vorteile  ausnutzen  lernen.  Selbstverständlich  kann  sieh  der 
Führer  der  Kavallerie  nicht  um  alle  diese  Einzelheiten  kttmmem,  weil 
seine  Aofmerksainkeit  notwendigerweise  anf  die  Geteebtslage  ge- 
richtet ist.  IHese  Ziele  sind  nur  zu  erreiehen,  wenn  die  grolsen 


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EliDBanaigea  nd  Erwlfnfca  ciMt  alten  KsfallarieolMait.  559 


Kavallerieverbande  an  den  TruupetiUburii^^t'n  teilnehmen,  weoo  diese 
übuDgeu  auch  ^Yi^klich  als  Schale  betrachtet  werden. 

Bei  den  Formationen  für  eine  Angriflfsbewe^uiig:  müssen  nicht 
«eilen  die  eijrenen  im  Kampfe  begrittenen  Truppen  der  Infanterie 
and  auch  Terrainahschnitte  durchritten  werden,  welche  die  uuaus- 
bleibiicbeo  Merkmale  des  Feuergefecbtes  tragen.  Eh  ist  hierbei  Dicht 
zu  venneiden.  dafs  solche  Bewegongen  mitunter  wirlüicb  rtteksichti- 
ios  durchgeführt  werden  müssen. 

Verhältnisse,  wie  sie  eine  Kavalleriedivision  bei  Beanne  la  Rn 
laude  fand;  ,.tief  anf^reweiehter  Boden,  mit  Wein  bewachsene  Hänge 
Tordeni  Angritiöubjekle,"  können  die  vollige  l  Iiitätiirkeit  der  Kavallerie 
nicht  <  ntscbnldigen,  „wenn  Organisation  and  Erziehung  karalleristisch 
waren. 

Selbst  an  bewachsenen  Hängen  ist  ein  Fortkommen  mit  Eska- 
drons  denkbar,  wenn  dieses  Gelände  anch  die  Angriffseutwickeinng 
errrifsen  r  Verbände  im  strengen  Sinne  und  in  gewohnter  Weise  nicht 
gestattet,  ist  die  Kavallerie  mit  eiuem  guten  Feuergewehre  ausge- 
rüstet, so  ist  dessen  Gebrauch  in  manchen  Fällen  selbst  Uber  sumptige 
Strecken  des  Geländes  nicht  ausgeschlossen,  welches  dem  Fort- 
kommen geaobiosaener  KavaUeriekörper  im  höchsten  Grade  hinder- 
itob  ist. 

So  manche  Untätigkeit  neuformierter  ond  improvisierter 
Kavallerieverbände  dürfte  auf  derartige  Gründe  zurückzuführen  sein. 
Selbst  die  bestgeleiteten  Übungen  künnen  über  einen  Teil  dieser 
Schwierigkeiten  nicht  hinweghelfen;  immerhin  ist  es  aber  unbedingt 
notv^endig,  dals  F'Uhrer  wie  Trappe  auch  auf  solche  Lagen  vor- 
bereitet  sind. 

Wenn  auch  bei  Einführung  von  neuen  Organisatiouen  nicht  er- 
wartet werden  kann,  dals  sofort  wesentliche  ReHseruag  in  verschie- 
denen Kichtungen  zu  bemerken  ist,  so  wird  im  Laufe  der  Zeit  diese 
Besserung  kaum  ausbleiheu  könneni  wenn  es  an  bezüglichen  Anre- 
gangen  nicht  fehlt. 

Werden  diese  Organisationen  mitanter  auch  erst  spät  in  das 
Leben  gerufen,  so  kann  es  für  dieselben  nur  dann  zu  spät  sein,  wenn 
die  Zeit  fehlt,  am  den  vollen  Nutzen  erwachsen  za  sehen. 

Der  Unterschied  der  Gefechtslagen  in  den  letzten  150  Jahren 
ist  allerdings  ein  sehr  bedeutender.  Nach  allen  Tatsachen  kann  es 
jedoch  kaum  bezweifelt  werden,  dais  anter  den  gleichen  Vorans- 
setzungen  grofae  Kavallerieangriffe  in  der  Schlacht  nach  wie  vor 
grlludliche  Entscheidungen  herbeiführen  werden,  denn  die  Krisen  im 
Feuergefechte  sind  auch  heute  recht  bemerkbar.  Wurde  vor  Zeiten 
der  Initiative  des  KavalleriefUhrers  der  höchste  Wert  zugemessen, 


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560      ürinnenuigeii  and  £rw%uogen  ewds  aitea  Kavalleheoffiiüers. 


so  kann  heute  eine  Frage  Uber  die  Bedeutung  dieser  Initiative  kaom 
beeteben,  wob!  aber  darüber  wie  dieselbe  schon  im  Frieden  ttinlichst 
gefordert  werden  kann.  Befehle,  welche  bei  den  Friedensübungcü 
der  Kavallerie  zugehen,  mtlssen  sohin  die  Waffeneigenttlinlichkeiten 
vollständig  berücksichtigen;  sie  dürfen  in  erster  Linie  die  Initiative  des 
Führers  in  keiner  Weise  mehr  einschränken,  wie  nnbedinfrt  ^eboteu  ist. 
Die  wichti^'stf'  imd  stets  durchfuhrbare  Aufcabe  der  Kavallerie  bleibt 
auch  ohue  besondere  Anordnung,  die  Aufklärung  für  die  All- 
gemeinheit, wie  speziell  für  die  Tätigkeit  der  grolsen  Verbände 
selbst  Hierfür  uiuls  und  kann  die  Initiative  der  ahrer  stets  mehr 
und  mehr  geweckt  werden.  So  verlangt  die  Bereitschaitestellang  in 
der  Nähe  eines  Flügels  der  Gefechtslinie  —  aooh  ohne  bezüg- 
liche Weisungen  — ,  die  Aufklärung  nach  den  Richtungen  aas 
welchen  der  Anmaneh  feindliober  Truppen  denkbar  ist,  der  Auf- 
klärung  am  den  treffenden  Flügel  herum,  bis  in  den  Rücken  der 
gegnerischen  Stellang,  endUeh  der  Anüdttmng  in  Beziehung  auf  die 
eigene  Geleelitrtfttigk^  diese  inabeeondefe  dnzeb  Of6siere  dee 
Stnbes. 

Nachdem  die  Deckung  ebes  Pnnkles  ein  rebe  defensive  Auf- 
gabe ist,  kann  die  KaTftUerie  eine  Deeknng  in  strengem  Sinne  nur 
anter  gewissen  Voranssetenngen  aosttbeo,  in  der  angegebenen  Weise 
aber  onter  allen  VerhUteissen  dnreh  Aofklftrang  anf  weite  Strecken 
rieh  sehr  nlltelieh  maohen;  unter  entspreohenden  Umständen  rar 
Attacke  sehreitea,  gleiehgttltig  ob  diese  UsratlCnde  in  Krisen  beisi 
Gegner  oder  bei  den  eigenen  Truppen  besteben,  abgesehen  ron 
andern,  für  einen  Angriff  günstigen  VeiliilltoiBsen.  In  frttheien  Anf- 
stttien  wurde  bereits  erwähnt»  dnieh  welebe  Eäarlehtaogen  diese  rein 
kaTilleristisehen  FHtgen  nach  unserer  Obeneagang  einer  entspreohen- 
den Losung  zugeführt  werden  konnten. 

Ab  den  Oefechtstagen  können  die  SanunelplAtie  der  grolMn 
KavaUeriererbllnde  nieht  mehr  tot  den  Anmaiseblfaiien  der  Aimee- 
korps  festgesetrt  werden,  wenn  noch  PatrooUlen  und  hOobstens  deren 
Replies  am  Feinde  bleiben;  dueh  die  Initiatl?e  des  Führers  der 
Kavallerie  kOnnen  sodann  aul  Grand  eigener  Wahrnehmung  oder 
eingehender  Meldungen  Bewegungen  und  Angriffe  ansgefllhrt  werden» 

Während  der  Qeiechte  selbst  werden  die  grolte  Ka?aUerieTer- 
bände,  sowohl  bei  dem  allgemeinen  Angriffe,  wie  bei  DefensiT' 
gefeohten,  Berdtschaftsstellungen,  hinter  der  Gefeehtslinie  ein- 
nehmen. 

Bei  Angrülbgefeehten,  insbesondere  gegen  starke  oder  kOnstiieh 
verstärkte  Stellungen,  werden  BtteksehUge  wohl  nie  gänsUeh  m 
▼ermeiden  sein.    Einem  entschiedenen  Naehdrängen  dee 


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i 


Erixmerongen  und  Enritgtmgen  emea  «Iten  lUviUMtoofBitora.  561 


Gegners  müssen  Keserven  eotgegentreten;  gröfsere  Kavallrriever- 
bände  sind  hierfür  wohl  oabeskeitbar  sehr  geeignet,  schon  allem 
wegen  der  Beweglichkeit. 

In  gleichem  Maf^K^  sind  diese  Verbände  auch  L^eei^et,  ans 
der  DefensiTStellung  mit  grol'scn  Krfolgon  tätier  zu  soin,  insbesondere 
dann,  wenn  deren  Stärke  auch  hier  die  AosHcbeidong  ?oii  Keserven 
gestattet.  \) 

Die  V(  rwcndang  solcher  K.avalieriemas8en  an  oder  vor  den 
Flügelii  kauD  ebenso  nUt/,lich  werden,  wenn  die  Anzahl  der 
Kavallerie  beide  Verweud  uugsarten  möglich  macht,  oder 
starke  Tra[)peüreserven  für  die  Gefechtslinie  verfügbar  sind.  In 
den  letzteren  FäUeo  kann  die  Kavallerie  der  Zateilong  voo  Artillerie 
kaam  entbehren. 

Warum  waren  die  Anschauungen.  wp!ebe  in  den  ..Nnchrichten 
und  Betrachtungen"  etc.  vor  70  Jahren  Uber  die  Aufklärung  und  Tätig* 
keit  der  Kavallerie  niedergelegt  wurden,  schon  nach  30  Jahren  in 
den  Feldzügen  onberücksichtif.'-t  creblieben?  Doch  wohl  nur  allein 
deshalb,  weil  es  an  kavalleristischen  Anregungen  in  diesen  30  Frie- 
denfijahren  vollständig  gefehlt  hat. 

Anstatt  dieser  kavalleristischen  Anregungen  wurden  die  Stimmen 
stets  lauter  und  lauter,  welche  wegen  Vervollkommnung  der  Feuer- 
waffen etc.  ganz  einseitig  verkündeten:  „es  ist  vorUber  mil  der 
Scblacbtentätigkeit  der  Kavallerie.'* 

Nach  diesen  Betraektungen  Ist  ea  vielleiehl  DtttiUeb,  einig» 
fdmipieo  featenhalteo. 

1.  Die  ganze  Organisation  mufs  ermOglicbenf  dals  bei  Er» 
aebang  and  Verwendung  der  Kavallerie  kavalleristisolie 
Grondsätze  in  erster  linie  beacblet  bleiben; 

2.  unter  dieser  Bedingung  wird  es  leicht  sein,  dafs  in  der 
Truppe  die  Übenengung  der  Unwiderstehlichkeit  ihres 
Angriffes  stets  erhalten  bleibt  nnd  wttefast,  dals  namentlieb 
im  Beginne  eines  Feldsnges  Angriffe  der  Kavallerie 


*)  Von  dem  höchsten  Interesse  bleibt  in  diesen  Hinsichten  die  Schlacht 
von  Kunersdorf  Eine  anbefohlene  Attacke  kann  sehr  leicht  zu  früh  oder 
zu  Hp&t  erfolgen.  Selbst  die  sieggewöhntesten  Truppen  und  i^rer  aber 
kömieii  unter  solchen  Verhftltoissen  daen  Erfolg  kaum  erringen. 

Marmgo  beweist  ^nentits,  dab  grolbe  KaTBÜeriamblDde  tot  allem 
auf  das  Schlachtfeld  gehören  und  nicht  an  Stelle  von  Patroiiillen  zur  Auf- 
klärung etc.  verwendet  werden  sollten;  andererseits  ist  in  jener  Schlacht  der 
Beweis  zu  finck'ii,  dafs  die  Kavallerie  einer  bereits  zu  '/4  geschlagenen 
Armee  durch  den  Angriff  aus  eigenur  imuative  ihres  Führers,  einen  voU- 
sttedigen  Umschwimg  der  I^ige  herbeilOhven  kana. 


562      EdnaaraDgai  mnd  Enrlgnngen  «foes  alten  KtrallMtooffifadeH. 

Inn  Hell»!  veimieden  werden,  wdehe,  troti  aller  indicekmi 
Befolge,  jene  Obenengnng  eher  nntergraben,  wir  ftrden; 
8.  Anlgsbe  der  Fttbrong  mnls  es  sohin  bleiben,  diesen  Punkte 
sorgfifltlgsle  Beaebtang  aoinwenden,  nnter  allen  Füllen  aber 
jene  Massen  bereibinbaltett  oder  zn  yereinigen,  welebe  alkia 
imstande  rind,*  greise  Entseheidnngen  berbeixni^en;  alldi 
nnter  diesen  Voranssetsangen  sogar  aneh  in  scbwierigefen 
Lagen. 

Alle  Verbällttisse  nnd  alle  Zelten  liefern  den  Beweis,  dals  keine 
andere  Waffe  in  höherem  Maise  der  fortlaufenden  mSehtig« 
sten  Untersttitsong  bedarf  wie  die  Karallerie,  damit  die 
elnfaehsten  Grnndstttse  ihrer  Tätigkeit  nicht  Terloren 
gehen  können. 

Die  Tätigkeit  der  Kavallerie  bei  den  TruppenttboDgeo,  in  Be- 
siehang  auf  die  Angriffe  gegen  andere  Waffen,  kOnnen  sieh,  wie 
metefaob  angefahrt,  in  recht  vielen  Fällen  nur  auf  Voraus- 
Setzungen  begründen.  Diese  YoranssetsungeD  spielen  ebe  um  so 
wichtigere  BoUe,  nachdem  sie  in  der  Bogel  dem  angegriffenen  Fahrer 
unbekannt,  und  keineswegs  sympathisch  sind,  um  so  weniger, 
je  kayalleristiseher  Angriffe  durehgefttbrt  wurden. 

Solche  Verhältnisse  mögen  mit  Ursache  sein,  daCs  die  Kämpfe 
der  Kavallerie  mit  Kavallerie  begünstigt  werden,  auch  dann  be- 
güDstigt  werden,  wenn  denselben  eine  besondere  Bedentong  nicht 
zugesprochen  werden  kann. 

Die  Kavallerie  ist  eine  ritterliche  Waffe,  denn  ritterlich  ist  der 
€^anke:  „in  kühnem  Kitte  auf  den  Gegner  za  stürzen,  denselben 
mit  der  blanken  Waffe  zu  bekämpfen."  Dieser  ritterliche  Gedanke 
war  and  wird  im  höchsten  Grade  bedenklich,  wenn  er  verleitet 
unter  allen  Verhältnissen  durch  rücksichtsloses  Darauf- 
gehen den  Gegner  an/ufalUn.  in  der  Hoffnung,  denselben  Uber- 
raschen und  besiegen  zu  können. 

Dem  ritterliehen  Gedanken  widerstreitet  auch  die  Notwendig- 
keit, dais  Kavallerie  (tfters  berufen  ist  —  wie  nachdem  glücklichen 
Zusamraenstofse  mit  Kavallerie,  bei  Krisen  des  Gefechtes  und  bei 
der  Verfolgung  nach  gewomieuer  Schlacht,  —  in  konfuse,  wirre  nnd 
erschöpfte  Massen  einzubrechen,  unter  denselben  so  viel  wie  nur 
immer  möglich  aafznrauraen. 

Auch  der  Gedanke  kann  vielleicht  störend  einwirken,  dafs  mit- 
onter  schon  auf  dem  Wege  an  den  Gegner  zahlreiche  Eirscböptte  und 
Verwundete  Oberritten  werden  niUssen. 

Je  mehr  die  Führer  der  Kavallerie  auch  theoretisch  mit  diesen 


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Erinnerungen  und  ErwSgangeu  etnes  alten  KtTaUtrieolBriert.  563 


VerfajUtDiasen  rerknuit  bleibeo,  ihre  Truppen  fUr  dieselben  erziehen, 
um  80  weniger  störend  werden  sich  dieselbea  bemerklich  machen. 

Die  Ksvallerie  Ist  die  einz%6  Waffengattang,  in  welcher  Fohier, 
Unterführer  and  Trappe  bis  zum  letzten  Reiter  herab,  schon  im 
Frieden  für  die  kriegerische  Tätigkeit  ToUkomme  n  vorbereitet  und 
sicher  sein  mttssen.  Vor  und  während  dieser  Tätigkeit  ist  die  Mttg- 
Uobkeit  beinahe  immer  ausgeschlossen,  mit  Inatmktionen,  Erläute- 
rangen  oder  sonst  einmwirken.  Im  Lärme  der  Gefechte  etc.  ist 
sogar  aaf  £rtellang  von  Befehlen  während  der  Aktion  selbst  keines- 
wegs mit  Sicherheit  zu  rechnen,  um  wo  giOAere  Bedentong  gewinnt 
die  EntsohloBseDhelt  aller  Unterführer. 

Die  Tor  150  Jahren  erlassenen  Instraktionen  sind  unbedingt 
lehneich  nnd  naohahmongswert. 

Mit  der  Formation  der  Heere  in  Ameekorps  wnrde  ein  ganz 
wesentlicher  Fortschritt  erreicht.  Die  kommandierenden  Generale 
sind  zumeist  in  jahrelangem,  einflnfsreichem  Verkehre  mit  den  Ofli' 
zieren  ihrer  Stäbe,  mit  sämtlichen  Unterführern  and  Trappen  ihrer 
Armeekorps.  Die  systematisch  aufgebauten,  jährlich  sich  wieder- 
holenden Trnppeoü bangen  sind  von  dem  höchsten  Werte.  Sie  molsten 
von  ungleich  höherer  Bedeutung  werden  fttr  das  Gefecht  selbst,  wie 
dies  bereits  frUher  erwähnt  wurde.  Abgesehen  von  dem  mehr  strate- 
gischen Einflüsse  der  höchsten  Konimandostellen,  kann  diesen  Ein- 
richtungen doch  unbedingt  ein  wesentlicher  Anteil  bei  den  erzielten 
lilrfoigen  zage«;ehrieben  werden. 

..Sollten  analoge  Einrichtungen  fUr  die  Kavallerie  sieh 
nicht  ebensr»  ntitzlirh  erweisen?" 

Mit  welcher  Zuversiebt  worden  die  Führer  der  Kavallerie  das 
Zeichen  /.um  Anpriff  geben,  wenn  sie  ihre  Massen  längere  Zeit  fhr 
deren  Tätigkeit  vorbereitet  und  erzogen  haben;  nur  unter  dieser  Be- 
dingong  scheint  deren  Initiative  überhaupt  denkbar.  Auf  dieser 
Initiative  beruhen  auch  in  Zakonit  groise  £rfolge  der  Kavallerie, 
weit  mehr  wie  in  Jeder  früheren  Zeit, 

Kegiementäre  Bestimmungen  können  dieses  Ziel  nie  erreichen ; 
unter  Umständen  werden  sie  sogar  hindt  rli(  h  sein,  wenn  sie  anstatt 
insbesondere  Grundsätze  aufzustellen,  zahlreichere  Formen  festsetzen. 
Formen  müssen  sich  den  Verhältnissen  anpassen,  Grundsätze  können 
unter  allen  Umständen  verwertet  werden,  sollten  tunlichst  geläufig 
geworden  sein.  Mängel  in  diesen  Richtungen  machten  sich  natürlich 
geradezu  btMleuklieh  hciiierkbar  in  einer  Zeit,  in  welcher  der  Kavallerie 
nicht  ausreichende  Gelegenhiit  ^a  boten  war,  von  don  rbeneu  li^erzier- 
plätzen  weg,  sich  in  unelicueiii,  un bekanntem  Terrain  zu  hi» wegen, 
namentlich  auch  in  grölsereu  and  grcüsen  Verbänden.   Die  grolsen 


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564 


Erinnerungen  und  Erwägimgen  eines  alten  Ravaiierieuffisuers. 


Kosten,  welche  bei  den  EidtnmiliSltDiMeD  sehr  hlndemd  wam^ 
iind  mit  Benatniig  der  grobeD  lYoppenttbnngsplätie  vermieden.  Die 
HinOTer  im  Herbste  bieten  sodann  Gelegenheit,  dafii  die  Karallezie- 
▼erbinde  Bewegangen  in  nnbekanntem  Gelünde  ansfbbien  nnd  die 
allgemeinen  GefeebtsiageD  anenttlBen,  welche  meisteoa  nor  anf 
VoraAsaelnuigen  bernben  weiden.  Solohe  YoransaetEongen  sind 
natUriieh  von  der  hOeheten  Bedentang.  Bei  diesen  Gelegenheiten 
wird  ein  tibermftfeiges  Festhalten  an  Exenierformen  sich  von  selbst 
Terbieten.  In  froheren  AoiiiUBen  wurden  bereits  einige  Gesichts- 
pnnkte  hierftr  niedergelegt;  wird  dem  Führer  der  KaTallerie  Ge- 
legenheit gegeben  mit  den  Unterftbrem  die  Lagen  nnd  Yomas- 
setsnngen  an  Ort  nnd  Stelle  an  besprechen,  wird  gerade  diesea  Ver- 
lahreo  ganz  wesentUeben  NntEOn  bringen. 

Jeder  Kavallerie  offizier,  weicher  die  angeführten  Übelstände  mit 
erlebt,  sodann  auch  die  wechselnden  Epochen  der  mageren  und  fetten 
Jahre  durchgemacht  hat,  welcher  gesehen,  wie  ein  lebhafterer  Zog 
von  verschiedenen  Führern  gefordert  worde,  dann  aber  rieliach 
\vi(  tltr  die  Vorwiirfe  Uber  den  Verbrauch  der  Pferde  hindernd  ein- 
wirkten, weiis  ganz  genau,  dals  diese  höheren  Anforderungen  an  die 
Truppe  einer  jahrelangen  Leitung}  Vorbereitung  nnd  Grondlegang 
bedürfen. 

In  taktischer  Hinsicht  bestehen  die  gleichen  Verhältnisse. 

Bei  einer  KayalleriediTisionsttbung  wurde  ein  Flttgelregiment 
während  einer  Angriffsbewegnng  der  Division  gegen  eine  Batterie 
geführt.  Der  Brig-adpkommandenr  war  über  diesen  Entschluls  empört» 
Es  war  nnter  den  obwaltenden  Verhältnissen  nicht  geboten,  das 
Regiment  fUr  diesen  Angriff  an  verwenden,  anstatt  einer  Eskadron. 
Unter  dieser  Einschränkang  war  der  Wert  des  Entschlusses  unbedingt 
der  Anerkennung  wttrdig. 

Bei  einer  anderen  Gelegenheit  hatte  sieh  die  EaTaileriedivision 
in  emem  fachen  Grunde  formiert;  in  deren  rechter  Flanke  befond 
sieb  ein  am  Hange  bewaldeter  mälhiger  HOhensug;  auf  demselben 
war  bereits  gegnerische  Infiuiterie  und  Artillerie  Toigerflckl^  während 
das  Gros  folgte.  Em  Ref^ment  aus  dem  iweiten  Treffen  der  KaTallerie- 
diTistott  war  bereits  auf  jene  Höhe  aagesetat  worden.  IHe  Division 
selbst  erhielt  im  Voiiltcken  mäfinges  Feuer  aus  dem  bewaldeten  Hange. 
Die  Eskadron  am  rechten  FlOgel  schwenkte  gegen  den  Bang,  ge- 
langte  durch  den  Wald  anf  die  H5he  und  llberraaehend  in  eine 
Batterie,  während  das  erwähnte  Begiment  eben&Us  snm  irootden 
Angriffe  Überging,  nachdem  es  einen  Torliegenden  Grund  und  die 
jenseitige  BOsehung  im  räumigen  Galoppe  flbersehritten  hatte. 


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Eriimernngen  and  £rwi^gea  eines  alten  KavaUerieoffiziers.  5^5 


Dieses  selbstibidige  EingreifeD  vou  Flttgeleskadrons  Ist  bei  äd- 
giüTen  anf  Kavalkrie  gefordert;  waram  sollte  es  bei  andero  Gelegen- 
heiten verpODt  seiD?  Geiade  bei  den  TrappenUbangen  mjib  solches 
Verhalten  um  so  bestimmter  anerkannt  werden,  nachdem  es  bei  den 
vorbereitenden  Obnngen  nnr  sehr  schwer  danastellen  ist. 

In  langen  Jahrxehnten  niedergelegte  Koticea  ther  mitgemaehta 
oder  beobachtete  sablreiohe  TrappenUbangen  sind  anbedingt  sehr 
lebneieh,  namentlich  wenn  sie  mit  kziegsgescbichtliehen  Stadien 
yerknttpft  blieben  and  die  Fortschritte  bei  den  andern  Waffen  be- 
achtet werden. 

Ans  diesen  aaUreiehen  Notiien  seien  noch  ein  paar  Obongstage 
Ton  KavalleriediTisonen  erwfthnt,  welche  ebenfaUs  ron  Interesse  sein 
durften. 

Kayail^edi^ion  A  steht  im  RendesTons;  1 — 2  km  vorwürts 
in  Biehtong  nach  Südosten  ist  die  gröbte  Erhebung  eines  ilachen 
HOhenxnges,  welche  die  ganze  Umgebang  beherrscht.  Eine  Brigade 
mit  reitender  Batterie  wird  sofort  als  Avantgarde  dahingefuhrt  und 
verdeckt  anfgestellt;  das  Gros  folgte.  Von  der  Höhe  wurde  der 
Anmarsch  der  Dirision  B  lieoliaohtety  welche  eich  in  nordwestlicher 
Riehtang  bewegt;  anf  etwa  2'/3  km  filhrt  die  reitende  Batterie  dieser 
Division  auf  nnd  eröffnet»  getttascht  durch  einige  Zasohaaergruppen 
anf  jener  Hohe,  das  Feuer.  Die  Division  setst  die  Bewegung  m 
beseichneter  Richtung  fort  Das  Gros  der  Diviston  A  erhSlt  Befehl, 
in  einer  nordostlich  aiehenden  Bodensenkung  vorsurttcken.  Die  T6te 
der  Division  B  hatte  insvrisehen  einen  Punkt  etwa  2  km  nOrdlich 
von  der  Avantgarde  der  Division  A  erreicht.  Erstere  nimmt  Bereit- 
schaftsform  mit  Froat  nach  Sflden  und  rückt  in  dieser  Formation  im 
Trabe  vor»  withrend  m  von  der  Batterie  A  fortlaufend  beschossen 
wird.  Nunmehr  ist  auch  das  Gros  der  Division  A  in  die  rechte 
Flanke  der  massierten  Division  B  gelangt,  ohne  diese  günstige 
Lage  SU  erfassen;  der  Führ»  von  A  mul^  hinzueilen,  um  den  Angriff 
SU  befehlen,  welcher  dann  im  Vereine  mit  der  Avantgardebrigade 
auf  die  Jelit  entwickelte  Division  B  ansgeflthrt  wird. 

Geschulte  Kavalleriedivisionen  vorausgesetrt^  mnJhte  der  älteste 
Brigadekommandeur  vom  Gros  der  Division  A,  mit  diesem  Gros  so- 
fort zum  Angriffie  übergehen,  nachdem  die  Flanke  der  Division  B 
erreicht  war;  die  Avantgarde  von  A  m  der  gleichen  Zeit  vorbrechen. 
Mit  dem  ersten  Kanonenschnls  der  Batterie  A  moJste  die  Division  B 
mit  der  Tdtenbrigade  Eakadronskolonnen  formieren,  einige  TdlenzOge 
zum  Angriff  auf  Artillerie  ausfallen  lassen  und  im  rftomigsten  Galoppe 
vorrücken;  die  beiden  anderen  Brigaden  folgten  etwa  auf  dem 
üuisem  rechten  Flügel.  Vollstftudig  unbeachtetes  Arlilleriefeuer  einer- 


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aadereraeits,  waico  die  DiiiitMulLmali  bei  dieser  Üh«i|^'| 

DieM  Bcmdini^  n  z^i^o  aber  nbediB^-t.  iish  nnr  dann  aof 
eine  fpaa  <ul>|weefcec  >  Tlti|;fceit  der  grolseo  Karailerierer bände 
zQ  redmeD  bl  wenn  die^Ibeo  praklinh  i^boh  sein  kflMew.  Dm 
Zasamin^balieo  der  Kräfte  in  einer  nksaa^en  Form  mnk  inter 
L'msUodeo  bedenkficb  sein;  die  Gelegenbeh  zo  ■^hrtimtigea  Ed(> 
gebllMen  Tprlaogt  gesebiitte  Uoterftibrer.  Beide  Bewegno^eo  waren 
lebrreicfa,  kbneiek  m  der  fakliechfQi  wie  in  der  Mfigtirbkrit  aodercr 
DurebflÜnnQ^ 

Karallenedinsion  A  steht  gedeckt  aaf  dea  reckten,  Kavallerie- 
division  B  auf  dem  linken  FlQfel  der  im  Kampfe  begriffenen  Lnfaxiierie 
zweier  Armeeteile;  A  aof  eiDem  ^^eti  B  abfidlendeß  oieden»  BökeA» 
■m^f  .  Da«  Oefeekl  der  Infanterie  B  war  auf  elw»  800  ■  von  der 
Karallene  A  TorgerOekt;  ifieee  Division,  welcbe,  roraassetatf 
daf^i  Infanterie  A  schwer  and  Terii^treiek  kimpft.  KaTalleriedirisioD 
B  aiier  aof  dem  bezeichneten  Ponkte  eben  dngetroffen  i^  oitwickelt 
fleh  in  drei  Treffen  und  geht  im  räomigsten  Galoppe  gerade  vor. 
KavalleriedirLsioD  B  bimbt  massiert,  —  wohl  in  der  Annahme,  daijs  der 
Angriff  gegen  den  linken  Flügel  der  Infanterie  gerichtet  werde,  —  wird 
aber  in  der  genannten  Form  angefallen,  während  sich  zweites  und  drities 
Tr#*ff*'n  dfr  Division  A  gegen  die  Infanterie  wenden.  Die  Divi.sii>D  A 
war  in  ihrer  Bereitschaftstellun^  hinter  jenem  Höhen/u^re  vollkommen 
g^edeckt;  die  Beobachtonr  dps  ganzen  vorliesrenden  Geländes  Wiir 
ToilBtandi^  mög-lir-h;  die  Angriflfsliewegung  dieser  Division  vi  ;ir  dorch 
da«  Gelände  sf-hr  begünstigt,  es  war  sogar  möglich,  in  einer  ^rt  kang^ 
eine  Lnterbrecbnng  der  Galoppbewegnng  einznschalten.  DieKavailerie- 
division  B  war  in  ihrer  BereitschafLnstelluiig  einige  hundert  Meter 
öeitwärts-rückwärts  ihrer  Infant*  rie  \  rill^tiindi^r  einire^eh^-n;  sie  koaule 
aUeofalk  gegen  die  Division  A  eme  tiaukiereuUe  bewegong  halblinlia 


i>  Bei  richtiger  AofUinuig  konnte  B  mit  8  Brigaden  Uber  jene  t  ron 

A  herfallen.  Raoches  Erfaesen  der  Lege^  rascher  Ent^tdünfii  isst  mcasfceas 
der  wicbtigHte  Punkt.  Dies  war  sogar  möglirh  ohne  bedeutendere  '^töning 
dnrrh  'lie  Artillerie  von  A.  War  die  Divi-iou  .V  vereinigt  in  der  Nähe  ihr^r 
Artillerie  in  BereitMchaftä.sielliuig  und  hätte  sich  B  in  der  zuletzt  erwähnten 
Foim  in  Achtung  auf  A  voriMwegt,  so  konnte  diese  Divinon  frfik zeitig 
mit  den  Haaptkrtflen  eine  flanUerende  Bewegung  ii«lHinfci  aneftium^ 
während  einige  Schwadronen  sich  in  den  letzten  Momenten  auf  die 
(iegner  waufen,  welrhe  direkt  die  Artillerie  ;in;^riffen.  Hierdurch  würci»-  die 
Wirkung  dieser  Artiiierie  nicht  behindert,  soudera  sogar  bedeutend  erhöht 
worden  Hein,  da  Division  B  mit  den  Hauptkräften  unter  dem  unausgesetzten 
Feuer  von  Batterie  A  eine  Frontvertaderang  hJttte  ansfflhren  mtkasen. 


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I 


firkmenun^en  and  firwi^ungen  eines  atten  KaTallerieoffiuera.  5(>7 


aoflflUiieii,  welek«  diese  swisebeD  In&itleiie  imd  Eavalleiie  brachte, 
In  keiaem  Falle  aber  In  der  BereHBebaAsfoim  ?ttliBiveii. 

Die  ▼oiafteheaden  Obnogstage  fielen  in  den  Beginn  eioer  kniien 
Epocbe,  welobe  jSbiUehe  KaYalleriettbnngen  nnter  den  gleieben 
Fttbrern  nnd  der  gleieben  Leltong  braehte. 

Troti  teUweieen  Hangel  der  kavalleristiaeben  Yertrefenng  bei 
den  leitenden  Stellen  der  Tmppenttbuugen,  machte  sick  der  Nntnn 
jener  Epoohe  inebesondere  in  enterer  Hiniiobt  reebt  bemerklieh; 
da  kamen  nene  Bestnumongen,  welehe  gleiebe  Fflbmng  nnd  gleiehe 
Leitung  kemeewega  förderten.  Anstatt  der  begründeten  Hofibnng 
an!  weitere  VOToUkommnong»  mnfote  der  Thermometer  ftlr  karalle- 
ristiBOhe  Titigkeit  ins  Sinken  geraten. 

In  der  Sohrift:  ^der  grolae  KaTaUeriekampf  bei  Streaetili**  sprioht 
der  Verfaaser  bei  sonat  wokl  antveffiender  SebUdenmg  von  dem  nniale- 
baren  Nebelbild  des  KaTalleriekampfea,  nnd  wir  fanden  dieae  Beaeieh* 
nnng  gans  antreffend.  Ea  iat  leiebt  begreütteb,  dab  Beiiohte  ans  den 
beteiligten  Abteiinngen  aebr  grofte  Veraebiedenbeiten  ttber  Kltmpfe 
der  Kavallerie  bringen.  Allein  daa  gettbte  kavalleriatiaebe  Ang» 
kann  bei  der  Mitgliebkeit  roUgster  Beobaehlung»  den  tataMohlleben 
Verlauf  featstetlen.  Infolgedessen  ist  es  aneb  erklSiiieb,  da(s  bei 
dem  Stndinm  der  Kiiegsgesebiebte  nnr  ein  richtiges  kavalleristisebes 
Geftbl  so  manche  verwlokelte  Lage  an  erklfiren  vermag. 

Bei  FtiedensIlbmigeD  mnfe  es  folgerichtig  von  der  höchsten  Be- 
dentong  sein,  wenn  die  Tätigkeit  der  Kavallerie  von  kavaUeristiscb 
gettbtem  Blicke  verfolgt  wird  and  ihre  Bearteilung  erfahrt.  Leider 
waren  wir  in  der  Kavallerie  selbst  darchaas  nicht  so  einig,  dafs  es 
hätte  verhütet  werden  können,  von  einem  Nachfolger  in  einer  mals- 
gebenden Stellung  die  Grandsätze  seines  Vorgängers  verworfen  zu 
sehen.  Hierfür  bedarf  die  Kavallerie  einer  Einrichtung  nnd  Organi- 
sation, welche  einen  derartigen  Mifsstand  verhütet.  Wir  werden  nnter 
diesen  VoraussetzungeD  bestimnit  erfahren,  dals  auf  den  Schlaoht- 
feldem  groise  und  glttckliohe  Angriffe  gemacht  werden,  dafs  dagegen 
die  eakadrons-,  regimenter-  oder  brigadeweise  versplitterte  Kavallerie 
weit  mehr  verschwindet,  ebenso  wie  sehr  verlustreiche  Angrüfe  mit 
wirklichen  oder  fraglichen  indirekten  Eriolgenl 

Die  Organisation,  Formation  und  Übangsgrnndsätze  für  die 
Kavallerie,  vrie  sie  in  früheren  Aufsätzen  angedeutet  wurden,  scheinen 
nach  unserer  Überzeugung  nnd  Eriahrnng  allerdings  einige  Sicher- 
heit za  bieten,  damit  die  bezüglichen  Fragen  und  Anforderungen 
einer  sehr  wünschenswerten  Förderung  zugeführt  werden  können. 
Durch  diese  Förderung  wird  erst  das  beste  Material,  werden  die 
vorsttgJiehsten  Reiter,  Eskadrons,  Begimenter  nnd  Brigaden  zur  vollsten 


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Eriiineruogen  und  i:j,rw%imgeu  emes  allen  Kavallerieufnxitträ. 


Yerwertnog  anefa  im  Gefeehte  befilbigi  So  wkbtig  muk  alle  anderen 
Anl^ben  aind,  sie  bleiben  doeb  nnr  Yoibeieitang  Air 

„die  Entaebeidnng  anf  dem  Scblaohlfelde*'. 
In  der  Ideentaktik  von  Blamaiek  abid  naebatebende  Gedanken 
ausgesproeben: 

„So  lange  die  Reiterei  niebt  ale  eb  Ganses  verbunden  lat^  so 
lange  ibr  ein  Mittelpunkt  (Prinzip)  feblt  eto.,  werden  die  Klagen 
gegen  de  niebt  aa&Oren.  Be  bat  der  Reitern  wenig  Vorteil  gebracbti 
daft  gnte  Arbeiter  die  teobniseben  und  taktiaeben  Füeber  ete.  einieln  . 
beransnabmen,  tüebtig  dnrobaibeiteten  ete.  So  ntttsUah  and  Terdienat» 
voll  diese  Arbeiten  anob  waren,  so  feblte  doeb  noeb  Weif  daTaaneb 
diese  yersobiedenen  Fäeber  selbst  wieder  in  ein  Ganses  veibaadenf 
einem  nnd  demaeiben  Prinzip  onteigeordnet  worden.** 

Roaenbeig  Iwdanert  etwa  ein  balbes  Jabrbnndert  spiter  in 
seinen  snaammengewUrfelten  Gedanken,  dals  die  Gmndstttze  Ton 
SddÜtB  Uber  die  Reltanablldong  niebt  bekannt  blieben.  Diese 
Gmndstttse  mögen  ttberbanpt  bOehst  einfteb  nnd  prakliseb  gewesen 
sein;  ist  es  doeb  bekannt,  da(s  s.  B.  der  Galopp  links  erst  im  Beginn 
des  abgelaufenen  Jabrbnnderts  nnd  spftter  ao  manebe  Sebolgänge  in 
die  Reitinstroktionen  Anfnabme  hnden,  dais  solebe  Sehnlgilnge  sogar 
bei  den  scbwttobsten  Abteilongen  beteieben  worden.  Solebes  Ton 
kann  aber  lediglieb  einen  nntzlosen,  ja  sebädlicben  Drill  fördern.  Das, 
worüber  die  Ideentaktik  in  Besiebnng  anf  die  Dnrebarbeitong  der 
teebniseben  ond  taktiseben  Fäeber  aiob  anssprieht,  ist  aoeb  snr  Zeit 
Ton  Rosenbeig  noob  reebt  antreffend,  wie  ans  dessen  vorzUgliehen 
GManken  nmsweifeUiaft  so  entnebmen  ist.  Diese  Dnreharbeltongen 
beben  der  KaTallerie  einen  Nnteen  niebt  gebraebt,  wobl  aber  daio 
beigetragen,  die  ganse  Saebe  yerwiekelter,  stets  mehr  ond  mebr 
onyerstilndlieb  sn  maeben.  Trotz  aller  Gelebrsamkeit,  Knnst  ond 
Wissensebaft,  bleiben  eben  einsig  nnd  allein  die  einfaebsten  Gmnd- 
^tse  ond  Systeme  von  dnrebseblagendem  Werte.  Solebe  Systeme  sind 
flir  die  Gtesamftbeit,  fUr  Lebrer  wie  Sebttler,  letebt  so  eifosaen,  denn 
es  kommt,  om  mit  Rosenberg  so  spreobeo,  weit  weniger  daraof  an, 
einige  besonders  gote  Reiter  faeranasobüden,  wohl  aber  die  Massen 
braoehbar  so  maeben  In  der  knnen  gebotenen  Zeil 

Ansb  ftr  die  Taktik  gelten  gant  «bnliebe  GrandsiUBe.  Es  ist 
ja  begreUileb,  dab  bei  Nenorganiaationen  die  praktisohe  Verwertung 
doaelben,  an  den  wesentllobsten  Ornndstttsen  festhaltend, 
bei  sachgemSIser  elnbeltlieher  Leitung  und  Beurteilung, 
erst  im  Laufe  d»  Zeit  sich  entwiekeln  kann. 

In  der  Ideentaktik  keifst  es  femer: 

»Wenn  kein  Einklang  zwiseben  jenem,  der  als  Chef  befiehlt. 


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£riiui«niiigeii  und  ErwSgmigea  eliMa  tltmi  KavtltoiiooflisiMt.  569 

uüd  denen,  die  seine  Bpfehle  vollziehen,  vorbanden  ist,  wenn  BOTnit 
das  Vertranen,  welches  nur  dadurch  L^t  woiiiien  wird,  dafa  es  goir^  ii- 
Beiti^  ist,  fehlt,  so  kann  keine  Unternehmung,  kein  Manöver  gelin j:<  ii, 
in  (lieser  Beziehung  sind  alle  diejenisren  im  Irrtum,  die  glauben, 
Talen  wären  verbürgt,  wenn  der  materiellen  Organisation  nichts 
mangelt.  Diese  Orgauisatioii  der  Truppen .  so  notwendig  an  sich, 
kann  oline  den  Impuls  des  Befehles  zu  keiuen  Taten  gelangen.  Der 
Wert  und  die  einflnfsreiche  Wichtigkeit  des  Obergenerales 
der  Reiterei  scheint  noch  immer  verkannt,  dem  Materiellen 
wird  zo  viel  Wert  gegeben,  dem  Geistigen  zu  wenig,  dem 
Pedantismus  za  viel,  dem  Idealisieren  zu  wenig.  Die  Phan. 
tasie  den  Obergenerales  ist  das  Schaffende  und  Zeugende,  ans  dem 
die  Taten  hervorgeben.  Der  Verstand  reicht  hier  nicht  aas;  wenn 
er  auch  erkennt,  so  bleibt  die  Reiterei  doch  tot  ond  nngebrancht, 
wenn  nicht  Energie  und  Willen  (tiefes  praktisches  Verbtundnis)  hin- 
zutritt, ihr  Lehen  gibt  uud  sie  zur  Ilandlun^^  erhebt.** 

Das  erste  und  wichtigste  Prinzip  für  dem  Kavallerief Uhrer  war 
and  bleibt:  „rasches  Erfassen  einer  Situation  und  ungesäumtes,  ent- 
schlossenes Eingreifen,  sodann  auch  mit  dem  Leben  nicht,  geizen 
und  dem  GlUcke  vertrauen.**  „Ideentaktik:  Die  Geschichte  zeigt 
ein  Heldenbild  der  Feme  (Seidlitz)  und  was  aus  ihm  herrorging) 
80  oft  er  in  den  Hittelpiuikt  dtt  ^ndlung  trat.** 

Der  Kayalleile  wocde  bereits  iB/heta  Torgeworlen,  dab  es  ihr  an 
Fflhrem  gefehlt  habe,  dab  sie  stets  von  Seidlits  ond  seinen  Taten 
sehwürme.  Wenn  wir  aber  die  G^esehiofate  Torurteilslos  anflsssen 
können,  ist  es  nieht  seliwer  kavall  eristisehe  Untersehiede  zwiseben 
jener  glänzenden  Epoehe  nnd  der  späteren  Zeit  an  finden. 

Organisation,  Übungen  nnd  die  Instmklionen  des  Königs  —  ganz 
abgesehen  Ton  littnfigen  Kriegen  —  haben  dooh  wolü  beigetragen, 
daCs  tttebtige  Bdterfthrer  sieh  herangebildet  haben,  unter  weiehen 
SeidlitB  nnbestritten  den  ersten  Bang  einnbnmt 

Obgleieb  den  grofsen  Kavalieriererbänden  sobon  mehrmals  im 
Lanfe  des  abgelaufenen  Jahrhunderts  das  Todesurteil  gesprochen 
worden  ist,  besteht  die  Kayalierie  noch  immer  ui  allen  Heeren  in 
oiner  25ahl,  welche  die  Formierung  grober  Verbände  nicht  ausschlielst 
Waren  auch  yor  Zeiten  die  Verhältnisse  günstiger  für  Verwendung 
der  Massen,  so  kOonen  doch  jene  Grundbedingungen  heute  nur  an 
Bedeutung  gewinnen.  Unter  besonders  günstigen  Umständen  haben 
▼ereinBelt  auch  kleinere  und  kleine  Verbände  glänzende  Erfolge  in 
neueren  Kriegen  eirungen,  wie  Kellermann-Marengo,  LasaUe-RiToli, 
Bechtolsheim-Costozza.  In  den  neuesten  Kriegen  gibt  es  aber 
kein  Beispiel  von    einem  Scblachtenangriff  grOfserer 

itMMOM  fir  4tt  amtaete  krmt  u4  MaiiB«.  Ho.  SM.  88 


570      ErimMrangeB  and  Erwi^paagm  eliiea  alten  KsrnUerieottsiert. 


Ma^*8en,  eines  Angriffes,  der  kavalleristisch  grots  angelegt  tmd  durch- 
geführt worden  wäre,  —  ja  es  m  hu  gelt  sogar  das  Beispiel  fttr 
die  tüchtige  Verfolgung  einer  geschlagenen  Armee. 

Unter  entsprechend lt  Berücksichtigang  aller  einschlägigen  Grund- 
bedingungen wird  es  weder  an  Beispielen  über  sachgemäfee  Lösiiag 
dieser  Aufgaben,  noch  an  geeigneten  Führern  fehlen.  Allerdin^ 
aber  darf  man  nicht  untätig  sein,  nicht  resigniert  auf  einen  Seidliti 
warten,  anstatt  unablässig  bemüht  zubleiben,  jene  Gruiulhediugungen 
ZD  erkennen  und  wieder  in  das  Leben  zu  mUm.  auf  welchen  eine 
erfolgreiche  Tätigkeit  möglich  war  und  auch  in  Zakooft  mögUch  sein 
wird. 

Versetzen  wir  uns  im  Geiste  aul  das  Schlachtfeld,  denken  wür 
uns  einen  jener  aufreibenden,  schweren,  erschöpfenden  Kämpfe,  in 
welchem  die  letzten  Kräfte  eingesetzt  sind.  Im  weiten  Umkreise 
erscheint  jetzt  Kavallerie,  welche  sich  in  räumigster  Gan^rt  rasch 
und  immer  rascher  nähert  —  wenn  auch  vielleicht  in  nicht  vuilig 
geschlossener  Linie,  dem  Gelände  etc.  angepalst  mit  Zwiscbenräanieu 
einzelner  Regimenter  oder  Brigaden  —  sollte  dann  uiciit  auch  in 
Zukunft  der  Scbreckensruf  erschallen: 

„Kavallerie.** 

Bei  einem  Angriffe  auf  Kavallerie  sind  die  Grundsätze  die 
gleichen  wie  vor  150  Jahren;  die  Bewaffnung  mit  Lanzen  bedingt 
die  grölste  Geschlossenheit.  Die  infantorir  kämpft  nicht  mehr  in 
Inneren  geschloHsen^n  Unien,  formiert  keineswegs  Verteiditrungs- 
kolonnen  und  Klumpen  zur  Abwehr  von  Kavallerieangrifien,  Flanke 
und  Kücken  "^ind  die  sebwiiehston  Pnnkto  aller  Truppen,  welche 
mit  Feuerwatten  kämpfen.  Für  den  Führer  der  Kavallerie  kommt 
es  keineswegs  darauf  an,  stets  zu  erwägen,  was  in  einem  günstigen 
Momente  unbestreitbar  das  Beste  ist,  was  und  wie  es  aus- 
zuführen, sondern  weit  mehr  daraoi,  ,,dals  es  kayalleristisch  nicht 
ausgesprochen  verkehrt  ist,"  dafs  Entschlufs  und  Handlung  sofort 
eintreten.  Haben  Übungen  wie  Kritiken  auch  nur  diese  Faokte  klar- 
gelegt, 80  wareu  dieselben  von  dem  höchsten  Werte." 


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Neae  Riohtmittel  für  Feldgesobtttze. 


571 


XXX. 

Neue  Richtmittel  für  Feldgeschfitze. 

Von 

ftoskoten,  Oberleotnanft  im  Mmdeoschen  Feldaräüerieregiiueiit  Nr.  58. 


Die  im  Laufe  der  letzten  Jahre  immer  mehr  geförderte  Steige- 
rung der  Feaerschneliigkeit  nod  ballistischen  Leisteng  der  Feld- 
geschütze hat  mit  dem  HohrrUcklaafgeschUtz,  das  ja  aach  fttr  uns 
das  Feldgesebtttz  der  Zukunft  bedeutet,  eine  Höhe  erreicht,  welche 
die  Waffe  znm  vollwertigen  Präzisionsinstrument  macht.  Will  man 
aber  diesen  Vorzug  der  Waffe  voll  ausnutzen,  so  müssen  auch  die 
Richtmittel  dem  Fortschritt  folgen.  Was  nützt  es,  dals  es  der 
Technik  gelungen  ist,  die  Fehler  des  Geschützes  immer  mehr  zu 
vermindern,  wenn  die  RichleiriHehtnnerpn  eine  Quelle  bedeutender 
Abweichungen,  die  Ursache  von  ungeuaueni  und  ungleichraälsigem 
Richten  sind!  80  gteheu  wir  auch  jetzt,  bei  EiiifUhnme:  des  neuen 
Ge^^rhUtzes,  vor  der  Notwendigkeit,  unsere  Riehtvorrichtungeu  auf 
ihren  Wvrt  hin  zu  prüfen  und  erforderlicheufalls  durch  das  von  der 
Technik  «rebotene  Neue  zu  ersetzen. 

Was  versteht  man  denn  eigentlich  unter  iiichten?  Die  Antwort 
daraui  selieint  sehr  einfach:  Der  Richtkanonier  bringt  durch  sein 
Auge  den  oberen  Rand  der  Visierkimme,  die  Kornspitze  und  den 
Fufspnnkt  des  Ziels  in  eine  Linie.  Auch  dies  erscheint  sehr  einfach 
und  ist  es  doch  keineswegs,  wenn  man  den  physiologischen  Vurgang 
dabei  etwas  näher  betrachtet.  Wenn  das  Auge  des  Richtkanoniers 
eiu  Ziel  z.  ß.  auf  3000  m  sieht,  so  ist  es  dafür  „eingestellt,"  d.  b. 
das  Bild  des  Zieles  erscheint  scharf  auf  der  Netzhaut  and  wird 
von  da  durch  den  Sehnerv  ins  Gehirn  übermittelt,  ein  Vorgang,  den 
wir  „Seheo**  nennea.  Wenn  dasselbe  Auge  nun  aber  einen  ganz 
oaben  Gegenslaiid,  wie  es  die  Visierkimme  oder  das  Korn  ist,  sokarf 
sehen  will«  so  molii  es  sieb  vwcmQge  seiner  Akkomodatioiisfthigkeit 
anl  diese  naben  EntfenmngeD  ^eiDStelleo**,  damit  ist  es  aber  fUr 
den  entfernten  Gegenstand,  in  diesem  Falle  das  Ziel,  nicht  mehr 
akkomodieri  Umgekebrt  wird  der  Richtkanonier»  der  sein  Auge 
ani  das  Ziel  einstellen  maShf  om  dies  ttberbanpt  an  sehen,  Visier 
und  Eomspitw  nicht  scharf  sehen  können.  Ein  gleichzeitiges  Scharf- 
seben  der  drei  Punkte  Viner,  Km,  2Ael  ist  für  das  mensebliche 
Ange  ttberhaapt  nnmOglicb,  in  dem  Verlangen,  dieselben  dareb 
Virieren  in  eine  Linie  zn  bringen  («Richten*),  liegt  also  eine  Fehler- 

88* 


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572 


Nene  Biolifenittol  Ar  FeldfesehtttM. 


queiie  ailerschlimmster  Art  Es  ist  naeh;,'»' wiesen,  dals  der  Fehler, 
—  deo  man  als  den  „natttrliobeu  Kichtfehler"  bezeiclmet,  zom 
Zeichen,  dals  loau  sich  damit  abfindet,  —  bis  za  fUof  Minnten 
beträgt. 

Docb  damit  noch  nicht  grenng.  Eine  weitere,  sehr  wes(  utlicbe 
Fehlerquelle  liegt  in  der  fast  unkontrollierbaren  Möglichkeit  des 
Richtens  mit  „feinem"  oder  „vollem"  Kom  an  Stelle  des  „gestrichenen" 
Korns.  Eine  Berechonng  der  hierdnrch  reranlafsten  Anderongen  der 
Schüfsweite  ergabt  eine  bedeutende  Überschreitung  der  schufstafel- 
märäigen  Gesaratlängenstrennng.*)  Ds^u  kommen  noch  alle  die 
Fehler,  die  durch  iiulsere  Einflüsse  veranlaist  werden,  wie  Beleuch- 
tung, Witterung,  die  vergröfserten  Gefechtsentfemungen  und  das  er- 
höhte Streben  nach  verdeckter  Aufstellung.  Welches  Mafs  von 
Übung  gehört  für  das  ungeübte  Auge  des  als  Richtkanonier  aus- 
zubildenden Mannes  dazu,  welche  Ftllle  von  Arbeit  ist  nötig,  um 
einen  gewissen  Grad  der  Vollkommenheit  in  der  Ausbildung  zu 
eneiehent  Und  trotz  aller  Übung  wird  er  nie  erreicht  werden 
kOniieii,  da  dne  weseMlMehe  UiMohe  der  Fehler  im  menschlichen 
Aoge  Belbflt  Hegt  Und  nnn  bedenke  man  weiter,  da&  In  einem 
Feldnige  die  Zahl  der  grOodUoh  «usgebild^en  Biehtluaianiere  dueh 
YerlnsCe  nnd  Krankheit  vennindert  wird  und  ongettbte  Leute,  bei 
denen  die  Fehler  Tiel  greiser  werden,  an  ihre  Stelle  treten.  So 
wird  man  sieh  des  Eindmoks  nieht  erwehren  können,  daih  die 
Fittzision  des  Kichtenz  mit  der  sonstigen  FtSslBlon  der  Waife  nichl 
im  Einklang  steht 

Han  mala  also  darauf  sinnen,  die  mensehliehe  UnyoUkommeD- 
heit  dnzeh  Instrmnente  zn  nündem  nnd  dadnreh  die  Tätigkeit  des 
Richtens  von  den  Mängeln,  die  in  der  Nator  dee  mensohliehen  Auges 
nnd  des  Richtenden  liegen,  mOgliehst  unabhängig  zn  maehen. 

Der  erste  Sehritt  hierzn  ist  bereits  mit  EinfQhning  des  Libellen- 
auf  Satz  es  gesohehen,  wie  wir  ihn  an  unserem  Feldgesehllts  96 
kennen.  Bahnbrechend  ist  hierin  der  Oberst  v.  KretBchmar  gewesen, 
indem  von  ihm  sehon  1890  ein  brauehbarer  LIbellenanftatz  kon* 
stmiert  wurde«*)  Das  Prinzip  dieser  Instrumente  beruht  darin,  durch 
feste  Verbindung  des  Aufimtzes  mit  einer  Libelle,  welche  unabhängig 
▼om  Richtenden  und  der  Beobachtungsfihsgkdlt  des  Zieles  die  Rich- 
tigkeit, Gtenauigkeit  und  Gleiehmftbigkdt  der  Richtung  anzeigt,  eine 
absolute  Bans  fUr  die  Richteinrichtnng  zu  sehafiien.  Auf  die  Ein* 
richtoug  aller  der  auf  Ornnd  dieser  Gedanken  konstruierten,  ver- 

*)  Vgl.  Wille,  Friedr.  Krupps  Schnellfeaerkauoao  C/99. 
s)  NihereB  siehe  Wille,  Krapps  Sehnellfeaeilniione  C/99  und  Wille. 
Waffenlehre  1901,  2.  TeQ. 


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Nene  Kichtmittel  für  FeldgeicblitM. 


573 


Bchiedeiiarftigen  LibeUenaiifsätze  sei  aioht  dngegaDgen,  es  sei  nur 
der  ftr  BobnUeklMi^eMbttlKe  begtimmte  Krappsche  libellenMifuli 
km  beBebrieben,  weil  er  die  Grundlage  MÜet  ftlr  aUe  weiteren 
TerbeeaeniDgen  der  fiiebtautlel. 

Die  AolBalutange,  die  oben  daa  VisiersttteiE  tittgl,  IbI  am  die 
Korospitze  kreiBfUrmig  gebogen  nnd  anr  seibatljttigen  AofleobaUnng 
der  natürlieben  OeaeboTsabweiobnng  sebräg  gestellt.  Eine  Qner* 
libeUe  dient  dazu,  den  Anftati  in  seine  Nonnalstellang  an  bringen 
and  somit  den  fSnflnCi  des  sebielen  Bftdexstandes  an  beseitigen. 
Znm  Begeb  der  Sprenghtfben  dient  niobt  ein  Aofsaksehieber,  sondern 
die  Aof-  nnd  Abbewegong  einar  inneren  in  der  ttofiieren  Anftatz- 
staage. 

An  der  inneren  Aoibatutsnge  ist  etwa  in  der  Mitte  die  LibeUe 
aagesebimnbi  Sie  sitst  also  niobt  mebr  am  Kopf  der  An&atntanger 
wie  beim  Fddgesöhftta  96»  sondern  so  tief,  dafe  der  Biebtkanonier, 
ebne  von  s«nem  Sits  an  der  linken  Lafettenwand  anikostehen,  sie 
Too  oben  seben  kann,  wttbrend  ibre  Befestigung  an  der  bewegliohen 
inneren  Anbatistange  ihr  selbsttttiges  Mitgeben  beim  Segeln  der 
Spxenc^Oben  anr  Folge  bat,  was  bei  der  Anwendung  eines  Aoftats- 
sebiebers,  wie  ibn  a.  B.  die  dentsebe  FeldhanbitM  96  bat»  niobt  der 
F^  sein  wttide.  Da  der  Biehtkanonier  links  sitit^  ist  natdrlieh  die 
ganae  Blobteinriebtnng  links  am  OeseblllB  aogebraobt. 

Die  Vorteile  des  LitteUenanfBatus  sind  ja  schon  doxeb  seine 
Elnfllhning  beim  Gesekttta  96  anerkannt»  es  sei  aber  zoaammen- 
lassend  noch  einmal  darauf  hingewiesen: 

1.  Ist  das  erste  Mal  gerichtet,  so  ist  fikr  die  weiteren  Richtungen 
Dor  das  Nehmen  der  Seitenriohtnng  dnrch  den  Richtkanonier 
nötig,  die  Httbenrichtnng  wird  dnroh  Einspielenlassen  der 
libelle  genommen.  Das  Instrument  vermeidet  so  die  Felder 
des  mensciilichen  Auges,  es  arbeitet  genauer,  besonders  gegen 
schlecht  sichtbare  Ziele  und  vereinfacht  dadurch  die  Bedienung. 

2.  Die  bei  einem  Geschütz  ermittelte  Libellenstellung  lälst  sieh 
auf  die  anderen  Geschütze  der  Batterie  übertragen,  da  geringe 
flttbennntersehiede  ihrer  Aufstellung  keinen  Einfluls  haben. 
Also  auch  hierdurch  wird  grOisere  Genauigkeit  nnd  Gleicb- 
mäfsigkeit  der  Richtungen  aller  Gesehtttse  der  Batterie  und 
erhöhte  Einfachheit  erzielt 

8.  Eine  schnelle,  dauernde  und  zuverlässige  Überwachung  des 
Richtkanoniers  auch  während  des  Richtens  ist  leicht  ausführbar, 
was  beim  Richten  über  Visier  and  Korn  nicht  möglich  ist. 

4.  Die  Ausbildung  der  Richtkanoniere  ist  einfacher,  das  Hiebt- 
instmment  arbeitet  auch  bei  Verlosten,  bei  minderwertiger  ße- 


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574 


Nene  Richtmhtol  für  Feldgesohtttze. 


diennn^  ebenso  genau  und  irotAdem  es  komplizierter  geworden, 
ist  durch  seine  V'erweDdung  eine  Yereiofacboog  and  Verbesse- 
rung' der  Bt'dienujifir  erreicht 
o.  Die  anfiin^licii  auigetretcnen  Zweifel  an  der  Kriegsbrauch bar- 
keit,  insbesondere,  ob  die  Libelle  die  Erscbütteningen  des 
Schusses  und  des  Fahrens  aushalten  wtlrde,  hat  die  Praxis 
seit  langem  beseitigt 

Mit  cUesen  unbestraitbareD  Vortdlen  der  libelle  stfanmt  es  aller- 
dings oichti  wenn  unsere  Sohietsronchrifl  in  Zifler  208  sagt:  ,4>a8 
Gesobtttz  erkUt  die  n^henrlelitoDg  mit  der  Libelle,  wenn  das  Ziel 
scbleeht  siebtbar  oder  gar  niobt  ttber  Visier  und  Koro  zu  sehen 
ist*'  Wanna  will  man  denn  die  nnbestreitbaren  Vorteile,  die  das 
Instrament  anob  in  allen  anderen  Fällen  des  Bicbtens  bietet  niebt 
stets  ansnotasen? 

Der  Wert  der  Libelleoeinstelinng  nnd  damit  des  Libellenaof- 
satses  llberbaopt  berobt  nun  auf  der  Genanigkeit  der  ersten  direkten 
Biebtnng  ttber  Visier  und  Korn.  Die  Sobwlerlgkeit  dieser  direkten 
Riobtong  wächst  mit  Zonabme  der  Meebtsentfenrangen  nnd  der 
Anwendung  verdeckter  Stellnngen.  Um  daher  einerseits  das  Alf- 
finden  nnd  Anfiassen  wenig  siebtbarer  oder  sefawierig  erkennbarer 
Ziele  zn  erleichtein  nnd  andererseits  die  Genauigkeit  der  ersten  direkten 
Richtung  zu  steigern,  lag  der  G^edanke  nahe,  als  weiteres  Hilfsmittel  filr 
das  Ange  ein  Fernrohr  zn  Terwenden.  Die  Vetsnehe  bei  der  Kmpp- 
acheni^brik  mitZielfemrohren  und  Femrobranf  Sätzen  gehen  bis  ins  Jahr 
1894  znrtlok.  Dats  die  daraus  gewonnenen  Ergebe issr  erst  seit  einigen 
Jahren  bekannt  geworden  sind  nnd  dais  das  Zielfernrohr,  das  bei 
Kttsten-  nnd  Schififsgeschtltzen  fUr  deren  weitere  Gefeohtsentfemnngen 
schon  Ulnger  in  Gebrauch  hi,  erst  in  den  letzten  Jahren  in  die  Feld- 
artillerie Eingang  zn  findeo  beginnt,  liegt  nicht  sowohl  daran,  dals 
erst  mit  Überwindung  des  starren  Lafettensystems,  also  mit  der  Ein- 
führung von  Rohrrltcklaufl afetten,  die  Anwendung  des  Femrohrs  über- 
haupt möglich  gewesen  wäre.  Das  ist  auch  beim  starren  Lafetteu- 
system  möglich  ir^^^vcsen,  die  meisten  Staaten  zögerten  aber,  Libellen- 
und  Fernrohraulyätze  einzuführen,  weil  sie  zur  Zeit  ihres  F'rscheinens 
schon  mit  Versuch pii  mit  dem  neuen  Lafettensystem  beschäftigt 
waren  und  erst  deren  Resultate  abwarten  wollten.  Allerdings  ist 
die  Anbringnug  der  Fernrohraufsätze  beim  KohrrUcklaufeystem  be- 
deutend erleichtert,  da  bei  diesem  der  ganze  Hichtapparat  an  der 
beim  Schuls  feststehenden  Wiege  angebracht  werden  kann,  also 
durch  den  ROckstofs  Überhaupt  nicht  mehr  in  BfütleidenschafI  gezogen 
wird.  Eine  zweite  Hauptschwierigkeit  lag  in  der  Anwendung  des 
terrestrischen  Fernrohrs.   Dieses  wurde  zwar  durch  vielfache  Ver- 


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Nene  RMitmlttel  fHr  FetdfeMbBtM. 


575 


besaenmgeii  bedeatead  rerkttni»  aber  die  Bernttbangeii,  dn  gtm 
kvnes  Fennohr  tob  mittlerer  VeigiOlseruig  bei  Msreicbeiider  Liebt- 
eMrke  mit  genttgend  grotsem  Geeiebtefeld  bennitelleii)  fthrten  Hiebt 
n  dem  gewttnaebleii  Ergebois.  Dae  Femrobr  mnfiite  eine  bestimmte 
LXnge  bebalten,  damit  al»er  war  es,  besonders  bei  seiner  Ansflliming 
mit  dünnwandigen  BObren,  nnmOglicb,  es  so  zn  beiesUgen,  dab 
optische  Acbse  bei  den  Ersebntlenuigen  des  Fabrens  nnd  SWefsens  seine 
dauernd  ihre  riebtige  Lage  behielt,  woranf  ja  seine  Zuverlässigkeit 
beruht  Gelöst  wurde  diese  Aufgabe  erst  durob  die  Anwendung  der 
Prieme nfernrobre  nach  dem  Porroschen  System.  In  der  weiteren 
Entwiokelung:  und  im  Znsammenarbeiten  mit  den  eptiseben  Werk- 
stätten von  Carl  Zeifs  in  Jena  gelangte  die  Firma  Kmpp  dasn,  in  den 
jetat  gebrauchten  Zielfemrohren  nieht  mebr  zwei,  sondern  ein  ein- 
ziges, besonders  gestaltetes  Prisma  zu  verwenden,  wodurch  die 
optische  Leistung  verbessert  and  die  äulsere  Gestalt  des  Fernrohrs 
noch  günstiger  wird.  Das  Prismenfemrohr  hat  in  der  Brennebene 
des  Objektivs  ein  in  eine  Glasplatte  ein^eätztes  Fadenkreuz,  dessen 
Mittelpunkt  in  der  optischen  Achse  des  Femrohrs  liegt  und  beim 
Richten  sieh  mit  dem  Zielpunkt  decken  mnls,  und  oben  und  unten 
je  einen  senkrechten  Faden  zum  seitlichen  Richten  nach  sehr  hoch 
oder  sehr  tief  gelegenen  Hilfszielen.  Deshalb  braucht  das  Femrohr 
keine  Bewoo^nng  in  einer  Vertikalebene  zu  babeni  es  kann  also  viel 
besser  befestigt  werden. 

Die  optische  Achse  dfs  Fernrohrs  bildet  die  Visierlinie.  Wenn 
diese  auch  viel  klirzer  ist,  als  diejenige  Uber  Visier  ond  Korn,  so 
kann  doch  die  Hichtnn^  durch  das  Fernrohr  mit  Fadenkreuz  gegen 
das  vergrülsert  erscheinende  Ziel  viel  genauer  genommen  werden, 
auch  vom  un^eüiittMi  Auge,  denn  es  ist  doch  wahrlich  keine  Kunst, 
das  Fadenkreuz  auf  den  beabsichtigten,  im  Fernrohr  vergröfsert  er- 
scheinenden Zielpunkt  einspielen  zu  lassen.  Hier  wird  somit  der  ein- 
gangs erwähnte  Manirei  des  direkten  Richieus,  der  in  der  Unmög- 
lichkeit begründet  ist,  das  Aoge  gleichzeitig  auf  die  drei  auf  ver- 
schiedenen Entfernungen  lieiienden  Punkte  —  Visier,  Korn,  Ziel  — 
einzustellen,  völlig  venniedt  n,  denn  das  Auge  betrachtet  im  Fern- 
rohr nur  ein  Bild,  Dämlich  das  in  der  Brennebene  des  Objektivs 
erscheinende  und  hier  mit  dem  Fadenkreuz  zusammenfallende  ver- 
grölserte  Bild  des  Zieles. 

Im  Übrigen  entspricht  die  Einrlchtong  des  Fernrobraufsatzes 
der  des  oben  beschriebenen  Libellenanfsatzes,  auch  die  Schräg- 
stellung der  Aufsatzstange  ist  beibehalten,  der  zufolge  das  Femrohr 
beim  Nehmen  der  Erhöhung  um  einen  der  Erhöhung  entsprechenden 
Winkel  in  wagerechter  Beziehung  gedreht  nnd  dadurch  in  die  Lage 


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.576 


Neu»  RlehtaBtttel  für  FeiageMhfltse. 


gebracht  wird,  weiche  der  achalstafelmäDaigeü  Seitenverscbiebaog^ 
entspricht. 

Die  in  Ziikontt  hänfi^^ere  Anwendung  von  verdeckteo  StellungeD 
wird  es  öfter  als  früher  nötig  machen,  nach  einem  Hilfsziel  zu 
richten.  Ich  e-lanbe  sogar,  das  indirekte  Richten  wird  nicht  mehr 
AasDahme,  soucieni  Hegel  bilden.  Grand  genug,  unsere  Instrumente 
anch  bei  den  Feldgeschütz«'!!  tiir  diesen  Zweck  zu  verfeinern.  Ein 
für  das  indirekte  Richten  g-üiisti^'-er  Umstand  liegt  darin,  dals  infolg-e 
des  RohrrUcklauis  das  einmal  gerichtete  Geschütz  seiue  lüchtuug 
nicht  nach  jedem  Schnls  ändert,  sondern  dals  es  feststeht.  So  kommt 
es  in  der  Hauptsache  darauf  au,  die  erste  Richtang  so  genau  als 
möglich  zu  nehmen.  Dals  unsere  jetzige  Kichtöäche,  die  nebenbei 
bemerkt,  nur  eine  beschränkte  Anwendung  von  Hilfszielen  gestatiet, 
ftlr  die  Zukunft  den  erhöhten  Ansprüchen  nicht  mehr  geuUgen  kann, 
ist  klar.  Man  wird  zum  Richtkreis  Ubergeben  müssen.  Das 
ist  eine  kreislürmige,  wagtircchiu,  mit  einer  Einteilung  des  Umfange» 
versehene  Scheibe,  auf  der  ein  Diopterlineal  drehbar  ist,  so  dafs 
man  den  durch  die  Visierlinien  Geschütz-Ziel  und  Geschütz-Hilfs- 
ziel  gebildeten  Winkel  genau  ablesen  und  auf  die  anderen  Ge- 
schütze Ubertragen  kann.  Tritt  au  Steile  des  Diopterlineals  das 
Fernrohr  selbst,  so  wini  in  Verbindang  mit  einer  Mikrometertrieb- 
schraube die  Möglichkeit  gegeben,  auch  geringe  Korrekturen 
präzise  auszuführen.  Der  Richtkreis  wird  auf  einem  Verlängerungs- 
stück, welches  so  lang  ist,  dafs  man  über  Räder  und  Schilde 
hiDwcgvisiereo  kann,  auf  den  Aofsatzkopf  aufgesetzt  und  dadurch 
erbSht 

Da,  wie  bereitB  erwMlint,  die  dofoh  die  optlsehe  Achse  ilea 
Fernrohrs  gebildete  Yisierlinie,  trotzdem  sie  sehr  km  ist,  genauer 
arbeitet  als  die  lange  Uber  Visier  mid  Koni,  so  durfte  als  weiterer 
Fortsohritt  das  Biobten  mit  dem  Femrolir  allein  die  Regel  bilden. 
Nur  fOx  das  Biehten  naeh  raseh  sieh  bewegenden  Zielen  ond  anf 
nahe  Entfemnngen,  also  z.  B.  gegen  anreitende  Kavallerie,  kann 
die  ans  Visier  und  Korn  bestehende  Biehteinriohtnng  mit  Vortsfl 
beibehalten  werden.  Hierza  kann  aber  auch  ein  knrses  Hil6diopter 
dienen,  so  dalh  das  Kon  ganx  wegfoUen  kann.  Es  ergeben  sieh 
hierans  onter  Beibehaltnng'  der  bisher  besprochenen  EinriohtungeD 
folgende  Vereinfaohnngen: 

1.  die  AnfsatBstange  branoht  nicht  mehr  in  einem  Bogen  ge- 
krümmt za  sein,  dessen  Mittelpunkt  in  der  Komspitw  Bogt 
nnd  dessen  Halbmesser  dnrch  die  Visierlinie  gebildet  wird, 
ihre  Krümmung  kann  Tielmehr  beliebig  gewtthlt  werden,  waa 
eine  Erleichterung  der  technischen  Herstellung  bewirkt; 


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Neue  BldiliBittel  flfr  FaldgeiolilltMe. 


6TT 


2.  die  Drelmiig  des  Aufsalus  sor  Ausehaltiuig  des  sohieien 
BftdeniaDdes  braucht  nicht  mehr  am  eine  Aehee  ftOsgefUbrt  m 

werden,  die  in  der  Visierlinie  liegt  sondern  kann  um  irgend 
eine  beliebige,  znr  Seelenacbse  dee  fiobies  parallele  Aehse  er- 
folgen; 

8.  da  das  Visier   mit  seiner  Einrichtung   ftlr  die  Seitenyer- 
schiebnng  wegföUt,  kann  der  AQ£Baliko|ii  selbst  als  Rieht« 
kreis  aasgebildet  nnd  das  Fernrohr,  am  mne  senkrechte  Achse 
drehbar,  darauf  angeordnet  werden.   Es  wird  also  das  Hüfs- 
Instrument  entbebriioh,  ein  Vorteil  der  niohi  genug  hervor- 
gehoben werden  kann,  nnd  das  Aufsatzverlängerongsstttck  dient 
nunmehr  nnr  dazu,  den  Anftatskopf  erforderlichenfalls  zu  er- 
höhen.  Das  HiUarisier  an  der  rechten  Seite  des  Fernrohrs, 
besteht  aus  einem  kurzen  Diopterlioeal  mit  in  Ringen  ge- 
fafsten  Fadenkreuzen.  Das  Gesichtsfeld  des  Femrohrs  (13  Grad) 
ist  erfahrungsgemäfs   aosreichend    und    seine  Vergröfsening 
(dreifach)  genügt  reichlich  für  den  praktischen  Gebrauch. 
Das  Hilfsvisier  kann  mit  Vorteil  ersetzt  werden  dnreh  ein  sehr 
sinnreiches  optisches  Instrument,  den  sogenannten  „Sucher".  Durch 
Spiegelung  wird  das  Bild  eines  hellen,   stehenden  Kreuzes,  das  als 
Zielmfirke  dient,  in  das  vor  dem  Okular  befindliche  \n^e  des  Rich- 
tenden geworfen,  ohne  dals  das  Instrument  vergrölsemde  Wirkung 
hat.    Das  Kreuz   erscheint  in   der  Mitte  des  Gesichtsfeldes  frei 
schwebend  und  bei  Betrachtung  eines  entfernten  Gegenstandes,  z.  B. 
des  Zieles,  in  gleicher  Entfernung  wif  dieses,   der  Richtende  hat 
also  den  Eindruck,  dals  die  Zielmarke  mit  dem  wirkliehen,  unver- 
änderten Bilde  des  Zieles  zusammenfällt.    Geschieht  dies,  so  geht 
die  durch  die  Achse  des  Suchers  gebildete  \  isieriinie   durch  das 
Ziel.    In  Verbindung  mit  einem  Gesichtsfelde  von  20  Grad  ist  so 
die  Möglichkeit  schneller  Zielauffassung  und  bequemen  nnd  doch 
genauen  Richtens  gegeben.    Der  Vorteil  des  Instruments  liegt  darin,, 
dafs  der  „natürliche  Kichtfehler**  vermieden  wird,  denn  das  Auge 
hat  sich  nnr  auf  das  Ziel  selbst  t  iii/ui^tellen,  mit  dessen  Bild  ja  die 
an!  der  Kelz  haut  erzeugte  Ziehuarke  zusammenfallt,  es  kann  also 
viel  schärfer  sehen  und  richten,    l'm  aber  bei  feststehenden  Zielen 
eine  noch  grölsere  Genauigkeit  der  lüchtung  zu  erzielen,  ist  ein 
„Vorschlagsferiirdhr"  so  mit  dem  Sucher  verbunden,  dafs  es  vor 
dessen  Okuliirofinung  geklappt  werden  kann.    Die  optischen  Achsen 
beider  Instrumente  fallen  dann  zusamruen  uud  durch  die  vergröfsernde 
Wirkung  des  Fernrohrs  ist  ein  Verbessern  der  mit  dem  Sucher  be- 
reitö  ausgeführten  Richtung  ermöglicht 

Nicht  unerwähnt  bleiben  darf  die  von  der  optischen  Anstall 


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578 


Nene  Biohtnitt»!  für  FetdgMchtttM. 


Ooerz  ansgefUhrte  Konstraktioii  des  PaDoramafemrohrs.  Beim 
Richten  nach  seitlichen  oder  rückwärts  gelegenen  Hilfszielen  bringt 
die  Drehung  des  Fernrohrs  an!  dem  Kichtkrei«  für  den  Richtkanonier 

UnbeqnemlichkeiteOf  wodarch  das  gleichzeitige  Bedienen  der  Höhen- 
und  Seitenrichtmasc  hine  fttr  ihn  erschwert  and  das  Richten  verlangsamt 
werden  könnte.  Onreh  eine  sinnreiche  Anordnung  von  Prismeo,  aaf  die 
genauer  einzugehen  zd  weit  itthren  wtlrde,  ist  die  Einrichtung  getroffen, 
dafs  nar  das  Objektiv  des  Femrohrs  im  Kreise  bewegt  wird,  während  das 
Okular  stehen  bleibt,  so  dafs  der  Richtkanonier  also  stets  nach  vorn  siebt 
Dabebei  findet  sich  das  drehbare  Objektiv  senkrecht  so  weit  ttber  dem 
Okalar.  dafs  der  Mann  sogar  Uber  seinen  Kopf  hinweg  nach  rflek- 
wärts  visieren  kann.  Ob  diese  gewifs  sehr  geistroiehe,  aber  in  ihrem 
konstruktiven  Aafbau  sehr  empfindliche  Einrichtung:,  die  nr-henhei 
noch  sehr  teuer  ist,  fUr  den  Feldgebrauch  sich  hewäbreu  wird,  das 
müssen  ausgedehnte  Versuche  wohl  erst  beweisen. 

Libelle  und  Zif^lfernrohr  werden  die  Gnindlag-e  für  alle  m- 
kllnftifren  K (Mistruktioneii  der  Richtinittel  für  Feldgeschütze  hücira 
müssen.  Es  erscheint  aber  ounötig,  auf  die  zahlreichen  tlbri^^eti 
Konstruktionen  naher  einznirehen.  die  von  der  besf^hrielienen  Krapp- 
schen  nur  in  Kin/elheiten  mehr  o'ier  weniger  abweichen.  Besondere 
Erwähnung  verdient  nur  noch  der  vr>n  dem  rumänischen  Major 
Ghenea  erfundene  Aufsat/,,  ebenfalls  ein  Libeilenaufsatz  mit  Fernrohr 
und  Richtkreis,  bei  dem  aber  das  Prinzip  der  Auf-  und  Ahbewegong 
zur  Einstellung  der  Aofsatzhöhe,  um  dem  Hohre  die  Erhöhung  zu 
geben,  verlassen  ist.  Die  Aufsatzstange,  die  in  Nullstellung  senk- 
recht zur  Seelenachse  des  Kohrf»s  steht,  schwingt  vielmehr  nach 
vom  in  einer  Ebene,  die  der  Hohrachse  parallel  ist.  Je  weiter  sie 
nach  vorn  schwingt,  um  so  tiefer  mufs  das  VcrschlaOBstttck  gesenkt, 
die  Mündung  des  Rohres  also  erh()ht  werden,  damit  die  Lit)elle 
wieder  einspielt.  Ein  Trieb  mit  Trommel  dient  /ur  Bewegung  der 
Aufsatzstange  und  zum  Einstellen  auf  die  Entferiiungszahlen.  Bei 
Versuchen  hat  sich  dieser  Aufsatz,  der  auch  von  der  Kruppschen 
Fabrik  angefertigt  wurde,  mehrfach  sehr  gut  bewährt,  da  er  schnell 
und  dabei  li-enau  arbeitet. 

Eine  ganz  eigenartige  und  von  allen  bisherigen  Kiehtmitteln 
abweichende  Einrichtung  wurde  zuerst  heim  iranzösischeu  Feld- 
geschtttz  97.  dem  ersten  in  der  Praxis  angewendeten  Rohrrücklauf- 
geschtttz,  angebracht,  die  sogenannte  „unabhängige  Visieriinie.*^ 
Wenn  das  Ziel  nicht  im  MUndnngshorizont  des  Rohres,  sondern  hSber 
oder  tiefer  steht,  so  ändert  sieh  die  fttr  die  betreffende  Ebtfemong  . 
nfitige  ErhOhnng  am  den  QeUndewinkel;  es  mnls  bei  jeder  Ent- 
femungsänderoDg  die  eigentliehe  EriiOhang  nm  diesen  Winkel  Yer* 


^ujui^uo  i.y  Google 


Neae  Richtmittel  für  Feldgeachtttze. 


579 


mehti  oder  Tenmndeiti  also  jedenmal  die  gesamte  HOhenriobtong 
▼OD  neaem  genommen  werdeo.  Da  dqd  ans  einer  bestimmten 
Stellong  gegen  dasselbe  Ziel  der  Gelftndewinkel  stets  derselbe  bleibt» 
andererseits  Ar  eine  jede  Entfexnnng  der  Erhöhnngswinkel  des 
Robres  jedesmal  der  gleidbe  ist,  bat  man  beides  getrennt:  Die  Er- 
höhung wbrd  naob  einer  Gradbogeneinteiinng  dem  Bohre  gegeben, 
onabbAngig  von  der  Tätigkeit  des  Biebtensi  nnd  die  Yisierlinie  wird 
▼ermittelst  des  Biebtfeiniobres  dnreh  das  Ziel  gelegt,  unabhängig 
ron  der  Erhöbaog  des  Rohres.  Indem  der  rechts  sitzende  Kanonier 
(Verschlafswart)  die  Rohrerhöbnng,  der  links  sitzende  Richtkanonier 
das  Richten  ansfbhrt^  beide  in  ihrer  Tätigkeit  nnabhän^ig:  von  ein- 
ander, hat  man  eine  günstige  Arbeitsteilung  erreicht.  Die  konstruk- 
tive u  Einzelbeiten  gehören  nicht  hierher.  Der  Vorzug  des  Rohrrttck- 
laufsysteras  wird  hier  in  vollem  Malse  ausgenutzt  und  die  unab- 
hängige Visierlinie  zeigt  ihre  Vorteile  namentUeb  bei  einem  Strea- 
yerfahreu,  das  ja  schnelle  Entfernungsänderungen  verlangt,  aolser' 
dem  beim  Ricbteii  gegen  bewegliche  Ziele,  denen  der  Richtkanonier 
dauernd,  also  auch  bei  Entfernungsändeningen,  mit  der  ViHierlinie  zu 
folgen  vermag.  Man  bat  dieser  Einrichtung,  abgesehen  von 
gr?5fserer  Kompliziertheit,  vielfach  den  Vorwurf  gemacht,  da(s  die 
Arbritsteilnns:  im  Interesse  der  Schnelligkeit  des  Richtens  ja  sehr 
schtm  sei,  dals  man  aber  statt  des  einen  nunmehr  zwei  Richtkanoniere 
brauche,  was  sich  bei  Verlusten  doch  sehr  unangenehm  fühlbar 
machen  könne.  Diesen  Nachteil  vermajr  ich  nicht  einzusehen.  Die 
Tätigkeit  des  \  erschlufswarts  beschränkt  sich  doch  nur  auf  das 
mechanische  Einstellen  der  kommandierten  Entlernuügen  au  einer 
Teilung,  was  nicht  schwerer  ist  als  das  Zttnderstellen  auch  nnd  mit 
dem  eigentlichen  Richten  gar  nichts  zu  tun  hat.  Im  Gegenteil, 
gerade  bei  \  erlusten  treten  die  Vorteile  der  unabhängigen  Visier- 
linie besonders  hervor:  ist  einmal  auf  das  Ziel  gerichtet,  so  ist 
nichts  weiter  nötig,  als  mechanisch  das  Hohr  auf  die  Entfernungen 
einzustellen,  was  von  jedem  ausgeführt  werden  kann  und  so  schnell 
gebt,  dals  dieser  Mann  auch  noch  Laden  und  Abfeuern  bequem  be- 
sorgen kann.  So  kann  nötigenfalls  das  Geschütz  mit  zwei  Manu 
noch  bedient  werden.  Es  eufctieht  sich  vorläufig  unserer  Kenntnis, 
welche  Erfahrungen  die  Franzosen  mit  ihrer  unabhängigen  Visierlinie 
gemacht  haben,  ancb  sonst  liegen  nnr  wenig  Ergebnisse  ?on  Ver- 
suchen  bis  jetzt  vor.  Man  dttrfte  aber  doeb  wohl  nioht  fehlgreifen» 
wenn  man  der  unabhängigen  Visiedinie  die  Aikunil  vorbersagt. 

Wie  unsere  Biebtroniobtungen  in  Zukunft  sieh  gestalten  werden, 
darüber  werden  erst  ausgedehnte  Versnehe  entsebeiden.  Die  Vor- 
teile des  Zielfernrohrs,  das  als  neues  Element  der  Libelle  an  die 


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580 


Neue  Biohfcmittel  ffir  Fal4geMhtttM. 


Seite  tritt,  glaube  ich  genügend  hervorgehoben  za  haben.  Wie  alles 
neae,  hat  es  auch  seine  Gegner  und  mannigfach  sind  die  Vorwurfe 
und  Bedenken,  die  gegen  das  neue  Richtmittel  erhoben  werden. 
Gewilb  ibt  vom  einfachen  Stabaufsatz  mit  Korn  des  Feldgeschützes  73, 
ja  selbst  vom  Aufsatz  der  Feldkanane  96  zum  Libellenaufsatz  mit 
Zielfernrohr  und  Kichtkreis  des  Zukunftsgeschtttzes  ein  weiter  Schritt, 
und  auf  den  ersten  Blick  ist  man  verbucht,  au  einer  für  den  Krieg 
nötigen  Einfachheit  dieses  Aufsatzes  zu  zweifeln.  Und  doch,  wenn 
auch  das  Werkzeug,  den  Fortschritten  der  Technik  folgend,  kom* 
pliderter  scheint,  wieviel  einfacher  wird  die  Tätigkeit  des  Bieht- 
kaooniers,  meriel  leieliter  seine  Ansbildimg,  wieyid  besser  ist  er 
sa  eisetsen,  ohne  dab  die  Bedienung  des  GeselmtMS  darunter  leidet! 
Die  £infaehheit,  wie  sie  der  Krieg  fordert,  ist  für  die  Bedienimg 
dnrehdie  VerTOllkommnnng  des  Instramentes  eir^ebt.  Wennleta- 
leres  nur  imstande  ist,  den  Anforderungen  auf  Haltbarkeit,  die  der 
Krieg  stellt^  so  gentigen! 

Dies  ist  das  zweite  Bedenken,  das  erhoben  wird.  Da  sei  zu- 
nächst daraui  hingewiesen,  dais  unsere  Fnrsartillerie  bereits 
die  schärfsten  Versuche  mit  Zielfernrohren  am  Aufsatz  ausgeführt 
hat.  Die  Einführung  dieser  Aufsätze  an  allen  ihren  Geschützen  be- 
weist, dälü  die  Versuche  vollkommen  deren  Brauchbarkeit  erwiesen 
haben.  Ferner  haben  nach  ausgedehnten  Versuchen  unter  anderen 
die  Schweiz,  Schweden,  Dänemark,  Türkei  sich  zur  Annahme  der 
FenurohranfsätEe  enlschJossen.  Das  kurze  Femrobr  liftt  sieh  so  gaft 
befestigen,  dab  VeraohlebnngeD  der  optischen  Aehse  aneh  naeb 
längerem  Gebianeb  niobt  sa  beflliobten  sind.  Bis  sn  6000  Sebn(s 
haben  einige  FennehraafBätK  der  Krappeehea  Fabrik  berdts  ans- 
gehalten»  ebenso  Fahrrersaebe  ansgexdehnet  überstanden.  Aueb  In 
S$ebweden  haben  die  Zleifenuohre  nach  zweijährigem  Truppen- 
gebranoh  keinen  Anlab  zn  lif;end  weloben  Ansstellnngen  gegeben, 
sieh  vielmehr  danemd,  aneh  bei  swel  Winterknrsen  der  FeldartlUerle* 
sobleltoehale  vorstlglieh  bewährt. 

Andere  Einwürfe,  dals  das  Femrobr  durch  Regen  unsichtig 
würde,  bei  Nebel  seinen  Dienst  versage,  überhaupt  leicht  beechlage, 
sind  gegenüber  den  bedeutenden  Vorteilen,  die  es  bietet,  nicht  ent- 
scheidend. Gegen  die  Einflüsse  des  Regens  kann  eine  leicht  anzu- 
bringende Kappe  schützen,  bei  Nebel  versagt  das  menschliche  Auge 
beim  direkten  Richten  erat  recht  and  lumn  nur  eine  kräftige  Unter- 
sttttnmg  dnroh  ein  helMehtIges  PrismenliBflnrohr  frendig  begruben, 
and  gegen  Beschlagen  beim  Schiefiwn  sollte  doeh  wohl  Abwischen 
helfen. 


Rulalaad  and  der  rnssiaob-japaaische  Krieg. 


581 


So  kommt  mao  za  folgenden  Schlüssen: 

1.  Unsere  modernen  Präzisionsgeschttkze  gestatten  und 
verlangen  die  Anwendung  der  Libellenanfsätze  mit 
Fernrohr  nnd  RiebtkreiB»  deren  zweokmftlsigste  Formen 
sieh  ana  praktischen  Verenehen  ergeben  haben; 

2.  die  Eriegsbranehbarkeit  der  Jetst  von  der  Teolintk  ge- 
botenen Fernrohranfstttse  steht  anreer  allem  Zweifel; 

3.  trots  seheiabarer  Kompliaiertheit  derselben  wird  die 
Aasbildnng  der  Riebtkanoniere  vereinfaeht  nnd  den- 
noeh  die  Gute  nnd  Oleiehmftfsigkeit  des  Biehtens  auf 
ein  hohes  Ifafs  der  Vollkommenheit  ^^ebracht. 


XXXI. 

Rulsland  und  der  russisch-japanisciie  Krieg. 

Von 

Generalmajor  von  Zepelin. 


IL 

Seit  unserem  letiten  fieriohte  haben  die  Dinge  za  Lande  den 
Fortgang  genommen,  den  wir  nach  der  Kenntnis  des  Kriegssohan- 
platzes  nur  erwarten  konnten.  Die  Operationen  auf  dem  ostasiatischen 
Kriegsscbaaplatze  stehen  eben  wie  selten  anter  dem  mächtigen,  ja 
tibermächtigen  Drucke  der  Natur  desselben.  Wenn  je  die  Grewalt 
der  militärgeographischen  Verhältnisse  sich  geltend  gemacht  hat, 
dann  ist  es  hier  der  Fall.  Mühsam  arbeiten  sich  die  Japaner  aaf 
der  Strafse  Söul-Phöng-8an-Phy?^ng'-jan^-Andschu  auf  Widschu  vor- 
wärts. Es  ist  diese  Strafse,  wie  wir  es  frUher  erwähiiteii,  die  ver- 
liältnisniäfsig  am  besten  erhaltene  von  all(  n  Strafsen  Koreas,  weil 
—  auf  ihr  die  Gesandtsehafton  ihren  We^:  nahmen,  die  die  rrrschenlie 
an  den  Hof  von  rekiuir  luachlen,  welche  oft  das  einzige  Zeichen 
der  Aiirrkennung  der  Überhoheit  Chinas  tiber  das  ,,Land  der  Morgen- 
röte^' und  —  lucos  a  non  lacendo  ~  „des  stiilea  Friedens"  waren. 


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682  ^ 


Bnftland  und  der  niitfMli-j»piiilMlie  Kiieg. 


Aber  auch  diese  Strafse,  Damentiieb  zn  dieser  JahreRzeit,  befindet 

sich  in  einem  Zustande,  der  jeder  Beschreibong  spottet.  Die 
japanische  Annee  mals  daher  dem  Soldaten  den  Wegebaaer  in  Ge- 
ßtalt  des  Pioniers  und  /-ahlreicher  Arbeiterkolonnen  vorangehen  lassen, 
am  Brücken  /ii  hniirn,  dir  fast  völlig  fehlen  und  die  engen  Oebir^^- 
strafsen  für  die  Artillerie  und  die  Trains,  welche  keine  Armee, 
welche  ninht  auf  die  notwendige  Freiheit  der  Bewegung  verzicbtrn 
will,  entbehren  kann,  instand  setzen  zu  lassen.  Hierzu  kommen 
Verptieguii^s-  und  Unterbringungssohwierigkeiten;  kurz  —  auch  ohne 
einen  Feind  sich  gegenüber  zn  haben  —  werden  die  Märsche  lU-n 
Schneckeii{^'Hii;i;  aiiitehmen,  den  mau  nattlrlich  auf  einem  europäiachen 
Kriegsschauplätze  nicht  kennt. 

Man  hatte  zuerst  japanischerseita  Tschemnlpho  /um  Hafen  für 
die  Anss(  bit!ung  der  Hauptkräfte  gewählt,  nls  man  durch  deu  Ver- 
lan! der  Ereignisse  zur  See  immer  mehr  der  KUcksichtnahme  auf 
die  russische  Flotte  überhoben  zu  sein  glaubte,  wählte  man 
Tschinampho  zum  Ausscbittun^^s])iatz.  Am  4.  April  erreichten  die 
japanischen  Spifaeu  den  Yalu  bei  dem  vielgenaniileu  Yongampho 
(Jouampo)  und  Widschu  am  unteren  Yalu,  da  wo  er  sich  inyiele  Arme 
teilt,  die  eine  grölsere  Zahl  mehr  oder  weniger  bedeutender  Inseln 
umscblielsen.  Bei  Yongampho  scheinen  die  Japaner  die  Anlagen 
der  russischen  Gesellschaft,  welche  sicbmit  der  Verwertung  der  dor- 
tigen Waldungen  beschäftigt,  zerstört  zu  haben.  Wenigstens  geht 
dies  aus  den  Berichten  der  russischen  Presse  henor,  die  auch 
behaupu  t,  d:iU  die  russische  Niederlassung  in  Yongampho  keines- 
wegs sich  der  WaldverwUstung  schuldig  gemacht  hätte,  dals  im 
Gegenteil  im  Yalugebiet  noch  herrliche  Waldungen  beständen. 

Bezeichnend  für  den  Vormarsch  der  Japaner  ist  auch  wohl  der 
Umstand,  dafs  sie  von  Andschu  nach  Widschu  —  etwa  130  Kilometer  — 
14  Tage  gebrancht  haben,  also  etwa  10  km  täglich  zorttckgeiegt 
haben. 

