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Full text of "Tagbuch einer reise in Inner-Arabien"

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TAGBUCH  EINER  REISE 


IN 


INNER- ARABIEN 


VON 


JULIUS  EUTING. 


ERSTER  THEIL- 


BtTCHHANDLUNG  UND  DRDCKERKI 


K.  J.  BRILL 

r  -  1898. 


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DBtCKEREl  v„rmil,  r  J.  BRILL.  LBtDBN 


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SEINER  MAJESTAT 

OSCAR  II 

KONIG  VON  SCHWEDBN  UND  NOBWEGEN 

* 

ZUM  FCNFUNDZWANZIGJAHRIGEN  regierunos-jubilabum 


IK  TIKt'STKK  K1IRKURCHT 
ALLERUNTEBTHANIGST  GEWIDMET 

von  dem  VRRFASSEK. 


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VORREDE. 


Den  Plan,  Arabien  zu  bereisen,  habe  ich  schon  in  fruher 
Jugend,  wahrend  meiner  Studienzeit,  gefasst,  habe  auch  im 
Jahre  1864  dem  wtlrttembergischen  Cultministerium  eine  darauf 
bezflgliche  Eingabe  und  Denkschrift  uberreicht,  musste  aber 
auf  die  AusfQhrung,  aus  Mangel  an  Geld,  und  in  Folge  des 
inzwischen  eingeschlagenen  Lebensganges,  verzichten.  Fast  zwan- 
zig  Jahre  spater  nahm  ich  den  Gedanken  wieder  auf.  Nachdem 
das  Reichsamt  des  Innern  zu  Berlin,  wegen  Mangels  an  Mit- 
teln,  einen  nachgesuchten  Beitrag  abgelehnt  hatte,  wurde  mir 
die  in  den  Jahren  1883  bis  1884  ausgerahrte  Reise  nur  durch 
dir  hochherzige  Unterstutzung  des  verstorbenen  kaiserlichen 
Statthalters  in  Elsass-Lothringen,  Freiherrn  Edwin  von  Maxtkdp- 
pel  ,  k6niglichen  Generalfeldmarschalls,  ermdglicht.  Dessgleichen 
hatte  ich  mich  der  Gnade  Seiner  Majestat  des  KOnigs  Kakl  von 
WCrttembebg  zu  erfreuen,  der  mich  mit  Waflfen  zu  der  Expe- 
dition reichlich  ausrustete. 

Mein  Genosse  auf  der  Reise  war  Herr  Charles  Huber  (ermor- 
dert  in  der  Nahe  von  Dscheddah  29.  Juli  1884),  geborener  El- 
sasser,  durch  Option  Franzose,  der  einige  Jahre  vorher  schon 
einmal  diese  Gegenden  bereist  hatte,  und  dessen  Erfahrungen 
und  Ortskenntniss  tur  mich  besonders  werthvoll  waren ;  obwohl 
dereelbe  von  der  franz6sischen  Regierung  einen  officiellen  Reise- 
auftrag  besass,  auch  verschiedene  Gelder  zu  diesem  Zweck  an- 
gewiesen  bekam,  war  er  doch  mein  Gast  von  Strassburg  ab 


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VI  ,VORREDE. 

(22.  Mai  1883)  bis  zu  unsrer  freundschaftlichen  Trennung  (19. 
Marz  1884)  in  el-c01a. 

Der  Zweck  meiner  Reise  war  ein  vorwiegend  archaologischer 
und  epigraphischer.  Ich  wollte  in  diesem  Lande  —  in  welches 
schon  friih  assyrische  Eroberer  eingedrungen  siDd,  und  durch 
welches  Jahrhunderte  lang  der  gesammte  morgen-  und  sud- 
landische  Handel  nach  dem  Mittelmeer  zu,  auf  dem  Racken 
der  Kameele,  sich  bewegte  —  die  Spuren  vorislamischer  Ge- 
9chichte  in  Gestalt  von  lnschriften  und  Denkraalern  untersu- 
chen.  Die  wissenschaftlichen  Ergebnisse  in  dieser  Richtung  sind 
in  ihren  wichtigsten  Theilen  bereits  verOffentlicht '). 

In  dem  vorliegenden  Werke  aber  wollte  ich  dem  grosseren 
Publikum  *)  eine  le9bare  Beschreibung  meiner  persdnii- 
chen  Erlebnisse,  Eindrucke  und  Beobachtungen  vorlegen,  die  viel- 
leicht  —  trotz  ihrer  ganz  ausgesprochen  personlichen  Farbung  — 
doch  nach  verschiedener  Seite  von  Interesse  sein  konnen.  Bloss 
nebenher  —  weil  eben  arabische  Sprachstudien  nicht  mein  Spe- 
cialfach  bilden  —  habe  ich  doch  gelegentlich  das  Eine  oder 
Andere  angemerkt,  was  dem  Arabisten  nicht  unwillkommen 
sein  durfte.  Anch  liess  sich  gar  nicht  vermeiden,  in  der  Dar- 
stellung  eine  Menge  arabischer  Ausdriicke  und  Redensarten  an- 
zuwenden,  die  dort  im  taglichen  Leben  standig  gebraucht  wer- 
den.  Ich  setze  desshalb  hier  in  die  Vorrede  eine  Liste  der  outers 
in  der  Darstellung  vorkommenden  arabischen  Worte: 


1)  Eating  J.,  Nabat&iache  lnschriften  ana  Arabien,  bag.  m.  Unterttutiung  der  k.  prcass. 
Akad.  der  Wiae.  Mit  29  Liehtdracktafeln.  Berlin,  6.  Rcimer.  1885.  4°. 

Epigrapbische  Denkm&ler  aua  Arabien.  (Nach  Abklatachen  and  Copien  dea  Herrn  Prof.  Dr. 
J.  Eating  in  Straseburg)  von  D,  H.  M  filler.  Mit  12  Tafeln.  Wien,  Tempaky  1889.  4*.  (S  A. 
Uenkachriften  der  philoa.  hist.  CI.  der  kaia.  Ak.  der  W.  Band  37). 

Noldeke  Th.,  Altaram&iicbe  Inachrift  ana  Teima  (Arabien).  (SitzaBgaberichte.  der  Berl. 
Akad.  1884  N".  86  (S.  818—820). 

Landnuer  S.,  Ueber  die  von  Bating  in  Palmyra  gefandene  Synagogen- Inachrift.  (Sitigaber. 
der  Berl.  Akad.  1884  N».  89.  S.  984  f). 

Euting  J.,  Epigraphiache  Miacellen  [I.]  2.  (Sitigaber.  der  Berl.  Akad.  1886  N".  35.  S.  689— 
668  a.  1887  N«.  26,  S.  407-422). 

2)  Bit  jetzt  habe  ich  aber  dieae  Reise  nar  einen  kleinen  Vortrag  dracken  lasaen,  den  ich  am 
8.  Mai  1886  vor  der  Geaellschaft  fur  Erdkunde  la  Berlin  gehalten  habe.  (a.  Verhandlangen  der 
Gea.  f.  Erdk.  t.  Berlin.  1886  N*.  6). 


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■ 

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VORREDE. 


VII 


cAba,  Mantel. 

eAkal  Kopfstrick  zum  Fest- 
halten  der  Kopfbedeckung. 

'Asr,  die  Zeit  Nachmittags 
zwischen  31/,— 4  Uhr. 

B.  =  Bani  eigentlich  Sonne  d.  h. 
Leute  vom  Stamm  .... 

Badawi,  Beduine,  Plur.Bedu. 

bismisllah  im  Namen  Gottes 
mit  welcher  Formel  ein  Be- 
duine jede  neue  Handlung 
einleitet. 

Delul,  feines  Reitkameel. 

Doleh,  Pforte,  turkische  Re- 
gierung. 

el-hamdu  lillah,  Lob  sei 
Gott;  Redensart  beim  Ab- 
schlu8s  einer  Thatigkeit. 

Emir,  der  Fiirst  (speciell  der 
Herrscher  zu  Hajel). 

Fegr,  das  fruheste  Tages- 
grauen  noch  vor  der  Mor- 
genrOthe. 

G.  =  Gebel  Berg ,  Gebirge. 

in  scha'llah  so  Gott  will;  in 
jedem  Satz  gebraucht,  wo 
von  der  Zukunft  die  Rede  ist.  I 


Ithel,  Tamariske. 

tfahwah,  Cafe. 

?  a  h  a  w  a  h ,  Cafe-Zimmer , 

Empfangsraum.  - 
?a?r,  Schloss,  und  die  darin 

wohnende  filrstliche  Familie. 
Keffijjeh,  Kopftuch. 
K  h  a  t  i  b ,  Prediger,  Geistlicher. 
ma  scha'llah  was  Gott  will, 

Ausruf  des  Erstaunens. 
Mes'hab,  Platz   vor  dem 

Schlosse  in  Hajd. 
M I  r  i ,  Regierungsabgaben , 

Steuern. 
Neftid,  Sandwuste. 
R  a  d  i  f ,  Hintermann ,  zweiter 

Reiter  auf  dem  Kamel. 
Rasu,  (Razu)  Raubzug. 
salam  'alejkum,  Friede  iiber 

Euch.  Gruss  der  Muslimen. 
S chech,  Familien-,  Stammes- 

Oberhaupt. 
esch-Schijuch,  (Plur.  ma- 

jestaticus)  Bezeichnung  des 

Fursten  in  Hajel. 
Talh,  Akazien. 
Zebun,  Kaftan,  langer  Rock. 


Far  die  Umschreibung  arabischer  Worte  sind  folgende  Zei- 
chen  angewandt: 

f  s  (im  Anlaut  nicht  wiederge- 


geben. 


u»  b 

»o  t 


g 


«>  d 


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VIII 


VOHREDE. 


O  V  (ts) 
J  k  (ts) 


ji  S  (sch) 


Jb  z 


s  h 


Fttr  die  Bilder  und  Federzeichnungen ,  welche  ich  dem  Texte 
beigefflgt  habe ,  bitte  ich  urn  Nachsicht ,  da  ich  keinen  Anspruch 
auf  Kunstlerschaft  machc;  dagegen  hoffe  ich,  dass  sie  das  Ver- 
standniss  erleichtern  und  verdeutlichen ,  und  jedenfalls  viele 
unnGthigen  Worte  ersparen. 

Wenn  der  erste  Band  meines  Reisewerkes  erst  jetzt ,  nach 
12  Jahren  erscheint,  so  bitte  ich  zu  bedenken,  das  mein  Amt 
an  der  hiesigen  Bibliothek  mir  nur  wenige  Stunden  des  Tages 
fur  mich  iibrig  lasst,  und  dass  ich  den  grOssten  Theil  des 
Buches,  einschliesslich  der  Zeichnungen,  in  spaten  Stunden  der 
Nacht  oder  f'ruh  Morgens  ausgearbeitet  habe. 

Strassburo  i/E,  Schloss.  Prof.  Dr.  J.  EUTING, 

28.  Mara  1896.  OberbiUioihekar. 


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I.  CAPITEL. 

Reise  von  Damascus  bis  zo  den  Drnsen  in  eOrman. 

31.  August  —  6,  September  1883. 


Morgens  vor  Tagesanbruch  trat  der  von  mir  gemiethete  Mu- 

kari  (Pferdetreiber)  cAbduh  in  raeinem  Hotel  zu  Damascus  an , 

und  meldete,  dass  er  mit  zwei  Pferden  bereit  sei,  mich  nach 

Brak  zu  bringen.  Er  war  nicht  wenig  erstaunt,  den  Khawagah 

(europftischen  Gentleman),  welchen  er  vor  wenigen  Wochen 

durch  den  Antilibanou  begleitet  hatte ,  ploziich  in  der  Kleidung 

eines  Beduinen  vor  sich  stehen  zu  sehen.  „Wohin  willst  Du  o 

—  Schech?"  ( —  „  Khawagah"  brachte  er  nicht  mehr  Ober  die 

Lippen).  „Ich  will  zu  den  Beduinen;  du  sollst  mich  nur  beglei- 

ten  bis  zum  lezten  turkischen  Castell  nach  Brak".  Er  beschaute 

mich  vom  Haupt  bis  zu  den  Fflssen,  und  schuttelte  mit  dem 

Kopf.  Ich  kam  mir  selbst  ebenso  ungewohnt  und  seltsam  vor, 

wie  diesem  Pferdetreiber;  meine  Kleidung  bestand  dazumalen 

noch  aus  verschiedenen ,  spater  als  uberflussiger  Luxus  besei- 

tigten,  Kleidungsstucken ;  zuerst  aus  einem  langen  bis  auf  den 

Boden  reichenden  weissbaumwollenen  Hemd  mit  langen  gleich- 

falls  den  Boden  beruhrenden  Aermeln;  darunter,  unmittelbar 

auf  dem  Leib,  ein  paar  weite  baumwollene  Unterhosen;  Qber 

dem  Hemd  ein  Art  seidenen  Schlafrocks  (in  Syrien  Rumbaz, 

bei  den  Beduinen  Zebun  genannt)  welcher  durch  einen  Gurtel 

zusammengehalten  wurde;  an  den  bestruinpften  Fossen  prang- 

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2 


ERSTES  OAPITEL. 


H»-  'It  *» 


ten  ein  paar  feurig-rothe  Beduinenstiefel ,  vorae  leicht  geschna- 
i>  Damascus  belt ,  auf  dem  Absatz  mit  einem  dreigriffigen 
Hufeisen  bewehrt,  und  auf  dem  Schienbein 
mit  einer  priichtigen  blauseidenen  Troddel 
verziert;  den  Kopf  gegen  den  Sonnenbrand 
zu  schutzen,  hatte  ich  zuerst  eine  weisse 
enganliegende  Filzkappe  aufgesetzt,  daruber 
eine  doppelte  Keflljjeh  d.h.  zu  einem  Dreieck 
zusarainengelegtes  Kopftuch  aus  gemeinem 
blaubedrucktem  Baumwollstoff, 
wovon  der  eine  Zipfel  bis  in  die 
Mitte  des  Ruckens  hinabhangt , 
wahrend  die  zwei  seitlichen 
vorae  uber  die  Schultern  her- 
abfallen;    der.    ganze  Kopf- 
schmuck  wurde  durch  den  ubli- 
chen   schwarzwollenen  Kopf- 
strick1)  der  Be- 
duinen,  in  dop- 
pelter  Windung 
zusammengehal- 
ten.  Nachkurzem 
Abschied  vomBe- 
sitzer  des  Hotels 
Victoria ,  Pietro 
Pavlitschevitsch, 
schwang  ich  mich 
mit  einem  „bismi 
'llah'")   in  den 
Sattel,  und  ritt 
durch  die  beiSon- 

nenaufgang  schon  ziemlich  belebten  Gassen  der  langen  Vor- 
stadt  Meidan  gegen  Saden.  Wie  sehr  die  Leute  uber  diesen 

1)  'Akkll. 

2)  .Im  NamcD  Gotte**'. 


{/mm  tf  l-'C-S 


H&uran 


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DAMASCUS  —  OR  MAN. 


3 


unerhOrt  sauberlichen  Beduinen  in  tadellosem  Aufcug  erstaunt 
waren,  entgieng  mir  keineswegs;  anch  hOrte  ich  ab  und  zu 
die  Auskunft,  welche  der  hinter  mir  reitende  cAbduh  irgend 
einem  neugierigen  Bekannten  ertheilte.  Vor  dem  Bawwabet 
Allah,  dem  Sudthore  der  Stadt,  angekommen  war  ich  end- 
lich  der  Neugierde  entrackt  und  sagte  der  Civilisation  Lebe- 
wohl.  Mit  Wonne  genoss  ich  die  Kuhle  des  Morgens;  nach  den 
heissen  Tagen,  welche  ich  kurz  zuvor  noch  in  Palmyra  erlebt 
hatte  —  bis  zu  44°  C.  im  Schatten  —  erschien  mir  der  die 
Landschaft  deckende  Nebel  wie  ein  balsamischer  Grass  aus  der 
Heimath.  Vierzehn  Tage  fruher  hatte  ich  auf  der  kahien  Ebene 
vor  diesem  Thor  in  glQhendem  Sonnenbrand  den  Auszug  des 
tlagg  (Hadsch  d.h.  Pilgerkarawane  nach  Mekkah)  mitangesehen ; 
heute  war  die  buntbewegte  Statte  menschenleer ,  und  durch  die 
Nebelmasse  hindurch  kaum  irgend  ein  Anhaltspunct  fur  die 
Orientirung  zu  gewinnen.  Da  mein  Mukarl  den  directen  Weg 
auf  Brafc  fiber  Neghah  nicht  kannte,  so  musste  ich  einenziem- 
lichen  Umweg  uber  el-Kisweh  einschlagen.  Bis  zu  diesem  Dorfe 
zogen  wir  auf  dem  breitgetretenen  Derb  el-hagg  (Pilgerstrasse) , 
und  als  die  Sonne  den  Nebel  niedergedrdckt  hatte,  stiegen  wir 
in  einem  an  der  Strasse  gelegenen  Cafe  ab,  um  uns  ein  wenig 
zu  erfrischen.  Nach  einstundiger  East  ritten  wir  von  el-Kisweh 
weiter,  bogen  aber  jezt  beim  tfhan  Dennun  von  der  Pilger- 
strasse links  ab  und  durch  eine  wellenfOrmige  Landschaft  in 
sud6stlicher  Richtung  auf  Brat  zu.  Wir  trafen  unterwegs  ver- 
schiedene  aus  dem  Hauran  kommende  Kameelsztlge  und  passir- 
ten  unter  steigender  Hitze  des  Tages  mehrere  Dorfer,  sammt- 
lich  aus  dem  dunklen  Lavastein  des  Ledscha1  erbaut.  Als  wir 
das  lezte  derselben  (Merdschaneh)  hinter  uns  hatten,  und  in 
eine  flache  aber  breite  Thalmulde  hinabstiegen ,  gewahrten  wir 
rechts  druben  ein  paar  Beduinenzelte ,  aus  denen  sich  alsbald 
die  Urheber  eines  unheilvollen  Dramas  naherten.  Ich  sollte 
eigentlich  die  nachfolgende  Geschichte  unterdrflcken ,  da  sie 
ein  nicht  ganz  ruhmliches  Zeugniss  fur  meinen  damaligen  Ver- 
trauensdusel  und  meine  mangelnde  Menschenkenntniss  enthalt* 


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4 


BR8TE8  CAPITRL. 


will  sie  aber  doch  zur  Waraung  erzahlen.  Kaum  hatten  wir 
die  Zelte  in  Sicht,  so  trabten  zwei  Reiter  mit  Lanze  und  Ge- 
wehr  bewaffnet  flber  die  Ebene  heruber  auf  uns  zu.  cAbduli, 
mein  Pferdstreiber ,  rieth  dringend  zur  Umkehr  in  das  lezte  ^ 
Dorf;  mir  erschien  das  schmachvoll  und  lacherlich.  Znm  Ver- 
standniss  seiner  Befurchtungen  riss  er  sein  Hemd  auf  und 
zeigte  mir  zwei  noch  ganz  frische  Narben  an  der  Seite  der 
rechten  Rippen:  die  habe  er  vor  ein  paar  Wochen  von  Be- 
duinen  bei  Kerak  im  Sudosten  des  todten  Meeres  davon  getra- 
gen;  auch  das  Pferd,  dass  er  ritt,  trug  wie  ich  jetzt  erst  sah 
sowohl  am  Bauch  als  an  beiden  Vorderschenkeln  kaum  ver- 
heilte  Hautschlitze  die  von  denselben  Beduinenlanzen  herruhr- 
ten.  Ich  bestand  jedoch  auf  dem  Vorwartsreiten  und  sprach 
ihm  Muth  zu.  Bald  waren  die  zwei  Reiter  mit  uns  zusam- 
men  getroffen;  ihre  Kleidung  war  halb-beduinisch ,  auch  hat- 
ten  sie  wegen  der  Hitze  das  Kopftuch  zur  Halfte  uber  das 
Gesicht  gezogen;  nach  den  ublichen  Begrussungen  kam  eine 
ganz  hubsche  Unterhaltung  in  Gang;  sie  fragten  woher  ich 
komme,  wohin  ich  wolle,  und  warum  ich  in  dieser  Tracht 
reise ,  u.  dgl.,  ob  ich  auch  mit  Lebensmitteln  versehen  sei ,  zu- 
lezt  baten  sie,  ich  mochte  ihnen  auch  etwas  zu  essen  geben, 
auf  das  hin  verabfolgte  ich  ihnen  Brod  und  einige  Feigen,  die 
sie  unter  Dankesbezeugungen  verzehrten.  In  meinem  Innern 
that  ich  ihnen  schon  bereits  Abbitte  fur  alle  die  Schlech- 
tigkeiten,  die  man  ihnen  etwa  hatte  zutrauen  konnen;  wie 
mOgen  nur  die  Stadthocker  in  Damascus  mit  ihrer  ignoranten 
Angst  ,  vor  allem  was  au3serhalb  ihrer  Thore  lebt  solche  Schau- 
dermahrchen  von  Drusen  und  Beduinen  weiterpflanzen ;  wenn 
man  ja  nur  halbwegs  mit  den  Leuten  in  ihrer  Sprache  reden 
kann,  wie  zutraulich  und  redselig  werden  sie!  Nachdem  noch 
ein  wenig  politisirt  war ,  kam  das  Gesprach  auch  auf  Kanonen 
und  Waffen  nberhaupt.  „Was  hast  Du  da  far  ein  Pistol  bei 
Dir?"  —  Einen  Revolver.  „Lass  ihn  sehen"  —  Ach,  es  ist  ein 
ganz  gewOhnlicher  Revolver.  „Nun  so  lass  ihn  uns  doch  sehen"  — 
Ihr  werdet  aber  doch  wissen,  was  ein  Revolver  ist.  „Ja,  ja, 


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DAMASCUS  — ORM  AN. 


5 


aber  zeig  ihn  doch  her".  —  Dazu  habe  ich  keinen  Gmnd  und 
keine  Lost.  wFurchtest  Du  etwa  wir  wollten  ihn  Dir  nehmen? 
Du  bekommst  ihn  ja  gleich  wieder".  Ohne  dass  ich  es  merkte, 
war  der  eine  der  Kerle  mit  seiner  Doppelflinte  eine  halbe  Pferds- 
lange  im  Hintergrund  gcblieben,  wahrend  der  andere  im  zu- 
traulichsten  Ton  der  Welt  mich  imraer  langer  bat,  ihm  doch 
das  Instrument  zu  zeigen;  der  fortgesezten  Berufung  auf  mei- 
nen  Muth  und  auf  ihre  eigene  Ehrenhaftigkeit  konnte  ich  nicht 
langer  Widerstand  leisten;  ich  gab  ihm  also  den  Revolver  in 
die  Hand.  Der  aber  probirt  den  Revolver  geschwind  in  der  Luft 
dreht  ihn  augenblicks  gegen  mich,  sein  Qefahrte  legt  die  Dop- 
pelflinte auf  mich  an,  and  beide  schreien:  „wo  ist  dein  Geld? 
das  Geld  her."  —  Haltet  ihr  so  euer  Wort?  ich  habe  auf  Gott 
vertraut,  und  auf  eure  Ehrenhaftigkeit;  bei  Euch  bin  ich  be- 
trogen.  „Mach  kein  so  frommes  Geschwatz ;  das  Geld  her  oder  — !" 
—  Geben  thu'  ich  Dir's  nicht,  da!  nimm  was  Du  findest  in  mei- 
ner  Tasche.  Wahrend  der  eine  noch  immer  die  Waffe  im  Anschlag 
auf  mich  gerichtet  hielt ,  durchsuchte  der  andere  meine  Taschen , 
und  entnahm  denselben  als  Beute  den  Inhalt  von  4'/,  Medscbi- 
dls  ').  Auch  der  Pferdstreiber  wurde  gezwungen  seine  kleine 
Baarschaft  herauszugeben.  Das  Suchen  nach  dem  Schlflssel  zu 
meinem  Handkoffer,  welcher  etwa  500  francs  enthielt,  blieb 
erfolglos,  und  da  ihnen  offenbar  in  erster  Linie  darum  zu  thun 
war,  ihren  bescheidenen  Raub  rasch  in  Sicherheit  zu  bringen, 
so  gaben  sie  nach  kurzem  ihren  Pferden  die  Sporen,  undjagten 
unter  Hohngelachter ,  aus  dem  Revolver  noch  feuernd,  mit 
Windeseile  von  dannen.  Meine  ohnmachtige  Wuth  und  schmah- 
liche  Beschamung  kann  ich  kaum  beschreiben.  Der  Mukari 
eAbduh  uberhaufte  mich  mit  Vorwurfen,  die,  so  gerecht  sie 
auch  sein  mochten ,  mich  doch  argerten.  Ich  befahl  ihm  zu 
schweigen  und  versprach  ihm ,  dass  er  fur  seinen  Verlust  mehr 
als  genugend  entschadigt  werden  solle.  In  langsamem  Trab 
ritten  wir  auf  der  leicht  geneigten  Ebene  abwarts:  im  Hinter- 


])  Medschtdi,  oder  tark.  Rijil  (Thaler)  -  ungefihr  *i  franc. 


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ERSTKS  CAPITE1. 


grund  tauchte  das  #auran-Gebirge  (Qebel  ed-Druz)  herauf ,  zur 
Rechten  hatten  wir  den  wallartig  geschlossenen  Nordabfall  (Ldhof) 
der  vulkanischen  Hochebene  des  Ledscha*.  Auf  seiner  Nordostecke 
ist  das  Dorf  und  Gastell  Brak  belegen,  die  lezte  turkische  Mi- 
litarstation  in  der  Richtung  auf  das  Drusengebiet  zu ,  mit  der 
Bestimmung  die  unruhigen  Nachbarn  etwas  im  Zaum  zu  hal- 
ten.  Einen  kilometer,  bevor  man  ans  Castell  selbst  kommt, 
befindet  sich  ein  Wachtthurm,  daneben  ein  guter  Brunnen, 
Tags  uber  besezt  von  den  Soldaten,  welche  daraus  den  Was- 
serbedarf  fQr  die  Besatzung  schopfen.  Zugleich  ist  der  Brunnen 
umlagert  von  Heerden-  und  Carawanentreibern  welche  halbe 
Tage  lang  geduldig  warten,  bis  die  Soldaten  ihnen  gestatten, 
aus  irgend  einem  Gefass  dem  Brunnen  Wasser  zu  entnebmen. 
Ich  ritt  durch  die  Soldaten  hindurch  und  begehrte  Wasser. 
Nachdem  ich  den  entsetzlichen  Durst  geloscht,  verlangte  ich 
den  Commandanten  des  Castells  zu  sprechen.  In  kurzem  stellte 
sich  als  solcher  der  Hauptmann  (Juzbaschl)  Ma&mud  Effendi 
vor.  An  seiner  Uniform  ware  er  jedenfalls  nicht  zu  kennen  ge- 
wesen,  denn  er  trug  mit  Rucksicht  auf  die  Hitze  und  die  Ab- 
gelegenheit  des  Ortes  eine  geblumte  Bettjacke.  Kaum  hatte  er 
mein  Empfehlungsschreiben  von  Seiten  des  Muschir  (Feldmar- 
schalls)  ijusein  Fewzi  aus  Damascus  gelesen ,  so  wurde  er  aus- 
serst  unterwurfig,  versicherte  mich  der  hohen  Ehre  u.  s.  w., 
ich  mflchte  nur  im  Castell  bleiben,  so  lange  ich  wollte,  und 
befehlen,  was  ich  wunsche.  Indessen  hatte  bereits  mein  Pferde- 
knecht  cAbduh  den  Soldaten  angefangen  von  unsrer  schmah- 
lichen  Auspliinderung  zu  erzahlen.  Der  Commandant  war  ganz 
unglucklich,  dass  er  keine  Ahnung  von  dem  Vorgang  gehabt, 
denn  er  habe  die  zwei  Kerle  (oflfenbar  Drusen  aus  dem  yauran) 
rait  Umgehung  des  Brunnens  wohl  rasch  vorttber  reiten  sehen, 
hatte  sie  aber  auch  leicht  einfangen,  oder  noch  bequemer  mit 
Vergnugen  zusammenschiessen  lassen  kOnnen.  Wie  Schade,  wie 
Schade!  Bei  dem  Ausruf  seines  Bedauerns  konnte  er  nur  muh- 
sam  die  Betrachtung  aber  meine  unglaubliche  Thorbeit  unter- 
drucken  —  wie  man  nur  auf  den  Gedanken  kommen  konne, 


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DAMASCUS    -  ORM AN. 


einem  fremden  Menschen  seine  eigeneu  Waffen  in  die  Hand  zu 
geben!  —  versprach  mir  jedoch  dafur  zu  sorgen,  dass  die  Rau- 
ber  ihren  Fang  wieder  herausgeben  mussen.  Wie  er  das  anstel- 
len  wollte,  war  mir  zunachst  ganz- 
lich  unklar ,  und  erschien  mir  als  reine 
Redensart  orientalischer  HOflichkeit. 
Ich  wurde  nun  eingeladen,  mich  ins 
Castell  zu  begeben  und  mich  dort  zu 
erfrischen.  Beirn  Abreiten  vom  Brun- 
nen  zeigte  mir  der  Hauptmann  Mab- 
mud  Effendi  rechter  Hand  das  gftnz- 
lich  ausgestorbene  Dorf  Brak ,  in  wel- 
chem  als  einziger  Mensch  nur  noch 
der  Rchech  Khatt&r  mit  Hartnackig- 
keit  den  Plata  behaupte. 

Das  Castell  ist  im  I.  1292  H.  (= 
1875/6  Chr.)  erbaut,  bildet  ein  regel- 
m&ssiges  Viereck  mit  vier  Eckpavil- 
lons;  auf  'der  Ost-  und  Westseite  lauft 
je  eine  Plattform  mit  Brttstung,  der 
Nord-  and  Sudseite  entlang  die  2  Sale 
far  die  Mannschaft;  damals  waren 
etwa  80  Mann  drin,  meist  Kurden. 
Die  Pferde  wurden  in  den  Stall  ge- 
bracht ,  der  Hauptmann  geleitete  mich 
durch  den  Hof  die  hohe  Treppe  auf 
die  Plattform  hinauf ,  liess  mich  aber 
bald  allein  in  seinem  Zimmer,  das 
er  mit  einem  schwindsuchtigen  Mili- 
tararzt  aus  Cypern,  Namens  flusein 
§alih  Effendi  theilte.  Dieser  noch  junge 
Mann  war  zwar  sehr  freundlich  und 
entgegenkommend ,  sprach  aber  nicht  arabisch,  sondem  nur 
tflrkisch.  Bei  meiner  fast  ganzlichen  Unkenntniss  des  letzeren 
konnte  von  einem  Gedankenaustausch  keine  Rede  sein.  Da  ich 


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8 


ERSTES  CA1MTI-X. 


seit  neun  Stunden  nichts  mehr  gegessen  hatte,  so  war  ich 
ziemlieh  hungrig;  ich  hatte  damals  noch  zu  viel  europ&ische 
Gepflogenheiten  an  mir.  Der  Doctor  liess  zunftchst  einen  schwar- 
zen  Cafe  aufwarten ,  spftterhin  eine  Sussigkeit  aus  Milch ,  Zucker 
und  Zimrat ,  und  brachte  dazwischen  hinein  in  langeren  Pausen 
mQhsam  ein  paar,  meist  unrichtige,  franzosische  Worte  her- 
vor,  alte  Erinnerungen  aus  seiner  Studienzeit,  urn  wenigstens 
seinerseits  einen  Beitrag  zur  Unterhaltung  zu  liefern.  Um  den 
Massen  von  Fliegen  zu  entgehen ,  setzte  ich  roich  in  den  kuhlen 
Abendwind  auf  die  Plattform  ,  der  Doctor  neben  mir  schwei- 
gend  in  seinen  Mantel  gehullt.  Erst  kurz  vor  Sonnenuntergang 
kam  der  Hauptmann  ins  Fort  zuruck,  und  zwar  in  Begleitung 
des  K  hat  tar,  Schechs  von  Brafc.  Dem  fehlten  an  beiden  Handen 
unterschiedliche  Fingerglieder.  Auf  mein  Befragen  zeigte  er  mir 
noch  weitere  Kugelspuren  an  seinem  Leib,  und  erklarte  mir 
das  seien  lauter  Denkzeichen  von  seinen  Handeln  mit  den  Dru- 
sen,  die  mit  ihren  fortgesetzten  Beunruhigungen  und  Raube- 
reien  allmahlig  alle  Bewohner  des  Dorfes  zur  Auswanderung 
getrieben  haben,  ihn  aber,  so  lange  er  lebe,  mit  nichten  zwin- 
gen  werden ,  von  seinem  Posten  zu  weichen.  Seine  Familie  habe 
er  zwar  auch  in  Sicherheit  gebracht ,  er  selbst  aber  werde  nicht 
nachgeben,  er  sei  und  bleibe  Schech  von  Brafc.  Auch  er  hatte 
vom  Auslug  seines  Hauses  die  zwei  Strolche  wohl  bemerkt  und 
glaubte  sogar  rait  ziemlicher  Sicherheit  sagen  zu  kOnnen,  wer 
sie  waren.  Von  ihm  bekam  ich  nun  ganz  ungeschminkte  Vor- 
wOrfe  uber  meine  heutige  Dummheit;  ich  horte  sie  schweigend 
an  und  bestatigte  sie  zum  Schlusse. 

Eben  gieng  die  Sonne  unt^r;  auf  die  6stliche  Plattform  trat 
ein  Unterofficier  und  machte  den  Mu'eihJin,  d  h.  er  sang  mit 
lauter  Stimme  den  A  dan,  den  Ruf  zum  Gebet.  Mit  feierlicher 
Warde  leisteten  Alle  ihm  Folge;  unmittelbar  darauf  wurde 
das  Nachtessen  gebracht.  Heute  gab  es  Reis  und  Fleisch  von 
Gazellen,  die  durch  die  Windhunde  l)  des  Hauptmanns  einge- 


1)  Slflkl. 


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IiAMASOUS  — ORMAN. 


9 


faogen  worden  waren;  hintendrein  noch  Cafe.  Wabrend  ich  um 
der  Hitze  im  Zimmer  willen,  trotz  des  starken  Windes  mein 
Bett  unter  freiem  Himmel  auf  die  Terrasse  machen  liess ,  setzten 
sich  drinnen  der  Hauptmann,  der  Militararzt  und  der  Schech 
zusammen,  und  verfertigten  noch  einen  Brief  an  den  Drusen- 
Schech  Ibrahim  el-Atrasch  zu  Sueideh,  um  ihn  zur  Ausfindig- 
machung  und  Bestrafung  der  Strolche  sowie  Herausgabe  ihrer 
Beute  zu  bewegen.  Eaum  hatte  der  Schech  Khattar  das  einge- 
nahte  Schreiben  in  Handen ,  so  schwang  er  sich  auf  sein  bereit- 
stehendes  Pferd,  um  noch  in  der  Nacht,  mit  der  Aussicht  aut 
einen  guten  Bakschisch,  seinen  Ritt  zu  den  Drusen  anzutrefcen. 
Enarrend  schloss  sich  hinter  ihm  die  schwere  eisenbeschlagene 
Thure  des  Castells,  auf  der  Plattform  blies  noch  der  Trompe- 
ter  das  Signal  zur  Nachtruhe,  und  dann  war  A  lies  still.  Bei 
mir  war  jedoch  von  Schlaf  keine  Rede;  nicht  sowohl  das  Aben- 
teuer  von  heute  hielt  mich  wach,  sondern  die  kleinen  Thiere, 
um  derentwillen  der  Eauran  und  das  Ledscha'  von  Kennern 
nur  mit  Schreck  genannt  werden  —  FlOhe  und  Wanzen  —  ar- 
beiteten  an  mir  mit  nimmer  rastendem  Eifer.  Muss  diese  Granz- 
garnison  das  ganze  Jahr  solche  Prufung  der  Geduld  aushalten? 
Entsetzlich!  Auch  die  Windhunde,  die  am  Fussende  meines 
Bettes  die  Warme  auszunutzen  suchten,  bestrebten  sich  alle 
Augenblicke  wider  den  Stachel  zu  locken. 

Wie  geradert  entschlupfte  ich  am  Morgen  (1  Sept.)  meinem 
vom  Nachtthau  feuchten  Bettteppich.  Ein  Bursche  brachte  mir 
in  der  Hand  ein  Stuck  Seife  und  Waschwasser  in  einer  schlank- 
halsigen  Kupferkanne ,  aber  naturlich  ohne  Waschschussel.  Die 
Orientalen  verabscheuen  es  auf8  h6chste ,  nach  unsrer  Weise  in 
einem  wenn  auch  noch  so  reichlich  gefiillten  Gefass  sich  zu 
waschen ,  und  behaupten ,  wir  Franken  waschen  uns  in  unsrem 
eigenen  Schmutz.  Wer  aber  von  Jugend  auf  an  eine  Wasch- 
schussel gew6hnt  ist,  wird  es  immer  hart  empfinden,  wenn  er, 
unbequem  auf  dem  Boden  hockend,  mit  dem  dunnen  Strahl, 
den  ihm  der  Diener  von  Zeit  zu  Zeit  auf  die  Hand  giesst ,  das 
sonst  so  angenehme  Geschaft  der  Waschung  in  ausserst  vcr- 


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10 


CAP1TF.I. 


kummerter  Weise  abzumachen  hat.  Die  Tagesordnung  mit  den 
Mahlzeiten  im  Castell  war  hCchst  gleichmassig ;  morgens  beim 
Aufstehen:  schwarzer  Cafe,  gegen  11  Uhr  Mittagessen:  zwei 

Brodfladen  und  Hammelfleisch  (oder  dafur 
zwei  Eier),  Dach  Sonnenuntergang :  Reis 
und  eine  Schflssel  Badingan  (Eierpflanze 
Melongena)  nebst  Baraieh  (Hibiscus  escu- 
lentus)  dann  Cafe. 

Reichlich  fur  seinen  gestrigen  Verlust 
entschadigt ,  verabschiedete  sich  mein  Da- 
mascener Pferdstreiber  cAbduh  unter  viel- 
fachen  Dankesbezeugungen  und  trabte  mit 
seinen  Thieren  der  Heimath  zu. 

Nach  dem  Fruhstilck  zeigte  mir  der 
Hauptmann  zuerst  seinen  Gurkengarten , 
mit  Stolz  seine  einjahrigen  Weinstocke 
und  die  Truthahnzucht ,  dann  bestiegen 
wir  die  Pferde,  ritten  hinuber  auf  den 
Wartthurm  mit  der  prachtigen  Aussicht 
auf  den  schneebedeckten  Her m on  (2563 
m.),  und  nahmen  vom  Wachtposten  am 
Brunnen  noch  einen  Soldaten  mit  zu  den 
Ruinen  des  Dorfes  Brak 

Alle  DOrfer  des  vulkanischen  Landstri- 
ches  Ledscha'  bestehen  aus  dunkelschwar- 
zem  Lavagestein ,  und  mogen  inihrer  Mehr- 
zahl  aus  den  funf  ersten  Jahrbunderten 
unsrer  Zeitrechnung  stammen.  So  auch  in 
Brak :  nicht  nur  die  Mauern  und  Treppen , 
selbst  die  Deckbalken  der  Zimmer ,  und 
die  in  Angeln  gehenden  DoppelthQren , 
alles  ist  Stein.  An  einem  der  Hauser  be- 
merkte  ich  uber  der  Thure  altchristliche 
Symbole  eingemeisselt ,  auf  einer  Sitzbank  im  innern  eine  Platte 
mit  Poch-  und  Muhleziehbrett ;  in  einem  anderen  Hause  stand 


14  £' 

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mi  ^ 

K  Ms 
lirv.,/ 


n 


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DAMASCUS  —  OllMAN. 


11 


noch  die  von  den  letzten  Bewohnern  zuruckgelassene  Wiege. 
Beim  Wiederhinaustreten  aus  einem  der  dunklen  Gemftcher  ge- 
wahrte  ich ,  dass  meine  Kleider  pl6tzlich  ganz  gesprenkelt ,  d.h. 
von  einem  Fliegen-,  nein  von  einem  Flohschwarm  ganz  nbersat 
waren.  In  ihrem  verhungerten  Zustand  hatten  sich  die  Thiere 
mit  Verzweiflung  auf  uns  arme  Opfer  gesturzt,  schienen  aber 
(lurch  die  lange  Hungercur  wie  betaubt  und  ziemlich  kraftlos. 
Mit  Lacheln  waren  Mahmud  Effendi  und  der  Soldatbereit,  micb 
einigermassen  von  der  grflbsten  Bescheerung  zu  saubern;  sie 
selbst  wurden  durch  diesen  Angriff  eben  so  wenig  uberrascht 
ah  beunrnhigt.  Ziemlich  ermudet  und  erhitzt  kehrte  ich  ins 
Castell  zuruck.  Nach  dem  Essen  holte  ich  den  verlorenen  Schlaf 
der  Nacht  herein.  Als  ich  erwachte,  fuhrte  mich  der  Hauptmann 
triumphirend  in  eines  der  GewGlbe  im  unteren  Stockwerk:  dort 
hatte  er  einen  von  den  Soldaten  abgefangenen  Drusen  einge- 
8perrt,  der  nun  als  Unterpfand  sitzen  sollte,  bis  der  Schech 
Khatfar  wohlbehalten  und  mit  gutem  Erfolg  zurackgekehrt  ware. 
Des  Nachmittags  lud  mich  der  Hauptmann  ein,  seinen  grossen 
Garten  zu  besichtigen;  derselbe  lag  etwa  20  Minuten  vom  Cas- 
tell drausen  in  der  Ebene.  Wir  liessen  desshalb  Pferde  bringen; 
ich  bekam  einen  jungen  lustigen  Hengst  von  1V«  Jahren,  der 
trug  bloss  einen  Teppich  auf  dem  Rucken  und  einen  Strick  am 
Kopf,  von  Zdgel  wusste  er  noch  nichts;  der  Hauptmann  ritt 
die  Mutter  dieses  Thieres,  auch  die  Hunde  durften  mit.  Fur 
seinen  .Garten"  d.h.  Kurbis-  und  Durah-Acker  erpresste  mir  der 
Hauptmann  mehrfache  Aeusserungen  der  Bewunderung.  Einige 
Soldaten  waren  damit  beschaftigt,  die  eben  reifen  Kolben  der 
Durah ')  abzuschneiden  und  nOthigten  mich ,  auch  davon  zu 
versuchen.  Einige  vorzughch  sch6ne  Kurbisse  wurden  bei  Seite 
gelegt  um  sie  nachher  ins  Castell  mitzunehmen ,  und  die  Pferde 
erhielten  freien  Laufpass,  d.h.  durften  sich  in  der  Pflanzung 
gntlich  thun.  Qnweit  von  dem  Acker  waren  viele  Kameele  mit 
ihren  Treibern  gelagert;  die  meisten  kamen  aus  dem  Hauran, 


1)  N^erhine,  dem  Waltchkora  iihnlich,  nar  mit  kkineren  Koroern. 

I 


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12 


ER8TEB  CAPITEL. 


auch  von  der  Ostseite  des  Gebel  ed-Druz  mit  Getreideladungen 
far  Damascus.  Zu  diesen  Leuten  begab  ich  micb  hinttber,  urn 
mich  mit  ihnen  zu  unterhalten;  durcb  Verabreichung  von  Ta- 
bak  zutraulich  gemacht,  ruckten  sie  mit  allerlei  Erzahlungen 
heraus.  Nur  ungern  ris9  ich  micb  bei  Sonnenuntergang  von 
ihnen  los ,  urn  der  Aufforderung  des  Hauptmanns  zur  Rflckkehr 
Folge  zu  leisten.  War  scbon  das  Einfangen  der  durch  die  reich- 
liche  Nahrung  ubermQthig  gewordenen  Pferde  mit  Schwierig- 
kciten  verbunden,  so  war  doch  das  Reiten  noch  ein  grosseres 
Kunststuck:  kaum  sass  ich  oben  so  rannte  in  den  tollsten 
Sprungen  der  junge  Hengst  mit  mir  Qber  Stock  und  Stein, 
in  die  steilsten  jezt  trockenen  Bachrinnen  hinunter  und  wieder 
hinauf ,  zu  A  Hem  eher  aufgelegt  als  zur  Heimkehr  in  die  kahlen 
Mauern  des  Castells.  Hilflos  auf  dem  zagellosen  Pferde  dahin- 
jagend,  weit  die  Kaserne  hinter  mir  lassend,  konnte  ich  nur 
von  dem  Hauptmann  erwarten,  dass  es  ihm  gelange,  durch 
gutliche  Uberredung  und  Rufen  das  Thier  zu  ruhiger  Vernunft 
zu  bringen.  Allein,  wenn  der  in  die  Nahe  kam,  hielt  raein 
Hengstlein  dessen  Lockrufe  fur  Aufmunterung  zum  Wettrennen , 
und  mit  hellem  Gewieher  antwortete  es  dem  Bellen  der  Jagd- 
hunde.  Endlich  wendete  der  Hauptmann  sein  Pferd  dem  Cas- 
tell  zu,  pfiff  den  Hunden  und  hielt  vor  dem  Thor.  Meinem 
Fohlen  mochte  es  bei  dem  einsamen  Jagen  auf  der  Steppe  bei 
rasch  dunkelndem  Himmel  doch  selbst  nicht  mehr  so  ganz  ge- 
heuer  vorkommen :  wie  angewurzelt  blieb  es  stehen ,  hob  hoch 
den  Kopf ,  drehte  blitz  schnell  urn ,  raste  schnurstracks  aufs  Cas- 
tell  zu  und  sauste,  dass  mir  Horen  und  Sehen  vergieng,  durch 
den  gepflasterten  Thorweg  in  den  Hof  hinein.  Da  stand  es. 
Ich  sprang  ab,  und  war  froh;  von  Mahmud  Effendi  erhielt  ich 
Lobspruche  uber  meine  ungeahnte  Reitkunst  Dampfend  und 
klopfenden  Herzens,  doch  gutwillig  liess  sich  jetzt  das  Thier 
in  den  Stall  fuhren  —  zu  dem  gefangen  Drusen.  Ach  Gott, 
der  arme  Teufel  war  ja  noch  immer  da!  Auf  mein  Zureden 
liess  ihn  der  Hauptmann  noch  in  der  Nacht  laufen ,  erflfmete  ihm 
jedoch ,  eigentlich  hatte  er  verdient ,  seinen  Kopf  hier  zu  lassen. 


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DAMASCUS  —  ORMAN. 


13 


So.  2.  Sept.  83].  Durch  reichliche  Streuung  von  Insectenpul- 
ver  hatte  ich  heute  etwas  besser  geschlafen,  ohne  jedoch  die 
Wanzen  ganz  abhalten  zu  konnen.  Dem  kranklichen  Doctor 
wurden  diesen  Morgen  ftinf  Fieberkranke  von  der  Mannschaft 
vorgefuhrt,  denen  er  einige  Pulver  und  Tranklein  beibrachte. 
Im  Medicamentenkasten  entdeckte  ich  bei  der  Gelegenheit  eine 
grosse  Keibschale ,  die  mir  zur  Waschschussel  wie  vom  Himmel 
gesandt  schien ,  und  auch  bereitwilligat  zur  Verfttgung  geatellt 
wurde;  ich  machte  mich  gleich  daran,  diese  Bequemlichkeit 
auszunutzen,  und  erregte  mit  meinen  lezten  Besten  von  fran- 
kischem  Luxus ,  einer  wohlriechenden  Seife  und  kolnischem  Was- 
ser,  hGchlichstes  Erstaunen.  Der  Koch  £Abduh  und  derKuchen- 
junge  Ahmed ,  zu  meiner  personlichen  Bedienung  commandirt , 
waren  ordentliche  Bursche  und  baten  mich,  ich  mochte  auch 
ein  Bild  von  ihnen  malen,  waren  aber  bei  der  Uberreichung 
ihre8  Contrafeis  ziemlich  niedergeschlagen ,  nicht  als  ob  sie  die 
Portratahnlichkeit  bezweifelt  hatten  —  denn  dazu  fehlte  ihnen 
ja  jede  Unterscheidungsgabe  —  sondern  weil  sie  nicht  im  Staat 
gemalt  waren.  In  dem  gemeinen  Kuchenschurz  und  ihrer  na- 
turlichen  Barfussigkeit  kamen  sie  sich  selbst  ganz  erniedrigt 
vor,  und  wurden  erst  glucklich,  als  ich  nochmals  beide,  jezt 
in  Uniform  mit  Stiefeln  und  Waflfen,  zu  malen  versprach.  Ich 
liess  mir  all  ihre  Anliegen,  besonders  die  Puncte,  auf  welche 
sie  das  hGchste  Gewicht  zu  legen  sich  berechtigt  fahlten, 
auseinandersetzen ,  und  fertigte  jedem  einen  farbenreichen  Bil- 
derbogen,  auf  dem  in  recht  stereotyper  Weise  alle  Einzel- 
abzeichen  eines  Soldaten,  zunebst  den  personlichen  Sch6nheits- 
raerkmalen  des  Inhabers  als  da  war  ein  flbertrieben  kraftiger 
Schnurrbart  und  aberaus  grimmiger  Blick ,  gar  sch6n  zum  Aus- 
druck  kamen.  Wie  glucklich  und  dankbar  waren  die  zwei  Bur- 
sche! Mit  n&chster  Gelegenheit  wollten  sie  die  Bilder  in  ihre 
Heimath  senden ,  um  selbst  dem  unglaubigsten  Zweifler  an  ihren 
VorzQgen  das  Maul  zu  stopfen,  vielleicht  auch  ein  gefahrdetes 
Andenken  aufzufrischen  oder  gar  holde  Sehnsucht  zu  erwecken. 
Ihre  Dankbarkeit  zu  beweisen,  flberhauften  sie  mich  mit  al- 


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14 


ER8TE8  CAP1TEI.. 


lerhand  Aufmerksamkeiten ,  brachten  mir  halbreifes  aufKohlen 
gerostetes  Walschkorn,  und  wuschen  meine  Strumpfe  sammt 
den  gesprenkelten  Hemden. 

Den  Nachmittag  brachte  ich  draussen  beim  Brunnen  zu.  Dort 
waren  zehn  Soldaten,  beauftragt  mit  der  Wasserbeschaffung. 
Zwei  ehemalige  Petroleumgefasse  aus  Blech  wurden  an  Stricken 
ins  Wasser  hinuntergelassen ;  bei  der  schon  lange  fortgesezten 
Behandlnng  war  die  ursprungliche  Form  der  Gefasse  abenteuer- 
licb  entartet,  und  wenn  sie  gefullt  heraufgezogen  wurden,  so 
kamen  zu  den  mehrfachen  Rissen  und  Lochern  die  wunder- 
lichsten  Springbrunnen  heraus;  keinem  Menschen  ist  es  einge- 
fallen,  auch  nur  die  einfachsten  Ausbesserungen  daran  vor- 
zunehmen;  da  wurde  unbekummert  weiter  geniacht,  etwas 
Wasser  blieb  ja  immer  noch  drin.  Ein  Pferd  stand  geduldig 
neben  dem  Brunnen,  bis  die  zwei  machtigen  ihm  angehangten 
ledernen  Wasserschlauche  gefQllt  waren,  und  verbrachte  dann 
ohne  Begleitung  die  Ladung  ins  Castell.  Waren  dort  die  Schlauehe 
entleert,  so  stellte  sich  das  Thier  von  selbst  wieder  am  Brun- 
nen ein.  Selbst  in  den  Zwischenpausen  wurden  die  urn  Wasser 
nachsuchenden  Araber  und  Drusen  auf  eine  jammerliche  Weise 
von  den  Soldaten  chikanirt  und  zuruckgewiesen,  so  dass  die 
Erbitterung  der  Leute  gegen  die  Soldaten  sich  sehr  wohl  be- 
greifen  lasst.  Ich  legte  mich  mehrfach  ins  Mittel,  habe  auch 
Abends  dem  Hauptmann  Vorstellungen  gemacht,  ohne  jedoch 
damit  auf  gAnstigen  Boden  zu  atossen,  denn  diese  Reibereien 
seien  auf  Gegenseitigkeit  gegrdndet,  und  wer  gerade  das  Heft 
in  der  Hand  habe,  mache  es  sich  zu  Nutzen.  Der  Hauptmann 
war  im  Uebrigen  heute  sehr  gut  aufgelegt,  und  liess  mirnach 
dem  Nachtessen  durch  einen  Soldaten  ein  nettes  kurdisches 
Lied  singen,  dessen  Tonfall  und  Worte  etwas  bewegter  waren 
als  die  arabischen,  auch  hatte  der  Mann  im  Unterschied  von 
dem  naselnden  Singsang  der  Araber  eine  gute  Bruststimme ,  die 
in  der  Stille  der  Nacht  zwischen  den  hohen  Wanden  des  Cas- 
tells  melodisch  klang.  Das  Lied  handelte,  wie  mir  verdol- 
metscht  wurde,  von  dem  tragischen  Ende  eines  kurdischen 


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DAMASCUS  —  ORMAN- 


15 


Helden  Braho  (=  Ibrahim),  dessen  Kraftthaten  in  lebhaften 
Bildern  gefeiert  wurden. 

Mo.  3.  Sept  83].  In  aller  Fruh  wurden  etliche  zwanzig  Mann 
fortgeschickt ,  um  Eatab  (Brennholz)  heimzuschaffen.  Da  in 
der  naheren  Umgebung  des  Castells  langst  Alles  abgesucht  ja 
ausgerottet  ist,  so  mussten  sie  ihren  Streifzug  weit  ausdehnen 
und  kamen  erst  um  Mittag  allerdings  reichbeladen  heim.  Den 
ganzen  Tag  spahte  ich  mit  dem  Fernrohr  in  der  Richtung  auf 
Damascus  zu,  um  zu  sehen,  ob  mein  Reisegefahrte  Charles 
Huber  noch  nicht  anrucke.  Auch  von  der  Mannschaft  wollten 
alle  in  das  wunderbare  Instrument  hineingucken ,  und  gaben 
ihrem  Erstaunen  oft  spasaigen  Ausdruck.  Herr  Huber  hatte  in 
den  lezten  Tagen  zu  Damascus  noch  allerlei  Vorbereitungen  far 
die  gemeinsame  Reise  ins  Innere  von  Arabien  zu  vollenden  und 
wollte  uDser  gemeinsames  Gepack  (thatsftchlich  eigentlich  mein 
Gepack)  direct  nach  cOrman  zu  Kameel  vorausspediren ,  und 
mich  selbst  im  Castell  Brafc  erst  abholen ,  wenn  dies  Alles  be- 
sorgt  ware.  Zur  Ausfullung  der  Langeweile  rosteten  der  Doctor 
und  ich  abwechselnd  Walschkorn  und  Durah-KOrner ,  und  ver- 
zehrten  nebenher  den  Rest  von  Feigen  und  Mandeln,  die  ich 
noch  von  Damascus  her  bei  mir  hatte.  Der  Commandant  war 
heute  den  ganzen  Tag  nicht  zu  sehen,  erschien  nur  kurz  zum 
Mittagessen,  und  verschwand  dann  gleich  wieder.  Ich  thue  ihm 
wohl  kein  Unrecht,  wenn  ich  annehme,  dass  er  dem  stillen 
Trunk  *)  ergeben  war ;  er  kam  besonders  heute  Abend  ganz 
heiter  heim,  setzte  sich  noch  eine  Weile  auf  sein  Bett,  verlor 
aber  bald  die  Redseligkeit ,  trank  auch  den  Cafe  nicht  mehr, 
den  er  eben  noch  bestellt  hatte,  sondern  legte  sich  rasch  aufe 
Ohr  und  entschlief  horbar.  Jezt  wurde  mir  auch  verstandlich , 
warum  er  gleich  bei  meiner  Ankunft  so  angelegentlich  nach 
dem  Inhalt  meiner  Feldflasche  sich  erkundigt  hatte,  und  trotz 
der  Prftfung  mit  der  Nase  sich  kaum  bei  der  Versicherung  be- 
ruhigen  konnte,  dass  nur  nacktes  Wasser  darin  enthalten  sei. 


))  eines  Gliischens  Raki. 


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16 


ERSTES  OAPITEL. 


Di.  4.  Sept.  83].  Da  der  Brunnen  hier  die  elnzige  Unterhal- 
tung  bot ,  so  lag  ich  den  ganzen  Tag  dort  draussen ,  wollte  auch 
in  der  Nahe  eine  grundliche  Waschung  vornehmen,  mussteaber 
dieselbe  schleunig3t  abkarzen,  da  ich  von  einer  bosartigen 
Sorte  von  Hornissen  (Dabbur)  uberfallen  wurde  und  nur  mit 
Hilfe  der  herbeigeeilten  Soldaten  die  wuthenden  Thiere  mir 
vom  Hals  halten  konnte.  Auch  heute  war  ich  wieder  Zeuge 
von  den  Plackereien,  denen  voruberziehende  Leute,  die  um 
Wasser  bitten,  von  Seiten  der  Soldaten  ausgesetzt  sind.  Ein 
durstiger  Mensch  Namens  eEisa  war  mir  ausserst  dankbar,  als 
ich  ihm  zu  einem  Trunk  Wassers  verhalf,  und  erzfthlte  mir 
von  seinem  Dorfe  Schafcka  (N.O.  des  Gebel  ed-Druz)  das  mir 
aus  Wetzsteins  Reisebericht  und  aus  dem  Werke  des  Grafen 
de  Vogue ')  um  seiner  steinernen  Hftuser  und  Thurme  willen 
wohl  bekannt  war.  Er  versprach  mir,  wenn  ich  ihn  dort  be- 
suchen  wollte,  mir  [alt-syrische]  Mumien  aus  den  Grabthurmen 
zu  verschaffen,  wovon  noch  keinem  Europaer  eine  Spur  ver- 
rathen  seie.  Des  Nachraittags  um  4  Uhr  kam  endlich  Huber 
an;  in  seiner  Beduinentracht  hatte  ich  ihn  kaum  erkannt;  er 
hatte  bei  sich  noch  zwei  Pferdetreiber ,  und  ein  Pferd  fur  mich 
aus  Damascus.  Zunachst  verlangte  er  naturlich  auch  Wasser, 
und  erkundigte  sich  gleich  nach  meinem  Abenteuer,  das  in 
Damascus  bereits  mit  fabelhaften  Zusatzen  aufgebauscht  wor- 
den  war,  sodann  theilte  er  mit,  dass  das  gesammte  schwere 
Gepack  auf  Kameele  verladen,  unter  Begleitung  des  fur  die 
ganze  arabische  Reise  angenommenen  Dieners  Mahmud  schon  seit 
zwei  Tagen  nach  cOrman  vorausgesandt  sei,  und  dass  wir  uns 
beeilen  massten,  rechtzeitig  in  eOrman  einzutreffen ,  denn  er 
habe  Nachricht,  dass  in  3  spatestens  4  Tagen  von  dort  eine 
Kara  wane  nach  Kaf  auf  breche ,  und  diese  sei  allein  im  Stande , 
uns  mit  verhaltnissmassiger  Sicherheit  aber  diese  gefahrlichste 
Strecke  hinweg  zu  bringen. 

Nach  dem  Nachtessen  liess  der  Commandant  noch  die  g.  - 

1)  Melrhior  de  Vogue,  Syrie  ccbtrale,  Architecture  civile  el  religiciuc.  Paris  1S65  4°. 


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DAMASCUS  —  ORMAN. 


17 


sammte  Garnison  auf  der  Terrasse  des  Castells  antreten,  wo 
die  Kurden  hflbsche  Wechselgesange  vortrugen.  Zum  Schlusse 
fuhrte  eine  Abtheilung  der  Leute  noch  einen  seltsamen  Tanz 
auf,  bei  dem  sie  Schulter  an  Schulter,  die  Waffen  vor  sich 
haltend ,  leicht  trippelnd  vor-  und  ruckwarts  sich  bewegten , 
und  unter  dem  einformigen  Gedudel  einer  DoppelflOte l)  aus 
Schilf ,  bald  einen  engen  Knauel  bald  eine  sich  windende  Schlange 
bildeten.  Die  Windhunde  begleiteten  die  AuffOhrung  mit  einem 
schmerzerfallten  Gesang. 

Mi.  5.  Sept.]  Bis  das  Ehren-  und  Abschiedsfruhstuck  flber- 
standen  und  Alles  zum  Aufbruch  gerilstet  war,  mochte  es 
sieben  Uhr  geworden  sein.  Von  den  Segenswunschen  unsrer 
Ga8twirthe  begleitet,  bestiegen  wir  die  Pferde  und  ritten  in 
sfid-ostlicher  Richtung  am  Rande  des  Ledscha'  hin  auf  den 
Gebel  ed-Druz  (oder  Gebel  Uauran)  zu.  Das  Ledscha'  und 
der  Haur&n  mit  ihrem  verwitterten  vulkanischen  Boden  sind 
sehr  fruchtbare  Gegenden,  und  bilden  die  Kornkammer  far 
Damascus  und  dessen  weitere  Umgebung.  Kaum  hatten  wir 
den  Wall4)  der  machtigen  alten  Lavastrome  erstiegen,  so  bot 
sich  uns  ein  weiter  Blick  ilber  die  typische  Tiaudschaft:  kleine 
Waideflachen  mit  Hecken,  oder  ausgesteinte  Acker  eingefasst 
mit  Steinriegeln ;  alles  wieder  durchsezt  von  grOsseren  Lava- 
brocken,  dazwischen  zahlreiche  Dflrfer  oft  ganz  verlassen,  aber 
in  iliren  rabenschwarzen  Ruinen  noch  manchen  Schatz  reicher 
Architectur  bergend.  Von  raschem  Vorwartskommen  ist  in  die- 
sem  Gebiete  keine  Rede,  es  sind  im  Grunde  nur  wenige  sich 
durchwindende  Pfade,  die  man  kennen  muss;  abseits  derselben 
verrennt  man  sich  bald  in  ein  Labyrinth  von  Ger6ll ;  es  war 
desshalb  das  Ledscha'  zu  alien  Zeiten  der  beliebteste  Zufluchts- 
ort  und  Versteck  far  Verfolgte  aller  Gattungen,  als  da  sind 
Deserteurs,  Steuerflttchtlinge ,  Verbrecher  u.  dgl.  Wir  waren 


1)  ZambArsh.  eigtl.  ZammArah  %y-*y 

2)  v_*?=0  iprirh  I-5hof. 

2 


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18  EBSTES  CAP1TEL. 

noch  gar  nicht  weit  geritten ,  so  tauchte  in  der  Feme  ein  Reiter 
mit  einem  Schimmel  auf:  es  war  richtig  Khattar,  der  Schech 
vqii  Brafc,  8chon  von  weitem  winkend  mit  hochgehaltenem  Re- 
volver. Wie  mochte  er  den  herausgekriegt  haben?  Nun,  er 
musste  ja  bald  mit  uns  zusammen  stossen  und  die  Erklarung 
geben.  Mit  grosser  Befriedigung  erzablte  er  denn  auch,  wie  er 
in  einem  Stuck  bis  Suweideh  geritten  sei,  und  den  Raimmakam 
Ibrahim  Beg  el-Atrasch  aufgesucht  habe.  Dem  war  die  StGrung 
seiner  Ruhe  durch  eine  solche  Lumperei  recht  unbequem;  er 
behauptete,  eine  Beraubung  bei  BraV  babe  nichts  mit  seinem 
Gebiet,  dem  Gebel  ed-Druz,  zu  schaflfen;  im  Ubrigen  konne  er 
gar  nicht  verstehen,  wie  jemand  so  thoncht  sein  moge,  seine 
eigenen  Waffen  einem  unbekannten  Menschen  zu  zeigen  und 
gar  in  die  Hand  zu  geben,  eigentlich  konne  er  nur  billigen, 
wenn  einem  solchen  Menschen  seine  Waflfen  abgenommen  wur- 
den.  Erst  wie  der  Schech  Khattar  ihm  begreiflich  machte,  dass 
unter  Umstanden  eine  doch  unliebsame  und  noch  ganz  unab- 
sehbare  Verwicklung  mit  der  Regierung  in  Damascus  daraus 
erwachsen  kCnne,  und  dass  er  selbst  nicht  eher  Ruhe  geben 
wolle,  bis  er  mindestens  dreissig  Drusen  abgefangen  und  ein- 
gesperrt  habe,  liess  Ibrahim  el-Atrasch  sich  bereit  finden,  nach 
den  Dbelthatern  zu  fahnden.  Die  Kerle  waren  aber  nicht  all- 
sogleich  aufeutreiben.  Der  flauptbelastete  war  ein  gewisser 
Iiamid  el-Nomad,  und  sein  Spiessgeselle  einer  Namens  Fendi. 
Der  erstere  bekam  100  Stockstreiche  auf  die  Fusssohlen ,  mus3te 
die  4Vt  Megldi  herausgeben  und  wurde  noch  uberdies  ins  Loch 
gesteckt,  wahrend  der  Andere  etwas  gnadiger  wegkam.  Mit 
Genugthuung  hatte  Khattar  den  ausgelieferten  Raub  in  Empfang 
genommen ,  noch  ein  Gastessen  erhalten ,  und  dann  unverztlglich 
den  Heimweg  angetreten.  Ich  war  froh,  das  Denkmal  meiner 
Schandc  wieder  in  H&ndeo  zu  haben,  und  uberliess  desshalb 
alles  Geld  mit  Vergnflgen  dem  Schech,  der  auf  einen  so  reich- 
lichen  Bakschisch  gar  nicht  gerechnet  hatte,  gab  ihm  sogar 
spater  noch  einen  Megidi  dazu.  Aus  Dankbarkeit  fahlte  er  sich 
gedrungen,  mir  eine  recht  eindringliche  Belehrung  mit  hand- 


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DAMASCUS  — ORMAN. 


19 


greiflicher  Anweisung  far  ahnliche  Falle  zu  Theil  werden  zu 
lassen:  „Sieh,  wenn  dich  kanftig  wieder  einmal  Einer  fareinen 
Neuling  halt,  und  dich  bittet,  du  m6chtest  ihm  deinen  Revol- 
ver zeigen,  so  sagst  du  „mit  VergnOgen"  l) ,  ziehst  deinen  Re- 
volver heraus ,  spannst  den  Hahn ,  behaltst  aber  den  Finger  am 
Drucker,  und  lassest  ihn  gerad  in  das  Schiessloch  hineingucken , 
so  lange  er  will ;  wenn  er  dann  sagt ,  er  habe  genug  gesehen , 
dann  kannst  du  ihn  ruhig  wieder  einsteeken".  Ich  musste  ihm 
versprechen,  seine  Unterweisung  genau  befolgen  zu  wollen. 
Der  Schech  liess  sich  nicht  nehmen  uns  noch  ein  Stack  Wegs 
zu  begleiten,  und  nOthigte  uns,  wenn  auch  nur  kurz  in  seinem 
Hause  abzusteigen.  In  einem  der  schwarzen  Ruinenhaufen  (Ha- 
sem)  hatte  er  sich  das  beste  alte  Steinhaus  ausgesucht,  und 
dariu  seine  Familie,  bestehend  aus  einer  Frau,  einem  Knaben 
yamid  und  einem  Madchen  Namens  Metelle,  in  Sicherheit  ge- 
bracht.  In  der  Zwischenzeit ,  wahrend  die  Frau  einen  Cafe  be- 
reitete ,  durchstoberte  ich  die  Ruinen  nach  Inschriften ,  fand  aber 
nur  verschiedene  Kreuze  auf  den  Oberschwellen  der  Thilren. 
Das  grOsste  der  Gebaude,  mit  mehreren  Saulen  geschmnckt, 
trug  oben  auf  dem  Dach  eine  ringsum  mit  Stufen  versehene 
Terrasse,  und  wurde  von  dem  Schech  als  Betplatz  benamst. 


Nachdem  wir  uns  verabschiedet ,  hielten  wir  auf  den  6st- 
lichen  Rand  des  Ledscha'  zu,  und  kamen  von  Nord  nach  Sad 
an  14  theils  hulb,  theils  ganz  zerstOrten  Dorfschaften  vorbei. 


1)  ifi)  ^  'M  t*.t. 


20 


ERSTES  CAPITEI.. 


Beim  lezten  derselben  Umm  ez-zeitun  bogen  wir  links  in  ein 
in  den  Wadi  Luwa  ab  '),  urn  aus  demselben  gleich  wieder  auf- 
steigend  den  Tell  Schihan  auf  der  N.O.  Seite  zu  umgehen. 
Dieser  vulkaniache  Kegel ,  von  oben  nach  unten  auf  alien  Seiten 
von  scharf  eingeschnittenen  Rinnen  durchfurcht ,  tritt  als  mach- 
tige  Schildwache  an  der  N.W.  Ecke  des  Gebel  ed-Druz  hervor. 
Aus  seinem  auf  der  Westseite  ausgebrochenen  Krater  haben 
sicb  die  Lavastrome  ergossen ,  die  dann  das  Ledscha'  uberfluthe- 
ten.  Sein  Gipfel  ist  von  einem  muhammedanischen  Heiligthum 
gekrOnt. 


Gleich  am  Fuss  des  Berges  stiegen  wir  durch  eine  breite 
Hohlgasse  ziemlich  rasch  aufwarts,  und  nach  einer  Stunde  be- 
fanden  wir  uns  im  Gebiet  der  Gharorahs,  vulkanischer  Stutz- 
kegel ,  die  der  ganzen  Landschaft  einen  merkwurdigen  Stempel 
verleihen:  ich  glaubte  durch  ein  unermessliches  Coakslager  zu 
reiten;  das  Auge,  von  der  untergehenden  Sonne  geblendet, 
vermochte  an  den  ringsum  aufgethurmten  schwarzen  Haufen 
por6ser  Lava  nur  hellgrau  glanzende  Lichter  und  ganz  dunkle 
Schattenmassen  zu  unterscheiden.  Die  Ruinen  von  Schuhbah 
zur  Linken  lassend,  triebeD  wir  von  Durst  gequalt  die  Pferde 
zu  grdsserer  Eile  an,  um  noch  Murduk  zu  erreichen.  Die  Sonne 
war  schon  hinunter,  als  wir  bei  der  schmutzigen  Quelle  unter- 
halb  des  Dorfes  muhsam  einen  Trunk  uns  verschafften.  In  vdl- 
ligem  Dunkel  ritten  wir  den  Hang  des  Berges  hinauf,  und 

1)  An  diwer  Stelle  b&wte  Ibrahim  Pawha  im  J.  1889  bei  dcm  Vewnphe  einer  R*crnten- 
Anshebong  eioe  Schwa<lron  seiner  beaten  Reiter  ein.  Sie  wnrden  nmmt  and  sender*  von  den 
Prutcn  niedergemeielt. 


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DAMASCUS  —  OILMAN. 


21 


stiegen  im  Khan  ab.  Es  war  eigentlich  nur  eine  viereckige  Halle 
mit  Steinbanken  an  den  Wanden,  und  einem  Herd  im  Hinter- 
grund;  auf  der  Eingangsseite  drei  antike  Saulen,  das  Dach 
stflzend;  das  Ganze  uberragt  von  einem  prachtigen  Nussbaum. 


Unsre  Ankunft  war  schon  durch  Leute ,  die  uns  bei  der  Quelle 
getroffen ,  gemeldet  worden ,  desshalb  erschienen  ,  trotz  der  vor- 
geruckten  Stunde  imraer  mehr  Bewohner  des  Dorfes,  um  ihre 
Neugierde  zu  befriedigen.  Es  dauerte  aber  ziemlich  lang,  bis 
man  uns  ein  durftiges  Nachtessen,  aus  gekochtem  Welschkorn 
bestehend,  verabreichte.  Die  jammervolle  Menge  von  FlOhen 
verkummerte  uns  auch  noch  den  kurzen  Schlaf. 

Mi.  5  Sept.  83].  Schon  beim  ersten  Morgengrauen  hatte  ich 
mich  aus  meinem  Teppich  herausgewickelt ,  um  meinen  Peini- 
gern  zu  entgehen,  und  mich  wenigstens  durch  Kalte  an  ihnen 
zu  rachen.  Alsbald  erhob  sich  auch  der  Wirth  und  schickte 
sich  an,  den  Cafe  zu  bereiten.  Ich  trat  in  den  feuchten  Mor- 
gennebel  hinaus ,  und  betrachtete  mir  den  Khan  von  aussen , 
bemerkte  auch  im  Halbdunkel  eine  griechische  Inschrift  ein- 
gemauert,  ebenso  an  einem  benachbarten  Hause;  der  Besitzer 
des  letzteren  zeigte  mir  dann  noch  innen  auf  dem  Boden  einen 
Inschriftenstein ;  es  war  aber  noch  zu  dunkel,  als  dass  ich  die 
Buchstaben  ordentlich  hatte  unterscheiden  kftnnen.  Um  51/,  Uhr 
konnten  wir  abreiten,  zunachst  noch  in  geschlossenem  Nebel; 
einzelne  WindstOsse  von  der  Ebene  herauf  suchten  den  feuchten 


22 


EItsTF,«  CAP1TKL. 


Schleier  zu  luften ,  es  dauerte  indess  noch  mehr  wie  eine  Stunde, 
bis  die  Sonne  Meister  wurde.  Zur  Lioken  hatten  wir  die  an- 
steigende  Gebirgsmasse,  rechts  hinunter  reichgegliederte  Abhange, 
und  bald  schweifte  der  Blick  weit  hinaus  in  dieEbene  des  Ledscha', 
vom  Einschnitt  des  raittleren  Jordanthales  bis  zum  Hermon.  Bei 
der  Annaherung  an  Ranawat  auch  Ranawah  genannt  macht 
die  Landschaft  einen  freundlich  belebten  Eindrnck:  Wiesen, 
Straucher,  selbst  Baume,  dazwischen  alte  Tempel,  Graber, 
Betstatten  der  Drusen ,  ab  und  zu  grossere  und  kleinere  Zuge  von 
Maulthieren ,  Eseln  und  Kameelen ,  in  der  Nahe  der  Hauser  die 
Bewohner  mit  landlichen  Arbeiten  beschaftigt.  Beim  Einreiten 
ins  Dorf  grosse  Strohhaufen,  dazwischen  auf  den  offenen  Ten- 
nen  die  Dreschschlitten  von  Ochsen  im  Kreise  gezogen.  Nicht 
ohne  Wehmut  und  Verwunschung  der  Eile  konnte  ich  die  herr- 
lichen  Tempel-  und  Kirchenruinen  nur  nothdurftig  aus  der  Ferae 
bewundern.  Allein  hier  liess  sich  nichts  andern;  wir  wollten 
doch  um  keinen  Preis  den  Anschluss  an  die  Karawane  zu 
eOrman  verfehlen.  Gegen  10  Uhr  bekamen  wir  Su'eideh 
in  Sicht  Aul*  einer  breiten  noch  wohlgepflasterten  romischen 
Strasse  erstiegen  wir  die  Gebirgsplatte ,  auf  welcher  diese  Stadt 
gelegen  ist.  In  der  Mitte  befindet  sich  die  Medftfeh,  das  all- 
gemeine  Gasthaus  der  Stadt.  Die  Pferde  rasteten  aussen,  wir 
stiegen  eine  breite  Steintreppe  hinauf  in  das  Inn  ere  dieses  an- 
tiken  Bauwesens.  Das  Ganze  besteht  nur  aus  einera  einzigen 
Saal  mit  erhOhten  Sitzen  langs  der  Wande;  Sitze  und  Boden 
sind  mit  Strohmatten  belegt.  Der  $aimmakam  Ibrahim  Beg 
el-Ati-asch  war  zufallig  von  der  Stadt  abwesend,  so  konnten 
wir  ohne  Besuch  und  Feieriichkeit  unser  einfaches  Mahl  rasch 
verzehren  und  gegen  Mittag  weiter  ziehen.  Wie  schon  beim 
Einreiten  so  auch  beim  Verlassen  der  Stadt  streifbe  der  Blick 
die  verschiedenen  Uberreste  antiker  Bauherrlichkeit.  Bei  zuneh- 
mender  Hitze  des  Tages  zogen  wir  uns  uber  ein  bergiges  Ge- 
lande  zwischen  kleinen  Waldern  von  immergrQnen  Eichen, 
Terebinthen  und  Hagdorn  hindurch  nach  Kefr,  an  der  S.  W. 
Ecke  des  Gebel  ed-Druz.  Unsre  zwei  zu  Fuss  gebenden  Mukari 


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DAMASCUS  —  OHMAN. 


23 


(Pferdetreiber)  wollten  hicr  schon  nicht  mehr  vorwarts ,  obwohl 
es  erst  V,  3  Uhr  war ,  und  vernahmen  unsren  unabanderlichen 
Entschluss,  heute  noch  bis  tOrman  zu  reiten,  mit  murrender 
Ergebung.  Es  gieng  nun  bald  durch  eine  Ode  Gegend,  kein 
Mensch  begegnete  uns,  nur  zwei  einsam  waidende  Kameele 
suchten  nach  karglichem  Futter.  Durch  ein  Gewirr  von  aus- 
gedehnten  Steinriegeln  uns  windend  stiegen  wir  hinab  zu  einem 
offenbar  vielbesuchten  hartgestampften  Lagerplatz  der  Heerden, 
der  die  Nahe  von  ausgiebigem  Wasser  verkundete.  Eine  Schlucht 
erOffhete  den  Zugang  zu  einem  futterreichen  Thai;  dort  waren 
abseits  einige  Beduinenzelte  aufgeschlagen.  Bei  unserer  Ankunft 
wurden  wir  von  den  zu  den  Zelten  gehdrenden  Hunden  mit 
heiserem  Gebell  begrusst,  und  beim  Wiederhinaufreiten  bis 
auf  die  H6he  des  Thalrandes  verfolgt.  Ein  Rttckblick  belehrte 
uns,  dass  wir  vom  Gebel  ed-Druz  uns  zu  verabschieden  hatten: 
der  sudliche,  scheinbar  hOchste  Gipfel ')  des  Gebirges,  der  £leb 
(1720  m.)  erglahte  noch  in  alien  Farben  der  untergehenden 
Sonne;  gegen  Osten,  schon  im  Halbdunkel  verloren  sich  ver- 


ctKle»(-.7M» 


schiedene  Kameels-  und  Ziegenherden ;  vor  uns,  gegen  S.W., 
dehnte  sich  eine  steinigte  Hochebene,  aus  der  ein  grosser 
Hngel  der  Tell  el-AschaMr  herausstosst ;  diesen,  sowie  den  kurz 
dahinter  folgenden  Tell  el-Khidr  liessen  wir  rechts.  Zahliose 

l)  ThiUachlich  i»t  die  hochste  Spitie  der  weiter  nordlich  gelegene,  aber  weoiger  herfortre- 
Unde  DaehuelU  (1782  » ) 


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2-4 


F.n>TE8  CAPITEL. 


Steinriegel  und  vollstandige  2 — 3  Meter  hohe  Mauera  oder 
Walle *)  fassen  die  Acker  und  Waideplatze  ein ;  bei  immer 
stftrkerer  Dunkelheit  schienen  die  starrenden  Massen  an  Zahl 
und  Ausdehnung  zu  wachsen;  die  Pferdetreiber,  in  hohem  Grad 
ermildet,  waren  kaum  mehr  zu  beschwichtigen ,  und  auch  die 
Pferde  mussten  stetig  angetrieben  werden.  Endlich  Abends  8  Uhr 
ritten  wir  durch  staubige  von  Mauern  eingefasste  Gassen  bei 
stockfinstrer  Nacht  ziemlich  erschopft  in  "Orman  ein.  Bei  einem 
Haus  mit  dunkler  Vorhalle  stiegen  wir  ab.  Allsobald  erhoben 
sich  verschiedene  Schlafer  aus  ihrer  Uinhilllung  und  begrussten 
den  ihnen  von  fruher  wohl  bekannten  Huber.  Auch  der  fur  die 
ganze  Reise  angenommene  damascenische  Diener  Mal  i  mud  er- 
schien ,  und  meldete  dass  das  schwere  Gepack ,  mit  dem  er 
vorausgeeilt  war ,  bei  den  Beduinen  draussen  in  Verwahr  gegeben 
sei,  morgen  werde  Nachricht  kommen,  wann  die  Karawane 
nach  Kftf  aufbrechen  wolle.  Beim  Schein  einer  Petroleumlampe 
wurde  nnser  kleines  Gepack  die  Stufen  hinauf  geschaftt,  und 
die  Pferde  versorgt.  Allmahlig  fQllte  sich  die  Halle  rait  alien 
mGglichen  Gestalten,  deren  Personlichkeit  zu  erkunden  mir 
heute  Abend  nicht  mehr  besonders  angelegen  war;  mirgeuugte, 
zu  wissen,  dass  der  grosse  Schech  Negm  el-Atrasch,  an  den 
ich  schon  vor  Monaten  von  Strassburg  aus  geschrieben,  bereits 
im  Schlafe  liege  und  nicht  mehr  erscheinen  werde.  Nach  lan- 
gem  peinlichem  Warten  wurde  uns  noch  eine  Mahlzeit  ver- 
abreicht,  Cafe,  Datteln  in  heisser  Butter,  dazu  Leben  (saure 
Milch)  in  Schasseln  und  Rase.  Es  raochte  1 1  Uhr  vorbei  sein , 
bis  sich  die  Neugierigcn  verlaufen  hatten ,  und  nur  die  wenigen 
Personen  zurflckblieben ,  welche  in  der  Halle  selbst  ihr  Nacht- 
lager  aufgescblagen  hatten.  Ich  muss  gestehen ,  ich  freute  mich 
auf  den  wohlverdienten  Schlaf,  legte  mich  in  meinen  Mantel 
nieder  und  rollte  mich  in  meinen  Teppich  ein.  Fremde  Sitten 
in  fremdem  Lande  in  Ehren;  aber  an  eine  Sitte,  oder  vielmehr 
Unsitte  konnte  ich  mich  damals  noch  nicht  gewOhnen,  nam- 

1)  Vgl.  J.  G.  Wetntein,  Reuebericht  fiber  Hturftn  and  die  Trtchonen.  Berlin  1860, 
S.  16  Anm. 


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DAMASCUS  —  ORMAN. 


25 


lich  an  das  unausstehliche  Nacht-Schwatzen ,  ohne  Rucksicht 
darauf,  ob  sich  Einer  hart  daneben  zum  Schlafen  niedergelegt 
hat ,  oder  auch  mitthun  will.  Diese  Naturkinder  sind  ja  nichts 
weniger  als  nervos,  und  haben  keine  Ahnung,  dass  das  eine 
Sprung  des  Schlafes  far  andere  sein  kOnne.  Meinem  lang  ver- 
haltenen  Arger  machte  ich  endlich  durch  ein  zorniges  „So 
schweigt  doch!"  Luft;  die  Leute  fragten  ganz  erst  aunt ,  was 
ich  eigentlich  wolle,  und  fanden  meine  Forderung  nnd  Erkla- 
rung  gleich  unverstandlich.  Nach  kurzer  Pause  fiengen  sie  auch 
•richtig  wieder  an,  diessmal  mit  etwas  gedftmpfter  Stimme.  Erst 
als  ich  Anstalten  machte,  auf  die  Strasse  hinaus  mein  Bett 
zu  verlegen ,  baten  sie  mich ,  doch  zu  bleiben ,  sie  wollten  gewiss 
keinen  Laut  mehr  von  sich  geben. 


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II.  CAPITEL. 

Yon  'Orman  rait  der  Kara  wane  nach  Kaf. 

7.— 10.  Sept  1883. 


Fr.  7.  Sept.  83].  Bei  Sonnenaufgang  herrschte 
schon  reges  Leben.  Leute,  Sitten ,  Hauser,  Alles 
trug  den  Stempel  des  Drusenthums  an  aicb.  Ich 
will  hier  einige  Worte  Qber  diese  eigenthumliche 
Volk einflecbten.  Die  D  r  u  s  e  n  sind nicht 
sowohl  eine  besondere  VOlkerschaft ,  als 


vielmehr  eine  religiose  Secte.  Der  ara- 


bisch-syrischen  MiscbbevOlkerung  angehGrcnd ,  haben  sie  verhalt- 
nissmassig  am  meisten  altsyrisches  Blut  bewabrt.  Man  behaup- 
tet  gewflhnlich,  ihre  ursprunglichen  Sitze  seien  im  Libanon, 
theilweise  auch  im  Antilibanon,  von  Beirut  bis  gegen  §aida, 
sowie  in  der  Nahe  von  Damascus  gewesen,  und  erst  in  Folge 
der  stetigen  K&mpfe  mit  ihren  nOrdlichen  Nachbarn  den  romisch- 
katbolischen  Maroniten,  habe  ein  Theil  von  ihnen  allmablig 
in  der  Ebene  des  #auran  und  im  benachbarten  Gebirge  (daher 
Gebel  ed-DrUz  genannt)  seine  Wohnsitze  aufgeschlagen.  Allein 
diese  Annahme  ist  unricbtig.  Die  Beschlagnabme  dieses  Gebirges 


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ORMAN  —  KAF.  27 

durch  die  Drusen  ist  gewiss  uralt.  Doch  ist  zuzugeben ,  dass  al- 
lerdings  in  neuerer  Zeit,  besonders  nach  den  Christenmezeleien 
zu  Damascus  im  Juli  1860,  diese  Gebirge  im  Sflden  von  Da- 
mascus ,  als  geschlossene  Hochburg  des  Drusenthums  auf  ver- 
sprengte  und  verfolgte  Glieder  dieser  Secte  mehr  Anziehungs- 
kraft  ausgeflbt  hat,  als  der  zuganglichere  Libanon.  So  konnte 
es  in  den  letzten  30  Jahren  geschehen ,  dass  ganze  Reihen  lftngst 
verlassener  Dflrfer  auf  dem  Ostabhang  des  Gebirges  von  den 
Drusen  wieder  besetzt  und  bebaut  wurden. 

Ihre  Gesammtzahl  wird  auf  80000  Kopfe  geschazt.  Gegen  Ende 
des  16.  Jahrhunderts  wurden  sie  den  Turken  tributpflichtig. 
Trotzdem  aber  verstanden  es  einzelne  ihrer  kriegerischen  Fur- 
sten ,  wie  vornehmlich  Fakhr  ed-dln ,  und  der  Emir  Beschir  zu 
Anfang  uusres  Jahrhunderts  ihr  Volk  gegen  die  tTbergriffe  der 
Turken  erfolgreich  zu  vertheidigen  und  demselben  einen  ge- 
farchteten  Namen  zu  erhalten.  Heutigen  Tages  ist  ihre  politi- 
sche  Gliederung  nicht  mehr  so  straff  einheitlich  wie  fruher: 
die  einzelnen  Stamme  stehen  unter  verschiedenen  Schechs,  ja 
einige  dieser  lezteren  fuhren  geradezu  tiirkische  Beamtentitel. 
Und  wenn  auch  die  Tflrken,  die  sich  gern  der  Drusen  gegen 
die  Maroniten  bedienten ,  nicht  wagen  dflrfen ,  in  geschlossenem 
Drusengebiet  Garnisonen  zu  unterhalten  oder  Aushebungen  zu 
veranstalten ,  so  beziehen  sie  doch  von  dort  regelmassigen  Tri- 
but.  Die  Religion  dieser  Leute  kann  als  gnostischer  Islam  be- 
zeichnet  werden,  ein  seltsames  Gemisch  von  altheidnischen , 
christlichen ,  muhammedanischen  und  persisch-dualistischen  Be- 
standtheilen ,  niedergelegt  in  sechs  oder  siebeu  heiligen  Bflchern. 
Die  Seelenwanderung  von  Mensch  zu  Mensch  ist  eine  ihrer  Haupt- 
lehren.  Dass  Wesen  Gottes  kann  nur  erkannt  werden  von  den 
Eingeweihten ,  und  zwar  aus  dessen  Menschwerdungen ,  beson- 
ders aus  der  lezten  in  der  Person  des  agyptischen  Chalifen 
flakim  biamrillah  (996—1020),  dessen  Seele  frflher  in  Jesus 
Christus  gewohnt  hatte.  Einen  besonderen  Priesterstand  haben 
sie  nicht,  sie  zertallen  nur  in  TIkljal,  d.  i.  Wissende  oder  Ein- 
geweihte  mit  verschiedenen  Abstufungen,  und  in  Dschohhal,  d.h. 


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28 


ZW  KITES  0APITE1.. 


Unwissende.  Die  'UfcVal  tragen  losen  Turban ,  mussen  sich  prunk- 
hafter  Kleider  enthalten,  ebenso  des  Weintrinkens  und  Tabak- 
rauchens ,  und  leiten  die  politischen  Angelegenheiten  ihrer  Stam- 
mesgenossen.  Die  Dschohhal  bekammern  sich  wenig  um  die 
Religion ,  sind  weder  an  Fasten  noch  an  Speisegesetze  gebunden , 
verwerfen  die  Beschneidung  und  heirathen  selbst  in  den  aller- 
nachsten  Verwandtschaftsgraden. 

Dieser  Secte  gehOrten  also  alle  die  Personen  an,  die  sich 
jezt  mit  Sonnenaufgang  wie  mit  einem  Schlag  in  der  Halle 
einfanden:  An  der  Spitze  der  ganzen  Gesellschaft  trat  dermach- 
tigste  Schech  aller  Drusen  ein,  der  alte  Ne&m  el-Atrasch,  eine 
wflrdige  Erscheinung  mit  schneeweissem  Bart,  und  gescheidten 
etwas  misstrauischen  Augen;  er  hatte  als  unzertrennlichen  Be- 
gleiter  bei  sich  seinen  Schreiber  oder  Secretar  Abul  $asim; 
dann  kam  ein  Sohn  des  Schechs,  Ibrahim,  erst  17  Jahre  alt, 
etwas  fett  und  eunuchenhaft ;  ferner  ein  Enkel,  Sohn  des 
Schechs  tfusein  el-Atrasch  in  Melah;  sonst  noch  machte  sich 
bemerklich  ein  pfeifenrauchender  Alter,  Aba  Selim,  der  zwar 
schon  in  London  gewesen  war,  aber  nur  confuses  und  unver- 
standliches  Zeug  davon  zu  erzahlen  wusste.  Ausserdem  war 
noch  eine  Menge  Volks  da,  das  in-  und  ausserhalb  der  Halle 
angesammelt  mit  grossem  Anstand  zuschaute.  Alle  waren  ge- 
puzt  und  hatten,  soviel  ich  sehen  konnte,  durchweg  die  Augen 
mit  Kuhl  geschwarzt. 

Kaum  hatte  der  Schech  Platz  genommen,  so  erfolgteeineleb-. 
hafte  Begrilssung  und  Unterhaltung.  Er  machte  mir  Lobspruche 
aber  den  schOnen  Brief '),  den  ich  ihm  von  Strassburg  aus  geschrie- 
ben  hatte,  bemerkte  mir  aber:  „Dein  „Bismi  'llahi  'rrahmani 
'rrahlmi"  2)  an  der  Spitze  Deines  Schreibens  hattest  Du  weglassen 
kOnnen;  war  ganz  aberflussig!"  Die  Frage  nach  meiner  Natio- 
nalitat  beantwortete  ich  durch  J,Alamani,,  und  erklarte  es  durch 
Prussian! ,  was  ihn  jedoch  etwas  argwOhnisch  zu  machen  schien. 


1)  Vgl.  S.  24. 

2)  .Im  Namen  Gottea  du  AUbarfflhcrzigcn  des  Erbarmangareicben". 


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OltMAN  —  KAF. 


29 


Dagegen  nahm  er  die  Geschenke  sehr  wohlgefallig  entgegen, 
vor  Allem  einen  Mauser-Revolver;  nur  hatte  er  lieber  noch 
ein  grosseres  Kaliber  als  11  mm.  gewunscht,  sprach  aber  schliess- 
lich  doch  seine  Zustimmung  aus ,  dass  eine  solche  Kugel  schon 
von  guter  Wirkung  sein  konne.  Den  Mechanismus  und  seine 
Zerlegung  musste  ich  einem  herbeigerufenen  jungen  Mann  er- 
klaren,  der  die  Sache  sehr  rasch  begriff,  und  seine  hochste  Be- 
wunderung  ausdruckte.  Dann  wurden  die  anderen  Geschenke 
vorgelegt,  die  der  Schech  bei  Huber's  jungstem  Besuch  sich 
ausgebeten  hatte,  vornehmlich  Medicamente ,  dabei  auch  eine 
Klystierspritze. 

Eine  fur  mich  unliebsame  ErOfFnung  war  es,  als  uns  der 
Schech  ankandigte,  die  Karawane  habe  sich  3  Stunden  sudlich 
von  hier  versammelt  und  werde  schon  morgen  fruh  nach  K&f 
auf brechen.  Er  versprach  uns  indess ,  sogleich  far  die  nOthigen 
Eameele ,  fur  Wasserschlauche  und  Lebensmittel  sorgen  za  wol- 
len.  Ich  beklagte  schwer,  dass  ich  das  nahe  §alchat  nicht  mehr 
sollte  besuchen  kftnnen,  und  musste  mich  eilen,  wenigstens  die 
acht  griechischen  Inschriften  ')  abzuklatschen ,  die  sich  im  Khan 
und  in  benachbarten  H&usern  fanden.  Der  alte  Aba  Selim  gieng 
mir  dabei  an  die  Hand ,  fuhrte  mich  auch  sonst  in  dem  Stadtlein 
herum,  selbst  ins  Innere  mehrere  Hauser  hinein ;  er  wollte  Staat 
mit  mir  machen,  und  hatte  seinen  Landsleuten  jedenfalls  eine 
fabelhafte  Beschreibung  meiner  Person  gemacht,  denn  bald 
wurde  ich  als  Konsul  bald  als  Beg  angeredet.  In  einem  der 
Hauser,  wahrscheinlich  dem  meines  Fuhrers  wurde  ich  genfl- 
thigt  einen  Cafe  anzunehmen,  wobei  die  Frauen  unverschleiert 
daneben  sitzend  an  dem  Gesprach  Theil  nahmen.  Eine  derselben 
klagte  uber  Schmerzen  in  den  Augen  und  da  ich  bei  naherer 
Untersuchung  bemerkte ,  dass  die  Wimpern  der  unteren  Augen- 
lieder  nach  einwftrts  sich  stulpten ,  so  zog  ich  ihr  verschiedene 
dieser  Widerborsten  mit  einen  Z&nglein  heraus.  Nach  Behebung 

1)  Wohl  aai  dem  3— 4t«»  Jahrh.  n.  Chriato;  ich  bemerke,  daas  die  Stadt  zu  Khren  dca  hier 
gcborcaen  und  im  J.  244  n.  Chr.  auf  den  Thron  g«lang»en  romiachen  Kaiaera  Philippaa  Arab* 
deo  Namen  Philippopolia  fuhrte. 


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30 


ZWEITES  CAPITEI.. 


der  schmerzhaften  Unbequenilichkeit  ergieng  sie  sich  in  lebhaf- 
ten  Danksagungen.  Zum  Schluss  trug  mir  Abu  Selim  den 
Wunsch  vor,  ich  mGchte  die  drei  Frauen  oder  Madchen  zeich- 
nen,  sie  wollten  es  als  Andenken  aufbewahren.  Wiewohl  ich 
kein  sonderlicher  Portratmaler  bin,  lieferte  ich  doch  binnen 
Kurzem  von  diesem  Dreigestirn  ein  Contrafei,  welches  mit 
grosser  Heiterkeit  und  dankbarer  Bewunderung  aufgenommen 
wurde. 

Bis  ich  in  den  Khan  zuruckkam,  dictirte  der  Schech  Negm 
seinem  Schreiber  einen  Brief  an  den  Schech  von  Kaf  'Abdallah 
ibn  Khamis,  worin  diesem  eingescharft  wnrde,  uns  in  jeder 
Hinsicht  eine  gute  Aufnahme  zu  gewahren ,  insonderheit  aber 
uns  einen  billigen  Preis  zu  machen  fur  Karaeelsmiethe  von  Kaf 
bis  zum  Gyof ,  andernfalls  sollte  er  es  schlimm  zu  bussen  haben  ')• 

Uberdiess  hatte  der 
Schech  Negm  bereits 
2  Delul  (Reitkameele) 
fur  uns  gekauft,  zu- 
sammen  t'ttr  31V|  Napo- 
leons (=510  M.),  dann 
5  Lastthiere  bis  Kaf 
gemiethet  fur  300  Pi- 
aster {=  60  M.)  und 
noch  2  Megidi  (7  M.) 
Trinkgeld  verabredet.  Lebensmittel  verschiedener  Art,  Cafe, 
Reis,  Datteln,  Kameelsbutter  in  einem  Schlauch  verehrte  er 
uns  aus  seinen  eigenen  Vorrathen.  Der  Diener  Mahniud  ritt 
mit  den  5  Kameelen  und  dem  schweren  Gepack  um  die  Mit- 
tagszeit  ab,  wahrend  wir  zwei  erst  spater  nachfolgen  wollten. 
Nicht  ohne  ein  gewisses  Bangen  sah  ich  zu,  wie  unsre  zwei 
Reitthiere  gebracht ,  gesattelt  und  bepackt  wurden.  Ich  musste 
mich  jezt  wohl  oder  Qber  mit  dem  Thier  naher  bekaunt  machen 


1)  eCxIj  v_j^\i  .wir  werden  dein  llann  nfrtrtnT  laute<e  der  nnterblfimte  Ansdruck  in 

drohcndnn  Kmpfrhlmipbrief 


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ORMAN  —  KAF. 


31 


und  befreunden,  das  mich  uber  alle  Schrecknisse  der  Waste 
hinuber  meinem  Ziele  entgegentragen ,  und  mir  meine  Aufgabe 
erfftllen  helfen  sollte. 

Das  in  Syrien  und  Arabien  vorkommende  K  am  eel  gehCrt 
durchweg  der  einh6ckerigen  species  Camelus  dromedarius  an. 
Die  Beduinen  unterscheiden  fiir  gew6hnlich  nur  zwei  Arten, 
namlich  erstens  das  gemel  (oder  bacir),  das  zum  Lasttragen 
gebraucbte  Thier,  und  zweitens  das  edlere  Delul das  schnell- 
laufende  Reitthier.  Freilaufend  in  der  Waste  oder  auch  auf  der 
Reise  erhalten  die  Kameele  in  Arabien  keinerlei  Futter  gereicht , 
sondern  sind  daraaf  angewiesen,  ihre  Nahrung  aus  den  wild- 
wachsenden  Strauchern  und  Holzpflanzen  wfthrend  des  Gehens, 
besonders  jedoch  bei  den  Rastpl&tzen  sich  selbst  zusammenzu- 
suchen.  Nur  ganz  selten,  in  der  Nahe  der  wenigen  festen  An- 
siedlungen,  wo  meilenweit  alles  Futter  und  Brennholz  langst 
von  den  Einwohner  geholt  oder  besser  ausgerottet  ist,  ebenso 
in  ganz  trockenen  und  darum  unfruchtbaren  Jahrgangen,  mfls- 
sen  sie  kunstlich  gefuttert  werden ,  und-  zwar  geschieht  diess 
dann  meistens  durch  Darreichung  einiger  ausgesteinten  Datteln. 
In  der  heissen  Jahreszeit  mussen  die  Thiere  spatestens  nach  funf 
Tagen  getrankt  werden ,  sonst  gehen  sie  zu  Grund ;  alle  darflber 
hinausgehenden  Angaben  sind  unrichtig;  ohne  Wasser  sind  sie 
schon  am  vierten  Tag  kaum  mehr  im  Stande  zu  fresaen,  und 
nur  durch  Misshandlung  zum  Vorwartsgehen  zu  bringen.  Da- 
gegen  kann  ich  aus  eigener  Erfahrung  versichern,  dass  die 
Thiere  bei  Grtlnfutter  —  selbst  nach  24  Tagen  —  noch  keiner- 
lei Verlangen  nach  Wasser  bezeugten,  und  dargereichtes  be- 
harrlich  verschmahten ;  man  kann  daher  getrost  behaupten, 
sie  trinken  das  Wasser ,  wie  manche  Menschen  sich  ruhmen , 
nur  im  Nothfall.  Nur  ist  eben  der  Nothfall  in  Arabien  leider 
der  vorherrschende.  Ins  Gebiet  der  Fabel  vollends  ist  zu  ver- 
weisen ,  was  thOrichterweise  noch  in  alien  Kinderbttchern,  aber 
auch  sonst,  zu  lesen  stent,  dass  das  Kameel  in  verzweifelten 


1)  Dalftl,  PlnrelU  Ddlul. 


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/W F.I  TEN  CAPITEL. 


Fallen  geschlachtet  werden  konne,  und  dann  noch  aus  seineni 
Magen  einen  Vorrath  trinkbaren  Wassers  liefere.  Man  uberzeuge 
sich  bei  einem  frisch  aufgebrochenen  Kaineelsmagen :  ich  mOchte 
den  Menschen  sehen,  der  beira  Anblick  und  Geruch  dieser  Ver- 
dauungssafte ,  in  welchen  Disteln  und  Dornen  zu  einem  Brei  auf- 
gelost  werden,  noch  eine  M6glichkeit  einr&umte,  sich  selbst  in 
ausserster  Nothlage,  einen  durststillenden  Trank  zu  verschafFen 
und  sich  dadurch  vom  Tode  zu  retten.  Von  einem  feinen  Delul 
wird  verlangt  schlanke  Bauart,  demzufolge  LeichtfQssigkeit , 
harter  FetthGcker,  eine  gewisse  Dressur  (d.  h.  die  Gew6hnung, 
selbst  wahrend  rascher  Gangart  sich  das  Futter  rechts  und 
links  von  Weg  schon  im  Voraus  zu  erspahen  und  ohne  Aufent- 
halt  zu  erhaschen)  sowie  die  Fahigkeit ,  selbst  in  der  heissesten 
Jahreszeit  bis  zu  fimf  Tagen  den  Durst  ertragen  zu  k6nnen.  Mein 
Delul  hatte  eine  Schrittweite  von  1,95  Meter,  und  legte  als 
Passganger  bei  5500  Halbschritten  in  der  Stunde  etwas  uber 
5  Kilometer,  bei  15 — 18  Stunden  Reitzeit  etwa  80  Kilometer 
im  Tag  zuruck.  Bei  dieser  Gangart  muss  ein  gutes  Delul  noch 
nebenher  fressen  konnen.  Zu  den  Hauptkunsten  eines  Reiters 
gehort  es ,  •  ein  Reitthier  bis  zu  7500  Schritten  in  der  Stunde 
zu  bringen,  ohne  in  Trab  zu  verfallen.  Nur  diejenigen  Thiere, 
welche  bei  kraftigem  aber  hartem  Wustenfutter  aufgewachsen 
sind ,  halten  eine  so  bemessene  Gangart  Tage  oder  gar  Wochen 
lang  aus.  Nach  einem  Razu  (Raubzug)  von  4  Wochen ,  der  in  den 
ersten  7—10  Tagen  bei  20—22  Stunden  taglichen  Marsches  die 
Delule  auts  ausserste  anspannt ,  sind  die  Rttckkommlinge  far  das 
ganze  Qbrige  Jahr  zu  alien  weiteren  Gewaltritten  unfahig ,  und 
milssen,  um  sich  zu  erholen,  unbehelligt  bis  zum  nachsten  Grun- 
futter  in  der  Waste  fressen  durfen.  Von  den  feisten  FetthOk- 
kern  der  Kameele  im  cIra^  spricht  der  Beduine  des  Negd  ver- 
achtlich ;  sie  sind  ebenso  rasch  angemastet ,  als  bei  der  gering- 
sten  Anstrengung  hinfallig  und  werthlos.  Die  Menge  der  im 
mittleren  und  nordlichen  Arabien  sich  nahrenden  Kameele  zu 
schatzen ,  ist  schwierig.  Auf  Grund  der  verschiedenstens  Einzel- 
auskanfte  bin  ich  geneigt,  eine  Zahl  von  mindestens  600,000 


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ORMAN  —  KAF.  33 

dieser  Thiere  anzunehmen.  Davon  mogen  dem  Emir  zu  Hajel 
und  seiner  Familie  etwa  120,000  Stuck  eigenthOmlich  gehOren, 
uber  die  ein  besonderer  verantwortlicher  Oberhirte *)  gesetzt  ist. 

Die  Reitversuche  eines  Neulings  auf  dem  Delul  bilden, 
wie  ich  gleich  zu  Beginn  erfahren  sollte,  stets  eine  recht  mar- 
tervolle  Lehrzeit.  Wo  man  uberhaupt  einmal  gendthigt  ist, 
sich  des  Eameels  zu  bedieneu,  da  kommt  man  auch  unter  12 
Stunden  nicht  leicht  wieder  herunter.  Doch  ist  die  Meinung 
von  der  sich  erzeugenden  Seekrankheit  eine  reine  Fabel;  ich 
bin  gewiss  nichts  weniger  als  ein  Seeheld,  wurde  indess  auch 
keinen  Augenblick  an  die  Opfer  far  den  Poseidon  erinnert;  die 
Schmerzen  sind  vielraehr  rein  mechanisch  bereitete.  Da  die  Gang- 
art  des  Kameels,  im  Gegensatz  zum  Pferde,  nicht  in  einem 
Stossen  von  unten  nach  oben,  vielmehr  in  einem  tauchenden 
Vor-  und  Ruckwartsschieben  sich  aussert,  auch  bei  der  eigen- 
thumlichen  Sitzstellung  des  Reiters,  nicht  die  Innen-Seite  der 
Schenkel ,  sondern  der  ruckwftrts  oberste  Theil  des  Sitzfleisches 
in  Anspruch  genommen  wird,  so  geht  die  Abhoblung  der  zar- 
ten  Oberhaut  und  nach  drei  Wochen  schliesaliche  Verschwielung 
nicht  ohne  die  peinlichsten  Qualen  voruber.  Wenn  ich  spftter, 
nachdem  ich  selbst  ein  fermer  Delul-Reiter  geworden,  der  im 
Lauf  vom  Kameel  hinunter 8)  und  wieder  hinaufzuspringen  ») 
verstand,  und  nach  18-  selbst  20-stundigem  Ritt  noch  keine 
sonderliche  ErmQdung  verspurte  —  wenn  ich  da  einen  Anfan- 
ger  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte,  so  konnte  ich  mich  bei 
dem  Anblick  der  abenteuerlichsten  Stellungen ,  dem  wechselnden 
Probiren  zwischen  Reiten,  Hocken,  Knieen,  Liegen,  des  Mit- 
leids  und  zugleich  Lachens  kaum  erwehren.  Ein  junger  Egyp- 
ter,  mit  dem  ich  am  Schluss  meiner  Reise  den  Weg  von  Ko§er 
nach  Eeneh  am  oberen  Nil  in  4  Tagen  zurttcklegte,  hatte  sich 


1)  LT*£  ^  e,'8««h 
3)  sjCb  UibUk 

»)  luwwal;. 

•J 


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31 


ZWEITRS  OAPITF.I.. 


in  der  Erirmerung  an  fruher  ausgestandene  Schmerzen ,  in  einem 
weibischen  Reitbett,  Schibrijjeh  genannt,  das  Leben  leichter 
gemacht.  Geradezu  komisch  aber  musste  es  den  Kenner  der 
Verhaltnisse  bertthren,  wenn  er  wahrend  des  lezten  englischen 
Feldzuges  gegen  Khartum  in  einem  fQr  europ&ische  Zeitungen 
bestimmten  Bericbt  folgende  schCne  Redewendung  entdeckte: 
.Unsere  Truppen  sind  in  vorzuglichster  Stimmung,  ja  bei  der 
Kameelsschwadron  steigen  sogar  manche  von  ihren  Reitthieren 
ab,  und  gehen  zu  Fuss  daneben  her!"  Die  Grande  far  solche 
freiwillige  Gehlust  dieser  Fussreiter  kdnnen  aus  dem  oben  An- 
gedeuteten  leicht  ermessen  werden. 

Doch  nach  dieser  Abschweifung  wieder  zuruck  nacb  eOrman. 
Der  Nachmittag  vergieng,  die  Abreise  drangte,  und  es  gait 
Abschied  zu  nehmen  von  unsren  Gastwirthen.  Als  ich  mich 
meinem  Delul  naherte,  einem  hochgesattelten  Kameelshengst , 
breit  behangt  mit  den  Doppeltaschen  !),  worin  auf  jeder  Seite 
ein  Kotfer  stack ,  daruber  noch  zwei  kleine  Sacke  8)  oben  dar- 
auf  nocb  mein  Teppich ,  und  als  Bett  eine  abgesteppte  Decke , 
am  hinteren  Sattelknopf  mein  Mauser-Repetir-gewehr  in  Bedui- 
nenfutteral ,  auf  der  anderen  Seite  eine  Sabel-  und  Stocktasche 
dazu  eine  Wasserpfeife  in  einem  Lederbeutel,  da  war  ich  doch 
etwas  befangen;  mir  war  zunachst  unklar,  wie  ich  uber  all 
den  Hausrath  nnd  Gepack  binweg  in  den  Sattel  kommen  sollte. 
Der  bisherige  Besitzer  brachte  das  sich  hin  und  her  windende 
Thier  endlich  zum  Niederknieen ,  trat  ihm  auf  den  zusammen- 
gebogenen  linken  Vorderfuss,  hielt  den  Zaura  fest,  und  rief 
mir  zu ,  ich  solle  schnell  in  den  Sattel  hineinspringen.  Ich  packte 
auch  gleich  die  zwei  HOrner  oder  Knopfe  des  Sattels,  allein 
wie  das  Thier  mein  Vorhaben  merkte,  klappte  es  bereits  mit 
den  Hinterbeinen  in  die  HOhe  und  briillte  so  furchterlich ,  dass 
mir  dem  Ungewohnteu  schier  der  Muth  vergieng.  Der  Mann 
aber  schrie  mir  zu ,  ich  solle  nur  machen ,  dass  ich  hinein- 
komme  und  mich  festhalten  —  also  einen  Satz,  dann  Hess  er 

1)  Khfirg.  Plur»li»:  tkhrttg 

2)  M&wedeh. 


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ORMAN  —  KAK. 


35 


los,  das  Thier  schnellte  in  vier  Absatzen  in  die  HShe,  wobei 
ieh  bald  von  vorn  bald  von  hinten  ganz  unvergessliche  Stflsse 
von  den  hOlzernen  SattelknGpfen  erhielt,  aber  ich  war  doch 
im  Sattel;  mit  mGglichster  Wurde  setzte  ich  mieh  zurecht 
hangte  meine  Fflsse  auf  das  Lederkissen  (merakeh)  aber  den 
Nacken  des  Thiers  hinunter,  nahm  das  Leitseil  in  die  Linke, 
den  Karaeelsstecken  in  die  Rechte.  winkte  noch  den  Drusen 
einen  Abschiedsgruss  zu,  und  folgte  meinem  vorausreitenden 
Gefahrten.  Ein  Stuck  weit  begleitete  uns  noch  ein  alter  Mann ; 
der  sollte  uns  den  Anfang  des  Wegs  zeigen  und  den  Berg,  an 
dessen  Fuss  wir  die  Karawane  treffen  wrtrden. 


Es  war  eine  herrliche  Abendbeleuchtung ;  rechts  draben  hin- 
ter  §alchat  neigte  sich  die  Sonne ,  und  liess  die  Burg  als  dunk- 
len  Klotz  in  scharfen  Umrissen  hervortreten ;  aus  der  hellen 
WQstengegend  vor  uns  hoben  sich  der  Kegel  des  Khidr  Imtan 
mit  einem  Wallfahrtsort  auf  der  Spitze ,  und  die  schwarzen  Gebaude 
des  Dorfes  Imtan  selbst  empor,  begannen  aber  bald  in  rothen 
Farben  zu  ergluhen.  Mit  dem  Scheiden  der  Sonne  traten  sie 
in  blaue  Feme  zuruck,  und  der  Hugel  schien  immer  weiter 
vor  uns  zu  weichen.  Von  einem  Lager  keine  Spur.  Bei  dem 
bisherigen  langsamen  Tempo  waxen  meine  Reitkdnste  ausrei- 
cheud  gewesen,  und  die  Neuheit  der  Bewegung  hatte  sogar 


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3(1 


ZWIOITKS  CAPITEI.. 


einen  gewissen  Reiz ,  wie  aber  einmal  die  Sonne  hinunter  war , 
und  das  Lager  sich  immer  noch  nicht  zeigen  wollte,  drftngte 
mein  Begleiter  zur  Eile.  Da  wurde  ich  denn  sogleich  auf  nicht 
ganz  angenehme  Weise  in  die  hohere  Reitkunat  eingeffthrt  und 
inusste  mich  im  Traben  versuchen.  Diese  Gangart  ist  aber  dem 
Karaeel  so  wenig  als  dem  Reiter  auf  die  Dauer  zutraglich, 
uberdiess  zflgelte  die  Unebenheit  des  Bodens  und  die  plOtzlich 
eingetretene  Finsterniss  sehr  bald  unsern  Eifer.  Mit  einem  Mai 
tauchten  auch  einige  unsicher  flackernde  Feuer  in  der  Ferne 
auf,  verschwanden  indess  ebenso  rasch;  verschiedene  Zuge  frei 
laufender  Kameele  kreuzten  unsere  Richtung  und  bekundeten, 
dass  wir  doch  nicht  mehr  so  weit  vorn  eigentlichen  Lagerplatz 
seiu  konnten.  Der  eben  aufgehende  schwach  leuchtende  Mond 
hinderte  eher,  als  dass  er  uns  behilflich  war,  unser  Ziel  zu 
erkennen.  Den  HQgel  Khirlr  Imtan  hatten  wir  schon  rechts 
hinter  uns,  plfttzlich  stiessen  wir  auf  die  ersten  Zelte,  Kameele 
lagerten  rechts  und  links  in  Massen ;  doch  wo  war  unser  Diener 
Mahmud  mit  dem  Gepack,  wo  war  das  Zelt  des  Schechs? 
Wir  ritten  aufa  Geradwohl  auf  ein  Zelt  zu,  da  erhielten  wir 
den  Bescheid,  das  Zelt  des  Schechs  sei  noch  weit  von  hier, 
wir  sollten  in  dieser  Richtung  vorderhand  nur  noch  getrost 
zwischen  den  Zelten  furbass  reiten.  Das  war  nun  nicht  so  ganz 
einfach:  die  Zelte  waren  furs  erste  ganz  unregelmassig  uber 
ein  weites  Gelande  in  Mulden  zerstreut,  sodann  aber  greift  so 
ein  arabisches  Zelt  mit  den  an  Pfloeken  im  Boden  gespannten 
Stricken  nach  alien  Richtungen  mindestens  viermal  so  weit  aus , 
als  68  selbst  gross  ist,  und  diese  langen  Fangarme  wollen  zu 
Kameel  in  achtungs voile  m  Bogen  umgangen  sein.  Nach  langem 
Umhertasten  und  endlosem  Fragen  nahmen  wir  einen  jungen 
Burschen  mit,  der  uns  durch  den  Wirrwarr  von  Menschen, 
Thieren ,  Zelten ,  Stricken ,  glucklich  zum  Schech  fuhrte.  Es  war 
ein  grosses  dreigetheiltes  Zelt  wo  wir  abstiegen.  Trotzdem  der 
Ritt  nur  etwa  4  Stunden  gedauert  hatte,  war  ich  doch  von  der 
ungewohnten  zusammengekauerten  Sitzstellung  ganz  lendenlahm 
geworden ,  und  wie  ich  zuerst  wieder  den  Boden  mit  den  Fussen 


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ORMAN  —  KAP.  37 

berflhrte,  konnte  ich  einfach  das  Gleichgewicht  gar  nicht  fin- 
den  ,  offenbar  auch  nicht  einmal  mehr  die  Beine  gerad  strecken, 
sondern  taumelte  vier ,  funfmal  herflber  und  hinflber ,  und  hatte 
Milhe  und  Noth ,  mich  nur  soweit  zu  bemeistern ,  dass  ich ,  ohne 
eine  lacherliche  Figur  zu  spielen,  den  uns  angebotenen  Ehren- 
platz  erreichte.  Der  Schech  eAbdan,  Oberhaupt  der  Bani  eEisa, 
eines  Zweiges  der  Bani  §akhr,  hiess  una  willkommen,  und  bat 
uns,  Platz  zu  nehinen.  Ein  grosser  Kreis  von  auf  dem  Boden 
hockenden  Beduinen  erhob  sich ,  und  ruckte  aus  einander.  Dicht 
vor  unsrem  mit  einem  herbeigeholten  Teppich  belegten  Platz 
gluhte  ein  halberstorbenes  Feuer.  Auf  einen  Wink  des  Schechs 
brachte  Einer  in  seinem  Mantel  einen  Haufen  von  trockenem 
Kameelsmist ')  herbei  und  schuttete  ihn  neben  dem  girt  hen  den 
Aschenberg  aus;  theils  uni  uns  zu  ehren,  theils  auch  urn  die 
seltsamen  Gaste  naher  betrachten  zu  konnen,  wurden  immer 
neue  Vorrathe  in  die  Gluth  geschoben  nnd  ein  flackerndes  Feuer 
unterhalten.  Zuerst  wurde  vor  unsern  Augen  der  Cafe  bereitet , 
spater  aus  der  Frauenabtheilung  eine  machtige  Schussel  mit 
Burghul  (aufgequollenem  Waizen)  herQbergebracht.  Hungrig 
wie  ich  war,  konnte  ich  diessmal  die  Beduinensitte  wohl  ver- 
stehen.  Eine  Mahlzeit  ist  bei  den  Beduinen  eine  Sache  fur 
sich;  das  Geschaft  des  Essens  ist  so  wichtig  und  ernsthaft,  dass 
keiner  der  Mitessenden  ein  Wort  sprechen  wird.  Niemand  ist 
verpflichtet ,  irgend  einen  Neueintretenden ,  mag  er  noch  so  vor- 
nehm  sein,  zu  begrussen,  oder  sich  durch  sonst  etwas  in  der 
Arbeit  storen  zu  lassen.  Auch  keiner  der  Anwesenden  wird  et- 
was dazwischen  reden  oder  gar  fragen.  HGchstens  muntert  der 
Gastwirth  die  Essenden  auf,  doch  ja  krftftig  zuzugreifen  und 
nicht  etwa  schon  aufhoren  zu  wollen.  Die  Ehrengaste  erhalten 
vom  Wirth  oder  vom  hCflichen  Mitgast  immer  die  vorzuglichsten 
Bissen  vor  ihren  Platz  in  der  gemeinsamen  Schussel  zugescho- 
ben.  Ist .  Einer  fertig ,  so  schleckt  er  die  Finger  ab ,  gibt  als  Zei- 
chen  des  Wohlbehagens  seinen  dankschuldigen  Ralpser  von  sich , 


1)  b.'r,  eolleeUram;  ciu  oiiueliwi  Stflck:  g«Uh. 


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38 


ZWEITE8  CAPITEL. 


steht  dann  mit  einem  el-hamdu  lillah  („Lob  sei  Gott")  auf ,  geht 
bei  Seite,  wascht  sich  die  Finger  und  den  Bart  nach  MOglich- 
keit ,  und  begibt  sich  dann  in  den  allgemeinen  Gesellschafts- 
kreis  zurflck.  So  kam  auch  heute  erst  nach  der  feierlichen  Es- 
sensstille ,  und  nachdem  das  Geschaft  zu  allseitiger  Befriedigung 
vollendet  war ,  in  lebhafteren  Fluss ,  wobei  politische  Erorterun- 
gen  die  Hauptrolle  spielten.  Die  unablassigen  Fragen  aller  frisch 
Herzugekommenen  nach  unsern  Gewehren  mussten  immer  wie- 
der  von  Neuem  beantwortet  werden ,  und  es  vergieng  die  halbe 
Nacht,  bis  wir  uns  schlafen  legen  konnten. 

Sa.  8.  Sept.  83].  Im  Morgengrauen  ein  Durcheinander  ohne 
Gleichen:  Einzelne  Heerden  wurden  nach  verschiedenen  Rich- 
tungen  auf  die  Waide  getrieben.  Wahrend  noch  da  und  dort 
gepackt  wurde,  setzten  sich  unter  eintonigem  Gesang  schon 
andere  Gruppen  in  Bewegung ;  von  alien  Seiten  her  kamen  lange 
Zflge  von  Lastkameelen ,  und  nahmen  in  aufgelostem  Marsch 
gewiss  einen  Raum  von  vier  bis  ftlnf  Quadra tkilometer  in  An- 
spruch.  Ich  habe  nachher  zwischen  6  und  700  Lastthieren  ge- 
zahlt,  die  meisten  mit  Sacken  voll  Getreide  beladen;  als  Be- 
gleitung  waren  dabei  etwa  170  Manner,  schlecht  bewaffnet, 
aber  mit  feinen  Reitthiercn  versehen ,  ausserdem  20  noch  junge 
Weiber.  Das  war  nun  die  Karawane ,  die  einmal  des  Jahres  aus 
dem  yaurun  nach  Kaf  mit  Getreide  zieht,  urn  dasselbe  gegen 
Salz  einzutauschen ,  und  das  letztere  dann  im  Einverstandniss 
mit  den  Drusen  auf  tdrkisches  Gebiet  einzuschmuggeln.  Dess- 
halb  konnte,  wie  oben  (S.  30)  erzahlt,  Negm  el-Atrasch  ganz 
wohl  gegen  den  Schech  von  Kaf  Drohungen  gebrauchen,  weil 
eben  dieser  mit  seinem  Salzverkauf  ganz  von  den  Drusen  ab- 
hangig  ist.  Die  Bani  Sakhr  besorgen  bei  dem  Geschaft  nur  den 
Transport. 

Die  Strecke  zwischen  'Orman  und  Kaf,  2'/,  Tagereisen  lang, 
ist  als  ausserst  gefahrlich  verschrieen  und  tragt  mit  Recht  den 
Namen  Derb  el-razawat  (»Weg  der  Raubzflge").  Nicht  nur  ein- 
zelne aus  ihren  Stammen  ausgestossene  verbrecherische  Subjecte 
(Bawwal^),  sondern  gauze  Haufen  von  Gesindel  aller  Art  versu- 


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OHVUN  —  KAF. 


39 


chen  in  diesen  Gegend  ihr  Gluck,  und  scheuen  weder  vor  Ge- 
walt  noch  Mord  zurflck.  Es  ist  daher  sehr  begreiflich ,  dass  wir 
diese  einzig  sichere  Gelegenheit  benutzen  und  um  keinen  Preis 
versaumen  wollten. 

Erst  allmfthlig  kam  eine  etwas  geschlossenere  und  gleichmas- 
sigere  Bewegung  in  den  grossen  Massen  zu  Stande.  Die  Rich- 
tung,  welche  eingehalten  wurde,  gieng  Anfangs  ziemlich  genau 
nach  Sud-Sud-Ost,  um  daun  spater  nach  Sud-Ost  uberzugehen. 
Die  Ode  Landschaft  durch  die  wir  zogen,  gehOrte  schon  nicht 
mehr  zu  dem  roth-schwarzen  vulkanischen  Gebirge  der  letzteTage, 
soudern  erOffnete  den  Zugang  zu  dem  weisslichen  ljamad  (Stein- 
wuste).  Nachdem  wir  Imtan  links  hinter  uns  gelassen,  folgten 
auf  der  rechten  Seite  noch  ein  paar  ganzlich  verlassene  Ddrfer 
und  alte  Riiinen  aus  schwarzem  Gestein:  'Anafc,  Rab  und  Der 
el-Kehf.  Nicht  lang  darnach  erstiegen  wir  eine  Hochflache  §a- 
fauwijjat  genannt,  die  in  langsamer  Senkung  eine  ausgedehnte 
Fernsicht  auf  mindestens  80  Kilometer  weit  hinaus  er6ffnete. 
Nocb  einen  letzten  Blick  ruckwarts!  Mit  der  civilisirten  Welt 
hatte  ich  fernerhin  nichts  mehr  zu  thun.  Ich  stand  an  der  Pforte 
des  langersehnten  Landes.  Werden  wohl  alle  meine  Hoffnungen 
und  Traume  in  Erftlllung  gehenl  Bin  ich  der  grossen  Aufgabe 
auch  wirklich  gewachsen?  Werden  nicht  schwache  Stunden 
koramen ,  wo  ich  in  Eleinmuth  versinke  1  Werde  ich  je  die  Hei- 
math  und  meine  Lieben  wiedersehen?  Ich  betete  zu  Gott,  dass 
er  mich  mit  Muth,  Geduld  und  Hoffnung  waffne!  —  Wie  wir 
den  Rand  der  Hochflache  erreichten,  konnten  wir  zum  erste- 
mal  einen  tfberblick  aber  den  ganzen  Zug  der  Karawane  ge- 
winuen:  wir  selbst  befanden  uns  nahezu  am  Schluss  derselben; 
in  eine  Breite  von  einem  halben  kilometer  aus  ein  andergezo- 
gen  und  in  einer  Langenausdehnung  von  2—3  kilometer  senk- 
ten  sich  vor  uns  die  einzelnen  Gruppen.  Dnter  einfOrmigem 
Gesang  wurden  die  Thiere  im  Gang  erhalten ,  mit  Geschrei  und 
Prilgeln  die  stehenbleibenden  angetrieben,  auf  etliche  muth- 
willige  junge  Ausreisser,  die  sich  etwa  bei  einem  fetten  Busch 
abseits  auf hielten ,  musste  mit  '  ist  Jagd  gemacht  werden.  Be- 


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to 


ZWEITES  OAI'ITEL. 


sonderes  Qeschick  zeigten  darin  die  Frauen;  ohne  sich  zu  be- 
sinnen ,  sprangen  sie  auf  das  nachste  beste  Delul ,  um  in  gros- 
sem  Bogen  einen  solchen  Faulpelz  abznfangen,  und  webe  dem 
unvorsichtigen  Schmarotzer,  der  dann  in  den  Bereich  der  kuhn 
geschwungenen  Keule  kam.  Zur  Unterhaltung  fuhrten  dazwi- 
scben  die  Manner  Scheinkampfe  auf  mit  ihren  Sabeln  und  lan- 
gen  Lanzen.  Um  meines  Deluls  mich  zu  vergewissern ,  und  um 
zu  erproben  ob  es  bein  Schiessen  nicht  erschrecke,  feuerte  ich 
einigemale  uber  seinem  Kopfe  unversebens  mein  Gewehr  ab: 
das  Thier  muckste  sich  nicht.  Und  das  diente  mir  immerhin 
zur  Beruhigung  far  den  Fall,  dass  ich  uber  kurz  oder  lang 
doch  einmal  ein  ernsthaftes  Begegniss  erleben  sollte. 

So  ritten  wir  den  ganzen  Tag  uber,  ohne  anzuhalten  bis 
gegen  Sonnenuntergang.  Auf  meine  Frage  nacb  dem  etwas  rath- 
selhafben  (ob  rdmischen  oder  fruh-muhammedanischen  5a«r 
ezrak  d.  h.  „blauen  Schloss"  erfuhr  ich  dass  wir  dasselbe  im 
Laufe  des  spaten  Nachmittags  auf  ein  paar  Stunden  Entfernung 
links  zur  Seite  gelassen  hatten,  ohne  uns  uberhaupt  in  den 
Gesichtskreis  zu  bekommen.  Ich  war  Uber  die  Massen  froh,  als 
als  ich  beim  Hinuntcrsteigen  in  eine  breite  Mulde  BVauwijjeh 
(oder  Ebfcauwijjeh  genannt)  gewahrte,  dass  die  Vorderstcn  be- 
reits  anfiengen  sich  zu  lagern ;  wir  selbst  ritten  noch  mOglichst 
weit  vor ,  und  suchten  uns  ganz  im  Hintergrund  einen  hubschen 
Absteigplatz  heraus.  Binnen  kurzem  waren  unsre  sieben  Kameele 
abgeladen,  und  durften,  der  Burde  ledig,  mit  gelockerten 
Stricken,  sich  noch  an  einem  guten  Futterplatz  erlustieren. 
Die  Teppiche  und  Decken  wurden  auf  den  Boden  gebreitet, 
und  aus  dem  ubrigen  Gepack  eine  Art  Wagenburg  errichtet. 
Der  Lange  nach  ausgestreckt  und  eine  Wasserpfeife  rauchend, 
genoss  ich  mit  Wonne  die  Ruhe  in  der  Abendkuhle..  Da  keiner- 
lei  Zelte  mitgefuhrt  wurden,  war  es  leicht,  das  ganze  Lager 
mit  seinem  regen  Treiben  zu  uberblicken.  Dutzende  von  lusti- 
gen  Feuern  wirbelten  um  die  Wette  ihren  Rauch  zur  Himmel. 
Der  Diener  Mahmud  hatte  sich  zwei  Beduinen  als  Gehilfen  bei- 
gelegt ,  und  wahrend  der  Eine  die  Kameele  beaufsichtigte ,  hatte 


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ORMAN  —  KAF. 


der  Andere  aus  Steinen  einen  Heerd  erbaut  und  schleppte  un- 
ablassig  neues  Brennmaterial  herbei.  Vor  Allem  wurde  der 
Cafe  bereitet ,  daneben  in  einem  eisernen  Henkel-Topf ')  der 
Reis  im  Salzwasser  gekocht.  Den  Durst  zu  stillen  hatte  ich 
den  Tag  fiber  aus  meiner  Feldflasche  das  letzte  saubere  in 
eOrm&n  eingefallte  Wasser  getrunken.  Jezt  war's  mit  der  Herr- 
lichkeit  zu  Ende ,  und  verblieb  mir  nichts  anderes ,  als  aus  dem 
Schlauch  zu  trinken.  Diese  wichtige  Gerath,  bei  den  Bedui- 
nen  Tsirbeh l)  genannt ,  ist  gemeiniglich  ein  Schaf-  oder  Ziegen- 
fell,  bei  welchem  die  mit  Theer  bestricbene  Haar-  oder  Woll- 
seite  nach  innen  gerichtet  ist.  Das  Wasser,  schon  an  und  far 
sich  nicht  besonders  sauberlich,  nimmt  darin  eine  trub-braune 
Farbe  an;  wenn  es  aber  einmal  einen  Tag  oder  langer  durch 
den  Transport  geschuttelt  ist,  so  ballen  sich  die  grObsten  Un- 
reinigkeiten  in  Flocken  zusammen  und  bleiben  in  den  Haaren 
hangen ;  nach  dem  zweiten  oder  dritten  Tag  wird  es  zwar  noch 
brauner  an  Farbe ,  jedoch  im  Ganzen  klarer  und  reinlicher.  Wohl 
oder  ubel  liess  ich  mir  aus  dem  aufgebundenen  Hals  des 
Schlauches  meine  Messingschale  vollfiillen  und  trank  mit  ge- 
schlossenen  Augen  das  Zeug  hinunter.  Brrrh!  Eben  wurde  der 
aufgequollene  Reis  gebracht,  und  mit  flussiger  Butter  uber- 
schuttet.  Auch  darflber  will  ich  noch  den  Schleier  lflften:  so 
lange  in  der  Wuste  Grunfutter  wachst,  also  in  den  Monaten 
December  bis  Marz  geben  Eameele,  Schaafe  und  Gaisen  eine 
gute  dicke  Milch,  die  sich  im  Geschmack  kaum  unterschei- 
det;  in  dieser  Zeit  wird  aus  der  Schaf-  und  Ziegenmilch 
(seltener  aus  Kameelsmilch)  die  Butter  fars  ganze  Jahr  herge- 
stellt;  in  der  spaterer  Jahreszeit  ist  diess  nicht  raehr  m6glich, 
weil  die  Milch  bei  dem  Holzfutter  zu  wflsserig  ist.  Im  Anfang 
noch  consistent,  nimmt  die  Butter,  vom  April  ab,  in  den 
Schlauchen,  worin  sie  aufbewahrt  wird,  dickflussige  Gestalt 

1)  sidr. 

2)  cigtl  :  KirUh  ^  (rgl.  S.  78  Anm). 


42 


ZWEITES  OA  PI  TEL. 


und  einen  unvergleichlichen  Geruch  an.  Im  September,  als  ich 
die  Wuste  betrat,  hatte  demgemass  unsre  Butter  das  ehrwur- 
dige  Alter  von  mindestens  sechs  Monaten ;  trotzdem  lernte  ich 
sie  nach  kurzera  noch  als  einen  Leckerbissen  schfttzen.  Heute 
bei  der  ersten  Vorstellung  konnte  ich  mich  unmoglich  gleich 
damit  befreunden,  und  schlug  daher  meinem  Reisegefahrten 
vor ,  wir  wollten  eine  der  sechs  (!)  Conservenbuchsen ,  die  wir 
nur  fur  den  aussersten  Nothfall  bei  uns  fuhrten,  doch  heute 
schon  opfern.  So  wurde  denn  eine  Buchse  „turkey  and  tongue" 
geflflhet,  und  zum  allgemeinen  Besten  auf  dem  Reis  vertheilt. 
Die  zwei  von  Mahmud  als  Gehilfen  angenommenen  Beduinen 
wurden  von  jezt  ab  auch  zu  unsrer  Gesellschaft  gerechnet,  und 
nahmen  als  ebenburtige  Mitglieder  an  der  Mahlzeit  Theil.  Trotz 
ihres  rohen  Gaumens  merkten  sie  doch  bald,  dass  hier  etwas 
besseres  als  Schaffleisch  aufgetischt  war  und  erkundigten  sich, 
was  das  fur  ein  wunderbares  Gericht  sei.  Ich  erklarte  ihnen, 
das  sei  Dagag  hind!  („indischer  Hahn")  und  Ochsen-  oder  Ealbs- 
zunge,  und  ahnliche  gute  Sachen  gebe  es  noch  mehr  in  christ- 
lichen  Landen.  Gerade  die  lezte  Bemerkung  aber  machte  den 
Einen  stutzig  und  nachdenklich ;  er  hielt  inue  mit  dem  Essen , 
nahm  eine  angstliche  Miene  aus  und  versicherte ,  er  spure  plotz- 
lich  Bauchweh.  Durch  mein  Gelachter  wurden  seine  Bedenken 
nur  noch  gesteigert ,  und  er  platzte  heraus  mit  der  griramigen 
Beschuldigung :  „Das  ist  gewiss  Schweinefleisch!1'  Alle  gegen- 
theiligen  Versicherungen  blieben  wirkungslos;  tief  gekrankt 
gieng  er  abseits  und  machte  es  —  hier  naturlich  ohne  Pfauen- 
feder!  —  wie  die  Rflmer,  wenn  sie  zu  viel  gegessen  hatten. 
Mit  Wasser  spQlte  er  den  Mund  aus  und  rief  immer:  „0  Ver- 
geber  der  Sanden,  ich  bitte  Gott  urn  Verzeihung!M  Der  Kerl 
dauerte  mich  eigentlich,  aber  er  war  nicht  mehr  zu  bewegen, 
aus  dem  Winkel,  in  den  er  sich  gehockt,  herflberzukommen , 
und  irgend  eine  andere  Nahrung  zu  sich  zu  nehmen. 

Da  wir  unter  unseren  Vorrathen  zwei  S&cke  Mehl  mitfuhrten, 
konnten  wir  uns  wohl  den  Luxus  der  Brotbereitung  gestatten. 
Und  zwar  geschah  das  iu  folgender  Art:  Zunachst  wurde  eine 


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HUMAN  — KAF. 


43 


runde  Lederplatte  (Sufrah)  auf  den  Boden  ausgebreitet.  Dieselbe 
hatte  etwa  2llt  Fuss  im  Durchmesser,  und  war  am  Rande  mit 
Ringen  versehen ,  um  im  Bedurfnissfall  vermittelst  einer  durch- 
gezogenen  Schnur  auch  als  Beutel  verwendet  werden  zu  kon- 
nen.  Sie  musste  uberhaupt  zu  verschiedenen  Zwecken  dienen 
bald  als  Tischtuch ,  bald  als  Speisekammer ,  Trankkubel ,  heute 
als  Backmulde.  Nachdem  dann  Mahmud  die  Haude  gewaschen 
hatte ,  schuttete  er  ein  Quantum  Mehl ,  Salz  und  Wasser  in  die 
Vertiefung  des  Leders  und  begann  darin  die  Masse  zu  kneten. 
Das  Ergebni8se,  einen  Ballen  Teiges,  formte  er  zwischen  den 
Handflachen  zu  einem  ein  bis  zwei  Finger  dicken  Kuchen  und 
schob  ihn  unmittelbar  ins  Feuer,  doch  so  dass  der  Kuchen  al- 
lerseits  von  der  Oluth  umschlossen  war.  Von  Zeit  zu  Zeit  klopfte 
er  mit  einem  Stack  Holz  auf  das  Werk  seiner  Backkunst ;  nach 
etwa  sechs  Minuten  belehrte  ihn  der  Klang,  dass  die  Oberseite 
durchgebacken  sei.  Der  Kuchen  wurde  nun  umgedreht,  und  die 
noch  weiche  Seite  ebenfalls  von  oben  her  durch  die  Gluth  in 
kurzem  fertig  getnacht.  Gluhendheiss  herausgenommen  und  nur 
nothdurftig  von  den  grObsten  Kohlen-  Sand-  und  Holzstucken 
gereinigt,  wurde  er  dampfend  an  die  glucklichen  Mitglieder 
der  Tafelrunde  vertheilt.  Bald  darnach  verlangte  der  Schlat 
sein  Recht,  und  unter  dem  funkelnden  Sternenzelt  legten  wir 
uns  mit  unsren  Waffen  zur  Ruhe. 

So.  9.  Sept.  83].  Es  war  noch  stockdunkle  Nacht  (4  Uhr  40), 
als  sich  die  Karawane  wieder  in  Bewegung  setzte.  Erst  wie  die 
Sonne  heraufstieg,  kam  auch  Leben  in  die  Leute,  die  durch 
Gesang  und  Scherze  sich  Unterhaltung  verschafften.  Gegen  elf 
Uhr  bogen  wir  in  einen  Gebirgspass  ein,  wo  sich  unser  Weg 
zwischen  weissen  Kalkfelsen,  denen  schwarzes  Gestein  auf'gela- 
gert  war,  in  die  Hflhe  wand.  Da  wo  sich  die  Schlucht  am 
meisten  verengte,  wurde  von  der  Vorhnt  unter  grossem  Ge- 
schrei  ein  Scheinflberfall  auf  uns  ausgefilhrt,  und  unter  den 
Thieren  eine  heillose  Verwirrung  angerichtet.  Ein  jaher  Seiten- 
sprung  meines  erschreckten  Hengstes  hatte  mich  um  ein  Haar 
in  die  steinigte  Tiefe  geschleudert.  Wahrend  ich  noch  das  Thier 


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44 


/WF.ITE8  CAP1TEL. 


zu  beruhigen  bemuht  war,  erschien  plozlich  von  hint  en  her 
aber  meinem  Haupte  eine  lange  Beduinenlanze ;  der  TrAger 
schrie  .Willst  dich  ergeben  oder  nicht  und  stiess  mir,  ehe 
ich  noch  meine  Waffen  zur  Hand  bekommen  konnte,  mit  der 
Spitze  ')  der  Lanze  mehrfach  in  meinen  Mantel  hinein.  Da  ich 
nicht  leugnen  konnte,  mich  vollkoinuien  in  seiner  Gewalt  zu 
befinden,  so  verlangte  er  ein  hohes  Losegeld.  L&chelnd  kaufte 
ich  mich  mit  einer  Handvoll  Tabak  los;  der  Kerl  wickelte  ihn 
in  den  langen  Armelzipfel  seines  Hemdes,  schwang  den  Ta- 
baksknopf  triumphirend  durch  die  Luft  und  ritt  unter  scherz- 
haftem  Sieges-gesang ,  beneidet  von  seinen  Qenossen,  bis  vor  an 
die  Spitze. 

Die  Gluth  der  Mittagssonne  brachte  diese  larmenden  Vergnu- 
gungen  allmahlig  zum  Schweigen.  Dem  Beispiel  der  meisten 
folgend  hatte  ich  meine  Keffijjeh  fibers  Gesicht  herQber  gezo- 
gen ,  und  dem  Schlaf  nahe ,  schaute  ich  nur  von  Zeit  zu  Zeit 
durch  einen  schmalen  Auslug  vorwarts  auf  meine  nftchste  Um- 
gebung.  Vor  mir  draus  ritt  ein  junger  Bursche  auf  einem  Last- 
kameel;  des  Gleichgewichts  halber  stuzte  er  sich  auf  den  quer 
vor  sich  herubergelegten  Sabel,  nickte  indess  verschiedenemale 
bedenklich  nach  rechts  und  links,  schliesslich  zog  er  vor,  sich 
schrag  aber  die  Sacke  weg  zum  Schlaf  niederzulegen.  Wie  ich 
so  daruber  nachdachte,  ob  ich  wohl  je  im  Stande  ware,  in 
dieser  Lage  zu  schlafen,  schlich  sich  ein  junges  Weib,  das  of- 
fenbar  auch  schon  langer  den  Vorgang  mitangesehen  hatte,  an 
das  Kameel  hinan,  raubte  mit  einem  kQhnen  Satz  dem  arglo- 
sen  Schlafer  Kopftuch  und  Sabel,  schattelte  ihn  an  seinem 
Haarschopf  und  rannte  hohnlachend  spornstreichs  mit  der  Beute 
von  dannen.  In  seiner  durch  das  Gelachter  der  Genossen  gestei- 
gerten  Wuth  aber  die  angethane  Beschimpfung  setzte  der  junge 
Mensch  Alles  dran,  seine  Ehre  wieder  herzustellen.  Allein  die 
Beduinenfrau  ihrerseits  war  auch  nicht  gewillt,  den  Raub  so 


])  UiL&  sohelfeh. 


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ORMAN  —  KAF. 


45 


ohne  Weiteres  herauszugeben ,  und  hatte  sich  die  Sache  fein  vor- 
ausberechnet.  Wahrend  jener  sein  Kameel  zur  Verfolgung  an- 
trieb ,  hatte  sie  sich  schon  vorher  eines  feinen  Deluls  versichert. 
Mit  wahrhaft  bewimderswerther  Gewandtheit,  packte  sie  den 
vom  vorderen  Sattelknopf  herunterhangenden  Strick,  sprang 
mit  einem  Fuss  ab,  mit  dem  andern  gleich  auf  den  Hals  des 
Deluls  und  war  im  Nu  im  Sattel.  Wie  wird  jetzt  die  Sacbe 
ablaufen?  Das  aufregende  Wettrennen  mit  seinen  raancherlei 
Wechselfilllen  und  Kriegslisten  wurde  von  Mannern  und  Wei- 
bern  mit  Geschrei  des  Beifalls  und  Hohnes  begleitet.  Der  baar- 
hauptige  junge  Mann  konnte  sich  zuletzt  nicht  anders  helfen, 
als  dass  er  von  seinem  Kameel  heruntersprang ,  und  dann 
mit  entlehnter  Lanze  in  ausdauerndem  Schnelllauf  die  freche 
Rauberin  einholte.  Aber  selbst  jetzt  fand  er  noch  hartnackigen 
Widerstand.  Doch  gelang  es  ihm  am  Ende,  ihr  den  Sabel  aus 
der  Hand  zu  schlagen,  und  sie  dadurch  zur  Ubergabe  zu  zwin- 
gen.  Das  Delul  selbst  schien  den  Sieg  des  Mannes  zu  missbil- 
ligen  und  gestattete  ihm  nur  widerwillig  und  brullend  den  Sat- 
tel zu  besteigen,  indess  das  Weib  als  Radlfeh  hinter  ihm  ihren 
Sitz  einnahm.  Diese  Abenteuer  gab  mir  zum  erstenmal  Gele- 
genheit  ,  den  Kopf  eines  Beduinen  unbedeckt  zu  sehen ,  ich  hatte 
mir  vorher  auch  gar  keine  Gedanken  daruber  gemacht,  war 
indess  nicht  wenig  erstaunt,  zu  gewahren  und  bestatigt  zu  hfl- 
ren ,  dass  eiu  Beduine  fur  gewohnlich  vier  ZOpfe  J)  tragt ,  zwei 
vorne  d.h.  auf  beiden  Seiten  der  Schlafe,  und  zwei  hinten  in 
den  Nacken  hinab. 

Die  sanftgeneigte  Ebene,  welche  wir  Nachmittags  durchzo- 
gen  war  reich  bestockt  mit  Thymian-duftenden  Futter-  und 
Holzsorten  aller  Art ,  und  wurde  als  ergiebige  Jagdgegend  auf  Ha- 
sen  und  Rebhuhner  gepriesen.  In  der  That  sah  ich  auch  im  Durch- 
reiten  eine  junge  Trappe J) ,  die  der  Verfolgung  durch  nachge- 
worfene  StOcke  und  Steine  noch  glucklich  entgieng.  Im  Hinter- 

1)  Qjy>  KarAn,  eigentlich  •  Horner". 
*)  Jj**-  Uablri 


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46  ZWEITFS  OAPITEL. 

grand  der  Landschaft  machte  sich  ein  Berg  bemerklich,  in  sei- 
nem  oberen  Theil  rabenschwarz ,  im  unteren  mit  weissen  Schich- 
ten  gestreift.  Als  sein  Name  wurde  mir  Raschijjah ,  oder  Rasch- 
raschijjah  angegeben.  An  seinem  Fusse  erreichten  wir  gegen 
Abend  unsern  Ruheplatz  beim  Brunnen  Hazim  (^).  Ein  „Brun- 
nen"  in  der  Waste  besteht  gewOhnlich  aus  20—30  WasserlO- 
chern,  die  oft  uber  einen  grossen  Raum  zerstreut  sind.  Zer- 
stampfter  und  hartgetretener  Boden,  leicht  erkennbare  alte 
Feuerstellen ,  aufgeschuttete  Haufen  von  Kameelsmist  kennzeich- 
nen  seine  Nahe  schon  im  Voraus.  Die  ersten  Ankftmmlinge 
hatten  schon  abgeladen;  brullend  und  in  erstickender  Enge 
drangten  sich  die  Kameele  in  dichten  Schaaren  urn  die  3— 4m 
tiefen  Wasserlocher ,  aus  denen  die  Frauen  in  Lederkubeln  das 
Wasser  den  Thieren  hinaufreichten.  Aus  den  tieferen  und  stei- 
leren  Gruben  wurden  von  den  M&nnern  in  tactmassiger  von 
Gesang  begleiteter  Arbeit  die  schweren  Ledersacke  an  Stricken 
in  die  H6he  gezogen  und  vermittelst  in  den  Boden  gegrabener 
Rinnen  in  flache  Vertiefungen  entleert. 

Nahezu  drei  Stunden  dauerte  das  ununterbrochene  SchGpfen 
und  Tr&nken,  und  wurde  theilweise  in  spater  Nacht  noch  fort- 
gesetzt.  Das  Wasser  selbst  war  ubrigens  herzlich  schlecht.  Die 
Abendkdhle  wurde ,  eben  durch  die  Nahe  des  Wassers ,  so  emp- 
findlich,  dass  ich  nach  beendeter  Mahlzeit  es  behaglicher  fand, 
unter  meine  Bettdecke  zu  schlflpfen  und  von  hier  aus  meine 
Wasserpfeife  zu  rauchen. 

Mo.  10.  Sept.  83].  Da  ich  die  ganze  Nacht  nicht  recht  warm 
geworden  war,  begrusste  ich  es  trotz  der  Madigkeit  mit  Freu- 
den,  als  noch  in  voller  Dunkelheit  (4  Uhr  30)  Mahmud  einen 
trefflichen  Cafe  zur  Erwarmung  brachte.  Lautlos  und  fast  ge- 
spensterhaft ,  von  dera  lezten  Flackern  unsres  Feuers  beleuchtet , 
zogen  schon  verschiedene  Gruppen  dicht  an  uns  vortlber. 

Ich  bestieg  mein  Delul  und  ritt  allein  in  derselben  Richtung, 
die  mir  die  Anderen  genommen  zu  haben  schienen.  Nach  kur- 
zem  wurde  mir  aber  doch  unbehaglich  zu  Muthe;  kein  Laut, 
kein  Anzeichen  mehr  von  all  den  lebenden  Wesen,  die  doch 


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ORMAN  —  KAK. 


47 


gar  nicht  weit  von  mir  desselben  Weges  ziehen  mussten.  Meine 
Begleiter  folgten  auch  nicht  nach.  Etwas  beklommen  rief  ich 
in  das  Dunkel  der  Nacht  hinein.  Keine  Antwort!  Ich  musste 
mich  also  doch  zwischen  dem  hohen  Buschwerk  in  derRichtung 
geirrt  haben.  Zu  weit  rechts,  zu  weit  links?  Um  besser  lauschen 
zu  kSnnen,  versuchte  ich,  uiein  Delul  anzuhalten  machte  aber 
dadurch  das  Thier  nur  scheu  und  unruhig,  so  dass  es  sich  im 
Kreis  drehte,  und  mir  nun  vollends  jede  Orientirung  benahm. 
Mit  Herzklopfen  dachte  ich  an  die  Folgen  meiner  Unbedacht- 
samkeit.  Von  der  ersehnten  Morgendammerung  immer  noch  keine 
Spur!  Vielleicht  weiss  mein  Reitthier  besseren  Rath  als  ich? 
Offenbar  auch  nicht!  Funf,  vielleicht  zehn  Minuten  mochte  ich 
planlos  dahin  geritten  sein,  da  hOrte  ich  plCtzlich  zu  meiner 
Rettung  auf  eine  Entfernung  von  etwa  200  Schritt  ein  Kameel 
brQllen.  Schnell  schlug  ich  die  Richtung  ein,  und  war  unbe- 
schrieblich  froh,  dass  ich  mich  eben  noch  den  letzten  Nach- 
zuglern  anschliessen  konnte.  Im  Morgengrauen  stiegen  wir  in 
einer  Schlucht  aufwarts,  und  oben  wand  sich  eiDige  Stunden 
laug  der  Weg  bald  rechts,  bald  links,  die  scharf  eingeschnit- 
tenen  Schluchten  umgehend.  Mit  einen  Schlag  erflflhete  sich  ein 
neuer  Anblick:  die  Bergmas3en  zertheilten  sich,  abgestutzte 
Kegel  mit  felsiger  Kronung  traten  gleich  Wachtposten  in  die 
schneeweisse  Salzebene  vor.  Hinter  dem  einen  Berg,  dem  ehe- 
mals  befestigten  ^a^r  tjaldi,  lockten  schon  die  dunkelgrOnen 
Palmen  von  K"  t . 


K»ir  5«T4t 


Menschen  und  Thiere  verfielen  angesichts  des  Zieles  in  un- 
willkahrliche  Eile.  Sogar  mein  unwirschas  Delill ,  das  aus  Stolz 


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48  ZWEITES  CAPiTEI.. 

oder  Laune  heute  noch  keine  Nahrung  zu  sich  genommen  hatte , 
und  immer  hatte  angetrieben  werden  raussen,  begann  sich  un- 
erwartet  in  munteren  Trab  zu  setzen,  was  wir  nicht  einmal 
willkommen  war.  Nachdem  wir  am  Fuss  des  £a§r  §a^di  einige 
eingegangene  Brunnen  passirt  hatten,  blieb  uns  nur  noch  ein 
schmaler  Sandrucken  zu  uberschreiten ,  und  links  um  die  Ecke 
lag  vor  uns  Kaf.  Wir  mussten  die  Palmengarten  gerade  bis  zur 
Halfte  umreiten,  um  den  Eingang  ins  Dorf  zu  gewinnen.  Der 
grOsste  Theil  der  Karawaue  hatte  schon  ausserhalb  der  Hauser 
abgeladen  in  der  Ebene  en-Nebk  (sprich  Nebts).  Wir  selbst 
wollten  natflrlich  am  Hause  des  Schechs  absteigen;  das  Thor 
von  Kaf  war  indess  so  niedrig,  dass  wir  nicht  einmal  sitzen 
bleiben  konnten,  sondern  zu  Fuss  unsern  Eiuzug  halten  muss- 
ten.  Stets  mit  Widerstreben ,  und  nur  unter  Stflhnen ,  Knurren 
und  Sichwinden  ist  ein  Kameel  zu  bewegen ,  zwischen  Mauern  oder 
durch  Thore  hindurchzugehen.  So  auch  hier.  Jedes  Thier  musste 
einzeln  an  einem  Strick  vorwarts  gezogen ,  und  von  hinten  ge- 
prugelt  werden.  Bei  dem  geringsten  Anstreifen  des  Gepacks  an 
den  Wanden  wurden  sie  von  diesem  ungewohnten  Gerausch  er- 
schreckt ,  und  stolperten  mit  einem  ungeschickten  Satz  uber  die 
Schwelle  der  engen  Pforte  hinein.  Mein  hohes  Delul  hatte  so- 
gar  das  Missgeschick  mit  dem  Sattel  am  Deckbalken  des  Thores 
anzustossen:  krachend  flog  das  eiae  schOne  Sattelhorn  mir  vor 
die  Fflsse.  Wir  uberschritten  noch  den  freien  Platz,  der  sich 
im  Hintergrund  in  eine  Sackgasse  fortsetzte ,  und  liessen  da  vor 
dem  durch  seinen  Thurm  kcnntlichen  Hause  des  Schechs  cAb- 
dalUh  el-Khamis  unser  Gepack  abladen. 

In  dem  uns  eingeraumten  Hause,  das  nur  aus  einem  grossen 
finsteren  Gemaoh  bestand,  wurde  rasch  noch  etwas  gesaubert. 
Zuerst  wurde  der  Boden  aufgekehrt  und  mit  Wasser  besprengt, 
dann  Strohmatten  daraufgelegt ,  unser  Gepack  hineingeschafft , 
die  Khorg  ])  sammt  den  Waffen  an  die  WandpflCcke  gehangt , 


Plnrali.  j'i-'   Doppcltnache  fiir'i  Gepiiek. 


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OIIMAN  — KAF. 


49 


\v 

I 
t 


unsre  Teppiche  an  die  Feuerstelle  auagebreitet ,  und  zur  Auf- 
lehnung  des  Armes  die  Kameelssattel  neben  die  Sitze  geruckt. 
Der  Schech  'Abdallah  el-Khamis,  des  Lesens  und  Schreibens 
unkundig,  liess  sich  von  Mah- 
mud  den  drusischen  Erap- 
fehlungsbrief  des  Negm  el- 
Atrasch  vorlesen,  und  hGrte, 
ohne  eine  Miene  zu  verzieben ,  i  <• 
stand  haft  den  Wortlaut  (s.  S. 
30)  mit  an;  er  versicherte, 
er  wolle  fur  uns  Alles  thun , 
was  in  seinen  Kraften  stehe, 
wir  m6chten  nur  einstweilen 
uns  moglichst  nach  Bebagen  hier 
einricbten ,  und  verlangen  was  wir 
wunschten.  Fur  die  dringendste 
Befriedigung  der  Neugierde  der 
draussen  stehenden  Einwolmer 
sorgte  unter  der  Hand  Mahmud; 
er  leistete  darin  das  Menschen- 
m6gliche.  Uw  ihnen  unsre  Vornehmheit 
einigermassen  begreiflich  zu  machen, 
erklarte  er  ibnen,  wir  seien  hOher  als 
alle  tttrkischen  Paschas ,  ilberhaupt  die 
machtigsten  Begs  (Bakawat)  der  Chris- 
tenbeit;  den  Huber-Beg  haben  sie  bei 
seinem  fruheren  Hiersein  einfach  unter- 
sch«1zt;  der  andere  Beg  sei  eher  noch 
hOher  an  Rang.  Ungewiss  wie  er  mich 
nennen  sollte ,  frug  er  bei  mir  an ,  was 
fur  einen  Namen  ich  kflnftig  zu  fQhren 
wunscbte.  Es  hatte  zu  unleidlicben  Fra- 
gen  und  ErOrterungen  geftlbi-t ,  ja  es  ware  tlberhaupt  ganz  sinnlos 
gewesen ,  den  Leuten  begreiflich  machen  zu  wollen  ,  dass  Jemaud 


50 


ZWETTES  OAPITF.I.. 


Euting  heisse,  und  so  nahm  ich  —  nicht  ohne  Beziehung  auf 
meine  damaligen  wahhabitischen  Plane  —  friachweg  den  Namen 
'Abd  el-wahhab  ')  an.  Das  fand  Jederman  verstandlich ,  und 
kein  Mensch  hielt  sich  daruber  auf. 

1)  .Diener  d»  AUgeben". 


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III.  CAPITEL. 
KAf. 

10.  Sept  -  3.  Oct.  1883. 


<-jA,  •/^i;  <•"<"  .  ^r^t 


M*Kei 

Das  Dorf 
Kaf1)  liegt 
in  einer  Salz- 
ebene ,    e  n- 

Nebts 
waeafceleh 
genannt,  die 
sich  gegen 
Westeii  und 
S.  W.  etwa 
eine  Tagreise 
weit  aus- 
dehnt;  auf 
den  anderen 

Seiten  ist  es  eingerahmt  von  den  gefransten  Auslaufern  eines 


?    S  > 

ft-** 


Urn  *t  to.*,*.*  *«Tf    f-  i 


1)  Ich  babe  spater  noeh  einen  sweitea  Namen  atu  dem  Muode  der  Schainmar-Beduinen  ge- 
hort,  kann  aber  die  Notu  niebt  mehr  findea:  el-Rreifeh  oder  el-Kbreitcheb  ?  Wean  du  letztere 
richtig  ist,  m  wftrde  daraut  to  achlieaaen  win,  data  die  Beaiedlnng  (lurch 
namigcn  Stammea  (einee  Zweigea  der  Baa!  Sakhr)  erfolgt  iat. 


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52  DRITTES  CAPITEL. 

Gebirges ')  ohne  gemeinsamen  Namen.  Man  sagt  gewOhnlich , 
dass  der  im  S.  0.  des  Gebel  ed-Driiz  entspringende  Wadi  Bagil , 
vom  ?asr  ezrak  an  auch  mit  dem  Namen  Wadi  Sirhan  belegt, 
zusammenhangend  bis  hieher  reiche.  Ich  will  aber  hier  gleich 
bemerken,  dass  meine  beduinischen  Begleiter  den  W.  Sirhan 
erst  acht  Stunden  weiter  sud6stlich ,  jenseits  von  lthreh ,  seinen 
Anfang  nehmen  liessen.  Die  Hauser  des  Dorfes ,  etwa  30  an  der 
Zahl  sind  in  zwei  Hauptgruppen  getheilt,  die  nur  durch  die 
Palmengarten  mit  einander  zusammenhangen.  Die  mannliche 
Bevdlkemng  mag  Alles  in  Allem  90  Kdpfe  betragen.  Der  weniger 
wichtige  Ostliche  Theil  hat  einen  breiten  Zugang  ohne  Thor, 
besitzt  weniger  Garten  und  auch  geringere  Brunnen.  Im  west- 
lichen  Theil  wohnt  der  Schech  'Abdallah  el-Khamis ;  seine  Hau- 
sergruppe  ist  stattlich ,  mit  mehreren  H6fen  versehen.  Trotzdem 
dass  die  Gewinnung  des  Salzes  und  sein  Verkauf  ihm  ziemlich 
Geld  eintragt,  und  er  dem  gemass  als  vermGglich  bezeichnet 
werden  kann,  ist  er  doch  sehr  zum  Geiz  geneigt  und  stellt 
sich  immer  arm.  Freilich  muss  er  nicht  nur  an  den  Emir  zu 
yajel,  sondern  auch  an  die  Drusen,  und  noch  uberdiess  an 
verschiedene  Beduinenstamme  Abgaben  zahlen.  Wollte  er  heute 
die  herk&mmlichen  Zahlungen  auch  nur  an  einen  dieser  Oberen 
oder  Verbundeten  einstellen,  so  ware  es  binnen  Eurzem  um 
seine  Herrlichkeit  geschehen,  und  sein  Salzhandel  wurde  erheb- 
liche  Einbusse  erleiden.  Die  Garten  des  Dorfes  sind  lauter  Pri- 
vateigenthum ,  und  als  solches  einzeln  mit  besonderen  Mauern 
eingefasst.  Da  in  den  grosseren  derselben  ein  oder  gar  mehr 
Brunnen  sich  befinden,  die  ihrerseits  wieder  zu  f6rmlichen 
Teichen  mit  einem  Rinnensystem  ausgearbeitet  sind ,  so  kflnnen 
alle  Dattelbaume  wenigstens  abwechselnd  reichlich  bewassert 
werden;  sogar  noch  ilberschussiger  Ablauf  ist  vorhanden,  der 
dann  den  kleineren  Besitzern  zu  gut  kommt,  und  bei  besseren 

1 )  Die  obige  Karte  ist  cntworfen  nach  einom  Panorama ,  daa  ich  nnter  Zohilfenahme  des 
Compaaaet,  Tom  Gi|>fel  dot  Ka?r  Sa'id!  aus,  gezeicbnet  habe.  Die  FratiMD  dc»  Gebirget  konoten 
turn  Theil  nur  aehematiKh  behandelt  werden ,  and  uber  die  Zwitchenglieder  der  entfernteren 
Bergapitten   rennag  ich   keine  weiteren  Angaben  iu  machen.  Auch  die  Kntfernungen  sind  nor 


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KftF. 


53 


Jahrg&ngen  in  den  an  der  Aussenseite  befindlichen  Abtheilun- 
gen  etwas  Getreide-  oder  Gemusebau  zu  betreiben  gestattet. 
Im  Besitz  von  450—500  Palmbaumen  kann  Kaf  for  ein  reiches 
Dorf  ans&ssiger  Beduinen  [tfa- 
cjarf]  gelten;  ich  will  desshalb 
hier  seinen  typischen  Plan  aus- 
fQhrlich  geben. 

Die  Sprache  der  Leute  zu 
Kaf  weicht  schon  sehr  stark  von 
dem  Vulgar-arabischen  in  Sy- 
rien  ab.  Die  Aussprache  der 
Gaumenlaute  kann  als  untrug- 
licher  Prufetein  bedninischen 
Dialeetes  angesehen  werden :  vor 
i  und  e  werden  k  und  V  (q) 
regelmasaig,  vor  a  manchmal, 
(vor  u  niemals)  gequetscht  zu 
ts;  bei  dieser  Aussprache  kann 
dann  k  und  ]f  durchaus  nicht 
mehr  unterschieden  werden  '). 
Der  unglfickliche  Buchstabe  g 
erleidet  aber,  wie  auch  ander- 
warts ,  die  mannigfaltigste ,  hier 
sogar  vierfache  Aussprache :  ich 
habe  das  Wort  fur  Berg 
aussprechen  hOren  1.,  gewOhn- 
lich :  gebel  2.,  yebel  3.,  (schrift- 
arabisch:)  dschebel  4.,  schebel 
(damascenisch,  mit  weichem  sch 
=  FranzOs.  j).  Vor  dem  Diph- 
thong au  (6)  lautet  es  wie  gy, 
z.  B.  gyaue         ^Hunger",  OjssJ!  el-Gyof ,         Gy6har.  Aus- 

c^Jt  sjuf  Utf  ent  .wie  gehts  DirP";  ^ 


1)  AUo  c.  8.  der  gewohnliche 
taem  .wie  »iel?";  wJ^  irU»b,  eigentlich  ,«U  nuf,  eil  dich!";  ^  Vj>  Wrrib  'M 


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54 


DR1TTES  CAPITFX, 


serdem  sind  die  gebrauchlichsten  Redensarten  ganz  andere  als  in 
den  syrischen  Stadten:  „Was  ist  das?"  woschu?  (far  y»  ^  ^Ij) 
auch:  schinu;  „wie  ist  das,  qualis?"  schl6nu?  (sjy!  ^& 
wniorgen"  batser)  f\S)\  ,ubermorgen"  c6fcub  batser  (yb  w^); 
•  „gesternM  (^T);  „fernd"  cam  (*U);  ,heuer"  ha'sseneh  (kjuJII*);  ,in 
diesem  Land"  biha'ddere(t)  (S^jJt  L$-j);  ,8ch6n"  zen  (^); 
„es  macht  nichts"  oLllia^  L*  ma  ikhalif;  „ich  weiss  gewiss  nicht" 
ma  adri  wallah  (*JUIj        L») ;  die  gewOhnliche  Efoflichkeits  = 

(auch  Dankes  =)  Formel  ist :  Allah  isallimak  (dLjLg  kJUI)  u.  dgl. 

Fflr  die  Thiere  hat  man  ganz  besondere  Rufe :  Kameele  jagt 
man  fort  mit  Dah!  Dah!,  Pferde  mit  gsch  gsch!,  Esel  und 
Schafe  mit  Kharr,  Kharr!,  Ziegen  mit  Kh  Kh!  Der  Lockraf 
fQr  Kameele  ist  Hoit,  Hoit!,  far  Schafe  Tirrr,  trrr,  trrr!,  weit 
verlaufenen  Kameelen  ruft  man  mehrmals  Hirrrtsbtf!  Ange- 
trieben  werden  die  Kameele  mit  Heik,  Heik!  Um  sie  zura 
Niederknieen  zu  bringen,  muss  man  unter  leichtem  Klopfen 
auf  den  Hals ,  ihnen  zurufen  Khll  Khll  (etwa  wie  galisches  LI.) 

Uber  die  Natur  und  den  Ursprung  gewisser  arabischer  Laute 
fiel  es  rair  hier  wir  Schuppen  von  den  Augen.  Wer  auch  nur 
einige  Zeit  mit  Kameelen  zu  thun  gehabt  hat,  musz  sofort  die 
unumsttfszliche  tlberzeugung  gewinnen ,  dass  die  ganz  specifischen 
Laute  der  arabischen  Sprache  dem  Kameel  entlehnt  oder  nach- 
gebildet  sind.  Einem  tuchtigen  Lautphysiologen  musste  es  ein 
Leichtes  sein,  die  rOchelnden  und  gurgelnden  Tone,  besonders 
aber  die  nasalirten  Uutturale  cAjin  und  Rajin,  aus  ihrem 
Urbild  in  den  Tonen  des  Kameels  nachzuweisen  und  zu  erklaren. 
Ich  muss  mich  eigentlich  nur  wundern ,  dass  diese  naheliegende 
Beobachtung  nicht  schon  von  anderer  Seite  gemacht  worden  ist. 

Alle  die  Theilnehmer  der  Karawane  wurden  vom  Schech 
gruppenweise  bewirthet,  die  meisten  aut  dem  freien  Platz 


a-nir  -geh  her  ans  Feucr!";  *jy»  tsirbeh  Wattenchlanch";  t*>ltb  .Brunaen"  (aber  Plu- 

rali«:  kulbUn);  Leute  atu  .fidlieberen  Diatrictea  (el-Kaaim,  W.  Dawftair)  aprachcn  p*f  bald 
taeblr.  bald  Uchebtr. 


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55 


gleich  wenn  man  zum  Thor  hereinkommt,  andere  im  Vor- 
raum  vor  dem  Hause  des  Schechs.  Wir  als  die  Bevorzugten, 
erhielten  unsern  Cafe,  Datteln  und  Gurken  in  dem  schon 
erwahnten  Dlwan,  oder  ftahwah  einem  etwa  12  Schritte 
langen  und  4  Schritte  breiten  Gemach,  das  abgesehen  von 
einigen  hochangebrachten  Mauerschlitzen  Luft  und  Licht  nur 
durch  die  Thure  empfieng.  Die  einzige  MoMrung  bestand 
aus  einem  Heerd  mit  Blasbalg  und  einem  steinernen  Morser; 
dann  waren  an  den  Wanden  eingeschlagen  einige  Holzpflocke, 
auf  dem  Boden  Strohteppiche  gelegt;  fertig.  Ein  grosser  Theil 
des  Eaumes  war  durch  unsre  vielen  Kisten'  und  sonstiges 
Reisegepack  in  Anspruch  genommen,  so  dass  far  Besuche  der 
Platz  oft  nicht  reichen  wollte.  Dennoch  drangten  sich  den 
ganzen  Tag  Qber  die  Bewohner  des  Dorfs  sowohl,  als  unsre 
bisherigen  Reisegefahrten  aus  und  ein,  Alle  in  der  stillen 
Hofmung,  dass  wir  unsre  Gewehre  vorzeigen  mCchten.  Die  ge- 
wOhnliche  Frage  war,  ob  die  Gewehre  Marte  (Mareti)  seien, 
d.h.  Martini-System,  also  die  tflrkische  Militarwaffe.  Antwort: 
Nein,  Mauser!  .Was  ist  dasst"  Da  guck!  Bi3  zur  Maazlosig- 
keit  steigerten  sich  die  Rufe  des  Erstaunens,  wie  bei  Entladung 
des  Magazins  die  neun  Patronen  eine  nach  der  anderer  heraus- 
flogen.  Und  immer  kamen  wieder  neue  Menschen  herein ,  stunden- 
lang  hockten  sie  da  oder  legten  sich  auf  den  Boden  und  schauten 
unverrttckt  auf  die  an  der  Wand  hangenden  Wundergewehre. 
Gliicklich,  wem  auch  nur  der  Anblick  der  Futterale  bescheert  war ! 

Das  Verlangen  mich  einmal  wieder  einer  grundlichen  Sau- 
berung  zu  unterziehen  trieb  mich  in  den  Garten.  Mit  mirgieng 
ein  Sclave,  der  mir  behilflich  sein  sollte;  wie  er  im  Begriff 
war ,  einen  ersten  Eimer  Wasser  uber  mich  hinunterzuschutten , 
machte  er  die  Entdeckung,  dass  sich  auf  meinem  linken  Ober- 
arm  eine  machtige  Kameelslaus  ■)  festgesetzt  hatte ,  und  meinte 
lachend,  die  musst  ich  doch  eigentlich  selbst  gespttrt  haben. 
Dies  Thier  lag  mir  indess  entfernt  nicht  so  schwer  an ,  als  der 


1)  BedomiKhe  AuMprache  ist  Kahfcuwah. 
2)  o\j>  Krld. 


56 


DIUTTES  CAPITEL. 


schraerzhafte  Wolf,  den  ich  mir  durch  die  dreit&gige  Lehrzeit 
(vgl.  S.  33)  von  cOrman  bis  Kaf  auf  meinera  zarten  Sitz- 
fleisch  erworben  hatte.  Der  Sclave  konnte  zuerst  gar  nicht 
glauben,  dass  die  zwei  blutrunstigen  Flatten  von  diesem  ein- 
fachen  Vorgang  herrtthren  sollten ,  und  drQckte  seine  hochlichste 
Verwunderung  aus.  Als  das  Bad  beendet  war,  besah  ich  mir 
noch  den  Garten  sammt  den  Brunnen ,  und  begann  zu  zeichnen. 
Nach  dem  Nachtessen  kamen  noch  weitere  Besuche,  oder  viel- 
leicht  immer  wieder  dieselben  —  mir  schienen  beinahe  alle 
auszusehen  einer  wie  der  andere  —  jedenfalls  konnte  ich  die 
mir  gleichgiltigen  Physiognomien  im  Anfang  nicht  recht  un- 
terscheiden;  sie  raumten  erst  in  sp&ter  Nachtstunde  das  Feld. 
Wegen  der  Hitze  in  dem  Kahwah  machten  wir  unser  Nacht- 
lager  in  den  Hot"  hinaus,  muszten  denselben  aber  mit  dem 
Pferd  des  Schechs  theilen.  Das  Thier  war  die  ganze  Nacht  un- 
ruhig ,  und  konnte ,  wiewohl  an  einem  Strick  angebunden ,  doch 
im  Hof  herumgehen;  es  benagte  sogar  des  fifteren  mein  Bett. 

Di.  11.  Sept.  83]  Bis  ich  aufstand  hatte  die  Karawane  schon 
langst  wieder  den  Ruckweg  noch  cOrman  angetreten,  nicht 
ohne  ein  unliebsaraes  Andenken  zu  hinterlassen ,  denn  mit  ihr 
waren  auch  zwei  Sacke  Salz  und  drei  Pistolen  verschwunden. 

Der  heutige  Ruhetag  war  unsrer  KGrperpflege  gewidmet.  Um 
der  Reinlichkeit  und  Bequemlichkeit  willen,  liessen  wir  uns 
von  dem  Diener  Mahmud  das  gesammte  Kopfhaar,  mit  Aus- 
nahme  des  Bartes,  radical  mit  dem  Scheermesser  abrasiren  — 
eine  filr  den  Augenblick  nicht  ganz  schmerzlose  Erleichterung. 
Auch  an  dem  Rasirmesser  gieng  die  Procedur  nicht  spurlos 
voruber:  der  viele  Staub  und  Sand,  der  sich  in  den  Haaren 
und  der  Kopfhaut  festgesetzt  hatte ,  brachte  dem  Messer  tuch- 
tige  Scharten  bei.  Doch  machte  uns  der  Anblick  und  die  Be- 
fahlung  unsrer  weissen  glatten  KOpfe  viel  Freude.  Auch  die 
Barte  wurden  etwas  morgenlandischer  hergerichtet ;  vor  allem 
musste  der  Schnurrbart  die  Oberlippe  sichtbar  erscheinen  las- 
sen,  denn  das  Hereinragen  von  Haaren  uber  oder  in  den  Mund 
gilt  mit  Rilcksicht  auf  das  Essen  als  eine  unschickliche  Bei- 


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Kft*.  57 

gabe  ').  Nicht  mit  Unrecht.  Sollte  es  etwa  schOn  sein ,  wenn  ein 
Mann,  nach  der  bei  Englandern,  Amcrikanern  und  deren  AfFen 
weitverbreiteten  Sitte,  alle  Speisen  und  Getranke  zuerst  durch 
sein  hOchsteigeues  Haarsieb  laufen  lasst,  dann  von  Zeit  zu  Zeit 
mit  aufgezogener  Unterlippe  oder  Zunge  die  Speisereste  ein- 
schlttrft,  oder  gar  rait  eineni  Tuche  ira  Bartezerreibt?  —  Ferner 
stellten  sich  die  Hemden  als  des  Wechsels  dringend  bedarftig 
heraus;  sie  hatten  in  den  acht  Tagen  nebenher  als  Handtuch, 
Servietten  u.  dgl.  redliche  Dienste  gethan. 

Des  Nachmittags  kam  ein  15-  oder  16-jahriger  halbgewach- 
sener  Bursche,  Namens  cAli,  ohne  Hemd  und  ohne  Kopfbe- 
deckung,  bloss  rait  einem  Mantelfetzen  nothdflrftig  bekleidet, 
in  unsern  IJahwah ,  grusste  ins  Allgemeine ,  und  setzte  sich  in 
die  finstere  Ecke.  Aut'  meine  Anfrage,  was  er  eigentlich  da 
wolle,  erklarte  er,  er  mochte  nns  bloss  sehen,  und  bei  der 
Gelegenheit  seine  Wasserpfeife  rauchen.  Ich  hielt  ihm  entge- 
gen ,  ob  denn  das  hier  in  Kaf  so  Sitte  sei ,  wie  das  liebe  Vieh  2) 
ohne  alle  Kleider  Besuehe  zu  machen;  darauf  erwiederte  er 
jammernd,  er  habe  einmal  nichts  Anderes,  und 
kunne  auch  nichts  dafur. 

Wie  sich  herausstellte  war  er  fruh  verwaist, 
Geld  hatte  er  natrtrlieh  keines,  und  fur  einen 
Raubzug  war  er  noch  zu  jung;  also  wie  hatte 
er  zu  anderen  Kleidern  kommen  sollen? 

Vor  Sonnenuntergang  machte  ich  noch  einen  Gang  uras  Dorf 
herum.  Als  Nachtessen  wurde  uns  eine  Schilssel  voll  Milch, 
mit  Gurken,  Badingan  und  Brod  darin,  vorgesetzt.  Ich  ver- 
zichtete  auf  diese  Mischung,  und  begnugte  mich  mit  Datteln. 
Des  Nachts  machte  sich  das  Pferd  des  Schechs  los,  und  zuallem 
Obcrflusse  stellten  sich  auch  noch  einige  Ziegen  ein,  und  be- 
schnupperten  neugierig  unser  Lager. 

Mi.  12.  Sept.  83]  Far  heute  war  ein  Besuch  in  dem  benach- 


1)  Vgl  Landb«rg,  Proverbcs  ct  'idons  p.  255. 

2)  ,>5>>SI  kamitl  el  w.l.Bch 


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1 


58  DRITTES  OAPITEL. 

barten  Dorfe  Ithreh  in  Aussicht  genommen.  Der  Schech 
'Abdallflh  bestieg  sein  Pferd,  wir  unsre  Kameele;  auf  dem  Wege 
tiber  mehrere  Einsattlungen  hinweg  trafen  wir  verschiedene  ver- 
lumpte  Kerle,  die  oflfenbar  der  Jagd  nachgiengen.  Nach  zwei 
Stunden  wurde  in  der  Ebene  das  £asr  Waschwasch  sichtbar, 


zehn  bei  einander  liegende  mit  Brunnen  versehenen  Hauser,  von 
12  Mannern  bewohnt.  Eine  halbe  Stunde  abseits  von  da  liegt 
in  einer  Ausbuchtung  der  weissen  Salzebene  das  Dorf  Ithreh 
mit  120—130  Seelen. 

Ausserhalb  des  Dorfes  war  einige  Zelte  aufgeschlagen ;  eines 
derselben  hatte  als  Scheidewand  einen  grossen  persischen  Teppich, 
ehemals  gewiss  ein  Prachtstuck,  (mOglicherweise  von  der  "Wah- 
babiten-Beute  in  Kerbelah  1801  stammend)  und  selbst  jezt  noch  in 
seinem  jammerlichen  Zustand  von  auffallender  Farbenschouheit. 
Beim  Einreiten  ins  Dorf  bemerkte  ich  im  Boden  einen  Stein 
mit  einem  Loch  in  der  Mitte;  man  sagte  mir,  dass  die  Leute 
darin  ihr  Schiesspulver  bereiten.  Vor  dem  Haus  des  rothhaari- 
gen  Schechs  von  Ithreh  stiegen  wir  ab.  Er  bewohnt  ein  Hans 
oder  alterthQmliches  Schloss,  das  im  Gegensatz  zu  alien  abri- 
gen  Hausern  aus  dunkelschwarzen  also  wohl  aus  yauran  stam- 
menden  Steinen  erbaut  ist.  Der  Schech  bewirthete  uns  mit  noch 
unreifen,  gelben  Datteln  (Bisr)  und  mit  Cafe,  spater  mit  BadingAn 
(Melongena)  Bamieh  (Hibiscus  esculentus)  und  Brod,  und  liess 
dann  einen  Menscben  kommen ,  der  mein  zerbrochenes  Sattelhorn 
(s.  S.  48)  wieder  leimte  und  mit  einer  Blechhulse  zusammeu- 
flickte;  fflr  dieses  Kunststuck  erhielt  er  V4  Megidi  (1  Pranken). 
Nach  dem  Essen  begab  ich  mich  in  den  Palmengarten.  Wah- 
rend  ich  an  einem  der  Brunnen  oder  Teiche  mich  zu  einem 
Mittagsschlafchen  niederlegte ,  stellten  sich  etliche  junge  Men- 


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59 


schen  ein ,  um  in  dem  Brunnen  zu  baden.  Ich  wurde  indess  bald 
durch  Flintenschflsse  aufgeschreckt ,  denn  die  Bursche  hatten  zwei 
gelbe  Vdgel  in  der  Grdsse  von  Staaren  geschossen.  Dieselben 
wurden  noch  halb  lebendig  an  einen  Ladstock  gespiesst,  und 
iiber  einem  Feuer  von  Palmzweigen  unausgenommen  saramt 
deD  Federn  gebraten.  Das  Ergebniss  waren  zwei  schwarze  Klum- 
pen ,  an  Aussehen  wie  zwei  in  der  Asche  gebratene  Kartoflfeln. 

Als  ich  mir  das  Haus  des  Schechs  naher  betrachtete,  be- 
merkte  ich  uber  der  Eingangsthure  zum  Hof  auf  der  steinernen 
Oberschwelle  einen  Halbmond  in  erhabener  Arbeit,  daneben 
einige  Wasm  (Stammeszeichen  der  Beduinen)  eingemeisselt ,  in 
der  Steinlage  daruber  eine  kufische  (altarabische)  Inschrift  mit 
der  Formel,  die  sich  geradeso  auch  auf  den  Abbasiden-Milnzen 
findet  ,Im  Namen  Gottes  des 


mungsreichen !  Es  ist  kein  Gott  j  a^tJ^Jl j^^^dl aWrfUl-W 
ansser  Gott,  er  allein,  er  hat  ^^^J'^^ 
keinen  Gefahrten.  Muharamed| 

ist  der  Gesandte  Gottes,  den  er  gesandt  hat  mit  der  [richtigen] 
Leitung  und  der  wahren  Religion ,  um  sie  strahlen  zu  lassen  | 

aber  alle  Religionen,  auch  wenn   ■  j  ■  j  j — 

Widerstand    leisten    diejenigen   ~~T    L      \      V — I  

welche  Gott  einen  Gefahrten bei-        i  v** 'Mi!'    1^ [ 


lichen  flauses  war  neben  einem 
Fenster  ein  roher  Kopf  ausgemeisselt ,  aber  dem  Ganzen  ein 
hubsches  Stein-Gesims  mit  zwei  Tragern. 

Trotzdem  dass  die  Sonne  sich  neigte,  machte  cAbdallah  im- 
mer  noch  keine  Anstalten  zur  Rackkehr  nach  Kaf ,  und  meinte 
bedeutungsvoll ,  es  kOnnten  heute  Abend  noch  Gaste  aus  dem 
Gyof ')  hieherkommen.  Wir  machten  noch  einen  Gang  aussen 
urns  Dorf  herum,  besahen  die  Salzgruben  und  wollten  eben 


1)  So  und  nicht  ander.  wird  der  Name  dicacr  Oa«  an  Ort  und  Skllc  an»gc.prochen. 


legen  [ 

An  der  Ostwand  des  alterthum 


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60 


imiTTES  CAI'ITFX. 


die  Ruinen  eines  schwarzen  ausserhalb  des  Dorfes  liegendeu 
Hauses  aufsuchen ,  siehe  da  kamen  5  gut  bewaffnete  Reiter 
auf  leichtfassigen  schongesattelten  Delulen  von  S.  0.  her  schnur- 
stracks  auf  uns  zugeritten.  Verduzt  uber  die  rathselhaften 
Fremden  hielten  sie  ihre  Thiere  an  und  machten  ihre  Waffen 
bereit.  Huber  und  ich  nahmen  ebenfalls  die  Gewehre  zur  Hand, 
und  starrten  ihnen  entgegen.  Waren  es  Rauber  oder  Freunde? 
Sie  batten  das  Kopftuch  vor  des  Gesicht  gezogen.  PlGzlich 
schrie  einer  wie  wahnsinnig:  Huber!  Huber!  hieng  das  Gewehr 
an  den  Sattelknopf ,  sprang  vom  Kameel  herunter  auf  Huber 
zu,  den  er  umarmte  und  mit  Fragen  bestflrmte.  Eh  ich  michs 
versah ,  wurde  ich  gleich falls  in  die  Begruszungsscene  verwickelt. 
Statt  jeder  Auf  klarung  gieng  einfach  der  grosse  hagere  Beduine 
auf  mich  zu,  und  erdruckte  mich  fast  mit  seinen  moschus- 
duftenden  Kussen,  und  seiner  dringlichen  vier,  fnnfmal  wieder- 
holten  Frage:  Tsef  ent,  tsef  ent?  („Wie  gehts  Dir?").  Erst 
nach  dem  sich  der  Begrflssungsturm  gelegt  hatte,  erfuhr  ich, 
dass  das  J,Ianiud  el-  Migrad  J)  aus  Hajel  sei,  von  dem 
Schammarfursten  oder  Emir  Muhammed  ihn  Raschid  cigens 
abgesandt,  um  uns  in  Damascus  abzuholen.  Zum  Verstandniss 
muss  ich  hier  einschalten,  dass  ich  noch  vor  meiner  Abreise 
von  Strassburg,  schon  Anfang  Marz  1883  an  den  Emir  zu  Hajel 
einen  Brief 2)  gerichtet  hatte ,  worin  ich  ihm  Hubers  nnd  meine 
Absicht  ins  Schammarland  zu  reisen  mittheilte,  und  zugleich 
einfliessen  liess,  dass  wir  ihm  mitbringen  werden  alles,  was 
sein  Herz  begehre  (d. h.  Waffen),  doch  mOchte  er  so  gut  sein, 
und  uns  einen  zuverlassigen  Mann,  am  liebsten  den  Hamud 
el-Migrad,  welchen  Huber  schon  von  seiner  ersten  Reise  her 
kannte,  bis  Damascus  entgegenzuschicken.  Diesen  Brief,  sowie 
einen  zweiten,  fur  des  Emirs  Vetter  Hamud  el-cObeid  be- 
stimmt,  hatte  ich  eingeschlossen  in  das  Schreiben »)  an  den 
Drusen-Schech  Negm  el-Atrasch ,  dem  Alles  zusammen  im  April 

1)  Mit  seincm  vollcn  Naroen  ITamAd  ibn  Tbr&htro  ibn  MA«4  ibn  al-Mierfld;  vgl.  fiber  ihn 
weiter  uoten. 

2)  Schon  arabiach  alyliairt  von  meinem  Freund  A.  Socin.  8)  S.  28. 


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61 


durch  einen  Expressboten  des  kais.  d.  Viceconsuls  zu  Damascus 
H"  Lutticke  zu  weiterer  Besorgung  ubergeben  worden  war.  Der 
Brief  an  den  Emir  scheint  aber  in  cOrman  langere  Zeit  liegen 
geblieben  zu  sein,  bis  sich  eben  ein  Mensch  fand,  bereit  seinen 
Kopf  aufe  Spiel  zu  setzen  und  den  14-tagigen  Ritt  mit  dem 
Papier  nach  Hajel  zu  unternehmen;  jedcnfalls  hat  sich  dieser 
Bote  nicht  sehr  beeilt,  und  liess  sich  gewiss  unterwegs  an  den 
paar  bewohnten  Platzen  als  Uberbringer  eines  Briefs  an  den 
Fursten  mit  Gastereien  aufs  ausgiebigste  feiern.  Der  Schijukh  •) 
befand  sich  ubrigens  zur  Zeit  nicht  zu  Hajel  selbst,  sondern, 
wie  wir  erst  jezt  erfuhren ,  auf  einem  Feldzug  noch  jenseits  von 
*Onezeh,  also  mindestens  10  Tagreisen  im  Suden  von  seiner 
Hauptstadt  und  erhielt  erst1)  dort  meine  Briefe.  An  diesem 
Kriegszug  nahm  auch  Hainud  el-Migrad  Theil,  und  bekam 
dort  vom  Schijukh  den  Befehl,  sogleich  nach  Damascus  aufzu- 
brechen,  urn  uns  abzuholen.  Er  hatte  nur  zwei  Tage  unter- 
wegs in  Hajel  sich  aufgehalten,  um  verschiedene  Auftrage  fQr 
Damascus  vorzubereiten ;  von  Hajel  hieher  war  er  14  Tage  auf 
der  Reise  gewesen.  Als  Begleiter  hatte  er  bei  sich  einen  Halb- 
neger  Ibrahim  Abu  Khalil,  einen  gewissen  Mehatil  Abu  Hamed 
aus  dem  Gyof,  einen  Damascener  Kameelshandler  Husein  und 
einen  Eingeborenen  aus  Ithreh ,  der  sich  ebenfalls  im  Gyof  ihm 
angeschlossen  hatte:  beladen  war  er  mit  einer  Masse  Briefe 
und  Auftrage  fur  Damascus.  Das  Letztere  war  nun  eine  fflr 
mich  erschreckende  Zugabe,  denn  es  bedeutete  einfach  eine 
ReiseverzOgerung  von  drei  Wochen.  Ich  hatte  keine  Lust, 
nochmals  nach  Damascus  umzudrehen,  und  wenn  auch  Huber 
bereit  war,  den  Hamad  dorthin  zu  begleiten,  so  stund  mir 
doch  die  harte  Geduldsprobe  eines  mehrwOchentlichen  Aufen- 
thalts  in  dem  trostlosen  Dorfe  Kaf  in  Aussicht. 

Ein  so  hoher  Abgesandter  des  Emir  wurde  naturlich  ganz 


1)  Mit  diMein  Pluralia  maje»taticu»  wird  der  Emtr  grwohnlich  von  seinen  Untcrtbanen  ge. 
nannt,  wenn  tie  von  ihm  in  der  drittcn  Person  reden. 

S)  B»  tei  .am  Sten  Tog  nach  dem  'Id"  (nach  Knde  dea  Ramadhan)  geweeen  alio  am  7.  Au- 
gust 1883. 


62  DR1TTES  OAPITEL. 

anders  empfangen  und  bewirthet ,  als  wir  diesen  Morgen :  zuerst 
reife  Datteln  (tamar),  keine  Bisr  mehr,  dazu  Butter.  Der  Schech 
schlachtete  unverzOglich  eine  Gaise,  und  rait  dem  Blutwurden 
unsre  Kameele  am  Hals  und  rechten  Schenkel  bestrichen.  Das 
ist  bei  den  Beduinen  eine  Ehrung  fur  den  Gast,  damit  alle 
etwa  des  Wegs  Kommenden  sogleich  inne  werden,  dass  far 
solche  vornehme  Reisende  geschlachtet  worden  sei.  Von  diesem 
Essen  weg  erhob  sich  die  ganze  Gesellschaft  und  begab  aich 
hinuber  in  das  Haus  des  Ansassigen,  der  mit  Main  in  I  zusammen 
die  Reise  vom  Gyof  hieher  gemacht  hatte.  Da  giengs  hoch  her ! 
Eine  vollstandige  zweite  Mahlzeit,  wie  sie  eben  nur  ein  Bedui- 
nenmagen  unmittelbar  hinter  einer  anderen  pr&stiren  kann.  Der 
Gastgeber  suchte  offenbar  den  Schech  noch  zu  ilberbieten :  Alles 
war  noch  reichlicher  und  jedenfalls  reinlicher  als  beim  Schech. 

Wahrend  der  Bereitung  des  Cafes  wurde  ein  Koh- 
lenbecken  ')  gebracht,  aus  Holz  geschnizt ,  und  mit 
verziertem  Messingblech  beschlagen.  Auf  die  glu- 
henden  Kohlen  wurde  wohlriechendes  Sandelholz 
(eud  oder  ward)  geworfen,  so  dass  ein  lebhafter 
Rauch  sich  entwickelte.  Vornehme  Leute  rauchern 
sich  damit  bloss  den  Bart,  indem  sie  das  Gefass  mit  der  rechten 
Hand  darunter  halten,  und  mit  der  linken  gleichzeitig  durch 
den  Bart  streichen ;  der  gewOhnliche  Beduine  aber  durchrauchert 
auch  die  Innenseite  der  Keffijjeh  (des  Kopftuchs),  und  halt  das 
Gefass  selbst  unter  den  Mantel  bis  zu  den  Achselh6hlen.  Das 
Raucherwerk  wird  im  Nothfall  aufgefQllt ,  und  ein  oder  zweimal 
im  Kreis  herumgegeben. 

Noch  in  spater  Nacht  wurde  vor  dem  Dorf  draussen  bei  dem 
Kameelshandler  Husein  abermals  ein  Cafetrunk  gehalten,  und 
erst  hier  vor  ausgewahlter  Gesellschaft  wurden  die  wichstigten 
politischen  Nachrichten  aus  dem  Negd  durchgesprochen.  —  Zum 
Verst&ndniss  der  heutigen  politischen  Verhaltnisse  im  Negd 


1)  Bj^Uo  roibkharah. 


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kAf.  63 

(Central-Arabien)  muss  ich  eigentlich  auf  den  kurzen  geschicht- 
lichen  Abriss  aber  die  Wahhabiten  verweisen,  den  ich  im  7ten 
Capitel  bei  Hajel  gebe ,  und  will  hier  nur  vorausschicken ,  dass 
im  grossen  Ganzen  um  die  Herrschaft  in  Inner-Arabien  heuti- 
gen  Tags  zwei  Herrscherfamilien  sich  streiten ,  die  der  Religion 
nach  beide  zur  wahhabitischen  Form  des  Islam  sich  bekennen, 
namlich  in  der  sadlichen  und  sudostlichen  Halfte  die  Familie 
des  Ibn  Sa'ud  (Residenz:  Ryan1),  in  der  nGrdlichen  und  nord- 
westlichen  die  Familie  des  Ibn  Raschid  (Residenz:  Hajel).  Die 
lezteren,  die  Raschididen,  haben  sich  aus  ursprunglichen  Statt- 
haltern  der  Sa'udiden  schon  seit  den  zwanziger  Jahren  dieses 
Jahrhunderts  zu  immer  grdsserer  Selbstetandigkeit  emporgear- 
beitet,  und  seit  den  glucklichen  Kriegszugen  des  Muhammed 
ibn  Raschid ,  also  seit  den  lezten  zwanzig  Jahren ,  ist  der  Stern 
des  Ibn  Sa'ud  immer  mehr  im  Sinken  begriffen  l).  Es  ist  nun 
aber  ausserat  schwer,  uber  die  wahren  Zustande  und  Ereignisse 
in  Inner-Arabien  zuverlassige  Berichte  zu  erhalten.  Das  Wenige 
was  nach  Europa  dringt,  ist  meist  durch  ein  turkisches  Sieb 
gellossen.  HOrt  man  aber  an  Ort  und  S telle  unabhangige  Be- 
duinen,  so  muss  man  erstens,  sobald  es  sich  um  Zahlen  han- 
delt,  unendlich  viel  tJbertreibung  abrechnen  (so  bei  Angaben 
uber  Beute  und  Verluste),  und  zweitens  die  personliche  2u- 
oder  Abneigung  des  Erzahlers  in  Anschlag  bringen,  denn  da- 
lauten  naturlich  aus  zwei  feindlichen  Lagern  die  Berichte  aber 
einen  und  denselben  Vorgang  ganzlich  verschieden.  So  hatten 
wir  z.  B.  kurz  vor  dem  Antritt  der  Reise  nach  Arabien,  aus 
Constantinopel  eine  beunruhigende  Nachricht  erhalten,  wonach 
Muhammed  ibn  Raschid  auf  einem  Feldzug  gegen  seinen  snd- 
lichen  Rivalen,  eine  oder  mehrere  bedeutende  Schlappen  durch 
den  £Abdallah  Ibn  Sacud  erhalten  haben  sollte.  Da  wir  dazu- 
malen  uns  noch  mit  dem  Plan  trugen ,  von  Hajel  nach  Rijad  zu 
gehen,  so  musste  uns  viel  daran  gelegen  sein,  aber  den  Sach- 


1)  Neuerdin^  ist  to*  d«m  Negd  die  Kunde  gekotnmen,  dass  Iln  Htuchid  den  Ibn  Sa'fid 
TolUtiadig  betiegt  and  anterworfen  bat. 


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64 


DRiTTES  CAPITEL. 


verhalt  verlassliche  Auskuni't  zu  erhalten.  Eine  ahnliche  nur 
noch  schadenfrohere  Version  hatten  wir  im  Lager  der  Bani  cEisi\ , 
bei  Imtan ,  vernommen.  Da  wusste  einer  zu  erzahlen ,  Ibn  Sacud 
habe  dem  Ibn  Raschid  einen  Brief  geschrieben ,  es  konne  nur 
Einer  im  Negd  herrschen  („entweder  Du  oder  ich"),  er  wolle 
es  auf  einen  Entscheidungskampf  ankommen  lassen.  Bei  diesem 
lezteren  habe  Ibn  Raschid  schmahlich  den  Kflrzeren  gezogen: 
im  Suden  der  Stadt  cOnezeh  vollstandig  geschlagen,  habe  er 
grosse  Kameelsheerden  und  viele  Pferde  eingebusst.  Nun  hatte 
uns  zwar  der  Schech  cAbdallah  gleich  bei  der  Ankunft  in  Kaf 
wieder  beruhigt:  im  Gegentheil!  Ibn  Raschid  habe  den  Ibn 
Sa'ud  gefangen  genommen ,  aber  aus  Grossmuth  ihm  wieder  die 
Freiheit  geschenkt  und  denselben  sammt  zwei  Delul  nach  Rijad 
entlassen.  —  Von  den  Ankommlingen  aus  Ilajel  hatte  aller- 
dings ,  bei  gutem  Willen ,  autheutischer  Bericht  geliefert  werden 
konnen;  desshalb  sollte  jezt  Hamud  el-Migrild  Aufklaruug  ge- 
ben.  Der  filhrte  uns  aber  erst  recht  hinter's  Licht,  und  gab 
folgende  Lesart:  Ibn  Sacad  sei  wegen  unheimlicher  Anzeichen 
und  grosser  Unzufriedenheit  seiner  Unterthanen  zu  irgend  einer 
kriegerischen  Unternehinung  gezwungen  gewesen ,  und  habe  sich 
zu  diesem  Zweck  mit  dem  Stamm  der  eAteibeh  verbOndet.  Ibn 
Raschid,  von  Allem  genau  unterrichtet ,  habe  sich  plOtzlich  und 
mit  grossem  Ungestum  auf  die  cAteibeh  geworfen ,  und  dieselben 
so  grtlndlich  ausgezogen ,  dass  ihnen  kein  K(;sscl  und  kein  Faden 
mehr  blieb.  Mit  knapper  Noth  sei  Ibn  Sacud  entronnen,  mit 
der  Absicht  sich  in  den  Wadi  Negran(!)  zu  wenden ,  unterwegs 
aber  dem  Stamm  der  Harb  in  die  Hande  gefallen.  Die  Harb 
liessen  dem  Ibn  Raschid  .sagen ,  jezt  haben  sie  den  Ibn  Saeud , 
und  seien  bereit ,  ihn  auszulielern.  Ibn  Raschid  wollte  ihn  jedoch 
nicht  durch  frerade  Gnade  haben,  ertheilte  ihnen  vielmehr  den 
Rath ,  ihn  freizulassen ,  und  ihm  noch  einige  Delul  auf  den  Weg 
mitzugeben.  —  Die  Darstellung  des  lezten  Vorgangs  mit  den 
llarb  klang  zwar  schon  von  vornherein  ganz  unwahrscheinlich , 
ich  behielt  indcss  meine  Zweifel  bei  mir,  und  der  alte  Khalaf 
(s.  S.  08)  sagtc  mir  spater,  die  ganze  Erzahlung  sei  ein  Mar- 


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KftF.  65 

chen.  Wenn  ich  somit  auch  nicht  klug  aus  der  Sache  werden 
konnte,  so  gieng  mir  doch  soviel  aus  den  widersprechenden 
Nachrichten  hervor,  dass  der  Kriegszug  gegen  Ibn  Sarud  und 
die  eAteibeh  zum  mindesten  nicht  glanzvoll  filr  den  lbn  Raschld 
verlaufen  war,  und  noch  weniger  zu  einer  Entscheidung  uber 
die  Rivalitat  zwischen  den  beiden  Gegnern  gefuhrt  hatte. 

Do.  13.  Sept.  83]  In  der  Fruh  wurde  gleich  wieder  einereich- 
liche  Mahlzeit  aufgetragen,  und  dann  um  7Vj  Uhr  nach  dem 
benachbarten  $a$r  Waschwasch  hinubergeritten.  Wir  wollten 
uns  eigentlich  gar  nicht  bier  aufhalten,  alleiu  ehe  wir's  uns 
versahen,  waren  die  Kameele  von  neuem  mit  Blut  bestrichen; 
es  war  also  bereits  abermals  fur  uns  geschlachtet  worden.  Um 
10  Uhr  war  auch  dieses  Festmahl  uberstanden,  und  um  12  Uhr 
ruckten  wir,  verstarckt  durch  die  Leute  vom  5asr  Waschwasch , 
in  stattlichem  Zug  wieder  in  Kaf  ein.  Zwei  Mann  waren  voraus- 
geritten,  um  die  Ankunft  so  vieler  Gaste  zu  melden.  Im  Hofe 
standen  die  Kinder  des  Schechs  —  fast  unkenntlich !  —  in  frisch 
gewaschenen  Hemden.  Binnen  Kurzem  waren  sammtliche  Manner 
und  jungen  Bursche  des  Dorfs  theils  im  #ahwah  tbeils  im  Hofe 
des  Schechs.  Der  Gesellschaft  wurden  frische  Datteln  gereicht, 
und  nachher  eine  Gurke  von  einem  Meter  Lange.  Nachmittags 
8choss  ein  junger  Kerl  einen  grau  und  gelb  gezeichneten  Vogel ; 
als  Zeichen  seines  Jagdgluckes  bestrich  er  den  Schaft  seiner 
Luntenflinte  mit  Blut  und  Federn  des  erlegten  Thieres,  und 
rostete  dann  am  Ladstock  den  Vogel  schier  bis  zur  Verkohlung. 

Fr.  14.  Sept.  83]  Beim  Cafetrinken  ein  Schausspiel,  wie  es 
nur  hier  moglich :  der  Schech  eAbdallah  ermunterte  und  unter- 
richtete  seinen  dreijfthrigen  Sohn  Khamis  im  Rauchen  eines 
Nargilehs  ( Wasserpfeife) ! 

Wegen  eines  Salzdiebstahls  in  der  vergangenen  Nacht  gab  es 
diesen  Morgen  auf  dem  freien  Platz  im  Dorf  eine  regelrechte 
Schlacht.  Die  zwei  Haupthahne  giengen  auf  einander  dar  mit 
Hacken  und  Prtlgeln,  andere  mischten  sich  drein  mit  Keulen ') 


1)  <iUft  'elk. 


60, 


nmrres  oapjtel. 


und  Sabeln.  Ea  wurde  feat  drauf  los  geklopft,  und  ein  frecher 
Negerbub  erhielt  von  'Abdallah  sogar  ein  paar  tuchtige  Hiebe 
mit  der  flachen  Sabelklinge,  dass  das  Blut  von  ihm  floaz. 
Durch  die  Verbannung  der  Hauptschuldigen  in  den  Garten  des 
Schechs  loate  sich  die  Angelegenheit  zu  allgemeiner  Befrie- 
digung  auf. 

Zum  Morgenesaen  waren  wir  in  der  oatlichen  Halfte  des  Dorfes 
bei  einem  gewissen  Mansur  eingeladen.  Er  ist  nftchst  dem  Schech 
der  reichste  Mann  in  Kaf,  Besitzer  eines  Pferdes,  und  gefallt 
sich  sehr  in  einer  feuerrothen  Tuchjacke,  die  er  irgendwo  ein- 
mal  erbeutet  haben  muss.  Dass  er  schon  mancherlei  Handel 
mitgemacht  hat,  davon  zeugen  zahlreiche  Narben,  und  etliche 
eingeschlagene  Zahne.  Heute  wollte  er  sich  durch  eine  grossar- 
tige  Bewirthung  auszeichnen ,  und  hat  auch  wirklich  den  Schech 
glanzvoll  auagestochen.  Auf  den  Abend  desselben  Tages  muasten 
wir  nochmals  einer  Einladung  zu  ihm  Folge  leisten. 

Mit  Hamud  el-Migrad  besprachen  wir  heute  unsre  Zukunfts- 
plane;  er  erOfraete  uns  gunstige  Auasichten:  solange  wir  im 
Schammargebiete  seien,  brauchten  wir  far  Nichts  zu  sorgen; 
der  Schijukh  werde  uns  ilberall  hin  die  besten  Begleiter  mit- 
geben  und  Vorrathe  so  viel  wir  wollten;  er  halte  es  fur  sehr 
wohl  moglich,  dass  Ibn  Sacud  selbst  um  die  gleiche  Zeit  nach 
Hajel  komme,  wie  wir,  und  dann  sei  ja  fur  unsre  Reise  nach 
Rijad  am  besten  gesorgt;  sollte  er  aber  zu  einer  Zeit  kommen, 
wo  wir  von  Hajel  abwesend  waren ,  so  wurde  der  Schijukh  ihn 
bis  zu  unsrer  Ruckkunft  hinzuhalten  suchen,  unter  alien  Um- 
standen  wurde  dieser  ihm  von  unsrem  geplanten  Besuche  in 
Rijad  reden,  und  sich  das  Veraprechen  unsrer  Wohlfahrt  ge- 
ben  lassen. 