Dafs  die  Küssen  am  Yalu  den  Angriff  mit  ihren  Hauptkräften 
entgegentreten  werden,  scheint  kaum  wahrscheinlich,  ebenso  selbst- 
verständlich erscheint  es  abrr  auch,  dafs  sie  dort  Vortroppen  stehen 
lassen,  die  den  Japanern  s*dange  als  möglieb  AutVaihalt  bereiten. 
Die  rassischen  ,,Jagdkonmiandos'"  haben  hirr  ein  vortreffliches 
Feld  ihrer  Tätigkeit,  und  der  Kampf  aof  den  Inseln  der  Mündungs- 
arme des  Yalu,  so  unbedeutend  auch  die  von  beiden  Seiten  be- 
teiligten Kräfte  sind,  hat  bereits  eine  Menge  interessanter  Momente 
ergeben. 

Der  dort  kommaudierende  General  Katscbaliosky^  wie  General- 


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Kofsland  und  der  russiäob-japiuiisohe  Krieg.  öSSt 

mntant  Alexijew  am  18.  April  dem  Kaiser  meldet^  batte  In  der 
Nacht  «un  8.  April  Ftetwilligenkommaiidos  auf  das  linke  Ufer  des 
Yaln  gegenüber  Widscbn  gesandt.  General  Katsehalinskij  befeUigl 
die  dritte  ostsLbizisohe  Sehtttaenbrigade,  bente  zur  Division  gemaebl^ 
naebdem  ihre  Beglmenter  TerBtilrfct  nnd  ibr  mebr  Batterien  sngeteih 
worden.  Die  Freiwilligen  baben  in  anfterordentlicb  kflbner  und  ge- 
scbickter  Weise  ihre  Anlgaben  geltet  Der  Leutnant  Demidowitsebf 
weleber  naeb  der  Meldung  des  Generals  Koropatkin  in  sehr  erfolg- 
leieberwelse  den  Japanern  auf  den  Strominseln  entgegentrat,  ist 
hierbei  ein  Opfer  seines  Wagemutes  geworden. 

Nach  nnkontrollierbaren  Zeitungsnachrichten  soll  die  mit  einer 
swdten  Japanisehen  Armee  (l.,  3.  nnd  4.  Division?)  abgesandte 
Transportüotte  in  der  HOhe  von  Tsobinampbo  angebalten  sein.  Man 
deutet  diesen  Umstand  mit  der  Absiebt,  diese  Armee  sn  einem  An- 
griff auf  die  rechte  Flanke  der  am  Tain  vermuteten  russischen 
Truppen  zu  verwenden,  nnd  sie  zu  diesem  Zweeke  im  Mündangs- 
gt'biete  dieses  Flusses  landen  zu  lassen.  Dies  kOnnte  unseres  Erachtens 
doch  wohl  nur  zwischen  Antung  auf  dem  rechten  Ufer  des  Yaiu 
und  Tatnngkon  der  Fall  sein,  um  von  dort  gegen  die  Strafse  Widsohn- 
FUnchantechen,  d.  h.  die  Verbindung  der  rnssisohen  Vortruppen  am 
Yaln  mit  den  Hanptkräften  bei  Laojan-Mnkden  vorzugehen.  Nun 
darf  man  sich  keiner  Täoschnng  über  die  Schwierigkeit  einer 
Landung  an  der  hier  eine  soleiie  keineswegs  begünstigenden  sttd- 
mandsoburischen  Küste  hingeben.  Die  Küste  des  koreanischen 
Golfes  gestattet  eine  Annäherung  von  Schiffen  mit  einem  Tiefgange 
von  6  bis  9  m  nicht  näher  wie  bis  auf  8,  mehrfach  aber  sogar  nur 
bis  auf  10  km.  Es  kOnnen  daher  oft  nicht  nur  flachgehende  See- 
schiffe, sondern  auch  sogar  japanische  Schalanden  bei  allen  Punkten 
und  bei  jedem  Wetter  bis  unmittelbar  an  die  Küste  herankommen. 
Die  UmsHamung  der  KUste  bilden  nicht  hohe,  aber  steil  zum  Meere 
abfallende  HUgel.  Die  sie  trennenden  Niederungen  bestehen  oft  aus 
sumpfigem  Torfboden.  20  bis  25  km  von  der  Küste  steigen  die 
niandschnrisehen  Gebirge  auf.  Im  Feldzuge  1894,  wo  sich  die  Ver- 
teidiger der  SUdmandsehnrei,  die  Chinesen,  bekanntlich  sehr  passiv 
verhielten,  landeten  die  Japaner  bei  Hwa-juan-Kou.  Die  Landung 
an  der  Mündung  des  Yalu,  wo  ebenfalls  japanische  Trappen  ans 
Land  gesetzt  wurden,  soll  sehr  schwierig  gewesen  sein. 

Nach  den  uns  zur  Verfügung  stehenden  Nachrichten  scheint  die 
fast  völlig  unverständliche  Zögeruog  der  Japaner,  eine  zweite  Armee 
landen  zu  lassen,  sich  nur  durch  das  Gefllhi  erklären  zu  lassen, 
dai's  mit  der  Übernahme  des  Belehis  durch  den  Adrnirai  Makarow 
eine  Offensive  der  rassischen  Flotte  nicht  ausgeschlossen  war,  and 


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584  Ba&laiid  nnd  der  rosdsoh-jftpaiiiMbe  Krieg. 

man  nioht  in  der  Lage  wv,  ehe  die  Seeherrschaft  ToUatiodig  er- 
TDogeD,  eine  Landong,  die  ohnediea  einer  aftaiken  nnd  eneiigiaeben 
Armee  gegenüber  immerhin  Ihre  Bedenken  biit,  doreiizafltbren.  Ob 
die  Yerinafte,  weldie  die  nuaiaohe  Flotte  erlitten  hatte,  namentlieh 
-aber  der  Tod  Ihres  ansgeseiohneten  Admirala  Maluurow^  dessen  an- 
regender Ebünls  sieh  ttberall  in  Pott  Arthur  geltend  maehte^  ihre 
Tätigkeit  soweit  gel&bmt  haben  sollten,  dalh  sie  anf  eine  oiensiTe 
Bolle,  die  ihr  allerdings  dnrek  ihre  nnmerisehe  Unterlegenheit  er* 
Schwert  wird,  Terzicbten  sollte,  stehe  dahio.  MOglieh  aber,  dafs  bei 
der  Teränderten  Lage  die  Landung  der  sweiten  japaoisehen  Armee 
nnn  doch  anageftthrt  wird. 

Die  Untätigkeit  der  Japaner,  namentliob  aber  ihre  partielle 
Jfobibnaehnng,  ist  ferner  dnmb  folgende  Umstünde  sn  erklären: 

1.  Dnreh  die  richtige  Benrteilong  der  Natnr  des  koreaaisehea 
Kriegssehanplataes,  der  eine  Vorbewegnng  grOiserer  Thippenmassen 
anf  der  einen  voiliandenen,  einigermalsen  benntsbaren  Stralse  ron 
SQnl  nach  Widscbn,  in  dieser  Jahresseit  nur  im  langsamstem  Tempo 
gestattete  und  dnreh  die  Absieht,  dem  Gros  der  Armee  den  sehinetigen 
Landweg  zu  sparen,  sowie  die  Kriegslage  genügend  geklärt  war, 

2.  Dnreh  Rtteksioht  anf  die  flnanalage  des  Landes. 

dfapan  ist  kein  reiches  Land.  Man  spart  daher  anch  im 
Frieden  in  fast  nnwUrdiger  ond  fttr  den  Staat  nicht  vorteilhafter 
Weise  mit  den  Aasgaben  für  die  Beamten  ond  Offiziere,  deren  Unter- 
halt teUwdse  für  alle  die  AngdiOrigmi  der  besseren  Klassen,  welohe 
ihr  Leben  dem  der  Enropäer  anpassen  müssen,  sehr  tener  ist  Man 
hat  s.  B.  im  Jahre  1908  zwei  Ministerien  von  ehiem  Beamten  ver- 
walten lassen.  Es  wnrde  statistisch  berechnet,  dais  der  Krieg 
absolnt  Japan  weniger  kosten  wird  wieBofsland,  dals  auf  Schienen- 
wegen Ton  8000—10000  Werst  Truppen  und  Munition  aus  Enropa 
hezanziehen  mnls,  dab aber  dies  Bild  sich  ganz  anders  gestaltet, 
wenn  man  das  Verhättnis  der  Kosten  des  Krieges  zu  den  Jahres- 
einnahmen des  Staates  ins  Auge  fa&t. 

Dann  wttrden  die  Kosten,  welohe  Japan  für  einen  sechs 
Monate  dauernden  Krieg  zu  zahlen  hat,  mehr  betragen  als 
die  ganze  Jahreseinnahme  des  Landes.  Für  Kolsiaiid  wttrden 
sie  sich  aber  nur  auf  den  sechsten  Teil  des  Reichsbndgets  belaufen« 
Aritbmetisoli  lassen  sich  solche  Aufstellungen  freilich  nicht  be- 
grQnden. 

Nun  ist  anch  die  Bede  davon  gewesen,  dafe  die  Japaner  den 
Golf  von  Ijantnng,  insondeilieit  das  Mündungsgebiet  des  Ijaohee, 
znm  Platz  fbr  ihre  Landung  wählen  würden.  Die  rassische  Heeres- 


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Bnfilaiul  und  der  niaaiiMb-jipiiiisolie  Kri^g. 


585 


leitong  scheint  diese  Möglichkeit  nicht  fttr  aufgeschlossen  za  halten, 
wenigstens  hat  sie  den  Hafen  von  Njutechwang  in  den  Belagernngs* 
zustand  erklärt  and  befestigt  Wir  wollen  aaf  die  Schwierigkeiten, 
welche  eine  Landong  auch  dort  haben  wttide,  an  dieser  Stelle  nicht 
eingehen.  Sollte  es  den  Japanern  gelingen^  in  einem  Teile  des 
Golfes  von  Ljautong  zu  landen,  so  würden  hierdnreh  allerdings  die 
Verbindungen  der  Rossen  empfindlich  bedroht,  Port  Arthurs  Isolierung 
ermöglicht  und  eine  Umgehung  der  etwa  mit  der  Front  zum  Yalu 
aufgestellten  Armee  ermö^-nr>ht  sein.  —  Aber  ob  dies  angesichts  der 
von  Tag  /u  Tn'^  in  ihrer  Stärke  wachsenden  russischen  Armee  mög- 
lich ist,  stehe  daiiin' 

Diese  Armee  iuil  antiaut  rud  Verstärkungen  erhalten,  wobei  man 
in  besonderem  (irade  auch  auf  die  sibirischen  Truppen  zürtlckge- 
griöeii  zu  haben  scheint.  FUr«?t  Chilkows  Energie  und  praktische 
Erfahruiiir  hat  die  groben  Unterlassungssünden  der  Techniker  an  der 
BaikaluriiL^chungsbabn  durch  die  Legung  des  eigenartigen  Schienen- 
veges  iihcr  das  Eh  den  Sees  und  durch  die  vortrefflichen  Anordnungen 
nui  der  grolsen  Etappeniinie  wieder  gut  zu  machen  gewulst.  Wenn 
es  auch  nur  gelang,  die  Feld -Eis-Eisenbahn  hauptsächlich  für  die 
HerllberschaflFung  von  rollendem  Material  zu  verwerten,  so  hatte 
doch  die  Erreichung  dieses  Ergebnisses  grofse  Bedeutung.  Vom 
2.  März  bis  zum  28.  März  sind  nicht  weniger  als  250O  Eisenbahn- 
wagen aller  Art  und  gegen  100  Lokomotiven  über  den  See  geschafft 
darch  welches  das  rollende  Material  der  Transbaikal-,  der  Ostcbine- 
sischen  und  der  Ussuribahn,  auch  fttr  Zwecke  der  Truppenver- 
schiebnngen  usw.,  verstärkt  wird. 

Zurzeit  ist  beim  Aulgauge  des  Eises  die  Verbindung  Uber  den 
See  allerdings  am  lueisten  erschwert.  Fürst  Chilkow  hat  sich  von 
neuem  uach  dem  Baikal  begeben,  um  auscheinend  ncuv  Aushilfs- 
maisregelü  für  die  Herüberschaffuiig  der  Truppen  und  die  Be- 
schleunigung der  Arbeiten  an  der  Umgehnngsbahn  zu  betreiben. 

in  richtiger  Erkenntnis  der  Wichtigkeit  des  Schutzes  der  Eisen- 
bahn bat  man  seitens  der  russischen  Heeresleitung  umfassende  Mals- 
regeln  zum  Schutze  derselben  getroffen. 

Vom  Osten  des  europäischen  Radsiaods  ab  ist  die  von  ihr 
dnrchschritteue  Gegend  in  Kriegsznatand  erkliit,  in  der  Mand- 
schurei sind  neben  der  6renswa<^  freiwillige  Drasehinen  Itlr  den 
Dienst  an  der  Bahn  anfgebeten  worden.  Die  ehinesieben  GonTemeore 
haben  strenge  Befeiüe  an  die  BerOlkemng  erlassen,  sich  nicht  allein 
Jeder  Störung  des  BahnTerkebrs,  sondern  aneh  Jeder  Begünstigung 
einer  solehen  dnieh  die  Chnnchosen  sn  enthalten.  Gegen  diese 
sind  die  strengsten  Strafen  ToHstreefct  worden,   ebenso  gegen 

JaMI«ter  ftr  il«  d«ata«hi  AiVM  an«  MnlM.  V«.  IM.  89 


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686 


BaAlaad  und  der  roMMi-Jq^iaMA  Kiltf  . 


japauiecbe  Offiziere,  denen  verdächtige  Annäherung  au  die  Bahn 
nachgewiesen  war. 

Die  V^erstärkang  der  Landarniee  ond  die  jetuge  Dislokation 
«od  Organisation  der  mssisehen  Truppen  in  Oatatien  behalten  wir 
uns  (ÜT  eine  spätere  Besprechung  vor. 

Wir  wenden  uns  zorn  Scblnis  noch  mit  einigen  Worten  ni  der 
Lage  in  und  Tor  Port  Arthur. 

Mit  der  Emennong  des  Admiials  Makarow  war  ein  frisoberer 
Zng  in  die  Leitong  der  Flotte  gekommen.  Ifit  begeistemden  hoff- 
nungsvollen Artikeb  hatte  die  ms^he  Presse  die  Berufung  dea 

Admirals  anf  den  so  schwierigen  Posten  als  Führer  des  in  seiner 
Tätigkeit  so  gelähmten  Gesebwaders  des  stillen  Oseaas  begrttiht. 

Und  non  die  jähe  Yemicbtang  dieser  Hoffiinngen  und  das  Ende 
dieses  ta|rferen  ond  ontemehmnngslnstigen  Admiials! 

Wahrlich,  der  Soldat  kann  die  Trauer  Knislands  mitempfinden. 

Nach  dem  Ablage  der  japanischen  flotte  am  27.  März  war 
Admiiat  Ifakaxow  mit  seinem  Ckttobwader  wiederholt  in  See  gegaugeor 
die  Japaner  hatten  sich  aber  gaaa  stUl  verhalten. 

In  der  Nacht  snm  12.  April  sandten  die  Japaner  drei  Torpedo- 
bootsdivisionen  mit  dem  Ißnendampfer  „Koryo  Mam"  naebderBheede 
von  Port  Aitbnr,  wo  sie  an  verseUedenen  Stellen  Streaminen  legten^ 
ohne  dab  die  Bassen  dies  bemerkten. 

Als  die  msslscben  VorpostenbooCe  in  den  Hafen  bei  Anbmcb 
des  Tages  sorttekkehrten,  trafen  zwei,  die  mrilhrend  der  Nacht  von 
ihrer  Dividon  abgekommen  waren,  anf  die  Japan«:. 

Diese  machten  Jagd  anf  letstere,  wobei  der  „Straschn^^,  eke 
ihm  der  MBiyan"  zn  Hilfe  kommen  konnte,  nnterging.  Als  dieser 
wachthabende  Kreaier  gegen  die  Japaner  vorging,  sogen  sich  diese 
aaf  ihre  Krenser  snrttck. 

Admiral  Makarow  ging  nnn  mit  den  IJnienschiffen  «Petro- 
pawlowsk**,  „Peresswjät**  nnd  „Pobjada**,  „B^jan^  nnd  sechs  kleinen 
Fabnengen  gegen  die  japanischen  Kienier  vor,  die  etwa  16  See- 
meilen zurückgetrieben  wurden. 

Als  aber  sechs  japanische  Linienschiffe  nnd  zwei  grolse  Kreazer 
herankamen,  ging  der  Admiral  znrflck,  um  vor  der  „Solot^a  Ck»ra'^ 
die  Schlachtordnung  einzunehmen. 

Hierbei  traf  der  „Petiopawlowsk"  auf  eine  Mine  und  ging  mit 
fast  allen  Offizieren  nur  der  Groüsfürst  Kyrill  Wladimirowitsch 
ond  einige  Offiziere  retteten  sich  —  nnd  Mannschaften  anter;  die 
„Pobjäda"  wurde  beschädigt. 

Wir  haben  schon  oben  erwähnt,  welches  Unglück  iOr  Bolsland 


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Umschau.  5{^7 

der  V«rlii8t  des  ,,PetropawlowA;^  mur.  Die  nusiBehe  Flotte  wurde 
bieraaf  den  Japanern  gegenüber  nnterlegener  als  irOher. 

Die  Znknnft  wird  lehren,  ob  Admiial  Skrydlow,  der  soeben 
ernannte  Naebfolger  Blakarows  das  SeUeksal  wenden  kann. 


Umschau. 


Uns  ging  naohstehende  Znscbzift  zu: 

Redaktion  der  » Jabrbtteher  ftlr  die  Deataehe  Armee  and  Marine* 

Berlin. 

In  der  Nr.  3  1904  Ihres  geehrten  Blattes  sind  ErlSatomngen 
Uber  ein  KompromiliBgeflchttts  gegeben  worden,  welche  als  anxa- 
treffend  beieielmet  werden  mflssen.  Tatsieblioh  hat  seine  £ixielleni| 
der  Herr  Kriegsminister,  das  snkllnfllge  HodeU  des  deotseben  Feld- 
gesebtttaes  als  ein  KomproniKsgeseiitttB  Kmpp-Ebrhaidt  beidobnet, 
was  aneb  den  tatsllobliehen  VerbSltnissen  entopricht. 

Wir  ersnefaen  bofliehst,  auf  Grand  des  Frelsgeselses  in  der 
Bttobsten  noeb  nicht  dniekfertigen  Nammer  Ihres  geehrten  Blattes 
diese  Beriebtignng  verOffentliehen  za  wollen. 

Ein  Exemplar  der  «KObiiseben  Zeitong*  Nr.  28«  liegt  zur  gefl. 
Einsieht  bei.  Hoebacbtungsvoll 

gex.  Heinrieb  Ehrhardt, 
Geb.  Baarat. 

Die  hier  angezogene  Nommer  236  der  „Kölnischen  Zeitang** 
enthält  eioe  „Berichtigung"  ähnlichen  Inhalts  wie  vorstehende  Za- 
schrift.  Die  Leitung  der  „Jahrbttcher  fttr  die  deutsche  Armee  und 
Manne"  bemerkt  zu  letzterer,  dafs  die  ersten  durch  obige  Zusohrifk 
angefochtenen  und  ins  Märzheft  der  „Jahrbücher^'  übernommenen 
Angaben  der  „Kölnischen  Zeitung*'  No.  164  sich  naehgeprttft  —  wie 
aaeh  in  jenem  Heft  ausdrücklich  bemerkt  war  —  als  zutreffend 
herausgestellt  hatten.  Diese  Nachprtlfang  ist  nochmals  erfolgt  und 
hat  wiederam  zu  dem  fc^rgebnis  geführt,  dals  nach  der  bestimmten 
Erklärong  eines  Mitgliedes  der  Bndgetkommission  in  der  betreffenden 
Sitsong  der  Bndgetkommission  der  preulsische  Kriegsminister  nur 
den  Aosdruck  ,^KompronütBge8ohtllz''  gebraoebt  hat,  ohne  den  Zusatz 
„Krnpp-EbrhardfS 

  SS* 


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588 


ümscbau. 


ItaUen. 

Ver-  Die  im  letzten  Berieht  beleuchtete  SteigeroDg  der  Reisekosten 

le?Weler°°^  Tagegelder  für  Offiziere,  anber  GeneraUtät,  bat  der  Kriegs- 
Subatt«fn-  minister  am  21.  März  in  der  Kammer  zwei  weitere  Votsebläge  zur 
offisieie.  YerbeBBening  der  Lage  der  Snbaltemofliziere  folgen  lassen,  die 
In  einem  Gesetzentwarf  „Vorkebrnngen  fttr  die  Snbaltern- 
offiziere  des  Heeres"  znsammengefabt  sind.  Gleiehzeitig  legte 
General  Fedotti  einen  andeien  Gesetzentwurf  betreflfend  Ändern ngen 
in  der  Besoldung  nnd  den  festen  Zulagen  im  Heere  Tor, 
der  dnieb  Brspanisse  in  den  Kapitetai  Bekleidung  und  AnsrtlBtung 
(kommt  aneh  bei  dem  vorhin  genannten  Gesetz  in  Frage),  ermöglicht 
durch  Vorhandensein  der  nötigen  Voiritte  und  durch  billigere  Be- 
sehafinng  in  Zukunft^  die  Mittel  schaffen  will  um  1.  den  VeipflegnngB* 
suscbuTs  flir  alle  Mannschaften  um  einen  Centeaimo  täglich  zu  steigem, 
2.  die  Marschälle  (8,16  Lire  täglich)  und  die  T^mpeter  nnd  die 
Tambours  zu  bezahlen,  8.  die  LazarettTerpflegong  auf  täglich  1^  Lire 
Ausgaben  zu  yerbessein  und  diese  Neuerungen  am  1.  Juli  m  B^fk 
treten  zo  lassen. 

Was  den  Gesetzentwurf,  betreffend  die  Subaltemofffziere,  angeht, 
so  kÖDDen  wir  beute  Haammaogels  wegen,  nnr  seinen  Inhalt  skizzieren 
und  aal  die  vom  Kriegsminister  vorausgeschickte  Begründung  nicbt 
so  ausgiebig  eingeben,  wie  dies  wünschenswert  erschiene.  Der 
Kriepminister  gebt  davon  aus,  dafs  eine  Verbesserung  des  Grund- 
gehalts der  Subalternoftiziere  unabweisbar  nötig,  weil  es  1.  nicht  mehr 
den  heutigen  Anforderungen  an  Lebeosbaltung  entspreche,  2.  aber 
auch  diese  Offiziere  in  den  subalternen  Stellen  ungewöhnlich  lange 
bleiben  und  so  sehr  weit  hinter  Zivilbeamten  in  gleichem  Lebens- 
alter zorttckstehen.  Wir  haben  daher  zunächst  eine  Steigerung  des 
Grundgebalts  um  je  200  Lire  zu  verzeichnen,  so  dafs  der  Unter- 
leutnant auf  2000,  der  nen  ernannte  Leutnant  auf  2400,  der  neu 
beförderte  Hauptmann  auf  ^^0  Lire  kommt.  Weiter  wird  fUr  beide 
letzgenannten  Dienstgrade  eine  Steigerung  des  Gehalts  nach  je  füof 
Jahren  im  Dienstgrade  um  je  300  Lire  beabsichtigt,  so  dafs  der 
Leutnant  nach  fünf  Jahren  auf  2700,  nach  10  Jahren  auf  80O0  Lire 
—  also  nur  400  wenijrer,  als  der  neu  hefiirderte  Hauptmann  der 
Hauptmann  nach  fünf  Jahren  auf  3700,  nach  10  Jahren  auf  4fMMi  Lire 
kommt.  Speziell  diese  letztere  Steigerung  hat  hohe  Bedeutung,  da 
bei  Beförderung  lediglich  nach  dem  Dienstalter  schon  die  Alters- 
gren/f  eino  ernlRf»  Anzahl  von  Offizieren  als  Uauptleute  ausmustert. 
Selbstverständlich  wachsen  mit  dem  Gehalt  auch  die  Pt  iisioin  a. 
Der  Gesetzentwurf  strebt  aber  auch  noch  anderes  an,  uämiicb  eine 


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589 


BesehleanigQDg  der  Lanfbahii  der  SabaUnnoffiikre,  die  heate 
lelatiT  sebr  lange  auf  die  Beförderang  nun  Stabsoffizier  warfen 
mtlflsen.  Am  diesem  Grunde  batte  man  Ja  1902  die  JSrnennang  ron 
400  Hanpflenten  der  Inlanteiie  Aber  den  Etat  ale  AasUlAinittel 
bewilligt,  miib  sieb  aber  darttber  klar  sein,  dab  man,  schon  mit 
Btteksieht  aof  den  Bedarf  an  Leutnants  ftr  Friedensscbnlung  und 
HobÜmaebnog,  anl  dem  Wege  nieht  weitergeben  kann.  Dem  Kriegs- 
minister  bleibt  also  nur  der  Answeg  einer  rigorosen  Entfernung 
aller  niefat  mebr  Ibre  Dienststellnng  toU  ansfliUender  Elemente  ttbrig. 
Naeb  dem  Gesetat  kOnnen  diese  Offisiere  nur  dann  deSnitiT  in  den  . 
Enbestand  veraetst  werden,  wenn  sie  dienstonfttbig  sind.  Der  Gesets- 
entworf  sebafit  daher  in  Artikel  3  die  sog.  «prorisorisebe 
Pension iernng'*,  bei  welcber  die  von  Jeder  Beförderung  ans- 
gesebloBsenen  Oflfadere  '/^  ihrer  aktiven  Bezüge,  ohne  Watibnzalage 
und  Pfeidegelder,  erhalten,  dem  KriegsoiiniBter  snr  Veifllgang  stehen 
nnd  die  in  dieser  Lage  Terbraehte  Zeit  als  pensionsftinge  Dienstseit 
aagereohnet  erhalten.  Sie  stehen  sieb  während  der  prorisoilBohen 
Pensionierong  mit  */»  dor  Bezüge  günstiger,  als  wenn  sie  definitir  ver- 
absehiedet  wiien  nnd  erhalten  beim  Ansseheiden  dnroh  die  Altersgrenze 
ancb  eine  höhere  Pension.  Eine  besondere  Härte  liegt  also  nieht  vor  nnd 
sie  bleiben  in  der  provisorischen  PeDsioniernng  bis  znr  Altersgrenze. 
Gleiebzeitig  mit  deigenigen  der  aktiven  Offiziere  werden  anch  die 
Besttge  der  m  Übungen  einbeorderten  Oifiziere  des  Beurlaubten- 
Standes  etwas  erhöht.  Die  Mehrausgaben  ftlr  die  Gebaltssteigerung 
werden  auf  3,3  Millionen  angegeben,  die  der  Kriegsminister  durch 
Ersparnisse  in  den  Kapiteln  Bek]eidang  und  Ausrüstung  (480000)^ 
Beservelebensmittel  (250000),  Remontedepots  (40000),  Etablissements 
der  Artillerie  und  des  Genies  (350000)  und  Militärtribunale  (Be-* 
seitigong  des  Obertribunals  und  eines  Tribunals,  70000)  decken  will. 

Der  Gesetzentwurf,  betreffend  Aushebung  des  Jahrgangs  1887  AnsbebiuiK. 
ist  auch  Tom  Senat  genehmigt  worden.  Mit  dem  1.  April  werden  die 
Offiziere  der  Rerserve,  die  als  ProvinzialinspelLteore  der  nationalen 
Schieisvereine  fungieren,  durch  Offiziere  z.  D.  ersetzt.  Für  die 
Beschaffung  von  Lagerstroh  und  Brennmaterial  in  den  Kasernen  beim 
VL,  VII.,  VIII.,  XL,  XIL  Korps  nnd  Insel  Sardinien  sind  neue  Be- 
stimmungen erfolgt. 

Zum  ersten  Kursus  der  Marineakademie  können  25  Schüler  zu-  Karins, 
gelassen  werden.    Vom  Lehrfrang  1905/06  ab  wird  das  Zulassungs- 
alter um  ein  Jahr  herabgesetzt.    Im  Marinemiuistenum  arbeitet  man 
Anderuüiren  in  der  Uniform  der  Marineoffiziere  aus.    Bei  den  Sab 
miseionfii  auf  Lieferang  von  Panzerplatten,  zu  dem  sich  auch  sieben 
aosländische  Firmen  gemeideti  haben  die  Stahlwerke  von  Terui  den 


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590 


Umsobau. 


Zuschlag  erhalten.  Dnrch  Dekret  vom  17.  Dezember  sind  die 
Beamten  der  Marine  in  bezug  aut  Dienstrang  den  Offizieren  der 
Flotte  nnd  des  Landbeeres  gleicb^stellt  worden.  18 


Frankreich. 

Zweijährige  Am  21.  Mttis  hal  der  Deputierte  Berteanx  der  Kammer  seinen 
Dwoe^t  ^fj^i  uti^  ^QQj  Armeeaiusohiils  besohlosBene  Fassong  des 
OeseteeDtwurfs,  betreffend  die  zweijährige  Dienstzeit,  ttber- 
reichl  and  wollte  der  ArmeeaiisschnfB  wenige  Tage  darauf  die 
Kammer  veranlassen,  baldigst  in  die  Beratung  des  fintwnrfs  eiosa- 
treten.  Dasselbe  beabsichtigten  die  Depotierfeen  Klotz,  Gervais, 
8embat,  aber  mit  der  Tendenz,  den  TOm  Senat  genehmigten 
Text  en  bloc  zur  Annahme  wo,  bringen,  anter  der  Begrttndong, 
dals  die  aufserord  entlieh  wichtige  nnd  durchgreifende  NeoemBg 
baldigst  in  die  Wirklicliiieit  tbergeftthrt  werden  müsBe.  Der  Armee- 
anssehols  war  entschlossen,  die  von  ihm  beschlossene  Fassung  nieht 
fallen  zu  lassen,  da  diese  vor  dem  Senatstext  den  Vorzug  habe, 
nicht  nur  dieselbe  Dorehschnittsstärke  wie  nnter  dem  Regime  des 
Kekrutierungsgesetzes  von  1889,  sondern  sogar  eine  um  5160  Mann 
höhere  zu  liefern,  und  die  vom  Senatstext  bedingten  unmittelbar 
aus  dem  nenen  System  sich  ergebenden  Mehrkosten  ?on  30  Milüuien 
jälirlioh,  aal  13  bezw.  14  Millionen  berabusetien. 

Die  Einleitnng^  die  Berleanz  sebem  Berieht  Tonuuelnekt  nnd 
welelie  die  verschiedenen  Bekmtiemngs^ysteme  Ton  der  franzOsiiehen 
JRevolntlott  bis  heote  belenebtet,  enthält  neben  anderem  aneh  den 
Irrtum,  die  Begriffe  der  allgemeinen  Dlenstpflieht  als  von 
der  Revolution  geboren  zu  beaeiebnen.  Er  vergilbt  dabei  die 
Stellvertreter,  die  „böros  de  cinq  cents  livres",  verwechselt  Kon- 
skription und  allgemeine  Webrpfliobl,  Dafs  die  Berufsannee,  die 
sieb  nach  den  Befreinngskriegen  in  Frankreich  ausbildete,  eine 
eigene  Kaste  im  Staate  darstellend,  ttlr  den  modernen  Krieg,  der 
neben  Qualität  auch  eine  Zrih!  an  Streitern  verlangt,  die  im  Frieden 
dauernd  nicht  unter  den  Waffen  gehalten  werden  kann,  nicht  mehr 
genttgte,  dem  Ideal  eines  freien  Volkes  niobt  mehr  entspracb, 
lassen  wir  hier  aufeer  Betracht,  Ein  schweres  Mifsgeschick,  so 
fuhrt  der  Bericht  Berteanx'  aus,  die  Mederlage  von  1870/71  war 
notwendig,  um  die  französische  Nation  znm  „Volk  in  Waffen"  zum 
ersten  Male  seit  der  Revolntion  zurückzuftihren,  das  allein  den 
heutigen  Verhältnissen  entsprechen  könne.  Gewils  habe  schon  das 
Rekratierangsgesetz   von  1872  den  Gnindsatz   der  allgemeinen 


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* 

UmMhaa. 


591 


Wehipfliclit  aufgestellt  und  das  Gesete  tod  1889  IbD  welter 
avBgeätaHet;  beide  Gesetze  lOgen  aber  niebt  die  voUen 
Folgemngen  ans  Ibm,  indem  sie  nicht  allen  StaatBbtIrgem 
gleiche  Pflichten  gegenüber  der  Rekmtierong  auferlegten,  beide 
Gesetze  eine  ungleichartige  Belastung  der  ßevölkemng  duldeten, 
wodurch  sie  einesteils  nicht  absolut  gleichartige  geschulte 
Leute  in  die  Reserve^  die  die  Masse  der  mobilen  Streitkräfte 
darstellt,  Qberfttbrten,  andemteils  durch  die  verschieden  be- 
messene Dauer  des  aktiven  Dienstes  die  Neiguug  ftlr  den  Dienst 
in  Frage  stellten.  Das  Gesetz  von  1872  duldete  neben  Leuten,  die 
uominiell  fünf  Jahre  dienten,  solche  die  nur  ein  Jahr  unter  den 
Waffen  blieben;  das-  (Teset/  von  1889  kennt  Leute,  die  drei  Jährt* 
dienen  und  solche,  die,  nur  zum  kleinen  Teil  Farailiensttitzen.  als 
Vertreter  der  sog.  intelligenten  Klassen  mit  einem  Jahre  aktiven 
Dienstes  fortkonimen.  so  dafs  gt  rade  die  bemittelten  Leute  weniger 
Lasten  tragen,  endlich  Leute  der  Hilfsdienste,  deren  ^anze  Dienst- 
leistung im  Frieden  eigentlich  nur  aus  Kontroll  Versammlungen  be- 
stehe. Demokratischen  Grundsätzen  widersprechend,  kann,  so 
ftthrt  der  Bericht  aus,  das  Gesetz  von  1889  nicht  weiter  besteben, 
hat  doch  auch  Freycinet,  welcher  der  Vater  dieses  Gesetzes  genannt 
werden  kann,  im  Senat  erklärt,  dafs,  man  die  einzige  dastehende 
Gelegenheit  ausnutzen  solle,  um  die  Armee  mit  einem  Rekrutierungs- 
gesetz auszustatten,  welches  diesen  Reim  der  Schwäche  nicht 
«nthalte.  die  Konsolidierung  der  militärischen  Institutionen  erlaube. 
Die  Popularität,  welche  sich  gerade  die  Gleichmälsigkeit  in  dtr 
Belastung  schon  dem  Senatetext  erworben  hatte,  will  der  Armee- 
ausschuls,  durch  seine  Fassung,  noch  steigern,  die  Gleichheit 
aller  Franzosen,  welchen  Ständen  und  Bildungsgraden  sie  auch 
angehören,  noch  scbäifor  bervorbeben,  die  Beroizugung  der  bb- 
heiigen  Pllvilegierlen  beseitigen.  Die  SehUler  der  ndUtKrisob  orga- 
nisletten  Sehnlen  babeo  die  Pffiebt»  für  das  Mebr  an  Bfldnng, 
das  Urnen  gegeben  wird,  mindestens  dte  gleiche  Diensteeit,  wie  die 
flhrigen  IVamosen  an  flbefnelunen.  Def  Berteanxaebe  Beriebt  tt&t 
dann  eine  tbeoretisclie  Betraebtnng  Uber  die  sweysbrige  DIenstaeit, 
die  Bedingungen  ftlr  Ibre  Organisation  nnd  die  Vorteile,  die  man 
▼on  fiir  enrarten  kann,  folgen.  Nor  eine  vollstllndige  Gleiclihdt 
für  alle  in  besag  anf  Dtenstseit  and  Ansbildang  Termag  der  Armee 
die  TOllig  gleiefawertige  Resem  sa  geben,  die  ftlr  den  modernen 
Krieg  erforderlloh,  am  der  oberen  Flllirang  ein  Instrament  in  die 
Hand  sn  geben,  das  in  allen  seinen  Teilen  gleiehartig  ist.  ZweijUirige 
Dienstiait  belastet  swar  einige  Kategorien  stiriLer,  z.  B.  die  Famülen- 
stttteen,  die  fortan  zwd  Jahre  statt  eines  sa  dienen  haben  werden, 


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5^ 


OmduML 


deren  Familien  sich  ja  aber  der  Staat  und  die  Gemeinden  auch 
anzuiK  hiui  ii  briben,  ferner  die  bis  jetzt  nach  Artikel  21,  23,  5^>  dps 
Gesetzes  \ it^^ii  üisprnsii  rttiü;  für  die  grolse  Masse  tritt  aber  eine 
bebr  wesentliche  P>rleicliif  run":  uro  ein  volles  Jahr  ein,  die  Aiigemein- 
belastuDg  durch  das  neue  Gesetz  ist  doch  leichter  and  alle  tragen 
sie  gleichmäfsig:.  Nach  Berteaux'  Bericht  werden  als  Resultat  der 
zweijährigen  Dienstzeit  die  Maximalknifte  der  Nation  au  braachbaren 
Soldaten  gleiehmälsig  ausgebildet,  sich  ergeben  zumal  die  gleich  lange 
dienenden  Leute  im  Frieden  dorch  nichts  von  ihrer  \orbereitung 
ant  den  Kriep:  abzuziehen  sind.  Die  bisherigen  zahlloseu  „enibosqnfe** 
oder  .^fricoteurs"  bei  den  Kegimeutern  werden  verschwinden  und 
Berteaux  errechnet,  daSs  man  bei  zweijähriger  Dienstzeit  nach  dem 
vniii  Arraeeansschnfs  der  Kammer  vorgeschlagenen  System,  fUr  die 
Leut(*  aui  rund  60Ü  fiir  die  Schularii:  nutzbare  Tage  komme,  da 
uur  die  Soiiti-  umi  Feiertage  aosfieh^ni  (der  GeseUeuiwud  sieht  aber 
doch  auch  oU  Tage  Urlaub  wäiirend  der  2  Jahre  voraus),  die  Leute 
auch  P/j  Monate  früher  eingestellt  wLirden,  gegen  546  Lbungstage 
bei  der  heutigen  dreijährigen  Dienistzeit,  d.  h.  54  Tage  mehr.  Wir 
stehen  dieser  Berechnung  freilich  skeptisch  gegenüber.  Der  Be- 
richt weist  dann  weiter  auf  die  Notwendigkeit  einer  geringen 
yemehrang  der  kapitnlierenden  Unteroffiziere,  einer  Vermebrang 
der  kapitolierendeii  Korporale  «nf  die  während  dea  Orncks  Tev* 
{^«itUchteii  Teile  des  Beriokte  Berfeeanz,  endlkli  auf  die  im- 
ndttellMur  auB  der  EiofUbnini;  der  zwdjäluigeii  DienetMit  sieli 
ergebenden  Meliraavgaben  von  13  bis  14  HiUiooen  fitr  den  Staat» 
2,6  IGUionen  für  die  Gemeliiden  und  Departements  hin»  Der 
Staat  soll  75^/0,  die  Gemeinden  nnd  Departements  sollen  lo^lf^ 
bezw.  15"^;,  der  Beibttlfe  für  HttlfBbedllil^  FamiUen  von  aotir 
dienenden  FamilienTfttem,  besw.  Reservisten  Landwehiienten,  die 
ttben,  tragen. 

Ba-  Die  Ziffer  der  Ztfglinge  der  für  die  Heranbildnng  TOn  Unter- 

^  ir^^^^f^  offisieren  zu  Offizieren  bestimmten  Sefanlen  von  8aint-lfaizen%  Sanmnr» 
Versailles,  die  die  Schinfspfttfnng  bestanden  liaben  ond  mit  dem 
1.  April  als  Unterlentnants  in  die  Tmppe  treten,  betdigt  in  diesem 
Jahre  287  fllr  Infisnteiie,  68  iOr  KaTalieiie,  66  für  Heimatsartilleiier 
28  ihr  KolonialartUierie  ~  16  für  die  S^meisterbranehe.  lleehnel 
man  die  flir  die  kombattanten  Waffen  bestimmten  sosammen,  so 
ergeben  sich  851.  In  diesem  Jahre  werden  an  Saint-Maixent  m* 
gelassen  202  Offizieraspiranten  der  Infanterie  ans  dem  Unterotliaier- 
Stande. 

Die  Befördemngsvorsehlagslisten  ftr  1904»  die  im  allgemeineB 
in  allen  Diens^praden  eine  geringere  Zahl  an  Vorgesehlageaen  aal* 


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Dmaohan. 


69a 


weisen,  lassen  die  grofsen  Unterschiede  in  Lebens-  und  Dienstalter 
bei  den  einzelnen  VVaö'en  Uüd  auch  den  verschiedenen  Waffen  gegen- 
einander erkennen.  Wir  geben  im  folgenden  nur  einige  Beispiele. 
Bei  der  Inlaiilerie  ist  von  den  66  zur  Beförderung  zum  Oberst  vor- 
geschlagenen Oberstleutnants  der  älteste  57  Jabrt  ;  dpr  Jüngste 
49  Jahre  alt,  Alter  im  Dienstgrade  8  bezw.  2  Jahre,  eiuL-r  der 
Vorgeschlagenen  ist  aus  dem  Unteroffizierstande  hervur^'egangen;  bei 
der  Kavälierie  ist  der  älteste  der  V'orgeäChläg(:ucu  55,  der  jüagüte 
46  Jahre  alt,  Alter  im  Dienstgrade  6  bezw.  2  Jahre;  bei  der  Artillerie 
stellen  sich  die  Verhältnisse  55  bezw.  49  Jahre,  7  bezw.  2  Jahre. 
Bei  den  Majors  der  Infanterie  hat  der  älteste  58  Jahre,  der  jtlngste 
38  Lebensjahre,  12  bezw.  ä  Jahre  im  Dienstgrade  auf  dem  Kücken; 
bei  denen  der  KATallerie  54  Jahre  Maximal-,  43  MinimaUüter,  10  bezw. 
3  Jabie  im  Dienstgrade,  Artillerie  55  bezw.  47,  7  bexw.  2  Jahre 
Im  Dienstgrade.  Von  den  (144)  cor  Beförderung  Torgeschlagenen 
Banptlenten  der  Infanterie,  von  denen  81  ans  dem  Dnteroflisier- 
stande  hervorgegangen,  ist  der  älteste  52,  der  jUagste  36  Jabre  alt, 
12  besw.  5V2  <^abr  im  Dienstgrade;  Ton  den  Rittmeistern  ist  der 
älteste  52,  der  jüngste  40  Jahre  alt,  18  besw.  6  Jahre  im  Dienstgrade, 
bei  der  Artillerie  sehwanlLt  das  Alter  zwisehen  48 — 89»  die  Zeit  im 
Dienstgrade  swisehen  15  nnd  7  Jabre.  Bei  der  ArttUerie  ist  keiner 
der  vorgeseblagenen  Stabsoffiziere  nnd  sbid  nur  5  Hanptlente  ans 
dem  UttterofGzierstande  bervorgegaogen.  Leutnants  werden  snr  Be- 
fördetnng  vorgeschlagen  166  (gegen  211  also  ^45)  bei  der  Infanterie, 
100  (gegen  106  also  —  6)  bei  der  Kavallerie,  abgesehen  von  SSahl- 
meislerbranche,  46  (gegeo  56  also  — 10)  bei  der  Artillerie  ohne 
Train,  85  (gegen  29  also  +  ^)  bei  dtt  Geniewaffe.  Von  den  zur 
Befbrdernng  vorgeschlagenen  Leutnants  der  Infanterie  Ist  der  älteste 
38Vi9  der  jttngste  28'/«  J^o  alt,  10  bezw.  5'/s  J^bie  im  Dienst- 
grade, 48  sind  ans  dem  UnteroflizierBtande  hervorgegangen,  81  be- 
sitzen das  Generalstabsbrevet,  ^86  erschienen  sehen  anf  den  Vor- 
schlagslisten fttr  1908.  Bei  der  Kavallerie  ist  von  den  Vorgeschlagenen 
der  älteste  42,  der  jttngste  28 Vt  Jahre,  12  bezw.  57«  im  Dienst- 
grade, bei  der  Artillerie  weist  der  älte  377t,  der  jttngste  81  Jahre 
anf,  10  bezw.  7  Jahxe  im  Dienstgrade,  10  sind  ans  dem  Unteroffizier- 
staode  hervorgegangen.  Bei  den  Kolonialtmppen  werden  11  Oberst- 
leotnants  der  Infanterie  zur  Beförderung  vorgeseblagen^  davon  fünf 
frühere  Unteroffiriere,  der  älteste  ist  54,  der  jttngste  45  Jahre  alt, 
der  älteste  ist  6,  der  jüngste  2Vs  Jftbre  im  Dienstgrade;  von  19  snm 
Oberstleutnant  vorgeschlagenen  sind  5  frühere  Unteroffiziere,  das 
Lebensalter  schwankt  zwischen  47  nnd  36  Vi?  das  Dienstalter  im 
Orade  zwisoben  6  Vi  nnd  3  Jahren,  von  23  VorgieschlageiieD  sind 


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594 


CJmiehaii. 


15  ans  Aem  Untt Tüftizierstaade  hprvorL''pgriFm^en.  Von  32  znr  Be- 
förderung: zu  Hauptieuten  Vorgeschlii^enen  ^in<i  (>  au«?  dem  Unter- 
offiziersUnde  hervorgegangen,  das  Lebensaller  sjichwankt  zwischen 
36  und  27  Jabreo,  6  and  5  Jahren  im  Dienstgrade.  \  on  6  zur  Be- 
förderung zum  Oberst  vorgeschlagenen  Oberstleutnants  der  Kolonial- 
artüierie  sind  8  frühere  l^nteroffiziere.  das  Lebensalter  »cli wankt 
zwisehen  57  und  43 'jj  Jabrtni,  Aller  im  Dienstgrade  7  bezw.  5  Jahre. 
Zum  Oberstleutnant  sind  9  vorgeschlagen,  darunter  4  frühere  Unter- 
offiziere, das  Lehensalter  schwankt  zwischen  öi'/^  und  41 '/v-  ^  ^^^'^ 
3  Jahre  im  Dienstgrade.  Haoptleute  sind  zu  Majors  vorgeschlagen  13, 
darunter  2  frühere  Unteroffiziere,  I^ebensalter  43'/t  and  35 V2  Jahre. 
10  bezw.  4  Jahre  im  Dienstgrade.  Hält  mao  ~  oor  die  Heimat- 
trappen  berft€ksl«ihtigl  dag  bei  der  Befifardeiung  zum  Haaptmaon 
be^heade  DnrebsebiiittolebeiiBalter,  das  DorobBcbnittBalter  im  Diensl- 
grade  des  Hanptmanns  sasammeo,  so  erkeimt  man  leiebt,  bi  welehem 
Verbältais  dIeLanfbabn  Ar  Offiziere  !o  Fraokreicb  mit  demHauptmann 
absehlieben  mnls  scbon  wegen  der  Altersgrenze.  Die  Betreffenden 
können  ihr  militürisebes  Ende  sdion  längere  Zeit  Tor  Erreichen  der 
Altersgrenze  voransseben  ond  wir  sind  der  Ansieht,  dals  das  nieht 
gerade  znr  Hebnng  des  Interesses  ond  Dienstdfeis  anspornen  kann. 
Truppen-  Ein  Rnndscbreiben  des  Kriegsministers»  betreffend  die  Ganison- 
flbuogan.  „um^y^  gemiseblen  Waffen  1904  die  ttbrigeos  in  Fhmkreieb 
eine  1>eaohlensweffe  Aasdebnnng  finden  —  weist  daranf  bin,  dab 
besonders  aneb  der  gtündlieben  Sehnlnng  im  Vorpostendienst,  Ter^ 
bonden  mit  ^waks  ond  niebtliehen  Untemehmmgen,  Anftnetk- 
samkeit  zn  widmen  sei  Bei  den  groisen  Berbstllbnngen  bin- 
derten vieifaeb  Ermttdnng  der  Trappen  ond  Witterung  an  der  Toilen 
Ansbildong  in  diesem  an&erordentlieh  wiobtigen  Dienstnreige  aod 
zwänire  manchmal  dazu,  nnr  ein  Skelett  der  Vorposten  anfitnslellea. 
Bei  den  Gamisonttbnogen  liegen  die  Gründe  für  die  Schonung  der 
Tmppe  nicht  vor.  Der  weite  Aafklärungsdienst  funktioniert,  nach 
dem  Rundschreiben  des  Kriegsministers  im  allgemeinen  zur  Zufrieden- 
beit,  die  Aufgaben  desselben  werden  wenigstens  rerstanden.  Lücken 
zeigen  sich  noch  in  der  Anwendung  der  zweckmäisigsteo  Büttel  zur 
Übermittelung  der  Meldungen.  Nach  dieser  Richtung  hin  sollen  bei 
den  GarnisonUbungen  Relais  usw.  erprobt  werden.  Endlich  betont 
das  Handschreiben,  dafs  man  aus  Mangel  an  genügenden  Gespannen 
bei  den  HerbstÜ bangen  nicht  in  drr  Lage  sei,  die  Munitionsstaffeln 
zu  bespannen,  was  aber  hei  den  GarnisonUbungen  möglich  und  da- 
her der  Munitionsersatz  bei  Infanterie  und  Artillerie  grün di ich  za- 
üben  sei,  —  Korpsgeneralstabsreisen  finden  in  diesem  Jahre  bi^i 
allen  Armeekorps,  eioschlieislieh  Kolonialkorps  und  Gonvemement 


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UniMtaau. 


595 


■von  Paris,  statt,  bei  den  Korps  der  Alpenarniee  (14  und  15)  erhalten 
sie  eine  besondere  (rrundlau^e.  Kadremanörer  im  Divisionsverbande 
sind  vorgesehen  hei  allen  aktiven  Divisionen  and  bei  einer  Reserve- 
divisiou  tUr  das  Arnieekorpa.  Kadrernanüver  im  Korpsverbande  i'ailen 
in  diesem  Jabre  ans.  Kavallerieübnngsreisen  werden  bei  allen 
Kavalleriedivisionen  abgehalten;  die  KorpskaYalleriebrigaden  ueiimeii 
au  den  Kadreinaiicivern  einer  Division  ihre«  Armeekorps  teil.  Beson- 
deres Interesse  werden  neben  den  Armeeman  ivt  m  in  diesem  Jahre 
die  HerbgtUbuugen  des  VI.  (Grenz-;  Korps  beaiisprucheu.  Die  12.,,  40.. 
42.  liifaDterie,  die  4.  und  5.  Kavallerie-Divisiuü  halten  von  6. — 13. 
September  Manöver  für  sich  ab,  dann  die  5  Divisionen  vereinigt 
Qnter  Leitong  des  Generals  Dalsteio.  Nach  einer  Vereiobaning  mit 
dem  FviaicteDten  des  toebiÜMhen  CATallerie-Comitös,  General  Boniez 
4er  grobe  Sondembnngen  in  Bereieh  des  VL  Coipe  Idtet,  weidßü 
vom  4. — 7./9.  noeh  die  G^yalteiiediTisioDeii  2  nnd  3  an  diesen 
UanÖTeni  tellnehmen,  sodafo  swisehen  Bkune  nnd  Maas  die  Infanteri- 
divisioneo  12, 40. 42  mit  22  lofanlerie-Begimentem,  6  Jügerbatafllonea, 
4  KaTalieriediTisioneD,  einer  starken  £or|islutvaUerie-Brigade,  26 
Batterien,  8  Pieiiiertmppea  ttben.  Bei  Laogres  finden  im  Juli  oder 
Angnst  groise  Übungen  in  Angriff  nnd  Verteidigung  fester  Pl&tze 
statt,  an  denen  die  simtttehen  FMbartiileriebataillone  in  Frankreich 
beteilig  sein  werden. 

Ftlr  die  von  Biagtee  sn  leitenden  Armeemanttrer  der  ver- 
stSrkten  Koips  YU  nnd  YIII  in  der  G6te  d'Or  ist  nnn  anch  das  nilfaere 
P^ogamm  bekannt  geworden.  Sie  beginnen  mit  zweitigigen  Divisions- 
manövem,  Dir  welehe  lieim  VIIL  Korps  anob  eUie  Marsohdivision 
geMldet  wird;  der  7.  September  ist  Hnhetsg,  aber  niebl  für  die  7. 
nnd  6.  KaTalleriedivisioa.  Die  ManOyer  von  Korps  gegen  Korps 
danem  von  8.  September  bis  13.  September,  die  8.  KavaUeriediTision 
wird  dabei  dem  VII.,  die  7.  dem  VIII.  Korps  ingeteilt.  Am  14.  and  15. 
•September  operieren  die  vereinigten  Korps  unter  Brogöres  Leitung 
■gegen  einen  markierten  Feind.  Die  Maalhrer  scblielsen  mit  einer 
Parade  bei  Dijon. 

Nach  der  Rangliste  ftlr  die  Kavallerie  sind  die  Kavaiierie- 
regimenter  (13  Kürassier-,  31  Dragimer-,  21  Chassms*,  14  Uosaren-, 
6  Chassenrs  d'Afriqne-,  4  Spahisregimenter)  in  gröf^ere  Verbände  wie 
folgt  eingeteilt:  Chassenrs  d'Afrique  nnd  Spahis  gehören  mit  3  Bri- 
gaden znm  10.  Anneekorps,  mit  einer  Brigade  zur  Besatzangsdivision 
Tonis.  Die  übrigen  79  Kavallerierepinienter  in  Frankreich  selbst 
verteilen  sieh  auf  19  Korpskavallpriebri^^adon,  davon  die  4..  6.  und 
7.  zu  3  Kegimentern,  8  Kavalleriedivisionen  im  allgenieinpü  zu  einer 
schweren  ond  einer  leichten  Brigade,  2  reitende  Batterien,  die  1. 


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ümschaa, 


tmd  5.  Divisioo  zu  3  ßrigadeo,  die  leichte  Brigade  der  2.  Dinson 
za  3  Regimeotera.  Bei  gleichmälsiger  ZasammenBetzong  aller 
DlviflioneD  m  2  Brigaden  könote  nuui  noch  eine  9.  und  den  gitflslen 
Teil  dner  10.  Diviston  anfstelleii. 
Dit  neve  Die  neue  taktische  Sebule  hat  in  einer  der  leteten  NnniDem  der 
^  .scü^ef  nlte^c  Deuz  HoodeBi''  aogeoseheiDlich  doreh  die  Feder  des 
Generals  Nögrier,  onter  der  Obenehrifl  „L'^olntlon  aetoelle  de  la 
taetiqne**  einmal  wieder  ein  Lel»en8zeieben  von  neh  gegeben,  nnseier 
Andcht  nach  niebt  mit  besserem  Erfolg,  als  bisher.  Wir  liOmien 
hier  natOrlieb  nur  einzehie  Paukte  anfuhren,  mflssen  das  aber 
aneb,  da  diese  bewdsen,  in  welehem  £zlrem  man  kommti  wenn 
man  ans  den  Erfabrnngen  des  Boienkrieges  &tsehe  Seldfisse  zieht 
N^grier  kommt  sonttobst  dazu,  die  Btickkehr  som  Beglement 
1676  zn  empfehlen.  Damit  kSme  man  znm  Anheben  der  oiSansiTen 
Tendenz,  die  man  seither  in  Fiaokreich  so  gepflegt,  denn  das 
genannte  Beglement  stellt  das  Vermeiden  TOn  Verlosten  in  die 
erste  Unie  nnd  drttokt  das  Stieben  naeh  Offensive  entsebieden  herab. 
Die  Kritiken,  die  man  gegen  das  Reglement  1875  richtete,  so  lange 
es  bestand,  haben  doeh  hente  erst  recht  Geltang;  das  Beglement 
lehrte  weder  Offensive  noch  Defensive,  es  lehrte  einen  MiBehmaseh, 
der  möglichst  entscheidende  EntsohlQsse  vermied  and  bei  dem  der 
Ansdmck  »Blntschen'^  am  Platze  wäre,  die  Vorsiebt  stand  in 
1.  Linie.  Das  Werk  der  heutigen  Neataktiker,  so  sagt  ein  franzö- 
sisohes  Fachblatt,  wtirde  eine  moralische  Depression  Ähnlich  wie 
naeh  einer  Niederlage  sein.  „Als  Kampf  gegen  einen  nnsiohtharea 
Gegner^'  bezeichnet  die  „Revue  des  Deux  Mondes"  den  Krieg  der  Zu- 
kunft. Auf  weiter  als  200  m  höre  man  keinen  Knall  mehr,  die  Kugrel 
pfeife  nicht  mehr,  sondern  gebe  einen  Ton  ähnlich  einem  Peitflchpn- 
knalle.  Die  erkundende  Kavallerie  wird  zum  Halten  gebrarlit.  ehe 
sie  den  Gegrner  sieht  und  ohne  dafs  sie  weifs,  woher  sie  Feuer  » r- 
hält.  Damit  mUisie  man  also  von  der  Voraussetzung  ausgehen,  dai's 
der  Gegner  niemals  mar.sehiere,  unbeweglich  in  seinen  Löchern  lä^e. 
Wenn  er  marschiert,  mufs  er  ötralsen  benutzen  und  muTs  die 
Kavallerie  ihn  auch  sehen.  Nach  der  „Revue  des  Deux  Mondes"  sitzt 
eine  Patrouille,  die  Feuer  erhält,  ab  und  schleicht  sich  von  Deckung 
zu  Deckung  in  der  Richtung  auf  den  Gegner  heran.  Zu  Pferde 
konnte  sie,  nach  der  „Revae  des  Deux  Mondes"  die  Kichtuug,  aus 
welcher  die  Schüsse  fielen,  nicht  ahnen;  abgesessen,  wird  die  Pa- 
trouille plötzlich  hellbörend  nnd  bellsehend  nud  erkennt  die  wahr- 
scheinliche iüchtuii^^  des  Gegners.  Die  Kriege  in  Ruropa  werden 
wohl  kaum  je  „goerres  de  petits  paqueta''  sein,  Masstiu  werden  sich 
bewegeu  und  über  Massenbewegnngeii  hut  mauj  die  verschieden- 


Piqitizofi  hv  C  "innere 


Umwhra. 


597 


BteD  Mittel,  sich  zu  orientieren.  Die  Gegner  der  ETolattoDisteD 
wollen  keineswegs  dem  Karabiner  seiDen  Wert  absprechen,  sie  wollen 
aber  Dicht,  dsfs  die  Kavallerie  das,  was  sie  selbst  leisten  kaoD  und 
mafs,  anderen  Waffen  itberlälsi  Die  ETolutionisten  verlangen  bei 
der  Erkondang  der  Kavallerie  grundsätzlich  das  Fenerfrrfeeht.  Dazu 
braucht  man  aber  doch  immer  Abteiloogen  von  einiger  Feuerkraft 
nnd  das  mnby  wenn  die  Abteilongen  so  zahlreich  sein  sollen,  wie  sie 
wttnseben,  zur  Zersplitterung  f\lbren.  Die  Evolutionisten  wollen  den 
Kampf  zn  Pferde  nnr  als  eine  Ausnahme  betrachten  und  gehen  da- 
mit  sogar  Uber  den  Gedanken  des  geistigen  Urhebers  des  Reglements 
von  1875  hinaus,  der  1897  die  Übungen  zweier  Kavalleriedivisionen 
leitete  und  u.  a.  sagte:  Lassen  Sie  die  Leute  mathematische  Be- 
trachtungen Uber  die  Gewalt  des  Feuers  anstellen.  Sie  bleiben  die 
Waffe  des  Chocs,  die  Krfolg^e  erzielen  kann,  wenn  sie  put  geführt 
wird."  Seit  1897  hat  aber  die  Bewaftnun«;  der  Infanterie  nicht 
wesentlich  gewechselt.  Die  Adepten  der  evolutionistisehen  Schale, 
haheü  allerdinfrs  erklärt,  dafs  der  Kiic^-  der  Massen  ausgespielt  habe, 
und  man  nur  von  einer  ^fruerre  de  rideaux"  sprechen  könne.  Eine 
Erklärung  für  diese  „rideanx'*  finden  wir  in  der  ..Kevue  do^;  Denx 
Mondes".  Die  rideaux  (Schh  irr,  Kulissen)  werden  im  aligemeinen 
dnrch  schwache,  aber  aus  allen  Watlen  zusaiitiaengesetzte  Detachenients 
—  nach  dem  Gelände  und  den  Verhältnissen  wechselnd  —  ^^clnldet. 
Sie  neliiiien  das  ganze  iu  der  Kichtung  auf  den  Feind  führende 
Strafsennetz  ein  und  decken  auch  die  Flecken.  Sie  schaffen  in  weitem 
Kadius  um  die  Armee  herum  eine  Siclierungszone,  innerhalb 
welcher  die  Führung  Truppen  vorschieben,  die  Marschrichtung  ändern, 
kurz  manövrieren  kann,  ohne  dals  der  Gegner  es  merkt.  (?)  Die 
Fltigelgroppen,  die  der  Führer  nach  seinem  Willen  staflt  It  können 
sowohl  die  Umfassung  des  Gegners  bewirken,  als  dessen  \  ersuch 
zur  Umfassung  scheitern  lassen.'*  Hat  man  ein  stark  entwickeltes 
Netz  von  Straisen,  auf  deren  jeder  ein  Detachement  aus  allen  Waffen 
vorgeschoben  ist,  so  muls  man  zu  einem  starken  Kräftever- 
brauch  kommen,  l^^inzelue  von  diesen  Detaciieuients  treffen  auf 
den  Gegner,  andere  nicht,  diese  sin  dalso  überflüssig,  statt  zur  Ökonomie 
der  Kräfte,  käme  man  /.u  Kraftevergeudung.  Soll  der  Führer 
Mauövrierfreiheit  für  seine  Gros  behalten,  so  mUbben  die  Verbände,  die 
zwischen  dem  Gros  und  dem  Gegner  sich  befinden,  einen  genügenden 
Grad  von  Widerstandsfähigkeit  haben.  Diesen  haben  die  Schleier 
der  evolutionistischen  Schule  aber  nicht.  Denkt  man  sich  eine  Armee, 
die  nur  die  Schleier  der  Evolationisteo  vor  sieh  hat,  gegenüber  einer 
Armee,  welcher  Kavalleriediririon^  Toransgehen  nnd  die  normale 
Avantgarden  vorgesohoben  hat  Die  Antklinmg  der  letiteien  wird  dnroh 


598 


Umdiaii. 


die  Schieier  durch,  bezw.  an  ihnen  vorbei  jjrf  bing'en  und  die  eigene 
Armee  zeiti^r  benachriL-liti^en.  Stöfisk  Dan  die  Armee  durch,  so  bleibt 
dem  Schleiern  nichts  Ul)ri;.'.  als  zu  weichen  und  falls  die  Armee,  der  sie 
voraasgingen.  nicht  eiin  Schlaeht  annehme  wird,aueh  wenn  .sit-  nicht  will, 
das  Gesetz  des  Handelns  vom  Gegner  empfangen.  Die  Schleier  ent- 
sprechen nur  der  Taktik  der  vorgefalsten  Meinungen,  es  sei  denn, 
dafs  man  ihnen  starke  Avantgarden  folgen  lasse.  Was  der  Artikel  an 
annehmbaren  Vorschlägen  bringt  —  und  es  ist  wenig  genug  —  hat 
nicht  den  Reiz  der  Neuheit.  Zudem  sind  die  Ansichten,  die  ent- 
wickelt werden,  auch  nicht  frei  von  Widersprüchen  in  sich.  Wenn 
an  einer  Stelle  gesjigt  wird,  dals  der  Impuls  zum  Angriff  nicht  durch 
Druck  von  rllckwärts  gegeben  werden  könne,  so  lesen  wir  an  einer 
anderen :  Sache  der  Fuhrung  ist  es.  die  lieserve  so  zu  dirigieren,  dafs 
sie  den  Angriff  dort  unterstützt,  wo  er  Aussicht  hat,  durchzudringen 
—  also  Drnck  von  rückwärts.  Die  Unterstützung,  die  die  Artillerie 
der  Vorbewegang  der  Infanterie  gewähren  kann,  Übergeben  die 
Adepten  der  eTolatlonisoben  Bohnle  mit  Schweigen. 

Trappen-  Die  Ftohpreflse  beklagt  sieh  über  den  Mangel  an  groben 
piäS^  Tmppenttbangsplätzen,  deren  man,  Ton  den  veralteten  nnd  tOUI^ 
ungenügenden  von  Sfttoiy,  Vineennes,  Valbonne  abgeeeben,  nur  aehl 
besitie.  Davon  Lame  (16.  Korps)  nnd  la  Conrlüie  (12.  Korps) 
noch  nicbt  fertig  gestellt.  Die  schon  befohlenen  praktischen  Obongen 
an  der  Konnalscblelsschale  im  Lager  von  (Mlons  fallen  fttr  1904  ans. 

AuriaBning  Der  Kriegsminister  hat  der  Kammer  einen  Oesetwntwnrf  tiber- 
fesU^if  en  ^'^^  der  die  Aoflassnng  eines  Teils  der  Festangswerke  von  Per- 
'  pignan  sowie  nach  AnhOmng  des  Vertoidignngskomitees  einer  Aniabl 
von  veralteten  Werken  an  der  Fyrenjtengrenze  voisobltigt.  In 
Flage  kommen  die  Plätee  Frälo  de  Molle,  Fort  tes  Bains»  VUle- 
francbe  de  Conflent,  Saint  Jean  Pied  de  Port,  Bayonoe,  aniser 
Gitadelie,  Batterie  Serrat  d*en  Vaqner  bei  Perpignan,  die  Werke 
von  Port  Vendres,  Collionre,  aosgenommen  die  neneren  Werke,  die 
die  Gebirgspässe  zwischen  Col  de  Banyols  nnd  deren  Meere  sperren. 

Kolonial         Die  Notwendigkeit  der  Verstärkung  der  Kolonialtrappen  in 

truppen.  indochina  während  des  japanisch-russischen  Krieges,  wozu  aas  Frank- 
reich schon  nind  1800  Mann  Infanterie  und  Artillerie  von  den 
dortigen  KolonialregimeDtern  abgegangen  sind,  sowie  die  Erörterangen 
ttber  den  Schatz  der  Kolonien  im  ßudgetausschufs  der  Kammer  hei 
Gelegenheit  der  Interpellation  über  den  Zostajid  der  Marine,  auf  die 
wir  unten  zorUckzukommen  haben  werden,  brachten  die  Frage  der 
Kolonialtmppen  Überhaupt  auf  das  Tapet.  Am  1.  Janaar  1904 
waren  auf  Madagaskar  l  französisches  Kolonialregimeot  (12  Kom- 
pagnien], 1  Feldartilleiieregiment,  ä  maigaschische  Tirailieorr^* 


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Umsciulu. 


59» 


menter  zu  12  Kompu^uieu,  ein  Senegal-Tirailleurregiment  16  Korn- 
pagnieD,  1  selbständiges  Tiraillenrbataillon.  Nach  fraiizösisehen 
Fachblätteru  braucht  man  dort  aber  2  volle  Divisionen,  in  Indo- 
cbina  7  Kolooialinfanterie-,  2  Kolonifilartillerieregimenter,  4  Regi- 
menter Tonkin  ,  2  Regimenter  Anamtirailleare,  je  1  Bataillon  chineti- 
Bcber  and  Cambodgetiraillears,  beide  za  2  Kompagnien,  während 
3  Tookinregimenter  Je  16,  das  4.  sogar  20  Kompagnien  ferner 
1  Musehiegiment  der  ^Fremdenlegion  und  dne  Reeervebrigade.  Die 
Franee  Militaire  verlangt  4  volle  Divitionen,  also  6  Regimenter 
mehr.  Doreh  Erlafe  vom  19.  September  1908  ri&d  bekaontUeh  die 
Kolonialregimenter  14  and  15  aufgelöst  worden.  In  Westafrika 
waren  je  1  Infanterie-  nnd  1  Ärtillerieregiment  der  Kolonialarmee, 
3  Senegai-TirailleQrregimenter,  2  SfMÜüaeekadrons,  1  Bataillon  von 
Zinder.  Bnlletin  oMeiel  bringt  eine  Veroidnang  vom  18*  Febmar, 
betreffend  Ersati  und  TiUigkeit  der  KolonialtelegrapheoBektion.  Bie 
besteht  ans  einem  Depot  in  Frankreieh  nnd  Detaehements  in  den 
Kolonien.  Das  Depot  in  Frankreieh  nmfaJst  SO  Offisiere,  100  Mann 
nnd  28  Mann  Alasoite.  Naeh  Indoohina  sind  abgesweigt:  2  Offiziere, 
116  Mann,  nach  Westafrika  1  Offizier,  58  Mann,  naeh  Ostafrika 
1  Offiaer,  43  Mann,  znsammen  4  Offiziere,  217  Mann.  Ergünziinif 
findet  dnxeh  Freiwillige  statt,  die  sieh  anf  5  Jahre  verpfliehten. 

Marineminister  Pelletan  hat,  wie  dies  der  letzte  Bericht  voraos*  Marine, 
sagte,  in  der  zweiten  Hälfte  BCiiiz  im  Bndgetanssehnis  der  Kammer 
schwere  Stunden  erlebt^  die  Frage  des  Znstandes  der  Marine 
nnd  der  Flottensttttzpnnkte  hat  aneh  noch  nieht  ihre  Erledigung  ge* 
fnnden,  der  Austrag  steht  vielmehr  im  Plenum  der  Kammer  za  er* 
warten  nnd  es  ist  durchaus  nicht  sicher,  ob  nach  den  Diskussionen 
dort  Pelletan  länger  in  seiner  Stellung  bleiben  kann.  Die  selur 
heftigen  Erörterungen  kntipflen  sich  an  die  Sonderkredite  für  die 
Marine  an,  von  denen  derjenige  fttr  1904  nur  125000  Franks  fttr 
Arbeiten  im  Hafen  von  Brest  verlangte.  Fttr  1903  wurden  dagegen 
8005  000  Franks  neuer  Kredite  gefordert.  Daf^  sollten  aber 
7231000  Franks,  als  nicht  verbrancht,  abgesetzt  werden.  Die 
neuen  Kredite  sind  ftlr  die  Mascbinistenoflßziere  (1,33),  Tisohgelder 
(65000),  Transporte,  Löhne  von  Werftarbeitern  (310000)  bestimmt^ 
abgesetzt  sollten  werden  bei  Kapitel  Artillerie  2,7,  bei  Torpedos  0,7, 
bei  Schififsbaoten  2,7  Millionen.  Auf  die  vom  Figaro  veröfi'entliohten 
offiziellen  Dokumente  —  auf  welche  wir  später  znrttckzokonmien 
haben  werden  —  bauten  die  Deputierten  Etienne  Lockroy,  Cbaumet^ 
später  auch  Lanessan  und  andere  ihre  Anfrage  bezüglich  der 
Leitung  der  Marine  durch  Pelletan  auf.  Diese  amtlichen  Schrift- 
fitttcke  waren  eigentiioh  ebensoviele  Anklagen  gegen  die  Amtsftlbrung 


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600 


UmMhan. 


Pelletins,  welcher  Saumseligkeit,  Eigenmächtijxkeit,  Mangel  an  Sorsr- 
fall,  Schuld  an  der  nicht  ausreichenden  Bereitschaft  der  Geschwader 
und  der  FlotteustUtzpuükte  vorgeworfen  wordeu.  Da  sind  znnäcbbt 
Briefe  des  Marinepräfekten  von  Toulon,  Vizeadmiral  Rienaim«^  und 
seines  Stabschefs  Konteradmintl  Uavel,  die  bekunden,  dals  der 
Marineminister  anf  die  Reantwortang  von  Gesuchen  um  Keparatnr 
eines  ^  hitTes  oft  monatelang  die  Antwort  schuldig  blieb,  oder  au^'h 
gar  luciit  antwortete,  Berichte  von  Kouier;i(liiiir;il  Ravel  und  Vize- 
admiral Bienaim6  Uber  Mangel  au  Persoiial  Kin  Bericht  vom 
17.  November  1903  konstatiert,  dafs  an  dem  Sollstand  des  Reserve- 
geschwaders  von  1071  Köpfen  niobt  weniger  als  624  fehlen,  ein 
Beriekt  ▼<nii  10.  Felanar  1904  sieOi  fest,  dab  man  mit  dem  Personal 
des  Seseiregeschwadere  nicht  die  drei  Rrenser  Amiial  Cbames, 
Cassard,  DeBcartefl  zn  bemannen  vermöge,  ein  Berieht  vom  16.  Febmar 
1904,  nach  welchem  der  Mangel  an  Penonal  niebt  nur  die  Eriial- 
tang  des  Materials  in  Frage  stelle,  sondern  ancb  die  Stimme  für 
die  Mobilmacbnng.  Ein  anderer  Berieht  meldet,  dafo  man  fttr  die 
Bemannung  der  eiligst  naeh  Oataeien  bestimmten  Torpedobootsjäger 
Moasqoet  and  Fronde  auf  das  Bküwe  Geschwader  sorttckziehen 
mUsse.  Nach  einem  Dekret  Tom  Desember  1901  war  das  Verbleiben 
der  Eingeeehriebenen  der  seemftnnischen  BevOlkenmg  im  Dienet  aof 
47  Monate  festgesetzt,  Pelletan  rednzierie  es  am  1.  Aogast  190S 
anf  45  Monate,  am  9.  Oktober  1908  anf  44  Monate  nnd  nach  dem 
Bericht  des  Konteradmirals  fiayel  am  17.  November  190S  fand 
merkwttrdigerweise  eine  weitere  Herabsetning  auf  42  Monate  statt. 
Der  Ansbmch  des  japanisch -mssischen  Krieges  veranlabte  Pelletan 
dann  am  13.  Februar  1904  die  Daaer  wieder  anf  44  Monate  zn 
steigern.  Jetzt  ist,  da  man  nicht  ansreiohend  Matrosen  hatte,  um 
das  Reservegeschwader  zn  bemannen,  zu  Anfang  April  die  Zeit 
schon  wieder  auf  46  Monate  erhöht,  ein  eklatanter  Beweis  dafür,  dals 
Pelletan  experimentiert.  Dann  folg:en  Berichte,  die  bekunden,  dafs  die 
Lage  beim  Nordgeschwader  nicht  besser  ist.  Ein  Bericht  des  Vizeadmirals 
Caillard,  Kommandant  des  Nordgeschwaders,  Gesamtbericht  Uber 
das  Personal,"  konstatiert  eine  Lockerung  der  Disziplin,  also  genau 
das,  was  Lockroy  anfUhrt,  der  zweite  Bericht,  der  vom  Konteradmiral 
Melchior,  Chef  des  Stabs  in  Brest,  herrührt,  und  das  „Funktionieren 
des  Dienstes  und  Personals  der  Reserre  im  zweiten  Bezirk''  betrifft, 
spricht  sieh  ähnlich  aus,  wie  Ravel  tlher  die  Zustände  in  Tooloa. 
Dem  Budgetausschuls  sind  ferner  zahlreiche  Berichte  vofi  Marine- 
offizieren vorgelegt  wordeu  und  zwar  durch  den  Deputierten  Hrmon. 
Einer  von  dioBpii  Berichten  knüpft  an  die  von  Pelletan  im  Mariii  *- 
aosschuls  gegebene  Erklärung  an,  nach  welcher  das  Nordgeschwader 


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Umschau. 


601 


und  die  Unteiseebooke  sehr  beaobteiwwerte  Kräfte  dantelleQ.  Auf 
dem  Papier,  ao  mgt  der  Beridit^  besMil  das  Gkadiwader  ans  drei 
LiDienschÜfen,  drei  PanierkllsleBwitobtetD,  drei  Kremen»  Beobs 
Torpedobootejigem,  iD  Wirklichkeit  jetit  ans  swei  Kttsteawftebtenii 
swei  EienievD,  vier  Torpedobootjägem,  Mass^oa,  Henri  IV.  und 
Jeanne  d*Are  sind  nie  hl  verfügbar,  Formidable  kann  bei  hober 
See  seine  Artillerie  niebt  gebraneben,  hKtte  naob  dem  Budget  aneh 
Bobon  dnieb  einen  modernen  Panser  ersetit  sein  sollen,  Janr^gaiben^ , 
der  anf  dem  Papier  som  NordgoBobwader  gebttrl,  ist  in  Tonion  snm 
KeeselenalE.  Die  wenigen  bleibenden  Sehiife  sind  b  Wirklichkeit 
niebt  armiert.  Sie  k&nnen  am  1.  April  niebt  wie  sie  sollten,  roll 
bemannt  sein,  da  das  Peisonai  mangelt.  Der  Hange!  ist  so  grois, 
dafe  man,  nm  den  kleinen  Kreuzer  d'Assas  so  bemannen,  der  naob 
Ostasien  abging,  im  Hafen  Ton  Brest  alle  Lente  der  Sebi£fe  in 
Reserve  nehmen  nnd  doob  aneh  aof  das  Nordgeschwader  snrllek- 
greifen  mofste.  Anf  den  Sobiffen  in  Reserve  ist  das  Posonai  so 
gering,  dals  es  zar  Erbaltong  des  Materials  niebt  langt  Pelletan 
hat,  indem  er  das  Personal  der  Reserve  rednxierte,  gegen  die  Be- 
Stimmungen  des  Dekrets  vom  16.  nnd  17.  April  1902  veistoisen. 
Das  Personal  der  Reserve  ist  onangreifbar,  es  ist  nOtig  snr  Erbal- 
tnng  der  Sobiffe.  Die  Misohnng  des  Personals  anf  dem  d'Assas  hat 
das  Platzen  eines  Eesseliohres  veranlabt.  Ein  anderer  Beriebt  sagt, 
dafs  grofise  Flottenmanöver  seit  Jnli  1902  niobt  stattgefimdeD,  der 
am  7.  Jnni  1902  ans  Rnder  gekonunene  Minister  Pelletan  konnte 
die  sehen  befohlenen  kombinierten  ManOver  des  Nord*  nnd  Mittel- 
meergeschwaders  1902  nicht  mehr  abbestellen,  machte  sie  aber  so 
wenig  fmehtbringend  wie  mögliob,  indem  er  keiner  Partei,  keinem 
Hafen  die  gemachten  £r{ahrongen  mitteilte,  die  Berichte  in  den 
Aktenfäebem  des  Ministerioms  liegen  Uels.  Im  folgenden  Jahre  liels 
Pelletan  sogar  die  GeschwadermanOver  ansfalleo.  Als  Pelletan  ans 
Rnder  kam,  hatte  das  Mittelmeergeschwader  acht  Erenier  nnd  er 
liels  swei  abrüsten,  da  dr«"!  weitere  entsendet  worden,  so  sank  die 
Krenzerdivision  auf  ziemlicli  Nall  herab.  Unsere  Geschwader  haben 
seit  achtzehn  Monaten  ao  Übong,  Kohftsion  ond  Erfahrnng  verloren. 
Ans  Ersparnisgründen  hat  man  die  grofsen  Manöver  ausfallen  lassen, 
ans  denselben  Gründen  hat  man  das  Personal  derartig  herabgesetzt, 
dals  der  Zustand  ein  bedenklicher  ist.  Und  dieses  aof  ein  Minimom 
herabgesetzte  Personal  ist  nicht  einmal  vorbanden.  Aof  telegrapbiscbe 
Order  kann  nicht  ein  volles  Geschwader  in  See  stechen.  Bemerkens- 
wert war  auch  die  Erklärung  des  frühereu  Marineniinisters  Lanessan. 
die  den  Bemerkungen  zweier  anderen  Deputierten  Uber  den  Zustand 
von  Bizerta  folgte.    Als  Lanessan  1899  ans  Rader  kam,  waren  uur 

Jabibtftktr  fOr  di*  d«atMh*  Am*«  nad  Maria*.  N«.  IM.  40 


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602 


Umsoluui. 


ftobt  ÜDtenee-  oder  Tanohboote  vorliandeD,  davon  swei,  Gynmote 
und  Gustave  ZM  im  Dienst  leelis  im  Bau,  darunter  Tandibool 
Narval.  Diesee  war  im  Joni  1900  Beeberelt»  die  beiden  anderen 
1901.  Am  26.  September  1899  onteneiebnete  Laneeaan  den  Kontrakt 
fllr  den  Ban  von  Tier  Unterseebooten,  die  1901  in  Dienst  traten. 
Mit  den  Tanobboolen  batte  man  grOlsere  Sobwierigkeiten,  sie 
braaehten  sn  lange  Zeit,  nm  so  taneben,  erst  im  Hai  1900  konnte  die 
Order  nm  Bau  too  swei  weiteren  gegeben  werden,  die  1901  ibre 
Probefabrten  machten.  Naeb  weiteren  Verbesserungen  stellte  Lanessan 
den  Ban  von  dreiiebn  solchen  Booten  in  das  Bndget  1902  eio,  als 
er  ans  Roder  kam,  stellte  Pelletan  den  schon  begonnenen  Ban  einr 
Lanessan  konstatiert,  dals  im  Mai  1902  die  Pläne  für  die  Untereee-  . 
boote  YöUig  festgelegt  waren,  der  Ban  bOcbsteos  zwei  Jahre  danem 
sollte,  dafis  er  an  den  Plänen  der  UnieDSchiffe  Patrie,  £4|mbli%ne, 
Justice,  Yöritä  IMmoeratie  nichts  geändert,  weil  er  ein  homogenes 
Geschwader  anstrebte,  den  Ban  TOn  TorpedolK>oten  ebenso  Temacb- 
lässigt,  als  die  der  Unterseeboote. 

Am  16.  März  erschien  dann  Pelletan,  der  sich  übrigens  weigerte, 
seine  Korrespondei»  mit  den  Admiralen  nnd  den  Häfen  dem  Aus- 
schnls  vorzulegen,  vor  dem  Budgetansschnls,  begleitet  von  Admiral 
Campion,  der  nicht  immer  dasselbe  bekundete,  wie  der  Minister» 
Pelletan  erklärte  zunächst,  dais  er  das  Geschwader  im  fernen  Osten 
aus  modernen  Schiffen  zusammengesetzt,  es  weise  heute  drei  Panzer- 
kreuzer neuesten  Typs,  drei  Kreuzer  zweiter  Klasse,  zu  dem  noch 
der  d'Assas  treten  werde,  auf,  er  habe  aufserdem  beschlossen,  eine 
Division  aus  sechs  Torpedobootsjägem  dortbin  zu  entsenden.  4  seien 
sogar  nnterwoL'f.  ^wfi  wUrden  folgen.  Der  Minister  kam  dana 
zu  der  l^rage  der  i^lottensiUtzpunkte.  Fllr  sie  hatte  das  Parlament 
total  159  Millior)pn  ausgeworfen,  davon  1«  für  1902  nnd  2(i  für 
1903.  Aus  finanziellen  GrUnden  hat  ni;in  1902  ins  Budget  nur 
9  MüiiotH  !!  und  1903  erst  26  Millionf  u  eingestellt.  Daa  Budget 
1904  enthalt  l3'/a  Million.  Man  habe  allerseits  verlangt,  dafs  zu- 
nächst Hizerta  ItfriU'ksichtigt  werde.  Seine  Vorgänger  hätten  auf 
dieses  16  MillioiK d  verwendet,  er  14  Millionen  in  zwei  Jahren.  Die 
Arbeiten  wUrd*  [i  bald  beendet  sein  und  man  sich  dann  mit  Diego 
Snarez  und  Dakar  beschäftigen.  Anfserordf  ntlich  wichtig  seieu  die 
„Döfenses  mobiles^,  sie  machten  die  Kolonien  unangreifbar,  daher 
habe  er  iinmer  Mittel  fllr  Torpedo-  und  Unterseeboote  verlaugt. 
Bevor  er  Minister  geworden,  habe  e.i  auf  Anüfriin^-  des  Flotten- 
prograrams  gedrungen,  das  392  Millionen  fUr  neue  Arbeiten,  72  für 
Umbau  veralteter  Scbifle  enthielt  Die  grolseu  Scbifle  sollten  nicht 
Tor  1905  und  1906  fertig  sein,  auf  seinen  Antrag  habe  die  Kammer 


UntMbML 


608 


50  Miliiüiien  hinzagefUgt,  so  daTa  sich  116  Millionen  tUr  Torpedo- 
uod  Unterseeboote  ergäben.  Mit  ünrecbt  sei  ihm  Schuld  gegeben 
worden  aü  der  Verzögerung  der  Fertigsten uug  der  Torpedoboote. 
Auf  Rat  der  Direktion  der  Schifisbanten  habe  er  das  von  Lanes«!an 
onterxeichnete  Dekret  /orUckgezogen,  im  Januar  19()B  seien  die 
ueuen  Kontrakte  unterzeichnet  worden  und  bis  1906  würden  23 
Torpedoboote  von  gröfseren  Abmessungen  fertig  sein.  Ftir  dieses 
Jahr  habe  er  die  Mittel  verlangt,  50  solcher  in  Baa  zu  legen.  Für 
Unterseeboote  habe  man  in  6  Jahren  6  IfiUionen  ausgegeben,  er 
habe  1908  allein  mehr  angewendet.  Die  Verzögerungen  im  Ban 
des  Emest  B^nan  erklärt  Pelletan  mit  dem  Hinweis  anf  die  wesenl- 
liehe  Verbesserung  des  Banplansi  der  dem  Seliiff  zu  geringe  Ge- 
schwindigkeit gegeben,  and  anf  Verzögerungen  nnter  anderen  Minl- 
steiiea  Die  VeraOgemngen  im  Ban  der  Linienschiffe  seien  geringer 
als  nnter  fruheren  Ministerien,  sie  hfttten  zn  bedeolenden  Erspar- 
nissen nnd  besserer  Amdening  geflihrt  Die  Bemannung  zeige 
weniger  Ltteken  ab  sonst»  statt  46585  Mann  habe  man  46000,  also 
nnr  10  P^.  Manko,  anf  den  Sohtllen  in  Reserve  8000  Mann  statt 
3500,  also  17  Pros.  Manko,  statt  20  im  Jahre  1900.  Die  Mittel- 
meerflolte  sei  stiirker,  als  Jemals  hrllber,  das  Nordgesehwader  aneh 
berelti  sie  konnten  anf  telegraplusche  Order  In  See  gehen.  Pelletan 
weigeät  sieh  dann,  eine  Aniahl  der  von  dem  Aossehnls  verlangten 
Dokumente  an  liefern.  Hier  nnd  bei  der  Kritik  Lockroys,,  Lanessans 
und  der  tthrigen  Mitiglieder  des  Aussehuases  wird  die  Diskussion  im 
Plenum  der  Kammer  einsetzen,  wo  der  AusschuCs  bei  Beratung  der 
Sonderkredite  für  die  Marine  die  Fragen  alle  zur  Sprache  bringen 
will.  Die  nationalistische  Ghmppe  hat  zudem  erklärt,  dals  sie  nicht 
eher  ein  Qehen  der  Kammer  in  die  Osterferien  dulden  werde,  ehe 
die  Frage  entschieden  sei,  ob  Pelletan  noch  länger  an  der  Spitze 
der  Marine  bleiben  dürfe.  Man  wird  in  der  Kammer  sich  auf  leb- 
hafte Diskussionen  gefalst  machen  müssen,  Pelletan  steht  Jedenfalls 
weniger  fest,  als  früher.  Während  des  Druckes  ist  man  nach  sehr 
heftigen  Enlrterungen  im  Plenum  der  Rammer  durch  Eingreifen  des 
Mini^^terprä^sidenten  zn  firm  Besehlals  gekommen,  eine  ausserparla- 
menta^i•^'che  IJntersuchuiii:  über  den  Zustand  der  Marine  seit  1894 
einzuleiten.  Die  Konunissiou  ist  aus  6^^  Mitgliedern,  darunter  viele 
Freunde  Pelletans,  aber  auch  Opg-ner,  zusammengesetzt.  Sie  hat 
sieh  zunächst  bis  26.  Mai  vertagt.  Pelletans  Gejrner  geben  das 
Spiel  aber  durchaus  nicht  für  Terloren,  sie  hoffen  ihn  zu  Fall  m 
bringen  und  das  Einschreiten  Pelletans  ge^en  die  Admirale  Bienaime 
und  Havel,  die  ihrer  Posten  enthoben  wurden,  macht  die  Lage  Pelle- 
tans nicht  gerade  besser.  18 

40* 


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6(H 


UnuttbM. 


Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika. 

Der  am  12.  April  d.  J.  ao  Bord  des  Ver.  Staaten-Kriegsschiffes 
„MissoQri"  vorgekommene  schwere  Geschützanfall,  welcher  81 
Menschen  das  Leben  kostete,  hat  allenthalben  berechtigtes  Anf- 
Behen  prrprrt.  Mit  Befriedigung;  entnehmen  wir  der  ,.Natinnal7PitQng- 
vom  '20,  A[)ril  1904,  dals  ein  solcher  Unfall  bei  uns  unmöglich 
wäre  infoige  der  in  der  deutschen  Marine  bis  zu  den 
höchsten  Kalibern  verwendeten  MetallhtilHen,  in  welchen 
die  Pu  1  verladu ngen  eingeschlossen  sind.  Im  Gegensatz  hierzu 
sind  die  Geschtltzladuugen  bei  der  amerikanischen  Marine  lediglich 
in  Beuteln  aus  Seidentnch  eingenäht  (Beuteikartuschen).  Der  Vor- 
gang beim  Unfall  an  Bord  der  „Missouri"  scheint  etwa  folgender 
gewesen  zu  sein:  Im  Augenblick,  als  nach  einem  eben  abgegebenen 
Schnfs  hinten  der  Verschluls  des  Geschützrohres  geöffnet  wnrde, 
entstand  ein  Luftzug  durch  das  Rohr,  der  darin  zurückgebliebene 
Rückstände  zum  Flammen  brachte.  Bei  der  wahnsinnigen  Kckord- 
wut  der  araerikanischcn  Geschützbedienung,  um  schnell  /u  schiefsen. 
wurde  anscheinend  in  ditscm  Augenblick  auch  bereits  wieder  geladen. 
Die  ßeutelkartusche  entzündete  sich  während  dieser  Manipulation 
und  durch  ihre  Explosion  wurden  auch  die  anderen  im  Turm  in 
Bereitschaft  stehenden  Beutelkartuschen  zur  £xplosion  gebracht,  was 
die  grobe  Zahl  der  OetOteten  erklärt.  Hätten  die  Amerikaner  wie 
bei  ans  MetaühttlseD  gehalvt,  so  hätte  erstens  die  neu  los  Bolir  ein- 
geführte Kartasehe  sieb  nieht  entBOnden  können,  und  sweitens  wäre 
eine  EntKOndnng  anob  der  in  Bereitsebaft  stehenden,  in  ihren  Metall- 
btUsen  eiogesohlossenen  Ladungen  gans  ansgesehloasen  gewesen. 
Gegen  die  Anwendung  der  Hlllsen  erwähnen  deren  Ct^er  baapt- 
sächlich  den  erbebliohen  Preis  mid  das  tote  Qewiebl  Diese  Nach- 
teile sollten  unseres  Eraehtens  gegenttber  der  hoben  Gefahr  Itei 
Niohtanwendnng  Ton  Hälsen  —  die  der  Unfall  an  Bord  der  fjUissouri'* 
in  eiBcbreekender  Weise  von  neuem  erwiesen  bat  —  bi  den  Hhiter^ 
grund  treten.  Vldlelebt  spricht  aber  Im  Ausland,  wo  man  mit  der 
Fabrikatton  der  Hetallblllsett  noch  nicht  soweit  ist  wie  in  Deutsch- 
land, anob  die  Schwierigkeit  ihrer  Herstellung  im  eigenen  Lande  mit. 

K. 

QrodBbritaimieiL 

Marine.  Die  Beilagen,  die  dem  Marinebodget  1904/O.Ö  l)ei^^efu^^t  sind. 

geben  einige  interessnntt'  AofschlUsse  Uber  iiautaligkeit  und  Ist- 
stärken. Die  Flottenbemannung,  die  1903/04  total  127000  Köpfe 
beträgt,  Flottenreserven  8575.  wachst  1904/05  um  4000  Köpfe, 
darunter  3  730   Heizer  und   Matrosen.     Vom  1.  April  1903  bis 


Literatur. 


606 


31.  Uän  1904  önd  aeebereil  gewoiden  imd  der  Elottenreserre  llber- 
wiesen:  6  LipicDBehttfe,  9  Fioseikreiiier,  8  Kreuzer  IL  Klaaeei 
2  Koipe,  11  Tmrpedobootjäger,  8  Torpedo-,  8  UnterBeebooke.  Am 
1.  Aprü  1904  dnd  im  Baa:  8  Lioieoflefaiffe,  18  Panzeitoiiier, 
1  Kreiner  II.,  4  OL  Ekase,  8  AnfkUUer,  28  TorpedobooQiger, 
18  UnterBeeboote,  1  FlnlskAOonenboot,  1  Taebt  Nen  in  Bau  gelegl 
werden  im  FInanzjabr  1904/05:  2  linienaebiffe,  1  Famerkreiizer, 
14  Ttapedoboo^Sger,  11  Unleneeboote.  %  snm  nUebsten  81.  Min 
aoU  der  Umban  der  liniensohiffe  Barfienry  Oentniion,  sowie  die 
Llniensobiffe  der  Boyal-Sovereign-Klasse  anber  Bepnlse  nnd  Hood 
bewirkt  sein.  Die  AdmiraUtm  bat  Anftrag  gegeben,  die  drei  Linien- 
eebiffe  des  Programms  1908  naob  1^  Edward  ViL  in  Portsmontb, 
Pljmontb,  Gbatham  in  Bau  so  legen,  sie  beifisen  Britannia,  Africa, 
Hibemia,  ftlr  die  drei  neuen  Panzerkreuzer  I.  Klasse,  Achilles, 
Cocbrane,  Natal,  sind  die  Kontrakte  abgost-hlossen,  das  vierte  iit 
Pembroke  in  Bau,  alle  vier  gebttrea  der  Edinboorgb-Klaase  an. 

18 


L  i  1 1  r  a  t  n  r. 


I.  BOeher. 

i^apoleons  Untergang  1S15.    Von  v.  Lettow-Yorbeck,  Generalmeyor 
a.  D.  Erster  Band.  Elba— Belle- AUiance.  Mit  10  ICartenbeilagen 
in  Steindraek  nnd  6  Skizien  im  Ttot  Berlin  1904.  E.  8.  MitUer 
und  Sohn,  KOiugtiebe  Hofbachliandlung.  llk.  14.— 
Von  der  in  vier  Btnielwerken  eneheinenden  Oesoliiebte  der  Be» 
fireiuDgekriege,  mit  deren  Herausgabe  sich  die  Verlagsbuchhandlung 
ein  80  grofses  Verdienst  erworben  hat,  liegt  jetzt  der  erste  Band  des 
den  Abschlufs  bildenden  Werkes  über  den  Peldzng  von  1815  vor.  Bei 
dem  Ruf,  den  der  inzwischen  leider  auf  so  tragische  Weise  ums 
Leben  gekomment'  \  erlasser  als  Kriegshistoriker  genofs,  wurdf  d^ra 
Erscheinen  gerade  dieses  Werkes  von  allen  Seiten  mit  begreillicliür 
iSpanuuiig  entgegongoseben.   Diese  Erwartungen  zu  erfüllen  ist  General 
V.  Lettow  aielitiieb  bestrebt  gewesen,  und  bat  er,  am  es  zu  können, 
die  ganze  etnseiiligliobe  Litemtnr  studiert  and  die  Arobive  darohforaeht 


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606 


Utentur. 


Sogar  das  den  preufsisohen  OfAzieren  bisher  Tenchlossene  Material 
dos  Pariser  Kriegsarchivs  hat  er  sich  zugänglich  gemacht.  So  bringt 
er  denn  auch  manches  neues,  widerlegt  manchen  Irrtum  und  Itl&rt, 
manches  auf,  was  bisher  unbegreiflich  enschien. 

Da  es  wenige  Feldzüge  gibt,  in  denen  die  politischen  Verhältnisse 
in  einem  so  innigen  Zusammenhange  mit  den  militärischen  stehen 
wie  im  Jahre  löl5.  bei  dessen  Darstellung  eine  Trennung  beider 
geradezu  unmöglich  ist»  so  hat  sich  der  Verfasser  auch  nicht  mit  der 
Wiedergabe  der  letzteren  begnfigt,  sondern  ein  Bild  der  ganzen  in 
Betracht  kommenden  Zeit  entrollt.  Er  bringt  ans  somit  nicht  nur 
eine  Geschichte  des  Feldzuges  von  1815,  sondern  eine  solche  der 
»Hundert  Tage**. 

In  dem  sieben  Kapitel  umfassenden  vorliegenden  Bande  gelangen 
die  Vorgeschichte  und  die  Ereignisse  vom  15.  bis  20.  Juni,  d.  h.  der 
Feidzug  in  Belgien,  zur  Darstellung,  Im  ersten  Kapitel  sehen  wir  den 
gestürzten  HeiTscher  auf  Elba  und  lernen  dann  das  Europa  bis  an  den 
Hand  eines  allgemeinen  Krieges  bringende  Getriebe  des  Wiener  Kon* 
gresses,  sowie  die  durch  die  VerhUtnisse  und  die  Mifsgrififb  der  neuen 
Regierung  erzeugte  Unhaltbarkelt  der  Zustände  in  Frankreich  kennen. 
Das  zweite  Kapitel  ist  dem  Adlerfluge  Napoleons  von  Elba  nach  Paris 
gewidmet,  der  wie  sonst  nichts  in  seiner  wunderbaren  Laufbahn  von 
der  Gewalt  seiner  Persönlichlceit  zeugt.  Seine  an  den  Inneren  Zuständen 
des  Landes,  vornehmlich  nn  dessen  militärischer  und  flnanzifller  Er- 
schöpfung scheiternden  Bemühungen,  Frankreich  für  den  nicht  zu 
vermeidenden  Kampf  gegen  das  ganze  übrige  Kuropa  vor7.ubereiten. 
bilden  den  Inhalt  des  dritten  Kapitels;  treffend  wird  hier  Napoleon  mit 
einem  gefesselten  Adler  verglichen,  der  sich  in  sein  Element  empor- 
schwingen möchte,  aber  durch  die  Ketten  niedergezogen  wird.  Die 
Versammlung  der  preufsischen  und  der  eagüBCh-niederlAnd&ichen 
Armee  in  Belgien  gelangt  in  dem  viel  neues  bringenden  vierten  Kapitel 
zur  Darstellung,  in  dem  wir  zugleich  die  leitenden  Anschauungen  der 
verschiedenen  Hauptquartiere  und  die  ersten  Keime  eines  sich  —  wie 
hei  Koalitionsheeren  so  oft  —  aus  der  Verschiedenheit  der  Interessen 
ergebenden  Zwiespalts  zwischen  ihnen  kennen  lernen.  Das  fünfte 
Kapitel  enthält  eine  vortrefifliche  Charakteristik  der  drei  Armeen,  sowie 
ein  ebensolches  Charakterbild  Wellingtons.  Weiter  kommen  in  ihm 
vornehmlich  noch  der  französische  Aufknarsch  tmd  Napoleons  auf  den 
Durchbruch  berechneter  Operationsplan  zur  DarateUung. 
•  In  den  beiden  letzten  Kapiteln  wird  der  kurze  Peldzug  in  Belgien 
geschildert.  Wiewohl  sich  Napoleons  Vormanoh  am  Ib*  nlohl  ohne 
llifsgrifTe  und  Reibungen  vollzieht,  glückt  es  ihm  doch  die  Sambre  zu 
überschreiten,  doch  können  die  völlig  überraschten  preufsischen  Vor- 
ü*uppen  ihren  Rückzug  auf  Ligny  bewerkstelligen.  Weniger  trut  als 
©eine  —  von  Franzosen  bedienten  —  Gegner  über  die  Verhältnisse 
des  Feindes  —  namentlich  in  bezug  auf  Heeresstiirken  —  unierriehtet. 
niuaiii  er  am  Morgen  des  16.  die  erheblich  unterschätzten  Preulsen  im 


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Literatur.  607 

Rlleksuge  anf  LtttCich  an  und  will  sieh  nun  auf  BrUasel  wenden« 
dessen  Besetanin^  er  bei  sefner  ungflnstigen  Meinung  von  der  engüsoli- 
niederlftndischen  Armee  nicht  für  schwierig  hält.  Aber  Biflcher,  der 
anf  Wellingtons  Hilfe  rechnet,  hat  den  gröfsfcen  Teil  seiner  Armee  bei 

Ligny  versammeH  So  mufs  ihn  Napoleon  zuvor  angreifen:  Ney,  den 
«r  in  jener  Richtune:  hat  vorti:ehcn  lassen,  soll  nach  Bewältigun;^  des 
ihm  bei  Qu;itt\'-Bras  gnptnül>ür.stehenden  Feindes  gep;on  Blüchers 
Planke  und  Kucken  einschwenken.  Doch  hierzu  kommt  er  nicht,  denn 
Wellington,  der  sich  inzwischen  verstfirl^t  hat,  weist  ihn  surück. 
Trotadem  fesselt  Napoleon  bei  Ligny  noch  einmal  den  Sieg  an  seine 
Adler,  ftoilioh  keinen  solchen,  wie  er  ihn  gebraucht  und  auch  erringen 
kann.  Br  venrollständigt  ihn  aber  auch  nicht  einmal  durch  eme 
energische  Verfolgung.  Zu  spät  wird  Orouchy  am  17.  zu  dieser  angesetzt, 
so  dafs  die  Preufsen  auf  Wawre  zurückgehen  können,  wo  sie  nicht 
rechtzeitig  entdeckt  werden  Und  ebenfalls  zu  spät  bricht  Napoleon 
gegen  Wellington  auf,  der  intnl>r(  d*»ssen  ungestört  in  die  Stellung  süd- 
lich von  Waterloo  zurückgehen  kariii,  vor  der  die  französische  Armee 
ao  spät  eintrifft,  daTs  sie  am  17.  iiichi  mehr  zum  Autmarsch  kommt. 

So  kann  Napoleon  seinen  Gegner  am  18.  erst  gegen  Mittag  an- 
greifen. Im  VertrauMi  auf  die  ihm  von  Blfioher  angesagte  KUfls  hilt 
dieser  Stand.  Und  diese  Hilfe  erscheint  rechtaeitig.  Gleich  bei  Beginn 
der  Schlacht  matB  Napolieon  einen  Teil  seiner  Annee  gegen  das  seine 
rechte  Flanke  bedrohende  Korps  Bülow  entsenden,  und  als  dann  in 
dem  gewaltigen  fVontalen  Ringen  die  Franzosen  trotz  ihrer  nunmehrigen 
Minderzahl  doch  noch  den  Sieg  an  sich  zu  reifsen  scheinen,  erscheint 
auch  noch  dfis  Korps  Zielen.  Vergebens  setzt  Napoleon,  der  klar  er- 
kannt hai.  dais,  wenn  er  hier  nicht  entscheidend  siegt,  es  tür  immer 
um  ihn  geschehen  ist,  seine  letzten  Reserven  ein,  wodurch  er  sich 
auch  noch  des  Mittels  begibt,  der  das  Verderben  vollendenden  rastlosen 
Verfolgung  durch  die  Preufoen  einen  Damm  su  setaen.  Von  der 
gansen  Armee  kehren  nur  die  HeerteUe  unter  Grouchy,  die  am  18.  und 
19.  bei  Wawre  gegen  das  prou£risohe  Korps  Thielmann  gefochten  haben, 
in  geordnetem  Zustande  Aber  die  Grenze  zurück. 

Dies  über  den  Stoff  und  seine  Anordnung.  Die  Darstellung  ist 
eine  überaus  fesselnde,  die  Form  eine  geradezu  vollendete.  Auch  in- 
haltlich sind  höchstens  zu  den  beiden  letzten  Kapiteln  einige  Bemer- 
kungen zu  luaciien.  Wenn  in  ihnen  der  Hauptwert  auf  die  intellektu- 
ellen Faktoren  und  die  strategischen  Verhältnisse  gelegt  wird,  so  ist 
im  allgemeinen  dagegen  kaum  etwas  zu  sagen.  Trotzdem  ist  —  gerade 
bei  dem  hervorragenden  Talent  des  Verfhssers  fttr  Forschung,  Beur- 
teilung und  Darstellung  —  zu  bedauern,  dafs  die  taktischen  Verliftltnisse 
nicht  etwas  eingehender  behandelt  sind»  und  dals  er  nicht  z.  B.  das 
noch  immer  über  der  Schlacht  von  Ligny  schwebende  Dunkel  mit 
Hilfe  der  Truppenberichte  gelichtet  hat.  So  bleibt  hier  eine  Lücke, 
die  auszufüllen  sich  nur  schwer  ein  berufenerer  Autor  finden  wird. 

An  der  Beurteilung  der  strategischen  Verhältnisse  dürfte  kaum 


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608 


Litantor. 


etwas  aufltufietzen  sein.  Vielleicht  hätte  es  noch  mehr  hervorgehoben^ 
werden  können,  dafe  bei  der  konzentrischen  Anordnung  des  französi- 
schen Vormarsches  am  16.  mit  einem  starken  Widerstände  bei  Char!*^roi 
gerechnet  ist.  Ein  zweiter  Einwand,  zu  dem  gerade  die  Behnuptuni; 
des  Verfassers,  Napoleon  stehe  1815  noch  auf  der  früheren  Hohe, 
Veranlassung  gibt,  kuanit^  vielleicht  hinsichtlich  der  Beurteilung  des 
am  16.  geplanten  Marsches  aui  BruKtiei  geuiaclil  werden,  die  nicht 
genügend  von  Napoleons  AuflkeBmig  der  Lage  anesugehen  echeint,  da 
sonst  die  8. 828  entwickelte  Ansieht  wohl  entschiedener  in  den  Vorder- 
gmnd  gestellt  wire. 

Der  Sehwerpunkt  der  Ausführungen  des  Generals  v.  Lettow  möchte 
in  seiner  Beurteilung  der  drei  Feldherren  liegen,  durch  die  seiner 
ganzen  Darstellung  der  Weg  gewiesen  wird.  Der  T.eser  h;it  den  Ein- 
druck. dafR  der  General  schonungslos  ihre  Fehler  auideckt,  aber  in 
(durchaus  berechtigter  Weise  beniiiht  ist,  sie  aus  ihrer  Individualität 
und  den  Verhältnissen  heraus  zu  erklären;  die  angeführten  Zeugnisse 
sprechen  fast  alle  für  seine  Auilaasung.  Dals  er  hierbei  für  den  volks- 
tflmliehen  Marsehall  Vorwtrts»  den  er  Übrigens  nnabh&ngiger  von 
Qneisenau  hinsustelleo  snoht,  als  bisher  angenommen  wurden  eine 
griÜBere  Vorliebe  als  für  den  steifen  eisernen  Henog  an  den  Tag  legt^ 
ist  verständlich  und  sogar  berechtigt  Wenn  er  aber  Wellington,  von 
dem  er  im  fünften  Kapitel  ein  durchaus  sutreifendes  Charakterbild 
getreben  hat,  in  seiner  Tätigkeit  als  einen  —  man  möchte  sagen  — 
raiÜLanschen  Jesuiten  hinstellt,  dem  der  Zweck  auch  dem  Verbündeten 
gegenüber  die  Mittel  heiligt,  so  kann  dem  denn  doch  nicht  unbedingt 
zugestimmt  werden,  denn  die  beiden  hauptsächlichsten  Vorwüife.  die 
—  abgesehen  von  seiner  Beurteilung  der  preuCsischen  Armee  uad  der 
▼on  ihr  geleisteten  Hilfe  —  gegen  ihn  erhoben  werden,  sind  niclit  ein> 
wandfrei:  die  erst  geplante  Versammlung  bei  NItsIIbs  war  itebtig,. 
denn  die  Ausdehnung  der  prenlnseben  Vorposten  bis  Binohe  zeigt» 
dafs  die  Strafse  Charleroi-^Mssel  durch  die  Preufsen  zu  decken  war» 
und  dann  ist  es  durchaus  nicht  erwiesen,  dafs  er  Blfloher  am  16.. 
seine  Hilfe  zugesagt  hat.  es  sprechen  auch  gewichtige  Zeugen  dagegen, 
als  möglich  konnte  er  sie  aber  wohl  am  Morgen  des  16.  hinstellen. 
Dafs  gegen  die  Darbtelluns  des  Verfassers  von  unterrichteter  Seite 
sehr  bald  lebhafter  Widerspruch  erhoben  wwden  wird,  steht  sicher  zu 
erwarten. 

Gans  neu  ist  die  AufSusung,  die  Qeneral  v.  Lettow  von  Napoleoa 
hat.  Mit  Entschiedenheit  verwurft  er  die  Annahme,  derselbe  habe 
1815  geistig  und  körperlich  nicht  mehr  auf  der  fHiheren  Höhe  ge- 

standen.  Er  begründet  seine  Auffsssung  durch  Vergleiche  aus  den 
ihm  besonders  geläufigen  Feldzügen  von  Jena  und  Priedland,  in  denen 

Napoleon  dieselben  Fe  hler  gemacht  habe,  die  dort  nur  anders  beurteilt 
seien,  da  er  den  Erfolg  für  sich  pchnbt  habe.  Zweifellos  bildet  der 
Erfolg  häufig  den  Mafsstab  der  Kniik,  und  ebenso  zweifellos  hat 
Napoleon  auch  schon  früher  Fehler  gemacht,  trotzdem  kann  der  Auf-^ 


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Utoratar. 


609. 


ftssung  des  Verftwsers  nicht  unbedingt  beigepflichtet  werden.  Unter» 
scheidet  man  nur  zwischen  geistigen  und  körperlichen  Fähigkeiten, 
dann  gehören  zu  ersteren  auch  die  des  Charakters,  und  gerade 
diese  sind  es.  die  bei  Napoleon  im  Jahre  IHlfi  ziiHickstehen.  Wohl 
besals  er  noch  die  ihm  auch  von  keiner  Seite  abgesprochene  Fähigkeit, 
grofse  Entwürfe  zu  machen,  aber  die  nötige  Gharakterstari^e,  um  sich 
in  deren  Ausführung  nicht  beirren  zu  lassen,  hatte  er  bereits  1812 
bei  Smolen8l[  und  Ualo-JarMlaweta  —  nieht  mehr  besessen,  und  der 
Verlauf  der  seitherigen  PeldsUge,  die  Eändrüeke  des  Bxils  und  das  ihm 
für  den  Fall  des  Unterliegens  drohende  GeschiclE  waren  nicht  daiu  an- 
getan» sie  ihm  wiederzugeben.  Und  gibt  General  v.  Lettow  dies  nicht 
selber  zu,  wenn  er  S.  131  sagt,  sein  sonst  so  starker  Wille  sei  gebeugt 
und  sein  Vertrauen  auf  seine  Kraft  er«ichüttert  gewesen?  Geist  und 
Charakter  sind  in  diesem  Zusammenhange  nicht  zu  trennen.  Und 
ebenso  war  er  auch  körperlich  nicht  mehr  der  frühere,  dafür  berichten 
zu  gewichtige  Zeugen,  die  nicht  leicht  abzulun  oder  mit  Stillschweigen 
zu  übergehen  sind,  über  seine  Sctilafsucht  und  seine  sonstigen  Leiden. 
Wie  1808  in  3i  Standen  19  Meilen  zu  Pferde  znrOekzulegen,  wäre  ihm 
1815  unmöglich  gewesen.  Wire  er  der  frohere  Napoleon  gewesen» 
hatte  er  seine  Batwürfo  und  Befehle  nachte  angefertigt,  wiire  am  16. 
und  17.  (Hih  morgens  zu  Pferde  gewesen,  liitte  sich  am  16.  selber 
überzeugt,  ob  es  der  Feind  oder  Erlon,  der  nahte,  welchen  letzteren 
er  dann  ohne  Zögern  zur  Vernichtung  der  Preufsen  eingesetzt  hätte» 
und  hätte  nicht  am  18.  Ney  trotz  dessen  erkannter  Unfähigkeit  und 
Fehler  die  Leitung  fast  der  ganzen  Schlacht  tiberlassen.  Ks  sind  dies 
Funkle,  die  nicht  ubergangen  werden  können.  Dafs  er  Ney  und  ürouchy 
de»  Befahl  über  die  beiden  Flügel  übergab,  iuuin  überhaupt  niclift 
scharf  genug  getadelt  werden,  Davout  und  Soult  hfitto  er  statt  ihrer 
wühlen  und  letzteren  als  m^or-gtoM  durch  Suchet  —  nicht  aber 
„oder  durch  Monthion",  wie  der  Verfasser  meint,  denn  dieser  hatte 
sich  1818  als  Oeneralstabschef  des  Vizekönigs  gar  nicht  bewährt  — 
ersetzen  müssen,  der  Erfolg  wäre  ein  anderer  gewesen.  Wie  die  Be- 
urteilung Wellingtons,  so  wird  auch  di^jemge  Napoleons  kaum  ohne 
eine  lebhafte  Kontroverse  bleiben. 

Zieht  man  aus  den  vorstehenden  Ausführungen  die  Schlufsfolgerung,. 
80  wird  dieselbe  dahin  lauten,  dalü  das  Werk  zwar  einen  hohen  Wert 
besitat  und  in  der  Literatur  über  die  napoleonischen  Kriege  einea 
bleibenden  Plate  einnehmen  wird,  dafs  es  aber  nicht  als  ein  abschUefsendes 
Weifc  Über  den  zwar  nur  kurzen,  aber  doch  so  hochinteressanten  Feld- 
zug anzusehen  ist. 

Nicht  unerwähnt  bleiben  dürfen  die  wertvollen  Beilagen  und  die 
vortrefflichen  Karten.  Die  Wiedergabe  der  Karte  von  Capitaine  ist 
dankenswert  anzuerkennen,  wenngleich  zu  bemerken  ist,  düfs  sie  sich 
ungemein  schwer  liest,  und  dafs  rs  sich  daher  vielleicht  empfohlen 
hätte,  die  Karte  9  etwas  weiter  auszudehnen  oder  die  Übersichtskarte 
etwas  aublührlicher  zu  gestalten.  0« 


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610 


UlMitiir. 


TMi  1870/71.  Von  Kunz,  Msgor  a.  D.  Siebsdhntes  H«ft 
Berlin  1904.  E.  S.  Mittler  und  Sohn. 
Tn  Hifsem  Hefte,  welches  „Die  Kämpfe  bei  Fröschweiler  und  die 
Verl  iliTTi Iii::  der  Franzosen"  behandelt,  steckt  mehr  wirkliche,  lehr- 
hafte und  bi  auehbare  Kriegsgeschichte  als  in  vielen  dickleibigen 
"Werken  über  den  Krieg  1^!70/71,  weiche  über  eine  mehr  oder  minder 
„verbindliehe*  Art  der  Kriegsgeschiehtasobreibung  nicht  hiQWQgkommoii. 
Das  Heft  17  bringt  nSmlieh  neben  peinlich  gewissenliaftmr  nnd  unpsrtei- 
isoher  PeslsteUung  der  kriegerischen  Tatsachen  anch  Kritik.  Diese 
aber  ist  das  wahre  Salz  der  Kriegsgeschichte  und  schon  Kant  schreibt 
im  Jahre  1784  (»Über  Aufklärung")  „Es  kann  einem  Offizier  billigermafsen 
nicht  verwehrt  werden,  als  Gelehrter  tiber  die  Fehler  im  Krieg-f^ 
Anmerkungen  zu  machen  und  diese  seinem  Publikum  zur  Beurteilung 
vorzulegen". 

Die  Peststeil  u  [lg  der  kriegerischen  Vorgänge  am  hin  de  der  Schlacht 
▼Ott  W5rth  war  aufserordentUch  schwor,  weil  es  galt,  eine  Unmenge 
BinzelaBgabeii,  die  sieh  teilweise  widerspraehen,  su  prüfen  und  ans 
ihnen  ein  branchbares,  nngetShr  zntrelfendes  Gesamtbild  sn  gewinnen. 
Das  ist  Major  Kunz  YortreflTlich  gelungen.  Br  gibt  dabei  wiedefbolt 
ohne  Schönlirl>erei  eine  nach  Truppenteilen  geordnete  Zusanunen- 
Btellung  der  verschiedenen  Kampfgruppen  zu  bestimmt<^n  '/eiten  nif<»^ 
Zusammenstellungen  —  deren  Schwierigkeiten  nur  der  ermessen  kann, 
welciier  sich  mit  ähnlichen  Arbeiten  beschäftigt  hat  —  reden  deutlicher 
wie  langaiinige  Erörterungen  von  der  aligemeinen  Auflösung  der 
taktischen  Verbände  auf  deutscher  Seite.  Solche  Erscheinungen 
müssen  unter  allen  Umsitnden  in  dem  Umlhnge,  wie  sie  Major  Knni 
ittr  WOrth  nachweist,  unsererseits  für  sukünftige  Kriege  Tennieden 
werden,  sonst  sind  Niederlagen  nnTenneidlich.  Die  deutsche  Inihnterie 
war  1870  nicht  kriegsmäCsig  ausgebildet,  dran  Hinterlader  gegraüber. 
auch  nicht  was  die  taktische  Führung  bis  zum  Brigadeverband  angeht. 
Das  hat  schon  Hoenig  treffend  für  den  18.  August  1870  nachgewiesen 
und  Major  Kunz  tut  es  mit  lapidarer  Deutlichkeit  für  die  Schlacht  von 
Wörth.  Man  kuinme  also  niclu  iuiiuer  wieder  mu  (icm  abgeleierten  und 
gefährlichen  Schlagwort  „Tradition",  was  taktische  Dinge  und  taktische 
Friedensaosbildnng  angeht,  sonst  sind  ihnliche  BrschsiDungen,  wie  die 
hier  berührten,  unausbleiblich. 

M^jorKunz  weist  femer  nach,  dalb  eine  irgendwie  geschlossene 
Reserve,  welche  diesen  Namen  verdient,  auf  deutscher  Seite  vor 
der  Eroberung  von  Fröschweiler  nicht  vorhanden  war.  Zieht  man 
in  Betracht  dafs  —  wie  Ohprstleutnant  Schorh  in  den  März-  und 
Aprilheften  der  Jahrbücher  überzeugend  nachgewiesen  hat  —  es 
lediglich  von  einem  Zufalle  abgehangen  hat.  dafs  das  fünfte  fran- 
zösische Armeekorps  nicht  rechtzeitig  auf  dem  Schlachtfelde  von 
IVürth  eingstroiTen  ist,  so  ergibt  sich  das  Weitere  Ton  selbst,  wenn 
llao  Ifahon  g^p  dasBnde  der  Schlacht  noch  Ober  Reserven  verfügt  hitte 


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Jitoratiir. 


6U 


Sehr  zu  Danke  verpflichtet  ist  weiterhin  die  Kiiegsgeschichto  dem 
Verfasser  des  Hcftos  17,  dafs  er  wiederholt  klipp  und  klar  die  Unter- 
la8sung:J?siinden  des  (ipnorals  von  Biumenthal  als  Chet  des  Stabes  des 
ni.  Armeekorps  v.  ahi  t  iid  der  Schljichl  von  Wörth  festlegt.  Es  ist  mir. 
offen  gestanden,  inemais  vei^Ktiiiiulicli  gt^N  csen.  worin  denn  eigentlich 
die  Verdienste  des  Generais  von  blunieniliul  in  der  ganzen  Zeit  vom 
4. — 7.  August  1870  bestanden  haben  und  ich  freue  mich,  dafs  Major 
Kuni  für  diese  meine  Auffeseong  fieUge  beibringt  Über  den  Per< 
eonen  muCe  die  ehrliche  und  furchtlose  Absicht  stehen  die 
Wahrheit  zu  suchen  —  sonst  stecke  man  lieber  dieganste  Kriegs- 
geschichtsschreiberei auf  — ,  allerdings  stets  in  vornehmer,  niemals 
persönlich  verletzender  Form.  Nach  dieser  Richtung  —  in  Sachen 
de-<  Suchens  nach  kriegsgeschirhtlirhor  Wahrheit  —  bringt  Heft  17 
auch  einen  sehr  bemerkenswerten  Beitrag.  Seither  wurde  allgemein 
angenommen,  dafs  das  Abweichen  des  Generahiiajors  von  Starckloft', 
Kommandeur  der  2.  Württembergischen  Feldbrigade,  von  dem  Befehl 
des  Oberkommandos,  auf  Reichshofen  vonustofsen,  ein  Fehler  gewesen, 
weil  hierdurch  eine  unmittelbar  wirlcsame  Verfolgung  der  Fransosen  ver- 
säumt worden  sei.  Diese  Auffassung,  welcher  ich  auch  s.  Z.  in  einer 
taktisch-kritischen  Studie  „Wörth"  Ausdruck  gegeben  hatte,  stellt  Major 
Kunznunmehr  als  irrig  dar.  Ich  habe  hierzu  zweierlei  zu  bemerken. 
Erstens:  dafs  jene  mifsbilligenden  Urteile  vollkommen  berechtigt  waren 
nach  dem  iStande  der  damaligen  Kriegsgeschichtsschreibiinp:  über  Wörth. 
Major  Kunz  hat  selbst  in  seinem  „Wörth"  diesen  Standpunkt  eingenom- 
nien  und  ist  selbstredend  jetzt  ritterlich  genug,  seinen  Irrtum  einzusehen. 
Das  werden  ebenso  selbstredend  alle  diejenigen  tun,  die  nunmehr  eines 
besseren  belehrt  sind.  Bs  wiie  taftsiehlich  unmöglich  für  die  Brigade 
▼on  Starckloir  gewesen,  durch  einen  Vorstofs  auf  Reichshofen  der 
geschlagenen  französischen  Armee  noch  besondere  Verluste  beisubringen. 
Ebenso  ist  es  richtig,  dafs  General  von  StarcUoiT  in  erster  Linie  durch 
die  dringende  Vorstellungen  des  Generals  von  Sandrari  und  dann  auch 
durrh  persönlichen  Eindruck  die  Überzeugung  gewonnen  hatte,  dafs 
seine  Hille  bei  iilsafshauson  sehr  wünschenswert  sei. 

Aber  trotzdem  möchte  ich  den  Grundsatz  als  richtig  aufrecht 
erhalten,  dafs  ein  General,  welcher  auf  die  Rückzugs! i nie  des 
Feindes  eingesetzt  ist,  sich  durch  alle  Gesuche  um  „Hille  mcht  von 
seinem  höheren  Ziele,  den  Feind  vernichten  m  helfen,  abbringen 
lassen  darf.  Dafs  General  vonStarckloS  aus  Gründen  schwierig  verstopfter 
Wege  usw.  dieses  Ziel  nur  in  besohrSnktem  HaCBO  zu  erreichen  Aussiebt 
hatte,  konnte  er  im  voraus  nicht  wissen.  Auch  mufs  ich  entschieden  be- 
streiten, dafs  durch  das  Nichteingreifen  der  Brigade  Starckloff  bei 
PrÖSchweilor  die  Schlacht  hätte  wieder  verloren  gehen  können.  Eis 
h&tte  dann  vielleicht  noch  ein  kui'zer  Rückschlag  zugunsten  der 
Franzosen  eiiitreLen  können,  aber  die  nachdrängenden  deutschen  Massen 
waren  zu  grofs  um  das  Schicksal  des  Tages  in  Frage  zu  stellen.  Im 
Gegenteil  würde  dieser  Zeitgewinn  eines  kurzen  iranzösischen  Rück- 


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612 


Utenlnr. 


scblageB  dem  Genend  von  StareUoff  bei  seiner  ihm  xugedaehten 
Rolle  ruißrute  gekommen  sei. 

Zum  Schlufs  halte  ich  es  für  meine  Ulicfit,  das  auf  S.  102—106 
von  Major  Kunz  in  bezug  auf  die  Zusammensetzung  der  Feld- 
armee. Ausstattung  mit  Chargen  und  Entziehen  der  besten 
Kräfte  des  Friedensstandes  durch  unendliche  Neuformationen 
Gesagte  als  gendesu  goldene  Worte  m  beaetohnen.  Sie  aeUlefaen  dut^ 
«HS  berechtigt  gerade  an  die  Schlacht  von  WOrth  an.  Denn  alle  dieee 
Mifsetinde,  die  damals  sohon  sich  bemerkbar  machten,  mfllsten  sieh 
jetzt,  weil  die  Neuformationen  gegen  1870  ungeheuer  gewachsen  sind, 
mit  Naturnotwendigkeit  in  noch  viel  höherem  Grade  fühlbar  machen. 
Und  dafs  die  ethischen  Faktoren  im  Heere  gegen  1870  eine  Ver- 
änderung erfahren  haben,  auch  das  hebt  Mi^or  Kunz  durchaus  richtig 
hervor.  Keim. 

mi  Beiwict  nd  Fllig  in  BetttMiMidwttrtallrika.  Von  Hauptmann 
Schwabe.  Zweite  Auflage.  Berlin  1904.  B.  8.  Mittler  und 
Sohn. 

Das  gut  geschriebene  mit  zahlreichen  Abbildungen  versehene  und 
sehr  hfibfich  ausgestattete  Buch  hat  gerade  in  der  jetzigen  Zeit 

besonderes  Interesse.  Die  Hereros,  welche  jetzt  in  so  niederträchtiger 
Weise  unsere  Landsleute  überfallen,  Mord  und  Verwüstung  in  weite 
Gebiete  des  deutschen  Schutzgebietes  getragen  haben,  sind  alte  Be- 
kannte des  Hauptmann  ächwabe.  Er  hat  die  erste  gröfsere  Militärstation 
Otyimbingue  im  Hererogebiet  angelegt,  die  Hereros  im  Frieden  und 
Krieg  kennen  gelernt  —  es  war  schon  ehimal  im  Jahre  1896  ein  Auf- 
stand  derselben  niedersuschlagen  —  und  sehi  UrteQ  fiber  dieselben 
lautet  nichts  weniger  als  günstig.  Er  nennt  sie  mifstrauisch,  dflnkel- 
h^  stolz  und  wiederum  bettelliafl  hündisch.  Itignerisch  und  treulos, 
gewalttätig  und  grausam.  Dafs  gegen  ein  solches  Volk  Milde  und  die 
von  den  Nichtkennern  afrikanischer  Verhältnisse  so  oft  am  grünen 
Tisch  oder  in  den  Parlamenten  empfohlene  „Humanität"  durchaus 
nicht  am  i'iatze  ist,  haben  ja  inzwischen  die  Ereignisse  allzudeuUich 
gelehrt! 

Auch  das  so  oft  gehdrte  Schlagwort  vom  JMIUtarfsmus*  in  unseren 
Kolonien  soUte  man  etwas  vorsichtiger  gebrauchen.  Nach  Durehleeen 

des  ebenso  interessanten  wie  liebenswllrdigen  Buches  des  Hauptmann 
Schwabe  wird  jeder  Unbefangene  die  gröfstc  Hochachtung  empfinden 
ftir  die  rastlose  und  selbstverl^'Uf^nonde  Tätigkeit  unserer  Schutztruppe 
und  vor  allem  ihrer  Offiziere  im  Intt  ref^se  des  Deutschtums  in  unseren 
Kolonien.  Ohne  diesrn  „Militarismus  '  würde  es  eine  deutsche  Herr- 
schaft in  Südwestafrika  gar  nicht  geben,  denn  sie  mufs  voriäuüg  mit 
den  Waffen  in  der  Hand  Yorteidigt  werden.  Die  groben  Verluste  an 
heldenhaft  gestorbenen  Offizieren  und  Uannschaften  reden  da  eine 
beredte  Sprache!  Nach  Jahrsehnten  mag  das  anders  werden.  Aber 
bis  auf  weiteres  kann  weder  der  deutsche  Ansiedler  noch  der  deutsche 


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Literatur. 


613 


Kaufmann  das  militiriadie  Element»  als  durohaua  unentbehrlieh,  in 
SlldwestafHka  nicht  missen.  Wertrolle  statistische»  volkswirtschaftliche, 
ethnographische  usw.  Notizen  und  AusfQhnmgen  sind  in  dem  Buche 

zu  finden.  Ein  Beweis,  dafs  unsere  Offiziere  und  Beamte  in  den  Kolonien 
für  die  Aufschliefsung  und  Nutzbannachen  derselt)en  offenen  Blick  und 
pnüctiscbes  Verst&ndnis  besitzen.  Keim. 

Die  Ausbildung  für  den  Krieg.  II.  Teil.  Die  Übungen  derTriippen, 
mit  6  Karten  von  Frhr.  v.  Faikeahausen,  Gun.  «i.  init.  z.  D., 
zuletst  komm.  Qen.  des  Xm.  (Rgt.  Württemberg)  Armeekorps. 
Berlin  1904.  B.  S.  Mittler  &  Sohn. 
Während  der  I.  Teil  dieses  Werkes  die  Übungen  (Qr  die  höheren 
Führer  umf^st,  ist  Verf.  jetzt  von  den  Übungen  gröllsten  Umfhngs 
stufenweise  bis  zu  den  ersten  Anflängen  der  Ausbildung  herabgestiegen, 
indem  er  bei  joder  Stufe  die  auf  ihr  zu  erzielende  kriegsgemäfse  Aus« 
bildung  aus  den  Aufgaben  der  nächst  höheren  Stufe  ableitet  und 
nachweist 

Zunächst  werden  die  Korps-,  LüVisions- uud  Brigademanöver  durch- 
genommen und  an  Aufgaben  mit  Verlauf  und  Besprechung  erUtuterL 
Der  leitende  Gedanke  ist  hierbei,  dafs  das  Zusammenwhrken  der  ver^ 
schiedenen  Waffengattungen  in  der  Hand  der  höheren  Ftthrer  nach 
dem  Vorbilde  kriegerischer  Tfttigkeit  in  gröfserem  Rahmen  erzielt  wird. 
Die  Korpsmanöver  seien  die  wichtigsten,  die  anderen  Vorbereitung  zu 
denselben,  aber  als  solche  unentbehrlich.  Die  Brig'ademanöver  lassen 
sich  wegen  der  viertägigen  Dauer  und  der  geringen  Truppen  mit  täg- 
lichem Zusammenstofs  am  schwersten  kriegsähniich  gestalten.  Hier 
wird  häufigere  Änderung  in  der  Kriegslage  empfohlen.  Der  Über- 
legenheit an  Zahl  dürfe  keine  ausschlaggebende  Bedeutung  boigolegt 
werden  —  (was  wohl  am  zutreffendsten  fQr  die  Artillerie  gilt;  nur  zu 
oft  entscheidet  in  der  Kritik  eine  Batterie  mehr!). 

Der  II.  Abschnitt  behandelt  die  Übungen  grtilaerer  Verbände  (Bri- 
gaden und  Regimenter)  der  einzelnen  Waffengattungen  auf  den  Truppen- 
übungsplätzen oder  im  Gelände.  Durch  sie  soll  die  unmittelbare  Vor- 
bereitung für  die  kriegerische  Einheit  der  Division  zum  Kampfe  in 
grufseren  Verbänden  bewirkt  werden.  Insbesondere  handele  es  sich 
bei  der  Infanterie  um  Erlernung  des  einiioitlichen  Angriffs,  bei  der 
Kavallerie  um  Aufklärung  und  geschlossene  Attacken,  bei  der  Artillerie 
um  einheitlichee  geschicktes  Auftreten.  Die  Brigaden  und  Regimenter 
sollen  bei  Anlage  der  Übungen  in  der  Regel  als  Teile  der  höheren 
Truppenverbftnde  betrachtet,  besonders  auch  die  Mitwirkung  eigener 
und  feindlicher  Artillerie  in  bestimmter  Weise  angenommen  werden. 
Je  gröfser  der  Verband,  desto  wichtiger  sei  die  Übung  des  Überganges 
aus  der  Marschkolonne  /um  Gefecht.  Mehrere  lehrreiche  Aufgaben 
veranschaulichen  die  Ausführungen  des  Verf. 

In  den  darauffolgenden  „grundlegenden  Übungen  in  den  Stand- 
orten" tritt  der  rein  disziplinäre  Zweck,  die  Erzielung  der  Manneszucht 


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614 


Utentnf. 


hervor,  ohne  welche  die  Truppe  im  Kriege  versagt  Für  die  gefechte- 
mäfsige  Ausbildung  der  Bataillone  und  Kompagnien  halt  Verf.  unsere 
Unterscheidnner,  ob  der  Ex*T7,inrplatz  als  Gelände  oder  nicht  als  Ge- 
lände anzunehmen  sei.  auf  ürund  vieler  Erfahrungen  für  unzweckmäßig, 
betont  aber  besonders,  dafs  es  richtiger  sei.  die  Ansicht  über  die  Un- 
möglichkeit  des  Angrifl's  unter  schwierigen  Verhältnissen  (über  die 
Ebene  in  der  Front)  zu  bekämpfen,  als  ihr  Vorschub  in  toiaten.  Auch 
die  Kavallerie  und  Artillerie  könnten  sonst  dam  kommen,  Attaekei 
bezw.  Auffohren  in  eine  Stettung  „ohne  Deckung*  als  unmöglich 
bezeichnen.  —  Verf.  stellt  sieh  damit  in  Oegensats  su  Schlichting  — 
will  aber  in  keinen  doch  nur  onfraohtbaren  Meinungsaustausch  ein- 
treten. 

Der  IV.  Abschnitt  bespricht  die  Schiefsübungen.  Hervorgehoben 
wird  die  Wichtigkeil,  wirklich  kriegsgemäfse  Ziele,  die  aber  doch  noch 
einige  .\ussicht  auf  Treffer  haben,  bei  dem  gefechtsmäfsigen  Schiefsen 
aufzustellen,  also  breite  und  niedrige,  in  angemessener  mitüeier  Ent- 
fernung. Bei  der  Artillerie  herrscht  die  Neigung  vor,  zu  hohe  und 
zu  deutlich  sichtbare  Zäele  zu  wühlen,  um  bessere  Treffergebnisse  zn 
erzielen.  —  Gleichseitige  Schiefsttbungen  gemischter  Waffen  werden 
verworfen,  da  die  erforderlichen  Sicherheitsmabregeln  einen  wirklich 
kriegsgemftfsen  Verlauf  einer  solchen  Gefechts-  und  Schiefsübung  doch 
hindern.  Ebenso  wird  im  V.  Abschnitt  über  Schiefsübungen  <\n 
Pufsartiil'  rif^  im  Kampf  um  befestigte  Feldstellungen  die  Kombination 
einer  SchiefsUbung  mit  einer  Truppenübung  nicht  befürwortet. 

Recht  ansprechend  ist  das  Schhifswort,  in  welchem  Verf.  empfiehlt, 
bei  den  Untergebenen  besonders  die  Initiative,  die  Selbstätigkeit  und 
selbständige  Auffassung  zu  erziehen,  eine  sehSdliche  Oberspannung 
der  Krftfte  infolge  unzweokmäbiger  Woge  zu  vermeiden,  und  bei  Be- 
sichtigungen anregend  und  fördernd  zu  vrirken,  ohne  Ififsmut  zu  er- 
regen oder  Besorgnis  zu  erwecken. 

Die  Anschauungen  und  Ausführungen  des  Verf.  stehen  fast  durch- 
weg im  Kin klang  mit  unseren  Bestimmungen  und  enthalten  di--  Er- 
fahrungen eines  hochbedeuienden.  u.  a.  bei  Moltke  und  Goeben  ge- 
schulten Offiziers,  der  zwei  Kriege  mitgemacht  und  in  weciiselvoller 
Dienstzeit  die  höchste  militärische  Stufe  erreicht  hat.  Leicht  ver- 
ständlich und  geistvoll  geschrieben,  wird  dieser  II.  Teil  seines  Werkes 
Beifall  in  weiten  Offizierskreisen  finden.  v.  Twardowski. 

Beiträge  zur  taktiaehen  Ausbildung  «ttsenr  Onafere.  I.  Offizier- 
felddienstübungen. Von  Litzmann,  Generalleutnant  und  Direktor 

der  Kriejjsakadeinie.    142  S.    Mit  1  Kroki,  2  Skizzen  und  Bl.itt 
Cosel  ifr  deutschen  Keichskarte.  Viorte  durchgesehene  Aullage. 
Berlin  1094.    Verlag  von  U.  Eisenschmidt.    Preis  3  Mk. 
Ein  Werk,  welches  in  vierter  Auflage  vorliegt,  bedarf  keiner  Worte 
der  Empfehlung,  es  hat  seinen  festen  Platz  in  dor  Militärllleratur  cre- 
wonnen  und  wird  ihn  auch  zweifelsohne  dank  seiner  Eigenart  in  Zu- 


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literatnr. 


615 


kunlt  behaupten.  Hannigfaehe  Änderungen  sind  in  der  4.  Auflage 

Yorgenoramen,  Sorgföltige  Beräcksiohtigung  haben  alle  neuon  Dienst- 
irorschriften.  sowie  auch  die  Erfahrungen  dea  Burenkrieges  gefunden, 
indem  durchwe«j:  den  neue^t^n  Anschauungen  über  das  Infanterie- 
getecht  Rechnung  getragen  wurde.  Die  bisherigen  Beispiele  sind 
noch  einmal  nach  Inhalt  und  Form  übergearbeitet.  Recht  lohrreich 
ist  die  Aufgabe  4  aus  dem  Etappenkrieg  ohne  einen  tatsächlichen 
Gegner,  Zu  den  sieben  bislang  vorhandenen  Aufgaben  ist  eine  neue 
getreten,  welche  dnen  beherzigenairerteD  Fingerzeig  für  unsere  Priedens- 
ausbildung  gibt,  die  TStigkeit  von  OfBaierpatrouiUen  angesichts  einer 
befestigten  Feldstellung,  welehe  auf  einen  Obnngsritt  erkundet,  dann 
8,  T.  fertiggestellt,  besetzt  und  angegriffen  wurde.  Diese  Aufgabe  gab 
Gelegenheit.  Anfertigung  der  vom  Exerzierreglement  für  die  Feld- 
artillerie lö99  Ziffer  3öl  empfohlenen  Ansichtsskizzen  einmal  praktisch 
zu  üben. 

Der  trefl"lich  klarguicgte  Unterschied  zwischen  Gefechts-  und  Peld- 
dienslübungen  sei  besonderer  Beachtung  empfohlen,  ein  Verkennen  der 
hier  niedergelegten  Grundsätze  kann  zum  Mifsglücken  an  und  l'ür  sich 
sonst  gut  veranlagter  Übungen  beitragen. 

Voll  und  ganz  wird  man  femer  dem  beipflichten,  was  der  Herr 
Verf.  tiber  Anlage,  Leitung  und  Besprechung  von  Felddienstaufgaben 
sagt;  ein  scrgßUtiges  Studium  des  Buches  kann  allen  denen  empfohlen 
werden,  weiche  berufen  sind,  die  Ausbildung  der  Truppe  in  dieser 
Richtung  zu  leiten.  Sorgfältigste  Zeitausnutzung  ist  aber  hier  geboten, 
gerade  dir»  Pelddienstausbildung  der  Truppe  bedarf  eines  sorgfältigen, 
wohl  überlegten  Planes,  wenn  der  Zweck  erreicht  werden  soll.  Sklavi- 
sche Nachahmung  des  hier  gebotenen  kann  nicht  zum  Ziele  führen, 
gerade  in  dieser  Richtung,  welche  in  dem  „non  multa  sed  multum'* 
gipfelt,  erbliid^en  wir  einen  besonderen  Vorzug  des  Buches,  indem  es 
nicht  ein  geistloses  Schema  bietet,  sondern  geradezu  die  eigene  Selbst- 
tätigkeit hervorruft.  In  dieser  Weise  benutzt,  wird  das  Buch  von  her^ 
vorragendem  Nutzen  sein  und  wirksam  die  taktische  Ausbildung  un- 
seres Offlaierkcrps  fördern.  B, 

Das  deutsihe  Offizierkorps  uud  seine  Aufgaben  in  der  Gegenwart. 

Den  Kameraden  gewidmet  von  Paul  von  Schmidt.  General- 
major z.  D.  W.  Schultz  -  Engelhard,  Verlag  für  Militärliteratur. 
Beriin  1904. 

Dankbar  begrflfst  die  Armee  die  Stimmen  ihrer  alten  Kameraden, 
weiche  es  sich  zum  Ziele  setzen,  das  Offlzierkorps  auf  seine  idealen 
Orundanschauungen  hinzuweisen  und  dasselbe  dadurch  fSr  seine  vor^ 
nehmste  Aufgabe,  die  „Erziehung  des  Soldaten**,  zu  rüsten. 

Wer  wäre  dazu  mehr  berufen  als  diejenigen,  die  ihr  lebelang  als 
Erzieher  des*  Offizierkorps  wirkten. 

Hatte  der  Herr  Verf.  bereits  vor  zwölf  Jahren  in  seiner  Schrift: 
«Das  deutsche  Offiziertum  und  die  Zeitströmungen"  dafür  gestritten. 


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«16 


Literatur. 


dafs  die  Ati^ben  des  Ottsien  nur  unter  Festhalten  an  den  idealen 
iSrundansohaunngen  seines  Standes  zu  ISsen  sind,  lieute  ist  sein  Maiin- 
wort  erst  reelii  am  Platae. 

Nictait  das  Bestreben  etwa,  die  in  Frage  kommenden  Punkte  mit 

nlljEremeinen  Redewondunj»en  nhzutun,  sondern  die  wichticen  Prag:en 
so  zu  srhildern.  wie  sio  sich  in  Wirklichkeit  gestalten,  hat  ihn  geleit^»l. 
Er  sehn  cid  Ol  den  ( Hiizierersatz.  die  Zukunft  des  Offiziers,  das  gesamte 
dienstliche  und  private  Leben  des  Offiziers  nicht  nur  flüchtig  an;  er 
tritt  vieimelir  frei  und  offen  mit  seinen  Ansichten  über  den  Luxus, 
Ofllsierlrasinosp  Qeldlieiraten,  den  Offizier  in  Zivil  u.  dgL  lienror  und 
verficht  Imitftvoll  den  alten  bewfthrten  .Standpunkt  der  ESInfoehheit  und 
Soblichtheit  im  Leben  der  Kameraden.  Wer  m5ohte  ihm  da  nieht  bei- 
etimmen ! 

Ah*»r  er  geht  noch  weiter.  Elr  berührt  „die  höchsten  Aufgaben 
des  Otlizirrk  M  pp",  die  »Stpllung  des  Offiziers  als  „Krzieherund  Lehrer**. 

Wie  segensreich  hat  der  Herr  Verf.  bereits  gewirkt  in  bezug  auf 
diese  erzieherischen  Aufgaben  des  Offiziers!  Wer  seine  Schriften  über 
die  lüriegsartikel,  im  besonderen  die  Pfiiohtenlelire  gelesen  hat,  dem 
werden  sie  eine  uneraehöpfliche  Fundgrube,  eine  Anregung  zu  eigener 
Oedankenarbeit  geworden  sein. 

Ist  doch  der  OlBsler,  heute  noch  mehr  wie  früher,  dazu  berafeUt 
durch  seine  Auffassung  der  eigenartigen  Berufspflichten  seines  schönen 
Standes,  durch  sein  eigenes  Beispiel  erzieherisch  auf  seinf*  Umgebung 
einzuwirken.  Wer  wollte  leugnen,  dafs  er  hierzu  auch  imstande  istl 
Auch  der  jüngste  der  i\ameraden  kann  seine  Leute  durch  söine  ideale 
Auffassung  der  Berufspflichten  zum  guten  anfeuern,  in  ihnen  jene  Be- 
geisterung entfachen,  die  sie  vom  bösen  fernhält  Dann  wird  auch 
die  Stellung  su  seinen  Soldaten  die  richtige  sein,  MÜshandlungen  werden 
mehr  und  mehr  abnehmen  und  gar  maneher,  der  von  den  staatsfbind- 
lieben  Parteien  eines  anderen  belehrt  war,  wird  voller  Vertrauen  lu 
seinem  Offizier  aufiichauen  lernen. 

In  diesem  Vertrauen  aber  gipfelt  die  Aufgabe  des  Offiziers;  dieses 
macht  den  gemeinen  Mann  willfährig  in  dem  Alltäglichen  des  FViedens- 
dienstes;  es  wird  aber  dazu  beitragen,  dab  er  im  Ernstfälle  wilienloe 
seinem  Führer  in  den  Tod  folgt. 

Möchte  die  vorliegende  Schrift  den  reichen  Segen  stiften,  der  der 
guten  Sache  zu  wünschen  ist  63, 

Unsere  Pioniere.  Bine  historische  und  organisatorische  Studie  von 
Karl  Schweninger,  KgL  Bayr.  Oberst  a.  D.   Berlin  1904. 

A.  Bath.    1,50  Mk. 

Als  Generalleutnant  v.  Beeck  im  vorigen  Jahr  die  wichtigsten  Er- 
fordernisse der  Armee  skizzierte  und  beleuchtete,  auf  welche  die  närhste 
Militärvorlage  werde  Rücksicht  nehmen  müssen,  übersah  er  erfreu! u  her- 
weise auch  die  Pioniertruppe  nicht  und  liefs  ein  helles  Streifliclu  auf 
deren  q^uantitatives  Mifsverhältnis  fallen,  indem  er  bereciinete,  dafs 


Literatur. 


617 


«unsere  26  Bataillone  nicht  einmal  den  Bedürfnissen  der  Feldarmee  zu 
genügen  vermöchten:  es  fehlen  hierzu  nicht  weniger  als  6  Bataillone, 
•und  tur  j^elagerungsformationen  sowie  KeBlungsbesatzung  ist  auch 
daim  nooh  kein  Mann  ttbrig.  Aus  dar  obeffliehfielien  Art,  wie  er  die 
Pioniere  im  Vergleich  mit  den  anderen  Waffen  behandelt»  ist  aber  zu 
'entnehmen,  daes  man  an  jener  Stelle,  wo  der  General  geraume  Zeit 
t£tig  war,  vielleicht  die  Notwendigkeit  einer  Vermehrung  der  Pioniere 
•endlich  eingesehen  hat,  für  die  Fragen  ihrer  Organisation,  ihrer  Aus- 
rüstung und  Verwendung  aber  noch  gar  kein  Verständnis  hat.  Wie 
gering  dies  bei  den  Truppen tuhrern  noch  ist.  zeigt  das  Buch  des 
(lenerals  v.  Palkenhaiisen  „Ausbildung  für  den  Krieg",  das  sich  auf 
das  äurgimligäte  mit  allen  Truppenübungen  biä  zu  den  ächiefsübungen 
-der  Puls-  und  PeldartiUerie  bescUlftigt,  aber  für  die  gröberen  Pionier- 
Übungen  kein  Wort  dbrig  hat,  und  bei  den  behandelten  zahlreichen 
Herbatttbungen  nicht  ein  einziges  Mal  Gelegenheit  findet,  die  Pioniere 
in  zweckentsprechender  Weise  zu  verwenden,  obgleich  das  Gelände 
vielfach  geradezu  hierzu  aufforderte.  Und  auch  die  Kritik  hat  im  all- 
gemeinen  daran  keinen  Anstofs  genommen:  für  die  Armee  ist  die 
Kriegstechnik  noch  immer  eine  zu  vernachlässigende  Nebensache. 

Da  tritt  Ober.st  Schweiiinger  mit  ernst  mahnenden  Worten  auf  den 
Plan,  um  die  seit  hundert  Jahren  schwebende  und  immer  dringlicher 
^wordene  Frage  der  technischen  Waffe  der  LiSsuiig  näher  zu  fahren, 
indem  er  geechichtlich  nachweist,  welche  Hemmnisse,  welche  kritischen 
Lagen  unseren  Armeen  ans  deren  YemachlSssigung  erwachsen  sind, 
welche  Gefahren  ihnen  in  Zukunft  lievorstehen,  wenn  nicht  endlich 
•die  „Grofstat  ersten  Ranges"  ihrer  zweckentsprechenden  Organisation 
in  die  Wege  geleitet  wird.  Der  erste  Schritt  ist  ja  dank  dem  Wagemut 
des  Generals  v,  d.  Goltz  mit  der  endlich  ausgeführten  Losreifsung  der 
Pioniere  von  dem  Ingenleui  ktit ns  s^etan.  und  eine  freiere  Entwickeking  ist 
unter  der  Leitung  eigener  Brigadekunimundeure  ermöglicht;  aber  die  Zahl 

Bataillone  ist  bei  weitem  nidit  ausrechend,  um  den  enorm  ge- 
steigerten Ansprüchen  an  ihre  Leistungen  zu  entsprechen,  und  die 
Ausbildung  Ist  auf  einen  fiüschen  Weg  geraten,  die  Kriegsvorbereitung 
entspricht  nicht  der  Kriegsaufgabe,  welche  den  Pionieren  gestellt  ist. 

Schweninger  kann  so  weit  der  vollen  Zustimmung  der  Waffe  und 
aller  bisher  für  ihre  Neuorganisation  eingetretenen  Schriftsteller  sicher 
sein,  aber  über  seine  Vorschläge  wird  man  sich  nicht  ohne  weiteres  einig 
sein,  denn  sie  weichen  von  bisherigen  in  einigen  ni<'ht  unwesentlichen 
l'uniiten  ab:  Aufstellung  von  2  Bataillonen  im  Regimenlsverbande  für 
Jedes  Armeekorps,  und  deren  Unterstellung  unter  die  Generalkommandos, 
in  technischer  Beziehung  unter  die  Pionierinspekteure,  deren  Spitze 
eine  „Generalinspektion  der  Pioniere**  bildet  Jedoch  erscheint  es  nicht 
unzweckmärsig,  die  beiden  Häupter,  d.  h.  Generalinspekteure  der  Pioniere 
ttnd  der  Festungen  durch  ein  drittes»  den  „Chef  des  Ingenieurstabes 
der  Armee"  überragen  zu  lassen,  ^der  dnnü  nirht  mehr  Ingenieur  ist, 
sondern  einer  jener  Generale  sein  iniifs.  der  unabhängig  von  der  Waffe, 
J&lirb&elMr  f&r  die  doaUche  Armee  und  Uarine.  Ko.  Mt.  41 


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6X8 


.Uteratur. 


aus  der  er  stammt»  auf  der  hohen  Warte  der  Kriege  und  Heerftlhrang 
und  ihrer  Vorbereitung  im  Frieden  steht*  Die  AnsbUdung  als  «Bln- 
heitepionier",  welehe  Sohwenhiger  als  Rilcksehritt  belraehtot,  ist  ange- 
sichts der  Überlastung  mit  technischen  Dienstsweigen  nieht  mehr 
durchführbar.  Von  anderer  Seite  war  deshalb  voi^eschlagen  worden, 
neben  den  hauptsfichlich  als  Pontoniere  auszubildenden  Peldpionieren 
Festungspioniere  aufzustellen,  dcnon  neben  dem  eip-enüichen  Pionier- 
dienst hauptsächlich  die  Bedienung  des  olurmgeräieb  zufallen  würde. 
Der  Verf.  ist  dagegen  der  Ansicht  —  und  ich  nehme  kein  Bedenken, 
ihm  darin  Recht  zu  geben  —  dafs  eine  Verminderung  der  Pontoniere 
mit  Rfieksioht  auf  den  Bedarf  wohl  angängig  und  mit  Rücksicht  auf 
den  BrsatB  nur  vorteilhaft  wfire;  pro  Armee][orps  wQrden  2  Kompagnien 
vollständig  genügen.  Die  anderen  Kompagnien  würden  als  Pioniere 
auszubilden  und  demnach  wieder  Fachkompagnien  zu  bilden  sein»,  wie 
sie  z.  B.  auch  Frank  reich  wieder  einzuführen  im  Begriff  ist.  Der  vom 
Pontonierdienst  befreite  Pionier  würde  im  Feld-  und  Festungskrieg 
verwendbar  sein  und  die  AulsteUung  von  Festungspionieren  entbehrlich 
machen. 

Im  Kriege  erhält  jede  Division  je  1  Pontonier-  und  1  Pionier- 
kumpagniü,  dazu  je  einen  Brückentruiu,  jede  Armee  eine  „Pionierreserve 
des  Feldheeres**,  welehe  als  Avantgarde  der  «Pioniertruppe  für  den 
Pestungskrieg**  (in  Stirlce  von  mindestens  6  Bataillonen)  ssu  betrachten 
ist.  Hierzu  liommen  Etappenpionierkompagnien  und  neben  den  Ersata- 
die  Besatzangstruppen,  welche  aus  Reserve-  und  Ijandwehrformationea 
bestehen  können.  Der  Bedarf  der  Feldarmee  würde  sich  auf  etwa 
150  Kompasrnien  belaufen  und  ungefähr  dieselbe  Zahl  ergeben,  wie  sie 
v.  Beeck  berechnet,  wenn  man  seinen  32  Feldbataillonen  noch  eine 
entsprechende  Anzahl  für  Belagerungsformationen  hinzurechnet.  Die 
Pionierinspekteure  treten  zu  den  Armeeoberkommandos,  die  Regiments- 
kommandeure zu  den  Generalkommandos.  —  loh  räume  ein,  dafs  diese 
Vorsohlüge  durchaus  sweckmäfsig  sind,  dafs  bei  dieser  O^gaiüsation 
auch  die  Pestungspioniere  entbehrlich  sind,  und  sohlleiM  mich  auf 
dieser  Basis  Sehweningers  Adresse  an  den  Chef  der  preulsisehen 
Kriegävorwaltung  an:  ^Möge  er  endlich  auch  den  Pionieren  nach 
hunder^ährigem  mühevollen  Kampfe  mit  schwierigsten  Verhöltnissen 
zu  ihrem  Rechte  verhelfen,  zum  Heile  der  Armee  und  ihrer  vollkom- 
menen Kriegsvorbereitung  in  allen  Teilen  für  die  gewaltigen  Aufgaben 
eines  zukünftigen  Krieges!''  H.  Frobenius. 

Die  Biehtmittel  der  Gesehltae.  Von  Anton  Korsen,  k.  u.  k.  Ar- 
tillerieoberingenieur und  Lehrer  an  der  Kriegsschule.  Mit  12 
Tafeln.  Sonderabdruck  aas  den  «Mitteilungen  über  Gegenstände 

des  Artillerie-  und  Geniewesens".  Wien  1904.  Im  Selbstverlage 
der  Redoktion  obiger  »Mitteilungen".  Wien  VI  in  Kommission  bei 

R.  v.  \\'aldheim. 

Die  Vervollkommnung  der  Geschütze  hat  sich  auerst  auf  die  Er- 


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Literatar. 


619 


höhung  der  baUistiBohen  Leistung,  sodann  auf  diederPeuergeschwindig- 
keit  erstreckt,  die  durch  die  Annahme  des  Rohrrücklaufs  eine  schwer- 
lich zu  überbietende  Höhe  erreicht  hat.   Neuerdings  hat  man  auch 

der  Vervollkommniinp;  der  Richtraittcl  seine  Aufmerksamkeit  zugewendet, 
nicht  nur  um  die  Präzision  des  Richtens  zu  erhöhen,  sondern  auch 
um  die  dazu  erforderliche  Zeit  abzukürzen.  Die  gesteigerte  Wirkung 
der  modernen  Feuerwaffen  nüugt  zu  vermehrter  Ausnutzung  der 
Deelmngen  und  bat  dadurch  eine  ganz  neue  bis  düiin  unbeikaiinta 
Klasse  von  Richtmitteln  ins  Leben  gerufen,  die  daxu  dienen,  Gesohfilaen» 
von  denen  aus  das  Ziel  gar  nicht  au  sehen  ist,  eine  genaue  Richtung 
sowohl  nach  der  Seite  als  auch  nach  der  Höhe  zu  geben.  Über  alle 
diese  Richtmittel,  sowolü  für  Feld-  als  auch  Festungs-  und  Küsten- 
geschütze, gibt  das  vorliegende  Werk  nach  den  besten  Quellen  (Patent- 
schriften etc.)  eingehende  Auskunft,  d.  h.  nicht  nur  eine  Beschreihiing, 
sondern  auch  eine  Beurteilung.  Es  hat  vornehmlich  für  Offiziere»  die 
sich  eingehend  mit  der  ArtUlerietechnik  beschäftigen  wollen,  Wert 

Sannlng  taktbwliet  Anflgalieii  alt  USwagtut,  Pttr  Offlsiere  aller 
Waffen  zur  Verbereitung  fflr  Prüfungen  und  Aufls&bensteUung 

im  Frontdienst.   Mit  2  Karten,  einer  Über  ich tsskizae  und  einer 

Skizze  im  Text.  Von  Hoppenstedt,  iliuptmnnn  und  Lohrer 
an  der  Kriegsschule  Potsdam.  Berlin  1903.  E.  S.  Mittler  &  Sohn. 

Mit  unermüdlichem  Eifer  sorgt  der  bewährte  Kriegsschuliehrer 
datür,  weit  über  den  Rahmen  seines  augenblicklichen  Wirkungskreises 
hinaus  anregend  zu  wirken. 

Das  vorliegende  Buch  enthält  eine  Sammlung  von  Aufgaben  nebst 
Lösungen,  welche  jedem  Offizier  reichen  Stoff  zum  Studium  bieten. 

Besonders  interessant  sind  eine  Anzahl  von  Prflftangsaullsaben  zur 
Kriegsakademie,  die  zum  Teil  aul  das  Gebiet  von  Meta,  in  dem  sich 
auch  die  übrigen  abspielen,  übertragen  sind. 

Möchte  die  Sammlung  nicht  nur  denen,  welche  sich  zur  Kriegs- 
akademie vorbereiten,  sondern  allen  Offizieren,  besonders  auch  hin- 
sichtlich kriegsgemälser  Au^abensteUung,  von  Nutzen  sein!  63. 

GeaeUehte  te  HuioTflnehea  Jfigerbatailloiis  Nr.  10.  Von  von 

Oottberg,  Hauptmann,  von  Bschwege.  Hauptmann.  Mit 
Abbildungen,  Textskizzen  und  Karten.  Berlin  190S.  B.  J.  Mittler 

u.  Sohn,  Hofbuchhandlung. 
Das  vorliegende  Werk  gibt  mit  der  Geschichte  des  heutigen 
Königlich  Preufsischen  Hannoverschen  Jäc-erbataillons  als  Vorgeschichte 
desselben  auch  die  Geschichte  der  ehedem  Königlich  Hannoverschen 
Jäger  (Garde-.  1.,  2.  und  3.  Jägerbataillon).  Seine  Majestät  Kaiser 
Wilhelm  II.  hat  bekanntlich  unter  dem  24.  Januar  1699  bestimmt,  daSs 
die  preuürischen  Thippenteile,  welche  die  alten  hannovenchen  Soldaten 
in  sieh  aul]senommen  hatten,  die  Trfiger  der  Überlieferungen  der 
firttheren  hannoverschen  Regimenter  sein  und  deren  Auszeichnungen 

41* 


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620 


Lttwatur. 


weiter  führen  sollten.  Das  10.  Jägerbataillon  sollte  als  eins  mit  dem 
obengenannten  hannoverscbon  iHjrern  rtnir^sphen  werden  und  den 
19.  Dezember  1803  als  StiltungsutK  >  rhiilroii  Die  Namen:  „Peninsula. 
Waterloo.  Venia  del  Pozo"  an  der  Kopibedeckung  erinnern  an  die  Aus- 
zeichnungen der  alten  hannoverschen  Jäger. 

In  eingehender  Weise,  gestützt  auf  treffliche  Quellen,  ist  die  Ge- 
scbiobto  der  althannoTorschen  Jäger  von  1808—1866  geechüdert.  Bine 
Reihe  von  Kartenskizzen,  Oefechtsplänen,  ja  bildliche  Darstellungen 
erl&utem  den  gewandt  geschriebenen  Text«  der  ein  interessantes  BOd 
der  Schicksale  der  Königlich  Hannoverschen  Jäger,  namentlich  die  sehr 
wechselnden  der  leichten  Bataillone  im  Verbände  der  „Deutschen  Legion 
des  Königs",  gibt.  Der  zweite  Teil  enthält  in  sorgfältiger  und  lebens- 
voller Weise  ein  Bild  des  Lebens  in  Krieg  und  Frieden.  Sogar  kleine 
Episoden,  wie  die  Expedition  des  Hauptmanns  Reichmei.ster.  zweiten 
Jngenieui'ofliziers  beim  Güneralkonmiundu  des  X.  Armeekorps,  mit 
Leutnant  Runnebaum  und  82  JSgem  zur  ZerstQmng  der  Bahn  Tours— 
Le  Mans  am  10.  Januar  1871  haben  Auihahme  gefünden. 

G.  V.  Zepelin. 

Die  kritischen  Tage  von  Ohniitz  Im  Juli  JSW>.  Vom  Rintrefli  n  des 
Hauptquartiers  der  Nor  lirir.t-e  in  Olmütz  vom  9.  bis  zum  .Vhcnrl 
des  15.  Juli.  —  Mit  Benutzung  der  Feldakten  des  I\.  und  k. 
Kriegsarchivs    bearbeitet   von    einem  Generalstabsoffizier. 

Mit  25  Beilagen.    Wien,  190a,  Seide!  u.  Sohn.    6  Mk. 

Ein  Buch,  über  das  ein  iäuchveiatändiger  eine  ganze  Broschüre 
schreiben  könnte;  vielleicht  gescliidit  das  sogar.  Anlafs  genug  läge 
dazu  vor.  Mir  als  Berichterstatter  liegt  das  allerdings  fem,  obwohl  ich 
mit  der  Olmütaer  Episode  der  kaiserlichen  Nordarmee  1866  insofern 

vertraut  bin,  als  ich  dort  gestanden  habe;  das  Singen  und  Sagen  über 
diesen  Gegenstand  hat  Jahrzehnte  gedauert  Nun  Hegt  etwas  amt- 
liches, kondensiertes  darüber  vor.  iMe  neueste  Arbeit  des  k.  und  k. 
Generalslabes  macht  zunächst  einen  recht  günstigen  Kindruck;  aus- 
reichende Benutzung  der  gedruckten  ljuellen  —  bei  den  ungedruckten 
kann  der  Aufsenstehende  das  natürlich  nicht  erkennen.  Klare  und 
knappe  Schreibweise,  recht  zuverlässige  Darstellung,  voi zugliche 
Karten  und  Pläne.  Übersichtliche  Gliederung  des  Stoffes  erleichtert 
die  Duroharbeit  sehr. 

Die  Schilderung  beginnt  mit  dem  Eintreffen  der  Nordarmee  in 
Olmfltz.  Dafs  sie  tief  erschüttert  war,  geht  aus  allem,  was  man  darüber 
hört,  neuerdings  hervor;  mit  ihr  Benedek,  der  in  seiner  HUflosig» 
keit  nnch  der  Schlacht  nichts  besseres  zu  tun  wufste.  als  die  Armee 
„so  gut  als  möglich"  vvi<Mier  nach  Olmütz  zurückzubringen,  wie  er  dem 
Kaiser  .schrieb.  Kaum  emgelroflen.  erhielt  er  den  Befehl  aus  Wien, 
noch  ein  Korps  (das  X.  befand  sich  bereits  im  Abtransport)  nach  Wien 
zu  senden,  mit  dem  Rest,  also  6  Korps  und  1  Kavulieriedivision  in 
Olmtfti  SU  bleiben,  „nach  Tunllchkeit  aktiv  zu  wirken"  um  den  Feind 


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Utenlur. 


621 


vom  Vordringen  aul"  Wien  abzuhalien,  „dabei  aber  mit  Vorsicht 
und  Überlegung  vorzugehen,  um  die  Armee  vor  weiterem  Ungh'ick  zu 
bewahren".  Bonedek  bestimmte  infolgedessen  das  III.  Korps  zum 
Bfthntransport  nach  Wien,  die  erste  Btalfel  sollte  am  11.  abgelten. 

Aber  schon  am  10.  Juli  kam  ein  neuer  Befehl  aus  Wien;  der 
von  Vicenza  herbeieilende  und  zum  Oberbefehlshaber  bestimmte  Erz- 
herzog Albrecht  war  mit  der  Bdassung  der  Nordannee  in  Olmatz 
ganz  und  gar  nicht  einrerstanden  nnd  hatte  vennittelBt  des  Tetegraphen 
seinen  Einflub  im  Sinne  einer  HeramMmng  des  ganzen  Heeres  an 
die  !>anau  geltend  gemacht  Infolgedessen  telegraphierte  am  10.  der 
Erste  Generaladjutant  Graf  Crenneville  an  Bc-ncdek.  er  solle  sämt- 
liche Korps  mit  Ausnahme  der  voUständi^rcn  und  noch  zu  verstärken- 
den Besatzung  von  Olmütz  mit  der  Bahn  nach  Wien  beJÖrdern,  die 
Trains  jedoch  auf  dem  linken  Marchufer  zu  instradieren  und  mit  den 
Truppen  zum  Fufsmarsch  übergehen,  falls  der  Gegner  die  Bahn 
Olmtttz— Prerau— Wien  unterbreche.  Zugleich  traf  an  diesem  10.  — 
aum  zweitenmal  in  diesem  Peldzuge  —  der  Ob.-Lt.  Beck  aus  Wien  bei 
Benedeie  ein,  ging  ihm  an  die  Hand  und  arbeitete  einen  Entwurf  fttr 
den  Abmarsch  dee  Heeres  aus,  da  die  Bahn  nur  fQr  den  Transport 
noch  eines  Korps  ausreichte.  Diese  Arbeit  Becks,  die  allerdings  nicht 
vorliegt,  gibt  dem  Herrn  Verfasser  Gelegenheit,  die  operativen  Talente 
Becks,  des  jetzigen  Chefs  des  k.  und  1l  Oeneralstabes,  mit  Nachdruck 
zu  rühmen. 

Der  11.  Juli  verging  mit  Feststellung'  der  Tatsache,  dafs  die  Bahn 
wirklich  nicht  viel  leisten  könne  und  mit  den  einleitenden  Befehlen, 
wobei  aber  Benedek  den  Beginn  des  Abmarsches  erst  für  den  Ii. 
ins  Auge  iafste,  da  die  Truppen  notwendig  einer  Frist  zu  ihrer 
Retabliemng  bedurfton.  Am  IS.  berichtete  darauf  Benedek  drahtlich 
nach  Wien,  er  könne  nicht  fahren,  müsse  marschieren;  Grennevilla 
erwiderte  umgehend,  die  Bahn  leiste  das  Erforderliche,  man  wisse 
es  in  Wien  ganz  genau,  es  mtee  also  gefahren  werden.  Wie 
schade,  dafs  der  Ob.-Lt.  Beck  schon  am  10.  nach  Wien  zurückgekehrt 
war.  andernfalls  würde  er  sicher  einen  Ausweg  aus  der  verwickeltet^ 
Lage  gefunden  haben! 

Am  13.  Juli  erklärte  Raming,  der  das  Pestungskommando  in 
Olmütz  zu  übernehmen  hatte,  er  könne  das  ausgedehnte  v<^r!^rhanzte 
Lager  nur  verteidigen,  wenn  er  mindestens  3  Korps  und  1  Kavallerie- 
division erhalte.  Zweifel  über  die  Stärke  der  in  Olmütz  zu  belassen- 
den Besatzung  veranlafste  Benedek  zu  einem  weiteren  Depeschen- 
Wechsel  mit  Wien.  Da  traf  von  dem  eben  in  Wien  etsohienenen 
Bnheraog  Albreeht  der  Befehl  ein,  Benedek  soUe  sofort  «ohne  Wider- 
rede* alle  Truppen  »hinter  der  March"  nach  Preisburg,  erforder- 
lichenfalls durch  das  Wagtal  und  ttber  Komorn  in  Marsch  setzen, 
Benedek  antwortete,  die  Dispositionen  für  den  Rückmarsch  des  gröfsten 
Teils  des  Heeres  westlich  der  March  seien  ebenso  wie  die  Vorsorgen 


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622 


UtHitnr. 


für  die  Verpflecrung  bereits  getroffen,  Änderungen  nichi  nn  hi  möglich 
und  müsse  es  daher  bei  dem  Befohlenen  sein  bewenden  haben. 

Am  14.  begann  der  Abmarsch  der  Armee;  um  7*^  abends  traf  bei 
Benedeii  ein  weiteres  Telegramm  des  Erzherzogs  Albrecht  ein,  aus 
dorn  der  k.  und  k«  GeneralffUb  nur  ein  kunes  Bmchstflck  zu  veröffent- 
lichen für  gut  befinden  liat  .  .  .  «Bei  gegenwärtiger  Sacblage  dringend 
notwendiger  als  je,  die  Deckung  der  Marchlinie  durch  ein  Korps  be- 
sorgen SU  lassen.**  Vgl.  oben  die  Anweisung  ,,hinter  der  March**  au 
marschieren;  der  k.  und  k.  Generalstab  hält  sich  jedoch  überzeugt, 
dafs  der  Erzherzop:  snc^tn  wollte  „Marchiinie";  war  das  der  Fall,  dann 
mufs  schon  das  Konzept  des  betreffenden  Befehls,  das  dem  Herrn 
Verfasser  sicher  vorgelegen  hat,  einen  Fehler  aufgewiesen  haben,  dem 
Telegraphen  kann  die  Schuld  nicht  beigemessen  werden,  iiouedek 
jedoch  konnte  all  das  nicht  ahnen;  er  telegraphierte  daher  surttck: 
3itte  um  Bekanntgabe,  um  welclie  Strecke  der  Marchlinie  es  sich 
eigentlich  handelt,*  und  er  mag  auch  verblüHt  genug  gewesen  sein, 
da  er  ja  mit  den  Hauptkräften  rechts  des  Flusses  marschierte.  Der 
k.  und  k.  Generalstab  aber  sagt:  „Das  Oberkommando  sah  sich 
somit  gänzlich  mifsverstanden,  mnn  wnr  in  Olmiitz  an  dem 
Wortlaute  Marchlinie  nach  engster  Bedeutung  hängen  cre- 
blieben  In  Wien  wurde  jetzt  daran  gezweifelt,  das  Ober- 
kommando iii  der  kurzen  Julinacht  noch  für  die  eigene 
grofszligigere  Anschauung  gewinnen  zu  können;  man  ant- 
wortete durch  folgendes,  mehr  f ormaJer  Rttcksicbt  Rechnung 
tragendes  Telegramm:  Lundenburg  schon  heute  bedroht, 
Iflr  morgen  Angriff  erwartet,  dort  Brigade  Mendel,  daher 
jetzt  Prerau-Göding,  wenigstens  bis  Uendisch."  Alle  diese 
Orte  liegen  an  der  March! 

Wenn  auch  demnächst  die  Gefechte  hei  Tobi  tschau  und 
Rokütoinitz  in  recht  gelungener  Weise  ges  hil  lert  werden,  so  hat 
doch,  wie  wii-  fürchten,  der  k.  und  k.  Generalsiao  mit  dieser  Schrift 
einen  besonders  glücküchen  Griff  nicht  getan.  Wer  nur  einigermaßen 
mit  der  Materie  Yertraut  ist,  wird  den  Kopf  recht  h&uflg  schütteln 
küssen.  Auch  ist  ganz  bestimmt  bei  weitem  nicht  alles  gesagt,  was 
zu  sagen  war;  es  wirkt  doch  höchst  sonderbar,  wenn  man  gerade  aus 
den  wichtigsten  und  entscheidendsten  Depeschen  des  Erzherzogs  Albrecht 
nur  kurze  Bruchstücke  vorgesetzt  erhält,  statt  sie  vollständig  kennen 
zu  lernen.  Aus  dem  wenigen  neuen  aber,  was  geboten  wurde,  ist 
abermals  der  unheilvolle  Kinfluf.s  des  Telegraphendrahts  im  Kücken 
eines  Heeres  und  die  Gefahr  eines  HoJ"kiiegsrats  redivivus  zu  ersehen. 

Die  Arbeit  des  k.  und  k.  Generalstabes  freilich  bestrebt  sich 
alle  und  jede  Schuld  dem  unglficklichen  Benedek  in  die  Schuhe  zu 
schieben.  Dalis  er  kein  Feldherr  war,  ist  Ungst  erkannL  Darfiber 
hinaus  aber  wird  es  nicht  gelingen,  die  unparteische  Geschichte  Ton 
einer  Schuld  des  beklagenswerten,  aber  braven  Mannes  zu  überzeugen. 
Vollends  gar  der  Versuch  zu  beweisen,  dafis  fienedek  die  Lage  noch 


Utenfeur. 


628 


CHtcli  dem  9.  Juli  Terikhreii  und  der  Brehenog  Albrecht  imstande  ge- 
wesen «Üre,  sie  zu  wenden,  wird  sielierlieh  mirslingen.  Fflhlte  der 
Sieger  von  Custozza  auch  Kraft  2um  Siege  gegen  Preufsen,  und  ver- 
sagte der  Telegraph  —  ja»  wanim  hat  er  sich  denn  dann  nicht  auf 
die  Xordbahn  gesetzt,  um  nach  Olmfita  vi  fahren,  und  selbst  nach 
dem  Rechten  zu  sehen?  C.  v.  B.-K. 

Die  nunmehr  etöchienene  S.— 5.  Lieferung  des  von  Koppmann- 
Weigel sehen  Ko«n«ktan  lui  IDtttibnlarailgeMtalnieh  fBr 
das  Dentsdie  IMeh»  enthaltend  die  §§  64 — 166,  reiht  sich  in 
ihren  Vonügen  ebenbürtig  den  bereits  besprochenen  Vor- 
gftngerinnen  an. 

Die  Übersicht  über  das  jetzt  vorliegende  Qesamtwerk  rechtfertigt 
^das  Urteil,  dafo  die  Weigelsche  Bearbeitung  des  Koppmannschen 
Kommentars,  wenn  auch  in  den  bewährten  Bahnen  der  früheren  Auf- 
lagen sich  bewegend,  nicht  sowohl  eine  Ergänzungsarbeit,  als  vielmehr 
eine  geradezu  monumental©  Kigenschöpfung  darstellt.  Ks  bedarf  zum 
Beweise  dieser  Behauptung  wohl  nur  des  HinweiRes  auf  die  umfassende 
Heranziehung  der  neuesten,  insbeäondere  völkerrechtlichen,  zivilrecht- 
Uchen  und  strafirechtUdien  Literatur,  der  auslAndischen  Gesetagebungt 
der  attf  Marineverhiltnisse  beaflgliohen  Bestimmungen  in  allen  Teilen 
des  Boches.  Die  Stellungnahme  zu  den  einseinen  streitigen  Fragen 
ist  stets  eine  durchaus  genaue  und  wissenschaftliche,  dabei  aber  prak- 
tisch militftrisohe.  Bs  würde  su  weit  führen,  solche  wichtige  Streit^' 
punkte  in  Hinigermaf5?en  ausgedehnterem  Umfange  hier  berühren  zu 
Wüllen.  Hingewiesen  mag  beispielsweise  nur  werden  auf  die  Aus- 
führungen über  diH  vr»lkerrechtlichen  Begrifl'e  der  Beute,  der  Plünderung,* 
der  Requisition  u.  a.,  über  die  zivilrechtlichen  FVagen  des  Besitzes, 
Mitbesitzes  u.  dgl.  bei  Diebstahl  und  Unterschlagung,  über  die  viel- 
umstrittenen  Bestimmungen  des  militfirisehen  Walfengebrauchs.  Wie 
die  Anführung  der  Zustftndigiceit  des  Standgerichts  oder  des  Kriegs- 
^richts  bei  jedem  Paragraphen  gewifs  als  zweckdienlich  begrQist 
werden  wird,  so  dient  ein  TorzSgliCh  bearbeitetes  Sachverzeichnis  der' 
raschen  Auffindung. 

Der  Koppmann-Weigelsche  Kommentar  erscheint  daher  als  ein  einzig 
dastehendes,  durchweg  erschöpfendes  und  verlässiges  \N  ork  aut  dem 
Gebiete  der  militärstrafrechtlichen  Literatur.  Seine  Vorzüge  werden 
ihn  bald  in  den  Kreisen  der  Theort  Liker  und  Praktiker  unentbehrlich 
machen  und  ihm  einen  stets  wachsenden  Eriuig  sichern.  '  ' 

JUaiuidTierBig  Jahre  in  Indien*.  Von  Peldmarschall  Roberts  of 
>  Kandahar.    Zwei  Bände.  Berlin  1904»  Verlag  der  Hofbuch- 
• handlung  Karl  Sigismund. 

Ein  ausgezeichnetes  und  sehr  lesenswertes  Buch,  sowohl  nach 
■der  kulturhistorischen  als  der  militärischen  Seite,  vor  allem  aber  nach 
•der  menschlichen  Seite  bin.    Denn  der  hochverdiente  Soldat  und 


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624 


LMetamr. 


siegreiche  Feldherr  zeigt  sich  in  den  vorliegenden  Schilderungen  fOOt 
persönlichen  Erlebnissen  und  weltgeschichtlichen  Ereignissen,  voi> 
denen  er  „vom  Subalternofßzier  bis  zum  Oberbefehlshaber"  —  diesen 
Zusatz  trägt  der  Titel  des  Buches  —  erzählen  kann,  stets  als  ein 
ritterlicher,  liebenswürdiger  Mann.  Dafs  er  seinem  Berufe  und  seinem 
Vateriande  glühend  ergeben  ist,  kann  das  günstige  Urteil  über  ihn 
nur  verstärken.  Aber  unter  einem  recht  wichtigen  aUgemelnen  Qesichte- 
punkte  verdienen  diese  Denl^würdigkeiten  erwähnt  va.  werden»  Der 
Feldmaraohall  seigt  sich  hier  ven  neuem  als  ein  Mann,  der  neben  dem 
Sehwerte  auch  die  Feder  sehr  gut  zu  Hihren  weifs.  Er  hat  diee  sohoa 
einmal  getan  in  einem  sehr  bemerkenswerten  Werke  über  Indien. 
Allerdings  ist  diese  Erscheinung,  dafs  bedeutende  Kriegsmänner  auch 
als  „Militörschriftsteller**  aufgetreten  sind,  schon  seit  Julius  Caesar 
nichts  Neues.  Auch  Friedrich  der  Grofse  gehört  nebst  anderen  nam- 
haften Feldherren  in  diese  Kategorie  und  es  scheiui  uiciii  unauge- 
bracht,  hieran  bei  dieser  Gelegenheit  »i  erinnern  —  angeeichte  einer 
geradeiu  banausisehen  Richtung,  welche  mUitiriBcfae  geistige  Arbeit, 
sowie  sie  sich  schriftstellerisch  iufiBcrt,  gleichsam  als  etwas  Un-sol- 
datiflohes  ansieht 

Lord  Roberts  entstammt  einer  alten  bürgerlichen  Soldaten- 
familie. Sein  Vater  stand  als  General  in  Indien  und  dort  trat  der 
junge  Huberts  im  Jahre  1852  bei  der  bengalischen  Artillerie  ein. 
Er  hat  seine  glanzende  Laufbahn  svtMier  Protektion  noch  Zufall  zu 
verdanken,  sondern  er  hat  sich  öciinii  tur  Schritt  heraufgearbeitet 
durch  unermOdlichen  Diensteifer,  seharfe  Beobachlangsgabe,  gesundea 
Urteil  und  energisches  Handeln  in  kritischen  Lagen.  So  zeigt  ihn  auch 
der  südafrikanische  Krieg.  Für  den  Soldaten  ist  es  Im  übrigen  «aa 
Genufshi  den  «Denkwürdigkeiten"  so  vielen  anigeseichneten  englischei» 
Offizieren  zu  begegen.  welche  Lord  Roberts  meistens  handelnd  schildert. 
Namentlich  während  des  blutigen  Sepoy- Aufstandes  im  Jahre  185Öw 
Ohne  Zweifel  ist  es  nur  dem  kaltblütigen,  umsichtigen  Handeln  und 
dem  über  jedes  Lob  erhabenen  jitM^onlichen  Beispiel  der  fiihr^uidea 
Offiziere  zu  verdanken,  dafs  der  Aufstand  nicht  gröfsere  Dimensionen 
annahm.  Und  wo  Ausnahmen  angedeutet  werden»  da  sind  es  sonst 
verdiente  Persönlichkeiten,  welehen  aber  die  inseitige  Routine  de» 
Dienstes  den  wdten  Blick  getrübt  hatte. 

Wir  finden  Lord  Roberts  als  jungen  Offizier  im  Brenn|mnkt  dbr 
Kimpfe  des  Jahres  1856,  d.  h.  vor  Delhi.  Diese  Belagerung  und  die- 
Kämpfe  um  Delhi  sind  spannend,  lehrreich  und  ungemein  anschaulich, 
geschildert.  Vor  allem  kommt  auch  das  persönliche  Element  zur 
vullt-n  Geltung.  Auch  in  der  Kritik.  Ks  wird  da  nicht  vom  ,Ober^- 
kommando",  „Generalkümmatiiiu"  usw.  gesprochen,  sondern  die  leitenden 
und  verantwortlichen  Personen  treten  lebendig  in  die  Erscheinung. 
Überwiegend  zu  ihrem  Vorteil  und  jedenfalls  plastisch  genug,  um  zu 
zeigen,  welche  Bigenschaften  es  denn  hauptsÜchUoh  im  Kriege  sind,, 
welche  den  ausgeeeiobneten  Offizier  und  erfolgnichen  Führer  aus- 


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Lltmtw. 


625- 


maehen.  Sie  decken  sich  nicht  immer  mit  den  im  Frieden  hoch  ein- 
geBcbJttzten  und  begrünstiglen  Oifliieren. 

Der  Sturm  auf  Delhi  ist  eine  der  tapfersten  Taten  der  neuen 
Kriegsgeschichte.  Die  Schilderung  desselben  ist  Lord  Roberts  meister- 
haft gelungen.  Nicht  zu  %iel  und  nicht  zu  wenig.  Dann  folgen  die 
Kampfe  bei  Luknow  und  hei  ( oNvnpore.   Beide  bekannt  durch  die 

entsetzlichen  (jrausamkeiten  der  Aufständischen. 

Im  zweiten  Band  schildert  er  die  Umbeylarexpedition,  dann  die 
Buschaiexpedition,  führt  uns  nach  Afghanistan  und  schildert  in 
fesselndster  Weise  die  verschiedenen  Kämpfe,  welche  erst  mit  dem 
entscheidenden  Siege  von  General  Roberts  bei  Kandahar  (1.  9.  1880) 
ihren  AbsehluXs  fanden.  Den  Schlafs  der  militärischen  Schilderangr 
bildet  der  Feldziig  in  Birma  im  Jahre  1888. 

Es  sind  nicht  nur  nicht  die  militärischen  Dinge,  welche  die  «Er- 
innerungen** lesenswert  und  vom  Standpunkte  des  Fachmannes  so  wertF- 
voll  mache.  Es  sind  auch  die  vielfach  eingestreuten  politischen 
Bemerkun^rcn  und  AuHassungen,  sowohl  was  da.s  Verhältnis  Englands 
zu  Indien  betrifft  in  administrativer  Hinsicht,  als  anch  die  freimütigen 
Äufserungen  über  die  diplomatischen  Kämpfe  Hufslands  und  Englands 
um  den  entscheidenden  EinfluDs  in  Afghanistan.  Über  dieses  auch 
gerade  jetat  vielleicht  wieder  aktuell  werdende  Kapitel  bandelt  ein 
dokumentenreicher  besonderer  »Anhang*.  Keim. 

Hilltir  mul  ZItU.   Zeitgemäfse  Betrachtungen  von  einem  öaterreieher.. 
Wien  und  Leipzig.   Braumüller.  1904. 

Der  ungenannte  Verfasser  bespricht  zuerst  «Den  Kampf  gegen 
das  Militär**,  wie  es  von  den  radikalen  Parteien,  hf^sonders  den 
Sozialdemokraten  seit  Jahr  und  Tag  gegen  die  Ai  moo  gf  j  iini  wird 
und  er  bringt  eine  Bliitenlese  aus  der  Fülle  falscher  Anschulditrungen^ 
Verdrehungen  und  Entstellungen,  weiche  von  den  miiiiiirieindiichen 
Parteien  gegen  die  Armee  erhoben  worden  sind.  Er  zeigt  dabei  das- 
systematische  Bestreben,  die  Wehnnacht  herabsusetaen  und  ihren 
Kredit  in  der  Öffentlichkeit  an  vernichten,  um  damit  die  festeste  Stfltie 
von  Thron  und  Altar  aus  dem  Wege  au  rftumen. 

Im  zweiten  Abschnitt  kommen  «Die  Sünden  des  Militftrs"  an 
die  Reihe.  Verfasser  bespricht  hierbei  die  Soldatenmifshandlungen  an 
der  Hand  österreichischer  und  deutscher  Statistiken,  die  Säbelaffairen,. 
die  Duelle,  und  manches  andere.  Er  bemüht  sich,  die  gegen  die 
Arme©  und  besonders  das  Offlzierkorps  erhobenen  Anschuldigungen 
zu  entkräften,  uder  mindestens  zu  zeigen,  dafs  einzelne  MiXsstände  im 
Wesen  der  Institution  selbst  liegen  und  von  ihr  unzertrennlich  sind. 

Endlich  bespricht  er  die  Reserveoffisiersfrage  in  Österreich;, 
die  Zustände  sollen  nach  dieser  Richtung  hin  in  unserem  Naehbarlande 
geradeau  unhaltbar  sein. 

Die  Schrift  ist  hauptaiehlioh  auf  ttstenrelohiaohe  YerhÜtiiias» 


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626 


Utentnr. 


gemünzt,  enthält  aber  auch  für  uns  manches  Beachtenswerte;  sie  ist 
flott  und  malsvoU  geschrieben  und  kann  daher  empfohlen  werden. 

C.  V.  B.-K. 

ChiaalOft.  ErlebnisBe  und  Eindiücke  von  der  Expedition  1900/190L 
Von  Rudolf  0 lehr  1,  Leutnant  im  l^gl.  bayer.  2.  Inf.-Rgt  Kron- 
prinz. Mttnchen.  Lindauersche  Buchhandlang. 

Wie  der  internationale  Kriegszug  nach  China  handeUpolitiaehe 
Vorteile  erzielte,  so  brachte  er  in  militärischer  Beziehung  Unternehmungs- 
geist und  Anspannung  der  Wehrkraft  zur  Geltung.  Beim  Fehlen  einor 
ausreichenden,  im  deutschen  Kolonialgebiet  vert^Mlton,  stets  -«rhlrii;- 
fertigen  Truppe,  war  es  eine  musterhafte  Leistung,  genügende  aircit- 
kräfte  zur  Formation  der  vom  Deutschen  Reiche  zu  stellenden  Ost- 
asiatischen  Division  rechtzeitig  nach  dem  fernen  Kriegsschauplatze 
zu  schaffen.  Unter  dem  Zwange  der  Ereignisse  wurde  ein  sofortiges 
Aufgebot  deutscher  Landstreitkrttfte  gleichsam  als  Kolonialtroppe  fQr 
flberseeisohe  Zwecke  in  Bewegung  gesetzt  Zur  Beseitigang  jener 
weltpolitisclien  Verwickelung  war  Eile  dringend  geboten  und  um  so 
reichere  Erfahrungen  in  betreff  der  Organisation  und  Ausrüstung 
überseeischer  Truppentransporte  konnten  gemacht  werden. 

Freilich  fehlte  der  Kriegsführun^i;  \n  China,  wie  rl<'r  Oberbefehls- 
haber Graf  V.  Waldersee  selbst  gesagt  haben  soll  „  i» :  Zuir  ins  Grofs«-". 
weshalb  auch  jüngere  Offiziere  vielfach  Gelegenheit  ianden  mit  rh;u  akier- 
bildender  Wirkung  selbötandig  aulzutreten.  So  auch  der  Veriasser, 
welcher  seine  kriegerischen  Erlebnisse  und  Beobachtungen  über  Land 
und  Leute  in  diesem  IQtestea  und  bevölkertsten,  aber  doch  fremden  Teil 
der  Erde,  IHsch  und  anregend  zu  schildern  weifs.  Mit  Hilfe  photo- 
graphischer Apparate  hat  er  seine  Niederschrift  durch  bUdliche  Da^ 
Stellungen  unter  Beigabe  von  Kartenskizzen  bereichert 

Nach  einem  kurzen  Überblick  über  Vorbereitungen  zur  Expedition, 
Sepivist^  -  im  chinesischen  Meere  inmitten  eines  schweren  Taifun  — . 
Lrimlungen  mit  kurzem  Aufenthalt  in  Ceylon,  Üingapore.  Shanghai  und 
im  September  1900  xVnkunft  auf  der  Reede  des  kur^;  zuvor  eroberten 
Hafenplatzes  Taku  tritt  der  Chinakrieger  in  die  Handlung  ein.  Zunächst 
als  Führer  eines  Beitreibungsuntemehmens  im  Gelfinde  uOrdlich  von 
Tientsin,  wobei  ein  erster  Einblick  in  die  Verhältnisse  des  chinesischen 
platten  Landes  gewonnen  wird.  Bs  folgt  gemeinsam  mit  einer  fran> 
sösischen  Tnippenabteilung  während  des  Winters  1900/01  ein  Üngeres 
Kantonnementsleben  in  Paoting,  ohne  ersichtliche  Bekräftigung  besserer 
Beziehungen  findet  doch  erträglicher  Verkehr  mit  den  französischen 
Kameraden  statt.  l.Ue  Einwohner  Poatincrs  snwio  die  Bevölkerung  der 
Umgegend  bezeigen  sich  im  allgemeinen  IViedlich,  so  dafs  selbst  aus- 
gedehnte Streifzüge  nur  auf  geringen  Widerstand  stofsen.  Schliefslich 
langweilt  man  sich  und  ein  Ausflug  nach  Peking  kommt  da  sehr  will- 
kommen! Die  alte  Residenzstadt  mit  ihrer  fruchtbaren,  sohOnen  Um- 
^ung,  ihren  vier  durch  Mauern  von  einander  getrennten  StadtteUen. 


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Uteiatar. 


627 


ihren  wunderbaren  Palästen  u.  a.  m.  wird  besichtigt,  auch  der  Pctang 
(christliche  Misaionsanstalt),  welcher  in  der  Schreckenszeit  1900  von 
einer  kleinen  Anzahl  Wehrfähiger  gegen  überwältigende  chinesische 
Massen  glänzend  verteidiirt  wurde. 

Zu  ernster  Begegnung  mit  dem  Feinde  kommt  es  erst  an  dem 
Riegenwerk,  der  Groben  Mauer,  welche  sieh  am  Oetrande  des  Wu-tai 
Oebii^s  binziehend,  die  strate^sch  wichüge  Landschaft  Pelschili  mit 
Peking  begrenst.  Die  Bodenbesolialfenheit  des  höchst  vsrteidignngs- 
fiihigen  Gebirgsabschnittes  begünstigte  hier  den  Guerillakrieg  der  Chi- 
nesen.  Verfasser  hatte  als  Patrouillenführer  in  mehr  oder  minder 
greiserem  Gefechtsbereiche,  mancherlei  Kämpfe  mit  AnErchörigen  des 
regulären  chinesischen  Heeres  zu  bestehen,  zum  Teil  mit  Hilfe  franzö- 
sischer Mannschaften. 