Abends  saszen  wir  lange  im  Mondschein  zusammen.  Es  be- 
durfte  langeren  Zuredens,  bis  Einer  seine  Rebabah  holte, 
ein  einsaitiges  Instrument,  das  mit  i  Fingern  gespielt  und  mit 
dem  Bogen  gestrichen  wird.  Zu  den  klagenden  Lauten  recitirte 
ein  alter  Mann  eine  l£asldeh  (Gedicht),  die  ich  nur  zum  ge- 
ringsten  Theil  verstehen  konnte.  Die  Leute  waren  alle  mehr  oder 


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67 


minder  befangen,  durch  die  Gegenwart  IJamuds,  der  aus  dem 
fromm-wahhabitischen  Ilajel  kam,  wo  jede  laute  Freudenausse- 
rung,  besonders  aber  die  Musik,  fur  unanstandig  und  gottlos  gilt. 

Sa.  13.  Sept.  83]  Die  Vorbereitungen  zu  Hubers  Rackreise 
mit  Hamud  und  Genossen  nach  Damascus  nahmen  noch  im 
Morgendunkel  ihren  Anfang.  Hamud  liess  abermals  alle  seine 
Briefe  durch  die  Hand  gehen,  ob  keiner  verloren  sei;  da  waren 
Schreiben  nach  §alkhat,  ferner  an  Muhammed  ibn  Dukhi  ibn 
Zmer  von  den  Wuld  cAll  (eAnezeh),  tlberdiess  ein  ganzes  Bundel 
Briefe  nach  Damascus  bestimmt.  Huber  sollte  ihm  versprechen, 
an  den  franz6sischen  Botschafter  in  Constantinopel  zu  telegra- 
phiren,  ob  er  nicht  die  Pforte  (D6leh)  bewegen  kOnnte,  das 
unlangst  durch  den  Pascha  von  Medio  eh  besezte  Khaibar  an 
den  Schijukh  zuruckzugeben ;  dann  rechnete  er  vor,  was  er  fQr 
Einkaufe  in  Damascus  zu  machen  babe ,  und  hoffte  4  (!)  Wochen 
—  ich  hoffe  nicht  solang  —  in  Damascus  schwelgen  zu  kOn- 
nen  l).  Auch  mein  schOnes  Delul  bat  er  sich  fQr  die  Reise  aus  , 
und  ruhte  nicht  eher,  als  bis  er  mir  die  Zusage  erpresst  hatte, 
mein  Doppelgewehr  (Lefaucheux),  das  bisher  dem  Mali  mud  zur 
Hut  und  Zier  anvertraut  war,  mitnehmen  zu  durfen.  Zur  Ver- 
mehrung  seines  Staates  hatte  er  den  Revolver  Mahmuds  am 
liebsten  auch  noch  zu  sich  gesteckt;  da  fand  er  aber  so  en- 
ergischen  Widerstand,  dass  alle  seine  Bemuhungen  fruchtlos 
blieben.  Mahmttd  hat  von  da  ab  einen  unausloschlichen  Hass  gegen 
diesen  Menschen  gefasst,  und  spater  kaum  die  geringste  Gele- 
genheit  versaumt ,  sich  an  ihm  zu  reiben.  Im  lezten  Augenblick 
kamen  naturlich  auch  noch  die  Weiber  mit  einigen  Coramis- 
sionen.  Fheideh ,  eine  der  Frauen  des  cAbdallah ,  wunschte  noch 
eine  silberne  Armspange,  Ringe  u.  dgl.  Hamud,  misstrauisch 
und  gewitzigt  wie  er  sagte,  war  ungalant  genug,  ihr  vorher 
das  Geld  dafur  abzuverlangen.  Wie  sie,  trotz  aller  Mahe  und 
Entlehnungsversuchen  bei  anderen  Frauen,  doch  nicht  das  no- 


1)  Die  eiuige  Wolke,  welche  etwa  tein  Gluck  trubte,  war  der  G«dsnke  an  die  Flohe  io 
DamaacM.  Ich  trdetete  ihn  durch  Verabfolgung  tod  einem  Qaantam  Inaecteopulver,  tod  deaaen 
Wirkong  er  angeahnte  Wander  erleben  viirde. 


§8  DRITTES  CAPITEL. 

thige  Kleingeld  zusammenbrachte ,  wurde  Ilamud  argerlich ,  bis 
ich  durch  die  Beisteuer  von  1  Megidi  (31/,  M.)  das  noch  Feh- 
lende  reichlich  ersetzte.  Urn  7  Uhr  sind  sie  dann ,  begleitet  von 
unsren  Segenswunschen ,  abgeritten. 

Jezt  sass  ich  hier  allein  mit  dem  Diener  Mahmud ,  und  kam 
mir  vor  wie  ein  Gefangener.  Was  sollte  ich  da  Vernunftiges 
anfangen ,  und  wie  die  lange  Zeit  in  Kaf  nicht  bloss  todtschla- 
gen,  sondern  anch  verwerthen?  Mein  Plan  war,  im  Allgemei- 
nen  die  far  mich  noch  fremden  Sitten,  sowie  den  mir  noch 
ziemlich  verschlossenen  beduinischen  Dialect  immer  mehr  ken- 
nen  zu  lernen;  nebenher  wollte  ich  in  korperlicher  Abhartung 
weitere  Fortschritte  machen,  und  fur  alle  Nothfalle  baarfuss 
gehen  lernen.  Durch  meine  gezwungene  Sesshaftigkeit  fohlte 
ich  mich  bald  wie  ein  Kleinburger  von  Kaf  und  hatte  alle 
Gelegenheit,  in  das  Stilleben  eines  bescheidenen  Beduinendorfes 
Einblicke  zu  bekommen.  Nach  Abzug  aller  der  vielen  fremden 
Leute  kamen  allmahlich  die  Frauen  und  Kinder  mehr  zum 
Vorschein,  und  ermoglicbten  mir  daher,  auch  die  hauslichen 
Beschaftigungen  naher  zu  beobachten. 

Zunachat  war  mir  nach  der  Unruhe  der  lezten  Tage  die  Stille 
ausserst  wohlthuend,  und  ich  suchte  mich  im  Kahwah  mOglichst 
behaglich  eiuzurichten :  aus  einem  Kistendeckel  in  Verbindung 
mit  zwei  Kameelssatteln  stellte  ich  eine  Art  Tisch  her,  auf 
welchem  ich  doch  etwas  bequemer  schreiben  und  zeichnen 
konnte  als  auf  den  Knieen;  fur  die  Menge  von  Fliegen  liess  ich 
mir  aus  einem  Palmzweig l)  einen  Wedel ")  anfertigen. 

Ein  alter  Mann  aus  dem  Gydf  Namens  Khalaf ')  besuchte 
mich  heute  und  erzahlte  mir  interessante  Einzelnheiten  —  die 
ich  damals  sowohl  sprachlich  als  sachlich  leider  nicht  alle  ver- 
stand  —  aber  die  Unterwerfung  seiner  Vaterstadt  unter  die 
Herrschaft  des  Schammarfarsten  zu  Hajel.  Die  Oase  Gy6f  hatte 
sich  namlich  nach  dem  Feldzug  Ibrahim  Paschas  im  Jahr  1817 


1)  w'feh.  2j  mirwaliBh.  3)  Vgl.  8.  64. 


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K&F.  69 

einer  ziemlichen  Unabhangigkeit  zu  erfreuen,  konnte  dieselbe 
aber  in  Folge  von  inneren  Zwistigkeiten  nicht  lange  behaup- 
ten,  gerieth  vielmehr  in  Abhangigkeit  von  den  im  Norden 
wohnenden   Riialah— Beduinen.  der  Emir  von  flajel, 

machte  sich  die  Streitigkeiten  der  Familien  nnd  Stamme  zu 
Natzen,  und  nachdem  er  anfanglich  gelinde  Saiten  aufgezogen, 
sandte  er  im  J.  1855  (nach  And  era  im  Jahr  1853)  seinen  Oheim 
el-cObeid  '),  genannt  ed-DIb  („der  Wolf1')  mit  Kanonen*)  dort- 
hin,  schoss  die  Manern  und  Hauser  zusammen,  liess  85  Kopfe 
abschlagen,  den  Widerspanstigen  oder  auch  nur  Verdachtigen 
sammtliche  Palmbaume  umhauen ,  und  stiflete  auf  diese  Weise 
allerdings  Ruhe  und  Ordnung.  Seither  gehOrt  der  Gy6f  zum 
Schammargebiet.  Zu  den  dem  grossen  Blutbad  Entronnenen 
gehOrte  auch  obiger  Khalaf;  er  wurde  indess  nachher  mit  65 
andern  ubrig  gebliebenen  Vornehmeren  nach  tfajel  verbracht, 
und  dort  sechs  Jahre  lang  in  Ketten  gehalten,  spftter  dann 
freigelassen.  Er  war  sehr  erstaunt  von  mir  zu  vernehmen, 
dass  ich  die  lezte  Thatsache  bereits  (aus  W.  G.  Palgrave) ') 
kannte,  und  war  begierig  zu  erfahren,  wie  und  was  ich  uber 
seine  Person  wusste.  Der  Mann  kam  von  da  an  regelmassig 
jeden  Tag,  um  mir  Geaellschaft  zu  leisteo. 

Der  Schech  cAbdallah  begann  allmahlig  seinen  wahren  Cha- 
racter mehr  zur  Geltung  kommen  zu  lassen,  und  der  bestand 
vorzugsweise  in  einem  schmahlichen  Geiz.  Bei  der  Aussicht, 
dass  ich  ihm  jezt  drei  oder  vier  Wochen  im  Hause  liegen  werde , 
hielt  er  es  oflfenbar  far  unn6thig,  noch  weiter  auf  mein  Gast- 
hfltlein  Riicksicht  zu  nehmen ,  und  entbaud  sich  desshalb  selbst 
von  uberflussigen  Ausgaben.  Um  alien  Enttauschungen  oder 
stillen  Anklagen  vorzubeugen,  erfiffnete  er  mir  mit  klaglicher 
Miene,  er  habe  jezt  leider  gar  kein  Mehl  und  Reis  mehr  im 
Hause;  ich  enthob  ihn  jedoch  aller  weiteren  Lugen  und  bat 
ihn,  er  mochte  sich  doch  das  gar  nicht  anfechten  lassen,  ich 


1)  Den  Vater  de*  unten  bei  Hajel  oft  zo  erwahnenJen  II  am  Ad  el-'Obeid. 

2)  Von  Ibrahim  Faacha  bei  aeioem  Abxag  aoi  dem  Negd  xaruckgelasaen. 

3)  Reiae  ia  Arabien  (Leipxig  1867)  Band  I,  S.  84. 


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70 


DRITTES  CAPITES. 


sei  mit  seinem  gastlichen  Hause  vollstandig  zufrieden.  Mir  war 
das  neue  heuchlerisch  eingeleitete  Verhaltniss  im  Grunde  ganz 
willkommen;  Vorrathe  an  Reis  Mehl  und  Cafe  hatte  ich  ja 
genug.  Nachdem  er  den  ganzen  Tag  uber  nicht  einmal  far 
ntfthig  gefunden,  mir  auch  nur  ein  Tasse  Cafe  anzubieten, 
konnte  ich  mich  als  nur  auf  Dach  und  Fach  einquartiert  be- 
trachten,  und  befahl  dem  Diener  Mali  mad,  ein  fur  allemal 
eigene  Haushaltung  und  Kache  zu  fahren. 

Die  gewOhnliche  Hausordnung  far  die  Mahlzeiten  bei  ansas- 
siger  ')  Lebensweise  ist  folgende :  Mit  Tagesanbruch  wird  Cafe 
getrunken.  Etwa  um  9  Uhr  findet  das  Morgenesseu  *tiX£  Rada 
Statt ,  bestehend  in  Datteln  mit  Butter,  oder  Reis  mit  flOssiger 
Butter  aberschattet ,  wahrend  auf  dem  Grund  der  Holz-  oder 
Kupferschassel  Brodfladen  gebettet  sind.  Gleich  nach  Sonnen- 
untergang  kommt  die  Abend-  und  Hauptmahlzeit  eAscha) : 
zuerst  Cafe,  dann  wieder  Reis  oder  Burrul'),  im  ganstigen 
Fall  noch  Fleisch  dabei,  und  wenn  mOglich  etwas  Grttnes  (Ba- 
mieh,  Badingan,  Gurken).  In  den  ersten  Nachtstunden  wird 
wieder  Cafe  bereitet.  Kommt  im  Lauf  des  Tages  nach  dem 
Rada  ein  Gast,  so  wird  ihm  keine  vollstandige  Mahlzeit  ge- 
reicht,  sondern  bloss  Cafe  und  etwa  Datteln.  Mit  dem  eigent- 
iichen  Essen  muss  er  warten  bis  Einbruch  der  Nacht.  Nach 
dem  Abendessen  setzte  ich  mich  heute  in  den  dunklen  Hof, 
um  bei  einer  Wasserpfeife  im  Kreis  der  Gaste  dem  Gesprach 
zuzuhorchen.  Ein  Neger  bereitete  den  Cafe,  und  schenkte  den 
Gasten  ein;  zu  mir  kam  er  als  zu  dem  Lezten.  Mit  der  Be- 
merkung ,  ich  sei  nicht  gewohnt ,  dass  man  mir  zulezt  anbiete , 
erhob  ich  mich  und  begab  mich  in  den  Rahwah  zurack.  Bei 
der  allgemeinen  Bestarzung  erwachte  der  Schech,  der  wahrend 
der  Scene  neben  driiben  geschlafen  hatte,  eilte  mir  nach  und 


1)  Auf  dem  Marsch  gibt  ea  aberhaapt  nor  eine  Mahlzeit,  etwa  eine  Stunde  Tor  Sonoenun- 
tergang.  Fruhmorgena  Cafe  zu  bereiten,  oder  ein  formliches  r'riibstuck  (Futflr  jj*3*)  «■  htlten 
gilt  achon  fur  eineu  Luxua. 

2)  Borrul  (Burghul  h.  Waizen,  zaent  gekocht  und  gedflrrt,  dann  geachrotet 
iul«t  mit  Butter  oder  aaurer  Milch  aufgequollen. 


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K&F. 


71 


entschuldigte  sich  dringlichst  wegen  der  niir  widerfahrenen 
Mis8achtung ;  der  Sclave  sei  ein  ganz  roher  Kerl,  der  keine 
Vorstellung  habe ,  das8  ich  der  nobelste  Beg  aller  Christen  sei ; 
er  selber  habe  ja  geschlafen,  uod  gar  keine  Ahnung  von  der 
Sache  gehabt,  ich  m6ge  uberzeugt  sein,  dass  nie  mehr  etwas 
ahnliches  vorkomme.  Auf  sein  Bitten  liess  ich  mich  bewegen, 
wieder  hinauszusitzen  und  von  einem  durch  ihn  selbst  bereiteten 
Cafe  die  erste  Tasse  aus  seiner  Hand  anzunehmen.  Ich  musste 
so  handeln,  weil  es  bei  diesen  Leuten  durchaus  nicht  gleich- 
gultig  ist,  in  wie  weit  man  ihnen  Versttfsse  gegen  die  eigene 
Sitte  ungerugt  hingehen  lasst,  und  weil  sie  bis  auf  Weiteres 
jeden  Andern  nur  nach  der  ausseren  Wurde  zu  beurtheilen 
vermflgen,  die  er  sich  selber  beilegt. 


So.  16.  Sept.  83]  Hart  an  der  N.  W.  Seite  des  Dorfes  erhebt 
sich  zu  einer  HOhe  von  etwa  300  Fuss  der  schon  oben  (S.  47) 
erwahnte,  ehemals  befestigte  Berg  £a.sr  ^aldi;  er  besteht  in 
seinem  unteren  Drittel  aus  einer  zusammengesehwemmten  Ter- 
rasse  von  dunklem  sandig-brOekligem  vulkanischem  Auswurf; 
von  derselben  Beschaffenheit  ist  auch  ein  regelm&ssig  gebildeter 
spitziger  Kegel ,  am  Ostende  der  Terrasse  vorgelagert ,  und 
]£uweiret  ez-za'l  genannt.  Aus  der  Terrasse  selbst  steigt  der 
eifOrmige  RQcken  des  Berges  empor  in  der  Erstreckung  von 
S.S.O.  nach  N.N.W;  sein  Kern  ist  gebildet  aus  weissem  Sand- 
stein  mit  etlichen  krystallinischen  Gipsadern  durchzogen;  ge- 
krOnt  ist  das  Ganze  von  einer  10—15  Fuss  machtigen  Schichte 
eines  Gesteins,  das  mir  wie  Grauwacke  aussah;  die  obere  Flache 
von  Thilrmen  und  Mauern  eiDgesaumt.  Da  man  vom  Gipfel  eine 
ausgedehnte  Fernsicht  haben  sollte ,  so  veranlasste  ich  den  Schech 


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72 


DRITTE-S  CAPITFX. 


mich  hinaufzubegleiten  und  mir  die  Aussicht  zu  erklftren.  Gleich 
hinter  dem  Dorf  kreuzten  wir  den  schmucklosen  Begrabnissplatz. 
Der  Schech  zeigte  mir  die  Graber  seiner  Familie ,  und  bat  inich , 
nur  einige  Augenblicke  zu  verweilen ,  bis  er  zwei  Rikcah  (Knie- 
beugungen  beim  Gebete)  verrichtet  habe.  In  der  Zwischenzeit 
betrachtete  ich  die  Graber;  sie  trugen  ein  bis  zwei  Fuss  bohe 
schwarze  Steine ,  ganzlich  unbehauen  und  auch  unbeschrieben  — 
denn  Lesen  u.  Schreiben  versteht  hier  kein  Mensch ;  auf  einzelnen 
waren  StOcke  aus  Palinrippen  niedergelegt ,  auf  einem  Frauen- 
grab  bemerkte  ich  Reste  von  einem  blauen  Hemd ,  sowie  einen 
Buschel  Haare,  verniuthlich  von  einer  Heimsuchung  durch  Hyanen 
herruhrend.  Die  Besteigung  des  Berges  benutzte  ich  zugleich 
als  ersten  Versuch ,  urn  barfuss  gehen  zu  lernen ;  bei  Tag  giengs 
ja  auch  ganz  gut,  ich  konnte  mir  den  Weg  etwas  heraus- 
suchen,  und  da  in  den  Schuhen  Sand  und  kleines  Gestein  doch 
nicht  zu  vermeiden  ist,  so  muss  ich  sagen,  es  kara  mir  sogar 
angenehmer  vor,  weil  dann  nicht  alle  Unebenheiten  auf  dieselbe 
Stellen  drucken.  In  25  Minuten  waren  wir  oben ;  durch  ein  noch 
wohlerhaltenes  Thor  stiegen  wir  uber  hohe  Steinstufen  aufwarts , 
an  alten  Wachtstuben  rechts  und  links  vorbei,  und  betraten 


nun  die  ebene  Flache  des  Gipfels.  An  der  S.W.  Seite  fehlte  die 
Mauer  oft  ganzlich ,  wahrend  sie  auf  der  N.  und  N.O.  Seite  wohler- 
halten,  auch  durch  vorspringende  vierekige  Thflrme  verstarkt  ist. 


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73 


Die  Reste  der  Hauser  sind  unbedeutend :  auf  der  N.W.-Halfte 
stand  das  umfangreichste  derselben  mit  mehreren  Gelassen, 
daneben  eine  flache  Cisterne  (birtseh),  weiter  nach  S.O.  ein 
verscbutteter  Brunnen  (bicr);  in  der  Mitte  des  Ganzen  die  so- 
genannte  Moschee  mit  einer  halbrunden  Apsis;  da  die  leztere 
nicht  genau  der  £iblah  (Richtung  nach  Makkeh)  entsprach, 
so  durfte  vielleicht  urspranglich  eine  cbristliche  Kirche  hier 
gestanden  haben.  Uber  die  Geschichte  und  Schicksale  der  Burg 
wusste  der  Schech  naturlich  keinen  Aufschluss  zu  geben.  Von 
Alterthumern  war  so  gut  wie  nichts  zu  entdecken:  im  ,Brun- 
nen"  fand  ich  einen  Stein  mit  Halbmond  und  Sonne  drauf 
gemeisselt,  sonst  nur  noch  einige  Zeichen  anscheinend  aus 
neuerer  Zeit,  so  in  einem  Haus  ein  -^r_  und  <h  ,  andere 
wasm  (Stammeszeichen)  der  Beduinen  theilweise  mit  rother 
Farbe  gemalt.  W.  Blunt  behauptet,  die  Burg  sei  1834  von 
Ibrahim  Pascha  (im  aegyptischen  Feldzug  gegen  Arabien)  zer- 
stflrt  worden. 

Die  Aussicht  von  oben  ist  weitreichend ,  und  es  lohnte  sich 
der  Muhe ,  die  Rundschau  *)  zu  zeichnen.  Auf  den  drei  hochsten 
im  N.O.  von  hier  gelegenen  Bergen  Majftel,  Schmisftneh  und 
Ebrajjit  (lezterer  auch  Schamah  genannt)  soil ,  wenn  auch  selten , 
etwas  Schnee  *)  vorkommen.  Auch  wurde  mir  von  einem  grossen 
Vogel »)  erzfthlt ,  der  nur  auf  diesen  hohen  Bergen  in  ganz  kalten 
Wintern  aber  immer  nur  selten  sich  aufhalte;  die  unklare  Be- 
schreibung  passte  etwa  auf  eine  Trappe,  oder  einen  jedenfalls 
ganz  ahnlichen  Vogel.  Im  Sudwesten  verlor  sich  die  salzige  Ebene 
(en-Nebk  wa-cakeleh) ,  von  ein  paar  Wegen  durchkreuzt  in  einer 
wagrecht  abgeschrittenen  Linie,  gegen  Sttden  schloss  sie  mit 
den  hellblauen  'Bergen  Umm  el-fanagll 4)  zackig  ab.  In  einer 
Entfernung  von  2  oder  2V,  Stunden  erkannte  ich  einen  schwar- 
zen  Punct  sich  bewegend;  eAbdallah  erkliirte  mir,  das  sei  ein 

})  Aof  Ornnd  derselbco  babe  ich  die  oben  (S.  51)  nitgetbeilte  KiHe  eatworfco. 

2)  Jt**^  Ktmitl  Khaimeh  »wie  eine  Zeltdecke". 

3)  Sie  nannten  ihn  AnVget  et-tarfah  Mjlai'  (fflr  iL&JU  .Schaf")  JLfVujl. 

4)  A  nob  fanlgtr  geaproeheo. 


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74 


DKITTES  CAHTKL. 


ihm  gehoriger  Neger,  der  beim  Ipfib  el-milh  aus  einem  Brunnen 
Wasser  auf  den  Salzboden  schtttte ,  um  die  Kruste  auszulaugen. 
Ich  brachte  den  ganzen  Vormittag  damit  zu,  die  Namen,  mit 
denen  der  Schech  die  Berge  u.  s.  w.  bezeichnete ,  mir  mehrfach 
vorsprechen  zu  lassen  und  dann  niederzuscbreiben ;  es  blieb 
mir  dennoch  mancbes  zweifelhaft:  mein  Ohr  war  damals  noch 
nicht  sehr  geubt  in  der  sicheren  Unterscheidung  verwandter 
Laute. 

Gegen  Abend  setzte  ich  meine  Gehubungen  mit  blossen  Fussen 
fort  und  hatte  meine  Schuhe  an  einer  Schnur  uber  die  Achsel 
gehangt.  Hinter  dem  Dorf  waren  einige  armselige  Zelte  von 
Schaf-  oder  Ziegenhirten  aufgeschlagen ,  daneben  lagen  ein  paar 
Beduinen.  Von  diesen  letzteren  stand  einer  auf  und  gieng  auf 
mich  zu,  er  verlangte  von  mir,  ich  solle  ihm  ein  Amulet1) 
schreiben.  Unschlussig,  wie  ich  mich  zu  dem  Verlangen  stellen 
sollte,  bedeutete  ich  ihm,  er  solle  morgen  frQhzumir  kommen, 
da  wolle  ich  sehen  was  zu  machen  sei.  Da  kam  auch  noch  ein 
Anderer  herzu  und  fragte  mich  .Warum  gehst  du  eigentlich 
barfuss?  ich  habe  dich  schon  diesen  Morgen  ohne  Schuhe  gehen 
sehen.  Du  bist  doch  ein  vornehmer  und  reicher  Mann,  und 
hast  ja  Schuhe"  —  Ja!  aber  wie  lang?  S61ang  bis  ihr  mir  sie 
stehlet;  fur  diesen  Fall  will  ich  dem  Dieb  nachrennen  kOnneu, 
und  sie  ihm  aus  den  Klauen  ziehen  —  „Guck!  der  ist  gescheidt, 
der  kennt  uns!" 

Zum  Nachtessen  gab  es  heute  Eier  und  Datteln  mit  heisser 
Butter.  Nachher  kamen  zum  Cafe  viele  Besucher,  darunter  kaum 
einer,  der  nicht  Tabak,  oder  lieber  gleich  noch  ein  Revolver 
dazu  von  mir  erbetteln  wollte;  ich  gab  keinem  etwas.  Ein 
Sturm  aus  S.O.  wirbelte  entsetzlichen  Staub  auf  die  nachtliche 
Gesellschaft ,  und  vertrieb  die  in  ihren  Hoffnungen  Getauschten 
bald  nach  Hause. 

Mo.  17.  Sept.  83]  Auf  den  Rasr  ipa'idi  nahm  ich  fruh  mor- 
gens  den  dreizehnjahrigen  Sohn  des  Schechs,  Namens  Salim 

1)  V1^  V*R*b. 


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k&f.  75 

mit  hinauf,  und  liess  mir  von  ihm  nochmals  alle  Puncte  in 
der  Gegend  benennen,  die  er  kannte.  Wie  ich  vom  Berg  ber- 
unterkam,  stand  bereits  der  Beduine  von  gestern  da,  Rairan, 
and  wollte  sein  Amulet  haben.  Eigentlich  hatte  ich  keine  Lust , 
mich  auf  die  Thorheit  einzulassen,  und  suchte  es  ihm  auszu- 
reden;  weitgefehlt;  er  behauptete,  es  sei  bloss  boser  Wille  von 
mir,  weil  er  ein  armer  Teufel  sei,  und  mir  nicht  viel  dafQr 
geben  kftnne.  Ich  erwiederte  ihm,  der  Gedanke  an  einen  Geld- 
gewinn  konnte  mich  gerade  am  allerwenigsten  bestimmen ,  sein 
Verlangen  zu  erfilllen ,  er  solle  mir  aberhaupt  einmal  sein  An- 
liegen  naher  auseinandersetzen.  Er  erzahlte  mir  nun,  er  sei 
Gazellenjager,  habe  aber  schon  lange  Zeit  her  nichts  mehr  ge- 
schossen,  sei  auch  oft  in  gefahrliche  Abenteuer  verwickelt,  und 
sein  hochster  Wunsch  ware ,  sich  kugelfest  zu  wissen.  liber  das 
Missliche  der  von  mir  zu  treffenden  Entscheidung  war  ich  mir 
ganz  klar  —  ich  konnte  unter  Umstanden  schon  morgen  aber 
die  Wirksamkeit  meines  Amulets  handgreiflich  Logen  gestraft 
sein  —  liess  desshalb  mit  zurflckhaltender  Wichtigkeit  einige 
Bemerkungen  fallen  aber  moralische  und  andere  uncontrolier- 
bare  Vorbedingungen ,  ohne  welche  das  Amulet  nicht  nur  nicht 
heilsam,  sondern  geradezu  verderbenbringend  far  den  Trager 
werden  konne.  Nachdem  er  mich  versichert  hatte ,  dass  er  alle 
die  geforderten  Eigenschaften  besitze,  auch  far  den  Fall  eines 
UnglQcks  keinenfalls  mich  als  verantwortlich  ansehen  wolle, 
drang  er  immer  begieriger  auf  Ausfertigung  des  geheimniss- 
vollen  Schriftstflcks.  So  schrieb  ich  ihm  denn  auf  ein  Papier 
folgenden  Wunsch  in  deutscher  Sprache: 

*JU!  [Allah] 

Armer  Teufel !  MGge  dich  dein  Glaube  selig  machen , 

und  wenn  du  ein  ehrlicher  Kerl  bist,  so  wflnsche  ich, 

^   dass  dir  die  Kugeln  wieder  aus  deinem  Fell  hinaus-  r-^ 

^  fahren,  wie  sie  hineiDgefahren  sind.  g 

4      datum  Kaf  J.  Euting,  Stuttgardiensis.  ^ 

16.  IX.  1883. 

«JJf  [Allah] 


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76 


DRITTES  CAPITEL. 


Ehe  er  aber  diesen  Schatz  eingeh&ndigt  bekam,  hatte  er  zu 
versprechen,  wenn  er  auf  das  hin  etwas  schiesse,  mir  gegen 
ein  gutes  Geschenk  den  Braten  abzuliefern.  Mit  einer  gewissen 
Feierlichkeit  legte  ich  das  Papier  zu  einem  schmalen  Streifen 
zusammen  und  verschr&nkte  es  zu  einem  platten  funfeckigen 
Knoten.  Auf  Befragen ,  wie  das  zu  tragen  sei ,  ertheilte  ich  die 
be3timmte  Anweisung,  es  masse  unter  Wahrung  des  Fanfecks 
in  ein  Stack  sauberen  Gazellenleders  eingenaht,  mit  einem 
Lederbandel  am  Kopfstrick  befestigt ,  and  auf  der  rechten  Seite 
des  Kopfe  getragen  werden;  fertig.  Kaum  im  Besitz  des  be- 
gehrten  Papiers  stand  der  Beduine  auf,  grflsste  und  entfernte 
sich  nach  der  Sitte  seiner  Vater  ohne  ein  Wort  des  Daukes. 

Mein  Hauswirth  cAbdallah  el-Khamis  hatte  wahrend  dergan- 
zen  Unterredung  und  Beschenkung  stillschweigend ,  doch  auf- 
merksam  dagesessen.  Der  Neid  Hess  ihm  natttrlich  keine  Rune; 
sobald  der  Beduine  fort  war,  brauchte  sowohl  er  als  sein  jOngster 
Sohn  auch  ein  Amulet.  Was  wollte  ich  machen?  Unter  Verbit- 
tung  aller  weiteren  Gesuche  der  Art  fur  die  Zukunft  schrieb 
ich  dem  Alten  einige  bosartige  Wendungen  auf  ein  Papier  und 
uberreichte  sie  ihm  mit  verbindlicher  Gebarde;  fur  seinen  drei- 
jahrigen  von  Schmutz  strotzenden  Stolz ,  Khamls  genannt ,  hatte 
ich  etwas  mildere  Gesinnung,  und  verehrte  ihm  —  auch  im 
Fflnfeck  —  folgende  wohlwollende  Zeilen: 

M  [Allah] 

„0  unschuldiger  Dreckfink!  Wasche  dich,  so  wirst  du 
„  ein  gar  nicht  abler  Kerl  werden.  So  Gott  will,  lernst 
<a   du  einmal  andere  Gastfreundschaft  aben,  als  dein  Vater. 
^  Einstweilen  wansche  ich  dir  alles  Gute,  und  verbleibe  }> 
5   dein  sonst  wohlgewogener  s» 
datum  Kaf  J.  Edtinq,  Stuttgardiensis 

16.  IX.  1883.  v^Uyi  Ju^  [eAbd  el-wahhab]. 

*JJf  [Allah] 

Zu  Mittag  liess  ich  Reis  mit  Walschkorn  und  Aprikosenmuss l) 

1)  Durch  AufireichuDg  von  getrockneten  AprikoeenfladeD  (Kamr  ed-dbi). 


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bereiten ,  uod  legte  nrich  dann  in  den  dunklen  Rahwah  schlafen. 
In  wachem  Zustand  hatte  ich  raich  bereits  gewflhnt,  20—30 
Fliegen  im  Gesicht ,  an  Handen  und  Fassen  zu  ertragen ,  ohne  sie 
zu  verscheuchen ;  zum  Schlafen  aber  zog  ich  heute  einen  langen 
weisen  Tullschleier  von  zwei  Meter  im  Geviert  aber  den  ganzen 
Korper,  und  hoffte,  mit  Schadenfreude  die  vergeblichen  An- 
strengungen  dieser  Peiniger  sehend  und  htfrend ,  ganz  ungestflrt 
mich  der  Ruhe  Clberlassen  zu  kOnnen.  cAbdallah  war  Zeuge 
dieser  Absperrung  alles  Lebens  und  Spectakels  gewesen  und 
hatte  nun  nichts  Eiligeres  zu  thun,  als  Manner  Frauen  und 
Kinder  unter  die  geOffnete  Thure  zu  rufen  und  auf  das  Wunder 
zu  deuten.  Sprachlos  und  mit  einem  Gesichtsausdruck  wie  die 
Kinder,  wenn  ihnen  Schneewittchen  im  Glassarg  gezeigt  wird, 
stand  die  ganze  Gesellschaft  da.  Der  blosse  Anblick  konnte  un- 
mOglich  geniigen ;  die  Neugierigsten  rflckten  immer  naher  heran ; 
das  Wunder  musste  auch  mit  den  Handen  untersucht  und  in 
die  H5he  gehoben  werden.  Einigen  klopfte  ich  wohl  auf  die 


Finger,  allein  umsonst;  bereits  hatten  die  ersten  Fliegen  Ge- 
legenheit  gefunden ,  sich  durch  pers6nlichen  Leibesbesuch  an  mir 
zu  rachen.  Das  Gescheidteste  war  unter  sothanen  Umstanden, 


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TiRITTES  OAPITEL. 


die  Auferstehung  lieber  gleich  zu  feiern  und  die  durchsichtige 
Halle  der  unbeschrflnkten  Betastung  auszuliefern.  Ich  setzte 
mich  ins  Freie ,  um  meiue  Wasserpfeife  zu  rauchen ,  und  hatte 
nun  alle  moglichen  Fragen  der  Frauen  zu  beantworten.  Dadnrch 
wurde  ich  uberhaupt  mit  der  weiblichen  Einwohnerschaft  Kafs , 
insonderheit  mit  der  Familie  des  Schechs  naher  bekannt. 

Die  Tracht  der  Frauen  besteht  ans  einem  dunkelblauen  baum- 
wollenen  Hemd  ')  mit  langen  Aremeln  und  mehr  oder  minder 
-langer  Schleppe;  flber  den  Kopf  wird  aus  demselben  Stoff  ein 
kleineres  Tuch ')  gehaugt  und  bei  Annaherung  fremder  Manner 
vors  Gesicht  gehalten.  Als  Schmuck  tragen  sie  im  rechten 
Nasenflugel  irgend  einen  Knopf,  einfach  schwarz,  oder  einen 
TQrkis ,  oder  auch  eine  au9  mehreren  Steinen  zusammengesetzte 
Blume;  Ringe  so  viel  wie  moglich,  wenn  nicht  von  Silber,  so 
doch  im  Nothfall  von  Blei;  dazu  Armspangen  von  Glas  oder 
Metall,  bei  kleineren  Madchen  auch  Spangen  an  den  Fussen. 
Vor  mir  haben  sich  die  Frauen  kaum  je  genirt,  sind  im  Ge- 
gentheil  allmahlig  ganz  zutraulich  gewordcn.  Oftmals  gieng  ich 
in  den  inneren  Hof,  und  sah  den  hauslichen  Arbeiten  zu,Korn- 
mahlen,  Brodbacken  Kochen,  Nahen  u.  dgl.  Dort  sassen  rar 
gewfihnlich  von  'Abdallahs  Frauen  drei,  Fheideh,  Makbulah 
und  Fadclah ,  von  deneu  jede  eine  besondere  verschliessbare 
Eammer  hatte;  die  vierte  Ijatsmeh  *)  noch  ganz  jung  und  hubsch , 
dazu  rothbackig ,  hielt  der  Schech  meist  verborgen  in  einem  be- 
sonderen  Haus;  ich  habe  sie  nur  einmal  zu  Gesicht  bekommen ; 
sie  hoffte  mit  ihrer  Sch6nheit  solchen  Eindruck  auf  mich  zu 
machen,  dass  sie  sich  nicht  versagen  konnte,  einen  goldenen 
Ring  von  mir  zu  erbetteln;  ich  liess  sie  aber  kurz  abfahren. 
Die  anderen  beschenkte  ich  ab  und  zu  mit  Kleinigkeiten ,  wie 
sie  fur  ein  Frauenherz  erfreulich  sind.  Dazu  kam  noch  die 
hassliche  Sch wester  des  Schechs ,  Treifeh ,  ein  allerseits  unbe- 
liebter  Hausdrache  mit  keifender  Stimme;  sie  war  an  einen 
Beduinen  verheirathet ,  der  aber  seit  sechs  Jahren  nicht  mehr 

1)  tfb.  2)  buschijjeh.  3)  iU5  L>  HAkimeh. 


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gesehen  ward.  Ihr  ranfzehnjahriger  Sohn  Ratjan  dagegen  war 
ein  prachtiger  Bursche.  Fheideh  war  die  Mutter  des  verwGhnten 
dreyahrigen  Khamis  und  des  alteren  Salim.  Auf  die  Frage  wie 
alt  dieser  letzere  sei,  gab  sie  zur  Auskunft,  der  sei  im  Hun- 
gerjahr  geboren.  Es  kostete  Muhe  dieses  Datum  umzurechnen , 
und  schliesslich  stellte  sich  heraus,  dass  er  vor  12  Jahren  ge- 
boren war.  Damals  seien  keine  Datteln  gewachsen,  sie  haben 
ibre  Kameele  scblachten  mus3en,  1  §ac  (wMess")  alter  Datteln 
9ei  mit  I  Megidi  (3'/,  M.)  bezahlt  worden.  —  Die  Madchen  wer- 
den  bei  der  Aufzahlung  der  Kinder  nicht  mitgerechnet ;  Eltern 
im  Besitz  von  einem  halben  Dutzend  Madchen,  gefragt,  wie 
viel  Kinder  sie  haben ,  werden  mit  einem  Seufzer  antworten : 
ach  leider  gar  keine!  Hingegen  ist  der  jungste  Bub,  aofern  er 
nur  selbstandig  in  die  Schussel  greifen  kann,  im  Kreise  von 
Bekannten  gesellschaftsfahig;  freilich  darf  er,  abgesehen  von 
Beantwortung  einer  Frage ,  kein  Wort  reden.  An  kleine  Kinder 
ein  Wort  richten  zu  wollen ,  wird  nicht  leicht  jemanden  ein- 
fallen ;  keinenfalls  wttrde  e9  als  Artigkeit  gegen  die  Eltern  auf- 
gefasst  werden;  besser  wird  man  sogar  vermeiden,  sie  auch 
nur  des  Anblicks,  geschweige  der  Bewunderung,  zu  wiirdigen, 
man  kommt  sonst  leicht  in  den  Verdacht ,  ihnen  durch  das  bose 
Auge  einen  Schaden  zuzufugen.  Was  sollte  man  auch  mit  den 
Kindern  reden ?  Fragt  man  sie,  wie  in  Europa  ablich,  nach 
ihrem  Alter,  so  ist  das  den  Kleinen  ebenso  unverstandlich  als 
den  Alten;  beide  haben  sich  noch  nie  darum  gekammert.  Selbst 
die  Erwachsenen  warden  schwerlich  genauer  als  auf  4  bis  5 
Jahre  hin  ihr  Alter  angeben  konnen.  Die  Rangordnung  der 
lebenden  Wesen  in  einem  Haushalt  kann  man  am  besten  bei 
einer  feierlichen  Mahlzeit,  wenn  geschlachtet  wurde,  beobach- 
ten:  Vor  allem  kommt  aD  die  Reihe  was  mannlichen  Geschlechtes 
ist,  entweder  als  eine  einzige  Gruppe,  oder  in  zwei  Abstufun- 
gen  derart,  dass  zuerst  die  Gaste  mit  den  Erwachsenen  allem 
essen ,  und  dann ,  wenn  satt ,  den  tfberschuss  den  Knaben  uber- 
lassen.  Die  machen  tabula  rasa  und  Schick  en  die  leere  Platte 
zurflck  in  die  Abtheilung  der  Frauen.  Diese  lezteren  behalten 


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MttTCES  CAP1TKU 


von  einem  geschlachteten  Thier  als  ihr  Anrecht  zuruck  die 
Fusse,  das  GekrOse  und  die  Eingeweide  ( jedoch  mit  Auslieferung 
der  Leber).  Zuletzt  gelangt  an  den  .Besitz",  d.h.  an  Sklaven 
und  Hausthiere  nicht  viel  mehr  als  Haut  und  Knochen. 

Mit  einer  Negerin,  Namens  Balwah,  die  auch  gewOhnlich  im  Hof 
sass,  wahrend  ihr  Mann  den  Tag  uber  in  den  Salzgruben  arbei- 
tete ,  hatte  ich  oft  viel  Spass.  Eines  Tags  verlangte  sie  gemalt 
zu  werden ,  und  war  sowohl  sie  als  die  anderen  Frauen  von 
deni  uberlassenen  Bildniss  hflchlichst  erbaut.  Wenige  Minuten 
nahher,  als  ich  aus  dem  £ahwah  in  den  Hof  zuruckkehrte,  fand 
ich  Balwah  in  Thranen  und  Jammer.  Was  war  geschehen? 
Mahmud  der  Schalk  hatte  ihr  weiss  gemacht:  so,  jezt  nachdem 
sie  gemalt  sei,  befinde  sie  sich  schutzlos  in  meiner  Gewalt; 
jederzeit,  wann  mir's  einfalle,  konne  ich  sie  durch  die  Luft  ins 
Christenland  kommen  lassen  —  er  machte  dazu  ein  ganz  son- 
derbare  Gebarde ,  um  auszudrucken ,  wie  sie  in  der  Luft  daher 
gewirbelt  kame,  und  sich  fortwahrend  uberschlagen  musste  — 
und  Gott  allein  kdnne  wissen,  was  ihr  da  bevorstehe.  Trotz 
meiner  Beruhigungsversuche  gestand  sie,  vor  Angst  werde  sie 
die  ganze  Nacht  kein  Auge  zuthun.  —  Um  die  Harmlosigkeit 
der  Malerei  etwas  begreiflicher  zu  machen,  holte  ich  noch  eine 
Anzahl  anderer  Bilder  von  Menschen  und  Thieren;  und  da  war 
mir  nun  besonders  merkwurdig  der  wechselnde  Eindruck ,  wel- 
chen  Photographien  von  Personen  auf  diese  Naturkinder  raach- 
ten.  Zuerst  hielten  sie  die  Bilder  in  der  Hand  ohne  zu  erkennen 
was  es  war;  auf  einmal  gieng  ihnen  ein  Licht  auf,  dieGesichts- 
zoge  veranderten  sich,  sie  liessen  die  Bilder  fallen  mit  einem 
Schrei  und  unheimlichen  Grauen  —  etwa  wie  vor  einem  homun- 
culus!  Es  bedurfte  besonderen  Zuredens,  sie  sollten  die  Bilder 
nur  getrost  anfassen  und  naher  betrachten.  Das  Grauen  schlug 
mit  dem  Erkennen  unmittelbar  in  Gelachter  um,  und  des 
Staunens  war  kein  Ende :  „ Ja  £Abdallah ,  irtsab  frtsab ,  schuf !*' 
(Schnell  her  Abdallah,  schnell,  guck!).  Jeden  Tag  mehrfach, 
so  oft  ein  neuer  Besuch  kam,  hatte  ich  die  Bilder  wieder 
herschaffen  sollen:  ,die  Frau  mit  den  2  Kindern,  und  die  Mad- 


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chen !"  Uber  die  seltsame  Tracht ,  die  Haarfrisuren ,  das  Schuh- 
werk  die  Handschuhe  wurden  endlose  Verhandlungen  gepflogen , 
and  oftmals  musste  ich  den  Schleier,  den  schwarzen  cAba 
(Mantel)  aus  einem  Stack  Tuch  und  die  in  Europa  geuahten 
Hemden  holen.  Die  feine  und  gleichinassige  Naharbeit,  der 
dQnne  Faden  u.  s.  w.  wurden  als  etwas  ganz  Erstaunliches  ge- 
priesen.  Als  ich  von  Nahmaschinen  ihnen  erzahlen  wollte, 
merkte  ich  bald,  dass  das  eitel  thdrichte  Mtthe  war,  und  inich 
hochstens  in  den  Verdacht  brachte,  sie  for  Narren  haben  zu 
wollen.  Sie  selber  verstehen  nur  mit  dicken  Nadeln  und  gro- 
bem  Faden  zu  nahen,  und  wussten  mit  den  ihnen  von  mir 
verehrten  feineren  Nummern  eigentlich  Nichts  anzufangeu.  Um 
einen  Zeug  zu  halten,  gibt  es  weder  Nahkissen  noch  Steckna- 
deln ,  sondern  sie  klemmen  den  Stoff  einfach  zwischen  den  grossen 
und  zweiten  Zehen  und  halten  ihn  so  gespannt  Far  grobere 
Arbeiten  verfertigen  sie  sich  selbst  einen  schwarzen  wollenen 
Faden,  der  allerdings  ziemlich  widerstandsfahig  ist;  bei  den 
Zelten  hinter  dem  Dorf  sah  ich  mehrfach  seine  Verwendung 
zu  Webereien  von  Zelttttchern  und  Mantelstoffen. 

Zu  Besuch  in  £Abdallahs  Hans  war  ein  habsches  Madchen 
von  etwa  1 7  Jahren ,  Namens  L  h  a  d ,  eine  Verwandte  aus  Ithreh. 
Mit  grosster  Unbefangenheit  ausserte  sie  ihren  Wunsch,  ich 
solle  sie  heirathen;  auch  die  anderen  Frauenspersonen  waren 
unablassig  hinter  rair  her,  ich  solle  sie  nehmen.  Wie  hatte  ich 
mich  da  zu  wehren,  um  der  staunenswerthen  natarlichen  Be- 
redtsamkeit  die  Stange  zu  halten:  ich  reise  jezt  im  Lande  der 
Bedu  dahin  und  dorthin  ohne  Ruh  und  Rast,  und  da  kann  ich 
keine  Frau  brauchen ,  sonst  hatte  ich  eine  aus  meiner  Heimath 
raitgenommen.  „Eure  Frauen  sind  wohl  nicht  gewohnt  zu  rei- 
ten,  ich  wollt'  aber  Tag  und  Nacht  reiten,  so  gut  wie  ein 
Mann!"  Ich  habe  aber  nur  ein  einziges  Delul,  wie  du  weisst! 
„Das  macht  nichts;  ich  will  als  Radifeh  mich  ganz  gut  am 
hinteren  Sattelhorn  halten;  ich  brauche  nicht  einmal  einen 
Strick  weder  als  Sitz  noch  als  Steigbagel1'.  Schon  recht;  aber 
Gott  soil  haten  dass  ich  mein  ganzes  Leben  in  eurem  trost- 

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DRITTF-S  OAPITEL. 


losen  Lande  umherreite,  ich  will  auch  einmal  wieder  heim  ins 
Land  der  Christen ,  und  da  kannst  du  doch  nicht  mit  mir.  „  Warum 
denn  nicht  ¥  werden  die  Christen  mich,  eineFrao,zu  todtscbla- 
gen;  konntest  du  dein  eigenes  Weib  nicht  beschfltzen?  und 
wirst  doch  reich  genug  sein ,  mir  Burghul  oder  eine  Hand  voll 
Reis  und  die  pilar  Datteln  zum  taglichen  Leben  zu  beschaffen , 
mir  ein  Hemd  zu  kaufen,  wenn  ich  eines  brauche?"  Das  ware 
das  Geringste;  allein  ich  weiss  schon,  wenn  du  in  unser  Land 
kommst,  wo  du  die  Sprache  nicht  verstehst  und  lauter  fremde 
Leute  siehst,  wurdest  du  mir  den  ganzen  Tag  den  Kopf  voll 
heulen  und  nach  deiner  Mutter  und  deinem  Vater  jammern! 
„Du  haltst  mich  fur  zu  thoncht!  warum  sollte  ich  eure  Sprache 
nicht  erlernen  kdnnen ,  von  wem  lernen  sie  eure  Kinder  ?  Nimrast 
du  mich  zum  Weib,  so  will  ich's  auch  sein,  UDd  ob  ich  schon 
an  meine  Eltern  und  Geschwister  immer  denken  werde,  soil 
doch  nie  ein  Wort  der  Klage  uber  meine  Lippen  kommen". — 
In  gewandter  Rede  blieb  sie  mir  keine  Antwort  schuldig;  be- 
denklich  wurde  ihr  hochstens,  dass  es  bei  mir  daheim  keine 
Datteln  und  keine  Kameele  gebe,  und  dass  die  Sonne  sich  das 
halbe  Jahr  oder  langer  hinter  Wolken  und  Nebeln  versteckt 
halte.  So  ziemlich  jeden  Tag  wurde  das  Heirathsthema  verhan- 
delt,  die  offenen  und  naiven  ErCrterungen  waren  sogar  sehrun- 
terhaltend ;  und  ich  muss  sagen ,  ich  habe  nicht  leicht  bei  einem 
Mildchen  einen  kuhneren ,  dabei  doch  schmiegsameren  Character 
gefunden.  Wer  weiss,  ich  ware  vielleicht  gar  nicht  Obel  mit 
ihr  gefahren.  Pietro  della  Valle  hatte  es  auch  nicht  zu  bereuen '). 

Di.  18.  Spt.  83].  Wie  schon  gestern  Abend  so  war  auch  diesen 
Morgen  bei  heiszem  Sudostwind  der  Himmel  mit  Wolken  uber- 
zogen;  ich  war  eben  im  Begriff,  dem  rothjackigen  Man?ur  (S. 
66)  einen  Besuch  abzustatten,  da  kamen  zum  Thor  hereinge- 
ritten  5  Beduinen  von  Stamm  der  ^wazim  ')  um  sich  in  Kaf 
mit  Salz  zu  versorgen.  cAbdall&h,  der  Armuthsheuchler,  be- 


1)  Einen  Khnlichen  Antrag  hat  Wallin  erhalten,  a.  Reaeanteckningar  IV,  112 f. 

2)  Zweig  der  Bant  Sakhr,  Sehekh:  SatAm  el  Pu'u. 


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thenerte  mir  mit  klftglicher  Miene,  er  kCnne  seine  Gaste  nicht 
einmal  mit  Cafe  bewirthen ,  und  niGchte  von  mir  Bohnen  ent- 
lehnen.  A  Is  dann  kurz  vor  Sonnenuntergang  einige  Leute  vom 
?asr  Waschwasch  hertlbergeritten  kamen ,  die  vor  ein  paar  Ta- 
gen  selbst  fur  mich  geschlachtet  hatten  (S.  65),  benuzte  er  die 
Wohlgelittenheit  seiner  Frau  Fheideh ,  urn  bei  mir  durch  sie  aber- 
mals  einen  Bohnen-Anlehen  zu  vermitteln.  Der  Sudostwind  war 
bei  Einbruch  der  Nacht  in  Weststurm  umgesehlagen ,  und  der 
Staub  im  Hof  wurde  dadurch  bis  in  seine  untersten  Schmutz- 
schichten  aufgewuhlt.  Im  Freien  konnte  man  sich  nicht  auf- 
halten;  ich  lud  daher  die  ganze  Gesellschaft  ein,  bei  mir  im 
ftahwah  Platz  zu  nehmen.  Ich  will  bei  dieser  Gelegenheit  die 
Bereitung  des  Cafes,  wie  sie  bei  den  Beduinen  ublich  ist,  be- 
schreiben.  Der  Trank  hat  nichts  gemein  mit  dem  sogenannten 


BUsfcaU, 

N'a    tV^->x\*J!n,  ******** 
/   —   -J    A'    ;  \  Tf ?  »» 


7^ 


#'3  A*&\L&> 


Jfofitr 


„turkischen"  Cafe ,  jenem  sat- 
zigen  Aufguss  von  ganz  ver- 
brannten  Bohnen ,  ubertrifft 
den  lezteren  vielmehr  weit 
an  Wohlgeschmack  und  Bele- 
bungskraft.  Wahrend  man  in 
Europa  einfach  den  fertigen  Cafe  auf  dem  Tisch  haben  will , 
und  etwa  noch  eine  Cigarre  dazu  geniessen,  so  liegt  beim  Be- 
duinen ein  mindestens  ebenso  grosser  Genuss  im  Zuschauen  der 


N'gJ)elhA  i 


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DRITTES  CAIMTFL. 


feierlich  langweiligen  Vorbereitungen ,  wobei  das  schliessliche 
Trinken  der  winzigen  Gaben  des  braunen  Erzeugnisses  fast  als 
Nebensache  erscheint.  Zuerst  wird  in  der  Feuergrube  des  Bo- 
dens  mit  IJafab  (Brennholz) ,  oder  auf  dem  etwa  1 7S  Fuss  hohen 
in  der  Ecke  stehenden  Heerd  1)  mit  Kohlen  ein  Feuer  ange- 
macht,  und  durch  einen  Blasbalg2)  in  Gluth  gesezt.  Auf  eine 
flache  eiserne  Pfanne  3)  mit  2  Fuss  langem  Stiel  werden  die  aus- 
gelesenen  Bohnen  geschuttet,  mit  dem  an  eiserner  Kette  han- 
genden  Lflffel  wahrend  des  Rdstens  umgeruhrt,  und  dann  auf 
den  Kuhlteller  4)  geschuttet  Von  den  im  MOrser  5)  mit  dem  stei- 
neraen  Stosser  6)  zu  Mehl  zerstampften  Bohnen ,  wird  das  Pulver 
mit  einem  kurzstieligen  eisernen  Ruhrloffel  7)  heraufgeholt  Mitt- 
lerweile  sind  die  3  Dellen  8)  (verzinnte  Kupfertopfe  mit  Griff 
und  Deckel)  in  Bereitschaft  gesetzt.  Die  erste  und  grosste  der- 
selben,  enthaltend  entweder  reines  Wasser,  oder  Wasser  mit 
altem  Cafesatz ,  wird  zunachst  aufe  Feuer  gesezt ,  und  bis  zum 
Sieden  erhizt.  Daraus  wird  der  strudelnde  Inhalt  in  die  2* 
Delleh ,  enthaltend  das  soeben  gestossene  Kafemehl ,  ubergegos- 
sen;  nun  kommt  dieses  zweite  Gefass  unter  sorgfaltiger  Ver- 
hfltung  des  Uberlaufens  solang  aufs  Feuer  (etwa  10  Minuten) 
bis  kein  Schaum  mehr  aufsteigt,  und  der  Satz  ganzlich  ausge- 
kocht  auf  dem  Boden  bleibt.  Inzwischen  hatte  der  Hausherr 

1)  °8^.  oder^  kftr  aoch  jtf  klr.  ta!r  genanat;  gemaaert  und  weias  angtstrichen, 
mit  achwarsen  Zierrathen  bemalt;  Brannloch  2  Zoll  im  Darchmeaaer  and  etwa  1  Fuaa  tief. 

2)  ^UJU  minfth  oder  manaab,  Ut  aoi  Leder  and  hat  2  Holx»teckcn,  als  Qriffe 
cam  in  Bewegang  tetsen. 

8)  iuoU^  mahmMeh. 

4)  mibrideh. 

5)  Qr>-  guru  oder  jto  nifcr;  derselbe  ist  bei  wandernden  Bedninen  entweder  von  Hart  hols 
oder  teltener  von  Meeting  (indiichea  Encugnias  fiber  Makkch  bezogen),  oder  bei  an&ussigen 
von  Stein.  Der  in  'Abdall&ht  Haua  wog  etwa  einen  Centner,  war  von  einem  rothlich  ijraueu 
Stein  (beim  Mttrid  im  G76T  gebrochcn)  mit  Beechlag  and  Ringen  (htlk)  von  Meeaing  versehen. 

6)  iXjI  td  oder  Juw*  mil. 
■J)  *i'yL«  marrifah. 

8)  Die  er»tc  Delleh  (*L>,  Plnr.  Jk)  heifet  ra.'?fa  oder  rna^fi;  die  «weite  JO-LL* 

matb&bah,  die  dritte  8,1^  mabharah. 


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85 


einige  Bohnen  Hel  9)  aus  dem  E*er  10)  geholt  und  zum  Stosseu 
im  MOrser  hergegeben.  Das  Hel  wird  dann  in  die  3,c  Delleh 
geworfen ,  und  der  Inhalt  der  Kanne  N°.  2  draufgegossen.  Auch 
diese  3te  Kanne  wird  kurze  Zeit  noehmals  aufs  Feuer  gethan, 
bald  aber  auf  die  Seite  gestellt,  damit  sich  aller  Satz  feiu  auf 
dem  Boden  niederscblagt.  Erst  jezt,  nach  30—40  Minuten  im 
Ganzen,  ist  der  Cafe  11)  fertig.  Eine  Person  hat  die  kleinen 
Tassen  (ohne  Henkel  und  Untersatz)  alle  in  der  linken  Hand, 
6—8  Stack  in  einander  geschachtelt ,  und  schenkt  nun  nach  der 
Ehrenfolge  der  Gflste  jedem  eine  Tasse  ein,  kaum  zur  Halfte 
gefullt.  GewOhnlich  geht  die  Reihe  nur  zweimal  herum.  Solange 
man  trinkt,  oder  noch  weiter  eingeschenkt  haben  will,  behalt 
man  die  Tasse  in  der  rechten  Hand;  kommt  der  Mundschenk 
zum  dritten  mal,  und  will  man  fflr  Weiteres  danker.,  so 
wackelt  man  mit  der  Tasse  und  gibt  aie  zuruck. 

9)  cardaaomam  minua  aus  Indien  (Malabar)  bezogen.  Ohne  dicaea  oder  ihnlichea  Gewurz 
(wie  Nelken,  Ambra,  Moacho*)  den  Cafe  vorzoaetzen,  gilte  bei  den  Beduiuen  fur  geixig 
and  geradezu  beleidigend.  NB.  Dai  echon  im  Mittelalter  bekannte  .Heir'  t.  Cardamomam 
majui  =  Korarima  (Fluckiger  and  Uanbury,  Pharmacographia.  liondon  1979  p  A60  f.)  a  a* 
den  ProTinzen  im  Suden  von  Abeaeinien  stammend,  babe  icb  in  Arabien  nirgenda  im  Ge- 


10)^Mfl3,  eine  echrig  iiber  die  Ecke  in  der  Wand  angebrnchte  Nieche.  mit  einem  Tbiirlein 


Statt  einea  Seihera  wird  in  die  Aaagnazachnaaze  ein  Kniuel  von  Palm  but  (Hf) 
II)  Die  Bobneo  heiaaen  £y*  buon,  entweder  jamani  and  <j^L5"  higizi,  weun  auf  dem 

Landweg,  direct  von  Sudarabien  bezw.  Medlneb,  bezogen,  oder  ^e~S\i  bahrt  anf  dem 
Seeweg  von  Indien  iiber  Koweh  eingef&brt.  Nor  der  Trank  aclbat  beiaat  8^9  Kahwah;  in 
seinen  rerachiedenen  SUdien  der  Bereituog  ffibrt  er  verachiedene  Namen  1)  in  der  Delleh 
N°.  1  (mn*u)  du  alte  auf  dem  Satz  atebende  Cafewaacer  X  \y  ,  Z  Herbet  oder  y ■<■»■•> 
khamlr  (eigtl.  Gihrung)  2)  der  Aufguaa  del  friaehen  Mebles  in  der  Delleh  N°.  2  mat- 
bibah)  beiaat  8^  alarah  oder  {jy^  tanwa;  3)  der  fertige  friacbe  Cafe  in  der  Delleh 

z? 

N°  3  (mabhlrab)  heimt  (jJ,  rta  oder  £i  bikr. 

Mi.  19.  Sept.  83].  Der  junge  Bursche ,  welcher  in  cAbdallahs 
Hause  gewOhnlich  den  Cafe  bereitete ,  ein  unguter  Mensch  mit 
Namen  Mutailits  {^XAut)  war  heute  Morgen  mit  blutigem 
Hemd  und  einigen  fremden  Kleidungsstucken  auf  dem  Leib 
heimgekommen.  Mahmud,  der  von  ihm  stets  behauptete ,  er  sei 


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86 


DRITTKS  OAPITEL. 


ein  ausgelernter  Dieb,  vermuthete  wohl  mit  Recht,  in  der 
Nacht  zuvor  werde  er  auf  Abenteuer  ausgezogen  sein  und  irgend 
einen  armen  Kerl  erschlagen  haben.  —  'Abdallah  ritt  mit  den 
Leuten  von  Waschwasch  fiber  Nacht  fort,  urn  der  Jagd  obzu- 
liegen.  Ich  brachte  den  Nacbmittag  im  Garten  des  Fad!,  des 
Besitzers  der  Rebabah  (S.  66)  zu,  nnd  musste  von  Krieg,  Ka- 
nouen,  Flinten  u.  dgl.  erzahlen. 

Do.  20.  Sept.  83].  'Abdallah  brachte  sechs  Rebhuhner  als 
Jagdbeute  heim ,  und  verehrte  mir  davon  zwei  Stack  als  schmack- 
hafte  Abwechslung  in  den  Reis.  Tch  hatte  uberdiess  Gelegenheit , 
Eier  zu  kaufen,  je  5  Stuck  fur  einen  Piaster  (16  d);  far  ein 
Huhn  bezahlt  man  zwischen  3—6  Piaster  (50  $— 1  M.).  Das 
waren  flbrigens  die  lezten ,  die  ich  auf  der  ganzen  Reise  zu 
Gesicht  bekam.  —  Die  Luft  war  heute  stark  bewegt  und  staub- 
erfallt,  der  ganze  Himmel  grau,  die  Berge  wie  mit  einem 
Schleier  eingehiillt.  Den  Schnaken  zu  entrinnen  gieng  ich  gegen 
Abend  barfuss  in  die  Salzebene  (Sebchah)  hinaus  spazieren; 
der  salzdurchtrankte ,  wie  mit  einer  dflnnen  Eiskruste  bedeckte , 
Boden  knisterte  bei  jedem  Tritt.  Mit  Genuss  streckte  ich  mich 
auf  die  harte  Erde  aus,  schaute  den  Wolken  zu,  und  liess  mir 
von  dem  starken  N.W.Wind  die  Glieder  kahlen.  Abends,  bei 
reichlichem  Cafefeuer  sammelte  sich  um  die  Rebabah  eine  lus- 
tige  Gesellschaft.  Thorichterweise  liess  ich  mich  verleiten ,  etwas 
viel  Cafe  zu  trinken,  und  konnte  daher  lange  keinen  Schlaf 
finden.  Mahmad  musste  mir  wahrend  zwei  Stunden  vom  tfagg 
(der  Pilger-Karawane  nach  Makkeh)  erzahlen.  Er  hatte  als 
Schreiber  bei  Muhammed  Sa'ld  Pascha *)  siebenmal  die  Wall- 
fahrt  mitgemacht ,  und  war  auch  mit  dessen  Vorganger  Ahmed 
Pascha  Baza  (yby*)  wahrend  vierjahriger  Amtsdauer  wohl  be- 
kannt,  cbenso  mit  dem  Vorganger  des  Lezteren  —  7  Jahre  im 
Amt  —  Mahmad  Pascha  'Adscheljafcin  (^gJLc^).  Er  beschrieb 
die  ganze  Einrichtung  und  Anordnung  J)  des  {Jagg  ausfiihrlich , 

1)  Dcrselbe  hat  wit  13  Jahren,  alt  Emir  el-hagg  mit  der  Aabicht  fiber  die  Soldateo,  den 
Proviant  nod  dat  Geld  betraut,  die  ayriache  Pilgercarawane  bis  Makkeb  m  geleiten. 

2)  s^jy  Urtib. 


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87 


dessgleichen  was  von  den  49  Stationen  zwischen  Damascus  and 
Mukkeh  zu  sagen  ist.  Am  andern  Morgen  schrieb  ich  seine 
Angaben,  besonders  auch  die  topographischen  Bemerkungen 
fiber  den  Verlauf  des  Weges  nieder;  ich  werde  diese  Aufzeich- 
nungen ,  welche  nar  von  speciellem  Fachinteresse  sind ,  vielleicht 
einmal  anderswo  verOffentlichen. 

Fr.  21.  Sept.  83].  Rairan,  der  kugelfeste  Jager  (S.  75  f.), 
ruckte  heute ,  nachdem  er  eingestandenermassen  in  zwei  Jahren 
kein  Thier  geschossen,  mit  einer  erlegten  Gazelle  und  einem 
Hasen  an;  festtlberzeugt ,  dass  er  solches  Gluck  nur  der  Treff- 
lichkeit  seines  Amulets  zu  danken  habe,  lieferte  er  mir  die 
Beute  bereitwillig  ab,  und  empfieng  dafar  ein  Geschenk  von 
15  Piastern  (lVaM.). 

Gegen  Abend  holte  ich aus  meinem Gepack  einen  Bumerang 
(polynesisches  Wurfholz)  hervor,  und  warf  denselben  draussen 
auf  der  Ebene  durch  die  Luft,  dass  er  in  schCnem  Bogenwieder 
zuruckkehrte.  Dieses  Instrument  erregte  naturlich  unbegranzte 
Bewunderung,  und  die  meisten  waren  um  so  mehr  geneigt,an  Zau- 
berei  zu  glauben ,  als  ich  es  deDen ,  die  es  selbst  probiren  wollten , 
mit  dem  falschen  unmerklich  langeren  Ende  in  die  Hand  gab:  das 
Holz  flog  wohl  fort ,  kehrte  aber  bei  der  unrichtigen  Wurfweise 
nicht  wieder  zuruck.  Das  ganze  Dorf  strOmte  heraus,  um  das  ncue 
Wunder  zu  sehen.  Einigen  Frauen ,  die  eben  zum  Thor  heraus- 
rannten,  warf  ich  zum  Scherz  den  Bumerang  auf  200  Schritte 
ziemlich  wagrecht  entgegen;  mit  lautem  Schrei  sturzten  sie 
sich  auf  den  Boden,  als  sie  wieder  aufzuschauen  wagten,  stieg 
das  Holz  senkrecht  flber  ihnen  in  die  H6he  und  kehrte  in 
ruhigen  Windungen  an  seinen  Ausgangspunct  zuruck.  Ma  scha 
'llah!1)-  Ein  seltsames  Spiel  des  Zufalls  fugte  es,  dass  der 
Bumerang  bei  seiner  Ruckkehr  funfmal  einen  und  denselben 
Mann ,  und  zwar  nur  diesen ,  traf ,  das  leztemal  allerdings  noch 
mit  solcher  Gewalt,  dass  er  ihm  in  seinen  murben  Mantel  und 
Hemd  ein  Loch  hineinschlug.  Er  behauptete,  ich  hatte  es  mit 


1)  .Wu  Gott  Willi0  Aotraf  do  finUnnvn* 


38 


I)RITTKS  CAPITGX 


diesera  Teufelsholz  auf  ihn  abgesehen ,  liess  sich  aber  durch  die 
Aussicht  auf  eine  Entschadigung  beruhigen,  nur  wollte  er  sie 
aus  meiner  Hand  empfengen,  und  nicht  durch  Mahmuds  Ver- 
mittlung,  denn  der  sei  [in  unsrem  Interesse]  knickerig  und 
,nicbt  gut". 

Das  Abendessen  fiel  ungewOhnlich  uppig  aus :  Reis  mit  einem 
Rebhuhn,  dazu  Gazellen-  und  Ziegenfleisch.  Durch  Mahmud 
schickte  ich  von  dem  Oberfluss  einige  Stttcke  in  den  Nebenhof 
zu  den  Frauen.  Wie  gewohnlich  lud  ich  den  Schech  'Abdallah 
zur  Mahlzeit  seiner  ein;  dem  stillschweigenden  Ubereinkommen 
entsprechend  lehnt  er  regelmassig  ab,  und  sezt  sich  erst  wenn 
ich  fertig  bin  unter  Zuziehung  seines  SprCsslings  Khamls  zu- 
sammen  mit  Mahmud  an  den  Uberrest  der  Mahlzeit. 

Sa.  22.  Sept.  83J.  Vor  Sonnenaufgang  stellte  sich  bereits  der 
Mann  von  gestern  ein,  um  seine  Entschadigung  zu  holen.  Die 
Verehrung  eines  Zahrawi  (= '/«  Megidl  =  1  franc)  schien  reich- 
lich  bemeesen;  wenigstens  meinte  er,  die  Andern  warden  alle 
bedauern,  nicht  auch  beschadigt  worden  zu  sein. 

Meine  Gesundheit  lasst  nichts  zu  wunschen;  nur  sind  meine 
Augen  von  dem  vielen  Staub  und  Sand  stets  entztlndet,  ja  des 
Morgens  mit  Eiter  ganz  verklebt,  und  erfordern  Behandlung 
mit  schwefelsaurer  Zinkl6sung.  Nicht  gerade  far  die  Augen, 
wohl  aber  far  das  Allgemeinbefinden  sehr  zutraglich  waren 
die  Bader,  die  ich  taglich  im  Hauptbrunnen  des  Gartens  zu 
nehmen  pflegte.  Die  Einrichtung  des  Ziehbrunnens  war  eine 
sehr  ursprungliche  und  rohe,  wie  aus  beifolgender  Zeichnung 
zu  ersehen  ist;  in  weit  verfallenerem  Zustand  befanden  sich 
im  selben  Garten  ein  paar  ahnliche  Brunnen. 

Auf  meinen  Wunsch  wurde  heute  der  Hof  vor  dem  l£ahwah 
ausgemistet;  viele  KCrbe  voll  Staub  und  Unrath  wurden  in 
den  Garten  geschattet,  und  als  endlich  der  gewachsene  Boden 
wieder  zum  Vorschein  kam,  zwei  neue  Feuerstellen  abgesto- 
chen  und  ausgemauert.  Auch  im  ^ahwah  selber  liess  ich  aus- 
kehren  und  den  Boden  mit  Wasser  besprengen.  Wahrend  dieser 
unerquicklichen  Handthierung  folgte  ich  der  Einladung  eines 


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kai  . 


89 


gewissen  Schahir  zutn  Cafe;  dort  gab  es  noch  ilberdiess  von 
Dibs,  einem  dicken  Syrup,  zwei  Arten,  die  eine  aus  getrock- 
neten  Trauben  (Zebib,  Zibeben)  bereitet,  die  andere  aus  Msac, 
den  kleinen  rothen  Beeren  einer  Wilstenpflanze.  Ij&stig  empfand 
ich  die  Oewobnheit  der  Leute,  wenn  ich  schlecht  oder  nur 


halb  verstandene  Satze  mir  wiederholen  liess,  mich  anzuschreien  • 
in  der  Meinung,  das  Verst&ndniss  nius.se  rair  dann  um  so 
richtiger  aufgehen. 

Nachmittags  wartete  bereits  eine  grosse  Menschenmasse ,  bis 


1 

I 


90  DRITTBS  OAPITEL. 

ich  den  Bumerang  wieder  hervorholte.  Leider  war  die  Freude 
nur  von  kurzer  Dauer,  denn  schon  nach  wenigen  Wurfen  zer- 
sprang  das  Holz  beim  Niederfallen  auf  einen  Stein,  zum  all- 
gemeinen  Schmerz  der  ganzen  BevGlkerung. 

So.  23.  Sept.  83].  Warum  die  Leute  hier  so  frQh  autstehen! 
Bei  stockfinstrer  Nacht,  mindestens  eine  Stunde  vor  Sonnen- 
aufgang  sind  die  meisten  schon  auf  den  Beinen.  Es  kann  un- 
mOglich  bloss  religiflser  Drang  sein,  dass  sie  etwa  das  FrOh- 
gebet  um  die  Zeit  des  Fegr  *)  nicht  versaumen ,  noch  weniger 
dringliche  Geschafte.  Ich  glaube,  die  Meisten  stehen  auf,  weil 
und  wenn  sie's  friert.  Drei  Viertel  von  ihnen  haben  keinerlei 
Art  von  Bett,  nicht  einmal  einen  Teppich,  Einzelne  ausserdem 
Hemd  nur  noch  ein  Kopftuch,  kaum  einen  Mantel.  In  ihrem 
Hemd  legen  sie  sich  alle  Nacht  auf  den  blossen  Boden  in  irgend 
einen  Winkel.  Wenn  nun  eine  laue  Mondscheinnacht  ist,  gibt 
es  ja  nichts  SchOneres,  als  den  Himmel  zum  Dach  zu  haben; 
gegen  Sonnenaufgang  jedoch  wenn  die  Feuchtigkeit  zunimmt 
und  die  Warme  ihren  niedersten  Grad  erreicht,  friert  es  die 
armen  Tropfen:  sie  stehen  auf  und  gehen  umher. 

Nach  dem  Fruhstflck  wurde  ich  genCthigt,  mich  als  Wasser- 
schmecker  und  Quellenfinder  aufzuspielen.  0  Beraz1)!  Auf  einem 
Gang  um  den  Fuss  des  l£asr  J-Ja'idl  herum  betrachtete  ich  auf- 
merksam  die  Gestaltung  des  Bodens,  spahte  nach  etwaiger 
Muldenbildung  und  bezeichnete  auch  bald  dem  Schech  und 
seinem  Anhang  vier  Stellen ,  an  welchen  eine  Nachgrabung  von 
Erfolg  begleitet  sein  wurde.  Von  zweien  derselben  bestatigten 
sie  nachher  selbst,  dort  seien  frilher  schon  Brunnen  gegraben, 
aber  vom  Sand  wieder  verschttttet  worden.  Der  eine  Platz 
gleich  hinter  dem  Dorf  stach  dem  Schech  besonders  in  die 
Augen  wegen  der  Nachbarschaft  von  seinem  Garten,  und  er 
ruhte  nicht,  bis  ich  ihm  mit  einem  Stock  einen  grossen  Kreis 
in  den  Sand  gezogen  hatte,  um  den  (Jmfang  der  Grube  fest- 
zustellen.  Er  wollte  natarlich  gleich  wissen ,  wie  tief  die  Grube 


1)  Vor  dem  errtcn  Morgengranen.  2)  Eigen-Name  «iaes  bekannten  Qaelfooaucbcn. 


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KftF. 


91 


<ein  masse;  urn  sicher  zu  gehen  bezeichnete  ich  die  Tiefe  eines 
Hauses  als  unerlasslich  und  fflgte  noch  hinzu,  uberhaupt  wenn 
sie  nicht  saramt  und  sonders  faule  Schlingel  waren,  so  hatten 
sie  die  guten  Brunnen  ihrer  Vftter  nicht  wieder  eingehen  las- 
sen  ,  sondern  mit  Mauern  umgeben.  Ich  benuzte  die  gute  Stim- 
mung,  um  mir  die  Wasserplatze ,  Brannen  und  Quellen  dee 
Landes  nennen  zu  lassen;  mir  wurde  angegeben: 


I.  Wasser  zwischen  dem  Gebel 


1)  el-Ezrak 

2)  el-'Amert 

3)  el-Hazlm 

4)  er-Rkaban 

5)  Kaf 

6)  Ithreh 

7)  el-Waswas 

8)  Kseibah 

9)  el-Bedah 

10)  'Adwanah 

11)  el-Mheder 

12)  Sskik  ed-dlb 

13)  Lamrar 

14)  Mrerah  (gMrerah) 

15)  Faj  semal 

16)  el-£der 

17)  el-cAsubbi 


18) 
19) 
20) 
21) 

22) 


0)  yiuoW  ;  30) 
s^f  I  31) 
JU&       !  32) 
33) 

^  \  34) 


24) 
25) 
26) 
27) 
28) 
29) 


ed-Druz  und  Hajel: ') 

Uweisit 
el-Meisiri 

en-Nebak  (Nobats)  dluJ\ 
§6bah  km4 
Hlekim  (H^uJU 
n-Nebk  Abu  K^r^^ldUJt 
el-Grawi 
&mr 


Sbeihah 

Meiku'a 

el-Gyof 

es-&ekik 

Gy6bbeh 

£na' 

el-Lakitah 

el-Wakid 

Hajel 


II.  Wasser  zwischen  Hajel  und  el-Meshed  (=N6gef) 


1)  el-Khasrah 

2)  Bakcah 

3)  §aceibeh 

4)  Khadrah 


auf  dem  Leinah-Weg: 

s^UaJI  |  5)  Linah  (Leinah) 
Lxib)  tub  '  6)  es-Selman 


7)  es-£ 

8)  el-Meshed 


1)  Auffkllender  Weiae  fehlt  in  der  Lute  der  Brunnen  Kar4\[ir,  etwa.  iwitchen  8  and  11. 


92 


IUUTTE.S  CAI'ITEL. 


III.  Wasser  zwischen  dem  Gy6f  und  el-Meschhed: 

1)  el-Ha<lel  J*X*J!  1 3)  er-Raheimeh  k^jd^I 

2)  es-Sbikeh  i     el-Mesned  <X+&J\ 


IV.  Wasser  zwischen  Kaf  und  Ma'an: 


1)  Rutti 

2)  Balr 


^  i  3)  el-Gofr 
^  I  4)  Maean 


« 


V.  Wasser  zwischen  Kaf  und  Palmyra  (7  Tagreisen): 
1)  Rsenu  'ssa<adeh  »L.)  *>!juJt  u^i: 


2)  ()mer 

3)  Tudmur 


a)  auf  der  linken  Seite  (sud- 
OstUch) 


VI.  Wasser  zwischen  Palmyra  und  Damascus: 

b)  auf  der  rechten  Seite  (n.  w.) 
des  Weges 

1)  Abul  fawaris  ^lyUt  y>\ 

2)  Gazal  Jj» 

3)  Gehar  ^-^^ 

4)  el-Geba  UsJI 

5)  el-#arjatein  &&tj*M 


1)  Tudmur 

2)  eAin  el-wueul 

3)  el-Laljalt 

4)  el-Ba^ir 

5)  £afair 

6)  ez-Zubaidi 

7)  L&m 

VII.  Wasser  zwischen  Palmyra  und  dem  Gebel  Melozah  l) 

1)  el-Mumbattah  (8  St.)  fpJaxJt  e?-§aljri  (12  St.)  157*^' 

2)  el-Hel  (4  Stunden)      Ju^t  el-Ra'arah  (12  St.)  ty*Si\ 

3)  el-Murabbacah  (12  St.)  wu^J!  Warkah  (2  Tage) 

Bei  dieser  Gelegenheit  vernahm  ich  die  unliebsame  Kunde, 
das  der  Schafcik  (Liste  I,  29),  der  wichtigste  Brunnen  auf 
meinem  kunftigen  Weg  —  der  einzige  auf  der  funftagigen 
wasserlosen  Strecke  durch  den  NefM  zwischen  dem  Gydf  und 


1)  In  der  Mitte  der  geraden  Linie  xwuchen  Damiscus  and  Hit  (id  Eaphrst). 


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J 


93 


Gy6bbeh  —  auf  Befehl  des  Schijuch  zu  Ilajel  unlangst  durch 
Einwerfen  von  Steinen  und  Sand  unbrauchbar J)  gemacht  wor- 
den  sei ,  um  die  Einfftlle  seiner  nOrdlichen  (besonders  der  Rualah 
und  $ukur)  Nachbarn  und  Feinde  (wenigstens  von  dieser  Rich- 
tung  her)  unmoglieh  zu  machen.  Da  der  zwei  Meter  im  Durch- 
messer  haltende  Schacht  68— 70m  tief  —  etwa  die  HGhe  der 
Plattform  des  Strassburger  Monsters  —  durch  den  Fels  gebro- 
chen  ist,  und  man  also  erst  bei  dieser  Tiefe  auf  den  Wasser- 
spiegel  stosst,  und  da  uberdiess  an  diesem  Brunnen  so  wenig 
als  bei  einem  andern  der  arabischen  Waste  irgend  eine  Vor- 
richtung3)  zum  Wasserheraufholen  angebracht  ist,  so  hatte 
ich  ausdrflcklich  fur  diesen  Brunnen  aus  Europa  vier  dflnne 
flanfeeile  (von  je  25m  Lange)  mitgenommen  und  vier  leinene 
Eimer.  Diese  Vorsicht  war  nun  gegenstandslos  geworden;  ich 
musste  hingegen  darauf  bedacht  sein ,  far  die  wasserlose  Strecke 
spatestens  im  Gyof  noch  weitere  Wasserschlauche  zu  beschaflfen. 

Ein  lager  Namens  Diban  brachte  mir  heute  einen  erlegten 
Hasen  und  erbat  sich  darar  ein  Amulet;  auch  sonst  noch  far 
einige  andere  Leute  musste  ich,  nachdem  ich  einmal  ttberhaupt 
auf  den  Unsinn  eingegangen  war,  fur  die  naivsten  Special- 
zwecke  Zauberspruche  schreiben.  Ich  habe  oft  das  tollste  Zeug 
febricirt,  und  denke,  wenn  in  200  Jahren  einmal  Jemand  bei 
den  Bedninen  Amulete  sammelt,  der  soil  sein  helles  gaudium 
haben.  Es  lauft  nachstens  eine  ganze  Cohorte  hier  im  Dorf 
herum,  wovon  einer  immer  einen  schOneren  Lederpfropf  am 
Haupte  tragt  als  der  andere;  ich  muss  nur  an  mich  halten, 
wenn  ich  bei  der  Begegnung  ernsthaft  bleiben  soil. 

Durch  die  Ankunft  von  einer  Anzahl  Rualah-Beduinen  hatte 
ich  etwas  Ruhe  vor  Besuchern.  Grosse  Begrussung  und  Bekus- 
sung  der  Gaste.  Sie  setzten  sich  im  Hofe  zusammen  und  ihr 
Anfuhrer  Ekreim  ibn  DurmP)  hatte  offenbar  wichtige  Mitthei- 
lungen  zu  machen.  Sie  wollten  in  den  Gyof,  und  sich  dort 


1)  Er  toll  tchon  frfther  einigemale  in  unruhigen  Zeitcn  rorubcrgehend  togeworfeo  worden  mid. 

2)  SUngen,  Eimer,  Stricke  warea  am  aelbeo  Tag,  wo  sie  anfgeatellt  wflrden,  bereita  gesiohien. 

8>  tr1*0  o*]  (*/lm 


04 


MUTTES  CAPITEL. 


einige  Zeit  aufhalten.  Bis  zu  ihrer  Rackkehr  im  Winter  liessen 
aie  etliche  Sacke  hier,  um  sie  dann  wieder  raitzunehmen. 

Den  Herbst  spurt  man  allmahlich  ganz  auffallend;  ich  kann 
jezt  schon  Mittags  3  Uhr  mit  unverhulltem  Gesicht  und  mit 
blossen  Fttssen  draussen  in  der  Sandebene  umhergehen,  ohne 
mir  die  Haut  zu  verbrennen;  vor  U  Tagen  wftre  ich's  noch 
nicht  im  Stande  gewesen.  An  der  Aussenseite  des  Dorfes  hinter 
einer  Mauer  sitzend  traf  ich  Lhud  (S.  81  f.)  und  noch  ein 
anderes  Madchen  mit  aufgelosten  Haaren,  jede  hielt  einen 
kupfernen  Kubel  mit  einer  gelblichen  Flussigkeit  auf  dem 
Schooss.  Auf  meine  Frage,  was  sie  da  treiben,  antworteten 
sie  lachend ,  sie  wollten  ihre  Haare  auswaschen.  Sie  sollten  nur 
vorwarts  machen,  ich  wollte  zusehen.  Ja,  sie  hatten  keinen 
Kamm,  und  mussten  noch  auf  eine  Freundin  warten,  die  im 
Besitz  eines  solchen  sei  und  ihn  hoffentlich  mitbringen  werde. 
Mahmud  belehrte  mich  nachher,  die  FlQssigkeit  sei  nicht  But- 
ter, wie  ich  dem  Aussehen  nach  angenommen  hatte,  sondern 
Kameelsurin.  Sehr  beliebt  sei  es,  wenn  ein  Kameel  das  Wasser 
lasse,  hinzu  zu  laufen  und  schnell  den  Eopf  darunter  zu  hal- 
ten.  Der  nb&\"  sei  uberhaupt  ein  Universalmittel ,  gelte  far 
heilsam  und  angenehm  zugleich ,  wie  bei  uns  ein  warmes  Bad , 
vertrete  auch  die  Stelle  von  Seife  und  ktilnischem  Wasser 
In  Maean  sei  bei  den  Weibern  ein  gesuchter  Wohlgeruch  und  — 
geschmack  der  Nicotinsaft  aus  den  Pfeifen,  womit  sie  sich  die 
Lippen  und  die  Zahne  einreiben.  —  Wahrend  die  Riialah  draussen 
sassen,  liess  ich  mir  im  Eahwah  durch  Mahmud  von  el-£Aleh 
(el-c01ah)  erzahlen  und  von  el-Hegr  (=  Madaln  §alih).  Er  be- 
schrieb  mir  die  Felsenwohnungen  (richtiger  GrabhChlen)  der 
Bani  Tamud  (Nabataer)  und  sagte,  man  finde  am  lezteren  Ort 
auch  kleine  Steinstucke  in  der  GrOsse  eines  Piasters ,  auf  denen 
sich  Schrift  befinde;  er  habe  selbst  einmal  eines  eingesteckt, 
aber  wieder  verloren ,  denn  er  habe  keine  Acht  darauf  gehabt. 


1)  Gans  Aholichea  au»  Sudamorika  berichtct  II.  ,1.  Pfeifer  in  aeinem  Aofsatz:  Und  nod 
Leote  in  Boliria,  s.  Bail.  N°.  183  mr  Allgem.  Zcilung  r.  3.  Jnli  1888.  S.  2688. 


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95 


Es  werden  also  wohl  tesserae  aus  gebranntera  Thon  sei,  wie 
sie  aus  Palmyra  zahlreich  bekannt  sind. 

Mo.  23.  Sept.  83].  Bei  Tagesanbruch  hatte  sich  eine  neue 
Parthie  Rualah  eingestellt ,  vom  Zweig  der  yawazim ,  Kawakbeh , 
An§er  und  Durman.  Da  mich  die  schmutzige  Bande  wenig  in- 
teressirte,  so  hielt  icb  mich  heute  den  ganzen  Tag  im  Rahwah 
auf,  und  liess  mir  von  Mali  mud  die  Benennungen  der  Feuer- 
waflfen  und  ihrer  einzelnen  Bestandtheile  dictiren.  —  Mu  tail  its 
(S.  85  f.)  wollte  sich  zu  mir  herein  in  eine  Ecke  hocken,  ich 
wies  ihn  aber  aus  dem  ftahwah  hinaus,  er  solle  seinen  Zorn 
anderswo  ausbruten.  Er  war  namlich  tief  beleidigt,  weil  ihm 
der  Sabel  'Abdallahs,  den  er  sich  zum  Paradieren  vor  den 
Weibern  umgeschnallt  hatte,  durch  dessen  Sohn  Salim  wieder 
abgenommen  worden  war.  Vor  lauter  Zorn  fand  er  sich  sogar 
nicht  einmal  zum  Essen  ein. 

Klagend  stellte  sich  im  Dorf  ein  verlumpter  Scherari,  Na- 
mens  Haurfin ,  ein ,  Besitzer  von  etlichen  40  Schafen ,  mit  denen 
er  das  ganze  Jahr  in  der  Wuste  herumzog,  um  sein  Leben 
durchzuschlagen.  Gestern  war  er  in  unmittelbarer  Nahe  des 
Dorfes  aufgehoben,  ein  Stuck  weit  mitgeschleppt  und  seiner 
Schafe  beraubt  worden.  Die  Bauber  war  §ukur,  16  Mann  auf 
8  Kameelen ,  aus  dem  Hadel  (J<Xs>JI)  jenseits  des  Gyof. 

Die  Sonne  war  schon  hinuntergegangen ,  da  h6rte  man  Flin- 
tenschusse;  die  Leute  giengen  vors  Dorf  hinaus  der  Kara  wane 
entgegen,  welche  von  hier  und  Umgegend  vor  10  Tagen  mit 
Salz  in  den  Hauran  gezogen  war  und  nun  mit  Korn  zurtlck- 
kehrte.  Far  die  50—60  Mann  sollte  ein  feierlicher  Cafe  bereitet 
werden.  Tch  zog  vor,  mich  frtthzeitig  in  den  tfahwah  zum  Schlaf 
niederzulegen.  Meine  Ruhe  wurde  aber  verschiedentlich  gest6rt: 
zuerst  kam  der  beruchtigte  Mutailits,  um  Cafegeschirr  und 
unsern  M6rser  zu  holen;  Mahmud  schlug  es  ihm  ab.  Kurz  darauf 
wollte  er  die  cylinderlose  Petroleumlampe  suchen,  fur  die  ich 
seither  trotz  aller  Bitten  und  Versprechungen  das  abgeleugnete 
Petroleum  nie  erhalten  konnte.  Spater  kam  auch  noch  die 
alte  Treifeh  (S.  78)  herein ,  und  fuhrte  wegen  derselben  Lampe 


96  WHITES  CAMTEL. 

noch  einen  m6rderischen  Spektakel  auf.  Eben  war  icb  am  Ein- 
schlafen,  da  erschien  unter  der  Thiir  ein  Kerl  mit  lichterloh 
brennendem  Palmzweig,  urn  abermals  nach  der  Lampe  zu  fahn- 
den;  ich  liess  ihn  durch  Mahmud  mit  einem  Stecken  hinaustreiben. 

Di.  25.  Sept.  83].  Morgens  lange  vor  der  Sonne  aufgestanden. 
Die  Begrflszungsscenen  und  Austausch  derNeuigkeiten  beobacbtet. 
Zum  Morgenessen  gab  es  Samh  ')  mit  Zucker  und  ranziger  Butter 
zusammengeknetet ,  sah  aus  wie  ein  Cbocoladekas ,  schmeckte 
indess  nicht  ubel. 

In  einer  eisernen  Falle  (gj  fachh)  haben  sie  in  der  Nacht 
zuvor  eine  Hyane  gefangen.  Sie  wollten  sie  mir  als  Braten(!) 
anbieten;  im  Magen  des  Thieres  fand  sich  noch  eine  Leichen- 
hand  vor.  Mahmud  hat  die  Kerle  zum  Teufel  gejagt. 

eAbdallah  musste  raich  heute  in  aeinen  Hausern  herumfah- 
ren ,  damit  ich  einen  Einblick  in  die  Bauart  bek&me.  Die  Hauser 
sind  durchweg  aus  an  der  Sonne  getrockneten  Lehmziegeln  er- 
baut,  meist  einstockig,  die  Wande  zwei  bis  drei  Fuss  dick,  die 
Mauern  mit  Zinnen  aus  Lehmziegeln  gekront  sehen  von  der 

Feme  festungsmassig,  in  der 


^   >  Nahe  ganz  unschuldig  aus. 

Die  einfachen  Zinnen  heissen 
VV\ t ' V\f\  f^Aj      1,am&m '  eigentlich  „Tauben", 
H5Sk75ll    d»  ^sammengesetzten  zwei- 

oder    dreistamigen  schum- 
rukh,  Pluralis  schamarikh  d.i. 
,Ranken". 
Die  Gelasse  der  Hauser,  be- 


!  1 


sonders  die  Empfangsraume  (ftahawah)  sind  sehr  hoch ,  gewOhn- 
lich  4 — 6«n ;  Decke  und  Dach  zugleich  wird  gebildet  aus  wag- 
recht  gelegten  Stangen  und  Prugeln  von  Ithel i),  daruber  kommt 


1)  Samh  ist  eine  im  nordliehen  Arabicn  allcnthalben  waehuende  Planze,  einem  klein- 
bliittrigcn  Krautbuachel  ihnlich,  hellgelb  bluhend,  mit  crbaengrosaer  Fruchl,  welche  rothbranne 
Samenkorner  enthalt;  die  lctzteren  werden  maatenhaft  gesammelt,  nnd  fur  den  Bcdarf  grob 
r.wiachen  Steincn  gemahlen  und  dann  mit  \Va*sr>r  grkoeht.  E»  ist  da»  eigentliche  WiUtenbrod 

2)  ill,  Tamariake. 


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Kf.F.  97 

eine  dicke  Querlage  von  Palmzweigen,  zuoberst  Lehm  und  Kalk; 
der  dadurch  entstehenden  Plattform  gibt  man  Abflussrinnen  fur 
den  Regen.  Zwischen  den  Hausern  lftsst  man  verschiedene  klei- 
nere  oder  grossere  H6fe  und  Mistwinkel.  Den  inneren  grossen 
Hof  umsaumen  ganz  niedere  einzeln  verschliessbare  Gelasse, 
Vorrathskammern ,  Ktlche  und  Eaume  fQr  allerlei  hausliche 
Geschafte.  Ich  glaube  beobachtet  zu  haben,  dass  jede  der  ver- 
scbiedenen  Frauen  sammt  ihren  Kindern  mindestens  ein  beson- 
deres,  stets  abgeschlossenes  Gelasz,  zur  Verragung  hat.  Wie  es 
in  reicheren  arabischen  Hausern  aussieht ,  davon  werde  ich  unten 
bei  der  Schilderung  des  Aufenthaltes  im  Hajel ,  ausfuhrliche  Be- 
schreibung  und  Zeichnung  geben. 

Heute  bettelte  mich  ein  Beduine  ')  aus  der  Gegend  von  Mesch- 
hed  am  Euphrat  an,  er  und  seine  Kameraden  seien  in  der 
garrah 2)  so  und  so  uberfallen  und  all  ihres  Besitzes  an  Ka- 
meelen  beraubt  worden.  Ich  gab  ihm  V4  Megidi  (1  franc);  6 
Tage  spater  h6rte  ich,  das  sei  Alles  erlogen  gewesen;  im  Ge- 
gentheil  er  und  seine  Spieszgesellen  haben  auf  der  Ostseite  des 
Gebel  ed-Druz  25  Eameele  gestohlen.  Da  soli  man  noch  einem 
Menschen  glauben!  Wer  ist  hier  nicht  Freiherr,  Bettler,  Dieb 
und  Rauber  zugleich! 

Nachdem  cAbdallah  gegen  Abend  mit  Mutailii  zusammen  auf 
zwei  Tage  nach  Ithreh  abgeritten  war,  hatte  ich  seine  Gaste 
allein  auf  dem  Hals.  Zum  Cafe  wurde  noch  spat  die  Rebabah 
geholt ,  und  mit  Gesang  begleitet.  Ich  hatte  mein  Bett  im  Hofe 
langs  einer  Mauer  ausbreiten  lassen,  und  mich  schlafen  gelegt. 
Einer  der  zuchtlosen  Kerle ,  Nam  ens  Nassal ,  hatte  sogar  die 
Unverschamtheit ,  seine  Fusse  zwischen  mich  und  die  Mauer 
auf  den  Teppich  hereinzuschieben ;  ich  packte  ihn  sofort  an  den 
Faszen  und  warf  ihn  mit  einigen  Verwunschungen  an  einen 
geeigneteren  Platz.  Das  war  das  Signal  far  die  Anderen,  sich 

1)  Vom  Stainme  der  'Antuh.  Zweig   Dab&mtcheh  (*_£_*L*>),  Schrch:   Ion  HaddAI 

2)  Vulkaniirhc  Steinwibte 

7 


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98  DR1TTE8  CAPITOL. 

auch  in  eine  Ecke  zu  legen.  Trotz  meinem  Abwehren  nahm 
aber  das  Geschwatz  darum  noch  kein  Ende.  Wie  nun  plfltzlich 
auch  noch  eine  Gaise  auf  mein  Lager  kam,  sprang  ich  auf 
und  griff  nach  meinem  zunachst  Iiegenden  Sabel.  Die  Eerie 
glaubten,  das  gelte  ihnen:  den  Sabel  aus  der  Scheide  fahren 
hOren  und  mit  Hinterlassung  der  Mfintel  die  Flucht  ergreifen 
war  Eins.  Zur  ErhOhung  der  Verwirrung  sprang  Mahmud  auch 
noch  mit  einem  Prugel  und  Revolver  hinter  her,  verlor  aber 
bei  der  Verfolgung  den  Ladstock.  Er  stiesz  ganz  unerhOrte 
Fluche  gegen  das  Nest  und  seine  Bewohner  aus,  und  drohte 
mit  Verlegung  meiner  Residenz  nach  dem  gastlicheren  Ithreh. 
Treifeh  und  Fheideh  kamen  besturzt  aus  ihren  Hausern  heraus. 
.  Nach  kurzer  Erklarung  begab  sich  Treifeh  ins  andere  Lager  und 
erOffnete  ihnen  auf  eigene  Faust,  dass  ich  den  ersten  Besten, 
der  in  der  Nacht  noch  einmal  den  Hof  betrate,  unfehlbar  mit 
dem  Revolver  niederschiessen  wflrde. 

Mi.  26.  Sept.  1888].  Lange  vor  der  Sonne  aufgestanden.  Einer 
der  Verfolgten  von  gestern  Abend  lieferte  als  ehrlicher  Finder 
den  verlorenen  Ladstock  zurQck.  —  Heute  brachten  sie  wieder 
eine  Hyane  ins  Dorf ;  das  Thier  war  in  die  beim  Friedhof  hinter 
dem  Dorf  gelegte  Falle  gegangen ,  und  hatte  sich ,  wie  aus  den 
Spuren  deutlich  zu  sehen  war,  urn  das  Sad-  und  Westende 
des  Kasr  §aeidi  herum  mitsammt  der  Falle  bis  an  den  Fusz  des 
Berges  Umm  el-gras  geschleppt,  wo  es  aufgespdrt  und  mit 
Prugeln  zu  todt  geschlagen  wurde. 

Der  Morgen  war  noch  eine  Stunde  nach  Sonnenaufgang  sehr 
kilhl  und  angenehm.  Ich  nahm  desshalb  mein  Gewehr  auf  die 
Schulter  und  machte  einen  Gang  auf  den  Gipfel  des  Samrah 
Ureik  (s.  6.  von  Kaf).  Bei  durchsichtiger  Luft  waren  die  hohen 
Berge  im  Nordosten ,  der  Schmisaneh ,  Makkel  und  Ebmjjit  sehr 
klar  und  in  die  Nahe  gerttckt.  Von  neun  Uhr  ab  pflegt  jezt 
regelmassig  jeden  Morgen  in  der  Ebene  die  Fata  morgana  (sarab 
vjfj*,)  sich  einzustellen.  Die  Wasserflache  ist  wirklich  zu  tau- 
schend,  als  dass  nicht  ein  durstiger  Mensch  dadurch  verfuhrt 
werden  sollte ,  ihr  nachzujagen ,  ja  selbst  ohne  Noth  verspurt 


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90 


man  unwiderstehlich  Lust ,  an  den  schdnen  See  zu  eilen.  Das 
Schauspiel  dauert  jedesmal  eine  halbe  Stunde  oder  auch  langer, 
bis  eben  eine  gleichmassige  Erwarmung  der  Luftschichten  dem 
Trugbild  ein  Ende  macht. 

Bei  der  Ruckkehr  vom  Ureik  stiess  ich  auf  Diban  den  Hasen- 
bringer  (S.  93)  und  den  kugelfesten  Rairan  (S.  75  f.);  die  blut- 
bestrichenen  Flinten  mir  entgegenhaltend  wiesen  sie  auf  einen 
soeben  erlegten  Gazellenbock ;  fQr  einen  Megidi  (37a  M.)  tauschte 
ich  ihn  ein  mit  der  Bedingung ,  dass  ich  noch  einen  Hasen  dazu 
bekomme.  Der  Hase  wurde  auch  richtig  ein  paar  Tage  spater 
lebendig  abgeliefert. 

Gegen  Mittag  kam  ein  Haufen  Frauen  aus  Ithreh,  sie  hatten 
von  den  Bildern  (Photographien)  gehflrt,  und  mflchten  siegerne 
sehen.  Es  wiederholten  sich  genau  dieselben  Scenen  wie  das 
erste  Mai  (S.  80). 

DacAbdallah  immer  noch  nicht  zuruckgekehrt  war,  so  herrschte 
im  Dorf  dieselbe  Zucht-  und  Ordnungslosigkeit  wie  gestern. 

Do.  27.  Sept.  83).  Einem  Schwaben  darf  man  es  nicht  ver- 
argen ,  wenn  er  in  der  Frerade ,  sei's  in  America  oder  Arabien , 
an  Kflnig  Wilhelms  von  Wnrttemberg  Geburtstag,  des  Can- 
statter  Volksfestes  nicht  ohne  Wehmuth  gedenkt.  Die  heimath- 
lichen  Bretterbuden ,  Bankelsanger,  Riesendamen ,  ambubajarum 
collegia,  Teichmanns  100000  Portionen  Sauerkraut  mit  Brat- 
wursten ,  der  ganze  Festplatz ,  tauchte  —  eine  schwabische  Fata 
morgana  —  in  meiner  Erinnerung  auf.  Zur  Feier  des  Tages ,  den 
ich  um  der  Verstandlichkeit  willen  als  Geburtstag  meines  Sul- 
tans ausgab,  hatte  ich  mich  in  vollen  Staat  geworfen,  meinen 
langen  rothseidenen  Rock1)  nebst  allerhand  Waffen  angelegt, 
und  schaute  nun  zu,  wie  alle  Schleussen  meiner  Gastlichkeit 
flber  Gerechte  und  Ungerechte  sich  Offneten.  Wer  sich  einstellte, 
erhielt  Cafe,  Thee,  Wasserchocolade ,  Tabak,  Datteln,  Butter, 
Brod,  Fleischbruhe  und  dergleichen;  auch  die  Frauen  wurden 
unerwartet  reichlich  bedacht.  'Abdallah ,  der  gegen  Mittag  heim- 


1)  ZebAo 


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100 


nrtlTTES  CAPITEL. 


kehrte ,  war  ganz  betroffen  tlber  die  nie  gesehene  Gasterei ,  liesz 
sich's  aber  bald  gleichfalls  waidlich  schinecken  und  fand  sich 
ausnahmsweise  bei  meinem  Abendessen  selber  als  Gast  ein: 
aufgetragen  wurde  eine  Erbswurstsuppe ,  Reis  mit  Gazellen- 
fleisch  und  Aprikosenmuss. 

Bei  Sonnenuntergang  kreisten  zwei  Adler  hoch  in  der  Luft; 
darob  grosse  Aufregung  unter  sammtlichen  Flintenbesitzern ; 
die  Lunten  wurden  angezundet  und  Alle  rannten  schussbegierig 
durcheinander ;  nur  leider  waren  die  Adler  nicht  so  gefallig, 
sich  in  oder  bei  Kaf  niederzulassen ,  verzogen  sich  vielmehr  in 
grossen  Kreisen  schwingend  ruhig  nach  Norden. 

Fr.  28.  Sept.  83].  Fur  seine  jiingst  erworbene  Frau  Hatsmeh 
(S.  78)  muss  'Abdallab  eine  neue  Wohnnng  bauen  lassen. 
Er  hatte  mir  zwar  letzthin  versichert,  er  werde  diese  Frau 
wieder  aufgeben,  das  ist  aber  nur  Verstellung ;  mich  daucht, 
der  Zierafle  meistert  ihn,  dass  es  eine  Schande  ist;  sie  ist's, 
die  ihm  diese  ganze  „neue  Einrichtung"  abgepresst  hat.  Im 
inneren  Hof  liegt  schon  ein  Haufen  machtiger  Ithel-stangen 
(S.  96),  um  die  neuen  Ziramer  einzudecken,  und  was  er  von 
Ithreh  in  grossen  Bundeln  heimgebracht  hat,  wird  auch  nichts 
Anderes  sein ,  als  neues  Ausstattungszeug  fur  die  Unersattliche. 

Ich  wollte  die  Stelle  sehen,  wo  sie  vorgestern  die  Hyftne  in 
der  Falle  erschlagen  hatten  (S.  96)  und  gieng  an  den  n6rd- 

lichen  Fuss  des  #a$r  ^a^di ;  in  der  Ebene  Sas  el-^uff  ( Jul!  ^Lm) 
bei  den  Trummern  eines  Hauses  setzte  ich  mich  neben  einem 
verschfltteten  Brunnen  nieder,  um  einen  charakteristischen 
weissen  Berg  zu  zeichnen,  der  mir  nachher  als  £**aJI  yd  ?asr 
ed-dabea  d.  i.  Hyanenschloss  benannt  wurde.  An  mm  kann  man 
so  recht  deutlich  die  Entstehung  der  Waste  beobachten:  Das 
von  der  Stirne  des  Berges  abbrockelnde  Gestein  sturzt  in  grO- 
bere  oder  feinere  Schuttkegel  ab,  die  sich  ganz  allmahlig  in 
Sand  aufl6sen  und  verwehen. 

In  der  Nachmittagshitze  gieng  ich  in  die  Ebene  (en-Nebts) 
hinaus  spazieren,  baarfusz,  und  traf  da  an  raehreren  Stellen 
nackte  Bursche  und  auch  einen  alteren  Mann  in  einer  mir 


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K  1 1  . 


101 


zunachst  unverst&ndlichen  Arbeit  begrifFen:  bis  urn  (lie  Mitte 
des  Leibes  im  Wasser  stehend  schOpften  sie  aus  Lochern  von 
5—6  Fuss  Tiefe  in  Le- 
derkubeln  das  Wasser, 
welches  durch  kleine 
Rinnsale  in  Teiche  von 
einem  Fuss  Tiefe  ge- 
leitet  wurde.  Hart  da- 
neben  waren  niedere 
Lehmhutten  mit  oder 
ohne  Bedachung.  Ich 
dachte  es  handle  sich 
um  Salzgewinnung , 
wurde  aber  belehrt : 
nein  um  Vogeljagd.  In 
dieser  wasserarmen 
Zeit  haben  die  Vogel 
grosse  Noth  einen 
Trunk  zu  finden,  da 
legen  sich  nun  die  Ja- 
ger  init  ihren  Luuten- 
flinten  Tag  und  Nacht 
in  die  Hutten,  uin  durch 
die  kleinen  Schiesz- 
scharten  auf  die  etwa 
ans  Wasser  kommen- 
den  arm  en  Thiere  zu 
schiessen.  Das  Wasser 
war  alles  stark  salzhaltig ;  auch  der  aus  dem  Boden  ausgehobene 


Lehm  uberzog  sich  an  der  Sonne  sogleich  mit  einer  weissen  Kruste. 


102 


DRITTES  CAPITEL. 


tiber  die  Salzgewinnung  in  der  Gegend  konnte  ich  Fol- 
gendes  in  Erfahrung  bringen.  Die  breite  Thalsohle  des  Wadi 
Sirhan  mit  seinen  zahlreichen  Ausbuchtungen  birgt  in  ihreni 
oberen  Drittel  ausgedehnte  Salzlager,  welche  in  wasserreichen 
Jahrgangen  zusammenhangende  Salzseen  oder  -sumpfe  bilden. 
Am  geschlossensten  tritt  das  Salz  zu  Tag  in  unmittelbarer 
Nahe  der  zwei  DOrfer  Ithreh  und  Kaf,  die  wohl  eben  diesem 
Umstand  ihre  Existenz  verdanken.  Aber  auch  anderwarts,  wenn 
die  Iladir  ')  (Thalsehluchten)  mit  Wasser  getrankt  sind ,  bluht 
das  Salz  in  ergiebigster  Folle  aus  dem  Boden  hervor.  Jeder 
Beduine  kann  von  dem  frei  sich  findenden  Reichthum  holen 
soviel  er  will,  doch  ist  diese  Ausbeute  immer  noch  feucht  und 
muss  erst  besonders  getroknet  werden.  Vom  hiesigen  Salz  wird 
gerflhmt,  es  sei  helu  (^JL*.)  aSuss",  und  nicht  w  bitter"  wie  das 
von  Tudmur  (Palmyra).  In  der  Nahe  jener  zwei  Dorfer  wird 
die  Gewinnung  etwas  systematischer  betrieben  und  zwar  das 
ganze  Jahr  hindurch.  Zwei  Stunden  von  Kaf  im  S.  0.  erheben 
sich  in  der  Ebene  en-Nebts  die  Berge  Samra  Rutti2)  und  der 
£l£b  el-milh  J)  „das  Salzherzlein".  Am  Fuss  der  beiden  Berge 
hat  eAbdallah  der  Schech  von  Kaf  mit  Benutzung  des  erschlos- 
senen  Grundwassers  eine  Canal-  und  Teichanlage  eingerichtet , 
vermoge  deren  das  heraufgeschOpfte  Wasser  eine  Zeitlang  ein- 
strOmt,  den  Boden  auslaugt,  und  das  Salz  an  die  Oberflache 
herauftreibt.  Ein  Neger,  der  Mann  der  Balwah  (S.  80),  geht  jeden 
Morgen  dorthin ,  des  Abends  wieder  zuruek ,  und  besorgt  den  Tag 
aber  das  SchOpfen  und  die  Stauung  des  Wassers, 
sowie  das  Abrahmen  des  Salzes.  Getrocknet  und 
gereinigt  wird  der  gewonnene  Vorrath  in  niederen 
gemauerten  Kammern,  am  Eingang  der  Dflrfer 
aufgespeiehert.  Die  Sirlian-Beduinen  und  die  Bani 
eEisa  schaffen  davon  jahrlich  3—4000  Ladungen  *) 
zum  Verkauf  naeh  Hauran ,  d.h.  sie  tauschen  die  Waare  gew6hn- 

n^jjui  Phr  Qyi.  2)^^^.  3)  gill  ^Xi. 

4)  Eine  Ladung  wird  gerechnet  in  80  Rotl.  -  160  Oka*  -  205  Kilogramm  =  80  Sft\  und 
Bteht  im  Preise  von  1  Megidi  (8^  M.). 


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ioa 


lich  aus  gegen  das  gleiche  Gewicht  von  Getreide.  Das  Abmes- 
sen  geschieht  mit  einem  hOlzernen  Mess ,  §ae  genannt ,  welches 
vollgehauft  etwa  13— HPfund  Salz  entbalt  Damit  der  Messende 
sich  nicht  tauscht,  wird  wahrend  der  Arbeit  immer  die  letzt 
gewonnene  Zahl  20  und  mebr  Male  laut  wiederholt;  dabei  wird 
es  als  ein  angenehmer  Dienst  empfunden ,  wenn  ein  paar  gute 
Freunde  bei  der  far  einen  Beduinen  immer  schwierigen  und 
schweisstreibenden  Anstrengung  des  Zahlens  stillen  Beistand 
leisten.  Nach  15  §ac,  welche  eine  halbe  Ladung  d.  h.  gerade  einen 
Sack  ausmachen ,  beginnt  man  einen  neuen  Hanfen  aufzuschutten. 
Wahrend  der  vorfibergehenden  tfirkischen  Occupation  des  Wadi 
Sirhan  im  Jahr  1870(siehe  unten  im  Capitel  fiber  den  Gy6f)  war 
zu  Kaf  ein  Salzsteuer-einnehmer  eingesezt ;  der  erhob  von  jeder 
Ladung  einen  Megidl,  liesz  die  eine  Halfte  dem  Schech,  die  andere 
behielt  er  zuruck  als  Miri  (Regierungsabgabe).  Nachdem  er  von 
seinem  Schreiber  urn  ein  gutes  Stack  Geld  bestohlen  worden, 
und  auf  der  grossen  Retirade  glficklich  mit  dem  Leben  davon 
gekommen  war,  lieferte  der  gutmuthige  Beamte  auf  dem  Serai 
(Regierungsgebaude)  zu  Damascus  noch  die  hflbsche  Summe 
von  2000  Megidi  ab,  welche  von  den  erstaunten  Effendis,  die 
keine  Ahnung  von  einem  Steuereinnehmer  zu  Kaf  gehabt  hat- 
ten,  ohne  ein*  Wort  der  Belobung  eingesteckt  wurden. 

Gegen  Abend  sah  ich  auf  dem  freien  Platz  des  Dorfes  einen 
Menschen  sitzen ,  der  mir  durch  seine  hellere  flautfarbe  auffiel. 
Auf  dem  Leib  hatte  er  nur  ein  Hemd ,  auf  dem  Kopf  ein  ein- 
faches  weisses  Tuch,  in  der  Hand  einen  Stock,  Gepack  absolut 
Null.  Auf  meine  Frage  wo  er  herkomme  und  was  erhier  treibe, 
wollte  er  zuerst  nicht  mit  der  Farbe  heraus,  bis  eAbdallah  ihm 
durch  einen  Wink  zu  verstehen  gab,  er  habe  von  mir  Nichts 
zu  furchten.  StQckweis  bekam  ich  von  ihm  heraus,  er  sei  De- 
serteur  von  der  turkischen  Garnison,  welche  in  llodeidah  und 
§anea  zusammen  4  schwache  Bataillons  ')  bilde.  Mit  etlichen 


1)  Ein  Jahr  rorher  h*tt«  ich  dareh  Kiepert  «iae  Photognphie  der  gc»amtnton  Jamais  hoch- 
•trw  80  Mann  bctragenden  Oarniton  von  San'4  xu  Geticht  bekommen.  Die  Mannschaft  irt  ako 


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104 


DHITTES  OAPITEt. 


anderen  Kameraden,  die  heute  in  Ithreh  ubernachten,  sei  er 
vor  etwa  6  Monaten  zu  Fuss  aufgebrochen ,  und  habe ,  durch  die 
Beduinen  sich  durchbettelnd ,  die  Gastfreundschaft  des  Ibn  Ra- 
schid  zu  Hajel  aufgesucht.  Dort  habe  Ieder  von  ihnen  ein  Hemd, 
ein  Kopftuch  und  7,  Megldi  als  Geschenk  erhalten,  und  sie 
seien  mehrere  Tage  gut  verkostigt  worden.  Jezt  wolle  er  mit 
seinen  Kameraden  heim  in  die  Gegend  von  Damascus,  und 
hoffe  den  lezten  Theil  des  Wegens  vollends  gut  zu  aberstehen. 
Als  Grund  seiner  Fahnenflucht  gab  er  an:  die  unerhorte  Hitze, 
das  verdorbene  Trinkwasser,  die  Folge  davon  Fieber  und  andere 
Krankheiten.  'Abdallah  fugte  noch  hinzu,  solche  Bettler  kom- 
men  alle  paar  Wochen  bier  durch,  es  sei  nur  ein  Wunder, 
dass  uberhaupt  noch  ein  turkischer  Soldat  im  Jemen  sich  finde. 
Sobald  sie  entlaufen,  mussen  sie  jedwedes  soldatische  Abzei- 
chen,  namentlich  Waffen,  dahintenlassen  —  dann  bleiben  sie 
unbelastigt,  finden  im  Gegentheil  bei  alien  Beduinen,  den  ge- 
schworenen  Feinden  der  D61eh  (turkischen  Regierung),  gastliche 
Zehrung,  und  werden  von  einem  Stamm  zum  andern  abge- 
schoben ,  bis  sie  ihre  Heimath  erreichen.  Alle  suchen  ihren  Weg 
uber  Hajel  zu  richten,  weil  sie  dort  unbesehen  das  erwahnte 
Gastgeschenk  erhalten  und  sich  einige  Zeit  ausruhen  konnen. 
Spater  wahrend  meines  eigenen  Aufenthaltes  nlaselbst  habe 
ich  auch  wieder  eine  ganze  Gesellschaft  davon  angetroffen. 
Die  Schabigkeit  eAbdallahs  zeigte  sich  heute  in  ihrer  ganzen 
Durchsichtigkeit :  diesen  Morgen  hatte  er  versprochen ,  auf  den 
Abend  Brod  backen  zu  lassen.  Da  ich  den  Deserteur  zu  meinem 
Abendessen  eingeladen  hatte,  fQrchtete  er  fur  diesen  noch  ein 
StQck  weiter  herschaffen  zu  mussen,  und  so  war  Abends  ein- 
fach  gar  kein  Brod  da.  Erst  wie  ich ,  ohne  seine  Lugen  abzu- 
warten,  aus  meinem  Zauberkoffer  Zwieback  heraussuchen  liess, 
und  ihm  selber  hOflichst  davon  anbot ,  sprang  er  beschamt  von 
dannen,  und  „entlehnte"  —  natilrlich  bei  sich  selbst  —  einige 
Brodfladen.  Uberdiess  musste  er  noch  mit  anhOren ,  wie  ich  bei 
Mahmud  Thee,  Kafe,  Chocolade  oder  irgend  etwas  Anderes 
noch  bestellte,  und  ihn  einlud,  unsern  Gast  mitzufeiern.  Fur 


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103 


sich  selbst  ware  er  schon  ausgeschamt  gewesen,  aber  vor  dem 
dtirftigen  Bettler  fahlte  er  sich  doch  arg  blossgestellt. 

Sa.  2tf.  Sept  83].  In  der  Fruh  kamen  die  4  anderen  Deser- 
teure  an  in  jammervollem  Zustand.  Nachdem  ich  ihnen  mit 
Speise  und  Trank  etwas  aufgeholfen ,  auch  zu  einiger  Ergetzung 
Jedem  V4  Megldi  (1  franken)  verabreicht  hatte,  wandte  ich  alle 
Mittel  an,  um  aus  ihnen  die  Beschreibung  des  zuruckgelegten 
Weges  heranszubringen.  Trotz  alien  Versprechungen  fur  den 
Fall  befriedigender  Auskunft  konnte  ich  doch  nur  eine  Anzahl 
Namen  erpressen,  deren  sie  sich  aus  ihrer  3-monatlichen  Wan- 
derung  in  unsicherer  Reihenfolge  erinnerten :  $anca ,  Milh ,  Gebel 
Jam,  Ma'rib,  Wadi  Khab,  Makhlaf  (Beduinen  Sbec  £u~) ,  Gebel 
cAsir,  ^alcat  Blscheh,  Torabah,  T&lf  *),  Wadi  Dawasir  (sehr 
bevfllkert)  Scha^rah,  Bereideh,  Hajel,  el-Gy6f. 

Auf  dem  freien  Platz  im  Dorf  lagerten  Sirhan-Beduinen ,  welche 
mit  den  Ban!  §akhr  verbrudert,  aus  der  Gegend  zwischen 
Belka  und  §alt  im  Ostjordanland ,  auf  46  Kameelen  hieher  Korn 
verbrachten,  um  es  fur  den  Winter  niederzulegen  und  nach 
Bedarf  davon  abzuholen.  Als  Ruckladung  nahraen  die  B.  §akhr 
Getreide  mit.  Ich  schritt  durch  die  geschaftigen  Gruppen  hin- 
durch,  und  that  einmal  zufallig  wieder  einen  Blick  in  den  Hof 
der  sogenannten  Moschee.  Dort  lag  in  einem  Winkel  zusam- 
mengekauert  noch  ein  weiterer  Deserteur;  kein  Mensch  hatte 
sich  um  ihn  gekummert,  noch  ihm  irgend  etwas  zu  essen  ge- 
geben;  ich  forderte  ihn  auf,  mir  zu  folgen,  er  war  vom  Fieber 
erschopft  und  hatte  uberdiess  4  Medinah-wurmer s)  an  den 


])  Ob  lie  wirklieh  dort  itch  xn  teigen  wagten,  iat  mir  doch  fraglich. 

9)  Filaria  raedinenris  oder  Dracancalua  medinenaia  iat  ein  an  verachiedenen  Orten  dea  Orients, 
beeondera  ater  im  Higix  and  im  Jemen  hiafig  vorkommender  Fmdenwarm,  der  in  noch  nicht 
genaa  bekannter  Form  darek  Mhleobtei  Trinkwaiaer  in  den  Korper  eingeffihrt,  die  Mueknlatar 
duchbricht,  and  nach  6 — 10  Monaten,  wo  er  auagewachaen  eine  Lftnge  von  60 — 90  centimeter 
erreicht,  outer  dem  Bindegewebe  der  Hant  rich  fortachiebend ,  am  liebaten  an  den  nnteren 
Extremititen ,  aoa  einer  aich  bildenden  Geachwnlat  nach  aoaeen  bohrt  Sobald  der  Kopf  durch- 
brieht,  wird  er  in  ein  angeacbliztea  Holilein  eingeklemmt,  nnd  der  Fadenwnrm,  aoweit  als  er 
gntwillig  liaft,  anfgeapnlt.  Beim  geringaten  Wideritand  moaa  man  innehalten,  and  darf  erat 
etwa  am  folgenden  Tag  wieder  probiren;  denn  wenn  der  Wurm  abreisat,  entatehen  boaartige 
Gcachwure  and  Vereiterangen.  Die  Stelle  wird  mit  Fett  eingerieben  and  daa  Holilein  mit  einem 
Lumpen  darauf  festgebunden.  £a  vergehen  bei  dieaer  Behandlong  immerhin  ein  paar  Wochen, 


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10G  DRITTES  CAPITEL. 

Fussen,  so  dags  er  kaum  im  Stande  war,  sich  die  200Schritte 
zu  mir  in  den  Hof  zu  schleppen.  Durch  Brod  ,  Suppe,  Gazel- 
lenfleisch  und  Cafe  wurde  er  bald  etwas  aufgerichtet ,  nahm 
auch  gerne  auf  den  Weg  einige  Chiniopulver  '),  deren  Werth 
er  wohl  zu  schatzen  wuszte.  Der  Mensch  war  ftusserst  dankbar, 
und  druckte  —  was  ich  in  langer  Zeit  nicht  mehr  gehOrt 
hatte  —  seinen  Dank  in  Worten  aus:  Allah  itawwil  amrak 
wajefoallik  *).  BGott  schenke  Dir  ein  langes  und  gluckliches 
Leben!" 

Im  Laufe  des  Nachmittags  begannen  kraftige  Wolken  sich 
zu  bilden,  und  bei  Sonnenuntergang  erbob  sich  ein  heisser 
Sudostwind;  wahrend  10  Minuten  fegte  der  Sturm  den  Staub 
in  dicken  Wirbeln  aus  dem  Nest  hinaus  und  jagte  die  Kronen 
der  achzenden  Palmen  durcheinander.  PlOzlich  Stillstand;  von 
Westen  her  fielen  kalte  Regentropfen  durch  die  schwtlle  Luft. 
Gott,  welche  Wonne!  Seit  April  hatte  ich  keinen  Tropfen  vom 
Himmel  fallen  sehen!  Die  Abkuhlung  war  aber  doch  nur  ge- 
ring;  Abends  9  Uhr  beobachtete  ich  noch  34°  C.  Die  Hitze 
liess  mich  lange  nicht  einschlafen.  Fruhmorgens  in  der  Nacht 
erweckte  mich  ein  balsamischer  Hoflhungsgruss :  aus  scheinbar 
klarem  Sternenhimmel  fielen  feine  Tropfen  auf  mein  Lager. 

So.  30.  Sept.  83].  Der  Schech  'Abdaliah  bat  mich,  heute 
lieber  nicht  spazieren  zu  gehen,  jedenfalls  nicht  allein  und 
nicht  unbewaffnet,  weil  so  viele  Beduinen  um  den  Weg  seien, 
und  auch  seine  Gaste  mit  den  Kameelen  auf  der  Waide  herum- 
laufen.  Nach  Angabe  eines  Scherari  seien  in  der  Ebene  draussen 
mindestens  200  Scherarilt  mit  vielen  Kameelen.  Diese  streifen 
vornehmlich  Nachts  einzeln  oder  gruppenweis  umher,  seien 
auch  heute  Nacht  ans  Dorf  gekommen,  um  Wasser  zu  holen. 
Er  der  Schech  zahle  zwar  an  die  Scherar&t  ebenso  gut  wie  an 


bit  du  Tbier  nach  and  nach  gaux  aoi  dem  Korper  berantgezogen  iit.  Eioo  Gcachwalat  mit  dem 
Meaeer  aufiDachneiden ,  getraat  sich  bier  natfirlich  Niemand. 

1)  KinA-Ismi. 

2)  ituLssb  ^  jJLJI- 


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101 


die  Ban!  cEisa,  an  die  Bualah  und  sogar  an  die  Howeitat ;  aber 
heutzutage  sei  der  Verkehr  nicht  mehr  so  ganz  harmlos  wie 
fruher,  and  der  Obermuth  der  Bani  eEisa  steige  mit  der  Zahl  ihrer 
Flinten;  sie  sollen  jezt  40  Martinigewehre  bei  einander  haben. 

Ea  kostete  Muhe ,  den  Schech  von  der  Schweinerei  in  seinem 
Hofe  zu  uberzeugen  und  ihn  zur  Ausmistung  desselben  zu  ver- 
anlassen.  Ehe  ich  noch  zum  Fruhstuck  meinen  Platz  an  der 
Feuerstelle  einnahm ,  hatte  sich  bereits  ein  Beduine  auf  meinen 
Teppich  gesezt,  und  konnte  von  Mali  mud  nur  durch  Grobheit 
verjagt  werden.  Auf  seine  Schimpf-  und  Fluchreden  ')  blieb  ihm 
Mahmud  keine  Antwort  schuldig.  Der  Kerl  hatte  ubrigens  einen 
merkwurdigen  Butterschlauch  bei  sich,  die  Haut  einer  Panzer- 

eidechse.  Er  behauptete,  das  Thier  (dabb  Jm6  genannt)  werde 
beinahe  eine  Elle  lang,  komme  in  steinigem  Sandboden  vor, 
lege  Eier,  sein  Fleisch  sei  weiss  und  zapple  mit  Salz  bestreut 
auf  dem  Feuer. 

Des  Nachmittags  drang  plozlich  ein  eigenthumliches  Geschrei 
aus  dem  Hofe  der  Frauen  heruber:  Lhud  (S.  81)  hatte  die 
Nachricht  von  dem  raschen  Tod  ihres  Bruders  zu  Ithreh  er- 
halten,  und  brach  in  trostloses  Jammern  aus,  wahrend  die 
auderen  Frauen  in  die  lauten  Wehklagen  einstimmten.  Mit 
Thranen  in  den  Augen  schickte  sie  sich  Abends  zur  Heimkehr 
an;  ich  reichte  ihr  noch  zum  Abschied  die  Hand,  und  habe  sie 
nie  wieder  gesehen. 

Nach  Sonnenuntergang  kam  von  der  Waide  heim  eine  Ge- 
sellschaft  von  35  Gasten.  Sie  bildeten  im  Hof  einen  einzigen 
Kreis  und  erhieiten  drei  grosse  Platten  Datteln  vorgesezt, 
wahrend  ein  Sclave  mit  brennendem  Palmzweig  zu  der  Mahl- 
zeit  leuchtete.  Bei  gut  unterhaltenem  Feuer  konnte  man  die 
Gesichter  und  Gebarden  deutlich  beobachten.  Da  ich  von  der 
vorigen  Nacht  her  noch  ziemlich  schlafrig ')  war ,  so  zog  ich 
mich,  ohne  den  Cafe  abzuwarten,  bald  zunlck,  und  hOrte 

1)  ^jLaiM  jJofij         .Gott  rotte  alle  Christen  au»I" 

i)  Beduiniaeh:  0^  rikI4n  oder  to^Uq  (itatt  des  jjewahnlichon  0L«i  na's&n). 


108 


imiTTES  CAl'ITF.I.. 


kaum  die  Rebabah  (S.  66),  deren  Laute  erst  beim  Morgen- 
grauen  verstumraten. 

Mo.  1.  Oct.  83].  Ziemlich  kalter  Morgen.  Die  Bani  TSisa  zogen 
in  der  Fruh  nach  Ilauran  ab,  und  rauniten  den  Platz  for  die 
Scherarat.  Trotzdem  dass  dieser  leztere  Stamm  ziemlich  zahl- 
reich  ist ,  geniesst  er  doch  kein  sonderliches  Ansehen ,  und  ich 
muss  sagen,  so  verlumpt  und  verkommen  hatte  ich  bis  jezt 
noch  keine  Beduinen  gesehen.  Ihre  dunkle  Haut  unsauber,  die 
Poren  mit  weissem  Staub  verstopft,  tief  gefurchte  und  zer- 
sprungene  Sohlenschwielen.  Ihre  elenden  Waflen  hftngten  sie 

an  die  Wand  oder  legten 
sie  vor  sich  auf  den  Bo- 
den.  Bis  sie  etwas  zu  es- 
sen  bekamen ,  hockten  sie 
sich  nieder,  Andere  auf 
dem  Bauch  liegend  stQtz- 
ten  den  Kopf  auf  die  El- 
lenbogen ,  oder  spielten 
mit  dem  Katneelsstock 
im  Sand.  Einer  von  ihnen 
zerkaute  zwanzig  oder 
mehr  Dattelkerne  zum 
Zeitvertreib  mit  dersel- 
ben  Leichtigkeit  wie  wir 
ger6steteCafebohnen.Wie 
er  merkte,  dass  ich  ihn 
beobachte,  kam  er  her- 
uber  zu  mir  und  bettelte 
Tabak.  Zugleich  holte  er 
aus  dem  Feuer  eine  glilhende  Kohle '),  die  er  unter  leichtem 
Wflrfeln  mit  der  Hand  gemachlich  an  seinen  Sitz  hinubertrug. 
Hart  neben  meinem  gewOhnlichen  Platz  war  der  Eingang  zum 

1)  Wcnn  ich  Feoer  verUngte,  wunlen  mir  Kohlen  meiit  auf  ein^m  Palmzweig  ah  Pru»cntir- 
tcllrr  gebracht,  oder  noch  eiofacher  in  der  mit  dem  Dachtten  bestea  Staob  gefullten  Hand 
dargereicht. 


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1 0<> 


Garten  des  Schechs.  Im  Garten  l)  drinnen  waren  Tag  und  Nacht 
zwei  jange  Bursche  Bakkan  and  Saeud  a  Is  Wachter  anwesend; 
darum  gieng's  aber  doch  den  ganzen  Tag  aus  und  ein  wie  in 
einem  Taubenschlag ,  und  nie  habe  ich  gesehen,  dass  Jemanden 
der  Eintritt  verwehrt  worden  ware.  An  der  mir  unvergesslichen 
Lotterthure ')  wurde  in  jeder  Stunde  drei,  ?iermal  geruttelt, 
und  da  sie  immer  verschlossen  war,  wurden  ebenso  oft  „Ja 
Bakkan,  Ja  Sacad!"  gerufen.  Weil  jedoch  der  Schlussei »)  selten 
im  Stande  war,  seine  sechs  oder  acht  Stifte  aus  Hartholz  ent- 
weder  zu  kurz  oder  zu  lang,  oft  auch  ganz  ausgebrochen ,  so 
wurde  mit  der  Einsetzung  eines  neuen  Zinkens  und  dem  Zu- 
rechtbeissen  mit  den  Zahnen  eine  ganz  unglaubliche  Zeit  ver- 
trOdelt.  Ich  lag  oft  viele  Stunden  im  Garten,  weil  das  sehr 
unterhaltend  war.  Die  kleinen  Graben,  welche  den  einzelnen 
Palmbaumen  das  Wasser  zufuhrten,  wurden  mehrmals  im  Tag 
bald  geschlossen,  bald  getfftnet  oder  wiederum  ausgepuzt.  So 
oft  Gaste  kamen  oder  auch  nur  ein  einzelner  Gast,  musste 
jedesmal  besonders,  ohne  weitere  Hilfsmittel  nur  mit  Benut- 
zung  der  stehen  gebliebenen  Blattstumpfe ,  einer  der  Wachter 
auf  einen  Baum  hinauf klettern ,  um  eine  entsprechende  Anzahl 
frischer  Datteln  in  seinem  Hemd  herunterzubringen.  Ich  staunte 
fiber  die  Gewandheit  und  Unverdrossenheit ,  mit  welcher  der 
Auftrag  ausgefahrt  wurde.  An  einem  ausgewachsenen  Palm- 
baum  (nachleh  SJLiaj  Phoenix  dactylifera)  von  50 — 70  Fuss 
H6he  hangen  unter  der  Blattkrone  an  langen  Stielen  far  ge- 
wOhnlich  6 — 10  grosse  Datteltrauben ,  jede  ein  paar  hundert 
Pflaumen,  im  Gesammtgewicht  bis  zu  600  Pfund  enthaltend. 


1)  Hfttah  l±>yS». 

2)  Am  der  Zdchnnng  mag  enehen  werden,  wie  irerthvoll  noch  du  elendette  8tuck  Brett 
geschlUt  wird. 

8)  Daa  irabiicbe  bolzeroe  Schlou  hat  inwendig  eine  Anuhl  beweglioher  eiwrner  Stifle,  welche 
in  die  eatapreehenden  LScher  dei  Riegels  hinabfallen,  aobald  der  letetere  an  seinen  richtigen1 
Plata  hiaeingeachoben  ist.  Der  Schlfissel  moaa  auf  einer  seiner  Langaeiten  die  gleiche  Anzahl 
Stifte  too  dertelben  Linge  and  dertelben  Anordnang  wie  diejenigen  im  Schloaa  beaitzen ;  er  wird 
wagreeht  mit  den  Zinken  nach  oben  in  den  hohlen  Tbeil  dea  Riegela  eingeffihrt,  damit  er  die 
in  den  Riegel  herabgefallenen  Stifte  in  die  H6he  aehieben  kann  and  ein  Heraaaiiehen  dea 
Kiegels  crm5glieht. 


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110 


DRITTES  OAPITKL. 


Im  Juni  noch  hellgrQn  wie junge  Erbsen,  nehmen  die  langlicht 
gewordenen  Fruchte  im  August  gelbe  Farming ')  an ,  und  wer- 
den  in  hiesiger  Gegend  erst  im  September  dunkelroth,  dabei 
mit  einem  hellblauen  Reif  ttberzogen.  Frisch  sind  sie  ungemein 
schmackhaft ,  und  im  Zustande  der  Reife  scheinen  sie  in  Honig 
zu  zerfliessen,  so  dass  beim  Pflucken  der  Pflaume  das  saftige 
Fleisch  aber  den  zuruckbleibenden  Kern  herausschlflpft.  —  Es 
ist  vielleicht  nicht  uberflussig,  daran  zu  erinnern,  dass  die 
Dattelbaurae  getrennten  Geschlechtes  sind,  entweder  mannliche 
oder  weibliche  wobei  auf  1000  weibliche  kaum  5 — 6  mannliche 
Baume  kommen  sollen.  Nur  die  weiblichen  tragen  Fruchte, 
mussen  aber  kunstlich  durch  Menschenhand  befruchtet  werden. 
Zu  diesem  Zweck  erklettert  Jemand  den  weiblichen  Baum, 
haut  mit  dem  Beil  den  Kreis  alter  Blatter  ab  und  puzt  die 
Krone  sftuberlich  aus.  Durch  Aufschneiden  der  Blattscheide  des 
im  Gurtel  mithinaufgenommenen  mannlichen  Bluthenkolbens 
wird  der  blumenkohlartig  drinliegende  weisse  Samen  blossge- 
legt ,  und  ein  ganz  kleiner  Theil  des  Staubes  auf  die  weiblichen 
Bluthen  zur  Befruchtung  ausgeschuttet.  Ich  habe  das  sp&ter  zu 
Teima,  im  Monat  Februar  Ofters  mitangesehen.  —  Der  Baum 
kann  uberhaupt  nur  da  gedeihen,  wo  er  entweder  mit  seinen 
Wurzeln  von  selbst  Wasser  trinken  kann,  oder  durch  fortge- 
sezte  kunstliche  Bewasserung  die  n6thige  Feuchtigkeit  zuge- 
fuhrt  erhalt:  wsein  Fuss  im  Wasser,  sein  Haupt  im  Feuer". 
Wo  man  also  Palmen  sieht,  ist  nothwendig  Wasser  in  unmit- 
telbarer  Tiefe  oder  seitlicher  Nahe.  Hemes  „ Palme,  die  fern 
im  Morgenland  einsam  und  schweigend  trauert  auf  brennender 
Felsenwand"  ist  dichterisch  wunderschOn  gedacht,  aber  that- 
sachlich  unm6glich.  Wilde  Palmen,  die  ohne  Pflege  wuchsen 

1)  Sie  keuaen  dann  bisr  (collect! v am);  in  diesem  btlbreifen  Stadium  gepfluckt  widerstchcn 
•ie  leichter  der  Fiolni»».  Die  meiiten  ru  not  kommenden  Datteln  sind  nnreif  abgeoommen  (wie 
die  Citronen  and  Orangen),  tout  wiirden  lie  den  Transport  nicht  ansbalten.  Die  reifen  Pflsumen 
(tdmar  oder  aaca  aahhah,  s'hahah)  werden  fur  gelegentlichen  Verbrauch  im  Laade  in  Saekc  ana 
Zicgcn-  ocier  Schat'hautcu  gans  feat  hincii)gt-stam|)ft ,  dass  die  Fruchte  mitsammt  den  Steinen  eine 
unfonnliche  geaehlonene  und  allmahlig  sich  terhlrtende  Masse  bilden.  Sind  aus  UoachUamkeit 
{rgend  welche  hohle  Ranme  geblieben,  so  geht  der  ganze  Klnmpen  in  Gahrung  aber,  rerfalU 
der  raalniss  and  wird  angeniessbar. 


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Ill 


und  herrenlos  w&ren,  gibt  es  in  ganz  Arabien  nicht.  Trifft 
man  fern  von  menschlichen  Wohnungen  irgendwo  solche  Baume , 
so  ist  eben  zufallig  der  Besitzer  nicht  bei  der  Hand.  Sobald 
jedoch  die  ersten  erbsengrosse  Frflchte  ansetzen,  wird  kein 
Palmbaum  auch  nur  eine  Stunde  mehr  allein  gelassen,  viel- 
mehr  Tag  und  Nacht  gegen  Diebe  gehfltet,  die  sogar  die  un- 
reifeten  Frflchte  nicht  verschonen  wilrden.  Umhauen  der  Baume 
kommt  selbst  in  den  grimmigaten  Fehden  nur  selten  vor,  und 
ist  als  sflndhafte  Barbarei  verponk 

Abends  halb  funf  Uhr  kamen  Huber  und  Hamud  (S.  67  f.)  mit 
vermehrter  Begleitung  von  Damascus  zuruck.  Sie  hatten  starke 
Marsche  gemacht ,  und  waren  beim  l£asr  Ezrak  noch  zwischen  die 
Nachzflgler  von  einem  Razu  (Raubzug)  der  Rualah  gerathen ;  Dank 
der  Bekanntschaft  Hubers  mit  den  Rualah  von  fruher  her  lief 
das  ZusammentrefFen  noch  glflcklich  ab.  Vom  £asr  Ezrak  be- 
richtete  Huber,  dass  die  einzige  dort  bemerkbare  Inschrift  ihm 
eine  schlechte  kufische  (altarabische)  zu  sein  geschienen  habe. 
yamfld  hatte  in  Damascus  das  lacherliste  Zeug  zusammenge- 
kauft,  unter  Anderem  eine  ganze  Menge  Revolverfutterale ,  und 
nicht  weniger  als  drei  leere  Kofrer!  Er  wurde  mir  l&stig  durch 
seine  kindische  und  zudringliche  Neugier  und  Bettelei ,  sowie 
durch  die  masslosen  Wohlgerflche ,  mit  denen  er  Leib  und 
Kleider  aufs  ergiebigste  eingesalbt  hatte.  Er  liess  nicht  nach, 
bis  er  wenigstens  von  der  einen  Halfte  meines  Leibkoffers 
Einsicht  bekommen  und  das  Meiste  mit  den  Hftnden  betastet 
hatte.  Mit  welchem  Schmerz  musste  er  die  Hoffnung  unter- 
drucken ,  mich  je  von  diesem  schweren  Koffer  auf  dem  Weg 
der  Erbeutung  oder   Erbettelung  entlasten  zu  kOnnen;  ich 
that,  als  ob  ich  seine  harten  Seelenk&mpfe  gar  nicht  merkte, 
und  wies  seine  einzelnen  Erbschleichereien ,  sogar  die  Tausch- 
versuche  aufs  entschiedenste  zuruck. 

Das  Abendessen,  herzlich  schlecht,  nahm  ich  nach  langer 
Zeit  zum  erstenmal  wieder  beim  Schech  in  Gesellschaft  der 
Anderen  ein.  Bei  gut  unterhaltenen  Feuer:  Cafe,  Rebabah  und 
endloses  Geschwatz  die  halbe  Nacht. 


112 


I'ltlTTES  CAPITEL. 


Di.  2.  Oct.  83].  Schon  seit  einigen  Tagen  hatte  sich  an  mei- 
nem  rechten  Fuss  zwischen  dem  ersten  und  zweiten  Zehen  eine 
schraerzhafte  Eiterpustel  gebildet,  die  mir  das  Gehen  sehr  be- 
schwerlich  machte.  Entgegen  allem  Abrathen  hatte  ich  den 
Fuss  taglich  mehrmals  im  Garten  in  eine  Rinne  mit  fliessen- 
dera  Wa8ser  gestellt.  Da  das  GeschwQr  sich  nicht  recht  Offnen 
wollte,  legte  ich  Diachylonpflaster  drauf.  Das  nflzte  aber  auch 
nicht  viel  und  so  liess  ich  dem  Ding  seinen  Lauf.  Das  ist  eine 
Krankheit,  die  mit  der  Angew6hnung  an  das  neue  Klima  und 
an  die  ver&nderte  Lebensweise  verbunden  ist.  Der  Schech  be- 
hauptete,  wahrscheinlich  mit  Recht,  dass  alle  Leute,  die  nicht 
in  Arabien  selbst  geboren  seien,  auch  wenn  sie  aus  der  Nach- 
barschaft  (§alkhad,  Damascus)  stammen,  diescn  vom  Wasser 
herruhrenden  Geschwuren  unterworfen  seien;  sie  rnogen  wohl 
unbequem  und  hinderlich  beira  Gehen  sein,  aber  gefahrlich 
seien  sie  keineswegs,  im  Gegentheil  Zeichen  einer  guten  Ge- 
sundheit ,  ich  solle  nur  gar  nichts  daran  machen.  Offenbar  sucht 
ein  kraftiger  Organismus  die  fauligen  Stoffe,  welche  durch  das 
schlechte  Wasser  ins  Blut  gelangen ,  wieder  auszuschwitzen  und 
an  den  Extreraitaten  in  solcher  Gestalt  auszuscheiden.  Diese 
und  einige  andere  spater  sich  bildende  Wunden  liess  ich  dess- 
halb  Wochen  lang  stets  offen ,  wenn  gleich  der  Sand  und  Staub 
die  Entzundung  noch  vermehrten. 


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IV.  CAPITEL. 

Durch  den  Wftdl  Sirfe&n  in  den  Gyof. 

3.  Oct.  —  9.  Oct.  1883. 


-if 


Mi.  3.  -  So.  7.  Oct.  "JP 


831.  Gleich  nachSon-  /6>^"!JCr 
nenaufgang  wurden  die  Kameele        ' ""  ^  ^ ' 
gebracht,  und  ea  begann  die  >K"'14*»  v^<"^» 


Zurttstung  des  Gepacks  far  die  Abreise 
durch  den  Wad!  Sirhan  in  den  Gy6f. 

Huber  hatte  rair  vorher  kein  Wort  mitgetheilt,  dass  der  Auf- 
bruch  heute  Statt  finden  sollte;  ich  muss  gestehen,  ich  war 
etwas  uberrascht  —  nicht  als  ob  mir  der  Abschied  von  Kaf 
schwer  geworden  wftre,  aber  ich  konnte  doch  erwarten,  dass 
er  mir,  trotzdem  ich  ihm  ganz  freie  Hand  aber  die  Reisean- 
ordnung  gelassen,  irgend  eine  Mittheilung  aber  seine  Verabre- 
dung  mit  Hamad  machen  wurde.  —  Znm  Abschied  verehrte 
ich  den  Frauen  noch  einige  Kleinigkeiten  und  fragte  den  Schech 
1  Abdallah ,  ob  ich  ihm  einen  besonderen  Wunsch  erf&llen  kOnne. 

8 


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Er  bat  mich ,  ich  m&hte  ihm  ein  paar  Megldt  .leihen",  die  er 
mir  bei  meiner  RQckkehr  wieder  erstatten  wollte;  ich  nbergab 
ihm  5  Megidi  (etwa  18  Mark)  mit  der  Anweisung  sie  ra  be- 
halten,  bis  wir  uns  im  Paradiese  wieder  sehen  wurden.  Das 
ganze  Dorf  versammelte  sich  draussen  vor  dem  Thor,  urn  una 
gluckliche  Reise  zu  wunschen.  Es  war  halb  neun  Uhr  als  sich 
unsre  Karawane  in  der  Richtung  auf  Ithreh  in  Bewegang  sezte. 
Es  waren  24  Manner  auf  23  Kameelen ,  dazu  noch  eine  Negerin 
mit  zwei  Kindern.  Die  Hauptpersonen  waren  natorlich  Huber 
und  ich;  der  eigentliche  Lenker  und  Reisemarschall  aber,  gegen 
dessen  Anordnnngen  es  keinen  Widersprnch  gab,  war  Hamnd 
el-Migrad  (S.  60).  Ich  habe  den  Mann  eigentlich  erst  spater 
schfttzen  gelernt  und  eingesehen ,  dass  er  ausser  dem  Fursten 
in  Hajel  noch  der  beste  aller  Beduinen  war;  einstweilen  frei- 
lich  8ind  mir  seine  ausgepragten  beduinischen  Eigenschaften 
und  personlichen  Besonderheiten  recht  abstossend  gewesen.  Er 
war  angeblich  47  Jahre  alt,  gross  und  hager,  hatte  stechende 
Augen  und  spitzige  Nase.  Seine  Habsucht  war  schrankenlos : 
was  er  sah,  wollte  er  auch  haben,  und  wenn  er's  auch  nicht 
bekam,  so  sollte  wenigstens  kein  Versuch  dazu  unterlassen 
werden.  Seine  Wahrheitsliebe  hatte  einer  strengen  Probe  nicht 
immer  Stand  gehalten ,  und  wenn  auch  nicht  gerade  —  wie  der 
Diener  Mahmud  (vgl.  S.  67)  behauptete  — jedes  Wort,  das aus sei- 
nem  Munde  kam ,  eine  Luge  enthielt ,  so  war  er  doch  von  Jugend 
auf  gewOhnt,  aus  Vorsicht  die  Wahrheit  eher  zu  verschweigen , 
und  mit  seinen  Antworten  den  Frager  auf  eine  falsche  Ffthrte 
zu  leiten.  Desshalb  hatte  er  auch  verschiedene  heikle  Auftrilge 
und  diplomatische  Sendungen  (z.  B.  an  Ismail  Pascha,  den  ehe- 
maligen  VicekGnig  von  Aegypten)  zur  Zufriedenheit  seines  Fflr- 
sten  erledigt.  An  Klugheit  und  Muth  gebrach  es  ihm  keineswegs , 
und  auf  manchem  Raubzug  hat  er  sich  ruhmlich  ausgezeichnet ; 
Hieb-  und  Schusswunden  hatte  er  unterschiedliche  aufzuweisen. 
Um  so  seltsamer  stach  dagegen  seine  lacherliche  Eitelkeit  und 
Putzsucht  ab:  seinen  kleinen  Taschenspiegel  zog  er  unzahlige- 
mal  des  Tags  hervor,  und  betrachtete  sein  wohlriechendes  An- 


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W.  SIRH&N. 


115 


gesicht  mit  liebevoller  Aufmerksamkeit;  die  Augen  batte  er 
stets  mit  Kuhl  geschwarzt,  noch  mehr  Zeit  und  Sorgfalt  aber 
verwendete  er  auf  seinen  ergrauenden  Bart.  TJnbekannt  uiit 
den  Mitteln  die  Haare  schwarz  zu  farben,  machte  er's  wie  die 
meisten  Morgenlander,  er  farbte  ihn  roth.  Das  geschicht  mit 
den  gestossenen  Blattern  der  Pflanze  Hennah  (Lawsonia  inermis). 
Alle  zwei  oder  drei  Tage  ruhrte  er  in  einer  Schussel  den  grau- 
grflnen  Brei  an ,  und  verklebte  mit  dem  eckelhaften  Geschmier 
den  Bart  und  die  vorderen  Zopfe.  Nach  einer  Stunde  war  Alles 
trocken,  und  konnte  der  Staub  aus  den  Haaren  herausgeklopft 
werden.  lch  musste  ihm  das  erstemal  geradezu  ins  Gesicht 
lachen ,  und  konnte  die  Bemerkung  nicht  unterdrucken ,  er  sehe 
aus  als  ob  er  das  Unglack  gehabt  hfttte,  in  einen  frischen 
Kuhlladcn  zu  fallen.  Diesen  Scherz  hat  er  mir  nie  verziehen. 
Far  einen  Beduinen  war  er  sehr  reinlich;  Wasser  konnte  er 
keines  unbenuzt  stehen  sehen,  er  musste  es  gleich  uber  seine 
Hande  hinunterschutten  und  wischte  dieselben  dann  sftuberlich 
an  seinen  Zdpfen,  am  Kopftuch  oder  auch  an  einem  unsrer 
Teppiche  ab.  Als  Leiter  der  Earawane  und  Eenner  des  Weges 
war  er  unflbertrefflich ,  entschieden  tyrannisch  in  seinen  An- 
ordnungen;  ein  ruheloser  Scheucher  trieb  er  unablassig  zur  Eile 
und  kummerte  sich  um  alle  Einzelheiten  persOnlich.  Nur  von 
Mali  mild  hielt  er  sich  etwas  fern,  seit  dieser  ihm  mit  Recht 
eine  derbe  Lection  gegeben  hatte  bei  seinem  Versuch,  ihm  in 
die  Sattlung  unsrer  Kameele  drein  reden  zu  wollen:  der  ver- 
logene  Schmarotzer  solle  zufrieden  sein,  dass  er  von  unsrem 
guten  Essen  sich  maste,  er  brauchte  ihm,  der  siebenmal  die 
Wallfahrt  nach  Makkeh  gemacht  habe,  keine  Vorschriften  zu 
geben,  wie  man  einen  Schdad  (Kameelssattel)  auflege  and  die 
Stricke  knapfe.  —  Mich  betrachtete  er  seit  der  Rackkehr  von 
Damascus,  nicht  mehr  mit  demselben  Misstrauen  wie  zuvor; 
er  behauptete,  in  jener  Stadt  sehr  befriedigende  ja  ruhmende 
Auskanft  uber  mich  erhalten  zu  haben. 

Die  zweite  PersCnlichkeit ,  mit  der  ich  jetzt  in  nahere  Be- 
ruhrung  kam ,  war  Muhetil  Abu  Hamed  (JjUsvx)  aus  dem  Gyof 


116 


VIERTES  CAPITFX. 


(vgl  S.  120);  er  war  die  7  Tage  bis  in  seine  Heimath  mein 
Radlf,  d.  h.  mein  Aufsitzer  oder  Hintermann  auf  meinem 
Delul.  Von  den  beiden  Enden  des  Sattels  aus  hatte  er  einen 
Stride  um  den  Hi  rite  rn  des  Kameels  gezogen,  und ,  wahrend 
er  sich  mit  der  Hand  am  Sattelhorn  hielt,  stemmte  er  ent- 
weder  die  Fuszsohlen  gegen  den  Strick  oder  sezte  sich  anch 
zur  Abwechslung  in  die  Schlinge  eelbst.  Er  war  angelegentlich 
bemuht,  meinen  Sitz  moglichst  bequein  zu  polstern,  um  mir 
die  unverkennbaren  Schmerzen  des  Neulings  zu  lindern.  Wi- 
derwartig  war  mir  nur  sein  durchdringendes ,  dicht  in  die  Ohren 
geschrieenes  Heik!  heik!  womit  er  nnermadlich  mein  Delul  zu 
schnellerer  Gangart  anfeuerte.  Sonst  ist  noch  zu  erwahnen  ein 
Halbneger  Ibrahim  Abu  Khalil  aus  najel,  dann  ein  unver- 
falschter  Scherart  Namens  $albukh  {fy^*  eigentlich  ,Feuer- 
stein")  der  uns  die  Lastkameele  bis  nach  Hajel  vermiethet  hatte  '). 
Dazu  kamen  zwei  etwas  vomehmer  sich  ddnkende  Menschen 
auf  feinen  Delulen,  Kameelshandler  aus  Damascus,  der  eine 
Husein,  dessen  Vater  schon  30  Jahre  lang  dasselbe  Geschaft 
betrieben  hatte,  der  andere  Ahmed.  Diese  zwei  kommen  seit 
10  Jahren  regelm&ssig  in  den  Gebel  Schammar,  um  dort  Ka- 
meele  aufeukaufen,  bisher  immer  bei  Gelegenheit  der  Pilger- 
carawane  unterwegs  sich  abzweigend,  diessmal  im  Anschluss 
an  Hamud  reisend.  Auch  ein  fieberkranker  Mensch,  aus  dem 
Easim  gebflrtig,  hatte  sich  uns  zugesellt;  nach  22-jahrigem 
Aufenthalt  in  Damascus  trieb  es  ihn  in  die  Heimat,  wo  er 
seine  Tage  beschliessen  wollte.  In  lumpige  Fetzen  gehdllt ,  vom 
Fieber  geschuttelt,  war  er  kaum  im  Stande,  allein  auf  dem 
Kameel  zu  reiten;  ein  mitleidiger  Reisegenosse  hielt  ihn  stun- 
denlang  in  den  Armen ,  er  ware  sonst  sicher  heruntergefallen. 
Fur  die  ubrigen  Reisegenossen  hatte  ich  kein  weiteres  Interesse. 
Theils  zur  Erhohung  unsrer  Sicherheit,  theils  auch  zur  Ent- 


l)  Ffir  die  7-tSgige  Streeke  von  KW  bit  in  den  GyAf  erhielt  er  ffir  seine  5  Thiere  20  Megidi 
(70  M.).  Vom  Gyof  bis  HAjel  wollte  er  andere  Kameele  beaehaffen,  fiber  deren  Preia  erst  bei 
der  Vorfuhnuig  ▼erhudalt  werden  aollte. 


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W.  SIKH&N. 


117 


lastung  der  Kameele  hatten  wir  die  Halfte  der  von  S.  Maj. 
dem  Konig  Karl  von  Wtirttemberg  mir  verehrteu  Steinschloss- 
flinten  ausgepackt,  geladen  und  unter  unsere  Begleiter  ver- 
theilt;  nichi  als  eine  Last,  sondern  als  stolze  Zier  trugen  sie 
wahrend  der  20  Tage  bis  flajel  die  Gewehre,  und  obwohl  ihnen 
kein  Zweifel  flber  die  bloss  zeitweilige  Belehnung  gelassen 
worden  war,  hegten  sie  vielleicht  doch  die  stille  Hoffnung,  dass 
sie  ihnen  noch  erb-  und  eigenthumlich  zufallen  k6nnten. 

Mit  einer  Aufzahlung  der  auf  dem  siebentagigen  Marsch  lie- 
genden  Brunnen  —  (Dorfer  gibts  keine)  —  und  der  Bergkegel 
im  Wadt  Sirhan  will  ich  die  Leser  nicht  ermuden;  ich 
verweise  auf  die  Kartenskizze  S.  113  und  auf  S.  91.  Der 
WadI  Sirhan  (LOwenthal1')  ist  ein  von  N.W.  gegen  S.O.  lau- 
fendes ,  5 — 10  Stunden  breites  Thai  oder  wenigstens  Bodensen- 
kung,  eingesaumt  von  weissen  Ealkfelsen  aber  ubersat  mit 
dunklen  glanzenden  Gesteinsbrocken ,  und  untermischt  mit  Gips- 
krystallen  (^^a**^.  gabsin).  Abgesehen  von  den  oben  (S.  102 
und  58)  erwahnten  Salzsumpfen,  ist  der  Boden  fruchtbar  und 
buschreich;  aus  der  wellig  gefurchten  Ebene  erheben  sich  ein- 
zelne  abgeplattete  Kegel,  den  bald  steinigten  bald  sandigen 
Boden  durchbrechend.  Alle  paar  Stunden  findet  sich  Wasser, 
von  weitem  kenntlich  an  reicherem  Pflanzenwuchs  und  hOheren 
Gebnschen.  Nur  in  der  Nfthe  der  grossen  Brunnen  ist  der  Bo- 
den vom  Lagern  hart  gestampft  und  kahl  abgewaidet.  Das 
Wasser  ist  suss  und  wimmelt  von  kleinen  Thieren,  aus  deren 
Yorhandensein  die  Araber  schliessen,  dass  das  Wasser  auch 
gesund  sei.  Ein  paar  mal  unterwegs  haben  wir  den  mit  Ghinin 
behandelten  Fieberkranken  in  einen  solchen  Brunnen  gesezt 
um  seine  Blutwarme  herunterzudrflcken.  —  Die  Temperatur  der 
Luft  betrug  in  diesen  Tagen  im  Maximum  bis  36°  C.,  gieng 
aber  frOh  Morgens  bis  auf  10°  C.  herab,  was  dann  schonemp- 
findlich  kalt  erschien.  Sandhosen  ')  waren  haufig  zu  beobachten, 
ebenso  Fata  morgana.  —  Die  hauptsftchlichsten  Pflanzen  auf 


1)  juu^  iflbt'ah,  oder  *jy*°L*  Mnb. 


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118 


dem  Weg  waren  Halfah ,  Rada ,  Sabafc ,  N&sl l) ,  Maac  sowie  ver- 
schiedene  Thymianarten ,  deren  Wohlgeruch  besonders  beim 
Verbrennen ,  die  ganze  Luft  erfallt  Die  Negerfrau  mit  ihren 
Kindern,  der  ich  ab  und  zu  von  dem  tfberfluss  unsrer  Mahl- 
zeit  etwas  zu  kommen  liess,  wollte  mir  eine  Arligkeit  erwei- 
sen,  und,  wie  man  bei  una  in  solchem  Fall  ein  Strauszlein 
verehrt,  so  gab  sie  mir  eine  kleine  Anzahl  scbwarzer  Eugeln 
in  die  Hand,  ich  solle  sie  als  Wohlgeruch  zu  mir  stecken:  es 
waren  die  allerdings  nach  Thymian  duftenden  Bohnen,  welche 
die  Gazellen  fabricieren!  —  An  vielen  Strauchern  fand  ich 
ganze  Stengel  und  Zweige  mit  einer  harten  Kruste  von  Sand 
oder  Staub  uberzogen,  der  bei  einer  krankhaften  Ausschwit- 
zung  durch  Wind  angeweht  sein  mochte.  Ham  fid  bezeichnete 
diese  Krankheit  als  ardah  (a-^l),  Mahmud  als  armah  («^f).  — 
Von  Thieren  kamen  uns  in  den  Weg  ausser  einer  einzigen 
Schlange,  zahlreiche  Gazellen  und  ein  Hase,  der  seine  Unacht- 
sarakeit  mit  dem  Leben  bezahlen  musste.  Er  wurde  Abends  einfach 
im  Wasser  gesotten.  —  An  bemerkenswerthen  Bergen  kamen  zu 
Gesicht:  am  zweiten  Tage  rechts  abseits  in  der  Ebene  zwei  weisse 
Pyramiden  el-Khaseijjen  (Khi§sijjen)  genannt;  am  dritten  Tage 
hatten  wir  auf  der  linken  Seite  die  Kette  des  Gebel  Misma'  *) , 
mit  einem  vorgelagerten  dunkleren  Berg');  am  achten  Tag 
links  der  Greimis  und  Adare'a,  rechts  eine  Tagreise  im  Saden 
der  Tawil  aus  dem  Nefud  emporragend.  Fahrlichkeiten  war 
keine  zu  bestehen;  doch  kreuzten  wir  kurz  yor  dem  Brunnen 
Nebak  50  Pferdespuren  vom  lezten  Razu  der  Rualah  oder  §ukur, 
die  vor  etwa  20  Tagen  hier  durchgekommen  sein  mussten. 

Die  Tagesordnung  der  Reise  war  ziemlich  regelmassig  fol- 
gende:  eine  Stunde  vor  Sonnenaufgang  etwa  um  5  Uhr  Auf- 
bruch;  nttchtern  geritten  bis  7\',  Ohr;  dann  Morgenessen  mit 


1)  Ein  xartea  Gra»,  d&s  geschiizteitc  Fatter  f&r  die  Kameclc 

2)  Nioht  sa  rerweohwln  mit  dem  gleiehnamigen  Bergs ,  welcher  lich  im  Weeten  von  Hijel , 
halbweg*  Teimi,  in  des  Gebel  'Aagah  antc&lieett. 

8)  Genannt  el-'Abd  (.der  Sclare"),  gemeint  ist  der  Schwam,  weil  eben  nur  Schwarae  Sclaren 


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W.  8IRH&N. 


119 


1 — stflndigem  Aufenthalt.  Von  9 — 4  Uhr  ununterbrochener 
Marsch ;  zwischen  4 — 6  Uhr  Rast  zum  Abendessen  and  Abend- 
gebet;  im  Dunkel  noch  geritten  bis  etwa  9  Uhr.  Bei  jeder 
Lagerung  eine  oder  zwei  Schildwachen  aufgestellt. 

Der  Annehmlichkeiten  einer  Reise  in  der  Waste  sind  man- 
cherlei :  vfillige  Unabhangigkeit,  Unnoth  eines  Geldbeutels ,  wun- 
derbar  reine  Luft,  Nachts  erfrischende  Kuhle,  ganzliche  Ab- 
wesenheit  von  Fliegen  Schnacken  Flohen')  Wanzeu.  tiberfluss 
an  Brennholz  •)  kostlich  daftende  Lagerfeuer,  herrliches  Bett  in 
dem  perlengleichen  Sand. 

Als  Neoling  freilich  hatte  ich  manche  Klage  in  meinem  In- 
nern  zu  verschliessen :  die  zwei  wundgerissenen  Hautplatten, 
deren  Umbildung  in  Sitzschwielen  (S.  33  and  56)  ich  erst 
abzuwarten  hatte,  will  ich  hinterher  nicht  hoch  anschlagen, 
jedenfalls  konnte  ich  in  den  erst  en  10  Tagen  mich  beim  Aus- 
ruhen  nicht  anders  als  auf  die  Seite  legen;  den  Sand  and  die 
Gesteinsbrocken,  welche  der  Wind  ins  Essen  weht,  betrachtete 
ich  eben  anch  als  ganz  naturlich,  selbst  gegen  das  unsinnige 
Prugeln  der  Thiere  und  das  unablassige  Geschrei  „Heik!  Heik!" 
(S.  54  und  1 16)  wurde  ich  allmahlich  —  leider  —  etwas  abge- 
stumpft.  Aber  ein  anderer  Ubelstand,  den  man  im  civilisirten 
Europa  kaum  erwahnen  darf,  spielt  bei  den  Bedoioen  eioe 
grosse  Rolle ,  und  kann  hier  unmdglich  mit  Stillschweigen  uber- 
gangen  werden.  —  Erschrick  nicht,  o  edler  Leser,  du  brauchst's 
ja  nicht  mitzukosten!  —  ich  meine  den  treueu  Begleiter  aller 
Beduinen:  die  Laus  *).  Dieses  Thier,  welches  im  mittleren 
Europa  —  abgesehen  von  Feldzugen  —  fur  gewOhnliche  Men- 
schen  Gottlob  schier  zur  Fabel  geworden  ist,  war  mir  von 
erfahrenen  Reisenden  als  unvermeidlich  langst  angekundigt  ge- 
wesen;  die  tiberraschung  brauchte  also  nicht  gerade  gross  zu 

1)  Der  einxige  Vertreter  dieMt  0«ttang ,  der  als  blinder  PaitAgier  in  nntrcm  Gejiick  die 
Reiae  tohon  tod  Dtaucu  to  milgemacht  bttte,  wnrde  beim  Offnen  eiaet  Koflcrs  am  dritten 
Tag  cntaeekt,  and  musttc  den  Keaertod  noi  dem  Ntrgilefa  erleiden. 

8)  Vgl.  im  6.  Cnpitel  die  BeMhreibang  da  Nefld. 

3)  Pedicaliu  Teetimenti,  .Kleider-"  valgo  .Ui*lnu"  —  wohl  ta  antenebeiden  Ton  der  Kopf- 
and  too  der  RUUne  -  wird  2-4»»  lang,  die  Minncben,  kleiner  «!•  die  Weibehen,  treton  in 


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120 


V1KUTKS  CAP1TKI.. 


sein,  als  ich  endlich  seine  persdnliche  Bekanntschaft  machte. 
Wie  ich  am  zweiten  Tag  am  Halse  ein  Beissen  und  Jucken 
verspurte,  bat  ich  meinen  Hintermann  auf  dem  Kameel, 
den  Muhdtil,  doch  einmal  nachzusehen.  Mit  verstandnissinni- 
ger  Theilnahme  —  denn  eben  von  ihra  hatte  ich  den  Gast  als 
Sezling  —  meinte  er:  „Aha!  der  cAbdelwahhab  hat  ein  Laus- 
lein" und  erblickte  in  mjr  von  diesem  Moment  an  nicht 
mehr  den  Fremden,  vielmehr  einen  ebenbOrtigen  stammesver- 
wandten  Reisebruder.  Unaufgefordert  that  er  mir  sofort  an 
diesem  Erstling  den  selbstverstandlichen  Liebesdienst ,  und  be- 
ruhigte  mich  mit  den  Worten  ma  ikhalif  („thut  nichts!").  In 
beduinischer  Kleidung  ist  die  Sache  auch  wirklich  nicht  so 
schlimm;  da  das  weite  Hemd  bei  Abwesenheit  eines  Gurtels 
nirgends  sonst  am  K6rper  anliegt  als  am  Halse,  so  halten  sich 
jene  Thierchen  eben  nur  am  Hemdpreiss  auf,  und  beissen  von 
dort  aus  in  die  Haut  ein.  Und  da  gibt  es  denn  ein  einfaches 
Mittel,  das  schon  seit  4000  Jahren  erprobt  ist:  man  schaut 
jeden  Morgen  nach  und  wirft  die  fettesten  Exemplare  ins  Feuer; 
dann  hat  man  den  ganzen  ubrigen  Tag  Ruhe ,  denn  die  junge 
Brut  braucht  wiederum  mindestens  einen  Tag,  bevor  sie  aus- 
gewachsen  durch  Beissen  sich  bemerklich  machen  kann.  Bei 
der  Gelegenheit  will  ich  eingestehen,  dass  ich  in  den  nachsten 
sieben  Monaten  nur  selten  lftnger  als  einen  Tag  ununterbro- 
chen  mich  als  lausfrei  bezeichnen  konnte;  dagegen  niemals  von 

geriogerer  Anzahl,  als  die  lezteren  auf.  Die  Weibchen  legen  etira  60  birnfSrmige  gllnzendc 

Eier  0,8—  1,0mm  lang  and  bis  0,6mm  breit,  und  kleben  dieeelben  in 
die  Kleiderfolten  and  —  n&hte  an.  Der  KSrper  ist  schmutzig  gran,  der 
Kopf  langlicht  rund  trfigt  saagende  und  stechende  Mundwerkicuifc; 
Fflhler  schlank,  Beine  mit  kleinen  Klauengliedern  veraehcn.  Der 
Brnstabschnitt  text  sich  direct  in  den  verbrciterten  Hinterleib  fort-, 
der  Leib  am  Rand  rnndlich  gezackt  endet  mit  iwei  Spitsen.  Dm 
Thier  liebt  als  Aufenthaltsort  nur  die  schwach  oder  kaum  behftnrtcD 
Stellen  des  menschlichen  Kdrpers,  Hals  Baucbwand  and  Rflcken.  — 
Cans  anders  be  ich  a  (Ten  ist  die  viel  grdssere  Kameelslaus  Kurad , 
krad),  welche  selten  den  Menschen  befiUlt  (S.  55),  and  ebenso  die 
Zecke  *Jb»  belmeh,  hflemeh.  Ich  habe  leider  Tersiumt,  Specimtna 
J«dicuUu  vcti.mnttr.ui    dieser  letzteren  mitzubringen,  and  finde  auch  in  Fachbuchern  keine 

Beschrribnng  oder  gar  Abbildung. 
1)  ^A**  KumtMeh,  kosendes  Diminutivum  ton  Kami. 


■ 


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121 


Fl6hen  und  Wanzen  beunruhigt  wurde,  und  erst  spater  konnte 
ich  den  Hamud  wahrhaft  begreifen,  wie  er  bei  seiner  Abreise 
nach  Damascus  (S.  67  Anm.)  vor  den  FlOhen  und  Wanzen  der 
Stadt  so  angstvollen  Abscheu  ausserte ,  dagegen ,  auf  den  Vorhalt 
seiner  angestainmten  Lause,  in  einen  schwunghaften  Dithy- 
rarabus  auf  die  lezteren  ausbrach.  Hat  man  Zeit  die  Hemden 
im  Freien  aufeuhangen  und  im  Winde  zu  spannen,  so  kann  man 
sicher  sein ,  dass  nach  zwei  Tagen  die  Bewohner  unfehlbar  mit 
Kind  und  Kegel  den  Platz  geraumt  haben.  Von  einer  familiaren 
Aufmerksamkeit ,  besonders  bei  Zeltlagern,  machte  ich  in  der 
zweiten  Halfte  meiner  Reise  mehrfach  Gebrauch ;  wie  man  bei  uns 
einen  Gast  auffordert,  sich  durch  Waschung  zu  erfrischen,  und 
woU  auch  anfragt,  ob  er  nicht  vielleicht  Hemdkragen,  Sack- 
tucher  oder  StrQmpfe  zum  Waschen  und  Bilgeln  hergeben  wolle, 
so  erlebte  ich's  einigemale,  dass  man  mich  einlud,  das  Hemd 
zu  wechseln;  da  wurde  dann  das  alte  fortgenommen ,  in  der 
Frauenabtheilung  druben  sorgfflllig  entlaust,  und  hflbsch  zu- 
sammen  gelegt  mir  wieder  uberreicht.  —  Doch  nun  genug. 
Am  Morgen  des  siebenten  Tages  (Di.  9.  Oct.  83)  senkte  sich 


unser  Weg  stark  abwarts  gegen  die  tief  gelegene  Oase  el-Gy6f 
(„Niederung").  Durch  einen  Engpass  zwischen  Sandsteinfelseu 
gelangten  wir  auf  eine  wellige  Vorterrasse ,  wo  silberig  graues 
Gestein  (wie  schieferiger  Musehelkalk  *)  anzusehen)  in  grossen 


1)  Der  bliuliche  Kalk  tritt  nor  auf  der  We.taeitc  auf.  Gberall  sonst  Sanditcin.  In  der  Nahe 
dea  Marid  (S.  126)  wird  wgar  ein  rothlicher  Marmorkalk  gefundeo,  der  zu  Moraern  (S.  84,5) 
yerwendet  wird. 


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1  22  V1BRTES  CAPITEL. 

Blasen  oder  zersprungenen  Enollen  den  Kies  und  Sand  durch- 
brochen  hatte.  Eingesaumt  von  den  Staffeln  der  4—500  hohen 
Sandsteinberge  lag  tief  im  Grund  der  dunkelgrflne  Palmenwald 
mit  eingestreuten  Hausern ,  beherrscht  von  dem  dunklen  Thurme 
Marid,  und  von  dem  neuen  £a§r,  der  Trutzburg  der  Raschidi- 
den.  Den  Hintergrund  der  Landschaft  anf  der  Ostseite ,  iiber- 
ragte  —  einem  blendenden  Schneewall  zu  vergleichen  —  der 
Nefud  (s.  Cap.  6),  die  wasserlose  Flugsandwuste,  welche  im  Suden 
bis  zum  Gebel  Schammar  reicht.  Nach  Beduinensitte  wurde 
Angesichts  der  Stadt  eine  grosse  Waschung  veranstaltet ,  die 
besten  Kleider  angelegt ,  tlberhaupt  aller  Staat  entfaltet ,  damit 
der  Einzug  moglichst  feierlich  sich  gestalte.  Zwei  Boten  wurden 
vorausgesandt ,  unsre  Ankunft  zu  melden.  Gegen  9  Uhr  stiegen 
wir  am  ?a§r  ab  von  den  Eameelen ,  um  als  Gaste  des  Forsten 
zu  Hajel  bei  seinem  Statthalter  im  Gy6f  einige  Tage  zu  verweilen. 


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V.  CAP1TKL. 


Der  Gyof. 

9.—14.  October  1883. 


Der  Gy6f,  neben  Teima  die  grOsste  Oase  den  ndrdlichen 
Arabiens ,  gewiss  schon  fruhe  besiedelt ,  fuhrte  ursprunglich  den 
Nanien  Dumab.  Das  ist  als  ein  alter  Stammesnamen  zu  be- 
trachten ,  der  auf  den  gleichlautenden  Stammvater ,  einen  Nach- 
kommen  Ismaels  (1.  Mos.  25,  14.  1  Chron.  1,  10)  zuruckgeht. 
Die  Weiasagung  des  Jesaja  (21,  11)  fiber  Dumah  HDII  beziehe 
ich  unbedenklich  auf  die  vorliegende  Ortlichkeit,  solange  bis 
die  anderen  Ausleger  besseren  Nachweis  aus  dem  Lande  Edom 
liefern.  Die  Meinung,  dass  auf  den  assyrischen  Keilinschriften 
der  Gy6f  unter  der  Form  Dumate  ')  erw&hnt  werde ,  muss  wohl 
fallen  gelassen  werden.  Ebenso  wenig  ist  der  nabataische a) 
Beleg  aus  den  Inschriften  zu  el-yegr  haltbar.  Dagegen  wird  der 
Name  bei  den  Classikern  *)  mehrfach  erwahnt  als  Dumaitha, 


1)  Jot.  Hale'ry,  Eani  ear  lee  inscriptions  da  Sam.  Paris  1882,  p.  806  fuhrt  unter  den 
8  Furtten,  welcbe  der  aeejritche  K6nig  nsarhaddon  (680 — 669  v.  Chr)  aaf  Minem  Feldzog  in 
Arabien  besiegte,  each  einen  Akbaru,  Konig  von  Dumate  aaf.  Der  fragliche  Name  (Rawlinton 
III,  PI.  16,  col.  IV,  18—25  an  einer  beeohadigten  Stelle)  lautet  nach  Fr.  Delitxaoh,  (Pa- 
radiee,  S  306)  Na (?).p)-a-te ;  nach  B.  A.  Badge  (Hit  lory  of  Eaarhaddon  p.  101):  Dapiato. 

2)  An  der  betreffenden  Stelle  ist  oicht  Ddmft ,  aondern  lUumu  zu  le«en,  alt  Egenname  nicht 
einer  Ortliebkeit,  aondern  einea  rcntorbenen  Mannes,  fur  den  ein  Grabmal  erricbtet  worde. 
(J.  Eating,  Nnbatiiische  In-nchriften  16,  2). 

8)  Ptolemiaa,  lib.  V,  19  (foL  144):  Aevpa&a;  Stepbanut  Bys.:  Ao6fi*3a  'Af*0/*c. 
6  TBA/nrc  Aoi/p^tfc  Plinim.  H.  N.  VI.  82,  14:  Domatba.  Auch  itt  bekannt  eine  Mfinae 
mit  der  anfochrift  AOTM9HNAN;  icb  fragte  deeahalb  im  Gy6f  nach,  ob  noeh  alte  MQnaen 
gefanden  wurden;  et  konnte  tich  aber  Niemand  erinovm  davon  geaehen  oder  aoch  nur  gehort 


124 


FttNFTES  CAPITKL. 


Dumatha ,  Domatha.  Bei  den  arabischen  Geographen ,  Geschicht- 
schreibern,  Dichtern,  tritt  noch  ein  Beisatz  hinzu  Dumat  el- 
dschandal  (JjulcJI  ix^  d.  i.  „Dnmah  des  Felsens").  Dieser  Name 
ist  zwar  noch  jezt  an  Ort  und  Stelle  gekannt,  aber  ganz  ausser 
Gebrauch  gesezt  durch  den  einzig  ublichen  el-Gy6f ')  o^*vJI  d.  i. 
„die  Einbauchung,  AushOhlung,  Niederung".  Zur  Zeit  Muham- 
meds  befand  sich  hier  ein  christlicher  Konig  Ukaidir  (^Ju^t) 
vom  Stamrae  der  Kindah ,  der  gleich  anderen  Fursten  Arabiens 
dem  Siegeslauf  des  Islam  sich  beugend  die  neue  Religion  annahm. 

Zur  Oase  el-Gyof  im  weiteren  Sinne  werden  noch  eine  Anzahl 
Ortschaften  gerechnet,  die  bis  zur  Entfernung  einer  Tagreise 
gegen  Nordosten  in  abgeschiedenen  Einbettungen  gelegen,  doch 
zu  einem  und  demselben  Wasserbecken  gehdren;  es  sind  das 
die  Dflrfer  Skakah  (8000  Einw.),  ?arah  (1000  E.),  Tuwer  oder 
Atwer  (3001  E.);  die  von  andern  Reisenden  erwahnten  Ansied- 
lungen  Seh&rab,  Gun(¥)  Hasiah,  Gawah,  Mu'eizin  scheinenver- 
lassen  zu  sein.  Der  Hauptplatz  aber  ist  der  Gyof  im  engeren 
Sinn  mit  etwa  12000  Einwohnern.  Die  Mulde,  IV,  bis  2  Stun- 
den  in  der  Lange ,  s/4  Stunden  in  der  Breite  messend ,  ist  doch 
nur  zu  einem  Dritttheil  mit  Hausern  und  Garten  ausgefOllt, 
die  auf  der  Sudseite  den  Rand  der  Htlgel  selbst  erklettern.  Bis 
zur  Unterwerfung  unter  die  Herrschaft  der  Schammari  bildeten 
die  12")  Quartiere  (Suk,  Plur.  Aswak)  der  Stadt  jedes  eine 
Festung  fur  sich,  im  Zustande  gegenseitiger  Belagerung.  Die 
zusammengewurfelte  BevSlkerung  •) ,  ohne  irgend  ein  Geftlhl  der 
Gemeinsamkeit ,  rieb  sich  selbst  in  grausamen  Fehden  auf,  und 
nur  eine  eiserne  Hand  wie  die  des  cObeid  und  die  rucksichts- 
lose  Politik  des  Talal  konnte  hier  Wandel  schaffen  (vgl.  S.  68  f.). 
Wenn  auch  jezt  Sicherheit  und  Ordnung  herrscht ,  so  ist  darum 
doch  von  Handel  und  Gewerbe  beinahe  keine  Rede.  Verkaufe- 


xn  haben.  Anch  tod  dem  groaten  SHbcrachatz ,  weleher  (A.  11.  9! 9 — 1513  n.  Chr.)  hier  gefun 
den  worden  >ein  toll  (Ritter,  Erdknnde  XIII,  888),  hat  sich  nicht  cinmal  die  Sage  erhalten. 

2)  Bin  nreiter  GyAf  (auf  den  Karten  Dsehauf,  Dscb6f)  findet  sich  im  ostlichen  Jlmen,  afld- 
lich  Totn  W.  Negr&n. 

2)  He  ate  z&blt  man  deren  14  oder  15. 

8)  llfialah,  Tamim.  Sirban,  Schammari,  B.  IAm ,  Scherftrat ,  Motawalladin (Halbneger) and  A. 


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GYoF. 


125 


lftden  oder  Bazare  existiren  durchaus  nicht;  kauni  dass  ein 
paar  Handwerker  l)  aufzutreiben  sind.  Ohne  einen  Einblick  in 
das  Innere  zu  gestatten ,  winden  sich  die  engen  Gassen  zwischen 
hohen  Gartenmauern  und  Hausergruppen.  Die  besseren  Woh- 
nungen  haben  so  ziemlich  alle  einen  30—40  Fuss  hohen  mit 
Zinnen,  Lucken  und  Senkscharten  versehenen  Thurm,  der  ur- 
sprunglich  zu  kriegerischen  Zwecken,  als  lezte  Vertheidigung 
und  Zuflucht  eingerichtet ,  jezt  nur  noch  als  Zierde  und  Zeichen 
von  Wohlstand  anzusehen  ist.  Von  alten  Bauwerken  ist  nicht 
mehr  viel  vorhanden.  Am  Westende  der  Thalmulde,  unterhalb 
des  Rigm  el- 
burg  ,  sperrte 
ehemalsden  Zu- 
gang  eine  stei- 
nerne  Quer- 
mauer  S^l  »  r. 
;duS^t  eAmarat 
al-Ukeidir  mit 
schmalem  Thor. 

Bedeutender 
noch   sind  die 
Reste  des  alten 
Castells  oder 
Thurmes    M  a-  fc  lr  tu.  Mir,a  m 
rid. 

Aus  Hausteinen  in  drei  Stockwerken  mit  einer  Wendeltreppe 
erbaut ,  von  Ringmauer  und  Wall  umgeben ,  hat  er  seit  seiner 
Beschiessung  durch  den  'Obeid  im  J.  1855  (S.  69)  vielleicht 
die  Halfte  seiner  HOhe  eingebusst,  und  ist  jezt  als  Ruine  nur 
noch  von  einer  armlichen  Familie  bewohnt.  Fruher  wurde  viel 
uber  ihn  gefabelt;  Jusuf  el-Milki »)  behauptete  im  J.  1808,  er 
abertreffe  2  wenn  nicht  3  mal  an  HOhe  den  hOchsten  Moschee- 
thurm  zu  Jerusalem.  Heutigen  Tags  mag  er  noch  gegen  50 


1)  Fur  Lederarbeiten  (Sandalen,  Satte! 

2)  Hitter,  Erdkonde  XIII.  891,  895, 


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126 


FliNFTES  GAPITF.L. 


Fuss  hoch  sein.  Zwischen  dem  Marid  und  dem  £asr  liegt  das 
j  #s6r  (,Schl6ssleinM)  gleichfalls  bei  der  schon  er- 

*  wahnten  Belagerung  in  Trummer  gelegt. 

Als  jflngster  Zeit  stammt  sodann  der  £asr 
(„das  Sri i loss"),  ira  Stadttheil  Ehzam  (^^)  in 
beherrschender  Lage  errichtet. 

Fur  einen  Beduinen  schreckhaft  liegt  die  Zwing- 
burg  da  mit  ihren  Mauern,  H6fen,  Thurmen, 
Erkern,  Schieszscharten.  Auf  der  Sudostecke  be- 
li mlct  sich  der  Eingangsthurm ,  viereckig  nach 
oben  verjflngt;  zur  Vertheidigung  sind  einige 
Pechnasen  (fcJjSLf ')  katulah)  mit  Senkscharten  an- 


\ 


I 


\ 


f 


gebracht.  Die  schwere  hOlzerne  Thure  mit  ver- 
gittertem  Guckloch  versehen ,  wird  auf  der  Innen- 
seite  von  einem  Sclaven  bewacht.  Fur  gewflhnliche 
Besucher  wird  nicht  das  ganze  Thor,  sondern  zu 
muhsamen  Durchschlupf  nur  eine  Art  Laden  s)  geGffnet ;  derselbe 


1)  Verwandt  m.  hebr.  ^?n3? 

2)  K&&^£  saukahah?;  in  Damnsout  *s>y>  khokhah  ^cnannt. 


DER.GY&F. 


127 


ist  eigentlich  ein  zweites  kleineres  Thor,  misst  zwei  Fuss  im 
Geviert,  und  ist  etwa  172  Fuss  aber  dem  Boden  angebracht. 

Bei  unsrer  Ankunft  (Di.  9.  Oct.  83)  war  naturlich  das  gauze 
Thor  angelweit  geflflhet.  Unter  dem  Zudrang  eiuer  neugierigen 
Menschenmasse  wurde  unsere  Sacke  abgeladen  und  in  einer 
verschlossenen  Kammer  aufgestapelt ,  die  Teppiche  und  das 
Handgepack  aber  auf  das  halboffene  Dach  eines  Hauses  ge- 
schafft.  Beim  Eintritt  in  die  Thorhalle  musste  das  Auge,  wel- 
ches seit  sieben  Tagen  keinen  Schatten  genossen,  erst  an  die 
Dunkelheit  sich  gewShnen.  Abseits  im  Finstern  lag  ein  alter- 
thilinliches  monstrum  von  eiserner  Kanone  auf  blockischer  La- 
fette  mit  Scheibenradern  von  Ithelholz.  Der  Schauder  von  Hoch- 
achtung ,  womit 
unsere  Beduinen 
an  dem  Unge- 


1 1 n'l mi  mit  seinen 
geheimnissvollen 
Kratten  vonlber- 
giengen ,  wurde 
durch  die  Finsterniss  jedenfalls  erheblich  veratarkt.  Die  Solda- 
ten  des  Schijukh ')  fohrten  uns  durch  ein  Gewinkel  von  ge- 
brochenen  Giingen  nach  dem  £tfhawah  (Empfangssaal).  Den  Sabel 


1)  Ragftgil  each-Sch\jflkh  -  v^J'  J-C>U>;  (S.  82).  In  der  Reaidenz  Hijel  mogen  ilindig 
etwa  200  Mann  aein;  3 — 400  andere  haben  auawartige  A  a  ft  rage ;  cine  Abtheilung  dieaer  lezteren 
iat  daa  ganxe  Jahr  in  Bewegang,  lie  hat  die  paar  hundert  Kameele  zn  begleiten,  welche  der 
Kiint  alio  6 — 6  Wochen  nach  Negef  an  den  Enphrat  achickt,  nm  ron  dort  Reia  im  Land  zn 
achaffen;  andere  holen  die  peraiachen  Pilger  in  Meachhed  ab,  geleiten  aie  nach  Makkeh  nnd 
zorock,  lind  alae  auch  6-7  Monate  abweaend.  Hier  im  Gy6f  waren  10  Mann,  nnd  an  andercn 
kleineren  Ortachaften  werden  aieh  hochitens  je  4  oder  5  Mann  zerttreut  finden.  Von  Uniform 
itt  naturlich  keine  Rede;  man  nnteracheidct  lie  indeaa  bald  an  den  »erhiltnia»maaaig  reinen 
weiaaen  flemden ,  rothbanmwollenem  Kopftnch  und  weiu  wollenem  doppeltgewnndenem  Kopfatrick 
Ihre  Bewaffnnng  beateht  fur  gewohnlich  nnr  ana  einem  Sabel,  den  aie  aber  nicht  nmgebangt, 
aondero  ateta  in  der  Hand  tragen.  Selten  hat  einer  einen  Mantel  am  die  Schaltern,  nnd  die 
wenigsten  beiitzen  Sandalen.  Filr  gefahrliehe  Ezpeditionen  bekommen  aie  Ton  HAjel  Steinachloaa- 
flint™  anf  den  Weg,  nenerdinga  aogar  Martini-Oewehre ,  deren  der  Erair  allmahlig  7 — 800  Stuck 
ztiaammengebracht  haben  aoll.  Die  Sabel  die  ich  hier  aah,  mit  ailberdrahtnmwundenem  Griff  nnd 
silberbeachlagener  Scheide,  waren  alio  ana  der  Werkatatt  dea  in  ganz  Inner-Arabien  bcrfihmten 
Waffcnaehmieda  RAnem  zn  Hljel  herrorgegangen.  Ein  Sohn  diesea  RAnem  Namena  1 1  Amid  befand 
aieh  zafallig  hier  bei  den  Soldaten  nnter  der  Abtheitung,  die  jest  abgeloat  werden  aollte  nnd 
baldigat  nach  l,(Ajel  zuruekkehren  dnrfte. 


128 


fOnftes  c  a  pit  el. 


in  der  Hand  traten  wir  mit  einem  Salam  caleikum  (,Friede 
Qber  euch!M)  Qber  die  Schwelle  eines  dunklen  fensterlosen 
Raumes:  'Aleikum  es-salam  (,uber  euch  der  Friede")  scholl  es 
aus  der  Finsterniss  zurQck.  Noch  einige  Schritte  vorwarts,  da 
kam  uns  der  Statthalter  des  Schijuch  ein  Neger  Namens 
Gy6har  entgegen.  Mit  lebhaftem  Wohlwollen  reichte  er  uns 
die  Hand  bekflsste  —  ich  weiss  jezt  nicht  mehr  unsre  Wan- 
gen  oder  unsre  Kopftflcher  und  rief  zum  Zeichen  hOflicher 
Theilnahme  vier,  fftnfmal  hinter  einander  laut,  fast  grimmig, 
Jeden  an  mit  Tsef  ent  (oJf  \JlS  „wie  geht's  dir?")  Es  kostete 
Mahe  seine  Besturmung  allmahlig  zu  bescbwichtigen  durch  ein 
Tajjib  el-hamdu  lillah  (,Gut,  Gottlob!").  Auf  feinen  persischen 
Teppichen,  mit  unsren  Kameelssatteln  als  Armlehnen,  nahmen 
wir  Platz ,  legten  die  Sabel  vor  uns  nieder  und  begrussten  unter 
leichtem  Nicken  des  Kopfes  jeden  der  anwesenden  Gaste  mit 
einem  „Gott  segne  euren  Morgen".  Wir  wurden  sodann  ein- 
gehend  uber  den  Verlauf  unsrer  Reise  ausgefragt.  Gleichzeitig 
wurde  neben  den  iiblichen  Raucherungen  (S.  62).  Kahwah  helu J) 
gereicht,  dann  kam  der  eigentliche  Cafe,  zulezt  Datteln  von 
einer  wunderbaren  GrOsse  und  Susse,  dazu  flussige  Butter  und 
Brodfladen.  Gyohar  liess  sich  von  einem  Soldaten  seine  Pfeife  *) 
bringen  und  in  Brand  setzen  wahrend  wir  ein  Narglleh  (Was- 
serpfeife)  ansteckten;  er  versicherte  uns  des  Ofteren,  dass  er 


1)  Bs  gilt  nicht  fur  fein,  die  Hand  Toll  za  ergreifen,  oder  gar  la  schutteln;  man  legt  nor 
die  Handfliichen  auf  einander  and  zieht  sie  raach  dariiber  weg. 

8*^9  eigentlich  •susser  Cafe"  ist  ein  heines  Zockerwasser,  mit  ganz  wenig  Thee  nnd 
Citronensaft  oder  sonstigem  Gewura  antermiacht,  bildet  bei  einer  vornehmen  bedainiachen  Gaa- 
terei  immer  die  Einleitung. 

3)  Q»r<JLS  Kaljun ,  ein  Kopf  an*  rothem  oder  schwarzem  Thon 
(in  reichster  Anstattung  auch  noch  mit  drabtgeflochtenem  Deckel, 
Kohlenzanglein  (mulai\cit)  und  Mesaingttift  an  kUiner  Kette  bin- 
ge nd,  irird  ron  den  Beduinen  ohne  jedwedes  Rohr  geraacht  —  ein- 
faeh  weil  sie  keinea  haben.  Auch  das  beacheidenste  Exemplar  ist  noch 
so  kostbar,  dass  manche  Personen  es  nicht  veraohmlhen ,  a  as  einem 
halben  Pfeifenkopf  (ohne  Hals)  za  raachen.  Mag  gut  warm  seint 
Spater  in  Teima  traf  ich  PfcifenkSpfe  aus  graaem  Sandstcin  mit  dem 
Measer  geachnitten.  Die  Pfeife  Gyohars  bestand  aoa  rothem  Thon- 
kopf  mit  ganz  knrzem  Rohr  dran;  der  Mandspitz  war  cin  dicker  Waist,  mit  Tach  uberzogen, 
und  mit  einem  durchbobrten  SilberpUttlein  beachlagen. 


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DER  GY&F. 


129 


uber  unsren  Besuch  und  die  Ehre,  welche  wir  ihin  erweisen, 
hoch  erfreut  sei.  Es  mOgen  zwar  die  prflchtigen  Sabelklingen 
aus  Solingen ,  die  wir  ihm  gleieh  zu  Fttssen  legen  liessen ,  sowie 
eine  verschwiegen  zugestellte  Verehrung  von  drei  tilrkischen 
Pfund  (etwas  mehr  als  50  M.)  nicht  ohne  Einfluss  auf  seine 
vergnugte  Stimmung  gewesen  sein ,  aber  jedenfalls  verlieh  er 
derselben  einen  ehrlichen  und  ungekunstelten  Ausdruck.  Er 
strahlte  von  Wurde  und  Wohlwollen ;  sein  ganzes  Trachten 
war  ausschlie8slich  nur  darauf  gerichtet,  uns  den  Aufenthalt 
m6glichst  angenehm  zu  machen ,  und  unsern  Wunschen  in  jeder 
Beziehung  entgegen  zukommen. 
Nach  Lady  A.  Blunt's  Schilderung 
hatte  man  glauben  sollen ,  in  Gy6- 
hars  schwarzer  Haut  stecke  auch 
eine  scbwarze  Seele,  und  die  un- 
gebundene  Machtvollkommen- 
heit  verleihe  ihm  den  Charakter 
eines  zu  furchtenden  Despoten.  . 
lch  babe  das  nicht  gefunden ;  und  ^^J*8 
sein  Herr  zu  yajel,  der  gewiss 
aber  den  Vorwurf  der  Ungerechtigkeit  erhaben  ist,  scheint 
auch  mit  ihm  zufrieden  zu  sein ,  um  so  mehr,  als ,  seit  Gyohar 
die  Zugel  im  Gydf  filhrt ,  und  bei  der  Abschatzung  ')  aller  Dat- 
telpalmen  personlich  nachsieht ,  die  Steuern ,  welche  von  dort 
in  den  £asr  nach  Hajel  fliessen,  gerade  das  Doppelte  von  den 
fruheren  Einkunften  betragen.  Dass  einem  Sclaven  ein  solch 
verantwortlicher  und  uneingeschrankter  Posten  anvertraut  wird , 
hat  hier  gar  nichts  Auffallendes ;  da  der  Sclave  immer  noch 
Eigenthum  seines  Herrn  bleibt,  gilt  er  mit  Recht  far  ergeben 
und  uneigennutzig.  Spater  in  yajel  wird  von  einem  anderen 


1)  &  tollen  bei  der  lcxtcn  Riehtigttellaog  etwn  G0000  Dnltelbnaffie  tich  ergeben  haben.  Ich 
will  bei  die*er  Gelegenheit  bemerken,  da«  der  Seh«fleh  von  teinen  Unterthanen  nnr  nachite- 
hende  jihrliche  Steuern  erhebt:  fur  4  aasgewachsene  Dattelbiiume  1  Megtdi  (3 J  M.)  ebenao  fur  4 
Kameele,  oder  fiir  je  20  Schafc  and  Ziegen  anch  einen  Megtdi.  Die  Oase  Tcimft  toll  4000 
Megidi  Steuer  zahlen. 

9 


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130 


KilNKTES  CAI'ITEL. 


Schwarzen,  cAneber,  die  Rede  sein,  dem  der  Furst  bei  seiner 
Abwasenheit  von  der  Hauptstadt  mehrfach  die  Stellvertretuug 
ubergab:  nur  war  dieser  von  jeher  etwas  verwOhnt,  und  im 
Gefuhl  seiner  Machtffllle  zum  (jbermuth  (z.  B.  gegen  Doughty) 
ganz  anders  veranlagt,  als  der  milde  Gyohar. 

Sobald  der  eigentliche  Empfang  uberstanden  war,  und  ich 
ohne  Aufsehen  mich  entfernen  konnte,  trachtete  ich  darnach, 
mich  zu  erftischen:  in  einem  Hof  liess  ich  von  Mahmud  einige 
Kubel  Wasser  fiber  mich  hinunterschutten ,  und  auch  den  Kopf 
wieder  ganz  rasieren  (vgl.  S.  56);  dann  zog  ich  frische  Wasche 
an.  Wie  neugeboren  begab  ich  mich  vor  den  l£asr  hinaus  ins 
Freie,  und  wollte  eigentlich  zeichnen;  zunachst  aber  legte  ich 
mich  ausgestreckt  —  ach  Gott  wie  gut !  —  auf  den  Boden ,  und 
verfiel  in  einen  tiefen  Schlaf. 

Zum  Abendessen  wurde  ein  arg  verpfeflerter  Reis  mit  Ham- 
melfleisch  gebracht.  Im  Mondenschein  erkletterten  wir  unser 
Nachtlager,  das  auf  dem  schon  erwfthnten  halboffenen  Dach 
eines  zweistflckigen  Hauses  fur  uns  bereitet  war,  und  besprachen 
da  beim  Nargileh  die  Plane  fur  die  nachsten  Tage. 


Mi.  10.  Oct.  83].  Morgens  8  Uhr  ritt  Huber  mit  Muharib, 
seinem  frilheren  Fiihrer  durch  den  Nefud,  auf  zwei  Tage  in 
die  nordostlich  gelegenen  DOrfer  der  Oase  ab ,  nach  Skakah , 
l^arah,  fwer.  Mit  Rucksicht  auf  meine  immer  mehr  sich  ver- 
schlechternden  Fusswunden  (S.  1 1 2)  hatte  ich  vorgezogen ,  von 
der  Theilnahme  abzustehen;  auch  gestehe  ich  offen,  dass  ich 


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DER  OT6K. 


131 


als  Neuling  die  Ruhe  noch  sehr  zu  schatzen  wusste.  ftberdiess 
wQnschte  ich  von  unsrem  Diener  Mali  mud  eine  Wiederholutig 
seines  merkwurdigen  Berichts  uber  die  vorabergehende  Beset- 
zung  dea  Gy6f  durch  die  TQrken  zu  vernehmen,  die  er 
mir  schon  in  Kaf  wahrend  einer  schlaflosen  Nacht  geschildert 
hatte,  und  nun  an  Ort  und  Stelle  am  besten  zu  erlautern  im 
Stande  war.  Da  von  dem  ganzen  Vorgang  wohl  kaum  eine 
Kunde  nach  Europa  gedrungen  sein  durfte,  will  ich  die  Dar- 
stellung  Mahm&ds  ausfuhrlich  wiedergeben. 

Am  Ende  des  Jabres  1869  oder  Anfang  1870  kam  der  grosse 
Schech  der  Rualah-Beduinen  §atam  ibn  Scha^an  nach  Damascus 
zu  Subhl  Pascha  und  Muhammed  Sa'id  Pascha,  dem  Oberhaupt 
der  Mekkah-Carawane  (S.  86),  und  sezte  ihnen  auseinander, 
er  wisse  ein  herrenloses  fruchtbares  Land ,  reichlich  mit  Wasser 
versehen,  wie  geschaflfen  zur  Anlage  von  Dflrfern,  die  einen 
ausgiebigen  Mir!  (Steuer)  abwerfen  wurden.  Erstaunt  und  be- 
gierig  fragten  die  Turken,  wo  denn  dieses  unbekannte  und 
kostliche  Land  sei ,  und  erfuhren  nun ,  das  sei  der  Wadi  Sirhan. 
Sie,  die  Rualah  waren  bereit,  sich  sesshaft  zu  machen,  die 
DOrfer  anzulegen  und  die  Steuern  zu  bezahlen.  Nur  mOssten 
die  Turken,  falls  sie  auf  die  Sache  eingehen  wollten,  zuerst 
den  Gy6f  besetzen,  was  gar  nicht  schwierig  sei;  denn  ohne 
starke  Deckung  des  Ruckens  kdnnten  die  Rualah  in  den  D6r- 
fern  gegen  ihre  beduinischen  Nachbarn  sich  nicht  halten.  Den 
Turken  leuchtete  der  Vorschlag  ein,  und  —  wie  das  dort  in 
so  heiklen  Fallen  zu  gehen  pflegt  —  angeblich  ohne  officiellen 
Auftrag  wurde  die  Sache  in  aller  Stille  eingeleitet.  Schlug  die 
Unternehmung  fehl ,  so  war  wenigstens  die  BehOrde  nicht  bloss- 
gestellt;  gelang  sie,  dann  war  immer  noch  Zeit  genug,  die 
Weisheit  der  Regierung  offen  zu  preisen ,  und  die  Unternehmer 
mit  Ehren  zu  uberhaufen.  Ganz  gerauschlos,  fern  von  Damas- 
cus, sammelte  sich  die  Expedition,  und  Ende  Februar  1870 
brach  Muhammed  Sacid  Pascha  von  der  Festung  Macan  auf 
(am  S.S.E.  Ende  des  Todten  Meeres).  Er  hatte  bei  sich  an 
regelrechten  Soldaten  200  zu  Pferd  und  60  zu  Fuss,  dazu  80 


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1 32 


FtiNFTES  C  A  PIT  FX. 


eAfcei-Beduinen  unter  Fflhrung  des  Schechs  Muhammed  Rawwaf , 
ausserdem  eine  kleine  Kanone.  Zum  RaimmaVam  d.  h.  Verwal- 
tungsbeamten   des  zu  erobernden  Gebietes  war  ausersehen 
Uusein  Beg  el-Tscherkas ,  der  Schwager  des  §ubhl  Pascha  in 
Stambul.  Da  dieser  kein  Wort  arabisch  verstand ,  war  ihm  als 
Schreiber  und  Dollmetscher  unser  jetziger  Diener  Mahmud  Agha 
beigegeben.  Am  Ausgange  des  Winters ,  nachdem  Regen  in  Menge 
gefallen  war,  konnten  sie  unbekflmmert ,  gerade  durch  die  Waste, 
ihren  Weg  nehmen.  Nach  acht  Tagen  standen  sie  vor  dem  Gy6f. 
Um  einen  Stfltzpunct  in  der  Bevfllkerung  vorzufinden,  hatten 
die  Tflrken  wohlweislich  schon  vorher  mit  den  unzufriedenen 
Elementen ')  sich  in  Verbindung  gesezt*  Die  lezteren  waren 
ihnen  einen  halben  Tag  weit  bis  zum  Berg  eAbd  (S.  118,3)  ent- 
gegen  gegangen  und  stellten  sich  an  die  Spitze  des  feierlichen 
Einzugs.  Die  Tflrken  richteten  sich  im  Stadttheil  Marid  und 
Khzam  ein ,  pflanzten  ihre  kleine  Kanone  auf  einem  Htlgel  auf , 
und  waren  entschlossen ,  sich  zunachst  beobachtend  zu  verhal- 
ten.  Allein  bereits  am  folgenden  Tag  kamen  als  unheimliche 
Vorboten  Leute  des  Ibn  Raschld  aus  ^lajel  an ,  und  stiegen  im 
Stadttheil  SuV  Ibn  Dra*  ab ,  an  ihrer  Spitze  der  alte  Haudegen 
§alih  ibn  RakhSs.  Auf  die  naive  Frage  der  Tflrken,  was  er  da 
wolle,  antwortete  er  mit  grosster  Gleichgultigkeit ,  6r  wolle 
gar  nichts ,  er  sei  nur  gekommen  um  zu  sehen ,  was  da  eigent- 
lich  los  sei.  Am  dritten  Tag  erschien  Muhammed  ibn  Raschld 
persdnlich  mit  dem  erstaunlich  rasch  zusammengebrachten  Auf- 
gebot  von  mindestens  8000  Mann  zu  Delul  und  mit  vielen 
Pferden.  Durch  einen  Sclaven,  Ibrahim  geheissen,  schickte  er 
frQh  morgens  einen  Brief  an  die  Tflrken  mit  der  Aufforderung, 
den  Gy6f  sofort  zu  verlassen.  Wie  sie  hiezu  keine  Miene  mach- 
ten,  schritt  er  schon  nach  V,  Stunde  zum  Angriff.  Obwohl  die 
Leute  des  Ibn  Raschid  in  erdrflckender  tFberzahl  vorrflckten, 
waren  sie  doch  nicht  im  Stande ,  die  wohlverschanzten  und  gut 
bewafineten  Tflrken  aus  ihren  Stellungen  zu  werfen.  Dessbalb 


1)  Dntcr  denen  sich  aach  dto  Pamilie  meines  MuWjil  (S.  115  f.  180)  be&nd. 


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DER  0Y6F. 


133 


liess ,  zwischen  Mittag  und  dem  cA$r,  Ibn  Raschld  den  Vorschlag 
zu  einer  persdnlichen  Unterredung  machen ;  derselbe  wurde  auch 
von  den  Turken  auf  der  Stelle  angenommen.  Von  negdaischer 
Seite  kam  Ibn  Raschld  mit  drei  Begleitern  heraus,  von  den 
Turken  Muhammed  Sa'ld  Pascha  mit  Khurschld  Agha,  Derwisch 
Agha  und  Mahmud  Agha  (eben  unsrem  jetzigen  Diener).  Die 
Unterredung,  wahrend  deren  Ibn  Raschld  mehrfach  laut  auf- 
lachte,  war  nach  \  Stunde  zu  Ende.  Wozu  die  thonchten 
Reden  ?  Der  Schijukh  schwang  sich  auf  sein  Pferd  und  zog  mit 
seinen  Reisigen  uber  Skakah  nach  Hajel  zuruck.  Nach  sieben- 
tilgigem  Verweilen  im  Gydf  rnckte  auch  Muhammed  Saeid  Pascha 
mit  120  Soldaten  und  den  cAl<:el  nach  §alt  im  Ostjordanlandab, 
und  liess  nur  den  Husein  Beg  el-Tscherkas  mit  etwa  80  Sol- 
daten ,  lauter  Mararibeh  (Algierer  ')  als  Besatzung  zuruck.  Dieses 
kleine  Hauflein  blieb  ganz  nnbelastigt;  ja  der  frischgebackene 
Eaimmakani  wagte  sich  sogar  nach  Skakah,  l£arah  und  Twfir, 
um  sein  neues  Territoritim  zu  beaugenscheinigen.  Wie  er  aber 
anfieng,  ganz  neue  und  unerh6rte  Steuern  z.  B.  auf  Gerste  und 
Salz  (vgl.  S.  103)  einzutreiben ,  stieg  nach  zwei  Monaten  die 
Unzufriedenheit  auf  einen  gefahrdrohenden  Grad  der  Erbitte- 
rung.  Es  war  geplant,  die  Turken  nach  ihrer  eigenen  Weise 
zu  behandeln,  und  bei  einem  heuchlerischen  Gastmahl,  das  ein 
gewisser  Hasan  Abu  Drac  veranstalten  sollte,  zu  ermorden;  die 
Opfer  entgiengen  zwar  noch  mit  Schlauheit  dem  geahnten 
Schicksal,  wagten  sich  aber  von  da  ab  nicht  mehr  aus  ihren 
Quartieren  heraus.  Mittlerweile  lief  von  Muhammed  Said  Pascha 
ein  Schreiben  ein,  sie  sollten  sich  um  jeden  Preis  halten,  er 
treffe  bald  wieder  mit  Verstarkung  ein.  Dieser  Brief  war  in- 
dess  nicht  officiell ,  sondern  nur  mit  seinem  Privatsiegel  unter- 
zeichnet.  Um  dieselbe  Zeit  liess  Ibn  Raschld  dem  Husein  Beg 
1000  turkische  Lire  (18500  M.)  anbieten,  wenn  er  jezt  frei- 
willig  abziehe,  uberdiess  sollte  er  alle  Reisebedurfnisse ,  die 

1)  E»  war  iitn  eiae  bequeme  Oolegenheit.  dra  allmihlig  xnr  Lart  fallenden  AnhaDg  dea  in 
Damascus  ansossig  gewordenen  Abdclkader  nntcnubringcn ;  ein  groaaer  Theil  davon  bildel  noch 
jezt  die  Besatzung  der  49  Caa  telle  auf  dem  Pilgerwcg  twiachcu  Dam  aw  us  und  Makkeh. 


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134 


FilNFTES  CAPITF.l.. 


nftthigen  Kameele  und  sicheres  Geleit  bis  Bosra  in  yauran 
erhalten.  Ich  denke,  es  war  mehr  Stolz  als  Pfiichtgeftral,  was 
dem  verblendeten  Thoren  nicht  erlaubte  darauf  einzugehen. 
Mahmud  rieth  dringend  zum  Abzug;  er  stellte  dem  Raimmakam 
vor,  wie  sie  von  Muhammed  Sa'id  Pascha  schmahlich  iin  Stich 
gelassen  seien  und  wie  nutzlos  es  sei ,  die  Leute  hier ,  umgeben 
von  unfassbaren  Feinden,  thatenlos  verhungern  zu  lassen;  im 
vierten  Monat  erklarte  er  ihm  often ,  dass  er  nicht  langer  mehr  hier 
bleibe ,  und  verliess  in  aller  Stille  rait  einem  Scherarl  cAwwad 
Alutah  {SJey}\  ^t^)  auf  einem  Delul  den  Gy6f.  Am  5*"  Tag 
erreichten  sie  Maean.  Noch  vier  Monate  harrte  rjusein  Beg  aus; 
er  wurde  gar  nicht  mehr  beachtet ,  noch  weniger  im  Geringsten 
belastigt,  aber  er  hatte  eben  zulezt  keine  Lebensmittel  mehr 
und  konnte  nun  schwer  bereuen,  dass  er  auf  die  fruheren  gun- 
stigen  Bedingungen  nicht  eingegangen  war.  Wie  ein  Dieb  in 
der  Nacht  verliess  er  schimpflich  und  in  klaglichster  Verfassung 
mit  den  wenigen  Ubriggebliebenen  die'Statte,  wo  er  vor  acht 
Monaten  mit  so  stolzen  Hof&mngen  seinen  Einzug  gehalten  hatte. 
So  zwang  ihn  der  Schijuch  zu  der  Erkenntniss ,  dass  fur  jede 
nicht-beduinische  Regierung  der  Gyof  auf  die  Dauer  nicht  zu 
halten  sei ,  und  dass  die  Turken ,  ohne  mit  den  Waffen  bekampft 
zu  werden,  ganz  von  selbst  machtlos  wieder  hinaus  mQssen. 
Es  ist  im  Kleinen  dieselbe  Erfahrung,  die  etliche  30  Jahre 
fruher  Mehemmed  cAli  von  Aegypten  im  sudlichen  Negd  noch 
theurer  zu  bezahlen  hatte Die  obigen  Angaben  Mahmuds 
wurden  mir  noch  von  einem  eingeborenen  Gy6f  i  als  ganz  richtig 
bestatigt;  uber  die  Zeit  gab  dieser  an,  es  sei  im  Jahr  vor  der 
Hungersnoth  (S.  79)  gewesen,  im  zweiten  Jahr  der  Regierung 
des  Ibn  Raschid.  Bei  Ankunft  der  Turken  sei  das  Getreide  noch 
ganz  klein  gewesen  (Anfang  Marz),  und  als  Mahmud  den  Gy6f 
verliess,  haben  die  Datteln  nocli  grun  auf  den  Baumen  gehan- 
gen  (Juli),  seien  aber  langt  von  denselben  abgenommen  gewesen 
(October),  wie  die  lezten  Turken  den  Gyof  raumten. 


1)     unten  im  0.  Capitel  uber  die  W»hb»biten. 


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DEB  OY&P.  J  35 

Des  Abends  wurde  im  ]£aliawah  des  Gyohar  stark  politisirt; 
die  Ohnmacht  der  Pforte  (D6leh)  und  ihr  baldiger  CJntergang  — 
wobei  naturlich  far  die  Beduinen  ein  gutes  Stuck  abfallen 
sollte  —  bildete  den  Mittelpunct  der  Unterhaltung.  Wie  Ha- 
niud  el-Migrad  von  den  vielen  Eanonen  htfrte,  die  bei  den 
Christen  vorhanden  aeien ,  hielt  er  den  Augenblick  fur  geeignet , 
mir  nahezulegen,  wie  passend  es  ware,  wenn  ich  dem  Schijuch 
eine  oder  mehrere  Kanonen  als  Geschenk  schicken  wollte;  und 
da  er  aich  jezt  achon  einmal  auf  dem  Weg  des  Bettelns  befand , 
so  vertraute  er  mir  auch,  unter  einem  Seitenblick  auf  die 
Solinger  Klingen,  seinen  persdnlichen  Schmerz  an,  er  musse 
sich  beinahe  vor  den  Beduinen  schamen,  dass  er,  unser  An- 
fQhrer,  nicht  einmal  einen  neuen  Zebun  oder  einen  £Aba,  ge- 
achweige  ein  Waffenstflck  als  Zeichen  unsrer  Zufriedenheit 
aufweisen  kdnne.  Ich  vertrOstete  ihn  auf  Hajel,  und  erfnllte 
einstweilen  einen  anderen  Lieblingswunsch  von  ihm;  er  durfbe 
heute  Abend  noch  einen  Blick  in  die  zweite  Hal  tie  (vgl.  S.  Ill) 
meines  HandkofFers  thun ,  die  ihm  bis  jezt  noch  ganzlich  un- 
erOfinet  geblieben  war. 

Do.  11.  Oct.  83].  Morgens  8  Uhr  kamen  10  Ragagil  des 
Schijuch  aus  Hajel  an,  bestimmt  die  hiesige  Garnison  abzu- 
losen,  welche  nunmehr  vier  Jahre  im  Gyof  gestanden  hatte. 
Auf  die  Nachricht,  dass  mein  Radif  Huh 6 til1)  bei  der  An- 
kunft  vor  seinem  Hause  bewusstlos  uragefallen  sei  und  an 
starkem  Fieber  leide,  beschloss  ich,  denselben  Nachmittags 
aufzusuchen.  Seine  Wohnung  war  in  dem  ziemlich  entlegeneu 
Suk  el-Hawidl3);  desahalb  duldete  Gy6har  nicht,  dass  ich  zu 
Fuss  hingehe ,  sondern  beschafifte  mir  einen  Esel s).  Ich  bestieg 
ihn  ohne  Sattel  und  Zaum.  Vor  mir  draus  schritt  der  schwarze 
Ibrahim  (S.  116),  der  meinen  Sabel  trug,  neben  ihm  Mahmud 
mit  einem  Pack  Arzneien,  hinter  mir  zwei  Soldaten.  Vom  ^asr 

1)  S.  11$  f.  120.  132.  2)  v^XjjfJ' 

S)  Von  dieaen  Thieren  exiatiren  hier  nar  4  Stuck;  Kinder  solicit  etwt  10  sich  finden,  klein 
too  OesUlt  uad  mit  einen  Fettbackel  aasgestattet ,  riclleicht  derselbon  \U*»e  ugahSrend  wie 
die  abeasinischen;  Pferde  gibt  es  im  gwuen  Gyof  nicht;  nar  Gyohar,  als  VertreUr  des  SchijAch . 
halt  aich  einen  Hengsl. 


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136  FQHFTES  OAPITEL. 

gieng  der  Weg  steil  hinab  in  die  breite  Thalmulde.  Zwischen 
endlosen  Gartenmauern  and  an  uralten  Ithelbaumen  vorbei, 
stieasen  wir  da  und  dort  auf  Menschengruppen ,  die  uns  freund- 
lich  griissten.  Unterwegs  zeigte  mir  Mahmud  einen  freien  Platz , 
mit  einem  kleinen  HQgel  in  der  Mitte,  als  die  Stelle,  wo  die 
turkische  Kanone  aufgepflanzt  war,  und  wo  auch  die  Unterredung 
des  Ibn  Raschid  mit  Muhammed  Said  Pascha  (S.  132  f)  Statt 
gefunden  hatte.  Nach  einem  Ritt  von  einer  halben  Stunde  kam 
ich  vor  dem  Hause  des  Muhetil  an;  es  lag  versteckt  in  einem 
schattenreichen  und  gutbewasserten  Garten.  Beim  Eintritt  fand 
ich  meinen  Reisegefahrten  in  schlimmem  Zustand:  ohne  Hemd 
und  Kopf  bedeckurig ,  nur  in  einen  Mantel  eingewickelt ,  lag  er 
halbbewusstlos  auf  einer  Lehmbank;  unfahig  sich  zu  erheben, 
zum  Sprechen  zu  mad,  erwiederte  er  meinen  Gruss  mit  dank- 
barem  Blick.  Ich  redete  ihm  Muth  zu,  und  begann  ihn  zu 
untersuchen:  er  hustete  bei  hohem  Fieber,  hatte  empfindliche 
Milz  und  harten  Bauch ,  offenbar  Typhus.  Desshalb  gab  ich  ihm 
zunachst  ein  Calomel-Pulver  ein,  und  lie9s  fur  den  Nothfall 
noch  ein  zweites  zuruck;  seinem  Sohn  scharfte  ich  ein,  in 
welcher  Weise  ec  ihm  die  6  Chininpulver  innerhalb  dreier  Tage 
beibringen  sollte;  nach  dieser  Zeit  konne  er  bei  mir  weitere 
holen.  Zugleich  wies  ich  ihn  an ,  seinen  Vater  viermal  des  Tages 
so  kalt  als  raoglich  mit  TQchern  zu  waschen  (—  Schwamme 
kennt  man  dort  nicht  — )  und  ihm  kuhlende  Getranke,  auch 
Milch,  aber  keinerlei  teste  Nahrung  zu  reichen;  im  Ubrigen 
sollten  sie  ihm  m6glichst  viel  Ruhe  und  Schlaf  vergOnnen.  — 
Wahrend  ein  Cafe  bereitet  wurde,  wunschte  ich  noch  den 
wohlgepflegten  Garten  zu  besichtigen ;  ausser  den  Pal  men  wuch- 
sen  da  noch  Feigenbaume,  Rebstdcke,  Granaten,  Aprikosen, 
Pfirsiche,  Gurken  und  Melonen  und  sonstiges  Grunzeug.  — 
Beim  Abschied  von  Muhelil  pragte  ich  dem  Sohn  nochmals 
genau  ein,  in  welcher  Weise  er  seinen  Vater  pflegen  solle.  Ich 
habe  erst  mehrere  Monate  spater  in  Flajel  erfahren,  dass  er 
seine  Krankheit  glQcklich  uberstanden  habe. 

Abends  hatte  ich  zum  erstenmal  Gelegenheit ,  KameelsfleLsch 


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DER  OV6F. 


137 


zu  essen:  im  Wasser  gesotten  unterschied  es  sich  an  Geschmack 
in  Nichts  vom  Scbaf-  oder  Ziegenfleisch ,  war  hflchstens  etwas 
grobfaseriger  und  vielleicht  dunkler  von  Farbe.  Nach  dem  Essen 
wurde  der  Cafe  vor  dem  tfasr  draussen  bei  dem  Kameelshandler 
Ilusein  (S.  116)  getrunken.  Eben  hatte  Gyohar  geaussert,  er 
sei  nicht  ganz  ohne  Sorge  um  Huber,  weil  ein  grosser  Razu 
von  200  berittenen  eAnezeh  um  den  Weg  sei ,  da  langte  Abends 
8  Uhr  der  gefahrdet  Geglaubte  wohlbehalten  an  und  erzahlte 
von  seinem  gelungenen  Ritt. 

Fr.  12.  Oct.  83].  In  der  Nacht  herrschte  ein  starker  Wind, 
der  unsre  Habseligkeiten  auf  dem  Dach  durch  einander  jagte. 

Das  Portrat  Gyohars,  welches  ich  in  aller  Stille  raitWasser- 
farben  entworfen,  fand  solchen  Beifall  des  Dargestellten ,  dass 
er  ohne  Schwierigkeiten  mir  regelrecht  zu  sitzen  bereit  war. 
Durch  die  lichte  Behandlung  seiner  schwarzen  Haut  tuhlte  er 
sich  nicht  wenig  geschmeichelt ,  und  legte  uber  die  Verewigung 
seiner  Pfeife  eine  grosse  Freude  an  den  Tag.  Es  war  mir  er- 
staunlich,  spater  wahrzunehmen ,  wie  weit  die  Kunde  von 
diesem  Bildniss  in  die  Waste  gedrungen  war;  schon  in  tfajel 
in  der  ersten  Stunde  nach  unsrer  Ankunft  verlangte  der  Schi- 
juch  das  Bildniss  seines  Statthalters  zu  sehen,  und  bemerkte 
scherzhaft:  „Den  hast  du  aber  doch  zu  weiss  gemalt!"  Ebenso 
dann  in  Teima  und  bei  herumziehenden  Stammen  wurde  ich 
gebeten,  das  Bild  des  Gyohar  und  des  Muferrig  zu  zeigen. 

Durch  Husein  des  Kameelshandlers  Bekanntschaft  gab  ich 
einem  nach  Damascus  reisenden  Beduinen,  auf  dem  Consulal 
dort  abzugeben  zwei  Briefe  in  die  Heimat  mit,  die  aber  nie 
angekommen  sind. 

Als  Vorbereitung  fur  das  morgige  »grosse  Fest"  (am  10ten 
pu'l-higgeh,  des  lezten  Monats  im  Jahr,  wo  im  Thai  Mina  am 
Berg  Arafat  bei  Makkeh  von  den  Pilgern  Tausende  von  Schafen 
geopfert  werden)  wurde  hier  ein  Kameel  geschlachtet.  Dem 
Thier  wurde  mit  einem  Sabel  der  Hals  durchgeschnitten ,  wah- 

1)  El-'Id  el-keblr,  bei  den  TQrken  KurUn  Beinm  geaannt 


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138 


I  ilNKTES  CAP1TKL. 


rend  andere  Kameele  ohne  Gemuthsbewegung  hart  daneben 
standen.  Es  dauerte  langere  Zeit,  bis  das  Opfer  auf  die  Seite 
fiel  and  unter  Hin-  uud  Herschleudern  des  Kopfes  stohnend  die 
Seele  aushauchte. 

In  alle  Menschen,  selbst  die  zerlumptesten  und  lausigsten 
Kerle  schien  eine  wahre  Putzwuth  gefahren:  wo  man  in  einen 
Winkel  hineinsab ,  wurden  Kopfe  gewaschen ,  Barte  geschoren , 
Hemden  gewechselt  und  verborgen  gehaltener  Staat  hervorge- 
zogen.  Unser  Diener  Mahmud  ubertraf  mich  jedenfalls  weit  an 
Schonheit.  —  Nach  dem  Nachtessen  war  wieder  grosser  Ge- 
sellschafbsabend  draussen  vor  dem  Thor  bei  dem  Kameels- 
handler  IJusein.  Gyohar  selbst  in  neuem  schwarzem  Mantel 
und  gelber  rothgestreifter  Keflijjeh  beehrte  den  Mann  mit  sei- 
nem  Besuch.  Mehr  wie  50  Personen  sassen  hinter  einem  Ge- 
mftuer  in  weitem  Kreis  um  die  Feuerstatte,  wo  £ahwah  helu 
(S.  128,2)  und  dann  Cafe  bereitet  wurde.  Auch  die  zwanzig  Sol- 
daten  welche  anf anglich  hinter  Gyohar  sich  aufgestellt  hatten , 
bekamen  eineu  Wink  sich  zu  setzen;  sie  hielten  ihre  Sabel  vor 
sich  senkrecht  in  den  Sand  gestelit.  Das  hellflackernde  Feuer 
aus  Palrazweigen  l)  zauberte ,  mit  dem  Mondenschein  in  die 
Wette,  in  Licht  und  Gegenlicht  lebendigen  Ausdruck  in  die 
dunklen  Gruppen.  Mit  einem  langen  feierlichen  Gebet  fand  die 
Unterhaltung  ihren  Abschluss.  Der  zu  reichlich  genossene  Cafe 
verhinderte  mich  leider  lange  Zeit  am  Einschlafen. 

Sa.  13.  Oct.  83].  Fruh  Morgens  nahm  Gyohar  im  Rahawah 
die  Begrussung  und  Gluckwunsche s)  zum  Fest  entgegen.  Ver- 
zinnte  Kupferplatten  (21/,— 3  Fuss  im  Durchmesser) ,  von  einem 
Reisberg  mit  Kameelfleisch  belastet ,  wurden  von  je  vier  Sclaven 
hereingeschleppt.  In  merkwurdig  kurzer  Zeit  war  mit  den  Herr- 
lichkeiten  aufgerilumt.  Die  Gesattigten  sprachen  ihr  el-hamdu 
lillah  (Lob  sei  Gott),  erhoben  sich  unter  horbarer  Dankesbe- 
zeugung  des  Magens  (S.  37)  und  verabschiedeten  sich  von  Gyohar 

1)  ooy>,  Ju^, 

2)  lite  gewobDlichc  Formel  war:  |Jww  y^jt  3  *wL«Jl  djuu*  .Deio  Fett  aai 
gescgnet!  Mogest  Du  das  ganzc  Jahr  Uiob  wohl  befinden!" 


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DER  OYf>F. 


139 


mit  einem  aufrichtigen :  Aneaniu  'llahi  calejk  („Wonnen  Gottes 
fiber  Dir!"),  worauf  dieser  jedesmal  antwortete:  Jin'u.m  ealejk 
(„Moge  Er  dir  Wonne  verleihen!") 

Unsre  Absicht  war,  morgen  weiter  zu  reisen.  Die  Beschaffung 
der  Miethskameele  hatte  aber  ihre  Sehwierigkeiten.  Im  Gyof 
selbst  werden  keine  Kameele  gehalten,  weil  sich  nicht  genug 
Futter  fttr  sie  findet;  wenn  Thiere  hungrig  hier  ankommen, 
so  reicht  man  ihnen  etliche  Blatter  von  Battih  (Melonen)  oder 
etwas  ahnliches,  sorgt  aber,  dass  sie  baldigst  in  die  Wuste 
kommen,  wo  es  Futter  in  Menge  gibt.  So  waren  auch  unsere 
Delul  einen  starken  Tag  von  hier  auf  der  Waide  im  Nefud 
(S.  142).  Der  Kameelshandler  IJusein  dagegen  hatte  seine  Thiere 
nicht  hinausgeschickt  und  musste  darum  in  den  funf  Tagen  6 
Megidi  (21  M.)  nur  fur  Futter  hinlegen.  —  Gyohar  war  nicht 
zufrieden  beim  Anblick  der  Lastthiere,  mit  welchen  die  Sche- 
rarat  anruckten:  die  Paeksattel  taugen  nichts,  auch  seien  die 
Thiere  fur  unser  Gepack  schier  zu  schwach.  Aber  es  blieb  keine 
andere  Wahl;  und  ^albakh  (S.  116)  musste  eben  sehen,  wie 
er  damit  in's  Reine  kam.  Auch  hielt  es  schwer,  zwei  weitere 
brauchbare  Wasserschlauche  aufeutreiben ,  da  auf  den  Brunnen 
Schaklk  (S.  92)  nicht  mehr  zu  rechnen  war,  und  eine  fanfta- 
gige  wasserlose  Strecke  uns  bevorstand. 

Da  um  die  Mittagszeit  unsre  eigenen  Deltil  von  der  Waide 
zurdckkamen ,  beschlossen  wir  nach  dem  cAsr  noch  einen  Ritt 
durch  die  Thalsohle  zu  machen  bis  an  die  Quermauer  im  Wes- 


ten.  Auf  dem  Heimweg,  als  schon  die  Sonne  sich  neigte,  be- 
kamen  wir  noch  ein  eigenthumliches  Schauspiel  zu  Gesicht,  das 
ich  auf  der  ganzen  Reise  nicht  zum  zweiten  Mai  zu  beobachten 


140 


KtlNFTES  CAPPTEL. 


Gelegenheit  hatte.  In  der  Ebene  auf  einem  freien  Platz,  wo 
die  Gartenmauern  einen  einspringenden  Winkel  bildeten ,  wurde 
ein  seltsamer  Tanz  aufgefQhrt.  In  einem  Abstand  von  20 
Schritten  standen  sich  zwei  Reihen  gegenuber,  auf  der  einen 
Seite  etwa  ein  Duzend  Madchen,  auf  der  andern  ebensoviel 
junge  Bursche.  In  der  Mitte  zwischen  ihnen  tanzten  zwei  Mad- 
schen  mit  unbedecktem  Haupte,  die  aufgelGsten  Haare  nach 
hinten  gekammt,  sittsam  den  Blick  auf  den  Boden  gerichtet. 
Trippelnden  Schrittes,  mit  ausgebreiteten  Armen  wechselten 
sie  zwischen  Annaherung  und  Entfernung.  Auf  einmal  drehten 
sie  sich  Rucken  zu,  und  warfen  den  Kopf  im  Tact  nach  ruck- 
warts  ,  so  dass  sie  die  langen  Haare  gegen  einander  schwenkten. 
Die  Reihe  der  Freundinnen  klatschte  dazu  Beifall ,  indem  sie 
die  vor  der  Brust  senkrecht  gestellten  Hande  tactmassig  zusam- 
menschlugen,  wahrend  die  gegenQberstehenden  Bursche,  Schul- 
ter  an  Schulter,  die  S&bel  vor  sich  haltend  die  KOrper  hin-  und  her 
wiegend ,  ihren  Gesang  beschleunigten.  Die  Worte  des  Gedichtes 
(£a«ideh)  habe  ich  im  Voruberreiten  nicht 
verstanden,  die  Melodie  aber  lautete:  =^Efe^Ej=S=.. 

Als  Name  dieses  Tanzes  wurde  mir  ' 
x»JJ!  w**J  laT)  eddahhah  angegeben.  Ein  ahnlicher  Tanz  wird 
schon  von  J.  L.  Burckhardt,  Bemerkungen  uber  die  Beduinen 
(Weimar  1831)  S.  203  fi  erwahnt;  auch  Wetzstein  (Zeitschr. 
der  D.  Morgenland.  Gesellsch.  1868.  22,  105  f)  hat  eine  gute 
Beschreibung  gegeben.  Der  Name  sahgah  wurde  mir 

indess  nicht  genannt.  Auch  bildeten  die  Personen  hier  im  Gyof 
keinen  Kreis,  sondern  wie  gesagt  zwei  getrennt  sich  gegenflber- 
stehende  Reihen.  Graf  Landberg  theilt  mir  rait,  dass  der  Tanz 
auch  in  Syrien  unter  den  Namen  «o°5  existire. 

Da  morgen  frilh  der  ftraftagige  Ritt  durch  die  wasserlose 
Sandwuste  angetreten  werden  sollte,  wurde  den  Kameelen  noch 
den  Abend  zuvor  reichlich  zu  saufen  gegeben;  es  gilt  namlich 
in  solchem  Fall  nicht  far  besonders  zutraglich,  die  Thiere  erst 
kurz  be  vor  sie  sich  in  Bewegung  setzen  zu  tr&nken. 


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VI.  CAPITEL. 


Darch  den  Nefud  in  den  Gebel  vom  Gyof  bis  Hftjel. 

U  —  21.  October  1883. 


So.  14.  Oct, 
83].  Schon 
ehe  derMor- 
gen  graute, 
wurde  Alles 
zam  Auf- 
bruch  ge- 
rastet.  Nach 
dem  Mor- 

genessen 


*  tir 

'llah  („im  Schutze  Gottes!")  rief 
uns  Gyohar  nach,  als  wir  den 
Hugel  des  Schlosses  hinabritten. 
Eine  gute  halbe  Stunde  weit 
durch  die  Niederung  begleitete 
uns  noch  ein  ansehnlichea  Gefolge. 
Da  wo  der  Weg  zwischen  den 
Sandsteinbergen  aufsteigend  die 
Hochebene  erreicht,  wurde  der 
Menschenknauel  etwas  lichter, 
}G^b,K  &  und  erst  bei  der  Verabschiedung 

merkte  ich,  dass 
die  Beeleitune 

har  als  Zeichen  der  Er-  *£Jk4ffif  n*cnt  30w°hl 

kenntlichkeit  fflr  seine  E  L  ~jWf^ll^EL  w»  gegolten 
bereitwilligen    Dienste  batte,  als  viel- 

noch  ein  sch6nes  Mes9er,  ^.Hfj    mehr  einem 

woruber  er  hocherfreut  /jj  Trupp  von  12 

war.  Um  8  Uhr  erfolgte  vjj  Menschen 


verehrten  wir  demGyd-  *frV" 


der  Abmarsch.  Fi  araani 


auf 

ebenso  vielen 


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U2 


.SECH8TES  OAPITEL. 


Kameelen,  die  die  Reise  theils  bis  Gy<5bbeh,  theils  bis  Hajel 
in  unsrer  Gesellschalt  machen  wollten.  Manche  hatten  freilich 
gar  schwache  Thierc  bei  sich,  uberdiess  stark  beladen,  und 
Hamad  meinte,  es  masse  gut  gehen,  wenn  dieselben  nicht  un- 
terwegs  verenden  sollten.  —  Auf  dem  Bergrand  angekommen, 
noch  einen  RQckblick  auf  die  liebliche  Oase,  und  dann  der 
Sandwttste  entgegen!  So  weit  das  Auge  in  der  blendenden 
Landschaft  umherschweifte ,  nichts  als  Sandberge,  kein  Futter, 
kein  Holz  weit  und  breit.  1st  das  der  Character  der  arabischen 
Waste?  Mit  Nichten!  Nur  in  der  Umgebung  der  menschlichen 
Niederlassungen ,  ist  zunachst  alle  Vegetation  ausgerottet;  sonst 
aber  ist  die  arabische  Waste  (in  ganzlichem  Gegensatz  zu  der 
aegyptischen  zwischen  dem  Nil  und  rothen  Meer)  ein  frucht- 
barer  Landstrich,  wie  er  far  die  Besitzer  zahlloser  Kameels- 
heerden  nicht  besser  gewanscht  werden  kann. 

Was  man  sich  in  Europa  gewdhnlich  unter  wWaste"  vor- 
stellt,  nennt  der  Araber  Nefud  (eigentlich  Pluralis  Nufftd). 
Auf  der  ganzen  arabischen  Halbinsel  gibt  es  nur  zwei  grosse,  aber 
ganz  von  einander  getrennte  Sandwttsten.  Von  der  3  ad  lichen 
(auf  den  Karten :  Robae  el-Khali)  irgend  welche  zuverlassige  und 
eingehende  Nachrichten  zu  erhalten ,  war  mir  nicht  moglich.  Ich 
habe  in  Hajel  verschiedene  ftahtani  aus  dem  Wadi  Dawasir 
aber  Natur  und  Ausdehnung  dieser  sOdlichen  Waste  befragt, 
erhielt  aber  immer  nur  die  Auskunft,  sie  sei  unbewohnbar, 
und  sie  hatten  nie  gehOrt,  dass  Jemand  hinaber  oder  heraber- 
gekommen  sei.  Es  ist  wohl  deukbar,  dass  die  Begen-  und 
demgemass  Futterverhaltnisse  daselbst  der  Art  sind,  dass  es 
dem  Menschen  selbst  mit  Hilfe  des  Kameels  nicht  m6glich  wird , 
jenen  ungeheuren  Landstrich  zu  durchqueren.  Anders  aber  ver- 
halt  es  sich  mit  dem  nOrdlichen  Nefud,  also  zwischen  dem 
Gy6f  und  dem  Gebel  Aga  und  zwischen  Teima  und  Lineh.  Der 
besteht  aus  cinem  unermesslichen  Gewirr  von  100  und  mehr 
Meter  hohen  Bergen,  Hageln,  Racken  aus  lauter  feinem  erd- 
freiem   Quarzsand ]),  dh  aus  dem  Verwitterungsproduct  der 

1)  Kami  d.  i.  gelbweiner  fcincr  FliigMod,  im  Gcgeaottz  za  dem  grobkornigen ,  roth-gclUu 
bttb»h  oder  Gnnitnnd. 


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DER  NEFftD. 


143 


Sandsteinfelsen.  Wenn  man  aus  dem  ITamad  (der  Steinwaste) 
kommend  dem  Nefud  sich  n&hert,  so  stellt  sich  derselbe  an 


Lichtwirkung  vollatandig  wie  ein  Schneefeld  dar:  hellweiss  mit 
schwachem  Schimmer  von  lichtgelb  oder  zartrosa.  Steigt  man 


144 


SKCHSTES  CAPITEL. 


auf  irgend  einen  Felk ')  dh  SandrQcken ,  so  macht  die  unabseh- 
bare  Sandwelt  den  Eindruck,  als  ob  sie  durch  eine  Heerde  von 
Riesenpferden  in  der  Richtung  von  Ost  nach  West  durchstampft 
worden  ware.  Die  Hufspuren  waren  die  fur  den  Nefud  charak- 
teristischen  5  a e  r  J)  (Pluralis  ftu'ur)  d.  h.  grosse  L&cher  30 — 50 
auch  noch  mehr  Meter  tief,  mit  steilen,  im  Halbkreis  unter 
cinem  Winkel  von  50 — 60  Grad  abfallenden ,  Wanden ,  auf  der 
Westseite  unten  im  Grunde  oft  das  nackte  Gestein  zeigend, 
in  der  Langenachse  gegen  Osten  sachte  ansteigend.  Je  weiter 
man  im  Nefud  gegen  Suden  fortschreitet ,  um  so  grCsser  wer- 
den  die  Ifci.'r;  ich  schatze  die  Langendurchmesser  der  grdssten 
auf  nahezu  zwei  Kilometer.  Mit  der  Zunahme  der  GrGsse  nimmt 
jedoch  die  Klarheit  und  Durchsichtigkeit  der  Bildung  ab:  die 
gleichmassige  Rundung  und  der  Steilabsturz  im  Westen  bleibt 
noch  ziemlich  deutlich ,  aber  der  Sandauswurf  gegen  Osten  zeigt 
immer  weniger  Ebenmasz,  und  ist  selbst  wieder  gegliedert 


Unkenntlichkeit  der  zu  Grunde  liegenden  Form.  Die  Rander 
dieser  Locher  scheinen  keiner  merklichen  Veranderung  unter- 
worfen;  wenigstens  haben  meine  beduinischen  Begleiter  ver- 
sichert,  sie  bleiben  sich  stets  gleich;  auch  die  starken  Hatab 
(Holzgewachse)  die  darin  wurzeln,  sprechen  far  die  Standigkeit 
der  Form.  0ber  die  Entstehung  dieser  eigenartigen  Bildung 
habe  ich  seiner  Zeit  (s.  Verhandlungen  der  Gesellschaft  fur 


1)  Irrthumlichcrweiae  wird  dieter  Name  (felk,  folk,  fouldj),  welcher  nar  die  hohen  Scheide- 
w&nde  bedeatet,  wodarch  die  einzelnen  Ka'r  von  einander  getrcnnt  lind,  von  mchreren  Reiacn- 
den  car  Bezeichnang  der  Locher  aelbet  verwendet. 

2)  Die  von  arabiu-licn  (icograiilu-n  beech riebenen ,  aber  in  andern  Gegenden  aich  findenden 
Dilrnh's,  scheinen  eine  ahnliche  Bildung  aufsnwciten  (S.  Wetutein  in  der  Zeitachrift  filr  Erd- 


knnde  ^  Berlin  18o5)  N.  F.  18,  871);  doch  kann  ich  nicht  ron  Angenachein  daruber  reden. 


oder  gar  zerrissen , 
ja  manche  £acr 
greifen  in  einander 
uber  und  schneiden 
sich  zulezt ,  wie  die 
Wellen  der  Was- 
serringe,    bis  zur 


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DER  NEFGD. 


145 


Erdkunde  zu  Berlin  1886,  Bd  13,  S.  267  eine  Vermuthung 
ausgesprochen ,  die  ich  aber  als  unhaltbar  selbst  wieder  zurack- 
ziehe.  Wie  Johannes  W  a  1 1  h  e  r  nachgewiesen ,  ist  die  Entstehung 
der  L6cher  (£acr)  sowohl  als  der  Bogendunen  (Felk)  auf  die  Wir- 
kung  des  Windes  d.h.  besonders  heftiger  Starme  zuruckzufahren 
Siehe  dessen  Schrift:  Die  Denudation  in  der  Wuste  und  ihre 
geologische  Bedeutung,  Leipzig  1891  (S.  165  f.)  =  Abhandlun- 
gen  der  mathematisch-physischen  Classe  der  k.  sachsischen 
Gesellschaft  der  Wissenschaften  XVI,  Seite  509  f. 

Der  gauze  Nefftd  ist  seit  der  Zuschuttung  des  schon  (S.  92 
f.  139)  erwahnten  Brunneus  Schakty  durcbweg  wasserlos,  aber 
darum  doch  nicht  absolut  unbewohnbar.  Zur  wasserlosen  Jahres- 
zeit  allerdings  gestattet  der  Nefud,  welcher  dann  einem  Feuer- 
meere  gleicht,  keinen  langeren  Aufenthalt,  und  kann  in  diesem 
Falle  tlberhaupt  nur  mit  Beschwerde  und  auf  guten  Reitthie- 
ren  gekreuzt  werden.  Far  gewOhnlich  findet  man  diese  Sand- 
welt  bestockt  mit  einem  unerechOpflichen  Bestand  von  Hatab 
d.h.  brennbarem  Gestrauch ,  das  oft  eine  Hfihe  von  2—3  Metern 
erreicht,  wahrend  die  Aste  bis  zu  Armsdicke  oder  auch  noch 
starker  entwickelt  sind.  Um  die  Straucher  herum  bilden  sich 
Sandanhaufungen  in  Folge  des  Windes,  der  die  ersteren  zwingt , 
nach  Luft  und  Licbt  in  die  Hohe  zu  streben.  Die  anderen 
Pflanzen  ausser  dem  Hatab  fasst  der  Beduine  zusammen  unter 
dem  Namen  Haschisch  ')  d.h.  Futterkrauter,  Granzeug. 
Alles  Haschisch  entwickelt  sich  unter  dem  Einfluss  des  Regens 
ungemein  rasch;  zu  einem  guten  Jahrgang  wird  erfordert,  dass 
in  zw6lf  Monaten  mindestens  zehnraal,  je  eine  halbe  Stunde 
lang,  Regen  fallt.  Bleibt  derselhe  aus,  oder  wird  er  nur  kain- 
merlich  gespendet,  so  entsteht  Futtermangel ,  Hungersnoth. 
Solche  Regenmengen  wie  sie  wahrend  meiner  Anwesenheit  in 
flajel  gefallen  sind  —  einmal  drei  Tage  lang  ununterbrochen , 
so  dass  ein  200  Fuss  breiter  und  7—8  Fuss  tiefer  Sel  (Win- 


1)  Dber  die  veriehiedeoeD  Arten  uod  Nsmeo  ilea  I.IaUb  and  Httchtseh  rerweite  ich  auf  die 
Litte  in  den  Anhaogen 

10 


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140 


SGCHSTG8  CAIMTKL 


terbach)  sich  mehrere  Tage  weit  durch  den  sandigen  Granitbo- 
den  walzte  —  gehdren  zu  den  grossten  Seltenheiten ,  wie  sie 
kaum  alle  dreissig  Jahrc  einmal  vorkommen.  Die  Leute  zu  IJajel , 
die  uns  oft  mit  Thermometer,  Barometer  oder  wie  sie  sich 
dachten ,  Regenlockwerkzeugen  hantieren  sahen ,  lebten  desshalb 
der  festen  Uberzeugung,  dass  diese  reichliche  Regenperiode 
unseren  persOnlichen  Bemuhungen  zu  verdanken  sei,  alsEntgelt 
far  die  freundliche  Aufnahme,  die  wir  beim  Fttraten  Ibn  Raschid 
gefunden,  und  sie  versicherten  uns,  dieses  Jahr  werde  ihnen 
als  Senet  en  -  Na?ara  „das  Jahr  der  Christen"  im  Gedacht- 
niss  bleiben.  —  Sobald  der  erste  Regen  fallt,  beginnt  es  im 
Nefud  sich  zu  regen:  aus  dem  Boden  sprosst  uberall  das  zarte 
Grunfutter  Oschb,  oschub),  und  im  Nu  sind  die  Bedui- 

nen  mit  ihren  Kameels-  und  Schafheerden  bei  der  Hand.  Nun 
begiunt  die  Zeit  sorgloser  Schwelgerei  for  diese  WOstenbe- 
wohner;  sie  ziehen  dahin,  dorthin  wo  es  ihnen  beliebt;  die 
elende  Sorge  um  das  Wasser  ist  verschwunden ,  der  Mensch 
lebt  von  der  jezt  plozlich  wieder  Milch  gebenden  Kameelin. 
Wahrend  in  der  heissen  Jahreszeit  bei  dem  holzigen  Sommer- 
futter  die  Thiere  so  gut  wie  keine  Milch  geben,  und  allerspa- 
testens  am  fanften  Tage  selbst  getrftnkt  werden  mussen,  be- 
dflrfen  sie  bei  Grunfutter  durchaus  keines  Tropfen  Wassers.  Ich 
kann  aus  eigener  Erfahrung  versichern,  dass  unsre  Kameele 
wahrend  24-tagiger  Reise  durch  Waste  mit  Grunfutter,  trotzdem 
sie  mehrfach  an  freistehenden  Wasserlachen  vorbeikamen ,  nicht 
die  geringste  Lust  versparten ,  auch  nur  einen  Schluck  zu  thun : 
sie  guckten  in  das  Wasser  hincin  und  guckten  wieder  heraus. 
Uiese  herrliche  Winters-  und  Frahjahrszeit  hat  aber  auch  ihre 
Schattenseite :  ist  der  nun  frei  herum  schweifende  Heerdenbesitzer 
aller  Sorge  um  Essen  und  Trinken  aberhoben,  so  sind  es  seine 
Feinde  ebenfalls ;  und  so  ist  das  Frahjahr  zugleich  die  Blathezeit 
fQr  die  zahllosen  RaubzOge  einzelner  verwegener  Gesellen  oder 
ganzer  Banden  von  ehrsamen  Freibeutern.  In  einem  guten  Jahr- 
gang  tauchen  die  naramijjeh  (ritterlichen  Rauber)  blitzschnell 
auf:  unbekammert  um  Zeit  und  Gegend,  Hunger  und  Schlaf  nicht 


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DEB  NEK&D. 


147 


achtend,  in  verlumptester  Ausstattung  —  nur  Waflfen  und 
Reitthiere  so  gut  als  moglich  —  versuchen  sie  ihr  Gluck, 
stehlen  Vieh,  ziehen  Menschen  aus,  nehmen  was  Gott  ihnen 
bescheert,  und  verschwinden  mit  einem  befriedigten  el-hamdu 
lillah  d.  i.  „Lob  sei  Gott!"  Diese  ganze  Herrlichkeit  dauert 
indess  nicht  lange;  wenige  Wochen  nur,  so  gewinnt  die  Sonne 
schon  solche  Kraft ,  dass  alle  die  frischen  Triebe  versengt  sind , 
und  nur  noch  durre  holzige  Stengel  in  die  Luft  starren.  Die 
Pflanzen,  die  sich  den  Sommer  durch  halten  und  mit  der 
Ernahrung  durch  den  Thau  sich  begnttgen,  gleichen  dann  mit 
ihrem  weisslichen  Aussehen  am  ehesten  bereiftem  Haidegebusch. 
Trotz  der  vorgerttckten  Jahreszeit  hatten  wir  aber  Mittag  im- 
mer  noch  40°  C  (im  kunstlichen  Schatten  gemessen);  die  Hitze 
war  aber  doch  nicht  sehr  beschwerlich ,  denn  erstens  herrschte 
ganz  regelmfissig  von  Morgens  9  Uhr  bis  kurz  vor  Sonnen- 
untergang  ein  starker  Wind,  und  zweitens  war  die  Luft  so 
trocken,  dass  kein  Tropfen  Schweiss  auf  der  Haut  sich  halten 
konnte,  vielmehr  sobald  er  die  Poren  verliess,  auch  auf  der 
Stelle  verdunstete.  Far  unsre  Wasserschl&uche  dagegen  war  die 
Trockenhitze  weniger  gunstig;  mit  Schreck  sahen  wir  unsre 
Vorrathe  schwinden,  der  zulezt  angebrochene  Schlauch  wnrde 
imraer  dazu  verwendet,  in  den  noch  vollen  Schlauchen  den 
taglich  entstehenden  Abmangel  aufzufiillen. —  Von  einem  Weg 
kann  im  Nefud  keine  Rede  sein,  und  es  erfordert  darum  eine 
erstaunliche  Ortskenntniss ,  bei  dem  ewigen  Auf-  und  Absteigen 
aber  die  Sandberge  und  bei  den  (Jmgehungen  der  I£acr  die 
Richtung  ein zu halten.  Einigen  Anhaltspunct  gewahren  die  Ex- 
cremente  der  Kameele ,  denn  auf  der  seit  Jahrtausenden  began- 
genen  karzesten  Verbindungslinie  zwischen  zwei  Brunnen  ver- 
leihen  dieselben,  auch  wenn  sie  noch  so  fein  zertreten  und 
zermalmt  sind ,  dem  Sand  eine  wenigstens  far  den  Beduinen ') 

1)  lch  konnte  anfcnglich  nicht  Tenteben,  waram  sie  in  der  Necht  oft  eine  Handvoll  S«nd 
anfhobea  and  denaelben  befriedigt  darch  die  Finger  gleiten  lieaMn;  lie  hatten  sich  ehen  fiber- 
Mugt,  dass  es  nicht  reiner  Sand  war,  aondern  nntenniacht  mit  den  gemahlenen  atrohernen  oder 
holzigen  Beatandtheilen.  Bei  Tag  mueate  ich  dann  ana  dem  Augenachein  den  Unterachied  selber 


US 


8ECHSTES  CAPITEL. 


unverkennbare  Bcimischung.  Am  lezten  Tag  an  welchem  wir 
Gyobbeh  selbst  erreichten,  liess  sich  eher  eine  Art  regelmassi- 
gen  Pfades  erkennen,  auch  warea  die  alteren  Fussspuren  von 
Menschen  und  Thieren  auffallend  gut  erhalten.  Doch  nun  zur 
Beschreibung  der  wenigen  Reiseerlebnisse  auf  dieser  Strecke. 

Am  Abend  des  ersten  Reisetages  (14  Oct.)  stiegen  wir  in  der 
Dunkelheit  tief  hinab  in  eine  Senkung,  das  war  die  Gegend 
des  verschatteten  Brunnens  Schafcifc  (S.  92.  139.  145).  Den 
Brunnen  selbst  habe  ich  nicht  gesehen. 

Mo.  15.  Oct.  83]  war  ein  ergiebiger  Jagdtag:  es  wurden  zwei 
Hasen  geschossen.  Eine  Sandtaucheidechse  J)  (Scincus  officinalis) 
wurde  gefangen  und  in  Spiritus  gesezt.  Auch  kamen  mehrere 
Jerbo'a  (Springmause)  und  in  weiter  Feme  eine  Ba^arat  el- 
wahsch  (grosse  weisse  Gazellenart  mit  geraden  HOrnern)  zu 
Gesicht.  —  Rechts  in  einer  Entfernung  von  vielleicht  20  Kilo- 
metern  hatten  wir  den  HChenzug  des  fawil. 

Di.  16.  Oct.  83],  In  der  Fruh  wurden  die  am  sudOstlichen 
Horizont  auftauchenden  zwei  pyramidenartigen  Berge,  e  1  -  CA 1  e  m 

genannt ,  mit  Freudenruf 
,  r^j^^  begrusst.  Was  die  Leucht- 

"  "'1.^-7-  •  '    '^'SJi  thurme  fttr  den  Seefahrer, 

'.,  A.x-At^^N^  das  sind  die  fAlem  far 

den  Reisenden  im  n6rd- 
lichen  Nefud.  Der  Weg  rahrt  in  der  Mitte  zwischen  den  bei- 
den  etwa  250m  von  einander  abstehenden  Bergkegeln  durch; 
der  linke  hGhere  (etwa  80—90™)  ist  von  dunklem  Gestein,  der 
rechts  aus  gewflhnlichem  rothem  Sandstein  bestehend.  Im  Laufe 
des  Nachmittags  wurde  der  Rttcken  des  Berges  Umm  es-selman 
(dicht  bei  Gyobbeh  liegend)  sichtbar. 

Mi.  17.  Oct.  83]  3  Uhr  50  aufgebrochen.  Urn  4  Uhr  Morgens 
im  Mondschein  fiel  einer  unsrer  Begleiter,  ein  Neger,  im  Schlaf 
vom  Kameel.  Ich  hielt  ihn  zuerst  far  eine  Kiste  oder  Ballen, 

2)  Der  St*Dn|fflr  gilt  bei  Artbern  und  Peraern,  gedSrrt  and  dinn  gatowen,  ah  »onugHchea 
Ajihrodiaiacum,  zur  Slarkung  der 


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DER  NEFfl I>.  149 

weil  er  langere  Zeit  regungslos  liegen  blieb.  Die  Anstrengung 
der  lezten  Tage  macht  sich  allenthalben  bemerklich.  Mittags 
konnte  ich  mich  kaum  des  Schlafe9  erwehren ,  und  hatte  Muhe 
ira  Sattel  aufrecht  zu  bleiben.  Auch  mein  Delul  blieb,  wenn's 
zum  Aufbruch  gehen  sollte,  mit  ausgestrecktem  Halse  ruhig 
liegen,  ich  bedurf'te  gar  keiner  Kunstgriffe  oder  Oberlistung, 
am  in  den  Sattel  zu  springen  (S.  34  f).  Ein  paar  ganz  schwache 
Thiere  sturzten  auf  dem  Marsch  mehrfach  nieder  und  konnten 
nur  durch  Misshandlung  vorwarts  getrieben  werden.  In  der 
lezten  Nacht  blieb  sogar  eines  ganz  zurack  und  wurde  erst  nach 
langem  Suchen  wieder  aufgetrieben.  Bevor  wir  zum  lezten 
Nachtmar8ch  uns  anschickten,  wollte  ich,  da  wir  spatestens 
um  die  Mittagszeit  des  folgenden  Tages  den  Brunnen  zu  Gyobbeh 
erreichen  mussten,  meinem  Delul  eine  halbe  Trinkschale  voll 
uberflussigen  Wassers  reichen;  allein  Hamud  riss  es  ihm  weg, 
wusch  seine  Hande  drin  und  schflttete  es  aus:  so  ein  Maul  voll 
Wasser  ldsche  den  Durst  doch  nicht,  und  mache  die  Thiere 
hochstens  faul.  Er  musste  das  besser  wissen.  —  Um  die  Mit- 
tagszeit waren  wir  an  dem  Hilgel  Semehah  vorbeigekommen , 
so  benannt  nach  einem  Schammar-madchen ,  das  hier  von  feind- 
lichen  Beduinen  beleidigt  worden  sein  soil. 

Im  Abenddunkel  stiessen  wir  auf  einen  einsamen  Badawi , 
der  den  Weg  von  Gyobbeh  nach  dem  Gyof  zu  Fuss  machen 
wollte;  er  hatte  nur  einen  kleinen  Wasserschlauch  bei  sich, 
von  Lebensmitteln  habe  ich  nichts  bei  ihm  bemerkt.  Da  er 
einige  Bekannte  unter  unseren  Begleitern  hatte,  so  drehte  er 
noch  einmal  um  und  ging  ein  Stuck  weit  mit  zurtlck,  bis  alle 
Neuigkeiten  ausgetauscht  waren. 

Di.  18.  Oct.  83].  Die  Nacht  hatten  wir  auf  der  hochsten 
Stelle  des  Nefud  (960m  uber  dem  Meer  etwa  2  Stunden  im 
Suden  von  einem  tiefen  Kessel  mit  weissem  Kalksteingrund 
(daher  el-Beda  genannt)  gelagert.  Hier  sollen  schon  mehrfach 
Versuche  zum  Brunnengraben  gemacht  worden  sein,. und  der 
Emir  fragte  uns  spater  ausdrQcklich ,  ob  an  dieser  Stelle  nicht 
Aussicht  ware  auf  Wasser  zu  stossen.  —  Morgens  4  Uhr  waren 


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- 


150 


wir  bereits  wieder  auf  dem  Marsch.  Bevor  die  Sonne  heraufstieg , 

entrollte  sich  vor  unsren  Augen  eine 
Landschaft,  deren  Grossartigkeit  mit 
Bewunderung  erfttllen  musste.  Im  Vor- 
dergrund  senkte  sich  die  breite  Masse 
des  Nefud ,  durchfurcht  von  zahllosen 
Ka'r.  Im  Mittelgrund  stiess  dunkel 
der  Umm  es-selman  empor,  auf  der 
linken  Seite  begleitet  von  niedrigen 
Vorbergen,  ganz  links  draussen  der 
cAutah  mit  kegelfOrmigen  Anhangseln, 
den  Horizont  saumte  ein  hellblaue 
Mauer,  der  Gebel  Aga,  noch  zwei 
Tagreisen  entfernt.  Bald  vergoldete 
die  rosenfingerige  Eos  die  Spitzen  der 
Berge  und  das  Gestirn  des  Tages  trat 
mit  voller  Gluth  die  Herrschaft  an. 

Die  Thiere,  schon  gestern  nicht  mehr 
fresslustig,  verschmahten  heute  vol- 
lends  jede  Nahrung.  Es  that  mir  in 
der  Seele  weh ,  zu  sehen,  wie  die  armen 
Gesch6pfe  geprogelt  und  gepeinigt 
wurden,  damit  sie  ilberhaupt  nur 
vorwarts  kamen  und  nicht  liegen  blie- 
ben.  Endlos  schien  die  Strecke  sich 
hinaus  zu  ziehen.  Zulezt  wo  der  Weg 
ttber  Felsen  und  Lehraboden  abwarts 
gieng,  mochten  selbst  die  Thiere  be- 
greifen,  das3  baldige  Ruhe  und  Erquik- 
kung  auch  ihnen  bevorstehen  sollte. 
Grausilbern  dehnte  sich  zu  unsern 
Fassen  die  Ebene  gleich  dem  Boden 
eines  ausgetrockneten  Sees,  und  wie  die  ersten  Palmwipfel 
scheinbar  schwarzgrun  auftauchten,  bemachtigte  sich  Allereine 
freudige  Eile.  Es  war  halb  zehn  Uhr,  als  die  Kara  wane  er- 


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DER  NEF&D. 


151 


schOpft  vor  den  Mauern  von  Gyobbeh  im  Schatten  der  Ithelbaume 
sich  lagerte.  Wir  hatten  den  Weg  durch  den  Nefud  in  4  Tagen 
und  zwei  Stunden  gemacht ,  und  im  Ganzen  54  Stunden  reinen 
Marsches  nOthig  gehabt.  W  a  1 1  i  n  hat ,  allerdings  auf  halblahmem 
Delul,  87  Stunden  gebraucht,  Palgrave  wenn  ich  recht  ver- 
stehe  85  Stunden,  Huber  auf  der  ersten  Reise  76  St.,  Guar- 
mani  50  St.,  Wetzsteins  Gewahrsmann  Hamed1)  52  St.,  Lady 
Blunt  (zu  Pferd)  6  Tage  (zu  wie  viel  Stunden?). 

Die  Kameele  mussten,  ihrer  Last  entledigt,  zuerst  noch  eine 
gute  halbe  Stunde  ruhig  liegen  bleiben,  ehe  sie  zu  saufen 
bekamen.  Dann  wurden  sie  an  eine  kleine  Grube  gefuhrt,  die 
man  mit  Wasser  fdr  sie  gefullt  hatte.  Es  war  erstaunlich  zu 
sehen ,  mit  welcher  Schnelligkeit  die  ganze  Wassermasse  ausge- 
trunken  war.  Abends  vor  dem  Weitermarsch  soil  ten  sie  noch- 
mals  getrankt  werden.  In  der  Zwischenzeit  wurde  ihnen  reich- 
liches  Futter  gereicht. 

Gydbbeh  bei  Ptolemaeus  s)  mit  aramaischem  Namen 

Aina,  d.  i.  die  Quelle  genannt,  heutigen  Tage3  ein  Dorf  von 
etwa  90  Hausern  mit  500  Einwohnern,  liegt  in  einer  eifOrmi- 
gen  8 — 9  Kilometer  langen  Bodeneinsenkung  mit  salzigem  Un- 
tergrund,  150 — 200ra  niederer  als  die  umgebenden  Rander  des 
Nefud.  For  die  Benutzung  der  Brunnen ,  deren  Wasser  in  einer 
Tiefe  von  12 — 15m  sich  findet,  lasst  sich  der  Scbech  —  was 
ich  sonst  nie  in  Arabien  gehflrt  habe  —  von  den  Reisenden* 
Geld  bezahlen.  Da  wir  uns  als  Gaste  des  FQrsten  zu  betrachten 
hatten,  wiesen  wir  die  versteckt  angebrachte  Zumuthung  als 
unverstandlich  ab.  Auf  der  Westaeite  des  Kessels,  mehr  als  zwei 
Kilometer  von  den  Mauern  des  Dorfes  entfernt,  ragt  nahe  an 
400m  hoch  der  steilrandige  Umm  es-Selman  empor,  ein  lang- 
lichter  Klotz  aus  buntem  Sandstein,  der  oben  mit  einem  ganz 
schmalen  Grat  abschliessen  soli.  Die  Felswande  und  -blocke  an 
seinem  Fusse  tragen  viele  alte  Inschriften,  und  roh  eingemeis- 


1)  Zeitschrift  f  allg.  Erdkunde  h»g.  r.  W.  Koner  N.  V.  XVIII.  (Berlin  1865)  S.  412. 

2)  A  Sprenger,  Die  alte  Geographic  Arabiena  (Bern  1875)  S.  171.  N°  275. 


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152 


SECHSTES  CAP1TEL. 


selte  Bilder,  deren  Vorhandensein  schon  Wallin  angemerkt  hat. 

Beim  Schech  Naif  nahmen  wir  nur  die  Einladung  zum  Cafe 
an ,  und  liessen  selber  unsre  eigentliche  Mahlzeit  an  den  Mauern 
der  Garten  im  Schatten  der  Ithelbaume  bereiten.  Ein  leichtes 
Sauseln  des  Windes  in  den  mageren  Asten  brachte  wenigstens 
die  Tauschung  von  Kuhle  hervor.  Um  1'/,  Uhr  bestiegen  Huber 
und  ich  die  Kameele  und  ritten  in  Begleitung  eines  Beduinen 
hinuber  an  den  Fuss  des  Umm  es-Selman.  Ein  grauer  Fuchs 
trabte  uns  uber  den  Weg.  Neben  druben  vergnugten  sich  einige 
Knaben  nach  ihrer  Weise :  die  Hemden  hatten  sie  zur  Schonung 
abgelegt,  sie  setzten  sich  auf  eine  schrage  ziemlich  steile  Fels- 
flache  und  rutschten  mit  grosser  Geschicklichkeit  ab.  Prosit! 
Nach  einer  halben  Stunde  waren  wir  bei  den  Felswanden.  Es 
fanden  sich  Hunderte  allerdings  oft  schlecht  erhaltener,  und 
meist  nur  Eigennamen  bietender,  Inschriften.  Die  merkwur- 


^  ^  Ik. 


digste,  welche  ich  entdeckte,  war  eine  hebraische  (N°.  1)  '); 
dann  eine  nabataisehe  (N°.  2)  *);  sehr  viele  fruh-arabische 
(z.  B.  N°  3),  deren  aus  dem  Suden  stammendes  Alphabet  noch 
nicht  genugend  erforscht  ist ,  und  endlich  eine  kufische  (N°  4) s). 
Dazwischen  waren  eine  Menge  Kameele,  Steinboeke,  Kriegs- 
und  Jagdscenen.  Sehr  seltsam  ist  auch  die  Darstellung  eines 
zweiradrigen  Wagens  mit  vorgespannten  Pferden  (N°  5).  Der 


1)  Wabraeheinlich :  -Gepriew 
enten  3  Jthrhanderten  n.  Cbr. 

2)  .E*  moge  g^dncht  werden  des  Malcher,  Sobne«  dee 

3)  .Uottc*  ist  die  Hemchtft  friih  and  ipfit." 


■ei  der  Heir,  der  Name! . .  .  Gnu",  der  Schrift 
■Adijjo  (?)"... 


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153 


Kunstler,  welcher  sein  Vorbild  jedenfalls  weit  au9serhalb  der 
Granzen  des  Negd  gesehen  haben  muss,  hat  sich  die  Schwie- 
rigkeiten  der  Perspective  durch  eine  ktihne  Wendung  nach  zwei 
Seiten  erleichtert. 

Um  5  Uhr  kehrten  wir  zu  unsrem  Lagerplatz  zuruck.  Die 
Kameele  wurden  jezt  zum  zweitenmal  getrankt.  Nachdera  das 
Abendessen  eingenommen  war,  sezten  wir  uns  um  V18  Uhr 
wieder  in  Bewegung,  zunachst  in  rein  Ostlicher  Richtung.  Nach 
lVt  Stunden  hatten  wir  den  Berg  eAutah  im  Rucken  und  lager- 
ten  gegen  10  Uhr  wieder  auf  der  Hohe  der  Sandberge. 

Fr.  19.  Oct.  83].  Den  ganzen  Tag  gieng  der  Marsch  durch 
den  Nefud  in  der  Richtung  zwischen  Ost  und  Sudost;  die  £aer 
(S.  144  f)  nahmen  an  Grosse  und  Tiefe  zu,  zeigten  aber  nicht 
mehr  dieselbe  Regelmassigkeit  der  Bildung,  wie  in  der  nOrdlichen 
Halfte  der  Wuste.  Futter  und  Brennholz  wuchs  im  tlberfluss, 
und  so  zundeten  wir  Abends  zum  Abschied  aus  dem  Nefftd  ein 
ungeheures  Feuer  an,  so  dass  IJamud  nicht  umhin  konnte, 
unsern  Ubermuth  und  Verschwendung  zu  bejammern. 


Sa.  20.  Oct.  83.]  In  der  Fruhe  stiegen  wir  hinab  zu  dem 
kleinen  Dorfe  ?  n  aJ  ')•  Im  Hintergrunde  erhebt  sich  der  Granit- 
wall  des  Gebel  Aga,  mit  dem  Era^jeleh2)  als  steilera  Absturz 
auf  dem  NO  Ende.  Die  wenigen  Hauser  sind  von  hohen  Palmen 
ttberragt.  Wir  waren  nicht  wenig  ilberrascht,  hier  sogar  einige 


1)  US,  W«llin:  KanAh;  Gntrmtni:  Ghenta,  Oena'a:  Blunt;  Igneh. 

2)  Ich  bin  nicht  aieher,  wie  der  Name  nrabiach  »  ichreiben  i.t.  *L*j  Ra'ilchP 


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154  8ECIISTE8  CAP1TEL. 

Gerstenfelder  anzutreffen.  Zahlreiche  Brunnen  mit  knarrenden 
Holzradern  liefern  das  nothwendige  Wasser  far  die  Pflanzungen. 
Jenseits  des  Dorfes  lagerten  wir  uns  urn  abzukochen  und  gleich- 
zeitig  eine  grosse  Waschung  vorzunehmen. 

Um  10  Uhr  brachen  wir  wieder  auf.  Nach  Uberwindung  eines 
kleinen  Sandrflckens  stiegen  wir  in  eine  ganzlich  veranderte 


Landschaft  hinab :  eine  fruchtbare  Ebene  aus  bathah  (Granitsand) 
bestehend  war  belebt  durch  eine  Menge  zerstreut  waidender 
Karaeele;  wir  waren  mit  einem  Schlag  im  G6bel  (wGebirge*'). 
Das  ist  der  Name  der  ganzen  Landschaft  zwischen  dem  Nefad 
im  Norden  und  dem  tiefer  liegenden  £aslm  im  Sttden.  Es  ist 
sicherlich  die  angenehmste  und  vermoge  ihrer  hohen  Lage 
(durchschnittlich  1000—1200  meter  fiber  dem  Meer)  die  gesun- 
deste  Gegend  von  ganz  Nordarabien;  man  nennt  sie  wohl  auch 
den  oberen  Negd ,  im  Gegensatz  zum  £asim  oder  dem  unteren 
Negd.  —  Mehrere  Stunden  zogen  wir  zwischen  Heerden  von 
Kameelen  hindurch.  Unversehens  hatte  sich  der  Himmel  uber- 
zogen,  vor  uns  in  den  schwarzen  Bergen  rollte  der  Donner. 
Mit  welcher  Wonne  begnlssten  wir  die  paar  verirrten  Tropfen, 
die  aus  den  Wolken  auf  die  lechzende  Creatur  fielen!  Das 
erwartete  Gewitter  kam  indess  nicht  zum  Ausbruch,  vielmehr 
heiterte  sich  der  Himmel  wieder  auf,  und  wie  die  Sonne  zur 
Neige  gieng,  ergoss  sich  friedlicher  Sonnenschein  uber  Berg 
und  Ebene. 

Ehe  wir  den  Engpass  des  Gebirges  betraten,  lagerten  wir 
uns  zum  Abendessen  unter  einer  Gruppe  von  Talh-baumen 
(Akazien).  Der  Anblick  der  fruchtbaren  Ebene  mit  den  friedlich 
waidenden  Thieren ,  den  freiwachsenden  Baumen ,  die  Grossartig- 
keit  des  Gebirgswalles  im  Hintergrund,  dazu  das  Geftthl  der 


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155 


persOnlichen  Sicherheit,  die  Sorglosigkeit  urn  Essen  und  Trin- 
ken ,  der  Gedanke ,  morgen  schon  das  nachste  Ziel  zu  erreichen, 
Alles  das  zusaramen  verfehlte  nicht,  eine  zufriedene  und  ge- 
hobene  Stimmung  hervorzurufen. 


Die  nackten  Granitrippen ,  die  dem  Hauptstock  des  Gebirges 
vorgelagert  waren ,  zeigten  eine  auffallend  leibarme  Beschaffen- 
heit.  Coulissenartig  standen  sie  hinter  einander ;  bei  einer  Lange 
von  2—300  Fuss,  und  60—70  Fuss  HObe,  hatten  sie  doch  kaum 
25  Fuss  Dicke,  so  dass  sie  wie  Scherben  aus  dem  Sandboden 
hervorragten.  Auch  dem  Hauptgebirge  ist  dieselbe  Bildung  eigen ; 
ich  glaube  kaum  zu  irren,  wenn  icb  behaupte,  dass  die  Kette 
des  Gebel  Aga  an  keiner  Stelle  breiter  als  10 — 12  Kilometer 
ist.  Der  Kamm  oder  vielinehr  die  parallel  laufenden  Kamme 
durften  oben  kaum  mehr  als  ein  paar  Schritte  breit  sein.  Nach 
dreistundigem  Ritt  in  rascher  Gangart  hatten  wir  das  Gebirge 
im  Rucken.  Es  war  stockdunkel,  so  dass  ich  von  der  Ge3talt 
der  Berge  keine  Vorstellung  bekommen  konnte.  Auf  einem 
kahlen  Sandrucken  schlugen  wir  unser  Nachtquartier  auf, 
wurder  aber  durch  starken  Wind  und  Regen  am  Schlaf  ge- 
hindert. 

So.  21.  Oct.  83]  Urn  5  Uhr  Morgens  erfolgte  der  Aufbruch. 
Der  Regen  floss  in  StrSmen ,  that  aber  der  freudigen  Stimmung 
keinen  Abbruch;  sollten  wir  doch  schon  in  drei  Stunden  unsern 
Einzug  in  ITajel  halten.  Unser  Weg  lief  gerade  nach  Suden; 
zur  rechten  Hand  hatten  wir  den  Gebel  Aga:  durch  den  Regen- 
schleier  hindurch  glauzten  die  glatten  abschilssigen  Granitwande 


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166 


SECIISTES  CAI'ITEI.. 


wie  Silber;  links  draussen  in  der  rothen  Sandebene  zog  sich 

eine  lange  aufgeloste  Reihe  von  Ithelbau- 
men,  dazwischen  verfallene  Brunnenmauern 
und  verlassene  Hauser;  in  grauen  Um- 
rissen  tauchte  der  Uebel  Fetets ')  heraus ,  ein 
Berg  in  der  Ebene  zwischen  dem  G.  Aga 
und  dem  G.  Selma  gelegen.  Mitten  in  einem 
tuchtigen  Regenguss ,  eine  halbe  Stunde  vor 
der  Stadt,  stiegen  wir  von  den  Kameelen 
und  wechselten  im  Freien  die  Kleider.  Gleieh 
darnach  hGrte  der  Regen  auf.  Noch  uber 
einen  kleinen  Steinrucken ,  und  zu  unsren 
Fflssen  lag  in  der  Pracht  der  Morgensonne 
Hajel,  die  Residenz  des  Ibn  Raschid. 

Im  Trab  gieng's  der  Stadt  zu ,  an  dunklen 
Beduinenzelten  vorbei ,  gerade  auf  die  lange 
Linie  der  Lehmmauern  los.  Der  alte  Stadt- 
theil  links  lag  hinter  den  Palmengarten  ver- 
steckt;  aus  dem  neuen  Quartier  ragte  mach- 
tig  der  thilrmereiehe  £a§r  (das  Schloss) 
hervor.  An  den  Mauern  scheuten  natilrlich 
wieder  die  Thiere  (vgl.  S.  48),  und  waren 
nur  rait  Widerstreben  in  den  engen  Gassen 
vorwarts  zubringen.  Auf  dem  grossen  freien 
Platz,  Meshab  genannt,  stiegen  wir  ab,  be- 
gatlt  von  einer  ausserordentlichen  Menschen- 
menge,  und  wurden  nun  durch  eine  Reihe 
von  HOfen  zum  Empfang  in  eine  Halle  des 
Schlosses  geleitet. 


/// 


1)  vji^l. 


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VII.  CAPITEL. 
Die  Wahhabitische  Reli&ionsbewegung.  Sa'udiden,  Baschldiden 


Ehe  ich  in  der  Erzahlung  meiner  persOnlichen  Erlebnisse 
fortfahre,  muss  ich  zum  Verstandniss  des  Qanzen  Einiges  iiber 
die  religiose  Bewegung  in  Arabien  seit  anderhalb  Jahrhunderten , 
und  uber  die  daran  sich  anschliessenden  politischen  Ereignisse 
einschalten. 

Kurz  vor  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  stand  im  Herzen 
von  Arabien  ein  einfacher  Mann  auf,  der  sich  zum  Reformator 
«>  des  Islams  berufen  fuhlte:  Mu hammed  mit  dem  Beinamen 
CA  bd  el-Wahhab,  der  Sohn  eines  armen  Hirten  Suleiman 
vom  Stamme  der  Bani  Tainim.  Geboren  im  Jahre  der  Hedschrah 
1116,  d.  i.  1696  nach  christlicher  Rechnung,  in  dem  kleinen 
Flecken  el-eAjenah,  hatte  er  from  men  St  udien  zu  Basra,  Baghdad 
und  Damascus  obgelegen,  die  Wallfahrt  nach  den  heiligen 
Statten  mitgemacht,  hatte  abcr,  gerade  durch  den  persOnlichen 
Verkehr  mit  den  Sftulen  der  Orthodoxie,  und  durch  den  Augen- 
schein  wie  es  an  den  heiligsten  Orten  hergieng,  einen  tiefen 
Abscheu  vor  den  Auswilchsen  seiner  Religion  gewonnen.  Das 
mechanische  Formelwesen,  auf  welches  die  rechtglaubige  ma- 
hammedanische  Theologie  allmahlig  eingeschrumpft  war,  die 
Ausserlichkeit  der  Frdmmigkeitsbethatigung,  wie  sie  sichbeson- 
ders  an  den  heiligen  Statten  zu  Mekkah  und  Medinah  breit 
machte ,  die  an  AbgStterei  streifende  Verehrung  von  zahireichen 


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158 


8ECII£TE8  CAP1TFI-. 


Localheiligen,  erfallte  ihn  mit  Eckel  und  Ingrimm,  und  er 
beschlo9s,  offen  dagegen  aufzutreten.  In  Hor&meleh  ansassig 
geworden,  war  er  um  seines  zelotischen  Wesens  willen  wenig 
beliebt,  und  auch  in  seinem  Heimathsort  el-cAjenah  machte  er 
sich  der  Art  verhasst ,  dass  er  nach  Der'ijjeh  ')  flQchten  musste. 
Das  war  ums  Jahr  1 750 ,  eher  frQher.  Hier  gelang  es  ihm ,  den 
Schech  Mu hammed  ibn  Sa'ud  aus  dem  Stamme  der  Wuld 
'AH  (von  den  'Anezeh)  zu  bekehren,  und  durch  diese  Verbin- 
dung  yon  Religion  und  Politik  eine  fur  die  ganze  islamische 
Welt  erschiitternde  Bewegung  hervorzurufen.  Die  Hauptsatze 
seiner  Lehre,  die  sich  von  der  urprQnglichen  und  reinen  Reli- 
gionsform  Muhammeds  in  Nichts  unterscheiden  sollte,  waren 
folgende :  Es  ist  nur  Ein  Gott ,  und  es  bedarf  keiner  weiteren 
Vermittlung  zwischen  den  Menschen  und  ihrem  Herrn.  Alle 
Propheten  waren  nur  Uberbringer  gOttlicber  Botschaften ,  haben 
aber  keinerlei  Anspruch  auf  persOnliche  Verehrung.  Heilige  gibt 
es  nicht;  priesterliche  Vorberechtigung  ist  zu  verwerfen,  auch 
alle  prachtigen  Ceremonien  und  kostbaren  Gotteshauser  sind 
vom  Cfbel.  Die  Graberdome  mit  ihren  aufgehauften  Schatzen 
sind  Statten  des  Gdtzendienstes  und  darum  dem  Untergang  zu 
weihen.  Der  Genuss  von  Tabak,  das  Tragen  von  Schmuck  und 
prunkvollen  Kleidern,  besonders  von  Seide  ist  sundhaft,  ebenso 
jede  Ausserung  von  Lustbarkeit,  Musik  Tanz  und  Spiel.  Uner- 
lasslich  dagegen  ist  far  den  Glaubigen  das  funfmalige  Gebet  im 
Tag,  die  Feier  des  Fastenmonats ,  die  Wallfahrt  nach  Mekka, 
die  Zahlung  der  Glaubensteuer  (ursprunglich  1/100  des  Einkom- 
mens)  und  die  Verpflichtung  zum  Krieg  gegen  alle  falschen 
Glaubensbrader,  welche  den  Kuffar  (Unglaubigen)  und  den 
Muschrikin  (Polytheisten)  gleich  zu  stellen  sind. J) 

Der  kriegerische  Schech  Mu  hammed  ibn  Sa£ud  verstand 
es ,  diese  Dogmatik  ins  Praktische  zu  ubersetzen.  Nach  funfzehn 
Jahren  kleinen  Krieges  hatte  er  die  Landschaft  el-eiaid  im 


1)  lUfijJ,  guproehen  wie  Dert'fjjeh. 

S)  Seine  SchrifUo  befinden  tieh  im  Autograph  in  Leiden,  tiehe  CtUlog  Ltndberg. 


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WAHHABITKN. 


159 


Ionern  des  Landes,  sowie  den  Kustenstrich  el-Hasa  am  persi- 
schen  Meer  vollstandig  bekehrt  d.h.  unterworfen ,  und  konnte 
8einem  Sohn  und  Nachfolger  eine  wohlbefestigte  Macht  hinter- 
lassen. 

Dieser  leztere,  lAbd  el-aziz,  geboren  1721,  gestorben  1803 
(Regent  von  1765 — 1803)  breitete  in  rasch  auf  einanderfolgen- 
den  glttcklichen  Feldzdgen  seine  Herrschaft  weit  uber  die  Gran- 
zen  des  Negd  aus.  Jeder  Kriegszug  wurde  unter  Auflforderung 
zur  Bekehrung  und  Unterwerfung  vorher  den  Gegnern  angesagt. 
Angelockt  durch  reiche  Beute  wuchsen  die  Schaaren  der  Wahha- 
biteo  in  ungeahnter  Weise,  und  init  Todesverachtung  unter- 
nahmen  sie  die  tollkuhnsten  Zuge.  Von  den  zahlreichen  Unter- 
nehmungen  nach  alien  Himmelsrichtungen  will  ich  keine  Auf- 
zilhlung  im  Einzelnen  geben;  dieselben  waren  auch  ganz  ruhig 
in  der  Geschichte  verschollen,  wenn  sie  auf  das  Innere  von 
Arabien  bescbrankt  gebiieben  waren.  Aufgerflttelt  wurde  die  mu- 
hammedanische  Welt  erst,  als  die  Pilger  des  Hagg  von  den  Wah- 
habiten  angegriffen  wurden.  Das  geschah  zum  erstenmal  im 
Jahre  1783,  wiederholte  sich  aber  nachher  noch  mehrfach.  Es 
dauerte  indess  noch  geraume  Zeit ,  bis  die  Pforte  als  nominelle 
Schutzherrin  aller  Muslimen  sich  aufraffte,  um  der  Beraubung 
und  Vergewaltigung  der  Glaubigen  sich  zu  widersetzen.  Weder 
das  hohe  Alter,  noch  die  Erblindung  des  Stifters  der  Secte  des  Mu- 
liammed  eAbd-el-wahhab  (der  1791  im  Alter  von  95  Jahren  starb), 
that  dessen  Eifer  fur  Anfeurung  der  Glaubensbethatigung  irgend 
einen  Eintrag;  auch  dessen  Nachfolger,  sein  gleichfalls  blinder 
Sohn  Husein,  verstand  es,  durch  feurige  Predigt  die  Begeiste- 
rung  wach  zu  erhalten.  Im  Fruhjahr  1801  unternahm  der  Sohn 
des  cAbd  el-aziz  und  kflnftige  Thronfolger  Sa'ud  einen  Raub- 
und  ZerstOrungazug  nach  Kerbelah  am  Euphrat.  Dort  beim 
Grab  des  Husein,  Sohnes  des  Khalifen  eAli,  als  dem  hdchsten 
Heiligthum  der  Schiiten  lagen  seit  Jahrhunderten  die  kostbar- 
sten  Schatze  und  Weihgeschenke  aufgehauft.  Kein  Wunder, 
dass  ein  Zug  dorthin  verlockend  erscheiuen  musste.  Am  Bei- 
ramfeste,  20.  April  1801,erschienen  die  Wahhabiten  vor  Meschhed 


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1  60  SECHSTES  CAPITEL. 

IJusein,  zerstOrten  die  Heiligthumer  und  metzelten  die  Tem- 
pelwftchter  und  Priester  nieder;  und  diess  mit  so  unbedaehter 
Schnelligkeit ,  dass,  wie  sich's  um  die  verborgenen  Schatze 
handelte ,  keine  Person  mehr  aufzutreiben  war ,  die  den  Zugang 
zu  den  unterirdischen  Gew6lben  hatte  verrathen  kflnnen.  Nun, 
die  often  gefundene  Beute  war  noch  fett  genug:  20  reich  mit 
Juwelen  verzierte  Sabel  hiengen  um  das  Grab  Huseins,  viele 
Goldvasen  und  kostbare  Teppiche  zierten  dasselbe ,  500  Kupfer- 
und  Goldplatten  die  seit  Nadir  Schahs  Zeiten  den  Dom  uber- 
wOlbten,  dber  4000  Kaschmir-Shawl9, 2500  kostbare  Feuergewehre, 
6000  spanische  Quadrupel ,  350,000  venetianische  Zecchinen , 
400,000  hollandische  Dukaten,  25,000  spanische  Dollare,  dazu 
Sclaven  und  Sclavinnen  in  Menge.  Alles  das  wanderte  nach 
Der'ijjeh.  Das  Verzeichniss  der  Beute,  die  in  der  kurzen  Zeit 
von  acht  Stunden  zusammengerafft  war,  wurde  unterwegs,  am 
Abend  des  ersten  Ruckmarschtages ,  beim  Brunnen  'Akeider 
angefertigt.  —  Der  im  J.  1802  gegen  Mekka  unternomme  Zug 
blieb  zunachst  erfolglos,  wurde  aber  im  folgenden  Jahr  wieder 
aufgenommen  und  endete  mit  Plnnderung  der  Stadt  und  Kopfung 
von  20  Scherifen;  die  heiligen  Statten  selbst  wurden  diessmal 
noch  geschont.  Im  gleichen  Jahre  1803  am  14.  October  wurde 
der  Herrscher  cAbd  el-aziz,  82  Jahre  alt,  beim  Gebet  in  der 
Moschee  zu  Dereijjeh  von  einem  fanatischen  Schiiten  ermordet, 
welcher  die  Plunderung  von  Meschhed  Husein  an  ihm  zu  rachen 
gedachte. 

Der  Sohn  des  Ermordeten,  der  ruhmreiche  Feldherr  Sacud 
fuhrte  nun  von  1803—1814  die  Zdgel  der  Regierung.  1804 
bekam  er  Medinah  in  seine  Gewalt,  und  liess  alle  Kostbarkei- 
ten  vom  Grabe  des  Propheten  wegnehmen.  Die  grossen  Pilger- 
carawanen,  die  officielle  tQrkische  und  agyptische,  ebenso  die 
persische  und  jemenische  horten  auf ;  nicht  als  ob  die  Wahhabi- 
ten  die  Wallfahrt  selbst  hatten  unterdrucken  wollen ,  sie  duldeten 
aber  eben  nicht,  dass  die  Pilger  unter  unbefugter  Begleitung  frem- 
der  Soldaten  auf  arabischem  Boden  auftraten.  Das  arabische  Natio- 
nalgefahl ,  verkOrpert  in  den  Wahhabiten ,  wollte  turkische  und 


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WAHHXBITEN. 


161 


agyptische  Bevormundung  sich  nicht  weiter  gefallen  lassen, 

noch  weniger  aber  bewaffnete  Einmischung  gestatten.  In  zwei 

aufeinanderfolgenden  Jahren  1806  und  1807  wurde  die  Mekka- 

carawane  vollstandig  ausgeplundert;  1809  hielt  Sa'ud  als  Pilger 

seinen  Einzug  in  den  zwei  heiligen  Stadten,  und  1810  liess  er 

bei  derselben  Gelegenheit  das  Grab  Muhammeds  zu  Medinah 

offhen,  alle  Juwelen,  Sabel,  Larapen  und  son9tige  Kostbarkei- 

ten  wegnehmen   und   nach   Dercijjeh  schleppen,  auch  den 

schwarzen  Stein  der  Ka  bah  in  Stucke  schlagen.  Hatte  so  die 

wahhabitische  Bewegung  auf  dem  Gipfel  ihrer  Macht  durch  Blut 

und  Gewalt  die  ganze  Halbinsel  unterworfen,  und  die  Edfe  in 

Stambul  und  Teheran  mit  Schrecken  erfQllt,  so  trug  sie  doch 

bereits  auch  den  Keim  des  Verfalls  in  sich  selber.  Die  Anhau- 

fung  der  unermesslichen  Schatze  in  der  Hauptstadt  musste  ganz 

nothwendig  eine  Verderbni&s  der  einfachen  Sitten  nach  sich 

Ziehen:  Luxus,  Gunstlingswesen ,  Ubermuth  waren  an  der  Tages- 

ordnung.  Beispielsweise  verschmahte  es  Sa'ud  nicht ,  einen  gold- 

gestickten  Mantel  ira  Werth  von  200,000  Piaster  (=  35,000  M) 

zu  tragen.  Bedruckung,  Anssaugung  und  die  hohe  Blutsteuer 

rief  Unzufriedenheit  unter  den  Stammen  hervor  und  trieb  einzelne 

derselben  zur  Answanderung.  Nur  erneuerte  Bedrohung  von 

aussen  konnte  den  wahhabitischen  Staat  noch  zusammenhalten. 

Der  Sturm  sollte  nicht  lange  ausbleiben.  Die  Plunderung  der 

heiligen  Statten,  die  Schandung  von  Muhammeds  Grab,  die 

Abschlachtung  so  vieler  Glaubigen  und  die  greifbaren  Verluste 

der  asiatischen  Provinzen  raussten  endlich  die  Hohe  Pforte  aus 

ihrer    sorglosen   Verschlafenheit   aufrutteln.    Mehemmed  Ali 

Pascha  von  Aegypten,  der  nacbmalige  VicekOnig,  ward  als  die 

richtige  Geissei  fQr  die  Beduinen  ausersehen,  und  gieng  bereit- 

willig  auf  das  Ansinnen  ein.  Bot  es  ihm  doch  Gelegenheit, 

diesen  Feldzug  als  Schule  zu  beuutzen  filr  die  Heraubildung 

eines  kriegstAchtigen  Heeres,  das  ihm  far  seine  geheimen  an- 

derweitigen  Plane  unentbehrlich  war.  Was  die  RGmer  auf  ihrem 

schmachvollen  Feldzug  nach  Sudarabien  unter  Aelius  Gallus 

(im  J.  25 — 24  v.  Chr.)  zu  erfahren  hatten  —  und  vielleicht 

n 


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102 


S1EBENTES  CAPITEL. 


ahnlich  schon  frilher  die  assyrischen  Eroberer  —  ganz  dasselbe 
bekamen  die  Aegypter  zu  kosten:  Hunger  und  Durst,  Ungnnst 
des  Klimas  und  des  Bodens,  Seuchen,  rascher  Verbrauch  von 
Menschen  und  Vieh,  Schwierigkeit  des  Nachschubes,  Unzuver- 
lassigkeit  der  Filhrer  erwiesen  sicb  als  weit  gefahrlichereFeinde, 
denn  die  Horden  der  Beduinen. 

Im  October  1811  brach  die  agyptische  Landarmee ,  unterstuzt 
von  einer  muhsam  hergestellten  Flotte  nach  Arabien  auf.  An 
der  Spitze  stand  der  jugendliche  Sohn  Mehemmed  Alis  Tusun 
Pascha  erst  16  Jahre  alt  Der  erste  Vorstoss  gegen  den  Feind 
misslang  vollst&ndig.  Schon  besser  gieng  es  im  J.  1812,  wo 
Medlnah,  el-Hanakijjeh ,  Dscheddah  und  Mekkah  eingenommen 
wurden.  Im  J.  1813  begab  sich  Mehemmed  AH  in  eigener  Person 
auf  den  Kriegsschauplatz  und  verrichtete  —  nicht  ohne  schlaue 
Berechnnng  —  als  einfacher  Pilger  seine  Gebete  bei  der  Ka'bah 
und  am  Grabe  des  Propheten.  Fur  die  rasenden  Verluste  des 
Heeres  an  Soldaten  Pferden  und  Kameelen  musste  Ersatz  aus 
Aegypten  beschafft  werden,  und  erst  nachdem  der  VicekOnig 
(am  10.  Januar  1815)  die  Wahhabiten  in  einer  Starke  von 
3000  Mann  bei  Bessel  auf*  Haupt  geschlagen  hatte ,  konnte  an 
einen  Vorraarsch  ins  Innere  gedacht  werden.  Mittlerweile  war 
Sa'ud  im  April  oder  Mai  1814  mit  Tod  abgegangen,  und  an 
seiner  Stelle  kam  sein  Sohn  'Abdallah  (1814—1819)  zur 
Regierung.  Wahrend  der  letztere  mit  Anerbietungen  zu  fried- 
lichem  Ausgleich  sich  n&herte,  wies  der  VicekSnig  alle  Unter- 
handlungen  als  zu  spat  schroff  von  sich.  Politische  und  Begierungs- 
geschafte  riefen  den  Mehemmed  Ali  in  seine  Besidenz  nach 
Kairo  zuruck,  und  bei  seinem  Abzug  liess  Mehemmed  Ali  dem 
Ibn  Sacud  sagen,  er  werde  seinen  Sohn  Ibrahim  Pascha  mit 
eiuem  grossen  Heere  zur  Verwttstung  des  ganzen  Landes  nach 
Der'ijjeh  senden,  um  ihn  todt  oder  lebendig  nach  Stambul 
auszuliefern.  Und  darin  hielt  er  Wort.  Von  den  Wechselfailen 
des  Krieges  1816/17,  der  beiderseits  mit  grosser  Erbitterung 


1)  Bei  deo  Berfuinen  gwiihnlich  unter  dem  Namcn  Aba  Khaltl  in  Erinoerusg. 


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I 


Wahhabiten.  163 

und  Grausamkeit  gefdhrt  wurde,  und  wobei  Ibrahim  Pascha 
kein  Geld  zur  Bestechung  und  Begutigung  der  sich  Unterwer- 
fendeu  sparte,  sei  nur  die  Schlusskatastrophe  die  Einnahme 
und  ZerstOrung  DerHjjehs  hervorgehoben.  Am  14.  April  1817 
begann  die  Beschiessung  der  wahhabitischen  Hauptstadt  durch 
die  Aegypter.  Den  todestrotzigen  Vertheidigern ,  angefeuert  durch 
die  Frauen ,  welche  im  dichtesten  Kugelregen  Pulver  und  Blei , 
und  Wasser  in  Krttgen  herbeischafften ,  schien  auch  noch  der 
Himmel  selbst  Beistand  gegen  die  Belagerer  verleihen  zu  wollen. 
Am  21.  Juni  erhob  sich  ttber  dem  agyptischen  Lager  ein  ganz 
ungewGhnlicher  Wirbelsturm.  Das  ausbrechende  Feuer  verbreitete 
sich  mit  rasender  Schnelligkeit ,  ergriff  das  Pulvermagazin  und 
sprengte  mit  fftrchterlichstem  Donner  200  Fasser  Pulver  und 
280  Kisten  voll  mit  Kartatschen  und  Bomben  in  die  Luft. 
Viele  Menschen  und  Thiere  auch  die  Halfte  aller  Vorrathe 
gieng  dabei  zu  Gruod.  Weder  dieses  schreckliche  Ereigniss, 
noch  der  Mangel  an  Lebensmitteln ,  auch  nicht  die  verheerenden 
Krankheiten  waren  im  Stand,  einen  Mann  wie  Ibrahim  Pascha 
niederzubeugen.  Alle  Ausfalle  der  Feinde  wurden  glanzvoll 
zuruckgewiesen.  Mit  erneuerten  Vorrathen  und  1600  Mann 
frischer  Truppen  nahm  er  25  Tage  spater  den  Angriff  wieder 
auf;  und  wahrend  Khalil  Pascha  mit  3000  Mann  Hilfetruppen 
unterwegs  war,  setzte  er  Alles  daran ,  um  ohne  fremden  Beistand 
die  Stadt  zu  erobern.  Nach  heldenmuthiger  Gegen wehr  wurde 
'Abdallah  ibn  Sacud,  dem  zulezt  nur  eine  Leibgarde  von  400 
Schwarzen  geblieben  war,  am  9.  September  1817  zur  Ubergabe 
gezwungen.  Ibrahim  Pascha  zollteder  Tapferkeit  und  dem  Edelsinn 
seines  Gregners  aufrichtige  Hochachtung.  Er  liess  ihn  nach  Eairo 
bringen  und  Mehemmed  Ali  schien  geneigt,  ihn  begnadigen  zu 
wollen.  Nicht  so  die  Pforte  zu  Stambul.  Sie  bestand  auf  seiner 
Auslieferung  und  liess  ihn  einfach  hinrichten  1819.  —  Nach 
der  Plunderung  und  Zerst6rung  von  Dereijjeh  trat  Ibrahim 
Pascha  mit  seiner  Armee  den  Rackzug  an,  und  setzte  einen 
habsQchtigen  Beamten  als  Statthalter  im  Negd  ein.  Alles  was 
er  an  schwerem  Material  nicht  nothwendig  auf  dem  Marsche 


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164 


felEBENTES  CAPITEL. 


selbst  braachte,  liess  er  im  Lande  zurdck;  Reste  davon  sind 
zu  Hajel  die  alten  Kanonen  und  auch  ein  Amboss  aus  der 
agyptischen  Feldschmiede. 

Wie  lange  die  agyptische  Occupation  dauerte,  auf  welche 
Landschaften  sie  sich  erstreckte,  und  welche  Wechselfalle  sie 
durchzumachen  hatte,  vermag  ich  nicht  anzugeben,  da  die 
Quellen  hierQber  eben  so  sparlich  ala  unrein  fliessen.  Ganz 
sicher  steht  nur  so  viel  fest,  dass  spatestens  im  J.  1849  auch 
der  letzte  Schimmer  eines  ftgyptischen  Einflusses  in  Central- 
Arabien  verschwunden  war.  Gehalten  wurde  derselbe  uberhaupt 
nur  durch  die  Nahe  der  Truppenmacht ,  welche  die  Turko- 
Aegypter  1824—27  und  1833—36  auf  ihren  Feldzttgen  im  sad- 
lichen  Higaz  und  in  den  Bergen  des  J6men  gegen  die  kriege- 
rischen  Stamme  der  cAsir  entfalteten. 

In  den  dreissig  Jahren  zwischen  der  Zerstflrung  Dercijjehs 
und  der  gftnzlichen  Raumung  des  Binnenlandes  durch  die  Frem- 
den  konnten  die  Wahhabiten  sich  wieder  sammeln.  Was  sie 
zusammenfuhrte  war  der  gemeinsame  Hass  gegen  Turken  und 
Aegypter;  und  diesem  liegt  bei  alien  Beduinen,  welchen  edle 
und  ritterliche  Gesinnung  nie  abgesprochen  werden  kann,  der 
tiefe  Abscheu  zu  Grund,  den  sie  vor  der  oft  erprobten  Treulo- 
sigkeit,  Hinterlist  und  Wortbruch  der  Anderen  hegen. 

War  den  Wahhabiten  die  Erkenntniss  aufgedrangt  worden, 
dass  es  fur  sie  fehlerhaft  und  verderblich  war,  ausserhalb  der 
Granzen  der  Wuste  mit  geschulten  Armeen  anzubinden,  so 
mussten  andererseits  die  Agypter  sich  gestehen,  dass  sie  ohne 
sinnlose  Opfer  sich  im  lnnern  von  Arabien  nicht  halten  konnten , 
und  dass  unser  keinen  Umstanden  eine  Besetzung  des  Landes 
sich  bezahlt  machte.  Also  die  Waste  den  Beduinen,  die  festen 
StAdte  den  Soldaten  und  Beamten!  Und  so  ist  es  noch  heute. 
Die  Meinung,  dass  der  KQstensaum  von  Arabien  geordnete  und 
zusammenhangende  tilrkische  Regierungsbezirke  bilde,  ist  ein 
grober  Irrthum;  es  sind  nur  ein  paar  wenige  Garnisonen  mit 
allernachster  Umgebung ,  wo  die  Tarken  etwas  zu  befehlen  haben , 
soweit  eben  ihre  Flinten  und  Kanonen  tragen;  draber  hinaus 


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WAHHABtTKV. 


ir>5 


im  flachen  Land  oder  im  freien  Gebirg  hOrt  das  Alles  auf,  und 
existirt  hocbstens  in  der  Bemalung  der  Landkarte. 

Sind  wir  fiber  die  erste  Periode  der  wahhabitischen  Herr- 
schaft,  welche  mit  der  ZerstCrung  Der'ijjehs  (1817)  abschliesst, 
verhaltnissmassig  gut  unterrichtet ,  so  steht  es  dagegen  urn 
unsre  Kenntniss  der  darauffolgenden  Vorgange  im  Inneren 
Arabiens  urn  so  schlimmer.  Die  Gleichgultigkeit  der  Beduinen 
gegen  Jahreszahlen  lasat  uns  hier  vollstandig  im  Unsicheren. 
Fragt  man  bei  ihnen  nach  historischen  Daten,  so  kann  man 
alien  falls  noch  den  Wochentag  oder  die  Angabe  eines  benach- 
barten  Festes  ermitteln,  fiber  das  Jabr  dagegen  ist  selten  eine 
Auskunft  oder  gar  Ubereinstimmung  zu  erzielen,  so  dass  die 
Angaben  fiber  gar  nicht  fern  zurfickliegende  Ereignisse  ganz 
nnglaublich  utn  mehrere  Jahre  von  einander  abweichen.  Dazu 
kommt  noch  eine  unselige  Verwirrung  der  in  mehreren  Genera- 
tionen  und  Verwandtschaftsgraden  immer  wiederkehrenden 
Namen  'Abdallah,  'Abdel-'aziz ,  Sa'ud,  Feisal  und  dgl.,  zusam- 
men  mit  der  allgemeinen  Bezeichnung  der  Herrscherfamilie  Tbn 
Saeud.  Ich  muss  einstweilen  auf  eine  Richtigstellung  verzichten, 
und  kann  nur  aus  dritter  Hand  angeben ,  dass  als  5ter  wahhabi- 
tischer  Fflrst  Turki,  der  Sohn  des  in  Stambul  hingerichteten 
^bdallah  aufgefuhrt  wird,  der  1820 — 32  die  Wahhabiten  zu- 
sammengehalten  haben  soil.  Sein  Sohn  (VI)  Feisal  soil  1836 — 
1866  0)  regiert,  und  nach  ihm  (als  N°  VII)  cAbdallah  den 
Thron  bestiegen  haben.  Von  da  ab  verdunkelt  mir  eine  waste 
Verwirrung  von  Namen  und  Zahlen  alle  sichere  Einsicht 

Eines  steht  fest,  dass  nach  aussen  und  innen  der  wahhabi- 
ti8che  Staat  mit  der  neuen  Hauptstadt  Rij&cl  immer  mehr 
zusammenschrumpfte ,  wahrend  bereits  aus  dem  Wurzclstock 
in  aller  Stille  ein  neuer  Seitenschofs  ausschlug,  berufen,  ein 
lebenskraftigerer  und  richtigerer  Mittelpunkt  des  nationalen 
Gedankens  zu  werden. 

Im  oberen  Negd ,  im  Gebel ,  d.h.  in  der  Landschatt  zwischen 


1)  t7ber  die  neactten  Vorgange  verglcichc  schon  oben  S.  62  if. 


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166 


SIKRKNTES  CAITTKI,. 


den  Gebirgen  Aga  und  S61ma  war  in  den  Stadten  Hajel  und 
£efar  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  unter  wahhabitischer 
Herrschaft  die  Familie  der  B6t  cAli,  zum  grossen  Stanmi  der 
Schammar  gehflrig,  die  angesehenste  und  machtigste.  Eine  an- 
dere  Partei  aber  suchte  ihr  den  Rang  abzulaufen  und  die  Ge- 
walt  aus  den  Handen  zu  winden.  An  deren  Spitze  stand  ein 
junger,  ehrgeiziger  und  thatendurstiger  Mann  cAbdallah  lbn 
Raschid  aus  dem  Stamme  der  cAbdeh  gleichfalls  einer  Un- 
terabtheilung  der  Schammar.  Seine  Unternehmungen  gegen  die 
Bet  4Ali  waren  aber  keineswegs  von  Erfolg  begleitet  und  sein 
erstes  Auftreten  uichts  weniger  als  gliickverheissend.  Er  selbst 
inusste  fluchtig  werden  in  J.  1818  oder  1820;  er  suchte  zuerst 
den  Gyof  auf,  und  trieb  sich,  wie  er  hier  keinen  Halt  fand, 
mit  einer  Anzahl  Genossen  im  Wadi  Sirhan  um her.  Bei  einem 
Uberfall  durch  die  cAnezeh  liessen  Alle  das  Leben ,  und  er  sel- 
ber  blieb  mit  durchschnittener  Kehle  far  todt  in  der  Waste 
liegen.  Ein  voraberziehender  Kaufmann  aus  Damascus  glaubte 
in  ihm  noch  Spuren  von  Leben  zu  entdecken,  verband  ihm 
seine  Wunden  und  nahm  ihn  mit  sich  nach  Syrien.  Unter  auf- 
merksamer  Pflege  wieder  hergestellt  und  von  seinera  Lebens- 
retter  reich  beschenkt  suchte  er  wieder  sein  Heimathland  zu 
gewinnen.  Nach  Hajel  konnte  er  nicht  zurOck,  er  begab  sich 
desshalb  nach  der  neuen  wahhabitischen  Hauptstadt  Rijad,  und 
da  zeichnete  er  sich  durch  Tapferkeit  auf  verschiedenen  Kriegs- 
unternehmungen  aus.  Etwa  im  J.  1830  nahm  er  mit  Feisal 
dem  Sohne  Turkis  (S.  165)  an  der  Expedition  gegen  den  Hasa 
Theil.  Eben  wie  das  Herr  sich  anschickte  die  Stadt  el-Hufhuf 
zu  belagern,  traf  die  Nachricht  ein,  dass  der  regierende  Farst 
Turki  durch  sein  Vetter  Mescharah  beim  Gebet  in  der  Moschee 
ermordet  worden  sei,  und  dass  der  Morder  sich  zum  Herrscher 
aufgeworfen  habe.  Auf  'Abdalltih's  Rath  wurde  die  Belagerung 
augenblicklich  aufgehoben,  und  Feisal  kehrte  mit  dem  ganzen 
Heere  in  Eilmarschen  nach  Rijad  zurQck.  Mescharah ,  nicht  ge- 
fasst  auf  so  rasches  Handel  n,  hatte  bloss  den  massiven  Palast 
und  die  Leibwache  zu  seiner  Vertheidigung.  Schon  zwanzig 


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WAHIIABtTETN.  167 

Tage  wurde  die  teste  Burg  erfolglos  belagert,  da  gelang  es  dem 
eAbdallah  sammt  zwei  beherzten  Gesellen  durch  Verrath  zur 
Nachtzeit  mit  Hilfe  eines  Strickes  ins  Innere  des  Schlosses  zn 
dringen,  und  den  Mescharah  in  dessen  Schlafgemach  nach  ver- 
zweifelter  Gegenwehr  niederzustechen.  Ohne  weiteres  Blutver- 
giessen  wurde  der  Palast  eingenommen ,  und  das  Volk  jubelte 
dem  neuen  Herrscher  entgegen. 

Die  Dienste  welche  'Abdall&h  geleistet  hatte  sollten  nicht 
unbelobnt  blieben:  Von  Feisal  erbat  er  sich  und  erhielt  sogleich 
die  Statthalterschaft  im  Gebel,  und  da  zogerte  er  nicht,  in 
seiner  Vaterstadt  Hajel  uiit  einer  ansehnlichen  Truppenraacht 
als  Muhafiz  (Statthalter)  seinen  Einzug  zu  halten.  Naturlich 
wollte  er  zuerst  mit  den  Bet  eAli  aufraumen,  und  ubertrug 
diess  Gesch&ft  seinem  Bruder  cObeid  mit  dem  Beinamen  e<j-pib 
(„der  Wolf).  Der  besorgte  das  grQndlich.  Die  kleinen  Ortschaf- 
ten  im  Gebel  bekamen  bald  die  neue  Herrschaft  zu  fuhlen;  sie 
waren  ausser  Stand,  irgend  welche  Widersetzlichkeit  zu  tiben. 
eAbdallah  war  schlau  genug,  seinem  Lehensherren  zu  Gefallen 
zu  leben,  d.h.  auf  Ubung  der  strengen  wahhabitischen  Reli- 
gionsform  zu  achten ,  und  regelm&ssig  seinen  Tribut  nach  Rijad 
zu  senden.  Hatte  er  bisher  zu  Hajel  inmitten  der  Hauser  von 
anderen  angesehenen  Familien  gewohnt,  so  erschien  es  ihm 
doch  zur  Hebung  seines  Ansehens  und  zur  Bekundung  seiner 
thatsachlichen  Herrscherstellung  zweckdienlicher,  in  einem  neu 
anzulegenden  Quartier  sich  einen  besonderen  grossen  und  festen 
Palast  zu  erbauen.  Oberdiess  war  die  Erstellung  einer  festnngs- 
artigen  Burg  im  Interesse  der  Sicherheit  seiner  Person  und  der 
ganzen  Familie;  auf  offener  Strasse  von  gedungenen  MOrdern 
angefallen,  musste  er  auf  Alles  gefasst  sein,  und  die  Ergebeti- 
heit  seiner  Unterthanen ,  in  deren  Adern  eben  doch  freies  Be- 
duinenblut  floss ,  war  nicht  uber  alle  Proben  erhaben.  Der  Palast 
war  noch  nicht  fertig  da  starb  'Abdallah  ')  plOzlich  „an  einera 


1)  Sein  Orabttein,  draanen  vor  den  Maaern  von  HAjel,  trigt  blow  die  Aaftchrifl:  .'Abdmllfth 
ibn  Raachid,  desten  Got!  sich  crbarmcn  roogc." 


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108 


S1EHENTES  OAl'ITKI .. 


Freitag"  des  J.  1845  (oder  18431);  er  hinterliess  drei  Sflhne 
Tal&l,  Meteab  und  Muhammed.  Der  nahezu  fimfzigjahrige  Bru- 
der  des  Verstorbenen  el-cObeid,  bei  Wenigen  beliebt,  aber  von 
Allen  gefurchtet,  hatte  keine  Aussicht,  beim  Volke  Anklang 
zu  finden,  und  so  vereinigten  sich  alle  Parteien,  den  zwanzig- 
jahrigen  Talal  als  den  Nachfolger  anzuerkennen.  Dieser  war 
nicht  bloss  Beduine,  ich  raeine  nicht  bloss  kriegerisch,  freige- 
big ,  leutselig ,  sondern  besass  uberdiess  wirklich  staatsmannische 
Eigenschaften.  Er  sorgte  fur  Ordnung  in  den  Einkunften  des 
Reiches,  suchte  das  Erbabel  seines  Volkes  die  Blutrache  abzu- 
schaflen,  Qbte  pcrsonlich  die  Rechtspflege,  legte  in  der  Haupt- 
stadt  ein  Quartier  mit  Magazinen  an,  zog  unter  Gewahrung 
von  Vergttnstigungen  Handworker  aus  Medinah  und  Kaufleute 
aus  dem  clr&\  (meist  Schiiten)  ins  Land ,  und  Hess  sich  die 
Sicherheit  der  Strassen  angelegen  sein;  den  wahhabitischen 
Predigern  zu  Gefallen  erbaute  er  gegenuber  vom  ]£asr  eine 
grosse  Moschee,  Hess  neue  Brunnen  graben,  Garten  anlegen 
die  Mauern  verstarken,  sogar  Schulen  einrichten.  Fur  Erwei- 
terung  der  Granzen  des  Schammar-Bezirkes  und  filr  Bereiche- 
rung  der  Unterthanen  sorgte  sein  Oheiin  el-cObeid ,  der  rastlose 
Kriegsmann,  dem  das  Zuhausesitzen  nicht  behagen  konnte: 
Khaibar,  Teima  und  der  Gyof  (S.  68  f.)  wurden  der  Reihe  nach 
gezwungen,  sich  zu  unterwerien  und  die  Abgaben  nach  Hajel 
zu  zahlen.  Tal&li  dem  Blutvergiessen  persOnlich  abhold,  gab 
seinen  Bruder  Metcab  dem  Oheim  el-cObeid  bei,  urn  dessen 
Grausamkeit  etwas  zu  massigen.  Milde  und  Toleranz  waren 
nahe  daran,  den  ya\&\  bei  Fei.sal  in  den  Verdacht  der  Lauheit 
zu  bringen ,  doch  verstand  er  es ,  den  Sehein  der  Rechtglaubig- 
keit  zu  wahren.  Wenn  er  sich  auch  persCmlich  nicht  angstlich 
darum  kammerte,  so  war  doch  der  Luxus  der  Kleider,  der 
Verkauf  und  Genuss  von  Tabak  fftrmlich  verboten  und  der 
Besuch  der  Moscheen  fleissig  eingescharft ;  die  etwaigen  Zweifel 
an  seiner  Aufrichtigkeit  wurden  durch  reichen  und  regelrnassi- 
gen  Tribut  nach  Rijad  niedergeschlagen ,  die  Anwesenheit  der 
schiitischen  Kaufleute  in  Ilajel  als  nothwendige  Aushilfe  daige- 


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WAIIHAJMTEN. 


169 


stellt  und  deren  Bekehrung  zur  wahren  Religion  vermeldet. 
Nicht  weniger  geschickt  war  sein  Verhalten  zur  Pforte.  Wiewohl 
niemals  auch  nur  ein  Parah  Steuer  nach  Starabul  wanderte, 
wurde  doch  fur  langes  Leben  des  Grossherm  alle  Freitag  in 
den  Moscheen  gebetet;  wenn  im  Gegentheil  die  frommen  tQrki- 
schen  Pilger  sammt  dem  Oberhaupt  des  Hagg  alljahrlich  beim 
Durcbzug  an  der  Westgrenze  einen  Tribnt  an  das  Scham mar- 
Reich  zahlen  mussten ,  so  wurde  das  als  eine  selbstyerstandliche 
Gegengabe  far  Beschiltzung  gegen  andere  rauberische  Beduinen 
dargestellt.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich ,  dass  schon  Talal  mit 
dem  VicekOnig  von  Aegypten  diplomatische  Verhandlungen  ge- 
pflogen  hat,  um  sich  far  den  Fall  eines  Zusammenstosse3  mit 
der  Pforte  einen  auswartigen  Rflckhalt  zu  sichern.  In  den  mehr 
als  zwanzig  Jahren  seiner  Regierung  hat  er  einen  beduinischen 
Musterstaat  geschaffen,  dessen  geordnete  und  gerechte  Verwal- 
tung  den  Unterthanen  ein  vorher  unbekanntes  Gefuhl  der 
Sicherheit  verlieh,  und  in  den  Nachbarn  hOchstens  das  Verian- 
gen  wachrufen  konnte,  sich  diesem  Staate  anzugliederu.  Nicht 
ohne  Neid  und  Bangen  mussten  die  Herrscher  in  Rijad  mitan- 
sehen,  wie  die  aufstrebende  Macht  ihrer  ehemaligen  Vasallen 
ihnen  nicht  nur  langst  ebenburtig,  sondern  geradezu  bedrohlich 
geworden  war.  Der  brOtende  Druck  des  religi6sen  Fanatismus, 
dem  beduinischen  Geiste  an  und  fur  sich  fremd ,  hielt  die  beslen 
Krafte  im  Reiche  der  Ibn  Sa'ud  gefangen,  und  vermochtedem 
Niedergange  des  eigenen  Sternes  keinen  Einhalt  zu  gebieten. 
In  Schwermuth  fiber  eine  unheilbare  Krankheit  (Vergiftung  ?) 
verfallen,  machte  Talal  am  17ten  pu'l-Kaedeh  1284  (?)  =  ll.Mttrz 
1868  seinem  Leben  duirch  einen  Pistolenschuss  ein  Ende. 

Sein  Bruder  und  Nachfolger  M6teab  ibn  cAbdallah,  ein 
milder  und  verstandiger  Herrscher,  erfreute  sich  einer  grossen 
Beliebtheit  beim  Volke,  aber  nur  einer  kurzen  Regierungs- 
dauer.  Talal  hatte  vier  SOhne  hinterlassen :  Bender,  'Abdallah, 
Naif,  Bedr.  Der  erste  und  der  lezte  verschworen  sich  zur  T6dtung 
des  Meta(b:  in  der  Oberzeugung  dass  derselbe  durch  ein  Amulet 
gegen  Blei  gefeit  sei ,  gossen  sie  silberne  Kugeln  und  erschossen 


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170  8IEBENTES  OAPITEL. 

von  der  BrOstung  des  l£asr  herab  den  arglosen  Oheim  anf  offenem 
Marktplatz.  Das  soli  am  2.  Rabr  II.  1285(1)  =  23.  Juli  1868ge- 
wesen  sein.  Da  Meta*b  nur  einen,  damals  kaurn  zweijahrigen , 
Sohn  cAbd  eleaziz  hinterlassen  hatte ,  konnte  hochstens  der  Bru- 
der  des  Ermordeten  Muhammed  ibn  cAbdallah  (der  jetzige  Emir) 
gefahrlich  werden. 

Bender  ibn  Talal,  der  sich  mit  17  oder  18  Jahren  zum 
Herrscher  aufgeworfen,  hatte  wenig  Gluck.  Seine  Rohheit, 
Willkuhr  und  Eigensinn  waren  nicht  geeignet,  seinen  Thron 
zu  befestigen;  Misswachs,  Hungersnoth  nahrte  die  Unzufrieden- 
heit  des  Volkes.  Die  Abwesenheit  seines  Oheims  Muhammed , 
der  sich  nach  Rijad  zu  'Abdallah  ibn  Sacud  geflfichtet  hatte, 
beunruhigte  ihn.  Muhammed,  der  schon  13-mal  die  persische 
Cberlandcarawane  von  Baghad  noch  Mekkah  hin  und  zuruck 
begleitet  hatte,  war  durch  dieses  eintragliche  Geschaft  in  den 
Besitz  eines  ansehnlichen  Vermogens  gelangt,  zudem  besass  er 
ausgedehute  Verbindungen ,  und  sein  Name  ward  von  Jung 
und  Alt  bei  Persern  und  Beduinen  mit  Ruhm  genannt.  Aller 
Augen  waren  auf  diesen  Mann  gerichtet;  und  das  war  dem 
Bender  nicht  verborgen.  Dieser  glaubte  daher  sicherer  zu  gehen , 
wenn  er  ihn  auf  irgend  welche  Weise  wieder  in  die  Nahe  be- 
kame.  Briefe  und  Geschenke  liess  Muhammed  zunachst  unbe- 
rrtcksichtigt.  Erst  durch  Vermittlung  des  eAbdallah  ibn  Sacftd 
gelang  es  dem  Bender,  durch  freundliche  und  versdhnliche 
Briefe,  seinen  Oheim  wieder  zur  Rtlckkehr  nach  Hajel  and  zur 
Annahme  der  Fuhrerscbaft  des  persischen  tlagg  zu  bewegen. 
Muhammed  filhrte  den  Auftrag  aus,  und  sollte  zugleich  im 
Heimweg  vom  Euphrat  1000  Kameelsladungen  Reis  nach  Ilajel 
schaffen.  Da  kein  anderer  Stamm  bei  Negef  in  der  Nahe 
war,  schlos3  Muhammed  mit  den  sonst  feindlicheu  Beduinen 
vom  Stamm  £aftr  einen  Vertrag,  die  Ladung  nach  Hajel 
zu  ilbernehmen,  und  verbQrgte  sich  fur  freies  Geleit.  Bei  der 
Annaherung  an  Hajel  sc^hickte  Muhammed,  wie  ublich,  einen 
Boten  voraus  und  liess  seinen  Gruss  vermelden.  Bender  wuthend 
und  argwOhnisch  uber  sein  AnrOcken  mit  einem  fremden  Stamm, 


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WAllllABITEN. 


171 


befahl  gleich  die  Pferde  zu  bringen  und  die  Stadtthore  zu  scblies- 
sen.  Er  selbst  mit  seinem  jungeren  Bruder,  sowie  mit  Hamud 
dem  Sohn  'Obeids  und  kleinem  Gefolge,  ritt  vor  die  Mauern 
hinaus  dem  Muhammed  entgegen.  Statt  aller  BegrQssung  nur 
ein  kurzer  Wortwechsel  und  Vorwflrfe.  Auf  ein  rasches  Zeichen , 
durcb  welches  IJamud  hinter  dem  Rucken  des  Bender  bedeutete , 
dass  es  sich  um  seinen  Kopf  handle ,  warf  sich  Muhammed  von 
seinem  Delul  auf  das  Pferd  eines  der  Begleiter,  stflrmte  auf 
den  Bender  los ,  packte  ihn  bei  den  vorderen  Zopfen  und  schlitzte 
ihm  mit  dem  tfangar  (Dolche)  blitzschnell  den  Bauch  auf,  dass  die 
Gedarme  zu  Boden  fielen.  Wahrend  Bedr  auf  9einem  Ross  ins 
Gebirg  entfloh  und  verfolgt  wurde,  ritt  Muhammed  nebst  IJamfid 
durch  die  menschenOden  Strassen  ins  Schloss.  Was  von  Talals 
Familie  zu  erreichen  war,  darunter  vier  Kinder  von  der  eigenen 
Schwester  Muhainmeds,  dazu  die  Sclaven  und  alle  Anhanger 
wurden  in  einer  und  derselbe  Stunde  abgeschlachtet.  Es  sollen 
70  Kflpfe  gefallen  sein.  Darnach  Todesstille.  Das  war  am  20. 
Ramadan  1286  —  25.  Dec.  1869.  Als  am  folgenden  Morgen 
die  Pforten  des  £a$r  sich  Gffneten,  nahm  der  neue  LOwe  des 
Tages  auf  dem  Herrschersitz  Platz,  neben  ihm  ITamud  mit 
einigen  bewaffneten  Schwarzen.  Auf  dem  Mes-hab  (Marktplatz) 
vor  dem  Schloss  befanden  sich  nur  etliche  fremde  Beduinen , 
die  in  der  Stadt  eingeschlossen  waren.  Zeugen  der  Greuelscenen 
vom  Tag  zuvor,  klang  ihnen  noch  das  Wehgeschrei  der  Opfer 
in  den  Ohren,  und  sie  hielten  ihr  letztes  Stundlein  fur  ge- 
kotnmen.  Ausser  diesen  wagten  nur  noch  wenige  Ansftssige  von 
ITajel  auf  dem  Platz  zu  erscheinen  und  ihre  Huldigung  darzu- 
bringen.  Vor  dieser  mageren  Volksversammlung  rechtfertigte 
Muhammed  in  abgerissenen  Satzen  und  mit  hastigen  Geberden 
sein  Verfahren.  Wahrend  dieser  Scene  eilte  die  Schaar  herbei, 
welche  den  Bedr  verfolgt  und  eingefangen  hatte.  Mit  prahle- 
rischen  Worten  verkQudete  ihr  Anffthrer,  dass  er  den  Bedr 
unschadlich  gemacht  habe.  Statt  des  erhofflten  Lobes  ward  er 
von  Muhammed  angeschrieen :  „Wer  hat  dich  geheissen,  ihn 
umzubringen?  Etwa  ich?  Da  geh  her,  du  Hundesohn!  —  Als 


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172 


SIKBBNTES  CAMTRL. 


naher!  —  So!  Da!"  und  bei  diesen  Worten  hieb  er  ihm  mit 
dem  Schwert  auf  einen  Streich  den  Kopf  herunter  *).  Von  dem 
Tag  ab  soli  Muhammed  in  den  H  Jahren  seiner  Regierung 
keinen  Tropfen  Bluts  weiter  vergossen  haben.  Ward  im  Anfang 
in  der  ganzen  arabischen  WQste  sein  Name  nicht  anders  als 
mit  Schreck  genannt,  so  fliesst  heute  jeder  Mund  nur  uber, 
urn  seine  Gerechtigkeit ,  seine  Tapferkeit,  seine  Freigebigkeit , 
seine  Weisheit  zu  preisen.  Der  Schijuch  oder  wie  er  sich  selbst 
nennt  der  Schech  el-maschalch  *) ,  ist  der  Abgott  aller  Bedui- 
nen,  weil  sie  in  ihm  die  VerkOrperung  der  nationalen  Tugen- 
den  erblicken.  Ein  Jammer,  dass  er  kinderlos  ist!  Seine  Unter- 
thanen  wflrden  far  ihn  durchs  Feuer  gehen:  es  gibt  keinen 
unter  ihnen ,  der  ihm  ilbel  wollte.  Allah  itawwll  'amruh ! ') 


1)  Wer  denkt  bieb«i  nicht  an  die  ahnliohe  Scene  2.  Sara.  1,  1 — 18? 

2)  .Der  Schech  der  Scheche".  Die  Beduinen  reden  von  ihm  gewShnlich  all  dem  Sehjjflch 
oder  aach  den  Emir,  oder  IWrmtehid,  (Berratchld).  In  der  An  rede  gebjrauchen  tie  nur  «eineu. 
Namen  .Ji  Muhammed  " 

8)  -Oott  rcrlangere  >ein  Lebenr 


VIII.  CAPITEL. 

i 

Hftjel. 

21.  October  1883  -  23.  Januar  1884. 


Wir  waren  begreiflicherweise  voller  Spaonung,  den  eben  ge- 
schilderten  Herrscher  des  nSrdlichen  Arabiens  zu  Gesicht  zu 
bekommen,  in  dessen  Hand  far  die  nachste  Zeit  unser  ganzes 
Geschick  gelegt  war.  Wahrend  unser  Gepack  in  das  far  uns 
bestimmte  Haus  verbracht  ward,  wurden  wir  selbst  in  das 
Schloss  gefahrt  durch  einen  Hof  an  alten  Kanonen  vorbei  zunachst 
in  die  Empfangshalle  *),  wo  wir  mit  tfahwah  helu  (S.  128)  und 


1)  vjLyiax  m.tfif. 


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174 


ACHTES  0APITE1.. 


Cafe  bewirthet  wurden.  Die  grosse  Menge  Menschen,  die  aus- 
und  eingieng  uns  zu  begrussen  und  zu  begaflfen,  wurde  im 
Zaum  gehalten  durch  einen  wurdigen  Greis  mit  langem  schnee- 
weissem  Bart.  Das  war  der  alte  Muferrig,  Ceremonienmeister 
und  Eiufahrer  im  Palast.  Wir  mochten  etwa  eine  halbe  Stunde 
in  der  Halle  zur  Schau  gesessen  haben  —  wahrend  welcher 
Zeit  der  Emir  durch  unsern  Reisemarschall  tfamud  el-Migrad 
sieh  vorlaufigen  Bericht  hatte  erstatten  lassen  —  da  trat  Mufer- 
rig vor  uns  mit  der  Meldung ,  der  Emir  wttnsche  uns  zu  empfan- 
gen.  Durch  einen  langen  dunkeln  Gang,  an  der  Wachtstube 
vorbei ,  fuhrte  er  uns  uber  einen  halboffenen  Vorplatz ,  auf  dein 
rechts  drdben  ein  paar  lacherliche  europaische  Lehnstuhle 
(Throne?),  vergoldete  GartenmCbel  und  son9tiges  unnutzes 
Zeug  aus  dem  Abendland  herumstanden ,  in  den  $aMwah  d.h. 
Empfangssalon  des  Fursten.  Nachdem  wir  Schuhe  und  Sandalen 
am  Eingang  zurflckgelassen  hatten,  schritten  wir  ohne  Ver- 
beugung  oder  Ceremonie  mit  einem  einfachen  Salam  'aleikum 
schrag  links  hinQber  auf  den  Emir  zu.  Kaum  unsrer  ansichtig 
geworden,  erhob  sich  dieser  mit  der  Erwiederung  uealeikum 
es-salam ,  gieng  uns  entgegen ,  reichte  uns  die  Hand  und  wahrend 
wir  ihn  rechts  und  links  bekussten ,  rief  er  mehrfach  lebhaft : 
Tsef  ent,  ts^f  ent?  (s.  S.  128).  Ebenso  der  Vetter  des  Fursten 
I,Iamud  el-cObeid.  Tafaddald  (,Seid  so  gut")  war  das  Zeichen 
sich  niederzulassen.  Allgemeine  Begrussung  mit  ,Guten  Mor- 
gen!"  Auf  der  linken  Seite  des  Fursten  nahmen  Huber  und  ich 
Platz,  weiterhin  §alih  ibn  llakhi§  der  Kriegsmann  (S.  132) 
dann  folgten  die  jungen  Prinzen;  rechts  sass  I^amud  el*'0b6d  und 
einige  altere  Verwandte;  an  der  Wand  gegenuber  (gleich  links 
vom  Eingang)  die  —  wir  warden  sagen  —  Minister  und  Palastbe- 
amten,  auch  Soldaten  mit  gezogenen  Sabeln.  Da  Huber  als  alter 
Bekannter  und  Gast  von  frtther  her  in  erster  Linie  Red  und  Ant- 
wort  zu  stehen  hatte,  konnte  ich  mit  Musse  Umschau  halten. 
Der  Empfangssaal  besteht  aus  einem  weissgetttnchten  langlicht- 
viereckigen  Raum  16m  lang,  10m  breit  und  etwa  im  hoch.  Die 
Decke  ist  aus  Ithelstammen  gebildet,  von  drei  Lehmsaulen  ge- 


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H&JEL.  175 

tragen  und  mit  vier  Petroleumlampen  *)  behangen,  der  Boden  mit 
Palmmatten  belegt ,  an  den  Wanden  ringsum  persische  Teppiche 
mit  aufgeschichteten  Kissen  als  Armlehneu.  Vor  dem  Platz  dea 
Fursten  wird  in  einer  2m  langen  Boden vertiefung  die  ganze 
Zeit  ein  flamraendes  Feuer  unterhalten.  Auf  einera  niederen 
Tischlein  davor  stehen  3  Petroleumlampen  und  zwei  Windlieh- 
ter.  Eine  weitere  Lampe  hangt  in  dem  finsteren  Winkel  rechts, 
wo  der  Cafe  bereitet  wird.  Bei  Tag  fallt  in  den  ganzen  Raum 
nur  wenig  Licht,  denn  ausser  der  Thilre  befinden  sich  nur  noch 
ein  paar  8chmale  Mauerschlitze  an  der  gegenuberliegenden 
Langwand. 


Der  Emir  Mu hammed  ibn  'Abdallah  er-Raschid  ist  ein 
Mann  von  etwa  48  Jahren ,  gleich  alien  Prinzen  seiner  Familie  von 
ziemlich  heller  Hautfarbe,  mit  schwarzem  (oder  jedenfalls  tadellos 
schwarz  gelarbtetn)  Bart,  thatkraftigem  Gesiehtsausdruck ,  und 
lebhaften  stets  bevveglichen  Augen 8).  Nahezu  schmucklos  im 
Aussern  tragt  er  far  gewOhnlich  uber  dem  weissen  baurawol- 
lenen  Hemd  nur  den  schwarzwollenen  am  Hals  gestickten  cAba 


1)  Das  amcrikanische  Petroleum  wird  won  Basra  oder  Baghdad  ins  Land  gcschafft.  Die  leeren 
Blechkt|>Mln  und  die  Holzkiatcn  der  Verpacknng  finden  nachtrajzHch  mancherlei  Verwendaog, 
bilden  daher  eine  gesuchte  Waare  Die  leere  Holikiate  ist  immer  noch  einen  Meg!di(3|  M.)  werth. 

2)  1st  ea  Gewohnheit  oder  Argwohn .  dasa  er  bci  der  geringsten  Bewegung  oder  Sitxverande- 
rung  eines  der  Anwesenden  aufort  den  Kopf  dreht  and  den  Mann  mit  den  Augen  featbannt? 


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■ 


176  ACHTES  OAPITEL. 

(Mantel),  auf  dem  Kopf  eine  rothe  bauniwollene  Keffijjeh  mit 
goldgewirktem  'Afcal  (Kopfstrick) ;  darunter  kommen  zum  Vor- 
schein  zwei,  bezw.  vier,  schwarze  Zflpfe  in  schSnen  Ringeln 
angeordnet.  Er  geht  ohne  Strumpfe  in  gewGhnlichen  Ledersan- 
dalen.  Sein  einziger  Luxus  sind  schflne  Waffen:  der  Sabel, 
welcher  neben  ihm  an  der  Wand  lehnte,  mochte  am  Beschlag 
der  Scheide  und  am  drahtumwirkten  Griff  2—3000  M  Gold 
enthalten.  Geistig  ateht  er  thurrnhoch  nicht  bloss  aber  seinen 
Unterthanen,  sondern  auch  aber  3einen  Verwandten.  Wenn 
schon  koranglaubig  ist  er  doch  ziemlich  vorurtheilsfrei  gegen 
Andersglaubige ,  die  zu  9ehen  and  zu  beobachten  er  in  Baghdad 
oft  Gelegenheit  hatte.  Er  spricht  arabisch  persisch  und  turkisch 
gleich  gewandt;  die  alten  arabischen  Dichter  kennt  er  zum 
grossen  Theil  auswendig,  nicht  minder  alle  alten  und  neuen 
Spottgedichte  und  Schelmenlieder  der  Beduinen.  —  Er  hehielt 
uns  in  guter  Laune  wohl  eine  halbe  Stunde  da,  wahrend  deren 
verschiedene  £ahwah  helu  und  Cafe  gereicht  wurden.  Von  da 
wurden  wir  durch  Muferrig  in  einen  anderen  Theil  des  Palastes 
gefuhrt  zum  Empfang  bei  cAbd  el-azlz  ibn  Met'ab.  Da3  istein 
junger  fast  madchenhafter  Prinz  von  hochstens  16  Jahren  mit 
eigenem  Hofstaat  und  besonderer  Wirthschaft.  Hier  gab  es  — 
abermals!  —  #ahwah  helu  und  Cafe.  Ich  muss  gestehen,  ich 
hatte  jezt  eigentlich  genug  von  dem  lapperigen  Zeug  im  Leib, 
und  sehnte  mich  nach  einer  solideren  Stutze  meines  Magens; 
dabei  musste  ich  unwillkflhrlich  an  den  n  Mayer  in  Constan- 
tinopel"  denken ,  dessen  Besuch  beim  Sultan  ein  Freund  ')  von 
mir  so  schon  beschrieben  hat.  Zu  unsrer  Erldsung  erschien 
endlich  Muferrig  mit  der  Meldung ,  das  Elssen  sei  bereit.  Jenseits 
des  Hofes,  wo  gemeine  Beduinen  gespeist  werden,  stiegen  wir 
die  Treppe  hinauf  zu  einer  Gallerie,  welche  far  Gaste  von 
Auszeichnung  vorbehalten  ist.  Alle  die  Leute,  welche  vom  Gyof 
bis  hieher  die  Reise  mit  uns  zusammen  gemacht  hatten,  wur- 
den der  Ehre  gewurdigt,  gleich  uus  auf  der  Gallerie  bewirthet 


1)  K.  A.  Wo II,  Pfiiliiiche  Oedichte.  3.  A.  Heidelberg,  K.  Gros  1881,  S.  69  ff. 


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UrtJEL. 


177 


zu  werden.  Sobald  wir  auf  dem  schraalen  Gange  Platz  genom- 
men,  wurde  das  Essen  gebracht:  je  4  Sclaven  schleppten  eine 


mehr  als  einen  Meter  im  Durchmesser  haltende  verzinnte  Kupfer- 
platte  daher,  gehauft  voll  mit  Reis  und  Kameelfleisch.  Die 
Platte  selbst  ruhte  noch  auf  einer  runden  strohgeflochtenen 
Matte  mit  vier  Handgriffen  zum  Anpacken.  Wir  wollten  uns 
eben  anschicken ,  zuzugreifen ,  da  mussten  wir  nochmals  Platz 
machen ,  bis  die  anderen  Platten  an  uns  voriibergetragen  waren , 
denn  der  Raum  war  so  eng,  dass  die  Sclaven  mit  dem  Saum 
ihrer  Hemden  und  mit  den  Arrnel-Enden  unsern  Reisberg  streif- 
ten!  Ich  hatte  gewiss  auch  einen  guten  Appetit,  aber  was  da 
neben  von  der  nachsten  Platte  uusre  beduinischen  Begleiter, 
die  Scherarat ,  vertilgten ,  spottet  jeder  Beschreibung.  In  dem 
schmerzlichen  Gedanken,  dass  ihnen  nicht  so  bald  wieder  eine 
ahnliche  Mahlzeit  bescheert  sein  durfte,  leisteten  sie  ihr  Moglich- 
stes,  und  brachten  in  der  That  je  10  eine  ganze  Platte  leer, 
die  sonst  far  den  grOssten  Hunger  von  15  Menschen  berechnet 
ist.  Vor  und  nach  der  Mahlzeit  wurde  den  Gasten  Wasser  zum 
Handewaschen ,  und,  als  Luxus,  zum  Abtrocknen  Handtucher 
gereicht.  Die  lezteren  waren  dermassen  schmutzig,  dass  Huber 
sich  nicht  enthalten  konnte,  unsern  Reisemarschall  zu  fragen, 
ob  sie  im  ftasr  neuerdings  keine  sauberen  Handtucher  mehr 
erschwingen  kOnnten.  Das  wirkte;  gleich  wurden  frische  ge- 
bracht. Nach  dem  Essen  mussten  wir  noch  unten  im  Hofe  6 
Kanonen  bewundern,  alte  eiserne  Rohre  mit  den  europaischen 
Jahreszahlen  1793,  1794,  von  Ibrahim  Pascha  seiner  Zeit  im 

12 


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178 


ACHTES  CAPITOL. 


£a§im  zurackgelassen  (s.  S.  164).  Die  Laffetten  waren  in  so 
mangelhaftem  Zustand ,  dass  ohne  Gefahr  fdr  die  Bedienung  kein 
Schuss  mehr  daraus  abgefeuert  werden  konnte.  Uberdiess  dtirfte 
sich  kaum  noch  Munition  far  diese  Geschatze  irgendwo  im 
Inneren  Arabiens  vorfinden. 

Jezt  endlich  durften  wir  das  Haus  aufsuchen,  welches  der 
Fur3t  uns  zur  Verfugung  gestellt  hatte.  Hamud  el-Migrad  hatte 
uns  schon  bei  der  ersten  Begegnung  zu  Ithreh  erOflhet,  dass 
der  Emir  uns  die  Wahl  lasse ,  ob  wir  im  £a?r  oder  in  eigenem 
Hause  wohnen  wollten;  wir  hatten  naturlich  das  leztere  vor- 
gezogen ,  weil  wir  darin  ungenirter  zu  leben  gedachten.  Dieses 


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Haus,  iui  persischen  Viertel  gelegen,  war  Eigenthum  eines  in 
seine  Vaterstadt  zurflckgekehrten  Meschhedi;  der  Wakil  (Sach- 
walter)  des  Lezteren  hat  es  in  Ermanglung  von  etwas  Besserem 


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IliUEL. 


179 


einstweilen  far  eine  Erkennungsgebahr  von  6  Megidi  (20  M)  jfthr- 
lich  an  den  Fursten  vermiethet ,  und  hofft  daas  dieser  es  kauflich 
erwerben  werde.  Um  eine  Vorstellung  von  der  baulicheu  Ein- 
richtung  eines  arabischen  Hauses  zu  geben,  will  ich  hier  Plan 
und  Durchschnitt  nrittheilen,  und  eine  Ansicht  des  inneren 
Hofes  zu  geben  versuchen. 


Durch  einen  in  rechtem  Winkel  gebogenen  Gang  gelangt  man 
zunachst  in  den  vorderen  oder  ausseren  Hof,  In  dessen  Mitte 
reenter  Hand  die  Eingangsthure  zum  l£aMwah,  dem  Empfangs- 
zimmer  gleichzeitig  unsrem  Wohn-  und  Schlafraum,  fuhrt.  Wande 
und  Boden  bestehen  aus  gestampftem  Lehm.  Der  Diener  Mahmud 
batte  hier  sauber  ausgekehrt,  die  aus  dem  Ka-r  erhaltenen 
Strohmatten,  sowie  die  Teppiche  und  Kameelssattel  zurecht- 
gelegt;  alles  Qepack  war  in  den  verschliessbaren  Mtikhzan  el- 
^ahawah  daneben  geschafift ,  um  es  der  Neugier  und  der  Begehr- 


180 


AOHTES  CAflTFI.. 


lichkeit  der  Besucher  zu  entziehen.  Neben  dem  gewflhnlichen 
KKhawah  war  noch  eia  besonderer  Winter-^hawah  belegen, 
den  einstweilen  Mahmud  ah  Schlafraum  angewiesen  erhielt. 
Vom  erstea  Hof  durch  cine  vortretende  Quermaaer  abge- 
trennt  lag  der  itmere  grossere  Hof,  um  den  sich  verschiedene 
zu  Kuchenzwecken  bestimmte  Raumlichkeiten  anordeten.  Hier 
war  far  gewShnlich  der  Aufeathaltsort  der  Sclaven,  die  der 
Emir  uns  zur  Verfagung  gestellt  hatte;  das  war  erstens  der 
15-jahrige  Matar,  und  seine  Schwester  Frehah,  sp&ter  noch  eine 
weitere  Sclavin.  Dieselben  hatten  dem  Diener  Mahmud  in  der 
Kfiche  behilfiich  zu  sein,  Wasser  am  Brunnen  Semah  zu  holen, 
Holz  Reis  Fleisch  Datteln  und  was  wir  sonst  nCthig  hatten  aus 
dem  Schloss  herbeizuschaffen.  Sie  wohnten  nieht  in  unsrem  Haus , 
sondern  kehrten  allabendlich  nach  dem  Nachtessen  zu  ihren 
Eltern  zuruck,  die  im  Sufc  el-eabid  (Sclaven-Viertel)  wohnten. 

Wir  hatten  naturlich  am  liebsten  uns  zunachst  in  der  Wohnung 
behaglich  eingerichtet ,  und  das  NGthigste  fur  die  eigenen  Be- 
durfnisse  aus  den  Koffern  ausgepackt;  da  war  jedoch  keine 
Moglichkeit.  Es  gieng  heute  und  ebenso  in  den  folgenden  Tagen 
mit  hohen  und  niederen  Besuchen  aus  und  ein  wie  in  einem 
Taubenschlag.  Die  eigentliche  Absicht  aller  dieser  Besuche,  rich- 
tiger  Bcttler,  war,  mOglichst  viel  von  uns  herauszuschlagen , 
und  uns  in  friedlicher  Weise  von  dem  wahnsinnig  reichen  Ge- 
pack  zu  erleichtern.  Sie  mussten  sich  zunachst  betrflbt  uber- 
zeugen,  dass  sie  noch  viel  zu  fruh  gekommen  waren,  und 
jedcnfalls  einander  selbst  im  Weg  standen.  Von  Geschenken 
erhielt  Keiner  etwas,  weder  in  die  Hand  noch  zu  Gesicht.  Also 
waren  Alle  gewiss  bitter  enttouscht,  und  wahrend  Jeder  den 
Andern  im  Stillen  zum  Teufel  wunschte  und  vergeblich  auf 
dessen  Abzug  wartete,  blieben  sie  mit  unentwegter  Standhaf- 
tigkeit  sitzen  uud  tranken ,  ihren  Beerbungsgedanken  nachhan- 
geud,  einen  Cafe  um  den  andern.  Es  waren  im  Grund  immer 
die  gleichen  Wettrenner,  nur  dass  sie,  um  einander  den  Rang 
abzulaufen ,  jeden  Morgen  fruher  zu  kommen  sich  bemuhten , 
namlich  schon  eine  Stuude  vor  Sonnenautgang !  —  was  ohnehin 


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HfUEL. 


181 


hier  zu  Land  als  vollkommen  anstandige  Besuchszeit  im  Gebrauch 
ist.  Fur  heute  wurden  wir  die  Bettelbande  bequem  los  dadurch, 
dass  der  Emir  bei  Sonoenuntergang  uns  ins  Schloss  zum  Abend- 
essen  entbot. 

Der  Fttrst  empfieng  uns  sehr  freundlich  im  engsten  Familien- 
kreis ,  im  Ganzen  acht  Personen.  Nachdem  die  Hande  gewaschen 
waren,  lud  er  uns  mit  einem  sammu  ')  ein,  aufdem  BodcnPlatz 
zu  nehmen  und  die  Mahlzeit  zu  beginnen.  Ich  war  erstaunt 
zu  sehen,  dass  der  Furst  und  die  Prinzen  an  Einfachheit  der 
Speisen  sich  kaum  von  ihren  Unterthanen  unterscheiden :  es 
kam  nur  eine  einzige  grosse  auf  dem  Grunde  mit  Brodfladen 
ausgelegte  Platte  gekochten  Reises  mit  Butter  iiberschuttet 
und  Schaffleisch  oben  drauf.  Wer  Durst  hatte  konnte  Wasser 2) 
verlangen,  das  ihm  dann  von  einem  Sclaven  in  messingener 
Schale  gereicht  wurde.  Der  Emir  redete  uns  mehriach  zu,  wir 
sollten  ungenirt  zugreifen,  wir  werden  Hunger  haben  und  dgl., 
dabei  legte  er  mit  eigener  Hand  die  fettesten  Stucke  Fleisch 
Jedem  von  uns  vor  seinen  Platz  in  der  Tafelrunde.  Am  Schlusse 
der  Mahlzeit  wurde  eine  kupferne  Schassel  gebracht,  wie  sie 
im  civilisirten  Orient  im  Gebrauch  ist ,  urn  die  Hande  abzuspu- 
len:  Das  Wasser  wird  aus  einer  schlankhalsigen  Kupferkanne 
fiber  die  Hande  gegossen,  die  Schussel  aber  hat  einen  doppel- 
ten  Boden,  wovon  der  obere  durchl6chert  und  abnehrabar  das 
schmutzige  Wasser  im  Bauch  des  Gefasses  verschwinden  lasst. 
Seife  und  diessmal  saubere  Handtucher  fehlten  nicht.  Eine 
Viertelstunde  raochte  das  Essen  gedauert  haben,  und  da  es 
nicht  Sitte  ist ,  nach  der  Mahlzeit  ohne  ganz  besondere  Auffor- 
derung  zu  verweilen,  so  kehrten  wir  mit  der  Dammerung  in 
unser  Haus  znruck.  Eben  gedachten  wir  uns  zur  Ruhe  zu  legen , 

1)  Eigentlich  :  .sprwhet  den  Namen  (Gottctt  ana"  d  h.  saget  BUmillfth  .im  Namen  Gottea", 
mit  welcher  Formel  jede  neue  Handlung  eingeleilet  wird. 

2)  Man  ruft  einfach  laot,  ohne  sich  an  eine  b«aondere  Person  zu  wenden,  hftt  ma'  (.bring 
Wauer!").  Der  Uiener,  turn  Zeichen  data  er  den  A  u  ft  rig  gebort  hat,  erwiedert  aam'  (eigtl. 
1*4-  .obediendo")  .in  Befehf,  und  bringt  daa  Geforderte.  Der  Trinkende  wird  die  Sehale 
nicht  ohne  ein  el-hamdu  lillAh  .Lob  sei  Gott"  zur&ckgebcn,  worauf  der  Reibe  nach  alle  Anwe- 
senden  ihn  anblickend  hanijjan  .Getandheit"  wunacben ,  was  der  Krstere  jedraraal  einzeln  mit 
hannik  .Kr  (Gott)  mache  dich  geaund"  erwiedert. 


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1S2 


ACIITHs  C.M'ITEL. 


und  erOrterten  noch  die  Frage,  welche  Geschenke  wir  morgen 
dem  Fflrsten  uberreichen  wollten,  da  klopfte  Hamud  el-Migrad 
heftig  an  der  Hausthure,  um  uns  abermals  in  den  £asr  zu 
bescheiden.  Von  den  24  Steinsehlossgewehren ') ,  welche  S.  M. 
der  Konig  Karl  von  Wflrttemberg  mir  verehrt  hatte,  wurden 
12  Stuck  mitgenommen,  ferner  ein  Mauser- Revolver  und  eine 
Sabelklinge  aus  Solingen.  Mahmftd  und  der  Sclave  Matar  trugen 
3ie  uns  nach.  Im  EShawah  des  Emir  war  grosse  Gesellschaft 
bei  festlich  beleuchtetem  Hause.  Wahrend  wir  Platz  nahmen, 
Hess  der  Furst  die  Gewehre  vor  sich  niederlegen,  und  mit 
sichtlicbem  Wohlgefallen  nahm  er  ein  Stack  in  die  Hand,  um 
das  Feuerschloss  zu  probiren.  Sein  Auge  fiel  dabei  auf  den 
Dieuer  Mahmud,  der  sich  eben  zurflckziehen  wollte,  „Bleib 
stehen!  Aa— h!  Bei  Gott,  dich  kenn'  ich  vom  Gy6f  her!  Hmm? 
Nicht  wahrl"  Mahmud  erblasste,  er  wusste  nur  zu  gut,  dass 
er  ja  damals  bei  der  unglUckseligen  Expedition  der  Turken  in 
den  Gyof  (S.  131  ff.)  als  Dolmetscher  gedient  hatte,  da  war  also 
nichts  abzuleugnen ;  er  stammelte  daher  einige  Worte.  Der  Emir 
einen  Augenblick  an  seiner  Angst  sich  waidend,  rief  ihm  zu: 
Ah,  brauchst  nichts  zu  torchten!",  und  gab  einem  von  seiner 
Umgebung  einen  Wiuk,  worauf  der  Erschreckte  mit  einer  stil- 
len  Ergetzung  von  15  Megidi  (52  M)  entlassen  wurde.  Den 
Mauser-Revolver  prQfte  er  mit  Behagen  und  war  Uber  die  Ein- 
fachheit  und  Sicherung  der  Waffe  sehr  erfreut.  Die  Solinger 
Elinge  ubergab  er  dem  rasch  hergeirufenen  Waffenschmied 
Ranem,  mit  dem  Befehl  zu  sofortiger  Instandsetzung.  Wahrend 
die  ubrigen  Anwesenden  der  Reihe  nach  gleichfalls  die  Waffen 
betrachten  und  betasten  durften,  wandte  sich  der  Fttrst  zu  uns 
zweien  und  fragte:  „Was  meint  Ihr?  Unlftngst  war  ein  per- 
sischer  Arzt  bei  mir  und  hat  mir  eine  Kur  verordnet.  1st  das 
wohl  gut  fur  mich?"  Dabei  entblOsste  er  beide  Oberarme ,  die  von 
schmalen  silbernen  Spangen  eng  umschlossen  waren.  Zwei  Sclaven 
kamen  herbei  und  Gffneten  den  einfachen  Verschluss ;  unterdem 


1)  Aus  dem  Ktthhatu  »  Stuttgart  sUmmead,  Ton  wo  tie  S.Maj.  furmich  hatte  ankaufen  las*eu. 


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ii&jel.  183 

Bande  kamen  grune  Pflanzen-Blatter  zum  Vorechein ,  welche  ein 
Erbsen-Fontaneil  bedeckten.  Huber  bemerkte  ihm ,  die  Kur  sei 
zwar  nicht  schadlich ,  aber  jedenfalls  eine  nutzlose  Schinderei ,  er 
konne  die  Sache  ebensogut  ganz  unterlassen;  dennoch  wollte 
der  Emir  die  Kur  weiter  erproben,  liess  neue  Erbsen  in  die 
kilnstlichen  Wunden  legen,  dieselben  mit  frischen  Blattern  be- 
decken  and  die  Silberb&nder  wieder  schliessen.  —  Nachts  zehn 
Uhr  endlich  konnten  wir  unser  Ruhelager  aufsuchen. 

Mo.  22.  Oct  83]  Nach  einer  langen  und  erquickenden  Nacht- 
ruhe  stellte  sich  tfamud  el-Migrad  ein,  unser  bisheriger 
Reisemarschall  und  nun  standiger  Adjutant  wahrend  unsres 
hiesigen  Aufenthaltes.  Zugleich  mit  dem  Fursten  aufgewachsen , 
and  demselben  treu  zugethan,  geht  er  von  Jugend  auf  im 
$a$r  aus  und  ein;  und  wenn  er  auch  kein  eigentliches  Amt 
bekleidet ,  so  wird  er  doch  mit  Rucksicht  auf  seinen  natarlichen 
Verstand  und  seine  gute  Sparnase  zu  manchen  ausserordent- 
lichen  Diensten  verwendet  (vgl.  S.  60  und  1 1 4).  Dabei  kann  er  doch 
nicht  verhuten,  von  Zeit  zu  Zeit  in  Ungnade  zu  sturzen,  in 
welchen  Fall  er  naturlich  von  keinem  Sclaven  auch  nur  mehr 
gegrusst  wird.  Er  kommt  aber  immer  wieder  oben  auf,  und 
gerade  jezt,  wo  er  una  als  persOnlicher  Adjutant  beigegeben 
ist,  steht  er  hoch  angesehen  da.  Unser  Diener  Mahmad  freilich, 
sein  geschworener  Feind  (S.  67  und  115),  behauptete,  mit  dem  An- 
sehen  sei's  nicht  so  weit  her ;  er  gelte  als  Schmarotzer  (mahrum) , 
der  aus  Geiz  zu  Hause  kaum  etwas  ease,  und  flberall  auswarts 
sich  zu  futtern  suche.  Wir  sollen  nur  auf  unsrer  Hut  sein, 
seine  Freundlichkeit  sei  eitel  Verstellung,  er  suche  uns  aufs 
schamloseste  fur  sich  und  fur  den  I£a§r  (die  Herrscherfamilie 
im  Schloss)  auszubeuten.  Nun  allerdings  seine  Stellung  bei  uns 
auszunutzen  war  er  nicht  mussig.  So  jammerte  er  uns  heute 
gleich  beim  Eintritt  ohne  weitere  Einleitung  vor,  dass  er  sich 
doch  scharaen  musse  vor  den  Leuten,  die  ihu  nach  seiner  Be- 
schenkung  fragen ;  denn  er  masse  immer  sagen ,  bis  jezt  habe 
er  von  uns  noch  keine  Anerkennung  in  Gestalt  eines  Geschenkes 
erhalten  (vgl.  S.  135).  Es  kOnne  uns  doch  auch  nicht  gleichgultig 


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184 


ACtlTGS  CAPITEI.. 


I 


sein ,  wie  man  fiber  uns  urtheile !  Es  wurde  ihm  also  zunftchst  die 
Steinschlossflinte ,  die  er  auf  der  Reise  ate  Lehen  getragen, 
nunmehr  als  Eigenthum  zugesprochen.  Da  er  diess  Gerathjedoch 
schon  in  seinem  Hause  verwahrt  hatte,  empfand  er  es  offenbar 
nicht  als  neues  Geschenk,  und  wiewohl  er  einstweilen  seine 
Klagen  aufstecken  musste,  schien  er  doch  nicht  sonderlich  er- 
baut.  Die  Habsucht  stent  eben  selbst  bei  den  besten  Bedui- 
nen  im  Vordergrund,  und  wird  von  ihnen  auch  gar  nicht  zu 
bemanteln  gesucht.  Wenn  man  doch  etwas  haben  kann,warum 
soil  man's  nicht  nehmen?  Der  Eine  thut's  mit  Gewalt,  der 
Andere  mit  List,  der  Dritte  mit  Betteln!  Gar  bezeichnend  fur 
einen  Beduinen  ist  es,  dass  Hamud  el-Migrad,  als  er  im  Laufe 
des  Tages  zum  Zeichen  unsrer  Befriedigung  einen  Mauser-Revolver 
erhielt,  gleich  fragte,  ob  wir  nicht  auch  noch  ein  ubriges  Dop- 
pelgewehr  fur  ihn  hatten. 

Fur  den  heutigen  Tag  war  die  Erledigung  der  nothwendig- 
sten  Besuche  angesetzt.  Vor  Allem  achleppte  uns  {Jamud  el-Migrad 
wieder  zum  Fursten;  der  Grund  fQr  diesen,  wie  rair  schien, 
zudringlichen  Besuch  sollte  rair  bald  klar  werden.  Schon  unter- 
wegs  berichtete  IJamud,  der  Furst  habe  sich  bei  ihm  sehr  an- 
gelegentlich  noch  unseren  Repetirgewehren  erkundigt;  es  werde 
uns  wohl  nichts  anderes  ubrig  bleiben,  als  ihm  dieselben  zu 
verehren.  Und  als  wir  nun  beim  Fursten  empfangen  wurden, 
erOffnete  uns  dieser,  er  sei  sehr  neugierig,  unsere  Gewehre  zu 
sehen,  denn  er  habe  Wunder  da  von  gehflrt.  Alsbald  wurde  ein 
Sclave  fortgeschickt ,  um  eines  der  Gewehre  in  natura  zu  holen. 
Nachdem  das  Lederfuttcral  abgenommen  war,  musste  ich  den 
Mechanismus  erkliiren;  ich  zeigte  das  Gewehr  zuerst  als  Einzel- 
dann  als  Mehrlader,  oder  als  „Vater  von  neun",  wie  der  Emir 
sich  ausdruckte;  seine  Augen  leuchteten  vor  Bewundemng, 
wie  zum  Schluss  die  neun  Patronen  eine  nach  der  andern  mit 
einem  Ruck  herausgeworfen  wurden.  Ich  musste  den  ganzen 
Vorgang  noch  einmal  vormachen ,  und  legte  dann  am  Ende  das 
Gewehr  vor  meinem  Platze  nieder.  So  rein  akademisch  sollte 
indess  die  Sache  nicht  abschliessen.  llaniud  el-Migrad,  der  neben 


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HkKl'.  185 

mir  sass,  sagte  mir  leise  ins  Ohr:  „Du  musst's  ihm  verehren". 
Kochend  vor  Arger,  doch  mit  Beherrschung  gab  ich  ihm  zurtick : 
BTst  denn  Euer  Emir  ein  BettleH  Hab'  ich  ihm  nicht  gestern 
Abend  zwolf  (iewehre  geschenkt?  Wird  er  so  noch  eins  oder 
mehr  jeden  Morgen  von  seinen  Gasten  erwarten  ?"  Mit  bezeich- 
nender  Geberde,  den  Finger  gegen  die  Stirne  gelegt,  gab  er 
mir  zu  uberlegen:  /Andak  *afcir  („Du  hast  doch  Verstand")? 
„  Ja ,  ich  habe  so  viel  Verstand ,  dass  ich  meine  Gewehre  selber 
nOthig  nabe!"  „Gut!  Du  hast  aber  noch  andere  Gewehre,  und 
die  genugen  dir.  Sieh!  ich  bin  in  der  namlichen  Nacht  geboren, 
wie  er,  ich  kenne  seinen  Gesichtsausdruck  von  Jugend  auf; 
hast  du  denn  sein  Auge  nicht  gesehen,  als  er  das  Gewehr  be- 
trachtete1?  ich  sage  dir:  er  will,  er  muss  das  Gewehr  haben!" 
Ich  schwieg.  Hamad  mochte  filhlen,  dass  der  Boden  schon 
etwas  gelockert  sei,  und  fieng  nach  kurger  Pause  wieder  an: 
BcAndak  cakl?  Was  willst  du  in  unsrem  Land?  Was  kannst  du 
ohne  Zustimmung  des  Schijuch  machenl"  „Du  weisst,  ich  will 
die  Ruinen  von  Teima,  el-llegr,  el-c01a  sehen,  sonst  begehr  ich 
nichts!"  „Sch6n!  Glanbst  du  denn,  dass  du  jene  Gegenden 
jemals  zu  Gesicht  bekommen  wirst,  wenn  du  nicht  sein  Ver- 
langen  erfilllst  ?  Du  wirst  gastlich  aufgenommen  sein ,  so  lange 
du  willst,  aber  den  eigentlichen  Zweck  deiner  Reise  wirst  du 
nun  und  nimmer  erreichen.  Also  gib's  ihm  doch!"  Ich  kampfte 
in  meinem  Innern  einen  schweren  Kampf:  far  die  Falle,  auf 
die  ich  gerustet  sein  musste ,  war  es  gewiss  nicht  gleichgQltig , 
was  fflr  eine  Waffe  ich  besass;  mit  oder  ohne  Repetirgewehr 
mein  Leben  stand  doch  immer  auf  dem  Spiel;  es  fragte  sich 
also  nur:  sollte  ich  mir  die  Erfflllung  meiner  Reiseaufgabe 
erleichtern,  ei*schweren  oder  ganz  unmOglich  machen?  yamud, 
du  hast  Recht!  So  nahm  ich  denn  die  Flinte  —  es  stiess  mir 
schier  das  Herz  ab  —  und  legte  sie  mit  dem  iiblichen  khod 
(.Nimm's11)  vor  die  Fttsse  des  Emir.  Der  ergriff  die  Waffe  und 
steUte  sie,  ohne  eine  Gemttthsbewegung  zu  verrathen,  auch 
ohne  ein  Wort  des  Dankes,  neben  sich  an  die  Wand.  Die 
Metall-Patronen,  zu  dem  Gewehr  300  Stack,  sollte  er  im  Laufe 


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18G 


ACHTES  CAI'ITEL 


des  Tags  erhalten.  Sein  Vetter  Hamud  el-e0b6d  fragte  noch,  ob 
das  zweite  Gewehr  genau  so  beschaffen  sei,  wie  dieses  hier. 
Durch  einen  Blick  des  Auges  verstandigte  ich  mich  mit  Huber, 
und  zehn  Minuten  spftter  stand  auch  noch  das  zweite,  unser 
leztes  Repetirgewehr,  neben  dem  ersten.  Hamud  el-Migrad  hatte 
far  seinen  Herrn  gut  gearbeitet. 

Nach  Weggabe  meines  wirksamsten  Lebensbeschutzers  konnte 
ich  nun  beruhigt  sein ,  abgesehen  von  meinen  wissenschaftlichen 
Ausrustungsgegenstanden  in  alien  meinen  Koffern  nichts  mehr 
zu  besitzen ,  dessen  Verlust  ich  irgendwie  schmerzlich  zu  empfin- 
den  gehabt  hatte.  Wie  Recht  hatte  ich  gehabt,  einige  Gegen- 
stande  zu  Hause  zu  lassen ,  deren  Einbusse  mir  doch  sehr  nahe 
gegangen  ware!  So  hatte  ich  z.  B.  ursprunglich  die  Absicht 
gehabt,  den  orientalischen  Prachtsabel,  den  S.  Maj.  der  Konig 
Karl  von  Warttemberg  als  Zeichen  Allerhochster  Huld  mir  fur 
die  Reise  verehrt  hatte ,  mitzunehmen.  Aus  Furcht ,  dieses  wun- 
derbare  Stuck  (weiland  ein  Geschenk  des  Vicekonigs  Meh6m- 
med  Alia  an  Konig  Wilhelm ')  von  Wurttemberg)  auf  der  Reise 
in  der  einen  oder  anderen  Weise  einzubussen,  hatte  ich  es 
daheim  gelassen.  Ja,  wenn  der  Emir  diesen  Sabel  gesehen  hatte , 
so  war's  gegangen  wie  mit  den  zwei  Gewehren:  besitzen  hatte 
er  ihn  wollen  und  mussen.  Er  hatte  mir  einen  anderen  schonen 
Sftbel,  dazu  30,  oder  wenn  ich  gewunscht  hatte  mehr,  Kameele 
dafur  verehrt  —  was  hatte  ich  rait  diesen  in  Strassburg  oder  Stutt- 
gart anftingen  sollen  ? !  Entweder  musste  ich  auf  den  Handel  ein- 
gehen ,  dann  war  ich  den  Sabel  gleich  los;  oder  aber,  ich  ware  thd- 
richt  genug  gewesen ,  sein  Verlangen  hOflich  abzuweisen  *),  dann 
hatte  ich,  wie  oben  dargelegt,  den  ganzen  Zweck  meiner  Reise 
wahrscheinlich  vollstandig  verfehlt,  und  wenn  auch  nicht  der 
Emir  selbst  —  denn  diesen  wollte  ich  von  dem  Verdacht  durchaus 
freisprechen  —  so  doch  sein  gleich  nachher  zu  schildernder 

1)  Dieieo  Sabel  tragt  Konig  Wilhelm  auf  dom  in  Wurttemberg  noch  viel?erbreitet«n  Bild, 
wo  er  abgebildet  iit  ilehend  in  dem  langen  nittischen  Rock,  im  Uintergrunde  die  Peldjiger  — 
ebenao  auf  der  bronxenen  Keiteratatue  im  Schlow  in  Stuttgart. 

2)  Daa  hat  dem  Afrfca-Rdaenden  Ednard  Vogel  iu  Wara  in  Wadai  daa  Leben  gekoatet,  ala 
er  dem  dortigen  ilerreoher  aeinen  dnnkelfarbigen  Hengat  verweigerte. 


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187 


Vetter  Hamud  el-c0b6d  hfttte  in  den  von  Habsucht  schlaflosen 
Nachten  von  Ungeduld  gestachelt,  schon  ein  Mittel  gefunden, 
dass  mir  im  Verlauf  meiner  Reise  von  ungefahr  ein  Ungluck 
zugestossen  ware,  bei  dem  ich  den  Kopf  und  damit  von  selbst 
den  Sabel  verloren  hatte.  Somit  konnte  ich  froh  sein ,  jenen 
Sabel  ungefahrdet  in  Strassburg  zu  wissen. 

Nachdera  der  Fflrst  in  guter  Laune  uns  verabschiedet  hatte,  wur- 
den  wir  in  einen  anderen  Theil  des  Palastes  zu  seinem  Vetter 
Ha  mud  el -'0  bed  zum  Besuch  geschleppt.  Er  ist  der  Sohn 
des  e0b€d  mit  dem  Beinamen  „des  Wolfes"  (S.  69. 167)  und  hat  von 
diesem  manche  Eigenschaften  geerbt ,  doch  ist  er  vielleicht  etwas 
weniger  kriegerisch  grausam  veranlagt ,  als  sein  Vater.  Ein  bigot- 
ter  Wahhabite  tragt  er  seine  FrOmmigkeit  gerne  zur  Schau ,  und 
hat  dabei  die  widerwartige  Gewohnheit,  bei  jeder  Pause  in  der 
Unterhaltung  from  me  Formeln  ')  zu  murmeln :  er  sagt  da  z.  B. 
mit  Leichtigkeit  50-mal  hintereinander  halblaut  Subhana'llah 
Subhana'llah  etc.  (,Gott  soil  huten!")  oder  Istarfir  allah,  istar- 
fir  allah  etc  (,ich  bitte  Gott  um  Verzeihung").  Neben  der  blos- 
sen  Gewohnheit  lauft  naturlich  auch  eine  gute  Gabe  Heuchelei 
mitunter,  was  zu  seiner  Hinterlist  ein  wflrdiges  Gegenatuck 
bildet.  Von  den  Armen  wird  er  um  seiner  Freigebigkeit  willen 
gepriesen,  und  Doughty  konnte  in  ihni  einen  wohlwollenden 
Beschdtzer  erblicken.  Er  ist  die  rechte  Hand  des  Fursten  und 
bestandig  in  seiner  Nahe;  als  dem  zweiten  Mann  im  Reiche 
wagt  ihm  Niemand  zu  widersprechen  oder  etwas  abzuschlagen. 
Seine  Habsucht  ist  grenzenlos,  geradezu  kindisch:  so  soil  er 
in  seiner  Wohnung  mehr  als  200  Taschenuhren  bei  einander 
haben,  die  er  so  ziemlich  alle  durch  sein  ewiges  Dranherum- 
stupfen  caput  gemacht  hat  Dem  Emir  muss  ich  das  Zeugniss 
geben,  dass  er,  nachdem  er  die  Repetirgewehre  erhalten,  nie 
mehr  auch  nur  das  Geringste  von  uns  verlangt  hat,  wahrend 
sein  Vetter  Nimmersatt  sich  nicht  schamte,  tagtaglich  hOchst- 
selbst  oder  durch  fremde  Personen  bei  uns  zu  betteln.  Der 

i)  Eiaeo  noch  irgeren  Mnrmelbold  Uiocr  Gaitunp  h»be  ich  spater  in  Caatell  za  el-Hcgr  go- 
troffen. 


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188 


ACUTE?  CAP1TET-. 


Emir  halt,  abgesehen  von  Waffen,  nicht  viel  auf  europaisches 
Machwerk,  das  i3t  ihm  gleichgtlltiger  Tand;  sein  Vetter  hinge- 
geD ,  wenn  er  schon  alle  erreichbaren  eiiropaischen  Artikel  hat , 
erdenkt  sich  noch  die  Existenz  von  unerfundenen ,  und  bettelt 
wenigstena  versuchweise  darum.  Es  fiel  mir  daher  oft  recht 
9chwer,  meinen  Abscheu  gegen  diesen  Menschen  zu  verbergen, 
der  durch  ein  sussliches  Grinsen  seine  widerwartigen  Eigen- 
schaften  nicht  ertriiglicher  machte.  Dazu  hatte  ich  noch  meist 
die  Ehre  und  das  Vergnilgen,  direct  neben  ihm  zu  sitzen.  Im 
Gegensatz  zum  FQrsten  (S.  172)  ist  er  mit  Sflhnen  reicb  gesegnet , 
von  denen  der  alteste,  Magid,  zum  kunftigen  Thronfolger 
ausersehen  ist.  Da  anzunehmen  war,  dass  der  Emir  seinem 
Vetter  doch  das  eine  Mauser-Repetirgewehr  uberlassen  werde, 
so  wurde  dieser  bei  dem  heutigen  Be9uch  nur  durch  einen 
Mauser-Revolver,  eine  Solinger  Klinge  und  eine  Flasche  Schnupf- 
tabak l)  aus  der  kaiserlichen  Strassburger  Tabaksmanufactur 
zu  Strassburg  erfreut. 

Von  hier  weg  nahm  uns  der  Prinz  cAbderaziz  ibn  Metcab 
(S.  176)  in  Beschlag,  far  den  wir  aber  keine  Geschenke  bei 
uns  hatten.  In  seinem  Empfangsraum  war  es  hell  und  behag- 
lich;  eine  gut  gehaltene  Rococo-Standuhr  und  ein  bronzener 
Samowar  zeugten  von  gewisser  Cultur.  Er  Hess  Rahwah  helu 
und  Thee  serviren. 

Ganz  wohl  wurde  mir  erst,  als  ich  das  Thor  des  £a§r  im 
Rucken  hatte,  und  nach  eigenem  Geschmack  meine  Gange  ein- 
richten  konnte.  Ich  war  neugierig,  den  Waffenschmied  Ran  em 
ibn  Bani  aufzusuchen,  einen  Manu,  dessen  Name  fur  die 
Beduinen  im  ganzen  Negd  und  druber  hinaus  der  Inbegriff  aller 
Kunstfertigkeit  ist.  Ich  traf  ihn  sammt  seinem  zwanzig-jahrigen 
Sohne  Muhammed  beim  Geschafb  in  der  Werkstatt;  da  sass  er, 
mit  zwei  VergrOsserungsbrillen  auf  der  Nase  und  arbeitete  mit 
elenden  Werkzeugen  an  der  Ciselirung  des  silbernen  Beschla- 
ges  einer  Sabelscheide.  Natarlich  wollte  er  gleich  aufstehen ,  urn 

l)  Dinen  hatte  er  lich  ron  Huber  bei  seiner  crsten  Aawetenheit  in  Hijel  fur  den  Fall  »einer 
Wicderkehr  ausgebeten. 


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HfcEL.  189 

mich  in  das  Erapfangsziminer  fflhren  und  konnte  es  kaura  ver- 
winden,  dass  ich  vorzog,  ihm  bei  seiner  Arbeit  zuzuschauen. 
Es  war  eigentlich  un- 
klug  Von  mir,  so  viel 
Interesse  und  Bewun- 
derung  fur  ihn  zu 
zeigen,  noch  unvor- 
sichtiger  aber  war  es , 
ihm  zu  erOffnen ,  dass 
ich  zehnraal  bessere 
und  vollkommenere 
Werkzeuge  aller  Art 
bei  mir  rahre  und 
ihm  gerne  das  eine 
oder  andere  Stock 
schenken  wolle.  Der 
Mensch  hat  sich  nam- 
lich  von  da  ab,  trotz  mehrfacher  Beschenkung,  mir  wie  eine 
Zecke  angehangt,  bis  ich  ihm  unverblilrat  zu  verstehen  gab, 
dass  ich  furderhin  keine  Besuche  von  ihm  wflnsche,  und  auch 
nichts  weiter  mehr  an  ihn  zu  verschenken  habe.  Sein  Sohn 
Muhammed  hat  von  ihm  alle  Kunstfertigkeit  geerbt,  nur  in 
der  Bettelei  steht  er  ihm  nach,  da  kann  er  noch  manches 
von  seinem  Vater  lernen.  Eben  dieser  junge  Mann  gieng  mit 
mil-  nach  Hause ,  um  im  Auftrage  des  Emir  die  Patronen ,  je 
300  Stuck  ftir  die  beiden  Repetirgewehre,  abzuholen.  Ererklarte 
sich  im  Stande ,  die  Metallhulsen  der  Patronen  jedesmal  wieder 
frisch  zu  fallen  und  mit  neuen  Zflndhutchen  zu  versehen,  so 
dass  jede  HQlse  zum  mindesten  zehnraal  gebraucht  werden 
k6nne.  Den  Mechanismus  der  Gewehre  begriff  er  autfallend 
rascb,  jedenfalls  rascher  als  ich  seiner  Zeit;  nach  kurzer  An- 
leitung  verstand  er  es ,  das  Schloss  auseinanderzunehmen , 
zu  putzen,  zu  spannen  und  wieder  einzufuhren.  Zugleich 
handigte  ich  ihm  verschiedene  Werkzeuge  ein,  die  zu  dem  Ge- 
wehre gehOrten ;  bloss  die  Putzburste  lehnte  er  mit  dem  instinc- 


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190 


tiven  Gefuhl  und  Abscheu  aller  Muslimen  gegen  jede  Burste 
(wegen  der  Schweinshaare !)  beharrlich  ab ,  und  versprach ,  auch 
ohne  Barste  das  Gewehr  sauber  und  staubfrei  (?)  halten  zu 
wollen.  Zur  Annahrae  des  guten  Schweineschmalzes  behufe  Ein- 
fettung  konnte  ihn  nur  die  Versicherung  bewegen,  dass  diess 
kostbarer  Hirschtalg  sei.  Einen  netten  Kugelgieser  far  das  Kali- 
ber  der  Gewehre  hat  er  wenige  Tage  nachher  in  Messing  ge- 
g09sen  und  erstaunlicb  sauber  ausgefQhrt. 

Da  gleich  beim  Eintritt  in  unser  Haus  Besucher  und  Kranke 
aller  Art  nachdrilngten ,  fluchtete  ich,  sobald  Muhammed  ibn 
Ranem  abgefertigt  war,  aufs  Dach,  um  dort  ungestOrt  auch 
nur  die  allernothdurftigsten  Notizen  uber  gestern  und  heute 
festzulegen.  In  den  zwei  Tagen  hatte  ich  so  viel  Neues  gesehen 
und  erlebt,  dass  ich  fttrchten  musste,  die  richtige  Aufeinan- 
derfolge  zu  verlieren,  oder  Einzelnes  ganz  zu  vergessen.  Erst 
Nachmittags  wurde  das  Haus  besuchsfrei,  und  wir  benutzten 
den  Augenblick,  uni  einen  Freund  Hubers  von  froherher  auf- 


gerischen  Vater  des  Hamad  in  hohen  Ehren:  er  verwaltete 
dessen  VermOgen  und  vermehrte  es  mit  Erfolg,  hatte  alle 
Schlassel  seines  Hauses  unter  sich,  begehrte  nichts  fur  sich 


zusuchen ,  den e A  b- 
dallah  el-Mus- 
lim ani.  Urspran- 
glich  Jude,  war  er 
vor  15  Jahren  von 
Baghdad  als  Elia 
ben  Rahamin  nach 
Hajel  abergesiedelt 
und  daselbst  zum 
Islam  abergetreten. 
Kaufmann  seines 
Zeichens  und  erfah- 
ren  in  Geschafts- 
sachen  stand  er  bei 
el-cObed  dem  krie- 


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H&JEL.  191 

und  genoss  das  unbeschrankte  Vertrauen  des  ^Wolfes".  Wenn 

der  e0b6d  nach  $efar  ritt,  war   Abdallah  sein  Begleiter  auf 

feingeschirrtem  Ross  mit  gestickter  Satteldecke.  Was  Wunder 

dass  er  viele  Neider  hatte.  Mit  des  cObeds  Tode  batte  aber  auch 

die  Herrlichkeit  ein  Ende:  in  derselben  Minute,  wo  der  Alte 

die  Augen  schloss,  hat  der  Sohn  Qamud  dem  cAbdallah  die 

Schlussel  abgenommen  und  ihn  aus  dem  Palast  gejagt.  Von 

den  Grossen  und  Kleinen  des  Landes  wurde  er  nicbt  mehr  ge- 

grusst,  kaum  angesehen;  er  war  wieder  ein  einfacher  Kramer  ge- 

worden.  Doch  hat  er  in  der  Stille  der  13  Jahre  filr  sich  selbst 

gearbeitet;  durch  fleissigen  Umtrieb  seines  Geschftftes,  durch 

Darlehen  an  Geld  und  Fruchten,  welche  er  den  sesshaften  Be- 

duinen  gewahrte,  hat  er  sein  Vermogen  dergestalt  vermehrt, 

dass  er  zu  ftefar  und  eAfcdeh  allmahlig  grosse  Garten  und  Hau- 

ser  sein  eigen  nennen  kann.  Leider  kann  er  sich  seines  Besitzes 

nur  in  beschranktem  Masse  erfreuen.  Seinen  Heichthum  zu 

zeigen  wird  er  sich  wohl  huten;  verkaufen  kann  er  die  Guter 

nicht,  oder  .wenn  er  sie  auch  zu  Geld  machen  ktinnte,  was 

sollte  ihm  dieses  in  pajel  nutzen?  Weder  der  Emir,  noch  viel 

weniger  sein  Vetter  yamud,  wurde  ihm  je  gestatten,  das 

Mark  des  Landes  auswarts  zu  verzehren;  das  Geld  soli  im  Lande 

bleiben.  Jedenfalls  nur  mit  Hinterlassung  und  Aufgabe  seines 

liegenden   Besitzes   kOnnte  er  hoffen,  aus  dem  Schammar- 

Gebiete  wieder  abziehen  zu  dflrfen.  —  Den  Weibern  ist  er  stark 

zugethan,  wie  aus  den  eigenen  Erzahlungen  seiner  Abenteuer 

hervorgieng,  und  er  ist  einer  der  wenigen  zu  Hajel,  die  sich 

den  Luxus  von  zwei  Frauen  gestatten.  Seine  Weltanschauung 

ist  begreiflicherweise  viel  weiter  als  die  bed uinische,  seine  Sitten 

sind  gehobelter  und  freigeistiger,  und  das  angenehmste  an  ihm  * 

ist,  dass  er  nicht  bettelt;  in  einer  grossen  Stadt  aufgewachsen , 

wo  nicht  nur  Araber,  sondern  Turken  Perser  Inder,  selbst 

Europaer  verkehren ,  hat  er  doch  manches  gesehen  und  geh6rt , 

das  er  gerne  in  der  Erinnerung  und  im  Gesprach  an  sich  vor- 

uberziehen  lasst.  Huber  hatte  desshalb  schon  bei  seinem  ersten 

Aufenthalt  mit  ihm  als  Freund  verkehrt,  und  ihm  wohl  auch 


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192  ACHTE8  CAPITEL. 


manche  kleine  Dienste  und  Vergnugungen  in  der  Stille  zu  dan- 
ken  gehabt.  Das  sollte  diessmal  nicht  unbelohnt  bleiben:  ich 


hatte  auf  Hubers  Verlangen  far  ihn  eine  silberne  Uhr  mitge- 
bracht  und  gleich  heute  fur  die  Begrussung  zu  mir  gesteckt. 


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ll'UKL. 


193 


Nach  langer  Pause  kommt  dieser  Mann  durch  uns  wieder  zu 
Gnaden  und  zu  Ehren ;  alle  die  vornehmen  Leute ,  an  der  Spitze 
Hamad  el-cOb6d,  die  bei  uns  betteln  und  nicht  zum  Ziel  ge- 
langen ,  suchen  sich  bei  c  Abdallah  wohl  dranzumachen ,  sie  laden 
ihn  ein  und  beschenken  ihn  in  der  Erwartung,  bei  uns  besser 


angeschrieben  zu  stehen,  und  weiter  vorwarts  zu  kommen.  Die 
Auskunfte,  die  er  uns  gibt,  sind  zuverlassiger  und  unpartheii- 
scher,  als  wir  sie  von  irgend  einer  anderen  Seite  erhalten  kSnnten. 

Sein  Hans  unweit  des  unseren  belegen,  unterscheidet  sich 
von  aussen  in  Nichts 
von  den  gewOhnlichen 
Hausern  der  Stadt;  im 
Innern  aber  war  ich 
erstaunt  Qber  den  un- 
gewohnten  Aufwandan 
Verzierung  im  Emp- 
fangszimmer.  Auf  dem 
braunen  Grund  der 
Lehmmauern  war  eine 
stark  fingersdicke  Kalkmasse  aufgetragen ,  und  aus  dieser  lezte- 
ten  daun  die  Verzierungen  herausgeschnitten.  Als  solche  waren 
verwendet  Spruche,  mathematische  Figuren,  Lampen,  Vogel, 
vierfttssige  Thiere,  Menschen.  Die  grosseren  Thiere  hatten  alle 
durcbgeschnittene  Halse,  urn  die  Vorstellung  der  Belebtheit 
und  dadurch  die  Sundlichkeit  der  Darstellung  aufzuheben.  Der 
Hausherr  war  sehr  vergnQgt  aber  unsera  Besuch  und  uber  die 

18 


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194 


ACHTES  CAPITES. 


Uhr  die  ich  ihm  mitgebracht.  Wir  blieben  nur  kurz  da,  tran- 
ken  einen  Cafe  und  rauchten  eine  Wasserpfeife. 

Bei  Sonnenuntergang  mussten  wir  einer  Einladung  zum  Essen 
in  das  Haus  des  ITamud  el-Migrad  folgen,  woselbst  sich  ausser 
uns  zum  Abschiedsmahl  uoch  sammtliche  Gefahrten ,  die  mit 


uns  die  Iteise  vom  Gyof  hieher  gemacht  hatten,  einfanden. 
Dem  Gastgeber  verehrte  ich  einen  Kugelgiesser;  statt  sich  zu 
bedanken  fragte  er,  ob  er  nicht  die  dazu  gchftrige  Flinte  be- 
kointnen  k5nnte;  ich  bemerkte  ihm,  er  sei  bereits  in  deren 


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M&JEL. 


195 


Besitz,  denn  die  von  ihm  zu  giessenden  Kugeln  werden  in  Lauf 
der  geschenkt  erhaltenen  Steinschlossflinte  passen. 
Die  Hoffnung,  den  Abend  in  Rune  zu  Hause  verbringen  zu 


kCnnen ,  war  vergeblich :  kaum  zu  Hause  angekommen  wurden 
wir  durch  Hamad  el-Migrad  in  den  ]£a§r  abgeholt.  Der  Emir 
erkundigte  sich,  ob  wir  keine  Wnnsche  und  Bedurfnisse  hatten; 
ich  bat  urn  einen  der  Fliegenwedel ,  welche  im  Saale  an  der 
Wand  hiengen;  anknflpfend  daran  schenkte  er  uns  noch  andere 
Sachen ,  die  gerade  bei  der  Hand  waren ,  so  z.  B.  acht  Kameels- 
stftcke  aus  Ithelholz,  zwei  hOlzerne  eingelegte  Rosenkranze, 
drei  ausgesucht  schdne  Bernsteinketten ,  sowie  eine  raessingene 
Schale.  Urn  ein  Kleines  hatte  er  auch  zwei  Sabel  mit  silber- 
nem  vergoldetem  Beschlag  dazugegeben,  sie  waren  ihm  nur 
etwas  zu  gering  far  uns,  er  stellte  dessbalb  far  spater  sch6nere 
in  Aussicht,  hat  es  aber  wieder  vergessen.  Seinem  Verlangen, 
Bilder  zu  sehen,  entsprach  ich  durch  Vorzeigung  einer  Anzahl 


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1% 


ACUTES  CAI'ITKL. 


von  Holzschnitten ,  die  ich  als  Zeicbenvorlagen  auf  die  Reise 
mitgenommen  hatte.  Die  Darstellungen  waren  aber  fur  das 
weitsichtige  Auge  etwas  zu  klein  und  fur  seine  Gewohnheit  etwas 
zu  verwickelt.  Hamad  el-eObed  hatte  so  wenig  Fassungsgabe , 
dass  er  ohne  Ahnung  von  dem  abgebildeten  Gegenstand  die 
meisten  Blatter  verkehrt  in  der  Hand  hielt  und  bewunderte. 

Es  war  mindestens  neun  Uhr  vorbei,  als  wir  den  #asr  vor- 
liessen.  Eine  auffallende  ROthe,  die  rair  zuerst  wie  ein  Nord- 
licht  vorkam,  zeigte  sich  am  Nachthimmel ,  und  zwar  wie  ich 
erst  bei  Tag  feststellen  konnte,  in  der  Richtung  gegen  Westen. 
Noch  regelmassig  14  Tage  lang  sehr  kraftig,  spaterhin  allmah- 
lig  schwacher  werdend ,  machte  sich  diese  unerklflrliche  Erschei- 
nung  bernerkbar.  Ich  konnte  damals  keine  Ahnung  haben  von 
dem  Ausbruch  des  Vulkans  Rrakatau  in  der  Sundastrasse  (27. 
August  1883),  und  von  den  in  seinem  Gefolge  auftretenden 
Nachdammerungs-erscheinungen. 

Als  wir  ebon  in  unsre  Strasse  einbogen,  lauerte  bereits 
Ranem  an  der  Ecke,  urn  uns  noch  einen  Besuch  abzustatten. 
Er  hatte  vergeblich  gehofft,  dass  ich  inzwischen  Zeit  gefunden 
hatte,  die  Kiste  mit  den  far  ihn  bestimmten  Werkzeugen  zu 
Oflhen.  Er  blieb  da  bis  11  Uhr. 

Di.  23.  Oct.  1883]  Morgeos  eine  Stunde  vor  Sonnenaufgang 
bei  Hamad  el-'Obed,  dem  Vetter  des  Farsten,  einen  Besuch 
gemacht.  Bei  der  Rackkehr  nach  Hause  trafen  wir  die  Prinzen 
Magid  und  'Abd  el-'aziz  an.  Sobald  diese  sich  wieder  entfernt 
hatten,  suchten  wir  den  cAbdallah  el-Musliniani  auf,  welcher 
uns  mit  feinein  Brod ,  nach  Baghdader  Art  gebacken ,  bewirthete. 
Kaum  wieder  zu  Hause  angelangt  sollten  wir  einer  Einladung 
zu  dem  Watfenschmied  Ranem  ibn  Bani  Folge  leisten.  Ich  liess 
mich  entschuldigen  wegen  meiner  Fusswunden,  die  ich  eben 
mit  Carbolwasser  behandelte,  wurde  aber  durch  Zusehdung  des 
Elssens  beehrt.  Im  Laufe  des  Tages  ununterbrochener  Besuch 
von  Tagtodschlagern  aller  Sorten,  audi  von  Kranken,  die  von 
Huber  Arznei  verlangten.  Ich  flachtete  mich,  wie  gestern,  aufs 
Dach,  um  nur  auch  einige  Minuten  ungestort  meine  Aufzeich- 


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H&JEL.  197 

nungen  machen  zu  kOnnen.  —  Von  Hamud  el-cOb6d  liessen  wir 
Bettstucke  (abgesteppte  Decken)  und  Armkissen  erbitten.  — 
Da  ich  im  Sinn  habe,  die  Mauer  unsres  Empfangszimmers 
(Saliawah)  mit  Sprnchen  und  Gemalden  zu  bemalen,  so  liess 
ich  zunachst  die  braunen  Lehmwande  von  unten  herauf  bis 
zur  HOhe  von  zwei  Meter  mit  weissem  Kalk  bestreichen. 

Gegen  Abend  schickte  der  Emir  nach  uns ,  urn  uns  das  Schloss 
zu  zeigen  und  um  seine  Pferde  vorzufubren.  Ich  veratehe 


nicht  viel  von  Pferden  und  will  dessbalb  auch  nichts  fabeln 

von  den  berflhmten  arabi3chen  Pferden ,  fiber  die  schon  so  viel 

von  Berufenen  und  Unbernfenen  geschrieben  worden  ist.  Nur 

mflchte  ich  verschicdenen  weitverbreiteten  IrrthQmern  entge- 

gentreten.  Vor  Allem  bitte  ich  mir  zu  glauben:  die  Anzahl 

der  Pferde  in  Inner- Arabien  ist  eine  uberraschend  geringe.  Ira 

Ganzen  konnen  allerhochstens  500  Stuck  im  Negd  gezahlt  wer- 

den,  die  mit  Ausnahme  von  30—40  samrnt  und  sonders  im 
• 

Besitz  des  Emirs  und  seiner  Farailie  sich  befinden.  Wohl  mOgen 
noch  vor  40  Jahren  etwa  100  Stuck  mehr  im  Negd  vorhanden 
gewesen  sein;  eAbbas  Pascha  von  Aegypten,  ein  grosser  Lieb- 


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1  r 

198  ACHTES  CAPITOL. 

haber  von  edlen  Pferden ,  hat  aber  dazumal  was  er  irgend  an 
guten  Thieren  erreichen  konnte  durch  seine  dorthin  gesandten 
Handler  zu  unglaublich  hohen  Preise  aufkanfen  lassen.  Leider 
sind  die  etlichen  80  nach  Aegypten  verbrachten  Thiere  unter 
den  veranderten  Daseinsbedingungen  ganzlich  aus  der  Art  ge- 
schlagen,  haben  auch,  in  Folge  des  reichlichen  Grunfutters  im 
Nildelta,  durchweg  dicke  Halse  bekommen,  und  zulezt  Qber- 
haupt  ihre  gepriesenen  Tugenden  so  ziemlich  eingebusst.  Von 
einer  eigentlichen  Pferdezucht  ist  im  Negd  nicht  die  Rede; 
da  wird  Alles  der  Natur  selbst  uberlassen,  wenn  nnr  die  Race 
d.b.  der  Stammbaum  rein  ist.  Den  Ruhm  der  arabischen  Pferde 
haben  im  Grunde  die  Dichter  besorgt  und  zu  verantworten ; 
besungen  wird  was  selten,  kostbar,  hervorragend  ist  Und  da 
ist  zu  bedenken,  die  Vorzuge  des  arabischen  Pferdes  sind  in 
erster  Linie  relative,  gegenuber  den  nach  vielen  Tausenden 
zahlenden  Eameelen.  Im  Kriege,  beim  Angriff  und  bei  der  Ver- 
folgung,  oder  als  Retter  auf  der  Flucht,  ist  das  Pferd,  nicht 
an  Ausdauer,  aber  an  augenblicklicher  Kxaftleistung ,  Schnel- 
ligkeit  und  Lenkbarkeit  dem  feinsten  Delul  weit  uberlegen; 
seine  Leistungen  werden  darum  von  der  dichterischen  Phanta- 
sie  gern  aufgegrifFen ,  zumeist  aber  ubertrieben.  Die  paar  hun- 
dert  Pferde  des  Fttrsten  stehen  das  ganze  Jahr  in  den  besten 
und  wasserreiehsten  Waidegranden  5  bis  10  Tage  im  Norden 
(und  N.  0.)  von  der  Residenz  Hajel,  und  haben  sich  da  mitdem 
gewOhnlichen  Wustenfutter  zu  begnugen,  wie  es  die  Kameele 
und  Schafe  auch  haben.  So  bald  aber  auch  nur  an  den  ent- 
ferntesten  Granzen  des  Reiches  ein  Raubzug  vermuthet  oder 
gemeldet  wird,  werden  die  kostbaren  Thiere  sofort  ein  paar 
Tage  naher  an  die  Residenz  herangezogen.  Fuhrt  der  Emir 
selber  einen  Raubzug  im  Schild ,  dann  werden  die  Pferde  wochen- 
lang  vorher  taglich  mit  ein  paar  Handvoll  Gerste  gefuttert; 
und  sezt  sich  der  Raubzug  (Razu)  mit  3 — 4000  Theilnehmern 
zu  Delul  in  Bewegung,  so  werden  in  den  8  bis  10  Tagen  seiner 
Dauer,  bei  taglich  20  bis  22  stundigem  Marsch,  die  Pferde 
lose  neben  den  Kameelen,  die  far  sie  noch  Wasservorrath  und 


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H&JEI.. 


199 


Gerste  tragen  mussen,  hergefahrt  und  erst  im  Moment  des  An- 
griffs  und  zur  Verfolgung  bestiegen.  —  Ganz  anders  freilich 
sieht  es  mit  den  Pferden  aus  bei  den  Beduinen  ausserhalb  des 
Negd ,  also  z.  B.  bei  den  'Anezeh ,  Rualah  ,  Wuld  f  Ali ,  die ,  in 
der  syrischen  Waste  gegen  den  Euphrat  zu  wohnend,  gansti- 
gere  Futter-  und  Wasserverhaltnisse  haben;  bei  diesen  kann 
von  einem  gewissen  Reichthum  an  Pferden  die  Rede  sein,  aber 
dafur  wohl  ura  so  weniger  von  Reinheit  der  Race.  Uber  diesen 
lezteren  Punct  steht  mir  indess  kein  Urtheil  zu. 

Und  nun  zu  den  Pferden  des  Farsten.  In  dem  grossen  einen 
ganzen  Stadttheil  mit  fortlaufenden  Mauern  bildenden  Bauge- 
t'dge  des  Scblo9ses  befinden  sich  auf  der  Nordseite  eine  Anzahl 
Hofe  mit  den  Stallen.  Dorthin  begaben  wir  uns  unter  Fahrung 
des  Emirs  in  grosser  Begleitung  der  Prinzen.  Da  standen  im 
Freien  die  Pferde,  nach  Alter  und  Oeschlecht  getrennt  ,  an  den 
Fussen  angebunden,  und  mit  scbweren  Teppichstucken  zuge- 
deckt.  Auf  einen  Wink  des  Farsten  wurden  die  Teppiche  abge- 
nommen ,  und  wir  sollteu  nun  unser  Urtheil  abgeben.  Der  erste 
Eindruck  war  nichts  weniger  als  gunstig:  die  Thiere  waren 
erbarmlich  mager,  unansehnlich ,  wenig  gepflegt.  Etwas  un- 
geduldig  uber  unsre  Zuruckhaltung  drangte  der  Emir  zu  einer 
Ausserung.  Ich  erklarte  ihm  vor  Allem,  ich  verstande  nicht 
genug  von  der  Sache,  doch  scheinen  mir  die  Thiere  durchweg 
von  der  edelsten  Race.  Bestatigend  erklarte  er  mir  einige 
Hauptkennzeichen  der  negdaischen  Race.  Zu  einer  Vergleichung 
mit  europaischen  Thieren  aufgefovdert ,  erlaubte  ich  mir  zu  be- 
merken  die  Pferde  im  Christenland  seien  jedenfalls  an  Grflsse 
uberlegen.  „Ja  das  ist  leicht  mOglich,  dafar  wollen  sie  mehr 
fressen  und  kdnnen  keinen  Durst  ertragen;  weiche  Pferde  aber 
kOnnen  wir  in  unsrem  Lande  nicht  brauchen."  Damit  mochte 
er  nicht  so  Unrecht  haben ;  an  Harte  und  Ausdauer  werden 
die  Pferde  im  Negd ,  ebenso  wie  ihre  beduinischen  Herren,  kaum 
zu  Obertreffen  sein.  —  In  einem  andcren  Hofe  wurde  reich  ge- 
sattelt  und  geschirrt  ein  grosser  schwarzer  Hengst  vorgefuhrt, 
den  ich  unverhohlen  bewunderte.  Der  sei  aber  ein  §aVlawi  aus 


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200 


AOHTE5  CAPITF1.. 


Mesopotamien  stammend.  Abgetrennt  von  da  befanden  sich  in 
einem  grossen  Raum  ein  Dutzend  Fohlen.  Nach  landlaufiger 
Sitte  waren  ihnen,  wie  alien  Pferden  unter  drei  Jahren,  die 
Schwanzhaare  vollstandig  abgeschnitten ,  so  das9  nur  die  kahle 
Uabe  iibrig  war.  Was  das  far  einen  Zweck  hat ,  weiss  ich  nicht ; 
jedenfalls  ist  der  Anblick  for  den  Ungewohnten  geradezu  lacher- 
lich.  Zulezt  wurde  uns  noch  in  einem  kleinen  Hofe  das  Lieblings- 
Delul  des  Farsten,  eine  Stute  von  der  Race  Nocraanijjeh,  ge- 
zeigL  Das  Thier,  erst  seit  heute  einen  neuen  Schmuck  tragend, 
namlich  im  rechten  Nasenflugel  eingeschraubt  einen  stattlichen 
in  Silber  gefassten  Turkis,  mochte  allmahlig  zu  der  Uberzeu- 
gang  gekommen  sein,  dass  das  sehr  schon  sei,  war  aber  doch 
nicht  ganz  mit  der  Neuheit  befreundet,  und  drehte  dessalb  von 
Zeit  zu  Zeit  den  Kopf  auf  die  Seite,  um  besser  auf  den  Turkis 
scbielen  zu  konnen. 

Von  den  Pferden  giengs  weiter  in  den  verwahrlosten  S  c  h  1  o  s  s- 
garten;  zwischen  Palmen  wuchsen,  zur  blossen  Zierde,  zer- 
streut  noch  einige  andere  Baurae ,  Feigen-,  Citronen-,  Orangen-, 
Granaten-,  Pfirsichbaume.  Zur  Bewasserung  wurde  das  nOthige 
Wasser  aus  einem  17  Klafter ')  tiefen  Brunnen  durch  drei 
Kameele  emporgezogen.  Zu  anderen  Zeiten  hielt  der  Emir  in 
einem  eingehegten  Theile  des  Gartens  einige  Thiere,  wie  Gazel- 
len,  Steinbocke,  oder  auch  Baljar  al-wahsch  (grosse  weisse 
Antilopenart),  hat  sie  aber,  zum  Theil  wegen  Bfisartigkeit ,  wie- 
der  abgehen  lassen. 

Nicht  ohne  Stolz  wurde  uns  dann  die  Schlosskuche  ge- 
zeigt,  in  der  gich  7  Kupferkessel  befanden,  geraumig  genug, 
um  in  jedem  das  Fleisch  von  einem  ganzen  Kameel  sieden  zu 
kCnnen.  Fur  gewOhnlich  werden  taglich  im  Durchschnitt  150 — 
200  Menschen  im  Rasr  gespeist  mit  Schaffleisch  und  Reis  *) 
aus  dem  Irak.  Es  gibt  aber  Zeiten  —  z.  B.  kurz  vor  dem  Auf- 
bruch  zu  einem  Raubzug,  oder  wenn  die  persische  Pilgerca- 

1)  BA',  g^prochon:  BA'». 

-  > 

2)  0**°  W  'J*mw>;  nnr  dcr  »nJi»che  Reis  heiwt:  y}  row 


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201 


rawane  durchkommt  —  wo  an  mehreren  auf  einander  folgen- 
den  Tagen  800 — 1000  gespeist  werden.  —  Am  Gefangniss  *) 
voruber,  einem  gewShnlichen  Lehmziegelbau ,  der  hinter  der 
offenstehenden  Thnre  .nur  ein  paar  gekerbte  Balken  aufwies , 
(um  Verbrecher  in  den  Block  spannen  zu  konnen),  verliessen 
wir  das  Schlos9  durch  ein  Thor  auf  der  S.  W.  Ecke.  —  Auf 
dem  ganzen  Gang  zu  den  Pferden,  und  jezt  schliesslich  noch 
hinauf  in  den  £aMwah  des  Emirs  hielt  mich  der  junge  Prinz 
eAbdelaziz  an  der  Hand.  Er  schien  grosse  Zuneigung  zu  mir 
gefas9t  zu  haben,  und  lud  mich  dringend  ein,  bald  zu  ihm  zu 
kommen.  —  Far  den  Abend  blieben  wir  merkwflrdiger  Weise 
von  alien  Besuchen  unbelastigt. 

Mi.  23.  Oct.  84]  Morgens  wurden  wir  abgeholt  von  Hamud 
el  Migrad  auf  den  Mes-hab  d.h.  auf  den  grossen  freien  Platz 
vor  dem  Schloss.  Da  war  feierlicher  Meglis  oder  allgemeine 
Versammlung  vor  dem  Emir.  Langs  der  Mauer  am  Scbloss 
sassen  auf  den  erhflhten  Lehmb&nken  der  Emir  mit  seinem 
Hofstaat,  weiterhin  nahmen  wir  unsren  Sitz,  etwas  tiefer  auf 
dem  freien  Platz  im  Halbkreis  sich  anschliessend  die  Zuschauer 
und  Zuhorer ,  alle  auf  dem  Boden  hockend ,  jeder  mit  dem  Sabel 
oder  wenigstens  dem  Kameelstecken  vor  sich.  Beim  Meglis 
erscheinen  uneingeladen  regelmassig  alle  in  der  Stadt  Anwe- 
senden ,  die  sich  nach  unsren  Begriffen  zur  guten  Gesellschaft 
rechnen,  oder  wer  einen  besonderen  Grund  hat  sich  zu  zeigen, 
wer  ein  Anliegen  personlich  vortragen  will  und  dgl.  Der  Furst 
sieht  sich  die  Leute  an,  empfangt  Boten,  erOffnet  Briefe,  und 
theilt  davon  laut  mit,  was  ihm  gutdflnkt,  er  nimmt  allerlei 
Betteleien  auch  Ge3chenke  entgegen,  schlichtet  Streitigkeiten , 
spricht  Recht  N.B.  ohne  alle  Akten  und  Schreibereien ,  da  ja 
sammtliche  Vorstrafen  eines  Individuums  jedem  Volksgenossen 
bekannt  sind.  Unter  den  Vergehen  kommt  am  haufigtiten 
Diebstahl  vor:  es  tritt  einer  vor  und  zeigt  an,  dass  ihm  von 
dem  und  dem  Menschen  ein  paar  Schafe  oder  Kameele  gestohlen 


1)  IUU  u-jJ*. 


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202 


ACIITES  CAPITEL. 


worden  seien.  Der  Emir  verspricht  ihm,  fur  Ruckgabe  oder 
Ersatz  zu  sorgen,  und  lasst  den  Schech  des  Stammes,  welchem 
der  Dieb  angehOrt,  davon  in  Kenntniss  setzen  niit  der  Bemer- 
kung  dass  er  die  Sache  ins  Reine  zu  bringen  habe.  Diese  ein- 
fache  Anzeige  schliesst  dann  stillschweigend  in  sich  die  Drohung , 
dass  im  ZOgerungsfall  der  betrefFende  Schech  sammt  seinem 
Stamnie  bei  der  nachstjahrigen  Vertheilung  der  Waidegrflnde 
einen  schlechteren  Bezirk  als  bisher  werde  zugewiesen  erhalten. 


In  der  heutigen  Versammlung  trat  einer  vor,  der  gestern 
Abend  von  einem  Andern  durch  Stockhiebe  oberhalb  des  linken 
Auges  eine  Wunde  erhalten  hatte,  und  dazu  sein  blutiges 
Hemd  als  erschwerende  Anklage  vorwies.  Der  Emir  bemerkte 
bloss,  er  wisse  schon  davon,  ab!  Darnach  wurde  etliche  Kerle 
vorgefuhrt,  syrische  Deserteure  aus  der  turkischen  Garnison 
§anea  im  Jemen;  sie  trugen  statt  aller  weiteren  Kleidung  nur 
Hemden,  ganzlich  zerfezt  und  elende  Kopftucher;  dafur  erhiel- 
ten  sie  neue  und  noch  ein  Geldgeschenk ,  sowie  die  Zusage, 
dass  sie  einige  Tage  hier  gefflttert  werden  sollten  (vgl.  S.  103  ff.). 

Nach  einer  halben  Stunde  war  der  Meglis  beendet.  Der  Emir 
stand  auf  und  lud  uns  ein,  ihm  zu  folgen.  An  das  Schloss 


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■ 


h&jel.  203 

anstossend  ist  die  Wohnung  des  Finanzministers  Sebhan.  Dort 
stiegen  wir  in  den  oberen  Stock  zu  einem  Saal  (Roschen) 
der  nur  schmale  in  der  HOhe  des  Fussbodens  befindliche  Lucken 
auf  der  Seite  gegen  die  Strasse  bot.  Der  Emir  drehte  sich,  so 
oft.  er  etwas  Besonderes  drunten  horte,  plozlich  herum,  und 
rief  irgendwas  zu  der  Lucke  auf  die  Strasse  hinab.  Nach  Kur- 
zem  wurde  durch  den  Suk:  (Markt)  eben  der  Mensch  daher  ge- 
sehleppt,  der  gestern  Abend  seinen  Genossen  geschlagen  und 
verwundet  hatte ;  der  Emir  gab  zu  der  Schiessscharte  hinab  den 
Befebl,  den  Kerl  mit  einem  Prugel  durchzuhauen.  Das  wurde 
auch  gleich  besorgt.  Von  meinem  Platz  aus  konnte  ich  den 
Vollzug  nicht  sehen,  wohl  aber  horte  ich  die  Prugelei  und  ein 
grosses  Geschrei;  doch  schon  nach  wenigen  Stockstreichen  ge- 
lang  es  dem  Missethater  wieder  auszureissen.  Der  Emir  kam 
dann  auf  meine  Inschriften  zu  sprechen  und  schrieb  mir  eigen- 
handig  in  mein  Notizbuch  ein  paar  Namen  von  Ortlichkeiten , 
wo  sich  auf  den  Felsen  Inschriften  fin  den  sollten ;  er  wolle  mich 
einmal  dorthin  filhren  lassen. 

Auf  drangendes  Zureden  begaben  wir  uns  von  da  in  das 
Haus  des  IJamud  el-eOb6d  (S.  187  f.)  in  eine  langweilige  Ge- 
sellschaft.  Dieser  infame  Heuchler  liess  wieder  die  Kugeln  seines 
Rosenkranzes  durch  die  Finger  gleiten  und  frGhnte  seinem  from- 
men  Gemurmel.  Er  hat  mich  heute  so  schmahlich  geargert 
durch  seine  Zweifel  an  unsrer  Wahrhaftigkeit ,  dass  ich  mir 
vorgenommen  habe,  nicht  sobald  wieder  einer  Einladung  dorthin 
Folge  zu  leisten;  er  fragte  namlich  nicht  nur  uns,  sondern  zur 
Sicherheit  auoh  noch  unsern  zufallig  eingetretenen  Diener 
Mahmud,  ob  das  wirklich  alle  unsre  Patronen  zu  den  zwei 
Mausergewehren  gewesen  seien,  die  wir  abgeliefert  hatten  (S. 
185  f.  189).  Ich  winkte  Huber  mit  dem  Auge,  wir  verab- 
schiedeten  uns  kurz  und  begaben  uns  heimwarts.  Zu  Hause 
angekommen  beklagte  ich  mich  bei  Hamud  el-Migrad,  unsrem 
Adjutanten ,  aber  diese  Art  der  Ausfragerei ,  als  ob  wir  Lugner 
waren;  ob  wir  etwa  aus  Geiz  oder  Vergnugen  das  nackte  Blei 
auf  der  weiteren  Reise  mit  uns  fahren  wollten?  Mit  Thranen 


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204 


ACUTE*  CAPITFX. 


in  den  Augen  setzte  uns  5amud  die  Schwierigkeit  seiner  Stel- 
lnng  auseinander;  er  bekomme  von  beiden  Seiten  nur  die 
Vorwurfe,  im  Schloss  halte  er  es  als  unser  Reisegefahrte  far 
seine  Pflicht,  uns  immer  zu  vertheidigen ,  dabei  musse  er  sich 
vom  cOb£d  sagen  lassen,  dass  er  nicht  genug  aus  uns  furs 
Schloss  (d.h.  far  ihn)  herausschinde ,  und  jezt  uberfalle  ich  ihn 
mit  solchen  Klagen.  Bei  seinem  Zwiespalt  der  Pflichten  kam 
er  mir  vor  wie  im  Nibelungenlied  der  Markgraf  Rildiger  von 
Pechlarn.  Diesen  unerquicklichen  Erorterungen  wurde  ein  Ende 
gemacht  durch  eine  Reihe  von  eintreffenden  Besuchen;  zuerst 
kam  der  Finanzminister  Sebhan  mit  seinem  Sohn  Na§ir,  dann 
der  nasenweise  Prinz  Magid  rait  Gefolge.  Ich  hatte  nicht  mehr 
Zeit  genug,  meine  Mezwedeb  (Reisetasche  vom  Kameel)  bei 
.  Seite  zu  schafi'en,  und  so  schuttete  er  den  ganzen  Inhalt  auf 
den  Teppich  aus,  und  stflberte  alle  sich  darin  vorfindenden 
Kleinigkeiten  durch,  in  der  Erwartung,  ich  werde  sie  ihm 
verehren.  Ich  blieb  steif  wie  ein  Bock.  Gegen  Mittag  gabs 
endlich  Ruhe. 

Nachmittags  malte  ich  auf  die  Wande  des  ?ifhawah  (des 
Empfangszimmers)  auf  eigens  hergestellten  weissen  Grund  mit 
rother  Farbe  in  grossen,  ein  Fuss  hohen,  arabischen  Buchsta- 
ben  folgenden  Spruch  aus  dem  $oran  (Sure  2,  Vers  59): 

„Siehe  diejenigen,  welche  glaubig  sind  (Muslimen),  und  die- 
jenigen  welche  der  jQdischen  Religion  anhangen,  und  die  Christen, 
und  die  Sabier,  wer  an  Gott  glaubt  und  an  den  jungsten  Tag, 
und  gute  Worke  thut,  denen  steht  ihr  Lohn  bevor  bei  ihrem 
Herrn,  sie  haben  niehts  zu  fnrchten,  und  werden  nicht  betrubt 
werden." 

Gegen  Abend  begab  ich  mich  allcin  vor  die  Stadt  hinaus, 
um  ein  Bild  der  Stadt  Tlajel  zu  zeichnen. 

Untenvegs  traf  ich  einige  S6hne  von  Hamud  el-'Ob6d  mit 
zwei  Jagdfalken,  beidc  gefesselt  und  die  Lederkappe  (Bo>kae 
£Sjl)  auf'dem  Kopf.  Schon  war  der  Blick  auf  das  Gebirge,  in 
welchem  eben  ein  Gewitter  sich  zusammenzog. 