In:£wi8chen  machte  sich  die  Einwirkung  der  Diplomatie  bemerkbar 
und  der  Krieg  ging  zu  Ende*  ehe  man  es  gedacht  Nun  wurde  der 
Soldat  clunamfide  und  sehnte  sich  nach  der  Heimat  aurfick.  Das 
1.  Bataillon  4.  Ostaaiatischen  Infanterieregimi*nt8,  dem  der  Verfasser 
angehörte,  trat  um  Mitte  August  1901  auf  einem  österreichischen  Dampfer 
die  Heimfahrt  an.  Wieder  wurden  die  Sehenswürdigkeiten  der  grofsen 
Soeetappenlinie,  diesmal  auch  die  in  üppigster  Vegetation  prangende 
malaiische  Residenz  Johore  in  Augenschein  genommen.  Kin  glänzender 
und  gastlicher  Empfang  wurde  dem  Bataillon  in  Triest  seitens  der 
österreichischen  Militärbehörde  bereitet,  nur  noch  in  Wien  überliolien 
durch  dto  Huld  Kidser  Franz  Josephs,  der  sich  die  Cliinakrieger  in^ 
Gefechtsübung  und  Parade  vorführen  liels.  Bald  darauf,  anfangs 
Oktober  1901  erfolgte  auf  dem  Truppenübungsplatz  bei  Neifse  die  Auf- 
lösung des  Bataillons.  .  - 

L»ie  Arbeit  bildet  einen  wertvollen  Beitrag  zur  Geschichte  der 
China-Expedition.  In  sachlich  ruhij^er  Ausführung  sind  Erlebnisse  und 
Eindrücke  erörtert,  wobei  die  mi  Vll.  Kapitel  einer  zii-arnnieni'assenden 
Betrachtung  unterzogenen  kriegerischen  Vorgänge  In  s  nviers  beachtens- 
wert erscheinen.  Die  Schrift  verdient  wärraste  i:^mptehmng  auch  in 
nichtmilitftrischen  Kreisen. 

Hildebrandtt  Oberstleutnant  z.  D. 

Weltgeschiehte  des  Krieges.  Ein  Volksbuch  von  Leo  Frobenius, 
Hannover,  Gebrüder  Jänecke.  13.  bis  25.  (Schlufs-)  Lieferung. 
Die- ersten  zwölf  Hefte  dieses  Werkes,  die  zum  gröfston  Teil  die 
„Urgeschichte  des  Krieges"  behandelten,  sind  in  den  Jahrbüchern 
bereits  besprochen  worden.  Wenn  in  der  „Urgeschichte"  eine  gewisse 
Ungleichartigkeit  der  zum  Teil  etwas  weitläufigen  Darstellung  hervor- 
getreten war,  so  ist  das  bei  dem  11.  Buch  des  Werkes,  das  in  grofsen 
Zügen  die  Qescliichte  der  Landkriege  gibt,  nicht  der  Fall  Mit  kun- 
digem Blick  sind  diejenigen  Kriege  herausgegiiiTen  und  in  kuraen, 
charakteristischen  Zfigen  geschildert,  die  ^oehemachend  fflr  die 
Oeschichte  der  Kriegskunst  waren.  Das  Altertum  ist  km  aber  ans« 


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628 


Utemuf. 


reichend  in  Beiracht  gezogen  und  wird  mit  der  Überschrift  „Bogen 
und  Schwert"  charakterisiert,  während  die  Kämpfe  des  Mittelalters  die 
Überschrift  „Speer  und  Schwert**  trogen.  Die  Nefoieit  wird  über- 
schrieben „Kugel  und  Schwerf.  Zosammenftissendo  JfcüekbUtke*  auf 
FtotungB-  und  Oesohfitswemn  sind  nur  bei  d«r  Schilderung  dee 
Mittelalters  gegeben.  Die  Kapitolfibersobrillen  des  dritten  Teile,  d^ 
Bich  mit  der  Nemeit  beschäftigt,  lassen  die  getroffene  Auswahl  er- 
kennen: Renaissance  —  Der  dreifsigj ährige  Krieg  —  Ludwig  XIV  — 
Der  grofse  Kurfürst  —  Die  Türkonkriege,  Prinz  Eugen  —  Friedrich 
der  Grofse  —  Napoleon  I.,  des  Sternes  Aufgang  —  Napoleon  I..  des 
Sternes  Niedergang  —  Der  Krimkrieg  —  Der  Krieg  um  die  Hegemonie 
in  Deutschland  —  Der  deutsch-irauzuaiäclje  lirieg,  Ktunpl  mit  dem 
Kaiserreieh  ^  Der  deutaeh-fransÖBieehe  Krieg,  Volkslaieg  —  Der 
mssisoh-tflrkisehe  Krieg. 

Während  die  Daratellung  Ihst  durchweg  Uar  und  flbersiehtlieh  ist» 
Bind  die  zum  Teil  guten  üluBtrationen  gans  wilUcflrIieh  yerteflt,  ais 
lifttle  man  sie  aus  einem  groliran  QeOfB  Über  die  Druckbegien  des 
«LandkriegM*  ausgeselilittet 

Im  «dritten  Buch",  das  sich  mit  der  Geschichte  der  Seelcriege 
beschäftigt  und  eine  ganz  vortreffliche  Übersicht  tiber  die  Entwickelung 
der  maritimen  Kriepsfiihning  gibt,  stehen  die  Illustrationen  an  richtisrer 
Sielie,  lassen  aber  muunter  zu  wünschen  übrig,  da  die  vielfach  nur 
schematischen  Darstellungen  für  ein  Volksbuch  nicht  zweckentsprechend 
smd. 

Eine  besondere  Betrachtung  wird  den  „Überseekriegen"  zuteil. 
Dort  werden  auch  —  sehr  kurs  —  der  Burenkrieg  und  der  KAeg  in 
China  beeproohen.  VieUeieht  hätten  diese  Kriege  ein  wenig  eingebender 
behandelt  werden  kOnnen. 

Immerhin  kann  das  Probeniussehe  Werk  in  seiner  Gesamtheit  als 
eine  recht  verdienstvolle  Arbeit  bezeichnet  werden,  als  ein  Volksbuclu 
das  belehrend  und  anregend  wirken  kann. 

Die  Ausstattung  ist  recht  gut,  der  Preis,  60  Pfennig  für  das  Heft, 
durchaus  nicht  su  hoch.  0.  P.  v.  S. 


II.  AusIMtoehe  ZeittclirmBn. 

Streffleurs  Österreichische  Militärische  Zeitschrift.  (Aprilheft.) 
Rnfsland  und  Indien  (Ports.).  —  Taktikaufgabe.  Hr.  U  —  Portschritt» 
fremder  Armeen.  —  Streitkrifte  Chinas.  —  Rossisch-Japanisoher  Krieg. 
—  Zur  Duellfrage.  —  Verhütung  ftlscher  MasehinenmandTer  auf 
Schiffen. 

^omial  iee  M&mtm  mlUtafaraa.  (M&rsheft)  Angebliche  neue 
Bestrebungen  in  der  deutschen  Armee.  —  Der  Ottiler  als  Bnieher. 


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Utaratar. 


629 


—  Die  Armee  der  Zukunft;  die  Kadres.  —  Die  Oreanisation  der 
Kolon ialaruiee.  Die  Marineartillerie.  —  Unterweisung  der  Offiziere 
▼ermittelst  des  Kriegsspiols,  des  Exerzierens  auf  der  Karte  und  desKadree- 
exerzierens  im  Qelftnde.  —  Die  RoUe  des  detachierten  Kerps  im  modernen 
Krieg.  —  Der  (toterreiebische  Sesessionslorieg  1790/98.  —  Die  deutsphe 
Kavallerie  wahrend  des  Loire-Peldzugea  1870/71. 

ReTve  d*Histolre.  (Mars.)  OeschichtUche  Studie  über  die 
Regimentsartillerie.  —  Der  Krieg  1870/71,  der  16.  August  in  Lothringen. 

Revue  militaire  des  Armees  etrangeres.  (Mars.)  Das  Abbrechen 
von  Gefechten  nach  Ansicht  des  deutschen  Grofsen  Generaistabs.  —  Der 
Entwurf  des  russischen  Reg:lements  über  den  Dienst  im  Felde.  Die 
deutschen  Vorschriften  über  die  Tätigkeit  der  LuftschifTer.  —  Reorgani- 
sation der  bulgai ischiMi  Armee.  (April.)  Deutsche  Godnnken  über 
Aiiigabe  und  Vürweruiuiig  der  Kavallerie.  —  Der  Kauvui  t  einer  russi- 
schen üefechtsvorschrift.  —  Vorgeschlagene  Veränderungen  im  öster- 
reichisch-ungarischen Heere.  —  Das  Abbrechen  von  Gefechten  nach 
Ansicht  des  deutschen  Grofsen  Oeneralstabes. 

La  reTue  dlnlkiiteile.  (März.)  Die  Armee  der  Zulninfl.  —  Das 
moderne  Gefbcht  —  Das  Vorrdclcen  der  Truppe  unter  dem  Feuer.  — 
Lösung  der  Taktikaufgabe  im  Examen  für  die  Kriegsakademie.  (ApriL) 
Die  grodaen  Manöver  im  Jahre  1903.  —  Die  Armee  der  Zukunft 
(Ferts.).  —  Die  Vereinfachung  der  Vorschriften  für  die  Manöver  der 
inlanterie.  —  L>as  Vorgehen  der  Truppen  unter  Feuer. 

Rivista  di  artiglieria  e  genio.  (Februar.)  Da.s  Problem  des  in- 
direkten Richtens  der  Belagerungsartillerie.  —  Das  Problem  der  Binnen- 
schiffahrt in  Italien.  Führung  und  Abrichtung  der  Kundschafter  der 
Artillerie.  —  Vorbereitung  der  Artillerie  auf  die  Schlacht.  Bezieht  sich 
auf  das  Gelandeschiefben. 

Mitteilungen  Uber  Gegenstinde  des  Artillerie-  und  Geniewesens, 
(in.  Heft)  Übersicht  der  in  den  Jahren  1902  und  190S  im  technischen 
MilitSrkomitee  auf  dem  Gebiete  des  Genie-  und  Pionierwesens  durch- 
geführten  Versuche.  ~  Über  ballistisohe  Apparate.  —  Messen  der 

Geschofsgeschwindig^eiten  mit  elektromagnetischen  Fallapparaten.  — 
Zur  Bekämpfung  der  Mauerfeuchtigkeit. 

Revue  d'artillerie.  fFebruar.)  Studie  über  die  Molekularver- 
Snderungcn  einer  dem  Zug  unterworfenen  Stahlstange.  —  Das  Vanadium 
(Fortsetzung).  —  Grundsätze  und  Verfahrungsweise  bezüglich  der 
methodischen  Dressur  dfs  Pfordes. 

Schwedische  Artillerie-Zeitschrift.  (I.  und  II.  Heft  1904.)  Schlacht 
bei  Spicheren  t$.  August  1870  mit  besonderer  Beziehung  auf  die  Wirk- 
samkeit der  deutschen  Artillerie.  —  Die  schwere  Artillerie  des  Feld- 
heeres. —  Der  offislelle  Bericht  Aber  den  Krieg  in  Südafrika.  — 
Maschinengewehre  und  Maschinengewehrtruppen.  »  Der  Kampf  der 
modernen  Feldartillerie.  —  Eine  deutsche  Ansicht  fiber  die  russische 
PeldariiUerie  und  die  russischen  Feiddienstübungen. 


630 


Literatur. 


'  AllgemeiBe  Selursisnisehe  Hllltiniltiiag«  Hr.  tL  Binzelfeuer 
mit  MagaziDladttng.  —  Die  Bewafltaiiiig  der  Russen  und  der  Japaner. 

—  Die  Ordre  de  BataiUe  der  masifiehen-ostasiatiechen  Armee.  —  Die 
Führer  Japans  zur  See.  (Hierzu  Literaturblatt.)  Nr.  12.  Miliz  und 

Disziplin.  Wendet  sich  gegen  ein  IVtoi]  liber  Miüzsysteme  Überhaupt 
in  dem  Heft  33  der  kriegsgeschichüichen  Einzelschritten  des  deutschen 
iieneralstabs.  betreffend  Erfahrungen  aus  dem  südafrikanischen  Kriege 
1899—1902.  —  Zur  sozialdemokratischen  Militärinitiative.  —  Vorschläge 
für  neue  Bekleidung.  Die  vum  MiliUirdeparteinent  aufgestellte  Kom- 
mission für  Vorsebllige  von  Reformen  in  der  Bekleidung  der  eid* 
genössisehen  Truppen  ist  mit  ihren  Arbeiten  soweit  gediehen»  dafs  im 
Laufe  des  Sommers  in  den  Relffutensehulen  grSfiaere  Versaehe  mit  dem 
aulgestellten  ModeU  stattfinden  können.  Nr.  18.  Nachruf  an  Oberst 
Conrad  von  Orelli,  f  19*  Mftrz  1904  in  Neapel,  Chef  der  technischen 
Abteilung  der  eidgenössischen  Kriegsmaterial- Verwaltung.  —  7iir  nniien 
Militärorganisation.  ~  Zur  Gliedf^rung  unserer  Feldarmee.  Nr.  14-  Uber 
die  Uefochtsmethode  der  Inianterie.  —  Die  „Xowoja  Wremja*  über 
die  Kriegführung  der  Japaner.  —  Zur  neuen  Müiiarorganisalion.  —  Bei- 
lage.   II.  lieft.    Migor  Karl  Suter. 

Sehwelieniaehe  ZiltBehiift  flr  AitiUeiie  vad  Genie.  (M&rs.) 
Oberst  Hans  Conrad  von  OrelU  f.  —  Zur  Taktik  der  Peldartillerie.  — 
Gegenwärtiger  Stand  der  Feldgeschütafrage  in  Österreich-Ungarn.  - 
Militärische  Betrachtungen  Ober  die  Binführung  des  elektrischen  Be- 
triebes auf  Vollbahnen.  —  Bin  neues  Binschiefsverfahren.  —  Moderne 
Artilleriebesch  irning. 

Russisches  Artillerie-Jouriial.  Nr.  12.  Der  Entfernungsmesser- 
Sextant  des  französischen  Leutnant  Ober.  —  L)as  provisorische  Exerzier- 
reglement der  französischen  Peldartillerie  (Fort«.).  —  Eine  Fabrik- 
inspektion über  die  Werke  des  Kriegsressorts.  —  Merkzeichen  aus  dem 
Gebiet  der  Artillerietechnik.  Nr.  1  (1904.)  Der  TVansport  derBelagerungs- 
artUlerie.  —  Merkzeichen  aus  dem  Gebiet  der  Artillerietechnik.  — 
Das  provisorische  Bxeraierreglement  der  franslisischen  Peldartillerie 
(Forts.).  —  Die  Bestimmung  des  Bndwinkels  bdm  Winkelmesser.  Nr.  2. 
Das  Schnellfeuergeschütz  als  Entfemungs-  und  Höhenmesser.  —  Der 
Winkelmesser  des  Kommand»»urs.  —  Mein  erstes  Schiefsen  mit  dem 
Winkelmesser.  —  Vom  6.  Bewrrh  um  die  Prämie  auf  den  Namen  des 
Generalleutnant  Heinrich  Antonowiisch  Leer. 

La  France  militaire.  (März.)  Das  französische  Hole  Kreuz, 
Bericht  über  dessen  Hilfsquellen  und  Tätigkeit.  1.  Die  Marschkonkurrenz 
(Sport).  8.  Die  aohtaehnmonatliche  Dienstaeit.  —  Die  Remontepfleger 
(5  Komp.  in  den  Depots).  S.  Bin  OffensivstofSt  beaieht  sich  auf  einen 
Artikel  fiber  Taktik  im  Sinne  der  neuen  Lehre  in  der  Revue  des  deux 
Mondes  (Negrier).  Das  Reknitierungsgeeetz  von  General  Lamiraux.  4.  — 
Die  Beförderungen  eines  Jahres  in  der  Kavallerie.  6/1.  —  Die  neue  Lehre, 
im  Auslande,  Deutschland  und  England,  letzteres  sehr  sarkastisch  be- 
handelt. —  Die  Unterseeboote.  8.  —  Die  Kelterei  nach  der  neuen  Lehre 


^  kjui^uo  i.y  Google 


Literatur. 


631 


Polemik  gegen  einen  Auisatz  in  der  Kevue  des  deux  Mondes.  10.  — 
Jüie  Bildung  kolonialer  Infonterie.  13/14.  —  AnBichlen  flber  das  ita- 
lieniache  InfantfOrie-Exersierreglement.  —  Notwendigkeit  der  Speilal- 
ausbildung  bei  der  Pioniertruppe.  16.  —  Die  Reiterei  naeh  der  neuen 
Lehre.  Vorteile  einer  Anglledorung  der  Kolonialinfanterie  an  die  Linien- 
infanterie. 17.  —  Die  neue  Taktik  dt  r  Vorhänge  (gegen  die  Artikel  des 
Generals-  Nögrier,  der  nicht  genannt  ist,  in  der  Revue  des  deux  N?ondos, 
und  lur  General  Langlois).  Der  Bericht  Berteaux  über  die  zweijährige 
Dienstzeit.  20.  21.  22.  24.  —  Der  Kampf  nach  der  neuen  Lehre.  23. 

—  Uber  die  Marschkonkurrenz  am  29.  Mai.  Kolon ialoffiziere.  24.  — 
Die  zweijährige  Dienstzeit,  der  Bericht  Berteaux.  25.  2d.  27/28.  29.  '60. 
31.  —  Die  Verminderung  der  Ingenieurinspektionen.  27/28.  —  Der 
Berictit  Berteaux  vom  General  Prudhomme,  Gegner.  29.  31.  —  Der 
Bericht  Berteaux  vom  General  Lamiraux,  Gegner.  80. 

Revue  du  Cavalerie.  (Februar.)  Signalflagge  oder  Standarte; 
die  letztere  soll  durch  die  erstere  ersetzt  werden.  —  Nochmals  die 
KavHl]*»rio  und  das  Nrandarinentum  (der  Generalstab).  —  !  >ie  Geschichte 
der  französischen  ixavrtllnrip  (Forts  ).  —  Die  n»'iii»  Srhiersvurschrifl  für 
die  ivavallerie  (Schlufsi.  —  (iespräche  von  Nachzüglern  von  einem  Major. 

—  Neues,  Bibliographie,  Sporte;  Nekrologe  der  Generale  de  Bensit  und 
L'Hotte  sowie  von  van  Jules  Norberg.  —  Beförderungen. 

Wi^enniy  Ssbornlk«  ML  Febnittr.  Prinz  Eugen  Beauhamais 
an  der  Spitze  der  groben  Armee  (Forts.).  —  Zur  Geschichte  des  Feld- 
zuges gegen  Kokand  (mit  Karte).  —  Bemerkungen  über  die  franziisische 
Armee  (Forts.).  —  Die  Sanitätseinrichtungen  der  nichtrussischen  Armeen 
im  Frieden  (Schlufs).  —  An  der  Afghanischen  Grenze,  Reiseskizzen 
aus  Zentralasien  (mit  Karte)  —  Port-Arthur  und  seine  Interessen  bis 
zur  Errichtung  der  Statthalterschaft  (mit  Skizzen).  —  Skizze  des  Feld- 
zuges 1829  in  der  Türkei.  Marz.  Auf  dem  Amur  und  in  der  Mandschtn-oi. 
^  Bemerkungen  über  die  französisclie  Armee  (Forts.).  —  Die  Oigaiii- 
sation  der  Etappenlinien.  —  Port-Arihnr  und  m^ne  Interessen  bis  zur 
Errichtung  der  Statthalterschaft  (Schlufs).  —  Chinesisches  Leben  auf 
der  Halbinsel  Kwantun.  —  Der  Bericht  des  Grafen  Toll  flber  das 
Ende  des  P-Mmarschalls  Grafen  Diebitsch. 

Rufskij  Invalid.  Ständigen  Artikel  in  allen  Nummern 

bildet  „Der  Krieg  gegen  Japan".  Nr.  47.  Die  Atamantzii  und  Graf 
Paul  Alexandruwitsch  StroganoflT  1807  und  1809.  Nr.  Ö6.  Über  die 
Fähigkeit  der  Japaner  zu  langdauernden  Märschen.  Nr.  66.  Von 
Port-Arthur  bis  Irkutsk.  —  Feldküchen.  Ein  Geschenk  an  die  Truppen 
der  Mandschurischen  Armee.  Nr.  57.  Von  Port-Anliur  bis  Irkutsk.  — 
Über  die  weifse  Farbe  det  Uniformierung  der  russischen  Trappen. 
Vr.  M.  Über  weite  Pterdetransporte  auf  der  Bisenbahn. 

Mmkoj  SshoiBÜL.  1904.  Vt.  2.  Die  Baltische  Flotte  vor  60 
Jahren  im  Feldzuj^e  1854—1855.  —  Die  Kriegserklärung.  Nr.  3.  Die 
Ausbildung  der  Marine-Offiziere  in  Japan.  —  Die  Kriegsmittel  Englands 
in  den  Revolution«-  und  Napoleonischen  Kriegen. 


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«32 


Uterotnr. 


■IttailuigiA  M8  dem  Gebiete  des  Seeweeese.  Mr.  4.  Betraeh- 
tungen  über  dea  RuBSisch-Japenischen  Krieg.  —  NSchfliehe  Kimm- 
tiefen-Beobachtungen .  ^  Über  Draobenverwendung  zur  See.  —  Cber 
eine  vom  Ingenieur  P.  Tami  vorgeschlagene  Metbode  för  die  nautische 
Bestimmung  der  Ortszeit  aus  Siernbeobachtungcn.  —  Das  Vereinigte 
Staaten  Unterseeboot  „Protector".  —  Die  Cunningham-Seatonmethode 
zur  Kohlenübemahmo  von  Schifien  auf  See.  —  Ein  neuer  Schlacht- 
schiffstyj).  —  Über  die  Ausgaben  für  die  Kriegf?marine  im  Verhältnis 
zur  Handelsmarine.  —  Zunahme  der  Seeunt'älle.  —  Internationaler 
Fteebereikongrers  in  Wien  1906. 

Axmj  and  Hary  CNuette.  Hr.  8802.  Die  Prinsipien  der  Kfisten- 
Terteidigttng.  Vr.  2808.  Die  Marine-Lesungen.  —  Die  Unterseeboot- 
Manöver.  Nr.  2304.  Schiefsergebnisse  der  englischen  KriegsseWffe  im 
Jahre  1903.  Nr.  2305.  Das  Unterseeboot-Unglück.  —  Die  von  den 
Japanern  /^rstorten  drei  russischen  Torpedoboots-Zerstörer.  Nr.  2306. 
Marine-Öchiffbaumeister  in  Konferenz. 


IV.  Verzeichnis  der  zur  Besprechung  eingegangenen  Bücher. 

(Die  eiogoi^angrnen  Bücher  erfahr«»  ein«  He^prffolianir  ii»rh  Hafugalie  ihrer  ßedeatung  und  de«  ver. 
Tugbaren  Uaiune«.  Kln<^  V  e  rp  f  l  i  c  h  t  d  n  g ,  jedes  eingeliende  Bach  za  besprechen,  übernimmt  di« 
l.«ttoaf  4«r  «J«lwt»a«k«r  nicht,  äooh  weraen  die  Tlt«!  s&mniolitr  Bt«lMr  Babit  Aofsb«  dm  PrtiaM 
—  nf*n  di«Mr  ■Hfctoilt  «rofd»  —  U«r  vemMtt.  KIne  BftekMndaiv       Bftekmtedct  al«kl  ■tmtt) 

1.  Ton  FallLenhausen,  Freiherr,  Ausbildung  für  den  Krieg.  II. 
Teil:  Die  Übungen  der  Truppen.  Berlin  1904.  Mittler  k  Sohn.  Mk.  10, — . 
£•  Beyedela,  Bilse  und  Genossen.  Berlin  1904.  Ebenda.  Mk.  0,40. 

8.  Iioebell*»  Jahreebeifelite  fiber  die  Verinderangen  und  Port- 
echritte im  Militfirwesen.  80.  Jahrgang.  Ebenda.  Mir.  11,--. 

4.  Janson,  A.  t.,  Die  Wehrkraft  Japans,  begründet  in  der  Eigen- 
art von  Land  und  Leuten.    Ebenda.    Mk.  1,75. 

8pohn,  Luxus  und  Wohlleben  im  deutschen  Otlßzierkorps.  Berlin 
1904.    H.  Walther.   Mk.  Ü.öO. 

6.  KscAles,  Das  Schwarzpulver  und  ähnliche  Mischungen.  Leipzig 
1904.    Gusuiv  Kock. 

7.  Die  ««toiiMtlselie  PMole  System  0.  Roth  (Muster  II).  Wien 
1904.  L.  W.  Seidel  &  Sohn. 

8*  Bintelliiiig  nnd  Studorte  des  Deutschen  Heeres,  der  Kaiserl. 
Marine,  der  Kaiserl.  Schutztruppen  und  der  Ostasiatiachen  BesatsungSo 
brigado.   Berlin  1904.   A.  Bath.   Mk.  1,—. 

9.  Schweninger,  Unsere  Pioniere.  Eine  historisrh^  und  organi- 
satorische Studie  für  Offiziere  aller  Waffen.  Berlin  1904.  A.  Bath. 
Mk.  1.60. 

10.  Schoch,  Die  Tätigkeit  des  Marschalls  Mac  Mahon  vor  der 
8ehlaeht  von  WOrth.  Eine  operative  Studie.  Berlin  1904.  A.  Bath. 
Mk.  1,60. 


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Utaratur. 


638 


11.  ilyeru,  v.,  Anhaltspunkte  f.  d,  Ausbildung  als  Schütze  dor  Kotte 
und  der  Gruppe.  4.  Autlagu.  Üerlin  1904.  £.  S.  MilÜur  &  Sobn. 
Mk.  1,80. 

12.  Port»  Kriegsverbandsehole.  Stuttgart  1904.  PenUnand  Buke. 
Mk.  1.20. 

18.  Liman,  AufklSrung  und  Sieherung  vor  der  Front  Berlin  1904. 

R.  Srtirnilor.    Mk.  1,—. 

14.  Waicker,  Butrachtungen  über  r]a<;  moderne  Militärwesen  und 
Völkerlebon     Sondershausen  1904.    F.  A.  Eupol.    Mk.  3, — . 

15.  l^ehmanu,  Freiherr  von  Stein.  U.  Teil:  Die  Reform  1807—1808. 
Leipzig  1903.    S.  Hirzel.    Mk.  12.—. 

16.  Schön,  Militär. -geogr.  Übersicht  des  Kriegsschauplatzes  in 
Ostasien.  Wien  1904.  Seidel  &  Sohn.  Mk.  1^. 

17.  Cuif  eano»  Versuch  einer  Milltirpsychologie.  Bukarest  1904. 
Typographia  Clementa. 

18.  Ullrich,  Die  Mandschurei.  Berlin  1904.  K      c^ismund.  Mk.  I.— 

19.  Hurtig,  Bonaparle  vor  Mantua»  finde  Juli  1796.  Rostock  1904. 
Ötillersche  Ifnfbohhdlg.    Mk.  6  — . 

20.  Morvan,  lu  soldal  imperiai  1800—1814.  Tome  L  Paris  1904. 
Plon-Nourrit  &  Co. 

21.  .Navez,  les  champs  de  bataiile  historiques  de  la  Belgique.  2  vis. 
BrQssel.  J.  Leböque  A  Ck». 

tt,  TIerteUahnhefto  fBr  TruippeiitBhnmg  und  Heereskunde. 
1904.  2.  Heft  Beriin.  B.  S.  MitUer  &  Sohn.  Mk.  4,—. 

23.  Moltke*s  Militärische  Werke.  Herausgegeben  vom  Grofsen 
Generalstabe,  Kriegsgeschichtliche  Abteilung  I.  Gruppe  III.  Dritter 
Teil:  Der  Italionische  Feldzug  des  Jahres  1^59.    Kbenda.   Mk.  10,—. 

24.  Uoniu,  v.,  Grundzüge  der  Rechtsv  'i  lassung  in  den  deutschen 
Meeren  zu  Beginn  der  Neuzeit.  Weimar  iU04.  H.  Bühlaus  Nachtg. 
.Vik.  4.—. 

25.  Zobel,  Die  Landespflerdexueht  In  Deutschland  und  die  Remon- 
tierung  der  deutschen  Armee.  Leipzig  1904.  Richard  Carl  Schmidt 
&  Co.  Mk.  5.—. 

M.  Der  Russisch-Japanische  Krieg  (7.  Beiheft  zur  Marine-Rund- 

Schru]).    Berlin  1904.    E.  S.  Mittler  &  Sohn.    Mk.  0.20. 

27.  Hchwertfeger,  Der  Kgl.  hannov.  Generalleutnant  August  Frietl- 
rich  Frhr.  v.  d.  Busche-Ippenburg.  Hannover.  Hahnsche  Buchhdig. 

Mk.  3,50. 

28.  Maealik  6l  Langer,  Der  Kampf  um  Uürtelfestungen.  4.  Heft: 
Der  Nahkampf  und  Entsatz  von  Königgrätz.  Wien  1904.  Seidel  &  Sohn. 
Mk.  8p60. 

Wi  MittellittgQn  des  k.  n*  k.  EriegssrehiTB.  HL  Folge.  8.  Band. 
Bbenda.  Mk.  8,—. 

 tfS»  ■  ■ 

Jakrbbebar  tlr  dia  denUch«  Ano»t  aod  Muln«.   No.  SW.  42 


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* 


Dmek  von  A.  W.  llajra'a  Erb«»,  Berlin  und  Potidam. 


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xxxn. 


Die  periodisciie  Militärliteratur  m  Dsutscbland. 

V.  der  Boeck,  Generalieatnaut  z.  D. 


Wiederholt  t8t  io  der  Presse  der  Ansieht  Atudmek  gegeben 
worden,  dab  es  mit  der  periodisohen  Hiiitftrliterstnr  in 
Dentsehland  niehl  glttnsend  bestellt  sei,  wir  in  dieser  Bedehnng 
hinter  Frankreioh,  Österreieh*Ungam,  ja  sogar  hinter  der  kleinen 
Schweiz  erheblich  zarttekständen,  so  dats  selbst  der  aktive  dentsobe 
Offizier  sich  aoeh  in  der  Tagespresse  nach  Ersatz  nmzusebon  ge- 
nötigt sei,  wenn  er  ein  anabhftngiges  Urteil  in  militärischen  Dingen, 
namentlich  aber  in  HeeresanL^«  legenbeiten  hören  wolle. 

Wenn  man  diese  Behauptang  unbefangen  prüft,  so  wird  man 
leider  ihre  Richtigkeit  nicht  bestreiten  können;  es  dürfte  daher  an- 
gezeigt sein,  einmal  vororteilsfrei  den  Gründen  für  diese  befremdende 
Erscheinung  näher  zu  treten,  denn  aus  der  Erkenntnis  der  Ursachen 
derselben  werden  sich  Vorschlägre  ableiten  lassen,  welche  es  Deutsch- 
land ermfiglichen,  auch  auf  diesem  wichtigen  Gebiete  den  Rang 
wieder  zu  gewinnen,  drr  ihm  nach  der  ganzen  Entwickelung  seineT 
Heeresgesehichte  gebührt  und  den  es  früher  tatsächlich  auch  einge- 
nommen hat.  Es  ist  niimlich  lucht  zu  bestreiten,  dals  unsere  perio- 
dische Militärliteratui  früher  (  in  weit  sriUseres  Ansehen  ireiinfs  als 
heute,  dalö  es  Zeiten  gegeben  hat,  zu  denen  nicht  eine,  !s<jiid< m 
mehrere  deutsche  Militärzeitschriften  Hervorragendes  leisteten,  im  in- 
nnd  Aiislande  stark  verbreitet  waren  und  ihreu  \  eriegem  einen 
nenueuBwerieu  Gewinn  abwarfen.  Jetzt  ist  das  leider  anders  ge- 
worden. Abgesehen  vom  Militär -Wochenblatt,  auf  das  ich  später 
noch  zurückkouime.  fristen  die  meisten  unserer  Militärzeitschriften 
ein  kümmerliches  Dasein.  Wir  haben  daher  in  deu  letzten  Jahren 

JjLlixtiaok*r  für  di«  dtotMk*  AraM  und  Haria«.   No.  SM.  48 


Üigilizeci  by  LiOOgle 


686 


Die  periudisohe  Militärliteratur  in  Deotsebiand. 


mehrere  Militärzeitschrifteu,  welche  sich  früher  eincD  ^iamen  iu  der 
Militärliteratnr  za  machen  verstanden  hatten,  eingehen,  und  neue 
Unternehmaugen  auf  diesem  Gebiete,  die  einen  Tielversprecheodeu 
Anlauf  nahmen,  bald  wieder  venehwindra  sehen. 

Gebt  man  den  Grilnden  tttr  diese  bedanerliehe  Erseheinnsg^ 
naeh,  so  entsteht  Tor  allem  die  Frage,  ob  etwa  inneifaald  der  deiit- 
Beben  Armee  den  E^engnissen  der  periodischen  Hilitilrliteratnr  oder 
der  Hilitftrpnblizistik  nberbanpt  niobt  das  erforderliebe  Interesse  ent- 
gegengebracht wird? 

Man  bdrt  h&afig  den  im  Vergleich  zn  anderen  Armeen  höheren 
BildongsstandpnniLt  nnd  das  grOÜBere  Streben  naeh  wissenscbalUiober 
Fortbildang  des  dentsoben  Offizieriiorps  rühmen;  ersteres  triffk  be- 
sonders deiyenigen  Armeen  gegenüber  zweifellos  zn,  welche  ihren 
Offizierersatas  znm  Teil  ans  dem  Unterofiizierkorps  entnehmen  nnd  in- 
folgedessen die  Ansprüche  an  die  wissensohaltliehe  VorbUdnng  der 
öffizieraspiranten  nieht  allzn  hoch  stellen  können;  das  gröbere 
Streben  nach  wissenschaftlicher  Fortbildnng  mnfs  hinsichtlieh  eüies 
Teiles  des  deutschen  Offizierkorps  zwar  aach  anerkannt,  für  die 
gröbere  Masse  desselben  aber  bestlitten  werden.  Ja,  ich  möchte 
sogar  glauben,  dafs  ernstes  Streben  nach  wissenschaftlicher  Weiter- 
bildung in  den  letzten  Dezennien  bei  uns  im  allgemeinen  nnd  somit 
auch  im  deutschen  Offizierkorps  eher  ab-  als  nigenommen  bat; 
in  erster  Linie  ist  diese  bedanerliehe  Erscheiimnp:  dem  zunehmenden 
Materialismus  sowie  dem  mehr  auf  Äulserlichkeiten  gerichteten  Zuge 
unserer  Zeit,  dann  aber  dem  Umstände  zuzuschreiben,  dafs  die 
dienstlichen  Anforderungen  an  den  Offizier,  besonders  an  den  Truppen- 
offizier, sich  ge^ren  früher  derartig:  gesteigert  haben,  dafs  ihm  nicht 
viel  Zeit  zu  grtindlieher  wissenschaftlicher  Tjttierkeit  verbleibt. 

Das  dienstlichf  Sommerh;^l}>inhr.  an  und  für  sich  schon  wcüiter 
zum  Aufenthalt  im  Stuairr/iuimer  geeignet,  ist  durch  die  Ausbildung 
der  Truppen  im  Gelände  und  im  Schiefseu  sowie  die  dadurch  be- 
dingte längere  Anwesenheit  auf  (icn  Truppenai  unirs-  und  Schief'^- 
plätzen  voll  in  Anspruch  genommen;  dazu  koniincii  dir  mehrere 
Wochen  dauernden  Manöver,  nach  deren  Beendigung  wenigstens 
einem  Teile  des  Offizierkorps  eine  kleine  Erholungspause  gelassen 
werden  mufs.  In  dieser,  mit  fortgesetzt  grolsen  körperlichen  An- 
strengungen verbundenen  Dienstperiode  bleibt  daher  ftlr  den  Truppeu- 
oftizier  kaum  noch  Ztat  lür  ernstt-  wissenschaftliche  .Arbeiten,  und 
selbst  derjenige,  der  hierzu  bewunderen  Drang  in  sich  iuhien  sollte, 
wird  nicht  oft  ein  freie«  Stündchen  erübrigen,  das  er  auch  nur  einer 
ernsten  Lektüre  widmen  kann.  Die  Erzeugnisse  der  periodischeu 
Bülitärliteratnr  bleiben  deshalb  in  dieser  Dienstperiode  meist  onbe- 


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Die  periodische  MUitHrlitoratur  in  Deatschland. 


637 


rtthrt  auf  den  Lesetisebeo  der  Kasinos  und  in  den  Bttohereien  liegen, 
oder  werden  nicht  selten  aneh  für  die  Sommermonate  abbestellt^  so 
dab  man  in  diesem  Sinne  ancb  von  einer  saison  morte  der  perio- 
diseben  Militiirliteratnr  sprecben  konnte.  So  bleibt  noob  das  Winter- 
balbjabr  für  die  weitere  wissenscbaftlicke  Ansbildnng  des  Offiziers. 

Da  ist  nnn  zooäcbst  sn  berttekaichtigen,  dafs  —  von  der  fie- 
kmtenansbildung  ganz  abgesehen  —  die  praktiseke  Tmppenansbildnng 
hente  wegen  der  kntzen  Dienstzeit  nnd  wegen  der  Forderung,  die 
Truppe  jedeneit  kriegsbereit  za  halten,  ancb  in  den  Wintermonaten 
keineswegs  mht,  wenngleich  sie  ancb  nicht  in  dem  MaGse,  wie  in 
den  Sommermonaten  betrieben  wird;  daneben  aber  ist  die  freie  Zeit 
des  Offiziers  durch  die  zwangsweise  gebotene  Beschäftigung  mit 
wissensebaftUchen  Arbeiten,  wie  Winterarbeiten,  Vorträge,  Kriegs- 
spiel  etc.  ttberreicblicb  inAnspmob  genommen,  so. dafs  er,  wenn 
er  den  geselligen  Vergntlgnagen  nicht  ganz  entsagen  will,  ancb  nicht 
allzaTiel  Zeit  zn  privater  wissenscbaftlicber  Tätigkeit  behält.  Offiziere, 
welche  sich  für  den  Besuch  der  Kriegsakademie  Torbereiten  wollen, 
pflegen  sich  deshalb  Ton  allen  geselligen  Vergnttgnngen  fem  zu 
halten,  ja  mitaDter  längeren  Urlaub  zn  nehmen,  am  die  Zeit  fttr 
ibre  wissenschattlicheD  Arbeiten  zu  gewinnen.  Dflrfke  hieraus  schon 
zur  GrCntlgc  hervorg-eben,  dafs  Ittr  die  grolse  Masse  nnscrer  Offiziere 
eine  wesentliche  VorbedingunL'  fllr  ernste  wissenschaftliche  Tätigkeit, 
Dämlich  die  nötige  Zeit  meist  fehlt,  so  darf  man  sich  nicht  wundem^ 
wenn  das  Interesse  nach  dieser  Richtung  kein  ttbermäfsig  grolses 
ist.  Damit  im  Zusammenhange  steht  aber  das  Interesse  nn  der 
Doilitärischeu  Publizistik  Überhaupt  und  im  besonderen  an  der  Militär- 
zeitsehriflenliteratur. 

Dazn  kommt,  daCs  man  in  manchen  militärischen  Kreisen  nicht 
selten  einer  rückständigen  Auflassung  von  dem  Wesen  und  den  Auf- 
gaben der  militärischen  Publizistik  begegnet  nud  deshalb  besonders 
die  periodische  Militärliteratur  in  der  Armee  nicht  die  nötige  Unter- 
sttttzuno;  findet,  um  sich  auf  der  Höhe  zu  halten,  welche  sie  ein- 
nehmen mttlste.  Dies  zeigt  sich  anch  dari»,  dafs  verhältuismäfsig 
wenige  aktive  Offiziere  ftlr  diese  Literatur  tätiir  '^ind;  hauptsächlich 
schreiben  bei  uns  inaktive  Offiziere  fllr  die  periodische  Militärliteratur. 
Es  lie^t  mir  selbstverständlich  fern,  diesen  die  Befähigung  für  diese 
Tätigkeit  abzusprechen;  im  (Gegenteil  möchte  ich  betonen,  dafs  wir 
aus  ihrem  Kreise  eine  g-anze  Keihe  hervorragender  Militärschrift- 
stelier  besitzeu,  deucn  die  Armee  mir  dankhar  sein  kann,  dafs  sie 
ihre  Zeit,  ihre  Feder  und  ihre  Erfahrdn^tn  nach  ihrem  Ausscheitien 
aus  dem  aktiven  Dienst  noch  den  tieeresangelegenheiten  widmen. 
Indel3  das  Überwiegen  der  inaktiven  Offiziere  bei  der  Mitarbeit  an 

4ö* 


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63Ö 


Die  periodisohe  Militärliterator  in  DeatBohUDCl 


den  Eneagoissen  der  Militärpoblizistik  bat  doch  immer  den  kaum 
20  beatreitenden  Naebteil,  daÄ  sie  nieht  mehr  in  der  Praxis  stehen 
und  ihnen  deshalb  mit  der  Zeit  die  riehtige  fienrteilnng  vieler  mili- 
tttrisoher  Frageu,  besonders  der  anf  dem  Gebiet  praktiseber  Truppen- 
ansbildong  liegenden,  Terloreu  geht.  Dadnreh  erklSrt  es  sich  aoeh, 
dais  viele  sehriftstelleriscb  tätige  inaktive  Offiziere  sieh  später  kiiegs- 
gesobiehilichen  Darstellungen  mwendeo.  Dringend  wäre  aber  m 
wttnschen,  dals  akÜTe  OfSziezey  soweit  sie  Neigimg  und  Fähigkeit 
dasn  besitzen,  sieh  an  der  nnabbängigen  periodiseben  Militär- 
literator  mehr  als  bisher  beteiligten.  Es  fehlt  in  der  Armee  an 
solehen  Offineren  dorehaos  nicht,  aber  es  lassen  sich  viele  von 
sehiiftstellerisoher  Tätigkeit  dadurch  abhalten,  daüB  —  vne  ich  sehoa 
erwähnte  —  vielfach  eine  rückständige  Änffassnng  von  dem  Wesen 
and  den  Aufgaben  der  liilitärpabUnstIk  obwaltet,  nnd  manche  ängst- 
liche Vorgesetzte  es  anter  keinen  Umständen  zageben,  dafii  einer 
ihrer  Untergebenen  Offsntlich  Aofiassongen  vertritt,  die  mit  den  be- 
stehenden Dienstvorschziften  nicht  im  vollsten  Einklänge  stehen.  Wir 
können  aber,  wie  einer  nnserer  bedentendslen  HiiitärBdirilisteller. 
General  der  Infanterie  v,  Blnme^  vor  knzzem  im  Militär-Wochenblatt 
aosfilbrte,  eia  frisches  anfserdieustUches  Geistesleben  des  Oflfizierkorps 
nnd  deshalb  das  Hilfsmittel  einer  anregenden  nnd  vielseitigen  Miiitir- 
literatar  nicht  entbehren.  Selbstverständlich  —  heilst  es  da  welter 
—  bestehen  fOr  die  Öffentliche  Besprechong  militärncher  Einrichtongen 
und  Fragen  sachliche  nnd  formale  Schranken,  die  nicht  ttbersohritten 
werden  dflrfen.  Aber  sie  sind  nicht  so  eng,  dals  nicht  Banm  aach 
fhr  einen  freimütigen  kritischen  Meiunngsaustaasch  bliebe,  der  ein 
so  wichtiges  Hilfsmittel  fortschreitende  Erkenntnis  ist.  Sind  doch 
jPflichttreue  and  Gehorsam  bei  uns  stark  genug,  um  jeder  Vorschrift 
und  jedem  Befehl  gewissenhafte  AnsfÜhrnng  auch  bei  abweichender 
Ansicht  zu  sichern.  Ich  mOchte  glauben,  dafiB  diese  Worte  durchaus 
das  Richtige  treffen. 

Bei  der  Berataug  des  Militäretats  ld04  im  Reichstage  worde 
diese  Frage  auch  gestreift  und  dabei  von  einer  Seite  auf  Frankreich 
yerwiesen.  wo  den  Offizieren  viel  grölsere  Freiheiten  in  der  öffent- 
lichen Erörtemng  militärischer  Angelegenheiten  ond  nicht  zum  Nach- 
teile des  Heeres  nnd  der  Marine  gelassen  seien.  Ich  möchte  in 
dieser  Beziehang  betonen,  dafs  sogar  in  Ralsland  dem  öffentlichen 
freimütigen  kritischen  Gedaukenaostaasoh  kaam  hemmende  Fesseln 
angelegt  sind,  ohne  dals  sich  dies  nachteilig  bemerkbar  gemacht  hätte. 

Es  wäre  daher  dringend  za  wünschen,  dals  sich  die  Erkenntnis 
von  der  Notwendigkeit  eines  freimütigen  kritischen  Meinongsaus- 
tausehes  in  den  fär  eine  öffentliche  Besprechung  gebotenen 


Üigitizeci  by  LiOOgle 


i>ie  periodische  Mllitiirliteratiir  in  DeateoUaad. 


689 


Grenzeu  mehr  umi  mehr  Geltnng  im  deotschen  Heere  verschaftte 
uod  als  Vo]^e  davon  eine  grörserc  Beteiligung  aktiver  Oftiziere  an 
der  Militiirpublizistik  stattfände.  Damit  würde  zweifellos  in  der 
Armee  das  Interesse  an  unserer  Miütärliteratar.  welches  angen- 
blicklioh,  wie  wir  sahen,  ein  allzn  groises  nicht  ist,  eine  wirksaiTie 
Fördernng  erfahren,  mid  ihre  Erzeugnisse  wUrden  in  der  Arraee 
gröfsere  Beachtiiug  liiitlcü,  insoweit  die  den  Offizieren  verfügbare 
freie  Zeit  dies  zulälst. 

Aber  hierauf  allein  kann  der  Niedergang  unserer  periodischen 
Militärliteratur  nicht  zurückzuführen  sein,  vielmehr  müssen  noch 
andere  Faktoren  dabei  mitgewirkt  haben,  die  festziutelleD  für  die 
hier  erOiterte  Frage  von  Nutzen  sein  dürfte. 

Als  einen  dieser  Faktoren  möchte  ich  die  zunehmende  Be- 
sprechong  mllit&riBelier  EHgen  in  der  politischen  Tagesprösse  be- 
xeicbnen.  Während  diese  sieb  früher  nur  ausnahmsweise  mit  mili- 
täriseben  Angelegenheiten  besehftHigte,  kann  man  hente  kanm  eine 
giüIiBere  poUtisebe  Zeitung  in  die  Hand  nehmen,  in  der  sieb  nieht 
ein  milittriscber  Artikel  befindet,  und  aneh  niobtmilitiirisohe  Zeit- 
sebriften  bringen  viel  häufiger  wie  früher  milittrisebe  Abhandlungen. 
Einerseits  ist  dies  ja  eine  erfreuOcIie  Erscheinung,  indem  sie  zeigt, 
dafo  das  deutsche  Yolli  an  seinen  anf  der  Grundlage  allgemeiner  Wehr- 
pflieht  aufgebauten  Heereselnriebtnngen  das  lebhafteste  Interesse  nimmt» 
und  ttl»er  alles  Wichtige  unterrichtet  sein  will,  was  im  Heer  und  in 
der  Flotte  vor  sieh  geht.  Lälst  sich  somit  eine  gewisse  Bereehfi- 
gang  dieser  Erscheinung  nicht  bestreiten,  so  biigt  sie  doch  anderer- 
seits Gefahren^  welche  im  Inteiesse  unserer  miütiliischen  Publizistik 
nieht  ttbeisehen  werden  dürfen. 

Fast  jede  grölsere  politische  Zeitung  beschäftigt  hente  einen  oder 
mehrere  ständige  militärische  Berichterstatter,  neben  denen  auch 
andere  Müttätsohriflsteller  oder  solche,  die  es  werden  möchten,  ge- 
legentlich Beiträge  liefern;  die  Honoriemng  dieser  Beiträge  seitens 
der  politischen  Tagespresse  ist  meist  eine  wesentlieb  besseref  als 
die  der  liilitärzeitschriften,  ein  Umstand,  der  manchen  auf  Neben> 
einnahmen  neben  seiner  kärglichen  Pension  angewiesenen  Offizier 
▼enmlatbt,  seine  literarischen  Erzengnisse  in  erster  Unie  den  Zeitungen 
aiUBubieten,  wo  sie  noch  Aussicht  haben,  früher  Terüffeutlicht  zu 
werden  als  in  einer  nur  einmal  wöchentlich  oder  g:ar  monatlich  er- 
seheinenden Militäraeitschrifik.  Nun  sind  bekanntlich  die  Chef-Kedak- 
teure  unserer  groDsen  politischen  Zeitungen  keine  Militärs  und  ver- 
stehen natnrgemäfs,  mit  seltenen  Ansnahmen,  von  militärischen  Dingen 
recht  wenig,  sie  sind  daher  bei  der  Prüfung  militärischer  Beiträge 
auf  das  Urteil  ihrer  ständigen  militärischen  Mitarbeiter  angewiesen. 


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640  Di«  peiiofUaobo  IDfitirliteratar  in  DeutMUand. 


Sind  dies  iuaktive  Offiziere,  denen  neben  schriftstelleriseber  Begabaog 
auch  die  erforderliche  Erfahrung  und  ITrteilsfKhigkeit  in  railitäriscben 
Dingen  zu  Gebote  steht,  so  wird  die  betreflfende  Zeitung  in  dieser 
Beziehung  gut  beraten  sein.  Ist  man  aber  bei  der  Anstellung  stän- 
diger militärischf-r  BorichttTstatter  in  den  Redaktionen  politischer 
Zeitiniixen  nicht  Y0^sichti^^  dann  werden  dort  nicht  «elten  Offiziere 
beschäftirrt  sein,  denen  die  erforHrrlichen  Eifrensehaftcn  ftir  diese 
Tätiirkeit  fehlen,  die  ■sieh  in  der  Bearteilunjr  grewisser  niilii;ni<;('her 
Fragen  sogar  von  Erbitternuf?  über  ihr  —  nach  ihrer  Meinuni:  - 
vorzeitiges  .Ausseheiden  aus  dem  aktiven  Dienst  leiten,  und  der 
Tendenz  der  betreffenden  Zeitung-  entsprechend,  in  eine  Riebtang 
dräniren  lassen,  welche  den  AnflFassunfren  ihres  Standes  oft  geradezo 
zuwider  läuft.  Dadurch  erklärt  es  sieh,  dafs  wir  mitunter  in  der 
politischen  Tagespresse  .Vulseruniren  inaktiver  Offiziere  über  mili- 
tärische Fragen  begegnen,  die  wir  nur  mit  Kopfschlitteln  lesen 
können  und  die  geignet  sind  nicht  nur  der  Allirenuinheit,  sonderu 
auch  dem  jüngeren  Offizier,  der  sein  geringes  Bedürfnis  an  mili- 
tärischer IjPktUre  lediglich  aus  der  Zeitunjr  deckt,  falsche  Auf- 
fassungen über  unsere  Heereseinriehtuugen  bei/.ubringen.  In  dieser 
Hinsicht  Vw^t  allerdings  keine  geringe  Gefahr  iu  der  zunehmenden 
Erörternng  militärischer  Fragen  in  der  politischen  Tagespresse,  durch 
die  zugleich  eine  bedauerliehe  Schädigung  der  periodischen  Militär- 
literatur  herbeigeführt  wird.  Diese,  von  nichtigen,  sachverständigen 
Kedakicuren  geleitet,  ist  ganz  anders  wie  die  politische  Tagespresse 
in  der  Lage,  die  eingehenden  Beiträge  zn  prüfen  und  die  Spreu  von 
dem  Weizen  zu  unterscheiden;  iiat  tiie  Leitung  sich  dann  aulserdera 
die  nötige  Unabhängigkeit  zu  wahren  gewufst,  so  wird  jedenfalls  der 
Offizier  besser  tun,  seine  Belehrung  Uber  militärische  Fragen  aus 
den  militärischen  Blättern,  nicht  aber  aus  der  politischen  Tagespr^ae 
zu  schöpfen,  und  selbst  der  Laie  durite  es  nicht  verschmähen,  seio 
Urteil  in  milifärischen  Dingen  durch  einen  gelegentlichen  BUok  in 
unsere  MüitärzeitsohrifteD  zo  berichtigen  und  zu  erweitem. 

Aber  noeb  ein  anderer  Faktor  bat  bei  dem  Niedergang  nnseier 
periodiseheii  MilitKrlileratQr  mi^ewirkty  der  bei  Eä^rtnaog  dieser 
Ftege  nieht  autser  acht  gelassen  werden  darf,  selbst  auf  die  Geiafar 
bin,  damit  an  Traditionen  zn  rtttteln,  denen  eine  gewisse  ßereehti- 
gang  aacb  Ton  mir  niebt  abgesprocben  werden  soll 

Schon  im  Eingänge  meiner  Aosfltbnmgen  babe  lob  daranl  bin- 
gewiesen,  dafs  in  der  Armee  weder  von  der  grofeen  Masse  der 
Offiziere  noeb  von  den  BebOrden  der  MilltSzpnbllzistik  greises  Inter- 
esse entgegengebracht  wird.  Besonderer  F^rdemng  ihrer  Bestre- 
bungen von  dieser  Seite  hat  sieb  die  periodische  Miliilrllterslar  in 


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Die  periodidcbe  MiUiürüteratar  In  Deataohlaiid. 


641 


Deatsehland  kanm  za  erfreuen ;  das  einzige  Zugeständnis,  welches  einigen 
Militärzeitscbrifien  gemacht  worden  ist,  besteht  in  der  vom  Kriege- 
rainisterium  erteilteu  Genehmigung,  dais  sie  die  Namen  der  Verfasser 
ihrer  Artikel  nicht  anzugeben  brauchen,  wenn  sie  sich  verpflichten,  sie 
dem  Kriegsministerium  auf  Befragen  mitzuteilen.  Irgendwelche 
weitere  ideelle  oder  materielle  Unterstützung  durch  die  Behörden  ge- 
nie&t  die  periodische  HüiHlriiterstiir  in  DeotscUand  oieht. 

Die  eimige  Auniabme  in  dieaer  Bedefaang  maeht  das  Militär- 
Woobenblatt,  indem  daaaelbe  das  Vorreeht  geniefiit,  gegen 
einige  geringfügige  Verpfliohtangen  des  Veilegers  die  PenonalTO- 
Mndeningen  in  der  Aimee  zuerst  TerGfientlloiien  zn  d&rfen,  and 
der  Abonnementsbetrag  für  das  Blatt  znm  Teil  ans  Dienstgeldern 
bestritten  werden  darf,  was  einer  Snb?entioniemng  mit  amtlieben 
Mitteln  gleicbkommt  Dnreb  diese  anberordentliebe  Bevorzugung 
erbttlt  das  MilitKr-Woebenblatt  in  gewisser  Weise  einen  amtlichen 
Cbaimkter,  der  sich  natnrgem&lB  aneb  anf  seinen  joornalistiscben  Teil 
flbertrSgt;  infolgedessen  wird  das  Blatt  von  allen  Behörden,  Bibllo- 
tbeken,  Leserirkeln^  Kasinos,  Botels  nnd  RestanrantSi  In  denen  Offi- 
ziere verkehren,  sowie  von  vielen  Offiaeren  gehalten,  so  dals  es  an- 
bestritten die  am  weitesten  verbreitete  Militttizeitsobrift  Deatschlands 
ist  and  den  ttbrigen  nnabhttngigen  HilltlIrzeitBObriften  den  Wettbewerb 
aolserordentUcb  ersokweri  Non  ist  es  eine  bekannte  Tatsache, 
dafs  das  Uilitär -Wochenblatt  von  vielen  nnr  der  PersonalverüDde- 
mngen  wegen  gelesen  wird  nnd  daher  der  Jonmalistlsohe  Teil  weniger 
Beaebtong  findet.  Aach  bOrt  man  bin  nnd  wieder  die  Ansicbt  ans- 
spieohen,  dafs  der  Jonrnalistische  Inhalt  des  HilitSr*Wochenblattes 
manches  zn  wttnschen  ttbrig  lasse  nnd  daslnteiesse  an  militttriiterariscben 
Erzeognissen  niobt  genügend  anrege.  Ich  will  hier  nicht  entsobelden, 
ob  nnd  inwieweit  diese  Ansicht,  die  vereinzelt  In  ziemlich  scharfer 
Weise  aneb  in  der  Presse  schon  znm  Ansdraok  gekommen  ist,  rtebtig 
oder  faisck  ist;  bei  vornrteüsfreier  nnd  gerechter  Beurteilung  wird 
man  indes  anerkennen  müssen,  dab  die  Redaktion  des  Militllr^ 
Wochenblattes,  besonders  in  den  letzten  Jahren,  bemüht  gewesen  ist, 
den  Inhalt  des  jonmalistiscben  Teiles  des  Blattes  vielseitig  and  lehr- 
reich zu  gestalten  nnd  anoh  im  ttbrigen  mancherlei  Verbesserungen 
nnd  Erweiterangen  vorgenommen  iiat,  welch (>  diesem  Blatt  einen 
hervorragenden  Platz  in  unserer  periodischen  Militärliteratur  sichern. 

Andererseits  kann  nicht  bestritten  werden,  da£s  diese  Militär- 
zeitscbrift  we^cn  der  Kücksicbten,  die  sie  infolge  ihres  amtlichen 
Charakters  uaoh  manchen  Richtungen  hin  nehmen  mute,  Uber  viele 
Fragen  sich  gar  nicht  oder  doch  nicht  so  freimütig  äufeera  darf,  wie 
dies  ftlr  ein  die  Interessen  der  Armee  und  besonders  des  Offizierkorps 


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642 


Die  periotüscbe  Militäriitoratax  in  DeatoohUad. 


gegenüber  der  Öffeutlichkeit  vertretendes  Blatt  o;eboten  wäre,  ho 
z.  B.  findet  man  im  Militär -Wochenblatt  höchst  selten  Erörternngen 
Uber  organisatorische  und  gesetzgeberische  Fragen;  in  deu  seit  Jahr 
imd  Ta^  so  lebhaft  geführten  Kampf  am  ein  nenes  Militärpensions- 
gesete  hat  dasRelbe  nicht  eingegriffen  und  ttberbanpt  zu  dieser,  das 
aktire  wie  inaktiTe  Offiderkorps  so  tief  enegenden  Frage  gar  nicht 
Stellang  genommen.  Man  wird  daher  nicht  behaupten  können,  dals 
das  MiUtftr-Wochenblatty  obwohl  es  einen  herForragenden  Fiat»  in 
unserer  Militärliteratnr  einnimmt,  die  Interessen  der  Armee  in  voUem 
Umfange  wahrnimmt;  dazu  ist  nur  eine  unabhängige  Militärzeit- 
schrift in  der  Lage.  Unter  den  anabhängigen  HUitäizeitBchriikeu, 
welche  wir  z.  Zt.  besitKen»  sind  einige,  deren  Ldtang  sieb  in  sehr 
tllehttgen  Händen  befindet  uod  die  daher  wohl  in  der  Lage  wären, 
unserer  periodiseben  Militärliteratur  mit  der  Zeit  die  Stelle  znrQck 
zu  erobern,  welche  sie  früher  eingenommen  hat;  aber  auch  diese 
Zeitschriften  kranken  mehr  oder  weniger  an  den  vorstehend  von  mir 
dargelegten  nngOnstigen  Verhältnissen. 

Als  dem  Militär-Wochenblatt  das  grolse  Vorrecht  der  eraten 
VerOffentlichang  der  PersonalYCränderangen  eingeräumt  wurde,  be- 
salsen  wir  noch  kein  amtliches  Organ  fär  derartige  Bekanntmaehiingen, 
seitdem  wir  aber  ein  Armee -Verordnungsblatt  eingeftthrt  haben,  ist 
nicht  einzusehen,  warum  die  Personalverändenmgen  nicht  durch  dieses 
der  Armee  bekannt  gegeben  werden,  wie  das  in  anderen  Staaten, 
Ja  selbst  innerhalb  der  deutschen  Armee,  z.  K  in  Bayern,  der  Fall 
ist.  Es  würde  diese  Art  der  Veröffentlichung  sogar  den  Vorteil  haben, 
dais  alle  weiteren  amtlichen  lOtteilaagen  der  PersonalveiäDdmngen 
auf  schriftlichem  oder  telegraphisebem  Wege  ttberflOssig  wttrden  und 
doch  die  Bekanntgabe  derselben  schneller  als  bisher  erfolgen  könnte. 
Allerdings  würde  hierdurch  das  Militär -Wochenblatt  voraussichtlich 
zunächst  eine  Einbufse  an  Abonnenten  erleiden,  die  sich  aber  bei 
tüchtiger  Leitung  des  Blattes  aicher  bald  wieder  einbringen  lassen 
wird,  da  dasselbe  dann  als  unabhängige  Zeitschrift  in  freien  Wett- 
bewerb mit  deo  übrigen  Militärzeitschriften  treten  und  die  Interessen 
der  Armee  uneingeschränkt  wahrnehmen  könnte. 

Leider  scheint  an  maisgebender  Steile  z.  Zi  in  dieser  Beziehung 
eine  andere  Auffassung:  zu  herrschen,  denn  sonst  würde  man  nicht 
dem  halbamtlichen  Militär-Wochenblatt  eine  ganz  amtliche  Militäizeit- 
Schrift  hinzugefügt  haben. 

Wie  bekannt,  läfst  der  Grofse  Generalstab  seit  Beginn  dieses 
Jahres  Tierteljülirlicli  eine  Militärzeitschrift  erscheinen,  die  den  Titel 
trägt:  „Vierteljahresschriit  für  Truppenfuhrong  und  Heeres- 
knnde."   Nach  dem  ausgegebenen  Ftospekt  wird  diese  neue  Zeit» 


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Die  periodisehe  MiUtärUteratur  in  i^eutäohiand. 


643 


aduift  Anfsätee  taktisohen  und  kriegsgesohiolillioheD  Inhalts  aowie 
Naeluriehteii  Ober  intereraaDte  Tni|»p6D0biuigeD  imd  HitteiiiiDgeD  ttber 
fremde  Armeen  enthalten;  bei  letiteren  boU  tot  allem  Gewicht  ge- 
legt werden  auf  die  Wiedergabe  des  ftr  die  Organisation,  Ansbildong 
and  Fahning  Wesentliolien  ond  Lehneiohen  and  zwar  In  der  Form 
«uammenhliigender  Anftätae.  Diese  werden  bemüht  sein,  den  Leser 
fortlaafend  ttber  alle  innerhalb  der  fremden  Armeen  beobaebteten 
Bestrebungen  und  Erseheinnngen  auf  militttrisehem  Gebiete  zu 
nnterrichten,  sowie  auch  snr  Klärnng  wiebtiger  operativer  und 
taktischer  Fragen  beantragen  snchen.  Die  Aufsätze  kiiegsgesehiobt« 
liehen  Inhalts  solle»  die  firfabmngen  der  neueren  Kriegegeschiebte 
fiir  (He  Truppeiinihmiig  nutzbar  machen.  Die  Schriftleltang  der 
Zeitschrift  ist  der  kriegsgesehichtlichen  Abteilnng  I  übertragen.  Die 
Hefte  erscheinen  im  ersten  Munat  eines  jeden  Viertr li  ihrc«.  ebenso 
wie  das  Militär-Wochenblatt  im  Verlage  irr  Königlichen  Hofbuch- 
handlang  von  E.  Q.  S.  Mittier  ^l-  Sohn.  Berlin.  Die  AnkUndigong 
des  firseheinens  dieser  neuen  Mititärzeitscbrift  ist  dnroh  das  Armee- 
Yerordnongsblatt  erfolgt,  ein  Umstand,  der  auf  das  Abonnement  nicht 
ohne  fordernden  HünfluTB  geblieben  sein  dürfte.  Die  ersten  beiden 
Hefte  sind  inzwischen  erschienen  und  entspricht  deren  Inhalt  dem 
Vorpresag-ten ;  die  Verfasser  sind  mit  einer  Aosnahme  dem  (reneral- 
etabe  angehörifre  oder  zu  demselben  koiiiniandierte,  meist  jüngere 
Offiziere.  Ob  an  der  Absieht,  nur  der  akliven  Armee  angehörende 
Offiziere  als  Mitarbeiter  au  dieser  Zeitschrift  zuzulassen,  auf  die  Dauer 
festg-ehalten  werden  kann,  mufs  bezweifelt  werden;  dem  V^ernehmeu 
sollen  bereits  vom  1.  Jnü  d.  Js.  ab  einige  bevorzugte  Militar- 
schriftsteller  des  inaktiven  Standes  zur  Mitarbeit  aufgefordert 
worden  sein. 

Wenn  es  auch  einerseits  mit  Genngtuung  begrUlst  werden  kann, 
dafs  sich  hier  der  Generalstab  mit  seinen  reichen  Kenntnissen  und 
Erfahrungen  auf  den  bezeichneten  Gebieten  in  den  Dienst  der 
Militärjonrnalistik  stellt  und  hauptsachlich  aktive  Offiziere  das  Material 
ftir  diese  \  ierteljahrsschriften  liefern  werden,  so  kann  doch  der  hier 
eingeschlagene  Weg  als  ein  richtiger  nii  ht  bezeichnet  werden.  Wir 
haben  so  mit  dieser  neuen  Militärzeitschrilt  neben  dem  halbamtlichen 
Militär- Wochenblatt,  das  ursprünglich  ja  auch  vom  Generalstabe 
geleitet  wurde,  eine  zweite  amtliche  Bfilitärzeitscbrift  erhalten,  die 
in  weitgehendster  Weise  Rücksichten  wird  nehmen  mtlssen  und  des- 
halb niemals  eue  anabhängige  Zeitschrift  wird  ersetsen  können. 
Gut  geleitete,  dnrcb  die  Armee  selbst  nnterstttttte  unab- 
hängige MiliCftrseitsehriften  ist  aber  d^s,  was  wir  vor  allem 
gebraachen  nnd  gerade  diesen  wird  mit  dem  neaen  Unter« 


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644 


Der  Einflars  der  Waffen  auf  die  Taktik. 


nehmea  ein  amilicher  Wettbewerb  eDtgegengesetzt;  ballen 
viele  MUitSnEeitsebriften  sehoa  bisher  unter  der  erdrOekeiideQ  Kon- 
kurrenz des  MUitilr-WoeheDblattea  einen  sehweren  Stand,  so  werden 
diese  gegen  die  GeneralBtabs-VierfteUabrBsobriften  den  Kampf  mne 
Dasein  kaam  noch  mit  Erfolg  fortfuhren  kttnnen.  Von  diesem  Ge- 
sichtspnnkte  aus  betrachtet^  mnls  ich  den  hier  besehiitteoen  Weg 
wiederholt  als  einen  nnrichtigen  bezeichnen,  der  eeine  nachteiligen 
Folgen  auf  ansere  schon  seit  geraumer  Zeit  mit  grofseu  Sohwierig:- 
keiten  kämpfende  unabhängige  MilitaiseitBchriftenliteratar  bald 
ftthibar  machen  wird. 

Mao  sollte  meines  Brachtens  den  entgegengesetaten  Weg  ein^ 
schlagen,  indem  man  nnsere  Militärseitseliriftenliteratnr  von  der 
Konkurrenz  der  mit  einzelnen  Vorrechten  ausgestatteten  amtliehen 
Militärzeitschrifken  befreit  nnd  alle  amtliehen  Veröffentlichongen 
künftig  Dor  noch  durch  das  amtliche  Armee -Verordnaogsblatt  be- 
wirken läfst.  Damit  wUrde  man  eine  gleiche  Grandlage  für  aUe 
unsere  Militärzeitschriften  schaffen,  welche  als  die  N'orbedingung  fttr 
einen  der  Sache  forderlichen  Wettbewerb  bezeichnet  werden  rauls. 
Dann  wird  die  periodische  Militiirüteratnr  anch  in  sich  selbst  wieder 
die  Kraft  finden,  om  sich  den  ihr  gebührenden  Platz  in  unserem 
Geistesleben  zortlck  zu  erobern,  das  Interesse  fUr  sie  innerhalb  der 
Armee  neu  zu  beleben  nnd  damit  auch  die  politische  Tagespresse 
der  Notwendigkeit  entheben,  sich  mit  militärischen  Fragen  ein- 
gebender zu  befassen,  als  dies  im  Interesse  der  Allgemeinheit 
erforderlich  ist 


xxxm. 

Der  Einflttfs  der  Waffen  auf  die  Taktik. 

Studie 

von 

Geueraim^jo^  Keiijuer  Freiherr  von  liichtenätem. 

¥Äu  uiil  iiiL- t  erschienenes  gclBtvolles  nnd  empfehlenswertes  Werk 

des  Oberstleutiiaut  Crouzin^'or  Uber  „Die  Probleme  des  Krieges" ') 

')  Die  Prnbleme  des  Krieges.  Von  Paul  fVeuzinger,  Oberstleutnant 
a.  D.  Erster  Teil.  Das  Problem  der  Taktik.  Leipzig  1908.  Wilhelm 
EngelmaiiD. 


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Der  Einfliifa  der  Wafen  auf  die  Taktik. 


645 


geht  von  der  Anschauang  aii8.  dals  in  der  Taktik  die  Seelenkräfte 
das  eigentlich  wirkende  Prinzip  seien  nnd  daher  die  Wallen  „un- 
berücksichtigt'' hleihen  dürften.  —  Wie  meine  /.ahlreichen  Abhand- 
lonjren  auf  diesem  Gebiete  dartun,  bin  ich  Rehr  weit  entfernt,  den 
hohen  Wert  des  geistigen  und  moralischen  Elements  im  Kampfe 
irgendwie  iu  Abrede  zu  stellen.  Gleichviel,  ob  zwei  Menschen  oder 
ganze  Heere  niiieinander  kämpfen:  es  liegt  in  der  Natur  des 
Kampfes  auf  Leben  nnd  Tod,  daii>  der  wiUensstörkere,  rücksichts- 
losere und  iiiutiirere  Teil  die  grölsere  Siegesaussicht  besitzt.  Aber 
man  dari  in  der  Wertschätzung  des  psychischen  Faktors  auch  nicht 
zu  weit  gehen.  Man  soll  nicht  glauben,  in  der  Taktik  das  Geistige 
vom  Technischen  trennen  zu  können.  Ich  kann  nun  und  nimmer 
zagebeu,  dats  (Vir  die  Taktik  die  Beschafienbeit  derWafien  als  Nah- 
oder Femwaffen,  ihre  technische  Verrollkomiiinmigy  die  Kunst  ihres 
G«braaches,  kurz,  ihre  materieHe  WirkoDg  Uberhaapt  tod  nur  „sekon- 
därer^,  ontergeordneter  Bedeutung:  seien.  Ein  so  ansseUielsiieh  auf 
die  Seelenkräfte  zugespitzter  Standpunkt,  eine  so  extrem  pajeho* 
logische  Gesamtansehannng  scheint  mir  die  taktischen  Beziehungen 
nicht  genügend  zn  umfassen. 

Crenzinger  bebt  richtig  hervor,  dals  Zentralisienuig  und  Indi- 
vidualisierung Hanptformen  der  Betätigung  der  Trappen  im  Kampfe 
sind;  sie  bilden  seine  eigentliche  innere  Struktur.  Bei  laktisoher 
Zentralisierung  sind  die  Kräfte  der  Kämpfenden  gebunden,  es  herrseht 
gewissermaben  nur  eine  Idee,  ein  Wille,  der  des  Führers.  Bei 
taktischer  Individualisierung  hmgegeu  findet  eine  freiere  Entfaltung 
der  Kräfte  statt.  Die  einzelnen  Glieder  des  Heeres  verfolgen  hierbei 
mannigfaltigere  Ziele,  verausgaben  sich  vollständiger  nnd  ntttzen  ihre 
Kraft  besser  ans,  als  die  zentralistiseb  gebundene  Hasse. 

Auf  diese  beiden  taktischen  Hauptformen  ttben  natllrlich  die 
verschiedensten  Verhältnisse  Einfluls:  die  kulturelle  Höbe  und  die 
politische  Verfassung  des  Staates,  das  WehnQrstem,  der  Zug  der 
SSeit,  die  Gefühle  der  Kämpfenden  —  ihr  Patriotismus,  ihr  Mut  — , 
ihre  individuelle  Zuverlässigkeit,  ihre  Intelligenz,  Selbsttätigkeit, 
Einzelausbildung.  Aber  anch  der  materielle  Faktor:  die  Wafte,  be- 
dingt die  eine  oder  andere  Kampfform.  Es  mnls  ihm  also  eine 
melir  als  „sekundäre",  selbst  eine  ausschlaggebende  Bedeutung  für 
die  Art  der  Betätigung  der  Truppen  in  der  Schlacht  zagesptoohen 
werden. 

Das  vollendetste  Beispiel  einer  zusammenfassenden  Kampfart 
zeigt  uns  das  Heer  Friedrichs  des  Grofsen.  Heer  und  Staat  standen 
in  Preufsen  im  grölsten  Einklang  nuteinander.  Der  Gedanke  der 
absoluten  Monarchie  war  vollständig  verwirklicht.   Ebenso  war  das 


(>46 


Der  Biufliift  der  Wafim  auf  die  Tiktlk. 


Geftge  der  Armee  durch  den  aolserordeiitiieh  gepflegten  MaMendiill 
za  einer  nnttbertreffliehen  Festigkeit  gediehen.  Wie  bitte  raeh  hier« 
bei  der  Art  der  Anfhringnng  der  Ttappe  dnrob  Werbung  niw.,  ein 
taktiseher  iDdiTidiuliemne  Rnom  gewinnen  kOnnen!  D«8  Genie  des 
königliehen  Feldberrn  belebte  nnd  dnrcbgeifitigte  die  grobe  Heeres- 
maseliine  nnd  befiUiigte  sie  zn  den  ruhmvollsten  Taten.  Allein  die 
glänzenden  Siege  des  prenlsiscben  Heeres  kJinncn  dach  nicht  Uber 
die  Tatsache  binwegtänschen,  dals  die  strafi  dnrchgefbhrte  Zentrali- 
Biefang  mit  der  Natnr  der  Bewaflnong  der  Infanterie  teilweise  in 
Widerspruch  stand. 

Der  Nahkampf  mit  dem  Baioi^ett  fUhrt  zur  engen  Massieron«: 
der  Trappe  und  demnach  zur  Zentralisierong  des  Gefechts.  Der 
Fernkampf  mit  der  Rngel  aber  hätte  schon  damals  eine  gewisse 
Vereinzelung  der  Beschossenen  und  Schiefsenden  erfordert.  Die  Zu- 
fälligkeiten des  Bodens  müssen  vom  Schtltzcn  znr  Deckunsr  pegen 
d»Mi  fpindlichcn  Schufs  und  zur  Tr<  flsic^hercn  Ab^^abo  des  eigenen 
verwertet  wt-rdcn;  es  niuls  dem  Scbützcn  freifrejcebcn  «ein,  in  welchem 
Augenblicke  und  genau  gegen  weUdics  Ziel  er  Vciwr  geben  will. 

Die  Vereinzelung  der  Sthützen  hat  eine  Individuaüsiemng  des 
Sehiltzenkampfep  zur  F(di:e.  l)i<'<-^p  Individualisierung  kommt  in  dnr 
Srlbsitatigkeit  der  Kommandoeinheiten  bis  zum  einzelnen  Sehut/.eu 
herab  und  in  der  aiil-erordentliehen  Differenzierung  des  Kampf- 
verfahreus  zum  Ausdruck.  Desgleichen  bedingt  das  räumliche  Getrennt- 
sein der  Schützen  voneinander,  die  lockere  SchUtzenorduunir,  eine 
individualisierende  Ausbildung.  Ftlr  die  Ausbildung  zum  Scbiit/en- 
kain})!'  ist  der  stets  gleichfiirmige.  weil  immer  auf  dieselben  Fälle 
geriebtete  Drill,  der  die  kuriterliehen  und  i)sycbiscben  Kräfte  des 
Schützen  Ubermäfsig  einengt  wertlos.  Kbenso  ist  bei  der  Einübung 
des  Schützenkampfes  ein  „Normal verfahren"  im  Angrifl'  oder  in  der 
Verteidigung,  d.  h.  eine  Übertragung  des  Drills  auf  das  taktische 
Gebiet,  durchaus  verwerflich.') 

Da,  wo  beim  Gebrauch  von  Schulswafifen  der  natürliche  taktische 
Zug  zur  Individualisierong  gehemmt  wird,  kann  Krieg  mit  Aassicht 
auf  Erfolg  nur  gegen  einen  Feind  geführt  werden,  der,  wie  die 
Östeireieher  im  debenfährigen  Kriege,  eben&Us  die  Individuellen 
Kritfte  einsehrünkt  nnd  unterbindet.  Wenn  es  aber  der  Gegner  ver* 
Bobmäbt,  seinen  Sehfltzen  eist  gleiohsam  alles  Leben  anssiitieiben» 
nm  sie  genügend  znTerlttssig  ersehefaien  zn  lassen,  wenn  er  in 

*)  Dagegen  behält  das  „üben"  —  die  Vcn.vcrtunfr  von  Mechanismen  — 
seiDen  nnschStzbaren  Wort.  I>eun  im  An;^nfi  wie  in  der  Verteidigung 
kehren  imuier  diecielbeu  Typen  wieder,  ao  liaik  bei  einem  bestimmtan. 
UkÜscfaMk  Fall  an  andere  bekannt«  Falle  angeknfipft  weiden  kann. 


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Der  Einifaili  der  Wiflen  inf  dfo  Taktik. 


647 


Gegenteil  ihre  lebendige  Kraft  in  den  Dienst  des  Kampfes  i^tellt: 
dann  mala  es  froher  oder  später  snm  Zosammenbnieh  desjenigen 
Heeres  kommen^  dessen  Kämpfer  mehr  oder  weniger  zu  willeDlosen 
Maschinen  gedrillt  sind.  Bei  Jena  und  Aaerstädt  erfolgte  der  Zu- 
sammenbrocb  der  zentralisierenden  Lineartaktik  der  preuCsischen 
Armee.  Es  ist  mir  nicht  anbekannt,  dafs  noch  andere  mifsliche 
Verbältnisse  an  der  Katastrophe  Schuld  trugen.  Den  Anstofs  und 
die  nächste  Veranlassung  gab  aber  doch  der  Widerstreit  zwischen 
Bewaffnung  und  Taktik. 

Gegenwärtig  befiiideu  wir  uns  abermals  in  einer  taktischen 
Übergangszeit.  Die  Fernwaflfe  der  Intaiitorie  ist  als  Mehrlader  zu- 
gleich Nahwaffe  geworden.  Während  früher,  in  der  napoleonischeu 
Zeit,  dir  ^rliiitzpn  nur  einen  Bruchteil  der  fechtenden  Truppeu  aus- 
machten und  sich  uur  abgegrenzte  taktische  Ziele  setzen  konnten, 
beherrschen  sie  heute  ausnahmslos  den  Infanteriekanipf.  Die  kämpfen- 
den lufauteristen  sind  /.u  huiidt  rt  Prozent  Schützen  ^vwanlru.  Und 
doch  wird  die  deutliche  Sprache  der  Zahl  nicht  geniiiiriui  bcaclittt 
—  Der  soldatische  Charakter  liebt  rasches,  impuisivi  s  Handeln. 
Dieser  Neigung  eüts|)richt  im  Angriff  flottes  Vorwärtsdringen  und 
der  Kampf  mit  dem  Bajonett.  Der  Erfolg  des  Feuergefechtes  er- 
fuiderl  aher  ruhige  und  unerschiitterliche  Zähigkeit.  Die  Entwicke- 
luQg  zur  konsequenten  und  uneingeschränkten  Feuertaktik  bedentet 
also,  wie  andere  Ent\wekeiungeu,  vor  allem  eine  Umwertung  innerer 
Werte.  Eine  solche  pffegt  iudesaen  nur  sehr  langsam  vor  sich  zu 
gehen.  Die  Instinkte  eines  Heeres  ändern  sich  langsamer,  als  die 
technischen  Eründungen  einzelner  taleufc? ulier  Kopie  aufeinander- 
folgen. 

Aber  wenn  es  schon  immer  gefährlich  war.  mit  der  Fechtart 
gegentlber  der  Waffe  des  Gegners  im  Rückstand  zu  sein,  so  ist  dies 
heute,  bei  der  liohen  Vollkommenheit  der  Feuerwaffen  und  ihrer 
ausschlielslichen  Herrschaft,  noch  weit  mehr  als  früher  der  1  all. 
Eine  grolse  und  nie  dagewesene  Mannigfaltigkeit  an  ^umütlichen 
Depressionen  ist  charakteristisch  für  unsere  taktische  Üburgaugszeit, 
in  der  die  Taktik  mit  der  Bewaffnung  uicht  immer  im  Einklang 
steht.  Es  waren  vorzugsweise  Überraschnngen  durch  neuartige 
Waffenwirkongeu,  die  in  den  Kämpfen  der  letzten  Zeit  die  Ent- 
scheidung herbeiführten.  —  Vor  Plewna  zeigten  sich  die  Russen,  ein- 
geschllobteit  dnzeh  die  anerwartete  Wirkung  der  ttirkisehen  Hinler* 
lader  nnd  Hehrlader,  teilweise  so  kraftlos,  dals  man  sich  erstannt 
trügt,  ob  denn  das  die  Nachkommen  der  Helden  von  ZomdorCj 
Kunersdorf  nnd  Borodlno  waren?  Aach  die  Türken  waren  bei 
ihrem  Ftontalnngriff  auf  die  griechische  Stellnog  ron  Dhomokos 


648 


Dtr  Einflni»  d«r  Waftn  auf  die  Taktik. 


(17.  Mai  1897)  —  mit  Ausnahme  der  Nisambrigade  —  nicht  mehr 
auf  ihrer  früheren  Höbe.  EiügUedrige  ScbützeulinieD,  deren  sie  sich 
dabei  vernünftigerweise  gegenüber  der  modernen  griecbisehen  Be- 
watiüung  bedienten,  sind  kein  so  geeignetes  Milien  für  jene  rllck- 
sicUtölose  Wiliensenergie  und  bis  zum  äufsersten  Fanatismna  ge- 
steigerte Geftlhlserregung,  wie  die  Kolonuen  und  Massen,  in  denen 
sie  vor  Plewna  ihre  bewunderungswUi  digea  Gegenangriffe  auf  die  rück- 
staudig  hewaiiiieten  Russen  ausführten.  Einen  anderen,  neuen  Inhalt 
aber  in  das  Sehlitzengefeeht  zu  legen:  den  geschickter  Verbindung 
steten,  unaufhaltsamen  Vorwiü  i-drmgeus  ma  ruhiger  und  treffsicherer 
Verweiulüü^^  des  Gewehrs,  waren  sie  nicht  imstande.  Und  die  i^ng- 
liiuder  in  Südaliika! ')  Zur  Zeit,  als  General  Uoberts  im  Jaunar  19()0 
das  Oberkommando  übernahm,  hatte  sich  ihrer  ein  niederdrückendes 
und  lähmendes  GefUhl  der  Inferiorität  bemächtigt.  Die  Bewaffnung 
beider  Armeen  war  eine  ungefähr  gleich  gute.  Aber  während  die 
Buren  sich  der  Bewaffnung  anpafsten,  suchten  die  Engländer  das 
Heil  in  veralteten  taktischen  Formen.  So  kam  es,  dafs  sie  den 
Boren  gegenüber  zo  kräftigem  taktischen  Handeln  on^ig  waim 
Aber  auch  das  neoe  Oberkommando  seheint  keineswegs  von  Pesd- 

')  Die  Engländer  empfingen  vielfach  ähnliche  Eiiidrflcko  wie  die 
PreulVfii  hei  Jena.  (Ifn^  r  illentnant  von  d.  r  Marwitz  errShlt  al-^ 
zeuge  in  seinem  „Nachia,sse*  über  diestj  Schiacht:  ..Die  (französit-chen) 
Tirailleure  liefen  bis  an  unsere  Linie  vor,  ihr  lebhaftes  Feuer  vorzüglich 
auf  die  Offiuefe  richtend.  Ungeachtet  der  Verlust  schon  merklich  zu  werden 
anfing,  salien  w  ir  doch  wenig  vom  Feinde,  dt  r  zu  unserem  grö&ien  Nach* 
teile  wie  liintcr  i'iner  Oardine  Toclit.  Seine  Tirailleure  bentitztcn  jede  T'n- 
ebeuheit  <le,s  Terrains,  und  auch  die  (le.srliütze  waren  SO  plaziert.  daiV«  man 
weuig  mehr  als  die  Alimduugen  wanxuahni.  Gegen  diesen  unsichtbaren, 
beweglichen  Feind  begannen  wir  mit  Echelons  vom  linken  FlOgel  zu  avan* 
eieren.  .  .  .  Die  Infanterielinie  stand  gegen  Vieizehnheiligen  fortwlhiend 
im  heftigsten  Feuer,  ohne  zu  wanken,  und  erwiderte  dasselbe  durch  Salven, 
deren  Krfolg  nur  gering  sein  konnte.  Das  Grenadierbntaillnn  Hahn,  die 
iiegimenter  Hohenlohe,  Zastrow,  Grawert  verloren  unendlich  viele  Offiziere 
und  Manaschsflen,  meisb  die  HSlfte  ihres  Bestandes.  .  .  .  Nun  geschah  es. 
dafs  einige  fransOsische  SchUtsen  mn  VienebnheÜigeii  herum  durch  die 
Büsche  schlichen  und  mit  Wirkung  in  das  Begiment  Samts  zu  schiefscn 
begannen.  Dasselbo  hatte  bishor  viele  Fassung  bewiesen,  wurde  aber  durch 
die  wenigen  Schüsse  so  überrascht,  dafs  es  umk(  hrte.  Die  OffimorP  tat^  n 
ihr  Möglichstes,  der  Fürst  (Hohenlohe)  mit  seiner  gauzeu  Umgebung  unter- 
stützte sie,  doch  half  es  immer  nur  ftlr  kurze  Zeit,  denn  sobald  wieder 
einige  Kugeln  einschlugen,  kehrte  das  Regiment  aufs  neue  um.  Jetzt 
wurde  das  bei  Saalfeld  halb  vernichtete  IJegiment  MüffliDfz:,  welches  bisher 
zurückgehalten  worden,  vorwärts  und  in  die  Linie  geführt,  folg^  aber  bald 
dem  übleu  Beispiele.  Die  Lücken  wuchsen  immer  mehr,  und  da  nunmehr 
der  Feind  anzudringen  begann,  kehrten  audi  die  Begimentttr  Zastrow  und 
Grawert  um.  .  .  .** 


.  Kj       by  Google 


D«r  EidlaA  dar  Waten  «nf  die  Taktik. 


64» 


mismus  frei  gewesen  zu  sein.  Creneral  Roberts  wollte  nicbt  die  bei 
Magersfontein  onter  General  Cronje  lafrernden,  an  Zahl  so  schwachen 
Raren  angreifen,  am  sie  entscheidend  zq  schlagen.  Die  Baren  sollten 
nur  aus  ihrer  Stellang  heraasmanöveriert  werden.    Dafs  sie  sich 

später,  hei  Paardeberfr.  p:efan£:en  g-eben  mnfsten.  war  lediglich  die 
Schuld  fVofijps.  der  sich  nie  entsc'hlie[sen  konnte,  seine  Lagei- 
ateilangen  zur  rechten  Zeit  zu  verlassen. 

Am  Taye  nach  dem  mifsglUckten  englischen  AiigrifiT  auf  die 
Flufsufer  des  Modder  Kiver  bei  Paardelierp:  erklärte  der  Geiieral- 
stabschef  Lord  Kitchener:  ,,Weiin  ich  ^'■estern  früh  das  gewufst  hätte, 
was  ich  heate  weifs,  so  würde  ich  die  Buren  im  Flnfstal  nicht  an- 
gegriffen h;(]»pfi;  es  ist  eben  unniöfrlieh  •reg'en  das  moderne  (Teweiir.  " 
Und  eini<:e  Ta^'^e  darauf,  aiii  7.  März  19U(),  im  sogenannten  (refecht 
von  Popiar  Grove,  konnten  die  Eti^Händer,  die  Uber  H( )()(»()  Manu 
stark  waren  und  Uli  (ieschut/e  hesalsen,  tatsächlich  die  Buren 
nicht  mehr  angreifen,  dereu  btärke  vom  amerikanischen  Militär- 
attache. Kapitän  Reichmann,  auf  7  Geschütze  und  25(X)  Mann  au- 
j::egeben,  vom  preulsischen  (reueralstab  auf  7000  Mann  berechnet 
wird.  Die  EnL'länder  umfafsten  die  wohlverschanzte  Burensteiluug 
und  warteten  bis  die  Kavalleriedivision  wirksam  werden  wtirde, 
statt  dafs  die  lufauteriebrijjraden  den  Feind  der  Reiterei  entgegen- 
getrieben hätten!  Wer  weils,  welches  Knde  das  Gefecht  ^'enomuien 
hätte,  wenn  nicht  die  Buren  ancresichls  der  erdrückenden  feindlichen 
Übermacht  das  Feld  geräumt  hatten.  Üie  Buren,  die  bei  Pojilar 
Grove  nach  der  Absicht  (ics  nbtrkommandos  vernichtet  werden 
sollten,  verloren  18  Tote  und  Verwundete.*) 

Wenn  sich  der  südafrikani-^ehe  Krieir,  dessen  schliefslicher  Aus- 
gftog  bei  den  unermei'slichen  üiifsmitteln  Kn-huKi^  ja  nie  zweifelhaft 
sein  konnte,  so  Mehr  in  die  Län^e  zog,  so  lag  der  Grund  hiervon 
grölstenteils  in  dem  voii  uni  t  rwähnten  Widerspruch  /wischen  Be- 
waffnung und  Taktik  auf  Seite  der  Kufrländer.  —  Keine  Armee 
darf  sich  den  bieg  versprechen,  wenn  sie  sich  einer  anderen  gegen- 
tlber  gestellt  sieht,  die  es  besser,  als  sie,  versteht,  zur  rechten  Zeit 
mit  deo  alten  Formen  and  Anschaaungen  zn  brechen  and  ihre 
Taktik  und  Aasbildang  der  Kenbewaffimog  anzupassen. 


Siehe  üher  die  Operationen  unter  Lord  Roberts  bis  zur  Einnahme 
▼on.  BAoemfontein  das  Beft  88  der  «Kriegsgeschichtlichen  Einzekchhften*. 


J650  ^  Teobnik  im  Dianat  der  operatiTea  TUgkeife  einer  EtvallttledlvUwt 


XXXIV. 

Die  Teclmik  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeit 
einer  Kavalleriedivision. 

Eine  applikatorische  Studie  anter  Bertloksicbtignng  des  Nord- 
•amerikanibchen  Sezessionskrieges  in  Virginien,  mit  einer  ÜberaiohtB- 
skixze  ood  eioem  Plao,  sowie  S5  Abbildnogeii  im  Text. 

Seharr,  Migor  ood  Militärlehrer  an  der  Kriegsakademie. 

(Schlufe.) 


n.  T&tigkeit  und  Leistnngsf&higkeit  der  Ksvallerie- 
dMflioii  auf  teohniBohem  Gebiet. 

Kriegaiage.  ^) 

Eine  blaoe  Armee,  die  sieh  in  dem  Baum  Kolmsee— Brieaen — 
GiandeDs  TerBammeln  wiU,  befördert  die  1.  KavaileriediTiaion  an 
80.  Joni  imd  1.  Juli  naeb  Soldaa  Toraiu  mit  dem  Anftiage: 

den  ans  der  Linie  Pnltiuk— Roeean— Ostiolenka  sn  erwarten- 
den  feindliehen  VonnarBeb  anftnldliren  nnd  sn  Terzögero. 


Kriegsgliederung 
der  1.  Kavallerie-Diviöiou  (0 — 24 — 2). 


I)  Hienn  eine  Überaichtsakitse  1 : 600000  und  eüi  Plan  t :  tOOOOO. 


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Die  TeohBlk  im  DimuA  der  openttvea  Tätigkeit  einer  EimtUeriedMeioiL  55t 

Der  !•  Ja  Ii. 


A.  Anordnungen  der 

Bis  zun  Abend  des  80.  Jnol 

io  Soldan: 
Di?isioii8stab, 

Stab  der  1.  Kavalleriebrigade, 

Ktirassierregimnnt  l, 
«tab,  1.  u.  2./KUr.  2, 
Magchinen^ewehrabkeilaiig, 

Pionierabttilun«?. 

inlaiiteriepatrüDtnwageu  Nr.  1  j 
nnd  2  der  leicbteu  MtmitioDS- 
kolonae. 


f.  Kavalleriedivieion. 
waren  enlladeo 

in  Gr.  Roeoblaii: 

Stab  der  2.  Kavalleriebrigade, 
Dragonerregiuient  1, 
Reitende  Abteiloog. 


1.  Entsendung  von  AnfklMrnn^seskadrons. 
Offizierpatrouillen   waren   noch  am  30.  Juui  nachmittags 
gc^en  die  Narewlinic  entsandt,  ihnen  folgten  am  1.  Juli  früii  Auf- 

kiäronsrsrskadrons: 

l./Kür.  i  mit  Infanteriepatronen  wagen  Nr.  1  über  Mlawa — 
Ziechanow  aut  Pultusk  mit  dem  besonderen  Auftrag,  die  Eisen bahn- 
brtlcke  bei  Mlawka  und  die  Bahn  weiter  südöstlich  zu  sperren; 
je  nach  der  Konstruktion  der  BrUcke  und  tit  r  verfUg:baren  Zeit  sei 
an  einer  Stelle  eiue  Z er  st  01  im vorzunehmen,  vorher  etwa  noch 
vorhandenes  rollendes  Material  nach  Soldan  zurückzuführen. 

Der  Eskadron  war  anlserdem  die  Telegraphenpatronille 
des  Regiments  mit  dem  sweiep.  Karallerie-Telegraphenwagen 
ZQgeteilt. 

L/KUr.  2  Uber  Mlawa-Prasnysoh  aof  Makow; 

l./Drag:.  l  Uber  Neidenbnrg — Cborsbele  anf  Krafsnosielz. 

Allen  3  Eskadrons  war  eine  leichtere  Unterbrechung  der 
Telegraphen  —  hauptsächlich  durch  Anbringung  versteckter 
Leitungsfehler  (Kav.  Tel.  Ziff.  72—75)  ausdrücklich  befohlen, 
„sobald  es  sich  darum  bandelte,  den  Verkehr  der  feindlichen  Armee, 
sowie  der  Beyölkenmg  unter  sich  zu  unterbreeben^  (F.  0.  528). 