Nach  dem  Nachtessen  kam  wieder  der  unvermeidliche ,  all- 


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HiUEL. 

mahlig  uberlastige  Ranera 
(S.  188  f.),  gleich  darauf  der 
Schmied  Husain.  Ich  vexier- 
te  sie  mit  der  „orientali- 
schen  Frage",  zwei  gestiel- 
ten  und  spielend  in  einan- 
der  geschobenen  halbotte- 
nen  Messingringen.  Sie  woll- 
ten  sie  naturlich  mit  Ge- 
walt  lflsen  —  was  ja  nicht 
sein  darf  —  und  konnten 
nur  durch  die  Drohung, 
dass  Ihnen  das  Kunstwerk 
unerklart  entzogen  wurde, 
davon  abgehalten  werden. 
Zulezt  erschien  noch  unser 
Reisebegleiter   durch  den 
Nefud,der  schwarze  Ibrahim 
(S.  116).  Er  war  schon  die 
lezten  Tage  der  Reise  ver- 
rflckt  gewesen,  und  hatte 
die  Kameele  und  das  Ge- 
pack   nicht   mehr  richtig 
besorgt.  Vor  der  Abreise 
nach  Damascus  mit  Hamud 
el-Migrad,  hatte  er  seine 
Frau  fortgejagt,  und  der 
Emir  hatte  ihm  verspro- 
chen ,  ihm  bei  seiner  Ruck- 
kehr  eine  neue  zu  geben. 
Heute   Abend   sollte  die 
Hochzeit  sein ,  und  er  kam 
nun,  um  sein  zugesagtes 
Hochzeitsgeschenk  bei  uns 
zu  holen. 


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206  ACIITES  CAP1TEL. 

Do.  25.  Oct.  83]  Morgens  schon  vor  Sonnenaufgang  klopften 
unermadlich  Besuche  an  unsrer  Hausthare;  ebenso  beharrlich 
wurde  unsrerseits  das  Haus  verschlossen  gehalten.  Gegen  9  Uhr 
erschien  pl6tzlich  ohne  vorherige  Anmeldung  der  Emir,  urn  uns 
einen  Besuch  abzu9tatten.  Den  an  die  Wande  gemalten  Spruch 
aus  dem  tforan  bemerkte  er  sofort  mit  beifftlligem  Nicken  und 
recitirte  ihn  laut.  Ich  verehrte  ihm  ein  Reise-Necessaire ,  dazu 
erbat  er  sich  noch  ein  Bttchslein  mit  schwarzer  Stempelfarbe. 
Huber  bat  mich,  dem  Emir  mein  Koran -Exemplar  zu  verehren, 
das  in  rot  hen  Maroquin  mit  Goldschnitt  gebundeu  war.  Der  Emir 
wQnschte  dann  noch  zu  sehen,  was  wir  an  Bach  era  mitgenom- 
men  hatten.  Dass  wir  heute  noch  diesen  Besuch  des  Fursten 
erhielten,  war  urn  so  hOher  anzuschlagen ,  als  er  mit  den  Vor- 
bereitungen  far  den  in  den  nachsten  Tagen  stattfindenden 
Raubzug  (Razu)  vollauf  in  Anspruch  genommen  war.  Wohin 
derselbe  gehen  soli,  ist  bis  jezt  noch  Geheimniss,  wahrschein- 
lich  ins  Gebiet  des  Ibn  Sa'ud  gegen  Rijad  zu.  Durch  die  uner- 
wartete  Einladung  an  demselben  Theil  zu  nehmen,  wurde  ich 
in  nicht  geringe  Aufregung  versetzt:  trotz  aller  Strapatzen  und 
Entbehrungen ,  wie  viel  des  Neuen  und  Interessanten  hatte 
uns  ein  solcher  noch  nie  von  einem  Europaer  mitgemachter 
beduini3cher  Kriegszug  gebracht!  Ich  schwankte  lange  hin  und 
her,  musste  aber  schliesslich  mit  Racksicht  auf  meine  b6sen 
Fusswunden  erklaren ,  dass  ich  davon  Abstand  nehme.  Huber 
behielt  sich  noch  die  Theil  nab  me  vor.  Wahrend  dieser  Unter- 
haltung  wurde  der  Thee  in  zwei  Henkeltassen  und  in  zwei 
kleinen  japanischen  gereicht.  —  Nachmittags  kam  der  Prinz 
MAgid,  um  die  zwei  japanischen  far  seinen  Vater  (den  'ObGd!) 
zu  verlangen.  Auch  meinen  kleinen  Revolver  wollte  er  haben. 
Diese  freundlichen  Rauber!  Der  Gott's  Will  es  dauerte  gar 
nicht  lange,  da  kam  nach  dem  Nachtessen  der  gewandteste 
Bettler  Hamad  el-MigrOd,  um  sich  erkundigen  (angeblich  im 
Namen  des  Emir)  ob  es  nicht  etwa  unsere  Absicht  gewesen 
sei ,  dem  Emir  das  sechsbandige  geographische  Werk  des  Jakat 
und  die  zwei  Bande  des  Bekri  zu  verehren.  Als  ich  veraicherte, 


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207 


o  nein,  das  sei  em  Irrthum,  da  ineinte  er,  ich  kOnnte  ja 
irgend  einen  Band  davon  als  Geschenk  hergeben.  Auf  meine 
bestimmte  Erklarung,  dass  ich  diese  zwei  arabischen  Geogra- 
phen  brauchte,  wie  das  tagliche  Brot,  fiel  ihm  ein,  er  hatte 
doch  noch  andere  BCLcher  bei  uns  geseheu.  Ja,  das  eine  ist 
1001  Nacht,  das  hat  der  Emir  selbst,  und  das  andere  ist  das 
Leben  Muhammeds  von  Eastalani.  Nun  so  gebet  das  Leben 
Muhammeds  und  leihet  uns  wenigstens  abwechslungsweise  die 
anderen  Bande  zum  Vorlesen.  —  Abends  hatten  wir  zunachst 
Ruhe.  Bald  stand  tfamad  el-Migrad  wieder  da,  bekam  aber 
diessmal  eine  gut  einstudirte  Predigt  aber  die  Habsucht  der 
Schammar  zu  hdren,  so  dass  wir  fur  heute  vor  weiteren 
Zumuthungen  verschont  blieben.  Ich  muss  immer  wieder  den- 
ken,  wie  froh  bin  ich,  dass  ich  den  von  Sr.  Maj.  dem  Konig 
Earl  erhaltenen  Sabel  (S.  182)  nicht  mitgenommen  habe;  ich 
glaube  nicht,  dass  es  mOglich  gewesen  ware,  denselben  vor 
diesen"  Elauen  zu  retten.  —  Noch  in  spater  Stunde  wurden 
die  bei  einem  Schuhmacher  bestellten  Sandalen  abgeiiefert.  Sie 
waren  schOn  ausgefallen,  und  kosteten  3/4  Megidi  das  Paar. 
In  die  meinigen  hatte  ich  auf  die  Stelle  des  Fersens  ein  Stack 
mitgenommener  Geldborte  einnahen  .lassen ,  urn  bei  einem  Be- 
such  etwa  im  Schloss,  wo  unter  Umstanden  40—50  Paare 
ganz  gleich  aussehender  Sandalen  im  Vorzimmer  abgelegt  wer- 
den ,  beim  Fortgehen  die  gesuchten  sofort  herausfinden  zu  kon- 
nen.  —  Nachdem  schon  den  Tag  aber  verschiedene  kurze  Ge- 
witterregen  niedergegangen  waren,  trat  Nachts  lebhaftes  Wet- 
terleuchten  auf,  begleitet  von  heftigen  Donnerschlagen ,  spater 
platschender  Regen. 

Fr.  26.  Oct.  83]  Durch  die  Vorbereitungen  far  den  Razu  sind 
alle  Leute  in  der  Stadt  vollstandig  Anspruch  genommen,  so 
dass  wir  heute  ziemlich  sauberes  Haus  haben.  Ich  beniitzte  die 
Gelegenheit,  um  die  eine  Wand  unsres  Empfangszimmers  mit 
einer  Landschaft  in  Leimfarben  zu  bemalen:  im  Vordergrund 
stand  ein  hoher  Wald  von  Dattelbaumen ,  um  die  dazwischen 
hervor8prudelnde  Quelle  waren  Beduinen  in  reichem  Waffen- 


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20S 


ACHTES  CAPiTEL. 


achmuck  gelagert,  im  Hintergrund  waideten  Kameele  in  uppi- 
gem  Grilnfutter. 

Nachmittag3  4  Uhr  begaben  wir  uns  auf  den  Meshab.  Wegen 
des  bevorstehenden  Aufbruchs  zum  Riizu  war  der  Platz  trotz 
des  leichteu  Regens  uugewGhnlich  belebt.  Von  einem  guten 
trockenen  Sitze  jagten  wir  zwei  Beduinen  weg  und  nahmen 
deren  Stelle  ein ,  um  von  da  ans  das  Treiben  bequem  beobach- 
ten  zu  konnen.  Da  wurden  Sacke  herbeigeachleppt ,  Mundvor- 
rathe  aufgestapelt ,  Waffen  ausgebessert ,  Sattel  und  Kleider 
getlickt,  Stricke  entlehnt,  Thiere  gefuttert  und  getrankt.  Ob- 
schon  vollgepropft  mit  Kanieelen  war  der  Meshab  doch  sehr 
sauberlich,  weil  der  frisch  gefallene  Kameelsmist  von  kleinen 
Madcben  um  die  Wette  sogleicb  in  K6rbe  aufgelesen  wurde, 
uni  nichts  von  dem  kostbaren  Brenn material  verloren  gehen 
zu  lassen.  Da  namlich  die  Gegeud  um  Hajel  in  einem  Umkreis 
von  mehreren  Stunden  langst  jeden  Pflanzenwuchses  im  Freien 
beraubt  ist ,  so  fallt  es  den  unvermoglichen  Leuten  in  der  Stadt 
immer  schwer,  sich  auch  nur  das  nothdilrftigste  Brennmaterial 
zu  verschatfen.  Wohl  werden  aus  der  WQste  Kameelsladungen 
voll  I,latab  ab  und  zu  auf  den  Markt  gebracht ,  aber  die  Ladung 
mit  einem  halben  bis  einem  ganzen  Rijal  (1  M.  60—3  M.  20) 
bezahlt  So  viel  Geld  zu  verauagaben  haben  jedoch  in  Hajel  nur 
wenige  Familien.  Darum  wird  den  Kindern  bei  jeder  Gelegen- 
heit  das  Verdienstvolle  der  Jagd  auf  den  Kameelsmist  einge- 
scharft.  —  An  einem  Thore  des  Schlosses  wurde  Geld  an  die 
Beddrftigen  unter  den  Theilnehmern  an  dem  Razu  vertheilt 
(1 — 20  Rijal)  theils  um  noch  nothwendige  Ausrustung  zu  be- 
schatt'en,  theils  um  die  zurfickbleibenden  Familien  zu  unter- 
stutzen.  Unweit  von  un9  hockte  einsam  ein  fremder  Beduine, 
autiallig  durch  seine  dunkelbraune  Hautfarbe.  Ilamud  el-Migrad, 
der  geschaftig  in  dem  Meuschenknauel  herumkommandirte , 
ward  herbeigewunken ,  und  belehrte  uns,  das  sei  ein  Eahtani, 
Namens  Salim  ibn  Fetnan  au3  dem  lyasim,  dem  sudlichsten 
Theilc  des  Negd ,  absichtlich  in  der  Stadt  zuruekgehalten ,  weil 
AngehOrige  eines  fremden  wenn  auch  befreundeten  Stammes 


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H&JEL. 


209 


erst  einige  Tage  jiach  dem  Auf  bruch  des  Razu  in  ihre  Heimath 
zuruckkehren  durften  (S.  206).  Huber  wflnschte  von  ihra 
Auskunft  aber  die  Stamme  und  Gliederung  der  Rahtanl.  Der 
Mann  bezeugte  aber  natarlich  gar  keine  Lust  hiezu,  gab  viel- 
mehr  zuerst  gar  keine,  dann  eine  ausweichende  Antwort,  bis 
ihra  yamud  begreiflich  machte,  wir  seien  vollkommene  Gaste 
des  Schijukh,  er  durfe  uns  getrost  jede  geforderte  Auskunft 
ertheilen.  Um  nicht  gestort  zu  sein  und  inn  gesprachiger  zu 
machen,  luden  wir  ihn  zum  Essen  ein  und  bewirtheten  ihn 
reichlich.  Seine  dankbare  Zufriedenheit  bekundete  er  durch  die 
ablichen  Rfllpser,  und  schickte  sich  an,  im  $ahaiwah  selbst 
eine  g&nzliche  Waschung  seines  Korpers  vorzunehmen.  Ange- 
blich  zu  seiner  Bequemlichkeit  boten  wir  ihm  an,  diese  Er- 
frischung  draussen  im  Hofe  vorzunehmen.  Gestarkt  und  gesiiu- 
bert  kam  er  nach  langerer  Zeit  wieder  herein ,  und  liess  sich 
nun  ziemlich  willig  aber  alle  Einzelnheiten  seines  Stammes 
ausforschen.  Unser  schreibkundiger  Diener  Mali  mud  verzeichnete , 
wie  bisher  ublich ,  die  Angaben  des  frahtani  in  Hubers  Tagbuch. 
Das  Geschftft  gieng  Qbrigens  nicht  so  glatt  von  Statten,  denn 
kaum  hatte  der  Eahtani  einige  Namen  genannt,  so  hielt  er  inne , 
und  klagte  aber  das  Wasser,  das  sich  in  seinem  Kopf  befinde ,  wir 
sollten  ihm  doch  die  Arznei  dafQr  geben.  Die  Vorstellung  der 
Leute  hier  zu  Land  aber  die  Krankheiten  und  deren  Heilmit- 
tel  ist  ebenso  einfach  als  naiv:  jede  Krankheit  sitzt  in  eiuem 
bestimmten  KOrpertheil ,  und  far  jeden  Korpertheil  gibt  es  eine 
besondere  Arznei,  die  der  Arzt  nur  aus  der  Kiste  herauszu- 
nehmen  und  zu  verabreichen  braucht.  Eine  besondere  Beschrei- 
bung  der  Krankheit  oder  personliche  Vorfilhrung  des  Kranken 
wird  nicht  fttr  ndthig  erachtet.  Also  von  dem  Kopfwasser  woll- 
ten  wir  erst  nachher  mit  ihm  reden;  er  solle  nur  einmal  fort- 
fahren ,  die  Stammes-  und  'Familienhaupter  aufzuzahlen.  Bis 
die  Angaben,  immer  wieder  unterbrochen  von  den  Klagen  aber 
das  Wasser  im  Kopf,  beendet  waren,  mag  wohl  eine  Stunde  ver- 
gangen  sein.  Dann  gaben  wir  ihm  zum  Abschied  ein  Portion 
Sennesblfttter.  —  Nach  ihm  kam  noch  der  Kameelshftndler 


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210 


ACHTES  OAPITEI.. 


Husein  (S.  116),  und  erbot  sich,  una  Briefe  uber  Medina  durch 
den  flagg  nach  Damascus  zu  befordern.  Er  wolle  sie  dieser 
Tage  abholen. 

Sa.  27.  Oct.  83]  In  aller  Frfth  kam  £Abdallah  el-Muslimani 
und  berichtete,  vor  der  Eingangsthure  unsrea  Hauses  sei  eine 
grosse  Blntlache.  Der  gleich  darnach  eintretende  Kameelshandler 
yusein  bestatigte  es,  und  fugte  hinzu,  auf  der  Schwelle  des 
Hau9es,  in  dem  er  abgestiegen,9eidieselbeSchweinerei,auchdie 
Thure  selbst  sei  ganz  rait  Blut  verschraiert.  Die  allgemeine  Stimme 
in  der  Stadt  bezeichne  die  Maschahideh  (die  aus  Mescbhed  ein- 
gewanderten  persischen  Kaufleute ,  in  deren  Quart ier  unser  Haus 
belegen  war)  als  die  Thater,  die  gewiss  aus  Arger  daruber,  dass 
wir  sie  verschiedenemal  umsonst  am  Hausthor  klopfen  lieasen, 
una  diesen  Schimpf  angethan  hatten.  Derselben  Ansicht  war  Mu- 
hammed ,  der  Sohn  des  Waffenschmieda  Ranem.  Kaum  war  dieser 
junge  Mann  mit  4  Blechkapseln  besten  Schiesspulvers  beschenkt 
abgezogen,  so  erschien  der  Vater  Riinfim,  um  auch  far  sich 
Pulver  zu  erbetteln.  Die  Bemerkung,  dass  wir  ja  so  eben  sei- 
nem  Sohne  4  Schachteln  voll  gegeben  hatten,  wiea  er  mit 
Entrustung  zurQck:  was  wir  seinem  Sohne  schenken,  gehe  ihn 
nichts  an!  —  Dem  Kameelshandler  tfusein  wurden  fur  Uber- 
nahme  und  Besorgung  der  Briefe  in  die  Heimath  einige  andere 
kleine  Geschenke  verehrt.  —  Zum  Morgenessen  schickte  una 
cAbdaliah  trenliches  Baghdader  Brot ,  von  seiner  Frau  gebacken , 
ferner  Pistazien  und  eine  Art  Bonbons. 

Der  bisherige  Haussclave  Matar  (S.  180)  hatte  Schwatzerzien 
gemacht,  und  wurde  darum  heute  durch  einen  anderen  Namens 
Khairullah  ersetzt.  Der  Bursche  ist  aber  wegen  Dummheit  achier 
nicht  zu  brauchen:  er  versteht  weder  Huber  und  inich,  noch 
unsern  Diener  Mahmud,  er  weiaa  gar  keine  Worte,  und  begreift 
nur,  wenn  man  Feuer  oder  Wasaer  verlangt;  seine  hdchate 
Fertigkeit  beateht  darin,  mit  Lehm  und  Sand  die  Locher  im 
Boden  auazufQllen,  und  dann  mit  den  affenartigen  Handen 
draufzupatschen.  Da  sind  die  zwei  Sclavinnen,  welche  bei  der 
Kuche  helfen,  viel  intelligenter. 


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1I&JEL. 


211 


Gegen  Abend  meldete  nam  fid  el-Migrad,  der  Emir  erwarte 
uns  bei  Sonnenuntergang  zum  Nachtessen.  Wahrend  Hamud 
betete,  kam  der  Wakil,  der  Bevollmachtigte  unsres  Hausbe- 
sitzers,  urn  sich  zu  entschuldigen  wegen  der  unsrem  Haus 
widerfahrenen  Beschimpfung ,  er  sei  doch  selbst  Meschhedi, 
kOnne  aber  nicht  in  Erfahrung  bringen,  von  wem  und  aiis 
welchem  Grund  die  Sache  verubt  worden  sei.  Hamud  unter- 
brach  sein  Gebet  fQr  mehrere  Minuten,  um  uber  den  Vorfall 
zu  verhandeln;  erst  nachdem  der  Wakil  sich  entfernt  hatte, 
8etzte  er  sein  Gebet  fort.  Wenige  Augenblicke  nachher  wurde 
bei  uns  eine  nette  lebendige  Gazelle  abgeliefert,  die  der  Wakil 
uns  als  Geschenk  ubersandte. 

Als  wir  uns  zum  Emir  begaben ,  war  die  Strassen  ganz  still : 
die  Hauptmasse  der  kampffahigen  Leute  war  schon  Mittags 
unter  Vorantragung  der  Fahne  (Berafc)  auf  den  Razu  abgezogen. 
Im  Schloss  trafen  wir  den  Ffirsten  in  guter  Laune;  er  scharfte 
den  zuruckbleibenden  vier  Wflrdentragern  ein,  far  alle  unsre 
Wunsehe  Sorge  zu  tragen.  Briefe  und  Zeitungen,  aus  Medinab 
eingetroffen,  wurden  vorgelesen,  andere  uns  zum  Lesen  gegeben. 
Die  Mahlzeit  bot  eine  angenehme  Abwechslung  in  der  Kost: 
ausser  Reis  und  Fleisch,  wovon  der  Emir  einige  Stucke  mit 
den  Fingern  abriss  und  selbst  uns  vorlegte ,  gab  es  vorzQgliches 
Fladenbrot  und  eine  Art  Fleischkuchlein  in  einer  Bruhe.  Mir 
wurde  wegen  mangelnder  Fingerfertigkeit  ein  LOffel  gereicht. 
Das  Essen  war  nicht  in  der  Hof  ktiche  bereitet ,  sondern  stammte 
aus  dem  Harim.  Mit  den  besten  Wflnschen  fur  den  Erfolg  des 
Razu  verliessen  wir  noch  vor  dem  letzten  Gebet  das  Schloss. 
LI  a  mad  el-Migrad  begleitete  uns  nach  unsrem  Hause.  Unter  Be- 
rufung  darauf,  dass  ich  inn  ersucht  habe,  mich  auf  Alles  auf- 
merksam  zu  machen,  was  ich  thnn  und  lassen  solle,  bat  er 
mich  beim  Abschied,  auf  die  hiesigen  Sitten  mehr  RQcksicht 
zu  nehmen:  unter  dem  Einfluss  der  wahhabitischen  Pfaffen  sei 
es  hier  zu  Lande  nicht  gerne  gesehen ,  wenn  Einer  seine  Freude 
laut  aussere  oder  gar  singe.  In  seiner  Gegenwart  konne  ich 
thun  und  treiben  was  ich  wolle ,  ich  mOchte  aber  in  Anwesen- 


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212 


ACHTES  CAPITOL. 


heit  von  anderen  Personen  (ausser  etwa  noch  des  'Abdallah 
el-Muslimanl)  ja  nie  mehr  singen. 

Zuletzt  kam  noch  Muhammed  ibn  Ranem,  urn  una  Aufkla- 
rung  und  Entschuldigung  fQr  die  Blutlache  vor  unsrem  Hause 
zu  bringen.  Er  selbst  sei  unwissentlich  offenbar  der  Tb&ter  ge- 
wesen:  er  musse  am  vergangenen  Abend,  in  der  Dunkelheit, 
in  einen  groben  Glas9cherben  oder  dergleichen  getreten  sein, 
ohne  es  gespurt  zu  haben.  Vor  unsrem  Hause  stehend  habe  er 
mehrmals  vergeblich  um  Einlass  geklopft;  wohl  sei  es  ihra  vor- 
gekommen,  als  ob  er  in  einer  Regenpfutze  stehe  und  habe 
dann  die  nasse  [blutige]  Hand ,  mit  der  er  den  Fuss  abgewischt , 
an  unsrer  Thure  trocken  gerieben;  weil  er  dann,  wie  auf  das 
wiederholte  Klopfen  nicht  geflffhet  wurde,  vermuthet  habe,  • 
wir  bringen  den  Abend  bei  dem  Kameelshandler  Husein  zu , 
so  habe  er  sich  vor  dessen  Hausthure  begeben,  wo  er,  abermals 
in  der  Nasse  stehend,  sich  Fuss  und  Hand  an  der  Schwelle  und 
am  Thore  gereinigt  habe,  ura  nicht  etwa  mit  nassen  Fussen 
das  Haus  zu  betreten.  Nachdem  er  auch  hier  lange  vergeblich 
geklopft,  sei  er  nach  Haus  zum  Schlafen  gegangen.  Erst  den 
anderen  Morgen  habe  er  wahrgenommen ,  dass  er  eine  Wunde 
am  Fersen  habe.  Dabei  zeigte  er  seine  Fusssohle  vor:  da  war 
ein  3  centimeter  tanger  und  fast  1  cm.  tiefer  klaffender  Schnitt 
in  der  Sohlenschwiele.  Da  gehdrt  doch  ein  gesundes  Fell  dazu , 
um  so  etwas  erst  am  andem  Tag  zu  merken! 

So.  28.  Oct.  83]  Seit  wir  hier  in  yajel  sind,  hat  das  Wetter 
winterliche  Gestalt  angenommen:  der  Himmel  ist  mehr  oder 
minder  bewOlkt,  auf  den  Kopfen  des  nahen  Gebirges  hangen 
Nebelkappen ,  die  glatten  triefenden  Granitwande  schimmern , 
wenn  ein  Sonnenstrahl  sie  trifft,  in  fahler  Silberfarbe  durch 
den  leichten  Spruhregen. 

Heute  in  aller  Fruh  ist  also  der  Emir  mit  den  Vornehmsten 
auf  den  Razu  abgerftckt,  und  wird  mit  der  tlbrigen  Menge  am 
Gebel  S6rra3  Abends  zusammentreflFen.  —  Nach  dem  Morgenes- 
sen  beschlossen  wir,  bei  dem  Muttersbruder  des  Emirs,  bei 
Sliman  el-Khoreischi ,  einen  Besuch  zu  machen.  Beim  Oflfnen 


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t 


213 


der  Hausthure  trafen  wir  auf  einige  unvorbereitete  Weiber,  die 
mit  grossem  Geschrei  die  Flucht  ergriffen.  Im  oberen  Stock 
(R6schen)  des  Hauses  wurden  wir  empfangen,  und  mit  Datteln 
von  wunderbarer  Sttsse  bewirthet.  Die  hellen  hOlzernen  Thuren 
waren  habsch  mit  Eisen  beschlagen,  und  alle  mit  rotben  und 
schwarzen  Verzierungen  bemalt.  Ich  gebe  als  Probe  das  Thur- 
lein  am  $ser  (S.  85)  in  dem  Atlas. 

Fur  den  Abend  hat  'Abdallah  el-Muslimani  uns  ein  feiDes 
Gastessen  bereitet ,  und  zur  ErhGhung  der  Feierlichkeit  die  sil- 
berne  Uhr  angehangt,  die  ich  ihm  verebrt  hatte  (S.  192).  Aus- 
ser  dem  Hause,  und  vollends  vor  dem  Abmarsch  des  Razu 
durfte  er  sie  ja  nicht  zeigen,  sonst  ware  ihre  Existenz  in  der 
ersten  Viertelstunde  dem  cObed  vermeldet  worden,  dersiedurch 
eine  ganz  unmissverstandliche  Bewunderung  seiner  Uhrensamm- 
lung  (S.  187)  einverleibt  hatte:  Huber  brachte  fur  die  Gasterei 
eine  Flasche  Champagner  hervor,  die  auf  das  Wohl  des  Gebers 
d.h.  des  Dr.  Schroder  kais.  General-Consuls  in  Beirut  geleert 
werden  sollte.  Erwartungsvoll  sah  unser  freigeistiger  Hauswirth 
der  feierlichen  Entkorkung  zu,  und  trank  ohne  Gewissenbisse 
ein  Glaschen  nach  dem  andern.  Vergeblich  hoffte  ich ,  er  werde 
einen  Zopf  davon  bekommen;  trotz  der  langen  EntwOhnUng 
kam  ihm  doch  offenbar  eine  gute  Schule  in  Bagdad  zu  Statten. 
Nur  durch  mehrfache  Kohlensaure-Ernptionen  gab  er  seinem 
Wohlbehagen  einen  naturlichen  Ausdruck. 

Fur  den  morgigen  Tag  planten  wir  eine  Besteigung  des  un- 
mittelbar  bei  der  Stadt  gelegenen  Berggipfels  Samra,  und  be- 
stellten  zu  dem  Zweck  bei  Selamah  (dem  Finanzminister)  zwei 
Esel  auf  Morgens  8  Uhr. 

Mo.  29.  Oct.  83]  Naturlich  kamen  die  Esel  nicht.  Wir  sandten 
zweimal  vergeblich  zu  Selamah.  Da  es  mittlerweile  12  Uhr  ge- 
worden  war,  gaben  wir  den  Plan  rar  lieute  auf.  Um  3  Uhr 
musste  unser  Diener  Mahmud  einen  Brief  an  Selamah  schrei- 
ben:  Es  sei  bedauerlich,  dass  seit  der  Abreise  des  Emirs,  aus 
dessen  Mund  er  den  Befehl  doch  selbst  vernommen  habe,  nichts 
mehr  far  uns  besorgt  werde.  Da  die  Esel  nicht  zu  beschaflen 


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i 


214  ACHTE8  OAlMTEt.. 

seien,  moge  er  wenigstens  so  gut  sein  und  nach  unsern  (eine 
Tagreise  von  hier)  auf  der  Waide  befindlichen  Kameelen  senden , 
datiiit  wir  dann  unsre  eigenen  Reitthiere  zur  Verfagnng  hatten. 
Nach  der  Absendung  des  Briefes  giengen  wir  gegen  N.W.  vor 

r 

die  Stadt  hinaus  auf  deu  Hugel  Umm  el-masagid ;  von  da  habe 
ich  einen  Theil  des  Gebirges  Aga  gezeichnet. 

Bei  der  Ruckkehr  trafen  wir  in  unsrem  Hause  den  eAbdailah 
el-Muslimani ;  er  erzahlte,  in  unsrer  Abwesenheit  sei  Selamah 
schon  zweimal  dagewesen ,  und  habe  uiit  Thrftnen  in  den  Augen 
geklagt,  es  sei  ihm  ausserst  leid,  dass  er  die  Esel  nicht  habe 
schicken  konnen;  zwei  Sclaven  haben  ohne  Erlaubniss,  den 
einen  nach  Lafcitah,  den  andern  nach  cAlfdeh  genommen.  (Die 
Kerle  werden  keine  schlechten  Hiebe  dafor  bekommen!)  Bis 
raorgen  fruh  seien  die  Esel  sicher  da. 

Abends  nach  dem  Nachtessen  kam  der  Schmied  IJusein.  ' 
Meine  grosse  Blechkapsel ,  welche  zur  Auf  bewahrung  der  Papier- 
abdrucke  von  Inschriften  diente,  hatte  auf  der  Reise  verschie- 
dene  b6se  Beschadigungen  erlitten,  und  war  von  ihm  wieder 
schOn  rund  geklopft  worden.  Zur  Belohnung  verehrte  ich  ihm 
verschiedene  Werkzeuge  und  Smirgelpapier.  Uber  den  Bezug 
seines  Eisens  befragt  gab  er  zur  Auskunft,  alles  Eisen  komme 
aus  Indien  zu  Schiflf  uber  #oweit  am  persischen  Meerbuseu; 
ebenso  Baumwolle,  und  der  KaflFee,  daher  bahri  genannt.  Der 
feinere  Kaffee  aus  Sudarabien  (jemeni)  werde  durch  den  ljagg 
von  Mekkah  und  Medinah  gebracht,  von  Jemen  selbst  aber  nie 
zu  Land  transportirt ,  sondera  zur  See  nach  Giddeh  oder  Jamboc 
verschifft,  —  Als  ich  mich ,  nachdem  ich  einen  tuchtigen  Schluck 
Wasser  getrunken,  zum  Ausruhen  auf  den  Teppich  niederlegte, 
sprang  er  auf  mich  zu,  riss  mich  angstvoll  in  die  Hflhe,  und 
bat  mich,  doch  ja  nicht  zu  schlafen,  es  kdnnte  mir  sonst  das 
Wasser  in  den  Kopf  laufen!!  —  In  spater  Stunde  stattete  noch  ^ 
der  ehrwurdige  Ceremonienmeister  Muferrig  einen  Besuch  ab. 
Mitten  in  der  Nacht  liess  sich  ein  Geklirr  vernehmen:  die 
Gazelle  war  in  den  Kahawah  eingedrungen  und  spazierte  zwi- 
schen  den  Tassen  und  dem  Geschirr  umher.  Sie  liess  sich  nur 


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R&JEL. 


215 


mit  Widerstreben  und  unter  Verubung  von  allerlei  Muthwillen 
binaus  jagen. 

Di.  30.  Oct  83]  Morgens  8  Uhr  erschiea  mit  den  zwei  Eseln 
ein  Huteimi  Namens  cAld  el-Dursi.  Wir  ritten  zum  SQdende 
der  Stadt  hinaus  und  erreichten  nach  einer  halben  Stunde  im 
Osten  der  Stadt  den  Fuss  des  Berges  Samra.  Wahrend  wir 
die  Esel  unten  waiden  liessen,  bestiegen  wir  den  Qipfel,  der 
sich  etwa  4 — 500  Fuss  flber  die  Ebene  erhebt.  Der  Platz  war 
sehr  gunstig  zu  einer  Orientirung;  [im  Westen  der  Aga,  im 
Osten  der  Selma,  theilweis  vom  Fetefc  (Fetets)  verdeckt.  Ich 
zeichnete  von  beiden  1  Panorama  (siehe  den  Atlas),  indessen 
Huber  verschiedene  Winkelmessungen  vornahra.  Uber  die  Namen 
der  einzelnen  Berggipfel  wusste  unser  ortskundiger  Begleiter 
vollkommen  Bescheid.  Aus  der  Ebene  ragten  merkwurdige  ganz 
niedere  Granitrippen  empor,  die  parallel  von  Westen  nach 
Osten  sich  erstreckten. 

Nach  vierstQndigem  Aufenthalt  auf  dem  Gipfel  stiegen  wir 
hinab  zu  den  Thieren  und  ritten  zu  einem  von  Mauern  einge- 
fassten  Garten  des  Emir,  Hreiraijjeh  genannt,  dann  durch  den 
ganz  verfallenen  und  jezt  unbewohnten  Stadttheil  cAinat  aber 
N.W.  in  die  Stadt  zuruck. 

Zum  Abendessen  stellte  sich  der  ]£ahtani  wieder  ein,  um 
Abschied  zu  nehmen,  weil  er  morgen  abreisen  durfe.  Bis  dahin 
waren  alle  fremden  Beduinen  in  der  Stadt  zuruckgehalten  wor- 
den,  damit  keine  Nachricht  Aber  den  beabsichtigten  Razu  nach 
auswarts  dringen  kftnnte.  Die,  Klagen  uber  seinen  Nasenkatarrh 
waren  zum  Lachen;  mindestens  5  mal  in  jeder  Viertelstunde 
sagte  er:  Guck  da!  in  meinem  Kopf  ist  Wasser,  und  fliesst 
immer  zur  Nase  herunter;  weun  ich  den  Kopf  schQttle,  hore 
ich  das  Wasser  schwabbeln,  und  Andere  hOren  es  auch.  Huber 
versicherte,  er  hore  nichts,  und  er  durfe  beruhigt  sein,  dass 
ihm  ira  Schlaf  kein  Wasser  ins  Gehirn  gelaufen  sei,  ubrigens 
wolle  er  ihm  beifolgend  eine  Arznei  geben  (war  irgend  ein 
gleichgiltiges  Medicament).  Zur  erlflsenden  Abwechslung  erschien 
dann  der  Oberaufseher  uber  alle  Sclaven  und  Sinecurist  All. 


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216 


AfHTE-S  CAl'ITEI., 


Ich  befragte  ihn  uber  die  Anzahl  der  hiesigen  Sclaven,  welche 
sammt  und  sonders  Eigenthum  des  Emirs  sind,  und  in  einem 
besonderen  Quartier  (Sufc  el-cabid)  im  N.W.  der  Stadt  wohnen. 
Er  nannte  als  Zahl  der  Erwachenen  160  [Manner],  ausserdem 
30  Eunuchen;  das  wflrde  Alles  in  Allem  gegen  1000  Sclaven- 
kOpfe  geben. 

Ausflug  nach  'Afcdeh. 

Mi.  31.  Oct.  83]  Das  Haus  wurde  abgeschlossen ,  und  die  Ga- 
zelle mit  Gerste  Datteln  und  Wasser  allein  in  den  HOfen  gelassen. 
Betten  und  Kochgeschirr,  auf  zwei  Esel  verladen,  wurden  mit- 
sammt  einem  zu  schlachtenden  Hammel  unter  Begleitung  von 
drei  Treib^rn  vorausgeschickt.  Um  7a 10  Uhr  ritten  'Abdallah, 
Huber  und  ich,  sodann  der  Diener  Mahmud  auf  Eseln  hintendrein. 
Unterwegs  gab  mir  cAbdallah  ein  im  Feuer  gehartetes  Stock 
von  einer  Palmrippe ,  um  den  Esel  durch  Stupfen  im  Rist  etwas 
lebhafter  zu  erhalten.  Der  Weg  gieng  uber  die  Ebene  gegen 
Westen  und  fuhrte  uns  nach  l'/j  Stunden  an  den  Fuss  des 
vollstandig  kahlen  Gebirges  Aga.  Da  Offnete  sich  die  Thalsohle 
von  eAkdeh,  etwa  100™  breit,  wagrecht  mit  dem  groben  Gra- 
nitsand  ausgeschwemmt.  Aus  der  Mitte  stiefs  eine  Felsengruppe 
el-^ajjid  hervor,  die  den  Eingang  zu  verschliessen  schien. 


Rechts  dahinter  bogen  wir  zur  Seite  ab  nach  der  Quelle 
cUweimir,  und  lagerten  einige  Zeit  unter  den  schattenspendenden 
Palmen.  Ein  netter  Vogel,  schwarz  mit  weissem  Kopf  (Aba 


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llfUEL. 


217 


m  reran),  trieb  sich  munter  und  zutraulich  an  dem  Wasser 
umher.  Die  Quelle,  fruher  reichlich,  soil  seit  3  Jahren  bedeu- 
tend  nachgelassen  haben.  Um  12  Uhr  brachen  wir  wieder  auf; 
wahrend  die  Felsen  immer  naher  zusamrncuruckten ,  stiessen 
wir  nach  Kurzem  auf  eine,  die  schmalste  Stelle  sperrende,  etwa 
hOm  lange  Mauer. 


Auf  der  linken  Seite  wurde  ein  Thor  ge6ffnet ,  dahinter  lagen 
in  einem  Palmeuwald  versteckt,  von  einem  Kessel  nackter 
Felsen  eingeschlossen ,  die  Hauser  der  Oase  cAfcdeh.  Wir  stiegen 
in  dem  vom  Schijukh  erbauten  und  vOllig  unmOblirten  ]£asr 
ab.  Das  Gepack  war  schon  abgeladen;  wahrend  die  Teppiche 
mit  den  Sitzen  zurechtgemacht  und  der  Hammel  geschlachtet 
wurde,  inachten  wir  in  zwei  Hausern  Besuch  und  tranken 
mehrere  Cafes.  In  dem  einen  Garten  lag  ein  ganzer  Palmstamm 
mit  einem  Ende  im  Feuer;  er  gluhte  langsam  ab  und  wurde 
nach  Bedilrfniss  in  die  Feuerstelle  vorgeschoben.  Gegen  Abend 
zeigte  sich  auf  einer  ganz  nahen  Felsspitze  ein  Steinbock,  der  of- 
fenbar  die  Absicht  hatte,  zu  irgend  einem  Wasserloch  herunter- 
zusteigen.  Els  machte  sich  auch  sofort  ein  Jager  mit  der  Flinte 
auf  die  Beine,  bekam  ihn  zwar  nochmals  zu  Gesicht,  kehrte 
aber  nach  langerer  Zeit  unverrichteter  Sache  heim.  —  Mein 
kOrperliches  Befinden  liess  heute  viel  zu  wunschen;  ich  litt  an 


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A  


218 


ACHTFS  OAPITKI.. 


starkem  Kopfweh  uad  Betaubung,  Oberlippe  und  Nase  waren 
dick  verschwollen ,  dazu  noch  Verschlimmerung  meiner  Fuas- 
wunden. 

Do.  I.  Nov.  83]  Morgens  fand  ich  Erleichterung  durch  starkes 
Nasenbluten.  Far  den  heute  auf  den  Far'  (el-Farea  g^O,  den 
hochsten  Gipfel  des  Gebel  Aga,  beabsichtigten  Ausflug  machte 
ich  verschiedene  raisslungene  Versuche,  meine  Sandalen  weni- 
ger  drockend  fur  die  Fusswunden  zn  gestalten.  Das  einfachste 
Mittel  ward  zulezt  gefunden:  die  Sandalen  ganz  wegzulassen. 
Wir  hatten  zwei  Fuhrer  und  Namenkundige  kommen  lassen, 
den  Muhammed  el-eAld  und  den  Mufaddl.  Diese  setzten  9ich 
zusammen  auf  einen  Esel,  eAbdallah  blieb  im  l£asr  zuruck, 
Huber  und  ich  be9tiegen  die  beiden  Esel  des  Schijukh.  So  ritten 
wir  um  9'/9  Uhr  von  *A^deh  ab.  Der  Weg  fClhrte  sudwestwarts 
durch  die  Sandsohle  des  Thalkessels;  rechts  und  links  noch 
einige  frei  wachsende  Dattelbaume.  Bald  nlckten  die  Felsen 
enger  zusammen;  nach  einstQndigem  Ritt  stiegen  wir  von  den 
Thieren  ab,  und  schickten  dieselben  auf  einem  bequemeren 
Umweg  voraus.  Wir  selber  wanden  uns  zwischen  den  Granit- 
blOcken  gerade  aufwarts,  trafen  auch  noch  unter  einem  hohl 
liegenden  Felsklotz  ein  klares  Wasserbecken ,  belebt  von  einem 
halben  Dutzend  kleiner  schwarzer  Frosche.  Das  Wasser  war 
uns  ein  Labsal.  Von  hier  ab  mussten  wir  theilweise  unter 
grossen  Felskugeln  durchschlQpfen ,  bis  wir  auf  eine  kesselartig 
gestalteten  Futterplatz  (el-Gazieh)  gelangten,  der  zum  freien 
Verbleib  unsrer  Thiere  ausersehen  war.  Nach  Kurzem  kamen 
die  Esel  an,  und  machten  sich  mit  Behagen  an  die  binsenarti- 
gen  Buschel  (*&oj»  Mseic).  Die  Thiere  konnten  hier  ruhig  un- 
beaufsichtigt  gelassen  werden,  da  es  keinem  Menschen  einfallen 
wird ,  das  Eigenthum  des  Emirs  stehlen  zu  wollen.  Immer  steiler 
stieg  der  Weg  in  der  engen  Schlucht;  links  in  der  Felswand 
zeigte  der  Fuhrer  ein  nicht  ganz  bequem  zu  erreichendes  Loch , 
von  ihm  als  Quelle  bezeichnet.  Ich  kletterte  hinauf :  die  Hflhlung 
war  etwa  30rm  im  Durchmesser  und  15cm  hoch  mit  Wasser  ge- 
fullt,  an  den  Wanden  zu  raeinem  Erstaunen  Moos,  das  einzige, 


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BftJIL.  219 

welches  ich  auf  meiner  ganzen  Reise  zu  Qesicht  bekam.  Nach 
einer  weiteren  halben  StuDde  tiberstiegen  wir  einen  Felsriegel 
und  hat  ten  nun,  dnrch  eine  Gebirgsfalte  von  uns  getrennt, 
rechts  druben  die  steilen  mit  Blocken  besaten  Steinwande  des  Fare. 


An  einer  schragen  Flache  war  eine  weisse  Stelle  benierkbar, 
blossgelegt  durch  frisch  herabgebrockeltes  Gestein.  Die  Leute 
erzahlten,  hier  sei  vor  Jahren  vora  Himmel  ein  Stern  (Meteor) 
draufgefallen  und  habe  die  Brocken  heruntergeworfen ,  die  an- 
deren  massenhaft  herumliegenden  FelsblOcke  seien  von  Alters 
her  da,  und  durch  die  das  Gebirge  streifende  Arche  Noahs 
heruntergestossen  worden.  Durch  die  gerade  vor  uns  sich  hinauf- 
ziehende  Felsscharte  habe ,  vor  ein  paar  Jahren ,  ein  aus  cAlydeh 
entlaufenes  Kameel  den  Weg  uber  das  Gebirge  genommen; 
das  Eamin  steigt  so  steil  an,  dass  ich  es  nicht  fur  moglich 
gehalten  hatte.  Da  der  Aufstieg  gegen  den  Gipfel  immer  be- 
schwerlicher  zu  werden  drohte,  legten  wir- alle  uberflussigen 
Kleider  ab  und  begnugten  uns  mit  den  Hemdeu  und  einer 
weissbaumwollenen  Kappe  (Telfijjeh).  Nachdem  die  lezte  schrage 
Wand  aus  glatten  Felsplatten  bestehend,  im  Schweisse  des 
Angesichtes  erklettert  war,  standen  wir  um  12  Uhr  50  m.  aut 
dem  Gipfel,  von  wo  sich  eine  ausgedehute  Ubersicht  *)  aber 

1)  Siehc  du  Aqiurell  No.  1  im  Atla». 


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220  AOHTE8  OAI1TEL. 

die  absolut  nackten  schmalrippigen  Granitmassen  darbot.  Draus- 
sen  in  der  einer  Meeresflache  gleichenden  Ebene  waren  die 
H&user  von  Hajel  leicht  zu  erkennen ;  den  Horizont  saumte  die 
hellblaue  Linie  des  Gebel  Selma.  Die  wunderbare  Aussicht  in 
ihren  Einzelnheiten  zu  geniessen,  war  ich  indess  wenig  geeignet ; 
der  qualende  Durst  zwang  mich,  bald  wieder  hinabzusteigen  zu 
einer  Steinmulde  an  ein  kleines  Wasserloch,  das  ich  schon  im 
Heraufweg  tief  unter  uns  liegend  bemerkt  hatte.  Wahrend 
Huber  auf  dem  Gipfel  noch  Winkelmessungen  vornahm  und 
sich  die  Namen  einzelner  Berge  nennen  liess,  zeichnete  ich 
unten  in  der  $hauwat  Fawwaz  (siehe  Aquarell  N°  2  und  3  des  At- 
lasses).  Es  war  mir  ein  wonniges  Gefuhl,  in  dieser  grossartigen 
Gebirgslandschaft  mutterseelenallein  herumzuschlendern :  kein 
Gepack ,  kauni  ein  Kleidungsstuck  auf  dem  Leib ,  ein  Zeichen- 
heft  und  eine  Gerte  in  der  Hand,  Verirren  nicht  moglich,  von 
nirgends  her  eine  Gefahr,  keinerlei  Gehetz,  als  einzige  Uhr 
den  Magen.  Bei  den  Eseln  in  der  Mulde  el-Gazieh  angekommen 
hatte  ich  eben  noch  Zeit ,  die  nach  'Alfdeh  hinabfuhrende  Schlucht 
zu  zeichnen.  Schon  zog  dichtes  Gew&lk  herauf,  der  Donner 
begann  in  den  Schluchten  zu  rollen  und  mahnte  zum  Auf  bruch. 
Huber  war  eiligst  mit  den  2  Begleitern  vom  Gipfel  herunter- 
gekommen.  Die  Thiere ,  welche  nun  fflnf  Stunden  gewaidet  hat- 
ten,  liessen  sich  willig  wieder  besteigen.  Der  Himmel  verfin- 
sterte  sich  immer  mehr,  und  bei  einbrechender  Nacht  erreichten 
wir  den  ^a,?r  zu  eAl>deh. 

Nach  dem  Abendessen  kamen  noch  Leute  aus  dem  Dorf, 
spielten  die  Rebabah  und  sangen  dazu  martervolle  Lieder.  Die 
ganze  Nacht  dauerte  das  Krachen  des  Donners  und  das  Leuch- 
ten  der  Blitze,  Regen  fiel  wenig,  das  Hauptgewitter  gieng  im 
Norden  des  Gebirges  am  Ra'lleh  nieder.  Einem  seltsamen  Gast, 
der  uns  im  Dunkeln  einen  Besuch  machte,  einem  Frosch,  ward 
ein  passenderer  Aufenthaltsort  ausserhalb  des  Hauses  angewiesen. 

Fr.  2.  Nov.  83]  Durch  den  gestrigen  Marsch  hatten  sich  raeine 
Fusswunden  empfindlich  verschlimmert  und  zwangen  mich,  das 
Haus  zu  hilten ;  ich  benOzte  die  Zeit  zum  Malen.  Der  Himmel 


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221 


war  den  ganzen  Tag  ilber  bewOlkt,  sandte  indess  trotz  kr&fti- 
gen  Donners  nur  wenig  Regen  hernieder.  Des  Nachts  kam  der 
kalte  Frosch  von  gestern  zu  mir  in  mein  Bett,  musste  aber 
dieselbe  Bebandlung  wie  das  erate  Mai  erfahren. 

Sa.  3.  Nov.  83]  Morgens  wurden  unsere  Siebensachen  gepackt , 
und  dadurch  der  tfasr  wieder  ganz  entleert  dm  10  Uhr  50  m. 
ritten  wir  ab,  und  in  kaum  zwei  Stunden  war  die  Stadt  Hajel 
wieder  erreicht.  Wahrend  Huber  noch  unterwegs  verweilte, 
war  ich  mit  dem  Diener  Mahmud  und  deni  Sklaven  Khairullah 
vorausgeritten. 

Eben  war  das  Haus  aufgeschlossen  und  das  Gepack  abgela- 
den,  so  drangte  schon  wieder  eine  Anzahl  Menschen  in  den 
Hof  herein.  Ich  war  gerade  mit  dem  Auspacken  einer  Reise- 
tasche  beschaftigt ,  hatte  meinen  Sabel  an  die  Wand  gelehnt , 
und  dem  Diener  befohlen  zu  sorgen ,  dass  die  unnatzen  Leute 
das  Haus  verlassen,  da  trat  pltftzlich  ein  Mann  herein,  schOn 
angethan,  einen  Prachtsabel  in  der  Hand,  von  5  Sclaven  be- 
gleitet;  er  blickte  mit  unzufriedenem  Gesicht  im  ganzen  Hof 
herum  und  gieng  gleich  in  das  Empfangszimmer.  Ohne  zuvdrderst 
auch  nur  zu  grussen  stiess  er  die  Frage  hervor:  Wo  ist  der 
Huber?  Argerlich  flber  sein  Auftreten  ant wortete ich, ohne  mich 
umzudrehen  „Der  Huber  ist  nicht  da,  mach  dass  du  hinaus- 
kommst."  Auf  das  hin  erfolgte  ein  Zornesausbruch  und  eine 
Fluth  unerh6rter  SchimpfwOrter  von  denen  ich  nur  verstand: 
ja  Na^ranl,  ja  Kafir,  ja  Kelbl  (»Die  Christ,  du  Unglaubiger, 
du  Hund!")  Ich  rief  dazwischen:  ,An  deiner  Stelle  wurde  ich 
mich  schamen  eines  Christen ,  eines  Hundes  Haus  zu  betreten , 
geh  doch  hinaus,  oder  reit*  in  dein  Paradies,  du  Prima- 
Muslim ')!"  Dann  beschimpfte  er  den  Diener  Mahmud,  und 
nannte  ihn  einen  verkappten  Christenhund ,  dem  der  Kopf 
herunter  gehOre.  Wie  ich  mich  umdrehte,  reizte  ihn  mein  wohl 
auch  nicht  lieblicher  Anblick ;  mit  geschwollener  Zornesader  auf 
der  Stirne  biallte  er:  Her  ihr  Sclaven,  haut  ihm  den  Kopf 


1)  Mmlira  birio^hi 


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222 


ACHTF.S  CAPITEL. 


herunter  ') !  Hab  ich's  euch  nicht  scbon  ein trial  gesagt  ?  Im  sel- 
ben  Augenblick  riss  er  den  Sabel  aus  der  Scheide,  ich  sprang 
ebenso  schnell  nach  detn  ineinigen  und  wollte  auf  ihn  dar. 
Wahrend  die  Anwesenden  mit  Schreck  und  Geschrei  uns  beiden 
in  die  Arme  fielen,  und  un9  au3einanderhielten ,  machte  ein 
Begleiter  des  Wutherichs  hinter  seinem  RQcken  mir  durch 
Zeichen  begreiflich ,  dass  er  im  Kopf  nicht  richtig  sei.  Nur  mit 
Mahe  gelang  es,  den  Rasenden  aus  dem  Hof  hinauszuschaffen , 
und  mich  zu  beruhigen.  Kochend  vor  Wuth  rief  ich  ihm  noch 
nach,  ich  werde  dem  Emir  von  seiner  sauberen  Auffiahrung 
berichten  und  erzahlen,  wie  seine  Gaste  hier  im  eigenen  Haus 
belastigt  werden.  Dann  Hess  ich  die  Hausthure  abschliessen. 
Kurz  darnach  kam  'Abdallah  mit  Huber  zuruck  und  belehrte 
mich ,  das  sei  der  geisteskranke  Prinz  Fahd  gewesen ,  Sohn  des 
alten  eObeid,  also  ein  Bruder  des  Hamud  el-cOheid.  Demselben 
sei,  solange  der  Emir  in  der  Stadt  weile,  ein  Haus  mit  Garten 
zum  Aufenthaltsort  angewiesen;  nur  wenn  derFurst  und  Hamud 
von  der  Stadt  abwesend  seien,  durfe  er  es  wagen,  mit  dem 
Sabel  auszugehen.  Oftmals  verfalle  er  auch  in  Tobsucht  und 
masse  dann  mit  Ketten  angeschlossen  werden.  Da  mir  alle  diese 
Verhaltnisse  zuvor  unbekannt  waren,  so  hatte  ich  auch  nicht 
verstanden,  warum  der  Mann  nach  Huber  fragte.  Der  Ungluck- 
liche  wollte  ihn  als  hakim  (Arzt)  aufsuchen  und  befragen.  Ich 
bat  Huber,  morgen  nach  ihm  zu  sehen. 

So.  4.  Nov.  83)  Als  Huber  den  Fahd  diesen  Morgen  aufsuchte , 
zog  er  alle  seine  Ausserungen,  uberhaupt  seine  ganze  AuffQh- 
rung,  in  Abrede.  —  Meine  Fusswunden  werden  merklich  schmerz- 
hafter  und  allgeraach  beschwerlich. 

Mo.  5.  Nov.  83]  Temperatur  nur  14°  C.  —  Der  Diener  Mah- 
mud  liess  sich  heute  von  einem  Barbier  das  Haupt  rasiren. 
Ich  war  verwundert,  die  Beiden  mit  einander  tdrkisch  reden 
zu  h6ren,  und  erfflhr,  der  Mann  sei  ein  Kurde  von  Geburt, 
aus  Siwas,  tflrkischer  Deserteur  von  der  Garnison  in  ^an'a, 


1)  Ta'H  jft  'abld.  uVU'A  raVoh. 


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223 


und  seit  zwei  Jahren  hier  ansassig.  Ich  dachte  ihm  ein  beson- 
deres  Bene  anzuthun,  und  reichte  ihm  ein  vorzugliches  euro- 
paisches  Rasirraesser;  doch  war  er  damit  nicht  im  Stand  seine 
Kunst  auszuiiben,  zog  es  vieltnehr  vor,  weiter  zu  hanthieren 
mit  seiner  lumpigen  Schabklinge ,  die  einfach  an  ein  Stuck  Holz 
festgebunden  war.  —  DeD  Abend  brachten  wir  in  'Abdallahs 
Haus  zu ,  auf  dessen  Dach  Huber ')  fttr  astronomische  Beobach- 
tungen  seinen  Theodolithen  aufstellte.  Die  ROckkehr  in  unsre 
Wohnung  verzogerte  sich  bis  10  Uhr;  das  Thor  zu  unsrem 
Stadttheil  war  bereits  geschlossen ;  der  Wachter  in  tiefem  Schat 
sprach  von  strengsten  Vorschriften  und  reiner  UnmOglichkeit , 
brachte  aber  nach  langem  Hin-  und  Herreden  doch  das  Wunder 
fertig,  Offnete  die  Pforte  und  liess  uns  durch. 

Di.  6.  Nov.  83]  Dilsterer 
nebliger  Morgen  bei  15°  C, 
den  ganzen  Tag  kein  Son- 
nenstrahl  vom  Himmel.  Ich 
schmuckte  die  Wande  uns- 
res  Empfangszimmers  mit 
weiteren  Gemalden  und 
zeichnete  die  Sclavin  Fr£- 
hah  *). 

Meine  Fusswunden  wer- 
den  immer  schlimmer,  dazu 
bildet  sich  an  der  linken 
Wade  ein  bOses  Geschwur, 
von  dem  die  Leute  sagen  das 
sei  gut  (als  ob  der  Mensch 
es  ipso  —  oder  durch  das 
hiesige  Essen?  —  voll  Un- 
reinigkeit  stecken  musste, 

1)  Alucute  Hubero  AbdalUh  proli*  ab  axorc  sua  (qainta!)  oUinendae  cupidiuimus  mcdiea- 
mentam  aphroduiacnm  a  me  petiit.  .Abaiu  rire.  coMumantar,  continentia  crwcunt.  Uior  antem 
rariui  compreaaa  filiam,  Deo  jarante,  tibi  gignet." 

2)  Dm  dankelblaue  Hemd  heiut  tub,  das  ebpnoo  duokle  bei  Aonaherang  einei  fremden  Man- 
nes  vor.  Geaicbt  geiogene  Kopftoch  mit  Troddeln:  buachijjeh. 


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224 


ACHTES  CAPITEL. 


fur  die  man  Gott  danken  solle,  wenn  sie  herauskomme !)  An 
meinem  rechten  Schuh  habe  ich  ubrigens  eine  sehr  wohlthuende 
Erfindung  angebracht:  ich  habe  in  das  Oberleder  uber  dem 
kleinen  Zehen  ein  kraftiges  Loch  hineingeschnitten ,  jezt  kann 
die  Wunde  vom  Leder  nicht  mehr  gedrackt  werden. 

Auf  dem  Weg  zu  'Abdallah  sah  ich  schon  von  Weitem  den 
irrsinnigen  Prinzea  Fahd  (S.  221  f.).  Bei  der  Enge  der  Strasse 
musaten  wir  dicht  an  einander  voruber.  Er  machte  seinem 
Namen  (^Panther1')  alle  Ehre;  den  Sabel  in  der  Hand  schaute 
er  mich  an,  ah  ob  er  raich  fressen  wollte;  ich  trug  keinerlei 
Waffe  bei  mir,  gieng  aber  stolz  an  ihm  voraber,  und  blickte 
ihm  dabei  scharf  ins  Gesicht.  Jeder  mass  den  Andern  mit  dem 
Gedanken:  Willst  du  Ruh  halten,  so  soli  mir's  recht  sein, 
iangst  du  aber  an,  so  bin  ich  auch  gleich  dabei. 

Mi.  7.  Nov.  83]  Der  oberste  Schech  der  Bant  'Atijjeh  oder 
des  Stammes  der  Ma'&zeh,  rait  Namen  Mu hammed  ibn  "Atijjeh 
aus  der  Gegend  von  Tebuk  machte  uns  mit  4  Begleitern  seinen 
Besuch ;  er  war  hieher  gekommen  um  den  Fursten  zu  einem 
Raubzug  gegen  seine  nordlichen  allmahlig  unbequemen  Nachbarn , 
die  Howeitat,  zu  bewegen.  Der  Diener  Mahmud  kannte  ihn 
von  truher  her,  aus  der  Zeit,  wo  er  noch  Schreiber  bei  der 
Pilger-Carawane  (S.  86)  gewesen  war,  und  die  Geschenke  an 
die  Beduinen  zu  vertheilen  hatte.  Da  uns  der  Schech  unter 
Umstanden  bei  einer  spateren  Reise  in  den  Westen  sehr  von 
Nutzen  und  NOthen  sein  wird,  so  wollen  wir  ihm  alle  Ehre 
erweisen,  und  ihn  einmal  zunachst  zu  einer  feierlichen  Mahl- 
zeit  auf  morgen  einladen. 

Do.  7.  Nov.  83]  Die  Wande  unsres  Empfangszimmers  sind 
mir  immer  noch  zu  kahl ,  da  muss  noch  etwas  mehr  maleri- 
scher  Schmuck  drauf.  Einstweilen  habe  ich  ira  Durchgangshof 
auf  die  Stirnseite  eines  Mauerpfeilers  in  ein  grunes  Medaillon 
mit  goldgelber  Farbe  die  Worte  ^JU  b  („0  cAliM),  schOn  vor- 
schlungen  gemalt.  Das  gill  zugleich  als  eine  HOflichkeit  gegen 
den  Hausbesitzer,  der  ein  Semite  ist,  und,  wenn  er  den  Spruch 
nachstens  zu  Gesicht  bekommt,  sehr  erfreut  sein  wird. 


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H&JEL.  225 

Als  der  alte  M  u  f  e  r  r  i  g  heute  zu  Besuch  kam ,  bat  ich  ihn , 
mir  zu  einem  Portr&tbild  zu  sitzen.  Er  war  auch  gleich  dazu 
bereit.  Der  alte  Mann  ist  eine  hervorragende  Erscheinung,  er 
gebOrt  zu  den  wenigen  Leuten  hier,  die  es  verschuiahen  *) ,  ihre 
Haare  roth  zu  farben;  dabei  ist  sein  Bart  fur  einen  Beduinen 
ungewOhnlich  dicht  und  lang,  und  es  kostet  ihn  den  Tag  uber 
gewiss  manche  Zeit ,  seinen  stolzen  Schnurbart  so  schfln  wagrecht 
gestreckt  zu  erhalten.  In  fruheren  Jahren  hat  er  alle  Baubzuge 
mitgemacht ,  und  verschiedene  Denkzettel  von  Flinten,  S&beln 
und  Lanzen  davon  getragen.  Auf  der  linken  Stirnhalfte  tragt 
er  von  von  einem  Sabelhieb  eirie  tiefe  Narbe  (*aJli  felkeh). 


Muferrig 


Neben  dera  Fursten  und  seine  m  Vetter  Haraud  ist  er  unter 
alien  Schammar  die  bekannteste  Pers6nlichkeit.  Wo  ich  spater 
auf  meinen  Wanderungen  zu  Beduinen  kam,  sollte  ich  gleich 
das  Bild  des  Muferrig  in  meinem  Buche  zeigen.  Alle  erkannten 


It  Es  war  mir  tchon  am  crsten  Tag  aufgefallcn,  was  hier  in  HAjel  fur  eine  jngcndliche 
Generation  lebt.  Alte  Leute  bekommt  man  kaum  in  Oesicht.  Bei  den  ?ielen  Ranbiogen,  die  ein 
Mann  im  Laufe  seines  Lebens  mitraacht,  muss  es  freilich  gnt  geben,  wenn  er  bei  20  oder  30 
aoleher  Gelegenhciten  aein  Leben  nicht  einbfisat.  Die  graaen  BArte  werden  gcwahnlich  (a.  S.  115) 
mit  Ilennah  roth  gefarbt,  and  to  kommt  ea.  daaa  eine  alte  Generation  gar  nicht  tn  exittiren 

15 


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22G 


ACHTES  CAP1TKL 


ihn  sofort  und  riefen:  Ja,  das  ist  er!  sieh  seinen  Schnurrbart, 
und  auf  der  Stirn  die  Felfceh ;  und  seinen  Stock  ') ! 

Die  Einladung,  die  wir  dem  Muhammed  ibn  'Atijjeh  auf 
heute  Abend  hatten  zu  Theil  werden  lassen  brachte  uns  insdfern 
in  Verlegenheit ,  als  wir  versaumt  hatten,  uns  zeitig  zuverge- 
wissern,  dass  wir  unsern  Gasten  auch  etwas  Ordentliches  vor- 
zusetzen  hatten.  Im  Laufe  des  Nachmittags  war  es  weder  im 
Schloss,  noch  sonstwo  in  der  Stadt  moglich,  irgend  ein  essba- 
res  Thier  aufzutreiben.  Fleisch  musste  jedenfalls  her;  die  nach- 
sten  Schafe  waren  aber  mindestens  4  Stunden  von  hier  auf 
der  Waide.  So  blieb  denn  nichts  Anderes  ubrig,  als  unsre 
Gazelle  zu  schlachten.  Mir  war  es  leid  um  das  Thier;  es  war 
gerade  in  den  lezten  Tagen  erst  recht  zutraulich  geworden, 
und  hatte  diesen  Morgen  noch  so  lebensfrohe  und  spassige 
Sprunge  gemacht  Gegen  Abend  stellte  sich  Muhammed  ibn 
'Atijjeh  mit  seinen  4  Begleitern  zum  Essen  ein.  Wir  besprachen 
unsre  Reiseplane  fur  den  Higaz,  und  schlossen  mit  Rucksicht 
darauf  feierliche  Brflderschaft.  Diese  wurde  durch  besonderen 
beduinischen  Hande-  und  Daumendruck  besiegelt,  d.h.  es  wur- 
den  die  Hande  nicht  bloss  wie  sonst  fluchtig  beruhrt  oder  die 
Handflachen  uber  einander  weggezogen,  sondern  die  Hande 
vollstandig  gefiasst,  und  dann  noch  die  Daumen  gegenseitig  um- 
schlungen.  Die  Unterhaltung  drehte  sich  vornehmlich  um  die 
m6glichen  Aussichten  des  Razu,  spatestens  in  zwei  Tagen 
musste  ein  Beschir  (Siegesbote)  des  Emir  hier  anlangen.  Wir 
trennten  uns  in  der  Hoffhung,  nach  3  Monaten  uns  im  Higaz, 
in  der  Gegend  von  Tebuk,  gesund  wiederzutreffen. 

Spat  Abends  kam  noch  der  Schmied  ITusein  und  verlangte 
eine  Arznei  far  irgend  ein  Gebrechen.  Auf  eindringliches  Be- 
fragen  gestand  er,  es  sei  eigentlich  nicht  fur  ihn,  sondern  fur 
einen  sehr  frommen  Khatib ,  der  sich  nur  genire ,  direct  an  uns 
[Christen!]  sich  zu  wenden.  Das  ist  ja  sehr  nett  von  diesen 


1)  mit  dem  er  den  aatwirtigen  auf  dem  Methab  lagernden  Bedoincn  wiokt,  al*  Zeiehen, 
daas  die  Olucklichen  worn  SchijAkh  cam  Easen  im  Sehlouhof  geladen  aeien. 


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227 


wahhabitischen  Pfaffen,  und  erinnert  mich  an  ahnliches  ver- 
schamtes  Gebahren,  wie  es  zu  Begin n  der  siebenziger  Jahre 
gegenuber  der  kaiserlichen  Universitats-  und  Landesbibliothek 
zu  Strassburg  mit  indirecter  Entlehnung  von  BQchern  prakti- 
zirt  wurde. 


Ausflug  zum  Gildijjeh  und  nach  Bek£a. 

(9.-46.  Nov.) 


Fr.  9  Nov.  83]  Die  auf  heute  fruh  bestellten  Kameele  waren 
naturlich  nicht  zur  Zeit  geliefert,  sondern  musten  auf  irgend 
einer  Waide  durch  einen  besonderen  Boten  aufgesucht  werden. 
Zwischen  Reisesacken,  Bettstncken,  Kuchengerathen  und  Lebens- 
mitteln  sassen  wir  ein  paar  Stunden  in  erwartungsvoller  Lange- 
weile,  so  dass  sogar  der  Besuch  des  sonst  uberlastigen  Ranem 
(S.  188  f.  210)  gar  nicht  unwillkommen  war.  Um  die  Mittagszeit 
langten  die  drei  ftrarischen  Kameele  an ;  das  waren  traurige  Exem- 
plare:  hinkend,  abgeschunden  und  schlecht  genahrt;  bessere  zu 
erhalten  ware  rein  unmoglich  gewesen ,  denn  alle  halbwegs 
leistungsfahigen  Thiere,  darunter  auch  unsere  eigenen  seiner 
Zeit  in  cOrman  (S.  30)  gekauften  feinen  Delule,  waren  auf  den 
Raubzug  des  Emir  mitgenommen  worden.  Dagegen  war  alles 


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228 


ACHTES  CAIMTKl.. 


Reitzeug  nagelneu,  nor  sass  meinem  Thier  der  Sattel  nicht, 
und  musste  schon  nach  der  ersten  Viertelstunde  neu  angepasst 
werden.  Um  1  Uhr  ritten  wir  langsam  zur  Stadt  hinaus.  Ausser 
dem  Diener  Mahmud  batten  wir  als  eigentlichen  Fuhrer  noch 
einen  Beduinen  Namens  Schawardi  bei  uns.  In  der  ganzen 
Landschaft  war  zunachst,  wie  immer  in  der  Nahe  vonstandigen 
menschlichen  Ansiedlungen,  alles  Futter  langst  ausgerottet,  mir 
Coloquinthen ')  wucherten  allenthalben  ungestfirt  auf  dem  Bo- 
den.  Qegen  5  Uhr  zeigte  sich  bei  den  Sandsteinhugeln  Sandfly 
und  Hasanijjeh  eine  Stelle,  die  nothdurftig  Futter  und  etwas 
Brennholz  darbot,  und  darum  als  Lagerplatz  ausersehen  wurde. 
Am  Himmel  hiengen  bedenkliche  Wolken,  die  uns  aber  erst 
spater  im  Schlafe  dicke  Tropfen  ins  Gesicht  sandten.  Das  Nach- 
tessen  bestand  aus  Reis,  etwas  Gazellenfleisch  (Resten  von  ge- 
tern),  Datteln  und  in  der  Asche  gebackenem  Brod. 

Sa.  10.  Oct.  83]  Im  Morgengrauen  tranken  wir  Cafe.  Der 
Sattel  passte  meinem  Eameel  so  wenig,  und  war  so  schlecht 
aufgelegt  |  dass  ich  beim  Aufsteben  des  Thieres  um  ein  Haar 
sammt  Sattel  und  Gepack  in  das  noch  hell  lodernde  Feuer  ge- 
sturzt  ware.  Um  1/f  8  Uhr  ritten  wir  ab.  Mahmud  stellte  dem 
Schawardi  mit  ernsthafter  Miene  vor,  es  ware  doch  Schade, 
wenn  er  den  in  dem  Lederbeutel  (S.  43)  befindlichen  flbrigen  Reis 
von  gestern  Abend  —  er  schazte  ihn  auf  5  Portionen  —  verloren 
gehen  liesse,  und  beredete  ihn,  (was  er  zuvor  selbst  nicht  for 
mdglich  gehalten  hatte),  den  Rest  in  viertelstundigen  Absatzen 
in  sich  hineinzustopfen.  Gegen  10  Uhr  bogen  wir  in  den  Scha'ib 
Sch8*iV  ab,  einen  Nebenarm  des  nach  Osten  in  den  Salzsee 
von  BeYa  mundenden  Wadl  Hajel.  In  den  Sandsteinplatten  der 
flachen  Thalrinne  fanden  sich  da  und  dort  Lecher  mit  frischem 
Regenwasser  gefallt.  Dieser  Umstand  bewog  uns ,  hier  die  Mahl- 
zeit  zu  bereiten.  Ein  elender  Scherari,  der  sich  in  der  Nahe 
mit  einer  Ziegenheerde  herumtrieb,  nahm  die  gftnstige  Gelegen- 
heit  wahr,  und  machte  sich  durch  Beischaffen  von  Brennholz 

1)  iV&a>  Hanial.  eioe  kleioe  dunkelgrune  KflrbiMrt,  bitter  and  nicht  eattwr. 


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'229 


nutzlich ,  in  der  gerechtfertigten  Hoffnung ,  za  dem  bevorstehen- 
den  Essen  eingeladen  zu  werden.  Der  arme  Teufel  war  offenbar 
sehr  ausgehungert ,  denn  er  schleckte  aus  der  Schfiffel  noch 
jedes  einzelne  Kdrnlein  heraus.  Nachdem  wir  aus  dem  Scha'lb 
wieder  heraufgestiegen  waren,  fahrte  der  Weg  aber  eine  ein- 
ffcrmige  Sandstein-Ebene ,  die  mit  kleinen  verschiedenfarbigen 
wie  glasirten  Steinen  abersat  war. 


Um  4  Uhr  lagerten  wir  uns.  Als  in  der  Nacht  mehrfach 
Regentropfen  fielen,  breitete  ich  den  Kautschuk-Regen mantel 
aber  mein  Lager,  hielt  es  aber  vor  Dampf  nicht  lang  unter 
demselben  ans. 

So.  11.  Nov.  83]  Von  der  ostlichen  Richtung  gegen  Nordost 
abbiegend,  wandten  wir  uns  einer  Anzahl  seltsam  geformter 
spitziger  Sandsteinfelsen  zu,  die  dem  Gildijjeh  nach  Norden 
vorgelagert  den  Namen  A§abac  el-Gildyjeh ')  fohren.  Auf  diesen 
Felsen  hatte  Huber  schon  auf  seiner  ersten  Reise  Inschrifben 
nnd  Thierfiguren  eingemeisselt  gesehen.  Nach  langerem  Suchen 
fanden  wir  dieselben  auch  richtig  wieder.  Zwischen  den  In- 
schriften  waren  abgebildet  zahllose  Kameele,  Gazellen,  Ba^r 
el-wahsch ,  Straussenjagden  und  Ahnliches ,  Alles  ziemlich  roh , 
nur  bei  der  Darstellung  eines  Pferdes  liess  sich  ein  schwacher 
Kunstleranflug  bemerken.  Ich  gebe  hier  eine  zusammenge- 
drangte  Probe  von  diesen  sich  oft  wiederholenden  Abbildungen. 

Durch  den  Leichtsinn  unsres  Dieners,  der  dem  Geschwatz 
der  Beduinen  *)  von  dem  vielen  Wasser  in  der  Gegend  Glauben 
geschenkt  hatte ,  kamen  wir  im  Laufe  des  Tages  in  empfindliche 


1)  Siehe  den  Atlas. 

3)  Pragt  man  eioen  BeHaioen,  ob  tieh  anf  dem  oder  jenem  Wege  Wwer  flnde,  to  erhilt 

nun  gew«hnlich  die  Antwort:  wlgid!  wlgid!  (du  gibtV  das  gibt't!),  kuw  aber  debei  die 
achmenlicbaten  Knttiueebangen  erleben. 


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230  A0HTE8  OAPITEU 

Wassernoth.  Hfttten  wir  nicht  ganz  zufellig  in  weiter  Ferae 
einen  einsamen  Menschen  entdeckt  und  herbeigerufen ,  sohatten 
wir  noch  lange  nach  Wasser  suchen  konnen.  So  erschien  er 


uns  als  ein  wahrer  Retter,  und  liess  sich  durch  ein  Geschenk 
an  Tabak  bewegen,  von  seinem  Weg  abzubiegen,  und  unsrem 
beduinischen  Begleiter  Wasser  —  ganz  in  der  Nahe  J) ,  wie  er 
sagte  —  zu  zeigen.  Es  dauerte  aber  zwei  Stunden,  bis  Scha- 
wardi  zu  Kameel  mit  den  gefullten  Wasserschlauchen  vom 
Tselat  (<c£k3)  zuruckkehrte.  Unaer  Lagerplatz  war  herrlich,  auf 
schwach  geneigter  Ebene  im  feinsten  Sand  des  Hef&d,  vor 
uns  in  goldgelber  Abendbeleuchtung  der  raachtige  Block  des 
Gildijjeb. 

yatab  war  in  Menge  vorhanden ,  so  dass  wir  im  Ubermuth 
drei  macbtige  Fener  unterhielten.  Hier  zu  Land  legt  sich  der 
Wind  meist  mit  Sonnenuntergang ,  heute  aber  steigerte  er  sich 
zum  Sadsturra,  wie  ich  ihn  seit  den  Tagen  des  Samum  in 
Palmyra  (Juli  auf  August  1883)  nicht  mehr  erlebt  hatte.  Pras- 
selnd  jagte  er  den  Sand  auf  unsre  Lagerstfttte.  Zum  Schutz 


1)  fctr^ib. 


f 

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H&JEL. 


231 


232  ACHTE8  CAIMTEL. 

verkroch  ich  mich  vollstandig  unter  den  Teppich,  und  halite 
den  Kopf  ganz  ein;  trotzdem  drang  der  Sand  uberall  durch, 
und  fiillte  Mund,  Nase,  Augen  und  Ohren.  Urn  3  Uhr  Morgens 
liess  der  Sturm  nach;  er  hatte  unser  Lager  mit  einer  zwei 
Finger  dicken  Sandschichte  uberschtlttet. 

Mo.  12.  Nov.  83]  Heute  sollte  der  Gildijjeh  erklommen  wer- 
den.  Als  ich  an  den  Fuss  des  Berges  kam,  und  vom  Kameel 
abstieg,  wurde  ich  inne,  dass  es  mir  unmoglich  war,  mit  mei- 
nen  wunden  Fussen  zu  klettern;  so  beschloss  ich  unten  zu 
bleiben,  dafdr  auf  einem  Rundgang  die  Felsen  nach  Inschriften 
abzusuchen.  Aber  auch  das  machte  mir  zu  viel  Schmerzen; 
nach  Kurzem  stand  ich  davon  ab,  und  begab  mich  langsam 
nach  der  in  dem  dichten  Hatab  nicht  ganz  leicht  zu  findenden 
Lagerstatte  zuruck.  Um  11  Uhr  kam  Huber  vom  Berg  herun- 
ter;  von  einer  Besteigung  des  Gipfels  hatte  er  wegen  der 
Steilheit  Abstand  nehmen  mussen. 

Nachmittags  setzten  wir  uns  wieder  in  Bewegung,  filllten 
unterwegs  die  Schlauche  und  erreichten  beim  Sinken  der  Sonne 
den  SchaU  Bus6b. 


Dort  waidete  mit  wenigen  Kameelen  ein  Hirte  Namens 
eAneizan  ibn  Zaid.  Er  hatte  lange  unter  den  Rualah  gelebt, 
was  naturlich  den  Verdacht  wach  rief,  dass  er  Grund  hatte, 
wegen  irgend  einer  unsauberen  Handlung  das  Weite  zu  suchen ; 
auch  seine  jetzige  Beschaftigung,  so  ein  paar  geringe  Kameele 


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233 


fur  fremde  Leute  zu  haten,  ist  in  den  Augen  der  Beduinen 
keine  sonderliche  Empfehlung,  eher  verdachtig.  Nicht  ohne 
eigenntltzige  Absicht,  d.h.  in  der  Erwartung  an  unsrer  Mahlzeit 
Theil  nehmen  zu  durfen,  rieth  er  uns,  in  dieser  futterreichen 
Gegend  abzusteigen  und  die  Nacht  zu  verbringen.  Er  selbst 
kGnne  uns  Nichts  anbieten,  als  frische  Kameelsmilch,  ob  er 
solche  bringen  dflrfe.  Es  wurde  ihm  gesagt:  ja,  er  kfinne  etwas 
bringen. ')  Nach  Kurzem  erachien  er  mit  einem  viereckigen 
gefullten  Melkgefass  aus  Holz,  und  bot  ea  mir  zuerst  an.  Obwohl 
icb  an  Kameele  nun  schon  ziemlich  gewOhnt  war,  und  die 
Milch  auch  ganz  reinlich  aussah,  so  konnte  ich  doch  ein  un- 
klares  Grauen,  etwa  wie  vor  einem  Menagerie-Trunk,  nicht  ver- 
winden.  Huber  redete  mir  zu,  ich  solle  es  nur  versuchen,  ich 
musse  es  doch  einmal  kennen  lernen,  uber  kurz  oder  lang 
werde  ich  noch  ganz  froh  dran  sein.  Noch  immer  traute  ich 
der  Sache  nicht  recht,  doch  setzte  ich  die  Schussel  an  den 
Mund  und  schaute  dabei  auf  Huber  hinflber.  Wie  der  aber 
keine  Miene  verzog,  that  ich  einen  Schluck,  und  wirklich  die 
laue  Milch  schmeckte  ganz  gut,  ja  ich  musste  zugeben,  ich 
merke  eigentlich  keinen  Unterschied  von  einer  anderen.  Ganz 
befriedigt  uber  meine  Heldenthat  nahm  ich  in  zwei  oder  drei 
Absatzen  ein  ordentliches  Quantum  zu  mir.  Huber  dessgleichen. 
Die,  eine  halbe  Stunde  darnach  von  unsrem  Diener  Mahmud 
gebrachte,  Mahlzeit  konnten  wir  nicht  mit  Seelenruhe  geniessen , 
vielmehr  glaubte  ich  nicht  anders,  als  mem  letztes  Stuudlein 

1)  Nna  muss  roan  wis»cn  —  was  ich  dazamalen  Bach  noch  nicht  wasste  —  die  Milch  dieter 
Thiere  ist  fur  die  Beduinen  nicht  nur  die  wichtigste  Nth  rang,  sonde  rn  auch  ingleich  das  natar- 
licbste  Heilmittel  fur  die  hiafigsten  Krankheiten.  Auster  Aogenubelo,  (von  dem  Saod  and  der 
Hitse  herruhreod)  and  den  Magenschmerzen  (fom  langen  Hongern  and  dann  plotzlichen  Sicbvoll- 
pfropfen)  siod  am  verbreitetsten  Dytenterie ,  oder  das  Gegentheil:  anhaltende  Verstopfang.  Und  da 
liefert  nan  die  Natar  in  der  Kameelsmilch  die  Moglichkeit  inr  wirksamsten  Ansgleichung.  Man 
rauM,  wie  beim  Karlsbader  Wasser  nur  gerade  umgekehrt,  die  Temperetur  des  Trankes  nach 
&.eiDem  pcrsoniichcn  Bedurfniu  richtig  in  verwerthen  verstehen.  Kameelswarm  getronken  ist  die 
•nste  Milch  (haltb)  sicherer  als  Rhaharber  and  RieinasSl,  kalte  susae  Milch  hemmt  alien  Darch- 
fall  sofort.  Pur  normale  Zustande  and  den  Uarehschnittsmenschea  gilt  die  eanre  and  die  entbat- 
tertc  Milch  (lebco)  als  die  lotrdglichsle  Nahrung.  Soli  einer  Kameelin  die  Milch  abgewohnt 
werden,  so  nimmt  man  sie  ihr  nur  alle  nrei  oder  drei  Tage;  eine  solche  frische  Milch  wird 
meheljeneh  genannt;  die  wirkt  grfindlicher ,  als  das  wirmste  HanvWi  J.nosch  Was  der  Hirt 
bnchte.  war  eben  mehejjeneh 


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234 


ACHTES  OA.PITEL. 


sei  gekommen,  und  es  stehe  mir  das  traurige  Ende  des  Erz- 
ketzers  Anas ')  bevor.  Au9  lauter  Geist  und  geschwachter  Seele 
bestehend  legte  ich  mich  in  mildem  Mondenschein  zur  Nachtruhe. 

Di.  13.  Nov.  83]  Fruhmorgens  hatten  wir  nur  14°  C.  Bei 
Sonnenaufgang  ritten  wir  nach  Nord-nordosten  abwarts  im  Thai. 
Da  wo  von  rechts  her  der  Schacib  A'aiwig')  einmundet,  liegt  ein 
verfallener  Thurm,  als  Rest  einer  aufgegebenen  Ansiedluug. 
Hier  lagerten  wir  bis  11  Uhr.  Der  Boden  war  salzhaltig  und 
theilweise  mit  grossen  Gipskrystallen  bedeckt,  dazwischen  eine 
Menge  von  Bohnerz  (raschrasch) »).  Streckenweis  war  der  Boden 
eben  wie  ein  Tanzplatz,  ganz  reinlich  geplattet,  an  anderen 
Stellen  waren  die  Steinfliesse  kleiner  geformt,  zum  Theil  pa- 
pierdunn  verwittert,  oder  auch  in  ganzen  Haufen  feiner  1—5 
Millimeter  dicker  halb  aufgerollter  Blatter  aufeinandergeschich- 
tet,  dass  man  glauben  konnte,  man  reite  durch  das  sauberste 
Makulaturlager  der  Welt.  War  der  Wind  unten  im  Thai  schon 
frisch  gewesen ,  so  brachte  er  vollends  auf  der  Hochebene  Sand- 
und  RegenstOsse  daher;  im  Suden  am  Gildijjeh  hiengen  dunkle 
Wolken  mit  schragen  Streifen.  Auf  der  Hdhe  angekommen, 
sahen  wir  uberrascht  vor  uns  in  einer  Mulde  einen  grossen 
weissen  See,  umgeben  von  dunklen  Palmen,  dazwischen  Durah- 
ielder  mit  halbverfallenen  Brunnen,  zerstreute  Gruppen  von 
Hausern,  auf  einem  FelshOgel  den  Wartthurm  Muraitsib*). 
Das  war  die  grosse  Ortschaft  Bekca  *)  mit  ihrem  Salzsee 
(sebkhah). 

Anderthalb  Stunden  zogen  wir  uns  am  oberen  Rand  des 
Kessels  bin,  und  stiegen  danu  allmahlig  an  den  Salzsee  hinab. 
Um  jene  Jahreszeit  war  es  vielmehr  eher  ein  Salzsumpf,  aus 


1)  lite  cum  soderct,  grarissimo  repente  dolore  cruciatus,  omnia  sua  viscera,  et  ipsum  cor, 
quod  erat  thesaurus  impietalis,  effudit  in  stercora,  atque  its,  mirabile  dicta,  internis  omnibus 
evneuatis,  attenuatus  est,  ut  per  angustias  forarainia  et  sedilis  tolus  ipse  laberetur. 

2)  _  caxsI. 

3)  Die  Beduinen  sammeln  die  Bohuerzkugein ,  und  sortiren  die  regelmassig  geformten  nach  der 
Grouse,  tauscheo  dieselben  dann  nach  dem  Kaliber  ihrer  Gewchre  unter  einander  aus,  und  erspa- 
ren  to  das  kostbarere  Blei. 

4)  .-^Mj*-  5)  vergleiche  das  farbige  Bild  im  Atlas. 


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236 


ACUTKS  CAPITEI-. 


dem  das  Salz  schneeweiss  ausblahte.  Unsichere  Pfade  theils  far 
Thiere,  theils  auch  bloss  far  Fussganger,  kreuzten  als  hellgraue 
Linien  die  Flache,  rechts  und  links  davon  schlapfriger  Unter- 
grund.  Das  Verlangen,  den  letzten  Zipfel  am  Nordende  abzu- 
schneiden,  wftre  uns  beinahe  abel  bekommen.  Hubers  Kameel, 
durch  einen  plfttzlichen  Scblag  mit  dem  Stock  erschreckt  und 
nach  rechts  ausweichend ,  glitschte  aus  und  starzte  in  den  grauen 
schmierigen  Brei.  Mich  freute  nur,  dass  der  faule  und  gefras- 
sige  Schawardi,  der  immer  drei  Vierttheile  des  Tages  als  Radif 
bei  Huber  aufgestiegen  war,  durch  den  jahen  Sturz  doch  etwas 
angeregt,  sich  allgemach  bemussigt  fand,  auch  wieder  einige 
Schritte  zu  Fuss  zu  machen.  Der  Weg  zog  sich  entsetzlich  in 
die  Lange,  und  das  gesuchte  Haus  des  Schekhs  cObeid  wollte 
immer  noch  nicht  erscheinen.  Dazu  erhob  sich  bei  verfinsterter 
Luft  der  Sturm  noch  starker,  Sandwolken  trieben  daher  wie 
ein  nordisches  SchneegestOber.  Endlich,  wie  gerade  der  Regen 
losbrach  und  Hubers  Kameel  zum  zweiten  Male  starzte ,  erreich- 
ten  wir  das  Anwesen  des  Schekhs  cObeid.  Gleichzeitig  mit  uns 
stieg  ein  anderer  Reiter  ab  mit  ganz  civilisiertem  Gesichtsaus- 
druck ').  Es  war  ein  Eaufmann  aus  Baghdad  oder  Semawa , 
der  200  Kameelsladungen  Reis  for  den  Emir  und  100  Ladun- 
gen  far  andere  Leute  nach  Hajel  zu  bringen  hatte.  Der  Schekh 
fahrte  uns  ins  Haus  des  Ehatib,  damit  wir  uns  da  wohnlich 
einrichteten.  Freilich  war  der  aberlassene  Raam  eng  und  nie- 
drig  (etwa  6m  lang  und  21/im  breit),  aber  wir  waren  doch 
wenigstens  gegen  den  Sturm  und  Regen  geborgen.  Nur  zum 
Cafe  begaben  wir  uns  hinaberindasallgemeineFremdengemach, 
w&hrend  draben  der  Diener  Mahmttd  das  Nachtessen  bereitete. 
Schon  mehrere  Tage  an  das  Leben  im  Freien  gewOhnt ,  empfan- 
den  wir  es  hart,  in  einem  geschlossenen ,  noch  dazu  so  niedri- 
gen,  Raum  schlafen  zu  massen. 

1)  In  einem  <o  gesohlosscnen  Menschcngebiet ,  wie  in  dem  der  Bedainen,  lind  nicht  nnr  Tracht, 
eondern  »och  GeticbUlinien  nnd  Geberden  der  Meuchen  gmu  einheitlieh  and  gleichformig  nu»- 
geprigt,  eo  data,  wenn  je  einmal  ein  fremder  Typua  dazwiachen  auftauoht,  deraelbe  a  offal  lend 
herouaaticht.  Dieae  Beobachtang  dr&ngte  aieh  mir  apater  beita  Durchrng  der  peraiachen  Pilger- 
c»ra«ane  in  HAjel  noch  viel  atirker  aof 


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237 


Mi.  14.  Nov.  83]  Da  es  noch  immer  regnete,  beschlossen 
wir,  mit  dem  Aufbruch  bis  nach  dem  Morgenessen  zu  warten. 
Bei  dunklem  wasserreichem  Himmel  ritten  wir  urn  11  Uhr  ab. 
Als  wir  auf  der  Nordwestseite  die  Hange,  welche  den  Kessel 
von  Befc'a  umgeben,  erstiegen  hatten,  bot  sich  uns  eine  phan- 
tastische  Beleuchtung  dar:  vor  uns  der  Nefud  in  grelles  Schwe- 
felgelb  getaucht,  flber  unsern  Hauptern  Unheil  brutend  indigo- 
farbene  Wolken  mit  giftig  rothen  Regenschleppen  gesaumt.  Im 
bunten  Wechsel  der  Farben ,  gekraftigt  durch  jagende  Schatten , 
schien  die  sonst  einf&rmige  Landschaft  reich  gegliedert,  ins 
Unendliche  sich  dehnend.  Grimmige  Stosse  des  Nordwinds  ris- 
sen  binnem  Kurzem  das  herrliche  Farbengewand  in  Fetzen, 
und  hullten  die  kahle  nichtssagende  Gegend  in  ein  characterlo- 
ses  Grau.  —  Hinter  uns  tauchten  unversehens  sechs  Ragagil 
esch-Schijukh ')  auf;  als  Begleitungsmannschaft  der  Reis-Cara- 
wane  mitgegeben ,  waren  sie  jetzt  im  sicheren  Lande  unnO- 
thig,  und  eilten  nach  der  Hauptstadt  voraus.  Im  Voruber- 
reiten  grussend  riefen  sie  uns  verschiedene  Fragen  zu ,  nament- 
lich,  ob  wir  nichts  vom  Schicksal  des  Razu  wussten.  Der  ra- 
sende  Wind  schnitt  aber  jede  Verstandigung  ab.  Auf  ihren 
behenden  Delulen  waren  sie  mit  beneidenswerther  Geschwin- 
digkeit  unsrem  Gesichtskreis  entrQckt,  wir  dagegen  auf  unsren 
halblahmen  Thieren  mussten  unthfttig  das  nun  losbrechende 
Unwetter  uber  uns  ergehen  lassen.  Wagrecht  sausten  die  Regen- 
schauer  daher,  und  unter  den  aufgeblahten  Kautschukmantel 
drang  das  Wasser  ein.  Von  den  troddelbehangenen  IJameels- 
Taschen  troflf  es  herunter  gleich  den  gespannten  Saiten  einer 
Harfe.  Bei  dem  Anblick  solcher  Menge  von  Feuchtigkeit  konnte 
sich  Schawardl  der  hofifnungsreichen  Ausserung  nicht  enthal- 
ten,  das  musse  ein  gesegnetes,  ein  futterreiches  Fruhjahr2) 
geben;  ich  konnte  darauf  nur  sagen:  in  scha  sllah.  —  Um  4 
Uhr  war  Alles  vorbei ;  nach  einer  halben  Stunde  bogen  wir  vom 


1)  *.  S.  127. 

2)  rM'm. 


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238 


ACHTES  CAPITKL. 


Wege  links  ab,  urn  uns  zu  lagern.  Noch  war  der  Sand  ganz 
feucht ,  aber  der  Himmel  wurde  klar.  Dankbar  stellten  wir  uns 
urn  ein  rasch  entfachtes  Feuer,  und  warmten  die  frostelnden 
Glieder1).  Auch  unsre  Habseligkeiten  konnten  die  Trockntmg 
wohl  vertragen.  Jetzt  aber,  wo  konnten  wir  uns  setzen ,  wo 
uns  spftter  schlafen  legen?  Eine  Schurfung  des  Bodens  ergab 
die  aberraschende  Gewissheit,  dass  an  diesem  Platz  der  Regen 
nicht  tiefer  als  10— 12  cm.  in  den  Sand  eingedrungen  war.  Da 
liess  sich  ja  leicht  abhelfen.  Mit  der  langgestielten  schmiedeiser- 
nen  Kaferostschaufel 3)  hub  einer  nach  dem  Andern  seine  eigene 
Lagerstatt  aus;  Jeder  suchte  den  Vorganger  durch  Feinheit 
der  Ausfuhrung  seiner  Trappisten-Arbeit  zn  ubertreffen. 

Do.  15.  Nov.  83]  Die  Nacht  war  kalt  (10°  C),  dazu  Alles 
feucht  und  mit  dickem  Thau  uberzogen,  des  Morgens  perlten 
auf  den  Teppichen  grosse  Tropfen.  In  leichtem  Morgennebel 
uberraschten  wir  eine  Kette  Rebhuhner;  Schawardi  verfehlte  sie 
mit  seinem  nachgeworfenen  Stock;  bis  ich  schussfertig  wurde, 
waren  sie  lttngst  in  Sicherheit.  So  ein  Vogel  h&tte  uns  nach 
langer  Zeit  der  Entbehrung  wieder  einmal  ganz  gut  gethan. 
Weit  schmerzlicher  aber  war  mir  die  Entdeckung,  dass  ich 
nichts  mehr  zu  rauchen  hatte:  dem  gestrigen  Regen  hatten 
die  zwei  englischen  Pflaster,  worait  ich,  des  Flickens  wenig 
kundig,  ein  grosses  Loch  in  meinem  Tabaksbeutel  von  aussen 
und  innen  sorgfaltig  verklebt  hatte ,  nicht  Stand  gehalten.  Un- 
bemerkt  war  der  gesparte  und  angstlich  gehotete  Inhalt  ver- 
loren  gegangen.  Als  Lasterknecht  des  Rauchens  verfiel  ich  durch 
den  bittern  Mangel  in  Trubsinn  und  Missmuth.  Ein  schwacher 
Hotinungsstrahl  durchzuckte  mich ,  wie  hinter  uns  von  der  auf- 
gelosten  Reiscarawane  eine  Abtheilung  sich  nftherte.  Ich,  der 
ich  so  oft  fiber  den  schamlosen  Tabaksbettel  der  Beduinen  ge- 
schimpft  hatte,  nahm  keinen  Anstand,  mich  vertrauensvoll  in 
dieser  bisher  nicht  geubten  Kunst  zu  versuchen.  Und  in  der 

1)  Ich  mnsste  dabei  an  die  Bilderbdcher  meiner  Kindheit  deakeo,  wie  ich  die  Franzoteo  im 
rottitcheD  Feldzug  nm  die  Feuer  habe  ttehen  tehen. 

2)  k*>U&*  mahmaaeb,  >.  S  83,  3 


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239 


That ,  es  gelang ;  einer  der  Leute  gab  mir  alsbald  eine  Handvoll 
goldgelben  persischen  Schaweri,  den  er  aus  nilleh  mitgenom- 
men.  In  meiner  Herzensfrende  schenkte  ich  ihin  ein  Taschen- 
messer,  und  erhielt  nun  meinen  ganzen  Tabaksbeutel  gefdllt, 
nachdem  ich  die  zerrissene  Stelle  durch  einen  Bindfaden  zu 
einem  Art  Wurstzipfel  gefestigt  hatte.  Schon  auf  unsrem  ge- 
strigen  Weg  waren  wir  an  Gerippen  von  Kameelen  vorbeige- 
kommen;  heute  mehrten  sich  diese  Merksteine  vielbegangener 
Wege.  Vom  lezten  persischen  Etagg  (Pilgerzug)  lagen  noch  zwei 
Thierleichen  da;  das  Fleisch  war  von  den  Raubthieren  gefres- 
sen,  die  Haut  uber  den  Knochen  nahezu  unversehrt.  Kann 
man  denn  mit  einem  so  grossen  Fell  gar  uichts  anfangen  ?  Ich 
habe  bis  jetzt  nie  gesehen  noch  gehflrt,  dass  im  Morgenland, 
oder  auch  bei  uns  in  den  Lederfabriken  Kameelshaute  verar- 
beitet  werden.  Oder  sollte  ich  mich  irren? 

Am  Brunnen  Khasereh  vorbei  gelangten  wir  zu  dem  Doppel- 
felsen  Rumairninat  Wahrend  ich  hier  die  Inschriften  copirte, 
eilten  mit  Gesang  durch  die  Niederung  vereinzelte  Zflge  der 
Reiscarawane.  Gegcn  Abend  kamen  wir  noch  an  einen  Radlr, 
der  gespeist  von  den  gestrigen  Regenfallen  einen  ansehnlichen 
Bach  bildete.  Mahmud  und  Schawardi  waren  abgestiegen,  um 
die  beste  Stelle  far  den  Ubergang  ausfindig  zu  machen.  Ich 
unterhielt  mich  eben  mit  dem  zu  meiner  Rechten  reitenden 
Huber,  und  hatte  das  linke  Bein  seitwarts  hinabhftngen.  Es  be- 
durfte  nur  leichten  Zuredens ,  um  unsre  zwei  Kameele  uber  den 
Bach  zu  bringen.  Das  dritte  Thier  dagegen,  das  ohne  Reiter 
nachfolgen  sollte ,  konnte  nur  durch  Stockschlage  dazu  gebracht 
werden,  das  Wasser  zu  durchschreiten ,  dann  allerdings  mit 
9olchem  Ungestam ,  dass  es  mit  ein  paar  Satzen  uns  ftberholte. 
lm  Vorbeisturraen  quetschte  es  meinen  wunden  Fuss  zwischen 
zwei  Gepackstrtcke ,  dass  ich  vor  Schmerz  laut  aufschrie.  Am 
kleinen  Zehen  hieng  die  Haut  in  Fetzen,  und  das  Fleisch  war 
bis  auf  den  Knochen  zerrissen.  Das  war  so  gut  wie  ein  chirur- 
gischer  Eingriff,  und  hatte,  wie  sich  wenige  Tage  nachher  her- 
ausstellte  ,  den  gQnstigsten  Einfluss  auf  die  Wiedergewinnung 


240  ACHTEB  CAPITEL. 

meiner  Gehfahigkeit.  —  In  der  Nahe  des  Scbalb  Scheie  lager- 
ten  wir  im  Rarat  al-Islaf. 

Pr.  16.  Nov.  83]  Die  Kftlte  und  Feuchte  der  Nacht  bewog 
uns ,  schon  vor  Sonnenaufgang  aufzubrechen.  Ein  paar  Inschriften 
an  dem  Felsen  §acUtse  !)  waren  bald  copirt ,  dann  marschirten 
wir  den  ganzen  Tag  ziemlich  rasch,  zulezt  immer  schneller, 
so  dass  wir  mit  den  erachopften  Thieren  Hajel  kurz  nach  Son- 
nenuntergang  erreichten.  cAbdallah,  von  unsrer  Ankunft  be- 
nachrichtigt ,  erschien  auf  der  Stelle,  and  versorgte  uns  nicht 
nur  mit  einer  Mahlzeit,  sondern  auch  mit  den  mannigfaltig- 
sten,  sich  gegenseitig  wiedersprechenden ,  Nachrichten  aber 
den  Verlauf  des  Razu.  Der  Hunger  und  die  lange  Entbehrung 
liessen  mir  sogar  das  Bocksfleisch  wohlschmeckend  erscheinen , 
eine  wahre  Labsal  aber  war  das  Baghdader  Brot  und  die  guten 
Datteln.  Nachdem  wir  noch  eine  hochst  ndthige  grundliche 
Sauberung  des  KOrpers  veranstaltet  hatten,  kamen  wir  erst 
spat  zu  der  wohlverdienten  Ruhe. 

I)  iLSLAjuo. 

ENDE  DBS   l,ten  THRII.ES. 


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REGISTER  ZUM  ERST  EN  THEIL. 


'Abbas  P.  v.  Aegypten  197. 

All  (Oberaufs.derSclaven  mH.)216. 

el- Abd  118,  132. 

Anak  39. 

Abdallah  el-Khamls,  S.  v.  Kaf  49  ff ; 

Amulete  75  f.  87,  93,  99. 

-  geizig  69,  82,  104; 

'Aneber  130. 

• 

—  neidisch  76; 

Aneizan  232. 

—  „entlehnt   Geld  113. 

An§6r  95. 

eAbdaliah  lbn  ba'ud  (t  1819)  163. 

Appetit  der  Beduinen  177. 

Abdallah  el-Mushmanl  190  ff. 

Arche  Noah  219. 

Abdan,  S.  der  B.  Eisa  37. 

Anus  234 

Abdelazlz  lbn  Metab  176,  188. 

Arznei  209,  226. 

Abdelkader  133. 

A§aba  el-Gildijjeh  229. 

Abdelwahhab  (Sektenstifter)  167  ff. 

C  A  A.     *  V.  ~         £>  1  i> 

Ateibeh  64  f. 

'Abdelwahhab  50,  120. 

Augonentzundung  88. 

eAbduh  1,  4,  6,  10. 

'Awwad  Alatah  135. 

Abenteuer  4  ff. 

Baarfuss  gehen  72,  74,  218. 

Abu  mrerah  (ein  Vogel)  216  1. 

Bakkan  109. 

Adareca  118. 

Bakar  el-wahsch  148,  200. 

Adler  100. 

Bdlwah  80. 

Ahmed  (Kameelshandler)  116. 

Ban!  'Atijjeh  (=  Macazeh)  224. 

Ahmed  P.  Buzu  86. 

Bani  eEisa  107. 

'Aid  ed-Dural  215. 

Ban!  $akhr  105. 

'Akal  (Kopfstrick)  2,  176. 

Barbier  222  f. 

eAkdeh  191,  216  ff. 

Bart  57,  225. 

Akeider  160. 

Bawwak  38. 

eAkel-Beduinen  132  f. 

el-Beda  149. 

Alamanl  (Prussiani)  28. 

Bedr  171. 

el-'Alem  148. 

Beduinenlager  36. 

'All  (ohne  Kleider)  37. 

Bek'a  234  ff. 

16 


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UEOlsTETt. 


^42 

Bemalung  der  Zimmer  193,  207  f, 
213. 

Bender  ibn  Tal&l  170. 

Bera^  211. 

Bettelhaftigkeit  180. 

Besuch ,  vor  Sonnenaufgang  ISO  f , 

196,  206. 
Bilder  malen  (Brafc)  13; 

-  (Drusen)  30; 

-  (Balwah)  80; 

-  (Gyohar)  137; 

-  (Muferrig)  226; 

-  belebter  Wesen  193. 

-  (photogr.)  betrachten  80  f,  99. 
Bismfllah  „im  Namen  Gottes"  2 

u.  8.  w. 
Bkauwijjeh  40. 
Blut,  Kameele  bestricheu  62; 

-  Flintenschaft  m.  Blut  bestr.  65. 
Blutlache  210. 

Bocksfleisch  240. 
Bohnerz  (raschrasch)  234. 
Braho  (kurdisch  =  Ibrahim)  15. 
Bral?  6  flf,  10. 

Brennmaterial ,  siehe  Hatab,  Ka- 

raeelsmist 
Brief  an  Negm  el-Atrasch  28. 
Brief  an  den  Ftlrsten  Muhammed  60. 
Brodbereitung  42  f ; 

-  n.  Bagdader  Art  196,  210; 

-  Fladenbrot  211. 
Brunnen,  in  Brilk  14,  16; 

-  in  Kaf  89; 

-  in  Gyobbeh  151; 

-  in  £na'  154; 

-  in  Hajel  200; 

-  Schaklfc ,  70*  tief  93. 


Bumerang  87. 
Bursten  (Abacheu)  190. 
Butter  41. 

Cafe,  zwei  Sorten  214. 

Cafebereitung  83  ff. 

Canstatter  Volksfest  99. 

Castell  zu  Brak  7. 

Castelle  (49  am  Pilgerweg)  87,  133. 

Champagner  213. 

Coloquinthen  228. 

Dabbur  (Hornisse)  16. 

Dahamscheh  97. 

Datteln  110; 

—  gute  ira  Gy6f  128; 

—  von  den  B&umen  frisch  geholt  109; 

—  in  heisser  Butter  110; 

—  tamar  68,  bisr  58  (62); 

—  s'bahah  110,  Anm.  1. 
Dattelpalmen  109  flf. 
Bawasir  105,  142. 

Delul  (Reitkameel)  81. 

Deserteure  (aus  §anea)  103  flf,  222. 

Dibs  89. 

DMn  93,  99. 

Der  el-Kehf  39. 

Derb  el  hagg  (Pilgerstrasse)  3. 

Derb  el-razawat  38. 

Der'ijjeh  163. 

D61eh  (Pforte  zu  Stambul  =  tflrki- 

sche  Regierung)  67,  184. 
Drusen  26  flf. 
Dumah  =  el-Gyof  123ff. 
Durah  11,  234. 
Durman  95. 
Ebrajjit  73,  98. 
Ekreim  ibn  Durmi  93. 
Elijja  b.Rahamin  (=eAbdalh\h)  190. 


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nKoi>TF.n. 


243 


Emtfjeleh  163. 
Esel  135,  213. 
Eunuchen  216. 
Faddah  78. 
Fadt  86. 

Fahd  (geisteskrank)  221  ff. 
Falken  204. 
Fallen  (f.  Hyanen)  96. 
el-Fare  218. 

Farben  der  Haare  115,  225. 
Fata  morgana  98. 
Felk  144. 
F<§tets  166,  215. 

Feuer  (vor  dem  FOrsten  brennend) 
175. 

Fheideh  67,  78,  83. 

Filaria  medinensis  105. 

Fleischlcuchlein  211. 

Fliegen  77. 

Fontanell  182. 

Frehah  180,  210,  223. 

Frosche  218  ff. 

Fruhaufstehen  90. 

Fusswunden  112,  218,  223,  239  f. 

Garten 

-  in  Brak  11; 

-  in  Kaf  109; 

-  in  Hajel  200. 

Gazelle,  als  Gastgeschenk  2 1 1 , 2 1 4  f. 
el-Gazieh  218. 

Gebel  Aga  (elGebel)  150,  153  f; 

-  ed-Drus  20; 

-  Mi'sma'  118; 

-  Serra  212. 

Gebet,  unterbrocben  211. 
Gefangniss  201. 

Getreidekarawane  nach  Kaf  38  f. 


I  Gewehre,  (Steinschloss-)  117,  182, 
184. 

-  (Mauser-Repetir  )  55,  184  f.  189. 

-  (Martini-)  55. 
Ge  witter  220. 
Ghararah  20. 
Gildijjeh  227  ff. 

Granitformation  (schmalrippig)  165, 

216,  220- 
Gurken  55. 
Gy6bbeh  161. 
el-Gyof  59,  121,  123  ff. 
Gydhar  128. 
Graber  72. 
Graimls  118. 
Hadari  53. 
el-9adel  95. 

Hagg  (Hadsch)  Pilgercarawane  nach 
Mekka  3, 

-  persische  236  Anm.,  239. 
tfajel  156  ff. 

tfamAd  (Stein wiiste)  39,  143. 
tfamud  el-MigrAd  60, 67, 1 1 1, 1 14  f, 

135,  188  ff,  203,  206  f. 
Hamad  el-'Obed  187,  203. 
Handtucher  177. 
Hasan  Abu  Drae  133. 
Hasanijjeh  228. 
HasIS  145. 
Hatab  146,  208. 
IJatsmeh  78,  100. 
Hauran,  N.pr.  m.  95. 
Haus,  arabisches  178,  192. 
Hauser,  in  Kaf  96. 

-  im  Leclscha*  aus  Stein  10. 
Hawazim  82,  95. 

Hazlm  (Brunnen)  46. 


244 


REGISTER. 


el-Hegr  94,  185. 
Heik  116,  119. 
Heiratsthema  81  f. 
H61  85. 

Hannah  115,  225. 
Hermon  10,  22. 
HoweitAt  107. 

tfusein  (Kameelshandler)  62,  116, 

137,  139,  210. 
IJusein  Fewzl  (Muschlr)  6. 
Husein  §alih  Effendl  7. 
Husein  (Schmied)  214,  226. 
HuteimI  215. 
Hyanen  96,  98,  100. 
Ibn  Haddal  97. 
Ibn  Sa'ud  156flf. 
Ibn  Raschid  63,  165. 
Ibrahim  (Neger)  116,  135,  205. 
Ibrahim  el-Atrasch  9,  18. 
Ibrahim  Pascha  (Abu  Khalil)  im 

GK  ed-Drus  20,  Anm.  1.; 

-  ira  Negd  69,  162  f.  177. 
Jerbo'a  148. 

ImtAn  35. 

Inachriften ,  in  Gyobbeh  151  f; 
-in  Ithreh  59; 

-  am  Gildijjeh  229  f ,  232. 
Ithel  96,  100,  152; 

-  Rader  v.  Ithelholz  127. 
Ithreh  58  ff. 

Jugendlichkeit  der  Bedninen  225  A. 
Jusuf  el-Milki  125. 
el£aeajjid  216. 
K&f  51  ff. 
Kabtani  142,  208. 
]£ahawah,  Empfangszimmer  57, 65, 
68,  127,  173,  179,  204. 


Sabwah  hflu  128,  173,  176. 
?aljun  128. 
Kameel  31  ff. , 

-  unbehaglich  zwischen  Mauern 
und  Thoren  48,  156; 

-  tranken  (31)  46,    140,  149, 
151,  153; 

-  handler  116; 

-  hirte  232; 

-  miethe  30,  139; 

-  milch  233; 

-  mist  (Brennmaterial)  37; 

-  -  kostbar  in  der  Stadt  208; 

-  fleisch  136  ff; 

-  haut  239; 

-  urin,  heilkraftig  94. 
Kanawat  22. 

Kanonen  69,  127,  135,  177  f. 
Ea'r  144. 
Sarah  124,  140. 
Earat  al-Islaf  240. 
Karl,  Konig  von  Wflrttemberg  117, 
182. 

Easr  in  tfajel  133,  197; 

-  (=  Herscherfamilie)  204; 

-  in  Gyof  126: 

-  in  cAkdeh  217,  221. 
£a?r  ed-dab'a  100  f. 

-  ezrak  40,  52,  111. 

-  Said!  47,  71. 

-  Waschwasch  58,  65. 
Kawakbeh  95. 

$eftr  191. 
Keffljjeh  2. 
Kefr  22. 

£6rbelah  58,  159. 
Khairullilh  210. 


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REGISTER. 


245 


Tfhalaf  fi4  Aft 

Ma^imUQ  1 .  AabcneJjakin  ob. 

Tvlvurifa  AK    7  A 

MtiKouian  to. 

Ml   k*  n  o       i  i'*iin    1  1  Q 

\f.]lrb-«l     7Q  no 

MtlKkOl   (O.  y©. 

lTh^anraVi  9QU 

iftanizeit  uer  lseauinen  37,  70,  7y; 

TThatih  99A  9QA 

—  ieiLTiiLae  1  / 1 ; 

TChattAr  7   ft.    Ifi  f 

—  ueiiii  r ursteii  ioj. 

l?hiHr  fmtiln  QA 

luaD^ur  do,  o6. 

JvUUlg  tOt 

\tti  r-iA    1  OR 

Maria  i  zo. 

KhvAm   1  9A 
n.ll7irtlll   i  u'}. 

Matjcnaniaen  ziv. 

T/flAh  9Q 

Mavar  iou,  ziu. 

K'lrth  al.milh  74 

aiaiiber^ewenre  io4n; 

ivieiuuug,  noiiuue  angeiegi  i<jz,  loo. 

rovnltrar   9U     1ft9  1QU 

—  revolver  zy,  ioz.  loo. 

I'ltJuiiiau-  vv  urm  iuo. 

TTranthoifian   900  9QQ     A  nm 
JVlall  KJJcil/tJll  ZUi7  <jOo  ,  A  mil. 

Meuaieii  zz. 

TCqAt  ftR     homo  If   91  Q 

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rvUtik!  utja  oLiuoaSCS  IKJM  \ 

UnK^mmn^    (All     1  CM       1  ft*  W 

Meycmmua  All  lo4-,  loi  n. 

—  aes  iiarirn  zu. 

MeKKa,  gepiundert  icu. 

Jiuraen,  singen,  tanzen  14,  17; 

Me  ra^en  {t  ussKissen)  oo. 

in    TTAiol    09O  f 

—  in  Majei  <L£iiL  i. 

Mac'VioH   IRA    OiW  9AC 

Dies  nao  loo,  ZUl,  ZUo. 

It'intrairof    o»»  <»oc1  71 

j^uvreiret  ez-zai  ri. 

\fZf<aK  1AO 

oiei  ao  ioy. 

Lager  uer  rseuuinen  oo. 

Meteiien  ivi. 

Tana  llQf 

Hff>f anr  91  Q 

fflieteor  ziy. 

ijduao  uei  jvameeie  oo. 

Ufamn'  1 1  ft 
.ill  a  ma  llO. 

T  hfir\  «1     Q4  107 
JUUllU   OI  ,   «74,  lUf. 

\Trw-ia  91ft 
MOOS  4lo. 

T  nfffll  911 

ijunei  zii. 

Ma0.il   oi  Q 
IY1SQ1  Zlo. 

T-Ahrkf  A  17 

Kfiif^rricr  174.    914  99R 

Miiiorrig  i<*>  zi4,  zzo. 

T  i'to  L~ i  fori    (tr\\Ti\       /t Vnci».f» \   .4  jl 

ijOb&auieii  izum  ocnerzj 

MiiVinmmari  ihn  'Afiiioh  994  9v>« 

Muyd mill ba  ion  Avijjeu        ,  zzo. 

T  lloronhift-iorlroir  CJ7 

ijuyeniidiu^Kuil  y/. 

UiiViammAr)  ihn  DnlrM  A7 

MiHiiiinuiyu  ion  uukiu  oi. 

Mo^n  1Q1 
iila  all  1  a  1 . 

\f  nliaTTim/srl    ihn    Rdnom    910     91  O 

uiu yam iii txj  ion  luinem  ziv,  ziz. 

JXld  dzeil  —  15.  Aliljjen  66*. 

Mnhnmmml  ihn  RnQphtH  170ft"  17Rff 
iMunaiiiiiicu  lull  nasuuiu  i  <uu,  i  <  on. 

Magid  188,  206. 

Muljammed  Raww&f  132. 

Mabmad  Effendi  (Brafc)  6. 

Muhammed  Sa'ld  P.  86,  131  ff. 

Mabmud  (unser  Diener)  16,  24,  86 ; 

Mu'odd'in  8. 

-  Hass  gegen  HamCld  67,  116; 

Muvarib  130. 

-  Schalk  80; 

MuWl  115,  120,  132,  135. 

-  vom  FQrsten  erkannt  182. 

Murduk  20  f. 

246 


Mureitsib  284. 
Mutailite  85,  95. 
Nachdammerung  19ti. 
Nachtschwatzen  25,  98. 
Nahen  der  Frauon  81. 
Na'If  152. 

Naaenringe  der  Frauen  78. 

—  der  Karaeele  200. 
Nasi  118. 

Nasir  ibn  Sebhan  204. 

Nassal  97. 

Nebak  118. 

Nebel  3,  21,  288. 

en-Nebts  48,  61,  78,  100. 

Nefud  141  ff. 

Negm  el-Atrasch  24,  28. 

el-'Obeid  (edDlb)  69,  125,  167. 

'Obed  (8.  v.  BeVa)  236. 

•Orman  24  flf. 

el-40la  94,  185. 

Palmeti  109  ff; 

—  zweige  als  Beleuchtung  107; 

—  stamme  ins  Feuer  geschoben  217. 
Panzereidechse  107. 
Petroleumlampen  95,  175. 
Pferde,  in  Kaf  56  f,  66; 

—  im  Gy6f  185,  Anm.  3; 

—  des  Fursten  197. 

Pflanzen,   wohlriecbende  in  der 

Waste  118. 
Prugelei  65. 
Prtigelstrafe  203. 
Quellenscbmecker  90. 
Rab  89. 
Radlf  116. 
Radlfeh  45,  81. 
Radtr  102,  289. 


I  Ragagll  esch-Schijflch  127,  287. 
i  Rairan  75  f,  99. 
Ranem  ibn  BanI  127,  182,  188, 

196,  205. 
Raschraschijjah  46. 
Rasiren,  des  Kopfes  66,  130,  222. 
Rauchen,  eines  3-jahrigen  Knaben 
65. 

Rauchern  62. 

Razu  32,  111,  118,  206,  208  239  f. 
Rebabah  66,  97,  108,  111,  220. 
Uebhuhner  86,  288. 
Regen  145,  155,  207,  228  f,  234, 
236  f; 

—  tropfen  106,  154. 

Reiten  auf  dem  Eameel  33  ff. 

Repetirgewehre  55,  184  f,  189. 

Revolver  4,  18,  29,  182,  188,  206. 

Rigm  el-burg  125. 

Rinder  135. 

Ru'alah  93,  107,  232. 

Rufe  fur  die  Thiere  54. 

Rumaiminat  239. 

$a4  79,  103. 

Sabel  des  Konigs  Wilhelm  I  186. 

§afauwijjat  39. 

§albukh  116,  189. 

§aiih  ibn  Rakhls  132,  174. 

salim  ibn  Fetnan  208. 

§a'litse  240. 

Salt  138. 

Salz,  -gewinnung  102; 

—  besteuerung  (1870)  103; 

—  karawane  95. 

—  stlmpfe  58,  102,  234  ff. 
Samb  96. 

Samra  213,  215. 


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247 


Samra  Ruttf  102. 

Samra  Ureik  98. 

Samum  230. 

SandaleD  207. 

Sandbosen  117. 

Sandstein,  verwitterter  234. 

Sandsturm  230  flf. 

Sanduk  228. 

Sattam  ibn  Sa'lan  131. 

Sas  el-Kuff  100. 

Schahir  89. 

Scha'Ib  A'aiwig  234. 

Scha'Ib  Schaklk  228,  240. 

Schaklk  (Brunnen)  91  f,  139, 148. 

Sch&kka  16. 

Schawardl  228,  230,  236. 
Scbech  el  mascha'ich  172. 
Scberari  228, 
Scherarat  106,  108. 
Schiff,  abgebildet  193. 
esch-Schijuch  172  (61). 
Scbleier  77. 

Schloss  und  Schlussel  109. 
Schmisaneh  78,  98. 
Schnupftabak  188. 
Schnurrbart  (Unsitte)  57. 
Schroder  P.,  G.  Consul  in  Beirut  218. 
Scbweinefleisch  42; 

-  borsten  190; 

-  schmalz  190. 
Schwielen  (Wolf)  33,  119. 
Sclaven  in  Hajel  180; 

-  in  hoher  Stellung  129  f. 
Scincus  officinalis  148. 
Sebban  204. 

Selamah  218  f. 
Semawa  236. 


Semebah  149. 

Serra  (Gebel)  212. 

§hauwat  Fawwaz  220. 

Singen,  bei  den  Wahhabiten  nicht 

gerne  geseben  211  f. 
Skakah  124. 

Sliman  el-Khoreischl  212. 
Sprache  der  Beduinen  53  f. 
Spuren  eines  Razu  118. 
Staatmacben  122,  138. 
Steinbocke  200,. 2 17. 
Steinhauser  im  LMscha'  10. 
Steinschlossflinten  117,  182,  184. 
Steuern  103,  129,  181,  133. 
Stockschlage  (Bestrafung)  202. 
Sturm  230,  237. 
Subhi  P.  131. 
Su'eideb  22. 
Sufrah  48. 
Sukur  93,  95,  118. 
Tabak  (persischer)  238. 
Tabaksbeutel  238. 
Talal  69,  168. 
Talb  154. 

Tanze,  kurdische  17; 

-  der  Beduinen-Burschen  und 

-madchen.  140. 
Tawil  148. 
Teima  186. 
Tekujeh  219. 
Tell  el-Ascha'ir  28. 
Tell  el-Khidr  23. 
Tell  Schlhan  20. 

Temperaturen  44°  C.  3;  40°:  147; 

36°:  117;  34°:  106;  14°:  222; 

10°:  117,  238. 
Tesserae  (aus  Thon)  94  f. 


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248 


HFOISTEK. 


Thore  am  l£a?r  ira  Gyof  126; 

—  Stadthore  in  Kaf  niedrig  48 ; 

—  in  najel  geschlossen  171; 

—  jede  Nacht  um  9  Uhr  223. 
Tracht  der  Frauen  78,  223. 
Tranken  (derKaraoele)  31,  46,  140, 

149,  151,  153. 
Trappe  45,  73. 
Treifeh  78,  95,  98. 
Turken  im  Gyof  1870,  131. 
TuwSr  (Twer)  124,  130. 
(Teberfall,  zum  Schein  43. 
Ilhren  192,  213; 

—  200  Taschenuhren  187; 

—  Rococo-Standuhr  188. 
Urara  el-fanagil  73; 

—  el-gra?  98; 

—  el-masagid  214; 

—  es-Selman  151  f. 
Ungeziefer,  F15he  9,  10,  21,  67 

Anm.  1 ,  119  Anm.  1 ; 

—  Wanzen  13,  121  ; 

—  Lause  119  ff; 

—  Kameelsiause  55. 
Verzierungen  der  Wando  194,  204, 

206  f. 

Vogel  Ed.,  t  in  Wadai  186. 
Vogel,  (216  f); 

—  schiessen  59,  65; 

—  aus  dera  Hinterbalt  101. 


Volksfest  (Canstatter)  99. 
Wadi  Bu'eb  232; 

-  Dawasir  105,  142; 

-  Hajel  228; 

-  Luwa  20; 

-  Ragil  52; 

-  SirhAn  52,  113  f. 
Waffenbelehrung  18  f. 
Wagen,  abgebildet  152. 
Wahhabiten  157  ff. 
Walder  22. 

Wasser,  im  Kopf  209,  214  f. 
Wasserschlauch  41,  139. 
Wasserplatze  in  der  syrisch-arabi- 

schen  Wuste  91  f. 
Weg  in  der  Wuste  zu  erkennen 

147  Anm. 
Wehklagen  um  Todte  107. 
Wilhelm  I,  Konig  v.  Wurttemberg 

99,  186. 

Wind,  in  der  Wuste (86)  106,  137, 

142,  145,  147,  230  f.  237. 
Woll,  pfaizische  Gedichte  176. 
Wolken  82,  106,  237. 
Wuste  (Nefud)  142  ff. 
Zablen,  den  Beduinen  schwierig  103. 
Zarabarah  17. 
Zeban  2. 
Zeitungen  211. 
Zopfe  der  Manner  45,  176. 


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A RABISCHER  INDEX. 


78,  223 

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83  f  ^bJ 

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89  j.Uj? 

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37  *L> 

139           jJJ'  fU' 

156,  173  ff 

73  Xi^t  (jLs^l>)  iL^<ut 

45  ^L^- 

83  f  JmI 

201  U**d« 

200,  A  1 

74  v^*" 

110  ^ 

145  (jjLJi^ 

70  d±ji 

145 

204  £y 

102  (v.  8alz) 

142,  A.  1 

128,  173,  176  y>  B^S 

37  yu 

233  vJb. 

148,  200  yb 

96  (Zinnen)  {Ls* 

284  ff  Utb 

138  u^o- 

85         =)  £ 

109  i%> 

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250  ARABISCHER  INDEX. 


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79,  108  gU> 

140  Wuo 

240  WUbuo 

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117  Hj^U 

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70  *kX£ 

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234  (^ytp 

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142,  A.l  ^ 

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17  (.^p  a^Uj 

225  XSis 

117  K^j 

141  *JLSt  0U  j 

140  JLSV^U 

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41  ^Jtf 

110  (Datteln)  *ieu. 

55  oLS 

98 

41,  73,  A.  Ky 

68,  138  (Xfau.)  Uuu. 

90 

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43  ByLw 

120  (iJL**) 

*  - 

96  e~ 

280  (wJji) 

181  bu- 

181 

144  (PI.  >y»S)  ^ 

124,  216  (jfr-l)  ^ 

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85  Xfed 

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102  (t.  Bah)  j* 

230  o^3 

68  fc>^ 

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234  ^A>y> 

106  L^sUs 

204  8o^ 

85  8*5 

83  f  jJuax 

123,  128,  176  £s»  8*5 

83  f  x>UU« 

55  (tfahawah)  8*5 

35  (KiyM) 

126  jtfytf 

133 

83  f  ^ 

83  f  aiyb. 

83  f  ^ 

83  f  wJiyU 

53,  128  UuJ' 

83  f  gUbU 

233 

233  iuU^ 

6,  17 

83  f  Jwy* 

140  K>jJf  voi! 

f  <=  a£>  ^ 

201  tjJLfU 

181  L> 

89  xJLs^ 

85  J** 

83  f  238  k*JU**a 

229  (^l3) 

62  8^ 

83  f  aol^ 

84  ^ 

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TRRTHLMER  XJND  DRUCKFEHLER. 


Seite  12,  Z.  4  v.  u.  lies :  gefangenen. 

Soite60,  Z.  8  lies:  das. 

>    20,  •  1  tilge :  in  ein 

* 

an 

DU, 

»  19 

» 

luu. 

»    25,  t  6  lies:  Argor. 

65 

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»   29,  •  2    >  einem. 

74 

»  7 

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»   30,  letzte  Z.  lies :  t)bel. 

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•  12  lies: 

Dank  os. 

•   38,  Z.  6  /tty«  himu:  das  Geeprach. 

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78, 

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»   39,  Z.  1  b>« :  dieser. 

95, 

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»   40,  »  18  *<att  uns  lies:  e*. 

105, 

»  20 

» 

Salz  (al.Getreide). 

»   40,  »  19  tilge:  als. 

107, 

»  3 

>• 

and. 

»   41,  »  8 

Diesea. 

111, 

»  11 

* 

zarflck. 

»   41,  »    4  t.  n.  lies :  apateren. 

122, 

.  2 

» 

4-500  Pu88. 

»   42,  »  21  statt 

aus  lies:  an. 

128, 

>  3 

u-<Aleikum. 

»    43,  »    5  lies: 

muBste. 

138, 

>  18 

» 

einen. 

»   43,  »  10  > 

Ergebnias. 

144, 

»  A.1  , 

felfc,  folfc. 

>   45,  »  20  » 

Dieses. 

145, 

.  4 

» 

»    47,  .  16  » 

unbeschreiblioh. 

155, 

»  8 

Y.  U. 

lies :  wnrden. 

»   48,  •   3  » 

mir. 

163, 

»  8 

» 

Oognera. 

i    54,  »  19  > 

wie. 

> 

165, 

I.  4 

•  Beitensohoss. 

<■    56,  t  19  > 

nach. 

206, 

.  8 

>  japannischen 

•    58,  >  10  » 

waren. 

Tassen. 

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UNTKR  DKN  ARABISCHEN  WORTEN  1ST  ZU  BERICHTIGEN: 


S.    2,  Anm.  1,  lies:  jUe  iafc41. 

a  35,  Z.  5,  lies:  me<rafceh  KJyw  (vgl.  Doughty  II,  453;  Bernhardt  109; 

Journ  of  the  r.  aa.  Boo.  21 ,  864. 
8.  41,  Anm.  1,  $idr  unrichtig;  es  ist  jJ3  teidr. 

S.  44,  Anm.  lies:  i&Lb  (vgl.  Wetzstein,  Reiseber.  145). 

S.  66,  A.  1  statt:  tfUc  lies:  OOc. 

8.  84,  Anm.  2,  lies:  ^JULL.. 

S.  84,  Anm.  8,  lies:  K^Uk.. 

S.  138,  Anm.  1,  lies:  &U>3. 

8.  200,  Anm.  2;  Socin  theilt  mir  mit:  Bibiiotheca  geogr.  arab.  IV,  198 

was  falsch  ist  fur  in  Baghdad  hdrte  Sooin:  timman  und 

t£memeneh.  Doughty  I,  153  sohreibt:  tommn. 


Di 


Ubersichts  Karte  zuJ.EUTItfGS  Reiskn  m  Vorder-Asien 


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TAGBUCH  EINER  REI8E 

IN 

INNER- A  R  ABIE  N. 


Google 


TAGBUCH  EINER  REISE 


IN 


INNER-ARABIEN 


VON 


JULIUS  EUTING. 


ZWEITER  THEIL. 


HKRAD30BORBEN  VON 


ENNO  LITTMANN. 


HLTIIIIANDMTNG  USD  PRUCKEREI 

VOlMALs 

E.  J.  BRIJL.L 

I.EItHCN  —  1914. 


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I 


1 


1 


DKlCKfcREI  Torm.li  E.  J.  BRILL,  LEI UK V 


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DK1I  ANDKNKKN  SJJINKK  MA.IKSTAT 


OSCAR  JI 

K«.\|(iS  VON  SCIIWKDEN  UNO  NOllWKtiKX 

l 

HEM  /-I'M  FLNFI  NDZWAN/.IOJAIIRIGKN  RECUERI'NUS-JIBILAKUM 
1>ER  ERSTE  THKIL  DIESKS  BUCHES 
GKWIDMKT  WAR. 


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VORREDE  ZUM  ZWEITEN  THEIL. 

■ 

Als  ira  Jahre  1896,  noch  wahrend  meiner  Studentenzeit,  der 
Erste  Theil  von  Eating's  Tagbuch  einer  Reise  in  Inner-Arabien 
erschien,  habe  ich  nicht  ahnen  konnen,  dass  ich  cinmal  die 
Aufgabe  haben  wilrde,  den  Zweiten  Theil  dieses  Tagbuchs  her- 
auszugeben.  Als  aber  ira  Jahre  191B  die  Aufforderung  an  mich 
gerichtet  wurde,  dieae  Aufgabe  zu  flbernehmen,  habe  ich  gem 
und  freudig  zugesagt. 

Lange  haben  die  Freunde  Euting's,  die  in'ihra  nicht  nur  den 
Epigraphiker  und  Palaeographer,  sondern  vor  Allem  auch  den 
unermndlichen  Reisenden  und  vortretflichen  Men.schen  verehrten, 
auf  die  Vollendung  seines  Tagbuchs  gewartet.  In  den  Jahren, 
wahrend  derer  ich  rait  ihm  im  schGnen  Strassburg  zusaramen 
war,  habe  ich  oft  gesehen,  wie  er  selbst  daran  arbeitete;  und 
raanchmal  las  er  rair  auch  aus  dem  mit  so  sorgsamer  Hand 
geschriebenen  Manuscripte  einzelne  Capitel  oder  Schilderungen 
vor.  Viele  seiner  Erlebnisse  haben  wir  auch  mflndlich  bespro- 
chen,  raeist  in  seinem  Arbeitszimmer  ira  Rohan-Schloss,  dort 
wo  viele  Orientalisten  ihre  epigraphischen  Kenntnisse  erworben 
haben.  So  war  mir  der  Inhalt  des  Tagbuchs  schon  zum  Theil 
vertraut.  Zugleich  hatte  icli  durch  eigene  Reisen  in  Pahlstina, 
Syrien,  der  syrisch-arabischen  Waste,  Agypten  und  Abessinien 
eine  personliche  Anschauung  vom  Orient  gewonnen  und  konnte 
mich  um  so  eher  in  die  von  Euting  geschilderten  Erlebnisse 
hineinversetzen,  namentlich  auch  in  die  epigraphische  Thatig- 
keit  in  jenen  Lflndern. 

In  der  Schilderung  seiner  Erlebnisse,  Eindracke  und  Beob- 
achtungen  zeigt  sich  so  ganz  die  liebenswOrdige  Personlichkeit 


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ViFl  -  VOUHKI.K. 

des  Marines,  der  in  Allem  ungeschminkt,  echt  und  natftrlich 
war.  Wie  er  sich  uber  jede  kleine  131  u  me  in  der  Natur  freute, 
so  hatte  er  aueh  Interesse  far  alle  kleinen  Ereignisse  des  tag- 
liehen  Lebens,  das  ihn  umgab.  Als  Maler  hatte  er  zugleich  das 
Beobachten  gelernt.  Und  mit  einem  feinen  Humor  wusste  er 
die  Dinge  selbst  zn  nehraen  und  far  Andere  darzustellen.  Gerade 
in  dieser  Detail-Malerei  des  Lebens  in  Inner-Arabien  liegt  wohl 
der  Hauptwerth  des  Tagbuchs.  Dazu  kommen  dann  auch  die 
vielen  Zeichnungen  und  Bilder  aus  einem  so  fernen  Laud. 

Denn  Inner-Arabien  i*t  ein  verhaltnissmassig  noch  recht  wenig 
bekanntes  Land.  Aber  gerade  in  unserer  Zeit  macht  die  Euro- 
paisierung  des  Orients  ungeheure  Fortschritte.  Syrien  und  Pa- 
lastina  werden  sehon  von  einem  Netz  von  Eisenbahnen  durch- 
zogen,  wahrend  es  dort  um  1900  erst  zwei  ganz  kurze  Eisen- 
bahnlinien  gab.  Sogar  Damascus  und  Medinah  werden  bereits 
durch  das  Stahlross  verbunden.  Dies  hat  natnrlich  auch  die 
Wirkung,  dass  manche  alte  Sitten  und  Lebensgewolinheiten 
aufgegeben  werden  und  dass  Land  und  Leute  sich  in  Vielem 
verandern.  Aufzeichnungen  wie  die  Euting's  werden  daher  immer 
ihren  Werth  behalten,  auch  wenn  sie  erst  30  Jahre  nach  der 
ersten  Niederschrift  der  Offentlichkeit  Qbergeben  werden.  Es 
war  daher  fnr  mich  nicht  nur  eine  liebe  Pflicht  der  Pietat 
gegen  den  Freund,  die  Herausgabe  seines  Werkes  zu  flber- 
nehmen,  sondern  auch  eine  Pflicht  gegemlber  Allen,  denen  die 
Kenntniss  Arabiens  und  der  Araber  am  Herzen  liegt. 

Bei  der  Herausgabe  nun  bin  ich  in  folgender  Weise  verfahren. 

Capitel  IX— XIII  lagen  druckfertig  vor,  von  Euting's  Hand 
geschrieben.  Capitel  XIV  und  XV  habe  ich  auf  Grund  des 
von  Euting  auf  der  Keise  gefuhrten  Tagbuchs  ausgearbeitet. 

In  Capitel  IX— XIII  habe  ich  zunftchst  nur  die  Orthographie 
und  die  Interpunction  etwas  consequenter  durchgefuhrt.  Wer 
den  1.  Theil  aufmerksam  durchliest,  wird  bald  bemerken,  dass 
die  von  Euting  gewahlte  Orthographie  willkflhrlich  ist.  Ich  legte 
mir  daher,  um  auch  hierin  moglichst  treu  Euting's  Eigenart  zu 
wahren,  ein  Verzeichniss  der  verschiedenartigen  Schreibungen 


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VOKKEDi:. 


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auf  (irund  des  I.  Theiles  an.  Dabei  fand  ich,  dass  die  deutsche 
Ilechtschreibung  ein  Land  der  unbegrenzten  M6glichkeiten  ist. 
Und  davon  hatte  Euting  ausgiebigen  Gebrauch  gemacht:  manche 
Worte  sind  bald  mit  s,  bald  mit  ss,  bald  mit  sz  geschrieben, 
andere  bald  mit  tz,  bald  mit  z,  wieder  andere  hier  mit  ck, 
dort  mit  k  u.  s.  w.  Um  hierin  ein  gewisses  System  zu  bringen, 
habe  ich  die  altere  deutsche  Orthographie,  etwa  aus  den 
Jahren  von  1860—1880  zu  Gruude  gelegt  und  habe  dann 
meist  je  eine  der  verschiedenen  im  Ersten  "Theil  gebotenen 
Moglichkeiten  durchzufuhren  gesucht.  Ganz  ist  mir  das  aber 
doch  nicht  gelungen;  so  habe  ich  z.  B.  bei  dem  Worte  nNichts" 
manchmal  die  Schreibung  mit  kleinem  Anfangsbuchstaben  stehen 
lassen.  Bei  dem  Namen  des  Fiuanzministers  in  I.lajel,  den 
Euting  Nasir  Sebhan  schrieb,  der  aber  nach  Hess  Nasir  es- 
Sebhan  heisst,  hatte  ich  von  vorn  herein  die  letztere  Form 
wahlen  sollen. 

Im  Obiigen  ist  Alles,  was  ich  zu  den  Worten  Euting's  in 
Capitel  IX-  XIII  hiuzugefQgt  habe,  in  eckige  Klaramern  -  [  ]  — 
eingeschlossen.  Das  sind  zum  grossen  Theile  Anmerkungen,  die 
ich  Prof.  J.  J.  Hess  verdanke.  Letzterer  arbeitete  in  Cairo 
mehrere  Jahre  mit  einem  Central- A raber,  namens  Muhidz  ibn 
cAgga{>,  zusammen,  und  er  hatte  die  Freundlichkeit  mir  eine  grosse 
Anzahl  von  Fragen  entweder  direct  aus  seinen  Sammlungen 
oder  nach  Erkundigung  bei  Muhidz  zu  beantworten.  Alles,  was 
von  ihm  stammt,  ist  durch  ein  H.  gekennzeichnet.  —  Das,  was 
ich  selbst  zur  weiteren  Erklarung  von  Capitel  IX — XIII  bei- 
getragen  habe,  bezieht  sich  meist  auf  sprachliche  und  inschrift- 
liche  Fragen. 

In  Capitel  XIV  und  XV  bin  ieh  etwas  freier  und  selbstan- 
diger  vorgegangen.  Natitrlich  hatte  ich  das  ursprnngliche  Tag- 
buch  wflrtlich  zum  Abdruek  briugen  konncn;  aber  dann  wAren 
diese  Capitel  ein  Torso  geblieben.  Vieles  war  von  Euting  nur 
kurz  angedeutet,  manche  SAtze  waren  im  Telegram m-Stil  nieder- 
geachrieben.  Um  nun  nicht  eine  zu  grosse  Kluft  zwischen  IX— XIII 
und  XIV— XV  zu  lassen,  habe  ich  versucht,  in  dem  selben  Stile 


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vi  mm:  i  ik. 


forty.u fall ivn,  in  dem  Eutiog  sein  druckfertiges  Manuscript  ver- 
fasst  hatte.  Ob  tnir  das  gelungen  ist,  m6gen  die  Leser  beur- 
theilen.  Die  Moglichkeit  der  Nachprufung  ist  ja  immer  gegeben, 
da  die  urspranglichen  Tagbflcher  Euting's  von  alien  seinen 
Reisen  zusaramen  mit  seinen  Zeichnungen  aus  dem  Orient  auf 
der  Universitats-Bibliothek  in  Tilbingen  aufbewahrt  werden  '). 
Aber  alles  Sachliche,  was  ich  in  den  letzten  beiden  Capiteln 
hinzugefugt  habe,  ist  auch  hier  in  [  ]  eingeschlossen. 

Die  Abbilduugen  sind  fast  sammtlich  von  Reg.-Baum.  D. 
Krencker,  der  auch  selbst  liingere  Zeit  im  Orient  war,  nach  den 
Original-Zeichnungen  Euting's  hergestellt.  Die  Inschriften  habe 
ich  selbst  gezeichnet.  In  Capitel  IX— XIII  ist  genau  nach  den 
Angaben  ira  Original-Manuscript  verfahren;  in  XIV — XV  sind 
die  ineisten  der  Zeichnungen  des  Tagbuchs  wiedergegeben. 
Dagegen  konnte  der  „Atlas",  auf  den  iin  I.  Theil  mehrfach 
hiugewiesen  ist  und  auf  den  auch  im  Manuscript  zu  Cap.  IX — XIII 
einige  Male  Bezug  genommen  war,  aus  leicht  begreiflichen 
Grflnden  nicht  hergestellt  werden. 

Hier  mOge  noch  auf  mehrere  Einzelheiten  hingewiesen  werden. 

Der  auf  S.  171  erwahnte  Jud  Suss  ist  der  Finanzmann  Joseph 
Suss  Oppenheimer,  der  uuter  der  Regierung  des  Wurttember- 
gischen  Herzogs  Karl  Alexander  (17:18—1737)  als  Geheimer 
Finanzrath  eine  verhftngnissvolle  Rolle  spielte.  Nach  dem  Tode 
des  Herzogs  wurde  er  hiugerichtet ;  die  Erinnerung  an  ihn  ist 
heutigen  Tags  noch  in  WOrttemberg  lebendig. 

Eine  Anzahl  sQddeutscher  Ausdrucke,  die  der  Schreibweise 
Euting's  hie  und  da  einen  hesonderen  Reiz  und  besonderen 
Nachdruck  geben,  die  aber  von  Norddeutschen  und  Ausl&ndern 
nicht  ohue  Weiteres  verstanclen  werden  dflrften,  seien  hier 
erklart. 

Als  weiter!  =  Immer  nur  wei-  gah  =  steil. 

ter!  Kaib  =  Aas  (Schimpfwort). 

Als  zu!  =  Immer  zu!  Muhr  =  Moor. 

1)  Kin  Wrwichims  davon  liodet  sich  nin  Knde  dieter  Vurn-dr. 


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VOIlltEI.K. 


XI 


mulzig   =   schwammig,    wie  Stundenhalter  =  Pietist,  tier 


Springerle  =  kleines  Gelnlck.  quem. 

Hieran  m6ge  sich  gleich  ein  Verzeichuiss  der  in  Theil  II 
vorkommendeu,  nicht  immer  erklarten  arabischen  Wfirter 
schliessen,  soweit  sie  nicht  bereits  in  Theil  I,  Seite  vn  ange- 
fahrt  sind. 

Derb  el-Hagg,  Pilgeratrasse.  Megidi,  tflrkischer  Thaler. 
Dlw&n,  Empfangsraum.  Meglis,  Rathsversammlung, 

y  agg,  Pilgerfahrt  nach  Mekkah.  Versammlungsraum. 

Pilgerkarawane.  R  a g  a g  1 1 ,  Soldaten. 

Khan  gar  (.so,  mil  kh),  breiter  Rebabeh,  beduinisehe  Geige. 

Dolch.  Rijal,  Thaler  {mile). 

M  a  k  h  z  a  n ,  Magazin,  Vorraths-  S  c  h  a c  i  b ,  trockenes  Flussbett. 

mum.  Suk,  Bazar. 

Der  Titel  Schijukh  (Pluralis  raajestatis  von  Schech)  ist  audi 
hier  mehrtach  fur  den  Fnrsten  von  l.Iajel  gebraucht.  Es  wire 
zwar  folgerichtiger,  auch  im  Deutsehen,  wie  im  Arabischen, 
das  Verbum  dazu  in  den  Plural  zu  setzen ;  aber  meineui  Gefnhl 
nach  widerspricht  das  zu  sehr  dem  guten  deutschen  Sprachgeist. 

Bei  der  Umschreibung  arabischer  Wdrter  habe  ich  mich  nach 
der  Tabelle  in  Theil  I,  Seite  vji  und  vin,  gerichtet  und  mich 
dabei  bemuht,  moglichst  consequent  zu  sein.  Aber  mehrfach 
habe  ich  auch,  wie  Euting,  s  und  sch,  t  und  th  neben  einander 
fur  den  selbeu  Laut  gebraucht,  meist  nach  dem  mir  vorliegenden 
Manuscript.  Auch  hatte  durchgangig  Razu,  Beli  geschrieben 
werden  sollen;  auf  beiden  Worten  fehlen  zu  Anfang  die  Accente. — 
Die  auf  S.  226  genannte  Stadt  cAnezeh  hatte  wie  auf  S.  14 
cOneizeh  geschrieben  werden  sollen.  —  Den  Namen  der  Stadt 
el-'Ola  schreibe  ich,  Eutiug  folgend,  ohne  Accent,  obgleich 
el-cOIa  richtiger  gewesen  ware.  —  Am  meisten  Schwierigkeiten 
g;  es  wird  bei  den  verschiedenen  Stammen  ver- 


schmelzender  Schnee. 
Runse  =  Rinnsal. 
Sack  (im  Anzug)  —  Tasche. 


Gebetsstunden  abhalt. 
1  Tobel  =  Schlueht. 


ungattig  =  ungeschickt,  unhe 


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* 

Xll  VORRKDE. 

schieden  gesprochen.  Ich  habe  darin  iramer  die  von  Euting 
gew&hlte  Schreibart,  ob  g,  oder  oder  gy,  steben  lassen,  ob- 
wohl  ich  an  manchen  Stellen  £  fur  richtiger  denn  g  gehalten 
habe.  —  Der  auf  S.  ^62  genannte  Sclave  Mubarak  wird  wohl 
derselbe  wie  Mabruk  sein. 

Bei  der  Herstellung  der  Register  habe  icli  zunachst  fur  den 
deutschen  Index  dieselbe  aussere  Form  gewahlt  wie  in  Theil  I ; 
ich  habe  ihn  jedoch  etwas  ausfuhrlicher  gestaltet  und  sammt- 
liche  Eigennamen  darin  aufgenoramen.  Im  arabischen  Index 
glaube  ich  durch  die  Ordnung  nach  WortstAmmen  und  die 
gleichzeitigen  Erklarungen  den  Wunschen  der  Orientalisten  mehr 
entgegengekoramen  zu  sein. 

Die  von  Euting  besuchten  Orte  sind  spater,  nach  Herstellung 
der  Eisenbahn,  zum  Theil  von  den  Pat  res  Jaussen  und  Savignac 
besucht  nnd  erforscht  worden.  Sie  hatten  mehr  Musse  und 
bessere  Arbeitsgelegenheit  in  eHJegr  und  el-c01a  als  Euting. 
Ihr  Werk  „ Mission  en  Arabie"  ist  denen,  die  sich  genauor  mit 
den  Ruioen  und  den  Inschriften  beschaftigen  wollen,  unent- 
behrlich.  Hier  sei  noch  bemerkt,  dass  sie  auch  die  arabischen 
Inschriften  von  den  Kastellen  el-Akhdar,  el-Muea?zam  und  Tebitk 
verOffentlicht  haben,  und  dass  die  von  Euting  gelesenen  Daten 
(unten  S.  170,  175,  181)  durch  sie  bestatigt  sind. 

Mein  Dank  gebuhrt  den  Herren  Prasident  A.  Euting,  dem 
Bruder  des  Verfassers,  ferner  J.  J.  Hess,  D.  Krencker  und  der 
Firma  E.  J.  Brill  in  Leiden. 

MCge  dies  Buch  nunmehr  alien  Freunden  Euting's  ein  An- 
denken  sein  an  ihn  und  an  seine  Reisen,  mOge  es  ihm  ab<?r  auch 
noch  nach  seinem  Tode  nene  Freunde  zu  den  alten  hinzugewinnen! 

({OrriNGEN,  Ende  April  19H.  E.  LITTMANN. 


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vonRF.m-:. 


Mil 


VERZEICHNISS 

der  TagbOcher  u.  s.  w.  von  Julius  Euting,  die  in  der  Universitats- 
Bibliothek  Tubingen  aufbewahrt  werdeu, 
zusammengestellt  von  A.  Edting. 

Reise  nach  Tunis,  2.  Sept.— 24.  Okt.  1869:  1  Tagbuch,  1  Skizzen- 
buch. 

TQrkische  Reise,  10.  Nov.— 31.  Dez.  1870:  1  Tagbuch,  1  Skizzen- 
buch. 

Oriental  isten-Kongresse  in  London  1874,  Berlin  1881,  Wien  188G, 
Stockholm  1889:  1  Tagbuch. 

Reise  in  Inner-Arabien,  Mai  1883— August  1884:  Tagbuch  I — VI, 
VIII;  1  liber  inscriptionum,  1—65  und  1—95;  Arabische 
Notata  Nr.  II;  Skizzenbuch  I — V;  1  Panoramenbuch :  4 
Aquarelle;  1  Panorama  vom  Gipfel  des  Samra,  1  ftbersichts- 
karte. 

Reise  nach  Agypten  —  Sinai,  15.  Febr.  —  Ende  Mai  18S9:  Tag- 
buch I— III. 

Reise  nach  Nord-Syrien  (Sendschirli  —  Urfah  —  Aleppo  —  Send- 
schirli)  27.  Dez.  1889  —  27.  Mai  1890;  Tagbuch  I- IV;  I 
Skizzenbuch. 

Reise  nach  Port-Said  —  Jaffa  —  Jerusalem  —  Petra —  Udruh  (Ex- 
pedition Brunnow),  23.  Jan.  — 22.  April  189S:  Tagbuch  I— II. 

Reise  nach  Jaffa  —  Jerusalem  —  Meschatta  —  Jerusalem  —  Cairo, 
16.  Sept.  —  23.  Nov.  1903:  Tagbuch  I— II. 

Orientalisten-Kongress  in  Algier,  9.  April  —  15.  Mai  1905:  Tag- 
buch I— II. 


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> 


IX.  CAP1TEL. 
Hfijel. 

17.  November  I8K1  _  2±  Jannar 


Samstag  17.  Nov.  188BJ.  Gleich  beim  Erwaehen  war  unser  erster 
Gedanke  wieder:  wie  ist  der  Razu  verlaufen?  Machen  wir  uns 
klar,  was  uberhaupt  eiu  Razu1)  d.  h.  eia  beduinischer  Raub- 
oder  Kriegszug  ist,  wie  er  ins  Werk  gesetzt  wird,  was  seine 
MOglichkeiten  imd  Anssichten  sind,  und  hOren  dann  im  Beson- 
deren,  wie  es  mit  dem  vorliegenden  Kriegszug  des  Ibn  Raschld 2) 
gegangen  ist.  Ein  Razu  kann  unternommen  werden  schon  von 
einzelnen  Beduinen,  die  sich  auf  eigene  Faust  und  Gefahr  zu- 
sammenthun,  um  ihr  Gluck  durch  Raub  und  Diebstahl  an  Hab 
und  Gut  der  AugehOrigen  eines  fremden  Stammes  zu  versuchen. 
Solcbe  Freibeuter  vermeiden,  wenn  es  irgend  angeht,  Blut  zu 
vergiessen;  denn  das  blosse  Rauberhandwerk  ist  dort  ganz 
ehrenhaft,  und  fur  die  raeisten  armen  Teufel  sogar  das  einzige 
Mittel,  sich  ein  neues  Hemd,  Mantel,  oder  Waften  und  Reit- 
thiere  zu  verschaffen;  wenn  aber  auch  nur  ein  einziger  T ropfen 
Menschenblut  dabei  vergossen  wird,  so  zieht  das  vermOge  der 
Blutrache  unausloschliche  Familien-  und  Stammesfehden  nach 

1)  Der  arabische  Name  ist  unter  der  veriindcrten  Form  Razzia  auch  in  die  abendlandUchen 
Sprachen  libergegangen.  —  Geradezu  typisch  ist  cia  liazu  der  Amalekiter  ge«childert  im  erstcu 
Bach  Samuelii  ico  80.  Cnpitcl.  [Im  Arabiachen  sind  die  beideo  Worte  ram  und  rdxija  too  der- 
telben  Wurzel  abgeleitet  nnd  haben  diesclbe  Itedeutung.  Has  letztere  Wort  ist  zu  einer  Zeit  in 
die  europiiscbeu  Spracbcn  ubcrgcgangcn,  io  der  das  r  beieits  als  Ziipfeheu-r  gesprochen  wurde, 
wahracheinlich  Lain  es  aus  Algier  each  Frunkreicb.  Sontt  wiire,  wie  bei  Gazelle,  aus  dem  r  ein 
g  geworderi]. 

[2)  Der  Name  wird  in  Arabien  incist  Ibr-Raschid  gesprochen]. 

1 

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2 


NKLNTKS  CAPITKI.. 


sich.  Im  grossen  Stil  aber  spielt  sich  ein  Razu  zwischen  ganzen 
Stammen  ab.  Die  Macht  und  der  Reich thum  eines  Starames 
hangen  ganz  unmittelbar  von  der  Haufigkeit  und  dem  Erfolg 
der  Raubzuge  ab;  es  ware  bald  um  das  Ansehen  und  den  Ein- 
fluss  eine9  grossen  Schechs  geschehen,  wollte  er  nicht  darauf 
bedacht  sein,  wie  er  den  Wohlstand  seiner  Statu  niesgenossen 
und  die  Anzahl  ihrer  Heerdenthiere  dnrch  glQckliche  Unter- 
nehmungen  vermehrte.  Ein  Razu  kann  naturlich  nur  unter- 
nommen  werden  gegen  Angehorige  eines  fremden,  feindlicben 
Stammes,  uberhaupt  gegen  solche,  die  sich  bisher  zu  keinem 
Bundniss  oder  zur  Tributzahlung  verstandigt  haben.  Heutigen 
Tages,  wo  im  Herzen  Arabiens  ein  ungeheures,  fur  beduinische 
Verhaltnisse  geordnetes,  Staatswesen  unter  der  starken  Hand 
des  Muhammed  ibn  Rascbld  zusammengehalten  wird,  ist  ein 
Razu  jminer  ein  weitausschauendes  Unternehmen.  Was  an  klei- 
neren  widerborstigen  Elementen  an  den  Grenzen  des  Schammar- 
Staates  vorhanden  war,  ist  langst  aufgerieben  oder  einverleibt, 
und  zahlt  unweigerlich  die  regelinassigen  Abgaben,  den  Zeka '). 
Es  kommen  also  nur  in  Betracht  die  ganz  grossen  mftchtigen 
Stamme,  wie  im  Norden  die  cAnezeh,  speziell  die  Riialah,  ira 
Westen  die  cAleideh,  Beli,  Geheineh,  im  SQden  die  Muter,  Harb, 
tfahtan  '),  im  Sddosten  der  alte  Rivale  Ibn  Sacud  zn  Rijad  im 
Mutterlande  der  Wahhabiten.  Diese  liegen  aber  samrot  und 
sonders  mindestens  500  Kilometer  von  der  Hauptstadt  Hajel 
entfernt,  dabei  dehnen  sich  ihre  wechselnden  Waideplatze  viel- 
leicht  noch  ebensoweit,  und  mftssen  filr  den  entscheidenden 
Augenblick  zuvor  ausgekundschaftet  sein.  Unter  drei  oder  vier 
Wochen  ist  demgemass  nicht  dran  zu  denken,  dass  die  Aus- 
ruckenden  wieder  nach  Hanse  kommen.  Ohue  triftigen  Grand 
kann  Keiner  der  personlichen  Kriegspflicht  sich  entschlagen; 
jedenfalls  muss  er  eine  Kriegssteuer  zahlen,  die  in  Geld,  Darlehen 
von  Waffen,  Thieren  oder  anderer  Ausrastung  bestehen  kann. 


1)  H.  gibt  ztitlA  —  Tribut,  uod  schrcibt  die  Stammcsoamon  folgoudormadssen :  \\tnze,  Ruirsla, 
cl-KiitS,  Bill,  (u-hcttc,  M<tiir  (bei  lla.lnr:  Mi-ii-r),  Harb,  n«hntnn  (oder  filialAnV] 


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For  einen  Monat  mussen  die  Leute  mit  Lebensmitteln  (Datteln) 
ausgestattet  sein,  und  durfen  nur  solche  Thiere  bei  sich  haben, 
die  den  aussergewflhnlichen  Anstrengungen  in  jeder  Beziehung 
gewachsen  sind.  Sobald  ein  Razu  geplant  ist,  wird  jede  Andeu- 
tung  nach  aussen  strengstens  vermieden  (vgl.  Bd.  I,  S.  206, 208). 
Gegen  wen  es  jeweils  gilt,  weiss  nur  der  Furst  und  sein  Kriegs- 
rath.  Am  festgesetzten  Tag  und  Ort  finden  sich  4—5000  Kameels- 
reiter  zusammen,  und  sobald  der  Furst  selbst  anlangt,  setzt 
sich  der  Zug  in  aufgelflster  Gangart  in  Bewegung.  Taglich  21, 
ja  22  Stunden  wogt  der  lebendige  Haufen  durch  die  Wflste; 
zwei  Stunden  mussen  genugen  zuin  Schlafeu,  daneben  mussen 
noch  die  Karaeele  mit  ausgesteinten  Datteln,  oder  ein  paar 
Handvoll  Mehl  gefuttert,  die  Pferde  mit  Gerste  gestftrkt  und 
aus  dem  mitgcrahrteu  Wasser  getrankt  werden.  Setzen  wir 
einen  gunstigen  Fall,  so  wird  am  Abend  des  zehnten  Tages 
von  den  vorausgeeilten  Kundschaftern  ')  gemeldet,  der  feindliche 
Stamm  lagere  an  der  und  der  Stelle  in  funf  oder  sechs  grossen 
Gruppen  in  einer  Ausdehnung  von  2  bi3  3  Stunden;  es  sei  aber 
zu  befflrchten,  dass  sie  schon  morgen  frflh  die  Zelte  abbrechen, 
weil  die  ganze  Gegend  grQndlich  au3gefressen  sei.  Jetzt  wird 
Alles  drangesetzt,  am  den  Feind  noch  vor  Tagesanbruch  zu 
tlberfallen,  die  abgehetzten  Thiere  werden  zur  letzten,  entschei- 
denden  Kraftanstrengung  angetrieben:  in  weit  au9greifendera 
Bogen  soli  der  Feind  gefasst  werden.  Gleich  einem  Wirbelsturm 
brechen  die  Karaeelsreiter  in  die  Lager  ein.  In  wenigen  Minnten 
ein  wildes  Chaos  von  Menschen  und  Thieren,  in  den  Kriegsruf 
der  Manner,  in  das  Wehklagen  der  Weiber  und  Kinder  mischt 
sich  das  Brullen  der  Thiere,  Zelte  sturzen,  durch  die  halbver- 
glommenen  Lagerfeuer  rasen  die  toll  gewordenen  Schafe  und 
Ziegen ;  was  sich  wehrt,  wird  zu  Boden  gestochen  oder  nieder- 
gesabelt.  Nach  alien  Richtungen  stieben  die  Flflchtlinge  aus- 
einander,  mit  sich  schleppend,  was  sie  noch  erratfen  konnten. 
Aber  das  Entrinnen  wird  ihnen  sauer  gemacht.  Schon  haben 

1)  [H.:  tyjum  oder  HjA*  Itr  lUtciid  oder  lb*  SoVd  lind  «wei  Knndach»rter,  die  dem 

Kaxu  des  1.  B.  oder  I.  S.  vorautrcitca;. 


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SEUSTKS  CAl'ITKI.. 


von  den  Verfolgera  die  besten  Schutzen  ihre  bisher  lose  mit- 
gefilhrten  Pferde  ')  bestiegen,  und  jagen  ihneo,  was  sie  geborgen 
glaubten,  zuletzt  noch  ab.  Wohl  mCgen  Einzelne  im  Dunkel  auf 
tiflchtigem  Delul  entronnen,  Hunderte  von  Schafen  und  Kameelen 
mdgen  ausgebrochen  sein.  Das  verschwindet  iudess  gegen  die 
geschlossen  zusammengepferchte  Masse  von  Mensch  und  Vieh. 
Vor  Allem  werden  den  Besiegten  die  Waffen  abgenommen, 
✓  Sclaven,  Madchen  und  Weiber,  soweit  sie  noch  begehrenswerth 
sind,  ausgeschieden,  die  Manner  halbnackt,  von  ihrein  Hab  und 
Gut  weg,  mit  Hohn  dem  Elend  zngetrieben.  Nichts  wird  den 
Unglucklichen  belassen;  ist  ja  der  lausigste  Mantel,  ein  durch- 
locherter  Kessel,  der  geraeinste  Zeltpfloek,  ein  Stilck  Holz  von 
1  Fuss  Lange,  noch  der  Millie  werth,  als  Beutestttck  nach  Hause 
geschleppt  zu  werden.  Doch  die  Vertheilung  der  Beute  nach 
Wurde  und  Verdienst  kommt  erst  spater  dran.  Einstweilen 
handelt  es  sich  bloss  um  Essen  und  Trinken,  dann  aber  Ruhe 
und  Schlaf.  Zunachst  gibt  der  grosse  Schech  Befehl,  das3  ein- 
mal  tausend  Schafen  oder  Ziegen  der  Hals  abgeschnitten  wird 
—  denn  auf  funf  Beduinenmagen  rechnet  man  ein  solches  Thier*). 
1m  Handumdrehen  lodern  schon  die  Feuer,  halb  gar  wird  das 
Fleisch  verschlungen,  noch  der  letzte  Schluck  aus  dem  Schlauch, 
dann  aber:  schlafen,  schlafen!  Nur  die  ausgestellten  Wacht- 
posten  zunden,  um  sich  in Qh sain  die  Augen  offen  zu  halten, 
bis  zur  ungewissen  AblCsung,  ihre  Pfeifen  an.  Die  Kameele, 
zu  mud  um  zu  freshen,  haben  sich  mit  geschlossenen  Augen 
und  wagrecht  vorgestrecktem  Hals  in  den  Sand  geworfen,  da- 
zwischen  liegen,  die  Waffen  im  Arm,  die  Krieger  und  schnar- 
chen.  Sie  weckt  nicht  das  BlOken  der  hungrigen  Schafe,  noch 
das  Klagen  der  nicht  gemolkeuen  Kameele.  Da  ist  der  beste 
Kirchenschlaf  eines  Artillerieregiments  nichts  dagegen;  das 
jQngste  Gericht  mit  seinen  Posaunen  mftsste  hier  unbeachtet 
vorQberziehen :  languor,  torpor,  sopor  —  — 


I)  Vgl.  lid.  I,  S.  198-199. 

"2)  Anch  die  AbMsioier  rechneu  eioe  Ziege  auf  funf  Mann;  vgl.  Littmann,  Publications  of 
the  Princeton  Expedition  to  Abyssinia,  Rand  IV,  S.  flOO,  V.  9]. 

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V&JKL.  5 

Wie  ganz  anders  stent's  mit  den  Besiegten,  den  ausgeplnn- 
derten  Unglucklichen !  Hab  und  Gut,  Weib  und  Kinder  sind 
dab  in ;  von  Allem  entblosst,  dem  grim  men  Hunger  preisgegeben, 
gestachelt  von  Rachedurst  und  Verzweiflung,  haben  sie  nur 
den  einen  Gedanken:  wie  kann  der  Spiess  umgedreht  werden, 
das  heisst:  wo  sind  die  nachsten  kraftigen  Bundesgenossen  auf- 
zutreiben?  Noch  sind  einige  gute  Renner  gerettet;  die  raogen 
zusammengeschunden  werden  und  gar  drauf  geben,  maikhalif!  ') 
Helf  was  helfen  mag!  Keine  acht  Tage  sind's  her,  da  konnte 
man  druben  im  Osten  an  den  blauen  Bergeshangen  die  schwarzen 
Linien  der  befreundeten  Zelte  ganz  deutlich  unterscheiden. 
Jetzt,  wo  sind  sie  hingezogenl  Wer  wird  sie  zuerst  ausfindig 
machen1?  Den  Spuren  folgend  jagen  die  jungen  Bursche  bereits 
24  Stunden  drauf  los,  200  Kilometer  haben  sie  hinter  sich.  Wie 
sie  bei  Tagesanbrueb  den  Zelten  in  Sicht  kommen,  werden  sie 
zuerst  selbst  far  die  Vorlaufer  eines  Razu  gehalten,  bald  er- 
kannt,  und  mit  Uuruhe  und  Spannung  ibr  Anritt  erwartet. 
Am  Zelte  des  Schechs  brechen  die  Thiere  zusammen.  Umringt 
von  den  waffenbereiten  Mannern  erzahlen  die  Burscbe  rascb, 
was  gescheben,  und  rufen  die  Freunde  um  Hilfe  an.  Nieht  die 
bewegliche  Schilderung  von  dem  Elend,  wohl  aber  die  Aussicht 
auf  glanzende  Beute  gibt  den  Ausschlag.  Es  bedarf  keiner  langen 
Berathung  der  Stammeshaupter,  da  ist  schon  entschieden,  dass 
man  das  Wagstilck  versuchen  wolle.  Binnen  einer  halben  Stunde 
sind  alle  Vorbereitungen  beendet,  dann  wird  aufgesessen;  los! 
Am  zweiten  Morgen  stossen  sie  auf  den  Eilboten  eines  befreun- 
deten, vier  Tagreisen  im  Westen  waidenden  Stammes,  und  er- 
fahren,  dass  die  Rauber  mit  ihrer  Beute  nach  Norden  abge- 
zogen  seien,  zugleich  erhalten  sie  die  Weisung,  mit  Aufbietung 
aller  Krafte  eine  Umgehung  des  Gebirges  auf  der  Ostseite  und 
eine  Sperrung  des  Ausgangs  aus  dem  Engpass  von  Norden  her 
zu  versuchen,  wahrend  die  Freunde  aus  dem  Westen  von  SQden 
her  auf  die  Rauber  drQcken  wollten.  Sofort  wird  nach  Nord- 


1)  „Thut  nichUt" 


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NKirNTKS  t  APITKI- 


westen  abgebogen;  am  funften  Tag  Nacbraittags  ist  der  Pass 
von  Nordeu  her  geschlossen,  die  Felsen  sind  besetzt,  die  Schutzen 
liegeu  in  guter  Deckung.  Es  war  hochste  Zeit.  Aua  dem  Hinter- 
grund  der  schwierig  gaogbaren  Schlucht  drangt  9ich  der  schwere 
Tross  beladener  Kameele.  Knatterndes  Gewehrfeuer  bekundet 
das  Ntfehdrangen  der  Verfolger.  Von  alien  Seiten  wird  in  die 
sich  stauendcn  Massen  hineingefeuert.  Nutzlose  Proben  des 
Heldenthums  andern  Nichts  an  der  verzweifelten  Lage.  Genug 
der  Opfer  sind  bereits  gefallen,  weiterer  Widerstand  ist  ganzlich 
aussichtslos.  Bedingungslose  Ergebung,  Herausgabe  des  Raubes 
wird  geheischt.  Ehe  die  Sonne  sich  neigt,  hat  sich  das  Blatt 
gewendet.  Aus  den  stolzen  Raubern  sind  nackte  Bettler  geworden. 
Verfolgt  von  den  Spottliedern  der  uberniuthigen  Sieger  schleppen 
sie  in  die  Nacht  hinein  die  Verwundeten  mit  sich.  Der  Eine 
stosst  VerwQnschungen  aus,  der  Andere  murmelt:  La  kuwwah 
ilia  billah  („Es  ist  keiue  Kraft,  ausser  bei  Gott").  Hinter  sich 
blickend  gewahren  sie,  wie  die  Todten  bestattet,  das  heisst  mit 
einem  Haufen  Steine  zugedeckt  werden;  sie  massen  zusehen, 
wie  das  wiedergewonnene  Eigenthum  zunebst  der  Beute  getheilt 
wird.  Unter  den  Weibern  steht  eine  Debora  auf  und  singt  aus 
dem  Stegreif  von  den  neuen  Heldenthaten  ihres  Stammes.  Es 
wahrt  gegen  Mitte  der  Nacht,  bis  die  Feuer  verglosten  und  die 
Lieder  verklingen. 

Nun,  wie  ist  es  aber  mit  dem  jungsten  Razu  der  Schammar 
gegangen?  Der  in  der  verflossenen  Nacht  eingetroffene  Beschir 
oder  Siegesbote  des  FOrsten  hatte  trotz  aller  natftrlichen  Be- 
redsamkeit  Mahe,  die  mageren  Ergebnisse  des  Razu  aufzubau- 
schen.  Der  Raubzug  hatte  den  Muter  im  Sastm  '),  sfldlich  vom 
Wad!  er-Riimmah,  gegolten.  Am  siebenten  oder  achten  Tag, 
noch  im  Dunkel  des  Morgens,  waren  die  Leute  des  Farsten 
zuerst  auf  eine  kleine  Abtheilung  berittener  Mut6r  gestossen, 
die  gerade  selbst  auf  Raub  ausgezogen  waren.  Bei  dem  sich 


[1)  H.:  Die  Mctir  w»rcn  urspriinglich  in  el-Ga,!m,  wic  mir  gewgt  wurde,  zogen  »b«r  nich 
0.teB  f#^«n)3. 


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7 


entspinnenden  Kugelwechsel  bOssten  Einige  das  Leben  ein, 
wfthrend  es  ein  paar  Anderen  gelang  zu  entrinnen.  Die  Haupt- 
masse  der  Muter  war  mit  den  Heerden  auf  einer  weiten  Ebene 
gelagert;  auf  eine  Entfernung  von  zwei  Stundeu  konnten  sie 
schon  die  anreitenden  Schammar  wahrnehmen.  Sofort  Alarm 
durchs  Lager,  Abbruch  und  Aufpacken  der  Zelte,  Auflosung  der 
Heerden.  An  Einschliessung  dieser  weit  auseinander  eilenden 
Massen  war  nicht  zu  denken.  Was  den  Schammar  in  die  Hande 
fiel,  mogen  ein  paar  Hundert  Kameele  und  vielleicht  3000  Schafe 
gewe9en  sein,  also  nicht  mehr  wie  ein  Fleischessen  far  8  Tage. 
Der  Qbrige  Gewinn  an  Zelten,  Vorrathen,  Waffen,  Kleidern 
scheint  auch  kaum  der  Rede  wertb  gewesen  zu  sein.  Kurzum: 
der  Razu  ist  missgluckt.  Der  Bote  des  Fflrsten  flberbrachte  uns 
auch  von  Hamud  el-Migrad  einen  Brief,  worin  dieser  unterwegs 
alle  Ortlichkeiten,  Berge,  Thaler,  besonders  alle  Lagerstatten 
aufgeschrieben  hatte.  Obwohl  der  Brief  von  orthographischen 
Fehlern  wimmelte,  war  er  doch  fQr  uns  werthvoll. 

Den  Tag  tlber  habe  ich  viel  gezeichnet  und  gemalt.  Gegen 
Abend  kara  ein  Mann  auf  KrQcken  an,  der  vor  anderthalb 
Jahren  fftnf  KugelschQsse  in  den  Leib  erhalten  hatte ;  vier  der 
Wunden  waren  ganz  verheilt,  die  fanfte  Kugel  aber,  die  ihm 
den  Kopf  des  linken  Oberschenkelknochens  zerschraettert  hatte, 
sass  ihm  noch  im  Leib,  und  aus  dem  Schusskanal  in  der  Lcisten- 
gegend  wurden  Knochensplitter  und  reichlieher  Eiterabgeschieden. 
Bei  oberflachlicher  Untersuchung  mit  der  Sonde  war  keine  Spur 
der  Kugel  zu  entdecken.  Abgesehen  von  einer  entsetzlichen 
Magerkeit,  hatte  er  die  Verwundungen  gut  Qberstanden,  war  auch 
ganz  vergnugt,  aber  nur  schwer  danlber  zu  belehren,  das3  es 
uns  mit  dem  besten  Willen  nicht  moglich  sei,  ihm  das  abge- 
schossene  und  abgeeiterte  Knochenstack  durch  ein  neues  zu 
ersetzen. 

Kaum  war  der  fortgehinkt,  so  stellte  sich  der  Steifbettler 
Ranem  ein,  und  fieng  wieder  von  einem  Revolver  an.  Was 
sollte  ich  drauf  sagen?  Nichts.  Es  war  mir  ganz  lieb,  dass 
Muferrig  durch  sein  Erscheinen  dem  Gebettel  ein  Ende  setzte. 


8 


NKUNTKS  C'APITEL. 


Mit  Bezug  auf  die  gestern  angekommenen  200  Kameelsladungen 
Reis  erzahlte  er,  diese  reichen  far  20 — 25  Tage.  Eine  Ladung 
(liaml)  im  Gewicht  von  etwa  2  Centnern  ')  enthalte  90 — 100  §ac 
(Maass).  Wenn  der  Hagg  stark  sei,  brauchen  sie  ini  Schlossjeden 
Tag  far  die  Bewirthung  der  Pilger  und  Beduinen  bis  zu  800  Sac, 
also  etwa  8  Kameelsladungen  Reis.  Muferrig  wollte  sein  Bildoiss 
(Bd.  I,  S.  225)  sehen,  und  war  davon  sehr  befriedigt ;  Ranem  und 
sein  mittlerweile  dazu  gekommener  Sohn  Muliamraed  verlangten 
auch  noch  die  anderen  Bilder  von  Gy6har  (Bd.  I,  S.  129)  und  von 
'Abdallah  al-Muslimani  (Bd.  I,  S.  190).  Als  Ranem  das  Bild  des 
'Abdallah  betrachtete,  machte  er,  ohne  dass  Huber  oder  ich  es 
gleich  verstanden  hatten,  eine  abfallige,  unanstandige  Bemer- 
kung5).  Unglftcklicherweise  war  eAbdallah  schon  langere  Zeit 
ungeseheu  vor  der  Schwelle  der  oftenen  Thflre  gestanden  und 
hatte  Alles  mitangehort.  Plotzlich  trat  er  in  grosser  Erregung 
herein,  und  nun  gieng  zwischen  Beiden  eine  heftige  Schimpferei 
los:  sie  verfluchten  gegenseitig  ihre  Eltern  und  Kinder,  Ranem 
hiess  den  cAbdallah  einen  Jehudi ');  dieser  erwiderte:  „Allerdings 
ist  mein  Vater  und  mein  Bruder  Jude;  ich  habe  doch  wenig- 
stens  eine  Religion,  wer  aber  bist  denn  du?  Du  bist  ja  ein  Ibn 
Scher&ri,  kennst  deinen  Vater  gar  nicht!"4)  FQr  uns  war  die 
Scene  ausserst  peinlich,  ebenso  far  den  greisen  Muferrig,  der 
mit  patriarchialischer  Warde  die  Streitereien  zu  beschwichtigen 
suchte,  und  Mahe  hatte,  den  "Abdallah  von  Ranem  zurOck- 


[J)  H.:  bimii  (J**=>)  wurde  mir  angegebcn  als  150—200  wezue,  «1.  i.  219—392  Kilogramm, 

und  dainit  stimmt  Burckhardt  p.  859,  der  tagt,  dau  ein  Kaincel  auf  kurzcn  Bciaen  3 — 4,  auf 
langea  4— 6  Ceutncr  tragc.  Mcinc  Angiibc  ist  vod  Hadar  (d.  i.  ansassigen  Arabero);  Mflbidi 
mcitite,  da»  sei  zu  vicl.  la  Leonard,  The  Camel,  I  oudon  1894,  p.  187,  finde  icb,  daai  die 
Kebabig  im  Sodan  ihre  Trantportkameele  durchschaittlicb  ntit  300  %  bcloden.  —  Kin  «.-«*  ist  in 
tl-Gasim  =  3  midd,  d.  i.  3  X  1.33  Liter  -  4.00  Liter]. 

4)  Objiciena,  eum  non  e  patre  legilimo  at irpis  »chammaf  icac,  sed  a  vagaute  quodara  Scherario, 
quotum  mater  ligoans  in  deserto  convenisaet,  genitum  fui»M,  Ui!1  c\Jj  \t. 


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Hi'UKI.. 


9 


zuhalten.  Endlich  verliess  Ranem  mit  seinem  Sohn  das  Haus, 
kurz  danach  auch  Muferrig;  nur  cAbdallah  blieb  noch  einige 
Zeit  da,  um  sich  zu  verschuaufen.  Als  einzige  Genugthuung 
wilnschte  er,  dass  der  Emir  bei  seiner  Ruckkunft  durch  uns 
von  dem  Betragen  des  Ranem  erfahre. 

Zuletzt  kam  anch  noch  der  Schmied  Husein.  Als  er  mich  mit 
meinen  Fusswunden  beschaftigt  sah,  zeigte  er  mir  an  seinem 
linken  Waden  Spuren  derselben  Geschwure  (vgl.  Bd.  I,  S.  223), 
wie  ich  sie  habe;  er  meinte,  das  korame  vom  Wasser,  und  habe 
bei  ihm  40  Tage  gedauert.  —  Er  erzahlte  von  einem  Christen, 
der  sich  unlangst  zu  Mekkah  selbst  den  Hals  abgeschnitten 
habe,  sodann  von  einem  anderen  Christen,  der  durch  Bestechung 
des  Scherifen  sich  in  Mekkah  nicht  nur  aufgehalten,  sondern 
sogar  ein  Haus  gekauft  habe.  Auf  Drangen  der  Einwohner  habe 
der  Scherif  ihm  selbst  etupfohlen,  sich  wieder  von  daunen  zu 
heben,  und  nach  6iddeh  (Dscheddah)  zu  verziehen.  TTuterwegs 
sei  er  von  den  Beduinen  niedergeinetzelt  worden.  Darob  seien 
dann  Kampfe  zwischen  den  Beduinen  und  den  turkischen  Sol- 
daten  entstanden,  in  deren  Verlauf  —  nachdem  auf  beiden 
Seiten  etliche  50 'Mann  gefallen  waren  —  die  Beduinen  unge- 
hindert  bis  (jidueh  vorrucken  konnten.  Das  sei  vor  einigen 
Monaten  geschehen,  und  wird  also  wahrscheinlich  die  in  Da- 
mascus (25.  Aug.  1883)  als  Tatarennachricht  angelangte  ErstQr- 
mung  Dscheddahs  durch  die  Beduinen  gewesen  sein. 

So.  18.  Nov.  1883].  Wer  hatte  gedacht,  dass  wir  hier  einen 
Streik  erleben?  Unser  Diener  Mal.imud  hatte  schon  gestern  dem 
cAbdallah  erklart,  er  inusse  hOheren  Lohn  haben.  Huber  habe 
ihm  in  Damascus  kein  Wort  gesagt,  dass  er  zwei  Herren  zu 
bedienen  habe;  mit  einem  allein  wolle  er  fQr  den  bisherigen 
PreLs  von  300  Piastern  per  Monat  (=  beinahe  3  Napoleons) 
uberall  hinreisen,  aber  nicht  rait  zweieu.  Er  nannte  als  Preis, 
den  er  jetzt  verlange:  500  Piaster  (V  2  Napoleons).  Da  ktfnnte 
er  sich  aber  doch  hinsichtlich  seiner  Unentbehilichkeit  etwas 
tauschen,  und  dilrfte  bald  zu  Kreuz  kriechen.  Nachdem  er  ein 
paar  Stunden  stolz  in  der  Stadt  hemmgestrichen  war,  kam  er 


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10 


NBl'NTES  CAPITEL. 


Nacbmittags  3  Uhr  mauschenstill  hefm,  lieferte  ziemlich  nieder- 
ge8chlagen  Gewehr,  Revolver,  Hausschlussel  u.  dgl.  ab,  und 
verliess  dann  mit  seinen  paar  Habseligkeiten  das  Haas.  'Abdallah, 
der  ihm  aus  Barmherzigkeit  einen  Unterscblupf  einraumte, 
wird  ihm  schon  den  Kopf  wieder  zurechtsetzen.  Einstweilen 
waren  wir  einmal  unsre  Herren  und  Diener  zugleich.  —  Der 
Schech  Naif  ibn  cAtidz  ')  aus  Gyobbeh  meldet  in  einem  Brief, 
er  kOnne  unsretn  Verlangen  nach  einem  oder  ein  paar  Bafcar 
el-wahsch*)  (grosse  weisse  Gazellen)  zunachst  nicht  entsprechen, 
weil  sie  augenblicklich  keine  haben,  werde  aber  sobald  als 
mOglicb  uns  welche  zu  verschafTen  suchen.  Der  Brief  war  ge- 
bracht  worden  durch  Hamid  ibn  Ranem,  den  wir  seiner  Zeit 
im  Gy6f3)  unter  den  Soldaten  des  Schijdkh  getroffen  batten. 
Nach  ihm  kam  auch  noch  sein  Bruder  Muhammed  ibn  Ranem, 
und  entschuldigte  seinen  Vater,  so  gut  es  gieng,  wegen  der  Scene, 
die  derselbe  dein  'Abdallah  gestern  Nacht  in  unsrem  Hause 
bereitet  hatte. 

Nachdem  schon  den  ganzen  Abend  Regen  gefalleu  war,  brach 
zwischen  8  und  9  Uhr  ein  unerhdrtes  Gewitter  los.  Der  ganze 
Hof  stand  einen  halben  Fuss  tief  unter  Wasser,  so  dass  wir 
keinen  Schritt  Qber  die  Schwelle  wagen  konnten.  Huber  war 
nicht  einmal  im  Stand,  sein  gewohntes  Nachtquartier  unter  der 
Dachhalle  aufzus,uchen,  sondern  musste  unten  bleiben.  In  der 
Nacht  wachte  ich  auf  an  dem  Gerauseh,  wie  der  Regen  im 
Nebengeraach  durch  die  Deeke  herunterkam  und  unsre  Koffer 
betraufelte. 

Der  zweite  Bote  des  Emir,  der  sogenannte  Nattaf  *)  meldete 
in  der  Stadt  auf  morgen  frflh  die  Ankunft  des  Schijukh,  und 
kundigte  den  Weibem  an,  es  sei  Zeit,  sich  auf  die  bevorste- 
hende  Rilckkehr  der  Manner  zu  schmOcken  3). 


[1)  H.:  H)t\dl  . 

2)  H.  by9ar  «l-*ahai,  -  Oryx  bcntrix  J.  E.  Grav,  wird  auch  wir^i  gcomnntl. 

3)  S.  Bd.  I,  S.  127,  Anm. 

4)  oUJ!  dcpiUtor. 

5)  Fiibem  depilandam  jubena. 


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H&JEI.. 


11 


Mo.  19.  Nov.  1883].  Was  der  Regen  wahrend  dcr  Nacht  im 
Hofe  und  im  Dache  des  Hauses  zerstort  hatte,  wurde  gleich 
durch  die  Sclaven  ausgebessert.  'Abdallah  berichtete  von  seinem 
Hause,  da  sei  auch  Alles  caput,  und  durch  den  Sufc  (Bazar) 
in  der  Hauptstrasse  sei  ein  tiefer  Bach  gestrflmt.  Um  9  Uhr 
hielt  der  FQrst  zu  Pferd  mit  dem  Gefolge  seinen  Einzug  auf 
dem  Meshab  (Schlossplatz) ;  eine  halbe  Stunde  spater  traf  die 
Fahne  ein.  Da  noch  itumer  etwas  Regen  uiederrieselte,  liess  ich 
mich  entschuldigen,  dass  ich  nicht  zur  Begrussung  erscheine. 
Seit  ich  namlich  meine  Fusswunden  dem  zu  haungen  Gebrauch 
des  kalten  Wassers  zuschreibe,  habe  ich  eine  ganz  arabische 
Scheu  vor  vielem  Waschen  und  Durchfeuchten.  Als  der  Regen 
aufhGrte,  machte  ich  einige  Besuche,  bei  Nasir  Sebhan  '),  den 
ich  aber  nicht  zu  Haus  traf,  dann  bei  Jusuf  el-eatidz  und  seinem 
Bruder  Nasir  el-cattdz  (dem  Secretar  des  Schijukh),  denen  ich 
eine  Sabelklinge  und  einen  spanischen  Knicker  verehrte. 

Beim  Durchschreiten  des  Suk,  wen  traf  ich  auf  dem  Boden 
hockend,  in  vollem  Rtaat,  einem  persischen  Kaufmann  gleich, 
die  Wasserpfeife  rauchend?  —  unsern  weiland  Diener,  jetzt 
Freiherrn  Mahmud!  Feierlichen  Ernstes  stand  er  auf  und 
entbot  mir  mit  aller  Ehrerbietung  den  Gruss;  ich  ebenso  mit 
Herablassung.  Es  muss  ihm  doch  in  der  kurzen  Zeit  der  Herr- 
lichkeit  die  Dummheit  seines  Streiches  und  Streikes  zum  Be- 
wusstsein  gekommen  sein.  Was  wollte  er  denn  mit  seinen  paar 
Napoleons  im  Sack  unter  den  Beduinen  fur  ein  Dasein  fflhren? 
Der  FQrst  hatte  ihn  als  Turken  doch  flber  kurz  oder  lang  zu 
seiner  Familie  nach  Ma'an  abgeschoben!  Ohne  Zweifel  hatte 
ihm  auch  'Abdallah  in  der  Zwischenzeit  den  Kopf  tQchtig  ge- 
waschen.  Drum  gieng's,  wie  vorauszusehen  war:  Nachmittags 
trat  er  bei  uns  wieder  an,  und  wurde  nach  kurzer  Frage  und 
Antwort  zu  den  fruheren  Bediugungen  von  neuem  in  Dienst 
genommen.  0  quae  mutatio  re  rum ! 

Hamud  el-Migrad  ergftnzte  die  ersten  Nachrichten  vom  Razu 


1)  [H.:  NA?ir  u.Sebh».  -  Vgl.  Hesi,  Bodoineontmen  »u  ZentnUrtbioii,  S.  28]. 


12 


NEUNTES  CAPITF.L. 


noch  durch  folgende -inundliche  Erzahlung:  Der  Zug  gait  den 
Muter.  Unterwegs  stiessen  sie  urn  die  Mittagszeitauf  zehn  Ange- 
h6rige  dieses  Stain mes,  die  aber  Feuer  gaben  und  dem  SchijQkh 
drei  Pferde  erschossen.  Bei  der  sofort  eingeleiteten  Verfolgung 
wurden  sieben  eingeholt,  und  ihnen  ohne  Weiteres  die  K6pfe 
abgeschnitten.  Den  drei  Andern  aber  waren  sie  auf  den  Fersen 
noch  die  Nacht,  den  folgenden  Tag  und  eine  zweite  Nacht, 
ohne  sie  zu  erwischen.  Es  lag  begreiflicherweise  Alles  dran, 
dass  diese-  ihren  Stammesgenossen  keine  Nachricht  von  dem 
Raubzug  geben  konnten.  Am  Morgen  des  dritten  Tages,  wo 
natnrlich  Alle  halb  caput  waren,  karaen  sie  auf  eine  grosse, 
keine  verborgene  Annaherung  gestattende  Ebene,  auf  welcher 
in  der  Feme  die  Muter  gelagert  waren.  Diese  hatten  Zeit  in 
die  Berge  zii  entriunen  und  mussten  bloss  ihre  Ziegen-  und 
Schafheerden  zurncklassen.  Hamud  behauptete,  die  Schammar 
hatten  in  einer  Nacht  10000  ')  Stock  davon  geschlachtet,  Im 
weiteren  Verlauf  stiessen  sie  auch  auf  eine  Anzahl  feindlicher 
Harb,  von  denen  sie  20  rait  Martinigewehren  erschossen.  Hamud 
selbst  hatte  sich  bei  der  Vert'olgung  verirrt;  auf  Befehl  des 
Farsten  wurden  aber  alle  Anstalten  getroffen,  ihn  wieder  auf- 
zusuchen.  Hamud's  Pferd  gieng  drauf  in  Folge  von  Ersch6pfung; 
er  hofft  auf  einen  Ersatz  von  Seiten  des  Fursten. 

Abends  redeten  wir  mit  Hamud  noch  viel  von  unsern  Reise- 
planen  far  die  Zukunft.  Er  meinte,  wenn  wir  nach  Sedus  und 
Schakra  wollten,  sei  ein  einziger  Empfehlungsbrief  des  Schijukh 
mehr  werth,  als  alle  etwa  mitgebrachten  Geschenke.  BDenu, 
sagte  er,  du  solltest  doch  jetzt  allmahlich  die  Araber  kennen : 
wenn  du  ihnen  eine  Nadel  schenkst,  so  wollen  sie  ein  Messer; 
gibst  du  ihnen  das  Messer,  so  wollen  sie  eine  Pistole;  haben 
sie  die  Pistole,  so  brauchen  sie  noch  eine  Flinte;  haben  sie 
die  Flinte,  so  begehren  sie  auch  noch  eine  Kanone.  Du  siehst's 
ja  an  mir:  Du  hast  mir  einen  Revolver  geschenkt,  und  ich  babe 
gleich  noch  eine  Doppelfliute  verlangt". 


1)  Wird  eine  mode  arnbische  Zahl  sein : 


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nhn.u  13 

Di.  20.  Nov.  1883].  Ranem  lieferte  ein  von  Huber  bestelltes 
silbernes  Gehause  fttr  seinen  Chrouoineter  ab,  und  erhielt  dafflr 
10  Megidl.  Von  zwei  persischen  Kaufleuten  (Maschahideh)  bekam 
ich  einen  Pfeifenkopf  verebrt.  Mittags  haben  wir  einen  langen 
Besuch  vom  Prinzen  Magid  zu  erdulden  gebabt,  der  die  bettel- 
hafte  Habgier  von  seinein  Vater  Hamad  el-eObeid  geerbt  oder 
erlernt  hat.  Zuerst  wollte  er  mein  Luftkissen,  dann,  trotzdem 
dass  er  einen  Mauser-Revolver  von  mir  als  Geschenk  erhalten 
hat,  auch.  noch  meinen  kleinen  Revolver  dazu.  Ich  schlug  ihra 
Beides  ab.  Der  Alte  hat  auch  schon  wieder  ein  ganz  nettes 
Kunststucklein  eingefadelt.  Heute  Abend  erzahlte  eAbdallfth, 
im  Lauf  des  Tages  habe  Hamad  el-cObeid  einen  Boten  geschickt 
und  ihm  sagen  lassen,  es  sei  ihm  zn  Ohren  gekoramen,  dass  er 
mit  einer  Uhr  von  uns  beschenkt  worden  sei.  Nun  niochte  er 
die  Uhr  nur  gem  seheu,  doch  so,  dass  wir  nichta  davon  er- 
fQhren.  Gewiss  hatte  cAbdallah  alle  Ursache.  aich  vor  dem 
blossen  Uhrenblick  des  eObeid  zu  farchten.  Wir  meinten  darum, 
er  solle  sagen,  die  Uhr  sei  ihm  nicht  geschenkt,  sondern  nur 
zum  Staatmachen  als  zeitweiliges  Lehen  flbergeben  worden, 
versprachen  uns  indess  auch  nicht  viel  von  diesen  Flausen. 
Das  einzig  Richtige  traf  der  noch  hinzugetretene  Hamud  el- 
Migrad  mit  seinem  allerdings  schmerzlichen  Rath :  das  Gescheid- 
teste  sei,  wenn  er  die  Uhr  dem  cObeid  mOglichst  bald  und 
moglichst  freundlich  zu  FQssen  lege.  Der  Vielfrass  wird  ihm 
zwar  ein  ganz  erkleckliches  Geschenk  raachen,  aber  schliesslich 
ist  die  Uhr  far  cAbdallah  dahin. 

Der  Schech  Muliammed  ibn  'Atijjeh  (Bd.  I,  S.  224,  226)  ver- 
abschiedete  sich  von  uns ;  er  wolle  morgen  in  seine  Heimat  auf- 
brechen,  begleitet  von  cAneber  (Bd.  I,  S.  130),  der  die  Steuer 
von  den  westlichen  StTimmen  eintreiben  soil. 

Mi.  21.  Nov.  1883J.  In  der  That:  Noch  im  tiefsten  Morgen- 
dunkel  hat  der  £Obeid  dem  'Abdallah  einen  Besuch  gemacht, 
und  ihm  die  Uhr  einfach  abgenommen.  Er  drflckte  ihm  dafftr 
in- die  Hand  eine  verlotterte  amerikanische  Uhr,  die  er  wegen 
ihres  ketzerischen  Geruchs  vielleicht  nicht  ungern  weggab;  aut 


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14  SEI'STKS  CAPITEI- 

dem  Zifferblatt  war  namlich  das  Bild  des  Prasidenten  Lincoln 
emaillirt;  nur  hatte  sie  die  bose  Untugend,  taglich  um  10 
Minuteu  nachzugehen.  Diesem  Fehler  konnte  ich  mit  meinen 
schwachen  Maschinenkenntnissen  eben  noch  abhelfen,  habe  sie 
auch  in  Ermanglung  eines  feineren  Fettes  grundlich  mit  ErdGl 
geschmiert. 

Sehr  nalv  meinte  Ilamud  el-Migrad,  nachdem  der  Razu  so 
glflcklich  hinter  ihm  liege,  konnte  es  eigentlich  nichts  schadeD, 
wenn  er  einmal  wieder  einen  ihneren  Generalausputz  seines 
K6rpers  vornfthme,  er  wurde  vor  keinerlei  Kraft  eines  Arznei- 
mittels ')  zurnckbeben,  und  fftgte  dann  noch  gutigst  hinzu,  am 
besten  ware  es  wohl,  wenn  er  die  Kur  in  unarem  Hause  durch- 
machte.  Wir  gaben  ihm  im  Laufe  von  10  Stunden  3  Tropfen 
Croton-Oel  auf  Zucker. 

Nachmittags  liess  der  Emir  mein  Skizzenbuch  holen,  um  die 
Bilder  des  Muferrig,  Ranem  und  cAbdallah  zu  sehen.  Abends 
wurden  wir  noch  selbst  zum  Emir  befohlen,  der  ubrigens  er- 
mQdet  und  gealtert  aussah.  Er  liess  verschie^ene  Mineralien 
vorlegen,  die  er  auf  dem  R&zu  far  uns  hatte  sammelu  lassen: 
Granaten,  Glaskopf,  eine  kleine  versteinerte  Muschel,  auch 
Glimmerschiefer,  von  dem  sie  die  schwache  Hoffnung  hegten, 
es  kOnnte  Gold  drin  enthalten  sein.  Mein  unausstehlicher  Freund 
Hamud  el-cObeid,  neben  dem  zu  sitzen  ich  die  Ehre  hatte,  er- 
kundigte  sich,  ob  wir  auf  dem  Ausflug  nach  dem  Gildijjeh  (BcL  I, 
S.  227  ff.)  keine  Steinkohlen  getroffen  hatten,  ferner  wollte  er 
Auskunft  haben  flber  die  modernen  Sprengmittel  (Nitroglycerin) 
und  deren  Wirkungen,  uber  Attentatsbomben  und  dergleichen. 
Dann  liess  er  sich  das  Wesen  und  die  Handhabung  einer  Wind- 
bfichse  erklaren,  die  schon  seit  mehreren  Jahren  im  Schloss 
als  Geschenk  herumlag,  ohne  dass  Jemand  das  Geheimniss  des 
Gewehres  verstanden  hatte.  Zum  Abschied  verehrte  uns  der 
Emir  50  silsse  Citronen  und  einen  Sack  ausgesteinter  Datteln, 
fQr  ihn  eigens  in  der  Stadt  c0neizeh  bereitet.  Auf  die  Frage, 


1)  Sn rauni  nr  dcorsuin  cflicnciMinium. 


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H&JEU  1  5 

ob  wir  sonst  irgend  einen  Wunsch  hatten,  erbaten  wir  una 
eine  Laterne  grosserer  Gattang. 

Do.  22.  Nov.  1883].  Den  Prinzen  Magid,  der  kein  Mittel  un- 
versucht  lies9,  mit  einem  erneuerten  Bettelbesuch  uns  zu  be- 
ehren,  haben  wir  nicht  eingelassen.  Es  ist  sicherlich  eine  der 
unausstehlichsten  Empfindungen,  hinter  eioer  Thi\re  sich  still 
verbal  ten  zu  mussen,  und  draussen  einen  Menschen  mitkurzen 
Unterbrechungen  fQuf  Minuten  lang  an  derselben  Thure  klopfen 
zu  horen  und  rufen  zu  lassen.  Dagegen  ist  es  ziemlich  unter- 
haltend,  ihm  bei  dieser  Beschaftigung  ungesehen  zuzugucken. 
So  machte  ich  mir  denn  den  Spass,  stieg  auf  das  Dach  des 
Hauses,  legte  mich  auf  den  Bauch,  zundete  eine  Pfeife  an,  und 
betrachtete  ruhig  a  He  die  Seelenausserungen  und  Geberden  eines 
Unzufriedenen :  Unbegreiflich!  Sie  mnssen  zu  Ilaus  sein!  — 
Nachbarn  versicherten,  sie  hatten  noch  vor  kurzem  den  Diener 
Mahmud  ins  Haus  hineingehen  sehen.  Der  ist  also  jedenfalls 
zu  Haus,  nur  wahrscheinlieh  im  hinteren  Hof,  der  hort  er's 
nicht.  Drum  etwas  vernehmlicher  klopfen!  —  Alles  still.  — 
Noch  eindringlicher!  Jetzt,  das  mussen  sie  gehGrt  haben.  — 
Dan n  ist  nur  denkbar,  dass  Mahmud  das  Haus  gleich  wieder 
verlassen  hat!  —  Zu  guter  Letzt  gieng  dem  Magid  doch  die 
Geduld  aus,  und  er  zog  mit  seinen  Sclaven  ab.  Sobald  die 
Strasse  sauber  war,  und  ich  sicher  sein  konnte,  ihm  nicht 
gleich  wieder  in  die  Hande  zu  laufen,  schlflpfte  ich  hinflber 
zum  Waffenschmied  Rftnem,  um  nach  dem  Sabel  zu  sehen,  den 
ich  mir  bei  ihm  bestellt  hatte.  Von  da  gieng  ich  allein  hinaus 
auf  den  Begrabnissplatz ')  im  Norden  vor  der  Stadt  draussen, 
wo  unter  Anderera  die  Angeh6rigen  der  jetzigen  Herrscher- 
familie  beerdigt  sind.  Schmucklose  kaum  behauene  Steine  wei- 
sen  die  Namen  der  hier  Begrabeneu  auf,  so  zum  Beispiel 


J)  S.  den  I'Uti  in  Bd.  I,  «nf  S.  173 


NKI  NTF.S  l  APITKI- 


N«.  2.  ?) 


N«.  3. ») 


IfVA  &Ju»  «JJI 


+  1 


N».  4.*) 


N«  0. «) 


Unweit  davon  ein  Grab,  in  welchem,  wie  ich  mir  nachtrag- 
lich  sagen  liess,  zwei  vom  jetzigen  Herrscher  bei  seiner  Thron- 
besteigung  abgeschlachtete  Einwohner  der  Stadt  (s.  Bd.  I,  S.  171, 
Mitte)  untergebracht  sind.  Denksteine  far  Bender  (Bd.  I,  S.  170) 
und  far  Met'ab7)  (Bd.  I,  S.  169)  konnte  ich  nicht  entdecken. 
Es  finden  sich  viele  Steine  ohne  jedwede  Anfschrift,  oder  hdch- 
stens  rait  den  Familienzeichen  versehen. 

1)  \*bdallfth  ibn  KaachJd,  s.  Bd.  I,  Seite  166  ff,  f  an  eineui  1'reiUg  1843. 

2)  Tal&l  ibo  Kaschid.  ».  S.  168  f,  f  17.  DA  'J-ka'deh  1284  =  II.  Mkrz  1868.  Die  dem  Xameu 


der  Krwahnung  von  vernickteit  My*tikern  und  heilig  gehalteneu  Schwiirmeni  bochsten  HangM 
gobroucbt,  bier  obcr  auch  auf  Pcraonen  angeweudet,  die  iu  eincin  Anfall  von  Schwerniuth  und 
Imion  aich  selbst  das  Lebcn  genomracn  haben,  wobei  ebco  vorauagesctxt  wird,  dust  Gutt  ihren 
Geiat  achon  vorher  zu  sich  genonimcn  haben. 
8)  Fei¥al  ibn  Raachid,  f  1278  -  1861/2. 

4)  Zeid  ibn  Talftl,  f  25.  Safar  1288  =  16.  Mai  1871. 

5)  HajiV.  Tochtcr  dea  'AbdallAh  ibn  Raacliid 
C)  Mualrah.  [Tochter  dea]  Bcdr  [ibn  TalaU 

^Das  uber  deni  Namcn  stehende  Zeiiben  |  +  i»t  das  Familienzeichen  von  Ibu  Raschid.  — H.: 
Pic  Zcichen  atchen  abcr  nicht  nebeneinaudcr,  wenu  tie  nuf  dem  Kamel  eingebrannt  »ind.  Du 
Krcoz  +  (el-zorgd>)  iteht  auf  dem  Oberschenkcl  dei  recbten  Hinterbeina,  der  Strich  I  {el-mufri}), 
auf  dem  rechCcn  Vorderbcin.  —  (  bcr  dies*  Staronie&zeichen  »gl.  Litiinnnu,  Zur  Kntzifferung 
der  lhamtideniacben  Imchriften,  Anhang  . 

[7,t  Amh  Mifyb  gesprocben ;  vgl.  Hess,  Ueduincnuameu,  S.  13 ~. 


Abends  waren  wir  zum  Emir  befohleo,  und  uberreichten  ihra 
einen  Vorrath  Pulver  und  Schrot.  Um  mir  eine  Artigkeit  zu 
erweisen,  begriisste  er  inich  mit  meinera  abendlandischen 
Namen:  „Ke1  khatrak  [wie  geht's  dir],ja  Julius  Eiiting?"  Alsich 
erzahlte,  ich  sei  heute  auf  dera  Friedhof  gewesen  und  habe 
dort  Grabsteine  abgeschrieben,  erkundigte  sich  tfainud  el-cObeid 
nach  der  bei  uns  ublichen  Begrabnissweise  und  nach  dem  Ein- 
balsamiren.  Aus  Anlass  eines  Streites  uber  einen  Spruch  aus 
dem  Koran  wurde  der  Khatib  (Hausgeistliche)  gerufen,  und 
musste  zur  Richtigstellung  einen  langen  passus  aus  dem  heiligen 
Buch  hersagen.  Der  Emir  liess  heute  einen  feinen  Thee  aus 
dem  Harem  kommen;  dazu  wurden  sflsse  Citronen  zum  Ein- 
traufeln  herumgereicht.  Zum  Schluss  faud  grosses  allgemeines 
Gebet  Statt. 

Fr.  23.  Nov.  1883].  Der  Prinz'Abd  el-'Aziz,  sonst  gewiss  ein  lieber 
Mensch,  konnte  sich  auch  nicht  versagen,  bei  seinem  Besuche 
meine  Reisetasche  zu  durchwilhlen,  war  aber  wenigstens  so 
anstandig,  nichU  davon  far  sich  zu  begehren. 

Hamftd  el-Migrad,  ftber  die  Ausdehnung  des  geographischen 
Begriffs  Negd  befragt,  gab  zur  Auskunfb:  Zum  Negd  werden 
gerechnet  folgende  Ortlichkeiten : 

1.  Gebel  en-Nir  ;*JI  Ju^  12.  El-KhaDufcah  *SjiiU 


2.  Er-Rass  [H.:  er-Rass]  ^ 


[H. :  el-Hanilge] 


3.  Ed-Dawadimi  ^dJI  ^-  J**"  IH-:  Goul  oder  Uol] 

[H.:  ed-Dwa-imi]  u-  Sbermeh  [H. :  Sb&rrae] 

4.  EsSir  [H.:  fc-Sirr]  ;^Jf  15'  Keb&lD 

5.  Es-saen\  ytfiJI 

6.  eArw;i  [H. :  cArwu]  \^ 

7.  cArga  [H.:  cAr£a] 

8.  Wasit  KJ} 


16.  pSrijjeh 
IH.:  perije,  ay^] 

17.  Mis-tse             ''  b£~jo 

18.  El-tfaid  JuJ.1 

19.  Nifi  [H.:  Nefi.]  ^ 
9.  Balaton  [H.:  Heleban]           '  20.  Udah  [H.:  Udilj.  ^LiJ]  -l^ 

10.  Setsir(?)               ^  (PjjjJu-i  j  2i.  El-Itleh  [H.:  el  Etle]  *JU^I 

[H.:  USedzir,                    |  22.  Er-Rebkijjeh  *xZfj)\ 

11.  &akra  lyt* !         [H. :  er  Ribdzije] 


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NKUNTKs  CAPITKL. 


23.  Dikhneh 

[H.:  yesjan  Dyhne] 

24.  EsSebaikijjeh  i 

[H.:  eS-Sbstsije] 

25.  Ed-BAt 


«a,C»«aH  27.  Wadi  ed  Dawftsir  ^Jjjjt  ^ofj 
'  28.  Abu  Gelal  J**.  ^1 


vi,'jj|  [H.:  Obu  (ie\&\) 


[Erne  genaue  Karte  des  Negd,  auf  der  u.  a.  aueh  fast  alle 
der  hier  angefuhrteu  Orte  vorkominen,  ist  von  J.- J.  Hess  ge- 
zeichnet,  aber  noch  nicht  verdffentlieht]. 

Bei  einer  sich  daran  knQpfenden  ErOrterung  wurde  festge- 
stellt,  dass  die  4  letzten  (N°.  25—28)  nicht  allgemein  als  zum 
Negd  gehorig  betrachtet  werden. 

Nachmittags  holte  micli  Magid  ab  und  schleppte  mich  in 
sein  Haus.  Abends  bei  der  lluckkehr  aus  'Abdallahs  Haus 
constatirte  ich  wieder  einmal  eine  erstaunliche  Lauscolonie  in 
meinem  Hemd.  Das  Kleidungsstack  wurde  obeu  auf  dem  Dach 
im  Wind  gespannt 2).  Das  k6nnen  die  Luder  nicht  vertrageu. 

Sa.  24.  Nov.  1883].  Dem  'Abdallah  habe  ich  heute  einechine- 
sische  Tasse  verehrt.  —  Die  persischen  Kaufieute  (Maschahfdeh), 
als  Schilten  den  Christen  allenthalben  ungilnstig  gesinnt,  scheinen 
vom  Enair  einen  Wink  bekommen  zu  haben,  sehr  zuvorkouiniend 
gegen  uns  zu  sein.  Als  ich  zum  Haus  hinaus  gieng,  lud  mich 
cAbed,  unser  Nachbar  zur  Linken,  unterthftnigst  ein,  bei  ihra 
einzutreten.  Ich  lehnte  es  zunftchst  ab,  weil  ich  bei  eAbd  el- 
cAzlz  einen  Besuch  machen  wollte.  Da  aber  dort  Niemand  zu 
Haus  war,  begab  ich  mich  auf  dem  Ruckweg  zu  Abed  hineiu. 
Die  Ausstattung  des  Empfangszininiers  war  so  einfach  als  denk- 
bar.  Auf  dem  Boden  Strohmatten,  ein  einziger  sehnialer  Teppich 
an  der  Halfte  der  linken  Wand,  eingerahmt  von  zwei  Arm- 
lehnen  ')  aus  Lehm,  danebeu  ein  Heerd  und  einige  weuige  Ge- 
schirre.  Ich  bin  uberzeugt,  dass  der  Meschhcdi  dieseu  Rautn  mit 
seiner  mageren  Moblirung  ausschliesslich  far  den  Empfang  von 


[I)  H.:  So  hei&»eu  nach  ihren  Hcwohuera  <li<-  bcidcn  Thaler  W.  R«njc  und  W.  Hurme], 
2)  Vgl.  m.  I.  S.  l*0f. 


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lift  J  EL. 


nicht-schiltischen  Gftsten  vorbehalten  hat,  und  dass  z.  B.  aus 
der  Tasse,  die  durch  meine  Beruhrung  und  mein  KafFee-Trinken 
veruureinigt  war,  vor-  wie  nachher  nie  ein  Perser  getrunken 
hat.  Es  mag  auch  sein,  dass  das  durftige  Aussehen  des  Emp- 
fangsraurnes  bei  einera  Uneingeweihten  jeden  Gedanken  an 
etwa  hier  aufgehauften  Geschaftsgewinn  von  vornherein  aus- 
schliessen  soil. 

Von  da  wurde  ich  zusammeu  mit  Huber  zu  tfamud  el-eObeid 
gerufen.  Ich  verlangte  seine  Schwerter,  darunter  ein  paar  alt- 
berfihinte,  auch  die  seines  Vaters,  zu  sehen.  Er  nahtn  sie  aus 
den  Tuchunihrtllungen,  in  denen  sie  ihm  gereicht  wurden, 
heraus  und  crkl&rte  sie ;  von  einem  behaupte  er,  er  habe  damit 
auf  einen  Hieb  Einem  den  Kopf  und  den  Arm  ahgehauen. 
Auch  verschiedene  IJangar  (breite  Dolche)  wurden  vorgelegt, 
Prachtstueke  aus  Bahrein  und  cOraan;  allein  bei  dem  dnster- 
frommen  Halbdunkel,  das  in  seinem  tftfhawah  herrschte,  kounte 
ich  leider  nichts  genau  sehen.  Er  fragte  immer,  was  er  uns 
vcrehren  k6nne;  wir  lehnten  A  lies  dankend  ab.  Doch  schickte 
er  uns,  kaum  das3  wir  zu  Haus  angekommen  waren,  durch 
unsern  Freund  cAbdallah,  dessen  er  sich  jetzt  als  eiufiussreichen 
Mittelsnianns  mit  Vorliebe  bedient,  je  eine  'Aba  (Mantel)  und 
einen  indischen  ]£umbaz  oder  Zebun,  zusammen  im  Werth  von 
mindestens  50  Megldi  (175  Mark).  Die  mir  verehrten  alttesta- 
mentlichen  Feierkleider  sind  mir  natnrlich  alle  viel  zu  king, 
und  mflssen  hinaufgenaht  oder  urn  ein  gutes  Stack  abgeschnitten 
werden.  Nach  einer  Stunde  kam  cAbdallah  abermals  als  Ab- 
gesandter  des  yamud  und  des  Emir:  die  eine  japanische  Tasse 
war  zerbrochen,  wie  sie  tfaniud  ira  Diwan  des  Schijakh  eigen- 
handig  spfllen  wollte.  Ich  schickte  zum  Troste  eine  Tasse  aus 
Limoges  und  eine  chinesische.  Von  den  acht-chinesischen 
glauben  sie  namlich,  dass  wenn  man  vergifteten  Thee  oder 
Kaffee  darin  darreiche,  so  zerspringen  sie;  darum  sind  sie  so 
hoch  geschatzt. 

Nach  dem  Abendessen  kam  noch  Muhammed  ibn  Ranem  und 
lieferte  einige  Arbeiten  aus  seiner  Kunstwerkstatte  ab.  Die 


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20  S'Kl'NTKS  CAP1TEL 

Wassereutnahiue  aus  einem  an  einem  Holznagel ')  aufgehangten 
Thierfell  (Schlauch)  durch  Aufbinden  des  zugeschnurten  Halses 
habe  ich  immer  als  eiue  eben  so  schwierige,  wie  lastige  und 
umstandliche  Haudlung  empfunden.  Desahalb  hatte  ich  ihin  einen 
mitgebrachten  Messinghahnen  abergeben,  den  sollte  er  nach 
rackwarts  durch  ein  anzulOthendes  Rflhrenstuck  mit  Wulst 
verlangern,  so  dass  man  ihn  bequem  in  den  Hals  des  Schlauches 
hineinstecken  und  festschnQren  konnte.  Sein  Machwerk  war 
ganz  gut  ausgefallen  und  lieferte  auch  gleich  staunenswerthe 
Proben  seiner  Nntzlichkeit.  Ausserdem  hatte  er  noch  ein  paar 
silberne  Sicherheitsnadeln  fur  uns  verfertigt,  sowie  einen  zer- 
sprungenen  grossen  Kantschukring,den  ich  unlangst  weggeworfen 
hatte  mit  silbernen  Schliessen  versehen.  Er  hatte  seiner  Tochter 
Sohn,  den  kleinen  cAbdallah,  mitgebracht,  einen  netten  funfjah- 
rigen  Buben,  dem  ich  durch  Zeichuung  etlicher  Thiere  und 
durch  ein  paar  Pfeffermunzkachlein  grosse  Freude  bereitete. 

Ganz  unerwartet  brach  noch  ein  Gewitter  los,  das  aber  die 
Stadt  nur  leicht  streifte.  Urn  3  4  9  Uhr  kam  yamOd  el-Migrad,  war 
aber  durch  Fasten  und  meine  abschlagige  Antwort  in  Betreflfdes 
von  ihra  eigenmachtig  far  den  Schijukh  begehrten  Feldstechers 
in  sehr  giftiger  Laune ;  er  bekam  von  mir  zu  hOren :  in  solcher 
Stimmung  bleibe  man  besserzu  Haus,  und  mache  keine  Besuche. 

So.  25.  Nov.  1883].  In  aller  Morgenfruh  kam  schon  wieder 
cAbdallah  mit  der  ErCffnung,  dass  Hamud  el-cObeid  uns  einige 
Hemden  machen  lassen  wolle.  —  Ich  war  eben  beschaftigt, 
fur  den  Emir  eine  grosse  Kaite  von  Europa,  Nordafrika  und 
Vorderasien  aus  dem  Gedachtniss  zu  malen,  da  kam  der  Stutzer 
und  Finanzminister  Na$ir  Sebhan,  und  war  sehr  begierig  zu 
sehen,  was  das  Ding  sein  solle.  Da  er  sich  recht  eingebildet 
und  nasenweis  benahm,  so  fragte  ich  ihn,  ob  er  im  Stande  sei, 
die  Landschaften  des  sadlichen  Negd  in  ihrer  verhaltnissmassigen 
Grdsse  und  Lage  zu  einander  richtig  darzustellen.  Ohne  sich 
nur  einen  Augenblick  zu  besinnen  antwortete  er:  „Ja  wohl!" 

1)  Sjl>  glUah. 


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H&JKL. 


21 


Ich  handigte  ihm  Papier  und  Bleistift  ein,  darauf  gab  er  mit 
einigera  ZGgern  folgendes  Machwerk  von  sich. 


Als  eigentlichen  Zweck  seines  Besuchs  gab  er  an,  er  mochte 
von  uns  einige  Scheeren  haben;  er  merote,  in  unseren  Kisten 
mCtssten  mindestens  zwanzig  Stuck  sein,  wir  sollten  nur  einmal 
recht  nachsehen.  Dem  war  jedoch  nicht  so ;  ich  besass  nur  eine 
einzige,  und  Huber  hatte  selbst  eine  von  TJainud  erbettelt.  Also 
war  nichts  zu  machen.  Wie  er  fort  war,  habe  ich  —  strassbur- 
gisch  zu  reden  —  eine  „hirnwuthige"  Laus  gefangen.  Das  war 
ein  Prachtexemplar!  Hatt'  ich  sie  doch  gleich  mit  Gummi 
arabicuro  auf  ein  Papier  gepappt;  gewiss  hfttte  ich  bei  einem 
Sanimler  und  Spezialisten  alie  Ehre  dainit  eingelegt! 

Una  3  Uhr  gieng  ich  spazieren  hinaus  an  den  Brunnen  Somali. 
Da  gerade  ira  SQden  und  Sudosten  ein  Oewittnr  am  Himmel 
heraufzog,  bestieg  ich  einen  nahen  Felsenhugel,  urn  den  Anblick 

■ 

besser  zu  geniessen.  Gleich  darauf  kam  der  Emir  mit  Hamfld 
und  einem  gewissen  cAld  ')  eAli  zu  Pferd  zur  Stadt  herausge- 
ritten,  hinten  drein  viel  Gefolg  zu  Fuss.  Eaum  hatte  er  mich 
erblickt,  so  rief  er:  „Ja  Julius!  kef  khatrak,  kef  halakr  3)  Auf 
das  hin  eilte  ich  vom  HQgel  hinab,  ihn  zu  begrussen.  Er  ritt 

1)  r_H.:  Man  sprieht  'Ajid,  XAjif,  wobei  das  j  allerding*  etwas  reduziert  wird]. 

2)  O  Julias  1  wie  geht't,  wie  stebt's? 


Kartonbild  dct  Nc£d 


Na§ir  es-SebhAn. 


22 


NEl'NTKS  CAPITBLi 


einen  pr&chtigen  Happen  und  trug  einen  wunderschGnen  Hangar 
mit  goldener  Scheide  und  Griff.  Da  die  Pferde  sehr  unruhig  waren, 
ritt  er  nach  kurzen  Worten  mit  dem  Gefolge  weiter.  Eben  hatte 
ich  meinen  Felsensitz  wieder  erstiegen,  da  kam  auch  Hamud 
el-Migrad  zur  Stadt  heraus.  Er  hatte  mich  sotbrt  entdeckt,  kam 
heraufgeklettert,  und  war  verwundert,  mich  so  ganz  allein  zu 
sehen:  es  ware  immerhiu  besser,  wenn  ich  allemal  Jemand  mit- 
nahme.  Ich  erwiderte  ilim,  er  brauche  sich  meinethalben  nicht 
zu  beunruhigen ;  da  ich  aber  nun  doch  einmal  seine  Gesellschaft 
geniesse,  mOchte  er  so  gut  sein,  und  mir  den  Sgrn&h  zeigen. 


Der  Brunnen  Srm&l;  bei  IIAjcl. 


Der  Brunnen  86m ah,  auf  der  Sfldseite  der  Stadt  gelcgen, 
ist  ein  ziemlich  zusammengcsetztes  Anwesen.  Er  besteht  1)  aus 
der  eigentliehen  Brunnenstube  mit  dem  ctwa  25  Meter  tief 
durch  den  lockeren  Uranitfelsen  gebrochenen,  4  m.  im  Durch- 
messer  haltenden  Schacht,  aus  welchem  das  Wasser  in  Leder- 
kiibeln  in  die  Hohe  gezogen  wird;  2)  aus  der  35  Meter  laugeu 
von  Mauern  eingefassten  Bahn,  in  welcher  zwei  Kameele  bin 
und  zurQck  gehen,  um  die  Lederkabel  Qber  die  Holzrader 
heraufeuziehen  und  wieder  hinabzulassen ;  3)  aus  dem  lang- 


23 


lichten  Eckgebftude,  mit  einem  Saal  (Rosen)  iin  ersten  Stock, 
von  wo  aus  man  den  Brunnen  und  den  anstossenden  farstlichen 
Garten,  sowie  den  Platz  ausserhalb  der  Mauer  abersehen  kann. 
An  dera  einen  Ende  fnhrt  eine  Treppe  hinauf  in  den  schlanken 
Thurm.  Diese  drei  Stilcke  sind  alle  mit  Thoren  verschlossen. 
Ursprauglich  nur  far  die  Bewasserung  des  Gartens  berechnet, 
ist  der  Brunnen  doch  so  ergiebig,  dass  der  Emir,  auf  dessen 
Kosten  er  das  ganze  Jabr  „gezogen'*  wird,  seinen  tlberschuss  den 
Einwobnern  der  Stadt  zum  freien  Genuss  einraumt.  Zu  diesem 


Der  Bruooen  ScmAI,  b«i  HAjel. 


Zweck  ist  4)  ein  etwa  40  Quadratmeter  haltender  Hot*  neben 
der  Brunneustube  eingerichtet,  an  dessen  Wanden  in  einer  Rinne 
das  zu  Tag  gefOrderte  Wasser  hindurchstr&mt,  und,  bevor  es 
in  die  Gartencanille  abfliesst,  abgefangen  und  in  Schlauche 
gefasst  werden  kann.  Den  grossten  Theil  des  Tages  ist  der 
Brunnenhof  von  Wasser  holenden  Weibern  besetzt,  die  dies 
Geschaft  mit  Musse  und  reichlichem  Geschwatz  betreiben:  Eile 
hats  ja  keine,  und  far  das  Wasser  ist  es  ganz  gut,  wenn  es 


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NKUNTKS  CAPITKI. 


ein  bis  zwei  Stunden  steht  oder  hangt,  andernfalls,  sagen  die 
Leute,  bringt  die  Bodenwarnie  (28° — 29°  C)  dem  Trinkenden 
Fieber.  —  Den  Heimweg  nahm  ich  mit  yamud  durch  den 
Garten,  der,  ohne  sonderlich  gepflegt  zu  sein,  doch  eine  Falle 
von  Reben,  Grauaten-,  Orangen-,  Citronen-,  Pfirsich-  und  anderen 
Fruchtbaumen  beberbergt. 

Nacb  dem  Abendessen  raussten  wir  in's  Schloss.  Ich  verehrte 
dem  Emir  den  Feldstecher  und  die  Karte  von  Enropa  (S.  20); 
letztere  sollte  von  nun  ab  im  Vorsaal  an  der  Wand  prangen. 
Er  scbenkte  uns  eine  Handsehrift  der  altarabiscben  Preisge- 
dichte,  der  sogenannten  Mu'allal^at,  mit  Commentar,  und  zeigte 
uns  auch  noch  eine  schOne  Handsehrift  der  Gedichte  des  Muta- 
nabbi  mit  Erklarung.  Aus  beiden  las  er  langere  StOcke  laut  vor. 
Eine  Krote,  die  sich  in  den  Saal  verirrt  hatte,  wurde  von  einem 
Sclaven  mit  der  Kohlenzauge  gepackt  und  an  die  Luft  gesetzt. 

Mo.  26.  Nov.  1883].  Dnsterer  Tag.  Hamad  el-Migrad  brachte 
seinen  zwSlfjahrigen  Sohn  Fahad  und  seinen  achtjahrigen  Neffen 
MOsft  ibn  cAli;  ich  holte  Jedem  ein  kleines  Notizbuch,  dazu 
je  einen  Megidl. 

In  cAbdallaha  Haus  wollte  ich  einige  Skizzen  seines  Empfangs- 
saale3  anfertigen.  Der  Besitzer  musste  fort  in  seinen  Laden  und 
liess  mich  allein.  Da  ich  mich  bcim  Zeichnen  ganz  ruhig  verhielt, 
glaubte  seine  Frau,  ich  sei  fort,  und  guckte  einmal  neugierig 
zur  Thilre  herein.  Ich  that,  al9  ob  ich  Nichts  gemerkt  hatte. 

Der  persische  Hagg  (Pilgerkarawane  aus  Mekkah)  soil  in 
angeblich  zwei  Tagen  hier  eintreffen. 

Nachts  Wetterleuchten.  Gegen  Morgen  Regen. 

Di.  27.  Nov.  1883J.  Als  ich  durch  den  inneren  Schlosshof  schritt, 
um  dem  Prinzen  cAbd  el-cAziz  einen  Besuch  zu  machen,  glaubte 
ich  gerade  noch  zu  bemerken,  dass  der  Gesuchte  rechts  hin- 
flber  um  die  Ecke  zum  Filrsten  vei-schwunden  sei.  Desshalb 
fragte  ich  den  Sclaven  an  der  Thar  des  Prinzen :  „Ist  c^bd  el-cAziz 
zu  Haus,  oder  ist  er  zum  Farsten?"  und  erhielt  die  Antvrort: 
nNein,  er  ist  zu  Haus",  und  dann  mit  hinaufgezogenen  Augen- 
braunen,  leicht  erhobenem  Kopf  und  schwachem  Zungenschnalzen 


H&JKI,. 


25 


den  nalven  Beisatz;  „esch-Schijukh  ikajj"  ').  cAbd  el-cAziz  war  sehr 
erfreut  uber  den  Besuch  und  suchte  mich  auf  alle  erdenkliche 
Weise  zu  ehren  und  zu  unterhalten.  Ich  blieb  wohl  ein  paar 
Stunden  bei  ihm;  wir  stflberten  in  verschiedenen  HOfen  des 
Schlosses  umher,  in  der  Kuche,  im  Gefangniss,  im  Garten,  und 
besahen  zuletzt  noch  die  Pferde. 

Nachmittags  vollendete  ich  im  Brunnen  SSmah  die  gestern 
angefangenen  Skizzen. 

Auf  den  Abend  waren  wir  vom  Prinzen  Magid  zutn  Essen 
eingeladen.  Wir  wurden  zwar  in  seiuem  Hause  empfangen, 
aber  —  ob  er  den  Kunsten  seiner  Kuche  nicht  recht  traute, 
oder  ob  er  seine  Weiber  argern  wollte?  — -  zum  Essen  mussten 
wir  aber  die  Stra9se  hinuber  ins  Schloss  und  zwar  in  die 
duster-fromme  Htfhle  seines  habgierigen  Vaters.  Vier  Sclaven 
schleppten  die  machtige  Platte  mit  den  Gerichten  herein.  Aus 
besonderer  Aufmerksamkeit  fQr  mich,  den  Suppenschwaben,  war 
unter  Anderem  Fleischbruhe  bereitet  worden,  und  der  Diener 
Mahniud  hatte  zu  grfoserer 
Bequemlichkeit  raeinen  haus- 
licheu  EsslOffel  mitbringen 
mussen 3).  Nach  Beendigung 
des  Essens  wollte  Magid  ein ige 
Proben  seiner  Zeichcnkunst 
ablegen,  die  sich  indess  uber 
die  Flache  der  seit  Jahrhun-  Zeichnong  de»  prin«n  Magid. 

derten  von  den  Beduiuen  geabten  Kunstart  keineswegs  erhoben. 

Da  ich  ausser  Standes  war,  diesen  Leistungen  die  erhoffte 
Anerkennung  zu  zolleu,  im  Gegentheil  versicherte,  man  wflrde 
in  Europa  derartige  Schanden-Machwerku  einem  Schuler  hoch- 

1)  .Princept  vomit",  da*  toll  bcifttcn,  der  Kinir  hat  heute  cin  Brcchtnittel  eingenommcu,  man 
kana  ihn  darum  uicht  betuchen   Dieaen  mundlichen  ilufbericht  wei««  dann  gleich  die  gnnze  Siadt. 

2)  Dabci  muate  ich  an  die  ehenuligeo  Stadt-Ziukenutcn  in  Tubingen  dcnken,  die  noeh  zu 
rociner  Studcntenzcit,  wenn  sic  Sonntagt  und  Donnerttags  sich  zn  ihreni  Freitisch  im  Speise»aal 
des  Stifie*  einfanden,  ihr  Ku-l)c*teck  in  einem  Futteral  initbr«chteii  Ich  sehe  uoch,  wie  tie 
nach  etfolgtem  Gebrauch  die  Gcratbc  lauberlich  abachlcckteo,  und  dann  dera  Futteral  wieder 
einverleibten.  Mein  Esaloflel  hier  wurde  von  irgond  einem  Sclaven  am  Zipfol  seines- Hemdarmeli 
geputit. 


•_>!> 


KKT7NTKS  CAPITEU 


stens  ein  paar  Mai  um  den  Kopf  schlagen,  gestand  er,  das 
sei  auch  noch  nicht  gerade  das  Vollkommenste,  was  er  auf  dem 
Gebiete  der  Malerei  hervprzubringen  befehigt  sei.  Diese  Ausse- 
rung  bewog  mich  nur  um  so  mehr,  ihn  noch  weiter  in  die 
Enge  zu  treiben,  bis  er  sich  das  zweite  Kunstwerk  abrang, 
womit  ich  mich  etwas  befriedigter  erklarte. 


Zeichoung  dci  Prioxen  MAgid. 

Er  war,  glaub'  ich,  ganz  froh,  als  zum  allgemeinen  Gebet 
gerufen  wurde.  Nacli  demselben  gieng  man  noch  hinuber  zum 
Fursten.  Auf  diese  Weise  kamen  wir  spat  nach  Haus.  Das 
Einschlafen  fiel  mir  schwer,  nicht  allein  wegen  des  vielen  Kaffees, 
den  ich  getrunken  hatte,  sondern  hauptsachlich  noch  darum, 
weil  mir  lAbd  el-'Aztz  diesen  Morgen  den  Bart  dermaassen  par- 
fflniirt  liatte,  dass  mein  Llaupt  den  unruhigen  Wallungeu  dieser 
Woblgestanke  sich  nicht  zu  entziehen  im  Stande  war.  Zuletzt 
machte  ich  kurzen  Process:  ich  stand  —  was  ich  schon  langst 
hatte  thun  kOnnen  —  nochmals  auf,  wusch  mit  Seife  den  gau- 
zen  Kopf,  scnwemmte  ihn  tnchtig  ab,  schnaubte  die  Nase  zehn- 
mal  aus,  und  zog  uber  den  gestern  blank  rasirten  Schadel  ein 
frisches  Kopftuch.  Danu  gieng's. 

Mi.  28.  Nov.  1883J.  Morgens  kam  Nasir  Sebhan.  Es  wurde  ihm 
Thee  gereicht,  in  den  vielleicht  etwas  zuviel  Citronensaft  ge- 
rathen  war.  Plotzlich  bekam  er  Angst;  ob  da  am  Ende  Wein 
oder  Arak  drin  sei  ?  Die  Versicherung  des  Gegentheils  half  Nichts. 
Seine  Gewissensbisse  steigerten  sich  bei  unsrem  Gelachter  bis  zum 
formlichen  Leibweh,  und  veranlassten  ihn  zu  baldigem  Aufbruch. 

Bei  cAbd  el-' Aziz  ibn  Met'ab  fertigte  ich  einige  Zeichnungen 
an,  unter  Anderem  eine  Skizze  des  Prinzen  selbst').  Aus  dem 

1)  Siehc  du  Bild  unter  detn  3.  December.  Auf  die  Fragc,  ob  er  seioe  Zopfe  »elb«t  mftche, 


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uaJKI-  27 

Harem  hatten  sie  iu  der  Zwischenzeit  einen  zweijahrigen  Buben 
Namens  Talal  ibn  Naif)  geholt.  Deasen  Vater  Naif  (ein  Sohn 
des  fruhereu  Herrschers  Talal  f  186S)  hatte  ein  Alter  von  kaura 
18  Jahren  erreicht ;  er  war  dera  Prinzen  Magid  in  seinen  Absichten 
auf  die  spatere  Thronfolge  im  Weg  gestanden,  und  desshalb  von 
diesem  vor  etwa  2  Jabren  bei  einem  Reiter-  und  Fechtspiel  mit 
einer,  zufallig,  nicht  blind  geladenen  Flinte  erschossen  worden. 
Gem  hatte  ich  den  netten  Buben  abgeraalt;  sie  hegten  aber 
die  Besorgniss,  es  kOnnte  ihm  zum  Unheil  ausschlagen,  vor 
Allem  raussten  sie  zuerst  den  Emir  frageu,  ob  er's  erlaube. 
Auf  dies  hin  stand  ich  naturlich  von  meinem  Vorhaben  ab. 

Ueute  wurde  das  Dach  unsres  Hauses  ausgebessert ;  zum 
Gluek,  deun  nach  Einbruch  der  Dunkelheit  entlud  sich  wieder 
ein  Gewitter. 

Spat  Abends  kamen  zu  Besuch  K&nem,  Uamud  el-Migrad 
und  der  Schraied  Husein.  Der  Letztere  braehte  zwei  Kohlen- 
zangen  und  einen  Stahl  zum  Feuerschlagen ;  er  erhielt  dafftr 
einen  Kugelzieher  und  eines  der  grossen  Sagenblatter,  welche  mir 
mein  Freund  Commerzienrath  Ferdinand  Schmidt  in  Neuenbflrg 
(Wilrttemberg)  aus  feinstem  Sensenstahl  hatte  anfertigen  lasseu. 

Do.  29,  Nov.  1883].  Der  persische  Hagg,  die  Pilgerkarawane 
auf  ihrem  Ruck  weg  von  Mekkah  war  angekommen,  und  auf 
dem  grossen  mauerumschlossenen  Grundstuck,  das  nCrdlich  an 
den  Garten  des  Sem&h  stOsst,  untergebracht.  Ich  eilte  dorthin, 
muss  aber  gestehen,  ich  war  sehr  enttAuscht.  So  erbarmlich 
hatte  ich  mir  ibn  nicht  gedacht!  Es  f'ehlen  eben  dies  Jahr 
die  schiltischen  Perser,  welche  sonst  den  Hauptbestandtheil  der 
Uberlandpilger  durch  Ceutral-Arabien  bilden.  Alljahrlich  briu- 
gen  die  Perser  S— 10000  in  Felle  eingenahte  Leichen  nach  Ker- 
l)clah  und  Meschhecl  am  Euphrat,  um  sie  neben  der  Moschee 
mit  ihren  vergoldeten  Kuppeln,  woselbst  die  Marty rer  Hasan 
und  Husein,  die  S6hne  des  Khalifen  cAli,  begraben  liegen,  in 

V 

erwiderte  er,  nein,  »cioe  Mutter,  zuweileu  seine  Frau.  Wic  oft?  Vicllcicht  allc  drei  Woehen  — 
wenn'«  ebeo  nothig  »ai. 

1)  Vgl.  oben  S.  21.  Ann.  1. 


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28 


NEIJNTES  CAPITEL. 


geweihter  Erde  zu  bestatten.  Viele  der  Begleiter  dieser  Todten- 
Karawanen  haben  den  Wunsch,  an  den  Besuch  der  hdchsten 
schiltiscben  Heiligthamer  auch  noch  die  Wallfahrt  nach  Mekkah 
und  Medinah  anzuschliessen.  Der'nachste  Weg  dahin  —  etwa 
60  Tage  zu  reiten  —  fiihrt  schrag  durch  die  arabischen  Wusten, 
grGsstentheils  durch  das  Gebiet  des  Emirs  von  Hajel.  Um  die 
passende  Zeit  schickt  der  Emir  seine  Leute  nach  Negef  an  den 
Euphrat,  damit  sie  die  persischen  Pilger  abholen,  und  unter 
sicherem  Geleit  nach  den  allgeinein  muslimischen  Heiligthumern 
zu  Mekkah  und  Medlnah  befordern.  Far  die  Lieferung  der  Reit- 
tbiere  (Karaeele)  und  des  Wassers  und  fur  das  Geleit  haben 
die  Pilger  im  Hinweg  30  Megidi,  und,  falls  sie  denselben  Ruck- 
weg  wahlen,  noch  dazu  die  Halfte,  also  im  Ganzen  45  Megidi 
d.  h.  etwa  150—160  M.,  zu  zahlen.  Der  grOsste  Theil  dieses 
Geldes  fliesst  in  die  Kasse  des  Fursten,  was  bei  gewOhnlich 
800—1000  Theilnehinern,  selbst  nach  Abzug  aller  eigenen  Un- 
kosten,  eine  nicht  zu  verachtende  Sum  me  ausmacht.  Nun  hatte 
im  vorigen  Jahr  der  Fuhrer  jener  Begleitmannschaft  auf  eigene 
Faust  sich  das  unkluge  Vergnugen  bereitet,  zwei  oder  drei 
Tage  vor  der  Rucklieferung  der  Pilger  nach  Negef,  von  den 
verhassten  Schilten  noch  einen  besonderen  ganz  unvernunftig 
hohen  Bakschisch  zu  erpressen.  Die  Mehrzahl  der  Schi'ah,  durch 
den  Besuch  der  Statten  zu  Mekkah  und  Mediuah  —  wo  man 
das  from  me  Zwicken  aus  dein  ff  vei*steht  —  schon  lftugst  weiss 
geschrOpft,  erklarte  sich  far  ganzlich  unvermOgend,  nocb  irgend 
etwas  zu  bezahlen.  Der  augenfellige  Beweis  der  leeren  Sacke 
und  Taschen  wurde  mit  Hohngelachter  aufgenommen:  BSo  ist's 
recht,  ihr  Hunde,  Gott  verHuche  eure  Vater,  hier  im  Sande 
sollt  ihr  ven-ecken,  oder  Geld  schwitzen ;  es  ist  einerlei,  ob  ihr 
durch  Hunger  oder  Durst  draufgehet.  Wenn  ihr  nicht  wollet 
oder  k6nnet,  so  nehnieu  wir  unsre  Kameele  und  unsre  Wasser- 
schlauche  zu  uns  und  lassen  euch  hier  hocken  ;  dann  mdget 
ihr  zusehen!"  Der  auch  nach  beduinischeu  Begrilfen  unehren- 
hafte  Handel  wurde  dadurch  beigelegt,  dass  die  paar  noch  ver- 
m6glichen  Perser  uberdies  fflr  die  anderen  die  geforderte  Summe 


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I.I&JKL.  29 

entrichteten.  In  die  Heimath  zuruckgekehrt  brachten  die  Pilger 
ihre  Beschwerden  der  Regierung  vor.  Der  Karawanenfuhrer 
seinerseits  lieferte  in  tfajel  das  erpresste  Geld  ab,  wurde  aber, 
statt  der  erhofften  Belobung  und  Belohnung  9einer  Finanzkunste, 
voni  Fursten  hart  angelassen  ob  seiner  schandbaren,  zugleich 
unpolitischen  Handlungsweise,  und  kurzer  Hand  ins  Gefangniss 
geworfen.  Durch  einen  besonderen  Boten  sandte  der  Fttrst  an 
den  persischen  Wakll  (Sach waiter)  in  Negef  ein  Scbreiben  zur 
BefGrderung  nach  Teheran,  worin  er  sich  entschuldigte,  der 
unsaubere  Raub  sei  ganz  ohne  sein  Wissen  und  Wollen  ge- 
schehen,  der  Thater  sei  bestraft,  hiemit  erstatte  er  das  Geld  den 
Beschadigten  zurflck,  und  gebe  die  Versicherung,  dass  die  per- 
sischen Qnterthanen  kQnftig  ebenso  sicher  und  ehrlich  wie  bisher 
durch  das  Beduinengebiet  begleitet  wurden.  Eine  ahnliche  Mit- 
theilung  Schick te  er  nach  Mekkah  an  den  Scherffen  und  an  den 
dortigen  persischen  Wakil.  Bevor  jedoch  das  Schreiben  in  Teheran 
eintraf,  hatte  der  Schah  von  Persien  bereits  an  den  Wakil,  den 
der  Emir  von  I.Iajel  zu  Mekkah  unterhalt,  die  Mittheilung  abgehen 
lassen,  dass  er  angesichts  der  treulosen  Behandlung  seinen  Unter- 
thanen  verboten  babe,  bis  auf  weiteres  den  Weg  durch  das  Schatn- 
mar-Gebiet  zu  nehmen.  Und  dabei  blieb's.  Die  Folgen  zeigten  sich 
dies  Jahr  bei  der  Ankunfb  des  sogenannten  persischen  Jiagg. 

— A- 


Die  prraischa  Pilgerkarawsnc. 

Auf  deui  genannten  Platz  waren  etwa  30  Zelte  aufgeschlagen, 
theils  runde,  theils  dacht'6rmig-langlichte,  aber  auch  Unter- 
schlupfe  allereinfachster  Art,  die  nicht  mehr  den  Namen  von 
Zelten  verdienen ;  ich  gewahrte  sogar  einen  tragbaren  Abtritt ') 
mit  faltbaren  Wanden.  An  den  Zeltstricken  waren  Waschestucke 
oder  voni  gestrigen  Gewitter  durchnasste  Kleider  und  dergleichen 


1)  m!khr. 


30  S Et'NTKS  CAPffKL. 

zum  Trocknen  aufgehaugt;  zwischen  den  ruhenden  Kauieelen 
und  Eseln  standcn  Sftcke  und  verschnQrte  Ballen  aller  Art 
umher;  neu  waren  mir  eigenthamliche  rohrgeflochtene  KOrbe 
mit  htilzernen  Ftissen  und  hocbgewolbtem  tuchbespanntem  Dach. 
Rechts  vom  Thor  lehnte  in  einer  Ecke  die  zusammengelegte 
Fahne.  Abseits  war  tar  diese  Tage  ein  kleiner  Markt  aufge- 
schlagen.  Der  Theilnehmer  an  dem  Pilgerzug  mdgen  es  ira 
hftchsten  Fall  150  gewesen  sein,  darunter  4  oder  5  Frauen  mit 
einer  Negerin.  Die  Menschentypen  erschienen  mir  auffallend  civi- 
lisirt ;  der  Gesichtsausdruck  stach  von  dem  beduinischen  merklich 
ab  (vgl.  Bd.  T,  S.  236,  Anm.).  Solche  Kleidung  und  Bartschnitt, 
die  halhmilitarische  Gangart  hatte  icb  seit  Damascus  nicbt  mehr 
gesehen,  ausgenuisterte  tflrkische  Soldatenbosen,  Fes,  Schnnr- 
stiefel,  persische  Schuhe  und  Strum pfe.  Obwohl  angeblich  4 
Perser,  wahrscheinlich  Kaufleute  aus  Mesehhed,  im  Zug  sicb 
befandeu,  konnte  ich  doch  nirgends  eine  persisehe  Kegelmfltze 
aus  Filz  oder  Sehaffell  entdecken.  Die  Mebrzahl  der  Leute  war 
mit  Trocknen  und  Ausbessern  der  Habseligkeiten  beschaftigt, 
Andere  machten  Einkaufsgange  in  die  Stadt;  Alle  schienen 
zufrieden,  einmal  ein  paar  Tage  lang  von  den  Anstrenguugen 
der  Reise  sich  ausruhen  zn  kOnuen. 

Urn  7  Uhr  Abends  kam  ein  erstes  Ge witter,  das  schon  ziem- 
lich  khiftig  war,  so  dass  der  Regen  an  ganz  ungewOhnlichen 
Stellen  von  der  Decke  herunterranu,  auch  z.  B.  die  Bilcber  nslsste ; 
nach  9  Uhr  kam  das  zweite  und  urn  lO'/i  Uhr  das  dritte 
und  zwar  allerheftigste.  Ich  hatte  mich  unter  die  Thfire  gestellt, 
unuuterbrochen  /olgten  sich  die  Blitze,  das  Krachen  des  Donners 
war  erschreckend,  von  den  Daeheru,  von  den  Treppen  schoss 
das  Wasser  zusammen  in  den  JJof.  Auf  einmal  prasselten 
HagelstQcke  hernieder,  so  dass  ich  mich  rasch  hinter  die  ver- 
riegelte  Thure  rettete,  mit  Wonne  und  Beben  h5rte  ich,  wie 
sie  zischend  in  die  tosende  Wasserttache  einschlugen,  versprengte 
Stacke  flogen  durch  die  schmalen  Mauerschlitze  ')  in  den 


1)   jjy£3S  fm.lwall. 


HflJEU  31 

hawah  herein.  Immer  noch  hatte  ich  eine  fast  kindische  Freude, 
dass  dieses  dQrre  Land  doch  endlicb  einmal  grilndlich  einge- 
weicht  werde :  Als  weiter,  es  kann  nicht  dick  genug  kommea ! 
Sobald  der  Hagel  nachliess,  Gffnete  ich  die  Thttre  wieder;  es 
goss  noch  immer  in  Str6men.  Die  Lampe,  mit  welcher  Mahmud 
auf  den  See  im  Hof  hinausleuchten  wollte,  wurde  vom  Luftzug 
ausgelOscht,  doch  hatte  die  kurze  Beleuchtung  genflgt,  um  die 
Gefahr  erkennen  zu  lassen :  die  Wasserraasse  mit  ibrer  raulzigen, 
gewiss  handtiefen  Schichte  von  EiskOrnern  schwabbelte  immer 
hflher,  und  drohte  jeden  Augenblick  die  Schwelle  der  Wohnung 
zu  uberfluthen.  Gesehwind  wurden  die  Teppiche  und  was  am 
Boden  lag  zusammengerafft  und  auf  den  Heerd  sowie  auf  die 
gemauerten  Armlehnen  aufgeschichtet.  Zura  Glflck  hatte  jetzt 
der  Regen  ein  Ende.  Auf  eiuraal  —  was  ist  das?  Eiu  schauer- 
liches  Brausen  in  der  Luft:  rast  ein  neuer  Sturm  daherl  Mit 
geheimnissvollem  Schaudern  ruft  Mahmud:  Der  Sel  kommt,  der 
Sel!')  Ich  wollte  es  zuerst  nicht  glauben,  und  doch  hatte  er 
Recht.  Von  dem  l'/2  Stunden  weit  entfernten  Gebirge  rollte 
das  Wasser  als  Bache,  als  Strom,  als  wandelnder  Damm  gegen 
die  Stadt  heran.  Wie  sich  am  anderen  Morgen  herausstellte, 
hatte  er  unter  Anderem  auch  die  Beduinenzelte  ausserhalb  der 
Mauern  weggerissen.  Einstweilen  in  der  Nacht  konnte  man 
aus  dem  Rauschen  nur  so  viel  abnehmen,  dass  der  Hauptstrom 
auf  der  Ostseite  der  Stadt  vornberzog. 

Huber,  schon  mehrere  Tage  her  nicht  wohlauf,  hatte  heute 
einen  ernstlichen  Fieberanfall,  er  klagte  besonders  nberSchmerzen 
im  Hinterkopf  und  redete  gauz  wirr;  ich  gab  ihm  Chinin  in 
drei  Portionen,  rausste  aber,  um  meiner  Sache  sicher  zu  sein, 
die  Pulver  selbst  zuvor  versucheu. 

Fr.  30.  Nov.  1883].  In  der  Frtth  eilte  Hamad  el-Migrad  herein: 
der  Scha'ib  (das  sonst  trockene  Flussbett  im  Osten  der  Stadt) 
sei  bis  an  den  Rand  voll;  der  Schijukh  uud  Alle  seien  soeben 
hinausgeritten,  um  das  seltene  Schauspiel ')  zu  sehen.  Ich  er- 

1)  Wildwftsser. 

2)  Dag  war  *icllcicht  in  20  odci  mehr  Jahren  nicht  vur^ckoriiincn. 


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32 


NKIJNTKS  CAPITKl.. 


klarte  mich  bereit,  sofort  mitzugehen ;  er  wollte  aber  nicht  auf 
mich  warten:  ich  gehe  ihm  zu  langsam.  (Wegen  der  bisherigen 
Wtmden  an  meinen  Zehen  hat  er  mich  noch  uie  ausschreiten 
gesehen;  jetzt  sind  sie  geheilt).  Wart1  nur,  Kaib,  dachte  ich, 
dich  will  ich  schon  kriegen,  dir  werd'  ich  deinen  Ulasbalg  warm 
treten!  Wie  der  Wind  war  ich  an  ihm  vorQber  zur  Hausthure 
dranssen,  nnd  griff  aus,  dass  er  nur  so  hiutendrein  keuchte. 
Ich  liess  ihn  ruhig  mehrfach  rufen:  sehwdje,  usbur  (nlangsam, 
wart  doch!"),  dann  drehte  ich  den  Kopf  halbrQckwarts  uber  die 
Achsel  und  hflhnte  ihn:  „Auf  dich  kann  ich  nicht  warten,  du 
gehst  mir  zu  langsam!"  In  zehn  Minuten  hatte  ich  die  Sudseite 
der  Stadt  umgangen.  In  der  That,  durch  die  enge  Schlucht 
zwischen  den  nebelbehangenen  Bergen  Umm  Erkab  und  Samra ') 
wtllzte  sich  ein  rothgelber  Strom  dahin,  vielleicht  60  m.  breit 
und  mindestens  2  m.  tief.  Die  Leute,  die  am  Rande  umherstanden, 
versicherten,  er  habe  bereits  um  1  Elle  abgenommen. 


H<K-hwiwsor  in  der  Wiiiiie. 

Das  Herz  schwoll  mir  beim  Anblick  des  wellenbewegteu  Was- 
sers.  So  etwas  hatte  ich  hinge  nicht  gesehen.  Ein  grosser  Theil 
der  Bevolkerung  war  auf  den  Iteinen;  am  Ufer  fullten  die 
Weiber  von  dem  kostlichen  Getrilnk  ihre  Sehlauche,  iudess  die 
Kinder  sich  scheu  an  die  Kleider  der  Matter  anklammerten. 

1)  Siche  auf  dem  Plan  Bd.  I.  S.  173. 


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HftJKI- 


Wahrend  ich  Nachmittags  meine  Briefe  fftr  Europa  abschloss, 
die  der  persische  yagg  nach  Baghdad  raitnehmen  soil,  kam 
M.lgid,  um  einige  Schachteln  Jagdpulver  und  die  Skizze  zu  der 
unlangst  fQr  den  Emir  gezeichneten  Karte  von  Europa1)  zu 
erechnappen.  Sein  Vater,  der  cObeid,  missbraucht  jetzt  den  in 
Gnaden  angenommenen  cAbdallah  zu  alien  Botschaften  und 
Bettelauftragen  an  unsere  Adresse ;  so  liess  er  heute  sagen,  wir 
hatten  nun  Alle  hier  beehrt  und  beschenkt,  nur  noch  nicht 
seinen  vielgeliebten  zweiten  Sohn  Salim.  Auf  das  bin  wurde 
ihm  der  drittletzte  (angeblich  letzte)  Revolver  verehrt.  Als  Er- 
widerung  sandte  er  noch  spat  Abends  einen  Bock  ins  Hans, 
der  morgen  geschlachtet  werden  soil. 

Da  heute  so  viel  Regen  gefallen  war  und  man  aus  tausend 
Pfntzun  Wasser  schOpfen  konnte,  war  der  Betrieb  des  Brunnens 
S6raah  eingestellt,  in  Folge  davon  den  ganzen  Tag  Wassernoth 
im  Hause.  Ich  weiss  nicht,  von  woher  die  Bruhe  stammte,  die 
wir  zu  trinken  bekamen. 

Nachts  10  Uhr  kam  noch  tfamud  el-Migrad,  in  unaussteh- 
licher  Laune.  Hab'  mich  nicht  viel  um  ihn  geknmmert.  ~  Als 
er  fortgieng,  zeigte  das  Thermometer  nur  noch  8°C. 

Sa.  1.  Dec.  1883].  Die  Trauer  des  Hamud  el-cObeid,  dass  wir 
noch  nicht  ganz  nackt  aller  unsrer  europaischen  Herrlichkeiten 
beraubt  sind,  bluht  lustig  weiter.  Noch  f>esitzt  Huber  einen 
sch6nen  Spiegel,  den  er  aber  nicht  hergeben  will,  und  noch 
wissen  sie  mich  im  Besitz  meines  kleinen  Mauser-Revolvers 
(7  mm).  Mit  Zagen,  weil  er  furchtete,  von  uns  hart  drum  an- 
gesehen  zu  werden,  brachte  'Abdallah  den  Schmerz  des  eObeid 
unter  vielen  Entschuldigungen  vor.  Wir  beruhigten  ihn,  wir 
wussten  wohl,  wenn  er  sich  nicht  zum  Ausrichten  solcher  Auf- 
trage  hergabe,  warde  sich  gleich  ein  Dutzend  Anderer  tinden, 
die  mit  Vergnugen  bereit  waren,  sich  ein  rothes  Rocklein  zu 
verdienen.  Erleichtert  gieng  er  von  dannen,  erschien  aber  bald 
von  Neuem.  Aha,  was  ist  jetzt  schon  wieder  los?  Unter  dem 

1)  S.  oben  S.  20. 


NKI'MTES  CAPITKI. 


Mantel  hervor  brachte  er  in  ein  Tuch  eingewickelt  ein  Packet 
zum  Vorschein:  der  cObeid  lasse  mir  statt  nieines  kleinen  Re- 
volvers hier  ejnen  anderen  als  Ersatz  anbieten.  Ich  stellte  mich 
dnmm:  „Mir  ist  mein  Revolver  gerade  recht,  ich  brauche  keinen 
Ersatz;  er  soil  doch  dies  Stuck  selbst  behalten,  nach  solch 
zweifelhaftem  Lumpenzeug  trag'  ich  kein  Begehr."  In  richtiger 
Voraussicht  dieser  Antwort  hatte  er  die  neue  Anfrage  bereit, 
ob  ich  Geld  oder  sonst  was  Anderes  dafflr  haben  wolle.  Ich 
mOchte  doch  nachdenken,  ob  ich  nicht  einen  Gegenstand  nolhig 
hatte,  mit  dem  er  auszuhelfen  ira  Stande  ware;  er  werde  mir 
sonst  auis  Geradewohl  irgend  etwas  in's  Haus  schicken.  Aus 
Fureht,  einen  theuren  unerwunschten  Schund  aufgehalst  zu 
bekoramen,  der  mich,  abgesehen  von  der  aufdringlichen  Dau- 
kesverpHichtung,  schon  durch  sein  blosses  Dasein  tagtaglich 
geargert  htltte,  liess  ich  mich  zu  der  unbedachten  Ausserung 
verleiten,  mein  einziger  von  Damascus  mitgenommener  Zebun 
(langer  Rock)  sei  allmahlich  ziemlich  schadhaft  geworden,  es 
ware  wahrlich  kein  tTbermuth,  wenn  ich  einen  neuen  truge; 
am  liebsten  ware  mir  allerdings  ein  weisser  goldgeblQmter,  wie 
sie  aus  Indien  rar  die  hiesigen  Prinzen  bezogen  werden,  und 
wie  z.  B.  sein  Sohn  Magid  einen  hatte.  Ganz  glQcklich  flber  den 
greifbaren  Bescheid  wickelte  cAbdallah  sein  Packet  wieder  ein 
und  eilte  davon.  Nach  einer  halben  Stunde  kehrte  er  zuruck  — 
auf  dem  Arm  zwei  neue  Hemden  als  Vorlaufer  der  weiteren 
zugedachten  Geschenke.  Der  c()beid  bedaure  lebhaft,  weisse 
goldgesprenkelte  Zebun  hatten  sie  augenblicklich  ira  Schloss 
keine  mehr  vorrathig,  eine  Umfrage  bei  den  persischen  Kauf- 
leuten  sei  ergebnisslos  verlaufen,  er  sei  aber  bereit,  seinem  Sohn 
Magid  den  Rock  auszuziehen  und  fur  mich  richten  zu  lassen. 
Cbrigens  hatten  sie  im  Schloss  eine  grosse  Auswahl  syrischer 
und  indischer  Zebun,  darunter  einen  rothseideneu,  der  vielleicht 
noch  schOner  sei  als  ein  weisser,  jedenfalls  weniger  heikel;  ob 
ich  nicht  den  wunsche?  Ich  erwiderte,  das  kOnne  ich  jetzt 
nicht  sagen,  ich  wolle  ihn  einmal  gelegentlich  ansehen;  die 
Sache  habe  ja  gar  keine  Eile.  Obschou  mir  ganz  klar  war,  dass 


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iiujiiL.  35 

ich  den  Revolver  nicht  auf  die  Dauer  vor  seinen  Klanen  retten 
kdnnte,  so  war  ich  doch  entschlossen,  den  Mann  m<5glichst 
lang  am  Bratspiess  der  Geduld  zappeln  zu  lassen,  wobei  ich 
nur  eines  bedauerte,  dass  ich  mich  nicht  in  der  Zwisehenzeit 
an  dem  Gesicht  von  dem  Hallunken  und  an  seinen  verlangerten 
Schmerzen  waiden  konnte. 

Abends  9tellte  sich  Hamud  el-Migrad  ein,  leidlicher  als  sonst, 
er  verweilte  fast  drei  Stunden.  ~  Bis  2  Uhr  Naehts  las  ich 
einmal  wieder  den  ersten  Theil  des  Faust  an  einem  Stack. 
Das  war  rair  ein  feierlicher  Genuss,  durch  den  ich  wieder  in 
eine  ganz  andere  Welt  versetzt  wurde. 

So.  2.  Dec.  18S3].  Morgens  vor  der  Sonne  aufgestanden ;  bald 
kam  cAbdallah.  Ist's  m6glich?  ohne  Auftrag?  ohne  Staatsstreich? 
Ja.  — ■  Huber  klagt  wieder  uber  Fieber  und  sieht  schlecht  aus. 
Zur  Unterhaltung  gieng  ich  hinaus  zum  Lager  des  tfagg,  und 
besah  den  dortigen  Markt;  nebenher  fertigte  ich  einige  Skizzen. 
Um  die  Mittagszeit  wollte  ich  mit  cAbdal!ah  den  Prinzen  Magid 
besuchen.  Da  es  aber  hiess,  er  sei  bei  den  Weibern  im  Schloss, 
so  wandten  wir  uns  zuruck  naeh  'Abdallahs  Haus,  um  uns  dort 
aufs  Dach  in  die  Sonne  zu  setzen.  Bevor  wir  die  Treppe  hin- 
aufetiegen,  rief 'Abdallah  seiner  jflngsten  Frau,  der  Baghdaderin '), 
„Ja  Zhawah!"  Arglos  gehorsam  eilte  sie  aus  einem  Nebenraum, 
Moss  mit  einem  blauen  Hemd  angethan,  heraus,  gerade  auf 
mich  zu.  Mit  einem  leichten  Schrei  und  das  Gesicht  mit  den 
Handen  bedeckend  sturzte  sie  wieder  da  von,  indess  der  Mann 
ihr  einen  Auftrag  nachrief.  Soviel  hatte  ich  gesehen:  sie  hatte 
schone  grosse  Augen,  und,  was  hier  sehr  selten  ist,  rothe  Backen 
und  Lippen ;  dem  Haar  freilich  hatte  etwas  mehr  Pflege  nichts 
geschadet-)-  Es  war  mir  eigentlich  leid,  dass  er  das  Wesen  so 
schwer  in  Verlegenheit  gebracht  hatte,  und  ich  enthielt  mich, 

1)  Vgl.  5.  Jan.  1661 

SJ)  Da»  vcrttehca  die  Weiber  hier  ubcrhaupt  nicht,  i»t  auch  bci  der  Trncht  uud  Sitte  kaum 
anders  moglich.  Waren  unserc  Fraucu  getiuthigt,  dt-n  jranzen  Tag  ein  langes  schwcrct  Tuch 
uber  den  Kopf  m  tragea  —  kein  Theater-fichu  —  und  dastclbc  bei  Aunnherung  einea  frem- 
den  Maan»bildc»  bald  rcchU  bald  link*  uber  das  Gesicht  zu  Jtichen,  so  dutftcn  »ie  binneu  Kur- 
xem  arg  vi-rhaart  und  vcrheit  auuchcu  uod  kutinleu  da»  Krisircu  auhteckeu. 


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■ 


36  NKl'NTES  CANTKl. 

wiewohl  er  darauf  zu  warten  schien,  jedweder  Bemerkung.  So 
stiegen  wir  schweigend  die  Treppe  hinauf.  Oben  angekommen 
that  er  vertraulich  eitel  die  Frage:  „Hast  sie  gesehen?"  Ohne 
eine  Miene  zu  verziehen  sagte  ich  bloss:  „Ja,  mit  einem  Auge". 
Wir  hatten  uns  eben  auf  dem  Dach  zurecht  gesetzt,  und  uns 
mit  den  Fliegen  in  den  Genuss  des  Sonnenscheins  getheilt,  da 
klopfte  an  der  Hausthure  ein  Bote  von  Magid,  wir  mochten 
zu  ihm  komraen.  Ich  musste  des  lftngeren  von  Kanonen  er- 
zfthlen,  auch  einige  Thiere  zeichnen;  vier  jungerc  Brader  des 
Magid  hOrten  und  sahen  aufmerksam  zu,  mit  einer  ihrer  Jugend 
entsprechenden  Bescheidenheit. 

Die  Wasserpfeife,  um  die  ich  den  Mittag  bei  eAbdallah  ge- 
kommen  war,  wurde  Abends  bei  ihm  geraucht;  mitlluberwar 
auch  noch  Ham  lid  el-Migrad  gekommen. 

Mo.  3.  Dec.  1883].  Die  Maschahideh  brachten  einen  ihrer  Lands- 
leute  Sliman  Mirza,  der  mit  dem  Uagg  von  Medinah  gekommen 
war,  zu  Besuch.  Er  und  namentlich  sein  in  Meschhed  lebender 
Vater,  den  Huber  auf  der  fruheren  Reise  keunen  gelernt  hatte, 
sind  um  ihres  Reichthums  willen  sehr  angesehene  Leute. 

Auf  dem  Weg  zum  Lager  der  Pilger  stellte  mich  ein  Unbe- 
kannter  auf  der  Strasse  und  hielt  mir  drei  Finger  der  rechten 
Hand  ins  Gesicht  mit  den  Worten:  „Da,  riech!M  Auf  mein  bei- 
falliges  Nicken  strich  er  mir  ohne  Weiteres  seine  Finger  in 
den  Bart,  und  wahrend  ich  noch  ganz  erst  aunt  dastand,  sagte 
er  im  Weitergehen :  wGelt,  das  ist  feines  RosenOl  und  Zabad?" ') 

Zum  Prinzen  c A  b  d  e  1  -CA  z  i  v.  brachte  ich  in  meinem  Zeichen- 
buch  die  in  Aquarell  ausgefuhrte  Skizze  seines  Portrats  J);  er 
schien  nicht  ganz  befriedigt  —  wer  ist  ganz  befriedigt,  wenn 
man  ihm  sein  Bildniss  hinhalt?  — er  zeigte  es  zur  eigenen  Be- 
ruhigung  und  zur  Stillung  der  weiblichen  Neugier  im  Harem  vor. 

Wenn  er  auch  pers6nlich  nicht  unter  der  Angst  litt,  wie 
sein  Verwandter,  der  cObeid,  der  von  den  unnutzen  und  sund- 


1)  Mo.chu.siilbc.  [In  Wirklichkeit  in  zabAd  (oder  wie  H.  «hreibt  tibdd)  das  Zibet,  da.  im 
Orient  ah  Parfiim  whr  bcticbte  Sekret  der  Zibctkatiej. 

2)  VK1.  oben  S.  26. 


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H.'l  I  I   I  . 


37 


haften  Bildern  alsbald  unab  wend  bares  Unheit  wittert,  so  war 
er  doch  offenbar  durch  den  Gedanken  bekflmmert,  dieser  edle 
Vetter  und  Onkel  kcmnte  sich 
hinter  den  Emtr  stecken,  urn 
irgend  eine  Handhabe  gegen 
ihn  daraus  zu  schmiedeD.  Es 
wurde  ihm  sichtlich  leiehter, 
wie  ich  vor  seinen  Augen  das 
Blatt  aus  dem  Skizzenheft  los- 
trennte  und  ihm  die  Zusage  gab, 
dass  ichNiemanden  davon  reden 
und  furderhin  keinem  Menschen 
hierzulande  das  Bild  zu  seiien 
geben  werde.  cAbd  el-cAziz  sehlug 
einen  Gang  durch  den  Garten 
vor;  dort  trieben  wir  allerlei 
Kurzweil,  warfen  mit  Lanzen 
und  Steinen.  Da  die  Beduinen 
die  Lanzen  nur  zum  Stechen 
gebrauchen,  hatte  naturlich  keiner  eine  tfbung.  Den  schOnsten 
Kernschuss  that  ich  mit  einer  Lanze  mitten  in  einen  Palm- 
stamm  hinein.  Wie  der  lange  Bambusschaft  sekundenlang  wag- 
recht  in  der  Luft  zitterte,  brachen  Alle  in  Bewunderung  aus. 
Wir  rannten  an  den  Baum,  um  den  Treffer  zu  besehen.  Die 
Schneide  stak  so  tief  drin,  class  der  Sclave  Fendi  Mflhe  hatte, 
sie  wieder  herauszuziehen ;  das  Eisen  hat  er  dabei  grundlich 
verbogen.  Urn  wenigstens  in  einer  Kunst  seine  Fertigkeit  zu 
zeigen,  verfiel  der  Prinz  aufs  Wettlaufen.  Ich  rieth  ihm  davon 
ab,  da  ich  ihn,  selbst  bei  belassenem  Vorsprung,  bald  am  Genick 
haben  wurde;  darauf  wolle  er  es  doch  noch  ankommen  lassen, 
er  sei  flink  wie  eine  Gazelle.  Gut,  dann  werde  ich  wie  ein 
Panther  sein.  Ausser  den  hinaufgesteekten  Hemden  und  den 
Filzkappen  (Telfijjeh) ')  wurden  alle  Kleidungsstflcke  abgelegt. 

fl)  JuiJp,  daber  (afijje*  ta  »chreiben;  H  .ehreibt  fOftj*]. 


Prinz  'Abd  cl-'Axii. 


38 


nm;stks  capitkl. 


Zehn  Sehritte  Vorsprung;  eins  zwei  drei,  los!  Barfuss  aber  die 
Btlsche  wegspringend  und  die  mitrennenden  Sclaven  weit  flber- 
holend,  erwischte  ich  ihn  nach  vielleicht  achtzig  Satzen  an 
seinen  ZGpfen.  Wir  waren  Beide  ziemlich  ausser  Athem  und 
hatten  an  unsrer  gegenseitigen  Hochachtung  genug;  uberdies 
war  mein  Fusswerk  b6s  mitgenommen,  ich  blutete  an  mehre- 
ren  Stellen  und  zog  aus  der  Fusssohle  einen  Holzsplitter.  — 
Nach  Beendigung  der  Leibesubungen  und  unter  dem  frischen 
Eindruck  derselben  trat  Einer  von  clem  vornehmen  Stamm  der 
cAbdeh  mit  uns  in  den  Diwan  ein.  Er  begann  sofort  mit  der 
unvergleichlichen  Cberlegeuheit  der  Beduinen  uber  christliche  (!) 
Soldaten  zu  prahlen,  von  denen  er  ja  noch  nie  einen  gesehen 
hatte.  Wenn  wir  auch  moglicherweise  vollkommenere  Waffen 
besitzen,  so  seien  die  Araber  daftir  jederzeit  im  Stand,  alle  in 
ihre  Reihen  gerissenen  Liicken  durch  immer  neue  Menschen- 
massen  zu  stopfen.  Ich  gab  rair  Anfanga  MQhe,  seine  hochmn- 
thigen  und  dummen  Vorstellungen  zu  verbessern,  erklftrte  aber 
bald,  ich  milsse  es  aufstecken,  da  es  vergeblich  sei,  mit  einem 
Blinden  aber  Farben  zu  streiten.  Seinen  verschiedensten  An- 
reden  und  Herausforderungen  setzte  ich  ein  ganz  hartnackiges 
iStillschweigen  entgegen,  ja  verstarkte  dasselbe  noch  durch  zeit- 
weiliges  vergnilgliches  Anstarren.  Da  dieses  ausser  in  einem 
Narrenhaus  kein  Mensch  auf  die  Dauer  aushalten  kaun,  so  zog 
er  es  nach  5  Minuten  vor,  den  Platz  zu  raumen.  Filr  den  Herrn 
des  flauses,  der  offenbar  befurchtet  hatte,  wir  kftmen  noch 
emsthaft  hiutereinander,  war  diese  LOsung  jedenfalls  die  an- 
genehmste. 

Urn  4  Uhr  schickte  der  Emir  nach  uns.  Er  sass  vor  dem 
hell  lodernden  Feuer  in  einem  goldgestickten,  pelzgeftttterten 
Mantel,  neben  ihm  Hamud  el-cObeid  wie  gewOhnlich  mit  einem 
neuen  geschmacklosen  Gewand  angethan.  Da  unter  dem  Pelz- 
mantel  des  Fursten  ein  seidener')  Rock  hervorguckte,  drQckte 
ich  mein  Erstaunen  aus:  Jst  das  Seide?"  Der  Furst  nickte.  Das 

1)  S.  Bd.  I,  S.  158,  Z.  22  und  168  unten. 


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nhn.u 


39 


ist  doch  Silnde  1  Was  sagt  denn  dein  Hauspfatf  dazu  ?  Ich  mochte 
ihm  nicht  rathen,  dass  er  etwas  sagte.  Der  Fflrst  wollte  wissen, 
ob  ich  in  diesen  Tagen  wieder  gemalt  habe,  una  Hess  meine 
zwei  Skizzenhefte  holen.  Fur  die  Landschaften  hatte  er  keinen 
Sinn,  er  wollte  die  Sclaven  sehen,  die  ich  abconterfeit  hatte. 
Wie  bin  ich  froh,  da9s  das  Bild  vom  Prinzen  cAbd  el-eAziz  her- 
ausgeschnitten  war;  h6chst  wahrscheinlich  war  ihm  doch  was 
zu  Ohren  gekommen.  —  Von  einem  Wabr  (Klippendachs) ')  der 
voriges  Jahr  geschossen  worden  war,  brachten  sie  einen  son- 
derbaren  Magenstein  daher.  Dann  kam  der  Farst  auf  die  Nach- 
richten  zu  sprechen,  die  ihm  durch  den  tfagg  aus  Mekkah  ge- 
bracht  worden  waren;  er  erkundigte  'sich  dringlich,  ob  wir  nicht 
wdssten,  was  das  europaische  Kriegsschitf  zu  bedeuten  habe, 
das  zwischen  Janboc  und  el-Wegh  im  Rothen  Meer  die  Gegend 
beunruhige.  Wir  konnteu  nur  sagen,  das  sei  das  erste  Wort, 
das  wir  h&ren,  vielleicht  handle  es  sich  um  die  Ausfindigma- 
chung  einer  Kohlenstation.  Er  fuhr  dann  fort,  der  „Pascha"  in 
Mekkah  habe  den  Karawanenfflhrer  cAbd  er-Rahtnan  zur  Rede  ge- 
stellt  und  lasse  ihn  (den  Emir)  f'ragen,  was  denn  die  zwei  Christen 
treiben,  die  er  in  Ijajel  als  Ga9te  feiere.  Ohne  Zweifel  fnrchten 
die  Tflrken  auch  hier  eine  politische  Anzettelung.  —  Von  da 
giengen  wir  hinnber  zu  den  Pferden;  ich  hatte  dera  Fursten 
den  Wunsch  geaussert,  seinen  sehwarzen  Hengst  zu  zeichnen, 
merkte  aber  sogleich,  dass  es  ihm  (aus  aberglaubischer  Angst) ') 
nicht  angenehm  war,  und  so  kam  ich  nicht  mehr  darauf  zuruck. 
Dagegen  zeichnete  ich  iu  seiner  Gegenwart  sein  Lieblings-Delill, 
ein  schlankes  Thier  von  der  Rasse  No'manijjeh.  Dabei  wollte 
er  noch  die  Farben  sehen,  mit  denen  ich  male;  ich  zeigte  ihm 
die  kleine  Bleehbttchse  mit  den  feuchten  Wasserfarben.  —  Huber 
hatte  einen  schOnen  Khangar  (Dolch)  bei  einem  der  Pilger  ge- 
sehen,  und  dem  Nasir  Sebhan  den  Auftrag  gegeben,  ihn  zu 
kauten.  Sobald  der  Emir  davon  hOrte,  befahl  er,  ihn  ausseinem 

I)  H.:  wablr  Klippwhliefer.  Hyrax  syriacm  Schreber.] 
2)  Huber  belehrte  raicb  nachher,  do**  die  A r aber  nicht  blo»»  hier  iiuaterst  mi«»traai«ch  teiea, 
wean  einer  ein  Pferd  nnr  recht  aiuchaue;  ich  aolle  nie  mehr  von  Abteichncn  rcdun. 


40  NKl'NTKS  CAPITKI- 

i 

Beutel  zu  beschaffen.  Beim  Abschied  forderte  er  uns  nochmals 
aaf,  doch  stets  zu  sagen,  wenn  wir  irgend  etwas  wunschten. 

Di.  4.  Dec.  1883].  Dem  Prinzen  Magid  eine  Anzahl  Holzscbnitte 
rait  Darstellungen  von  Pferden  verehrt.  Im  Heimweg  zu  Hamud 
el-cObeid  gerufen  worden,  der  mir  den  rothen  goldgewirkten  Zebun 
verehrte.  Also  schon  wieder  einen  Schritt  weiter:  timeo  Danaos! 
Nachraittags  bei  einigen  persischen  Kaufleuten  Besuch  gemacht 

Mi.  5.  Dec.  1883].  Morgens  war  ich'zu  einem  Meschhech  ein- 
geladen,  wurde  bald  abgerufen,  weil  Magid  mit  zweien  seiner 
Bruder  uns  besuchen  wollte.  Nachraittags  zu  Ranem;  spater 
einen  Spaziergang  auf  den  Steinhugel  im  Sudosten  des  Semah 
gemacht,  von  wo  aus  man  das  Treiben  im  Pilgerlager  flbersehen 
konnte.  Abends  bei  eAbdallah  zum  Nach tessen;  bei  der  trostlosen 
Langeweile  des  hiesigen  Daseins  doch  eine  kleine  Abwechslung. 

Do.  6.  Dec.  1883].  Der  Emir  liess  uns  holen  wegen  der  nach 
Eu io pa  bestimmten  Briefe.  Aus  besonderer  Artigkeit  wollte  er 
sie  nicht  durch  die  zurrtckkehrende  Karawane,  sondern  durch 
einen  Expressboten  befordern  lassen.  Die  Briefe  waren  von  uns 
bereits  in  Leinwand  eingenaht,  dazu  kam  noch  ein  eigener 
Begleitbrief  an  den  Inspector  der  Quarantane  in  Meschhed  Ali 
(Negef)  am  Euphrat,  einen  Dr.  Lubitsch;  ausserdem  eine 
Blechrolle,  in  die  einige  von  mir  gefertigte  Abklatsche  (aus 
Murduk,  aus  c0rman  und  aus  Gyobbeh)  eingel6thet  waren.  Vor 
uusren  Augen  wurden  die  drei  Stflcke  zusammen  nochmals  in 
eine  Leinwandhulle  vernaht,  vom  Secretar  des  Fursten  Ober- 
schrieben  und  einem  Eilboten  Obergeben,  der  dieselben  nach 
10—12  Tagen  in  Negef  abliefern  soil.  Die  Post  wird  von  dort 
moglicherweise  flber  Bombay  nach  Europa  befordert  werden.  - 
Um  den  Hals  trug  ich  an  rothseidener  Schnur  hangend  ein 
Schiebbleistift  in  Elfenbeinhrtlse.  Hamftd  el-c0beid  rQckte  an 
mich  heran  und  fragte,  das  Bleistift  ergreifend,  mit  bedeutungs- 
vollera  Blick,  ob  ich  nicht  noch  so  eines  hatte.  Wie  ich  den 
Menscben  ansah,  dachte  ich :  Pfui  Teufel !  Wahrscheinlich  konnte 
ich  den  dazu  gehdrigen  Gesichtsausdruck  nicht  ganz  beherrschen. 
Der  Emir  gab  ihm  argerlich  einen  abwehrenden  Wink  mit  den 


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H/iJEI..  41 

Worten:  „Ah!  hada  h&Vkuh"  (»das  gehort  ihm"  =  das  braucht 
er  selber). 

Vor  dem  Schloss  wurde  grosser  Meglis  abgehalten.  Nach 
dem  Essen  zu  eAbd  el-cAzlz,  Rftnem  und  eAbdallah.  Dabei  h6rte 
ich,  gestern  seien  Schecbe  der  cAteibeh  ')  hier  angekommen, 
urn  uber  Verbruderung  oder  Unterwerfung  zu  unterhandeln. 
Die  RaubzQge  werden  ihnen  offenbar  zu  heftig  und  zu  hftufig. 
Abends  kam  der  Kameelshftndler  tfusein,  er  dictirte  mir  auf 
Verlangen  Auskunfte  aber  die  Kameele,  ihre  Namen,  Krank- 
heiten,  Gangarten  und  dergleichen.  Der  Schmied  IJusein  und 
der  Diener  Mahraud  betheiligten  sich  an  der  Vervollstandigung 
seiner  Angaben. 

Mit  dem  heutigen  Tag  begann  auch  der  Emtr  zu  fasten,  d.  h. 
solange  die  Sonne  am  Himmel  steht,  auf  Speise  und  Trank  zu 
verzichten.  Der  vorletzte  Kazu  war  n&mlich  in  den  Ramadan, 
in  den  eigentlichen  Fastenmonat  (diesmal  Juli  bis  August) 
gefallen.  Im  Krankheitsfall  oder  auf  einer  Reise  oder  wahrend 
ernes  Krieges  ist  der  Muslim  des  Fastens  uberhoben,  muss  es 
aber  zu  einer  anderen  gelegeneren  Zeit  hereinbringen,  also  nach- 
fasten.  Das  tbut  demgemass  in  diesen  Tagen  hier  die  Mehrzahl 
der  waffenfahigeu  Manner.  IJamud  el-MigrOd  z.  B.  fastet  heute 
den  14ten  Tag;  dabei  tragt  er  in  Ermanglung  eines  Kalenders 
einen  Fetzen  Papier  bei  sich  und  macht  zur  Sicherheit  jeden 
Abend  nach  Sonnenuntergang  einen  Strich  darauf.  Die  Faster 
vermeiden,  wenn  eine  andre  Person,  die  raucht,  in  die  Nahe 
kommt,  den  Tabaksrauch  in  die  Nase  zu  kriegen3);  so  habe 
ich  heute  zwei  gesehen,  die  in  diesem  Fall  die  Keffijjeh  dicht 
uber  das  Gesicht  zogen.  Selbst  bei  Rauchemng  mit  Wohlge- 
rflchen  weigern  sie  sich,  davon  Gebrauch  zu  machen;  sie  lehnen 
es  ab  mit  den  Worten:  ,lch  faste". 


[1)  Noch  H.,  der  Unge  mit  Leulea  dieses  Stainmes  zamrameu  war,  spreehrn  sie  «elb*t  ihren 
Nameu   ^Otale  bus. 

2)  Das  mag  damit  zusammenbnntren,  das*  man  im  Arabuchvii  fur  rauchen  sagt  „Rauch 
trinken'*.  Das  Trinken  ist  verboten.  ergo  — .  Auch  im  Turkiacheu  sagt  man  ..Ranch  trinken" 
fur  Mrauchen",  und  derielbe  Anadruck  war  in  fruberer  Zeit  in  Europa  gebruochlich.  Die  ortho- 
doxen  Juden  pflegen  am  Sabbath  nicht  ni  rauchen.  j 


42 


NEHNTKS  CAIMTKU 


Fr.  7.  Dec.  1883].  Bei  deru  Waffenschmied  R&nem  gelingt  es 
mir  selten,  ihn  oder  seinen  Sohn  Muhammed  bei  der  Ausubung 
ihrer  Kunst  beobachten  zu  kdnnen.  In  seinem  Hans  ist  von 
Besuchern  ein  standiges  Gelauf,  wodurch  der  Mann  allemal 
abgerufen  wird  und  gezwungeu  ist,  in  seinem  KaMwata  die 
Mussigganger  zu  empfangen.  Da  ist  nur  zu  verwundern,  dass  er 
daueben  noch  so  schdne  Sachen  fertig  bringt.  Wie  ich  sah,  dass  er 
alle  Schnipfel  und  Spftne  seiner  Arbeit  von  Zeit  zu  Zeit  auf  den 
Lehmboden  ausschuttelte,  stellte  ich  ihn  zur  Rede,  was  er  denn 
rait  dem  Abfall  der  Edelmetalle,  wie  er  sich  beim  Graviren  und 
Ciseliren  ergebe,  anfange.  Was  sollte  er  damit  anfangen?  Es 
werde  halt  aller  Kehricht  miteinander  in  das  Wasserloch 
im  Hof  und  in  die  Dohle  geschflttet.  Vergeblich  suchte  ich  ihui 
klar  zu  machen,  was  das  fur  eine  unverantwortliche  Versch wen- 
dung  und  Thorheit  sei.  Bei  unseren  Goldarbeitern  und  in  den 
Fabriken  werdeu  die  Uberbleibsel  („Krfttze")  sorgfaltig  gesam- 
raelt,  weil  sie  urageschmolzen  einen  ganz  erheblichen  Werth 
darstellen.  Ja,  es  sei  sogar  ein  eigenes  Gewerbe,  die  Kleider 
und  Gerathschaften,  Tische  und  StubenbOden  zu  reinigen  und 
aus  dem  Schmutzwasser  das  Edelmetall  wieder  zu  gewinnen. 
Wenn  auch  das  Einzelne  winzig  erscheine,  durch  die  Masse 
komme  doch  so  viel  dabei  heraus,  dass  die  Wascher  das  Ge- 
schaft  nicht  etwa  bloss  unentgeltlich  besorgen,  sondern  noch 
Geld  daranf  bezahlen.  Vater  und  Sohn  lachten  unglaubig  uber 
die  Mnekenseigerei :  bei  ihrem  eigenen  Betrieb  kftmen  solche 
Lappalien  gar  nicht  in  Betracht.  Dann  also! 

Mittags  bei  Slimftn  Mirza  (oben,  S.  36)  eineu  Abschieds- 
besuch  gemacht.  Auch  unser  Nachbar  Mirza  will,  angeblich 
auf  ein  Jahr,  nach  dem  eImk  zuruek;  es  kommt  mir  aber  eher 
vor,  er  habe  das  Leben  unter  den  Beduinen  satt,  und  wolle  ^ 
uberhaupt  nichts  mehr  davon  wissen.  —  Nachmittags  den 
Schmied  ftusein  aufgesucht;  da  er  selbst  nicht  zu  Hause  war, 
besah  ich  wenigstens  seine  Werkstatt. 

Magid,  der  an  Schraerzen  leidet  wegen  eines  hohlen  Zalmes, 
schickte  eineu  Sclaven  urn  Arznei.  Huber  iibersandte  ihm  Carbol- 


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HftjEL 


43 


saure  mit  der  Weisung,  er  solle  einen  Tropfen  auf  Baumwolle 
thun,  die  daraus  gebildefce  kleine  Kugel  in  die  Hflhlung  drttcken 
und  noch  etwas  trockene  Baumwolle  darauf,  aber  Acht  geben, 
dass  niehts  au  das  Zahnfleisch  odcr  die  Zunge  komme,  weil 
das  brenne.  Kaum  im  Besitz  des  Mittels  stach  ihn  der  Nasen- 
weis;  er  Hess  einen  Sclaven  die  Zunge  herausstrecken,  um 
daran  die  Wirkung  der  Carbolsaure  zu  probiren. 

Seinem  Vater  IJamud  el-cObeid  fehlen  zwei  obere  Schneide- 
zahne.  Er  hatte  gehOrt,  in  Damascus  sei  ein  Zahnkunstler, 
und  mftchte  nun  von  dort  zwei  Einsetz-Zahne  kommen  lassen. 
Ich  wundre  mich  eigentlich  nur,  dass  er  nicht  langst  einem 
Sclaven  sammtliche  Zahne  zur  Probe  hat  einschlagen  lassen, 
um  zn  selien,  oh  ihm  keiner  von  diesen  passt  und  gleich  halt. 
Es  war  schwer,  ihm  begreifiich  zu  machen,  dass  die  Kunat 
darin  bestehe,  die  Zahne  geuau  an  den  Kiefer  anzupassen. 
Dazu  mQsste  er  dem  Damascener  zuvor  einen  Abdruck  seines 
Oberkiefers  etwa  in  Wachs  einsenden.  Natflrlich  ware  es  noch 
gescheidter,  wenn  er  selber  nach  Damascus  reiste;  doch  dazu 
ware  er  ja  nicht  um  alles  in  der  Welt  zu  bringen.  Dagegen 
kam  ihm  der  Gedanke,  ob  der  Mann  nicht  vielleicht  hieher 
kame,  wenn  er  ihm  ein  Delul  zur  Reise  und  das  furstliche 
Geschenk  von  200  Megidi  (750  M.)  schickte.  Er  wurde  ganz  bos, 
wie  ich  bezweifelte,  ob  der  Mann  damit  zufriedeu  ware.  ,Was 
sagst  Du?  das  ist  doch,  weiss  Gott,  genug  far  zwei  Zahne!"  — 
„ Ja  freilich !  aber  bedenke  doch :  wenn  der  Maun  reiten  wilrde 
wie  vernlckt  und  ohne  auszuschnaufen,  so  brauchte  er  von 
Damascus  nach  yajel  20  Tage.  Thatsachlich  wird  er  30  brauchen. 
Dann  kommt  er  hier  an  mit  Klagen  flber  die  ausgestaudenen 
Schmerzen ')  und  Entbehrungen,  und  muss  sich  doch  etwas 
ausruhen.  Bis  deine  Zahne  angetertigt  und  eingesetzt  sind,  ver- 
gehen  mindestens  10  Tage.  Zum  Rilckweg  braucht  erwieder30, 
thut  summa  summarum  70  Tage.  In  der  Zeit  hatte  er  in 
Damascus  taglich  doch  mindestens  seine  4  Megidi,  also  im 

1)  Tgl.  Bd.  I,  S.  33  f. 


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44 


NFINTTS  CAPtTBL. 


Ganzen  2S0  Megidi  (9S0  M.)  verdient,  ohne  sich  dabei  abzu- 
schindeD  und  wund  zu  reiten".  Dieser  geschaftsm&ssigen  Redl- 
ining konnte  er  schliesslich  die  Richtigkeit  nicht  absprechen; 
ich  Jrin  aber  ilberzeugt,  dass  er,  wie  ich  zum  Haus  draussen 
war,  meine  gauze  Beweisf'Qhrung  fur  den  Werth  der  Zeit  als 
graue  Theorie  flber  Bord  geworfen  hat:  Narr!  l&cherlich! 
Sa.  8.  Dec.  1883].  Morgens  kam  der  Schmied  IJusein,  den 

ich  gestern  verfehlt 
habe;  er  begleitete 
mich  zu  den  drei 
alten  Ithelbaumen 
(Tamarisken)  in 
der  Nahe  seines 
Hauses.  Nachdem 
ich  einen  derselben 
in  Wasserfarben 
gemalt  hatte,  nahm 
er  mich  mit  in 
seine  Werkstatt, 
woselbst  ich  seinen 
Neffen  Hamud  ibn 
Khalaf  zeichnete. 
Auf  dem  Heimweg 
gewahrte  ich  im 
Stadttheil  Sarl.iah 
einen  Palinbaum, 
dessen  Stamm  bis 
hinauf  in  die  Halfte 
zwischen  Bretter 

Ithel-Baum  in  l.Mjel.  Mini     Stangen  mit 

Stricken  fest  eingebunden  war.  tfusein  nannte  mir  den  Namen 
der  Krankheit,  an  der  der  Baum  leide,  und  gab  eine  langere 
Erklarung  davon,  von  der  ich  aber  nicht  viel  verstanden  habe. 
Er  begleitete  mich  noch  bis  zu  cAbdallah  ins  Haus. 
Nachmittag8  3  Dhr  liess  sich  pltftzlich  der  Emir  zu  Besuch 


l.l&JEL. 


45 


ansagen.  Er  erschien  auch  gleich  darauf  mit  Hamud  el-^Obeid, 
eAbd  el -c Aziz  und  einigen  Leibdienern.  Da  er  fastete,  konnten 
wir  ihm  nichts  anbieten.  Nacb  einer  Viertetetunde  machte  er 
den  Vorschlag,  wir  wollten  etwas  ins  Freie  gehen  gegen  den 
Brunnen  S£mah  zu.  Voran  gieng  der  Emir  mit  Hamud,  einen 
halben  Scbritt  hintendrein  Huber  und  ich  rait  cAbd  el-cAziz  an 
der  Hand,  dann  in  breiten  Reihen  ein  Schwarm  von  Schwert- 
tragern  und  Sclaven.  Am  Brunnen  Semah  (oben  S.  22  f.)  klopf- 
ten  wir,  uberraschten  firaf  Weiber,  die  behaglicb  in  der  Sonne 
auf  dem  Boden  lageu.  Bei  unsrem  Eintritt  fuhren  sie  erschreckt 
in  die  H6he,  verhflllten  sich  und  wurden  von  den  Sclaven  nicht 
gerade  sap  it  hinausgeschoben.  Der  Emir  erklarte  den  Brunnen 
und  den  Garten,  und  dann  hockten  wir  Alle  an  einer  Innen- 
mauer  auf  den  blossen  Boden;  nur  fur  den  Emir  zog  Einer 
den  Mantel  aus  und  breitete  ihn  auf  das  Erdreich.  Auf  seinen 
Wunsch  zeichnete  ich  ganz  fiachtig  einen  einaugigen  Diener 
und  einen  Sclaven.  Von  da  nahmen  wir  unseren  Gang  in  die 
Ebene  gegen  eAkdeh  zu.  Uuterwegs  rief  ein  alter  Bettler  den 
Emir  an ;  dieser  blieb  stehen  und  wechselte  mit  ihm  einige  Worte. 
Ein  paar  hundert  Schritte  weiter  kamen  wir  an  eine  niedrige 
Steinmauer  mit  einer  ftiblah-Nische,  welche  die  Richtung  nach 
Mekkah  andeutete.  Hier  traten  sie  in  zwei  Reihen  zusammen 
zum  Gebet ;  der  Khatib  stellte  sich  auf  ein  paar  erhOhte  Steine 

Stchcndo  Butcr. 


und  betete  vor,  wfthrend  des3en  Huber  und  ich,  weiter  rilck- 


Kni«eude  Beter. 


41) 


NKt'STES  CAP1TKI.. 


warts  sitzend,  uns  unterhielten.  Nach  beendetem  Gebet  setzte 
sich  der  Einir  mit  Gefolge  hier  ebenfalls  auf  den  Boden.  Er 
erkundigte  sich,  wie  es  deun  komme,  dass  Leute  behaupten, 
die  Sonne  stehe  still  und  die  Erde  bewege  sich.  Er  h6rte  der 
Begrttndung  dieser  welturasturzenden  Theorie  mit  Interesse  zu, 
schien  aber  nicht  recht  folgen  zu  konnen,  eher  beunruhigt  zu 
sein,  denn  mit  einem  Senfzen  der  Erleichterung  meinte  er,  im 
Koran  stehe  nichts  davon,  und  es  sei  jedenfalls  besser,  man 
lasse  es  beim  Alten  ').  Er  gab  sodanu  Befehl,  aus  der  Stadt 
ein  paar  Esel  zu  beschaffen,  um  nach  Hause  zu  reiten.  Mittler- 
weile  kam  des  Wegs  daher  der  Khatib  vom  Dorfe  cAkdeh; 
dieser  musste  in  den  Halbkreis  hocken,  und  aus  dem  Koran 
auswendig  etwas  vortragen.  Dazwischen  kam  auch  noch  ein 
junger  Mann  und  brachte  eine  Klage  vor;  der  Emir  versprach, 
sich  um  die  Sache  zu  bekummern,  dann  schoben  sie  den  Men- 
schen  bei  Seite.  Als  die  Esel  zur  Stelle  wareu,  empfahlen  wir 
uns  und  giengen  mit  tfaraud  el-Migrad  zu  Fuss  in  unser  Quartier 
zurflck.  Vor  dem  Hause  trafen  wir  mit  dem  Prinzen  Magid  zu- 
sammen,  der  uns  noch  eine  voile  Stunde  bis  zur  Essenszeit 
elendete. 

Abends  erzahlte  cAbdallah,  yarnud  el-cObeid  habe  ihn  darauf 
angeredet,  er  habe  gehtfrt,  ich  besitze  eine  Uhr.  'Abdallah  er- 
widerte,  er  habe  noch  nie  eine  bei  rair  gesehen.  Ich  liess  ihm 


1)  Als  vor  etwa  16  Jnhrcn  auf  der  Plattform  und  auf  der  Spitze  dcs  Strassburgcr  Ministers 
meteorologische  Iastrumeate  verschiedener  Art  aagcbrncht  wurden,  erkldrte  mir  der  8S-jiibrige 
Thurmwuchter  —  Beronrd  hiess  er  —  alle  dies©  Ncuerungea  »eivn  wcrthlos  und  dammes  Zeug, 
aber  das  Gesrlteidteste  sci,  jedem  Narrcn  seine  Knppo  zu  l«s*eu.  Da  sci  unliingst  cia  Freinder 
heraufgckuiuiDca  und  habe  ihn  bclehrcu  wollen,  da»s  die  Krde  sich  drehc  und  die  Sonue  still- 
stche.  Ja,  was  solle  man  dazu  sagen?  Seit  mehr  als  40  Jahren  sehc  er  scbier  Tag  fur  Tag  alle 
Morgen  da  druben  hiuter  dem  Schwarzwald  die  Sonne  heraufsteigen,  und  da  koiume  nun  so  ein 
uasenweiser  GrGnschnabel  uad  lueiue,  ihtn  altcu  Mauue  kunne  mau  schou  eincn  derartigen 
Barcu  aufbindeo.  „Aber  wissc  Se,  lierr  Euting,  cs  miles  au  so  Vech  gun  [a  muu  aucb  solchcs 
Vieh  gcbea.)"  Der  Freindc  war  gerichtct.  —  Aus  Agypten  ist  mir  folgeude  Geschkhtc  bekannt: 
„Ein  SchuUmanu  sab  eiumal  bei  Nacht  einco  lktrunkeneu  auf  der  Straste  stebeu.  Da  sprach 
er  zu  ihm:  „Warum  stchst  du  hier  so  berum,  du  Bursfho?"  Der  antwortcto:  „Ich.  habe  eintnal 
gehort,  wie  etner  sajjtc,  die  Erde  drehe  sich,  doch  ich  glaubtc  sciuen  Worten  nicht.  Aber  jetzt 
Behc  ich,  wie  die  Welt  sich  drcht  ,  und  «la  sogte  mir  mein  Verstand :  „Stott  delue  Fiisse  bis 
nach  Hause  niiide  zu  laufeu,  bleib  liebcr  stcben;  wenu  du  daun  siehst,  wie  dein  Haus  vorbei- 
komrat,  geb,  greif  nach  eiuera  von  den  Fcnstera  und  gch  hinein!  Adieu:"  lu  kitiib  mtai 
kilaya  ma-littiya,  von  Muhammul  Kjf^ndi  cA6d  al-Vatiah,  Aleianilria,  ohnc  Jahr,  S.  13.]  • 


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47 


sagen,  freilich  habe  ich  eine,  die  sei  aber  von  gemeinem  Kupfer, 
trotzdem  gebe  ich  sie  nicht  her.  Kriegt  denn  der  Uhrenfresser  nie 
genug?  (Bd.I,S.  187  und  obenS.  13f.).  Auch  unsrem Reisemarschall 
I  Iamud  el-Migrad  liegt  er  allzeit  weinerlich  in  den  Ohren :  warum 
bringt  du  uns  nichts  mehr  von  Huber  und  cAbd  el-Wahhabl 
Vor  ein  paar  Tagen  habe  ich  dem  fflnfjabrigen  Enkel  des  Ranem, 
dero  cAb'dallah ')  ibn  IJamd  ez-Zeheri,  ein  kleines  Schiebbleistift 
verehrt  in  Gestalt  einer  Flinte,  in  dem  Perlmutterschaft  war 
auch  noch  eine  Messerklinge  untergebracht.  (Frau  Alfred  Jobst 
in  Stuttgart  hatte  es  mir  mit  anderen  Gegenstanden  zum  Ver- 
schenken  auf  der  Reise  mitgegeben).  Heute  hOre  ich,  dass  der 
'Obeid,  von  dieser  Kostlichkeit  in  Kenntniss  gesetzt,  zu  Ranem 
gelaufen  sei,  und  unter  der  Hetheuerung,  dass  er  doch  auch 
Kinder  genug  besitze,  die  ich  in  erster  Linie  hatte  beschenken 
kfinnen  und  sollen,  das  Ding  dem  Buben  weggenoramen  habe.  — 
Ach!  dieser  Mensch! 

So.  9.  Dec.  1883].  Der  Prinz  Magid,  sonst  ja  nicht  gerade 
kflnstlerisch  veranlagt  (.siehe  oben  S.  25),  ist  doch  von  einer 
ungemein  raschen  Auflfassungsgabe.  Als  ich  diesen  Morgen  in 
seinem  Empfangssaal  zeichnete,  stellte  er  mich  zur  Rede,  warum 
denn  in  der  Flucht  der  Saulen  die  hintersten  immer  kleiner 
werden,  sie  seien  doch  thatsuchlich  alle  gleich  gross.  Ich  liess 
ihn  nun  zunachst  ein  Auge  zuhalten,  und  zeigte  ihm  dann  die 
mit  der  Entfernung  zunehmende  VerkOrzung;  bald  begrifl'  er 
auch  die  von  oben  oder  unten  auf  den  Augenpunkt  (Horizont) 
zulaufenden  Linien,  so  dass  er,  ehe  zehn  Minuten  um  waren, 
perspectivisch  richtig  sehen  gelernt  hatte.  Eben  sollte  er  durch 
eine  anzufertigende  Zeichnung  beweisen,  dasserjetzt  auch  wirk- 
lich  richtig  die  Linien  und  Winkel  zu  Papier  bringen  konne, 
da  wurde  gemeldet,  der  Emir  wolle  mit  den  Prinzen  ausreiten. 
Die  Hausthure  wurde  geCffnet,  die  Pferde  hinter  einander  aus 
dem  gegenuberliegenden  Stall  herausgefQhrt,  die  Prinzen  schnall- 
ten  sich  die  Khangar  (Dolche)  um,  und  zogen  auf  der  Strasse 

I)  Pern  Kind  des  Leibdienera  des  Puretco. 


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48 


NEUSTK8  CAl'ITI  I.. 


ungenirt  die  weiten  Unterhosen  auf  den  blo9sen  Leib  an,  wahrend 
ich  uud  andere  gerade  anwesende  Personen  zuschauten. 

Von  Ranem  wollte  ich  gerne  horen,  wie  der  cObeid  eigent- 
lich  in  den  Besitz  von  deui  Flinten-Bleistift  gekommen  sei.  Bis 
ich  in  seinem  Hause  ankam,  hatte  wahrscheinlich  mein  Gesicht 
einen  so  galligen  Ausdruck  angenommen,  dass  Ranem  ganz 
erschreckt  behauptete,  nicht  der  eObeid,  sondern  der  Emir  selbst 
habe  seinem  Enkel  das  Geschenk  weggenommen.  Was  wird  denn 
der  Emir  um  ein  solche  Bagatelle  sich  heknmmern !  Unter  Ver- 
wunschungen  verliess  ich  das  Haus.  Auf  den  Steinhugeln  Buedah 
im  Sudosten  der  Stadt  kaute  ich  noch  an  raeinem  Arger  weiter. 

Mo.  10.  Dec.  1883|.  Morgens  vor  dem  Essen  hinter  dem  Semah 
ein  grosses  Panorama  von  yajel  gezeichnet.  Nachmittags  den 
Sohn  des  Wolfes  (Bd.  I,  S.  187)  in  seiner  dusteren  HOhle  auf- 
gesucht.  Er  hatte  die  Frechheit,  mir  sofort  zum  Empfang  das 
aus  der  Tasche  gezogene  Flinten-Bleistift  vor  die  Nase  zu 
halten  und  sich  dam  it  zu  brflsten :  wSieh,  jetzt  hab  ich's  doch! 
Warum  hast  du  mir's  nicht  gleich  gegeben?"  Nur  mit  Muhe 
konnte  ich  mich  beherrschen:  „Ich  hatte  nie  gedacht,  dass  du 
nach  solehem  Tand  Verlangen  trflgest,  und  dann  wollte  ich  es 
eben  gerade  diesem  Buben  geben,  weil  ich  meine  Freude  an 
ihm  babe."  „Ach!  was  hast  du  mir  an  dem  Buben  far  einen 
Affen  gefressen,  das  ist  ja  ein  ganz  einfaltiger  Kerl  !M  ~-  Heiliges 
Gewitter!  Da  kSnnte  man  spomstreichs  das  grilne  Fieber  krie- 
gen!  Ich  glaube,  es  ist  reiu  unmoglich,  in  Hajel  irgend  Jemanden 
persOulich  zu  beschenken.  Ehe  drei  Tage  vergehen,  ist  das  Ge- 
schenk ins  Schlos8  gewandert;  der  Jvasr  ist  der  grosse  Glucks- 
hafen,  in  den  freiwillig  oder  gezwungen  A  lies  zusammenlauft.  — 
Doch  damit  hatte  der  heimtuckisehe  Vielfrass  noch  nicht  genug; 
er  hub  an,  auch  noch  auf  tfamud  el-Migrad  zu  schimpfen,  der 
doch  im  Interesse  des  Rasr  ein  wackerer  Kampe  uns  schon  ganz 
tuchtig  ausgeplandert  hat,  und  dem  sie  selber  alle  Geschenke, 
die  wir  ihm  gegeben,  weggenommen  haben.  Er  hatte  offenbar 
beim  Emir  den  Mann  bereits  angeschwiirzt,  und  wollte  nun 
auch  bei  ineiner  Person  den  Versuch  macheu,  doch  vergeblich, 


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49 


denn  ich  liess  Nichts  auf  unsern  alten  Raftk  (Reisegefahrten) 
kommen,  vertheidigte  ihn  vielmehr  nach  Kraften. 

Abends  wui'den  wir  zum  Emir  ins  Schloss  geholt.  Nach  dem 
Gebet  mussten  inehrere  Sclaven  antreten  und  ihre  Kunstfertig- 
keiten  zeigen.  Der  Eine  ahmte  alle  m6glichen  Thierstinimen 
nach,  dann  das  Gebet  eines  Schi'ah  (Persers),  das  er  mit  eineni 
plumpen  Laute1)  abschloss.  Ein  Anderer  legte  die  hohle  Hand 
in  die  AchselhOhle,  und  brachte  durch  Drucken  mit  dem  Arrae 
die  beliebten  unfeinen  TOne  hervor,  wie  sie  Jeder  aus  seiner 
Kinderzeit  kennt.  Ein  Drifter  verstand  es,  verschiedene  stadt- 
bekannte  PersOnlichkeiten  nach  der  Eigenart  ihrer  Gangweise, 
Reden  und  Geberden  auftreten  zu  lassen;  kostlich  ahmte  er 
die  klaglichen  Laute  der  Rebabah  nach,  und  fflhrte  zuletzt  noch 
einen  Nationaltanz  aus  seiner  Heimath  auf.  Bei  alien  diesen 
an  die  Granzen  des  Anstandes  streifenden  Vorstellungen  lachte 
die  gauze  Gesellschaft,  einschliesslich  des  Fflrsten,  nach  Her/ens- 
lust.  Zum  Schlusse  zeigte  sich  noch  ein  anderer  Selave,  Namens 
Khuraejjis,  von  ziem- 
licher  KOrperkraft.  Er 
musste  auf  einem  Fusse 
tanzen,  und  dabei  den 
grossen  Zehen  des  an- 
dern  mit  den  Zahnen 
halten;  dann:  durch  den 


L..J 


wag- 


Arabi&che  Akrobaten. 


von  ihm  selbst 
recht  gehaltenen  Stock  vor-  und  ruck  warts  springen,  auf  einem 
Schemel  die  Wage  halten,  gleichzeitig  den  Kopf  niederbeugen 
und  mit  den  Zahnen  einen  Gegenstand  vom  Boden  aufheben. 
Sein  schOnstes  Stack,  versichei-te  der  Emir,  k6nne  dieser  Sclave 
nur  im  Nefud  (Flugsandwilste)  ausfuhren,  namlich  vom  Hocker 
des  Kameels  den  Kopfsprung  in  den  Sand  machen,  und  die 
Beine  senkrecht  in  die  Luft  streckeu,  bis  er  umfalle.  Mein 
Nebensitzer,  der  Vetter  des  Fursten,  Hamftd  el-cObeid,  tilhlte 


1)  Crepitum  imitani. 


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50  NK.DXTKS  CAtMTKl.. 

sich  durch  die  eben  gesehenen  Kraftausserungen  in  seinem  natio- 
nalen  und  muslimischen  Bewusstsein  oflfenbar  sehr  gestarkt,  denn 
er  wollte  mir  das  Gestandniss  erpressen,  dass  es  ioi  Christen- 
lande  keine  so  kraftigen  und  gewandten  Leute  gebe.  Auf  das 
hin  guckte  ich  ihn  einen  Augenblick  ruhig  an  und  sagie:  „Lass 
einmal  die  gepriesensten  von  deinen  Sclaven  zu  mir  herkom- 
men,  ob  mir  da  einer  das  Knie  biegt".  Gleich  katnen  zwei  auf 
einen  Wink  herbei.  Sehr  hochmathig  drehte  ich  mich  halb  auf 
die  linke  Seite,  streckte  aus  meinen  Kleidern  das  nackte  rechte 
Bein  hervor,  und  forderte  sie  auf,  damit  anzustellen,  was  sie 
kflnnten.  Allsogleich  stemmte  Einer  seinen  Fuss  in  meine  Knie- 
kehle  und  packte  mich  am  Fuss  und  Knochel,  urn  das  Knie 
zu  biegen.  Lachend  spottete  ich  der  verzweifelten  Anstrengun- 
gen:  „Du  kannst  dir  noch  von  zweien  helfen  lass  en,  und  dann 
bringt  ihr's  zu  dritt  erst  nocli  nicht  zuweg".  Sofort  sprangen 
zwei  herbei,  die  ich  aufmunterte  zuzugreifen :  Als  zu !  Dieweil 
nun  alles  Driicken,  Treten  und  Zerren  umsonst  war,  verfiel 
einer  in  seiner  Raserei  auf  ein  ganz  unerlaubtes  Auskunfts- 
mittel:  mit  einem  wathendeu  Faustschlag  lflhmte  er  mir  ur- 
plOtzlich  einen  Muskel  des  Oberschenketa,  so  dass  das  Knie 
umsehnappte  and  idle  drei  nach  rackwarts  stQrzten.  Allgemeine 
Heiterkeit.  IJamud  war  damit  immer  noch  nicht  zufrieden,  und 
meinte,  ob  ich  den  Kuuststuckcn,  wie  seine  Neger  vorhiu  einige 
gemacht,  etwas  Ahnliches  gegenflber  stellen  kfmnte.  ,Gewiss!" 
Ich  verlangte  eine  oder  zwei  Ithelstangen,  wie  man  sie  zum 
Eindecken  der  Zimmer  braucht,  mOglichst  glatt  und  gerad,  doch 
nicht  zu  dick.  Eiligst  rannten  Einige  fort,  und  brachten  ein 
halbes  Dutzeud,  wovon  ich  mir  eine  als  Reckstange  auswahlte. 
Allerdings  war  die  Rinde  nicht  sehr  gflnstig  far  den  Zweck, 
darum  schnitzelte  ich  mit  dem  Messer  einige  Astansatze  glatt. 
Zwei  Paare  von  Sclaven  mussten  die  Stange  auf  den  Achseln 
halten;  ich  probirte  das  wacklige  Gestell.  Nachdem  ich  Mantel 
und  Kopftuch  abgelegt,  und  das  Hemd  in  einen  umgeschnall- 
ten  G  artel  zusammengeraflft  hatte,  konnte  die  Vorstellung  los- 
gehen.  Ich  commandirte:  ,Festhaltenr  Da  ein  rascher  Bauchauf- 


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Ha  J  EL.  51 

schwung  um  ein  Haar  die  Sclaven  zu  Boden  geworfen  hatte, 
wurden  zur  Sicherheit  noch  vier  weitere  Sclaven  angestellt. 
Uiiter  athemloser  Spannung  des  Publicums  brachte  ich  die 
seit  20  oder  mehr  Jahren  nicht  mehr  geabte  Kniewelle  zu 
Stande,  freilich  nicht  ohne  schmerzhafte  Einbusse  von  Haut  in 
meiner  ungeschatzten  Kniekehle. 

Mitten  in  der  Auffahrung  einigei* 
weiteren  staunenswerthen  Kunststacke 
wurde  der  Besuch  eines  sehr  frouamen 
Mannes,  des  Khatib  cAbdallah,  gemeldet. 
Der  Emir  rief  mir  noch  rasch  zu:  Ilbis 
(»zieh  dich  an!'1):  ich  hatte  knapp  Zeit, 
in  meinen  Mantel  hineinzuschlapfen  und  keuchend  meinen  Platz 
zu  erreichen,  da  trat  auch  schon  der  Khatib  herein.  Befremdet, 
doch  ohne  Auf  kl&rung  zu  verlangen,  schritt  er  auf  den  ihm 
angebotenen  Platz  zu.  Es  herrschte  ein  verlegenes  Schweigen 
im  Saal,  und  Alle  hatten,  statt  den  Gruss  zu  erwidern,  den 
guten  Mann  am  liebsten  zum  Kuckuck  gewQnscht,  deun  der 
Abend  war  schmerzlich  unterbroehen.  Ich  hatte  Musse,  flber 
die  VergaDglichkeit,  meiner  Kanstlerlaufbahn  uachzudenken : 
Qualis  artifex  pereo!  Ob  er's  nun  von  selbst  merkte,  oder  ob 
es  ihm  in  der  Stille  gesteckt  wurde,  dass  er  als  Stdrefried  eio- 
gedrungeu,  weiss  ich  nicht  ;  jedenfalls  wollte  der  Khatib  sich 
mir  getallig  erzeigen,  und  erzahlte  mir:  am  Berge  Serra  ') 
(eine  starke  Tagreise  im  Saden  von  hier)  habe  er  in  der  Nahe 
des  Wassers  eiue  Inschritt  in  unbekannten  Zeichen  am  Felsen 
abgeschrieben,  er  wolle  mir  bei  Gelegenheit  seine  Abschrift 
zeigen. 

Di.  H.  Dec.  1883J.  Ich  war  ganz  erstaunt,  schon  in  der 
FrQh  durch  einen  Boten  des  Farsten  ein  Blatt  Papier  2)  mit  der 

1)  ffyJl. 

2)  Auf  dem  Blatt  stand:   &   ^   ^cjJ!   41)  ij£>  Jx.  byJU  wjO>j 

.  L\£$>  J)L  („Ich  f»nd  eine  Inachrift  auf  dem  Felsen  voin  Bergc  ScrnV,  bei 

dem  Wasser  in  der  Landschaft  Tajj.  Meine  Abzeichiiui.g  ist  wio  folgt:") 


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SkOntks  cawtkJ.. 


Zeichnung  des  Khattb  eAbdallah  zugeschickt  zu  erhalten.  Es 
ist  sicherlich  selten,  dass  ein  Beduine  auf  Schriftzeichen  Ach- 
tuug  gibt,  ganz  unerhdrt  aber  ist,  dass  einer  aus  freiem  Antrieb 
die  Buchstaben  abzeichnet.  Wie  richtig  und  pftnktlich  der  Mann 
das  get h an  hatie,  davon  konnte  ich  mich  am  27.  Januar  1884 
durch  Augenschein  uberzeugen,  als  ich  3elbst  am  Serras  vor 
dem  Felsen  stand. 

Die  stetige  Abnahme  der  Luftwarme.  wird  schon  recht  em- 
pfindlich  (7°C);  ich  legte  heute  ein  wollenes  Unterhetud  und 
sogar  Socken  an.  lira  9  Uhr  sandte  Magid,  wir  mochten  auch 
zu  cAbdallah  kommen,  damit  wir  gemeinsam  dort  einen  Besuch 
machten.  Von  da  schleppte  mich  Magid  noch  in  seinen  Garten. 
Unterwegs  erkundigte  er  sich,  was  ich  denn  in  der  Brusttasche 
meines  Herades  stecken  habe.  Die  geheimnissvolle  Auskunft: 
„ein  [faltbarer]  Trinkbecher  aus  Gummi  [Kautschuk]",  wirkte 
auf  seine  Neugier  und  Habsueht  dermaassen,  dass  er  sich  nicht 
mehr  beherrschen  konnte,  vielmehr  mit  einem  raschen  Griff 
das  Wunderding  gltlcklich  entwendete.  Meine  Einsprache,  dass 
das  nichts  far  ihn  sei,  er  mache  es  doch  in  den  nachsten  fttnf 
Minuten  caput,  half  nichts.  Der  Becher  rausste  gezogen  und 
gedehnt  sein  bis  ins  Unmogliehe;  ich  konnte  die  kindische 
Misshandlung  nicht  mit  ansehen,  sondern  drehte  den  Kopf  auf 
die  Seite.  Zur  Begtltigung  versprach  er  mir  einen  Messing- 

■*-J(ihr\Tip-/i9 
^  ^  )  i  r  /  v  ^  p 

^Eiue  Kcnautrc  Kopic  ist  untcu,  unter  dem  27.  Jnnuar,  ab^ebildef. 


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53 


Becher  oder  -Schale  aus  dera  Schloss  zu  schickcn,  wiewohl  ich 
mich  lebhaft  gegen  ein  derartiges  MObel  verwahrte,  das  ich 
nur  schwierig  in  der  Tasche  bei  mir  fQhren  konnte.  In  einem 
an  Magids  Haus  anstossenden  Hof  bekam  ich  die  Jagdfalken 
zu  sehen.  Es  sind  sechs  Stack  gewesen,  die  aut  gestielten  Holz- 
tellern  angekettet  sassen. 
Ich  musste  einen  dersel- 
ben  malen,  dazu  einen 
Sclaven  Namens  Feneisan 
(^LfjOi),  der  die  Jagd- 
vogel ')  zu  besorgen  hat. 
Nebenher  wollte  ich  mir 
gerne  die  Art  und  Weise 
der  Abrichtung  erklilren 
lassen,  muss  aber  geste- 
hen,  dass  ich,  dem  die 
Sache  selbst  fremd  war, 
von  den  Kunstausdrucken 
so  gut  wie  nichts  verstan- 
den  habe.  Die  Leute  haben 

FeneisAn  mil  einem  Falkcn. 

auch  ihre  Jfigersprache, 
fur  die  es  noch  kein  Worterbuch  gibt 


1)  jiuo  (Plur.  »V»r  Jl.-.fogVr  .,  Koike. 

(PI.  bork«c  lH-:  bttrga%  Lederkappe. 

jtfl^(Pl.v»US'U/«)  mitkAkeh,  Lederbiindel. 
Mt^j4  mcrkAbah  [H.:  myrlcttbt  ,  Sit/ (-teller), 
sikh,  Si  tl  des  Si  ties. 


diss,  Handschub,  aus  dem  Ledcr  des  grauen 
Fu  crises,  husni  genannt. 
jJuJL»>Jl  Bsjyl  murbat  es-silsileh,  Lederbiindel 
mit  der  Kette. 


Ibrcu  Falkcn  gebea  sie  Namen  wie 

0b>f  'Argin. 

^IjP  Haz/a  Bcutezerfetzer]. 

Rannan  [H. :  Beutevertheiler]. 

cAzz4tu. 
wXjvtw  Sued. 
q!j^>  GerdAii. 


[H.  kennt  auch  noch  oLix>  KhattAf  "Raffer",  o'io  Kaflag.  „dcr  mit  deu  Flugcln  schlagt". 
Dagegen  wurde  ihm  OerdAo  als  Name  cines  Lastkamcls  gegeben/ 
2)  Als  Kigennamen,  wie  sie  fur  Jagdhunde  (  ^i^JL.  sluki,  PI.  qIaLw  tnlkAn)  gebraucht 


54 


NKI-NTK8  C.M'JTEL. 


Nachmittags  zu  Hamud  el-cObeid,  der  die  Gelegenheit  nicht 
vorbeigehen  lassen  konnte,  wieder  etwas  zu  erbetteln;  diesmal 
war  es  eine  silberne  Sicherheitsnadel,  die  ich  aus  Versehen  an 
raeiuem  Mantel  hatte  stecken  lassen;  er  versprach,  durch  lUnem 
mir  eine  andere  anfertigen  zu  lassen.  Bei  der  Ruckkehr  nach 
Hause  stiess  ich  auf  einen  Sclaven  MAgids,  der  mir  ein  plum- 
pes.  Trinkgla**  von  giftig  gruner  Farbe  zu  uberbringen  hatte. 
Auf  die  Frage:  „Nun,  zerrt  ihr  Alle  noch  iuirucr  an  dem  Gummi- 
becher  herum?"  antwortete  er:  „Ach  nein,  er  ist  caput;  gleich 
wie  du  fort  warest,  hat  Magid  aus  Leibeskraften  dran  gezogen, 
und  ihn  auseinandergerissen.  Jeder  von  uns  hat  ein  Stuck  davon 
bekommen.  Da,  guck!"   ~  Ja,  so  sind  die  Kerle. 

Zum  Essen  fanden  sich  l.Iamud  el-Migrad  und  'Abdallah  ein. 
Letzterer  erzahlte,  tfamud  el-cObeid  babe  zu  ihm  gesagt:  „[ch 
genire  mich '),  rede  doch  du  mit  Huber  [—  vor  mir  genirt  er 
sich  scheint's  noch  mehr  — ],  er  solle  mir  noch  eine  schtfne 
Uhr,  oder  einen  Revolver,  oder  eine  Flinte  schenken."  — 
Ach,  hab'  ich  den  Menschen  satt!  —  Huber  gieng  spater  ins 
Schloss,  um  ihm  eine  versprochene  Arzuei2)  zu  uberbringen. 
tfamud  el-Migrad,  von  mir  befragt,  warum  er  nicht  mit  Huber 
gegangen  sei,  meinte,  er  sei  im  Schloss  gegenwartig  nicht  zum 
besten  angeschrieben. 

Mi.  12.  Dec.  1883],  Lange  nicht  aufgestanden  wegeu  der 
grimmigen  Killte  (7°  C).  Bei  einem  Meschh£di  Ahmed  Raschid 
Gegenbesuch  gemacht,  audi  den  Bruder  unsres  nach  Meschhed 
abgereisten  Nachbars  Mirza  getroffen.  Ahmed  liess  einige  aus 
seiner  Heimath  stammende  Sttssigkeiten  reichen,  z.  B.  weisse 
Kuchlein 3),  rothe  Pasten 4),  stark  verzuckerte  Pistazien  Bon- 
bons0), gerostete  Mandeln  und  andere  Kerne. 

werden,  fubrten  tie  -n    iih  Turfth,  i^Ja*-  Sathth.  *U  Sohflleh.  iL^JU  Schelbah, 
Roddeh.  Der  Koppclmeister  oder  Hnndcfuhrer  wird  jili*^'  Frbcit»b  gcnannt. 
])  uC^w'.  2)  fur  die  ^i. 

3)  fy*.  Semibar.       4)  .jg&'J*  Kanitt.      5)  rJiXmi  Fustak.      6)  ^-Jlrf  MlibtoU. 
[H  :  $en6bar  siod  Pinicnuimc,  die  wohl  ouf  hdu,  d.  i.  unter  Um»Unden  Kuchlein,  gegewen 
wcrdeo  (wohl  *yritcbr. 


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55 


Bei  cAbd  el-cAziz  wollte  ich  Besuch  machen,  konnte  aber  nicht 
hineingelangen ;  der  Hausschlflssel  war  abgebrochen  oder  einige 
Zahne  in  dem  Riegel  stecken  geblieben.  Der  Prinz  fand  sich 
persOnlich  hinter  seiner  Hausthare  ein,  utn  sich  zu  entschul- 
digen.  Die  Unterhaltung  zweier  sich  gegenseitig  nicht  sehenden 
Personen  ist  aber  auf  die  Dauer  nicht  erquicklich,  und  unser 
Zwiegesprach  wurde  da  rum  bald  aufgehoben. 

Der  Emir  liess  tins  urn  1 27  Uhr  ins  Sehloss  rufen.  Haraud 
el-cObeid,  der  mir  so  wenig  zugethan  ist,  wie  ich  ihm,  machte, 
als  der  Emir  mein  Zeichenheft  kommen  liess,  nun  zum  zwei- 
ten  Mai  die  Bemerkung,  Menschen  zu  zeichnen  sei  eine  Sunde. 
Wie  ich  ihm  erwiderte,  bei  uns  ist  es  keine  Sunde,  fuhr  er 
mich  an:  „Du  hist  aber  hier  nicht  in  deinem  Lande!"  Indess 
glaube  ich  kaum,  dass  die  Sache  damit  abgethan  ist;  wahr- 
scheinlich  schuren  die  Pfaffen.  Zwar  rief  mir  der  Furst,  als 
Hamud  zeitweilig  zum  Gebet  sich  entfernt  hatte,  heruber:  La 
takhaf  („brauchst  keine  Angst  zu  haben!"),  und  erkundigte 
sich,  wie  ich  dazu  gekommen  sei,  FeneisAn  den  Sclaven  mit 
den  Falken  zu  zeichnen.  Es  kam  ihm  ganz  gelegen  zu  verneh- 
men,  dass  Magid  und  seine  Brflder  mich  dazu  aufgefordert  hat- 
ten,  weil  sie  sehen  wollten,  wie  man  mit  Farben  umgehe.  Ins 
Ohr  aber  sagte  er  zu  Huber,  er  solle  mir  beibringen,  dass  es 
besser  sei,  wenn  ich  hier  keine  Menschen  mehr  zeichoe;  Huber 
rieth  mir  auch,  sobald  es  Gelegenheit  gftbe,  meine  Tagbucher 
und  Zeichenhefte  sei  es  nach  Damascus  oder  nach  Baghdad 
in  Sicherheit  zu  schaft'en.  Die  Dummheit,  welche  aus  religidsem 
Aberglauben  entspriugt,  ist  docli  die  boshaft-gefahrlichste. 

Beim  Nachhausegchen  zeigte  der  Himmel  wieder  dasselbe 
wunderbare  Rothgluhen,  das  wir  schon  gestern  und  in  den 
fruheren  Tagen  angestaunt  hatten  (vgl.  Bd.  I,  8.  196). 

Do.  13.  Dec.  1883].  Morgens  kamen  zu  Besuch  der  Khatib 
§alili,  yamud  el-Mignid,  Nasir  Sebhan  und  der  Pei*ser  Ahmed 
Raschid  Mtrzn.  Der  Khatib  hatte  als  Geistlicher  den  Ehrenplatz 
auf  meinem  Teppi(;h  inne;  wie  der  Schilte  eintrat,  war  ich  so 
gedankenlos,  ihm  meinen  Platz  (also  auf  demselben  Teppich 


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56 


XEUNTKS  CAIMTKU 


neben  einem  wahhabitischen  Pfafien)  anzubieten.  Huber  ver- 
besserte  stillschweigend  mein  grobes  Versehen  und  ftlhrte  den 
Ketzer  an  der  Hand  hinuber  auf  seinen  Teppich.  Nach  kurzem 
Aufentbalt  entfernte  sich  der  Khatib  zusammen  mit  yamud. 

Huber  gieng  allein  zum  Vetter  des  Fursten,  zu  cObeid.  Dieser 
emptieng  ihn,  mit  Bezug  auf  den  gestrigen  Zwist  mit  mir,  mit 
der  Anfrage:  £um?  („ist  Feindschaft  ?") wurde  aber  von 
Huber  beruhigt  mit :  Istayfir  allah  („Gott,  wo  denkst  du  bin !"). 

Heute  ist  ein  Seherari,  Namens  Mubarak,  durch  Gy6har  im 
Gy6f  abgesandt,  in  I.Iajel  angekommen,  war  Tag  und  Nacht 
geritten,  um  den  Emir  zu  benachrichtigen,  dass  die  cAnezeh 
einen  Razu  auf  die  Schammar  im  Norden  und  Nordosten  von 
hier  unteruebmen.  Auf  der  Stelle  musste  eine  Anzahl  Ragagil 
aufsitzen,  sollten  reiten  was  Zeug  halt,  alle  Schammar  in  der 
Richtung  des  Razu  lagernd  zu  warnen.  Sodann  wurde  cAld  es- 

Sitr,  der  Oberhirte  -),  gerufen  und  erbielt 
den  Auftrag,  die  Pferde  und  Kameele  des 
Fursten  auch  wenn  nicht  unmittelbar  ge- 
fahrdet,  unbedingt  in  Sicherheit,  d.  h.  naher 
an  die  Hauptstadt,  zu  bringen  3). 

l.Iamud  el-Migrad  ist  wieder  viel  aufge- 
rflumter;  er  hat  uns  zwar  nichts  davon 
gesagt,  soil  aber  im  Laufe  des  Tages  mit 
rObeid  eine  ganze  Stunde  allein  gewesen, 
demnach  wieder  ganz  zu  Gnaden  augenommen  worden  sein. 
Das  Nachtessen  haben  wir  zur  Abwechslung  bei  cAbdallah  ein- 
genommen. 

Fr.  14.  Dec.  1883].  ljamud  el-Migrad  war  sehr  widerborstig, 
sogar  unartig  gegen  mich.  Er  brachte  den  Scherari  Mubarak 
ins  Haus.  Huber  liess  sich  von  ihm  die  Verzweigungen  (ZnflQsse) 
des  Wadi  Sirhan  nennen;  unser  Diener  Mahmud,  der  die  ara- 
bischen  Namen  aufzuschreiben  hatte,  behauptete  nachher,  die 


Der  Oberhirte  c.\id  e»-Sitr. 

dem  Fursten  und 


(1)  H.:  gum  heisst  1)  Truppe;  2)  Feind.j 


2) 


3)  Vgl.  Bd.  I,  S.  198. 


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57 


Halfte  der  Angaben  sei,  auf  Anstiften  des  Migrad,  erlogen  ge- 
wesen.  Mir  machte  es  eher  den  Eindruck,  als  ob  der  Mann  aus 
Gewohnheit,  Angst  und  Argwohn  gelogen  hfttte. 

'Abdallah  erzahlte  von  den  fraher  so  zahlreichen  Kdpfungen, 
die  er  mitangesehen  habe.  Einmal  sollte  einer  gekGpft  werden, 
und  sei  beim  ersten  Streich  in  den  Nacken  umgefallen.  Da  er 
aber  nicht  todt  war,  habe  der  Scharfrichter  ihru  noch  die  Gurgel 
durchgeschnitten.  Wie  das  Blut  reichlich  herausgeflossen  sei, 
habe  er  ihn  fur  todt  liegen  lassen.  Nach  einiger  Zeit  kam  der 
Mensch  wieder  zu  sich,  und  es  wurde  beim  Emir  angefragt, 
was  mit  ihm  anzufangen  sei.  Dieser  ertheilte  den  Befehl,  man 
solle  ihn  am  Leben  lassen,  aber  er  solle  sich  fortscheeren. 
Darauf  nahten  sie  ihm  die  Haut  zusainmen,  und  der  Mensch 
verzog  sich  in  den  &asim.  Die  KGpfuugen,  oft  5,  6,  7  auf  ein- 
mal, h6rten  eigentlich  erst  auf,  seit  die  Herrschaft  des  Mu- 
hammad ibn  Raschid  sicher  begrundet  war.  Kame  aber  heute 
der  cObeid  ans  Ruder,  so  wurde  wahrscheinlich  wieder  lustig 
drauf  los  gekopft,  und  einem  Christen  mochte  es  schwer  fallen, 
sich  im  Negd  blicken  zu  lassen. 

Der  Bruder  des  cObeid,  Feid  '),  liatte  von  einera  persischen 
Pilger  eine  silberne  Uhr  um  13  Megidi  (45  M.)  gekauft,  leider 
mit  dem  Bildniss  des  Czaren  und  der  Czarin  auf  dem  Zifferblatt. 
Als  er  damit  in  die  Moschee  gieng,  und  unvorsichtigerweise 
vor  dem  Khattb  die  Uhr  herauszog,  erklarte  ihm  dieser,  das  sei 
Snnde,  und  mit  einer  derartigen  Uhr  auf  dem  Leib  durfe  er 
nicht  hier  hereinkommen,  um  zu  beten.  Jetzt  will  er  suchen, 
uusrem  Freund  cAbdallah  die  Uhr  aufzuhangen ;  der  soil  sehen, 
wie  er  sie  weiter  verkauft, 

Dem  Meschhedi  cAmran,  dem  ich  vor  einiger  Zeit  1800  francs 
geliehen  habe,  machte  heute  der  Emir  einen  Besuch,  und  liess 
sich  von  ihm  die  neuerdings  aus  Mekkah  mit  dem  flagg  bezo- 
genen  Waaren  vorlegen.  Er  wahlte  sich  —  uatQrlich  unent- 
geltlich l)  —  einige  Lampen  aus.  Das  ist  die  Art  und  Weise,  wie 


[1)  H.  wobl  -  FhM.] 


2)  jibb         (t^  li). 


58 


NEUNTKS  CAPITKL. 


der  Fflrst  von  den  sich  hier  als  Kaufieute  bereicheraden  Per- 
sern  eine  ibm  bequeme  Abgabe  erbebt. 

Sa.  15.  Dec.  1883].  Mittags  zu  cAbd  el-cAziz,  abends  zum  Emir 
eingeladen.  Als  wir  eintraten,  war  der  Kbatib  und  Vorleser  des 
Fursten  Garallah  eben  dabei,  aus  Rastallani's  Leben  Muhammeds, 
das  ich  in  Cairo  als  Geschenk  eingekauft  hatte,  einen  Abschnitt 
verzuckt,  doch  eintonig,  vorzulesen.  Noch  seltsamer  klaog  mil- 
der schulmassig  und  fttr  unerlasslich  geltende  Singsang,  womit 
er  StQcke  aus  den  Mu'allaljat  (Preisgedichten  der  alten  Araber) 
vortrug.  Ich  war  froh,  wie  der  feierliche  cantus  zu  Ende  war, 
da  ich  doch  in  der  Geschwindigkeit  nicht  das  Geringste  zu  be- 
greifen  im  Stande  war.  In  einem  Gegensatz  hinzu  karaen  noch 
andere  der  Neuzeit  entsprungene  Kriegs-  und  Spottlieder,  sowie 
sonstige  Gedichte  ')  zur  Geltung.  —  Unser  Freund  cAbdallah 
liess  sich  beira  Emir  anmelden.  Nachdem  er  einige  Zeit  Platz 
genommen,  trat  er  vor  und  hockte  vor  dem  Emir  nieder.  Er 
erzahlte,  er  habe  schon  vor  Jahren  Einem  35  Rijal  geliehen, 
nun  sei  derselbe  gestorben,  sein  Sohn  wolle  nicht  zahlen,  sondern 
verjuble2)  Alles.  Er  erbitte  sich  desshalb  von  ihm  einen  Brief 


1)  So  ffihrte  z.  B.  der  Emir  mit  Bezug  auf  die  Aden  dor  hier  zu  Lande  wachaonden 
Truffeln  ('U^  Tiema')  dea  Vert  an: 


<3 


••v 


•J-ciiJ  •  JLiJ 

H.  kennt  dco  Vers  felgcndermaa&Ben : 

el-btifx  r  ra$i  Die  Ifldft  aiod  fiir  mich  (^edf). 

etyibdl  Limm  el  banal  die  $ihdt  fiir  die  M otter  der  Madchen, 

ez-stbidi  l^obidi  die  zebedi  fiir  meinen  kleinen  Sclaren, 

el  belt h,  l-ei-hjtiff  die  belilf  fiir  die  Scheche. 

Die  einzeloen  Atten  «ind  nach  H.  die  folgenden: 
/jUft  rothe  Truffelart,  nahe  unter  der  Erde;  Burckhardt  48,  Huber  A*.  —  eljiba  (nomen 

unitatit   jitdt,  clattiscb  ^uC>)  anuen  rotblich,  ionen  weiw,  lief  gelegen.  -  tebidl  weiue 

Triiffcl ,  Bnrckbardt  48,  Haber  62.  —  b*M&  rothe  (?)  Triiffeln ;  Haber  02  (falich  beKifi)  aagt  Kweiaae".] 
2)  Wie  man  d&t  hier  fertig  bringen  kaun,  ist  schwer  abzuaehen. 


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l.laJKI.. 


59 


(Zahlungsbefehl).  Der  Secret&r  musste  gleich  einen  Zettel  schrei- 
ben,  rieb  dem  Emir  etwas  Tinte  auf  die  linke  Hand,  dieser 
tupfte  seinea  Ring  hinein  und  untersiegelte  das  Schriftstuck, 
mit  welcbem  cAbdallah  sich  alsbald  entfernte.  Mit  dem  Brief 
geht  er  zum  Schuldner;  falls  er  auf  dies  hin  immer  noch  keine 
Bezahlung  erhalt,  bringt  er  ihn  vor  den  Emir,  der  dannBeide 
zum  #adi  (Richter)  schicken  wird. 

So.  16.  Dec.  1883].  Zu  Magid  gegangen,  jedoeh  ohne  ihn  zu 
treffen,  dann  zu  Ranem.  Ieh  liess  mir  heute  vom  Diener  Mahmud 
die  Namen  des  Gewehrs  und  seiner  Theile  dictiren.  Als  Abends 
Huber  von  cAbdallah  sich  alle  Arten  von  Kleidungsstucken  be- 
nennen  uud  durch  Mahmud  aufschreiben  liess,  kam  yamud  el- 
Migrad  dazu.  Es  erregte  schon  seine  Eifersucht,  dass  da  etwas 
ohne  ihn  geschieht.  Bei  jedem  Stack,  das  genannt  wurde,  sagte 
er  ganz  argerlich:  bess  („genug,  fertig"),  um  die  Arbeit  abzu- 
kurzen  und  der  Langweilerei  ein  Ende  zu  machen.  Er  wollte 
lieber  schwatzen. 

Mo.  17.  Dec.  1883].  Morgens  kam  Nasir  Sebh&n  und  Magid 
mit  Gefolge.  Er  schickte  spater  zu  meiner  Benatzung  ein  grosses 
arabisches  WGrterbuch  ').  —  Einer  unsrer  persiscben  Nachbarn, 
Mahmud  N  N.,  holte  niich  in  sein  Haus,  und  liess  mich  —  oh 
nie  gesehnes  Wunder!  —  aus  seiner  eigenen  Pfeife  rauchen.  — 
Gegen  Abend  brachte  Hamud  einen  Singari,  der  seine  Starames- 
eintheilung  angeben  sollte.  Das  war  ein  Geklemm,  GestOhn, 
eine  Besorgniss  zum  Lachen  und  Erbarmen ;  vor  dem  grausam- 
sten  Chirurgen  mit  Knochensage,  Meissel  und  Hirnbohrer  hatte 
er  nicht  diese  Angsten  ausgestanden.  Man  musste  ihn  schliess- 
lich  springen  lassen;  es  war  zu  weuig  aus  ihm  herauszupressen. 

Abends  zum  Emir  befohlen  worden.  Schallendes  Gelachter 
schon  aus  der  Feme  vernehmlich;  sie  practicirten  bereits  an 
s&mmtlichen  Sclaven  das  Flaschenreiten  mit  ubergelegtem  einem 
Bein  und  gleichzeitigem  Kerzenanzunden,  das  ich  diesen  Morgen 

1)  Don  K&uiu«  tod  Firuzab&di.  Dieae  vocaliiierta  Atugabe  war  lithographiach  gedruckt  zn 
Lakhnao  [Lucknow]  in  Indieo  i.  J.  1898  H.  =  18S1  in  4  Banden  folio,  in  Mekkah  fur  6  Me- 
gtd!  (21-22  M.)  gekauft. 


GO 


NKI  NTKS  CAP1TKI. 


dem  Magid  und  Nasir  gezeigt  hatte.  Neben  dem  jeweiligen 
Versuchs-Subject  sass  imraer  der  tflnegewaudte  Neger  (oben 
S.  49),  und  lauerte  nur  darauf,  bei  jedem  misslungenen  Anlauf 
den  Ungeschickten  anzublasen. 


Cnterhalttif>gs«I.iol  in  HAjcl. 


Der  th6richten  Beschaftigung  machte  ich  ein  Ende,  indem 
ich  versprach,  etwas  viel  Merkwflrdigeres  zu  zeigen.  Ich  ent- 
nahm  einer  Flasche  den  Korkpfropfen,  drflckte  eine  Nahnadel 
mit  dem  Ohr  hinein,  und  steekte  von  schrag  unten  her  zwei 
Messer  sich  gegenaber  stehend  in  den  Kork.  Dann  Mess  ich 
einen  Sclaven  antreten,  der  einen  gezdckten  Sabel  senkrecht 
vor  sich  halten  musste.  Mit  verhaltenem  Athetn  und  wachsen- 
dera  Staunen  schaute  die  ganze  Gesellschaft  zu,  wie  ich  die 
Nadel  mit  ZubehSr  auf  der  Sabelspitze  aufpflanzte,  und  dann 
das  ganze  Kunstvverk  rait  dem  Finger  in  drehende  und  wak- 
kelnde  Bewegung  setzte.  Dass  das  uicht  herunterfieH !  Ma 
scha  'llah!  La  ljuwwata  ilia  billah! 

Der  Emir  erkundigte  sich,  ob  es  wahr  sei,  dass  es  ira  Chris- 
tenland  Geld  aus  Papier  gebe,  und  wie  es  sich  eigentlich  damit 
verhalte,  ob  denn  eine  Papiermasse  so  kostbar  sein  kflnne, 
oder  was  sonst  dem  Papier  den  Werth  verleihe,  und  ob  sich 
die  Lente  nicht  wreigern,  ein  Papier  statt  Geld  anzunehmen. 
Die  Fragen  konnte  ich  nur  durch  rein  kindliche  Beispiele  be- 
antworten:  „Wenn  du  z.  B.  auf  ein  Stack  Papier  schreiben 
lassest:  ich  befehle  dem  Nasir  Sebhan  (dem  Finanzminister), 
an  den  Oberbringer  dieses  100  Rijal  auszubezahlen  und  drflckst 
dein  Siegel  darunter,  so  wird  sich  der  Nasir  Sebhan  keinen 
Augenblick  besinnen,  dem  Mann  die  100  Rijal  in  Silber  ein- 
zuhandigen.  Also  kannst  du  auch  sagen:  jenes  Papier  sei  100 


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(U 


Rjjal  werth,  oder  so  gut  wie  Silbergeld.  Nun  hat  unser  Kaiser 
vielerlei  zu  thun,  und  ubertragt  manche  Geschafte  an  seine 
grossen  Wezire.  So  muss  z.  B.  der  Wezir  des  Geldes  —  der, 
wohlverstanden,  viel  grosser  ist  als  euer  Nasir  Sebhan  —  auf 
die  Geldpapiere  seinen  Namen  und  Siegel  setzen.  Naturlich 
haftet  er  mit  seinem  Kopf  daftlr,  dass  Alles  in  Ordnung  zu- 
geht.  An  und  for  sich  konnte  also  Jedermann,  sobald  er  ein 
solches  Papier  erhalt,  in  das  Scbatzhaus  laufen,  und  aus  den 
Truhen  sich  dafQr  Gold  oder  Silber  gebeii  lassen.  Allein  die 
Kaufleute  haben  es  gar  nicht  gerne,  sich  rait  so  schwerem 
Metall  zu  schleppen,  sondern  ziehen  es  vor,  das  Papier  von  Hand 
zu  Hand  weiter  zu  geben  oder  zu  nehmen."  „Ja  ja,  ganzrecht; 
jetzt  mochte  ich  aber  nur  einraal  so  ein  Stuck  in  natura  sehen." 
Mit  den  Worten :  „Das  kannst  du  gleich  sehen"  erhob  ich  mich, 
gieng  nach  Hause  und  holte  von  dort  einen  Hundertmarkschein. 
Der  Emir  befuhlte  das  Papier  und  betrachtete  es  von  vorne 
und  hinten.  Es  hielt  nicht  schwer,  ihm  die  Zahl  100  erkenn- 
bar  zu  machen,  auch  die  Unterschriften  auf  verschiedene  Arater 
(des  grossen  Wezirs,  Truchsessen,  Schatzmeisters,  Rechners  u.s.w.) 
zu  vertheilen.  Wie  er  auf  die  geflugelten  Knaben  oder  kranz- 
haltenden  Engelein  deutend  wissen  wollte,  was  das  sei,  rettete 
ich  mich  durch  die  kuhne  Behaup^ung,  das  seien  eben  Dschinn 
(Genien).  „Was!!  s6  sehen  Dschinn  aus?  Da  komraet  AUe  her; 
jetzt  konnt  ihr  einmal  Dschinn  sehen!"  Mit  Ausrufen  wie:  ma 
scha  'llah,  und  subliana  'Hah,  oder  ja  sat  tar  („Gottes  Wunder, 
es  wird  doch  nichts  passierenf)  liessen  sie  der  Neugierde  und 
dem  geheimen  Schauder  freien  Lauf.  Jeder  Einzelne  musste 
natflrlich  das  Papier  in  die  Hand  bekommen,  bis  er  sich  satt 
gesehen.  Als  ob  ich  die  neuesten  und  zuverlassigsten  Nach- 
richten  flber  die  Dschinn  besasse,  ertheilte  ich  mit  angenom- 
mener  Gleichgaltigkeit  alle  gewttnschten  AuskQnfte.  Eigentlich 
seien  die  Dschinn  naturlich  viel  grosser,  manche  sogar  er- 
schreckend  gross,  jetzt  wegen  der  geringen  Flache  des  Papiers 
habe  man  nur  von  den  kleiusten  genommen,  flberdies  seien 
sie  aus  der  harmlosen,  sogar  wohlthatigen  Classe  ausgewahlt 


1 


62  NKIJNTES  C.VPlTEL. 

worden.  —  Meinen  Hundertmarkschein  bekam  ich  ubrigens  erst 
nach  3  oder  4  Tagen  zurack,  denn  Hamud  el-cObeid  Hess  ihn 
gleich  hinflber  in  semen  Harem  waudern,  von  da  machte  er 
die  Runde  bei  Magid,  cAbd  el-cAziz  und  so  weiter;  sie  wollten 
sich  augenscheiulich  Alle  daran  waiden,  wie  es  ihren  Weibern 
bei  der  Vorfahrung  der  Dschinn  gruselt. 

Di.  18.  Dec.  1883].  Heute  schrieb  ich  verschiedene  Sprech- 
nbungen  nieder  von  Wortgrnppen '),  deren  rasche  Wiederholung 


1.  A^> 

tahln  h&utah  tahln  dukhn; 

[d.  i.  WeiworaeW,  Hirsemehl]. 

2.  tJ^S  g+L>  t~inS  goO  alȣ>  ^s. 

cammi  Tinman  •Jab  ah  kabfiuh  tabakh  calft  Hiri  kab&uh  ki5k 
[d.  i.  mein  Oheim  Taram&n  tchlachtete  aeinen  Hammcl,  er  kochte  xa  dem  Magen 
Ilaiumelt  Milchkloste]. 

8.  eLiJGl  *j1c  gjjsl  0'w*jl>  c<f^  {J*S  <J.S  v^3*  l»  jrf 

brrr  ja  matjab  kiri  kab*  "amrni  TaramAn  la  tabakh  Sdeihi  'I-Wk. 
[ah,  wie  gut  ist  der  Magen  del  HammeU  Oheim*  Taram&n,  Milchklos*  dam  kocht.] 


kadlb  el-kai<lalan>lab  wa'asiljet  cl-'isalamjob  watairuu  takufVaf  wakaf  calh  kafa  kafaK  min  el- 
ka$ab  el-asfar. 

Der  Zweig  von  jrai*/«/a»t/ai  und  der  Stock  von  ''afakutfib,  und  ein  Vogel  zitterte  und  sasa 
auf  dem  hinteren  Thcile  des  Bauers  au»  gel  bom  Rohr.  —  II.  hat  fiir  die  merkwurdigen  Wortc 
am  Anfaug  keine  Bedeutung  erhalten  kunnen;  man  tagtc  ilim,  sie  scien  als  Sprechubung  fabri- 
cirt  ohne  Sinn.] 

• 

sabc  kha&abfit  bokj  ebsakf  bib  habs  Hums 
(.sieben  fiachabolzer  an  der  Oberachwelle  des  Gefangnisathores  zu  Horn?"). 

6.  Zur  Kennzeichnnng  der  verschiedeoen  Nationality  ten  gobrauchen  tie  bier  folgenden  Vera 

y&i  ^  ui^c  £fl\  „Der  Araber  ist  ein  Spritzer  aus  dem  Meer, 

^■«aJ!  ,5  yii  (j^yj'  der  Tiirkc  eine  Hohlung  ira  Stoin, 

^  *J   ^cjUo^i  der  Franzose  ein  Ballen  fenriger  Gluth, 

jPji!  ^  wJai  (j^Uf  der  Perser  ein  Strauss  von  H lumen, 

ytJ!  ^j,  «J  ^^yc!  der  Kurde  ein  Bollcn  von  Dreck". 

7.  ^  iai  J^ol       nsl  laf?  Srabas 


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H&JKL  63 

heiteres  Stolpern  verursacht,  ahnlich  dem  Kottbuser  Postkutsch- 
kasten  oder:  's  liegt  e  KlOtzle  Blei  glei  bei  Blaubeuren,  u.  dgl. 

Mi.  19.  Dec.  1883].  Ich  war  sehr  erstaunt,  als  vor  dem  Haus 
zwei  Esel  erschienen,  auf  denen  Huber  und  cAbdallah  angeb- 
lich  gegen  Osten  einen  Ausflug  fQr  diesen  Tag  nnternahmen.  — 
Urn  9  Ubr  zu  Magid,  spater  zu  Ranem.  Mittags  wurde  ich  zu 
Hamfld  el-cObeid  gebeten.  Seine  Reden  waren  eitel  Honig.  Er 
erkundigte  sich  angelegentlich  aber  Deutschland,  Warttemberg, 
das  Elsass.  Um  der  Verstandlichkeit  willen  liess  ich  mich  bloss 

LTri^  turki  honaras 

tf*J&       farsl  Sakaras 
(j*^>  (jr^r*^       'agamt  duraras. 

Yon  dem  letxteren  Spruch  wuaate  weder  Mabmud,  ooch  aonst  Jemand  einen  Sinn  anzugeben; 
e»  tei  eine  Redeaaart. 

[Der  Spruch  ist  in  Wirklichkeit  persisch,  und  es  ist  merkwordig,  dass  keioer  der  Amber  in 
Hftjel  ein  Wort  persisch  versland,  da  docfc  Perser  unter  ihnen  ansassig  waren.  Andererseits 
wire  ei  denkbar,  da»s  ma  a  den  Spruch  aus  Hofliohkeit  nicht  ubersetzea  wollte,  da  sich  in  ihm 
die  Cberhebuog  dea  Muslimen  uber  die  Nichtmusiimen  ausdruckt  Mit  geringen  Xudernngsn 
lasst  sich  der  oben  wiedergegebene  Sprnch  so  ubersetzen: 

„Die  iiltestc  Sprache  ist  das  Arabische. 
Das  Tiirkische  i»t  Vortrefflichkeit; 
Das  Persische  ist  [suss  wie]  Kucker; 
Das  Kroinde  ')  ist  Vogcl>zwiUcher]"  »). 

Dieaer  Sprueh  schcint  im  Orient  zietnlich  weit  verbreitet  zu  seio.  Mein  Kreund  6.  Jacob 
kaonte  ihn  aus  Constautinopel.  Auf  meine  Bitte  hatto  mein  fruhcrer  Schuler  H.  Ritter,  jetxt  in 
Hamburg,  die  Freundlichkeit,  sich  bei  dem  dortigen  Perser,  Dr.  Nisan,  zu  erkundigen.  Dieaer 
kennt  ihn  folgender  Form: 

y>wl 

Danach  ist  auch  der  von  Euting  gehorte  Teit  zu  Terbcasern;  zuuitchst  ist  in  Z.  1  das  Wort 
J?uL  zweimal  so  setzen.  Die  letzte  Zeile  heiss:  hier:  „Das  Kurdische  ist  Eselsdreck".  Ob  nun 

kurdi  oder  zs^ami  das  urtprunglichc  ist,  weiss  ich  nicht.  Aber  statt  jt^J  wird  doch  j>  (je^i 
zu  lesen  sein]. 


[1)  Darauf  dass  das  Fretnde  hier  gegenuber  den  drei  muslimischen  Sprachen  das  Nicht-Mosli- 
mischc  ist,  raachte  mich  Dr.  R.  Tschudi  zuerst  aufmerksam]. 

(2)  Palls  die  Lesung  richtig  ist,  koaute  man  an  fb  denken,  das  einen  Yogel  bezeichnen  toll]. 


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KEtJNTES  CAMTEL. 


auf  Folgendes  ein:  Deutschland  besteht  aus  vier  K6nigreichen, 
Preussen,  Bayern,  Sachsen,  Wurttemberg ;  ein  jedes  wird  fur 
sich  verwaltet  und  hat  seinen  besonderen  Konig,  doch  ist  der 
Kflnig  von  Preussen  der  grosste  von  den  vieren:  und  fur  den 
Fall  eines  Krieges  hat  er  alle  unter  seiner  Hand,  darum  heisst 
er  auch  Kaiser.  Vom  Elaass  hatte  ich  fruher  einmal  ein  Wort 
fallen  lassen,  das  er  wieder  aufgriff.  Da  ich  gewiss  alien  Grund 
hatte,  meinen  staatsrechtlichen  Kenntnissen  uber  das  Reichs- 
land  selbst  nicht  zu  trauen,  entzog  ich  mich  jeder  weiteren 
Pnlfung  durch  die  sprunghafte  Abfertiguug,  das  Einfachste 
ware  gewesen,  wenn  naeh  dem  Krieg  das  Elsass  vom  KOnig 
von  Preussen  eingesteckt  worden  ware.  Vom  Kaiser  (Wilhelm  T.) 
wollte  er  alles  Mftglichc  wissen,  ob  er  viele  SOhne  habe,  schflne 
Pferde  besitze,  wie  alt  die  Kaiserin  sei.  Unbegreiflich  erschien 
ihui,  dass  er  keine  neue  Frau  m»hme,  da  die  Weiber  init  50 
.Tahren  doch  keine  Kinder  mehr  bringen  konnen. 
•  Do.  20.  Dec.  1893].  Morgens  stellte  sich  Garallah  el-tfumeid 
ein;  er  erzahlte  vom  yagg,  den  er  mitgemacht,  und  dass  die 
Leute  in  Mekkah  meinen,  der  Pascha')  sei  am  Ende  selber  ein 
Christ.  Er  bestatigte,  was  uns  nun  schon  von  mehreren  Seiten 
berichtet  war,  dass  an  einem  Tage  im  Monat  Scha'ban  des  ver- 
gangenen  Jahres  1300  (6.  Juni  -4.  Juli  1883)  in  ganz  Arabien 
ein  grosses  Getose  in  der  Luft  vernomraen  worden  sei.  An 
jedem  Ort  behaupteten  sie,  es  kflnne  gar  nicht  weit  entferat 
sein  und  mflsse  von  Flintenschflssen  in  der  nachsten  Stadt  her- 
ruhren.  Nur  in  Khaibar  versicherten  sie,  es  habe  unmittelbar 
flber  der  Stadt  iu  der  Luft  geknattert.  Es  handelte  sich  offen- 
bar  um  das  Niedergehen  irgend  eines  nicht  weiter  beobach- 
teten  Meteors. 

Nachmittags  habe  ich  wieder  einen  Felshilgel  ausserhalb  der 
Stadt  erstiegen,  um  dort  die  Stille  zu  geniessen.  Das  Allein- 
sein  ist  einem  ja  so  seiten  bier  vergonnt.  Sobald  man  einen 
Schritt  zum  Haus  hinaus  thut,  ohne  einen  Diener  hinter  sich 


1)  "Attn  Paocba,  WHi  dc»  Hijiuz. 


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tfklEtm 


65 


zu  haben,  ist  dies  h6chst  auffallig.  Jeder,  den  man  nur  einmal 
mit  einem  Auge  gesehen,  filhlt  sich  gedrangt  zu  fragen:  ,Was 
thust  du  dennl  wo  koramst  du  her?  wo  willst  du  hint".  Ja,  er 
wQrde  es  geradezu  far  unhOtiich  halten,  sich  nieht  als  Begleiter 
anzuhaugen.  Am  ehesten  habe  ich  die  Leutc  immer  losgebracht, 
wenn  ich  sagte:  ,Ich  muss  vor  die  Stadt  hinaus,  muss  nach  der 
Luft  und  dem  Regen  sehen".  BeidiesemgeheimnissvollenGeschaft, 
denken  sie,  kOnnte  ihre  Anwesenheit  eher  ungOnsf ig  einwirken. 

Bei  der  Kackkehr  durch  den  Sak  (Bazar)  rief  mich  Magid 
an,  der  zwischen  seinen  Sclaven  in  dem  vollgepfropften  Laden 
eines  Meschhecli  sass.  Er  erzahlte  mir,  der  Emir  habe  gegen 
Hamad  el-'Obeid  sein  Erstaunen  geaussert,  dass  'Abdallah,  und 
nieht  ich,  gestern  rait  Huber  in  die  Berge  geritten  sei.  Er  habe 
die  Esel  fur  Huber  und  raich,  nieht  aber  far  Abdallah  herge- 
geben.  Ich  glaub's.  —  Der  Raubzug  der  cAnezeh  (oben,  S.  56) 
soil  den  Schammar  einen  Verlust  von  10  Menschen  und  :5  Pfer- 
den  gebracht  haben. 

Fr.  21.  Dec.  1883J.  Vorraittags  9  Uhr  hielt  Hasan  Muhanna, 
der  Herrscher  von  Bereideh,  seinen  Einzug  in  Hajel.  Der  Be- 
such  war  schon  seit  Wochen  erwartet.  Eine  Masse  Mensehen 
war  auf  den  Beinen,  urn  das  Sehauspiel  zu  sehen.  Voran  zwei 
Reiter  zu  Pferd,  die  der  Fflrst  von  Hajel  seinera  Gast  zur  Be- 
grassung  entgegengesandt  hatte,  der  Secretar  Nasir  el-'atidz 
((j^utaJ!)  und  Fahad ;  dann,  hoch  zu  Delal,  Hasan  Mehanna  selbst, 
hintendrein  seine  acht  Begleiter  auf  tanzelnden  und  sich  driin- 
genden  Kameelen.  Es  wareu  lau- 
ter  ausgesuchte  Thiere,  prachtig 
geschirrt  und  behangt.  Dazwi- 
schen  schob  sich  viel  Volks,  hin- 
tendrein eine  Menge  Kinder. 

Noch  am  selben  Vormittag 
kam  Nasir  Sebhan;  er  wollte 
wissen,  ob  ich  den  Hasan  Me- 
hanna bereitS  gezeichnet  hatte.      Einzug  dc*  Emln  Ha»an  Muhunuft  in  Mjel. 

Ja,  Lieber  —  dachte  ich  —  dir  binde  ich  auch  nieht  Alles  auf 

5 


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KM  NTEs  (  \HTKl-. 


die  Nase,  und  sagte:  „Nein,  hier  zeichne  ich  uberhaupt  Nichts 
mehr,  dauiit  ist's  fertig;  ihr  seid  zu  thOricht,  haltet  das 
Zeichnen  fflr  eine  Sunde."  Er  erwiderte:  „Ach  nein,  das  ist 
keine  Sftnde,  bloss  in  den  Augen  des  Hamud;  der  Eoiir  ist  viel 
zu  gescheidt".  Ahnlich  hatte  seiner  Zeit  *Abd  el-cAzlz  sich  ge- 
flussert.  —  Mit  Rucksicht  auf  die  kuble  Temperatur  beschlossen 
wir,  unsern  Aufenthaltsort  in  den  sogenannten  KtfhAwah  mestfl, 
(Winter-Salon1))  zu  verlegen.  Das  Zimmer  ist  warmer,  weil  es 
keinen  unmittelbaren  Ausgang  auf  den  Hof  hat.  —  In  der 
Nacht  brachen  zwei  Gewitter  los. 

Hamad  el-'Obeid's  zweiter  Sohn  Salira  hat  heute  zumersten 
Mai  eine  Frau  bekommen.  Ohne  dass  diesem  Ereigniss  eine^ 
besondere  Feier  gewidmet  worden  wflre>  hatte  er  doch,  als 
Zeichen  dass  er  jetzt  eigene  Wirthschaft  fuhre,  auf  den  Abend 
Gaste  zum  Essen  eingeladen.  In  den  Gemachem  seines  Vaters 
mussten  wir  lange  warten,  bis  das  Essen  fertig  war. 


l.lamAd  el-<Obeid  erklart  Schwerter. 


Der  Vater,  Hamud  el-cObeid,  vertrieb  sich  und  uns  die  Zeit, 
indem  er  verschiedene  Sabel  hervorsucbte  und  erklftrte.  Die 
Erinnerung  an  die  alten  Heldenthaten  schien  sich  zu  leibhaf- 
tigem  Kflpfgelust  zu  beleben,  und,  unter  dem  Staunen  seines 


1)  S.  den  Plan  in  lid.  I,  S.  1?H. 


luVlKI.. 


vorletzten  14  Monate  alten  Sprosslings  Sacud  ergieng  er  sich 
in  Lufthieben  und  fuchtelfee  iriit  den  schwanken  Kliogen  im 
ganzen  Zimmer  herum.  0  Atta  Troll!  Endlich  wurden  wir  zur 
Mahlzeit  gerufen.  Die  Speisen  —  wie  das  bei  jungen  Haushai- 
tungen  vorznkoinmen  pflegt  —  waren  beinahe  kalt,  dazu  leicht 
angebrannt.  Es  wurden  5  Platten  mit  Reis  und  Ziegenfleisch 


Die  Spciseu  wcrdeo  »ufgetra."i;ii. 


hereingetragen.  Sclaven  leuchteten  mit  der  Laterne,  andere 
hielten  Wasserschalen  far  die  Durstigen  bereit. 


Gastnmhl  bei  Sftlim. 


Von  da  wurden  wir  zuin  Emir  geholt.  Vor  der  Thure  trafen 
wir  mit  Hasan  Muhanna  von  Bereideh  zusammen.  Er  scheint 
auf  einem  Auge  blind  zu  sein.  Tch  kam  zwischen  ihn  und  den 
alten  Sliman  zu  sitzen.  Dieser  letztere,  mein  Nachbar  zur  Rech- 
teu,  erz&lilte,  anf  mehr  als  einem  Raubzug  im  Osten  ties  Gebel 


68 


XKUVTKS  C  VPITKL. 


Tuweits ')  habe  er  bei  S  e  d  a  s 2),  20  Tage  im  Sfldosten  von  hier, 
ausserhalb  (fJLk  c^c)  der  Stadt,  eine  Saule  gesehen,  die  mit 
seltsaiuen  Scnriftzeichen  bedeckt  sei.  Ich  habe,  um  sicher  zu 
gehen,  den  Sliman  am  folgenden  Tag  noch  besonders  aufge- 
sucht,  in  der  Hoffnung,  vielleicht  noch  Genaueres  von  ihm  zu 
hOren;  er  wusste  jedoch  nichts  Neues  hinzuzufOgen ;  er  sagte 
nur,  jeder  Mensch  weit  und  brcit  in  der  Gegend  kenne  die 
Saule,  auch  versprach  er  mir,  bei  einera  kQnfbigen  Razu  we- 
nigstens  einen  Theil  der  Buehstaben  abzeichnen  zu  lassen.  Von 
welchem  Volke  kann  nun  jene  Saule  herrahren?  Sind  es  PhO- 
nizier,  die  auf  ihrem  Wege  von  Gerrhae  am  persischen  Meer 
in  der  Richtuog  nach  Petra  das  Denkmal  setzen  konnten? 
Nabataer  durften  kaum  in  Frage  kommen,  ebensowenig  Sabaer 
und  Himjaren.  Am  ehesten  m6chte  ich  an  ein  Siegesdenkmal 
von  durchziehenden  assyrisehen  Eroberern  denken.  Jedenfalls 
kann  diese  Saule  noch  sehr  wichtig  werden  far  die  alteste  Ge- 
schichte  von  Arabien.  Aber  wie  lange  mag  es  dauern,  bis  es 
einem  kuhnen  Reisenden  gelingt,  in  jene  gefahrlichen  Gegenden 
vorzudringen  ?  Palgrave  war  ja  dort,  hat  aber  nichts  bemerkt. 

Sa.  22.  Dec.  1883].  Schon  einige  Zeit  her  klagte  unser  Freund 
cAbdal)ah  aber  zunehmenden  Rheuraatismus.  Ich  wickelte  ihn 
in  ein  nasses  Hemd  und  halite  ihn  in  fflnf  Mantel  ein.  Die 
letzteren  waren  aber  zu  steif  und  wenig  schmiegsam,  so  dass 
die  Schwitzkur  nur  unvollkommen  von  Statten  gieng.  Der  Er- 
folg  war  desshalb  auch  gleich  Null.  Ich  bekam  Lust,  mich 
an  eine  lange  nicht  mehr  geilbte  Kunst  zu  machen,  an  die 
Feuerwerkerei.  Nachdem  ich  mir  einen  MehlkleUter  bereitet, 
fertigte  ich  aus  Schreibpapier  aber  einem  mit  Seife  geschmier- 
tun  Bleistift  einen  Vorrath  von  Schwi\rmer-  und  Froschhalsen 
an.  Bei  Ranem  holte  ich  Eisenfeilspane  und  liess  mir  einen 
Porcellanscherben  fein  stossen.  Zusammen  mit  dem  in  Spiritus 
aufgel6sten  Pulver  gab  das  eine  lebhaft  sprahende  Mischung. 
Den  HQlsen  far  die  Schwarmer  hatte  ich  enge  Kehlen  gewOrgt 

[I)  H.:  Dilec  TwtNh.;  2)  Vgl  unten  S.  76. 


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If&JKL. 


GO 


und  geschnQrt,  den  Satz  fest  geschlagen,  dann  die  Zander  ein- 
gesetzt.  Es  waren  Prachtstucke ;  auch  die  Frosche  konnten  jede 
Prafung  aushalteD.  Wegen  der  den  frisch  geklebten  Hulsen 
inne  wohnenden  Feuchtigkeit  mussten  die  Stucke  noch  mehrere 
Tage  in  der  Nahe  des  Feuerheerdes  getrocknet  werden. 

So.  23.  Dec.  1883].  Ich  erstieg  allein  den  Berg  Umm  erkab  gegen- 
Qber  dem  Samra  und  genoss  von  da  eine  schflne  Aussicht  nach  Osten 
und  Nordosten  auf  die  Gipfel  des  Gildijjeh  und  Et-tuwftl.  Beim 
Hinabsteigen  traf  ich  den  Prinzen  cAI>d  el-eAziz  mit  den  Falken. 

Ich  Hess  mir  heute  noch  besondere  Gebirgs-Sandalen  anfer- 
tigen,  weil  Hamud  el-Migrad's  Bruder,  der  Steinbockjager  cAli, 
mich  morgen  ins  Gebirge  auf  die  Jagd  mitnehmen  will;  habe 
mir  auch  gleichzeitig  ein  paar  Beduinenstiefel  bestellt.  —  Abends 
kam  der  Damascener  Kameelshilndler  Mu hammed  el-ldVarrawi 
und  spater  noch  ein  Meschhedi  zu  Besuch. 

Mo.  24.  Dec.  1883].  Es  war  noch  nicht  4  Uhr,  da  stellte  sich 
bereits  der  Jagersmann  cAli  (ibn  Ibrahim  ibn  Mus&)  el-Migrad 
ein.  Er  hatte  bei  sich  seinen  achtjahrigen  Sohn  Mftsa  und  seinen 
Neflen  cAbdallfth,  Sohn  des  cAbd  el-cAziz  el-Migrad,  den  die 
cAteibeh  vor  acht  Jahren  beim  Hagg  in  den  Oberschenkel  ge- 
schossen  hatten,  und  der  zu  Mekkah  seinen  Wimden  erlegen 
war.  An  der  HausthOre  angebunden  standen  drei  Esel.  Ausser 
den  Flinten  und  Patronen  bestand  unsre  AusrQstung  ingestos- 
senem  Kaffee,  einer  Kanue,  einer  Tasse,  etwas  Reisig,  einer 
Sardinenbuchse,  drei  Stucken  Brod  und  ein  paar  Datteln;  dazu 
kamen  noch  ein  paar  Kleiduugsstucke.  Ohne  Zogern  wurden 
die  T hiere  bestiegen.  Bei  grimmigem  Wind  ritten  wir  im  Dun- 
kel  der  Nacht  gegen  Sudwesten  zur  Stadt  hinaus.  Nur  rait 
Hemd,  Mantel,  Kopftuch  und  Sandalen  angethan,  fror  ich  pein- 
lich;  nach  Kurzem  waren  meine  Beine  so  erstarrt,  dass  ich, 
bei  Abwesenheit  von  SteigbQgeln  kein  Gefahl  mehr  hatte,  ob 
die  Sandalen  noch  an  den  Fussen  hiengen,  oder  bei  dem  leich- 
ten  Trab  gar  schon  heruntergefallen  seien.  Um  der  ewigen 
Ungewissheit  ein  Ende  zu  machen,  nahm  ich  sie  auch  vollends 
ab  und  steckte  sie  in  die  Satteltasche.  So  mochten  wir  zwei 


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70 


NKLNTES  CAIMTKL. 


Stunden  geritten  sein,  durchweg  ia  der  Ebene,  in  spitzem  Winkel 
auf  das  Gebirge  zu.  Vor  dem  Eingang  zu  einer  Schlucht  stie- 
gen  wir  ab  von  den  Thieren.  Mit  eiskalten  Fussen  auf  dem 
groben  Granitsand  stehend  hatte  ich  weuig  Sinn,  die  iin  ersten 
Morgenschimmer  erstrahlenden  Felsspitzen  zu  bewundern.  Wa.s 
lag  mir  dran,  ob  sie  rosenroth  oder  vergoldet  aussahen!  Wich- 
tiger  war  mir  zunachst  die  Bereitung  eines  wftrmenden  Trankes. 
Zu  dem  Kaflee  assen  wir  Brot  und  Datteln.  Schier  mit  Wehmuth 
schlachtete  ich  die  unsterbliche  Sardinenbaclise,  welche,  ein 
treues  Leibthier,  schon  seehs  Jahre  lang  alle  meine  Wande- 
rungen  dureh  Schwarzwald  und  Vogesen  im  Rucksack  mitge- 
macht  hatte.  Meine  Gefahrten  hatten  noch  nie  in  ihrem  Leben 
Fische  gesehen,  mochten  sie  vielleicht  fflr  eine  Art  Gewflrm 
halten,  verspeisten  dieselben  aber  doch  mit  vorzuglieher  Hoch- 
achtung,  ja  die  Buben  schleckten  noch  die  letzten  Oelspuren 
aus  der  Bilchse  heraus.  Nun  erubrigte  nur  noch  die  jagennas- 
sige  Umkleidung:  cAli  legte  ein  braungelbes  Hemd  und  Kopf- 
tnch  an,  welche  beide  durch  Natur  und  Schmutz  von  der  Ge- 
steiusfarbe  sich  nicht  abhoben ;  ich  selbst  trug  ein  grauwollenes 
Jagerhemd  und  dessgleichen  Unterhosen,  dazu  ein  Kopftuch; 
die  Mantel  liessen  wir  beide  zurilck.  Die  Patrontaschen  wurden 
umgeschnallt,  und  meine  Sandalen  hangte  ich  an  einer  Schnur  fiber 
die  Schulter.  cAli  rait  seiner  Steiuschlossninte 
schritt  voraus,  ich  mit  dem  Lefaucheux  hinten- 
drein.  Jetzt  konnte  die  Sache  losgehen,  fehlten 

nur  noch  die  Steinb6cke. 

In  einer  Felsspalte  gieng 
es  sogleich  gah  aufwarts. 
~Ali  gedachte  often  bar,  niich 
st  i  1  lscbweigend  in  den  Gr und 
zu  laufen  —  umsonst ;  mich 
freute  nur,  dass  er,  so  gut 
wie  ich,  von  Zeit  zu  Zeit 
gehfirig  verschnaufen  musste.  Nach  einer  halben  Stunde  naherten 
wir  uns  dem  Kamm  des  Gebirgsstockes ;  vorsichtig  schlichen 


Auf  der  Steinboekjagd. 


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71 


wir  uns  an  den  Grat  hinan.  Allein  alles  Umherspahen  war 
vergebens;  obschon  wir  die  kahlen  Absturze  gegen  cA^deh  offen 


Steinbockjagd :  Aim-hleicheu. 


iibersehen  konnten,  war  doch  kein  Steinbock  weit  und  breit 
ZD  erblicken.  Die  jilngste  Losung  war  zwei,  wenn  nicht  gar 
drei  Tage  alt.  Vom  Panther')  trafen  wir  viele  und  starke 
Spuren.  In  unzahligen  Windungen  aber  den  Pelskamm  hinuber 
und  heruber  zogen  wir  uns  nOrdlich  gegen  den  Berg  Merdijjeb, 
und  legten  uns  dort  in  ein  Menteris2),  d.  h.  in  ein  Jagerversteek 
mit  Brustwehr  aus  groben  Steinen,  dazwischen  unmerkliche 
Schiessscharten.  An  der  gegenuberliegenden  Felswand  war  die 
H<3hle  eines  wabr  (Klippendacbses),  der  sich  aber  nicht  zeigte. 
Aus  einer  Hitze  schlug  ich  einea  schdnen  Bergkrystall  heraus 
und  steckte  ihn  zu  mir.  Hier  wuchs  zahlreich  das  Kraut  Haua'- 
bau 3),  welches  von  den  Steinbticken  mit  Vorliebe  gefressen  wird. 
Dann  war  noch  eine  andere  Pflanze  da:  Gelwah4).  cAli  brach 
den  Stil  ab,  zeigte  inir  das  gelbe  Holz  mit  rothem  Bast;  er 
ruhmte  es  als  gute  Augenarznei,  brenne  aber  als  Stift5)  in  die 
Augen  gebracht  und  treibe  das  Wasser  heraus.  Da  hier  sonst 
Nichts  weiter  zu  holen  war,  steckten  wir  das  aussichtslose  Hand- 
werk  auf.  cAli  wollte  noch  allein  einen  letzten  Versuch  machen, 
und  wandte  sich  gegen  Suden  einen  Grat  uberkletternd  in  die 
schroffen  Klufte  des  Kischrijjeh.  Ich  selbst  stieg  durch  eine 
rauhe  schwierig  zu  begehende  Schlucht  gahlings  ins  Thai  hinab. 

1)  j+i  [uimir.  Fclis  pardut  L.  Auch  nach  H.  koromt  Uiea  Raubthier  in  Arab  it  o  noch  vor.] 
[2)  H.:  metrtt,  pi.  nularit  u.  nuldrit,  bei  den  siaf»  auch  nitrdi,  i»t  ein  Steiowall  oder  ein 
Steinhaufeu,  hinter  dem  der  SchuUe  oder  Jager  Deckung  .ucht.j 

3)  jjy=>?  [H.i  Dieter  Name  i.t  richer  falich;  ich  kenne  ein  buwwa  c£>  und  iwar  A.  td- 
(iib  =  Picridinm  tingitanam  L. ;  A.  etyatdl  =  Zollicoferia  glomerate  Casa  ;  A.  W-c«r«A  Zolli- 
coferia  nudicaulis  L.  —  Vielleicht  ist  hauiibau  verburt  aus  huwwa  huh  „dort  ist  huicicn  ' 

4)  'ijL>  [H.:  Mir  unbekannt;  Tielleirht  *^L>  .Collyrium  im  allgemeinen,  Antimon".] 


72 


NK.USTE8  CAPITM- 


Der  Verabredung  gemftss  knndigte  ich  durch  Gesang  den  Bubeii 
meine  nahe  Ruckkehr  an,  und  konnte  8chon  von  hoch  oben 
herab  mich  ilberzeugen,  wie  sie  in  der  Zwischenzeit  den  Kaffee 
zurflsteten.  Rascher  als  ich  gedacht  traf  ich  unten  beim  Feuer 
ein.  Welche  Labsal  war  doch  der  schwarze  Track !  —  Bis  cAli 
zuruck  sein  konnte,  musste  mindestens  noch  eine  Stunde  ver- 
gehen.  Die  Zeit  zu  nOtzen  setzte  ich  mich  nach  kurzer  Rast 
hinaus  in  die  Ebene,  um  den  Eiogang  in  die  Schlucht,  im 
Hintergrund  den  Merdijjeh  und  den  Zinken  des  Kischrijjeh  zu 


Gebirgc  von  Kisrhrijjeh. 

zeichnen.  Oliue  auch  nur  einen  Steinbock  gesehen  zu  haben,  kam 
cAli  vora  Gebirge  zurttck.  Etwas  verstimrat  verlangte  er  nur  nach 
einer  Tasse  Kaffee.  Dann  be^tiegen  wir  wieder  die  Esel.  Der  Heira- 
ritt  war  wieder  kalt  und  windig,  dot  h  kam  er  rair  kurzer  vor,  als 
der  Weg  von  heute  frQh.  Zu  Hause  wartete  schon  cAbdall&h  und 
nahm  mich  mit  zura  Abeude.ssen.  Das  schmeckte  prachtig.  Spater 
sandte  noch  der  Emir  den  Kopf  eines  starken  Steinbocks.  dessen 


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I.I&JKU 


73 


Geweih  4'/2  Spannen  in  tier  Lange  mass.  (Vgl.  unten,  S.  97). 

Di.  25.  Dec.  1883].  Das  Christfest  wollte  ich  heute  durch 
einen  einsamen  Spaziergang  feiern.  Es  gelang  mir  naturlich 
wieder  nicht,  ohne  Weiterung  zur  Stadt  hinauszukommen.  Denn 
zuerst  fieng  oiich  Magid  auf  dem  Weg  zum  Waffenschmied  Ranem 
ab,  dann  rannte  noch  ein  Sdave  hinter  inir  drein  und  bat  mich 
im  Auftrag  des  Mubarak  el-Frekh,  des  Fahnentragers '),  ich 
mochte  bei  ihm  eintreten  und  einen  Kajfee  trinken.  Von  da  aber 
entwischte  ich  glucklich  ins  Freie  auf  den  Berg  Umm  erkab. 
Hier  konnte  ich  raeinen  Gedanken  nachhangen,  an  die  Lieben 
in  der  Heimath,  an  die  geputzten  Christbaumc,  an  die  Freude 
der  Kinder,  an  den  einschlaiernden  Schnee.  Alle  die  Palmen 
zu  meinen  Fflssen  hatte  ich  unbedenklich  verschenkt  gegen  eine 
einzige  gesunde  Weisstanne!  tiber  den  Kamrn  gegen  Sudosten 
stieg  ich  ins  Thai  hinab  und  kehrte  durch  das  Viertel  von  Lubdeh 
in  die  Stadt  zuruck.  Im  Vorbeigehen  trat  ich  bei  meinein  Jagd- 
gefahrten  von  gestern  cAli  el-Migrad  ein,  und  liess  mir  ein  Lied, 
das  er  gestern  gesungen,  dictiren,  das  Lied  von  dem  Steinbock- 
jager  Gasir.  Von  da  begab  ich  mich  zum  Fursten,  urn  ihm  fur 
das  gestern  verehrte  Geweih  meinen  Dank  abzustatten.  Er  er- 
kundigte  sich  artig  Qber  den  Verlauf  des  gestrigen  Tages  und 
ob  ich  mit  "All  zufrieden  gewesen  sei.  Wie  ich  ihm  von  dem 
Lied  des  Steinbockjagers  Gasir  erzahlte,  verlangte  er  die  Nieder- 
schrift  zu  sehen,  nahm  sie  mir  aus  der  Hand,  und  fieng  an  das 
Lied  laut  vorzutragen.  „Halt!  da  fehlen  ja  zwei  Verse  zwischen 
hineiu."  Er  dictirte  mir  dann  im  Ganzen  4  weitere  Verse,  die 
cAli  nicht  gekannt  oder  jedenfalls  vergessen  hatte. 

Mi.  26.  Dec.  1883].  Bei  dem  Prinzen  eAbd  el-cAziz  einen  Be- 
such  gemacht.  Das  Zimmer  war  voll  von  beduinischen  Gasten, 
an  deren  Spitze  Rakan  ibn  Hatlein  •)  vom  Stamme  der  'Agraan, 
die  im  Oaten  von  Hajel  gegen  den  tfasa  zu  wohnen.  Wie  ich 
von  da  auf  brach,  lief  ich  meinem  Jagdgeffthrten  cAli  el-Migrad 

1)  ;'^>^  IMrAkdAr. 

2)  (jO&>  H.:  HSkun  ibn  Hetlio.] 


74 


NKlt.NTKS  CAI'lTKL. 


in  die  Hande;  schon  wieder  ein  Eaffee!  Als  ich  von  ihm  loskatn, 
wandte  ich  mich  dem  Berg  Samra  zu,  oder  vielmehr  seinetn 
ftstlichen  Auslaufer.  Vom  Gipfel  herab  konnte  man  die  Ver- 
wQstungen  nberschauen,  die  das  Wasser  vor  vier  Wochen  in 
der  Thalrinne  angerichtet  hatte.  Da  unten  lag  der  Khreimi, 
ein  junger  Palmengarten  des  Fursten,  arg  zugerichtet.  Ich  klet- 
terte  hiuab,  die  ZerstGrung  aits  der  Nfthe  zu  besehen,  Durch 
eine  breite  Bresche  in  (Jer  Lehmmauer  stieg  ich  ins  Innere.  Aus 
dem  Schutt  ragten  niedergeworfen  die  Bftume,  dazwischen  das 
Wachterhaus  mit  klaffenden  Rissen.  Von  da  stieg  ich  noch  weiter 
hinab  in  das  trockene  Rinnsal  des  Baches  von  yajel.  In  schmaler 
Linie  dehnen  sich  die  Trflmmer  des  ehemaligen  Stadttheiles'Aiuat, 
untermischt  mit  misshandelten  lthelbaumen  und  verfallenen  Zieh- 
brunnen.  Durstig  kam  ich  heim,  dazu  hinkte  ich:  irgend  ein  Stein, 
Glasscherben  oder  derartiges  hatte  mir  in  den  Fersen  geschnitten. 

Do.  27.  Dec.  1883].  Vor  Sonnenaufgang  gieng  Huber  zum 
Emir.  Da  scheinen  irgend  welche  Machenschaften  und  Stupfe- 
reien  unterzulaufen,  urn  mich  solo  au3  dem  Land  hinauszu- 
compliraentiren,  und  mich  am  Besuch  von  el-tfegr  und  el-c0la 
zu  verhiudern.  Wer  und  was  mag  dahinterstecken  ?  Ich  habe 
zunachst  den  edlen  Vetter  des  Fursten  ira  Verdacht,  den  tfamud 
el-cObeid.  1st  er  beunruhigt  wegen  meiner  vermeintlichen  Zau- 
berkunste  und  sundhaften  Zeichnungen? 

Nach  dem  Frnhstack  suchte  ich  Magid  auf,  wurde  aber  gleich 
zu  flaraud  el-cObeid  geholt.  Ich  hatte  ihm  ohnehiu  einen  Be- 
such zugedacht,  urn  mich  zu  bedanken  far  das  gestern  flber- 
sandte  silberne  Buchslein  mit  Zabad ').  Er  war  von  Qberstro- 
mender  Honigsusse  und  bat  mich,  ihn  taglich  zu  besuchen  (0 
nein!  nur  das  nicht!  -).  Bei  meiner  RQckkehr  traf  ich  zu 
Hause  einen  ftahtani,  Namens  Khalid  mit  dem  Beinamen  Aba 
tal&tina),  den  auch  sein  Vater  gefuhrt  hatte.  Er  ist  ein  noch 
kraftiger  Mann  mit  schneeweissem  Bart,  stammt  aus  dem  Suden, 


1)  Mowhuwalbe.  [Zibet,  vgl.  oben  S.  86,  Anin.  l.j 

2)  ^5  pi*  ****  Ufc3^*  &f*.  aJi 


- 


MUJKI- 


75 


lebt  seit  5  Jahren  in  IJajel,  und  wird  vom  Fursten  wenu  uOthig 
als  tiberbringer  von  Botschaften  an  Ibn  Sa'ud  in  Kijad  gebraucht. 
Er  dictirte  Huber  (d.  h.  dem  Diener  Mahmud)  die  Namen  nnd 
Eintheiluug  der  sQdlichen  Stitrnme  in  Mittelarabien. 

Abends  uach  dem  letzten  Gebet  waren  wir  noch  zutn  Emir 
l.lasan  Muhannft  von  Bereideli  (oben,  S.  65)  eingeladen.  Thin  war 
vom  Fursten  als  Wohnung  ein  Haus  neben  dem  Waffenschniied 
Kaneni  eingeraunit.  Ich  war  ganz  betrott'en,  wie  mich  beiui 
Durchschreiten  des  schwach  erleuchteten  Hausganges  ein  auf 
dem  Boden  knieendes  Kameel  anbrQllte.  Es  war  das  Leibthier 
des  Muhanna,  und  wnrde,  was  man  sonst  selten  sieht,  im  Hause 
gehalten  und  gefuttert.  Ausser  uns  war  noch  eiue  Menge  an- 
derer  Personen  geladeu,  auch 
unser  Diener  Mahmud  kam  in 
grossem  Staat  und  mit  bren- 
nender  Laterne.  Bald  war  der 
Empfangsraum  voll  von  Men- 
schen,  und  da  es  ziemlieh  heiss 
wurde,  erleiehterte  sich  Mu- 
Mnna  das  Dasein  dadurch  dass 
er  die  Keflijjeh  halb  iiber  den 
Kopf  zuruck  schlug. 

Die  Unterhaltung  drehte  sich 
natitrlich  iu  erster  Linie  um  den 
Regen  und  urn  das  herrliche 
Granfutter,  dann  um  Bezeich-  Ruiir  l.la»an  MuhannA. 

nung,  Preis  und  Stammbfturae  unsrer  Pferde;  man  wollte  wissen, 
wie  es  bei  uns  mit  Gazellen,  Straussen,  SteiubOcken  bestellt  sei. 
Auch  die  Saule  bei  Sedus  (oben,  S.  68)  war  dem  ljasan  Muhauna 
wohl  bekannt;  er  versprach,  durch  einen  Schreibkundigen  die 
Zeichen  auf  dem  Stein  copiren  zu  lassen.  Nach  Kurzem  begaben 
wir  uns  in  das  Haus  von  Ranems  Schwiegersohn  Ilamd  Zheri,  dem 
Kammerdiener  des  Fursten.  Da  wurde  wieder  Kaffee  bereitet, 
auch  irgend  eine  Art  Citronen  oder  Melonen  mit  Zucker  gereicht. 

Fr.  28.  Dec.  1883].  Der  starke  Wind  draussen  war  nicht  ein- 


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76 


NKUXTE8  CAP1TK1- 


ladend  ins  Freie  zu  gehen.  Die  sonst  lastigen  Besuche  der  per- 
sischen  Kaufleute  kamen  mir  darum  weuiger  ungelegen. 

Sa.  29.  Dec.  1883].  Des  Morgens  entschlos9  ich  mich,  ohne 
ein  Wort  zu  sagen,  ganz  allein  nur  mit  der  Flinte  und  dem 
Rucksack  auf  die  Steinbockjagd  zu  gehen.  Mein  Ziel  war  der 
felsige  M  u  n  I  f  im  Gebel  Aga.  Zuerst  fuhrte  der  Weg  andert- 
halb  Stunden  durch  die  kahle  Ebene.  Naher  dem  Gebirge  zu 
uberschritt  ich  kleine  Wasserabfinsse,  die  zwischen  den  aus 
dem  Sand  aufragenden  niedrigen  Klippeti  nach  Nordosten  einen 
Weg  sich  bahnten.  Bald  olihete  sich  vor  mir  feine  Schlucht, 
el-(jibbeh ')  genanut,  in  welcher  eine  gemauerte  Behau3ung  zum 
Vorschein  kam.  Wie  ich  spater  erfuhr,  war  dieselbe  zum  Auf- 
enthalt  ftlr  Pockenkranke  und  Aussatzige  bestimmt,  also  ein 
Siechen-  oder  Gutleuthaus.  Rechts  davon  war  eine  kleine  H6hle, 
voll  von  modernen  Namen.  Die  Schlucht  selbst  wurde  immer 
eager  und  schliesslicb  in  Folge  eines  Tobels,  der  ein  ziemlich 
tiefes  Gesteinsbecken  ausgehOhlt  hatte,  durchaus  ungangbar. 


durch  maehtige  Steinkugeln  verpfropft ;  also  wieder  heraus, 


Ich  wahlte  desshalb  eine 
andere  Rinne,  die  sich 
gegen  Sudwesten  hinauf- 
zog,  urn  so  willkomme- 
ner,  weil  der  starke  Sud- 
wind  jede  Annaherung 
an  das  Wild  von  einer 
anderen  Richtung  her 
aussichtslos  gemacht  hat- 
te. Urn  hfiher  hinauf  zu 
gelangen,  tappte  ich  viel- 
fach  nutzios  umher.  Hatte 
ich  eine  Spalte  erwahlt, 
so  erwies  sich  dieselbe 
nach    kurzem    K  let  tern 


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I.U'UKL. 


77 


und  das  Heil  da  und  dort  an  den  schragen  Gesteinswanden 
versucht.  Nur  immer  aufwarts!  Siehe,  da  stiess  ich  auf  eine 
zweite  H6hle,  sogar  mit  Moos  darin!  Durch  angewehten 
Grauitsand  waren  die  zarten  Pflanzen  9tellenweise  wie  ver- 
steinert.  Am  Eingang  rastend  sah  ich  zunachst  keine  MOg- 
lichkeit  weiter  vorzudringen.  Nach  oberhalb  zog  aich  in  weit 
gedehntem  Halbkreis  ein  fugenloser  Steinwall,  zum  Theil  fiber- 
hangend;  binab  in  den  gahnenden  Kessel  schienen  die  glatt 
gefegten  Steinwftnde  sich  zu  wfllben.  Ach  was!  Fortes  fortuna 
juvat!  Also  einmal  die  Sandalen  in  den  Rucksack,  und  dann 
quer  hinflber  fiber  den  feinen  Tanzboden.  Vorsichtig,  mit  aus- 
gebreiteten  Armen,  betrat  ich  die  unter  etwa  40  Grad  geneigte 
Fhlche.  Barfuss  gieng  sich's  da  ganz  gut.  Sonderbar  war  mir 
nur,  dass  unter  meinen  Fusstritten  der  Granit  knisterte  und 
in  dfinnen  Schalen  abblatterte.  Da  musste  schon  lang  weder 
Mensch  noch  Thier  geschritten  sein.  Allmahlieh  waren  es  tfich- 
tige  Scherben,  die  ich  lostrat,  und  es  machte  mir  Spass,  wenn 
sie  in  die  Tiefe  rutschten.  Aber  die  Sache  war  schon  nicht 
mehr  ganz  geheuer,  wie  grOssere  zusammenhangende  Platteu 
abbrOckelten  und  mit  Geklapper  aich  in  Bewegung  setzten.  Als 
nun  gar  einige  Schritte  fiber  mir  Leben  in  die  Schichten  kam, 
wart'  ich  mich  erschreckt  an  den  Hang  zu  Boden,  indess  der 
wackelnde  und  wachsende  Steinteppich  recbts  und  links  an  mir 
vorflbersausend  in  dem  Schlund  zerschellte.  Ich  konnte  froh 
sein,  mit  ein  paar  Schrammeu  an  Armen  uud  Handen  davon 
gekommen  zu  sein.  Noch  zweimal  warf  ich  mich  in  ahnlicher 
Gefahr  nieder;  dann  kam  ich  wieder  dauernd  auf  festen  Fels- 
boden,  und  pries  mein  Geschick,  dass  das  Tanzlein  rait  der 
Atropos  so  glimpflich  abgelaufen  wai*.  Nun  aber  meinem  Ziele 
weiter  entgegen;  in  einer  Scharte  aufsteigend  erklomm  ich  einen 
Felsgrat,  war  aber  nicht  wenig  enttauscht,  den  Munif,  welchen 
ich  ganz  nahe  wahnte,  als  hohe  gezackte  Wand,  aus  einer 
tiefen  Kluft  aufragend  noch  weit  zurficktreten  zu  sehen. 
Soviel  war  mir  klar:  wenn  es  flberhaupt  m6glich  ist  —  was 
ich  fast  bezweifle  —  den  Munif  von  der  breiten  Stirnseite  aus 


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78 


NEUNTES  CAPITES 


zu  erklettern,  so  gehoffcn  dazu  jedenfalls  mehr  Stunden,  als 
mir  heate  zu  Gebot  standen.  Wollte  ich  nicht  denselben  Weg, 
den  ich  gekoramen,  auch  fur  die  Ruckkehr  wahlen,  so  blieb 
mir  nichts  ubrig,  als  gegen  Norden  und  Nordosten  hinter  den 
Nadeln  des  MuschamrSkhah  ')  d.  i.  des  „gezinnten  Berges"  mich 
dnrchzuwinden  und  von  dort  irgendwie  einen  Abstieg  zu  ver- 
suchen.  Unter  vielen  Mahsalen  ruckte  ich  nur  langsam  von 
der  Stelle.  Ich  hatte  mich  etwa  20  Meter  in  einer  steilen  Kunse 
abwarts  geschoben,  und  war  unsehlflssig,  ob  ich  den  bedenk- 
lichen  Weg  weiter  verfblgen  oder  wieder  aufwarts  klettern 
sollk*.  Mit  Handen  uud  Fussen  mich  ansteramend  beugte  ich 
mich  vorwarts,  urn  einen  Ausweg  zu  erspahen,  da  pl6tzlich  ge- 

wahrte  ich  links  druben,  60 
Meter  vor  mir,  zwei  prach- 
tige  SteinbOcke,  die,  im  selben 
Augenblick  meiner  ansichtig 
geworden,  an  gahem  Felsenhang 
klappernden  Schrittes  dahin 
v    %A%    \'://  ■■■         trottelten.  Mir  klopfte  horbar 

das  Herz  im  Leib;  ich  war  nicht 
einmal  im  Stande,  die  Flinte 
vom  ItQcken  zu  nehmeu,  hatte 
nicht  wagen  dilrfen  einen  Fin- 
ger oder  Zehen  loszulassen.  Mit 
Gier  und  Wuth  geladen,  musste 
ich  zuschauen,  wie  es  den  Lum- 
pen nicht  im  Geringsten  pres- 
sirte,  denn  die,  die  hatten  meine  Unschadlichkeit  sofort  richtig 
erkannt.  Nur  einmal,  ehe  sie  urn's  Eck  verschwanden,  drehten 
sie  noch  die  K6pfe  mit  ihren  schoflen  Barten!  Hat  nicht  der 
eine  Sakerrnenter  gar  die  Zunge  herausgestreckt  und  noch  dazu 
gelacht?  Ha!  infam ! 

Es  war  unnutz,  dem  Arger  ilber  die  widerfahrene  Verhflh- 


Schlucht  mit  Stcinbockcn. 


1)  t&j+ZJ.]  ,  rgl.  unten.  S.  92. 


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nung  und  den  Rachegedanken  nachzuhangen.  Ich  hatte  Nflthi- 
geres  zu  thun.  Zunachst  gait  es  uberhaupt,  aus  der  bOsen  Klemme 
herauszukomraen.  An  ein  Ausweichen  nach  seitwarts  war  nicht 
zu  denken,  es  konnte  sich  nur  urn  den  Abstieg  nach  abwarte 
handeln.  Tief  unten  die  Scblucht  mit  den  Felsbrocken  musste 
mein  Ziel  sein ;  nur  konnte  ich  den  dazwischen  liegeuden  Theil 
nicht  flbersehen.  Ich  war  schon  ein  gutes  Stuck  abwftrts  ge- 
laugt,  da  gahnte  vor  niir  ein  dnukler  Schlund:  in  die  Rinne 
war  nach  vorne  ein  Felskeil  eingeklemmt,  und  das  Kamin  er- 
weiterte  sich  verhangnissvoll  nach  abwarts.  Zur  Vorsicht  legte 
ich  Flinte,  Rucksack,  Mantel  ab,  urn  die  Lage  sorgfaltig  zu 
untersuchen.  Ich  uberzeugte  mich,  dass  gar  nichts  Anderes 
ubrig  blieb,  als  hinter  dem  Steinpfropf  durchzuschlupfen  und 
einen  senkrechten  Sprung  etwa  2'/i  Meter  hinab  auf  eine  Stein- 
kugel  zu  wagen.  So  kletterte  ich  denn  wieder  hinauf,  ura  die 
zuruckgelassenen  Gerathe  zu  holen.  An  einc  Schnur  gebunden 
wurde  sachte  die  Flinte  hinabbefOrdert,  Mantel  und  Rucksack 
fiogen  nach.  Erechreckend  rund  guckte  die  Steinkugel  herauf. 
Julius!  deine  Knochen  roflssen  eben  den  Sprung  aushalten! 
ich  prafte  noch  einmal  alle  Gelenke,  und  dann  —  bismillah! 
—  hinunter! 

Ich  dankte  Gott,  da.ss  das  WagstQck  gelungen  war,  gedachte 
mir's  aber  doch  als  Warnung  anzuschreiben.  Was  heisst  War- 
nung?  — Kaum  war  ich  gerettet,  so  rannten  raeine  Gedanken 
wieder  hinter  den  Steinbocken  drein.  Wiewohl  ich  mir  sagen 
musste,  dass  ich  heute  bei  der  vorgerrtckten  Tageszeit  am 
besten  von  alien  weiteren  Versuchen  abstehen  sollte,  stachelte 
mich  doch  die  Neugier,  wenigstens  den  Verlauf  der  Thalsohle 
ein  Stack  weiter  nach  links  aufwarts,  auszukundschaften.  Zu- 
v6rderst  musste  ich  den  im  ubrigen  ungefahrlichen  Abstieg 
vollenden,  dann  wandte  ich  mich  nach  links  und  kletterte  muh- 
selig  zwischen  mannshohen  Steinkugeln  aufwarts.  Nach  etwa 
20  Minuten  konnte  ich  nicht  weiter  vordringen,  die  ganze  Schlucht 
war  mit  FelsblOcken  verrammelt,  nur  zwischen  den  Eugeln 
durchblickend  konnte  ich  teststellen,  dass  da  oben  in  einem  mit 


so 


NKUNTES  CAI'ITEI.. 


Sand  verschweramten  Becken  eine  Gruppe  verwilderter  Palm- 
baume  stand;  dahinter  ragteu  unersteigbare  Felswande,  von 
Steinbocken  natOrlich  keine  Spur.  Betrnbten  Sinnes  musste  ich 
mich  zur  Umkehr  bequemen.  Der  Abstieg  in  die  Mrawwat') 
gieng,  weil  beschwerlich,  nur  langsam  von  Statten.  Endlich 
war  das  anscheinend  ganz  geschlossene  Sandbecken  erreicht: 
rechts,  abermals  an  einer  kleinen  Hfihle  vorbei,  uber  niedrige 
Einsattlungeu  hinweg,  sehritt  icli  rasch  fiber  die  Ebene  hinaus, 
der  Heimstatte  zu. 

Eigentlich  hatte  ich  jetzt  Trank,  Speise,  Kauch  und  Ruhe 
redlich  verdient,  fand  aber  nur  Wasser,  Datteln  und  Tabak. 
Das  ganze  Hauswesen  war  einzig  und  allcin  zugespitzt  auf  den 
Besuch  des  Emirs  I.Iasan  Muhanna  von  Bereideh,  der  nach  deni 
letzten  Gebet  hei  uns  erscheinen  wollte.  Bei  'Abdallah  waren 
Geschirr,  Tassen,  Samowar  entlehnt  worden,  bei  unsrem  per- 
siscben  Nachbar  (cAmran)  Lanipen,  Kupferplatten,  Stearinlichter. 
Unser  Diener  Mali  mad  hatte  Andeutungen  gemacht,  dass  er 
ausgesuchte  Feinheiten  seiner  Kochkunst  entfalten  wdrde,  ver- 
weigerte  aber  jedwede  weitere  Auskunft ;  kurzum,  es  musste 
ein  grossartiges  Fest  absetzen.  —  Nach  dera  mageren  Nacht- 
essen  kounte  ich  mich  des  Schlafes  kaum  erwehren;  die  ganze 
Gesellschaft  wQnschte  ich  zum  Kuckuck.  Das  letzte  Gebet  war 
langst  voruber  und  der  Emir  mit  Gefolge  liess  immcr  noch  auf 
sich  warten.  Die  hastig  betriebenen  Vorbereitungen  zu  seinem 
Empfang  konnten  schliesslich  mit  Seelenruhe  abgemacht  wer- 
den;  er  brauchte  also  nur  noch  selbst  zu  erscheinen.  An  den 
Wanden  brannten  drei  Petroleumlauipen,  auf  eyaem  wackeligen 
Tisehleiu  brannten  gleichfalls  drei  Petroleumlampen,  auf  dem 
Hole,  in  dessen  Hintergrund  cAbdallah  und  ftamud  el-Migrad 
erwartungsvoll  standeu,  strahlten  zwei  frisch  geputzte  Laterneu 
mit  Stearinl  ich  tern.  Konnte  uberhaupt  ein  Haus  hier  heller  be- 
leuchtet  sein  ?  Im  letzten  Augenblick  entschloss  ich  mich  noch 
einen  Theater-Streich  auszufnhren.  Fast  mein  ganzer  Vorrath 

1)  o£±ii. 


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I.I&JKL. 


81 


selbstgemaehter  Sch warmer,  vielleicht  vier  Dutzend  Stuck,  musste 
dazu    herhalten.  Eiligst  pflanzte  ich  dieselben  an  geeigneten 
Stellen   der  Mauer  und  der  Treppe  auf;  ein  Sclave  wurde  als 
Feuerwerker  abgerichtet,  und  brannte  vor  Ungeduld,  seines 
Amtes  zu  warten.  Endlich  urn  '  j9  Uhr  rttckten  die  Gaste  10 
Mann  hoch  an.  Auf  dera  Kohlenbecken  am  Eingang  wirbelte 
Weihrauch,  Benzofi  und  Myrrhen.  Schwarmer  knatterten  von 
rechts  und  links,  von  oben  und  unten.  Allgemeine9  Staunen  und 
Bewanderung.  Durch  die  Wolke  schreitend  nahm  der  Emir  von 
Bereideh  auf  Hubers  Teppich  Platz,  neben  ihm  der  Schech 
Rakan  (oben,  S.  73)  von  den  cAgman;  zwei  Leute  des  Letzte- 
ren  fuhrte  ich  auf  raeinen  Teppich.  Wahrend  der  Unterhaltung 
mit  einem  meiner  Naehbarn  bemerkte  ich  bei  einer  Drehung 
seines  Kopfes,  dass  er  vorne  neben  den  Backen  zwei  Paare 
von  Zopfen ')  herunterhangen  hatte.  Auf  meine  Frage,  wie  viel 
Zopfe  er  denn  habe,  schlug  er  stolz,  ohne  ein  Wort  beizufflgen, 
das  Kopftuch  in  die  HOhe,  und  zeigte  mir  seinen  Nacken:  ich 
zahlte  zehn  Stack.  Zuin  ersten  wurde  ein  Tliee  gereicht,  der 
durch  langes  Stehen  und  Citronensaft  bitter,  durch  vielen  Zucker 
kaum  geniessbar  geworden  war,  aber  dem  arabischen  Geschmack 
vollkommeu  entsprach.  Ich  war  ganz  erstaunt  als  der  Schech 
Rakan  mit  Mali  mud  einige  tflrkische  Worte  wechselte,  und 
vernahm  nachher,  dass  er  sieben  Jahre  in  der  Festung  zu 
Nisch1)  als  Gefaugener  verbracht  hatte.  Er  war  naralich  vor 
ungeffihr  20  Jahren  durch  Midhat  Pascha  gegen  Zusicherung 
freien  Geleites  als  Unterhiindler  in  den  tlasa  (an  der  Ostkuste 
Arabiens)  gelockt,  dort  aber  gleich  gefesselt  und  nach  Europa 
geschleppt  worden.  Gerade  solche  Treulosigkeiten  und  Wort- 
brttche  sind  es,  um  derentwillen  die  Turken  von  den  Beduinen 
mit  unausloschlichem  Hasse  verabscheut  werden;  begreitlich. 
Auf  den  Thee  folgte  eine  Limonade,  dann  kam  eiue  grosse 
Platte,  getharmt  mit  den  Kochkflnsten  Mahmuds:  Citronen- 


1)  Fur  gcwGhnlich  trugt  ein  Rcdaiuc  vicr  Z«ipfe,  iwei  vornc  uud  zwei  hinten  fiber  die  Schollem 
hinabhaugend. 

2)  In  Scrbien;  bi«  1678  t.irki»ch. 

0 


82 


NF.UNTES  I'.MMTKI,. 


schnitze  mit  Zucker,  Fastnachtskuchlein,  Dattelkrapfen  glacirt, 
eine  Art  Hefenkuchlein '),  dazu  vier  S:husseln  dickes  Zucker- 
wasser.  Zuerst  sassen  wir  zu  sechsen  an  der  Tafel  oder  Platte, 
dann,  nachdem  sich  Alle  gutlich  gethan,  kamen  die  Andern 
an  die  Reihe.  Da  ihnen  zunaehst  die  Schilsseln  mit  dem  Zucker- 
wasser  vorgesetzt  wurden,  so  tranken  sie  dieselben  in  ihrer 
Ungeduld  gleich  aus;  mit  dem  Schmalzbackwerk  raumten  sie 
gleichfalls  kahl  auf.  Eine  derartige  Schnabelwaide  bluht  ihnen 
halt  nicht  alle  Tage.  Jetzt  kam  der  Kaffee,  dann  Raucherwerk, 
zuletzt  Zabad  (Moschus-Salbe)*);  auch  diesmal  reichte  Mahmud 
mit  gewohnter  Vorsicht  das  Silberbflehslein  nicht  umher,  son- 
dern  Hess  sich  bei  den  Einzelnen  heruragehend  den  Finger  her- 
strecken,  und  tupfte  jedem  das  Quantum  darauf,  dessen  er  ihn 
nlr  wflrdig  erachtete.  Nach  der  Waschung  der  Hande  wurde 
zum  tTberfluss  fur  Alle  zusammen  ein  Handtuch  dargeboten ; 
es  sah  auch  am  Schluss  darnach  aus.  H6chlichst  befriedigt  er- 
hoben  sich  die  Gaste  zum  Aufbruch;  sie  konnten  in  der  Helle 
des  Hofes  ihre  Sandalen  mflhelos  zusammen  fin  den.  Ein  paar 
vergessen  gebliebene  Sehwarmer  spieen  noch  den  Abschieds- 
Salut,  und  erregten  die  trugerische  Hoffuung  auf  ein  neues 
Schaustuck.  Dann  verzogen  sich  Alle  in  Stille.  Innen  im  Hause 
gieng  es  noch  lange  unruhig  zu:  das  SpQlen  und  Aufraumen 
des  Geschirrs  nahm  viel  Zeit  in  Anspruch.  Ifch  sandte  nock 
einen  letzten  Gedanken  an  meine  SteinbOcke,  dann  sttlrzte  ich 
mich  in  einen  GOtterschlaf. 

So.  30.  Dec.  1883].  Wenn  die  Sonne  nicht  scheint,  kann  der 
Mensch  keine  heiteren  Gedanken  haben.  Es  ist  zu  traurig,  dass 
wir  unsrem  Ziel,  den  alten  Kuinen  und  Graberstatten  im 
Westen  gar  nicht  naher  kominim.  Wir  sind  ja  hier  sehr  gefeiert, 
befinden  uns  al>er  eben  doeh  nur  in  einer  ehrenvollen  Gefan- 
genschaft  zur  Uuterhaltung  des  MSchlosses."  Tn  Missmuth  und 
aus  Faulheit  legte  ic  h  mich  vor  die  Stadt  hinaus  auf  einen  HOgel. 

Mo.  31.  Dec.  1883].  Der  Prinz  Magid  hatte  einen  Sclaven 


l)  Schwabisch,  Pfizauf.  2)  Zibet;  vgl.  obcn  S.  36,  Anni.  1.] 


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S3 


geschickt,  er  wolle  sogleich  zum  Besuch  kommen.  Da  er  aber 
nach  einer  halben  Stunde  immer  noch  nicht  kam,  gieng  ich 
fort,  und  Huber  liess  die  Hausthflre  schliessen.  Auf  der  Strasse 
begegnete  ich  dann  dem  Magid,  und  erklarte  ihra,  dass  es  uns 
jetzt  zu  spat  sei,  liess  ihn  stehen  und  gieng  weiter.  Statt 
seiner  heftete  sich  Uamud  el-Migrad  an  raeine  Fersen,  und  bat 
mich  dringend,  zu  ihm  nach  Hause  zu  kommen.  Nachdem  der 
Kaffee  getrunken  und  eine  Pfeife  geraucht  war,  nahm  ich  seinen 
achtjahrigen  Nett'en  Musa  ibn  CAII  als  Begleiter  zu  einem  Spa- 
ziergang  um  die  Mauern  der  Stadt  herum.  Auf  den  Abend 
waren  wir  zu  Magid  und  zwar  wieder  ins  Schlos*,  d.  h.  in  den 
Gemachern  seines  Vaters,  eingeladen.  Wahrend  dieser  Letztere 
sich  in  die  Moschee  begeben  hatte,  traten  alle  Gilste  zum  Gebet 
in  Iteih  und  Glied  zusammen;  als  Vorbeter  stellte  sich  Khai- 
rnllah  an  die  Spitze;  an  den  Wanden  blieben  nur  Huber  und 
ich  sowie  ein  ganz  junger  Sohn  des  tfamud  el-cObeid  sitzeu. 

Wahrend  der  feierlichen  Handlung  er- 
ttinte  ein  unerhorter  Ralpser  —  ohne  ir- 
gend  Jemandeu  zu  stOren.  Huber  und  ich 
wechselten  einen  Blick,  den  ich  aber  nicht 
zu  wiederholen  gewagt  hatte. 

Di.  1.  Jan.  1884].  Wie  froh  bin  ich, 
dass  es  hier  kein  Neujahr  gibt,  keine 
Visitenkarten ,  keine  Enthebungslisteu, 
nicht  die  brutale  Ohrenmarter  des  Glok- 
kenlautens,  nicht  die  katzenjammerlichen 
Gesichter,  noch  die  heuchlerischeu  Besuche  bei  den  Vorgesetz- 
ten  (im  Nothfall  bei  deren  Frauen).  Trotz  dem  erleichternden 
Gefahl,  den  Auswilchsen  der  Civilisation  entrOckt  zu  sein,  regt 
sich  doch  in  mir  die  Lust,  auf  ein  Viertelstilndlein  mich  in 
die  gute  Stadt  Strassburg  hineinzuversetzen. 

Dort  haben  bereits  vor  Tagesanbrtich  die  Balbirer  die  Messer 
aufs  feinste  gescharft;  schon  nlsten  sich  die  dreifach  frisch 
gewaschenen  Kaminfeger  mit  rosigen  Gedichten,  die  Milch- 
weiber,  die  Lampenanzander,  zu  hoffnungsvollen  Rundgangen. 


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S4 


S'KI'NTKS  i  APITKL 


Horch!  was  drOhnt  da  von  feme?  Es  sind  mit  schwankem 
Rosshaarbusch  geschmuckte  Ulanen,  von  deren  breitem  unge- 
satteltem  Kirchschritt  die  Mauern  widerhallen.  In  der  Meisen- 
gasse  paradiren  woblduftende  Fraulein  von  alien  Altersstufen 
mit  ihrem  neugebackenen  Staat,  die  jflngeren  klopfenden  Her- 
zens  den  Grass  der  Tanzstund-Herren  erwartend.  Ja,  das  ist 
die  mit  Recht  so  beliebte  Bertha,  die  lange  Paula,  die  sttsse 
Emilie;  die  tauzwuthige  Maria,  bereit  ihre  Seele  fur  einen 
Maskeuball  von  der  Lange  einer  Polarnacht  zu  verkaufen;  die 
runde  Martha  (heute  leider  mit  leicht  verschwollenem  Backen, 
daher  hinter  einem  Schleierj  kann  trotzdem  sich  nicht  versagen, 
ihren  Biber-Muff  spazieren  zu  fahren.  Ein  paar  stadtbekannte 
Junggesellen,  mit  irgend  einer  seltenen  Blume  im  Knopfloch, 
stehen  unzufrieden  am  Eek  des  Platzes;  die  gewohnte  Cigarre 
scheint  ihnen  diesmal  nicht  sonderlich  zu  schmecken.  Gigerl 
und  Referendare,  einen  Prugel  oder  eine  Fisehbeingerte  in  der 
linken  Cberzieher-Tasehe,  schuttelu  sich  die  Rechte  mit  hoch- 
gestelltem  Ellenbogen,  und  Ziehen  die  Hilnde  mit  einer  eckel- 
haften  Sclileifbewegung  wieder  auseinander.  —  Und  wie  sieht  s 
im  Innern  der  Hauser  aus?  Abseits  vom  Christbaum  stellen 
die  Buben  seit  8  Tagen  ihre  Bleisoldaten  aut,  und  schiessen 
sie  reihenweise  mit  Erbsen  nieder,  wofern  einer  nicht  eine 
staunenswerthere  Methode  aufgebracht  hat.  Ein  alterer  Karaerad 
hat  sogar  etwas  Pulver  bei  sich  (in  einer  Date,  die  zum  Theil 
in  der  Hosentasclie  auigegangen  ist),  will  aber  damit  erst  her- 
ausrflcken,  wenn  die  Mama  in  die  Kirche  gegangen  ist.  Deni 
sch6nen  Trom peter  auf  seinem  Schimmel  fehlt  bereits  der  Kopf, 
aber  so  ein  Musiker  spielt  unschwer  mit  dem  Herzen  weiter. 
Die  kleinen  M&dchen  mit  ihrer  Puppenstube  und  -kiiche  haben 
den  besten  Platz  im  Zimmer.  Da  riecht's  aber  bedeuklich  nach 
angebranntem  Zucker  und  Milch.  ,He!  mir  scheint,  ihr  k6nnt 
nichts  Ordentliches  kochen!"  „ Ja  wohl,  Sie  durten  es  sogar  gleich 
selbst  versuchen,  Sie  mflssen  nur  noch  einen  Augenblick  Ge- 
duld  liaben,  es  kommen  noch  Mandeln  darauf."  *Was  soil  denn 
das  eigentlich  sein?"  wDas  ist  ein  Creme  de  chocolat.  Wissen 


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hAjkl. 