Dementsprechend  waren  diese  beiden  Eekadiona  mit  Gegen- 
ständen  ans  dem  „Gerit  des  Regiments  für  besondere 
Zwecke  und  znm  Vorrat''  auszurüsten,  damit  niebt  die  LeistungS' 
fäbigkeit  der  Tom  Kür.  2  nnd  Drag.*Rgt.  I  spilter  aofzusteilenden 
und  mit  dem  „Patrouillengerät*'  auszurüstenden  Telegraphen- 
patrouillen beeinträchtigt  würde,  nämlich  mit: 


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652         reolmik  im  Diemat  der  oi»eraüvdn  Tätigkeit  einer  KavaUeriediviaioiu 

Steigeisen  nebst  Sicberbeitsleiue, 
Steighaken  nebst  Fonragierleine, 
1  dreikantigen  Feile, 
1  Flachzange, 

1  Bolle  feiaem  Kuplierdnüit  usw.  (K«y.-Tel.  Ziff.  26—46, 
71—79  und  161—103.) 

2.  VoTtni^  des  taeralstibsslIiMini. 

Am  VonDittag  des  1.  Juli  war  der  Qeneralstalieoffisier  sam  Vor- 
trag belohleo.  Er  seUog  yor: 

„Vormarseh  der  DiTislon  am  2.  Juli  Uber  HUwa  auf  Zieehanow 
gegen  den  verrnnteten  feindlichen  linken  FlVgel  in  der  Absieht,  etwa 
Tom  befindliobe  feindliche  Kavallerie  sn  wetfen  nnd  Eiabliok  sc 
gewinnen  in  den  feindlichen  Yoimarseh,  insbesondere  in  dessen 
linke  Flanke. 

Von  dem  Erfolg  nnd  der  Voimarsohrichtnng  des  Gegners  wlirde 
es  abhingen,  wo  dernnSehst  Aofentfaalt  m  bereiten  sei  Nach  der 
Karte  kSme  —  anf  feindlidim  Ctobiet  —  die  Ljdynja  and  die 
Mlawka,  spSter  kommt  jedenfalls  die  Soldan — Neide-Linie  in 
Betracht  Aof  Gmnd  persfinlioher  Erkundung  wird  Yoigesehlagen, 
zur  Ansoniaang  der  Zeit  an  dieser  Linie  noch  heute  vorbereitende 
Arbeiten  auBfUhren  ku  lassen,  nftmlich: 

a)   von  *1  f  r  l'ionierabteiluug: 

1.  Zerstörang  der  Soldauübergange ' )  nordwestlicij  und  nördiiclt 
KöDigsbagen  —  vier  Brücken  und  ein  BiUikensteg  — . 

2.  Vorbereitung  der  Brücken  bei  Kurkau  —  wenigstens  d»*r 
beiden  östlichen  —  and  der  Stralsenbrttcke  bei  Soldaa  zur  Zerstörung. 

3.  Entfernung  des  Belags  der  beiden  iL-isenbahubrücken  daselbst. 

4.  Zerstftrung  der  drei  luirtl liehen  Neidettbergänge  nordwestlich 
Cfaorapp  und  einer  Brücke  bei  Wuiia. 

b)  von  der  1.  Kavalleriebrigade: 

1.  Zerstörung  der  NeidetbeqiSnge  von  aussohl.  Wolla  bis 
einachL  Piontken  —  im  gansen  drei  Obeiginge. 

2.  Erkundung  des  Neideabsebnitts  nOrdiich  Ködenborg. 

Die  entsandten  Teile  können  sich  am  2.  Juli  Uber  Kandien  auf 
Mlawa  an  die  Division  heranziehen. 

Nach  Genehmigung  der  Vorsehllige  dnreh  den  Divislonskom- 
mandeor  wurde: 

1)  Bei  den  BrUeken  in  Laadwegea  sind  Pteh^ochbrUeken  mit 
JodbMo  von  fOnf  Jochpffthlen  nnd  swei  Seitenstreben,  jochweiee  weehaelnd» 
aagraommen,  wenn  nidits  anderes  angegeben  ist.  Speanuag  b  m. 


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Dia  Teohnik  im  Dienst  d«r  opentiv«B  Tätigkeit  einer  Kavalleiiedivifllon.  668 

3.  Eine  telegrapMsche  Meldung  an  d&s  Armeeoberkommando 

in  Graudenz 

über  die  Absiebten  und  Anordnongen  gesandt,  zugleich 

4.  Ein  Antrag, 

durch  das  Goa?ernement  Thorn  Spreng-  and  ZUndmittel,  haupt- 
sächlich Sprengpatronen,  zur  Ergänzung  der  Bestände  der  Division, 
(r.  I.  b.  2)  mittelst  Eisenbahn  nach  Soldau  schaffen  zo  lassen,  bis 
die  Division  auf  die  Vorräte  der  ihr  /u^ewiesenen  Etappenmnnitons- 
koionne  (s.  1.  b.  2)  zurückgreifen  könne. 

B.  Tätigkeit  der  Pionierabteilung  am  1.  Juli. 

Der  Führer  der  Abteilung  traf  folgende  Anordnungen: 
„1.  Ein  Unteroffizier,  sechs  Pioniere   le^en  drei  Stollen 
an  dem  einzigen  Strompfeiler '  i  der  steinernen  Strarsen  brücke  von 
Soldau  an  (15  m  Spannung'];  vorbereitete  Minenkammern  fehlen.') 
(BUd  22). 


BUd  22. 

W  —  1,86  I 

e  =  4,00  •  1,8  !  =  L  (EinzeUadang)  =  1,85'  •  6,2  . 1,6  =  20,47  kg 
lA  1  £  — 108  Sprengkörper, 

also  8  £  B  8  •  108  3B  aOO  Sprengkörper. 

Das  erforderliche  Mineurgerät  ist  vom  Gerätewagen  abzuladen, 
für  etwa  fehlendes  oder  während  der  Arbeit  unbrauchbar  gewordenes 
in  Soldau  Ersatz  beizutreiben.  Das  Einbringen  der  Ladungen  erfolgt 
später.    Wasserdichte  Holzkästen  sind  aber  schon  jetzt  anzufertigen. 

2.  Ein  Unteroffizier,  acht  Mann  verladen  auf  einem  in 
Soldan  beizntreibenden  Wa^jen 

2  Kästen  mit  Sprenirmanition^), 
1  Werkzeugtasche  mit  Gurt, 
50  Sprengkapseln, 
10  m  Gottaperchazüudschnur, 
ao  m  Seluiellsttndschnur, 
€hittaperchapapier,  Bindfaden  usw. 
Annahme. 

S)  Jeder  Kasten  enthalt  120  Sprengkörper  in  vier  Lagen. 

44* 


L.y,.,^uo  Ly  Google 


Ö54  ieoimik  im  Diomt  der  operativen  Tätigkeit  einer  KavaileriedivigioxL 


ODd  MontOren  grUndlioh  cUe  NeidettbergäD|ce  nordweetlicb  Cborapp 
und  bei  WoUa. 

d.  Ein  UDteroffisier,  16  Hann  mancbiieo*)  unter  meiner 
Fabrong  mit  dem  Crerfttewagen  und  dem  Infuiterie|iatroneowageQ 
Nr.  2  Uber  Niederbof  naeh  den  Brucken  noidwestlieb  und  nOrdiieb 
KVnigshagen  and  lerstOran  diese  doreb  Sprengkörper.  Sofein  es 
eieb  lobnt,  wird  die  wesllieh  KOnigsbngen  durch  die  alte  Soldan 
fttbrende  Fnrt  ungangbar  gemaebt  (Bild  28). 

Naeb  Anaftbrnng  dieser  Arbeiten  wird  an  den  beiden  OstUehen 
Brtteken  bei  Knrkan  je  ein  Joeb  mit  Spiengpatronen  geladen  und 
ZOT  Zttodnng  dundi  Leitfeuer  Torbeieitei 

Naeb  Bttekkebr  in  Soldan  wud  der  Belag  der  beiden  fitsenlialm- 
brltoken  abgenommen  und  Terbranni" 


Büd  28. 

XlDgangbannacbung  der  Fnrt  westUoh  Königshagen 
dnrch  Drabtnets  mid  Eggon. 

C.  Anordnungen  der  1.  Kavalleriebrigade  am  1.  Juli. 

Es  handelt  sich  am  die  Zerstörang  dreier  Brücken  —  bei 
Schiemanen,  Ueidemtthle  ood  Piontken.  Die  beiden  KUrasaieiTegi' 
menter  rerftlgen  tlber  2  X  82  =  64  Sprengpatronen  nebst  den  nOti- 
geu  ZUodera  (s.  I.  b.  2).  Hiervon  sind  2  X  8^=  16  Sprengpatronen 
der  rechten  und  mittleren  Anfklärangseskadron  (l./Kttr.  1.  und 
l./Kttr.  2)  mitgegeben.  Es  stehen  sondt  48  Sprengpatronen  sor 
Vertngang. 

Die  Neide  ist  auf  dieser  Flnisstreeke  20—26  m  breit,  2  m  tief.*) 
Werden  an  jeder  Brtteke  swei  Joche  sersittrt,  so  erreiebt  man  ebe 
Unterbreehang  der  Fahrbahn  von  16  m  LKnge.  Bei  Spannung  von 
5  m  reiebt  bei  fal^lMmen  Brtteken  in  Lsndwegen  eine  Sprengpalrone 
zur  Sprengung  eines  Jocbpfobles  Tellig  ans.  Es  sind  ^bo  Ar  swd 
Joohe  an  jeder  Brtteke  5  +  7  =  12  Sprengpatronen  eiforderlieb,  fttr 

1 )  Alf^  MnfbchleistuDgen  tiind  im  «Ugemeioen  10  km  in  der  ätunde  zu- 
grunde geitigt. 

*)  Annahme. 


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Bto  TMuiilE  in  DiMHt  dar  opatÜTBa  TMgkfltt  «iMr  KavaUMiediftiton .  655 

drei  BrOoken  3  X  12  =  Sprengpatronen.  Der  angenbltoUiehe 
Voml  der  Brigade  genttgi  AndeienfaUa  mnbte  die  Dividon  am 
den  Beettnden  des  InfuteriepalrenenwagenB  Nr.  2  beigeben« 

Der  Brigadel^ommandenr  befahl: 

«Jedes  Begiment  stellt  einen  Sprengtrupp  yon  sehn  Hann,  nnler 
einem  iiteren  Unteioffiuer.  IKe  gefüllten  Sprengpatronen-  nnd 
Zttndertaaoben')  (mit  dem  Gesamtbeelaade  der  Brigade)  weiden  an 
den  Pferden  angebnusbt 

Die  Ftthnmg  dee  Spiengkommandos  Ubemimmt  Leutnant  L,  vom 
Kttrasaienegiroent  1. 

AbmarBch:  1^  naebm.  Ton  Vorstadt  FiBcbeiei. 

Es  sind  die  Brtteken  bei  Sebiemanea,  Heidemllble  and  Piontken 
—  mOgliebst  zwei  Joobe  an  jeder  Brtteke  —  in  serstOren,  aoiserdem 
ist  der  Neideabsebnitt  oordwestUcb  Neidenbnrg  tia  eriinnden. 

Das  Kommando  bat  sieb  bis  morgen  7*^  vorm.  an  die  Brigade 
naob  Hlawa  beranzozieben.*' 

D.  Tätigkeit  des  Kavalieriesprengkommandos. 

Das  Kommando  ritt  um  1^  nachm.  von  Vorstadt  Fischerei  ab 
and  langte  am  2'^  nachm.  an  der  Brücke  von  Schiemanen  an.  Hier 
verblieb  ein  Sprengtrapp.  Der  Führer  bezeichnete  die  beiden  zu 
sprengenden  Joche  and  skizzierte  die  Anbringnng  der  Ladung  {r. 
Bild  24).  Er  wies  darauf  hin,  dafs  bei  der  Stärke  der  Pfähle  von 
20  cm  und  deu  Entfernungen  von  1  m  voneinander  eine  Spreng- 
patrone gie i  ehzeiti i:  als  Ladung  nnd  zur  tlbertraguiig  der  Deto- 
nation auf  die  N'achbarladung  ausreiche.  Anlserdem  ordnete  er  an, 
Belag  und  Balken  an  den  nächsten  stehenbleibenden  Jochen  zu  losen, 
damit  die  Zerstörung  um  so  irrilndlicher  wirke;  aoch  seien  nach  der 
Sprengnng  alle  losgelösten  Hokteile,  soweit  sie  nicht  flofHahwärts 
getrieben  wären,  an  das  Ufer  zu  ziehen  und  zu  veniiehteu.  Nach 
Ausfühning  habe  der  Trupp  über  Heidemühle  und  Piontken  zn  reiten, 
dort  zu  unterstützen,  darauf  in  Neidenburg  auf  dem  Bürgermeisteramt 
Ortsuuterkunft  (geschlossen)  anzufordern. 

Mit  dem  anderen  spreiifrtrupp  ritt  der  Führer  nach  Heidemübie 
and  Piontken  und  traf  dort  ähnliche  Anordnungen. 

Er  selbst  nahm  zwei  Kttiasdeie  mit  «ob  nnd  erkundete  die 
Neide  flolatifvvärta. 

Am  Abend  war  den  Kommaodo  in  Neidenbnrg  yeieammelt. 


1)  s.  BUd  7  und  8. 


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656   Di«  Teebnik  im  Dlemt  der  operstlTen  TStlgkelt  einer  KaviUtriedhUML 

E.  Nachrichten,  die  bis  Mitternacht  1./2.  «luli  eingehen: 

a)  yon  der  Offisierpatronille  L/Eftr.  1. 

Hitftags  —  I.  „tan  90.  Juni  abends  bei  Mlawa  feindliehe  Dragtmer- 
patromlle.** 

Abends  —  II.  ,,8in  1.  Juli  früh  von  Wola-^ohydlowska  aaf  Ziech»* 
now  weiterreitend,  bei  Tsehemehy-iPniewo  von  feiadliober 
Eskadron  mm  Aosweiehen  genötigt 

b)  Yon  Anfklärangseskadron  l./Kar.  1. 

Naebm.  —  I.  „Sprengung  der  BIlawkaer  Eisenbabnbrtloke  niebt 

geglückt" 


Büd  24. 

LäugsprofU  der  Neide  (Annahme). 
Anbringung  der  .Sprengpatronenladung  au  der  PfahJjochbrücke  bei  Schiemanen 

Heide>Mfllile  und  Piontken. 

Erläuterungen:  a  .cVnfangsladung  mit  6  SprengpatronenzUnder. 

e  Folgeladung  mit  d  offener  SgrengkapseL 
e  Latte  zum  Befestigen  der  EinzelUdungen. 

Abends  —  II.  „am  I.Juli  nacbm.  nngünRti^  verlaufenes  Gefecht 
mit  feindlicher  EiskadrOD  südlich  Mlawka.  Eskadron  hält 
lüawka.**   (Telegramm  ab  Illowo.) 

e)  Tom  Armeeoberkommando  (Telegramm  ab  Grrandenz). 
Abends  —  I.  „Vom  2.  Jali  mittags  an  sollen  mittelst  Eisenbahn 
eintreffen: 

in  Neidenbarg:  2.  KaralleriediTision, 
in  Soldaa:  Generalkommando  L  Armeekorps  nnd 
1.  InfanteriediviBlon. 


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Die  TMhnik  In  Dfonit  dm  o|»cratif«n  TlUgkilt  elMr  KaTtltoriedivlBioiL  657 


Der  kommandierende  General  übernimmt  den  Be« 
fehl  über  beide  KavalleriediriBionen." 
Spät  abends  —  II.  ^Beantragte  Sprengmnnition  soll  am  3.  JnU  roim, 
in  Soldan  aein.^ 

Betrachtnn^en. 
Zu  A.  l.    Ki8eubahDzerätörao|;«u  bezw.  SperriuigeD. 

Die  Eisenbahn  Warscha — Mlawa — Soldau  ist  die  einzige  im 
V'orniarschpebiet  des  Ffindps.  Grund  genu^r,  ihre  Benützung  seitens 
des  Feindes  so  früh  wie  möglich  zu  unterbinden!  Der  Divisions- 
kommandeur, vom  Armeeoberkommando  nach  F.-O  518  vorläufig 
mit  den  Befugnissen  eines  selbständio:  kommandierenden  Generals 
versehen,  hatt<'  sich  für  eine  Zerstörung"  möglichst  weit  feindwärts 
entschieden,  dn  die  blaue  Armee  vor  dem  15.  Joli  die  Bahn  als 
Nachscbnblinie  schwerlich  benutzen  könnte. 

Schnelligkeit  der  AnsfUhrung  der  Zerstörong  ist  die  Haupt- 
sache, ganz  gleichgültig,  ob  es  bei  Mangel  an  Zeit  und  Mitteln  nur 
zD  t  iiM  r  Sperrung  kommen  sollte.  Deshalb  fiel  diese  Zerstörung 
demjenigen  Teil  der  Kavalleriedivision  zu,  welcher  am  weitesten 
Torans  war  —  der  rechten  Aulkiäruugtieskadrou  (l./KUr.  1)  —  ganz 
im  Sinne  der  F.-O  518: 

„In  der  Regel  werden  hieran  Ei8enbahntru|)peu  oder  Pioniere 
verwendet.  Namentlich  im  weiteren  Bereich  der  Armee  wird 
diese  Aufgabe  aber  auch  der  Kavallerie  zufallen." 

Die  Eskadiuu  vertilgt  nur  Uber  acht  Sprengpatronen  etc.  (s. 
1.  b.  2).  Diese  Sprengmittel  sind  zu  einer  Zerstörung  von  Eisen- 
bahnen nicht  ausreichend.  Es  wurde  ihr  deshalb  zur  Lösung  des 
Auftrages  einer  der  beiden  lulaütt  ri 'jiatronenwagen  zugeteilt,  in 
welchem  56  Sprentipatruuen  nebst  Zundmitteln,  uulserdem  ein  Satz 
„Eisenbahnzerstörüijgswerkzeug"  euthaileu  ist  (s.  ib.  2.  u.  8.) 

Zn  A.  1:  Leichtere  Unterbreehnng  der  Telegrapben- 

an  lagen. 

AHt  Recht  hatte  der  Diyisionskommandeur  besonders  darauf 
hingewiesen,  den  telegraphischen  V  erkehr  der  feindUohen  Truppen- 
teile, wie  anoh  der  feindlichen  Zivilbehörden  nnier  sioh  zn 
unterbrechen. 

Wie  notwendig  gerade  letzteres  ist,  geht  z.  B.  aus  dem  ,,Zag 
der  6.  Ravalleriedivision  durch  die  Sologne  vom  6.  bis  15.  Dezember 
1870"  hervor.')  Die  Division  wollte  neben  Ausführung  anderer 
Aufgaben  den  Feind  ttber  die  Bewegungen  der  deutschen  IL  Armee 

S.  .Kriegsgosehichtliche  EinMlachrifien''.  Heft  8.   8.  H8. 


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658  Di«  TMlnik  im  DiMiat  der  opmthr«  Titfgkdt  aiMr  KmaltoriadifMM. 


täaseheo.  Letzteres  wäre  ihr  vielleiebt  eher  ^"cluiigen,  wenn  sie 
beweglicher  gewesen  wäre  und  dir  1'('|pp-rapiieiiaDlage&  in  om- 
fingreieherer  Weise  hätte  anterbrt  cbrn  kunum: 

„Der  Depescheiiweehsel  zwischen  deniKrieg:sdeiegiert[ u  1  rf  yeinet, 
dem  Kriegsnjiiiistf  r  (Tambetta  und  dem  General  Honrhaki,  snwfit 
derselbe  verötlentlicht  i.st,  tut  nämlich  dar.  dalb  Uab  Knegsministerium 
dnrcb  die  Meldungen  der  Orts-,  Eisenbahn-  und  Telegraphenbehörden 
über  die  dtutsehen  Trappen  immer  gnt  nntcrrichtet  war,  sobald 
letztere,  wenn  auch  nur  vorübergehend,  zur  Bube  kamen.* 

Zu  A.  4:  Antrag  wegen  Oberweisang  toq  Spreng-  and 

Zttndmitteln. 

Die  Dinnoik  war  mn  die  ErgitusoDg  der  Sprengnmnition  be> 
BOigt.  Ea  wird  dem  Generalatalisolfiiier  der  DiTiBlon  unter  Mit- 
wirkung des  Fahren  der  Fienierabteiliuig  die  Aufgabe  inbülen»  sieb 
rechtseitig  den  yorauBslobtlieben  Verbianob  an  Sprengromution 
klar  in  maehen. 

Am  1.  Juli  wird  Obendilttglidi  gebranekt: 
Fllr  2  PfahljochbrUcken  nord- 
westL  Königahagen  (je  8  Joche 

zu  20  Sprengkörpern)  .  •  2  •  8  •  20  =  120  Sp.-Kp.  —  Sp.*Patr. 
Ftlr  2  PfabljocbbrUcken  nOrdlioh 

Königshagen  desgl..    .    .    .  2 •  8  *  20  =  120     n     —  n 
Für  2  PfahljochbrUcken  westUeh 

Korkan  (je  1  Joch  su  7 

Spreng.Patr.)   2  •  7  =r  — -     „     14  „ 

Für  3  Pfahljochbrücken  nord- 
westlich Chorapp  und  zwar 

an  der  BrUcke  über  die  Neide 

(3  Joche  zu  20  Sprengkörpern),        8  •  20=  60 

an  2  Brucken  nördlich  davon 

(je  2  Joche  zn  201  .  .  .  2  •  2  •  20  =  80 
Ftlr    die    Pfabljocbliniida'  bei 

VVülla  (2  Joche  zu  20)  .  .  2  •  20=  40 
Ftlr    3    PfahljochbrUcken  bei 

Schiemauen,  HeidemUhle  und 

Piontken  (je  1  -  .">  f  1  •  7)    .      3  •  12  =  —     „     86  „ 

Fttr  die  steinerne   Brücke  bei 

Soldau  {^8.  Bild  22)     ...   309 


» 


n 


Sa.    729  8p.-Kp.  50  Sp.-Patr. 
Der  Brtlckensteg  nördlich  Köuigshagen  sollte  mittelst  Axt  und 
Säge  zerstört  werden,  die  Brttcke  nordweetüdi  Ohoiapp  (attdlieb  der 


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Dto  Teohmik  im  Vkault  der  operaflTflo  Tlll|rkflit  einw  KsvaUetiediTlrioii.  859- 

Neide)  stehen  bleiben,  da  nach  der  Karte  ihre  Zerstttnug  keinen 
Wert  hatte. 

Die  Division  verfügt  angenblicklieh  ttber 
die  Sprengmnnition  des  GerKtewagens   1060  Sp.-Kp.,   —  Sp.-Patr» 
r  n  n  Inf. -Patronen- 

wagene  Nr.  2  —       „        66  „ 

die  Sprengmanition  des  Kttraaeier-Beg. 

Nr.  l  tt.  2')   >   .     —        »        48^  „ 

Sa.   1080  Sp.-Kpn  104  Sp^-Patr. 
Ab  ToiaoBsiehtl.  Verbranoh  am  1.  Joli    729      „  60  „ 

Bestand  ftr  2.  Juli    861  Sp.-Kp.,    64  Sp.-PMr 
Dasn  tritt  die  Sprengmnnition  der  vier 
Kavallerieregimenter  der  2.  nnd 
8.  Kavalleriebrigade  .   .   .   .    .     —  120-) 

Also  Bestand  ftlr  2.  Jnli    861  Sp.-Kp.,   174  Sp.-Patr. 

Die  fbr  den  ersten  Operatioostag  benötigte  Sprengmnnition  er- 
sehdnt  hoch.  Bei  Brtteken  stärkerer  Konstruktion,  x.  B.  bei  hOl- 
aemen  Brücken  in  Ghansseen,  erhebt  sieb  das  Quantum.  Kann 
Ersatimnnition  niobt  recbtseitig  bereit  gestellt  werden,  so  mnfs  die 
Abtellnng  sieb  anf  andere  Weise  zn  keifen  wissen.  Jedenfalls  ist 
Sparsamkeit  geboten.  Im  vorliegenden  Falle  wllre  es  angängig^ 
während  die  Einzelladnngen  vorbereitet  werden,  die  änlseren  PiäUe 
eines  jeden  Joehes  mit  der  Säge  zerstören  zn  lassen,  ebne  daXs 
dadurch  Zelt  verloren  gebt  An  jeder  Brücke  aber  zwei  oder 
drei  Joche  zu  fünf  oder  sieben  Jocbpfthlen  dnrcb  Sägearbett  zer- 
stören zn  wollen,  würde  derart  Zelt  erfordern,  dals  die  Zerstümng 
der  Brücke  wahrscheinlich  nicht  znr  rechten  Zeit  fertig  werden 
würde.  Es  leuchtet  ein,  welche  Vorteile  die  Sprengmunition 
für  firückenzerstörungen  bietet 

Die  Abteilung  könnte  aber  nötigenfalls  an  der  Brücke  nord- 
westlieh nnd  nördlich  Königsbagen,  sowie  nordwestlich  Chorapp  nnd 
bei  WoUa  42  Joehpfähle  nmsägen  lassen  und  dadurch 

4*42=168  Sprengkörper 
sparen,  welche  den  Aufträgen  für  den  2.  Jnli  soguto  kämen. 

Die  Sprengpatrouillen  der  Kavallerieregimenter  körnten  derartig 
nieht  verfahren.  Sie  besitzen  nicht  das  nötige  Werkzeug,  sind  zu 

')  Die  AufklÄrung^seskadrnns   l./Kür   1.  u.   I./Kür.  2  hatten  ihre 
fällten   Sprengpatront'ii-    und    Zündertaschen    zu   Pferde  mitgenommen. 
(2  •  82  —  2  >  8  s  48  Sprengpatronen.) 

*)  Desgl.  die  AnlUftrongseakadron  L/Dreg.  1  |«*SS  128  Sprenge 
Patronen  —  8  Sprengpatronen  (fttr  l./Dreg.  1.)  =  120  Sprengpetvonen.] 


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5^    Die  Teohnik  im  Dieo&t  der  operatiTen  Tätiglke^  einer  lüivaUeriediTiiiioii. 


schwach  und  kÖDoen  im  Interesse  der  operativen  Tätigkeit  der 
Kuvalieiiedivisiou  nicht  starker  gemacht  werden. 

Zq  B:  Ttttigkelt  der  Pionierabteilong. 

Der  Führer  der  Abteilong  hatte  für  einige  BrBelten  Spreng- 
liOrper,  fttr  andere  Spreogpatronen  zur  Ladiug  befohlen.  Es 
war  daa  nicht  wililLtlrUeh,  sondern  llberlegt  geschehen: 

Die  Sprengpatrone  stellt,  abgesehen  Yon  dem  schnell  an  be- 
wirkenden Einsetzen  des  Zttndeia,  eine  fertige,  vermöge  ihrer 
Bleehnmhttllnng  gegen  die  Unbilden  der  Witterang  geschtttste  Ladoog 
dar,  die  an  bedingt  da  angewendet  werden  mols,  wo  es  s&oh  om 
Sehnelliglieit  der  AasflUirUDg  yon  Sprengongen  iiandelt»  oder  wo 
vorbereitete,  frei  angelegte  Ladungen  längere  Zeit  liegen  mflssen, 
ehe  rfe  anr  Zttndnng  gelangen. 

Deshalb  waren  fttr  die  Brfleken  bei  Knrkan  Ladungen  mit 
Sprengpatronen,  fttr  die  Brttoken  bei  Königshagen,  Ghorapp  und 
WoUa  dagegen  Ladungen  mit  Sprengkörpern  angeordnet;  elienso 
für  die  steinerne  Brttoke  bei  Soldau.  Bei  letzterer  bleiben  aller- 
dings die  Sprengkörper  auch  längere  Zeit  liegen,  aber  nicht  frei, 
sondern  sie  werden  in  verpicbten,  gegen  Feuchtigkeit  geschtttzten 
Holzkästen  in  die  Stollen  eingesetzt. 

Für  die  Sprengpatrooillen  der  Kavallerieregimenter  kommen 
diese  Überlegungen  nicht  in  Betraeht,  da  die  Kavallerie  nur  mit 
Sprengpatronen  aasgerUstet  ist. 

Zu  H:  Tätigkeit  der  l'iouierahteiluu^  und 
D:  TätiL'keit  des  Kavallerie-S{)i  eii^ komiiiaudos. 

Die  Führer  der  Pionierabteilung  und  de>  Kavallerie-Spreug- 
kommandos  hatten  auf  eine  Vernichtung  der  losen  Holzteile  der  zer- 
störten Brücken  hin^^ewiesen. 

Wie  notwendig  dies  ist,  geht  aus  der  unzureiehendeu  Brllcken- 
zerst()rung  der  bayerischen  8.  Division  Zoller  vom  \  II.  l^undeskorps 
im  .luli  TSfiR  an  der  fränkischen  Saale  südlich  Kisöingen  hervor. 
Die  Ba>eni  hatten  den  Belag  am  Ufer  liegen  lassen.  Nachdem  der 
Pionierzng  einer  lui.interiekumpagaie  der  prenfpisehen  Brigade 
Wrangel  auf  den  obendrein  liegen  gebliebenen  Streekbalkeu  hinüber- 
geklettert  war,  wurde  mit  dem  Belag  die  Bruckenbahn  schnell  uot- 
dUrftig  wiederhergestellt,  so  dals  nun  2\/j  Bataillone  —  allerdings 
nur  zu  einem  —  übergehen  konnten,  gegen  den  SUdeingaiig  von 
Kissingen  vordratigeu,  die  Bayern  zum  RUek/.ug  zwangen  und  so 
die  Entscheidung  brachten.') 

1)  f^.  V.  Goeben;  „Das  Treffen  von  Eissingen  am  10.  Juli  1S66.* 


.  Kj  ^  .d  by  Google 


J)ie  Teobnik  im  Dienst  der  operativen  Ttttigkeit  einer  lUvMUeriediviuon.  661 

Die  \  crnichtuiig  des  Belaj^s  von  Eisenbabubrücken  ist  be- 
souders  ratsam.  Derartijre  Hrückeubahnen  es  sind  dies  meist 
Holztatelu  —  niUsseu  der  Eisenteile  halber  sorgfältig  zugeHcbaitten 
werden  nnd  erfordern  geraume  Zeit  ^ur  Wiederherstellung.  Nach 
dem  Gefecht  von  AscbafTenbarg  am  14.  Juli  IHGG  war  während  de» 
liückzu^'es  der  Grofsberzoglieh  hessischen  Division  von  den  lufiinterie- 
pionieren  des  2.  Bataillons  des  hessischen  Leibgarderej^iuients  in 
aller  P'.ile  der  Belag  der  EisenbahnbrUcke  bei  Stockötadt  abgenommen 
und  vernichtet  worden,  wodurch  die  Benutzung  der  Brücke  seitens 
der  verfolgendeo  Preulseu  für  Kavallerie  und  ArtiUerie  gesperrt 
wurde.  ^) 


Der  2.  Jali 

A.  Ereignisse  bei  der  1.  Kavallertedlvision. 
Anordnongen. 

Nooh  am  Abend  des  1.  Juli  war  die  2./Ktlr.  l  snr  Verstärkung 
der  1.  Eskadron  nach  Mlawka  vcngegangen.  Der  Bahntelegraph 
bis  lilowo  blieb  Uber  Naebt  in  Betrieb. 

Am  2.  J  nli  frttb  ritt  die  1.  KaTalleriediTidon  von  Kyschienen 
(Sammelplatz)  auf  Hlawa  vor.  Die  feindliehe  Eskadron  wich  ans 
nnd  wnide  bei  Stnpsk  Ton  einer  roten  KaTalleriedivision  anf- 
genommen.  Dort  kam  es  znm  Gefecht: 

Die  rote  KaTalleriedivision  wnrde  geworfen  nnd  verfolgt^  sie  sog 
sieh  bei  Zieohanow  fll»er  die  L^'dynja  znrttck,  deren  Uber^nge  besetzt 
haltend. 

Die  blaue  Kavalleriedivision  bezog  ein  Biwak  bei  Tscberuchy- 
nnd  Wiel-Pniewo,  mit  Vorposten  ge^en  Zieohanow. 

Die  Verbindung  der  Vorposteueskadrons  mit  dem  Div.-St.-Qu. 
in  Wiel-Pniewo  und  von  da  bis  Konopki  erfole-te  fhirch  den 
„Kavallerietelpgraphen  ••  (s.  I.  b.  4),  von  Kuju  pki  ab  durch  den 
Bahntelegruphe n  bis  Soldau  —  Korps-li.-Qu.  — ,  welchem 
Meldung  erstattet  wurde. 

Der  Karallerietelegraph  wurde  am  1.  Juli  verwendet: 


S.  »Kriegsgeschichtliche  Kinzelf*chriften",  Heft  22  luid  28  S.  Sb9  und 
M0>  und  «Brflckensenttfrungen  im  Bflckzugngefedit  einst  und  jetzt"  von 
Major  Scharr. 


662  Die  Tednik  im  Dienrt  dar  opanttroi  TWgMt  «taar  KarndteMMsten. 

nur  Verbindimg  zweier  Vorposteneskadrons 
mit  dem  Div.-St.-Qu.  (Wiel-Pniewo  and 
je  einer  Zwisohenstatton  in  TBohenieby- 
Pniewo)  3  Telegr.-Patr. 

zur  N  erbiudung  des  Div.-St. -Qu.  mit  dem 
Bahntelegraphen  auf  Bhf.  Konopki    ...    1  ^ 
bei    der    recbteo  Aofkläraiigseskadron 
(l./KUi.  X)   1  „ 

Sa.:   6  Telegr.-Pak. 
Also  nooli  zar  VerlttgODg   .   .   .   .   .   1  „ 

Sa.  6  Telegr.-Pafr. 

B.  Nachrichten,  wdche  bis  Mitternacht  2./3.  Juli  eingehen 
a)  von  der  aittleren  AnfklärangBeskadron  (l./Kttr.  2.): 
I.  „Eine  feiodliohe  KaTalleriedlTisioD  ging  am  2.  Juli  ttber 

PrasDjsch-Moliowo  auf  der  StndiBe  naeh  Janow  vor.  Verbleib 

noch  nnbekanni" 


Bild  36. 

EbenbahnbrO«^  aber  die  MUiwIca  bei  Mlawk«  (Annehme). 
a  und  b  Sprengeteilen. 

II.  „Feindlicbe  Infanterie  mit  Artillerie  eireicbte  am  2.  Juli  auf 
der  Stralbe  yon  Makow  kommend: 

Scbtschaki-Bogatc. " 

b)  Ton  der  linken  Aafkiärongseskadron  (L/Drag.  1.): 

Noch  keine  Nachricht. 

C.  Tätigkeit  der  Pionierabteilung  am  2.  Juli. 

Die  Pionierabteilong  batte  von  der  Division  den  Aaltrag  er- 
halten, die  solide  BiaenbahnbrUcke  bei  Mlawka  (Bild  26),  deren 
Zeralilning  der  Aafklärnngseokadron  (l./Kttr.  1)  nicht  geglückt  war, 
in  zerstören  und  an  der  lllawka  Stauwehre  hersnatellen. 


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1 


Die  Technik  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeit  einer  KavaUeriedivision. 

Die  Wastermenge,  das  OeflÜle  (naeh  dem  Plan  auf  1  km  2  m);  die 
xalilreieben  MflUen  bei  lOawka,  Zworadea  ond  Slomka,  sowie  der 
enmpfige  WieeengTond  yerapreehen  Erfolg  dnreli  Anstamuig,  am 
die  sdion  liestehende  Ansnmpfiiiig  ooeh  sa  TeigiOlaeni. 

Die  AbteUnng  war  am  Morgen  des  2.  Juli  der  KaTaUerlediTisioii 
bie  Mlawka  amnittelbar  gefolgt.  Hier  yerbfiebOD  ein  Unterofliiier, 
sebn  Pioniere  mit  dem  Infanteiiepatronenwagen  Nr.  2  ond  zerstörten, 
naeb  Entnahme  des  Glttbxttndapparates  und  Leitnngsprttfers, 
sowie  sonstiger  Spreng-  nnd  ZOndmittel  ete.  ans  dem  Gerltewagen, 
unter  Leitang  des  Fttbrers  die  Briieke»  deren  ZersMffiing  der  Aof- 
klttmngseskadron  wegen  der  Stirke  der  KonstamktionsteUe  niebt 
gelangen  war. 


Bild  26. 

Eisenbahnbrlicke  bei  Konopki  (Annahme), 
a  und  h  Sprengstellen. 


Zwei  Unteroffiiiere,  swamdg  Pioniere  wurden  mit  dem  Geräte- 
wagen  naeb  der  lUawka  yoransgesebiekt,  nm  die  erforderlieben 
Vorbereitungen  Dir  die  Anlage  der  Stanwebre  sn  trelFen. 

Naeb  Ansftbrong  der  BrUekensprengnog  folgte  der  Führer  mit 
seinem  Trapp  nach,  am  die  Arbeiten  an  der  HlawlEa  zn  fördern. 
Es  bandelte  sieb  am  Aasltthrong  einfaeber  teebnisober  Arbeiten, 
nikmlieb: 

an  den  Brücken  Ton  KL  Tana  nnd  Lewiezyn  nm  Versatz 
der  Brückenöffnungen  ond  Einriebtang  von  Oberfallwebren, 

an  der  Uüble  ba  Slomka  ond  Zworaden  nm  Niederlassen 
der  Sebleasensebtttsen  am  Müblenteteb. 

.Naeb  Aasfübnmg  dieser  Aafträge  zog  sieb  die  Abteilaog  aot 
der  Stralbe  Kl.  Tarza— Wola/Schydiowska— Zieobanow  an  die  DiTision 
heran,  zerstörte  anf  ihren  Befehl  gegen  Abend  die  Eisenbahnbrücke 
bei  Konopki  (Bild  26)  über  einen  rechten  NebenflaüB  der  Lydynja 


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654         Teobuik  im  Dieaüt  der  uperativen  Tätigkeit  einer  Kavalleriedivlai«». 

and  bezog  darauf  ein  Biwak  beim  Gros  der  Diyinon  bei  Wid- 
Pbiewo. 

BetrachtnnjE^en. 

Zn  C:  Tätigkeit  der  Pionierabteilung. 

1,  Unterschied  zwischen  Zerstörung  und  Sperrung  einer  EiBenbahn* 
brücke  mit  eisernem  Oberbau  in  technischer  Beziehung. 

Den    BestimmangCD    der    F.-O.    .tIR,     „Zerstürung  einer 

Eisenbahn  zur  Verhindenmg  des  Betiiebeb  auf  möglichst  lange  Zeit 

(Wochen.  Monate)"  und  F.-O.  519.    „Sperrung  einer  Eisenbahn, 

um  den  l^t  trieb  auf  ivUr/f  rc  Zeit  (Stunden,  Tage)  zu  hindern"  müssen 

anc  h  die  Formen  imd  Wirkungen  der  techuiscliett  Unterbrechungen 

ent^sprechen. 

Zerstörungen  werden  am  sichersten  und  nachhaltigsten  an 
bedeutenden  Kunstbauten  der  Eisen!  ahn,  wie  Brucken  und  Tunnels 
ausgeführt  —  und  zwar  stets  durch  Sprengung.  Die  zur  Aus- 
fHhruug  der  Zerstörung  nötige  Zeit  ist  seit  l.intllhrunp:  der  Spreng- 
technik in  das  Heer  gegen  früher  bedeutend  hcrabgeniindt  rt.  Am 
wenigsten  Zeit  erfordert  eine  Zerstörung  von  Eisenbahnbrücken  mit 
gemauerten  Pfeilern,  sofern  im  Frieden  vorbereitete  Minen- 
kammern vorhanden  sind.  (Sprengvorschrift  Ziff.  115  und  i4.b), 
oder  von  EisenbahnbrUckcn,  an  denen  nur  der  eiserne  Oberbau 
zerstört  werden  soll. 

Erste re  ist  auch  die  Kavallerie  imstande  zu  zerstören,*)  sofeiB 
ihr  Bestand  au  Sprengmunition  ausreicht.  Zur  Zerstörung  eines 
Pfeilers  sind  je  nach  seiner  Breite  zwei  oder  mehrere  Ladangen 
erforderlich  (s.  aaob  Bild  22).  Die  Gröfee  der  einzebien  Ladangen 
richtet  sich  naeh  der  Störke  des  Pfeilers  und  der  Entferonng  der 
Ladungen  yoneinander.  Die  Zabl  der  erfcoderlieben  Siirengpatronen 
iat  ans  der  folgenden  Tabdle  ersiebtUeb: 


Starke  des  zu  sprengenden 
Pfeilers 

Zahl  der  für  eine  Ladung  erforderlichen  Spreng- 
patronen bei  einem  Abstände  der  Ladixi^en  von 

m 

2,00  m 

8,00  m 

4,00  m 

6,00  m 

a.00  m 

1,B0 

4 

5 

2.00 

6 

9 

12 

2,60 

10 

15 

16 

21 

8,00 

16 

21 

27 

82 

37 

8,50 

26 

82 

89 

45 

51 

0  s.  M Anleitung  für  Arbeiten  der  Kavallerie  im  Felde"  Ziff.  64. 


^  kjui^  ^o  i.y  Google 


Die  Technik  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeit  einer  KavaJleriedivision. 

Den  eisernen  Oberbau  Termag  die  Kavallerie  nur  dann  zu  zer- 
BtOren,  wenn  derselbe  in  sdner  Konstrnktlon  nicht  zn  kompliziert  ist 
Soll  jeder  EiBenbabnTerkehr  nachhaltig  unterbrochen  werden^  so  mflssen 
in  dem  Gitter-  oder  Fachwerksträger  beide  Gnrtnngen  —  obere 
ond  untere  Gnrtnng  (s.  Bild  25  und  26)  —  durohsohlagen  werden. 
Man  wählt  hierzu  solche  Stellen,  wo  der  reine  tragende  Quer- 
schnitt nicht  durch  Stossplatten  oder  andere  Verbindungsteile  ver^ 
stiirkt  ist.  Wichtig  ist  eine  richtige  Anbringung  der  Ladungen  der- 
art, dais  sie  ttber  den  ganzen  zu  durchschlagenden  Quer- 
schnitt reichen,  jedoch  nur  eiiueitjg  auf  demselben  wirken 
(s.  ,yAnleitung  etc.**  Züf.  60).  Sonst  kOmien  sich  die  Sprengwir- 
kungen gegenseitig  aafheben,  die  Gurtungen  werden  nicht  ToUständig 
zerstört,  nur  angebrochen,  das  Ergebnis  ist  keine  Zerstörung,  höchstens 
eine  Sperrung. 


SchnUt  a-h. 


BUd  27. 

Sperrung  einer  Eiüenbahabrücke  durch  Sprengung  der  unteren  Gurtuqg 
und  des  Haoptblechs  des  Qnertrflgara  Q  am  senkrechten  Stab» 

Erlättternngen:   ^  Querträger. 

<  Sprengpatrone nzünder. 
S^IS:  Sprengpatronen. 

F'ür  eine  Sperrung  genfl^  dagegen  schon  die  Sprengung  einer 
einzigen   Gnrtung  —  obere  oder  untere  —  zur  Not  auch  das 

Üarchschlajxen  der  in  einem  Knotenpunkte  /.usammen- 
laulenden  Stäbe  oder  eines  oder  mehrerer  Querträger  Q.  Der- 
artige Sperrungen  erfordern  wenig  Zeit  und  Munition,  an  einer 
unteren  Gurtunpr  nach  Bild  27  z.  B.  nur  fünf  Sprengpatronen. 

Es  kam  darauf  an,  den  Unterschied  von  Zerstörungen  und 
Sperrungen  hervorzuheben,  weil  unter  Sperrnngen  von  Eisenbahnen 
vielfach  nur  Unterbrecbangen  des  Oberbaus  auf  der  Strecke  ver- 
standen werden,  wie 


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666   I>i»  Tedmik  Im  Dienst  der  oper«tiT«n  TttiglMit  einer  EM^MoOMtm, 

1.  Sprengen  tob  SoMenmlOlBeD  und  WeiebeOf 

2.  Umwerfen  von  Gleintrecken, 

8.  8piirerw«iteniiigen  und  Sporrerengeningen, 

4.  Aufbringen  von  Hindemuseii  aaf  die  Schienen, 

5.  Beseitigen  tod  Schienen, 

nicht  aber  (Jnterbrechnngen  des  Btsenbahn-  nnd  Fahrrerkehic  auf 
den  Brucken  selbst  dar  eh  Sprengung  einer  Gartnng. 

Vor  Spemugen  1 — 6  miifs  flbrigens  gewarnt  werden,  weui 
es  sich  nm  eine  sweigietsige  Bahn  handelt  Darob  eine  derartige 
Sperrung  wird  wenig  erreicht.  Man  nimmt  von  dem  einen  Gleis 
die  ertorderlioben  Scblenenpaare  weg,  legt  sie  auf  das  zerstSrte 
Gleis  nnd  stellt  dadnrcb  den  Betrieb  —  wenigstens  fttr  eio- 
gleisigen  Verkehr  —  in  sehr  kurzer  Zeit  wieder  her. 

Diifs  auf  diesem  Gebiete  erst  der  Krieg  die  nötige  Roatioe 
verscbailt,  geht  aus  den  kriegerischen  Ereignissen  des  nordameri- 
konischen  Sezessionskrieges  in  Virginien  unzweifelhaft  hervor.  Wenn 
irgendwo  in  einem  Feldznge,  so  hat  dort  die  Kavallerie  auf  beiden 
Seiten  viel  in  Eisenbahnnnterbrechungen  geleistet  ~  trotz  der  Un- 
Tollkommenheit  der  damaligen  Technik  —  nnd  wenn  aaeb 
in  den  ersten  drei  Kriegsjahren  nicht  viel  errdcbt  wntde.  Erst  von 
1864  ab  wurden  „die  Eisenbabnjxrstöruogen  YOn  Shermans  Trappen 
{„Kayalleriekorps''  Sheridan,  bestehend  aus  den  KayaUerledivisioneB 
Torbert  sn  drei,  Gregg  und  Wilson  so  Je  swei  Brigaden  =  12000 
Reiter)  mit  besonderer  Grilndlichkeit  betriebeD,  damit  nicht,  wie 
bisher  stets  In  diesem  Kriege,  der  Feind  sie  binnen  knrser 
Zeit  wieder  herstellen  konnte.***) 

2.  Wert  Ton  Staawshren  Im  Feldkriege. 

Bei  dem  Worte  ^Stauwehr''  denkt  man  im  allgemeineD  so 
«twas  nicht  „Feldmäfsiges".  Freilich,  wenn  man  die  langwierige 
Anlage  eines  Staudammes  im  Auge  hat,  der  obendrein  eise 
nene  Verbindnag  für  den  Feind  schafft.  Fttr  den  leicht  be- 
weg^ehen  Feldkrieg  sind  Anstauungen  nnr  dann  tob  Vinctdl,  wcds 
—  abgesehen  von  genügendem  WassenafloDi  —  das  Wehr  mit  ein* 
fachen  Mitlein  schnell  hiergestellt  werden  kann.  Dies  ist  bei 
kttneren  FfahUoehbrttoken  möglich.  Nan  will  man  aber  die  Pfahl- 
jochbrttcke  selbst  zerstören,  wenn  der  Feind  anrttckt,  am  namentlich 
seine  Artillerie  aafzohalten.   Dareh  die  ZerstOrong  der  Brtteke  wird 


*)  8.  „Studien  über  Kriegfflhrung".  Von  Major  Frhr.  \.  Froytag-Loring- 
hovun  8.  Heft.  S.  115.  über  wenig  u  irksaine  BisenkMthnzerstifiniiigsa 
».  1.  Heft,  S.  104.   2.  Heft,  S.  59.   8.  Heft,  18. 


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Die  Technik  Im  Dienst  der  operattven  Tttlgleeil  einer  KeveUeriedlTieiea.  667 

das  Staowebr  mitzerstört,  das  Wasser  flielst  ab.  Ein  solches  Hin- 
dernis ist  also  nur  dann  von  Wert,  wenn  das  den  Fluls  begleitende 
Gelände  von  Natur  sampfig  ist.  und  durch  die  Anstaiinnir  die  An- 
sumpfung  vergrölsert  wird.  Es  wird  dann  vermutlich  auch  der  feind- 
liehen Infanterie  schwer  werden,  neben  der  zerstörten  Brücke 
das  angesuinpfte  Gelänrlp  zu  übersehreiten,  seihst  wenn  die  Be- 
satzung den  Rückzug  angetreten  hat  und  das  Hiudernis  nicht  mehr 
bestheben  werden  kann.  Ein  solcher  Fall  liegt  hier  Tor.   (Bild  28.) 


Bild  28.  1 :  lee 

LiQgqpioftl  der  MUwIn  (Annahme). 
FeldmlCdgee  SUrawelir  mit  Überfallwehr  an  der  Pfahliochbraeke 

von  Lewicasjn. 

Erlftuternngen:  a  Veraatzhölzer  (liier  14  Stück). 

h  Vorschlaijpfalil 

c  Erde,  Dünger  pp.  zur  Abdichtung. 

EisenbahnbrUcken  eignen  sich  wegen  ihren  grölseren  Span- 
oiingen  im  Feidkriege  oiebt  sar  Anlage  roii  Stanwehren,  wohl  aber 
steinerDe  Brucken  mit  geringen  Spannungen,  wie  sie  z.  B. 
1871  an  der  Usaine  anagenntsfe  worden  sind.  Freiliob  ist  zn  be* 
denken,  das  Sprengnngen  von  Brückenbogen  mit  geringer  Spannung 
wenig  oder  keinen  Wert  haben  —  falls  man  das  Stanwehr, 
welcbee  seine  Stützen  an  den  RrUckenpfeiiem  findet,  erhalten  will 
—  da  die  gesprengten  Stellen  (Spannangen  von  4 — 6  m  LAnge) 
durch  Überbringen  von  Balken  oder  Schienen  sofort  wieder  gangbar 
gemacht  werden  können.^) 


2)  S.  »Anleitnng  Iflr  Arbeiten  der  Kavallerie  fan  Felde*.  Ziff.  66. 

JtMBskvr  Ar  dl«  dvvtMk«  Am*»  and  HubM.  IT«.  W.  45 


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608   I»«  Teohnik  im  Dienit  der  openllTen  Tätigkeit  ^er  K4v«Uerie<Uvialon. 

Der  a.  JalL 

A.  Ereignisse  bei  der  1.  Kavallerfedivision.  Anordnungen. 

Der  Feind  hielt  üin-r  Nacht  2./H.  Juli  die  Lvdynja  bei  Ziechanow 
besetzt.  Die  1.  Kavalleriedivisiou,  am  JuU  früh  gegen  Ziecbanow 
vorgehend,  erhielt  dort  Artillerie-  und  auch  lu  taiiteriefeaer  und 
brachte  ihre  reitende  Abteilung  iii  Stellung.  Bald  trat  sehr  liber- 
legene  feiüdüche  Artillerie  anf.  Blau  brach  das  Gefecht  ab  und 
ging  abschnittsweise  vor  starker  feindlicher  Infanterie  und  Artillerie 
zurück,  benatzte  das  hügelige  GeUlnde  zn  vdederholleni  Frontmaehen, 
sn  ttbeRasehender  Verwendong  der  reitenden  Artillerie  aof  kaise 
Zelten,  drohte  mit  der  Attaeke  und  nötigte  den  Gegner  iminer  wieder 
snr  Entwiekelang  namhafter  Erüfie,  znm  ZeitTerlnst  £iniebie 
Eskadrons  und  deren  Patronlllen  safhen  dem  Gegner  in  den  Flanken 
nnd  erkondeten  im  Lanfe  des  Tages  seine  Stärke  ani  die  eines 
Armeekorps  (Lü).  Patronillen,  südwärts  bis  zur  Sona  streifend, 
sperrten  die  Bahn  nnd  nnterbraehen  die  Telegraphenleitnngen  au 
mehreren  SteUen. 

Die  Pionierabtei  Inng^  dem  Rfleksnge  vorausgeschickt,  hatte 
an  Hohe  814  sttdlkh  Konopid  für  die  reitende  Abteilung,  Hasobineii- 
gewehrabteilung  ond  Karabinerschtttsen  eine  Stellang  mit  so  vor- 
Kflgliehem  Schnfiafeld  hergeriohtet  (s.  Bild  SO),  dais  der  Feind  sieh 
sn  zeitraabender  Umfassung  mit  Infanterie  dnroh  den  selüeoht  gang- 
baren Wald  entsehlielsen  moiste.  Der  Bahntelegraph  zwisehen  ZIe* 
ehanow  and  Wyschyny  worde  wieder  betriebsnnfftbig  gemaeht. 

Das  rote  (III.)  Armeekorps  kam  an  diesem  Tage  nicht  ttber 
Konopki  binans,  mit  Vorposten  anf  den  Höhen  von  Bahnhof  Konopki 
and  an  den  Waldrändern  westlich  davon. 

Die  blaue  1.  Kavulleriedivision  bezog  OrtHbiwaks  inMlawa 
(Div,  St.  Q.)  und  Modla,  mit  Vorposten  in  der  l.iiiic  Wisuiewo  — 
Wysohyny— Wola/Scbydlüvvska — Wald  von  Schydlowo,  nud  sandte 
Meldungen  an  Armeeoberkommando  in  Graudenz  und  General- 
kommando L  Armeekorps  in  Soldau,  letzterem  mehrmals. 

B.  Nachrichten,  welche  bis  Mitternacht  vom  3./4.  Juli  in 

Miawa  eingehen. 

a)  von  der  mittleren  Aufkiärungseskadron  (l./Kttr  2): 

„Die  am  2.  Juli  bei  Schtschaki  ond  Bogate  gemeldete  Kolonne, 
anscheinend  mehr  als  eine  Division,  setzte  den  Marsch  am 
3.  Juli  tlber  Prasnyseh  nach  Tsohemioe  Borowe  fort.  Vortrappen: 
Gradosk.'' 


^ujui^uo  i.y  Google 


Dia  Teehnik  im  Dienat  der  openti?en  Tfttigkeit  einer  lUvalleriedivüioiL  669 

b)  vom  GeDeralkommando  I.  Armeekorps  (Telegramm  ab 

Soldan): 

Naebm.  —  I.  „Fechtende  Teile  der  1.  I ufauteriedivisioü  werdeü 
hei  Soldao,  der  2.  Kavalleriedivision  bei  Neidenburg 
bis  3./4.  Juli  nachts  eingetroffen  sein.  —  Königsha^ren, 
Karkaa,  Kyschienen  sind  mit  Infanterie  beseUt  Zur  etwaigen 
Anfnabme  der  1.  Kavalleriedivision  wurde  l./Ul.  1.  (Divi- 
sionskavallerie) nach  Bahnhof  üh»wo  vorgreschoben.** 

Nachm.  —  U.  „7"  abends  trifft  in  Mlawa  frische  Sprengmimition 
und  dUnner  Draht  (Ersatz  fUr  Kavalleriedraht)  ein. 

Sprengmnnitionsdepot  wird  am  4.  Jali  von  Soldaa  nach 
Lantenburg  zurilek verlegt." 

Abends  —  III.  ,,10®  abends  wird  der  Chef  des  Generalstabes 
I.  Armeekorps  im  Divisiunsstabsqaartier  Mlawa  eintreffen,') 
behufs  Bttckspracbe  Uber  weitere  Operationen/' 

C.  Rücksprache  in  Mlawa  10^'  abends. 

1.  Mittdlang  des  €Jiei3i  des  tieueralstabes  I.  Armeekeips. 

„Am  3.  Jnli  nachmittags  haben  die  bis  dahin  eingetroffenen 
TeUe  der  2.  Kavalleriedivision  auf  den  Hohen  westlich  Neidenbnrg 
mit  Erfolg  den  Angriff  einer  von  Osten  kommenden  leindliehen 
Kavalleriedivision  abgewehrt.  Ein  feindliehes  Anneekorps  soll  von 

Ostrolenka  ani  Chorshele  marschiert  sein. 

Der  kommandierende  General  will  mit  der  1.  Infanterie- 
division und  2.  Kavalleriedivision  sich  in  der  Linie  Soldan — 
Neidenbnrg  behaupten,  bis  der  Gegner  überlegene  Kräfte  entwickelt, 
dann  hinter  die  Welle,  Linie  Neuhof — Rumiansee,  snittekgehen.  Er- 
knndungen  und  fortifikatoriscbe  Verstärkungen,  diese  namentlioh 
zwischen  Soldaniinls  bei  Nenhof  und  Grondysee,  sind  bereits  ein- 
geleitet 

Mit  der  Absicht  der  1.  Kavalleriedivision:  dem  Gegner  in 
der  Flanke  zu  bleiben,  nötigenfalls  Uber  Zielun  auszuweichen,  ist  der 
kommandierende  General  einverstanden.  Notwendig  bleibt  die 
lUnemde  Verbindug  der  Division  mit  dem  Generalkommando* 
Hierzu  wird  letzteres  morgen  (4.  Juli)  vormittag  die  Fernsprech* 
stelle  Neu-Zielun  besetzen  lassen.  Die  Kavalleriedivision  soU 
eine  gesicherte  Verbindung  dortliin  —  Kavallerietelegraph,  nötigen- 
falls Relais,  vielleiebt  beides  —  so  rechtzeitig  herstellen  lassen, 
dals  die  Verbindong  nicht  mit  dem  Eisobeinen  des  Feindes  bei 
Soldan  abreilst." 

1)  Mittolsb  «Selbstfahrer*. 

ib* 


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670        Teoimik  im  Ditaat  der  operativen  TX^kait  einer  KaTatleriediriiioiL 


2.  Anordjiangen  de.s  Divisionskommandeors. 

a)  Befehl  zur  Hcrslellong:  der  Verbindung  zwischen  der 
DiTisioQ  (Modla)  and  der  FeriiBprechstelle  Nea-Zielan. 

Mlawa,  den  3.  Juli  10^^  il  onds. 
„Morgen,  mit  Tagesanbruch,  wird  mit  der  Herstellang  der 
telegraphiscben  oad  BelaU- Verbind uDHp  swisebeR  der  Dividon  und 
dem  GeneralkonimaDdo  I.  A.-K.  begonnen  nnd  zwar  durch: 

1.  Legen  der  Relaislinie  Modla  —  Kl.  Tnrza  —  Sarnowo 

(1.  Kavalleriebrigade). 

2.  Herstellang  einer  KavallerieleitangSanowo— Dlntowo— Nea« 
Zielao  mit  Zwisobenstation  Dlntowo  und  zwar  Linie  Sar- 
nowo^Dlntowo  (3.  Kavalleriebrigade),  Unie  Dlntowo— Nea- 
Zielao  (2.  Kavaileriebrigade). 

Das  Patrouillengerät  wird  zu  Pferde  mitgenommen,  ittr  je 
1  Patrouille  aurserdem  2  Rollen  Yorratsdrabt. 

Sämtliche  Arbeiten  mtlasen  nm  8"  voim.  beendet  sein." 

b)  Ergänzung  der  Sprcnpmnnition  der  Kavaiierieregimenter 

und  der  PionicrabteiluDg 

(schon  seit  7*^  abends  im  Gange). 
Hierzu  waren  die  12  KavalleriebrUcken wagen  der  Kavallerie- 
regimenter, der  Gerätewagen  der  Pionierabteilung  und  der  Infanterie- 

patroneuwag-en  No.  2  in  das  Biwak  bei  Mlawa  heran«:ezogcn.  Der 
bei  der  rechten  Aufkliirungseskadron  fl./KUr.  1)  befindlichp  Infanterie- 
patronenwagen No.  1  wurde,  weil  dort  jpt/t  entbelirlich.  ringe-' 
zogen,  die  Krgänzangen  an  Sprengmunition  für  ihn  bereit  gelegt, 

D.  Tätigkeit  der  Pionierabteilung  am  8.  Juli. 

Der  Fohrer  der  Abteiluug  war  schon  am  2.  Juli  abends  im 
Biwak  bei  Wiel-Pniewo  vom  Divisinnskonimandeur  über  die  Ab- 
sichten für  den  8.  Juli  verständi^'t  worden. 

Der  Aufbruch  der  Abteilung  wurde  für  den  3.  .Juli  6°  rorm. 
befohlen.  Der  Führer  ritt  bereits  5'"  vorm.  ab  und  erkundete  die 
Stellung.    Nach  Eintreten  der  Abteilung  ordnete  er  nn: 

1.  „1  Unterotlizier,  4  Pioniere  mit  Infauteriepatronen wagen  No.  2 
zerstören  die  Lydynja-BrUcke  (1  Joch)  nordöstlich  Wiel- 
Fniewo  nnd  verbessern  im  Anschlnls  hieran  das  Öchuls- 

feld  bis  Wiel-Pnii  wo 

2.  1  Unferoftizier,  8  Mann  legen  auf  beiden  Wegen  im  Walde 
südwestlich  ünhe  314  flüchtige  Wegesperreo  an.  Die 


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Die  Teobnik  im  Dienst  der  uperativen  Tätigkeit  einer  KavaUeriediviaion.    67  x 


beiden  SeluDlBilgen  ans  dem  Geritewagen  Btnd  mitennehmen, 
außerdem  b  Wiel-Pkiiewo  noeh  2  Sägen  beisntreiben,  ebenso 
Draht  mltlleror  Sttrke. 

3.  Die  reitende  Abteilimg  wird  aaf  Höbe  314  Stelloog  nehmen. 
GescbUtzdeckaDgen  werden  Uberhaapt  niobt,  Deckungs- 
gräben für  die  Bediennngsmannschaflen  erst  nach  Fertig- 
stellnng  der  Sohfltzengräben  ausgehoben. 

4.  1  Unteroffizier,  18  Pioniere  legen  an  den  von  mir  bezeichneten 
Stellen  Schützengräben  für  knieende  Schützen  an  und  zwar 
bei  I  und  III  zu  je  50  ni  Länge  (nach  Bild  IJ,  bei  II  für  die 
Masehiiiengewehrabtrilung  (nach  Bild  29).  Die  SehUtzeu- 
gräljen  sind  bei  ^utem  Schufsfeld  so  zu  legen,  dafs  eine 
Anlage  von  A nnäherunirswegen  unbedingt  erspart  wird. 
Der  Gerätewageu  hält  nördlich  des  Sattels  östlich  Höhe  314.** 
(S.  BUd  30). 


BÜd  29. 

Schützengraben  für  die  Masrhinengewehrabteilimg  auf  Höhe  814 

südlich  EonopkL 


Nachdem  die  Kavalleriedivision  in  den  Nachmittagsstunden  Vor- 
posten in  der  Linie  Wisniewo — Wysthyny — Wola-Schydlowaka — Wald 
von  Schydlowo  aasgestellt  hatte,  richtete  die  Pionierabteilung  nörd- 
lich Wola-Schydlowska  unter  geschickter  Benutzung  der  Waldränder 
eine  Verteidigungsstellung,  ähnlich  wie  bei  Höhe  314,  ein.  Dieser 
Stellung  konnte  ein  höherer  Grad  von  Widerstandsfähigkeit  gegeben 
werden,  da  Kavalleristen  als  „Hilfsarbeiter''  zn  den  Befestigongs- 
arbeiten  herangezogen  wurden. 

Am  Spätabend  war  die  Abteilung  im  Biwak  bei  Mlawa  nnd  ei^ 
gttnste  die  Sprengmnnttion  etc. 


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672  Di»  Teeliiiik  im  Dleiufe  der  opentlv«ii  Tlligkell  einer  KA^alleitodivIsloB. 


BetraektiiigeB. 

Zn  A.:  Ereignisse  bei  der  1.  KmTaUeriediTisioii.  Tiltigkeit 
der  reehten  AnfklArongseskadron  (L/Kttr.  1). 

Von  der  dieser  Eskadron  sageteUten  TelegraphenpatroniUe 


Bild  80. 

Stellung  iler  1.  KaviiHeriedivision  bei  Höhe  814  uordweHtlich  Wiel-Pniewo. 


Streifte  eine  Grappe  (2  Unteroffislere,  2  Mann  s.  L  b.  4  nnd  2Sfi. 
20  nnd  21  des  Ka?.-Tel.)  an  der  Eisenbahn  cwisehen  der  Sona  ond 
LydyDja.   Eine  sttrkeie  Patronüle  mit  Sprengmnnition  nnd  dem 


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Die  Teelmik  Im  Dleut  d«r  opentiTeii  Tltigkeit  einar  KtTillMMiTiaittii.  673 

EisenbahDKer8ti)rQDg8werkseQg(8.1.b.  8),  beides  an  den  Ff  erden 
beiestigt«  hatte  sieb  angesehlosBen. 

Die  Gruppe  der  Telegraphenpatrouille  hatte  mit  der  Ein  schalte - 
Torrichtung  and  dem  leichten  Feldtelegraphenapparat,  sowie 

dnrch  Anschaltang  von  Telephonen  zum  Mithören,  an  dem 
Waldstück  südöstlich  Ziechanow,  der  Sicht  entzogen  (Kav.-Tel.  Ziff. 
131)  eine  Abfangstation  (s.  Bild  13)  eingerirhtot,  unter  Leitung  des 
Otfi/,iers  df'n  feindlichen  Vorkehr  behorcht  und  eine  Depesche 
abgefangen  (Kav.-Tel.  Zitl  i:^;> — 138,  93 — 94),  wonach  ein  von 
Warschan  ali  Liegau  gener  >fiiriiti'>nszug  jrfviren  Mittag  in  Ziechatjow 
eintreffen  sollte.  Nach  Mitteilung  der  Nachricht  an  die  Zerstörungs- 
patroaille  bejrann  It  t/ts  rt*  sofort  ihr  Zerstrtrungswerk,  Um  jedoch 
das  Babnpensuüal  und  feindliche  Patrouillen  nicht  dnrch  den  Knall 
einer  vorzeitigen  Sprengung  anfnurksam  zu  machen,  wurde  in 
diesem  Falle  das  Eisenbahnzerslörungnwerkzeug  (s.  I.  b.  3)  angewendet, 
nm  den  Zug  durch  eine  Sporerweiterung  an!  dem  hohen  Damm 
nordöstlich  Wiel — Mienschki  zur  Entgleisung  zu  bringen.  Die  Zeit 
reichte  jedoch  nicht  ans.  der  Plan  milslang. 

Dafs  solche  Unternehmungen  verhältnismäfsig  viel  Zeit  kosten 
und  nicht  immer  das  gewünschte  Ergebnis  haben,  niufste  auch 
Stuart  auf  seinem  ersten  Haid  erlabren.  Am  14.  Jnni  1862  liefs 
er  durch  seine  auf  technischem  Gebiet  äuiserst  geschickten  Kavalle- 
risten bei  Tnnstalls  Station  die  Schienen  anfreilseu,  um  einen  heran- 
nahenden Eisenbahnzng  zur  Entgleisung  zu  bringen.  Doch  die  Zeit 
reichte  nicht  ans.*) 

Das  kann  auch  in  Zukunft  vorkommen.  Deshalb  wird  die  Ver- 
wendnng  des  EisenbahnzentDrnngswerkzeuges  stets  eine  beschränkte 
bleiben  und  in  solebem  Fall  (Ue  Anlage  Ton  Kontnktmlnen  f  onn* 
stehen  sein«  deren  Knall  erst  hOrbar  wird,  fast  gleichseitig  mit  der 
Entgleisung. 

Wie  wertroll  übrigens  das  Mitlesen  von  feindlichen  Depeschen 
istf  darüber  gibt  ans  die  Kriegsgeschichte  bemerkenswerte  Vor- 
gänge: 

Einer  der  ersten,  der  die  Technik  trote  ihrer  damaligen  noch 
geringen  Entwickeinng  gründlich  fttr  die  Karallerie  aosnatste,  war 
Morgan,  ein  ans  den  Orenzkriegen  mit  den  Indianern  als  energisch 
and  gewandt  bekannter  Ftthrer.  Er  hatte  sieh  eine  nnr  kleme  be- 
rittene Trappe  von  900  Mann  ansgebildet,  mit  der  er  im  Joli  1862 
einen  Strelteng  Ton  470  km  in  8  Tagen  sorQeklegte.  Anf  diesem 
Znge  las  s.  B.  ein  Telegraphist  eme  feindliche  Depesche  an  den 

1)  S.  .Studien  Uber  Kriegfflhrung''.  Von  Miyor  Friir.  v.  fVejtBgwLoriiig- 
hoven.   1.  Heft»  S.  62. 


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674   ^  TMhnik  in  Di«ntt  d«i  opmtivai  TMilgfcelt  einer  JUvaUeriadiviaioik 

Leituiii:rn  mit,  es  wurden  darauf  einirehend  sofort  Depesclieo  zurück- 
gegeben, (He  den  Keiud  völlii;  irrefüiirk*ii.') 

Auch  btuart  machte  von  dem  Mitlesen  von  Depescheo  öfters 
Gebrauch.  Im  Anmarsch  auf  Frederick  City  (Ii  Oktober  1862). 
gelang'  es  ihm,  eine  feindliche  Depesche  abzulesen,  aus  der  hervor- 
ging, dafs  der  Gegner  über  die  Richtung  seines  Marsches  uoco 
völlig  im  Unklaren  war.  Sofort  fafste  er  den  Eutschluls,  den  Mono- 
cacy  zu  überschreiten  und  den  Marsch  die  Nacht  bindurcli  Ubi-r 
New  Market  auf  Monrovia  fortzusetzen,  wo  Telegraph  und  die  Bai- 
tiraore — Ohio- Hahn  irriindlieh  zerstört  und  am  12.  Oktober  bei 
Ta|,'(  biiui)ruch  bei  Hyattsville  die  nach  Washington  führende  Etappei»- 
utralse  der  feindlitiitu  Armee  erreicht  wurde.') 

Es  sollte  hier  nur  auf  die  Wichtigkeit  der  Aufklarungseskadrons 
hiflgewiesen  werden.  In  erster  Linie  ftlr  taktische  Zwecke  hesiimmt 
—  Aufklärung  — ,  wäre  es  zu  bedauern,  wenn  sie  nicht  mit  ge- 
rinj^en  personellen  Mitteln  die  Technik  für  die  Taktik  ausnutzen 
würden.  Je  nach  der  Kriegslage  wird  eine  solche  Verwenduntr  ver- 
schieden sein.  Hier  tritt  die  Tätigkeit  der  rechten  Aufklaruugs- 
eskadron  besonders  hervor.  Sic  mufs.  weil  im  Vormarsch  an  dor 
einzigen  Eisenbahn,  am  weitesten  voraus,  noch  dazu  gegen  die 
Flanke  des  Vormarsches  der  feindlichen  Armee  angesetzt,  technisch 
sorgfältig  nnd  aasreichend  ausgerüstet  sein,  aber  auch  die 
tedudsehe  Auerttstoog  zur  recbteo  Zeit  and  am  riehtigen  Ort 
flioher  «I  bandhaben  Teratehen. 

Zo  D.:  Tfttigkeit  der  Pionler-AbteiloDg. 

Mit  einer  8  UnterolMere  30  Mann  stariLen  Pionier-AMeiliuig 
kann  man  fttr  eine  KaTalleriediTision  niobt  starke  Feldstellungeii 
mit  nmfiangEeiehen  Befestigungsanlagen  aasbeben,  man  will  ea  aneh 
niobt)  selbst  wenn  die  Abteilang  sOrker  wäre.  Die  dentsebe  Beiterei 
wird  nach  wie  vor  das  Qefeebt  zn  Ffeide  als  die  Haaptkampfform 
betraobten,  dem  Kampf  zn  Fnls  mit  der  Feuerwaffe  die  zweite  Stelle 
einriUimeB.  Es  bandelt  sieb  niebt  nm  einen  Massenkampf  sn  Fnby 
sondern  nm  Fenergefeebte  von  nur  geringen  Teilen  der  Divinon« 
Für  eine  solebe  Kampfweise  wird  selbst  eine  sebwaebe  Pionier- 
abteilang  sieb  der  KavalleriediTision  nntzUeh  erweisen  kOnnen. 

Es  standen  etwa  6  Arbeitsstunden  snr  Verfügung.  Bei  1  ständiger 
Arbeitseeit  kann  ein  Pionier  bei  mittlerem  Boden  etwa  OfiO  ebm 


>)  S.  «IKe  Haida  der  Kavallerie.«  Beiheft  47  rar  lBtemaüoiiale&  Bevu« 
ttber  die  gesamten  Armeen  und  Flotten.   Januar  1894.   S.  S.  "  -  - 

S.  .Studien  Uber  KriegfOhning.*'   2.  Ueft^  S.  18. 


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Die  Technik  im  iiieuät  der  operativen  T&tigkeit  einer  Kavalleriedivision.  Q75 


BodeoaiiBsobaelituig  lebten,  in  6  Staden  also  3,60  cbm;  mithin  18 
Pioniere  nind  66  ebm  oder  100  Ude.  m  SohlltKeagraben  ftlr  knieendo 
Sobtitseo  (naeh  BOd  1).  Das  ist  fteilich  eine  nur  geringe  Ans- 
debnnng,  trotidem  nnsreichend,  wenn  die  iLonen  Stücke  an  tak- 
tisch  richtigen  Stellen  liegen.  Eme  wesentliobe  Unterstlltznng 
wird  in  soloben  Lagen  die  der  Dividon  beigegebene  Maschinen' 
gewehrabteilnng  bieten. 

An  Hastdlong  ron  Annäbernngswegen  ist  nicht  ni  denken. 
Trotzdem  nmTs  es  den  KaTalleiisten  ermöglicht  werden,  gedeckt 
in  die  Stellung  nnd  gedeckt  ans  der  Stellnng  berane  sn 
ihren  Pferden  sa  gelangen.  Es  empfiehlt  sich,  nnter  solchen  Ver- 
bttltDissen  die  Sehtttzengräben  nicht  sn  weit  anf  den  vorderen  Ab- 
bang Tonnschieben,  wie  man  es  sonst  bei  Infanteriestellongen  tat, 
sondern  näher  am  Kamme  der  Hohen  ansnlegen.  SelbstreistSnd« 
lieh  darf  dadnroh  das  Scbnlsfeld  nicht  beeintrSchtigt  werden.  Dem 
kann  aber  dorch  zweekmäfsige  Lage  der  einzelnen  Schlüge  Torge- 
bengt  werden,  die  sich  infolge  ihrer  Kürze  viel  günstiger  dem  Ge- 
lände anpassen  lassen,  als  längere  Linien  (s.  Bild  80). 

Eine  weitere  Soige  ist  gnte  Sicherung  der  Flanken.  Man 
will  ja  den  Femd  zn  zeitranbenden  Umgebnngen  zwingen.  In  der 
linken  Flanke  flielst  anf  2V3  km  Entfernung  lUe  Lydjnja.  Auf 
dieser  Strecke  ist  nor  eine  Brücke  nordöstlich  Wiel-Pniewo  vor- 
banden. Durch  eine  ZerstOmng  der  Brücke  werden  umgehende  feind- 
liche Tmppen  aofgebalten  nnd  zum  übersetzen  nnd  Brückenschlag 
gezwangen.  In  der  rechten  Flanke  macht  sich  der  ausgedehnte 
Waid  nnangeaehm  bemerkbar.  Er  ist  aar  800  m  von  der  Siellang 
entfernt^  aolserdem  führen  2  Wege  an  die  Stellung  heran  (Annahme). 
In  solchem  Falle  kann  man  durch  flüchtige  Wegesperren  in 
kurzer  Zeit  tatsächlich  viel  leisten.  Man  sägt  einige  starke  Bäume 
nm,  lälst  sie  mit  den  Wipfeln  feiodwärts  kreuzweise  über  den  Weg 
werfen,  mit  Draht  verfleebten  und  darcb  eiuige  abgesessene  Kavalle- 
risten  verteidigen  —  natürlich  nur  anf  karze  Zeit!  — 

So  hatte  z,  B.  die  konföderierte  Eavalleriedivisiou  Fitzbogh  Lee- 
bei  Alsop  nordwestlich  Spottsylvania  an  einem  grofsen  Wegeknoten» 
punkt  (5  Wege!)  Wege  sperren  vermittelst  gefällter  Baumstämme 
angelegt  und  besetzen  lassen.  In  der  Nacht  stiefs  die  Brigade 
Meritt  der  ICavalleriedivision  Torbert  („KaTalleriekorps**  Sheridan) 
anf  diese  We^esperren,  die  der  nord staatlichen  Kelterei  das  Vorwärts- 
kommen  wesentlich  erschwerten.') 

Für  die  Artillerie  wird  die  Stellung  nur  erkundet.   Zu  einem. 

')  S.  „Studien  über  Kriegführung."   8.  Heft,  S.  29. 


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676        Teohnik  im  DieaBt  der  operaUven  Tätigkeit  einer  Kav«lleriediyin<m. 


Ausheben  von  GesehUtzdeckun^en  durch  die  Pioniere  wird  es  nie 
kommen.  Es  ist  dies  anch  nicht  unbedingt  nötig.  Bei  den  vielfach 
nur  kurzen  Gefechtsmomenten  wird  die  Artillerie  aoch  ohne  Deckungen 
fUr  die  Geschütze  aaskommen.  Soll  länger,  wie  hier  z.  B.  Wider- 
btaiid  geleistet  werden,  so  empiiehlt  es  sieh,  wenifrstetis  Mann* 
scbaftsgräben  für  die  Geschützbedienung  anzulegen.  (Bild 
31.)  Eine  solche  Anlage  dauert  in  mittlerem  Boden,  von  der  Geschütz- 
bedienung selbst  hergestellt,  etwa  30  Minuten.*)  Da  die  reitende  Ab- 


Bild  81. 

Mannächaftsgräben  für  die  Geschützbedienung  der  reitenden  Abteilung 

auf  Höhe  814  südlich  Konopki. 

teOoD^  stetsSYor  der  Kavallerie  In  der  Stellunf  eintreifeo^wSrd,  so 
durfte  die  siir  HerstelliiDg  soleher  Anlagen  notwendige  Zeit  io  den 
meisten  raien  gewonnen  werden« 


Der  4.  Jnli. 

A.  Ereignisse  bei  der  1.  Kavallenedivision.  Meidungen. 

Anordnungen. 

Während  am  Frühmorgen  des  4.  Juli  die  TelegraphenpatrouilleB 
die  Verbindung  zwischen  der  Division  (Modla)  and  dem  1.  Armee- 
korps fNeu  Zielon)  herstellten,  die  PioDier-Abteilnng  an  der  Mlawka 
in  Tätifrkeit  war,  wo  in  der  Linie  Kl.  Turza — Zworaden  weiterer 
Aufenthalt  bereitet  werden  soll,  besetzte  die  Division  die  am  3.  Juli 
geg-en  Abend  hinter  den  Vorposten  eingerichtete  Verteidigangs- 
Stellung  nördlich  Wola — Schydlowska.    Gegen  9°  Torin.  eot- 

0  S.  Feldbefestigungs-Voreehtifi  (F.  V.)  Ziff.  71. 


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IHe  Teohnik  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeil  einer  ivavaUeriediviaion.  677 

wickelte  sich  hier  das  Gefecht  mit  dem  aorUckendea  roteu  (1X1.) 

Armeekorps. 

Sobald  der  Gesrner  die  Umfassang"  einiareleitet  iuitu  ,  ra,unite  die 
Division  die  Stellung  und  besetzte  die  iieut-  in  der  Linie  Kl. 
Tur/.H  — Zworaden.  Die  von  der  PioDierabteilung  zur  Zerstörung 
Torbereiteten  Brücken  vor  der  Front  wurden  gesprengt.  Das  rote 
(III.)  Armeekorps  folgte  Uber  Modla,  Mlawa  rechts  lassend. 

Während  des  in  den  Naehmittagsstunden  sich  entwickelnden 
Gelee  Iiis  an  der  Mlawka  t^iiii:  die  .Meldung  eiu.  dals  starke 
feindliche  Kavallerie  mit  Artillerie  aus  Richtung  Zuromin  bei 
Lubowidz  eingetroffen  sei.  Die  1.  Kavalleriedivision  brach  das 
Gelecht  ab,  ging  Uber  Kenczewo  zurück,  traf  bei  Sarnowo  über- 
raschend auf  den  ihr  entgegenkommenden  B>iod  und  warf  ihn: 

Es  war  dir*  schon  am  2.  .luli  geschlagene  rote  (2.)  Kavallerie- 
Division,  welche,  in  Richtung  Ülutowo  verfolgt,  nach  Süden  auswich, 
nachdem  am  Soldauabschuitt  viele  Getangene  gemacht,  ihr  auch 
einige  Geschütze  abgenommen  waren.  Zuvor  aber  hatte  die  rote 
Kavalleriedivision  Telegraphenpatroaillen  nnd  Relaisposten 
mehrfach  anfgehoben  und  die  Soldanttbergänge  bei  Lubo* 
widz,  Roda  nnd  Zlelon  zerstört! 

Die  am  feindlichen  Iii.  Armeekorps  gebliebenen  Patronillen 
meldeten,  dals  dieser  seine  Vorposten  in  der  Linie  Lipowiec — Krempa 
ZQ  entwickeln  begränoe. 

Der  Divisidiiskommandeur  traf  folgende  Anordnougeu: 
„1.  Bao  /.Weier  Kolonnenbrtlcken  mit  dem  Kavallerie- 
Brlickengerät  und  Anlage  eines  l^rückenkoj'fes  bei 
Zielun  durch  die  Pionierabteilung  und  Hilfsmannschalteu  der 
Kavallerie.  (Von  jeder  Brigade  i  Trupp  zu  1  Unteroffizier 
12  Mann.) 

2.  Die  Division  geht  in  den  Kaum  Straszewy — Dlutowo — Wylaz- 
lowo — Zielun  in  Ortsbiwaks,  1  Eskadron  (3.  Kavalleriebrigade) 
vorgeschoben  nach  Sarnowo.  Leichte  Munitionskolonne  nach 
F^rgan/,ung  der  GesohUt/  imd  Rarabinernuiiiiiiou  nach  Zielun! 
(Rechtes  Soldanufer.)    Div.-St.-Q.:  Wronka. 

y.  Herstellung  der  Verbindungen  des  Di?.-St.-Q.  mit  der  Fem- 
sprechstelle  Neu-Zielan,  den  Brigade  -  St.  -  Q.  und  der  nach 

Sarnowo  vorgeschobenen  Eskadron  durch  den  Kavullerie- 
telegraphen.    Leitunji:  üb.  Lt.  iM.  vom  Drag.-Kgt.  2. 
4.  F>gan/,ung  der  Sprentrinunition  der  Kavallerieregimenter 
und  der  Pionierabteilung  8*^  abends  in  Zi  don.  wohin  die  Be- 
stände aus  dem  Sprengmnnidonsdepot  Lauteuburg  —  ebenso 


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076         Technik  im  Bieast  der  operativen  iätigkeit  einer  Kavalleriedivmoa 


dttnner  EUendraht  als  Ersats  fflr  KaTalleriediaht  — 

vorgezogen  werden." 

Am  Naehmittag  war  fitnndeolaD;  Geschtttzdonner  Ton  Sol- 
daa  her  Temommen  worden.  Über  Nen-Zielnn  ging  vom  General- 
kommando des  L  Armeekorps  Mitkeüong  ein  von  erfolgretehen 
Kämpfen  bei  Soldan  (gegen  das  rote  [IL]  Armeekorps)  nnd  bei 
Neidenborg  (gegen  die  rote  [1.]  EavalleriediTiflion).  Da  vor  Soldan 
bis  znm  Abend  das  ganse  IL  rote  Armeekorps  entwlokett  war, 
vor  Neidenbnrg  die  Spitaten  des  L  roten  Armeekorps  eintrafen 
und  die  1.  rote  Kayall eriedivision  in  Riefatong  Ronizken  vor- 
gebend, den  linken  Flttgel  der  Steiinng  der  1.  Infanieriedivtsion 
nmfa&te,  treten  die  blaue  1.  Infanteriedivision  und  2.  Kavallerie- 
division  anter  dem  Sebnts  der  Dunkelheit  den  Rflokzog  an  und  swar: 
die  1.  Infanteriedivision  anf  Neahof— Wompiersk  mit 

Generalkommando  in  Laatenbnrg. 
die  2.  Kavalleriedivision  in  die  Gregend  von  Usdan,  Sol- 
dan and  die  Obergiinge  der  Skottan  nnd  des  Lindenaner 
Fliefises  vorläufig  leiebt  besetst  haltend. 

Der  Kommaodeor  der  1.  Kavalleriedivision  meldete  hierauf 
die  Ereignisse  des  heutigen  Tages  nach  Soldan  surttek,  sowie  die 
Absieht,  für  den  6.  Juli  snniohst  noch  auf  dem  linken  Ufer  der 
Soldaa  su  bleiben^  den  Vormarsch  des  feindÜehen  (III.)  Armeekorps 
in  der  linken  Flanke  fortgesetzt  m  beunruhigen,  einem  Angriff  aber 
aussuweichen  und  gedrängt,  anf  das  reohte  Soldannfer  ttbenugeben. 
Gleiehieitig  wurde  angefragt,  ob  für  den  6.  Juli  anf  die  Unter* 
Stützung  dureh  ein  Infanteriebalaillon  bei  Zteiun  gereehnet 
werden  dürfe. 

B«  Tätigkeit  des  Kavatlerietelegraphen  am  4.  JulL 

1.  Herstellung  der  Verbindung  Modla— Nen-Zielnn. 

Da  zor  Übermittelung  von  iMeldungen  aut  der  ca.  4u  kiü  laugen 
Strecke  Modla-  Nen-Zielnn  eine  FerneprechverbinduDg  allein  nicht 
ausreichend  »icher  erschien,  wurde  in  unmittelbarer  Nähe  des  Feindes 
die  Einrichtung  einer  Relaislinie  (Modla — Kl.  Turza — Saruuwo)  ge- 
wählt, an  die  der  Kavallerietelegraph  bis  Neo-Zielon  anschl  Js 

Nach  F.-O.  100  „genUgen  bei  K  avaii  eri  erelais  für  kür/,ere 
Zeit  und  vorübergehende  Zwecke  Relaisposten  von  einigen  Heitern, 
die  in  Abstand  von  etwa  20  km  zur  Abnahme  und  schnellen  Weiter- 
beförderung der  Schriftstücke  Ix^reit  stehen." 

Hier  waren  die  Abstände  kür/t  r  bemessen  wurden  —  9  bezWi. 
13  km  —  mit  KUcksicbt  auf  die  Nähe  des  Feindes. 


^ujui^  -^o  i.y  Google 


Die  Teohnik  tan  Dimat  der  operallTeii  HUgkeit  einer  Kmlleriedlrieimi.  679 

Ein  FostoD  stand  bei  ModU  ao  da  Brücke  Uber  den  Sentoiy 
der  nächste  bei  Kl.  Tniza  an  der  Brücke  Uber  die  Mlawkn,  der 
dritte  bei  Samowo  an  der  Brtteke  Aber  den  PnyJipnicabach. 

Die  einxelnen  Posten  hatten  sich  so  eingerichtet,  dafs 
swei  Mann  zu  Fois  die  Sichcrnn<:  uheroahmeD,  zwei  Uaon  stets 
zum  Reitea  bereit  standeu,  währeod  der  Rest  mbte  oder  von  Zeit 
ZQ  Zeit  sich  vergewisserte)  ob  die  Nacbbaiposten  noeh  standen 
(F..0.  100  n.  102). 

Da  es  sich  nur  nro  ein  Kavallerierelais  bei  Tage  handelte, 
80  erschien  die  Aafstellang  der  einzelnen  Posten  in  den  Ortschaften 
anbedenklich  (F.-O.  102). 

In  Sarnowo  schlofs  der  Kavallerietelegraph  an.  DaStaats- 
telegraphenleitongen  nicht  vorhanden  waren,  so  malfiteu 
Kavallerieleitungen  gelegt  werden  (Kav.-Tel,  Ziff.  9). 

Beide  Leitungen  —  Sarnowo— Dlutowo  (9'/^  J^^i)  and  Dlu- 
towo — Przyrotki — Neu-Zielun  (7  km)  —  wurde«  normal,  d.  h.  von 
der  Mitte  aus,  ohne  die  Dörfer  Sarnowo,  Zalesie,  Dlutowo  und 
Pr/.yrotki  zn  berühren,  nach  den  Endpunkten  gebaut  und  daselbst 
uiit  den  Patrouilienapparaten  Endstationen  nach  Bild  11  errichtet. 
(Kav.-Tel.  Ziff.  12,  47—66,  80  und  Hl.  11(5  —  127.)  Bei  Przyrotki 
fand  durch  die  Soldan  hindurch  ein  Kavallerickabel  (350niiang 
S.  I  b.  4)  Verwendung  (Kav.-Tel.,  Ziff.  12  n.  122). 

Die  zweispännigen  Kavallerie-Telegrapheuwa§en  waren  den 
Telegrapheupatrouillen  nicht  beigegeben. 

2.  VerweadoBg  des  Kavallerietele^aphen  in  dem  Ortsbiwalu  der 

Division  am  4.  Jali  abends. 

Wronka  (Div.-St.  Q.  a.  St-Q.  der  1.  Ka?.- 

Brig.)  —   Wald    von  Hakan — Fray- 

rotki— Nen-Zielun  (I.  A.-K.)  ....  Kav.-Tel.  Kür.-Rgt.  2 
Wronka— Dlutowo  (St.  Q.  d.  2.  Kav.-Brig.)  .  „  Dragitgt.  1 
W  r  onka— Wyiazlowo  (St.-Q.  d.  3.  Kav.-Brig.)       «  „  2 

Dlntowo— Samowo  (rorgesohobene  Eskadron)       „     Hus.-Kgt.  i 

Sa.  4  Kav.-Tel 

Bei  der  rechten  Anfklärungseskadron  (l./Kttr.  1.)  l  Kav.-Tel. 
Dnreh  die  rote  (2.)  Kav.-Div.  im  Qefecht  am  Naob- 

mittag  des  4.  Jnli  aushoben    .   .   .   .   .    1  » 

Sa.  6  Kav.-Tel. 

Ftlr  die  Obermittelnng  von  Meldungen  nnd  Befehlen  an  die 
kleinen  Ortsbiwaks  Konsilasy  Harste wnica^  Zdroiek,  Nick,  Przyrotki 
and  Zielnn  worden  Radfahrer  nnd  Meldereiter  bereit  gestellt. 


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680  X>to  Teobnlfc  in  Dleoit  «tor  operattren  TKttgkeit  elMr  KavaUsitodtviiloa. 

C.  Tätigkeit  der  Pionierabteilung  am  4.  Juli. 
L  EiBiiehtmig  der  Veiiei4ignigi8t«Uiui£  Kl.  TuiM-Zwtndei« 
MaJsgebend  fttr  den  Umfuig  der  BelesttgODgaarbeiten  sind  «neb 
hier  die  zur  Veifttguogr  stebeoden  Arbeitskräfte  und  die  Arbeite- 
seit  Unter  der  Annabme,  dab  die  Anlagen  gleiebseiCig  mit  dem 
Aofbroeb  des  Feindes  von  Kouopki  beginnen,  würde  nnf  etwa 
8  Arbeitsstunden  zn  reobnen  sein  (5'/a  Standen  Anmarsch  und 
Standen  Aufenthalt  während  des  Marsebes  nnd  an  der  Stellung 
nOrdliob  Wola — Sobydlowska). 

Es  sind  sor  Zerstörung  vorzubereiten: 

2  bintereinanderliegende  Brileken  bei  Kl.  Tuiza, 
1  Brtloke  bd  Slomka-MUble, 
1  „  LewicKyU} 
 1  «  Zworaden, 

Sa.  5  Brueken, 
simtlioh  Pfahljoehbrttoken  (Annahme). 

Die  ca.  600  m  iiürdiieh  Lewiczyn  au  eiDem  Nebenarm  der 
Mlawka  liegende  Brüeke  war,  weil  für  die  Operationen  wertlos  und 
für  die  Stauanlagen  entbehrlich,  bereits  am  2.  Joli  mittelst  Axt  und 
Säge  zerstört  worden. 

Taktisch  am  wiebtigsten,  weil  hinter  dem  reehten  Flügel 
der  Stellung  nOrdUeb  Wola — Sehydiowska,  ersebienen  die  Brileken 
bei  Kl.  Torza.  Eine  Vorbereitung  fttr  eiektrisebe  Zündung  war 
hier  empfehlenswert^  während  für  die  Übrigen  dne  Vorbereitang  zur 
Zlindung  duieb  Leitfeuer  genttgte. 

Solche  Zerstörangsvorbereltungen  lassen  sieb  —  namentlicb  M 
Verwendung  von  Sprengpatronen  —  an  Pfoh^ocbbriteken  in  ver- 
bältnismärsig  kurzer  Zeit  —  etwa  2  Stunden  —  ausführen, 
wenn  die  Vorbereitungen  an  sämtUcben  Objekten  gleichzeitig  in 
Angriff  genommen  werden.  Die  übrigen  6  Stunden  standen  zu 
Verteldigungseiniiehtungen  der  Stellung  selbst  znr  Verfügung. 

Für  die  reitende  Abteilung  wurde  etwa  Vf^  km  nOrdlieh 
Kl.-Tnrza  eine  Stellung  erkundet  mit  vorlretfUcbem  Sehulafeld  nach 
Nordosten,  Osten  und  Südosten  zur  Bestreichung  der  wichtigen 
Anmaisebstrabe  Media — Kl.-Turza,  der  vorUegenden  Waldritnder  und 
der  Mlawka  in  ihrem  Oberlani 

Von  der  Maschinen gewehrabteiinng  sollte  ein  Zug  von 
KL  Tarza,  zwei  Züge  von  Lewiczyn  aus  die  Mlawka  und  die  Wald- 
ränder bestreichen  und  sicli  In  ihrem  Feuer  ergänzen. 

Von  der  Kavallerie  brauchten  nur  geringe  Teile  bei  KI. 
Tnzza  nnd  Lewiozin  —  unter  geschickter  Benutzung  einzelner  Dorf- 


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Die  Tedinik  im  IHenst  der  operativen  Titigfcelt  einer  KaveUeriediviiion.  ö81 

teile  —  sowie  auf  den  Höhen  nordwestlieh  Zworaden  —  nur  dort 
war  Krdarheit  zu  leisteu  —  in  J>tellunfr  za  geheu,  um  datt Feuer 
der  Artillerie  und  Maschinengewehre  /.ii  unterstützen. 

Von  diesen  Punkten  aus  konnten  dit-  KavalleriHleu  gedeckt, 
ohne  dals  Annähern ugswe^e  anzulegen  waren,  zu  ihren  Pferden 
gelangen.  Bei  Slomka-Muhh'  war  dies  uicht  der  Fall,  deshalb 
unterblieb  dort  die  Anlage  von  Schützengräben,  der  wichtige  Über- 
gang wurde  aber  doppelt  llaakiert. 

So  liefs  es  sich  ermöglichen,  auch  für  die  Gesehütz- 
bediennngen  Mannsohafltsgräbeu  anzulegen,  welche  bei  diesem  Ge- 
lände nötig  waren. 


BUd  82. 

dkizee  der  beiden  Kolonnenbracken  «tu  dem  KavalleriebrfickeDgerit 
bei  Zielunober>  und  -vatentroin  ägx  serstditen  Ptah^ioehbrfldke. 


Ü.  Br&ckensehlag  mit  dem  Kavalleriebrückengerät  bei  Zielim  und 
Einrichtung  eines  Brückenkopfes  daselbst. 

Die  Breite  der  Soldau  betrug  hier  etwa  22  m  (Annahme).  Das 
„Kaval!erie-Brücken|:erät'*  (s.  I.  b.  5)  reichte  bequem  für 
swei  Brücken  aas  und  ersparte  einen  xeitranbendeo  firgänsongsban 


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^g2   Di«  Tedmlk  im  Dtaiat  der  operativen  TItigkeit  einer  K«TtlleriedivWoD. 

durch  ßebelfsmaterial.  Da  die  PionierabteilDDg  snr  Stelle  war, 
80  Übertrag  der  DiTisioDskommandeur  den  Pionieren,  als  den  ge- 
tlbtereo,  den  Bao  der  beiden  Kolonnenbrttcken  (s.  Bild  32). 