85 


Sie,  was  das  ist?"  ,0  freilich,  ihr  lieben  Affen,  doch  meine  ich, 
es  ist  etwas  wenig."  „Allerdings,  es  ist  namlich  die  eine  Halfte 
ins  Feuer  gelaufen,  und  dann  hat  auch  noch  das  Luisle,  die 
doch  eigentlich  nur  Spulniagd  sein  soli,  gewiss  vier  Kaffeel6ffel 
davon  geschleckt."  „Es  ist  ja  nicht  wahr ;  es  waren  kaum  zwei !" 
„Ihr  herzigen  Fresssacklein,  konnt  ihr  denn  uberhaupt  noch 
etwas  in  euch  hineinstopfen  ?  habt  ihr  euch  nicht  die  Magen 
verstaucht  ?"  „Ja!  —  (mit  einem  Blick  auf  die  Mama)  —  vor- 
gestern,  aber  heute  konnen  wir  schon  wieder.  Und  Sie  sagen 
ja  immer:  Thut  nur  langsam,  Kinder,  ihr  glaubet  gar  nicht, 
was  in  euch  hineingeht."  „Also  komm  her,  liebe  Elsa,  lassmich 
versuchen,  gib  rair  einen  Schmatz;  da  hast  einen  Lebkuchen, 
und  du,  Luisle,  wirst  auch  noch  einen  Zimmtstern  hinunter- 
wurgen  kCnnen".  Ach!  das  ganz  Kleine  hatt'  ich  schier  ver- 
gessen!  doch,  da  nab'  ich  noch  in  der  Tasche  ein  Springerle. 
So!  da  kannst  daran  schnullen.  Jetzt  aber:  Ada! 

Nun  genug  der  Traumereien.  Bei  der  Wende  des  Jahres  ver- 
mag  ich  mich  auch  recht  ernsthafter  Gedanken  nicht  zu  ent- 
schlagen.  Was  ich  bis  jetzt  auf  dieser  Reise  erlebt  und  ge- 
trieben,  sollte  ja  nur  Einleitung,  ein  Vorspiel  zur  eigentlichen 
Arbeit  sein.  Werden  bald  greifbar  vor  mir  stehen  die  unklaren 
sagengehtlllten  Ruinen  von  el-l.Iegr  und  von  el-c01a?  Werde 
ich  finden,  was  ich  hoffe  ?  Kann  ich  leisten,  was  man  von  mir 
erwartet  1 

Um  9  Uhr  zu  Magid.  Kaum  war  ich  dort,  so  liess  sich  der 
Emir  zu  Besuch  ansagen.  Er  kam  mit  I.Iamftd  el-c0beid,  mit 
tlasan  Muhanna  von  Bereideh  und  viel  Gefolge.  Der  ganze 
hawah  war  voll  von  Menschen.  Nachmittags  zeichnete  ich  an 
den  Landkarten  fur  Hubers  Tagbuch.  —  In  der  Nacht  regnete 
es  stark. 

Mi.  2.  JaD.  1884].  Noch  den  Morgen  trOpfelte  der  Regen 
gleichmassig  aus  dem  graueu  Himmel  herab,  dabei  war  es  den 
ganzen  Tag  so  finster  wie  bei  uns  im  Winter.  In  den  Strassen 
liefen  Baohe,  die  man  ungenassten  Fusses  nicht  uberschreiten 
konnte.  Ich  hockte  mich  auf  einen  Steinhugel  im  Osten  der 


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80 


KEL'STE*  CAP1TEL. 


Stadt  in  eine  kleine  HOhle,  die  sogenannte  JJubbet  cAli.  Hier 
hflrte  ich  auf  eine  Entfernung  von  6  Kilometer  vom  Munif 
heruber  das  Tosen  der  Wassersturze  zwi9chen  den  Felsen.  Ich 
konnte  natnrlich  nicht  unbemerkt  bleiben;  eine  Anzahl  junger 
Bursche  gesellte  sicb  zu  mir  und  sang  Lieder,  die  ich  aber 
nicht  verstand.  —  Zu  Hause  traf  ich  Barrascb '),  den  Schech 
der  Aslam  aus  dem  I.Iasfc  (Megmacah);  er  gab  Auskunft  uber 
seine  Stammes-Eintheilung,  die  von  Mahmud  niedergeschrieben 
wurde.  Nachts  kam  neuer  Regen.  Mein  Tabak  saugt  sich  voll 
Wasser. 

Do.  3.  Jan.  1884].  Wer  nicht  Regenwasser  gesammelt  hat, 
ist  in  diesen  Tagen  ohne  Haustrunk;  die  Brunnenmauern  sind 
vom  Uegen  so  weich,  dass  man  die  R&der  und  Stangen  ohne 
Qefahr  des  Einsturzes  nicht  in  Bewegung  setzen  kann.  —  Seit 
acht  Tagen  leide  ich  an  einem  unbedeutenden  aber  stark  beis- 
senden  Aussehlag,  der  vom  Blut,  d.  h.  von  der  vorherrschenden 
Datteluahrung,  herruhren  soil.  Das  unvermeidliehe  Kratzen  mit 
den  Nageln  ist  keinenfalls  zuhaglich ,  meine  Abklatsch-Bnrste 
mu9s  far  die  schwer  erreichbaren  Stellen  des  RQckens  herhalten. 

Der  Kalit.ani  Khalid,  mit  dem  Beinamen  Abu  talfttin  (oben, 
S.  74)  sollte  uns  seine  Stammes-Eintheilung  angeben;  statt 
dessen  ruckte  er  mit  ernstlichen  Bekehrungsversuehen  zum  Islam 
an  uns  heran 2).  Wir  seien  doch  jetzt  so  tnachtig  und  angesehen, 
im  Range  eines  Emirs,  wie  der  Emir  von  Bereideh,  oder  noch 
h6her.  Wenn  wir  vollends  Muslimen  wurden,  gienge'  uns  gar 
nichts  mehr  ah,  wir  konnten  aus  den  edelsten  St&inmen  Frauen 
bekommen,  den  ganzeu  Tag  in  einem  Garten  sitzen,  Schaffleisch 
essen  so  viel  wir  nur  wollten ;  wenn  es  uns  nicht  behagte, 
brauchteu  wir  die  Beschwerden  eines  Razu  gar  nicht  auf  uns 
zu  nehmen,  kfinuten  ruhig  zu  Hause  bleiben  und  wurden  doch 
unsern  Theil  an  der  Beute  davon  tragen.  —  ,Da  wOrd'  ich 
mich  schamen!"  —  Und  dann  erst  im  Paradies,  da  bekamen 

1)  (Jlwc  J  I  H.  :  B»niai  ihu  Twi'le,  Schech  der  d-Kslara /, 

2}  Mahmud  scrvus  uoster,  lingua  gallica  utcns,  suasit:  l'arat*  jam  novaiulam  ad  amputaodum 
Urbusch. 


H&JEL.  87 

wir  seidene  R&cke,  alle  erdenklichen  Herrlichkeiten  und  was 
sonst  das  Herz  begehrt.  Wir  machten  ihm  begreitiich,  dass  wir 
zunachst  mehr  Werth  auf  seine  Angaben  aber  die  Stftmme  der 
Eahtan  und  ihre  Gliederung  legen  warden.  Ungerne,  lQcken- 
haft,  ruckweise,  vielleicht  sogar  absichtlich  falsch,  gab  er  die 
Namen  von  sich,  die  der  Diener.  Mali  mad  niederschrieb ;  dazwi- 
schen  hinein  machte  er  seiner  Beklemmung  Luft  durch  neue 
Abschweifungen  ins  Paradies,  und  musste  immer  wieder  er- 
mabnt  werden,  bei  der  Sache  zu  bleiben  und  fertig  zu  mac  hen. 
Nach  der  Meinung  der  Leute  sind  Huber  und  ich  aberhaupt 
der  Rahm  und  Ausbund  der  Christenheit,  kaum  noch  dem  Na- 
men nach  Christen,  in  Wirklichkeit  stehen  wir  dem  Islam  sehr 
nahe,  jedenfalls  hoch  aber  den  Schfah  (den  hier  zeitweilig  an- 
sassigen  persischen  Kaufleuten  aus  Mescbhed);  unverstandlich, 
dass  wir  nicht  vollends  Obertret^n,  so  vortheilhaft  hienieden 
und  im  Jenseits.  In  derselben  Weise  hatte  mir  ja  schon  der 
achtjahrige  Masa  (obeu  S.  83)  seine  Hochachtung  bezeugt:  wir 
seien  doch  Christen,  hatteu  ein  Huch  und  eine  Religion,  aber 
die  Maschahideh  (die  persischen  Kautieute)  das  seien  „G0tzen- 
diener  —  Gott  verfluche  ihre  Vater"  — ,  er  wisse  von  seinem 
Vater,  dass  wir  den  Muslimen  gleichkommen,  und  nicht  ins 
[H6llen-]Feuer  wandern  milssen. 

Heute  trat  der  Emir  von  Bereideh,  I.Iasan  Muhanna,  die 
Rttckreise  an,  und  morgen  will  der  Kameelshftndler  tluseiu  auf- 
brechen;  er  hat  sieh  erboten,  Briefe  mitzunehmen,  und  denkt 
nach  zwei  Monaten  in  Damascus  einzutreffen.  —  Nachmittags 
bei  unsrem  persischen  Nachbar  cAraran  Besueh  gemacht. 

Fr.  4.  Jan.  1884].  Seit  gestern  Abend  ununterbrochenes  Nebel- 
rieseln '),  seit  dem  24.  December  aberhaupt  kein  Sonnenstrahl! 
Von  dem  vielen  Regen  starzte  eine  Mauer  in  Magids  Hause 
ein,  mit  solchem  Getose,  dass  man  es  draben  im  Schlosse  hflrte. 
Im  Stadttheil  Lubdeh  wurde  ein  Mann  bis  an  den  Hals  ver- 
schattet;  sie  haben  ihn  aber  noch  lebend  herausgezogen. 

1)  v_sUij  nafnAf. 


- 


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8S  NKUNTK8  CAI'ITKI.. 

Der  demnachst  stattfindende  Razu  ist  nun  angekfindigt; 
Iieitende  wurden  an  die  grossen  Scheche  abgesandt. 

Aus  Langweile  fertigte  ich  heute  FrGsche  und  Schwarmer, 
die  aber  wegen  der  Feuchtigkeit  der  Luft  nicht  trockneten, 
vielmehr  versagten.  Ich  will  noch  warten  bis  morgen,  andern- 
falls  werfe  ich  sie  ins  Feuer,  da  wird  alle  Bosheit  weichen.  — 
cAbd  el-'Aziz  schickte  ein  Piicklein  feinen  Kuhl  (Augenschw&rze). 
—  Bei  dem  persisehen  Kaufmann  cAli,  dera  Schwager  cAmrans, 
Besuch  gemacht.  Abends  kam  cAinran  und  brachte  das  entlehnte 
Gold ')  in  Gestalt  von  Silber  zuruck,  d.  h.  er  erlegte  statt  der 
90  Napoleons  427 '/«  Megidi.  tfamud  el-Migrad,  unser  Adjutant, 
brauchte  bei  dieseni  Anblick  plOtzlich  6  Megidi  zum  Ankauf 
eines  Teppichs;  ich  konnte  nicht  wohl  behaupten,  ich  habe 
kein  Geld,  musste  also  fdglicherweise  die  6  Megidi  springen 
lassen. 

Sa.  5.  Jan.  1884].  Da  cAbdall»h  sein  zweites  Weib,  die  schOne 
Baghdaderin  Zhdwah'),  vor  einiger  Zeit  geprugelt  hat,  ohne 
sie  inzwischen  durch  das  Geschenk  eines  neues  Heindes  oder 
dergleichen  wieder  zu  versohuen,  so  entbehren  wirseit  lOTagen 
das  gute  Baghdader  Brod;  aber  auch  ohnc  diesen  Streik  haben 
wir  seit  4  Tagen  uberhaupt  kein  Brod,  weil  'Abdallahs  Backofen, 
frei  im  Hof  stehend,  vom  Rcgen  ganz  verwiistet  und  unbrauch- 
bar  geworden  ist.  —  Auch  heute  hieng  der  Hiramel  voll  leichter 
Regenwolken 3) ;  erst  gegen  Mittag  kam  die  Sonne  etwas  zum 
Vorschein.  —  Nachmittags  bei  eAmran  KafFee  getrunken,  Abends 
von  dem  Meschhedi  Mehdi  Besuch  erhalten. 

So.  6.  Jan.  1884].  Heute  morgen  vcrspurte  ich  einmal  wieder 
Haslause.  Die  Jagd  war  sehr  ergiebig;  mindestens  30  Stuck  er- 
litten  unter  Knistern  den  Feuertod ;  ein  ganzer  Haufen  Nester 
wurde  in  den  Falten  des  Hemdes  zerstflrt ;  aus  dem  Hemd,  auf 
einem  Dach  im  Wind  gespannt,  wandern  sie  von  selbst  wieder 
aus.  —  Dem  Magid  einen  kurzen  Besuch  gemacht;  er  hatte 

1)  l\.  Dec.  iSeite 

2}  Vgl.  ohen  S.  35.  3)  *j>>  ditu- 


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iiaJKi.. 


89 


schon  mehrfach  den  Wunseh  geaussert,  einmal  ein  paar  Hand- 
schuhe  zu  sehen;  ich  konnte  seiner  Neugier  abhelten. 

Wenn  wir  nur  endlich  einmal  fort-kamen  von  hier!  Bald  ist 
es  ein  Vierteljahr,  dass  wir  da  heruinsitzen.  Diese  Menschen 
haben  ja  keine  Vorstellung  von  der  Zeit,  keine  Ahnung,  welche 
Pein  sie  uns  anthun.  Was  haben  wir  davon,  dass  wir  Datteln, 
Reis  und  Schaffleisch  essen  konnen,  so  viel  wir  wollen?  dass 
wir  sorglos  schlafen  kfinnen,  so  lange  es  uns  beliebt?  dazu 
einige  Geschenke  und  Ehrungen!  Wir  giengen  zum  FQrsten, 
um  ihm  Vorstellungen  zu  machen,  dass  wir  nach  Teima,  el- 
Uegr,  Tebuk  aufbrecheu  mOchten;  er  solle  uns  doch  Ziehen 
lassen !  Wegen  der  beiden  ersten  Puncte,  meinte  der  Furst, 
habe  es  keine  Schwierigkeit,  aber  nach  Tebuk  sei  es  zu  ge- 
fahrlich.  Auf  die  Bemerkung  Hubers,  es  werde  nieht  so  arg  - 
sein,  lachelte  der  Farst:  So?  Er  habe  gerade  die  Nachricht  er- 
halten,  dass  Muhammed  ibn  cAtijjeh')  zusammen  mit  'Aneber 2) 
und  deji  Ragftgil  des  Schijakh  unweit  Tebak  beim  Steuerein- 
treiben  von  einer  Obermacht  der  Bani  eEisfi  (eines  Theils  der 
Bani  §akhr)  uberfallen  und  total  ausgeplundert  worden  sei. 
HmH  Der  Zeka  (Steuer)  im  Betrag  von  7000  Megidi  sei  zum 
Teufel!  —  Mehr  noch  thut  mir  unser  Diener  Mahmud  leid, 
der,  zur  Ablieferung  an  seine  in  Macan  lebende  Familie,  dem 
Muhammed  ibn  'Atijjeh  10  Napoleons  anvertraut  hatte. 

Diesen  Abend  hat  uns  der  Emir  (zum  erstenmal  wieder  seit 
dem  21.  Dec.)  nach  dem  Nachtessen  zu  sich  rufen  lassen.  Er 
war  uberaus  zuvorkommend ;  seiu  Vetter  IJamud  el-cObeid,  zu 
dem  wir  nachher  giengen,  von  geradezu  beangstigender  Frennd- 
lichkeit.  In  seinem  ^«h4wah  herrschte  ubrigens  ein  Rauch, 
dass  er  die  Augen  beizte.  —  Zu  Hause  angekoraraen  probirte 
ich  noch  einige  der  Schwarmer  von  vorgestern;  die  konnten 
jetzt  trocken  sein.  Siehe  da,  sie  spieen  vorzaglich,  kraftig  und 
ausdauernd.  Da  muss  ich  mich  noch  mehr  auf  diese  Kunst  legen. 

1)  S.  Bd.  1.  S.  224  u.  226. 

9)  Dem  ubermiithigea  ScUvcn,  der  «eiaer  Zeit  den  Doaght)  to  rehlecbt  behandelt  hatte. 
Koont'  ich  doch  dem  Doughty  diese  befriedigende  Nachricht  telegraphirenl 


90 


SEINTK9  CAI'ITKU 


Mo.  7.  Jan.  1884].  In  gewohnlichen  Jahren  ist  der  Beduine 
eigentlich  nie  zufrieden  mit  dem  Regen ;  wenn  es  nach  ihm 
gienge,  mnsste  noch  zehnmal  so  viel  vom  Himmel  fallen.  Jetzt 
wird's  aber  den  Leuten  allmahlich  doch  auch  genug.  In  vielen, 
selbst  guten  Hausern,  wie  z.  B.  beim  Prinzen  cAbd  el-cAziz  ist 
kaum  ein  trockener  Platz  zum  Schlafen.  Alle  Gebaude  sind 
dermaassen  eingeweicht,  dass  kein  Mu'eddin  (Gebetsrufer)  sich 
mehr  auf  eine  Mauer,  geschweige  auf  ein  Min&ret  traut.  Auch 
bei  uns  koramt  der  Regen  an  ganz  ungebrauchliehen  Stellen 
herab.  Unsere  Kisten  und  KotFer  milssen  alle  von  der  Stelle 
geruckt  und  gefluchtet  werden.  Von  den  Treppen,  die  aufs 
Dach  fuhren  sind  grosse  Stuck e  heruntergerutseht.  Im  Winter- 
zi miner,  das  oben  in  der  Decke  ein  Loch ')  zum  Abzug  des 
Ranches  hat,  ist  auf  dem  I.ehmboden  eine  grosse  Pfutze,  die 
durch  den  Hagel  diesen  Morgen  mit  stattlichen  Eisbrocken 
verziert  war.  Ein  Mann,  der  von  auswarts  hier  anlangte,  musste 
seinen  Esel  dahinten  lassen,  und  allein  durch  den  tiefen  S6l 
(Winterbach)  waten.  Habe  den  ganzen  Tag  nicht  zum  Haus 
hinausgeschaut,  und  wusste  nichts  Besseres  zn  thun,  als  Schwar- 
mer  anzufertigen. 

Di.  8.  Jan.  1884].  Die  ganze  Nacht  regnete  es  unentwegt 
weiter.  In  unsrem  Makhzan,  wo  die  Kisten  stehen,  kam  das 
Wasser  durch  zwei  Stock  werke  herunter.  Der  Boden  war  ein 
Surapf.  Meine  beiden  neuen  Zebiin  (R6cke),  die  an  den  Wan- 
den  hiengen,  wareu  von  dem  durchtraufelnden  Lehmwasser 
ganz  eingeweicrht  und  beschmutzt.  Nachmittags  begab  ich  mich 
hinaus  an  den  Scha'lb,  dessen  Wasser  etwa  2  Meter  tief  ein- 
herschossen.  Im  Stadttheil  Lubdeh  erzahlten  die  Leute,  cs  seien 
20  H&user  ganzlich  eingesturzt;  eines  habe  ich  gesehen,  das 
war  in  einen  1 7  Klal'ter  tiefen  Brunnen  hinuntergerutscht.  Dabei 
waren  wunderbare  Errettuugen  vorgekommen.  Die  meisten 
Mauern  an  den  Palmgarten  sind  schwer  beschadigt,  uberall 
die  Zinnen  herabgefallen,  Stosse  zerbrochener  Lehmziegel  sperren 


1)  tuwdmak.  PH. :  tamdtet  Sjlf*..] 


1 


viijki-  91 

die  Wege.  Zwischen  luckenbaften  Gartenmauern,  uber  schlupf- 
rige  Lettenhaufen  kletternd,  und  durch  Pfatzen  watend,  stiess 
ich  auf  ein  verlassenes  Gebaude,  und  machte  mir  Gedanken, 
warum  dieses  einst  stattliche  Anwesen  so  ganz  dem  Verfall 
preisgegeben  sei.  Kaum  war  ich  daran  vorbei,  so  erfolgte  ein 
Krachen  und  GetOse;  wie  ich  mich  umwendete,  sah  ich  noch 
zwischen  den  stehen  gebliebenen  Urnfassungswanden  Wasser 
und  Schlamm  hoch  emporspritzen.  Ich  wagte  nicht  naher  hin 
zu  gehen,  da  der  Boden  breiweich  war.  Vor  der  Stadt  im 
Westen,  aber  auch  sonst  in  den  Palmengarten  leben  eine  Masse 
Menschen  in  Zelten,  weil  ihre  Hauser  den  Einsturz  drohen, 
oder  jeden falls  zunachst,  unbewohnbar  sind. 

Auch  der  Emir  in  dem  festen  £asr  ist  nicht  ganz  sicher,  es 
regnet  bei  ihm  allenthalben  herein;  zur  Vorsicht  hat  er  sich 
ausserhalb  der  Stadt  ein  machtiges  Zelt  aufschlagen  lassen, 
um  im  Nothfall  sich  dorthin  fiachten  zu  konueu.  Besucher, 
die  zu  uns  kommen,  versichern,  unser  Hans  sei  noch  verhalt- 
nissmassig  wenig  beschadigt.  Argerlich  ist  allein,  dass  man 
den  Schaden  nicht  auf  den  Leib  rucken  kann;  denn  die  Trep- 
pen,  welche  auf  die  3  Plattformen  fuhren,  sind  nicht  mehr  da, 
die  LehmstafTeln  sind  von  den  schragen  Palmstammen  herun- 
tergerutscht,  und  den  Mauern,  gegen  welche  sie  lehnen,  ist 
gar  nicht  mehr  zu  trauen.  Man  vernimmt,  dass  der  Razu 
verschoben  oder  ganz  abgestellt  sei.  Der  Fflrst  zeigte  uns  einen 
schwarzlichen  Stein  '),  der  gestern  Nachmittag  im  Sclavenviertel 
nach  Aussage  der  Leute  aus  der  Luft  heruntergefallen  sei.  Kr 
erkundigte  sich  angelegentlich,  ob  das  denkbar  sei.  Ich  erinnerte 
ihn  an  das  koranische  Capitel  voin  „Elephanten" -J),  wornach 
eine  Schaar  V6gel  gluhende  Steine  aus  der  Luft  auf  das  Heer 
herabwarf,  und  dasselbe  vernichtete 3). 


1)  Vgl.  Bd.  I,  S.  219  und  oben  S.  «4.  2)  .Sure  105. 

3)  Dm  bezieht  »ich  auf  deo  athiopiKhen  Va»alleo,  den  cbri»tlicben  Kouig  oder  Vicekouig  voiu 
Jemcn,  N'amen*  Abraha,  dor  [nach  der  Tradition;  im  GeburUjahr  de*  Prophcton  MuUmraed 
(ca.  570  n.  Chr.)  mit  eincm  tahlreicben  Heer,  dabei  15  Elephaotcn,  einen  rerungliickten  Feld- 
zug  gegen  Mekkah  unternahm. 


92  NKI  NTKS  CAP1TKI-. 

Mi.  9.  Jan.  1884].  Der  herrliche  Sonnenschein  lockte  mich 
ins  Freie.  Ich  nahm  die  Flinte  auf  den  Rucken  und  schritt 


Der  „Gczinnte  Berg". 


bei  scharfem  Nordwind  (VffC)  dem  Gebirge  zu.  Hinter  dena 
Berg  Muschamraldiah  gieng  ich  wieder  in  der  Richtuog  auf 


Am  „Ge*innten  Berg". 


den  Munif,  den  mir  bekannten  Weg')  aufwftrts,  bekam  aber 
keinerlei  Wild  zu  Gesicht. 

Die  Schlucht  im  Hintergrund  erstieg  ich  diesmal  leichter, 
drang  auch  bis  in  das  obere  rait  Palmen  bewachsene  Becken 
vor.  Nachdem  ich  mehrere  Wasserlf)cher  theils  umgangen,  theils 
durchwatet  hatte,  befand  ich  mich  schliesslich  ganz  unmittel- 
bar  unter  dem  Gipfel  des  Munif,  der  sich  vor  mir  noch  etwa 
80  Meter  hoch  wie  eine  geschlossene  Mauer  aufthilrmte.  Wie 


1)  S.  oben  S.  76. 


H&JEL. 


03 


ich  mich  auf  dem  Rilckweg  beim  Hinabsteigen  zwischen  den 
Felskugeln  durchzwangte,  war  ich  erstaunt  auf  einen  Neger 
zu  stossen,  der  ebenfalls  mit  der  Flinte  bewaffnet  auf  die  Jagd 
gehen  wollte;  spater  traf  ich  noch  einen  zweiten  Neger;  sie 
hatten  auch  keinen  Steinbock  gesehen. 
Unten  in  der  Ebene  Mrawwat  ange- 
kommen  setzte  ich  mich  hinter  einen 
Felsblock  und  rauchte  dort,  gegen 
den  Wind  geschutzt  eiue  meinerauf- 
gesparten  Cigarren.  Dann  suchte  ich, 
nicht  ganz  glQcklich,  fQr  die  Ruck- 
kehr  einen  anderen  Weg  als  ich  ge- 

komraen,  und  langte  nach  dem  cAsr  (+UvoSULf\u«G  u^die"^?  au- 
(etwa  4  Dhr)  zu  Hause  an.  Bei  dem  bi,a°Dg  &e,eichnot)- 

grimmigen '  Hunger  hatte  ich  keine  Lust  noch  ein  bis  zwei 
Stunden  auf  die  Mahlzeit  zu  warten,  rief  also  dem  Diener 
Mali  mild,  er  solle  mir  irgend  etwas  zum  Essen  bringen.  Wie 
nun  dieser  die  Unverschamtheit  hatte,  sich  zu  weigern  und 
mich  zu  belehren,  jetzt  sei  keine  Essenszeit,  ich  werde  eben 
so  gut  noch  warten  kOnnen,  wie  andere  Leute,  entfuhr  mir 
uuwillknhrlich  ein:  Sakerment!  Auf  das  hin  gebardete  sich 
Mahmud  wie  verruckt,  fuchtelte  mit  den  Armen  und  stiess 
einen  kaum  verstaudlichen  Wortschwall  hervor:  ich  habe  ihm 
die  grOsste  Beschimpfuog  angethan,  habe  seine  Religion  ver- 
flucht  —  Bwas?!n  —  ja  freilich,  er  kenne  das  von  Damascus 
her;  es  sei  ein  Unheil,  dass  er  flberhaupt  mit  uns  gezogen  sei. 
Nachdem  er  sich  etwas  erleichtert  hatte,  erklarte  ich  ihm,  auf 
diese  Weise  werde  es  wohl  nicht  mehr  lang  anstehen,  dass  wir 
uns  nach  einem  andern  Diener  umsehen  mussen.  Ich  schickte 
ihn  zum  Zimmer  hinaus,  und  holte  mir  aus  den  Vorrathen  eine 
Hand  voll  Datteln.  Gleich  darnach  trat  der  Diener  wieder  ein, 
bat  um  Verzeihung  und  wartete  mit  einem  Kaff'ee  auf.  — 
Abends  noch  einmal  zum  Emir  gerufen  worden. 

Do.  10.  Jan.  1384].  Eine  kalte  Nacht  lag  hinter  uns.  Im 
Hofe  waren  2°C;  ausserhalb  der  Stadt  aber  sei  Qberall  Eis 


91  NKUNTKS  C.VI'ITE!.. 

gewesen.  Ein  Sclave  des  Emir  sei  in  der  Oegend  von  Lakitah 
erfroren  gefunden  worden.  Ich  befknd  mich  heute  gar  nicht  wohl; 
es  scheint,  dass  ich  mich  auf  der  gestrigen  Gebirgstour  bei  dem 
Wind  im  blossen  Hemd  und  Mantel  doch  etwas  erkaltet  habe; 
dies  macht  sich  durch  Kopfweh  bemerklich.  Nun  muss  auch 
noch  gerade  in  diesen  kalten  Tagen  mein  einziges  wollenes 
Hemd  aus  bekanuten  Grflnden  auf  dem  unzuganglichen  Dach 
hftngen!  —  Ein  Besuch  von  Magid  war  mir  gar  nicht  will- 
kommen. 

Abends  waren  wir  von  cAbdallah  zum  Essen  eingeladen;  es 
hatte  nftmlich  in  der  Zwischenzeit  eine  Aussohnung  mit  der 
Baghdaderin  stattgefunden.  Der  Hauswirth  brachte  die  Rede 
auf  die  Dschinn  (bosen  Geister),  und  erzahlte  ganz  ernsthaft 
—  es  gruselte  ihm  noch  jetzt,  —  wie  er  einmal  spat  Nachts 
im  Bazar  zu  Baghdad,  wo  er  einen  Laden  besessen,  wahrend 
einer  ganzen  Stunde  von  einem  Dschinn  geohrfeigt  worden 
sei,  und  obwohl  mit  der  Ortlichkeit  vertraut  bei  der  Finsterniss 
und  in  der  Verwirrung  alle  Augenblicke  den  Kopf  an  ein  Eck 
angestossen  habe.  Kein  acudu  billah!  („ich  nehme  meine  Zu- 
flucht  zu  Gott'*),  kein  snbhan  allah!  (,Gott  soli  hflten*') ')  habe 
gefruchtet.  Mit  Beulen  am  Kopf,  mit  blauen  Malern  am  Leib 
habe  er  klaglich  durch  die  Oden  Gassen  sich  schleppend  seine 
Wohnung  erreicht.  Mich  kostete  es  Mflhe,  das  Lachen  zu  halten. 
Hatte  ich  nicht  von  sonst  aus  seinem  eigenen  Mund  gewusst, 
dass  er  den  geistigen  Getranken  wenigstens  nicht  abhold  war, 
so  ware  ja  zur  Unterhaltung  eine  ilbersinnliche  Erklarung  des 
Vorganges  immerhin  erorterbar  gewesen.  So  aber  wollte  ich 
diesen  wunden  Punct  nicht  unbenlhrt  lassen,  und  fragte,  ob 
er  denn  nicht  vielleicht  an  jenem  Abend  des  Guten  ein  wenig 
zu  viel  gethan.  Er  verschwor  sich  jedoch  hoch  und  theuer,  er 
sei  durchaus  nQchtern  gewesen,  und  konne  es  nur  als  eine  Strafe 
dafilr  ansehen,  dass  tr  frAher  an  dem  Dasein  der  Dschinn 
lasterliche  Zweifel  geausscrt  habe.  Ich  meinte,  diese  Art  der 

[1)  Kigentlieh  „fi»tt  »ci  gepricscu !"  . 


i 

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or. 


Be9trafung  sei  ja  gewiss  sehr  schmerzhaft  und  bedauerlich  ge- 
wesen,  indess,  was  er  denn  aberhaupt  bei  nachtschlafeuder  Zeit 
in  so  einem  ausgestorbenen  Bazar  zu  thun  gehabt  habe.  Ja, 
er  habe  noch  spat  in  seinem  Laden  aufgeraumt,  und,  wie  er 
denselben  abgeschlossen,  habe  er  erst  bemerkt,  dass  es  stock- 
dunkel  geworden  und  der  ganze  Bazar  verlassen  und  abge- 
schlossen gewesen  sei.  Der  Wftchter  habe  bei  dera  unheimlichen 
Poltern  und  jammerlichen  Geschrei  sich  gefarchtet,  desshalb 
auch  noch  lange  gezaudert,  das  Thor  zu  entriegeln. 

Fr.  11.  Jan.  1884].  Um  in  die  abstumpfende  Einformigkeit 
des  Daseins  eine  heitere  Abwechslung  zu  bringen,  beschloss  ich 
meinen  ausseren  Menschen  etwas  zu  verandero.  Zu  diesem  Be- 
huf  hatte  ich  mich  schon  vor  Tagesanbruch  so  schon  wie  mOg- 
lich  aDgethan:  seidenes  Herad  mit  rothen  Quasten,  seidenes 
Kopftuch  mit  ganz  neuer  Einlage,  seidenes  Taschentuch,  den 
neuen  indischen  dem  Magid  abgenomuienen  Rock '),  an  den 
Fussen  fein  gewobene,  durchbrochene  Strampfe  (seit  mehr  als 
4  Monaten  uberhaupt  zum  erstenmal  wieder  Strumpfe),  wollene 
tfbersocken,  rothe  Beduinenstiefel  rait  blauer  Quaste  und  eiser- 
nen  Absatzgriffen,  Goldschmuck,  die  Augen  mit  Kuhl  schon 
schwarz  bemalt,  den  Bart  leicht  gestutzt.  So  gieng  ich  nach 
dem  Fruhstflck  mit  dem  Sabel  in  der  Hand  durch  die  Strasse, 
und  grflsste  gnadig  und  voll  Wilrde  die  erstaunten  Bewohner. 
Was  kommen  musste,  war  klar:  schon  nach  5  Minuten  war 
dem  Emir  gemeldet  worden,  ich  hatte  einen  nie  gesehenen 
Staat  angelegt,  da  mflsse  etwas  Besonderes  los  sein.  Naturlich 
schickte  er  uuverzuglich  einen  Boten,  ich  mochte  ins  Schloss 
kommen.  Dort  wartete  bereits  mit  Ungeduld  die  gesammte 
hoflahige  CJesellschaft.  Ich  wurde  untersucht,  betastet,  und  musste 
eingehende  Auskunft  ertheilen;  ich  gab  an,  heute  sei  raeiner 
Schwester  Geburtstag,  und  diesen  wolle  ich  wie  ublich  feiern. 
Sie  wollten  dann  wissen,  ob  ich  im  Christenland  den  ganzen 
Tag  in  solcher  Tracht  eiuhergehe.  Diese  falsche  Vorstellung 

1)  S.  oben,  S.  34. 


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XECNTES  CAMTHX. 


durch  Besclireibung  rait  Worten  zu  berichtigen,  war  nicht  gut 
mflglich;  darum  liess  ich  mir  ein  Papier  geben  und  fertigte 
eioige  Zeichnungen  an.  Der  breitrandige  Hut  erregte  Staunen 
und  Bewunderung  (ob  er  von  Eisen  sei1),  Cylinder  und  Frack 
dagegen  Gelachter,  Touristentracht,  Rucksack  und  Bergstock, 
Steigeisen,  Schneeschuhe  fanden  keine  Billigung,  sondern  blie- 
ben  unverstandlich.  Wie  ich  gar  das  Schlittschuhlaufen  erklaren 
wollte,  dabei  aber  rait  meinera  Arabischeu  etwas  in  die  Bruche 
kam,  merkte  ich  an  den  Gesichtern  meiner  Zuhorer,  denen  alle 
physikalischen  Vorbegrifi'e  mangelten,  dass  ich  Gefahr  lief,  fur 
einen  Schwindler  geschfttzt  zu  werden,  und  brach  daher  ab  mit 
dem  Bedauern,  sie  verstiraden  es  doch  nicht,  selbst  wenn  ich 
im  Stande  ware,  es  in  gewandteren  Ausdrucken  deutlich  zu 
machen.  Der  Emir  lenkte  das  Gespraeh  auf  die  Musik,  ob  wir 
auch  Lieder  hatteu  ?  Ich  setzte  auseinander,  dass  die  verschie- 
denen  Volksstamtne,  Stande,  Lebensalter  und  Geschlechter  je 
nach  der  Gemuthsstiramung  verschiedene  Lieder  bevorzugten, 
als  da  sind  Tiroler,  Soldatenf  Jager,  Matrosen,  Studenten,  ver- 
liebte  Madchen,  Kinder.  Dera  Verlangen,  Proben  l)  zu  horen, 
konnte  ich  nicht  ausweichen.  Da  indess  die  deutschen  Worte 
unverstanden  blieben,  und  nicht  so  leicht  arabisch  wiederzu- 
geben  wareu,  hinterliessen  die  Melodieen  rar  sich  keinen  son- 
derlichen  Eindruck.  Wie  ich  aber  die  Leonore  aus  dem  Trou- 
badour mit  irech  unterschobenem  arabischem  Text  (h6chst 
einfacher  Art  *)  sang,  brachen  Alle  in  EntzQcken  aus,  und  for- 
derten  Wiederholung.  Der  Prinz  Magid  bat  mich,  ihn  das  Lied 
in  seiner  Wohnung  zu  lehren.  Diese  Matinee  fand  einen  nicht 
ganz  wurdigen  Abschluss  durch  VorfQhrung  einer  aus  den  Schatz- 
kammern  des  Schlosses  herausgezogenen  Drehorgel.  Nach  Hause 
zuruckgekehrt  entledigte  ich  mich  wieder  der  Maskerade. 

1)  Bin  ein-  und  ansgaugen  iiu  gan/e  Tirol  u.s.w. ;  Woblauf,  Karncraden  auf*  Pfcrd,  an  ft  Pferd ; 
Ich  hatt'  eineu  Kaiiicradcrt ;  Itn  Wald  und  auf  der  Haide;  Auf  dem  Moer  bin  ich  geboreo, 
Gaudeamus  igitur;  Mem  SrhaU,  der  ist  auf  die  Wandcrschaft  hin ;  So  viel  St«rn  am  Himmel 
fttehen. 

\t  \>  p&  cr  I*5  J  fi  „Stch*  auf,  mein  Lieb.au* 

dem  Schlaf,  stch'  aus  dem  Schlaf,  o  ineiuc  Gazelle,  o  Ga/elle!" 


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Il/UE...  0? 

y  Zura  Nachtessen  hatte  uns  der  Emir  eingeladen ;  es  gab  lteis, 
Fleischbrahe,  Steinbockfleisch  (in  der  Brunstzeit  nicht  gut)  und 
eine  Art  Fleischwurste  in  Blatter  eingewickelt.  Jeder  bekam 
neben  sich  eine  init  bitterer  Limonade  gefullte  Schussel,  in  der 
eine  Tasse  zum  Heraussehopfen  umherschwamm.  Der  Furst  ver- 
ehrte  mir  das  Geweih  des  Steinbocks ');  es  hatte  eine  Lange 
von  ilber  4  Spannen. 

Sa.  12.  Jan.  1S84].  Wieder  herrlicher  Sonnenschein.  Schon 
in  der  Frnh  Schick te  Magid  einen  Sclaven,  er  mochte  ein  Blei- 
stift  und  einigo  Schwarmer  haben.  Ich  liess  ihm  sagen :  Ja  ja, 
er  werde  es  im  Laufe  des  Tages  bekoramen,  —  fallt  mir  natQr- 
lich  nicht  ein,  er  kann  aich  ein  Bleistift  im  Suk  kaufen,  und 
soil  sich  seine  Schwarmer  selbst  machen.  Die  Botschaft  war 
ohnedem,  wie  mir  am  folgenden  Tog  klar  wnrde,  nur  ein  Vor- 
wand  gewesen;  er  wollte  mich  zu  sich  locken,  urn  eine  Sing- 
stunde  von  mir  zu  erhalten. 

So.  13.  Jan.  1884].  Magid  hatte  sich  einstweilen  in  seineu 
vier  Wanden  die  Melodie  der  Leonore  einzuverleiben  versucht. 
Es  war  erstaunlich,  wie  dieser  begabte  Mensch  (den  ich  ubri- 
gens  auch  zu  allem  SchlechtenJ)  fur  fahig  halte),  —  abgesehen 
von  dem  verfehlten  Schluss,  den  ich  ihm  besonders  austreiben, 
und  unter  dem  Staunen  der  Sclaven  mQhsam  neu  einpauken 
musste  —  im  Ganzen  doch  die  Tone  richtig  behalten  hatte. 
In  der  Schlussstelle  fand  er  den  tiefen  Ton  nicht,  Ich  tupfte 
ihm  jedesmal  tuchtig  auts  Knie,  und  rief  ihn  an :  camik !  camik ! 
(„tief,  tief !").  Ich  glaube  kaiun,  dass  dieses  arabischey  Worije 
als  musikalischer  Kunstausdruck  so 
erregte  es  Heiterkeit.  Magids  jQngere 
indem  sie,  sobald  die  Stelle  nahte,  mit  nach  abwarts  stupt'en- 
dem  ZeigtiDger  den  Magid  argerlich  anschrieen:  camik!  camik! 
Da  nun  bald  aus  alien  Winkeln  des  Hauses  die  Leonore  miss- 
handelt  wiederschallte,  machte  ich  mich  aus  dem  Staub,  und 


3  dieses  arabische  Worl^e 
gebraucht  wirdYjedenians 
i  BrQder  ahmtei/mich  nach, 


1)  Vgl.  oben  S.  72. 

2)  Er  Mil  thoUichlich  <«ineo  Onkcl,  den  Emir  Muhnmmed  ibu  Raschid,  Endc  1897  vergiflet 
habcu ! 


SKUSTES  CAP1TKI.. 


schickte  dem  Magid  als  Anerkennung  seiner  musikalischen  Lei- 
stungen  einige  Schwarmer. 

Mo.  14.  Jan.  1884],  Morgens  frflh  kam  Magid  mit  seinen 
Brudern  Salim  und  Sultan  zum  Besuch.  Nachher  die  nordost- 
lichen  Quartiere  der  Stadt  durchstreift.  —  Der  persische  Kauf- 
mann  cAli  sah  bei  mir  Kautschuk-Bander,  und  fragte  angstlicb, 
ob  sie  aus  Schweinsleder  seien  (vgl.  Bd.  I,  S.  42,  190). 

Di.  15.  Jan.  1884].  Den  Waffenschmied  Ranem  aufgesucht, 
den  ich  wegen  seiner  Aufdringlichkeit  und  Bettelei  einige  Zeit 
bei  Seite  geschoben  hatte.  Auf  die  Frage  nach  seinem  ftlnf- 
jahrigen  Enkel  cAbdallah '),  gab  er  zur  Antwort:  „Der  Bub  bat 
so  viele  Lause;  er  ist  bei  den  Weibern,  die  suchen  sie  ihm 
heraus".  —  Abends  batten  wir  den  Schech  der  Tuman  Sened 
ibn  Rubcaa)  mit  2  Genossen  zu  einem  leckeren  Mable  eingeladen. 
Dass  naeh  dem  Kaffee  und  Reis  mit  Hammelfleisch  Mahmud 
auch  noch  Fastnachtskuchlein  und  Zuckerbruhe  dazu  auftrug, 
belebte  die  Bewunderung  nicht  minder  als  den  Appetit.  Nach 
einem  Trunk  Wassers  entfuhr  dem  Einen  ein  Rulpser,  den  er 
mit  einem  aufrichtigen  el-hamdu  lillah  („Lob  sei  Gott!M)  be- 
gleitete.  Der  Schech,  welcher  ganz  unten  am  Schatt  (sQdlich 
von  Basra)  seine  Waidepl&tze  hat,  versicherte  aufs  Bestimm- 
teste,  der  viel  gefragte  Wadi  er-Rummah  mflnde  nach  Zobeir 
hinaus,  also  viel  ostlicher  als  er  auf  den  Karten  angedeutet  wird. 

Nachdem  die  G&3te  sich  verabschiedet,  uahm  ich  die  zwei 
Bande  von  Ritter  uber  Arabien  zur  Hand,  las  zuerst  wieder 
die  Feldzuge  gegen  die  Wahhabiten,  dann  zum  so  und  so  viel- 
ten  Male  die  Zusammenstelluug  aller  Nachrichten  uber  die 
Nabataer,  und  die  Aussagen  orientalischer  Geographen  und 
Pilger  aber  die  Uuinen  von  Madaln  §&lili  (=  el-^egr).  Es  be- 
darf  einer  morgenUlndiscben  Geduld  und  Zufriedenheit,  wenn 
man  mit  Schilderungen,  von  Orientalen  gemacht,  ins  Reine 
kommen  will.  Nichts  ist  iin  Senkel,  wenig  Greifbares;  haltlos 


1)  Vg).  oben  S.  20,  46.  48. 

2)  &j  ^  JO*.  [H.:  Sonea  cr-Kubec,  Schech  der  et-Tnmftn.] 


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nach  Maass,  Zeit  und  HimmelsrichtuDg,  lottert  Alles,  mit  werth- 
losen  frommen  Brocken  untermischt,  einher;  es  ist  zum  Ver- 
zweifeln.  Staunenswerth  war  rair  immer,  wie  Ritter  sich  in 
diesem  zuchtlosen  Wust  zurecht  gefunden  und  wie  er  ibn  ver- 
arbeitct  hat.  Wenn  ich  nur  endlich  daraus  klug  werden  kOnnte, 
wie  sich  die  Thamudaer  zu  den  Nabataern  zu  verhalten;  wie 
der  Theil  zum  Ganzen?1);  ob  die  Inschriften  in  el-tfegr  naba- 
taisch  sind,  oder  was  sonst?  Es  fiel  mir  schwer,  mich  aus 
diesem  Labyrinth  loszureissen.  Drei  Viertheile  der  Nacht  waren 
vorQber,  als  ich  die  kQmmerliche  Lampe  lOschte. 

Mi.  16.  Jan.  1884J.  Um  11  Uhr  erhob  icfc  mich  bescbamt  von 
meinem  Lager.  Auf  einem  Gang  im  Osten  um  die  aussersten 
Palmpflanzungen  herum  besuchte  ich  den  Friedhof  jenes  Stadt- 
theils.  Die  schmucklosen  Steine  trugen  theilweise  Namen  (z.  B. 
§alih  ibn  Ibrahim  ibn  Migrad 
1 296),  die  meisteu  aber  bloss  ein 
Wasm  d.  h.  Starames-  oder 
Familien-Abzeichen 

[Aus  dem  Tagbuch  seien  hier 
noch  die  folgenden  Inschriften       »«— «*h»  -f  *******  a****. 
angefahrt:  1)  *AJf  fj&£;  2)-*b  ^1  ^Ja*;  3)  ^UJU 

iX*«j«;  4)  JLA^Lc.  D.  i.  1)  Snips,  Gott  habe  sie  selig!;  2)  Hindi 


^1)  Die  Nabataer  und  Thamudeaer  waren  zwei  verschiedene  arabische  St&mme,  die  erateren 
mebr  dem  Weaten,  die  lotzteren  mebr  dem  Oaten  Arabieus  aogehorig.  Die  Nabataer  gelaogten 
zu  grower  Macbt  and  grtindeten  in  Nordwest-Arabien.  Sudpaluatina  and  dem  Ostjordanlandc  ein 
Keich,  das  aclbst  den  Rontern  gefahrdrohend  eischien.  Die  Bliitezeit  des  Reiches  war  etwa  von 
50  vor  Chr.  bis  00  nach  Chr.  Die  Hauptstadte  des  Reicbe*  waren  Hegra  (el-Hegr)  und  Petra. 
Im  Jabre  100  n.  Chr.  wnrde  da«  nabatiiische  Reich  von  den  Romern  uoter  Cornelius  Palma 
zerstort,  and  cin  grosser  Teil  davon  zur  Provincia  Arabia  gemacht.  Die  NabatAer  batten  die 
Schrift  and  im  offizielleu  Gebraucbe  die  Spraehe  der  Aratnaer  angenommen  nnd  behielten  sie 
anch  nach  Verlust  ihrer  Selbstuodigkeit  tei.  Aus  der  Form,  die  das  aramiiische  Alphabet  bei 
den  Nabataern  erhielt,  erwuehs  spater  die  arabiscbe  Schrift.  —  Die  Thamudener  jedoch  blieben 
immer  in  bescheidenercn  Grenzeu.  Sie  nahmen  wcnig  oder  gar  nicht  am  Kulturleben  der  alten 
Welt  teil.  Ihre  Sprachc  and  ihre  Schrift  war  rein  arabisch;  aber  ihns  Inschriften  sind  zum 
grossten  Teile  Kritzeleien  und  enthalten  ineist  our  Eigennameu.  In  Hegra  beriihrten  Thamudener 
nnd  Nabataer  einander,  wie  uberhaupt  manche  Thamudener  znm  nabataischen  Reiche  zur  Zeit 
seiner  hochsten  Machtentfaltung  gehort  haben  raogen.  Hicrzu  vgl.  auch  unten  das  Tagbuch  vom 
25.  Marz  1884  ] 

[2)  Cber  Namen  und  Bedeutuug  der  Stammeszeichen  Tgl.  Littmnnn,  Zur  Entzifferung  der 
thamadenischen  Inschriften,  Berlin  1904,  S.  78  ff.l 


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1!  I  m  i  n  I  mi  i  -  I 


100 


NKONTKS  CWHTKI.. 


ibn  Nasir;  3)  Sulaimftn  ibn  Muhammed  (dazu  Stammeszeichen  X); 
4)  cAlaah  (dazu  Stammeszeichen  n)]. 

Auf  dem  Mesliab  (dem  freien  Platz  vor  dem  Schloss)  lagen 
10  fremde  Delul;  ich  kannte  die  Stammesabzeichen  nicht.  Man 
sagte  mir,  es  sei  eine  Anzahl  Beduinen  aus  dem  Norden  an- 
gekommen,  Rualah,  $ufcur  und  Andere.  Die  von  den  befreun- 
deten  Stftmmen  liefern  Nachricht  uber  die  Orte,  wo  die  Feiude 
liegeu,  und  uber  das,  was  sie  sonst  ausspioniert  haben;  die 
von  den  feindlichen,  wie  z.  B.  eben  von  den  Rualah  und  §ul$ur, 
briigen  Geschenke  an  Pferden  oder  sonst  was,  und  stellen  sich 
uberhaupt  hier  ein,  weil  ihr  Stamm  derzeitig  an  den  Granzen 
der  Schammar  waidet,  iu  den  Wudjan.  Solange  ihr  Abgesandter 
bei  den  Schammar  weilt,  kOnnen  sie  unangefochten  dort  wai- 
den;  ein  Uberfall  auf  sie  in  dieser  Zeit  galte  fur  unehrenhafb. 
Naturlich  wollen  sie  bei  dieser  Gelegenheit  moglichst  viel  er- 
horchen  und  erspahen.  Abends  trafen  wir  die  ganze  Gesellschaft 
beim  Fflrsten  als  Gaste.  Einer  derselben  hatte  die  Frechheit, 
seine  mitgebrachte  Wasserpfeife  zu  rauchen.  Es  fiel  zwar  von 
keiner  Seite  eine  Bemerkung  gegen  das  strafliche  Beginnen, 
wurde  aber  doch  allgemein  als  ein  Verstoss  gegen  die  Sitte 
empfunden.  Die  Strafe  folgte  auch  gleich  auf  dem  Fuss:  Beim 
Verlassen  des  Schlosses  war  es  stockfinstere  Nacht,  der  Beduine 
mit  seiner  Wasserpfeife  hatte  sich  der  Stufen,  die  zum  Thore 
hinausfahrten,  nicht  mehr  erinnert.  Kaum  war  die  ThQre  hin- 
ter  ihm  zugeworfen,  so  flog  er  mit  seinem  silndhaften  Gerathe, 
mitten  zwischen  uns  durch  hinaus  auf  den  Platz.  Er  versuchte 
unter  unsrer  Beihilfe  die  einzelnen  Bestandtheile  wieder  zu- 
sammen  zu  finden,  allein  es  war  zu  finster;  wir  pochten  daher 
kraftig  und  anhaltend  am  Schlossthor,  um  eine  Laterne  zu 
erhalten.  Es  stand  geraume  Zeit  an,  bis  oben  auf  der  Mauer 
die  Wache  erschien  und  herunterrief,  es  komme  gleich  eine. 
Walirend  der  Schecb  jammerte,  es  fehle  ihm  immer  noch  der 
Pfeifenkopf  und  der  Deckel,  gieng  gerade  der  wahhabitische ]) 

])  Vgt.  Bd.  I,  S.  168  uad  168  unteii. 


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yJUF.L. 


101 


Pfaffe  §alih  vorbei  und  fragte,  was  denn  da  los  sei  und  zu 
was  der  Spektakel.  Es  wurde  ihm  gesagt,  der  Schech  N.  N.  sei 
mit  seiner  Wasserpfeife  gestarzt  und  habe  sie  verloren,  aber 
er  werde  sie  —  in  scha  'llah  —  wieder  finden.  Voll  Gift  und 
befriedigt  aber  das  Missgescbick  antwortete  jener:  „Und  ich 
sage  euch:  in  scha  'Hah  wird  er  sie  nicht  wiederfinden;  ge- 
schieht  ihm  ganz  recht." 

Do.  i'i.  Jan.  1884].  Huber  meinte,  jetzt  bei  dem  bevorstehen- 
den  Razu  ware  der  richtige  Zeitpunct  gekommen,  urn  dem 
Farsten  meine  letzten  1 1  Steinschlossgewehre ')  zu  verehren,  er 
wflrde  dadurch  urn  so  leichter  sich  bereit  finden  lassen,  uns 
die  Reise  nach  dem  Westen  zu  gestatten.  Ich  erklarte  mich 
einverstanden  und  scharfte  ihm  ein,  die  Verhandlungen  recht 
eindringlich  zu  betreiben.  So  begab  sich  denn  Huber  —  ich 
hatte  keiue  Lust  —  von  zwei  die  Flinten  schleppenden  Sclaven 
begleitet,  vor  Sonnenaufgang  zum  Farsten,  und  legte  ihm  die 
Gewehre  als  unsre  Beisteuer  fur  den  Razu  zu  FOssen.  Nach 
zwei  Stunden  kehrte  er  mit  der  frohen  Botschaft  zurack,  dass 
wir  in  den  nachsten  Tagen  die  ersehnte  Reise  antreten  konn- 
ten,  und  mit  Thieren,  Proviant  und  Ffthrer  versehen  werden 
sollten. 

5amud  el-Migrad  brachte  einen  §lubi 2),  namens  Dirbisch  ibn 
Ban n AH  aus  der  Gegend  von  el-I.Iegreh  (halbwegs  zwischen  hier 
und  dem  cIrak).  Die  Sleb  leben  zerstreut  und  geduldet  unter 
den  Beduinen,  werden  aber  nicht  zu  ihnen  gerechnet.  Sie  sind 
armselig,  scheu,  zQchten  nur  Schafe  und  Esel,  und  liegen  der 
Jagd  auf  Straussen  und  Gazellen  ob.  Dirbisch  musste  aber  die 
Eintheilnug  seines  Stammes  und  aber  die  Ortlichkeiten  im 
syrisch-arabischen  Wastengebiet  Angaben  machen,  welche  der 
Diener  Mali  mud  far  Huber  niederschrieb.  Ich  hatte  in  der  Zwi- 
schenzeit  Musse,  den  §lubi  zu  betrachten  und  zu  zeicbnen.  Er 
trug  den  far  die  §leb  charakteristischen  Mantel  aus  15  bis  20 

[1)  H. :  bindeg  emtenned  oder  bindtgin  dteddJh~i.  \ 

2)  PluralU:  ^aIU  $l«b,  oder  »jJo  Srilubah.    H.:  Sing.  Slubl,  Plur.  $Uti>  oder  $1*6*.) 


102  NKUNTKS  CAHTKI.. 

Gazellenfellen  zusamtnengenaht;  die  Armel  schliessen  das  Hand- 
gelenk  eng  ein  und  gehen  vor  bis  auf  die  Finger;  der  Mantel 
ist,  im  Gegensatz  zu  der  eAba  der  Beduinen,  nicht  der  ganzen 
Lange  nach  vorae  offen,  sondern  hat  bloss  einen  schmalen 
Schlitz  an  Brust  und  Hals  zum  Hineinschlupfen,  Es  gilt  bei 
ihnen  als  Luxus,  unter  dem  Mantel  noch  ein  Hemd  zu  tragen. 

Nachmittags  machte  ich  einen  Besuch 
bei  dem  Waffenschmied  Ranem  und  traf 
da  auch  den  Prinzen  cAbd  el-cAziz,  den  ich 
zu  Haus  verfehlt  hatte.  Dem  Schwieger- 
sohn  des  Ranem,  dem  IJamd  ibn  Fadil 
ez-Zeheri  handigte  ich  fur  meinen  dem 
Der  SMW  Dirbiwh.        Emir  verehrten  Mauser-Repetir-Carabiner 
eine  Schachtel  Vaselin  ein,  dazu  eine  alte  Zahnbilrste.  — 
Abends  kam  ein  tfarbi,  Natnens  Faris;  es  war  aber  nichts  aus 
ihm  herauszukriegen  uber  seine  Stammes-Eintheiluug  oder  die 
Namen  der  Scheche. 

Fr.  18.  Jan.  1881].  Bin  sehr  fifth  aufgestanden.  Die  Aussicht 
bald  fortzukommen  belebt  meine  Energie.  Ich  ruste  Alles  zu- 
recht,  so  dass  ich  in  der  naehsten  besten  Stunde  aufbrechen 
kflnnte.  —  Nachmittags  bei  cAbdallah  Kaffee  getrunken.  Aus 
schwerem  Wolkenhimmel  h'el  Abends'  etwas  Regen. 

Sa.  19.  Jan.  1884].  Morgens  zu  Magid  und  zu  des?en  Vater 
I,Iamud  el-eObeid ').  Der  Letztere  hat  bereits  gestern  wieder 
durch  eAbdallahs  Vermittlung  bei  una  gewinselt:  dem  Emir 
hatten  wir  jetzt  abermals  Flinten  gegeben,  ob  wir  ihm  nicht 
auch  fur  den  bevorstehenden  Raubzug  etwas  zu  verehren  hat- 
ten,  etwa  Revolver.  (0  te  monstrum  insatiabile! — )  Ich  musste 
mein  Bedauern  ausdrucken,  dass  wir  keine  ubrigen  Waffen 
mehr  zu  verschenken  hatten. 

1)  De  puero  quodam  Aetbiope,  docceu  vel  decern  aunoa  onto,  coffcac  pocilla  minittrante  «e 
excusarunt;  quia  omoes  aervi  adolescent**  abesscnt  e  palatio  eipeditionis  impedimenta  curaotes, 
ilium  pueiulum,  revera  eunuchum.  e  gyuaeceo  aices.itum  esse,  (^uum  logassem,  uumne  liceret, 
enm  visere,  Magid  aecitum  ilium  tunica  sublata  oc  ilis  meis  praebuit.  Ferro  testes  caudulamque 
inuoceutem  ndco  radicitus  misero  deme«uerant,  ut  taotummodo  oriticium  o  ret  brae  tegre  con*pi- 
euuni  ac  cicatrix  licris  a  cutis  colore  vii  discrcpans  sedem  pristinac  majestatis  iudicarent. 


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HfUKL. 


103 


Ausser  dem  §ltibi  Dirbisch  (S.  102)  besuchte  uns  noch  ein 
gewisser  Fahad  ibn  Razi  von  Stamme  der  Drerat  aus  der 
Gegend  Badlich  von  Mustagiddeh. 

So.  20.  Jan.  1884].  Jusuf  el-cAtik  (<Atidz)  brachte  einen  Hu- 
teiml1),  der  seine  Stammeseintheilung  und  die  Anzahl  der  Zelte 
dictiren  sollte. 

Im  Laufe  des  Gespr&chs  ergab  sich  eine  sehr  bezeichnende 
Demuthigung  far  den  Huteiml.  Dieser  mochte  allerdings  uns 
Fremden  gegenuber  etwas  zum  Prahlen  aufgelegt  sein,  und 
hantirte  darum  nur  mit  fetten  runden  Zahlen,  von  denen  ihin 
Jusuf  imraer  gehorige  Abstriche  machte.  Endlich  riss  dem  Jusuf 
die  Geduld,  nud  verachtlich  sagte  er  zu  ihm:  „Und  wenn  du 
100  von  euren  Zelten  vor  dir  siehst,  so  wirst  du  doch  nicht 
die  Frechheit  haben  zu  behaupten,  das  sind  Beduinen-Zelte  *), 
sondern  du  kannst  nur  sagen,  das  sind  Hetm&n."  Die  Hetman 
werden  namlich  den  Arabem  fOrban)  nichts  weniger  als  eben- 
burtig  erachtet;  sie  werden  vieliuehr  verabscheut,  auch  wird 
ihnen  als  Vorwurf  angerechnet,  dass  sie  —  wenigstens  die  Kusten- 
bewohner  —  Fische  essen;  am  ehesten  lftsst  man  von  ihnen 
noch  die  Scherarat  gelten.  Ausser  diesem  Huteimi  land  sich 
noch  ein  weitgereister  Scharainari  ein,  Namens  Drejjem3),  der 
mir  versprach,  den  Weg  aus  dem  Wadi  Negran  uber  den  Wadi 
Dawasir  bis  nach  el- A  flag  anzugeben.  Zuletzt  stellte  sich  noch 
unser  demnachstiger  Reisebegleiter  yelan*)  vor,  den  der  Furst 
uns  zur  Fuhrung  auf  der  Reise  nach  dem  Westen  mitgeben 
wollte.  Er  ist  ein  Mann  von  uber  60  Jahren,  noch  sehr  rustig 
und  lebhaft,  hat  bis  jetzt  noch  samtliche  Raubzuge  mitgemacht, 
vom  Fursten  als  Kundschafter  bevorzugt  und  geschatzt,  kennt 
alle  Wege,  Entfernungen,  Berge,  Brunnen,  und  weiss  ihre  Na- 
raen  mit  Sicherheit  anzugeben. 

1)  cC^P,  Plur»li9:  0t4^  Hetnwn. 

2)  C^-J ;  er  tergonnta  ibm  »ogar  nur  ungern  des  Wort  Zelte  (o>-o). 

3)  jl*eo .  -i)  0^L=>. 


NEUNTKS  CAPITKL. 


Alle  Bekannten  komnien  noch  zu  uns  gelaufen;  sie  mflchten 
ausser  Flinten  und  Pistolen  auch  noch  Pulver  und  Blei  haben! 
Die  Vorbereitungen  zu  einem  Razu  sind  ja  die  beste  Gelegen- 
beit  zum  Betteln  und  zum  Verschenken.  So  hat  der  Emir  in- 
diesen  Tagen  m.ehrere  Tausend  Megidi  an  die  Theilnehmer  des 
Raubzuges  zum  Unterhalt  der  Familien  sowie  zur  persGnlichen 
Ausstattung  vertheilen  lassen.  Wir  konnen  uns  billiger  los- 
kaufen ;  ein  paar  Blechschachteln  Pulver  und  etwas  Schrot  ge- 
nugen  als  Beisteuer.  Andere  Leute,  wie  z.  B.  'Abdallah,  leihen 
ein  paar  Flinten. 

Mo.  21.  Jan.  1884].  Jetzt  wird's  Ernst  !  Da  werden  eben  drei 
Eameele  vors  Haus  gefuhrt  —  Gottlob!  —  wir  hatten  freilich 
vier  begebrt,  und  brauchen  auch  thatsachlich  vier:  zwei  fur 
Huber  und  filr  mich,  eines  far  den  Diener  Mahmud,  und  eines 
fur  den  Ftihrer  Ilelan.  Obschon  wir  ja  keine  Zelte  oder  uber- 
flassige  Annehmlichkeiten  mit  uns  fflhren,  hat  jedes  der  Thiere 
doch  genug  zu  tragen,  n&mlich,  ausser  der  Person  des  Reiters* 
vertheilte  StQeke  der  Ausrttstung,  d.  h.  Teppiche,  Decken,  Klei- 
der,  Wafl'en,  Lebensmittel Kochgeschirre,  Wasserschlauche, 
Stricke,  Werkzeuge,  Theodolithen,  Sextanten,  Arzneien,  Bucher, 
die  zerlegbare  Loiter  von  8  Meter  Lange,  und  natflrlich  eine 
Menge  Kleinigkeiten.  Die  Thiere  wurden  einstweilen  im  Hofe 
eines  leerstehenden  Hauses  eingestellt.  l}is  zum  Abend  war 
ihnen  bereits  das  Futter,  wahrscheinlich  durch  unsre  persischen 
Nachbarn,  weggestohlen.  Es  waren  nbrigens  nicht  unsre  eigenen 
im  September  zu  'Orman1)  gekauften  Hengste3)  sondern  drei 
der  Heerde  des  Fttrsten  entnommene  Stuten. 

Abends  liess  der  Emir  durch  einen  Sclaven  mich  allein_rulen 
und  ausdrucklich  sagen,  es  solle  Niemand  sonst  mitkomny&.J 
Im  Empfangssaal  war  nur  er  selbst  mit  tlamud  el-cObeid,  Sliman 
und  $alih  er-Rakhis.  Nachdem  der  fertige  Kaftee  auf  den  Boden 


1)  1  Sack  Dattelu,  1  Ruttcrscblaueh.  Rcis,  Kallcc,  Thcc,  Zucker,  Sal»,  ein  Sacklciu  Meh),  ciue 
Dose  Cacaopulvcr,  2  Do»cn  Sunpcnmchl,  1  Keutel  Tabak,  Wasscrpfcifen. 

2)  S.  Bd.  I,  S.  30. 

»)  "Weil  iu  der  Urunst  bcfludlich  (/iralj,  gcfiihrlich  und  unbrauchbar. 


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tl&JKL. 


105 


gestellt  und  die  Diener  hinausgeschiekt  waren,  hub  der  Ffirst 
an,  mir  auseinanderzusetzen,  Huber  trachte  darnach  ohne  uoich 
nach  el-ljegr  und  nach  el-c01a  zu  gelangen;  ich  solle  auf  mei- 
ner  Hut  sein.  (Wie  em  Blitz  durchzuckte  mich  die  Erinnerung, 
dass  ich  schon  vor  einigen  Wochen  beim  Waffeuschmied  Ranem 
und  ein  zweites  Mai  bei  Magid  gefragt  worden  war,  ob  ich 
auf  den  Besuch  jener  Ruinenstadte  verzichte,  was  ich,  ohne 
mir  weitere  Gedanken  zu  raachen,  als  Unsinn  zuruckgewiesen 
hatte.)  In  grosser  Erregung  erwiderte  ich  dem  Fflrsten,  ich 
begreife  nicht,  was  er  wolle.  In  der  Meinung,  ich  hatte  die 
arabischen  Worte  nicht  richtig  verstanden,  wiederholte  oder 
umschrieb  ljamud  nochmals  die  Worte  des  FOrsten.  Ich  ent- 
gegnete:  „Eure  Worte  habe  ich  ganz  wohl  verstanden,  aber 
ieh  kann's  nicht  glauben!  Wie  sollte  Huber  solche  Gedanken 
hegen?  Habe  ich  nicht  die  ganze  Reise  mit  ihm  bloss  zu  dem 
Zweck  unternommen,  jene  Orte  aufzusucheu  1  1st  er  nicht  mein 
Rei9ebegleiter,  ja  mein  Gast  von  Anfang  an?  Er  wird's  auch 
bis  zu  Ende  sein!"  Der  Fftrst  zuckte  mit  den  Achseln;  ich 
schied  mit  Unmuth  aus  dem  Schloss.  [Huber  hat  in  der  That 
seinen  Reisegefahrten  hintergangen,  auf  dessen  Kosteu  er  doch, 
zum  grossen  Theil  reiste  und  der  ihm  voiles  Vertrauen  ent- 
gegenbrachte ;  dies  ist  dem  Herausgeber  von  fluting  selbst 
sowie  von  Prof.  N6ldeke  bestimmt  versichert  worden.  Aus 
dem  Buche  von  Nolde,  Reise  nach  Innerarabien,  Kurdistan 
und  Armenien,  Braunschweig,  1895,  S.  43,  geht  sogar  hervor, 
dass  Huber  den  Arabern  gegeuuber  Euting  als  seinen  Diener 
bezeichnet  hat.  Vgl.  auch  unten  das  Tagbuch  vom  16.  und 
25.  Marz]. 

Als  ich  in  nnser  Haus  zunlckkehrte,  fragte  mich  Huber,  was 
der  Fflrst  gewollt  habe.  Ich  verheimlichte  ihm  uichts,  was  ge- 
sprochen  worden  war,  erklarte  ihm  aber,  es  werde  ihnen  im 
Schloss  mit  nichteo  gelingen,  Misstrauen  und  Unfrieden  zwi- 
schen  uns  zu  saen. 

Di.  22.  Jan.  18&4].  In  der  FrQh  gieng  Huber  zum  Farsten, 
holte  bei  ihm  die  Empfehlungsbriefe  ab  (darunter  auch  einen 


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NEl'NTKS  CAPITKI 


an  den  Scheiifeu  in  Mekkah),  und  erhielt  auch  noch  das  ge- 
wQnschte  vierte  Kameel  zugesagt.  Dabei  stellte  sich  heraus, 
dass  mein  stiller  Widersacher  flamud  mich  je  frdher  je  lieber 
nach  Damascus  oder  Baghdad  abschieben  mochte.  —  Gegen 
Mittag  begab  sich  der  Emir  auf  den  Razu,  angeblich  nach 
Norden.  Abends  machten  wir  noch  die  letzten  Einpackuogen 
fflr  die  schwere  hoffnungsvolle  Reise.  Was  wird  sie  bringen  ? 


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X.  CAPITEL. 
HJUel  bis  Teim*. 

83.  Januar  —  15.  Februar  1884. 


Mi.  23.  Jan.  1884].  Vor  Aufregung  hatte  ich  wenig  geschlafen. 
Kaura  dass  der  Tag  graute,  durchschritt  icli  nochmals  alle  Raume 
des  Hausea.  Da  standen  meine  zehn  Kisten  und  Koffer  mit 
Ausrflstungsgegenstanden  und  Vorrathen,  Kostbarkeiten,  euro- 
paischem  Geld,  Bequeralichkeiten  aller  Art,  die  wir  far  die  be- 
vorstehende  Expedition  nicht  brauchten,  und  desshalb  in  Ijajel 
far  spater  zurQcklassen  wollten.  An  den  von  mir  bemalten 
Wanden  hieng  ein  Theil  der  Geschenke  des  Fursten,  Feier- 
kleider,  Watfen,  Steinbockkflpfe,  Seltsarakeiten.  Das  ganze  An- 
wesen  war  sch5n  aufgeraumt  und  zusammengestellt.  In  4,  5, 
6  Monaten  —  in  scha  'llah!  —  konnte  ich  Alles  wieder  in 
derselben  Ordnung  antreffen.  Im  Hofe  waren  aufgestapelt  die 
zum  Autladen  best  i  ram  ten  Sacke  und  Gep&ckstflcke.  Was  da 
drin  sich  befand,  war  Alles  schon  Tage  lang  berechnet,  ausge- 
klQgelt,  aufs  Nfithigste  eingeschrftnkt,  zum  Theil  wieder  aus- 
gewechselt,  und  zum  so  und  sovielten  Male  nachgepruft  wor- 


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108  ZEHSTKS  CAPITFU 

den.  Da  konnte  nichts  fehlen.  Wozu  also  noch  das  Gehirn 
kleinlich  peinigen,  ob  nicht  doch  irgend  ein  Gegenstand  ver- 
gessen  sei,  dessen  Abwesenheit  spater  schmerzlich  zu  vermissen 
ware?  Nur  bald  aufs  Kameel!  dann  mag  vergesaen  sein  was 
will!  Ich  bin  jetzt  geladen  mit  Thatendrang,  bereit  alien  An- 
strengnngen  und  Fabrliehkeiten  Trotz  zu  bieten.  Auf  der  Strasse 
lagen  wiederkauend  die  Kameele  und  jammerten  klaglich,  als 
die  fur  sie  bestimmten  Lasten  —  dabei  die  zusammengeklappte 
8  Meter  lange  Leiter  —  herausgeschleppt  wurden.  Da  die  ein- 
heimische  Bevolkerung  auf  den  Raubzug  abgezogen  war,  hatten 
sich  zum  Abschied  nur  cAbdallah  el-Muslimanl  und  unsre  per- 
sischen  Nachbarn  eingefunden.  Mich  zu  warmen  hatte  ich  die 
Hande  mit  verschrankten  Fingern  zusammengelegt,  rieb  dieselben 
langsam  in  einander  und  streckte  dann  die  Handflache  nach 
auswarts.  Der  Nachbar  cAmran  konnte  diese  Gebarde  nicht 
mitansehen  —  erinnerte  sie  ihn  an  christliche  Gebetstlbungen  ? 
—  kurzum  er  that  mir  die  Hande  auseinander  mit  den  Worten : 
„Musst  nicht  so  machen,  das  ist  nicht  gut".  —  'Abdallah  beglei- 
tete  uns  noch  zur  Stadt  hinans  bis  zura  Brunnen  Semah,  be- 
kusste  den  Huber  zum  Abscliied  ausgiebigst,  hielt  aber  nicht 
far  nflthig,  mir  auch  nur  die  Hand  zu  reichen.  Nun  ja! 

Auf  unseren  vier  Kameelen  ritten  wir  in  spitzem  Winkel 
auf  die  lang  gestreckte  Kette  des  Gebel  Aga1)  zu,  voran  als 
Fuhrer  Helan,  dann  Huber  und  ich,  den  Schluss  bildete  der 
Diener  Mali  mud.  fiber  die  Ebene  blies  der  Wind  kalt  und 
scharf  aus  Suden.  Um  die  Mittagszeit  bekamen  wir  links  das 
grosse  Dorf  Refill-  in  Sicht,  dessen  Ausdehnung  ich  auf  3  Kilo- 
meter Lange  schatze.  Als  wir  beira  Eingaug  ins  Gebirge  ge- 
schwind  lagerten,  um  einen  Kaffee  zu  bereiten,  beniltzte  ich 
die  Gelegenheit,  um  durch  ein  europaisches  wollenes  Hemd  und 
wollene  Unterhosen  meinc  Kleidung  zu  vervollstandigen,  die 
bis  dahin  lediglich  aus  einem  Beduinen-Hemd,  Mantel,  Kopf- 


1)  Den  Namen  des  Gebirges  sprach  Hcli\n  aus:  I<:a  (mit  Betouong  des  i),  vgl.  ZeiUchr.  f. 
Erdkunde  1866,  X.  F.  18.  243  Anm.  1. 


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H&JKI.  —  TKIM&. 


tuch  nnd  Kopfstrick  bestanden  hatte.  War  die  Wegrichtung 
bis  dahin  Sudwest  gewesen,  so  bogen  wir  jetzt  unter  WNW. 
in  die  scharfe  Gebirgsspalte  es-Self)  ein.  Far  das  Nachtlager 
fanden  wir  einen  etwas  geschutzten  Platz,  Rar  talniah8)  be- 
nannt,  breiteten  unsre  Betten  d.  h.  Teppiche  aus,  uud  warm  ten 
uns  an  einem  tflchtigen  Feuer3). 


Do.  24.  Jan.  1884].  Die  Kalte  der  Nacht  hatte  in  der  was- 
sergefullten  Trinkschale  eine  Scheibe  von  Eis  gebildet.  —  Nach- 
dem  wir  noch  eine  Weile  in  der  alten  Richtung  fortgezogen 
waren,  bogen  wir  auf  steinigem  Pfad  an  einigen  Palmen  vorbei 


1)   i^iLwJi    AJU..  2)  KtidO  ,'kC. 

"J  J 

3)  JedenfalW  war  die  Warme  bes&er  als  die,  welche  ich  am  23.  Januar  185?  im  Kloster  zu 
BlaubeureD  genua*.  Da  mala  sass  ich  wegcu  ciues  versuchteu  harmlosen  Wirthahaua-Besuches  »ou 
6 — 10  Uhr  Abend*  hintcr  vergitterteo  Fenstern  im  uubii/baren  Career  bei  —  22°  R.  t  In  einer 
dickeu  Seitenmauer  befand  aich  ein  Loch  too  eioem  halbeu  Meter  im  Geviert,  dersen  Hinter- 
grund  die  Ofenplatte  de»  anstossenden  FamulaUzimmers  bildctc;  da  koniite  ich  meine  Fuas- 
tohlen  bratea.  Meinc  Compromotionalcn  erechicuen  in  der  freicn  Stande  nach  dein  Nachtessen 
»  vou  8—9  Uhr  an  den  Fcusteru  des  angebauteu  Scitenfliigels,  uud  sangen  mir  aua  dem  Gcsaujj;- 

buch  das  achoue  Lied,  welches  bci  Kiudaleichen  angeatimint  zu  vrerdeu  pflegt:  „Wenn  kleine 
Himmelaerben  iu  ihrer  Unschuld  aterben,  io  busst  man  sic  nicht  ein  u.s.  w."  Zahneklapperad 
and  gcriihrt  bedankte  ich  mich  aus  dem  muhsam  geoffneten  Fenater  fur  diu  ainnige  Standohtn. 


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110 


2EHNTKS  CAPITK1. 


nach  SW.  einer  PasshOhe  zu,  von  wo  sich  ein  prftchtiger  Blick 
nach  abwarts  bot.  Am  Ausgang  des  Thales  uberschritten  wir, 
zwischen  waidenden  Kameelen  hindurch,  den  §acib  Fatkhah  % 
and  stiegen  einen  sandigen  Hang  gegen  den  zerklufteten  Berg- 
klotz  des  Garar1)  hinan.  Der  Boden  war  bedeckt  mit  violetten 
Blumen  Tarbah1)  genannt  und  mit  der  tiefwurzligen  Pflanze 
cAsansal4);  dazwischen  wimmelte  es  von  fuchsrothen  Raupeu. 
Am  Fus.se  des  Garar  fanden  wir  hinter  den  Felsen  einen  wind- 
stillen  Lagerplatz. 

Fr.  25.  Jan.  1884].  Beim  Erwachen  bluhte  uns  eine  3chone 
ttberraschuog :  statt  4  batten  wir  nur  noch  2  Kameele.  Trotzdem 
dass  den  Thieren,  wie  beim  Lagern  ublich,  der  linke  Vorder- 
fuss  in  der  Kniebeuge  zusammengebunden  war,  batten  sich 
wahiend  der  Nacht  zwei  Stuck  unbemerkt  auf  den  3  Fussen 
davon  gemaeht,  um  sich  fur  die  Kalte  an  dem  reichlichen 
Futterplatz  zu  entschadigen.  Der  Fuhrer  I^lan  brauchte  eine 
Stunde,  bis  er  die  Ausreisser  wieder  beigetrieben  hatte.  In  den 
Trinkschalen  und  Wasserpfeifen  war  fiber  Nacht  eine  Eisschichte 
bis  zur  Dicke  von  einem  Centimeter  gediehen,  auch  die  Was- 
serschlauche  waren  steif  gefroren.  Bei  schneidend  kaltem  Sud- 


Mokak  aus  der  Ferae. 

wind  brachen  wir  gegen  Westen  auf.  Im  Hintergrund  der  Ebene 
sah  man  einen  dunklen  Streifen  von  Bitumen,  dazwischen  weisse 


4)  JyaJUaC,  auch  ...^La*c  .  rti. :  ^afanfal  habe  ich  nic  gehort ;  es  gehort  10  deu  lahlreichen 


Dcmaten  des  alien  uU^Lc ,  die  Zwiebelgewuchse  aus  der  Reihe  der  Minora*  be*eichnen. 
Wenn  bei  Velenovsky  atancal  Druckfehier  fur  «MNM<  ist,  wie  ich  glnube,  so  ist  c«f*»f«/  = 

Colchicum  Szowitzii  C.  A.  Meyer.] 


1)  fci=Us  w~*-~.  i 
8)  AjJj i .  [H. :  terbe  —  Malcolinia. 


2>  irr- 


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ll&JKL  —  TEIMU. 


Ill 


Hauser;  es  war  unser  heutiges  Ziel,  das  Dorf  M 6 leak.  Der 
Weg  zog  sich  fiber  Erwarten  in  die  Lange;  wir  brauchten  4'/s 
Stunden,  bis  wir  bei  den  Hausern  anlangten.  Am  Hofe  des 
Schechs  Bnrukeh  ibn  Mnijjem ')  hielten  wir. 

Die  Kameele  waren  wieder  nicht  durch  das  Thor  zu  bringen 
(vgl.  Bd.  I,  S.  48),  wir  mnssten  absteigen  und  sie  aussen  ab- 
laden.  Fast  gleichzeitig  mit  uos  waren  von  anderer  Seite  her 
auch  einige  Ragagil  (Soldaten)  eingetroffen,  dabei  der  sonst  so 
abermuthige,  heute  so  aufl'allend  bescheidene  cAn6ber*).  Sie 
kamen  zurdck  von  einer  verunglackten  Sendung,  als  sie  zu- 
sammen  mit  Muhammed  ibn  'Atijjeh 3)  bei  den  westlichen  Stam- 
men  die  Steuern  eintreiben  sollten  und  auch  bereits  eingetrieben 
hatten,  waren  aber  nach  der  Hand  von  einer  ftbermacht  der 
yoweitat  und  der  Bani  §akhr4)  uberfallen  und  ganzlich  aus- 
geplandert  worden.  Bei  der  Gelegenheit  hatte  'Aneber  auch 
seinen  protzigen  rothen  Mantel  eingebusst,  und  musste  sich 
nun  —  wie  mir  mit  stiller  Schadenfreude  zugeflustert  wurde 
—  in  der  schlecht  und  rechten  Kleidung  eines  Beduinen  zeigen. 

Nachdem  die  Begrassung  und  erste  Bewirthung  mit  Kaffee, 
Datteln  und  Butter  beendet  war,  wollte  ich  etwas  zeichnen, 
dabei  flberhaupt  das  Dorf  naher  in  Augenschein  nehmen.  M6kak  ^ 
soli  fruher  5 — 7000  Einwohner  gehabt  haben;  durch  Pest  oder 
Cholera  und  Wegzug  mancher  Bewohner  sank  die  Zahl  auf 
1000  oder  h6chstens  1200.  Die  Hauser  und  Garten  erstrecken 
sich  in  einem  schtnalen  Streifen  von  NO.  nach  SW.  etwa  3/4 
Stunden  lang;  Hauser,  Palmen  und  Brunnen  schreiten  allmahlich 
gegen  Westen  vor;  im  nordostlichen  Theil  sind  viele  alte  in 
regelmassigen  Beihen  gepflanzte  Tamarisken  (Itel)  *),  davor 
grime  Wiesen,  fruher  als  Garten  mit  jetzt  zumeist  verfallenen 
Mauern  eingefasst.  Ehemals  raachtige  Palmen  strecken  noch  ihre 

1)  ^  *Sy. 

i)  S.  Bd.  I,  S.  180. 
8)  S.  Bd.  1,  S.  224. 

4)  S.  oben,  S.  98,  und  uuUn  28.  Fobr.  und  4.  Mirz  84. 
[5)  H. :  efli,  nom.  un.  e[U  =  Tunnrij  wtieuUU  V»hl.] 


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112 


ZE11NTES  CAP1TKI- 


StOmpfe  klagend  gen  Himmel.  Die  alten  wenig  besorgten  Hauser 
haben  durch  die  letzten  Regenfalle  bedenklich  gelitteu. 

if 

Mokak. 

Bis  ich  den  Rundgang  vollendet  hatte,  war  es  itn  Hause  des 
Schechs  schon  recht  lebhaft  zugegangen.  Im  Hofe  lagerten 
unsre  Kameele,  die  Halse  und  Schenkel  auf  der  rechten  Seite 
mit  Blut  bestrichen,  ein  Zeichen,  dass  zur  Ehrung  der  Gaste 
geschlachtet  worden  war').  Im  RoMwah  drangten  sieh  die 
Neugierigen  aus  und  ein,  theils  um  uns  Fremde  anzustaunen, 
theils  um  Naheres  uber  die  Ausplunderung  der  Steuereintreiber 
zu  vernehmen.  Im  Feuerplatz  brannten  5  Schnh  lange  Scheiter 
von  Itelholz.  Unter  den  Gefahrten  des  'Aneber  befand  sich  auch 
ein  gewisser  Naunian3),  der  auf  Befehl  des  Fursten  un9  vou 
Teima  nach  Tebilk  und  zuruck  begleiten  sollte.  Ware  er  in 
europaischer  Tracht  gesteckt,  so  hatte  er  am  ehesten  far  einen 
pietistischen  Schuhmacher  und  Stundenhalter  gelten  kOnnen, 
in  Wirklichkeit  war  er  ein  ganz  bekannter  J.Iarami  (Rauber) 
und  Kameelsdieb,  als  soleher  mit  Recht  von  den  Beli  ge- 
fnrchtet.  So  hat  er  ihnen  zuletzt  vor  2  Jaliren  ein  feines  Reit- 
thier  (Delnl)  abgefangen  und  dem  Fursten  nach  ^ajel  als 
Geschenk  gebracht.  Wie  dieser  es  ablehnte,  verkaufte  er  es  in 
der  Hauptstadt  um  44  Megidi  (etwa  150  Mark).  Sein  lumpiger 
Anzug  von  heute  war  darauf  berechnet  gewesen,  bei  der  bevor- 
stehenden  Ruckkehr  nach  l.Iajel  das  Mitleid  wach  zu  rufen, 

1)  Ein  jedcr  Stamm  hat  sciuc  bcsondere  Art  iler  B*«trei«-huuji,  die  von  den  Wiiatenbewobnern 
bis  zu  den  Kiodern  herab  mit  Sicherhcit  crkaunt  wird;  da  «ci»s  Jedcr  aofort,  wo  dor  Kremde 
zuletzt  abgcatiegeo  und  bewirthet  worden  i«t.  Es  iat  also  cine  Art  Reclame  der  Gaatfreundacbaft, 
die  dcui  bn»»lichcn  Aufkleben  der  Adreascn  auf  die  Koffer  der  Keiaeuden  in  Europa  enlsprieht. 

2)  0L.y. 


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h&jei.  —  tkimJl  113 

und  dadurch  dem  Fflrsten  nahe  zu  legen,  ihm  eine  neue  Aus- 
stattung  zu  verabfolgen.  Obschon  nun  sein  Ziel  zunachst  ver- 
fehlt  war  —  denn  gleich  morgen  musste  er  umdrehen  und  uns 
nach  dem  Westen  begleiten,  wo  er  eben  hergekommen  war  — , 
so  hatte  er  es  doch  nicht  zu  heklagen;  er  fand  bei  uns  auch 
seine  Rechnung. 

Das  Gastessen  wurde  spat  Abends,  von  Sclaven  mit  bren-  ^ 
nenden  Palrazweigen  geleitet,  aus  dem  Wohnhaus  des  Schechs 
in  den  tfahawah  gebracht  Auf  dem  Reis  lag  Kopf,  Herz,  Leber, 
Lunge  des  Hammels.  Zum  Schluss  kam  nochmals  Kaffee.  Wahrend 
der  Dauer  der  Mahlzeit  wurden  die  abgangigen  Palmfackeln 
durch  neue  ersetzt.  Sobald  ich  raeinen  Hunger  gestillt  hatte, 
empfahl  ich  mich  franzOsisch,  d.  h.  machte  mein  Bett  in  den 
nachsten  Winkel,  und  verfiel  bald,  ohne  mich  durch  die  Unter- 
haltung  storen  zu  lassen,  in  einen  tiefen  Schlaf. 

Sa.  26.  Jan.  1884],  Schon  vor  Tagesanbruch  hub  das  Geschwatz 
der  aus  und  ein  laulenden  Menschen  von  Neuera  an.  Um  9  Uhr 
konnten  wir  uns  von  den  Leuten  zu  M61>aV  verabschieden,  und 
wandten  uns  in  der  Richtung  OSO.  wieder  dem  Gebirge  Aga  zu. 


l.Ielau  und  Nauman  ritten  und  giengen  abwechslungsweise  vor- 
aus  durch  die  Ebene.  Wir  batten  vor  uns  links  den  Mukaisir, 
den  Krater  eines  ausgestorbenen  Vulkans,  in  der  Mitte  den 
Dreigeh,  dann  nach  rechts  den  fawal  B6d  aus  7  scharfen  Ba- 
saltnadeln  bestehend,  dahinter  den  Sirwal,  der  mich  an  den 
Climont  in  den  Vogesen  gemahnte.  Der  dreistOndige  Aufstieg 
durch  eine  Gebirgsschlucht l),  in  weleher  Granit  und  Basalt 

I)  J^J  Kt  at  T>««  B«..l. 

8 


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114 


2EHNTK8  CAMTKI.. 


wecbselten,  ftlhrte  uns  auf  eine  Hochebene,  woselbst  sich  eine 
schmucklose  Begrabnissstatte  des  Stamraes  der  Dreirat')  be- 
tindet.  Nach  einer  halben  Stunde  senkte  sich  die  Hochebene 
sachte  nach  Nordosten,  die  Berge  traten  aus  einander,  und  wir 
waren  ganz  uberrascht  zu  gewahren,  dass  wir  die  Kette  des 
Aga  uberschritten  hatten  und  bereits  wieder  in  der  nach  Suden 
ansteigenden  breiten  Ebene  zwischen  den  Gebirgen  Aga  und 
Selma  angelangt  waren.  Eine  Stunde  vor  Sonnenuntergang 
stiegen  wir  ab  neben  den  Hugeln  el-Mubarakat J).  Ich  machte 
mich  auf  die  Suche  nach  Gesteinsproben,  und  brachte  einige 
schflne  Stucke  Bergkrystall,  audi  Jaspis  zusammen.  Der  Boden 
war  ilppig  bewachsen  mit  einer  immergrnnen  Pflanze  Kalli 3), 
dem  Kraut  unsrer  gelben  Ruben  zu  vergleichen,  aber  urn  sei- 
ner Bitterkeit  willen  von  alien  Thieren  als  Nahrung  verschmaht. 
Bis  ich  zum  Lager  zurQckkehrte,  hatte  I.IelAn  frisches  Wasser 
herbeigeschleppt,  und  Mali  mud  das  eiufache  Mahl  zubereitet. 
Hinter  dem  von  Nauman  aufgeschichteten  tfatab  (Gestrauch 
zum  Brennen)  lagen  wir  wie  hinter  einer  Mauer  geborgen  und 
pflogen  noch  heitere  Unterhaltung  bei  hell  loderndem  Feuer. 
Aus  den  nahen  Steinkluften  liessen  die  Eulen  oder  Kauzlein  *) 
die  ganze  Nacht  hindurch  ihre  klaglichen  Rufe  ertonen. 

So.  27.  Jan.  1884].  Gem&chlich  ritten  wir  Qber  die  Ebene  in 
der  Richtung  nach  OSO. ;  auf  dem  Sandboden,  der  mit  zahl- 
reichen  Quarziippen  durchsetzt  war,  gedieh  ausser  dem  schon 
erwahnten  Grunkraut  Kalli  noch  eine  andere  Pflanze  Rubahleh  *), 
die  auch  von  den  Beduinen  gegessen  wird,  ferner  eine  Menge 
von  Trflffeln0).  Dieser  Leckerbisscn  findet  sich  haufig  in  der 
Waste;  die  Kopfe  stossen  im  ersten  Frtihjahr  den  Sand  in  die 

l)  o^*cO.  2)  o^LU!. 

8)  „%b  ,  [II.:  kalfy  =  1)  Ferula  sinoica  Roi*»  ;  2)  Ferula  communis  L.  Ferula  bedcutet  «!»»- 
Mlbe  wie  kalf,,  d.  i.  .PriigeUtock".; 

4)  bfim. 

5)  jj^bj.  "II.:  ruMtfrla  ■»  Scorzouera  papjwsa  DC. 
0)  Tannin'.  v*1.  ..ben  S.  36. 


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V&iEI.  —  TElMfl.  115 

H6he  und  verrathen  dadurch  ihren  Standort.  Nauraans  getlbtes 
Auge  erkannte  sie  schon  von  Weitem,  und  mit  raschen  GriflFen 
hatte  er  bald  einen  stattlichen  Vorrath  ausgehoben.  Die  Knollen 
waren  aussen  hell  rothbraun,  wie  mit  gestossenem  Zimmt  be- 
streut,  das  Fleisch  weiss  und  achmackhaft.  Wir  verzehrten  sie 
ohne  weitere  Umstande,  so  wie  sie  Nauman  uns  aufs  Kameel 
herauf  reichte.  Schon  4  Stunden  lang  hatten  wir  uuser  heu- 
tiges  Ziel  den  Gebel  S6rra3  in  Sicht;  je  naher  wir  kamen, 
um  so  reichlicher  zeigten  sich  WasserlOcher,  sogar  Brunnen 
und  grflne  Wiesen.  Die  Kameele  konnten  nur  mit  Schlagen 
fiber  diese  herrlichen  Futterplatze  weg  vorwarts  gebracht  wer- 
den.  Es  mochte  3  Uhr  sein,  als  wir  abstiegen  und  die  Thiere, 
nachdem  das  Gepack  abgenommen  war,  in  ihrem  Paradies  wai- 
den  Hessen.  Wir  lagerten  ini  Sand  am  Rande  des  Baches '),  der 
zwischen  den  beiden  Steinhflgeln  dm  Serra'  von  Westen  nach 


Ocbel  SirriV. 


Osteu  sich  eine  Rinne  gebrochen  hat.  Die  eigeutliche  Bachsohle 
war  angefullt  mit  grobem  Schotter  verschiedenen  Gesteines ;  von 
den  Regengussen  des  Winters  her  waren  die  StrudellOcher  (Gum- 

1)  cLwJI 


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116  7.KIINTKM  CAI'ITKI  . 

pen)  voll  von  Wasser;  eine  flachere  Mulde  benutzte  der  Dieuer 
Mali  mild,  um  ein  Bad  darin  zu  nehmen.  Da  wo  der  Bach  sich 
hart  an  den  sfldlichen  Hagel  drangt,  befinden  sich  protoara- 
bische  Inschriften  und  Thierfiguren  eingemeisselt,diewir  copirten. 

Nur  nra  zu  zeigen,  wie  genau  der  Khatib  cAbdalhih  seiner 
Zeit  abgezeichnet  hat  (oben,  S.  52),  will  ich  hier  meine  Ab- 
schrift  mittheilen.  Etwas  weiter  oben  links  auf  einem  anderen 
Felsblock  war  ein  Lowe  ')  abgebildet. 

Im  Sande  gewahrten  wir  die  Spuren  eines  Wolfes  und  einer 
Trappe4).  Auch  diese  Nacht  ertonten  die  Klagerufe  der  Eulen 
aus  den  Felsspalten. 


])  Das  Thier  ist  in  Arabien  langst  auagestorben. 

[2)  Die  Copien  dieier  Inachrift:  a)  foo  'Abdallah,  b)  und  c)  von  Eutiug.  d)  und  e) 
Muber  (Journal,  p.  521,  522),  weichen  alle  von  einandar  ab,  und  es  ist  aekr  schwierig  einen 
lesbaren  and  verstandliehen  Teit  benrastellen.  Ich  babe  mirb  im  Jahre  1904,  in  meiner  Scbrift 
„Zur  Eotzifferang  der  thamudeniscbcn  InachrifW.  S.  66,  bemiibt  iu  das  Versttudnis  dieaer 
dnoklen  Zeilen  einzudringen ;  nber,  soviel  ich  »ehe,  hat  sich  seitdem  niemand  dazn  geaosaert. 
Das  Gaoie  bestebt  aus  mehreren  eiuzeloeu  Inschriften.  Mit  hebraiacben  Buchstabeo  umachrieben 
wiirde  ea  etwa  folgendermaassea  ausseben: 

yXDD  nbil)  P  rpyb    A  Von  'Affaf,  dem  Sobne  des  Dalwat(?);  und  er  preaate 

Tl  b*  pmH)  3(B1)  Da«*ln  »«»»(■•>.  ™*  »l>»te  aicb  nach  Hjjaij. 

aW3TTITl*,3    B  Bei  (...  Gottesuemc)!  Gross  dea  KiiPf?) 

DfQ  an  Taim. 

nyn^H  JiyO  YUTI    (:  O  Nhj!  Hilf  doch  dem  Abu-JatbiSkt! 

^jrUPI  pnjTDI  TU3    d  Bei  Nhj!  Efhaben  aei  RAm-SahbAn  (?).  O  Nhj, 

UQV  IIDn  33  durch  dich  kommt  die  Freude.  Die  Sonne 

^niDm  Dpj  liPD    E  °  B*'JU.  niche  .den  Wahab-Nbjt 

j!33)  inn  \*2  V03    *  Bei  Nhj,  Ungl;ick(?)  des  Hfttir(V)  und  Nauroun. 

Uiese  Lesung  weicht  rum  Theil  von  meiner  friiberen  ab.  Vor  allcm  ist  die  Schrift  von  J.  J. 
II ess.  Die  Kntzifferung  der  thamudischen  Inschriften,  beriicki<ichtigt  worden.  Aber  anch  jetzt 
ist  nocb  sehr  vieles  unsicber. 

Aus  dem  lohalte  ergibt  sich,  dass  verschiedenc  Leutc  ibre  Gotter  anrufen  um  Hilfe  odcr  um 
Racbe.  Eine  aaderer  erzrihlt,  was  er  damals  that  und  wie  er  sich  nach  seinem  Fretud  achate ; 
dieser  Freund  mag  statt  Mi  jag  auch  II ujaij  o<ler  Tujaij  (I'ijaij)  geheissen  haben.  Der  Name  dea 
Goltcs  Radu  ist  bcknont,  er  war  wobl  der  Gott  des  Morgeustcrns.  Aber  Nhj,  der  so  oft  erwahnt 
wird.  ist  ooch  gan*  riU»elUaft.  Kb  sab  friiber  dcu  altarabischen  Namen  des  Allah  darin;  aber 
das  ist  inir  docb  durch  Lidzbarski  und  Hcas  sehr  zweifelhaft  gewordcn.] 

[3)  Die  Iuschrifc  unter  dem  Lowcti  bezieht  sich  wobl  nicht  auf  ihn,  aondern  auf  den  Stein- 
bock  darunter.  Sio  lautet,  wenu  man  im  letzten  Worte  das  |~|  zu  einem  0  u»d  das-j  zu 
einem  ~\  verbeasert,  folgendermaasaen :  b$V\  HEttH  ^TlD^fr  »Dem  Aahal  und  &amit  [gehort] 
der  Steinbock".  Dass  zwei  Leute  ihr  Eigentumsrecht  an  demselben  Ticre  documeatiren,  kommt 
auch  sonst  vor;  vgl.  Hess,  a.  a.  O.,  S.  10,  N°.  40  I  nd  dass  man  SteinbTieke  einfangt  und 
bchalt.  beriehtet  Doughty,  Tiavels  in  Arabia  Descrta,  1,  S.  013. 

4)  SjU=>  Khubflrah.    I),  i.  Itubfira.  —  H. :  tirUra  Trappe,  Otis. 


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H&JEI.  —  TEIM&, 


-1  t  1 

;v1,nY(S;tfO)TY-  +  rH'i 

Thamudiache  luschrift  *). 


1  18  ZKHSTKS  CAPITKI  . 

Mo.  28.  Jan.  1884J.  Wir  erstiegen  den  n6rdlichen  Felsgipfel, 
und  liessen  uns  von  dem  ortskundigen  I^elan  die  Namen  der 
Berge  angeben.  Ich  habe  die  Aussicht  gegen  Oaten  und  SQd- 
osten  gezeichnet.  [Abbildung  auf  S.  117.] 

Vom  Serra5  ritten  wir  erst  Nachmittags  1  Uhr  ab  in  uord- 
westlieher  Richtung;  nach  2  Stunden  gelangten  wir,  an  einer 
gut  unterbaltenen  Palmenpflanzung  vorbei,  in  das  trockene 
Bachbett  des  Sebeitseh ').  Die  trachtige  Kameelin,  auf  welcher 
Mahmud  ritt,  fieng  plotzlicli  an  zu  hinken.  Ich  beobachtete  das 
Thier  von  der  Ruckseite  und  behauptete,  der  rechte  Oberschen- 
kelknochen,  welcher  verschwollen  hervorstand,  mftsse  verrenkt 
sein.  Die  Anderen  wollten  es  zuerst  nicht  glauben,  konnten 
sich  aber  bald  selbst  davon  uberzeugen.  Um  das  Thier  zu  schonen 
und  zu  entlasten,  lagerten  wir  am  nachsten  passenden  Platz 
im  GerOll  des  Sebeitseh.  Nachts  fielen  mehrmals  etliche  Regen- 
tropfen  aus  scheinbar  heiterem  Himmel. 

Di.  29.  Jan.  1884].  Die  kranke  Kameelin  lief  heute  vollstandig 
unbeladen  mit.  Das  schwere  Gepack  war  auf  JJclans  bisheriges 
Reitthier  ilbergeladen,  andere  Stucke  an  Huber  und  mich  ver- 
theilt.  Unter  eisigem  Sfidwind  naherten  wir  uns  langsam  wieder 
der  Gebirgskette  des  Agu.  Wahrend  wir  zahlreiche  Quarzadern 
Oberschritten,  scheuchten  wir  cine  Trappe  und  einen  Raubvogul 
('Ulcab)-)  auf.  In  dem  Querthal  des  Mukhtelif 3),  kaum  zwei 
Stunden  sttdlich  vom  Lagerplatz  des  26.  Januars,  stiegen  wir 
an  einer  gc9chutzten  Stelle  ab.  Die  Schlucht  bildete  die  Granze 
zwischen  den  nordlich  wohnenden  Drerat4)  uud  den  sttdlicheren 
cAmud3).  Das  Futter  war  schlecht,  vorwiegend  holzig0).  Das 

1  ^   >V  --       i   .  ■ » :':  . 

•  /  .  —     I.1  • 

2)  ^Aic.  [H.:  og.ib  nach  Mithidz  Aquili  fasciaU  Vieillot.  Nach  Tristram:  »  term  applied 
to  all  smaller  eagles  and  bnzzards.j 

3) 

4)  oL*£0,  auch  Adrt-iat  nc*i»r«n:hfti. 

5)  J>ylc. 

6)  Fa»t  lauter  .i-iUfc  Wag.  [H. :  -auit:  =  Lycium  arabicnm  Schw.~ 

c*  ■ 


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IjlYlEI.  —  TElMfl. 


119 


kranke  Thier  frass  gar  nicht  und  lag  regungslos  da.  Wahrend 
tfelan  und  Naurofm  fin*  den  verrenkten  Oberschenkel  ein  Kata- 
plasma  aus  Gerste,  Salz  und  Kameelsurin  bereiteten,  bestiegen 
Huber  und  ich  eine  Felskuppe  gegen  Osten,  batten  aber  oben 
nicht  die  gewQnschte  Aussicht.  —  Den  alten  tfGlan  schQttelte 
die  Kalte,  dass  er  mich  dauerte;  er  hatte  eben  nur  Hemd, 
Mantel  und  Kopftuch,  Nichts  zum  Zudecken  in  der  Nacht.  So 
Qberliess  ich  ihm  denn  —  obschon  ich  wusste,  dass  er  mir  als 
einzigen  Dank  mindestens  ein  Dutzend  Lause  darin  lassen 
wQrde  —  einen  raeiner  guten  wollenen  Teppiche,  um  sich 
darin  einzuwickeln. 

Mi.  30.  Jan.  1884].  Die  Nacht  war  in  der  That  so  kalt,  dass 
ich  gegen  Morgen  selber  nicht  mehr  warm  blieb.  Kaum  brach 
das  erste  schwache  Tagesgrauen ')  hervor,  da 
gewahrte  ich  ein  absonderliches  Schauspiel: 
Der  Alte  hatte  sich  aus  seiner  UmhQllung  her- 
ausgeschalt,  stiess  eine  Kameelin  mit  dem  Fuss 
an,  und  streckte,  als  dieselbe  das  gewQnschte 
stillicidiuni  von  sich  gab,  abwechselnd  seine  FOsse  unter  den 
warmeu  Wasserfall.  Uch,  uch,  uch!  ufffi'!  Aaaaah! 

Vielleicht  wollte  er  audi  damit  eine  Kur1)  verbinden.  Ge- 
stern  hatte  er  uns  die  Schwielen  an  seinen  Fusssohlen  gezeigt; 
ich  habe  uie  etwas  Ahnliches  gesehen,  sie  schienen  mir  etwa 
einen  Centimeter  dick  zu  sein,  und  fdhlten  sich  an  hart  wie 
Horn.  Er  klagte  aber  die  in  die  Tiet'e  reichenden  Risse,  die 
nicht  mehr  heilen  wollten  und  Schmerzen  bereiteten.  Mahmud 
hatte  ihm  ernstlich  gerathen,  eine  Laus  hineinzusetzen,  dann 
werde  es  besser. 

Nachdem  wir  die  Thalschlucht  des  Mukhtelif  clurchzogen 
hatten,  Oflfnete  sich  eine  malerische  Aussicht  auf  die  ferner 
liegenden  Berge ;  rechts  hatten  wir  den  Basaltkegel  des  flau§an 3), 

1)  el-fc^r.  2)  Vgl.  Band  I,  S.  »4. 

8)  GU^. 


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I 


120  7.EHNTES  OAFITKl.. 

hinter  uns  den  Dreigeh,  vol*  uns  drei  kegelformige  Berge '),  noch 
weiter  vorwarts  den  Gedyeh*). 


El-GeJjeh. 

A  Is  wir  mehr  nach  Westen  drehten  und  nach  Oberschreitung 
eines  niedrigen  Ruckens  die  offene  Ebene  erreichten,  waren  wir 
schutzlos  einem  Sturm  wind  preisgegebeu.  Machtige  Staubwolken 
verfinsterten  die  Luft  und  gestatleten  nur  vorubergehend  einen 
Durchblick,  so  z.  B.  auf  die  zwei  Gipfel  des  Nusur. 

Wir  waren  froh,  als 
wir    das    au8  wenigen 
Hausern  bestehende  Dorl 
Gfeifeh  erreichten,  und 
Berpgruppe  Nn»fir.  hier  hinter  den  Mauern 

Schutz  gegen  den  rasenden  Wind  fanden.  Auf  dem  Dach  des 
Hauses  von  Schech  'Otman  ibn  Duwas ')  stand  so  ziemlich  die 
gesammte  Einwohnerschaft,  darunter  auch  ein  paar  unverschlei- 
erte  Frauen,  urn  unsre  Ankunft  zu  beobachten.  Innen  im  Hause 
hockten  bei*eits  3  andere  Gaste  am  Feuer.  Wir  jagten  sie  von 
den  besten  Plfttzen  weg  und  richteten  uns  sesshaft  ein.  Der 
£#hawah  war  geraumiger  als  der  in  M61>alf,  aber  der  Schech 
geiziger,  auch  offenbar  nicht  ganz  klar,  wie  er  sich  uns  gegen- 
aber  benehmen  sollte.  Er  schenkte  zuerst  den  drei  Lumpen 
Kaftee  ein,  und  wie  er  sich  einen  Augenblick  entfernte,  machte 
Huber,  mit  Absicht  vernehmlich,  die  Bemerkung,  der  Schech 
scheme  nicht  zu  wisseu,  was  wir  fur  Gaste  seien  *).  Auf  das  hin 
erschien  sofort  ein  zweiter  Kaftee,  der  diesmal  uns  zuerst  ge- 
reicht  wurde.  Thatsachlich  wurde  in  der  Zeit  von  4  bis  7  Uhr 

1)  *AaJ}  ij>.}j  Ra  »  uleideh.  2)  AJcXJi-. 

:3)  H.:  Douwfis.]  4)  Vgl.  Bd.  I,  S.  70,  71. 


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I.I&JKI.  —  TEIMft.  121 

Abends  1  animal  frischer  Kaffee  gemacht.  Dann  erst  kam  das 
Nachtessen.  Der  Schech  hatte  allerdings  far  uns  geschlachtet, 
besass  aber  weder  Reis  noch  Datteln.  Das  widerlich  verpfefferte 
Fleisch  wurde  einfach  auf  einer  dicken  Schichte  von  Brodfladen 
hereingebracht.  Meinen  Hunger  zu  stillen  ass  ich  im  finstern 
Vorrauin  draussen  beim  Diener  Mahniud  eine  Hand  voll  Datteln 
aus  unseren  eigenen  Vorrathen,  und  legte  mich  dann  schlafun. 
Ich  mag  gar  nicht  nachsehen,  wie  es  mit  meinen  Lausen  steht. 

Do.  31.  Jan.  1884 J.  Draussen  war  es  nasskalt,  nebelig,  uber- 
haupt  unfreundlich ;  ich  muss  gestehen,  mir  war  es  gauz  lieb, 
unter  Dach  und  Fach  zu  sein.  Bevor  wir  ein  neues  Kameel  zu 
miethen  Gelegenheit  fanden,  konnten  wir  ja  doch  nicht  auf- 
brechen.  Uelan  und  Nauman  ritten  mit  einandw  fort,  um  bei 
Beduinen,  die  irgendwo  in  der  Nabe  waiden  sollten,  eines  auf- 
zutreiben.  Nach  ein  paar  Stunden  kamen  sie  zuruck  mit  zwei 
Leuten  von  den  eAmud,  die  uns  zwei  Thiere  vorfilhrten.  Eines 
davon  war  ganz  schwach,  darUm  unbrauchbar,  das  andere  sammt 
seinem  Besitzer  Schifak ')  wurde  in  Miethe  angenommen.  Da 
der  Wind  aus  Westen  sich  noch  steigerte,  entschieden  wir  uns 
heute  noch  hier  zu  verweilen.  Ich  hatte  Musse,  mein  Tagbuch 
in  Ordnung  zu  bringen,  und  draussen  vor  dem  Dorf  zu  zeichnen. 


Haus  do»  cOtmftn  io  Gfcifeh. 


Die  Palmplianzungen  sind  noch  jung  und  ruhren  ei-st  aus 
den  letzten  Regierungsjahren  des  FQrsten  Talal  her  (s.  Bd.  I, 
S.  168  f.),  also  etwa  aus  dem  Jahr  1863.  Im  Hofe  aahicheinen 
Ptlug1)  von  einer  Einfachheit  der  Form,  wie  sie  ursprilnglicher 
wohl  kaum  sonst  nachzuweisen  ist. 

2)  Ich  hsbe  oacb  meiner  Ruckkehr  dem  ehenialigcD  jetzt  vei»torbeoen  Director  der  Und- 
wirttschaftlicheu  Aiademie  zu  Hobeoheim  (Witrttemberg)  Dr.  L  v.  Rao  davon  Mittheilung  ge- 


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122 
A 


ZKHSTKS  CAI'ITKI- 


Pflug. 


Die  Wande  im  Hau9e  be- 
standen  aus  Lehmziegeln,  die 
abwechselnd  schrftg  gestrichelt 
waren. 

^^^^^^ 


Lehmziegelschichten. 


An  einem  Holzptiock  hieng  ein  Lederkubel '),  in  ein  Gestdl 
von  Holzreifen  gefasst,  etwa  einen  halben  Meter  im  Geviert. 


Lederkiibel. 

Er  wird  anf  Reisen  mitgenommen,  una  die  Kameele  daraus  zu 
tranken.  Auf  dem  Boden  stand  ein  Kaffeestosser -)  von  gelb- 


macht.  Dieser  hattc  sich  seit  viclcn  Jahren  rait  der  Entwicklungsgeschichte  des  Pflages  bescbif- 
tigt,  und  schrieb  mir  uber  dieses  Stuck:  .I'ngemein  iutcrc»sant  war  mir  die  (bersendung  der 
Pflug-Zcichnung  aus  Gfeifeh.  Er  ist  primitivrr  als  jeder  nltugyptUcbe  Pflug.  In  dem  Britischcn 
Museum  faud  ich  eincu  Papyrus  mit  ciner  Pflugjceichnung,  welcbc  to  ziemlich  die  gleiche  Form 
buillt.  abcr  wait  zweckentsprechender  gebaut  ist.  Inter  den  hieroglypbiacheu  Zcichen  eutdeckte 
ich  einen  zwciten  ahnlichen,  aber  der  bat  2  beqneme  Handhabea.  Ich  schiitze  das  Alter  des 
arabi*chen  Pfluges  noch  we  it  hohcr  alt  Sic,  denn  die  Schriftbilder  der  ersten  agyptischen  Dy- 
nast icu  keunrn  eiu  to  zui  irkcrblicbracr  Grtaihr  nicht  mchr.  Ks  wird  bei  mir  ein<-  EbrrnsU'lli- 
einnehmcn,  und  in  tneinem  opus,  das  ich  unter  der  Feder  babe,  gebuhrend  hcrvorgehoheo  irerden. 
1st  mir  doch  darch  ibren  Pflug  einc  Frage  gelott,  an  der  ich  mich  vielfach  schon  abgemubt  habe  s 
die  Frage,  ob  ansaer  dem  vom  altcn  Aegypten  beeinfluastcn,  wenn  uicht  bebcrrachten  Kiistcnland 
Yemen  uberhaupt  von  einem  arahisi-hen  Fcldbau  die  Rede  tein  konne.  Die  aogenannten  arabiscben 
Pflnge  in  Nordafrika  sind  namlich  alt-carthagische.  Ich  war  darum,  und  weil  Arabei  meut 
Hirten  und  Rauber  sind,  bisbrr  geneigt,  die  Frage  zu  verneinen.  Jetzt  muss  ich  sie  bejaheu. 
Sin  wiirden  mich  iibrigens  noch  weiter  durch  die  Mittheilung  sehr  verbinden.  welche  Thiere  ror 
den  Pflug  geapannt  werden.  Es  wird]  wohl  nur  eiu  Knmeel  tein,  und  der  Boden  sehr  leichtr"  — 
Ich  kann  das  beatatigen;  ich  habe  in  Gfeifeh  cin  Kamecl  Tor  den  Pflug  gespannt  gesehco,  nnd 
der  Bodcn  ist  dort  sandig  mit  nur  ganz  gcringem  Bindemittel. 

1)  jsy>  1,64.  [H.:  h4d  kf4&,  »"ch  Wil-bU  «nd  n»»t  Reifen  versteiftc  Lederlroge.] 

2)  j£  nigr.  Vgl.  Bd.  I.  S.  83  f.  [H.:  nifir  ist  der  Kaffee-Morser.  —  Vg|.  die 
von  Hess  im  UUm,  Bd.  IV,  S.  81B,  819.] 


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I.UlJEl.  —  TKIMl'l. 


123 


rtfthlichem  Stein,  aus  dem  Kasim  ')  stain  mend.  Abends  berei- 
tete  der  Diener  Mahmud  for  Huber  und  mich  das  Essen,  fur 
die  Anderen  lieferte  es  der  Schech  cOtman.  Der  neu  angenom- 
mene  Beduine  Sclrifafc  rauchte  aus  seinem  geflickten  Pfeifen- 
kopf,  in  Ermanglnng  von  Tabak,  Kameelsbollen.  0  Schlagden- 
haufen!  Hattest  du  das  gewusst,  so  hattest  dus)  den  Kaiser 
Rudolph  von  Habsburg  bei  Bingen  vielleicht  nicht  einmal  Nuss- 
blatter  rauchen  lassen! 

Schifalf  war  aber  nicht  bloss  Raucher,  sondern  auch  Poet 
zugleich.  Aus  dem  Stegreif  beklagte  er  seine  jflminerliche  Lage 
und  sang  etwa  Folgendes:  ,0  diese  harten  Herren  und  Be- 
gleiter,  sie  trinken  Tabak,  doch  ich  —  leider  —  schmauch  an 
dem  thierischen  Gewachse  weiter."  Und  richtig,  unsre  Herzen 
liessen  sich  durch  diesen  Scherz  erweichen,  dem  Dichter  ward 
—  in  unsrem  eigenen  Interesse  —  ein  menschenwOrdigeres 
Kraut  verabfolgt.  Die  Gefuhle  des  Dankes  begeisterten  ihn  sofort 
zu  neuen  Gesangen,  die  ich  nur  zum  geringsten  Theil  verstand. 
Bemerkenswerth  erschieu  mir  nur  ein,  wie  er  sagte,  allbekanntes 
Spottlied,  das  sich  auf  die  Ausplflnderung  der  Soldaten  des 
Fursten  dnrch  die  Rualah  bezog.  —  Am  Feuerherde  wahrte 
das  Geschwatz  der  jungen  Leute  die  halbe  Nacht.  Der  Schlaf 
war  um  so  weniger  erquicklich,  weil  aberdies  der  durch  eine 
Offnung  in  der  Wand  eindringende  Regen  mir  hin  und  wieder 
das  Gesicht  nasste. 

Fr.  I.  Febr.  1884].  Die  trachtige  Kameelin  rait  dem  verrenk- 


1)  Geuauer  aus  w«j<A*t  cl-Miduab. 

2)  lu  Nadlers  Gediciu  „der  Antiquar": 

 Seit  inc  i  m  "y  ao.ro  Lowe 

Wee»6  ich's  un  jodem  kind  is  jo  bekannt, 

Dass  wanu  halbwiichsge  Buwo  bier  zu  Land 

Sich  noch  kecft  Raachduwak  vcrscbaffe  konne, 

Dass  sie  du  hergchfl  un  Kartuffel  bladder  brenne, 

Nuubliidder,  un  wer  weess  was  noch  for  Zeug  — 

I  n  waun's  Kami  Lie  ware,  des  is  gleich! 

Desswege  i»  dio  Pcif,  aus  dor  sic  raache, 

Halt  doch  e  Duwakspeif  in  meine  Aage, 

Un  hatt  der  Kaiser  Rudolf  aa  keen  Knaster  ghatt, 

Wann's  ihm  nor  gschmeckt  hot  —  was  hot's  gschadt? 


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124  ZEIINTES  C.M'ITEI.. 

ten  Oberschenkelknochen  weiter  mit  uns  zu  schleppen  war  un- 
mdglich.  Der  Schech  von  Gfeifeh,  cOtraan,  behauptete,  man  koune 
Nichts  mehr  mit  dem  Thiere  anfangen,  es  bleibe  Nichts  ubrig, 
als  dasselbe  zu  schlachten,  er  biete  dafur  2  Megidi  (etwa  7 
Mark)!  Hinter  unserem  Rucken  machte  er  sich  an  den  alten 
^lan  und  versprach  ihm  als  Bakschisch  3  Megidi,  wenn  er 
uns  zu  dem  Handel  berede.  So  duram  waren  wir  indessen  nicht. 
Der  Schech  hatte  das  Thier  sicher  nicht  geschlachtet,  sondern 
zum  Wasserschopfen  ausgenQtzt,  und  das  Juuge  spater  aufge- 
zogen.  Wir  raaehten  vielmehr  den  Schifafc  fur  das  Thier  ver- 
antwortlich;  er  sollte  uns  ja  nur  bis  zu  den  nachsten  Beduinen 
begleiten,  bei  seinem  Ruckweg  in  Gfeifeh  das  Thier  abholen 
und  dann  auf  die  freie  Waide  mitnehmen.  Als  wir  um  9  Uhr 
gegen  Westen  abritten,  rannte  uns  der  Schech  cOtman  nach, 
und  wollte  von  Neuem  mit  seinem  Kameels- Handel  anfangen. 
Er  wurde  aber  kurz  abgefertigt;  es  bleibe  bei  dem  ertheilten 
Bescheid.  Wir  durchzogen  nun  eine  futterreiche ')  Gegend.  Dm 
2  Uhr  Nachmittags  erstiegen  wir  die  Spitze  eines  Hugels'), 
hinter  welchem  das  Lager  der  Beduinen  sich  befinden  sollte. 
Diese  waren  aber  schon  nach  WNW.  weiter  gezogen.  JJelan 
ritt  noch  zwei  Stunden  vergeblich  auf  die  Suche. 

Als  die  Sonne  schon  stark  auf  die  Neige  gieng,  und  die  Nabe 
der  Beduinen  iminer  zweifelhafter  wurde,  lagerten  wir  in  der 
freien  Ebene  nahe  bei  einem  Felsklotz  el-£ftc&s3).  Wir  waren 
da  nur  schlecht  vor  derii  Wind  geborgen,  der  mir  Nachts  gar 
eindringlich  unter  die  Decke  blies. 

Sa.  2.  Febr.  1884].  Starke  Eisbildung.  Schon  in  der  Nacht 
hatten  wir  immer  das  Bellen  eines  Hundes  gehdrt,  wie  der  Tag 

1)  Es  gab  gelbe*  *JJuo  isuffarah,  rothea  oder  violettes  _,^L«  silftb,  und  kleinw  weissblumigw 
*jyf  tarbah.  [H. :  fufftha   nacb  Velenovsky  liar  ha  re  a  arabica  »|t.  u.;  tUifi  (to  »Utt  tildh), 

clauiach  >»t  eine  Crucifera.  Bei  raehreren  Autoren  werdeD  verschiedene  Arten  damit 

bejceicb.net.  —  Cber  Tarbah  vgl.  obeD  S.  110,  Anin.  3.] 

2)  MtLaJl  e-l-DalSih. 

3)  ijoiiBJ!. 


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lift  J  FA.  —  TEI.MU.  '  125 

heraufkam,  sogar  menschliche  Stimmen,  doch  zun&chst  ohne 
Jemanden  zu  sehen.  Ala  Morgenessen  verzehrten  wir  von  ge- 
stern  Abend  ubrig  gebliebenen  Reis  kalt,  und  warmten  uns 
durch  eine  Tasse  Thee,  dann  brachen  wir  auf,  um  nach  den 
Beduinen  zu  fahnden.  Von  der  Spitze  eines  Hugels  erblickten 
wir  zuerst  einige  Schaf heerden,  bald  einige  Kameele  (im  Gan- 
zen  25  Stack),  zuletzt  9  Zelte.  Bei  unsrer  Annahemng  an  die 
Zelte  natten  sich  die  Manner  in  denselben  versteckt,  und  nur 
die  Weiber  mit  den  Kindern  vorgeschoben,  um  dadurch  vor 
der  Ehre  unsres  Besuches  geschutzt  zu  sein.  Um  '/j9  Uhr  stie- 
gen  wir  bei  einem  grosseren  Zelte  ab,  dessen  Eigenthumer  sich 
nicht  mehr  hatte  verbergen  kdnnen.  Es  wurde  Milch  gebracht, 
und  der  Diener  Mahmud  bereitete  einen  Kaffee.  Daschonum  10 
Uhr  for  uns  geschlachtet  wurde,  hatten  wir  Musse,  fur  den 
ganzen  Tag  es  uns  bequem  zu  machen.  Ich  begab  mich  auf 
einen  Hflgel,  um  eine  t'bersicht  von  der  Gegend  zu  gewinnen. 
Hatte  gerne  die  Aussicht  auf  den  Nefud  (Sandwnste)  und  auf 
die  Gebirge  Mismas  und  'Augah  gezeichnet;  der  scharfe  Wind 
vereitelte  es  und  trieb  mich  bald  wieder  herunter.  Auf  dem 
Boden  einer  kleinen  HOhle,  deren  Wande  schOne  Quarzkrystalle 
zeigten,  fand  ich  die  Losung  von  Hyanen. 

In  der  richtigen  Voraussicht  einer  griramig  kalten  Nacht, 
erinnerte  ich  mich  an  den  armen  Gesellen,  der  dem  Bischof 
von  Trier  gegen  Verabfolgung  eines  Guldens  das  Mittel  ver- 
rieth,  niemals  zu  frieren;  der  sprach:  „Gnediger  Herr,  es  frurt 
einen  nach  dem  als  er  kleider  hat,  ich  hab  all  meine  kleider 
an,  darumb  so  frQrt  mich  nit,  und  legen  euwere  kleider  auch 
alle  an,  so  wurt  euch  auch  nit  fruren ')."  Nach  diesem  Recept 
struck  te  ich  mich  auf  mein  Nachtlager,  deckte  auf  mich  alle 
Kleidungsstucke,  die  ich  besass,  zog  das  Kopftuch  uber  das 
Uesicht,  und  liess  mich  durch  Mahmud  in  den  Teppich  eng  ein- 

1)  So  iu  dci  cl»iU*i*rhcn  lUrfimerinoorb*  Juhannc*  I'auli,  Scbimpf  und  Ernst  N°.  513  (™ 
Bibliothek  «le»  litter.  Vcrcin*.  Hand  8r».  S.  295.  Stntt^rt  18fifl);  uhnlich  bei  Popgias,  He  be  I 
Adatrii,  und  Aaderen. 


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126  ZKHNTKS  CANTEI- 

wickeln,  niir  auch  noch  die  beduinische  Jacke  aus  Schafpelz 
urn  die  Fftsse  fest  schnuren.  Ganz  erfreut  uber  die  sich  ent- 
wickelnde  Warme  und  frech  durch  die  diebssichere  und  kugel- 
teste  Vermummung  dachte  ich :  .  So,  falls  jetzt  der  Teufel  schwarz 
gewichst  sich  nebeD  mich  legen  will,  was  liegt's  mir  an?"  ( — 
Oho,  junger  Herr,  nur  nicht  so  herausfordernd ;  konnte  ja  ein- 
mal  eine  kleine  Vorprobe  halten!  — )  und,  horeh,  schon  hQpfte 
es  auf  meinem  Teppich  herum  und  krabbelte  und  schnupperte. 
„Das  Dunnerwetter,  ich  glaube  gar,  er  ist's."  Ein  Blick  durch 
den  Spalt  meines  Kopftuches  belehrte  raich,  dass  nicht  etwa 
der  Mephisto  oder  Bitru,  sondern  eine  grosse  Springmans l)  mir 
einen  Besuch  abstatteu  wollte.  Ich  blies  ihr  scharf  auf  die 
Nase,  konnte  sie  aber  dadurch  nur  fur  wenige  Augenblicke 
verscheuchen.  Die  Thiere  in  der  Waste  leideu  halt  alle  Hunger, 
und  frieren  thun  sie  auch.  Sie  suchte  also  einen  Unterschlupf 
und  fand  bald  lieraus,  dass  der  Pelz  zu  meinen  Fflssen  der  be- 
haglichste  Platz  sei.  Die  ganze  Nacht  hOrte  und  spnrte  ich, 
wie  sie  in  der  Wolle  herumnagte.  Das  sonst  ganz  harmlose 
Gesch6pf  wusste  genau,  dass  ich  ihr  in  der  Dunkelheit  nicht 
nachspringen  konnte.  Da  ich  keine  Lust  hatte,  mich  aus  der 
warmen  Verpackung  herauslocken  zu  lassen,  so  begnugte  ich 
mich,  von  Zeit  zu  Zeit  mit  den  Fnssen  gegen  das  Thier  zu 
stossen;  zuviel  durfte  ich  freilich  nicht  wagen,  sonst  lief  ich 
Gefahr,  mich  bloss  zu  legen.  Somit  war  ich  eigentlich  ziemlich 
wehrlos.  Das  kleine  Kanguruh  kam  doch  immer  wieder  uud 
hatte,  wie  sich  bei  Tag  herausstellte,  richtig  sieben  LOcher 
durch  den  Pelz  gefressen. 

So.  3.  Febr.  1884 J.  Die  kal teste  Nacht,  die  ich  in  Arabien 
erlebt,  lag  hinter  mir:  das  Thermometer  zeigte  — 5°C.  Ich 
kann  nur  jedem  Wusten-Keisenden  rathen,  einen  langen  Pelz 
und  einen  Schlafsack  mitzunehmen.  Die  Beduinen  ertragen  die 
Kalte  mit  erstaunlicher  Widerstandskraft,  dabei  haben  die  Kinder 
je  junger  urn  so  weniger  Kleider. 

1)  £»fJ-»  Jcrlx'.a  [U. :  Fiir  class.  *|>richt  man  heutc  alkemcin  j/ntrif. 


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f 


IllVlKL        TKlMa.  127 


Zelt  mit  Frau  und  Kindcrn. 


Zur  Erwarmung  liessen  wir  uns  durch  Malimud  einen  sehr 
wasserigen  Wasserchocolat  bereiten.  Dem  Beduinen  Schifak,  der 
sich  mit  seinem  Thier  zur  Rflekkehr  anschiekte,  wurde  noch- 
mals  eingescharft,  auf  das  ia  Gfeifeh  zuruckgelassene  Kameel 
Acht  zu  geben.  Der  Schecb,  welcher  uns  bewirthet  hatte,  war 
erbdtig,  uns  fur  die  Beffirderung  des  Gepacks  bis  zu  den  nach- 
sten  Beduinen  einen  in  der  Brunst  befindlichen  Kameelshengst ') 
zu  leihen.  Das  Thier  war  erschreckend  anzusehen:  es  trippelte 
bei  gebundenen  VorderfQssen  rait  kleinen  Schritten  einher,  aus 
dera  schaumigen  Maul  walzte  es  seitwilrts  die  blasig  geschwol- 
lene  Zunge2),  und  stiess  dabei  unheiralich  rollende  TOne  her- 
vor.  —  Wir  traten  bald  in  den  Nefud  ein  (s.  Bd.  I,  S.  142  ff), 
d.  h.  wir  batten  die  Flugsand-Wiisle  vor  uns,  obschon  die  #acr- 
Bildung  nieht  so  charakteristiseh  ausgesprochen  war.  Viele  tau- 
sende  der  rothen  Raupen,  die  gestern  noch  den  Sand  belebt 
hatten,  deckten  heute  als  schwarze  Leicheu  den  Boden,  auch 
raancbe  zarte  Pflanze  zeigte  dieselbe  Trauerfarbe.  Nachdem  wir 
urn  3  Uhr  einen  Kaffee  eingenomraen,  n.lherten  wir  uns  den 
Steinbergen  des  Ureits '),  woselbst  sich  ein  Lager  der  'Anezeh 
befand.  Die  ganze  Gesellsehaft  machte  einen  armlichen  Eindruck ; 
sie  batten  ausser  ihren  Schafeo  hauptsachlich  Esel,  nur  wenig 
Kaineele;  auf  den  Zeltdacher'n  lagen  Graufutter  und  Brocken 
Schafkase  zum  Trockuen.  Durch  Ungeschicklichkeit  verfehlten 
wir  das  Zelt  des  Schechs  und  tielen  bei  einem  armen  Teufel 

1)  Zitnl  Jw«j    H.:  ttmiU  itt  der  allgemeine  Auadruck  fiir  nmnnlicbc  kamelc  (collect!*).] 

-i  In  W  1 1  kt ichk.i  i i  i»t  ej  nicht  die  Zange  sondern  der  „  BrulUack",  den  der  Kamelhengit  in 
der  Hruntt  aiu  dem  Maule  hervontotat.  Dies  i»t  eine  am  Oaumen  liegendc  Blaae,  die  der  Hengtt 
mit  Oeifer  fiillt,  herauMtosat  und  danu  wiedcr  mit  gluck»eudeu  Gur(f;clt6nen  einschluckt;  vgl. 
Urchin'.  TkierUben,  2te  Aufl.  Ill,  S.  60.; 


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128  ZEIINTES  CAPITKF. 

zu  Gast  ein.  Bei  Sonuenuntergang  kamen  die  Schafe  heim  und 
wurden  gemolken.  Die  Weiber  bereiteten  Butter,  indem  sie 
Milch  in  einen  Schlauch  schutteten,  noch  Luft  hineinbliesen, 
und  nun  den  Schlauch  von  einer  Seke  des  Kdrpers  auf  die 
andere  hinundher  schleuderten ;  andere  hatten  den  Schlauch 
an  einem  Strick  flber  einem  Gestell  von  drei  Stecken  aufge- 
hangt  und  schwenkten  die  Masse  hinflber  und  heruber.  Es  war 
mittlerweile  8  Uhr  geworden,  und  rair  war  es  bereits  ganz 
schwindlig  vor  Hunger,  denn  seit  dem  Cacao- Wasser  in  der 
Frflh  und  den  zwei  Tasslein  schwarzen  Kaffees  hatten  wir  nichts 
im  Leib.  Endlich,  nacbdem  ich,  hinter  dem  Gepack  versteckt, 
aus  dem  Dattelschlauch  einen  grossen  Brocken  mit  Gier  ver- 
schlungen  hatte,  wurden  als  Voressen  (uni  die  Gefrassigkeit 
der  Gaste  far  die  zu  erwartende  Mahlzeit  zu  dampfen)  einige 
Holzgelasse  mit  Leben  (saurer  Butterniilch)  herumgereicht. 

Um  V.10  Uhr  kam  die  ersehnte  Platte 
mit  Reis  und  Schaffleisch;  ich  ass  davon  so 
viel,  dass  ich  mich  fast  schamte.  Bei  der 
Uuterhaltung,  die  sich  nach  dem  Essen  ent- 
HoUgefiiM  und  Keuie.  spann,  fragte  ich,  wie  dieser  Ableger  des 
weit  verzweigten  Starames  der  cAnezeh,  die  doch  zu  den  ein- 
getieischten  Feinden  der  Schammar  gehoren,  hier  mitten  in 
das  Gebiet  der  Schammar  herein  komme,  und  erfuhr,  sie  haben 
sich,  nachdem  die  Oase  Khaibar  durch  die  Tarken  dem  Fdrsten 
zu  IJajel  entrissen  worden  sei,  in  der  Nahe  von  Khaibar  sess- 
haft  gemacht,  da  sie  aber  nach  Kurzem  befQrchteten,  dass  Ibn 
Raschid  schliesslich  Khaibar  doch  wieder  gewinnen  wOrde,  sicli 
dem  Filrsten  unterworfen,  und  dieser  habe  ihnen  die  Gegend 
am  Gebel  Misma5  als  Waideplatze  angewiesen.  Sie  besitzen  noch 
jetzt  Dattelbaume  in  Khaibar.  Ich  kaufte  von  ihnen  eine  Keule  '), 
bestehend  aus  einem  hartholzeneu  Stock  mit  Ring  oben  dran, 
das  untere  Ende  durch  eine  kQnstlich  durchbohrte  Quarzkugel, 
von  der  Grosse  eines  Apfels,  gesteckt. 

1)  L*l^>  IVbbiK 


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I.I&JKI.      -  TEJMi'l. 


129 


Mo.  4.  Febr.  1884].  Schoa  nach  einer  halbeo  Stuude  Reitens 
stiessen  wir  auf  ein  anderes  Beduinenlager,  und  stiegen  daselbst 
als  Gaste  ab,  urn  womGglich  uber  die  Vermiethung  eines  Ka- 
raeels  bis  nach  Teima  zu  unterhandeln.  Da  der  Gastwirth  sich 
nur  zu  Liefernng  eines  Nachtessens  far  verpflichtet  zu  erachten 
braucht,  liessen  wir  uns  durch  Mahmild  eine  regelrechte  Mahl- 
zeit  (Kaffee,  Reis  mit  einer  dttnnen  Knorriscben  Bohnenbruhe 
und  Brod)  bereiten,  und  aberliessen  den  flbrig  bleibenden  Rest 
den  Weibern.  Der  Schech  von  gestern  trat,  nachdem  er  noch 
an  unsrem  Essen  Theil  genommen  hatte,  den  Rflckweg  mit 
seinem  Kameelhengst  an;  er  schien  es  eilig  zu  haben,  denn 
er  hatte  erst  dieser  Tage  eine  frische  Frau  genommen. 

Ich  beschloss  einen  der  beiden  Gipfel  des  Ureits  zu  er- 
steigen.  Bis  an  den  Fuss  des  Berges  watete  ich  eine  voile  Stunde 
durch  den  weichen  Sand,  und  war  froh,  als  ich  auf  festem  Ge- 
stein  anlangte.  Der  Bergklotz  bestand  aus  Granit  und  Quarz, 
deren  glatte  wie  mit  Firniss  angestrichene  Oberflache  das  K let- 
tern  erschwerte  und  zur  Vorsieht  mahnte.  Dera  Gipfel  ganz 
nahe  Oberraschte  ich  einen  Hasen  der  Art,  dass  ich  ihn  schier 
mit  den  Handen  hatte  ergreifen  konnen.  Wie  ich  an  der  ober- 
sten  Wand  stand,  kamen  unten  drei  Reiter  zu  Kameel  mit 
Lanzen  vorbei  und  riefen  mir  herauf:  „He  junger  Mann,  he 
junger  Mann" ').  Ich  schenkte  ihnen  keine  weitere  Beachtung, 
gab  auch  keine  Antwort.  Von  oben  zeichnete  ich  das  Pano- 
rama des  Misma'  und  cAugahl),  und  war  freudig  erstaunt, 
als  ich  die  charakteristische  Form  des  Umm  es-Selman  bei 
Gyobbeh  (Bd.  I,  S.  150),  hellblau  am  fernen  Horizont  aufstei- 
gend  erkannte.  Bis  ich  zuruck  kam,  war  ich  recht  durstig  ge- 
worden,  denn  die  Sonne  schien  bereits  wieder  ganz  kraftig 
(20°  C  im  Schatten  hinter  den  Zelten).  —  Bei  der  Abendunter- 
haltung  setzte  sich  unter  Anderen  ein  Hirte  ans  Feuer,  und 

1)  (A^  b  AJj   b  jft  weled,  jft  weled ! 

0 


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1 


130 


ZEHNTES  CAPITOL. 


fragte  mich  ernstliaft:  „Kannst  du  melken?" ')  Als  ich  es  ver- 
neinte,  meinte  er:  „Ja,  was  kannst  du  dann?"  Der  Sohn  des 
Hauses,  gefragt  wie  sein  Hund  heisse,  gab  ganz  erstaunt  zur 
Autwort:  „Das  weiss  ich  bei  Gott  nicht!"1)  Abends  —  es  war 
nicht  zum  Erleben  —  kam  das  Nachtessen  erst  kurz  vor  10 
Uhr.  Da  ich  die  Ver3patung  mit  Recht  schon  zum  Voraus  be- 
farchtete,  legte  ich  mich  urn  8  Uhr  schlafen,  und  ass  noch 
unter  der  Decke  ein  Strtck  Brod.  Sie  weckten  mich  nachher 
zur  Theilnahme  an  der  Mahlzeit  und  waren  ganz  verwundert, 
dass  ich  unter  Verzicht  auf  Alles  vorzog  weiter  zu  schlafen. 
Huber  liess  aus  Vorsorge  ein  stattliches  Stuck  Fleisch  far  mor- 
gen  einpacken. 

Di.  5.  Febr.  1884].  Die  Temperatur  betrug  in  der  Fruhe 
wieder  nur  — 1°C.  Nachdera  wir  «ine  Tasse  Thee  getrunken, 
erschienen  tfdlan  und  Nauman,  von  einer  unternommenen  Streife 
zurflckkehrend,  rait  einem  jammernden  Beduinen,  von  dem  sie 
ein  Kameel  miethweise  bis  Teima  erpresst  3)  hatten.  Nun,  der 
Mann  bekam  sein  Geld  auf  der  Stelle  uud  konute  sich  beruhigen. 
Wir  bestiegen  die  Kameele  und  ritten  durch  steiniges  Gelande 
auf  den  Gebel  Misma5  zu.  Der  Boden  war  besat  mit  Bohnerz- 
kugeln  *),  die  von  deu  Beduinen  als  Ersatz  fur  Bleikugeln  ge- 
sammelt  und  nach  dem  gewunsehten  Kaliber  geordnet  aufbe- 
wahrt  werden.  Wir  bogen  bald  wieder  seitwilrts  in  den  Nefud 
ein,  da  uusre  zwei  beduinischen  Fahrer  bereits  eine  neue 
Schlachtung  witterten.  Kaum  vier  Stunden  unterweg3  trafen 
wir  auch  richtig  in  einer  Sandmulde  auf  eine  Anzahl  Zelte 
der  Fedeil  von  den  cAwagi,  also  einer  Unterabtheilung  der 
Wuld  Sliman  von  den  cAnezeh.  Ausgesprochen  judische  Typen 
legten  die  Vermuthung  nahe,  es  konnten  Nachkommen  der 
Juden  von  Khaibar  sein.  Alle,  auch  die  Weiber,  waren  sehr 

* 

1)  wsJ^  Q^«j'  taVif  tahlib.  2)  aJb'fj  i^*^'  b  m&  *dri 

8)  w^axj  bira^b. 

4)  uiyi^  uVirai.  ril.:  Iluhnorx  als  Schrot  gcbraucht  heist  faCim  (aus  Uirk.  A*^L»),  wohl  aurb 
rail,  wic  iu  Agypten;  rehJi  ist  em  Gelande  mit  GenHl.  Vgl.  Islam,  Bd.  V,  S."  117.] 
6)  Der  Name  der  (irtlichkcit  war  Ciisi?A\  ZVebAn. 


H&JFX  —  TKIMft. 


131 


dienstbereit,  schleppten  Brennholz  und  Wasser  herbei ;  doch  im 
Erbetteln  von  Tabak  waren  sie  unersattlich.  Die  Kinder  waren 
durchaus  unbekleidet.  Die  Buben  bis  zu  10  Jahren  trugeu  nur 
einen  Gurtel  aus  Lederschnuren,  theilweise  mit  Knochenstacken 
verziert;  einer  hatte  in  den  Schnflren  ein  messingenes  Zang- 
lein  ')  stecken,  urn,  wie  er  sagte,  aus  den  Fussen  die  Dornen 
herauszuziehen.  —  In  der  Nahe  der  Zelte  trieben 
sich  zwei  Raubv6gel  herum,  die  mir-als  hadejjeh  2) 
bezeichnet  wurden. 

Das  reichliche  Nachte9sen  erschien  diesraal  vor 
Sonnenuntergang.  tfel&n  und  Nauraan  entblOdeten 
sich  nicht,  zwei  Stucke  von  dem  Fleisch  zu  unseren 
Vorr&then  auf  die  Seite  zu  schaffen ;  Nauman  trug  Beduinenknaben. 
sie  wie  ein  Bettelm6nch  unter  seinem  Mantel  von  dannen.  — 
Der  Abend  und  die  Nacht  waren  bei  weitem  nicht  mehr  so 
kalt,  als  bisher. 

Mi.  6.  Febr.  1884].  Gegen  9  Uhr  verabschiedeten  wir  uns  von 
den  gastlichen  Wirtheu.  Der  Weg  fuhrt<»  uber  eine  6de  Flache 
mit  wenig  Futter.  Der  Boden  bestand  aus  Sandstein,  der  in 
zahlreichen  Mulden  Wasserlachen  von  100  und  mehr  Meter 
Durchmesser  beherbergte.  Die  Kameele,  in  14  Tagen  nicht  ein 
einziges  Mai  getrankt,  bezeugten  auch  hier  keine  Lust  zu  saufen. 
lhnen  ist  die  Feuchtigkeit  des  Granfutters  offenbar  ausreichend, 
dabei  sprenzen  sie  noch  zehnmal  des  Tags  je  zwei  Minuten 
lang.  Es  scheint  eben  doch  durch  die  Haut  so  gut  wie  gar 
'  keine  Verdunstnng  stattzufinden.  Mit  der  Annaherung  an  den 
lang  gestreckten  Gebirgszug  des  Misma3  kam  auch  dessen 
malerische  Gliederung  immer  mehr  zur  Geltung.  Buschiges  Ge- 
strauch 3)  mit  Blattern  wie  die  des  Maulbeerbaumes  belebte 


1)  JaaJL.  roulaikit.  [H.:  miUigif,  von  mil?Uf.) 

2)  juL\=>         Milrus  aegyptiacus  migrans;  Schraarot/^nnilan.] 

S)  Kirrl.  In  Tctmft  (S.  156)  tab  irh  gptitor,  daw  RUsrohie  aus  den  Stecken  genucb 

werden.  \l. :  girr'i  oder  tin  girrl  i»t  eine  griinc  Fcigenart  (Gegcnsatx  tin  c,>rnb't  rotbe  Feigenart). 
Blasrohre,  die  mau  bei  Wiiien  ofters  findet,  giobt  es  offenbar  keine,  auch  mcht  als  Spielieug. 


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132 


ZKHNTKS  CAP1TKI.. 


die  Schluchten  am  Fusse  der  Felsgrnppe  des  Behtra.  Weiter 
westlich  an  einem  Platz,  Alai  genannt,  fanden  sich  Inschriften 
in  nabataischen  und  protoarabischen  Zeichen  eingetneisselt,  dazu 
viele  mehr  oder  minder  rohe  Abbildungen  verschiedenartiger 
Thiere,  von  denen  ich  einige  Proben  mittheileu  will.  Diesen 


etwas  geschfltzten  Ort  hatten  tfelan  und  Nauman  als  Lager- 
platz  erkoren ;  wir  benfltzten  die  noch  bleibende  Tageshelle  zum 
Copiren  der  Inschriften. 

Do.  7.  Febr.  1834].  Den  ganzen  Tag  waren  wir  beschaftigt 
mit  Abzeichnen  der  uberall  an  den  Felsen  zerstreuten  Inschriften 
und  Thierbilder.  Zum  Ruheplatz  hatten  wir  eine  tiefe  Einbuch- 
tung  ausersehen  zwischen  den  Felswauden  des  cErkub ')  und  dem 
Steilabfall  der  Sandwflste.  In  der  Nacht  toste  der  Wind  fiber  uns 
weg  in  den  KlQften,  wahrend  wir  tief  unten  in  einer  AH  Hohle 
(S.  133),  bei  gut  unterhaltenem  Feuer,  Stille  und  Warme  genossen. 

Fr.  8.  Febr.  1884).  Schon  waren  die  Thiere  beladen,  wir  selbst 
bereit  uns  in  Bewegung  zu  setzen,  da  meldete  Nauman,  soviel' 
er  sich  erinnere,  seien  unweit  von  hier  oberhalb  von  unserera 
Lagerplatz  am  sogenannteu  Nadira  el-'Erkub  -)  noch  eine  ganze 
Anzahl  von  Inschriften.  Nachdem  wir,  so  rasch  als  es  eben 
nioglich  war,  die  steile  Wand  in  dem  weichen  Sande  erstiegen 
hatten,  zeigte  er  uns  unter  dem  Vorspmng  eines  Felsens  die 

Nicmand  wusstc  ctwns  Javon.  Dat'cgen  macht  man  bus  gxrn  cine  Koallbiichte  wyfttU/e.  Man 
bring!  in  die  hcidcn  Endcii  dc*  AsUtiicke*  gekautcs  Papier.  sto*jt  dann  mit  cinem  Stocke  (mihdn) 
zuer»t  lang«atu  uud  dann  pliit/lich  durch;  go  entslcht  ein  Knall." 

1)  ^>£f^.  2)  v>^! 


Altarabiichc  FeUmalercicii. 


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134  ZKHNTES  CAPITEL. 

Inschriften  und  kehrte  daun  mit  Huber  um.  Ich  verweilte  noch 
eine  halbe  Stunde,  um  die  Abschriften  trotz  dem  erschwerenden 
Winde  zu  vollenden.  Da  ich  die  Anderen  so  lange  hatte  warfcen 
lassen,  wollte  ich  mich  nach  Kraften  mit  der  Rfickkehr  beeilen. 
Es  machte  mir  Spass,  in  ttatterndem  Gewand  mit  langen  Satzen 
Ober  den  Sandabsturz  jah  hinunterzuspringen.  Entsetzt,  als  ob 
ihnen  der  Uberfall  eines  grausigen  Raubthieres  drohte,  schnell- 
ten  die  gelagerteu  Kameele  empor  und  rannten  wie  toll  mit 
dem  Gepack  in  die  Flucht.  Nachdem  sie  wieder  eingefangen 
und  beruhigt  waren,  umritten  wir  den  Gebirgstock  des  £Erfcub 
von  Nord  fiber  Ost  nach  Sad  und  erstiegen  nicht  ohne  Mflhe 
den  hochgelagerten  Nefud.  Da  oben  sausten  Wind  und  Wolken 
einher.  Als  nun  gar  Regen  und  Hagel  losbrach,  wahrend  wir 
beim  Vorwartsreiten  auf  der  Hochebene  nirgends  Scbutz  vor 
dem  Sturm  zu  gewartigen  batten,  wandten  wir  uns  wieder 
rfickwarls  gegen  die  Felsen,  wo  wir  unter  einem  tfberbang 
nothdfirftig  Deckung  gegen  das  Unwetter  tanden.  Immerhin  war 
der  Sturm  auch  hier  noch  kraftig  genug,  mir  aus  dpni  Pfeifen- 
kopf  den  brennenden  Tabak  hcrauszultfffeln.  Nicht  gesonnen, 
mir  diesen  einzigen  Zeitvertreib  und  Seelentrost  rauben  zu 
lassen,  rauchte  ich  meine  Pfejfe  in  dem  unter  dem  Mantel  ge- 
borgenen  Tabaksbeutel  weiter. 

Eingeschflchtert  durch  die  geringe  Aussicht  auf  Besserung  des 
Wetters,  waren  wir  bereits  bescheiden  genug,  eben  uns  darauf 
einzurichten,  hier  die  Nacht  zu  verbringen.  Wie  I,i61an  die 
Melduug  brachte,  er  habe  ganz  nahe  von  hier  einen  Ort  ent- 
deckt,  den  er  zu  einem  regen-  und  hagelsicheren  Lagerplatz 
zu  gestalten  sich  getraue,  fand  er  bei  uns  zunachst  wenig 
Glauben  und  nur  zogemde  Geneigtheit,  auf  den  vorgeschlagenen 
Tausch  einzugehen.  Ganz  schlau  wartete  er  eine  Pause  zwischen 
den  ftrgsten  WindstOssen  ab,  und  brachte  es  durch  seine  natur- 
liche  Beredsamkeit  dahin,  uns  zum  Aufbruch  zu  bewegen. 
Richtig:  da  vorne  tauchte  aus  der  Laudschaft  empor  ein  maeh- 
tiger  Pilz  aus  Sandstein.  In  wenigen  Minuten  waren  wir  bei 
dem  Steingebilde  angelangt.  Anderthalb  Meter  fiber  dem  Boden 


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i.iujki.  —  i  i.i. Ma. 


135 


ragte  die  Deckplatte  nach  alien  Seiten  4  bis  5  Meter  hinaus. 
Da  war  es  ein  Leichtes,  dureh  aufgehauftes  Brenngestrauch 
(yatab)  eine  oben  und  unten  versteifte  Schutzmauer  zu  errichten. 
Spannten  wir  noch  hinter  uns  die  Mantel,  steramten  Gewehre 
und  Sabeltaschen  dagegen,  so  war  kein  herrlicherer  Schlafplatz 
zu  wQnschen.  Es  gewahrte  mir  ein  stilles  Verguugen,  einmal 
unter  einem  solchen  Steintiseh  in  Gesellschaft  zu  rasten,  ohne 
das  Einer  rait  geheimnissvollem  Schauder  die  in  den  Vogesen 
unerlasslichen  Philosophemata  uber  Menhire,  Cromleche,  kelti- 
sche  Menschenopfer,  sinnreiche  Wasserlocher,  Blutrinnen,  Fett- 
pfannen  und  anderes  Gruselzeug  an  den  Mann  zu  bringen 
trachtete.  Hier  war  nichts  von  alle  dem  zu  riechen. 


Pilzformiger  FcU. 


Sa.  9.  Febr.  1884].  Hat  unser  kunstvoll  verspriesstes  Boll- 
werk  den  Sturm  zu  erneuerten  Ausbnlchen  in  der  Nacht  ge- 
reizt  ?  Ja,  die  Eleniente  hassen  das  (iebild  von  Menschenhand. 
In  ein  paar  kraftvollen  Stossen  wurde  die  ganze  Mauer  aus 
Reisig  sammt  Tilchem,  StCcken,  Flinten  und  so  fort  uns  auf 
den  Leib  geworfen.  Ohne  Schaden  genomraen  zu  haben  ent- 
ledigten  wir  uns  der  Oberlast,  konnten  uns  aber  in  der  Dun- 
kelheit  zunilchst  nicht  weiter  daruni  kQmmern,  ob  dabei  etwas 
caput  gegangen  war,  hilllten  uns  nur  noch  fester  ein  und  lies- 
sen  Wind  und  Sand  fiber  uns  weg  fegen. 

So.  10.  Febr.  1S84].  In  der  Morgenfrische  bei  durchsichtiger 
Luft  genossen  wir  eine  herrliche  Aus9icht  nach  Westen.  Den 


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136 


ZKHNTES  CAPITEL. 


schwarz  und  weiss  gesprenkelten  Kegel  des  cAnz  el-'Erfcub') 
links  lassend  ritten  wir  flber  die  schwach  geneigte  Sandflache 
ab warts ;  dabei  uberraschten  wir  eine  Hyane,  die  dicht  vor  uns 


at.  KK.^ck 


^Panorama  von  cAnz  el-cErkflb  bis  er-Rukhain. 

aufsprang  und  erschreckt  sich  in  die  Flucht  begab.  Nach  €ber- 
schreitung  des  Gebirges  el-Khin<Jweh s)  ruhten  wir  eine  halbe 
Stimde  in  der  Ebene  Nul^rat  er-Riikham 3).  In  lebhaftem  Schritt 
aus  der  Ebene  abreitend  gelangten  wir  bald  an  den  HOhenzug 
des  Kharam  *)  mit  seltsamen  Felsformen  z.  B.  der  Gestalt  eines 
liegenden  Kameels,  links  darnber  die  sogenannten  RarainiP), 


El-Kharam. 

aus  dem  Sand  aufragende  Steinrippen  und  Zinken,  einer  thur- 
mereichen  Festung  zu  vergleichen.  Nachdem  wir  die  urn  ihrer 


El-RaramJl. 

Waiden  willen  berQhmte  Mulde  el-J£amrah°)  durchquert  und 
auf  die  HOhe  des  Passes  Helwan 7)  gelaogt  waren,  lag  vor  uns 
eine  weitgedehnte  Landschatt  mit  Sandstein-Riegeln,  Tischen, 
Sflulen,  Mauern,  Pilzen,  Nadeln,  KlStzen,  deren  absonderliche 
Art  im  Einzelnen  bei  zunehmender  Annaherung  immer  noch 
starker  hervortrat.  Wir  zielten  zunachst  auf  die  Felsgruppe 

1)  2>  &b^Ji.  3)  j^jil  syLi.  4) 

6)  J^jjC.  TH.:  ijurmil,  pi.  {/aramil  sind  kleine,  sehwarie,  spitzkcgelformige  Hugel  ] 
6)  yait.  7)  0\jk>. 


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HiVlEL   —  TEl.Mtl. 


von  Ma  hag  gen')  ab,  weil  sich 
dort  viele  Inschriften  finden  sollteu. 
Je  naher  wir  anruckteu,  urn  so 
abenteuerlicher  gliederte  sich  die 
Masse;  man  hatte  glauben  kOnnen, 
eine  indische  Pagode  sei  hieher  ver- 
zaubert. 

Die  Sandsteingruppe  von  M  a  h  a  g- 
geh  setzt  sich  zusammen  aus  5  ge- 
trennten  Theilen :  1)  aus  einem  etwa 
30  m  hohen  geschlossenen  Block  mit 
senkrecht  abfallenden  Wanden,  wei- 
terhin,  2)  aus  einer  20 — 25  m  hohen 
Halle,  3)  aus  einer  etwa  10  m  hohen 
halbrunden  Nische,  4)  aus  einem 
kleinen  freistehenden  Klotz,  aus 
einem  frei  vortretenden  Portions 
von  vielleicht  35  m  Hf)he.  Als  wir 
am  Sadosteck  abstiegen,  war  ich 
ganz  uberwaltigt  von  dem  sich  dar- 
bietenden  Anblick;  an  den  Fels- 
wanden  eingemeisselt  Hunderte  von 
Inschriften,  dazwischen  durch  Jagd- 
scenen,  Tliiere  aller  Art,  ein  Ge- 
wimmel  von  Pferden  und  zum  Theil 
uberlebensgrossen  Kameelen,  wovon 
ich  nur  ein  paar  Proben  geben  will. 

Trotz  dem  lastigen  Wind  wollte 
ich  doch  noch  die  Tageshelle  be- 
nutzen,  urn  von  Bildern  und  In- 
schriften zu  copiren,  was  mir  am 
nachsten  lag.  Da  sich  fur  gewOhn- 

1)  Aus  dem  Naraen  hat  Nauman  die  ety- 

mologitche  Fabel  abgeleitet,  daw  in  alien  Zeiten  hier 
die  Pilgontraase  des  Hagg  vorbeigegangen  sei. 


138 


ZKHNTKS  CAPITKI. 


lich  bei  Mahaggeh  kein  Wasser  in  der  Nfthe  findet,  war  es  ein 
glucklicher  Zufall,  dass  der  alte  tfelan  nach  kurzem  Suchen  in 


irgend  einem  Loch  noch  hinreichend  Regenwasser  auftrieb,  um 
die  Schlauche  fallen  zu  kOnnen. 

Mo.  11.  Febr.  1884].  Morgeus  allsobald  wieder  das  Zeichnen 
und  Abschreiben  aufgenommen.  Ich  machte  die  Wahrnehuiung, 
die  ich  auch  spater  noch  oft  bestatigt  fand,  dass  Inschriften, 


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VftjKL   -  TEIMa.  139 

namentlich  verwitterte  und  verwaschene,  unter  veranderter  Be- 


leuchtung  wieder  ein  ganz  versehiedenes  Bild  zeigten.  Ich  copirte 


fl)  Die  lotchriftcn  aiod  zain  gtvutca  Telle  rccht  andeutlich  aad  konnea  ohne  Verbetserangen 
uod  Vermoliingeo  nicbt  veistaodeo  werden.  Die  In*cbrift  oben  rechU  scheint  zu  la  u  ten 
20n  "}3  TliH         0  Nbj  t  Durch  dich  miigen  wir  blcibco 
bbv?  D2  *l"!Dn3         >n  Krende.  —  Von  Salil. 
Die  Bedeutuog  den  Wurtes       «=  .von"'  bat  J.  J.  Hcm  zuerst  bettimmt. 
Die  Inschrift  links  obeD  muss  «o,  wie  sie  dastebt,  umschrieben  werden: 


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1 


140 


ZE1INTKS  CAPITKU 


Mahaggeh:  Narhtlagcr  im  Mondrusrhcin 


an  diesera  Tage  160  Inschriften,  allerdings  fast  nur  Eigennamen, 
das  steinerne  Stammbuch  der  ira  Laufe  von  Jahrtausenden  hier 

erblich  waidenden ,  oder 
mittlerweile  langst  vertrie- 
benen  und  vernichteten  Be- 
duineustamuie.  Ausser  den 
lesbaren  Einmeisselungen 
fanden  sich  noch  weit  mehr 
zerfressene  und  zerstorte. 
Wahrend  die  Thiere  Tags 
flber  auf  der  W aide  sich  her- 
umtrieben,  schafften  unsre 
Lento  das  Gepilck  in  die 
grosse  Halle.  'Palais')  Oheim 
cUmejjid  hatte  einstens  an 
diesen  Platz  die  cAnezeh  zusammenberufen,  um  von  ihren 
Schechs  die  Steuer  (den  Zeka2))  einzutreiben.  Damals  mag 
es  larmend  zugegangen  sein.  Heute  Abend  rnhten  wir  einsam 
in  der  6den  Halle,  indess  das  fahle  Licht  des  Mondes,  durch 
die  hohen  Bogen  des  Gewolbes  wandelnd,  magiseh  unser  Lager 
beleuchtete. 

Di.  12.  Febr.  1884].  Morgens  rait  der  Sonne  fort.  Nach  drei 
Stunden  lagerten  wir  auf  don  Wiesen  von  La^at 3).  Fast  hei- 
niisch  grune  Wit-en,  so  grfln,  wie  icb  sonst  nie  in  Arabien 
gesehen,  umsaumten  einen  kleinen  Teicb,  in  welchem  ich  aus 
lauter  Freude  am  Wasser  sofort  ein  Bad  nahm.  Das  Wasser 

"P  nt'J'tH      Wahracheinlich  ist  das  erste  Wort  aU  n^NH  zu  'efen  un'l       Anrnf  der  Guttin 
ZN"1^     A  Hat  zu  bctrachtco.  Das  zweite  Wort  ist  wohl  in  "p  zu  rerbeuern,  das  dritte 
Wort   in  CNIT  Dabei  kann  nun  3^"  der  Eigrnnaiue  Aa-'Au*  aein,  otlcr  „die 
Gabe"  bcdeuten. 

Die  dritte  Inschrift  unter  der  auf  dem  Pferde  reitenden  Dame  enthalt  zu  Anfang  einen  un- 
bekraatM  Buchstaben.  Dicscu  kiinntc  man  za  n  verliesseren  und  so  'cm0;  dann  ware 

viellcieht  Fagarat  der  Name  der  nhgcbildctcn  Dame.  Vielleicht  ist  der  crstc  Burbstabe  alter  ein 
2;  dann  konnto  man  fPJQ  „Kameelin",  cin  im  Altarabiscbcn  nicht  bekanntes  Femininum  zu 
yfjii  lesen.] 

1)  S.  Bd.  I,  8.  188  f. 

2)  A-i-*^  ji  juzattsihuni;  wird  eine  schone  seccatura  geweseu  sein! 

3)  Jafcj. 


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HftJKI,  —  TKIM;*I.  141 

selbst  war  nun  Trinken  nntauglich.  Am  Rande  standen  die 


Mahasgch:  Der  l'orlirus  vou  N\V. 


Grabsteine  von  4  eAwagf,  die  vor  einem  Vierteljahr  bei  einem 
Oberfall  durch  die  Beli  hier  abgeschlachtet  waren. 


Mohaggch:  Ni>chc  und  Porticus. 

0  Herr  halt'  em  mit  Deinem  Segen!  An  einer  wohl  200 


Meter  langen  Felswand  fanden  sich  Hunderte  und  aber  Hun- 


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142  ZEHNTKS  CAWTEL. 


derte  von  Inschriften;  ich  beschrankte  mich,  nur  die  besser 
erhaltenen  (150  Stuck)  zu  copiren.  Auf  anderen  Steinen  bot  sich 
eine  Anzahl  roher  Thierfiguren  z.  B. 


Altarabisehe  Malereieu  >). 


Die  senkrechten  Wande  der  weissgelben  Sandsteififelsen  waren 
(auf  der  Sild-  und  theilweise  auch  auf  der  Nord-Seite)  mit 
einer  glftnzend  braunen  Schichte  wie  gefirnisst,  d.  h.  sie  waren, 
mit  einer  von  den  Geologen  sogenannten  natttrlichen  Schutz- 
rinde  versehen  a).  Wahrend  nun  die  jOngsten,  aber  docb  aller- 
mindestens  1500  Jahre  alten,  protoarabischen  und  nabataischen 
Inschriften  bei  Ritzung  oder  Verwundung  jener  Rinde  die  helle 
Farbe  des  Gesteines  ganz  leuchtend  hervortyeten  lassen,  als 
ob  sie  der  allerneuesten  Zeit  entstammten,  so  laufen  unter  und 
zwischen  diesen  jungeren  Einmeisselungen  viel  altere  Schrift- 
denkmaler  durch,  deren  Vertiefungen  im  Laufe  einer  geschicht- 
lichen  Zeit  bereits  wieder  mit  der  braunen  Schutzrinde  aus- 
gekleidet  waren.  Wie  viele  Jahrhunderte  mOgen  also  zwischen 
beiden  Arten  liegen,  und  in  welches  Jahrtausend  gehen  die 
altesten  zurflck?  Ich  beklage  jetzt  hinterher,  dass  ich  beim 
Copiren  der  Inschriften  nicht  jedesmal  angetnerkt  habe,  ob 
hellgelb  oder  dunkelbraun. 

[])  Mehrere  der  Thierc  habcn  in  der  Mittc  ein  Loch,  wi<s  i.  B.  auch  die  tiirkttchen  Schatteo- 
spieltiguren.  Vielleicht  war  schon  in  vorislamiacher  Zeit,  etwa  unter  jadiachem  Einfluu,  bei  der 
Darstellung  lebendcr  Weoen  grosae  Vorsicht  geboten.  Vgl.  die  Thiere  auf  S.  132  und  Bd.  I,  S.  198.] 

2)  S.  die  Auafuhrungen  von  J.  Walt  her,  die  Denudation  in  der  Wuste.  S.  Ill — 117  and 
S.  22  f.  (•  Abb.  der  matb.-ph.  CI  der  k.  sicha.  Gea.  der  Win.  XVI,  455— 461,  386  f.  Leipzig  1891). 


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143 


In  wasserarmen  Gegenden  ist  es  niemalen  rathlich,  in  der 
Nahe  des  Wassers  lang  zu  verweilen  —  denn  Halsabschneider 
und  Raubthiere  suchen  und  finden 

dort  noch  am  ehesten  ihre  Rech-      TnLs~x  S7 
nung  —  darum  brachten  wir  uns,  /?  Pnr j  2)  / L. 
sobald  die  Arbeit  gethan  war,  in  K  ^"7 

Sicherheit.  Wir  ritten  noeh  etwa 
1  Stunde  abseits  und  hatten  unter-  ~A,,»"bi«be  '> 
wegs  den  ungewohnten  Anblick  eines  durch  den  Wind  wellen- 
bewegteu  Teiches.  In  einer  Sandsteinhflhle  bezogen  wir  ein  an- 
genehmes  Lager.  War  es  das  schlechte  Wasser  von  Laljat,  oder 
was  sons}  ? :  sobald  ich  mich  auf  den  Teppich  niederlegte,  wurde 
es  mir  ganz  schwindelig. 

Mi.  13.  Febr.  1884]. 
Nachdem  wir  abge- 
kocht,  sind  wir  den 
ganzen  Tag  wie  dureh 
Sandsteinbruche  ge- 
ritten ;  der  Boden  war 
bedeckt  mit  gleich- 
massig  geperltem 
Quarzsaud,  der  wie 
Brillanten  funkelte. 
Der  breite  Bergklotz 
des  Bird,  und  noch 
weiter  sudlich  der 
Ruaf  beherrschten 
durch  ihre  Formen  die  ganze  Gegend.  In  der  Landschaft  Tsebad3) 
gut  erhaltene  Inschriften  copirt.  Da  spater  keine  Deckung 
gegen  den  starken  Westwind  zu  erhoffen  war,  stiegen  wir  schon 
um  4  Uhr  ab  im  sogenannten  Batin  Tsebad3)  an  der  Grenze 
der  Ebene  Kholeh4). 

[1)  ioterc*Mot  siad  die  Zeiehuungoo  dt-»  llakcnkreuic*  towie  dea  Hasea.  firstere*  itt  in  der 
gaoieen  Welt  vcrbreitct;  ]  caterer  war  sow  oh  1  im  Morgeulande  wie  ira  Abendlande  in 
Zeit  ein  heiligcs  Thier.J 

2)  JLT.  «)oUr  yAv-  4)XJ^. 


Bird. 


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/ 


144 


ZKIINTKS  CM'ITKI. 


Do.  14.  Febr.  1884].  Wahrend  die  Kh6leh  noch  ertrftgliches 
Futter  geboten  hatte,  fanden  die  Thiere  von  Mittag  ab  in  den 


kochen  zu  kOnnen.  An  einem  See  von  Regenwasser5)  legten  wir 
uns  mit  wenig  Behaglichkeit  znm  Schlafe  nieder. 

Fr.  15.  Febr.  1884].  Dq,  unsre  Kaffeebohuen  zu  Ende  gegangen 
sind,  konnten  wir  znm  Frfthstuck  nur  Brod  in  der  Asche  be- 
reiten.  Mit  Sonnenaufgang  setzten  wir  uns  in  Bewegung,  am 
mOglichst  rasch  der  trostlosen  Ode  zu  entrinnen.  Als  Richt- 
punct  diente  uns  der  schon  gestern  Abend  in  Sicht  getretene 
Gebirgstock  des  Ranem3),  hinter  welchem  unser  nftchstes  Ziel 
Teima  liegen  sollte.  Da  es  seiner  Vaterstadt  zu  gieng,  rannte 
Nauman  in  gehobener  Stimmung  an  der  Spitze  voran,  und 
muhte  sich,  uns  zu  lebhafterem  Trab  anzuspomen.  Der  Mittag 
war  vornber,  als  wir  den  Ranem  auf  seinem  Nordende  nber- 
scbritten.  In  den  Felsen  fiberraschten  wir  arme  Holz  suchende 
Weiber,  die,  ersehreckt  zur  Flucbt  sich  wendend,  erst  durch 
blngeres  Zurufen  sich  beruhigen  liessen,  dass  sie  nichts  von 
uns  zu  fflrchten  hatten.  —  Vor  uns  lag  in  einem  weiten  Becken 
die  palmenreiche  Oase  von  Teima.  Zwei  Stunden  bevor  wir 
uusern  Einzug  hielten,  machten  wir  uns  mit  dem  Rest  von 
Wasser,  soweit  mOglich,  schOn  und  sauber4),  nach  dem  passen- 
den  Spruch:  „Des  Sonntags  in  der  Frflh  wascht  sich  der  Bauer, 
aber  wie!"  NB.  in  den  23  Tagen  hatten  wir  kein  Hemd  ge- 
wechselt,  kaum  zweimal  uns  gewaschen.  Ausser  in  den  D6ri'ern 


La^er:  Xachtbild. 


trostlosen  Flachen  der 
San&nijjat ')  winzig  wenig 
Nahrung.  Im  Abenddun- 
kel  mussten  wir  noch 
lumpige  Holzstengel  zu- 
sammenklauben,  um  nur 
uusern  Reis  und  Kaffee 


2)  khabrah.  [H.:  fyabra  RegenwassertcicU  in  thoniger  Depression.'! 


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HlifKL  —  TKI.Ma. 


H5 


M61>al>  und  Gfeifeh,  hatten  wir  nur  dreimal  Beduinen,  sonst 
nberhaupt  keinen  Menschen  gesehen.  Heute,  wo  wir  in  eine 
Stadt  einziehen  sollten,  mussten  wir  die  Feinen  spielen.  Also 
alien  Staat  augelegt,  aber  den  wir  irgend  zu  verfugen  hatten. 

In  vergnuglichem  Trab  gieng  es  jetzt  der  Stadt  zu,  zuerst  an 
einigen  mit  Mauem  umschlossenen  Hausergruppen  vorbei,  dann 
in  einem  Scha'ib  (trockenen  Bachbett)  reitend  auf  die  Suche 
nach  der  Wohnung  de3  von  Ibn  Raschid  hier  eingesetzten  Statt- 
halters  £Abd  el-cAziz  el-cEnkri.  Da  wir  erst  hier  erfuhren,  dass 
er  sein  vom  Winterregen  ganzlich  verwOstetes  Haus  (den  I£asr) 
mit  einem  auderen  vertauscht  habe,  mussten  wir  beinahe  die 
ganze  Stadt  umreiteu,  bis  wir  endlich,  durch  (lassen  mit  engen 
Lehmmauern  uns  windend,  seine  neue  zeitweilige  Wohnung 
erreichten.  Die  Thore  an  den  VorhOfen  waren  so  niedrig,  dass 
wir  absteigen  mussten,  w&hrend  die  Kameele,  wie  immer,  nur 
mit  Schlagen  durch  die  engen  Pforten  sich  hindurchzwangen 
liessen.  Es  war  nahe  an  5  Uhr,  bis  wir  im  Hause  unterge- 
bracht  waren. 


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XI.  CAPITEL. 
Teiraa 

15.-20.  Februar  1884. 


Fr.  15.  Febr.  1884].  Teinia  gehflrt  zu  den  altesten  gesehicht- 
lich  bezeugten  Stadten  Arabiens.  Es  wird  bereits  in  den  Keil- 
inschriften ')  erwahnt.  lm  Alten  Testament')  ist  es  bekannt 
als  Durchgangs-  und  Knotenpunkt  der  Handelsstrassen ;  in  Jesaja 
21,  14  heisst  es  —  wohl  mit  Bezug  auf  den  weltberfthmten 
Brunnen  der  Stadt,  den  Haddag  — :  „Entgegen  den  Durstigen 
bringen  sie  Wasser,  die  Bewohner  des  Landes  von  Teima.''  In 
der  Zeit  zwischen  Christus  und  Muhammed  waren  hier,  wie 
auch  an  anderen  Platzeu  des  ftigaz,  zahlreiche  Juden  angesie- 
delt,  aus  denen  die  Gestalt  eines  ura  seines  Heldenmutes  und 
lun  seiner  Treue  willen  sprichwortlich s)  gewordenen  Mannes  her- 
vorragt,  des  Samau'al  (Samuel)  ben  cAdija.  Iu  dem  festen  Schloss 
al-Ablalc4)  bei  Teima  hatte  er  dem  von  dem  Herrscher  zu 
yirah  al-Mundir  verfolgten  Dichter  Imru3  ul-Kais  sammt  dessen 
Tochter  Hind  und  Vetter  Jazid  Unterkommen  gewahrt  und 
dessen  Vermflgen,  Harnische  und  andere  Waffen  in  Obhut  ge- 
nommen.  Wahrend  nun  der  Dichter  selbst  sich  auf  den  Weg 
machte  zum  Kaiser  nach  Byzanz,  erschien  vor  dem  Schlosse 

1)  Rawlinson  II,  67.  63;  alu  Te-ma-a-a  „die  Stadt  Temft"  (oder  die  Sudt  de«  TernA??); 
rcrgleiche  daxa  DeliUscb,  Wo  lag  das  Paradies?,  Seite  802. 

2)  Temft  jtDVl  Jcs.  21,  14.  Jcr.  25,  23;  Jt20  Hiob  ®>       cbenso  NlTf!  »«ifder  aramkischeo, 

hier  gefaDdeucn,  Stele  aus  dem  5.  Jahrhuudert  vor  Christo.  LXX:  Sm/xSv.  —  Warom  die 
heutigen  Einwohncr  durchvveg  bchauptcn,  der  Name  der  Stadt  habe  in  alter  Zeit  Tumi  gelautet, 
Tcrmochte  ich  nicht  /a  ergriinden. 

I,  ,  A  *     -  T  c6 

8)  J;^f^'  ^y*  j-^S  ,treuer  als  as-Sttinau5al". 

4)  Jjl>\  sJiL^f  el-AbUV  (weiss  und  schwarz"),  uber  dessen  Lage  ich  in  TeimA  uiebu  er* 
fahren  konnte;  siche  jedoch  F.  Wuslenfeld,  Das  Gebiet  von  Medina  (Gott.  1878),  Seite  73 
(Abb.  der  Ges.  der  Wiss.  XVIII,  162). 


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mit  einem  Heere  al-IJarii;  bin  JJalim,  der  im  Auftrage  des 
al-Mun(Jir  das  Verm6gen  des  Imru*  ul-]£ais  dem  Saraau'al  ent- 
reissen  sollte.  Samau'al  setzte  sich  in  Vertheidigungszustand ; 
er  besass  einen  eben  erwachsenen  Sohn,  der  gerade  auf  die 
Jagd  gegangen  war  und  bei  der  RQckkehr  dem  al-Harit  in 
die  Hande  fiel.  Da  fragte  al-ftarit  den  Saraau'al;  „Erkennst 
du  diesen?"  sJa,  sprach  er,  es  ist  mem  Sohn".  „Wiilst  du,  fragte 
er  weiter,  das  dir  Anvertraute  herausgeben,  oder  soil  ich  ihn 
tfldtenf  Er  aber  sprach:  „Thue  was  du  willst;  ich  breche  mit 
nichten  weder  meinen  Bund,  noch  liefere  ich  das  Vermogen 
meines  Schutzlinges  aus".  Da  hieb  al-flarit  den  Jangling  mitten 
durch  und  theilte  ihn  in  zwei  Stucke;  danu  zog  er  weiter'). 

Seit  der  tfagg  eine  westlicher  verlaufende  Strasse  gewfthlt 
hat,  und  Teima  nicht  mehr  berQhrt,  hat  die  Stadt  viel  von 
ihrer  Bedentung  verloren. 

Die  Oase  Teima ')  liegt  in  einer  tiefen  von  Suden  nach  Nor- 
den  sich  senkenden  Mulde,  deren  unterirdische,  jedenfalls  weit 
ausgreifende  Wasserzuflusse  in  dem  schon  oben  erwahnten 
Brnnnen  el-Haddag*)  eraporquellen.  Sie  wird  ilberdies  von 
einem  fur  gewOhnlich  trockenen  Bachbett  (Schacib)  durchschnit- 
ten,  durch  welches  die  Gewitterregen  und  winterlichen  Tag- 
wasser  in  den  Salzsumpf  nach  Norden  sich  ergiessen.  Auf  drei 
Seiten  wird  die  Ansiedlung  durch  kflnstliche  Erd-  und  Stein- 
wftlle  d.  h.  alte  Befestigimgen  umsaumt  An  Bauwerken  aus  dem 
Alterthum  sind  noch  zu  erkennen  die  Fundamente  zweier  Tempel, 
der  #asr  ed-Dalr,  vielleicht  der  Tl6han,  der  verfallene  alte  J£asr 
Zellum,  eine  zerstorte  Wasserleitung  im  Nordwesten,  ferner  in 
den  verglasten  Schlackenhaufen  die  Spuren  von  alten  Eisen- 
schmelzen  (oder  ZiegelOfen  ?).  Ob  in  der  Stadt  selbst,  oder  wo 
sonst  in  der  Nahe  das  Felsenscbloss  el-Abla^  gestanden  habe, 

1)  So  nach  dem  KitAb  al-Agb&ni,  atufubrlich  bei  Tb.  Noldeke,  Beitr.  tor  Kenntniu  der  Poetic 
der  alten  Araber  (1864),  S«itc  57  ft*;  verglctche  auch  Franz  Delitxsch,  Sud-arabi»che  Poeaiao  ant 

2)  'U-o  fait  ohnc  i  gesprochen  T8(i)raA,  also  der  biblttchen  Vucaliaation  gleiebkommend. 
[8)  S.  bewnder.  anten  S.  168-163.] 


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118 


KLFTKS  CAP1TKI.. 


Plan  von  Tcimfi. 


a.  El-Ka$r  cd-DAir.  —  b.  Alte  Wasrerleitung.  —  c.  Fundort  dcr  GoldniuMe.  —  d.  Alte*  Kasr.  — 
e.  Zentorte*  Ka*r.  —  f.  Nicht  alte.  Koocheofeld.  Graber.  —  Cacatorium.  —  h.  cAbd  ol-'Arfx 
el-cEnkri.  —  i.  Grower  Drunnen.  —  k.  Ka$r.  —  m.  Haupttempel.  —  n.  Hauptgebaude.  — 
o.  TlShAn,  Fundort  dcr  grosten  Stole.  —  p.  Alto  Eisenschmelzen  odcr  Zicgelofen. 

daruber  konnte  ich  weder  eine  Auskunft  erhalten,  noch  aus 
eigener  Anschauung  Anhaltspunkte  gewinnen.  Die  Gassen  der 
Stadt  8ind  meist  so  eng,  dass  ein  beladenes  Kameel  nicht  durch- 
kame.  Zwischen  den  Hausern  finden  sich  durchweg  grosse  HoTe 
und  reich  bewasserte  Garten  mit  Palmen,  Reben,  Pfirsich-  und 


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TF.IMft.  149 

Granat bau men.  Unter  den  Einwohnern,  etwa  1000  anderZahl, 
herrschte  bis  vor  kurzer  Zeit  grosse  Zwistigkeit.  Sie  unter- 
scheiden  sich  nach  den  drei  Quartieren  (Suk),  in  welche  die 
Stadt  zerfallt,  namlich 

1.  SuV  el-cali,  an  dessen  Spitze  der  Schech  Tutmi  ibn  Rum- 
mftn')  steht 

2.  Suk  el-madi,  unter  Frthrung  des  Schechs  Fahad  et-Talak J) 

3.  Suk  el-hamdeh,  unter  Schech  Talib  el-cAlds). 

Heutigen  Tage9,  wo  sie  dem  Ibn  Raschid  tributpfiichtig  ge- 
worden  siud,  wevden  die  drei  feindlichen  Theile  im  Zaum  ge- 
halten,  durch  den  Statthalter  des  Fursten,  den  *Abd  el-eAziz 
el-'Enkri4).  An  diesen  hatten  wir  vom  Fflrsten  einen  Brief, 
worin  er  angewiesen  war,  uns  Lebensmittel  und,  was  wir  sonst 
brauchteu,  zu  liefern. 

Kaum  war  uuser  Gepack  ins  Haus  gescbafft,  so  strOmte  auch 
gleich  an  Menschen  herein,  was  nur  halbwegs  durch  eine  bes- 
sere  Kleidung  sich  dazu  berechtigt  ftthlen  konnte.  Wie  wenn 
man  in  Europa  in  einem  zoologischen  Garten  seltene  Menschen, 
als  da  sind  Feuerlander  oder  Tasraanier,  vorfflhrt,  so  wurden 
wir  als  Nordlander  und  dazu  als  Christen  angestaunt  und  be- 
gafft,  und  das  Alles  ohne  Gefahr  und  Kosten.  Da  wir  seit  dem 
trockenen  Morgen-Brod  nichts  gegessen  hatten,  war  mir  durch 
die  vielen  Tasseu  schwarzen  Kaffees,  die  zur  Ehrung  gereicht 
wurden,  ganz  zitterig  im  Magen  und  schwindelig  im  Gehirn 
geworden.  Endlich  um  7  Uhr  Abends  wurde  unter  Beleuchtnng 
rait  Fackeln  aus  Palmwedeln  die  Essplatte  von  drei  Sklaven 
hereingetragen.  Am  Essen  nahmen  Theil,  ausser  uns  funf  Reise- 
genossen,  cAbd  el-' Aziz  er-Rumman,  der  Khatib  (Geistliche) 
"Abdallah,  zwei  persische  Kaufleute 5)  in  feinen  Zebun  (Kaftans) 
darunter  ein  eitler  aufgeblasener  Mensch  Namens  Sultan0), 

3)  OuLjtjt  wJLb  —  uJuJJ-  Ov-  *)  i«t***J'  f»^'  hXt£. 

5)  DieMn  (Much&hldeh)  ist  zeitweilig  und  widerruflich  der  AufeuUult  in  Teimi  gesUttct, 
am  hier  Qeechifte  zu  treiben.  Si«  sind  ein  Ableger  der  persiscnea  Colonie  in  UAjel,  and  losen 
eintnder  von  dort  aus  ab.  0)  Vgl.  unten  S.  105  und  801. 


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150 


KLFTJES  CAPITEL. 


dann  noch  sechs  weitere  Ehrengaste,  die  ich  erst  in  den  nach- 
sten  Tagen  unterscheiden  lernte.  Um  9'/t  Uhr  ausserten  wir 
den  Wunsch,  uns  jetzt  zur  Ruhe  zu  begeben.  Das  veranlasste 
aber  weder  den  Hausherrn  noch  die  Gaste,  sich  zu  entfernen; 
im  Gegentheil,  um  keineu  Preis  hatte  sich  Einer  entgehen 
lassen  wollen,  znzuschauen,  wie  wir  unsere  Lagerstatte  berei- 
teten,  welcher  Kleider  oder  gar  Waflen  wir  uns  entledigten, 
was  dabei  herauskame,  in  welcher  Lage  wir  uns  zum  Schlat 
anschickten,  in  was  for  Hollen  wir  uns  einwickelten  und  der- 
gleichen.  Ob  bei  diesen  beraerkenswerthen  Vorgangen  noch  ein 
Dutzend  anderer  Meuschen  ihre  Neugierde  befriedigen  wollten, 
konnte  uns  gleichgultig  sein;  ich  hGrte  nur  noch,  wie  ein 
Zuruckgewiesener  lebbaften  Einspruch  erhob  und  zur  Begrnn- 
dung  ausfahrte,  er  wolle  doch  nicht  gestern  und  heute  so  weit 
hergelaufen  sein,  und  uns  dann  erst  nicht  sehen  dflrfen. 

Sa.  16.  Febr.  1884].  Morgens  etwa  l'/t  Stunden  vor  Sonnen- 
aufgang  erwies  uns  der  gutmuthige  Pfaffe  cAbdallah  Abu  Mu- 
hamined  aus  Schaljra  ')  die  verwunschte  Aufmerksamkeit,  im 
Hofe  neben  unsrer  Thare  eine  halbe  Stunde  lang  mit  lauter 
Stimme  ganze  Suren  aus  dera  Koran  vorzutragen.  Eine  andere 
Gewohnheit  von  ihm  lernten  wir  bei  Tag  kennen :  jede  Pause 
in  der  Unterhaltung  fallte  er  au3  mit  dem  Ausruf  1A  ilaha  ilia 
'llah  („Es  ist  kein  Gott,  ausser  Gott").  Mit  dem  Fegr,  also 
etwa  eine  Stunde  vor  Tag  kamen  auch  schon  die  Leute  in  die 
Moschee,  welche  an  unseren  Hof  stiess,  um  hier  das  Morgen- 
gebet  zu  verrichten.  Zehn  -  Minuten  spiiter  traten  sie  alle  in 
unsern  (tfhawah  ein,  und  brachten  uns  vollends  um  den  llest 
des  Schlafes.  Ad  alveum  exonerandum  locum  idoneum  quaerenti 
aream  raihi  raonstrarunt,  parietinis  saeptam,  90  m  longam  40  m 
latam.  Cacatorium  prostabat  vastissimum,  quo  amplius  vix 
usquam  invenies.  Foveae  arenosae  interjectis  grumis  delectum 
varium  suppeditabant.  Scaraba?i  stercorarii a),  munditiam  pu- 


1)  Vgl.  20.  Febr.  1684,  uutcn  Seite  1«3. 

2)  Jhi&i  U?iz. 


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r  i  j  M  ;\. 


151 


blicam  administrantes  quodcunque  depositura  minimis  momen- 
tis  digerendo  exstinguebant.  Neque  dubito,  quin  avarus  ille 
Catullianus,  lapillis  durior,  uberrimam  arenae  copiam  conspi- 
ciens,  emollito  corpore  et  amnio  ad  liberalem  largitionem  in- 
clinaverit. 

Von  da  begab  ich  mich  zu  unseren 
getreuen  Thieren.  Erstaunt  sahen  sie 
mich  an,  als  ich  durch  die  ThQre  in 
den  kleinen  Hof  trat,  der  ihoen  als 
Aufenthaltsort  angewiesen  war;  drei 
Lehmsanlen  trugen  ein  Dach  aus  c»c*torium. 
lotterigen  Stangen  gebildet,  daruber  verwelktes  Laubwerk, 
durch  den  Lehmboden  floss  in  einer  Rinne  etwas  Wasser.  Seit 
dem  Aufbruch  von  I.Iajel  bis  gestern,  also  in  24  Tagen  hatten 
die  Kameele,  wie  ich  ja  leicht  uberwachen  konnte,  trotz  man- 
nigfacher  Gelegenheit,  nicht  ein  einziges  Mai  getrunken.  Ich 
neige  zu  der  Meinung,  dass  diese  Thiere,  solange  sie  Grflnf utter 
haben  —  also  wie  hier  im  Spatwinter  nnd  Frohjahr  gewOhn- 
lich  —  uberhaupt  weder  BedQrfniss  noch  Lust  zu  Wasser  haben. 

Wie  ich  aus  dem  Hofe 
heraustrat,  traf  ich  einige 
Leute  bescbaftigt  mit  zwei 
Kameelen,  die  geknebelt  auf" 
den  Boden  gewoifen  waren. 
Im  Feuer  lag  ein  gluhendes 
Eisen  mit  dem  Stammes- 
zeichen  '),  das  unter  grosser 
Schinderei  den  Thieren  in  den  Schenkel  eingedruckt  und  dann 
noch  durch  ein  zweites  gluhendes  Eisen  riechbar  nachgebrannt 
und  vertiefb  wurde. 

Nun  giengen  die  Schwierigkeiten  an  wegen  der  Beschaffung 
von  Beitthieren  zur  Reise  nach  Tebuk.  Wir  brauchten  im  Ganzen 
5  Thiere;  eines  hatten  wir  in  Gfeifeh  lassen  mflssen  (S.  124), 

1)  maisfiin,  uad  ^  muhwar   ^  , 


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152  RLKTES  CAPITKI-. 

das  gemiethete  (S.  130)  gieng  zurOck,  auf  einem  weiteren  sollte 
y^lan  den  Ruckweg  nach  tfajel  antreten.  Thatsachlich  hatten 
wir  nur  drei  zur  VerfOgung  gehabt,  und  diese  wollten  wir 
noch  schonen  fur  den  zweiten  Theil  der  Reise.  Da  wir  nun 
horten,  dass  die  Scherarat  zwei  Tage  von  hier  im  Nordwesten 
waiden,  und  die  Fufcara  (—  Fedzir) ')  etwa  ebensoweit  im  Suden, 
wurde  Nauraau  auf  meinem  Delul  zu  den  Fukara  gesandt,  una 
noch  zwei  weitere  Kameele  zu  miethen.  Hoffentlich  fallt  er  keiuen 
Raubern  in  die  Hande.  Erst  vor  wenigen  Tagen  sei  ein  Razu 
der  Ban!  fjiakhr  hier  durchgezogen,  und  habe  noch  weit  nach 
Saden  gestreift.  Auch  attain  ibn  Faiz  (von  den  Rualah)  sei 
zwei  Tage  von  hier  gesehen  worden.  Ob  dies  wahr  ist? 

Uni  10  Uhr  machten  wir  einen  Rundgang  durch  die  Stadt. 
Unser  erstes  Ziel  war  der  wunderbare  Brunnquell  el-Haddftg2), 
in  ganz  Arabien  und  Syrien  bekannt,  auch  durch  Gedichte 
mannigfach  gefeiert.  In  der  Mitte  eiues  von  nahezu  80  ge- 
mauerten  Rinnen  durchschnittenen  Platzes  befindet  sich  in 
naturlichem,  theilweise  durch  Steinbau  erganztem,  Felsboden 
ein  kreisrunder  Schlund,  etwa  20  Meter  im  Durchmesser.  In 
einer  Tiefe  von  15  Meter  sieht  man  eine  Flache  lebendigen 
Wassers,  durch  aufquellende  Zuflttsse  genahrt.  Der  obere  Rand 
ist  umstellt  mit  einem  Wirrwarr  von  Stangen,  h6lzernen  Radern, 
Drehrollen,  Stricken,  Ledereimern  und  Ausflu3svorrichtungeu. 
Nach  jeder  der  vier  Himmelsrichtuugen  ziehen  12  bis  15  Ka- 
meele, also  vielleicht  60  Thiere,  in  30  Meter  langen  Bahnen, 
den  ganzen  Tag  unablassig  die  Eimer  aus  der  Tiefe;  sie  liefern 
das  Trinkwasser  und  durch  die  kleineren  Vertheilungscanale 
das  unentbehrliche  Nass  fftr  die  Tausende  von  Palmen  dieser 
urn  ihres  Wasserreichtums  willen  von  Alters  her 3)  beruhmteu 
Oase.  Das  Wasserrecht  der  Gartenbesitzer  ist  ein  sehr  ver- 
wickeltes,  und  gibt,  wie  allerwarts,  Anlass  zu  vielen  Streitig- 
keiten.  Eine  Wasserader  (Canal)  theilt  sich  bis  zu  Ende  des 

[I)  H.:  Der  SUmm  hei*st  el-Fedur  (ling.),  tl-Fegdra  (plur.).] 
8)  JvA^ll.  3)  Je»»j«  21,  U. 


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Tl  IM:i. 


153 


Laufs  in  verschiedene  kleine  Rinnsale,  die  alle  einzeln  durch 
Stellfallen  abgeschlossen  werden  konnen.  Das  Gewohnliche  ist, 
dass  die  an  einer  Rinue  Betheiligten  auf  einen,  oder  wenigstens 
auf  einen  halben  Tag,  gemeinsam  ein  Kameel  zum  Ziehen  eines 
Lederknbels  miethen,  und  dabei  angstlich  uber  die  richtige 
Vertheilung  in  die  Verzweigungen  wachen.  Die  Besitzer  oder 
Miether  eines  Kameels  setzen  sich  zu  diesem  Zweck  an  das 
Ende  der  von  dem  Thiere  zu  durchlaufenden  Bahn,  balten  auch 
wohl  zur  Ermunterung  und  Beschleunigung  des  Laufes  dem 
ankommenden  Thier  eine  Hand  voll  Fatter  entgegen,  indess 
die  jilngeren  Familienmitglieder  bei  den  durch  die  Strassen 
laufenden  Rinnen  auf  die  Fallen  Achtung  geben.  Als  ich  mich, 
behufs  Aufertigun«j  einer  Skizze,  einer  Gruppe  von  solchen 


Brunncn  al-Had«lAg  io  Teim'i. 

Leuten  naherte,  standen  sie  ehrerbietig  auf  und  raumten  mir 
den  gewunschten  Platz  ein,  huben  auch  gleich  ein  Gespi-fteh  an, 
um  aus  meiuem  Munde  eine  Bestatigung  ihres  berechtigten 
Stolzes  zu  vernehmen.  Sie  fragten  mich,  ob  in  meinem  Lande 
auch  ein  solcher  Quell  zu  finden  sei,  oder  gar  ein  Sel  (ein 
laufender  Bach);  ob  Garten  und  dergleichen.  Als  ich  mir  die 
Bemerkung  erlaubte,  dass  ira  Jjande  Alemania  4000  oder  mehr 
Bache  und  Flusse  das  gauze  Jahr  ihr  Wasser  ungetrunken  ins 
Meer  laufen  lassen,  und  dass  das  ganze  Land  ein  Garten  und 
bebaut  sei,  zwar  nicht  mit  Palmen,  aber  mit  Wald-  und  Frucht- 
baumen,  dazwischen  Getreidefelder  und  uberall  ^schub'1  (Grun- 
futter),  dass  man  jedoch  nicht  herumschweifen  dQrfe,  weil  Alles 
abgegranzt  oder  gar  mit  Hecken  und  Mauern  eingezaunt  sei, 


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154 


ELFTUS  CAPITEL. 


da  raeinte  ein  alter  —  ich  kann  nicht  sagen  SpiessbGrger,  eher  — 
Raubritter  von  Teiraa:  „WeDn  ja  das  Alles  wahr  ist,  was  du 
da  von  deinem  Lande  erzahlst,  warurn  bist  da  dann  nberhaupt 
von  dort  weggegangen?  Hm?  —  und  im  Cbrigen,  wo  es  keine 
Datteln,  keine  Kameele,  keine  Beduinen  gibt,  und  wo  man  nicht 
einmal  herumstreifen  kann,  wo  man  will,  so  ist  das  ttberhaupt 
kein  begehreuswerthes  Land.1'  Die  Anderen  sehauten  ihn,  sich 
und  mich  an.  Ich  war  schOn  abgefuhrt:  ein  Aufschneider  und 
Schwindler,  dem  aber  fur  alle  Zeit  zu  Teima  das  Handwerk 
gelegt  ist!  Schweigend  rauchte  ich  meine  Pfeife  weiter,  und 
war  froh  als,  nach  beendigter  Zeichnung,  Huber  mich  verab- 
redetermaassen  abholte. 

Ich  brannte  vor  Ungeduld.  im  eigentlichen  ftasr  eine  naba- 
taische  und  uamentlich  die  alt-aramaische  Inschrift  zu  sehen, 
die  mir  Huber  seiner  Zeit  in  dem  Tagbuch  von  seiner  ersten 
arabischen  Reisc  gezeigt,  und  die  ich  ihm  far  seinen  Bericht 
an  den  franzOsischen  Unterrichtsminister  als  spatestens  aus  dem 
5ten  Jahrhundert  vor  Christi  Geburt  stammend  bezeichnet  hatte. 
So  oft  in  den  engen  Gassen  Weiber  uns  begegneten,  stellten 
sie  sich  mit  dem  Gesicht  gegen  die  Wand  und  liessen  uns  auf 
der  Rflckseite  vorbeigehen.  Der  l£asr,  in  dessen  Lehmmauern 
aussen  und  innen  drei  Steine  eingelassen  sein  so  11  ten,  war  von 
den  Regengussen  arg  verwflstet  und  desshalb  zur  Zeit  unbe- 
wohnt.  In  der  ostlichen  Aussenwaud,  vielleicht  sechs  Meter 
ilber  dem  Boden,  war  eiu  merkwurdiger  Stein  eingemauert. 
Da  er  aber  mit  dem  Fuss  nicht  nach  unten  gerichtet,  sondern 
seitlich  umgelegt  war,  musste  ich,  um  ihn  richtig  zu  erkennen 
und  zu  zeichnen,  den  Kopf  ebenfalls  zur  Seite  drehen.  Von  der 
elenden  Nahrung  der  letzten  Wochen  wurde  mir  jedoch  hiebei 
so  schwindlig,  dass  ich  zweimal  an  die  Wand  fiel.  Der  Stein 
soil,  wenn  die  baufallige  Wand  ausgebessert  wird,  fur  uns  her- 
unter  genommen  werden. 

Das  Ganze  ist  eine  Opferscene :  ein  Mann  steht  auf  dem  ab- 
gestutzten  Wipfel  eines  mit  Fruchten  behangenen  Palmbaumes; 
hinter  ihm  rankt  ein  krafbiger  Rebstock;  zu  beiden  Seiten  der 


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TKlMll.  |  155 

Palme  auf  niederen  Gestelleu  fussend  zwei  grosse  Amphoren, 
die  Ergebnisse  der  letzten  Weinlese  und  Dattelernte  enthaltend ; 
der  Mann  wendet  sich  nach  links  gegen  einen  mehrstockigen 


Sculptur  in  TcimA. 


Auf bau  von  Scheraeln  und  Kissen  gebildet;  daruber  auf  einer 
Tragbahre  ist  die  Bildsaule  der  Gottheit  sitzend  zu  denken  '). 
Zwei  andere  Steine  mit  Inschriften leichter  erreichbar,  konn- 
ten  wir  auf  der  Stelle  herausnehmen  und  in  unser  Haus  schaf- 
fen  lassen. 

Nach  dem  cAsr  machten  wir.  einen  Gang  an  das  Bachbett 
(Schacib)  oberhalb  der  Stadt,  wo  verschiedene  schlechte  kutische 
Inschriften  eingemeisselt  wareu.  Auf  dem  Wege  dahin  fanden 
wir  viele  Scherben  von  gebranntem  Thon,  auch  von  Steinge- 
fa&sen,  dazwischen  schOne  Stucke  Carneol.  Darnach  setzten  wir 
uns  noch  eine  Zeit  lang  an  den  grossen  Brunnen  (Haddag), 
und  machten  sodann  einen  Besuch  bei  Gar  allah  el-Jusuf, 


1)  Ich  wurde  e.  nicht  f.ir  ausgeschlo.sen  haltcn,  dau  da.  Bild  zutammeDgehort  mit  der  alt- 
aramaiachen  Inwhrift  im  Corpus  Inscriptionum  Semiticarum  II,  114,  dau  alio  der  Opferade  eben 
der  dort  genannte  Ma  nan  bar  cImr&n  ist,  and  dags  auf  dem  Thron  (JQrPS-  2JVQ)  daa  Bild  des 
Gottca  Selfcm  too  Mahram  sich  befuoden  hat. 

2)  Corpus  Inscript.  Semit.  II,  114  und  386. 


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156 


KI.KTLS  CAPITtL. 


dessen  Haus  sich  durch  peinliche  Sauberlichkeit  auszeichnete. 
Wande  und  Boden  waren  mit  grossen  Teppichen  geziert,  die 
in  einer  besondern  Webart  und  mit  eigenthumlichem  Muster 
hier  am  Ort  gefertigt  werden.  Als  Prei9  eines  sechs  Meter 
langen  Teppichs  wurde  mir  30  Megldi  (etwa  100  Mark)  ge- 
nannt.  Von  hier  wurden  wir  abgeholt  zum  Abendessen  bei 
einem  anderen  vornehmeu  Mann  cAbd  el-cAziz  er-Rumman. 
Wir  bekauien  da  zu  h6ren,  was  fftr  Nachrichten  uber  unsere 
Person  laugst  vor  der  Ankunft  in  Teima  eingelaufen  waren. 
Der  Khatib  wusste,  dass  cAbd  el-Wahhab  nicht  meiu  wabrer 
Name  sei;  dass  ich  die  Bildnisse  des  Mufenig  und  des  Gy6har 
gemalt  habe;  dass  wir  dem  Emir  Flinten  gegeben  hatten,  mit 
denen  man  gerauschlos  einen  Menschen  tddten  kftnne;  dass 
Huber  sich  unsichtbar  zu  machen  verstehe  u.  s.  w.  Ferner  wurde 
uns  erz&hlt,  dass  heute  ein  Mensch,  aus  dem  £asim  geburtig, 
in  40  Tagmftrschen  von  Aegypten  kommend,  hier  eiugetroffen 
sei.  Kr  habe  seinem  Kameel  16  Flinten  und  je  100  Kugeln 
dazu  (Martini-Patronen?)  aufgeladen,  wahrend  er  selbst  zu  Fuss 
hinten  drein  gieng.  Die  Gewehre  sollen  vom  Aufstand  des 
cArabi  herrflhren,  und  als  (lesehenk  for  den  Emir  in  Hajel 
bestimmt  sein. 

So.  17.  Febr.  1884].  Eben  hatten  wir  gefrnhstuckt,  da  holte 
man  uns  zu  Tu6ni  er-Rumman  zum  Essen.  Es  wurden  Dat- 
teln  nebst  Brodfladen  vorgesetzt,  dazu  in  zwei  kleinen  Schus- 
seln  sowohl  frisclie  als  heisse  Butter,  als  Trunk  saure  Milch 
(leben).  Beim  Abschied  durch  den  Hot  schreitend  gewahrte  ich 
mehrere  Blasrohre  aus  Kirri-Holz '),  die  hier  sehr  .gebrauchlicb 
sein  sollen.  Kaum  waren  wir  da  fertig,  so  wurden  wir  von 
Fahad  et-Talak  zum  Essen  in  sein  Haus  geleitet.  Es  gab  aber- 
mals  Datteln,  Brod,  Butter,  Sauermilch.  Unter  den  Eingeladenen 
befand  sich  auch  ein  geschickter  Waffenschmied,  Namens  Zeidan, 
den  ich  wegen  seiner  Ortskenntniss  uud  seines  Eingehens  auf 
meine  Absichten  mir  zum  Begleiter  durch  die  Stadt  erkor.  Ich 

1)  ^c^S  vgl.  obcu  JScik  131,  Anm.  3. 


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TKIMs'l. 


16? 


hatte  es  nicht  zu  bereuen.  Sobald  das  Essen  abgemaeht  war, 
begab  ich  mich  init  ihm  alleia  in  den  Westen  der  Stadt,  wo 
nach  seiner  Angabe  das  alte  Teima  zwei  Klafter ')  tief  im  Bo- 
den  stecken  soli.  Bei  einem  oberflachlichen  Gang  durch  das 
sandige  Gelftnde  hob  ich  Glasscherben,  Bruchstucke  von  Bronze 
dick  mit  GrOnspan  ilberzogen,  Brocken  von  Cementbdden  und 
Carneole  auf.  Ein  nach  Norden  laufender,  mit  Kalk  ausgemau- 
erter  Canal  schien  mir  ehemals  bestiramt,  das  Wasser  in  den 
Salzsurapf  (Sebkhah)  abzuleiten.  Weiter  sndlich  kainen  wir  zum 
Kasr  ed-Diilr,  einem  grossen  viereckigen  Bau  mit  Eckthflr- 
men  und  Resten  eines  verschntteten  Brunnen3. 

Von  hier  filhrte  er  mich 
an  ein  etwa  5  Minuten  wei-  ^ ,  fiP--* 


— n 

K&sr  ed-D&ir  in  Teimu. 


ter  nach  Suden  gelegenes 
Haus,  Tl6hana)  genannt,  in  ^l£lDl^;^ 
welchem  ich  die  merkwur- 
digste  Ausbeute  meiner  ara- 
bischen  Reise  fand:  Am  zweiten  inneren  Thor  des  Anwesens, 
rechter  Hand  als  ThQrpfosten,  war  rait  dem  Kopfe  nach  ab- 
warts  und  mit  der  zun&chst  nicht  sichtbaren  bildlichen  Schmal- 
seite  (mit  den  Figuren  des  Gottes  oder  Kdnigs  und  des  Priesters) 
ein  Stein  eingesetzt,  den  man  in  der  gelehrten  Welt3)  heuti- 
gen  Tages  als  Stele  von  Teima  kennt.  Wie  ich  die  Buch- 
staben  sah,  konnte  ich  meine  Aufregung  nur  muhsam  verbergen ; 
mit  erheuchelter  Seelenruhe  nahm  ich  einen  Abklatsch  in  Papier. 
Vom  Besitzer 4)  des  Hauses  angebettelt,  gab  ich  gern  ein  Geld- 
geschenk.  Dann  eilte  ich,  nachdem  ich  Zeidun  auf  morgen  friih 
bestellt  hatte,  ermildet,  doch  stark  erregt,  heimwarts,  urn  Huber 
von  der  neuen  Entdeckung  in  Kenntniss  zu  setzen,  und  ihn 
uber  die  Wichtigkeit  der  Inschrift  autzuklaren,  die  sicher  dem 
6ten  Jahrhundert  vor  Christo  angehOrt,  Der  Stein  soil  morgen 

1)  ejjf  bft:  (bcinahc  boc  lautcuil).  2)  ^L>fJlI>. 