An  Mannschaften  waten  fitr  eine  Brücke  erfordeiüoii: 

Für  dan  Elnfiüven  von  6  Booten   I  Unterol&sier  12  Mann 

Als  TrSgertrupp  1       «         12  «, 

Als  Kesenren  ete.    ...   .   .   1       „  10  „ 

Sa.  3  UnterofOziere  34  Mann 
Also  ftr  zwei  KolonnenbrOeken:   6  ünteioffiztoe  68  Blann 

Es   inuf^ten    deshalb   von  der  Kavallerie  an  Brttckentmpps 

3  Unteroffiziere  38  Mann  gestellt  werden. 

Der  Brückenschlag,  an  beiden  Stellen  gleichzeitig  be- 
gonnen, dauerte  im  ganzen  35  Minuten.  Nachträglich  brachten  die 
Pioniere  eine  behelfemäisige  Ködelang  an,  damit  die ILa?alierie 
die  Brücken  zu  Zweien  benutzen  konnte  (s.  I.  h.  5). 

Nach  Beendigung  des  Brückenschlags  legten  sämtliche  Mann- 
schaften zunächst  einen  kleinen  Ertlichen  Brück  ensch  utz**  an, 
nm  die  Brücken  gep-en  Zerstörunjrspatrouillen  zu  sichern,  so- 
dann einen  BrUfkeukopf  unter  geschickter  Bf^mtzunL'"  Hps  öitHchpii 
und  büdlicheii  liandes  des  Waldes  von  Kakarz,  r.ni  der  ELavaiierie 
während  des  Kampfes  den  Uferwecbsel  zu  sicheru. 

BetraehtingMi. 

Zn  A:  Ereignisse  bei  der  1.  KaTallerledlTisioa. 

IMe  Dimlon  hatte  in  Lantenbnig  dttnnen  Etsendraht  als  Eisats 
fhr  nicht  wieder  anfgenommenen  „Kavallerledraht"  beitreiben 
lassen.  Es  kann  nümlich  anf  den  Rttekban  des  KaTalleriedrahtes 
nicht  immer  gerechnet  werden,  da  das  Anlwiekeln  des  Drahtes  anf 
die  Drahtrolle  snr  nochmaligen  Verwendung  mehr  Zeit  erfordert, 
als  der  Telegraphenpatrooille  vlelfaefa  snr  YerfUgang  stehen  wird, 
wenn  ihre  Beweglichkeit  nicht  darunter  leiden  soll.  Wenngleich 
nach  Kav.-Tel.  Ziffer  131  jeder  Ftthrer  einer  Tdegiaphenpalroinlle 
daraof  bedacht  sein  soll,  jede  sieb  bietende  Gelegenheit  anr  Be- 
schalinng  dttnnen  Eisendrahtes  zn  erfassen,  so  ist  es  doch  praktiseh^ 
wenn  die  IHTision  selbst  diesen  Gegenstand  nicht  ans  dem  Ange 
yerliert. 

Im  übrigen  ist  eine  TelcgraphenpatroniUe  zunächst  nicht  in  Ver- 
l^ipenbeity  selbst  wenn  der  Draht  einer  Kavallerieleittmg  weder  anf- 
genommen,  noch  ergänzt  werden  kann.  Das  Regiment  verfügt  im 
ganzen  Uber  28  km  KaTalleriedraht^  die  Patrouille  ist  also  imstande, 


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Die  Teehnik  im  Dleost  der  operaüvea  iäti^lieit  einer  Kavallehedirision.  6gS 

drei  Leitungen  zu  7 — 8  km  Lauge,  WindoDgen  etc.  mitemgerecbuei, 
nach  einander  zu  legen  (s.  l.  b.  4). 

Zn  B:  Tätigkeit  des  Kavallerie -Telegraphen. 
An  der  Einriolitiing  der  Verblndiing  Media— Nen-Zielnn  (40  km) 
sollte  daigetan  werden,  wie  sehwer  es  ist»  Iftngere  Kayallerie- 
leitongen,  naneitiieh  bei  starken  TrnfpevbewegiiBgeii,  gegen 
^entOmngen  sn  sohfltien.  Der  Kay.-Tel.  Ziff.  140  aobnibt  eine 
„sekftrfere  Bewaehnng'*  Tor.  Auch  eine  solobe  würde  dem  Auftreten 
der  feindlicben  KayalleriedlTision  gegenüber  wenig  Erfolg  gebabt 
haben. 

Es  fragt  sich,  ob  es  nicht  ratsamer  war,  für  den  Vor-  nnd 
Nachmittag  des  4.  Juli  zanSehst  eine  kfirzero  Verbindaogslinie  — 
etwa  ^fodla — Lewic^n — Krempa— Gnoyno — Wald  östlich  Graszka — 
Soldaufiols — Thiergarten— Grodtken  —  za  wählen  and  erst  gegen 
Abend  den  Anschlufs  an  die  Fernsprecbstelle  Neo-Zielan  za  Sachen. 
Freilich  hätte  sich  die  1.  Infanteriedivision  (mit  DivisionskaYallerie) 
erbieten  müssen,  bei  Grodtken  an  der  Cbaussee-Telegraphenleitung 
den  Anschlais  mittelst  Anschlnssroile  (nach  Bild  12)  zo  bewerk- 
stelligen, sodann  eine  Karallerieleitung  von  Grodtken  Uber  den 
Facbsberg  nach  der  Soldan  zn  legen  und  durch  die  Soidaa  hindurch 
das  Kavallerie kabel  einzobaaen.  Auf  dem  linken  Ufer  —  ge- 
deckt im  Walde  —  errichtete  dann  eine  Gruppe  einer  Tele- 
^raphenpatrouille  der  1.  Kavaliericdivision  eine  Endstation  (nach 
Bild  11)  und  hieran  schlols  die  Relaislin ie  Wald  östlich  Grnszka — 
Jvrempa  (14  km)  und  Krempa— Modla  (12  km)  an. 

Unter  Umständen  würden  schon  2  „SignalstatifuiP!»  ••  —  am 
Fuchsberg  und  im  Walde  rtstüoh  Oraska  —  am  Ta^e  ausgereicht 
haben,  um  bei  der  kurzen  Entieruung  von  1  km  --  selbst  bei 
trübem  Wetter  —  vorteilhaft  von  den  „Winkerflaggen"*)  Ge- 
brauch zu  machen. 

Solcher  Signalstationen  h:it  sich  (reneral  Lee  im  Sezessions- 
kriege vielfach  bedient.  Er  war  intolgedessen  über  die  Bewegungen 
des  Gegners  stets  gut  unterrichtet  So  wurde  er  z.  B.  durch  die 
Mt'itiüugen  Heiner  Signaislationen  frühzeitig  benachrichtigt,  dafs 
Grant  im  Mai  18H4  seinen  Vormarsch  in  stldlicber  Richtung  wieder 
autnabm.  Lee  kam  ihm  zuvor  und  legte  sich  bei  Hannover 
Juuktiou  vor.") 

Wenn  erst  die  KavalleriedivisioQ  mit  „Funken wagen"  aas- 

>)  S.  KaT.-i:^L  Ziff.  19  und  „Vonefanft  fOr  den  Oetnuch  von  Winker- 
flüggen". 

')      „Studien  über  Kriegführung."    8.  Heft    8.  89. 
J»krbft«ii«r  ttt  di»  dsatiolia  AniM  uad  Mario«.   No.  39>.  46 


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Die  Teohnik  im  Dieoit  der  operatiTen  Tätijrkeit  einer  K*T*Ueriedi?iaigiL 


gestattet  sein  wird,  um  den  „Kavallerie-Telegraphen*'  durch 
die  „Fuii  iitele^rraphie"  zu  ergänzen,  wird  es  nicht  schwer 
fallen,  selbst  noch  längere  Linien  als  die  hier  besprochenen,  vor 
feindlichen  Zersiorungea  zu  bewahren.  In  vollem  Umfange  wird  dies 
freilich  erst  möglich  sein,  wenn  es  gelungeu  ist,  die  Fuukeuwii^'eu 
beweg:!i(*her  zn  gestalten  und  die  Stärke  der  elektrischen 
Wellen  so  zü  bemessen,  dafs  sie  nicht  über  die  eigeueu 
Apparate  binaus<:ehen.  In  beiden  Beziehungen  ist  man  auf  dem 
richtigen  Wege.  Gelingt  es  endlieh  —  und  die  neuesten  Versucht 
deuten  daraut  hin  —  den  sich  ausbreitenden  abgestimmten  Welleo 
eine  ganz  beHtimmte  Richton^  zu  geben,  so  dafs  jedes  Mitlesen  vou 
Depeschen  durch  den  Feind  ausgeschlossen  ist,  so  würde  die  militä- 
rische Beuut^barkeit  der  Funkentelegraphie  in  jeder  Beziehung  ge 
währleistet  sein.  Welchen  Vorteil  sie  besonders  für  die  Verbindung 
der  Aufklämngseskatirüub  mit  dem  Gros  der  Ktivaileriediyision  iiabcn 
wtlrde,  liegt  aul  der  Hand.^) 

Za  C:  Tätigkeit  der  Pioni  r  rabteilung. 
1.  Brückenaerstoj  ungen. 

Aul  der  5  km  langen  Mlawkustrecke  waren  sämtliche  fUüf 
Brücken  zur  Zerstörung  vorbereitet  worden.  Wie  verderblich  es 
werden  kann,  wenn  man  auf  dem  Kückzug  eine  Brück enzerstilruog 
Übersieht  oder  eiiuT  solchen  wenig  Bedeutung  beimilst,  beweiseii  die 
letzten  Tage  des  Sezessionskrieges: 

Am  6.  April  1865  trat  die  kouföderierte  Armee  Lee 's  auf  d;is 
linke  Ufer  des  Appomatox  Uber.  Die  unmittelbare  Verfolgung  durch 
die  P^öderierten  stockte  bald,  weil  die  Brii i  ke  Uber  den  Appo- 
matox abgebrochen  und  der  Flufs  bei  dem  augenblick- 
lichen Hochwasser  nicht  zu  durchfurten  war.  Weiter  nördlich 
gelang  es  indessen  dem  II.  Korps  Humphrey,  eine  nocii  auwr- 
sehrtt'  BrUckc  in  die  Hand  zu  bekommen.  Dadurch  entstand  neuer 
Aufemball,  es  gewann  Sheridans  Kavaileriedivision  Meritt  Zeit,  süd- 
lich Uber  Prince  Eduard  C.  H.  ausholend,  sich  am  8.  April  abends 
bei  Appomatox  Station  quer  Uber  die  femdiiche  liückzugsstraüe 
vorzulegen,  wodurch  am  9.  April  die  WafiTenstrecknog  der  Armee 
von  Nordvirgiuien  herbeigeführt  wurde. ^) 

'  )  S.  „T>ie  Telegrn])hie  im  Kriege."  Von  Schott,  Oberleutnant  im  Telt*- 
grapht:ubataülon  No.  Ö.  Kne^stechni.sche  Zeitschrift  1908  10  lieft  8.  599 
bis  614.  [Kavallerie-Telegraph  S.  640,  Optische  Telegraphie  (Wiiikerflaggen 
und  das  ,«grofse'<  Feldsignalgerib)  S.  006—610,  Funkentelegraphie 
S.  610—618  ]  Ferner:  «Die  Anwendung  der  Elektrixit&t  fOr  mflitiriecbe 
Zwecke."  Von  Dr.  Friedrich  Wllchter.  Lelpiüg  1904.  (Von  besonderem 
Interei^He  2.  Abschnitt.) 

S.  »Studien  über  Kriegfuiirung."   Ä.  Heft.   S.  1Ö4  u.  m. 


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Die  Techixik  im  JJiuoHt  der  operaiiven  iütigkeii  eiaor  KavaUeriedivitiioa.  t)85 


Teebniseb  ist  an  der  Hlawka  die  VerwendiiDg  des  Oltth- 
xUiidapparats  niehl  ohne  Interesse.  Wie  sobon  erwähnt,  sind  die 
Brucken  bei  Kl  Torza  die  wichtigsten.  Sie  werden  Toraoasichtlieb 
am  längsten  benntxt,  deshalb  ist  ihre  Erhaltung  so  lange  als  mOglioh 
notwendig.  Nnn  bietet  die  elektrische  ZOndnng  taktisch  den 
grolsen  Vorteil,  dals  sie  Ton  einer  fern  gelegenen  Zttndstelle 
aas  in  jedem  gewttnschten  Angenbliek  vorgenommen 
werden  kann,  sie  ist  also  bei  Rttcksngsgefechten»  namentlich  bei 
der  grolsen  Beweglichkeit  einer  KaTalleriediyision,  von  nnschätas- 
barem  Vorteil.  Da  die  beiden  Brucken  dicht  hintereinander 
liegen,  so  ist  es  mOglich,  beide  gleichzeitig  za  sprengen.  Denn 
der  Gltthztlndappaiat  ist  imstande,  bei  Gesamtleitnngslänge  bis  zn 
1200  m  —  Leitnngsdraht  der  Feldaasrttstnng  —  die  gleichzeitige 
Zttndnng  von  50  mit  Glllbzttndern  ver>  _ 
sehenen  Einzel ladongen  zn  bewirken.*)  (v^^TT" 
Bechnet  man  Ar  jede  Brttcke  3  Joche  zn  7  I- «  ^  ■  8 
Pfählen,  so  ergeben  sieb  als  GesamtUulnng  Bild  38. 

2  •  3  -  7  s=  42  Einzelladongen,  welche  anf    Sprengpatrone  neueier 
einmal  zar  Detonation  gebracht  werden 
küiioen. 

Die  übrigen  H  BrUckeii  bei  Slomka-Mühle.  Lewiczyn  ond  Zwo- 
raden  mUs^eu  durcli  Leitteuer  zerstört  werden.  Da  hier  Versager 
vorkommen  können,  empfiehlt  es  sich,  jedes  Joch  mit  eiuer  Reserve- 
zUndung  zn  versehen,  nm  nötigenfalls  sofort  weiiigäteiis  eine 
BrUckensperre  darcb  Sprengung  eines  Joches  herbeizuführen  und 
dadurch  den  Feind  aufzuhalten.  Wie  verderblich  das  Unterlassen 
der  Anbringung  einer  ReservezUndung  werden  kann,  beweist  die 
Kriegsgeschichte  Öfters.*)  Seit  EinÄlhmDg  der  neuen  Spreng- 
patrone —  mit  3  Zttndkanäleo  statt  mit  einem  (Bild  33  j  —  ist 
die  Anbringung  einer  ReservezIlDdung  erleichtert  nnd  die  Deto* 
nationsflbertragung  mehr  gesicberik. 

Erscheint  dem  Divisionskommandeur  die  mögliehst  lange  Er- 
haltung der  Brücke  von  Lewiczyn  ebenso  wiehtig  als  die  der  Brücke 
von  Kl.  Turza,  so  bleibt  der  Pionierabteilung  nichts  anderes  übrig, 
als  etwa  nach  IVüd  :54  zu  verfahren  und  beide  Brucken  sowohl  fUr 
elektrische  Zündung'  wie  für  Leitfeuer  vorzubereiten,  da 
*rnan  im  vorau-^  aieht  wissen  kanu,  an  welcher  Stelle  der  einzige 
GiüJüzuudapparat  der  Abteilung  verwendet  werden  wird.    Eine  Um- 

1)  S.  „SprengTorschriit**   Anhang  U.  Ziffer  6. 
*)  S.  Goetse.        Tätigkeit  der  dentsdian  Ingenieure  und  teehnischea 
Trappen  im  deotacb-fnnzCsischeo  Kriege  1870/71.  II.  TeSL** 

46^ 


686   i^iö  Teobnik  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeit  «Anw  KwalltiMvlilaa. 

wHiidluitg  des  48p.,  noch  dazu  2079  kg  sohweien  und  dadnnb 
schwerfälligen  Gerätewagens  io  Bwel  28p.  Fabneoge  mit  je  der 
Hälfte  Inhalts  würde  der  AMImig  auch  2  CftttliatodappaMte  nr 
Verlugun^'  stellen,  ganz  abgesehen  daTOO,  dafa  dadiuroh  die  Beweg- 
lichkeit der  Pionierabtollimg  erbObt  weiden  kttonte. 


Erläute  rungo  n: 

n  Glühzünder    l«ür  elcklrLnche  Zaadan« 

?  mit 
6  Kreisleitung  (Detou»tion»ül»ertni,giu»f 

c  Sprengkapseln  zur  Detonationsüber* 
tragung  für  elektrische  Ztta- 
dang  oder  für  ZOndnng  doieb 
Leitfenert 

d  Zündnng durch  Leitfeuer  (GutU- 
perchazündschnur  m,  Sprengkapsel) 
Gleichzeitig  IteservezünduDg. 
falls  die  elektrische  Zündung  nüts- 
lingen  sollte. 

Für  unvorhergesehene  Fälle  müssen 
aulserdem  2  gestreckte  Ladungen 
in  Breite  der  ganaen  Brückenbahn 
bereitgehalten  werden. 


BUd  84. 

Vorbereitung  einer  Pfahljochbrücke  «nr  ZerBtörung  durch  elekbfiBdie 

Zündung  oder  durch  Leitfeuer. 

2.  VerteidlgunsssteUiiiigea  einer  Kavalleiiedivision. 
„VerteidiguDgssleUnng**  und  „operative  Tätigkeit  einer 
KavaUeriedivision'*  passen  sobeinbar  wenig  zueinander.   Aber  nor 
seh^nbar!  Die  Worte  W.  52  des  IL  TeUs  des  Ex.-Bglt8.  fhr  die 
Infanterie: 

«Bei  der  gegenwiitigen  Wirknng  der  Fenerwafifen  gewinnen 
kOnstliobe  Deekangen  erhöhte  Bedeutung.  BechtEeitig  am 
itehtifieB  Plüls  hergestellt,  leisten  sie  den  Ttappen  und  ihrer  Fuh 
rong  wichtige,  znweUen  nnentbebrliche  Dienste«  richten  sich  ebenso 
gut  aneb  an  eine  KaTalleriedivisieo,  vielleicht  mit  noch  mehr  Be- 
rechtignng.  Die  Kayatterledivision  Ist  dank  ihrer  BewegUehkeit  in 
der  Uge,  Befestigimgen  reehtseitig  hcisteUen  zu  lassen.  Das 
schnell  Hergestellte,  Nene  nnd  Ungeahnte  wird  aber  dem 


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Die  Teohnik  im  Dioiist  dm  operttüven  TItigIcelt  «ln«r  KmvMMüMoi^  687 


Feinde  unbequem  sein,  ihm  imponieren,  wie  es  die  Tage  von  Sebasto- 
po!  mid  Plewua  bewiesen  haben.  Einfach  freilich  und  doch  wirk- 
sam müssen  die  Befestigangsf ormen  sein,  welche  ein  Kavallerie- 
divisionskonmiandeur  anordnet.  Trotz  geringen  Umfangs  der  einzelnen 
Befestigungsanlagen  kann  die  Aasdehnimg  der  Stellung  einer  Ka- 
valleriedivision eine  weit  gröfsere  sein,  als  die  einer  infauterie- 
division,  namentlloh  seit  Beigabe  von  Maschinengewehrabteilungen, 
die  künftig  dem  Führer  es  ersparen  werden,  einen  Teil  der  Reiter 
absitcen  zu  lassen  und  vielleicht  opfern  zu  müssen.  So  stehen 
Verteidigungsstellungen  von  Infanteriedivisionen  und  Ka- 
valleriedivisionen im  umgekehrten  Verhältnis  zu  den  Ge- 
feofatsstärken,  Material,  Zeit  und  Widerstandsfähigkeit. 

Dafs  durch  derartige  vStellungen  in  früherer  Zeit  Krbebiiobes 
geleistet  wordeu  ist,  beweist  ebenfalls  der  Sezessionskrieg: 

Im  Mai  1861  gelang  es  Stnarts's  Aeitem  unter  geschickter  Aos- 
natzong  der  Feldbefestigung  die  Unionsannee  unter  Somner  derart 
aafzahalten,  dafs  sie  an  diesem  Tage  nicht  zum  Anfmarsch  zur 
i^kiaobt  bei  WiUiamsborg  kam: 

„Als  sich  am  4.  Mai  nachmittags  die  bei  Longstreets  Division 
befindliche,  1200  Pferde  starke  Kavalleriebrigade  anter  Befehl  des 
Obersten  Stuart  toq  Stonemanns  Reitern  gedrängt  sah,  liefs  ihr 
Führer  sie  in  dem  waldigen  Gelände  zum  Fulsgefecht  absitzen 
und  seine  reitende  Batterie  (Pelheam)  in  eine  östlich  Williamsburg 
angelegte  Verschanzung  einfahren.  Dieses  Werk  bildete  mit 
mehreren  anderen  eine  zweite  Verteidigungslinie,  die  sich  hinter  dem 
Queens  Oreek  (juer  über  die  Halbinsel  erstreckte  .  .  .  Stonemann 
konnte  aut  diese  VV'eise  nichts  ausrichten  und  sah  sich  ge- 
TH>tigt,  das  Eintreffen  der  föxderierten  Infanterie  abzu- 
warten.') 

In  noch  grttfserem  Malsstabe  nutzte  Sheridans  „Kavaileriekorps" 
—  lOCKX)  Reiter  in  3  Divisionen  —  die  Feldbefestigung  aus,  und 
zwar  derart,  dals  die  Vorposten  gute  Stelluiiiren  auswählten,  leicht 
befestigten  and  so  den  Feind  dorob  Feuergefecbt  aufhielten. 

3.  Brückenschlag  mit  dem  Kavalleriebrückengerät  bei  Zielim. 

Eine  Kavallerie,  welche  in  ein  von  Ft  inden  besetztes  Gebiet 
eifibrielit,  um  den  feindlieben  Vormarsch  zu  erschweren,  den  Gegner 
zu  beunruhifren  und  zu  schädigen,  wird  damit  rechnen  müssen,  dafs 
sie  ihren  Rückzug  verlegt  findet.  In  einer  solchen  schwieri^n-n  Lage 
befand  sich  Stuart  am  12.  Oktober  1862  in  Pennsylvanien,  als 

1)  S.  ,3tudien  aber  Kriegfühnuig- .  I.  Heft,  6.  46  und  47. 


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688    I^i®  Technik  im  Dienst  der  operativen  l'ätigtiLcit  einer  KavaUeriedit'ision. 

StoiiemaDDs  Heiter  und  PleasontonB  Kavalleiiebrigadc  ihm  den  Rück- 
zog zwischen  der  MoDOcacy-MUodimg  und  Poolesville  dareli  die 
einzige  dort  vorhandene  Fort  im  Potoroae  Terlegten.  Kacbdem 
Stuart  die  Karalleriebrigade  Pleasonton  geworfen  nnd  die  200  Mann 
lofuiterie,  welche  die  Furt  besetat  hielten,  dorch  das  Fener  seiner 
reitenden  Batterien  Tertriebeu,  ^ilaug  es  ihm.  glücklich  das  reehte 
Ufer  des  Potomae  zo  erreichen,  ehe  die  von  Poolesville  anrückende 
Kavallerie  Stonemanns  znr  Stelle  war.  Die  Fort  erwies  sich  als 
gangbar  und  der  den  Flnfs  begleitende  Kanal  war  aasgetrocknet. 
Bei  nngttnstigen  Wasserverbtttnissen  wäre  Stoart  ohne  Aasrttstnng 
mit  Brttckenmaterlal  schwerlich  davongekommen.') 

Daher  ist  die  AnsrUstang  heotiger  Kavalleriedivisionen  mit 
leichtem  Kavalleriebrttck engerät  von  besonderem  Wert^ 
namentlich  znm  Überbrttcken  schmaler  Flösse,  wo  das  GerSft  znm 
Brttckenschlag  ansreicht^  doch  anch  breiterer  Waaserlänfe  nnter  Br- 
gänznng  doroh  Behelfsmaterial.  Aber  selbst  bei  Obersehreitnng  von 
sehr  breiten  Fitlasen  wird  eine  Kavalleriedivision  sich  za  helfen 
wissen.  Es  werden  sich  Stellen  finden,  wo  die  Kavallerie  den 
Strom  durchforten  oder  dnrchschwimmen  kann,  während  die  Artillerie 
und  MascbiuengewehrabteiloDg  auf  den  6  Rnderfähren  ttbergesetzt 
werden.  Freilich  bedarf  die  Führung  der  grolsen  Bagage  ond  der 
leicht  n  Munitionskolonne  besonderer  Überlegung. 

Von  Hedeatong  ist  die  ittr  den  Übrnrang  oder  das  IJbersetzen 
erforderliche  Zeit.  In  unserem  Beispiel  konnten  bei  Zielon  aof 
Jeder  Brtlcke  tibergehen  (s.  1.  b.  5): 

3  Kavallerieregimenter  =  10  Eskadrons  =  10  •  90  •  2,40   2160  m 

1  reitende  Batterie  (Gefeehtsbatterie)   300 

'/a  Masobinengewehrabteilang  150  ^ 

'/i  leichte  Mnnitionskolonne  200  » 

V,  grolse  Bagage   .    1000  ^ 

Sa.   3810  m 
rond  4000  » 

oder  1  Stunde  Kberg«i;i;8daner. 

Diese  Zeit  mols  durch  das  Fenergefeeht  der  Brückenkopf- 
beaatanng  anf  dem  linken  Soldannfer  gewonnen  werden,  während 
die  Division  tlbergehi  Nach  dem  Blicksog  der  Brttckenkopfbesainmg 
selbst  handelt  ee  sich  nm  Bergung  des  KavalleriebrIIckengeräte  — 
etwa  '/a  Stunde.  In  solchen  Lagen  werden  sich  gerade  die  Ma- 
schinongewehrabteilungen  künftig  recht  nützlich  erweisen  können. 

Es  leuchtet  ein,  welchen  Wert  eine  indinkte  Verfoignng  hat 

1)  S.  „Studien  über  üriegführung'*.  2.  Heft,  S.  12—16. 


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Die  Technik  im  Dienst  der  operativen  Tätiglieit  einer  KavaUeriedivision.  689 

neben  einer  direkten.  Eine  den  Feind  unmittelbar  verfolgrende 
Kavallerie  wird  schon  am  nächsten  Abschnitt  aut  Widerstand  stufsen 
und  fortgesetet  selbst  durch  schwächere  Arrieregarden  anfgehalteu 
werden.  Mehr  Erfolg  wird  sie  haben,  wenn  sie  dem  zartlckgehenden 
€^^^er  die  Flanke  abgewinnt,  wie  es  z.  B.  nach  der  Schlacht  von 
ManaBsas  (SO.  Augnst  1862)  geschah,  wo  Lee  die  Ravalleriedivieion 
Stuart  biigadeweiee  gegen  die  Flanken  des  Feindes  vorgeben  liefsJ) 
Den  grOfeten  Erfolg  heimst  die  veHolgende  Reiterei  ein,  wenn  es 
ihr  gelingt,  in  den  Rtteken  deB  feindlichen  Rückzugs  zn  kommen, 
wie  z.  B.  die  KavaUeriediTision  French  vor  der  Kapitnlation  Grolles 
bei  Paardeberg^  oder  die  KaTaUeriedivision  Orook  vom  ^Karallerie- 
korps"  Sheridan  bei  Appomatox  Station  *)  Es  genttgit  zwar,  wenn 
die  Kavalleriediiision  bei  solcher  Lage  ttberhaapt  da  ist,  der  Erfolg 
ist  aber  wohl  am  grOfsten,  wenn  sie  an  einem  Abschnitt  im  Rücken  des 
Feindes  sieh  vorlegen,  BrIlekenzerstOrongen  Tomebmen  kann  und  den 
Feind  so  lange  anfhält,  bis  die  nachfolgende  Infanterie  nnd  Artillerie 
den  Sieg  vollenden. 

Der  5.  J  a  1  i. 

A.  Ereignisse  bei  der  1.  Kavalleriedivision.  Nachrichten. 

Anordnungen. 

Bri  Zielun  war  am  FrUhmorgen  des  5.  Juli  nach  anstrengendem 
Nachtmarsch  ein  Bataillon  und  eine  Batterie  der  1.  Infanterie- 
division eingetroffen.  Diese  Truppen  besetcten  den  Brttckenkopf  von 
Zielon  nnd  sicherten  die  dortigen  KavaUeriebrtloken. 

Die  L  Kavalleriedi Vision  sammelte  sieh  morgens  östlich 
Straszewy  und  ging  nach  Sarnowo  vor,  welches  von  der  Pionier- 
abteilung^ fluchtig  zu  Verteidignng  eingerichtet  wurde. 

Kacbdem  es  gelungen,  hier  einigen  Aufenthalt  zu  bereiten,  wich 
die  Division  nach  Zielon a  aus.  Der  Kavallerietelegraph  auf  dem 
linken  Soldaunf  er  war  vorher  zurUckgebaut.  Die  leichteMunitions- 
kolonne  verblieb  vorläufipr  in  Zielun  nnd  ergänzte  ihre  Bestilnde 
ans  dem  Munitionsdepot  Lauten  bürg. 

Nach  den  Meldungen  der  Aofklärongseskadrons  und  den  Mit- 
teilnngen  des  Generalkommandos  1.  Armeekorps  war  die  Lage  der 
roten  Armee  am  Nachmittag  folgende: 


1)  S.  .«Stadien  Aber Kriegfflhnmg».  I.Heft»  S.  119—118  u.  S,  1$S->188. 
*)  Ebenda.  B,  Heft,  S.  188—184  u.  S.  141—142. 


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690  ^  Teobnik  im  Dienst  der  operttfrea  Ttttigkeit  einer  KtTaUerfedlfiriM. 


„Das  III.  Aimeekojrps  ging  ui  Lesern  Tage  oieht  Uber  die 
Linie  Cboyaowo — Saniowo — Lonzek  iiiiiwu, 

dae  IL  Aimeekoipfi  nieht  tlliw  Hohendorf— Skoipien — ^Ifiosloj. 

Das  I.  Änneekorps  enelobte  das  Lindenanei  Flieft. 

Vor  dem  roten  L  Armeekorps  war  die  rote  1.  Karallerie- 
di^ision  ttber  Thalheim  anf  Usdan  vorgegangen,  jedoeh  tw  der 
blanen  2.  KavalleriediTision  bei  Obersebreitong  des  Grabena 
awiscben  Frödau/Usdau  angefallen  nnd  geworfen  worden/' 

Alle  Meldungen  lieisen  erkennen,  dab  die  rote  Armee  eine 
Lanksscbwenkang  ansgefbbrt  batte. 

Der  RommaDdeur  der  blaneo  1,  KaTalleriedivision  traf  am 
Naebmittage  folgende  Anordnungen: 

Die  Division  ^geht  in  ein  Ortsbiwak  bei  Zoromin. 
Die  kleinen  Ortschaften  Cierpigorz  (2.  KaT,*Bng.),  Dombrowa  (L  Kay.* 
Brig.),  Wiadrowo  (3.  Kav.-Brig.)  können  mitbelegt  werden. 

1  Eskadron  (1.  Kay.-Brig.)  hält  Zielona  besetzt. 

2.  Die  Fionierabteilnng  stellt  bei  Lubowidz  über  die 
Soldan  zwei  Brtteken  ans  unvorbereitetem  Material  her  und 
bereitet  sie  zur  Sprengung  vor.  Das  Dorf  wird  heate  Abend 
durch  eine  Kompagnie  vom  Zieloner  Bataillon  besetat  nnd  zur 
Verteidigung  eingerichtet. 

3.  Durch  den  Kavailerietelegraphen  werden  folgende  Ver- 
bindungen hergestellt: 

Staatstelegraphenleitung')  Zoromin — Lubowida  dnreb  eine 
Telegraphenpatrouille  der  2.  Kav.-Brig., 

Kavallerieleitung  Znromin — ^Zielona  dnreb  eine  Telegrapben- 
Patrouille  der  1.  Kav.-Brig., 

Kavallerieleitnng  Lnbowidz — Zielon  doreb  eine  Telegrapben- 
patrouille  der  3.  Kav.-Brig. 

4.  Die  reitende  Abteilang  hat  leere  Munitionswagen  naek 
Lnbowidz  zurückzuschicken,  wo  9°  abends  die  leicbte  Mnnitions* 
kolonne  (bis  jet/J  in  Zielun)  eingetroffen  sein  wird. 

5.  Die  Kavalttrieregimenter  ergänzen  ibren  Bedarf  an  Spreng- 
munition ans  dem  Int'anteriepatronenwagen  Kr,  2,  welcher  zur  Neu- 
fuilung  nach  Lubowidz  anrttckgeht,  wohin  vom  SprengmnnitLonsdepot 
Lanteoburg  Bestände  Torgezogen  werden." 

B.  Tätigkeit  der  Pionierabteilung  bei  Lubowidz. 

Sehon  beim  Ausweioben  der  Division  nach  Zielona  hatte  der 
Diviflionakommandenr  den  Fttbrer  der  Pionierabteilang  daianf  bin- 

Mittekt  Anschiufsroile  nach  Bild  12. 


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Dil  TMhnik  i»  Dianat  der  openttven  T&fcigkeit  emer  KaviUeriediviakm.  691 


gewiesen,  dafe  voraassichtlich  uoch  heute  ein  Brückenschlag  bei 
Labowidz  erforderlich  werden  würde.  Der  Führer  der  Abteilung 
hatte  daher  einen  Unteroffizier  (Radfahrer)  unter  Bedeckung  dreier 
Kürassiere  nach  Zurorain  und  Brudnice  entsandt  mit  dem  Auftrag, 
Bebel fsmaterial  (auch  Touueo)  beizatreiben  und  aof  Wagen  nach 
Lubowidz  —  dort  auch  Beitreibang!  —  zu  befördern. 


Die 


Pionierabteilung 


traf  gegen 


5°  abends 


in  Lubowidz  ein. 

Der  lüfanteriepatronenwagen  Nr.  1  —  am  4.  Juli  in  Lautenburg 
neu  gefüllt  —  war  mit  der  leichten  Munitionskolonne  von  Zielun 
nach  Lubowidz  herangezogen,  so  dafs  zu  den  ZerstörongBrorberei- 
tangen  Sprengpatronen  verwendet  werden  konnten. 

In  Lubowidz  wurde  zunächst  die  vom  Feinde  zerstörte  Brttcke 
(nach  Bild  wiederhergestellt,  am  so  schnell  wie  mOglich  wenig- 
stens  eine  feste  Verbindung  sn  haben.  Die 
Breite  der  Soldau  betrag  hier  ca.  35  m  (An- 
nähme). Die  Brttcke  war  in  3'/a  Stunden  — 
gegen  9°  abends  —  heigestelli  Sobald  ein- 
zelne Pioniere  verfügbar  worden,  Uefs  der 
Ftthrer  vorbereitende  Arbeiten  für  den  in 
der  Frtthe  des  6.  Jnli  ananifllhienden  Bau 
einer  zweiten  Brtteke  Yomehmen  (Anasnehen 
der  HOhser,  Zuzpiteen  der  Pflhle  Air  die  m  rammenden  Pfahl- 
joehe  new.). 

Um  10®  abends  bezog  die  Abteilung  Oilebiwak  in  Lnbowidz,. 
geaiehert  dnreh  die  von  Zielon  gegen  8®  abends  eingetroiPene  In» 
fimteriekompagnie. 


BUd  86. 


Betrachtungen. 
Zn  B:  Tätigkeit  der  Pionierabteilnng. 

Ans  dem  mit  Behelfsmaterial  ansgefilhrten  Braekensohlag  bei 
Lnbowidz  geht  herror,  wie  wertFoll  das  „KaTalleriebrlleken- 
gerftt*"  flir  ebe  KavalleriediTision  ist.  Letrteres  war  bd  Zielnn 
dngebant.  Die  dort  hergestellte,  dnreh  In&nterie  nnd  Artillerie  be- 
setzte Brfleke  maehte  die  KaTalleriediTision  in  ihren  OperaSimien  aat 
dem  linken  Soldanoler  nnabhingiger.  Wilie  das  KaTaUeriebitteken- 
gerSI  bei  Lnbowidz  zum  Einbau  ▼erfligbar  gewesen,  so  bitten  sieh 
folgende  Vorteile  ergeben: 

l  BohnelUgkflit  das  Brflekenscrtilagea. 
Bd  Verwendung  toh  Behelfsmaterial  wurden  etwa  4  Stunden 


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^92  ^  Teeimik  im  Dienst  der  operatlTea  llttigkeit  eioer  Kavatteriedirite. 

gebrancht.  Mit  dem  KaTalleiiebrttckeogerät  wäre  die  Brtteke  in 
spätestens  1  Stande  fertig  gewesen. 

2.  WegfUl  der  Vorbereitungen  fOr  die  BruekeDBerstörangen,  da 
durch  den  Rlickbaa  des  KaTalleriebrttckengerfttB  gleiehzeitig  eine 
BrUckenzerstttrang  in  giOlstem  Umfange  herbeigeführt  wird. 

Es  ist  fragUeh,  ob  bei  Verwendung  von  Behelfsgerät  immer  so 
viel  Zelt  xnr  Vetfbgimg  stehen  wud,  wie  hier  angenommen.  Dann 
mnfs  man  sieh  mit  den  einfachsten  Mitteln  begnügen,  wie  es  x.  B. 
Stuart  auf  seinem  ersten  Raid  tai  Er  war  mit  1200  Reitern  and 
2  Gesehtttaen  der  reitenden  Batterie  Pelheam  am  13.  Jnni  1862 
•Östlich  Bichmond  anfgebroehen,  tibeiritt  am  14.  Juni  bei  HannoTer 
C.  H.  die  feindlichen  Vorposten,  zersprengte  2  feindliche  Eskadrons, 
zerstörte  die  Eisenbahn  White  Hoose-Ricbmond  and  erreichte  am 
15.  Juni  den  Chickahomini.  Hier  traf  die  Meldung  ein,  daCs  die 
feindliche  Kavalleriebrigade  Averill  im  Anmarsch  sei.  Zeit  war 
nicht  zu  Ter  Heren.  Stnait  liels  einen  Teil  seiner  Reiter  eine 
AnderegardenstellaDg  nehmen.  Die  flbtigen  Mannschalten  flUIten  schnell 
Bäume  und  stellten  einen  90  m  langen  Brttekensteg  her.  Die 
dort  befindliche  Brtteke  war  gründlich  zerstört  worden,  eine  in  der 
Nähe  befindliche  Furt  erwies  sich  als  ungangbar,  und  an  die  Her- 
stellung einer  Kolonnenbrttcke  war  nicht  zu  denken. 

Auf  diesem  schnell  errichteten  Brückensteg  gingen  die  Nicht- 
schwimmer mit  Waffen,  Sätteln  und  Ge|Aek  Uber.  Die  Schwimmer 
brachten  inzwischen  die  Pferde  schwimmend  Uber  den  Fluls.  Die 
zuerst  ttbergegangeneD  Eskadrons  Ter  breite  rten  dann  Tom  rechten 
Ufer  ans  den  Brttekensteg,  so  dais  es  —  treilicb  unter  greisen 
Schwierigkeiten  —  möglich  wurde,  selbst  die  Gesohtttze  hinflberzn- 
schaffen,  bevor  die  Brigade  ATeriil  herangekommen  war.') 

Auf  nordstaatlicher  Seite  hatte  man  den  Wert  eines  proTisorischen 
KaTalleriebrttckengerätes  rechtzeitig  erkannt.  So  war  das  „Kavallerie- 
korps^  Wilson  —  18000  Pferde  nnd  18  Geschtttze  —  mit  einem 
Brttckentrain  von  60  Wagen,  auf  ihnen  30  Leinwandpontons 
—  also  schon  damals  Faltboote!  —  ausgerttstet.  Ohne  einen  solchen 
Brttckentrain  wttrde  es  schwer  gehalten  haben,  in  28  Tagen  860 
km  zurttckznlegen  und  dabei  4  grOfsere  Flttsse  zu  ttbersohreiten.*) 


<)  S.  J9tMdie  Uber  KriegfOhrung*.   1.  Heft,  S.  62—64. 

S)  Ebenda.  8.  Heft,  S.  III  u.  „Die  Raids  der  Kavallerie*.  Beiheft  47 
zur  internationalen  Revue  über  die  geeamten  Armeen  und  Flotten. 
Januar  1904.   S.  24  u.  25. 


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Die  Technik  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeit  einer  KavalieriediTieion.  693 

Der  6.  Jali. 

A.  Tätigkeit  der  Pionierabteilung. 

In  der  Frühe  des  6.  Juli  baute  die  Abteilonc:  eine  I'fjihlioeh- 
brucke  (Spannuni:  5  m,  Joebe  mit  je  P,  Pfühlen  und  aijvvccliselnd 
2  Seitenstrehen)  und  /war  dicht  neben  der  wiederhergestellten 
Brücke,  um  für  beide  BrUekenspren^'unpen  eine  jremeinsanie  Leitnog: 
benutzen  und  die  Ladungen  beider  Brücken  gleichzeitig  zUnden  zu 
köDUin. 

Die  neue  i^faliljoebbrUcki'  war  iri  -ofj  Vorm.  fertigg'estellt. 
Schon  während  de^  Rrückeüschliiges  waren  die  Vorberei f ung^en 
zur  Zerstörnn<r  trcironnen,  die  unter  Leitung  des  Führers  durch 
1  Unteroff.  10  Mann  beendet  wurden.  Die  übrigen  2  Unteroflf. 
20  Fionirre  l)egaben  sieb  nach  Zieiun,  um  die  mit  dem  Kavallerie- 
brUckensre rät  herirestellten  BrUcken  /u rückzabaueu,  sobald 
die  Division  ihrer  nicht  mehr  bedurft»'. 

Die  bei  Lubowidz  stehende  Infaiitcriekoiupagnip  h^tte  vom 
Frilhmnrfren  an  das  Dorf  Huchtig  zur  Ve  rteidigun  *  1  m  i  i  c  htet. 
Die  dort  verblieheneM  Pioniere  ergänzten  später  die  Arbeiten, 
indem  sie  deu  >iordrand  des  Dorles  ööbeten. 

B.  Ereignisse  bei  der  I.  Kavalleriedivision. 
Nachrichten.  Anordnungen. 

Die  1.  Kavalleriedi?i8ion  sammelte  sich  um  6^  moi^ens  bei 
Zielooa.  Eine  Eskadron  war  voraosgesandt,  um  Goseiska  sn  be- 
setsen.  Als  die  Division  slldlieli  dieses  Ortes  eintraf,  trat  die  Spitze 
einer  feindUeliea  Avantgarde  aas  Choyaowo  heraus.  Die  reitende 
Abteilung  nahm  westlich  des  Fiiesses  Stellung  und  swang  den  Feind 
mr  Entwickelang.  Als  auch  von  Samowo  eine  f(ändUelie  Kolonne 
aller  Waffen  in  westlicher  Richtnng  vormarBchierto,  wurde  die  Stellung 
geränmi  Eine  Eskadron  besetste  den  Waldrand  am  Wege  Gosdska 
— Marssewnica  nnd  bereitete  hier  abermals  Aufenthalt,  während  die 
DivMon  den  südliche  Weg  Gosoiska— Straaeewy  einschlug.  Von 
hier  ans  wandte  sich  die  Division  gegen  die  nördliche  Kolonne, 
lieb  die  reitende  Abteilang  in  Stellung  gehen,  zwang  den  Feind 
nach  Süden  sich  sn  entwicken,  sam  Zeitverlust!  Nachdem  es  der 
sQdliehen  Maischkolonne  gelangen  war,  den  Widerstand  der  Eska^ 
dron  am  Waldrande  nordwestlich  Gosciska  zu  brechen,  als  femer 
Meldung  einging,  die  rote  (2.)  Kavalleriedivision  sei  auf  Kudz- 
buxg — Zielona  in  Anmarsch,  brach  der  Divisionskommandeur  gegen 
Mittag  das  Gefeeht  ab  und  ging  nach  Lubowidz  zurttck  und  dort 


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694    Die  Teohnik  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeit  einer  K&valleriediTiuoa. 

auf  diu  rechte  Soldaanler.  Die  Infanteriekompagnie  verblieb  sa- 
näcbst  Doeb  anf  dem  ÜDken  Uferi  die  Brneken  woiden  nicht 

gesprengt. 

Von  Lubowldz  ans  wnide  nach  Zielnn  telepbonisch  der  Befehl 
nun  Bofortii^en  Rttckbao  der  beiden  KaTalleiiebrItcken  gegeben, 
darauf  eoUte  die  dortige  Pionierabteilnng  (2  Untff.,  20  Hann)  mit 
den  12  EaTaUeriebraekenwageo  ttber  Adl.  Brinek  nach  Bessnitta 
rlloken  and  dort  weiteren  Befehl  abwarten. 

Die  rote  Armee  ttbenohrltt  an  diesem  Tage  den  Soldan — Welle- 
Absehnitt  niehi 

Sie  erreiehte  mit  Vortnippen: 

III.  AnneekorpB  die  Linie  Siraesewy— Koalae — Wald  von 
Rakan — Pncyrotki— Wy  lazlowo ; 

II.  Armeekorps  die  Linie  Oft,  Lensk — MoritEmh — Borken; 

I.  Armeekorps  die  Linie  EX  Taneisee— €rr.  Eoschlan — Seeben. 

Der  Verbleib  der  roten  1.  EaTalleriediTision  war  an  bekannt 

Am  Nachmittag  ging  vom  Generalkommando  L  Armeekorps  m 
Lantenbnrg  ttber  Zielon — Lnbowldz  folgende  telephonisohe  Nach* 
zieht  ein: 

„Die  1.  Infanteriedivision  geht  in  der  Nacht  anf  die  Linie 
Gorzno — Braniza^Httndaog  snrttck,  mit  deo  Hanptkrttiten  nach 
Oorzno,  daselbst  Korps-H.  Q. 

Die  2.  KayalleriediTision  —  bente  bei  Wompiersk  — 
wird  Yorlftofig  in  dieser  Gegend  belassen  and  den  feindlichen  Vor* 
maisch  in  der  rechten  Flanke  bennrohlgen. 

Der  1.  KavallertediTision  Terblelbt  die  bisherige  Aotgabc 

Das  Sprengmnnitionsdepot  wird  hente  abend  von  Laaten- 
borg  nach  Strasburg  anrttokTerlegt.^ 

Die  1.  EaTalleriediTision  beiog  hieranf  Ortsbiwaka  in  dem 
Banm  Gseski— Slniagora  (DIt.  Si  Q.)  —  Domhzowioe  mit  Vor- 
posten in  der  Linie  Bondzyn— Dsiwy— Pontki,  VerUndnng  mit  der 
Infanteriekompagnie  in  Lnbowida. 

Die  rechte  Aaiklttrangseskadron  (l./Ettr.  1)  Terblieh  an!  dem 
linken  Soldannfer»  besetste  BrndnieCi  stellte  dnroh  die  dauernd 
ttberwiesene  Tel^graphenpatronille  die  Verbindung  Brndnice— Sima^ 
gora  her  und  bereitete  ein  Joch  an  der  Brücke  bei  der  Muhle  Ton 
Bmduice  zur  ZerstOrong  Tor. 

Die  mittlere  und  linke  AulkUlnuigseskadron  (l./Ellr.  2  u. 
L  Drag.  1)  waren»  weil  durch  die  2.  EaTaüeiiediTinon  eraetsti  lu 
ihrer  Dirision  znrttcktreten. 

Die  Linie  Siniagora^Gorsno  wurde  durch  den  EaTallerie^ 
telegraphen  hergestellt  und  zwar: 


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Die  Teofaidk  tan  Dtontt  der  opeMtiren  TIttigkeit  einer  KaTelleriedMeion.  696 

Kavallerieleiinng  Siniagora — ^Plodemo  (2.  Kav.-Hrig.). 
„  Plociczno — Gorano  (3.  Kav.-Brig.), 

Sobald  in  Gorzno  der  Anschlafs  an  die  Chaasseetelegraphen- 
IdtaDg  (Bild  12)  und  dadarch  die  YerbindoDg  mil  Lautenbarg 
erreicht  war,  worde  die  Linie  Zielan — Labowidz  zarilckgebaat  oad 
daAlr  die  neue  Verbiadang  Labowidz — Pontki — Dziwy — Siniagora 
(I>iT.-H..Q.)  gelegt. 

In  der  Naobt  vom  6./7.  Juli  ging  TOm  Armeeoberkommando 
(Telegramm  ab  G^iandenz)  folgende  Naebricbt  ein: 

,,Die  YerBammlnng  der  Armee  (IL  III.  IV.  A.-K.  n.  2.  IdL-DIt.) 
iit  am  7.  Jnli  beendet  Am  8.  Jnll  beginnt  der  Vormaiscb  ans 
der  Linie  Enlmsee — ^Briesen — Rheden,  mit  dem  reehten  Flttgelkorps 
ttber  Gollnb  anf  Rypia»  mit  dem  linlLen  nnd  der  2.  Infanteriedivision 
Uber  Stiasborg.  Die  Etappenmunitionnkolonne  gebt  morgen  von 
Orandens  naoh  Jablonowo. 

Generalkommando  L  Armeekorps  wird  ersneht,  das  Defil^ 
von  Strasbnrg  fUr  den  linken  Flügel  der  Armee  offen  sn  halten.** 

SeUiljsbetraclitangen. 

In  der  Studie  ist  der  Versneh  gemacht  worden  zu  zeigen,  in 
welcher  Weise  dnrch  die  hentige  teehnisohe  Ansrttstting  einer 
Kavalleriedirision  die  Offensive  und  Defensive  noterettttzt  werden 
kann.  Dafo  hierfür  die  teehnisehen  Hilfsmittel  vollkommener 
sein,  bei  geringen  Organisationsändemngen  zweekmäfsiger  ver- 
wendet werden  köDnten,  wird  niemand  bestreiten  wollen.  Dies  m 
nntersneben,  lag  nicht  in  der  Aufgabe*  Es  sollte  nur  nachgewiesen 
werden,  welchen  Schatz  die  Kavalleriedivision  in  den  ihr 
durch  die  augenblieidiehe  (h^anisatien  aberwiesenen  teoh- 
niscben  Mitteln  besitzt,  am  darch  ihre  rechtzeitige  Ver- 
wendung an  richtigem  Platz  sowohl  der  Trappe  wie  ihrer 
Fuhrang  wichtige,  zuweilen  unentbehrliche  Dienste  zu 
leisten." 

Manchem  werden  die  Anforderangen,  die  der  Kavalleriedivision 
hier  aaf  technischem  Gebiet  fi^estellt  sind,  za  hoch  erscheinen.  Es 
dürfte  aber  praktisch  sein,  sich  stets  an  die  höchsten  Leistungen  zu 
halten  —  gerade  in  einer  langen  Friedenszeit  — .  Nur  was 
im  Frieden  grtlndlich  geübt  wird,  verspricht  im  Kriege  Erfolg! 
„Im  Kriege  aber  stimmt  sich",  so  sagt  Claosewitz,')  dnrch  den  Ein- 
flafs  unzähliger  kleiner  Umstünde*  die  auf  dem  Papier  nie  gehürig 

1)  „Vom  Kriege*,  1.  Buch,  7.  Kapitel. 


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696    Oie  Tecbnik  im  Dienst  der  operativen  Tätigkeit  einer  JbUvaileriediviüoa. 

in  Betracht  komiueD  kduneU|  alles  herab,  aod  maa  bleibt  weil  imxter 
dem  Ziel.'' 

Zur  Veransehanlichoiig  sind  vielfach  die  kriegsgeschichtUchen 
Ereignirise  uu»  dem  iiürdanierikauibuhcn  Sezessionskriege  in  Virginien 
aiifT^^'/tijrcn  worden.  Gerado  dieser  Krit'jx,  auf  beiden  Seiten  zwar 
Hill  mit  Milizen  geführt,  die  aber  während  des  vierjiihrifren  Krieges 
gui  p'>chulte  Soldaten  wurden,  dürfte  für  alle  diejeni^reu  Offiziere, 
welche  dereinst  in  einer  Kavalleriedivision  täti^^  sein  werden,  be- 
sonderes Interesse  erwecken.  Erstreekten  sieh  doch  die  Operationen 
dieses  Krieges  Uber  ein  Gebiet  von  mehr  als  der  zehnfachen  Aus- 
deiiuuii^  des  deutschen  Reiches!  ,.Für  den  Nachschub  waren  die 
Armeen  in  hohem  Grade  von  den  Eibenbahnen,  den  schiffbaren 
Strömen  und  Kanälen  abli;!n^n^%  und  der  Besitz  dieser  Verkehrsmittel 
wurde  daher  entscheidend  für  die  Operationen."') 

Alle  Mittel  der  daiiiaii^^eu  Technik  wardeu  io  zweck- 
mäfsiger  Weise  angewendet. 

So  verfügte  z.  B.  der  nordstaatliche  General  Sherman  Uber 
eine  wohlorganisierte  Telegraphentruppe,  um  das  Ober- 
kommando fortgesetet  mit  den  Korpsstäben  zu  verbinden,  über 
Eisenbahnbuukomp agni en  in  ausreichender  Weise,  so  dals 
die  Unionstruppen  durch  die  Zerstörangen  der  Konlöderierten  oft 
nur  nnerbeblicb  aufg^ehalten  worden.^) 

Die  Kavalleristen,  namentlich  die  der  Konfbderierten,  waren 
, ebenso  gesohicktePioaiere,  wie  gnte&eiter  und  SebllUea"*) 

Das  Kavalleriekorps  Wilson  aal  norctetaatlicher  Seite  besab, 
wie  schon  erwähnt,  sogar  einen  leichten  KaTal)erie-BrttckeD> 
train  von  dreifsig  Leinwandpontons. 

„Wenn  anoh  die  besonderen  Verhältnisse  jenes  Feldsnges  ein 
nnnittelbaies  Obertragen  des  dort  Erfahrenen  nnd  Gettbten  anf  den 
eoropäisehen  KrlegBSchanplatE  nioht  angängig  enebeinen  lassen,  so 
zeigen  die  Ereignisse  des  Bttrgerkrieges  gerade  in  bezng  auf 
KayalleriOTerwendnng  viel  Lehmicbes,  ja  MnstergttttigM/'  so 
nrteilt  General  t.  Pelel>Narbonne  Uber  „La  GaTalerie  Amerieaine 
dans  la  Gnerie  de  la  Seeession.^*) 

Gerade  das  Anwachsen  der  Heere,  die  Verwendnog  von  sab!- 
reichen  Reserve-  nnd  Landwehrtmppen  in  Torderster  Linie,  die  Fort- 


»)  S.  „Studien  über  Kriegführung",  1.  Heffc^  S.  16. 

Kbeiulu.  8.  Heft,  JS.  12  u.  18. 
3)  Ebenda.    1.  Heft.    S.  68. 

*)  S.  ^ahrbftcher  fOr  die  Deutsche  Armee  und  Sffanne"  Nr.  888,  1904, 
Januarheft. 


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Batt^heu  m  6  oder  4? 


697 


entwiekelong  der  TecbDik  und  ihre  Nutsbarmachiuig  für  eine  m- 
künftige  Kriegftthnmg  mabDen  an  ein  eiDgebendeB  Stndiam  dieses 
eigenartigen  Krieges,  der  schon  beinahe  der  Vergessenheit  anheim- 
gefaUen  war. 

Nenbelebt  wnrde  dies  Stadinm  dorob  die  im  Torigen  Jahre  er- 
sehienenen  nnd  hier  vielfach  angezogenen 

„Stadien  Uber  Kriegfttbmng  auf  Grundlage  des  Nordameiikaniseben 

SexessionsiLrieges  in  Virginien**. 
,,Nach  wie  vor/*  so  sagt  Uber  dieses  Werk  des  M^ois  Freiherm 
fVcytag-Lonugboven  ein  Anonymas  im  H.-W.-B1.  Nr.  6,  1903, 
S.  172,  „bleibt  der  Sezessionskrieg  trete  «llei*  Fortsehritte  der 
Technik  einiß  nahezo  nnersehöpfliche  Fnndgrnbe  für  alle 
Fragen  der  Krlegitthrong'*. 


XXXV, 

Batterien  zd  6  oder  zu  4? 

Von 

Mari,  Leatuaot  im  3.  lothr.  Feidartilicrie-HegimcDt  üi.  69, 

komm.  Kriegsakademie. 


Zwei  verschiedene  Ziele  erstreben  die  Anhänger  der  kleinen 
Gesohtttzzabl.  IHe  einen  wollen  bei  Erhaltung  der  Gesam^esehtttz- 
zahl  die  Batterien  in  solche  m  4  umwandeln,  die  anderen  nach  dem 
Beispiele  Frankreichs  die  GesamtgeschOtmhl  nm  ein  Drittel  herab- 
setzen und  dafllr  mehr  Wagen  einstellen.  Die  erstere  Absicht  mag 
ja  in  rein  orgaoisatorischer  Hinsicht  manche  Vorteile  haben  —  dals 
Ihre  Ausführung  in  taktischer  und  fenerteohnischer  Hinsicht  jedoch 
anoh  eine  gewisse  Erschwerung  bedeuten  würde,  darauf  sei  km 
hingewiesen.  Jetzt  haben  24  Geschtttze  5,  beim  Aaffahren  fest- 
zulegende BatterieflQgel,  dann  hätten  sie  7!  Jetzt  haben  24  Ge- 
schtttze 4  Batteriechefs,  die  Befehle  bekommen  müssen,  4  Einschiefs- 
pnnkte  und  4  Zielabschnitfee,  dann  aber  hätten  sie  deren  61  Und 


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698 


B«tterieo  zu  6  oder  4? 


der  letztere  Umstaud  fällt  besonders  Ids  Gewicht  ist  es  doch 
schon  bei  den  Frieden sschielsUbnngen  im  Masseiiverbaude  oft  mit 
Schwierijsrkeiten  verbünden.  GabelschUsse  uud  Zielabschnitte  ans- 
einander  zu  halten.  Die  N'orteile  dieses  Projekts  sollen  zugleich 
mit  denen  des  anderen  betrachtest  werden.  Zunächst  aber  die  Nach- 
teile des  letzteren.  Die  Geschütz/^hl  wird  um  ein  Drittel  vermindert 
und  damit  auch  die  Geeamtgefecbtskraft.  „Gefecbtskrafl*^  —  das 
Wort  wird  man  beanstanden  and  daranf  liinweisen,  daf^  doch  daflir 
die  HnnitioD  Termebrt  werde,  einmal  absolut  dnreh  die  Scbailnng 
der  beiden  nenen  Wagen,  dann  aber  aoeli  noch  relatiT  dnreh  die 
Verminderong:  der  Gesehtttzzabl.  DaGi  die  alMBolate  Vermehrong 
einen  Vorteil  bedeutet,  ist  nicht  so  bestreiten,  dieser  Punkt  soll 
später  noch  berührt  werden,  den  Vortefl  der  relativen  Vermehrong 
aber  kann  ich  nicht  recht  einsehen.  Denn  es  kommt  doch  schliefb« 
lieh  ani  die  Gesamtsumme  der  Munition,  die  zur  Entscheidung 
Torhanden  ist,  an  und  nicht  darauf  wie  sich  diese  auf  die  einzelnen 
CkscbUtze  verteilt  Ist  nicht  auch  bei  der  Infanterie  die  Manitions* 
frage  brennend?  Und  doch  ist  deshalb  niemand  an!  den  Gedanken 
gekommen,  den  dritten  Teil  der  Leute  ohne  Gewehr,  aber  dafür 
mit  doppelter  Patronenzahl  geben  zu  lassen,  nur  tun  dadurch  die 
relative  Sohalszahl  des  Gewehres  zu  vermehren.  Gilt  aber  ähnliches 
nicht  auch  für  uns?  —  Zur  Erfüllong  des  Grefeohtszweckes»  also  zu« 
niohst  zur  Niederkämpfung  der  gegenüberstehenden  Artillerte,  brauchen 
die  Batterien  eine  bestimmte  Anzahl  Scbttsse,  sagen  wir  jede  Batterie 
X  Scbuls  im  ganzen.  Bei  den  grofsen  Batterien  versehiefst  davon 
jedes  Geschütz  X/6,  bei  den  kleinen  X/4.  Also  das  einzelne 
Geschütz  der  kleinen  Batterie  verschielst  dabei  andertbalbmal  soviel 
Schüsse,  als  das  der  grolsen,  die  Gesamtzahl  bleibt  gleich  und 
höchstens  die  Zeiten  sind  verschieden,  können  verschieden  sein. 

Denn  das  darf  wohl  nicht  bezweifelt  werden,  dals  in  allen 
Lagen,  in  denen  man  die  Feuerkraft  der  Batterien  voll  ausnutzt, 
Batterien  zu  6  in  derselben  Zeit  das  Anderthalbfache  der  Leistung 
der  Batterie  zu  4  liefern  können. 

Man  hat  dies  allerdings  bestritten  und  darauf  hingewiesen,  dafs 
die  Batterie  zu  4  bei  Sohnellfeuermaterial  ebenso  rasch  schiefst  wie 
die  zu  n.  Dals  aber  beim  französischen  Schiefsverfabren,  das  jetzt 
Uberall  als  Konsequenz  der  TTmhewaffnano^  gefordert  wird,  beim  ge- 
schutzweisen  Streufeuer,  sechs  Geschlltze  im  Vergleich  zu  veren  die 
anderthalbfache  Mnnitionsmenjje  in  der  gleichen  Zeit  herauswerfen 
werden,  liept  nun  doch  auf  der  Hand  und  ebenso  ist  es  bei  richtigem 
v^chneilfeuer"  auf  Nahziele,  ohrie  ZUnderweebsel.  Und  in  i  unserm 
Verfahren,  bei  lageoweisem  FeuerV   üier  miilsten  beim  SebueU- 


^  kjui^uo  i.y  Google 


Battarioi  m  6  ochr  4? 


699 


feaermaterial  die  KlUgelgeschUtze,  schon  fertig  gemaehti  warten, 
bis  ,,Fener  durch     kommtf  wird  behauptet.    Dae  ..Dittssen"  läfst 
sich  aber  bestreiteD.    Denn  wenn  man  statt  des  Kommandoe 
„Geschtttz-Feaer!"  einen  Wink  der  Zngfllhrer  einführt,  liann  die 
Feaergescbwindigkeit  so  enorm  gesteigert  werden,  dafs  auch  bei  den 
Batterien  zu  6  das  Flttgelgeschtttz  l^aam  wieder  fertig  sein  kann. 
Bei  aofmerksamen  Zugführern  klingt  dann  die  Lage  wie  eine  schlecht 
abgezogene  Salve   und   braucht  ca.  drei  Sekunden.    Kann   nun  in 
dieser  Zeit  auch  beim  Kohrrtlcklaufgeschütz  der  ZUnder  nen  'gestellt 
(wir  mtl'^sen  wohl  bei  Beibehaltung  der  Munition  96  mit  der  jetzigen 
Stellvorrichtung  recliiu  ii!),  eingesetzt  und  der  Verschluls  geschlossen 
werden V    Dazu  die  Kommandos  zur  nächsten  Lage,  die  doch  wegen 
der  Zahlen  besonders  gedehnt  und  deutlich  iregeben  werden  mtSs«en! 
Aach  wird  der  Batteriechef  doch  oft  die  neue  Lage  erst  komman- 
dieren, wenn  ein  paar  Schüsse  von   der  jetzigen   beobacht-et  sind. 
Man  probiere  dieis  doch  beim  Geschiit/.exer/ieren  aus,  indem  mau 
KohrrUcklaufgeschütze  annimmt,  also  das  Austreten  der  Leute  und 
das  neue  Richten  wegfallen  lalst.    Immer  wird  bei  einer  solchen 
Feuergeschwindigkeit  im  lagenweisen  Fener  selbst  bei  6  Geschützen 
eine  Pause  entstehen,  umsomehr  naiUrlich  bei  4  Geschützi n  nnd  — 
bei  Verlusten  in  der  Batterie!    Also  nicht  die  hohe  Geschlitzzahl  ist 
es.  welche  die  Batterie  daran  hindert  das  Schnellfeuermaterial  ganz 
auszunützen,  sondern  die  Technik  des  lagenweisen  Feuers  ist 
es,  die  schon  bei  sechs  und  mehr  noch  bei  vier  Sohnell- 
feuergescbtttzen  diese  Ausnutzung  hindern  kann.    So  ist 
denn  bei  dem  französischen  Verfahren  die  Wirkung  in  derselben 
Zeit  die  anderthalbfache,  beim  lagenweisen  Fener  bietet  die  Steige- 
rnng  der  Fenergesoh windigkeit  die  M5gliebkeit,  jedes  „Warten" 
eines  Gesohtttses  zn  yermeiden  —  daker  ancb  hier  die  andertbalb- 
faehe  Schnlszahl  in  derselben  ZeaU  Dalb  also  nnr  die  kldne 
Gesohttimhl  die  bessere  AasnUtsang  des  Selmellfeaennaterials  er- 
laube, lä&t  sieb  wobl  bestreiten.  F^dlieh  ist  ss  eine  andere  Fmge, 
inwieweit  man  diese  grtJlsere  Feuerkraft,  die  man  Terwerten  kann, 
aueb  ansntttsen  wird,  ZweifeUos  wird  man  sie  im  ArtUleriekample 
iiOobstens  im  Anfang,  nioht  aber  dauernd  ansntltien  wollen.  Will 
man  sie  aber  niebt  ausnutzen,  dann  kommen  allerdings  Momente, 
in  denen  die  sechs  Gesehtttie  nioht  mehr  leisten  als  vier.  Aber 
diese  NichtausnOtaung  der  Feuerkraft  ist  doch  an  sieh  kein  Nach- 
teil, so  wenig  wie  das  NichtausnUtien  des  Gewel^res,  wenn  von  den 
swei  Leuten  der  Botte  immer  nur  einer  abweohaelnd  sebielst  —  hu 
beiden  FttUen  bleibt  doeh  der  Vorteil,  dafe  die  grOIsere  Anzahl  Ge- 
schtltse  bezw.  Oewehre  fllr  kritisehe  Momente,  als  Ersatz  fttr  Ans- 


700 


Battorkn  n  6  oder  la  4? 


iall  a.  a.  zur  Stelle  Ut.  Der  Nachteil,  der  in  der  Anweeenheift 
ceitweise  nicht  ganz  ausgenutzter  Geschlltze  liegl,  kann  nor  aaf 
anderen  Gebieten  gesnoht  werdea.   Dies  ftthrl  ans  so  der  taktiacben 

Seite  der  Fra^. 

Dnrch  die  Verringerung  der  GeschUtzzahl  wird  die  Front  nra 
ein  Drittel  kürzer.  An  sieh  ein  Vorteil,  kein  Zweifel,  aber  ist  es 
unbedingt  nöti^r?  Wenn  hierbei  so  oft  die  Erfahrungen  des  Jahres 
1H70.  ins'hpsondrro  die  von  Gravelotte,  zitiert  werden,  so  sei  zu- 
nächst daran  (  rinnei  t.  dafs  doeb  anch  die  Gefechtsausdehnung  der 
vor  der  Artiii  rir  lichtenden  Infanterie  seit  70  gewachsen  ist. 
Die  südalrikanischen  Erfahrungen  haben  zweifellos,  das  geben  auch 
die  eifrigsten  Anhänger  der  Tiefengliederung  zu,  der  ganzen  Ent- 
Wickelung  dieser  Frage  wieder  einen  frewissen  Ruck  nach  der  Seite 
der  Breiteimusdehnung  zugegeben.  Wenn  wir  nun  für  eine  Infan- 
teriei)rigade  nur  1500  m  Breitenausdehnnng  annehmen,  eine  Aus- 
dehnung, die  immer  erst  gestattet,  von  den  t>oou  Schützen  der 
Brigade  2(X)()  in  erster  Linie  zu  entwickeln,  4000  aber  zum  Auf- 
ftlllen  zurückweist,  so  ergibt  das  für  ein  angelehntes  Korps,  das 
wohl  alle  4  Brigaden  einwii  kein  wird,  6  km.  In  diesem  itaume 
muis  die  je  nach  dta  Gesciiutzzwischenräuraen  ca.  1300  bis  2600  m 
lange  Artillerielinie  untergebracht  werden.  Daaach  würde  also 
schliefslich  hinter  der  Infanterie  eines  AriiK ckorps  die  Artillerie  von 
'6  Armeekorps  entwickelt  werden  können,  wenn  dort  etwa  lange 
Höhenzuge  liegen,  im  Bereiche  der  beiden  Nachbarkorps  aber  über- 
haupt keine  Artilleriestellungen  siud.^)  Was  nun  den  viel  zitierten 
18.  August  betrifft,  so  müssen  bei  der  Betrachtung  dieses  Tages 
wie  aach  aoderer  Gefechtstage,  die  ähnliche  Bilder  aufweisen,  doch 
immer  die  Fälle  ansgeBohaltet  werden,  in  denen  nieht  nnr  die  Ar^ 
lUleiie,  sondern  mmsIi  dfe  Infanterie  der  betreffenden  Truppenteile 
keinen  Plate  gefunden  hfttte,  •  wie  es  bei  den  Korps  der  hinteren 
Linie  am  18.  Angnst  doeb  sehlieMoh  der  Fall  war.  Und  ebenso 
die  Fülle,  wo  ein  waldiges  GelXnde  —  wie  beim  VII.  Korps  —  die 
Verwendung  der  ArtiUerie  bebinderte.  Wald  seblielst  die  Verwen- 
dimg der  Artillerie  ntin  einmal  ans,  das  bewetet  aber  doeb  niebta 
gegen  die  Notwendigkeit^  starke  ArtiUerie  ftlr  die  Fttlle  des  offenen 
Geländes  mIttnDlbren. 

Nnn  die  andere  Furage:  Wird  der  Infanterie  die  Bntwiekelnng 
dnreb  die  langen  Fenerlinien  der  Artillerie  ersehwert?  In  der 
Theorie  sieher,  in  der  Praxis  aber  sehen  wir  es  fast  nie,  weil  dann 
die  sogenannte  „Sehlenkentaktik**  der  Infimterie  mitsprioht.  Die 

^)  Haben  die  Korps  auch  Reservedivisionen,  so  gestalten  sich  die  V«r> 
hlltoisse  noch  gOnstiger. 


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Bittttkii  sa  6  oder  m  47 


701 


Artillerie  kfDnt  die  offenen  Hohen,  die  In&nterie  würde  auch  olme 
dies  nielit  Uber  diese  Tonnanehieren,  rie  benntet  die  daswischen 
liegenden  Mnlden  mit  ihiea  Kolonnen.  In  der  Theorie  ist  dies 
seiiwer  so  beweisen,  aber  fast  jeder  ManOTertag  seigt  es. 

Und  noeh  eins:  Es  kommt  doeh  nicht  auf  die  GescbOtOBahl 
eines  ArmeelKorps,  sondern  anf  die  Gesamtgesohlltsisabl  bei  der  Ent- 
scheidung an.  Man  reebnet  bei  Veigleichen  mit  Frankreich  immer 
mit  den  beiderseitigen  Zahlen  pro  Armeekoq)s  —  hat  man  schon 
einmal  nmgerechnet,  wieviel  Geschütze  bei  eiaem  Kampfe  nach  zwei 
Fronten  nos  fWi  die  Westfront  bleiben  —  ist  dann  die  Überzahl 
noch  so  grols,  dafs  wir  ohne  weiteres  ein  Drittel  dieser 
Geschütze  abschaffen  können? 

Anf  den  nabeliegenden  £inwaod,  dafs  sohlieJslich  in  einem  be> 
stimmten  Kanm  doch  immer  nar  ein  Armeekorps  gegen  ein  Armee- 
korps kämpfen  kOnne,  lälst  sich  erwidern,  dab  der  an  Zahl  Unter- 
legene doch  oft,  wenn  er  sich  nicht  der  Umfassung  aassetzen  will, 
gezwangen  sein  kann,  in  der  Front  eine  gjfifsere  Breitenansdehnang 
als  der  Gegner  zu  nehmen,  wobei  ihm  eine  starke  Artillerie  un- 
gemein ZQ  Statten  kommen  kann. 

Als  nrpinisatorischen  Vorteil  der  kleinen  Batterie  hat  man  es 
ferner  bezeichnet,  dals  die  erste  liit  nuii;:  hei  f'incr  solchen  sorg- 
fältiger zusammpna-esetzt  werden  künnte.  Freilich  wird  einr  /u  vier 
Geschützen  und  acht  Munitionswag^n  aasrllckende  Batterie  ihre  erste 
Geschützbedienung  hesser  aussuchen  kennen,  als  eine  Batterie  zu 
sechs  Geschützen  and  sechs  Manitiouswagen  ron  gleich  starkem 
Friedensetat  —  indessen  bleibt  zu  bedenken,  dafs  es  nicht  nnr  auf 
die  erste  Bedienung,  sondern  anf  die  gute  Ausbildung  sämtlicher 
Kanoniere  des  Friedeusstandeb  ankommt.  Und  die  mnls  bei  gleichem 
Etat  an  Mannschaften  in  der  Batterie  za  sechs  doch  eine  bessere 
sein,  da  dort  stets  sechs  statt  vier  Lafetten  zar  Aosbildang  zur  Yer- 
fttgang  stehen. 

Ebenso  läfst  sich  die  Behanptnng  angreifen,  dain  die  kleine 
Batterie  viel  besser  in  der  Hand  des  Führers  bleibt.  Der  ßatterie- 
tübrer  hat  Uberhaupt  wenig  Einflufs  auf  die  liattcrie,  da  er,  ununter- 
brochen durcl)  die  Beobachtung  der  Schüsse  uiul  des  Feindes  in 
Anspruch  genommen,  kaum  einen  Blick  auf  die  Batterie  werfen 
kann  und  beim  Massenfeuer  kaam  den  Nachbarzug  mit  der  Stimme 
beherrscht.  Daran  ändern  die  vier  Geschütze  auch  nichts.  Und 
dann,  was  die  FlUgelgeschtttze  stOrt  nnd  hindert,  ist  nicht  ihre  Ent- 
fernung vom  Batteriechef,  sondm  die  Kaohbarbatterie  mit  ihrem 
Feuer  nnd  Ihren  anderen  SLommandos.  Das  ist  aber  bd  Batterien 
sn  vier  genaa  dasselbe.  Der  Flügel  ist  dem  Baiterieehef  allerdings 

47* 


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702 


B«tl«ri«a  so  6  oder  m  4? 


□m  zwei  GeschUtzabstände  näher  gekommen,  dafür  aber  rttekt  die 
dort  stehende  Nachbarbatterie  um  ebensoviel  näher  heran. 

Als  Vorteil  der  kleinen  Batterien  bleibt  uar  die  oben  erwähnte 
absolute  Vermehrung  der  Munition  durch  die  beiden  neuen  Wageo. 
Aber  lielse  sich  nicht  dasselbe  ohne  Wegfall  der  Geschütze  erreichen, 
könnte  mao  nichts  anderes  wegfallen  lassen?  ich  glaube  wohl:  die 
Granatwagen  und  »^'nen  Teil  der  Vorratswagen.  Welche  Gründe 
alle  für  ein  Wegtaileii  der  Kauouengranate  sprechen,  das  ist  so 
häufig  in  der  letzten  Zeit  erörtert  worden,  dals  hierauf  nicht  näher 
eingegangen  werden  soll.  Will  man  die  Granaten  auch  nicht  ganz 
aasschalten,  so  könnte  man  sie  doch  wenigstens  aus  den  leichten 
Kf>lonnen  verschwinden  l;\c<fn.  sich  mit  den  in  den  Artülerie- 
Muüitionskolounen  bpfindiichea  begna2:en  und  der  leichten  KolouDe 
nnr  Schrapmvls  geben.  Zur  Hand  wären  sie  doch  im  Gebrauchs- 
falle,  denn  eiiK  befestigte  Stellung  entsteht  nicht  Uber  Nacht  OBd 
vor  dem  Gebrauch  der  Granaten  kommt  die  Erknndung,  der  An- 
marsch, der  Aufmarsch  und  der  Artilleriekampf.  Als  ..Granatfall' 
wird  immer  das  Schweigen  der  französischen  Infanterie  bei  Point 
du  jour  angeführt,  welches  das  Vorgehen  der  1.  Kavall*  liedivision 
verursachte.  Hätten  wir  nun.  die  heutige  Erkundungstiitiirkeit  der 
Kavallerie  am  17.  August  vorausgesetzt,  am  Nnchmittage  des  17.. 
in  der  Nacht  and  am  Morgen  des  18.  August  walirt  nd  des  Artillerie- 
kani|tr*'s  [licht  Zeit  genug  gehabt,  die  Granatwagen  aus  den  ALrtillerie- 
MunitioDskulonnen  vorzuziehen?  Also  aus  den  leichten  Kolonnen 
könnten  sie  wohl  ohne  Gefahr  ausgeschaltet  werden  —  m.  E.  aller- 
dings licfsen  wir  sie  am  besten  gauz  wegiallen.  Werden  nun  die 
neun  Granatwagen  der  leichten  Kolonne  durch  neun  Schrapnel- 
wagen  ersetzt,  so  hat  jede  Batterie  schon  l'/j  Schrapnelwagen 
mehr,  bei  Regimentern  mit  Haubitzen  sogar  drei.  Dazu  könnte  bei 
einem  Teil  der  Batterie  der  erste  Vorratswageu  kommen.  Im  Ge- 
fecht lassen  sich  grofse  Stücke  duch  nicht  austauschen  und  auch 
ein  Zurückziehen  der  Lafette  während  des  ArtiUeriekampfes  zq 
Reparaturzwecken  ist  wohl  ausgeschlc^sen.  Was  man  aber  sofort, 
ohne  Waflfeumeister,  ersetzen  kann,  fuhrt  man  am  Geschütz  bei  sich. 
Nrbciibei  ist  der  Vorratswagen  recht  schwer  zu  fahren,  weil  er  im 
Trabe  nicht  zu  bremsen  ist  und  einen  hohen  Aufbau  hat,  seine  Aus- 
schaltung erhöhte  also  auch  die  Beweglichkeit  der  StaÜelu.  Nimmt 
man  nun  zwei  Batterien  der  Abteilung  diese  Wagen  weg  und  ver- 
teilt die  n(itig8ten  Stücke  auf  die  Munitionswagen  bezw.  auf  die 
Protze  des  Vorratswagens  der  3.  Batterie  (jetzt  mit  Granaten  ge- 
füllt), so  sind  damit  wieder  vier  Wagen  pro  Regiment  für  Schrapuels 
gewonnen.    Wir  brauchen  aber  nur  drei,  um  mit  den  neun  Granat- 


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BittMkn  so  6  odsr  in  4? 


708 


wagen  zasammen  sw9lf  neae  W^en  für  das  Kampfgeschots  za  er- 
halten, also  pro  Batterie  ebensOTiel  wie  bei  der  ßatteiie  su  Tier, 
die  zwei  GeaehtttKe  in  Wa^n  amgewandell  bat. 

Gröfser  noch  könnte  die  Manitionsyerroehrang  weiden,  wenn 
bei  der  Umbewaffhang  etwa  eine  Verschiebung  derart  voigenommen 
würde,  data  die  leichten  Feldbaabitzbatfteiien,  ersetzt  dnrch  Kanonen- 
batterien,  mit  ihren  Kolonnen  zur  schweren  Artillerie  des  FeldheereB 
nnd  Ton  dort  eine  entsprechende  Anzahl  schwerer  Haubitzbatterien 
mit  ihren  Kolonnen  za  den  BclagernngsformationeQ  ttbertreten  würden. 
Durch  eine  solche  Verschiebuno:  würde  alles,  was  die  leichten 
F.  Knlonnen  und  die  F.  Kolonnen  jet7t  an  Rnnm  in  der  Marschkolonne, 
wie  iinch  an  Leuten  und  Werden  der  Keidartillerie  absorbieren,  frei 
und  könnte  zur  ^enaatstellimg  von  Kanonenacbiapneiwagen  rer» 
wendet  werden. 

Freilich  ist  nun  der  Einwand  naheliegend,  dafs  doch  immerhin 
eine  noch  i^^nUsere  Munitionsvermehrune:  dadurch  möglich  sei,  dals 
neben  allen  diesen  Mitteln  auch  noch  das  Mittel  der  Umwandlung 
der  fünften  und  sechsten  Geschütze  angewendet  wllrde.  Darauf  läfst 
sich  entgegnen,  dals  es  doch  noch  fraglich  ist,  ob  durch  die  Ura- 
bcwatiüuug  dti  Monitionsbedarf  Uberhaupt  so  gewaltig  wachsen 
wird.  Die  Beantwortung  dieser  Frage  hängt  nicht  zaletzt  ab  von 
der  Gestaltung,  die  unsere  Schielsregeln  annehmen  werden. 

Die  französischen  Scbiefsregeln  mit  ihren  viel  Munition  erfor- 
dernden weiteren  Gabelgrenzen  nnd  ihrem  geschUtz weisen  Strenfener 
haben  bei  uu«  viele  Anhänger  gefunden,  so  ist  in  der  letzten  Zeit 
ein  detaillierter  Vorbclilag  liir  neue  Schielaregoln ,  die  auf  der 
2(X)  m-Gabel  basierten,  erschienen.  Es  scheint  nun  aber  doch  ein 
gewisser  innerer  Widerspruch  darin  zu  liegen,  gerade  in  der  Zeit 
der  BinfUbrnng  von  Schildmaterid  weitere  Gabeigrenzen  za  ver- 
langen. Denn 

1.  gewährt  die  Deckung  der  Batterie  doch  eher  die  Möglichkeit, 
einen  Augenblick  länger  mit  Wirkung  zu  warten,  wenn 
diese  nacblier  dafür  am  ao  besser  wird  nnd 

2.  verlangen  doch  eigentlleh  gerade  Bohildbalterien,  denen 
die  Zone  der  wirksamen  Schüsse  yertileinert  ist,  engere  Gabel- 
grenzen. 

Wenn  die  Frnniosen  das  grobe  SehieiSBreiUfen  annalimen,  so 
war  dies  Follkommen  bereohtigt,  denn  wir  dürfen  nielit  yergessen, 
dafo  ihre  jetzigen  Schie&regeln  auf  nnserem  schildlosen  Ma- 
terial 96  als  Ziel  basieren,  wie  aneb  wolil  die  jetzige  fran- 
zOsisebe  ArtQIerietakllk  mit  ihrem  Zurückhalten  von  fiatterien  und 
der  Forderung  so  firttbzeitigen  Eängreifens  in  den  Infanteriekampf 


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704 


Batteiiea  m.  6  oder  au  4? 


basiert  auf  der  Unterschätzang  unseres  Materials  96!  £^  ist  wuhi 
darcbaas  nicht  ausgeschlossen,  dafs  sich  nach  anserer  UmbewatTimDg 
die  französische  Artillerietaktik  ändert  nnd  dals  die  Schielsre^eln 
wieder  zu  engeren  Gabelgrrenzen  zurückkehren.  Bei  Schildbatterieu 
wird  uiaü  iiu  allgemeineu  damit  rechnen  uiusötu.  dafs  nur  eine 
Entfernung  die  wirksauien  Schüsse  liefert.  Es  wechselt  dann  bei 
der  100  m- Gabel  die  wirksame  EntfernuDg  stets  mit  einer,  bei  der 
200  m-6abel  aber  mit  zwei  unwirkaamen  Eatferanngen.  Daram 
glaabe  ich,  die  Forderung,  der  BatteriefOhrar  dürfe  aioh  zwar  aof 
die  Kldang  der  100  m-G«bel  dIgIiI  Terbeiben,  rnttsse  diese  Bfldimg 
aber  immer  versneheti,  wird  wohi  aaeb  in  ZolLiiiift  beetelieD  bldben. 
Nmi  bat  alleidiegs  die  200  m-Gabel  eioen  Vorteil:  man  kenunt 
raaober  sam  Bz.  Aber  daaeelbe  lielee  sieb  atieb  bei  der  100  m» 
Gabel  dnroh  eine  Ändenrng  der  Tecboili  der  Gabelbildiuig  erreiebeo, 
dnrob  BenotEiuig  der  BestaiifsebUtge.  Wir  denken  nns  das  Verfabren 
Bo:  ist  die  200  m*6abel  gegltlckt»  sagen  »wir  2400/2600,  so  kom> 
mandiert  der  BatteriefUhrer:  „Ha-altt  2500!  Bobre  frei!**  oder 
m2500!  Anafenem!"  Dann!  riebtet  jedes  Geaebtlts  aaf  2600  nnd 
fenert  Die  Scbllsse  kommen  nngefiihr  wie  eine  sebleebt  abgeiogene 
Salve  ans  Ziel  nnd  geben  dadnreb  jedenfalla  die  BeobaebtangsfiÜiig- 
keit  einer  Salye,  die  doeb  der  des  einzelnen  Sohnsses  Uber  ist.  So 
wird  die  100  m-Qabel  oft  noeb  gltteken  nnd  alle  Bobre  sind  aofint 
anr  Anfoabme  des  Brennzünders  bereit.  Ja,  es  kann  sogar  naeh 
dem  lyAnsfenem^  soüart  Bz.  2600  eingesetart  werden,  ebe  die  Besl- 
anfeeblUge  das  Ziel  erreieben«  Liegen  sie  plns»  dann  beginnt  das 
Fener  eben  auf  der  weiten  Gabelentfemnng,  liegen  sie  minns  oder 
geteilt,  so  würde  das  Fener  ja  doch  auf  2500  beginnen. 

Wäre  es  auf  diese  oder  andere  Weise  aber  möglich,  die  100  m- 
Gabol  beizabebaiten,  so  fiele  ein  Hauptgrund  itlr  den  stärkeren 
Munitionsverbrancb  weg.  £b  fragt  sich  jetzt  noch,  wie  man  m 
Bz.-Feuer  scbieÜsea  soll,  mit  ^rafales**  oder  mit  „Lagen**.  Ich 
glaube,  die  Frage  wird  am  besten  beantwortet,  wenn  wir  an  Stelle 
des  „oder*"  ein  „nnd"  setzen.  Im  Anfang  nach  den  Regeln  der 
Sprengliöben  dürften  siob  einige  „rafales"  empfehlen,  ebenso  in  be* 
sonderen  Gefechtsmomenten.  Aber  daneben  wird  man  das  lagen- 
weise Feuer  doch  in  irgend  einer  Gestalt  beibehalten  mtlssen,  zu- 
nächst zur  Regelung  der  Sprenghöhen.  Ein  Regeln  der  Sprenghöben 
zugleich  mit  dem  Einschiefsen  im  Bz.  setzt  ganz  wunderbare  Zünder 
nnd  Streuungen  voraus,  ein  Regeln  ira  Schnellfeuer  aber  geht  nicht, 
solange  die  Stellvorrichtung  für  „höher"  und  „tiefer"  sich  am  Auf- 
satz betindet,  also  jedesmal  eine  Andernug  der  Eutferuung  notwendig 
macht.   Kin  Anbringen  der  äteUvorrichtang  am  Zünder  aber  wttrde 


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Bittiritti  n  6  od«r  so  4? 


705 


sebwere  Naehteile  mit  sich  bringen.  Das  Stellen  liegt  dann  nicht 
mehr  in  der  Hand  der  intelligenteren  Richtkanoniere,  sondern  bleibt 

den  MaDitionsnommern  Uberlaseeo,  bildet  aalserdem,  da  es  bei  jedem 
Sohnfe  wiederholt  werden  muts,  eine  daaemde  Fehlerquelle.  So 
wird  man  som  Begein  der  Sprenfj^böhen  nicht  um  lagenweises  Fener 
beramkommen.  Aber  auch  nach  den  ersten  „rafales**  mnls  man 
wobl  wieder  zam  lagen  weisen  Feaer  zarückkebren,  denn  man  kann 
doch  nicht  an!  die  Gefahr  hin,  dafs  die  Gabel  falsch  ist,  immer 
weiter  in  dem  schnellen  Feaer  bleiben  —  wieder  mttssen  wir  hin> 
softogen:  gerade  gegen  Scbildbatterien.  Kurzum  —  abgesehen 
▼on  einigen  Momenten,  wird  das  Feuer  wobl  nicht  Tiel  schneller 
werden  als  früher.  RohrrUcklaofgescbUtze  verlangen  za  ihrer  Aus- 
nutzung ein  grobes  schnelles  Schielsen^  Schildgescbiltze  aber  zu 
ihrer  Bekämpfung:  eher  ein  feines,  langsames  —  beide  Forderangen 
werden  sich  wohl  im  allf^emeinen  kompensieren.  Eher  schon  dürfte 
sich  aas  der  Ifinireren  Dauer  der  Bekämpfung  von  Sohiidbatterien 
ein  etwas  gröiserer  Munitionsbedarl  ergeben. 

Wir  glauben  also,  dals  sich  ans  der  Umbewaffnnng  zweifellos 
ein  gewisser  Mehrbedarf  an  Kampfmonition  (Scbrapnels)  ergibt,  daüs 
aber  die  Grölse  dieses  Mehrbedarüs  nicht  dazu  zwingen  wird,  neben 
den  oben  angeftlhrten  Mitteln  auch  noch  das  Mittel  des  Aufgebens 
von  Geschützen  anzuwenden.  Wir  hnlten  die  Anwendnng-  dieses 
Mittels  deshalb  für  nicht  vorteilhaft,  weil  wir  ^'lauben,  dals  eine  am 
Batterien  zu  sechs  bestehende  Artillerie  immer  noch  die  audertbalh- 
fache  (xetechtskraft  einer  aus  ebensoviel  Batterien  zu  vier  bestehenden 
Artillerie  darstellt  —  eine  Gefechts  kraft,  deren  volle  Ausnutzung 
auch  beim  neuen  Material  stets  möglich  und  oft  —  nameatUch 
beim  Kampfe  gegen  Überzahl  —  notwendig  sein  wird. 


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I 


706  TdEMw  VflmQgUohkeflmL 

XXXVl. 

Taktische  Dnmoglichkeiten. 

Eine  Skixse 

▼OD 

Jnk,  M^or  a.  D. 


Der  sechste  Band  des  französischen  Generalstabswerks  bebandelt 
auf  nicht  weniger  denn  465  Seiten,  von  denen  allerdings  186  auf 
die  Anlagen  entfallen,  die  Schlacht  bei  Wörth.  Dieser  entneiime 
ieb  einzelne  Angaben  bezüglich  der  taktischen  Verwendung  der 
Kavalleiie  an  jenem,  fttr  die  Fransosen  so  anhetlToIl  gewordenen 
Tage. 

Den  Attackenbefehl  für  die  Richtung  Morsbronn  hatte  der  den 
rechten  Flügel  der  französischen  Schlachtstellung:  befehligende  General 
Larti^ne  erteilt,  denjenigen  bei  Eisalshaosen  am  Ausgange  der 
Schlacht  Marschall  Mac  Mahon  in  Person. 

Sowohl  der  hei  der  Kavalleriebrigade  Michel  befindliche  General 
Dübesmc,  wie  auch  der  General  Girard  hatten  die  befohlenen  An- 
griffe von  Anfang  an  ^r  aassichtsloH,  daher  fUr  unausführbar  erklärt 

Der  den  Keim  des  Todes  bereits  in  sich  tragende,  Rchwerkranke 
General  üuhesme  —  er  starb  am  27.  August  —  erwiderte  dem  den 
Befehl  Uherbringeuüen  Generalstabschef  Obersten  d'Antigue:  Sagen 
Sie  unis  ilimmelswillen  Ihrem  General,  dals  er  eine  Torheit  begrehe 
und  meine  Kürassiere  um  nichts  vernichte."  Erst  auf  des  Befehls- 
Uberbrinpers  Einwand,  dals  es  kein  anderes  Mittel  gebe,  den  ßttck- 
zog  der  Keste  der  Division  Lartigne  sicher  zu  stellen,  die  Kürassiere 
aber  selbst  wohl  nicht  untätige  Znsehauer  des  Unterganges  der 
Schwesterwaffe  sein  wollten,  willigte  (Teneral  Dohesme  schweren 
Herzens  in  die  Ausführung  des  Befehls  ein. 

Die  eigentliche  Attacke  hatte  etwa  eine  Länge  vun  ibOO  Schritt, 
die  von  Höhe  75C  östlich  Eberbach  bis  Morsbronn  gerechnet  sind. 
Unter  der  Einwirkung  des  preulsischen  Infauteriefeuers  vom  Albrechts- 
häuserhof,  sowie  desjenigen  der  Artillerie  von  Gnnstett  her  lockerte 
sich  die  Ordnung  zusehends.  Das  der  Attaeke  Überaus  ungünstige 
Getilnde  trug  dazu  nooh  beL  An  dem  Feuer  der  zum  Teil  sehen 
ans  Moisbronn  herausgetretenen  l>esw.  um  das  Dorf  henungegangenen, 
teils  noch  in  demselben  befindlichen  preolbischen  Infanterie  braeb 
sich  der  Ansturm  der  Pameireiter,  die  nm  das  Dorf  hemm  und  in 


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T«kllioiia  ÜBmggttolikdtoa. 


707 


dasselbe  hiaemreiteiicl)  anter  fnrcbtbaren  Verlasteo  das  Freie  wieder 
ZQ  gewinnen  sachten.  BekanntUob  stiefs  eine  Grappe  der  zurück- 
flutenden Kürassiere  bei  Uegeoej  ani  die  13.  Hasaren  der  preafsi- 
sehen  22.  Infanteriedivision.  Dieselben  schwenkten  sofort  aas  der 
Ketrimentskolonne,  in  der  sie  sich  gerade  befanden,  mit  Zügen  kehrt 
und  warfen  sich  zag-  and  eskadronsweise  den  feindlichen  Kürassieren 
entgegen,  die  nach  kurzem  Handgemenge  vollends  unterlagen.  Die 
sohnpl!  wieder  gesammelte  erste  Husareneskadron  ging  darauf  einem 
ziemlich  geschlo.^sen  gebliebenen  KUraasiertrupp  ent^re^'m,  der  es 
aber  zum  Znsammenstofs  nicht  kommen  lirfs,  sondern  vorher  schon 
abschwenkte.  Den  Versuch  einer  andertii  frauzösisohpn  Reiter- 
abteiluag  auf  Laubach  /.u  entkommen,  vereitelte  die  vierte  Jb^skadrou 
der  Husaren,  ohne  dals  es  auch  hier  zum  Kampfe  kam. 

Das  französische  G^eneralstabswerk  knüptt  an  den  Zusaninien- 
stols  der  Husaren  und  Kürassiere  folgende«,  in  dem  Werk  nicht  ver- 
einzelt gebliebenefj  (7('S(  tiichtchen  an.  ßtM  le  Parteien  hätten  auf 
zehn  Schritte  vuneinaiuli  r  Halt  gemacht  und  minutenlang  unschlüssig 
einander  gegenüber  gestanden  bis  schliefsHch  die  Kürassiere  zu  ihren 
Pistolen  gegriffen,  sich  mit  den  Hasaren  eine  Zeit  lang  herum- 
geschossen und  solcher  Art  sich  zum  Teil  durchgeschlagen  hätten. 

Die  Verluste  der  8.  Kürassiere  betragen  übrigens  15  Offiziere, 
280  Mann,  der  9.  Kürassiere  30  Offiziere,  3B6  Mann  und  der  beiden 
Ulanenscbwadronen  11  Offiziere  and  191  Mann. 