8)  Corpus  Inscriptionum  Semiticaruin  II,  113. 

4)  JJte  cAdzil,  oder  J-Jic  'Adzil?  Beide  Namen,  'Adzil  und  cJd:U  (Odzit),  siod  moglich; 
rgl.  He&s,  Beduinennaroen,  S.  40.1 


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158 


EL1TKS  CAI'ITEI.. 


herausgenommen  und  zu  uns  ins  Haus  verbracht  werden.  Abends 
waren  wir  zn  Tufini  eingeladen  und  baben  dann  noch  den  Kaffee 
bei  cAbd  el-eAziz  er-Ru m man  getrunken.  Hundertmal  lieber  ware 
ich  daheim  geblieben,  urn  den  Papierabdruck  der  Inschrift  zu 
studiren. 

Mo.  18.  Febr.  1884].  Der  Gedanke  an  die  Stele  trieb  micb 
die  ganze  Nacht  um,  und  brachte  mich  um  alien  Schlaf,  so 
dass  ich  bereits  um  den  Fegr,  noch  bei  Kerzenlicht,  wieder  den 
Papierabklatsch  zur  Hand  nahm.  Nach  Tagesanbruch  entledigte 
ich  mich  zunachst  einiger  monstra  von  Kleider-Lausen,  und 
folgte  dann  dem  Waffenschmied  Zeidan  zu  einem  Gang  durch 
die  Stadt;  zuerst  in  das  Haus  des  Khatib  Mu hammed  el- 
CA  t  i  d  z '),  wo  im  Tnnern  auf  einer  steinernen  Durchgangs-Schwelle 
e  ben  falls  eine  aramaische  Iuschrift  eingemauert  war ;  dann  flber 
einen  mitten  im  sudOstlicheu  Teil  der  heutigen  Stadt  gelegenen 
Friedhof,  aus  dessen  Grnnd  noch  runde  Saulenstumpfe  (von  einem 
Tempel1)  herruhiend  ?)  hervorragten ;  unweit  davon  Schlacken 
von  alten  SchmelzOfen  und  verglaste  Topfereien,  dabei  eine 
Hyanenfalle  mit  Aas.  In  seinem  Hause  angelangt  verehrte  mir 
Zeidan  ala  Geschenk  ein  schwarzes  Steinbeil,  das  er  zum  Pro- 
biren  von  Silber  und  Gold  verwendet  hatte.  Ausserdem  besass 
er  ein  alterthilmliches  Thongefass,  ohne  Kunstwerth. 

Bis  ich  von  dem  Rundgang  zurflckkehrte,  standen  im  Hofe 
sieben  Mann,  welehe  eben  die  Stele  vom  Tlehan  abluden.  Ich 
Hess  jedem  Trager  einen  Viertel  Megtdi,  und  dem  Besitzer  Vft 
Megidi  (etwa  5  Mark)  auszahlen.  Nachdem  die  fremden  Leute 
entlohnt  waren  und  das  Haus  verlassen  hatten,  konnte  ich 
mich  erst  daran  machen,  den  Stein  naher  zu  prflfen.  Huber 
erinnerte  sich  jetzt,  dass  er  den  Stein  schon  auf  seiner  ersten 
Reise  (1880)  gesehen,  ihm  aber  keinen  Werth  beigelegt  habe1). 

Die  Steinplatte  ist  1,10  in.  lioch,  0,43  m.  breit,  und  0,12  m. 
dick.  Sie  ist  oben  abgerundet  ,  und  trilgt  auf  der  linken  Schmal- 

1)  Vgl.  antcn,  Tagbuch  vom  8.  Miirz  1SS4.  2)  Vjrl.  unten,  Tagbuch  vom  12.  Marx  1884. 

3)  Man  5ehe  Ch.  Hubcr,  Inscriptions  rcnieillie*  Uons  l'Arabio  cenlrale  1878 — 82(?)  im: 
Bulletin  de  la  Society  de  Geographic  p.  289  If.,  und  die  Abbilduog  N°.  85. 


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■mm'*.  159 

seite  zwei  Bildnisse,  namlich:  das  Bild  des  Gottes  [$elem  von 
Hagam?],  in  Gestalt  eines  stehenden  bartigen  Mannes,  in  assy- 
rischer  Kleidung,  mit  der  assyrischen  hohen  Konigsmutze  auf 
dem  Haupte,  in  der  linken  Hand  einen  Speer  tragend,  die 
Rechte  wie  zum  Schutze  des  Priesters  ansgestreckt.  Cber  dem 
Gott  breitet  sich  die  geflilgelte  Sonnenscheibe.  Dann:  unter 
dieser  Darstellung  etwas  kleiner  das  Bild  des  durch  die  Bei- 
schrift  als  solcher  bezeichneten  wPriesters  §el6m-8chezebM,  eben- 
falls  in  assyrischer  Tracht,  baarhauptig,  in  der  Stellung  eines 
Opfernden  vor  dem  mit  einem  Stierkopf  gezierten  Altar.  Schrift 
und  Figuren  sind  in  halb  erhabener  Arbeit  au9gefuhrt.  Wiewohl 
der  Stein  in  seinem  oberen  Theil,  mit  dem  er  auf  den  Kopf 
gestellt  im  Boden  gesteckt  hatte,  ziemlich  zerstdrt  ist  (besou- 
ders  Zeile  5—8),  kann  man  heutigen  Tags  doch  den  Wortlaut 
mit  annahernder  Sicherheit  feststellen  *). 

Gemeint  ist  also:  Die  Stele  ist  errichtet  von  einem  Priester 
Namens  §elem-sezeb,  Sohn  des  Petosiri,  zu  Ehren  eines  durch 
ihn  von  auswarts  nach  Teima  hereingebrachten  Gottes  „Sel£m 
von  Hagam",  wodurch  er  bekunden  will,  dass  er  rait  Zustim- 
mung  der  einheimischen  G6tter  Teima's  (Selem  von  Mahram, 
Sangala  und  Aschera)  den  Dienst  des  neuen  Gottes  eingefnhrt 
babe,  und  dass  der  K6nig  und  die  alten  GOtter  an  dessen 
Terapei  eine  alljahrliche  Kultusabgabe,  das  Ertragniss  von  21 
Palmbaumen,  zahlen,  und  zugleich  ihn  und  seine  Nachkommen 
als  Priester  des  neuen  Gottes  anerkennen. 

1)  Die  erste  vorliiafige  Verf.ffcntlichung  erfolgie  durch  Noldeke  in  den  Sitiungtberichten  der 
k.  Prcus».  Ak*kmte  der  Win.  1884  N»  SB,  Seite  818  ff. 


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1 00 


ti.ms  OAIMTKI. 


rcrn  vfr*  «t  »mo  ^>3rp  t»   Hz  nsa   i 

p  ncsn  njnn  Tnnor  i«  «^::sn  dtto  t;  d&  *:»r*3..  2 

tarp  n  ttnp-ra  m  urn  hoti  1*  v  nb£>  a»rn  vfat  irrtsw  » 

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ansro  pi !!!  — -  i^pn  tfpn  pi*  •    « 

.  fal  ^3  II  III  PP1  K3^T  1»    7 

pSr  n:OT          lz  20  to  ktiid]  ....  8 


*nc»s  13  Lpcirr     8i  "hoed  13  snrsfs  D-V"-  i  • 

-<  !     nrai  r*.to  rw  wra  p  22         ^«  F*  nan  n  nte  rrafl  10 
Coty^'  rut  WPT33  ini^D  2*      "hcbc  13  3racSfc  vpi;x  ksti  n 


0BER8KTZDNG  '): 


1 


im  Jahre  22  [des  K'Onigs]         2  [haben  berechtigt 

zu  Teiraja  $clum  [von  Mahrani  und  Sangala  3  und  Asch]era, 
die  Gfitter  von  Teima,  den  $elem  von  4  [Hagam] ...  an  diesem 

Tage  zu  Tei[ma]  6   welcher  6   7  8  .... 

desshalb  [diese  Stele],  9  welcbe  [errich]tet  hat  $el£m-sezeb,  der 
Sohn  des  Petosiri,  10  [in  dem  Tempel  des  §]elem  von  Hagam. 
Desshalb  haben  die  0 Otter  von  11  Teima  berechtigt  den  §elem- 
sezeb,  den  Sohn  des  Petosiri,  12  und  seinen  Samen  im  Tempel 
des  §elem  von  Hagam.  Und  jedweder,  ls  der  zerstort  diese 
Stele,  den  m6gen  die  Gutter  von  Teima  u  ausrotten,  ihn  und 
seinen  Samen  und  seinen  Namen  von  der  Fhlehe  vod  16  Teima. 
Und  dies  ist  die  Gerechtsaine,  welehe  verliehen  haben  16  §elem 
von  Mahram  und  Sangala  und  Ascbera,  17  die  Gutter  von 
Teima,  dem  Selem  von  Hagam  . . ., 18  vom  Grundbesitz  16  Palmen 
und  vom  Krongut  19  des  Konigs  5  Palmen,  Summe  der  Palmen 
20  21  [alljjahrlich.  Und  weder  die  Gutter  noch  irgend  ein 
Mensch  21  sollen  entfernen  durfen  den  Selem-sezeb,  den  Sohn 
des  Petosiri,  22  aus  diesem  Tempel  uoch  seinen  Samen  noch 
seinen  Namen  23  als  Priester  in  diesem  Tempel  [in  Ewigkeit]". 
Auf  der  Schmalseite  unter  dem  13ild : 
„SelOm-sezeb,  der  Priester". 


1)  Nach  spiiterer  eadgiltiger  FesUtclluug  [und  kleincrcu  Bcrichtigungea  von  dem  Hermmgeber.j 


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TEIMfl. 


1G1 


Da  ich  mit  Huber  schon  vor  Antritt  der  gemeinsamen  Reise 
in  Strassburg  ubereingekommen  war,  dass  ich  rair  von  alien 
etwa  von  ihm  entdeckten  oder  spater  gemeinsam  zu  entdek- 
kenden,  transportabeln  AlterthGmern  als  mein  persflnliches 
Eigenthum  fur  meine  seiner  Zeit  dera  Staat  zufallende  Samm- 
lung  uberhaupt  einen  Inschriften-Stein  auswahlen  dOrfte, 
wahrend  ihm  alle  andere  Ausbeute  verbleiben  sollte,  so  ver- 
standigten  wir  uns  jetzt  dahin,  dass  er  mir  die  Stele  vom 
Tlehan  uberlassen  wollte  '). 

Der  Transport  des  Steines,  der  etwa  150  Kilogramm  wiegen 
mag,  wird  allerdings  seine  Schwierigkeiten  haben,  und  wird 
besondere  Vorkehrungen  far  die  Vertheilnng  und  Befestigung 
der  Last  auf  einem  Kameelssattel  erfordern.  Im  Laufe  des 
Tages  wurden  noch  andere  aramflische  Steine a)  in  unsere  Woh- 
nung  verbracht.  Vielleicht  ist  es  das  Beste,  alle  Steine  nicht 
mit  uns  auf  der  Reise  im  Uigaz  herum  zu  schleppen,  sondern 
durch  ungefahrliches  Gebiet  zunachst  nach  tfajel  zu  befdrdern.  — 
Nachmittags  wurde  ich  noch  in  verschiedene  Hauser  iind  Garten 
geschleppt,  wo  angeblich  Steine  mit  Inschriften  sein  sollten; 
von  Inschriften  war  nun  keine  Spur  vorhanden,  nur  der  gute 
Wille  war  da;  die  Leute  haben  ja  keine  Ahnung,  was  Buch- 
staben  sind.  In  solchen  Fallen  der  Enttauschung  aber  Unmuth 
zu  zeigen,  oder  gar  in  Schelten  zu  verfallen,  ware  ausserst 
unklug;  man  lauft  sonst  Gefahr,  dass  sie  einem  uberhaupt 
Nichts  mehr  zeigen. 

Di.  19.  Febr.  1884].  Morgens  wurden  wir  von  Ma h mad  el- 
' A 1  &  w  i 3),  einem  fruheren  Reisebegleiter  Hubers,  zum  Essen 
eingeladen.  Wir  trafen  bei  ihm  ein  ausnehmend  sauberliches 
Hauswesen  mit  schonen  Teppichen.  Selbst  die  herumstehenden 
dienstbereiten  Kinder  wareu  zur  Reinlichkeit  und  Punktlichkeit 
erzogen ;  so  z.  B.  war  ein  kleiner  Bub  da,  der  ungeheissen  den 

1)  Durch  dio  uaMlige  Ermorduog  Hubert  am  30.  Juni  1884  kam  die  Saehe  freilich  ga» 
aadera.  [Der  Stcto  wurde  durch  die  Bemiihung  det  fraazoaiKhca  CodsuU  in  Dacbidda,  Dr. 
Lostalot,  in  das  Lourre*M<uenm  nach  Pari*  geachaffl. 

2)  S.  obeo,  Seite  155. 

[8)  H.:  Mir  i.t  ah  Name  nur  die  Form  cOUm  bekannt.l 

11 


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162  KLFTES  CAPITEI. 

KafFee-Morser  nach  Benutzung  rait  einem  Tuch  wieder  zudeckte. 
Die  Tassen,  schon  vorher  sauber,  wurden  vor  unseren  Augen 
nochmals  rait  Wasser  gespfllt,  getrocknet  auf  eine  Kupferplatte 
im  Krei9  gestellt,  in  die  Mitte  eine  Kohle  gethan  und  Weih- 
rauch  darauf,  darnach  die  Tassen  einzeln  fiber  den  Ranch  ge- 
halten,  und  dann  der  Kaffee  gereicht.  Arabien  ist  eben  von 
Alters  her  das  Land  der  Wohlgeruche. 

Da  far  heute  keine  weitere  Eiuladung  vorlag,  hatte  ich  Zeit, 
mich  meiner  Korperpflege  zu  widmen,  d.  h.  mich  ganz  grnnd- 
lich  zu  waschen,  und  den  Schadel  wieder  einmal  kahl  rasiren 
zu  lassen.  Das  arme  Hasirmesser !  mehr  eine  feine  Sage  — 
und  der  arme  Kopf ! 

Huber  ersuchte  mich,  ihm  die  verschiedenen  hier  gefundenen 
Inschriften  in  sein  Tagbuch  zu  zeichnen.  Die  Steiue  wurden 
durch  Meisseln  und  Abschroten  an  der  Rttckseite  auf  einen 
kleineren  Umfang  und  geringeres  Gewicht  gebracht.  Nicht  genug 
zu  beklagen  hatte  ich,  dass  wir  weder  durch  Versprechungen 
noch  durch  unverbl  urate  Drohung  es  fertig  bringen  konnten, 
eine  Saule  mit  Inschrift,  die  vor  ein  paar  Jahren  aus  dem 
grossen  Brunnen  Haddag  heraufgeholt  worden  war,  zu  erwerben, 
oder  auch  nur  behufs  Copirung  zu  Gesicht  zu  bekommen.  Der 
augenblickliche  widerborstige  Besitzer,  ein  gewis9er  Selamah  el- 
eAld,  entzog  sich  durch  plotzliche  Entweichung  in  die  Waste 
—  „um  Futter  zu  holen"  —  alien  weiteren  Zumuthungen. 

Von  unserem  Gastwirth  cAbd  el-cAziz  el-'Enkri  waren  wir  auf 
den  Abend  zur  Mahlzeit  eingeladen.  Der  Diener  Mahmtid  hatte 
uns  vorbereitet:  das  Essen  sei  schauerlich  verpfeffert  —  darait 
wir  nicht  so  viel  assen!  Es  war  allerdings  arg  verpfeffert,  aber 
es  kam  doch  wenigstens  Fleisch  zu  dem  Reis,  worauf  ich  bei 
dem  Geizkragen  gar  nicht  gerechnet  hatte.  —  Als  ich  nachher 
ganz  zufallig  einen  zerbrochenen  Kautschuk-Ring  aus  der  Tasche 
zog,  wurde  ich,  wie  schon  fruher  einmal,  von  zwei  Seiten 
gleichzeitig  gefragt,  ob  das  Schweinsleder  sei. 

Mi.  20.  Febr.  1884 J.  Der  Khatib  'Abdallah  aus  SchaM,  der, 
weun  ich  nicht  irre,  seinen  Nachtschlaf  im  Hofe  vor  unserem 


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TniM.k 


Zimraer  abhalt,  wollte  am  Frahmbrgen  d.  h.  1 Stunden  vor 
Sonnenaufgang,  uds  abermals  eine  Aufmerksamkeit ')  erweisen, 
und  trug  etwa  20  Minuten  lang  mit  lauter  Stimme  einige 
Suren  aus  dem  Koran  vor.  Oh!  wilrest  da  doch  still!  wie  gerne 
vergatete  ich  dir  deine  unterdruckte  Fr6mmigkeit! 

Um  8  Uhr  begaben  wir  uns  zmn  zweiten  Morgenessen  in 
das  Haus  eines  gewissen  T&Ub  el-eAld,  dann  zu  Gar  allah  el- 
cAtidz  zum  Kaffee.  Huber  zweigte  von  hier  ab  in  das  Haus  des 
Muhammed  el-eAtidz,  um  von  ihm  den  Stein  aus  der  Schwelle 
seines  Hauses  gegen  Verabreichung  von  2  Megidi  herauszube- 
kommen. 

Um  die  Mittagszeit  kam  nach  filnftagiger  Abwesenheit  Nauman 
mit  4  Beduinen  vom  Stamme  der  Fuljara  und  4  Kameelen 
zuruck;  er  batte  sie  an  der  Pilgerstrasse  in  der  Geg^nd  von 
el-Jtegr  aufgetrieben.  Als  sie  seiner  zuerst  ansichtig  geworden 
waren,  batten  sie  die  Flucbt  ergriffen,  weil  sie  in  ihm  einen 
Rauber  und  Vorlaufer  eines  Kazu  furchteten.  Sie  verlangten 
fur  jedes  der  Kameele  von  Teima  nach  Tebak  und  zurflck  10 
Megidi  (37  Mark),  und  als  Trinkgeld  far  jeden  Mann  noch  ein 
Hemd.  Nach  Tebuk  brauchten  wir  nur  zwei ;  zwei  andere  waren 
fur  unsren  alten  Fahrer  ^lan  bestimmt,  der  noch  heute 
Abend  den  Rflckweg  nach  ftajel  antreten  und  Briefe  an  den 
Emir,  IJaniftd  el-eObeid,  Selamah,  und  'Abdallah  el-Muslimani 
mitnehmen  soil. 


1)  S.  obcn  Scitc  150. 


I 

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Xn.  CAPITEL. 
Von  Teimft  nach  Tebflk  and  zuruck. 

21.  Februar-6.  Mans  1884. 


Do.  21.  Febr.  1884].  Heute  wollen  wir  nach  Tebuk  aufbrechen. 
Es  gilt  also,  noch  rasch  die  nothigen  Vorbereitungen  fur  die 
Htagige  Reise  zu  treffen.  Unser  Gastwirth  cAbd  el-cAziz  el-'Enkri 
stellte  sich  bockbeinig  und  knickerig  an,  gab  uns  als  Mund- 
vorrath  weder  Reis,  noch  Kaffee,  noch  Butter,  bloss  Mehl  und 
Datteln,  die  letzteren  sogar  erst  nach  einigem  Wortwechsel 
und  nach  der  ausgesprochenen  Drohung,  dass  wir  den  Emir 
von  seiner  Schabigkeit  unterrichten  wollen;  der  werde  es  ihm 
dann  schon  eintranken.  Wie  sich  am  Abend  herausstellte,  wa- 


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TEIM&  —  TEBftK  UND  ZURCCK.  165 

ren  die  Datteln  uberdies  schlecht,  und  durch  beginnende  Gah- 
rung  kaum  geniessbar.  Der  persische  Kaufmann  Sultan ')  ist 
ein  elender  Tropf;  vor  8  Tagen  schon  hatte  er  sich  fflr  ein 
zu  lieferndes  Quantum  persischen  Tabaks  (Schaweri)  das  Geld 
voraus  bezahlen  lassen,  unter  windigen  Ausreden  aber  bis  heute 
noch  keinen  gebracht.  Der  Teufel  soli  den  verfluchten  Schfa 
holen!  Wo  soli  ich  denn  jetzt  was  zu  rauchen  herkriegen?  0 
Schifafc!  ich  gedenke  deinP). 

Um  10  Uhr  brachen  wir  auf.  Viel  Gepack  hatten  wir  nicht. 
Wir  waren  5  Personen:  Huber  und  ich,  der  Diener  Mahmud, 
Nauman  und  fAwwad  ibn  Rneimeh,  Schech  der  tfugur,  eines 
Zweiges  der  Fiiljara8).  Zwar  wollten  die  drei  anderen  Fiikara 
uns  auch  nach  Tebnk  begleiten;  erst  als  wir  ihnen  erflffneten, 
dass  wir  fflr  sie  durchaus  keine  Lebensmittel  flbrig  hatten, 
wurden  sie  von  ihrer  Reiselust  abgeschreckt.  Der  Plan,  mit 
einer  Abbiegung  gegen  Osten  nach  dem  Tawil  zu  (eine  Tag- 
reise  vora  Gy6f  entfernt)  den  Weg  nach  Tebuk  zu  nehmen, 
mussten  wir  aufgeben,  weil  der  Schech  erklarte,  sie,  die  Fiikara, 
seien  Feinde  der  Scherarat,  durch  deren  Gebiet  dieser  Weg 
fflhren  wflrde;  diese  warden  ihn  „inetzen",  er  drehe  lieber 
gleich  una,  und  selbst  wenn  wir  sein  Delul  mit  Gold  fflllten, 
gienge  er  nicht  mit.  So  schlugen  wir  denn  die  Richtung  nach 
Westnordwest  ein;  rechts  hatten  wir  zun&chst  die  auf  Sand- 
hflgeln  sich  hinziehenden  Reste  der  alten  Stadtmauer,  gegen 
Norden  die  Ebene  mit  der  Sabkhah  (Salzsumpf).  Nach  einer 
Stunde  kamen  wir  an  einer  verfallenen  Warte4)  vorbei;  vor 
uns  tauchten  in  der  Feme  zwei  Gebirgszflge  auf,  links  der 
Farwah8),  rechts  der  pabca°).  Um  P/t  Uhr  streiften  wir  eine 


1)  S.  oben  Soite 

2)  S.  ob«n  Seite  128. 

4)  luLt  Jvj   .Uairf  Mtnt&r  B»n!  cAtijjeh. 
6)  „Pelr". 

fl)  fcytt  JA-f'kw".  [H.:  Beuer  Qaba-  oder  jp»S?  ta  tpreclwn.] 


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166 


ZWtil.KTKS  CAPITKL. 


grosse  Wasserlache,  die  Khabrat  er-Riialah1).  Der  Boden  war 
ohne  alien  Pflanzenwuchs.  Der  Wind  blies  heftig  aus  Westen. 
Urn  31/*  Dhr  lagerteu  wir  in  der  Schifa  Mahaggeh'). 

Fr.  22.  Febr.  1884].  Nachdem  wir  eine  Tasse  Thee  zu  uds 
genommeo,  bracben  wir  mit  der  Sonne  auf,  und  durchzogen 
die  Ebene  Greideb3).  In  der  Feme  jagte  vor  uns  eine  schnee- 
weisse  Gazelle,  Baljarat  el-wah§  (Oryx  beisa)*)  vorbei.  Urn  11 
Uhr  fanden  wir  etwas  Futter  bei  einer  Anzahl  Talh-Baume 
(Akazien)  *),  die  von  nun  ab  den  Charakter  der  tfigaz-Landschaft  °) 
kennzeichneten.  Rasch  bereiteten  wir  Brod  in  der  Asche  und 
wollten  bald  weiter  reiten.  Als  das  Kameel  Hubers  gleich  nach 
dem  Aufsteigen  beiin  Anblick  einer  Schlange  scheute,  erhielt 
es  von  Huber  mit  dem  Stock  einen  Scblag  aus  Versehen  uber 
das  Auge,  und  war!'  den  Reiter  in  weitem  Bogen  zu  Boden 
auf  den  Kopf.  Eilends  sprang  ich  von  meinem  Thier  ab,  um 
nach  ihm  zu  sehen.  Durch  den  Sturz  betaubt  lag  er  einige 
Zeit  bewusstlos,  und  klagte  uber  innerliche  Schmerzen.  Eine 
halbe  Stunde  spater  erklarte  er  sich  soweit  wieder  im  Stande, 
dass  wir  behutaam  weiter  reiten  konnteo.  Doch  beredete  ich 
ihn  nach  einer  Stunde,  nochmals  abzusteigen  und  sich  auszu- 
ruhen ;  er  legte  sich  auf  den  Bauch,  was  ihm  noch  am  meisten 
Linderung  gewahrte.  Unter  steigendem  Wind  naherten  wir 
uns  dem  Gebirgsstock  des  Farwah  und  wanden  uns  durch  die 
Schlucht7),  welche  die  Felseu  durchzieht.  Im  hinteren  Ende, 
in  einer  Seiteubucht  schlugen  wir  unser  Nachtquartier  auf.  Ein 
von  der  Sonne  silberweiss  gedOrrter  Baumstrunk  lieferte  Stoff 
zu  einem  machtigeu  Feuer. 

Sa.  23.  Febr.  18S4].  War  es  die  Nahe  der  Glut,  oder  die 

3)  sJuj>. 

[4)  Oryx  beatrix,  vgl.  oben  S.  10,  Anw.  2.] 
i  5)  H.:  Acacia  Seyal  Del  ] 

6)  Schcch  Awwfld,  befragt,  wo  eigvutlicb  die  Grou/.cp  des  Higax  auhebeo,  gab  zur  Antworl: 
„Wcuii  du  vide  Tolh-Bauwe  bfisaniraeo  sichtt,  das  iat  steber  der  Higftz". 

7)  ^3**a!i  oL^as>  iJu.  Rrat  haslit  cl-keui?. 


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TKIMft  —  TKHl'lK  t'ND  ZURlJfK.  167 

Menge  des  genossenen  Kaffees,  kurzum  ich  habe  schlecht  ge- 
schlafen,  bin  auch  mitten  in  der  Nacht  nochmals  aufgestanden 
und  habe  an  dem  glostenden  Baumstamm  wieder  eine  Pfeife 
angesteckt.  Wahrend  wir  als  Frahsttick  Brod  bereiteten,  molk 
der  Schech  cAwwad  seine  Kameelsstute  far  uns.  Zwei  und  eine 
halbe  Stuude  ritten  wir  auf  einer  pflanzenarmen  Ebene  auf- 
warts.  Der  Boden  war  besat  mit  seltsamen  Steinen;  da  lagen 
Stttcke  wie  gemasertes  Nussbaumholz,  dann  schwarze  cylinder- 
fOrmige  Brocken,  theilweise  durchbohrt,  weiter  Haufen  von 
Sandsteiu-Platten,  die  Stabe  oder  Zapfen  vielfach  ausgewittert. 
Die  letzteren  wurden  vora  Schech  cAwwad  als  „Dud  Ejjub" ') 
bezeichnet,  weil  der  selige  Iliob  bei  seiner  Genesung  die  War- 
mer hier  in  der  Waste  sich  vom  Leib  geschattelt  habe.  Spater 
seien  9ie  versteinert.  Oben  auf  der  hGchsten  Stelle  that  sich 
ein  weitgedehntes  Panorama  auf. 

Vor  uns  in  westlicher  Richtung  die  Kette  des  'Awerid*), 
rechts  nach  Norden.anstossend  die  Kuppe  des  cAnaz,  dann  die 
Kdpfe  der  Atlab,  noch  weiter  nOrdlich  stiegen,  gauz  im  Hinter- 
grund,  hellblau  die  Gipfel  des  VV  utar,  Scheiban,  und  die  zackige 
yarrat  Bani  cAtijjeh  empor.  —  Als  wir  wieder  aufbrachen, 
machte  der  Schech  eAwwad  uns  auf  die  Spuren  eines  (jberfalls 
aufmerksam,  den  die  Fukara  vor  fanf  Tagen  von  Seiten  der 
Bani  $akhr  und  Scherarat  erlitten  hatten.  Beim  Abstieg  in  den 
Scha'ib  Aenad  3)  bot  sich  den  Thieren  zunachst  gutes  Futter, 
spater  nichts  mehr.  Auf  einmal  gewahrten  wir  ganz  erschreckt 
den  Boden  zerstampft  von  Pferden  und  Kameelen.  cAwwad  lachte 
laut  auf:  das  sei  schon  lange  her,  hier  sei  cAneber4)  ausge- 
zogen  worden.  Mit  sichtlichem  Behagen  erzahlte  er  den  Her- 
gang  folgendermassen :  Vor  mehr  als  zwei  Monaten  sei  cAn6ber  ^ 
(der  Sclave  und  T  ribut-Eintreiber  des  Emirs  von  H&jel)  zuaam- 


1)  Vergleiche  Naberei  unten  S.  190  (Tagbuch  vom  8t«n  Milra).  Der  arme  Htob  mu»»  aW 
viel  voo  dicsara  vermebrungsfabigen  Getbier  auf  »ich  gehabt  haben! 

2)  *f>. 

3)  oUft!  ^f*^.  4)  Siehe  oben,  S.  111. 


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168  ZWOLHTKS  CAP  (TEL. 

men  mit  dem  grossen  Schech  Muhammed ')  ibn  cAtijjeh  — 
nachdem  sie  ihre  Aufgabe  bei  den  westlichen  Staminen  been- 
det  batten  —  im  GanzeD  12  Leute,  bereits  auf  dem  Heimweg 
begriffen  gewesen.  Eben  hatten  sie  bei  SonnenuntergaDg  in 
der  friedlichen  Landschaft  abgekocht,  da  kamen  auf  einmal 
Ober  die  Sandlehne  heruber  gesprengt  zwei,  drei  und  gleich 
noch  mehr  Reiter  zu  Pferd,  die  Gewehre  im  Anschlag.  Die 
t)berfallenen  hatten  nicht  einmal  Zeit  ihre  Waffen  schussfertig 
zu  machen,  da  rief  ihnen  cEjtana),  der  Schech  der  eEisa  (von 
den  Ban!  §akhr)  zu:  „Halt!  Hier  sind  Bani  §akhr  und  Freigat3) 
bei  einander!  Wenn  ihr  eines  von  unseren  Pferden  t6dtet,seid 
ihr  Alle  verloren!  Barid?  barid?"4).  In  richtiger  Erfassung  der 
Sachlage  —  es  waren  im  Nu  35  Reiter  zu  Pferd,  und  50  zu 
Delul  auf  dem  Schauplatz  —  legten  die  ttberraschten  die  Waffen 
nieder,  und  riefen:  barid!  wobei  sie  die  Handflachen  der  ge- 
seukten  Arrae  nach  vorwftrts  kehrten.  Zuerst  wurden  ihnen 
die  WaflFen  abgenommen,  dann  die  silbergefullten  Sacke  aufge- 
schnurt.  Nun  begann  der  schwierigste  Theii  des  Gesch&ftes 
In  2!/i  Stunden  hatten  sie  das  ganze  Steuer-Geld  bis  auf  den 
letzten  Megidt  nachgezahlt;  es  waren  richtig  7000  Stuck.  Mit 
der  Vertheihmg  der  ubrigen  Beute  verfuhren  sie  summarischer. 
Was  muss  der  Anfflhrer  cEjtan  far  eine  Freude  an  dem  schar- 
lachroten  Mantel  des  cAneber  gehabt  haben;  er  brauchte  ihn 
nicht  wie  Achan0)  zu  verstecken,  sondern  konnte  ihn  schmun- 
zelnd  sofoit  selbst  anlegen.  Mit  Rucksicht  auf  die  warme  Wit- 
ter ung  gieng  die  Beraubung  grQndlich  vor  sich,  bis  aufs  Hemd 
einschliesslich !  H6hnisch  wurden  sie  auf  die  benachbarte  Fe- 
stung  (das  Pilger-Castell  el-Muea?zam)  verwiesen;  dort  sollen 
sie  von  den  Turken  sich  mit  Hemden,  Mauteln  und  sonstigem 
Nothbedarf  neu  ausstaffiren  lassen.  (Dass  der  dort  gewahrte 

1)  Siehe  Bd.  I,  S.  224,  226  und  oben,  S.  89.  2)  0Uja£. 

3)  oWr./,  cio  Zweig  der  Howcitat. 

4)  Bcdouteod  cigcntlich  „Kolt",  danD  im  Sinn  von  ,ouf  Gegenwehr  venichUnd". 
b)  Vgl.  Bd.  I.  S.  103. 

6)  Joaua  7,  21. 


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TF.IM&  —  TEBIIK  DND  ZURtfCK. 


169 


Ersatz  dann  nicht  gorade  nppig  ausgefallen  war,  davon  batten 
wir  uns  ja  schon  vor  ein  paar  Wochen  zu  M61jaV)  durch  Augen- 
schein  aberzeugen  kOnnen).  Erheitert  durch  die  Erz&hlung  gien- 
gen  wir  ziemlich  rasch  vorwarts;  wir  machten  bis  zu  7500 
Schritten  in  der  Stunde.  Bei  der  leicht  trabenden  Gangart 
rutschte  mem  Sattel  stark  rQckwarts.  Ich  musste  absteigen 
und  ganz  frisch  satteln.  Der  Wind  gieng  in  Sturm  uber,  als 
wir  zwiscben  den  kahlen  Schuttbergen  aufwarts  rflckten.  Auf 
der  Passh6he  angekommen  bot  sich  uns  ein  scbdn  gerahmtes 
Bild:  durch  die  mit  Triebsand  ausgefullte  Schlucht  sah  man 
hinaus  auf  die  Ebene,  in  welcher  das  Castell  el-Muca?z  am 2) 
mit  seinem  Teich  und  dem  einsamen  Talh-Baum  auftauchte. 


Annnherung  an  el-Mu'az/am. 


Eine  halbe  Stunde  spftter  stiegen  wir  an  dem  Castell  ab, 
und  waren  hinter  den  Mauern  gegen  den  tosenden  Sturm  ge- 
borgen.  Die  Thiere  aber  die  hohen  Staffeln  in  den  innerenHof 
zu  bringen,  kostete  natflrlich  wieder  Milne;  vorgehaltenes  Fut- 
ter  erwies  sich  noch  als  das  wirksamste  Mittel.  Begrilsst  wur- 
den  wir  durch  den  Commandanten  der  besatzungslosen  Festung 
Si  Muhammed  Aba  cUmar  es-Serfcawi  aus  Fez3),  einen  freund- 


1)  Sielie  obeo,  Seite  111. 


170 


ZW.'.ITTF.s  i  \PITKI.. 


lichen  alten  Mann,  der  wie  die  meisten  Festungsw&chter  an 
der  Pilgerstrasse  als  Maghrebi  von  cAbd  el-Jviider  hier  unter- 
gebracht  war.  Er  hatte  zwei  Weiber,  zwei  Kinder,  einen  Schwager 
und  noch  einen  Mann  Namens  Ahmed  bei  sich.  Zum  Willkomm 
wurden  Datteln  und  Kaffee  vorgesetzt,  und  dann  gegen  Abend 
Reis  gebraeht.  Die  Festung,  wenn  ich  reeht  gesehen,  im  Jahre 
1031  d.  H.  (=  1622  n.  Chr.)  erbaut,  bildet  ein  regelmassiges 
Viereck  mit  Eckthurmen,  deren  Kuppeln  theilweise  eingestilrzt 
sind.  Dnrch  eine  schwere  eisenbeschlagene  Thflre  wird  der  Ein- 
gang  verschlossen.  Im  Hofe  heKnden  sich  zwei  bogengewOlbte 
H alien,  dann  mehrere  verschlossene  Kammern  und  ein  ofiener 
Stii.ll.  Eine  Steintreppe  fahrt  auf  den  Umgang  des  ersten  Stockes, 
welcher  die  Kuche  und  den  liarim  beherbergt.  Ein  zweiter 
gauz  schmaler  Umgang  verbindet  als  Wehrgang  je  ein  Paar 
der  Eckthnrme.  Auf  der  Sudseite  ilberragt  ein  Soller  als  Auslug 
die  Brustung.  Ausserhalb  der  Festung  nach  Suden  erstreckt 
sich  etwa  60  Meter  lang  die  Birkeh,  der  Wasserteich;  am 
Rand  stehen  zwei  viereckige  Steiupfeiler  mit  verwitterten  In- 


Festung  el-Muc«//nin. 


schriften;  auf  der  Sudwestecke  ein  Talh-Baum.  Diesmal,  in 
Folge  der  vor  einem  Monat  gefallenen  Regenmassen  wai*  der 
Teich  bis  zum  Rand  mit  Wasser  gefitflt,  wahrend  bei  der  Rack- 


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TKIM&  —  tkbAk  und  ZURtfCK. 


171 


kehr  der  vorigjahrigen  Pilger-Karawane  nicht  ein  Tropfen  Was- 
sers  darin  war. 

Far  unsere  Kameele  war  Futter  im  Hofe  aufgeschattet.  Wir 
hatten  bereit8  zu  Nacht  gegessen,  und  die  Sonne  war  eben  hin- 
abgegangen,  da  wurde  geraeldet,  in  der  Ferae  zeige  sich  ein 
die  Castelle  an  der  Pilger9trasse  inspicirender  tflrkischer  Offizier, 
der  von  el-c(Ma  zuruckkehrend  ebenfalls  nach  Tebftk  reise.  Zur 
Vorfeier  seines  zu  erwartenden  Eintritts  hid  der  offenbar  wenig 
kriegerisch  veranlangte  Ahmed  ein  paar  alte  Pistolen,  und 
knallte  dieselben  —  aus  Furcht,  sie  ktinnten  etwa  auch  nach 
ruckwarts  losgehen  ?  —  mit  abgewandtem  Gesicht  in  die  Luft  los. 


Hof  der  Festong  kl-Mn^azzam. 

Bald  darauf  erschien  der  Offizier  im  Hof.  Es  war  tfasan 
Agha,  Commandant  der  zwei  Festungen  Tebuk  und  Zmurrud, 
der  wie  alle  die  Befehlshaber  der  an  der  Pilgerstrasse  von 
Damascus  nach  Mekka  liegendeu  Castelle,  sein  Haus  mit  Familie 
in  Damascus  hat,  und  jetzt  auf  6  Monate,  bis  der  I^agg  wieder 
angeht,  dorthin  sich  begibt.  Im  Gesicht  glich  er  dem  Jud  Sflss, 
wie  ich  ihn  in  meiner  Jugend  oft  abgebildet  gesehen  habe.  Er 
begrusste  uns  kaum,  weil  wir  nicht  far  nOthig  erachteten,  uns 
vor  ihm  zu  erheben.  Ziemlich  protzig  nahm  er  Platz,  stieg  aber 
bald  mit  seinen  fttnt  Leuten  ins  obere  Stockwerk,  wo  sie  sich 
ein  Essen  und  Kaffee  zurecht  machten.  Im  Hole  blieb  sein 
Pferd,  ein  von  uns  lange  nicht  genossener  Anblick ;  die  Kameele 
blieben  draussen.  TJnter  seinen  Leuten  war  einer  aus  Tanger, 


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172 


ZWOLKTES  CAPITKL. 


Namens  cAbd  es-Salani,  der  seiner  Zeit  am  Suez-Canal  gear- 
beitet  hatte,  und  der  nun,  uns  zu  Ehren,  in  einer  schwer  ver- 
standlichen  Mischung  aus  Spanisch  und  Franzosisch  von  den 
goldenen  Zeiten  schwadronirte,  wo  man  in  Burt  Saeid  (Port 
SacId)  mit  Leichtigkeit  5—7  francs  taglich  verdiente. 

So.  24.  Febr.  1884].  Morgensvor  der  Sonne  aufgestanden.  Sobald 
der  Kaffee  getrunken  war,  brach  unsre  Karawane  auf;  voraus 
der  Reiter  zu  Pferd,  dann  wir  mit  unseren  5  Delul,  am  Schluss 
die  6  Mannschaften  mit  7  Kameelen.  Nach  einiger  Zeit  er- 
kannte  man  den  Derb  el-hagg,  die  „Pilgerstrasse",  bestehend 
aus  einer  weehselnden  Zabl  von,  vielleicht  50  wenn  nicht  mehr, 
stark  ausgetretenen  Pfaden,  die  ziemlich  parallel  tlber  die  mit 
Talh  bewachsene  Ebene  sich  hinschlangelten.  Nacb  zwei  Stundeu 
im  Wadi  er-Remfimijjeh  wurden  in  der  Feme  einige  schwarze 
Punkte  sichtbar.  Araber  mit  Maulthieren  und  Schafen.  Es  waren 
armliche  Mazaldeh ')  von  den  Banl  cAtijjeh,  unter  ihnen  ein 
blinder  Kerl,  in  dessen  Gesicbt  eine  abscheuliche  Krankheit 
bosartige  Verwnstungen  angerichtet  hatte,  der  aber  doch  aus 
seinem  zerfressenen  Maul  heraus  ganz  vergnflglich  seine  Pfeife 
rauchte.  Wir  stiegen  bei  dem  Schech  cAId  Abu  Fheman2)  ab. 
Der  Diener  Mahmud  hatte  gerne  von  ihnen  die  so  nothige  Butter 
gekaufb;  dazu  wollten  sie  sich  aber  nicht  herbeilassen :  sie 
hatten  selbst  zu  wenig.  VVie  aber  Mahmud  ihnen  eine  Schflssel 
voll  Tabak  zum  Tausch  anbot,  wurden  sie  weich  und  konnten 
schliesslich  nicht  widcrstehen.  Da  fur  uns  geschlachtet  wurde, 
dauerte  der  Aufeuthalt  reichlich  lang,  namlich  von  9  bis  121,', 
Uhr.  Von  da  setzten  wir  uns  langsam  gegen  Norden  in  Be- 
wegung,  gaben  aber  schon  nach  einer  Stunde  dem  Drangen 
unserer  Begleiter  nach,  und  fielen  bei  anderen  Beduinen  ein, 
die  in  einer  Thalinulde*)  erst  seit  gestern  ihrq  Zelte  aufge- 


l)  ^        ^  *X5fj*.  2)  Juc 

3)  *l«Ujj!  *5.  Jb  i*t  wobl  £j  iu  lcseo.  Nach  H.  ist  gf  oine  flache  ruudliche  Depreni 
n  lehmigem  Gelinde,  obne  Stein  und  Sand  und  oboe  Vegetation.] 


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TEIMft  —  TKBl'lK  USD  ZUItttCK.  173 

schlagen  hatten.  Es  waren  Sacajjid '),  die  auch  zu  den  Ban! 
'Atijjeh  gehoren;  ihr  Schech  Salim  el-AeragJ). 

Sie  waren  erst  vor  zwei  Tagen  mit  knapper  Not  einem  Razu 
entgangen.  Da  unsere  Kameele  zum  Zeichen,  dass  fur  uns  bei 
einem  fraheren  Gastempfang  geschlachtet  worden  war,  mit 
einem  breiten  Strich  Blut  der  ganzen  rechten  Halsseite  entlang, 
und  aberdies  mit  einem  zweiten  uber  den  Hintern  herober, 
gezeichnet  worden  waren,  so  wussten  diese  armen  Teufel  all- 

sobald,  dass  sie  gleichfalls  far  uns  zu 
schlacbten  hatten.  Der  lange  Strich  ist 


bei  den  westlichen  Arabern  nblich,  und 
F)     \  in  der  verschiedenen  Art  der  Anbringung 

zugleich  Erkennungszeichen  der  einzelnen 

K>mcel  mit  Blutat  riches. 

Stamme. 

Huber  klagte  uber  Ruckenschmerzeo,  und  so  verzichteten 
wir  fur  heute  auf  einen  Weitermarsch.  Mit  dem  Schech  eAwwad 
stieg  ich  auf  einen  Huge!,  den  er  Tuwejjil5)  nannte;  unterwegs 
fieng  ich  ein  paar  blaue,  schwarz-weiss  gefleckte  Kafer4),  die 
gleich  in  den  Spiritus  wanderten.  Das  Nachteasen  wurde,  Gott 
Lob,  vor  Sonnennntergang  gebracht.  Die  Sacajjid  hatten  zweierlei 
Formen  von  hOlzernen  KafFee-Morsern  im 
Gebrauch.  Einer  der  Beduinen  rauchte  aus 
einem  Pfeifenkopf,  von  dem  ihm  nur  die 
eine  Halfte  geblieben  war. 

Abends  machten  wir  noch  einen  Besuch 
im  Zelte  des  Schechs  Halajjil5),  bei  welchem  JJasan  Agha 
mit  seinen  Leuten  abgestiegen  war.  Im  Laufe  der  Unterhaltung 
wurde  es  bald  klar,  dass  Halajjil  sowohl  unsrem  Nauman,  als 
auch  dem  Schech  cAwwad  von  den  Fuljara  an  Kenntniss  der 

4)  iu*3j!  j.1  als  Umm  erkeibe 


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174  ZWoLFTKS  CAPITFJ- 

Ortlichkeiten  und  ihrer  Benennungen  weit  uberlegen  war.  Ein 
Wink  des  Auges  genugte,  mich  mit  Huber  zu  verstandigen. 
Ohne  weitere  Umstande  liess  sich  Halajjil  sofort  bereit  finden, 
uns  nach  Tebak  und  von  dort  zuruck  nach  Teima  zu  begleiten. 

Mo.  25.  Febr.  1884],  6'/4  Uhr  ohne  Frubstuck  abgeritten.  Unsre 
Karawane  wird  imraer  stattlicher:  ausser  dem  Schech  Halajjil 
mit  seinem  Delul  sind  noch  4  Schafe  und  2  Uaisen  dazu  ge- 
kommen,  die  der  Offizier  I.iasan  Agha  bei  unseren  Gastgebern 
sich  zugelegt  hatte,  ob  fur  Geld  odor  gratis ')  oder  mit  Gewalt a), 
konnte  roan  ihnen  nicht  ansehen.  Wenn  das  so  weiter  geht, 
gibt  es  bald  eine  schfme  Cohorte.  Nach  einer  Stunde  am  Felsen 
Khanzir3)  vorbei  in  den  Wadi  es-§uni4)  eingebogen;  rechts  und 
links  gelbrothe  Sandsteinfelsen,  die  Thalsohle  bedeckt  mit  vul- 
canischem  Auswurf,  zuletzt  vollstandig  ausgefttllt  mit  einera 
alten  Lavastrom,  dessen  Spalten  und  ungattige  Blflcke  fur 
Thiere  und  Iteiter  ein  beschwerliches  Hinderniss  bildeten.  Nach- 
dem  wir  zur  Vorsorge  aus  einem  Wasserloch  die  Schlauche 
aufgefullt  hatten,  und  den  Absturz5)  des  Lavastromes  hinab- 
zusteigen  im  Begriff  waren,  zeigte  sich  rechts  eine  jetzt  mit 
Sand  vollgeschwemmte  Teichanlage  aus  frflherer  Zeit ;  von  einer 
Thalseite  zur  andern  war  eine  Quermauer  gezogen,  die  von 
Halajjil  als  Gisr  („BruckeM)  bezeichnet  wurde  [AbbildungS.  175]. 

Es  war  beinahe  Mittag  geworden,  bis  wir  sparlich  Futter 
und  wenig  Brennholz  fanden.  Wir  machten  geschwind  Brot 
und  assen  einigc  Datteln.  Da3  schlechte  Mehl,  die  ganz  schlech- 
ten  Datteln  von  dem  noch  schlechteren  cEnl>ri  machten  mir 
dermaassen  ubel,  dass  ich  im  Laufe  des  Nachmittags  dreimal 
vom  Kameel  steigen  musste,  bis  ich  all  das  Schandenzeug  aus 
dem  Magen  herausgewurgt  hatte.  Obschon  wir  —  den  Ober- 
gang  ilber  den  Lavastrom  abgerechuet  —  den  ganzen  Tag 

i 

1)  J£b  b«l&H  .unuoml".  2)  birnsb. 

3)  Oder  gut  ^iis>  Khinsir  „dcr  kleinc  Finger". 

4}  j,Lajf.  5)  l<il?uf- 


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I  I  I M ; I      -  Tl  lll'lK   I'M'  /l  I!'  l  k.  1  75 

scharf  geritten  waren  (bis  zu  7200  Schritten  in  der  Stunde), 


Gitr  im  Wid!  es-SAni. 

war  doeh  die  Nacht  hereingebrochen,  ala  wir  bei  dera  Castell 
el-Akhdar')  abstiegen. 


Castell  el-Akhdar. 


Sintemalen  aber  mir  von  den  Anstrengungen  der  Wiedergabe 


1)  ysor*^ ,  auch  el-Kha'lar  gesprochen.  Die  Bauinschrift  auswn  am  Tbor  besagt,  da*s  dai 
Caitcll  ira  J.  938  H.  (-=  1531/2)  fcrtig  gcttcllt  wordeu  tei. 


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1 76 


ZWdLFTES  CAPITKL. 


des  Essens  noch  sehr  unlustig  zu  Muth  war,  fiel  es  mir  nicht 
schwer,  auf  das  Nachtessen  zu  verzichten;  ich  trank  einige 
Tassen  Thee  und  legte  mich  zura  Schlafen  nieder.  Ich  h6rte  noch 
wie  die  Unterhaltung  in  unverfitlschtem  Damascener  Dialect 
gefuhrt  wurde  und  wie  Mahmftd  von  Hasan  Agha  fflr  unsere 
Wasserpfeifen  TumbGki  einhandelte.  Im  Lauf  der  Nacht  fiel  ein 
wenig  Regen. 

Di.  26.  Febr.  1884].  Morgens  7  Uhr  abgeritten.  Zu  meinem 
Erstaunen  war  fiber  Nacht  die  Gesellschaft  abermals  gewachsen  : 
dem  tfasan  Agha  schloss  sich  sein  Sohn  Kemal  zur  Reise  pach 
Damascus  an.  Nacb  einer  Stunde  wurde  gerastet  und  gefrflh- 
stttckt.  Wfthrend  der  Haupt-Tross  weiter  zog,  erstiegen  wir 
einen  HClgel  Greinat  el-razal von  dem  aus  wir  eine  ausge- 
dehnte  Fernsicht  genossen.  Im  Nordwesten  erhob  sich  aus  der 
Ebene  ein  absonderlicher  Berg,  el-Minbar -)  .die  Kanzel"  ge- 


zweie  davon,  der  Scheiban  uud  der  Wutar,  trugen  stattliche 
Schneefelder.  Trotz  dem  einsetzenden  leichten  Sprflhregen  konnte 
ich  mir  nicht  versagen,  das  Panorama  zu  zeichnen.  Wir  suchten 
dann  auf  einem  naheren  allerdings  beschwerlicheren  Weg  die 
Karawane  wieder  einzuholen,  stiessen  da  aber  so  unvermuthet 
und  von  der  Seite  kommend  auf  einander,  dass  der  Schech 
Halajjil  rasch  das  Kameel  niederkuieen  liess  und  Alle  die  Waffen 
rilsteten  gegen  die  verraeintlichen  Feinde.  Der  Schreck  lflste  sich 
in  Heiterkeit  und  Gelachter  auf.  Urn  3  Uhr  schlugen  wir  unser 
Lager  im  Wadi  Rdejj  3)  auf,  der  seinen  Namen  von  dem  reichen 
Bestand  an  Rada-Baumen  4)  ftthrt. 

Mi.  27.  Febr.  1884].  6  Uhr  mit  der  Sonne  abgeritten.  Grobe 
Gesteinsbrocken  in  buntesten  Farben  bedeckten  weithin  das 


H.  einerseit*  mit  Calligonara  comosam  L'Her.  ideotiticiert,  andereneits  all  Tamarix-Art  be- 
zeichnct;  tut  lctitcren  stimmen  die  Zeichnung  aaf  S.  177  und  die  Anjraben  »oa  MtVbidx.]. 


llerg  el-Miabar. 


nannt.  Er  gilt  als  ein  vorgeschobener  Posten 
des  Gebirgszuges  Scherurah.  Die  Berge  im 
Westen  boten  einen  herrlichen  Anblick, 


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TKlMf'l  —  TKHUK  I  NI.  ZIHil  K.  177 


Erdreich.  Nach  1  Va  Stunden  im  Wadi  el- Atel  oder  el-Alali ') 
abgestiegen,  der  aus  den  Rinnen  des  Scheiban,  Wutar  und 
Lajeh  herunterkommt.  Das  zur  Zeit  trockene  Bachbett  ist  3 


Gsda-ltauin. 


bis  4  Meter  tief  in  den  Schotter  des  Muhrs  eingefressen,  rait 
grauem  Sand  vollgeschwemmt,  die  Rander  mit  kraftigen  Ttel- 
baumen  (Tatuarisken)  nnd  andereni  Gestriluch  bestockt.  Nach- 

J)  JlW  oJcr  ^1,. 

M 

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178 


/W..I.KTK8  CAIMTKU 


dem  die  Thiere  sich  satt  gefressen,  setzten  wir  den  Marsch  uber 
die  Ebene  nach  Nordwesten  fort,  ritten  quer  durch  eine  alte 
Lagerstatte,  bedeckt  mit  zahllosen  Kameelsbollen.  Halajjil,  von 
Huber  befragt:  „Von  wem  sind  diese]  von  euchT,  gab  zur 


Itel-Baum. 

Antvvort:  „Ja,  die  sind  von  uns".  —  Gegen  9  Uhr  naherlen 
wir  nns  einem  flachen  HObenzug  Schohar  ')  geuannt.  Oberragt 
von  einem  kegelfCrtuigen  Hugel.  Mit  Erstaunen  sah  ich  gauze 


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TElMa    -  tkbAi  cni»  ecrDcx. 


Reihen  von  winzigen  Steinhausern'^und  behauptete,  trotz  Hubers 
Widerspruch,  dass  das  keine  Stadtruinen,  sonderu  Graber  sein 
mflssten,  und  sprach  die  Vermuthung  aus,  dass  Sch6har  die 
Nekropole  far  das  3  bis  4  Stunden  ntirdlich  gelegene  Tebuk  ist. 


Dns  Graberfeld  von  Schohar. 


l'laa  eioe*  Grabthunnet.  Auiicht  einc*  Grnbthurmes. 


Nachdem  wir  die  Hohe  erklommen  batten,  war  denn  auch 
ganz  klar  zu  sehen,  dass  die  vermeintlichen  Wohnhiluser,  ver- 
mOge  ihrer  Kleinbeit,  keine  Wohnungen,  sondern  bescheidene 

1)  V«l.  unten,  S.  20U,  die  Nekropole  von  Tcimn. 


-- 


180  ZWOI.ITKS  CAlMTKI. 

rohe  Grabthurme  gewesen  sein  mflssen.  Sie  sind  namlich  nur 
2  bis  3  Meter  hoch,  und  auf  den  schmalen  Hugel-Zungen  ganz 
unregelniassig  zeratreut.  Die  Mitte  des  etwa  3  bis  4  Quadrat- 
Kilometer  betragenden  Terraios  nimmt  der  kreisrunde  Hflgei 
ein.  Die  Anzahl  der  Grabh&user  betragt  mindestens  200  Stilck. 
Die  zum  Bau  verwendeten  Sandsteine  brechen  von  selbst  platten- 
fOrmig,  sind  kanm  behauen  und  ohne  MOrtel  auf  einander  ge- 
setzt.  Die  Thrtrme  haben  so  ziemlich  alle  viereckige  Form, 
ganz  wenige  sind  rund  gestaltet ;  manche  weisen  nur  ein  kleines, 
1  m.  hohes  Gemacb  auf,  innen  auf  der  Oberseite  mit  grOsseren 
Platten  gedeckt;  andere  sind  durch  Anbau  bis  zu  5  Kammern 
erweitert.  Bei  ganz  oberflachliehen  Nachgrabungen  stiessen  wir 
weder  auf  Gebeine  noch  auf  Beigaben ;  ebensowenig  fanden  sich 
irgend  welche  Inschriften  oder  andere  Anhaltspunkte  fur  eine 
Aufklarung.  Sie  glichen  vollstandig  den  sogenaunten  Nawamis  l), 
welche  auf  der  Sinai-Halbinsel  bekannt  sind.  Im  Westen  glaubte 
ich  Ueste  einer  zusammenhangenden  Mauer  zu  erkennen,  auch 
waren  dort  viele  Steinhftuser  uber  den  Haufen  geworfeh,  da- 
zwischen  eine  Menge  rother  Thonscherben. 

Von  hier  ab  ritten  wir  in  raschem  Schritt  auf  das  schon  seit 
dem  Morgen  aus  der  Ferne  erkennbare  Tebuk  zu.  Vor  uns  in 
der  Ebene  rechts  eine  kleine  Felsgruppe  el-cAr£k  -)  genannt, 
links  ein  Palmenwald,  dazwischen  das  Pilger-Castell  mit  einem 
Haufen  ganzlich  verlotterter  Lehnihutten ;  im  Norden  der  Berg 
el-Minbar  3). 

Dass  die  Stadt  Tebuk4)  in  der  alten  arabischen  Geschichte 
eine  nicht  unbedeutende  Rolle  gespielt  hat,  kann  man  aus  dem 
lumpigen  Zustand  der  vollig  leer  stehenden  etwa  50  Lehm- 
hauser  k.uun  errathen.  Von  Bewohnern  derselben  ist  nicht  einer 
mehr  vorhanden.  Ausser  den  5  Mann  Besatzung  des  Castells 
waren  an  lebenden  Wesen  bemerkbar  nur  ein  paar  erbarmungs- 
wurdige  Hunde ;  einer  derselben  besass  nur  drei  Beine,  das  vierte 

1)  2)  oujiif.  3)  Siche  oben,  S.  176. 

4)  Der  OcDKrapli  Jukut  *ngt,  sic  sti  vim  ciueiu  Jmlcn  Iliii  CA ri"l  nmninuert  tvonlen,  wcil  sie 
itniiicr  von  Zeit  y.u  Zeit  wit.lor  virsiluillct  wiircli*. 

i 

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TKIJJll  —  TKI1UK  UNI.  ZUlUlK. 


181 


hatte  er  in  einer  Hyanen-Falle  eingebusst.  Zu  den  Mahlzeiten 
fanden  sich  noch  einige  jam merliche,  halb  verhungerte  Katzen  ein, 
und  des  Morgens  weckten  einige  nnsichtbare,  wohl  gehntete  Hahne. 

Die  Festung,  d.  h.  Pilger-Castell,  ist,  wie  eine  uber  dem  Portal 
blau  auf  Fayence-Platten  angebrachte  Inschrift  besagt,  ini  Jahre 
1064  der  Hedschra  (=  1654  n.  Chr.)  erbant  oder  erneuert 
worden;  sie  liegt  inmitten  eines  verwahrlosten  Palmengartens 
an  einem  Teich,  der  durch  eine  natQrliche  Quelle  gespeist  wird. 
Das  Wasser  soil  aber  nicht  sehr  gesund  sein,  nur  den  Weibern 
zutrftglich,  wie  der  Diener  Malnnud  versichert.  Dagegen  befindet 
sich  im  Hof  des  Castells  ein  Schopfbrunnen  mil  gutem  Wasser. 

Als  wir  im  Castell  ab- 
stiegen,  wurden  wir  von 
dem  derzeitigen  Comman- 
danten  Muhammed  Aghsi 
freundlieh  begrusst  und 
ins  Innere  geleitet.  Bei 
der  ilblichen  Bewirthung 
mit  Kaffee  drehte  sich  hier, 
wo  wir  schon  nahe  an  die 
halbcivilisirte  Welt  her-  OmWI  von  VeMk. 

angerfickt  sind,  die  UntfrhaltiiDg  um  Ereignisse  in  Damascus, 
dem  Ostjordanland  und  MaVin.  Bei  der  gelegentlichen  Erwah- 
nung  des  doch  nicht  so  fern  gelegenen  Wadi  Musa  (=  Petra), 
vermochte  ich  meine  Sehnsucht  nach  der  einstigen  Hauptstadt 
meiner  gelicbten  Nabattler  nur  mQhsam  niederzukampfen  durch 
die  nQchterne  Erwagung,  dass  eine  Abschweifung  dorthin  durch 
das  Gebiet  der  feindlichen  l.loweitiit,  in  Begleitung  unserer 
lleisegenossen,  Nauman  von  den  Sch&mmar,  des  cAwwad  von 
den  Fukara,  und  des  Halajji!  von  den  Bani  cAtijjeh  durchaus 
unausfilhrbar  ware.  Der  Commandant  von  Tebuk  erzahlte, 
dass  ei*st  vor  wenigen  Tagen  der  grosse  Schech  Muhammed  ibn 
cAtijjeh  ')  einen  ghlcklichen  Raubzug  auf  eine  Abtheilung  der 


1)  Siehc  Bi.  1,  S.  224,  22fl,  uad  oben,  S.  89. 


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182  ZWOI.FTKS  CAIMTKL. 

tloweitat  ausgerahrt  habe,  wobei  diese  total  ausgezogen  wurden 
und  nur  6  Reiter  entkamen.  Dieses  selbe  Schick&al  konnte  uns 
bei  einem  Zusauamenstoss  mit  den  auf  Rache  sinnenden  Howeitat 
gerade  so  gilt  bluhen. 

Des  Abends  musicirte  der  Maghribi  cAbd  es-Salam  ')  auf  seiner 
marokkanischen  Guitarre  und  sang  dazu  zieuilich  bewegte  leb- 
hafte  Melodien,  wie  ich  sie  lange  nicht  gehort  habe,  und  die, 
irn  Gegensatz  zu  dem  traurig  einfdrmigen  Gesang  der  Beduinen, 
einen  nahezu  abendlandischen  Eindruck  niachten. 

Do.  28.  Febr.  1884].  Far  heute  hatten  wir  in  Aussicht  ge- 
nommen,  die  angeblichen  Ruinen  einer  etwa  2 — 3  Stunden  im 
Westen  von  hier  gelegenen  Stadt  aufzusuchen.  Da  aber  ein 
sehr  kalter  und  heftiger  Wind  wehte,  beschlossen  wir  von  dem 
Vorhaben  abzustehen  und  dafQr  unsere  Tagbflcher  ins  Reine  zu 
bringen.  Mit  Rucksicht  darauf,  dass  morgen  tfasan  Agha  mit 
seinen  Leuten  den  Weg  nach  Damascus  fortsetzen  wollte, 
schrieben  wir  noch  einen  von  diesem  mitzunehmenden  Brief 
an  Mu hammed  S  a e  i  d  Pascha2)  (den  Chef  der  Pilger-Kara- 
wane  von  Damascus  nach  Mekkah),  um  uns  fur  die  gastlicbe 
Auf  hah  me  in  den  Castellen  zu  bedanken.  Auf  einem  elenden 
Zettel,  weil  ich  sehr  sparsam  mit  Papier  umgehen  musste,  gab 
ich  Nachricht  an  Bscharah  Asfar  (Geschaftsfuhrer  im  Hause  des 
deutschen  Vice-Consuls  LiUticke  in  Damascus),  dass  ich  noch 
am  Leben  sei,  und  mich  zur  Zeit  wohlbehalten  in  Tebuk  be- 
finde.  Der  Zettel  wurde  auch,  wie  ich  ein  Vierteljahr  spater 
erfuhr,  richtig  an  seinem  Bestimmuugsort  abgegeben. 

Fr.  29.  Febr.  1884].  Wie  Nachmittags  der  Wind  und  Regen 
nachliess,  begaben  wir  uns  zu  dem  oben  (S.  180)  erwahnten 
Felshugel  el-cArek.  Davon,  dass  hier  die  dem  heutigen  Tebuk 
vorausgehende  illtere  Stadt  gestanden  habe,  konnten  wir  keine 
Spur  entdecken.  An  dem  Felsen  waren  einige  unbedeutende 
Inschriften,  dabei  das  Bild  eines  mit  Waffen  aller  Art  behan- 

1)  S.  obeo  Seite  172. 


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TKIilil  —  TKIII1K  UNI>  ZriliVK. 


183 


genen  Mannes,  femes  das  Bild  eines  Madchens  init  aufgelosten 
Haaren,  und  je  einer  Scheere  rechts  und  links. 

Weit  im  Westen  (14°  gegen  Suden)  sahen  wir 
aus  der  Tihamah  einen  weithin  leuchtenden  Schnee- 
berg  aufragen,  den  Halajjil  ed-Diibar  ')  benannte. 

Ein  im  SQden  aufeiehendes  Gewitter  mahnte  uns 
zur  Rockkehr  ins  Castell.  Das  noch  bei  Tageshelle  TebAk.  ° 
gebrachte  Nachtessen  war  eben  beendet,  als  plOtzlich  der  Himmel 
sich  verfiusterte,  und  unter  Blitz  und  Donner  ein  Platzregen 
sich  ergoss.  Geborgen  in  einer  hochgew&bten  gegen  den  Hof 
zu  offenen  Halle  konnten  wir  das  1 V*  stundige  Toben  des 
Unwetters  eigentlich  mit  Behagen  ertragen. 

Da  untnittelbar  nach  dem  Abzug  des  Ge  witters  der  Himmel 
sich  vollstaudig  aufgeklart  hatte,  wollte  Huber  den  (furs  Abend- 
land)  im  Annuaire  du  Bureau  des  Longitudes  (oder  im  Nautical 
Almanach'O  voraus  berechneten  Dure h gang  der  Venus 
hinter  den  Mond  nicht  versaumen.  Die  Instrumente  waren 
bereit  gestellt,  Huber  schaute  durch  den  Theodolithen ;  er  hatte 
mir  den  Chronometer  zur  Beaufsichtigung  Gbergeben,  und  dabei 
eingeschftrft :  sobald  er,  als  Zeichen  der  eingetretenen  Beruhrung 
der  Mondsichel  durch  die  Venus,  „Top"  rufe,  die  Secunde  pein- 
lichst  zu  vermerken.  Stolz  auf  das  mir  anvertraute  Amt,  aber 
auch  zugleich  in  fieberhafter  Angst  verfolgte  ich  elender  Hilfs- 
astronom  unablassig  den  Gang  des  Secundenzeigers.  Eine  halbe 
Stunde,  wahrend  deren  die  ganze  ubrige  Gesellschaft  lautlos 
kaum  zu  schnaufen  sich  getraute,  dauerte  die  mich  ganz  nervOs 
machende  Arbeit,  bis  Huber  uns  erOffnete,  der  Stern  sei  gar 
nicht  durch  den  Mond  hindureh,  sondern  direct  unterhalb  vor- 
ftber  gegangen.  So  hatte  Fran  Venus  zu  Tebuk  uns  zum  Narren 
gehalten. 

Zur  Entschadigung  beschlossen  wir  eine  lustige  Mu  sain  a  rah 
oder  Nachtunterhaltung  zu  veranstalten.  Der  Maghribi  nahm 
die  Guitarre  zur  Hand  und  tmg  Melodien  und  Lieder  aus  seiner 

l)  gjjf.  2)  yU*. 


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184 


rWOLFTSa  CAPITKL. 


Heiraath  vor.  Ein  Anderer  sollte,  nach  zuvor  abgewandtem 
Gesicht,  versteckte  Gegenstande  (einen  Kosenkranz,  Geldstuck 
oder  dergleichen)  auffinden.  Im  stummem  Einverstandniss  mit 
dem  Suehenden  spielte  der  Maghribi,  der  jeweiligen  starkeren 
Annaherung  an  das  Versteck  entsprechend,  etwas  rascher  auf 
der  Guitarre.  Den  Schliissel  zur  Entlarvung  des  Rathsels  suchten 
die  beduinisehen  Reisegefahrten  naturlich  vergeblich  in  Gebarden 
oder  Uewegungen  der  Mitspielenden  zu  entdecken.  Fast  nocli 
grosser  war  ihr  Erstaunen  und  Arger,  als  ich  mit  Iluber  Ge- 
danken-Errathen  nach  ilblichem  Recept  anffuhrte.  Der  Diener 
Mali  mild  liess  sich  die  Arme  auf  den  Rucken  festbiuden,  und 
l6ste  dann  unter  der  umgehiingten  Pelzjacke  die  Stricke.  Danach 
gieng  ich  abseits,  holte  aus  meiner  Satteltasche  einen  Blech- 
teller,  schwarzte  ihn  auf  der  Unterseite  mit  brennender  Wachs- 
kerze,  und  rief  aus  dem  Kreis  einen  jungen  Burscheu,  der  emst 
und  unverwandt  mich  anblkkend  alle  ihm  vorgemachten  Bewe- 
gungen  getreu  nachzuahmen  hatte.  Die  eigenhandige  Schwarzung 


zeigt,  ihnen  zum  Schlusse  noch  die  Losung  der  Rathsel  nicht 
langer  vorzuenthalten. 


seines  Gesichts  vollzog  sich 
unter  unbilndigem  Gelachter 
der  Zuschauer,  in  das  der  juoge 
Meusch  nach  vorgehaltenem 
Spiegel  naturlich  auch  ein- 
stimmte. 


Die  noch  unaufgeklarten 
ersten  KunststOcke  batten  bei 
imseren  beduinischen  Beglei- 
tern  das  Gefuhl  ihrer  eigenen 
Einfaltigkeit,  jedenfalls  den 
Stachel  der  unbefriedigten 
Neugier,  wenn  nicht  gar  im 
Gebeimen  den  Verdacht  teuf- 


N 


lischer  Zauberei  hinterlajaen. 
Ich  hielt  es  daher  far  ange- 


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TElMa  —  TEltUK  bill  Zl'Kt'CK.  185 

Sa.  ].  Marz  1884].  Ich  hatte  Gelegenheit,  einen  aus  Stein 
geschnittenen  Pfeifenkopf  zu  erwerben.  Der  Stein  wurde  mir 
als  hagar  el-helAl ')  bezeichnet  und  soli  in  der  Tihainah  sich 
fin den. 

Heute  wurde  der  Rflekweg  nach  Teima  angetreten.  Nachdem 
wir  eine  starke  Stunde  sudwarts  geritten  waren,  rasteten  wir 
an  einer  Quelle,  Rals8)  genannt.  Eine  Gruppe  von  Itel-Baurnen, 
phantastisch  verschlungen,  bildete  fiber  den  zwei  Wasserloehern 
ein  inalerisches  Gewirr,  wie  ich  es  uppiger  auf  der  ganzen 
arabischen  Reise  nirgends  getroffen  habe.  In  der  N&he  waren 


Itel-Biiuinc  (Tarnariskcn). 


ein  paar  verwilderte  Palmbamne  und  *ihwache  Keste  von  be- 
'  hauenen  Steinen.  Von  hier  wandten  wir  una  wieder  der  Todten- 
stadt  Schohar  zu.  Die  Nachgrabung  in  zwei  Thurmen  bis  auf 
den  gewachsenen  Felsen  liefer  te  keinerlei  Anhaltspunkt  f'Or  Zeit 
oder  Urheber  der  Grabkaminern.  Ausser  auf  ein  paar  unbedeu- 
tende  Knochenreste  stiessen  wir  nberall  nur  auf  Spuren  von 

1)  J^l  2)  KJ^y 


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18G  ZWol.KTES  CAIMTKI.. 

Hyftnen  und  ihrc  Arbeit.  Wfthrend  sich  im  Saden  uber  dem 
Berg  Debasijjat  *),  auf  dessen  nordlichem  Auslftufer  Schohar  liegt, 
verschiedene  Gewitter  zusammenballten,  ritten  wir  gegen  Osten 
uber  den  Wadi  Atall  -)  in  den  Wadi  Hdejj  3)  ganz  in  die  N&he 
uusres  Lagerplatzes  vom  26.  Februar,  um  hier  zu  n&chtigen* 
Kauni  hatte  ich  mich  am  Rande  eines  GebOsches  auf  dem 
ausgebreiteten  Teppich  etwas  niedergelegt,  so  brach,  vom  West- 
wind  gejagt,  ein  Unwetter  los,  das  mich  durch  Mantel  lind 
Hemd  hindurch  bis  auf  die  Haut  nasste.  Meine  einzige  Sorge 
war,  das  Gepack  mit  dem  Teppich  zugedeckt  trocken  zu  er- 
halten.  A  Is  das  Argste  vorOber  war,  machte  icb  mein  Bett  auf 
dem  nassen  Boden  zurecht,  und  schlief,  nachdem  ich  ein  paar 
Datteln  verzehrt  hatte,  bald  ein.  Zwar  kam  spater  noch  ein 
zweiter  Regen,  nicht  so  heftig  wie  der  erste,  der  uns  darum 
auch  weniger  beunruhigte. 

So.  2.  Marz  1884].  Noch  vor  dem  ersten  Morgengrauen  weckte 
uns  Halajjil  mit  der  Nachricht,  dass  er  von  Sflden  her  das 
Brullen  von  Kameelen  vernommen  babe.  Gleich  ritt  er  auf 
Kundscbaft  ab  und  brachte  nach  Kurzem  die  Botschaft,  das 
seien  seine  eigenen  Leute  (also  Bani  cAtijjeh),  die,  in  der  Nacht 
von  el-Akhdar  aufgebrocheu,  hier  sich  niedergelassen  haben. 
Wir  mussten  naturlich  die  angebotene  Gastfreundschaft  anneb- 
men  und  uns  nach  dem  Lager  begeben.  Wahrend  wir  durch 
das  Gebusch  ritten,  tauchten  immer  mehr  Kameele  auf  —  nach 
Halajjil's  Angabe  hatten  sie  1200  Stuck  bei  sich  — ,  wurde  noch 
unterwegs  auf  sein  Geheiss  fur  uns  gemolken  und  frische  Milch 
gereicht.  Bis  wir  am  Mittelpunkt  des  Lagers  eintrafen,  hatten 
die  Weiber  bereits  etliehe  Zelte  aufgeschlagen,  so  dass  wir 
beim  nachsten  bestiiii  abstiegen,  um  nur  ilberhaupt  aus  dem 
Trubel  herauszukommen.  Mein  erstes  war,  das  wollene  Hemd 


2)  Alias  'Orfi 
8)  Jrfafi. 


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TKIMU  —  TKItUK  IM»  ZI  IU  CK, 


187 


zn  wechseln  und  an  einem  Domstrauch  in  Wind  und  Sonne  zu 
spannen;  warum,  siehe  Bd.  I,  Seite  121.  Nach  und  nach  strO rate 
allerlei  Volks  herbei,  urn  uns  zu  begrQssen  oder  wenigstens  zu 
sehen.  Mehr  als  einmal  musste  ich  aus  meinera  Skizzenbuch  das 
Bild  des  Muferrig  ')  vorzeigen,  denn  alle  hatten  davon  gehOrt 
und  begehrten  es  zu  seheu.  Gegen  Mittag  traf  auch  das  Zelt 
des  Starames-Oberhauptes  ein,  und  gleich  darauf  dieser  selbst. 
Es  war  §  a  k  r  Abu  'All,  der  Bruder  des  Muhainmed.  Erst  hier 
erfuhr  ich,  dass  nicht  dem  Muhammed  ibn  'Atijjeh,  wie  mir 
frdher  gesagt  war,  diese  Wnrde  zukam,  obschon  Muhammed 
als  der  Gewandtere  den  Stamm  nach  aussen  vertritt.  Muhammed 
selbst,  unser  Freund  von  fruher 2),  war,  wie  wir  hier  vernabmen, 
nach  Tebuk  geeilt,  urn  uns  dort  abzuholen.  Wir  mussten 
naturlich  ins  Zelt  Sakr's  Qbersiedeln.  Als  ich  nach  unseren 
Reitthieren  schaute,  machte  ich  die  betrubende  Entdeckung, 
dass  von  jedem  derselben  vom  Sattelzeug  ein  Lederriemen  nebst 
Messingring  abgeschnitten  und  gestohlen  war.  Dem  §akr  war  die 
Kunde  peinlich,  und,  wie  er  sagte,  beschamend.  Indess  wer  konnte 
den  Thater  entdecken,  wer  wollte  ihn  verrathen?  Gegen  Abend 
verkiindete  das  GebrAU  die  Heimkehr  der  weit  zeistreuten  Thiere. 


Mit  Betremden  ei*schante  ich  zwei  Raben,  auf  Hals  und 
RQcken  der  Kameele  emsig  hin  und  her  laut'end.  Man  belehrte 
mich,  Raben,  aber  auch  Sehwalben,  begleiten  treulich  die  grossen 
Kameelsherden,  und  picken  den  Thieren  die  vollgesogenen  nuss- 
grossen  Zecken  3)  durch  kraftige  Schnabeltriebe  aus  der  Haut. 

1)  S.  Bd.  I,  Seite  225. 

2)  Siebc  Bd.  I,  Seite  824,  226. 

3)  jtyl  Icrftd;  tiebe  Bd.  I,  Seite  55.  Von  dieaem  Liebetdicnst  dei  Rabeu  reden  auch  die  ara- 
bi«chen  Dichter;  liehe  F.  Hoinmel,  Die  Saugethiere  bei  den  Sudieiniten,  Leipzig  1879. Seite  208 ; 
vgl.  A.  Musil,  Arabia  Petraea  III,  19,  270. 


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188 


ZW6LKTKS  CAPITKI- 


Die  Gaste  zu  ehren  —  und,  wenn  er  es  gewusst  hatte,  zugleich 
zur  Feier  von  Nflldeke's  Geburtstag!  —  hatte  Halajjil  ge- 
schlachtet.  Brot  und  Reis  war  aber  nicht  aufzutreiben,  und  so 
wurden  die  gekochten  Fleischstucke,  ohne  Bruhe,  in  einem 
Kessel  aufgetragen.  Schon  wollte  ich  mich   zur  Ruhe  ari- 
schicken,  so  wurde  zum  zweiten  Male  Kaffee  gekocht.  Mit  dem 
Schlafen-k6nnen  war  es  naturlieh  schlecht  bestellt.  Trotz  der 
Nacht  gieng  es  ini  Lager  i miner  noch  sehr  lebhaft  zu,  und  das 
Melken  wollte  kein  Ende  nehmen ;  reehts  und  links  von  unsrem 
Zelte  das  Rulpsen  der  Wiederkauer,  verstarkt  durch  wohlbe- 
hagliche  Detonationen  abwarts  (—  von  dem  guten  Grunfutter!). 
Ganz  allmablich  gewonnte  ieh  mich  auch  an  diese  Wnsten-Musik, 
und  war  gerade  nahe  am  Einschlafen,  da  —  es  mochte  Mitter- 
nacht  sein  —  wurde  es  wieder  lebendig.  Reiter  zu  Kameel 
kamen  an  und  hielten  vor  unsrem  Zelt.  Es  war  Muhammed  ibn 
cAtijjeh  mit  seinem  Sohn.  Er  hatte  gestern,  als  wir  bei  Rals 
rasteten,  eine  Stunde  ostwarts  sein  Lager  gehabt,  war  von  da 
nach  Tebuk  geritten  und,  da  er  dort  in  Erfahrung  gebracht, 
welehen  Weg  wir  abgezogen  waren,  hatte  er  eiligst  umgedreht, 
um  uns  nicht  zu  verfehlen.  ilalajjil  schatt'te  Milch  und  Datteln 
herbei  und  nun  wurde  zum  dritten  Male  Kaftee  gemacht.  Wohl 
oder  flbel  durften  wir  die  Aufmerksamkeiten  nicht  missachten, 
und  mussten  zwei  Stunden  an  der  Unterhaltung  uns  betheiligen. 
Endlich  durften  wir  uns  zur  Ruhe  legen,  indess  im  Zelte  nebenan 
Muhammed  seinem  Binder  §akr  noch  ausfuhrlich  von  seinen 
jilngsten  Abenteuern  mit  den  Bani  Sakhr  und  IJoweitat  berichtete. 

Mo.  3.  Marz  1884].  Obwohl  Muhammed  ibn  eAtijjeh  sich  alle 
Mflhe  gab,  noch  einen  Tag  langer  uns  als  Gaste  zu  behalten, 
schien  es  uns  doch  rathlicher,  deh  Heimweg  nach  Teima  nicht 
noch  weiter  zu  verschieben.  Nachdem  wir  dem  Schech  Halajjil 
als  Erkenntlichkeit  frtr  seine  Begleitung  und  FQhrerschaft  8 
Megidi  (ca.  30  Mark)  verschwiegen  in  die  Hand  gesteckt  hatten, 
nahmen  wir  Abschied.  Halajjil  liess  es  sicb  aber  dennoch  nicht 
nehmen,  uns  noch  zuruck  bis  nach  Teima  zu  geleiten.  Zunachst 
verfolgten  wir  ungefahr  denselben  Weg  wie  vor  einigen  Tagen. 


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TKIM&  —  TEIUIK  UND  Zl  R<  CK. 


ISO 


Auf  dem  sogenannten  Derb  Khabini '),  stiessen  wir  wieder,  wie 
am  23.  Februar2),  auf  die  Saudsteinschichte  mit  den^Hiobs- 
wflrmern" J).  Die  Platten  sind  mit  Zapfen  durchsetzt,  die 
ausgewittert  haufenweise  umherlagen.  Sie  haben  von  je  her  die 
Aufmerksamkeit  der  muhamraedamschen  Pilger  nnf  sich  ge- 
zogen,  und  werden  von  ihnen  mehrfach  erwahnt.  So  liest  man 
z.B.  bei  Ritter,  Erdkunde  XIII  (=  Arabien  II,)  Seite  437: 
„XVIII  (=  18*"  Pilger-Castell;  gemeint  ist  el-Akhdar)  Okhaidher. 
Flier,  sagt  das  Dschihan-niinia  (des  Hadschi  Khalfa),  wusch  sich 
Hiob  die  Warmer  vom  Leib,  die  dann  versteinert  gesammelt 

werden  Die  Art  dieser  Petrefacten  ist  sonst  unbekannt". 

Oder,  in  dem  Reisebericht  des  Schechs  cAbd  el-6aui  b.  Ismail 
en-Nabulsi  (Zeitschr.  d.  deutschen  morgenl.  Ges.  1862,  XVI,  695) 
hei9st  es:  „Zwischen  Medaln  J^alih  und  el-Akhdar  bei  Ukeiri'4) 
auch  Mafaris"  er-Ruzz5)  voll  kleiner  weisser,  den  Reiskornern 
ahnlicher  Steinchen,  ed-Dar  el-tfamrii  genannt". 

Hiob  hat  ubrigens  seine  Warmer  nicht  nur  hier  abgeschat- 
telt,  sondern  auch  in  der  Landschaft  Nufcra  im  Ostjordanland, 
und  zwar  in  der  Gegend  des  Hiobsklosters ;  nur  scheinen  an 
dieser  Stelle  die  Steine  violett  zu  sein.  Wetzstein  in  seiner 
Abhandluog  „das  Hiobskloster  in  Hauran  und  das  Land  Uz" 
(=  Anhang  zu  Delitzsch's  Commentar  zu  Hiob  2.  A.  Seite  563  f.) 
berichtet  von  dort  :  „Au  diesen  Felsen,  erklarte  unser  Fahrer, 
lehnte  sich  Hiob  an,  als  er  von  seinem  Herrn  heimgesucht 
wurde.  Wahrend  meine  Leute  an  dieser  Stelle  ihr  *Asr-(Nach- 
mittags-)Gebet  verrichteten,  brachte  mir  Sa'id  cine  Hand  voll 
langlich  runder  violetter  Steinchen  und  Schlacken,  welche  die 
Sage  als  die  versteinerten  Warmer  bezeichnet,  die  aus  den 
Schwaren  Iliobs  auf  die  Erde  gefallen.  „Nimm  sie  dir",  sprach 
er,  „/,um  Andenken  an  diesen  Ort  mit;  sie  mdgen  dieh  lehren, 
im  Ghlcke  Gott  nicht  zu  vergessen,  und  im  Unghlck  nicht  mit 


2)  Siche  obcti  S.  107. 


5)  j-'i  j^lAt. 


190 


ZWuLFTKS  CAPITKL. 


Gott  zu  hadern".  Mochte  immerhin  der  haufige  Gebrauch 
diese  Worte  im  Munde  de3  Mannes  zur  Phrase  abgeschw3.cht 
haben;  sie  gehorten  zur  Situation  und  verfehlten  ihreu  Ein- 
dmck  nicht.  Nachdem  auch  meine  Begleiter  sich  mit  Hiobs- 
wurmern  versehen  hatten,  verliessen  wir  die  §achra.  Diese 
Warmer  gehoren  als  etwas  Wesentliches  zur  flauraner  Hiobs- 
sage,  und  man  kennt  und  ebrt  sie  im  Lande  allgemein.  Unser 
christlicher  Begleiter  aus  Semiskin  band  sie  sich  sorgfaltig  in 
seinen  weiten  Heindarrael  und  recitirte  uus  ein  paar  Verse  aus 
einer  ftaside,  in  der  sie  erwabnt  werden  " 


lliobtwiirmer. 


Die  von  mir  gesehenen  und  mitgebrachten  Proben  (s.  die 
Abbildung)  sind  ubrigens  vorwiegend  rOthlich  oder  hellbraun, 
nur  einige  wenige  schwarz.  Sie  sind  in  meiner  der  Strassburger 
Bibliothek  ubergebeneu  Altertbumer-Sammlung  niedergelegt. 
Prof.  Benecke  von  der  Strassburger  Universitat,  von  dem  ich 
mir  eine  gutachtliche  Ausserung  erbat,  scbrieb  mir  unter  dem 

20.  Juli  1908:  „  Derartige  Dinge,  deren  Form  nicht  mit 

Sicherheit  auf  irgend  einen  Organismus  hinweist  und  die  keine 
Structur  zeigen,  lassen  sich  nicht  sicher  deuten.  Im  vorliegenden 
Falle  haben  wir  es  mit  zur  Schichtung  des  Gesteins  senkrechten 
R6hren  zu  thun,  die  spater  mit  Gestein  ausgefilllt  sind,  also 
flberhaupt  nur  mit  einer  Spur.  Solche  Hohren  sind  eine  ge- 
wChnliche  Erscheinung  in  sandigen  Gesteinen  alter  Formation, 
besonders  des  Cambrium.  Sie  erhielten  von  Salten  den  Namen 


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TElMfi  —  TKliflK  UNI)  Zl  Rt  CK.  191 

Scolithus,  und  warden  fur  WurmrOhren  angesehen.  Es  kann 
sein,  dass  diese  Deutung  richtig  ist;  dann  ware  auch  die  Be- 
zeichnung  Hiobs-WQrmer  ganz  passend.  Auffallend  ist  an  Ihren 
Stueken  eine  quere  RiDgelung,  die  nnarabische  Stucke  unserer 
Sammlung  nicht  zeigen.  Das  arabische  Vorkoramen  gehSrt  doch 

wohl  einer  geologisch  jttngeren  Zeit  an?  "  '). 

Je  naher  wir  an  das  Castell  el-Akhdar  kamen,  wo  wir  vor 
wenigen  Tagen  so  prachtiges  GrQnfiitter  angetroffen  hatten, 
war  die  ganze  Strecke  bei  dem  Dorchzug  unserer  Freunde,  der 
Ban!  cAtijjeh,  vollstandig  kahl  gefressen.  Der  Diener  Mahmud 
rief  mir  bei  einer  Stelle,  wo  sich  Tags  zuvor  mehrere  Kameele 
iui  Sand  gewalzt  hatten,  zu:  Obacht!  da  vorne  koinmt  eine 
M  era  rah! 2).  Bei  dem  scharfen  Wind,  und  weil  ich  den  mir 
fremden  Ausdruck  Oberhaupt  nicht  verstand,  drehte  ich  mich 
nach  ihm  und  rief:  „Was  meinst  du?"  lm  selben  Augenblick 
warf  sich  mein  Deiul  nieder,  ich  flog  in  einem  Bogen  zwei,1 
drei  Meter  weit  vorne  fiber,  sprang,  ohne  Schaden  genommen 
zu  haben,  sofort  in  die  HOhe,  und  prugelte  das  Thier  durch, 
welches  sich  auf  die  Seite  geworfen  hatte,  und  io  den  grossen 
Gepacktaschen  durch  den  schweren  Druck  arge  Verwustungen 
angerichtet  batte.  Kaum  hatte  ich  es  wieder  auf  die  Beine 
gebracht,  so  trieb  ich  es  absichtlich  auf  einen  ahnlichen  Platz, 
und  verabreichte  ihm,  zur  Scharfung  der  Erinnerung,  noch  ein 
paar  tflchtige  Hiebe.  Urn  3  Uhr  kamen  wir  bei  dem  Castell 
el-Akhdar  an. 

Die  Tosehrift  ttber  dem  Eingangsthor  nennt  als  Jahr  der 
Erbauung  983  d.  H.  (=  1532  n.  Chr.).  Der  Brunnen  befindet 
sich  im  Innern  des  Gebftudes,  wird  mit  dem  SchOpfrad  durch 
zwei  Esel  oder  Maulthiere  gezogen,  und  leitet  das  Wasser  in 

1)  Die  Uencnnaug  Scolithu*  fiode  ich  auch  bei  Jobs.  Walt  her,  Geachichte  der  Erde  und  de* 
Lebetis.  Leipzig  1UU8,  Seite  203  ff.  —  H.  de  Lapparcnt  nennt  lie  wieder  under*;  in  winein 
Traite  de  geologic,  5e  ed.  P»ri»  1900,  Seite  771  *agt  er:  I*»  Tigillites  teraient  de»  tube*  de 
vers  a.euicules.  Die  liezcichnung  Tigillite*  arabica  scheint  aufStanitlas  Meunier  zuruckzugeben. 

2)  iifcL*  uWitlzplat2".  Wenn  Kameele  eine  Vertiefung  im  Sande  beinerken,  wo  andere  vor 
ihnen  sich  darin  hernm  gescbeuert  haben,  so  erzeugt  da*  in  ihnen  die  Voreteltang  einer  herr- 
liclieu  Gelcjcoheit,  sich  dieselbe  Anncbmlichkcit  und  Krleichterung  zu  vertchatfen:  Ah,  da  muss 
e»  cut  scin' 


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■ 


192  ZWol.KTKS  C.M'ITKL 


drei  ausserhalb  gelegene  geinauerte  Teiche  ab.  Als  Abendessen 
kam  Gerste  mit  ein  wenig  Linsen  untermiseht. 


( astell  cl-Akh'.lnr. 


Di.  4.  Marz  1884].  Uuser  Begleiter  Schech  'AwwAd  erwarb 
von  den  Leuten  im  Ccistell  5  Stflcke  dunkelblanen  Zenges  fur 
seine  Weiber  ura  den  Preis  von  je  eineni  Megidi  (=  3  M.  70) 
und  erhielt  zu  jedem  Stack  auch  nocb  den  nothigen  blauen 
Fadeu. 

Etwa  6'/2  Uhr  brachen  wir  auf,  durchzogen  in  rascher  Gang- 
art  (bis  zu  7500  Schritten  in  der  Stunde)  die  alien  Futters 
beraubte  Gegeod.  Wir  hatten  die  Absicht,  in  deu  Wadi  es-§ani 
einzubiegen.  Der  Scbech  Halajjil  aber  rieth  da  von  ab,  ward 
bedenklich,  wollte  indess  nieht  recht  mit  der  Sprache  heraus; 
er  deutete  auf  die  vor  uns  steil  aufsteigende  Zuuge  des  alten 
Lavastromes,  der  uns  am  25.  Ftibruar  so  viel  Beschwer  gemacht 
hatte,  imd  meiute,  dort  konnten  Feinde  versteckt  liegen.  Ich 
war  gerade  rauflustig  gestimrat,  und  ausserte,  wir  thaten  am 
best*;n,  lustig  mit  der  Fliute  in  der  Hand  drauf  los  zu  reiten, 
dann  wollten  wir  scbon  sehen,  wer  Meister  wflrde.  Da  wurde 
der  Schech  argerlich  :  „Wie  konnen  wir  bei  diesem  unwegsamen 
Boden  ')  drauf  los  reiten  ?  die  Kerle  liegen  jedenfalls  unsichtbar 
hinter  den  Laval  docken,  lasscn  uns  geruhig  vorbeiziehen,  und 


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TEl.Vl'l  —  TKllUK  UNH  ZUIUCK. 


i  n 


sucheu  una  dann  hinterrucks  abzuschiessen".  Und  nun  rnckte  er 
erst  mit  der  Spracbe  heraus;  er  wolle  uns  jetzt  uberhaupt 
einmal  sagen,  was  man  ihm  —  nicht  uns,  urn  uns  nicht  un- 
nOthig  zu  beunruhigen,  —  in  Tebuk  mitgetneilt  habe:  tfasan 
Abu  Drac  mit  8  verwegenen  Spiessgesellen  von  den  Beli, 
treibe  sieh  in  der  Gegend  hernni,  um  auf  uns  Jagd  zu  machen; 
und  dem  sei  schon  mancher  gate  Fang  gegluckt.  Wenn  irgend 
wo,  so  sei  bier  die  Bescbafl'enheit  des  Bodens  ihm  gunstig.  Der 
Schech  hatte,  wie  wir  ein  paar  Tage  spater  in  Teima  bestatigt 
vernahmen,  eine  ganz  gute  Nase  gehabt:  die  Strolche  batten 
wirklich  dort  sich  auf  die  Lauer  gelegt.  Bei  ruhiger  Cberlegung 
mussten  wir  ihm  beistimmen,  schwenkteu  also  —  sicher  nicht 
ungesehen  —  links  (direct  Ostlich)  in  den  Udejj  al-MesV ')  ab, 
dann  in  vielen  Windungen  zwischen  dem  vulkanischen  GerGll 
und  den  Sandsteinfelsen  hindurch  aufwarts,  schliesslich  uber 
einen  Pass  in  den  Wadi  Abu  Tor.  Hier  lagerten  wir  noch  bei 
hellem  Tag,  in  einer  bis  jetzt  nicht  abgewaideten  Gegend  mit  viel 
Grunfutter  unmittelbar  vor  einer  kleineu  Sandsteinhtfhle.  Vor 
und  in  der  HOhle  waren  Fahrte  und  Losung  des  »],)erbfln"-). 
Im  Silden  zogen  Regeuschauer  von  Ost  nach  West.  Das  Lager 
vom  24.  Februar  und  der  Hugel  Tuwejjil  befanden  sich  h6ch- 
stens  eine  Stunde  entfernt  in  sudwestlieher  Riehtung,  der  Berg 
Salub  (oder  Salum?)  im  Norden. 

Mi.  5.  Marz  1884].  Eben  waren  wir  vor  Sonnenaufgang  ab- 
geritten,  so  stiessen  wir  auf  die  Spuren  von  5  Kameelen  und 
2  Fussgangem,  die  in  grosser  Hast  die  Thalsohle  gekreuzt 
haben  mussten.  Zwei  der  Kameele  waren,  nach  der  Spurentiete 


1)  (^_oOj  ,  mcrkwiirdiger  Wcisc  mit  dem  Accent  auf  der  Silbe  al.  [So  habe  icb  auch 
in  S)rien  t.  B.  il-Mara  geburt.  H.  fonuuliert  die  Kegel  to,  dass  der  Ariikel  den  Accent 
bei  zweivokaligen  Wurtcrn  hat,  wie  il-yihtl,  tt-lyken,  ferner  bei  ursprunglieh  cinvokaligco, 
wenn  der  zweita  Radical  eine  Gutturalis  ist,  wie  ei-lafram,  el-lahem~\ 

2)  Anderwarts  falschlich  als  „wildcr  Hund"  bezeichuct.  Es  ist  wohl  richtigcr  ^j^>  ZirbAn 
oder  Zaribun  =  litis,  ['utorius  oder  Foe  tori  us  Die  Bcschreibung,  welche  unscre  Beduinen  von 
ihm  gaben,  war  to  unklar,  wie  tnoglich:  er  sci  in  der  Grosss  zwischen  Hund  uud  Katze,  kurz- 
haarig,  sebwarz  am  Korpcr,  doch  am  Bauch  weits,  greife  auch  den  Mtuscbcn  an.  Vergleiche 
Hitter,  Erdkunde  von  A»ien  XIII,  2  (=  Arabien  VI),  Scite  3fli— 3»2  [H.  giebt  auch  die 
Formen  frimbttn,  bezw.  lirimbnu,  und  srimbdn,  und  vermuthet,  das  Tbier  sei  eine  Ictonyi-Art.] 

13 


194 


ZWiil.FTKS  CaPITEI.. 


zu  erkennen,  doppelt  besetzt daneben  batten,  am  Sattelstrang 
sicb  haltend  und  mitspringend,  zwei  Fussganger  die  zwei  Meter 
langen  Schritte  mitgemacht.  Das  war  sicher  Hasan  Aba  Drtf, 
der  mit  seinen  8  Raubgenossen  aus  dem  unberuhrten  Sand  sich 
vergewissert  hatte,  dass  wir  hier  noch  nicht  durchgezogen  waren. 
Sie  waren  offenbar  vorausgeeilt,  urn  uns  in  den  Scbluchten  des 
Berges  Farwah,  wo  wir  muthmaasslich  Wasser  fassen  mussten, 
an  gunstiger  Stelle  zu  nberfallen.  Unsere  Beduinen  riethen, 
den  Farwah,  auf  der  Nordseite  streifend,  auf  der  Ostseite  zu 
umgehen. 

An  dem  flachen  Hugelrand  der  Bijadijjeh 2),  die  wir  zur 
Linken  liessen,  sahen  wir  die  Fahrte 3)  einer  sogenannten  wilden 
Kuh 4),  d.  h.  einer  grossen  weissen  Gazelle  (Oryx  Beisa),  mit 
■  sehr  spitzigeu,  geraden,  meterlangen  H6rnern ;  und  bald  darnach 
nberraschten  wir,  in  einer  Senkung  des  Bodens,  das  Thier  selbst, 
das  dann  in  wilden  Sfttzen  von  dannen  galoppirte.  —  Hier 
konnte  man  ebenfalls  naeh  9  Woehen  noch  deutlich  die  Pferde- 
spuren  von  dem  Razu  der  verbundeten  floweitat  und  Bani  §akhr 
erkennen,  welche  den  cAneber  und  den  Muhammed  ibn  cAtijjeh 
ausgeplundert  batten  5).  Wir  machten  uuterwegs  Brod  bei  einer 
ergiebigen  Futterstelle.  In  Mengen  wuchs  hier  eine  Pflanze 
Kahlah,  auch  Khelah  gcnamit''),  mit  wollig  stachlichtun  Blattern 
und  schon  blauer  BhUhe;  sie  wild  audi,  als  Gemuse  gekocht, 
genossen.  Ehe  wir  naher  an  den  Farwah  herauruckten,  stiegen 
wir  in  ein  kleines  Thai,  in  den  Wadi  Ba'ud  ;),  hinab,  woselbst 
drei  Gazellen,  durch  unser  plOtzliches  Erecheinen  erscbreckt, 


- 

1)  tfJJijA  imiraddafin. 

3)  5 jif  j;irrch. 

4)  J^>y-\  syb  Mikarat  cl-wahJ;  vgl.  Bd.  I,  S.  H8,  200  u.  oben,  S.  10,  Anm.  2. 

5)  Ygl.  ob«o,  S.  98,  111,  167  f. 

C)  *JLs/,  XiL^li'  T»l.ii-leh  [II.:  kluila  u.  'kkula  =  Eohium  lotigifolium.] 


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TEIMil  —  TKBUK  UND  ZllU'CK. 


19") 


Hasftt  el- Ken  is. 


zur  Flucht  sich  wandten.  In  grosser  Eile  durchmaassen  wir  den 
Nord-  und  Ostabfall  des  Farwah,  und  mundeten  erst  wieder 
auf  der  Sadseite  in  den  Ausgang  der  Schlucht  Ha?at  el-?enis ')  ein. 

Die  Nacht  war  einge- 
brochen,  als  wir  abseits 
von  der  Tbalrinne  unter 
einem  Felsendach  neben 
guter  Futterstelle  abstie- 
gen.  Sicher  litt  Jeder  von 
uns  mehr  oder  minder 
unter  dem  Durst;  gleich- 
wohl  wagte  Keiner  an  dem  Wasserloch  (vielleicht  einen  Kilo- 
meter weiter  oben)  Wasser  zu  holen.  Aus  den  Schlauchen  war 
mit  dem  besten  Willen  nicht  mehr  als  ein  elender  Vorrath  von 
hochstens  einem  Liter  Wasser  herauszupressen  —  fur  6  Kopfe 2) 
herzlich  wenig.  Wir  standen  vor  der  Wahl,  ob  wir  das  Nass 
in  ein  paar  Schluck  vertheilt  so  trinken,  oder  ob  wir  es  zur 
Bereitung  eines  Kaffees  verwenden  wollten.  Einstimmig  wurde 
das  Letztere  gewahlt.  Mit  der  Flinte  im  Arm,  den  Sftbel  zur 
Hand,  legten  wir  uns  schlafen.  Damit  wir  auf  alle  Fftlle  ge- 
rustet  wftren,  hielt  in  der  Nacht  je  einer  von  den  Beduinen 
abwechselnd  die  Wache.  Wir  bliebeu  indess  unbehelligt  —  ob 
ganz  unbeobachtet,  weiss  ich  nicht.  Vielleicht  fehlte  ihnen  doch 
der  Muth  zum  Angriff. 

Do.  6.  Marz  1884].  Heute  war  der  Geburtstag  meines  aller- 
gnadigsten  Landesherrn,  des  K6nigs  Karl  von  Wurttemberg. 
WehmHthig  gedachte  ich  der  Heimath,  schweigend  ritt  ich  des 
Wegs.  Gepeinigt  von  Durst,  das  Kopftuch  seitlich  uber  Mund 
und  Nase  gezogen,  schaute  ich  begierig  aus,  ob  sich  nicht  bald 
die  grosse  Khabrat  er-Rua'lah8)  zeige.  Aber  noch  stunden- 
lang  zog  sich  der  Weg  hinaus.  Endlich  kam  die  Mulde  in  Sicht. 

1)  (jjAAfti!  o^^>. 

2)  Hubcr  nod  mieb,  dea  Diener  Mahiudd,  NsutnAn.  die  Scheche  Halijjil  und  cAwwAd. 


3)  aJj^'  HjA>.  Kbsbrah  bedeutet  ein  flacben  Teicb,  d 
vor  dem  Verjkkern  nebutit  [rgl.  oben  S.  144,  Anm.  2.] 


lebmiger  Uatcrgrnnd  dns  Wi 


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196  ZWbMTKS  CAI'ITEI. 

Frohe  Hoffnung  beschleunigte  unsere  Schritte.  Alleiu,  wo  wir 
vor  12  Tagen  einen  See  von  etwa  100  Schritt  im  Geviert, 
vielleicht  einen  halben  Meter  tief  gesehen  hatten,  war  Alles 
ausgedttrrt,  kein  Tropfen  Wassers  zu  entdecken ;  die  Lehmkruste 
auf  dem  Grnnd  war  schliesslich  in  aufgerollte  Stticke  zerbor- 
sten;  alten  Schuhsohlen  gleich  lagen  die  Scherben  uraher!  Wir 
schauten  uns  nur  an.  Nanman  befragt,  ob  er  keine  andere 
Wasserstelle  wusste,  gab  etwas  barsch  zur  Antwort:  wenn  in 
der  grossen  Khabrah  kein  Wasser  mehr  ist,  dann  gibt  es  anders- 
wo  noch  viel  weniger.  Ich  ritt  niedergeschlagen  weiter;  Gaumcu 
uud  Zunge  dauehten  mir  FremdkOrper  im  Munde.  Huber  und 
die  Beduinen  waren  besser  an  den  Durst  gewohnt,  als  ich;  die 
Wdstenbewohner  denken  ohnehin  nieht  anders  als,  der  Menseh 
und  das  Kaineel  seien  von  unsrem  Herrgott  dazu  erschaffen, 
dass  sie  den  Durst  ertragen  lernen.  —  In  einer  Entfernung 
von  etwa  8  Stunden  tauchte  der  Gipfel  des  Ranem,  des  die 
Oase  Teima  ilberragenden  Gebirgsstockes,  in  die  HOhe.  Das  war 
inir  aber  jetzt  ganz  gleichgiltig.  Ebenso  wenig  fochten  mich  die 
noch  ganz  frischen  Fussspuren  von  vier  Reitern  an.  Wie  die 
Mittagshitze  am  starksten  brannte,  rief  plotzlich  Halajjil:  „Da 
vorne  ist  Wasser!"  Das  wirkte  wie  ein  Blitzstrahl.  Ich  riss  die 
messingene  Trinkschale  aus  der  Satteltasche,  warf  mein  Leitseil 
dem  Nauman  zu,  sprang  hinunter  und  sturzte  mich  auf  die 
Wasserlache.  Niederknieend  schol)  ich  den  Schlamm  des  Grundes 
zur  Seite,  sehopfte  hastig  die  Sehale  voll,  und  trank  was  ich 
trinken  konnte.  Die  Gefabrten  machten  es  ebenso.  Das  El-hamdu 
lillah  (nLob  sei  Gott!")  war  ehrlich  gemeint.  Dann  filllten  wir 
zum  t'berfluss  noch  einen  kleinen  Vorrath  in  die  Schlauche; 
und  nun  durf'ten  auch  die  Kameele  herau.  Ungeduldig  sich  hin 
und  her  windend  hatten  sic  bisher  vcrgeblich  nacli  dem  Rande 
der  Lache  gedrangt,  jetzt  rutschten  sie  mitten  hinein,  tauchten 
die  Kopfe  hinab  uud  wie  uiit  einer  Saugspritze  schlQrfteu  sie 
durch  die  langen  liaise  in  unglaublich  kurzer  Zeit  das  schlam- 
mige  Nass  in  sich  hinein.  Zufriedeu  reckten  sie  die  KOpfe  in 
die  Hohe.  So  —  jetzt  war  die  Herrlichkeit  zu  Ende.  Eine  kurze 


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TK1JI&  --  TKHUK  I  NI)  ZUHtCK.  197 

Rast  benutzte  ich  dazu,  mich  eines  in  6  Monaten  •)  nicht  er- 
lebten  Gastes  (pulex  irritans)  zu  entledigen,  den  ich  au9  dem 
halbcivilisirten  Castell  el-Akhdar  mitgebracht  hatte. 

Wir  mussten  jetzt  trachten,  Teinia  noch  Tor  Einbruch  der 
Nacht  zu  erreiehen.  Nauman,  die  Brust  geschwellt  durch  die 
vergnuglicbe  Aussicht,  noch  heute  Abend  in  seiner  geliebten 
Vaterstadt  einzuziehen,  sang  unermudlich  ein  Lied  nach  dem 
andern.  Fnnf  Kilometer  westlich  von  Teinia  stiessen  wir  noch 
auf  einen  Thurm,  tfser  „Schlfi3slein"  genannt.  Ein  kleiner  Stein 
mit  protoarabischer  Iuschrift  konnte  leicht  aus  der  Mauer  ge- 
brochen  und  aufgeladen  werden;  auf  einem  anderen  war  ab- 
gebildet,  wie  zwei  Manner  mit  einem  vor  eine  Egge  gespannten 
Ochsen  pflugeu. 

Da  eft  stark  zu  dunkeln 
begann,  auch  bereits  einige  f- 
Regentropfen  fielen,  bettflgel- 

ten  wir  nach  Kraften  unsere  n 
Schritte,  so  dass  wir  zwar  bei 

vollst&ndiger  Nacht  aber  doch  re  bene  gesta  und  wohlbehalten 
iu  dem  alten  Standquartier  beim  Statthalter  des  Fursten, 
eAbd  el-'Aziz  el-cEnkri 2),  absteigen  konnten.  Der  Mann  war  von 
unsrer  Ankunft  nicht  sondcrlich  erbaut,  beeilte  sich  auch  gar 
nicht  sehr,  durch  Aufstehen  von  seinem  Platze  uns  zu  begrussen. 
Offenbar  hatte  er  seit  der  Drohung  s),  dass  wir  uns  beim  Emir 
zu  Hajel  fiber  ihn  beschweren  werden,  in  der  Zwisehenzeit 
bereits  ein  Schreiben  von  dort  bekommen,  das  ihm  etwas  auf 
die  Leber  gefallen  war.  Und  das  hatte  wenigstens  ein  Gutes 
im  Gefolge:  er  lies*  sich  herbei,  noch  heute  Abend  far  uns  zu 
schlachten,  was  ich  dem  Geizkragen  eigentlich  gar  nicht  zuge- 
traut  hatte.  Bis  die  Kocherei  zu  Ende  gediehen  war,  drehte 
sich  die  Unterhaltung  urn  Nichts  Anderes,  als  um  die  verschie- 
denen  Raubzuge,  die  in  den   H  Tagen  unsrer  Abwesenheit 

1)  Siehe  Bd.  I.  S.  119.  1  ber  die  Seltenhcit  diese*  Thicre.  tiehe  auch  A.  Musil,  Arabia 
Petrata  IK,  20  f. 

2)  Siehe  oben  Seite  145.  3)  Siebe  oben  Seite  164. 


L 


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108 


ZWdLFTKS  CAPITKL. 


rechts  und  links  von  uns  vorabergezogen  uns  doch  nicht  er- 
reicht  hatten.  Hasan  Aba  Drac  mit  8  Kerlen  von  den  BeTi  sei 
unseren  Spuren  nachgeritten,  urn  unser,  wie  allgemein  geglaubt 
wurde,  goldgefulltes  Gepack  uns  abzunehmen.  Gegen  Abend  war 
sogar  das  Gerflcht  eingelaufen,  er  habe  uns  niedergemetzelt. 
Unter  solchen  Gespracben  mussten  wir  uns  drei  voile  Stunden 
gedulden,  bis  das  Essen  aufgetragen  wurde.  Vor  dem  Scblafen- 
gehen  bettelte  mich  Nauman  um  meine  Keffijjeh  (Kopftuch) 
an,  die  ich  ihm  auch  zuin  Andenken  verehrte. 


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XIII.  CAPITEL. 

Teima. 

7.—  \A.  Man  im. 


Fr.  7.  Marz  1884].  Schon  eine  Stunde  vor  Sonnenaufgang 
tieng  der  thoncht  aufmerksarae  Khatib  cAbdallah ')  aus  Schaljra 
wieder  an,  im  Hofe  durch  laute  Recitation  von  Capiteln  aus 
dem  Koran  seine  Gelehrsamkeit  und  Frfimrnigkeit  zu  bekunden. 
Oh,  was  gabe  ich  darum,  wenn  er  schweigen  wollte!  Zum  Mor- 
genessen  trug  nnser  Hauswirth  wieder  Butter  und  Buttermilch 
auf,  aber  ohne  Brod,  dazu  Datteln  schlechtester  Sorte.  Bald 
kamen  allerlei  Besuche,  damnter  der  persische  Kaufmann  Sul- 
tftn  mit  seinera  mir  unausstehlichen  Gesicht.  Ich  war  froh,  als 
der  Waffenschniied  Zeidan  uns  von  dieser  Gesellschaft  erloste, 
und  una  im  Kasr  ed-Darr2)  em  paar  Inschriften-Steine  zeigte. 
Wahrend  Huber  von  da  nach  Hans  sich  begab,  unterguchte  ich 
mit  Zeidan  den  alten  Stadtwall  im  Westen  der  Stadt,  auf  wel- 
chem  eine  sehwach  1  Meter  breite  Steinmauer  hinlief.  An  einer 
Stelle  waren  noch  die  Grundmauern  eines  viereckigen  Thurmes 
zu  erkennen.  Bei  der  ganzlich  zersetzten  Beschaffenheit  meiner 
Sandalen  babe  ich  den  ganzen  Weg  barfuss  zurilckgelegt, 
und  kehrte  nach  drei  Stunden  nittd  und  durstig  heim.  Huber 
hatte  unterdessen  sich  mit  der  Beschaffung  von  Kameelen  zur 
VVeiterreise  bemuht.  Das  Geschaft  hat  aber  seine  Haken.  In 
der  ganzen  Stadt  ist  nur  ein  einziges  gutes  Delul  aufzutreiben, 
fur  das  der  Besitzer  60  Megldi  (etwa  200  Mark)  verlangte,  und, 
weil  wir  nicht  gleich  zugriffen,  uns  als  spateren  Kaufpreis  100 

1)  Vgl.  oben  S.  162. 

2)  Vgl.  oben  S.  157. 


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200 


KKKIZEHNTF.S  CAP1TF.U 


Megidi  in  Aussicht  stellte.  Desshalb  soli  morgen  Nauman  mit 
dem  Schech  'Awwad  von  den  Fukarft  zu  deren  Lager  reiten, 
uni  wo  mtfglich  zwei  9tarke  Kameele  zu  kaufen.  —  Abends  kam 
nochraals  Zeidan  und  brachte  niir  /.wei  aii3  Stein  geschnittene 
Pfeifenk6pfe '). 

Sa.  8.  Mar/  1SS4].  Zum  Morgenessen  waren  wir  bei  Fahad 
et-'J'alafc  eingeladen.  Hier  stellte  sich  aueh  der  durch  den  Mesch- 
hgdi  verhetzte  Pfaffe  Muhammed  el-cAtidz2)  ein,  in  der  eitlen 
Hoffnung,  wir  wflrden  seinen  Stein  urn  jeden  Preis  kaufen.  Um 
10  Uhr  brachen  Nauman  und  cAwwad  zu  den  Fukara  auf. 

Gegen  Mittag  ritten  wir  mit  cAbd  el-cAziz  er-Rumman  und 
einen  gewissen  A'tallah,  dessen  Delul  wir  zugleich  probiren 
wollten  (und  uachher  aueh  wirklich  um  50  Megidi  =  180  Mark 
gekauft  haben),  in  den  Osten  des  Teimaner  Beckens.  Nachdem 
wir,  den  Salzsumpf  links  lassend,  die  Bachrinne  gekreuzt  bat- 
ten, stiessen  wir  auf  den  im  (Men  der  Stadt  nach  Norden 
verlaufenden  alten  Stadtwall;  nicht  weit  dahinter  wurde  die 
Niederung  begrauzt  durch  eine  im  Bogen  verlaufende  Felswand, 
Rar  el-hamam3)  genannt,  in  deren  zerrissenen  Scbluchten  sich 
eine  Anzahl  kutischer  und  thamudischer  Inschriften  fanden. 
Bei  dem  rasenden  Winde  war  es  unmoglich,  Papierabdrucke  zu 
machen ;  ich  begnilgte  mich  rait  Abzeiehnung. 

So.  9.  Marz  1S84J.  Morgens  bei  Tueni  zum  Fruhstuek.  Hier 
erschien  Einer,  und  wollte  uns  wieder  ein  Kameel  zum  Kauf 
anbieten ;  er  solle  es  lierbringen,  damit  man  e3  ansehen  k6nne. 
Darnach  schleppte  ein  Anderer  einen  „Insehriften-Stein"v  ins 
Haus,  und  war  ganz  niedergesehlagen  zu  vernehmen,  dass  auf 
dem  Stein  nichts  Gescbriebenes  sei.  —  Ober  Mittag  nahm  der 
Sturm  an  Heftigkeit  zu,  so  dass  man  nicht  gut  in's  Freie  konnte. 

Der  von  Hajel  mitgebrachte  Tabak  ist  jetzt  zu  Ende.  Wohl 
oder  ilbel  muss  ich  mich  jetzt  zu  dem  hiesigen  „grunen"  be- 
quemen.  Das  ist  aber  nicht  so  einfach.  Zuerst  muss  er  ausge- 

1)  Vgl.  oben,  S.  185. 

2)  Vgl.  obeu,  S.  laS. 

3)  jUi  JU.  BTaubcnlocb  " 


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TEIM&. 


201 


lesen  werden,  denn  dem  grunen  Gewachs  ist  aller  mOgliche 
Unfug  beigemischt,  als  da  ist:  Erde,  kleine  Steine,  Palmbast, 
Wolle,  Dattelkerne,  Schafbollen  und  Ahnliches. 

Nach  deren  Beseitigung  kann  man  rechnen,  mindestens  Vs 
weniger  im  Besitz  zu  haben.  Der  Tabak  brennt  ilberdies  nur 
so  lange,  als  erne  ghlhende  Kohle  darauf  liegt.  Naturlich  konnte 
ich  keine  sonderliche  Befriedigung  uber  die  neue  Erwerbung 
kundgeben;  da  raeinten  sie,  der  sei  gar  nicht  so  ubel,  in  el- 
e0la  werde  ich  einen  viel  schlechteren  bekomraen,  (—  ich  soli 
also  noch  tiefer  sinkenH— );  in  Tebuk  seien  die  Leute  mit 
Malven  zufrieden,  und  anderwarts  kriege  man  uberhaupt  Nichts. 
Der  infame  Meschh£dl  Sultan ')  durchschaute  meinen  Seelenzu- 
stand,  und  gedachte,  ihn  sofort  auszubeuten;  er  bot  mir  «aus 
Freundschaft"  —  o  Hundesohn  —  ein  $ae  (Masslein)  hellgel- 
ben  Schawerl  far  2  Megidi  (7  Mark)  an,  und  als  ich  dies  mit 
dem  Beraerken  ablehnte,  dass  ich  in  Hajel  nie  weiter  wie  3/4 
Megidi  gezahlt  habe,  meinte  er  hohnisch:  „8o  kauf  dir  eben 
deinen  Tabak  in  Hajel,  der  meinige  kostet  jetzt  3  Megidi."  — 
Wie  mir  eine  ghlhende  Kohle  auf  die  Kleider  flel,  dass  sie 
rauchten,  riefen  Alle  nach  hiesigem  Brauch :  „Der  cAbd  el-Wahhab 
ist  Brautigam  !"a). 

Nachmittags  trafen  in  unsrem  Haus  als  Gaste  bei  cAbd  el- 
cAziz  el-cEnkri  4  edle  Raubritter  und  Diebsgesellen  ein,  Scham- 
mar-Beduinen  (Singari).  Unter  Ffthrung  ihres  Schechs  paifallah 
el-Maceidzel 3)  waren  sie  auf  zwei  Delulen  gerade  aus  von  Gyob- 
beh4)  hiehergeritten,  urn  im  Gebiet  der  Belt  Freibeuterei  zu 
treiben.  Ihre  Hoffnung  ist,  den  Hasan  Abu  DraC5)  abzufangen, 
was  wir  ihnen  gerne  g6nnen  mochten.  Abends  langten  noch  4 
Hetman  (Huteimi)  an,  die  mit  Ausniltzung  des  Fruhjahrs  eben- 
falls  hier  ihr  Gliick  versuchen  wollten;  sie  wurden  bei  Tueni 


])  Vgl.  ubeii,  S.  149  und  105. 

3)  JJLjlU  aIJS  v^Lyto  [H.:  Defallih  el-Meefedzil." 

4)  S.  Bd.  I.  S.  HI  ff. 

5)  S.  obeu,  S.  198. 


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202 


I'llEIZEIlNTES  CAl'ITKI.. 


untergebrachti  Bei  diesem  Letzteren  haben  wir  mitsammt  der 
ganzen  Bande  zu  Nacht  gegessen,  herzlich  schlecht,  eingestampfte 
Gerste  [und  Mais?],  aber  ohne  Brod  oder  sonstige  Zugabe.  Als 
wir  endlich  nach  Hause  durften,  machten  wir  unser  Nacht- 
lager  zurecht  im  Hofe,  und  uberliessen  den  Gastraura  den  vier 
Singari,  unter  denen  ein  Schnarcher  ersten  Ranges  —  ruck- 
warts  dumpf  rOchelnd,  vorwarts  sagend  und  pfeifend  —  die  ganze 
Nacht  hindurch  seine  Kunst  practicirte. 

Mo.  10.  Marz  18b4].  Morgens  hat  eAbd  el-eAziz  el-'Enkri  uns 
bloss  Datteln  und  Sauermilch  vorgesetzt,  aus  Geiz,  um  das 
theure  Brennholz  zum  Kochen  zu  sparen.  In  jedem  Zuchtbaus 
unsres  Vaterlandes  werden  die  Insassen  besser  genahrt,  als  wir 
in  diesem  Hause  der  Bewirthung.  Die  heuchlerischen  Worte, 
welche  beim  Abtragen  des  Essens  dem  Gastwirth  gespendet 
werden:  ,Wonnen  Gottes  tiber  Dich!"  l),  klangen  wie  schnei- 
dender  Hohn,  wurden  aber  von  ihm  ohne  ein  Zucken  der 
Wimpern  eingesteckt.  Der  ebenfalls  zum  Essen  geladene  Khatib 
eAbdallah  leistete  aus  Dankbarkeit  sein  Moglichstes  im  Rulpsen, 
und  stocherte  sich  mit  einem  zugespitzten  Kameelstecken  die 
Zahne  aus. 

Nachdem  die  Kaubritter,  begleitet  von  unsren  Segenswunschen 
abgezogen  waren,  begaben  wir  uns  zu  einem  gewissen  Mahmud 
el-cAlawi,  der  uns  zum  Kaflfee  erwartete.  Die  Palmengarten, 
an  denen  wir  auf  dem  Weg  vorboi  kamen,  boten  einen  lieb- 
lichen  Anblick;  zwischen  den  durch  Rebenranken  verbundenen 
Palmen,  waren  vielfach  Pfir3ichbaume  gepflanzt,  die  zur  Zeit 
iu  prachtvoller  BlQte  standen.  Bis  wir  nach  Hause  kamen, 
hatte  der  Diener  Mali  mud  eine  Wasche  abgehalten,  und  zur 
Beschamung  des  Hauswirths  far  uns  Brod  gebacken.  Der  Neger 
des  Hauses,  Nassar,  war  behilflich  den  grossen  aramaischen  Stein 
in  Palmbast,  Packtuch  und  in  eiuen  Beduinenteppich,  fur  den 
ich  4  Megidi  bezahlte,  einzupacken.  Die  anderen  Steine  stehen 
schon  seit  gestern  im  Hofe  zur  Weiterbeftfrderung  verschnurt. 

i)  eU*  *L»I  rL«J<. 


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TKIM&. 


203 


Der  Neger  ausserte  das  Verlangen,  mit  uns  reisen  zu  dtirfen. 
Hier  in  Teima  sei  ein  8chlechtes  Land,  dabei  zeigte  er  auf 
seinen  hohlen  Bauch;  wenn  er  mit  uns  gehen  dilrfte,  wilrde 
sein  Bauch  gefilllt  und  recht  sch6n  gewClbt. 

Abends  bei  cAbd  el-cAziz  er-Rumman  zu  Nacht  gegessen: 
Reis  mit  Brod,  Schmalz  und  hart  gesottenen  Eiern,  einem  lang 
entbehrten  Gericbt.  Bei  der  Unterhaltung  wurden  alte  Gedichte 
auf  Teima  bezuglich  vorgetragen,  von  denen  ich  aber  so  gut 
wie  Nichts  verstand.  Auch  erzahlten  sie  von  einem  tief  aus 
dem  Lehm  eines  Gartens  ausgegrabenen  Skelett  sammt  Schadel, 
an  welchem  noch  die  Haut  erhalten  gewesen  sei. 

Di.  11.  Marz  1884].  Heute  hat  —  o  Wunder  —  unser  scha- 
biger  cEnkri  es  aber  sich  gebracht,  Reis  zu  den  Datteln  des 
Frdhstucks  zu  liefern.  Wahrend  des  Essens  fttllte  sich  der 
Ktfbawah  mit  Zuschauern,  wahrecheinlich  von  el-cEnkri  eigens 
bestellt  als  stumme  Zeugen  der  edlen  Bewirthung  seiner  Gaste.  — 
A'tall&h,  von  dem  wir  das  eine  Kameel  gekauft,  dictirte  dem 
Diener  Mali  mud  einige  auf  Teima  bezugliche  Verse.  Von  der 
frttheren  Geschichte  der  Stadt  erzahlten  sie  unklare  Fabeln: 
Die  Stadt  sei  im  Laufe  der  Zeiten  durch  drei  Katastrophen 
vollstandig  zerstOrt  und  jedesmal  wieder  neu  besiedelt  worden. 
Ursprunglich  sei  es  ein  „Land  der  Christen"  gewesen.  Ferner 
habe  hier  ein  grosser  Schech  Bedr  ibn  Gy6har  geherrscht; 
spater  seien  die  Bani  Hilal  ins  Land  gekommen.  Auch  seien 
hier  Mflnzen  geprftgt  worden  mit  der  Aufschrift  Bgepragt  in 
Tama*' '),  denn  Tuma  sei  die  alteste  Namensform  der  Stadt 
gewesen.  Trotz  der  Verspreehung  von  gutem  Geldgeschenk  war 
es  mir  nicht  mOglich,  eines  dieser  angeblich  hier  gefundenen 
Geldstacke  zu  Gesicht  zu  bekomraen.  Da  es  nie  zu  erreichen 
ist,  ein  Zimmer  oder  auch  nur  einen  verschliessbaren  Hof  auf 
einige  Zeit  fur  sich  zu  erhalten,  da  vielmehr  alle  Bewohner 
einer  Ortschaft  es  fur  ein  Menschenrecht  erachten,  die  Gaste, 
und  vollends  so  seltene  V6gel  wie  wir  sind,  in  jedem  Augen- 

i)      S  v/'- 


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204 


IHtKl/KHNTKS  CAl'lTKI.. 


blick  zu  betrachten,  war  ich  heute,  —  wo  ich  das  Bedurfhiss 
fahlte,  mir  nicht  nur  den  Schadel  durch  den  Diener  Mahraud 
glatt  rasiren  zu  lassen,  sondern  uberhaupt  einmal  wieder  vom 
Haupt  bis  zu  den  Zehen  mich  grftndlich  zu  waschen  —  geno- 
thigt,  dies  Geschaft  im  otfenen  Hofe  vorzunehmen.  Zwei  der 
gerade  im  Ktfhawah  anwesenden  Be3ucher  konnten  .sich  nicht 
versagen,  durch  die  Thflre  herauszugucken,  wie  und  was  da 
vor  sich  gehen  sollte.  Alles  war  far  sie  neu.  Wozu  ein  Schwamm, 
von  dem  sie  bis  dahin  nicht  einmal  den  Namen  gehOrt  hatten  ? 
Was  soli  die  Bart-  und  gar  die  Zahnbflrste?  Auch  noch  eine 
Waschschussel,  und  ein  Handtuch  zum  Abtrocknen!  Auf  Be- 
fragen,  aus  was  far  Haaren  die  Barsten  bestehen,  hatete  ich 
mich  wohl,  sie  aber  die  Schweinsborsten  aufeuklaren,  gab  viel- 
mehr  die  Auskunft,  die  stammen  von  Gazellen  aus  dem  Christen- 
land,  worauf  sie  er3taunt  und  befriedigt  die  Barsten  durch  die 
Hand  gehen  liessen.  Bei  dieser  Gelegenheit  stellte  ich  test, 
dass  meine  Zehen  allrn&hlig  ihre  Gestalt  verfmdern.  Sie  fflhlen 
sich  von  unten  nicht  mehr  wie  vier  gepresste  MosaikwOrfel  an, 
strecken  sich  in  die  Lange,  sind  fester  geworden,  haben  auch 
die  Fahigkeit  gewonnen,  sich  einzeln  auf  und  ab  sowie  seit- 
warts  zu  bewegen,  kurzutn  sind  ganz  lustig  und  brauchlich. 
Mitleid  erfallt  tnich  bei  dem  Gedanken,  dass  sie  einmal  wieder 
in  ein  Ledeifutteral  gezwangt  werden  sollen! 

Die  Bettelei  urn  meinen  cAkkal  (Kopfstrick)  ist  gar  aufdring- 
lich.  Seit  —  weiss  nicht  woher  —  bekannt  ist,  dass  ich  noch 
einen  zweiten  uagelneuen  cAkkal  besitze,  sind  mir  funfPersonen 
aufsfissig  rait  dem  Ansinnen,  ich  soil*?  ihnen  den  von  mir  ge- 
w6hnlich  getragenen  verehren;  er  sei  aberdies  far  mich  nicht 
mehr  sch6n  genug. 

Nachmittags  begaben  wir  uns  mit  cAbd  el-eAziz  el-'Enltri  zu 
dem  in  Sftdosten  des  Stadtgebietes  gelegenen  Platz,  wro  sich 
die  schon  fraher ')  bemerkten  Saulenreste  befanden.  Auf  diesem 
Gang  lief  uns  der  Meschhecli  Sultan  in  die  Quere,  und  behaup- 

1)  5>.  oben,  S.  158. 


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TKlMiV 


205 


tete^einen  grossen  Inschriftenstein  zu  kennen,  den  er  wohl 
dem  Huber  zeigen  wollte,  aber  ich  durfe  nicht  dabei  sein. 
Huber  benierkte  scherzhaft :  „Das  raacht  Nichts,  wenn  auch  der 
cAbd  el-Wahhab  dabei  ist,  wir  verbinden  ihui  halt  die  Augeu". 
Auf  dem  ehemaligen  Tempelplatz  —  jetzt  leider  Begrabniss- 
statte  —  angekommen,  zeigte  uns  el-cEnkri  ausser  den  zu  Tag 
tretenden  Saulensttlmpfen  noch  einige  andere  Stellen,  von  denen 
er  behauptete,  dass  darunter  im  Boden  noch  ahnliche  Steine 
verborgen  stecken.  Ob  hier  —  was  ja  gar  nicht  unwahrschein- 
lich  ist  —  der  Tempel  des  Gottes  $elem  von  Hag  am ')  stand, 
wird  sich  erst  spater  einmal  durch  Ausgrabungen  eines  gluck- 
licheren  Forschungsreisenden  feststellen  lassen.  Am  liebsten 
hatte  ich  naturlich  gleich  selbst  gegraben,  schutzte  indess  Scheu 
vor  Verletzuug  des  Ruherechts  der  Todten  vor,  und  lehnte, 
um  die  Sache  harmlos  erscheinen  zu  lassen,  die  sofort  an  einer 
gleichgiltigen  Stelle  angebotene  Ausgrabung  far  ein  audermal 
ab.  Etwa  100  Schritt  weiter  nach  Osten  siud  Spuren  einer  ahn- 
lichen  Anlage,  die  vvobl  auch  ein  Tempel  gewesen  sein  mag. 

Abends  bei  Garallah  ungewOhnlich  gut  gegessen:  Reis  mit 
gebratenem  Fleisch  (was  iiusserst  selten  ist),  dazu  viele  Truf- 
feln,  aus  denen  allerdings  die  Steinbrocken  nicht  ganz  ausge- 
lesen  waren.  Der  gutmuthige  Khatib  'Abdallah  schob  mir  beim 
Essen  die  besten  Stucke  zu.  Spater  kam  noch  Talak,  der  Sohn 
des  Fahad,  um  uns  im  Namen  seines  Vaters  fur  morgen  zum 
Essen  einzuladen.  Er  erzahltc  von  einem  antiken  Kupfergetass, 
das  er  in  der  Sebkhah  (Salzsumpf  im  Norden)  ausgegraben  habe 
und  zu  llause  besitze.  -  . 


gelegt.  Die  unterste  allein  ubrig  gebliebene  Trommel  war  in  zwei 

l)  s.  obcn,  s.  15a  nr. 


Mi.  12.  Marz  1884].  Mein  erster  Ge- 
danke  war  abermals  der  Tempel.  Also 
gleich  wieder  an  Ort  und  Stelle.  Dort 
hatten  sie  noch  im  Laufe  des  gestrigen 
Tages  bereits  einen  Saulenstumpf  bloss- 


Siulcn»tuin|if  in  Teimft. 


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206  MIKIZEHNTES  CAHTF.I- 

Halften  gearbeitet;  sie  mass  210  cm  im  Umfang  nnd  ruhte 
auf  einem  mortellosen  Steinpflaster.  Die  Nahe  der  modernen 
Graber  hinderte  an  weiteren  Bloslegungen. 

Von  da  begaben  wir  uns  zum  tfasr  ed-Dalr,  um  den  oft  an- 
gekaudigten  und  von  dem  Meschh&li  zu  einem  Werthstnck  von 
100  Megidi  aufgeblahten  Stein  in  Augenschein  zu  nehmen.  Der- 
selbe  befindet  sich  auf  der  Nordostecke  des  Gebaudes  etwa  1 
Meter  uber  dem  Boden  in  die  Mauer  eingelassen,  1st  etwa  l'/i 
Meter  lang  und  tragt  eine  in  elendem  Kftfi  eingemeisseite 
Inschrift. 

Abends  bekamen  wir  bei  Fahad  einen  arg  verpfeflerten  Reis. 
Als  wir  nach  Hause  zuruckkehrten,  stand  Nauman  mit  einem 
Beduinen  von  den  Fukara  da.  Er  hatte  ein  Delul  fur  68  Me- 
gidi  gekauft.  Die  Beiden  hatten  heute  von  einer  Gegend,  Ekrae') 
genannt,  einen  starken  Marsch  hieher  gemacht;  desshalb  sahen 
auch  die  Thiere  sehr  erniodet  aus.  Wenn  es  uns  nicht  noch 
gelingt  ein  funftes  kraftiges  Thier  aufzutreiben,  k6nnen  wir 
die  schweren  Steine  nicht  mitnehmen,  sondera  mflssen  darauf 
bedacbt  sein,  sie  durch  eine  andere  Gelegeuheit  nach  Uftjel  zu 
schaffen,  und  bei  dem  dort  gelassenen  grossen  Gepack  fur  bes- 
sere  Zeiten  aufstapeln  zu  lassen. 

Nach  dem  letzten  Gebet  ruck  ten  noch  die  ublichen  Tagdiebe 
an.  Der  Meschhe'di  behauptete  alien  Ernstes,  die  Christen  des 
Abendlandcs  hatten  den  Telegraphen  gar  nicht  erfunden.  Im 
fIrak  habe  man  schon  im  grauesten  Alterthum  diese  Kunst  ge- 
ubt.  Da  von  auderer  Seite  sich  schuehterner  Zweifel  vernehmen 
liess,  hielt  unser  Hauswirth  el-cEnkri  sich  far  verpflichtet,  sei- 
nem  persischen  Freunde  beizuspringen  und  versicherte,  dem 
Sal omo,  Davids  Sohn,  sei  der  Telegraph  bereits  bekannt  gewesen. 

Do.  13.  Marz  1884].  Nachdem  stadtbekannt  geworden  war, 
dass  Naumau  08  Megidi  far  das  Delul  bezahlt  hatte,  wurden 
uns  hinter  einander  3  Kameele  ins  Haus  gefQhrt,  und  unver- 
schamte  Preise  dafilr  verlangt.  Wir  beharrten  auf  unsrem  Ent- 

i)  t/M 


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TKIM&. 


207 


schluss,  die  Steine  vorl&ufig  hier  zu  lassen,  und  verzichteten 
auf  die  Erwerbung  weiterer  Thiere.  Dureh  den  beabsichtigten 
Kameelshandel  strfimten  viele  nasenweise  Leute,  die  gar  nichts 
dabei  zu  than  hatten,  ins  Haus,  bo  dass  der  ganze  Rtfhawah 
zeitweise  vollgepfropft  mit  Menschen  war.  Sie  hatten  wohl  Alle 
gehofft,  die  Auszahlung  des  Geldes  zu  erleben  und  sich  wenig- 
stens  am  Anblick  des  vielen  Silbers  zu  erlaben.  Da  blieb  nichts 
Anderes  ublich,  als  sie  kurzer  Hand  aus  dem  Local  hinauszu- 
complimentiren.  Nach  ihrem  Abzug  verspflrte  ich  am  eigenen 
Leib  lebbafte  Hinterlassenschaft '),  und  begab  mich  abseits  zu 
einer  ergiebigen  Jagd  in  den  Nahten  meines  Hemdes. 

Da  wir  heute  noch  von  Teima  zu  scheiden,  und  die  Weiter- 
reise  nach  el-tfegr  anzutreten  hatten,  wurde  alles  Gepack  noch- 
raals  nachgesehen,  in  die  Kameelstaschen  verstaut,  die  Waffen 
geprQft,  Mundvorrath  und  Schlauche  gesiehert,  kurzum  Alles 
zum  unverzilgliehen  Auf  bruch  NOthige  bereit  gelegt.  Die  In- 
schriftensteine  wurden  dem  cAbd  el-cAziz  el-cEnkri  zur  Ver- 
wahrung  bis  auf  Weiteres  in  seiuem  Jvasr1)  uberantwortet. 

Ehe  wir  aber  wirklich  auf  brechen  konnten,  wurden  wir  noch 
zu  einem  fflr  hiesige  Verhaltnisse  lucullischen  Mahle  abgeholt 
in  das  Haus  eines  gewissen  Ret  ibn  Dawwas5).  Dieser  Mann, 
eine  Reisegefahrte  Huber's  von  seiner  ersten  Reise  her,  war 
die  letzten  Woehen  von  Teima  abwesend  gewesen  und  erst 
gestern  hieher  zurflckgekehrt.  Er  hatte  die  Artigkeit,  die  Mahl- 
zeit  auf  die  aussergewOhnlich  frahe  Stunde  um  3  Uhr  Nach- 
mittags  zu  richten,  damit  wir  heute  noch  ein  gutes  Stuck  vor- 
warts  kommen  konnten. 

Um  4  Uhr  kehrten  wir  in  unser  Absteigquartier  zurflck,  ver- 
abschiedeten  uns  mit  Dank  von  dem  Hauswirth  eAbd  el-cAziz 
el-cEnljri  und  von  den  anderen  anwesenden  Notabilitaten,  und 
verliessen  3 \  Stunden  spater  Teima. 

1)  S.  1W.  I,  S.  120.  • 
3)  LT'i^  yS>^£" 


2)  S.  obcn,  S.  154. 


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XIV.  CAPITEL. 
Telmft  —  el-Hegr  —  eVOhu 

'M.  Mara  18H4. 

it  a  Tit 

Vud  TciinA  n.ch  el-^OU. 

Do.  13.  Marz  1884.  Fortsetzung].  Die  Sonne  neigte  sich  stark 
gegen  Westen,  als  unsre  kleine  Karawane  die  Stadt  verliess. 
Wir  wareu  4  Personen:  Huber  und  ich,  der  Diener  Mahmud 
und  als  Fuhrer  Nauman,  auf  zusammen  4  Kameelen.  Auf  dem 
schwanken  Rucken  meines  Delul  war  mir  ganz  wonniglich  zu 
Muth,  als  wir  die  letzten  H&user  hinter  uns  batten ;  denn  erstens 
gieng  es  wieder  in  die  Waste,  in  die  freie  Welt  hinaus,  dann 
aber  war  mir  die  Brust  geschwellt  von  dem  Gedanken,  dass 
ich  mit  jedem  Schritt  dera  eigentlichen  Ziele  meiner  Reise 
naher  ruckte,  dass  ich  in  den  uachsten  TageD  schon  die  Stat- 
ten  meiner  Sehnsucht,  die  Grabdenkmaler  von  el-tfegr  und 
die  Ruinen  von  el-c0la  zu  Gesicht  bekommen  sollte.  Es  focht 
mich  wenig  an,  als  Nauman  uns  erOffnete,  dass  uns  zweiTage 
scharfen  Ritts  in  nicht  ganz  sicheren  Gegenden  bevorstehen. 


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TKIM&  —  KI/-ME(iR  —  FA.-^l.K.  209 

War  ich  docb  mit  Energie  geladen  und  begehrte  Nichts  hflher, 
als  Anstrengungen  und  Fahrlichkeiten  jeglicher  Art  zu  bestehen. 
Aus  dem  Teimaner  Becken,  das  im  Sfidosten  durch  den  die  ganze 
Gegend  beberrschenden  Gebirgsstock  des  Gebel  Ranfim  flber- 
ragt  ist,  zog  sicb  unser  Weg  durch  eine  langsam  bis  zu  etwa 
100  Meter  HOhe  ansteigende  Mulde.  Diese  war  in  einer  Breite 
von  etwa  1  Kilometer  und  in  einer  Langenausdehnung  von  3 
oder  gar  4  Kilometern  ubersat  mit  nur  zum  Theil  reihenweise 
angeordneten  Erd-  und  Steinhaufen.  Ab  und  zu  konnte  man 
verfallene  viereckige  kleine  und  ganz  niedrige  Steinhauser  un- 
terscheiden,  ahnlieh  wie  in  der  Todtenstadt  Sch6har').  Hatten 
mir  doch  die  Leute  in  Teima  wahrend  der  vielen  mussig  ver- 
geudeten  Zeit  irgend  eine  Andeutung  gemacht  von  dem  Vor- 
handensein  dieses  alten  Begrabnissplatzes !  Hier  mussten  doch 
rait  aller  Wahrscheinlichkeit  ganz  wichtige  AufschlQsse  uber 
die  altesten  Bewohner  der  Stadt  zu  gewinnen  sein!  Sollten 
denn  da  nicht  der  eine  oder  andere  interessante  Grabstein  oder 
Inschriften  verborgen  stecken?  Am  liebsten  ware  ich  rasch  ab- 
gestiegen,  um  doch  auch  nur  ein  paar  der  Beachtung  werth 
scheinende  Stellen  in  der  Nahe  zu  untersuchen.  Allein  Huber 
widerrieth  jede  Unterbrechung  des  Marsches,  und  ich  musste, 
wenn  auch  ungeru,  seinem  Einspruch  Rechnung  trageD. 


Nekwpole  von  TeimA. 


Wir  ritten  also  weiter,  nachdem  die  Nacht  eingesetzt  hatte, 
zunachst  ohne  Mondschein,  und  lagerten  schliesslich  eine  Stunde 
nach  Aufgang  des  Mondes,  gegen  9  Uhr,  an  einer  ziemlich  ver- 
borgenen  Stelle,  Khiiba  2). 

1)  S.  oben,  S.  178 — 180. 

2)  _j-^>  [Der  Name  bedcutot  Versteck.] 

14 


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- 


210 


VlKRZEHNTES  CAWTKL. 


Fr.  14.  M&rz.  1884].  Mit  der  Sonne  aufgebrochen.  Die  Mulde 
el-Lebiddeh durcb  die  tinser  Weg  vier  Stunden  lang  verlief, 
war  durchsetzt  von  zabllosen  abenteuerlichen  kleinen  Sand- 
steinfelsen.  Die  absonderlicben  Formen  sind  zu  erklaren  aus 
der  Wirkung  des  Windes,  der  mit  seinen  Sandwirbeln  in  erster 
Linie  die  weicheren  Scbicbten  wegfegt,  wahrend  die  hftrteren 
oft  weit  auskragende  Platten  oder  andere  seltsame  Gebilde 
aufweisen. 

Gegen  Mit  tag  giengen  wir 
in  die  Landschaft  ed-Dirs1) 
fiber,  in  der  sich  an  den  brau- 
nen  Felswanden  eine  Menge 
von  Thiergestalten  aller  Art  und  thauiudische  Inschriften  in 
Masse  fanden.  Wegen  der  Gefahrlichkeit  der  Gegend  konnten 
wir  hier  nicht  lange  verweilen,  und  der  schneidende  Wind  er- 
schwerte  das  Copiren  ungemein. 


Siuidtteinfelaen. 


Thamudiwbe  Zeichnungen  und  loschriften.  J) 

s 

Bei  Sonnenuntergang  und  bei  noch  immer  sich  steigerndera 


1)  aJcJJ!. 


2)  jSxJCI  y. 


[8)  Die  thamuditchen  Zeicbcn  uuter  dem  Pfcrde  euthahen  den  Namen  des  kuustlen 
wahrscheinlich  Li^ju*  hiess,  oder  eveutuell  Ltfrakdn.  Unter  dem  Ochseu  and  deal  Steinl 
steht  noch  eiue  andere  Inschrift,  die  mit  den  Bildern  nichu  zu  than  hat.  Sie  Unlet: 

]H  rn<3>  "ja  ODD-  I>"  "are  arabi«;h  L?  ^Lj  ^jj  —  cin  Hcitrag  *ur  Skatolojrie. 


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TEIM&  —  KL-tfKGR  —  Kl.-'oLA. 


211 


Wind  kamen  wir  in  die  Nahe  von  zwei  Wasserplatzen :  der 
erste  soli  aus  12  Brunnen  bestehen  und  heisst  Rheijan1);  der 
zweite,  aus  3  Wasserlochern  bestehend,  liegt  hinter  einem  Sand- 
steinberg  el-'AS&rah l),  mit  einer  Warte  auf  der  Spitze,  die  als 
Tamajil3)  bezeichnet  wurde.  Hier  rasteten  wir,  urn  etwas  zu 
kochen,  indess  die  Thiere  an  dem  reichlichen  Grunfutter  sich 
erlustirten.  In  der  Nahe  einer  Wasserstelle  zu  dbernacbten, 
ist  imuier  gefahrlich,  und  so  entschlossen  wir  uns  in  der  Nacht 
nach  einigen  Stunden  weiter  zu  reiten.  Vor  uns  debnte  sich 
eine  Einsenkung,  deren  Grundflftche  ohne  jedweden  Humus  aus 
einem  fugenlosen,  glattgefegten  Sandsteinboden  bestand. 


Binnen  Kurzem  trat  stockfinstere  Nacht  ein ;  denn  der  Mond 
kam  erst  nach  9'/«  Uhr  herauf.  Wohl  durfte  man  ahnen,  — 
was  mir  flbrigens  schon  in  tfajel  angedeutet  worden  war,  — 
dass  an  den  glatten,  geradezu  herausfordernden  Steinwanden 
rechts  und  links  Bilder  und  Inschriften  angebracht  seien ;  allein 
ich  betaubte  mein  epigraphisches  Gewissen  mit  sehr  uber- 
zeugenden  GrQnden:  1)  war  es  vollatandig  dunkel;  Licht  nicht 
zu  beschaffen;  2)  in  der  gefahrlichen  Gegend  war  es  gar  nicht 
rathsam,  abzusteigen  und  sich  bemerklich  zu  machen;  3)  die 

Hier  hatte  man  alto  eine  genaue  Parallele  /.u  den  Inschriften  von  Thera  wie  etwa  'Afior/uva 
5iT(h)f  Kpfpmv  Tf(7)i»;  vgl.  Inscriptiooes  Graecac  Insularuin,  eel.  Hiller  de  Gaertringen, 
Berlin,  1898,  No.  6S8.  —  Die*  thamudischc  Inschrift  wird  von  einem  Siiidter  •tammcn;  denn 
bei  deu  Beduioen  ist  in  alter  und  neuer  Zeit  die  Paderastie  gliicklicberweiac  so  gut  wie  un- 
bekannt., 

1}  GC^r  2)  Zjl^Jcl 


Sandsteiuformation. 


3) 


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212 


VlKHZKllNTKS  <  \PITKI-. 


Ermtidung  nach  mehr  als  zwGlfstOndigem  Ritt  konnte  doch  auch 
als  Entschuldigung  gel  ten. 

Nachta  1 2  Uhr  stiegen  wir  von  den  Thieren.  An  verborgenem 
Feuer  verbrachten  wir  noch  7*  Stunde  und  legten  uns  dann 
ziemlich  mflde  zum  Schlaf  nieder. 

Sa.  15.  Marz  1S84].  Eine  halbe  Stunde  vor  Sonnenaufgang 
waren  wir  schon  wieder  im  Sattel.  Der  Weg  senkte  sich  gleich 
einer  breiten  Gasse  langsam  abwarts.  Auf  eintnal  erblickten 
wir  links  vor  uns  einen  Beduinen  mit  einer  Flinte,  der  trotz 
unsrem  Anrufen  nicht  anhielt,  vielmehr  erschreckt  im  schnell- 
sten  Lauf  einen  Sandsteinklotz  erkletterte  und  gegen  Osten 
Zeicben  mit  den  Armen  machte.  Da  anzunebinen  war,  dass  or 
als  Wachtposten  hier  aufgestellt  sei,  rusteten  wir  die  Waffen 
und  sandten  gleichzeitig,  zur  Bekundung  unsrer  friedlichen  Ab- 
sicbt,  den  Nauman  zu  Fuss  und  ohne  Waffen  zu  ihm  hinauf. 
Es  war  ein  dem  Nauman  von  frflher  her  bekannter  Fedzir,  d.  h. 
dem  Stamm  der  Ful>ar&')  angehOrig,  diesem  erst  in  letzter  Zeit 
durch  den  Emir  zu  yajel  unterworfenen  Stamm,  der  noch  immer 
als  unzuverlassig  gilt.  Um  ihm  Muth  zu  machen  und  ihn  nicht 
zu  verscheuchen,  ritten  wir  rubig  weiter,  so  dass  er  sich  be- 
wogen  fahlte,  mit  Nauman  zu  Fuss  hinter  uns  dreien  zu  kom- 
men  und  sich  ein  Stuck  uns  anzuschliessen.  Er  war  bekleidet 
rait  Hemd,  Lederjacke  und  Kopftuch,  bewaffnet  mit  Lunten- 
flinte  und  statt  einer  Lanze  mit  einer  Hakenstange,  wie  roan 
sie  auf  den  Bildern  von  der  Ersturmung  der  Bastille  sieht. 

Kurz  danach  sahen  wir  zwischen  den  Felsen  durch, 
in  einer  Entfernung  von  drei  oder  vier  Kilometern, 
gegen  Osten,  von  der  aufgehenden  Sonne  beschie- 
nen  die  Zeltt?  der  Fiikara  inmitten  einer  weitzer- 
streuten  Kameelheerde  von  ilber  tausend  Thieren. 
Beduino.  Es  dauerte  nicht  lang,  so  ersehienen  bei  uns  drei 

von  den  Beduinen  und  luden  uns  ein,  bei  ihnen  abzusteigen, 
was  wir  aber  dankend  ablehnten.  Nachdem  sie  eine  Viertel- 


1)  Das  f  wird  vor  i  und  andercn  hcllen  Vocalen  zu  dz,  vgl.  Band  I,  S.  VIII. 


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TKIJHU  —  KI.-HEliK  —  KI.-V'I.A.  213 

stunde  lang  ihre  Neugierde  befriedigt  und  sich  an  unseren 
Waffen  satt  gesehen  hatten,  zogen  sie  sich  wieder  zurflck,  in 


el-Ha.Ub. 

ihrem  Innern  ohne  Zweifel  betrubt,  dass  sie  uns  t'rerade  und 
reiche  Reisende,  weil  von  einem  befreundeten  Schamraari  (Nau- 


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214 


VIEIt/KHNTKs  CAPITKI. 


man)  begleitet  und  gedeckt,  nicht  batten  ausplundern  kOnnen. 
Da  wir  alien  Grund  hatten,  nicht  gar  zu  vertrauensselig  zu 
sein,  schwenkten  wir  zur  Tauschung  auf  einem  Umweg  links 
ab,  zuerst  stark  hinunter,  dann  wieder  durch  eine  Sandlehne') 
am  Berge  hinauf,  und  nun  durch  ein  Labyrinth  von  coulissen- 
farmig  bis  zu  150  m  hoch  aufragenden  Felsen1)  funf  Stunden 
lang:  das  war  eine  grossartige,  mit  fetten  Waideplatzen  dureh- 
sprengte  Steinlandschaft,  zu  der,  wenn  in  Europa  gelegen,  alle 
Touristen  stromen  wilrden.  Eine  Zeit  lang  hatten  wir  offenbar 
den  richtigen  Durchgung  verfehlt  und  waren  zu  einem  hals- 


brecherisohen  Abstieg  durch  eine  steile  Sandschlucht  gezwungen. 
Mit  meinen  99  B  K5rpergewicht  konnte  ich  es  wageu,  auf  dem 
Kameel  zu  bleiben;  die  Anderen  waren  vorsiehtigerweise  abge- 
stiegen.  Als  wir  unten  anlangten,  zeigte  es  sich,  dass  Sattel 
und  Gepack  nach  vorae  verschoben  waren  und  darum  ganz 
abgenommen  und  neu  aufgelegt  werden  mussten. 

Stets  die  Wafl'en  zur  Hand,  ritten  wir  durch  die  todesstillen 
Schluchten  im  gluhenden,  goldgelben  Sande.  Nur  ab  und  zu 

1)  A^L».  aenejjid. 

8)  lywaaffl  el-Hu<lab  genaunt.  [H.:  hadbt,  pi.  hedab,  bozeichnet  Saud»tein-  oder  Granitberge  ] 


cl-Ha.lab. 


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TKIMll  —  EI.-HK<»K  —  K1.-6LS. 


215 


folgten  uns  mit  unheimlichem  Krachzen  hungrige  Raben.  Hah, 
ihr  unseligen  GalgenvGgel!  ich  verstehe  eure  Musik!  vielleicht 
diesen  Abend  schon  gedenket  ihr,  mir  die  Augen  auszuhacken ! 
in  schiVllah  —  werdet  ihr  urn  eure  Hoffuung  betrogen!  Seit 
Sonnenuntergang  gestern  Abend  hatten  wir  Nichts  mehr  gegessen; 
darum  waren  wir  froh,  als  beim  Ausgang  aus  der  Schlucht 
Nauman  uns  erklarte,  von  hier  ab  sei  Nichts  mehr  zu  befurch- 
ten,  wir  kflnnten  getrost  absteigen  und  zu  unsern  paar  Dat- 
teln  uns  ein  Brod,  in  der  Asche  des  Feuers  gebacken,  vergOn- 
nen.  Bereits  verkundeten  die  vielen  Fliegen  die  Annaberung 
an  die  durch  ihren  Fliegenreicbthnm  berQchtigten  el-Hegr  und 
el-'Ola.  Um  die  Zeit  des  cAsr  ritten  wir  fiber  die  Ebene,  aus 
deren  Mitte  das  raoderne  Pilgercastell  Madaln  $alih  mit  seinen 
drei  Palmbaumen  auftauchte,  dahinter  links  in  Hufeisenform 
zusammengedrangt  die  Felskegel  mit  den  Grabern  und  anderen 
Resten  des  alten  el-Hegr. 


Ebenc  von  M.dAio  Saiih. 


Im  Castell  wurden  wir  sehr 
freundlich  empfangen.  Es  waren 
da  als  Vice-Commandant  Umei- 
deh,  dann  yag&i  Mabruk,  Haggi 


l,Iasan,  tfftggt  Mustafa,  lauter  cMteii  M^a.n  saiu,. 

Mariiribeh,  d.  h.  Leute  aus  Algier,  Tunis  und  Tripolis.  Der  eigent- 
liche  Commandant,  Muluimmed  \Ali  war  zur  Zeit  in  Damascus; 
er  ist  derselbe,  der  den  Doughty  seiner  Zeit  ausgeplttndert  und 
ihm  seine  Flinte  abgenommen  hat.  Ausserdem  fand  sich  noch 
ein  Beduine  ein,  Muliammed  el-Azrak  von  den  Fiifcara.  Den 
Thieren  wurde  reichliches  Futter  gestreut,  und  fflr  uns  wurde 
gescblachtet.  Ich  brannte  vor  Ungeduld,  nur  wenigstens  ein 
paar  hundert  Schritte  zu  etlichen  der  nachstliegenden  grossen 
Felsgraber  zu  unternehraen ;  denn,  so  oft  ich  auch  die  in  Ritter's 
Erdkunde  gesammelten  Nachrichten  flber  die  Ortlichkeiten  ge- 


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21G 


VIKKZKHNTKS  CAI'ITKL. 


lesen  liatte,  war  ich  Die  darttber  klug  geworden,  in  welcher 
Schrift  und  Sprache  die  grossen  Inschriflen  abgefasst  seien. 
Fast  unwillig  wegen  der  Gefahrlichkeit,  begleiteten  mich  zwei 
Leute  hioflber  an  die  Felsen.  Es  war  mir  eine  schwer  zu  be- 
schreibende  Erleichterung,  als  ich  die  Gewissheit  erlangte,  class 
sie  von  den  Nabataern,  diesera  grossen  Handelsvolke  der  alteu 
Welt,  herruhrten.  In  weniger  als  einer  halben  Stunde  war  der 
Gang  beendet1);  die  Sonne  neigte  sich  zum  Untergaug,  als  wir 
wieder  in  den  Hot  des  Castells  zuruckkehrten.  Aus  niehreren 


Hof  iin  Costell  Madftm  Sftlih. 


Kara  mem  war  das  ilbliche  Kindergehenl  zu  vernehnien,  dazu 
das  Bl6ken  der  Schafe  und  das  Meckern  der  hungrigen  Gaisen. 
Wahrend  wir  auf  das  Essen  warteten,  fallte  der  einem  reli- 
gi6sen  Orden  (Senusijeh)  augehOrige  Mustafa  die  Zeit  aus, 

indem  er,  den  Rosenkranz  zwischen  den  Fingern  schiebend, 
hundert  und  aber  hundert  Mai  dieselbe  Formel  herunter  leierte a). 


1)  i  ber  dic»e  Deukmaler  muJ  die  nihereu  Atnfuhrungeu  untcn  S.  251  ff.  zu  vergleichen. 

2)  Vgl.  Band  I,  S.  1S7  u.  ham. 


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TKIMil  —  KL-l.IKOK  —  EI.-V.LA. 


217 


Im  Laufe  des  Abends  wiederholte  er  die  sinnlosen  Litaneien 
noch  zwei  Mai  —  far  Unbetheiligte  eine  unausstehliche  Gewohn- 
heit !  Da  lob'  ich  mir  doch  noch  die  Tibetaner  mit  ihren  weniger 
stflrenden  Gebetsmuhlen. 

Wegen  der  Hitze  und  des  Geschwatzes  an  dem  heissen  Feuer, 
zugleich  in  der  Absicht  dem  Murmelbold  tlag&i  Mnstafa  ent- 
ruckt  zu  sein,  schlug  ich  mein  Nachtlager  nicht  unter  der 
Bogenhalle  auf,  der  *als  Diwan  eingerichtet  war,  sondern  legte 
mich  oben  hinauf  auf  den  Wehrgang  des  Castells.  —  Hier  in  der 
Gegend  wachsen  viele  Tertut-Pflanzen,  d.  i.  prQgeldicke,  tief- 
wurzlige  Pflanzen  rait  dunkel-purpurnen  Staubfaden;  im  Boden 
iat  ein  mindesteus  2  Fuss  langer  Stiel.  Man  neunt  sie  gewChn- 
lich  zubb  el-ard  „ penis  terrae".  [Nach  Fitting  ist  es  Cynomo- 
rium  coccineum  L.]. 

So.  16.  Marz  1884].  Morgens  mit  der  Sonne  brachen  wir  auf, 
ohne  die  seit  neun  Monaten  mitgeschleppte  Leiter,  die  Huber 
als  far  el-cOla  „unn6thig"  bezeichnet  hatte.  Es  schlossen  sich 
uns  noch  an  *.Iaggi  Hasan,  Haggl 
Mustafa,  Muhammed  el-Azra^  und  ein 
Beduine,  der  auf  Gesellschaft  gewar- 
tet  hatte,  um  auf  der  kurzen  Strecke 
von  drei  Stunden  nicht  ausgeplflndert 
zu  werden.  Da  allerdings  zu  befflrch- 
ten  war,  dass  unsere  Ankunft  in  der 
Festung  bereits  gestern  Nachmittag 
von  den  Bell ')  in  den  Bergen  bemerkt 
worden  war,  so  wahlten  wir  einen 
Umweg,  der  etwa  um  eine  Stunde 
langer  war  als  der  directe  Weg.  Letz- 
terer  fuhrte  durch  eine  Schlucht,  in 
der  hinter  dem  reichlichen  Buschwerk 
bequemes  Versteck  far  Strolche  und  Strauchdiebe geboten  war; 
unser  Weg  machte  einen  Bogen  nach  Osten.  Auf  jede  Anh6he 

1)  Jo.  "Ein  eiaz«lne»  Milglied  des  Stain  mea  heisst  Bluwi,  tnehrere  einzelne  Mitglieder  heis- 
sen Biljsn;  tgl.  J.  J.  Hesi,  Bedaineanamen  aus  Zenlralarabfen,  Heidelberg,  1912,  S.  9. 


*«4 


Lageskizzf  von  el-  Ola  und 
Madam  SMih. 


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218 


VIKUZK.IINTES  0/UMTF1.. 


sprangen  uusere  Begleiter  mit  den  Flinten  voraus,  um  den  Weg 
zu  uberschauen  uud  zu  prufen.  Nach  10  Uhr  kamen  wir  glack- 
lich  an  das  Ende  der  Schlucht:  wir  hatten  sie  ganz  regelrecht 
uragangen.  Und  wie  sich  ricbtig  nachher  herausstellte,  hatten 
sich  bereits  die  ganze  Nacht  einige  Kerle  daselbst  auf  die  Lauer 
gelegt,  um  uns  abzufangen.  Ihr  Schurken,  das  ist  euch,  el-hamdu 
lillah,  vergeblich  gelungen!  Nach  einer  Viertelstunde  gewahrten 
wir  bereits  die  Palineng&rten  von  el-c0la:  dazwischen  lagen  nur 
noch  die  Trammer  der  alten  Stadt,  formlose  Steinhaufen.  In 
den  Felsen  zur  Linken  befanden  sich  die  Grabnischen  mit  den 
Inschriften.  Um  '/nil  Uhr  ritten  wir  iu  das  Nest  selbst  ein: 
in  el-c01a ').  Der  Ort  liegt  tief  in  einem  T halkessel,  zwischen 
hohe  Sandsteinberge  eingeklemrat.  Er  ist  reich  an  Dattelbauraen 
und  an  Wasser,  darum  aber  auch  eine  Brutstatte  fQr  Fieber, 
und  wegen  der  engen  Bauart  und  Gepresstheit  der  Hauser  ein 
Fliegennest,  wie  man  es  sich  gar  nicht  arger  vorstellen  kann; 
naturlich  auch  voll  Staub  und  Dreck.  Alle  Hauser  sind  zwei- 
stGckig;  von  dem  Rahawah  oder  Diwan  fuhrt  die  Treppe  ins 
obere  Stockwerk  und  von  da  hinaus  auf  ein  kleines  Dach.  Mit- 
ten im  Dorfe  liegt  ein  Fels  mit  dem  alten  Castell;  steigt  man 
auf  ihn  hinauf,  so  sieht  man,  dass  es  eigentlich  eine  dreischich- 
tige  Stadt  ist.  Denn  1)  zuunterst  befindet  sich  das  Stockwerk 
des  Parterres;  2)  daruber  der  obere  Stock;  3)  ganz  oben  ist  die 
Stadt  der  Dacher,  die  fast  alle  zusammenhangen,  da  die  meisten 
Gassen  theilweise  nberdeckt  sind Die  Hauser  sind  gewOhnlich 
aus  Stein  gebaut;  in  ihneu  ist  viel  altes  Material  verwendet, 
darunter  manch  liebevoll  behauener  Stein  aus  alter  Zeit,  mit 
verschiedenen  Ornameoten  wie  z.  B.  in  der  Abb.  auf  S.  220 3) 

1)  Der  Name  win!  arnbiech   JjuI  ,  uber  aucb   bUJf  uud  selbst  a)ju\  ge*ehriebcn ,  auf  deo 

Kartcn  hci-ist  er  auch  el-Ala.  bci  St  icier  Alii,  u.  a  in.  Eiuo  kurze  Bet.chreihuog  auf  Gruod  meines 
Tagbuches  ist  bereits  1889  in  D.  H.  Muller,  Epigraph.  Deokmaler  au»  Arabien,  S.  8—11, 
vefuffentlicht. 

2)  Vgl.  die  ,Bauten  iu  Arabien"  in  der  Oslerreich.  MonaUcbrift  fur  dea  Orient,  XVI,  1890, 
S.  71—74. 

3)  Ahnliebe  Steiue  aim  Nord-Afrika  s.  im  Kecueil  de  notices  et  mem.  de  la  Sociltc  Arch<ol. 
du  Departctnent  dc  Constantinc,  Vbl.  23,  1883—84,  Con»tantine  1885,  PI.  I,  II. 


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TKIM&  —  ElrHEOR  —  Eb-'oi.A. 


 J*"*.. 


el-  Dschisi 


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3 

XkVSI""<<iUw">"'"^WN 


PUn  von  el-'Ola. 
H  —  Haupteiug&ng  nach  dcr  SUdt.  —  M  —  Mumicnfratzcn 
t  =  Ruiucn.  (Vgl.  D   H.  Muller,  Epigraphiwbe  Denkmnler 


S  =  Schlacken.  — 
»  Arabian,  Tafe!  XI). 


220 


VIKHZEIINTKS  CAI'ITKL. 


aber  auch  mit  vielen  Inschriften.  So  habe  ich  bis  jetzt  deren 
21  gezahlt  und  alle  abgeklatecht ;  ausser  einem  nabataischen 


Steioventierungcn  in  el-^ila. 


Steine  sind  alle  hi  mj  arise  h! ').  Die  Einwohnerzahl  mag  etwa 
1000—1200  Seelen  betragen;  darunter  sind  viele  Neger.  Auch 
der  Statthalter  des  Erair,  Said,  ist  ein  Schwarzer.  An  Notabeln 
waren  zu  nennen  der  JCadi  Musa,  dann  ein  gewisser  cAbdallah, 
der  in  Damascus  geboren  ist  und  so  so  Handel  treibt,  ferner 
ein  ziemlich  belesener  Mensch,  der  mir  von  den  Feldzugen  des 
Harkal  (Heraclius) ')  und  von  Casarea  und  Constantinopoli  zu 
erzahlen  wusste.  Die  Putzsucht  der  Neger  hat  hier  die  Tracht 
der  Manner  und  Weiber  beeinflusst.  Man  sieht  bei  vielen  Man- 
nern  ebenfalls  blaue  Hemden,  wie  bei  den  Weibern,  aber  mit 
vielen  Messingknopfen  vorn  herunter  zura  Zumachen,  daruber 
eine  blau  und  weisse  cAba  mit  rothen  Nahten;  die  Weiber  sind 
mit  kolossalen  Ohr-  und  Nasenringen,  auch  mit  Mflnzen  be- 
haugen,  und  ihr  Kopfschleier  ist  unten  mit  batzengrossen  Perl- 
mutterstacken  verziert.  Die  BevOlkerung  geht,  wenn  sie  es 
immer  erschwingen  kann,  bewattnet ;  denn  unmittelbar  vor  den 

1)  Vgl.  I).  H.  Mullet,  Epigraphische  Penkmiiler  aus  Arabien,  Wien,  1889. 

i)  Der  Kaiser  Heraclius  (610 — 641),  gegeo  deo  Mubaiuraed  zu  Felde  xog  uod  der  von  dem 
zweiten  Khalifeo  beaiegt  wurde,  i»t  auch  sonst  bei  den  Muslimen  im  Volksmunde  bekaant;  vgl. 
das  grosse  Heldeugedicht,  das  von  C.  Meinhof  in  der  „Zeil»chrift  fiir  Kolonialsprachen"  1911 
—1912  herausgegeben  ist. 


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—  K1,-HEon  —  EL-'oL.\. 


221 


Thoren  der  Stadt  liegen  die  Beli  aul  der  Lauer,  urn  alles  zn 
plundern;  so  wurde  gleich  heute  am  Tage  unsrer  Ankunft, 
Nachmittags  3  Uhr,  ein  Weib,  das  am  Beginn  der  Palraen- 
pflanzungen  etwas  Futter  holte,  vollstandig  nackt  ausgezogen. 
Wegen  des  Besitzes  eines  Dattelschlauches  schlagen  diese  Gur- 
gelabschneider  ohne  Bedenkea  einen  Menschen  tot.  Der  9ohn 
eines  Schechs  von  hier,  ein  zwolfjahriger  Knabe,  spiel te  bei 
Hubers  ^erstem  Aufenthalt  in  el-c0la,  mit  seinem  Cameraden 
dreissig  Schritt  vom  Thor,  an  einer  Stelle,  die  ich  selbst  ge- 
sehen  habe.  Als  die  Sonne  sich  neigte,  giengen  die  Buben  ins 
Thor  hinein.  Der  Sohn  des  Schechs,  der  natQrlich  selbst  zum 
Spiel  seinen  Sabel  bei  sich  hatte,  war  noch  ein  paar  Schritte 
zurack  geblieben;  pltftzlich  sprangen  zwei  Kerle  auf  ihn  los, 
um  ihm  den  Sabel  zu  nehmen;  da  er  ihn  mit  den  Hftnden 
noch  festhielt,  biss  ihm  einer  in  den  Finger,  dass  das  Fleisch 
herunterhieng,  dann  rangen  sie  ihm  den  Sabel  aus  der  Hand 
und  zogen  ihn  vollends  aus. 

Nur  die  Stadt  selbst  zahlt  dein  Emir  den  Tribut.  Ostlich  von 
der  Stadt  waiden  die  Fukara  '),  von  denen  ein  Theil  dem  Emir 
den  Tribut  zahlt,  der  andere  noch  ununterworfen  sich  herum- 
treibt;  doch  stehen  beide  Theile  unter  einander  im  Bundnisse. 
Westlich  wohnen  und  waiden  in  den  Bergen  die  Beli,  denen 
der  Emir,  nachdem  ihre  nGrdlichen  Nachbarn,  die  B.  'Atijjeh 
sich  unterworfen  haben,  wohl  auch  bald  an  den  Eragen  gehen 
wird.  Im  Sflden  wohnen  die  vor  zwei  Jahren  ausgeplunderten 
und  unterworfenen  eAleideh  J)  von  den  Ban!  Wahab  3). 

Die  Einwohner  lieben  das  Wandern;  die  meisten  sehen  sich 
eine  Zeit  lang  in  Syrien,  besonders  in  Damascus,  um,  andere 
aber  auch  in  Stambul.  So  fragte  ein  alter  Kerl  im  #ahawah, 
ob  wir  wohl  nach  Stambul  giengen.  Wir  antworteten:  „Ja, 
aber  es  ist  nicht  sicher,  und  vielleicht  erst  in  einem  Jahre!" 

1)  ^yuu!. 

2)  iJ*U.  [H.:  el-Eidi.  ist  der  Clan  der  Scbeche  der  Wuld  <Ali,  die  xu  den  Ben!  W»h»b 
geburen. ; 


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222 


VIERZEHNTKS  C.MMTKt. 


Dana  meinte  er  ganz  nalv:  „So,  dann  werdet  ihr  dort  meinen 
Sohn  sehen!  Ich  mochte  euch  einen  Brief  an  ihn  mitgeben; 
ihr  werdet  ihn  schon  treflfen!" 

Bei  unserer  Annaherung  an  das  Stftdtlein  rannten  schon  alle 
raOglichen  neugierigen  Einwohner  mit  ihren  Flinten  herbei; 
ein  grosser  Tross,  der  immer  mehr  anschwoll,  walzte  sich  vor. 
zwischen  und  hinter  uns,  und  so  wurden  wir  im  Gedrange 
durch  die  engen,  uberdachten  Gas  sen  geschoben.  In  einem 
kleinen  Hof,  in  dem  kauni  unsre  vier  Kameele  Raura  fanden, 
stiegen  wir  ab  und  begrassten  den  schwarzen  Sa'id,  den  Statt- 
halter  des  Emir.  Das  ist  ein  ganz  andrer  Kerl  als  der  geizige 
Hund  von  eEnl>ri  in  Teima,  von  dem  Nichts  zu  erreichen  war 
und  der  uns  beinahe  verhungern  liess.  Unser  Gepaek  wurde  in 
ein  halbverfallenes  Haus  eingeschlossen ;  wir  selbst  giengen  in 
den  Diwan,  der  augenblicklich  mit  Gasten  zum  Erstieken  voll 
war.  Nachdem  der  Begrussungs-KafFee  getrunken  war,  stiegeu 
wir  die  Treppe  hinauf,  wo  gute  Datteln  mit  Butter  vorgesetzt 
wurden.  Dabei  mussten  aber  von  einem  Sklaven  bestandig  die 
Fliegen  vom  Mund  weggewedelt  werden ;  und  trotzdem  schwim- 
men  sie  nach  funf  Minuteu  dutzendweise  in  den  aufgestellten 
Leben  !)-Schalen  herum.  [Ahnliches  ist  dem  Herausgeber  in 
Palmyra  passirt;  wenn  da  —  es  war  gegen  Ende  April  1900  — 
ein  reiner  Teller  anf  den  Tisch  gesetzt  wurde,  so  war  er  sofort 
schwarz  von  1—2  Sc.hichten  von  Fliegen,  die  ihn  im  Nu  be- 
deckten]  *). 

Sacid  war  sehr  erfreut  uber  unsere  Ankunft  und  hatte  uns 
schon  lange  erwartet.  Er  war  aussert  dieustbereit  und  sorgte 
gleich  far  alle  gewilnschten  Reisevorrathe. 

Am  Nachmittag  machte  mir  Huher  eine  ErOfl'nung,  die  er 
unbegreiflicherweise  so  lange  verschoben  hatte  und  von  der  ich 
auf  das  Hochste  nberrascht  war:  namlich  dass  der  Emirmeine 
Kackkehr  nach  T.Iajel  nicht  wQnsche,  und  dass  er  selbst  sich 


l"l)  I),  i.  saurc  Milch,  iihnlirh  dom  tiirkischcu  Jot<hurLJ 
2)  Vgl.  unt*i.  S.  230. 


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TE1M&  —  KI.-lJKGft  —  EL-'OLA. 


223 


"  daher  vou  mir  trennen  wolle,  urn  unsere  in  Teima  zuruckge- 
lassenen  Sachen  ')  zu  holeu.  Es  scbeint,  dass  tfamud,  dem  nur 
durch  Ranem  ion  Bani  meine  Zornesausserungen  zu  Ohren  ge- 
komraen  sein  konnten,  mein  Todfeind  geworden  war  und  beim 
Emir  alle  Mittel  in  Bewegung  gesetzt  hatte,  um  meine  Aus- 
treibung  in  anstandiger  Form  durchzusetzen.  Hatte  Huber  mir 
das  doch  schon  in  Sajel  gesagt!  Ich  ware  damals  nicht  davon 
uberrascht .  gewesen,  und  ich  hatte  dann  doch  gleich  mein 
Eigentum  selbst  mitnehmen  kOnnen!  [Huber  ist  an  jenem  Be- 
fehle  des  Emirs  nicht  unbetheiligt  gewesen;  er  hat,  wie  man 
oben  8.  105  zwischen  den  Zeilen  lesen  kann,  in  Hajel  kein  ehr- 
liches  Spiel  getrieben  -)].  Huber  hatte  nun  die  Absicht,  flber 
Khaibar  an  Medioah  vorbei  nach  (jiddeh  zu  Land  seinen  Weg 
zu  nehmen  und  dort  mich  wieder  zu  treflen,  wahrend  ich  von 
hier  mit  einem  Schech  der  Beli,  den  man  jetzt  holen  lassen 
wollte,  zuerst  in  el-tfegr  (=  Madaln  Sftlih)  die  Inschriften  co- 
piren,  dann  aber,  uber  el-c01a  zurnekkehrend,  mit  dem  Schech 
durch  das  Land  den  wilden  Beli  hindurch  nach  Westen  auf 
el-Wegh  hinaus  ziehen  warde.  Von  dieser  unter  ftgyptischer 
Oberhoheit  stehenden  Hafenstadt  wnrde  ich  leicht  Gelegenheit 
find  en,  rait  einem  Dampfer  nach  Giddeh  (Dschedda)  zu  reisen; 
von  dort  kOnnte  ich  womtfglich  einen  A  us  Aug  nach  Talf  machen, 
oder  direct  aber  Sues  nach  Beirut  zuruckkehren.  Huber  wollte 
datin  von  6iddeh  wieder  nach  JJajel  zuruckreisen  und  dann 
fiber  den  cIrafc  auf  Damascus  lossteuern.  Aber  das  waren  ja 
alles  blaue  Zukunftstraume! 

Wir  mussten  zunachst  an  die  practischen  Folgen  unserer 
Trennung  denken.  Zunachst  theilten  wir  das  Geld;  es  Helen 
auf  Jeden  270  Megidi  (a  4 3  4  francs).  Dann  theilten  wir  die 
Cigarren,  von  denen  Jeder  25  Stuck  erhielt;  wir  hatten  in  der 
letzten  Zeit  nur  alle  6  bis  7  Tage  je  einen  Stengel  von  dem 
kostbaren  Kraut  geraucht.  Dann  kamen  die  Lebensmittel  dran ; 


1)  VK1.  oben  S.  207. 

2)  Vgl.  auch  untcn  die  Aninerkung  i»bcr  die  Loiter,  S.  255. 


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221 


VIERZKHNTKS  OAPITKL. 


Jeder  empfieng  eine  Sardinenbachse  und  die  Halfte  von  dem 
vorhandeneu  Thee.  Ich  kaufte  selbst  eine  Kaffeekanne  und 
einen  KhOrg,  d.  i.  eine  doppelseitige  Satteltasche ');  Papier, 
Chinin,  Tinte,  Abklatsche  u.  s.  w.  wurden  gleichfalls  vertheilt. 

Abends  gab  es  ein  reichliches  Nachtessen,  bei  dem  mit  der 
Palmfackel  geleucbtet  wurde  und  mit  dem  Muckenwedel  die 
Fliegen  verscheucht  wurden.  Schliesslich  wurde  auf  dem  Dach 
noch  ein  Feuer  gemacht,  und  wir  konnten  wieder  etwas  frischere 
Luft  athmen. 

Mo.  17.  Marz  1884].  Heute  machte  ich  mich  sofort  an  die 
Arbeit;  denn  die  geliebten  Insehriften  liessen  mir  keine  Ruhe. 
Wie  schon  oben  (S.  220)  bemerkt  wurde,  ist  in  el-c6la  eine  grosse 
Menge  von  Inschrif'tensteinen  in  die  Hauser  und  Manern  ver- 
baut.  Ich  lief  heute  in  der  ganzen  Stadt  herum  und  trieb  sehr 
viele  solche  Steine  auf.  Alle  waren  zu  meinem  Erstaunen  mit 
hirajarischen  Schriftzeichen  bedeckt.  [Wie  sich  spater  herausge- 
stellt  hat,  atammen  diese  „hiinjarischen"  oder  ssudarabischen" 
Insehriften  aus  zwei  verschiedenen  Perioden,  einer  altereu  und 
einer  jOngeren.  Gerade  hier  in  el-c01a  laufen  auch  die  Ver- 
bindungslinien  zwischen  dem  alten  Sudaraberthum  und  dem  alten 
Nordarabefthum  zusammen.  Dadurch  sind  diese  Insehriften  von 
grosser  Wichtigkeit  far  die  Geschichte  des  alten  Nordarabiens 
geworden.  Aus  ihnen  hat  sich  auch  ergeben,  dass  der  alte  Name 
der  Stadt  Dedan  wara).  Dieser  Name  kommt  im  Alten  Testa- 
ment mehrfach  vor;  in  Jesaia  21,  13  f.  und  Jeremia  25,  23 
wird  Dedan  zusammen  mit  Teima  3)  genannt.  Zur  Zeit,  als  die 
Reiche  der  Minaer  und  Sabaer  in  Sadarabien  blahten,  war  hier 
eine  sudarabische  Handelskolonie  filr  den  Transithandel  zwischen 
Sadarabien  und  Syrien.  Die  sttdarabischen  Handelspioniere  setzten 
sich  in  el-c0la  fest,  ebeuso  wie  sie  es  in  Abessinien  thaten.  Und 
sie  sind  es,  die  hier  das  sudarabische  Alphabet  einfuhrten. 
Zuerst  schrieben  sie  noch  ihre  heimische  sndliche  Sprache  mit 

1)  Auf  dem  Bilde  Bd.  I,  S.  35,  sind  diese  Satteltaschen  iu  orkennea. 

2)  Vgl.  M.  Lid /bar  ski,  Ephemera  fur  semititche  Epigraphik  III,  S.  878. 

3)  Vgl.  oben  S.  Hfi. 


TE1MU  —  KI.-HEGIl  —  KI.-'oIA. 


225 


ihrer  heimathlichen  Schrift :  eine  Anzahl  dieser  Inschriften  wurden 
entdeckt.  Dann  aber  —  und  dies  war  das  uberraschende  Ergebniss 
des  spateren  Stadiums  der  heute  gefundenea  Iaschriftea  — 
entstand  ein  neues  nordarabisches  Gemeinwe3en  ia  el-e0la,  das 
seine  eigene  Sprache  mit  den  von  den  Sadarabern  her  uber- 
nommenen  Zeichen  schrieb.  Nach  einem  in  den  Inschriften 
mehrfach  erwahnten  Namen  pflegt  man  dies  Volk  als  Lilijaniten 
(Banu  Lilijan)  und  ihre  Sprache  als  lihjanisch  zu  bezeichnen. 
Es  scheint,  dass  ihre  Zeit  etwa  mit  der  ptolemaischen  Herr- 
schaft  in  Agypten  zusammenfallt ;  ein  sicherer  Beweis  dafur 
ware  der  Name  TLMI,  der  in  den  Inschriften  vorkommt,  — 
falls  er  namlich  mit  Ptolemaios  identisch  ist.  Immerhin  sind 
die  lihjanischen  Inschriften  als  j Anger  denn  die  minfto-sabaischen 
und  als  alter  denn  die  nabataischen,  von  denen  ich  weiter  unten, 
unter  dem  25.  Marz,  sprechen  werde,  anzusehen ;  und  das  wurde 
etwa  auf  die  letzten  Jahrhunderte  v.  Chr.  deuten.] 

Alle  Inschriften,  die  ich  heute  land,  wurden  natQrlich  sofort 
abgeklatscht.  Da  ich  nur  die  nahe  am  Erdboden  befindlichen  in 
Angritf  nahm,  war  die  Sache  noch  verhaltnissmassig  einfach; 
doch  am  nachsten  Tage  sollte  es  viel  besser  kommen.  Dass  ich 
immer  von  einer  ungeheuren  Volksmenge  begleitet  wurde,  ver- 
steht  sich  von  selbst;  und  dort,  wo  ich  abklatschte,  entstand 
stets  ein  fQrchterliches  Gedrange.  Kein  FQrst  hatte  von  raehr 
Trabanten  begleitet  sein  kOnnen. 

Abends  kam  auch  ^elan,  der  als  Beschir,  d.  i.  Siegesbote, 
des  Emirs  nach  Teima  gesandt  worden  war  und  nun  noch 
andere  Orte  besuchen  musste.  Er  brachte  die  Botschaft  des 
Emirs  in  einem  Briefe  und  war  ganz  ausserordentlich  aufge- 
putzt:  er  trug  zwei  Hemden,  zwei  Zebun,  zwei  'Abas,  und 
dazu  vier  Keffijjehs  auf  dem  Kopf.  Der  gauze  ftahawah  war 
gestopft  voll  mit  Leuten,  und  draussen  auf  dem  Hofe  standen 
auch  noch  viele,  um  das  Siegesbulletin  aus  dem  Munde  des 
Vorlesers  des  Briefs  des  Emirs,  d.  h.  aus  dem  Munde  unseres 
Dieners  Mahmud,  zu  vemehmen. 

In  dem  Briefe,  deu  Huber  sich  auch  noch  (lurch  Mali  mud 

15 


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226 


VIKUZFHNTES  CAflTKL 


copiren  liess,  stand  also  folgendes.  „Der  Emir,  der  sich  von 
Hajel  init  etwa  270  Pferdeu  und  etwa  5000  Sehaniinaris  zu 
Kameel  scheinbar  zu  eitiem  Feldzug  gegen  Norden  begeben  hatte. 
wandte  sich  plOtzlich  fiber  Megmac,  das  6stlich  vom  Tuweik- 
Gebirge  liegt,  nach  Suden.  Gauz  in  der  Nahe  von  Snlfeh,  im 


Verlesung  eiucr  Siegesbottchaft. 

Wadi  er-Kummah,  traf  er  27  Eclaireurs  der  Feiude,  die  auf 
der  Stelle  umringt  und  niedergemacht  wurden ;  nur  zwei  Fuss- 
gftnger  liessen  sie  am  Leben,  utn  den  Lagerplatz  der  Feinde 
von  ihnen  zu  erfahren.  Nicht  weit  von  dieser  Stelle  uberfieleu 
sie  bei  Tagesanbruch  die  vereinigteu  Lager  der  Leute  des  Ibn 
Sacud,  des  Wahhabitenfursten  von  liijad,  und  der  im  November 
entwischten  'Ateibeh.  Bei  ersteren  befanden  sich  drei  Vetter 
des  Ibn  Sacud,  die  sogleich  getotet  wurden.  Erbeutet  wurden 
von  ihnen:  7  Kameelsladungen  Flintenvorrath,  37  Pferde,  16 
Zelte,  2  Heerden  Kameele  (zu  je  200  Stflck);  von  den  eAteibeh: 
S  Kameelsheerden,  Zelte,  viele  Schafe,  Sclaven,  auch  7  Fahnen, 
von  denen  der  Emir  zwei  in  den  Kasira  nach  liereideh  und 
\An6zeh  zur  Schau  schickte,  eine  zu  den  Rualah,  die  vier  anderen 
aber  auf  dem  Mesl.iab  zu  IJAjel  als  Trophaen  aufpfianzen  liess.1' 
[Fast  genau  so  wie  diese  Siegesbotschaft  lauten  die  Berichte 
ilber  die  Kilmpfe  des  Konigs  von  Aksum,  die  er  im  vierten 


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TEIM&  —  KL-HEGR  —  EI.-'oLA.  22? 

Jahrh.  d.  Chr.  auf  Steintafeln  eingraben  liess;  diese  Inschriften 
sind  von  dem  Herausgeber  in  Bd.  IV  der  Deutschen  Aksum- 
Expedition  ubersetzt.] 

Jetzt  werden  sich  die  eAteibeh  bald  alle  unterwerfen,  und 
lbn  Raschid  wird  fiber  kurz  oder  lang  den  morschen  Schatten- 
thron  der  fanatischen,  aber  raachtlosen  Wahhabiten  uber  den 
Haufen  werfen :  dann  wird  er  factisch  der  Nacbfolger  und  Erbe 
des  alten  wahhabitiscben  Gebietes  zu  seinen  Glanzzeiten  sein, 
nur  roit  dem  TJnterschiede,  dass  seine  Regierung  eine  bessere 
sein  und  dass  unter  ihm  eine  bessere  Ordnung  herrschen  wird. 
Bald  wird  er  an  beiden  Meereu  festen  Fuss  fasseu  und  Herr 
von  halb  Arabien  sein!  [Diese  Propbezeiung  ist  nicht  in  Er- 
fflllung  gegangeu.  Vielraehr  hat  lbn  Saeud  spater  den  Ibr  Raschid 
besiegt  und  sich  zu  grosser  Macht  aufgeschwungen.  Im  Herbst 
1913  berichteten  die  Zeitungen  sogar,  das3  er  bis  zum  persi- 
schen  Meerbusen  vorgedrungen  sei,  l£atif  eingenommen  habe 
und  im  Begriff  stehe  selbst  Oman  und  Maskat  zu  unterwerfen. 
Er  soli  auch  den  Plan  haben  Mekkah  und  Medinah  wieder  zu 
erobern.] 

Di.  18.  Marz  1884].  Morgeus  wurde  beim  ?adi  Musa  Kaffee 
getrunken.  Danach  schrieb  ich  etwas.  Aber  ich  konnte  es  nicht 
lange  bei  dieser  Arbeit  aushalten,  vielmehr  musste  ich  immer 
an  meine  Inschriften  denken.  So  machte  ich  mich  denn  bald 
wieder  ans  Abklatschen.  Dabei  sollte  ich  grundlich  erfahren, 
wie  viele  Hiudernisse  und  Muhsale  ein  Epigraphiker  in  Arabien 
zu  uberwinden  hat:  aber,  fur  seine  Kunst  begeistert  und  vom 
Forscherdrange  beseelt,  spottet  er  ihrer  und  tragi  seine  papierne 
Beute  heim,  glOcklicher  und  stolzer  denn  ein  Waidmam,  der 
einen  Vierzehnender  erlegt  hat  und  heimschaffen  lasst. 

Es  ist  keine  Kunst  bei  uns  daheim  im  Museum  Abklatsche 
zu  machen.  Dort  liegt  der  Stein  schCn  ruhig  vor  Einem;  Pa- 
pier, Wasser,  Burste,  alles  ist  bequem  zur  Hand,  und  man 
braucht  nur  zuzugreifen.  Auch  reisst  kein  Wind  Einem  die 
Papiere  aus  der  Hand,  noch  giebt  es  Hunderte  von  interes- 
sierten  Zuschauern,  die  Einem  fortwahrend  die  KOpfe  zwischen 


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228 


VIEKZKIINTKS  CM'ITKL. 


Arme  and  FQsse  stecken,  am  den  Vorgang  besser  zu  seheu. 
Da  icli  Thor  auf  Anrathen  Hubers  die  Leiter  in  Madaln  Salih 
gelassen  hatte '),  so  musste  icli  far  die  holier  oben  eingemau- 
erten  entweder  auf  dera  Rut  ken  meines  Dieners  Mali  mad  (Fig.  A) 


A  AbkUt*.-hcn  vou  Innthriften.  B 

oder  auf  einem  'angelegten  Palmstamm  im  blossen  Hemd  rei- 

tend  (Fig.  B)  ineiue  schwierige  Arbeit  machen. 

Das  allerverzweifeltste  Mittel  aber  musste  kh 
anwenden  in  einem  Haus,  in  dem  uber  einem 
8  Meter  hohen  Thorweg,  an  einer  engen  Fen- 
sterluke  ein  himjarischer  Stein  eingemauert  war 
(vgl.  die  nebenstehende  Abbildung). 

Da  die  Fensteroffmmg  sehr  eng  war,  verzwei- 
felte  ich  fast  daran,  zu  meinem  Ziele  zu  kom- 
men.  Nachdem  ich  die  Erlaubniss  erhalten  hatte. 
das  dnnkle  Haus  zu  betreten,  stieg  ich  in  den 
oberen  Stock,  um  mir  die  Localitat  anzusehen. 
Das  Fenstcr  gieng  beinahe  eben  mit  dem  Zira- 
nierboden  hinaus,  der  Laden  liess  sich  nur  bis  zum  rechtei) 


1)  S.  oben,  S.  21?. 


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T  El  Mil  —  EL-l.tEUK  —  EL-fOLA.  229 

Winkel  nach  innen  6tihen,  und  die  Weite  dus  50— -60  cni.  hohen 
Funsters  gestattete  kaum  den  Korper  durchzuschieberi .  Ich  legte 
niich  nun  zuerst  auf  den  Bauch,  schob  den  Korper  bis  last  zur 
H&lfte  zum  Fenster  hinaus  und  drehte  micta  dann  auf  den 
Riicken.  Mein  Begleiter,  'Ahdallah  ibn  Ismail  Mueiz')  legte  mir 
das  schou  vorher  genfisste  Papier  auf  die  Brust;  von  hier  nahm 
ich  es  ab  und  suclite  es  unter  boshafter  Dazwischenkunft  von 
WindstOssen  nber  mir  auf  dem  Stein  zu  befestigen.  Zugleich 
musste  ich  auch  die  mir  auf  die  Brust  nachgeschobene  Bfirste 
ergreifen  und  meine  Arbeit,  so  gut  es  gieng,  vollenden. 

So  gelang  es  mir,  drei  ertragliche  Ab- 
klatsche  zu  Stande  zu  bringen;  wahrend 
der  ganzen  Zeit  musste  mein  Begleiter  mir 
auf  die  Beine  knieen,  damit  ich  nicht  das 
Gleichgewicht  verlor  und  zum  Fenster  hin- 
aussturzte.  Die  braven  Burger  von  el-c01a 
schuttelten  die  KOpfe  ob  solch  uuerhdrten 
und  unverstandigen  Beginnens  und  dachten 
in  ihrem  Ilerzen,  der  Stein  mflsse  doch  gi*osse  Schatze  an  Gold 
und  Silber  bergen,  die  ich  ihm  durch  mein  Papier  entzoge, 
oder  er  nnlsse  die  Anweisung  enthalten  solche  zu  linden.  Ich 
aber  zog  nach  vollbrachter  That  mit  schwellender  Brust  in 
unseren  Muckenpalast  zurflck. 

Im»  Kahdwah  fand  eine  heitere  Gerichtsverhandlung  statt.  Der 
Baum  sass  ganz  voll  von  Meuschen.  Auf  einmal  walzten  sich 
immer  noch  mehr  Leute  herein,  stiegen  aber  alsbald  die  Treppe 
hinauf.  Oben  entspann  sich  ein  lebhaftes  Geschrei:  das  war  die 
(Terichtsverhandlung.  Ein  Kerl  wollte  seine  Steuern  nicht  zahlen 
und  behauptete  ganz  frech,  der  Emir  in  I.Iajel  hatte  Nichts  von 
ihm  zu  fordern ;  der  sei  nicht  sein  Emir,  er  hatte  einen  andem 
—  privaten!  —  Emir.  Nun  wurde,  urn  des  Gestreit  etwas 
nachdrilcklicher  vom  Platze  zu  bringen,  plOtzlich  durch  den 


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230 


VIKn/KllNTBS  CAPITKL. 


Kahawah  ein  Balken  getragen,  die  khasabeh  ')  oder  habs  %  der 
Bock.  Das  wirkte  eine  Zeit  lang  als  Schreckmittel;  der  Kerl 
erklarte,  er  wolle  ja  zahlen,  man  solle  ihn  das  Geld  daheim 
holen  lassen.  Zwei  Gensdarmen  wurden  ihm  mitgegeben;  als  er 
in  der  Nahe  des  Thores  war,  entsprang  er.  Naturlich  ist  die 
Procedur  dadurch  bloss  verlangert;  er  wird,  sobald  er  wieder 
ins  Nest  kommt  und  sein  Haus  aufsucht,  in  den  Bock  gespannt, 
bis  er  zahlt. 

Abends  waren  wir  bei  einem  gewissen  cAbdallah  zum  Essen 
eingeladen.  Das  war  nach  hiesigen  Verhaltnissen  recht  pikant: 
es  gab  eine  Platte  mit  Reis,  darauf  etwas  gerostete  Zwiebeln 
und  fein  zerbr&ckelte  Eier,  dann  Gaisentleisch.  Danach  gieng 
ich  auf  unser  Dach  und  rauchte  noch  eine  der  25  Cigarren,  in 
deren  reichem  Besitz  ich  mich  jetzt  befond.  Wehmuthig  sah 
ich  dem  sich  krauselnden  Kauch  nach,  und  machte  mir  klar, 
dass  ich  nur  noch  24  hatte.  Die  Nacht  war  ziemlich  frisch. 

Mi.  19.  Marz  1884].  Morgens  wurde  alles  zur  Abreise  Hubers 
gerastet.  Ich  gab  ihm  einen  Brief  an  den  Emir  mit,  der  fol- 
gendermaassen  lautete  3). 

c 

Ju-AjJ!  A+^U*  wiCXi  ^Jl  dULu£f  tf.yi$y*  ^  r^LJt 

^3  idLsji  yj+sio  JL*J^  LjJ  yiaxj  ,5^'  duuu*  JUL*  l.»S«.J; 

^liif  ^»  ^-J',  U*jJ!  «JUJ  LJ  ^  ,J  **J!  U-Loj 

«AjyuH     lyji^l  Jul*     UT  Lo  jux  do»  jAi*  Uft^ly«xj  U>; 

b^^sa^  (•'7^^'  l*J  ^ !,>•■)  UaaJ  Jssuc  ^1       JJtjJj  JLdi^lb  liy^tj 

l)  suii*. 

[3)  Diwer  Brief  ist  genau  nai-h  dem  Tagbuch  vom  18.  III.  84  wiedergegeben.] 


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TKIMa  —  KL-HKliR  —  KI.-'ol.A. 


231 


u-P^J  1^*^ 


el-eAla 
J.  Euting  18.  III.  84. 

[Zu  deutsch: 

„Im  Namen  Gottes,  des  barmherzigen  Erbarmers. 

Gruss  von  Julius  Euting  an  den  Stolz  der  edlen  Fflrsten 
Mnhammed  er-Raschid.  Friede  sei  mit  Euch  und  die  Gnade 
Gottes  und  sein  Segen ! 

0  Herr,  wir  sind  nach  el-'Ola  gekommen,  und  wir  sind  bei 
Sacid  el-£Ali  abgestiegen,  damit  er  uns  einen  zuverl&ssigen 
Gefahrten  auserlese,  der  uns  in  el-Uegr  begleite  und  uns  nach 
el-Wegh  geleite.  Gott  sei  Dank,  wir  haben  Teima  und  Tebak 
und  el-tfegr  besucht,  bis  wir  nach  el-'Ola  gekommen  sind,  ohne 
dass  uns  ein  Leid  geschehen  ware.  Wir  haben  eitel  GlQck  und 
Freude  gehabt,  durch  Ihre  Hulfe.  Gott  lohne  es  Ihnen  statt 
unsrer!  Denn  wie  wir  in  Uajel  waren,  haben  Sie  uns  in  Dank- 
barkeit  ertrankt  und  mit  Wohlthaten  nbevh&uft.  Und  ebenso, 
wohin  wir  nur  gelangen,  thut  man  uns  Gutes  und  ehrt  uns 
urn  Ihretwillen.  Gott  erhalte  uns  Ihr  Leben  und  gebe  Ihnen 
Sieg  uber  Ihre  Feinde  und  mache  Ihre  Herrschaft  lang  auf 
Erden!  Auch  sende  ich  meinen  Gruss  an  ljamud  el-cObeid  und 
an  cAbd  el-cAziz  el-Metcab  und  an  er-Raschid,  an  alle,  die  in 
Ihrer  erlauchten  Versammlung  sind.  Leben  Sie  wohl!" 

(Datum  und  Unterschrift).] 

tfelan  wollte  eine  Strecke  den  gleichen  Weg  wie  Huber  reiten. 
Bis  ans  Thor  begleitete  uns  die  Bev6lkerung  in  grossen  Schaaren. 
Wir  nahmen  herzlich  Abschied,  und  ich  hofl'te  aufrichtig,  Huber 
werde  seine  gefahrliche  Reise  glncklieh  beendigen.  Einen  Ge- 
fahrten, mit  dem  man  in  der  weiten  Fremde  so  eng  verbunden 
gewesen,  mit  dem  man  Freud  und  Leid  getheilt  hat,  so  ins 
Ungewisse  hinausziehen  zu  sehen,  geht  dem  Menschen  nahe 


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232  VIKKZMINTKS  C.U'ITKL. 

aus  Herz.  Was  wird  er  noch  alles  erleben?  Wie  wird  es  mir 
selbst  ergehen  ?  Nunmehr  ist  jeder  auf  sich  allein  angewieseu, 
und  Fahrlichkeiten  drohen  von  alien  Seiten!  Meine  Wunsche 
far  Huber  sollten  nicht  verwirklicht  werden :  er  wurde  am  29. 
Juli  desselben  Jahres  ermordet.  Doch  meine  eigene  bange  Hoff- 
nung  auf  ein  gluckliches  Ende  der  Reise  wurde  xsifullt.  Allah 
sei  geprieseu! 

Aber  ich  will  den  Ereignisseu  nicht  vorauseilen.  —  Nachdein 
ich  mich  von  Huber  verahschiedet  hatte,  setzte  ich  uiich  auf 
unser  Dach,  um  mein  Tagbuch  in  Ordnung  zu  bringen. 

Nachmittags  wurde  zun achat  mein  Gep&ck  vom  Dach  ins 
Haus  gescbafft,  weil  Safid  selbst  es  dort  nicht  fQr  sicher  hielt 
und  die  Moglichkeit  bestand,  dass  es  in  der  Nacht  gestohleu 
wurde.  Etwa  um  1  Uhr  bestieg  ich  ungesehen  mit  dem  Sclaveu 
Merzuk  ')  den  Felsen,  der  mitten  im  Nest  gelegen  ist  und  Umm 
Nasir2)  genannt  wird.  Dort  kla,tschte  ich  eine  himjarische  In- 
schrift  ab  und  stieg  dann  auf  dem  halsbrecherischen  Wege  mit 
den  Abklatschen  wieder  hinunter.  Dabei  fand  ich  nach  der 
lteihe  vier  neue  Inschriften,  unter  ihnen  eine  gute  nabataiscbe 
„aus  dem  ersten  Jahre  des  Arethas,  des  KOnigs  der  Nabataer1)''- 
Mein  Begleiter,  der  Sclave  Merzuk,  stellte  sich  bei  der  Arbeit 
sehr  geschickt  und  behilflich  an.  Die  urastehende  Bevolkeruug 
von  alien  Altersstufen  war  unausstehlich,  nasenweise  undfrech; 
alle  verlangten  Bakschisch.  Dies  Wort  hatten  wir  erst  am  Derb 
el-Ilagg  wiedergefunden.  Gottlob  hatten  wir's  lang  nicht  gebort. 
Einer  hatte  die  Frechheit  Bakschisch  zu  verlangen,  weil  er  aus 
dem  Land  der  Christen  sei;  ich  spuckte  aus  und  sagte:  „D» 
bist  nicht  aus  dem  Lande  der  Christen,  wohl  aber  einer  von 
den  Lugnern!" 

Abends  ass  ich  bei  Sa'id  zu  Nacht.  Das  Mahl  war  sehr  eiu- 
fach;  es  bestand  nur  aus  Reis  und  Brod. 


2)  yalj        vgl.  den  Tlsn  oben  S.  219. 

3)  isn:  -r?o  nmn1?  i  n:». 

i 

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■ 


1 


TKI.MU  —  KL-J.IKlilt  —  KI.-V.LA.  233 

Do.  20.  M&rz  1884].  Alle  Morgen  hOrt  man  hier  in  den  Bergen 
den  Gesang  der  Hirten,  der  aueh  einem  enropaischen  Ohre 
ziemlich  melodisch  klingt;  man  glaubt  fast  in  Tirol  zu  sein. 
Es  ist  wohl  eben  die  Berggegend,  die  ihre  Bewohner  solchen 
Gesang  lehrt. 

In  den  Ruinen  des  alten  el-e01a,  die  el-Khreiheh  '),  d.  h. 
„kleine  Ruine",  genannt  werden,  werden  fitters  Alterthitmer  vom 
Regen  ausgewaschen.  So  wurde  mir  heute  Morgen  z.  B.  ein 
Thougefass  gebracht,  das  nach  dem  letzten  Regen 
dort  gefnnden  war.  I 

Ich  fruhstttckte  in  einem  fremden  Hause;  dann  ^  

trank  ich,  wie  schon  mehrmals,  Katfee  beim  Thongefc»  au»  ei-  ou. 
#adi  Musa.  Nun  beschaftigte  mich  die  Toilette  des  braven 
Merzuk,  der  mir  gestern  so  gute  Dienste  geleistet  hatte.  Es 
war  —  wenigstens  fur  mich  —  immerhin  bemerkenswerth,  dass 
der  Mensch  nur  mit  einem  durchsichtigen  Packtuch  bekleidet 
herumlief.  So  griff  ich  denn  in  den  Sack  und  kaufte  ihm  ein 
Hemd,  das  einen  Mcgidi  kostete. 

Nachmittags  kam  ein  BUiwi,  d.  i.  ein  Beduine  vom  Stamme 
der  Bell,  mit  der  Nachricht,  dass  gestern  ein  Razu  von  Norden 
her  gekommen  sei.  Ich  dachte  sofort  an  Huber  und  llelan  und 
hoffte,  dass  sie  den  Raubern  nicht  in  die  Hande  gefallen  seien. 
Bald  cursirten  Qber  diesen  Razu  die  ver3chiedensten  GerQchte. 
[Man  konnte  dabei  ein  Studium  historischer  Methode  machen. 
Augenzeugen  und  Leute,  die  es  von  Augenzeugcn  gehOrt  haben, 
oder  Leute,  die  sich  wiederum  auf  die  Letzteren  berufen,  er- 
zahlen  der  Eine  so,  der  Andre  anders.  Dies  kann  man  auch 
gut  auf  die  einheiraische  Uberlieferung  der  altesten  Geschichte 
der  Araber  anwenden.]  Also  zunachst  wurde  berichtet,  dass 
tfelan  und  sein  Raftdz3),  d.  i.  „Begleiter",  Simlani  von  den  Belt 
ihrer  Thiere  und  aller  Habseiigkeiten  beraubt  worden  seien. 
Dieser  Simlani  wurde  spater  genauer  bezeichnet  als  Schech 

1)  iUjJi. 

2)  vJu3;. 