Die  Attacke  der  Brigade  Michel  und  der  Ulanen  —  der  General 
erreichte  mit  einem  kleinen  Häufchen  seiner  lieiter  des  Abends 
11  l'hi  Zabirij  war  und  für  sich  nicht  unmöglich,  denn  sie 
ist  ja  geritten  worden,  sie  konnte  über  uanh  luium  und  Ztii,  kurz  iu 
der  angenblicklichen  Gefecbtslage  nimmer  gelingen.  Bezug  auf  die- 
selbe nehmend,  habe  ich  mich  in  dem  Aprilheft  1898  der  „in^i^' 
natioDaleQ  Bevae  über  die  gesamten  Armeen  und  Flotten"  dabin  ge- 
änfsert,  dafb  die  Attacke  d«r  Brigade  Iflehel  zam  mindesten  vor- 
zeitig gewesen  sei.  Das  eigme  Feuer  wmrde  maskiert  and  dadareh 
der  Entwiekelong  der  pranlsisehen  Infanterie  gegen  die  reelite  Flanke 
der  Dividon  LArtigne  Vorsehnb  geleistet.  Der  Wirksamkeit  der 
Attacke  standen  aneh  Ton  Anfang  an  Entfernung  nnd  Verfassung  des 
Gegners,  das  olTene,  der  Attseke  wegen  seiner  DnrcliselinittenhMt 
nngllnstige  Gelinde  nnd  die  Formationen  der  franiOsisehen  Kayallerie 
bindenid  im  Wege.  Hatte  de  das  weitere  Vorgehen  der  prenfiiisehen 
Infanterie  abgewartet  nnd  wflie  ne  gegen  deren  Flanke  etwa  ans 
dem  slldOstUeb  Eberbaeb  gelegenen  Waldstllek  nüt  einigen  Eskadron« 
ttberrasehend  kerrorgebrooken,  so  btttte  ein  so  gefilbrter  Angriff 
bessere,  allerdings  selbst  im  günstigsten  Falle  —  sebon  im  Hinbltok 


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706 


TikÜMlM  FimiffgHfhirfltrB 


Meb  anf  <Ue  strategische  Lage  —  nor  TorttbergefaeDde  Anssichten 
des  Erfolges  gehabt.  Er  wäre  dann  aber  jedenfalls  akbt  unmöglich, 
ja  sogar  Tom  Gesichtspunkte  des  Zosammenwirfceiia  der  drei  fiaapt» 
waffeD  in  der  Gefeehtsbaudiimg  geboten  gewesen. 

Ähnlieh  Safeerte  sich  ttbrigens  später  einmal  die  franzMisehe 
Presse  in  einem  „Die  Attacken  der  franxOsischen  KaTallerie  am 
6*  Angost  1870"  benannten  Artike].  Oer  franxlMiscbe  Actor 
wendet  sich  in  seinen  AosMbrnngen  gegen  difgenigen  seiaer 
Iisndslente,  die  im  Hinblick  anf  die  Attacken  des  6.  Aigast  der 
KaTallerie  jede  Sehlachtent&tigkeit  absprechen  wollen.  In  den  seiner 
Betrachtung  angronde  liegenden  Aofaeichnongen  yon  Angenieogea 
heilst  es  wOrtlieh:  „Das  GelJinde,  Uber  das  die  Attacke  geritten 
wurde,  war  vorher  nicht  erknndet  worden.  Es  war  sehr  bedeckt 
nnd  TOn  zahlreichen  Orttben  durchzogen  nnd  lange  Reihen  sehr  hoher 
Bäume,  die  zwischen  uns  nnd  unserer  Infanterie  lagen,  hinderten 
diese,  unsere  Attacke  zu  unterstützen.  Die  deutsche  Infonterle  stsad 
dagegen  in  guter  Deckung  in  einem  Dorfe.  Die  Attacke  wnide 
gegen  siegreiche  nnd  gut  geordnete  Infanterie  geritten.  Wäre  der 
Befehl  des  General  Larttgue  weniger  kategorisch  gewesen,  ao  wärde 
der  unsere  Kavallerie  kommandierende  GUsneral  haben  abwarten  kOanen 
bis  die  feindliche  Infanterie  mehr  in  nördlicher  Biehtung  Toigegaogen 
wäre.  Sie  wttrde  dann  ein  fBr  die  Attacke  günstigeres  Gelände  ge- 
funden haben  und  hätte  auch  durch  unsere  Infanterie  besser  unterstätit 
werden  köDDen.  Es  wäre  aacb  Zeit  zar  Vorbereitung  der  Attacke 
durch  Artillerie  gewesen  und  scbliefslich  hätte  man  auch  noch  mehr 
Kavallerie  für  den  Torliegenden  Zweck  heranziehen  kdnnen  (9). 
Wenn  alle  diese  Dinge  beobachtet  and  bertlcksicbtigt  worden  wäreut 
wttrde  TOraussiohtUch  das  Endresultat  ein  anderes  gewesen  sdn. 
Bei  genauer  unparteiischer  Frttfun^  mufs  man  der  Ftthmng  der 
Kayallerieattacke  bei  Morsbronn  drei  Fehler  zum  Vorwurf  machen: 

1.  die  sofortige  Auslährong  des  dringenden  Befehls  des  den  rechten 
FIttgel  kommandierenden  französischen  Generals; 

2.  den  Mangel  jeglicher  Fenervoritereitong; 

8.  den  Mangel  an  hinreichender  Kavallerie  fttr  den  zu  erreichenden 
Zweck." 

Bei  Eisafflbaoseu  zeitigte  die  dortige  Bedrängnis  beim  Aasgan^ 
der  Schlacht  einen  Befehl  für  die  KavalleriediTision  lioimemaius, 
dessen  AosfÜhrong  in  der  Tat  uuinö^^lich  war.  Dieser  dem  kooiiDan« 
deur  der  1.  Kavalleriebrigade,  dem  Geuerai  Giraid,  voiu  Marschall  Mac 
Mahon  persönlich  erteilte  Befehl  hatte  folgenden  Wortlaut:  „Lassen 
ISie  Ihr  erstes  Kegiment,  Schwadron  aaf  Schwadron,  angreifen,  am 


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Taktistth«  DiurtlgllolilLeiten. 


709 


den  eraehttifcerten  Trappen,  die  schon  zarttckweichen,  wieder  Ver- 
trauen einzQfl<>£sen.^  General  Girard,  der  nur  die  feindlich m  Schützen 
sah,  bat  am  nähere  Bezeichnung  eines  Ziels,  worauf  der  Marschall 
den  Befehl  wie  folg^  änderte:  «Ich  verlange  von  Ihnen  nnr  Sobein- 
augriffe,  au  simple  galop,  ohne  die  Attacke  durchzuflUiren,  denn  ich 
will  nnr  Zeit  gewinnen. Der  Verlaoi  dieser  Attaoken,  die  in  einem 
Ton  Bchwer  kq  überwindenden  Orttben  durchzogenen  Gelände  nnd 
ron  den  1.  and  4.  Kürassieren,  also  der  1.  Brigade  in  Eskadrons> 
staffeln,  den  2.  and  3.  Kürassieren  der  2.  Brigade  aber  in  Staffeln 
zu  halben  Hegimentern  geritten  wurden,  ist  bekannt.  Sie  scheiterten 
sämtlichst.  Nicht  ein  Kürassier  ist  an  die  preulsische  Linie  heran- 
geschweige  denn  hineingekommen.  Die  Verluste  betrugen  im  Durch- 
schnitt der  Regimenter  32  "/q.  Die  AasfUhrung  des  vom  Marschall 
Mac  Mahon  gegebenen  Befehls  war  unmöglich,  weil  Kavallerie  keine 
Scbeinatigriffe  machen  kann.  Sie  kann  wohl  in  Flanke  und  Rücken 
des  Feindes  demonstrieren,  sich  dort  zeigen  und  den  Gegner  somit 
um  Flanke  und  Kücken  besorgt  machen,  wie  die  4.  Kavallerie- 
divisiou  das  mit  bestem  Erfolge  am  2.  Dezember  1870  in  der  Schlacht 
bei  Loigny  tat,  aber  eine  einmal  gegen  einen  wirklichen  Feind  be- 
gonnene Attacke  kann  nicht  in  einem  beliebigen  Moment  abgebrochen 
werden,  ganz  abgesehen  davon,  dals  ein  derartiges  Hinopfern  der 
Kavallerie  ganz  zwecklos  wäre.  Wohl  können  Krisen  eintreten,  die 
Sülches  Hinopfern  zum  endlichen  Erfolge  nötig  machen.  dRiin  wird  mau 
aber  nur  mit  ausgerittenen  Attacken,  wie  denen  am  16.  August 
preuisiscberseits,  etwas  erreichen.  Die  Attacken  der  Brigade  Bredow  bei 
Vionville  und  der  1.  Garde-Dragoner  bei  Mars  la  Tour  waren  derartige 
Todesrittr.  Ihnen  wende  ich  mirh  nun  zu.  Mit  der  [Jezticbnung 
und  dir  Sac^hf  ;iri  utkI  für  sich  wende  ich  mich  gleichzeitig  gegen 
'^^aior  liakk  s  diesbezügliche  Ausführungen  in  dem  kavalleristischen 
Teile  seines  Taktikwerkes  und  das  18.  Heft  der  krietr^treschicht- 
lichen  Einzeisehriften  „Das  Generalkommando  des  Iii.  Armeekorps 
bei  bpichern  und  Vionville". 

Das  Wort  „Todesritt"  ist  sowohl  fl)r  die  Attacke  der  Brieade 
Bredow,  wie  auch  die  der  1.  Garde-Dragoner  die  einzig  riehtifxe  Be- 
zeichnung, weil  die  Sache  kennzeichnend.  Snw ohi  der  Diehter  als  aach 
der  Voiksmund  haben  von  Anfang  an  das  durchaus  richtige  Emptinden 
bekundet.  Das  muls  man  eben  selbst  mit  erlebt  habeti.  \'on  ,.Siege8- 
ritten"  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes  konnte  weder  bei  den  d*/, 
der  au  der  Attacke  der  Brigade  Bredow  beteiligten  Eskadruns,  noch 
den  drei  der  1.  Garde-Dragoner  zur  Zeit  ihres  lutätigkeiitretens  die 
Rede  sein.  Das  zu  erkennen,  genügt  schon  die  oberflächlichste  be- 
trachtong  des  Verlautes  der  Öchlacht 


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710 


TakCiMhe  UnmllglkaikfiltoB. 


Aas  den  Worten  des  Generals  v.  Voigla-Khetz  bezüglich  des 
Attackenbefehls  für  die  1.  Garde-Dragoner  an  den  General  Grafen 
V.  Hrandenburtr:  „Das  Regiment  soll  auch  irar  nicht  reüssieren,  aber 
wenn  es  den  Ffiiid  auch  nur  10  Minuten  aufijalt  und  dabei  bis  auf 
den  letzten  Mann  tiillt,  dann  hat  es  seinen  Auftrag  und  soineD  Berof 
eiiüllt"  geht  zweifellos  der  Zweck  der  Attacke  hervor. 

Wenn  nun  in  dem  angezogeni'n  Heft  (kr  kriegsgeschichtlicheri 
Einzelschriften  aiis^reführt  wird,  dals  dem  AttackenhefVhl  der  Brigaae 
Bredow  ein  Opti  rn  derselben  nicht  zugrunde  gelegen  habe,  der  An- 
griti  \ielmehr  erst  infolge  Keiner  weiten  Ausdehnung  zum  sogenannten 
Todesritt  geworden  sei,  so  bezieht  sieh  das  h  diglich  auf  das  be- 
zeichnete Objekt,  nämlich  die  zu  attackierenden  Batterien  a!\  der 
Römerstrasse.  Aber  diese  Batterien  befanden  sich  bereits  in  Schlacht- 
ordnung, daher  im  Decknngshereieh  anderer  Truppen.  Diese  mufsten 
also  gleichzeitig  mit  der  Attacke  getroffen  werden,  wollte  man  jene 
nnschädlich  machen.  Das  aber  mnfste  doch  mindestens  die  Wirkung 
des  AngrifiFes  sein,  anderenfalls  derselbe  zwecklos  gewesen  wäre. 
Wie  es  also  kam,  mnfste  es  kommen,  der  Angritt  mulste  die  Ad8- 
dehnung  bekommen,  die  er  nahm.  Das  war  taktisch  gar  nicht  anders 
möglich.  Die  Artillerie  wurde  im  weseuilicben  von  den  Kllrassiereu 
zusammengrhauen,  dabei  machte  sieh  aber  schon  das  Schnellfeuer 
des  9,  fraiiZüsiscben  Jägerltatailluiis  geltend.  ,,Mais  rien  ne  semble 
de?oir  les  arreter."  Die  Attacke  brauste  weiter  and  traf  zunächst 
das  93.  französische  Linienregiment,  durch  dessen  Reihen  bereits 
eine  von  Kürassieren  verfolgte  fliehende  Batterie  mit  ihren  sechs 
Geschützen,  ohne  Protzen,  gerast  war,  was  natürlich  eine  imge- 
heare  Unordnung  zor  Folge  hatte.  Die  von  diesem  Vorfall  nicht 
betroflenen  Bataillone  des  93.  Regiments  warf  die  Attacke  der 
Ulanen  nieder,  weiche  danach  erst  auf  abfahrende  französische 
Artillerie  stiefsen.  Djer  entfesselte  Strom  war  schon  Uber  das 
zweite  französische  Treffen  hinweggegangen,  als  er  sich  endlich  an 
dem  Wege  Villers  aux  Bois-Rezonville  au  den  dort  befindlichen  fran- 
zösisehen  Kavalleriedivisionen  Forton  und  Valabrögne  brach.  Dafs 
jede  Ordnung  and  somit  überhaupt  heitungsfahigkeit  aufgehört  hatte, 
aufgehört  haben  meiste,  bedarf  wohl  kaum  der  Erwähnung.  Der 
Kttckritt  der  Bredow'sohen  Trümmer  hätte  weniger  Opfer  gefordert, 
wenn  man  Teile  der  sonst  noch  zur  Hand  befindlichen  Kavallerie 
hätte  folgen  lassen.  Das  Generalkommando  des  III.  Armeekorps 
hatte  zweifellos  die  Verfü^'uug  über  alle  erreichbaren  Truppen.  Doch 
das  nur  nebenbei.  iSo  wie  sie  tatsächlich  verlaufen,  würde  eine 
solche  Attacke,  wie  oben  bereits  gesagt  wurde,  aber  immer  wieder 
verlanfeu,  selbst  weun  die  fliehende  feindliche  Artillerie  nicht  bäUe 


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£iiftlMi<i  «od  <l«r  rvsaiseli-japaiüMlie  Krieg. 


711 


verfolgt  werden  müssen.  Eioo  gänzliche  Vernichtnno:  der  in  ähn- 
lichen Zwecken  eingesetzten  Kavallerir  ist  daau  aber  nicht  ausge- 
schlossen. Der  Gedanke  daran  hätte  einen  t'eklherrn  wie  den  General 
V,  Alvenslebeu  aber  doch  sicherlieh  oicbt  ahgi'halten,  so  zu  handeln, 
>\'ie  er  es  pflichtgemäls  getan  bat.  „D»-r  Gpneral  v,  Alrenslehen 
wollte  infolge  richtiger  eiserner  Durchführung  der  grofsen  Aufgabe, 
welche  er  sich  im  Hinblick  auf  das  Ganze  gestellt  hatte,  sidange 
er  konnte,  der  Angreifer  bleiben  oder  wenigstens  dem  Gegner  er- 
scheinen.** Dais  ein  so  hohes  Ziel  im  Zeitpunkte  der  Bredow"t>chen 
Attacke  nur  mit  Opfern,  mit  aufsergewoiiuiichea  sogar,  weiter  zu 
Terfolgen  war,  ist  doch  einleuchtend.  Wer  würde  es  wohl  wagen, 
dem  General  v.  Alv*  iislr  l»i  u  deshalb  den  geringsten  \  orwurt  zu  machen! 
Jeder,  der  das  Glück  hatte  am  IG.  August  zu  den  Reitern  der 
^Brigade  Bredow"  zu  gehören,  ist  stolz  darauf  sein  Lebelang.  Will 
die  Armee  auch  in  Zukunft  grofse  Taten  vollbringen,  Ideale  sieh 
eiiUlleu  sehen,  dann  rnuls  sie  sich  von  Üumanitäts-  und  Gefühls- 
duseleien, die  heutzutage  die  Welt  überwuchern  und  nicht  selten 
gerade  entschlossene  Charaktere  in  schwierige  Lagen  bringen,  ganz 
fernhalten.  Nur  rücksichtslose,  bis  zur  Aufopferung  gespannte 
Anforderungen  kftnnen  grolse  Erfolge  zeitigen,  wie  auch  den  bei 
Vionville-Mars  la  Tour.  Er  bleibt  ein  ewiger  Ruhmestitel  fUr  die 
preul'sische  und  im  weiteren  Sinne  auch  die  deutsche  Armee. 

Aber  gerade  im  Hinblick  darauf  ist  es  nützlich,  den  Malsstab 
fUr  das  taktisch  Mögliche  bözw.  nur  iuit  besonderen  Opfern  zu  er- 
reichende nicht  aus  dem  Auge  zu  verlieren,  auf  dafs  die  Tragweite 
solcher  umfassenden  Befehle  richtig  eingeschätzt  und  gewürdigt  werde. 


xxxvn. 

Rursland  und  der  russisch-japanische  Krieg. 

"Von 

Generalmigor  «.  D.  Zepelia. 

m. 

Seit  noseicm  leteten  Beriahle  baben  die  Dinge  zo  Lande  eine 
bedentBune  Wendung  genommen:  Die  Japaner  baben  ibren  Anfinaneb 
am  Jalo,  sowdt  bei  den  Weger^bSltniaaen  von  einem  aoleben  im 


712 


Jäufsland  und  der  russisoh-japaalsobe  Krieg. 


engeren  Sinne  des  Wortes  Überhaupt  die  Rede  sein  kaun,  beendet 
and  sind  über  diesen  Fliifs  in  dir  Sud-Maudscharei  ein^udrungen, 
die  roBsische  —  18  batailloiu'  und  5  Batterien  starke^  Division  — 
zieht  sirh.  im  Kampfe  hierzu  gezwungen,  anscheinend  in  di  r  Rich- 
tuDi:  aul  Ljaujan,  oder  doch  in  das  ätromgebiel  dea  Ljaobo, 
zurück. 

Gleichzeitig,  und  zwar  mit  anerkeuuenswerter  Schnelligkeit,  hat 
Japan  Truppen  auf  der  Halbinsel  Liautung-  gelandet  und  nach  aos 
Tokio  kouuiu  nden  Nachrichten  die  Verbiodaog  Fort  Arthars  aach  zn 
Lande  abgeschnitten. 

Zur  See  hat  pin  neuer  und  zwar  mit  gröfsprer  Stärke  als  frttber 
unter nnmmener  BriiiKlpraiiirrirt  zur  VerspprniDi:  der  Ausfahrt  aus 
dem  inneren  Halen  zur  Heede  auf  diesen  Kriegshafen  stattgetunden, 
nach  japanischen  Nachrichten,  wenn  auch  mit  Opfern,  so  doch  mit 
Erfolg,  Hnssischerseits  wird  dies  bentritten.  Die  klare  Antwort 
können  nur  die  künftigen  Ereignisse  geben,  obwohl  auch  ohne 
Sperrung  der  Hafeneinfahrt  die  augenblickliche  erdrückende  Über- 
legenheit der  Japaner  zur  See  das  aktive  Auftreten  des  im  HntVn 
TOD  Port  Arthur  betindiicheu  Geschwaders  kaum  gestatten  dürfte. 

Der  zum  Oberkommandierenden  des  Geschwaders  des  Stilleo 
Oseans  an  Stelle  des  Admirals  Makarow  ernannte  Admiral  Skrydlow 
dtlrfte,  darf  man  den  Japanischen,  immerhin  nicht  unwahrscheinlichen 
Naobrichten  yon  der  Zerstörung  der  auf  Port  Arthur  führendea 
Eisenbahn  trauen  —  jetzt  sein  Kommando  nicht  mehr  Übernehmen. 
Die  Huldigungen,  welche  man  ihm  in  St.  Petersburg  und  Ssewastopol 
In  echt  russischer,  zuweilen  etwas  Überschwenglicher  Weise,  dar- 
gebracht wurden  und  seine  Abschiedsfeiem  haben  den  für  sehr 
energisch  und  tüohüg  geltenden  Admirai  an  seiner  sohlennigen  Ab- 
reise verbindert. 

Admiral  Alexejew,  weleber  einstweilen  das  Oberkommando  Uber 
das  Geschwader  übernommen  balle,  soU  naob  den  neoesten  Nach- 
richten mil  dem  von  den  Japanern  beidta  beeclioaaenen  Zage  nacb 
Ljaojan  gegangen  sein. 

Naeb  mssiseben  Qnellen  aoU  der  Konteradmiral  W.  K.  WitlbOl^ 
bisbeiiger  Cbef  des  Harinestabes  des  Staltbaltera,  den  Befehl  ttber 
das  Geaebwader  in  Port  Artbnr  ttbenommen  beben. 

Admbral  Witdittft  ist  1847  geboten,  1866  in  den  Dienst  ge- 
treten. Er  war  naeb  seiner  Beförderang  «im  Kontecadmixal  Chet 
der  Harineabteilnog  des  OberlLommandlerenden  der  Tmppea  des 
Kwantnngebietes  und  nahm  als  soleher  tttigea  Anteil  an  der  Unter- 
werfbng  des  Boxeranibtandes. 


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BulAlaad  and  der  roMriMh-Japaiiiiohe  Krieg. 


713 


Am  6.  März  hatte  der  Admiral  Kamimuia,  wt  kher  das  monate- 
lang verschwundene  Gesehwader  von  Wladiwostok  bis  dahin  ver- 
geblich gesacht  hatte,  Wladiwostok  bomljai  diert,  wohl  in  der  Hort- 
Dung,  die  Schiffe  des  Admirais  Jessen,  fails  sie  iü  diesem  Kriegs- 
haten  lägen,  zum  ErscbeioeD  zu  veranlassen. 

Wir  schicken  yaraoB,  da(s  die  Lage  des  „Goldenen  Horns** 
(Solotoj  Rog),  des  inneren  Hafens  von  Wladiwostok,  welcher  in 
seinem  (Etlichen  Teile  den  nusisoheD  Kriegsschiffen  als  Ankerplatz 
dient  und  die  DoekB,  Werften  and  andere  Marine-Eftablisseraents 
enthfilty  eine  gegen  einen  Angriff  von  der  See  her  anfserordentlich 
geschntste  ist.  Wladiwostok  liegt  bekanntlich  auf  der  sich  in  den 
Basen  Peters  des  Groben  hineinerstreckenden  Halbinsel,  der 
„Marawiew  Poluostrow",  nnd  zwar  an  deren  südwestlichsten  durch 
den  ^  Wostotscbniy  Bosfor"  von  der  sttdUch  desselben  liegenden  ^Kusskij 
oder  Ostrow-Kasakewitscha''  getrennt.  Durch  den  „Wostotschnty 
Bosfor"  gelangt  man  in  den  inneren  Hafen  von  Wladiwostok.  Dieser 
Zugang  ist  aber  durch  die  sowohl  auf  der  Russeninsel  wie  auf  dem 
Festlande  liegenden  Forts  und  Batterien  iür  eine  Flotte  gesperrt. 
Die  in  dem  Wladiwoetoker  Hafen  liegende  Flotte  ist  in  der  Lage, 
unbemerkt  vom  Gegner,  wenn  derselbe  nicht  in  genügender  Stärke 
▼or  beiden  Ausgängen  des  Wostoteobn^l  Bosfor  Wache  hält,  doieh 
einen  derselben  aasEalaofen. 

•   Ans  diesem  Grunde  sah  sich  der  japanische  Admiral  Teranlalst, 
in  den  Ussurijbnsen,  d.  h.  die  Einbuchtung  des  Meeres  östlich  der 
Mntawiew-Halbinsel  einzulaufen,  um  so  von  Osten  her  das  hier 
iieilieb  noch  immerhin  5  bis  6  km  landeinwärts  liegende  „Goldene 
Horn''  SU  bombardieren.    Es  ist  bekannt,  dafe  die  Wlrknng  der 
Gesobosse,  die  Yon  einer  Au&tellnng  ans  gesebleadert  wurden,  die 
noeh  8000  m  Too  der  Käste  entfernt  war,  fast  gleich  Noll  war« 
Aach  gelang  es  meht,  das  Geschwader  bemmoloeken.  Hätte  man 
aiebt  —  wie  es  dem  Schreiber  dieser  Zeilen  erging  —  in  der 
,,Kowoje  Wren^a"  den  Ostergmlh  von  dem  Offizierkorps  zweier 
Schüfe  des  Gesebwaders  an  ihre  Angehörige  daheim  gelesen,  viel- 
iaieht  eine  etwas  onvorsiohtige  F^reondschaftsbeieagung,  man  hätte 
nicht  gewufst,  wo  dies  Geschwader  geblieben.   Ende  April  machte 
ee  sieh  aber  dnreh  eine  gnt  geleitete  Kxenserfabrt  bemerkbar.  Es 
mag  fttr  mssiscbe  Hersen,  die  die  Flotte  des  Gegneia  überall  in 
Tätigkeit,  die  ihrige  aber  zur  mehr  oder  weniger  untätigen  Abwehr 
▼erorteilt  sahen,  grolse  Genugtuung  erregt  haben,  als  die  Kacbricht 
^trai^  dals  das  Wladiwostoker  Cteschwader  7or  dem  Hafen  Yon 
Oensan  erschienen  und  sozusagen  TOr  der  Nase  des  inr  dem  Japamschen 


Digrtizeo  Ly  <jOOgIe 


714 


Rafslaad  und  der  rassisoh-japanisobe  Krieg. 


Meere  befindlichen  japanischen  Geschwaders  einen  ihrer  Trappeo- 
transportdampfer  oud  mehrere  andere  Schiffe  genommen  hätte. 

Hier  kam  den  Kassen  der  Umstand  zognte,  dafs  sie  in  diesem 
Geschwader  schnellere  Kreuzer  zur  Verillgang  haben  als  die 
Japaner. 

Solange  diese  ihre  Kräfte  im  Gelben  Meere  zasammenhalten 
müssen,  am  das  russische  Port  Arthnr-Gesebwader  za  Terhindero, 
ihren  See-Etappenweg  nach  der  Sttd-Mandseborei  mid  Kord-Kom 
va  BtOren,  weiden  sie  in  dem  Japanischen  Meere  keine  entsoheideodefi 
Erfolge  ezzielen  können. 

Wenn  die  Rassen  aneh  keinen  grOiseien  mAteriellen  Erfolg  vor 
Gensan  sa  veneiebnen  hätten,  so  haben  sie  onstreitig,  nach  Ter- 
sohiedenen  Richtungen  bin,  einen  moralischen  Erfolg  errangen. 

Die  Japaner  werden  aber  alle  ihre  KiUle  auf  die  Lahmlegung 
Pott  Ärthnrs  Terwenden;  d.  h.  aaf  dessen  Erobening,  mit  der  ihoeo 
das  dortige  rassische  Geschwader  in  die  Hände  fallen  wftrde.  Für 
Rolslaod  ist  die  Erbaltang  Port  Arthars  am  so  wichtiger,  als  ea 
ein  neoes  Geschwader  aasrttstei  Wenigstens  deatet  daranf  die 
soeben  erfolgte  Eroennnng  des  Vizeadmirals  und  bisherigen  älteren 
Flaggmanns  der  „2.  Flottendivision  des  Baltischen  Meeres**,  Peter 
Alexejewitsch  Besobrasow,  znm  Kommandierenden  des  I.  Ge- 
schwaders der  Flotte  im  Stillen  Ozean  and  des  Konteradndxab 
S.  Roshestwensky,  bisher  stellvertretender  Chef  des  Admiralstabss, 
som  Kommandierenden  des  IL  Geschwaders  im  Stillea  Ozean.  Dies 
letstere  Geschwader  wttrde  ans  den  fttr  eine  Verwendnng  in  Ostasioi 
▼erftlgbaren  Schiffen  der  „Flotte  des  Baltischen  Heeres**  gebildet 
werden.  Es  sind  dies  die  mit  dem  Admiral  Wirenias  als  Ver- 
stärkongsgescbwader  anf  der  Fahrt  naeh  Ostaelen  sarttekgehalteDen 
Schiffe  and  die  sieben  Linienschiffe,  vier  grolse  ond  fünf  kleine 
Kreozer,  sowie  die  vier  im  fian  begriffenen  Linienschiffe  neoester 
Konstmkdon,  falls  diese  bis  dahin  fertig  gestellt  sein  sollten. 

Da  diese  Flotte  nar  anter  MitfUirang  von  Koblendampfenit 
dnxoh  die  sie  onabhängig  von  dem  Anlaufen  nentraler  HSfea  nnd 
der  Beobachtnng  der  Bestimmongen  fOr  die  Kiiegfübrendeo  wird, 
ihre  Reise  antreten  kann,  so  ist  Rnisland  geiwange%  eine  neoe 
Flotte  von  Kohlendampfero  aaf  dem  weiten  Wege  naeh  Oatasien 
folgen  sa  lassen,  die  ihrerseits  wieder  andaaerader  Deckung  dareb 
deren  Kriegsschiffe  bedürfen  wird.  Man  sagt^  dals  neben  den 
Dampfern  der  «Freiwilligen  Flotte",  die  zorzelt  in  Odessa  nnd 
Ssemutopol  liegen,  Koblendampfer  in  England  gesoharterl  and  | 
Ankäufe  in  Dentsdiland  erfolgt  smd.  Jedenfalls  mala  RnCsland 
sich  beeilen,  damit  dies  Geschwader  nicht  evst  eintrifit,  naeh- 


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BuIsUnd  und  der  rnssisoh-japaiüiiobe  Krieg. 


715 


dem  das  I.  Geschwader  des  „iStillen  Ozeans"  mit  Tort  Arthar  in 
die  Hände  der  Japaner  gefallen  ist. 

Dies  za  eireicben,  setzt  Japan  alle  Kräfte  daran.  In  manchen 
besorgten  Gemtttem  des  mssischen  Volkes  steigt  die  bange  Sorge 
auf,  ob  Fort  Aithnr  oicbt  tHr  dies  Oesehwader  des  Stillen  Ozeans 
ein  zwdtes  S8ewaBto{»ol  werden  durfte. 

Die  Gesobiebte  lehrt  ja,  dalb  einst  die  Sebwaize  Meer-Flotte 
rieb  freiwillig  dorcb  Versenken  ihrer  Sobifte  za  dem  Zeitpunkte  im 
Haien  Ssewastopols  einsperrte,  als  die  Verbündeten  ttber  das  ihnen 
von  einem  franiOsiseben  Offizier  vorgelegte  Projekt  berieten^  naeh 
welchem  wie  heute  dnrcb  Brander,  so  damals  dnreh  eine  Flottille 
▼on  mit  Steinen  nsw.  beladenen  and  im  Hafeneingange  za  ver- 
senkenden Schiffen  die  Schwane  Meer-Flotte  eingosperrl  werden 
sollte. 

Die  Operationen  zn  Lande  haben  die  oben  kon  skiziierte 
Wendung  genommen. 

Kachdem  man  lange  Zeit  im  onklaren  war,  wieviel  Truppen 
die  Japaner  zur  Verwendung  in  erster  Linie  verftlgbar  hfttten,  scheint 
jetzt  infolge  der  letzten  Ereignisse  der  Schleier  von  diesem  Ge- 
heimnis  genommen  za  sein. 

Am  Jalu  haben  die  Japaner,  soweit  die  rassischen  Berichte 
Äolscbiars  zn  geben  vermögen,  drei  Divisionen  in  das  Grefeoht  ge* 
ftthrt:  die  I.  Armee  nnter  dem  General  Karoki. 

Die  Bassen  hatten  an  dem  Jala  seit  Beginn  der  B'eindselig* 
keiten  anscheinend  aar  eine  Schützendivision  and  Kasaken  vorge- 
schoben, die  ihre  Jagdkommaados  weit  in  das  nördliche  Korea 
hineintrieben. 

Dals  es,  sobald  die  Japaner  tatsächlich  eine  Armee  ver- 
einigt hatten,  hier  zum  Kampf  kommen  könnte,  mafste  den  Kassen 
klar  sein.    Es  wäre  daher  von  der  mssischen  Führung  sachgemäls 

g-ewesen.  sobald  man  ühfrsehen  konnte,  dafs  man  es  mit  sehr  über- 
legenen Kräften  zu  tun  iiatte,  das  Gefecht  abzubrechen.  Denn  um 
ein  entscheidendes  Gefecht  konnte  es  sich  nach  der  ganzen  Kriegs- 
lage niemals  handeln. 

Wir  haben  früher  gesao^t.  rials  die  Hussen  daher  kein  Interesse 
daran  haben  konnten,  sich  in  Teiikämpfe  vor  der  Front  ihrer  Armee 
einznlas«en.  Jeder  Tag',  den  man  für  die  Herankanft  der  auf  der 
sibirischen  Bahn  gesandten  Verstäjrkangen  gewann,  wird  ein  Vorteil 
für  (If  I)  Tag  der  Entscheidung  sein.  Die  Hussen  haben  nun  aller- 
din*,^s  mit  dem  Umstände  zu  rechnen  jreliabt,  dafs  die  Aufgabe  der 
slhllii  lien  Mandschurei  die  Verbindun^n  n  mit  Port  Arthur  gefährden 
and  ihre  Prestige  bei  den  Asiaten  erschüttern  könnte.   Aus  diesem 


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716 


BuTsland  and  der  rassUob-japamsobe  Krieg. 


Grunde  mnlsten  sie  pich  entschliefsen,  In  einer  taktisch  vielleicht  nicht 
vorteilhaften  La^c  ;inszuharren,  bis  die  Japaüische  ÜberlegeDheit  ein 
läügeres  Vtiharn  n  am  Jalu  unmöglich  machte. 

iUkkzngs-  und  Abziigsgefechte  gehören  unstreitig  zu  den  schwie- 
rigsten Aufgaben  der  Führung,  namentlich  in  einem  so  UDÜbersicbt- 
licheu  Gelände  wie  bei  TUrentscheu  und  PotetUutsji  und  ohne  Opfer 
läljst  sich  die  Räamung  einer  hartnäckig  verteidigten  Stellang  schwer 
ansfUbren. 

Was  den  Verlast  von  22  Geschützen  mit  8  MaschinengewebreD 
ftai  russischer  Seite  anlangt,  so  neigen  wir  der  Ansicht  zo,  dafs  die 
Verloste  an  Geschützen  nicht  immer  der  betreffenden  Trappe  zun 
Vorwurf  gereieben  dtlrfen,  dais  ein  Geschütz,  welches  bis  zum  letzten 
AngenbUcke  dem  Feinde  Verloste  beigebracht  hat,  seine  Angabe 
besser  eilttUt  hat,  iioob  wenn  es  verloren  geht,  als  ein  solehes, 
welehes,  ohne  dies  zu  tbnn,  sieh  in  Siefaetfadt  bringt. 

Aber  man  frSgt  siob  nnwiUkttrlieh,  ob  der  Einsatz,  welober 
yon  General  Sassnlitscb  geleistet  wnrde,  dem  (Gewinn  entspraeh,  das 
Vordringen  des  doeh  niobt  mehr  «nfEnballenden  dteitaeh  uberlegenen 
Gegners  ein  wenig  zo  verlangsamen. 

Im  ganzen  batten  die  Bassen  hier  nor  5Vt  Sehntzenregimenter, 
das  9.,  10.,  11.,  12.  nnd  22.,  sowie  ein  Bataillon  des  24.  den  mit 
mehr  als  drei  Diyiiiionen  angreifenden  Japanern  gegenttberzosteltea. 

Nan  kam  aber  binzo,  dais  die  Japaner  die  linke  Flanke  der 
Rossen  nmgingen  nnd  so  nor  drei  Regimenter,  das  11.»  12.  nnd  22., 
den  Stofe  aoszohalten  hatten.  An  Artillerie  standen  hier  drei  Batterien 
(8.  der  8.  ostsibiiiseben  Artilleriebrigade ,  die  2.  nnd  3.  der 
6.  Brigade)  nnd  eine  Masebinengewehrkompagnie  des  8.  Sehtttzen- 
regfanents  zor  Verfügung. 

Die  Verloste  —  70  Ofifiziere  ond  2820  Mann  nach  rossisoben 
Berichten,  —  sowie  die  gesamten  Gescbtttze,  ron  deren  Bespannong 
221  Pferde  getötet  waren,  ist  last  nor  von  diesen  Trappen  getragen, 
da  die  llbiigen  anf  dem  rechten  FlOgel  bei  Antnng  stehenden  oder 
in  Reserve  befindlichen  nnr  ganz  anbedeotende  Verloste  erlitten. 

Die  Tapferkeit  der  Rossen  ist  ttber  allen  Zweifel  erhaben  aoeb 
in  diesem  Gefechte;  die  Führong  scheint  ihr  aber  sehr  nachzostehea. 
Den  Japanern  kann  man  nach  dieser  Rlcbtong  hin  die  Anerkennong 
nicht  versagen. 

Gleiebzeitig  mit  dem  Überschreiten  des  Jalo  unternahmen  die 
Japaner  mit  ihrer  zweiten  Armee  anter  General  Oka  bei  FItsewo 
aof  der  Halbinsel  Ljaotnng,  nordöstlich  Talienwan,  eine  Landung. 
Sie  haben  die  Bahn-  ond  TelegrapbenTerbindnng  zwischen  Port 
Arthur  ond  Ldaojan  zerstört  nnd  sind  damit  beschsfdgt,  die  von  den 


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Bofsland  und  der  nusisoh-japaabobe  Krieg. 


717 


RosBen  zum  Schlitze  der  Einfahrt  in  die  Bneht  von  Talienwan  ver- 
eenkten  Minen  in  beseitigen,  um  den  mit  so  idelen  Kosten  Ton 
Bnisland  snm  Welt-H«ade]sb«fen  bestimmten  Hafen  m  nehmen. 

Die  Rnssen  zogen  sieh  nof  Fenhnantscheng  znrttok.  Die  Japaner 
drängten  naeh  nnd  folgten  den  Ton  diesem  Orte  in  der  Biehtong 
anf  LJaojan  Zurückgehenden  bis  Ssinyan. 

Das  Oeländei  welches  sie  nnn  zu  durchsobieiten  haben,  ist  die 
Wassersoheide  zwirohen  dem  GoÜe  yon  Korea  nnd  dem  Golfe  Ton 
Ijantnng,  ein  nicht  leicht  zn  passierendes  Beigland,  Von  den  es 
Tom  Jfaln  in  der  Biehtnng  anf  die  Eisenbahn  dnrehziehenden  Stralsen 
ist  die  für  militärische  Zwecke  branchbaiste  die  Uber  Fenhnantscheng 
(anoh  FOnghwangtsehOng)  anf  Ljaojan. 

Von  der  inzwischen  an  der  Ostkttste  der  Halbinsel  Uaotnng 
gelandeten  aweiten  Armee  haben  sieh  Teile  nach  Sttden  gewendet 
and  die  Rassen  am  26.  BCai  bei  Kintschaa  nach  hartem  Gefecht  auf 
Port  Arthur  zarttekgedrängt  Ein  anderer  Teil  ist  anf  Haitsehong 
in  Marsch  gesetzt  worden. 

Am  Jaia  seheint  übrigens  von  Streifkorps  der  den  Japanern  so 
aberlegeoen  mssischen  KaTallerie  noch  immer  eine  Art  von  Partei- 
gäogerkrieg  geftihrt  zo  werden,  nnd  auf  der  von  der  Possjet-Bai 
her  auf  Gensan  tUhreoden  Strafise  im  Nordosten  Koieas  stehen 
Rossen. 

Es  ist  kaum  anzunehmen,  dals  diese  DlTcrsionen  die  Operationen 

der  Japaner  beeinflussen  könnten. 

Endlich  werden  Kämpfe  mit  den  Chunchusen,  d.  h.  chinesischen 
Räuberbanden,  gemeldet,  die  in  letzter  Zeit  an  verschiedenen  Punkten 
anfgretreten  sind.  Unter  der  Maske  des  Chunchusen  verbargen  sich 
1900  bekanntlich  oft  chinesische  Soldaten.  Wieweit  die  benach- 
barten \  izekönige  dem  Antlrini^-cn  Japans  nachgeben  werden,  es 
offen  oder  im  geheimen  zu  unterstützen,  steht  dabin.  Das  Kinirreifen 
Chinas  in  der  rechten  Flanke  der  russischen  Armee  würde  für  die 
Operationen  der  Küssen  in  so  hohem  Grade  störend  >eiu,  dals  wir 
es  uns  versa^^t  n  müssen,  die  weittragende  Bedeutung  dieser  Wendung 
der  Ereignisse  au  dieser  äteiie  zu  erörtern. 


48* 


Lioogie 


718 


Umaehftu. 


Umschau. 


Italien. 

Zulassang       Naeb  einer  Verittgung  dea  KriegsminiMten  kOnnen  im  Schi^jalire 
Militär''-   1^/1^^  ^  1-  Karslis  der  Militüraehnle  815  OfBsienmwSrtor  ftr 
schulen.  Infanterie  and  Kavallerie  and  awai  270,  besw.  45  fUr  die  beiden 
Waffen,  zam  1.  Kaisas  der  Hilitiirakademie  90  Anwärter  für  ArMlerie 
nnd  Pioniere  zngelassen  werden.  In  enter  Linie  werden  die  Jangen 
Lente  bertteksiehtigt,  die  bei  mindestens  17,  bOebstens  22  Jahrea 
Alter  and  körperlieber  Eignang,  die  SeblalsprUiongen  eines  6ym- 
nadoms  oder  eines  teobniseben  Institats  bestanden  baben.  bezw.  ans 
den  Hilitttrkollegten  berrorgeben. 
Schieb-        Naeh  einem  Erlab  des  Kriegsministeis  scbieben  die  Begimenter 
^i^'J'jl^^^^^fabrender  and  reitender  Artillerie  sowie  das  8.  Feetangs-CBelagerangs-) 
^         Regiment  in  diesem  Jabre  aof  8  Sebietsplätsen  im  allgemeinen  im 
Begimentsrerbande  Je  14  Tage.   Das  GeMtgsreglment  hält  seine 
Sebiebttbnng  im  Gebirge  ab.  Das  18.  Feldartillerieregiment  sehielst 
nach  zu  erwartender  Weisong  des  Kriegsrainisters  in  der  Nähe  von 
Aquila  im  Gelände,  aneb  für  eine  Anzabl  von  anderen  FeldartUlerie- 
regimentem  sind  onter  AbkUrzong  ihrer  SchielsObangen  anf  den 
Seblefsplätzen,  Geländeschiefsen  in  der  Nähe  ihrer  Garnisonen  yor- 
gesehen.    Das  1.  ond  2.  Festangsartillerieregiment  sehielsen  ans 
Sperrforts.    Näheres  im  folgenden  Beriebt. 
Xoderungen  Jetzt  bekanntgegebene  Gesetz  vom  17.  März  1904.  betreffend 

des  Be-  Änderungen  des  bestehenden  ßefördemngagesetzes  für  die  Marine, 
^"gegpiSSfl^  bestimmt  i\.  n.,  dals  das  Auirtlcken  zam  Fregattenkapitän  und  den 
der  Marine.  Beamtenanstellungen  gleichen  Grades  zu      naeh  dem  Dienstalter, 
nach  Wahl,  das  AohHoken  zum  Korvettenkapitän  und  der  Beamten 
gleichen  Ranges  zn       nach  dem  Dienstalter,  Vs        Wahl  erfolgen 
soll,  anfserdem  die  Beförderung  nach  Wahl  sich  nur  auf  die  Offiziere 
erstrecken  kann,   die  im  ersten  Drittel  der  Alterslisto  erscheinen. 
FUr  die  Offi/aere  des  j^Equipagenkoips"  werden  50  Jahre  als  Alters- 
grenze festgesetzt. 

Uber  einige  wichtige  Ändernugen  im  Reg^h  ment  für  die  grolsen 
Militärtransporte,  sowie  Eignangs-Prttfangen  zur  Befördemog  im 
näcbten  Bericht.  18 

Fr&nkrGioli. 

Bericht  Beseblttsse  des  Armeeaasscbusses  der  Kammer  ent- 

Berteanx.  haltende  nnd  die  Grundlage  der  demnäebst  begmnenden  Beratungen 


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Unuehau. 


719 


im  Plenum  der  Kammer  bildende  Bericht  Berteanx  hat  für  die  vor- 
aussiciitlicbe  Gestaltnnir  der  Wehrverhältnisse  in  Franlireieh  eine  der- 
artig weittragende  Hedeutung,  dals  es  uns.  wie  schon  im  letzten 
Monatsbericht  bemerkt,  geboten  erscheint,  die  wichtigsten  Neuerunirt  n, 
die  er  bringt,  hier  zu  belenchten.  Der  vorige  Monatsbericht  kt  nnlf^ 
nar  das  allgemeine  der  Einteilnng  des  Berteauxschen  Berichts  bringen. 
Wir  übergehen  bei  unserer  Beleachtnng  Veryohicdenheiten  von  ge- 
ringerer Bedeutong  vom  Seuatstext.  Wir  wt  isf  ii  zunächst  darauf 
bin,  dafs  der  Armeeausschurs  die  frühere  Bestimm uii;r.  nach  welcher 
die  Leute  zur  Losung  in  dem  ..Kantonshauptort"  '/uöanimenz.uk ommen 
hatten,  obwohl  die  Losung  als  solche  bei  zweijfihrigcr  Dienstzeit 
fortfällt^  dazu  benutzt  hat,  um  eine  Musterungskommission  eiu- 
znrichten.  die  ans  einem  Beamten  der  Regierung  des  De])artements, 
einem  Offi/icr  ilcs  R(  krutierungsdienstes  und  einem  Militärarzt  be- 
steht und  der  Aushebungskommission  direkt  vorarbeitet  (Artikel  15), 
sodals  deren  Tätigkeit  in  mancher  Beziehung  beschleunigt  werden  kann 
ond  doch  an  Gründlichkeit  gewinnt.  Die  doppelte  ärztliche  Unter- 
suchung bürgt  auch  dafür,  dals  nur  dienstbrauchbare  Leute  zum 
Dienst  mit  der  Waße  gelangen.  Die  Artikel  18^  19  und  20  des 
Senatstextes  betreffend  die  KUs.sierung  der  jungen  Leute  haben  im 
Armeeausschufs  durchgreifende  Änderungen  erfahren.  Man  gewinnt 
bei  dem  Text  des  Armeeausschusses  den  Eindruck,  dafs  dieser  von 
den  Dienstpflichtigen,  selbst  von  den  nicht  Eingestellten,  den  denk- 
bar grölsten  Nutzen  für  den  Dieost  ziehen  will.  Die  Kiassierung 
weist  folgende  .")  Klassen  auf: 

1.  tauglich  für  den  Dienst  mit  der  Watie,  werden  auf  zwei 
Jahre  eingestellt; 

*2,  tanglich  für  Hilfsdienste,  junge  Leute,  die  bei  sonst  kräftiger 
Konstitution  einen  kleineu  Fehler  haben  und  auf  zwei  Jahre  den 
Hilfsdiensten  tiberwiesen  werden; 

3.  zurückgestellte  Leute  mit  zu  schwacher  Körperbeschaffenheit, 
die  aber  kräftiger  werden  können  und  daher  eventuell  mehrere  Jahre 
hintereinander  vor  der  Revisionskommission  ihres  Kantons  zu  er- 
scheinen haben.  Sie  zerfallen  in  drei  Klassen,  nämlich  a)  diejenigen, 
die  einmal  zurückgestellt,  im  zweiten  Jahre  für  den  Dienst  mit  der 
Waflfe  tauglich  befunden  werden  und  dann  zwei  Jahre  aktiv  dienen 
müssen,  b)  solche,  die  nach  einjähriger  Zurückstellung  immer  noch 
nieht  flir  den  Dienst  mit  der  Waffe  wohl  aber  für  die  Hilfsdicneta 
tangUoh  befanden  und  für  diese  auf  zwei  Jahre  eingestellt  werden. 
Nach  einem  Jahre  in  diesen  werden  sie  wieder  untersnobt  iin4 
leisten,  wenn  dann  tauglich  befunden,  ihr  letztes  Jahr  im  Waffen* 
dienst,  sonst  in  den  Hilfsdiensten,  c)  die  Leute,  die  auch  nach  swei- 


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720 


Um»cbau. 


maliger  Znrtickstellung  noch  fllr  keineo  Dienst  tauglich  smd,  bis  zoid 
25.  Lebensjahr  aber  in  jedem  Jahr  Tor  der  BevisioDskommisslon  za 
erscheinen  haben,  die  sie  jfür  den  Krieg  als  „mobilmachungsfähig^ 
erklären  kann.  Sie  haben  dann  die  Dienstpflicht  ihres  Jahrgangs 
im  Landstorm.  Die  den  HUftdiensteo  ttberwiesenea  Leale  kOnneo 
dreimaligen  Anfaehab  der  EinstelJnng  Teriangen,  indem  sie  erklSieiii 
dals  sie,  wenn  sie  tot  dem  25.  Jahre  tanglidi  befhnden  weiden,  ndt 
der  Wafie  dienen  wollen.  Sie  sind  dabei  aber  za  zweijährigeoi 
Dienst  Terpiliehtet.  Der  Armeeanssehnfii  ist»  wie  aieb  hier  deotUdi 
ergibt,  mit  allen  Kräften  bemttht  gewesen,  dem  Dienst  mit  der  Waffe 
mltgliehst  viele  Leate  znsnfQhren; 

4.  juüge  Leute,  welche  ihn-  allgtinieine  Körperbescbaffenbeit 
oder  gewisse  Fehler  für  jeden  Dienst  untaoglieli  mai  lieji.  die  über 
erwerbsfähig  sind.  Sie  werden  vom  Dienbt  beireit,  zabieu  aber  VVebr- 
steuer  (s.  n.); 

5.  junge  Leute,  deren  Gebrechlichkeit  oder  organische  Fehler 
sie  fUr  allen  Dienst  an  brauchbar  machen  nnd  aacb  ihre  Erwerbs* 
föhigkeit  in  Frage  stellen. 

Artikel  20  bestimmt,  dals  die  jungen  Leute,  die  Tor  ihrem 
Diensteintritt  als  FamilienstUtsen  erklärt  worden  sind,  bis  höchstem 
za  8  Proz.  des  Kontingents  ihre  Familien  während  ihres  aktirai 
Dienstes  0,75  Frs.  Beihilfen  für  jeden  Tag  versorgen  könnes. 
Der  Staat  trägt  von  diesen  Beihilfen  75  Proz.,  die  Gemeinden 
10  Proz.,  die  Departements  15  Proz.  Von  den  Leuten  unter  des 
Waffen  können  2  Proz.  ihren  Familien,  wenn  sie  ihre  E^n- 
schaft  als  Familienemährer  nachweisen,  denselben  Vorteil  ver- 
scbafien.  Die  früheren  Dispensierten  finden  BerUcksichtigang  doieh 
bis  zu  vier  Anischttbeu  in  der  Einstellung  nnd  wie  wir  später  sehen 
werden,  dorch  Znlassnng  des  Eintritts  vor  dem  dienstpflichtigen 
Alter.  Leute,  die  anf  eigenen  Antrag  Anfschnh  erhalten,  werden  b 
bezog  auf  Dienstpllicht  dem  Jahrgang  angereehnet,  mit  dem  sie  wirk- 
lieb in  den  Dienst  treten;  solche,  die  Yon  der  Revisionskommission 
wegen  noch  nicht  hinreichender  körperlicher  Entwicklung  zurück- 
gestellt werden,  rechnen  in  bezug  anf  Gesamtdienstpflicbt  in  ihren 
eigentlichen  Jahrgang  hinein.  Die  Mobiimachnng  macht  alle  Aiii> 
schtlbe  hinfällig. 

Von  giolser  Tragweite  cdnd  die  in  Artikel  28  des  Armeeanssohnfs- 
textea  niedergelegten  Bestimmungen  für  die  Sehttler  der  MOitänchalea. 
Wir  müssen  dabei  anch  gleich  die  Bestimmungen  Ihr  die  im  Artikel  23 
des  Senatsteztes  bezeiehneten  militirisdi  organisierten  SehoIen^Zentcal-» 
Foiatsebale,  Sehnlen  ftlr  Chaossee-  nnd  Bittekenhan  nsw.  erwähnen, 


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ÜIMOllllL 


721 


weil  die  B«wbltt88e  des  Senatetextos  hier  eine  yOUige  Umgettattimg 
erfehren.  Artikel  28  des  Armeeaiusobiilstextes  lastet:  Die  Jungen 
Leate»  welche  die  AafDahmeprtthmg  iQr  die  Spesdalseliiile  ron  St.  Cyr 
bezw.  die  polyteeliDische  Selinle  bestanden  haben,  gehen  mit  frtthestens 
17  Jabren  eine  niindesteDs  vierjl&hiigen  Dienstrerpfliebtnng  ein  und 
haben  zwei  Jabie  im  MannsobaitHstande  za  dienen  beror  sie  in  die 
Sohnlen  eintreteo.  Die,  welche  am  Schlafs  ihres  «weiten  Dienst» 
Jahres  die  Prttfong  zum  Zagfllbrer  bestehen,  treten  in  die  Schalen 
als  Unterleutnants  der  Reserve  ein.  Bestehen  sie  die  SchluisprUfung 
der  Schale,  so  treten  sie  mit  ihrem  J>ienstgrad  in  die  aktiTe  Armee  ein, 
die  gesetzlich  ftlr  die  Beförderang  zum  Lentnant  Torgescbriebenen 
zwei  Dienstjabre  im  Grade  des  Unterleatnants  werden  dann  Ton 
Huer  Fatentiernng  als  Unterleatnant  der  Reserve  ab  gerechnet.  Der 
Armeeansschals  lehnt  alle  übrigen  Lösangen  der  Frage  ab.  Zanächst 
diejenigen  den  Scbttlern  der  bisher  privilegierten  Zi?ilsohalen  ihre 
zwegährige  Dienstverpfliobtnng  in  den  Trappenteilen  zerlegen  zu  lassen, 
so  zwar,  dats  sie  ein  Jahr  vor  Besuch  der  vScbale  im  Mannschaftsstande 
das  zweite  Jahr,  wenn  Zöglinge  der  Spezialschule  von  St  Cyr,  oder 
der  polytechnischen  Schale,  die  sich  dem  aktiven  Dienst  widmen 
wollten,  als  aktive  Offiziere  in  der  Armee,  wenn  Zöglinge  der  sonstigen 
militärisch  organisierten  Sehalen  oder  der  polytechnischen  Schule,  die 
nicbt  aktiv  weiter  dienen  wollten,  als  Reserveoffiziere  abgeleistet 
hätten.  Auf  diese  Weise  wäre  aber  für  die  letztere  Kategorie  im 
zweiten  Jahr  nur  ein  wirklicher  Dienst  von  vier  Monaten  heraos- 
gekomoen.  Das  System  hatte  den  Vorteil,  den  Nachwuchs  an  Reserve* 
Offizieren  zo  erleichtem,  es  liefert  aber  nicht  den  vollen  Bedarf,  der 
sich  (s.  o.  bei  Kapitalanten)  anf  jährlich  1900 — 2000  belauft,  sondern 
nnr  etwa  500.  Die  Mitglieder  des  Armeeansschusses  erblickten  femer 
in  der  Tatsache,  dsis  diese  jungen  Leate  ein  Jabr  weniger  \m  Mann- 
scIiaftsstauUe  zaznbringen  hätten,  eine  Rückkehr  zn  den  alten  Privi- 
legien der  Gesetze  von  1872  und  1889.  Der  ArmeeanssobnliB  beriet 
dann  die  Teilung  der  beiden  Pflichtjahre,  so  dafs  die  jangen  Leute 
auch  das  zweite  Jahr  im  Mannschaftsstande  zubringren  sollten.  Dabei 
konnte  msn  aber  mit  den  Zö^^Iingen  der  Militärschulen  nicht  anders 
verfahren,  als  mit  denen  der  bisher  privilegierten  militärisch  organi- 
derten  and  bemerkte  im  Armeeaussohuis,  dafs  es  ein  Odium  ftlr  die 
OfBzieranwärter  bedeuten  wflrde,  wenn  sie,  die  später  die  bernfenen 
Lehrer  der  Mannschaften  sein  sollten,  kürzere  Zeit  mit  diesen  in 
Bertthrong  blieben,  als  die  Reserveoffiziere  und  sie  nicht  dieselben 
Pflichten  auf  sich  nähmen,  wie  die  Leute,  die  zwei  Jahre  dienten, 
zumal  sie  nicht  ihren  eigentlichen  Beruf  durch  die  zwei  Jahre  Dienst 
unterbrächen.   Der  Ansschois  hat  sich  dabin  entschieden,  die  Zög- 


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722 


Vmwhtii. 


Unge  aller  groben  Sohnlen  gleich  za  behaodeliL  Die  ZaIllsBigkeit 
der  Anfisohttbe  bis  mm  Alter  vod  25  Jahren  einerseits,  die  MOglicb- 
keit  nach  ArtÜLel  50  Yor  dem  dienetpiUehtigeii  Alter  einzatreten  und 
die  Dienetpflieht  vor  dem  Besnob  der  Univerdtäteii  mw.  sn  erledigen, 
aodererseitB,  erecheiDen  dem  Aossobnls  genttgend,  am  ernste  Schädi- 
gangen  des  Stadinms  aoszoschliefsen.  Alle  im  Artikel  23  des  Senats- 
textea  zugelassenen  AusDabmen  jfür  die  Zöglinge  der  militärisch  organi- 
sierten Sehnlen  wttrden  daher  beseitigt  ood  allgemeine  Gleichheit  fest- 
gesetzt. Der  Bericht  Berteaux  weist  darauf  hin»  dafs  die  vom  Armee- 
ansschaljB  im  Artikel  23  niedergelegte  Lösung  vor  dem  Senatsteii^ 
der  den  aktiven  OffizieisanwSrtem  Ton  St.  Cyr  and  der  polyteebnischen 
Schnle  die  Verpflichtung  auferlegt,  ein  Jahr  in  der  Tmppe  zo  dienea, 
dann  zwei  Jahre  die  Schule  zn  besnchen,  sie  am  Sehlasse  der 
Schnyahre  dann  als  Unterlentnants  in  die  Armee  bringen  wollte, 
wo  sie  bis  zum  Leutnant  zwei  Jahre  zu  dienen  hatten,  ihnen 
also  fünf  Jahre  Dienstzeit  bis  zur  Bef^)rderung  zum  Leatoant 
auferlegte,  den  Vorzog  habe,  den  jungen  Leuten  ein  Jahr  früher 
das  Aufrflcken  zum  Leutnant  möglich  zo  maehen.  Auf  diese 
Weise  vermeidet  der  Armeeaussohnis  die  sonst  zn  erwartende  Er- 
scheinung, dals  zahlreiche  junge  Leute  vorziehen  wttrden  des 
•Weg  der  Offi/ieranwärter  durch  Saint  Maixent,  Saamnr  nnd 
Versailles  zu  wählen  nnd  man  dadurch  das  Niveau  der  Allgemein- 
bildung herabgesetzt  hätte.  Den  Reserveofßderaspiranten  macht  man 
die  Grreiehung  des  Unterlentnants  der  Ueserre  entschieden  sohwieriger 
als  bisher. 

Der  Grundsatz  Gleioheit  der  aktiven  Dienstdaoer  macht 
auch  in  den  Bestimmungen  fttr  den  Naobwuchs  an  Ärzten,  Veteri- 
öftren  und  Apothekern  Änderungen  nötig.  Artikel  25  bestimmt:  die 
Kandidaten  der  Medizin,  die  Apotheker  und  Veterinäre  Uberoehmeo 
beim  Eintritt  in  die  betreffenden  Schulen  die  Verpflichtung,  in  der 
aktiven  Armee  wenigstens  6  Jahre  zu  dienen,  wenn  sie  die  Schlofe* 
prüfnng  bestehen  und  mindestens  3  Jahre,  wenn  sie  die  Sehlals- 
prUfung  nicht  besteben.  Von  diesen  G  Jahren  nach  Schluls  der 
Schule  dienen  sie  2  Jahre  im  Mannscbaftgstande  der  Trappe,  dano 
die  folgenden  Jahre  an  der  Applikationssehoie,  bezw.  als  Arzte, 
Veterinäre  in  einem  Truppenteil. 

Die  Artikel  26,  27,  2?^.  29  (u.  a.  auch  die  Kantonal-Rekruticrungs- 
liste  mit  8  Kategorien  berührend)  und  30  weisen  wesentliche  Ab- 
weichungen vom  Senatstext  nicht  auf.  VöUio:  neu  ist  dagegen  Ar- 
tikel 31,  betretfend  die  Wehrsteuer;  er  bringt  eine  völlige  Ände- 
rung des  Artikel  35  des  Kekrntierungsgresetzes  von  1889  und  seiuer 
Ergänzungen.   Die  Vorschrüten  des  neuen  fraozösisoheo  Gesetzes  Id 


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UnMehatt.  723 

besag  an!  die  Webrskener  sind  um  so  uateressanter,  als  vor  kurzer 
Zeit  bei  ans  im  Reiebstage  der  Hinweis  aaf  diese  Steuer  als 
Einnabmeqaelle  für  BeibUfen  an  Kriegsteilnebmer  von  anderer  Seite 
mit  dem  Bemerken  beantwortet  warde«  die  Steaer  treffe  die  „be* 
sonders  Hilfsbedürftigen",  dann  aber  anch,  weil  man  in  Frankreiob, 
trotz  scbfttfster  Heranzlehong  aller  irgendwie  Dienstfähigen  and  Be- 
seitigung aller  Dispense,  den  bisherigen  Ertrag  der  Wefarstener,  1903 
rund  2,3  Millionen,  auf  das  Doppelte^  4,8  Millionen,  zu  steigern  ge- 
denkt and  dabei  doch  nicht  von  den  „  besonders  Bilfsbedürfkigea^ 
spricht,  die  sie  treffen  soll.   Man  darf  nieht  vergessen,  dafs  bei  uns 

1.  in  jedem  Jahre  sehr  viel  mehr  Dienstpflichtige  vorbanden  sind, 

2.  die  bttrgerlioben  Verhältnisse  in  sehr  viel  liberalerer  Weise  berück- 
sichtigt werden  als  in  Frankreich,  wir  auch  noch  völlig  dienstfähige 
nnd  abkommliche  Über/äblige  haben,  3.  der  jährliche  Hekrntenjahr* 
gang  bei  uns  nicht  in  dem  Verhältnis  h()her  ist  als  der  französische, 
wie  die  deutsche  Bevölkerung  die  französische  tibertrifft.  Bei  An- 
wendung der  Grundsätze,  die  in  Franlueiob  für  die  Wehrstener  gelten 
sollen,  millsten  sieb  bei  ans  daber,  ebne  jede  Härte,  sebr  viel 
bObere  Erträge  aus  dieser  gerechtesten  aller  Steuern  ergeben.  Man 
lasse  daher  bei  uns  alle  Sentimalitäten  bei  Seite  nnd  ziehe  die 
werbdäbigen  und  im  Besitze  eines  gewissen  jährlichen  Mindestein- 
kommens befindlichen  Lente,  die  nicht  im  Soldatenrock  dem  Vater- 
lande dienen,  wenigstens  dazu  heran,  dafs  sie  za  einem  Bbrensolde 
fttr  die  EriegsinTaliden  durch  eine  Wehrsteuer  beitragen.  Man  kann 
das,  wenn  man  nnr  die  Mehreinnahmen  bertlcksichtigt,  die  diese 
Leute  während  der  2  Jahre,  die  ihre  Altersgenossen  unter  den  Waffen 
zubringen,  erwerben,  sowie  die  Minderausgaben  an  Zuschüssen,  die 
die  £ltem  der  Nichtdienenden  während  zweier  Jahre  für  ihre  Söhne 
haben.  Nach  Artikel  31  des  Textes  des  Armeeausschnsses  haben 
Wehrstener  zu  zahlen  diejenigen  Leute,  die  wegen  „irnpotence  fonctio- 
nelle  partielle",  d.  h.  weg^en  ..teilweiser  organischer  Gebrechlichkeit" 
von  allem  Dienst  betreit,  aber  in  ihrem  Zivilbemf  erwerbsfähig  und 
nicht  in  die  Hilfsdienste  eingresteUt  sind,  wenn  ihre  Personalsteuer 
vom  bpweglicben  Vermög:en.  oder  diejenigen  ihrer,  oder  eines  ihrer 
Versvandteu  1.  Grades,  soweit  die  Staatssteuer  in  Frage  kommt, 
nicht  unter  10  Frs.  beträjrt.  Wir  weisen  hier  nocbraals  darauf  hin. 
dafs  man  Überzahlio-e,  oder  aus  bUrn-erlichen  liUcksichten  Befreite  in 
Frankreich  in  Zukuntt  nicbt  mehr  kennt,  da  ja  selbst  die  FamilienstUt/.en, 
die  tauglich,  zu  2  Jahren  Dienst  unter  den  Fahnen  heningezo^jen  werden. 
Die  genannten  Leute  haben  Wehrstener  auf  :\  Jahre,  beginnend  vom 
1.  Januar  des  Jahres  ihrer  detinitiven  Befreiung  ab.  zu  zahlen  und 
wird  diese  Steuer  bemessen  auf  den  2'/s  fachen  Satz  ihrer  Personal- 


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724 


ümMhaa. 


Staatssteuer,  bezw.  auf  das  2'/siaebe  der  Personalstaatsstener  des 
Höchstbesteaerten  ihrer  Verwandten  I.  Grades,  dividiert  durch  die 
Zahl  seiner  lebenden  Kinden  Dabei  kommt  selbst  das  Vermögen 
eines  Stiefvaters  in  Betracht,  wenn  die  verwitwete  Mutter  eines 
solchen  Befreiten  wieder  geheiratet  hat.  Bezüglich  der  Zahlung  der 
Steuer  hält  sich  der  Staat  an  die  Verwandten  I.  Gr«ides.  die  ihrer- 
seits auf  den  Befreiten  zurück jrreifen  können.  Zn  jedem  Franken 
Steuer  werden  10  Centimes  für  Kosten  der  Krhcbung  gegchlagen. 
Die  zur  Zahlung  der  Steuer  Verpflichteten  werden  den  Gemeinden 
von  (Ipii  Militärbehörden  in  jedem  Jahre  vor  dem  1  Jannar  mitge- 
teilt und  haben  die  Militärbehörden  die  Befugnis,  Auskunft  über  Ver« 
mögens-  und  Steuerverhältnisse  zu  verlangen.  Die  iri  naimie  Stener 
haben  also  auch  die  in  dir  Hilfsdienste  t  hirctt  ihcn  l.eute  zu  zahlen, 
wenn  sie  nicht  —  da  der  Kriegsmiui>t(  r  ja  nur  70u(t  heranzuziehen 
gedenkt  —  in  den  Üien»it  berufen  werden.  Die  Zifii  r  der  Befreiten 
rechnet  der  Berteanxschc  l'xi  icht  auf  jährlich  rund  M  i  k  )i ).  Neben  dieser 
Wehrsteuer  der  Befreiten  wird  eine  andere  Steuer  eingerichtet,  die 
man  eigentlich  Janggedelleusteuer  nennen  kann.  Sie  ist  von  den- 
jeniizt  ij  zu  zahlen,  die  beim  Übertritt  zur  Landwehr,  im  Durchschnitt 
mit  dem  34.  Lebensjahre,  iiieht  nachweisen  können,  dafs  sie  ver- 
heiratet, oder  Witwer  mit  Kindern  sind  und  eine  Personal -Staate- 
stf'oer  von  unter  10  Frs.  zahlen.  Die  von  ihnen  auf  12  Jahre  zu 
entrichtende  Steuer  wird  bemessen  nach  dem  doppelten  Satze  der 
zahlenden  Personal -Staatssteuer.  Die  Begründung  der  Wehrsteoer 
speziell  der  Befreiten  —  aber  wie  wiederholt  nicht  für  den  Dit  nsi 
Tauglichen  —  im  Berteaiixschen  Bericht,  verdiente  auch  in  unserem 
Keichsta^'e  «rolesen  zu  werden,  sie  spricht  klar  ans.  dals  jeder  er- 
werbsiähige  Mann,  der  nicht  mit  seiner  i'ijrbuü  dem  Staat  seineo 
militärischen  Tribut  zahlt,  eine  Kompensation  in  Geld  zn  leisteu  hat 
Wir  !i  rubren  nur  flüchtig  Titel  IV  des  Textes  des  Arnieeausschusses. 
betreäend  den  ,. Militärdienst",  blofs  bemerkend,  dals  der  Ausschais 
einige  Artikel  des  Senatstextes  zusammengefaist,  andere  ergänzt  hat. 
So  z.  B.  ist  der  Ausschuis  dagegen,  dafs,  nm  mögliche  Über- 
schreitungen der  Budgetstärke  zu  vermeiden,  unter  den  Leuten  der 
Hilfsdienste  eventuell  gelost  und  auf  diese  Weise  der  Überschufs  ent- 
fernt Vierden  soll,  wie  der  Artikel  31  des  Senatütextes  dies  wollte. 
Der  Kriegsminister  habe  Unterlagen  genug,  durch  Bemessung  der 
Ziffer  der  einzustellenden  Leute  der  Hilfsdienste  derartige  Über- 
schreitungen auszuschlielsen.  Beibehalten  ist  die  Bestimmung,  dals 
das  Kekrutenkontingent  spätestens  am  10.  Oktober  eingestellt  werden 
soll,  der  älteste  Jahrgang  gleich  nach  den  Manövern  eotlasst^u  werden 
kann,  beibehalten  ferner  die  Befugnis  des  Marine-  and  iüiegsmiiiister» 


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UnMohaii. 


726 


(Artikel  88),  in  roieoi  in  denen  dies  die  VefbUtniese  gebieten»  den 
ftlteeten  Jahrgang,  der  seine  gesetdiohe  aktive  Dienelseit  abgeecbiofoen 
lialf  linger  nnter  den  Waffen  an  halten,  dem  Parlament  ist  aber 
daron  luddigst  Mitteilnng  zn  machen,  weiter  die  Befugnis,  nnter 
g^cben  Verhftltnissen  mit  Zustimmung  des  Ministerrats  die  Leute 
des  Jüngsten  Jabrgangs  der  Reserve  dnreb  Einselordres  nnter  die 
Waffen  sn  berufen  ^  d.  b.  die  Mobilmachung  unauffftUIg  vor- 
au  bereiten.  Artikel  85,  der  ron  dem  einsustellenden  Bekmten- 
kontingent  handelt,  ist  einigermalBen  geündert,  indem  der  Armeeans- 
sebuis  dem  Satie  des  Senats:  „Das  einmsteUende  Kontingent  wird 
gebildet  aus  den  Leuten,  die  im  1.  und  2.  Teil  der  Kantonal-Rekru- 
Menmgslisten  erscheinen'*,  binsufilgt,  sowie  ans  denjenigen,  die  snrttck- 
gesteUt  worden  sind,  besw.  AuMiub  erhalten  haben,  wenn  dieser 
Aufechub  abgelaufen  ist,  sowie  endlich  ans  deigenigen,  die  als  An* 
wSrter  auf  die  Militfti«»hnlen,  die  äntlicbe,  Apotheker-  oder  Veterinär* 
lanibabn  sieh  zu  besonderem  Dienst  TerpHichtet  haben.  Geblieben 
ist  Im  Artikel  87  bei  dem  Ecsata  der  Xolonialtruppea  auch  die  Be- 
stimmung, dab,  wenn  die  übrigen  Ersatequellen  nickt  ausreichen, 
auch  Leute,  die  ansgekoben  sind,  den  Kolonialtruppen  angewiesen, 
aber  nur  mit  ihrer  Zustimmung  in  den  Kolonien  Tcrwendet  werden 
können. 

Wie  im  letsten  Bericht  schon  erwähnt,  bat  Berteanx  als  Vonug 
der  2jäbrigen  Dienstzeit  o.  a.  auch  anfgeltthrt,  dals  die  Leute  bei 
2jäbriger  Dienstseit  nach  den  VorseblVgen  des  Arm eeausscb asses  im 
ganzen  60o  wirkliche  Ansbildnngstage  erlebten,  gegen  546  bei 
Sjähriger  bisher,  d.  h.  54  Tage  mehr.  Zu  diesem  Ergebnis  kommt 
er  anf  eine  etwas  sonderbare  Weise.  Bei  8jähriger  Dienstz^t»  £in« 
Stellung  am  14.  November,  Entlassung  am  21.  September,  berechnet 
er  im  ersten  Ausbildungsjabre  nach  Abgang  ?on  54  Sonn-  und  Fest- 
tagen 258  Ansbüdongstage,  im  2.  Jahre,  TOm  22.  September  bis 
21.  September  nur  144  solche.  In  der  Zeit  von  der  Entlassung  des 
ältesten  Jahrganges  bis  Ende  Janaar,  132  Tage,  hat  der  2.  Jahr- 
gang alle  Gestellungen  zn  liefern  und  alle  8  Tage  Wache  zn  geben. 
Die  Waebttage,  44,  rechnet  Berteanx  sn  den  Aasbildungstagen. 
Während  der  ttbrigen  234  Tage  kommen  nach  Berteanx  die  alten 
Lente  nnr  jeden  2.  Tag  (?)  zn  Übnngen  und  man  mnls  noch  Ittr 
Sonntage  absieben,  so  dals  sich  100  4-  44  =  144  als  wirkliche  Aus- 
bildongstage  ergeben.  FUr  das  3.  Jalnr  wird  dieselbe  Zeit  angesetst, 
80  da(s  Berteanx  total  546  Tage  herausreehnet.  Zu  den  600  Tagen 
bei  2jäbriger  Dienstzeit  kommt  Berteanx,  indem  er  die  Ein- 
stellung anf  den  8.  Oktober  setzt.  Vom  8.  Oktober  bis  81.  De- 
zember des  ersten  Jahres  86  Tage,  vom  1.  Januar  bis  31.  Deaember 


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726 


(TniBetaAiL 


des  folgoiden  866  Xage^  rom  1.  Jannar  bis  28.  September  des 
folgendeo  264  Tage,  zusammen  714  Tage,  tod  denen  nur  Sonn-  and 
Festtage  12  4-69  +  48=114  Tage  für  die  Ausbildnog  verloren 
gehen,  600  bleiben.  Dabei  ttbersiebt  Berteanx,  dals  1.  30  Tage 
Urlaub  abgeben,  2,  daJs  doch  aocb  die  Tage  ansialleD,  die  die  Leute 
des  2.  Jahrganges  aatserbalb  des  Frontdienstes  Verwendung  finden 
in  Diensten,  fUr  welche  die  7000  Mann  der  Hilfodieaste,  die  der 
Kriegsminister  einstellen  will,  doch  bei  weitem  nicht  aosreicben. 
Das,  was  Berteanx  bei  Sjähriger  Dienstseit  von  den  Leuten  des 
8.  Jahrganges  sagt,  mufs  doch  mit  einer  geringen  Absokwftohnng  bei 
2jäbiiger  Dienstzeit  auf  die  Lente  des  2.  Jahrganges  angewendet 
werden  nnd  dnmit  JLommt  man  dann  weit  nnter  die  von  Berteanx 
hereehnete  Ziöer  von  wirkliehen  Ansbildongstagen  bei  2jäbriger 
Dienstzeit.  Wenn  Berteanx  sagt,  dal»  jetzt  bei  Sjähriger  Dienstzeit 
der  3.  Jahrgang  der  Kavallerie  ttberhaapt  nur  wenig  Lente  in  der 
Front  belassen  hätte,  den  ganzen  Rest  aber  als  Burschen  berittener 
Offiziere,  Pferdepfleger  in  Bemontedepots,  an  Militärschnlen  nsw.  ab* 
g^ben  luibe,  so  wird  man  einen  grolsen  Teil  des  2.  Jahrganges 
hei  2jähriger  Dienstzeit  fUr  diese  Zwecke  ansetzen  müssen,  wiederom, 
weil  die  Lente  der  Hilfsdienste  für  diese  Zwecke  doch  nioht  aus- 
reichen und  sich  doch  anoh  znm  grofsen  Teile  nicht  eignen  werden. 
Mit  der  Vermehrung  der  Ansbildangstage  bei  2jäbriger  Dienstzeit  hat 
es  also  gute  Wege.  Kommen  wir  jetzt  za  der  aufserordentlicb  wich- 
tigen Kapitulantenfrage,  so  müssen  wir  auf  diese  etwaf^  nähor  ein- 
gehen, da  sich  hier  grundsätzliche  Unterschiede  zwischen  Seuatstext 
Forderungen  des  Kriegsministers  und  Text  des  Armeeausschusses 
ergeben.  Festzuhalten  ist  ohne  Zweifel,  dafs  die  2jährige  Dienstzeit 
dem  Ausbildungspersonal  gröfsere  Lasten  aufbürdet,  schon  weil  die  bis- 
her aus  dem  3.  Jahrgang  hervorgehenden ITnterofßziere  in  derFront  eben 
fortfallen.  Der  Armeeausscbufs  der  Kammer  will  an  Kapitulanten 
nicht  das  bewilligen,  was  der  Senat  und  der  Kriegsminister  fUr  nötig 
halten,  er  muls  sein  abweichendes  L'rtei!  also  begründen.  Der  Grund, 
Verminderung  der  Mehrkosten  der  2jährigen  Dienstzeit,  würde  im 
Senat  nicht  durchschlagend  wirken.  Die  Verraindenmcr  :ui  Ivapitu- 
lanten,  die  der  Armeeausschuls  gegenüber  den  Sat/eii  des  benats 
bewilligen  %vill,  beträgt  allein  bei  Unterofli/i«  reu  und  Korporalen 
6000,  bezw.  48000  total  irep-en  54000.  Gemeine  Kapitulanten  setzt  der 
Armeeausscliufs  in  der  Hauptsache  nur  tUr  berittene  Trupjien  und 
liilauterie  der  Grenzkorps  fest,  während  der  Senat  sie  allen  Truppen 
geben  will,  bei  den  Grenzkorps  in  einem  etwas  höherem  Prozenti^atz, 
Der  Sollstand  an  ünteroftizieren  des  aktiv  en  Heeres  beträgt  rund 
41000.   You  diesen  wollen  Senat  und  Kriegümiuister  ^/«i  rund  31000 


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727 


ans  Kapitiüiiiit6D  bestehend  wiraeii,  d.  b.  aUgemein  betnohtet,  auB 
Bolehea  Unteiofifisieraiy  die  in  der  Hebixabi  10  bis  16  Jalire  nnter  den 
Wafien  bleiben.  Der  niedrigste  Dienstgrad  der  Unterolfisieie  ist  in 
BVankreiob  bekanntUeb  deijemge  des  Sergeanten.  Die  vom  Senat 
angesetste  Ziflfer  von  75  Pros,  weist  3700  l^apitniierende  Unter- 
eHisiere  mebr  auf»  als  die  bisber  gesetelieh  zulässige  tod  66Vt 
(27300,  Erklämng  des  Regierangskonunlssars  im  Senat)  und  rand 
6000  nefar,  als  man  in  der  Praxis  ans  Eostoigrttnden  wirklich  zn- 
liels  (25800,  Freycinet  im  Senat).  Diese  6000  kapitulierenden  Unter- 
efifizieie  mehr  sind  es  aneli,  die  in  dem  Bericht  Merloa  ttber  das 
Gesamtbndget  1904  mit  rund  1,5  Milliooen  Mebransgaben  bei  2jäbriger 
Dienstzeit  erscheinen.  Der  Arroeeaasschais  gebt  von  dem  Gedanken 
ans,  dals  jtthrlieh  roud  10000  Unteroffiziere  nach  dem  vom  Kriegs- 
minister  angesetzten  Bedarf  in  die  Reserve  tibertreten  mfllsten.  Beim 
Eingehen  aof  das  Verlangen  des  Senats  komme  man  dazo  aber  nicht, 
da  man  noch  1900  Stellen  für  Reserveoffizieranwibrter,  500  Air 
Scbttler  der  militärisch  organisierten  Schnlen,  zusammen  2400  ab- 
ziehen mttsse,  weil  diese  Leute  nicht  als  ReserveunteroüGziere,  sondern 
als  Reserveotfiziere  dauernd  in  Betracht  kämen.  Der  Armeeausscbufs 
zieht  von  den  41000  Unteroffizieren  des  Sollstandes  zunächst  6500 
sog.  „kommissionierte*'  ab  und  will  von  dem  Rest,  34501),  ^/,,  d.  h. 
23000  bewilligen,  mit  den  6500  Mkommissionierten''  also  29500,  d.  b. 
1500  weniger,  als  der  Senat  zugestanden,  aber  2200  mebr,  als  nach 
dem  bisherigen  ^/,-Satz  gesetzlich  zulässig  waren.  Nach  Abzog  von 
2400,  die  als  Offiziere  in  die  Reserve  Ubertreten,  bleiben  dann  noch 
11500  —  2400=^9100,  die,  aus  den  im  2.  Jahre  dienenden  Leuten 
hervorgegangen,  als  Unteroffiziere  in  die  Reserve  versetit  würden, 
also  weniger,  als  der  Kriegsminister  verlangt  Wenn  man  diese 
spätestens  im  2.  Diens^ahre  befbrderten,  nicht  kapitulierenden  Unter- 
offiziere als  Ausbildungspersonal  betrachten  will,  weil  sie  nach  dem 
Bericht  znm  grolaen  Teil  den  sog.  „ intelligenten  Klassen entstammen, 
die  bisher  nach  Artikel  21  und  28  „dispensiert"  wurden,  so  kiinnen 
wir  dem  nicht  beipflichten.  Das  Schulungspersonal  braucht  längere 
Ohong,  um  brauchbar  zu  werden.  Die  ^/j  des  Sollstandes  an.  kapitu- 
lierenden Unteroffizieren  will  übrigens  der  Armeeansschuls  auch  als 
HOchstmals  betrachtet  wissen,  nicht  als  bindende  Zahl,  wie  der  Senat 
seine  'Z^. 

Umfassender  sind  noch  die  Abstriche  bei  den  Korporalskapitu- 
lanten, die  nach  ihrem  Dienstalter  mit  Fug  und  Recht  unseren  jün- 
geren Unteroffizieren  gleichgestellt  werden  können.  Von  dem  Soll- 
Stande  von  46000  Korporalen  bezw.  Bri^'adiers  des  aktiven  Heeres 
wollte  der  Senat  '/a  =  23000  an  Kapitolanten  genehmigen.  Der 


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728 


Dmidimi. 


ArnaeeamsehofB  seilt  smillohst  5000  wog,  „kommissioDieite''  ab  und 
will  von  dem  Rest  41000,  '/«  =  18600  «n  Kapitalanteil  zabilUgen» 
80  dais  siob  noob  im  gansen  13500  +  5000  (konmüsiooierte)  =  18500 
ergehen.  4500  weniger,  als  der  Senat  fUr  nötig  bidt  und  subilligte. 
Zq  seinem  Satz  kommt  der  Anneeaosscbals,  indem  er  verlangt,  dafs 
am  Schlafe  des  2.  Dienstjabres  jährlich  14000  Korporale  ans  den 
Rekrutenkontingenten  in  die  Reserve  ttberträten,  2100  Korporale  als 
Nachscbnb  für  die  kapitulierenden  Unteroffiziere  gerechnet  werden, 
12400  Korporalsteliea  für  Leute  offen  za  halten  sind,  die  im  1.  Dienst^ 
jabre  za  Korporalen  befördert,  im  2.  za  Unteroffizieren  aafrttcken 
und  am  Scblals  des  2.  Jahres  als  nicht  kapitalierende  Unteroffiziere 
entlassen  werden.  Nach  den  Senatssätzen  könnten  also  23000  H- 14800 
Korporale  nicht  am  Schlafs  des  Jahres  zur  Reserve  Ubertreten, 
sondern  nur  46000  —  37500  =  8500.    Als  Ausbildungspersoual  kann 
man   die   im  1.  Jahre   beförderten  Korporale   nicht  recht  ansehen. 
Da   sich  Armeeaasschuls   und  Senat   bezUirlich  der  kapituüprcnden 
Geraeinen  auf  lOOOÜ  zu  einigen  scheinen,  so  verlangt  der  Staat 
gegen  heute  im  gan/ei!  31000  +  230<^>0  -|-  10000  an  kapitulierenden 
Unteroffizieren.  Korporalen  und  Gemeinen,  d.  h.  HOc)ü  1  ntt  roffiziere, 
1700U  Korporale.   10000  Geraeine,   zusammen  33000  Kapitulanten 
mehr,  und  da  die  Ziffer  der  Lente.  die  über  ihre  gesetzmälsige  Dienst- 
zeit hinaas  im   ^permanenten  ?)tamm*'   der  Annec  bisher  blieben, 
nach  Herteaux'   Berieht  53000  betrug,   so  wUrde   man  nach  dem 
Senatsifiatz  53000 -j- 33 (K)0  =  HHUDU  Leute   zu  rechnen  haben,  die 
im   Mannschaftsstande   über  ihre  gesetzmalsige   Dienstzeit  hinaus 
anter  den  Waffen  bleiben  und  als  Ausbildungspersonal  betrachtet 
werden  können.    Nach  den  Sätzen  des  Armeeaasschusses  stellen 
sich  die  Ziffern  wie  folgt:  29500  Unteroffiziere,  18  500  Korporale, 
10000  Gemeine  für  berittene  Watfen   und  ,.Troupe8  de  couverture", 
also  =27000  Kapilulantau   (1500  +  12500  +  10000)   mehr,  mit 
den   bis  jetzt    ein    „permanenter   Stamm"    der   Armee  vorhande- 
nen   53000,   also   im  ganzen   80000    Leute,  die  Uber   2  Jahre 
binaoB  im  Heere  bleiben.    Man  darf  dabei  nicht  vergessen,  dafs  die 
Oemeinekapitnlanten  nnseren  Kapitulanten  entsprechen,  also  bei  der 
Ansbildang  als  Hilfspersonal  gelten  können.  Innerhalb  der  2jährigea 
Dienstzeit  wäien  dann  weiter  89000  Korporale  und  Unterotfoeie 
▼orbandeo,  von  denen  im  Dniobsebnitt  jsbriiob  25000  mit  ifarem 
Jahrgang  in  die  Reserye  übertreten,  wiUirend  2400  als  Reaeryeotiizier- 
anwärter  sn  betraebten  sind. 

Beibebalten  bat  der  Armeeanssebnlb  —  nnd  dieser  Pimkt  wird 
ebenfalls  an  Reibongen  mit  Senat  nnd  Kriegsmüiiater  filbren  —  aoeli 
die  Bestimmnog,  naeh  weleber  die  Beservislen  zweinud  ni  je  15tägiger 


^  kjui^uo  i.y  Google 


Umschau. 


729 


(Bio-  und  Rttoktransport  nicht  gerechnet)  Tölnahme  ao  den  llAnOTern, 
die  Landwefarlente  einmal  m  sechstSgiger  Obong  (Ankanfte-  nnd 
Entlassnngstag  nicht  gerechnet)  einbeordert  werden  können,  eine 
Zeit,  die  bei  xweijfthriger  Dienstdaaer  yiel  so  niedrig  bemessen 
scheinl  Geblieben  ist  aach  die  Bestimmnngy  dafe  bei  drohendem 
Angriff,  besw.  bei  Versamminng  feindlicher  Streitkrüfte  in  den 
gegnerischen  Grenzgebieten,  die  Einbeorderong  der  Leute  des  Be- 
nriaobtenstandes,  nach  Waffenbmchteilen,  Waffen,  nach  Kantonen, 
8nbdiviflionen,  sowie  der  Umgebnng  Ton  festen  Plätzen  oder  Be- 
festigongswerken  in  einzelnen  Klassen  oder  allen  Klassen  gleichzeitig 
erfolgen  kann  nnd  zwar  anf  Befehl  der  kommandierenden  Generale 
bezw.  aoch  der  GouTemenre  von  Festungen.  Befreit  kOnnes  von 
£iDbeorderaogen  im  Frieden  werden  die  Iicnte,  die  als  nnentbehr- 
liche  Familiensttttzen  darum  bitten,  bis  zn  6  Proz.  der  gleichzeitig 
Einbeorderten.  Werden  diese  Leute  trotzdem  einbeordert,  so  wird 
Ihren  Familien  eine  Beihilfe  von  1  Fcs.  nnd  so  oftmal  25  Centimes»  als 
sie  Kinder  haben,  täglich  gewährt.  Von  dieser  Unterstützung  tragen 
die  Gemeinden  5  Proz.,  Departements  10  Pro/.,  der  Staat  85  Proz. 

Der  Berteauxscbe  Bericht  berücksichtigt  die  Bruttodurch- 
schnittsstärke, die  sich  bei  zweijähriger  Dienstzeit  nach  den  Vor- 
schlägen des  Armeeausschusses  ergibt,  nicht,  er  verzeichnet  nur  die 
Stärke,  für  welche  das  Budget  die  Mittel  nach  Tagen  bewilligt  und  die 
Bruttodürchschnittsstärke  wird  während  des  grflfsten  Teils  des  Jahres 
höher  sein,  als  die  liodgetstarke.  Erstere  hat  fUr  uns  hier  eine  ura 
80  höhere  Hedcatun^,  als  auch  der  neue  der  Kammer  vorirrlcrrte 
Opsptzfntwurf  Cuneo  d'Ornano  (der  einjährisr^  DienstzfMt  und  sehr  viel 
Kapituiuntpn  fordert)  und  Genossen  wieder  aut  dir  Fonleran^  des 
Krif'psrtiiiiisters,  575 (KJO  Manu  :nieh  hei  zweijahri^-^^r  Dienstzeit  zu 
erreiclicn,  hinweist.  Bei  der  B^'rtrauxst'lirii  l-icn-chuuüg  der  Iststärke 
pr*^r!if  i[U'ii  dir  lu-idrti  Hpkrutenk.ontin^ente  mit  je  210000  Mann.  Er 
kommt  zu  dieser  Zitier,  indem  er  19ÖO0O  Mann  als  Ertrag  der  Aas- 
hehnnff,  ohne  Freiwilligen  (von  denen  nach  ihm  rund  20000  auf 
drei,  vier  und  fünf  Jahre  jährlich  vor  Erreichen  des  dienstpflichtigen 
Alters  in  die  Heimatariuee  eintreten)  bei  Anle^jen  eines  sehr  strengen 
Malsstabes  an  die  Diensttaugiichkeit  ansetzt,  dazu  7(KX)  Leute  der 
Hilfsdienste,  5000  Mann  von  den  Leuten  dit  l  i-h  r  um  ihre  Dienst- 
pflicht baldigst  zu  erledigen,  vor  dem  dienstptlichti^^en  Alter  auf  tirei 
Jahre  eineretreten  sind,  nach  dem  neuen  (^Tesetze  entweder  auf  ihre 
Aush(  Iniui:  ^varten,  oder  aber  von  der  Möglichkeit  voraeitigen  Ein- 
tritts uach  Artikel  50  Gebrauch  macheu  werden,  endlich  3000  Leute, 
die  bisher  aut  Grund  des  Artikel  23  vor  dem  dienstpflichtigen  Alter  auf 
ein  Jahr  eingetreten  sind.   Zwei  solche  Kontingente  ergeben  420000 


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730 


Umshm. 


Mann.  Ilier/u  kommen  4500  Leute  des  traDzösiscbeu  KontmgeDts  aas 
Algeriea-TuDesieo  (die  man  zanäcbstaacbxwei  Jahre  dieoeo  lassen  wollte, 
was  daoD  9000  ergäbe).  1000  Leate,  die  wegen  erlittener  Strafen  länger 
dienen  milssen,  endlieh  der  „permanente  Stamm^  der  Armee,  der  nach 
Berteanx  heute  115000  Köpfe  aufweist.  Wie  man  sieht,  e mahnt 
Berteanx  Bericht  nicht  die  im  Durchschnitt  3000  Leute,  die  unter 
1,54  cm  grols,  früher  den  Hilfsdiensten  Uberwiesen  wurden,  jetzt 
aber,  infolge  Fortfall  des  Mindestmafscs  als  völlige  dienstfähig  ein- 
gestellt werden.  Durch  die  Vermehrung  der  Kapitulanten  wäch'-t  drr 
„permanente  KStamm"  der  Armee  auf  115000+3300U(Seuat)  =  14ÖUUÜ 
bezw.  142000  (Arnippnusschuls).  Man  erhielte  also  an  Brottostärke 
nach  dem  Senat  H  n  *^  J5<k>  |"  10<>0  rl48000  =  573500  und  unter 
ninzureehnung  von  2x3000  Lt  uit  ii  die  durch  Fortfall  des  Miudest- 
mafses  einsrestellt  werden,  57^)r)()(i  hr/.w.  nach  dem  Anneeausschufs, 
der  mit  bUUO  Kapitulanten  weuiger  rechnete,  573 500  Manu.  Damit  (d.  h. 
mit  letzterem)  bliebe  man  hinter  der  bisherigen  BrattosoH.^tarke  um  ein 
Geringes  zurlick,  bezw.  Uberschritte  sie  nach  den  Ansätzen  des  Senats 
sogar.  Zu  der  Budgetstärkc  iür  1904  mit  515800  Mann  bemerkt  der  Be- 
richt BerU  aux,  dafs  sie  eine  papierne  sei.  Abzuziehen  seien  8  Proc. 
an  Kranken.  Beurlaubten  usw.,  ftlr  die  man  im  Ileereserfordemis 
auch  gleich  die  Ausgaben  absetze,  d.  h.  41250  Manu,  so  dals  man 
nur  für  474350  die  Mittel  bewillige.  Bei  zweijähriger  Dienstzeit 
könnten,  da  die  langen  Urlaube  und  die  Zwischenzeit  zwischen  Ent- 
lassung und  KinstüUuiig  so  gut  wie  fortfallen,  nur  5  l'roc.  Abgang 
gerechnet  weideu,  so  dafs  inaii  479  500  Mauü,  d.  h.  5150  mehr  als 
bei  dreijähriger  Dienstzeit  jetzt  erhielte,  für  welche  die  Mittel  be- 
willigt werden  mUlsten.  Diese  5150  Mann  —  nnd  damit  kommen 
wir  zn  der  geldlichen  Rechnung,  die  Berteanx  tttr  das  Geeete,  be- 
treffend die  zweijährige  Dienstseit  naeh  den  Voiseblägen  des  Heeies- 
ansschnsses  an&tellt,  —  Terorsaehen  jährlich  2163000  Franken 
Helffkosten.  Welterod  an Mebransgaben an  reelmen:  11,8 MÜlionen 
für  die  Unterstlltinng  hiUsbedttrftiger  Familien,  davon  10  Fm,  anf  die 
Geroeindeo,  16  Fkoi.  an!  die  Departements  enttallend,  8^  Hilltonen 
für  die  yennehrte  Ziffer  an  Kapitnlanten,  1  Million  ftr  die  Unter- 
lentnants  der  fieserve,  die  als  Offideranwürter  illr  das  stehende  Heer, 
nach  Ihren  swd  Jahren  Dienshseift  im  HannschaftBStande  als  solche 
die  Speiialscfanle  TOn  St.  Oyr  beiw.  die  polytechnische  Sehole  be- 
saoben  (800  bexw.  400  zosammen  700,  die  aber  doeh  auch  iriUirend 
ihrer  Diensteeit  im  Mannschaftsstande  Im  Heeresetfordemis  in  Rech- 
nnng  kommen  mttssen,  ebenso  wie  die  Kapitulanten  ftlr  die  Fener* 
wehr  TOn  Paris  nnd  die  Bemontereiter).  Zosammen  ergeben  sich 
26287  600  Franken  BCehrkosten.  Ihnen  stehen  an  ErspainiBsen  gegen- 


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I 


ITmstthra.  781 

Uber  48&0000  Fmoken  dareb  die  Abkflnmiig  der  Obnogen  der  Leute 
des  BenrlaDbtenBtandeB  d.  b.  2X1S  Tage  fUr  die  Reservisten,  1X7 
Tage  fUr  die  Londwebrlente,  4,8  UUlionen  Ertrag  der  geftnderten 
Webrstener.  Endlieb  mUseen  Doob  abgesetst  werden  die  Betrilge, 
die  Gemeinden  und  DepartementB  zn  den  UntentIliKnngen  bilfe- 
bedtlrftiger  Familien  beizutragen  haben.  Fttr  den  Staat  bUeben 
damit  als  Mebraosgaben  13785000  Franken  jJUnlteh.  Dabei  iit  die 
Vermehrong  der  RnhegehlUter,  die  sieb  durch  die  Steigerang  der 
Kapitalauten  ergeben  mafe,  nooh  nicht  eingerecbnet  Ww,  wie  dies  in 
einzelnen  deutschen  Blfttteni  geschehen  ist,  schliefsen  wollte,  dafs 
der  Armeeausscbnls  an  eine  Herabsetzong  der  OnrchflchnittestMrke 
durch  die  zweijährige  Dienstzeit  dächte,  mols  nach  dem  Berteanxscben 
Bericht  wohl  seine  Ansicht  ändern.  Mit  elf  Jahrgängen  Beserre  ist  die 
französische  niobile  Armee  in  erster  Linie  wohl  etwas  älter,  aber  dnrcli- 
auB  nicht  schwächer  als  die  ansenge.    Das  darf  man  nicht  yergessen. 

Während  die  Schweiz  unter  Vermehrnng  der  Zahl  ihrer  Batterien  (Vsi  hntz  91 
anf  72  sich  entschlossen  hat,  die  kriegsstarke  Batterie  ans  ?ier  Ge-  Giiedeniiig 
schützen  znsammenzasetzen,  brachten  jüngst  einige  deutsche  Blätter  der  kriegs* 
die  Nachricht  dals  man  in  Frankreich  einesteils  Anderangen  am  ^Jjjj^ 
Geschütz  97  bewirke,  andernteils  die  kriegsbereite  fahrende  Batterie 
nicht  mehr  mit  vier,  sondern  mit  sechs  solchen  Geschützen  in  das 
Feld  sende,  FrauzösisThc  Facbhlätter  haben  eine  derartige  Nachricht 
zwar  noch  nicht  gebracht,  das  t  rkl  in  sich  von  selbst,  wir  halten  sie 
aber  ans  mehreren  Gründen  nicht  für  unwahrscheinlich.  Die  Ände- 
rungen am  (losrliiit/,  durften  sich  auf  die  Lalrttni  hr/ieben  und  an- 
streben, diese  zu  erieichttMii,  durch  Armkr.ift  Itichter  beweglich 
und  die  „abattuge",  Verjiiikcrung  am  Boden,  unnötig  zu  machen,  wm 
allerdings  Änderungen  im  Aufban  des  Schielsgerüstes  bedingt.  Die 
Ausstattnno:  der  aul  Kriegsstjirke  gebrachten  Batterien  nicht  mehr 
mit  vier,  sondern  mit  sechs  Geschützen  durfte,  obwohl  das  Reglement 
vom  8.  Juni  1903  sich  anf  der  viergeschUtzigeu  Batterie  auf- 
baut, folgende  Krwägungen  zur  Grund  läge  haben.  Man  hatte  in 
Frankreich,  als  mau  sich  fttr  die  Zusaiuniensetzung  der  kriegsstarken 
Batterie  ans  vier  schildgeschUtzten  Schnellfeuergescbtltzen,  12  Moni- 
tions-,  je  l  Vorratswagen,  1  Feldschmiede,  3  Lebensmittel-,  1  Futter- 
wagen entschied,  damit  gerechutt,  die  lieutc  im  Durchschnitt  28  be- 
tragende Zahl  von  Batterien  der  ^Vrmeekorps  zu  zwei  Divisionen  • 
schon  im  PMeden  auf  30  zu  bringen,  also  um  sieben  zu  vermehren. 
Das  kriegsstarke  Armeekorps  hätte  dann  120  Geschütze  ins  Feld 
gebracht.  Mittlerweile  hat  sick  aber  ergeben,  dafs  man  bei 
der  kentigen  Stftrke  der  Bekrntenjäkrgänge  und  namentlicb 
auch  bei  zweijähriger  Dienstzeit  nioht  den  erforderlicken 

JikiklohM  n?  II*  «MtMiM  Ahm*      HariaSk  H«.  IN.  49 


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732 


UnaoluiQ. 


Ersats  fttr  7X10  =  138  neue  BatterieD  des  Friedensstandes 
finden  ond  anch  von  der  VolksTertretang  die  Melirkoeten  für  die 
Veimehraog  der  Batteriesahl  am  V4  kiaim  errelehen  weide,  je  sieben 
flUr  sofortige  Verwendung  in  erster  Linie  branehbare  Batterien  bd 
der  Mobilmaehnng  aber  kamn  aafskellen  kann.  Mit  4  X  23  92 
Geechtttien  fttr  das  Aimeekoips,  144  dentaehen,  snmal  wenn  anob  diese 
Bobrrfleklanf  ond  Sebatssebilde  anfwdsen,  gegenüber  m  treten,  bat 
man  denn  doeh  woM  nioht  fttr  sweekmilaig  geludten.  Vqd  Einflnfr 
tat  vieUeioht  ancb  die  firwfigang  gewesen,  dafe  eine  Batterie  zu  Tier 
Ctesehtttsen,  bei  weleher  ein  solehes  kamplnnflüiig  wird,  '/i  ^'^'^ 
Gefeclitfletttrke  verliert,  eine  Batterie  «1  seebs  nnter  gletebeo  Ver- 
biUtDiflsen  aber  nur  7f  Selbetveratttndlicb  wflrde  man  bei  einer 
Batterie  sn  sechs  Geschtttzen  nicht  mehr  drei  Hnnitionswagen  pro 
Gesehttti  unmittelbar  bei  der  Batterie  haben  können,  da  man  sonst 
Batterien  za  30  Falinengen  erhielte.  Dabei  verminderten  sich  die 
812  Sobnis  pro  Gesebttts  unmittelbar  bei  der  Batterie  aber  auch 
auf  216. 

Die  Nachricht  findet  mittelbar  eine  Bestätigung  in  einer 
anderen,  die  sich  aof  die  Gliederung  der  französischen  Feld- 
artillerie  in  Krieg  und  Frieden  bezieht.  Ein  französisches  Faohblatt 
meldety  dafs  man  naeb  längeren  Beratangeo  im  KriegsmiDisteriam 
zu  dem  Ergebnis  gekommen  sei,  im  Frieden  beide  Feldartülerie* 
regimenter  des  ans  2  Divisionen  zusammengesetzten  Armeekorps  den 
Dirisionen  za  anteistellen.  Heote  ist  bekanntlich  das  frohere  Divisions- 
ertUlerieregiment  zu  12  Batterien  in  2  Halbregimenter  za  je  6  Batterien 
in  2  Abteilungen  geteilt  und  den  Divisionen  auch  im  Frieden  schon 
unterstellt,  das  Korpsartillerieregiment  von  meist  11  Batterien,  das 
dem  Artilleriegeneral  des  Armeekorps  unterstellt  geblieben,  abgesehen 
von  den  Herbstttbungen,  von  der  Verbindung  mit  der  Infanterie  ge- 
trennt, nicht  dauernd  in  der  Lage,  sich  mit  dieser  Waffe  einzuleben,  wie 
diea  das  innige  Zusammenwirken  auf  den  Gefechtspark  verlangt 
Gerade  mit  Rttcksicht  aui  möglichst  gleiche  Unterordnungsverhältnisse 
im  Frieden  und  Krieg,  und  auf  das  Einleben  mit  der  Infanterie  bat 
man  aber  in  Frankreich  die  Zerlegung  des  Divisionsregiments  in  2 
Haibregimenter  vorgenommen.  Mit  diesen  Halbregimentem  hat  man 
nun  nach  vielen  Kicbtongen  hin  wenig  gute  Erfahrungen  gemacht 
'  Sie  in  YoUregimenter  umzuwandeln,  d.  h.  20  nene  Regimentsstibe  za 
sebaffen,  hält  der  Kriegsminister  ans  Rttcksicht  auf  die  Mehrkosten 
Air  untunlich,  noch  weniger  ist  eine  Vermehrung  der  Zahl  der 
Batterien  auf  30  zu  4  Geschützen  flJr  das  Armeekorps,  Gliederung 
in  4  Regimenter  pro  Korps,  also  Schaffung  von  20  neuen  Brigade- 
und  40  neuen  Begimentsstäben  zulttssig.   Die  Unterstellung  ontei 


UmMhao. 


738 


die  Divisinnen  im  Frieden  will  man  aber  auch  nicht  aufgeben,  viel- 
mehr aui  das  hishprifro  Knrp?nrtillerieregiraent  ausdehnen.  Die  Ent- 
scheidung' ist  d  iht  r,  nach  dtMn  franzf)sisehen  Fachbiatt,  dahin  gefallen, 
jeder  Division  ein  Kegiment  schon  ita  Frieden  zu  Uberweisen.  Bei 
der  Mobilmachung  soll  jedes  der  beiden  Regimenter  mit  Stab  und 
8  Battt  rit  n  bei  seiner  Divisinn  bleiben,  für  das  bei  der  Mohümachnn^ 
erst  zusanioienzustcllendc  Korpsregiment  zu  7 — 8  Batteritn  aber 
1 — 2  Abteiliiii^'eii  aljizcheij.  Dem  Nachteil  der  Bildung  des  Kurps- 
regiroents  erst  bt  i  der  Mobilmachung  .stehen  zweifellos  Vorteile  gegen- 
tlber,  näiiiiich  i.  dal's  man  auch  die  bisherige  Korpsartillerie  dauernd 
mit  der  Infanterie  in  denselben  \  t  rband.  also  in  dauernde  Verbiutiung, 
bringt,  2.  dafs  die  Divisionsartiilerie  im  Kriege  stärker.  3.  die  Korps- 
artillerie handÜL'her  wird.  War  ein  Korpsregiment  zu  11  l'>atterien 
bisher  za  4  Geschützen  im  Kriege  mit  44  Geschützen  ein  immer 
noch  übersehbarer  Körper,  so  wird  diese  Ubersicht  bei  11  Batterien 
zu  6,  zusammen  60  Geschützen,  ausgeschlossen.  Ein  Korpsregiment 
zu  7  X  ^>  =  42  oder  8  X  6  =  48  Geschützen  kann  noch  übersehen 
werden.  Die  Divisionsartillerie  wächst  zu  8  X  6  =  48  Geschtltzen 
für  jede  Division  aus,  was  ia  Frankreich  uiU  Kücksicbt  auf  die  Aus- 
stattung der  deutschen,  ja  bald  auch  RohrrUcklaufgeschütze  führen- 
den Divisionen  and  anf  die  in  Frankreich  beliebte  „Ökonomie  der 
Krftfte"  als  wünschenswert  bezeiebnet  wird. 

Ein  jtlDgst  bekannt  gewordenes  Rnndscbreiben  des  Kriegs- Befugnisver. 
ministers  bringt  eine  weitere  Verteilung  der  Befugnis  der  höheren  ^ü^'^Ä- 

Befehlshaberstellen.  Eine  zu  starke  Beschränkung  der  Befugnisse 
auf  die  kommandierenden  Generale  schädigt,  nach  dem  Rundschreiben, 
die  rasche  Erledigung  schwebender  Fragen,  zuweilen  werden  auch 
Entscheidungen  erfolgen  müssen,  ohne  Beangenscheinigung  der  ört- 
lichen Verhältnissp.  Das  Ansehen  der  Divisions-  und  l'ri^^ide- 
kommandeure  kann  Schädigungen  erleiden.  Die  kommandierenden 
Generale  sollen  daher  den  unterstellten  Generalen  soviel  (von  Ge- 
richtsbefugnissen  abjL^est  iien)  von  den  ihnen  bis  jetzt  allein  zustehen- 
den Befugnissen  übertragen  kimnen,  als  es  dienstlich  wünschenswert 
erseheint,  siie  können  sie  auch  mit  Besichtigung  bestimmter  Dienst- 
zweige beaoftragen  und  ergibt  sich  dazu  der  Kreis  von  seltjst,  indem 
man  gesetzlich  den  Korpsbereicb  in  „Sabdivisionen"  geteilt  hat,  deren 
Zahl  deijenigen  der  Inlanterieregimenter  entspricht,  ftlr  die  Dinsion  4, 
Brigade  2  usw. 

Ein  ErUtfo  rom  22.  April  errichtet  eine  neae  Saharakomp agnic  Sahara 
in  Beni-Abbei  und  zwar  mit  Hilfe  von  Eingeborenea,  die  zum  Teil^o°»P««^®*» 
auf  Pfeiden,  loin  Teil  auf  fieitkameeleD  beritten  gemacht  werden, 

49* 


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734 


Utantor. 


zum  Teil  auch  zur  Bedieuuug  der  üeschtttee  bestimmt  sind,  welebe 
die  Kompagnie  erhält. 
Hilitlirätzte.  Präsident  Lonbet  hat  nnterm  15.  April  das  Ton  Senat  and 
Kammer  genehmigte  Gesetz  in  Kraft  gesetzt,  nach  welchem  die 
Armee  in  Zukunft  3  Generalstabsär/tf».  14  Gtiieralär/.te  1.,  42  11. 
Klasse,  60  GenerHlobprärzte,  540  OlM  rstabs-,  510  Stabsärzte,  400 
Ober-,  100  Assistcuzärate,  zusaniinen  1475  Arzte  zählen  soll. 
Marine.  Am  30.  April  ist  in  Brest  das  Lioieoscbiff  „Dömocratie''  vom 

ätapel  gelaufen.  18 


Literatur. 


I.  Bücher. 

Die  Ansbildattg  der  InftmCerie.  Zweiter  Teil:  Die  FruhJahnperiode. 

Zeitgemärse  Erörterungen  gemftfe  den  Anforderungen  des  beutigen 
Gefechts  und  den  Veränderungen  im  sozialen  Leben.   Preih.  von 
MeorRcheidt-HüUessom .  General  der  Infanterie  a.  D,  Berlin 
1904.    K.  S.  MiUlor  <t  Sohn. 
Di'i'  vorliefjende  zw  cito  Teil  soll  auf  der  im  ersten  für  die 
Einzelausbildung  der  Rekruten  und  für  den  Dienst  der  alten  Mann- 
schaften im  Winter  geschalienon  Grundlage  die  kriegsgemäfse  Aus- 
bildung der  Kompagnie  und  des  Bataillons  fördern.  Dabei  wird  der 
Nachweis  beabsichtigt,  dafs  mit  einer  solchen  Ausbildung  die  Parade 
sehr  wohl  vereinbar,  ohne  dafs  fQr  Paradezwecke  eine  besondere 
Schulung  erforderiich  sei. 

Wir  wollen  zunächst  betonen,  dafs  es  sich  nicht  nur  um  die 
Prübjahrspcriode.  wie  dies  der  Titel  angibt,  handelt,  sondern  um  die 
ganze  Zrii  von  Einstellung  der  Kokruten  in  die  Kompagnie  bis  zu 
den  Herbstübungen.  Mancherlei  gehört  auch  l)ereiis,  wie  Verfasser 
dies  selbst  zugesteht,  in  den  dritten  Teil,  was  bchon  im  zweiten  Er- 
wähnung fand,  wie  z.  B.  das  Biwak.  Wiederum  andere  Abschnitte, 
wie  Offizier-  und  Unterofflsier-Pelddienstflbungen,  beziehen  sich  auf 
das  ganze  Jahr.  Immerhin  ist  es  von  Interesse,  auch  liierflber  wie 
im  besonderen  Uber  Besichtungen  ein  kompetentee  Urteil  zu  hören. 

Wir  möchten  vor\vc<r  bemerken,  dafs  wir  in  diesem  Teil  aufoer> 
ordentlich  viel  geAinden  haben,  was  selbst  Hlr  dei^enigen  mustergültig 


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Litomur. 


785 


sein  wird,  der  noch  auf  dem  bisherigen  Standpunkte  steht,  dafs  fUr 
Paradeswecke  eine  besondere  Scbiiluiig  erforderlich  sei. 

Im  Grunde  steht  ja  auch  der  Verfasser  auf  dem  altpreu&iseheu 
Standpunkte,  dafs  ein  gewisser  Grad  von  Paradedrill  neben  dem  kriegs- 
mafsigen  erhalten  bleiben  mfisse.  Wir  meinen  nur,  dafs  er  doch 
darin  vielleicht  ein  weni^?  zu  weit  geht,  wenn  er  z.  B.  sagt: 

^Die  Kompagnie,  die  in  allen  ihren  Gliedern  nach  diesen  (nämlich 
den  von  ihm   aufgestellten   Grundsät7en)    ausgebildet  ist  — 
deren  Parademarsch  mag  ausfallen  wie  er  will  —  steht 
auf  der  Höhe  der  äiLuaüun  etc.,  vermutlich  wird  sie  aber  auch 
im  Parademarsch  nicht  versagen.'* 
Wir  glauben  nicht»  dafs  ohne  fortgesetzte  Übung,  die  doch  ffir 
jede  Fertigkeit  erforderttch  ist,  der  Parademarsch  cur  Allerhöclisten 
Zufriedenheit  ausfallen  kann,  und  dafs  es  nicht  gleichgOltig  ist,  wie 
er  ausfällt. 

Aber  auch  wir  stimmen  der  Ansicht  voll  und  ganz  zu.  dafs  Parade- 
zwecke nicht  die  fillein  wichtigen  der  Ausbildung  sind;  vielmehr  gilt 
die  Hauptarbeit  denjenigen  Dingen  in  erster  Linie,  die  wir  für  den 
Ernstfall  brauchen. 

Beides  ist  sehr  wohl  zu  vereinigen.  Wir  meinen  darum,  jede 
Gefechtsübung  sollte  stets,  nicht  wie  der  Verlksser  sagt  „atlenfalls" 
mit  einem  Parademarsche  enden,  der  sich,  und  sei  es  in  der  Marsch- 
formation  in  jedem  Gelände  ausführen  läCsi  und  dazu  geeignet  ist,  die 
Truppe  sum  Sohlufs  eines  solchen  Gefechts  wieder  in  Haltung  zu 
bringen. 

Wir  stimn:''n  dem  zu.  dafs  „Richtung  nach  Points,  Reilienmarsch, 
AI  tu  i  (  lit  11  des  Zuges  im  Tritt  und  Kompagniekarree  entbehrlich  sind 
und  duls  der  Hauptwert  auf  die  Geschlossenheit  und  Beweglichkeit 
der  Kompagnie  in  den  Formationen  zu  legen  ist,  die  wir  im  Gefecht 
brauchen. 

Beim  Bataillon  verlangt  Verfasser,  dafs  es  ,in  der  Hauptsache  nicht 
mehr  exerziert,  sondern  geübt  werde.*  Solange  wir  das  jetzt  gültige 
Exerzierreglement  besitzen,  werden  wir  wohl  auch  das  Bataillon  exer- 
zieren  müssen ;  zugegeben  sei  aber  auch  hier,  dafo  es  zweifellos  fehler- 

haH  ist,  hierin  zu  viel  zu  verlangen. 

Bevor  der  .Vbschnitt  der  eigentlichen  Fruhjahrsperiode  seinen  Ab- 
schlufs  findet,  befürwortet  Verfasser  eine  Erhohingszeit  der  Mannschaft. 
„Der  Mittwochnachmittag  mufs  der  MannschalL  grundsüLzlich  frei- 
gegeben werden.**  Abgesehen  davon,  daÜs  solche  Pordemng  sich 
praktisch  als  undurchführbar  erweist,  sind  wir  gegen  solches  „Frei- 
geben** überhaupt.  Als  Belohnung  nach  besonders  guter  Besichtigung 
gebe  man  den  Leuten  einen  Nachmittag  ganz  frei,  sonst  nicht. 

Im  „Sommerdienst"  finden  wir  den  Wunsch  ausgesprochen,  das 
Gruppenschliefsen  der  alten  Mannschaften  in  die  Winterperiode  zu 
verlegen.  I>em  steht  durch  die  Schiefsvorschrift  nichts  im  Wege; 
praktisch  hallen  wir  diese  Mafsregel  nicht,  denn  die  Leute  werden 


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786 


Literatur. 


dann  bis  sum  Zugsohiefsen  im  Sommer  auf  dem  Obungsplatse  Ober- 
haupt nicht  mehr  im  Abtoilungsachielaen  geübt  Wir  halten  es  auch 
nicht  für  gutk  einen  Rekrutonzug  sum  Schiefsen  zu  formieren;  in 
dieser  Periode  mflssen  beide  Jahrgfinge  auch  in  diesem  Dienstzweige 

bereits  eng  mit  einander  verschmolzen  sein. 

Im  Pclddicnst  ist  von  dem  „Pikett"  die  Rede,  dieser  Ausdruck  ist 
in  der  F.-O.  durch  „Vorpostenkompagnie  etc.'*  ersetzt  Audi  kennt 
die  P.-O.  nur  Infanterifpatrouiiien  über  die  Postenkette  und  solche 
innerhalb  derselben;  die  früher  gebräuchlichen  Bezeichnungen: 
Schleich-Visitierpatrouillen  und  PaU^uillen  zu  den  Nebenfeldwachen 
sind  danach  in  Wegfall  gekommen. 

Verfitsser  hfilt  die  Berichte  Aber  OfBzierQbungen  innerhalb  dee 
Begimenta  fQr  entbehrlich.  Wir  mochten  glauben,  dafs  die  Anlage 
der  Übung  einer  Besprechung,  mündlich  oder  schriftlich  gleichviel, 
zu  unterziehen  sein  wird;  es  bedarf  dazu  eines  Berichtes  nicht.  Wohl 
aber  sollte  nach  jeder  Übung  ein  Gefechtsbericht  erfni  dort  werden, 
wio  soirbp  P.-O.  74  näher  erklärt;  sie  werden  im  Ernstfalle  von 
höciisieiii  Nutzen  sein,  bedürfen  also  auch  im  Frieden  .stetiger  Übung. 

Den  Wunsch  des  Verlassers,  Besichugungen  sollten  ein  für  alle 
Mal  in  den  Ezerziergarnituren  stattfinden,  können  wir  nur  auf  solche 
im  Qelftnde  besohrinicen.  Ein  Besiohtigungstag  im  formalen  Bzer- 
zieren  soU  auch  eine  Prüfung  dafQr  sein,  in  welcher  Weise  der  Soldat 
dch  auch  in  seinem  Äufseren  zeigt;  auch  wird  solcher  Tag,  an  dem 
ein  jeder  sein  Bestes  tut,  um  zulHedenzustellen,  nicht  dadurch  gehoben, 
dafs  die  Leute  in  ihren  Alltagsgarnituren  erscheinen. 

Wenn  wir  vorstehend  einige  Punkte  anführten,  in  denen  wir  nicht 
mit  dem  Verfasser  übereinstimmen,  so  sei  doch  nochmals  betont, 
dafs  wir  gerade  diesem  zweiten  Teile  der  Arbeit  besonderen  Wert 
beimessen. 

Zweifellos  wird  sie  .dazu  beitragen,  die  Ausbildung  unserer  stolzen 
Waffe  auf  die  höchste  Stufe  kriegerischen  Wertes  su  stellen".  68. 

Sammlung  praktischer  Winke  für  den  Infantericschiersletarer  von 

Meyer,  Hauptmann  und  Kompagniechof  im  11.  Königlich 
Sächsischen  Infanterieregiment  No.  139.  Berlin  1901.  Yossische 
Buchhandlung.    Mk.  1,60. 

Es  ist  immer  erfireulich.  eine  Stimme  zu  hören,  die  eine  echt 
infanteristische  Meinung  verlriLu  HaupLuiann  Meyer  spricht  sich  ent- 
schieden fttr  die  Pflege  des  Genausohusees  aus.  Das  ist  ein  Seichen 
sehfltzenmftlsigen  Denkens.  Ballistiker,  in  denen  das  Gefühl  fflr  das 
praktische  Schiefsen  vielleicht  nicht  immer  sehr  lebendig  ist^  legen 
allerdings  der  Präzision  des  Schusses  eine  nur  „erzieherische"  Be- 
deutung bei.  Sie  versuchen,  für  ihre  Ansicht  rechnerische  Nachweise 
zu  erbringen.  Dabei  lassen  sie  jedoch  wichtige  Faktoren,  die  sich 
raathematischer  Passung  entziehen,  aufser  Betracht,  so  dafs  ihre  Hewois- 
führungen  und  SchluTslolgerungen  nicht  selten  lückenhaft  und  teilweise 


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Literatur. 


737 


laiäch  sind.  Hauptmann  Meyer  iührt  aus,  dals  dem  Genauschufs  ein 
sehr  realer  Kampf  wert  zukommt.  Er  hat  Recht  Abgesehen  von  den 
Erwägungen,  die  er  anstellt:  eine  tfiehtige  Infonterie  eikfimpft  die 
Bntseheidang  des  Schlaebttages  auf  den  Nahentfemungen.  Je  nfther 
aber  sie  dem  Gegner  kommt,  desto  bedeutungsvoller  wird  treflklcheres 
Schiefsen  des  Einzelnen.  Die  englischen  OfBsiere  brachten,  um  nicht 
ein  sicheres  Opfer  der  burischen  Qesehosse  tu  werden,  ihre  Grad- 
abzeichen rückwärts  an  den  Uniformen  an;  von  vorne,  dem  Foinde  zu, 
unterschieden  sie  sich  in  nichts  von  den  übrigen  Scliiitzon.  Schon  im 
Jahre  1870  drängte  sich  mir  die  Tatsache  auf:  dafs  gerade  in  den 
schwierigsten  und  entscheidenden  Momenten  des  Kampfes  der  „vor- 
zügiiche"  Schütze  mehr  giit,  als  der  nur  „mittlere".  Ja,  sclion  bei  Jena 
hatten  die  prenfsischen  Offiziere  durch  die  SteinschloJsgewehre  der 
französischen  Tirailleure  schwer  zu  leiden. 

Hauptmann  Meyer  zieht  die  Konsequenzen  aus  der  WertscbStzung 
des  Qenauschusses:  er  ist,  zumal  im  Hinblick  auf  unsere  Ausbildungs- 
verhiltnisse,  für  ein  grundsätzlich  ruhiges  Tempo  des  Schiefsens  und 
ist,  wie  es  scheint,  kein  Freund  des  Drills.  Sein  Büchlein  verfolgt 
den  besonderen  Zweck,  ..für  die  Schiefsausbildung  eine  Anzahl  viel- 
leiciu  nocii  nicht  allerwärts  bekannter  Kunstgriffe  zur  Kenntnis  eines 
gröfseren  interessenkreises  zu  bringen."  „Er  will  dem  Schüler  das 
Schiefsen  durch  möglichste  Abwechslung  und  Anschaulichkeit  so  nahe 
wie  möglich  bringen,  um  in  ihm  Liebe  zur  Sache  zu  wecken  und  zu 
erhalten." 

Zu  diesem  Behufe  klirt  Heyer  den  Mann  Uber  den  Zweck  der 
Anordnungen  der  SchiefsvorsehHft  auf  und  verwendet  eine  grSlsere 

Anzahl  von  Geräten  nach  seiner  Konstruktion,  die  die  Unterweisung 
im  Zielen,  im  Abtommen  usw.  erleichtem  und  befestigen  sollen.  Er 
spricht  in  seiner  Schrift  auch  über  den  Munitionshaushalt,  bringt 
Übungen  zur  writoren  Ausbildung  in  VorschlaL'  vnd  behandelt  endlich 
noch  die  wichiigt-  Kunst  des  Entfernungsschätzens. 

Das  vorliegende  Büchlein  wird  vielen  eine  dankenswerte  Hilfe  in 
dem  so  schwierigen  Schiefsunterricht  sein  und  darf  dem  näheren 
«Interessenkrelse"  aul  das  beste  empfohlen  werden. 

Reisner  von  Uchtenstem. 

EliifGhrung  in  die  HilitürstrallKeriehtsofdBUg.    Handbuch  fflr 

Offiziere.  Militärjustizbeamte.  Verteidiger  etc.  von  Professor  Dr. 
Julius  Weiffen  bach,  Senatspräsident  beim  Reich-^miÜtärfrericht, 
Berlin  1904,  E.  S.  Mittler  k  Sohn,  ist  nunmehr  in  dritter  er- 
weiterter Auflage  erschienen. 

Das  in  der  I'raxis  bereits  riihinlich  bekannte  iiuch  bietet  eine 
systematische  Darstellung  d<'s  liilialts  der  MilitärstratVerichtsordnung 
mit  Beifügung  der  Ausführungsbesimiuiungen  für  Heer  und  Marine, 
der  Begründung  des  Entwurfs  des  Gesetzes,  der  Reichstagskommissions- 
beschlösse,  des  Reichsmilitäigesetzes,  der  Heer-  und  Wehrordnung, 


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738 


JMmtar. 


sowie  des  Reiehsbeamten-  und  RichterdiszipliDSfgeeetees.  Ohne  kom- 
mentatorische Weitläufigkeit  sind  bei  den  einzelnen  Bestimmungen  der 

Militilrstrafgerichtsordnung  kurz©  Erläuterungen  und  Bemerkungen  an- 
geffigt,  welche  Hinweise  teils  auf  die  entsprechenden  Vorschriften  der 
bürgerlichen  Strafprozefsordnung,  teils  auf  die  Rechtsprechung  dm 
Reichsniilitärgerichts  und  Reichsgerichts  enthalten  und  zur  Behebung 
von  Zweifeln  und  zur  praktischen  Handhabung  sehr  dienlich  erscheinen. 
Diesem  Zwecke  entspricht  auch  die  Beifügung  einer  Zusammenstellung 
der  Rechtsprechung  des  ReichsmÜitärgeriehts  und  der  neueren  be- 
merkenswerten Entscheidungen  des  Reiehsgeriohts  als  Anbang  zu 
dem  Buche. 

Berficksichtigung  hierbei  haben  gefunden  die  vier  BSnde  der  Ent- 
scheidungen des  Reichsmilitärgerichts,  die  fünf  Prfifungsergebnisse 
dieses  Gerichts  und  Ji6  Bände  der  Entscheidungen  des  Reichsgericht?. 
Ein  sehr  genau  und  umfassend  bearbeitetes  Sachregister  dient  einer 
raschen  Aufßndnnp  der  einzelnen  Bestimmungen 

Das  Buch  kann  somit  als  ein  praktisches  und  zuverlässiges  HiUs- 
mittel  zum  Studium  und  bei  Handhabung  des  Gesetzes  bestens  em- 
pfohlen werden.  End  res. 

Hilitiriaeh-poUtiBelie  Gesohiehte  des  Befrelugskrleges  im  lahrs 
181t.  Von  Prhr.  d.  Osten-Sscken  und  v.  Rhein.  Band  IIa. 
Der  Prtthjahrsfeldsug,  Orofs-Qftrsohen.  Vossisehe  Buch> 

handlung.  1904. 

Ein  Werk  des  Herrn  Oberstleutnants  Frhr.  v.  d.  Osten  begrülse 
ich  st«'ts  mit  CTnfstor  Freude,  ist  der  Herr  Verfasser  doch  tür  die  Zeit 
des  Heireiungski  ieges  eme  anerkannt  erstklassige  Autorität.  Es  dürfte 
\vi  11  wenitre  deutsche  Offiziere  geben,  die  dem  Hen-n  v.  d.  Osten  den 
Ruhm  bUciLig  machen  kunalen,  am  tiefsten  in  die  inneren  \  erhal missen 
der  napeleonisehen  Armee  jener  Zeiten  eingedrungen  zu  sein. 

Zahlen  sind  den  bei  weitem  meisten  Menschen  ein  noH  me  tangere^ 
sie  schrecken  vor  ihnen  zurück,  wie  der  harmlose  Wanderer  vor  einer 
Giftschlange.  Herr  v.  d.  Osten  beherrscht  das  weite  Gebiet  der 
Statistik  in  vollendeter  Weise,  spielend  findet  er  sich  darin  znrecht, 
spielend  bringt  er  dem  Leser  klare  und  richtige  Bilder,  und  nur  der 
Kenner  weifs.  welche  riesenhafte  Arbeit  vorausprepangen  sein  mnls. 
um  das  gewaltige  Material  der  Zahlen  in  so  meisterhafter  Form  dem 
Leser  darbieten  zu  können. 

In  der  Tat,  Herr  v.  d.  Osten  versteht  zu  arbeiten,  ihm  ist  die  Arbeit 
ein  Genufs,  wie  allen  fleifsigen  Männern.  Dafs  es  ihm  leicht  wird, 
unter  solchen  Umständen  seinen  Lesern  einen  grofsen  Qenufs  su  Ye^ 
schaffen,  ergibt  sich  ganz  von  selbst.  Schade  nur,  dab  die  VerlagB» 
buchliandlung  den  Druck  der  erläuternden  Pufsnoten  so  entsetilich 
klein  und  für  die  Augen  so  anstrengend  gestaltet  hat  Könnte  in 
Zukunft  hier  nicht  gröfsere  Rücksicht  auf  die  Selikraft  der  Leser  vo^ 
walten? 


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LiMtnr. 


739 


Band  IIa  hat  folgenden  Inhalt: 
Erstes  Buch:  Einleitung. 

Zweites  Buch :   Die  Ereignisse  an  der  unteren  Elbe 

Drittes  Buch:  Möckern. 

Viertes  Buch:    Wittgenstein  und  der  Vizekönig  in  der  Zeit  vom 
6.  bi8  26,  April. 

Fünftes  Buch:    Blücher  und  die  liauptarniee  in  der  Zeit  vom  6.  bis 
2b.  April 

Sechstes  Buch:  Die  IransQsisohe  Hauptannee  in  der  Zelt  bis  zum 
35.  April. 

Siebentes  Buch:   Das  Vordringen  der  Franzosen  Aber  die  Saale. 

Achtes  Buch:  Grofs-Görschen. 

Neuntes  Buch:    Der  Rückzug:  der  Verbündeten  hinter  die  Elbe. 

Auf  den  Inhalt  des  Werkes  näher  einzugehen  würdp  falscli  sein, 
man  mufs  es  eben  selbst  lesen.  Ganz  besonders  warm  empföhle  ich 
das  achte  Kapitel,  in  dem  Herr  v.  d.  Osten  zeigt,  dafs  er  die  Taktik 
ebenso  beherrscht,  wie  die  Statistik.  Gute  Pläne  und  klare  Skizzen 
erieichtem  wesentlich  das  Verständnis.  Ich  wfinsche  den  weiteren 
Fortschreiten  des  verdienstvollen  Werkes  den  Erfolg,  den  es  verdient, 
er  wird  und  kann  nicht  ausbleiben. 

Hermann  Kunz. 

moht  Rede  —  aber  Fehde  wider  die  ^ozialdenokrmtle.   Von  A. 

V.  Boß'uslawski,  Berlin.    Hermann  Walther. 

In  seiner  bekannten  frischen  und  schlagkräftigen  Redeweise  be- 
trachtet der  vielbewährte  Verfasser  die  innerpolitische  Lage  und  die 
Zustande,  wie  sie  sich  durch  den  Terrorismus  der  Sozialdemokratie 
entwickelt  haben,  und  beiürwortet  die  Notwendigkeit,  den  Kampf  gegen 
sie  mit  Taten,  nicht  blofs  mit  Worten  zu  fahren. 

Dem  Verfasser  auf  das  politische  Oebiet  zu  folgen  ist  nicht  die 
Aufgabe  einer  milit&rischen  Zeitschrift.  Daher  zunftchst  nur  einige 
Bemerkungen  zu  dem  Kapitel:  „Vom  Heere."  Da  wird  am  Eingang 
die  Frage  gestellt:  „Ist  unser  Heer  noch  des  grofsen  Kaisers  Heer, 
noch  das  Heer  von  1866  und  1870/71?**  Die  Antwort,  die  der  Herr 
Verfasser  in  seinen  darauf  folgenden  Ausführungen  gibt,  ist  kein  un- 
bedingtes Ja,  noch  weniger  aber  ein  pessimistisches  Nein.  Die 
Gefahr,  dafs  es  abwärts  gehen  kann  mit  dem  Geist  des  Heeres,  ist 
vorhanden;  aber  noch  ist  es  Zeit,  dieser  Gefahr  zu  begegnen  —  vldeant 
consules!  Ernste  Qef)Bihren  bringt  die  Unterwühiung  des  Heeres  durch 
die  Sozialdemokratie,  ernste  Oefkhren  die  übelwollende  und  mafslose 
Kritik  von  unliebsamen  Vorgängen  im  Heere,  wozu  sich  noch  die 
bösen  Tendenzromane  und  die  fast  noch  schlimmeren  Bühnenstücke  ä 
la  „Zapfenstreich**  gesellen.  Was  der  Verfasser  tiber  die  PSlle 
Mörciungen,  Marten,  Hüssener,  Breidenbach  usw.  sagt,  kann  man  fast 
ausnahmslos  unterschreiben.  Dafs  der  Hilsu-Roman  ein  Pamphlet  ist, 
hat  neuerdings  sogar  ein  recht  verslündigcr  Artikel  in  der  sonst  sehr 
chauvinistischen  „FVance  militaire**  ausgesprochen. 


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740 


litanter. 


Wenn  wir  dem  Herrn  Verfasser  fast  überall  beisiimmeo,  ^  mvkhieD 
wir  unsererseits  noch  besoodeis  betonen,  dele  onsar  dentselies  OlBte«- 
korpe  angenehte  der  von  General  ▼<«  Boguelawsld  so  eingehend  und 
drastisch  geschilderten  Zustande  die  Anfgnbe  hnt,  nnch  seinerseits  im 
Kampf  gegen  den  Umsturz  mitzuarbeiten,  nicht  im  öffentliclien  Leben, 
nicht  in  der  Presse,  wohl  aber  bei  der  jetzt  um  so  viel  sohwenr  und 
wichtiger  gewordenen  Ersiehung  des  SoldateD. 

0.  P  V  S 

Kriegfiihninjr     lieprweseu    und  yateriändi>t  hn  Kriegsgeschichte 
Zehn  Vortrage,  gehalten  in  d^n  Räumen  der  Gehe-St-ftung  auf 
Veranlassung  der  wissenschaftlichon   Leitung    derselben  von 
Moritz  Exner,  Oberstleutnant  z.  D.  und  Vorstand  des  Kriegs- 
ArchiTs.  Mit  6  lithographischen  Karten.  Auf  vielseitigen  Wnnseh 
dem  Druck  Qbergeben.  Der  Reinertrag  kommt  Invaliden  und 
Peldsngsteilnehmem  sngute.   Dreaden-N^  C.  Heinrich.  IMS. 
TMe  Vorträge  wurden  vor  einem  gebildeten  Publiiram  der  sSchsi* 
sehen  Hauptstadt  gehalten.    FVei  von  Partikularismus  und  voller  Sym- 
pathie für  das  neue  deutsche  Reich  und  seine  Streitmacht  wenden  sie 
sich  doch  zunächst  an  die  Bewohner  des  Königreichs  Sachsen. 

Die  ersten  fünf  Vorträge,  welche  über  die  Bedeutung  der  nationalen 
Wehrkralt,  die  Entwickelung  des  deutschen  Heerwesens  von  1822  bis 
jetzt,  über  Ausbildung  and  Kriegführung,  über  materielle  Kriegsmittel, 
endlich  Aber  des  fransSeisehe  und  über  das  russische  Heer  orientierende 
Überaichten  und  Mitteilungen  bringen»  sagen  swar  dem  militirischen 
Leser  wenig  Neues,  sind  jedoch  wohl  geeignet»  diejenigen  Leser  in 
belehren  und  aufzuklären,  die  gern  über  militärische  Dinge  mitreden, 
obschon  ihre  I  Vteile  nach  Bismarcks  Ausdruck  «durch  keine  Spur  von 
Sachkenntnis  getrübt"  sind. 

Die  zweite  Hälfte  der  Vorträge  ist  ausKchliofslich  dem  sächsischen 
Heer  gewidmet  und  dürfte  für  alle  Kameraden  der  deutschen  Armee 
interessant  sein.  So  der  Vortrag  über  die  Entwicklung  des  sächsischen 
Heerwesens  von  seinem  Ureprung  bis  sur  Gegenwart,  die  Danteilung 
der  Feldsflge  seit  1683  bis  1815.  Sehr  kurs  susammengefalst  Ist  die 
BrzShlung  der  Ereignisse  von  1849  und  1866,  etwas  ausfOhriicher  die 
Anteilnahme  des  sächsischen  Heeres  am  Kriege  gegen  Frankreich 
1870/71  geschildert. 

Bei  der  Darstellung  der  Dresdener  Maikfimpfp  1849  hätte  wohl 
dem  heldenmütigen  und  besondei"s  erfolgreichen  Kingreifen  des 
Füsilitirbataillonä  Alexander  eine  eingehendere  und  anerkennen- 
dere Würdigung  zuteil  werden  können. 

Die  den  Peldsugschilderungen  beigegobenen  Kartensidssen  voran* 
schaulichen  durch  graphische  Darstellung  die  Bewegungen  der 
sachsischen  Heeresteile. 

Die  Vorträge  des  klarblickenden  und  wohl  unterrichteten  sSchsischen 
Offiziers  sind  ansprechend  und  lesenswert. 

G.  P.  V.  S. 


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Utontur. 


741 


Der  Küsteiikric^,  Von  Sigmund  M ieü chhofer,  Hauptmann  im  k. 
und  k.  Festungs-Artillerie-Regimönt  Nr.  4.  Mit  25  Textabbildungen 
und  1  Ökizze  als  Beilag^e.  Wien,  Seidel  &  Öohn.  1903.  Preis 
6  Mk. 

Der  Verfasser  hat  in  vorliegendem  Buche  seine  bekannten  Slteren 
Arbeiten  einheitlich  susammengefafsi  and  damit  das  erste  «isammen- 
hängende  Werk  deutscher  Sprache  Aber  KQstenbefestigung  geschaffen. 

Bs  wird  deshalb  überall  willkommen  geheifsen  werden.  Er  bespricht 
im  ersten  Teil  Angriff  und  Verteidigung  eines  Kriegshafens,  im  zweiten 
Landungen  und  deren  Abwehr  in  allgemein  verständlicher  und  das 
Ubermafs  technischer  Einzelheiten  vermeidender  Weise. 

Aus  dem  reichen  Inhalt  will  ich  wenige  l^uukie  herausgreifen, 
weiche  einigen  Zusammenhang  haben  mit  Fragen,  die  neuerdings  in 
diesen  Blfittem  angeschnitten  wurden.  Der  Ldwenanteil  bei  der  Ver- 
teidigung eines  Kriegshafens  (Sllt  der  AftUlerie  zu»  da  der  Nachdruck 
noch  melir  als  bei  der  Verteidigung  einer  Festung  darauf  zu  legen  ist, 
den  Gegner,  d.  h.  die  feindliche  Flotte  in  möglichster  Perne  zu  halten, 
und  da  seine  Ofiensivmafsregein,  wie  die  Erkundungen  und  Versuche 
zum  Abräumen  der  Hindernisse  auch  hauptsächlich  durch  Artilleriefeuer 
zu  bekämpfen  sind.  l>pm  Puell,  dafs  der  Angreifer  durch  den  Beginn 
einer  Beschiefsung  der  Kusienwerke  anbietet,  mufs  von  diesen  jeden- 
foila  angenommen  werden,  und  dies  ist  ein  wesentlicher  Unterschied 
gegenflber  dem  Festungskrieg,  wo  der  Verteidiger  unter  Umständen 
vorteilhaft  seine  Geschtttze  nicht  demaskiert,  sondern  unberührt  für 
ein  spftteres  Stadium  aul^art  Bs  mufs  angenommen  und  durch- 
gefochten werden,  denn  es  soll  dem  Angreifer  dazu  dienen,  die 
Stellung  des  Verteidigers  sturmreif  zu  machen,  und  die  Organe, 
welche  den  Sturm,  d.  h.  die  Forcierung  der  Einfahrt  ausführen,  sind 
dieselben,  weiche  auch  die  Beschiefsung  beginnen,  diu  gepanzerten 
Schitte :  deren  möglichst  viele  noch  vor  dem  drohenden  NahangrifT 
unschiidlich  zu  machen,  ist  also  das  Interesse  des  Verteidigers,  und 
dies  ist  nur  durch  einen  erfolgreich  durchgeluhrten  Geschützkampf  zu 
erreichen.  «Diese  Aufgabe  erfordert  die  Ausübung  einer  mächtigen 
Wirkung**  sagt  Mielichhofer.  „Die  Wirkung  ist  nun  ein  Resultat  der 
Bnergie  des  einzelnen  Projektils  und  der  Masse  der  Geschosse,  welche 
das  Ziel  treffen,  und  nachdem  bei  einer  nach  Anzahl  und  Kaliber 
bestimmten  Armierung  die  Energie  eine  feststehende  Oröfse  ist,  so 
könnte  nur  die  Masse  eine  Steiperunc:  erfahren.  Diese  kann  jedoch 
nur  durch  die  Vergröi°seruug  der  Feuerschneliigkeit  gesteigert  werden, 
und  daraus  ergibt  sich  die  Forderung,  dafs  in  diesen  Momenten  des 
ivampfüs  bei  allen  Hauptgeschützen  die  gröüstmögUche  Feuerschnei lig-  v 
keit  angewendet  werden  mufs.** 

Ans  dieser  starken  Aetonung  der  Feuergeschwindigkeit  ist  un- 
mittelbar zu  folgern,  dafs  nach  PeststeUung  der  GeschQtzarten  und  ihrer 
Kaliber  ihre  Laffetierung  und  Aufstellungsart  von  der  gröfsten  Wichtig- 
keit  ist    Da  nun  die  Aufstellung  in  Panzertürmen  schon  an  und  für 


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742 


Literatur. 


sich  eine  gröfsere  Feuergeschwindigkeit  gestattet,  der  für  Bedienung 
und  MuTiitionsversorgung  gewährte  Schutz  aber  auch  die  Gewähr  da- 
für übern  Hl  Jini,  daXs  ihre  vollständige  Ausnutzung  nicht  gestört  werden 
kann,  so  Hegt  der  Vorteil  der  Panzerung  für  die  KflstangeschütEe  auf 
der  Hand.  Mielichhofer  will  deshalb  alle  acliweren  Oeschütze,  wenn 
die  Batterien  niedriger  aJa  60  m  Uber  dem  Meerosflpiegel  liegen,  panaern. 
Die  gegen  ungepanserte  oder  schwaohgepanserte  gröfsere  Schiffe  wir- 
kenden mittleren  Kalibers  will  er  flberliaapt  niohi  höher  als  20  m  über 
Wasser  stellen  und  immer  panzern;  die  gegen  kleine  Fahrzeuge 
wirkenden  5—7  cm  Schnellfeuerkanonen  sollen  in  Einzelpanzern  tief 
am  Strande  stehen.  Es  bleiben  danaeh  nur  die  in  gröfserer  Höhe 
ihren  Standort  findenden  schweren  Kanonen  und  die  Steil feuergeschütze 
für  die  Aufstellung:  in  offenen  Batterien  übrig.  Dies  ist  dasselbe  Er- 
gebnis, zu  dem  ich  in  meinem  Aufsatz  ^Der  heutige  Standpunkt  der 
Panserbefeetigung"  gekommen  bin. 

Des  Weiteren  verlangt  die  Sicherstellung  dm-  gröfetmögjichen 
Feuergeschwindigkeit  so  zahlreiche  Krttfte,  dafs  durch  hinreichende 
Ablösungen  einer  Überanstrengung  vorgebeugt  wird,  woraus  <Ue  Not> 
wendigkeit  folgt,  für  die  Geschütze  der  offenen  Batterien  ebensogut  als 
für  die  der  Panzortürme  dreifache  Ablösung  in  Rechnung  zu  stellen, 
und  dies  umsomehr,  als  sie  durch  das  feindliche  Feuer  viel  mehr  Ab- 
gänge haben  werden.  Da  nun,  wie  ich  nachgewiesen  habe,  die  ge- 
panzerten Geschütze  des  erleichterten  Munitionsersatzes  wegen  weniger 
Bedienungsmannschailen  brauchen,  als  die  der  offenen  Batterien,  er- 
fordern letztere  eine  stärkere  Artillerietruppe,  und  wenn  man  in  Er- 
wägung zieht,  dafs  diese  nicht  wie  bd  der  Armee  ftlr  Zwecke  der 
Festungen  erst  im  MobÜmaehungsfalle  auf  die  erforderliche  StMe 
gebracht  werden,  sondern  nach  Möglichkeit  im  Fdeden  schon  bereit 
gehalten  werden  mtifs  (vergl.  S.  251).  um  ebenso  rechtseitig  zur  Ab- 
wehr bereit  zu  sein,  als  die  feindliche  Flotte  aufzutreten  vermag,  so 
kann  man  sich  der  Ansicht  nicht  verschliefsen.  dals  die  Ersparnis  an 
Truppen  die  Mehrkosten  der  Geschützpanzer  wohl  aufwiegen  möchte. 
Krlbrdern  doch  sechs  lö  cm  Kanonen  in  oflener  Batterie  bei  dreilacher 
Ablösung  252  Mann,  dagegen  vier  derartige  Rohre  in  Panzern  nur 
108  2dann  Bedienung,  und  letztere  vermögen  in  der  Minute  32,  jene 
sechs  nur  80  Schüfe  abzugeben. 

Bei  Betrachtung  der  einzelnen  Angriffsarten  und  Aktionen  kommt 
der  Verfasser  su  dem  Ergebnis,  dafs  alle  Fortschritte,  welche  in 
maritimer  und  artilleristischer  Beziehung  in  jüngster  Zeit  gemaclit 
worden  sind,  weit  mehr  dem  Verteidiger  als  dem  Angreifer  zum  \ot- 
teil  crereichen,  dafs  die  Angriffsmittel  hinter  den  Mitteln  der  Verteldi- 
iriiiiL'-  zuriickfjeblieben  sind,  und  dafs  deshalb  Unternehmungen  gejren 
i\ustenbefei»tigungen  nicht  von  der  Flotte  allein  durchzuführen,  sondern 
durch  einen  Angriff  von  der  Landseite,  also  durch  Landungen  zn 
unterstützen  sind,  dafs  sogar  in  den  meisten  Fallen  der  Angntl  zu 
Lande  die  Haupt-,  jener  zur  See  die  Nebenaktion  sein  wird.  Freilieh 


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Literatur. 


743 


setzt  er  hierbei  vollkommen  modern  erbaute  und  ebenso  eingerichtete 
KriegBfaifen  voraus,  und  die  in  dieser  Beziehung  von  ihm  gestellten 
Aniorderungen  möchten  doch  in  recht  vielen  Fällen  auch  nicht  an- 
nfthemd  erfüllt  sein.  Das  Buch  ist  deshalb  geeignet,  zu  einer  ernst- 
haften Prüfung  unserer  Küstenbefestigungen  anzuregen.  Sein  Studium 
kann  auch  den  Offizieren  der  Armee  nur  dringend  empfohlen  werden. 

Frobenius. 

Ueneral  GoTone,  Die  italieuiscli-prcursischen  Kezieliungen  und  die 
Schlackt  bei  Custoza  1SG6.  Aus  dL-m  Italienischen  von 
V.  Bruchhausen,  Major  a.  D.,  Berlin  1904,  Vossische  Buch- 
handlung. 

Die  vorliegende  Übersetzung  bringt  einen  Auszug  aus  dem  in 
Turin  bei  Pres.  Casanova  erschienenen  Werk:  „Ii  generale  Giuseppe 
Qovone",  welches  der  Sohn  des  Generals  aus  dessen  Nachlafs  an  Auf- 
zeichnungen, Tagebüchern,  Briefen,  Berichten  und  Arbeiten  zusammen- 
gestellt hat.  Das  Hauptinteresse  verdienen  die  amtlichen  Berichte, 
welche  als  Anlage  beigefügt  sind. 

Aus  der  Einleitung  ersehen  \\'n\  dafs  Gnvone  einer  alten  Adels- 
familie entstammte,  frühzeitier  in  den  (leneraislab  kam,  die  Kriege 
1849,  1859  und  1866  in  llulien,  1853—1855  in  der  Krim  mit  Au.s- 
zeichnung  mitmachte,  besonders  als  Kommandeur  der  9.  Division  bei 
Custoza  die  völlige  Niederlage  der  italienischen  Armee  verhinderte 
und  dafs  er  mehrfach  in  diplomatischen  Missionen  Verwendung  fand. 
1867  wird  er  Chef  des  Generalstabes  der  Armee,  1869  Kriegsminister. 
1872  starb  er,  erst  46  jährig. 

Bei  uns  ist  Govone  durch  seine  Sendung  nach  Berlin  im  Frühjahr 
1866  zum  Abschlufs  des  italienisch-preufsischen  Bündnisses  besonders 
bekannt;  deshalb  ist  auch  der  auf  diese  Zeit  bp/ily:liche  Teil  des  vor- 
liegenden Werkes  für  weitere  Kreise  besonders  interessant. 

Wir  entnehmen  demselben  die  immerhin  auflallende  Tatsache, 
dafs  das  tiefM:ehendste  Mifstrauen  die  damaligen  mafsgebenden 
italienischen  Kreise,  besonders  La  Marmora,  den  Gesandten  am  Berliner 
Hof  Graf  Barrai  und  Govone  gegen  Bismarck  und  seine  Politik  er- 
fflUten.  Idan  fürchtete,  dafs  das  italienisch-preufsische  Bündnis  nur 
dasu  dienen  sollte,  Österreich  einsuschflchtem,  ohne  dafo  Preufsen 
selbst  zum  Kriege  zu  schreiten  gedächte,  in  den  es  Italien  hinein- 
drangen wollte. 

Und  doch  hatte  Bismarck  gleich  bei  seiner  ersten  Unterredung 
mit  Govone  mit  einer  erstaunlichen  Offenheit  die  Ziele  und  Wege 
seiner  Politik,  sowie  die  Schwierigkeiten,  welche  sich  ihm  entgegen- 
stellten, klargestellt.  Nach  seiner  Heimkehr  sciirieb  Govone  denn 
auch  „ich  mufs  anerkennen,  dafs  Herr  v.  Bismarck  immer  den  Weg 
gewandelt  ist.  den  er  mir  am  ersten  Tag  bezeichnet  hat". 

Nach  Bismarck  hat  dem  italienischen  General  am  meisten  Moltke 
durch  seine  eiserne  Ruhe  und  Siegeszuversicht  imponiert.  Govonee 
lebhafte  Vorstellungen,  welche  Oefohren  die  beabsichtigte  Zweiteilung 


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744 


Literatur. 


der  preufsischen  Armee  berge,  machen  auf  Moltke  gar  keinen  Eindruck. 
Er  ist  sicher,  die  gesamte  eng  geschlossene  österreichische  Armee  zu 
schlagen,  auch  wenn  die  preufsischen  Kräfte  nicht  sämtlich  zur  Stelle 
sein  sollten,  damit  fiele  ganz  Deutschland  und  Prankreich  würde  nachher 
erledigt. 

Erst  nach  Königgrätz  kommt  Govone  darauf,  dafs  man  die  Vor- 
teile des  mit  dem  Frontalangriff  zu  verbindenden  überraschenden 
Flankenangriffs  wieder  in  Erwägung  ziehen  müsse  „nachdem  man  das 
in  den  Kriegen  des  Kaiserreichs  nur  allzusehr  vergessen  habe!** 

Bezüglich  des  Feldzugs  1 866  in  Italien  sollte  er  mit  seiner  Warnung 
vor  der  Zweiteilung  der  Armee  Recht  behalten.  Es  fehlte  eben  hier 
an  der  Meisterhand  der  Leitung.  Im  übrigen  befürwortete  er  mit 
Heftigkeit  den  nicht  zur  Ausführung  gekommenen,  etwas  abenteuer« 
liehen  Plan,  mehrere  Divisionen  zur  See,  ohne  deren  Herr  zu  sein, 
nach  Triest  zu  werfen. 

Ende  Juli  1866,  noch  vor  der  Seeschlacht  bei  Lissa,  wurde  Govone 
ins  preufsische  Hauptquartier  nach  Nikolsburg  entsendet,  um  für  Fort- 
setzung des  Krieges  zu  wirken. 

Tief  empfand  er  hier  denWechsel,  den  wenige  Wochen  hervorgebracht 
hatten.  Jetzt  stand  er  nicht  mehr  dem  ein  Bündnis  Nachsuchenden, 
sondern  dem  glänzenden  Sieger  gegenüber,  der  mit  Geringschätzung 
auf  den  Verbündeten  herabsah,  welcher  geschlagen  und  dann  ganz 
untätig  geblieben  war.  Das  Mifstrauen,  welches  Govone  im  Frühjahr 
gegen  Preufsen  gehegt  hatte,  fand  er  jetzt  Preufsischerseits  gegen  Italien 
gekehrt,  von  dem  man  beim  evtl.  Krieg  gegen  Prankreich  nichts 
mehr  als  eine  „wohlwollende  Neutralität  und  eine  Österreich  beun- 
ruhigende Haltung"  verlangte. 

Das  Buch  enthält  eine  Menge  interessanter  Mitteilungen  und 
wertvoller  Beiträge  zur  Geschichte  und  kann  nur  sehr  empfohlen 
werden.  v.  Twardowski. 

Studien  über  den  Krieg  von  J.  v.  Verdy  du  Vernois,  General 
der  Infanterie,  3.  Teil,  Strategie,  2»  Heft,  Operationsbasis,  Berlin 
1904,  E.  S.  Mittler  &  Sohn. 

Im  vorliegenden  Heft  untersucht  General  v.  Verdy  zunächst,  was 
man  unter  Operationsbasis  zu  verstehen  habe  und  zeigt  am  Beispiel 
von  Clausewitz  und  von  Moltke,  welchen  verschiedenen  Auslegungen 
dieses  Wort  unterworfen  sein  kann.  Er  will  danach  eine  „allgemeine" 
und  eine  „operative  oder  Operationsbasis"  unterscheiden.  Erstere 
soll  nur  die,  ich  möchte  sagen,  administrative  Seite  umfassen,  letztere 
wie  es  das  Wort  sagt,  die  operative.  Erstere  würde  also  nach  unserer 
Organisation  in  das  Gebiet  des  Kriegsministeriums,  letztere  in  das  des 
Generalstabs  fallen. 

Unter  „allgemeiner"  Basis  soll  nämlich  das  Hinterland  verstanden 
werden,  aus  welchem  ein  Heer  im  Felde  seinen  Ersatz  und  seine  Be- 
dürfnisse aller  Art  bezieht,  insofern  der  Nachschub  organisiert  und 


Uteratar. 


745 


gesichert  ist,  also  im  inathemaüsohen  Sinoe  eine  PlSohe,  während  die 
«Operationsbasis*  eine  Linie  darstelle,  die  man  sicli  meistens  am 
Rande  dieser  Fliehet  nach  dem  Feinde  au,  denken  müsse.  Beide  sind 
danach  rftumlich  von  einander  ttntrennt>ar. 

Die  »Operationsbasis**  in  diesem  engeren  Sinne  ist  am  einfhchsten 
als  Frontseite  der  aufmarschierten  oder  operierenden  Armee  zu  ver- 
stehen. Sie  kann  mit  der  Landesgrenze  oder  mit  einem  rückwärtigen 
grofsen  Strom  mit  Festungen,  wie  dem  Khein,  als  Verteidigungs- 
linie gedacht,  zusammeafailen,  sie  kann  das  Ufer  wechs^^in,  die  Front 
verändern. 

Aui  ihre  Gestalt,  wenn  sie  mit  dem  Auftnarsch  der  Armee  Sil- 
sammenfallt,  Itonunt  es  m.  B.  doch  wesentlich  an,  wofOr  die  Beispiele  von 
1866  and  1870  angeftthrt  sein  mögen.  Die  im  stumpten  Winkel  ge- 
brochene preufsische  Opeiationsbasis,  d.  h.  Auftnarschlinie,  ermöglichte 
den  berfihmten  getrennten  Anmarsch  mit  der  Vereinigung  bei  König- 
gr&tz  und  1870  war  unsere  Operationsbasis  doppelt  gebrochen,  um  mit 
dem  rechten  Plilgel  (I.  Armee)  zu  umfassen,  mit  dem  linken  (III.  Armee) 
auß  dorn  Defensivflügel  zur  Offensive  (iber7ucehen  und  zwar  letzteres 
auf  ürund  der  von  Moltke  ganz  ricliug  verniuieten  französischen  Ope- 
rationsbasis  mit  deren  rechten  uns  flankierenden  Flügel  bei  Strafsburg, 
—  In  dieser  Hinsicht  sind  Jorainis  Ausführungen  wenn  öie  auch  über- 
trieben bezüglich  ihrer  Wirksamkeit  sein  mögen,  nicht  von  der  Hand 
zu  weisen  und  Glausewits,  welchem  Verf.  beipflichtet,  ist  wohl  nur  in 
seiner  Polemik  gegen  Herrn  v.  Bülow  und  dessen  Winkeltheorien  so 
scharf  geworden,  dergleichen  als  wertloseSpitsflndigkeiten  su  bezeichnen. 
Glausewita  hat  im  übrigen,  wie  auch  später  Moltke  dem  sogenannten 
geometrischen  Element  in  der  Kriegtfllirung  immer  besondere  Auf- 
merksamkeit geschenkt 

Verdy  beleuchtet  nun  an  charakteristischen  Skizzen  der  Feldzüge 
von  1864,  1866,  1870/71,  den  Perser-Kriegen  Alexanders  des  Grofsen, 
Caesars  Bürgerkrieg'),  Napoleons  Feldzügen  in  Ägypten.  Syrien  und 
IbiS  in  anschaulichster  Weise  die  Eigentümlichkeiten  seiner  ver- 
schieden benannten  Basen.  Er  zeigt,  dafs  die  Rücksicht  auf  die 
Operationsbasis  die  Bewegungen  des  Heeres  awar  beeinflußt,  aber 
nicht  von  sich  abhängig  macht,  da  die  Basis  entsprechend  den 
Operationen  verlegt  werden  kann,  mit  und  auch  ohne  Anigabe  der 
ersten  Operatlonslmsis,  so  dafs  auch  gleichzeitig  mehrere  Basen  bestehen 
können. 

Die  „allgemeinp**  Basis  ist  von  dem  Heere  untrennbar  als  Er- 
nährungsquelle, sie  ist  aber  crmfser  Aiisdehnung  nach  vorn  zu  fähig, 
z.  B.  bei  überseeischen  Unternehmungen,  wenn  man  das  Meer  be- 
herrscht, oder  im  Jetzigen  russisch-japanischen  Krieg  mit  der  bÖOO  km 
langen  Sibirischen  Bahn. 

Bei  nicht  gesicherter  oder  gar  gans  unterbrochener  Verbindung 

1)  Precis  de  lart  de  la  guerre.    Cap.  III.    Art.  18. 
»)  Bier  steht  8.  70  zweimal  Antonius  statt  Pompejus. 


746 


Läteratar. 


der  Operationsbasis  mit  der  allgemeineD  Basis  aber,  wie  bei  den  Peid- 
Zügen  Alexanders  und  Napoleons  in  Ägypten  und  Syrien,  hingt  die 
Möglichkeit,  den  Kampf  fortzusetzen  davon  ab,  ob  jenseits  der  Unter- 
brechung eine  neue  «allgemeine"  Basis  geschaffen  werden  kann.  Als 
Napoleon  Ägypten  verlassen  hatte,  scheiterten  daran  seine  Stell- 
vertreter. 

Im  pranzen  gonommeii  hat  aber  jetzt  im  Zeitalter  der  Eisenbahnen 
und  Telegraphen  m.  H.  die  „allgemeine"  Bai>is  doch  einen  stabileren 
Charakter  angenommen,  indem  nicht  nur  besonders  vorbereitete  Ab- 
schnitte, möpen  sie  nun  zur  Operationsbasis  liegen,  wie  sie  wollen, 
sondern  das  ganze  Heimatland  den  Bedarf  für  das  Heer  liefern  kann 
und  wird. 

Als  Beispiel  für  die  Sicherung  der  allgemeinen  Basis  wird  das 
Zurücklassen  von  Heeresteilen  gegen  Österreich  und  Dänemark  bei 
Beginn  des  Krieges  1870  angefOhrtf  welche  dann.  als.  die  Gefahr 
sehwandt  nachgezogen  wurden. 

Man  kann  wohl  sagen,  dafs  die  Frage,  wieviel  man  zur  Sicherang 
der  Basis  mindestens  zurücklassen  mufs  und  wieviel  man  höchstens 
zurücklassen  darf,  ohne  sich  zu  sehr  zu  schwächen,  eins  der  wichtigsten 
und  schwersten  Probleme  der  Kriegskunst  ist.  Napoleon  will  sich 
mit  einem  Mindestmals  begnügen  und  beruft  sich  auf  Hannibal  und 
Caesar. 

Von  Alexander  tragt  er,  was  ihm  sein  methodisches  Vorgehen 
genutzt  hätte,  wenn  er  eine  einzige  Schlacht  verioren  hStte?  Napoleon 
selbst  hat  aber  den  russischen  Peldzug  verloren  und  seine  Armee  ein- 
gebüfst,  weil  er  bei  der  ungeheuren  Ausdehnung,  den  seine  allgemeine 

Basis  beim  Vordringen  bis  Moskau  genommen,  zu  wenig  für  deren 
Sicheriu'it  getan  halte.  Trotzdem  greift  er  auf  St.  Helena  die  .\n- 
sichlen  des  Generals  Rogniat  heftig  an,  der  hintereinandor  li^ende 
Operationsbasen  und  Reservearmeen  zur  Sicherung  empiiehlt. 

Inzwischen  haben  bei  den  grofsen  europäischen  Armeen  die 
Organisationen  von  Besatzungstruppen  etc.  diese  Schwierigkeiten  ja  zum 
Teil  gelöst. 

Die  überaus  interessante  und  eingehende  Studie  bietet  noch  eine 
Fülle  von  Anregungen  aller  Art,  auf  welche  einzugehen  der  hier  ver- 
fOgbare  Raum  verbietet^  Nur  zwei  Punkte  möchte  ich  noch  hervor- 
heben: 

An  der  offensiv-defensiven  Blbverteidigung  im  Jahre  1813  z«gi 
Verdy,  dafs  einer  solchen  Aufgabe  selbst  Napoleon  erlag  und  besweifdi 
mit  Bezug  auf  die  Moltkeschen  Rhein-  und  Elbverteidigungspline  in 
dessen  Operationsentwürfen,  deren  AusfOlirbarkeit  mit  grofsen  Heeren. 

—  Die  Entwürfe  stammen  nun  allerdings  aus  der  Zeit,  in  welcher 
Moltke  den  Krieg  nur  theoretisch  kannte,  in  späteren  Jahren  ist  er 
immer  einfacher  geworden  und  von  Bewegungen  dieser  Art  ist  nichts 
mehr  bei  ihm  zu  ünden.    Es  ist  aber  sehr  zu  begrüfsen,  wenn  eine 


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Uteratur.  747 

Autoritftt  wie  General  v.  Vordy,  wenn  anoh  in  sehr  gehaltener  Pom» 
sich  tm  hierflber  ausspricht 

Zuletzt  gesteht  der  Herr  Vcvl.  ein,  dafo  ihm  die  Trennung  der 

Kriegswissenschaft  in  Strategie  und  Taktik  aus  verschiedenen  QrQnden 
überflüssig  und  unzweckmäfsig  scheine  und  fordert  zur  Prüfung  auf, 
ob  man  den  Sondorhegriff  der  Strategie,  welcher  sich  mit  dem  der 
Taktik  ganz  criit  vereinigen  lasse,  nicht  fallen  l;i<ssen  könne? 
Der  Vorschlag  erscheint  recht  beherzigenswert. 

V.  Twardowski. 

Freiherr  yom  Stein.  Von  Max  Lehmann.  Zweiter  Teil:  1807—1808. 
Leipsig,  S.  HirzeU  1908. 
Ober  grofse  Männer  wird  nicht  immer  grofs  geschrieben.  Aber 
einor  der  gröfsten  Deutschen  aller  Zeiten,  der  Freiherr  vom  Stein«  za-> 

sammln  mit  Scharnhorst  der  eigentUche  Schöpfer  dos  Preufsens  der 
Befreiungskriege,  hat  nunmehr  ;uich  feinen  würdigen  Hiocraphen  ge- 
funden. Max  Lehmann,  der  hochverdiente  Verfasser  eines  der  besten 
historischen  Bücher  „Scharnhorst"  .schildert  in  dem  zweiten  Teil  seines 
monumeniaien  Werkes  die  Zeit  der  „Reform".  Auch  diesen  Band  zu 
lesen  ist  ein  Oenufs,  trotz  der  vielen  statistischen,  persönlichen  und 
sachlichen  Einaelheiten.  Das  Preulsen  von  1807  war  eben  ein  kleiner 
Staat  geworden  und  es  genfigte  nicht,  genisle  Ideen  über  eine  Reform 
grofsen  Stiles  zu  haben;  sie  mufeten  bis  ins  kleinste  durchdacht  werden» 
zumal  gemessen  an  der  finanziellen  Not  des  Staates.  Aber  trotzdem 
steht  doch  immer  das  Grofse  in  den  Ideen,  Taten,  und  vor  allem  in 
dem  Persönlichen  der  Reformer  selbst  im  Vordergrund  der  Dar- 
steHuriK-  Militärische  Dingo  werden  in  dem  Buche  natiirgeniäfs  nur 
in  grofsen  Zügen  gestreift.  Das  Wichtige  und  Fachmännische  auf 
diesem  Gebiete  ist  eben  schon  in  „Scharnhorst*'  abgehandelt  worden. 

Militärisches  lindet  sich  berührt  in  dem  Abschnitt  ^Das  alte 
Preufsen*.  Dieser  ganze  Abschnitt  ist  ein  Meisterstück  knapper 
und  doch  inbaltvoller  Schilderung  des  Priedericianischen  Staates,  diesem 
Gemisch  von  feudalem  und  modernem  Wesen  von  AufUSrung  und  Eng- 
herzigkeit, der  seinem  ganzen  Wesen  nach  einen  einseitigen  mili* 
tärischen  Zuschnitt  aufweisen  mufste,  den  dem  Geiste  des  neuen 
preufsischen  Staates  anzupassen  den  Reformern  mit  die  gröfsten 
Schwierigkeiten  machte.  Erst  als  es  dem  EinHufs  Steins  gelang,  den 
vortragenden  Fliigeladjutanten,  den  Oberstleutnant  Lottum,  im  Jahre 
1808  zu  beseitigen  und  an  seine  Stelle  den  Obersten  Scharnhorst  zu 
setzen,  war  eine  durchgreifende  militärische  Reform  gesichert.  Ohne 
eine  solche  konnte  es  aber  eine  Erhebung  Preufsens  überhaupt  nicht 
geben,  denn  nur  die  Waffen  waren  imstande,  das  letzte  entscheidende 
Wort  zu  sprechen. 

Der  Abschnitt  «Heerwesen*^  behandelt  die  OrundzQge  der  bezilg> 
liehen  Reform  unter  Steins  Ministerschaft  Er  zeigt  aber  auch,  welche 
tief  einschneidenden  Gegensfitze  selbst  zwei  Jahre  nach  Jena  noch  be- 


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748 


Literatur. 


.standen  zwischen  den  Anhängern  des  alten  Systems  und  den  Re- 
formern. Er  zeigt  ferner,  dafs  die  Bureaukraten  unter  den  Reformern 
{loch  Ideologie  geflUuiicher  Art  trieben,  wenn  sie  es  fQr  ein  Zeichen 
von  Staatsweisheit  hielten,  den  Soldatenstand  gering  zu  sch&taen.  Zu 
diesen  gehörte  auch  der  GeheinuratStigemann,  der  die  Meinung  iulserte, 
dafs  man  die  Verlängerung  der  militärischen  Dienstzeit  als  Strafe  ver- 
hängen dürfe.  Hierzu  machte  Stein  die  Randbemerkung:  „Ich  halte 
es  für  ein  tiefes  Versinken  in  Egoismu.s,  wonn  man  den  Soldatenstand 
nicht  für  den  ehrenvollsten  hfilt  zu  jeder  Zeit  seines  Lebens."  Ich 
kann  auch  nicht  einer  hieran  ^^ekniipfton  Bemerkung  Lehmanns  zii- 
ptUchten,  welche  diese  Sentenz,  die  suwohl  dem  Patrioten  als  dem 
Realpolitiker  Stein  alle  Ehre  macht,  augenscheinlich  nur  mit  einer 
gewissen  Binschrinkung  gelten  lassen  will.  Es  war  ja  gerade  eine 
der  verhfingnisToUen  Schwfichen  des  Friedericianischen  Staates,  dafs 
der  Soldatenstand  in  den  Augen  der  Nation  nicht  eis  da*  ehrenvollste 
galt!  Keim. 

Im  Verlag  der  liuchhanulung  des  Waisenhauses  in  Halle  a.  8.  ist 
eine  Schrift:  Das  mlUtSrlflehe  Freihandaelchnen,  von  Sprösser, 
Oberstleutnant  im  Infhnterie-Regiment  Alt-WQrttemberg,  mcliieneD, 
deren  Zweck  es  ist,  eine  Anleitung  2ur  Anfertigung  von  perspektivischen 

Ansichtsskizzen  bei  Erkundungen  zu  geben. 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dafs  eine  derartige  Skizze  vorzüglich 
dazu  geeignet  ist,  das  Resultat  einer  Erkundung  in  nicht  mifszuver- 
stehender  Weise  wiederzugeben,  dach  bedarf  ihre  Anfertigung  einen 
geübten  Zeichner  von  einigem  Talent.  Dem  r)urchschnitts-  und  gar 
dem  untdlentierten  Zeichner  dürlto  die  Anfertigung  einer  Ansichtsskizze 
grofse  Schwierigkeiten  bieten  und  wird  derselbe  mit  einer  Skizze  in 
der  Planmanier  grSfsere  Deutlichkeit  erzielen.  Die  perspektivische 
Ansichtsskizze  bleibt  demnach  ~  entgegen  der  Ansicht  des  Heim 
Verfassers  —  trotz  der  sehr  sachgem&Tsen,  klaren  und  leicht  verstlnd» 
liehen  Anleitung  immer  noch  das  Monopol  der  guten  Zeichner,  diesMi 
letzteren  aber  sei  darum  die  Schrift  auch  besonders  warm  empfohlen. 

St. 

Die  erste  brandenburgriMehe  Flotte  im  schwedi8ch-polni.seheii  Kriege 
1648— lt)60  und  ihr  Kommandour  Obrist  Johann  von  Uill^ 
Von  Roessei,  üeiieraiieutnant  a.  D.   Mit  einem  Porträt.  Berlin 
1903.    Verlag  von  Ii.  Eisenschmidt 
Es  ist  ein  glückliches  Zusammen treifen,  dals  mit  der  Etuhullung 
der  BOste  des  Ohristen  von  Hille  vor  der  Marine-Akademie  in  Kiel 
gelegentlich  der  dieqfthrigen  Kieler  Woche  das  voriiegende  Buch 
erschienen  ist,  welches  des  Lehen  und  Wirken  dieses  ersten  Korn* 
mandeurs  der  ersten  brandenburgisohen  Flotte  in  ttberaus  flasselndcr 
Weise  schildert. 

Aus  allen  Begebenheiten,  bei  denen  der  Obrist  Hille  beteiligt  war. 
aus  allen  Berichten  von.  ihm  sowie  von  seinen  Vorgesetzten  tritt  die 


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Uteratiur. 


749 


<Laf serordentliche  militärische  Begabung  des  Genannten,  seine  Tapfer- 
keit, EnteeUossenlieit  und '  Auffassungsgabe  klar  zutage.  Bb  kann 
4aher  nicht  Wunder  nehmen,  daCs  der  Orofse  Kuifttrst  diesen  seltenen, 
in  allen  Lagen  aufs  Beste  erprobten  Hann  überall  dort  Yerwendete, 
wo  für  ihn  Wichtiges  auf  dem  Spiele  stand. 

Neben  einer,  in  der  sonderbaren  Art  der  Berichte  jener  Zeil 
überaus  spafsig  klingenden  ausführlichen  Erläuterung  der  Tätigkeit 
der  damaligen  ersten  brandenburgischen  Flotte,  zeigt  das  Buch,  wie 
zielbewufst  der  Grofse  Kurfürst  an  die  Schaffung  einer  Flotte  ging, 
trotz  der  geringen  ihm  zu  Gebote  stehenden  Mittel  und  trotz  der 
Sehvierigkeiten  seiner  Lage.  Man  erkennt  daraus  den  weitsehauenden 
Bliek  Jenes  hervorragenden  Herrschers,  und  jeden  guten  Deutsehen 
mufs  es  mit  Genugtuung  erfüllen,  su  sehen,  dafo  es  damals  Minner 
gah»  die  sich  mit  Leib  und  Seele  ihrer  Aufgabe  widmeten! 

Das  Buch  kann  jedermann  nieht  warm  genug  aur  Lektüre 
empfohlen  werden. 

Une  marine  rationelle.  —  La  flotte  utile.  —  Les  reiormes  necessairos 
de  notre  organisme  naval.  —  Par  J.  L*  de  Maeenge.  Paris, 
Berger^Leviwalt  &  Cie.,  Bditeurs  1908. 

Der  Verfasser  des  sehr  interessanten  Werkes  geht,  —  im  Ansehlub  an 
«inen,  in  einer  angesehenen  franxOsischen  Zeitung  anonym  erschienenen 
Artikel,  —  Ton  der  Frage  aus,  in  welche  Lage  Prankreich  im  Kriege 
geraten  würde  und  zwar  einmal  gegen  England,  das  andere  Mal  gegen 
Deutschland  bezw.  den  Dreibund.  Ganz  richtig  bemerkt  er,  dafs  im 
«rsteren  Falle  England  Prankreich  zu  Lande  nichts  anhaben,  daher 
Äuch  keinen  Todesstofs  ins  Herz  des  Landes  führen  könne.  Die 
Hauptereignisse  würden  sich  zur  See  abspielen,  während  im  anderen 
Falle  die  Kntficheidung  aul  dem  Laude  fallen  miifste,  die  Marine  also 
nur  eine  Nebenrolle  spielen  könnte. 

Der  Verfasser  veitennt  aber,  dafs  wie  die  Oescbichte  zur  Genflgi» 
lehrt,  das  Unterbindefi  der  Zuführ  ttber  See  bei  einem  Kriege  mit 
England  das  Land  Frankreich  so  selilldigen  kann,  dafs  es  Jahrzehnte 
brauchen  wird,  um  sich  zu  erholen,  andererseits,  dafs  die  Nebenrolle 
der  Marine  in  einem  Kriege  gegen  den  Dreibund  doch  von  aiifser- 
ordentlichpr,  nnter  Umständen  sotruT'  ;iusschlaggebender  Hedeulung 
werden  kann,  ist  Frankreichs  iSeeoiacht  gebroclien,  so  werden  auch 
in  diesem  Fall©  ihm  alle  Hilfsmittel  von  Übersee  (Amerika)  leicht  ab- 
geschnitten werden  können  und  die  Folge  wäre  eine  viel  raschere 
Entscheidung  auf  dem  Lande  zwar,  aber  su  Ungunsten  Prankreichs. 

Demnach  ist  wohl  die  Behauptung  gerechtfertigt»  dafe  Verlasser 
den  Wert  einer  starken  Plotte  und  ihre  Bedeutung  uufserordentUch 
unterschfitzt. 

Dies  beweisen  auch  seine  Schlufsfolgerungen,  die  zeigen,  dafs  es 
in  Prankreich  immer  wiedr^r  Leute  gibt,  welche  die  Zwecke  und  Ziele 
einer  Flotte  ganz  falsch  beurteilen  und  der  Marine  eine  Gestalt  geben  * 

50* 


750 


literttur. 


wollen,  welche  nichts  mehr  und  nichts  weniger  als  ein  Aofiieben  Jeder 
Offensive  in  milltSrischer  Hinsicht  bedeutet. 

Wenn  der  Verfasser  auf  den  eigentlich  doch  längst  abgetanen 
Standpunkt  zurückkommt,  dafs  FVankroich  in  jedem  Falle  nur  Unter- 
seeboote, Torpedoboote  und  schnelle  Panzerkreurer  brauche,  so  zeigt 
er  damit,  dafs  er  gegen  die  Lehren  der  Geschichte  unempfänglich  ist 
und  in  dem  Glauben,  Frankreich  durch  Ersparunc;  der  Kosten  des 
buut's  und  der  Unterhaltung  von  Linienschiffen  einen  Ijien&l  zu  er- 
weisen, ihm  tatsächlich  den  schlechtmöglichsten  Dienst  leistet  — 
Glaubt  er  denn  wiridicb,  dab  Frankreich  sieh  mit  den  von  ihm 
empfohlenen  Mitteln  ohne  LiniensohUTe  erfolgreich  lur  See  behaupten 
besw.  verteidigen  kann?  Dann  irrt  er  gewaltig. 


IL  AutMiNntelie  ZeHscbriflm. 

StrefTleur's  Österreichische  MiütKrische  Zeitschrift  Mai-Heft. 
Rufsland  und  Indien.  —  Taktikaufgabe  Nr.  12.  —  Vorbräge:  Die  Mit- 
teilungen des  K.  u.  K.  Kiiegsarchivs.  Flüchtige  Skizze  über  die  K. 
u.  K.  Pioniertruppe.  —  Die  englische  TibetexpeiUtion.  —  NiehtMeher 
SicherungsdienBt  bei  Seefestungen.  —  Russisch-Japanischer  Krieg. 

Journal  des  Sdeaoes  mllltaires.  April.  Der  militfirische  Dienst 
in  den  Kolonien.  —  Die  Belagerung  und  Verteidigung  Dansigs  1807 
und  1813.  —  Die  tragbaren  Feuerwaffen  der  Gegenwart  und  ihre 
Munition.  —  Marine-Artillerie.  —  Die  Rolle  des  Morvan  bei  der  Ver- 
teidigung Frankreichs.  —  Der  Österreichische  Erbfolgekrieg  1740/48. 

—  Eine  deutsche  Infanteriedivision  im  Gefecht.  —  Das  Gepäck  des 
Soldaten.  —  Die  Sättel  der  Artillerie. 

Mai.  Die  Verteidigung  der  Kolonien.  —  Die  Belagerung  und 
Verteidigung  Danzigs  1807  und  1813.  —  Die  Verwendung  der  Reserven 
in  der  Schlacht  —  Die  Rolle  des  Morvan  bei  der  Verteidigung  Frank- 
reichs. —  Die  Marine*Artillerie.  —  Unterweisung  der  Offiziere  ver- 
mittelst Kriegsspiel,  Obungen  auf  der  Karte  und  Kadre-Bxeraieren  im 
Gelände.  — -  Eine  deutsche  Infanteriedivision  im  Gefecht.  —  Zum  neuen 
Reglement  für  die  Infanterie.  ^  Die  deutsche  Kavallerie  während  des 
Loirefoldzuges  1870/71. 

Revue  d'histoire.  April.  Geschichtliche  iStudien  über  die 
Regimentsartillerie.  —  Denkwürdigkeiten  des  Obersten  Leclaire.  — 
Der  Krieg  1870/71.  Der  Ib.  August  in  Lothringen  und  der  17« 
August. 

Revue  militaire  des  Armees  etrangeres.  Mai.  Berittene  Infan- 
terie in  Snglandi  —  Deutsche  Ansichten  fiber  KaTaUerie-Verwendnng» 
Die  Ausnutsung  der  Bisenbahnen  durch  die  Deutschen  1870/71. 

La  TOTue  d'Infinittiie.   Mai.  Die  grofsen  iferbstflbungen  1908. 

—  Die  Armee  der  Zukunft.  —  Vereinfachung  der  Bestimmungen  über 
Manöver  der  Infanterie.  —  Kritische  Tage:  Der  Tag  von  YionvUle. 


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751 


BiTiflte  di  «rtigUeii»  e  gaüo.  (Uftrs.)  Die  Yerwendunff  der 
ilrüllerte  im  Behigeraiigskriege  und  die  BeeenderiiAiton  der  PeeluBgs» 

artiUerie.  —  Die  Mauern  Yon  Lvccai  —  Über  dio  Wirksamkeit  des 
Schusses  mit  den  Maschinengeweliren.  —  Geschichtliche  Angaben  über 
Taddoo  dolla  Volpe  aus  Imola.  —  Neue  selbsttätige  Feuerwaffen. 

Revue  d'artillerie.  (März.)  Die  Fortschritte  in  der  LuftschifTahri 
mittelst  geregelten  Fluges  seit  1898.  —  Das  Vanu  lium.  (Forts.). 

Allgemeine  Schweuterisehe  Militärzeitung.  Nr.  lö.  Neues  Wehr» 
gesetz  und  Reform  der  Venraltong.  —  Taeobenlateme.  —  Die  Memoiren 
Generei  von  Stoselis  und  Feidniareeball  Wolseleye.  Kr.  16.  Neue  Regle* 
mente«  Es  iat  eine  neue  Pelddienetofdnung  provieorieeh  genehmigt 
und  die  Neuherausgabe  dee  KevaUeriereglements  verfügt.  —  Eine  An- 
regung betreffend  Schiefswesen.  —  Admiral  Togo.  —  Als  Beilage: 
T.iteraturblatt.  Nr.  17.  Richtige  Auffassungen.  —  Die  neueston  Stärke- 
angaben über  die  Landstreitkräfte  Japans  und  Riifslands  auf  dem 
Kriegsschauplatze.  Nr.  18.  Winterübungen.  —  Militärischer  Bericht 
aus  dem  Deutschen  Reiche.  —  Die  neue  französische  Schiefsvorschrift 
für  die  Kavallerie  (nach  Militär-Wochenblatt). 

Seiiireiierlflefce  jEetteeliiift  fir  AvtUleiie  lud  OobIo.  (April.) 
Ergebnisse  von  Schiefsversachen  mit  12  em  SchneUfetter>Peldhaubitze 
L/12  von  Krupp  in  Rohrrücklauf  lafette  zur  Bestimmung  ihrer  Wirkung 
gegen  feldmäfsige  Ziele  und  Peldwerke  stärkerer  Form  (16.  bis  20, 
November  1908)  in  Thun.  —  Die  Luftschiffertruppe  im  deutschen 
Heere. 

Mitteilungen  über  Uegenstfinde  des  Artillerie-  und  Geniewesens. 
(4.  Helt).  Zur  Lehre  und  Anwendung  der  Holzkonservierung  im  Hoch- 
bau. —  Die  Verwendung  von  Automobilen  bei  den  Manövern  im 
Jahre  1903.*  —  VoUBtftnUigcr  Aufeats  Uber  die  Auerttstung  der  k.  k. 
PeldartiUerie  fQr  einen  sukflnftlgen  Krieg  vom  Jahre  1767.  Nach  einem 
alten  Manuskripte. 

Journal  der  Vefeisigten  Staaten-Artillerie.  (März,  April  1904.) 
Das  ^Grubb"-Visier.  —  Der  Geschütz-Korrektor  und  die  verbesserte 
Ablenkimi^srskala.  —  Vorgeschlagenes  System  von  Feuerleitung.  — 
FeuerleituiiL'ssystem  im  Gebrauch  in  der  Sullivan-Batterie,  Fort 
William,  Maine.  —  Genauigkeit  und  Wahrscheinlichkeit  des  Geschütz- 
feuers. —  Der  gegenwäi'tige  Stand  der  Neubewaffnung  der  Peld- 
artillerie. 

•  Lft  Fttaee  miUtiiTe.  (April.)  Versehleiening  durch  Radfahrer 
(nach  einer  Brosohfire  des  Migor  Qerard).  —  Der  Bericht  Berteaux  Aber 

die  zweijährige  Dienstzeit,  fast  durch  alle  Nummern.  —  Die  taktische 
Stroitfrage  3/4,  7,  10/11,  12,  13.  20.  —  Der  Bericht  Berteaux  vom 
General  Prudhomme,  5/6.  10/11,  17, 18, 19  2a.  28,  30.  —  Besprechung 
von  „une  petite  garnison  trancaise**.  ein  Buch  nach  Bilsescher  Art,  7. 
—  Der  Bericht  Berteaux  vom  General  Lamiraux,  8.  —  Die  Finanzen 
Japans,  General  Lureux.  —  Die  Mitraiiieuse  und  das  automatische 
Feuern.  —  Die  Indo-ehinesisohen  Bisenbahnen,  14,  16.  —  Der  Berich^ 


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752 


Literatur. 


Berteaux»  21»  22i  —  Die  bewaffnete  Naüon,  General  Ladmirault,  9i/85. 

—  Adel  und  Bürgertum  im  deutaclien  Heere,  26.  —  Die  DiTisioos* 

artillerie,  97.  —  Die  ^^ole  auperieur  de  guefre.**  Besprechung  der 
Vorschrifk  für  die  Zulaaaung  aar  Kriegsschule  vom  5.  Apnl  1904.  28. 

KeTue  de  CaTalerie.    (MSrz.)   Behaltet  Buren  Sftbel  und  die 

Sporen.  —  Den  Liebhabern  von  Strategie  vom  General  Cardot.  (Forts.) 

—  Der  Ursprung  der  fVanzösischen  Kavallerie.  (Ports.)  —  Studien  über 

die  französischen  Pferderassen  im  französischen  Soudan  vom  KapitSn 
C.  Borteau-lioussel-Bonneterre.  —  Versuch  eines  Reglements  für  die 
reitende  Artilleri<^  von  Leutnant  G.  .\.  —  Die  Art  der  Wagenlenkung. 

Revue  du  geiiie  militairo.  (März.)  Die  Erwerbung  von  Immo- 
bilien durch  das  Kriegsdepartement.  (Schlufs.)  —  Schacht-  und  Hohr- 
brunnea  in  der  Sahara.  —  Nelirolog  des  Generals  BoissunaeL  —  Mas- 
kierte Strandbatterfen.  (Die  Vorteile  der  amenkaoiaehen  Batterien 
mit  Verschwindungalaletten  nach  .Journal  of  the  United  States  Ar- 
tiUery**).  ~  Deutsche  fiefestlgungeii  bei  Basel  (berichtet  von  fünf 
fertigen  Werken  und  einer  Anzahl  weiterer  geplanter  Anlagen).  — 
Wasserversorgung  eines  Ports  in  Lissabon.  —  Uber  Ausnutaung  den 
▼erfügbaren  Kraft  von  Wasserfällen  mittelst  elektrischer  Transmission. 

—  (April.)  TrasiprunfTsarbeiten  bei  der  Eisenbahn  »n  der  Elfenbein- 
kQste.  —  Flüchtige  Koutenaufnahme  mit  Mefsschnur  und  SchaU.  — 
Selbsttätige  Wasservereorgung  von  Reinlichkeitsanstalten.  —  Eine 
L  ampf-Bodenwurfmaschine.  —  Die  militür technische  Akademie  in  Berlin 
(Auszug  aus  Dienst-  und  Lehrordnung).  —  Bestimmungen  über  Anlage 
und  Betrieb  selbsttfitiger  Latrinengruben  System  Meuras. 

Wajenniij  Ssbomik.  1904.  (April.)  Prinz  Eugen  Beauharnai« 
an  der  Spitze  der  groben  Armee  vom  16.  Januar  bis  1.  Mai  1813.  — 
Auf  dem  Amur  und  durah  die  MandsehureL  —  Unterbaltungen  mit 
einem  angehenden  Bskadronsehef.  —  Die  Elemente  der  Befestigung 
von  Feldstellungen.  —  Über  die  Grundsätze  des  Sanititadienates  in 
der  Armee.  —  Die  Organisation  der  Militärverbindungen.  Die 
Japaner.  (Versuch  einer  Thnrakterisiening  derselben). 

Rufskij  Invalid.  Np.  74.  Im  Kriege.  —  Aus  dem  Tagebuche 
einer  barmherzigen  Schwester.  —  Artilleristische  Bemerkungen.  — 
Kr.  78.  Bei  Port  Arthur  am  26.  und  27.  (nach  mitteleuropäischer  Zeit). 

—  Odessa  vor  einem  Jahrhundert.  —  Roiseerinnernns;en.  —  Nr.  8ö. 
Die  Ästhetik  des  Krieges.  —  Mitteilungen  über  dua  Personal  und  die 
Materialien  dea  im  Laufe  des  April  nach  dem  „fernen  Oalen"  gesandten 
Abteilungen  des  Roten  Kreuzea. 

Moxakoj  Ssbonük.  11NM.  (April)  Der  SohilTbau  bei  uns  und 
im  Auslande.  —  Das  englisehe  Marinebudget  1904—1906.  —  Die 
Seeluftschiffahrt  in  Frankreieh.  —  Das  Laboratorium  sur  PriUung  von 
Materialien  in  Spezia.  —  Die  Chronik  der  kriegerischen  Ereignisse 
zur  See  im  fernen  Osten.  —  Die  psychologischen  Faktoren  bei  des 
siegreichen  Seeschlachten. 


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Utoffatnr. 


768 


III.  Seewesen. 

Xtttfliliuigeii  MS  den  Gebiete  dee  Seeweeens.-  Betrachtungen 
über  den  rassisch-japanischen  Krieg,  (erste  Fortsetzung.)  —  Ober 
Drachen  Verwendung  zur  See  (Schlufs).  —  Die  Fortschritte  in  der 
ßntwickelung  des  Schiffspanzfrs  und  der  Marine-Artillorie  ira  Jahre 
1902.  —  Budget  der  k.  und  k.  Kriegsmarine  für  das  Jahr  1904. 

Anny  and  Navy  Gazette.  Nr.  2307.  Internationale  Betrachtungen 
über  den  Krieg,  im  besonderen  über  die  Zulässigkeit  der  Eröfinung 
der  Feindseligkeiten  vor  der  Kriegserklärung  und  das  Beschiefsen 
ofiTener  Städte.  —  Die  neuen  grofsen  Kreuzer  mit  24  Knoten  Geschwindig- 
keit —  Dentschlanda  Ehrgeiz,  eine  mSchtige  Kriegsflotte  au  besitsen. 
Nr.  2908.  Kreuzer  und  Unterseeboote.  —  Trauer  um  den  Tod  Maka- 
rofis.  —  lEr«  2309.  Die  Wel-Hai-Wei-Frage.  —  Über  die  Ursachen 
des  Unterganges  des  Petropawlowsk.  —  Nr.  2310.  Die  Marine  und 
die  Presse.  —  Nr.  2311.   Kapitän  Mahan  über  den  Krieg. 

Revue  maritime.  (März  1904.)  Die  heimische  Plagge  im 
äufsersten  Osten.  —  Über  die  Verwendung  der  Unteroffiziere  in  der 
Kriegsmarine. 


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V 


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I 


I 


^uj ui^  .o  i.y  Google 


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Annex  a  au«  i 


Forrestal 

ANNEX 

Spring,  1984 


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