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* 


234  VIKUZEHNTES  CAPITKI  . 

Sliman  ibn  Refadeh,  ein  Bluwi,  der  in  el-Wegh  wohnhaft  uod 
agyptischer  Unterthan  sei.  Dann  wurde  aber  berichtet,  dass  die 
Rauber  dem  #6ian  all  sein  Sacb  zurflckgegeben  hatten,  mit 
Auanahme  seines  Delate,  da  dies  das  Zeichen ')  der  Huteim 
trug.  Schliesslich  hiess  es  aber  wiederum,  diese  letzte  Nach- 
richt  sei  nicht  wahr*).  [Der  Herausgeber  jedoch  weiss  nicht, 
worauf  sich  dieses  „  nicht  wahr"  bezieht,  ob  1)  darauf,  dass 
Helan  ein  Eamel  mit  dem  Brandzeichen  der  Huteim  gebabt 
habe;  oder  2)  darauf,  dass  dem  IJelftn  nur  dies  Kameel  genom- 
men  sei;  oder  3)  darauf,  dass  die  ganze  Nachricht  falsch  sei. 
Im  ersten  Falle  bleibt  das  Ganze  noch  unentschieden ;  im  zwei- 
ten  hat  flelan  alles  zurQckerhalten,  auch  sein  Kameel ;  im  drit- 
ten  hat  er  Qberhaupt  Nichts  zurttckbekommen].  t)ber  Huber's 
Geschick  werden  wir  noch  Naheres  unter  dem  25.  Marz  hOren. 

Spater  schlenderte  ich  im  Nest  umher,  auf  der  Suche  nach 
Inschriften.  Und  richtig,  acht  neue  Inschriften  waren  der  heu- 
tige  Ertrag.  Aber  schockschwerenoth !  —  da  sind  ja  zwei  wieder 
so  hocb,  dass  ich  ohne  Leiter  nicht  an  sie  hinanreichen  kann! 
Die  Leiter!  Die  Leiter!  Wenn  ich  nur  die  Leiter  hatt! 

Auch  heute  waren  meine  Sachen  wahrend  des  Tages  wieder 
vom  Dach  ins  Haus  hinubergeschafft,  weil  hier  Nichts  sicher 
ist  vor  den  Dieben,  die  uber  die  Dacher  laufen.  Vor  ein  paar 
Jaliren  kam  ein  Kaufman n  aus  Damascus  hieher;  dem  wurden 
zwei  vollstandige  Karaeelsladungen  Waaren  vom  Dache  ganz 
und  gar  weggeputzt,  ohne  dass  irgend  etwas  wieder  zum  Vor- 
schein  kam. 

Der  Abend  wurde  in  der  Familie  (!)  zugebracht.  Cholwah3), 
die  Frau  des  Said,  hatte  ein  Kind  von  vier  bis  fQnf  Wochen 
und  klagte  uber  grosse  Schmerzen  im  Bauch  auf  der  linken 
Seite.  Schon  kurz  vor  seiner  Abreise  hatte  Huber  ihr  irgend 


1)  *-vt<». 

2)  Vergl.  iiholiche  Berichlerstattutig  in  Band  I,  S.  64. 

[3)  Ee  ist  nicht  sicher,  ob  s^Jb-  oder  gcmcint  ist.] 


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TEIM&  —  EL-HE«R  —  E!.-cOLA. 


235 


eine  unschuldige  Arzenei  verabreicht.  Heute,  als  wir  einen 
Augenblick  allein  waren,  bat  sie  mich,  sie  genauer  zn  unter- 
9iichen:  sie  hatte  offenbar  eine  Entzundung  des  Uterus.  Sie 
bot  mir  einen  halben  Megidi  an,  wenn  ich  ihr  von  ihren  Schmer- 
zen  hulfe :  ich  verordnete  kalte  Umschlage  oder  Umwicklung.  — 
Deiseh '),  die  Schwiegermutter  (oder  das  erste  Weib?)  des  Schech, 
verehrte  mir  eiu  dreckiges  Korble,  wofur  ich  ihr  '/*  Megidi 
schenkte. 

Zum  Nachtessen  gab  es  Reis  mit  ein  paar  Stflcken  von  Gai- 
senrippen,  dazu  ein  paar  Eier,  Brod  und  susse  Milch. 

Fr.  21.  Marz  1884].  Der  heutige  Tag  war  nicht  besonders 
ereignissreich ;  um  so  mehr  Gelegenheit  hatte  ich  Betrachtungen 
anzustellen  flber  die  Fliegen  und  den  Dreck  von  el-c01a  im 
besonderen  und  uber  das  Leben  einer  centralarabischen  Stadt 
im  allgemeinen. 

Morgens  war  grosser  Kaffee  bei  Sa'id;  dazu  gehOrt  natarlich 
das  obligate  Geschrei.  [Es  war  ein  wastes  Durcheinander  von 
Stimmen,  so  dass  der  Herausgeber  dabei  an  die  n  Unterhaltung 
der  Berberiner,  bei  der  Zehn  reden  und  Einer  zuhort",  erin- 
nert  wird]. 

Im  Innern  des  Hauses  von  cAbdallah  Mueiz1)  klatschte  ich 
eine  hirajarische  Inschrift  ab.  Dann  kam  die  Nachricht,  dass 
Huber  wieder  nach  el-Hegr  zurttckgekehrt  sei  und  erst  heute 
von  dort  aufbrechen  werde. 

Ferner  erlebte  ich  ein  eclatantes  Beispiel  dafur,  dass  man 
nie  schnell  genug  eine  Inschrift  copiren  kann,  bevor  sie  der 
ZerstOrung  durch  Zufall  und  Dummheit  ausgesetzt  wird.  Ge- 
stern  namlich,  beim  Gang  an  der  Stadtmauer  hatte  ich  eine 
Inschrift  hart  am  Boden  entdeckt;  das  war  dicht  am  Spiel- 
platz  der  Kinder.  Nattlrlich  karneu  die  Kinder  gleich  herzu, 
als  ich  einen  Augenblick  stehen  blieb,  um  dem  Merzufc  den 
Stein  ins  Gedachtniss  einzupragen,  damit  wir  ihn  am  nachsten 


1)  LoJ  [H.:  DUe.] 
8)  Vgl.  obeu,  S.  229. 


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23(5 


VIKIIZKIINTES  C.M'ITKl.. 


Tage  abklatschen  konnten.  Heute,  wie  wir  mit  dem  Abklatsch- 
material  anruckten,  war  der  Stein  jamraerlich  beschadigt:  die 
dumraen  Buben  hatten  mit  Steinen  daran  herumgeklopft.  Zum 
Glnck  stellte  es  sich  heraus,  dass  es  eiu  Stein  mit  einer  werth- 
losen  arabischen  Inschrift  war.  [Einer  kurzen  nabataischen  In- 
schrift in  Bosra,  die  der  Herausgeber  in  den  Nabataean  In- 
scriptions, Leiden,  1913,  S.  58),  verOflentlicht  hat,  ergieng 
genau  so;  zum  Gluck  war  vor  der  Zerstflnmg  eine  Copie  ge- 
macht  worden.  Ein  anderer  schoner  nabataischcr  Inschriften- 
stein,  den  der  Herausgeber  im  Jahre  1900  in  Sic  im  Hauran- 
gebirge  abklatschte  und  in  den  Semitic  Inscriptions,  New  York 
1904,  S.  90,  veroffentlichte,  war  bei  einem  zweiten  Besuche 
der  Ruinenstatte  im  Jahi-e  1904  vollstandig  in  Stttcke  zer- 
schlagen:  die  Einwohner  hatten  nachsehen  wollen,  ob  Gold 
oder  Silber  in  dem  Stein  sei.  Der  eclatanteste  Fall  aber  ist  die 
Geschichte  der  beruhmten  Mesa-Inschrift,  die  im  Jahre  1868 
im  Ostjordanlande  entdeckt  wurde  und  die  fur  die  Geschichte 
des  alten  Orients  von  der  grossten  Wichtigkeit  ist.  Sie  wurde 
von  den  Beduinen  zerstort,  indem  man  den  Stein  erhitzte  und 
denn  kaltes  Wasser  darauf  goss!J 

Nun  zu  den  Fliegen  und  zu  dem  Dreck!  Die  Fliegen  sind 
hier  so  massenhaft,  da-ss  es  selten  moglich  ist,  einen  Abklatsch 
fertig  zu  bringen,  ohne  dass  zwei,  drei,  vier,  auch  zehn  Fliegen 
sich  zwischen  das  nasse  Papier  und  den  Stein  drangen  und 
naturlich  mit  abgedruckt  werden.  Beim  Essen,  besonders  der 
DattelD,  bringt  man  kaum  einen  Bissen  in  den  Mund,  ohne 
ein  paar  Mucken  mit  hineinzukriegen.  Sobald  die  Kaffeekannen 
nicht  unmittelbar  auf  den  Kohlen  stehen,  mrtssen  sie  mit 
einem  Lumpen  zugedeckt,  der  Deckel  heruntergeklappt,  und  die 
Schnauze  ebenfalls  mit  einem  Ijappen  test  zugebunden  werden. 
Unser  erster  Empfang  in  el-cOIa,  den  ich  oben  S.  222  beschrieben 
habe,  war  also  ein  Omen  filr  manche  kunftige  Tage  gewesen. 
Von  dem  Dreck  und  dem  Staub  von  el-c01a  kann  man  sich 
schwer  eine  Vorstellung  macheu,  wenn  man  ihn  nicht  selbst 
gesehen  hat.  Aller  Abfall,  aller  Mist,  aller  Koth  liegt  auf 


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TKIMft  —  Kl.-HKliH  —  FIBULA.  237 

Strassen  und  H6fen  umher,  sinnreich  vertheilt,  so  dass  man  bei 
jedem  Schritt  Gelegenheit  hat  hineinzutreten.  Der  Staub,  ver- 
mischt  mit  Tausenden  von  Milliarden  Bacterien  oder  noch  mehr, 
umgibt  einen  auf  alien  Seiten ;  er  dringt  in  Mund,  Nase,  Augen, 
Ohren,  ja  in  die  Poren  der  Hant  ein.  Man  sieht  ihn,  man  fQhlt 
ihn,  man  riecht  ihn,  ja,  man  erlebt  ihn!  Der  Dreck  scheint 
heilig  und  unantastbar  zu  sein  wie  das  Schwein. 

Gegen  Abend  gieng  ich  mit  cAbdallah  Mueiz  in  seinen  Pal- 
mengarten.  An  der  lanen  Quelle,  deren  Wasser  28,5  Grad  Cel- 
sius warm  war,  leben  viele  kleine  Muscheln  von  derselben  lang- 
lichen  spitz  zulaufenden  Gestalt  wie  in  Teima.  Nachher  ass 
ich  in  seinem  Hause  zu  Nacht. 

Sa.  22.  Marz  1884].  Es  war  ein  frischer  Morgen.  Zu  Hans 
in  Deutschland  wird  heute  Kaisers  Geburtstag  gefeiert.  Aber 
wer  der  Deutsche  Kaiser  und  was  Deutschland  sei,  davon  hat- 
ten  die  Simpel  hier  naturlich  keinc  Vorstellung;  es  wardarum 
unnfltz  und  unm6glich,  sie  daraber  aufzuklaren.  Ja,  in  flajel 
hatte  ich  wenigstens  noch  auf  ein  gewisses  Verstandniss  rech- 
nen  ktinnen. 

Erst  nach  Mittag  stellte  sich  Merzuk  ein,  urn  die  neu  ge- 
fundenen  Inschriften  abzuklatschen.  Eine  war  so  hoch,  dass 
kein  Palmbaum  reichte.  Wo  ist  die  Leiter?  Die  Leiter,  ja,  die 
hatte  hinaufgereicht ;  aber  sie  war  in  sicherer  Hut  im  Castell 
von  Madaln  §alih.  0  Huber,  was  far  Unheil  hat  dein  Rath  an- 
gerichtet !  Und  o  ilber  mich  Esel,  dass  ich  deinem  Rathe  folgte ! 
Eine  andere,  ebenfalls  sehr  hohe  Inschrift  habe  ich  nur  mit 
wirklicher  Lebensgefahr  erreichen  kOnnen.  Dazu  war  noch  der 
Stamm  nicht  ganz  capitelfest,  und  ich  furchtete,  er  kCnnte 
mitten  durchbrechen. 

Der  Kerl,  der  unlangst,  wie  ich  oben  S.  229—230  erzahlt  habe, 
steuerfiachtig  durchgebrannt  war,  sass  heute  Abend  wieder, 
nachdem  er  durch  einen  Sicherheitsbrief  des  Said  aus  seinem 
Asyl  in  der  Festung  zu  Madaln  $alih  zuruckgekehrt  war,  ganz 
gemilthlich  am  Kaffecfeuer  bei  Sacid  Abu  cAli  und  liess  weiter 
mit  sich   pactiren.   Auch  am  folgenden  Morgen  spielte  sich 


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238 


VIKIUE1INTK8  CAPiTKL. 


beim  Kaffee  die  Scene  weiter.  Nur  vergass  leider  der  Haus- 
wirth  ob  dem  Gezeter  und  Geschrei,  den  Kaffee  za  bereiten. 
Es  war  entsetzlich  heiss,  und  ich  war  heilig  froh,  als  ich  end- 
lich  nach  beendigtem  Kaffee  auf  mein  Dach  hinnbersitzen 
konnte. 

So.  23.  Marz  1884].  Der  Morgen  war  schwfll,  schwere  Wol- 
ken  hiengen  am  Himmel.  Gewitterstiraniung  lastete  auf  der 
Landschaft. 

Meine  Tbatigkeit  gait  beute  wie  gewOhnlich  den  Inschriften. 
Zuerst  erwarb  ich  den  nabataischen  Stein,  derausdem  1.  Jahre 
des  Kfmigs  Arethas  datiert  war '),  um  einen  Megidi.  Dann  liess 
ich  ihn  noch  gegen  Megidi  auf  ein  Drittel  seines  ursprung- 
lichen  Gewichts  behauen,  um  ihn  leichter  transportiren  zu  kfin- 
nen.  Zwei  andere  Steine  mit  lihjanischen  Inschriften  suchte  ich 
gleicbfalls  zu  ersteheu.  Den  einen  weigerte  sich  der  EigenthOmer 
gegen  1  Megidi  abzutreten.  Den  anderen,  der  von  einem  klei- 
nen  Altar  herzurfihren  scheint,  hoffte  ich  noch  fur  1  Megidi 
zu  bekommen :  in  der  That  erhielt  ich  ihn  am  nachsten  Abend. 

» 

Da  er  sehr  hoch  eingemauert  war,  musste  man  ihn  erst  unter 
Schwierigkeiten  von  seiner  Stelle  loslGsen. 

Heute  kam  ich  mit  meinen  Inschriften  von  el-c01a  bereits 
auf  N°.  50,  und  noch  waren  mir  zwei  weitere  in  den  Palm- 
garten  angekundigt.  Der  Sclave  Merzulc,  mein  Leibsclave,  ist 
durch  die  verschiedenen  Bakschische  sehr  anstellig  geworden 
und  hat  zwei  gute  Inschriften  entdeckt;  ein  paar  andre  von 
ihm  gemeldete  waren  werthlose  arabische  Inschriften.  Oft  werde 
ich  in  oder  an  Hauser  gerufen,  wo  angeblich  eine  Inschrift 
sein  soli :  das  ist  dann  manchmal  nur  ein  grob  behauener  Stein 
oder  irgend  ein  roh  gearbeitetes  Steinornament.  Aber  man  dart 
die  Leute  nicht  entmnthigen  und  sie  nicht  desswegen  auslacben; 
sonst  zeigen  sie  einem  Nichts  mehr. 

Die  Fliegen  waren  heute  wie  besessen.  Das  machte  die  Nahe 
des  Regens:  der  entlud  sich  unter  lebhafter  Donnerbegleitung 

I)  S.  oben,  S.  232. 


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TEIMi  —  EL-HEGK  —  EL-'oLA. 


239 


von  4  Uhr  Nachm.  an  mit  reichlichem  Schwall.  Darum  ver- 
legte  ich  heute  auch  mein  Nachtquartier  vom  Dache  ins  Haus. 

Mo.  24.  Milrz  1884].  Nun  sollte  ich  endlich  die  Ruinen  des 
alten  el-e6la  selbst  kennen  lernen.  Seit  einer  Woche  war  ich 
innerhalb  der  Mauern  des  lieblichen  Nestes  eingesperrt.  Waren 
nicht  die  Inschriften  gewesen,  die  meine  Zeit  doch  imraerhin 
ziemlich  gut  ausfQllten,  so  ware  es  nicht  zum  Aushalten  ge- 
wesen. Wahrend  all  der  Tage  hatte  ich  mich  doch  auch  danach 
gesehnt,  einen  Spaziergang  ausserhalb  der  Mauern  zu  machen, 
und  noch  lieber  mich  in  den  Battel  zu  schwingen  und  das 
ganze  weite  Ruinenfeld  zu  durchstreifen. 

Morgens  mit  der  Sonne  fanden  sich  23  Gewehrbewaffnete ') 
im  Kahawah  des  Sacid  ein.  Es  verstrich  aber  noch  einige  Zeit, 
bis  all  die  verschiedenen  Schafheerden,  Esel,  Weiber  und 
Kinder  beisammen  waren,  die  alle  von  der  seltenen  Gelegenheit 
profitieren  wollten,  eine  Viertelstunde  ausserhalb  der  Mauem 
von  el-c01a  Futter  zu  suchen.  Endlich  fand  der  Exodus  statt. 
Voraus  gieng  eine  Anzahl  Kundschafter,  die  sich  bei  jeder 
kleinsten  Erhebung  des  Bodens  auf  den  Bauch  leg  ten,  um  die 
Ortlichkeit  auszuspahen.  Wirklich  zeigten  sich  einige  Rauber*) 
vom  Stamme  der  Bell,  die  sich  aber  bei  dem  Anrucken  der 
grossen  Heeresmacht  allmahlich  wieder  verzogen. 

Die  Ruinen3)  sind  ein  loser  Haufen  von  rothen  Sandstein- 
brocken;  sie  liegen  auf  einer  kleinen  Bodenerhebung  im  Thai, 
zwischen  den  hohen  Bergen  eingeschlossen.  Rechts  und  links 
stehen  einige  Akazienbaume  *),  dazwischen  Futter.  Mitten  in 
den  Ruinen  liegt  ein  aus  dem  naturlichen  Sand  stein  gemeis- 
seltes  und  im  Fels  ruhendes  Gef&ss  von  colossalen  Dimensionen 
das  innen  drei  zerbrochene  Stufen  hat  (Abb.  S.  240).  Es  wird 
von  den  Eingeborenen  Halawijjet  en-Nebi  (sc.  §aHh)a)  genannt. 
Nach  ihrer  Meinung  ist  es  das  Gefass,  aus  dem  das  durch  die 


1)  Jl^I^j  bawftrdijjeb. 


2)  b»rft,nijjeh. 
4)  ^Ab  talh. 


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240 


VIKRZEIINTES  CAWTKI.. 


Sage  geheiligte  Kameel  des  Propheten  Salih  mit  Milch  getrankt 
wurde  '). 


I.Ul&wijjet  en-Nebi  Silih. 

Das  Ganze  erinnert  stark  an  die  „  Butte  des  Abts  von  Maurs- 
mflnster,"  die  zwei  Stunden  sudlich  von  Zabern  (ira  Elsass) 
mitten  im  Walde  liegt  —  Weiter  fand  ich  in  den  Ruinen  zwei 
Paar  Schienbeine  von  Statueu,  von  einer  doppeltlebensgrossen, 
sowie  von  einer  kleineren;  an  der  gTossen  waren  noch  die  An- 
satze  von  Sandalen  zu  sehen.  Auch  lagen  einige  Reste  von  Ge- 

fassen  aus  gestreiftem  Sandstein 


umber.  Die  Bnben  brachten  mir 
ein  Bruehstuck  einer  kleinen 
Statue  init  agyptiseher  Haar- 
tracht.  Das  Fragment  war  etwa 
in  ei-'Ou.  30  cm.  hoch ;  zu  ihm  mogen 

die  kleinen  Schienbeine  gehfirt  haben. 


Grabhohlen. 

Die  GrabhOhlen  <iud  hier  sehr  einfach  (S.  Abb.).  Sie  ent halt-en 


4)  xAJ!  Uls.. 


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- 


TElMft  —  KL-HEOU  —  r.l.-di.X.  241 

noch  einige  Knochenreste,  Fetzen  von  LeichentQchern  und  Holz- 
splitter  von  den  Sargen,  auch  Reste  von  Stein-  und  Thonge- 
fassen.  —  An  einem  Abhang  traf  ich  viele  grunlich-schwarze 
Schlacken;  ihr  Fundort  ist  auf  dem  Plan  obenS.  219  angedeutet. 

Ausserdem  fand  ich  eine  ganze  Anzahl  von  Inschriften;  mit 
einer  Ausnahme,  einer  kurzen  nabataischen  Inschrift,  die  wohl 
den  Namen  eines  Mannes  und  seine9  Vaters  angab '),  waren 
alle  ,sudsemitisch",  d.  h.  minaisch  und  lihjanisch,  Inschriften 
von  denen  oben  S.  224 — 25  die  Rede  gewesen  ist.  [Die  hier  ge- 
fundenen  Inschriften  sind  so  recht  geeigoet  den  Cbergang  von 
der  echten  minao-sabaischen  Schrift  zur  altnordsemitischen 
Schrift  zu  zeigen.] 

Ich  nahm  meinen 
Weg  von  Nord  nach 
Sfld,  da  ich  an  den 
Felswanden  noch 
mehr  Denkmaler  des 
Altertums  vermu- 
thete.  Meine  ftefahr- 
ten  behauptetenzwar, 
dort  im  Sudwesten 
sei  Nichts  vorhanden, 
und  riethen  mirdrin- 
gend  ab  dorthin  zu 
gehen,  da  jene  Gegend 
sehr  gefahrlich  sei. 
Ich  liess  mich  aber 
durch  Nichts  beein- 
fiussen,  sondern  setzte 
meioen  Weg  fort,  begleitet  von  vier  Bewaffueten,  wahrend  das 
Lager  meiner  Begleiter  im  Thai  parallel  mit  mir  weiterwanderte. 
Und  ich  hatte  meinen  Entschluss  auch  nicht  zu  bereuen;  deun 


[1)  Dieae  Intchrift  ut  in  Euting,  Nabatiiiache  Iaschrifteu  »o«  Arabien,  S.  13,  oab.  44  abgii- 
bildet.  Auch  im  Corpu*  In»criptionum  Semiticarum,  II,  No.  121  iit  sie  wiedergegtben.  Wahr- 
kcheiolith  ist  *u  )o«d  „al-\afijj,  Soho  dc»  :Abd.'j 

16 


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242 


VIERZK1INTE8  CAPITKL. 


ich  traf  bald  an  der  Felswand  in  vier  Nischen,  deren  Lage  auf 
S.  219  und  in  der  folgendeu  Abbildung  ersichtlich  ist,  vier 


Feliwaudc  bei  .  !  «  Ua.  (Bei  +  MumieiifraUen). 

seltsame  Mumienfratzen,  in  je  zwei  Paaren,  die  halb  an  ftgyp- 
tische,  halb  an  mexikanische  Gestalten  erinnern,  mit  bleckendem 
Gebiss.  Zwischen  dem  ersten  Paar  befand  sich  eine  gute  Inschrift, 


die  ich  leider  wegen  des  schmalen  Wegs,  auf  dem  ich  nicht 
zurflcktreten  konnte,  nur  unvollkoimnen  sah  und  die  ich  ohne 
Leiter  nicht  erreichen  konnte. 


[1)  Die  Inschrift  twitchen  den  Bildern  Ut  von  dem  Herautgeber  nach  dem  AbkUUche  der 
Patres  Jaussen  und  Savignac,  Rcrue  Biblique,  l'J12,  S.  60,  binzugefugt,  da  Euting'»  Conic 
nicht  ausreichte.] 


1Anr*^nlMV 


Mnmieofratzcn  nod  mionuchc  Inschrift  >). 


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TEIMsi  —  KL-HKfiR  —  V.l.-'6l.\.  243 

[tiber  diese  Inschrifl  zwischen  den  beiden  Muinien  ist  inzwi- 
schen  viel  geschrieben  worden ').  Aber  erst  nachdem  die  Patres 
Jaussen  und  Savignac  einen  Abklatsch  von  ihr  gemacht  hatten, 
war  es  moglich,  eine  sichere  Lesung  und  eine  eiuigermaassen 
sichere  Deutung  zu  geben.  Letzleres  geschah  durch  M.  Lidzbarski, 
den  verdienten  Erforscher  semitischer  Inschriften.  Nacb  seinen 
Erklarungen  mOchte  ich  das  Ganze  etwa  folgendermaassen  uber- 
setzen : 

„Hani',  Sohn  des  Wahab'el,  aus  Mill).  —  Siehe,  mit  einer  Busse 
von  Nikrah  und  Wadd  sei  der  belegt(l),  der  etwas  an  diesem 
Grab  andert,  wahrend  der  Dauer  von  Jahren  und  Monaten!" 

Es  ist  also  eine  minaische  Grabinschrift,  mit  Angabe  des 
Namens  des  Bestatteten  und  Strafandrohung  ira  Naraen  de9 
heimischen  sfldarabischen  GOtter.  Unten  werden  wir  sehen, 
dass  die  Nabataer  dasselbe  thaten  im  Namen  ihrer  GStter.  Der 
Ausdruck  „ wahrend  der  Dauer  von  Jahren  und  Monaten"  be- 
deutet  soviel  wie  „in  alle  Ewigkeit!"] 

Noch  ungunstiger  gelegen  waren  andere  Inschriften,  die  10 — 
15  Meter  hoch  eingemeisselt  waren.  Diese  mflssen  nur  von  oben 
zuganglich  gewesen  sein,  und  zwar  vou  der  auf  halber  HOhe 
gelegenen  Festung. 

Ziemlich  mud  und  ersch6pft  stieg  ich  nun  zu  dem  Lager 
meiner  Begleiter  hinunter,  wo  Rahwah  helu  und  #ahwah,  d.  i. 
Zuckerwasser1)  und  richtiger  Kaffee,  bereitet  worden  war. 

Dann  zogen  wir  heim.  Vor  uns  lag  el-eOla  mit  seinen  Palmen- 
garten,  seinen  Lehmtnauern  und  dem  Hilgel  Umm  Nasir  in  der 
Mitte.  Als  wir  naher  kamen,  bemerkte  ich  an  den  Mauern  als 
Zinnenverzierung  verschiedene  Ornamente  (Abb.  auf  S.  244). 

Unsere  Ruckkehr  glich  einem  wahren  Triumphzug.  Alles  war 
froh,  dass  die  Expedition  glacklich  verlaufen  war,*ohne  Zusam- 


H)  Vgl.  D.  II.  M  uller,  Epigrapbitche  Dnnkraulcr  aus  Arabien,  S.  51;  J.  H.  Mordtmnnn, 
Beitiiigo  zur  MiDai»cben  Epigraphik,  S.  57;  A.  Jiunen  et  11,  Savignac,  in  Kcfue  Bibliquc, 
Nouvellc  Seric  IX  (1»I2),  p.  80  ff.;  M.  Lidibarski,  Ephcmeris  fur  Scmitische  Epigraphik, 
HI.  S.  274.] 

2)  Vgl.  Band  I,  S.  128,  Anm.  2. 


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244 


YIKRZEHNTKS  CAOTKl. 


mentreffen  mit  deu  berflchtigten  Raubern;  man  freute  sich, 
dass  man  draussen  gewesen  war,  und  man  freute  sich,  dass 


El-'Ola  von  Nordcn. 


man  nun  wieder  heimkehrte.  Die  Heerden  eilten  vorne  draus. 
Dann  kam  ich  auf  meinem  durch  die  Fliegen  ganz  verruckten 


— ^    '  -.  I~- 

ZiiioenverzicniDgen  auf  den  M&ucrn  von  el-<Ola. 

Delul,  hinter  mir  SaHd,  der  Gouverneur,  und  nun  in  einer  Linie 
s&mmtliche  Flintentrager.  Vor  der  Linie  tanzte  Einer,  die  Anderen 
trippelten  in  Reihe  und  Glied  und  feuerten  nach  einander  ihre 
Flinten  ab,  mir  beinahe  ins  Ohr.  Jeden  Augenblick  glaubte 
ich,  der  nachste  Schuss  wurde  mir  in  den  Hinterkopf  geben 
und  das  Gehirn  durch  die  Stirn  hinausjagen.  Einem  der  Schnt- 
zen  flog  bei  der  Abfeuerung  der  Schaft  herunter. 

Als  wir  zu  Hause  ankamen,  traf  ich  meinen  kilnftigen  Be- 
gleiter  fur  den  Weg  nach  el-Wegh;  er  hiess  Rdejj&n ')  und 
war  der  Bruder  dea  Hauptschechs  der  Beli,  Merzuk  ibn  Rueihil  *). 
Nach  kurzer  Verhandlung  erklarte  er  sich  bereit,  mich  fflr 
zwanzig  Megidi  nach  el-Wegh  zu  liefern.  Doch  sei  noch  eine 

i)  wL*rf. 

2>  u*]  Oi;/' 


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245 

besondere  Bedeckungsinannsehaft  nfltig,  urn  ganz  sicher  zu  gehen. 
Der  Mensch  war  noch  jung  und  machte  einen  sehr  guten  Ein- 


• 


Riickkehr  von  den  Ruioen. 


druck.  Er  hatte  als  Diener  den  verlumpten  'Obeid  bei  sich  und 
ritt  eMn  weisses  Delul. 

Abends  wurde  mir  auch  der  kleine  Altar  mit  lihjanischer 
Inschrift,  urn  den  ich  gestern  gehandelt  hatte,  ins  Haus  gebracht. 
Ich  war  flber  diesen  Erwerb  sehr  befriedigt.  Lange  war  er  eine 
Zierde  meiner  Sammlung  und  befindet  sich  jetzt  in  der  Uni- 
versitats-  und  Landesbibliothek  zu  Strassburg.  [Seine  Form  hat 
sieli  auch  spater  als  sehr  wichtig  erwiesen ;  in  Band  II  der  Ver- 
Ottentlichungen  der  Deutschen  Aksum-Expedition  ist  er  auf  S. 
52  u.  101  zura  Vergleiche  mit  ornaraentalen  Formen  aus  Abes- 
sinien  herangezogen.] 

Die  drohenden  Gewitterwolken  entluden  sich  nicht  ilber  el- 
c()la  selbst,  sondern  ndrdlich  und  flstlich  vom  Ort.  Sehr  zufrie- 
den  mit  dem  Erfolge  des  heutigen  Tages  begab  ich  raich  zur  Ruhe. 


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24G 


VIKHZKIINTK.S  CAI'lTKI. 


Di.  25.  Marz  1884].  Heute  sollte  es  endlich  nach  el-yegr  gehen, 
dem  Ziele  meiner  Sehnsucht.  Dort  waren  ja  die  grossen  Pracbt- 
inschriften,  Qber  die  durch  Doughty  die  ersten  genaueren  Nach- 
richten  nach  Europa  gekommen  war,  die  Inschriften,  die  micta 
zu  meiner  Reise  nach  Arabien  begeistert  hatten  und  von  denen 
ich  mir  so  viele  Aufschlflsse  fur  die  Geschiehte  der  Araber  und 
Nabataer  versprach. 

Zuerst  copirte  ich  noch  drei  ffsud$emitische"  Inschriften,  die 
in  den  Palmengarten  gegen  Norden  eine  halbe  Stunde  weit 
entfernt  lagen.  Dann  rustete  ich  Alles  zum  Aufbruch. 

Mit  den  tiblichen  VerzOgerungen  wnrde  es  Mittag,  bis  Alles 
beisainmen  war.  Dazwischen  hinein  kam  ein  Kerl  an,  der  nur 
zwei  schmale  Tocher,  eins  nra  die  Lenden  und  ein  auderes  auf 
dem  Kopfe,  trug:  er  war  soeben  von  den  Beli  ausgezogen 
worden.  Bis  vors  Thor  begleitete  uns  eine  grosse  Menschen- 
menge.  Dann  nahm  ich  Abschied  von  el-c5la,  von  seinen  In- 
schriften und  neugierigen  Einwohnern,  von  seinen  Fliegen  und 
seinem  Dreck.  Vieles  Interessante  und  Wichtige  hatt,e  ich  ge- 
funden;  aber  Dinge,  die  noch  interessanter  und  wichtiger  waren, 
warteten  meiner.  Doch  war  dies  nicht  der  letzte  Abschied  von 
el-c0la;  nach  wenigen  Tagen  sollte  ich  ihn  wiederholen,  ebenso 
wie  ich  auch  Huber  noch  einmal  seheu  und  von  ihm  Abschied 
nehmen  sollte.  Man  sagt  wohl,  doppelt  genaht  halte  besser; 
dies  Sprichwort  bewahrheitete  sich  hier,  denn  mein  doppelter 
Abschied  von  Huber  und  von  el-c01a  war  ein  endgQltiger,  fflrs 
ganze  Leben. 

Etwa  urn  12  Uhr  ritten  wir  ab.  Kdejjan  zog  voraus  mit 
seinem  Radif  cObeid,  auf  dem  weissen  Delul;  er  hatte  einen 
Theil  meines  Gepacks  bei  sich.  Ich  ritt  hinterdrein.  Mit  dem 
Bluvvi  konnte  ich  diesmal  direct  nach  Norden  durch  die  Schlucbt 
reiten,  die  sonst  durch  seine  Stammesgenossen  unsicher  ge- 
macht  wurde,  und  die  wir  am  16.  Marz  sorgsam  umgaDgen 
batten.  Diese  Schlucht  heisst  el-cAdib');  in  »hr  betinden  sich 


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TKISJ&  —  KL-yKOtl  ~  FI.-'ol.A.  247 

wilde  Palmen,  reichliches  Buschwerk,  dazwischen  einzelne 
Brunnen,  und  so  eignet  sie  sich  vorzflglich  zum  Schlupfwinkel 
far  Raubgesindel.  Hinter  der  Schlucht  bogen  wir  rechts  ab 
durch  die  Hugelgruppe  el-£ardijjeh  '). 

Nach  etwa  zwei  Stunden  kamen  wir  an  einem  Felsen  vorbei, 
der  mit  Inschriften  verschiedenster  Art  bedeckt  war.  Diese 
Felswand  mit  ihren  altaramaischen,  thamudischen,  nabatai- 
schen,  griecbischeu  und  lateinischen  Zeichen  ist  so  recht  ein 
Denkmal  der  langen  und  wechselvollen  Geschichte  Hegra's. 
Alle  diese  Inschriften  sind  Memorialinschriften :  Menschen  der 
Vorzeit  haben  hier  ihre  Namen  der  Nachwelt  uberliefert.  Ein 
deutsches  Sprichwort  besagt:  „Narrenhande  beschmieren  Tisch 
und  Wande".  Aber  wir  Epigraphiker  und  Palaeographen  sind 
froh,  dass  die  Menschenhande  in  alter  Zeit  Steine  und  Wande 
mit  ihren  Namen  bedeckt  haben.  Mogen  die  Nachrichten,  die 
sie  uns  uberliefern,  zunftchst  auch  noch  so  unbedeutend  und 
nichtssagend  sein:  aus  den  wenigen  Zeichen  lassen  sich  oft  die 
wichtigsten  historischen,  sprachlichen,  kultur-,  religions-  und 
schriftgeschichtlichen  Schlilsse  ziehen. 

Wir  sahen  schon  oben  (S.  157  ff.),  dass  im  6.  oder  5.  Jahrhundert 
vor  Chr.  hier  in  Nordarabien  die  aramaische  Sprache  und  Schrift 
festen  Fuss  zu  fassen  suchte;  daf'Qr  ist  die  Inschrift  von  Teimft 
das  dauernde  Wahrzeichen.  Einer  der  Leute,  die  diese  Schrift 
anwandten,  ist  auch  durch  unsere  Schlucht  gezogen  und  hat 
uns  folgendes  Andenken  hinterlassen. 

Aramaitche*  Onllito. 

[Das  heisst  ubersetzt:  „Ma{nallahi  und  sein  Oheirn  2)'\  Ein 
Araber,  der  die  national-arabische  Schrift  und  Sprache  vorzog, 

1) 

2)  Vielleicht  sind  jndoch  die  boiden  Namen  „Ma'uallahit  Na'araah"  darin  enthalUn;  Ygl. 
Bating,  Nabat.  laacbr.  aus  Arabian,  S.  18— 14,  u.  Corp.  Inscript.  Semitic.  If,  N°.  118. 


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248 


VIKKZKIINTF.S  fAl'ITKI. 


schrieb  einen  Gruss  far  einen  Freund  und  seinen  eigenen  Namen 
an  den  Felsen. 


Diese  Inschrift  ist,  wie  es  scbeint,  etwas  undeutlich  geschrieben. 
Man  kOnnte  sie  mit  hebraischen  Buchstaben  folgendermaassen 
wiedergeben : 

I  DDI!  I  D22b  „Lubabat,  Gruss! 
nj?JD  |     I  noyj  I       Und  ich  bin  Na'raah,  der  Sohn  des  Kancah'\ 

Aber  wenn  man  den  ersten  Buchstaben  leicht  ver&ndert 
und  statt  des  ^  ein  n  liest,  so  warde  die  erste  Zeile  entweder 
flbersetzt  werden  kOnnen: 


Aus  der  Nabataerzeit  jedoch  stammeu  die  meisten  Inschriften. 

[Da  pflegten  die  Durchreisenden  ihren  Naraen  und  den  Namen 
ihres  Vaters,  dazu  das  Wort  schebmi  „Gruss",  entweder  vor 
oder  nach  den  Namen,  einzumeisseln  oder  fluchtig  einzuritzen. 
Der  Name  des  Vaters  wurde  etwa  in  derselben  VVeise  gebraucht, 
wie  heute  in  Europa  die  Familiennamen ;  von  diesen  gehen  ja 
auch  unendlich  viele  auf  Vatersnamen  zurnck,  wie  man  aus 
den  vielen  Janssen,  Petersen,  Christiansen  u.  s.  w.,  aus  den 
schottischen  Namen  mit  Mac,  den  irischen  mit  0',  den  slavi- 
schen  auf  -off  und  -witz,  den  armenischen  auf  -ian  u.  a.  m. 
ersehen  kann.  A  Is  Beispiele  mOgen  hier  angerahrt  sein 


in  n  Al  x  nn  i 


AUoordar»bi>hcs  Grnllitn. 


Jch  grasste  den  tfabib", 


oder 


,Ich  grasste  einen  Freund".] 


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TKINft  —  BL-I.IKOIt  —  KL-'of.A.  249 

Die  erste  der  beiden  Inschriften  lautet: 

„Gruss!  Sa'dallahi,  Sohn  des  Asad". 

Die  zweite: 

„Ijas,  Sohn  des  Kulaib,  Gruss !"  ') 

Die  Namen  sind  rein  arabisch,  obgleich  die  Schrift  nabataisch 
ist.  Sa'dallahi  heisst  wGlflck  Gottes";  das  war  ein  Omen,  dass 
das  so  benannte  Kind  seinen  Eltern  Gluck  bringen  sollte.  Asad 
heisst  der  ,L6we";  der  Knabe  sollte  so  stark  werden  wie  ein 
LOwe.  Namen  wie  Leon,  Leo,  sind  ja  auch  uns  heute  noch 
bekannt.  Ijas  ist  „die  Gabe";  in  sehr  vielen  Sprachen  wird 
das  Kind  als  eine  Gabe  Gottes  bezeichnet.  Kulaib  heist  „Hund- 
chen";  es  ist  ein  Koseform  fur  Kalb,  hebraisch  Kaleb, 
„Hund".  Fflr  diesen  Namen  sind  zwei  verschiedene  Erklarungen 
moglich.  Der  Name  BHund  Gottes"  ist  aus  alter  und  neuer 
Zeit  bei  den  Semiten  bekannt.  Dem  Herausgeber  wurde  der 
Name  bei  den  Beduinen  so  gedeutet,  dass  der  Trftger  seinem 
Gott  so  treu  sein  solle  wie  ein  Hund  seinem  Herrn.  So  ist  es 
auch  nur  mOglich,  dass  z.  B.  ein  Muslim  „Hund  'Alls"  genannt 
wurde;  dieser  Name  wurde  dem  Herausgeber  aus Mesopotamien 
beriehtet.  Andererseits  ist  der  Hund  in  alterer  Zeit  aber  auch 
als  starkes,  wQthiges  Thier  gefarchtet.  Wenn  ein  Knabe  .Hund" 
genannt  wurde,  so  wird  auch  oft  der  Wunsch  darin  gelegen 
haben,  das  Kind  niOge  stark  und  gefahrlich  werden.  Denn  die 
Araber  „benennen  ihre  eigenen  Kinder  far  die  Feinde,  ihre 
Sclaven  aber  far  sich  selbst"  *) ;  d.  h.  die  Namen  der  Kinder 
bezeichnen  oft  gefahrliche,  die  der  Sclaven  ntttzliche  Eigen- 
schaften,  und  die  Sclavennamen  werden  daher  oft  in  der  Kose- 
form gebraucht ').] 

Neben  all  diesen  Semiten  haben  sich  auch  einige  Europiler 

'1)  Die  Inschriftcn  sind  vcroffeotlicht  in  Kuting,  Nnbat.  Inschriften,  S.  13,  nub.  46  u.  50; 
fcrner  im  Corp.  Inicript.  Semitic   II,  \°.  315  u.  313. 

2)  Vgl.  J.  J.  Hess,  Bediiincnnamcn  aus  Zenlralarabien,  S.  7. 

3)  Vgl.  Pal  grave,  Reise  in  Arabieu  <  Leipzig  1867),  S.  3'J.l 


* 

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250  VIKNZKHSTKS  CAIMTKL. 

aus  alter  Zeit  verewigt;  da.  ist  <ler  Grieche  Kassidromos  und 
der  Lateiner  Titus. 

8€  Nl r i r 

Gricchisches  Graffito.  Lateinischo  Graffito. 

[Der  Name  des  Kassidromos  stent  im  Vocativ.  Dieser  wurde 
bei  den  orientalischen  VOlkern,  die  mit  den  Griechen  in  Be- 
ruhrung  kamen,  oft  statt  des  Nominativs  gebraucht,  da  erstere 
hOrten,  dass  die  letzteren  so  angerufen  wurden.  Es  scheint. 
das  Titus  ein  beneficiarius  war,  d.  i.  ein  Soldat,  der  eine  be- 
sondure  Vergflnstigung  erbalten  hatte,  namlich  durch  einen  dazu 
berechtigten  Officier  von  deu  gewOhnlichen  Dienstleistungeu 
befreit  war  und*  im  Bureau  beschaftigt  war.  Was  far  Menschen 
waren  alle  diese,  von  denen  gerade  die  Rede  gewesen  ist,  und 
was  thaten  sie  hier  in  Hegra?  In  meiner  Phantasie  werden 
plOtzlieh  diese  Thaler  wieder  belebt.  Da  zieht  ein  Kaufmaun 
auf  seinem  Kameel  mit  seinen  Waaren  und  Dienern  durch  die 
Schlucht;  er  macht  Rast  bei  einem  der  Brunnen.  Er  blickt  auf 
den  Felsen  und  sieht  die  Namen :  Hugs  geht  er  hin  und  scbreibt 
auch  den  seiuigen  dortbin.  Das  Bild  vergeht;  sieh,  eine  grosse 
Karawane  kommt  daher,  Araber,  siegreich,  mit  Beute  beladen. 
Sie  sucben  Kohlung  im  Schatten  der  Felswand,  sie  wollen  ihre 
Thiere  tranken  und  selbst  ibren  Durst  loschen.  Rasch  bilden 
sich  kleine  Kreise,  die  Feuer  lodern  auf  und  die  laute  Unter- 
baltung  beginnt.  Einer  sieht  die  Schriftzeichen  am  Felsen;  er 
fragt,  was  sie  bedeuten,  und  es  entspinnt  sich  eine  leidenschaft- 
liche  Debatte  daruber.  Man  holt  einen  Schreiber  herbei;  der 
entscheidet  die  Frage.  Dann  wird  er  rait  Bitten  bestOrmt,  auch 
die  Namen  der  Anwesenden  in  das  „FelsenbuclT  einzutragen. 
Doch  wer  war  Titus?  War  er  ein  Nabataer,  der  im  r5uiischen 
Heere  gedient,  lateinisch  gelernt  und  einen  lateinischen  Namen 
angenommen  hatte,  dann  auf  seine  alten  Tage  in  seine  Heimath 
zurtlckgekehrt  war  und  nun  bei  einem  Spaziergange  seine  Kunst 
zeigen  wollte?  Oder  war  er  ein  wirklicher  Rflmer,  der  hierher 


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TKIM&      -  KL-1.IK1.R  —  YIL-OSA. 


251 


versprengt  war?  Oder  ein  Theilnehmer  der  verunglflckten  Expe- 
dition unter  Aelius  Gallus  im  Jahre  24  v.  ChrJJ 

Doch  wir  haben  uds  schon  zu  lange  an  dieser  Fclswand  auf- 
gehalten !  Mein  Begleiter  trieb  sehr  zur  Eile  und  wollte  eigent- 
lich  nberhaupt  nicht  stehen  bleiben.  Das  Abscbreiben  von  In- 
schriften  6stlicb  der  Strasse  wollte  er  ganz  und  gar  nicht 
zulassen.  So  musste  ich  denn  manche  Inschrift  trauernden  Her- 
zens  unabgeschrieben  lassen  und  sie  spateren,  glacklicheren 
Forschern  zur  Bearbeitung  empfehlen '). 

Nun  kamen  wir  den  herrlichen  Grabbauten  von  Madaln  salih 
naher,  den  Bauten  mit  den  langen  uabataischen  Inschriften, 
deren  Erforschung  der  Hauptzweck  meiner  Reise  war.  Zwei 
fluchtige  Skizzen  mogen  veranscbanlicben,  wie  sich  diese  Fels- 
graber  aus  der  Ferne  ansehen. 


Pelswande  mit  Grabcro  bci  Madftin  SAIih. 


Als  wir  nahe  bei  den  Grabern  waren,  stiegen  wir  ab  und 
liessen  die  Thiere  unter  cObeid's  Aufsicht  waiden.  Ich  eiite  zu 
den  Grabstatten  und  begann  eifrig  zu  zeichnen.  Die  eigentlichen 
Graber  sind  im  Felsen,  die  Vorderseiten  sind  mit  mannigfachen 
Ornamenten  und  architektonischen  Verzierungen  aus  der  Fels- 

fl)  Die  moisten  liud  jctit  wobl  von  Jnuiscn  nnd  Savifniac  veroffeotlicht  worden,  in  ihrcu 
Bnchc  MiMioa  en  Arable,  Paris  1WJ. 


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252 


VIEHZKHNTKS  CAPITKI.. 


wand  herausgearbeitet.  Die  beifolgenden  Skizzen  mogen  die 
Hauptformen  dieser  Facaden  veranschaulichen ').  Die  schonste 
und  grosste  von  ihnen,  auf  dem  Bilde  rechts  unten,  heisst  Ferid 
^einzigartig"  >). 


Orabfacaden  bci  Madain  S&lih. 


Werfen  wir  auch  noch  einen  Blick  ins  Innere!  Da  sind  die 
Lager  far  die  Todten  wie  leere  Schubfacher,  oder  wie  quer 
liegende  Nischen  aus  der  Felswand  herausgehauen.  Einzelne 

* 

"1)  Photographicn  dicscr  Faradcn,  die  in  Einzclheitcn  natiirlich  eio  getreueres  Bild  geben  als  die 
obigen  Zck-hnnngcn,  siud  in  dem  Wcrkc  von  Jauiten  und  Sa  v  i  g  n  ac ,  Mission  en  Arabie,  gegrben. 
Tber  ihie  kuostgejrhichtlichc  Bedeulung  im  Vergleirh  zu  denen  von  Petra  hat  der  bekannte, 
leider  M  friih  vcrstorbene  Archaologe  0.  Puch stein  gehandelt  in  seioem  Aufaatzc  .Die nabatai- 
schen  Grabfa»»aden".  (Archaolog.  Anzeiger,  Berlin  1910,  I). 

2)  Eine  genauerc  Photographic  dieses  Dcnkmals  *.  in  Jnmsen  u.  Savignac  PI.  XXXIX,  in  S.  382.] 


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TEIMii  —  KL-HKUlt  —  KI.-'oLA. 


253 


befinden  sich  auch  auf  dem  Boden  uud  sehen  aus  wie  Sarge 
ohne  Deckel. 

Die  grossen  nabataischen  Pracht- 
inschriften,  die  ich  in  meinem  Buche 
„Nabataische  Inschriften  aus  Ara- 
bien"  herausgegeben  und  ubersetzt 
habe,  befinden  sich  fiber  den  Ein- 
gangen  zu  den  Grabern.  Aus  der 
Abb.  auf  S.  257  ist  die  Stelle  einer 
solchen  Inschriftgenauer  ersichtlich. 
Aber  nicht  alle  tragen  Inschriften,  sondern  nur  ein  Theil.  Bei 
anderen  ist  an  der  Stelle,  an  der  man  eine  Inschrift  erwarten 
wilrde,  eine  Nische  vorhanden,  in  der  ehedem  vielleicht  eine 
Marmor-  oder  gar  eine  Bronzetafel  eingelassen  war.  Die  In- 
schriften dieser  Graber  sind  alle  nabataisch.  Wir  sind  also  von 
den  Himjaren  in  el-e01a  zu  den  Nabataern  von  Hegra  gekom- 
men.  Es  scheint  daher,  dass  el-c01a  der  Stapelplatz  filr  die 
Waaren,  die  aus  dem  Silden  kamen,  gewesen  ist  und  dass  die 
dortigen  Handelsherren  Minaer  und  Sabaer  waren,  wahrend  in 
Hegra  Araraaer,  oder  aramalsierte  Araber  ihr  Centrum  hatten. 
In  oder  zwischen  beiden  Orten  mag  die  Umladung  und  der 
Austausch  der  beiderseitigen  Handelsgegenstande,  stattgefunden 
haben.  Aber  es  fragt  sich  noch,  ob  die  beiden  Stadte  zu  glei- 
cher  Zeit  blQhten,  oder  ob  nicht  Hegra  das  altere  el-T)la  in 
seiner  Bedeutung  abgelOst  hat.  [Eins  jedoch  ist  sicher:  die 
national-arabische  Schrift  und  Sprache,  die  sogenaunte  thamu- 
dische,  sowie  die  von  den  .Aramaern  entlehnte  nabataische 
haben  bis  ins  3.  Jahrh.  n.  Chr.  neben  einander  in  diesen  Ge- 
genden  existirt.  Denn  wir  kenneu  nunmehr  eine  Grabschrift 
von  Hegra  aus  dem  Jahre  267  n.  Chr.  die  ihrem  Haupt- 
inhalte  nach  nabataisch,  mit  starker  arabischer  Farbung,  ist, 
die  aber  auch  eine  thamudische  Beischrift  fcrflgt1).] 

Wer  waren  die  Thamudener,  die  Banft  Thainud,  die  noch  heute 


[l)  Vgl.  zuleUt  M.  I.  idzbartki,  Ephemeri.  fur  scmitiiche  Epigraphik,  111,  S.  84  ff.] 


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254 


VIKItZEHSTES  CAHTKI.. 


im  Volksmunde  der  Araber  fortleben?  Die  Einwohner  glauben 
namlich,  trotz  der  menschlichen  Knochenreste  und  der  Brucb- 
stilcke  von  S&rgen,  dass  diese  Grabbauten  die  Wohnungen  der 
alten  Thamudener  gewesen  seien.  Das  ist  aber  kerne  Tradition 
aus  alter  Zeit,  die  sich  etwa  an  Ort  und  Stelle  erhalten  hatte, 
sondern  die  Sage  beruht  einzig  und  allein  auf  dem  Koran. 
Dort  ist  mehrfach  von  dem  Volke  Thamud  die  Rede,  von  den 
Wohnungen,  die  sie  sich  im  Felsen  ausgehauen  h&tten,  von 
ihrem  Unglauben,  als  sie  sieh  weigerten  der  Predigt  des  Pro- 
pheten  $ftlih  Gehflr  zu  schenken,  und  von  ihrer  Bestrafung 
durch  ein  Erdbeben;  so  in  Sure  7,  Vers  71—76,  Sure  15,  Vers 
80  ff.,  S.  26,  V.  141  ff.,  S.  89,  V.  8.  Es  muss  also  bereits  urn 
600  n.  Chr.  die  Erinnerung  daran,  dass  dies  Grabbauten  waren, 
unter  den  Arabern  geschwunden  gewesen  sein.  Vielmehrerzahlte 
schon  zu  Mohammed's  Zeiten  die  Sage,  dass  diese  Graber  die 
Wohnungen  der  Thamudener  gewesen  seien.  Der  Prophet  wird 
auf  seinen  Reisen  nach  Norden  sich  auch  in  Hegra  und  in  el- 
c0la  aufgehalten  haben.  Der  Name  der  Nabat&er  scheiut  im  6. 
Jahrh.  dort  schon  ganz  unbekannt  gewesen  zu  sein,  wahrend 
er  sich  in  anderen  Gegenden,  in  Syrien  und  im  unteren  Zwei- 
stromlande,  bis  in  spatere  Zeiten  erhalten  hat.  Es  ist  sicher, 
dass  in  heidnischer  Zeit  in  jenen  Gegenden  ein  Stamm  der 
Thamud  gewohnt  hat.  Der  Name  selbst  scheint  auch  in  den 
Inschriften  einer  bestimmten  Gattung  vorzukommen.  Und  gerade 
diese  Inschriften  ptJegeu  wir  heute  thamudisch  oder  thamudenisch 
zu  nennen.  Aber  der  Name  ist  auch  nur  ein  Notbehelf. 

Ehe  wir  far  heute  diese  Gebiete  verlassen,  wollen  wir  uns 
noeh  einmal  dort  umschauen  und  das  Bergland  mit  einem  Auf 
Wiederseheu  grdssen. 

Wir  zogen  nun  in  die  Festung  von  Madain  Salih  ein.  Mein 
Erstaunen  war  nicht  gering,  dort  Huber,  Malimud,  Naumau 
und  die  bekannten  intelligenten  (lesichter  ihrer  Kameele  wieder 
zu  treffen.  Huber  war  amTage,  an  dem  IJelan  ausgeplflndert  war')> 


1)  Vgl.  obcn  S.  233—234. 


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TKIM&  —  EI.-HMiU  —  EI.-'OI.A. 


255 


nur  mit  knapper  Noth  einem  zweiten  R&zu  entronnen  und  hatte 
die  Nacht  und  ein  paar  Stnnden  des  Vormittags  mit  den  Thieren 


Im  Wctcn  von  Madftin  SAlib. 


in  einem  Versteck  zugebracht.  Durch  Abwarten  war  es  ihm 
gelungen,  sich  noch  in  die  Festung  zu  retten,  aber  dort  erfubr 
er,  dass  15  Beli  auf  ihn  und  seine  Goldkisten  lauerten.  Da  er 
Gefangener  in  der  Festung  war,  so  versuchte  er  an  den  Grft- 
bern  Inschriften  abzuklatschen.  Er  und  seine  Leute  mussten 
aber,  von  den  Bell  verfolgt,  die  Flucht  ergreifen.  Unterwegs 
beim  Galopp  l5sten  sich  die  Stricke  an  der  Leiter;  sie  stOrzte 
vom  Kameel  herunter,  konnte  aber  noch  zwischen  den  Felsen 
versteckt  werden  ').  Huber  hatte  mir  heute  einen  Brief  nach 
el-c()la  gesandt,  durch  einen  Boten,  der  naich  aber  nicht  raehr 
getroffen  "hat  und  den  wir  auch  unterwegs  nicht  gesehen  haben. 

In  der  Festung  traf  ich  auch  noch  den  eAli  ibn  Sa'ld,  der 
vom  Razu  des  Emir  zuruckkam.  Er  hatte  einen  Brief  des 
liana ud  el-cObeid  an  den  cAbd  el-eAziz  el-cEnkri  in  Teima  zu 
Oberbringen.  Der  Brief  begann  mit  den  Worten:  Grass  von 
TJamud  el-:Obeid  an  den  Esel  den  eEnljri  zu  Teima.  Dann  wurde 
er  daruber  zur  Rede  gestellt,  dass  er  uns  so  schlecht  bewirthet 
hatte  und  uns  bezuglich  der  Steine  so  wenig  geftLllig  gewesen 
war;  zugleich  wurde  ihm  der  Befehl  gegeben,  unsre  verpackten 
Steine  sowie  den  aus  dem  #asr,  den  Stein  des  Pfaffen,  ferner 
den  zum  Ka'ffeestOsser  umgeformten  Saulensturapf,  der  aus  dem 
Brunnen  gezogen  war,  nach  tfajel  zu  liefern. 

1 1)  Der  Herausgebvr  inacht  auf  Folgendes  aufmerkeam:  Huber  hatte  bewirkt,  dass  die  Leiter 
zuruckblieb.  Huber  kobrte  nach  MaUin  Sllth  zuriick,  —  we'll  er  ubcrfullen  war;  Huber 
klatachte  die  Inschriften  ab,  die  Euling  hatte  abklaUcben  wollen,  —  wcil  er  Nichta  andcres  tu 
thun  hatte;  Huber  vcrlor  die  Leiter,  —  wcil  er  zum  2.  Male  iiberfallen  wurde;  Huber  fcr- 
stcckle  die  Leiter,  —  truUdem  er  im  Galo^i  vor  dcu  Fciiidcn  flob.  Vgl.  obeii  S.  22S.] 


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256  YlfRZKHNTKS  CAP1TKU 

Mein  Begleiter,  der  Bliiwi  Rdejjan,  erbat  sich  fur  die  Nacht 
Urlaub,  uni  mit  cAli  ibn  Sa'id  geschwind  nach  el-cOIa  zurtick- 
kehren  zu  dilrfen,  d.  h.  dort  den  Festfrass  mitzuraachen,  der 
ob  der  Ruckkehr  des  Sohnes  zu  erwarten  war.  Er  nahui  auch, 
gegen  Verabreichung  eines  Schutzgeldes  von  je  1  Megidi,  noch 
zwei  Kerle  mit,  die  hier  in  der  Festung  auf  Begleitung  ge- 
wartet  hatten. 

Mi.  26.  Mar/  1834].  Heute  war  der  grosse  Tag,  an  dem  ich 
die  Arbeit  an  raeinen  nabataischen  Inschriften  von  Hegra  be- 
ginnen  sollte,  die  Arbeit,  von  welcher  der  Erfolg  tneiner  ganzen 
Reise  abhieng.  Die  von  Huber  versteckte  Leiter  war  wieder- 
gefunden;  auch  gab  es  heute  zum  GlQck  einmal  wieder  etwas 
weniger  Fliegen  als  in  den  letzten  Tagen.  Aber  der  Wind !  der 
Wind!  Ja,  wenn  ich  auf  dem  Delul  sitze,  und  durch  die  freie, 
weite  Wilste  Allans  reite,  da  ist  mir  ein  frischer  Lufthauch 
schon  lieb ;  oder  auch  wenn  eine  kraftige  Brise  die  Segel  meines 
Bootes  blaht,  da  bin  ich  auch  ganz  zufrieden.  Aber  der  Wind, 
der  mir  auf  dieser  Reise  ein  so  trauter  Gefahrte  geworden  war 
und  den  ich  wegen  seiner  Tucke  den  „Abklatschwind"  getaiift 
hatte,  der  bringt  den  Menschen  zum  Heulen,  zur  Verzweifiung, 
zur  Raserei.  Wenn  man  da  vor  einer  schOnen  Inschrift  steht, 
den  nassen  Papierbogen  in  der  Hand,  dann  kommt  der  elende 
Gesell  und  schflttelt  einein  zunachst  den  Bogen  hin  und  her, 
bauscht  ihn  vorwarts  und  rflckwarts.  Aber  warte,  wir  lassen 
uns  nicht  unterkriegen  und  unser  eigens  fabricirtes  Papier  ist 
test;  das  kannst  du  mit  all  deinera  Blasen  nicht  zerreissen! 
Nun  also,  sobald  der  Wind  einen  Augenblick  verschnaufen 
muss,  da  legt  man  mit  aller  Geschwindigkeit  das  Papier  auf 
den  Stein.  Schon  will  man  die  Bilrste  herausnehmen  zum  Klopfen, 
da  —  Allah  verfluche  den  Satan !  —  tliegt  der  Bogen  mit  Hohn 
und  Spott  vom  Stein  herunter.  Kaum  kann  man  ihn  noch  fest- 
halten ;  es  ist  ja  auch  gleich,  ob  man  diesen  Bogen  behalt  oder 
nicht.  Man  versucht  es  zum  zweiten  Male.  Dies  Mai  ist  man 
kluger:  nachdem  man  seinen  Bogen  auf  den  Stein  gelegt  hat, 
halt  man  ihn  mit  beiden  Handen  darauf  fest.  Man  lasst  die 


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TKIMa  —  El.-HEGU  —  EI.-OLA. 


257 


Hand  nicht  vom  Papier;  man  wartet,  wartet,  wartet,  in  der 
Hoflhung,  dass  doch  noch  ein  Moment  komme,  in  dem  die 
Windstflsse  etwas  nachlassen.  Solcher  Abklatschwind  wehte 
heute!! 

Etwa  um  11  Uhr  kara  Rdejjan  von  el-c01a  zurttck.  Mittags 
12  Uhr  brachen  wir  alle  auf,  fttnf  Mann  zu  Kameel,  zwei  zn 
Fuss.  Ich  wandte  mich  zuerst  der  Ostlichen  Gruppe  der  Fels- 
graber  zu.  Beim  Abklatschen  musste  ich,  um  nicht  gehindert 
zu  werden,  alle  Kleider  ablegen.  Nur  das  Hemd  behielt  ich 
an,  und  dies  band  ich  mit  einem  Strick  um  den  Leib,  aber 
um  des  Anstands  willen  musste  ich  es  von  hinten  nach  vorne 
durchziehen  und  in  den  Strick  hineinstopfen.  Natflrlieh  brannte 
die  Sonne  empfindlich  auf  Waden  und 
Nacken  und  auf  die  blossen  Anne,  an 
denen  ich  die  Armel  nach  hinten  ge- 
bunden  hatte.  Bei  einzelnen  Inschriften 
reichte  selbst  dieacht  Meter  hohe  Leiter 
nicht  hinauf;  ich  stand  unter  dem  Gie- 
beladler  und  konnte,  da  mir  dieser  die 
Aussicht  versperrte  nur  einen  Theil  ab- 
schreiben,  und  selbst  diesen,  weil  ich 
fast  senkrecht  imter  der  Tafel  stand, 
nur  ungenugend  (S.  die  nebenstehende 
Abbildung)  ')•  In  einzelnen  Grabern  fand 
ich  noch  Todtenlampen  und  Brocken 
von  h6lzernen  Sargen. 

Um  4  Uhr  etwa  schloss  ich  meine 
Arbeit  ab.  Ich  hatte  um  meine  Inschriften  gekampft  wie  ein 
LOwe  um  seine  Beute.  Wenigstens  von  einigen  Prachtinschriften 
hatte  ich  gute  Abdrucke  gemacht.  Diese  waren  alle  auf  doppelt 
genommenen  Papierlagen.  Leider  konnte  ich,  des  Windes  wegen, 
nie  die  ganze  Breite  des  Bogens  nehmen:  der  ware  nie  und 
nirnmer  auf  dem  Steine  haften  geblieben.  So  zerriss  ich  denn 


Die  unerreichbare  In»chrift. 


1)  Die  Patrcs  Jaime  a  und  Savigaac  warcn  glrn-klicber;  ?g1.  Mission  cn  Arabic,  S.  116. 

17 


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258  VIEnZEHNTBS  CAPITEL. 

jeden  Bogen  in  vier  Theile  und  fflgte  Stuck  an  Stflck,  bis  der 
ganze  Stein  bedeckt  war.  Das  musste  alles  in  fieberhafler  Hatz 
gemacht  werden.  Die  Gleichm(Ls3igkeit  und  das  schone  Aussehen 
der  Abklatsche  litt  uuter  diesem  Verfahren,  aber  die  Deutlich- 
keit  in  der  Wiedergabe  der  Buchstaben  nicht,  Gott  sei  Dank! 
Ich  fand  es  sebr  practisch  bei  dieser  Arbeit,  einige  genasste 
Papiere  zusammenzulegen  und  in  einer  wasserdichten  Tasche 
auf  die  Letter  hinaufzunehmen. 

Huber  rustete  Abends  Alles  zur  Abreise  auf  morgen  frflh 
vor  Tagesanbrucb,  damit  meine  zwei  Beli-Begleiter  nicht  die 
Richtung  sehen  kOnnten,  in  der  er  abritt.  Er  wollte  seinen  Weg 
nach  Norden  zu  den  Ftikara  nehmen,  von  denen  wir  am  15. 
Marz  eingeladen  waren,  deren  Einladung  wir  aber  nicht  ange- 
nommen  hatten. 

Do.  27.  Marz  1884].  Morgens  vor  Sonnenaufgang  ritt  Htiber 
ab.  Der  Abschied  war  von  gegenseitigen  besten  Wunschen  be- 
gleitet.  Ein  ahnliches  banges  und  ungewisses  Gehlhl  wie  am 
19.  Marz  kam  wieder  uber  mich.  Aber  dies  Gefabl  wurde  bald 
durch  andere  Gedanken  verscheucht.  Dass  diese  Gedanken  den 
Inschriften  galten,  wird  der  Leser  schon  erraten  haben.  Mit 
Huber  zogen  natOrlich  Mali  mad  uud  Nauman.  Nauman  —  der 
Hund!  —  hat  mir,  wie  ich  erst  sah,  als  es  zu  spat  war,  meinen 
schOnen  dickschweren  Kameelszaum  gegen  seinen  schwindsflcli- 
tigen  vertauscht. 

Bald  nach  dem  Frflhstflck  kam  ein  Sclave  als  Bote  des  Said 
von  el-c0la.  Er  brachte  den  Brief,  den  Huber  an  mich  nach 
el-c01a  geschickt  hatte '),  und  einen  Brief  von  Said  an  Huber. 
Zugleich  liess  mir  Safid  sagen,  ich  sollte  ihn  durch  den  Sclaven 
die  Stunde  meiner  Rilckkehr  nach  el-c01a  wissen  lassen;  dann 
werde  er  selbst  mir  mit  einer  Anzahl  von  Flintentrt-gern  ent- 
gegengehen. 

Nach  dem  Morgenessen  ritt  ich  mit  raeinen  beiden  Biljan, 
d.  h.  Mitgliedern  des  Beli-Stammes,  ferner  mit  Mabruk  und 


1)  Vgl.  oben  S.  255. 


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TKIM&         Kl.-HEGR  —  Tl.-%L\. 


259 


seinera  Neffen,  dem  Buben  Khalid,  wieder  zn  den  Ruinen,  und 
zwar  zunachst  zu  der  Stelle,  an  der  wir  gestern  die  Leiter  und 
einen  Theil  der  noch  nicht  ganz  trockenen  Abklatsche  verborgen 
hatten.  Der  Wind  war  heute  ein  klein  wenig  gnadiger.  Beim 
Abklatschen  war  ich  mit  einem  Jagerbemd  und  mit  Jagerhosen 
bekleidet,  d.  h.  Unterhemd  und  Unterhosen  von  Dr.  Jager.  Bei 
den  meisten  Insehriften  reichte  heute  die  Leiter  von  sechs 
Metern  HChe ;  ich  brauchte  also  nur  drei  der  vier  Theile  meiner 
Leiter  auf  einander  zu  setzen. 

Im  Ostlichen  Theile  des  Ruinenfeldes  liegen  zwei  gro9se  HOhlen, 
die  von  den  Eingeborenen  Diwan1)  und  Mesgid,  d.  i.  Moschee, 
genannt  werden.  Dort  schrieb  ich  heute  viele  Insehriften  ab. 
Ira  Diwan  und  dahinter  befinden  sich  eine  Anzahl  zwef  Meter 
hoher  Nischen. 


N  Lac  ben  bei  Mad&in  Salih. 


Ziemlich  mQd  und  durstig  kehrte  ich  um  4  Uhr  nach  dem 
Castell  zuruck.  Abends  konnte  ich  lange  nicht  einschlafen.  Die 
Ubermudung  und  die  Gedanken  an  meine  Arbeit  und  an  die 
UDgewisse  Zukunft  hielten  mich  wach. 

Fr.  28.  Marz  1884].  Auch  der  heutige  Tag  war  noch  den  In- 
sehriften von  Hegra  geweiht.  Aber  es  war  der  letzte  Tag,  und 
da  hiess  es  alle  Krafte  anspannen,  um  fertig  zu  werden.  Sofort 
nach  dem  Morgenessen  brach  ich  auf.  Meine  Begleiter  waren 
wiederum  die  beiden  Biljan,  ferner  I.lraeideh  mit  seinem  jungen 
Sohn  Khalid  und  der  Sclave  Mabrdk.  Es  gait  die  sddlichen  und 
Gstlichen  Graber  vollstandig  zu  erforschen.  Von  alien  Grabern 
ist  doch  el-Ferid2)  das  schOnste  und  am  reichsten  verzierte. 


1)  Diss  ist  wahrwhoinlich  ein  nabataiacbt*  Heiligtuui  geweacn;  ygl.  Jauaaen  a.  SaTignac, 
MiaaioD  eo  Arabia,  S.  405  ff. 

2)  S.  obeo  S.  252. 


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200 


VIEH/KHNTKS  CAI'lTEL. 


Leider  wehte  heute  wieder  ein  starker  Wind,  der  vermale- 
deite  Abklatschwind !  Doch  ich  liess  mich  nicht  einschucbtern; 
ich  wollte  und  musste  heute  zum  Ziele  kommen.  Bei  keiner 
Inschrift  gab  ich  nach,  ehe  ich  meinea  Zweck  erreicht  hatte. 
Nur  ein  Mai  war  der  Wind  starker  als  ich.  Ich  war  oben  auf 
der  Leiter  vor  einem  der  grOsseren  Prachtgraber.  Der  Wind 
ptiff  ohn  Unterlass:  ich  machte  verzweifelte  Anstrengungeo, 
um  das  Papier  auf  den  Stein  zu  bringen  und  an  ihtn  haften 
zu  lassen.  Alles  war  vergebens:  immer  und  imnier  wieder  kamen 
neue  Windsttfsse  und  rissen  die  Blatter  vom  Stein  ab.  Padiese 
Inschrift  uberdies  nicht  gut  erhalten  war,  gab  ich  endlich, 
um  nicht  noch  mehr  Zeit  zu  verlieren,  das  aussichtslose  Ge- 
schaft  auf.  Als  ich  die  Leiter  hiuunterstieg,  entfuhrte  mir  der 
Wiud  ausserdem  noch  mit  Triumphgeheul  drei  Papierblatter. 
Und  wohin  fuhrte  er  sie?  Auf  die  Akroterien,  die  sich  oben 
rechts  und  links  auf  der  Facade  des  Grabes  befinden!  Daran 
konnte  ich  so  recht  seine  Tucke  erkenuen. 

Nach  Mittag  machten  wir  etwas  Kafifee;  das  war  eine  knlf- 
tige  Erquickuug  bei  der  ermCldenden  Arbeit. 

Als  ich  meine  Arbeit  endgtlltig  abschloss  und  die  „Strecke" 
zahlte,  stellte  es  sich  heraus,  dass  ich  26  Inschriften  schonerer 
Art  abgeklatscht  hatte:  das  waren  auch  alle  nur  halbwegs 
zugauglichen  gewesen,  mit  Ausnahme  der  einen  einzigen,  die 
der  Wind  mir  nicht  hatte  flberlassen  wollen.  Ausserdem  hatte 
ich  natilrlich  noch  ein  ganze  Anzahl  kleinerer  Inschriften  al> 
gezeichnet. 

In  welcher  Weise  unsere  Kenntnis  von  der  Sprache  und  Sehrift. 
von  den  Namen,  den  Sitten  und  Gebrauchen,  von  der  Geschiehte 
der  nabataischen  Aiaber  durch  diese  Inschriften  bereichert 
worden  ist?  —  das  zu  schildera  gehOrt  nicht  in  dies  Tagbuch. 
Darilber  mai?  der  Leser  die  Einleitung  zu  meinem  Werke 
BNabataische  Inschriften"  oder  auch  die  betreflfenden  Capitel 
in  Jaussen  et  Savignac,  Mission  en  Arabie,  nachlesen.  Aber  ich 
will  doch  hier  (?ine  der  grOsseren  Inschriften  in  t)bersetzung 
mittheilen  und  einige  Bemerkungen  daran  knQpfen.  Es  ist  die 


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TKIMsi  —  M.~I.IKGR  —  KI.-OU.  261 

Inschrift  N°.  2  ia  meinen  wNabataischen  Inschriften",  im  Corpus 
Inscriptionum  Semiticarum  II,  N°.  197,  bei  Jaussen  und  Savignac 
S.  156,  N°.  8.  Sie  lautet,  wOrtlich  Qbersetzt,  folgendermaassen. 

„Dies  ist  das  Grab,  das  hat  machen  lassen  cAldh,  der 
Sohn  des  Kehil,  Sohnes  des  Alexi,  fQr  sich  selbst  und  seine 
Kinder  und  seine  Nachkomtnen  und  far  den,  der  in  seiner 
Hand  vorweist  eine  authentische  Urkunde  aus  der  Hand  des 
cAldh,  die  fQr  ihn  gQltig  ist;  und  fQr  den,  dem  darin  zu  be- 
trraben  erlaubt  cAldh  zu  seinen  Lebzeiten.  Im  Monate  Nisan 
im  Jahre  neun  des  Arethas,  des  K6nigs  der  Nabataer,  der  sein 
Volk  liebt.  Und  es  mOgen  verfluchen  DASara  und  Manot  und 
tfaisah  jeden,  der  diese  GrabhOhle  verkauft  oder  kauft  oder 
verpfandet  oder  verschenkt  oder  verraiethet  oder  Qber  sie  ir- 
gend  eiu  anderes  SchriftstQck  verfasst  oder  einen  Menschen 
drin  begrabt  mit  Ausnahme  der  oben  Genannten.  Und  diese 
GrabhOhle  und  ihre  Inschrift  sind  unverletzlich,  gemass  der 
Beschaffenheit  der  HeiligthQraer  der  Nabataer  und  Salamier,  in 
alle  Ewigkeit!'1 

[Dies  ist  also  gewissermaasen  die  Stiftungsurkunde  der  Grab- 
hohle. Und  die  meisten  anderen  grossen  Inschriften  sind  ganz 
ahnlich  abgefasst.  Da  kommt  zunachst  der  Stifter  mit  dem 
Mamen  seines  Vaters  '),  hin  und  wieder  mit  einem  Titel  wie 
Reitergeneral  u.  a.,  dann  kommen  oft  die  Namen  einzelner 
Familienmitglieder,  fQr  die  das  Grab  mitbestimmt  ist.  Darauf  folgt 
das  Datum.  Danach  wird  nochmals  genau  darauf  hingewiesen, 
wer  in  dem  betreffenden  Grabe  eine  Leiche  beisetzen  daif,  even- 
tuell  aueh  mit  Theilangaben.  Die  Zuwiderhandelnden  werden 
dem  Fluche  der  Gottheit  ausgesetzt  oder  mttssen,  wie  z.  B. 
anch  in  Kleinasien,  eine  bestimmte  Strafsumme  zahlen.  Die 
Zuwiderhandlungen  werden  meist  bis  ins  Einzelnste  aufgefQhrt; 
dies  beweist,  dass  dergleichen  Dinge  Ofters  vorkamen,  denn 
sonst  hfttte  man  sie  nicht  so  sorgsam  verboten.  Zum  Schlusse 
wird  wohl,  wie  hier,  auf  die  Unverletzlichkeit  des  Grabes  und 

1)  Vgl.  oben  S.  248. 


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26,2 


VIKR/.EHNTKS  CAPITEU 


der  Inschrif't  hingewiesen;  sonst  werden  auch  oft  die  Stein- 
metzen  genannt,  die  die  Graber  ausgefuhrt  haben. 

Der  Kimig  Arethas  IV.  regierte  vom  Jahre  9  v.  Chr.  bis  zum 
Jahre  40  n.  Chr.  Unsere  Inschrift  stammt  also  aus  dem  Jahre 
1  v.  Chr.,  und  zwar  aus  dem  Monate  Nisan,  d.  i.  April.  Dieser 
Arethas  trug  den  Beinanien  Philopatris,  „der  sein  Vaterland  liebt"; 
darin  liegt  ein  Unabhangigkeitsgefuhl  und  ein  Gegensatz  gegen 
die  weltbeherrschenden  ROmer.  Beinahe  alle  Inschriften  von 
Hegra  stammen  aus  der  Zeit  seiner  Regienmg;  daraus  erseheo 
wir  zugleich,  dass  das  Nabataerreich  uuter  ihm  seine  Bluthezeit 
erlebte. 

DuSara,  Man6t  und  tfaisah  sind  arabische  Gottheiten.  Dusara, 
bei  den  Griechen  und  RGmern  Dusares  genannt,  war  der  Haupt- 
gott  der  Nabataer.  Er  wurde  mit  Bacchus-Dionysus  identificirt. 
Man6t  ist  die  SchicksalsgSttin ;  sie  wird  auch  im  Koran,  Sure  53. 
V.  20,  erwahnt. 

Neben  den  Nabataern  werden  auch  die  Salamier,  nabataisch 
„das  Volk  von  Sal(a)mn,  genannt.  Sie  sind  als  Verbuudete  der 
Nabataer  den  Alten  bekannt  gewesen.  Stephanus  von  Byzanz 
spricht  von  ihnen,  und  jttdische  Quellen  kennen  ihren  Namen. 
Auch  im  Norden  des  Reiches  der  Nabataer,  in  der  grossen  Stadt 
Umm  ig-6imal,  sQdlich  von  Bosra,  wird  ein  Mitglied  dieses 
Stammes  genannt  ').] 

In  der  Nacht  gieng  noch  der  Sclave  Mubarak  nach  el-c01a, 
urn  den  Sacid  zu  benachriehtigen,  dass  wir  am  nachsten  Morgen 
von  Madaln  Salih  aufbrechen  wQrden;  er  mochte  uns  daher 
mit  Bewaftneten  entgegenkommen.  In  derselben  dunklen  Nacht 
begannen  aber  auch  finstere  Gewalten  ihr  unheilvolles  Spiel, 
das  sich  rasch  zu  einem  wuchtigen  Drama  entwickeln  sollte. 
Die  feindlichen  Personen  dieses  Dramas  waren  drei  Rauber  vom 
Stamme  der  Geheineh,  die  heute  Nacht  bei  der  Festuug  an- 
kamen  und  die  schon  von  weit  her  durch  lautes  Gebell  der 
Hunde  angekilndigt  wurden. 


1)  Ygl.  Littmann,  Nabatacnn  Inscriptions,  Leiden  1913,  S.  42. 


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TElMi'l  —  KL-HKGH  —  EL-'dLa. 


Sa.  29.  M&rz  188iJ.  Morgens  um  7  Uhr  brachen  wir  von 
Madaln  §alih  auf.  Ich  war  leichten  und  frohen  Herzens.  Gem 
sagte  ich  dem  6den  Nest  und  der  6den  Gegend  Lebewohl,  da 
ich  meine  Arbeit  gethan,  meine  Aufgabe  erfnllt,  meinen  Zweck 
erreicht  hatte.  Wenn  ich  jetzt  nur  erst  sicher  in  el-Wegh  ware! 
Von  Zeit  zu  Zeit  blickte  ich  zu  den  finsteren  Geselleu  hinuber, 
die  sich  uns  angeschlossen  hatten.  Das  waren  die  drei  Rftuber 
von  den  Geheineh  auf  ihren  zwei  Kameelen:  sie  kamen  mir 
wie  Unglncksraben  vor,  und  ihr  Anblick  liess  Nichts  Gutes  ahnen. 

Wir  ritten  denselben  Weg,  den  wir  am  25.  Marz  geritten 
waren ;  er  wird  Derb  el-a&indi ')  genannt.  Gegenuber  von  dem 
Felsen,  an  dem  ich  damals  die  griechischen  Inschriften  getroffen 
hatte fand  ich  heute  noch  eine  nabataische  Inschrift. 

Nabataiaches  Graffito. 

Sie  heisst  Qbersetzt:  „ Alih,  Sobn  des  Haram.  Gruss!"3). 

Das  war  mein  Abschiedsgruss  von  Arabien  und  von  meiner 
epigraphischen  Thfttigkeit.  Noch  dazu  kam  er  von  einem  „Sohne 
des  yaram!"  Sollte  das  ein  Vorzeichen  sein?  tfaram  und  harami, 
.Rauber",  klingen  sehr  ahnlich,  und  beide  Worte  sind  von 
derselben  Wurzel  abgeleitet. 

Unterwegs  trafen  wir  eine  schneeweisse,  trockene' 
Pflanze,  die  einer  arabischen  Keule  ahnlich  sieht,  und 
die  Bernuk*)  genannt  wird.  —  Im  Wadi  cAdib 5) 
lagerten  die  mir  von  Sacid  entgegengesandten Flinten- 
trager.  Von  nun  an  konnte  ich  den  Revolver  ein- 
stecken.  Es  war  heute  ein  sehr  heisser  Tag.  Der  Himmel  war 

Tl)  D.  i.  wahncbeinlich  „Militar»tra««e",  da  es  der  dircctc  Weg  itt,  auf  dem  die  Truppen 
durcbziehcD.  Daram  itt  besser  el-jfindi  zu  sprechcn. 
2)  8.  oben  S.  250. 

8)  Vgl.  Euting,  Nabat.  Inachr.,  S.  13,  N°.  12,  u.  Corp.  Ioacript.  Semitic.  II,  N°.  30». 
Aber  dort  itt  die  Inschrift  uoch  uicht  richtig  erkannt.j 

4)  ^jyy-  ;H.:  bemug  M**<he,  alt  JuSf,  Phelipaea  iutea  Deaf.] 

5)  Vgl.  oben  S.  246. 


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264 


VIKR7KHNTKS  CAl'ITKI.. 


mit  einer  Dunstachicht  tiberzogen ;  dadurch  wurde  die  Hitze 
noch  drtickender  und  die  Augen  schmerzten,  wenn  sie  in  das 
verstreute  Licht  blickten. 

Gleich  nach  meiner  Ankunft  in  el-c01a  musste  ich  noch  alle 
m6glichen  Dinge  einkaufen,  von  denen  ich  erwartet  hatte,  dass 
Sacid  sie  rair  gratis  liefern  wurde.  Ich  kaufte  u.  a.  Datteln, 
Mehl,  Tabak,  zwei  Tassen,  dann  noch  eine  Weibertracht  von  hier, 
etc.  —  Der  Sclavc  Merzuk  der  ja  frflher  schon  so  anstellig 
und  gelehrig  gewesen  war,  hatte  meine  Abwesenheit  dazu  be- 
nfltzt,  urn  weiter  nach  Inschriften  zu  suchen.  Wirklich  hatte 
er  auch  drei  hiinjarische  Steine  in  den  Palmengarten  entdeckt. 
Tch  machte  mich  daran  sie  zu  copiren;  dabei  stellte  es  sich 
allerdings  heraus,  dass  ich  zwei  von  ihnen  bereits  frdher  copirt 
hatte. 

Von  den  B61i  waren  noch  zwei  Brflder  des  Rdejjan  ange- 
kommen,  ein  alterer,  namens  Salim,  und  ein  jungerer,  namens 
Muhammed.  Sie  wollten  uns  auch  auf  der  Reise  nach.  el-Wegh 
begleiten. 

Gegen  Abend  war  der  gauze  Himmel  bedeckt,  und  Nachts 
erhob  sich  sogar  ein  formlicher.-  Sturm.  Der  Staub  el-c0la's, 
von  dem  ich  oben  S.  237  ein  schwaches  Bild  zu  zeichnen  ver- 
sucht  habe,  wirbelte  in  unglaublichen  Massen  fiber  die  Dacher. 
So  wurde  ich  genOthigt  mein  Bett  vom  Dach  ins  Haushinunter 
zu  tragen. 


1)  Vgl.  obcn  S.  238. 


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e 


XV.  CAPITEL. 


SCHLUSS. 


El-c01a-el-Wegb. 


30.  Marz.-15.  April  1884. 


H    }   C    A  Z 


Wegdnrchichnitt  von  el-'Oia  bit  el-Wegh  i). 


So.  30.  Marz  ~1S84].  Jetzt  also  den  Blick  heimwarts  ge- 
wendet.  Von  heute  ab  sollte  es  wirklich  der  Heimath  zu  gehen. 
Aber  noch  durfte  ich  mich  nicht  allzufrohen  Hoflhungen  hin- 
geben,  durfte  mich  nicht  in  Sicherheit  wiegen  lassen.  Freilich 
zunachst  hatte  ich  das  angenehme  Gefahl,  dass  ich  in  das 
Staub-  und  Drecknest,  so  man  el-c01a  nennt,  nicht  wieder 
zurflckzukehren  brauchte.  Das  war  schon  Etwas!  Naturlich  gab 
es  am  Morgen,  als  ich  gleich  nach  dem  Morgenessen  abreiten 
wollte,  viele  Verzogerungen.  Da  fehlt  dies,  dort  fehlt  das!  Die 
eine  Last  ist  nicht  ordentlich  in  zwei  Halften  vertheilt;  ein 
Kameeltreiber  ist  nicht  zur  Stell!  Ein  Kameel  will  sich  nicht 
niederlegen ;  das  andre  will  nicht  aufstehen.  Alles  dies  giebt 
ausserdem  reichlichen  StoflF  zu  lebhafter  Unterhaltung.  Die  Un- 
terhaltung  dauert  selbstverstandlich  ganz  bedeutend  viel  l&nger 
als  das  Aufpacken  selbst. 


[1)  Da  einc  Karte  von  £uttag'i  Haad  fur  die*en  Weg  nicht  vorliegt,  babe  ich  die  Stationen 
in  den  von  ihm  geieichneten  Wegdurchtchnitt  eiogctragon.  l)er  Weg  selbst  ist  aus  der  Geaamt- 
karte  in  erkenoeo.] 


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260  H'NFZKIINTKS  CAI'ITKU 

Schliesslich  war  es  aber  doch  soweit,  class  wir  aui'breehen 
konnten.  Unsere  Karawane  bestaud  also  aus  mir,  Rdejjan,  Sulim, 
Mu  hammed  und  'Obeid;  wir  hatten  zusa'mmen  vier  Thiere.  Nnn 
rasch  von  Safid  Abschied  genommen  imd  hinaus  zum  Thore 
von  el-e01a!  Wir  ritten  zuerst  in  den  breiten  Wadi  el-6isl  nach 
Saden,  bogen  dann  nach  Westen  um  in  den  Sa'ib  Umm  flaiitn. 
spater  in  den  grossen  Sacib  Aba  Beli.  Unterwegs  machten  wir 
Thee  und  Brod;  dabei  tfitete  ich  eine  giftige  Schlange  durch 
einen  Pistolenschuss.  Erst  nach  Sonnenuntergang  lagerten  wir 
im  Wadi  el-Hamm. 

Der  Uberfall  vom  30.  Marz  1884»). 

I.  Bericht. 

„Wir  hatten  wieder  Thee  gemacht,  Datteln  und  von  unse- 
rem  Brod  gegessen  und  wollten  uns  beinahe  zur  Rube  legen, 
doch  so,  dass  Salim  und  cObeid  am  Eingang  des  8acib  wacheD 
sollten,  um  uns  vor  Oberfallen  der  Geheineh  zu  warnen.  Nach 
ganz  kurzer  Zeit  rannten  sie  mit  furchterlichem  Angstgeschrei 
zu  uns  zurrtck  und  baten  mich  sie  zu  vertheidigen,  es  seieu 
da  vorne  10  Geheineh,  sie  hatten  sie  erkannt  beim  Feuer- 
/  schlagen,  um  ihre  Flinten  anzuzunden.  Nun  muss  man  wissen, 
dass  Rdejjan  und  c0beid  von  diesen  Kerls  bereits  raehrere  fraher 
erschossen  hatten  und  sich  also  auf  Alles  gefasst  halten  mussteo. 
Ich  sprang  auf  im  Hemd  mit  dem  Revolver,  wir  rannten  vor- 
warts,  deckten  uns  hinter  einem  Busch,  und  ich  feuerte  einen 
Revolver  zuerst  ins  Blaue  ab.  Grosses  Geschrei;  Rdejjan  rief: 
„Ja  Beli,  ja  Geheineh11,  um  zu  hcren,  was  es  far  Leute 
seien.  Wir  verfahrten  einen  grossen  Kriegslarm  und  Mannen- 
aufruf,  als  ob  wir  zwanzig  waren.  Meine  Gefahrten  zeigten 

[1)  Uber  dieien  tibcrfall,  der  jedem  Freunde  Euting'i  durch  seine  lebendige  Schilderuag  in 
Erinncrung  scio  wird,  gcbc  ich  hier  teine  bcidcn  Berichte  genau  nach  dem  Wortlaut*  ohu 
rcdactionelle  Andcrongen;  nur  Iuterpnnuiion  und  Ortbographie  aind  ein  wenig  ausgefeilt.  Der 
ersie  Bericht  lindet  sich  im  Tugboch  nnter  dem  80  Mara,  der  andere  am  Schlntse  nach  dem 

20.  April., 


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KI.-'OI.A  —  KI.-WEGH.  267 

niir  einen  Busch,  hinter  welchem  ein  paar  hocken  sollten.  Ich 
feuerte  dorthin  drei  Schflsse  ab  und  habe  —  Gottes  Wunder  — 
wie  sich  nachher  herausstellte,  Einen  dieser  Hunde  in  die  Schulter 
geschossen ;  das  war  auf  eine  Entfernung  von  zehn  Schritt,  also 
wird  die  Kugel  gut  sitzen.  Ildejjan  soli  einen  Andern  getroffen 
haben.  Wahrend  dieser  Kampfesscene  ^euerte  ich  im  Ganzen 
fflnf  Mai  und  sparte  meine  Munition.  Leider  habe  ich  durch 
ein  Loch  meiner  Tasche  sechs  Revolverpatronen  verloren  und 
besitze  jetzt  nur  noch  neun  Schflsse.  Kapsele  zum  Gewehr  habe 
ich  auch  nieht.  Mittlerweile  hat  ten  Muhamined  und  cObeid  die 
Kameele  wieder  beladen,  und  wir  ritten  nun  bei  dem  schwachen 
Schein  des  vier  Tage  alten  Mondes  im  Trab  drei  Stunden  auf 
die  Zelte  der  Beli  los.  Dieselben  lagerten  im  Wadi  el-yamm. 
Wir  bemerkten  noch  einige  Feuer,  die  Hunde  bellten,  und  etwa 
200  Schritte  von  den  Zelten  lagerten  wir. 

Die  Nacht  etwas  unruhig  verbracht.  Sie  brachten  mitten  in 
der  Nacht  Milch  zu  trinken." 

II.  Bericht. 

„Den  tFberfall  durch  die  Geheineh  am  Abend  des  30.  Marz 
muss  ich  doch  etwas  genauer  beschreiben: 

Aus  dem  Wadi  Abft-Beli  herausgetreten,  schritten  wir,  als 
eben  die  Sonne  sich  legte,  uber  eine  Ebene  mit  reichlichem 
Futter,  rechts  drflben  war  ein  ziemlich  dichtes  Geheg  von  stach- 
lichten  Talh-Bftumen ').  Meine  Begleiter  wollten  nicht  lagern, 
sondern  in  der  Nacht  weiter  reiten  bis  zu  ihren  in  den  Bergen 
3—4  Stunden  weiter  gelegenen  Zelten.  Erst  meinen  zornigen 
Drohungen  (von  vermindertem  Bakschisch)  gelang  es,  sie  zu 
bewegen,  an  dem  Eingang  des  Wadi  el-I^amm  das  Nachtessen 
zu  bereiten.  Wir  waren  hinter  einigen  Rada  ^-Bflschen  abge- 
stiegen  und  hatten  gegessen;  der  Mond  beschien  schwach  die 


[1)  D.  i.  Acacia  Sejral  Del.  ;  vgl.  obeo  S.  186,  Aom.  5. 

2)  D.i.  wahrtcheinlich  eine  Tamaru-Art;  $.  obeo  S.  176,  Anm.  4] 


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268  KtlSKZKHNTKS  t'Al'ITKI.. 

.■ 

Landschaft.  Ich  setzte  mich  mit  Rdejjan  und  seinem  jangeren 
Bruder  Muhammed  noch  etwas  ans  Feuer,  und  wollte  mich 
bald  zur  Ruhe  legen,  wahrend  Rdejjan's  alterer  Bruder  Salim 
und  der  einaugige  Diener  cObeid  erklarten,  sie  wollten  50  Schritt 
weiter  rflckwftrts  9ich  legen  und  wachen,  daas  Nichts  VerdW- 
tiges  sich  nahe.  Sie  waren  noch  keine  fflnf  Minuten  fort,  so 
rannten  sie  zuruck,  cObeid  mit  angsterfallten  Geberden,  und 
Salim  mit  der  dringenden  Aufforderung,  ich  solle  gleich  Sabe!, 
fc  Revolver  und  Gewehr  zur  Hand  nehmen;  hart  neben  unslagern 
zehn  oder  elf  Riluber  (^laramijjeh).  Ich  hielt  es  zuerst  far  eine 
Erfindung  und  glaubte,  sie  hatten  diese  Scene  nur  konstlich 
aufgefiihrt,  urn,  auf  Furcht  von  meiner  Seite  speculirend,  doch 
noch  zu  ihrem  Ziel  zu  kommen,  d.  h.  mich  zura  Nachtmarsch 
bis  zu  ihren  Zelten  zu  bewegen.  Ich  war  deshalb  ziemlich  ruhig. 
gab  den  Sabel  dem  Salim,  der  schon  eine  Flinte  hatte,  meine 
einlautige  Pistonflinte  (Geschenk  von  Onkel  Gottlob  Mayer)  gab 
ich  Rdejjan;  ich  selbst  rannte  im  blossen  Hemd  mit  dem  Re- 
volver voran  und  commandirte:  „Jallah,  wdn  el-kilab,  bis- 
millah!'^(Vorwarts,  wo  sind  die  Hunde?  Im  Nameu  Gottes!). 
Zugleich  verfuhrten  meine  Begleiter  ein  grosses  Kriegsgesclirei 
mit  Aufruf  von  Namen  aller  mtfglichen  Leute,  die  wir  gar  nicht 
bei  uns  hatten.  (—  Horen  Sie,  wir  haben  Gensdarmen  bei  uns, 
ich  lass  mich  gleich  zu  Protocoll  nehme!  — ).  Ich  fragte  Salim, 
wo  denn  die  Kerle  seien.  Er  sagte:  ,Halt,  halt,  gleich  hinter 
dem  nachsten  Busch ;  ich  habe  sie  gesehen,  wie  sie  Feuer  ge- 
schlagen  haben  (urn  ihre  Luntenflinten  anzuzunden).  Feure  nur 
drauf  los!"  Ich  feuerte  also  drei  Revolverschusse  hinter  einander 
in  den  Busch  auts  Gradwohl  hinein  und  rief  nach  ruckwarts 
dem  cObeid,  er  solle  das  Revolverfutteral  bringen  (mit  den 
zw6lf  Reservepatronen).  Dann  feuerten  die  beiden  andern  ihre 
Flinten  ab,  und  alles  war  mauschenstill.  Der  AutTorderung  die 
Flinte  wieder  zu  laden  konnte  ieh  nicht  nachkommen,  da  icb 
unvorsichtigerweise  keinerlei  Munition  fur  die  Flinte  bei  mif 
hatte.  Nachher  erst  merkte  ich  :  das  Kapsele  hatte  versagt^  und 
dieser  Schuss  war  gar  nicht  losgegangen.  Den  Revolver  lud  ich 


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KL-'dl.A  —  KL-WKOH. 


269 


wieder  und  fenerte  nochmals  ein  oder  zwei  SchOsse  ab.  Nun 
sprang  Rdejjan  auf  und  rief:  „Ja  Beli,  ja  Geheineh!",  und  he- 
gab  sich  —  far  mich  unverstandlich  —  nach  vorwarts,  wahrend 
er  mir  sagte,  ich  solle  das  mittlerweile  wieder  gesattelte  Delul 
besteigen  und  vorwarts  reiteu.  Nach  ganz  Kurzem  kam  er  zurnck 
mit  der  Nachricht,  es  seien  Geheineh,  einen  hatte  ich  durch 
die  (vorgebeugte)  Schulter,  als  er  eben  anschlug,  in  die  Lunge 
geschossen,  und  ein  andrer  sei  —  vielleicht  von  ihm  ?  —  in  den 
Kopf  geschossen.  Auf  mein  Befragen,  woher  er  dies  Alles  wisse, 
wollte  er  nicht  mit  der  Farbe  heraus;  er  wollte  nicht  gestehen, 
dass  mit  den  Geheineh  auch  Leute  von  seinem  Stamm  (Beli) 
waren,  und  mit  diesen  hatte  er  sich  rasch  beredet.  Mir  wird 
immer  wahrscheinlicher,  dass  es  —  o  Schande  —  bloss  Beli 
waren,  ausser  den  drei  von  Madaln  §alih  her  bekannten  Ge- 
heineh. Wir  trabten  nun  in  der  Nacht  ein  paar  Stunden  beinahe 
ununterbrochen,  bis  wir  bei  den  Zelten  des  Schechs  Merzul; 
ankamen. 

Erst  am  folgenden  Morgen  kam  etwas  Licht  in  die  Sache 
durch  einen  jungen  Beli  namens  Muhammed,  der  spater  bis 
Tajjib-ism  mit  uns  gieng.  Die  Geheineh  waren  eben  die  drei, 
welche  in  der  Nacht  in  der  Festung  von  el-IJegr  angekommen 
(S.  262),  von  den  Hunden  so  angebellt  worden  waren,  die  mit 
uns  gegessen  hatten  und  dann  bis  el -'Ola  mit  uns  geritten 
waren.  Wie  viel  andere  Geheineh  und  wie  viel  Beli  bei  dem 
liberfall  waren,  das  konnte  ich  nicht  herausbringen.  Genug, 
die  Kerle  hatten  unter  jeneu  Talh-Baumen  zur  Rechten  von 
unsrem  Weg,  wo  ich  lagern  wollte,  gelauert  und  waren  mit 
Zurilcklassuog  ihrer  Kameele  in  der  Nacht  herangeschlichen. 
Nun,  es  ist  ihnen  versalzen  worden. 

Ich  hatte  nie  geglaubt,  dass,  wenn  man  einen  oder  gar  zwei 
Menschen  erschossen  hat,  man  so  wenig  Gewissensbisse  danach 
empfindet  ( —  den  Krieg  naturlieh  ausgenommen  — ),  und  darauf 
so  gut  und  herrlich  schlaft.  Mag  sein,  weil  ich  die  Cadaver  nicht 
gesehen  habe. 

Die  Erschosseneu  wurden  noch  iu  der  Nacht  von  ihnen  be- 


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270 


FONFZEHNTES  capjteu 


graben,  ein  Erdhflgel1)  und  eine  grosse  Blutlache  bezeichnete 
allein  die  Statte  des  Schlachtfeldes." 

Mo.  31.  Marz  1884].  Der  Wurfel  war  gefcllen;  ich  hatte 
meinen  Maun  erschlagen.  Unter  den  Brudern  und  Stammes- 
genossen  des  Mannes,  der  durch  meine  Kugel  gefallen  war, 
war  ich  verfehrat;  ihre  heilige  Pflicht  war  es,  au  mir  Blut- 
rache  zu  uben.  Jetzt  rousste  ich  auf  der  Hut  sein.  Aberglilck- 
licberweise  befand  ich  mich  ja  bei  einem  mir  befreundeten 
Stamme,  der  seinerseits  mit  meinen  Feinden2)  in  Blutfehde  Jag- 

Morgens  vor  der  Sonne  gieng  ich  an  die  Zelte  der  Beli  hin- 
aber;  aber  ich  bekam  dort  Nichts  zu  essen,  sondern  nur  etwas 
sttsse  Milch  zu  trinken.  Es  katnen  einige  neugierige  Schechs 
und  viel  armes  Gesindel  zu  mir.  Da  diese  Beli  keinen  Kaffee 
besassen  und  ich  selbst  auch  keinen  mehr  hatte,  so  war  icb 
genftthigt,  eine  Bewirthung  mit  Thee  zu  veranstalten.  Tch  hatte 
jedoch  nur  sehr  wenig  Zucker  bei  mir,  und  so  verabreichte 
ich  den  Thee  ohne  Zucker.  Den  ganzen  Vonnittag  hindurch 
fand  ein  Gelage  von  diesem  armlichen  Qesindel  bei  mir  Statt. 
Daran  nahm  auch  ein  Belli wi  theil,  ein  junger  Kerl,  namens 
Muhammed,  der  mit  den  zehn  Raubern  von  gestern  gewesen 
war!  Er  berichtete,  der  ganze  OberWl  sei  auf"  Vemnstaltung 
der  drei  Diebsgesellen  geschehen,  mit  denen  ich  zusamraen  von 
el-IJegr  nach  el-c01a  geritten  war,  jener  Kerle,  die  mir  schon 
gleich  so  unheimlich  und  unsympathisch  vorgekommen  waren. 
Wegen  der  blinden  Heldenthat  von  gestern  Abend  wurde  ich 
als  Heros  gefeiert;  alle  wollten  meine  Waffen  sehen,  was  ich 
den  Schechs  nicht  abschlagen  konnte. 

Wahrend  all  dieser  Unterhaltungen  und  Besuche  entwickelte 
sich  in  meinem  Innern  ein  starkes  Hungergefuhl ;  der  schwache 
Thee  war  gar  nicht  dazu  geeignet,  ihn  zu  stillen.  Endlich,  um 
2  Uhr  Nachraittags,  brachten  meine  Wirthe  mir  Reis  mit  Fleisch. 
Da  war  der  Hunger  freilich  schon  etwas  vergangen. 

[1)  Daruber  steht  im  Tagbucb,  in  der  Handschrift  Eutings  .2  Steinhiigel".  Dies  wird  jweifelk* 
riebtiger  sein.  Die  Heduincn  begraben,  indem  sic  Tiber  den  Toten  einen  Steinbaufen  errickten." 

2)  Obgleich  nirgenda  gesngt  wurde,  das»  der  Gctutete  einer  von  deo  Geheineh  war,  m  i't 
dies  doch  amnnchmen.] 


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Kly'dl.A  —  EL- WKCII.  271 

Unausstehlich  war  die  Neugierde  von  Weibern  und  Kindern, 
Junglingen  \ind  Mannern,  als  ich  sie  fortgejagt  hatte,  um  mich 
zu  waschen,  und  wenigstens  nur  auch  einen  Theil  des  Staubes 
von  el-e0la  mir  vom  Leib  zu  schaffen.  Zu  alien  Ritzen  des 
Zeltes  guckten  die  Viecher  herein,  und  ein  Weib  mit  ihrer 
Tochter  benQtzte  sogar  die  paar  Minuten  meiner  Einsamkeit, 
um  die  Krankheit  ihrer  Tochter  mir  aufs  ThOrichtste  zu  be- 
schreiben.  tfberhaupt  fand  ich  die  Weiber  unerhOrt  frech,  die 
Kinder  schreierisch  und  alle  zusammen  uber  die  Maassen  bet- 
telhaft,  besondera  in  Bezug  auf  Tabak.  Das  war  ja  eine  edle 
Gesellschaft,  in  die  ich  gerathen  war!  Das  also  waren  raeine 
Freunde  und  Brttder,  mit  denen  mich  die  Blutrache  gegen  die 
Geheineh  verband! 

Abends  liess  ich  von  meinein  eigenen  Mehl  Brod  machen 
und  ass  dazu  einige  Datteln.  Dann  schlief  ich  trotz  dem  Ge- 
schwatz  am  Feuer  ein. 

Di.  1.  April  1884].  Auch  den  heutigen  Tag  fiber  musste  ich 
noch  in  derselben  widerwartigen  Umgebung  zubringen.  Ich 
selbst  wollte  die  Reise  so  rasch  wie  mOglich  fortsetzen  und 
staud  zu  dem  Zwecke  auch  vor  der  Sonne  auf.  Aber  raeine 
Begleiter  waren  nicht  dazu  zu  bewegen;  sie  bestanden  darauf, 
mit  ihren  Leuten  heute  noch  zusammen  zu  sein.  Diese  luden 
die  Zelte  und  alles  Gerath  auf  uud  verlegten  ihr  Lager  weiter 
abwarts  im  Wadi  el-yamra,  ganz  in  die  Nahe  der  Stelle,  wo 
der  Dberfall  am  30.  Marz  stattgefunden  hatte.  Die  Beduinen 
pflegen  ja  flberhaupt  das  nachste  Lager  nicht  mOglichst  sehr 
weit  von  dem  vorhergehenden  aufzuschlagen.  Unterwegs  lagerte 
ich  mit  meinen  Leuten  etwas  abseits.  und  dort  assen  wir  un- 
gestcrt  ein  paar  Datteln. 

Nach  kurzer  Rast  in  herrlichem  Schatten  ritten  wir  den  An- 
deren  wieder  nach,  und  um  9  Uhr  trafen  wir  bei  den  frisch 
geschlagenen  Zelten  ein.  Meiner  wartete  hier  ein  neuer  qual- 
voller  Tag  inmitten  dieses  bettelhaften,  unverschamten  Raub* 
gesindels  der  Beli. 

Natflrlich  war  auch  wieder  vielfach  die  Rede  von  dem  t)ber- 


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272 


FtfNKZEIINTES  CAP1TEL. 


fall.  Mir  wurde  erzahlt,  der  Kerl,  den  ich  erschossen  hfttte, 
hiesse  Sleiman  ibn  Sel&mah;  er  sei  nach  Kurzem  noch  in  der 
Nacht  gestorben;  die  Kugel  sei  ihm  durch  die  Schulter  von 
oben  hinab  in  die  Lunge  gefahren  und  durcb  den  Rucken  hin- 
aus.  Der  andere  Kerl,  den  Rdejjan  ebenso  zufallig  erschossen 
habe,  sei  durch  die  Stirn  getroffen  und  augenblickiich  todt  ge- 
wesen.  Diesen  Morgen  haben  unsere  Leute  die  Graber  an  Ort 
und  Stelle  gesehen,  dazu  auch  noch  eine  Menge  Blutspuren. 
Ich  selbst  habe  das  Schlachtfeld  nie  zu  Gesicht  bekommen. 
Merkwurdig!  War  es  Scheu  vor  dem  Blut  oder  war  es  das 
Gefuhl  der  mich  umgebenden  Gefahr,  das  mich  davon  abbieltt 

Schon  Morgens  beim  Aufbruch  war  ein  eckelhafter  Kerl  am  j 
Feuer  gewesen,  der  trotz  aller  Aufforderungen  zu  gehen  doch 
sich  nicht  hatte  forttreiben  lassen.  Nachher  beim  zweiten  Lager 
stellte  er  sich  vor  und  sagte:  „Ich  bin  der  Bruder  dessen,  den 
du  gestern  Abend  erschossen  hast').'1  Ich  sagte:  „Gottlob,  habe 
ich  ihn  erschossen!  Ich  habe  ihn  nicht  gerufen.  Warum  wollte 
er  mich  Qberfallen  ?"  Nachher  war  er  noch  sehr  frech  und 
wollte  alles  anrflhren ;  ich  musste  ihn  schliesslich  durch  Pistolen- 
drohung  fortjagen.  Spater  suchte  er  sich  zu  bessern  und  wollte 
sogar  mit  mir  Freundschaft  schliessen,  was  ihm  naturlich  nicht 
gelang.  —  Ich  furchte  nur,  die  Kerle  werden  mir  an  einer 
Stelle  des  Wegs  autlauern,  und  bei  meinem  dicken  Schlaf 
kOnnte  ich  ihnen  leicht  zum  Opfer  fallen.  —  Es  ist  uberhaupt 
ein  Wunder,  dass  ich  der  Blutraehe  entronnen  bin,  wo  doch 
z.  B.  dieser  Bruder  des  GetSteten  nun  so  genau  um  mich  Be- 
scheid  wusste! 

Die  Schechs  Muhauna  el-Wasiti  und  Mursid  bir  Refadeh 
waren  beide  farchterlich  bettelhaft  auf  Tabak  aus;  ich  sche 
schon  voraus:  in  zwei  Tagen  werden  wir  Nichts  mehr  zu  rau- 
cben  haben.  Schrecklicher  Gedanke!  Ausserdem  wollte  das  ge- 
samte  elende  Volk  Alles  berflhren:  jeder  Gegenstand,  den  ich 
besass,  wanderte  von  einer  ungewaschenen  Hand  in  die  andere. 

l)  ^>.3. 


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KL-fOLA  —  Klv-WKfiM.  273 

Der  Scbedad,  d.  i.  Kameelssattel '),  wurde  zwanzig  Mai  des  Tags 
iraraer  wieder  von  alien  Seiten  betastet;  mein  Teppich,  meine 
Kleider,  selbst  das  Hemd  auf  dem  Leib,  Alles  erregte  ihre  Neu- 
gierde. 

Am  Nacbmittag  sah  icb  zu,  wie  die  Kerle  schossen.  Sie  hat- 
ten  ein  Papier  an  dem  Felsen  befestigt,  das  nun  als  Scheibe 
diente.  Ich  muss  gestehen,  sie  schossen  ziemlich  gut,  —  was 
ich  nicht  erwartet  hatte  — ,  allerdings  mit  aufgelegtem  Ge- 
wehr.  —  Dann  beschaftigte  ich  mich  mit  —  Nahen!  Zuerst 
wurde  das  fatale  Loch  in  meiner  Tasche,  das  mich  meine  Pa- 
tronen  gekostet  hatte2),  zugestopft.  Dann  besah  ich  mitleids- 
voll  meinen  Zebun:  er  war  voll  von  Lochern,  die  ich  mit  den 
Kohlen  hineingebrannt  hatte,  und  die  der  fleissigen  Hand  harr- 
ten.  Sollte  ich  es  thun  oder  nicht?  Nein,  es  waren  doch  zu 
viele,  und  ich  verzichtete  lieber  darauf,  mich  an  dieses  Danal- 
denfass  zu  wagen. 

Ich  musste  wieder  eine  Ewigkeit  auf  das  Essen  warten.  Als 
das  Abendessen  immer  und  immer  noch  nicht  kam,  zog  ich 
es  vor,  ein  Stack  altes  Brod  zu  verzehreu  und  mich  dann 
schlafen  zu  legen. 

Mi.  2.  April  1884].  Als  Morgens  vor  der  Sonne  alle  Zelte 
abgebrochen  wurden,  war  ich  ausserordentlich  froh.  Den  Beli, 
die  mit  ihre  in  Lager  nach  Sfldosten  zogen,  weinte  ich  keine 
Thrflne  nach.  Ein  Fluch  der  Erleichterung  kam  auf  meine  Lip- 
pen,  aber  niemand  h6rte  ihn;  ich  war  mir  nur  seiner  inneren 
Sprachform  bewusst. 

Wir  anderen,  d.  h.  Rdejjan,  Schech  MurSid,  'Obeid  und  Mu- 
hammed,  der  in  der  Nacht  des  Oberfalls  bei  den  Geheineh  ge- 
wesen  war,  lagerten  noch  eine  Weile  in  der  Nahe,  um  auf 
eine  Karawane  von  sechs  Kameelen  zu  warten,  die  mit  uns 
nach  el-Wegh  gehen  sollte.  Die  Leute  wollten  dort  Butter, 

1)  S.  eioe  genane  Bescbreibuug  von  J.  E  u  t  i  n  g  in  Oricntalische  Studien,  Theodor  Noldoke 
gewidmct.  B*od  1,  S.  898.  Dun  Berocckuogcn  von  J.  J.  He»«  io  der  Zeit»ohrift  .Der  hlam", 
Bd.  *.  1913.  S.  814—816. 

i)  S.  obco  S.  267. 

18 


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274  H'SKZKHNTKS  CAPITKI.. 

Schmalz  und  dergl.  verkaufen  und  dafilr  andere  Gegenstande 
einhandeln.  Wir  verzehrten  wahrend  dieser  Wartezeit  Thee, 
Brod  und  Datteln. 

Nachdem  die  Karawane  als  in  der  Ferae  anrQckend  signalisirt 
worden  war,  brachen  wir  direct  gegen  Westen  anf,  durch  den 
Sa%  Mererah  '),  und  gelangten  dann  aber  einen  niederen  Pass 
wieder  in  den  Wadi  el-tfamm;  an  der  Stelle  unseres  ersten 
Nachtlagers  vora  30.  Marz  zogen  wir  vorbei.  Vom  Wad!  el-yamm 
kamen  wir  in  den  Wadi  es-Sillul J),  wo  wir  an  einem  Wasser- 
spalt,  der  Abu  IJammadah 8)  hiess,  einen  unsrer  Schlaucbe  fQllten. 
Thee  kochten  und  etwas  Brod  assen. 

Dann  gieng  e-s  wieder  weiter.  Die  Sonne  war  ziemlich  hinter 
Wolken  verborgen ;  das  Licht  war  verstreut,  die  Luft  drQckend, 
die  Fliegeu  massenhaft  und  sehr  lastig.  Es  ist  sonderbar,  dass 
die  Kameele  mit  ihrem  dicken  Fell  gegen  die  gemeine  Fliege 
noch  viel  empfindlicher  sind  als  die  Pferde;  sie  benutzen  jede 
Gelegenheit  eines  Strauches  oder  eines  Kameelshintertheils,  um 
die  Nase  daran  zu  wetzen  und  die  Mucken  wegzujagen. 

Hin  und  wieder  erhoben  sich  aber  starke  WindstGsse.  Als 
wir  durch  den  Sa^b  Serhtit 4)  ritten,  begann  der  Himmel  sich 
zu  verfinstern.  Im  Wadi  Ribaeah 3),  an  einer  Stelle  el-yainlr 
genannt,  lagerten  wir,  raachten  Brod,  assen  Datteln  und  tranken 
Thee.  Gleich  bei  Sonnenuntergang,  noch  starker  aber  in  der 
Nacht  Helen  starke  Regensclultter,  die  mich  far  meine  Abklatsche 
sehr  besorgt  machten.  Die  waren  namlich  theilweise  nur  in 
Papier  und  in  ein  Hemd  verpackt  und  staken  iu  einer  alten 
Satteltasche.  Als  der  Regen  begann,  deckte  ich  sie  noch  rait 
rneinera  Plaid  besonders  zu  und  behielt  sie  die  ganze  Zeit  unter 
ni einer  Bettdecke.  Waren  sie  doch  das  KOstlichste  von  Allem, 
was  ich  von  meiner  Reise  mitbrachte.  Sie  verdienten  schon, 
dass  ich  um  sie  sorgte  wie  eine  Mutter  um  ihr  Kind  und  wie 
der  Araber  um  sein  edles  Ros9. 


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9 


KL-V.I.A  —  EL-WKGH.  275 

Do.  3.  April  1884].  Morgens  vor  der  Sonne  wurde  Thee  ge- 
macht.  Dann  brachen  wir  sofort  auf.  Ich  s&urate  nicht:  sollte 
ich  doch  heute  wiederum  eine  gute  Strecke  roeinem  Endziel 
naher  kommen  und  von  diesen  Begleitern,  deren  Gesellschaft 
mir  zura  Halse  heraushieng,  befreit  werden!  Durch  einen  wild- 
steinigen  Felspass,  en-N6ljrah  zogen  wir  in  den  breiten  Wad! 
Ferri  -)  hinab.  Wegen  der  Steilheit  des  Wegs  zog  ich  ea  vor, 
vom  Kameel  abzusteigen.  Nachdem  wir  dann  noch  den  Wadf 
Kuielah 3)  passirt  hatten,  lagerten  wir,  am  Ende  der  dritten 
Marschstunde  an  der  Wasserstelle  el-Melehah  4).  Dort  machten 
wir  Brod,  assen  Datteln  und  tranken  Thee. 

Nach  Mittag  stiegen  wir  einen  Pass  namens  Tajjib-ism  hinauf ; 
dort  trafen  wir  sogar  H  lessen  des  Wasser  und  dabei  einige  wilde 
Palraen.  Der  Name  ist  wohl  aus  Tajjibet  el-ism,  oder  et-Tajjibet 
el-ism  verkarzt.  Er  bedeutet  ,die  Statte  guten  Namens1'.  Gerade 
dieser  Name  kommt  in  arabisch  sprechenden  Landern  mehrfach 
vor ;  auch  in  der  kurzen  Form  et-Tajjibeh.  Prof.  Clermont-Ganneau 
hat3)  in  ansprechender  Weise  darzulegen  gesucbt,  dass  dieser 
Name  als  Ortsnarae  von  einer  kleiner  Pflanze  abzuleiten  sei, 
die  ebenso  bezeichnet  wird.  Andererseits  hat  R.  Hartmann  darauf 
hingewiesen,  dass  Orte,  deren  Namen  etwas  Unangenehmes  be- 
deutete,  in  Tajjib-ism  oder  et-Tajjibeh  umgenannt  worden  sind c). 
Von  der  Hflhe  aus  gieng  es  in  eine  groteske  Schlucht  hinunter, 
die  for  die  Kameele  ausserst  beschwerlich  zu  gehen  war.  Weiter 
karaen  wit  durch  die  Giddel  es-Sed&rah  und  den  Wad!  el-Kder 
bis  in  die  Nahe  der  zwei  fantastisch  geformten  Berge  Ralab7) 
und  et-Tenibbeh  *).  In  es-Sufah  5)  wurde  genachtigt. 

Fr.  4.  April  1884].  Jetzt  nur  rasch  weiter,  immer  weiter! 
Hah,  noch  einen  Tag,  noch  ein  Nachtlager  rait  euch  Lumpen- 
kerlen  zusammen!  Dann  aber  morgen,  morgen!  Ach,  ich  konnte 


1)  SyLJf.  2)  ^  oder  3)  iJL*3.  4)  S^iD. 

5)  Recueil  d'Arch.'ologie  Orientnle  II.  S.  21. 

6)  ZeiUchrift  der  Deulschen  Morgcnliindisclicu  Gcscll^haft,  Bd.  (55,  S.  530  IT, 


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276  fOxkzkhntes  capitkl. 

meine  Freude  gar  nicht  ausdenken.  Ich  hatte  nicht  mehr  viel 
Sinn  fur  die  Landschaft  und  far  das,  was  um  mich  herura 
vorgieng;  ich  dr&ngte  nur  vorwarts  ich  wollte  die  Menschenlos 
werden,  die  mich  jede  Minute  durch  ihren  Anblick  irritirten. 

Vor  der  Sonne  brachen  wir  auf.  Nach  Sonnenaufgang  trafen 
wir  viele  wilde  Tauben  und  Hasen.  Unterwegs  pruften  meine 
Begleiter  bedenklich  frische  Kameelsbollen ;  meine  Stimmung 
sank  auch  bedeutend  tiefer.  Al9  wir  dann  wieder  eiue  steile 
Schlucht  hinunterstiegen  und  eben  den  cObeid  mit  den  Schlauchen 
fortgeschjckt  hatten,  um  Wasser  zu  holen,  horten  wir  plOtzlich 
Stimraen.  Was  war  das  ?  Waren  es  Geheineh,  die  uns  nachsetzten  ? 
Waren  mir  die  Blutracher  auf  den  Fersen?  Sollte  nun  doch  Alles 
vergeblich  gewesen  sein  und  ich  in  dem  Augenblick,  in  dem 
ich  den  rettenden  Strand  nahe  vor  mir  sah,  noch  in  den  Wellen 
versinken?  Ich  war  entschlossen  mein  Leben  theuer  zu  verkaufen. 
Aber  Ildejjan  forderte  zunachst  nur  zwei  Megidi-Thaler  von  mir, 
um  die  Feinde  im  Nothfall  zu  beschwichtigen.  Ich  gab  sie  ihm; 
bald  stelite  es  sich  heraus,  dass  es  eine  Karawane  der  cAnezeb 
war,  die  ebenfalls  nach  el-Wegh  gieng,  aber  Rdejjan  behielt 
natQrlich  seine  beiden  Thaler.  Die  cAnezeh  hatten  180  Kauieele 
und  wollten  wie  meine  Begleiter  ihren  Butter  u.  s.  w.  gegen 
Reis,  Kaffee  etc.  eintauschen.  Rdejjan  und  der  Schech  kaunten 
die  meisten  der  Leute.  Nach  einer  Stunde  lagerten  wir  uns 
etwas  und  setzten  danu  mit  all  den  Kerlen,  die  saramtlich  mehr 
oder  minder  ihr  vermaledeites  Heik!  Heik!  ')  ausstiessen  und 
dazu  einen  entsetzlichen  Gesang  verfQhtten,  unsern  Weg  fort. 

Der  Weg  war  sehr  einformig.  Abends  in  Wadi  Leileh  kamen 
alle  mOglichen  Subjecte  ans  Feuer,  in  der  Hoffnung,  Kaffee  und 
Tabak  bei  uns  erbetteln  zu  kOnnen.  Allein  beides  gab's  nicht, 
und  die  meisten  zogen  sehr  eutt&uscht  ab.  Am  Feuer  blieben 
ein  Schech  und  drei  Biljan,  welche  zu  den  15  Raubern  ge- 
h6rten,  die  dem  Freund  Huber  in  Madain  $alih  aufgelauert 
hatten  -)•  Sie  fragten  mich,  ob  es  wahr  sei,  dass  Huber  eine 

.)  Vg).  hand  I,  S   54,  110.  119.  2)  Vgl.  oben  S.  255. 


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KL-Vil.A  —  KI.-WKOH.  277 

/ 

Flinte  mit  20  Schassen  bei  sich  fQhre.  Ich  sagte:  ,Nein,  er  hat 
zwei  Flinten  zu  je  30  Schassen  bei  sich,  da  ich  ihm  meine 
auch  noclr  gelassen  habe!" 

Nachts  war  starker  Thau,  der  raich  wiederum  fQr  meine 
Inschriftenabklatsche  besorgt  machte. 

Sa.  5.  April  1884].  Eine  Stunde  vor  Sonnenaufgang  war  schon 
die  ganze  Karawane  irn  Gange.  Nun  wurde  geschwind  Thee 
gemacht  und  getrunken.  Da  —  wer  beschreibt  mein  Entzucken!  — - 
sah  ich  richtige  Seemflven.  0  ihr  lieben  VOgel,  ihr  Bringer  froher 
Botschaft!  Paul  de  Lagarde  beneidete  euch  ob  eurer  Freiheit 
und  dichtete  ') : 

«,Und  wie  die  Mtive  dann  die  See  erlilickt, 

die  Well'  auf  Welle  nacli  dein  Strande  scliickt, 

die  draussen  Well'  auf  and  re  Welle  Uauet, 

stunt  sie  geschwind, 

der  See  lieimkehrend  Kind, 

dem  vor  der  See  nicht  grauet, 

auf  jenes  ullgewult'ge  Meer 

mit  einem  Schrei  der  Lust,  und  schutit, 

und  schwebet,  schwcbt  und  m:liauet". 

Ich  aber  danke  euch  far  euren  Gruss  vom  Meere,  den  ihr  mir 
heute  frtih  oberbrachtet! 

Wir  legten  einen  langen  Marsch  zurflck,  ehe  wir  zu  einer 
kurzen  FrflhstQcksrast  Halt  machten.  Jetzt  war  es  zu  Ende  mit 
dem  ewigen  „Brod,  Datteln  und  Thee".  Die  aufgesparten  kGst- 
lichen  Dinge  konnten  jetzt  mit  Gemiltsruhe  verzehrt  werden. 
Wie  mundeten  mir  Chocolade  und  Albert-Biscuits! 

Gegen  Mittag  kamen  wir  in  eiue  enge  Schlncht,  ed-Dreib  J), 
wo  aus  einigen  Wasserlflchern  hastig  Wasser  geschCpft  wurde 
und  wo  auch  die  Kameele  zu  trinken  bekamen.  Bald  hinter  der 
Schlucht  zeigte  sich  die  am  agyptischen  Derb  el-ljagg  gelegene 
Festung  el-Wegh.  Rasch  erreichten  wir  sie,  und  dann,  nach 
etwa  zwei  Stunden,  die  mir  fast  zu  einer  Ewigkeit  wurden, 
gelangten  wir  zur  Hafenstadt  el-Wegh  selbst,  die  unter  agyp- 

1)  Deotache  Schriftcn,  Guttingen  1892,  S.  291. 
•2)  -o^Al!. 


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278 


Ft'NKZEHNTES  CAPITES 


tischer  Oberheit  steht.  Welches  Gefahl!  Ich  sollte  das  Meer 
wieder  sehen,  Wassermengen !  0  thalatta,  thalatta !  


Fe«tung  el-Wegh. 


Nur  wer  in  der  Wuste  gedorrt  und  gedttrstet  hat,  wer  mona- 
telang  keinen  Fluss,  keinen  Bach,  keinen  Quell  gesehen  hat, 
der  weiss,  eine  wie  herrliche  Gottesgabe  das  Wasser  ist.  Das 
Auge  kann  sich  nicht  satt  sehen  an  seinem  Anblick;  das  Ge- 
fflhl  schwelgt  in  Paradiesesfreuden. 

Und  nun  sollte  ieh  auch  wieder  zu  halbcivilisirten  Meuschen 
kommen.  Ich  war  im  Grunde  meines  Her/ens  froh, 
die  Beduinen  jetzt  los  zu  seiu.  Denn  ihre  Bettelhaf- 
tigkeit,  Habsucht'),  Verlogenheit,  ihr  Dreck,  ihre  Gleichheits- 
flegelei,  ihre  Unlenksamkeit  sind  mir  zum  Eckel  oben  heraus! 
Ihr  Mangel  an  Sinn  fur  die  Zeit,  ihre  Zudriuglichkeit  an  den 
Gast  sind  zum  Verzweifcln;  ihre  Sehmutzigkeit  ist  unbeschreib- 
lich.  Dass  Wasser,  weun  es  von  Dreck  strotzt,  eigentlich  nicht 
zum  Trinken  geeignet  ist,  davon  haben  sie  keine  Vorstellung. 
Wenn  sie  einem  den  Teppich  mit  Staub  und  Sand  versauen, 
so  denken  sie  sich  gar  Nichts  dabei;  und  dass  sie  beim  Auf- 
stehen  ihren  Mantel  sararat  Inhalt  drauf  ausschfltteln,  ist  ganz 
natttrlich.  Fragt  man:  „Gibt's  auf  dem  Weg  Wasser V\  so sagen 
sie  Ju>f3,  J^lj  Jiaut'eugnug,  haufengnug!" -)  Kommt  man  an 
Ort  und  Stelle,  so  ist  gerad  ein  Maulvoll  vorhanden,  kaum 
hinreichend,  um  eine  Feldflasche  zu  fflllen.  Fragt  man:  „Ist 
uoser  Lagerplatz  noch  weitT',  so  heisst  es  stets  LufiVS,  L*t<Xi 
„vor  uns,  vor  uns!"  (natilrlich  nicht  hinter  uns!).  Fragt  man: 

1)  VK1.  Band  I,  S.  184.  /.  7. 

2)  V?|.  Bm.4  I,  S.  221),  Anm.  2 


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EL-C«5LA  —  KL-WEGH.  ' 


279 


„Wie  weitl",  so  ist  die  Antwort  ^yS,  „ach!  ganz  nahe" '); 
darunter  versteht  dana  so  ein  Homvieh  3,  4,  5,  6,  auch  8 
Stunden,  sogar  unter  Umstanden  zwei  Tagemarsche. 

So  fdhlte  und  dachte  ich  daraals  uber  die  Beduinen,  als  wir 
nahe  bei  el- Wegh  waren.  Freilich  war  ich  auch  in  den  letzten 
Tagen  tnit  elenden  Exemplaren  dieser  Gattung  zusainmen  ge- 
wesen.  Spater,  als  der  Aiger  verraucht  war,  habe  ich  wieder 
milder  geurtheilt  und  auch  ihre  guten  Seiten  nicht  verheimlicht  -). 
Jetzt  hielt  ich  noch  unterwegs  eine  ergiebige,  so  Gott  will  letzte, 
Lausejagd  ab. 

Die  Annaherung  an  die  Hafenstadt  schwellte  meinen  dflrren 
Wustenbusen  hdher.  Da  war  es  ja,  das  Meer!  Da  waren  ein 
paar  Masten.  Da  war  ein  Reiter  zu  Pferd!  Da  sah  ich  einen 


Kl-Woiih. 


Tarbusch,  agyptische  Jacken,  saubre  Hemden.  Gott,  welche 
Seltenheiten !  Jetzt  waren  meine  Inschriften  in  Sicherheit;  von 
den  Menschen  brauchte  ich  Nichts  mehr  zu  fiirchten.  Mt*ine 
Freude  war  ubermenschlich  gross! 

Eigentlich  sollte  ich  hier  schliesscn:  denn  hier  endet  meine 
„Ueise  in  Innerarabien".  Doch  ich  will  noch  ganz  kurz  daruber 
Bericht  erst&tten,  wie  es  mir  in  el-Wegh  ergicng,  und  auf  wel- 
chem  Wege  ich  nach  Europa  zurQckgekehrt  bin. 

Als  wir  am  Thoie  von  el-VVegh  ankamen,  lagerte  dort  die 

1)  W.  I.  S.  230. 

2)  Bd.  I,  S.  1<H,  Z.  19—20;  S.  168,  Z.  7—8.  Palgravc,  liber  de»*eti  GUubwiirdigkeit  freilich 
Zweifel  botebcD,  urthcilt  fcnni  ahnlieh,  vgl  z.  B.  BJ.  I  »ciner  Rciw  (Leipzig  1807)  S.  8,  33, 
50,  51,  145. 


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280 


Kt'NFZEHXTES  CAPITEL. 


grosse  eAnezeh-Karawane,  die  uns  etwas  voraus  war.  Eine  grosse 
Menschenmasse  drangte  sich  dort,  um  ihre  VVQstenerzeugnisse 
einzuhandeln.  Am  Thore  standen  zwei  Schildwachen.  Da  ich 
selbst  als  dreckiger  Badawi  angethan  war,  wollten  sie  mich 
zuerst  nicht  einlassen;  es  bedurfte  einiger  Erlauterungen.  Ich 
stieg  ab  bei  Muharumed  Sahatah  mit  dem  Beinamen  el-Bedewi, 
dem  Oberhaupte  einer  weitverzweigten,  begoterten  Familie.  Dort 
wurde  niein  Gepack  abgeladen.  Nach  Kurzem  schickte  der  Wakil 
der  agyptischen  Regierung  und  ersuchte  mich  ins  Regierungs- 
gebaude  zu  kommen.  Dort,  umgeben  von  einer  grossen  Volks- 
menge,  wurde  ich  ausgefragt:  Woher?  Wohin?,  und  Alles  wurde 
durch  den  Secretar  Ahmed  Effendi  aufgeschrieben.  Nachdem 
Alles  befriedigend  ausgefallen  war,  konnte  ich  wieder  abziehen. 
Bedewi  hatte  mir  inzwischen  ein  kleines  Stflblein  hart  am  Meere 
ueben  dem  Kaflfee  raumen  lassen  (s.  Abb.);  dort  wurde  mein 


El-Wegh:  am  St  ramie. 


Gepftck  niedergelegt  und  mein  Teppich  etc.  auf  einem  Gesteli 
aufgeschlagen.  Nuu  konnte  ich  mich  einraal  grflndlich  waschen, 
was  auch  sehr  n6thig  war.  Mit  Sonnenuntergang  wurde  ich 
vom  alten  Bedewi  zum  Essen  abgeholt,  zu  einem  Fflrstenessen. 
wie  ich  seit  Damascus,  also  seit  August,  Nichts  mehr  gesehen 
hatte.  Eine  Brflhe  mit  Loffeln,  Eier,  gebackene  Hflhner,  gebra- 
tenes  Fleisch,  gesauertes  Brod !  Tch  muss  gestehen,  mir  ist  kaum 
je  eine  Mahlzeit  reicher  vorgekommen. 

Die  orientalische  Halbeivilisation  ist  bekanntlich  durch  einen 
grossen  Flohsegen  ausgezeichnet.  Das  erfuhr  ich  heute  Nacbt 


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EL-'&LA  —  KL-WEOH. 


2S1 


wieder,  nachdem  ich  es  beinabe  vergessen  hatte.  An  Schlaf  war 
in  raeinem  Zi miner  nicht  zu  denken.  Nach  einer  Stunde  ver- 
geblichen  Ringens  Hess  ich  mir  mein  Bett  hart  am  Meere  ma- 
chen,  aber  ich  nahm  natflrlich  einen  Theil  der  Einquartirung 
dorthin  mit. 

So.  6.  April.  —  Di.  15.  April  1884].  Eine  ganze  Woche  und 
noch  zwei  Tage  dazu  musste  ich  in  el-Wegh  auf  ein  Schiff 
warten,  das  mich  Europa  nfther  bringen  sollie.  Das  war  eiue 
scheme  Geduldsprobe! 

In  el-Wegh  existirt  keine  Dampfschifffahrt;  nur  zur  Zeit  des 
tfagg  kommt  ein  agyptiscber  Pilgerdampfer  hierher.  So  war  ich 
also  ganz  auf  irgend  ein  zufallig  fahrendes  Segelschiff  angewiesen. 
Im  Hafen  lagen  zwar  zwei  kleine  Schuner ')  (vgl.  Abb.  S.  280). 
Aber  die  Schifier  hatten  keine  Lust  mich  nach  Giddeh  zu  fQhren : 
und  nach  Sue*,  sagten  sie,  brauche  man  bei  jetzigem  Winde 
10—20,  ja  auch  25  Tage.  Ich  entschloss  mich  daher  nach  looser 
an  die  agyptische  Kflste  in  3  Tagen  hinaberzufahren,  dann  zu 
Kameel  nach  Reneh  an  den  Nil  und  von  dort  nach  Cairo  zu 
reisen.  Von  Koser  konnte  jeden  Tag  ein  Schiff  ankoramen. 

Ich  versuchte  nun  zunachst  mein  Delal  gunstig  zu  verkaufen. 
Aber  alle  meine  Anstrengungen  waren  erfolglos.  Da  die  Leute  • 
sahen,  dass  ich  verkuufen  wollte  und  musste,  so  blieben  sie 
hart;  es  war  nicht  mOglich,  mehr  als  25  Megidi  dafar  zu  be- 
kommen2).  Ich  liess  es  schliesslich  den  Beduinen  nm  diesen 
Preis,  und  war  nun  einer  Sorge  ledig.  Dies  geschah  am  Tag 
nach  meiner  Ankunft.  Am  selben  Tag  verabschiedeten  sich  auch 
meine  Beduinen  von  mir,  nachdem  sie  noch  einigen  Bakschisch 
herausgeschunden  hatten.  Lebt  wohl,  ihr  Bedu!  Zieht  in  eure 
Waste  und  eure  Zelte  zuruck,  in  die  ihr  gchflrt! 

Naturlich  machte  ich  in  el-Wegh  bald  die  Bekanntschaft  aller 
Notabeln,  einheimiacher  und  fremder.  Da  waren  der  Comman- 
dant der  Festung  (Tobgi  BaSi),  der  Doctor  I.iasan  Eflendi,  der 

1)  SambflV.  vJy*JU.. 

2)  Wictiel  ich  dafur  i>e*ahlt  hatte,  i»l  in  Baud  I,  S.  30,  gcjn^t. 


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282 


n'NKZEHNTBS  CAPITEL. 


Secretar  Ahmed  Effendi,  der  $&d1,  .der  Kaufmann  Muhammed 
cAwwad,  der  frnher  in  Sues  englisch  und  franzflsisch  gelemt 
hatte.  Letzterer  verehrte  niir  statt  meiner  zwei  verlorenen 
Feuerzangen  eine  messingene  Zange,  von  den  Zigeunern  gear- 
beitet ').  Besonders  interessirte  mich  Schech  Sllman  bir  Refadeh2). 
Ich  hatte  ihn  schon  im  Regierungsgebaude  bei  meiner  Ankunft 
gesehen.  Am  nachsten  Tage  machte  er  mir  einen  Besuch.  Er 
ist  derjenige,  der  den  tlelan  ausgezogen  hat,  wie  oben  S.  234 
unter  dera  20.  Marz  berichtet  ist.  Er  hatte  filr  einen  Badawi  eio 
feines  Qesicht  nnd  trug  elegante  Kleidung;  seine  Keffijjeh  war 
aus  Seide,  seine  cAba  schneeweiss  und  leicht.  Wir  unterhielten 
uns  uber  sein  Land  und  die  In3chriften.  Er  nannte  mir  als 
Orte  mit  Felseninsehriften  im  Gebiet  der  B61i:  el-Rser  el-Kur- 
kumah3)  und  Umm  Krejjat  4).  Von  Kurkumah  erzahlte  mir 
BedGwl,  es  sei  identisch  mit  el-I£asr  el-Krim  Sacid  ')  und  liege 
nur  einen  Tag  sudlich  von  el-Wegh.  Rdejjan  hatte  mir  vorher 
noch  andere  Orte  genannt:  el-Khder,  et-Terwah,  es-Serhah, 
Hadab  Ta'lab,  Rsei.  —  Sliman  bir  Refadeh  verabschiedete  sich 
und  ritt  in  seiner  stadtischen  Kleidung  zu  seinen  Zelten,  die 
sich  in  Preib  befanden.  Aber  er  kam  am  12.  April  noch  ein- 
mal  in  die  Stadt  zuruck,  und  am  13.  musste  ich  bei  ihm  ein 
grosses  Beduinenfressen  mitmacheu. 

Auch  mit  dem  alten  Bedewi  hatte  ich  manche  Unterhaltun- 
gen  uber  das  Land  und  die  Inschriften.  Er  war  es,  der  den 
Captain  Burton  einst  ins  Land  Midian  begleitet  hatte0).  Er 
erzahlte  mir,  einen  Tag  nordlich  von  el-Wegh  sei  ein  Marmor- 
berg,  Rabar1)  genannt,  dort  seien  Saulen  und  viele  Inschriften; 
acht  Stunden  nfirdlich  davon  liege  Beda*ctt),  und  dort  sei  Alles 
voll  von  Inschriften.  Captain  Burton  hatte  die  Statten  besucht, 
doch  habe  er  Nichts  davon  verstanden.  Einen  Tag  sudlich  von 

1)  jii.  2)  ^  ^  C)L*L-. 

3)  iUJ'yil  j+xwl  4)  J*?   r'.  6)  ^X*«-  fijti  ^ofiil. 

6)  Vgl.  Burtou,  The  Und  ft  Midian. 

7)  S)  pAj. 


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ELr'bLA  —  EJ.-WKOH.  283 

el-Wegh  sei  ein  Schwefelberg  mit  alten  Ruinen ;  er  selbst  habe 
aber  keine  Inschriften  dort  bemerkt. 

Komisch  ist  es,  wie  in  el-Wegh  das  Wort  Antika  gebraucht 
wird.  Darunter  versteht  man  nicht  etwa  nur  Antiquitaten, 
sondern  Curiositateo,  Sehen9wurdigkeiten  jeder  Art.  Meinen 
Karaeelssattel  nehme  ich  mit,  nm  ihn  als  Antika  in  meiner 
Heimath  zu  zeigen.  So  fragte  mich  einer,  ob  ich  keine  Antikat 
kaufe.  Ich  antwortete:  „Ich  will  sie  zuerst  sehen."  Was  brachte 
der  Mann  mir?  Muscheln ')  und  Korallen! 

Die  Sekte  der  Senusi's  breitet  sich  immer  weiter  auch  in 
dieser  Gegend  aus.  Vor  fftnf  Jahren  war  noch  kein  Senusi  in 
el-Wegh  gewesen.  Jetzt  aber  halt  ein  Senusi-MUsionar  jede 
Nacht  in  der  Moschee  eiue  Betstunde.  Da  uben  die  Oi'dens- 
bruder  ihren  Zikr.  Diese  Narren  singen,  zuerst  langsam,  dann 
immer  schneller  la  ilaha  'ilia  llah,  bis  zur  Bewusstlosigkeit: 
dann  ffinf  Minuteu  lang das  Wort  allah,  allah,  allah;  darauf 
stossen  sie  das  Wort  hajj,  hajj,  hajj  heraus  und  Ahnliches. 
Ich  begreife  nicht,  wie  diese  Form  des  Gottesdienstes  so  an- 
steckend  und  so  rasch  wirkt.  Da  getiel  mir  der  Gesang  des 
Mu'eddin  besser:  der  hatte  eine  sehr  schGne  Stimme.  Am  besten 
aber  getiel  mir  der  Gesang  der  Fischer,  die  Morgens  mit  ihren 
Booten  fortfuhren;  das  war  der  erste  wirklich  schtine  Gesang, 
den  ich  in  Orient  gehort  habe. 

Am  14.  April  kam  endlich  das  Schift',  das  uns  nach  looser 
bringen  sollte.  Es  hiess  Nasim  el-Farag")  „Freudenzephyr", 
Capitain  Suleiman  Mahmtid3);  es  war  110  Tonnen  gross,  hatte 
eine  Besatzung  von  18  Matrosen  und  konnte  10  Passagiete 
aufnehmen. 

Am  15.  April  Morgens  kam  mir  noch  der  letzte  Abschieds- 
gruss  aus  der  arabischen  Waste.  Das  war  eine  grosse  Kameels- 
karawane,  die  fiber  Medinah  aus  Mekkah  kam.  Man  nannte  sie 

1)  ^_jA*>  [II.:  ffde/  rerlmutter;  altes  v_?Joo  iit  I'erlroutler,  Mecr>cliiiccken  nod  Muwhel- 
•chaleu/ 


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284 


R  NKZKHNTEh  CAPITKL.   EL-SjLA  —  KI.-WKOH. 


el-Muwarrci  ');  sie  brachte  Kameele  von  den  I.Iarb,  und  ver- 
kauft  ihre  Thiere  entweder  auf  dem  Weg  hierher,  oder  in  el- 
Wegh  oder  sogar  in  Agypteu. 

Abends  konnte  ich  endlich,  nachdem  ieh  mich  von  alleu 
Freunden  in  el-Wegh  verabschiedet  hatte,  an  Bord  gehen.  Obeu 
auf  Deck  machte  ich  mir  ein  Lager  zurecht.  Das  Schiff  lichtete 
etwa  um  1  Uhr  Nachts  die  Anker  und  segelte  nordwestlich 
der  Kfiste  entlaug. 


Voile  drei  Tage  waren  wir  auf  dem  Wasser.  Mehrfach  herrschtf 
entsetzliche  Windstille.  In  der  Bucht  cAntara)  und  der  Bucht 
ed-Dmfirah  s)  giengen  wir  vor  Anker.  Die  Leute  auf  dem  Schiff 
erinnerten  sich  alle  sehr  wohl  des  Freundes  Dr.  Klunzinger;  sie 
nannten  ihn  aber  Kolosingara. 

Am  Sonntag,  den  20.  April,  um  12  Uhr  kamen  wir  endlich 
in  Koser  an.  Es  dauerte  ziemlich  lang,  bis  die  Sanit&ts-Polizei 
ihr  Amt  verrichtet  hatte,  bis  alle  Matrosen  und  Passagiere 
abgezfthlt  waren,  und  bis  wir  endlich  ans  Land  durften. 

Nun  noch  fttnf  Tage  auf  dem  Kameel  bis  Reneh  am  Nil, 
dann  mit  dem  Dampfer  bis  Assiut,  mit  der  Eisenbahn  nach 
Cairo  und  uber  Port  Said,  Jaffa,  Jerusalem,  Beirut,  Smyrna, 
Athen,  Patras,  Triest  nach  Deutschland!  Das  war  raeine  ara- 
bische  Reise. 

ENDK  OES  2™  THEILES. 

1)  ^\v»'  ["-:  el-Mwarreci  soil  eiue  Art  von  K«i»eunternehmer  gevesen  sein.] 

2)  ,aa£.  3)  ijLy»w\ji. 


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REGISTER  ZUM  ZWEITEN  THEIL. 


cAba  (Beduinenmantel)  19, 102,225.  <  al-Ablak  116  f. 
'Abdallah  in  elc0la  220,  Aba  Gela),  ira  Negd,  IS, 

"Abdallah  Aba  Mubammed  150.  ,  Aba  tlammadah,  Wasserstelle,  274. 
fAbdallahel  Musliman!a-106(bau-  Achan  16& 

fig),  107,  163,  :  el'Adlb  246,  263,  Vgl.  Nachtrage. 

eAbdaUah  ibn  eAbd  el  'Aziz  6JL     ,  Aelius  Gallus  25L 
cAbdallah  ibn  JIamd  ez  Zeheri  20,  el-Aflag  HIS, 

iL  9&  j  Aga,  Berg,  76,  108,  US  f,  US. 

cAbdaliah ibn Isma'il Mueiz 229, 235,  |  cAgman,  Stamm,  73,  8L 

232.  Afcmed  120  f. 

'Abdallah  ibn  Raschid  16,  Anm.  L  At>med  Effendi  280,  262* 
cAbdallah,  Khatfb,  52,  116,  149,  A^imed  Raschid  Mlrza  oif. 

162,  199,  202,  205,  'Aid  Aba  Ffceman  122, 

cAbd  el-eAziz,  Prinz,  12=106  (hau-  cAid  cAli  2L 

fig),  149,  23L  ,  cAid  es  Sitr  56. 

cAbd  el-eAziz  el-cEnkrt  145,  14&  f ,  'Alschah  ML 

162,  164,  174,  197,  201  ff,  206  f,  cAldh,  Sohn  des  Kehil,  26L 

222.  2Ml 
cAbd  el-cAziz  er-Rumman  156,  158, 


Akazien  166,  170,  172,  239,  267, 
269. 


200,  20S.  j  cAfcdeh  15  f. 

cAbd  el-tfader  120,  I  el-Akh<Jar  175, 186, 189,  mi  f ;  lflL 

cAbd  el-Wahhab  (=  Euting)  47,  Aksum  226, 

156,  201,  205.  1  Alai  (el-Aj)  132.  Vgl.  Nachtrage. 

cAbd  er-Raljraan  31L  I  'Aleideh  (=  el-Eida)  2,  221, 

£Abd  es  Salara  172,  l&L  I  Algier  215, 

cAbdeh,  Stamm  des  Ibr  Raschid,  36,  j  cAli,  Khalife,  22. 
cAbed  16,  ;  cAli,  Perser,  88,  m+ 

Abessinien  215,  j  cAli,  Steinbockjager,  69  ff. 

Abklatschen  von  Inschriflen  40, 227,  ■  cAli  ibn  SacId  255.  —  Vgl.  Wuld  cAli. 


2ol  ff,  274,  222,  Alih  2ii^ 


286 


REGISTER. 


Alphabet,  sudarabisches,  224* 
Altar  mit  Inschrift  245. 
cAmud,  Stamm,  118,  liL 
cAmrftn  57,  80,  £2  f,  lffi. 
'Anaz,  Berg,  1BJL 
eAneber  13,  89,  UT,  122  f,  1£Z  f, 

cAnezeh,  Stamm,  2t  56,  65,  130, 

140.  276,  2811 
Antika  283. 
£Antar  284. 

eAnz  ol-'Erkub,  Berg,  13tL 
cArabl  156. 
Arak  2iL 

el-cArek,  Pels,  18^  IBiL 

Arethas,  KOnig,  232,  238,  2G1  f. 

cArga,  im  Negd,  1L 

cAri<J,  Ibn-,  180  Anm. 

Artikel,  Betonung,  123  Anm.  L 

eArwa,  im  Negd,  YL 

Asad 

el-cAscharah,  Berg,  211. 
AschSra,  Gottheit,  15iif. 
Asfar,  BschArab,  IS:'. 
Aslam,  Stamm,  &£L 
Assiut  281. 
A'tallah  200,  223. 
eAteibeh,  Stamm,  41,  69,  226.  f. 
cAtijjeh,  Bani,  172,  181,  186,  221. 
A tkl b,  Berge,  16.L 
cAugah,  Berg,  125,  129_ 
cAun  Pascha  64  u.  Nachtrage. 
AusrQstung  far  Reise  104.  107. 
Ausstattung  eines  Zimmers  18. 
cAwagi,  Stamm,  130,  14_L 
eAw6ri<J,  Gebirge,  167. 
cAwwad  ibn  Rneimeh  165.  167, 
173.  181.  192,  200. 


Baghdad  83,  55,  94,  120, 
Bahrein  12, 

Bakar  el  waljsch  10,  166,  124. 
Bakschisch  28,  232,  267,  281. 
Barrasch  86. 
Basalt  US,  112. 
i  Batin  Tsebad  143. 
Bedac  282. 

el-Bed6wl,  vgl.  Mu^iamraed  Sena- 
te tah. 
Bedr  ibn  GyOhar  203. 
Beduinen,  Eigenschaften,  278. 
.  Begrabnissplatz  15,  209. 
Behim  132, 
Beirut  223, 

Beli  (bezw.  Bluwl,  Biljan)  2,  LLL 
193,  201,  217,  221.  223,  233  f, 
239.  244.  246.  255  f,  258  f,  264, 
266.  f,  222  ff,  273,  276,  282, 

Bender  lfi. 

Benecke  190. 

Berberiner  ?35. 

Bergkry  stall  114. 

Bereideh  65.  ff,  75, 80  f,  85, 87,  22fL 
Bernuk,  Pflanze,  263. 
Bestattung  der  Todten  6,  17,  212 
Anm.  L 

Bettelei  7,  1 2  f ,  15,  33,  40,  111 
54,  98,  102,  104,  131,  211  f,  276. 

Beute  4,  222, 

BijAcjijjeh,  HQgel,  124. 

Bilder,  vgl.  Thierflguren,  Zeich- 
nungen. 

Bilder  malen  von  belebten  Wesen 

2L  37,  39,  55,  66. 
Bird,  Berg,  143. 
Blasrohre  131  Anm.,  15<i. 
Blaubouren  122  Anm. 


lie 


REGISTER. 


287 


Blutbestreichung  s.  Kameele. 

Blutracbe  L  270  ff. 

Hlutracher  21k 

Bohnerz  130. 

Bombay  40. 

Bosra  236,  2G2. 

Brennholz  114,  im 

Brief  an  den  Eintr  230  f. 

Briefe  nach  Europa  83,  40,  8JL 

Brod  in  der  Asche  gebacken  lfifi 

Brunnen  115. 

— ,  Ziehbrunnen,  74. 

Brunnenmauern  8iL 

Brunnen  al-Haddag  in  Teima  llfiff, 

-  Semarj  in  tfnjel  21  ff,  25,  27, 

33,  40,  45,  48,  1I& 
Buedah,  HQgel,  4k 
Btirste  201, 
Burton  282. 

Burukeh  ibn  Mrajjem  111. 
Butter  128,  273,  22k 
Buttermilch  128,  156,  222, 
Byzanz  146. 
Cairo  281,  281, 
Caibolsaure  43. 
Carneole  155,  1£L 
Cholera  LLL 

Cholwah,  Frauenname,  234. 
Citronen,  silsse,  11, 
Citronensaft  2k 
Clermont  Ganneau  975. 
Constantinopel  (Stambul)  221  f. 
CrotonOel  H. 
Czar  57. 

Pab'a,  Berg,  l£k 
Paifallah  el-Maeeidzel  20_L 
eij-I)arah,  HQgel,  121, 


Damascus  30,  34,  43,  55T  S7,  93, 
106,  176,  131  f,  215,  220,  221, 
223,  234,  280. 
ed-Dat,  im  Negd,  IS, 
Datteln  ausgesteint  3,  11* 
ed-Dawadimi,  im  Negd,  LL 
ed-Dawasir,  im  Negd,  18,  mL 
Debasijjat,  Berg,  130, 
Debora  6. 
Dedan  221, 

Deiseh  (Dlse),  Frauenname,  23k 
Delul,  Reitkameel,  haufig. 
— ,  weiss,  21k 
Derb  elagindl  233, 
-.el-JJagg  172,  232,  222, 
Derb  Khabini  182. 
Derijjeh,  im  Negd,  12, 
Dikhneh,  im  Negd,  18, 
Dirbisch  ibn  Bannafc  101,  103, 
Dirsch,  Landschaft,  21k 
Diwan  (=  ftahawah)  218,  222  u.  6. 
Dlwan,  Heiligthum  in  Hegra,  259. 
ed-Dmerah,  Bucht,  281, 
Dolche  19,  22,  39,  42.. 
Dornauszieher  131. 
Doughty  82  Anm.,  215,  24k 
ed-Dreib,  Ort,  277,  232, 
Dreigeh,  Berg,  US,  12k 
Dfejjem,  Schammarl,  103. 
Dr6r;U  (Dreirat),  Stamm,  103,  114, 
118. 

Dscheddah,  vgl.  Giddeh. 
Dschinn  SI  f ,  91, 
ed-Dubar,  Schneeberg,  183. 
Durst  12k 

Duschara,  Gott  der  Nabataer,  231  f. 

Eimer  1  52. 

Ein  balsam  ieren  L2L 


288 


KWJIsTKH. 


Eis  102  f,  124, 
cEisA,  Bant,  89,  IM, 
cEjtan  1£S, 
EVrac  206. 

cKnV:ri  s.  'Abd  el-cAzta  el-eEnVri. 

cErljub,  Felsen,  132,  134, 

Eulen  114,  LIB. 

Fahad  24,  65^  20& 

Fahad  et  TalaV  149,  156,  2QLL 

Fahad  ibn  Razi  103, 

Fahnen  30,  22& 

Fallen  fQr  Hyanen,  vgl.  Hyanen. 
Familienzeicben,  s.Stammeszeicben. 
Falken  53,  55,  6H, 

—  Jagd,  Utensilien  dazu,  53  Anna. 

—  Namen  53  Anna. 
Faris  102, 

Fanvah,  Berg,  105  f,  124  f. 
Fasten  4L 
Fefleil,  Stamm,  13LL 
Feid  (Fhed)  51, 

Feisal  ibn  Raschld  Ifi  Anm.  3, 
Fendi  3L 
FeneisAn  55. 

Ferid,  Grabgebaude  in  Hegra,  252, 
25iL 

Feuerwerkerei  68,  81,  SSff. 

Fbed  52  Anm.  L 

Filzkappen  32, 

Fische  als  Speise  103. 

Fleisch,  gebraten,  2ur>. 

Fliegen  36,  215,  218,  222,  224, 

235  f,  238,  256,  274. 
Frauen,  neugierig,  271. 

—  schlagen  Zelte  auf  18fL 

—  suchen  Holz  144. 

—  unverschleiert,  120. 
Freigat,  Stamm,  1M, 


Fiifcara  (bezw.  Fedzir),  Stamm,  152, 
163,  165,  167,  173,  181,  200, 
206.  212,  215.  221,  25S, 

Fuss,  vgl.  Schwielen,  Wunden. 

Garallah  205. 

GarallAh  eKAtidz  1£3, 

Garallah  el-tfumeid  64, 

Garallah  el-Jusuf  155. 

Garallah,  Khatib,  58, 

Garar,  Berg,  L11L 

Garten  23,  24,  25,  45^ ;  vgl.  auch 
Palmengarten. 

Gasir,  Steinbockjager,  23* 

Gazellen  194. 

Gebel  en-Nir,  im  Negd,  12, 
Gebet  45, 

el-Gedjeh,  Berg,  120, 

Geheineh,  Stamm,  2,  262  f,  266, 

262  ff,  278,  2m 
Gerichtsverhandlung  229. 
Gerrhae  6& 

Gesang  182  f,  233,  283, 
Gewitter  10,  2Q  f,  24,  29,  30,  66, 

183,  186,  245, 
Gfeifeh  1211  if,  145,  15L 
el-Gibbeh,  Schlucht  bei  tfijel,  2& 
6iddeh  (Dscheddah)  9,  228,  2&L 
Giddel  esSedarah  225, 
Gildijjeh,  Berg,  14,  62, 
Graber  122  f,  vgl.  Begrabnissplatz. 
Grabbauten  251  ff,  20L 
GrabthQrme  122  f. 
Granit  113,  \2\i 
Greideb,  Ebene,  100, 
Greinat  el Razal,  Hagel,  1HL 
Gruss  in  Inschriften  248  f,  263, 
Gyobbeh  10,  40,  129,  20L 
Gy6f  10,  56,  165, 


REGISTER. 


289 


Gy6har  8,  56,  iML 

Haarpflege  35. 

el-Hatfab  213  f. 

Hatfab  Ta'lab  232. 

al-Haddag,  s.  Brunnen. 

yagg  (Pilgerfahrt,  Pilgerkarawane) 
8,  24,2J7,2J^^35ft39,64, 
69,  187,  147,  171,  28L 

Hagel  30,  90,  134. 

Habne  18L 

Haja,  Tochter  des  eAbdallah  ibn 

Raschid,  16.  Anna,  5, 
el-IJaid,  im  Negd,  LL 
tfajel  1-106  (haufig),  152,  ,156, 

161,  168,  167,  222  f,  22k 
Ilalaban,  ira  Negd,  17. 
Halajjil  123  f,  176,  178,  181,  183, 

186,  188,  192,  196. 
Halawijjet  en-Nebl  §alib  232  f. 
tfarad  ibn  Fa^il  ezZeheri  75, 122. 
yamid  ibn  Ranem  l£L 
yamQd  el  Migrad  7-106  (haufig). 
];Iamud  el-'Obeid  13-106  (haufig), 

163,  223,  231.  255. 
Hamad  ibn  Khalaf  1L 
Handtuch  82,  2M, 
Haram  263. 

tfarami,  Plur.  flararaijjeh,  112,  239, 

263,  268. 
flarb,  Stamm,  2,  12,  284. 
tfarbi  102. 

ai  yarit  ibn  £filim  142, 
Flarrat  Bani  cAtijjeh  167. 
Hartmann,  R.,  215. 

yasa  73,  81,  as, 

tfasan  Aba  Drac  193  f,  198,  2QL 
yasan  Agha  171,  174,  176,  132, 
tfasan,  ttag&,  215,  2JJL 


IJasan  Effendl  281. 

Hasan,  Marty rer,  22. 

tfasan  Muhanna  6_5ff,  75,  80,85,87. 

tfasat  el  ^enis  166,  125* 

Hasen  129,  143,  22ft 

tfauran  189,  23JL 

IJauschan  112. 

el-tfegr  (bezw.  Hegra)  74,  85,  89, 
98f,  105,  163,  222  f,  215,  223, 
231, 235, 246  =2M  (haufig),  2S2f. 

el  tfegreh,  zwischen  flajel  undcIrai<;, 

LO 


1 


tfelan  123  f,  108,  1KL  113f,113f, 
121,  124x  130  f,  152,  163,  225, 
231,  233  f.  254.  232, 

yelwan,  Pass,  13fL 

Heraclius  220. 

Hess  116,  122,  L39,  157,  217,  249, 

223, 
Uigaz  161,  lfifi. 
Hilal,  Bani,  2M, 

Himjaren  68,253;  vgl.  Inschriften. 
Hind  Ufi. 
Hindi  22, 
Hiobskloster  132. 
HiobswQrmer  167,  132  f. 
al-tfirah  14ft 
tfmeideh  215,  252. 
Howeitat,  Stamm,  HI,  131  f,  188. 
194. 

Huber  9  f,  13,  19,  21,  31,  85f,39, 
41,  46,  54  ff,  59,63,65,76,8^ 
83,  104i  108,  118  ff,  130,  154, 
152  f,  16L  165,  178,  183f,  196, 
199,  205,  222  ff,  22L  223,  228, 
230  ff,  233  ff,  23_L  254,  258, 22ft 

Huber's  Unaufrichtigkeit  74,  105, 
222.  255  Anna. 

19 


•JOO 


REGISTER. 


Hugur,  Stamm,  165. 

Hunde  180,  262,  26_L  26iL 

—  Jagdhundenamen  53  Anm.  2. 

l.Iusein,  Kameelshandler,  41^  82, 

I.lusein,  Martyrer,  22, 

Husein,  Schmied,  9,  27,  ±1  ff. 

Huteira  (bezw.  Huteimi,  Hetman) 

103,  201,  2&L 
Hyanen  125,  136,  158,  l&L  l&fi. 
Ibn  Raschid,  s.  Raschid. 
Ibn  Sacud,  s.  Sacud. 
Iga  =  Aga  IBS  Anm. 
Ijas  249. 

Imru3  ul-ftais  146.  f. 
Inschriften  162,  170, 


Jjfcut  ISO. 
Janbof  3ii. 
Jaspis  114. 

Jaussen  u.  Savignac  243,  251  f,  257, 

259. 
Jazid  14ft 
Jud  Suss  171 . 
Juden  8,  130,  146. 
Jusuf  el-Attdz  H,  10A 
el  ¥;Vas,  Felsen,  124, 
tfatfi  5^  282j  vgl.  Musa. 
Kafer  113. 

Rahawah  12  u.  o.  =  Diwan  21iL 
—  meschta  GIL 
Ivabtan.  Stamm,  2,  82. 


199  f,  205, 

207,  209,  211,  220,  234,  251,  259.  JtabtanI  74, 

-  arabische  170,  175,  181,  238.  £ahwa  belu  243. 

-  aramiische  154  f,  159  ff,  202,  Raisah,  Gottheit,  261  f. 


21: 


griecbische  247,  250. 


2U»J 


-  kuflsche  200, 

-  lateinische  247,  250. 

-  lilijanische  225,  238,  241,  245, 

-  des  Mesa  23J. 

— .  minaische  225,  211  f. 

-  nabataische  U2,  154,  220,  225, 
238,  241,  247.  251  ff,  256  ff . 

-  siidsemitische  246. 

-  thamudische  (protoarabische) 
116,  132,  134,  132  ff,  14£f,  197, 
200.  210,  247.  253  f . 

'Irak  42,  10L  206,  223. 
ItelBaume  44,  74,  111  f ,  122  f.  18JL 
Itel-Stange  50. 
el-Itleh  12. 

Jagd  auf  SteinbOcke  20  ff,  26  ff,  93. 
Jagdfalken  53. 
Jagdhunde  53  Anm. 


Kaiser,  der  Deutsche,  6_L  64,  237. 
Kalender  4L 
Kalte  119,  L2af. 
Kameele  5tL 

—  beim  Aufladen  108,  26JL 

—  blutbestrichen  H2,  123. 

—  Brullsack  122  Anm. 

—  beira  Brunnen  22,  1 59. 

—  erschrecken  134. 

—  festgebunden  1  it). 

—  im  Hause  gehalten  25, 

—  krank  llfif. 

—  mit  Raben  1£L 

—  mit  Stammeszeichen  versehen 
151. 

—  Tranken  der,  131,  15L  126. 

—  unbehaglich  zwischen  Mauern 
und  Thoren  HI,  145,  1££L 

—  walzen  sich  191 . 
Kameelsfutter  3. 


201 


Kameelsreiter  3. 
Kameelsurin  H9. 
el-£amrah,  Mulde,  L3iL 
Kanonen  3£, 
£acr  122. 

el-]£arglijjeb,  Hugel,  2A2. 
Karl,  K5nig  von  Wurttemberg,  1££l 
Kase  aus  Schafsmilch  127. 
el-#a$im  6,  57,  123,  166,  22k 
Kasr  in  yajel  48,  9_L 
-  in  Teima  145,  148,  164,  207, 
255, 

I£a§r  ed-Dair  142  f,  157,  199,  2Q& 
el-Ra§r  el-Krlm  Sacid  282. 
Kasr  Zellum  112, 
Kassidromos  25iL 
Kastallani  5iL 
£atif  222, 
Katzen  UiL 

Kebscban,  im  Negd,  LL 
£efar,  Dorf  bei  tfajel,  IM, 
Keffljjeh  41_,  75,  198,  225, 
Kemal  im 
tfeneh  28_L  284. 
Kerbelah  22, 
Keule  128. 

Khabrat  er-Kualah  166,  195., 
Khaibar  64,  128,  130,  223. 
Kbairullah  83, 
KhAlid  25AL 

Khalid  AbO  Talatln  74,  8& 
Khanul>ah,  iin  Negd,  LL 
Khanzir,  Felsen,  174. 
el-Kharani,  Felsen,  136. 
Khatib  in  f,  51  f,  55,  58,  116,  156, 
158 ;  vgl.  'AbdaMh  und  Gfirallah. 
el-Khfler  282. 

el  Khindweh,  Gebirge,  130. 


el-Kholeh,  Ebene,  li3f. 
el-Khreibeh,  bei  el-cUla,  233. 
Khreimi,  Palmengarten  bei  IjAjel,74. 
Khiibu  2Q£ 
KhuraSjjis,  Sclave,  iH, 
el-tfischrijjeh,  Berg,  21  f. 
Kleiduog  von  Beduinenkindern  131. 

—  in  el  cOla  220, 

—  eines  Sclaven  233. 

—  eines  vornehraen  Beduinen 

—  schone  angelegt  144. 
Klippdachs  39,  7_L 
Kopfstrick  2&L 
Kopfungen  5JL 

Korbe  3U, 
looser  281  ff. 
Kriegspflicht  2- 
Kriegssteuer  2, 
Krote  24. 
Kser  1H2. 

el  £ser  el  Kurkuraah  222. 
'  ftubbet  £Ali  fifi, 

Kul.il  as, 

Kulaib  24J1. 

Kumbaz  UL 

Kundschafter  3. 

Kunststucke  49,  5H. 

Eurkumah  s.  Rscr. 
i  Lagarde,  Paul  de,  277. 

LAjeh,  Berg,  122. 

Lakat  140  f,  143, 

Lakitah 

Lanzen  37- 

Lause  s.  Ungeziefer. 

Lavastrom  174,  192. 

el-Lebiddeh  21LL 

Lehmziegel  122. 

Leiter  217,  228,  234,  237,  2Mf. 


REGISTER. 


Lidzbarski  224,  243,  £53, 
Lieder  96j  vgl.  Gesang. 
Libjaniten,  lihjanisch  225;  vgl.  In- 

schriften. 
Lincoln,  Prasident, 
Litaneien  217:  vgl.  28JL 
Lostalot,  Consul  in  Dscheddah,  161. 
Lowe  1 1  <>. 

Lubdeh,  Stadttheil  in  Ilajel,  73, 87± 

Lubitsch,  Quarantane-Inspector,  i£L 
Lutticke,  Consul  in  Damascus,  1£2* 
Macan  IBL 

Mabruk  215,  258  f.;  vgl.  Mubarak. 
Madam  §alifci  98,  189,  215,  217, 

223,  228.  237,  251  f,  254,  2G2  f, 

269,  276;  vgl.  el-Hegr. 
Mafa  risen  er-Ruzz  189. 
Maghrebiner  170,  182,  215, 
M&gid,  Prinz,  l  fi  - 1 06  (hauflg). 
Mafcaggeh,  132  ff. 

Maljmud,  Diener,  9,  U,  15,  25,  31, 
4_L  56,  59,  75,  SO  ff,  dfi  f ,  89, 
93,  101,  104,  l_08_i  H  i,  116,  118, 
121,  125.  127,  129,  162,  105, 
176,  181,  184,  202  ff,  208,  225, 
254,  258. 

Mahmud  el-cAlawi  lOT,  202. 

Maljmud,  Perser,  5iL 

xMakhzan  9iL 

Manot,  Gottin,  2iii  f. 

Man  tar  Ban  I  cAtUjeh  165. 

Mantel  der  $10b,  10J.  f. 

Martini  Gewehre  1 2. 

Maschahideh.  s.  Meschhedi. 

Maskat  227. 

Mauser-Revolver  13,  33 
volver. 


vgl. 


Re- 


Mazaideh,  Stamm,  122* 
Medinah  28,  36,  223,  227,  2S3, 
Meglis  iL 

Megmac(ah)  86, 22&  Vgl.  Nachtrage. 
Mehdl  8& 

Mekkah  9,  24^  22  ff,  39,  45,  57, 
64,  69,  91,  106,  227,  2S3, 

el  Melefoah,  Wasserstelle,  22& 

Mel  ken  13JL 

Menteris(?)  7_L 

el-M(e)rawwat  15  ff,  93, 

Merdijjeh,  Berg,  21  f- 

MerzuV,  Sclave,  232  f,  2Sh%  2SL 

Merzul>  ibn  Rueihil  244,  262, 

Meschhed  27,  36,  54, 

Meschhedi,  Plur.  Maschahideh,  s. 
Perser. 

Mesgid,  Gebaude  in  Hegra,  259. 

Mestiab,  Platz  in  tfajel,  IT,  100,226. 

Meteab  1& 

Meteor  64. 

Midhat  Pascha  BL. 

Midian  2i& 

el  Midnab  123.  Anm. 

Migrad  s.  ftaraud  el-Migrad. 

Minaer  224, 

Minaret  9iL 

el-Minbar,  Berg,  176.  18_£L 

Mineralien  14. 

Mlrzfi  42,  5J_. 

Misma3,  Berg,  125,  123  ff. 

Mis-tseh,  im  Negd,  17. 

Molcafc  Uiiff,  120,  145,  1_££ 

Morser  122. 

M6ven  277. 

Mu'allafcat  24,  5fL 

el-Mucazzam  ItiSff. 

Mubarak  5JL 


Goo; 


REGISTER. 


293 


Mubarak,  Sclave,  262;  wabrschein- 

lich  =  Sclave  Mabruk. 
Mubarak  el-Frfikh  23, 
Mubarakat,  Httgel,  ILL 
Mu'eddin  90,  283, 
Muferrig  7,  8.  14,  156.  132. 
Mubamraed,  Prophet,  58,  91  Anm., 

220.  25L 
Mubammed,  ein  Bluwi,  269  f,  215. 
Mu jammed,  Bruder  des  R^ejjan, 

264,  2Mff. 
Mu hammed  Abu  cUmar  169. 
Mubammed  Agha  181. 
Mubammed  CA1I  215. 
Mu  jammed  cAwwad  232, 
Mubaramed  el-cAtidz  158,  2Q& 
Mubammed  el  Azralf  215,  217. 
Mubammed  e)-Macarrawi  62. 
Mutiammed  ibn  eAtijjeh  13, 89, 1  Mj 

167,  1SL  132f,  194. 
Muhammed  ibn  Ranem  8,  10, 19,42, 
Muhammed  ibn  Raschld,  s.  Raschid. 
Muhammed  Sacid  Pascha  182. 
Mu  bammed   Schabatah  el-BedSwI 

28iL 

Muhilnna  el-Wasitf  222, 
Muhr  1  77. 

Mukaisir,  Krater,  113. 

Mukhtelif,  Thai,  115  f. 

Mumienfratzen  212. 

alMun<]ir  146  f. 

Munif,  Berg,  26.  ff,  92. 

Munlrah,   Tochter  des  Bedr,  16. 

Anm.  2. 
Murduk  42, 

Murschid  bir  Refadeh  272  f. 
Musa,  £a<Ji,  220,  227,  233, 
MusA  ibn  CA1I  24,  69,  83,  8L 


el-Muschamrakhah,   der  gezinnte 

Berg,  26  ff,  22  f. 
Muscheln  14,  237. 
Mustafa,  flaggi,  215ff. 
Mustagiddeh,  123. 
Mutanabbi,  Dichter,  24. 
Muter,  Stamm,  2,  6,  7,  12. 
el-Muwarrci  284, 
Mystiker  16.  Anm.  2. 
Nabataer  68,  28  f,  216,  232,  246, 

250.  253  f,  261 ;  vgl.  Inschriften. 
Nachtunterhaltung  183  f. 
Natfim  el  cErl>ub  132. 
Naif  ibn  cAtidz  ML 
Naif  ibn  Talal  2L 
Nasim  el-Farag  (Schiffsname)  283, 
Nasir  el-cAtidz  1_L 
Nasir  es-Sebhan  11^  20,  26, 39,  55^ 

52  ff,  £5, 
Nassar  2112, 
Nattaf  12, 

Naum.in  1 12  f,  115,  H9, 121,  130f, 
144.  152,  163.  165.  173.  181, 
196  f,  200,  206,  208,  212  f,  215, 
254.  258, 

Nefud  49,  125.  127,  130.  134. 

*fegd  (Negd)  17,  18,  20,  52, 

Negef  29,  AiL 

Neger  30,  93,  202,  22U. 

Neugierde  271,  223, 

Nifl,  im  Negd,  LL 

en-Nir,  s.  Gebel. 

Nisun,  Monat,  26J.  f. 

Nisch  8_L 

Noldeke  105,  159,  188. 
en-Nokra,  Felspass,  275. 
No'mAnijjeh,  Kameelsrasse,  32, 
Nukra  132, 


- 


294 


KEr.IsTKR. 


Nul^rat  er-Rukham  1 

Nusur,  Felsen,  12iL 

cObeid,  Sclave,  245  f,  266  ff,  273, 

276;  vgl.  auch  Haraud  el-c0beid. 
el  cOla  74,  85,  105,  171,  208,  215, 

217-246  (hauflg),   253,  2M  f, 

262.  264  ff,  269  f. 
'Oman  19,  22L 

'Oneizeh  14,  226  (statt  eAnezeh !). 
c0rra<1n  40,  1M, 
cOtman  ibn  Duwas  12Qf,  124. 
Pa) men,  krank  4_L 

wild  80,  247,  275. 
Palmfackeln  11_3,  149,  224, 
Palmgarten  74_,  90,  148,  202,  232  f, 

243,  264. 
Palmyra  222, 
Panther  TL 
Papiergeld  00  f. 
Paiadies  86  f. 

Perser  (bezw.  persische  Kaufleute, 
Meschhedi,  Plur.  Maschahldeh) 
1^1^34,36,40,54^  57,595 
65,  69,  76,  80,  31ft,  98,  149, 
165,  199  ff,  201^  204,  206. 

Persische  Kegel mutze  3H. 

Persischer  Vera  £2  Anm. 

Pest  Hi. 

Petra  68,  l&L 

Pferde  3  ff,  25,  39,  56,  75, 

Pflug  121  f. 

Philopatris  262, 

PhOnizier 

Pilgerkarawane,  s.  fjagg. 
Ptolemaios  225. 


1IL 


Puchstein 


2^9 


Quarz,  Gestcin,        H8, 125,  12£f, 
143, 


Quermauer  im  Wadi  124  f. 
Rabar,  Berg,  2S2, 
Raben  215. 

—  picken  Zecken  von  Kameelen  18L 

Ra<ja,  Baum,  126  f,  26L 

Rafik  (Rafidz)  49,  223, 

Rais,  Quelle,  185,  IBS, 

Rakan  ibn  tfatlein  23,  3L 

EUUab,  Berg,  223. 

Ramadan,  Monat,  4.L 

Ranem,  Berg,  144,  IM.  2D1L 

Ranem  7-106  (baufig),  223. 

Rar  el-tfamam  2QIL 

Rar  Talmah  m  Vgl.  Nachtrage. 

Raramil,  Berge,  136. 

Raschld,  Mubammed  Ibn,     2.  57, 

97,  128,  145,  149,  227,  231. 
Rau,  L.  v.,  L21  Anm. 
Haub,  Raubzug,  s.  Razu. 
Raubvfigel  LL8,  131. 
Rauchen,  s.  Tabak. 
Raul,  ira  Negd,  PL 
Rau  pen  HO,  122, 
Razu  1  ff,  U  f,  44,  56,  65,  86,  88, 

9L  10L  104,  106,  152,  163,173. 

181,  194,  197,  233,  254. 
Rebabah  4JL 

er-Rebkijjeh,  im  Negd,  LL 
Regen  m  f,  24,  3D  f,  33,  75,  81  f. 

82  f ;  90,  102,  U8,  123,  134,  IM 

170.  176,  238,  224, 
Rot  ibn  Dawwiis  202. 
Revolver   54,   102,  2M  ff;  vgl. 

Mauser- Revolver. 
Rdejjan  244,  246, 256  f,  2M*  2#>fi 

212  f,  276,  282. 
Rhejjan,  Wasserstelle,  211. 
Rijatf  2,  75,  226, 


REGISTER. 


295 


Roschen,  Soller,  23. 
Rosenol  31L 
R?ef  232. 
Ruaf,  Berg,  113, 

Ruaiah  (Ruwalah),  2,  UK),  123,  152, 
226. 

Rudolph  von  Habsburg  123. 

er-Rukham  L3JL 

Ru58  uteideh,  Berge,  120  Anna. 

Sae,  Maass,  8,  20L 

Sacajjid,  Stamm,  173. 

Sabaer  6JL  224. 

Sabel  15,  fifi. 

Sacdallahi  219. 

Sagen  2L 

Sacid,  Statthalter  in  el-c0la,  220, 
222,  231  f,  231  f,  232,  239,  244, 
258,  262,  26jL_26£, 

Sakhr,  Bani,  89,  111.  152,  lflZ  f, 
188,  194. 

Sakr  Abu  cAli  IfiZf. 

Salamier  26.1  f. 

j>ilih  er-Rakhi?  101. 

Salih  ibn  Ibrahim  ibn  Migrad  99. 

fj?ftlih  Khatib,  55,  101, 

Salili,  Prophet,  210, 

Salira,  ein  BliiwI,  264,  2fifi  ff. 

Salira  el-Acrag  123. 
"  Salim  ibn  yamud  6iL 

Salim  ibn  Magid  33,  9A 

Salomo  21i£L 

SAlQb,  Berg,  193,  Vgl.  Nachtrage. 
Salzsumpf,  157,  165,  200,  205. 
Samau'al  116  f. 
Samra,  Berg,  82,  69,  13, 
Sananijjat,  Ebenen,  U4. 
.Sandstein  131,  136, 112  ft  174,  193, 
211)  f. 


i  Sarhah,  Stadttheil  von  Ijajel,  11. 

!  §attAm  ibn  Faiz  152, 

i  Satteltascben  221. 

I  Sacud,  Ibn,  2,  75,  226.  f. 

Saeud  ibn  tfamud  07. 

Savignac,  s.  Jaussen. 

Schah  29. 

Scha'ib  31,  145,  112. 

Scha'ib  Abu  Bell  266j  vgl.  Wadi. 

-  Acnad  1£L 

-  Fatkhah  110. 

-  Mererah  221, 

!  -  Scherhut  221, 

-  Umm  tfaschim  266. 

!  Schakra,  Ort,  12,  12.  150. 
i  Schakra,  Frauenname,  99. 
Schammar  (bezw.  Schammari)  2, 7, 
H  Anm.  4t  12,  2D,  ML  65,  100, 
103.  128,  181,  213,  22& 
Schangala,  Gottheit,  159  f. 
SchaVa,  im  Negd,  12. 
Schatt  9JL 

Schaweri,  Tabak,  165,  2UL 

Schbermeh,  im  Negd,  12. 

Schebeitseh  1 18. 

Schedad,  Sattel,  22& 

Scheiban,  Berg,  167,  120  I 

Scherari  (bezw.  ScherArat)  &  Anm. 
4,  103,  152,  165,  167,  201, 

Scherif  von  Mekkah  29,  U£. 

Scherurah,  Gebirge,  176.  Vgl.  Nach- 
trage. 

Schfah,  Schiiten,  18, 28, 49,  55, 82. 
Sen  i  fa  Mabaggeh  100. 
Schifafc  12L  123f,  12L  105. 
Schijukh  10, 11  f,  lOf,  20,  25, 31,89. 
SehimlAnt  233. 
Schlange  166,  266. 


296  REGISTER. 

Schmidt,  CommerzieDrath,  22.        Sliman  ibn  Refadeh  234,  282. 

Schnee  176,  183,  j  Sliman  Mirza  36,  42j  vgl.  Wuld 
Sch&har  128  ff,  186  f,  2QD.  Sltman. 
Schuner  28L  Sprechubungen  62, 

Schwalben  picken  Zecken  von  Ka- 1  Springmaus  126. 

meelen  187.  Stamme9zeichen ,  lfi  Anm.  6,  99, 

Schweinsborsten  201*  151,  234. 

Schweinsleder  98,  1£2,  i  Statuen  24iL 

Schwerter  12,  !  Staub  120,  218,  23S  f,  264,  2IL 
Schwielen   am    Fuss    119;    vgl.  Steine   mit   Inschriften,    s.  In- 

Wunden.  schriften. 
Schwitzkur  6S.  Steinbeil  158. 

Sclavennamen  2AiL  Steinbocke  2Qff,  76  ff,  93,  9JL 

Scolithus  1£L  Steinpfeife  186.!  2Q£L 

Sculptur  I5fi.  :  Stephanus  von  Byzanz  262. 
Sedus  12,  6S,  7JL  Steuer,  s.  Tribut. 

Seide  bei  Wahhabiten  verboten  38  f.  ;  Strassburg  83,  190,  24£, 
Selamah  1£3.  Sturm,  s.  Wind. 

Selamah  ol-eAld  1£2,  Sues  223,  28L 

es-Self  1£9_.  es-§uffih  275. 

$elem,  Gott,  155,  159  f,  205,         Suk,  Bazar,  LL  65,  97,  WL 
§elemSchezeb,  Sohn  des  Petosiri,  Sukur,  Stamm,  100. 

159  f.  Sulaiman  ibn  Mahmud  283, 

SelraA,  Berg,  1  U.  Suleiman  ibn  Muhamraed  100. 

Semnfy,  s.  Brunnep.  Sulfeh  226.  D.  i.  ez-Zflfi,  s.  Nach- 

Sened  ibn  Rubca  98.  trage. 

Senusi  216,  283,  ,  Sultan  (§ultAn)  28.  Vgl.  Nachtrige. 
es-Serljah  282.  SultAn,  ein  Perser,  149,  165,  199, 

Serra5,  Berg,  51  f,  05,  118,  20T,  2&L 

Sic  23£.  ;  Sussigkeiten  51, 

Siegesbote  22A  1  Tabak  165,  172,  2QQ  f,  221  f,  27JL 
Sinai  180.  —  aus  Kameelsbollen  123. 

Singari  59,  2111  f.  —  rauchen  beim  Fasten  1L 

es-Sirr,  im  Negd,  12,  t  —  —  bei  den  Wahhabiten  100. 
Sirwal,  Berg,  113,  Taif  221 


tfleb  (bezw.  Slubi)  lOT,  H12,  Tajjibism  269,  22k 

Sleiman  ibn  Selamah  222*  Talak  ibn  Fahad  2illL 

Sliman  Ql  f,  11M,  Talal  ibn  Naif  27_ 


I 


REGISTER. 


297 


Talal  ibn  Raschld  IB  Anm.  2. 
Talib  el-eAld  149,  103. 
Tamajil,  Warte,  21  l.Vgl.  Nachtrage. 
Tanger  ML. 

Tassen,  chinesische(Aberglaube)10. 

Tauben,  wilde,  22& 

Tawil,  Berg,  105, 

Tebak  89,  15^  163,  164,  17L  174, 

180$  188,  201,  231. 
Teheran  2& 

Teima  89,  129  f,  144,  Ufl-207 

(hauflg),  222,  224.  f,  28L  232, 
Telegraph  206, 
et-Tenibbeh,  Berg,  275, 
et-Terwah  282. 

Thamudaer  (bezw.  BanQ  Thamud) 

99,  253  f;  vgl.  Inschriften. 
Thau  222, 

Thierflguren  aus   alter  Zeit  auf 
Felsen  U6, 132, 132  ff,  142, 210f. 
Tih.unah  183,  185. 
Titus  250. 

'ftehan  147  f,  152  f,  10L 
T&bgi  Baschi  231. 
Trappe  1H5,  LL& 

Tribut  2,  13,  89,  221 ;  vgl.  Zeka. 

Trier  125, 

Tripolis  215, 

Trflffeln  58,  114,  205. 

Trilffelvers  58. 

Tsebad  US, 

TQbingen  25  Anm. 

Tueni  er-Rumman  149,  156^  158, 

200  f. 
Tama  203, 
Tiimnn  08, 
Tumbeki  120, 
Tunis  215. 


TQrken  81. 

et-Tuwftl  60, 

Tuwal  Be<J  LLS. 

Tuweidz,  Berg,  68,  226, 

Tuwejjil,  Huge),  173,  103, 

ttberfall  266  ff. 

Utfati,  im  Negd,  LL 

Udejj  al-Meschac  103, 

CJhr  13,  46,  54,  52. 

Ufceiric  miL 

cUmejjid  140. 

Umm  Erkab  32,  69,  23, 

Umm  es-Selman  129. 

Umm  ig-6imal  262. 

Umm  Rrejjat  282. 

Umm  Nasir  219,  232,  243. 

Ungeziefer 

Flohe  197,  280  f. 

Lause  18,  21,  88,  98,  119,  121. 
158,  207,  279. 
Unterhosen  48. 
Ureits,  Berg,  127,  120, 
Uschedzir,  im  Negd,  LL 
Venus,  Planet,  183. 
Vulkan  113, 

vulkanischer  Auswurf  174. 
vulkanisches  GerOll  193. 
Wachtposten  4,  212. 
Wadi  Abft  Beli  267*;  vgl.  Schacib. 

-  Abu  Tor  103. 

-  el-Aiel  (el-Atali)  177,  136, 

-  Ba'tidt?)  104. 

-  Dawnsir  103, 

-  el-Dschisl  219>  266, 

-  Ferrl  225, 

-  el- 1,1am  m  266  ff,  271.  274. 

-  el  Kder  215, 

-  Emelah  225, 


298 


REGISTER. 


Wadi  Leileh  21& 

-  Musa  1M. 

-  Negran 

-  Wejj  116,  186. 

-  er-RemAmijjeh  1 72. 

-  Riba'ah  21L 

-  er-Rumraah  6^98, 226.  S.Nachtr. 

-  e?  §Ani  174  f,  1^ 

-  esch-Schillu!  214. 

-  Sirtian  56. 
Wahab,  Ban5,  221. 
Wahhabiten  2,  56,  98,  222, 
Waizplatz  der  Kameele  191. 
Wakll,  Sachwalter,  29,  28JL 
Wasit,  im  Negd,  12. 
Wasserrecht  1  f)2. 
Wasserteich 1 1  ILL 

el-Wegh  39,  223,  231,  234,  244, 

263  f,  226  ff. 
Woin  2A 
Wettlaufen  32  f. 
Wetzstein  LSiL 
Wezir  6L 

Wind  (bezw.  Sturm)  12J,  124,  137, 
143,  106,  169,  191,  200,  210, 
227,  256,  259.  f,  ZLL 


WindbQchse  LL 
Wolf  LlfL 

Wuld  eAll  221  Anm. 
'  Wuld  Sllraan  130. 
Wunden,  am  Fuss,  11 ;  vgl.  Schwie- 
leu. 

WUtar,  Berg,  167,  125  f. 
Zabad,  Zibet,  36,  74,  82. 
Zahlungsbefehl  L9. 
Zebun  19,  84, 39,  90,  149, 226, 223. 
Zecken  l&L 

Zeid  ibn  Tatol  16  Anm.  4. 
Zeidan  156  f,  199  f. 
Z6ka,  Tribut,  2,  89,  liH 
Zeltforraen  29. 
Zeichnungen 

des  Khatib  cAbdallah  52j 

des  Magid  26,  26j 

des    Nasir   es-Sebhan    2_L  — 
Vgl.  Bilder,  Thierfiguren. 
Zhawah,  Fnuenname,  36,  88. 
Zinnenverzierungen  244. 
Zk6ban  130,  Anm.  5.  . 
Zmurrud  12L 
Zobeir  9iL 

ZOpfe  der  Manner  26  Anm.,  8L. 


ARABISCHER  INDEX. 


«£i7,  etle  (nach        Tamarix  i 
articulata  Vahl.  44,  50,  74, 

111,  177,  185, 

 ■   ■ 

nukh{t)r   Abtritt  23.  Vgl. 

Nach. rage.  ^Jot^o 
uA  Auaruf  des  Uuwillena  i_L 


*Jb  - 


Mri'd  auf  Gegenwehr  ver- 

zichtond  168. 
bawdrdijjeh  Gewehrbewaff- 

nete  23JL 
burka'  Lederkappe  5JL 
birkeh  Wasserteich  170. 
berndk  Phelipaea  lutea  DeBf. 

263. 
bess  genug  5JL 
beSir  Siegesbote  23JL 
iji^>tj'       Oryx  beatrix  10^ 

166,  184. 
ba Ids'  umsonst  57,  174. 
beWj  weiftse  TriifFeln  (nach 

H.)  5JL  Vgl.  Nacht rage. 
t^ti  Wasserloch  ±2, 


■ 


&j  - 


bindeg  emzenned  oder  binde- 
gin  dzedddhl (naoh H.)  Stein* 
schlossflinte  101,  Anm.  L 
&<Jm  Eole  LLL 
Zelt  108. 
Fahnon*rager  13. 

torftaA  Malcolraia  no,  124 
Anm. 

metres,  Plur.  metdris  Jager- 

versteck  I_L 
taste  Miatkafer(?)  15JL  Vgl. 

Kachtrage. 
mitkdkeh  Lederbandel  5JL 


L*3»  — 
^>-=  


#M<  (nach  IL)  TrGffelart  5JL 
girreh  Fahrte  l'.U. 
Gerddn  Falkenname  53(naoh 

1L  Kameelsname). 
g"isr  Briicke,  Damm  174. 
Pflanzonname  7_L 
gdzah  Holznagel  211 
Kara  eel  o  aft. 


Ml  \BISCIIElt  INDEX. 


vJL>  — 


Aefrdrn  (»o       Trappe,  Otis 
llfi 

Aat*  Fessel-Balken  230. 
Aa^ar  el-heldl  Steinart  185. 
hadejjeh  Schmarotzennilan 

131. 

Aardwrf   RSuber    112,  2fi3. 
Plan  hardmijjeh  239,  2fifi. 
humt  graaer  Fache  5JL 
Aa(<i6    Brenngeetrilpp  114, 
135. 

hakkuh  ugehort  ihm"  ±L 
humt  (himil)  Karaeelslast  a  u. 

Aom.  L 
(?)  Pttanzen  namo;   vgl.  11 

Adid.  S. 
mahicar  Bronneisen  151. 
h64  (H.:  hdff)  Lederkfibel  122 

Anm.  l! 
kef  hdlak  «wie  geht's  dir  ?" 

2L 


Oiii-  — 


khabrah  Regenwasserteich 

144,  196,  195. 
khiirg  Battoltasche  224. 
khuiabeh  Fessel-Balken  23JL. 
kif  khd(rak  "wiegeht's  dir?" 

17,  2_L 
Kha((df  Falkennarae  5JL 


JsO  — 


/</dx?  (so  IL)  Triiffelart  M 

(Eating  bat  ^^Lc). 
md  t*Ad/i/.<achadetNichU!" 

iL 

*l^b>  Zigeaner  282.  Vgl. 

Nacbtrage. 
khangar  b  re  iter  Dolch  19, 

22,  39,  ±L 


debbus  Keule  128. 

Handscbob  bei  der  Fal- 
kenjagd  53. 
d&d  Ejj&b  Hiobswurmer  1H7. 


dim   Regeowolke  fifL  Vgl. 
Nachtrfige. 


—  dikr  Litanei  283^  Tgl.  2LL 


rebdbah  Geige  4iL 
rubfihln  (so  |L)  Scorzonera 

pappoaa  DC  114- 
murbaf  es-silsilth  Lederbau- 

del  mit  der  Kette  bei  der 

Falkenjagd  5JL 
erbeifah  Koppelmeister  54. 
jerbd'a  (H.:  <}erb&')  Spring- 

maus  L2iL 
rw/tytt  "Soldaten"  89,  ILL 
Iioddeh  Hundename  5_L 


AflABISCHER  INDKX. 


301 


rod  1/246;  muraddaf  doppelt 
besetztes  Reitthier  134* 

rairol  Bohnerz  130,  Anm.  4* 
Vgl.  IL  zur  Stelle. 

JlJL  (jp!^  Oberhirte  ofi. 

/  'mm  er&eifte  Kaferart  113. 

merkdbeh  Sitzteller  5JL 

marka  Lehne  aus  Lehra  lfi 
A  nra.  3_, 


pytm 


J0  ~ 
Uj- 


zubb  el-ar4  Cynomoriam  coc- 

cineum  L.  217. 
zebrdi  (nach       weisse  Trtif- 

felart  5A 
«6£r  Lehrobank  lis  Anm.  3. 
z<Mn  vgl.  Register. 
fimibriinstigerKameelhengst 

104,  1L>7. 
13 jJ)  Jjj  SchimpfwortSAnm.4. 

miftMna  'Udh  61,  iLL 
nabkhah  Salzsumpf  157,  165, 
•2Q'i. 

^'a  «a//dr  Ausruf  6.L 
Safhah  Hundename  54. 
«i74A  (H.:  *i7»A)  eino  Cruci- 

fera  124  Anm.  L 
v/fi/bf  pi.  sulkdn  Jagdhund  5JL 
-  musdmarah  Nachtunterhal- 

tung  isa. 


semJ&ar  (bzw.  *en...)  Pinien- 

niisse  54. 
samb&h  Schaner  231. 
senejjid  Sandlehne  214. 
Sti*d  Falkenname  5JL 
siJ&  Bazar,  s.  Register. 
suwdmah  Rauehloeh  20.  (H.: 

sf*A  Stil  des  Falkensitztellers 

sH  Wildwasser  31,  39,  153, 


c- 

t^i  — 


Selleh  Hundename  64* 
Selhah  .,  5_4» 
j5m?<5/>  (each  IL  Siceije)  lang- 


sam  32,  Vgl. 

Muscheln  283. 

suffdra  Barbarea  arabica  sp. 

IL  124  Anm.  L 
Saffdk  Falkenname  5JL 
xi^ar  Falke  hL. 


(ertdt    Cynomorium  cocci- 

neum  L.  217. 
Turfah  Hundename  54. 
talk  Acacia  Seyal  Del.  166, 

1ML,  172.  239,  267,  269. 
(akijjeh  Filzkappe  3L 


302 

ARAlltsCHKIt  INDEX. 

-  fustuk  Pistazien  54. 

■5b 

■ 

U29   

fa4wah  Mauerschlitz  31L 

— - 

iftrb&n,  zrimbun,  (frimbun, 

zrimbdn  Stinkmardor  193. 

1 

— 

^!  8chimpfwort  8. 

t 

jo^  aUI  jj^Jo  16.  Anm.  2. 

ST6 

— 

cAr$&n  Falkenname  53. 

j.!Jo  Tor  2<9. 

-- 

woy  ganz  nah  279. 

— 

lSiuh  GrQnfutter  153. 

krdd  Zecken  131  Anm. 

— 

lawio<7  (H.:  £a«*i«)  Lyciam 

ttrrJffi  Strauchname  131, 156. 

arubicumSchw.  ll££Anm.6_ 

»  .•• 

kandfi  rothe  Pasten  51. 

'a/tangal  Colcbicum  Szo  witzii 

•  • 

c>yj  — 

Sohimpfworfc  8  Anm.  2. 

110. 

^fci  kr&ftig  15  Anm.  —  S^S 

— 

'uk&b  Kaubvogel  US* 

Manneskraft  54  Anm.  2.  — 

lakkdl  0<5*«/)Kopfstrick204. 

Id  kuwwah  (lid  billdh  6,  6JL 

cffaju  billdh  91. 

eS-Uj&kh  ilcajj  princeps  vo- 

— 

Hj&n  Kandschafter  3  Aom. 

mit  25. 

i 

J 

f/urm&l  pi.  (jar  Ami  I  spitz-  , 

^  - 

kahlah  oder  khilah  Echicra 

•  • 

kegelformige  HQgel  1M 

longifoliuro  194,  Anm.  £, 

Aom.  5> 

^  - 

4 

fcaM   (so   ID  Ferula,  111 

— 

bira*b  mit  Gewalt  130,  Hi, 

Au  in.  3» 

i 

raid  Strauch  176,  26JL  Vgl. 

U  - 

ta?wt<is    Truffeln    114;  vgl. 

1 7(i  Anm.  i. 

Truffeln  im  Register. 

Ranndm  Falkenname  53. 



Pflanzenname    =  ^Ua-Uat 

J 

110. 

\jr^  — 

mldbb&s  Bonbon  54. 

/e&en  Buttermilch  128,  156. 

222. 

>  • 

/Vyr  das  orate  Tagesgrauen 

lohuf  Absturz  dee  Lavastro- 

119,  158. 

mes  174. 

An.VBISCHER  INDEX. 


303 


I?q-t  —  mulaikit  (H.:  meleigit)  ZSng-  w**»? 
loin  12L 


^  —  mfrdrnA  Walzplate  1JLL 
—  mi/  Schminkstift  LL 


— 


haiab  (bezw.  hadbe,  pi.  hetfdb) 
Sandstein*  oder  Grauitberge 
214, 

Zieifc  Ruf  der  Kameeltreiber 

27C. 


wAXj  —  naltdf  Depilator  ID  Anm.  L. 
fF ,—  nijtr  Kaffeemorser  122* 

y  —  n»n^;-  Felis  pardus  L.  71. 

—  nawdmis  Qrabbauten  180. 

—  &y  Mai  7_i  Anna. 

ts)j  —  futuere  &  Anm.  3,  II  Anm. 
(TharoudUch  21 0). 


*M9 


0*3 


xoabir  Klippschliefer,  Hyrax 
syriacus  Schreber  39,  7_L 

L>^;3  vorhanden  278. 

trasm  Stamraoezeiohen  1)9,234. 
—  maisHm  (Eison)mit  Stam- 
meszeichen  Inl. 

tcacr  unwegsamer  Bodon  192. 

wen  wo  2<i8. 


Hazzd1  Falkenname  53. 


b  —  Ail)  jalldh  "TorwarU"  2iiiL 


NACHTRAGE  UND  V ERBESSE RUNGE N . 


S.  2,  Anm. :  I.  Ruwala  (nach  H.). 

S.  6:  II.  verweiat  auf  die  Marschroute  des 

Hazu  bei  Huber,  Journal,  S.  106—108, 

wonach  el-Kasim  nicbt  beriibrt  ware. 
S.  8.  Anm.  1 :  /,.  himll.  A.  187-  250  Kilo- 

gramm  (H.). 
S.  10:  Nacb  H.  ist  der  Name  Nattaf  nur 

ein  Scberz. 

S.  16,  Anm.  0  .      el-'orgS  nnd  el-mutrag. 

3.  19,  Z.  14:      Khangar.—  Z.  21:  i/Aba. 

8.  22,  Z.  1 :  L.  Kbangar. 

S.  29,  Anm.:  Mikhr,  wortlich  „das  hinterste 
[Zelt]"  (uach  H.). 

S.  32,  Z.  8:  NbcIi  H.  /.  schweije. 

8.  36:  Statt  Sliman  schliigt  H.  vor  iiberall 
Slflmau  zu  lesen.  Vielleicht  hat  der  Perser 
seinen  Namen  wirklich  mit  i  gesprochen ; 
aber  im  Arabischen  ist  hier  wohl  Slemfin 
besser. 

S.  37,  Z.  1 :  L.  Unheil. 

8.  39:  Nacb  H.  wird  die  iu  Syrian  No'ma- 
nijjeb  genaunto  Rasse  iu  Inner-Arabien 
cOmaoijjeb  genannt. 

8.  47,  Z.  5 :  L.  bringst. 

8.  54,  Anm.  1:  I.  e<r=^5- 

S.  58,  Anm.  1 :  Nach  H.  sind  die  Mud  weiaa ; 
er  verweist  auf  Wetsstein,  in  Sitz.- 
Ber.  d.  Botan.  Vor.  d.  ProT.  Brandenburg, 
22  (1880),  S.  127. 

S.  59,  Z.  21:  L.  Mahmud. 

S.  64 :  ,,'Auu  cr-Rafik  Pascha  war  der  durcli 
seine  freigeiatignu  Anwandlungen  bekannte 
Grosscherif  von  Mekkab.  Ein  Schech  aus 
'Ouezeh  crklhrte  mir,  i\aa  habe  wohl  nie 
gebeletund  eiu  agyptischerOberst  erziihlte 
mir,  cAun  habc  ihm  gesagt,  der  heilige 
Stein  sei  Unsinn  {keUy\  So  II. 

S.  65,  Z.  12  u.  Z.  3  v.  u.:  I.  Muliautia. 

S.  68:  Cber  Sedus  vgl.  nocli  Vr**' 
Bd.  Ill,  N  .  7,  8.  ^o",  wo  and)  von  der 
beriihmtcn  Inschrift  die  Rode  ist.  11.  ver- 
weist micli  jedocli  auf  Pelly  (Journ.  R. 
Ocogr.  Soc.  London,  18<>5,  vol.  35,  p.  175), 
dor  auf  dieser  Siiule  nar  „two  Greek 
crosses"  gesehen  hat. 

S.  71.  Z.  2  v.  u.:  L.  Kischrijjch.'Ebcuso 
S.  72,  Z.  9  und  10. 

S.  88:  Nach  H.'s  Erkundigungeo  ist  dim 


„lang  anhaltender,  nicht  starker  Regen**; 

so  auch  in  den  Lexicis. 
8.  90,  Z.  2  v.  u. :  L.  Palmgarten. 
S.  98,  Z.  4:  Nach  H.  wird  in  Inner-Arabien 

Sultan  gesprocben;  diese  Aussprache  ist 

mir  auch  aus  Syrien  und  Aegypten  bekannt 
8.  98,  Z.  11  v.  u.:  //.  Wadi  er-Rumah,  beute 

Wnd'  eVRmeh  gesprochen.  (Nach  H.). 
S.  101.  Z.  3  v.u.:  L  Mahuiud. 
S.  109,  Z.  4 :  L.  Bar  Zalmah,  iJlb^tc  (H.).  - 

Anm.  1:  L.  ^  (H.). 
8.  132:  L.  el-Aj,  =  „die  Zeiclien"  (H.). 
S.  142,  Aum.  2:  Vgl.  A.  Lucas,  The 

Blackened  Rocks  of  the  Nile  Cataracts  and 

of  the  Egyptian  Deserts,  Cairo,  1905  (H.). 
8. 150,  Anm.  2  :  L.  vielleicht  jJjJ;  vgl. 

„  Pferdeflioge",  Lercbundi,  Voc.  56  (H.)- 
8.  151,  Anm.:  Wohl  mihtcar  maitum  „eine 

mit  dem  Stammesteicben  vorsehene  eiserne 

Axe".  Die  Axe  (vgl.  Islam  IV,  317)  wird 

nach   H.  wie  jedes  andore  Risen  rum 

Breunen  der  Kameele  benutxt. 
8.  165,  Anm.  4:  H.  kennt  nur  die  Form 

Man  tar. 

S.  170,  Z.  13:  L.  Maram  oder  Haiim  fH.) 
S.  176,  Z.  17 :   L.  ScherfirS  (H.).  —  Z.  4 

v.  u.:  L.  Bdcjj.  —  Z.  3  v.  u.:  L.  Rada. 
S  177,  Z.  4.  v.u.:  L.  Rarift. 
S.  183,  Z.  14:  L.  „wollte  Hnber  die  iu  dw 

Connaissance  des  Ternps  vorausberechnete 

Bedockung  dor  Venus  durch  den  Mood 

nicht  versaumen"  (H.). 
S.  191,  L.  3  v.u.:  L.  938. 
S.  193,  Z.  4  v.  u.:  Huber  (S.  362,  364) 

giebt  Sfflub  (H.). 
S.  204,  Z.  10  v.u.:  H.  liest  'Okal. 
S.  211,  Z.  5:  Nach  H.  ist  jemile,  Plur. 

temajil  „ein  Wasserloch  im  Wadi- Belt"; 

cr  verweist  auch  auf  Huber,  S.  393. 
S.  -226,  Z.  4  u.  5:  L.  ol-Mcgn^ah  und 

ex-Zflft  (H.).  —  Z.  4  v.u.:  L.  beaser 

'Oncxeh. 

8.  227,  Z.  8  v.  u. :  L.  Waidmann. 
S.  229,  Z.  2.  v.u.:  L.  das. 
S.  24fi,  Z.  1  v.  u. :  Nach  H.  el-'Odab. 
3.  255,  Anm.:  L.  Madain  S&lih. 
S.  282,  Anm.  1 :  H.  giebt  iurl  kktuwijjek 
„ Arbeit  der  Sluba". 


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Ubersichts  Karte  zu  J.EUTIXGS  Reisen  inVorder-Asien 


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